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Full text of "Festschrift Ludwig Boltzmann gewidmet zum sechzigsten geburtstage 20. februar 1904. Mit einem portrait, 101 abbildungen im text und 2 tafeln"

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FESTSCHRIFT 


LUDWIG  BOLTZMANN 


GEWIDMET 


ZUM  SECHZIGSTEN  6EBUBTSTAGE 


20.  FEBRUAR  1904. 


MIT  EINEM  POBTKÄT,  101  ABBILDUNGEN  IM  TEXT 

UND  2  TAFELN. 


LEIPZIG 

VERLAG  VON  JOHANN  AMBROSIÜS  BARTH 

1904. 


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1  » 


Druck  von  Metzgor  &  Willig  in  Leipzig; 


Als  im  Mai  1903  Vertreter  der  Physik  an  den 
öeterreichischen  Hochschulen,  die  Herren  H.Benndorf, 
P.  Czermak,  L.  Ditscheiuer,  A.  v.  Ettingshausen, 
F.  Exner,  K.  Exner,  J,  Finger,  J.  v.  Geitler, 
H.  Haramerl,  A.  Handl,  J.  Hann,  E,  Haschek, 
F.  Hasenöhrl,  G.  Jäger,  G.  Jaumanii,  E.  Kobald, 
E.  Kohl,  A.  Lampa,  V.  v.  Lang,  E.  Lecher, 
J.  Li  p pich,  E.  Mach,  H.  Mache,  St.  Meyer, 
J.  Moser,  A.  v.  Obermayer,  L.  Pfaundler,  J.  M. 
Pernter,  J.  Puluj,  M.  Radakovic,  E.  v.  Schweidler, 
O.  Siniony,  M.  v.  Smoluchowski,  F.  Streintz, 
J.  A.  Tollinger,  W.Trabert,  J.  Tuma,  O.  Tumlirz, 
A.  Wassmuth  einen  Aufruf  ergehen  ließen,  der  die 
Fachgenos-sen  des  Li-  und  Auslandes  zur  Mitarbeit  an 
einer  Festschrift  zu  Ehren  Ludwig  Boltzmanns  aus 
Anbiß  seines  sechzigsten  Geburtstages  am  20.  Februar 


1904  aufforderte,  trafen  bald  Zusagen  so  zahlreich 
em,  daß  Bedaktion  und  Verlag,  um  dem  Bande  nicht 
zu  ungewöhnliche  Dimensionen  zu  geben,  den  Umfang 
der  einzelnen  Arbeiten  beschränken  mußten.  Obwohl 
dadurch  manche  schöne  Untersuchung  hier  nicht  Platz 
gefunden  hat,  mancher  wohl  sich  überhaupt  abhalten 
ließ,  etwas  beizusteuern,  kann  die  erfreuliche  Tatsache 
hervorgehoben  werden,  daß  nicht  nur  deutsche  Fach- 
genossen, sondern  auch  viele  Gelehrte  aus  Amerika, 
Australien,  Belgien,  England,  Frankreich,  Holland, 
Italien,  Japan,  Norwegen,  Bußland  und  Schweden  sich 
an  der  Festschrift  beteiligt  haben. 

Daß  dieser  stattliche  Band  auch  eine  würdige 
Ausstattung  erhielt,  ist  dem  liebenswürdigen  Entgegen- 
kommen des  Verlegers.,  Herrn  Arthur  Meiner,  In- 
haber der  Firma  Johann  Ambrosius  Barth  in  Leipzig 


zu  danken,  der  in  bereitwilligster  Weise  Druck  und 
Kosten  des  Werkes  übernahm.  Die  Redaktion  besorgte 
Dr.  Stefan  Meyer. 

So  möge  diese  Festschrift,  Ludwig  Boltzmann 
gewidmet,  ein  dauerndes  Zeichen  der  Verehrung  seiner 
Zeitgenossen  bilden. 


Inhaltsyerzeichnis. 


Seite 

1.  J.  Frischauf- Graz.  Ableitung  der  GleicbgewichtsbediDgangen 
eines  starren  Punktsystemes  aus  dem  Prinzip  der  virtuellen  Ge- 
schwindigkeiten und  aus  der  Starrheit 1 

2.  A.  Heyd weil  1er- Münster  i.  W.  Über  Selbstinduktions-  und 
Permeabilitfttsvergleichungen «...        4 

3.  P.  Duhem- Bordeaux.  Sur  la  stabilit^  61ectrique  d*un  milieu 
homogene  et  illimit^ 18 

4.  O.  Chwolson- St  Petersburg.  Notiz  über  die  Vergleichung  des 
Meters  mit  der  Wellenlänge  des  Lichtes 28 

5.  K.  Zin die r- Innsbruck.  Über  die  liniengeometrische  Dar- 
stellung der  Trägheitsmomente  eines  starren  Körpers  ....      34 

6.  H.  Kays  er- Bonn.  Zur  Temperatarbestimmung  strahlender  Gase      88 

7.  P.  de  Heen- Lüttich.  Iddes  fondamentales  d'un  essai  de  throne 
m^canique  de  r^lectricit^  et  de  la  chaleur 43 

8.  J.  Andrade-Besan^on.     Chronometrie:    Les  rdgimes  limites  et 

la  stabilite  de  la  Synchronisation 51 

9.  L.  Houllevigue-Caen.  Etüde  des  lames  minces  de  cuivre 
obtenues  par  ionoplastie 62 

10.  St.  Meyer- Wien.     Über  Magnetisierung  durch  Tonerregung  .       68 

11.  L.  Pfaundler-Graz.     Apparate  zur  Versinnlichung  der  kine- 
tischen Wärmetheorie 71 

12.  J.  Borgmann -St.  Petersburg.       £in    besonderer    Fall    des 
Leuchtens  von  verdünntem  Gase  in  einem  breiten  Glasrohr     .       76 

13.  P.  Czermak -Innsbruck.    Zur  Demonstration  der  Klanganalyse      80 

14.  M.  Abraham -Göttingen.    Der  Lichtdruck  auf  einen  bewegten 
Spiegel  und  das  Gesetz  der  schwarzen  Strahlung 85 

15.  H.  Brunn -München.      Über  das  durch  eine  beliebige  endliche 
Figur  bestimmte  Eigebilde 94 

16.  H.  C.  Jones-Baltimore.     The  Effect  of  One  Associated  Solvent 

on  the  Association  of  Another  Associated  Solvent 105 

17.  M.  Planck -Berlin.       Über    die    mechanische    Bedeutung    der 
Temperatur  und  der  Entropie 113 


vm  Inhaltsverzeichnis, 

/  Seite 

/  18.    G.  H.  Bryan-Bangor  (N.  W.).    The  Law  of  Degradation  of 

Energy  as  the  fundamental  principle  of  thermodynamics  123 

19.  H.  Mac  he- Wien.  Zur  Definition  der  spezifischen  lonen- 
geschwindigkeit 187 

20.  L.  Matthiessen -Rostock.  Gibt  es  unendlich  große  Ge- 
schwindigkeiten?    141 

21.  A.  Lampa-Wien.  Aus  der  Statistik  der  Prüfongsstelle  für 
Normalstimmgabeln  in  Wien 146 

22.  H.  P eil at- Paris.    Du  röle  des  corpuscules  dans  la  formation 

du  faisceau  anodique  des  tubes  k  gaz  rar6fi^ 150 

23.  A.  Weh nelt- Erlangen.      Über    eine   Röntgenröhre    mit    ver- 

änderlichem Härtegrad  und  über  einen  neuen  Härtemesser.    .     160 

24.  £.  Riecke- Göttingen.  Elektrische  Strömung  in  einem  ioni- 
sierten Lufträume,  der  von  zwei  konzentrischen  Zylinderflächen 
begrenzt  ist 168 

25.  W.  Wien- Würzburg.  Theorie  eines  bewegten  leuchtenden 
Punktes 174 

26.  M.  Le  B 1  an c- Karlsruhe  und  M.  G.  Levi-Padua.  Über  die 
Passivität  des  Nickels 183 

27.  F.  Streintz-Graz.  Die  spezifische  Wärme  einiger  Uchwefel- 
metalle  in  ihrer  Beziehung  zum  elektrischen  Leitvermögen .    .     196 

28.  C.  Barus-Providence.  Periodic  Color  Distributions  in  Relation 
to  the  Coronas  of  Cloudy  Condbnsation,  with  a  Revision  of 
Coronas 204 

29.  E.  Lampe- Berlin.  Der  schiefe  Wurf  im  luftleeren  Räume  als 
Zentralbewegung 215 

30.  A.  y.  Bäcklund-Lund.  Über  elektrische  Strömungen  in 
zylindrischen  Leitern 224 

31.  J.  H.  van*t  Hoff- Charlottenburg.  Einfluß  der  Änderung  der 
spezifischen  Wärme  auf  die  Umwandlungsarbeit 233 

32.  G.  W.  Walk  er- Cambridge  (England).     On  some  Problems  in 

the  Distribution  of  a  Gkts .     242 

38.   C.  Neumann- Leipzig.      Über   die   sogenannte   absolute   Be- 
/  wegung 252 

34.  C.  Runge- Hannover.     Die  thermodynamischen  Beziehungen  .     260 

35.  E.  Czuber-  Wien.  Zur  Geometrie  der  gewöhnlichen  Differential- 
gleichungen   266 

36.  A.  Korn  und  E.  Strauss- München.  Über  eine  Beziehung 
zwischen  dem  Lösungsdruck  und  der  lonisationswärme  der 
Metalle 277 

37.  Ch.  E.  Curry -München.    A  Peculiar  Class  of  Waves    ...    282 

38.  0.  Lehmann- Karlsruhe.    Das  Vakuum  als  Isolator  ....     287 


Inhaltsverzeichnis.  ix 

Seite 

39.  A.  V.  Obermayer-Wieo.     Übet  sogenannte   Heiligenscheine 

und  andere  gleichen  Ursachen  entspringende  Erscheinungen    .    299 

40.  J.  D.  van  der  Wa  als -Amsterdam.  De  verandering  yan  de 
grootheid  b  der  toestandsvergelijking  als  quasi-verkleining  yan 

het  molekuol 805 

41.  6.  Jäger-Wien.  Über  die  Verteilung  einer  nicht  dissoziieren- 
den Substanz  zwischen  zwei  Lösungsmitteln 813 

42.  J.  J.  van  L  aar -Amsterdam.  Über  die  spezifische  Wärme  in 
flussigem  Zustande  bei  niedrigen  Temperaturen 816 

43.  6.  Mie- Greifs wald.  Über  eine  Methode,  das  spezifische  Ge- 
wicht sehr  verdünnter  Lösungen  zu  bestimmen 826 

44.  C.  G.  Kn Ott- Edinburgh.  Magnetization  and  resistance  in 
Nickel  at  high  temperatures 838 

45.  G.  Guglielmo-Cagliari.  Intomo  ad  nn  igrometro-bilancia  ad 
indicazioni  assolute  e  continue 841 

46.  N.  S  ch  i  1 1  e  r -  Charkow.  Einige  Bedenken  betreffend  die  Theorie 
der  Entropievermehrung  durch  Diffusion  der  Gase  bei  einander 
gleichen  Anfangsspannungen  der  letzteren 850 

47.  R.  Wegscheider-Wien.   Über  die  Größe  der  Kristallmoleküle    367 

48.  W.  Sutherland- Melbourne.  The  Principle  of  Dynamical 
Similarity  in  Molecular  Phjsics 873 

49.  W.  Fr.  Meyer- Königsberg.  Zur  Theorie  der  Lagrangeschen 
Bewegungsgleichungen 386 

50.  J.  Stark -Göttingen.  Elektrischer  Massentransport  in  Gasen, 
Druckerhöhung  an  der  Kathode 899 

51.  D.  A.  Goldhamm  er- Kasan.  Über  die  Natur  der  flüssigen 
Luft 410 

52.  E.  K ob ald- Leoben.  Über  die  allgemeinen  Differential- 
gleichungen der  Kristalloptik  nach  der  elektromagnetischen 
Theorie  des  Lichtes 422 

\    53.    J.  Traube- Berlin.    Über  den  Raum  der  Atome  und  Moleküle     430 

"54.    £.  Mach -Wien.     Objektive  Darstellung   der   Interferenz   des 

polarisierten  Lichtes .     .    441 

55.  H.  Eb er t- München.  Wirkung  der  anomalen  Dispersion  von 
Metalldämpfen 448 

56.  y.  Bjerkne  SS -Stockholm.  Elektrostatische,  magnetische  und 
hydrodynamische  Grenzflächenbedingungen 455 

57.  L.  Grunmach-Berlin.     Über  den  Einfluß  der  Zähigkeit  auf 

die  Kapillarkonstanten  bei  Essigsäure-Wassermiscbungen     .     .     460 

58.  A.  Garbasso- Genua.     Su  la  teoria  deir  analisi  spettrale  .     .     469 

59.  L.  Graetz- München.  Über  die  elektrische  Dispersion  der 
Kristalle 477 


z  Inhaltsverzeieknut. 

Seit« 

60.  J.  P.  Kuenen-Dundee.  Zur  Theorie  der  Destillation  von  Ge- 
mischen  483 

61.  £.  Jahnke-Berlin.  Eine  einfache  Anwendung  der  Vektor- 
rechnung auf  die  Theorie  der  veränderlichen  Ströme  ....    487 

62.  J.E.Trevor-Ithaka(N.  Y.).  The  Expansion- Work  of  a  Disso- 
ciating  gas 498 

68.  E.  Haschck  und  K.  Kostersitz-Wien.  Über  einen  Versuch 
der  Ausmessung  von  Stemspektrogrammen  nach  der  objektiven 
Methode  der  Wellenlängenbestimmung 497 

64.   P.  C ard  an i- Parma.    Sulla  dispersione  elettrica  dei   raggi  X 
\^  ottenuü  mediante  le  scariche  dei  condensatori 501 

^  65.    B.  Wein  st  ein -Charlottenburg.    Entropie  und  innere  Reibung    510 

"'^.   J.  Grtlnwald-Wien.     Über   die  Ausbreitung  der  Wellenbe- 
wegungen in  optisch-zweiachsigen  elastischen  Medien ....    518 

67.  6.  Sagnac- Paris.    Lois  de  la  propagatioii  anomale  des  ondes 

au  voisinage  d'un  fojer 528 

68.  W.Feussner-Marburgi.  H.   Über  zwei  Sätze  der  Elektrostatik    587 

69.  S.  H.  Burburj- London.    On  certain  theorems  in  probability    542 

70.  W.  D.  Bancroft-Ithaka  (N.  Y.).  Note  on  the  Soret  Pheno- 
menon 558 

71.  A.  Wassmuth-Graz.  Über  die  Bestimmung  der  thermischen 
Änderungen  der  Elastizitätskonstanten  isotroper  Körper  aus 
den  Temperaturänderungen  bei  der  Drillung  und  der  gleich- 

V  förmigen  Biegung 555 

» 

72.  A.  Schuster- Manchester.  The  Propagation  of  Waves  through 
dispersive  Media 569 

73.  D.  B.  Brace- Lincoln.  On  Double  Refraction  iu  Matter  moving 
through  the  Ether 576 

74.  M.  Margules- Wien.  Über  die  Beziehung  zwischen  Barometer- 
schwankungen und  Kontinuitätsgleichung 585 

75.  J.  L arm or- Cambridge.  On  the  Intensity  of  the  Natural 
Radiation  from  Moving  Bodies  and  its  Mechanical  Reaction    .     590 

76.  Fr.  Exner  und  R.  Hofmann-Wien.  Über  die  Potential- 
differcnzen  der  Metalle  in  ionisierten  Gasen 600 

77.  U.  Behn  und  F.  Kiebitz- Frankfurt  a.  M.  Bestimmung  der 
Dielektrizitätskonstante  von  Eis  in  flüssiger  Luft  mit  schnellen 
Schwingungen  nach  Drude 610 

78.  0.  E.  Schiötz-Christiania.  Über  die  Abhängigkeit  des  os- 
motischen Druckes  und  der  Dampfspannung  von  dem  Drucke    618 

79.  M.  V.  Smoluchowski-Lemberg.  Über  Unregelmäßigkeiten 
in  der  Verteilung  von  Gasmolekülen  und  deren  Einfluß  auf 
Entropie  und  Zustandsgieichung 626 


InhaUiverzeiehnü.  xi 

Seite 

80.  F.Hasendhrl-Wien.  Ober  die  Anwendbarkeit  der  Hamilton - 

sehen  partiellen  Difierentialgleichung  in   der  Dynamik  konti- 
nuierlich verbreiteter  Massen 642 

81.  B.  Walter- Hamburg.  Photographische  Abbildungen  elek- 
trischer Schwingungen 647 

82.  Felix  M.  £xner-Wien.    Ober  das  sogenannte  „Nachschauen*^ 

von  Bildern       652 

83.  G.  Frege-Jena.    Was  ist  eine  Funktion? 656 

84.  H.  Starke-Berlin.  Über  den  Potentialverlauf  bei  der  unselb- 
stftndigen  Elektrizitätsleitung  durch  Gase  für  den  Fall  des 
Sättigungsstromes 667 

85.  £.  Kohl -Wien.  Über  die  elektromagnetischen  Feldgleichungen 
innerhalb  bewegter  elektrischer  Massen 678 

86.  R.  V.  Sterneck -Czernowitz.  Beweis  eines  in  der  Akustik  ver- 
wendbaren arithmetischen  Satzes 687 

87.  H.Beqndorf  und  V.Conrad-Wien.    Ober  Radiumkollektoren    691 

88.  C.  Forch- Darmstadt  Spezifische  Gewichte  und  Wärmeaus- 
dehnung von  Naphtalinlösungen  in  verschiedenen  organischen 
Lösungsmitteln 696 

89.  F.  Ric  harz -Marburg  i.  H.  Theorie  verdünnter  Lösungen  ohne 
Benutzung  des  osmotischen  Druckes 706 

90.  W.  Kill  in  g- Münster  i.  W.    Der  Bau  einer  besonderen  Klasse 

von  Transformationsgruppen 715 

91.  H.  A.  Lorentz- Leiden.    Bemerkungen  zum  Virialtheorem     .     721 

92.  A.  Righi -Bologna.     Sul  moto  dei  ioni  nel  campe  clettrico    .     730 

93.  E.  Lech  er- Prag.     Ein  elektrischer  Aberrationsversuch  .     .     .     739 

94.  F.  Neesen- Berlin.  Über  die  Frage  der  gegenseitigen  Ein- 
wirkung von  Kathodenstrahlen 742 

95.  J.  Moser -Wien.  Wie  ist  positive  Elektrizität  mit  negativem 
Potential  und  negative  Elektrizität  mit  positivem  Potential  leicht 
dar-  und  vorzustellen? 745 

96.  J.  Finger- Wien.  Über  die  einer  allbekannten  Kapillar- 
erscheinung  analogen   Resultate   eines   bestimmten  Problemes 

der  Kinematik  starrer  Körper 752 

97.  P.  Pol is- Aachen.  Zur  Hydrographie  von  Ahr,  Erft  und 
Roer,    ein  Beitrag  zur  Aufschließung  der  Wasserverhältnisse 

der  nördlichen  Eifel 766 

98.  L.  H.  Siertsema- Leiden.  Magnetische  Drehung  der  Polari- 
sationsebene in  verflüssigten  Gasen  unter  atmosphärischem 
Drucke.    Messungen  mit  Stickoxydul 780 

99.  G.  Melander-Helsingfors.       Über  Verdichtung  der  Gase  au 

der  Wand  der  Gefäße 789 


XII  Inhaltsverzeichnis, 

Seite 

100.  0.  Berg- Greifs wald.  Einige  Versuche  über  das  Elektroden- 
Potential  von  Entladungsröhren .798 

101.  G.  Granqvist-Upsala.  Über  die  Periode  und  die  Phasen- 
difierenz  zwischen  Strom  und  Spannung  im  singenden  Flammen- 
bogen  799 

102.  H.  du  B^ 's- Utrecht.  Hjsteretische  Anwendung  der  Boltz- 
mann -Maxwell sehen  Verteilungsfunktion 809 

108.  M.  Th.  Edel  mann- München.  Vertlkalvariometer  für  erd- 
magnetische Messungen  im  Luftballon 815 

104.  E.  Mathias -Toulouse.  Sur  la  loi  de  distribution  r^guli^re 
de  la  composante  nord  du  magn^tisme  terrestre,  en  France, 

au  l«'  janvier  1896 817 

105.  E.  Wi e dem  ann- Erlangen.    Über  Verbindungsspektren    .     .     82(> 

106.  W.  König- Greifswald.  Einige  Bemerkungen  über  die  Be- 
ziehung zwischen  künstlicher  Doppelbrechung  und  Elastizität    832 

107.  G.  Bredig  und  F.  W ein mayr- Heidelberg.  Über  die  mini- 
male Schichtdicke  des  katalytisch  wirkenden  Quecksilbers     .    839 

108.  A.  Sommerfeld- Aachen.  Eine  besondere  anschauliche  Ab- 
leitung des  Gaussi  sehen  Fehlergesetzes 848 

109.  S.  Ar rheni US -Stockholm.  Die  Anwendung  der  physikalischen 
Chemie  auf  die  serumtherapeutischen  Fragen 860 

110.  A.  G.  Webster-Worcester  (Mass.)«  On  the  Mechanical  Effi- 
ciency  of  the  Production  of  Sound 866 

111.  M.  Reinganum- Münster  i.  W.  Über  den  von  Wirkungs- 
sphären freien  Raum  in  einer  Flüssigkeit  und  über  das  Gesetz 
der  relativen  Dampfdruckemiedrigung 876 

12.   J.  Kossonogoff-Kiew.    Über  mögliche  Größe  der  optischen 

Resonatoren 882 

113.  E.  L.  Nichols  und  E.  Merritt-Ithaka(N.  Y.).  The  Influence 

of  Low  Temperatures  upon  Certain  Color  Indicators.     .     .     .    890 

114.  E.  Hall-Cambridge  (Mass.).  The  van  der  Waals  a  in  Alkohol 

and  in  Ether 899 

115.  W.  N ernst- Göttingen.  Chemisches  Gleichgewicht  und  Tem- 
peraturgefälle   904 

116.  H.  Nagaoka- Tokyo.  Mechanische  Analogien  zwischen 
Torsion  und  Magnetismus 916 

117.  R.  Wachsmuth-Rostock.  Akustische  Bestimmung  der  Dichte 

von  Gasen  und  Dämpfen 923 

Namenverzeichnis  der  Mitarbeiter 929 


\ 


1.  Ableitung  der  Gleichgewichtsbedingungen  eines 

starren  Pnnktsystems  ans  dem  Prinzip  der  virtuellen 

Geschwindigkeiten  und  aus  der  Starrheit 

Von  Johannes  Frisohauf  in  Graz. 


Die  Bedingungen  des  Gleichgewichtes  eines  starren  Punkt- 
systems werden  aus  dorn  Prinzip  der  virtuellen  Geschwindig- 
keiten in  der  Regel  derart  abgeleitet,  daß  man  dem  Punkt- 
system eine  virtuelle  Bewegung  erteilt,  die  man  sich  als  eine 
fortschreitende  und  als  eine  drehende  Bewegung  des  Punkt- 
systems denkt.  Diese  Bedingungen  erhält  man  aber  auch 
mit  Zuziehung  des  Begriffes  der  Starrheit  des  Punktsystems, 
welche  Eigenschaft  dadurch  ihren  Ausdruck  findet,  daß  bei 
jeder  virtuellen  Bewegung  die  Distanz  je  zweier  Punkte  des 
Systems  unverändert  bleibt. 

Sind  M^  =  (ar^,  y^,  zj,  M^  =  {x^,  y„  z^)  .  .  i^/„  =  (x„,  y„,  zj 
die  n  Punkte  des  Systems  und  erteilt  man  denselben  die 
virtuellen  Verschiebungen  {Sx^,  Sy^,  Sz^),  {Sx^,  Sy^,  Sz^),  .  . 
{3x^f  8y^,  Sz^j  so  ist  nach  dem  Prinzipe  der  virtuellen  Ge- 
schwindigkeiten 

(1)  2[X8x  +  Y8y  +  Zdz)  =  0, 

diese  Summe  auf  alle  Punkte  ausgedehnt.  In  diesem  Aus- 
drucke kommen  3  w  virtuelle  Verschiebungen  dx^,  8y^,  8z^,  .  . 
8x^,  8y^,  8z^  vor,  von  diesen  sind  aber  nur  sechs  willkürlich. 
Denn  wird  die  virtuelle  Bewegung  eines  Punktes,  etwa  3/^, 
als  vollkommen  frei  gedacht,  so  ist  die  Bewegung  eines  zweiten 
Punktes,  etwa  M^,  an  die  Bedingung  geknüpft,  daß  M^  M^ 
konstant  bleibt,  die  Bewegung  eines  dritten  Punktes,  etwa  M^, 
an  die  Bedingungen,  daß  M^M^  und  M^M^  konstant  bleiben. 
Von    den   drei   virtuellen  Verschiebungen   8x^y  8y^f  Sz^  sind 

BolUmaun-Feiitflchrifl.  1 


2  /.  Frischauf, 

daher  alle  drei  willkürlich,  die  virtuellen  Verschiebungen  öx^, 
^y%i  Sz^  müssen  einer  Bedingungsgleichung,  die  virtuellen  Ver- 
schiebungen 8x^,  dy^,  Sz^  müssen  zwei  Bedingungsgleichungen 
genügen.  Die  virtuellen  Verschiebungen  der  übrigen  Punkte 
sind  bereits  aus  der  Voraussetzung  der  Starrheit  bestimmt. 
Es  sind  daher  sechs  Bedingungsgleichungen  zwischen  den 
Koordinaten  der  n  Punkte  und  den  auf  diese  wirkenden  Kräfte 
zu  erwarten. 
Aus 

konstant,  folgt 

f  0  =  {*,  -  :r,)  {Sx^  -8x^1  +  (y,  -  yj  {8y^  -  Sy^) 
(2)  +  (^  -  ^.)  [Sz^  -  ^^.), 

l  r  =  1,  2,  .  .  w,     «  =  1,  2,  .  .  n. 

Die  virtuellen  Verschiebungen  8x^^.,dz^  müssen  den 
Bedingungsgleichungen  (2)  genügen.  Multipliziert  man  diese 
Gleichungen  mit  den  Faktoren  A^^,  wo  \^  =  \^  vorausgesetzt 
wird,  und  addiert  dieselben  zur  Gleichung  (1),  so  können 
diese  Faktoren  A  derart  gewählt  werden,  daß  die  Koeffizienten 
der  abhängigen  Verschiebungen  Null  werden. 

Aus  dem  Koeffizienten  von  8x^  folgt 

Addiert  man  diese  Gleichungen  für  r  =  1,  2  ..  n,  so  er- 
hält man 


1        ^^.-^'-»^ 


(4)     ;  ebenso 

[  -2'r=0,     2Z^Q. 

Bildet  man  die  Summe 
so  erhält  man  aus  den  beiden  Posten 

yr^r  +  y.^. 

als  zusammengehörige  Glieder 

mithin  für  die  obige  Summe  den  Ausdruck 

-^r,(^r-^J(yr-yJ-  ' ' "" ^-1, « (^»-i  - ^J (y«-!  -yj> 


Oleichgewichtsbedhigungen  eines  starren  Punktsystems.         8 

also    einen   nach   x  und  y   symmetrischen   Ausdruck,   woraus 
folgt,  daß 

oder 

I  2[yX^x'Y)^Q, 

(5)     }  und  ebenso 

Die    sechs  Gleichungen  (4)  und   (5)   sind   die   Gleichgewichts- 
bedingungen des  starren  Punktsystems. 

(Eingegangen  28.  Mai  1903.) 


2,  Über  Selbstinduktions-  nnd  Permeabilitats- 

vergleichungen. 

Von  Adolf  HeydweiUer  in  Münster  i.  W. 


1.  Maxwells  Methode  zur  Vergleichung  der  Selbst- 
induktion von  Drahtspulen  in  der  Wheatstoneschen  Brücke^ 
ist  bei  Anwendung  von  Wechselstrom  oder  unterbrochenem 
Gleichstrom  und  mit  dem  Telephon  als  Meßinstrument  einer 
sehr  weitgehenden  Genauigkeit  fähig,  namentlich  wenn  es  sich 
um  die  Vergleichung  von  nahe  gleichen  Rollen  handelt. 

Mit  der  folgenden  Anordnung  ist  es  mir  gelungen,  eine 
Genauigkeit  von  einem  Hunderttausendstel  bei  solcher  Ver- 
gleichung zu  erzielen. 

Zwei  Zweige  der  Wheatstoneschen  Brücke  werden  ge- 
bildet von  den  durch  einen  Schleifkontakt  getreimten  Teilen 
eines  1  m  langen  und  4  mm  dicken  Manganindrahtes,  dem  auf 
jeder  Seite  ein  induktions-  und  kapazitätsfreier  Widerstand 
von  etwa  175fachem  Betrage  (22  0hm),  bestehend  aus  zwei 
zusammengelöteten  Manganindrähten  von  0,25  und  0,06  mm 
Dicke,  mit  angesetzten  Verbindungsdrähten  aus  Kupfer  zuge- 
schaltet ist.  Die  beiden  anderen  Brückenzweige  bilden  die 
beiden  zu  vergleichenden  Rollen  mit  einem  zweiten  blanken 
Manganindraht  von  1  m  Länge,  0,2  mm  Dicke  und  12  Ohm 
Widerstand,  auf  dem  ein  zweiter  Schleifkontakt  gleitet.  *)  Als 
Stromquelle  dient  ein  von  2  Akkumulatoren  getriebenes  kleines 
Induktorium  von  Hartmann  &  Braun;  die  Brücke  wird  nicht 
in  den  Sekundärkreis,  sondern  parallel  der  Primärrolle  von 
7  Ohm  Widerstand  geschaltet.  Mit  einem  Siemens  &  Halske- 
schen  Dosentelephon  von  5  Ohm  Widerstand  kann  man  den 
Schleifkontakt  des  dicken  Drahtes  bis  auf  einige  Millimeter 
genau  einstellen,  und  da  einer  Veränderung  des  Widerstandes 


1)  Ol.  Maxwell,  Elektrizität  und  Magnetismus,  deutsch  von  Wein- 
stein, 2.  p.  499.     Berlin  1883. 

2)  Ein  Draht  von  mehreren  Metern  Länge  ist  hier  noch  vorteilhafter. 


SelbstinduktionS"  und  Permeabilitätsvergleichungen.  5 

oder  der  Selbstinduktion  in  einem  Zweige  um  0,1  Proz.  eine 
Verschiebung  dieses  Eontaktes  um  350  mm  entspricht,  so  ist 
die  oben  angeführte  Genauigkeit  bis  auf  10-^  der  Gesamtwerte 
erreicht,  würde  auch  noch  zu  überschreiten  sein. 

2.  Diese  Genauigkeit  ist  ausreichend,  um  die  Methode 
auch  zur  Vergleichung  von  Permeabilitäten  verwenden  zu 
können,  und  sie  empfiehlt  sich  hierfür  durch  die  Einfachheit 
der  Handhabung  und  der  erforderlichen  Hilfsmittel 

Man  verwendet  hierzu  zweckmäßigDrahtroUen  ohne  Fassung, 
die  auf  zerlegbaren  Holz-  oder  Pappegestellen  gewickelt  und, 
nachdem  die  Windungen  mit  dünnen  Drähten  oder  Fäden  zu- 
sanimengebunden  sind,  abgenommen  werden.  Eintauchen  in 
flüssiges  Paraffin  gibt  die  nötige  Stabilität.  Von  verschiedenen 
hergestellten  Rollen  eigneten  sich  für  den  vorliegenden  Zweck 
am  hosten  Bollen  aus  0,5  mm  dickem,  elektrolytischem  Eupfer- 
draht  mit  400  (20  x  20)  Windungen  von  3,5  cm  innerem  und 
5,5  cm  äußerem  Durchmesser,  deren  Selbstinduktion  7.10~^ 
Quadrant  beträgt 

Man  könnte  zunächst  daran  denken,  durch  Einlegen  der 
Bollen  in  die  flüssigen  oder  pulverisierten  magnetischen  Sub- 
stanzen die  Permeabilität  derselben  direkt  zu  bestimmen;  in- 
dessen scheitert  das  daran,  daß  einmal  für  Lösungen  bei  dieser 
Anordnung  die  Störungen  des  Minimums  infolge  von  Eapa- 
zitätswirkung  und  Foucaultströmen  beträchtlich  sind,  sodann 
die  unvermeidliche  Isolierschicht  eine  erhebliche  und  schwer 
genau  zu  bestimmende  Eorrektion  (von  über  30  Proz.)  erfordert. 
Dagegen  lassen  sich  Vergleichungen  der  Permeabilitäten  magne- 
tischer Substanzen  vom  Eisen  bis  hinunter  zu  Salzlösungen 
der  magnetischen  Metalle  in  der  Eonzentration  1  g-Mol./L.  mit 
ziemlicher  Genauigkeit  ausführen. 

Die  Substanzen  werden  zu  diesem  Zwecke  in  Form  von 
Zylindern  verschiedenen  Querschnittes  konzentrisch  und  kon- 
axial in  die  Bollen  eingeführt  und  die  Größe  der  Verschiebung 
des  Schleifkontaktes  beim  Übergang  der  Substanzen  aus  der 
einen  in  die  andere  Bolle  für  die  Minimumstellung  verglichen. 
Die  Länge  der  Zylinder  muß  so  gewählt  sein,  daß  eine  Ver- 
größerung derselben  keine  merkliche  Verschiebung  des  Mini- 
mums ergibt;  9  cm  sind  hierfür  mehr  als  ausreichend.  Der 
Querschnitt  der  Zylinder  richtet  sich  nach  der  Größe  der  Per- 


6  A.  Heydweiller, 

meabilität;  bei  den  festen  und  gelösten  Salzen  erhält  man 
bei  dem  größtmöglichen  Querschnitt,  so  daß  das  einschließende 
Glasgefäß  noch  eben  in  die  Rolle  paßt^  vorzügliche  Einstellungen^ 
bei  denen  das  Telephon geräusch  vollständig  verstummt;  bei  den 
magnetischen  Metallen  ist  das  infolge  der  Hysteresis  nur  noch 
bei  einem  entsprechend  geringen  Querschnitt  der  Fall;  auch  die 
Rücksicht  auf  die  Größe  der  Verschiebung,  die  1000  mm  nicht 
überschreiten  kann»  zwingt  zur  Verkleinerung  des  Querschnittes. 
So  gibt  beispielsweise  ein  Nickeldraht  von  0,5  mm  Dicke 
bei  nahe  1000  mm  Verschiebung  kein  gutes  Minimum  mehr, 
während  dieses  bei  einem  etwa  halb  so  dicken  Nickeldraht 
fast  ganz  scharf  und  sehr  gut  zu  verwenden  ist  Bei  Eisen 
ist  ein  einigermaßen  brauchbares  Minimum  erst  bei  einer 
Drahtdicke  unter  0,05  mm  zu  erzielen. 

Da  das  Magnetfeld  im  Innern  der  kurzen  Rollen  kein 
homogenes  ist,  sind  die  Änderungen  der  Selbstinduktion  bei 
Einschiebung  der  Zylinder  nicht  ihrem  Querschnitte  proportional; 
man  muß  vielmehr  eine  Graduierang  vornehmen,  um  die  Be- 
stimmungen mit  verschiedenen  Querschnitten  untereinander 
vergleichbar  zu  machen.  Von  diesem  Gesichtspunkte  aus  wäre 
eine  lange  Form  der  Spulen  vorteilhafter;  die  kurzen  Rollen 
mit  nahe  quadratischem  Querschnitte  sind  gewählt  worden, 
weil  für  sie  die  Selbstinduktion  im  Verhältnis  zum  Wider- 
stände ein  Maximum  ist. 

Die  Graduierung  ist  leicht  durchzuführen,  indem  man  ge- 
eignete Substanzen  in  Zylindern  von  gleicher  Länge  und  ver- 
schiedenen Querschnitten  einführt;  die  Verschiebungen  des 
Schleifkontaktes  wachsen  schneller  als  die  Querschnitte,  wie 
die  nachstehende  kleine  Tabelle  zeigt,  bei  deren  Aufstellung 
;  metallisches  Mangan   (schwach  eisenhaltig),   Eisenoxyd,    festes 

I  Ferrosulfat  und   Mangan  osulfat  (krist.)  alle  in  Pulverform  be- 

nutzt wurden. 
i  Die  Querschnitte  der  eingeführten  Substanzzylinder  sind 

I  mit  (]y  die  Verschiebungen  des  Schleifkontaktes  für  die  beiden 

j  Minimumstellungen  mit  S  bezeichnet;  die  Verhältnisse  Sjq  sind 

j  durch  graphische  Interpolation  auf  den  für  sehr  kleinen  Quer- 

i  schnitt  {q  =  0)  willkürlich  angenommenen  Wert  1  bezogen. 

.!  7=0       0,216       0,345       1,18         1,55         2,46         7,02  cm« 

]  %  =  1       1,010       1,012       1,045       1,065       1,095       1,275 

fi 
■j 


SMstinduktionS'  und  PermeabÜitätsvergleichungen.  7 

um  zwei  Beobachtungen  für  verschiedene  Querschnitte 
vergleichbar  zu  machen,  braucht  man  bloß  die  Werte  von  d 
durch  q  und  die  vorstehend  angegebenen  den  q  entsprechen- 
den Werte  von  Sjq  zu  dividieren;  für  andere  als  die  obigen 
q  Werte  ergibt  sich  die  Korrektion  durch  lineare  Interpolation 
hinreichend  genau. 

Die  so  reduzierten  d  sind  dem  unterschiede  der  Permea- 
bilität der  betreffenden  Substanz  (jm)  gegen  die  der  Luft,  oder 
auch  ihrer  Magnetisierungszahl  (Suszeptibilität)  x  =  (/i—  l)/47r 
proportional,  und  man  kann  sie  durch  Vergleichung  mit  einer 
Normalsubstanz  von  bekannter  Magnetisierungszahl,  z.  B.  Ferri- 
chlorid,  auch  dem  absoluten  Werte  nach  bestimmen. 

Natürlich  ist  dabei  auf  den  Magnetismus  der  benutzten 
Olasgefäße  zu  achten,  den  man  empirisch  ermittelt  durch  Ein- 
schieben der  leeren  Glasgeföße  in  die  Spulen. 

Als  Normalsubstanz  ist  das  vielfach  untersuchte  Ferri- 
chlorid  entweder  gelöst  oder  kristallisiert  und  fein  gepulvert 
zu  empfehlen,  weil  seine  Magnetisierungszahl  wohl  am  besten 
bestimmt  ist  Als  Mittelwert  ergibt  sich  aus  zahlreichen 
Messungen,  die  an  anderer  Stelle  zusammengestellt  und  be- 
sprochen wurden,  für  den  Molekularmagnetismus  des  wasser- 
freien FeClj  bei  mittlerer  Zimmertemperatur  (17^ 

—  =  14,2.10-3, 


worin  x  die  Magnetisierungszahl  der  wasserfreien  Substanz 
und  V  die  Zahl  der  Grammmoleküle  im  cm^  bezeichnen.  Kommen 
auf  g  g  Salz  g  g  Wasser  im  Kristall  oder  in  der  Lösung,  und 
setzt  man  die  Magnetisierungszahl  des  Wassers  nach  dem 
Mittelwerte  der  neueren  Bestimmungen  gleich 

-0,75.10-6, 

so  berechnet  sich  die  Magnetisierungszahl  für  wasserhaltiges 
oder  gelöstes  Ferrichlorid 

X,  =  fl4,2- 0,75-^-^)1/. 10-3, 
^       \  9  1000;  ' 

worin  3/=  162,25  das  Molekulargewicht  des  FeCl^  ist.  Um- 
gekehrt kann  man  nun,  wenn  für  eine  zweite  Lösung  aus  dem 


8  A.  Heißdweiller, 

Verhältnis  der  Verschiebungen  bei  gleichem  Querschnitt,  Ö^ 
für  die  Ferrichloridlösung  und  8^  für  die  zweite  Lösung,  deren 
Magnetisierungszahl 

^2  —  ^1    ^j 

bestimmt  ist,  daraus  den  Molekularmagnetismus  des  zweiten 
gelösten  Salzes  berechnen  gleich 

-^  +  0,75^^.10-3. 

y      '       '        g  1000 

Dieselbe  Formel  gilt  auch  für  wasserhaltiges  festes  Salz. 

3.  Zum  Belege  für  die  Brauchbarkeit  der  Methode  seien 
einige  Beobachtungen  angeführt  Die  ersten  beziehen  sich  auf 
die  Permeabilität  des  Nickels  in  schwachen  Feldern,  die  meines 
Wissens  noch  nicht  bestimmt  ist.  In  Ewings  bekanntem 
Buche  ^)  findet  sich  p.  87  die  Magnetisierungszahl  des  Nickels 
erst  von  der  Feldstärke  6,5  C.Gr.S.  ab  angegeben  und  auch 
diese  Zahl  ist  noch  ziemlich  unsicher  wegen  des  großen  re- 
manenten  Magnetismus  (/  =  22  für  H  =  0),  der  vom  Nickel 
mit  besonderer  Hartnäckigkeit  festgehalten  wird. 

Die  Beobachtungen  ergaben  für  einen  ausgeglühten  Draht 
aus  Keinnickel  von  Basse&Selvein  Altena,  der  nach  Analyse 
von  Hrn.  F.  Rose  in  Strassburg  1,12  Proz.  Eisen  und  0,23  Proz. 
Graphit  und  Silicium  enthält  vom  Querschnitte 

q  —  0,000570  cm'  eine  Verschiebung  d  =  241  mm 
für  einen  weichen  Eisendraht  (abgeätzter  Blumendraht) 

q  =  0,0000241  cm'  ')  5  =  495  mm 

für  einen  anderen  weichen  Eisen draht 

q  =  0,0000204  cm«  •)  d  =  400  mm 

für  eine  Ferrichloridlösung  von  31,0  Proz.,  v  =  2,49.10-3 

^  =  7.18  cm*  d  =  102,8  mm 

Daraus  ergeben  sicli  nach  obigem  die  folgenden  Werte 
der  Magnetisierungszahlen  x  und  Permeabilitäten  fji=l  +4nx: 


1)  J.  A.  Ewing,  Magnetische  Induktion  in  Eisen  und  verwandten 
Metallen,  deutsch  von  L.  Holborn  und  St.  Lindeck,  Berlin  und 
München  1892. 

2)  Der  Querschnitt  wurde  durch  Wägung  und  spezifische  Gewichts- 
bestimmung ermittelt. 


SelhstinduktionS'  und  Termeabilitätsverpleichungen. 

69 
X,  =  (14,2-0,75.       .0,1622)2,49.10-6  =  34,8.10-6.- 

Ol 

H  =  1,000433 
för  den  Nickeldraht,  durch  Vergleichung  mit  vorstehendem  Werte 

für  den  ersten  Eisendraht: 

495  7,18.1,275 

für  den  zweiten  Eisendraht: 

400  7,18.1,275 


X    = 


.  34,8 .  10  -6  =  60,9         lA  =  766 


2,04.10-5  102,8 

Für  die  Feldstärke  bei  diesen  Versuchen  lassen  sich  nun 
allerdings  nur  Grenzen  angeben.  Aus  den  Dimensionen  und 
der  Windungszahl  der  Spulen  berechnet  sich  die  Feldstärke 
in  ihrem  Mittelpunkte  zu  /^=  Uli  C.G.S.-Einh.,  für  i  Am. 
Stromstärke. 

Bei  den  vorstehenden  Versuchen  betrug  die  Stromstärke 
in  jeder  der  Spulen  bei  vollständiger  Ausschaltung  des  Unter- 
brechers (Wagnerscher  Hammer  mit  Platinkontakt)  0,105  Am., 
die  entsprechende  Feldstärke  in  der  Mitte  der  Spulen  ist  also 
F  ==  11,6  C.G.S.-Einh.  —  Dies  ist  aber  nur  eine  obere  Grenze, 
denn  erstens  führt  der  in  Gang  befindliche  Unterbrecher  einen 
größeren  Widerstand  ein,  zweitens  kommt  bei  den  kurzdauern- 
den Stromschlüssen  infolge  der  beträchtlichen  Selbstinduktion 
die  Stromstärke  nicht  voll  zur  Ausbildung  und  drittens  liegen 
die  9,3  cm  langen  Drähte  nur  mit  ihrem  mittleren  Teile  in 
dem  obigen  maximalen  Felde.  Die  mittlere  Stromstärke  bei 
tätigem  Unterbrecher  betrug  0,0125  Am.,  also  nur  ^s  ^^^ 
obigen. 

Aus  den  Zahlen  für  die  Permeabilität  des  Eisens  würde 
man  nach  den  Versuchen  von  Roessler^j  auf  eine  Feldstärke 
von  etwa  1,3  C.G.S.-Einh.  schließen  dürfen. 

Das  Verhältnis  der  Permeabilitäten  von  Eisen  und  Nickel 
ergibt  sich  nach  vorstehendem  zu  etwa  45 : 1,  während  es  bei 
größeren  Feldstärken  auf  bedeutend  kleinere  Werte  (etwa  3,5 : 1) 
absinkt.^  — 

1)6.    Roesslcr,    Untersuchungen    über    die    Magnetisierung    des 
Eisens.     Dissertation,  Zürich  1892. 
2)  Vgl.  J.  A.  Ewing,  I.e. 


10  A,  Hej/dweiUer, 

4.  An  zweiter  Stelle  seien  hier  einige  Beobachtungen  an- 
geführt über  etwaige  Änderung  des  Magnetismus  von  Eisen- 
und  Mangansalzen  durch  Auflösung  in  Wasser.  Diese  Frage 
ist  schon  von  G.  Wiedemann^)  und  Herrn  J.  Königsberger^ 
behandelt  worden.  Der  erstere  fand  bei  Feldstärken,  die  nach 
seinen  Angaben  auf  etwa  10*  bis  10^  C.G.S.-Einh.  zu  schätzen 
sind,  für  Ferrosulfat  (krist),  Ferrochlorid  (wasserfrei),  Ferri- 
chlorid  (wasserfrei)  und  Manganosulfat  (krist)  nur  geringe  Ände- 
rungen des  Magnetismus  bei  der  Auflösung  von  etwa  2 — öProz. 
und  zwar  eine  Zunahme  des  Magnetismus;  Herr  Königs- 
b  erger  dagegen  fand  bei  etwas  größerer  Feldstärke  (2000  C.G.S.- 
Einh.)  für  Ferrosulfat  (krist.)  eine  Zunahme  von  50  Proz.  und 
für  Ferrosulfat  (wasserfrei)  sogar  eine  solche  von  100  Proz.  bei 
der  Auflösung. 

Bei  den  folgenden  Versuchen  wurde  eine  abgewogene 
Menge  g  g  der  kristallisierten  Salze  fein  pulverisiert  in  mög- 
lichst gleichförmiger  Verteilung  in  ein  bestimmtes  Volumen  v 
gebracht  und  die  Verschiebung  des  Schleifkontaktes  8  gemessen, 
dann  ein  abgewogener  Bruchteil  g^  g  des  Salzes  in  g\  g  Wasser 
zu  dem  gleichen  Volumen  v  aufgelöst  und  die  Verschiebung  S-^ 
bestimmt.  Man  ist  dann  bis  auf  eine  unbedeutende  Korrektion 
unabhängig  von  hygroskopischer  Feuchtigkeit  und  von  dem 
Eristallwasser  und  kann  mit  hinreichender  Annäherung  das 
Verhältnis  der  Äquivalentmagnetismen  des  Salzes  im  gelösten 
und  kristallisierten  Zustande  setzen 


Der  Korrektionsfaktor  betriflFt  das  Lösungswasser  und  er- 
gibt sich  numerisch  aus  der  vorher  mitgeteilten  Beobachtung 
an  der  Eisenchloridlösung.  Ist  das  spezifische  Gewicht  s  der 
Lösung  bestimmt,  so  kann  man  auch  setzen 

— ^   S   — ~"  . 

V  V 

Die  nachfolgende  Tabelle  gibt  eine  Zusammenstellung  der 
für  sechs  verschiedene  Salze  erhaltenen  Resultate.     Die  Salze 


1)  G.  Wiedemann,  Pogg.  Ann.  126.  p.  1.  1865. 

2)  J.  Königsberger,  Wied.  Ann.  66.  p.  698.  1898. 


Selbstinduktions'  und  Pennedbilitätsvergleichungen,  11 


waren    sämtlicb   rein   (von  Marquart  in  Bonn),   kristallisiert 
und  vor  den  Versuchen  einige  Tage  im  Exsikkator  getrocknet. 


FeCl,  4  H,0 
FeCI,6H,0 

FeSOi  7H,0 


67,86 
71,87 
54,62 
78,70 


Fe,(804)5  6H,0    i   68,80 


MoCl,  4H,0 
MdSO«  4H,0 


93,71 
86,71 


179,0 

39,81 

106,7 

162,2 

45,85 

102,7 

93,0 

21,04 

35,1 

139,5 

20,83 

34,6 

157,1 

|33,37 
128,60 

64,2 
64,2 

231,0 

43,39 

107,4 

269,7 

46,26 

145,5 

s 

xjx 

1,816  19° 

1,03  P) 

1,312  16,5** 

1,006 

1,160  25° 

1,035») 

1,184  2V 

0,968  «) 

1,331   14,5<> 

0,867  •) 

— 

1,015*) 

1,402  2V 

1,022 

1,842  17° 

1,021 

In  den  meisten  Fällen  scheint  also,  wie  auch  beiG.  Wiede- 
manns  Versuchen,  eine  geringe  Zunahme  des  Magnetismus  bei 
der  Auflösung  einzutreten. 

Die  Änderungen  sind  aber  klein  und  können  auf  Versucbs- 
fehlem  beruhen,  insbesondere  auf  ungleicher  Verteilung  der 
pulverisierten  Salze  im  Volumen;  eine  Ausnahme  bildet  die 
Lösung  des  Ferrisulfats  im  Wasser,  beider,  wieschonG.  W lede- 
rn ann  nachwies,  die  hydrolytische  Spaltung  eine  erhebliche 
Verminderung  des  Magnetismus  bedingt;  die  Verminderung 
fallt  weg,  wenn  die  Hydrolyse  durch  hinreichenden  Säurezusatz 
beseitigt  wird. 

Die  von  Hrn.  Königsberger  beobachtete  starke  Ände- 
rung des  Magnetismus  durch  Auflösen  bei  größeren  Feldstärken 
bedarf  noch  der  Bestätigung;  ihr  würde  eine  starke  Abhängig- 
keit der  Magnetisierungszahl  des  festen  Ferrisulfats  von  der 
Feldstärke  entsprechen,  die  nicht  wahrscheinlich  ist^j 

Es  sei  noch  hervorgehoben,  daß  man  bei  den  Versuchen 
auf  das  peinlichste  für  Vermeidung  störender  Induktions- 
wirkungen  durch  Nähe    von  Eisenteilen,    durch  Wirkung  der 


1)  Bei  Zusatz  von  Säure  trat  keine  erhebliche  Änderung  ein. 

2)  Gelöst  in  Wasser. 

3)  Gelöst  in  4proz.  Schwefelsäurelösung. 

4)  Gelöst  in  12proz.  Schwefelsäurelösung. 

5)  Für  Feldstärken  zwischen  6000  und  10000  C.G.S.-Einh.  ist  nach 
Hrn.  St.  Meyer  (Wied.  Ann.  69.  p.  257.  1899)  die  Magnetisicrungszahl 
des  kristallisierten  FeSO«  nahe  konstant. 


12      A.  IleydtoeiUer.     Selbstinduktioru^  v.  Permeahilitäitver gleich, 

Stromzuleitung  auf  die  Brückenzweige  und  das  Telephon  etc. 
achten  muB. 

Auch  muß  die  Auswechselung  der  Substanz  zwischen  den 
beiden  Spulen  öfter  wiederholt  und  in  schneller  Folge  geschehen, 
um  kleine  Änderungen  der  Selbstinduktion  durch  Temperatur- 
schwankungen und  dergleichen  unschädlich  zu  machen. 

Über  weitere  Beobachtungen,  nach  dieser  Methode  ist  an 
anderer  Stelle  berichtet^) 

Münster  i.  W.,  Physika!  Inst.  d.  Universität,  Mai  1903. 


1)  Ann.  d.  Phys.  12.  p.  608.  1903. 

(Eingegaugen  4.  Juni  1903.) 


13 


3.  Sar  la  stabilit^ 
ölectriqne  d'un  milieu  homogöne  et  illimitö. 

Par  P.  Dohem  k  Bordeaux. 


Introduotion. 

Dans  le  c6lebre  Memoire  oü  il  a  d6velopp6  les  lois  de  la 
propagation  de  r6lectricit6  au  sein  des  milieux  immobiles  ^], 
Helmholtz  s'est  propos6,  tout  d'abord,  de  gönöraliser  Tex- 
pression  du  Potentiel  6lectrodynamique  d'un  Systeme.  Cette 
expression,  il  l'a  donn^e  sous  une  forme  qui  comprend  comme 
cas  particuliers  les  formules  employ^es  par  ses  prödöcesseurs, 
tels  que  F.  E.  Neumann,  W.  Weber  et  Maxwell.  Ces 
diverses  formules  correspondent  ä  autant  des  valeurs  distinctes 
attribu6es  ä  une  certaine  constante  numörique  K  que  Helm- 
holtz laisse  ind6termin6e. 

L'indötermination  de  Ky  toutefois,  ne  reste  pas  absolue; 
des  consid^rations  relatives  ä  la  stabilitö  de  l'^quilibre  6lec- 
trique  permettent  de  la  restreindre. 

Voici,  en  effet,  une  premi^re  proposition  que  Helmholtz 
a  d^montröe: 

Si  la  co7istante  K  est  nulle  ou  positive,  l'equilibre  electrique 
est  assurement  s table  sur  un  corps  immobile ,  doue  de  conducti- 
bilite,  mais  denue  de  pouvoir  magnetique  et  de  pouvoir  dielec- 
trique,  et  place  dans  uii  champ  electrique  donne. 

Plus  tard,  nous  avont  g6n6ralis6^  quelque  peu  Tanalyse 
de  Helmholtz  et  6tabli  la  proposition  que  nous  allons  6noncer: 

Considerons  un  ensemhle  de  corps  immobiles,  qui  peuvent 
etre  dielectriques  et  magnetiques  et  dont  les  uns  sont  doues  de 
conductibilite  electrique,  tandis  que  les  autres  en  sont  depourims; 


1)  H.  Helmholtz,  Borchardt's  Journal  72.  p.  57.  1870;  Wissen- 
scham.  Abhandl.  1.  p.  545.  1882. 

2)  P.  Duhem,   Annales  de   la  Facult^  des  Sciences  de  Toulouse 
10.  1896. 


14  P.  Dukem. 

si  la  constante  K  n^est  pas  negative]  st  en  outre,  le  coefficient 
de  Polarisation  dielectrique  s  et  le  coefficient  de  polarisation  ma-' 
gnetique  &  ne  sont  negatifs  pour  aucun  des  corps  qui  composent 
le  Systeme,  tequilibre  elecirique,  dielectrique  et  magnetique  est 
sürement  stable  lorsque  Ton  maintient  ce  Systeme  dans  un  champ 
electrique  et  magnetique  donne, 

Qu'  axrive-t-il  lorsque  la  constante  K  a  une  valeur  nega- 
tive? Est  il  permis  d'affirmer  que  sur  un  conducteur  immobile, 
r^quilibre  6lectrique  est  instable?  Pour  r^pondre  k  cette 
question,  Helmholtz  a  analys^  ^)  les  courants  ^lectriques 
engendr^s  dans  une  Sphäre  par  les  petites  vibrations  d'une 
couche  6lectris6e  concentrique  a  cette  sphere;  il  a  montr6  qu'en 
supposant  A'  nögatif,  on  pouvait  engendrer  des  courants  dirigös 
suivant  les  rayons  de  la  sphere  et  qui  ne  demeurent  pas  tres 
petits ;  il  en  a  conclu  que  les  valeurs  negatives  de  K  devaient 
etre,  en  g^n^ral,  rejet^es  comme  entralnant  Finstabilit^  de 
r^quilibre  6lectrique  sur  un  conducteur  immobile. 

L'analyse  de  Helmholtz  prete  a  quelques  objections; 
il  en  est  une  que  nous  voulons  signaler  en  peu  de  mots. 

Si,  sur  un  Systeme  m6canique  en  öquilibre  stable,  on  fait 
agir  une  action  perturbatrice  ext^rieure  tres  petite  et  p^riodi- 
que,  il  peut  fort  bien  arriver  que,  malgr6  la  stabilit^  du 
Systeme,  cette  action  y  engendre  ä  la  longue  une  perturbation 
finie;  c'est  ce  qui  aura  lieu  si  Taction  a  pr6cis6ment  pour 
Periode  une  des  p6riodes  propres  du  Systeme.  La  possibilit^ 
d'imposer  a  un  Systeme  une  modification  finie  au  moyen 
d'une  perturbation  ext6rieure  p6riodique  et  tr^s  petite  n'est 
donc  pas  un  sür  indice  que  le  Systeme  soit  en  öquilibre 
instable. 

Nous  pensons  donc  qu'il  y  a  quelque  int^ret  k  examiner 
de  nouveau  le  problöme  pos6  par  Helmholtz  et  ä  en  chercher 
la  Solution  par  des  proc6d6s  analogues  a  ceux  dont  M.  Lia- 
pounoff  ^  a  fait  usage  dans  Tötude  de  la  stabilit^  m^canique. 

JS^ous  considererons  un  milieu  homogene,  isotrope,  illimite,  sous- 
trait  ä   Faction   de   tout   champ    electrique    ou   magnetique    autre 

1)  H.  Helmholtz,  1.  c. 

2)  M.  Liapounoff,  Le  problöme  g^ueral  de  la  stabilite  de  mouve- 
inent  (en  russe),  Kharkow,  1892;  Journal  de  Math^matiques  5«  S^rie. 
3.  p.  81.  1897. 


Sur  la  stabilite  electrique. 


15 


que  ceux  qv!il  engendre  lux  mime  et  dont  les  regions  infinhnent 
eUngnees  sont  maintenues  ä  Vetat  neutre;  nous  supposerons  ce 
miUeu  conducieur  et  non  dielectrique ,  ou  bien  dielectrique  et  non 
emiducteur;  nous  montrei'ons  que  si  la  constante  K  etait  negative y 
tetat  neutre  ne  pourrait  Stre,  pour  un  sembldble  milieu,  un  etat 
cPequüibre  stähle;  en  outre,  dans  le  cas  oü  le  milieu  est  dieleC' 
trique,  il  en  serait  encore  de  meme  si  le  coefficient  de  polarisation  e 
etait  negatif;  cette  demiere  conclusion  betend  aux  müietix  di-- 
eleetriques  qui  sont,  en  outre,  conducteurs. 


§  1.    Milieu  oonduoteur  et  non  dielectrique. 

Si  nous  conseryons  les  notations  de  Helmholtz^  nous 
trouvons  sans  peine  que  les  composantes  u,  v,  w,  du  flux  de 
conduction  en  tout  point  d'un  milieu  conducteur,  qui  peut 
etre  magn^tique^  mais  qui  n'est  pas  dielectrique^  y^rifient  les 
trois  öqnations  aux  d^riv^es  partielles 


(1) 


dt     "^  K  dx 


dy 


dx 


) 


+ 


4nn  +  in»)     d 


( 


xK 
4  71  il«  (1  H-  4  71  />)  ö*  u 


dudvdw 
dx  \  dx         dy         d x 


) 


=  0, 


dt 


X  df" 

d  Ar  1  +  4  TT  1^^  K^      ö»      Idu 

■^  K  dy^dt\ 

4  71  (1  +  4  71  ^)     d 

X K  d y  \d X     '     dy 

4  7r  il*  (1  +  4  71  ^)    d*j 
x'  '   ö> 

d 


dv         d  w 
dx         dy         dx 


■) 


+ 


)    (du         dv^        d 
y  [dx   ^  ^-  ^ 


:) 


=  0, 


d  Jtc         l  +  4  71  d^  —  K 
~dT  ^  K  dx 


*      Idudvdw 


+ 


4  71  (1  +  4  71  ^)     d 


X  \dx 


xK  d 

4  7i^«(l  +  4  7r^)   d^w 
X  dt'' 


dy 

_,dvd 
"^  dy  "^  ö 


dx 


) 


f) 


=  0. 


Si  Doufl  posons 


(2) 


^        du    ,     d  V    ,    d  w 
ox        dy         dx 


16 


P.  Duhem, 


cette  quantit^  v6rifiera  l'^quation  aux  döriv^es  partielles 


^^)  4.nA^K      dt       '    A^K 

tandis  que  chacune  des  quantit^s 


di* 


(4) 


^1  =  4^ 

1        By 


dv 
dz 

d  w 


2        dx  dx 


d  u 
dy 


vÄriiie  r^quation  aux  d6riv6e8  partielles 

(5) 


Considörons  un  volume  tini  qu'une  surface  ferm6e  S  d6- 
coupe  au  sein  du  milieu;  soit  d(o  un  6l6ment  de  ce  volume 
et  formons  les  expressions 


(6) 

(7) 
oü 


d  (ü , 


&  = 


Nous  aurons 


dt 


(8) 


dU 


d 
dV 


^  =  2fj0J&dfü, 
dS"    6  6 


"  -  ^/( 


bx      dx 


+  ~dY  ~dy    +  -dV  -T^j  '^® ' 


ou 


&'  = 


d^ß 
dt* 


Mais,  en  vertu  de  T^galit^  (3),  Tögalit^  (9)  devient 

J^        oC\(       «         dAS'    .       1       dAe\de'  ], 


+  . . .  d^signant  deux  termes  qui  se  d6duisent  du  terme  expli- 
citement  6crit  en  permutant  x,  y,  z. 


Sur  la  ttabüite  iUctriqtie. 
(/'ette  4galit4,  k  son  tour,  peut  s'öcrire 


17 


(10) 


11  ^tant  la  normale  ä  relöment  dS  vers  Pint^rieur  du  volume 
qu'enserre  la  surface  S. 

Les  6galit6s  (8)  et  (10)  donnent 


(11) 


-^^-  =       2f{J0')^doi  +  2fj0J0"dm. 


tPV 

dt* 


(12)  {  ^J^ßj&)idro 

dtJ\i7iA*h  A*K         I   dn 

Moyennant  r6galit4  (3),  ces  6galit^s  (11)  et  (12)  deviennent 

(13)  "^.-^  =  2ßAerda.  +  2/(j-„-^,^- JJ0'+  Jj.AJe)j0d<o. 


(14) 


d*  V 
dt* 


(ü 


Une    nouvelle    transformation    remplace    les    ^galit^s    (13) 
et  (14)  par  les  ^galit^s 


;i5; 


ÖJ(9'  1      dJG\d  AS^ 

dx     "^  A^K     dx)     dx     '^' 


(Iro 


-'iL 


IV.lt  Jtmann-Fej»t.«rhr1ft. 


A'K      an  A^  K     o  n    ) 

2 


18  P.  Duliem. 


(16) 


'''''  =  -Jj^J{^(i?dro 


dt* 


inA*K     dx    ^A*K     dx 


Imaginons  maintenant  que  la  surface  S  soit  une  sphere 

de  rayon  r,  ind^finimeiit  croissant,  ayant  pour  centre  Torigine 

des  coordonn^es;   imaginons  aussi  que,    quel  que   soit  t,   les 

composantes  «,  t?,  w  du  flux  de  conduction  et  leurs  döriv^es 

de  tous  ordres  par  rapport  a  t  s'annulent  k  Finüni  comme  des 

fonctions    potentielles    ^lectrostatiques;    nous    entendons    par 

la  que 

du  d^u 

"'  dt  '  dt^  '  '  "' 

du  du  du  d^u 

^'~dx'  ^'  dy   '  ^'Tx'  ^'dVdi''"' 

o  d^u  o     d'^u  9      d*u 

f*i  7'" 9'  

dx''  '  dxdy'   "    '  dx^dt  '  "    ' 

tendeut  vers  0  lorsque  la  distance  r  du  point  {x,  y,  z)  k 
Torigine  crott  au  delä  de  toute  limite.  Nous  pourrons,  aux 
seconds  membres  des  6galit6s  (8),  (10),  (15)  et  (16),  supposer 
(lue  les  integrales  (jui  renfennent  r^l^ment  d(o  s'^tendent  ä 
Tespace  illimit6,  tandis  que  les  integrales  (jui  renferment  Tel^- 
ment  dS  s'annulent. 

Ces  pröliminaires  pos6s,  supposons  que  K  soit  negatif  et 
voyons  si  le  milieii  illimite  peut  etre  en  equilihre  stable  lorsqu'il 
Ti'est  le  siege  d'aucun  courant. 

Considörons,  pour  ce  milieu  illimitö,  la  somme,  essen- 
tiellement  positive, 

(17)  ^'=^'-WK- 

Si  l'equilibre  initial  du  milieu,  supposö  sans  aucun  flux 
de  conduction,  etait  stable,  on  pourrait  imposer  aux  valeurs 
absolues  initiales  de  u,  v,  w,   dujdt,   dvjdt,   dwjdt,   des 


Sur  la  stabüite  electrique. 


19 


limites  supörieures  telles  que  W  ne  pourrait  surpasser  k  aucun 
moment  une  (^uantit^  positive  Fj  arbitrairement  choisie  d^avance. 
Or,  les  ^galit^s  (8)  et  (10)  donneraient 

tandis  que  les  4galit6s  (15)  et  (16)  donneraient 


(19) 


^  A*K*J  \\    dx 


+ 


+ 


( 
( 


e 


dy 


(O 


+ 


X    dJ^\a 


) 


+ 


4n      dx 


4n      d  y 


dAS    y    _>^dA 
dx     "^  4  7f 


y 
^)'] 


da) . 


Les  valeurs  initiales  de  w,  r,  w,  dujdt,  dvjdt,  dwidt 
8ont  assujetties  seulement,  jusqu'ici^  k  demeurer  införieures  en 
yaleur  absolue  k  certaines  limites  donn^es;  rien  n'empeche  de 
prendre,  k  l'instant  initial , 

du        iN«  d  V        «a  d w        iNo 

Ä^  6tant  une  quantitö,  indöpendante  de  x,  ;/,  r,  qui  pourra  etre 
prise  aussi  petite  que  bon  nous  semblera.  L*6galit6  (18)  de- 
viendra  alors 

(20)  (^1=  -  ii^/M  0of  ^«  -  2;li./(^®o)^''-- 

Nous  pourrons  toujours,  en  premier  lieu,  choisir  les  valeurs 
initiales  de  u,  v,  w,  de  teile  sorte  que  JOq  ne  soit  pas  nul 
dans  tout  Tespace;  nous  pourrons  ensuite  choisir  X^  si  petit 
que  Texpression  (20)  de  {dWjdt\  ait  le  signe  de  son  premier 
terme,  qui  est  positif. 

[diridt\  6tant  positif  et,  selon  Tögalit^  (19),  d^^jdt^  ne 
pouvant  jamais  devenir  nögatif,  H^  croltra  indöKniment  avec  t; 
il  ne  pourra  donc  pas  demeurer  sans  cesse  inftrieur.  a  P. 
Donc  r^tat  neutre  de  notre  milieu  illimit6  ne  saurait  etre  un 
^tat  d'^quilibre  stable. 

2* 


20  P.  Duhem. 

§  2.    Milieu  dieleotrique  et  non  oonduoteur. 

Les  6quation8  qui  r^gissent  les  composantes  ^c,  t),  g  de  la 
Polarisation  di^lectrique  ont  6t^  donn^es  par  Helmholtz  ^); 
ce  sont  les  suivantes: 


(21) 


ilÄ- 


^E 


■^       47iA«iCe(l  +  471^^)       dx\dx  "^   öy  "^  dxj' 

dt*         4nA*6(l  +  4t7i&)       ^ 

(1  +  4  7r^^)(l  +  47re)-iC     a     /  g  jC  Ö^  a^X 

ö«^  ^  1 _     . 

ö^*  VnÄ*ei,l  +4  71^)       * 

La  quantit^ 

v6rifie  alors,  en  tout  point  du  milieii,  Tögalitö 

(23)  ö7'  =4.^'JfH®' 
tandis  que  chacune  des  trois  quantit^s 

(24)  Q,  =  1^  -  1"^,        a  =  1^  -  f*  ,        ßa  =  f-  -  X- 
v6rifie  T^galitö 

(^^)  ^  t*     ^Tn  ÄÜJl  -Ta  nit)   ^  ^  • 

Supposons  que,  quel  que  soit  t,  les  quantit^s  j,  t),  j  et 
leurs  d6riv6es  de  divers  ordres  par  rapport  :i  t  soient  nuUes 
k  rinfini  comme  des  fonctions  potentielles.  Considörons  les 
quatre  expressions 

26)  U=[[Aefd(ü, 

1)  H.  Helmholtz,  1.  c,  öquations  (21c). 


Sur  la  stabilite  ilectrique. 


21 


m    ^ - j\(^h  (Wf *  m 


dOD    y 


(28) 


(29) 


F^j{AQfd(D, 


(? 


d  ro , 


oü  les  integrales  s'6teiident  au  milieu  illimit^. 

En  tenant  compte  des  ^quations  (23)  et  (25)^  et  en  suivant 
une  m^thode  semblable  ä  celle  qui  nous  a  foumi  les  ^galit^s  (8) 
et  (10),  nous  trouverons 


(30) 


(31) 


(32) 


(33) 


da 
dt 


2n  A^  eil  +  An\f)  J 


En  raisonnant  ensuite  comme  nous  Tavons  fait  pour  ob- 
tenir  les  6galit6s  (15)  et  (16),  nous  obtiendrons  les  6galit6s 


(34) ! 


do} 


YnÄ^KeJ   [\dx    )   "^  [    dy    ]  ^\    dx    ] 


dro , 


(35) 


J     dt*  2nÄ*KeJ  ''^^'  " 


07 


(36) 


+  2  (i,^J 


6 


2 


öx 


flfw, 


6^07 


27r^«fl(r+47F^)J  W  dx  )  "^y  dy  )  '^[ 


dx 


d(o, 


22  P.  Ihthem. 


(37) 


hr.^fi^^r'' 


'^dt   =  -  -2n^«.(l-—  "^  «'•«'" 


+    ...  ?__     _ 


-tTMtf-Mi^)y- 


Ces  pröliminaires  pos^s,  montrons  tout  d'abord  que  le 
milieu  ne  pourrait  etre  en  ^quilibre  stable  lorsque  jr,  t),  }  sont 
nuls  partout,  dans  le  cas  oü  le  coefticient  de  polarisation  di- 
61ectrique  6  aurait  nne  valeur  negative. 

A  cet  effet,  consid^rons  Texpression 

(88)  H^G^^ -^, ^ (F+T^^)  ' 

expression  qui  ne  saurait  etre  negative  lorsque  e  est  n6gatif. 
Si  l'öquilibre  du  Systeme  6tait  stable,  on  pourrait  limiter 
sup^neurement  les  valeurs  absolues  initiales  de 

r  ti  X  ^-^  ^^-  ^^ 

^'      ^^'     0'      dt'      dt'      ei 

de  teile  sorte  que  II  ne  sur])as8e,  pour  aucune  valeur  de  <, 
une  quantit6  i)08itive  F  arbitrairement  donnöe  d'avance. 
D'autre  part,  les  6galit6s  (88),  (32)  et  (33)  donneraient 

tandis  que  les  6galit6s  (38),  (36)  et  (37)  donneraient 


(40) 


\-,.^Ji^^)'''- 


dcj. 


l  /  I  (dJSiV  .  IdASiV  .  ldASl\^ 

Sans  outrepasser  les  limites  impos6es  aux  valeurs  abso- 
lues initiales  de  j,  ^,  j  et  de  leurs  d6riv6es  i)ar  rapport  k  t, 
nous  pourrons  toujours  prendre,  pour  ^  =  0, 

Tt  "      ^'       'dt  "      9>        ßf  -  ^  hf 

A^  6tant  une  quantit6  ind6i)endante  de  x,  y,  r;  nous  pourrons 
aussi  faire  en  sorte  qu^'i  Tinstant  ^  =  0,  J  ß  ne  soit  pas  nul 
dans  tout  le  milieu;  la  valeur  initiale  de  dlljdt  sera  alors, 
Selon  Tögalitö  (39),  sürement  positive.  D'ailleurs,  selon  T^galit^  (40), 
(PJ/jdt^   ne    sera  jamais    n^gatif.      D^s  lors,    //   croitra    au 


Sur  la  stabUite  elcctrique,  23 

dela  de  toute  limite  avec  t  et  ne  pourra  demeurer  toujours 
införieur  k  P,  conclusion  incompatible  avec  la  stabilitö  attribu6e 
au  milieu. 

Le  milieu  devant  etre  di^lectrique^  nous  ne  pourons  attri- 
buer  ä  €  la  valeur  0.  Nous  sommes  donc  coniramts  de  supposer 
desormais  que  s  est  positif. 

Nous  allons  prouver  maintenant  que,  si  K  4tait  u^gatif, 
le  milieu  ind^fini,  ramenö  ä  l'ötat  neutre,  ne  saurait  etre  en 
öquilibre  stable. 

Considerons,  h  cet  efFet,  la  fonction 

(41)  r=r-(V^?#^ 

qui,  en  vertu  des  ^galit^s  (26)  et  (27),  ne  peut  jamais  etre 
n^ative  si  Ton  suppose  6  positif  et  K  n^gatif. 

Si  le  milieu  6tait  en  6quilibre  stable,  on  pourrait  limiter 
sup^rieurement  les  valeurs  absolues  initiales  de 

dl      dt)       öj 


h  9^  Ji 


dt  '    dt'    dt 


de  teile  sorte  que  W^  demeure,  quelque  seit  t,  inf6rieur  a  une 
limite  positive  arbitrairement  choisie  P. 

D'ailleurs  les  6galit6s  (30),  (31)  et  (41)  donneraient 

taudis  que  les  6galit6s  (34),  (35)  et  (41)  donneraient 


(d^  W  1  +  47re  C,  ^r^^^ 


1  +471J  \»  Wi^^y   .l^^^y   ,ldAj)V 
^  ^2nA^Ke]    /    l  dx   ]    "^l  dv)    "^  l   dx 


do). 


A  rinstant  ^  =  0,  nous  pourrons  toujours  prendre 

dt    -^^'  dt    ^         ^'  dt"         *' 

/.*  ^tant  ind^pendant  de  x,  y,  z,  et  faire  en  sorte  quo  A  (')  ne 
soit  pas  nul  dans  tout  le  milieu;  alors,  selou  T^galitö  (42),  la 
valeur  initiale  de  dWjdt  sera  sürement  positive. 

D'autre  part,  selon  Tögalitö  (43),  d^  ]f  jdt^  ne  sera  n^gatil' 
pour  aucune  valeur  de  t 


24  P.  Duhem. 

W  croltra  donc  au  delä  de  toute  limite  avec  t\  il  ne 
pourra  demeurer  toujours  införieur  ä  P  et  l'öquilibre  du  Systeme 
ne  pourra  etre  stable. 

Le  Th^orfeme  6nonc^  est  ainsi  d^montrö  pour  tous  les 
milieux  di6lectriques  d^nu^s  de  conductibilitö. 

§  S.  Milieu  a  la  fois  oonduoteur  et  dieleotrique. 

Supposons  maintenant  que  la  r^sistance  61ectrique  x  du 
milieu  ne  soit  pas  infinie  et  qu'en  meme  temps^  le  coef&cient 
de  Polarisation  di^lectrique  6  ne  soit  pas  6gal  k  0;  provisoire- 
ment,  nous  laisserons  ind6termin6  le  signe  de  ce  demier 
coefficient. 

Dösignons  par  X,  J,  Z  les  composantes  du  champ  ölectri- 
que  total;  les  m^thodes  de  Helmholtz  montrent  sans  peine 
que  -I,  r,  Z  vörifient  les  trois  ^quations  suivantes: 

dt*  AnAU{l'{-4nW)dt'^ex    d  t^ 

_  (1+4^  e)a  fjTi  ^l^^  J^S^ 1__  d^  __  0 

4nA''6Kil-hin&)        dxdt         Ä'eKxdx  "^      ' 

dt*  471  AU  (1  +  47i:>)  dt  '^  ex'dt^ 

_  (1  +  471  e)(l  +  in  &)  -A:    d*e ^        ^^—0 

4nAUK{l  ■\^  4n&)       dydt        ÄÜKxdx"' 

dt*  4nA^e{\~+  471  S-)  dt  "^    ex    d  t^ 

_{l^+j4^ne)ilj' 471^)- K  d^e    _         1        dß^^ 
47iAUK{l-{-47i&)       dxdt        i^e^xö»""' 

6quations  dans  lesquelles  on  a  pos6 

fÄK\  n      öX    ^   dY       dZ 

(45)  0  =  -jr-  +  ^ h  ^  - . 

^     '  dx         dy         dx 

Cette  quantit^  0  v^rifie,  en  tout  i)oint  du  milieu,  T^ga- 
lit6  suivante: 

^     ^  dt^'        4nA''eK      dt      '^  AUKx^^'^       ex    d  t^   ' 

tandis  que  chacune  des  trois  expressions 

(47)    0,=.^-'/-,      i2,  =  '/-i^,       fi3  =  V'-^/, 
^     '        ^        oy         dx'  ^        dx         dx'  ^        dx         dy' 


(44) 


Sur  la  stabilite  electrique. 


25 


YÖrifie^  en  tout  point  du  milieu,  r^qaation 


(48) 


d^Sl 


dt^         4nÄ*8(l  +  4n&) 


Jß- 


J_dß 
ex    dt    ' 


Supposons  que  les  quantit^s  X,  ¥,  Z  et  leurs  d6riv6e8  de 
tous  ordres  par  rapport  ä  t  s'annulent  ä  l'infini  de  la  meme 
maniere  qu'une  fonction  potentielle. 

CoDsidörons^  tout  d'abord,  les  deux  expressions 


(49) 


(50) 


F  =  J{ASti*d(o, 


-/[(??)■+ ftfT + ftf)> 


G 


(O 


DU  les  integrales  s'^tendentä.  l'espace  illimit^;  en  faisant  usage 
de  r^quation  (48)  et  en  suivant  la  m^thode  qui  nous  a  donn^ 
les  6quation8  (8)  et  (10),  nous  trouverons 


(51) 


(52) 


dF 
dt 

idO 
dt 


=^2jA£iASXd(o, 

+ f.  Jim)' + mr + m 


d(o 


Un  raisonnement  semblable  ä,  celui  qui  nous  a  donnö  les 
^galit^s  (15)  et  (16)  nous  foumit  ensuite  les  ^galit^s 


((PF 
dt 


(53) 


=  2  /( J  ßO* 


d(o 


1 rr/^'^v .  föjßy 


+ 


( 


dASlV 
dx 


d(ü 


-  Mi 


dJSi  dSi'    ,   dASidSi'    ,    dJfidSi'\  , 


) 


26 


P.  Duliem. 


(54). 


d^ 


271  ^»e(l 


}vAn;^)f^^''f^ 


(ü 


+ 


[471  ^'e(l 


^\    dx    ) 


d(o 


+ 


6  1  Hd  jsid  sr 

471  il«e(l  +  47il^)exJ  [  dx     dx 


+ 


.     + 


+ 


4    r\(dS2,'y 

e^x^J     [dx) 


+ i  %':-)' + mr 


dAn,d_Sr 
dy    dy 

dASldSl 

dx     dx 


) 


d(ü 


Ces  formales  vont  nous  permettre  d'ötablir  le  Theoreme 
suivant: 

Si  6  6tait  n^gatif,  le  milieu,  entierement  ä  Y€tsi  neutre, 
ne  serait  pas  en  ^quilibre  stable. 

Consid^rons,  en  eflfet,  Texpression 


(55) 


B=  G- 


F 


-! 


An  A^6{\  +  471  ^^) 


('afT 


d(x) 


4nA^6(l+4nx^)J^        ' 


Si  6  est  n^gatif,  cette  expression  ne  peut  jamais  etre  nega- 
tive.    Si  l'on  observe,  d'autre  part,  que  Ton  a 


(56) 


Y  = 


Z  = 


h 


Z    =     XW   y 


on  voit  que  la  stabilitö  du  Systeme  exigerait  que  Ton  püt 
limiter  les  valeurs  absolues  initiales  de  f,  l),  ^,  u,  r,  w  et  de 
leurs  d6riv6es  par  rapport  a  t,  de  teile  sorte  que,  quel  que 
soit  t,  H  demeurät  införieur  a  une  limite  positive  arbitraire- 
ment  tix6e  d'avance  P. 


(57) 


Sur  la  stabilite  electrique,  27 

Or  les  6galit68  (55),  (51),  (52)  donnent 


dt  nÄ*e(l 

taDdis  que  les  6galit6s  (55),  (53)  et  (54)  donnent 


d*H  _  1  r 


(58) 


Q> 


iHf ^ 

j\[4nÄ*B{\  +4n 


+ 


471  il*8(l  +  47r ^)      dy  ex    dy 

^1 dASi 

47iil«a(r+  471^)     dx 


£X     d»  J      ' 


Sans  transgresser  les  limites  imposöes  aux  valeurs  absolues 
initiales  de  jr,  ^,  j,  nons  pourons  faire  qne,  pour  /  =  0,  A  ii 
ne  soit  pas  nul  en  tout  point  du  milieu;  nous  pourrons,  en 
outre,  prendre,  k  ce  meme  instant, 

Ti?'"^'^'         öT"""^^'         öT""^*' 

}?  6tant  une  quantitö  indöpendante  de  x,  y^  z\  nous  avons  alors 
trois  ögalit^s  qui  entrainent 

Selon  Tögalit^  (57),  la  valear  initiale  de  dHfdt  sera  süre- 
ment  positive. 

Selon  Tögalitö  (58),  cPUjdt^  ne  peut  etre  que  positif  ou 
nul,  si  €  est  n^gatif. 

Donc,  dans  le  cas  oü  c  est  n6gatif,  H  croitra  au  dela 
de  toute  iimite  avec  tj  tandis  que  la  stabilitö  du  milieu  exi- 
gerait  que  cette  quantit^  ne  surpassät  pas  P, 

Le  Th  Porome  6nonc6  est  donc  dömontrö. 

Bordeaux,  4.  Juin  1903. 

(Eingegangen  9.  Juni  1908.) 


28 


4.  Notiz  Aber  die  Vergleichung 
des  Meters  mit  der  Wellenlänge  des  Lichtes. 

Von  O.  Ohwolson  in  St.  Petersburg. 


Ich  möchte  mir  erlauben,  einer  kurzen  Notiz  zu  der  be- 
kannten schönen  Arbeit  Mich  eis on  8  ein  paar  Worte  über  den 
Genauigkeitsgrad   physikalischer  Messungen   vorauszuschicken. 

Es  sei  X  der  wahre,  mathematisch  absolut  genaue  Zahlen- 
wert einer  zu  messenden  physikalischen  Größe.  Eine  mehr 
oder  minder  große  Anzahl  von  Ursachen,  die  wir  Faktoren 
nennen  wollen,  üben  während  der  Messung  einen  solchen  Ein- 
fluß aus,  daß  wir  direkt,  d.  h.  vor  Einführung  der  sogenannten 
Korrektionen,  statt  der  gesuchten  Zahl  x  eine  andere  Zahl  x^ 
erhalten.  Die  wahre  Kunst  des  Experimentators  besteht  darin, 
von  dem  gefundenen  x^  zu  einer  solchen  Größe  x'  überzu- 
gehen, welche  dem  gesuchten  x  möglichst  nahe  kommt  Zu 
diesem  Zwecke  müssen  jene  Faktoren  aufgesucht  und  ihr  Ein- 
fluß auf  das  Resultat  der  Messung  bestimmt  werden.  Den 
auf  diese  Weise  erreichten  Genauigkeitsgrad  können  wir  aus- 
drücken, indem  wir  sagen,  daß  die  gesuchte  Größe  genau  be- 
stimmt sei  bis  auf  ein  n-tel  ihres  Wertes,  oder  daß  der  Fehler 
sicher   ein   n-tel  dieses  Wertes   nicht   übersteigt;    in  Zeichen 

hätten  wir 

af  -  X        1 


X  n 

Es  ist  jedoch  mehr  üblich,  die  erreichte  Genauigkeit  durch  die 
letzte  noch  sichere  Dezimalstelle  zu  charakterisieren,  d.  h.  statt 
jenes  n  eine  Potenz  der  Zahl  10  anzugeben.  Wir  setzen 
daher 

±^<io-«, 

X 

wo  also  jetzt  diese  Zahl  n  den  Genauigkeitsgrad  der  Messung 
charakterisiert 


Vergleich  des  Meters  mit  der   Wellenlänge  des  Lichtes,      29 

Die  Faktoren,  welche  während  der  Messung  eine  Bolle 
spielen,  lassen  sich  in  Gruppen  teilen,  von  denen  wir  folgende 
drei  ausschließen  wollen: 

a)  Unmöglichkeit,  die  bei  der  Messung  vorkommenden 
„Ablesungen'^  am  Instrument  mit  absoluter  Genauigkeit  aus- 
zuführen. 

b)  Subjektive  oder  „persönliche"  Fehler,  die  in  den  physio- 
logischen oder  psychologischen  Eigenschafben  des  Experimen- 
tators begründet  sind  und  eine  gleichmäßig  bestimmte  Richtung 
besitzen. 

Kurz  gesagt,  wir  setzen  voraus,  daß  der  vom  Instrument 
angegebene  Zahlenwert  mit  absoluter  Genauigkeit  gefunden 
werden  kann.  Durch  Häufung  der  Beobachtungen,  Wechsel 
der  Richtung  etc.  lassen  sich  ja  die  direkten  Ablesungsfehler 
in  vielen  Fällen  tatsächlich  beliebig  verkleinem. 

c)  Fehler  in  den  benutzten  Grundmaßen  wollen  wir  eben- 
falls als  nicht  vorhanden  annehmen.  Ein  z.  B.  als  Ohm  an- 
gegebener Widerstand  oder  eine  als  Kilogramm  angegebene 
Masse  sollen  also  wirklich  diesen  Einheiten  entsprechen,  wenn 
der  als  Bedingung  angegebene  physikalische  Zustand  vorhanden 
ist  Dagegen  gehören  die  bei  anderen  physikalischen  Zuständen 
eintretenden  Änderungen  der  Maße  zu  der  zweiten,  wohl  zu 
beachtenden  Gruppe  von  Faktoren,  die  wir  gleich  anführen 
wollen,  da  es  sich  dann  um  einen  äußeren  Einfluß  auf  das 
Meßinstrument  handelt.  Zu  derselben  Gruppe  von  Faktoren 
gehören  auch  Fehler  in  der  Bestimmung  des  gegenseitigen 
Verhältnisses  der  einzelnen  Stücke  eines  „Satzes"  von  Maßen, 
also  etwa  der  einzelnen  Widerstände  eines  Rheostaten,  der 
Stücke  eines  Gewichtssatzes,  der  Teilungen  einer  Geraden  oder 
eines  Kreises  etc.,  denn  hier  handelt  es  sich  um  Faktoren, 
die  von  den  Eigenschaften  des  Meßinstrumentes  abhängen. 

Indem  wir  also  die  Gruppen  a,  b  und  c  als  nicht  vor- 
handen annehmen,  sollen  weiterhin  als  „Faktoren"  nur  die 
folgenden  zwei  Gruppen  bezeichnet  werden: 

1.  Physikalische  Ursachen,  die  den  Zahlenwert  x  der  zu 
messenden  Größe  modifizieren,  z.  B.  bei  einer  Wägung  der 
Einfluß  der  umgebenden  Luft,  elektrischer  oder  magnetischer 
Kräfte  etc. 


30  0,  Chwohon, 

2.  Faktoren,  die  von  den  Eigenschaften  de»  Meßinstru- 
mentes abhängen,  und  zwar  erstens  von  UnvoUkommenheiten 
der  inneren  Einrichtung  desHelben,  zweitens  von  physikalischen 
Einflüssen  auf  diese  oder  jene  Teile  des  Instromentes. 

Diese  zwei  Ghruppen  von  Faktoren  sind  es  vor  allen,  auf 
die  es  ankommt,  wenn  die  Korrektionen  eingeführt  werden, 
um  von  der  direkt  erhaltenen  Zahl  x^  zu  einer  dem  x  mög- 
lichst nahen  Zahl  x'  zu  gelangen. 

Jedem  Faktor  entspricht  eine  gewisse  Zahl  n,  d.  h.  eine 
Dezimalstelle,  bei  welcher  dieser  Faktor  fühlbar  wird;  soll 
also  der  Genauigkeitsgrad  n  erreicht  werden,  so  muß  der 
Einfluß  des  betreffenden  Faktors  untersucht  und  eliminiert 
werden.  Umgekehrt  entsprechen  jedem  n  eine  gewisse  Anzahl 
m  von  Faktoren.     Wir  können  also  setzen 

m  =f{n)\ 

die  Anzahl  der  fühlbaren ,  also  zu  untersuchenden  Faktoren 
ist  bei  jeder  Messung  eine  von  der  Art  der  letzteren  abhängige 
Funktion  des  zu  erreichenden  Grenauigkeitsgrades  n.  Bei 
kleinem  w  (=  1  oder  2)  kann  bei  einigen  Messungen  m  =«  0 
sein,  d.  h.  wir  können  x^  =  x  setzen.  Mit  wachsendem  n 
wächst  auch  m. 

Vielleicht  bietet  einiges  Interesse  die  Frage,  welchen  Wert 
m  erreicht,  wenn  n  =  oo  gesetzt  wird,  d.  h.  wie  groß  wohl  die 
Anzahl  der  Faktoren  sein  müßte,  weon  man  absolute  Genauig- 
keit erreichen  wollte,  wobei  letztere  in  dem  oben  genau 
definiei'ten  Sinne  zu  verstehen  ist,  d.  h.  also  bei  Nichtberück- 
sichtigung der  unter  a,  b  und  c  angeführten  Umstände.  Eis 
erscheint  doch  wohl  als  wahrscheinlicher,  daß  fiir  n  =  oo  die 
Zahl  m  in  allen  Fällen  endlich  bleibt. 

Praktisch  würden  wir  es  aber  bei  w  =  oo  stets  mit  einer 
unendlichen  Anzahl  von  Faktoren  zu  tun  haben  und  zwar  aus 
folgendem  Grunde.  Es  habe  zuerst  n  einen  endlichen  Wert, 
dem  die  Anzahl  m  von  Faktoren  entspricht.  Jeder  dieser 
B'aktoren  muß  mit  einem  gewissen  Genauigkeitsgrad  Wj  be- 
stimmt werden,  der  sich  auf  bekannte  Weise  bei  gegebenem  n 
für  jeden  Faktor  berechnen  läßt,  wobei  wohl  stets  n^  <  n  sein 
wird.  Um  die  Genauigkeit  n^  zu  erreichen,  muß  eine  gewisse 
Anzahl  m^   von  Faktoren  mit  einer  Genauigkeit  w,  gemessen 


Vergleich  des  Meters  mit  der   Welleiüänge  des  Lichtes,      31 

werden,  wobei  wiederum  n^  <  n^  ist  etc.  Wir  gelangen  auf 
diese  Weise,  oft  sogar  sehr  schnell,  zu  so  kleinen  Werten  von 
n.,  daß  ihnen  m^  =  0  entspricht.  Die  Gesamtzahl  aller  zu  be- 
rücksichtigenden Faktoren  bleibt  also  eine  endliche.  Ist  da- 
gegen n  =  cx) ,  so  müssen  offenbar  alle  n^  =  oo  sein  und  wir 
hätten  niemals  m.  =  0;  die  Anzahl  der  Faktoren  wird  unend- 
lich groß.  Dabei  würden  wir  wahrscheinlich  auf  zahlreiche 
circuU  vitiosi  stoßen,  indem  sich  unter  den  Faktoren  m^  solche 
finden  werden,  welche  bereits  früher  für  ein  kleineres  i  auf- 
getreten waren. 

Bei  den  allermeisten  Messungen  ist  ein  hohes  n  nicht  zu 
erreichen,  weil  sich  nicht  alle  Faktoren  m^  mit  den  notwendigen 
Genauigkeitsgraden  n.  bestimmen  lassen. 

Will  man  bei  einer  Messung  einen  gewissen  Genauigkeits- 
grad n  erreichen,  so  wird  man  selbstverständlich  alle  bekannten, 
d.  h.  bei  dem  augenblicklichen  Stande  der  Wissenschaft  bereits 
entdeckten  Faktoren  in  Betracht  ziehen.  Je  größer  aber  n 
sein  soll,  um  so  größer  ist  die  Möglichkeit,  daß  unbekannte^ 
überhaupt  noch  nicht  entdeckte  Faktoren  auf  die  betreffende 
Dezimalstelle  einen  Einfluß  haben,  um  so  berechtigter  wird 
der  Zweifel  sein,  ob  wohl  der  angegebene  Genauigkeitsgrad 
n  auch  wirklich  erreicht  ist.  Gerade  die  letzte  Zeit  hat  uns 
ja  hierin  manche  Überraschung  gebracht.  So  hat  die  Ent- 
deckung der  Radioaktivität  uns  ein  Pförtcben  geöffnet  in  ein 
neues  Gebiet  von  Erscheinungen,  dessen  Umfang  und  Bedeutung 
sich  vorläufig  auch  nicht  annähernd  schätzen  lassen.  Ein 
anderes  Beispiel  bietet  die  in  letzter  Zeit  erörterte  Möglich- 
keit, daß  die  linearen  Dimensionen  der  Körper  von  dem  Winkel 
abhängen,  den  sie  mit  der  Bewegungsrichtung  im  Räume  bilden. 
Hierher  gehört  auch  die  bis  jetzt  unerledigte  Frage,  ob  das 
Gewicht  eines  Körpers  gleich  ist  der  Summe  der  Gewichte 
seiner  Teile  und  manches  andere. 

Ich  möchte  mir  erlauben,  an  einem  Beispiel  auf  das 
mögliche  Vorhandensein  eines  bisher  unbeachteten  Faktors 
hinzuweisen.  Es  handelt  sich  um  Michelsons  Vergleich  des 
Meters  mit  den  Wellenlängen  von  drei  Kadmiumlinien. 

Die  rein  experimentelle  Seite  dieser  Arbeit  lassen  wir  un- 
berührt. Wir  wollen  annehmen,  daß  die  rote  Linie  absolut 
homogen  sei,  was  ja  nach  den  neuesten  Untersuchungen  von 


32  0,  Chwohoru 

Lummer  nicht  der  Fall  ist  Wir  wollen  femer  annehmen, 
es  seien  alle  Faktoren^  und  zwar  mit  solcher  Genauigkeit  be- 
stimmt, daß  man  die  Länge  des  Meters  in  Wellenlängen  X 
der  roten  Eadmiumlinie  bis  auf  0,2  ju  als  festgelegt  betrachten 
darf;  dies  würde  etwa  0,33  X  entsprechen.  In  Wirklichkeit 
dürfte  die  Genauigkeit  eine  4 — 5  mal  geringere  gewesen  sein. 
Wir  nehmen  aber  an^  es  sei  derjenige  Genauigkeitsgrad  er- 
reicht worden^  welcher  gegenwärtig  bei  der  Vergleichung  der 
internationalen  Meterstäbe  erreicht  wird  und  dieser  ist  eben 
gleich  0,2  ju. 

Unsere  Bemerkung  bezieht  sich  auf  die  ideelle  Seite  jener 
Arbeit:  es  sollte  durch  den  Vergleich  des  Meters  mit  dem  X 
die  Länge  des  Meters  für  immer  festgelegt  werden^  so  daß 
man  säkulare  Änderungen  in  der  Länge  der  Metermaße  durch 
neue  Vergleiche  mit  demselben  X  entdecken  oder  im  Falle 
eines  Verlustes  der  Urstäbe  die  Länge  des  Meters  von  neuem 
herstellen  könnte.  Soweit  die  bis  jetzt  bekannten  Faktoren 
in  Frage  kommen^  könnte  man  behaupten^  daß  der  Vergleich 
des  Meters  mit  X  wirklich  diese  große  Bedeutung  hat,  auf 
welche  ja  so  häufig  hingewiesen  wurde.  Es  scheint  aber^  daß 
bei  näherer  Betrachtung  doch  einige  Zweifel  entstehen  können. 

Die  mit  der  Zeit  vielleicht  sich  ändernde  Länge  der  ur- 
stäbe wird  ein  flir  allemal  mit  der  Wellenlänge  X  verglichen. 
Wer  bürgt  aber  dafür,  daß  X  eine  in  Raum  und  Zeit  unver- 
änderliche Größe  ist?  X  hängt  ab  von  der  Schwingungszahl 
N  und  von  der  Lichtgeschwindigkeit  v.  Wir  haben  vielleicht 
genügenden  Grund  zur  Annahme,  daß  N  unverändert  bleibt. 
Dagegen  könnte  v  wohl  eine  in  Raum  und  Zeit  veränderliche 
Größe  sein. 

Da  es  gleichgültig  ist,  welche  Anschauungen  wir  unseren 
Betrachtungen  zugrunde  legen,  so  wollen  wir  beispielsweise 
annehmen^  daß  v  von  der  „Dichte^^  d  des  Äthers  abhängt 
Diese  Dichte  könnte  nun  sowohl  im  Raum  als  auch  in  der 
Zeit  veränderlich  sein. 

L  Nach  Jahrhunderten  wird  sich  unser  Sonnensystem  an 
einem  anderen  Funkte  des  Raumes  befinden,  als  jetzt.  Es  ist 
nicht  bewiesen,  daß  der  Äther  homogen  ist^  und  an  dem  neuen 
Ort  könnte  die  Dichte  desselben  eine  andere  sein,  als  an  dem 
Punkt,  wo  wir  uns  jetzt  befinden.     Eine  Änderung  der  Licht- 


Vergleich  d,  Meters  mit  d.  IVelleiilävge  d,  Lichtes.  33 

geschwindigkeit  um  2.10"'^  ihres  Wertes  (entsprechend  0,2  ju), 
d.  h,  um  nur  60  m  in  der  Sekunde,  würde  einen  Vergleich  des 
Meters  mit  X,  welcher  ebenso  genau  wäre,  wie  die  gegen- 
wärtigen Vergleiche  der  Meterstäbe  unter  einander,  illusorisch 
machen.  Eine  Änderung  von  v  um  etwa  250  m  würde  die 
von  Micbelson  erreichte  Genauigkeit  zunichte  machen.  Im 
nichthomogenen  Äther  müßten  die  Lichtstrahlen  krummlinig 
sein.  Wo  aber  wäre  der  Beweis,  daß  sie  in  Wirklichkeit 
geradlinig  sind? 

II.  Die  Eigenschaften  des  Äthers  könnten  auch  Funktionen 
der  Zeit  sein.  In  der  unserer  Beobachtung  zugänglichen  Welt 
erblicken  wir  überall  Veränderung,  teils  einseitige,  teils  pul- 
sierende.     Sollte  der  Äther  allein  eine  Ausnahme  bilden  und 

in  starrer  Unveränderlichkeit  verharren?     Vielleicht  sind  die 

..  .. 

Eigenschaften  des  Äthers  ebenfalls  langsamen  einseitigen  Ände- 
rungen oder  periodischen  Pulsationen  unterworfen.  Sollte  sich 
dabei  die  300  Millionen  Meter  betragende  Lichtgeschwindigkeit 
in  200  Jahren  nicht  um  60  m  ändern  können? 

Geschieht  dies,  so  würde  das  Problem  der  Vergleichung 
des  Meters  mit  der  Wellenlänge  eines  bestimmten  Lichtstrahles 
seine  interessanteste  Seite  verlieren.  Weit  entfernt,  das  hier 
Dargelegte  behaupten  oder  auch  nur  verteidigen  zu  wollen, 
habe  ich  nur  die  Absicht,  zum  Nachdenken  über  diese  Frage 
anzuregen.  Die  Welt  als  Ganzes  ist  unserem  Intellekt  unzu- 
gänglich; Endlichkeit  und  Unendlichkeit  des  Raumes  sind  uns 
in  gleichem  Maße  unfaßbar,  denn  wir  „begreifen"  nur  den 
Raum,  dem  wir  „gleichen*':  endlich  und  dreidimensional.  Die 
bekannte  Idee  von  dem  in  sich  selbst  geschlossenen  Raum, 
der  ein  Gebilde  von  höherer  Dimension  begrenzt,  würde  die 
Möglichkeit  innerer  Änderungen,  vielleicht  unter  dem  Einfluß 
(Druck?)  jenes  Gebildes,  gewiss  nicht  ausschließen. 

Der  große  Meister,  dem  auch  diese  Zeilen  huldigen 
möchten,  hat  einst  den  Gedanken  ausgesprochen,  daß  es  in 
der  Welt  vielleicht  Stellen  gibt,  wo  die  Entropie  nicht  wächst, 
sondern  abnimmt.  Im  Vergleich  mit  diesem  gewaltigen  Gedanken 
dürfte  das  hier  Dargelegte  wohl  nicht  als  zu  kühn  erscheinen. 

St.  Petersburg,  Juni  1903. 

(Eingegangen  14.  Juni  1903.) 

Bollzmaon-Festachrifu  3 


34 


5.  über  die  liniengeometrische  Darstellnng 
der  Trägheitsmomente  eines  starren  Körpers. 

Von  Konrad  Zindler  in  Linsbrack. 

Eine  Strecke  AB,  von  der  ihre  Länge  Z,  die  Grerade  y, 
auf  der  sie  liegt  (der  „Träger")  und  die  Reihenfolge  .-/,  £  ihrer 
Endpunkte  in  Betracht  kommen  ^  heißt  ein  StcA;  ein  solcher 
hat  also  die  Beweglichkeit  einer  Kraft  an  einem  starren  Körper. 
Wenn  x^,  y^,  Zq  und  x,  ;/,  z  die  rechtwinkligen  Zeiger  (Ko- 
ordinaten) bez.  von  A  und  B  oder  von  zwei  anderen  Funkten 
auf  ff  sind,  die  den  Abstand  /  haben,  so  ist  der  Stab  durch 
seine  sechs  Zeiger 

welche  die  Bedingung 

(2)  i';»„p,^,  =  0 

1 

erfüllen,  eindeutig  bestimmt.  Deutet  man  den  Stab  als  eine 
Kraft,  so  sind  bekanntlich  p^,  jPg,  p^  die  Komponenten  ihres 
Drehmomentes  in  bezug  auf  den  Ursprung  des  Zeigersystems. 
Die  Größen  p  kann  man,  wenn  man  nur  ihre  Verhältnisse  in 
Betracht  zieht,  auch  als  Zeiger  des  Trägers  („Linienzeiger*') 
auffassen.     Eine  (nichthomogene)  Gleichung 

(3)  iP{p,,  ...p,)  =  0 

sondert  zusammen  mit  (2)  eine  vierfache  Mannigfaltigkeit  von 
Stäben,  einen  „Stabwald'*  aus.  Anderseits  kann  man  auf  jeder 
Achse  eines  starren  Körpers  einen  Stab  auftragen,  der  vom 
zugehörigen  Trägheitsmoment  abhängt  (z.  B.  ihm  gleich  ist) 
und  erhält  so  ebenfalls  einen  Stabwald  /r.  Es  liegt  nun  nahe, 
die  Darstellung  von   //    durch  eine  „Stabgleichung",  d.  i.  eine 


Trägheitsmomente  starrer  Körper,  85 

Gleichung  von  der  Form  (3)  zu  suchen ;  dann  wären  die  Träg- 
heitsverhältnisse des  starren  Körpers  durch  eine  einzige  Glei- 
chung dargestellt: 

Es  sei  a  eine  beliebige  Drehungsachse^  T  das  zugehörige 
Trägheitsmoment  des  starren  Körpers  K  von  der  Masse  M\ 
a  die  parallele  Achse  durch  den  Schwerpunkt  S  von  K,  und  T 
das  zugehörige  Trägheitsmoment;  d  der  Abstand  der  beiden 
Achsen.     Dann  ist 

(4)  r=r  +  ^rf2. 

Femer  seien  A,  B,  C  die  Trägheitsmomente  für  die  Haupt- 
trägheitsachsen des  Schwerpunktes,  die  wir  als  Zeigerachsen 
nehmen  und  cc,  ß,  y  die  Richtungskosinus  von  a  ;  dann  ist^) 

(5)  T  ^  Aa^-^Bß'^^Cr^, 
Elndlich  erhält  man 

(6)  ^*=7>?+Pl+;>^ 


(7) 

«-T'     i^-?'      y-'i- 

(8) 

^2  _  /'J  +  Pl  +  P\  2) 

Mit  Hilfe  der  Gleichungen  (4)  bis  (8)  kann  man  das  Trägheits- 
moment um  eine  beliebige  Achse  als  Funktion  der  Linien- 
zeiger dieser  Achse  ausdrücken: 

Trägt  man  auf  ihr  die  Strecke  l  ^  T  auf,  so  wird  wegen  (6) 
und  (9)  die  Gleichung  des  Stabwaldes  vom  sechsten  Grade: 

Einfacher  wird  es  schon,  wenn  man  l^'^T  wählt,  wodurch 
man  zu  einem  Stabwald  vierten  Grades  kommt.  Aber  zum 
einfachsten  Ergebnis  führt  die  Annahme 

die  der  Verwendung  Poinöotscher  Träglieitsellipsoide  ent- 
spricht: 

1)  Vgl.  z.  B.  Routh,  Dynamik  1.    §  15. 

2)  Vgl.  K.  Ziodler,     Liniengeometrie  1.  ^33. 

3* 


36  K.  Zindler, 

(10)  Ap\  +  Bp\  +  Cp\  +  M[p\+p\+pXi^l. 

Indeui  man  hier  f&r  die  p  die  Ausdrücke  (1)  einführt^  kann 
man  für  einen  beliebigen  Punkt  x^y  y^,  z^  die  Gleichung  des 
zugehörigen  TrS^heitsellipsoides  hinschreiben. 

Als  Anwendung  leiten  wir  die  schon  bekannte  Gleichung  ^) 
des  Komplexes  der  Hauptträgheitsachsen  auf  kürzestem  Wege 
ab:  Legt  man  in  der  Gleichung  (9)  dem  T  einen  bestimmten 
Wert  bei,  so  erhält  man  die  Gleichung  des  Komplexes  der 
Achsen  eines  bestimmten  Trägheitsmomentes  (kürzer:  „einen 
Komplex  konstanten  Trägheitsmomentes^^): 

(11)  [ä-T)p\+[B-T)p\+{C-T)p\  +  M{p\+p\+pX^=^0. 

Durch  jeden  Punkt  P^  des  Raumes  geht  hiervon  ein  „Kegel 
konstanten  Trägheitsmomentes'^,  von  dem  man  eine  Leitkurve 
auch  erhält,  indem  man  das  Trägheitsellipsoid  von  P^  mit  der 
konzentrischen  Kugel  vom  Halbmesser  1  j^T  zum  Schnitt  bringt, 
wodurch  ein  sphärischer  Kegelschnitt  entsteht.  Stimmt  der 
Durchmesser  der  Kugel  mit  einer  Hauptachse  des  Ellipsoids 
überein,  so  steht  dieses  mit  der  Kugel  in  doppelter  Berührung 
und  der  Kegel  zerfällt  in  ein  Ebenenpaar  (nur  für  die  mittlere 
Achse  reell),  dessen  Ebenen  sich  in  der  betreffenden  Achse 
schneiden.  Nun  sind  für  einen  quadratischen  Komplex  die 
Schnittlinien  der  zerfallenden  Kegel  zugleich  die  singulären 
Linien  des  Komplexes^;  also:  Die  Ilauptträgheitsachsen  sind 
zugleich  die  singulären  Linien  der  Komplexe  konstanten  Trägheits» 
momentes. 

Wir  werden  also  alle  Hauptträgheitsachsen  finden,  wenn 
wir  für  alle  Werte  T  die  singulären  Linien  der  Komplexe  (11) 
suchen.     Für  einen  Komplex 

(12)  i^(p,,...p,)  =  0, 

wo  F  eine  homogene  Funktion  ist,  sind  die  singulären  Linien 
die  gemeinsamen  Linien  von  (12)  und  von 

(13)  ^^.11-^0.^ 


1)  Staude,  Leipz.  Bar.  1S99. 

2)  Vgl.  z.  B.  Plücker,  Neue  Geom.  des  Baumes,   p.  307.    1869. 

3)  Vgl.  z.  B.  Salmon-Fiedler,   Analyt.  Greometrie  des  Raumes. 
2.  Art  362  f. 


Trägheitsmomente  starrer  Korper,  37 

Enthält  die  Gleichung  (12)  einen  Parameter  T,  so  findet  man 
den  Komplex  der  singulären  Linien  der  oo^  Komplexe  (12) 
durch  E^mination  von  T  aus  (12)  und  (13).  In  unserem  Falle 
verschwindet  aber  das  T  aus  der  Gleichung  (13)  wegen  der 
Beziehung  (2)  von  selbst  und  wir  erhalten^  indem  wir  (13)  auf 
(11)  anwenden: 

(14)  Ap^p^  +  Bp^p^  +  Cp^p,  =  0 

als  Gleichung  des  Komplexes  der  Hauptträgheitsachsen.  Dieser 
ist  bekanntlich  ein  tetraedraler  Komplex  und  identisch  mit 
dem  System  der  sämtlichen  Normalen  aller  konfokalen  Flächen: 


aj'     .     y' 


+  -^^r  + 


--  =  1    ^\ 


Hieraus  kann  man  eine  anschauliche  Vorstellimg  von  der 
Verteilung  der  Hauptträgheitsachsen  im  Räume  gewinnen. 

Innsbruck,  13.  Juni  1903. 


I)  Man  vergleiche  hierüber  Clebsch-Lindeinann,  Geom.  II,  1. 
p.  287.  In  der  Tat  erhält  man  ans  den  dortigen  Gleichungen  (83)  ver- 
möge der  Beziehung  (2)  die  Gleichung  (14)  bis  auf  die  Bezeichnung. 

(Eingegangen  14.  Juni  1903.) 


38 


6.  Zur  TemperatnrbestimmnDg  strahlender  6ase. 

Von  H.  Kayser  in  Bonn. 


Durch  das  Gesetz,  welches  von  Stefan  empirisch  gefan- 
den,  dann  von  Boltzmann  auf  feste  theoretische  Grundlage 
gestellt  wurde,  sind  wir  in  den  Stand  gesetzt,  aus  der  Gtesamt- 
strahlung  eines  festen  Körpers  seine  Temperatur  mit  ziemlicher 
Annäherung  zu  ermitteln.  Dasselbe  Ziel  läßt  sich  in  vielleicht 
noch  genauerer  Weise  durch  die  Folgerungen  aus  dem  Wi an- 
sehen oder  Planck  sehen  Strahlungsgesetz  erreichen.  B^r  die 
Strahlung  der  Gase  hingegen  fehlt  eine  ähnliche  Handhabe 
vollständig,  ja  wir  wissen  in  vielen  Fällen  nicht  einmal,  ob  die 
Strahlung  irgend  etwas  mit  der  Temperatur  zu  tun  habe:  die 
Bewegung  der  emittierenden  Teilchen,  der  Elektronen  gemäß 
der  Untersuchung  des  Zeemanphänomens,  kann  hervorgerufen 
werden  ganz  unabhängig  von  einer  Bewegung  des  Atoms,  zu 
dem  sie  gehören,  und  vollends  von  einer  Bewegung  des  Mole- 
küls. Ich  bin  indessen  der  Meinung,  daß  in  vielen  Fällen 
die  Strahlung  der  Gase  auch  eine  Folge  von  Molekularbewegung, 
d.  h.  von  hoher  Temperatur  ist;  ich  kann  mir  z.  B.  nicht  recht 
vorstellen,  auf  welche  andere  Art  die  Strahlung  der  Himmels- 
körper zustande  kommen  sollte.  Für  die  Fragen  der  Astro- 
physik ebenso  wie  für  die  der  Spektroskopie  ist  es  daher  von 
ganz  fundamentaler  Wichtigkeit,  die  Temperatur  der  emittieren- 
den Gase  bestimmen  zu  können. 

Bei  der  so  vielfach  erkannten  Kontinuität  der  Erscheinungen 
bei  den  verschiedenen  Aggregatzuständen  wird  es  nicht  über- 
mäßig gewagt  erscheinen,  anzunehmen,  daß  ein  Hauptergebnis 
bei  den  festen  Körpern,  daß  nämlich  das  Maximum  der  Emission 
mit  steigender  Tem])eratur  nach  kürzeren  Wellen  rücke,  auch 
für  die  Gase  gelte,  wenn  auch  nur  in  dem  Sinne,  daß  über- 
haupt ein  Rücken  stattfindet,  wenn  auch  nicht  nach  demselben 
Gesetze.     Eine   erste   Bestätigung   könnte   man   darin   sehen, 


Temperaturbestimmung  strahlender  Gase,  39 

daß  beim  Übergang  von  der  Bunsenäamme  zum  Knallgas  und 
zur  Bogenlampe  das  Spektrum  immer  weiter  ins  Ultraviolett 
reicht.  Allein  eine  genauere  Betrachtung  zeigt,  daß  gleich- 
zeitig ganz  regellos  auch  sehr  lange  Wellen  an  Intensität  er- 
heblich zunehmen,  kürzere  abnehmen,  daß  also  jedenfalls  für 
alle  Linien  eines  Spektrums  das  Gesetz  nicht  gelten  kann. 
Eine  Erklärung  dafür  ist  nicht  schwierig:  wir  müssen  ja  an- 
nehmen —  schon  die  verschiedenartige  Zerlegung  der  Linien 
im  Magnetfeld  zwingt  dazu  —  daß  in  jedem  leuchtenden 
Dampfe  eine  ganze  Anzahl  verschiedenartiger  emittierender 
Teilchen  vorhanden  sei.  Mit  der  Temperatur  und  wachsender 
Dissoziation  wird  die  Anzahl  jeder  Art  variieren,  und  da  die 
Helligkeit  einer  Linie  im  Spektrum  sowohl  von  der  Emission 
jedes  Teilchens  als  auch  von  der  Zahl  der  emittierenden  Teil- 
chen abhängt,  können  scheinbar  ganz  regellose  Intensitäts- 
änderungen auftreten. 

Diese  Überlegung  zeigt  aber  gleichzeitig,  in  welcher  Rich- 
tung die  Untersuchung  sich  zu  bewegen  hat:  wir  dürfen  nur 
Linien  eines  Teilchens  ins  Auge  fassen.  Es  scheint  ziemlich 
zweifellos,  daß  die  Linien  einer  Linienserie  demselben  Teilchen 
ihren  Ursprung  verdanken;  ich  brauche  nur  an  die  iden- 
tische Zerlegung  im  Magnetfeld  zu  erinnern.  Somit  muß  die 
Fragestellung  lauten:  verschiebt  sich  in  einer  Linienserie  das 
Intensitätsmaximum  mit  steigender  Temperatur,  oder  anders 
gesagt:  wächst  die  Intensität  der  kürzeren  Wellen  stärker,  als 
die  der  längeren?  Wenn  diese  Frage  bejaht  werden  kann, 
wie  wir  sehen  werden,  so  tritt  die  zweite  hinzu:  folgt  die 
Verschiebung  dem  gleichen  Gesetz,  welches  für  feste  Körper 
gilt  ?  Diese  Frage  läßt  sich  leider  vorläufig  nicht  beantworten, 
da  wir  nicht  imstande  sind  die  Temperatur  leuchtender  Gase 
zu  ermitteln.  Man  kann  dann  den  umgekehrten  Weg  ein- 
schlagen, nämlich  annehmen,  das  Gesetz  gelte  auch  für  Gase, 
und  aus  der  Verschiebung  die  Temperatur  berechnen.  Kommt 
man  dann  zu  einigermaßen  plausiblen  Werten,  so  ist  für  den 
ersten  Anfang  schon  viel  gewonnen. 

Ich  habe  vor  kurzem  Messungen  an  Serien  des  H,  He, 
Li  durch  Hm.  Langenbach  veranlaßt.  Dieselben  werden  wenig 
genau  sein,  denn  leider  läßt  sich  die  Energie  in  den  einzelnen 
Linien  nicht  direkt  ermitteln,  sondern  nur  die  Helligkeit  photo- 


40 


Ä   Kayser. 


metrisch  messen.  Das  geschah  mit  einem  Gl  ansehen  Spektral- 
photometer durch  Vergleich  mit  einer  konstant  gehaltenen  Glüh- 
lampe: für  letztere  sollte  dann  die  Energieverteilung  im  Spek- 
trum mittels  einer  Rubens  sehen  Thermosäule  bestimmt  wer- 
den. Sie  ergab  sich  aber  als  zu  schwach,  und  so  wurde  erst 
die  Glühlampe  mit  einer  stärkeren  photometrisch  verglichen, 
dann  letztere  mit  der  Thermosäule  gemessen,  und  so  endlich 
die  Energie  in  den  Spektrallinien  unter  verschiedenen  Be- 
dingungen des  Druckes,  der  Stromstärke  etc.  gewonnen.  Auf 
diesem  komplizierten  Wege  häufen  sich  natürlich  die  Fehler. 
Dazu  kommt  noch,  daß  man  bei  der  photometrischen  Messung 
die  in  der  Verbreiterung  der  Linien  steckende  Energiezunahme 
nicht  berücksichtigen  kann.  Es  handelt  sich  hier  also  offenbar 
nur  um  einen  ersten  rohen,  mehr  qualitativen  Versuch.  Auch 
daß  als  Stromquelle  ein  Induktorium  benutzt  werden  mußte, 
ist  ungünstig;  eine  große  Batterie  von  Akkumulatoren  wäre  viel 
besser  gewesen.  Immerhin  zeigen  die  Versuche  deutlich  genug 
das  erwartete  Resultat.  Ich  will  nur  ein  kleines  Stück  einer 
Tabelle  für  Wasserstoff  anführen.  Der  Druck  im  Geisslerrohr 
wurde  von  1,2  auf  10  mm  verändert,  der  Induktor  mit  4,  6, 
8  Akkumulatoren  betrieben.  Dabei  fand  sich  das  Verhältnis  der 
Energien  der  Linien  H^:  Hß\  Hy  folgendermaßen : 


Druck 

1,2  mm 
2,5    „ 
o,5    ,f 
6,0    „ 
10,0    „ 


4  Akkumulatoren   j  6  Akkumulatoren 


S  Akkumulatoren 


1:0,127:0,0426 
1:0,121:0,0281 
1  : 0,095:  0,0195 
1  :  0,098  :  0,0180 
1  : 0,065:  0,0116 


1:0,160:0,086 
1:0,142:0,046 
1  :  0,121  :  0,034 
1:0,124:0,034 
1  :  0,098  :  0,021 


1 
1 
1 
1 
1 


0,273  : 0,102 
0,154:0.056 
0,157  : 0,055 
0,130:0,039 
0,113:0,032 


Die  Zahlen  zeigen  aufs  deutlichste,  daß  mit  steigender 
Stromstärke  die  Intensität  der  kurzwelligen  Linien  stärker 
wächst,  also  wenn  wir  das  so  deuten  dürfen,  die  Temperatur 
steigt;  mit  wachsendem  Druck  aber  nimmt  die  relative  Hellig- 
keit von  Hß  und  lly  ab,  die  Temperatur  sinkt. 

Da  sich  bei  den  beiden  anderen  untersuchten  Elementen 
dasselbe  findet,  scheint  mir  der  Schluß  berechtigt,  daß  auch 
bei  Linieuspektren  das  Gesetz  der  Verschiebung  des  Intensitäts- 
maximuras  mit  der  Temperatur  wenigstens  qualitativ  gilt.  Denkt 


Temperaturbesiimmung  strahlender  Gase,  41 

man  sich  nun  die  Wellenlängen  als  Abszissen,  die  Intensitäten 
der  Linien  als  Ordinaten  aufgetragen  und  legt  eine  Kurve 
durch  die  Endpunkte,  so  entsteht  die  Frage,  ob  diese  die 
gleiche  Gestalt  hat,  wie  bei  den  festen  Körpern;  dann  allein 
würden  wir  Schlüsse  über  die  Temperatur  des  Gases  ziehen 
können.  Wir  kennen  aber  zu  wenig  Punkte  der  Kurve,  und 
diese  zu  ungenau,  um  die  Kurve  wirklich  zeichnen  zu  können. 
Daher  schlage  ich  den  umgekehrten  Weg  ein:  ich  nehme  an, 
es  sei  die  gleiche  Kurve,  dann  kann  man  aus  dem  Verhältnis 
der  Intensitäten  an  zwei  Stellen  die  zugehörige  Temperatur 
berechnen. 

Wir  können  unbedenklich  das  Wien  sehe  Gesetz  zugrunde 
legen,  da  dasselbe  richtig  ist,  solange  A  7^  <  3000,  wenn  X  in  u, 
ausgedrückt  wird;  das  Gesetz  gilt  also  für  sichtbare  Strahlen 
bis  etwa  5000  ^  Für  zwei  Wellenlängen  X  und  \  haben  wir 
bei  derselben  Temperatur  T\ 


also 


^IT  ==  ^\  ^ 


-5^      AT. 

•^AT 

(KwAk  t). 

also 


T 


Setzen  wir  für  c^  den  von  Paschen  gefundenen  Wert  14  500 
ein,  für  X  und  \  die  Wellenlängen  von  ü^  und  Hßy  nämlich  0,656 
und  0,486,  und  berechnen  T  für  f  =  10,  5,  3,  2,  1,  so  findet  sich 

r=  2036«  abs.  für  A  =  10,  d.  h.  Ha',Hß=  1 :0,1 

r=2491«     „  „    ^=    5,   „    „    J?a:Ä/?=  1:0,2 

r=2981«     „  „    -i=    3,   „    „    Ä;,:fi^=  1:0,333 
r=3532ö     „       „     ^=    2,   „    „    i/a:/f,,=  1:0,5 

r=5166«     „  „    ^=     1,  „    „    B^:H^=  1:1. 

Daraus  findet  man,  daß  z.  B.  beim  niedrigsten  Drucke 
von  1,2  mm  die  Temperatur  im  Geisslerrohr  bei  4,  6,  8  Akku- 
mulatoren etwa  2200 ^  2340^  2760«  abs.  betragen  habe.  Das 
scheinen  mir  Zahlen  zu  sein,  die  mit  anderweitig  bekannten 
Tatsachen  nicht  in  Widerspruch  stehen. 


42       IL   Kayuer,      Temperaturbestimmimg  strahlender  Gase. 

Man  könnte  in  der  Prüfung  noch  einen  Schritt  weiter 
gchcn^  nämlich  für  diese  Temperaturen  auch  das  Verhältnis  H^xlly 
ausrechnen  und  mit  dem  beobachteten  vergleichen.  Man  findet 
dann  die  beobachteten  Werte  zu  groß;  da  aber  die  Ungenauig- 
keit  der  Beobachtungen  mit  abnehmender  Wellenlänge  schnell 
wächst^  80  halte  ich  diesen  Vergleich  für  unzweckmäßig. 

Ich  ziehe  somit  aus  den  Versuchen  natürlich  nicht  den 
Schluß,  das  Strahlungsgesetz  der  festen  Körper  gelte  auch  f&r 
Gase,  sondern  nur  den  viel  bescheideneren,  ein  den  festen 
Körpern  qualitativ  ähnliches  Verhalten  der  Gase  sei  nicht  un- 
wahrscheinlich. Ich  möchte  besser  ausgerüstete  Beobachter, 
namentlich  solche,  die  bolometriscli  zu  arbeiten  verstehen  und 
mit  einer  großen  Batterie  versehen  sind,  anregen,  die  wichtige 
Frage  genauer  zu  verfolgen. 

(Eingegangen  1.  Juli  1908.) 


43 


7.  Id6es  fondamentales  d'nn  essai  de 
th^orie  möcanique  de  Fölectricitö  et  de  la  chaleur.O 

Par  F.  de  Heen  k  Li^e. 


La  manifestation  destin^e  ä  feter  l'illustre  Boltzmann 
me  foumit  roccasion  de  r^sumer  dans  ses  grandes  lignes  le 
bat  que  j'ai  poursuivi  dans  mes  recherches.  Je  suis  d'autant 
plus  heureux  de  pouvoir  le  faire  que  ma  conception  des  cboses 
de  la  physique  est  en  parfait  accord  avec  celle  du  grand 
physicien;  comme  lui  j'appartiens  ä  Töcole  scientifique  que  Ton 
pourrait  appeler  Fecole  syntetiste  qui  k  Topposö  de  celle  des 
analystes,  part  d'une  conception  hypotb^tique  mais  tangible  de 
la  Constitution  de  la  substance,  pour  en  d^duire  les  lois  qui 
tombent  sous  nos  sens. 

Je  serais  entra!n6  trop  loin  si  je  voulais  discuter  ici  les 
arantages  et  les  inconv^nients  de  chacune  des  ces  4coles.  Le 
senthnent  se  trouve  en  r6alit^  ä  la  base  de  tout  cela.  L'analyste 
pr^ffere  savoir  surement,  mais  se  ferme  ä  tout  jamais  le  domaine 
de  la  Philosophie  naturelle.  Le  synt6tiste  est  avant  tout  le 
philosophe  de  la  science. 

Guido  par  le  sentiment  que  nous  venons  de  döfinir  notre 
pröoccupation  a  d'abord  6t6  d'6tendre  aux  liquides  la  möthode 
qui  avait  d6jä  6t6  appliqu^e  aux  gaz  avec  tant  de  succ4s  par 
Amontons,  Bernouilli,  Clausius,Kroenig  et  notre  jubilaire 
Boltzmann. 

L'id^e  que  nous-nous  somnes  faite  de  la  Constitution  des 
liquides  a  pris  naissance  a  la  suite  d'une  interprötation  que 
nous  avons  donn6e  des  ph^nomenes  anormaux  que  präsente 
l'eau  (1879)  hypotbese  qui  a  6t6  formul^e  de  la  meme  maniere 
par  M.  Ramsay  qui  n'avait  pas  eu  connaissance  de  notre 
travail.  D'apres  cette  hypotbese  Teau  a  T^tat  liquide  est 
formte  par  des  mol6cules  que  nous  avons  dösignöes  plus  tard 

1)  Les  recherches  auxquelles  il  est  fait  allusion  sont  expos^es 
V  dans  „La  Chaleur*'  (1876—1894),  Desoer,  Li^ge.  2^  Zeitschrift  f.  kompr. 
und  flQsB.  Gase.  7.  8.  9.  1898.  8®  Sous  presse:  Prodrome  do  la  th^orie 
m^canique  de  r^lectricit6. 


44  P.  de  Heen, 

80US  le  Dom  de  moUcules  lif/uidoffeniques,  Ces  mol6cules  com- 
plexes  seraient  form6es  par  Tassemblage  d'un  certain  nombre 
de  mol^cules  telles  qu'elles  existent  dans  l'^tat  gazeux,  que  nous 
avoüs  d6sign6es  sous  le  nom  de  molecules  gazogeniques.  Elnfin 
ce  degr^  de  complexit^  est  variable  avec  la  temp^rature.  Teile 
est  la  conception  que  nous  avons  6tendue  a  tous  les  liquides. 
La  mol6cule  liquidog^nique  ne  serait  autre  chose  qu'une  mol6cule 
tourbillon  ou  vortex  dont  les  6l4ments  seraient  les  mol^ciQes 
gazog^niques. 

Lorsque  la  substance  est  a  l'^tat  liquide  ces  vortex  6tant 
soumis  H  des  actions  attractives  mutuelles  roulent  les  uns 
sur  les  autres  en  se  maintenant  pour  ainsi  dire  en  contact, 
les  molecules  gazog^niques  qui  s'^chappent  accidentellement  de 
ces  tourbillons  d^terminent  l'^vaporation  superficielle. 

Bemarquons  que  la  th6orie  des  tourbillons  de  Helm- 
holtz  nous  apprend  qu'a  un  accroissement  de  vitesse  angulaire 
du  mouvement  tourbillonnant  correspond  une  diminution  de 
diam^tre  du  tourbillon  de  teile  maniere  que  si  la  mol6cule 
liquidog^nique  conservait  une  masse  invariable,  un  accroissement 
de  temp^rature  serait  accompagn6  d'une  contraction.  Le  ph6no- 
m^ne  exceptionnel  que  präsente  l'eau  serait  donc  le  cas  normal, 
et  la  dilatation  teile  qu'elle  s'observe  g4n6ralement  doit  etre 
consid^r^e  comme  le  r6sultat  d'une  Variation  de  masse  de  chaque 
mol^cule  liquidog6nique  avec  la  temp^rature  or  puisque  la 
vitesse  angulaiie  crolt  avec  ce  facteur,  le  rayon  de  la  mol6cule 
tourbillon  diminuant,  cet  accroissement  de  temp6rature  doit 
n^cessairement  produire  une  diminution  de  la  masse  de  la  mol6- 
cule  liquidog^nique^  si  une  dilatation  se  produit.  A  chaque  tem- 
p6rature  correspond  un  liquide  particulier  physiquement  definL 

Si  les  molecules  s'allignent  de  maniere  k  ce  que  les  axes 
des  tourbillons  se  trouvent  sur  un  meme  prolongement,  ainsi 
que  cela  se  passe  dans  les  cristaux,  nous  pourrons  observer 
une  dilatation  suivant  la  direction  de  ces  axes  et  une  contraction 
dans  une  direction  normale.  Ce  que  Pexpörience  v6rifie  dans 
certains  cas. 

Si  pour  les  liquides  on  admet  qu'ä  d'^gaux  accroissements 
de  tempörature  correspondent  des  travaux  6gaux  de  dilatation, 
et  que  les  actions  r6ciproques  des  6l6ments  s'6xercent  en  raison 
inverse  de  la  fi  puissance  du  volume,  on  trouve  fort  ais6ment 


Theorie  mec.  de  Pelectricite  ei  de  la  chcdeur,  45 

les  formules  qui  expriment  les  variations  que  les  diverses  grandeurs 
relatives  au  calorique,  ^prouvent  avec  la  temp^rature.  L'un  des 
r^sultats  les  plus  interessants  se  trouve  dans  la  d^termination  de 
la  formule  de  dilatations  admise  ensuite  par  Mendelejef.  En 
^tendant  nos  rechercbes  ä  l'^tude  de  la  vitesse  de  l'^vaporation 
superficielle  nous  avons  6t6  conduit  ])ar  la  thöorie  et  par 
rexp6rience  a  un  certain  nombre  de  conclusions  dont  la  plus 
singuliere  en  apparence  se  trouve  dans  i'ind^pendance  de  la 
yitesse  d'6vaporation  et  de  la  pression  extörieure.  Cette  6va- 
poration  est  d6termin6e  soit  k  Taide  d'un  courant  gazeux  soit 
dans  un  gaz  en  repos;  dans  ce  dernier  cas,  la  surface  du 
li(][uide  4tant  absolument  libre. 

Mais  les  consid^rations  que  nous  venons  de  d^velopper 
devaient  nous  conduire  k  un  r6sultat  bien  difförent  de  ce  (jui 
^tait  admis  concernant  la  density  critique.  D'apr^s  ces  vues 
th6ori([ues  la  temp6rature  critique  est  caracteris6e  par  cette 
circonstance  que  les  mouvements  de  roulement  des  mol^cules 
li(|uidog^niques  les  unes  par  rapport  aux  autres  sont  devenus 
assez  rapides  pour  vaincre  Tadb^rence,  c'est-ä-dire  Taction 
attractive  ([ui  les  maintenait  en  contact.  A  partir  de  ce  moment 
le  fluide  liquide  commence  ä  exercer  une  ledere  action  expansive 
sur  l'enveloppe  qui  le  renferme,  cette  action  expansive  qui  est  ögale 
ä  z^ro  au  point  critique,  crottra  progressivement  avec  la  temp6- 
rature,  ceci  suppose  que  le  liquide  remplit  completement  le 
volume  du  röcipient.  Si  au  contraire  le  licjuide  est  en  contact 
avec  la  vapeur,  la  temp^rature  critique  correspondra  au  moment 
oü  les  mol^cules  liquidog^niques  commencent  ä  se  diffuser  dans 
Tespace  occup6  par  la  vapeur.  Mais  avant  que  cette  diffusion 
n'ait  eu  le  temps  de  s'effectuer  la  density  du  fluide  qui  occupe 
Tespace  (lui  ötait  occup6  par  le  licjuide,  conserve  une  density 
plus  grande  (jue  la  density  de  la  vapeur  primitive  (1892).  Nous 
avons  montr6  par  Texpörience  que  si  Ton  reprösente  par  2  la 
density  du  liquide  a  la  temp6rature  critique,  la  density  de  la 
vapeur  est  repr^sentöe  par  1  a  cette  meme  temp6rature. 

Depuis  1892  ces  conclusions  ont  6t6  adopt^es  par  plusieurs 
pbysiciens  notamment  par  MM.  Galitzine  (1893),  Batelli 
(1893),  Dwelsbauvers-Dery  (1895)  et  en  particulier  par 
M.  Traube  auquel  on  doit  de  remarquables  döveloppements 
sur  la  question.    Ce  pbysicien  d6finit  la  mol6cule  liquidog^nique 


46  P.  de  Heen, 

üoü  pas  comme  6taut  le  tourbillon  d'ensemble  que  nous  avons 
consid6r4,  mais  comme  6tantlainol4culegazog6niqueoccupant  an 
volume  total  plus  petit  lorsqu*elle  fait  partie  d'une  masse  liquide. 

Nos  investigations  dans  le  domaine  du  calorique  en 
^taient  \k  lorsque  se  produisit  la  sensationnelle  expörience  de 
Roentgen  dont l'importance  pratique  consid^rable  4tait  ÖTidente 
pour  tous  mais  qui  au  point  de  vue  philosophique  semblait  se 
r^duire  k  la  döcouverte  d'un  rayon  de  tres  petite  longueur 
d'onde.  Cette  circonstance  ne  nous  aurait  pas  d6cid6  a  aban- 
donner nos  recherches  sur  le  calorique  lorsqu'un  physicien 
dont  le  nom  est  beaucoup  moins  connu,  le  Dr.  Gustave  le  Bon, 
6mit  Tayis  que  les  cboses  ne  se  bomaient  pas  k  des  ph6nomöne8 
particuliers  pr6sent4s  par  les  tubes  k  vide  mais  que  pour  lui 
nous  nous  trouvions  en  face  d'un  nouvel  ordre  de  ph^nomfenes 
dont  les  manifestations  se  produisaient  aussi  gön^ralement  dans 
la  nature  de  Celles  de  la  chaleur  et  de  la  lumi^re.  Des  ex- 
p6riences  encore  inachev^es  sur  ce  que  le  Bon  appelait  assez 
improprement  la  lumiere  noire,  me  convainquirent  pleinement. 
On  sait  maintenant  jus(^u'a  quel  point  nous  6tions  dans  le  vrai. 

La  premiere  conclusion  importante  k  laquelle  j'ai  6t6 
conduit  peut  s'exprimer  en  disant  que  presque  tous  les  foyers 
d'6branlement  de  l'öther  (flamme,  aigrettes,  rayons  X.  etc.) 
d6terminent  la  mise  en  libert^  d'ions  dans  les  gaz.  Ces 
ions  libres  dans  les  gaz  sous  la  pression  normale  reprösentent 
ce  que  Crookes  appelait  Vetat  radiant  Ces  ions  susceptibles 
de  subir  le  phönoraene  de  l'influence  a  Tinstar  de  petita  con- 
ducteurs,  se  pr^cipitent  en  masse  sur  les  surfaces  ölectris^es 
et  s'y  6tendent  comme  le  ferait  un  fluide  que  Ton  projetrait 
sur  une  surface  rigide.  Nous  avons  d6sign6  sous  le  nom  d^infra- 
electricite  ce  fluide  61asti(iue  lbrm6  d'ions  libres,  lequel  de 
meme  que  des  lames  liquides  ([ui  se  rencontrent,  pennet  de 
r^aliser  des  flgures  rigoureusement  g6om6triques  k  la  surüace 
des  diölectriques  61ectris68  (1899). 

Les  cboses  en  4taient  k  ce  point  lorsque  nous  nous  sommes 
demand6  si  la  difficultö  que  Ton  6prouvait  k  donner  une  inter- 
pr^tation  des  ph^nomenes  ^lectriques  ne  se  trouvait  pas  pr6- 
cis6ment  dans  la  croyance  a  cette  difflcult6.  II  nous  a  toujours 
sembl6  ciue  si  Tunivers  pr^sentait  une  apparence  complexe 
et  je  n'excepte  nuUement  le  ph^nom^ne  de  la  vie,  cela  r^sultait 


Theorie  mec,  de  Felectricite  et  de  la  chaleur,  47 

de  l'ignorance  oü  nons  nous  trouvons  des  canses  (^ui  nons 
paraitraient  extr^mement  simples  si  la  r^flexion  ou  le  hasard 
nous  les  faisait  connaltre.  Les  effets  de  ces  canses  seuls 
noas  apparaissent  soos  une  forme  complexe. 

Concevons  maintenant  le  tube  tourhülon  de  Helmholtz 
et  demandons-nous  s*il  präsente  n^cessairement  les  caract^res 
d'une  parfaite  symötrie  si  on  le  regarde  dans  deux  directions 
oppos^es  suivant  son  axe.  Ne  peut-on  le  consid^rer  comme 
an  emboltement  de  tonrbillons  tels  que  ceux  qui  s'observent  ä 
la  snrface  des  riTieres,  dont  Tune  des  extr^mit^s  est  6vas4e 
Tautre  extrömit6,  r^tröcie?  et  des  lors  Pelectron  se  peut-il  se 
comparer  ä  un  cone  tonrbillon  d'öther  condensö  dont  Torien- 
tation  d6termine  le  sens  de  Taspiration  de  l'^ther,  lequel 
entraln6  lui-meme  sous  nne  forme  tourbillonnante  donnerait 
l'image  des  deux  ölectricit^s,  Taspiration  correspondent  k 
r^lectricit^  negative,  le  refoulement  k  rölectricitö  positive.  En 
an  mot  si  nous  consid^rons  un  ion  libre  dans  l'espace^  ion 
qae  nous  supposerons  rectiligne  et  muni  ä  chacune  de  ses 
extr^mit^s  d'un  electron  conique:  cet  ion  se  comportera  comme 
ane  v^ritable  pompe  centrifuge  teile  que  T^ther  p^n6trera  par  la 
partie  6vas6e  et  sortira  par  le  sommet  du  cone.  Si  nous  con- 
sid6rons  une  s6rie  d'ions  Orientes  dans  le  meme  sens  nous 
obtiendrons  la  chaine  tourbillon,  le  vide  6th6r6  tendant  a  se 
prodaire  du  c6t6  de  la  partie  ^vasöe  de  Tölectron,  la  com- 
pression  a  lopposö.  Si  la  chaine  tourbillon  est  en  mouvement 
dans  le  sens  de  son  axe  eile  d6termine  le  phönom^ne  du  courant, 
si  eile  est  au  repos  on  observe  des  ph^nom^nes  dits  statigues, 

Nous  pourrons  ainsi  coiicevoir  des  tubes  ou  chames  tour- 
billon ouvertes  ou  ferm^es.  La  chatne  ferm^e  correspondent 
a  l'atome  vortex  de  W.  Thomson,  qu'il  suffira  d' orienter 
pour  voir  apparaltre  les  piopri^t^s  de  Taimant  et  le  ph6nomene 
de  Zeeman.  Si  eile  est  ouverte  il  n'y  a  aucune  raison  pour 
consid^rer  la  chaine  comme  limit6e,  meme  a  la  surface  du 
coq)S.  Les  ions  continuent  donc  leur  marche  dans  Tespace 
le  long  de  la  fibre  tourbillonnante  d'6ther,  ainsi  (jue  le  feraient 
des  perles  qui  se  d^placeraient  le  long  d'un  fil  sans  limites. 
Ces  ions  donneront  lieu  en  se  d^plagant  ainsi  dans  l'espace, 
aux  ph^nomenes  dits  radioactif.%  (]ui  pour  nous  se  pr^sentent 
dans  la  nature  avec  une  fr6quence  extreme.     Dans  des  cas 


48  P.  de  Heen. 

relativement  tres  rares  qui  seuk  ont  attir4  d'abord  l'attention 
des  physiciens,  les  vitesses  ioniciues  sont  süffisantes  pour  qne 
les  ions  traversent  les  corps  dits  opaques.    Si  nous  consid^rons 

le  tube  tourbillon  T  Fig.  1 

on  peut  considÄrer  cha- 

que  61ectron  fi  k  l'ötat  du 


'*■  ^  T  mouvement    vibratoire. 

Fig.  1.  Ces     Tibrations     ötant 

synchrones^  chaque  ion 
se  comporte  comme  un  corps  pulsant  de  Bjerknes,  d'oü 
l'action  r^pulsive  du  caloritjue^  et  la  prodiiction  de  Foscillation 
transversale  caloriiique  ou  lumineuse  dans  l'^ther  ambiant. 

Nous  voyons  maintenant"^se  fondre  en  une  seule,  la  th6orie 
de  la  lumiere  de  Fresnel  et  la  thöorie  ^lectro-magn6tiqae. 

Nous  voyons  6galement  que  Paccroissement  de  potentiel 
41ectro-magn6tique  et  Taccroissement  de  temp6rature  sont  des 
ph^nomfenes  connexes^  qui  se  traduisent  simultan^ment  par  un 
accroissement  de  vitesse  angulaire  du  tube  tourbillon  et  par 
une  diminution  de  Tangle  /x  du  sommet  des  ölectrons^  c'est- 
ii-dire  par  un  accroissement  de  force  61ectro-motrice  ou  encore 
])ar  un  accroissement  de  tension  des  ölectrons  qui  permet  une 
Vibration  plus  rapide. 

Dans  les  substances  amorphes,  ces  tubes  tourbillons  sont 
Orientes  indiff^remment  dans  tous  les  sens  et  des  lors  les  mani- 
festations  61ectri(iues  n'apparaissent  pas,  mais  la  surface  iso- 
thermi(iue  n'est  autre  chose  (ju'une  surface  d'6gale  intensit^ 
de  courant  dont  la  temp^rature  est  donnöe  par  la  loi  de  Joule. 
En  partant  de  ce  })oint  de  vue  on  montre  tres  facilement  que 
laconductibilitöcalorifique  et  la  conductibilitö  ^lectrique  doivent 
etre  de  grandeurs  proportionnelles. 

Si  au  contraire  la  substance  est  cristallisöe,  les  tubes  tour- 
billons s'orientent  dans  un  sens  d6termin6  et  i\  Taccroissement  de 
temp6rature  correspondra  un  accroissement  de  tension  ^lectrique 
cette  fois  appr^ciable,  d'une  part  negative  d'autre  j)art  positive. 

Si  nous  rappelons  (pe  chaque  ion  libre  se  comporte 
comme  une  v6ritable  pomj)e  aspirante  et  foulante  dont  Taspiration 
correspond  au  j)ole  nögatif  et  le  refoulement  au  pole  positif, 
la  döpression  ])roduite  en  rT  par  l'ion  a  döterminera  l'orientation 
nögative  des  ölectrons  e  röpandus  sur  la  surface  8  (Fig.  2). 


Theorie  mec,  de  Pelectricite  et  de  la  ehaleur,  49 

Donc  des  ions  dont  rorientation  correspond  a  un  signe 
donn^y  mis  en  libert^  par  un  conducteur  ayant  atteint  la 
limite  de  Charge,  d^terminent  sur  un  conducteur  plac6  dans  le 
Yoiaiiiage  une  Charge  de  meme  signe  alors  mime  que  ce  con- 
ducteur  est  preserve  par  une  cage  dielectrique. 

Tel  est  le  ph6nomene  que  nous  avons  d6sign6  sous  le 
nom  (finduction  electro-statigtie  qui  constitue  la  base  de  la 
Üi^orie  du  courant,  ou  du  transport  d'une  Charge  d'un  point 
a  un  autre  pendant  toute  la  dur^e  de  l'existence  de  la  Charge 
excitatrice,  contrairement  k  ce  qui  se  passe  dans  l'influence. 
Pendant  cette  Operation  l'air  est  le  siege  d'une  radioactivit^ 


d 


<-< 


I  I 


I  I 

s  s' 

Fig.  2.  Fig.  3. 

d'apr^s  ce  que  nous  avons  dit,  ou  d'apr^s  une  expression  que 
nous  avons  admise,  il  est  devenu  iodynamique,  Une  substance 
conductrice  est  donc  une  substance  iodynamique,  les  m6taux 
par  exemple  sont  form^s  de  mol6cule  qui  se  bombardent  r^ci- 
proquement  et  perp6tuellement  d'ions.  Ces  ions  ne  peuvent 
donc  faire  partie  d'une  mol6cule  que  pendant  en  temps  limit6 
pour  etre  ensuite  remplac^s  par  d'autres.  Le  contraire  a  lieu 
dans  les  substances  aniodynamiques  ou  non-conductrices. 

Tous  les  mötaux  auront  donc  une  tendance  a  se  montrer 
spontan^ment  radioactifs,  ainsi  que  cela  r^sulte  des  exp^riences 
du  Dr.  Gustave  le  Bon. 

Lorsque  deux  surfaces  ss  (Fig.  3)  sont  ^lectris^es  de 
signes  contraires,  c'est-a-dire  si  les  61ectrons  sont  Orientes 
dans  le  meme  sens,  les  tourbillons  se  raccordent  par  Tinter- 
mödiaire  de  Töther  interpos^.  L'axe  de  ce  tourbillon  reprösente 
la  ligne  de  force,  de  plus  ce  tourbillon  est  stationnaire  con- 
trairement a  ce  qui  se  passe  dans  le  courant,  car  au  tourbillon 
central  d'aller  correspond  un  tourbillon  plus  large  de  retour 
ainsi  que  cela rösulte  des remarquables recherches  deM.  Weyher 

Boltzmanii-Festachiift.  4 


50     P.  de  I/een,     Theorie  mec.  de  Pelectricite  et  de  la  c/iaktir, 

snr  les  tourbillons.  En  prenant  certaines  pr^cautions  on  peut 
mat^rialiser  ceux-ci  par  l'ötincelle,  r^siiltat  de  rentralnement 
des  ions  dans  le  tonrbillon. 

Le  raccordement  des  6lectrons  q  q'  d^termine  une  espice 
de  calage  r^ciproqne  (jui  communiqne  a  ce  Systeme  une  grande 
stabilit6,  il  peut  enrayer  compl^tement  Taction  de  la  döcharge  pro- 
duite  par  des  ions  libres  r^pandus  dans  Tatmosphere  ambiante  par 
exemple  sous  Taction  de  flammes  ou  de  substances  radio-actives. 

L'id6e  que  Ton  doit  se  faire  de  la  Constitution  des  gaz  est 
^galement  un  peu  diff^rente  de  celle  qui  ^tait  admise;  nous 
pouvons  les  concevoir  comme  form^s  de  chaines  tourbillons  li- 
mit^es  par  la  paroi  du  vase  qui  les  renferme.  Les  cbocs  dus 
aux  d^placements  lateraux  de  ces  cbaines  d^termineraient  la 
pression.  Si  la  pression  devient  tres  faible  ces  cbaines  se 
brisent  et  les  ions  qui  les  constituaient  deviennent  ind^pendants 
les  uns  des  autres.  Le  gaz  devient  alors  iodynamique,  con- 
ducteur  de  r^lectricitö,  en  un  mot  nous  avons  r6alis6  le  fluide 
que  nous  avons  d6sign6  sous  le  nom  d'infra'electrique  et  que 
Crookes  appelle  etat  radiant,  Cette  rupture  des  chaines  tour^ 
bülons  se  produit  ^galement  sous  la  pression  normale,  mais  en 
faible  proportion,  sous  Tactiou  de  tous  les  agents  ionisants 
(flammes,  aigrettes,  rayons  X,  substances  radioactives  etc.). 

Disons  en  terminant  que  nous  avons  eu  la  satisfaction  de 
voir  se  vörifier  cette  ann6e  une  cons6(inence  de  notre  thöorie, 
que  nous  avions  formul^e  pr6c6demment  et  d'apres  laquelle 
les  m^taux  dou6s  du  plus  grand  pouvoir  röflecteur  sont  4gale- 
ment  ceux  qui  sont  les  meilleurs  conducteurs.  On  sait  que 
M.  Drude  d'une  part,  MM.  Hagen  et  Rubens  d'autre  part, 
ont  v^rifiö  cette  conclusion  par  Texp^rience. 

Nous  voyons  aussi  se  souder  progressivement  les  difli^rents 
chapitres  de  la  physique  et  Pon  i)eut  esp^rer  que  d'ici  k  quel- 
ques ann^es  la  th^orie  m^canique  de  la  chaleur  et  la  thöorie 
möcanique  de  T^lectricitö  n'en  feront  plus  qu'une,  alors  aura 
v6cu  la  th^orie  actuelle  des  electrogistiques  de  meme  qu'ä  v6cu 
la  th6orie  du  phlo<jistique.  L'61ectricit6  pas  plus  que  la  chaleur 
ne  doit  etre  con^ue  comme  une  entitö. 

Institut  de  physique  de  Tuniversit^  de  Liege,  1*'  Juin  1903. 

(Eingegangen  I.Jnli  1908.) 


51 


8.  Chronometrie: 
Les  r^mes  limites  et  la  stabilitä  de  la 

Synchronisation. 

Par  Jules  Andrade  k  Besan^on. 


Regime  limite  int^rienr.  —  Pour  un  mode  et  pour  une 
intensit^  d'action  d^termin^s  de  r^chappement  il  existe  une 
amplitude  de  roscillation  du  r^gulateur  qui  se  maintient  con- 
stante  dans  un  mouvement  p^riodique;  Texp^rience  montre  que 
ce  regime  permanent  finit  par  etre  pratiquement  atteint  bien 
que  th^oriquement  il  s'agisse  de  ce  regime  limite  ou  asympto- 
tique.  II  est  interessant  de  pr^ciser  les  circonstances  math4- 
maüques  qui  assurent  Texistence  de  ce  regime  limite  dans  des 
conditions  aussi  g4n6rales  que  possible;  tel  est  Tobjet  du  prä- 
sent memoire. 

Regime  limite  d'une  Synchronisation.  —  Le  mouvement 
d'ane  bonne  horloge-mere,  une  fois  devenu  pöriodique,  peut 
etre  utilis6  non  seulement  pour  inscrire  Theure,  mais  encore 
pour  transmettre  6lectriquement  une  influence  m^canique  seit 
sur  des  aiguilles  6loign6es,  soit  sur  le  r^gulateur  meme  d'une 
horloge  lointaine  qui,  dans  ce  demier  cas  est  dite  synchronisee. 
Et,  en  effet,  Texp^rience  montre  qu'une  force  synchronisante, 
fonetion  p6riodi([ue  du  temps  scand6  par  une  horloge-mere 
peut  etre  appliqu^e  au  pendule  d'une  seconde  horloge  de 
Periode  l^g^rement  diff^rente  de  maniere  a  produire  une  Sub- 
ordination complete  de  Thorloge  synchronisee  a  rhorloge-mere, 
celle-ci  finit  a  imposer  sa  pöriode  propre.  C*est  encore  un 
regime  limite  qui  se  produit  ici. 

En  ce  qui  concerne  la  Synchronisation  on  sait  c^ue  Cornu^) 
a  etudie  et  v6ritie  el^gamment  les  lois  de  la  Synchronisation 
dans  le  cas  tres  simple  oü  le  pendule  synchronisö  est  soumis 
1^  a  un    moment  proportionnel    a   Tangle    d'6cart,    2^  a  une 

1)M.  CornUy  Conference  sur  la  Synchronisation  electromagnetique. 
Paiis  1894. 

4* 


52  e/.  Andrade, 

rösistance  proportionnelle  a  la  vitesse  (amortissement  constant). 
Ce  Probleme  bien  particulier  devra  etre  un  peu  41argi  si  on 
yeut  studier  la  stabilit^  de  la  Synchronisation;  il  est  n^anmoins 
fondamentaL 

Synchronisation  d'un  Systeme  pendolaire  a  amortissement 

constant. 

En  rappelant  d'abord  ce  cas  simple,  oü  Ton  ne  tient  pas 
compte  de  l'^chappement,  nous  rappellerons  et  nous  compl^ 
terons  les  r^sultats  relatifs  a  ce  cas  particulier  contenus  dans 
le  memoire  de  Cornu  en  1894. 

Nous  consid^rons  donc  un  balancier  soumis  ä  un  couple 
de  rappel  proportionoel  k  Tangle  d'^cart  au  point  mort,  ti; 
soit  ru  ce  couple  de  rappel;  le  balancier  est  soumis  en  outre 
ä  un  couple  r^sistant  proportionnel  ä  la  vitesse  —  qdufdt\ 
soient  eniin,  7  le  momeut  d'inertie  du  balancier,  et  F[t)  la 
force  synchronisante  qui  est  une  fonction  p^riodique  de 
Periode  T, 

L'6quation  du  mouvement  est: 

Nous  envisagerons  d'abord  l'^quation  priv^e  de  second  membre 
et  nous  consid^rerons  son  integrale  sous  la  forme  g6om6trique 
que  lui  a  donn6e  Cornu;  nous  poserons 

(   A   =  /y 

in\  2/  271 

h  est  le  coefficient  d^ amortissement» 

Puis,  nous  consid^rons  deux  axes  0  X  ei  OY  faüant  entre 
eux  un  angle  F\  Torigine  0  sera  le  point  asymptotique  d'une 
Spirale  logarithmique,  coupant  les  rayons  vecteurs  issus  de  0 
saus  Tangle  constant  F,  soit  M  un  point  mobile  parcourant 
cette  si)irale  de  maniöre  que  le  rayon  vecteur  0  M  toume^ 
dans  le  sens  oü  il  d^crott,  avec  une  vitesse  angulaire  constante, 
6gale  a  1n\T\  soient  x  et  y  les  coordonnees  obliques  du  point 
M\  la  repr^sentation  integrale  du  mouvement: 


Regimes  limites  et  stabüite  de  la  Synchronisation.  63 


(3)  if|  +  «o-rf-"+Äo«  =  0; 


r 


^0  =   / 


est  alors  la  suivante: 


( 


M     =  Z 


(4)  \    du^  _  2n      1 

le  point  [x,  y)  sera  ä  ud  instant  quelconque  le  point  repr^sentatif 
de  Fetat  du  balancier. 

La  decroissance  proper iionnelle  du  rayon  vecteur  toumant 
de  l'angle  a  r^duit  ce  rayon  proportionellement  ä 

AT 
— =-■-  a 

e     2^ 

telles  sont  les  lois  du  mouvement  pendulaire  simplement  amorti. 

Proposons  nous  maintenant  d'^tudier  le  regime  variable 
qui  ya  naitre  de  Tapplication  de  la  force  synchronisante. 

Dans  son  memoire  de  1894,  Cornu  a  6tabli  Texistence 
d'un  regime  limite  dans  le  cas  d*une  force  synchronisante 
petite,  agissant  sur  un  Systeme  faiblement  amorti  et  de  p6riode 
propre  peu  diff^rente;  la  d^monstration  procede  par  approxi- 
mations;  nous  pourrons  tres  facilement  d6gager  ces  r^sultats 
des  apparentes  restrictions  que  la  d^monstration  de  l'auteur 
laisse  subsister. 

A  cet  eflFet,  je  m'appuierai  sur  un  th^or^me  bien  connu 
de  göom^trie. 

Consid6rons  la  transformation  du  plan  par  similitude 
directe:  on  peut  6videmment  la  röaliser  par  une  translation 
d'un  point  P^  particulier  de  la  tigure 
suivie  d'une  rotation  accompagnöe  d'une 
condensation  (ou  dilatation)  homoth^tique 
d^termin^es  autour  du  point  P,  nouvelle  ^ 
f>osition  de  P^.  ^ 

Cherchons  alors  un  point  X  de   la 
figure  qui   soit  son  propre   transformö; 

ce  point  venant  en  X'  par  la  translation,    puis  en   X"  par  la 
rotation,  devra  revenir   en  X   par   une  dernifere  condensation 


54  e/.  Andrade. 

autour  de  P.  Le  rapport  de  condensation  OXjOX"  4tant 
connu  ainsi  que  Tangle  P  du  triangle  isocele  OX'  X",  la  figure 
de  quatre  points  sur  trois  droites  PX'X^'X  est  connue  de 
forme  et  comme  le  segment  XX'  est  connu  en  grandeur, 
direction  et  sens,  la  ügure  de  nos  quatre  points  sera  donc 
bien  d^tinie  a  partir  du  point  P  en  grandeur  et  orientation, 
le  point  X  est  donc  d^terminö. 

On  voit  donc  que  la  transformation  consid^r^e  est  r^duc- 
tible  k  une  simple  rotation  suivie  de  la  condensation  donn^e 
autour  de  ce  meme  point  X. 

Ce  point  X,  point  double  de  la  transformation,  se  nomme 
aussi  le  pole  de  similitude. 

Ce  thöoreme  va  nous  permettre  d'achever  la  question  de 
la  maniere  la  plus  simple.  Supposons  d'abord  que  la  force 
synchronisante  soit  constante  et  ögale  a  F^. 

Portons  sur  Taxe  OX  une 
longueur  00'  reprösentant  k  l'^chelle 
du  dessin  un  6cart  6gal  k  F^fR^-, 
tout  se  passera  pendant  l'action  de 
la  force  F^  comme  si  le  point  mort 
6tait  transport^  en  0'\  l'abcisse  X 
et  Tordonn^e  Y  du  point  figuratif 
^^^'  ^'  re})r6senteront  toujours  de  la  meme 

maniere  (4)  Töcart  et  la  vitesse  du 
balancier,  mais  tant  (jue  dure  Taction  de  F^  le  point  figuratif  A' 
d^crit  uu  arc  de  spirale  JSA'  et  Tangle  ÄO'N'  est  propor- 
tionnel  au  temps. 

Si  la  force  n'est  pas  constante  et  varie  continüment,  il 
est  clair  (ju^on  pourra  })artager  sa  dur^e  d'action  en  intervalles 
infiniment  petits  aux  milieux  descjuels  le  point  0'  relatif  k  la 
valeur  actuelle  de  la  force  occupera  les  positions  0'^,  (/^, 
O'j  ...  etc.,  bien  dötermin^s  aux  divers  instants  de  la  p6riode 
T'  de  la  force  synchronisante. 

Soit  alors  B  le  point  figuratif  de  T^tat  du  j)endule  syn- 
chronis6  a  une  certaine  ^pocjue  t,  demandons-nous  quelles 
seront  les  positions  du  point  //  aux  4po(|ues  t  +  T',  t  +  2T',  . , , 
t  +  n  T,  ...  (n  =  00). 

Soient  //j,  Z^^,  //g  .  .  .  //^  les  positions  correspondantes  du 
point  repräsentativ 


liegimes  limites  et  stabilite  de  la  Synchronisation,  55 

Chaiiue  Substitution  E^  |  //j  +  i  est  une  (et  toujours  la  meme) 
trausformation  par  similitude  directe  oü  la  somme  des  rotations 
des  vecteurs  est  6gale  a  2n{^' \1\  la  condensation  finale  ^tant 
e~^^j  la  rotation  finale  peut  d'ailleurs  etre  prise  ^gale  simple- 
ment  k  2n{r  --  TjT), 

Soit  alors  X  le  pole  de  similitude  de  cette  trausformation, 
les  points  H,  Jl^,  H^,  .  ,  ,  appartiendront  övidemment  a  une 
meme  spirale  logarithmique  ayant  le  point  X  pour  point 
asymptotique. 

Donc  le  mouvement  du  penduie  synchronise  tend  vers  un 
regime  limite  periodique.  Et  cette  conclusion  n'a  d'autre 
restriction  que  Tin^galit^  h^^rfl,  saus  laquelle  l'amortissement 
libre  ne  serait  plus  oscillatoire. 

C'est  la  une  premifere  g6n6ralisation  des  r^sultats  de 
Cornu;  si  nous  voulons  aller  plus  loin,  nous  devons  n^cessaire- 


Pig.  3.  Fig.  4. 

ment  nous  adresser  ades  transformations  du  plan  plus  g6n6rales; 
nous  sommes  ainsi  conduits  tout  naturellement  a  utiliser  une 
remarque  de  M.  Koenigs,  remarque  que  je  vais  rappeler 
et  gän^raliser. 

Substitutions  repetees  et  leur  emploi  en  mecanique. 

On  doit  a  M.  Kcenigs  le  th^oräme  suivant: 

Les  substitutions  r6p6t6es  x^^^  =  (p[x^  («  =  1|  2,  .  .  .  oo) 
convergent  vers  x^,  lorsque  pour  la  racine  x^  de  T^quation 
jT  =  qp  (x)  on  a  mod  qp'  [x^  <  *  et  lorsque  la  vaieur  de  d^part 
Xj  est  dans  un  süffisant  voisinage  de  x^j ;  si  |  qp'  [x^  I  <  ^  l^s 
Substitution  sont  divergentes. 

Voici  une  gönöralisation  Evidente. 


56 


e/.  Ändrade. 


Generalisation,     Les  substitutions  r6p^t6es  ä  n  variables 


^  ^»  +  1 


y<+i  = 


convergent  vers  une  Solution  (x^, 
j/qj.-. Vq)  du  systöme 


^'i  +  i  =  ^  (^i'  y*  •  •  •  »<) 

^0  ~  ^  (^0»  ^0'  •  •  •  ^'o) 

yo  =  ^K>  yo>  •••  »o) 


^0  =  ^  K>  yo*  •  •  •  »o)j 


si  l'on  a 


dX 

d  w  ] 


+ 


dY 

dw 


+  ...  + 


dV 

dw 


<1 


{w  =  Xq,  yo, .  • .  »o) 


avec  des  conditions  analogues  aux  pr^c^dents  pour  le  systöme 
des  valeurs  de  d^part  (Xj ,  y^ ,  .  .  .  »J. 

Curieuse  application  du  theorhne  de  M,  Koeniffs,  Je  con- 
sidere  dcux  balanciers  I  et  II  tous  deux  soumis  k  une  force 
de  rappel  proportionnelle  k  T^cart,  et  soumis  aussi  k  la 
r6sistance  d'un  frottement  constant.  Faisons  agir  sur  I  un 
^cbappement  ([ui  lui  transmettrait  ä  cbaque  impulsion  une 
quantit^  constante  de  quantite  de  mouvement;  faisons  agir  sur 
II  un  ^cbappement  qui  lui  transmettrait  une  quantit6  con- 
stante de  farce  vive.  Et  demandons-nous  si  les  mouvements 
de  I  et  de  n  auront  un  regime  limite. 

Soit  u^  r^cart  extreme  de  l'un  ou  Tautre  des  balanciers 
au  commencement  de  l'oscillation  d'impulsion^  celle-ci  sera 
donn^e  instantan^ment  sous  l'^cart  ü;  soit  u^  l'öcart  extreme 
de  la  ün  de  l'oscillation  suivante,  oscillation  que  nous 
supposerons  libre  comme  dans  les  chronomätres  de  marine^ 
soit  (r/7)/'  le  moment  constant  de  frottement,  soit  A'*  =  r//, 
cnvisageons  alors:  d'une  part  la  Substitution  u^  =  (p{Ui)  relative 
au  balancier  I  dont  la  vitesse  angulaire  s'accrott  par  hypothöse 
de  /r  k  cbaque  impulsion ; 

d'autre  part  la  Substitution  y^  =  rp{u^)  relative  au  balancier 
II   dont    le    carr4   de   la    vitesse    s'accrott   par   bypoth^se    k 


Regimes  limites  et  stahüite  de  la  synchronUtation.  57 

chaque    impulsion   de    F^\    deux    calculs    fort    simples   nous 
donnent 

du,  '^   K  (u,  -•/)'' 

sensiblement  yu  la  petitesse  de  ü  —  /*;  et 


-,— -  =  — ,     ^ :  on  a  donc  ici 

/)'  + 


l/(^ 


dq> 
dui 


>i; 


dxff 
dt^ 


<  1 


X« 


le  balancier  IE  admet  donc  un  regime  limite,  mais  le  balancier 
I  n'en  admet  pas. 

Begime  permanent  Interieur  des  maohines  horaires. 

Essayons  maintenant  d'aller  plus  loin  et  d'ötablir  des 
circonstances  simples  mais  gönörales,  qui  entratnent  nöcessaire- 
ment  pour  le  mouvement  d'un  chronometre,  ou  d'une  horloge^ 
Texistence  d'un  regime  limite  ou  permanent. 

Nous  y  arriverons  en  rapprochant  le  th^oreme  de  M.  Koenigs 
de  la  m^thode  d'int^gration  par  sörie  de  quadratures  que 
M.  Picard  a  fait  connaltre;  nous  pouvons  en  efifet  raisonner 
comme  il  suit: 

1®  suivre  Toscillation  jusqu'ä  l'6poque  t,  un  peu  postörieure 
ä  rinstant  du  d^gagenent; 

2®  envisager  TefiFet  de  Töchappement  depuis  Föpoque  t^ 
jusqu'a  r^poque  t^  oü  le  balancier  est  redevenu  libre,  en 
regardant  cet  eflFet  comme  une  fonction  de  Töcart  initial  w^j-, 

3^  suivre  le  mouvement  depuis  l'öpoque  t^  jusqu'ä  la  fin 
de  l'oscillation  fp  d'impulsion. 

La  m6thode  de  M.  Picard  appliqu6e  ä  la  premiere  et  a 
la  troisi^me  p6riode  justifiera  alors  les  approximations  qui  con- 
duisent  aux  r^sultats  suivants: 

Soit  t£^  la  demi-amplitude  finale  de  Toscillation  d'impulsion^ 
nous    voulons    former    une    valeur    approchee    de  la  Substitution 

»^  =  1/^  K)- 

Soient  alors:  -^I[RQ  +  y)u  le  moment  de  rappel,  oü  y 
est  une  fonction  paire  de  u  g6n6ralement  fort  petite  et  qui 
produit  les  perturbations  d'isochronisme: 


58  «/.  Ätu/rade, 

le  couple  d'amortisseinent  oü  fjL  dösignc  une  fouction  de  la  vitesse 

du 


dt 


=  u 


que  nous  supposerons  ainsi  que  sa  d^riv^e  petite  par  rapport 
a  Xq  qui  est  lui-meme  petit;  A^  est  le  coefticient  principal 
d'amortissement  inhereni  d  Fhorloge  nous  trouverons  alors  en 
nous  aidant  du  changemeDt  de  yariables  u,  uly^,  z^\ 


u  SS  1/q  sin  Kt  +  z^  cos  Kt 

uf 
-  =z  y^  COS  Kt  +  Zq  sin  A'  t 


u  ,^ .  .     ,. .  ^*  =  ^0 


et  en  dösignant  par  rj  0  [uq]  une  certaine  fonction  positive 
de  Uq  {y  petite  quantitö  de  carrö  n6gligeable)  se  rapportant  au 
fonctionnement  de  T^chappement^  nous  aurons  sensiblemerä 

e 

-  Mj  =  M^  +  7/  0(!/^)  -  ^-  /  cos^a.rfa 

3t 

""2 

les  tbnctions  y  et  /i^  ne  donnent  que  des  termes  du  second  ordre. 
0  d6signe   une   (juantitö  voisine  de    ;r/2,  fonction  de  u^ 
d'ailleurs;  en  observant  que  la  quantitö 

A^cos^ö^^ 

est  petite  du  4^™«  ordre,  nous  d^duisons  de  T^quation  pr6- 
c6dente 

''(-"»>       1  ^.,  ^*^        ^" 

du^  '  duQ  A 

cette  quantit6  sera  moindre  que  1  si: 

1^  ou  bien  d(I)|du^^  est  nögatif, 

2®  ou  bien  si  d  (pjäu^  est  petit  dans  le  voisinage  de  la 
valeur  de  u^  qui  satisfait  a  r^cjuation 

0 

7]  0(mJ  -  ^^  jcos^cc.da  =  0 


TT 

S 


d'oü   ce    resultat   qui    int^resse   la   th^orie  des  ^chappements: 


Hiffimes  limites  et  stabilite  de  la  synchronisatioru  59 

la  Ibnctioü  Q>  [u^  est  li6e  au  coefficient  d'amortissement  naturel 
de  l'horloge;  r^cbappement  doit  etre  constroit  demaniere  que  la 
fonction  0  (v J  d^croisse  lentement  dans  le  voisinage  de  l'amplitude 
permanente  que  Ton  dösireobtenir;  dans  ces  conditions,  le  thöo- 
reme  de  M.  Koenigs  garantit  un  regime  limite  pour  un 
^chappement  sym^trique;  si  l'^chappement  fonctionne  comme 
dans  les  chronom^tres  marins^  on  consid^rera  la  demi-ampli- 
tude  tf,  que  terminera  l'oscillation  libre  suivante,  et  le  raison- 
nement  employ^  ici-meme,  simplifi^  par  la  disparition  des 
termes  en  ^{u^j  nous  donnera  Tinögalite 

d'oü  l'on  conclura: 

et  la  Substitution  r6p6t6e  u^  =  X(Mo)  sera  encore  convergente; 
d'oü  r^sulte  le  regime  permanent  intörieur  de  la  machine 
horaire  considör^e. 

Stabilite  de  la  synohronisation. 

La  möthode  pr6c6dente  röussira  encore  ici,  avec  une 
lagere  Variante;  T  6tant  la  pöriode  de  la  force  synchronisante 
F[i)  posons: 

KT  ^2n 

R—  B^  =  (7q 

(T^^  6tant  petit;  faisons  alors  le  cbangement  de  variables; 

u  =  1/q  sin  K't  +  Zq  cos  K'  t 


i^/  "    -        -  cos  /l'  t  —  Zq  sin  K'  t 

et  6tudions  le  mouvement  eutre  l'öpotiue  t^  et  l'öpoque  t^  +  T ; 
t^  sera  quelconque  mais  fixe  dans  le  raisonnement  qui  va  suivrf\ 
Soient  alors  1/^  et  z^  les  valeurs  de  i/q  et  z^  ä  Töpotiue  t^  et 
i^Z^,  leurs  valeurs  ä  Töpoque  t^  +  T\  nous  voulons  emprunter 
au  th6or^me  de  Ka-nigs  g6n6ralis6  une  condition  süffisante 
de  convergence  pour  la  Substitution  r6p6t6e  ^o=AVo»^o)» 
-^0  =  ^  (yo»  ^o)-  ^"  suivant  la  meme  marcbe  i\ue  celle  döja 
suivie  tout  a  Theure,  nous  obtenons   les  r^sultats  suivants:   ii 


60  J.  Andrade. 

dösigDant  une  fonction  caract^ristique  de  l'^chappementi  et  qui 
dopend  sensiblement  du  seul  argument  "j/yo*  +  ^o^f  fonction 
analogue  a  la  fonction  0  du  pr6c^dant  paragraphe^  et  t^  d^ 
signant  l'^poque  du  choc  (regard^  comme  instantan^)  nous 
aurons  en  gardant  les  signitications  des  autres  lettres 


(6) 


Xr  (Ta     -  TT  Aa    -        .       ^  Zrt  .        .       I  F(t)COBlCt  j  .     ,      — 


d'oü   nous   concluons    par  la   g^nöralisation  du   th6or6me   de 
Eoenigs  la  proposition  suiyante: 


(7) 


Si  ^^  >  ^~  et  si  ß'  d^signent  Tune  ou  Fautre  des 
fonction  ßcosA'/j,  ßsinA'^  Ton  a: 


pour  la  Solution  du  Systeme  7^=  y^;  z=^Zq  la  Substitution  (6) 
sera  convergente  et  Thorloge  synchronisöe  aura  un  regime 
limite.  Sans  d^velopper  ici  les  conditions  pröc6dentes,  dans 
tous  les  d^tails,  je  ferai  observer  que  nous  trouvons  ici  une 
contirmation  des  id6es  de  Gornu  sur  le  röle  de  l'amortisse- 
ment  naturel  ou  artificiel,  mais  avec  une  g^n^ralisation  in- 
dispensable, car  le  röle  de  l'^chappement  ne  devient  n6gli- 
geable  qu'avec  une  force  synchronisante  intense. 

Si  r^chappement  est  instantan^  et  si  pour  simplifier  nous 
supposons  qu'il  agisse  au  point  mort  et  si  nous  posons: 

Vo  =  ^0  si^  «o>  ^0  =  Qo  cos  cc^, 

-^-  =  hcosß,         ~-  =  hsmß. 


Regimes  limites  et  stabüite  de  la  Synchronisation,  61 


Les    secoDdes   conditions   (7)    deviennent    aprfes    un   cal- 
cnl  facile: 


8in  a^  — ; ß  cos*  ccr 


cosor 


dSi 


+  iisin^cCf, 


—  h^    _    ?t  I  (Tg  I  \ 

2  \K  JC*  ) 

2  V  JT  X'«  ; 


anx  amplitude  habituelles,  diildtpQ  est  n^gligeabl  et  Ton  purra 
6crire  simplement 


(7  bis) 


ß  cos*  Uq  \  < 


1 


ß  sin*  a, 


0 


< 


IC 
IC 


71  I  er« 


IC* 


pour  les  valeurs  de  Qq  et  fi^^  qui  seront  Solutions  du  Systeme 
1^  =  j^Q,  ^^  =  z^;  si  on  se  donne  le  d^veloppement  de  Fourier 

F{f)  =  Aq  +  A^  cosZ'/  —  C^  sin Z'^  +  etc.: 
La  force  synchronisante  sera  d^finie  par: 


(7ter) 


ßsin  «0  +  *Po si^K  +  /^  =  jp«  ^1 

fl  cos  Ofo  +  A  Oo  C08(t^o  +  /?)  =  ^  ^1 


Les  conditions  (7  bis)  et  (7  ter)  contiennent  toute  une  throne 
de  la  Synchronisation,  je  ne  les  discuterai  point  dans  ce 
memoire.  ^) 

Besangon,  3  Juillet  1903. 


1)  Depuis  la  r^daction  de  ce  memoire  j'ai  donn^  aux  Comptes 
Beodus  de  rAcad^mie  des  sciences  de  Paris  (27  Juillet  1903)  des  con- 
ditions de  Synchronisation  un  peu  plus  larges  que  celles  qui  sont  ex- 
pos^es  ici.  Ces  Conditions  se  pr^tent  k  une  comparaison  facile  de  le 
m^thode  de  Comu  avec  la  m^thode  de  Foucault-Y^rit^  comme  io 
Tai  montr^  dans  la  "France  Horlog^re",  1  Septembre  1903. 

(Eingegangen  7.  Juli  1903.) 


62 


9.  Etnde  des  lames 
minces  de  cnivre  obtennes  par  ionoplastie. 

Par  L.  Hoollevig^e  &  Caen. 


I.  Les  physiciens  savent  depuis  plusieurs  ann6es  que,  daDS 
les  tubes  a  gaz  rar^fi^s  oü  jaillit  Teffluve,  la  cathode  se 
d6sagr^ge  et  se  projette  tout  autour  d'elle  dans  Tespace.  Ce 
ph^nom^ne  6tudi6  par  Crookes^),  a  6t^  utilisö  par  Wright*), 
Longden*),  Boas*),  Kundt'^)  pour  r^aliser des pellicules m^talli- 
([ues.  En  reprenant,  de  mon  cotö^j,  T^tude  de  ce  ph^nomene, 
j'ai  pu  constater  son  extreme  g6n6ralit6,  car  il  m'a  permis  de 
döposer  sur  un  support  (juelconque  couducteur  ou  isolant 
(verre,  fibre,  mica,  caoutchouc  etc.)  des  pellicules  adh^renies 
des  m6taux  suivants:  Or,  argent,  platine,  palladium,  cuivre, 
fer,  nickel,  cobalt,  zinc,  ötain,  bismuth;  de  tous  les  corps 
essay6s  comme  cathode,  seul,  le  carbone  a  refus6  de  se  laisser 
transporter  par  Teffluve. 

Non-seulement  ce  proc6d6  de  m6tallisation  est  g^n^ral, 
mais  il  est,  dans  nombre  de  cas,  commode  et  rapide:  il  faut 
moins  d'une  demi-heure  pour  obtenir,  avec  les  dispositifs  que 
j'emploie  pr6sentement,  un  d^pot  miroitant  d'or,  d'argent,  de 
platine  ou  de  palladium  d'une  surface  de  20  cm.  q,  y  compris  le 
temps  nöcessaire  pour  faire  le  vide  (^j^Qmm  environ);  les  autres 
m^taux  paraissent  exiger  plus  de  temps^  mais  il  est  rare 
(lu'une  heure  ne  soit  pas  un  dölai  süffisant. 


1)  Crookes,  Revuo  generale  des  sciences  p.  497.  1891. 

2)  Wright,    The    americau  Journal  of  science  and  artes  p.  49  et 
p.  169.  1877. 

3)  Longden,  Phys.  Rev.  11.  p.  40—55  et  p.  84—94. 

4)  Boas,  Zeitschr.  für  Elektrotechnik  13.  p.  r>65— r>66. 

5)  Kundt,  Wied.  Ann.,  2.  Serie  27.  p.  59. 

6)  Journal  de  physique,  Janvier  190S. 


Lames  minces  obtenues  par  ionoplastie,  63 

On  peut,  d'aprös  cela^  supposer  que  la  m^tallisation  des 
isolants  par  les  projections  cathodiques  deviendra  une  Operation 
pratique  et  courante  au  mome  titre  que  la  galvanoplastie: 
d'oü  le  nom  (Pionoplastie,  sous  lequel  je  propose  de  d6signer 
les  proc^d6s  nouveaux.  J'ai  döja  eu  l'occasion  de  signaler  quel- 
ques propri^t^s  des  pellicales  ainsi  pr^par^es.  J'en  rappelerai 
ici  une  seule,  relative  au  bismuth:  la  r6sistance  ^lectrique  de 
ce  m^tal,  obtenu  par  ionoplastie,  est  ind6pendante  du  champ 
magnötique.  M.  Leduc  avait  d^ja  observ6  que  le  bismuth 
pr6par^  par  ^lectrolyse  est  d'autant  plus  sensible  au  magn6- 
tisme,  que  sa  structure  cristalline  est  plus  accusöe;  le  bismuth 
ionoplastique  serait  doue,  comme  cela  est  vraisemblable  k  priori, 
complötement  amorphe. 

n.  J'arrive  maintenant  au  but  principal  de  cet  article, 
qui  est  Tötude  des  pellicules  minces  de  cuivre  d6pos6es  par 
ionoplastie  sur  une  lame  de  verre.  Le  premier  problöme 
qn'on  eüt  a  r^soudre,  6tait  la  d^termination  de  leur  ^paisseur. 
J'ai  eu  recours  ä  cet  eflfet  au  procödö  optique  indiquö  par 
Fizeau  pour  Targent,  et  appliqu6  depuis  par  nombre  de 
physidens.  Ce  proc6d6  r6ussit  ^galement  bien  avec  le  cuivre; 
riodure  form6  par  Taction  de  la  vapeur  d'iode  (Cu*  I*  d'apres 
les  pes^es  que  j'ai  faites),  est  transparent  et  donne  des  anneaux 
colores  dans  lesquels  on  reconnalt  sans  ambiguit6  la  suite  des 
colorations  correspondant  aux  anneaux  de  N  e  w ton  a  centre  blanc. 

Dans  Tapplication  de  la  m^thode  de  Fizeau,  j'ai  modifi^ 
le^  proc6d6  classique  d'ioduration  d'une  maniere  qui  me  paralt 
aTantageuse:  le  grain  d'iode,  au  Heu  d'etre  d6pos6  sur  la  lame 
de  cuivre,  est  suspendu  au-dessus  d'elle  a  Taide  d'une  pince 
placke  dans  un  entonnoir;  on  peut  ainsi,  en  r6glant  la  distance 
de  Fiode  k  la  lame,  donner  aux  anneaux  Töpanouissement 
qu'on  d^sire,  en  meme  temps  qu'on  6vite  la  macule  ([ue  le 
grain  d'iode  laisse  toujours  dans  la  tache  centrale. 

Ce  proc6d6  donne  rapidement  le  produit  n  6  de  T^paisseur 
€  de  riodure  formö  par  Tindice  moyen  n  de  cet  iodure,  mais 
pour  en  d^duire  F^paisseur  e  de  la  lame  de  cuivre,  on  ne 
connalt  ni*w,  ni  la  density  de  Tiodure;  le  coefficient  de  pro- 
portionnalit^  entre  ^  et  wß  a  donc  6t6  d6termin6  comme  suit: 

Une  lamelle  de  verre  mince  de  30  x  40  mm  6tait  pes6e 
avant  et  apräs   ionisation,   ce   (^ui   donnait   au  10*  de  milli- 


64  L,  Houüevigue. 

gramme  le  poids  p  du  cuivre  d^pos^;  p  6tait  compris  d&ns 
les  exp^riences  entre  1,2  mgr  et  2mgr;  il  ne  convient  pas 
d'accroltre  p  au-delä  de  cette  limite,  car  si  la  dötermination  de 
e  en  devient  plus  pröcise^  en.  reyanche  celle  de  n «  perd  tonte 
exactitade.      On   a   donc    la    valeur   de   l'^paisseur  moyenne 


e  = 


30  X  40  X  8,9 

Puis,  cinq  systemes  d'anneaux  form^s  aux  quatre  coins  et  au 
centre  de  la  pellicule  de  cuiyre  permettent  d'^Talaer  son 
^paisseur  optique  moyenne  ne;  enfin,  l'ioduration  totale  de  la 
lame  montre  si  la  pellicule  est  assez  r^guli^re  pour  que  le 
proc6d6  n'entralne  pas  d'erreurs  notables.  La  moyenne  de 
4  d^terminations  bien  concordantes  a  donn^ 

na 

^  "   12/7  ' 

formule  qui  permettra  d'obtenir,  en  quelques  minutes,  l'^paisseur 
d'une  lame  mince  de  cuivre.  Si  on  adopte  4,4  (nombre  un 
peu  incertain)  pour  la  density  de  l'iodure  Cu^  I^  il  en  r6sul- 
terait  pour  l'indice  moyen  de  cet  iodure  n  =  2,09,  nombre 
assez  voisin  de  Tindice  2,23  de  Tiodure  d'argent 

in.  En  appliquant  le  proc6d6  qui  vient  d'etre  d^crit  k 
des  pellicules  de  cuivre  d'6paisseurs  döcroissantes,  on  constate 
qu'il  ne  donne  plus  rien  pour  Celles  dont  l'^paisseur  e  est  in- 
f6rieure  k  40  ftju  (0,00004  mm)  environ;  quelque  moyen  que  j'aie 
employö,  je  n'ai  pu  d6celer  aucune  trace  d'ioduration  fle 
ces  trfes-minces  pellicules.  Voici,  de  ce  fait,  deux  exemples 
choisis  entre  beaucoup  d'autres: 

1^  Une  pellicule  a  pour  ^paisseur  moyenne,  d'aprös  son 
poids,  30  iiii\  d'apres  les  couleurs  qui  se  succedent  k  sa  sur- 
face,  on  juge  que  cette  ^paisseur  est  comprise  entre  20  /uft  au 
centre  et  40  /ijit  sur  les  bords;  or  cette  lame,  maintenue  pen- 
dant  3  heures  dans  la  vapeur  d'iode,  refuse  de  s'iodurer,  meme 
en  chauffant  l^gerement;  d'autre  part  eile  präsente  par  trana- 
parence  la  meme  couleur  que  les  lames  de  cuivre  plus  ^paisses, 
et  absorbe  les  memes  r6gions  du  spectre  (indigo  et  violet); 
enfin,  placke,  au  contact  de  Tair,  sur  une  plaque  chauff»6e, 
eile  s'oxyde  instantanöment;  ces  remarques,  jointes  au  proc6d6 
employö  pour  sa  pröparation,  rendent  peu  vraisemblable  Thypo- 


Lames  minces  obtenues  par  lojwpleutie.  65 

these  qae  la  pellicule  en  question  serait  formte  d'ane  substance 
aatre  que  le  caiTre. 

2®  En  employant  comme  cathode,  dans  l'appareil  k  iono- 
plastie^  un  crayon  vertical  de  cuivre  dont  la  base  est  k  15  mm 
an  dessns  de  la  lame  de  Terre  k  mötalliser,  on  obtient  sur 
celle-ci  un  d^pot  d'^paisseur  döcroissante  du  centre  k  la  p6ri- 
ph^rie  et  qai  präsente  la  s^rie  des  anneaux  color^s  de  Newton. 
On  prot^ge  par  un  ^cran  la  moiti^  de  ces  anneaux,  tandis  que 
Pautre  moiti^  est  expos6e  ä  la  yapeur  d*iode;  on  constate  alors 
que  Tioduration  a  altör^  la  partie  centrale  et  respect^  les  bords ; 
on  ne  voit  aucune  alt^ration  jusqu'au  rouge  du  second  ordre; 
ä  partie  du  rouge  de  troisi^me  ordre,  les  couleurs  sont  tres- 
nettement  alt4r6es  et  d6plac6es.  Je  n'ose  guöre  conclure  de 
ces  rösultats  les  limites  correspondant  k  T^paisseur  attaqu^e, 
en  premier  lieu  parce  que  le  cuivre  d^pos^  en  anneaux  paratt 
avoir  une  structure  physique  toute  speciale,  et  ensuite  parce 


Fig.  1. 

que  les  nombres  donn^s  jusqu'ici  pour  les  indices  des  m6taux 
nie  paraissent  sujets  k  caution. 

Voici  enfin  des  faits  d'un  autre  ordre  qui  viennent  confirmer 
rinaltörabilitö  par  Fiode  du  cuivre  en  lames  tr^s-minces: 
lorsqu'aprfes  avoir  produit,  sur  une  pellicule  d'^paisseur  sup6- 
rieure  ä  40  fifA,  une  s6rie  d'anneaux  color6s  par  ioduration,  on 
procede  ensuite  ä  l'ioduration  compläte  de  la  pellicule,  on 
devrait  s'attendre  ä  voir  disparaltre  toute  trace  des  anneaux 
pröc^dents;  or,  il  n'en  est  rien:  quelque  soit  le  mode  d'iodu- 
ration  employö,  il  reste  toujours,  autour  de  la  tache  centrale 
fTwdure,  une  zöne  completement  ou  partielle ment  inalter ee. 

Cet  eflfet  s'interprete  ais^ment  en  admettant  que  la  coucbe 
de  cuivre  trfes-mince  (Fig.  1)  laiss^e  autour  de  la  tache  centrale 
par  la  premiäre  ioduration,  est  au-dessous  de  T^paisseur  limite 
pour  laquelle  la  vapeur  d'iode  peut  agir  sur  eile;  tout  le  reste 
de  la  lame  est  donc  attaqu6  dans  Tioduration  totale,  sauf  la 
Zone  trfes-^troite  qui  borde  la  plage  centrale. 

Bolinnmnn-FesUchrift.  •"> 


66  L.  Houllevigue. 

Cette  iuterprötation  est  justifi^e  par  les  remarques  sui- 
yantes: 

1^  L'hyposulfite  de  soude  en  Solution  tris-^tendue,  qui 
dissout  l'iodure  formö,  laisse  persister  la  trace  de  la  premi^re 
ioduration;  cette  trace  paralt  etre  constitu^e  par  du  cuivre 
inalt^r^. 

2®  Bien  que  l'iodure  de  cuivre  soit  tres-peu  alt^rable 
k  la  lumiere^  od  pourrait  attribuer  k  cette  alt^ration  l'effet 
observö;  or,  les  ph^nom^nes  restent  absolument  les  memes 
lorsqu'on  opere  ä  Tobscuritö. 

3^  La  condition  n6cessaire  de  la  persistance  des  anneaux 
est  que  Tioduration  totale  ne  commence  que  lorsque  la  premiere 
ioduration  est  achev^e  (il  suffit  d'ailleurs  de  quelques  secondes 
d'intervalle  entre  les  deux  Operations),  sans  quoi  la  deuxifeme 
r^action  n'est  que  le  prolongement  de  la  premiere,  et  toute 
trace  de  celle-ci  disparalt. 

Cette  interpr^tation  du  ph6nomene  6tant  adoptöe,  j'ai  tent6 
d'en  tirer  la  mesure  de  T^paisseur  minima  r6v6l6e  par  les  exp^- 
riences  pr6c6dentes.  J'ai  d'abord  oper6  comma  suit:  Sur  une 
lamelle  de  cuivre  d'^paisseur  aussi  uniforme  que  possible,  on 
a  forme  six  systemes  d'anneaux,  ayant  au  centre  les  ^paisseurs 
optiques  suivantes 

No.  1  2  »  4  5  H 

na  eil  «w         1151         948         747         600         Am         306 

Le    No.   1    correspondait   a   la   transformation    totale    du 

cuivre  en  iodure,  et  pour  les  autres,  on 
avait  arrete  Tattaque  avant  que  la  pelli- 
cule  de  cuivre  n'cüt  6t6  transperc6e  par 
l'iode.  Puis,  toute  la  lame  fut  iodur^e 
Apres  cette  Operation,  on  put  constater 
que  les  taches  1,  2,  3,  etaient  nettement 
visibles,  4  a-peine  discernable;  5  et  6 
n'avaient  laiss6  aucune  trace.  D'apres 
cela,  la  couche  de  cuivre  incapable 
d'ctre  ioduröe  ulterieurement  aurait  une  öpaisseur  inf^rieure  ä 

Hol  -  600        ,„ 
12,7         =43^^. 

Enfin  j*ai  fait  sur  de  multiples  6chantillons,  d'^paisseurs 
variables,  les  determinations   suivantes:    sur    une    lamelle    de 


Lames  minces  obtenues  par  ionoplastie.  67 

verre  cuivröe,  ou  forraait,  par  le  proc6cl6  d^crit  plus  haut,  de 
larges  anneaux  conceutriques  d'iodure;  la  lame  6tait  coup6e  en 
deux,  au  diamant,  par  le  milieu  des  anneaux,  puls  l'une  des 
moiti6s  ^tait  iodur^e  totalement,  et  enfin  recoll6e  a  cotö  de 
Fautre  moiti6  (Fig.  2).  En  examinant  dans  un  appareil  k  pro- 
jection  Tensemble  des  deux  demi-Iames,  il  6tait  possible 
d'appr^cier  (non  sans  quelque  incertitude)  quelles  couches 
avaient  resist6  ä  Tioduration  totale.  Si  f»  6  et  n  6'  sont  ^paisseurs 
optiques  correspondant  ä  la  tache  centrale  et  au  bord  ext^rieur 
de  la  zöne  qui  a  r^sist^  k  la  deuxieme  ioduration,  Töpaisseur 
maximum  du  cuivre  inalt6r6  est 

«(e  —  «0 
X  =  —  . 

12,7 

Voici  quelques  rösultats  obtenus  par  cette  m6thode: 

ne  en  fjifi  1652  1376  1258  1258  1334  747 
n«  „  „  1151  1101  843  826  747  332 
X       „  „       39      22      33      34      46     32 

Je  ferai  remarquer  en  passant  que  les  pellicules  d'argent 
d^pos^es  par  ionoplastie  donnent  lieu  memes  effets;  une  sem- 
blable  lame,  soumise  dans  l'obscurit^  aux  Operations  d^critös 
ci-dessus,  a  donn6  nc  ==  1927,  na'  =  1621,  d'oü 

1927  -  1621  o^ 

X  =         —  -  =   64  fJLfl, 

Ainsi,  les  äpaisseurs  limites  pour  Tattaque  du  cuivre  par 
riode,  d6termin6es  par  diflF6rents  proc6d6s,  sont  toujours  du 
meme  ordre  de  grandeur,  voisin  de  40  jUjW.  C'est  aussi  Tordre 
de  grandeur  des  couches  de  passage  d^termin^es  par  des  m6- 
thodes  purement  physique,  comme  T^tude  de  la  r^sistance 
ölectrique. 

Enfin,  on  peut  r6sumer  les  r^sultats  de  la  derniere  partie 
de  ce  travail  en  disant  que:  la  plus  petite  moUcule  de  cuivre 
capable  de  rear/ir  chimiquement  sur  la  vapeur  d'iode,  a  des  di- 
mensions  de  F ordre  de  40  fjbfji;  son  poids  est  de  F ordre  de 
5  X  tO~^^  milligramme, 

(Eingegangen  10.  Juli  1903.) 


5* 


68 


10.  über  Magnetisiernng  durch  Tonerregnng. 

Von  Stefiem  Meyer  in  Wien. 

Es  ist  seit  langer  Zeit  bekannt^  daß  magnetisierbare 
Körper  durch  Erschütterungen  remanent  magnetisch  werden 
können,  wenn  sie  während  derselben  dem  Einflüsse  eines 
Magnetfeldes  ausgesetzt  sind. 

Eine  hübsche  Art  dies  zu  zeigen,  scheint  mir  die  zu  sein, 
daß  man  die  mechanischen  St<)Be  dadurch  ersetzt,  daß  man 
einen  Eisenstab  longitudinal  oder  auch  transversal  zum  Tönen 
bringt,  während  er  in  der  Richtung  des  Erdfeldes,  oder  der 
Horizontalkomponente  desselben,  gehalten  wird. 

Streicht  man  ihn  mit  einem  kolophonierten  Lappen  zum 
longitudinalen  Tönen  an,  so  genügt  in  der  Regel  bei  den  käuf- 
lichen Eisenstäben  ein  einmaliges  Streichen,  um  einen  relativ 
kräftigen  Magneten  zu  erhalten,  dessen  Pole  durch  das  Erd- 
feld definiert  sind,  wie  dies  mit  einer  gewöhnlichen  Magnet- 
nadel leicht  nachgewiesen  werden  kann.  Dreht  man  dann  den 
Stab  um,  so  daß  der  entstandene  Nordpol  gegen  Süden  zeigt, 
so  genügt  wieder  ein-  oder  zweimaliges  Streichen,  um  ihn  um- 
zumagnetisieren.  Dabei  ist  es  gleichgültig,  ob  man  den  Grund- 
ton oder  einen  Oberton  anregt  und  man  erhält  auch  dasselbe 
Resultat,  wenn  man  statt  der  Longitudinal  töne  mit  einem 
Violinbogen  transversale  Töne  hervorruft.^) 

Die  Polmaxima  liegen  aber  dabei  nicht  an  den  Enden, 
bez.  den  durch  die  Stabform  allein  bedingten  Orten.  Man 
darf  annehmen,  daß  in  erster  Annäherung  die  Magnetisierung 

1)  Einen  verwandten  Versuch,  die  periodische  Änderung  des  tempo- 
rären Magnetismus  eines  Stabes  durch  longitudinale  Schwingungen  an 
einem  Elektrodynamometer  nachzuweisen,  hat  E.  Warburg,  Pogg.  Ann. 
139.  p.  499.  1870  beschrieben.  Die  Bemerkung  in  Winkelmanns 
Handbuch  1.  Aufl.  III/,  p.  254  betreffs  der  Transversalschwingungen 
kann  sich  nur  auf  die  spezielle  Anordnung  Warburgs  beziehen.  In 
unserem  Falle  sind  die  Ergebnisse  ganz  unzweideutig. 


Magnetisierung  durch  Tonerregung,  69 

proportional  der  Erschütterung  und  proportional  dem  magneti- 
sierenden  Felde  ist.  Für  den  longitudinalen  Grundton  eines 
Stabes  mit  zwei  freien  Enden,  in  welchem  Falle  die  Erschütte- 
rung in  der  Mitte  ihr  Maximum  hat  und  an  den  Enden  gleich 
Null  ist,  wird  aus  dem  Produkt  der  zwei  genannten  Einwir- 
kungen demnach  in  der  Mitte  und  an  den  Enden  kein  Mag- 
netismus auftreten,  derselbe  wird  hingegen  im  ersten  und 
dritten  Viertel  sein  Maximum  erreichen.  Auch  beim  ersten 
Oberton,  mit  den  Knoten  in  den  Vierteln  der  Länge  werden 
die  Maxima  entweder  in  diesen  Vierteln  oder  nahe  an  den- 
selben, gegen  die  Enden  zu  ein  wenig  verschoben,  liegen 
müssen  und  die  gleichen  Verhältnisse  treten  bei  Transversal- 
tönen eines  an  beiden  Enden  fixen  Stabes  oder  seines  ersten 
Obertones  auf.  Bei  den  höheren  Obertönen,  bei  welchen  die 
äußersten  Elrschütterungsmaxima  von  der  Mitte  entfernter  liegen, 
müssen  entsprechend  dem  obigen  Produkte  die  Pole  mit  steigen- 
dem Tone  allmählich  gegen  die  Enden  zu  wandern. 

Alle  diese  Erscheinungen  lassen  sich  an  gewöhnlichem 
Stangendraht  mit  Leichtigkeit  zeigen,  nur  sind  die  Maxima 
einigermaßen  flach,  so  daß  ihre  Lage  nicht  sehr  genau  be- 
stimmt werden  kann  und  es  ist  auch  der  käufliche  Eisen- 
stangendraht, der  sich  im  übrigen  sehr  gut  zu  diesen  Denion- 
strationsversuchen  eignet,  nicht  homogen  genug,  um  nicht 
hierdurch  gewisse  Unsicherheiten  in  die  Beobachtungen  hinein- 
zutragen. Die  ausgeführten  Messungen  bestätigen  jedenfalls 
in  erster  Annäherung  das  oben  Gesagte.  Bei  verschiedenen 
Stäben  von  der  Länge  254  cm  lagen  beispielsweise  für  den 
Grundton  und  ersten  Oberton  die  Maxima  zwischen  GO  und 
70  cm  von  den  Enden  entfernt,  für  den  zweiten  Oberton  war  die 
entsprechende  Distanz  bei  ca.  40 — 50  cm.  Bei  diesen  Versuchen 
warde  immer  wiederholt  die  8tabrichtung  verkehrt  und  es 
erwies  sich  auch,  daß  anfänglich  —  vermutlich  durch  das  Ab- 
zwicken oder  Schneiden  an  den  Enden  —  vorhandene  Mag- 
netismen sich  verloren,  um  gegen  die  angegebenen  Pole  hinzu- 
ziehen. ^) 

1)  Möglieberweise  steht  damit  auch  die  Beobachtung  von  Loomis, 
Sill.  Joam.  15.  p.  179  in  Zusammenhang,  daß  bei  steigender  Temperatur 
der  Magnetismus  sich  nicht  proportional  ändert,  souderu  die  Attraktions- 
sentren  gegen  die  Mitte  rücken. 


70  St  Meyer,     Magnetisierung  durch  Tonerregung. 

Außer  den  genannten  Umständen  scheint  jedoch  auch 
noch  eine  Abhängigkeit  von  den  Dimensionen  der  Stäbe  eine 
Rolle  zu  spielen. 

So  ergab  sich  für  die  gleiche  Länge  von  254  cm  bei  kreis- 
förmigem Querschnitt  vom  Durchmesser  d  ein  Abstand  der 
Polmaxima  a  von  den  Enden  wie  folgt: 

d  a 

1.2  cm  80—90  cm 

1.03  70—80 
0,95  ca.  70 
0,81  ca.  70 
0,6  ca.  60 
0,45  ca.  60 

d.  h.  mit  abnehmendem  Querschnitt  scheinen  die  Maxim  a  gegen 
die  Enden  hinzurücken. 

Daß  in  diesem  Erscheinungsgebiete  jedenfalls  auch  noch 
kompliziertere  Verhältnisse  vorhanden  sein  mögen,  geht  zudem 
schon  aus  den^  den  hier  beschriebenen  Versuchen  reziproken 
Beobachtungen  von  K.  Honda  und  S.  Shimizu  ^)  über  das 
Tönen  ferromagnetischer  Drähte  in  wechselnden  magnetischen 
Feldern  hervor. 

Eine  exakte  Bestimmung  der  Abhängigkeit  von  den  Dimen- 
sionen ließe  sich  nur  bei  wohldefinierten  homogenen  E}isen- 
sorten  durchführen. 

Wien,  Institut  für  theoretische  Physik. 


1)  R.  Houda  und  S.  Shimizu,  Phil.  Mag.  4.    p.  645.     1902. 

(Eingegangen  12.  Juli  1908.) 


71 


11.  Apparate  zar  Verslnnlichang  der  kinetischen 

Wärmetheorie. 

Von  Iieop.  Pfaundler  in  Graz. 


Wenn  ich  im  nachfolgenden  Apparate  zur  Nachahmung 
derjenigen  Bewegungsvorgänge  heschreihe,  welche  unseren  An- 
schauungen in  der  kinetischen  Wärmetheorie  zugrunde  liegen, 
so  bin  ich  mir  woU  bewußt,  damit  mehr  dem  Unterrichte  als 
dem  Fortschritte  der  Wissenschaft  zu  dienen.  Dennoch  glaube 
ich,  daß  der  Wert  von  Apparaten  oder  Modellen  zur  Nach- 
ahmung physikalischer  Vorgänge,  die  unserer  direkten  Be- 
obachtung unzugänglich  sind,  auch  in  wissenschaftlicher  Be- 
ziehung nicht  unterschätzt  werden  darf;  denn  da  sie  die 
Phantasie  wirksam  unterstützen,  so  haben  sie  schon  mehrmals 
den  Anstoß  zu  einer  Erweiterung  unserer  wissenschaftlichen 
VorsteUungen  gegeben.  So  hat  z.  B.  seinerzeit  der  Fesseische 
WeUenapparat  für  die  Polarisation  des  Lichtes  solche  Erfolge 
gehabt.  Nach  0.  J.  Lodge  hat  ein  Modell  zur  Drehung  der 
Polarisationsebene  im  magnetischen  Felde  den  Anlaß  zu  Max- 
well s  Theorie  des  Lichtes  gegeben.  Solcher  Beispiele  ließen 
sich  noch  mehrfach  aufführen.  Wir  sehen  auch,  daß  sich 
hervorragende  Physiker  mit  der  Erfindung  solcher  Modelle  ab- 
gegeben haben,  woraus  wir  schließen  dürfen,  daß  dieselben 
nicht  allein  für  den  Schulmeister,  sondern  auch  für  den  Forscher 
von  Interesse  sein  können.  Ich  verweise  auf  die  zahlreichen 
Modelle  zur  Versinnlichung  elektrischer  Vorgänge  von  Lodge, 
auf  das  Modell  zu  den  zyklischen  Bewegungen  von  Boltz- 
mann,  auf  die  Wellenmaschine  von  Mach  und  viele  andere. 
Auch  der  umstand,  daß  die  Pflege  der  kinetischen  Gastheorie' 
abgesehen  von  den  tiefsinoigen  und  gründlichen  Arbeiten  von 
L.  Boltzmann,  G.  Jäger  u.  a.,  seit  einiger  Zeit  zurück- 
gestellt worden  ist,  kann  mich  nicht  abhalten,  einschlägige 
Modelle  zu  beschreiben;  denn  ich  habe  die  Überzeugung,  daß 
man  auf  diese  Theorie  immer  wieder  zurückkommen  wird,  so- 


72  L.  Pfaundler. 

lange  es  überhaupt  eine  Atomtheorie  gibt  Es  hat  nicht  den 
Anschein,  daB  wir  die  letztere  bald  werden  entbehren  oder 
durch  eine  bessere  ersetzen  können. 

Uodell  I  lar  Dnntollanc  der  kinetieolien  aHatheorle 

Ton  Krönlg  and  Glftnaiai. 
An  einem  rechteckigen  schmiedeeisernen  Babmen  R  R' 
(Fig.  1)  von  ungefähr  30  und  20  cm  Seite  sind  ringsherum  an 
der  Außenseite  eine  Anzahl  stähleraer  Lamellen  ff  ange< 
schraubt,  deren  obere  Enden  an  rechtwinklig  umgebogenen 
Stielen  je  zwei  Metallkugeln  K  K  von  12  mm  Durchmesser  ü*agen. 


Fig.  I. 


Pig.  a. 


Sämtliche  Engeln  bilden  wiederum  ein  Rechteck  von  ungefähr 
20  und  30  cm  Seitenlänge.  Die  federnden  Stahllamellen  tragen 
in  4  cm  Höhe  an  der  Innenseite  eiserne  Anker  aa,  welche 
den  Polen  von  Elektromagneten  m  gegenüberstehen,  die  alle 
hintereinander  von  einem  Strome  (5  Akkumulatoren)  durch- 
flössen, abwechselnd  nord-  und  sUdmagnetisch  werden.  Fig.  2 
gibt  einen  Vertikalschnitt  durch  die  Lamelle.  Der  Strom  wird 
durch  eine  separat  aufgestellte  ebensolche  schwingende  Lamelle  f, 
welche  mit  Quecksilberkontakt  versehen  ist,  bei  jeder  Schwingung 
einmal  elektromagnetisch  unterbrochen  und  wiederhergestellt. 
Durch  die  Schraube  s  wird  der  freischwingende  Teil  der  Feder/" 
in  ihrer  Länge  und  dadurch  in  ihrer  Schwingungsdauer  so  re- 
guliert, daS  sie  mit  den  gleich  abgestimmten  Federn  f  Über- 


Fersinnlichung  der  kinetischen  H^ärmetheorie,  78 

emstimmt.  Die  letzteren  kommen  hierdurch  in  heftige  und 
anhaltende  Schwingungen,  welche  dann  und  wann  Schwebungen 
aasgesetzt  sind^  so  daß  sie  periodisch  stärker  und  schwächer 
schwingen.  Unterhalb  der  Ebene  der  Kugeln  ist  eine  starke 
ßlastafel  G  mittels  dreier  Säulchen  aufgestellt,  so  daß  die 
Kugeln  über  deren  Band  aus-  und  einschwingen. 

Mit  diesem  Apparate  kann  nun  folgendes  gezeigt  werden: 

1.  Bewegung  gleichartiger  Gasmolekeln  in  einem  Gefäße  mit 
erwärmten  fFänden,  Man  wirft  eine  Anzahl  bis  zu  20  freier, 
elastischer  Kugeln  gleicher  Größe  aus  Marmor  auf  die  Glas- 
platte. Dieselben  erhalten  bei  der  Berührung  mit  den  schwingen- 
den Randkugeln  Stöße  und  fahren,  vielmals  unter  sich  zusammen- 
stoßend, in  dem  Saume  hin  und  her.  Die  Verluste  an  leben- 
diger Kraft,  die  sie  durch  die  geringe  ßeibung  erleiden,  werden 
durch  den  fortwährenden  Zuschuß  von  den  Rändern  her  aus- 
geliehen, so  daß  alsbald  ein  stationärer  Zustand  eintritt,  bei 
welchem  eine  mittlere  lebendige  Kraft  derselben  durch  längere 
Zeit  konstant  erhalten  wird,  die  durch  Änderung  der  Strom- 
stärke etwas  erhöht  oder  vermindert  werden  kann.  Es  zeigt 
sich  dabei  ganz  nett,  wie  die  einzelnen  Kugeln  die  verschieden- 
sten Geschwindigkeiten  annehmen,  die  sie  beim  Stoße  aus- 
tauschen. Verfolgt  man  eine  besonders  gefärbte  Kugel,  so 
sieht  man,  daß  sie  selten  einen  längeren  ungestörten  Weg  von 
einem  Rande  zum  gegenüberstehenden  zurücklegt,  indem  die 
mittlere  Weglänge  infolge  der  Zusammenstöße  eine  viel  kürzere 
ist  Man  überzeugt  sich  durch  Abzählen  während  einer  längeren 
Zeit,  daß  durchschnittlich  alle  Randkugeln  gleich  oft  von  Stößen 
getroffen  werden. 

2.  allmähliche  Erwärmung  eines  auf  dem  absoluten  Null- 
punkt befindlichen  Gases  durch  die  Gefäßwände,  Man  sammelt 
bei  unterbrochenem  Strom  alle  Kugeln  in  der  Mitte  der  Glas- 
tafel (welche  genau  horizontal  gestellt  ist),  versetzt  dann  die 
Bandkugeln  in  Schwingung  und  wirft  eine  einzige  Kugel  an 
den  Rand.  Sie  vermittelt  dann  allmählich  die  Bewegung  sämt- 
licher Kugeln,  welche  binnen  wenigen  Sekunden  in  stationäre 
Bewegung  geraten. 

3.  Kondensation  von  Dämpfen,  Man  hemmt  durch  Anlegen 
der  Hand  die  Schwingungen  einer  Anzahl  von  benachbarten 
Randkngeln,  was  ihrer  Abkühlung  entspricht.    Sofort  sammeln 


74  L.  Pfaundler, 

sieb  die  frei  beweglichen  Kugeln  in  deren  Nabe  und  kommen 
zur  Ruhe. 

4.  Diffusion,  Man  legt  bei  ruhenden  ßandkugeln  auf  die 
beiden  Hälften  der  Glasplatte  verscbieden  gefärbte  Kugeln. 
So  wie  die  Schwingungen  der  ßandkugeln  beginnen^  tritt  als- 
bald eine  vollständige  Vermischung  der  freien  Kugeln  ein. 

5.  Zwei  Gase  von  verschiedenem  Molekulargewicht  Man 
nimmt  die  Hälfte  der  Kugeln  aus  Stahl,  die  andere  Hälfte 
aus  Marmor  (oder  aus  Marmor  und  Holz).  Man  bemerkt  sofort, 
daß  sich  die  leichteren  Kugeln  schneller  bewegen  und  daher 
auch  rascher  in  die  schwereren  diffundieren. 

6.  Wirkung  auf  einem  Kolben,  Man  setzt  quer  über  die 
Mitte  der  Glaätafel  einen  Stab  aus  elastischem  Materal  mit 
quadratischem  Querschnitt  und  gibt  auf  beide  Seiten  gleich 
viele  gleich  schwere  Kugeln.  Der  Stab  (Kolben)  bleibt  im 
wesentlichen  an  seiner  Stelle.  Man  gibt  auf  die  eine  Seite 
mehr  Kugeln  als  auf  die  andere,  der  Stab  wird  gegen  die 
letztere  verschoben.  Dieses  Experiment  gelingt  weniger  voll- 
kommen, weil  die  Zahl  der  Kugeln  zu  gering  ist,  als  daß  die 
Ergebnisse  der  Wahrscheinlichkeitsrechnung  zum  sicheren  Aus- 
druck kämen.    Dazu  müßte  der  Apparat  größer  gebaut  werden. 

7.  Gas^  welches  der  Schwere  ausgesetzt  ist.  Man  neigt 
mittels  der  Stellschrauben  den  Apparat  schief,  so  daß  eine 
Schmalseite  tiefer  zu  stehen  kommt. 

Der  Leser  wird  leicht   noch  weitere  Versuche  auffinden. 

Modell  n  zur  Darstellung:  der  Wärmebewegung  in  festen 

Körpern. 

Eine  Anzahl  Bleikugeln  ist  in  der  aus  Fig.  3  ersichtlichen 
Weise  gegenseitig  durch  federnde  Spiralen  verbunden  und  das 
Ganze  an  Schnüren  frei  aufgehängt.     Man  zeigt: 

1.  Bewegung  des  ganzen  Körpers  (geordnete  Bewegung), 
Ein  sanfter  Stoß  mit  der  flachen  Hand  versetzt  den  ganzen 
Körper  in  Schwingungen,  ohne  daß  die  einzelnen  Kugeln  in 
merkliche  Schwingung  geraten. 

2.  Erzeugung  von  JVärme  durch  Stoß,  innere  Wärmeleitung, 
Ein  rascher  Stoß  auf  eine  einzelne  Kugel  pflanzt  sich  rasch 
durch  den  ganzen  Körper  fort  und  versetzt  alle  Kugeln  in 
länger  andauernde  schwingende  Bewegung  um  ihre  Buhelagen. 


f'eramnlickuriff  der  kinetischen    II  ärmetheorie.  75 

3,     Außare    Wärmeleit^itig.      Ein    ao   „erwärmter"    Körper 
flberträgt  einen  Teil  seiner  Warmebewegung  auf  einen  zweiten, 
mit   dem    er    in    Berührung 
gebracht  wird. 

Sowie  jeder  Vergleich 
hinkt,  80  hinkt  auch  jedes 
Modell.  Wir  können  z.  B. 
nicht  hindern,  daß  die  innere 
Reibung  die  Bewegung  der 
Engeln  bald  zum  Erlöschen 
bringt.  Ihre  lebendige  Kraft 
wird  dann  wirklich  in  Wärme 
Terwandelt,  während  die 
lebendige  Kraft  der  Moleküle 
nicht  in  Wärme  verwandelt 
Verden  kann,  da  sie  selbst 
als  die  Wärme  anzusehen 
igt  Bas  letztere  Modell 
kann  auch  benutzt  werden, 
nm  die  Vorstellung  von  der 
Konstitution  des  Äthers  zu 
erleichtem,  der  sich  wie  eine 
Gallerte  verhält 


Fig.  3. 


Die   Wärmebewegung   in   den    flüssigen  Körpern   uachzu- 
ahmen,  dürfte  schwer  gelingen. 
Graz,  Juli  1903. 

(EingegaDgen  1».  Juli  1903.) 


76 


12.  Ein  besonderer  Fall  des  Leucbtens  Ton  yer- 
dtlnntem  Gase  in  einem  breiten  Glasrobr. 

(Von  J.  Borgmann  in  St.  Petersburg. 


Eine  meiner  früheren  Mitteilungen  ^)  enthielt  das  Ergebnis 
meiner  Beobachtungen  über  das  Leuchten  Geisslerscher  und 
Lech  er  scher  (elektrodenloser)  Röhren,  welches  durch  die  nicht 
geschlossene  Sekundärspule  eines  Liduktors  bewirkt  wird.  Die 
Beobachtungen  ergaben,  daß  solch  ein  Rohr,  welches  auf  iso- 
lierender  Unterlage  in  der  Nähe  eines  Drahtes  oder  einer  zweiten, 
mit  einem  Induktorpol  verbundenen  Geissleischen  Röhre  auf- 
gestellt ist,  beim  Ingangsetzen  des  Induktors  nur  dann  zu 
leuchten  anfängt,  wenn  die  Längsachse  des  Rohres  den  dabei 
entstehenden  elektrischen  Kraftlinien  wechselnder  Richtung 
parallel  ist,  oder  doch  nur  einen  kleinen  Winkel  mit  ihnen 
bildet  Das  dabei  in  gewöhnlichen  Geis sler sehen  oder  elek- 
trodenlosen Lech  er  sehen  Röhren  entstehende  Leuchten  bleibt 
sich  gleich,  unabhängig  von  der  Richtung  des  Primärstromes 
des  Induktors.  Anders  ist  es  bei  langen  und  breiten  Röhren, 
welche  bis  auf  hundertstel  Millimeter  Druck  evakuiert  sind  und 
wenn  die  Induktorpole  durch  eine  Funkenstrecke  verbunden 
sind.  Das  in  einem  breiten  auf  Paraffinständern  isolierten  Rohre 
entstehende  Leuchten  ist  verschieden  bei  verschiedener  Rich- 
tung des  Primärstromes  des  Induktors.  Der  Unterschied  im 
Leuchten  besteht  teilweise  in  der  Form  desselben,  hauptsäch- 
lich aber  in  den  räumlichen  Dimensionen  des  Leuchtens  im 
Rohr.  Nach  dem  Aussehen  des  Leuchtens  kann  man  die 
Richtung  des  Primärstromes  des  Induktors,  d.  h.  die  Ladung 
des  Poles  bestimmen,  an  welchen  der  isolierte  Draht  an- 
geschlossen und  welcher  in  einiger  Entfernung  vom  Rohr  auf- 


1)  J.  Borg  man  D,  Joum.  der  Rnss.  phjs.-chem.  Ges.  31.  1900;  Beibl. 
24.  p.  806.  1900. 


Leuchten  von  verdünntem  Gase,  77 

gehängt  ist.  Die  hier  beschriebene  Erscheinung  bemerkte  ich 
zufallig  während  meiner  Beobachtungen  über  das  Leuchten 
eines  yerdünntenj^Oases  rings  um  einen  mit  einem  Induktorpol 
Terbundenen  Draht^,  während  beide  Induktorpole  durch  eine 
Funkenstrecke  verbunden  waren.  Das  Rohr,  welches  zu  den 
hier  zu  beschreibenden  Beobachtungen  diente^  war  114  cm 
lang  bei  6,3  cm  äußerem  Durchmesser.  Dasselbe '^enthielt 
parallel  der  Längsachse  einen  dünnen  Platindraht,  welcher 
jedoch  in  meinen  Versuchen  an  nichts  angeschlossen  war. 
An  die  äußere  Kobrwandung  war  ebenfalls  parallel  der  Längs- 
achse und  längs  dem  ganzen  Hohr  ein  schmaler  Stanniolstreifen 
aufgeklebt.  Das  Rohr  war  horizontal  auf  Paraffinblöcken,  welche 
ihrerseits  auf  umgekehrten  hohen  Glasböcken  ruhten,  also  ziem- 
lich hoch  über  der  Tischoberfläche  aufgestellt 

In  einer  Entfernung  von  nahezu  1  m  von  diesem  Bohr 
befand  sich  ein  dünner  Draht,  welcher  den  Draht  jenes  Bohres, 
welches  der  Hauptgegenstand  meiner  damaligen  Untersuchung 
war,  mit  dem  Induktorpole  verband.  Es  erwies  sich,  daß  beim 
Ingangsetzen  des  Induktors  auch  das  breite  Bohr  zu  leuchten 
b^;aniL  Das  Leuchten  war  intensiver  und  verbreitete  sich  über 
einen  größeren  Teil  des  Bohres,  wenn  der  Draht  vom  positiven 
Induktorpol  führte.  Das  Leuchten  gewann  an  Kraft,  wenn  der 
Stanniolstreifen  an  der  Bohroberfläche  geerdet  war.  Auch  in 
diesem  Fall  war  das  Leuchten  verschieden  bei  verschiedener 
Bichtung  des  Primärstromes  im  Induktor.  Das  Bohr  leuchtet 
auch  dann,  wenn  der  Platindraht  in  ihm  gleichfalls  geerdet 
ist.  Ebenso  blieb  in  diesem  Fall  der  merkliche  Unterschied 
des  Leuchtens  bei  verschiedener  Bichtung  des  Primärstromes 
bestehen.  Interessant  ist  es,  daß  das  Anfassen  des  zweiten 
Induktorpoles,  welcher  immer  geerdet  war,  einen  merklichen 
Einfluß  auf  das  Leuchten  ausübte:  die  Länge  der  leuchtenden 
Strecke  wurde  kürzer.  Die  gleiche  Wirkung  hatte  sogar  das 
Anfassen  des  Drahtes,  welcher  den  schmalen  Stanniolstreifen 
mit  dem  Hahn  der  Wasserleitung,  also  mit  der  Erde  ver- 
band. Das  Anfassen  fand  in  ziemlicher  Entfernung  vom 
Stanniolstreifen  statt 


1)  J.  BorgmaDD,  Pbys.  Zeitschr.  2.  p.  659.  1901;  8.  p.  488  n.  565. 
1902;  4.  p.  558.  1903. 


78  J.  Borgmann. 

Es  erwies  sich,  daß  die  Wirkung  eioea  Magaetieldes  aut 
das  Leuchten  verschieden  ist,  je  nachdem  ob  das  Leuchten  von 


einem  positiven  oder  von  tineni  negativen  Induktorpol  hervor- 
gerufen wurde.  Der  Unterschied  ist  besonders  l'ütilbar,  wenn 
der  Stanniolatreifen  geerdet  ist,  und  wenn  die  Kraftlinien  des 
einwirkendeu  magnetischen  Feldes  der  Längsachse  des  Rohres 


Leuchten  von  verdünntem  Gase,  79 

parallel  sind,  d.  li.  wenn  der  Elektromagnet  von  Plücker  so 
unter  dem  Rohre  aufgestellt  ist,  daß  die  Längsachse  des  Rohres 
in  der  senkrechten  Ebene  liegt,  welche  durch  die  Achsen  der 
Schenkel  des  Elektromagneten  gebildet  ist. 

Fig.  1  ist  eine  Autotypie  nach  einem  Negativ  (Exposition 
15  lfin.)>  w^lch^s  dfts  Leuchten  im  ßohr  in  dem  Falle  dar- 
itallty  wenn  der  negative  Induktorpol  wirksam  ist 

S%.  2  ist  eine  Autotypie  nach  einem  Negativ  (Exposition 
pekihialls  15  Min.),  welches  das  Leuchten  im  Bohr  darstellt, 
wenn  der  wirksame  Induktorpol  positiv  ist. 

Beide  Figuren  verhalten  sich  zueinander  wie  ein  negatives 
iiad  ein  positives  Bild.  Beide  zeigen'  deutlich  die  Wirkung 
des  Magnetfeldes,  aber  Fig.  1  zeigt  einen  hellen  Bogen  in  der 
Bichtong  der  Kraftlinien,  welche  die  Mitten  der  horizontalen 
Endflächen  der  Schenkel  des  Elektromagneten  verbinden.  Fig.  2 
leigt  denselben  Bogen,  aber  dunkel.  Umgekehrt  ist  der  Zwischen- 
raum zwischen  den  Schenkeln  des  Elektromagneten  im  ersten 
Falle  dunkel,  im  zweiten  intensiv  leuchtend. 

Zusammenfassend:  Das  Leuchten  eines  verdünnten  Gases 
in  einem  breiten  Glasrohr  in  einem  intermittierenden,  elektri- 
schen Felde  ist  verschieden  beim  Wechseln  der  Richtung  des 
Feldes.  Der  Unterschied  zeigt  sich  besonders  in  der  Wirkung 
des  magnetischen  Feldes  auf  das  Leuchten. 

St.  Petersburg,  Universität,  Physikalisches  Institut. 

(Eingegangen  20.  Juli  1903.) 


80 


13.  Zur  Demonstration  der  Klanganalyse. 

Von  Faul  CBermak  in  Innabnick. 


Bereits  in  den  achtziger  Jahren  benutzte  L.  Boltzmann 
zur  Demonstration  der  Obertöne,  welche  bei  Saiten  auf- 
treten, wenn  dieselben  in  der  Mitte  oder  im  ersten  Drittel 
gezupft  werden,  ein  mechanisches  Modell.  Dasselbe  besteht 
aus  einer  ßeihe  von  Pendeln,  welche  die  Partialtöne  der  Saite 
darstellen.  Durch  symmetrische  oder  unsymmetrische  Defor- 
mierung der  Sinusschwingung  des  Orundtones  läßt  es  sich  nun 
zeigen,  daß  im  ersten  Falle  die  ungeradzahligen  Obertöne  nicht 
ins  Mitschwingen  kommen,  während  im  zweiten  Falle  wieder 
jene  Obertöne  fehlen,  welche  ihre  Knoten  an  der  Zupfistelle 
haben.  J.  Klemenöiö  führte  diesen  Apparat  bei  der  Natur- 
forscherversammlung  in  München  im  Jahre  1899  vor  und 
fand  derselbe  berechtigte  Anerkennung.  Mit  keinem  anderen 
Apparate  kann  dieser  ziemUch  komplizierte  Vorgang  so  klar 
und  anschaulich  vorgeführt  werden.  Klemenöiö  hatte  die 
Absicht,  diese  Methode  im  Einvernehmen  mit  Hm.  Boltz- 
mann ausführlich  zu  beschreiben,  doch  kam  er  nicht  mehr  zur 
Ausführung  dieses  Vorsatzes.  Da  ich  seinerzeit  als  Assistent 
Boltzmanns  Gelegenheit  hatte,  diesen  Apparat  kennen 
zu  lernen  und  das  Modell,  welches  Klemeu6i6  in  München 
vorführte,  nach  meinen  Angaben  gemacht  wurde,  so  glaube 
ich  vielen  Experimentatoren  einen  Dienst  zu  erweisen,  wenn 
ich  hier  das  Versäumnis  nachhole. 

Da  es  mich  nun  stets  sehr  interessiert  hatte,  in  welchem 
Maße  die  einfache  Sinusschwingung  des  Grundtones  beim  Boltz- 
mann sehen  Apparate  deformiert  wird,  konstruierte  ich  eine 
Vorrichtung,  welche  gestattet  die  Grundschwingung  und  die 
deformierten    Schwingungen    graphisch    darzustellen.^)     Es    ist 


1)  Diesen  Apparat  hatte  ich  für  die  Demonstration  bei  der  Natur- 
forscherversammlnng  in  München  1899  vorbereitet,  war  aber  an  deren 
Besuche  verhindert,  weshalb  ich  hier  die  Sache  nachtrage. 


Demonstration  der  Klaiujanalyte. 


81 

dabei  Qberrascbend ,  eine  wie  geringe  Deformation  bereits  ge- 
Qügt,  um  gevlBse  Obertöne  deutlich  herrortreten  zu  lassen. 

Ich  will  daher  zunächst  Boltzmanni  Pendelapparat  be- 
schreiben. 

Ein  gewöhnliches  Pendel  P,  Fig.  1,  mit  schwerer  Linse, 
von  ungefähr  einer  Sekunde  Schwingnngedauer,  ist  an  einem 
soliden  Ständer  S  aufgehängt  An  dem- 
selben läßt  Bich  in  der  Nähe  der  Auf- 
hängeschneide ein  längerer  Stift  «  mit 
Hilfe  einer  kleineu  Klammer  feststellen. 
Wird  das  Pendel  zu  Schwingungen  an- 
geregt, so  macht  t  natürlich  eine  genaue 
einfache  Sinusbeweguog. 

Nun  ist  eine  Reihe  von  Faden- 
pendeln vorbereitet,  Ton  denen  das  erste 
mit  P  genau  abgestimmt  ist  Es  repräsen- 
tiert den  Grundton.  Das  zweite  i»t  nur 
ein  Viertel  so  lang,  schwingt  daher  doppelt 
so  schnell,  ein  drittes  hat  ein  Neuntel  der 
länge  and  schwingt  daher  dreimal  so 
schnell.  Außerdem  ist  noch  ein  viertes 
Pendel  vorhanden,  welches  eine  beliebige 
zwischen  gelegene  Pendellänge  hat. 

Hängt  man  nun  alle  vier  Pendel  gleich- 
zeitig an  den  Stift  $  und  regt  das  große 
Pendel  F  an,  so  gerät  nur  das  den  Grund- 
ton repräsentierende  Fadenpendel  in  leb-  . 
baftes  Mitschwingen.  Dies  ist  der  einzige 
Ton,  der  in  der  Scliwingung  des  Stiftes  s 
enthalten  ist 

Nun  kann  man  au  dem  vorstehendeii  Arme  a,  zwischen 
Spitzen  drehbar,  zwei  verschiedene  Vorrichtungen  anbringen, 
und  zwar  xut  symmetrüchen  Deformation  der  einfachen  Sinus- 
schwinguDg  des  Stiftes  s  ein  kleines  Dreieck  und  zur  vnst/mme- 
tritehen  Deformation  ein  kleines  Hebelchen. 

Das  Dreieck  D,  Fig.  2,  wird  so  eingesetzt,  daß  es  der 
Stift  «  eben  im  oberen  Winkel  der  Schablone  berührt.  A\'ird 
dann  das  Pendel  angeregt,  so  nimmt  der  Stift  s  das  Dreieck 
mit  nnd  ein  Punkt  desselben,  z.  B.  das  Häkchen  k,  fuhrt  dann 


Fig.  1. 


82 


P,  Czermah. 


eine  deformierte  Sinusschwingung  aus.  Dieselbe  ist  symmetrisch 
deformiert;  und  zwar  so^  daß  das  Passieren  der  ßuhelage  mit 
vergrößerter  Geschwindigkeit  vor  sich  geht,  während  die  Ge- 
schwindigkeit gegen  die  Umkehrpunkte  zu  verlangsamt  wird. 

Hängt  man  die  früheren  vier  Fadenpendel  der  Reihe  nach 
an  das  Häkchen  A,  so  geraten  der  Grundton  und  zweite  Ober- 
ton in  lebhaftes  Mitschwingen,  während  das  zweite  und  vierte 
Pendel  nur  hin  und  her  geschoben  werden. 

Zur  unsymmetrischen  Deformation  dient  dann  das  Hebel- 
chen Hy  Fig.  3,  welches  statt  des  Dreiecks   D  in  den  Arm  a 


Fig.  2. 


Fig.  3. 


eingesetzt  wird.  Man  verstellt  dann  den  Stift  s  so,  daß  er  etwas 
aus  der  Mittellinie  gegen  links  zu  verschoben  steht  und  beim 
Umkehren  auf  der  rechten  Seite  das  Hebelchen  H  gerade  noch 
berührt.  Es  wird  dann  die  Geschwindigkeit  der  Häkchenbewe- 
gung gerade  an  dieser  Stelle  vergrößert  und  gegen  den  anderen 
Umkehrpunkt  verlangsamt.  Von  den  vier  angehängten  Faden- 
pendeln geht  jetzt  wieder  der  Grundton  lebhaft  mit,  aber  auch 
der  erste  Oberton,  während  das  dritte  und  vierte  Pendel  versagen. 

Zur  graphischen  Darstellung  dieser  Schwingungsformen  kon- 
struierte ich  folgenden  Apparat 

Zunächst  muß  die  einfache  Sinusschwingung,  welche  der 
Stift  s  ausführt,  aufgezeichnet  werden  und  läßt  sich  dies  in 
bekannter  Weise  sehr  genau  durch  die  Projektion  des  Schatten- 
punktes eines  im  Kreise  bewegten  Punktes  ausführen. 

Auf  einer  Scheibe  S,  Fig.  4,  sitzt  in  einem  Schlitze,  auf 
verschiedenen  Abstand  vom  Zentrum  verstellbar,  der  Zapfen 
Z,  welcher  zur  Verminderung  der  Reibung  ein  Röllchen  trägt 
Er  wird  durch  eine  starke  Spiralfeder  stets  gegen  die  eine 
Kante  eines  senkrechten  Schlitzes  in  dem  Schlitten  A  B  ge- 
preßt.   Dieser  Schlitten  läuft  in  vier  Führungsrollen  und  jeder 


Demonsti*atio?t  der  Klanganalyse, 


83 


Punkt   desselben   macht   daher  beim  Rotieren  der  Scheibe  S 
eine  horizontale  Pendelbewegung. 

An  den  Schlitten  ist  eine  Stange  G  geschraubt^  welche 
den  im  Pendelapparate  mit  s  bezeichneten  Stift  trägt.  Außer- 
dem ist  auch  eine  wegklappbare  Messingfeder  f  vorhanden^ 
welche,  mit  Tinte  gefüllt,  auf  einem  vorübergleitenden  Streifen 
Kymographenpapieres    die    einfache    Sinuslinie   sehr   fein  ver- 


Fig.  4. 

zeichnet.  Der  Papierstreifen  ist  über  zwei  Rollen  geführt,  welche 
mit  der  rotierenden  Scheibe  S  durch  denselben  Schnurlauf  ver- 
bunden sind,  so  daß  sich  diese  Teile  isochron  bewegen  müssen. 

Nun  ist  jener  Teil  anzufügen,  welcher  die  Grundton- 
schwingung deformiert.  Zu  diem  Ende  ist  an  einer  Achse  -S* 
wegdrehbar  und  auch  in  der  Höhe  verstellbar  ein  Rahmen  B 
vorhanden,  welcher  einen  zweiten  Schlitten  Ä'  E  trägt. 

In  der  Zeichnung  ist  die  Stellung  des  Rahmens  punktiert 
angedeutet  und  oberhalb  derselbe  ausgeführt  dargestellt. 

Der  Schlitten  ist  ebenfalls  zwischen  vier  Führangsrollen 
gehalten  und  in  einem  senkrechten  Schlitze  desselben  gleitet 
ein  Stift,  welcher  dem  Häkchen  h  des  Pendelapparates  ent- 
spricht    Das   symmetrisch  deformierende  Dreieck  B  und  das 

6* 


84  P,  Czermak.     Demonstration  der  Klanganalyse. 

unsymmetrisch  deformierende  Hebelchen  H  sind  als  Schablonen 
in  einer  Scheibe  P  ausgeschnitten  und  können  durch  einen 
klemmenden  Hebel  T  so  fixiert  werden,  daß  sie  über  den  Stift  s 
beim  Herumdrehen  des  ganzen  Rahmens  gesteckt  werden.  In 
die  Scheibe  P  können  noch  andere  Schablonen  geschnitten 
werden,  z.  B.  Dreiecke  mit  anderen  Winkeln,  Bogen-  und 
Kurvenstücke,  geneigte  Gerade  etc.  Mit  dem  Hebel  T  ist 
auch  der  Stift  A  verbunden,  welcher  die  deformierte  Sinus- 
bewegung auf  den  Schlitten  überträgt  Von  diesem  aus  geht 
dann  ebenfalls  ein  gebogener  federnder  Schreibehebel  f  nach 
abwärts,  welcher  gegen  den  vorübergleitenden  Papierstreifen 
angedrückt  wird  und  die  deformierte  Kurve  verzeichnet. 

Um  die  Kurven  gut  vergleichen  zu  können,  hat  man  so  zu 
verfahren.    Mau  zeichnet  zuerst,  bei  abgedrehtem  Rahmen  Ry 


Fig.  5a.  Pig.  ob. 

mit  einer  passenden  Amplitude  die  einfache  Sinuskurve  auf 
Pauspapier.  Dann  klappt  man  den  Rahmen  über,  nachdem 
man  die  gewünschte  Schablone  eingestellt  hat.  Jetzt  muß  man 
die  Exzentrizität  des  Zapfens  Z  so  verkleinem,  daß  die  Ampli- 
tude der  deformierten  Kurve  ebenso  groß  geworden  ist,  wie 
die  der  einfachen  Sinuslinie.  Beim  Einstellen  des  unsymme- 
trisch deformierenden  Schlitzes  H  ist  auch  noch  die  Schablonen- 
scheibe etwas  nach  rechts  zu  verschieben,  was  durch  die  in 
einem  horizontalen  Schlitze  klemmbare  Drehachse  derselben 
ermöglicht  wird. 

Auf  die  so  erhaltenen  deformierten  Kurven  legt  man  die 
transparenten  einfachen  Sinuslinien  auf  und  kann  dann  am 
besten  die  Abweichungen  beurteilen. 

Fig.  5  a  gibt  die  verkleinerte  Reproduktion  einer  solchen 
Vergleichung  der  symmetrisch  deformierten,  Fig.  5b  die  der 
unsymmetrisch  deformierten  Schwingung  wieder. 

Innsbruck,  im  Juli  1903. 

(Kiiigcgangen  23.  Juli  1903.^ 


85 


14.  Der  Lichtdruck  auf  einen  bewegten  Spiegel  und 
das  Gesetz  der  schwarzen  Strahlung. 

Von  Max  Abraham  in  Gtöttingen. 


L.  Boltzmann^]  hat  zuerst  den  elektromagnetischen Licht- 
<lnick^  zur  thermodjnamischen  Begründung  des  Gesetzes  der 
iKshwarzen  Strahlung  verwandt.    Die  experimentelle  Bestätigung 
des   Stefan-Boltzmannschen    Gesetzes    durch    die    Herren 
O.Lummer  und  E.  Pringsheim®),  sowie  der  direkte  Nachweis 
des  Lichtdruckes  durch  Hm.  P.  Lebedew*)   und  neuerdings 
durch  die  Hm.  E.  F.  Nichols  und  G.  F.  HulF)  zeigen,  daß 
die  nämlichen  Kräfte  es  sind,   die  auf  ruhende  und  bewegte 
Elektrizität  in  statischen  oder  stationären  elektromagnetischen 
Feldern,  und  die  in  den  rasch  wechselnden  Feldern  der  Licht- 
wellen wirken. 

Die  endliche  Geschwindigkeit  des  Lichtes  bedingt,  daß 
die  Kräfte  der  Lichtwellen  das  dritte  Axiom  Newtons  nicht 
erfüllen;  es  verstreicht  eine  endliche  Zeit,  von  dem  Momente, 
wo  der  Lichtdmck  den  emittierenden  Körper  zurückstieß,  bis 
zu  dem  Momente,  wo  er  dem  absorbierenden  einen  Lnpuls 
erteilt.  Dennoch  läßt  sich  der  Satz  von  der  Erhaltung  der 
Bewegungsgröße  in  gewissem  Sinne  aufrecht  erhalten ;  man  hat, 
neben  der  Bewegungsgröße  der  Materie,  eine  „elektromaffne- 
tische  Bewegungsgröße'*  ^)  der  Lichtwellen  inBechnung  zu  ziehen. 
Wird  Strahlung  in  den  Baum  hinausgesandt,  so  wird  die  Be- 
wegungsgröße der  ponderablen  Massen  in  elektromagnetische 
Bewegungsgröße  verwandelt;  sie  bleibt  gewissermaßen  latent, 
bis  sie,  bei  der  Absorption  der  Strahlung,  von  der  Materie 
zurückgewonnen  wird.    Die  elektromagnetische  Bewegungsgröße 


1)  L.  Boltzmann,  Ann.  d.  Phjs.  22.  p.  291.  1884. 

2)  J.  Cl.  Maxwell,  Treatise  2,  Art.  792. 

3)  O.Lummer  und £.  Pringsheim,  Ann.  d.  Phjs.  6»{.  p.  395.  1897. 

4)  P.  Lebedew,  Ann.  d.  Phys.  6.  p.  433.  1901. 

5)  E.  F.  Nichols  und  G.  F.  Hüll,  Ann.  d.  Phys.  12.  p.  225.  1903. 

6)  M.  Abraham,  Ann.  d.  Phys.  10.  p.  125.  1903. 


86  M,  Abraham, 

ist  ein  Vector,  der  dem  Strahle  parallel  gerichtet  ist;  sein 
Betrag  ist,  für  eine  ebene  Welle,  gleich  der  mitgef&hrten 
elektromagnetischen  Energie,  dividiert  durch  die  Lichtgeschwin- 
digkeit. Nach  der  alten  Emissionstheorie  wäre  der  Quotient  aus 
Bewegungsgröße  und  Energie  doppelt  so  groß,  der  Lichtdruck 
wäre  daher  der  doppelte^);  die  elastische  Lichttheorie  dagegen  er- 
klärt den  Lichtdruck  überhaupt  nicht,  da  sie  keine  longitudinale 
Komponente  der  Bewegungsgröße  den  Lichtwellen  zuschreibt. 

Wir  behandeln  folgendes  Problem:  Ein  dünnes  Licht- 
bündel von  gegebener  Richtung,  Helligkeit  und  Farbe  treffe 
auf  eine  ebene,  vollkommen  spiegelnde  Platte,  die  sich  senk- 
recht zu  ihrer  Ebene  mit  beliebiger  Geschwindigkeit  bewegt; 
gesucht  sind  Richtung,  Helligkeit  und  Farbe  des  reflektierten 
Bündels,  sowie  der  Druck,  der  auf  die  Platte  wirkt.  Dieses 
Problem  ist  auf  das  engste  mit  der  Theorie  der  schwarzen 
Strahlung  verknüpft.  Die  Beziehung,  die  zwischen  den  Hellig- 
keiten, Temperaturen  und  Schwingungszahlen  jedes  der  beiden 
Bündel  besteht,  ist  nichts  anderes,  als  das  sogenannte  „F<pr- 
schiebungsgesetz^',  Herr  W.  Wien^j,  dem  man  dieses  Gesetz 
verdankt,  beschränkt  sich  bei  dem  Beweise  stets  auf  sehr  ge- 
ringe Geschwindigkeit  der  spiegelnden  Fläche;  er  setzt  den 
Lichtdruck  auf  den  bewegten  Spiegel  dem  auf  den  ruhenden 
Spiegel  wirkenden  gleich,  und  begnügt  sich  mit  einer  ersten 
Annäherung  flir  die  Arbeitsleistung  des  Lichtdruckes  und  für 
die  Änderung  der  Wellenlänge,  die  bei  der  Reflexion  gemäß 
dem  Doppl ersehen  Prinzip  stattfindet  Mir  schien  daher  eine 
exakte  Lösung  des  genannten  Problems,  für  beliebige  Ge- 
schwindigkeit der  bewegten  Platte,  erwünscht;  sie  führt  zu  einer 
Ableitung  des  Verschiebungsgesetzes,  die  eines  idealen  Spiegels 
nur  für  einmalige  Reflexion  bedarf,  während  die  bisherigen 
Beweise  annehmen  müssen,  daß  bei  den  außerordentlich  zahl- 
reichen Reflexionen  an  den  spiegelnden  Wänden  eines  Hohl- 
raumes kein  merklicher  Bruchteil  der  Strahlung  absorbiert 
wird.  Dabei  dürfen  wir  freilich  den  Begrifl'  der  Temperatur 
nicht  auf  die  Hohlraumstrahlung  beschränken,  sondern  wir 
müssen  ihn   auf  die   beiden  Lichtbündel,   das  einfallende  und 


1)  Vgl.  L.  Boltzmann,  Ann.  d.  Phys.  22.  p.  293.  1884. 

2)  W.  Wien,  Ann.  d.  Phys.  r>2.  p.  157.  1894. 


TAchtdruck  auf  bewegten  Spiegel.  87 

das  reflektierte,  übertragen.  Daß  die  ungestört  im  Räume 
sich  fortpflanzende  Strahlung  eine  bestimmte  Temperatur  be- 
sitzt, die  sich  bei  der  B^ortptianzung  nicht  ändert,  hat  Herr 
M.  Planck^)  gezeigt;  einen  Einwand*)  des  Hrn.  W.  Wien 
widerlegend,^  hat  er  die  Reversibilität  der  freien  Ausbreitung 
strahlender  Energie  festgestellt. 

Demgemäß  betrachten  wir  das  einfallende  Lichtbtlndel  als 
Träger  von  Bewegungsgröße,  Energie  und  Temperatur.  Richtung, 
Helligkeit  und  Temperatur  des  reflektierten  Bündels,  sowie 
den  Lichtdruck  auf  den  bewegten  Spiegel  berechnen  wir  auf 
Gnind  des  Satzes  von  der  Bewegungsgröße,  und  der  beiden 
H!auptsätze  der  Thermodynamik.  Dabei  stellen  wir  uns  von 
vornherein  auf  den  Standpunkt  der  Loren tzschen  Theorie*), 
der  einzigen,  die  zu  einer  präzisen  Formulierung  des  Problems 
führt  Dieser  Theorie  zufolge  geschieht  die  Lichtfortpflanzung 
im  Räume  unabhängig  von  der  Bewegung  der  Körper;  die 
spiegelnde  Platte  beeinflußt  das  Licht  nur  im  Momente  der 
Reflexion.  Man  kann  von  einer  absoluten  Bewegung  des  Lichtes 
reden;  diese  erfolgt  nach  jeder  Richtung  mit  der  gleichen  Ge- 
schwindigkeit (c);  sie  ist  es,  durch  welche  die  elektromagne- 
tische Bewegungsgröße  bestimmt  ist  Von  ihr  zu  unterscheiden 
ist  die  relative  Bewegung  des  Lichtes  gegen  die  Platte,  die 
ein  mitbewegter  Beobachter  wahrnehmen  würde. 

Um  auf  Grund  der  Lorentzschen  Theorie  die  Kraft  zu 
berechnen,  welche  das  Licht  auf  den  bewegten  Spiegel  ausübt, 
hat  man  zunächst  das  Feld  an  der  Oberfläche  des  bewegten 
Leiters  zu  bestimmen  und  sodann  die  Kräfte  zusammenzusetzen, 
welche  in  diesem  Felde  auf  den  längs  der  Oberfläche  fließen- 
den Leitungsstrom,  und  auf  die  senkrecht  zur  Fläche  konvektiv 
bewegte  Elektrizität  wirken.  Eine  derartige  Betrachtung  lehrt, 
daß  die  Kraft  jedenfalls  senkrecht  zur  spiegelnden  Fläche 
wirkt,  scherende  Drucke  also  nicht  auftreten.  Nehmen  wir 
dieses  Resultat  —  der  Beweis  würde  hier  zu  weit  führen  — 
als  gegeben  an,  so  können  wir  den  Betrag  des  normalen  Druckes 

1)  M.  Planck,  Ann.  d.  Phys.  1.  p.  723  u.  735.  1900. 

2)  W.  Wien,  Ann.  d.  Phys.  3.  p.  534.  1900. 

3)  M.  Planck,  Ann.  d.  Phys.  3.  p.  765.  1900. 

4)  H.  A.  Lorentz,  Theorie  d.  elektrischen  u.  optischen  Erschei- 
nungen in  bewegten  Körpern.    Leiden  1895. 


88  M,  Abraham, 

aus  der  zeitlichen  Änderung  der  im  ganzen  Räume  enthaltenen 
elektromagnetischen  Bewegungsgröße  berechnen. 

Auf  die  Platte  falle  unpolarisierte  monochromatische 
Strahlung^  von  der  Schwingungszahl  v^\  es  sei  P  die  Größe 
des  entworfenen  Bildes^  (o^  der  kleine  räumliche  Offnungs- 
winkel  des  in  einem  jeden  Punkte  von  F  sich  vereinigenden 
Strahlenkegels.  Würde  die  Platte  ruhen,  und  ihre  Ebene 
senkrecht  zur  Achse  des  Bündels  gestellt  sein,  so  wäre  die  pro 
Sekunde  auf  F  fallende  Energie:  U^Ffo^dvr^  so  ist  die 
„Helli'ffkeit'  B^  der  Strahlung  definiert.^)  Nun  soll  aber  die 
Plattennormale  mit  der  Achse  des  einfallenden  Bündels  einen 
Winkel  einschließen,  dessen  Kosinus  wir  mit  a^  bezeichnen; 
femer  bewegt  sich  die  Platte,  senkrecht  zu  ihrer  Ebene,  mit 
der  Geschwindigkeit  g  =  c.ß;  die  zur  Platte  normale  Kom- 
ponente der  Relativgeschwindigkeit  von  Licht  und  Platte  ist 
hier  nicht  mehr  c,  sondern  ca^  +  q  =:  c{a^  +  ß).  Es  fällt  daher 
in  der  Sekunde  auf  F  die  Energie: 

(1)  K  +ß)H,Fo}^dv,. 

Der  Betrag  der  in  der  Sekunde  auf  F  fallenden  Bewegungs- 
größe wird  erhalten,  indem  der  Ausdruck  (1)  durch  die  Licht- 
geschwindigkeit (c)  dividiert  wird;  ihre  Richtung  ist  durch  die 
absolute  Richtung  der  Strahlung  bestimmt.  Es  sind  daher  die 
Komponenten  der  pro  Sekunde  auffallenden  Bewegungsgröße, 
normal  und  tangentiell  zur  Platte  genommen 


(la)  "l[a,+ß)U,Pa,,dv, 

und 

(Ib)  y^~^-^y.{a,+ß]II,Fco,dv^. 

Es  mag  nun  a.^  der  Cosinus  des  spitzen  Winkels  sein, 
den  die  Achse  des  reflektierten  Bündels  mit  der  Plattennormale 
einschließt,  od^  der  kleine  GfiFnungswinkel  des  von  einem  jeden 
Punkte  von  F  ausgehenden  Strahlenkegels.  Dann  ist,  aus 
Symmetriegründen: 

(Ic)  c.  _r/«. 


1)  M.  Planck,  Ann.  d.  Phys.  1.  p.  734,  735.  1900. 


u' 


Lichtdruck  auf  bewegten  Spiegel.  89 

Die  zur  spiegelnden  Fläche  normale  Komponente  der  Belativ- 
geschwindigkeit  von  Licht  und  Platte  beträgt  hier  ca^  -^  q 
=»  c(a^  —  ß).  Ist  femer  v^  die  Schwingungszahl^  H^  die  Hellig- 
keit des  reflektierten  Bündels^  so  ist  die  pro  Sekunde  von  F 
aasgehende  Energie: 

(2)  (a,^ß)H,FiD,dp,. 

Die  Komponenten  der  pro  Sekunde  von  F  im  reflektierten 
Lichte  ausgesandten  Bewegungsgröße,  normal  und  tangentiell 
zur  Platte  genommen^  sind: 

(2a)  "f{a,-ß)ff,Fa>,dv, 

und 


:2b)  ^';"'(a,-/j)zr3^ö,,rf*3. 


Da  der  scherende  Druck  null  ist,  müssen  die  zur  Platte 
tangentiellen  Komponenten  (Ib,  2b)  der  einfallenden  und  re- 
flektierten Bewegungsgröße  einander  gleich  sein: 

(3)    yr~äi.{a,  -  /S)fl2  a>3  dv^  ^fT^ia,  +  ß)H,a},  dp, . 

Die  Normalkomponente  der  einfallenden  Bewegungsgröße  (la) 
weist  nach  der  Platte  hin,  diejenige  der  reflektierten  Bewegungs- 
größe (2a)  von  ihr  fort;  die  Summe  dieser  beiden  Ausdrücke 
ist  mithin  der  Kraft  p  F  gleich  zu  setzen,  die  dem  Lichtdruck 
das  Gleichgewicht  hält: 


W  P  =  ^--(«2-/^^2  ^2rf^2+T--(^l   +/^^l^l^^l  • 


Der  Energiesatz  sagt  aus:  Die  pro  Sekunde  von  der  Kraft 
pF  gegen  den  Lichtdruck  geleistete  Arbeit  ist  gleich  dem 
Überschuß  der  reflektierten  Strahlung  (2)  über  die  ein- 
fallende (1): 

(5)  P  •  9^  =  («2  -  /^  ^2  «2  ^^2  -  K  +  /?)  ^1  ö>i  rf^i  • 

Aus  den  letzten  drei  Gleichungen,  in  Verbindung  mit  (Ic),  sind 
f^,  p,  H^y  0^2  z^  berechnen,  v^  ist  durch  das  Dopplersche 
Prinzip  bestimmt. 

Zunächst  werde  p  aus  (4),  (5)  eliminiert: 
(6j     (1  -  ßu.^{f^,  -  ß)  Jl,  (o,  dv,  =  (1  +  ßa,){a,  +ß)H^cü,  dv,. 


90  M.  Abraham. 

Hieraus,  in  Verbindung  mit  (3),  folgt 

Diese  Relation  verknüpft  die  Kosinus  a^y  a^  der  Winkel,  welche 
die  Achsen  der  beiden  Bündel  mit  der  Plattennormale  ein- 
schließen; dieselben  liegen  in  dem  Intervalle: 

(7a)  -/S^^i^l,         +/?^«,^1. 

Der  Strahl  a^  ==  —  ß,  a^  =  +  ß  streift  die  Platte,  ohne  seine 
Richtung  zu  ändern;  sein  Strahlungsdruck  ist,  nach  Gleichung 
(4),  gleich  null.     Für  alle  übrigen  Strahlen  gilt: 

(7b)  r^i  +  r/g  >  0. 

Mithin  folgt,  auf  Grund  der  Identität 

{l  ^  ul){\  +  ßa,)'  -  {[  ^  a]){\  ^  ßa,f 

=  {u,  +  a,){2ß  -  2ßa,  a,  +  ([+  ß^{a,  -  a,)\ 

aus  (7)  die  Relation: 

(7c)  2ß  -  2ßa,  a,  +  (1  +  ß^[a^  -  a,)  =  0. 

Aus  dieser  ergeben  sich  zwei  neue  Formen  der  a^^  a^  ver- 
knüpfenden Beziehung: 

'  l  —  (r        «i-p        "i+P 

«8    -   P  «1    +  P 

von  denen  bald  die  eine,  bald  die  andere  sich  als  brauchbarer 
erweist.     Aus  (7,  7e)  folgt: 

Diese  Gleichung  besagt:  Das  Verhältnis  der  beiden  Kompo- 
nenten der  Relativgeschwindigkeit  der  Strahlung  gegen  die 
Platte  ist  das  gleiche  für  das  reflektierte,  wie  für  das  ein- 
fallende Licht.     Es  folgt  hieraus  das  Refiexionsgesetz: 

Im  relatwen  Strahlengang,  wie  er  sich  einem  mit  der  Platte 
sich  bewegenden  Beobachter  darbietet,  ist  der  Reflexionswinkel 
gleich  dem  Einfallstvinkel.  Man  übersieht  leicht,  daß  die  ab- 
solute   Richtung    des    reflektierten    Strahles    einen    kleineren 


Lichtdruck  auf  bewegten  Spiegel.  91 

Winkel  mit  der  Normalen  der  Platte  einschließt,   als  die  ab- 
solute Bichtung  des  einfallenden. 
Aus  (6),  (7e)  folgt: 

iQ\  U^oi^dVi  _  /ff,  4-  ßy 

Femer  ergibt  sich  aus  (4),  in  Verbindung  mit  (7d)  der 
Lichtdruck: 

Der  Lichtdruck  wird  unendlich  für  /?  =  1,  d.  h.  wenn  die 
Geschwindigkeit  der  Platte  die  Lichtgeschwindigkeit  erreicht; 
die  gegen  den  Lichtdruck  zu  leistende  Arbeit  würde  hier  un- 
endlich werden.  Daraus  folgt  der  Satz:  Fällt  auf  die  spiegelnde 
Vorderseite  der  Platte  eine  noch  so  geringe  Strahlung,  so  kann 
die  Geschwindigkeit  der  Platte  die  Lichtgeschwindigkeit  niemals 
erreichen. 

Die  Schwingungszahlen  v^,  v^  beziehen  sich  auf  die  an 
einem  im  Eaume  festen  Punkte  stattfindenden  Schwingungen. 
An  der  Oberfläche  der  bewegten  Platte  mögen  Schwingungen 
von  der  Zahl  v  pro  Sekunde  stattfinden;  ihre  Zahl  ist  die  gleiche 
für  die  vom  einfallenden,  und  die  vom  reflektierten  Lichte 
herrührenden  Schwingungen ;  denn  beide  sind  miteinander  durch 
gewisse,  in  den  Feldstärken  lineare  Grenzbedingungen  ver- 
knüpft.    Es  folgt,  nach  dem  Dopplerschen  Prinzip: 

daher,  mit  Rücksicht  auf  (7e): 

(10)  ^'  = !-+  J"'  =  "'■*•;. 

^1  1  -  per,  «5  —  'p 

Aus  (Ic)  folgt  durch  Diflerentiation  von  (7d): 
(10a)  ""'  =;J«i=f««^4y=f''« 

Gleichung  (8)  endlich  ergibt: 

Die    Helligkeiten    verhalten    sich,    wie    die    dritten    Potenzen    der 
Schwingungszahlen,     Bei    dieser    Steigerung    der  Helligkeit   ist 


92  M,  Abraham. 

gegen  den  Lichtdruck  die  durch  (5)  gegebene  Arbeit  pro  Zeit- 
einheit und  Flächeneinheit  zu  leisten. 

Wir  betrachten  jetzt  den  inversen  Prozeß:  Der  Spiegel 
bewege  sich  mit  derselben  Geschwindigkeit,  wie  bisher ,  aber 
in  entgegengesetzter  Richtung;  auf  ihn  falle  in  der  durch  a^ 
bestimmten  Richtung  Strahlung  der  Schwingungszahl  v^y  der 
Helligkeit  H^\  dieselbe  entwerfe  ein  Bild  von  der  Größe  /*,  es 
sei  (ü^  der  Ofihungswinkel  des  in  einem  jeden  Punkte  von  F 
sich  vereinigenden  Strahlenkegels.  Die  Bezeichnungen  cc^^  v^j 
H^,  Q}j  dagegen  mögen  sich  jetzt  auf  das  vom  zurückweichenden 
Spiegel  reflektierte  Licht  beziehen.  Demgemäß  sind  in  allen 
unseren  Gleichungen  die  Indizes  (1,  2)  zu  vertauschen,  und  es 
ist  ß  durch  — /S  zu  ersetzen.  Die  Relationen  (7f),  (10),  (lOa), 
(11)  bleiben  hierbei  ungeändert;  daraus  folgt:  Richtung, 
Schwingungszahl,  Helligkeit  und  Ofihungswinkel  des  reflektierten 
Lichtes  sind  jetzt  die  gleichen,  die  vorher  dem  einfallenden 
Lichte  zukamen.  Der  Lichtdruck  ist,  nach  (4),  bei  dem  in- 
versen Prozeß  derselbe,  wie  bei  dem  ursprünglich  behandelten; 
er  leistet  an  der  zurückweichenden  Platte  nach  (5)  pro  Sekunde 
die  gleiche  Arbeit,  die  vorher  gegen  den  Lichtdruck  geleistet 
wurde.     Wir  fassen  die  Resultate  in  den  Satz  zusammen: 

Ute  Reflexion  des  Lichtes  durch  eine  vollkommen  spiegelnde^ 
beliebig  rasch  bewegte  Platte  ist,  im  thermodgnamischen  Sinne, 
ein  umkehrbarer  Forgang, 

Wir  wenden  den  zweiten  Hauptsatz  auf  diesen  Vorgang 
an,  der  aus  strahlender  Wärmender  Schwingungszahl  t^^  solche 
der  Schwingungszahl  v^  entstehen  läßt,  und  erhalten  nach  (1,  2): 

^l^J  _^         _         ._         , 

oder  nach  (10),  (10a),  (11): 

Die  Temperaturen  der  beiden  Lichtbündel  verhalten  sich,  wie  ilire 
Schwingungszahlen, 

Die  Relationen  (11),  (12  a),  die  flir  beliebige  Schwingungs- 
zahlen und  Temperaturen  gelten  müssen,  ergeben  sofort  das 
Verschiebungsgesetz 


Lichtdruck  auf  bewegten  Spiegel,  93 

in  der  von  Herrn  M.  Planck^)  angewandten  Fassung. 

Die  Integration  über  das  ganze,  der  Temperatur  iV*  ent- 
sprechende Spektrum  schwarzer  Strahlung  ergibt,  bei  Ein- 
fthrung  der  Integrationsvariabeln  x  =  vj&j 

0  0 

Die  gefamte  Helligkeit  eines  schwarzen  Strahlenbindeh  ist 
der  vierten  Potenz  seiner  absoluten  Temperatur  proportional.  Das 
ist  das  Gesetz  von  Boltzmann,  ausgesprochen  f&r  frei  sich 
fortpflEuizende  Strahlung. 

Göttingen,  Juli  1903. 


1)  M.  Planck,  Ann.  d.  Pbys.  4.  p.  560.  Gleichung  (7j.  Die  da- 
selbst angegebene  Eneigiedichte  u  ungeordneter  Hohlraumstrahlung  ist 
mit  H  durch  die  bekannte  Beziehung  u  =  ^n  Uje  verknüpft. 

(Eingegangen  25.  Juli  1903). 


94 


15.  Über  das  durch  eine  beliebige  endliche  Figur 

bestimmte  Eigebilde. 

Von  Hermann  Brunn  in  München. 


§  1.   Einleitendes. 
Die  folgenden  Untersuchungen  beziehen  sich  auf  komplexe 
Größen 

mit  n,  d.  h.  beliebig  vielen  unabhängigen  Einheiten  i  und  reellen 
Koeffizienten  x,  anders  ausgedrückt,  auf  Punkte  in  Räumen 
von  n  Dimensionen  mit  reellen  Koordinaten 

Für  unsere  Größen  wird  nichts  weiter  als  das  folgende  Theorem 
vorausgesetzt: 

Unter  einem  linearen  Raum  oder  kurz  „Linear"  verstehen  wir 
jedes  Gebiet,  das  man  aus  einem  Räume  R  von  Punkten 

^1  *i  +  ^2  *2  +  •  •  •  +  ^n  hi     (^^®  ^'  unabhängig) 
heraushebt  durch  lineare  Gleichungen,  welche  man  den  x  auf- 
erlegt; somit  auch  B  selber,  da  B  aus  einem  Räume  höherer 
Stufe  durch  Gleichungen  wie  ^„  +  i=0,  or^^g^^  ®^^-  li^raus- 
gehoben  werden  kann. 

Jedes  durch  eine  einzige  lineare  Gleichung  aus  einem 
linearen  Räume  B  herausgehobene  Linear  soll  ein  Hauptlinear 
von  B  heißen.^) 

Wir  sagen:  „Ä  wird  von  der  Figur  F  aufgespannt^,  wenn 
B  der  lineare  Raum  geringster  Dimensionszahl  ist,  in  dem  P 
enthalten  ist. 

Unsere  Figuren  F  seien  abgeschlossene  Punktmengen,  d.  h. 

1)  Bei  H.  Minkowski,  Geometrie  der  Zahlen,  p.  13:  „Ebene". 
Wir  ziehen  aus  verschiedenen  Gründen  vor,  dem  Worte  „Ebene"  seine 
beschränkte  Bedeutung  za  lassen. 


über  Eigebilde.  95 

jeder  Grenz-  oder  Häufungspunkt  ihrer  Punkte  gehöre  ihnen 
ebenfalls  zu. 

Es  soll  hiermit  nichts  präjudiziert  sein  über  nicht  ab- 
geschlossene Figuren;  wir  beschränken  uns  auf  abgeschlossene, 
um  der  ersten  Darstellung  unserer  Sätze  nicht  einen  schleppen- 
den Charakter  zu  geben. 

Unter  einem  „vollen  Eigebilde"  verstehen  wir  eine  Figur, 
welche  mit  jeder  Geraden  des  von  ihr  aufgespannten  Raumes  R 
höchstens  ein  Stück  (Punkt  oder  Strecke)  gemein  hat.^)  Mit 
jeder  anderen  Geraden  G  hat  sie  dann  auch  nur  höchstens 
ein  Stück,  den  Schnittpunkt  [R  G),  gemein. 

Wir  bezeichnen  die  Punkte  einer  gegebenen  Figur  als 
Punkte  nullter  Ordnung  oder  Punkte  (ö), 

die  Punkte  der  geraden  Verbindungsstrecken  (Sehnen)  zwischen 

zwei  Punkten  (0),  soweit  sie  von  Punkten  (0)  verschieden  sind,  als 

Punkte  erster   Ordnung  oder  Punkte  (/), 

die  Punkte  der  Sehnen  zwischen  einem  Punkte  (0)  und  einem 
Punkte  (1),  oder  zwischen  zwei  Punkten  (1),  so  weit  sie  von 
den  Punkten  (0)  und  (1)  verschieden  sind,  als 

Punkte  zweiter  Ordnung  oder  Punkte  (2), 

etc.  etc.,  überhaupt  die  Punkte  der  Sehnen,  welche  einen  Punkt 
(n  —  1)  mit  einem  Punkte  gleicher  oder  niedriger  Ordnung  ver- 
binden, soweit  sie  von  Punkten  nullter  bis  [n  —  l)^^*"  Ordnung 
verschieden  sind,  als 

Punkte  w'^*"  Ordnung  oder  Punkte  [n). 

Sehnen  n^^  Ordnung  nennen  wir  die  Sehnen,  welche  zur 
Definition  der  Punkte  /a^*"''  Ordnung  benützt  wurden. 

Die  ganze  positive  Zahl  S^  ist  im  folgenden  bestimmt  durch 

und  heiße  die  „dyadische  Stufe"  von  v, 

§  2.   Erzeugung  des  Eigebildes  durch  Sehnenziehung. 
A.    Figuren  aus  einer  endlichen  Anzahl  von  Punkten. 
Ililfssätze, 

(I)  Die  Dimensions-  oder  Stufenzahl  tf  des  von  r  +  1 
Punkten 

1)  Vgl.  des  Verfassers  „Referat  etc.**  Münch.  Sitzber.  (inatli.-pbys.) 
1^94,  p.  95  und  H.  Minkowski,  Geom.  d.  Zahlen,  p.  200. 


96  //.  Brunn. 

mit  den  Koordinaten 

s^fy  x^\  x^f  .  .  .  :r(jj) 

(jU  =  0,  1,  2,  3  ...  fr) 

aufgespannten  Raumes  ist  um  1  kleiner  als  die  Ordnung  der 

aus  der  Matrix 

II  x(M\  x(^\  x^^) . . .  xO;),  1  II 

heraushebbaren  Determinanten  höchster  Ordnung^  welche  nicht 
sämtlich  verschwinden^  somit  nicht  größer  als  die  kleinere  der 
Zahlen  v  und  n. 

(II)  Es  ist  auch 

d  =  n  —  y , 

wenn  y  die  größte  Anzahl  unabhängiger  linearer  Gleichungen 
ist,  die  von  den  Koordinaten  aller  Punkte  A  erfüllt  werden. 

Femer: 

(III)  Spannen  7i  Punkte  einen  Raum  B^^i  smt,  so  spannen 
V  aus  ihnen  herausgehobene  einen  Raum  Hy^i  auf.  Der  Be- 
weis dieser  Sätze  ergibt  sich  aus  der  Theorie  der  linearen 
Gleichungen. 

a)  V  +  i  Punkte,  die  einen  Baum  v'^^  Stufe  aufspannen. 

Es  sei  n^v,  und  es  seien  die  Determinanten  {v  +  1)^" 
Ordnung  aus  unserer  Matrix  nicht  sämtlich  gleich  Null^  mit 
anderen  Worten,  unsere  aus  den  v  +  l  Punkten  A  bestehende 
Figur  F  spanne  einen  Raum  von  v  Dimensionen,  kürzer  aus- 
gedrückt einen  Raum  By  auf. 

Alle  Punkte  (1)  lassen  sich  dann  darstellen  in  der  Form 

a^  A^  +  ax  Ax         {ce^  +  ai'=^  l',  die  cc  positiv). 
Die  Punkte  (2)  lassen  sich  darstellen  in  einer  der  beiden  Formen : 

c^H  X  [f^H  A^  +  ax  Ax)  +  a^  A^ 
[c^H  +  «^  =  «;,  A  +  «^  =  1 ;    alle  a  positiv) , 

c^^  X  (ofK  A^  +  ax  Ax)  +  (Xf,g  [cc^  A^,  +  a^  A^) 
[a^  +  ax  =  c(^  +  «^  =  «xA  +  fifxQ  =  1 ;  alle  a  positiv) , 
welche  äquivalent  sind  mit  den  Formen 

a^  A^  +  axAx+  a^  A,, 
[(^H  +  «A  +  «Ai  =  1 ;  die  of  positiv), 


über  Eiyebüde.  97 

a^  Ä^  +  axÄx+  Uf,  Af,  +  a^  Aq 

{ccx  +  ccx  +  cCf*  +  c^Q  =  1 ;   die  a  positiv)  etc.; 

schließlich  lassen  sich  die  Punkte  [Sy^i)  darstellen  in  einer 
der  Formen 

öfxi  Aff^  +  cCm^  A^  +  cc^  Af^  +   .  •  .   +  a^ij  -^x^ 

(«K,  +  «x,  +  «K,  +  ...  +  «^  =  1 ;  alle  a  positiv), 

wo  ß  die  Werte  von  2*f  +1  bis  t^  +  1  annehmen  darf. 

Punkte  und  damit  auch  Sehnen  höherer  Ordnung  als  ^^  ^  i 
existieren  überhaupt  nicht,  ob  nun  2^"  +  ^  =  v  +  1  oder 
2'«'  +  i>ff-fl  ist.  Denn  die  Punkte,  welche  Anspruch  auf 
diese  Ordnung  haben  könnten,  fallen  stets  mit  Punkten  niedrigerer 
Ordnung  der  Form 

(IV)       P{A^,  A^  ...  Ay)E=,aQA^  +  a^A^+  ...  +  a^A^ 

{cCq  +  ct^  +  a^  +  ...  +  «y  =5  1;  die  a  positiv  oder  Null) 

zusammen^  in  welcher  alle  Punkte  von  der  0***  bis  zur  Sy  + 1*«» 
Ordnung  zusammengefaßt  sind. 

Wir  können  nun  nicht  nur  von  der  Form  P,  sondern 
auch  von  einem  Punkte  P,  sowie  von  dem  Gebiete  P  sprechen. 

Das  Gebiet  P  (Aq,  A^  .  .  ,  Ay)  spannt  den  nämlichen 
Raum  auf  wie  die  Figur  der  Punkte  A^,  A^,  A^  ,..  Ay,  Denn 
jede  lineare  Gleichung  in  den  x,  erfüllt  durch  die  Koordinaten 
der  einzelnen  Punkte  A,  wird  auch  durch  die  Koordinaten 
eines  Punktes  P  erfüllt 

In  dem  Vorhergehenden  liegt  bewiesen^  daß  die  Sehne 
zwischen  zwei  Punkten  P  ganz  zum  Gebiete  P  gehört  Daraus 
folgt,  daß  eine  beliebige  Gerade  des  aufgespannten  Raumes 
mit  dem  Gebiete  P  höchstens  ein  Stück  gemein  hat,  oder: 

(V)  Das  Gebiet  P  {A^,  A^  ...  Ay)  ist  eine  volle  Eifäche^) 
des  von  ihm  aufgespannten  Raumes. 

(VI)  Jeder  in  der  Form  P,  ja  allgemeiner:  jeder  in  der 
Form 

P'{^09     ^17    •   •    •     ^v)=«0^0  +  «1  ^1   +     .  •   •     +  f^vA 

(a^  +  cfj  +  «2  •  •  •   +  ß^v  =  1 )  die  a  beliebig) 
darstellbare  Punkt  ist  es  nur  in  einer  einzigen  Weise. 


1)   „Zelle"  nach   H.  Minkowski  (s.  Geometrie  der  Zahlen  p.  16), 
(L  h.  Strecke,  Dreieck,  Tetraeder  etc.  je  nachdem  i^  «  1,  2,  8  etc. 

Boltsmann-Festschrifl.  7 


98  H.  Brunn. 

Denn  aus 

^« «,  A,  =  ^i  a;A, 

(2o?i=  1;     2^/~  ^'     ^i  ^^^^  f^'''  sämtliche  i  gleich  «/) 
würde  das  System  der  Gleichungen: 

]!/•  K  -  «;.)  ^2^  =  0       X  =  1,  2,  3  ...  n 

und  noch  die  Gleichung 

V 

folgen,  welche  gleichzeitig  nur  erfüllt  sein  können^  wenn  sämt- 
liche Determinanten  [v  +  1)^*^  Ordnung  der  Matrix  bei  (I)  ver- 
schwinden.   Dies  ist  aber  oben  ausgeschlossen  worden. 

(VII)  Das  Gebiet  P'  ist,  wie  aus  der  Theorie  der  linearen 
Gleichungen  gefolgert  werden  kann^  selbst  nichts  anderes,  als 
der  von  den  t^  +  1  Punkten  Ä  angespannte  Baum. 

b)  V  +  1  +  p  verschiedene  Punkte^  die  einen  Raum  t^  Stufe 

aufspannen. 
In   einem  Räume  R^  (n  ^  v)   seien   die   voneinander   ver- 
schiedenen Funkte 

*  ll'S3*t8i  Uli 

(/  =a  0,  1,  2  ,,,  V  +  p,  p  positiv), 

gegeben,  welche  einen  Raum  Ry  aufspannen.  Analog  wie 
bei  a)  ergibt  sich,  daB  Punkte  höchstens  bis  zur  Ordnung 
S^  +  p  +  i  sich  ableiten  und  sämtliche  gegebenen  und  ableitbaren 
Punkte  sich  in  der  Form 

(Vni)  §  =  «0  ^0  +  ^1^1+     •••     +^y'^pAv-^p 

(c^o  +  c£^  +  ...  +  a„  +  p  =  1 ;  die  a  positiv  oder  Null) 

darstellen  lassen,  sowie  daß  das  Gebiet  Q  ein  Eligebilde  ist. 

Doch  würde  man  sich  täuschen,   wollte  man  annehmen 
daß  es  jetzt  auch  wirklich  immer  Punkte  [Sy  +  i^ p)  gebe.    Viel 
mehr  wird  sich  zeigen,  daß  es  Punkte  nur  bis  zur  Ordnur 
Sy^i  gibt;   bis   zur  Ordnung  S^^p  +  i   also   nur  dann,   wei 
Sy  +  p^i  =  Sy^i  ist 

Ein  in  der  Form  Q  darstellbarer  Punkt  ist  dies  nun  ai 
nicht  mehr  in  eindeutiger  Weise. 


über  Eigebüde.  99 

Daß  sich  die  Punkte  Q  sämtlich  schon  durch  weniger  als 
V  +  \  +  p  nämlich  v  +  \  passend  ausgewählte  Ä  darstellen 
lassen  —  die  wir  mit  B^y  B^,  ...  B^  bezeichnen  —  also  in 
der  Form 

(IX)     Ä  =  /9o^o  +  /5iA+Ä^«+  •••   +/*v5.(2/'  =  l) 
ist  leicht  ersichtlich^  wenn  die  ß  positiv  und  negativ  sein  dürfen^ 
gilt  aber  auch^  wenn  negative  ß  ausgeschlossen  sind^  und  das 
wollen  wir  jetzt  beweisen. 

Hilfssatz. 

(X)  Wenn  die  Punkte  D^,  B^,  B^  ...  -D^  einen  Baum  Ä^ 
aufispannen  und  i>^  +  i  in  demselben  A^  liegt,  somit  eindeutig 
in  der  Form 

darstellbar  ist,  so  ist  ein  Punkt 


#4  +  1 

(^^^x  =  *a4-i>  alle  5  positiv) 
stets  auch  in  der  reduzierten  Form 

G^/«  + 1  =  ^o'  A'  +  ^i'  A'  +  •  •  •  +  ^«  A« 
( >]»«  S'^  =  1 ;     die  S^  positiv  oder  Null) 

darstellbar,  in  der  die  B'  uns  m  +  1  passend  ausgewählte  aus 
den  Punkten  B^^  i>j,  ...  B^y  B^^^i  vorstellen  und  ebenfalls 
einen  Raum  B^  aufspannen. 
Beweis,     Setzt  man 

(XI)  c^  =  J^z)„  +  -^2),  +  . . .  +  ^  D, 


80  wird 


(^**  «^x  =  *^ ;  alle  d  positiv)  , 


S..  /  8. 


ist  also  einer  der  Punkte 
oder 

7/,  =  ;|;x  A  (^-  -  «J  +6,  i),  =  ^»'f.i^B,',  (^xf. W  =  1), 

7* 


100  H.  Brunn. 

wo  die  zur  Abkürzung  gesetzten  /^(A]  also  lineare  Funktionen 
von  X  sind.    Es  sei  nun  zur  Kürzung  o-  =  «^ :  «^  ^.  i  gesetzt 

Ist  dann  f ür  A  =  (7  kein  f{i)  negativ,  wie  dies  z.  B.  für 
lauter  nicht  negative  e  der  Fall  ist^  so  haben  wir  in 

^o  =^  G^  +  i 

bereits  die  gewünschte^  höchstens  fi  +  l  Punkte  1)  enthaltende 
reduzierte  Form;  auch  spannen  diese  JJ  nach  (X)  einen 
Baum  Rft  auf^  und  wenn  von  ihnen  durch  Verschwinden  von 
Koeffizienten  nur  (>  zur  Erscheinung  kommen,  diese  nach  (IQ) 
einen  Raum  i?^ « i.  Sind  flir  A  ==  c  die  f{X),  somit  auch  die  b 
zum  Teil  negativ^  so  entspricht  die  Form  1£„  unseren  Wünschen 
nicht,  und  wir  müssen  weitere  Schritte  tun. 

Für  X  =  l  wird  ffx  =  (r^  und  hat,  in  den  D  entwickelt, 
lauter  positive  Koeffizienten. 

Für  Ä  =  0  wird  Hi  =  D^^  +  i  und  hat,  in  den  D  entwickelt, 
einen  oder  mehrere  negative  Koeffizienten. 

Führt  man  X  monoton  und  stetig  von  1  nach  0  über,  so 
gehen  einer  oder  mehrere  Koeffizienten  der  D  monoton  und  stetig 
von  positiven  zu  negativen  Werten  über  und  passieren  die 
Null  bei  gewissen  Werten 

A   ^—  A     ^—  A      •  •  •    6  vC. 

die  zwischen  0  und  1  liegen.  Der  für  X  =^  X'  verschwindende 
Koeffizient  sei  einen  Augenblick  kurz  mit  1/  bezeichnet  In 
dem  Moment,  wo  X  =  X'  wird,  müssen  alle  Koeffizienten,  die 
nicht  etwa  mit  D'  zugleich  verschwinden,  noch  positiv  sein, 
imd  alle  können  sie  wegen  ihrer  Summe  1  nicht  gleichzeitig 
verschwinden. 
Da 

-^a  =   ^A*  +  1 

mindestens  einen  negativen  Koeffizienten  hat,  so  muB 

A'  >(7  >  0 

sein,  d.  h.  G^^  +  i  liegt  zwischen  Hx'  und  -D«  +  i,  denn  bei 
monotoner  Ändenmg  des  X  bewegt  sich  der  Punkt  llx  immer 
im  nämlichen  Sinne,     ö^^  +  i  ist  daher  in  der  Form 

e^  +  l=«^/A'+(l-«)i>;.+  l  (1<X<0) 

darstellbar,  oder  nach  den  D  entwickelt  in  einer  Form: 


über  Eigebüde.  101 

(XII)      ^,.  +  t=5^oW-öo'  +  ^iWA'+  .••+^^W2>; 

( 2  5^  W  =  1 »  ^®  Ä'  positiv  oder  Null) 

Die  Punkte  B^'y  D(  ...  i>^  spannen  einen  Raum  R^  auf. 
Der  unter  ihnen  befindliche  Punkt  i^^  +  i  kann  nämlich  nicht 
in  dem  von  den  anderen  [s.  (III)]  aufgespannten  Räume  ^^  _  i 
liegen,  wie  Hy»  dies  tut;  sonst  müßte  auch  (?^  als  Punkt  der 
Geraden  jD^  + 1  H^j  dies  tun,  und  würde  durch  /ia  oder  weniger 
der  in  (XI]  verwendeten  Punkte  darstellbar.  Dies  widerspricht 
aber  dem  positiven  von  NuU  verschiedenen  Charakter  der  Koeffi- 
zienten in  (XI)  und  der  Eindeutigkeit  [s.  (VI)]  jener  Dar- 
stellung. Wenn  in  (XU)  durch  Verschwinden  von  Koeffi- 
zienten g  nur  eine  geringere  Anzahl  q  von  Punkten  I)  übrig 
bleibt,  so  spannen  sie  nach  (III)  einen  Raum  Rq^\  auf. 

Somit  läßt  sich  in  jedem  Falle  die  in  unserem  Hilfssatze 
behauptete  Reduktion  ausführen.  Wir  verwenden  ihn  nun  zur 
Reduktion  der  Form  Q  auf  die  Form  B.  Hierbei  ist  zu  be- 
denken, daß  eine  Form  Q  auch  dann  überflüssige  Ä  enthalten 
kann,  wenn  sie  weniger  als  v  +  2  solche  Ä  enthält,  so  daß 
die  Frage  nach  der  Reduzierbarkeit  für  jedes  Q  zu  stellen  ist, 
gleichgültig  durch  wie  viele  A  dargestellt  es  zunächst  vorliegt 

Die  Formen  Q,  welche  sich  durch  ein  oder  zwei  ver- 
schiedene A  ausdrücken,  sind  ersichtlich  nicht  weiter  reduzierbar. 
Weist  eine  Form  ^  mehr  als  zwei  A  auf,  so  identifiziert  man 
zwei  derselben  mit  D^,  D^,  ihre  Koeffizienten  mit  S^,  d^  und 
fi  mit  1,  was  man  tun  darf,  da  die  beiden  A  sicher  einen 
Raum  R^  aufspannen.  Hierauf  untersucht  man,  ob  ein  drittes 
A  in  dem  nämlichen  R^  liegt. 

Wenn  ja,  so  identifiziert  man  es  mit  2>^  + 1  ~  -D, ,  seinen 
Koeffizienten  mit  S^,  erhält  eine  gewisse  Form  G^^  +  i^^G^  und 
reduziert  sie  vermittels  des  Hilfssatzes;  die  erhaltenen  D' 
identifiziert  man  wieder  mit  Punkten  Dq,  D^  und  untersucht, 
ob  ein  viertes  A  auf  ihrer  Geraden  liegt  oder  nicht  etc. 

Wenn  nein,  so  identifiziert  man  fi  mit  2,  das  dritte  A 
mit  i>j,  seinen  Koeffizienten  mit  S^,  was  man  wieder  tun  darf, 
da  die  drei  A  einen  Raum  R^  aufspannen,  und  untersucht  — 
wenn  noch  weitere  A  in  Q  vorhanden  sind  —  ob  ein  viertes 
A  in  dem  nämlichen  R^  liegt  oder  nicht  etc.  Man  sieht,  daß 
man  auf  diese  Weise  fortfahren  kann,  bis  die  Operationen  von 


102  H.  Brunn. 

selbst  ihr  Ende  finden.  Dann  ist  Q  in  die  ge¥rünschte  Form  R 
übergeführt^  und  es  kommen  in  seiner  Darstellung  höchstens 
noch  V  +  1  Punkte  A  vor,  die  wir  mit  jB^,  5j,  B^.  . .  B^  be- 
zeichnen wollen.  Mehr  als  y  +  1  Punkte  können  es  nicht 
sein;  denn  die  sukzessive  behandelten  Formen  enthalten  ent- 
weder unmittelbar  lauter  Punkte  A^  die  eine  Stufe  des  aus- 
gespannten Raumes  um  eins  kleiner  als  ihre  Anzahl  bedingen, 
oder  dieses  Verhältnis  zwischen  Raumstufe  und  Anzahl  der  A 
wird  doch  sogleich  durch  den  Hilfssatz  hergestellt,  muß  also 
auch  beim  Schlüsse  der  Operation  vorhanden  sein;  blieben  nun 
mehr  als  t^  +  1  Punkte  übrig,  so  müßten  sie  einen  Baum  von 
höherer  Stufe  als  v  aufspannen,  was  doch  nicht  einmal  die 
sämtlichen  v  +  \  +  p  gegebenen  Punkte  A  tun. 

Es  lassen  sich  also  durch  wiederholte  Sehnenziehong  aus 
den  V  +  p  +  \  Punkten  A  nur  Punkte  der  Form  R  ableiten; 
diese  sind  aber  von  keiner  höheren  Ordnung  als  ^»4.1,  d.  L 
spätestens  mit  der  (^^  +  1)^°  Sehnenziehung  alle  abgeleitet^  was 
zu  beweisen  war. 

Sowohl  im  Fall  a]  als  im  Fall  b)  kann  unter  den  A  sich 
der  Nullpunkt  befinden  und  können  die  Formen  P,  Q,  R  da- 
durch um  ein  Glied  reduziert  erscheinen.  Dies  ist  aber  keine 
Reduktion  in  unserem  obigen  Sinne;  man  wird  daher  den 
Summanden  a  •  0  vielleicht  besser  in  der  Rechnung  ausdrück- 
lich angeschrieben  mitführen  und  dadurch  verhindern,  daß 
das  betreffende  a,  welches  doch  m^u^l  mitwirkt,  mit- 
samt seinem  A  unseren  Augen  entschwinde.  Andernfalls  müsste 
man  die  Bedingung  2^=1  durch  0^2^  —  1  ersetzen, 
und  dadurch  würden  die  scheinbar  um  ein  Glied  reduzierten 
Formen  von  den  wirklich  reduzierten  wohl  unterschieden  bleiben. 

B)  Beliebige  CDdliche  Figaren. 

Jede  endliche  Figur  F  bestimmt  in  dem  von  ihr  auf- 
gespannten Räume  R^  ein  volles  Eigebilde  E  als  Ort  der  durch 
sie  gegebenen,  bezw.  aus  ihr  ableitbaren  Punkte 

(0),  (1),  (2)  ...  (*,  +  i). 

Zum  Beweise  ist  nur  nötig  zu  zeigen,  daß  es  Punkte  (^,  + 1  +  1) 
schon  nicht  mehr  gibt. 

Ein  Punkt  (^,  + 1  +  1)  müßte  auf  der  Sehne  zweier  Punkte 
niedrigerer  Ordnung   liegen,    diese  Punkte,   soweit   sie   nicht 


über  Eigebüde.  108 

schon  von  nullter  Ordnung  sind,  würden  wieder  auf  Sehnen 
zwischen  Punkten  noch  niedrigerer  Ordnung  hegen  etc.;  in  dieser 
Weise  rückwärts  schließend  würde  man  schUeBlich  zu  all  den 
Punkten  (0)  gelangen^  aus  denen  der  Punkt  (^,  + 1  +  1)  abgeleitet 
wäre.      Die   Anzahl   z^   solcher   Punkte   (0)   würde   höchstens 

2'»'+i  +  ^  sein  —  nämlich  dann^  wenn  jeder  bei  der  Entstehung 
des  Punktes  (*,.  +  i  +  1)  mitwirkende  Punkt  ji***'  Ordnung 
(1  ^/^^^i'  +  i  +  1)  a^8  zwei  Punkten  (/&t  —  1)**'  Ordnung  ab- 
geleitet ist  —  und  mindestens  2'''+^+  1.  Denn  wären  es  weniger^ 
so  würde  (^^  +  1  +  1)  bereits  durch  spätestens  ö^^i  Sehnen  ab- 
leitbar und  also  ein  Punkt  (^y  +  i)  sein. 

Da  aber  i/  +  1  ^ 2^»'  +  ^  ist,  so  müßte  z^^v  +  2,  sagen 

wir  gleich  v  +  1  +  i/'(0  <  v'  <  2*''+^'*"^  —  v)  sein,  und  diese 
Punkte  (0)  könnten  höchstens  einen  Raum  i?y,  nämlich  den 
Raum  der  Figur  F  aufspannen,  der  sie  zugehören.  Nennen 
wir  sie  A^^,  A^,  Ä^  ...  ^y+r'>  so  würde  unser  (^y  +  i+1) 
gemäß  seiner  Ableitung  aus  ihnen  in  der  Form 

(2  a  =  1 ;  die  u  positiv) 
darstellbar  sein,  also  nach  (IX)  auch  in  der  Form 

/*o  ^0  +  A  A  +  Ä  -^2  +   •  •  •    +  ß^-^y 
(2/9  =  1;  die  /?  positiv  oder  Null), 

wo  die  B  aus  den  A  ausgewählt  sind.  Somit  würde  (^y  + 1  +  1)  aber 
durch  Sy^x  Sehnen  ableitbar  und  ein  Punkt  [8^^\)  oder  von 
noch  niedrigerer  Ordnung  sein.  Er  kann  also  nicht  existieren. 
Punkte  höherer  Ordnung  als  ^^  +  1  sind  also  aus  einer  Figur, 
die  einen  Raum  R^  aufspannt,  sicher  nicht  ableitbar;  von  den 
besonderen  Eigenschaften  der  Figur  aber  hängt  es  ab,  ob 
Punkte  bis  zu  dieser  Ordnung  wirklich  existieren.  Bei  einem 
vollen  Eigebilde  gibt  es  z.  B.  überhaupt  nur  Punkte  (0). 

§  8.   Brseugunff  des  Eigebildes  durch  umhüllende  Lineare. 

Unter  einem  Stützhauptlinear,  auch  kurz  Stützlinear,  einer 
Figur  verstehen  wir  ein  Hauptlinear  des  von  der  Figur  auf- 
gespannten Raumes,  das  auf  der  einen  seiner  beiden  Seiten 


104  H.  Brunn.     Ober  Eigebüae. 

gar  keinen  Punkt  der  Figur  liegen  hat  und  mindestens  einen 
Punkt  der  Figur  in  sich  enthält  ^ 

Indem  wir  die  Bezeichnungen  zu  Anfang  von  B)  beibehalten, 
gilt:  Jedes  Hauptlinear  H  von  R^^  das  Stützlinear  von  F  ist, 
ist  auch  Stützlinear  von  E. 

Denn  es  enthält  Punkte  von  E,  weil  Punkte  von  F,  und 
auf  der  Seite  S  von  H^  auf  der  keine  Punkte  von  F^  können 
auch  keine  von  E  liegen.  Denn  läge  ein  Punkt  (/ti)  auf  Seite  Sy 
so  müßte  auch  mindestens  einer  der  Endpunkte  der  erzeugen- 
Sehne,  also  ein  Punkt  (/Ei  ^  1),  (/e^  ^  2),  (/Ei  —  3)  . . .  oder  (0) 
auf  der  Seite  iS  liegen,  und  durch  fortwährende  Wiederanwendung 
dieses  Satzes:  Es  müßte  schließlich  sicher  ein  Punkt  (0),  d.  L 
ein  Punkt  von  F^  auf  Seite  S  liegen,  gegen  die  Voraussetzung. 

Wenn  zwei  parallele  Stützlineare  H  und  H'  von  F  zu- 
sammenfallen, fallen  auch  die  zu  ihnen  parallelen  Stützlineare 
von  E  zusammen,  indem  sie  mit  H  und  H'  identisch  sind. 

Andere  Stützlineare  als  die  von  F  kann  E  nicht  haben, 
da  es,  wie  F  und  überhaupt  jede  endliche  Figur,  von  jeder 
Richtung  zwei  und  nur  zwei  (verschiedene  oder  zusammen- 
fallende) Stützlineare  aufweist 

Die  Stützlineare  von  E  sind  also  identisch  mit  denen 
von  Fy  und  insofern  ein  Eigebilde  durch  seine  Stützlineare  be- 
stimmt ist,  kann  man  sagen: 

E  ist  das  durch  die  Stützlineare  von  F  eingehüllte  Eügebilde, 
oder: 

Die  Stützlineare  einer  endlichen  t^gur  F  umhüllen  ein 
bestimmtes  Eigebilde  E,  das  auch  —  vgl.  §  2  —  durch  Sehnen- 
ziehung erzeugbar  ist 

München,  23.  Juli  1903.«) 

Eingegangen  25.  Juli  1908. 

1)  Vgl.  U.  Minkowski,  Geom.  d.  Zahlen,  p.  13:  „St&tiebene^ 

2)  Erst   nach   Absendang   der   Arbeit   wurde    mir    die   GMSttiii| 
Dissertation   von   F.  Kirchberger:    „Über  Tscbebyschefsche   I 
näherungsmethoden'^  (Göttingen  1902)  bekannt,  in  der  Kap.  IV.  §  5 
anderer  Form   die   nämlichen   Frobleme   behandelt,    wie   unser  Abf 
^  2.  A.  b).    Man  vgl.  auch  H.Minkowski,  Math.  Ann.  57.  p.  449.  1' 


105 


16.  The  Effect  of  One  Associated  Solyent  on  the 
Association  of  Another  Associated  Solvent 

B7  Harry  C.  Jones  in  Baltimore,  Md. 


(The  ezperimeDtal  work  was  carried  out  by  Mr.  Grantland  Murray.) 

This  investigation  was  andertaken  with  the  object  of  deter- 
mining  the  effect  of  one  associated  liquid  on  the  association 
of  another  associated  liquid.  This  was  suggested  by  an  investi- 
gation  carried  out  by  Jones  and  Lindsay^),  on  the  conductivity 
of  certain  electrolytes  in  mixed  solvents.  They  found  that 
Solutions  of  potassium  iodide,  ammonium  bromide,  Strontium 
iodide,  and  lithium  nitrate  conducted  less  in  mixtures  of  methyl 
alcohol  and  water,  than  in  pure  methyl  alcohol.  The  effect  of 
concentration  of  the  Solution,  composition  of  the  mixture, 
temperature  etc.,  was  carefully  investigated,  and  the  above 
result  established  beyond  question. 

At  first  sight  it  seemed  very  difficult  to  interpret  these 
facts.  It,  however,  occurred  to  Lindsay*)  that  the  facts  could 
be  explained  if  one  associated  solvent  diminished  the  association 
of  another  associated  solvent,  since,  according  to  Dutoit  and 
Aston  ^,  the  dissociation  of  electrolytes  by  a  solvent  or  solvents, 
and,  consequently,  their  conductivity  in  Solution,  is  a  function 
of  the  degree  of  association  of  the  solvent;  the  greater  the 
association  of  a  liquid  the  greater  its  dissociating  power. 

Water  and  the  alcohols  were  shown  by  the  work  of 
Ramsay  and  Shields^)  to  be  strongly  associated  liquids.  If 
each  should  diminish  the  association  of  the  other,  a  mixture 
of  two  such  liquids  might  dissociate  less  than  the  lower  disso- 
ciating constituent  of  the  mixture. 


1)  Jones  and  Lindsay^  Amer.  Chem.  Joum.  28«  p.  329. 

2)  Lindsay,  Amer.  Chem.  Joum.  2S.  p.  369. 

3)  Dutoit  and  Aston,  Compt  rend.  12&.p.  240;    Bull.  Soc.  Chim. 
[3]  19.  p.  321. 

4)  Ramsay  and  Shields,  Ztschr.  phys.  Chem.  12.  p.  438. 


106  H.  C.  Jones. 

In  such  a  case  the  conductivity  of  an  electrolyte  in  the 
mixed  solvents  might  be  less  than  in  the  lower  conducting 
solvent^  which  was  what  was  foond  to  be  trae. 

In  Order  to  determine  whether  associated  liquide  have 
any  general  influence  on  each  others  association,  it  is  necessary 
to  take  associated  liquids  and  determine  the  molecular  weights 
of  each  in  the  other,  and  then  compare  the  results  with  the 
molecular  weights  of  the  several  liquids  in  the  pure  condition. 

There  are  not  many  liquids  which  can  be  employed  in 
this  work,  since  the  boiling-point  method  of  determining  mole- 
cular weights  cannot  be  used  for  one  liquid  dissolved  in  another. 
We  are,  therefore,  limited  to  the  freezing-point  method ,  and 
of  those  liquids  whose  association  is  known  only  a  few  freeze 
at  temperatures  to  which  the  freezing-point  method  can  be 
applied. 

Liquids  used  in  this  work.  The  liquids  used  in  this 
work  must  dissolye  readily  in  one  another,  must  not  act  che- 
mically  upon  one  another,  must  not  undergo  appreciable 
electrolytic  dissociation  when  dissolved  in  one  another,  and 
must  be  strongly  associated  substances.  The  liquids  used  are: 
water,  acetic  acid,  and  formic  acid. 

The  water  was  purified  by  distillation  from  chromic  acid, 
and  had  a  conductivity  of  1,2  x  10~^  The  acetic  acid  and 
formic  acid  were  purified  by  fractional  crystallization,  the 
form  er  freezing  sharply  at  16,5^  and  the  latter  at  7^. 

With  the  above  liquids  the  following  measurements  were 
made  by  the  freezing-point  method. 

I.  The  molecular  weight  of  water  in  acetic  acid. 

II.  The  molecular  weight  of  water  in  formic  acid. 
in.  The  molecular  weight  of  acetic  acid  in  water. 
IV.  The  molecular  weight  of  acetic  acid  in  formic  acid. 

V.  The  molecular  weight  of  formic  acid  in  water. 
VI.  The  molecular  weight  of  formic  acid  in  acetic  acid. 

Results. 

The  results  are  given  in  the  following  tables:  Column  I 
contains  the  amount  of  solvent  used;  column  II  the  amount 
of  liquid  whose  molecular  weight  was  to  be  determined;  qo- 


Effect  of  One  Associated  Solvent  on  Association  of  Another,     107 

lumn  III  the  concentratioD  in  terms  of  normal^  —  a  normal 
Solution  being  defined  as  one  that  contains  a  gram-molecular 
weight  of  the  electrolyte  in  1000  grams  of  the  solvent; 
column  rV  gives  the  freezing-point  lowerings  actually  observed^ 
and  column  V  the  molecular  weight  of  the  liquid  at  the  con- 
centration  in  question. 

In  all  this  work  care  was  taken  to  keep  the  temperature 
of  the  freezing-mixture  only  a  little  below  the  freezing-point 
of  the  Solution. 


Water  (18)  in  Acetic  Acid. 


I 

II 

in 

IV 

V 

Acetic  Acid 

Water 

Concentration 

Lowering 

Mol.  Wt 

39,68 

0,454 

0,64 

2,06<> 

21,7 

88,32 

0,514 

0,75 

2,38 

22,0 

38,32 

0,820 

1,19 

8,58 

28,3 

39,68 

0,947 

1,88 

3,93 

28,7 

39,68 

1,547 

2,17 

5,89 

25,8 

39,68 

2,061 

2,89 

7,45 

27,2 

39,68 

2,541 

3,56 

8,79 

28,4 

38,32 

2,637 

3,82 

9,33 

28,8 

39,68 

2,992 

4,19 

9,95 

29,6 

39,68 

3,870 

5,42 

12,11 

31,4 

39,68 

4,686 

6,56 

14,00 

32,9 

39,68 

5,589 

7,83 

16,04 

34,2 

39,68 

6,472 

9,06 

17,86 

35,6 

39,68 

7,566 

10,59 

20,07 

37,1 

39,68 

8,559 

11,98 

22,00 

38,2 

39,68 

9,032 

12,65 

22,90 

38,8 

Water  (18)  Id  Formic  Acid. 


I 

II 

III 

IV 

V 

Formic  Acid 

Water 

Concentration 

Lowering 

Mol.  Wt 

48,24 

0,808 

0,93 

2,35<' 

19,7 

48,24 

1,325 

1,58 

3,75 

20,3 

48,24 

2,204 

2,54 

6,13 

20,6 

48,24 

3,060 

3,52 

8,30 

21,2 

48,24 

4,434 

5,13 

11,69 

21,8 

48,24 

5,376 

6,18 

14,11 

21,9 

108 

H,  C,  Jones. 

Acetie 

Acid  (60)  in  Water. 

I 

U 

m 

IV 

V 

Water 

Acetie  Acid 

Concentration 

Lowering 

Mol.  Wt 

37,15 

0,376 

0,17 

0,34« 

55,4 

37,15 

3,959 

1,78 

3,30 

60,1 

87,15 

6,830 

8,06 

5,45 

62,7 

50,65 

10,794 

3,56 

6,19 

64,0 

62,17 

17,474 

4,70 

7,85 

66,6 

37,15 

10,771 

4,83 

8,05 

67,0 

37,15 

15,728 

7,06 

10,92 

72,1 

Acetie  Acid  (60)  in  Formic  Acid. 

I 

II 

UI 

IV 

V 

Formic  Acid 

Acetie  Acid 

Concentration 

lowering 

Mol.  Wt 

40,85 

0,483 

0,18 

0,48<> 

61,9 

84,28 

1,018 

0,50 

1,27 

64,9 

40,35 

1,593 

0,66 

1,65 

66,3 

34,72 

1,835 

0,88 

2,16 

67,8 

34,28 

2,256 

1,10 

2,67 

68,4 

38,49 

2,873 

1,24 

2,98 

69,4 

34,72 

3,968 

1,90 

4,45 

71,1 

88,49 

6,464 

2,80 

6,29 

74,0 

34,72 

10,708 

5,14 

10,97 

77,9 

34,23 

10,764 

5,24 

11,16 

78,0 

34,23 

18,838 

9,17 

18,19 

83,8 

Formic 

Acid  (46)  in  Water. 

I 

n 

III 

IV 

V 

Water 

Formic  Acid 

Concentration 

Ijowering 

Mol.  Wt 

35,10 

0,546 

0,84 

0,64*> 

45,2 

193,67 

7,850 

0,88 

1,62 

46,5 

35,10 

1,667 

1,03 

1,89 

46,7 

35,10 

4,928 

3,05 

5,28 

49,5 

136,79 

81,564 

5,03 

8,50 

50,5 

141,43 

40,109 

6,16 

10,34 

51,0 

Formic  A< 

cid  (46)  in  Ace 

tic  Acid. 

I 

U 

III 

IV 

V 

Acetie  Acid 

Formic  Acid 

Concentration 

Lowering 

Mol.  Wt. 

30,41 

1,152 

0,82 

2,93* 

50,4 

30,41 

1,702 

1,22 

4,26 

51,2 

30,41 

2,303 

1,65 

5,66 

52,2 

30,41 

2,820 

2,02 

6,84 

52,9 

i^cef  of  One  Associated  Solvent  nn  Association  of  Änothtr. 


Mtie  Aeid 

Ponnic  Aoid 

Concentration 

Lowering 

Mol.  WL 

»,« 

S,410 

3,44 

8,10 

54,0 

IMI 

4.8«' 

3,05 

e,os 

55,1 

»,« 

5,0»8 

«,«4 

11,55 

68,« 

»,41 

6,18« 

4,M 

13,53 

58,2 

10,« 

7,024 

5,02 

15,24 

59,1 

KM 

14,314 

8,S« 

18,40 

«2,0 

UV» 

11,403 

8,28 

22,54 

«V 

■ 


Pig-  2- 


Theae  resulUare  plotted  iu  curvea.  The  molecular  weigbt 
of  water  in  ac«tic  acid  and  formic  acid  with  varying  concentra- 
tion in  Fig.  1,  the  molecular  weight  of  acetic  acid  in  water 
aod  in  formic  acid  in  Fig.  2 ,  and  the  molecular  weight  of 
formic  acid  in  water  and  in  acetic  acid  in  Fig.  8. 


110 


H.  C.  Jonet. 


DJaonralon  of  Boanlts. 
The  molecular  weight  of  water  in  acetic  acid  at  the 
greatest  dilutioo  nsed  [0,64  normal]  is  21,7,  whioh  a  only 
slightl;  greater  than  tha  molectilar  weight  correspondii^  to  the 
compoeition  H,0.  lu  the  most  conceDtrated  Solution  used, 
whicb  iB  Bomewhat  more  than  tweWe  times  normal,  the  mole- 
cular weight  of  the  water  is  a  little  more  than  wonld  corre- 
Bpond  to  the  compOBttion  (H,0),.  In  pure  water,  however,  we 
know  from  the  work  of  Ramsay  and  Shields  that  the  mole- 
culea  have  the  composition  [H,0)^.    The  aseociation  of  water 


^" 

-i              ^^"^ 

V       a' 

^?         it^ 

O-        n^ 

t      ii? 

/      ^ 

/ -  ^^ 

Fig.  3. 

18,  therefore,  greatl;  diminished  by  the  presence  of  the  asso- 
ciated  Bolveot  acetic  acid. 

The  same  remark  applies  to  aoluüons  of  water  in  formic 
acid.  At  the  gre&teet  dilution  the  molecular  weight  of  the 
water  is  only  sligbtly  above  normal,  the  molecular  weight  in- 
creasing  sligbtly  as  tbe  couceutratiou  of  the  Solution  increases. 
The  complex  molecules  of  water  are  broken  down  to  eveu  a 
greater  extent  by  formic  acid  than  by  acetic  acid.  Thie  is  in 
keeping  with  Üie  relative  powers  of  tbese  two  solvents  to  break 
molecules  down  into  ions  —  formic  acid  being  a  much  stronger 
dissociant  than  acetic  acid. 

The  molecular  weight  of  acetic  acid  in  water  is  ^iprox- 
imately  normal  for  the  more  dilute  Solutions  investigated,  in- 
creasing    aomewhat   above    normal   in   the    more   concentrated 


Effect  of  One  Associated  Solvent  on  Association  of  Another,     111 

Solutions.  The  amount  of  electrolytic  dissociation  of  even  the 
most  dilnte  Solutions  of  acetic  acid  in  water  is  so  small  as  to 
exercise  only  a  slight  influence  on  the  results. 

Pure  acetic  acid  at  the  freezing-point  temperature  is  a 
very  much  associated  liquid.  The  work  of  Bamsay  and 
Shields^)  has  shown  that  the  dififerential  coefficient  K  for 
acetic  acid  between  16^  and  46^,  is  0,9.     The  association  — 


-dif)»-»,.. 


It  is,  therefore,  ohvious  that  the  association  of  acetic  acid  is 
greatiy  diminished  by  water. 

The  molecular  weight  of  acetic  acid  in  formic  acid  is 
greater  than  in  water  at  the  same  concentrations,  ranging  from 
61,9  to  83|8  for  the  dijSerent  concentrations  employed.  This 
again  is  what  we  might  expect.  Water  having  a  greater  power 
than  formic  acid  to  break  molecules  down  into  ions,  also  has 
a  greater  power  to  break  down  complex  molecules  into  simpler 
ones.  In  no  case,  however,  is  the  molecular  weight  of  acetic 
acid  in  formic  acid  greater  than  about  one  and  one-fourth  the 
simplest  molecular  weight;  showing  that  the  complex  molecules 
of  pure  acetic  acid  are  greatiy  decomposed  by  the  formic  acid. 

The  same  remarks  apply  in  general  for  formic  acid  in  water 
and  in  acetic  acid.  Formic  acid  in  the  pure  condition  is 
associated  to  just  about  the  same  extent  as  acetic  acid. 
Ramsay  and  Shields^)  found  the  coefficient  K  for  formic 
acid  to  be  0,902.     Therefore,  the  association  is  — 


_  /2,12  U  _  3  6 


The  molecular  weight  of  formic  acid  in  water  is  only  slightly 
greater  than  normal  even  at  the  greatest  concentration  em- 
ployed.  In  acetic  acid  the  molecular  weight  is  greater  than 
in  water  at  the  same  concentration.  This  is  analogous  to  what 
has  been  found  with  the  other  solvents  employed.  Water  has 
the  greatest  power  to  break  down  molecules  into  ions,  and 
also  the  greatest  power  to  decompose  molecular  complexes  into 
simpler  molecules. 


1)  Ramsay  and  Shields,  Ztschr.  phys.  Chem.  12.  p.  469.  1893, 


112        H,  C.  Jones.     Effect  of  One  Associated  Solvent  etc. 

The  effect  of  the  dissolved  substance  tcould  be  to  diminish 
Üie  constant  of  the  solvent.  This  effect  would  be  appreciable 
onlf  when  tiie  concentration  of  the  Solution  had  become 
considerable.  As  the  freezing-point  constant  becomes  less 
the  molecular  weight  as  calculated  from  the  obseired  fireezing- 
point  lowering  would  be  less  than  that  given  aboye,  whidi 
is  calculated  on  the  assumption  that  the  constant  remains 
constant  The  effect  of  this  influence  would  be  to  show  a  still 
greater  diminution  of  the  association  of  the  dissolved  substance 
b7  the  solvent  than  would  be  indicated  by  the  above  results. 

If  in  the  more  concentrated  Solutions  some  of  the  du- 
solved  substance  separated  in  the  solid  form^  this  would  give  a 
smaller  lowering  of  the  freezing-point ,  and,  consequently,  a 
molecular  weight  for  the  dissolved  substance  which  was  higher 
than  the  true  molecular  weight 

Taldng  all  of  these  facts  into  account  the  above  conclusion 
that  one  associated  liquid  diminishes  the  association  of  another 
associated  liquid  is  fully  justified  by  the  experimental  results. 

I  propose  to  extend  this  investigation  espedally  to  the 
action  of  non-associated  solvents  on  the  association  of  associated 
solvents. 

JohnsHopkins  Univ.^  Chemical  Laboratory,  April  1903. 

(Eingegaogen  26.  Juli  1908.) 


113 


17.  über  die  mechanische 
Bedeutung  der  Temperatur  und  der  Entropie. 

Von  Max  Planck  in  Berlin. 


Die  für  jede  mechanische  Theorie  der  thermischen  Vor- 
gänge fundamentale  Frage  nach  der  mechanischen  Bedeutung 
des  Temperaturbegriffes  hängt  aufs  engste  zusammen  mit  der- 
jenigen nach  der  mechanischen  Bedeutung  der  Entropie,  welche 
Größe  ja  mit  der  Temperatur  durch  die  bekannte  thermo- 
dynamische  Gleichung  T.dS^dQ  verknüpft  ist.  Durch  Be- 
antwortung der  einen  Frage  ist  also  die  andere  zugleich  mit 
erledigt.  Während  sich  nun  aber  in  früherer  Zeit  das  nächste 
Interesse  naturgemäß  der  Temperatur  als  der  direkter  meß- 
baren Größe  zuwandte,  und  die  Entropie  erst  als  ein  daraus 
abzuleitender  komplizierterer  Begriff  erschien,  hat  sich  heute  das 
Verhältnis  eher  umgekehrt:  es  gilt  vor  allem  die  Entropie 
mechanisch  zu  erklären;  dann  ist  dadurch  auch  die  Temperatur 
zugleich  mit  definiert.  Der  Grund  zu  dieser  Änderung  der 
Fragestellung  liegt  in  folgendem :  Bei  allen  auf  breiterer  Grund- 
lage angelegten  Versuchen,  die  Thermodynamik  rein  mecha- 
nisch aufzufassen,  so  z.  B.  bei  der  von  Helmholtz  entwickelten 
Theorie  der  monozyklischen  Systeme,  hat  sich  immer  wieder 
herausgestellt,  was  auch  von  vornherein  einleuchtend  ist,  daß 
man  zu  einer  allseitig  begründeten  mechanischen  Definition 
der  Temperatur  nur  gelangen  kann,  wenn  man  auf  die  Eigen- 
tümlichkeiten des  „Wärmegleichgewichtes"  zurückgeht.  ^)  Dieser 
Begriff  ist  aber  in  seiner  vollen  Bedeutung  nur  vom  Stand- 
punkt der  Irreversibilität  aus  zu  verstehen.  Denn  das  Wärme- 
gleichgewicht ist  nur  zu  definiren  als  der  Endzustand,  dem  alle 
irreversiblen  Prozesse  zustreben.     So  führt  die  Frage  nach  der 

1)  Auch  die  Bedingung,  daß  T  einen  „integrierenden  Nenner"  des 
Wärmedifferentials  d  Q  darstellt,  genügt  bekanntlich  noch  nicht  zur  voll- 
ständigen Definition  der  Temperatur,  sondern  läßt  gerade  ihre  wichtigste 
Eigenschaft  unbestimmt. 

Boltzmann- Festschrift.  8 


114  ]U.  Planck. 

Temperatur  mit  Notwendigkeit  zur  Frage  nach  dem  Wesen  der 
Irreversibilität^  und  dies  seinerseits  liegt  ausschließlich  begründet 
in  der  Existenz  der  Entropiefunktion.  Letztere  Größe  bildet  also 
den  primären,  allgemeinen,  fOr  alle  Arten  von  Zuständen  und 
Zustandsänderungen  bedeutungsvollen  Begriff,  während  die 
Temperatur  daraus  erst  hervorgeht  mittels  der  speziellen  Be- 
dingung des  Wärmegleichgewichtes,  in  welchem  die  Entropie 
ihr  Maximum  erreicht.  Eine  Entropie  besitzt  ein  Körper  nach 
dem  zweiten  Hauptsatz  der  Thermodynamik  in  jedem  Zustande, 
eine  Temperatur  aber  nur  dann,  wenn  der  Zustand  in  gewissem 
Sinne  stationär  geworden  ist.  So  kann  man  z.  B.  fCLr  ein  Otu 
mit  ganz  beliebig  vorgeschriebener  Geschwindigkeitsverteilong 
stets  die  Entropie  angeben,  die  Temperatur  aber  nur  dann, 
wenn  die  Geschwindigkeitsverteilung  mit  der  Maxwellschen 
genau  oder  nahezu  zusammenfällt. 

Glausius  und  Maxwell  scheinen  noch  nicht  den  Versuch 
einer  direkten  allgemeinen  mechanischen  Definition  der  Entropie 
gemacht  zu  haben.  Diesen  Schritt  zu  tun,  war  erst  L.  Boltz- 
mann  vorbehalten,  welcher,  ausgehend  von  der  kinetischen 
Theorie  der  Gase,  die  Entropie  allgemein  und  eindeutig  durch 
den  Logarithmus  der  Wahrscheinlichkeit  des  mechanischen 
Zustandes  definiert  hat.  Neuerdings  ist  der  Boltzmannschen 
mechanischen  Definition  der  Entropie  eine  andere,  und  sogar 
noch  eine  zweite  und  eine  dritte,  an  die  Seite  gestellt  worden, 
und  zwar  ebenfalls  auf  Grundlage  der  Wahrscheinlichkeits- 
rechnung, in  dem  Werke  über  statistische  Mechanik  von 
J.  W.  Gibbs.  Die  Gibbsschen  Definitionen  erheben  insofern 
Anspruch  auf  allgemeinere  Bedeutung,  als  sie  von  vornherein 
gar  keine  besonderen  Annahmen  über  die  Natur  des  betrach- 
teten mechanischen  Systems  zur  Voraussetzung  haben;  sie 
lassen  sich  prinzipieU  mit  demselben  Erfolge  auf  Systeme  von 
vielen,  wie  auch  von  wenigen  Freiheitsgraden,  bestehend  aus 
gleichartigen  oder  aus  ungleichartigen  Bestandteilen,  anwenden; 
jeder  einzelnen  Definition  der  Entropie  entspricht  natürlich 
gemäß  der  schon  oben  erwähnten  Gleichung  dQ=:  T.dS  eine 
besondere  Definition  der  Temperatur.  Für  Systeme  von  einer 
sehr  großen  Zahl  von  Freiheitsgraden  fllhren  aber,  wie  Gibbs 
allgemein  zeigt,  seine  drei  verschiedenen  Definitionen  immer 
zu  demselben  Resultate,  so  daß  z.  B.  fUr  einen  Komplex  von 


jMech,  Bedeutung  der  Temperatur  und  der  Entropie.      1 1 5 

sehr  vielen  Molekülen,  wie  ihn  jeder  warme  Körper  vorstellt, 
nur  eine  einzige  Definition  der  Entropie  übrig  bleibt,  welche 
mit  derjenigen  der  Thermodynamik  übereinstimmt. 

Es  sollen  nun  in  der  folgenden  Studie  die  genannten  ver- 
schiedenartigen Definitionen  näher  ins  Auge  gefaßt  und  ihre 
Bedeutung  an  der  Hand  eines  einfachen  SpeziaUalles  verglichen 
werden,  um  daraus  womöglich  Anhaltspunkte  zu  gewinnen  zur 
Entscheidung  der  prinzipiellen,  von  Gibbs  noch  offen  ge- 
lassenen Frage,  welcher  Definition  der  Entropie  und  der  Tem- 
peratur endgültig  der  Vorrang  vor  den  übrigen  zuzuerkennen 
ist.  Wir  betrachten  zu  dem  Zwecke  ein  mechanisches  System, 
welches  aus  einer  großen  Zahl  n  frei  beweglicher  in  ein  be- 
stimmtes Volumen  i;  eingeschlossener  materieller  Partikel 
(Atome)  besteht  Die  Elnergie  e  des  Systems  sei  nur  kine- 
tischer Art: 

(1)  «  =  ^f  (^^  +  y*  +  n 

Es  soll  die  Entropie  dieses  Systems  nach  den  verschiedenen 
vorliegenden  Definitionen  berechnet  werden. 

Sowohl  Boltzmann  als  auch  Gibbs  gehen  aus  von  dem 
Begriff  einer  Komplexion  („Phase"),  d.  h.  der  Gesamtheit 
der   gleichzeitigen    Werte    der   unabhängigen   3w  Koordinaten 

^V  VV  ^V  "  '  ^n»  I/n>  ^n  ^^^  ^^^  ^^  ImpulsC  m^  a\j  Wj  ij^y  m^  z^  ... 

wi  jf  ,  wi  ?/ ,  m^z.  Jeder  einzelnen  Partikel  sind  drei  be- 
stimmte  Koordinaten  und  drei  bestimmte  Impulse  zugeordnet, 
welche  ihre  Lage  und  ihre  Geschwindigkeit  angeben.  Im 
allgemeinen  werden  alle  in  dem  System  enthaltenen  Partikel 
von  Natur  verschiedenartig  sein.  Falls  gleichartige  unter  ihnen 
vorkommen,  so  sind,  um  Unbestimmtheiten  zu  vermeiden,  die- 
selben numeriert  oder  in  irgend  einer  anderen  Weise  individuell 
charakterisiert  zu  denken.  Denn  wenn  eine  Zustandsänderung 
des  Systems  durch  eine  gegebene  Änderung  der  Koordinaten 
und  Impulse  eindeutig  bestimmt  sein  soll,  so  muß  man  wissen, 
auf  welche  Partikel  sich  jede  Koordinate  und  jeder  Impuls 
bezieht 

Untersuchen  wir  nun  zunächst  den  Fall  des  stationären 
Bewegungszustandes,  und  zwar  unter  der  Annahme,  daß  alle 
Partikel  des  Systems  von  Natur  gleichartig  sind,  wie  bei  einem 
chemisch  homogenen  einatomigen  Gase.    Dann  führen  alle  verr 

8* 


116  M.  Planck. 

schiedenen  Definitionen  der  Entropie  zu  dem  nämUchen  mit 
der  Thermodynamik  übereinstimmenden  Ausdruck.  Für  die 
Boltz  mann  sehe  Definition  darf  dies  als  bekannt  vorausgesetzt 
werden/)  für  die  drei  Gibbs sehen  Definitionen  dagegen  ist 
die  direkte  Berechnung  vielleicht  nicht  ohne  Interesse,  zumal 
dieselben  sich  schon  in  der  äußeren  Form  von  der  Boltzmann- 
schen  sehr  erheblich  unterscheiden.  Ja,  die  erste  scheint  sogar 
auf  den  ersten  Anblick  einen  entgegengesetzten  Sinn  zu  haben. 
Während  nämlich  Boltzmann  die  Entropie  durch  den  Loga- 
rithmus der  Wahrscheinlichkeit  definiert,  ist  die  Entropie  nach 
der  ersten  Definition  von  Gibbs  der  negativ  genommene 
mittlere  Logarithmus  der  Wahrscheinlichkeit.  Bei  irreversiblen 
Prozessen  nimmt  also  bei  Gibbs  der  mittlere  Logarithmus 
der  Wahrscheinlichkeit  ab,  während  bei  Boltzmann  der  Loga- 
rithmus der  Wahrscheinlichkeit  zunimmt.  Dieser  Widerspruch 
der  beiden  Definitionen  der  Entropie  ist  aber  nur  ein  schein- 
barer, er  verschwindet  sogleich,  wenn  man  darauf  Bücksicht 
nimmt,  daß  die  beiden  Autoren  mit  dem  Worte  Wahrschein- 
Uchkeit  hier  gänzUch  verschiedene  Begriffe  verbinden.  Dies  muß 
zunächst  näher  erörtert  werden. 

Boltzmann  gewinnt  den  Ausdruck  für  die  Größe  der 
Wahrscheinlichkeit  dadurch,  daß  er  ausgeht  von  dem  Unter- 
schied zwischen  einem  Zustand  des  betrachteten  Systems  und 
einer  Eomplexion  des  betrachteten  Systems.  Ein  Zustand  des 
Systems  ist  bestimmt  durch  das  Gesetz  der  Raum-  und  G^ 
schwindigkeitsverteilung,  d.  h.  durch  die  Angabe  der  Anzahl 
Partikel,  welche  in  jedem  einzelnen  Elementargebiet  des  Raumes 
und  der  Geschwindigkeiten  liegen,  wobei  angenommen  ist,  daß 
auf  jedes  der  als  gleichgroß  angenommenen  Elementargebiete 
immer  noch  sehr  viele  Partikel  entfallen.  Hiernach  umfaßt 
ein  bestimmter  Zustand  des  Systems  eine  sehr  große  Anzahl 
von  Komplexionen.  Denn  wenn  irgend  zwei  Partikel,  welche 
verschiedenen  Gebieten  angehören,  ihre  Koordinaten  und  Im- 
pulse tauschen,  so  erhält  man  eine  neue  Eomplexion,  aber  den 
nämlichen  Zustand.  Nimmt  man  nun  mit  Boltzmann  alle 
Komplexionen  als  gleichwahrscheinlich  an,  so  ergibt  die  Anzahl 


1)  Vgl.   z.  B.   L.   Boltzmann,    Vorlesungen    über  Gastheorie   1. 
p.  88  ff.  1896. 


Mech.  Bedeutung  der  Temperatur  und  der  Entropie,      117 

der  KomplexioneD,  welche  ein  bestimmter  Zustand  umfaßt,  zu- 
gleich auch  die  Wahrscheinlichkeit  und  mithin  die  Entropie 
des  Systems  in  dem  betreffenden  Zustande,  bis  auf  eine  un- 
bestimmt bleibende  additive  Konstante.  Für  diese  Definition 
der  Entropie  ist  offenbar  die  gemachte  Voraussetzung  wichtig, 
daB  alle  Partikel  gleichartig  sind;  denn  sonst  würde  eine  Yer- 
tauschung  von  Partikeln  aus  verschiedenen  Gebieten  nicht  nur 
die  Eomplexion,  sondern  auch  den  Zustand  ändern. 

Bei  Gibbs  dagegen  spielt  die  Frage  nach  der  Gleich- 
artigkeit der  in  dem  System  enthaltenen  Partikel  fUr  die  Be- 
stimmung der  Entropie  ebensowenig  eine  Rolle,  wie  die  nach 
dem  Gesetz  ihrer  Raum-  und  Geschwindigkeitsverteilung.  Die 
Definition  der  Entropie  erfordert  hier  überhaupt  gar  kein 
näheres  Eingehen  auf  die  Natur  des  betrachteten  Systems. 
Was  hier  in  Rechnung  gezogen  wird,  ist  vielmehr  die  Ge- 
samtheit der  Eomplexionen,  die  man  erhält,  wenn  man  dem 
System  alle  innerhalb  besonderer  Beschränkungen  möglichen 
verschiedenen  Werte  der  Koordinaten  und  der  Geschwindig- 
keiten erteilt  denkt  Die  Werte  der  Koordinaten  sind  durch 
die  Größe  des  gegebenen  Volumens  i;  beschränkt,  für  die  Ge- 
schwindigkeiten aber  werden  besondere  Festsetzungen  getroffen, 
und  je  nach  der  Wahl  dieser  Festsetzungen  erhält  man  ver- 
schiedene Definitionen  der  Entropie. 

Bei  der  ersten  Definition  von  Gibbs  werden  alle  Ge- 
schwindigkeiten von  —  00  bis  +00,  also  alle  Werte  der 
Energie  €  des  Systems  zwischen  0  und  oc  als  möglich  zuge- 
lassen, und  es  wird  die  Wahrscheinlichkeit  P  einer  Komplexion 
(oder  eines  Zustandes,  was  hier  keinen  Unterschied  macht) 
definiert  durch  die  Festsetzung: 

wobei  xf)  und  0  Konstante  vorstellen,  welche  bestimmt  sind 
durch  den  Wert  1  des  Integrals  von  P  über  das  ganze  Kom- 
plexionsgebiet, und  durch  den  Mittelwert  6  der  Energie  für  alle 
Komplexionen,  eine  jede  nach  Maßgabe  ihrer  Wahrscheinlich- 
keit gerechnet.     Dies  ergibt  für  den  vorliegenden  Fall: 

1  =  I  ....  I  P d x^  , , , ,  d z  ,  m  d x^ . , . ,  m  d Zj^, 


118  M.  Planck. 

oder,  mit  Substitution  des  Wertes  von  P  und  Ausf&hrung  der 
Integrationen  über  die  Koordinaten  und  die  Geschwindigkeiten, 
wobei  c  durch  Gleichung  (1)  gegeben  ist: 

%p  Sn 

1  =:  tfö  .r».(2jrm0)2r. 
Ferner: 

€  I  ....  I  Pdx^ ...  ,mdz^  =  j  ,.,.  i  ePdXj^  ....mrfi^. 

Daraus  auf  ähnliche  Weise: 

6  =  -|n0. 
Hieraus  folgen  für  0  und  ip  die  Werte: 

0  =  -— ,  t/;  =  —  «  log  — r ir  log  «^  • 

Nun  ist  nach  Gibbs  die  Entropie  der  negativ  genommene 
mittlere  Logarithmus  der  Wahrscheinlichkeit,  also: 

—  log  -P  =  ~S~  ~  ~T  ^^S  €  +  »  log  V  +  const. 

und  dieser  Ausdruck  entspricht  in  der  Tat  nach  Größe  und 
Vorzeichen  der  Entropie  eines  einatomigen  Gases.  Insbesondere 
verhalten  sich  die  Koeffizienten  der  beiden  Logarithmen,  welche 
das  Verhältnis  cj  [c^  —  cj  angeben,  wie  3 : 2. 

Bei  der  zweiten  Definition  von  Gibbs  wird  nicht  ein 
Mittelwert,  sondern  der  genaue  Wert  der  Energie  des  Systems  e 
als  gegeben  angenommen;  bei  der  Berechnung  der  Entropie 
werden  aber  alle  diejenigen  Geschwindigkeiten  der  Partikel  in 
Betracht  gezogen,  welche  einer  Energie  des  Systems  entsprechen, 
die  kleiner  ist  als  die  gegebene  Energie  €.  Dann  ist  die 
Entropie  gleich  dem  Logarithmus  des  Volumens  V  des  ge- 
samten so  erhaltenen  Komplexionsraumes.  Daher  erhält  man 
hier  für  die  Entropie: 

log  r=  log  I  ••••  I  dx^  ...,dz^,mdx^  ....iwdi^. 

Die  Grenzen  der  Integrale  für  die  Koordinaten  ar^ . . . .  z, 
sind  bestimmt  durch  das  gegebene  Volumen  v  des  Systems, 
die  Grenzen  für  die  Geschwindigkeitskomponenten  x^  •  •  •  •  ^n 
aber  dadurch,  daß: 


Mech,  Bedeutung  der  Temperatur  und  der  Entropie.      119 

Jede  einzelne  Geschwindigkeitskomponente  liegt  also  notwendig 
zwischen  den  Grenzen  ±  ^2tjm.  Die  weitere  Berechnung  er- 
gibt für  die  Entropie: 

logr=logr-  +  logJ*....yrf(xi|/g....d(i,y^J.(2.«JF, 
wobei  das  Integrationsgebiet  bestimmt  ist  durch  die  Bedingung: 

Man  ersieht  hieraus^  daß  das  3n-fache  Integral  folgenden  Wert 
besitzt: 

8» 

(26mp  .C, 
wobei  C  eine  reine  Zahl  vorstellt    Daraus  folgt  fiii*  die  Emtropie: 

log  r  =  71  log  t;  +  -r-  log  e  +  const.^ 

wesentlich  übereinstimmend  mit  der  ersten  Definition  der 
Entropie. 

Die  dritte  Gibbssche  Definition  der  Entropie  endlich  hängt 
mit  der  zweiten  einfach  dadurch  zusammen,  daß  man  die 
Entropie  nicht  =  log  T,  sondern  =  logdVjd^  setzt.  Da  nun 
nach  der  letzten  Gleichung  durch  Differentiation: 

1   d  K       3»  ,  dV      Sn    V 

T?  -3 —  =  ;r-       Oder       -T—  =  -  - .  — , 

V  da         2b  de  2      6  ^ 

80  ergibt  sich  nach  der  dritten  Definition  für  die  Entropie: 

d  V 
log  ^     =  log  r  —  log  6  +  const. 


=  n  log  V  +  l-^  —  1  j  log  e  +  const. 


also,    da   n    eine   große   Zahl   ist,    wiederum   wesentlich    der 
frühere  Wert 

Für  den  Fall  vieler  gleichartiger  Partikel  im  stationären 
Bewegungszustand  führen  mithin  die  verschiedenartigen  De- 
finitionen alle  im  wesentlichen  zu  demselben  Ausdruck  der 
Entropie.  Daraus  folgt,  daß  sich  aus  der  Untersuchung  dieses 
Falles  keinerlei  Entscheidung  zu  gunsten  der  einen  oder  der 
anderen  Definition  ableiten  läßt  Gehen  wir  nun  aber  über 
zu  dem  allgemeinen  Fall,  daß  von  den  Partikeln  mehrere  ver- 


120  M.  Planck. 

schiedene  Arten  yorhanden  sind,  wie  er  bei  einer  Mischung 
verschiedener  Gase  realisiert  ist,  und  fragen  hierfür  nach  dem 
Ausdruck  der  Entropie,  so  ergeben  die  Definitionen  von  Boltz- 
mann  und  von  Gibbs  wesentlich  abweichende  Resultate.  Die 
Boltzmannsche  Definition  liefert  nämlich  mit  Rücksicht 
darauf,  daß  nun  die  Anzahl  der  Eomplexionen,  welche  einem 
gegebenen  Zustande  entsprechen,  wesentlich  modifiziert  wird, 
einen  Wert  für  die  Entropie,  welcher  dem  aus  der  Thermo- 
dynamik abgeleiteten  in  jeder  Hinsicht  entspricht,  einschließlich 
derjenigen  Glieder,  die  von  den  Konzentrationen  der  verschie- 
denen Atomarten  herrühren.  Die  Gibbs  sehen  Definitionen 
dagegen,  welche  auf  die  Natur  der  Partikel  gar  keine  Bück- 
sicht nehmen,  ergeben  wieder  dieselben  Ausdrücke,  die  oben 
berechnet  sind,  sie  erteilen  also  zunächst  keinen  Aufschluß 
über  die  Art,  wie  die  verschiedenen  Konzentrationen  in  die 
additive  Konstante  des  Entropieausdruckes  eingehen.  Will 
man  auf  diesem  Wege  zu  der  thermodynamischen  Form  der 
Entropie  gelangen,  so  ist  hier  eine  nachträgliche  Ergänzung 
der  Definition  der  Entropie  notwendig,  und  diese  Ergänzung 
kann  nur  dadurch  geliefert  werden,  daß  man  zu  den  früher 
betrachteten  Komplexionen  noch  neue  Komplexionen  mit  in 
die  Berechnung  hineinzieht,  indem  nämlich  nicht  nur  die  Ko- 
ordinaten und  die  Geschwindigkeitskomponenten,  sondern  auch 
die  Anzahl  der  verschiedenartigen  Partikel  des  Systems  inner- 
halb gewisser  Festsetzungen  variiert  wird.  Diesen  Schritt  hat 
Gibbs  auch  vollzogen  im  letzten  Kapitel  seines  angeführten 
Werkes  durch  die  Einführung  des  „grand  ensemble"  im 
Gegensatz  zu  dem  bis  dahin  allein  benutzten  „petit  ensemble'S 
wobei  die  Betrachtungen  allerdings  etwas  verwickelt  werden. 
Immerhin  gelangt  man  durch  sie  schließlich  zu  den  bekannten 
thermodynamischen  Formeln. 

Vergleicht  man  nun  an  der  Hand  der  angestellten  Über- 
legungen die  Eigentümlichkeiten  der  verschiedenartigen  Wege, 
welche  zur  Gewinnung  des  Ausdruckes  der  Entropie  einge- 
schlagen werden  können,  so  läßt  sich  bei  der  Boltzmann- 
schen  und  bei  den  Gibbs  sehen  Definitionen  ein  sehr  wesent- 
licher Unterschied  feststellen.  Will  man  nämhch  für  ein  im 
stationären  Bewegungszustand  befindliches  System  mit  ge- 
gebenen  Molekülzahlen,    gegebenen   Volumen   und  gegebener 


Mech.  Bedeutung  der  Temperatur  und  der  Entropie.     121 

Energie  die  Entropie  nach  Gibbs  bestimmen^  so  ist  man  ge- 
nötigt,  nicht  nur  die  gegebenen  Werte  der  Molekülzahlen,  des 
Volumens  und  der  Energie  ins  Auge  zu  fassen,  sondern  auch 
unendlich  viele  andere  Werte  aller  dieser  Größen  mit  in  die 
Rechnung  hineinzuziehen.  So  hat  man  z.  B.,  trotzdem  das 
Volumen  gegeben  ist,  bei  der  Berechnung  der  Entropie  stets 
alle  diejenigen  Komplexionen  zu  berücksichtigen,  bei  welchen 
das  System  irgend  ein  Volumen  einnimmt,  das  kleiner  ist  als 
das  gegebene.  Und  ebenso  verhält  es  sich  mit  der  Energie: 
Nicht  nur  die  gegebene  Energie  ist  zu  betrachten,  sondern 
unendlich  viele  andere  mehr  oder  weniger  weit  abliegende 
Werte  der  Energie.  Dagegen  h^t  man  bei  der  Berechnung 
der  Entropie  nach  Boltzmann  von  vornherein  und  prinzipiell 
nur  diejenigen  Komplexionen  zu  berücksichtigen,  welche  mit 
dem  gegebenen  Zustande  in  aller  Strenge  vereinbar  sind.  Un- 
bestimmt und  daher  den  Gesetzen  der  Wahrscheinlichkeit  unter- 
worfen ist  hier  nicht,  wie  bei  Gibbs,  die  Molekülzahl,  das 
Volumen  und  die  Energie  des  ganzen  Systems,  sondern  viel- 
mehr die  spezielle  Komplexion,  die  mit  den  bestimmt  vor- 
geschriebenen Werten  jener  Größen  vereinbar  ist.  Nach  diesem 
Gesichtspunkte  beurteilt,  erscheint  die  Boltzmannsche  Auf- 
fassung der  Entropie  beträchtlich  einfacher  und  sachgemäßer. 

Die  endgültige  Entscheidung  der  Frage  nach  der  all- 
gemeinsten und  rationellsten  Definition  der  Entropie  kann  aber, 
wie  schon  in  den  einleitenden  Worten  dieses  Aufsatzes  hervor- 
gehoben wurde,  nur  durch  die  Berechnung  der  Entropie  für 
solche  Zustände  geliefert  werden,  welche  von  dem  wahrschein- 
lichsten Zustande  merklich  abweichen.  Für  diesen  Fall  hat 
nun  Gibbs,  soviel  ich  sehe,  überhaupt  keine  allgemeine  Vor- 
schrift gegeben,  da  er  derartige  Zustände  nur  insoweit  be- 
handelt, als  sie  sich  aus  stationären  Zuständen  zusammen- 
setzen lassen.  Die  Boltzmannsche  Definition  dagegen  reicht, 
wie  bekannt,  ohne  weiteres  auch  für  Zustände  mit  ganz  be- 
liebig vorgeschriebenen  Lagen  und  Geschwindigkeiten  der 
Partikel  aus. 

Daher  glaube  ich  als  Resultat  dieser  Untersuchung  aus- 
sprechen zu  dürfen,  daß  die  auf  den  ersten  Anblick  bestechende 
Allgemeinheit,  welche  Gibbs  der  Fassung  seiner  verschiedenen 
Definitionen  der  Entropie  gegeben  hat,   indem  darin  auf  die 


124  G.  H.  Bryan. 

System  by  changes  which  do  not  violate  the  given  external 
conditions. 

The  Principles  of  Conservation  and  Degradation  of  Energy. 
The  total  energy  of  any  System  is  unaltered  by  the  mutual 
actions  of  its  different  parts. 

The  effect  of  these  actions  may  decrease,  and  can  never 
increase  the  amount  of  available  energy  present  in  the  System 
under  any  given  conditions. 

8.  Ckaraderütics  of  a  thermal  System,  There  are  certain 
processes  in  nature  such  as  the  friction  of  fioids  in  which  the 
available  energy  of  a  body  is  absorbed  by  being  transformed  into 
other  forms  of  energy  within  the  Clements  of  which  the  body 
is  composedy  and  in  such  cases  it  is  not  always  necessary  to 
assume  that  energy  passes  from  one  part  of  the  System  to 
another  otherwise  than  by  the  Performance  of  mechanical 
work.  Such  processes  could,  however,  be  equally  well  and 
more  simply  explained^  as  is  indeed  often  done  in  text-books, 
by  restricting  the  term  "energy"  to  djmamical  energy  potential 
and  kinetic  and  replacing  the  principles  of  conservation  and  de- 
gradation  by  an  axiom  of  energy  to  the  effect  that  the  energy 
of  a  System  tends  to  decrease  and  never  to  increase.  In  order  to 
take  account  of  phenomena  which  cannot  be  explained  by  this 
simple  alternative^  it  seems  inevitable  that  we  should  assume 
our  Systems  to  be  endowed  with  the  property  that  energy  can 
flow  from  one  System  or  part  of  the  System  to  another  other- 
wise than  by  the  Performance  of  mechanical  work. 

Further  it  is  necessary  that  such  transferences  should 
sometimes  be  accompanied  by  an  irreversible  loss  of  available 
energy,  for  if  this  were  not  the  case  it  would  be  possible  by 
a  proper  choice  of  generalised  coordinates  to  bring  the  changes 
in  question  under  the  principles  of  rational  mechanics  in  which 
case  the  transferred  energy  would  assume  the  form  of  work 
done  by  the  Variation  of  the  coordinates  so  chosen. 

In  thermodynamics  itself  we  have  an  illustration  of  this 
very  point.  So  long  as  only  reversible  transformations  are 
concerned,  the  equations  of  thermodynamics  are  identical  in 
form  with  the  equations  of  dynamics  with  the  addition  of  a 
furiher  position  coordinate  (the  entropy)  and  the  corresponding 
force-component  (the  temperature). 


123 


18.   The  Law  of  Degradation  of  Energy  as  the 
fundamental  principle  of  thermodynamics. 

Bj  G.  H.  Bryan  in  Bangor  (North  Wales). 


1.  In  most  text  books,  the  study  of  thermodynamics  is 
approached  from  a  historical  point  of  view  being  based  on  the 
discoveries  of  the  Mayer-Joule  principle  of  equivalence  of 
heat  and  work  and  Carnot's  principle  as  modified  by  Clau- 
sius  and  Kelvin.  Very  few  writers  have  attempted  to  present 
thermodynamics  as  a  purely  deductive  subject  or  to  render  it 
independent  of  preconceived  notions  conceming  heat  and  tem- 
perature  in  the  same  way  that  rational  mechanics  has  been 
rendered  independent  of  preconceived  notions  of  mass  and  force. 
But  the  study  of  abstract  dynamics  has  led  to  such  valuable 
results  in  the  interpretation  of  physical  phenomena,  that  it 
appears  desirable  that  the  fundamental  principles  of  thermody- 
namics should  be  presented  in  an  equally  formal  manner.  As 
it  is  unnecessary  to  again  traverse  ground  that  has  already 
been  covered  by  writers  on  dynamics,  this  is  best  done  by 
examining  what  modifications  have  to  be  made  in  the  pro- 
perties  of  an  ideal  dynamical  System  in  order  to  obtain  a 
thermodynamical  System. 

It  has  for  some  time  past  appeared  to  me  that  the  prin- 
ciples of  Conservation  and  Degradation  of  Energy  aflford  the 
best  starting  points  for  a  treatment  such  as  is  here  proposed. 
In  the  present  paper  I  propose  to  give  an  outline  of  the  re- 
sults at  which  I  have  arrived  in  working  out  this  method,  in 
the  hope  that  other  workers  may  be  induced  to  turn  their 
attention  in  the  same  direction  more  than  they  have  done 
hitherto. 

2.  Definition  of  available  Energy,  —  The  available  energy 
of  a  System  subject  to  given  external  conditions  is  the  maximum 
amount  of  mechanical  work  that  could  be  obtained  from  the 


124  G.  H.  Bryan. 

System  by  changes  which  do  not  violate  the  given  extemal 
conditioDS. 

The  Principles  of  Conservation  and  Degrtidation  of  Energy, 
The  total  energy  of  any  System  is  unaltered  by  the  mutaal 
actions  of  its  different  parts. 

The  effect  of  these  actions  may  decrease,  and  can  never 
increase  the  amount  of  available  energy  present  in  the  System 
under  any  given  conditions. 

8.  Ckaraderistics  of  a  thermal  System.  There  are  certain 
processes  in  nature  such  as  the  friction  of  fluids  in  which  the 
available  energy  of  a  body  is  absorbed  by  being  transiformed  into 
other  forms  of  energy  within  the  elements  of  which  the  body 
is  composed,  and  in  such  cases  it  is  not  always  necessaiy  to 
assume  that  energy  passes  from  one  part  of  the  System  to 
another  otherwise  than  by  the  Performance  of  mechanical 
work.  Such  processes  could,  however,  be  equally  well  and 
more  simply  explained,  as  is  indeed  often  done  in  text-books, 
by  restricting  the  term  "energy"  to  dynamical  energy  potential 
and  kinetic  and  replacing  the  principles  of  conservation  and  de- 
gradation  by  an  axiom  of  energy  to  the  effect  that  the  energy 
of  a  System  tends  to  decrease  and  never  to  increase.  In  Order  to 
take  account  of  phenomena  which  cannot  be  explained  by  this 
simple  alternative,  it  seems  inevitable  that  we  should  assume 
our  Systems  to  be  endowed  with  the  property  that  energy  can 
flow  from  one  System  or  part  of  the  System  to  another  other- 
wise than  by  the  Performance  of  mechanical  work. 

Further  it  is  necessary  that  such  transferences  should 
sometimes  be  accompanied  by  an  irreversible  loss  of  available 
energy,  for  if  this  were  not  the  case  it  would  be  possible  by 
a  proper  choice  of  generalised  coordinates  to  bring  the  changes 
in  question  under  the  principles  of  rational  mechanics  in  which 
case  the  transferred  energy  would  assume  the  form  of  work 
done  by  the  Variation  of  the  coordinates  so  chosen. 

In  thermodynamics  itself  we  have  an  illustration  of  this 
very  point.  So  long  as  only  reversible  transformations  are 
concemed,  the  equations  of  thermodynamics  are  identical  in 
form  with  the  equations  of  dynamics  with  the  addition  of  a 
further  position  coordinate  (the  entropy)  and  the  corresponding 
force-component  (the  temperature). 


Law  of  degradaüon  of  eriergy.  126 

4.  We  are  thus  led  to  define  a  thermodynamical  System 
as  one  possessing  the  foUowing  properties  distinguishing  it  from 
Üie  Systems  coDsidered  in  rational  mecbanics. 

(i)  Its  total  energy  is  not  a  fonction  of  the  position  coor- 
dinates  and  the  corresponding  generalised  velocity  components 
alone,  but  is  capable  of  independent  Variation. 

(2)  This  Variation  consists  in  transferences  of  energy 
between  different  parts  of  the  System  or  between  the  System 
and  other  Systems,  in  conformity  with  the  principle  of  con- 
servation  of  energy. 

(8)  These  transferences  of  energy  are  distinguished  from 
those  considered  in  rational  dynamics  in  that  they  are  gene- 
rally  accompanied  by  a  loss  of  available  energy  and  are  there- 
fore,  by  the  principle  of  degradation  of  energy,  irreversible. 
In  the  Systems  of  rational  dynamics  all  energy  is  available  and 
all  transformations  are  reversible. 

5.  Definition  of  quantity  of  heat  When  energy  flows  from 
one  System  or  part  of  a  System  to  another  otherwise  than  by 
the  Performance  of  mechanical  work  through  the  Variation  of 
the  Position  coordinates,  the  energy  so  transferred  is  called  heat 

K,  then,  the  energy  of  a  body  increases  hy  d  U  while  the 
body  at  the  same  time  performs  mechanical  work  of  amount 
d  W,  the  body  is  said  to  receive  a  quantity  of  heat  d  Q  defined 
by  the  relation 

(1)  dQ  =  dU+dW. 

This  relation  thus  affords  a  definition  of  "quantity  of 
heat"  absorbed  or  emitted  by  a  body.  It  is  to  be  observed 
that  we  cannot  speak  of  the  quantity  of  heat  contained  in  a 
body  because  it  is  possible  to  make  a  body  undergo  cyclic 
transformations  in  which  energy  is  continuously  given  out  in 
the  form  of  heat  and  absorbed  in  the  form  of  work. 

6.  Condition  of  internal  heat  equilibrium,  It  foUows  from 
the  principle  of  degradation  of  energy  that  any  System  sub- 
jected  to  given  extemal  conditions  will  tend  to  assume  an 
equilibrium  State  in  which  the  available  energy  is  a  minimum 
for  variations  depending  on  the  flow  of  heat  between  the 
different  parts  of  the  System,  conformably  to  the  given  external 


126  G.  H.  Bryan, 

conditions.  When  this  is  the  case,  the  System  may  be  said 
to  be  tkermically  homogeneaus, 

The  State  of  a  System  may  be  varied,  consistently  with 
the  existence  of  heat-equilibrium  between  the  parts  of  the 
System  either  [a)  by  imparting  energy  in  the  form  of  heat  to 
the  System  as  a  whole  in  such  a  way  as  to  maintain  an  eqni- 
librium  distribution,  or  [b]  by  variations  in  the  generalised 
coordinates  defining  the  dynamical  state  of  the  System. 

It  follows  that  if  the  state  of  a  thermically  homogeneous 
System  is  defined  by  n  variables  or  generalised  coordinates  for 
changes  which  involve  no  transmission  of  heat  to  or  from  the 
System  as  a  whole,  then,  when  such  transmissions  of  heat  are 
taken  into  account,  n  +  1  variables  will  be  required  to  deiine 
the  State  of  the  System.  Since  the  passage  of  heat  to  or  from 
the  body  involves  gain  or  loss  of  energy,  we  may,  in  the  first 
instance,  choose  these  n  +  1  variables  to  be  the  generalised 
position-coordinates  of  the  System  and  the  energy  U, 

A  transformation  in  which  no  heat  is  gained  or  lost  is 
called  an  adiabatic  transformation.  If  x^,  ^r^,  . .  .  x^  are  the  gene- 
ralised position-coordinates,  X^,  -^2»  •  •  •  ^n  ^^^  corresponding 
generalised  force-coordinates,  it  follows  that  adiabatic  trans- 
formations  are  given  by  the  differential  equation 

dU=:SXdx 

connecting  the  n  +  1  independent  variables   U,  x^y  x^,  , .  ,  x^. 

In  the  case  of  a  homogeneous  fluid  substance  the  state 
will  be  completely  defined  either  by  the  total  volume  V  and 
energy  U  or  by  the  volume  and  energy  of  unit  mass  which 
we  shall  call  v,  u,  If  p  is  the  pressure,  and  we  adopt  the 
former  alternative,  then  since 

dU=dq--pdr 


ldü\ 


dQ  =  0 


Hence  p  is  known  when  U,  V  are  known  and  conversely 
the  State  of  the  System  is  known  when  p  and  V  are  knowü. 
For  such  a  System  the  state  may  be  completely  defined  by  the 
variables  p  and  F  or  p  and  v  instead  of  U  and  V  ov  u  and  r. 
By  the   new  choice  of  variables,  the  transformations  can  be 


Law  of  degradation  of  energy.  127 

represented  by  an  indicator  diagram  as  is  explained  in  text 
books. 

7.  The  Second  Law  of  thermodynamics.  Let  M  and  N  be 
two  independent  thermically  homogeneous  Systems.  If  the 
States  of  these  Systems  are  such  that  their  total  available 
energy  is  decreased  by  the  passage  of  a  small  qnantity  of 
heat  from  M  to  JV,  it  foUows  at  once  from  the  principle  of 
degradation  of  energy 

(a)  that  heat  can  flow^  and,  in  general,  tends  to  flow  of 
itself  from  Jf  to  JVi 

(b)  that  heat  cannot  be  made  to  pass  from  N  io  M  without 
supplying  avaikble  energy  from  without 

If  we  define  one  System  as  being  hotter  or  colder  than 
another  according  as  the  available  energy  of  the  two  is  de- 
creased or  increased  by  transporting  a  small  quantity  of  heat 
from  the  first  to  the  second,  Statement  (i)  is  identical  with 
the  usual  Statement  of  the  second  law  which  asserts  that  heat 
cannot  pass  from  a  colder  to  a  hotter  body  without  some  other 
change  taking  place. 

8.  Carnofs  Cycle.  To  transport  heat  from  N  to  M  where 
M  is  hotter  than  iV  (according  to  the  above  definition)  avai- 
lable  energy  must  be  supplied  from  without.  The  simplest 
way  of  doing  this  is  by  the  familiär  process  of  Carnot's 
cycle  reversed,  in  which  an  auxiliary  body  Z  is  taken  which 
first  receives  heat  from  N,  and  is  then,  by  compression  or 
otherwise,  brought  to  a  State  capable  of  imparting  heat  to  N. 
To  supply  the  available  energy  absorbed  in  a  cyclic  trans- 
formation  of  the  auxiliary  body  a  balance  of  work-energy  must 
be  supplied  to  this  body  in  each  cycle,  and  by  the  principle 
of  conservation  an  equivalent  amount  of  heat-energy  must  be 
given  to  the  body  M,  over  and  above  that  taken  from  N. 
We  may  thus  suppose  a  quantity  of  heat  dQ^  taken  from 
iV,  a  quantity  dQM  given  to  M  and  a  quantity  of  work 
dA^dQM  —  dQx  performed  on  the  auxiliary  body  during  the 
process. 

The  reverse  process  is  the  ordinary  direct  Carnot's 
cycle  in  which  d  (^m  is  received  from  yl/ ,  d  Q'jf  is  given  to  ]V, 
and  work  d  A'  =  d  Q'^t  —  d  Q\y  is  done  })y  the  auxiliary  body 
during  the  cycle. 


128  O.  H.  Bryan. 

By   the  well  known  proof  of  combining  the  direct   and 
reversed  motions,  the  principle  of  limited  availability  gives  that 

dA'  dA 

dQ'u  —dQu 
and  therefore 

dQ'N  ^dQN     Qj,     dQ^M^dQn 


dqu—dQMdQ'N—dQN 

and  by  considering  the  Umiting  case  where  the  combination 
of  the  direct  and  reversed  cycles  is  accompanied  by  no  loss 
of  availability  [assuming  such  a  case  possible)  we  get 

(2)  f  A.^^-)  =  f^-^) 

^   '  \d  Qn  I  Maximum  \d  Qk)  minimum 

9.  Let  each  of  these  limiting  ratios  be  written  equal  to 
Tmn  for  the  bodies  M  and  iV.  Then  the  following  propeiües 
are  readily  shown  to  be  satisfied  by  the  fimction  Tuk» 

(1)  ^MN  is  constant  for  the  same  two  thermically  homo- 
geneous  Systems  in  the  same  two  states.  It  is  therefore  only 
a  function  of  the  variables  by  which  the  states  of  the  bodies 
M  and  N  are  specified. 

(2)  Tifx  is  independent  of  the  size  of  the  Systems  M  and 
N  provided  that  they  are  thermically  homogeneous.  In  the 
case  of  homogeneous  fluids,  Tmn  is  therefore  a  function  of  their 
volumes  and  energies  per  unit  mass,  not  of  their  total  volumes 
and  energies. 

(3)  T^N  is  equal  to  unity  when  heat-eqoilibrium  exists 
between  M  and  iV,  it  is  greater  than  unity  when  heat  can 
flow  of  itself  from  M  to  A'  and  less  than  unity  when  heat  can 
only  flow  of  itself  from  N  to  M, 

(4)  7WA'Xy^i/=l. 

(5)  The  ratio  T^f^f  for  two  Systems  M,N,  is  equal  to  the 
corresponding  ratio  T^^n'  for  any  other  two  Systems  ßf,  3', 
of  which  W  is  in  thermal  equilibrium  with  M  and  JV^  is  in 
thermal  equilibrium  with  N. 

(6)  Taking  a  third  System  P  we  have  by  comparing  the 
cycle  between  M  and  i\^  with  a  combination  of  two  cycles 
between  M  and  P  and  between  P  and  N  respectively 


Law  of  degradation  of  energy.  129 

10.  Temperaiure.  Now  let  the  System  P  be  taken  to  be 
a  Standard  System  whose  State  is  kept  constantly  fixed  while 
other  Systems  are  compared  with  it.  Then  it  is  no  longer 
necessary  to  specify  the  State  of  P  in  the  expression  Tmp,  and 
we  may  therefore  write  Tji  for  Tmp> 

The  expression  T^  will  then  be  a  fanction  only  of  the 
variables  which  define  the  state  of  the  System  M, 

Tm  is  Said  to  be  the  absolute  temperature  of  the  body  M 
referred  to  P  as  unit  of  absolute  temperature.  If  any  other 
body  Q  be  substituted  for  P,  the  unit  of  a'bsolute  temperature 
will  be  altered  but  the  numerical  measures  of  the  tempera- 
tures  of  all  bodies  will  be  altered  in  the  sam'e  ratio. 

The  properties  proTed  in  the  last  article  are  identical  with 
the  properties  of  temperature  proved  in  treatises  on  expenmental 
heat  We  thus  have  a  deduction  of  these  temperature  pro- 
perties from  the  Principle  of  Availability,  which  is  independent 
of  any  preconceived  ideas  regarding  temperature. 

11.  Entropy.  The  foUowing  results  follow  at  once  by 
the  ordinary  methods  given  in  text  books,  and  they  need  not 
be  discussed  in  detail  in  the  present  connection. 

(1)  If  a  body  is  surrounded  by  a  medium  whose  temperature 
T^  is  a  fimction  of  the  time  only,  then  in  any  reversible  cycle, 
the  cyclic  integral 


(4) 


m-" 


where  dQ  \%  the  quantity  of  heat  absorbed  at  temperature  T^. 

(2)  For  reversibility  there  must  be  no  loss  of  available 
energy  between  the  body  and  the  medium,  therefore  at  any 
instant  the  temperature  T^  of  the  medium  is  equal  to  the 
temperature  T^  of  the  body  and  we  have  therefore  also 


(4  a) 


m-"- 


(3)  The  last  result  holds  even  if  the  temperatures  T^  and 
T^  of  the  body  and  medium  are  unequal,  provided  that  no  irre- 
versible changes  occur  within  the  body  itself.  The  transformation 
is  then  said  to  be  conditionally  irreversible,  the  only  irreversible 

BolUauum-Festochrift.  9 


130  G.  IL  Bryan. 

processes  arisiug  from  the  passage  of  heat  between  the  body 
and  medium.     For  such  a  cyclo  we  bave  therefore 

(4b,  (/)V'-0         b.t(/)Vf<0 

(4)  The  entropy  of  a  thermically  homogeneous  System, 
1,  e  a  System  whose  temperature  is  a  function  of  the  time 
only  is  defined  by 

B 

(5)  f^=^Ss--S^        OT^^dS. 

A 

(5)  The  entropy  of  a  system  of  bodies  is  defined  as  the 
sum  of  the  entropies  of  the  parts  of  the  System,  and  hence 
if  the  System  consists  of  different  parts  M,  N  .  . .  at  tem« 
peratures  Tm,  ?V  . .  . 

(5a)  ./5=4^+^y^^  +  ...  =  ^^ 

where  d  Qu  is  the  whole  heat  received  by  the  part  M  at  tem- 
perature Tm  ,  whether  this  heat  be  received  from  outside  or 
from  other  parts  of  the  system.  The  only  limitation  to  this 
Statement  is  that  no  irreversible  changes  must  occur  within 
the  separate  i)ortions  M,  N. 

(6)  Where  the  temperature  varies  from  point  to  point  the 
summation  of  the  last  case  must  be  replaced  by  an  integral, 
and  we  shall  write  the  resulting  equation 


(5b)  dS^^ 


dQ 


dm 


where  dQ^  dm  is  the  quantity  of  heat  absorbed  by  the  element 
dm  when  its  temperature  is  T.  In  this  notation  dQ!  will 
stand  for  quantity  of  heat  absorbed  per  unit  mass  in  the  neigh- 
bourhood  of  the  point  whose  temperature  is  T,  and  tiie  sign 
of  integration  will  refer  to  the  various  mass  elements  of  the 
body. 

(7)  The  equation  holds  good  provided  only  that  no  irre- 
versible or  discontinuous  changes  occur  in  the  interior  of  the 
mass  elements  dm,    Where  such  irreversible  changes  occur  it 


Law  of  degradatum  of  energy,  131 

is  usually  if  not  always  possible  to  connect  the  initial  and 
final  States  by  a  reversible  continuous  series  of  transformations, 
and  tbe  difference  between  the  entropy  of  the  initial  and  final 
states  will  then  be  defined  to  be  the  same  as  would  be  pro- 
duced  by  these  reversible  transformations. 

This  or  its  equivalent  is  the  only  possible  definition  of 
entropy  consistent  with  the  assumption  that  the  entropy  of 
the  System  at  any  instant  depends  only  on  the  State  of  the 
System  at  that  instant  and  not  on  its  previous  history.  If  this 
assumption  were  not  made  the  theory  of  thermodynamics 
woold  involve  the  consideration  of  changes  of  entropy  of  a 
purely  arbitrary  character  corresponding  to  no  real  physical 
phenomena. 

12.  DeducHon  of  the  fundamental  equations.  We  shall  now 
show  how  the  principle  of  degradation  of  available  energy  can 
be  used  to  obtain  the  ponditions  of  equilibrinm  and  stability 
of  a  thermodynamical  System,  without  making  use  of  Clansius' 
inequality.  To  do  this  it  is  only  necessary  to  construct  ex- 
pressions  for  the  available  energy  of  the  System  subject  to  the 
given  extemal  conditions,  and  we  shall  consider  the  following 
cases. 

System  surrounded  by  an  indefinite  medium  of  uniform  tem- 
perature  Tq  and  pressure  p^.  We  do  not  suppose  the  System 
to  have  attained  its  equilibrinm  state,  so  that  its  pressure  and 
temperature  are  not  necessarily  the  same  as  those  of  the  medium. 
Let  the  System  consist  of  r  parts  characterised  by  the  suffixes 
1 ,  2,  .  .  r  and  suppose  for  the  sake  of  simplicity  that  the  state 
of  the  rth  part  is  fuUy  specified  by  the  variables  p^,  T ,  T^, 
S^,   U^,  of  which  only  two  are  independent. 

Then  if  a  quantity  dQ^  of  heat  be  withdrawn  from  the 
rtil  part,  it  foUows  from  above  that  a  quantity  of  at  least 
dQ^X  TqJT^  will  liave  to  be  given  to  the  medium,  and  hence 
that  the  maximum  amount  of  mechanical  work  derivable  from 
dq^  is 

Moreover  when  the  volume  expands  by  an  amount  d  F^, 
against   the   external   pressure  the   amouut  of  work   done  is 


132  G.  H.  Bryan. 

Pj,^pJ)  dF^,  Heiice  the  total  amount  of  available  energy  of 
the  rth  portion  is  measiired  by  the  integral 

(6)  A^=fdQ^{i-  I)  +  J(p, - p,) d r^ . 

The  quantities  under  the  integral  signs  vanish  and  change 
sign  when  y^  =  7J,,  p^=ip^  hence  the  maximum  amount  of 
mechanical  work  is  obtained  when  the  System  is  bronght  to 
temperature  T^  and  pressure  p^. 

Now  dQ^=  —  T^dS^j  hence  the  integral  representing  the 
available  energy  of  the  whole  System  becomes 

But  by  the  equations  of  thermodynamics 
(7)  dU^^T^dS^-p^dF^. 

Hence  the  total  available  energy  is 

Ä=-  2/(rf  U^-  T,dS^  +  p,d  f,) 
taken  from  the  initial  State  to  the  state  T^^p^ 

where  ?7^^  5^*^,  FJ^  refer  to  the  rth  body  in  the  final  state 
[Tqj  p^.     This  expression  gives  on  summation 

(8)  A=^{U-v,)-T,{s-s,)  +  p,{r-r,). 

It  foUows  from  this  expression  that  if 

V-T,S  +  p,V>U,-T,S,+p„V, 

the  System  can  pass  from  the  state  (ü,  S,  F)  to  the  state 
(^o>  '^o*  ^o)  ^^^  cannot  pass  in  the  reverse  direction  unless 
available  energy  be  supplied  from  without.  This  condition 
is  therefore  the  condition  that  the  state  (^^o^o^o)  s^^ould  be 
one  of  stable  equilibrium,  a  well  known  result. 

13.  System  surrounded  by  an  envelope  of  invariable  volume 
Fq  kept  at  constant  temperature  T^,  In  this  case  the  differential 
of  the  available  energy  is  given  by 

(9)  dÄ=-:£(T^-  T,)dS^  +  ^p^dV^ 

and  tbe  condition  of  constancy  of  volume  gives 

(10)  ^dr^  =  Q. 


Law  of  degradation  of  energy.  183 

The  State  of  minimum  available  energy  is  thus  defined  by 

0  =  rf^  =  -  2(2;  -  T,)ds^  +  ^p^dr^ 

for  all  yariations  consistent  with  '^dV^^O, 
It  foUows  that  for  this  State 

^r  =  ^0>  A  =/'3    •    •    •     ^/'r  ^Po    [^^fi 

and  since 

du  =  T  dS  -p  dF  . 

r  r        r        rr  **  '  r  > 

we  haye 

dA^^^dU^  +  T.^dS^, 
whence 

^  =  2(^r  -  n  «r)  -  2(f^,'*  -  ^0  «r°) 
(11)  =.   U  -   U^  -  T,{8  -  S,) 

leading  as  before  to  the  well  known  result  that  for  stähle 
eqailihrium  in  the  State  Uq^  Sq  we  must  have  for  all  possible 
yariations  U,  S, 

U-T,S>U,-T,S,. 

We  also  notice  that  when  the  temperature  of  the  System 
itself  is  Tq  its  ayailable  energy  becomes  the  free  energy  of 
yon  Helmholtz. 

14.  System  enclosed  in  a  rigid  envelope  impervious  to  heat 
As  in  the  last  case  the  work  done  by  the  expansions  of  the 
different  parts  of  the  System  is  equal  to 

To  estimate  the  available  energy  which  can  be  converted 
into  work  by  the  transference  of  heat  between  different  parts 
of  the  System,  assume  an  auxiliary  body  at  temperature  7[j, 
and  in  the  first  place  suppose  heat  is  transferred  between  the 
varioos  bodies  of  the  System  and  the  auxiliary  body  by  means 
of  Carnot's  cycles. 

If  dQ^  is  taken  from  the  rth  body  then  a  quantity  of 
heat  dQ^  x  ^o/^r  ^^  given  to  the  auxiliary  body  and  the 
amoant  of  work  done  is  dQ^{l  —  ^o/7^J- 

If  the  total  quantity  of  heat  received  in  any  intenal  by 
the  aoxiliary  body  is  made  equal  to  zero,  the  auxiUary  body 
may  be  removed  and  the  conditions  vrill  be  those  of  a  System 


184  G.  H,  Bryan. 

completely  closed   from  outside   influence.    Equating  to  zero 
the  heat  received  by  the  auxiliaiy  body  we  have 

(12)  0^^dq^'^^  =  T,^dS^  =  T,dS 

whence 

8  =  constant 

and  the  maximum  work  obtainable  iinder  this  condition  is 


=  '^J{d^+PrdK). 


Since  dQ^  here  represents  heat  taken  from  the  rth  body 
instead  of  heat  given  to  that  body,  dQ^  is  equal  and  of  op- 
posite  sign  to  the  ordinary  dQ  ot  thermodynamics,  and  there- 
fore  dQ^  +  p^dV^^  --  dU^,  and  the  expression  for  the available 
energy  becomes 

(18)  Ä^^-^jdU^^^  •-  jdU^U^U,    (say) 

the  Integration  being  made  along  an  isentropic  path  from  the 
given  State  to  the  State  in  which  the  energy  V^  is  a  minimum 
sabject  to  the  condition  of  constant  entropy. 

The  condition  for  stable  equilibrium  requires  that  the 
available  energy  shall  be  a  minimum,  and  therefore  that  the 
total  energy  V  shall  be  a  minimum  for  variations  which  keep 
the  entropy  S  constant  This  is  one  of  the  two  alternative 
conditions  of  stability  of  an  isolated  System  given  by  Gibbs. 

15.  Clausius^  principle  for  irreversible  tr  ans  forma  tions.  Let 
any  System  be  isolated  from  all  external  influences  for  any 
given  interval  of  time.  If  the  pSui»  of  the  System  are  not  in 
equilibrium  amongst  themselves,  changes  will  occur  in  the 
internal  State  of  the  System,  and  the  principle  of  degradation 
of  energy  states  that  these  changes  will  be  of  such  a  character 
as  to  decrease  and  never  to  increase  the  available  energy  which 
the  System  would  have  when  subjected  to  given  external  con- 
ditions. 

Now  we  have  obtained  for  the  available  energy  of  a  System 
in  the  presence  of  an  indefinitely  extended  medium  at  tem- 
perature  T^  the  forms 

//  =  {U  -T,S  +  P,  F)  -  (U,  -  T„  S,  +  P„  r„) 


Law  of  degradation  of  energy,  135 

or 

according   to   whether  the   pressure   of  the    medium   or   the 
volume  of  the  System  is  kept  constant 

For  changes  which  take  place  in  the  interior  of  the  System 
alone^  the  total  energy  U  and  the  volume  F  remain  constant 
The  only  quantity  which  can  vary  is  the  entropy  S,  and  we 
see  that  the  changes  of  entropy  and  available  energy  are  con- 
nected by  the  relation 

(14)  8A^  -^0^^' 

Since  Ä  tends  to  decrease  S  tends  to  increase,  and  hence 
we  haye  a  proof  of  Clausius'  principle  according  to  which 
the  entropy  of  a  System  is  increased  by  irreversible  changes 
occuring  in  the  interior  of  the  System.  We  also  have,  what 
is  important,  a  physical  Interpretation  of  this  gain  of  entropy, 
namely  that  it  is  equal  to  1  /  ^^  times  the  decrease  in  the 
amount  of  available  energy  which  the  System  would  possess  in 
the  presence  of  a  medium  of  temperature  Tq, 

Conversely  the  loss  of  available  energy  of  the  System  due 
to  internal  changes  is  equal  to  T^^  times  the  increase  of  entropy, 
and  is  therefore  proportional  to  T^y  The  total  available  energy 
of  the  System  in  presence  of  the  medium  of  temperature  T^ 
is  not  necessarily  proportional  to  T^  since  the  state  for  which 
the  available  energy  vanishes  is  not  independent  of  the  tem- 
perature Tq. 

16.  Conclusion^,     We  have  thus  shown 

1)  that  the  fundamental  laws  of  thermodynamics  may  be 
deduced  from  the  Principles  of  Conservation  and  Degradation 
of  Energy  without  assuming  any  preconceived  notions  regarding 
heat  and  temperature^  and  with  the  simplest  possible  assump- 
tions  as  to  the  general  character  of  the  phenomena; 

2)  that  the  conditions  of  equilibrium  and  stability  appli- 
cable under  dififerent  conditions  can  be  deduced  from  con- 
siderations  of  available  energy  as  easily  as  from  the  entropy- 
inequality,  and  more  directly. 

The  great  disadvantage  of  starting  with  the  entropy-inequality 
is  that  it  is  difficult  to  form  a  clear  conception  of  the  meaniiig 
of  entropy.     Ou  the  other  band  the  methods  here  suggested 


136  6.  H.  Bryan,     Law  of  degradation  of  energy. 

have  the  disadyantage  that  available  energy  is  not  a  definite 
quantity  bat  its  amlt  may  be  varied  byTarying  the  extemal 
conditions.  Thus  while  any  given  irreversible  change  involves 
a  definite  gain  of  entropy,  the  consequent  loss  of  available 
energy  in  the  presence  of  a  medium  of  temperature  T^  would 
be  proportionally  reduced  by  substituting  a  proportionaUy  colder 
medium.  Owing,  however  to  the  importance  of  available  energy 
ärom  a  physical  or  practical  point  of  view  it  appears  desirable 
that  this  very  indeterminateness  should  receive  prominent  con- 
sideration  in  treating  of  the  elementary  principles  of  thermo- 
djrnamics.  It  is  only  in  this  way  that  a  clear  understanding 
can  be  arrived  at  as  to  the  ultimate  influences  of  irreversible 
phenomena  on  the  progress  of  events  in  the  Universe. 

(Eingegangen  27.  Juli  1908.) 


137 


19.  Zur  Definition  der  spezifischen  lonen- 

geschwindigkeit 

Von  Heinrich  Mache  in  Wien. 


J.  J.  Thomson  hat  für  die  spezifische  lonengeschwindig- 
keit  die  folgende  Formel  aufgestellt  Es  bedeute  s/m  das 
Verhältnis  zwischen  Ladung  und  Masse  des  lons^  k  seine 
mittlere  Weglänge,  und  c  seine  molekulare  Geschwindigkeit, 
dann  ist 

1  8    X 

tt  = • 

2  m  e 

Diese  ftlr  die  Elektronentheorie  grundlegende  Formel  wurde 
bereits  zu  wiederholten  Malen  in  der  Weise  verwendet,  daß 
man   für   c  die  mittlere   molekulare   Geschwindigkeit  d  oder 

die  Wurzel  aus  dem  mittleren  Geschwindigkeitsquadrat  Vc* 
einführte  und  auf  diese  Weise  zu  einem  Mittelwert  für  u  ge- 
langte, der  aber  dann  in  einer  von  der  üblichen  völlig  ver- 
schiedenen, der  Natur  der  behandelten  Aufgaben  nicht  ent- 
sprechenden Weise  gebildet  erscheint  und  daher  quantitativ 
unrichtige  Resultate  ergeben  muß;  denn  es  ist  ja  der  so  er- 
haltene Mittelwert  weder  ü  noch  auch  Vu^ . 

Es  hat  nun  E.  Ei  ecke  im  66.  Bande  der  Annalen  der 
Physik  für  die  spezifische  lonengeschwindigkeit  die  Formel 

2   a    1 
u  = 

aufjgestellt.  Die  Ableitung  ist  etwas  kompliziert  und  der  Zu- 
sammenhang mit  der  Thomson  sehen  Formel  nicht  ersichtlich. 
Vielleicht  ist  es  daher  nicht  ohne  Interesse  nachzuweisen,  daß 
auch  die  Thomson  sehe  Formel  bei  richtiger  Mittel  wertsbildung 
auf  nahezu  den  gleichen  Koeffizienten  führt,  wie  er  sich  aus 
der  Ri  eck  eschen  Betrachtung  ergibt. 

Die  Ableitung  der  Thomsonschen  Formel  ist  einfach 
und  durchsichtig.  Die  Zeit,  welche  von  einem  Zusammen- 
stoß des  Ions  bis  zum  nächsten  verfließt,  sei  r  =  A/c.     Wäh- 


138  H.  Mache. 

rend  dieser  Zeit  steht  das  Ion  unter  dem  freien  Einflüsse  des 
Feldes  F,  legt  also  in  dieser  Zeit  mit  der  Beschleunigung 


8 


y^-F 


den  Weg 


m 


r     «        6F  X^ 
2  2  m  c* 


in  der  Richtung  des  Feldes  zurück  und  würde  somit  in  einer 
Sekunde,  falls  sich  nicht  bei  jedem  Zusammenstoß  die  mole- 
kulare Geschwindigkeit  änderte,  im  ganzen  den  Weg 

._!  —  iZA 

T  2w»   c 

zurücklegen.     Es  ist  also  für  das  Einheitsfeld 

1    e      X 
ti  = •  ■    . 

2    m       e 

Wir  können  nun,  wie  dies  in  der  Gastheorie  ja  allgemein 
üblich  ist,  k,  die  Weglänge  des  Ions,  als  von  der  Temperatur 
und  somit  auch  von  der  Geschwindigkeit  c  unabhängig  be- 
trachten. Dann  läßt  es  sich  aber  leicht  nachweisen,  daß  der 
Mittelwert  von  A/c  dem  Produkte  aus  den  Mittelwerten  von 
X  und  1/c  gleich  ist^)  Es  wird  also  auch  der  Mittelwert  von 
u  durch  das  Verteilungsgesetz  der  molekularen  Geschwindig- 
keiten eindeutig  gegeben  sein.  Die  Zahl  der  Teilchen,  deren 
molekulare  Geschwindigkeit  zwischen  c  und  c  +  de  liegt,  ist 
nach  Maxwells  Gesetz  gleich 

c^e     "^  de, 


a^y^ 


1)  Fassen  wir  nämlich  aus  der  sehr  großen  Zahl  A^  der  verschie- 
denen X/c  diejenigen  heraus,  welche  im  Zähler  das  gleiche  X,  etwa  X^ 
aufweisen  und  nennen  wir  ihre  Zahl  nj  j  definieren  wir  ferner  in  gleicher 
Weise  il,,  n,,  A3,  n,  etc.,  so  wird: 

Ui    ^  c  n^    ^  c  tig    ^  c 

Da  aber  X  und  c  voneinander  unabhängig  sind,  so  ist  auch 

ti,  .^  c         »f,  4^  c         n,  ^J  c  N  ^a  c         \c  j 

Hieraus  ergibt  sich  dann  die  Richtigkeit  unseres  Satzes. 


Spezifische  lonengeschwindigkeit  139 

worin  a  die  wahrscheinlichste  Q^schwindigkeit  bedeutet  und  N 
die  Zahl  der  Teilchen  ist,  welche  in  der  Volumeneinheit  ent- 
halten sind.    Es  ist  weiter  nach  Thomsons  Formel 

ac  =5 r — du 

und  somit  die  Zahl  der  Teilchen^  deren  lonengeschwindigkeit 
zwischen  u  und  u  +  du  liegt,  gleich: 

4  iV            B    k  ~~  'VZJilMZÄ    j 

= .-    -^ i— T^      4«'a'«'  fl^^ 

Multiplizieren  wir  diesen  Ausdruck  mit  u,  integrieren  von  0  bis 
CD  und  dividieren  durch  I/,  so  erhalten  wir  ü,  multiplizieren  wir 
hingegen  mit  u^,  integrieren  von  0  bis  co,  dividieren  durch  N 

und  ziehen  aus  dem  Resultate  die  Wurzel^  so  erhalten  wir  Vu* . 
Es  ist  also: 

0  0 

—  JL_?_A 


00 


t*X* 


-2  ^ ^*      «'^'  r  1  .-t«t;^j  ^..  aU«      I/ti 


1/^2    =  -1 

Ersetzt  man  die  wahrscheinlichste  Geschwindigkeit  cc  durch 
die  mittlere  ä  nach  der  bekannten  Formel 


so  wird  auch: 

2    e 
Ä  =       - 

71    W 

•      

und     \u^ 

Der  Koeffizient  2/:nf  =  0,637  unterscheidet  sich  also  nur 
wenig  von  0,667,  dem  Koeffizienten  der  Ri ecke  sehen  Formel. 

Auch  den  wahrscheinlichsten  Wert  der  lonengeschwindig- 
keit wollen  wir  noch  berechnen.  Wir  haben  zu  diesem  Behufe 
nur  den  Ausdruck,  welcher  uns  die  Zahl  der  Teilchen  gibt, 
deren  lonengeschwindigkeit  zwischen  u  und  n  -f  du  liegt,  nach  u 


140  H.  Mache,     Spezifische  lonengeschwindigkeit 

zu  differenzieren^  den  erhaltenen  Ausdruck  gleich  Null  zu  setzen 
und  nach  u  aufzulösen.     Wir  erhalten  so: 


U^ 


8     l  1  6 


tr»       - 


e      ""^  du. 


2  y^  m  a         yin  m  c 

I'Hihrt  man  diesen  wahrscheinlichsten  Wert  in  das  Ver- 
teilungsgesetz der  lonengesch windigkeiten  ein^  so  läßt  sich  das- 
selbe auch  in  der  Form  schreiben: 

y  n      vr 

In  allen  Formeln  für  die  lonengeschwindigkeit  bedeutet 
jetzt  X  den  arithmetischen  Mittelwert  der  Weglänge  und  s  den 
der  Geschwindigkeit  In  allen  erscheint  der  Ausdruck 
sim.lld.  Von  den  in  ihm  enthaltenen  Größen  sind  drei^ 
nämlich  e,  m  und  d  durch  die  Natur  des  Ions  und  durch 
die  Temperatur  bestimmt  Von  dem  Gase,  in  dem  sich  das 
Ion  bewegt,  erscheint  somit  u  nur  insoweit  abhängig,  als  X 
hievon  abhängt.  Bezeichnen  wir  mit  A  die  mittlere  Weg- 
länge des  Gasmoleküls,  so  schwankt,  welche  Größe  wir  auch 
immer  dem  Ion  zuschreiben,  der  Wert  von  k  zwischen  Null  und 
4A.  Die  hohen  Geschwindigkeiten,  welche  die  Träger  der 
Kathodenstrahlen  aufweisen,  würden  also  zur  Annahme  nötigen, 
daß  gegenüber  diesen  allerdings  als  sehr  klein  angenommenen 
Teilchen  die  Moleküle  des  Gases  sich  so  verhalten,  als  ob  sie 
bis  zu  einem  gewissen  Grade  durchdringbar  wären.  Auch  die 
hohen  Werte,  welche  die  mittlere  Weglänge  der  Elektronen 
nach  den  Berechnungen  Pattersons^)  in  Metallen  annimmt 
und  welche  von  derselben  Größenordnung  sind,  wie  die  mittlere 
Weglänge  der  Gase  bei  Atmosphärendruck,  scheinen  dafür  zu 
sprechen. 


1)  J.  Patterson,  Phil.  Mag.  (6)  8.  p.  643.  1902. 

(Eingegangen  28.  Juli  1903.) 


141 


20.  Gibt  es  unendlich  große  Geschwindigkeiten? 

Von  Iiudwig  Matthiessen  in  Rostock. 


Wenn  es  sich  um  Geschwindigkeiten  fortbewegter  Massen 
handelt;  so  wird  man  die  gestellte  Frage  jedenfalls  mit  nein 
beantworten  müssen,  sowohl  was  terrestrische  als  auch  kosmi- 
sche Bewegungen  anbetrifft.  Bei  Bejahung  der  Frage  würde 
man  auch  die  Möglichkeit  unendlich  großer  Ej*äfte  annehmen 
müssen.  Es  kommen  jedoch  unendlich  große  Geschwindig- 
keiten bei  Erscheinungen  vor,  welche  auf  dem  Gebiete  der 
Interferenzen  liegen.  Es  mögen  hier  derartige  Fälle  behandelt 
werden. 

Wenn  man  mit  Hilfe  zweier  unisoner  Stimmgabeln  auf 
Quecksilber  oder  irgend  einer  anderen  Flüssigkeit  zwei  sich 
durchkreuzende  Kreiswellensysteme  erregt,  so  beobachtet  man 
bekanntlich  stehende  hyperbolische  Interferenzlinien,  deren 
Scheitel  in  der  Verbindungslinie  der  Erregungszentra  liegen. 
Daneben  treten  aber  zugleich  fortschreitende  Wellen  auf  ellipti- 
schen und  hyperbolischen  Interferenzlinien  auf,  deren  Bewegung 
wir  verfolgen  wollen. 

Wir  setzen  voraus,  daß  jene  Transversal wellensysteme*  eine 
gleiche  und  konstante  Wellenbreite  A,  gleiche  und  konstante 
Amplituden  a  und  eine  gleiche  konstante  Geschwindigkeit  c  be- 
sitzen; femer  daß  die  Vibrationen  in  den  Zentren  I  und  II 
gleichzeitig  und  gleichsinnig  erfolgen,  die  Zentra  um  eine 
gerade  Anzahl  von  Wellenbreiten  voneinander   entfernt   sind. 

Bezeichnen  /^  und  l^  die  rad.  vect.  irgend  eines  Moleküls  P 
der  erregten  Niveaufläche,  so  sind  die  partiellen  Deviationen 
zur  Zeit  t  von  der  Ruhelage  angerechnet 

y,  =asin2;r(~-|),  ij^  =  a sin 2 n  i^t^—  -J)  , 

also  die  gesamte  Deviation 

^'  =  //i  +^2  =  2acos;r  '»-^  A  sin  2  ;r  (^  -    -g^'-)  • 


142  L.  Maitkiesten. 

Die  resultierende  Amplitude  ist  also 

Ä  =  2aco8g  ^  7"  '*■ . 
Die  Resultante  verschwindet  fflr 

/,_(,=.  ^"g^'  X ,  (feste  Hyperbeln  5) , 
außerdem  ftlr 

'i  +  ^  =  ±('»'1  —  2x4;),  (fortschreiteude  Ellipsen  C). 


Zwischen  den  ersteren  liegen  andere  feste  Hyperbeln  J 
Ton  der  Gleichung 

also 

cos  w  ^"^  ^  =  ±  1  ,      A=  ±2a. 
Daraus  resultiert 

l'-±2a.i„2,(i,-t*,-''). 

Auf  diesen  Hyperbeln  schreiten  demnach  peripherisch 
Wellen  fort  und  zwar  mit  abnehmenden  Wellenbreiten  und 
Geschwiudigkeitän.  Die  variable  Geschwindigkeit  sei  v;  ist 
dann  c  die  Geschwindigkeit  der  Elementar  wellen,  w  der  Winkel, 
welcher  die  Tangente  eines  Punktes  F  des  hyperbolischen  Wellen- 
strahles ■/  mit  seinen  rad.  vect.  /,  und  ^  bildet,  x  die  Länge  der 
Tangente  bis  zur  Zentrale  I  II,  so  findet  man 


Unendlich  große  Geschwindigkeiten,  143 

folglich 

worin  d  die  Distanz  der  Vibrationszentra  bezeiclinet. 

Nun  ist  im  Anfangspunkte  der  Bewegung  des  Wellen- 
strahles, also  in  der  Zentralen,  sowohl  cos(o  =  0,  als  auch 
T  =  0  und  (/j  +1^^  —  c/2  __  0;  folglich  die  Anfangsgeschwindig- 
keit t;  =  00.  Für  unendlich  entfernte  Punkte  P  wird,  wenn  a 
den  Asymptotenwinkel  bezeichnet 

Zj  =  T  —  —  cos  Uy         ^  =  T  +  —  cos  a , 


2 

mithin 

Lim  t;  =  2  c  |/t^ ~-  cos  a^ :  ]/4  t*  —  r/^ 

und  wegen  t  =  oo,  Lim  v  =  c. 

Ist  nun  L  die  Wellenbreite  des  hyperbolischen  Wellen- 
strahles in  P,  so  ist  auch 

cos  «  =  >«:Jy,         i;:-C  =  c:>w  =  n. 

Handelt  es  sich  um  monochromatische  Lichtwellen,  deren 
Schwingungsebenen  auf  der  Niveaufläche  senkrecht  stehen,  so 
wird  ihre  Farbe  in  den  betreffenden  Richtungen  nicht  ver- 
ändert. Bei  Schallwellen  sind  die  Verhältnisse  ähnlicher  Art; 
nur  unterscheiden  sie  sich  von  dem  Verhalten  der  Transversal- 
wellensysteme  insofern,  als  bei  den  Schallwellen  jene  hyper- 
bolischen Wellenstrahlen  abwechselnd  Longitudinal-  und  Trans- 
versalwellen sind.  Die  Tonhöhe  wird  in  den  ersteren  nicht 
verändert;  die  letzteren  überhaupt  nicht  gehört.  Ein  homo- 
loges Verhalten  findet  bei  Interferenzen  von  monochromatischen 
Lichtwellen  statt,  bei  denen  die  Elementarwellen  senkrecht 
gegeneinander  polarisiert  sind.  Es  treten  zirkuläre  und  ellip- 
tische Schwingungen,  transversal  und  longitudinal  schwingende 
Wellenstrahlen  auf.  In  diesem  Falle  wird  ebenfalls  die  Farbe 
nicht  geändert  und  zwar  in  den  Transversalwellen;  die  Longi- 
tudinalwellen  sind  überhaupt  nicht  sichtbar. 

Wir  wollen  der  Allgemeinheit  wegen  auch  noch  deu  Fall 
betrachten,  wo  mit  verschieden  gestimmten  Stimmg^^beln  Wellen 
von  verschiedener  Breite  und  Geschwindigkeit  auf  der  Niveau- 


144  L.  Matthiessen. 

ßäche  einer  Flüssigkeit  erregt  werden.   Für  diese  hydrodynami- 
schen Wellen  ist  nach  William  Thomson 

c*  =  — ^  T ,        n^  A*  =a  const 

Es  tritt  dahei^  wieLissajous  zuerst  beobachtete^  eine  so- 
genannte Wanderung  der  Interferenzlinien  ein.^)  Es  treten  dabei 
die  jD-Kurven  auf,  auf  welchen  sich  die  seitlichen  Wellen  fort- 
bewegen.    Ihre  Gleichung  ist 

i  -  i  =  ^{^(«>  + "»)  -  »"("i  -  "«)J  =  xii^«  =  <'°°«*- 

Auf  diesen  Kurven  schreiten  also  die  seitlichen  Wellen 
fort  und  sie  sind  ebenso  wie  die  Interferenzlinien  B  und  C 
Cartesische  Ovale.  Dieselben  laufen  also  von  der  Zentrale 
aus  und  kehren  an  einer  anderen  Stelle  in  dieselbe  zurück. 
Um  die  Orter  dieser  beiden  Punkte  auf  der  Zentrale  zu 
finden,  führen  wir  rechtwinklige  Koordinaten  y  und  x  ein. 
Es  ist  dann 

Für  y  =  0  erhält  man 

Um  die  Richtung  der  Bewegung  der  W^ellenstrahlen  D  in 
diesen  Punkten  zu  erhalten,  diflferenzieren  wir  die  vorige 
Gleichung.     Es  resultiert 

Für  y  =  0  ergibt  sich  daraus 

dy  ^    xid  -x){X,  +J,)    ^  ^ 
dx         y[Xid-{Xi^i^)x] 

Der  betreffende  Wellenstrahl  geht  also  senkrecht  zur  Zentrale 
aus  und  kehrt  in  derselben  Weise  zur  Zentrale  zurück. 

Die  Fortpflanzungsgeschwindigkeiten  der  Interferenzwellen 
auf  den  i>-Kurven  werden  nun  bestimmt  durch  folgende  Re- 
lationen: 

1)  L.  Matthiessen,  Wied.  Ann.  32.  p.  689.  1887. 


Unendlich  große  Geschwindigkeiten.  145 

^1  -  :Ü  - 

dt  "^^        d"#    ""  ^1' 

BE  dl  ö  /, 

ö  <  cos  nd  t         cos  ^  ö  ^ 

Für  den  Ausgangspunkt  wie  für  den  Eückkehrpunkt  auf  der 
Zentrale  sind  nun  a  und  /?  =  90**,  also  wiederum  i;  =  oo. 

Ähnliche  Verhältnisse  treten  auf,  wenn  ein  Kreiswellen- 
system Yon  einem  Fokus  eines  Kegelschnittes  auslaufend  an 
der  Kurve  z.  B.  einer  Parabel  reflektiert  wird.  Die  Elenlentar- 
wellen  werden  an  der  Parabel  als  geradlinige  der  Directrix 
parallele  Systeme  reflektiert.  Ist  die  Entfernung  irgend  eines 
Punktes  P  von  der  Directrix  gleich  l^,  vom  Fokus  gleich  ^,  so 
ist  die  Bedingung  der  Interferenz 

/j  —  /g  ==  — ^o     -  A  (feste  Parabeln). 

Dazwischen  in  der  Mitte  liegen  die  parabolischen  Wellen- 
strahlen 

/i  —  ^  =  nl. 
Dann  ist  weiter 

2k 


V  =  c :  cos  0)  =  c 


Für  die  axialen  Ausgangspunkte  der  Interferenzwellen  ist 
ö>  =  90^  und  T  =  0,  also  i;  =  oo.  Für  unendlich  entfernte 
Punkte  P  ist  T  =  2  /^  also  Lim  v  =:  c.  Da  auch  Z  =  A ;  cos  (o 
ist,  so  ist  für  unsern  Fall  für  jeden  beliebigen  Punkt  P 

v:  L  =^  c:k  ^=  n , 
Mithin    wird   in    den   Wellenstrahlen    bei  Licht-   wie   bei 
Schallstrahlen  die  Farbe  und  die  Tonhöhe  nicht  verändert 

Rostock,  15.  Juli  1903. 

(Eingegangen  29.  Juli  1903.) 


Boltxnuuin-FeBtecbiift  10 


146 


21.  Ans  der  Statistik 
der  Prflfnngsstelle  fOr  Normalstimmgabeln  in  Wien. 

Von  Anton  Iiampa  in  Wien. 


Die  mit  dem  I.  physikalischen  Institut  der  Wiener  Uni- 
versität verbundene  Prüfungsstelle  für  Normalstimmgabeln  hat 
bis  jetzt  rand  16000  Stimmgabeln  verifiziert  In  den  ersten 
Jahren  wurden  die  Schwingungszahlen  der  als  richtig  befun- 
denen Gabeln  (zulässige  Fehlergrenze  ±  0,5  g.  Schw.)  proto- 
kolliert Das  Protokoll  umfaßt  8000  Stimmgabeln.  5449  Stück 
dieser  Gabeln  stammen  von  einem  Erzeuger  (Feinzeugschmied 
J.  Desort  in  Wien),  welcher  die  Abstimmung  aller  dieser 
Gabeln  nach  einer  von  der  Prüfungsstelle  abgestimmten  Normal- 
stimmgabel vorgenommen  hat;  diese  Gabeln  erscheinen  hier- 
nach als  ein  geeignetes  Objekt  flir  eine  statistische  Unter- 
suchung betreflfend  das  Verteilungsgesetz  der  Schwingungszahlen. 
Eine  Aufzeichnung  über  die  Schwingungszahl  jener  Gabel,  nach 
welcher  der  Erzeuger  die  übrigen  Gabeln  gestimmt  hat,  ist 
nicht  vorhanden,  da  deren  Abstimmung  noch  vor  der  Akti- 
vierung der  Prüfungsstelle  stattfand.  Eine  Nachprüfung  heute, 
nach  zwölf  Jahren,  wäre  zwecklos;  jedenfalls  wird  die  Schwin- 
gungszahl dieser  Gabel  nahe  an  435  gewesen  sein. 

Aus  dem  Protokoll  wurde  die  nachstehende  Tabelle  I  zu- 
sammengestellt;  die  Schwingungszahlen  sind  hierbei  auf 
Hundertstel  angegeben,  wozu  noch  weiter  unten  eine  Bemerkung 
gemacht  werden  soll. 

Die  größte  Zahl  von  Gabeln,  268,  entfällt  zufällig  auf  die 
Schwingungszahl  435,  das  Mittel  der  Schwingangszahlen  aller 
Gabeln  liegt  dieser  Zahl  ziemlich  nahe,  es  beträgt  nämlich 
434,981.  Nimmt  man  für  die  weitere  Rechnung  der  Einfach- 
heit  halber   das    Mittel  =  434,98    und    berechnet    die    mittlere 


Aus  der  Statistik  der  PrüfungssteUe  für  Normalstimmgabeln,     147 

Abweichung  E  (Wurzel  aus  dem  Mittel  der  Quadrate  aller  Ab^ 
weichungen),  so  findet  man 

^2  ^  '^\^>^^^^   =  0,042024 ,       E=  ±  0,205 , 

5449  '  -u     7  7 

während   die   durchschnittliche   Abweichung   (das   Mittel   aller 
Abweichungen  ohne  Rücksicht  auf  das  Zeichen) 

6=  ^^^^^-  =  0,16416  ist 
Tabelle  I. 


u 


8 
50 
52 
33 

123 

44 

58 

79 

4 

188 
22 
93 
90 
47 

192 
67 

132 

95 

6 

176 


^^ 

^^ 

hi^ 

k-^ 

*C?  N 

'O  '«  1 

*C?   M 

ö  9 

Zahl 
Gab< 

i  5. 

'S  g 

434,91 
92 
93 
94 
95 
96 
97 
98 
99 
435 

435,01 
02 
03 
04 
05 
06 
07 
08 
09 
10 


14 

98 

111 

68 

202 

120 

133 

120 

10 

268 

9 

53 

51 

49 

173 

58 

81 

127 

7 

142 


435,11 
12 
13 
14 
15 
16 
17 
18 
19 
20 
21 
22 
23 
24 
25 
26 
27 
28 
29 
30 


Zahl  der 
Gabeln 

Schwin- 

1 

1 

Zahl  der 
Gabeln 

9 

435,81 

10 

65 

32 

35 

72 

83 

33 

54 

34 

19 

132 

35 

36 

67 

1 

36 

18 

60  i 

37 

18 

86 

38 

41 

10 
137 
27 
53 
57 
47 
70 
46 
52 
41 
9 
54 


39 
40 
41 
42 
43 
44 
45 
46 
47 
48 
49 
50 


12 

49 

11 

23 

12 

10 

10 

6 

2 

2 

0 

0 


Nach  einem  Satze  von  (^ornu^   ist  der  Quotient  2J?*^/6* 
gleich  der  Zahl  n,    wenn   die  Abweichungen  einer  Reihe  von 


*  Cornu,  Annales  de  l'Observatoire  de  Paris  13,  1876.  Vitesse 
de  la  lomi^re,  p.  220.  (Vgl.  Vi  olle,  Lehrbuch  der  Physik.  Deutsche 
Ausgabe  1.  p.  25.) 

10* 


148 


A,  Latnpa, 


Zahlen  von  ihrem  arithmetischen  Mittel  dem  Gesetz  der  zu- 
fälligen Fehler  Genüge  leisten.     Man  findet  nun  hier 

2J&«        457,9852.5449        q  1 1 7ßo 

welche  Zahl  sich  von  n  =  3,14159  um  0,02397  unterscheidet 
Die  Verteilung  der  Schwingungszahlen  entspricht  also  dem 
Gesetz  der  zufälligen  Fehler. 

Die  Tabelle  I  zeigt  nun  eine  ziemlich  sprunghafte  An- 
ordnung der  Anzahlen  der  Gabeln.  Diese  rührt  jedoch  davon 
her,  daß  jede  Gabel,  wenn  es  angeht,  nur  einmal  beobachtet 
wird,  nachdem  es  sich  ja  bei  der  Verifikation  bloß  um  die 
Feststellung  handelt,  ob  die  Gabel  innerhalb  der  zulässigen 
Fehlergrenze  liegt  Die  Abrundung  auf  Hundertstel  bringt 
dann  eine  weitere  Bevorzugung  einzelner  Schwingungszahlen 
mit  sich  ,^  die  in  der  Tabelle  zum  Ausdruck  kommt.  Ein 
wesentlich  anderes  Bild  erhält  man  aber,  wenn  man  die  Inter- 
valle größer  wählt,  etwa  0,1  Schwingung.  Bezeichnet  man  die 
Abweichungen  nach  der  Richtung  der  kleineren  Schwingungs- 
zahlen als  negativ,  jene  nach  der  Richtung  der  größeren  als 
positiv,  und  bildet  die  Intervalle  0—10,  11—20,  21—30, 
31 — 40,  41 — 50  Hundertstel  von  dem  Mittel  der  Schwingungs- 
zahlen 434,98  aus,  auf  welches  120  Gabeln  entfallen,  so  erhält 
man  folgendes  Bild  der  Verteilung: 


Tabe 

lle  n. 

Intervall 

Zahl  der  Gabeln 

+ 

Im   +  und  — 
Sinne  zusammen 

0—10 

879 

1023 

1902 

11—20 

694 

914 

1608 

21—80 

540                    483 

1023 

31—40 

273 

302 

575 

41-50 

137 

84 

221 

0-50 

2523 

2806 

5329 

Die  Zahl  der  Abweichungen  nach  der  negativen  Seite  ist 
größer,  als  die  nach  der  positiven,  was  vielleicht  auf  einen 
Zufall  bei  der  Herstellung  zurückzuführen  ist,  der  sich  bei 
der  betrachteten  Zahl  von  Gabeln  noch  nicht  gleichmäßig 
geltend  macht  Nachdem  der  Erzeuger  stets  größere  Sätze 
von  Gabeln  auf  einmal  herstellt  und  die  einzelnen  Gabeln  jedes 


Aus  der  Statistik  der  PrufungssteUe  für  Normalstimmgabeln,     149 

Satzes  möglichst  gleich  macht,  würde  eine  gleichmäSige  Ver- 
teilung der  Ahweichungen  erst  bei  einer  viel  größeren  Zahl 
von  Qabeln  zu  erwarten  sein,  wo  die  Zahl  der  vor  der  Ab- 
stimmung höheren  imd  vor  der  Abstimmung  tieferen  Gabeln 
ungefähr  gleich  sein  würde.  Immerhin  zeigen  die  beiden  Ab^ 
weichungsreihen  gleichen  Gang.  Für  die  Aufstellung  des  Ver- 
teilungsgesetzes wird  man  sich  aber  zweckmäßig  nur  auf  die 
Absolutwerte  der  Abweichungen,  also  auf  die  letzte  Kolumne 
der  Tabelle  11  beschräuken.  Diese  Zahlenreihe  läßt  sich  nun 
annähernd  durch  die  Gleichung 

darstellen,  wenn  man  die  Anzahl  der  Abweichungen  y  dem 
Mittel  der  Intervalle  in  Hundertsteln,  also  or  s=  5,  15,  25,  35,  45 
zuordnet. 

Man  erhält  so  die  folgende 


T 

abelle  UI. 

Intervall 

Zahl  der  Ghibeln 

' 

beobachtet 

berechnet 

0~10 

1902 

1908 

11—20 

1608 

1557 

21—30 

1 

1023 

1042 

31-40 

1 

575 

573 

41-50 

221 

257 

0—50 

1 

5329 

5337 

Durch  die  Verteilung  der  Schwingungszahlen  der  Gabeln 
wird  also  das  Gesetz  der  zufälligen  Fehler  bestätigt. 

(EingegaDgen  29.  Juli  1903.) 


150 


22.  Da  röle  des  corpnscnles  dans  la  formation  dn 
faisceau  anodique  des  tabes  ä  gaz  raröfiös. 

Par  H.  Fellat  k  Paris. 


La  diff^rence  tres  grande  dans  Taspect  du  faisceau  ca- 
thodique  et  du  faisceau  anodique  des  tubes  de  Geissler 
pourrait  faire  croire  que,  si  le  premier  est  du  au  mouvement 
des  corpuscules,  ou  ions  n^gatifs^  le  second  provient  du  mou- 
vement  des  ions  positifs.  Tel  n'est  pourtant  pas  Tavis  de 
J.  J.  Thomson^  qui  a  ^t^  amen^  k  penser  que  le  faisceau 
anodique  lui-meme  est  du  itu  choc  des  corpuscules  sur  le  gaz; 
la  lominescence  r^sulterait  de  ces  chocs  et  de  la  dissociation 
en  ions  qui  en  serait  la  cons6quence.^]  Les  exp^riences  qui 
fönt  Tobjet  de  ce  Memoire  me  paraissent  foumir  une  preuve 
döcisive  de  la  justesse  de  la  maniere  de  voir  de  J.  J.  Thomson. 

Si  Ton  place  un  tube  de  Geissler,  de  forme  cylindrique, 
perpendiculairement  aux  lignes  de  forces  d'un  champ  magn^- 
tique  assez  peu  intense  pour  que  les  phönomenes  de  magnöto- 
friction  ne  se  fassent  pas  encore  sentir^),  il  se  produit  le 
phönomene  bien  connu  de  la  döviation  du  faisceau  anodique. 
II  m'a  semblö  que  la  forme  que  prend  le  faisceau  d6vi6  per- 
mettrait  de  d6cider  facilement  si  la  luminescence  du  gaz  suit 
la  trajectoire  (jue  la  th6orie  assigne  a  la  marche  des  corpus- 
cules ou  k  Celle  des  ions  positifs,  ou  encore  participe  de  Tune 
et  de  Tautre. 

Ce  Memoire  sera  divisö  en  deux  parties:  dans  la  pre- 
miere,  je  chercherai  la  forme  thöoriiiue  de  la  trajectoire  des 
ions  positifs  ou  des  ions  n^gatifs  soumis  a  la  fois  a  un  cbamp 
ölectrique  et  a  un  champ  magn^tique;  dans  la  deuxieme,  je 
comparerai  le  r6sultat  de  la  thöorie  avec  ce  que  donne  Texpö- 
rience  pour  la  luminescence  du  faisceau  d6vi6. 

1)  J.  J.  Thomson,  Phil.  Mag.     b*  s^rie.  50.  p.  282.  1900. 

2)  H.  Pellat,  Journ.  de  Phys.    4'  s^rie.  2.  p.  241.  1903. 


Formation  du  faisceau  nnodique.  161 

I. 

Je  commencerai  par  eher  eher  la  forme  de  la  trajectoire 
d'un  point  ^leetris^  plaeö  seid  dans  un  espace  oü  rögne  a  la 
fois  un  champ  älectrique  et  an  champ  magnätique,  ees  ehamps 
^tant  uniformes  et  leurs  lignes  de  forees  rectangulaires^  le 
point  pönötrant  brusquement  dans  le  ehamp  avec  une  vitesse 
parallele  au  ehamp  ^leetrique.  Ce  ealeid  a  däjä  6t6  indiqu^ 
par  J.  J.  Thomson^];  mais  je  crois  nöeessaire  de  Texposer 
ici^  tel  que  je  Tavais  fait  avant  de  connaltre  le  travail  du 
physieien  anglais,  pour  Tintelligenee  de  ee  qui  va  suivre. 

En  assimilant  un  eourant  ä.  une  file  de  partieales  de 
meme  eharge  6lectrique  «  se  suivant  avec  une  vitesse  commune  v, 
les  lois  de  l'Eleetromagnätisme  conduisent  aisöment  k  voir 
qu'une  de  ees  partieules,  en  se  döplagant  perpendieulairement 
aux  lignes  de  forees  d'un  ehamp  magnätique  d'intensit6  H,  est 
soumise  k  une  foree  normale  au  plan  dötermin^  par  la  direction 
de  son  d^placement  et  par  celle  du  ehamp^  dirigöe  ä  la  gauehe 
d'un  observateur  regardant  dans  le  sens  du  champ  et  tel  que 
le  döplacement  aille  de  ses  pieds  ä  sa  tete^  si  la  Charge  est 
positive,  vers  la  droite  de  eet  observateur,  si  la  eharge  est 
negative,  Pintensitö  de  cette  foree  6tant  donnöe  par  /*=  evH, 

Soient  0  X  et  OY  deux  axes  de  eoordonnöes  reetangu- 
laires,  le  premier  dans  la  direction  et  le  sens  du  champ 
6lectrique,  le  second  perpendiculaire  ä  la  fois  aux  lignes  de 
forees  des  deux  ehamps  äleetrique  et  magn^tique.  Dösignons 
par  X  et  par  y  les  coordonnöes  au  temps  t  d'un  point  ^lectris^ 
de  masse  M  et  de  eharge  6leetrique  e  animö  d'une  vitesse 
dans  le  plan  XOY.  D'apräs  ee  qui  vient  d'etre  expos6,  ce 
point  est  soumis  de  la  part  du  ehamp  magnötique,  suppos^  dans 
le  sens  d'avant  en  arriere,  ä  une  foree  dont  les  eomposantes 
suivant  0  X  et  0  Y  sont  respectivement 

-eH^^    et    eH^; 

at  at 

en  y  joignant  la  foree  eip  due  au  ehamp  6lectrique  d'inteu- 
sit6  (pj  dirig^e  parallelement  ä,  OX,  on  obtient  pour  les 
6quations  du  mouvement  les  deux  relations: 

1)  J.  J.  Thomson,  Phil.  Magaz.    5"  s^rie.  48.  p.  547.  1899. 


152 

H.  PellaL 

(1) 

^df 

=  eq>  • 

^^^  dt' 

^  di^ 

=  '^  dt 

ou, 

en 

posant  pour  abröger  Töcriturc 

y. 

(2) 

e 

(3) 

(Px 

dt'  " 

=  a(p  — 

""^  dt' 

dt'   " 

TT  dx 

"^  dt 

tf  et  a  ätant  positifs  si  le  point  est  ^lectrisö  positivement^ 
n^gatifs  dans  le  cas  contraire.  De  ces  deux  relations  on 
däduit: 

Cette  öquation  a  pour  integrale  gän^rale: 
(5)  X  =  AÄSL^aHt  +  a)  +  5, 

oü  -^,  jB  et  a  8ont  trois  conötantes  d'intögration.  Oü  tire  de 
(5)  et  de  la  premiere  des  relations  (3): 

(^)  J|  =  2+^air  sin  (aÄ^  +  a) 

qui  donne  par  int^gration: 

(7)  y  =  -^  ^  —  ^  cos  {a  Ht  +  a)  +  C 

oü  C  est  une  nouvelle  constante  d'int6gratioii.  Les  relations 
(5)  et  (7)  sont  en  tennes  finis  les  öquations  du  mouvement  du 
})oint  ölectrisö. 

Si  nous  posons: 

(8)  ^  +  (o  =  äHt  +  a 

et  si  nous  d6plagons  parallelem ent  a  eux-memes  les  axes  de 
coordonnöes  OX  et  OT  de  fagon  ä  donner  des  valeurs  con- 
venables  aux  tennes  constants  dans  les  deux  relations,  celles-ci 
deviennent: 

(0)  a:  =  //  (1  —  cos  0))        y  =     ^     CO  —  A  sin  co  . 

On  reconnalt  lä  les  öquations  d'une  cyclolde  d6form6e 
engendröe  par  un  point  du  plan  d'un  cercle  de  rayon  (pfalP 
roulant  sur  une  parallele  ;i  OY,  En  nous  donnant  la  vitesse 
V  du  point  61ectris6,    quand  celle-ci  est  parallele  au  champ 


Formation  du  f'avtceau  anodique,  153 

61ectrique^  nous  pouvons  exprimer  A.    En  effet,  on  tire  alors 
de  (9)  en  tenant  compte  de  (8): 


(10)  V=^  AaHBiUiOQ         O^^'-AaH  cos  cOq 
d'oü: 

(11)  Ä^a^E^^V^  +  ^     ou     A^y^'l^:^   . 

Pour  l'ötude  que  j'ai  en  vue,  le  point  älectris6  ötant  un 
ion  positif  ou  n^gatif  se  d^pla^ant  dans  un  tube  oü  la  pression 
reste  supärieure  k  un  dixiöme  de  millimfetre  de  mercure^  la 
vitesse  V  est,  d'aprös  les  travaux  de  M.  Langevin^),  de  l'ordre 
de  10~^  qp.  Meme  avec  des  champs  magn^tiques  de  400 
unit^s  C.  6.  S,,  qui  sont  les  plus  intenses  que  j'ai  employös,  le 
produit  VH  est  ainsi  de  Vordre  de  0,004  qp,  et  son  carrö  V^H^ 
tout-ä-fait  n^gligeable  devant  (p\    H  en  rösulte  que 

et  que,  dans  le  cas  qui  nous  occupe,  les  äquations  de  la  tra- 
jectoire  se  röduisent  k: 

(^^)      ^  =  7^(^  "■  ^^^  ^)     y  =  7^(^  "  ^^^  ^)' 

c'est-ä-dire  que  celle-ci  est  une  cyclolde  ordinaire. 

Si  nous  supposons  maintenant  qu'un  tube  cylindrique,  de 
forme  allong^e,  soit  dispos6e  de  fagon  que  son  milieu  seul  se 
trouve  dans  un  champ  magnötique  uniforme,  que  brusquement 
ä  droite  et  a  gauche  de  cette  portion  du  tube  le  champ 
magnötique  soit  nul,  enfin  qu'im  cbamp  älectrique  uniforme 
parallel  k  Taxe  du  tube  regne  partout  k  Tint^rieur  de  celui-ci, 
nous  pouvons  dessiner  facilement  la  trajectoire  que  suivra  un 
ion  supposö  seul  dans  le  tube.  Suivant  que  nous  considörerons 
un  ion  positif  ou  un  ion  n^gatif,  la  trajectoire  sera  extrömement 
diflF6rente,  parce  que  la  masse  M  de  Tion  n6gatif  est  au  plus 
la  1/2000  partie  de  la  masse  d'un  ion  positif,  tout  en  ayant 
la  meme  Charge  ölectrique  en  valeur  absolue;  ceci  fait  que  le 
rayon  du  cercle  g6n6rateur  de  la  cyclolde  [MtpjeH^  sera  dans 


^    M.  Langevin,    Ann.    de    Chim.    et   de    Pbys.      7«  serie.     28, 
p.  483.     1908. 


154 


H.  PellaL 


le  cas  des  ions  positifs  au  moins  2000  fois  plus  grand  que  dans 
celui  des  corpusciües. 


Cote'i 


oorpustuUs 


Fig.  1. 


oathodi^ue 


Cote  anodii 


Trt^eeUitre  thSanqtw.  des 
ioriMpoMirtfk  d'^irdrcffhu 


^"2.7  xlO* 

Fig.  2. 


Cott  ojriot 


Trtgtetairt.  theari^ie  des 
ions  pogitifSt  d'Qxjnj^e 


'fdique 


y-'j.i-xio" 

B  '373 

u 

Fig.  3. 

Le  chainp  magn^tique  n'existe  qu^entre  AA  et  BB^  oü  il  est  uniforme. 
La  ligne  en  pointill<^  repr^sente  la  trajectoire  d*an  point  electris^  qui 
p^n^trerait  seul  dans  le  cbamp  magn^tiqae  en  rasant  la  paroi  införieure 
da  tube.  La  partie  couverte  de  hachures  et  limit^e  par  un  trait  plein 
repr^sente  la  marche  de  Tensemble  des  ions  de  mcme  nature,  qui 
remplissent  tout  le  tube  avant  d*entrer  dans  le  cbamp  magn^tique. 


Prenons^  par  exemple^  les  donnäes  d'une  de  mes  ex- 
pöriences  sur  un  tube  k  hydrog&ne:  champ  61ectrique  (f  = 
2,7  X  10®  unit6s  ^lectromagnätiques  C.G.S.,  champ  magnötique 
j5?  =  394  unit^s  C.  G.  S.  Le  quotient  a^e\M  pour  un  cor- 
puscule  ötant,  d' apres  les  exp^riences  de  J.  J.  Thomson,  6gal 


Formation  du  faisceau  aiiodujfue,  155 

a  9,64  X  10*,  on  obtient  pour  le  rayon  du  cercle  gönörateur 
de  la  cyclolde  M(pjeH^  =  0,0018  cm,  c'est-ä-dire  2  centiemes 
de  millimetre  environ.  La  trajectoire  se  confond  donc  sen- 
siblement  avec  la  droite  sur  laquelle  roiüe  le  cercle^  qui  est 
une  perpendicolaire  k  l'axe  du  tube. 

Au  oontraire,  supposons  un  ion  positif  d'hydrogene.  Meme 
s'il  n'entralne  avec  lui  que  sa  propre  masse,  celle-ci  6taiit 
2000  fois  Celle  du  corpuscule,  le  rayon  du  cercle  gänärateur 
de  la  cyclolde  est  2000  fois  le  pröcädent,  c'est-ärdire  3^61  cm. 
Comme  l'ion  pänötre  dans  le  champ  magnötique  avec  une 
yitesse  dans  la  direction  de  Taxe  de  tube^  c'est  une  toute  petite 
partie  de  la  boucle  d'une  cyclolde  que  l'ion  döcrira  dans  la 
portion  du  tube  soumis  au  champ  magnätique:  c'est  par  une 
courbe  allongöe  qu'il  gagnera  la  paroi  du  tube,  sur  laquelle  il 
glissera  ensuite  dans  le  sens  du  champ  ölectrique.  A  fortiori 
en  sera-t-il  ainsi,  si  nous  considörons  Tion  positif  d'oxygene, 
16  fois  plus  massif  que  celni  d'hydrogäne>  auquel  correspond 
un  rayon  16  fois  plus  grand  (58  cm)  du  cercle  gönörateur  de 
la  cyclolde,  ou  si  nous  admettons,  avec  M.  Butherford  et 
M.  Langevin,  que  Tion  peut  avoir  sa  masse  augment6e  par 
Tentralnement  d'un  certain  nombre  de  molöcules  non  dissociäes. 
Les  figures  1,  2  et  3  repräsentent,  par  un  trait  en  pointill^, 
la  trajectoire  d'un  ion,  seul  dans  le  tube,  qui  raserait  la  partie 
infßrieure  de  celui-ci  avant  de  p6n6trer  dans  le  champ 
magn^tique. 

C'est  sur  cette  diflPörence  du  tout  au  tout  dans  la  forme 
de  la  trajectoire  qu'est  fond6e  la  m^thode  que  j'ai  employöe  pour 
döcider  si  ce  sont  les  ions  positifs  ou  n6gatifs  qui  produisent 
la  luminescence  du  faisceau  anodique. 

Mais  dans  un  tube  de  Geissler,  il  n'y  a  pas  qu'un  seul 
ion  qui  se  d^place,  et  nous  devons  nous  occuper  de  la  modi- 
fication  qu'apportera  dans  l'ensemble  des  trajectoires  les  actions 
mutuelles  des  ions.  Ces  actions  produisent,  en  l'absence  du 
champ  magnötique,  un  6parpillement:  les  ions  tendenta  remplir 
toute  la  section  du  tube  et  la  remplissent  efifectivement,  si  ce 
n'est  tout  pres  de  l'anode.  Ces  actions  mutuelles  dans  la  partie 
soumise  au  champ  magn^tique  auront  pour  effet  d'empecher 
que  le  faisceau  anodique  ne  se  r^duise  a  une  ligne  d^nu^e 
d'^paisseur  le  long  de  la  paroi  du  tube:   au  lieu  d'atteindre 


156  H.  Pellat. 

tous  le  verre,  les  ions  se  troayeront  canalis^s  k  l'int^riear  d'un 
cylindre  parallele  au  tube  et  le  touchant  En  tenant  compte 
de  l'efifet  tr6s  Evident  de  raction  mutuelle  des  ions^  on  voit  que 
la  partie  occup6e  par  Tensemble  de  ceux  qui  sont  de  m§me 
nature  dans  le  champ  magnätique  uniforme,  limit6  brusquement 
k  droite  et  k  gauche  par  les  plans  AA  et  BB  (fig.  1,  2  et  8)^ 
prösentera  les  aspects  indiquös  par  la  partie  ombröe  sur  les 
trois  figures,  suivant  qu'on  a  afifaire  soit  ä  des  corpuscules^ 
soit  k  des  ions  positifs  d'hydrogfene  ou  d'oxygöne.^) 

n. 

J'ai  r^alis^  un  champ  magnötique  sensiblement  uniforme 
sur  un  tron^on  ^^  de  mes  longs  tubes  de  Geissler,  avec 
champ  sensiblement  nul  en  dehors  du  trongon  A  B,  en  plagant 
le  tube  perpendiculairement  k  Taxe  d'une  longue  bobine  de 
7  centimötres  de  diamfetre  coup^e  en  son  milieu  pour  laisser 
passer  le  tube  (de  1^7  cm  de  diamätre).  L'^paisseur  des  deux 
couches  de  fil  qui  la  recouvraient  ötait  4  mm.  Le  nombre 
de  tours  de  file  par  centimätre  6tait  10,8  pour  Tensemble  des 
deux  couches;  l'intensitö  du  champ  magn^tique  6tait  calculöe  par 
la  relation  H  =i  4nA0,8 ,i,  d'aprös  la  mesure  de  l'intensitä 
2  du  courant. 

De  cette  fagon,  si  Ton  ne  r^alisait  pas  rigoureusement  une 
entröe  brusque  d'une  portion  du  tube  dans  un  champ  uniforme, 
on  la  r^alisait  k  peu  prfes:  dans  Tespace  de  moins  d'un  centi- 
metre  le  faisceau  anodique  passait  d'un  champ  magn^tiqoe 
sensiblement  nul  ä  un  champ  sensiblement  uniforme  ayant  des 
valeurs  pouvant  atteindre  400  unit^s.^ 

L'effet  d'une  transition  qui  n'est  pas  brusque,  entre  la 
partie  soumise  au  champ  magnötique  et  celle  qui  y  est 
soustraite,  est  ^videmment  d'allonger  un  peu  la  trajectoire  des 


1)  Remarqnons  que,  pour  les  pressions  des  tubes  mis  en  exp^rience, 
le  libre  parcours  moyen  des  corpuscules  entre  deux  chocs  successifs  est 
d'environ  4  mm.  Comme  chaque  boucle  de  cycloide  occupe  une  longueur 
0,018  X  2  TT  =  0,11  mm,  il  y  a  en  moyenne  une  quarantaine  de  boucles 
decrites  entre  deux  chocs  successifs  des  corpuscules  dans  une  direction 
perpendiculaire  k  Taxe  du  tube. 

2)  Pour  de  pareils  champs,  il  fallait  employer  des  courants  de 
80  amp^res;  mais,  comme  Texp^rience  ne  durait  que  quelques  secondes, 
les  fils  ne  chauffaient  pas  trop  fort. 


Formation  du  faüceau  anodique. 


157 

ionB  suivant  l'axe  dn  tube.    Nous  devrons  en  tenir  compte  dftna 
la  comparaieon  des  r^Boltats  de  la  thäorie  avec  l'expärience. 

Tut*  i  kjrdrsftiH 


L'aor^ole  en  forme  de  demi-ccrcU  provient  de  la  r6flei 
HLU'  leB  paroia  interneB  de  la  bobio 


II  ätait  dif&cile  d'övaluer  exactement  l'iDtensitä  maximum 
du cbamp ^lectrique,  celuiqui  exiete  aamomentde  rillumination, 


158  //.   Pellat 

d'autant  plus  que,  dans  les  r^gions  a  stratificatious  nettes,  ce 
champ  n'est  probablement  pas  uniforme.  Mais^  d'une  part^  les 
stratifications  ^taient  peu  nettes  vers  le  milieu  des  tubes, 
d'autre  part,  une  erreur  meme  du  simple  au  double  n'aurait 
que  peu  d'influence  pour  le  but  de  mes  exp^riences.  Aussi 
me  suis-je  bom6  k  mesurer^  au  moyen  d'un  microm^tre  ä 
6tincelleS;  la  longueur  de  l'^tincelle  äquivalente  dans  Tair  k  la 
d^charge  dans  le  tube.  De  cette  distance  explosive,  je  d6- 
duisais  1^  diff^rence  de  potentiel  des  ^lectrodes  au  moment  de 
la  d^charge;  comme  le  tube  avait  une  forme  cylindrique  tr&s 
allongöe,  on  pouvait  admettre,  sans  grande  erreur,  que  la  chute 
de  potentiel  y  6tait  linöaire,  et  qu'on  obtenait  l'intensitö  du 
champ  en  divisant  la  difförence  de  potentiel  des  ^lectrodes 
par  leur  distance  (86  cm).^) 

C'est  d' apres  ces  donn^es  qu'ont  ^t^  construites  les  courbes 
(fig.  1,  2  et  3)  pour  la  trajectoire  des  ions  n^gatifs  ou  positifs. 
En  comparant  ä  ces  courbes  th^oriques  les  photographies 
(fig.  4  et  5)  du  faisceau  anodique  plac6  dans  les  conditions  de 
champs  indiqu^es,  aucun  doute  ne  peut  subsister:  la  forme  du 
faisceau  est  exactement  celle  que  la  thöorie  assigne  k  la  marche 
des  corpuscules  (fig.  1)^,  et  n'a  aucun  rapport  avec  celle  que 
la  thöorie  indique  pour  la  marche  des  ions  positifs  (fig.  2  et  3). 
On  remarquera,  en  particulier,  (jue  la  courbe  d'entröe  dans  le 
champ  magn^tique  se  trouve  sur  les  photographies  du  cöt^  de 
la  cathode  et  non  du  cot6  de  Tanode,  comme  cela  devrait 
avoir  lieu  si  la  luminesceuce  suivait  la  trajectoire  des  ions 
positifs. 

L'axe  de  Tappareil  photographique  colncidait  avec  Taxe 


')  Pour  le  degr^  de  rar^faction  des  tubes  employ^s  la  chute  de 
potentiel  k  la  cathode  ^tait  de  200  k  800  volts.  Cette  quantit^  est  n^gli- 
geable,  au  degr^  de  pr^cision  d^ir^,  devant  les  2300  volts,  ou  plus, 
observ^s  entre  les  61ectrodes. 

')  La  partie  n^buleuse  que  la  Photographie  du  tube  k  hydrogöne 
presente  a  Tentr^e  du  champ  magn^tique  du  cöt^  d'oü  viennent  les  cor- 
puscules me  parait  tenir  k  un  commencement  de  magnetofriction.  Cette 
n6bulosit^  n'existe  pas  sur  les  photographies  du  mcme  tube  faites  pour 
des  champs  magn6tiques  plus  faibles.  On  n*en  voit  pas  trace  non  plus 
sur  la  Photographie  du  tube  k  oxyg^ne.  Ce  gaz,  comme  je  Tai  montrc*, 
ue  subit  reffet  de  la  magnetofriction  que  pour  des  champs  magn^tiques 
bcaucoup  plus  intenses  que  Thydrog^ne. 


Formation  du  faisceau  anodique,  159 

de  la  bobine  produisant  le  champ;  aussi  les  parois  de  cellc-ci 
ont-elles  empechö  de  se  dessiner  sur  la  plaque  ce  qui  se  passait 
en  dehors  de  la  bobine.  Du  cöt^  de  la  cathode,  le  tube  avait 
le  meme  aspect  jusqu'ä  Tentr^e  k  rint^rieur  de  la  bobine  que 
si  celle-ci  n'existait  pas.  Ceci  montre  bien  qn'en  dehors  de 
la  bobine  le  champ  ^tait  pratiquement  nul.  Mais  le  faisceau, 
resserr^  contre  la  paroi  du  tube  k  Tint^rieur  de  la  bobine,  k 
Text^rieur  du  cöt6  anodique  s'^largissait;  par  une  courbe 
limitant  un  de  ses  bords  il  gagnait  la  paroi  oppos^e,  et  das 
lors  remplissait  toute  la  section  du  tube.  Ge  ph^nom^ne  ^tait 
facile  k  pr^voir,  et  il  est  indiqu^  sur  les  figures  th^oriques 
1,  2  et  3. 

En  r^sum^,  rUlumination  du  gaz  d^signäe  sous  le  nom 
de  faisceau  anodique  suit  la  trajectoire  des  corpuscules  et  non 
la  trajectoire  des  ions  positifs.  II  est  donc  Intime  de  con- 
clure  de  la  que  ce  sont  les  corpuscules  qui  par  leur  choc 
contre  les  mol^cules  du  gaz  donnent  lieu  k  la  luminescence 
du  faisceau  anodique,  comme  k  celle  du  faisceau  cathodique. 
L'aspect  dissemblable  des  deux  faisceaux  pourrait  s'expliquer 
par  une  diff^rence  dans  Tintensit^  des  chocs  due  ä  une 
diflförence  de  vitesse. 

(EiDgegangen  31.  Juli  1903.) 


160 


23.   Ober  eine  Bdntgenröhre  mit  yeränderlichem 
Härtegrad  nnd  Aber  einen  neuen  Härtemesser. 

Von  A.  Wehnelt  in  Erlangen. 


Den  Härtegrad  einer  Röntgenröhre  beurteilt  man  im 
allgemeinen  nach  dem  Entladungspotential  derselben,  aas- 
gedrückt durch  die  Schlagweite  einer  der  Röhre  parallel  ge- 
schalteten Funkenstrecke.  Mit  zunehmender  Härte,  also  mit 
zunehmendem  Entladungspotential,  wächst  die  Geschwindigkeit 
der  Eathodenstrahlen  und  damit  die  Durchdringungskraft  der 
Röntgenstrahlen. 

Die  Herstellung  verschiedener  Härtegrade  wird  bei  der 
Fabrikation  der  Röhren  durch  passende  Wahl  des  Vakuums 
erreicht.  Während  des  Betriebes  zeigen  jedoch  die  Röntgen- 
röhren durch  Absorption  des  Gases  eine  starke  Selbstevakuie- 
rung  und  werden  dadurch  härter. 

Um  die  Röhren  wieder  auf  ihren  ursprünglichen  Härte- 
grad zu  bringen,  sind  eine  Reihe  von  Vorrichtungen  ersonnen 
worden,  die  mehr  oder  minder  ihren  Zweck  erfüllen. 

Sie  beruhen  teils  auf  Änderung  des  Druckes  ^)  im  Rohr, 
teils  auf  einer  elektrostatischen  Beeinflussung  ^  des  Kathoden- 
strahlenbündels  von  außen  und  teils  auf  an  passender  Stelle 
eingeschalteten  Funkenstrecken.  ^ 

In  einer  Arbeit  über  den  dunklen  Kathodenraum*)  habe 
ich  die  sehr  eigenartige  Erscheinung  eingehend  verfolgt,  daß 
in   einem    zylindrischen  Entladungsrohr   mit   scheibenförmiger 


1)  B.  Walter,  Elektrotechn.  Zeitschr.  18.  p.  10.  1897;  Ed.  Guil- 
laume,  La  Nature  26.  2.  Sem.  p.  161—162.  1898;  Siemens  &  Halske, 
Mechaniker  5.  p.  37.  1897. 

2)  Wm.  W.  Graves,  The  Americ.  X-ray  Journ.  4.  p.  241.  1898; 
A.  Berliner,  Elektrotechn.  Zeitschr.  18.  p.  81—82.  1897. 

3)  Wm.  W.  Graves.  1.  c;  F.  Dessauer,  Med.  Centralzeit.  71. 
p.  527—528.  1902. 

4)  A.  Wehnelt,  Wied.  Ann.  65.  p.  511—542.  1898. 


Übel'  Röntgenröhren  und  Härtemesser.  161 

Kathode  mit  abnehmendem  Drucke  das  an  der  Kathode  auf- 
tretende Strahlenbündel  immer  mehr  nach  der  Mitte  zu- 
sammengedrängt wird.  Der  immer  geringer  werdende  Quer- 
schnitt des  Bündels  bedingt  ein  ständiges  Wachsen  des  Ka- 
thodenfalles.  Bei  völliger  Zusammendrängung  des  Bündels 
werden  die  Entladungen  disruptiv  und  die  Kathodenstrahlen 
sind  stark  Entwickelt. 

In  einer  späteren  Arbeit  ^)  habe  ich  gezeigt^  daS  das  Zu- 
sammendrängen des  Kathodenstrahlenbündels  durch  starke 
Potentialdifferenzen  verursacht  wird,  die  zwischen  den  Bohr- 
wandungen und  der  Mitte  des  Bohres  vorhanden  sind.  Der 
Sinn  de3  Gefälles  ist  der,  daß  die  auf  die  Kathode  zueilenden 


Fig.  1. 

positiven  Teilchen  (Kanalstrahlen)  nach  der  Mitte  zusammen- 
gedrängt werden  müssen.  Da  negative  Teilchen  überwiegend 
nur  dort  ausgesandt  werden,  wo  positive  Teilchen  auf  die  Ka- 
thode auftreffen,  so  nimmt  gleichzeitig  mit  dem  Kanalstrahlen- 
bündel auch  das  Kathodenstrahlenbündel  an  Querschnitt  ab. 

Da  die  Potentialdifferenz  von  der  Bohrwand  zur  Mitte 
fast  nur  vom  Drucke  abhängt,  so  folgt  daraus,  daß  bei  engen 
Bohren  viel  früher  eine  Abschnürung  des  Kathodenbündels 
eintreten  muß,  als  bei  weiten  Bohren.  Demgemäß  steigt  auch 
mit  abnehmendem  Druck  das  Entladungspotential*  in  engen 
Bohren  weit  schneller,  als  in  weiten  Bohren. 

Diese  Ergebnisse  veranlaßten  mich  zu  untersuchen,  ob 
durch  Änderungen  des  Bohrdurchmessers  um  die  Kathode  bei 


1)  A.  Wehnelt,  Ann.  d.  Phys.  10.  p.  542—580.  1903  und  Physik. 
Zeitachr.  2.  p.  518—527.  1901. 

Boltzmmnn-Festschrlft  ^  1 


162 


Ä.   Wehnelt 


konstantem  Druck  eine  starke  Variation  des  Entladungs- 
potentiales,  d.  h.  eine  starke  Geschwindigkeitsänderung  der 
Eathodenstrahlen  und  damit  zusammenhängend  eine  Variation 
der  Durchdringungskraft  der  Röntgenstrahlen  zu  erzielen  sei 

Zu  diesem  Zwecke  benutzte  ich  ein  kugelförmiges  Ekii- 
landungsrohr  (Fig.  1)  von  12  cm  Durchmesser.  Dasselbe  ent- 
hielt eine  Anode  A  und  eine  Kathode  K  von  2  cm  Durch- 
messer, deren  Zuleitungsdraht  durch  ein  Glasrohr  isoliert  war. 
Über  dieses  ßohr  war  leicht  verschiebbar  ein  zwtites  etwas 
weiteres  Rohr  R  angebracht  mit  einem  erweiterten  Ansatz- 
rohr B,  dessen  innerer  Durchmesser  2,2  cm  war.  Durch 
Neigen  des  Entladungsrohres  konnte  man  bewirken ,  daß  das 
Ansatzrohr  B  mehr  oder  weniger  über  die  Kathode  geschoben 
werden  konnte. 

Es  wurden  bei  verschiedenen  Drucken  mit  Hilfe  der 
Sonde  8  die  Kathodenpotentiale  gemessen,  wenn  das  Rohr  B 
mehr  oder  weniger  über  die  Kathode  geschoben  war.  Als 
Stromquelle  diente  eine  20 plattige  Influenzmaschine;  die  Po- 
tentiale wurden  mit  Braunschen  Elektrometern,  die  Drucke 
mit  dem  Mc  Leod-Manometer  gemessen. 

Folgende  Tabelle  enthält  die  Resultate: 

Tabelle  I. 


Druck 

in 
mm  Hg 


0,096 

0,064 

0,04 

0,025 

0,019 


Kathodenfall  in  Volt,  wenn  die  Länge  des  über  die 
Kathode  geschobenen  Ansatzrohres  B  war 


—  1  cm*)    0  cm  *)  I  +  1  cm 


4-  2  cm  I  +  3  cm    +  4  cm 


+  5  cm 


750 

920 

1210 

800 

1100 

1900 

1100 

1300 

2700 

1300 

1900 

3400 

1500 

2000 

4100 

1300 
2200 
3500 
4800 
6400 


1290 
2800 
4000 
5600 
7500 


1300 
2400 
4000 
6000 
7700 


1210 
2300 
4100 
6200 
8000 


Zur  Yeranschaulichung   der   in   der  Tabelle   enthaltenen 
Werte  diene  die  Kurve  Fig.  2.    Als  Abszissen  sind  die  Längen^ 


1)  Der  negative  Wert  —  1  cm  bedeutet,  daß  das  Ende  des  Rohres  B 
sich  noch  1  cm  hinter  der  Kathode  befand,  dieselbe  also  vom  und  hinten 
völlig  frei  war.  Der  Wert  Null  soll  bedeuten,  daß  das  Ende  des  Rohres  B 
gerade  in  der  Kathodenebene  liegt,  letztere  also  hinten  gegen  Entladungen 
geschützt  ist. 


Ülter  Röntgenröhren  und  ffärtemener. 


16; 


um    welche    das  Rohr  B  Über  die  Kathode  hinausragt,  als 
Ordinatea  der  jeweils  dazu  gehörige  EathodeDfall  aofgetragen. 
Die  Knrren  zeigen  folgendes: 

1.  Bei  freier  Kathode  steigt  mit  abnehmendem  Druck  der 
Eathodenfall  nur  sehr  langsam  an.  Während  eich  z.  B.  der 
Druck  TOD  0,096  mm  bis  0,019  mm  ändert,  also  circa  auf  '/^ 
sinkt,  steigt  der  Kathodenfall  nur  von  750  Volt  auf  1500  Volt, 
also  um  das  Doppelte. 

2.  Je  tiefer  sich  die  Kathode  im  Rohr  B  befindet,  um  so 
st&rker  wächst  der  Kathodenfall  mit  abnehmendem  Druck. 
Befindet  sich  z.  B.  die  Ka- 
thode 5  cm  tief  im  Rohr  B, 
so  steigt  der  Katbodenfall  ' 
TOn  1210  Volt  bis  SOOOVoIt,  . 
also  um  das  6,6  fache,  wäh- 
rend der  Dnick  auf  '/^  sinkt  ' 

8.  Betrachtet  man  den  j 
Verlauf    der     Kurren,     so 
sieht    man,    daß    der  Ea- 
thodenfall    bereits     steigt, 
wenn  das  Rohr  B  sich  der 
Rückseite      der      Kathode  • 
n&hert   Es  bat  dies  seineu 
Qrund  darin,  daß  die  Ruck- 
eeite  der  Kathode  nun  nicht 
mehr  an  der  Entladung  teil- 
aehmen  kann,  letztere  sich 
also  auf  der  Vorderseite  der  Kathode,  also  auf  einen  kleineren 
Querschnitt  zusammendrängen  muß. 

Die  Kurven  steigen  am  steilsten  an,  wenn  das  Rohr  B 
nur  wenig  über  die  Kathode  hervorragt,  und  nähern  sich 
asymptotisch  einem  Maximum,  welches  sie  erreicht  haben,  wenn 
der  ganze  dunkle  Kathodenraum  sich  im  Rohr  B  befindet. 
Diejenigen  Stellungen  des  Rohres  B,  bei  der  dies  gerade  der 
Fall  ist,  sind  in  den  Kurven  durch  kurze  gestrichelte,  vertikale 
Linien  angedeutet.  Ein  noch  weiteres  Verrücken  des  Rohres  B 
Aber  die  Kathode  hat  dann  keinen  Einfluß  mehr. 

Dieses  Resultat  steht  in  vollem  Einklang  mit  früheren 
Untersuchungen  von  mir  über  die  Gtestalt  der  NiveauHäcben 


ni  I  I  I  I 


Kg. 


164  A.   Wehnelt. 

an  ebenen  Kathoden. ']  Ich  fand,  daß  die  Niveauflächen  keinea- 
wegB  znr  Kathode  parallele  Ebenen,  sondern  eigentOmlich  aus- 
gebaucbte  Flächen  bildeten,  d.  h.  daß  PotentialdiS^erenzea  in 
jedem  Querschnitt  eines  Bohres  zwischen  Rohrwandnng  und 
der  Achse  des  Rohres  bestehen.  Die  stärksten  Potenüal- 
differenzen  finden  sich  in  unmittelbarer  Nfihe  der  Kathode,  es 
muß  also  au  diesen  Stellen  die  Rohrwand  das  stärkst«  Zn- 
sammendrängen der  StrahlenbUndel  an  der  Kathode  bewirken. 
G^en  Ehide  des  dunklen  KatbodenraumeB,  also  nahe  dem 
Glimmlicht,  sind  die  Niveauäächen  nahezu  zur  Kathode  parallele 
Flächen,  d.  h.  es  sind  hier  nur  noch  geringe  Fotentdaldifferenzen 
zwischen  Bohrwand  und  Rohrachse  vorhanden,  daher  ist  hier 


Fig.8. 

der  Einfluß  der  älaswandungeu  auf  den  Eathodenfall  nur  noch 
gering. 

Befindet  sich  schließlich  der  ganze  dunkle  Kathodenraum 
im  Rohre  S,  so  hat  eine  weitere  Verschiebung  desselben  keinerlei 
Einfluß  mehr  auf  den  Eathodenfall. 

Auf  Grund  dieser  Versuche  hat  Hr.  W.  Berger,  In- 
genieur der  Firma  Reiniger,  Gebbert  &  Schall,  Erlangen, 
dem  ich  an  dieser  Stelle  meinen  besten  Dank  für  seine  Be- 
mühungen ausspreche,  ein  Röntgenrohr  konstruiert,  bei  welchem 
sich  über  die  Kathode,  genau  wie  bei  dem  Versuchrohr 
(Fig.  1,  p.  161),  ein  Bohr  ß  durch  Neigen  des  Rohres  und' 
sanftes  Klopfen  an  den  Kathodenhals  vor-  und  rückwärts  ver- 
schieben läßt  (Fig.  3). 


I)  A.  WehDclt,  Ann.  d.  Phys.  10.  p.  M2— 580.  1801  uud  Physik. 
ZeitBchr.  2.  p,  .M8— r)27.  1901. 


über  Röntgenröhren  und  Härtemesser, 


165 


Diese  Begulierung  ermöglicht  es^  mit  demselben  Rohre 
sehr  weiche  und  sehr  harte  Röntgenstrahlen  zu  erzeugen. 
Ist  das  Rohr  B  zurückgezogen,  d.  h.  die  Kathode  frei,  so  zeigt 
die  Röntgenröhre  blaues  Licht  und  ist  nun  ganz  besonders 
geeignet  zur  kontrastreichen  Aufiiahme  dünner  Objekte  (Hände, 
Arme).  In  dem  Maße,  wie  das  Rohr  B  über  die  Kathode 
herübergeschoben  wird,  werden  die  Strahlen  durchdringender, 
so  daß  mit  demselben  Rohre  auch  Beckendurchleuchtungen 
ausgef&hrt  werden  können. 

Zur  Veranschaulichung  der  Regulierfähigkeit  der  neuen 
Röhren  habe  ich  einige  Härtemessungen  nach  den  oben  an- 
gegebenen Prinzipien  angestellt 

Als  Stromquelle  diente  ein  Induktorium  für  30  cm  Funken- 
länge, als  Unterbrecher  ein  Turbinenunterbrecher  der  Allge- 
meinen Elektrizitätsgesellschaft  Berlin.  Die  Unterbrechungs- 
zahl betrug  immer  50  pro  Sekunde. 

Bei  der  gleichen  primären  Stromstärke  im  Induktorium 
wurden  die  Funkenlängen  gemessen,  wenn  sich  die  Kathode 
frei  im  Rohre  befand  und  wenn  sie  vom  Rohre  B  bedeckt 
war.  Die  ersten  vier  Versuchsreihen  nachstehender  Tabelle 
beziehen  sich  auf  dasselbe  Rohr  bei  verschieden  starken  Primär- 
strömen. Die  letzten  drei  Messungen  beziehen  sich  auf  drei 
weitere  Röhren.  Neben  den  Funkenlängen  sind  in  der  Tabelle 
die  denselben  entsprechenden  Potentialdifferenzen  ^)  angegeben. 

Tabelle  IL 


Primäre  Strom- 

Funkenlänge 

in  cm. 

Fnnkenpotentiale  in  Volt, 

a 

t&rke  im 
dnktorium 

wenn 

die  Kathode 

wenn  die  Kathode 

In 

frei 

bedeckt 

frei 

bedeckt 

1. 

1     Amp. 

r       2,6 

1 

1 

8,2 

19  000 

22  500 

2. 

2,2 

»» 

7,2 

1 

8,7 

88  000 

42  000 

3. 

3,2 

» 

10,0 

1 

15 

45  400 

57  500 

4. 

4,7 

n 

11,8 

18,2 

49  000 

66  000 

5. 

1,5 

1» 

8,4 

8,6 

24  000 

41500 

6. 

2,0 

>? 

4,3 

11,5 

29  000 

48  000 

7. 

3,0 

»» 

8,0 

24,0 

22  000 

? 

1)  Die  den  Fankenstrecken  entsprechenden  Potentialdifferenzen 
habe  ich  den  Tabellen  des  Hm.  A.  0 verbeck,  Wied.  Ann.  64.  p.  208. 
1898  entnommen. 


166  A,   IFehnelt 

Aus  dieser  Tabelle  folgte  daß  die  Funkenlängen  und  da- 
mit die  Durchdringungskrafb  der  Röntgenstrahlen  bei  vor- 
geschobenem Bohr  B  wesentlich  größer  sind^  als  bei  freier 
Kathode  und  zwar  ändert  sich  die  Funkenlänge  beim  ersten 
Rohr  je  nach  der  Belastung  um  das  1,2-  bis  1,6  fache,  bei  den 
andern  Bohren  sogar  um  das  2,5-  bis  Sfache. 

Zur  Beurteilung  der  Härte  von  Böntgenröhren  benutzt 
man  neuerdings  das  Badiochromometer  von  L.  Benoist^)  Das 
Prinzip  dieses  Apparates  ist  folgendes: 

Nach  Benoist  ändert  sich  die  Durchlässigkeit  von  Silber 
nur  sehr  wenig,  diejenige  von  Aluminium  hingegen  sehr  stark 
mit  der  Härte  der  Böntgenstrahlen.  Er  vergleicht  daher  die 
Helligkeit  eines  Leuchtschirmes  hinter  einem  0,11  mm  dicken 
Silberblech  mit  derjenigen  hinter  verschieden  dicken  Aluminium- 
blechen (12  Stück  von  1  mm  bis  12  mm  Dicke  von  1  zu  1  mm 
steigend).  Weiche  Böntgenstrahlen  werden  schon  in  dünnen 
Aluminiumschichten  ebenso  stark  wie  in  Silber  absorbiert, 
harte  Strahlen  erst  in  sehr  viel  dickeren  Aluminiumschichten. 

Diejenige  Dicke  des  Aluminiumbleches,  hinter  welchem 
der  Leuchtschirm  ebenso  stark  leuchtet,  wie  hinter  der  0,11  mm 
dicken  Silberplatte,  gibt  ein  Maß  für  die  Beurteilung  der 
Härte  einer  Röntgenröhre. 

Der  Apparat  ist  so  angeordnet,  daß  die  12  verschieden 
dicken  Aluminiumplatten  als  Ringsektoren  um  eine  kreisförmige, 
0,11  mm  dicke  Silberplatte  herumliegen. 

Hr.  B.  Walter^  hat  den  Apparat  dadurch  verbessert, 
daß  er  die  Dicken  der  Aluminiumbleche  in  arithmetischer  Beihe 
zweiter  Ordnung  ansteigen  läßt,  dadurch  werden  die  Kontraste 
auch  zwischen  den  dickeren  Schichten  noch  hinlänglich  groß. 
Er  behält  jedoch  die  kreisförmige  Anordnung  von  Benoist 
bei,  welche  ungünstig  ist,  da  die  simultanen  Kontraste  eine 
genaue  Beurteilung  der  Stellen  gleicher  Helligkeit  sehr  er- 
schweren. 

Diesen  Ubelstand  habe  ich  vermieden  durch  folgende  Ab- 
änderung des  Apparates. 


1)  L.  Benoist,  Compt  rend.  134.  p.  225—227.  1902. 

2)  B.  Walter,  Fortschr.  a.  d.  elektr.  Grebiet  der  Böntgenstrahlen  6. 
p.  68.  1902. 


über  Röntgenröhren  und  Härtemesser. 


167 


Statt  einer  sprongweisen  Änderung  der  Dicke  des  Alu- 
miniumbleches benutze  ich  einen  Aluminiumkeil  von  20  cm 
Länge  {K,  Fig.  4,  zeigt  den  Querschnitt^  JT^  zeigt  den  Keil  von 
der  Seite  gesehen)^  dessen  Dicke  nach  einer  arithmetischen  Reihe 
zweiter  Ordnung  von  0^1  cm  bis  1,6  cm 
an  seinem  dicken  Ende  ansteigt  Neben 
diesem  Eeil  liegt  eine  Silberplatte  von 
0,01  cm  Dicke  und  1  cm  Breite.  Dieses 
System  JS*  aus  zwei  Metallen  läßt  sich 
an  einem  0,5  cm  breiten  und  2  cm  hohen 
Spalt  S  in  einer  dicken  Messingplatte 
vorbeiziehen,  die  sich  am  Ende  eines  weiten 
Rohres  R  befindet,  welches  dazu  dient, 
fremdes  Licht  von  den  Augen  fem  zu 
halten.  Zwischen  ^  und  dem  Spalt  liegt 
ein  Leuchtschirm  ß.  Durch  Verschieben 
von  JS  kann  man  leicht  die  Stelle  finden, 
bei  der  die  obere  vom  Aluminiumkeil  be- 
deckte Spalthälfte  die  gleiche  Helligkeit  mit  der  unteren  vom 
Silber  bedeckten  Spalthälfbe  zeigt.  Die  Einstellung  läßt  sich 
sehr  genau  ausfuhren,  da  nur  auf  gleiche  Helligkeit  zweier 
Flächen  eingestellt  wird,  bei  völliger  Abwesenheit  hellerer 
und  dunklerer  Stellen.  Die  mittlere  Dicke  des  Keiles  zwischen 
den  Spalträndern  gibt  ein  Maß  flir  die  Härte  von  Röntgen- 
röhren. 

Der  Apparat,  der  von  der  Firma  Reiniger,  Gebbert  & 
Schall  in  Erlangen  angefertigt  wird,  hat  sich  bisher  durch- 
aus bewährt. 

Erlangen,  Phys.  Inst  d.  Univ.,  Juli  1903. 


Fig.  4. 


(Eingegangen  81.  Juli  1908.) 


168 


24.  Elektrische  Strömung  in  einem  ionisierten  Luft- 
räume, der  Yon  zwei  konzentrischen  Zylinderflächen 

begrenzt  ist 

Von  Eduard  Bieoke  in  Göttingeu. 


1.  Der  8&ttigung88trom. 

Der  Halbmesser  des  inneren  Zylinders  sei  b,  der  des 
äußeren  a;  das  elektrische  Potential  des  inneren  B,  das  des 
äußeren  Null.  Bezeichnet  r  den  Abstand  irgend  eines  Punktes 
im  Inneren  des  zylindrischen  Hohlraumes  von  der  gemeinsamen 
Achse  der  Zylinder,  so  ist  der  Wert  des  Potentiales  in  diesem 
Punkte: 

log- 

r^B — ^. 

logf 

Für  den  Fall  des  Sättigungsstromes  ergeben  sich,  wenn 
wir  die  auch  sonst  gebrauchten  Bezeichnungen  benützen,  die 
folgenden  Gleichungen: 

^        ev{U  +  V)^   ü  +  V        4716     ' 


Bv{ü-\'    F)      '       U  -¥    V  4716 

+    V 

UV 


div(edivg)  =  4;re-^^^7 


+  - 

Die   lonendichten  N  und  N,  sowie  die  Feldstärke  (S  sind 

lediglich  abhängig  von  der  Entfernung  r  =  j/ar^  +  ?/*,  von  der 

Zylinderachse.     Somit  ergibt  sich: 

div  e  =  -  +  -^,        div  (Sdiv®)  =  -  -^  +  1    ,^.  . 

r         dr  '  ^  *       2r    dr         ^    dr* 

Zur  Bestimmung  von  (S^  erhält  man  daher: 

d*(£«       3     de*        Q        U  -h  V 
dr*         r      dr  v  U  V   ^ 


Elektrische  Strömung  in  ionisiertem  Lufträume,  169 

daraus  folgt: 

@9  .    <5i     .  Ü  •¥  V       « 

'  =  ^0  +  ^  +^«Vü^^'"  • 

Zur  Berechnung  der  Integrationskonstanten  c^  und  c^  er- 
geben sich  die  folgenden  Bedingungen.  An  der  Oberfläche  des 
inneren  Zylinders  wirkt  nur  die  auf  diesem  selber  befindliche 
Ladung«  Die  Menge  von  Elektrizität^  welche  auf  einem  Zylinder- 
abschnitt von  der  Länge  1  verteilt  ist,  werde  mit  e  bezeichnet. 
Dann  ist  die  elektrische  Feldstärke  an  der  Oberfläche  des 
inneren  Zylinders  gegeben  durch: 

Wir  haben  also: 

^  =  ^0  +  ^+^«— tTF?*- 
Die  zweite  Grenzbedingung  ist: 

Daraus  folgt: 

451 6  cj,      o       V  ■{■  V     .. 
«0  = 77 ^"'  vUV  ^ 

Substituiert  man  diesen  Wert  in  der  vorhergehenden  Glei- 
chung, so  ergibt  sich: 

und: 

tt^        fca       4e*       4nbCi(.       6'\    ,  U+r      »/,        6«\» 

(1)        (g«  =  -^-^-_-^(l---,J  +  „a-j^yr*(l--.)   , 

Endlich  zur  Bestimmung  der  lonisierungsstärke  q: 
(3)  bc,  =  isq{a'-b\ 

2.    Nicht  ganz  ges&ttigteT  Strom. 

Bei  einem  nicht  ganz  gesättigten  Strome  tritt  an  die  Stelle 
der  letzten  Gleichung  die  folgende: 


170  E.  Rieche. 


a 

+    - 


b 

WO  a  den  Koeffizienten  der   Wiedervereinigung,  q^  den  ver- 
besserten Wert  der  lonisiernngsstärke  bezeichnet 

+ 
Setzt  man  hier  für  N  und  N  die  aus  dem  vorhergehenden 

folgenden  Werte,  so  ergibt  sich: 

b 

Benützt  man  für  6^  den  ersten  Näherungswert 
SO  erhält  man  die  Gleichung: 

Die  Berücksichtigung  der  höheren  Glieder  in  dem  Aus- 

+  - 

drucke  für  &  ist  überflüssig,  solange  man  für  N(&   und  N(£ 

die  in  den  Gleichungen  (2)  gegebenen  Werte  nimmt. 

Setzt  man  an  Stelle  von  b  c^  den  Ausdruck  ^  6  y  («^  —  b% 

so  wird: 

W  ?  =  'A  -  T6-.T^Ve.  («*  -  *'^*- 

um  zu  einer  vollständigeren  Entwickelung  der  Gleichungen 
(4)  und  (4')  zu  gelangen,  wollen  wir  zunächst  in  den  Grund- 
gleichungen des  Problems  in  den  Gliedern,  welche  den  Ko- 
effizienten a  und  die  Koeffizienten  der  Diffusion  enthalten,  an 

+  - 

Stelle  von  N  und  N  die  durch  die  Gleichungen  (2)  bestimmten 

Werte  einführen.    Wir  erhalten  dann  das  folgende  System  von 
Gleichungen: 

divSj  =AnB[N^  -^  N^\ 
ev{UN^  +  rÄj)®!  =  C  +  «^(Ä JV^-  kN), 

-  r  Fdiv  (Ä;  gj)  =  7i  -  «  A' iv  +  Ä  J  iV . 


Elektrische  Strömung  in  ionisiertem  Lufträume,  171 

Mit   Rücksicht   auf  die   schon   im  vorhergehendeD  ange- 
gebenen Grenzbedingungen  ergeben  sich  die  Integrale: 


(5) 


iV  g   =-?'    ri--\\-  -   -  [NNrdr-—  — 


r 
a 


\tq^  (o*  -  *«)  =  *Cj  +  at( NNrdr, 


(6) 


@J==@H2;re4^« 


(o»  -  6«) 


rNNdr-ilrNNdr 


Ijr^N 


+  -f^lr»NNdr 


+ 


Sn  6    k 


U 


r^J  dr 


N) 


dr . 


Setzen  wir  zur  Abkürzung: 


6«\« 


+  - 


r«(l 


+  - 


r^  N  Ndr 


h 


b 


"''i""7  {^rz^j  NNrdr -J  NNrdr], 


a  a 

^«  ""  ^{aiZtW^^rrfr  -     NNrdr]  . 


172  E.  Rieche. 

80  können  wir  einfacher  schreiben: 

+ 
*  V  O  V  V      U  r* 

Man   kann   nun  eine  noch  weitere  Annäherung  erreichen, 

+ 
wenn  man  in  den  allgemeinen  Gleichungen  an  Stelle  von  N 

und  N  in  allen  mit  a,  K  oder  K  multiplizierten  Gliedern  die 

+ 
Werte  iV^  und  N^  einführt.    Es  möge  dies  bei  der  Gleichung 

h   " 
(7)  i«?a(«'  -  *")  =  *C,  +  utjN^  N^rdr 

h 

weiter  ausgeführt  werden. 
Zunächst  wird: 

näherungs  weise: 

Da  ÄCj  =  ^cy(a'  —  Ä*),  so  ergibt  sich: 


«     + 


b  b 

Berechnet  man  die  Integrale  mit  Hilfe  der  Werte,  die 
früher  für  die  unter  den  Integralzeichen  enthaltenen  Größen 
angegeben  wurden,  so  erhält  man  die  Näherungsformel: 


Elektrische  Strömung  in  ionisiertem  Lufträume.  173 

Benützt  man  sie  zu  der  Berechnung  von  a^  so  ergibt  sich: 

(8)  a  =  ^y  ^^f  .  ^"^^  (l  -  0,2^--^). 

Bezeichnet  man  die  Dichte  des  Sättigungsstromes  an  der 
Oberfläche  des  inneren  Zylinders  mit  (S^,  die  Dichte  des 
wirklich  beobachteten  Stromes  mit  c^,  so  kann  man  die  ge- 
fundene Gleichung  auch  a]if  die  Form  bringen: 

(Eingegangeu  2.  August  1908.) 


174 


25.  Theorie  eines  bewegten  lenehtenden  Punktes. 

Von  W.  Wien  in  Wünborg. 


Nachdem  Boltzmann^)  den  von  Maxwell  aus  der  elektro- 
magnetischen Lichttheorie  gefolgerten  Strahlungsdruck  mit  dem 
zweiten  Hauptsatz  der  mechanischen  Wärmetheorie  in  Ver- 
bindung gebracht  hat^  ist  dieser  Druck  zu  einem  wichtigen 
Fundament  fiir  die  Theorie  der  Strahlung  geworden.  Aus  ihm 
berechnet  sich  ohne  weiteres  die  Arbeitsleistung,  die  zur  Be- 
wegung eines  strahlenden  Flächenelementes  notwendig  ist  Diese 
ist  unendlich  groß^  wenn  das  Flächenstück  mit  Lichtgeschwindig- 
keit bewegt  wird. 

Anders  gestaltet  sich  die  Frage,  wenn  es  sich  nicht  um 
die  Bewegung  eines  strahlenden  Flächenstückes,  sondern  eines 
einzelnen  Zentrums  handelt,  das  elektromagnetische  Strahlung 
aussendet. 

Der  einfachste  Fall  eines  solchen  strahlenden  Zentrums, 
das  man  sich  entweder  als  einen  beständig  die  Ladung  wechseln- 
den elektrischen  Doppelpunkt^  oder  als  einen  sehr  kleinen, 
Schwingungen  ausführenden  elektrisierten  Punkt  vorstellen  kann, 
ist  von  H.  Hertz*)  theoretisch  behandelt.  Es  fragt  sich  nun, 
wie  die  Strahlung  eines  solchen  Zentrums  durch  die  Bewegung 
geändert  wird. 

Wir  können  zur  Lösung  dieser  Aufgabe  von  den  Lorentz- 
schen  Gleichungen^  ausgehen,  obwohl  sich  diese  auch  um- 
gehen lassen,  worauf  hier  indessen  nicht  näher  eingegangen 
werden  soll. 

Die  Lorentz sehen  Gleichungen  lauten,  wenn  wir  mit  6 
und  §  den  elektrischen  und  magnetischen  Vektor,  mit  c  die 
Lichtgeschwindigkeit  bezeichnen,  flir  einen  mit  der  Geschwindig- 
keit V  in  der  Richtung  x  sich  fortbewegenden  Körper 

1)  L.  Boltzmann,  Wied.  Ann.  22.  p.  291.  1S84. 

2)  H.  Hertz,  Wied.  Ann.  36.  p.  1.  1889. 

3)  H.  A.  Lorentz,  Versuch  einer  Theorie  der  elektrischen  und 
optischen  Erscheinungen  in  bewegten  Körpern.    Leiden  1895. 


Theorie  eines  he^oegten  leuchtenden  Punktes.  175 

-äT  —  ^  ä—  =  <^  rot  © , 
J   dt  dx  ^' 

iTT  —  »ä^  =  —  crotS. 

^   a  t  dx 

Ist  die  Geschwindigkeit  v  konstant^  so  ergibt  die  Trennung 
von  @  und  §  in  der  bekannten  Weise  die  Gleichung 

Eine  Integration  dieser  Gleichung  ergibt  die  Verallgemeinerung 
eines  f&r  ruhende  Körper  geltenden  Zustandes,  fQr  den  v  =  0 
ist,  auf  den  Fall,  daß  dieser  Zustand  bei  gleichförmiger  Be- 
wegung stattfindet. 

Ein  allgemeines  Integral  der  Gleichung  (2)  lautet: 


^(^^^-c-i^-^) 


X* 


wo 

ist.  F  ist  eine  beliebige  Funktion  eines  Argumentes.  Bei 
V  =  0  geht  das  Integral  in  die  gewöhnliche  Strahlungsfunktion 

F(et-r) 

r 

über.  Durch  die  Integration  der  Gleichung  (2)  ist  die  Lösung 
des  Problems  noch  nicht  beendet.  Vielmehr  müssen  die  sechs 
Diflferentialgleichungen  (1)  erfüllt  werden.  Bei  symmetrischer 
Anordnung  des  Feldes  um  eine  Acljse  hat  es  keine  Schwierig- 
keit, die  Ausdrücke  aufzustellen,  die  den  Gleichungen  (1)  ge- 
nügen, sobald  ein  Integral  von  (2)  gefunden  ist. 

Ist  diese  Symmetrie  nicht  vorhanden,  so  können  Schwierig- 
keiten auftreten,  weil  sich  dann  nicht  notwendig  alle  (S  und  ^ 
aus  einer  einzigen  Funktion  ableiten  lassen,  so  daß  die  Ein- 
deutigkeit der  Lösung  dann  einer  besonderen  Untersuchung 
bedarf. 

Theorie  eines  bewegten  in  der  Richtung  der  Bewegung 

schwingenden  Dipols. 

Für  die  Theorie  der  elektromagnetischen  Strahlung  ist 
die  Hertz  sehe  Theorie  eines  schwingenden  elektrischen  Dipols 
maßgebend.     Diese  ist  für  die  Bewegung   zu  verallgemeinern. 


176  r.   men. 

Zunächst  betrachten  wir  den  Fall,  daß  die  Schwingung  in  der 
Richtung  der  Bewegung  erfolgt.     Wir  setzen 


^»       dy*  ^ö*» 

^x  =  0. 

»            dxdy 

*'»            e\dxdt       ^dxdxj' 

ffi  =  _-^-*?- 
•            dxdx 

Dann  ist  div  (S  =  0  und  div  ^  =  0  identisch  erMlt  und 
die  Gleichungen  (1)  sind  zum  Teil  identisch,  zum  Teil  dann 
erfüllt,  wenn  die  Funktion  der  Gleichung  (2)  Genüge  leistet 

Als  Lösung  für  (p  nehmen  wir  die  Funktion 


qp  =  j^C09*(Äc^-.^^-r), 


r»  =  j^2  ^  2»  +  ~ . 
In  der  Nähe  des  Punktes  r  =  0  ist 

(T)  =  -—  Qosbkct, 

^        rk 

(p  genügt  der  Gleichung 
und  wir  haben 

80  daß  wir  ein  elektrisches  Konvektionspotential  von  der  Form 

A  '~r 

-7-  cos&A  ct-^— 

k  0  X 

haben.  Dies  entspricht  einem  elektrischen  Dipol  vom  Moment  A, 
der  mit  der  Schwingungszahl  n  =  bhc  schwingt. 

Für  ^  =  0  geht  die  Lösung  in  die  eines  mit  der  Ge- 
schwindigkeit V  bewegten  konstant  geladenen  Dipols  nach  der 
Theorie  von  Heaviside^)  über. 

Für  die  elektrischen  und  magnetischen  Vektoren  ergeben 
sich  hiemach  ziemlich  verwickelte  Ausdrücke.  Sie  sind  jedoch 
von  geringerem  Interesse.     Von  Wichtigkeit  ist  hauptsächlich 


1)  0.   Heaviside,  Electr.  papers  2.  p.  495. 


Theorie  eines  bewegten  leuchtenden  Punktes,  177 

der  Betrag  der  elektromagnetischen  Strahlung  in  großer  Ent« 
fernong  vom  strahlenden  Punkt 

Unter  der  Voraussetzung^  daß  r  groß  gegen  Ijb  ist^  braucht 
man  nur  nach  den  im  Argument  des  cos  enthaltenen  Variabein 
zn  differenzieren.     Dann  ergibt  sich,  wenn  wir 


setzen 


b[kct-*j^^-r]  =  a 


„.  A  vb*  y  ,   Ah'xy 

®»=       T'^^rCOBß+ji-^-'cos«, 

c  Ab*  *  (     ,     X     \ 

«»,=  -i.7^(<^ +,*«')  COS«, 

^  ^  Ab*  y  [      ,     X     \ 

Die  ausgestrahlte  Energie  berechnen  wir  nach  dem 
Poyntingschen  Satz,  indem  wir  den  Strömungsvektor  über 
eine  geschlossene,  sehr  weit  vom  strahlenden  Punkt  entfernte 
Fläche  integrieren. 

Wir  wählen  für  diese  Fläche  ein  EUipsoid  mit  der 
fileichung 

niit  der  Vorschrift,  daß  r  gegen  alle  anderen  in  Betracht 
kommenden  Längen  unendlich  groß  ist. 

Wir  haben  es  dann  mit  einem  Rotationsellipsoid  zu  tun, 
^  in  der  Richtung  der  Bewegung  um  so  mehr  abgeplattet  ist, 
J6  schneller  die  Bewegung  erfolgt. 

um  die  gesamte  Ausstrahlung  zu  finden,  müssen  wir  dann 
^  htegral 


!■ 


d  (o  (@,  C08  N  4-  ©„  cos  ^  +  (B,  cos  ^V ) 

^W  die    Fläche    des    Ellipsoids    erstrecken,    wenn    3    den 
'^öyntingschen  Vektor  bezeichnet 

Nennen  wir  q  die  Größe  j/y^  4-  ^*,    so  ist  das  Flächen- 
eiemeat  des  Ellipsoids 

-FMtschrirt.  TJ 


178  r.   Jnen. 

d(o  s  gdOds , 

wo  0  der  Umdrehungswinkel  der  Ellipse  jr*/Ä*  +  p*  =  r*  um 
die  jr- Achse  und  äs  das  Linienelement  dieser  Elllipse  ist. 
Nun  ist 

^^^-^«=5!  y  =  (>sin©, 

cos  iVp  =  —  —  z  =  ()  cos  0 . 

Ferner 

cos  iV^y  =  cos  iV^  sin  0 , 

cos  i\^,  =  cos  Nq  cos  0 , 

Setzen  wir  nun  noch  auf  der  Oberfläche  des  EHlipsoids,    wo 
r  =  const.  ist 

ü  =  r  sin  &  dn  =  r  cos  &d& 

X  =  rk  cos  0-  r/x  =  —  r Ä  sin  i?"  rf i!^ , 

so  ist 


2.T  .1 


r®  ^/w  =  fd0Cdt')'{r^  cos  iV^  sin  iT-®^  +  Ar*  sin^ iJ-  sin 0 @^ 

0        0 

+  kr^  sin^i?-  cos0@^}, 
Ferner  ist 


ö*co8*a  fa;  c*  4- »*    .       /••     ,    x'   1  \1 


^  J.'^  6*  o*  cos*  ff  f  a;  c*  4-  »* 


-rw    __  J.*  6*  (>*  cos*  n  y    f      ,    ^r  «*  \ 

^y  -  >-jt3-    -  -  f  +  ;;:  jt  J  ' 

p,    _  J.*  6*  p*  cos' ax    i      ,    ^  ^\ 

Nehmen   wir   das  Integral   über   eine   ganze  Schwingung  und 
dividieren  durch  die  Schwingungsdauer,  so  ist 


bke 


0 

die  in  der  Zeiteinheit  im  Mittel  ausgestrahlte  Energie. 

Für  ü  =  c  wird  S  unendlich,  wenn  nicht  b  mindestens  von 
der  Ordnung  k  unendlich  klein  wird. 


Theorie  eines  bewegten  leuchtenden  Punktes.  179 

Theorie  eines  senkrecht  sur  Bewegungsriohtung  schwingenden 

Dipols. 

Die  oben  gefundene  Lösung  f&r  eine  longitudinale  Schwin- 
gung schließt  sich  unmittelbar  der  Heavisid eschen  Lösung 
für  eine  bewegte  Ladung  an.  In  der  Tat  erhalten  wir  die 
Heavisideschen  Ausdrücke  für  einen  in  der  Richtung  der  Be- 
wegung liegenden  Dipol  ^  wenn  wir  die  Schwingungszahl  un- 
endlich klein  wählen. 

Es  ist  nun  sehr  bemerkenswert  und  für  den  weiteren 
Ausbau  der  Theorie  bewegter  Ladungen  von  großer  Wichtig- 
keit^ daß  f&r  einen  transversal  schwingenden  Dipol  die  Lösung^ 
welche  sich  den  Heavisideschen  Ausdrücken  fiir  einen  mit 
konstanter  Geschwindigkeit  fortschreitenden  Dipol  anschließen 
würde^  den  allgemeinen  Max  well  sehen  Gleichungen  nicht  ge- 
nügt^ sondern  einer  Ergänzung  bedarf  durch  ein  elektrisches 
Feld^  das  für  unendlich  langsame  Schwingungen  nicht  ver- 
schwindet 


Setzen  wir 


^»  '^  dxdx' 

g   =  -    ^'^ 


'y  dydx' 

*  ox*       a  y* 

80  hätten  wir  für  tp  =  const./r,  da  dann  die  Gleichung 

6^'^dy^  d^ 

erlullt  ist, 

®.=-*'ä^(if).  %---dM'  ®.--/.(if). 

was  der  Heavisideschen  Lösung  für  einen  Dipol  entsprechen 
würde,  dessen  Achse  parallel  der  z  Achse  liegt. 

Mit  diesen  Ausdrücken  läßt  sich  aber  das  System  unserer 
Gleichungen  im  Falle  einer  Schwingung  nicht  erfüllen.  Viel- 
mehr müssen  wir  setzen 

g  ^  _  p   ^[9>    _  v^  ^\<p ö*<r 

*  dxd  X        c^  öxd  X  dxdx  ^ 

(5  —  —    ö'<r 
^y"       dydx' 

^»  "  dx^  "^  öy*  "^  c'öx«  ""  öx«  "*■  dy^  ' 


12 


f 


180  r.   ITien, 

^''^  ~  7  i  dYdt  ~  " dydx) ' 

WO  f)  der  Gleichung  (2)  zu  genügen  hat.  Dann  sind  die 
Gleichungen  (1)  erfüllt 

Wir  haben  dann  ein  zweites  elektrisches  Feld  mit  den 
Komponenten 

^«  e*dx\dx)' 

^«  c*dx\dx)' 

das  sich  über  das  erste  lagert.  Diese  Kraftlinien  sind  sämtlich 
parallel  der  xz  Ebene.     Sie  werden  durch  die  Gleichungen 

~  =s  const. 
ax 

dargestellt  Es  sind  dies  also  keine  Linien,  die  an  einer 
Ladung  im  endlichen  enden,  sondern  Kurven,  die  in  sich 
zurücklaufen. 

Auf  diese  Weise  erhalten  wir  filr  einen  Dipol,  der  senk- 
recht zu  seiner  Achse  bewegt  wird,  zwei  mögliche  Lösungen: 
Einmal  die  durch  die  Heavisidesche  Lösung  bestimmte 

S ~dy\dx)'  ^y"        c~d%[dx)' 


e  =  - 


dx 


(dip\  a.   _        V    d    (dq>\ 

[dx)'  *'»""        ody\dx)' 


und  anderseits  aus  unserer  Lösung,  wenn  wir  (p  als  unabhängig 
von  der  Zeit  annehmen 

«.--Ä(l!)- 

--  ""        dx  \dx)  "*■  e^dx*  "  dx*  "*"  dy* ' 


Theorie  eines  bewegten  leuchtenden  Punktes,  181 


c dydx ' 


Ä         n  Const. 

Man  sieht  ohne  weiteres  durch  Einsetzen  in  die  Glei- 
chungen (1);  daß  auch  diese  Lösung  möglich  ist 

Diese  zweite  Lösung  ist  dadurch  ausgezeichnet,  daß  bei 
ihr  keine  magnetischen  Kraftlinien  um  die  jr-Achse  vorhanden 
sind.  Unter  welchen  Umständen  sie  den  tatsächlichen  Ver- 
hältnissen entspricht,  mag  vorläufig  dahingestellt  bleiben. 

Für  den  Fall  der  Schwingungen  des  Dipols  ist  diese 
Lösung  die  einzige^  die  den  Gleichungen  genügt  Wir  haben 
dann  die  in  sich  zurücklaufenden  elektrischen  Eorafblinien  an- 
zunehmen^  welche  die  magnetischen  Kraftlinien  um  die  x- Achse 
zum  Verschwinden  bringen. 

In  großer  Entfernung  ist  in  diesem  Falle 


m  j  (b*  V    ,    b^  x\     X 

®„  =       ^  -ii-  cos  CC  , 


^y  r f^      \r*ck^        c        rk  \  c'/J 

Bilden  wir  hieraus  ©  .  ©..  @,  und  dann 

X  y  z 

27t  71 

Cd  0  Cd  &  fr«  cos  19-  sin  i^-B^  +  k  r»  sin»  &  sin  0  ©^ 


0  0 

+  Ä  r*  sin»  &  cos  0  @J , 
so  findet  sich 


Ä  = 


_  ,  4  J^       1^         6    1    ^  J^        30  1?"  J[         48  f^*    1  10 1;*  1 1 

k*  ^  115  "^  15  ^*  "^  15  ^^  "*■  15  c«  /.»   "^  15  ft^  A*   "^  15  c*  A-^J   ' 


182      W,  Wien.     Theorie  eines  bewegten  leuchtenden  Punktes. 

Die  Strahlang  ist  also  bei  transversaler  Bewegung  größer 
als  bei  longitudinaler  und  wird  bei  der  ersteren  auch  bei  kon- 
stantem bjk  unendlich,  sobald  o  ==  c  wird. 

Dies  Ergebnis  steht  im  Gegensatz  zu  dem  von  Abraham 
gefundenen,  wonach  die  longitudinale  die  transversale  über- 
treffen solL^ 

Übrigens  würde  der  gewöhnliche  Maxwellsche  Strahlungs- 
druck bei  XJberschreitung  der  Lichtgeschwindigkeit  unendliche 
Arbeitsleistung  bedingen. 

Lassen  wir  parallele  Strahlung  von  der  Intensität  e  senk- 
recht auf  einen  Spiegel  fallen,  der  der  Richtung  der  Strahlen 
entgegengesetzt  bewegt  wird.    Dann  ist  die  Energiedichte 


2c   ,    /     dx,\    1 


WO  %i)dx  die  durch  Überwindung  des  Strahlungsdruckes  ge- 
leistete Arbeit  bezeichnet,  die  in  Strahlung  gleicher  Richtung 
verwandelt  wird. 

Hieraus  folgt,  wenn  dxjdt^  v  ist 


(-.)■ 


Für  ü  =  c  wird  rp  unendlich,  weil  die  durch  Arbeits- 
leistung entstandene  Strahlung  sich  nicht  von  dem  bewegten 
Spiegel  fort  ausbreiten  kann. 


1)  M.  Abraham,  Ann.  d.  Phjs.  10.  p.  156.  1903. 

(Eingegangen  2.  August  1903.) 


183 


26.  Über  die  Passivität  des  Nickels. 

Von  M«  Iie  Blano  in  Karlsruhe  und  Mario  O.  Iievi  in  Padua. 

(Mitteilung  auB  dem  Institut  für  physikalische 
Chemie  und  Elektrochemie  der  Technischen  Hochschule  Karlsruhe.) 


Während  die  Passivität  des  Eisens  der  Gegenstand  zahl- 
reicher Arbeiten  gewesen  ist^  und  die  zugehörige  Literatur 
sehr  reich  ist^);  hat  man  die  Passivität  des  Nickels  bisher 
wenig  studiert.  Wohl  die  erste  Arbeit^  die  sich  damit  befaßt^ 
ist  die  vonNickl&s^:  Über  den  passiven  Zustand  von  Nickel 
und  Kobalt.  Dieser  Forscher  fand^  daß  Nickel  und  Kobalt 
in  rauchender  Salpetersäure  eine  Passivität  von  nur  kurzer 
Dauer  erlangten  ^  außer  wenn  sie  über  einer  Weingeistlampe 
oder  im  Kohlefeuer  bis  zum  Anlaufen  erhitzt  wurden;  dann 
wurde  die  Passivität  stabil.  In  beiden  Fällen  erwiesen  sie 
sich  etwas  weniger  negativ  als  Eisen.  Auch  in  gewöhnlicher 
Salpetersäure  wurden  sie  schon  passiv  und  vermochten  auch 
Eisen  in  dieser  Säure  durch  Berührung  passiv  zu  machen. 

Abgesehen  von  kurzen  gelegentlichen  Bemerkungen  ist 
dann  unserem  Wissen  nach  bis  zum  Jahre  1900  nichts  mehr 
über  die  Passivität  des  Nickels  bekannt  gegeben  worden;  in 
diesem  Jahre  erschien  die  Untersuchung  von  Hittorf.^  Doch 
auch  in  ihr  finden  sich  speziell  über  diesen  Punkt  nur  kurze 
Andeutungen.  Er  maß  die  elektromotorische  Kraft  folgender 
EHemente: 


1)  Die  neuesten  erst  in  den  letzten  zwei  Jahren  erschienenen  Ar- 
beiten sind  die  von  A.  Finkelstein  (Zeitschr.  f.  physik.  Chem.  39.  p.  91. 
1903),  von  C.  Fredenhagen  (Zeitschr.  f.  physik.  Chem.  43.  p.  1.  1903) 
und  von  M.  Mugdan  (Zeitschr.  f.  Elektrochem.  9.  p.  442.  1903).  Daselhst 
finden  sich  weitere  Literaturangahen 

2)  Compt.  rend.  87.  p.  284.  1853.  Vgl.  auch  St.  Edme,  Compt.  rend. 
100.  p.  1079.  1888. 

3)  W.  Hittorf,  Zeitschr.  f.  physik.  Chem.  :54.  p.  386.  1900. 


184  M,  Le  Blanc  und  M.  0.  Levi. 

Einige  Zeit  nach 
Vor  Stromschluß  Stromschlnß 

Ni-NaN0,-Lö8UDg— H,CrO-LÖ8ung-Pt    1,48  Volt  1,16  Volt 

Ni-KjCrgOy-      „  „  „        „      0,85    „  0,27    „ 

Ni-NaCjHaO,-  „  „  „        „      1,44     „  <  0,27    „ 

Ni-Na,S04-       „  „  „        „      1,54    „  <  0,4      „ 

Vergrößert  man  die  elektromotorische  Kraft  dieser  Strom- 
kreise durch  Zaschaltung  einer  genügend  starken  neaen  elektro- 
motorischen Kraft,  so  löst  sich  Nickel  nicht  mehr  auf^  sondem 
es  entweicht  Sauerstoff  au  ihm.  Hittorf  meint,  daß  Nickel 
nur  in  Lösungen  von  Sauerstoffsalzen  passiv  wird. 

Das  soeben  Angeführte  ist  so  ziemlich  alles,  was  über 
die  Passivität  des  Nickels  bekannt  ist.  Außerdem  finden  sich 
in  elektrometallurgischen  und  galvanoplastischen  Büchern^)  An- 
gaben, daß  sich  das  Nickel  nicht  unter  allen  Umständen  quan- 
titativ nach  dem  Faradayschen  Gesetz  auflöst;  auch  wird 
in  dieser  Hinsicht  ein  Unterschied  zwischen  gewalzten  und 
gegossenen  Nickelanoden  gemacht.  Durch  entsprechende  Wahl 
der  Anodenstromdichte  kann  man  die  Bildung  einer  bestimmten 
Säuremenge  erzwingen,  und  man  macht  davon  in  der  Praxis 
Gebrauch,  um  das  an  der  Kathode  entstehende  schädliche 
Alkali  zu  neutralisieren. 

Schließlich  sind  noch  einige  bisher  nicht  veröffentlichte 
Beobachtungen  zu  erwähnen,  die  Hr.  Schick  im  hiesigen 
Laboratorium  machte.  Er  fand,  daß  Nickel  bei  gewisser 
Stromdichte  in  Lösungen  von  Schwefelsäure,  Cyankalium  und 
schwefelsaurem  Natrium  inaktiv  war. 

Es  schien  uns  nun  eine  lohnende  Aufgabe,  das  Verhalten 
des  Nickels  gegenüber  verschiedenen  Lösungen  bei  wechseln- 
der Stromdichte,  wechselnder  Temperatur  und  Konzentration 
systematisch  zu  untersuchen,  zumal  wir  hoffen  durften,  daß 
die  bei  dem  Studium  des  sogenannten  Luckowschen  Ver- 
fahrens im  hiesigen  Laboratorium  gesammelten  Erfahrungen*) 
vielleicht  einiges  Licht  auf  das  allgemeine  Phänomen  der 
Passivität  werfen  könnten. 


1)  W.  Pfannhausor,  Elektroplattierung  p.  367.  1900. 

2)  M.  Le  Blanc  und  E.  Bindschedler,  A.  Isenburg,  G.  Just, 
Zeitstlir.  f.  Elektrochem.  S.  p.  255.  1902;  9.  p.  275  u.  547.  1903 


Passivität  des  Nickels,  185 

Wir  benatzten  zu  unseren  Versuchen  stets  Elektroden 
aus  gewalztem  Nickelblech,  das  von  den  vereinigten  Nickel- 
werken in  Schwerte  geliefert  war;  der  Nickelgehalt  betrug 
ca.  99  Proz.  Die  Elektrolysen  wurden  in  einem  Becherglas 
angestellt^  das  durch  einen  Kork  geschlossen  war.  Durch 
diesen  gingen  die  Zuführungen  zu  den  Elektroden,  die  ver- 
mittels Klemmschrauben  an  letzteren  befestigt  wurden.  Die 
in  der  Flüssigkeit  befindliche  einseitige  Anodenoberfläche  be- 
trug etwa  12  qcm;  die  Anode  befand  sich  zwischen  zwei  gleich 
entfernten  (ca.  3  cm)  Kathoden.  Bei  den  meisten  Versuchen 
waren  Anoden-  und  Kathodenraum  durch  ein  neues  oder  mit 
destilliertem  Wasser  gründlich  ausgekochtes  Diaphragma  ge- 
trennt Die  Lösung  im  Kathodenraum  wurde  ^  falls  es  sich 
um  Neutralsalze  handelte,  durch  Zutropfenlassen  der  zuge- 
hörigen Säure  möglichst  neutral  gehalten,  um  ein  Herüber- 
wandem  der  durch  Elektrolyse  gebildeten  Oü'  zu  verhüten; 
sie  wurde  stets  mit  Wasserstoff  gerührt,  so  daß  die  Luft  in 
dem  ganzen  Elektrolysiergefäße  fast  ausgeschlossen  war.  Ein 
Kupfervoltameter  gestattete,  die  darchgegangene  Elektrizitäts- 
menge zu  messen;  außerdem  war  noch  ein  passendes  Ampfere- 
meter  und  ein  Voltmeter  (zur  Messung  der  Klemmspannung) 
vorhanden.  Gewöhnlich  dauerte  die  Elektrolyse  so  lange,  bis 
etwa  80 — 100  mg  Kupfer  ausgeschieden  waren.  Nach  der 
Elektrolyse  wurden  die  Nickelanoden  sorgfältig  mit  destilliertem 
Wasser  und  mit  Alkohol  abgespült,  vorsichtig  über  einer 
Flamme  getrocknet  und  wieder  gewogen.  Der  Elektroden- 
verlust  ist  in  Prozenten  des  gemäß  dem  Kupfervoltameter  zu 
erwartenden  gegeben. 

L 
1.    Versuche  mit    1,5  proz.  Lösungen,    die   einen   einzigen 
Elektrolyten  enthalten,  bei  Zimmertemperatur  und  bestimmter 
Stromdichte. 


Elektrolyt 

\  qdcm/ 

in  Pro£. 

in  Vi 

NaCl 

0,5 

100 

2,1 

CuCl, 

0,5 

100 

1,1 

NaaO, ') 

0,5 

8 

4,2 

1)  Das  Salz  und  die  znm  Neutralisieren  benutzte  Chlorsäure  ent- 
hielten eine  Spur  Chlorid. 


186 


Jf.  Le  Blanc  und  M.  G.  Zevi. 


Elektrolyt 

NaNO, 

Ba(NO,), 

Cu(NOa), 

Na,804 

(NH4),S04 

Mg804 

Ni804 

Na,CO, 

KOH 

(NH4COO), 

NaCHaCOO 


fM 


)} 


>» 


>» 


»> 


HgCl, 

KCN  2 n.  lohne  Dia- 
H,S04  1  n.J  phragma 

KJ 

KBr 


(AmpA 
qdcm/ 
0,5 
0,5 
0,5 
0,5 
0,5 
0,5 
0,5 
0,5 
0,5 
0,5 
0,5 
0,42 
0,82 
0,15 
0,75 

1,0 
0,5 
0,5 


Elektrodenverlust 
in  Proz. 

RlemmmMUiniiog 
in  Volt 

5 

8,15 

0 

4,5 

1 

2,7 

2 

8,6 

2 

8.2 

8 

8,8 

2 

8,6 

0 

8,8 

0 

2,15 

7 

2,8 

45 

4,6 

68 

4,8 

42 

4,1 

101 

7,7 

100 

1,0 

100 

0,5 

101 

8,2 

102 

2,9 

Überblicken  wir  die  Beobachtungen,  so  sehen  wir,  daß 
Nickel  unter  den  gewählten  Bedingungen  in  halogen-  und 
cyanhaltigen  Lösungen  sowie  in  Schwefelsäure  quantitativ  in 
Lösung  geht,  in  allen  anderen  praktisch  ungelöst  bleibt.  Eline 
Ausnahmestellung  nimmt  nur  die  Acetatlösung  ein,  in  der 
sich  etwa  50  Proz.  der  theoretischen  Menge  auflöst.  Letztere 
Lösung  bietet  noch  insofern  Interesse,  als  die  Resultate >  die 
bei  verschiedenen  Versuchen  erhalten  wurden,  stark  schwankten, 
was  bei  den  anderen  Elektrolyten  im  allgemeinen  nicht  der 
Fall  war.  Bei  näherem  Zusehen  entdeckten  wir,  daß  bei 
diesen  Elektrol}i;en  die  größere  oder  kleinere  Aktivität  völlig 
von  der  Vorbehandlung  und  von  der  physikalischen  Beschaffen- 
heit der  Oberfläche  abhängig  war.  Nachstehende  Tabelle  zeigt 
dies  deutlich: 

2.  Versuche  mit  1,5  proz.  Natriumacetatlösung  bei  0,5  Amp. 
pro  qcm  Stromdichte  und  bei  Zimmertemperatur. 

Beschaffenheit  der  Anode.  Elektrodenverlust  in  Proz. 

Neu,  ganz  glatt,  poliert 0 

Nach  Gebrauch  als  Anode  in  einer  NaCl-Losung,  in  der  sie  an- 
gegriffen war;  mit  Wasser  und  Alkohol  gewaschen  und 
getrocknet 64 


Passivität  des  Nickels.  187 

Be8cha£fenheit  der  Anode  Elektrodenverlust  in  Proz. 

Neu,  im  Wasserstoffistrom  geglüht  und  darin  erkaltet   ....  2 

Die  vorige  Anode  nach  Angriff  in  Chlomatriumlösung     ...  67 
Weiterhin  wurde  die  vorige  Anode  in  einem  Schrank  auf  einem 

Uhi^las  24  Stunden  an  der  Luft  liegen  gelassen  ...  4 
Darauf  nochmals  in  Chlomatriumlösung  angegriffen      ....  86 
Darauf  wieder  10  Tage  im  Schrank  gelassen  und  im  Wasser- 
stoff geglüht    0 

Neu,  ganz  glatt,  poliert .  10 

Die  vorige  Anode  nach  starkem  Ahreihen  mit  Schmirgelpapier  30 
Die  vorige  Anode  stark  gehämmert  und  dann  mit  verdünnter 

Schwefelsäure,  Wasser  und  Alkohol  gewaschen     ...  56 

Das  Nickel  zeigt  deutlich  das  Bestreben,  falls  es  sich 
selbst  überlassen  wird,  passiv  zu  werden.  Ähnliches  ist  ja 
bekanntlich  auch  beim  Chrom  beobachtet  worden. 

In  Tabelle  1  ist  auch  bemerkenswert,  daß  die  Aktivität  bez. 
Inaktivität  des  Nickels  (innerhalb  der  vorliegenden  Versuche]  nur 
von  der  Natur  des  Anions  und  nicht  von  der  des  Kations  ab- 
hangt; so  erweist  sich  Nickel  in  allen  Nitratlösungen  als  inaktiv, 
auch  in  Lösungen  von  Metallen,  die  viel  edler  als  Nickel  sind, 
wie  z.  B.  Kupfer.  Diese  Erscheinung  veranlaßte  uns,  einmal  zu 
prüfen,  ob  neues  Nickel,  wenn  es  längere  Zeit  in  eine  CuSO^- 
Lösung  und  eine  AgNOg-Lösung  (beide  2  proz.)  gestellt  wird, 
keine  Umsetzung  zeigt.  Tatsächlich  erwies  es  sich  noch  nach 
30  Stunden  vollkommen  intakt  und  ließ  keine  Gewichtsänderung 
erkennen.  In  2  proz.  CuCl^-Lösung  konnte  dagegen,  wie  zu  er- 
warten, ein  Verlust  (von  12  mg)  und  Bildung  einer  grünlich 
aussehenden  kristallinen  Verbindung,  die  sich  in  der  Flüssigkeit 
absetzte.,  festgestellt  werden.  Kupfermetall  war  nicht  zu  sehen, 
es  hatte  sich  also  jedenfalls  Kupferchlorür  gebildet;  doch  haben 
wir  den  Niederschlag  nicht  weiter  untersucht. 

Ein  einziges  Kation  scheint  die  Aktivität  des  Nickels  zu 
beeinflussen:  das  Wasserstoff ion.  Wenigstens  löst  sich  Nickel 
in  1  n.  HjSO^  bei  Stromdichte  1  quantitativ  auf,  während  es 
in  anderen  Sulfaten  (auch  bei  höheren  Konzentrationen)  selbst 
bei  nur  0,5  Stromdichte  ungelöst  bleibt. 

3.  Einfluß  der  Temperatur,  1,5  proz.  Lösungen.  0,5  Amp. 
pro  Quadratdezimeter.  Es  wurde  so  gearbeitet,  daß  zuerst  der 
Versuch  bei  Zimmertemperatur  mit  einer  neuen  Anode  ge- 
macht und  dieselbe  Anode  dann  bei  80^  benutzt  wurde. 


188 


M.  Le  Blatte  und  II.  G.  Levi. 


Elektrolyt 

Temperatur 

Elektrodenverlust  ELlemmspummig 
in  Proz.                   in*:  Volt 

Na,804 

Zimmertemp. 

8 

8,8 

» 

80« 

100 

M 

» 

Zimmertemp. 

2 

8,6 

» 

80« 

98 

M 

(NHJiSO, 

Zimmertemp. 

2 

8,2 

» 

80« 

98 

2,2 

MgSO, 

Zimmertemp. 

8 

8,8 

9) 

80« 

100 

2,6 

NiSO^ 

Zimmertemp. 

2 

8,6 

>» 

80« 

90 

2.2 

NaNOa 

Zimmertemp. 

5 

8,15 

» 

80« 

88 

2,8 

Ba(NO,). 

Zimmertemp. 

0 

4,5 

» 

80« 

75 

8,1 

Cii(NO,)| 

Zimmertemp. 

1 

2,7 

>» 

80« 

90 

1,1 

KOH 

Zimmertemp. 

0 

2,1 

» 

80« 

0 

2,1 

NaCHjCOO 

Zimmertemp. 

31 

4,2 

« 

80« 

33 

2,5 

(NH4COO), 

Zimmertemp. 

7 

2,8 

<> 

80« 

9 

2,6 

NaClO, 

Zimmertemp. 

8 

4,2 

»» 

80« 

100 

2,6 

Erhöhung  der  Temperatur  begünstigt  im  allgemeinen  den 
Übergang  in  den  aktiven  Zustand,  was  ebenfalls  mit  den  an 
anderen  Metallen  gemachten  Beobachtungen  übereinstimmt 
Nur  in  KOH  ist  Nickel  auch  bei  80®  völlig  passiv,  in  Ammonium- 
oxalat  und  Natriumacetat  behält  es  die  teilweise  Passivität, 
die  es  bei  gewöhnlicher  Temperatur  zeigt,  auch  bei  80®  bei. 
Zu  bemerken  ist  noch,  daß  bei  80®,  zumal  in  Sulfatlösungen, 
in  geringer  Menge  die  Bildung  eines  schwarzen  Niederschlages, 
der  meistens  ganz  gut  an  der  Anode  haftete,  beobachtet  wurde. 
Da  er  bei  gelindem  Erwärmen  mit  HCl  Chlor  entwickelte, 
darf  er  als  ein  Nickelperoxyd  angesprochen  werden.  In  KOH 
und  (NH^COO),  trat  der  Niederschlag  nicht  auf.  ^) 


1)  Ein  Versuch,  der  mit  elektrolytisch  hergestelltem  Nickel  bei 
0,5  Amp.  pro  qdcm  in  1,5  proz.  Na,S04-Lö8UDg  gemacht  wurde,  ergab  bei 
Zimmertemperatur  10  Proz.,  bei  80 •  100  Proz.  Anodenverlust,  also  nicht 
wesentlich  verschiedene  Resultate  wie  das  andere  Nickel.  Die  Anode 
erhielt  ein  kömiges  Aussehen. 


Passivität  des  Nickels. 


189 


4.  Einfluß  der  Stromdichte.  Die  Versuche  in  H^SO^  und 
KCN  wurden  ohne  Diaphragma  ausgeführt  Die  Elektroden- 
entfemung  betrug  ca.  1^5  cm. 


Elektrolyt 
2n.  KCN 

1  n.  H,SÜ4 


D,    i^-"^ 


1,5  Proz.  Na,S04  (bei  8O<0    0,5 


/AmpA 
\  qdcmy 

Proz.  Ni 

gelöst 

0,75 

100 

4,7 

64 

1,0 

100 

1,88 

100 

2,8 

99 

3,3 

88 

3,7 

69 

5,4 

12 

7,4 

4,5 

8,7 

8,5 

0,5 

100 

3,5 

90 

5,0 

58 

KlcmmspannuDg 

1,1 
2,6 

0,5 

0,9 

1,0 
1,0—2,5 
1,0—2,6 
1,2-2,7 

2,6 

2,7 

2,4 

6,1 

7,4 


In  den  Versuchen  mit  Dj^  =  3,3—5,4  in  1  n  H^SO^  voll- 
zog sich  der  Anstieg  der  Spannung  nicht  allmählich,  sondern 
nach  einigen  Minuten  Versuchsdauer  plötzlich;  beim  Spannungs- 
anstieg trat  heftige  Sauerstofifentwickelung  ein,  die  vorher  nicht 
zu  beobachten  war.  Dies  deutete  darauf  hin,  daß  in  den 
ersten  Minuten  das  Metall  noch  (quantitativ  in  Lösung  ging 
und  dann  auf  einmal  inaktiv  wurde.  Ein  besonderer  Versuch 
bestätigte  diese  Annahme.  Die  Verhältnisse  liegen  also  hier 
anders,  wie  z.  B.  bei  manchen  Versuchen  in  Natriumacetat- 
LöBung,  wo  wir  während  der  ganzen  Versuchsdauer  mäßige 
Sauerstoffentwickelung  und  ziemlich  konstante  Spannung 
wahrnahmen  und  ca.  50  Proz.  der  theoretischen  Menge  sich 
auflöste;  bei  letzteren  Versuchen  trat  Metalllösung  und 
Sauerstoffentwickelung  nicht  nacheinander,  sondern  neben- 
einander auf. 

5.  Einfluß  der  Konzentration.  Bei  0,5  Amp.  pro  Quadrat- 
dezimeter Stromdichte  wurden  in  1,5  proz.,  7  proz.,  0,14  proz. 
Na^SO^-Lösung  bei  Zimmertemperatur  und  bei  80^  Versuche 
aosgefbhrty  die  keinen  Konzentrationseinfluß  erkennen  ließen. 


190  M.  Le  Blanc  und  M.  G,  Levi. 

II.    Verflache  mit  gemisohten  Elektrolyten. 

Der  Gruudgedanke^  der  uns  bei  diesen  Versuchen  leitete, 
war  folgender.  In  dem  schon  anfangs  erwähnten  Luckow- 
schen  Verfahren  zur  Darstellung  schwer  löslicher  Verbindungen 
auf  elektroljtischem  Wege  verwendet  man  als  Elektrolyten 
eine  Lösung^  die  außer  dem  Salz  mit  dem  gewünschten  Säure- 
rest noch  ein  anderes  indifferentes  Salz  enthält,  dessen  Änion 
mit  dem  Anodenmetall  eine  leicht  lösliche  Verbindung  bildet 
Will  man  z.  B.  Bleichromat  herstellen,  so  elektrolysiert  man 
eine  Lösung  von  Natriumchromat  und  Natriumchlorat  (oder 
-nitrat,  -acetat  etc.)  zwischen  Bleielektroden;  es  geht  jetzt  das 
Blei  quantitativ  in  Lösimg  und  es  bildet  sich  in  gewisser  Ent- 
femung  von  der  Anode  quantitativ  ein  schöner  Niederschlag 
von  Chromgelb,  der  von  der  Anode  abzurollen  scheint,  während 
diese  selbst  ganz  blank  bleibt.  In  reiner  Natriumchromat- 
lösung  geht  keine  Spur  Blei  in  Lösung ,  es  bildet  sich  auch 
kein  Niederschlag  in  der  Flüssigkeit,  nur  die  Elektrode  selbst 
überzieht  sich  mit  einer  fest  haftenden  Schicht  imter  gleich- 
zeitiger Sauerstoffentwickelung.  In  reinem  Natriumchlorat  findet 
quantitative  Lösung  des  Bleies  ohne  Niederschlagsbildung  statt. 

Das  passive  Verhalten  des  Bleies  bez.  anderer  Metalle 
wird  also  bei  derartigen  Elektrolysen  dadurch  bewirkt,  daS 
sich  die  Metallanode  mit  einer  schwer  löslichen,  festhaftenden 
Schicht  bedeckt.  Man  kann  die  Passivität  stets  durch  Zusatz 
einer  genügenden  Menge  eines  passenden  indifferenten  Salzes 
beseitigen,  weil  dadurch  das  Haften  des  Niederschlages  an 
der  Anode  verhütet  wird;  die  entsprechende  schwer  lösliche 
Metallverbindung  entsteht  dann  (juantitativ. 

Wir  haben  nun  versucht,  ähnliche  Erscheinimgen  beim 
Nickel  hervorzurufen.  Ist  das  Nickel  in  einem  bestimmten 
Elektrolyten  passiv,  und  ist  diese  Passivität  durch  die  Bildung 
eines  Niederschlages  bedingt,  so  wird  man  nach  den  vorstehend 
geschilderten  Versuchen  erwarten  dürfen,  daß  durch  Zusatz 
eines  Elektrolyten,  in  dem  sich  Nickel  anodisch  (quantitativ  zu 
einer  löslichen  Verbindung  löst,  auch  hier  quantitative  Lösung 
bewirkt  wird,  aber  auch  gleichzeitig  ein  schwer  löslicher  Nickel' 
niederschlag  von  der  Anode  abrollt 

Nachstehend  sind  die  Resultate  einer  Reihe  von  Versuchen 
mit  Mischungen   verzeichnet.     Die  Versuche  sind  ebenso  wie 


Passivität  des  Nickels.  191 

die  fiüheren  in  verdünnter  Lösung  angestellt,  weil  darin  das 
Luckowsche  Phänomen  besonders  glatt  eintritt;  wegen  weiterer 
Einzelheiten  vergleiche  die  angezogenen  Arbeiten.  Die  Strom-» 
dichte  war  stets  0,5  Amp.  pro  Quadratdezimeter.  Temperatur, 
falls  nicht  besonders  erwähnt,  Zimmertemperatur. 

1.  l,5proz.  Lösung,  bestehend  aus  80  Proz.  NaCl  und 
20  Proz.  NagCOj  (dem  Gewicht  nach).  Spannung  2,7  Volt 
Das  Metall  ging  quantitativ  in  Lösung;  gleichzeitig  entstand 
im  Anodenraum  ein  (nicht  näher  untersuchter)  Niederschlag  von 
Nickelkarbonat,  der  glatt  von  der  Anode  abrollte. 

2.  1,5  proz.  Lösung,  bestehend  aus  90  Proz.  NaCl  und 
10  Proz.  KOH.  Spannung  1,9  Volt.  Das  Metall  ging  quanti- 
tativ in  Lösung;  von  der  Anode  rollte  ein  Niederschlag  von 
Nickelhydroxyd  ab. 

3.  1,5  proz.  Lösung,  bestehend  aus  80  Proz.  NaCl  und 
20  Proz  Na,SO^.  1,9  Volt  Spannung.  Das  Metall  ging  quanti- 
tativ in  Lösung,  ohne  daß  eine  Spur  Niederschlaff  entstand]  die 
Anode  war  völlig  blank.  Das  gleiche  Resultat  erhielten  wir 
bei  folgenden  Mischungen: 

4.  1,5  proz.  Lösung,  bestehend  aus  20  Proz.  NaCl  und 
80  Proz.  NaNOj.     Spannung  2,6  Volt 

5.  1,5  proz.  Lösung,  bestehend  aus  20  Proz.  KBr  und 
80  Proz.  NaNOg.     Spannung  2,7  Volt 

6.  1,5  proz.  Lösung,  bestehend  aus  20  Proz.  NaCl  und 
80  Proz.  NaClOj.  Spannung  3,0  Volt.  Bei  einer  Stromdichte 
von  5  Amp.  pro  Quadratdezimeter  ist  noch  keine  Sauerstoff- 
entwickelung wahrnehmbar,  das  Nickel  scheint  also  auch  dann 
noch  quantitativ  in  Lösung  zu  gehen. 

7.  1,5  proz.  Lösung,  bestehend  aus  95  Proz.  Na^SO^  und 
5  Proz.  (NH^COO)a  bei  80^  Hierbei  gingen  nicht  100,  sondern 
nur  80  Proz.  in  Lösung  unter  gleichzeitiger  geringer  Gas- 
entwickelung an  der  Anode;  minimale  Spuren  eines  an  der 
Anode  festhaftenden  Niederschlages  bemerkbar;  in  der  Lösunff 
kein  Niederschlag. 

Während  die  Versuche  in  NagCOj  und  KOH  von  dem 
eingenommenen  Standpunkt  aus  die  Möglichkeit  offen  lassen, 
daß  in  diesen  Elektrolyten  die  Passivität  durch  eine  schützende 
feste   Anodenschicht   hervorgerufen   ist,   muß   diese   Annahme 


192  M,  Le  Blanc  und  M,  G,  Levi, 

f&r  die  anderen  Lösungen  wohl  als  ausgeschlossen  betrachtet 
werden.  Zu  diesem  Schluß  sind  ja  auch  andere  Forscher  bei 
anderen  Metallen  auf  anderem  Wege  gekommen.^) 

Die  Frage,  wie  die  Passivität  der  Metalle  zu  erU&ren  ist, 
ist  gerade  in  letzter  Zeit  öfters  erörtert  worden.  Wir  werden 
durch  die  vorliegenden  Versuche  noch  mehr  in  der  AufiGEUSong 
bestärkt,  daß  wir  es  hier  häufig  nur  mit  reinen  Phänommum 
der  Reaktionsgeschwindigkeit  zu  tun  haben,  was  schon  vor 
mehreren  Jahren  der  eine  von  uns  ausgesprochen  hat*)  Wir 
kennen  doch  eine  ganze  Menge  von  Reaktionen,  deren  Ge- 
schwindigkeit nicht  nur  durch  Änderung  der  Temperatur, 
sondern  durch  Zusatz  scheinbar  indifferenter  Stoffe  weitgehend 
geändert  wird;  gerade  die  letzte  Zeit  hat.  uns  ja  viele  der- 
artige  katalytische  Beeinflussungen  kennen  gelehrt.*)  Wir  wissen 
femer,  daß  außerordentlich  viele  Beaktionen  mit  mäßiger 
Schnelligkeit  verlaufen,  so  daß  man  ihren  Verlauf  bequem  ver- 
folgen kann.  Wäre  es  da  nicht  geradezu  wunderbar,  wenn 
wir  bei  den  Metallen  ausnahmslos  finden  würden,  daß  ihre 
lonenbildungsgeschwindigkeit  stets  praktisch  unendlich  groß 
ist?  Es  scheint  uns,  daß  man  die  Erscheinungen,  die  man 
mit  dem  Namen  , Passivität'  bezeichnet,  in  den  untersuchten 
Fällen  beim  Nickel  und  in  analogen  (z.  B.  fehlende  anodische 
Auflösung  von  Platin  in  Cyankaliumlösung,  worin  es  nach 
F.  Glasers*)  Versuchen  unter  Wasserstoffentwickelung  löslich 
ist)  in  völlig  ungezwungener  Weise  auf  zu  geringe  lonen- 
bildungsgeschwindigkeit zurückführen  kann,  ja,  daß  die  Tat- 
sachen geradezu  dazu  drängen.  Der  bei  der  Elektrolyse  an  der 
Anode  beobachtete  Potentialanstieg  und  die  Sauerstoffentwicke- 
lung —  denn  das  Faradaysche  Gesetz  muß  ja  nattLrlich 
stets  erfüllt  sein  —  ist  die  notwendige  Folge  einer  zu  geringen 


1)  Bemerkt  sei,  daß  Rner  (Zeitschr.  f.  physik.  Chem.  44.  p.  110. 
1903)  neuerdings  für  die  Annahme  einer  Oxydschicht  plaidiert. 

2)  M.  Le  Blanc,  Zeitschr.  f  Elektrochem.  6.  p.  472.  1900.  Lehr- 
buch 8.  Aufl.  p.  237.   1903. 

8)  Wir  erinnern  speziell  an  die  Katalysen  in  inhomogenen  Systemen. 
Vgl.  K.  Drucker,  Zeitschr.  f.  physik.  Chem.  36.  p.  178.  1901  und 
L.  Wohl  er,  Berl.  Ber.  36.  p.  8J98.  1908.  Leteterer  fand,  daß  sich  das 
wasserarme,  schwer  lösliche  Platinoxydul  viel  schneller  in  Salzsäure  löst, 
wenn  man  Spuren  von  Platinchlorür  als  Katalysator  hinzufügt. 

4)  F.  Glaser,  Zeitschr.  f.  Elektrochem.  9.  p.  11.  1903. 


Passivität  des  Nickels.  193 

lonenlieferung  von  seilen  des  Metalles;  letzteres  muß  ein 
edleres  Verhalten  zeigen  als  es  eigentlich  seiner  Natur  (d.  h. 
bei  Annahme  stets  genügender  lonenlieferung)  entspricht  Wir 
sehen  nirgends  eine  Beobachtung,  die  der  gemachten  An- 
nahme widerstreitet  Das  Vorhandensein  von  Qusschichten 
und  ähnlichem  ist,  wie  bei  jeder  Elektrode,  auch  bei  den 
passiven  aufzunehmen,  und  diese  Oasschichten  werden  sich  bei 
ihnen  wie  bei  den  edlen  Metallen  unter  Umständen  elektro- 
motorisch betätigen  können.  Bei  den  unedlen  Metallen  in  ihrem 
gewöhnlichen  Zustand  kommt  die  Beteiligung  der  Gasschichten 
nicht  in  Betracht  Das  Vorhandensein  derartiger  G-asschichten 
jedoch  als  Ursache  der  Passivität  hinzustellen,  dazu  scheint 
uns  jeder  Anhaltspunkt  zu  fehlen. 

Die  Zurückführnng  der  Passivität  auf  mangelnde  lonen- 
bildungsgeschwindigkeit  scheint  uns  insofern  einen  Gewinn  zu 
bieten,  als  dieses  Phänomen  seines  eigenartigen  Charakters 
dadurch  entkleidet  wird,  und  die  Passivität  jetzt  nur  noch 
einen  besonderen,  wenn  auch  merkwürdigen  und  interessanten 
Fall  in  dem  Studium  der  Reaktionsgeschwindigkeiten  vorstellt 

Wie  wir  vorher  gefunden  hatten,  wird  die  lonenbildungs- 
geschwindigkeit  unter  anderem  durch  Zusatz  von  Chlor-  und 
WasserstoflRonen  erhöht.  Es  schien  uns  von  Interesse,  die 
Menge  festzustellen,  welche  bei  bestimmter  Stromdichte  nötig 
ist,  um  quantitative  Lösung  des  Metalles  zu  bewirken.  Wir 
fanden,  daß  eine  l,5proz.  Lösung,  bestehend  aus  95  Proz. 
Na^SO^  und  5  Proz.  NaCl  bei  0,5  Amp.  pro  Quadratdezimeter 
Nickel  noch  quantitativ  auflöst,  während  bei  98,6  Proz.  Na^SO^ 
und  1,4  Proz.  NaCl  nur  wenig  über  10  Proz.  Nickel  in 
Lösung  geht. 

Man  könnte  vielleicht  der  Meinung  sein,  daß  bei  länger 
dauerndem  Versuch  die  Wirksamkeit  der  Chlorionen  in  dem 
Maße,  als  sich  die  Lösung  an  Nickel  anreichert,  nachläßt.  Dies 
ist  jedoch  nicht  der  Fall:  Wir  elektrolysierten  eine  1,5  proz. 
Lösung,  bestehend  aus  93  Proz.  NagSO^  und  7  Proz.  NaCl,  also 
eine  Lösung,  die  in  den  60  ccm,  die  das  anodische  Diaphragmen- 
gefäß faßte,  die  absolute  Menge  von  nur  0,060g  NaCl  (=  0,0037g 
Chlorionen  bei  Annahme  völliger  Dissociationen)  enthielt,  so 
lange,  bis  der  Anodenverlust  0,373  g  erreicht  hatte,  und  noch 
immer  löste  sich  das  Nickel  quantitativ  auf. 

Boltzmann-Festflchrift.  13 


194  M.  Le  Blatte  und  M,  0.  Zevi. 

Die  Kathodenlösung  hatte  dieselbe  Zusammensetzung  wie 
die  Anodenlösung  und  wurde  durch  Zutropfen  von  H,SO^ 
neutral  gehalten.  Besser  wäre  es  gewesen,  reine  Na^SO^-Lösmig 
auf  die  Eathodenseite  zu  nehmen,  doch  lehrt  eine  leichte  Uber^ 
Schlagsrechnung,  daß  keinesfalls  mehr  als  0,022  g  Chlorionen 
auf  die  Anodenseite  herübergewandert  sind,  so  daß  zum  Schluß 
insgesamt  nur  0,059  g  Chlorionen  auf  mindestens  0,31  g 
Nickelionen  in  Lösung  vorhanden  waren,  wobei  schon  in  Be- 
tracht gezogen  ist,  daß  auch  die  Nickelionen  sich  an  der 
Wanderung  beteiligt  haben.  Es  kamen  also  auf  zwei  Chlor- 
ionen mehr  als  sechs  zweiwertige  Nickelionen. 

Durch  diesen  Versuch  wird  die  etwaige  Annahme,  daß 
die  Auflösung  des  Nickels  nur  so  lange  erfolge,  als  die  Bildung 
einer  Doppelverbindung  zwischen  Chlomatrium  und  Nickelsalz 
stattfände,  hinfällig. 

Zusatz  von  H^SO^  ist  viel  weniger  wirksam  als  der  von 
Chlorid.  Eine  Lösung,  die  1,5  Proz.  Na^SO^  und  1  Proz.  H,SO^ 
enthält,  löst  noch  nicht  ganz  10  Proz.  Nickel  bei  0,5  Strom- 
dichte; erst  bei  2  Proz.  H^SO^  gehen  100  Proz.  in  Lösung.  Es 
stimmt  dies  mit  der  Beobachtung  überein,  daß  in  den  Lösungen, 
in  denen  das  Nickel  sich  bei  der  Elektrolyse  inaktiv  zeigte 
und  infolgedessen  der  Säuregehalt  im  Anodenraum  stetig  stieg, 
das  Nickel  trotzdem  während  der  nicht  langen  Versuchsdauer 
inaktiv  blieb. 

Die  Potentialmessung  einer  neuen  Nickelanode  in  NiSO^ 
gegen  eine  Kadmiumelektrode  ergab  denselben  Wert  wie  nach 
Zusatz  von  NaCl.  Bei  so  schwacher  Stromentnahme  scheint 
also  die  Bildungsgeschwindigkeit  der  Ionen  auch  in  reiner 
Sulfatlösung  groß  genug  zu  sein. 

Schließlich  mögen  noch  einige  Versuche  mitgeteilt  sein, 
die  einen  etwaigen  Einfluß  von  Nichtelektrolyten  bei  der  Elektro- 
lyse feststellen  sollten.  Zusatz  von  Zucker  (1  Proz.  und  10  Proz. 
zu  1,5  proz.  NaCl-Lösung  bei  Zimmertemperatur,  1  Proz.  zu 
1,5  proz.  NagSO^-Lösung  bei  Zimmertemperatur  und  bei  80^ 
ließ  keinen  Einfluß  erkennen,  ebensowenig  Zusatz  von  Aceton 
(1  Proz.  zu  1,5  proz.  NaCl-  und  NagSO^-Lösung  bei  Zimmer- 
temperatur). Die  Stroradichte  war  stets  0,5  Amp.  pro  Quadrat- 
dezimeter. 


Passivität  des  Nickels.  195 

Dagegen  wurde  in  einer  1 ,5  proz.  Na^SO^-Lösung,  die  mit 
1  Proz.  HamstoflF  versetzt  war,  bei  Zimmertemperatur  26  Proz. 
Nickel  in  Lösung  erhalten  (anstatt  2  Proz.  in  reiner  Na^SO^- 
Lösung).  Möglicherweise  kommt  der  beschleunigende  Einfluß 
etwaigen  Zersetzungsprodukten  des  Harnstoffes  zu,  die  während 
der  Elektrolyse  sich  bilden. 

Aii£Gtng  August  1903. 

(Eingegangen  4.  August  1903.) 


13 


\ 


196 


27.   Die  spezifische  Wärme  einiger  Schwefelmetalle 
in  ihrer  Beziehung  znm  elektrischen  Leitvermögen. 

Von  Frans  Streintz  in  Graz. 


Unter  den  die  Elektrizität  leitenden  Metallverbindungen 
sind  einige  dadurch  ausgezeichnet,  daß  ihr  Leitvermögen  von 
der  Temperatur  in  hohem  Grade  beeinflußt  wird.  *)  Ist,  wie  zu 
erwarten  steht,  dieser  Einfluß  durch  Umwandlungen  bedingt, 
denen  die  Verbindung  unterworfen  ist,  dann  muß  bei  den  ent- 
sprechenden Umwandlungstemperaturen  Wärme  entwickelt  oder 
gebunden  werden,  und  mit  der  Änderung  der  Leitfähigkeit 
gleichzeitig  eine  Änderung  der  spezifischen  Wärme  vor  sich 
gehen. 

Die  Schwefelverbindungen  von  Blei,  Quecksilber  und 
Silber  verhalten  sich  besonders  auffallend  zur  Elektrizitäts- 
leitung; sie  wurden  daher  eingehend  auf  ihre  spezifische  Wärme 
untersucht. 

Zur  Anwendung  kam  die  Mischungsmethode;  dabei  wurde 
auf  die  Verbesserung  der  Resultate  wegen  Wärmeaustausch 
und  -Verlust  die  entsprechende  Sorgfalt  verwendet.  Trotzdem 
bleiben  Bestimmungen  von  Wärmemengen  immer  noch  mit 
ziemlicher  Unsicherheit  behaftet  und  stehen  hinter  den  Me- 
thoden zur  Ermittelung  elektrischer  Energiegrößen  an  Genauig- 
keit weit  zurück.  Das  wird  wohl  damit  zu  begründen  sein, 
daß  die  Wärme  die  niedrigste  Form  der  Energie  darstellt 
Stehen  also  spezifische  Wärme  und  elektrisches  Leitvermögen 
in  einer  Beziehung,  so  wird  man  sie  nur  in  rohen  Umrissen 
verfolgen  können.  Ob  dieses  bescheidene  Ziel  erreicht  worden 
ist,  möge  aus  folgenden  Zeilen  beurteilt  werden. 

Die  in  pulverförmigem  Zustande  befindlichen  Verbindungen 
wurden  in  zylindrische  Messingbüchschen  von  2  cm  Höhe  und 
3  cm*  Querschnitt  gefüllt.     Der  Deckel  der  Büchschen  wurde 

1)  F.  Streiiitz,  Ann.  d.  Physik  »•  p.  854.  1902. 


Spez,   Wärme  in  Beziehung  zum  elehtr,  Leitvermögen,     197 

darauf  verlötet^  damit  ein  Eindringen  von  Wasser  verhütet 
werde.  Um  bei  Temperaturen,  die  100®  wesentlich  Über- 
schriften, eine  Explosion  des  Büchschens  durch  die  Ausdehnung 
der  im  Pulver  enthaltenen  Luft  hintanzuhalten,  erhielt  der 
Deckel  ein  Kupferröhrchen  aufgesetzt,  dessen  obere  Ofihung 
verlötet  wurde,  sobald  die  Temperatur  erreicht  war,  bei  der 
später  die  Wäxmemessung  vorgenommen  werden  sollte.  Durch 
Wägungen  wurden  die  Wasserwerte  des  verwendeten  Lötzinns 
ermittelt.  Die  Erhitzung  der  Büchschen  auf  100®  erfolgte 
durch  Wasserdampf,  auf  höhere  Temperaturen  im  elektrischen 
Ofen.  Die  Temperatur  des  Wasserbades  wurde  mit  einem 
Jenaer  Thermometer  verfolgt,  das  direkt  in  hundertstel  Grade 
geteilt  war. 

1.  Schwefelblei  (PbS)  wurde  in  den  beiden  Zuständen  als 
natürlicher  Bleiglanz  und  als  amorphes  Bleisulfid  untersucht 

In  PbS  sind  erforderlich  86,6  Proz.  Blei;  die  chemische 
Analyse,  die  ich  Hm.  J.  Donau  verdanke,  ergab  für  den 
Glanz  85,9,  für  das  amorphe  Pulver  85,8  Proz.  Blei. 

Die  Untersuchung  des  Bleiglanzes  selbst  erstreckte  sich 
auf  einen  großen  Kristall,  auf  das  durch  Zerreiben  von 
Kristallen  entstandene  feine  Pulver,  auf  Stifte,  die  unter  hohen 
Drucken  aus  dem  Pulver  hergestellt  worden  waren,  und  end- 
lich auf  die  durch  Schmelzen  der  Pulver  unter  Luftabschluß 
gewonnenen  Klumpen. 

Die  kleinste  spezifische  Wärme  besaß  der  geschmolzene 
Bleiglanz;  die  an  einem  Klumpen  von  36,57  g  Masse  ange- 
stellten Messungen  ergaben  die  gut  übereinstimmenden  Zahlen 
0,0526,  0,0529,  0,0532  als  mittlere  spezifische  Wärme  zwischen 
15  und  100<^.  Der  Mittelwert  beträgt  demnach  0,0529.  Wird 
die  Molekularwärme  nach  dem  Joule -Kopp  sehen  Gesetze 
berechnet,  so  erhält  man  11,9,  da  für  Blei  6,4  nach  Behn, 
für  Schwefel  5,5  (?)  einzusetzen  ist  Die  beobachtete  Molekular- 
wärme ergibt  sich  unter  Berücksichtigung,  daß  ein  Mol  PbS 
aus  239  g  besteht,  zu  12,6,  einem  Wert,  der  den  theoretischen 
nicht  erheblich  übertrifft.  In  bezug  auf  seine  Struktur  gehört 
der  geschmolzene  Bleiglanz  wie  der  natürliche  dem  regulären 
System  an. 

Bleiglanz  in  Kristallen  besitzt  eine  größere  spezifische 
Wärme;    die    an    einem    durch    fremde  Zusätze    kaum  verun- 


198  F.  Streintz: 

reinigten  Kristall  (Masse  72,87  g)  aus  Bleiberg  in  Kärnten  vor- 
genommenen  Messungen  betrugen  in  dem  gleichen  Temperatur- 
intervall 0,0555,  0,0554,  0,0561  und  0,0560,  im  Mittel  also 
O9O557.  Die  Einzelwerte  weichen  nur  wenig  voneinander  ab; 
diese  Übereinstimmung  läßt  sich  aber  nur  erzielen,  wenn  man 
die  Messungen  in  Zwischenräumen  von  mehreren  Stunden 
vornimmt,  den  Kristall  sich  also  „erholen''  läßt  Erwärmt 
man  ihn  nach  der  Abkühlung  im  Wasserbade  unmittelbar 
wieder,  so  erhält  man  regelmäßig  einen  kleineren  Wert  ftlr 
die  spezifische  Wärme.  So  ergab  eine  auf  die  erste  Messung 
unmittelbar  folgende  0,0537,  eine  ebensolche  nach  der  vierten 
angestellte  0,0540. 

In  der  Form  eines  feinen  Pulvers  besitzt  der  Bleiglanz 
eine  noch  größere  spezifische  Wärme,  wie  aus  den  nachstehen- 
den Zahlen  zu  ersehen  ist. 

Bleiglaiizpulver  (Masse:  28,42  g). 

Mittlere  spezifischo  Wärme  zwischen  15  und  100°: 

0,0604 
0,0601 
0,0598 
0,0603 
0,0602 

Mittelwert:    0,0601. 

Mittlere  spezifische  Wärme  zwischen  15*"  und 
110^  0,0686 

118<^  0,0678 

146,7®  0,0684 

151°  0,0681 

181,5'^  0,0099  (0,0658). 

Die  Zahlen  zeigen,  daß  die  spezifische  Wärme  zwischen 
100  und  110^  eine  sprungw^eise  Änderung  erfährt.  Es  ist 
also  anzunehmen,  daß  zwischen  diesen  Temperaturen  eine 
Umwandlung  des  Bleiglanzes  eintritt,  die  mit  einem  Wärme- 
verbrauch  von  2  cal.  für  ein  Mol  PbS  verbunden  ist  Über 
die  letztgenannte  Temperatur  hinaus  tritt  keine  bemerkens- 
werte Zunahme  ein.  Doch  findet  man  auch  hier  die  Erschei- 
nung einer  Nachwirkung.  So  wurde  z.  B.  der  zur  Temperatur 
von  181,5^  gehörige  zweite  in  Klammem  gesetzte  Wert  ge- 
funden, indem  man  auf  den  ersten  Versuch  einen  zweiten  auf 


Spez,   Warme  in  Beziehung  zum  elekir.  Leitvermögen,     199 

dem  Fuße  folgen  ließ.  Diese  Nachwirkung  trägt  natürlich 
eine  gewisse  Unsicherheit  in  die  Ergebnisse  hinein,  da  die 
Bestimmungsmethode  nicht  danach  angetan  ist,  erkennen  zu 
lassen,  wann  sich  das  System  wieder  erholt  hat. 

Machen  sich  schon  bei  einem  losen  Pulver  Nachwirkungen 
geltend 9  so  stand  zu  gewärtigen,  daß  sie  in  dicht  gepreßten 
Stiften  noch  mehr  hervortreten  werden. 

Die  mit  einem  Stift  aus  Bleiglanz,  dessen  Masse  15,39  g 
betrug,  angestellten  Messungen  ergaben  darum  keine  gut  über- 
einstimmenden  Eesultate.  So  fanden  sich  für  die  spezifischen 
Wärmen  zwischen  15  und  100®  die  Zahlen  0,0650,  0,0628, 
0,0690  und  0,0620,  im  Mittel  also  0,0648.  Hervorzuheben 
ist,  daß  alle  Werte  größer  sind,  als  jene  des  Pulvers.  Mög- 
licherweise trägt  die  Differenz  der  Hysteresisarbeit  Rechnung. 
Besseren  Aufschluß  über  diese  Frage  könnten  Versuche  über 
die  spezifische  Wärme  feiner  Metallpulver  (Platinmohr  etc.) 
geben,  bei  denen  die  Verhältnisse  einfacher  liegen  dürften. 

Die  Untersuchung  des  Stiftes  über  100^  hinaus  war  in 
noch  höherem  Grade  abhängig  von  der  Vorbehandlung,  die  er 
erfahren  hatte.  Ich  schlug  deshalb  ein  Verfahren  ein,  wie  es 
bei  der  Prüfung  von  Eisen  angewendet  und  als  zyklisches 
bezeichnet  wird. 

Auf  eine  Messung  zwischen  15  und  100**  folgten  solche 
zwischen  15^  und  t^,  wobei  t  ansteigend  höhere  Werte  erhielt 
bis  zu  einem  Grenzwert;  dann  wurde  t  wieder  in  gleichen 
Stufen  erniedrigt,  bis  wieder  100^  erreicht  waren.  Nach- 
stehend sind  die  Ergebnisse  verzeichnet. 


Zyklus  1 

• 

Zyklus  2. 

15  und  100° 

0,0659  > 

.  0,0639 

15  und  100°  0,0642  k  0,0680 

15   „  UO« 

0,0616 

0,0623 

15   „  150°  0,0600 

0,0582 

15   „  180° 

0,0588 

0,0594 

15   „  200°  0,0620  1 

15   „  220° > 

r  0,0642 

^ 

f  0,0629 

Die  spezifische  Wärme  des  Stiftes  würde  demnach  —  im 
Gegensatz  zu  dem  losen  Pulver  —  bei  Temperatursteigerung 
über  100®  hinaus  zunächst  in  Abnahme  begriffen  sein  bis  zu 
einem  kleinsten  Wert,  der  in  der  Nähe  von  180®  gelegen  ist, 
um  dann  über  diese  Temperatur  hinaus  wieder  zu  wachsen. 
Das  würde  also  heißen,    daß   in   einem  Stift  bei  Erwärmung 


200  ¥,  Streintz. 

Yon  100  auf  180^  eine  Umwandlung  eintritt,  die  unter  Wärme- 
entwichelung  vor  sich  geht  Die  vier  zwischen  15  und  100^ 
angestellten  Beobachtungen  weichen  wieder  beträchtlich  Yon- 
einander  ab;  ihr  Mittelwert  ergibt  sich  zu  0,0656  und  steht 
mit  dem  früher  gefundenen  von  0^0648  wohl  nur  zuf&llig  in 
guter  Übereinstimmung. 

Man  darf  nicht  übersehen^  daß  die  spezifische  Wärme 
des  Stiftes  nach  der  ersten  Erwärmung  auf  100^  bereits  eine 
Änderung  in  dem  Sinne  einer  Verringerung  dieses  Wertes  er- 
fahren hat;  eine  zweite  unmittelbar  nach  der  ersten  angestellte 
Beobachtung  in  demselben  Temperaturintervall  würde  also 
eine  kleinere  Zahl  geben.  Wahrscheinlich  macht  sich  dieser 
Rückgang  auch  dann  bemerkbar^  wenn  man  die  Beobachtung 
nunmehr  in  einem  größeren  Temperaturintervall  (15 — 140^ 
bez.  15—150*^  anstellt.  Es  läßt  sich  deshalb  nicht  angeben, 
mit  welchem  Anteil  eine  zwischen  100  und  140**  eintretende 
Umwandlung  beteiligt  ist.  Eine  solche  tritt  aber  ein,  da  das 
Thermometer  im  Wasserbade  nach  Einbringen  des  auf  180® 
erhitzten  Stiftes  in  der  ersten  Minute  bis  zu  einem  Maximum 
ansteigt^  um  dann  zunächst  langsam  zu  fallen.  Dabei  war 
Sorge  getragen,  daß  der  Stift  beim  Herumschwenken  im  Bade 
die  Thermonieterkugel  nicht  etwa  berührt  hatte.  Der  Verlauf 
der  Teni])eratur  soll  durch  ein  Beispiel  gekennzeichnet  werden. 
In  dem  Augenblicke,  in  dem  der  Stift  in  das  Kalorimeter- 
gefaß  eingetaucht  wurde,  betrug  die  Temperatur  des  Wassers 
15,1 30  ^  die  Temperatur  der  Umgebung  19,4®;  dann  wurde 
gefunden: 


uach  30  Sek. 

1  Min. 

1  Min.  30  Sek. 

2  Min. 

2  Min.  30  Sek. 

17,180^ 

1 7,280  <^ 

17,240° 

17,235  <» 

1 7,285  0 

3  Min. 

3  Min.  30  Sek. 

4  Min. 

17,235^ 

17,240  <^ 

17,245® 

Der  Stift  hat  also  von  der  an  die  Flüssigkeit  bereits  ab- 
gegebenen Wärme  einen  Teil  wieder  für  sich  verbraucht. 
Dieser  Vorgang  steht  in  Übereinstimmung  mit  der  Abnahme 
der  spezitischen  Wärme  über  100®. 

Die  Untersuchung  des  amorj)hen  Bleisulfids  ergab  zwischen 
15  und  100®  die  gut  übereinstimmenden  Werte  0,119,  0,116 
und  0,117,  woraus  sich  ein  Mittelwert  von  0,117  ergibt. 


Spez,   Wärme  in  Beziehung  zum  elektr,  Leitoermogen.     201 

Das  amorphe  Sulfid  besitzt  mithin  unter  den  untersuchten 
Modifikationen  den  größten  Euergieinhalt,  der  geschmolzene 
Bleiglanz  den  kleinsten.  Es  wurde  gezeigt^  daß  der  ge- 
schmolzene Bleiglanz  ein  sehr  guter,  das  amorphe  Sulfid  da- 
gegen ein  schlechter  Leiter  der  Elektrizität  ist  Der  natür- 
liche Bleiglauz  und  die  aus  dessen  Pulver  gepreßten  Formen 
stehen  in  bezug  auf  ihr  Leitvermögen  in  der  Mitte  und 
werden  von  der  Temperatur  in  hohem  Grade  beeinflußt.  Auch 
in  bezug  auf  ihre  spezifische  Wärme  halten  sie  die  Mitte 
zwischen  geschmolzener  und  amorpher  Modifikation  und  sind 
mit  der  Temperatur  veränderlich.  Erwärmt  und  kühlt  man 
einen  Stift  wiederholt,  so  zeigt  er,  immer  wieder  bei  Zimmer- 
temperatur gemessen,  eine  fortschreitende  Erhöhuug  seines  Leit- 
vermögens bis  zu  einem  Grenzwert.  Das  Herabsinken  der  Werte 
für  die  spezifische  Wärme  nach  unmittelbar  vorangegangener 
Erwärmung  ist  wohl  gleichfalls  als  Analogie  hierzu  anzusehen. 

2.  Schwefelquecksilber  (HgS)  besteht  in  zwei  durch  Farbe 
und  Dichte  wesentlich  unterschiedenen  Modifikationen.  Die 
schwarze  durch  geringe  Dichte  ausgezeichnete  verhält  sich  zur 
Elektrizitätsleitung  wie  Bleiglanz,  der  rote  Zinnober  dagegen 
ist  Nichtleiter.  Da  die  schwarze  Modifikation  die  größere 
Löslichkeit  besitzt  und  außerdem  bei  entsprechendem  Drucke 
in  die  rote  unter  Volumenverminderung  übergeht,  so  ist  man  zur 
Annahme  berechtigt,  daß  sie  den  größeren  Energieinhalt  be- 
sitzt und  daher  als  die  weniger  stabile  anzusehen  ist.  Die 
Bestimmungen  der  spezitischen  Wärmen  der  Pulver  rechtfertigen 
diese  Annahme.  Für  den  kristallinischen  Zinnober,  dessen 
Masse  53,89  g  betrug,  fanden  sich  innerhalb  der  Temperatur- 
grenzen von  15  und  100^  die  Werte  0,0544,  0,0555,  0,0545, 
im  Mittel  also  0,0548,  für  das  schwarze  amorphe  Sulfid, 
dessen  Pulver  22,985  g  wog,  die  Einzelwerte  0,1022,  0,1030 
und  0,1026,  woraus  sich  ein  Mittelwert  von  0,1026  ergibt 
Der  Energieinhalt  des  schwarzen  Sulfids  ist  also  doppelt  so 
groß,  als  der  des  roten.  Während  das  Bleisulfid  sein  bestes 
Leitvermögen  in  jener  Modifikation  besitzt,  der  die  kleinste 
spezifische  Wärme  zu  eigen  ist,  verhält  es  sich  beim  Queck- 
silbersulfid umgekehrt. 

3.  Schwefelsilber,  Ag^S.  Die  Untersuchung  erstreckte  sich 
nur  auf  die  amorphe  Modifikation  im  pulverformigen  Zustande. 


202  F.  Streintz. 

Die  bereits  beim  Bleiglanz  erwähnte  Erscheinung  einer  Ver- 
minderung der  spezifischen  Wärme  ^  wenn  das  Pulver  gleich 
nach  der  Abkühlung  einer  neuerlichen  Erwärmung  unterworfen 
wird,  zeigte  sich  auch  hier  und  in  noch  aufiälligerer  Weise. 

Im  nachstehenden  sind  die  mittleren  spezifischen  Wärmen 
zwischen  15  und  100^  angegeben,  die  mit  einer  Pulyermenge 
von  16,72  g  an  verschiedenen  Tagen  gefunden  wurden. 

22.  Juni    0,0800  25.  Juni    0,0794 

24.  Juni    0,0818  0,0762* 

0,0762*  26.  Juni    0,0795 

0,0808  0,0743* 

0,0809 

Die  mit  *  bezeichneten  Werte  beziehen  sich  auf  Versuche, 
die  auf  vorangegangene  unmittelbar  folgten.  Läßt  man  diese 
Zahlen  beiseite  und  nimmt  aus  den  übrigen  das  Mittel,  so 
erhält  man  0,0804  als  mittlere  spezifische  Wärme  zwischen 
15  und  100^.  Das  Joule -Kopp  sehe  Gesetz  verlangt  eine 
spez.  Wärme  von  0,0706,  wenn  man  nach  Behn  für  die  Atom- 
wärme  des  Silbers  den  Wert  6,0  einsetzt.  Die  Überein- 
stimmung mit  dem  Gesetze  ist  mithin  mangelhaft;  wahrschein- 
lieh  wird  sie  auch  nicht  besser,  wenn  man  das  amorphe  durch 
das  natürliche  kristallinische  Pulver  ersetzt,  da  auch  das 
elektrische  Leitvermögen  von  der  Natur  der  Modifikation 
kaum  beeinflußt  wird. 

Die  Bestimmungen  bei  höheren  Temperaturen  erfolgten 
in  mehrstündigen  Zwischenpausen;  es  ergaben  sich  folgende 
Werte: 


Temperaturin  terval  1 

Sp< 

3z.  Wärme 

15  und  138  <^ 

0,0814 

15     „     160^ 

0,0823 

15     „     164<^ 

0,0923 

15     „      171,8« 

0,104 

15     „      182 0 

0,112 

15     „      186® 

0,114 

15     „     209,5« 

0,118 

Aus  der  Tabelle  geht  hervor,  daß  von  100^  aufwärts  zu- 
nächst eine  langsame  Zunahme  der  spezifischen  Wärme  ein- 
tritt; zwischen  160  und  170^  wahrscheinlich  in  unmittelbarer 
Nähe  von  164^,  tritt  eine  sprungweise  Änderung  in  der 
spezifischen  Wärme  ein.    Diese  ist  offenbar  einer  Umwandlung, 


Spez,   Wärme  in  Beziehung  zum  elektr,  LeitoermÖgen,      203 

die  wie  bei  Bleiglanz  unter  Wärmebindung  vor  sich  geht,  zu- 
zuschreiben. Über  170^  findet  wieder  eine  allmähliche  Zu- 
nahme statt. 

Die  Untersuchung  war  bereits  beendet,  als  ich  auf  eine 
Arbeit  von  Bellati  und  Lussana^]  aufmerksam  wurde,  die 
gleichfalls  die  Untersuchung  der  spezifischen  Wärme  des 
Schwefelsilbers  bei  verschiedenen  Temperaturen  zum  Gegen- 
stande hat.  Die  Abhängigkeit  der  spezifischen  Wärme  von 
der  Temperatur  wird  von  den  beiden  Physikern  durch  die 
Gleichung  y  =  0,07177  +  0,0000678  t  zwischen  den  Grenzen 
t  =  7^  und  =175^  ausgedrückt  Bei  175^  trat  eine  Umwand- 
lung ein,  so  daß  die  mittlere  spezifische  Wärme  zwischen  175 
und  220^  den  Wert  0,0891  annahm.  Diese  Angaben  konnte 
ich  nur  Srcferaten  entnehmen,  die  in  verschiedenen  deutschen 
Zeitschriften  erschienen  sind.  Ich  konnte  keinen  Aufschluß 
darüber  erhalten,  ob  sich  die  Untersuchung  auf  das  Pulver, 
auf  Kristalle  oder  auf  das  geschmolzene  Produkt  bezog.  Der 
physikalische  Zustand  spielt  aber,  wie  aus  der  Untersuchung 
des  Schwefelbleies  hervorgeht,  eine  bedeutsame  Rolle. 

Der  Temperaturkoeffizient  der  spezifischen  Wärme  ist  bei 
AgjS  größer  als  bei  PbS,  Pulver  mit  Pulver  verglichen.  Die 
Zunahme  des  Leitvermögens  ist  bei  dem  ersten  Sulfid  gleich- 
falls größer  als  beim  zweiten. 

Das  Leitvermögen  eines  Silberglanzstiftes  wird  durch 
vorangegangene  Erwärmungen  gleichfalls  erhöht;  die  spezifische 
Wärme  des  Pulvers  nach  unmittelbar  vorangegangener  Er- 
wärmung erniedrigt. 

Gäbe  es  Methoden,  die  Änderung  der  spezifischen  Wärmen 
von  Grad  zu  Grad  ebenso  rasch  als  sicher  zu  bestimmen,  wie 
Änderungen  des  Leitvermögens,  so  ließen  sich  wohl  die 
Analogien  zwischen  beiden  Eigenschaften  viel  weiter  führen. 
Vielleicht  reicht  die  Mitteilung  aber  doch  hin,  daß  man  zu 
einer  beiläufigen  Vorstellung  gelangt,  in  welcher  Weise  das 
elektrische  Leitvermögen  durch  den  jeweiligen  molekularen 
Zustand  der  Verbindung  beeinflußt  wird. 

Graz,  Physik.  Inst.  d.  Univ.,  Juli  1903. 

1) M.Bellati  u.  S.Lussana,  Atti  del  Inst.  Ven.  (6)  7.  p.  1051.  1888/89. 

(Eingegaugen  6.  August  1903.) 


204 


28.   Periodic  Golor  Distributions  in  Relation  to  the 
Coronas  of  Glondy  Gondensation,  with  a  Bevisioii 

of  Goronas. 

By  Carl  Barus  in  Providence. 


Introduction. 

1.  Purpose  and  plan,  —  The  growing  importance  of  cosmic 
dust  ^)  in  relation  to  geophysic  phenomena^  suggested  the  need 
of  developing  a  method  by  which  the  atmospheric  dust  Con- 
tents could  be  speedily  and  systematically  determined.  An 
appropriate  method  for  this  purpose  was  tested  in  a  number 
of  my  earlier  papers  ^  which  gave  promise  of  being  in  a 
measure  independent  of  merely  local  or  accidental  dust  distri- 
butions. It  is  based  on  the  measurement  of  the  angolar 
apertures  of  the  Coronas  produced  on  suddenly  cooling  meist 
atmospheric  air  under  definite  conditions.  Observations  of 
atmosi)heric  nucleation  made  in  this  way  for  about  a  year 
show  results  of  considerable  interest. 

There  is  some  difficulty,  however,  in  reducing  these  data 
to  absolute  values  (number  of  nuclei,  w,  per  cubic  centimeter), 
inasmuch  as  the  Coronas  obtained  with  lamplight  very  fre- 
(juently  i)ass  beyond  the  ordinary  white  centered  normal  type, 
into  the  more  complex  forms  corresponding  to  very  small 
particles.  I  have  tliereforc  been  obliged  to  make  an  extended 
study  of  Coronas.^)  The  method  pursued  consisted  in  highly 
nucleating  the  air  stored  within  a  given  receiver  over  water 
(with  adequate  provision  for  continued  Saturation),    and  then 


1)  The  pionoering  work  of  Aitken  is  well  known  and  cited  in  my 
earlier  papers. 

2j  Science  16.  p.  948.  1902;  Physical  Review  16.  p.  193.  1902: 
1.  c.  17.  p.  234.  1903. 

3)  Phil.  Mag.  (6j  6.  p.  24.  1902;  American  Journ.  of  Science  (4) 
i:i.  p.  81.  1902;  1.  c.  IT),  p.  335.  1908;  Physical  Review  1.  c;  Smith- 
soniaii  Contributious  to  Knowledge,  No.  1373.  29.  p.  1—180.  908. 


Periodic  color  distnbutions,  205 

withdrawing  definite  amounts  of  it  by  successive  partial  exhaustion. 
If  the  nucleated  air  is  replaced  by  filtered  air  free  from  nuclei, 
the  residual  number  of  nnclei  in  the  receiver  must  decrease 
in  geometric  progression  with  the  number  of  partial  exhaustions. 
The  latter,  moreover,  produce  the  sudden  cooling  by  which 
the  Coronas  are  obtained.  Let  m  be  the  moisture  precipitated 
per  cubic  centimeter,  in  any  exhaustioD,  n  the  number  of  cloud 
particles  contained,  d  the  diameter  of  each:  then  n=%mjnd^, 
Since  for  the  successive  partial  exhaustions  m  is  constant, 
n  foUows  from  d,  and  vice  versa. 

Two  methods  are  available  for  the  absolute  measurement 
of  d.  One  may  determine  the  apertures  of  the  Coronas  (so 
long  as  these  are  normal]  by  a  suitable  goniometer,  or  one 
may  find  the  rate  of  subsidence  of  the  cloud  particles.  Both 
are  approximate  and  limited  in  scope.  Two  methods,  fur- 
thermore  are  available  for  measuring  the  nucleation,  n,  or 
at  least  relations  of  n.  Aitken's  dust  counter  may  be  applied 
[work  ^)  with  this  end  in  view  is  in  progress]  or  the  values 
of  n  may  be  made  to  decrease  geometrically  in  the  way  just 
specified  until  normal  Coronas  are  obtained,  for  which  d  fol- 
lows  from  aperture.  For  the  last  of  these  methods  I  have 
already  published  data;  but  in  the  course  of  over  a  years 
additional  experimentation  a  number  of  new  developments 
have  shown  themselves  which  it  is  my  purpose  here  to  eluci- 
date.  In  the  first  place  the  method  formerly  used  for  deter- 
mining  m,  gave  results  much  too  small.  These  are  corrected 
in  the  present  paper.  In  the  second  place,  the  Coronas  were 
supposed  to  be  observed  under  adiabatic  conditions  of  tem- 
perature;  direct  experiments  in  this  paper  show  that  the  air 
temperatures  during  which  the  Coronas  are  observed  are  nearly 
isothermal.  Moerover  the  new  results  prove  that  in  addition 
to  the  systematic  loss  of  nuclei  by  exhaustion  as  thus  fully 
computed,  there  is  an  additional  loss  which  has  hitherto 
escaped  me.  Each  exhaustion  in  fact  is  accompanied  by  a 
definite  loss  of  nuclei,  for  which  reasons  must  be  investigated. 


1)  Aitken*8  dust  counter  may  be  dispensed  with,  and  the  intensity 
of  the  nncleator  determined  by  condensation  in  benzol  vapor,  in  which 
the  Coronas  are  all  normal.  See  Smithsonian  Contributions  1.  c. 
p.  55  et  seq. 


206 


C.  Bann. 


tliiallj  I  have  in  this  paper  ased  both  electric  and  mooo- 
chromatic  light  as  a  source,  aa  well  aa  the  Welsbacli  mantel 
employed  for  practical  purposes.  Naturally  &om  tlie  intro- 
ductioQ  of  iutßnse  violets  the  Coronas  become  more  complicated 
but  it  is  only  in  this  way  that  their  true  natura  may  be 
detected. 

Tabulated  data  and  descriptions  of  apparatus,  etc.,  will 
be  omitted  in  what  followB,  for  lack  of  room.     The  latter  may 


Pig.  1. 

be  found  in  my  earüer  papera.  The  chief  results  of  the  for- 
mer ore  given  by  the  accompanying  chart.  The  condensatioQ 
Chamber  was  20  cm  deep,  26  cm  high,  35  cm  long  and  lined 
with  wet  cloth.  The  Coronas  were  obaerved  through  plate 
glasB.  The  chamher  was  placed  85  cm  from  the  goniometer 
and  250  cm  from  the  source  of  light  and  the  eye  focussed  for 
long  distances. 

2.  ColoT  distributions.  —  lu  classifying  the  Coronas  a  State- 
ment of  the  colors  of  the  tirst  two  or  three  annuti  counted  &om 


Periodic  color  distributions,  207 

the  center  will  usually  suffice.     Por  the  case  of  the  electric 
light  the  central  patch  remains  white,  or  at  least  opalescent 

For  convenience  in  specifying  color  the  foUowing  abbrevia- 
tions  will  be  used  throughout:  w  white,  p  purple,  c  crimson, 
r  orange-red,  br  brown,  o  orange,  y  yellow,  g  green,  b  blue, 
V  violet. 

Mixed  colors  are  written  together,  thus  bg  is  blue  green, 
rv  red  yiolet  A  dash  denotes  an  approximation  to  the  color; 
thus  V  is  bluish,  which  has  been  otherwise  indeterminable. 
A  dot  denotes  a  deep  or  dark  color;  thus  h  is  dark  blue. 
A  mere  line  denotes  a  color  ring  too  narrow  or  dark  to  be 
recognized.  This  is  the  frequent  transition  from  red  to  green, 
marked  torjg. 

Beginning  with  the  most  intense  nucleation  obtainable, 
i.  e.  with  particles  of  the  least  size  producible,  the  foUowing 
Coronas  appear  in  succession,  at  first  filmy  and  fleeting,  but 
eventually  brilliant  and  dense.  The  numerals  attached  to  the 
series  are  arbitrary. 

.  ,  ,  ,  to  o    ... 

n.  wvg';  Ä'Jr';  w' gv\  wyvbgi  wyovg'\  wcygv\ 

There  is  thus  an  obvious  tendency  for  the  colors  succeed- 
ing  white  to  follow  each  other  in  the  order  of  wavelength, 
as  the  particles  continually  increase  in  diameter.  All  inter- 
mediate  gradations  are  represented.  The  second  cycle  is  nearly 
complete,  the  first  can  not  be  obtained  except  in  the  opale- 
scent orange  tint,  unless  the  steam  jet  is  employed.  The  se- 
cond annulus  of  any  Corona  is  apt  to  vary  in  width  so  as  to 
be  unequally  important 

The  next  series  (III)  for  successively  larger  particles  is  a 
contraction  of  the  preceding.  There  is  obviously  much  over- 
lapping.  The  following  types  of  Coronas  may  be  cited.  The 
colors  are  veiy  brilliant.  The  second  „green"  Corona  is  par- 
ticularly  characteristic,  consisting  of  three  broad  color  bands 
and  the  diso  is  green  with  the  Welsbach  lamp. 

in.    wvphgr\  wghp\  %oyo{b)gbr\  wr{b)gr\ 

The  next  series  (IV)  is  a  Variation  o{  wr' bgr  approaching 
the  steady  normal  Coronas  of  the  next  cycle.     The  colors  are 

very  closely  packed  together,  so  that  it  is  difficult  to  produce 


208  a  Barus. 

definite  types  of  them  at  will.  Incidentally  howeyer  the  ,,green'' 
Corona  wg'hp  is  obtained  particularly  with  the  Welsbach 
lamp;  while  the  red  of  the  first  ring  changes  from  y^  to  ftr'. 
wr'jg  is  frequent 

In  succeeding  Coronas  the  normal  type  is  practically  per- 
manent and  the  observable  Variation  is  merely  in  diameter. 

All  apertureS;  s,  will  be  measared  to  the  outer  edge  of 
the  first  ring  as  the  contrast  here  is  always  sharp.  If  ^  is 
the  angular  radius  of  the  goniometer  (arm  £  =  30  cm), 
2sin^  =  sfR. 

Method  of  Reduotion. 

3.  Con^tants  of  the  Geometrie  Progression,  —  To  determine 
whether  the  factor  of  the  geometric  progression  of  successive 
nucleationS;  numbered  z,  was  to  be  computed  isothermaUy  er 
adiabatically^  a  series  of  direct  temperature  measarements  was 
deemed  necessary.  These  were  made  by  aid  of  a  thermo- 
couple  of  extremely  thin  wires  (0,007  cm  in  diameter),  of 
copper  and  german  silver.  The  results  (omitted)  showed  that 
after  the  lapsc  of  one  minute  following  the  sudden  exhaustion 
the  temperature  has  been  regained  to  within  a  degree.  I  have 
therefore  computed  the  density  ratio  of  nucleation  qjq' ^njn\ 
before  and  after  exhaustion  as  follows. 

Since  p^EqO-  in  the  usual  notation  of  Boyles  law, 
and  p  =  P  —  p  where  P  is  the  reduced  reading  of  the  mer- 
cury  gauge  and  p'  the  vapor  pressure  of  water  vapor, 

(>/(/  =  (P-;.)/(P'-/)(l-a^9•/^^). 

The  correction  S&I&,  being  by  the  table  0,7/293  =  0,0024 
or  about  ^4  perc,  may  be  neglected  (§  4).     Hence 

y  =  i,'l(j=l-Spl{P-p'), 

where  Sp  is  the  pressure  difi'erence  selected.  Thus  the  relative 
nucleation    N,   not  corrected  for  time  losses  etc.,  would  be 

]V=g*=  10-^««y  where  y  =  0,77  and  N=10-^^^^^*. 

4.  Time  losses,  —  Nuclei  apparantly  decay  spontaneously 
in  the  lapse  of  time,  t,  and  a  correction  is  to  be  added  to  N.  Since 
this  loss  is  relativcly  small  in  view  of  the  short  time  intervals 
occurring  in  the  observations,  n  =^  n^lO^  ^*—^\  may  be  assu- 
med  for  convenience.    Hence  if  n  be  the  nucleation  due  to  a 


Periodic  color  distributions.  209 

given  Corona  seen  at  low  pressure  or  the  identical  nucleation  at 
atmospheric  pressure  after  iiltered  air  has  been  added^  the  next 
Corona  after  z  exhaustions  and  t  minutes  will  correspond  to 
«j  =  nlO"^<*K  y  +  ^C'-*»).  Thus  it  is  merely  necessary  to  know 
the  relative  values  of  n  or  the  nucleation  ratios  to  find  /?. 

The  Chief  result  of  this  paragraph  is  the  relativelj  small 
value  of  the  coefficient  {b  =  0^002)  of  time  loss  of  nuclei.  Its 
eflfect  on  the  results  may  therefore  be  neglected  (tested),  par- 
ticularly  as  the  effect  is  in  part  compensated  by  the  tem- 
perature  üactor  of  the  preceding  paragraph. 

5.  Exhaustion  losses.  —  I  shall  next  consider  the  inde- 
pendent  destruction  of  nuclei  which  accompanies  each  ex- 
haustion.  This  loss  did  not  appear  in  my  original  inyesti- 
gations,  probably  because  the  spherical  receiyer  used  was  not 
lined  with  wet  cloth. 

From  what  has  preceded  the  relative  number  of  nuclei 
after  z  exhaustions  is  lO«^®«»,  whereas  in  the  region  of  nor- 
mal Coronas  the  absolute  number  is  certainly  very  nearly 
n  =  C  s*,  where  (7  is  a  known  constant  Hence  the  ratio 
r  =s  Cs^ I  lO'^^^y  should  be  constant  whereas  experiment 
shows  roughly  that  r  =  r^^  (1  —  of  ^r),  a  being  the  coefficient  of 
exhaustion  loss  and  r^  =  Cs^^  the  arbitrary  initial  ratio  for 
z  =  0.  This  result  is  a  mere  approximation  and  the  pheno- 
menon  may  be  fuUy  explained  in  terms  of  suhsidence  of  fog. 
In  this  case  10^  Ä  =  9]/r,  where  R  is  the  radius  of  the  water 
particle  and  v  its  rate  of  suhsidence.  Since  2R  =  d  =  0,0032 /ä, 
approximately,  v  =  1^78^/5^  or  if  v  refers  to  minutes  v  =  190/^^ 

The  relative  loss,  /  per  minute  is  for  a  vessel  of  height  h 
and  nucleation  n,  /  =  r/Ä  =  190/ä«^.  K  as  in  the  above 
condensation  Chamber,  the  height  is  A  =  26,5  cm,  /  =  l,2js^. 

6.  The  optic  constant.  Diameters  hy  diffra^tion.  —  The 
proportionality  of  diameter  of  particle  with  the  inverse  aper- 
ture  may  be  assumed  for  normal  Coronas.  The  occurrence  of 
periodicity  in  the  higher  Coronas  modifies  these  simple  con- 
ditions.  It  is  well  known  that  for  a  single  particle,  the 
masterly  work  of  LommeP)  has  given  a  complete  treatment 


1)  E.  Lommel,  Abhandl.  d.  k.  bayr.  Akad.  d.  Wissensch.  [2]  15. 
p.  229.  18S4. 

BoltsmanD-Festscbrift.  H 


210  C.  Barus. 

of  the  difiractions  in  terms  of  Bessel  fanctions.  It  is  the 
object  of  the  present  paper  to  indicate  the  divergences  for  a 
group  of  particles  and  Tanishing  diametera. 

In  meteorological  werk  for  a  particle  of  diameter  d  and 
for  uniformly  normal  Coronas^  the  equation  sin^  =  l,22il/^ 
is  usually  assumed,  if  the  angular  radius  of  the  Corona  is  (p 
and  the  waye  length  in  question^  L  Since  in  my  goniometer 
2  sin  ^  =s  sjR,  where  Ä  s=  30  cm,  ds  =  a=:  78,2  L 

In  yiew  of  the  theoretical  uncertainty  of  these  yaiues  in 
the  case  of  the  distribution  of  particles  met  with  in  the 
above  experiments,  I  have  usually  relied  on  the  results  of 
direct  comparisons  with  the  Corona  of  lycopodium  spores  where 
d^  =  0,0032  cm.  Here  a  =  d^s^  ==  0,0034  for  measurements 
to  the  outer  edge  of  the  first  ring. 

7.  The  optic  constant  Diameters  from  subsidence.  —  In 
my  earlier  work  the  condensation  Chamber  was  not  cloth  lined, 
and  the  subsidence  data  quite  untrustworthy.  In  the  present 
cloth  lined  receiver  kept  wet  on  all  sides,  subsidence  data  are 
reasonably  satisfactory.  The  Coronas  however  change  character 
during  subsidence  and  in  case  of  the  initial  opalescent  Coronas 
(Series  II,  §  2)  all  Coronas  vanish  into  a  mere  fog  before 
subsidence  is  even  appreciable.  Finally  the  upper  plane  boun- 
dary  of  the  fog  which  at  the  outset  appears  as  a  sharp  hori- 
zontal line  even  50  cm  long,  even  after  1  or  2  min.  becomes 
more  and  more  vague.  Subsidence  is  here  accelerated.  Hence 
it  is  chiefly  for  the  normal  Coronas  that  subsidence  data  are 
available,  and  fortunately  it  is  precisely  here  that  they  are 
wanted. 

8.  Summary  of  optic  constants,  —  The  foUowing  series  of 
values  of  a  =  ds  has  been  obtained  when  the  measurements 
of  aperture  are  made  to  the  outer  edge  of  the  first  ring. 

Optically  (blue)  a  =  0,00344 

From  lycopodium  (d^  =  0,0032)    a  =  0,00836 
From  subsidence  a  =  0,00291 

The  latter  is  decidedly  the  smaller  corresponding  closely  to 
optical  puce-violet  (0,00293).  The  datum  for  subsidence  will 
nevertheless  be  chosen;  being  simplest  in  character  it  is  appa- 
rantly   the   most  trustworthy.     Since  n  s=  (6m/;ra^Ä^,   if  the 


Periodic  color  distributions.  211 

metbod  of  Wilson  and  Thomson^)  be  used  for  the  compu- 
tation  of  m  the  following  values  in  grams  per  cabic  centim. 
are  applicable  at  the  temperatures  stated,  for  the  pressure 
difference  ^;>  =  17  cm. 

6=         10»       20<>        30« 
10«  X  w  =         8,7         4,6         6,7 

9.  Besvlting  equations  applied.  —  From  what  has  been 
stated  it  follows  that  the  first  quantity  to  be  found  is  the 
initial  nucleation,  n^,  i.  e.  the  nucleation  which  obtains  when 
z  ^  Z.  This  depends  on  incidental  conditions  such  as  the 
intensity  of  the  ionizer^  the  first  corona  seen  {Z)  etc.,  and  is 
therefore  quite  arbitrary.  In  the  tables^  for  instance^  n^  =  Uq. 
Hence 

which  will  be  abbreviated 

n^  =  n^  10(— *)  108  y'n{l  -  5/ä«). 

This  equation  affords  in  the  first  place  a  means  of  Com- 
puting S.  For  in  the  regiön  of  normal  Coronas  n  is  given  by 
the  apertures  of  the  Coronas.  Thus  S  =  2,65.  With  this 
value  of  S,  the  data  Nn{l  —  Sjs^  may  be  computed  throughout. 
Then  in  the  region  of  normal  Coronas  the  fundamental  con- 
stant  of  the  reduction  follows  as  n^  =  370  5^/iV^ 77(1  —  iS/«^. 
With  this  constant  the  true  value  of  the  nucleation  (number 
of  particles  per  cub.  cm)  is  computed  for  all  Coronas  as 

w  =  noiV/7(l  -  5/52). 

10.  Remarks  on  the  tables.  —  The  graphs  show  four  in- 
dependent  series  of  observations  of  diameter,  d,  and  nucleation 
(particles  per  cub.  cm),  in  terms  of  the  relative  aperture 
^  =  60  sin  (p  where  (p  is  the  angular  radius.  The  partial  ex- 
haustion  is  to  17  cm  and  the  standardization  is  by  subsidence, 
§  8.  If  standardized  by  diflfraction,  the  n  data  would  be 
about  0,6  smaller  or  the  upper  "green"  corona,  for  instance 
showing  n  =  98  000  would  then  show  n  =  60  000  nuclei.  The 
corresponding  d  effect  is  much  smaller,  being  +  0,2. 


1)  Cf.  J.  J.  Thomson,  Phil.  Mag.  (5)  46.  p.  538.  1898. 

14* 


212  C.  Bartu. 

Tbe  graphs,  n  in  terms  of  s,  give  evidence  of  three  cycles. 
In  the  second  series  there  are  apparanüy  four  oycleB,  the  two 
Iower  being  distinct.  The  horizontal  position  of  the  cuepB  ia 
SB  cloeely  in  accord  as  the  meaaurements  justii^.  The  v^tioal 
Position  Buffers  from  the  shift  and  difficaltf  Borroanding  Üie 
absolute  evaluation  of  n.  Throughoat  their  extent,  howerer, 
the   fundamental  smäarity  of  the  graphs  is  unmistaksble,  ae 


Pig-  2. 


is  further  shown  iu  the  corresponding  curves  for  ruby  light, 
since  n'=  6m/«rf'  =  (6m/na*)«*  =  23(s/10';i)3,  approximately, 
the  fluctuation  of  n  with  Jl  is  obvioua;  but  the  feature  of  the 
phenomenon  is  aone  the  less  the  occiirrence  of  ci/clk  variatioru 
in  the  color  of  the  innermost  ring.  The  correction  implied 
in  the  laBt  eqnation  would  be  more  than  safficient.  The 
violet  coronaB  are  to  be  depressed  as  regards  n  and  the  red 
Coronas  raised  in  their  n  values. 


Periodic  color  distribuHons,  213 

11.  Diameters  of  fog  partides.  —  Having  determined  the 
true  yalues  of  n,  the  diameters  of  fog  particles  may  be  com- 

puted  for  each  aperture  since  d  =  y6m/;rn  =  0,021  n-Vt. 
The  results  are  plotted  in  the  corresponding  graphs.  Each 
of  these  {d  as  a  fanction  of  s)  shows  the  three  cycles  already 
determined  and  the  cusps  lie  at  ^  =  0,0007  to  0,0008  cm 
and  d  =  0,0005  to  0,00055  cm,  or  that  the  intermediate  and 
particularly  luminous  cyclo  Covers  a  ränge  corresponding  to 
about  ten  times  the  waye  lengths  of  the  visible  sp'ectrum. 
Bat  two  of  the  cusps  are  unmistakably  marked,  while  in  other 
respects  the  graphs  retain  the  hyperbolic  contour,  ds  ^  const 

Since  n  ~  Vi  ig  the  cubical  volume  which  contains  one 
fog  particle,  djn  "  '/■  is  the  ratio  of  the  diameter  of  par- 
ticles to  the  distance  between  particles,  constant  throughout. 
The  distance  between  centers  is  thus  about  48  times  the  dia- 
meter of  particles  for  the  temperature  and  pressure  conditions 
preyailing  during  the  exhaustions. 

One  may  note  that  the  diameters  found  are  independent 
of  m;  after  reduction  since  the  same  equation  also  holds  for  Z, 

Z-l 

where  s^  is  the  aperture  of  the  normal  corona  numbered  Z. 
Thus  d  depends  on  a,  y  and  s  and  does  not  therefore  differ 
much  jfrom  my  earlier  values  except  insofar  as  a  and  y  were 
differently  determined  and  S  not  observed. 

Finally  since  nd^  =  Qmln  ==  const.,  the  relation  of  n  and 
d  are  reciprocal  and  maxima  in  n  thus  correspond  to  minima 
in  d.  The  curves  bear  this  out.  The  periods  indicated  by 
the  cusps  in  the  d  curves  may  be  placed  in  conformity  with 
§11,  and  their  mean  position  may  be  rated  at  rf  =  0,00072, 
0,00054,  0,00036  or  in  the  ratio  of  4,  3,  and  2.  In  other 
words  they  are  roughly  multiples  of  the  cyclo  datum  0,00018  cm 
and  throughout  large  as  compared  with  wave  length. 

12.  Mono'chromatic  light  —  The  two  independent  curves 
in  the  chart  for  ruby  light,  substantiate  the  conclusions  already 
drawD.      I    need    merely    add    that    cusps    in    the    positions 


214  6'.  Barus.     Periodic  color  dUtributions, 

J  =  6,  4,  3,  2  X  0,00018  cm  have  been  recognized.    Further- 
more  rCI*  j  d  =  bO. 

13.  Axi€U  color s.  —  Little  need  be  added  to  my  earlier 
obseryations  (1.  c.)  on  ihese  important  accompaniments  of  the 
higher  Coronas  (series  I  and  II],  except  that  ihe  white  light 
is  colored  by  the  action  of  more  than  one  particle. 

Providence,  Brown  üniversity,  U.  S.  A.,  July  1903, 

(Eingegangen  11.  August  1908.) 


215 


29.  Der  schiefe  Wurf  im  luftleeren  fiaume  als  Zentral- 

bewegung. 

Von  E.  Lampe  in  Berlin. 


Nimmt  man  an,  daß  die  Richtungen  aller  Schwere- 
beschleunigungen durch  den  Mittelpunkt  0  der  Erde  gehen, 
und  daß  die  Größe  dieser  Beschleunigungen  dem  Quadrat  des 
Abstaudes  Ton  0  umgekehrt  proportional  ist,  sieht  man  ferner 
von  der  Botation  der  Erde  um  ihre  Achse  ab,  so  kann  die 
Bewegung  eines  unter  dem  Abgangswinkel  a  gegen  die  Hori- 
zontalebene mit  der  Anfangsgeschwindigkieit  v^  geschleuderten 
(als  Punkt  betrachteten)  Geschosses  nach  den  bekannten  Gesetzen 
der  Zentralbewegung  unter  der  Einwirkung  einer  dem  Quadrate 
der  Entfernung  umgekehrt  proportionalen  Kraft  behandelt  wer- 
den. Das  im  folgenden  angegebene  Verfahren,  das  sich  nur 
der  Eepl ersehen  Gesetze  und  der  Elemente  der  analytischen 
Geometrie  bedient,  ist  von  mir  vor  längerer  Zeit  im  Unter- 
richte zu  dem  Zwecke  durchgeführt  worden,  damit  die  Gesetze 
der  Planetenbewegung  an  diesem  Beispiele  veranschaulicht 
und  die  Analogien  mit  den  Sätzen  der  parabolischen  Wurf- 
bewegung aufgedeckt  würden. 

Unter  anderem  brauchen  wir  die  folgende  bekannte  Kon- 
struktion des  Krümmungsmittelpunktes  M  für  einen  Punkt  P 
eines  Kegelschnittes.  Die  Normale  des  Kegelschnittes  in  M 
schneide  die  Brennpunktsachse  in  N\  das  in  N  auf  NF  er- 
richtete Lot  treflfe  den  nach  P  von  dem  Brennpunkte  F  ge- 
zogenen Fahrstrahl  in  ]j\  dann  schneidet  das  in  L  auf  PP 
errichtete  Lot  die  Normale  iV^P  im  Krtimmungsmittelpunkte  M, 

La  Fig.  1  sei  0  der  Erdmittelpunkt,  A  der  Abgangspunkt 
des  Geschosses,  A B  die  Anfangsrichtung,  daher  Winkel  0 AB 
^  £c  +  \n.  Das  auf  ^  P  in  ^  errichtete  Lot  A  M  ist  die 
Normale  der  Bahnlinie  in  A ;  folglich  Winkel  M A  0  =  a. 
Die  Schwerebeschleunigung  ^  in  A  hat  die  Richtung  A0\  ihre 
in  die  Normale   AM  der  Bahnlinie   fallende  Komponente  ist 


216 


E,  Lampe. 


daher  g  cos  a.  Die  Bahnlinie  selbst  ist  eine  Ellipse  mit  0  als 
Brennpunkt,  AB  als  Tangente  in  A,  Ist  nun  q  der  Krüm- 
mungsradius der  Ellipse  in  A,  so  ist  die  Zentripetalbeschleunigimg 
in  A  einerseits  Vq^jq^  andererseits  ^.cosa,  mithin 

Q  =^  %^  I  ff  COS  cc  =  QqI  cos  cc , 

wenn  zur  Abkürzung  v^^  j  ff  =  Qq  gesetzt  wird. 

Man  trage  q  ^  AM  auf  die  Normale  der  Bahn  in  A  auf, 
SO  ist  M  der  Erümmungsmittelpunkt  der  Ellipse  für  A.    Aus  M 

falle  man  das  Lot  ML 
auf  0  A^  aus  L  das  Lot 
L  N  auf  A  M^  so  ist  N  ein 
Punkt  der  Brennpunkts- 
achse der  Ellipse,  0  N  also 
diese  Achse.  Macht  man 
noch  Winkel  N  A  F  =^ 
OAN=a,  so  ist  F  der 
zweite  Brennpunkt  der 
Ellipse,  0A  +  AF^2a 
die  Länge  der  großen 
Achse. 
Aus  der  hiermit  gefundenen  Konstruktion  der  gesuchten 
Bahnlinie  folgt  die  Berechnung  ihrer  Elemente.  Man  setze 
noch  Winkel  NOA  =  0.  Es  war  AM  ^  q  =  g^j cosa\  also 
L A  =  (Jq,  an  =  QqCosu.  Der  Winkel  0  folgt  nun  mit  Hilfe 
der  Sinusregel  aus  dem  Dreiecke  ONA.  Setzt  man  den  Erd- 
radius 0  A  =  J?,  80  ergibt  sich 

^  '  ^  R  —  Qq  cos"  ff 

Ebenso  erhält  man  AF  =  r  aus  dem  Dreiecke  0 AF: 


Fig.  1. 


(2) 


r  = 


QoR 


2R-  Qo 

Dieser  Abstand  r  ist  unabhängig  vom  Abgangswinkel  a. 
Für  eine  konstant  gehaltene  Abgangsgeschwindigkeit  v^  und  einen 
variablen  Abgangswinkel  a  ist  also  der  Ort  von  F  eine  Kugel- 
fiäche  um  A  als  Zentrum  mit  r  als  Radius.  Der  Mittelpunkt 
der  zugehörigen  Wurfellipse  hälftet  OF.  Mithin  liegen  die 
Mittelpunkte  aller  Bahnellipsen  bei  konstanter  Anfangsgeschwin- 
digkeit  und   variablem   Abgangswinkel   auf  einer  Kugelfläche 


Schiefer  Wurf  als  Zentralbewegung,  217 

▼om  Sadius  |^  r  um  den  Halbierungspunkt  von  0  Ä  süa  Mittel- 
punkt. 

Die  Länge  der  großen  Achse  2 a  ist  gleich  0Ä  +  AF] 
mit  Einsetzung  von  r  =^  AF,  2a==Ä  +  r, 

also  unabhängig  von  a,  d.  h.  bei  konstanter  Abgangsgeschwin- 
digkeit Vq  haben  alle  Bahnellipsen  große  Achsen  von  derselben 
Länge  2  a. 

Aus  dem  Dreiecke  OAF  folgt  OF:  sm2cc  =  OA :  sin(2a  +  6), 
oder  0  JF*.  sin  (2  a  +  ö)  =  Ä .  sin  2  a.  Setzt  man  0  F.  cos  d  ^  x, 
OF.sind  =  g,  so  hat  man  für  den  Punkt  F  die  Gleichung: 

X  sin  2  e^  +  y  cos  2  ck  =  A  sin  2  of  ^ 

eine  leicht  zu  konstruierende  Gerade;  auf  derselben  bewegt 
sich  i^,  wenn  cc  konstant  gehalten  wird^  v^  sich  ändert 

Bekanntlich  ist  die  Projektion  der  Normale  AN  auf  den 
Radiusvektor  0  A  gleich  dem  halben  Parameter  p  der  Ellipse^ 
d.  h.  p  =s  AN.  cos  cc  =  Qq  cos^ a  =  a (1  —  €*),  wenn  €  die  nume- 
rische Exzentrizität  ist,  also  1  —  «^  =  g^cos^ccja,  oder: 

(4)  7?  =  Po  cos* a,     «  =  — ,  wo  F  =  yÄ*  — p^,(2E  — pjcos^a. 

Die  Gleichung  der  Bahnellipse  in  Polarkoordinaten  u,  d, 
bezogen  auf  0  als  Pol,  OA  als  Polarachse  ist  nun  endlich: 

(5)  "  =  1 -t--^^' 

^    '  1  —  8  cos  (9  —  ö) 

Aufgabe.  Gegeben  der  Abgangspunkt  A,  der  Zielpunkt  B, 
die  Anfangsgeschwindigkeit  r^ ;  gesucht  die  Bahnellipse. 

Lösung.  Von  der  Bahnellipse  sind  bekannt:  1.  der 
Brennpunkt  0,  2.  der  Punkt  A,  3.  der  Punkt  £,  4.  der  Orts- 
kreis für  F,  5.  die  große  Achse  2a  =  R  +  r  (Fig.  2).  Man  be- 
schreibe um  O  als  Mittelpunkt  mit .  R  +  r  als  Radius  den 
Ejreis,  femer  den  Kreis  um  A  als  Mittelpunkt  mit  r  als  Radius. 
Die  Verbindungslinie  0  B  treffe  den  ersteren  Kreis  in  C,  so  ist 
0  C  =  2a.  Dann  ist  B C  der  Abstand  des  zweiten  Brenn- 
punktes der  Ellipse  von  B.  Der  Kreis  um  B  als  Mittelpunkt 
mit  BC  als  Radius  treffe  den  Ortskreis  für  F  in  den  beiden 
Punkten  F^  und  F^.  Die  beiden  Ellipsen  durch  A  (und  B)  mit  den 
Brennpunkten  0,  F^  und  0,  F^  sind  die  verlangten  Wurflinien. 


218 


E,  Lampe, 


Fig.  2. 


Wenn  der  Kreis  um  B  mit  BC  sSä  Radius  den  Ortskreis  für 
F  um  A  nicht  schneidet,  so  gibt  es  keine  Wurf  linie,  d.  h.  der 
Punkt  B  ist  mit  der  Anfangsgeschwindigkeit  v^  von  Ä  aus 
nicht  erreichbar.  Wenn  der  Kreis  um  B  den  Ortskreis  um  Ä 
berührt,   so   gibt  es  nur   eine  einzige  Wurfellipse.     Der  Ort 

solcher  Punkte  B^  liefert 
die  überhaupt  noch  er- 
reichbaren Punkte.  Setzt 
man  den  Radius  B^  C^  des 
um  Bq  beschriebenen 
Kreises  gleich  r^,  so  ist 
offenbar  B^0  +  B^Ä^ 
R  +  T'-r^  +  r  +  r^r^:: 

R  +  2r,  d. h.  die  „Sicher- 
heitskurve" ,  außerhalb 
deren  die  nicht  erreich- 
baren  Punkte  liegen,  ist 
die  Ellipse  mit  den  Brenn- 
punkten 0  und  Äf,  der 
großen  Halbachse R  +  2r. 
Der  Scheitel  S  der  Ellipse  hälftet  das  Segment  des  Fahr- 
strahles OF  zwischen  dem  Ortskreis  von  F  und  dem  Kreise 
vom  Radius  2  a  um  0.  Danach  kann  der  Ort  von  S  ohne 
Schwierigkeit  bestimmt  werden;  derselbe  ist  jedoch  keine  der 
bekannteren  Kurven.  Wenn  0  ins  Unendliche  rückt,  wird  der 
Bj'eis  um  0  zur  Tangente  des  Ortskreises  von  F\  in  diesem  Falle 
geht  der  Ort  von  S,  wie  leicht  ersichtlich,  in  eine  Ellipse  mit 
den  Halbachsen  r  und  ^r  über  (bekannter  Satz  beim  para- 
bolischen Wurf). 

Nach  dieser  synthetischen  Betrachtung  mag  nun  auch  die 
analytische  Untersuchung  folgen. 

Die  Wurfweite  w  soll  unter  der  Voraussetzung  berechnet 
werden,  daß  die  Erde  eine  Kugel  vom  Radius  R  ist.  Dann 
ist  M7  =  2ÄÖ,  weil  die  Wurfellipse  symmetrisch  zxx  0  F  in 
Fig.  1  liegt,  also  nach  (1) 

fo\  o  T>  /i        o  T^       X     Po  sin « cos  a 

(6)  w  =  2R0  =  2  jf^arctg  -^ .    » 

^  '  ^  R  —  Qq  cos*  ff 

oder  da  man  tgö  mit  0  für  kleine  Winkel  vertauschen   darf, 
angenähert: 


Schiefer  Wurf  ah  Zeniralbewegung.  219 

« 

./>    V  2  /?  Po  sin  et  cos  a 

^     '  R  —  Qq  cos*  ff 

Das   Maximum   w'   von   tr   findet    man    hiemach   f&r    co%2a 
=»  Po  /  (2  Ä  -  (>o),  und  zwar 

(6  b)  tt?'  =  2  Ä  arctg  — — ^ 


2yÄ(Ä-^o) 
angenähert  gleich  ^ 

Die  Wurfweite  w^  wird  bei  der  Annahme  einer  para- 
bolischen Wurflinie  bekanntlich  durch  Formel. 

Wq  =a  Vq^  sin  2  flf/^  =  Po  sin  2  a 

gegeben.    Setzt  man  nach  Formel 

ta^\  Of^BÜn^a  •     o     fi    .    Po  COS*«    •    Po'^OS*«    , 

80  ergibt  sich 

•      O  poC08'<*    fi     •      Po  cos' O      .      Po*  COS*  ff     , 

w--w^^Q^^\u2a.^^ —    ^  +  "ä — +       ly       +  •" 

Diese  Differenz  beträgt  z.  B.  fiir  v^,  =  500  m,  a  =  30®, 
Ä  =  2 .  lO^Ä,  g  =  9,81  etwa  66,4  m,  nämlich  tr  =  22  136,4  m, 
w^  8s  22  070  m.  Daß  diese  Differenz  einen  solchen  Betrag  er- 
reicht^ liegt  jedoch  daran,  daß  bei  w^  die  Entfernung  auf  der 
Horizontalebene  gerechnet  ist,  während  w  als  die  Entfernung 
auf  der  gekrümmten  KugelHäche  genommen  ist.  Liegt  im 
ersteren  Falle  der  Aufschlagspunkt  h  Meter  über  der  Erd- 
oberfläche, so  ist  Wq^  =  h{h  +  2Ii),  also  angenähert  h  =  Wq^I2B. 
Das  Geschoß  treffe  die  Erdoberfläche  x  Meter  hinter  dem  Fuß- 
punkte von  h,  so  hat  man  (alle  Bogen  als  gerade  Linien  in 
Rechnung  gestellt)  x  =  Acotga  =  u?^2cotga/2Ä,  oder 

Po*  sin*  2  ff  cotg  ff  2  fli'^  2  ff  .  cos'  ff 

'=  2R  -  =  ^0  E        '  ' 

d.  h.  gleich  dem  ersten  Gliede  der  Diflerenz  in  w  —  w^.  In 
dem  obigen  Zahlen beispiele  ist  x  =  66,26.  Mit  Berücksichtigung 
dieses  Umstandes  ist  also  praktisch  die  Differenz  der  berech- 
neten Wurfweiten  bei  Annahme  parabolischer  oder  elliptischer 
Bahnlinie  zu  vernachlässigen.  Interessant  ist  dagegen  der  im 
vorangehenden  begründete  Umstand,  daß  bei  großen  Wurf- 
weiten die  Krümmung  der  Erdoberfläche  sich  merklich  macht. 


220  E.  Lampe. 

Die  Höhe  H  des  Scheitels  der  Wurfellipse  über  der  Elrd- 
oberfiäche  ist  offenbar  a  •\'  a%  -^  R.    Nun  war  nach  (4): 


«  =  ]/l  -  ^0  (^  ^"  go)  cos*  a  -  i/l--^co8»a  [vergl.  (3)]. 
Also 

H^^a^        ^„ 

2  '^o  24     a 


ZT  =  2  a  —  —  p^,  cos*  a  —  -7^  -—  cos*a  —  ...  —  Ä. 


=  -^eo8in^« 


Da  aber 

SO  kann  man  H  nach  Einsetzung  des  Wertes  von  a  in  die  Reihe 
wie  folgt  schreiben: 

ir=  \-Q,^m^a  +  H*(l  -  cos*«) 

+  ^^'(1  +  co8*a-2cos«a)  +  ... 
l  +  ^(l+cos*a) 

+  -^^(1  +  cos* a  +  2 cos*  a)  +  ...1. 

Beim  parabolischen  Wurfe  ist  die  Höhe  H^  des  Scheitels  der 
Parabel  Hq  =  v^,* sin* ccl2g  ^  \Qq  sin* a. 

In  dem  obigen  Zahlenbeispiel  findet  man  ZT  =  3196  m, 
Hq  =  3185,5  m,  also  U  —  H^  —  10,5  m.  Da  aber  R^  sich  auf 
die  Horizontalebene  bezieht,  so  sind  beide  Zahlen  nicht  direkt 
vergleichbar;  man  hat  U^  noch  um  ein  leicht  zu  berechnendes 
Stück  zu  Tergrößem  imd  erhält  dann  nahezu  die  gleiche  Zahl 
wie  für  Ä. 

Die  analytische  Behandlung  der  Sicherheitsellipse  kann 
man  elementar  wie  folgt  in  Angriff  nehmen. 

Aufgabe.  Gegeben  die  Abgangsgeschwindigkeit  r^,  die 
Polarkoordinaten  u  und  ^  des  Zielpunktes;  den  Abgangs- 
winkel a  zu  berechnen.  In  die  Gleichung  (5)  der  Bahnellipse 
setze  man  nach  Entwickelung  von  cos  (y  —  ö)  die  Werte  von 
sinö  und  cosö  nach  (1)  und  von  6  nach  (4)  ein,  so  folgt: 

W  \  R  —  Qq  cos'  ff    ,      .  Oq  sin  ff  cos  a  \  « 

"  "  "  •  ~Ä   1^^^  "^  • W +  Sin  ijr .  '^^     ^ 1  =  Po  cos*  cc, 

oder  aber 


Schiefer  Wurf  als  Zentralbewegung,  221 

2Ru{\  —  cos  (p)  +  Pq  {u  cos  y  —  ä)  =  cos  2  a .  Pq  (ä  —  tt  cos  (jp) 

+  sin  2  a .  ti  o^  sin  y . 
Um  diese  Gleichung  für  a  zu  lösen^  setze  man 

Pq  (Ä  —  «  cos  qt))  »  Ä .  sin  t/; ,         m  p^  sin  qp  =  ä  .  cos  t/;, 
so  wird 

Ä  =  gjE^-2Rucosw  +  ü\       igt/;  =  (^J^^.£^, 

^^  '  ^  *^  ^  tt.sing) 

kBm{2a  +  ifj)  =  2 Ä t£ (1  —  cos y)  +  ()q {u cos (p  ^  R). 

Aus  dieser  letzten  Gleichung  erhält  man  zwei  spitze  Winkel  a, 
solange  sin{2 cc  +  xp)  <  1 ,  keinen  reellen  Winkel  a,  sobald 
sm{2a  +  xfj)  >  \.  Ein  einziger  Winkel  a  ergibt  sich,  falls 
sin(2  a  +  t/;)  =  1.     Dann  ist 

[2Ru{l  —  cos  y)  +  Pq  (i£  cos  y  —  Ä)}* 

=  Po^{(^  ~  wcosy)*  +  Msin^qt;}, 
oder  nach  einigen  Reduktionen  unter  Fortlassung  des  Faktors 
u{l  —  cosqp): 

(7)  .  =  -     '^•-^^' 


Diese  Bedingungsgleichung  zwischen  den  Koordinaten  u,  tp 
des  Zielpunktes  gibt  die  äußersten  mit  der  Geschwindigkeit  v^ 
von  Ä  aus  erreichbaren  Treffpunkte.  Es  ist  dieses  die  Polar- 
gleichung der  oben  konstruierten  Sicherheitsellipse.  Ihre 
Schnittpunkte  mit  der  Erdoberfläche  ergeben  die  maximale 
Wurfweite.    Setzt  man  zu  diesem  Behufe  m  =  Ä,  so  findet  man 

In  diesem  Falle  ist  1/;=  J-qp,  8in(2a  + i//)  =  1,  2a+J.y  =  90^, 

Sucht  man  den  Schnittpunkt  der  Sicherheitsellipse  mit  der 
Tangentialebene  der  Erdoberfläche  in  A^  so  muß  man  u  =  72/ cos  ^ 


222 


E,  Lampe. 


setzen;  dann  wird  sini/;  =  0,  t/;  =  0,  also  8in2a  =  1^  a  =  45 •, 
wie  beim  parabolischen  Wurf. 

Liegt  überhaupt  der  Zielpunkt  des  Wurfes  in  der  Tan- 
gentialebene, so  folgt  aus  u  cos  9  =  i%  für  a  die  Gleichung 


2  i%  ti  (1  —  cos  qp)  =  ti  Qq  sin  ^  sin  2o;  ^     sin  2  a  = 


2Ru 


^i9> 


also  ergänzen  sich  die  beiden  Abgangswinkel  zu  90^.  Der 
höchste  zulässige  Wert  für  tg^y^  ist  (>o/2Ä.  Daraus  be- 
rechnet man  die  größte  Wurfweite  in  der  Tangentialebene 
Rtg(p  =  4JR^QqI{4E^  --  Qq^  =  dem  halben  Parameter  p^  der 
Sicherheitsellipse.   Beim  parabolischen  Wurfe  ist  das  Maximum 

der  Wurfweite  in  der  Horizontal- 
ebene gleich  Qq]   die  Differenz 

Po  -  9o  ist  (^oV(4Ä*  -  Po*)- 
Will    man    die    Gleichung 

der  Wurfellipse  in  die  der 
Wurfparabel  überfuhren,  so  hat 
man  in  (5]  kartesische  Koordi- 
naten einzusetzen  und  den 
Koordinatenanfang  nach  A  zu 
verlegen.  Man  erhält  für  A  als 
Nullpunkt,  A  0  als  negative 
.r- Achse: 


Fig.  3. 


or-i  jl  -  (1  -  1  cos2  aY\  -  -^  -f^  ^^-  (1  -  I  cos2  a)  sin  a  cos  a 


+ 


y^(i- 


Qq  sin*  a  cos* 


Ä» 


-  j  +  2  ar  Qq  cos^  a  —  2y  o^  sin  a  cos  a  =  0. 


Setzt  man  hierin  Ä  =  oc ,  so  folgt 

iß  +  2x Oq  cos^ a  —  2y  (;^,  sin a cos  a  =  0, 

die  bekannte  Gleichung  der  Wurfparabel. 

Soll  man  endlich  auch  die  Geschwindigkeit  und  die  Zeit 
des  Wurfes  berechnen,  so  ist  der  Flächensatz  heranzuziehen. 
Ist  in  Fig.  3  AÄ'=(isy  so  ist  Sektor  AOA'=fl^(ls,  wenn 
0  L  =  Iq  =  NcoHa  das  Lot  von  A  auf  die  Tangente  in  A  ist. 
Femer  ist  ds=:v^^dt\  also,  wenn  noch  c  die  Sektoren- 
geschwindigkeit ist,  Sektor  AOA'  =  cdt=^l^,VQ dt,  c  =  J-  7?cos a.  v^. 


Schiefer  Wurf  als  ZentraJhewegiing,  223 

Daher  für  einen  vollen  Umlauf  in  der  Ellipse  mit  der  Um- 
laufszeit  T: 

n  ==  --E  Vn  cos  aT,       T=  -^r 

Nun  ist 

b  =  a ]/i~—  6^  =  ^aQ^, cos a    [vgl.  (4)]. 
Also 

rp  _  2  gVt n ^^'n 

"   ÄV7   ~(2Ä-^o)'/«V^ 

unabhängig  von  a. 

Um  die  Flugzeit  t  für  den  in  J  beginnenden  Sektor  S  zu 
finden^  hat  man  den  Inhalt  dieses  Sektors  in  bekannter  Weise 
mit  Hilfe  der  exzentrischen  Anomalie  v  zu  finden: 


tg 


lt?  =  |/j-;J;-^tgyy,     5=a)/l  -62(ö  +  £sint?). 


Dann  ist  t=T.  Sfa  b  n. 

Die  Geschwindigkeit  v  in  einem  Punkte  der  Bahn  findet 
man  aus  dem  Lote  /  auf  die  Tangente  des  Punktes  von  0 
nach  der  Formel  vi  =  v^ l^.  So  gevrinnt  man  unter  anderem 
die  Geschwindigkeiten  in  den  beiden  Scheiteln  angenähert: 

V  =  v.cosall  -  -^Isin^a],     v"  =  -^^-  (l  -  ^^^cos^«)  . 

"  \  2/2  /'  PoC08a\  2Ä  / 

(Eingegangen  11.  August  1903.) 


224 


30.  über  elektrische  Strömangen  in  zylindrisclien 

Leitern. 

Von  A.  V.  Bäoklund  in  Lund. 


Das  Folgende  wird  allein  von  derartigen  elektrischen 
Strömungen  bandeln^  die^  einmal  in  einem  zylindrischen  Leiter 
erregt,  sich  dort  eine  längere  Zeit  erhalten  können,  wenn  der 
Leiter  entweder  frei  ist,  also  etwa  von  trockener  Luft  um- 
geben, oder  auch  mit  einer  koaxialen  zylindrischen  Hülle 
leitenden  Charakters  versehen  ist  Solche  Ströme  werde  ich 
als  Eigenströme  des  Leiters  bezeichnen  und  mit  den  folgenden 
Zeilen  besonders  versuchen,  einen  Beitrag  zur  Elrledigung  der 
Frage  zu  liefern,  vrie  durch  äußere  magnetische  Kräfte  die 
Eigenströme  eines  Leiters  verändert  werden, 

1.  Eigenströme  eines  homogenen  zylindrischen  Leiters^  wenn  er 
keiner  äußeren  magnetischen  Kraft  atisgesetzt  wird.  —  Wenn 
von  äußeren  magnetischen  Kräften  abgesehen  werden  kann, 
hat  man  für  das  Innere  eines  vollkommenen  Leiters  die 
Maxwellschen  Gleichungen  in  der  folgenden  Form  anzu- 
wenden : 

^'"  du        dv      d  w  ^  r. 

Aus  den  drei  ersten  dieser  Gleichungen  leuchtet  sofort  ein^ 
daßy  wenn  drei  Integrale  u,  v,  to  derselben  der  durch  die  vierte 
Gleichung  ausgedrückten  Bedingung  zu  einer  Zeit  genügen^  sie 
dies  auch  zu  jeder  folgenden  Zeit  tun.  Denken  wir  uns  jetzt 
einen  homogenen  metallischen  Leiter  zylindrischer  Form  vor- 
gelegt, und  nehmen  wir  die  Zylinderachse  zur  i?- Achse  und 
ihren  einen  Endpunkt  zum  Koordinatenanfang,  so  finden  wir  aus 
den  drei  ersten  jener  Gleichungen  (1)  elektrische  Strömungen 
in  den  Querschnitten  des  Leiters  durch  folgende  Ausdrücke 
ihrer  Komponenten  Uy  v,  w  dargestellt: 


ßektr.  Strömungen  in  zylindrischen  Leitern.  225 


(2) 


OD       00  w^  jt  ^n 


(^'•«.  sin  ni/;  +  ^'^^^  cos  n  V>), 

Hierbei  sollen  wir  unter  r  die  Länge  des  Lotes  vom 
Pi^uikte  [x,  tfy  z)  auf  die  Zylinderachse,  unter  ip  den  Winkel 
dieses  Lotes  mit  der  Z-Achse  und  unter  L  die  Länge  jener 
Zylinderachse  yerstehen.  Es  wird  übrigens  R  der  Differential- 
gleichung genügen: 

(3)  |^=(„i_p^«*.)Ä, 

e«  s  r ,  n  eine  positive  ganze  Zahl,  besonders 


(4) 


^  4(»+  1)  ^4.8(n+  l)(»  +  2) 

g-'^  I  ) 

4.8.12(n+  l)(»  +  2)(fi  +  8)  ^  "  'J' 


wobei  p^  eines  der  obigen  ()^^),  ()^2)^  ^^s)^  ^^^  jgl;  u^d  diese  p(^*) 
Wurzeln  der  folgenden  Grenzbedingung  sind: 

a  der  Radius  eines  Querschnittes  des  Zylinders.  Sämmtliche 
diese  Wurzeln  werden  reell,  wegen  folgender  Relation,  die 
wir  aus  (3)  sofort  ableiten: 

a 

Cr  R (()[;),  r)  R (()W,  r)  rfr  =  0,     i  ^  A , 

0 

und  daher  auch,  wegen  der  wechselnden  Zeichen  der  Glieder 
Ton  (5),  alle  q^^"^  positiv.  Die  Koeffizienten  J,  B,  Ä\  B'  in 
(2)  lassen  sich  bekanntlich,  nach  den  Untersuchungen  von 
Sturm  und  Liouville  ^),  so  bestimmen,  daß  für  alle  Werte 
von  r  zwischen  0  und  a 


1)  Starma.  Liouville,  Journal  von  Lioaville  1.  p.  106.  269.  1836. 
BotUnAon-FwtMhrift.  15 


226  A.  F.  Bäcklund. 


00  OD 


^..Äce»')»   ^^.««(e  »•).•*«. 


«=i 


beliebig  Yorgeschriebene  Funktionen  von  r  wiedergeben.  Dem- 
zufolge können  diesen  Koeffizienten  solche  Wdrte  beigelegt 
werden,  daß  im  ganzen  zylindrischen  Leiter,  seine  äußere 
Begrenzung  und  seine  Achse  ausgenommen,  jene  u  und  v  f&r 
^  =  0  beliebige  Werte  f[x,  y,  z)  und  tp  {x,  y,  z)  annehmen.   Sei  nur 

dx  ^  dy       ^' 

so  müssen,  nach  meiner  anfangs  in  dieser  Notiz  gefällten  Be« 
merkung,  die  gefundenen  Ausdrücke  (2)  ftlr  u,  t?  und  to  (=0) 
auch  immer  fllr  ^  >  0  die  viei-te  der  Gleichungen  (1)  erf&Uen. 
Besonders  einfach  wird  der  Fall:  A^^^=  ~" -^«i«»  -^mit»  -''«i« 
sowohl  als  alle  übrigen  A, .  .  .  B  Null.  Die  Strome  werden 
dann  kreisförmig  mit  der  Z^Achse  als  gemeinsamer  Achse. 

2.  Einfluß  einer  konstanten,  der  Z'Ächse  parallelen  magnett" 
sehen  Kraft  —  Jetzt  nehme  ich  an,  daß  eine  bedeutende 
magnetische  Kraft  wirksam  ist,  die  der  ^-Achse  parallel  geht 
und  im  ganzen  Leiter  eine  konstante  Litensität  C  aufweist 
Nach  dem,  was  ich  in  meiner  Abhandlung:  Über  die  magneto» 
optischen  Erscheinungen  ^)  auseinandergesetzt  habe,  geben  jetzt 
die  allgemeinen  Maxwellschen  Gleichungen  für  einen  voll- 
kommenen Leiter  statt  der  obigen  (1)  die  folgenden  Formeln: 


(6) 


.o            A      1      Bu    ,    j     ^    d    (dw         dv\ 
A^u  =  4:nku-^  ^   +«^^-ä—  hä ä—   > 

42  .«       L       Ö<^     f     1      /»     ^     l^^  duf\ 


im  Verein  mit  der  jedenfalls  geltenden  Gleichung: 

(7)  .^«        ö.        ö«.^0 

^  '  dx         0 y         dx 

Bremer   wissen   wir,   daß,   falls  (>  die  Dichtigkeit   der  freien 
Elektrizität  im  Punkte  {x,  y,  z)  des  Leiters  bedeutet: 
/ox  xC  (dv        du\ 

1)  A.  V.  Bäcklund,  Arkiv  för  Matern atik  etc.,  utgifvet  af  K.  Svenska 
Vetenskapsakademien  1.  p.  1.  1908. 


Elektr.  Strömungen  in  zylindrischen  Leitern.  227 

Besonders  auf  drei  Schlüsse  aus  diesen  Gleichungen  mochte 
ich  hier  die  Aufmerksamkeit  lenken.  Erstens  gilt,  wie  Yorher, 
daß  irgend  drei  Integrale  der  Gleichungen  (6),  die  zur  Zeit 
^  =  0  die  Gleichung  (7)  befriedigen,  dies  auch  zu  jeder  folgen- 
den Zeit  tun.     Zweitens  finden  wir,  daß,   wenn  zu  einer  Zeit 

i\  A        du    .     dv    ,    dte       ^ 

^  '  ax        ay        ox  ' 

auch  zu  jeder  folgenden  Zeit  dieselben  Relationen  statthaben, 
und  drittens  folgt,  daß  im  letzteren  Falle  ((>  ==  0,  to  =  0  für 
f  s  0)  die  Stromkomponenten  u  und  v  durch  die  folgenden 
Gleichungen  gegeben  werden: 

Eine  Lösung  dieser  Gleichungen,  die  der  Lösung  (2)  der 
Gleichungen  (1)  am  meisten  ähnlich  ist,  finden  wir  leicht,  näm- 
lich durch  die  folgenden  Gleichungen  ausgedrückt: 


(9) 


a  =  '^  sin  y  z r  * '*"  *  (u  cos  p^  t  +  F  sin  -^'  '^  t], 

^  \    «  4w|U  «  47I/U     /' 


Om  71 
,  q  = 


die  Summierung  über  alle  positiven  und  ganzen  Zahlenwerte 
von  m  erstreckt,  und  U^,  V^  solche  Funktionen  von  x  und 
y  darstellend,  die  sich  durch  Auflösung  einer  Funktion  von 
X  +  y^ — 1  ergeben,  also 

Hierzu  ist  noch  die  für  die  gekrümmte  Fläche  des  Leiters 
geltende  Bedingung  zu  erfüllen,  die  aber  bei  der  Gegenwart 
der  magnetischen  Kraft  C  nicht  durch  die  obige  Gleichung  (5), 
sondern  eher,  wenn  das  umgebende  Mittel  keine  Einwirkung 
von  jener  Kraft  erleidet,  durch  die  folgenden  Gleichungen 
auszudrücken  ist: 

15* 


228  ^    A.  F.  Bäcklund. 

du 


=  —  A(m  +  kxCv), 


dr 
dv 


die  wir  zu  der  einzigen  zusammenziehen  können: 

(10)  A  (^  +  ^  |/:^)  =  «  A(i  _  knCy  :iT)(«  +  üV~l),  (r  =  a) , 

woraus  folgte  daß  für  r  =^  a\ 

und  die  Koeffizienten  Yon  F^  werden  demnach  komplex.  Nur  wenn 
A  =  0,  können  wir  U„  und  F.  durch  bloße  Eonstanten  ersetzen. 
Sonst  steht  die  ^Achse  als  Ort  singulärer  Punkte  der  Funk- 
tionen ü  und  Vy  die  gewiß  ohne  derartige  Singularitäten  Null 
wären.  Die  erwähnten  Ströme  (9)  setzen  daher  eine  Elektri- 
zitätserregung zur  Zeit  ^  =  0  der  einen  oder  anderen  Art  bei 
der  if-Achse  voraus. 

3.  Fortsetzung.  —  Es  waren  oben  u?  =  0  und  p  =  0. 
Wenn  dagegen  zur  Zeit  ^  =  0  zwar  ir,  aber  nicht  p  verschwindet, 
so  muß  schon  zu  der  nächsten  Zeit  w  von  Null  differieren. 
Aber  immerhin  wird  dann  der  Wert  von  ir,  wenn  kxC so  klein 
tstj  daß  seine  zweite  Potenz  vernachlässigt  werden  kann,  auch 
selbst  von  derselben  Größenordnung  klein  werden,  und  wir 
können  somit  annäherungsweise  statt  der  zwei  ersten  der  Glei- 
chungen (6)  die  folgenden  anwenden: 

f  A^u  =  4nku  -^-    —  kxC  «-^ , 

I  ^    0  t  ox^ 

deren  wir  leicht  eine  Lösung  herleiten  der  Form: 

u  =  Reeller  Teil  von  (sin  q  z  e^""^  ]i[{),  r)  [Ä  sin  n  i/;  +  ^  cos  n  t/;)), 

V  =  Reeller  Teil  von  )/  —  l  und  das  nämliche  Produkt , 
wobei 

y  =  _^^,     4.nk(iv^Q  +  q^[\  +  kxCY^\), 

B  die  ebenso  bezeichnete  Funktion  des  Abschnittes  1  und  q 
Wurzel  der  Gleichung  (10),  d.  i.  hier 


Mektr,  Strömungen  in  zylindrischen  Leitern.  229 

also 


?  =  «»  +  ÄV-i> 

a^,  ß^  reell  und  ß^  sehr  klein.  Die  erste  dieser  Größen  muß 
positiv,   nämlich  Wurzel  der  Gleichung  sein: 

Wenn  femer  gesetzt  wird 

jB  =  ?7  +  Vf^^, 

Uy  V  für  reelle  r  reell,  so  gelangen  wir  zur  folgenden,  der 
obigen  Lösung  (2)  ganz  analogen  Lösung  gegenwärtiger  Auf- 
gabe : 

+  [U^^  sin  CO  —  V^^  cos  oa) 

(^«.n.8inni/;  +  i>.„,C08nV;)}, 

"=  ±222«^^^^"^'^^""''^M(C^n>^-^n.cosa>) 

(^•n.8iniit/;+5^„,cosni/;) 
-(&;„cos«+  V^^9m(o) 

(^«n,sinni/;+Z)^^,C08nt(;)}, 

w  sehr  klein  wie  kxC, 

Zur  Abkürzung   haben  wir  geschrieben  y'*,  a^*^,  ß^^\  co 
statt 

m'  71*  «n  Pn 


(12) 


4n k  fi  L*  4nAa'  4nkfi 


,       (±?*ÄxC+/9'^*V  bez. 


WJfnn  A  tfÄ«i  ÄO  Ä/«n  w^  tne  kxC,  —  wie  für  einen  gut  isolierten 
Leiter  eintreffen  möchte,  —  fallen  sowohl  alle  ß!  als  alle  V  weg. 
Während  also  die  Ströme  des  Abschn.  1  aus  einfacheren  zu- 
sammengesetzt sind,  die  an  jeder  Stelle  ihre  Sichtungen  un- 
verändert bewahren  (aber  nicht  jede  für  sich  allein  möglich 
sind,  da  sie  nicht  je  für  sich  der  vierten  Gleichung  (1)  genügen), 
werden  dagegen  die  eben  gewonnenen  Ströme  in  gleichförmigen 


230  A.  F.  Bäcklund. 

Drehungen  inbegriffen  sein  von  der  Yom  einen  zum  anderen 
Strome  variierenden  Zeitperiode 

2n'.{q'^kxC±ß'% 

doch  ß'  verschwindend  klein. 

4.  Der  Leiter  ist  von  einer  Hülle  umgeben  und  keiner  be- 
deutenderen magnetischen  Kraft  ausgesetzt  —  Wenn  der  Leiter 
von  einer  Hülle  umgeben  ist^  werden  seine  Eigenströme  von 
denjenigen  der  Hülle  wesentlich  modifiziert^  indem  beide  stö- 
rend aufeinander  einwirken.  Es  würden  sogar  im  Leiter  elek- 
trische Strömungen  entstehen  können ^  die  wir  im  Falle,  daß 
der  Leiter  und  seine  Hülle  zylindrisch  sind,  und  keine  be- 
deutende magnetische  Kraft  tätig  ist,  aus  den  Ergebnissen  des 
Abschn.  l  einfach  dadurch  ableiten,  daß  wir  in  (5),  wenn  wir 
diese  Gleichung  auf  die  Grenze  zwischen  dem  Leiter  und  seiner 
Hülle  beziehen,  A  =  /^o  +  /Uj  )/— 1,  /u^  und  /i^  reell  und  positiv, 
annehmen.    Keine  der  Wurzeln  ()J^*)  wird  jetzt  reell,    sondern 

sämtlich  werden  sie  der  Form  a^*>  +  /S^*) )/ —  1 ,  mit  allen  ß^ 
von  Null  verschieden.  Wenn  wir  daher  in  Ä(4)  statt  q^  die 
Größe  a^  +  ß^  |A-  1   einführen,  wodurch  wir  bekommen 

U  und  V  reell,  so  rinden  wir  mit  den  Bezeichnungen  des  vor- 
angehenden Abschnittes  statt  der  Ausdrücke  (2)  für  u,  t),  tr 
die  folgenden : 

«  =222«^^^  '^^%-0"*a;^'>)«{(D'„.co8/9'„(.)f+  F->n/92.)/) 

+  ( f^„.  sin /9;w/-F„.  cos /?;<•)*) 

(^'«„.  sin  « i;»  +  ^,,.  cos  ni^)}, 

+  (f^„,«in/9;c>^-  F„.  cos /?;;"  0 

(C,,.  sin  n  V-  +  /J  „^,  cos  n  %p% 
w  =  0. 


(15) 


tt  =a  — 


Elektr,  Ström^tngen  in  zylindrischen  Leitern,  231 

Es  werden  doch  hier  c^^*)  +  ^•)}/^l,  .v  =  1,  2,  ...  die  Wur- 
zeln Q^*^  der  folgenden  Gleichung  sein: 

Sei  außerdem  noch  Folgendes  bemerkt.  Wenn  wir  die 
(konjugierten]  Ströme  {u',  v\  w')  einf&hren: 

^sin "^e-i^  +  »n'0'{(I7^,8in/rw/-  V^cosß'J^'H) 

(^  •«.  sin  n  t^  +  F^,.  cos  n  t^)}, 

etc.,  so  sehen  wir  aus  (14),  daß  an  der  Grenze  zwischen  dem 
Leiter  und  seiner  Hülle: 

du  ,         ,     .  du*  ,  . 

-ö7=  -i^o«  +  Mi«>  ötc.,      -^  =  -iii^ti  -fi^u,  etc., 

gerade  als  wenn  für  die  Strömung  (18)  die  Strömung  (15)  die 
Rolle  einer  von  außen  kommenden  Strömung  spielte^  und  an- 
dererseits f&r  diese  Strömung  jene  die  entsprechende  Bedeu- 
tung hätte. 

Wenn  auch  die  fiüUe  völlig  leitend  ist^  gelten  für  ihre 
Ströme  ebenfalls  Gleichungen  von  der  Form  (2)^  aber  mit  R 
als  allgemeinem  Integrale  von  (3)  gleich  c^Ri  +  c^^R^y  c^  und 
Cj  komplexe  Integrationskonstanten,  deren  Werte  erst  durch 
die  Grenzbedingungen  der  Hülle  zu  bestimmen  sind.  Diese 
Grenzbedingungen  lauten,  für  r  ^^  a  >  a: 

und  für  r  =^  a: 

Aber  es  müssen  fiir  die  Hülle  immer  die  Werte  von  q'^  +  a^ 
und  ß^  gebraucht  werden,  die  wir  oben  für  den  Leiter  ge- 
funden hatten,  und  in  R  also  die  daraus  fließenden  a^  und  ß^, 
5.  ^ie  jene  elektrischen  Oszillationen  von  einer  magnetischen 
Kraft  in  mehrere  zirkuläre  Strömungen  gespalten  werden.  —  Aus 
den  Gleichungen  (11)  der  N.  3  folgt  fast  unmittelbar,  wie  die 
Ströme  (13)  durch  das  Auftreten  einer  der  i^-Achse  parallelen 
magnetischen  Kraft  konstanter  Intensität  C  verändert  werden, 


282  Ä,   F.  Bäcklund.     Elektrische  Strömungen  ete. 

vorausgesetzt,  daß  sowohl  das  Quadrat  von  kxC  wegen  seiner 
Kleinheit;  als  auch  das  Produkt  von  kxC  in  erster  Potenz 
mit  fify  oder  fi^  zu  Seiten  dieser  /Aq  oder  fji^  zu  vernachlässigen 
sind.  Für  die  Hülle  des  Leiters  sei  das  entsprechende  x  NuIL 
Statt  der  vorangehenden  Ausdrücke  für  u,  v,  w  entspringen 
nämlich  jetzt  folgende: 

«=     ^^^sin'^''  e-{^'^-n^)'{ü^^oosa>  +  F,>n  a>) 

+  (ZJ^^sinw  —  F^^coso)) 

(^ '•«.  sin^i  V  +  i^««,  cos  n  ^)l 
v=±^^^sm'^e<^'^-n^)'{U^^sm(o^  F,.co8(o) 

—  {U^^  cos  m  +  F^,  sin  (o) 

{^'nn.  Bin  n  t/;  +  ^.^,  cos  n  V/)}, 
.  IT  sehr  klein  wie  kxCy 

Ci)^{ß'(')±q'nxC)t 

Die  beiden  Zeichen  in  v  gehören  bez.  mit  den  gleichen  Zeichen 
in  G)  zusammen. 

Statt  der  in  (13)  stehenden  Schwingungszahl  ß'^*^  erscheint 
folglich  jetzt  zu  beiden  Seiten  derselben  die  Reihe  von  Schwingungen 
zahlen 


(16) 


m'n' 


wobei  zu  bemerken  istj  erstens,  daß  jenes  Änderung sglied  sowohl 
von  n  als  s  unabhängig  wird,  zweitens,  daß  zu  den  verschiedenenj 
dem  doppelten  Zeichen  dieses  Gliedes  entsprechenden  Paaren  ein^ 
zelner  Schwingungen  verschiedene  Ä^^^j  etc.  gehören,  weshalb  diese 
Schwingungen,  in  welche  die  frühere  der  Periode  2  n :  /?'(•)  durch 
den  Magnet  jetzt  gespalten  worden  ist,  sehr  verschiedene  Inten- 
sitäten erreichen. 

Die  jetzt   erörterten    Schwingungen   werden   aus    zirkulären 
Schwingungen  gebildet     Letztere  existieren  nicht  isoliert, 

(Eingegangen  14.  Aagust  1908.) 


288 


31  Einflaß  der  Änderang  der  spezifischen  Wärme 

anf  die  Umwandlimgsarbeit 

Von  J.  H.  van^t  Hoff  in  Charlottenborg. 


Veranlaßt  durch  eine  Arbeit  von  Th.  W.  Richards^) 
über  die  Beziehung  zwischen  Änderung  der  spezifischen  Wärme 
bei  einer  Umwandlung  und  dem  Temperaturkoeffizient  der 
elektromotorischen  E^raft  habe  ich  den  Einfluß  der  Temperatur 
auf  die  Arbeit^  welche  eine  Umwandlung  leisten  kann  (freie 
EJnergie)  eingehender  verfolgt  und  das  Resultat  der  Rechnung 
auf  die  Beziehung  von  Richards  sowohl  wie  auf  Umwandlungs- 
erscheinungen im  allgemeinen  anzuwenden  gesucht 

1.    Ableitung  der  Qmndgleiohung. 

Die  Beziehung  zwischen  freier  Energie  {E  in  Kalorien); 
Wftnneentwickelung  {Q)  und  Temperatur  gestaltet  sich  sehr 
einfach  bei  den  durch  eine  ümwandlungstemperatur  (P)  oder 
Schmelzpunkt  charakterisierten  Verwandlungen,  falls  Q  als 
konstant  betrachtet  wird.     Es  entsteht  dann  der  Ausdruck:^ 

(1)  E=q^-/, 

der  die  drei  fundamentalen  Beziehungen  in  sich  enthält: 

1.  daß  beim  absoluten  Nullpunkt  die  freie  Energie  der 
Wärmeentwickelung  gleich  ist: 

(2)  E,  =  Q; 

2.  daß  bei  der  ümwandlungstemperatur  dieselbe  Null  wird: 

(3)  ^P  =  0; 

3.  daß  sie   sich  mit   der  Temperatur   ändert   nach   dem 

bekannten  Gesetz: 
.,  dE_E-Q 

W  rf  T  ""       T      ' 

1)  Th.  W.  Richards,  Proc.  of  the  Amcr.  Acad.  of  Arte  aud 
Sciences  p.  298.  1902. 

2)  Etadcfl  de  dToainique  chimique  p.  197.     Amsterdam  1884. 


234  /.  //.  van't  Hoff. 

lu  dieser  vereinfachten  Form  ist  jedoch  gerade  die  von 
Richards  verfolgte  Änderung  der  spezifischen  Wärme  durch 
die  Umwandlung  nicht  berücksichtigt  oder  vielmehr  als  Null 
angenommen.  Wird  dieselbe  hinzugezogen  und,  allgemein,  die 
Verwandlung  eines  Systems  A  in  ein  zweites  £  betrachtet, 
welche  bei  der  absoluten  Temperatur  T  unter  einer  Wärme- 
entwickelung Q  pro  Kilogramm  vor  sich  geht,  und  sind  die 
bez.  spezifischen  Wärmen  S^  und  Sß,  so  ändert  sich  Q  mit  der 
Temperatur  nach  der  Gleichung: 

(5)  dQ=={Sj,^Ss)dTr^SdT, 

worin  8  die  Differenz  der  spezifischen  Wärmen  bedeutet  Wird 
dieselbe  als  konstant  angenommen,  so  entsteht: 

(6a)  Q=Q,  +  8T 

und  bei  Einführung  in  Gleichung  (4) 

(4a)  J|=^.e._s. 

Durch  Integration  entsteht  hieraus: 

E^q^^  AT'-STIT, 

worin  A  eine  Integrationskonstante  bedeutet;  für  7=0  wird 
das  zweite  Glied  gleich  Null,  also: 

somit: 

(4b)  E=:  E^  +  AT--  STIT 

und 

(4c)  ^=^-5(l+/y), 

welche  erste  Gleichung  in  vieler  Hinsicht  mit  einer  von  Lewis  ^) 
erhaltenen  übereinstimmt 

Die  physikalische  Deutung  des  Ausdruckes  (4  b)  ist  inso- 
weit möglich,  daß  die  freie  Energie  sich  aus  drei  Teilen  zu- 
sammensetzt, wovon  der  erste  E^  die  Umwandlungsarbeit 
bei  absolutem  Nullpunkt,  also  die  Abnahme  der  potentiellen 
Energie  bei  der  Verwandlung  unter  diesen  Umständen  bedeutet 

Auch  das  zweite  Glied  A  T  erscheint  einer  Deutung  fähig, 
indem  man  Verwandlungen  betrachtet,  bei  denen  die  ganze 
Arbeitsleistung  diesem  Glied   zuzuschreiben  ist.     Es  sind  dies 


1)  G.  N.  Lewis,  Zeitschr.  f.  physik.  Chemie  .32.  p.  868.  1900. 


Bbxfl.  d.  Änderung  d.  spez.  Warme  auf  d.  UmwandlunffsarbeiL    286 

Eonzentrationsänderungen  ohne  innere  Arbeitsleistung,  im  ein- 
fachsten Falle  die  Ausdehnung  eines  yerdünnten  Gases  oder 
Verdünnung  einer  entsprechenden  Lösung;  der  Arbeit,  welche 
dann  quantitativ  aus  mitgeteilter  Wärme  entsteht,  entspricht  hier: 

pro  Eilogrammmolekül,  falls  Cß  und  (7^  die  bez.  Konzen- 
trationen sind. 

Das  dritte  Glied  8TIT  hängt  wohl  mit  Änderung  der 
potentiellen  EInergie  unter  Einfluß  der  Temperatur  zusammen. 

2.  Die  Beiiehung  Ton  Blohardn. 

Richards  fand,  daß,  bei  Verwandlungen  ohne  Eonzentra- 
tions&nderung,  wie  z.B.: 

Mg  +  ZnSO^- Aq  =  Zn  +  MgSO^- Aq , 

falls  die  Eonzentration  der  ursprünglichen  Zinksulfatlösung  mit 
derjenigen  der  entstehenden  Magnesiumsulfatlösung  überein- 
stimmt, der  Temperaturkoef&zient  [dEjdT)  der  elektromotorischen 
Kraft  das  umgekehrte  Zeichen  hat,  als  die  von  der  Abnahme 
der  Wärmekapazität  [8a^Sb^S)\  daß  beide  einander  an- 
scheinend proportional  sind,  während  entsprechend  für  /S  =  0, 
dEjdT ^0  und  j&=Q  ist. 

Diese  Beziehung  geht  aus  (4c]  unmittelbar  hervor,  unter 
Fortlassung  des  auf  die  Eonzentrationsänderung  sich  beziehen- 
den Gliedes  A  und  es  entsteht: 

(4d)  ^=_Ä(l+/y), 

der  Proportionalitätsfaktor  würde  für  die  Beobachtungstempe- 
ratur 18^  etwa  6,7  betragen,  also: 

dE 


dT 


=  -  6,7Ä. 


Vergleichen  wir  damit  Richards*  Tabelle,  worin  dEjdT 
und  iS  in  Mayers  ausgedrückt  sind,  dann  ist  allerdings  ein 
konstantes  Verhältnis  zwischen  beiden  nicht  vorhanden,  was 
ganz  gut  davon  herrühren  kann,  daß  S  als  Difl'erenz  großer 
Zahlen  erhalten  wurde,  wie  z.  B.  für  Ni  +  CuSO^: 

5  =  5^  -  5^  =  14997  -  14966  =  31 . 


236  /.  H.  vavlt  Hoff. 

Darum  sind  in  der  untenstehenden  Tabelle  die  höchsten 
Werte  vorangestellt  und  dann  S  und  dEldT  summiert: 

dE  s^dE        x?xj 

—        Zdf"^Z^ 

5 

5,4 

5,9 

6,8 

7,8 

8 

7,5 

7 

1^ 
7,1 

Es  hat  also  allen  Anschein,  daß  der  Quotient  sich  um  den 
berechneten  Wert  6,7  bewegt. 

8.    SchmelBung  und  Umwandlung. 

Bei  der  Schmelzung  und  ähnlichen,  bei  bestimmter 
Temperatur  vor  sich  gehenden  ümwandlungserscheinungen  läBt 
sich  in  den  Gleichungen: 

E=^Eq  +  äT'-STIT 
und 

dE 


u 

dT 

Mg  +  ZnR04 

124 

-  623 

Mg  +  OnSO^ 

106 

-  620 

Mg  +  NiSO« 

75 

-  550 

Mg  +  PeS04 

65 

-  540 

Zn  +  Fe804 

-   60 

76 

Zu  +  NiSO^ 

-   50 

75 

Fe  +  CUSO4 

41 

-    75 

Ni  +CnR04 

31 

-    69 

Zn  +CUSO4 

-    17 

10 

Fe   +NiS04 

10 

-  3 

dl 


^A-S{\+IT) 


nicht  mehr  von  vornherein  Ä  vernachlässigen,  nur  vrird  A  eine 
wesentlich  untergeordnete  Rolle  spielen. 

Dies  vorausgesetzt,   seien   die   zwei   Fälle   gesondert  be- 
trachtet, worin 

5  >  0     und    5  <  0 

ist  Im  ersten  Falle  wird  Q  mit  der  Temperatur  linear  an- 
steigen, im  zweiten  abnehmen  (siehe  Fig.  1  und  2).  Was  E 
anbelangt,  so  wird  für  0®  dieser  Wert  gleich  Q^  sein  [Ä  in 
Fig.  1  und  2)  und  die  Anfangsänderung  mit  der  Temperatur: 


Einfl.  d.  Änderung  d,  spez.  Warme  auf  c/.  Vmwandlungsarbeit.     287 


Da  bei  ansteigender  Temperatnr  schließlich: 

dE 


für  Ä>  0      ^  negativ, 
für  5<0 


dE        «x. 

^  posiüv 


wird,  muß  dE/dT  gleich  Null  werden,  bei  einer  Temperatur, 
wobei  E  =s  Q  ist,  und  diese  Temperatur  liegt,  entsprechend  dem 


Fig.  1. 


Fig.  2. 


voraussichtlich  kleinen  Wert  von  A,  ziemlich  tief  {JB  in  Fig.  1 
und  2).  Graphisch  werden  die  zwei  Fälle  durch  Fig.  1  und  Fig.  2 
wiedergegeben  (in  JS  hat  die  Kurve  eine  horizontale  Tangente). 
Der  erste  Fall: 

S>0 

entspricht  offenbar  den  Bedingungen  der  ümwandlungserschei- 
nung,  da  hier  E  schließlich  durch  Null  geht  und  sein  Vor- 
zeichen wechselt  (P  in  Fig.  1).  Für  diese  Erscheinung  ist  also 
allgemein: 

Sa  >  Sb, 

d.  h.  die  in  höherer  Temperatur  stabile  Form  hat  die  größere 
spezifische  Wärme. 

Wenden  wir  dies  zuerst  auf  die  einfachste  Form  der  Um- 
wandlungserscheinung, auf  die  Schmelzerscheinung  an,  so  er- 
gibt sich  die  bekannte  Tatsache,  daß  die  spezifische  Wärme 
des  flüssigen  Körpers  größer  sein  muß  als  diejenige  des  festen. 
Wiewohl  vielleicht  überflüssig,  sei  dennoch  die  folgende  Zu- 
sammenstellung der  Daten  gegeben: 


288 


/.  Ä  var/t  Hoff. 


Apiol 

Benzol 

Benzoesäure 

Betol 

Blei 

Brom 

Chlorblei 

a-Crotonsftare 

Diphenylamin 

p-Dibrombenzol 

EssigBäare 

Jodblei 

Kaliam 

Kftliamnitrat 

Laorinsäare 


Sa 

(Sp.  W. 
flüssig) 

0,38 

0,48 

0,87 

0,27 

0,036 

0,11 

0,1 

0,52 

0,45 

0,21 

0,48 

0,065 

0,25 

0,38 

0,58 


(Sp.  w. 

fest) 

0,8 

0,85 

0,27 

0,22 

0,084 

0,084 

0,071 

0,44 

0,81 

0,15 

0,46 

0,08 

0,17 

0,24 

0,46 


Sa 

(Sp.  w. 

flttssig) 

Myristinsäure  0,54 

Naphtalin  0,44 

Naphtylamin  0,89 

Natriomnitrat  0,41 

Nitronapbtalin  0,86 

Phenylessigsäore  0,49 

Phosphor  0,2 

Quecksilber  0,084 

Schwefel  0,24 

Schwefelsäure  0,085 

SUber  0,075 

p-Toloidin     .  0,6 

Wasser  1 

Wismut  0,086 

Zinn  0,064 


Sb 

(Sp.  w, 

fest) 

0,45 

0,88 

0,88 

0,28 

0,88 

0,88 

0,18 

0,082 

0,16 

0,068 

0,06 

0,46 

0,5 

0,08 

0,056 


Verfolgen   wir  Q  und   E  für  Benzol,   mit  dem  Schmelz- 
punkt 5^  und  der  latenten  Schmelzwärme  (^973)  30,7,  so  ist: 

5  =  5^  -  Ä5  =  0,43  -  0,35  =  0,08       Q  =.  8,5  +  0,08  T, 

femer: 

E^E^  +  AT-^  0,08 TIT  =  8,5  +  ^^ T-  0,08 TIT, 

worin  für 

r=278,  ^=0, 

also 


somit: 


für 


ist  dann 


^  =  0,08/278-1^  =  0,42^), 


J?  =  8,5  +  0,42  y  -  0,08  272^; 
dE 


dT 
0,08 /y=  0,34, 


=  0     oder     E^Q 


T^^IQ. 


Dieselbe  Beziehung,  daß  die  in  höherer  Temperatur  stabile 
Form  die  größere  spezifische  Wärme  aufweist,  läßt  sich  auch 
bei  den  Umwandlungen  allotroper  Elemente  oder  polymorpher 


1)  A  ist  im  allgemeinen  etwa  6  S. 


Mmfi.  cL  Änderung  d.  spez.  Wärme  auf  d,  Umwandlangsarbeit     23B 

Verbindungen  erwarten.  Nur  ist  zu  berücksichtigen,  daß,  indem 
8  klein  ausfällt  bei  kleinen  Schmelzwärmen  [S  ist  0,5  beim 
Ejs^  mit  einer  maximalen  Schmelzwärme  von  80;  0,02  beim 
Phosphor  mit  der  minimalen  Schmelzwärme  6),  bei  den  hier 
vorliegenden  kleinen  Umwandlungswärmen  schon  eine  sehr 
genaue  Bestimmung  von  8^  und  8b  nötig  ist,  um  das  richtige 
Vorzeichen  für  8ji  —  8b  zu  erhalten. 

Für  Elemente  liegen  die  folgenden  Daten  vor: 

Kohlenstoff  0,114  (Graphit  bei  -  50<)  0,0635  (Diamant  bei  -  5O<0 

Kohlenstoff  0,467  (Graphit  bei  1000^  0,459    (Diamant  bei  1000  <0 

Phosphor  0,17—0,2           (gelb)  0,17                  (rot) 

Schwefel  0,18 — 0,2     (prismatisch)  0,16           (rhombisch) 

Zinn  0,56           (metallisch)  0,55                (grau) 

Für  polymorphe  Verbindungen  liegen  folgende  Daten  vor, 
von  denen  sich  wiederum  S^  auf  die  bei  höherer  Temperatur 
stabile  Form  bezieht:^) 


Sa 

Sb 

AgJ 

0,0577 

0,0544 

Oa,J,.12AgJ 

0,058 

0,0588 

Cn^,.  4AgJ 

0,0702 

0,0565 

CSJ,.  8  AgJ 

0,0726 

0,0596 

PbJ,.AgJ 

0,0567 

0,0475 

KNO, 

0,285 

0,203 

NH,N0,(31 0) 

0,355 

0,407 

NH4NO,(820  5) 

0,426 

0,355 

Hier  liegen  also  vereinzelt  Abweichungen  vor,  die  jedoch  näher 
zu  prüfen  wären.  Sie  könnten  bei  yerhältnismäßig  kleinen 
<2- Werten  auftreten  und  würden  da  das  sehr  eigentümliche 
Verhalten  zur  Folge  haben,  daß  ein  Paar  Modifikationen  zwei 
Umwandlungstemperaturen  hat. 

SchlieBlich  läßt  sich  auch  dieselbe  Beziehung  bei  den 
mehr  komplizierten  Vorgängen  erwarten,  woflir  jedoch  bis 
jetzt  das  vorliegende  Material  sich  auf  die  Scheinschmelzung 
einiger  Salzhydrate  bezieht,  welche  Schmelzung  bekanntlich  durch 
Eristallwasserabspaltung  bedingt  ist  Folgende  Daten  sind 
anzuführen : 

1)  M.  Bellati  und  R.  Koraagueäe,  J.  B.  p.  170.  1884;  p.  200.  1»8q. 


240 


J.H. 

van't  Hoff. 

Sa 

Sb 

Na,S,0s.5H,0 

0,569 

0,445 ») 

GaG],.6H,0 

0,56 

0,845 «) 

Na,UP04.12H,0 

0,784 

0,408 ») 

H,S04.H,0 

0,488 

0,227  ^ 

CaN,0e.4H,0 

0,519 

0,897  •) 

Sie  bestätigen  durchweg  die  BegeL 

4.  Erweiterung  des  Bataes  vom  beweglichen  Oleiohgewioht« 
Die  Gleichung: 

erlaubt  noch  eine  dritte  Anwendung,  welche  von  einer  Annahme 
über  die  Größe  von  A  unabhängig,  dafür  aber  auch  nur  quali- 
tativer Natur  ist 

Als  von  mir  der  sog.  Satz  vom  beweglichen  Gleich- 
gewicht hervorgehoben  wurde  und  betont,  daß  eine  Gleich- 
gewichtsverschiebung sich  bei  Abkühlung  immer  zu  gunsten 
des  unter  Wärmeentwickelung  entstehenden  Systems  vollzieht, 
wies  ich  auch  auf  die  Eonsequenzen  hin,  daß  bei  tiefer  Tem- 
peratur die  Gleichgewichte  den  unter  Wärmeentwickelung  ge- 
bildeten Systemen  entsprechen  würden;  bei  hoher  Temperatur 
umgekehrt. 

Die  erstere  Schlußfolgerung  ist  auch  in  der  obigen  Glei- 
chung enthalten,  indem  E  und  Q  beim  absoluten  Nullpunkte 
zusammenfallen  und  somit  dann  Q  die  Eeaktionsrichtung  be- 
herrscht. Diese  Schlußfolgerung  ist  vollkommen  bindend  und 
spricht  sich  noch  bei  unserer  gewöhnlichen  (ziemlich  niedrigen) 
Temperatur  aus  in  der  vielfachen  Gültigkeit  der  Thomsen- 
Berthelotschen  Regel,  daß  die  Reaktionen  im  Sinne  der 
Wärmeentwickelung  vor  sich  gehen. 

Die  Verschiebung  der  Gleichgewichtslage  bei  hohen  Tem- 
peraturen in  umgekehrtem  Sinne  ist  jedoch,  nach  der  obigen 
Gleichung,  nicht  nur  an  das  Zeichen  der  Wärmeentwickelung 
gebunden,  sondern  auch  daran,  daß  S  einen  positiven  Wert  hat, 
und  so  werden  bei   hoher  Temperatur   nur   diejenigen  Reak- 


1)  G.  Tarn  mann,  Kristallisieren  und  Schmelzen,  p.  45.  1903. 

2)  £.  C.  Pickering,  Beiblätter  16,  p.  511.  1892. 


Einfl,  d,  Änderung  d.  spez.  Wärme  auf  d,  Umwandlungsarbeit     241 

tionen  im  Sinne  der  Wärmeabsorption  erfolgen,  bei  welchen  die 
spezifische  Wärme  der  gebildeten  Produkte  die  größere  ist. 

Diese  weitere  Bedingung  erklärt  eine  ganze  Gruppe  von 
sonst  befremdenden  Tatsachen.  Überblickt  man  nämlich  die 
sog.  Dissoziationen,  d.  h.  die  bei  hoher  Temperatur  im  um- 
gekehrten Sinne  sich  vollziehenden  Reaktionen,  so  sind  es 
durchaus  nicht  allgemein  diejenigen,  welche  sich  unter  Wärme- 
absorption vollziehen,  wiewohl  dies  offenbar  eine  Bedingung 
ist  Vielmehr  sind  es  diejenigen  Umwandlungen,  die  man  als 
ein  Zerfallen  bezeichnen  kann,  und  wobei,  entsprechend  der 
vermehrten  Molekülzahl,  auch  die  spezifische  Wärme  ansteigt 
Das  war  auch  die  alte  empirische  Auffassung,  wogegen  aller- 
dings einige  Beispiele,  die  Bildung  des  Acetylens,  Schwefel- 
koblenstoffs,  Tellurwasserstoffs  usw.  sich  anführen  ließen.  Durch 
den  neuen  Znsatz,  welcher  sich  auf  eine  notwendige  Zunahme 
der  spezifischen  Wärme  bezieht,  scheint  sich  nun  die  Yoraus- 
sagung  mit  den  Tatsachen  vollständig  zu  decken. 

(EingegaDgen  18.  August  1908.) 


ItotUmann-FestBchrirt.  16 


242 


32.  On  some  Problems  in  the  Distribution  of  a  Gas. 

By  George  W.  Walker  in  Cambridge. 


1.  Introductory. 

My  object  in  the  present  paper  is  to  giye  the  complete 
Solutions  of  some  differential  equations  which  occur  in  this 
subject.  I  shall  fiirther  indicate  the  kind  of  problem  to  which 
these  Solutions  may  be  applied.  The  application  to  any  par- 
ticalar  case  will  then  involve  merely  the  determination  of  the 
arbitrary  constants  of  Integration  for  the  special  circumstances 
of  the  case. 

The  question  of  the  distribution  of  a  gas  under  its  own 
grayitational  attraction  is  of  great  importance  in  astronomy. 
The  distribution  of  free  negatively  charged  particles  (cor- 
puscles]  in  an  electrica!  field^  is  also  an  important  question. 
We  shall  find  that  both  questions  depend  on  the  Solution  of 
the  same  type  of  differential  equation. 

First  The  distribution  of  a  gas  at  constant  temperature 
at  rest  under  its  own  gravitation. 

Let  p  be  the  pressure  and  q  the  density  at  any  point 
Further  let  x  be  the  gravitational  potentiaL  Then  the  com- 
ponents  of  force  in  the  directions  x,  y,  z  are 

Let  US  assume  that  the  ordinary  gaseous  law  holds  so  that 
p  =:  QJh  where  h  is  a  constant  which  is  inversely  proportional 
to  the  absolute  temperature.  Then  the  equations  of  hydrostatic 
equilibrium  may  be  written 

.ox  (l    dp        1    dp        ldp\_(dx  dx  dx\ 

^^  \q   dx'     Qöy'     Qdxl'~\dx'      ~dy  '      dx]' 

or 

,ov       flöjg^       lölg^       lölg^\       /ö/        dx        dx\ 
^'       [h     dx    '     h    ~dy    '     h     'dx]'~'\dx'     dy'     dV )  ' 


Distribution  of  a  gas,  243 

Sence  by  integration  we  obtam 
(4)  p  =  p^«  +  *;r 

where   q^   is   the  density  where  ;^  =s  0 .   We   miist  also  have 
Poissons'  equation 

where  y  is  the  gravitation  constant. 
Hence  substitating  from  (4)  we  get 

m  1^+-!^+  «f --•'«'•<■.•"•    , 

The  Einetic  Theory  of  Qases  leads  to  the  same  equation 
provided  the  number  of  particles  is  snfficiently  great.' 
E^aation  (6)  will  thas  be  fundamental  in  the  theory  of  a  dis- 
tribntion  of  meteorites. 

Seeond,  The  eqnikbrium  distribution  of  a  large  number 
of  free  negatively  electrified  particles  (corpuscles)  under  the 
influenae  of  an  electrostatic  field. 

Let  p  be  the  pressure,  and  q  the  mass  density  then 
ptsapjh  as  Professor  Drude  ^)  has  shown. 

Further  let  —  e  he  the  charge  (negative)  and  m  the  mäss 
of  a  particle,  and  V  the  electrostatic  potentiäL 

The  components  of  electrical  force  are  given  by 

Hence  the  equations  of  hydrostatic  equilibrium  are 


tl  d\gQ        l  d]gQ        l  d\gQ\         e  (dV 
^*^      \h     dx    '     h     dy    '     h     dx  ]        m\dx  ' 

dV 
dy' 

dV 
dx 

Therefore  by  integration  we  get 

(8)                 .  =  n..^^ 

Now  the  electrical  density  is  (—  e^lm),     Thus  Poissons' 
equation  is 

dx*  dy*  0  x^  m  ^  w  ^ " 

This  equation  is  fundamentally  the  same  as  (6). 


1)  P.  Drude.     Ann.  d.  Fhy.  I.  p.  572.  1900. 

16* 


244  Q.  W.  Walher. 

In  a  former  paper  ^)  I  applied  this  eqvati^n  to  the  qneftion 
of  striations  in  a  yacuom  discharge  tube.  The  equation  has 
recently  assomed  a  new  interest  on  acconnt  of  Bichardson's*) 
experiments  on  the  corpascles  given  off  by  bot  conductors.  In 
bis  paper  Ricbardson  considers  tbe  problem  of  tbe  distribution 
of  tbe  negative  corpnscles  in  tbe  yicinity  of  a  bot  cbargedt 
conductor  wbicb  is  an  infinite  plane.  Tbe  Solution  wbich  he 
gives  is  not  howeyer  tbe  most  general. 

2.   The  equation  for  one  dimensioiL 

If  we  take  :ir  as  tbe  independent  variable,  equation  (6) 
takes  tbe  form 

(10)  |^._4«y(,„«»i. 

It  may  readily  be  verified  tbat  tbe  general  Solution  is 

or 

A^  1 


(12)  g-eo^^^^=2^^ee.k«U..h«) 

wbere  Ä  and  a  are  arbitrary  constants  (cosb  is  tbe  byperbcdic 
cosine). 

Tbe  gravitational  problem  in  one  dimension  has  little 
practical  interest,  so  tbat  I  pass  to  tbe  electrica!  problem. 

Equation  (9)  takes  tbe  form 

(13)  ^-^  =  4;r-p,e-     . 
Tbe  complete  Solution  is 

l^^j  Q-Qo^  -         27r(i«Ä   •   coBh«  (Ax  +  a)- 

Tbe  matter  density  must  be  always  positive.  Hence  we  must 
take  new  constants  so  tbat 

and  tbe  Solution  then  takes  the  form 
(15)  .0^"*"=^^'  ' 


2  71««//      cofl«(i5a;  +  ft 


1)  Phil.  Mag.     1900. 

2)  0.  W.  Richardson.     Phil.  Trans.  A.  201.  p.  497.  1903. 


DiMtnbmtum  of  a  ga».  245 

and  the  potential  is  giTen  bj 

1%ke  flolmtioii  may  be  applied  to  the  distribution  between 
two  parallel  kifiaite  platee,  kept  at  the  same  temperatore,  but 
at  diffßre&t  potentials. 

^ßie  three  arbitrary  constants  of  Integration  q^^  ß  and  ^ 
may  be  determined  £rom  tke  given  potentials  of  the  two  plates^ 
and  the  pressure  at  some  point 

It  16  to  be  obsenned  that  the  supposition  p  sa  gfh  involves 
the  possibility  of  infinite  density.  In  practice  this  cannot 
oecur  and  the  Solution  must  break  down  if  eos(^x  +  ß)  va- 
nishes  anywhere  in  tiie  ränge. 

3.   The  equation  in  two  dimensions. 
The  equation  (6)  takes  the  form 

(17)  |^+|^=_4,yp,«»x. 

Let  1//  be  the  general  Solution  of 

that  is 

(19)  i/'  =  i^i(^  +  «»  +  i^,(^-«y). 

where  F^  and  F^  are  arbitrary  functional  forms. 

Then  it  is  easily  verified  that  the  Solution  of  (17)  is 


(20) 


m  *  (n  )■ 


By  giving  ip  various  forms  we  get  a  variety  of  possible 
distributions.  The  case  of  circular  symmetry  is  of  considerable 
interest 

Take 

(21)  xfj^A{x  +  iyY  +  B{x  +  iy)  — 

where  J,  B  and  n  are  arbitrary  constants.     Further  let  to^  = 
X*  +  y*  and  tan  d  =  yjx. 

Then  we  find  that  (20)  becomes 

or 


246  G.  r.   rafiUr. 

2ii»  ö)»(«-l) 


/>  =  p^6'*Z    = 


(23)  ^       '^^  f^V.  ^V.,1 


Since  the  Solution  inyolves  two  arbitrarj  constants  n  and 
AfB  it  is  the  most  general  Solution  for  cjlindriöal  symmetry. 

Since  the  density  must  always  be  real  and  positive. 
^Vt^i^Vt  must  be  real  and  n  must  be  real.  The  symmetry  of 
(22)  shows  that  we  need  only  consider  positive  values  of  n. 

There  are  three  cases: 

1*^  If  n  is  <  1  the  density  is  infinite  at  the  origin  and 
is  everywhere  eise  finite, 

2°^  if  n  is  B  1  the  density  is  finite  at  the  origin  and 
finite  everywhere  eise,  vanishing  at  infiinity, 

3'*^  if  n  is  >  1  the  density  is  zero  at  the  origin,  rising 
lo  a  finite  maximum  as  a>  increases  and  then  diminishing  to 
zero  as  (o  increases  to  infinity. 

The  last  case  seems  to  me  of  particular  interest  in 
astronomy. 

The  total  quantity  of  matter  between  two'  planes  at  unit 
distance  apart  and  perpendicular  to  the  axis  of  symmetry  is 


QO 


=  /2;ro>d(op^j6*' 

0 


/, 


hr       J  ( A  cj« "  +  B)* 
0 

and  is  thus  finite. 

The  Solution  (23)  may  also  be  applied  to  a  mass  of  gas 
outside  a  solid  circular  cylindrical  core. 

In  the  electrical  case  equation  (9)  takes  the  form 

and  so  the  complete  Solution  takes  the  form 

(25)  €       *      ■"     ^ ^0  m«  7  (9  V  V      /  ^  V~\" 

where  tp  ^  F^{x  +  iy)  +  t\ {x  -  ly). 


Distribution  of  a  gas,  247 

In  the  case  of  circular  symmetiy  we  obtain 

(26)  <'«)«        =- 


In   Order   to   obtain   a  real  positive   matter   density    we 
may  take 

(First)    a'^^I  b'^*  purely  imaginary  and   =  t  ju. 
Then  we  have 

(27)  ^'^ '     ^  ~r^~r  T~7.    M«- 


The  Solution  is  invalid  at  the  point  (o  ^\  f  f^l^j  bat  it 
may  be  applied  to  the  distribution  between  two  cylindrical 
circular  conductors  at  the  same  temperature  and  at  different 
Potentials  provided  the  point  o?  =  1  /  fi^l^  does  not  lie  between 
the  two  cylinders. 

(Seeand.)    We  may  take  n  ^  in'  and 
and  the  Solution  then  takes  the  form 

*^    K  _  j^        n  « Ol« 

(28)  ^0«  -^       -  g«  {co8(n'lgV+a)|«  ' 

n  — ,—  Ä 

4.   Solution  in  the  oase  of  a  steady  eleotrioal  ourrent  between 
two  parallel  oonduoting  planes  at  the  same  temperature  and  at 

different  Potentials. 

Let  US  take  the  axis  of  x  perpendicular  to  the  plates, 
and  let  ju  be  the  average  velocity  of  the  particles  in  the 
direction  of  the  axis  of  x  at  any  point  x, 

The  dynamical  equation  is 

(29)  w^**  =  -  ^    ^P  4-    '  ^ 

^     '  dx  Q    dx         m    dx 

and  the  equation  of  continuity  is 

(30)  ^;^==o 


248 


6.   r.   fVaiker. 


and  the  equation  for  V  is 
(31)  "^  '^ 


=  431 


da;*  m 

Integrating  (30)  we  obtain 

(32)  Qu^Ä 

where  i^  is  an  arbitrary  constant 
Integrating  (29)  we  obtain 

(33)  ].„2=_llg4,  +  A^  +  6 

where  C  is  an  arbitrary  constant. 
Substituting  in  (31)  we  get 


(34) 


Let 


Then 


(35) 


dx 
Now  (34)  becomes 


(36) 


öV 


3  ^  =  4w     ,« 


(37) 


Hence  multiply  by  dffdx  and  integrate.     We  get 


where  J5  is  an  arbitrary  constant. 
Using  (35)  we  obtain 


(38) 

and  hence 


(39) 


l\-vlll'{^'^"J(i^i) 


a-  +  a  = 


!l 


d  Q 


,{25,-H«J.f(,'  +  ^^| 


Ve 


where  a  is  an  arbitrary  constant. 


Distribution  of  a  gas.  249 

The  integral  is  redncible  by  means  of  elliptic  ftmctions. 


A* 


Let 

in  the  usual  notation  for  elliptic  fonctions^  where  jn  is  a  con- 
stant.  V,  a  new  yariable^  is  the  argnment  of  the  fanction  and 
k  is  the  modolus. 

We  find  that  (89)  takes  the  form 

(41)         "  +  ^  =  -"TTfe-y  /{x  -  5  «'^^ ^1  ^^ 


where  the  modulus  is  giv^  by 


and  jn  =  Ä^fk}, 
Hence  we  get 


4jf  e' 


(42) 


Jk»  2         f  1  ,  2  +  *• 


l/- 


t         fl  .  2  +  *•        ,    2(1+Jk«)  jc   1 


where  J?(t7)  is  the  second  elliptic  integral  given  by 


V 

E[v)=^  fdn^vdv. 


The  equations  (33)^  (40)  and  (42)  give  the  complete  Solution. 
Whether  the  modulus  thus  determined  is  real  and  less  than 
unity  depends  on  B,  but  in  any  case  the  transformation  to 
a  real  modulus  less  than  unity  can  always  be  effected  by 
recognized  metbods  in  the  theory  of  elliptic  functions. 

We  have  thus  obtained  the  Solution  of  an  important 
question  in  the  theory  of  the  electrical  discharge  between  two 
conductors,  and  the  Solution  may  be  tested  experimentally, 
although  no  doubt  the  numerical  labour  of  applying  the  Solution 
would  be  very  considerable. 


250  G.   W.   Walker. 

5.  The  eqoilibxium  distribution  between  two  pavaUel  ooaidaoting 
planes  at  different  potentialB  and  at  different  temperatorea. 

We  can  solve  this  question  when  the  temperatare  Ystries 
in  any  specified  manner  between  the  two  planes. 
Let 

(48)  p^cqO 

where  0  is  the  temperature  at  any  point  and  c  is  a  constant. 
The  hydrostatic  equation  is 

(44)  L^^^Y, 

^     '  q    dx         m   ox 

we  also  have 

(45)  T5^=4^P:,^- 
Differentiating  (44)  and  using  (43)  we  get 

(46)  -ä ä —  cpö  =  4;r— iP 

^'  ax    q    ox     ^  wr^ 

or 

(47)  cö-A.cö-^lgc(,ö  =  4«^cöe. 

Hence  pntting 

and  supposing  that  d  is  a  specified  function  of  x,   let  us  take 
a  new  variable  |  so  that 


=/ 


d  X 
^^ 

then  we  obtain 

(48)  ^^  =  4n^,^ 

and  this  is  the  one  dimensional  equation  already  considered. 

6.   ConolUBion. 

I  have  spent  some  time  on  the  equations  (6)  and  (9)  in 
three  dimensions,  but  with  small  snccess.  I  have  only  obtained 
a  particular  Solution  even  in  the  case  of  spherical  symmetry. 

Equation  (6)  takes  the  form 


Distribution  of  a  gas,  .251 

and  equutioii  (9)  takes  the  form 

.  A  particular  Solution  of  (49)  is 
(51)  «'^^  =  o       "A- 1 


and  of  (50) 
(52) 


^hV 


e« 


2n-    ^OjÄr« 

Equation  (51)  may  be  of  some  limited  value^  but  (52)  is 
quite  meaningless. 

The  Solutions,  in  the  case  of  one  and  two  dimensions  may 
be  of  some  practical  value^  and  it  is  with  this  hope  that 
I  venture  to  offer  them. 

(Eingegangen  21.  August  1908.) 


252 


33.  über  die  sogenannte  absolute  Bewcping. 

Von  C.  Nenmann  in  Leipzig. 


1.  Allgemeine  Betraohtongen. 

Die  von  Galilei  und  Newton  begründete^  und  sodann 
namentlich  von  Lagrange  und  Laplace  weiter  ausgebildete 
Theorie  der  analytischen  Mechanik  nötigt  uns,  alle  Teile  des 
Universums  auf  ein  und  dasselbe  rechtwinklige  Adisensjstem  zu 
beziehen.  Es  beruht  nämlich  diese  Theorie  auf  den  bekannten 
Differential-G^leichungen : 

m^^y^Ä,       m-^^r,       m-^^=Z, 

und  bei  Anwendung  dieser  Differential-Gleichungen  sind  wir 
(falls  nicht  einander  ganz  widersprechende  Resultate  zum  Vor- 
schein kommen  sollen)  schlechterdings  gezwungeny  die  Bewegungen 
aller  überhaupt  vorhandenen  Massenpunkte  auf  ein  und  dasselbe 
rechtwinklige  Achsensystem  zu  beziehen,  welches  etwa  kurzweg 
mit  Alpha  bezeichnet  werden  mag. 

Allerdings  ist  dabei  eine  gewisse  Ausnahme  zu  ver- 
zeichnen. Man  kann  nämlich,  falls  es  beliebt,  neben  dem 
Systeme  Alpha,  auch  ein  anderes  rechtwinkliges  Achsensystem 
Beta  benutzen.  Nur  muß  dieses  letztere  alsdann  im  Räume 
des  Systemes  Alpha  entweder  festliegen,  oder  wenigstens  in 
diesem  Räume  eine  nur  translatorische  Bewegung  von  kon- 
stanter Geschwindigkeit  besitzen. 

Das  System  Alpha  pflegt  man  ein  ruhendes  oder  absolut 
ruhendes  zu  nennen.  Und  demgemäß  pflegt  man  Orts- 
bestimmungen, Geschwindigkeiten  und  Bewegungen,  die  auf 
dieses  System  Alpha  sich  beziehen,  als  absolute  zu  bezeichnen. 
Selbstverständlich  sind  das  alles  nur  Epitheta  ornantia,  nämlich 
Worte  ohne  Inhalt  In  der  Tat  könnte  man,  falls  es  beliebt, 
diese  Epitheta  ganz  fallen  lassen,  und  etwa  kurzweg  vom 
Systeme  Alpha  sprechen.  Alsdann  hätte  man  z.  B.  die  absoluten 
Bewegungen  als  Alphabewegungen  zu  bezeichnen  etc.    —    Doch 


über  die  absolute  Bewegung.  263 

würden  derartige  Nenerangsvorschläge  keinerlei  Aussicht  auf 
Erfolg  haben  ^  nnd  —  im  Interesse  der  Kontmuität  der  Ent- 
widdnng  der  mathematischen  Sprache  —  auch  gar  nicht  einmal 
empfehlenswert  sein. 

Deu  System  Alpha  repräsentiert  e/ffenbar^  weil  alle  Be-^ 
toegungen  auf  dasselbe  zu  beziehen  sindy  eine  gewisse  indirekte 
Ferkmiq)fung  zwischen  aBen  im  ganzen  üntoerswn  stattfindenden 
Prozessenj  und  involviert  alsOj  —  kamt  num  sagen^  —  ein  ebenso 
rätselhaftes  me  kompliziertes  Universalges^z. 

Von  hervorragenden  Physikern  und  Philosophen,  namentlich 
z.  B.  von  E.  Mach,  ist  das  System  Alpha  beanstandet  worden. 
Und  m  der  Tat  mufi  man  zugeben,  daß  die  a«f  dieses  System 
Alpha  sich  stützende  analytische  Mechanik  eigentlich  eine  recht 
wunderbare  Theorie  ist  Viel  angenehmer  würde  es  jedenfalls 
seiBi  eine  Theorie  zu  besitzen,  bei  der  das  System  Alpha  über- 
flüssig wftre,  und  bei  welcher  man  —  unter  Vermeidung  eines 
solchen  metaphysischen  Elementes  —  nur  allein  von  dem 
phgsueh  Gegebenen  ausgeht 

Das  System  Alpha  kann  nicht  in  starrer  Verbindung  mit 
den  Fixsternen  gedacht  werden,  weil  diese  ihre  relative  Lage 
zueinander  von  Augenblick  zu  Augenblick  ändern.  Wo  befindet 
sieh  mm  aber  das  System  Alpha?  Welche  Mittel  haben  wir  zu 
seiner  näheren  Bestimmung?  Es  liegt  in  der  Natur  der  Dinge, 
daß  man  diese  Frage  nur  mit  Hilfe  der  Theorie,  und  auch  in 
der  Theorie  nur  a  posteriori  zu  beantworten  vermag. 

Zu  ihrer  Beantwortung  könnte  man  etwa  hinweisen  auf 
die  Laplacesche  invariable  Ebene.  Denkt  man  sich  nämlich 
die  Theorie  der  Bewegung  unseres  Planetensystemes  entwickelt 
auf  Orund  des  noch  ganz  unbekannten  Achsensystemes  Alpha 
und  unter  Anwendung  des  Newtonschen  Gravitationsgesetzes, 
so  wird  man  sicher  sein  können,  daß  die  Richtung  der  in 
solcher  Weise  für  unser  Planetensystem  sich  ergebenden 
Laplaceschen  Ebene  invariabel  ist  in  bezug  auf  jenes  un- 
bekannte System  Alpha;  wodurch  alsdann  für  die  Lage  des 
Sjrstemes  Alpha  ein  gewisser  Anhalt  gewonnen  sein  würde. 
Allerdings  involviert  diese  Methode  die  Voraussetzung,  daß  die 
Bewegung  unseres  Planetensystemes  von  Seiten  der  Fixsterne^ 
nicht  merklich  beeinflußt  werde.  Eine  solche  Voraussetzung 
aber   wird   berechtigt   sein,    sobald   man    dem    Newtonschen 


254  C,  XeumanfL 

Gravitationsgesetz  für  sehr  große  Entfernungen  eine  gewisse 
Modifikation  zuerteflt,  wie  solche  schon  von  Lapla<;e^),  dann 
in  neuerer  Zeit  von  Seeliger^  und  endlich  in  etwas  anderer 
Form  auch  von  mir  (in  meinem  Werke:  Über  das  Newtonsche 
Prinzip  der  Femwirkungen,  Leipzig,  1896)  in  Vorschlag  gebracht 
worden  ist^ 

Etwas  ausführlicher  würde  die  gestellte  Frage  —  jedoch 
ebenfalls  unter  Voraussetzung  der  soeben  genannten  Modi- 
fikation des  Newton  sehen  Gesetzes  —  folgendermaßen  zu  be- 
antworten sein: 

Man  ziehe  von  der  Sonne  S  zwei  Linien  nach  irgend  zwei 
Fixsternen  F  und  G.  Die  relative  Lage  des  noch  unbekannten 
Achsensystemes  Alpha  in  bezug  auf  diese  beiden  Linien  8F  und 
SG  wird  abhängig  sein  von  sechs  Argumenten,  die  ihrerseits 
unbekannte  Funktionen  der  Zeit  sind,  und  es  handelt  sich 
alsdann  also  um  die  nähere  Bestimmung  dieser  sechs  un- 
bekannten Zeitfunktionen. 

Denkt  man  sich  zuvörderst  die  Theorie  der  Bewegung 
unseres  Planetensystems  entwickelt  auf  Grund  des  Achsen- 
systemes Alpha  und  unter  Anwendung  des  (modifizierten) 
Newtonschen  Gesetzes,  so  kommen  hierbei  jene  sechs  Zeit- 
funktionen offenbar  gar  nicht  in  Betracht,  so  daß  also  die 
Resultate  der  Theorie  von  jenen  sechs  Zeitfunktionen  ganz  «n- 
abhängig  Sein  werden. 

Diese  theoretischen  Resultate  sind  nun  aber  zu  vergleichen 
mit  den  Beobachtungen.  Letztere  können  von  Hause  aus  etwa 
bezogen  gedacht  werden  auf  die  beiden  Linien  SF  und  SG, 
sind  alsdann  aber  zu  übersetzen  in  den  Raum  des  Systemes 
Alpha,  und  werden,  nach  Ausführung  dieser  Übersetzung,  mit 

1)  Laplace,  M^canique  Celeste.    Tome  V,  Livre  XVI,  Cbap.  IV. 

2)  Seeliger,  Astron.  Nachr.    Nr.  3273  (1895). 

3)  Anschaulicher  werden  die  Dinge,  wenn  man  gleichzeitig  xwei 
Planetensysteme  in  Betracht  zieht,  an  ganz  verschiedenen  Stellen  des 
Weltraums,  und  von  solcher  Lage«  daB  jedes  derselben  von  den 
umgebenden  Fixsternen,  bei  Zugrundelegung  des  (modifizierten)  Newton- 
scheu Gravitationsgesetzes,  keinen  merklichen  Einfluß  erleidet.  Alsdann 
nämlich  wird  die  Theorie  für  jedes  dieser  beiden  Planetensysteme  eine 
gewisse  Laplacescho  Ebene  liefern,  und  die  Richtungen  dieser  beiden 
Ebenen  werden  in  beiug  auf  das  System  Alpha  invariabel,  mithin  auch' 
xueinnnder  invariabel  sein. 


über  die  absolute  Bewegung,  255 

jenen  sechs  Zeitfunktionen  behaftet  sein.  Vergleicht  man  also 
diese  Beobachtongsresultate  mit  den  Resultaten  der  Theorie, 
so  wird  man  zu  Formeln  gelangen,  die  ebenfalls  mit  jenen 
sechs  Zeitfunktionen  behaftet  sind.  Und  alsdann  würde  es 
sich  ;aun  schließlich  darum  handelD,  jene  sechs  Zeitfunktipnen 
derart  einzurichten,  daß  die  in  Bede  stehenden  Formeln 
möglichst  genau  erfüllt  sind,  u.  s.  w.^) 

Ich  habe  mich  hier  in  Gebiete  hineingewagt,  die  mir  ver- 
hältnismäßig fem  liegen.     Die  Astronomen  von  Fach  dürften 
meine  Auseinandersetzungen,   namenüich   in  praktischer   Be-. 
Ziehung,  bedeutend  besser  und  yolls1li>ndiger  zu  gestalten  im«. 
Stande  sein.    Im  wesentlichen  aber  werden  sie,   wie  ich  hoffe, 
mit  meinen  Auseinandersetzungen  einverstanden  sein. 

§  2.   HiBtoriaohe  Notisen. 

Das  Achsensystem  Alpha  ist  von  mir  in  meiner  Antritts- 
vorlesung^ kurzweg  als  ein  starrer  Körper  Alpha  bezeichnet 
worden,  was  leider  zu  Mißverständnissen  Veranlassung  gegeben 
hat.  Wenn  ich  damals  einer  solchen  Ausdrucksweise  mich 
bediente,  so  geschah  das  namentlich  mit  Bücksicht  auf  meine 
damaligen  Zuhörer,  unter  denen  verhältnismäßig  nur  wenige 
Mathematiker  sich  befanden. 

Kaum  bedarf  es  der  Bemerkung,  daß  meine  damalige 
Vorlesung  in  voller  Übereinstimmung  sich  befindet  mit  La- 
grange und  Laplace.  So  z.  B.  spricht  Lagrange  in  seinem 
berühmten  Werk^  von  der  Euler  sehen  Mechanik  von  1736, 
und  fährt  sodann  fort: 

Man  habe  seit  einiger  Zeit  die  Eul ersehen  Formeln  fast 
ganz  fallen  lassen,  weil  man  eine  einfachere  Methode  entdeckt 
habe.    Diese  einfachere  Methode  bestehe  darin:  „ä  rapporter  le 


1)  Selbstverständlich  wird  man  in  solcher  Weise  die  sechs  Zeit- 
fanktionen  and  das  System  Alpha  nicht  vollständig  bestimmen  können. 
Vielmehr  wird  man  nur  die  Oesamtkeit  des  Systemes  Alpha  und  der  zu- 
gehörigen Systeme  Beta  (von  denen  zn  Anfang  die  Rede  war)  zu  er- 
mitteln imstande  sein.  Aber  man  wird  alsdann  aus  dieser  Gesamtheit 
irgend  eines  herausgreifen,  und  dasselbe  speziell  als  das  System  Alpha 
ansehen  dürfen. 

2)  Über  die  Prinzipien  der  Galilei-Ne  wtonschen  Theorie,  Leipzig, 
bei  Teubner,  1S70. 

3)  Lagrange,  M6caniqne  analytique.   Tome  L  Part.  IL  Sect.  L  Nr. 3. 


256  C.  Neumann. 

momement  du  carps,  et  les  forces  qui  le  solHeitenty  ä  des  du 
reetions  fixes  dans  Vespaee/'     (1788.) 

und  Lapkice  beginnt  das  erste  Kapitel  des  ersten  Boehes 
seiner  M^canique  Celeste  mit  folgenden  Worten: 

^jUh  Corps  naus  paratt  se  mauvoir,  hrsqtfä  ehanffe  de  si- 
tuation  par  rapport  ä  un  sysüme  de  corps  que  naus  jugeoni  en 
repos;  maisy  comme  tous  les  corps,  ceux  mime  gm  naus  semUmi 
jouir  du  repos  le  plus  absolu,  peuvent  etre  en  mouvementf  on 
imoffine  un  espace  sans  barnes,  immobile  et  penetrable  ä  la 
matiere^):  ff  est  aiix  parties  de  cet  espace  rSel  on  idSal  que  nous 
rappoftons  par  la  pensee  la  position  des  corpSf  et  nous  les  eon^ 
cevans  en  mcuvement  lorq'ils  repondent  successieement  ä  divers 
lieux  de  V espace.''     (1799.) 

Wären  mir  diese  Aussprüche  von  Lagrange  und  La- 
place  damals  beim  Druck  meiner  Vorlesung  (von  1870)  bekannt 
gewesen,  so  würde  ich  schon  damals  nicht  unterlassen  haben, 
auf  dieselben  aufmerksam  zu  machen.  Denkt  man  sich  n&m- 
lieh  den  Laplace sehen  espace  immobile  an  die  Spitze  der 
ganzen  Betrachtung  gestellt,  so  werden  jene  Lagrangeschen 
directions  fixes^  und  ebenso  auch  die  drei  Achsen  meines  Systemes 
Alpha  dadurch  charakterisiert  sein,  daß  sie  festliegen  in  jenem 
Laplace  sehen  espace  immobile. 

Bei  dieser  Gelegenheit  mag  mir  gestattet  sein,  von  neuem 
einzugehen  auf  eine  gewisse  in  jener  Vorlesung  (von  1870)  von 
mir  angestellte  Betrachtung.  Die  betreffende  Stelle  (Seite  27) 
lautet  etwa  folgendermaßen: 

Man  denke  sich  einen  rotierenden,  aus  flüssiger  Materie 
bestehenden  Himmelskörper  Ä,  der  (infolge  der  durch  die 
Rotation  erzeugten  Zentrifugalkräfte)  die  Gestalt  eines  ab- 
geplatteten Ellipsoides  besitzt.  Alsdann  kann  in  dem  Zustande 
dieses  Körpers  B  durch  ein  plötzliches  Verschwinden  aller 
übrigen  Himmelskörper  nichts  geändert  werden.  Seine  Ro- 
tationsbewegung und  seine  abgeplattete  Gestalt  werden  also, 
trotz  des  Verschwindens  der  übrigen  Himmelskörper,  ungeändert 
fortbestehen.     Hieraus  geht  deutlich  hervor,  daß  man  die  Be- 

1)  Wenn  Laplace  hier  von  einem  unbeweglichen  nnd  fQr  die 
(ponderable)  Materie  penefrablen  Räume  spricht,  so  erinnert  das  un- 
willkürlich an  die  heutzutage  bei  vielen  Physikern  vorhandene  Vor- 
Stellung  des  nnhewfgllehen  Äthers. 


über  die  absolute  Bewegung,  257 

wegang  eines  Körpers  als  etwas  Absolutes,  und  nicht  als  etwas 
bloss  Relatives  anzusehen  hat;  oder  (genauer  ausgedrückt),  daß 
man  die  Bewegung  eines  Körpers  zu  definieren  hat  als  seine 
Lagen  Veränderung  im  Laplace  sehen  espace  immobile,  nicht 
aber  als  seine  Lagenveränderung  in  bezug  auf  irgend  welchen 
andern  Körper. 

-  Hier  habe  ich  nun  derjenigen  Einwände  zu  gedenken, 
welche  von  E.  Mach  in  seiner  Mechanik^)  gegen  meine  Aus- 
einandersetzungen erhoben  sind.  Diese  Einwände  des  berühmten 
Physikers  und  Philosophen  richten  sich  teils  im  allgemeinen 
gegen  den  Begriff  und  die  Definition  der  absoluten  Bewegung, 
teils  aber  auch  speziell  gegen  meine  Betrachtung  über  den 
Körper  R,  bei  welcher  „die  Methode  des  Gedankenexperimentes" 
von  mir  in  gar  zu  freier  Weise  gehandhabt  worden  wäre. 

In  erster  Beziehung  habe  ich  von  neuem  hervorzuheben, 
daß  ich  in  betrefl'  der  Definition  der  absoluten  Bewegung  in 

voller  Übereinstimmung  mich  befinde  mit  Lagrange  und  La- 
place. Allerdings  will  ich  gerne  einräumen,  daß  diese  an  den 
Laplaceschen  espace  immobile  oder  an  mein  System  Alpha 
sich  anlehnende  Definition  im  Grunde  genommen  stets  etwas 
sehr  Unbefriedigendes  und  Rätselhaftes  behalten  wird.  Aber 
jene  ganze  von  Galilei,  Newton,  Lagrange  und  Laplace 
geschaffene  Theorie  der  analytischen  Mechanik,  so  vollkommen 
und  erhaben  sie  auch  sein  mag,  wird  ja  vielleicht  dereinst 
einer  noch  höher  stehenden  Theorie  Platz  machen,  bei  welcher 
alsdann  die  in  Kede  stehenden  Rätsel  vielleicht  verschwinden 
werden. 

In  letzterer  Beziehung  (nämlich  in  bezug  auf  den  rotierenden 
Körper  R  und  die  gar  zu  freie  Handhabung  der  Methode  des 
Gedankenexperimentes)  möchte  ich  bemerken,  daß  es  sich  in 
der  Physik  und  Astronomie  doch  um  die  Auffindung  der  der 
Materie  wirklich  inhärenten  Gesetze  handelt,  und  daß  derartige 
Gesetze  unter  allen  Umständen  anwendbar  sein  müssen.  Nach 
meiner  Ansicht  ist  jene  Betrachtung  über  den  rotierenden 
Körper  R  ein  unmittelbarer  Ausfluß  aus  der  ganzen  Theorie 
der  analytischen  Mechanik,  und  durchaus  dazu  angetan,  diese 
Theorie   zu   illustrieren  und    zu    charakterisieren.      Allerdings 


1)  £.  Mach,  Mechanik  p.  290.    Leipzig  1901. 
Boltzmann- Festschrift.  1 1 


258  C.  Neumann, 

tritt  gerade  das  Unbefriedigende  und  Batselhafte  dieser  Theorie 
bei  jener  Betrachtung  über  den  Korper  R  besonders  stark 
hervor,  wodurch  alsdann  das  Bedürfnis  nach  einer  andern  und 
höher  stehenden  Theorie  nur  noch  fühlbarer  wird. 

Wenn  hier  von  einer  höheren  Theorie  die  Bede  ist,  so 
bedarf  es  wohl  kaum  der  Bemerkung,  daß  darunter  auch  eine 
passende  Modifikation  oder  Vervollständigung  der  jetzigen 
Theorie  verstanden  werden  kann.  Es  scheint  aber  recht  schwer, 
eine  solche  zu  finden. 

§  3.    Bemerkunffen  über  die  Max  well  sehe  Theorie. 

Die  von  Maxwell  oder  vielmehr  von  Hertz  in  der 
Elektrodynamik  aufgestellten  sechs  Gleichungen  sind  bekannt- 
lich (wie  schon  Hertz  selber  bemerkt  hat,  und  wie  solches 
später  auch  von  mir  konstatiert  ist],  invariant  in  bezug  auf  das 
der  Betrachtung  zu  Grunde  zu  legende  rechtwinklige  Achsen- 
sjstem.  Versteht  man  also  z.  B.  unter  Gamma  ein  recht- 
winkliges Axensjstem,  welches  gegen  das  vorhin  besprochene 
System  Alpha  in  ganz  beliebiger  (teils  progressiver,  teils 
rotierender)  Bewegung  begriffen  ist,  so  werden  jene  sechs 
Gleichungen  mit  Bezug  auf  Gamma  genau  dieselbe  Form  haben 
wie  mit  Bezug  auf  Alpha.  ^) 

Könnte  man  also  aus  den  sechs  Hertz  sehen  Gleichungen 
die  von  Galilei,  Newton,  Lagrange  und  Laplace  ge- 
schaffene Theorie  der  analytischen  Mechanik  matiiematisch  ab- 
leiten, so  müßte  letztere  ebenderselben  Invarianz  sich  erfreuen. 
Das  aber  ist  nicht  der  Fall.  Und  demgemäß  dürfte  es  ein 
ganz  vergebliches  Bemühen  sein,  eine  solche  Ableitung  ver- 
suchen zu  wollen. 

Das  bezieht  sich  aber  nur  auf  die  Hertz  sehen  Gleichungen, 
nicht  z.  B.  auf  die  Lorentzsche  Theorie.  Denn  diese  letztere 
geht  von  der  Vorstellung  aus,  daß  die  elektrischen  Teilchen 
(Elektronen)  träge  Masse  besitzen,  (eine  Vorstellung,  die  übrigens 
schon  von  W.Weber,  und,  nach  Webers  Vorgange,  auch 
von  mir  gelegentlich  in  Untersuchung  gezogen  worden  ist). 
Hieraus  aber  dürfte  hervorgehen,  daß  die  Lorentz'schen  Formeln 


1)  Vergl.  meinen  Aufsatz  in  den  Abh.  d.  Kgl.  Sachs.  Gesellsch.  d. 
Wissensch.  1901.  p.  238—256. 


über  die  absolute  Bewegung,  259 

jene  Eigenschaft  der  Invarianz  nicht  besitzen,  und  daß  daher 
gegen  die  Möglichkeit^  die  analytische  Mechanik  aus  diesen 
Formeln  abzuleiten,  prinzipielle  Bedenken  nicht  vorliegen.  Auch 
habe  ich  in  dieser  Beziehung  hinzuweisen  auf  die  schätzbare 
Arbeit  von  Wien,^) 

Wien  hat  in  seiner  Arbeit  —  nach  dem  Vorgange  von 
Hertz  und  Boltzmann  —  die  Quatemionenstenographie  ver- 
miedeuj  und  der  ausführlichen  Sprache  der  Mathematiker  sich 
bedient.  Es  wäre  dringend  zu  wünschen,  daß  dieses  Verfahren 
von  Hertz,  Boltzmann  und  Wien  zur  allgemeinen  Hegel 
würde.  Denn  gerade  bei  wichtigen  und  schwierigen  Unter- 
suchungen dürfte  man  doch  wohl  gut  tun,  weniger  der  Kürze, 
als  vielmehr  der  Strenge  und  Klarheit  sich  zu  befleißigen. 

1)  W.  Wien,  Recueil  de  travauz,  Offerte  p.  1.  aut  k  H.  A.  Lorant z, 
La  Haye.  1900.  p.  96. 

(Eingegangen  22.  August  1908.) 


n* 


260 


34.  Die  thermodynamischen  Beziehnngen. 

Von  C.  Bunge  in  Hannover. 


In  seiner  Arbeit  ^^die  thermodynamischen  Beziehungen 
antithetisch  entwickelt"  hat  von  Oettingen*)  darauf  auf- 
merksam gemacht,  daß  die  Größen  der  Thermodynamik  eine 
gewisse  Symmetrie  und  Korrespondenz  zeigen.  Indem  er 
hierauf  fiißte,  gelang  es  ihm,  die  wichtigsten  thermodynami- 
schen Beziehungen  in  übersichtlicher  Weise  zu  entwickeln. 
Ich  habe  hier  denselben  Gedanken  befolgt,  nur  daß  ich  die 
Relationen  mehr  vom  mathematischen  Standpunkt  aus  be- 
trachte und  von  den  thermodynamischen  Potentialen  ausgehe, 
die  bei  Oettingen  erst  in  zweiter  Linie  erscheineu. 

Bezeichnet  u  die  innere  Energie,  t  die  Temperatur,  s  die 
Entropie,  p  den  Druck  und  v  das  Volumen  eines  Körpers,  so 
gehe  ich  von  der  Relation  aus 

(1)  du  =  tds  ^  pdv , 

wo  /  und  p  Funktionen  von  s  und  v  sind. 

Der  zweite  Hauptsatz  kann  nun  dahin  präzisiert  werden, 
daß  die  rechte  Seite  ein  vollständiges  Differential  ist,  dessen 
Integral  eben  die  innere  Energie  bildet. 

Aus  diesen  beiden  Annahmen,  daß  tds  ^ pdv  ein  voll- 
ständiges Differential  ist  und  daß  t  und  p  Funktionen  von  s 
und  V  sind,  folgen  alle  übrigen  thermodynamischen  Relationen. 
Um  sie  übersichtlich  abzuleiten,  stelle  ich  neben  die  Glei- 
chung (1)  noch  drei  andere,  die  man  durch  Subtraktion  des 
Differentials  von  ts  und  durch  Addition  des  Differentials  von 
pv  aus  ihr  erhält. 

(2)  d[u  —  t s)  —  —  s  d  t  ^  p  d V 

(3)  d{TUL+pv)  =  tds  +  vdp 

(4)  [u  —  ts-\-pv)=^^sdt  +  v  dp . 


1)  A.  J.  V.  Oettingen,  Mem.  de  Tacad.  des»  scienses  de  St  P^ters- 
bourg  (32)  7.  No.  17.  188r>. 


Die  thermodynamischen  Beziehungen,  261 

Außer  der  inneren  Energie  u  hat  man  also  noch  drei 
andere  Größen  u  —  ts,  u  +  pv,  u  +  pv  --  is,  die  in  den 
Gleichungen  eine  analoge  Bolle  spielen.  Die  Größe  u  —  ts 
nennt  Helmholtz  die  freie  Energie,  u  +  pv  nennt  Oettingen 
die  totale  Energie,  und  u  +  pv  —  ts  könnte  man  nach  Gibbs 
als  die  nutzbare  Energie  bezeichnen.  Ich  führe  mit  Oettingen 
die  Buchstaben  ^j^f^t  für  sie  ein. 

1.  du  —      ids  —  pdv 

2.  d'^  =  -  sdt  -  pdv 

3.  d%=       tds  +  vdp 

4.  d^  ^^  -  sdt  +  vdp. 

Die  unabhängigen  Veränderlichen  sind  1.  s  und  v,  2.  t  und 
V,  3.  s  und  p,  4.  t  und  p,  dagegen  kommen  die  Kombinationen 
t,  9  und  p,  V  fQr  die  unabhängigen  Veränderlichen  nicht  vor.  Ihre 
Einführung  würde  andere  Formen  des  vollständigen  DiflFerentials 
ergeben.  Diese  vier  Gleichungen  sind  einander  äquivalent.  Aus 
jeder  von  ihnen  folgen  die  drei  anderen  durch  Hinzufügen  oder 
Abziehen  der  Differentiale  von  ts  oder  pv.  Daher  sind  auch 
die  vier  Gleichungen  einander  äquivalent,  welche  ausdrücken, 
daß  die  vier  Ausdrücke  vollständige  Differentiale  sind. 

«  m.  -  -  mi 

m        -  (f  j),  -  -  m. 

Der  Index  der  Klammer  bezeichnet  dabei  jedes  Mal  die  andere 
unabhängige  Veränderliche.  Die  Gleichungen  (I)  bis  (IV)  gehen 
in  sich  über,  wenn  man  t  und  p  und  gleichzeitig  s  und  v  ver- 
tauscht 

Neben  diese  Belationen  (I)  bis  (IV)  treten  nun  eine  Beihe 
von  anderen  Gleichungen  zwischen  den  Diflferentialquotienten 
der  Größen  s,t,p,v,  Sie  ergeben  sich  daraus,  daß  man  je  zwei 
dieser  Größen  als  unabhängige  Veränderliche  auffassen  kann. 
Im  ganzen  hat  man  24  Diflferentialquotienten  erster  Ordnung. 
Denn  jede  der  vier  Größen  kann  nach  jeder  der  drei  übrigen 
in  doppelter  Weise  diflferentiiert  werden,  je  nachdem  man  die 


262  C.  Runge. 

eine  oder  die  andere  der  beiden  übrigen  Größen  als   zweite 
unabhängige  Veränderliche  wählt. 

Wenn  man  zunächst  von  den  Relationen  (I)  bis  (IV)  ab- 
sieht und  nur  von  der  Annahme  ausgeht,  daß  von  den  vier 
Größen  je  zwei  Funktionen  der  anderen  beiden  sind,  so  zeigt 
sich  sogleich,  daß  von  den  24  Differentialquotienten  nicht  mehr 
als  vier  voneinander  unabhängig  sind,  durch  die  man  die  übrigen 
rational  ausdrücken  kann.  Denn  wenn  z.  B.  s  und  v  als  un- 
abhängige Veränderliche  gewählt  werden,  so  ist 

^'-(fi)/'+(l4)/" 

Aus  diesen  Gleichungen  kann  man  irgend  zwei  Differentiale 
ds,  dv,  dt,  dp,  durch  die  anderen  beiden  ausdrücken.  So  kann 
man  z.  B.  ds  imd  dv  durch  dt  und  dp  ausdrücken  und  findet 
wenn  D  die  Determinante  bezeichnet 

'>''--(ii).<"+{ä].''p- 

Mithin  ist 

Oder  wenn  man  dt  und  ds  durch  dp  und  dv  ausdrückt: 

■"  -  >/(K)/^  -  m./m/'. 

und  daher 

« m.-my(i%  M«i--v(if).- 


Die  thermodynamischen  Beziehungen,  263 

Auf  diese  Weise  kann  man  also  durch  die  vier  Differential- 
quotienten 

i^\  IlL]  l^\  1^] 

Vö^j„'        UW.'         [dsjv'        [dvjs 

die  übrigen  20  Differentialquotienten  rational  ausdrücken. 

Dasselbe  gilt  von  den  vier  Differentialquotienten^  die  mau 
erhalt^  wenn  man  statt  s  und  v  irgend  eine  andere  der  sechs 
möglichen  Kombinationen  nimmt.  Jede  Kombination  liefert 
20  Gleichungen.  Im  ganzen  erhält  man  also  120  Gleichungen. 
Es  ist  aber  unnötig  sie  alle  hinzuschreiben,  da  sie  aus  den 
oben  abgeleiteten  Gleichungen  a)  bis  h)  durch  Vertauschung 
der  Buchstaben  hervorgehen. 

Diese  120  Gleichungen  sind  lediglich  aus  der  Annahme 
entwickelt,  daß  je  zwei  von  den  vier  Größen  tyS,p,  v  Funktionen 
der  anderen  beiden  sind.  Sie  hängen  also  nicht  von  den  acht 
Gleichungen  (I)  bis  (IV)  ab,  welche  die  mathematische  Formu- 
lierung des  zweiten  Hauptsatzes  enthalten. 

Wenn  man  nun  aber  eine  dieser  Gleichungen  (I)  bis  (TV) 
dadurch  umformt,  daß  man  die  Differentialquotienten  durch 
die  in  den  120  Gleichungen  enthaltenen  Ausdrücke  ersetzt, 
oder  wenn  man  umgekehrt  eine  der  120  Gleichungen  durch 
die  Gleichungen  (I)  bis  (IV)  umformt,  so  entstehen  andere 
Formulierungen  des  zweiten  Hauptsatzes,  und  durch  Kom- 
bination solcher  Gleichungen  können  natürlich  eine  unbe- 
schränkte Anzahl  neuer  abgeleitet  werden. 

Werden  z.  B.  s  und  v  als  unabhängige  Veränderliche  be- 
trachtet, so  zeigt  sich,  daß  von  den  vier  Differentialquotienten 
von  t  und  p  nach  s  und  v  infolge  der  Gleichung  (I)  nur  drei  von- 
einander unabhängig  sind.   Denn  die  Gleichung  (I)  besagt,  dass 


\dvj»  \d8Jv 


Es  sind  demnach,  sobald  man  die  Gleichung  (I)  bis  (IV)  zu 
Hilfe  nimmt,  die  24  Differentialquotienten  durch  drei  von  ihnen 
rational  ausdrückbar. 

Wenn  man  die  Gleichungen  a),  b),  c),  d)  für  den  Fall  bildet, 
daß  t  und  s  als  unabhängige  Veränderliche  gewählt  sind  und 
nun  dt  und  äs  durch  dp  und  dv  ausdrückt,  so  wird 


264  C.  Runge, 

wo 

Wenn  man  hier  die  Gleichung  c)  mit  der  Gleichung  (I) 
kombiniert  und  bedenkt^  daß  nach  der  Gleichung  e)  und  der 
analogen  Gleichung 

(If ).  -  '/(ll).  -*  mr  '/(I7). 

ist,  80  ergibt  sich  J  =  1.  Für  J  =  1  sind  eben  die  Glei- 
chungen a),  b),  c),  d)  nur  andere  Formen  der  Gleichungen  (I) 
bis  (IV). 

In  derselben  Weise  ergibt  sich  auch 

~^\dp)v\dvlp       \dv)p\dp)v'^ 
Es  sind  dabei  nur  t  und  p  und  gleichzeitig  s  und  v  miteinander 
vertauscht,  wobei,  wie  schon  oben  bemerkt,  die  Gleichungen  (I) 
bis  (IV)  ineinander  übergehen. 

Man  kann  die  Gleichungen  J  =  J'  =  1  auch  als  Formu- 
lierungen des  zweiten  Hauptsatzes  auffassen;  denn  wenn  man 
die  Annahme  hinzufügt,  daß  von  den  vier  Größen  t,8,pfV  zwei 
als  Funktionen  der  anderen  beiden  angesehen  werden  können, 
so  folgen  aus  der  Gleichung  J  =  1  oder  J'  =  1  die  Glei- 
chungen (I)  bis  (IV). 

Wenn  man  s  und  v  als  unabhängige  Veränderliche  wählt, 
so  ist 

du  =  tds  —pdv 
und  daher 

d^u  =  dtds  —  dp  d v  . 
Nun  ist 

"'-(lil/'+d-:)/- 
•''■-(l'i/'+di),'"' 

und  da  nach  II 

\av)t       \dt)v 
so  wird 


Die  thermodynamischen  BeziehungerL  265 

Solange  also 

positiv  siDd,  ist  cPu  notwendig  positiv.  Oder  geometrisch  aus- 
gedrückt^ wenn  man  s  und  v  als  Koordinaten  in  einer  hori- 
zontalen Ebene  und  den  Wert  von  u  als  dritte  Koordinate 
nach  oben  aufträgt,  so  ist  die  entstehende  Fläche  nach  unten 
konvex  soweit 

positiv  sind. 

Werden  p  und  /  als  unabhängige  Veränderliche  genommen, 
so  ist 

dSa  =  -  sdt+  vdp 
und  daher 

Unter  der  Voraussetzung,  daß 

(l-*).  "^^  -(If). 

positiv  sind,  wird  also  cP3l  notwendig  negativ  sein.  Oder 
geometrisch  gesprochen,  wenn  man  t  und  p  als  horizontale 
Koordinaten  und  9i  als  vertikale  Koordinate  aufträgt,  so  wird 
die  Fläche  nach  oben  konvex. 

Analog  ergibt  sich  wenn  t  und  v  die  beiden  unabhängigen 
Veränderlichen  sind 

d^^^-dsdt-äpd.=  -(lllds^-(llldv^ 

und  wenn  s  und  p  die  beiden  unabhängigen  Veränderlichen  sind 

d»% = dtds + dvdp = [11)/.^^+ (i':idvK 

(Eingegangen  22.  Augiist  1903.) 


266 


35.  Znr  Geometrie  der  gewöhnlichen  Differential- 

gleichnngen. 

Von  E.  Csuber  in  Wien. 


Die  geometrische  Betrachtungsweise  der  Difterentialglei- 
chungen  hat  darch  Sophus  Lie  die  mächtigste  Förderung 
erfahren  und  hat  auch  auf  die  Ausbildung  der  analytischen 
Methoden  zur  Integration  befruchtend  eingewirkt. 

Die  folgenden  Zeilen  sollen  einen  Beitrag  nach  dieser 
Bichtung  liefern  durch  Beibringung  einiger  Bemerkungen ,  be- 
treffend die  geometrische  Verwertung  der  C 1  air au t sehen  Diffe- 
rentialgleichung und  die  Geometrie  der  gewöhnlichen  Differential- 
gleichungen zweiter  Ordnung, 

I. 

1.  Zu  jeder  ebenen  Kurve  gehört  eine  Clairautsche 
Differentialgleichung^  als  deren  singulare  Lösung  die  Kurve 
erscheint,  nämlich  die  Differentialgleichung  des  Systems  ihrer 
Tangenten. 

Ist 

(1)  F{X,  T)  =  0 

die  Gleichung  der  Kurve ,  so  kommt  die  Bildung  ihrer 
C la i r au t sehen  Gleichung  darauf  zurück,  den  Abschnitt  der 
Tangente  auf  der  Ordinatenachse,  der  in  der  eben  erwähnten 
Gleichung: 

durch  /'(?/')  vertreten  ist,  als  Fimktion  des  Kichtungskoeffi- 
zienten  ?/  der  Tangente  darzustellen.  Aus  der  Tangenten- 
gleichung des  allgemeinen  Punktes  A',  }': 

y  _  r  =  r  (*  -  X) 

ergibt  sich  durch  die  Differentiation  in  bezug  auf  x: 

(2)  y'  =  J' 


Geometrie  der  gewöhnlichen  Differentialgleichungen,       267 

und  der  Tangentenabschnitt  drückt  sich  hiernach  durch 

Y-Xy' 

aus;  setzt  man  hierin  für  X,  Y  diejenigen  Werte^  welche  sich 
aus  dem  Gleichungspaar  (1)^  (2),  d.  i.  aus 

(3)  F{X,  7)  =  0,       F;  +  F^y  =  0 

dafür  ergeben,  so  erhält  man  die  für  die  Clairautsche  Gleichung 
charakteristische  Funktion  fiyy 

Für  die  Parabel 

(4)  Y^^2pX 

iindet  sich  auf  diese  Weise  die  Clairautsche  Differential- 
gleichung: 

(5)  y  =  ^y'  +  ^' 

f&r  den  Kreis 

(6)  X^  +  r«-2Är+ö«  =  ü 
die  Clairautsche  Gleichung: 

(7)  y^xy'  +  b  +  /(Ä^-a»)(l+y'«), 

wo  die  Quadratwurzel  in  ihrer  vollständigen  Bedeutung  zu 
nehmen  ist. 

Bei  jeder  algebraischen  Kurve  ist  fiy')  eine  algebraische 
Funktion  von  y. 

Wenn  die  Kurve  parametrisch  gegeben  ist,  etwa: 

X=9)(m),       r=i/;(ii), 
dann  ist  mittels  der  Gleichung 

u  als  Funktion  von  y  und  hiermit  Y  —  Xy  in  gleicher  Weise 
darzustellen,  um  fiif")  zu  erhalten. 

Bei  der  Zykloide 

(8)  X  =  a  (m  —  sin  u),       7  =  a  (1  —  cos  u) 

hat  man  beispielsweise  zur  Bildung  von  f{y')  den  Ansatz: 

sin  u        , 

1  —  cos  u        •'  ' 

mit  dessen  Hilfe 

}  —  Xy  =  a  [1  —  008  w  —  (m  —  sin  w)y'] 
in  y   auszudrücken  ist;  zu  diesem  Zwecke  ermittelt  man: 


268  B.  Czuber. 

und  findet  hiermit  die  Clair au t sehe  Gleichung  dieser  Kurve: 

(10)  y  =  a:y'  +  a[2-y'Arc8m-j^]. 

2.  Hat  man  die  Clairautsche  Gleichung  einer  Kurre  auf- 
gestellt, so  findet  die  Aufgabe^  an  sie  durch  einen  Punkt  jr^/y^ 
Tangenten  zu  legen,  ihre  Lösung  in  dem  Ansätze: 

^0  =  ^0^ +/'(y'); 

jede  Wurzel  y'  ^  m  dieser  Gleichung  führt  zu  einer  Tangente, 
deren  Gleichung,  in  den  laufenden  Koordinaten  |,  ri  geschrieben, 
lautet: 

es  ist  also  der  Grad  der  Clairautschen  Gleichung  in  bezug 
auf  y'  übereinstimmend  mit  der  Klasse  der  Kurre. 

Die  Clairautsche  Gleichung  der  Parabel  (4),  in  ganzer 
Form  geschrieben,  führt  zu 

und  liefert  für  y   die  beiden  Werte: 

yo:i:yyo'-2pa;o    , 
2a;o 

hiermit  ergeben  sich  die  Gleichungen  der  Tangenten  aus  x^  jy^ : 

Durch  Einsetzung  eines  speziellen  Wertes  m  für  y  erhält 
man  aus  der  Clairautschen  Gleichung  unmittelbar  die  Glei- 
chungen der  Tangenten  von  der  durch  m  gekennzeichneten 
Richtung,  deren  Anzahl  durch  die  Wertigkeit  von  /'(y')  be- 
stimmt ist. 

So  ist  bei  der  Parabel 

einwertig,  daher 

die  Gleichung  der  einzigen  Tangente  von  der  Richtung  m;  bei 
dem  Kreise  (6)  ist 


Geometrie  der  gewöhnlichen  Differentialgleichungen,       269 
zweiwertig,  und  somit  sind 

die  Gleichungen  der  beiden  Tangenten  dieser  Richtung. 

3.   Ersetzt  man   in    der   C 1  air au t sehen   Gleichung    der 
Kurve  P: 

(11)  y^'y+fiy") 

y  durch  —  1/y ,  so  erhält  man  in 

(12)  3,=  _J+/-(_i.) 

die  Gleichung  einer  zweiten  Tangente,  die  auf  der  ersten 
normal  steht;  läßt  man  beide  Gleichungen  zugleich  bestehen, 
so  bestimmen  sie  in  Xy  y  den  Scheitel  eines  der  Kurve  um- 
schriebenen rechten  Winkels,  und  die  Elimination  von  y  zwi- 
schen (11)  und  (12)  führt  zu  dem  Ort  dieser  Scheitel. 

Bei    der    Parabel   (4)    hat    man    zur    Erledigung    dieses 
Problems  das  Gleichungspaar: 

y-        y'  2    ' 

durch  Subtraktion  ergibt  sich  daraus 


»-  H I)  ■  7'  ■' 


der  genannte  Ort  besteht   also   aus  der  Geraden  j:  =  —pj^ 
und  aus  jenem  Punkte,  durch  welchen  die  Tangenten  absoluter 
Richtung  gehen,  nämlich  dem  Brennpunkt. 
Nimmt  man  zu  der  Gleichung  (10): 

y^xy'  +  a   2  -y  Are  sin  -  ^^^,, 
die  nach  der  Vorschrift  (12)  gebildete 


*    I 


2  +    /Aresin    -7^, 


y 
hinzu^  die  sich  auch  in  der  Form: 

y   V        ■     '      ■  1  +  y 

schreiben  läßt,  so  liefert  die  Auflösung  nach  x,  y\ 


2+  M(2A+l)«  +  Arc8in/i^.-) 


270  E.  Czuber. 


X  =  a  —V       -  — h  Are  sin  ,    -—,,. 
(2A;  4-  llny' 


y  =  a 


+  2 


l+y" 

mit  Beachtung  der  Gleichungen  (9)  schreiben  sich  demnach  die 
Gleichungen  des  Scheitelortes  der  der  Zykloide  umschriebenen 
rechten  Winkel  in  demselben  Parameter  u  wie  diese: 

^=  -^[(2Ä;-l)7r(l  -co8tt)  +  2tt], 

y=|-[(2Ä  +  2)7r8in«  +  4]; 

darin  bedeutet  k  eine  beliebige  ganze  Zahl. 

4.  Der  Gleichung  (12)  kommt  auch  eine  selbständige  Be- 
deutung zu.  Sie  geht  nämlich  aus  der  Gleichung  (11)  durch 
die  Transformation: 

hervor;  diese  Transformation  bedeutet  aber  eine  Drehung  der 
in  (11)  enthaltenen  Linienelemente  um  ihre  Punkte  durch  einen 
rechten  Winkel;  folglich  stellt  (12)  ein  System  von  oo^  Linien- 
elementen vor,  welche  durch  dieselben  Punkte  gehend  auf  den 
Linienelementen  von  (11)  senkrecht  stehen;  ein  Elementverein 
aus  (12)  ist  hiemach  eine  Evolvente  der  Kurve,  zu  welcher  die 
Gleichung  (1 1)  gehört,  mit  anderen  Worten:  (12)  ist  die  DiflFe- 
rentialgleichung  der  Evolventen  dieser  Kurve. 

5.  Sei 

(13)  /(X,i;.y)  =  0 

die  Differentialgleichung  eines  einfach -unendlichen  Kurven- 
systems; die  Clairautsche  Gleichung  seiner  Einhüllenden 
läßt  sich  in  der  Weise  ableiten,  daß  man  aus  (13)  und 

Xy  Y  als  Funktionen  von  y  berechnet  und  hiermit  den  Aus- 
druck Y  —  Xy  als  J\inktion  von  y  bildet;  diese  ist  dann  die 
zur  Herstellung  der  Clairautschen  Gleichung  erforderliche 
Funktion  f{yy 

Aus  der  Differentialgleichung 

2  Y^y^  +  2  XYtj'  +  X»  +  7^  -  r^  =  0, 


Geometrie  der  gewöhnlichen  Differentialgleichungen.       271 

welche  den  Kreisen  zukommt,  die  man  über  den  zur  x-Achse 
senkrechten  Sehnen  des  Kreises 

I«  +  ^«  =  r» 

als  Durchmessern  beschreibt,  und  aus  der  daraus  durch  Ab- 
leitung nach  y  hervorgehenden  Gleichung 

ergibt  sich  auf  dem  angegebenen  Wege 

y  =  ^y +ryi  +  2y'« 

als  Clairautsche  Gleichung  der  jene  Kreise  einhüllenden 
Ellipse. 

6.    Die    Clairautschen     Differentialgleichungen     zweier 
Kurven  F(X,  7)  =  0,  G(X,  7)  =  0: 

gestatten  die  Lösung  verschiedener,  die  beiden  Kurven  be- 
treffenden Probleme,  vor  allem  die  des  Problems  der  gemein- 
samen Tangenten,  dessen  Lösung  aus  dem  Ansätze: 

(14)  f{y')'-9ijf') 

hervorgeht;  jede  Wurzel  dieser  Gleichung  führt  zu  einer  ge- 
meinschaftlichen Tangente,  so  daß  der  Grad  dieser  Gleichung 
die  Anzahl  der  gemeinsamen  Tangenten  bestimmt. 

Die  Clairautschen   Gleichungen  zweier  Kreise   mit  den 
Mittelpunkten  c^ijßi,  cc^lß%  iii^d  den  Radien  r^,  r,: 

y  =  xy+  Tj  }Al  +  7/2  +  ^j  -  ofj  y' 

y  =  xy  +  ^2 yi  +  y ^  +  /'2  -  ^%y' 

geben  zur  Bestimmung  der  gemeinsamen  Tangenten  den  Ansatz : 

r^ yi  +y'*  +  ?x  - «, y'  = »-, yi^"y'*  +  h  -  «. .'/ . 

oder  in  rationaler  Form  das  folgende  Paar  quadratischer 
Gleichungen: 

[(«,  -  «,)»  -  (r,  ±  r,)»]y»  -  2  («,  -  «,)  iß,  -  /9,).y' 

und  die  Diskriminanten  dieser: 

[(«,  -  «,)*  +  09,  -  /9,)»  -  (r,  ±  r,)»]  (r,  ±  r,)» 
Uefem  die  vollständige  Analyse  des  Problems. 


272  E.  Czuber. 


(15) 


7.  Da  die  Gleichungen 

y  =  X  y'  +  fit/") 

bei  jedem  Werte  von  y  zueinander  senkrechte  Tangenten  je 
einer  der  beiden  Karren  F,  G  bestimmen,  so  gehören  x,  y, 
aus  diesem  Gleichungspaar  gerechnet,  dem  Scheitel  eines  rechten 
Winkels  zu,  dessen  Schenkel  die  beiden  Kurven  in  je  einem 
Punkte  berühren.  Die  Elimination  von  y  zwischen  den  Glei- 
chungen (15)  gibt  somit  den  geometrischen  Ort  der  Scheitel 
der  dem  Kurvenpaar  in  der  Weise  umschriebenen  rechten 
Winkel,  daß  jeder  Schenkel  eine  andere  Kurve  berührt 
Zu  den  beiden  Parabeln 

72  _  2pX=  0,       r^  +  2pX=  0 

gehören  die  Clairautschen  Differentialgleichungen: 

2xy2«2yy+p  =  0, 

2jry2_2yy  -/?  =  0; 

ersetzt  man  in  einer ^  z.  B.  der  zweiten,  y   durch  —  l/y'>  so 
erhält  man  zur  Ableitung  des  Rechtwinkelortes  die  Gleichungen : 

py2_2.yy-2a:  =  0; 
daraus  ergibt  sich  seine  Gleichung: 


p 

u 

-2y 

P 

-2x 

0 

-2,j 

-2x 

=  0, 


2x     -  2y 
0  2x 

P       -2// 
ü  p 

oder  ausgeführt: 

I6x\x^  +  y*)  +  8p* x^  -  4/?2  7/2  +  p*  =  0; 

der  betreffende  Ort  ist  also  eine  zirkuläre  Kurve  vierter  Ord- 
nung, welche  außer  den  Kreisasymptoten  die  zur  Ordinaten- 
achse  parallelen  Asymptoten  z  =  ±;?/2  besitzt. 

IL 

1.  Eine  Differentialgleichung  zweiter  Ordnung  in  den  Varia- 
bein X,  y: 


Geometrie  der  gewöhnlichen  Differenticdgleichungen,       273 

(1)  /■(',y,yy")  =  o 

definiert  ein  System  von  oo*  Krümmungselementen ^  d.  h.  jede 
dieser  Gleichung  genügende  Wertverbindüng  x^y^y\y"  bestimmt 
einen  Punkt  x\y  und  einen  durch  ihn  gehenden  Kreis  vom  Mittel- 
punkte 

Der  Begriff  des  Krümmungselementes  ist  die  naturgemäße 
Fortbildung  des  Begriffes  des  Linienelementes,  den  Lie  mit  so 
großem  Erfolg  in  die  Theorie  der  Differentialgleichungen  erster 
Ordnung  eingeführt  hat. 

Jedem  Linienelement  der  Ebene  ist  vermöge  der  Glei- 
chung (1)  ein  Erümmungselement  zugeordnet,  indem  durch 
die  Koordinaten  x,  y,  y  des  Linienelementes  aus  (1)  sich  y" 
und  hiermit  der  Mittelpunkt  I/97  des  zugehörigen  Krümmungs- 
elementes ergibt. 

Man  kann  auf  unendlich  viele  Arten  Scharen  von  00^ 
Krümmungselementen  aus  (1)  zusammenfassen,  indem  man 
einen  Punktort  a>(jr,y)  =  0  beliebig  annimmt,  jedem  seiner 
Punkte  ein  Linienelement  nach  irgend  einem  Gesetze  zuordnet 
und  das  diesem  Linienelement  vermöge  (1)  korrespondierende 
Krümmungselement  bestimmt.  Insbesondere  kann  man  die 
Linienelemente  des  Punktortes  ro  (x,  y)  =  0  selbst  hierzu  ver- 
wenden; die  zu  diesen  Linienelementen  gehörigen  Kreise  öc" 
rühren  dann  den  Punktort. 

Eine  Schar  von  00*  Krümmungselementen,  deren  Punktort 
von  den  zu  seinen  Linienelementen  gehörigen  Kreisen  oskuliert 
wird,  soll  als  Verein  von  Krümmungselementen  definiert  werden; 
der  Punktort  selbst  heißt  eine  Integralkurve  der  Differential- 
gleichung (1). 

Um  die  analytischen  Bedingungen  zu  finden,  welche  die 
Koordinaten  ar,  y,  y\  y"  der  Schar  genügen  müssen,  damit  sie 
einen  Verein  bilde,  benutzt  man  den  Gedanken,  daß  die  in- 
finitesimale Bewegung  längs  des  Punktortes  der  Schar  zu- 
sammenfallen muß  mit  derjenigen  längs  des  zugehörigen  Kreises, 
soweit  die  zwei  ersten  Differentiahiuotienten  dabei  in  Betracht 
kommen. 

Boltsmann-Featscbrift  18 


274  E.  Czuber. 

Bezeichnet  man  den  Radius  des  zum  Erümmungselement 
x\y\y\y"  gehörigen  Kreises  mit  ^,  so  schreibt  sich  des  letz- 
teren Gleichung: 

da  für  die  Bewegung  längs  dieses  Kreises  |,  7/,  (>  konstant 
bleiben,  so  gilt  für  die  Wegkomponenten  die  Beziehung: 

(3)  (^-|)rf^  +  (y-i7)rfy  =  0, 
woraus  mit  Rücksicht  auf  (2)  die  Gleichung 

entspringt,  aus  der  die  Schlußfolgerung 

(4)  dy^ydx^i) 

zu  ziehen  ist.     Vermöge  dieser  verwandelt  sich  (3)  in 

^  —  I  +  (y  -  ^)y  =  ö 

und  neuerliche  Differentiation  längs  des  Kreises  gibt 

dx  +  ydy  +  {y  —  7j)dy  =  0, 

was  sich  mit  Rücksicht  auf  (2)  und  (3)  verwandelt  in 

und  zur  Folge  hat  die  Beziehung: 

(5)  dy'^y'dx^O. 

Hiernach  ergibt  sich  der  Satz: 

„Eine  Schar  von  00 ^  Krümmungselementen  ^ \y\y\ y" 
bildet  einen  Verein,  ihr  Punktort  eine  Integralkurve  nur  dann, 
wenn  die  Koordinaten  den  beiden  Differentialgleichungen 

dy  —  y  dx  =  0 

dy  —  y"  dx  =  0 
genügen." 

2.  Der  Vorgang  der  Integration  der  Gleichung  (1)  stellt 
sich  hiernach  geometrisch  wie  folgt  dar. 

Von  einem  beliebig  angenommenen  Linienelement  ^olyol^o' 
ausgehend  bewege  man  sich  längs  des  ihm  durch  die  gegebene 
Gleichung  zugeordneten  Krümmungselementes  ^ol^olyolyo'  ^^ 
dessen  benachbartem  Linienelement 


Geometrie  der  gewöhnlichen  LifferentiaJgleichungen,       275 

x^  ^  x^  +  dx 

Vi  =  yo'  +  ^Vo  =  yo'  +  yo"  ^^ » 

bestimme     mittels    (1)     das     zagehörige     Erümmungselemeut 

^ilyil^i  1^1  '  8®^®  ^^^  diesem  zum  benachbarten  Linien- 
element etc.  Auf  diese  Weise  erhält  man  einen  aus  Ereis- 
bogenstücken  zusammengesetzten  Linienzug,  einen  Eorbbogen, 
dessen  Grenzform  für  ein  gegen  Null  abnehmendes  dx  eine 
Integralkurve  von  (1)  ist. 

3.  Aus  den  Gleichungen  (2)  folgt: 

/      /  ^  -  X 


(6) 


U"  = 


n-y 
(f  -  x)«  +  (*?  -  y? 


in  -  yy 

diese  Werte  in  (1)  eingesetzt  ergeben  eine  Gleichung  zwischen 
^,  y>  I»  V' 

(7)  ^(^,y,l,^)  =  o. 

Diese  läßt  folgende  Auffassung  zu:  Bei  festem  x^  y  in  den 
veränderlichen  Koordinaten  |,  ^  geschrieben  stellt  sie  den 
Ort  der  Mittelpunkte  jener  Krümmungselemente  dar,  deren 
Punktort  x\y  ist;  bei  festem  |,  ?;  bestimmt  sie  den  Punkt- 
ort jener  Krümmungselemente,  deren  gemeinsamer  Mittel- 
punkt 1/^  ist. 

Um  Beispiele  anzuführen,  ergibt  sich  aus  der  DiflFerential- 
gleichung 

y"  +  ay  =^0 
durch  die  Substitution  (6): 

(l-^r  +  (^/-yr  +  «y(^-y)'  =  o, 

so   daß  der  Ort  der  Mittelpunkte   ^jr]    zu   einem  Punkt  xjy 
eine  Kurve  dritter,  hingegen  der  Ort  der  Punkte  xjy  zu  einem 
Mittelpunkt  1/?/  eine  Kurve  vierter  Ordnung  ist 
Aus  der  DiflFerentialgleichung 

welche  Kurven  definiert,  deren  Krümmungsradius  der  Normale 
proportional  ist,  folgt 

80  daß  beiderlei  Orte  zur  x-Achse  parallele  Gerade  sind. 

18* 


276       E,  Czuber,     Geometrie  der  gew,  Differentialgleichungen. 

Die  Differentialgleichung 

(1  +  yy  =  a^y\ 

welche  Kurven  von  konstantem  Krümmungshalbmesser  zu- 
kommt, fuhrt  auf  die  Gleichung: 

beiderlei  Orte  sind  also  Kreise  vom  Radius  a,  woraus  leicht 
zu  schließen  ist,  daß  die  letzte  Gleichung  bei  willkürlichem  |,  17 
schon  die  Integralgleichung  darstellt. 

Wie  aus  der  Form  der  Substitution  (6)  zu  ersehen,  hängt 
die  Gleichung  (7),  sobald  die  vorgelegte  Differentialgleichung  (1) 
weder  x  noch  y  enthält,  lediglich  von  den  Differenzen  |  —  x, 
17  —y  ab;  dies  hat  zur  Folge,  daß  sie  den  Translationen  der 
Ebene  gegenüber  invariant  bleibt;  das  gilt  dann  auch  von 
dem  durch  die  Differentialgleichung  dargestellten  System  von 
Krümmungselementen  und  schließlich  von  dem  allgemeinen 
Integral,  das  hiernach  die  Form  <b(x  +  C^,  y  +  C^)  =  0  be- 
sitzen muß.  Enthält  die  Differentialgleichung  njor  eine  der 
beiden  Variabein,  so  bleibt  die  Invarianz  gegenüber  den  Trans- 
lationen parallel  zu  der  durch  die  fehlende  Variable  gekenn- 
zeichneten Achse  aufrecht,  so  daß  also  Differentialgleichungen 
von  den  Formen  f[x,  y\  y")  =  0,  /*(y,  y\  y")  =  0  Integral- 
gleichungen von  der  Struktur  ^{x,  y  +  C^,  C\)  =  0,  beziehungs- 
weise (l)[x  +  C^,y,  Q  =  0  haben. ^) 


1)  E.  Czuber,  Sitzungsber.  d.  Akad.  d.  Wissensch.  zu  Wien  102, 
IIa.  p.  1141-^1187.  1893;  103.  IIa.  p.  295—316.  1894. 

(Eingegangen  25.  August  1903.) 


277 


36.  Über  eine  Beziehnng  zwischen  dem  Ldsnngsdrnck 
nnd  der  lonisationswärme  der  Metalle. 

Von  A.  Korn  und  E.  Straoss  in  München. 


An  das  Problem  der  Dissoziation  der  Gase  ist  Boltz- 
mann^)  als  der  erste  mit  exakten  mechanischen  Vorstellungen 
herangetreten.  Die  Methoden^  welche  er  zur  Behandlung  dieses 
Prohlems  angewandt  hat^  sind  Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen 
über  die  chemische  Bindung  eines  Atomes  mit  einem  gleich- 
artigen, unter  Annahme  einer  zwischen  den  Atomen  tätigen 
anziehenden  Kraft,  auf  deren  rein  mechanische  Erklärung  zu- 
nächst kein  Gewicht  gelegt  wird.  Der  Versuch,  solche  zwischen 
den  Atomen  tätige  Kräfte  in  speziellen  Fällen  mechanisch  zu 
erklären,  hat  Anlaß  zu  den  Untersuchungen  gegeben,  die  zu 
einem  recht  einfachen,  den  Gegenstand  der  vorliegenden  kleinen 
Abhandlung  bildenden  Resultate  über  den  Lösungsdruck  der 
Metalle  geführt  haben. 

Sicherlich  können  ganz  allgemein  die  chemischen  Wechsel- 
wirkungen nicht  lediglich  Funktionen  der  Entfernungen  der 
Mittelpunkte  der  Atome  sein^,  aber  in  besonders  einfachen 
Fällen  wird  es  sich  doch  stets  empfehlen,  zuzusehen,  ob 
nicht  die  Voraussetzung  einer  Anziehungs-  bez.  Abstoßungskraft 
zwischen  zwei  Atomen  oder  Atomgruppen  von  der  Form: 

M,  MJ{r) 

[M^  und  M^  Massen  der  Atome  bez.  Atomgruppen,  f[r)  Funktion 
ihrer  Entfernung  r)  zu  Resultaten  ftlhrt,  die  mit  der  Erfahrung 
gut  in  Einklang  stehen.^    Für  Anhänger  der  rein  mechanisch- 


1)  L.  Boltzmann,  Vorlesungen  über  Gastheorie  2.  p.  177 — 217. 
Leipzig  1S9S;  hier  findet  sich  eine  zusammenfassende  Darstellung  seiner 
früheren  Arbeiten  über  den  Gegenstand. 

2)  Vgl.  L.  Boltzmann,  1.  c.  p.  177. 

3)  Man  vgl.  W.  Vaubel,  Lehrbuch  der  theoretischen  Chemie  1. 
p.  97— 118.    Berlin  1903. 


278  A,  Korn  und  E.  Strauss, 

materialistischen  Theorien  ergibt  sich  bei  solchen  Wechsel- 
wirkungsgesetzen der  Vorteil,  daß  sich  die  betreffenden  Kräfte 
mechanisch,  z.  B.  als  Folge  von  universellen  Schwingungen  ^)  der 
Atome  interpretieren  lassen. 

Wir  haben  nun  versucht,  uns  auf  diesem  Wege  eine 
mechanische  Interpretation  des  Lösungsvorganges  zu  ver- 
schalFen.  Es  erhob  sich  hier  zunächst  die  prinzipielle  Frage: 
Haben  wir,  abgesehen  von  den  elektrostatischen  Ej^ften, 
zwischen  Metall  und  Lösungsmittel  anziehende  Kräfte  oder 
zwischen  den  einzelnen  Metalltcilchen  abstoßende  Kräfte  an- 
zunehmen? Die  erfahrungsmäßige  Unabhängigkeit  des  sogen. 
Lösungsdruckes,  welcher  die  Fähigkeit  des  Metalles,  in  Lösung 
zu  gehen,  mißt,  von  der  Beschaffenheit  des  Lösungsmittels, 
spricht  für  die  zweite  Alternative,  und  man  kann  sich  die 
folgende  Vorstellung  bilden:  Den  Abstoßungskräften  zvrischen 
den  Metallteilchen  wird  durch  die  elektrischen  Anziehungs- 
kräfte zwischen  positiven  und  negativen  Teilchen,  welche 
größere  Gruppen  zusammenhalten,  entgegengearbeitet;  wenn 
sich  nuu  das  Lösungsmittel  mit  seiner  verhältnismäßig  großen 
Dielektrizitätskonstante  als  Dielektrikum  einschiebt  %  gewinnen 
die  Abstoßungskräfte  zwischen  den  Metallteilchen  die  Oberhand, 
und  es  gehen  Metallteilchen  in  Lösung,  bis  der  den  gelösten 
Teilchen  entsprechende  osmotische  Druck  einen  gewissen  für 
das  Metall  charakteristischen  Wert,  den  Lösungsdruck,  er- 
reicht hat. 

Wenn    wir    diese    Vorstellung    zugrunde    legen    und    an- 


1)  Wenn  man  die  ponderablen  Teilchen  als  schwach  kompressible  Teil- 
chen auffaßt,  die  in  einem  (empirisch)  inkompressibeln  Äther  schwimmen, 
so  ergibt  die  mathematische  Analyse  die  Möglichkeit  einer  unendlichen 
Zahl  von  Eigenschwingungen  des  Systems,  und  jeder  Eigenschwingung 
gehören  gewisse  scheinbare  Femkräfte  zwischen  den  ponderablen  Teilchen 
zu,  der  Grundschwingung  die  Gravitation,  der  ersten  Oberschwingung 
die  Maxwell  sehen  Abstoßungskräfte  etc.,    allgemeine  Krftfte  von   der 

Form: 

J/,2K,/(r) 

zwischen  zwei  Gruppen  von  den  resp.  Massen  Af,  und  M^y  wenn  in 
kleinen  Räumen  im  Mittel  keine  Richtung  bevorzugt  ist  und  die  Ab- 
stände der  beiden  Gruppen  groß  gegen  die  Entfernungen  innerhalb  der 
einzelnen  Gruppen  sind. 

2)  Man  vgl.  W.  Nernst,  Theoretische  Chemie  2.  p.365.  Stuttgart  1898. 


Losungsdruck  und  lonisationswärme.  279 

nehmen,  daß  vor  der  Lösung  die  Metallteilchen  zu  Gruppen 
vereinigt  sind^  die  um  so  mehr  Teilchen  umfassen,  je  größere 
Elektrizitätsmengen  in  einem  Atom  enthalten  sind^  und  für 
deren  Anzahl  in  der  Volumeneinheit  der  Avogad rösche 
Satz^)  gilt^  so  ist  die  den  Abstoßungskräfben  der  einzelnen 
Gruppen  entsprechende  innere  Energie  der  Yolumeneinheit 
löslicher  Metallteilchen: 

(1)  J?i  =a^.n^.m\ 

wo  a*  eine  Konstante  vorstellt,  die  für  alle  Metalle  denselben 
Wert  hat,  m  das  Atomgewicht,  n  die  Valenz  des  betreffenden 
Metalles  bezeichnet  Wir  wollen  dabei  voraussetzen,  daß  wir 
stets  bei  ein   und  derselben  konstanten  Temperatur  arbeiten. 

Nun  bestehen  aber  noch  zwischen  den  einzelnen  Teilchen 
jeder  Gruppe,  welche  durch  die  elektrostatischen  Kräfte  zu- 
sammengehalten werden,  Anziehungs-  oder  Abstoßungskräfte, 
die  sich  als  negative  oder  positive  lonisationswärme  bei  dem 
Lösungsvorgang  bemerklich  machen;  die  diesen  Kräften  ent- 
sprechende innere  Energie  ist  pro  Volumeneinheit: 

(2)  J?,  =  Ä^(2  +  c, 

wo  b^  und  c  Konstanten  sind,  die  für  alle  Metalle  denselben 
Wert  haben,  und  Q  die  lonisationswärme,  d.  h.  die  Wärmenge 
vorstellt,  die  bei  dem  Übergang  in  den  lonenzustand  frei  wird. 

Die  Summe 

(3)  Ä\  +  ^j  =  a^n^m^  +  b^  Q  +  c 

wird  offenbar  ein  Maß  für  das  Bestreben  des  Metalles  sein, 
Ionen  in  die  Lösung  zu  senden,  d.  h.  die  Reihe  der  Lösungs- 
drucke  muß  mit  der  Reihe  der  Großen: 

(4)  t/;  =  Q  +  «2„2^2 

parallel  gehen,  wobei  er  eine  Konstante  ist. 

Wir  haben  auf  Grundlage  dieser  einfachen  Betrachtung 
versucht,  ob  man  nicht  eine  Zahl  a  so  finden  kann,  daß 
dieses  Gesetz  durch  das  vorliegende  Beobachtungsmaterial 
verifiziert  wird,   und   es   hat  sich   in   der  Tat  gezeigt:    Wenn 


1)  Dieselben  können  ja,  wie  (rasteilchen,  die  Zwischenräume  zwisclien 
den  das  feste  Metall  bildendin  gniÜeren  Komplexen  erfüllen. 


280  A^  Korn  und  E,  Strauss» 

wir  für  die  Q  die  von  Ostwald ^)  angegebenen  Werte  (ge- 
messen in  lOOg-caL^  zugrunde  legen  und 

(5)  -  =  ll 

setzen ;  ordnen  sich  alle  bisher  untersuchten  Metalle  dem 
obigen  Gesetze  unter^  mit  Ausnahme  des  Bleis,  das  ja  auch  in 
so  vielen  anderen  Beziehungen  eine  Ausnahmestellung  ein- 
nimmt. Schon  bei  ziemlich  geringer  VerändeiTing  von  a  geht 
der  Parallelismus  der  ip  mit  der  Reihe  der  Lösungsdrucke 
verloren. 

Zur  Verifikation  unseres  Gesetzes  stellen  wir  die  Reihe 
der  Lösungsdrucke  jener  Metalle  voran,  für  welche  die  loni- 
sations wärme  bekannt  ist: 

Mg,  Zn,  Cd,  Fe(o),  Tl,  Co,  Ni,  Cu^i^  Hg<«»,  Ag 

(für  Mg  ist  der  Lösungsdruck  am  größten,  für  Ag  am  kleinsten), 
und  wir  wollen  durch  die  folgenden  Zahlen  zeigen,  daß  die 
t^-Reihe  dieselbe  ist. 

1.  Mg:      Q  =  +  1067,  «  =  2,     m  =  24,36; 

yj  =  1070. 

2.  Zn:       Q=+326,     7i  =  2,     zw  =  65,4; 

yj  =  345. 

3.  Cd:       Q=  +  162,     w  =  2,     m  =  112,4; 

xfj  =  218,2. 

4.  Fe^«^ :   Q=  +  200,     w  =  2,     w  =  56; 

yj  =  213,9. 

5.  Tl:       Q=+10,       n  =  2,     7n  =  204,l; 

y)  =  195,1. 

6.  Co:       §=4-146,     n  =  2,     zw  =  59,0; 

y)=-  161,5. 

7.  Ni:       (2=  +  135,     w  =  2,     7w  =  58,7; 

yj  =  150,3. 


1)  W.  Ostwald,  Zeitschr.  f.  phys.  Chem.  11.  p.  501.  1893.  Die 
Abweichiiugen  der  Zahlen  anderer  Forscher  sind  nicht  groß  genug,  um 
auch  eine  Abweichung  von  dem  obigen  Gesetz  erkennen  zu  lassen. 

2)  Wenn  man  eine  andere  Einheit  zugrunde  legt,  ändert  sich 
natürlich  n  entsprechend. 


Lösungsdruck  und  lonisationstoärme.  281 

8.  eu^i^     Q  =  -  175^),  n  =  2,     m  =  63,6; 

1/;  =  -  157,0. 

9.  Hg«»:  C  =  -  205,     w  =  1,     m  =  200,3; 

1/^  =  -  160,4. 

10.    Ag:       Q=-262,     w=l,     m  =  107,9; 

1/;  =  -  249,1. 

Für  Blei  ordnet  sich  der  yj-Wert  nicht,  wie  es  sein  sollte, 
zwischen  die  i/;-Werte  von  Nickel  und  Kupfer  ein.  Bei  diesem 
Metall  müßten  daher  die  einfachen  Grund  Vorstellungen,  von 
denen  wir  ausgingen,  eine  Modifikation  erfahren. 

München,  Juli  1903. 


1)  Nach  anderen  Autoren  ist  für  Kupfer  i—  Q)  etwas  kleiner,  etwa 
160,  wodurch  sich  der  ^-Wert  (—  142)  etwas  weiter  von  dem  ^-Wert  von 
Hg<o)  entfernen  würde. 

(Eingegangen  28.  August  1908.) 


282 


37.  A  Peculiar  Class  of  Wayes.') 

By  Ch.  £.  Curry  in  München. 


y.  Helmholtz  examined  briefly  in  bis  ^yVorlesungen  über 
die  elektromagnetische  Theorie  des  Lichts''  the  electromagnetie 
waves  represented  by  the  functions 

d%  dy 

where  (p  denotes  any  purely  spherical  waye-function^  that  is, 
a  spherical  wave-function  of  the  distauce  r  from  the  centre  of 
disturbance  and  of  the  time  t  only;  these  quantities  U,F,ff' 
are  connected  with  the  component  electric  moments  X,  ¥,  Z 
by  the  differential  equations 


(1)=^ 


dW  _ 
dy 

dV 
dx 

Y 

dU 

d  W 

D  "" 

dx 

dx 

Z 

D  ■" 

dV 
dx    "" 

du 

dy 

where  -D  denotes  the  electric  inductive  capacity  of  the  medium. 
The  waves  represented  by  these  component  moments  are  now 
the  Hertzian  waves,  the  analytic  expressions  for  the  same 
being  identical  to  those  theoretically  establisbed  by  Hertz 
himself.  v.  Helmholtz  has  now  observed  in  bis  lectures  above 
cited  that  the  electric  oscillations  of  these  waves  take  place 
at  right  angles  to  their  direction  of  propagation  only  at  con- 
siderable  distance  from  the  centre  of  disturbance  or,  more 
exactly,  at  such  distances  from  the  same  that  the  terms  of 
the  higher  Orders  of  magnitude  in  1/r  in  the  expressions  for 


1)  Extract  from  my  „Electromagnetie  Theory  of  Light**  (in  print) 
Macmillan  &  Co.,  London. 

2)  Vgl.  V.  Helmholtz's  lectures. 


Ä  peculiar  Class  of  H'aves,  288 

tbe  component  moments  may  be  rejected  when  compared  with 
those  of  the  first  order.  Aside  from  a  certain  analogy  between 
electromagnetic  waves  of  this  class  and  inducted  current49,  let 
US,  for  breyity  at  least,  designate  here  the  waves  or  motions 
represented  by  the  terms  of  the  first  order  of  magnitude  in  1/r 
as  ,,primary'<  and  the  others  or  those  represented  by  the  terms 
of  higher  Orders  than  the  first,  as  „secondary"  waves.  The  oscil- 
lations  of  the  former  will  now  be  found  to  take  place  always 
at  right  angles  to  their  direction  of  propagation,  whereas  those 
of  the  latter  will  make  an  entirely  arbitrary  angle  with  that 
direction.  The  primary  and  secondary  wayes  are,  in  general, 
dependent  on  one  another,  that  is,  the  presence  of  the  one 
demands  that  of  the  other  or,  in  other  words,  neither  can  exist 
alone;  this  follows,  since  the  analytical  expressions  for  either 
wave  singly  are  not  particular  integrals  of  our  fundamental 
differential  equations  (Maxwell's  equations),  whereas  the  sums 
of  the  expressions  for  both  wayes  are  such.  Besides  the  aboye 
class  of  electromagnetic  waves,  a  primary  disturbance  accom- 
panied  by  a  secondary  one,  we  can  of  course  have  simple 
electromagnetic  distorbances  or  primary  waves,  if  we  may 
then  term  them  such,  that  are  unaccompanied  by  secondary 
ones.  Electromagnetic  waves  of  this  latter  class  are  represented 
by  purely  spherical  wave-functions  cp  and  not  by  their  deri- 
vatives; their  behaviour  is  one  and  the  same  along  all  vectors. 
On  the  otherhand,  an  irregulär  distribution  of  intensity  over 
any  sphere  with  centre  at  source  of  disturbance  evidently 
indicates  the  presence  of  secondary  waves  in  the  medium. 

The  object  of  the  present  paper  is  a  brief  examination  of 
the  socalled  „secondary"  waves;  they  will  be  found  to  exhibit 
most  peculiar  properties.  For  the  present  purpose  we  shall 
examine  the  more  general  problem  instead  of  the  above  parti- 
cular one,  the  Hertzian  waves;  we  concieve  namely  the  latter 
as  particular  case  of  the  general  one 

^  '  dy  dx  dx  dx  dx  dy  ' 

where  ?^p?>2>9s   benote  purely  spherical  wave-functions,  that 
is,  functions  of  the  form 

9>i  =  ^fi[r±v  t)  etc. 


284  C.  E.  Curry. 

These  values  (2)  for  Uy  F,  W  satisfy  the  conditional  equation 

which  must  hold  between  these  quantities. 

Oq  the  assumption  that  the  functions  f^^f^yf^  are  giyen 
in  the  form 

f^  =  a^  sin  — ^  (ü  f  —  r)  etc., 

we   find,   by   formulae  (2),   the   foUowmg  expressions  for  the 
functions  Vy  V,  ^ -. 

U  ^  ^{a^y  -  a^ß)cosa)  +  ~ {a^  y  -  a^ ß) sin w 

and  analogous  expressions  for  F  and  JF,  and  then,  by  formulae 
(1),  the  foUowing  for  the  component  electric  moments 

X  4  TT* 


(3) 


D  ""    X^r 


[«1  (/5^  +  y^  -  a(a,  /9  +  a,  y)]  sin q> 


+   l~  [2a,  ^  3a,{ß^  +  y^)  +  3a{a^ß  +  a^y)]  COBW 

+    ~[2a,  •-  'Sa,{ß^  +  y^  +  3a{a^ß  +  a^y)-]sinai 

and  analogous  expressions  for  Y  and  Z,  where  a,  ß,  y  denote 
the  direction-cosines  of  the  vector,  along  which  we  are  exami- 
ning  these  oscillations  or  waves,  and 

(o  =  ~r—  (vt—r). 

The  first  terms  of  these  expressions  for  the  component 
electric  moments  represent  the  primary  and  the  second  (and 
third)  terms  the  secondary  wave.  It  is  evident  that  for  light 
waves  proper  or  waves  of  wave  length  X  that  is  small  com- 
pared  vrith  measurable  distances  from  the  source  of  disturbance 
—  A  of  the  dimensions  10-^  mm  —  the  second  and  third  terms 
of  these  expressions  for  the  moments  will  be  very  small  com- 
pared  with  the  first,  so  that  they  may  thus  be  rejected  not  only 
at  Short  distances  from  the  source  but  also  in  its  immediate 
proximity;  in  other  words,  we  may  conceive  all  light  waves 
proper  as  unaccompanied  by  secondary  disturbances,  For  electric 
waves,  as  the  Hertzian,  the  second  and  third  terms  of  the 


1)  Vgl.  V.  Helmholtz's  lectures. 


A  peciiliar  Class  of  Waves,  285 

given  expressions .  will  vanish  when  compared  with  the  first 
only  at  greater  distances  from  the  source;  the  primary  electric 
wave  will,  therefore,  be  accompanied  by  a  secondary  electric  one 
to  a  considerable  distance  from  its  source,  the  intensitiy  of  the 
latter  remaiDing  of  the  same  order  of  magnitude  as  that  of  the 
former  in  the  immediate  proximity  of  the  source,  but  decreasing 
somewhat  more  rapidly  than  that  of  the  primary  wave,  as  we 
recede  from  the  same.  On  the  otherhand,  the  secondary  wave 
will  evidently  be  represented  approximately  by  the  second  terms 
alone  of  the  given  expressions,  except  in  the  yery  next  proxi- 
mity of  the  source;  we  shall,  therefore,  refer  to  the  secondary 
wave  as  that  represented  by  the  terms  of  the  second  order  of 
magnitude  in  1/r,  unless  otherwise  specified. 

It  is  now  easy  to  contirm  the  general  law  „the  total 
resultant  electric  oscillations  take  place  at  right  angles  to  the 
total  resultant  magnetic  ones  that  are  accompanying  them" 
for  the  given  waves.  It  is  also  easy  to  show  that  both  the 
primary  electric  oscillations  and  the  magnetic  ones  are  taking 
place  here  at  right  angles  to  their  direction  of  propagation. 
On  the  otherhand,  the  secondary  oscillations  will  be  found  to 
make  arbitrary  angles  with  their  direction  of  propagation;  the 
angle  they  make  with  that  direction  along  any  given  vector  r 
will  evidently  be 

cos  (/;,  r)  =  cos  (/;,  x)a  +  cos  (/;,  y)ß  +  cos  (/;,  z)  y  ; 

if  we  replace  here  these  cosines  by  the  quotients  of  the  moments 
in  question  from  formulae  (3),  we  find 

cos  (/•,  r)  =  2(a^tt  +  a^ß  +a,  y)  _  ^ 

It  is  evident  from  this  formula  that  the  secondary  elec- 
tric waves  will  be  longitudinal  along  the  vectors 

a:ß:y  =  a^',a^:a^, 

Along  these  vectors  the  primary  waves  will  now  vanish, 
and  also  the  magnetic  ones,  by  which  the  primary  and 
secondary  waves  are  otherwise  accompanied.  We  can  state 
this  result  in  the  general  form:  „In  every  System  of  electro- 
magnetic  waves,  in  which  secondary  waves  appear,  there  is 
always  a  vector,    along  which  the  secondary  wave   is  propa- 


286  C,  E.  Curry.     A  peculiar  Ciass  of  Waves, 

gated  as  a  longitudinal  wave;  in  which  case  it  is  then  accom- 
pauied  (along  that  vector)  neither  by  a  primary  (electric)  nor 
by  a  magnetic  disturbance/' 

The  more  thorough  examination  of  the  above  and  similar 
Systems  of  waves  leads  to  the  following  general  resolts: 

1.  Along  those  vectors,  where  the  primary  (electric)  and 
the  magnetic  waves  do  not  appear^  the  secondary  wave  is 
either  longitudinal  or  it  does  not  appear  at  alL 

2.  Along  those  vectors,  where  the  secondary  (electric)  wave 
is  transverse^  its  amplitude  is  independent  of  the  direction- 
cosines  and^  conversely,  in  those  regions,  where  the  ampli- 
tude of  the  secondary  (electric)  wave  is  independent  of  the 
direction-cosines,  the  wave  itself  is  transverse. 

3.  The  transverse  secondary  wave  is  accompanied  by  a 
primary  electric  and  a  magnetic  wave^  whose  amplitudes  are 
independent  of  the  direction-cosines,  and,  conversely,  along 
those  vectors,  where  the  amplitudes  of  the  primary  (electric) 
and  magnetic  waves  are  independent  of  the  direction-cosines, 
the  secondary  (electric)  wave  is  transverse. 

4.  The  electric  oscillations  represented  by  the  terms  of 
the  third  order  of  magnitude  in  1/r  make  the  same  angle  of 
oscillation  with  their  direction  of  propagation  as  the  secon- 
dary oscillations  proper. 

5.  The  electric  and  magnetic  waves  represented  by  terms 
not  only  of  the  same  but  also  of  different  Orders  of  magnitude 
in  1/r  take  place  at  right  angles  to  each  other;  it  would, 
therefore,  be  impossible  to  separate  or  pair  oif  electric  and 
magnetic  waves  of  the  same  order  by  means  of  the  property 
that  they  are  taking  place  at  right  angles  to  one  another. 

6.  Both  the  primary  aud  the  secondary  waves  obey  the 
same  laws  of  reflection  and  refraction  as  ordinary  plane  waves; 
whereas  their  amplitudes  after  reflection  and  refraction  are 
determined  by  similar  expressions  to  those  for  the  amplitudes 
of  reflected  and  refracted  plane  waves. 

Beute,  Ammersee. 

(Eingegangen  SO.  August  1903.) 


287 


38.   Das  Yaknnm  als  Isolator. 

Von  O.  liehmann  in  Karlsruhe. 


John  Walsh  (1778),  William  Morgan  (1785),  Davy 
(1822)  und  Plücker  (1859)  glaubten  durch  ihre  Versuche  fest- 
gestellt zu  haben,  das  YoUkommene  Vakuum  lasse  die  Elek- 
trizität nicht  durch.  Im  Gegensatz  hierzu  ergaben  Versuche 
von  Hittorf  (1868),  daß  der  große  Widerstand  sogenannter 
absoluter  Vakuumröhren  lediglich  auf  ihren  geringen  Dimen- 
sionen beruht,  durch  welche  die  freie  Ausbildung  des  nega- 
tiyen  Glimmlichts  und  des  Eathodendunkelraums  beeinträchtigt 
wird.  Unter  Verwendung  der  größten  technisch  herstellbaren 
Bezipienten  gelang  es  mir  in  der  Tat  bei  Drucken,  bei  wel- 
chen in  einer  gleichzeitig  an  die  Pumpe  angeschlossenen  Röntgen- 
röhre Röntgenstrahlen  auftraten,  Entladungen  schon  mittels 
ganz  mäßiger  Spannungen  (400—500  Volt)  zu  erhalten.  Bei 
noch  höherem  Vakuum,  in  welchem  der  Eathodendunkelraum 
den  ganzen  Bezipienten  (von  ca.  60 — 70  cm  Länge  und  30  cm 
Weite)  ausfüllte,  gingen  auch  hier  Entladungen  selbst  dann 
nicht  mehr  hindurch,  wenn  an  einer  Parallelfunkenstrecke  die 
Schlagweite  16  cm  betrug.  Wäre  es  möglich,  noch  größere 
Bezipienten  zu  beschaffen,  so  wäre  es  sicher  möglich,  auch  bei 
diesen  minimalen  Drucken  —  Anwendung  hinreichend  großer 
EHektroden  yorausgesetzt  —  Entladungen  oder  Ströme  selbst 
mittels  der  oben  genannten  sehr  mäßigen  Spannung  zu  er- 
halten, da  nach  Warburg  (1887)  der  normale  Eathodenfall 
unabhängig   ist  vom  Druck  des  Oases. 

Die  Enge  der  Gefäße  ist  es  auch,  welche  es  unmöglich 
macht,  mit  gewöhnlichen  elektrodenlosen  Röhren  oder  kleinen 
evakuierten  Kugeln  den  Entladuugsgradienten  dadurch  zu  be- 
stimmen, daß  man  sie  plötzlich  einem  geladenen  Konduktor 
nähert  oder  davon  entfernt,  vorausgesetzt,  daß  die  Verdünnung 


288  0,  Lehmann, 

soweit  getrieben  ist^  daß  sich  Dankelraum  und  Glimmlicht, 
welche  hier  ebenso  entstehen  wie  in  Röhren  mit  Elektroden, 
nicht  mehr^frei  ausbilden  können.  Solche  Röhren  pflegen  neu 
hergestellt  nicht  ^^anzusprechen'S  wohl  aber,  wenn  einmal  durch 
Anwendung  eines  übermäßig  hohen  Spannungsgefälles  flnt- 
ladung  hervorgerufen  und  dadurch  das  Vakuum  verschlechtert, 
somit  die  Dicke  des  Dunkelraumes  vermindert  wurde.  Bei 
Anwendung  großer  elektrodenloser  Rezipienten,  welchen  ein  an 
Seidenschnur  aufgehängter  geladener  großer  Konduktor  sich 
pendelnd  nähert  und  entfernt,  kann  man  deutlich  erkennen, 
daß  auch  hier  gelber  Saum,  Dunkelraum  und  blaues  Glimm- 
licht ungefähr  in  gleichen  Dimensionen  auftreten,  wie  in 
Rezipienten  mit  Elektroden.  Läßt  man  den  Konduktor  fest- 
stehen (oder  verwendet  äußere  Elektroden)  und  bewirkt  die 
Spannungsänderungen  dadurch,  daß  man  ihn  an  eine  Wechsel- 
stromquelle, speziell  einen  Hochfrequenztransformator  anschließt, 
so  wird  die  Dicke  des  Dunkelraumes  mit  steigender  Frequenz 
geringer,  wie  auch  in  Röhren  mit  Elektroden,  die  Entladungen 
erfolgen  deshalb  leichter,  d.  h.  bei  geringerem  Spannungsgefälle, 
die  dielektrische  Festigkeit  des  Gases  scheint  vermindert. 

Gleiches  gilt  für  die  Hittorf'sche  „Ringentladung",  welche 
entsteht,  wenn  durch  eine  das  Vakuumgefäß  umgebende  Draht- 
spirale oder  auch  einfach  einen  Drahtring  Hochfrequenzstrom 
hindurchgeleitet  wird.  Ebenso  wie  der  pendelnde  Konduktor 
bewirkt  die  in  dem  Ringe  pendelnde  Elektrizität  das  Auftreten 
von  Entladungen,  welche  scheinbar  in  sich  zurücklaufen  und 
durch  das  Hin-  und  Herschießen  magnetischer  Kraftlinien  be- 
dingt sind,  in  Wirklichkeit  aber,  wie  man  bei  Anwendung 
großer  Rezipienten  deutlich  erkennen  kann,  von  der  Glaswand 
ins  Innere  gehen  und  ebenso  wie  gewöhnliche  Entladungen 
mit  der  Bildung  von  gelbem  Saum,  Dunkelraum  und  blauem 
GUmmlicht  verbunden  sind,  wobei  der  Dunkelraum  nur  deshalb 
eine  geringe  Dicke  besitzt,  weil  die  Wechselzahl  der  ange- 
wandten Ströme  eine  sehr  große  ist  Aus  diesem  Grunde  ist 
auch  der  Spannungsabfall,  bei  welchem  die  Entladungen  er- 
folgen, ebenso  wie  bei  Röhren  mit  äußeren  Elektroden  ein  ge- 
ringerer, wodurch  sich  die  Beobachtungen  von  Plücker  (1858) 
und  Hittorf  (1884)  erklären,  daß  durch  „äußere«  Elektroden 
oder  „induzierende"  Drahtspulen  auch  in  Röhren,  welche  keinen 


Das  Vakuum  ab  Isolator.  289 

Strom  zwischen  den  y^i^nem''  Elektroden  hindurchlassen^  Ent- 
ladung hervorgerufen  werden  kann.  ^) 

Nach  Faradays  disruptiyer  Theorie  der  EIntladüng  soll 
diese  eintreten^  wenn  das  Spannungsgefälle   die  dielektrische 
Festigkeit  des  Gases  übertrifft    Daß  nun  den  genannten  Ver- 
suchen zufolge  die  dielektrische  Festigkeit  scheinbar   yon  den 
Dimensionen  des  Gefäßes  abhängt^  erscheint  nur  verständlich 
unter  Beiziehung  der  Hypothese,  daß  bereits  vor  Eintritt  der 
leuchtenden   disruptiven   Entladung   eine   lichtlose   elektrische 
Strömung  im  Gase  eintritt^  welche  durch  Bildung  elektrischer 
Luftschichten^  speziell  einer  positiven  Schicht  an  der  Kathode, 
das  elektrische  Feld  ändert  oder,   falls   man  die  Farad ay- 
sehen   Vorstellungen    fallen    läßt   und    durch    diejenigen    der 
elektrolytischen  Entladungstheorie  ersetzt  (der  einzigen^  welche 
bisher  neben  der  disruptiven  Theorie  zur  Erklärung  der  Ge- 
samtheit der  Erscheinungen  verwendet  wurde),  die  Beschaffen- 
heit des  Gases,  indem  die  wenigen  ursprünglich  vorhandenen 
Ionen,  welche  den  lichtlosen  Strom  vermitteln,  so  starke  Be- 
wegungsantriebe durch  das  Spannungsgefälle  erhalten,  daß  sie 
durch  ihre  Stoßwirkung  die  Bildung  neuer  Ionen  veranlassen 
und  hierdurch  die  Leitungsfähigkeit  des  Gases  rasch  ins  ün- 
gemessene  steigern. 

Die  disruptive  Theorie  soll  unzureichend  sein,  weil  die 
Kraft  des  Feldes  nicht  imstande  ist,  die  elektrische  An- 
ziehung der  zu  neutralen  Molekülen  verbundenen  Ionen  (rich- 
tiger Elektronen,  da  Entladung  auch  in  einatomigen  Gasen 
stattfindet)  zu  überwinden.  Indes  nimmt  die  elektrolytische 
Theorie  an,  daß  schon  durch  die  Stoßwirkung  der  Wärme- 
bewegung einzelne  Ionen  gebildet  werden,  somit  wird  dies 
auch  möglich  sein,  wenn  noch  die  Kraft  des  Feldes  hinzukommt, 
und  die  bei  dieser  Spaltung  der  Moleküle  oder  Atome  auf- 
tretenden Strahlungen  werden  bewirken,  daß  sofort  neue  Mole- 
küle in  solchen  Zustand  versetzt  werden,  daß  sie  durch  Wir- 


1)  Bei  hochevakuierten  großen  Rezipienten  beobachtete  ich,  daß  die 
flogenannten  Ringentladungen  den  Gasdruck  sehr  stark  erniedrigen  ^  bei 
weniger  stark  evakuierten,  daß  eine  Erhöhung  eintritt,  so  daß  dann  in- 
folge der  Verminderung  der  Dicke  des  Dunkelraumes  die  Entladung 
wieder  leichter  hindurchgeht. 

Boltnuum-Feftschrift.  19 


290  0,  Lehmann. 

kung  des  Feldes  zerfallen.  Jedenfalls  haben  beide  Theorien 
das  gemeinsam ;  daß  sie  die  Existenz  eines  der  leuchtenden 
Entladung  yorhergehenden  lichtlosen  Stromes  annehmen,  es 
muß  also  möglich  sein,  mag  die  eine  oder  andere  Theorie  zu- 
trefifen^  diesen  experimentell  nachzuweisen« 

Die  bereits  vorliegenden  Versuche  mit  Vakuumelektroskopen 
(Dessaignes  1814,  Dayy  1822,  Hittorf  1879,  Worthington 
1885,  Pflaum  1900,  0.  Lehmann  1902)  ließen  erkennen, 
daß,  wenn  ein  solcher  Strom  existiert,  seine  Stärke  so  gering 
sein  muß,  daß  die  Anwendung  eines  Galvanometers  aussichts- 
los erscheint,  ebenso  auch  die  Verwendung  der  gebräuchlichen 
engen  Vakuumröhren  mit  kleinen  Elektroden.  Ich  benutzte 
deshalb  als  Vakuumgefäß  ein  elektrisches  Ei  von  ca.  70  cm 
Höhe  und  30  cm  Weite,  bestehend  aus  zwei  in  vertikaler 
Stellung  aufeinander  gekitteten  tubulierten  Lufkpumpenrezi-* 
pienten.  In  den  oberen  Tubulus  war  eine  Elektrode  eingesetzt^ 
bestehend  aus  einer  Aluminiumkugel  [K)  von  7  cm  Durch- 
messer, in  den  unteren  eine  durch  Barometerverschluß  ver- 
schiebbare Sonde  (5),  bestehend  aus  einer  auf  ihrer  unteren 
Hälfte  mit  Glas  bedeckten  Messingkugel  von  2  cm  Durch- 
messer. Die  Zuleitungen  beider  Kugeln  waren  in  Glasröhren 
eingeschlossen.  Der  größte  Teil  der  inneren  Wandung  des 
elektrischen  Eies  war  mit  Drahtnetz  [N]  bedeckt,  welches  im 
allgemeinen  (eventuell  unter  Zwischenschaltung  eines  Galvano- 
meters oder  Entladungselektrometers)  zur  Erde  abgeleitet  oder 
mit  einem  Elektrometer  verbunden  war.  Zur  Erzeugung  eines 
axialen  Magnetfeldes  konnten  über  das  Ei  zwei  Draht- 
rollen [RE)  von  je  1100  Windungen  geschoben  werden. 

Zur  Messung  der  Spannungen  dienten  Braunsche  Elektro- 
meter, derart  abgeändert,  daß  sie  kein  Residuum  mehr  zeigten, 
welches  bei  diesen  Versuchen  sehr  störend  gewesen  wäre. 

I.  Ladungsteilung. 

Das  einfachste  Verfahren  zur  Erkennung  des  hypothe- 
tischen lichtlosen  Stromes  schien  die  Ladungsteilung  zwischen 
einem  geladenen  kugelförmigen  Konduktor  K'  und  der  Kugel  A'. 
Haben  beide  gleichen  Durchmesser  und  finden  keine  Ladungs- 
verluste durch  mangelhafte  Isolation  statt,   so  muß  nach  der 


Das  Vakuum  ah  Isolator,  291 

üblichen  Auffassung  die  Spannung,  falls  sie  in  Verbindung 
gesetzt  werden,  auf  die  Hälfte  sinken.  Dies  würde  auch  zu- 
treflFen,  falls  die  Verbindung  ohne  Energieverlust  durch  Funken- 
bildung hergestellt  werden  könnte.  Tatsächlich  erhielt  ich^ 
wenn  K'  auf  1000  Volt  geladen  war,  in  Luft  von  gewöhnlicher 
Dichte  nur  eine  resultierende  Spannung  von  ca.  300  Volt.  Ganz 
dasselbe  Ergebnis  wurde  erhalten,  wenn  das  Ei  auf  0,0015  mm 
Druck  ausgepumpt  war  und  zwar  gleichgültig,  ob  positive  oder 
negative  Ladung  verwendet  wurde. 

Bei  der  Spannung  von  300  Volt  finden  also  sicher  keine 
Ladungsverluste  durch  lichtlose  Ströme  statt,  ebensowenig  er- 
folgt Bildung  einer  Doppelscbicht  an  der  Kathode.  Allerdings 
ist  diese  Spannung  noch  erheblich  verschieden  von  der  Ent- 
ladungsspannung, so  daß  immerhin  die  Möglichkeit  bestände, 
daß  unmittelbar  vor  der  leuchtenden  Entladung  solche  un- 
sichtbare Ströme  aufträten.  Indes  zeigte  sich  auch  bei  Drucken 
von  0,0034—0,008  mm  und  Spannungen  von  2000—2300  Volt, 
welche  der  Entladungsspannung  sehr  nahe  waren,  bei  der 
Ladungsteilung  ein  Rückgang  der  Spannung  im  gleichen  Ver- 
hältnis auf  700—800  Volt  (Vj  der  anfänglichen  SpannuDg).i) 

II.  Zerstreuung. 

Wurde  nach  der  Ladungsteilung  die  Kugel  A'  wieder  auf 
die  Aufangsspannung  gebracht  und  dann  abermals  mit  der  nun 
geladenen  Kugel  K  für  einen  Moment  verbunden,  so  nahm 
natürlich,  infolge  abermaliger  Ladungsteilung,  die  Spannung 
von  Ä'  einen  etwas  höheren  Wert  an.  Man  konnte  so  schritt- 
weise die  Spannung  von  K  auf  immer  höheren  Wert  bringen 
und  untersuchen,  ob  etwa  hierdurch  die  Zerstreuung  der  Elek- 
trizität anomal  wurde,  d.  h.  größer  als  in  gewöhnlicher  Luft. 
Dies  war  aber  nicht  der  Fall,  selbst  wenn  die  Spannung  bis 
zum  Entladungswerte   gesteigert   wurde.     Auch  hieraus  kann 


1)  Fortsetzung  der  Versuche  zn  noch  höheren  Spannungen  (bei 
0,001  mm  Druck  konnten  bei  positiver  Ladung  solche  von  mehr  als 
12  000  Volt  dauernd  erhalten  werden)  schien  zwecklos,  da  durch  die  bei 
der  Ladungsteilung  entstehenden  Funken  unkontrollierbare  Spannungs- 
Schwankungen  bedingt  sein  konnten,  außerdem  aber  die  Verluste  durch 
mangelhafte  Isolation  während  der  Dauer  der  Schwingungen  der  Elektro- 
metemadel  störend  wurden. 

19* 


292  0,  Lehmann. 

man  also  schließen^  daß  der  Entladung  kein  lichtloser  Strom 
vorangeht.  Wurde  die  Entladungsspannung  erreicht,  so  fiel 
die  Spannung  plötzlich,  oft  erst  nach  einiger  Zeit  („Verzöge- 
rung^^,  bis  zu  einem  Best,  welcher  die  Entladungsspannung  bei 
Stromdurchgang  darstellt.  Derselbe  war  bei  negativer  Ladung 
erheblich  größer  als  bei  positiver.  Die  äußersten  Spannungen, 
bis  zu  welchen  K  geladen  werden  konnte,  waren  natürlich 
vom  Drucke  abhängig,  da  bei  niedrigen  Drucken  der  dunkle 
Elathodenraum  sich  nicht  mehr  frei  ausbilden  konnte. 

Bei  0,04  mm  betrug  diese  G-renzspannung,  falls  das  Draht- 
netz abgeleitet  war,  ca.  500  Volt;  bei  0,023  mm  610  Volt;  bei 
0,02  mm  1100  Volt;  bei  0,008  mm  2200  Volt;  bei  0,003  mm 
8800  Volt;  bei  0,0005  mm  8500  Volt  Meist  waren  die  Grenz- 
spannungen für  positive  und  negative  Ladung  gleich,  doch 
zeigten  sich  auch  erhebliche  unterschiede  und  zwar  war  dann 
stets  die  positive  Entladungsspannung  größer.  Überhaupt 
waren  die  beobachteten  Grenzwerte  keineswegs  konstant;  z.  B. 
wurde  bei  0,001  mm  Druck  und  positiver  Ladung  einmal  die 
Grenze  4  700  Volt  beobachtet,  ein  andermal  10  000  Volt,  in  einem 
dritten  Falle  trat  die  Entladung  auch  bei  12000  Volt  noch 
nicht  ein.  Auch  die  Werte  der  Verzögerung  schwankten  in 
weiten  Grenzen. 

III.   Einfluß  magnetischer  Kräfte. 

Wurden  die  eben  beschriebenen  Versuche  wiederholt,  wenn 
die  erwähnten  Magnetisierungsspulen  R  R  (oder  mindestens  die 
obere  derselben)  vom  Strom  durchflössen  waren,  so  ergab  sich 
bei  niedrigen  Drucken  eine  bedeutende  Änderung  der  Grenz- 
spannung, während  die  Zerstreuung  ungeändert  blieb.  Bei 
dem  Druck  0,04  mm  erniedrigte  sich  die  Grenzspannung  bei 
etwa  1  Amp.  Magnetisierungsstrom  auf  ca.  470  Volt  (sowohl 
liir  positive  wie  für  negative  Ladung);  bei  0,018  mm  auf  520  Volt; 
bei  0,01  mm  auf  ca.  1000  Volt;  bei  0.008  und  0,002  mm 
ebenso,  doch  wurden  auch  noch  niedrigere  Werte  bis  herunter 
zu  400  Volt  (bei  positiver  Ladung)  und  900  Volt  'bei  negativer 
Ladung)  beobachtet.  Bei  diesen  sehr  niedrigen  Drucken  kann 
man  also  die  Ladunjr  der  Kugel  durch  Erregen  des  Magnet- 
feldes sofort  bis  auf  einen  (für  positive  Elektrizität  kleinen, 
für  negative  großen)  Rest  zum  Verschwinden  bringen. 


Bas  Vakuum  als  Isolator, 


298 


/•Da  sich  diese  Wirkung  des  Magnetismus  erst  dann  in 
auffälliger  Weise  geltend  machte  wenn  der  Dunkelraum  durch 
die  Gefäßwände  eingeschränkt  wird^  ein  Dunkelraum  aber  vor 
Beginn  der  Entladung  nicht  sichtbar  ist^  so  sprechen  diese 
Versuche  im  Gegensatz  zu  den  yorigen  für  das  Vorhandensein 
eines  lichtlosen  Stromes  vor  Beginn  der  Entladung. 

Mit  Erhöhung  der  Stromstärke  J  in  den  Magnetisierungs- 
rollen wächst  in  manchen  Fällen  die  Erniedrigung  der  Grenz- 
spannung j^^)^  doch  sinkt  diese  nicht  unter  die  angegebenen, 
dem  herrschenden  Drucke  p  entsprechenden  Werte;  in  andern 
Fällen  wirkt  das  Magnetfeld  gerade  umgekehrt  und  erschwert 
die  Entladung.  Femer  wird  der  zurückbleibende  Spannungsrest 
e  mit  steigender  Magnetisierungsstärke  im  allgemeinen  kleiner. 

Beispielsweise  wurden  folgende  zusammenhängende  Werte 
beobachtet;  wobei  E  die  anfängliche  Spannung  bedeutet: 


0,040  1 

mm 

E^  ■¥ 

500  Volt    J  =  1 

Amp. 

c  =  400  Volt 

0,018 

V 

— 

500  , 

1 

»» 

470  „ 

0,018 

»» 

— 

810  , 

6 

>» 

710  „ 

0,008 

» 

— 

2000  , 

,        1 

•1 

1500  „ 

0,008 

>» 

-^ 

1700  , 

,        1 

») 

1350  „ 

0,008 

>» 

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1500  , 

1 

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1150  „ 

0,008 

>J 

— 

1500  , 

)        5 

» 

980  „ 

0,008 

>» 

— 

1500  , 

15 

» 

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0,008 

>» 

— 

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25 

>» 

880  „ 

0,008 

»» 

— 

1300  , 

,        1 

»j 

1020  „ 

0,008 

>J 

— 

1200  , 

1 

»» 

1050  „ 

0,008 

V 

— 

1050  , 

1 

>» 

1000  „ 

0,008 

>' 

-^ 

1000  , 

7 

jj 

900  „ 

0,008 

» 

— 

980  , 

15 

» 

900  „ 

0,008 

» 

+ 

420  , 

,        1 

»? 

350  „ 

Wird  die  Kugel  K  dauernd  mit  einer  Stromquelle  (Akku- 
mulator, Batterie  Leydener  Flaschen  mit  eingeschaltetem 
Widerstand)  von  E  Volt  Spannung  verbunden,  so  bewirkt  Er- 
höhung der  Stärke  des  Magnetisierungsstromes  /  Erhöhung  der 
Stärke  des  Entladungsstromes  i  bis  zu  einem  Maximum  und 
sodann  Verminderung  derselben.    Beispielsweise  wurde  gefunden : 


1)  Zuweilen  ruckweise.    Vgl.  0.  Lehmann,  Die  elektrischen  Licht- 
encbeinangen  oder  Entladungen  p.  160  n.  386.    Halle  1898. 


P  «  0,0820  mm 

E-  + 

520  Volt 

J  =  I  Amp. 

t  -  0,0080   J 

0,0820  ., 

- 

520  „ 

1  1. 

0,0007 

0,0180  „ 

+ 

520  „ 

1  .> 

0,0070 

0,0180  „ 

+ 

520  „ 

*  « 

0,0096 

0,0180  „ 

+ 

520  „ 

'  >i 

0,0101 

0,0180  „ 

+ 

520  „ 

12  „ 

0.1080 

0,0180  „ 

- 

520  „ 

1  „ 

0,0004 

0,0180  „ 

- 

520  „ 

1  ,. 

0,0000 

0,0100  ., 

+ 

610  „ 

11  .. 

0,000080 

0,0100  „ 

+ 

610  „ 

25  „ 

0,000065 

0,0100  „ 

— 

610  „ 

25  „ 

0 

0,0100  „ 

+ 

6B0  „ 

B  ,, 

0,000  115 

0,0100  „ 

+ 

660  „ 

18  „ 

0,000080 

0,0100  „ 

+ 

660  „ 

25  „ 

0,000060 

0,0100  „ 

- 

660  „ 

25  „ 

0 

0,0100  „ 

+ 

750  „ 

1  >. 

0,000  121 

0,0100  „ 

— 

750  „ 

6  ,. 

0,000  143 

0,0100  „ 

+ 

750  „ 

6  ., 

0 

0,0100  „ 

+ 

900  „ 

1  » 

0,000  220 

0,0100  „ 

+ 

900  „ 

4,5  „ 

0,000  176 

0,0100  „ 

+ 

900  „ 

14  » 

0,000203 

0,0100  „ 

- 

900  „ 

1  ,. 

0,000159 

0,0100  „ 

- 

900  „ 

*  „ 

0.000110 

0,0100  „ 

- 

»00  „ 

8  ,. 

0,000  025 

0,0100  „ 

- 

900  „ 

12  „ 

0,000  019 

0,0100  „ 

+ 

1050  „ 

1  ,. 

0,0008 

0,0100  „ 

- 

1050  „ 

1  .. 

0.0008 

0,00ß0  „ 

+  [2250  „ 

1  .t 

0 

0,0080  „ 

- 

2250  „ 

1  .. 

0,0008 

0,0080  „ 

_ 

2250  „ 

*  „ 

0,0005 

0,0060  „ 

- 

2250  „ 

10  „ 

0,0013 

Mit  BeBeitigimg  des  MagDetisierungsstromes  verschwand 
auch  der  Entladungsstrom  (in  der  Regel)  oder  es  blieb  ein 
Rest  L  z.  B.  für 


0,0400  m 

11  £'=+470  Volt  J= 

Amp, 

1=0,0090  Amp. 

0=0,0061  Amp 

(1,0400  , 

+  520  „ 

1  „ 

0,0130  „ 

0,0080  „ 

0,0400  , 

-520  „ 

1  „ 

0,0009  „ 

0,0000  „ 

Dieses  Verhalten  entspricht  ganz  dem  EintluB  des  Mag- 
netismus auf  schon  vorhandene  Entladuug.  l!eis|iielsweise  war 
liei  /)  =  0,04  mm  und  E  =  —  470  Volt,  die  Stmm«türke  ohne 
magnetisches   Feld   =0,00015  Amp.,   die  Dicke   des  Dunkel- 


Das  Vakuum  als  Isolator,  295 

raumes  =10  cm;  bei  7=  1  Amp.,  i  =  0,0006  Amp.  (Dunkel- 
raum 4  cm)  und  bei  /  =  8  Amp.  erlosch  die  Entladung,  nach- 
dem der  Dunkelraum  auf  2,6  cm  zusammengeschrumpft  war. 

Während  sich  nun  unschwer  Hypothesen  ersinnen  lassen, 
welche  diesen  £influB  des  Magnetismus  während  des  £nt- 
ladungsprozesses  erklären,  erscheint  der  Einfluß  auf  den  Ein- 
tritt desselben  yöllig  rätselhaft,  wenn,  wie  die  erst  besprochenen 
Versuche  ergaben,  eine  lichtlose  Strömung  vor  der  Entladung 
nicht  vorhanden  ist.  Wie  soll  man  sich  z.  B.  deuten,  daß  ein 
Konduktor,  welcher  auf  +  1300  Volt  geladen,  seine  Ladung 
dauernd  behält,  sie  sofort  verliert,  wenn  ein  schwaches  Magnet- 
feld erregt  wird,  dessen  Kraftlinien  mit  denen  des  elektrischen 
Feldes  zusammenfallen  und  daß  er  in  diesem  Magnetfeld  nicht 
einmal  eine  Ladung  bis  zu  420  Volt  zu  behalten  vermag? 
Man  könnte  wohl  daran  denken,  daß  durch  das  Magnetfeld 
etwa  die  Struktur  des  Äthers  und  damit  die  dielektrische 
Festigkeit  geändert  wird,  indes  dem  widerspricht  die  Tatsache, 
daß  sich  der  merkwürdige  Einfluß  des  Magnetismus  nur  dann 
geltend  machte  wenn  die  freie  Ausbildung  des  Kathodendunkel- 
raumes  und  des  Glimmlichtes  durch  die  Gefäßwände  beein- 
trächtigt wird. 

Man  wird  also  durch  diese  Ei*gebnisse  dahin  geführt,  daß 
sich  doch  vor  Eintritt  der  Entladung  unsichtbare  Strömungen 
vollziehen  müssen,  worauf  unter  anderem  namentlich  auch  die 
Verzögerungserscheinungen  hinweisen. 

IV.  Influenawirkung^en. 

Im  Hinblick  auf  diese  Bedenken  habe  ich  eine  weitere 
Beihe  von  Versuchen  ausgeführt,  welche  bezweckten,  die  In- 
fluenzwirkungen im  Vakuum  zu  studieren.  Würde  z.  B.  die 
Kathode  vor  der  Entladung  infolge  einer  lichtlosen  Ent- 
ladung mit  einer  positiven  Luftschicht  umgeben,  so  müßte  ihre 
Influenzwirkung  auf  einen  isolierten  Leiter  natürlich  geringer 
oder  geradezu  gleich  Null  sein,  während  die  Anode  mit  ver- 
doppelter Kraft  wirken  müßte,  da  sie  nicht  nur  direkte  In- 
fluenzwirkung ausübt,  sondern  auch  indirekt  durch  Entsendung 
einer  positiven  Luftwolke  an  das  negative  Ende  des  influen- 
zierten  Leiters.    Versuche  dieser  Art,  bei  welchen  die  Sonde  S 


296  0.  Zehmann, 

als  influenzierter  Leiter  diente,  die  Kugel  X  als  elektrischer 
Konduktor  und  das  zur  Erde  abgeleitete  Drahtnetz  N  ak 
Schutzhülle  gegen  etwaige  Ladungen  der  Ge&ßwände^  ergaben 
ein  durchaus  negatives  Resultat.  Die  Angaben  des  mit  der 
Sonde  S  verbundenen  Elektrometers  blieben  dieselben^  mochte 
die  Kugel  K  positiv  oder  negativ  sein  und  waren  hinsichtlich 
ihrer  Größe  bei  verschiedenen  Abständen  von  S  und  K  un- 
gefähr dieselben  wie  in  Luft  von  gewöhnlicher  Dichte,  aller- 
dings meist  merklich  kleiner.  Die  Versuche  wurden  sowohl  in  der 
Art  ausgeführt;  daß  der  konstant  geladenen  Kugel  die  Sonde 
aus  größerer  Entfernung  genähert  wurde  oder  so^  daß  sie  in 
bestimmten  Abstand  gebracht  und  dann  erst  der  Kugel  Ladung 
mitgeteilt  wurde,  oder  auch  so^  daß  sie  während  der  Influenz- 
wirkung abgeleitet  und  der  nach  ZurückfÜhrung  in  die  An- 
fangslage oder  Entladung  nach  der  Kugel  entstehende  Aus- 
schlag gemessen  wurde.  Femer  wurden  auch  Kugel  und  Sonde 
vertauscht  oder  das  Netz  als  influenzierender  Körper  gewählt 
Auch  der  Fall  wurde  untersucht,  daß  der  influenzierten  Sonde 
schon  von  Anfang  an  eine  gleichartige  oder  entgegengesetzte 
Ladung  mitgeteilt  war. 

Auf  Mitteilung  der  Resultate  im  einzelnen  muß  verzichtet 
werden,  da  sich  eine  Menge  von  Komplikationen  ergaben,  in 
erster  Linie  deshalb,  weil  beim  Verschieben  der  Sonde  durch 
Reibung  ihrer  Glasumhüllung  an  dem  absperrenden  Queck- 
silber störende  Ladungen  (zugleich  mit  Rückstandsbildung]  auf- 
traten, sodann  weil  bei  der  geringen  Größe  der  influenzierten 
Kugel  kleine  Mängel  der  Isolation  von  großem  Einfluß  wurden. 

Auch  diese  Versuche  sprechen  also  gegen  die  Existenz 
lichtloser  Ströme  vor  der  Entladung. 

Bohluß. 

Das  tatsächliche  Ergebnis  der  dargelegten  Untersuchungen 
kann  dahin  ausgesprochen  werden,  daß,  soweit  die  Empfind- 
lichkeit der  benutzten  Apparate  ein  Urteil  gestattet,  bei  Er- 
höhung der  Spannung  bis  unmittelbar  vor  Eintritt  der  leuch- 
tenden Entladung  auch  das  unvollkommene  Vakuum  sich  als 
vollkommener  Isolator  erweist,  daß  keine  auch  nur  schwache, 
dauernde,    lichtlose   Strömung   eintritt,    auch   keine   vorüber- 


Das  Vakuum  als  Isolator.  297 

gehende,  welche  etwa  zur  Bildung  einer  positiven  Luftwolke 
um   die  Kathode   führen   würde.     Damit  ist  aber  nicht  aus- 
geschlossen, daß  eine  solche  Strömung  zugleich  mit  Beginn  der 
Entladung  eintreten  könnte,  sowie  daß  Anhäufung  positiv  elek- 
trischer Luft  während  der  EnÜadung  an  der  Kathode  statt- 
fände.    Die  Versuche  sprechen  also  in  dieser  Hinsicht  weder 
gegen  die  disruptive,  noch  gegen  die  elektrolytische  Theorie. 
Schwer  läßt  sich  aber  nach  letzterer  das  weitere  Ergebnis 
verstehen,   daß   bei  Ableitung   der  einen  Elektrode  die  Ent- 
ladungsspannung  häufig   bei   positiver  und   negativer  Ladung 
der  anderen  dieselbe  ist  und  nichtsdestoweniger  die  positiven 
und   negativen  Lichterscheinungen   ebenso  grundsätzlich   von- 
einander  verschieden  sind   wie  in  anderen  Fällen;   daß   sich 
an  der  Anode  keine  Kanalstrahlen   und  kein  dunkler  Raum 
von  gleicher  Art  wie  an  der  Kathode  zeigen,  daß  die  negativen 
Qlimmstrahlen  sich  parallel  den  magnetischen  Kraftlinien  stellen, 
das  positive  Glimmlicht  dagegen  senkrecht  zu  denselben  angeord- 
net escheint  und  dergleichen  mehr.  ^)     Direkt  zu  widersprechen 
scheint  der  Theorie  auch  die  Abnahme  der  Dicke  des  Dunkel- 
ranmes  mit  wachsender  Frequenz  bei  Wechselströmen  und  die 
geringe  Verschiedenheit  bei  Ausbildung  des  Dunkelraumes  an 
metallischen  Elektroden  und  an  Glaswänden.    Da  die  Theorie 
die  Entstehung  des  Dunkelraumes  dadurch  erklärt,  daß  derselbe 
von  den  Ionen  (entsprechend  der   geradlinigen  Fortpflanzung 
der  Kathodenstrahlen)  frei  durchlaufen  wird,   also  wohl  sehr 
Tiel  weniger  Gas  enthält  als  der  übrige  Entladungsraum,  so 
liabe  ich  versucht,  diese  h3rpotheti8chen  Dichtigkeitsänderungen 
der  Gasmasse   dadurch   nachzuweisen,  daß  ich  das  eine  von 
zwei  hoch  evakuierten  großen  elektrischen  Eiern   von  Strom 
durchfließen  ließ  und  dann  plötzlich  auch  durch  das  andere 


1)  Derselbe  Unterschied  der  Lichterscheinungen  zeigt  sich  in  freier 
Xuft  bei  der  Glimmentladung  an  einer  Spitze  gegen  eine  weit  abstehende 
^roße  ZOT  Erde  abgeleitete  Platte,  wobei  nicht  der  Einwand  erhoben 
werden  kann,  daß  nur  für  einen  kurzen  Moment  die  Verschiedenheit  be- 
steht und  dann  in  Folge  der  wachsenden  Zahl  von  Ionen  die  weitere 
lonenbildang  nur  noch  an  der  Kathode  erfolgt.  Allerdings  ist  hier  die 
X>08itive  Spannung   erheblich  größer  als  die  negative ,    doch  zeigt  sich 

in  der  Beschaffenheit  der  positiven  Lichterscheinungen  auch  nicht  eine 

Annäherung  an  die  der  negativen. 


298  0.  Lehmann,     Das  Vakuum  als  Isolator. 

Strom  leitete.  Bei  der  großen  Empfindlichkeit  der  Entladungen 
gegen  geringe  Druckänderungen  bei  hohem  Vakuum  hätte  sich 
die  Verdrängung  des  Gases  aus  dem  zweiten  Ei  durch  den 
mehr  als  die  Hälfte  des  Inhalts  einnehmenden  Dunkelraum 
deutlich  bemerkbar  machen  müssen.  Dies  war  indes  nicht 
der  Fall. 

Karlsruhe,  29.  August  1903. 

(Eingegangen  31.  August  1903.) 


Zusätze  bei  der  Korrektur. 

1.  Während  des  Druckes  erschien  in  der  physikalischen  Zeitschrift  4. 
p.  811  eine  Abhandlung  von  Lech  er  (vom  12.  Oktober),  welche  die 
Seite  288  dargelegte  Auffassung  über  das  Wesen  der  vermeintlichen 
RingenÜadung  bestätigt  (Vgl.  auch  0.  Lehmann,  Wied.  Ann.  47.  p.  488. 
1892;  Elektrizität  und  Licht  p.  299.  Braunschweig  1895;  Eiektriflche 
Lichterscheinungen  p.  49.  Halle  1898;  Elektrische  Entladungen  in 
Meyers  Konversationslexikon.    6.  Aufl.  1908.) 

2.  Während  des  Druckes  veröffentlichte  6.  C.  Schmidt  (Ann.  d. 
Phys.  12.  p.  622.  1908)  eine  Abänderung  der  elektrolytischen  Theorie, 
auf  welche  das  Seit«  297  Gresagte  nur  zum  Teil  zutrifft.  Gegenüber  der 
bisherigen  (vgl.  J.  Stark,  Die  Elektrizität  in  Gasen,  Leipzig  1902)  hat 
die  neue  Theorie  den  Nachteil,  daß  sie  im  Wesentlichen  nur  den  großen 
Widerstand  des  Kathodendunkelraumes  (durch  Mangel  an  Ionen)  erklärt. 
Ein  Vergleich  des  genannten  Werkes  mit  meinem  Buche  über  Ent- 
ladungen und  den  ergänzenden  Abhandlungen  in  Wied.  Ann.  63.  p.  285. 
1897;  Ann.  d.  Phys.  6.  p.  661.  1901;  7.  p.  1.  1902  u.  Verh.  d.  Karls- 
ruher Nat-Ver.  15.  p.  38.  1902  läßt  übrigens  erkennen,  daß  auch  die 
frühere  elektrolytische  Theorie  noch  keineswegs  auf  alle  Erscheinungen 
angewendet  wurde. 


299 


39.  Über  sogenannte  Heiligenscheine  und  andere 
gleichen  Ursachen  entspringende  Erscheinungen. 

Von  A.  V.  Obermayer  in  Wien. 


Im  Jubelbande  der  Poggendor  ff  sehen  Annalen  definiert 
EL  Lommel  in  einer  Abhandlung:  ,,über  den  Lichtschein  um 
den  Schatten  des  Kopfes'^  die  bezügliche  Erscheinung  mit  den 
folgenden  Worten:  ,,Wenn  man  bei  hellem  Sonnenscheine  seinen 
Schatten  im  Grase,  auf  einem  Getreide-  oder  Stoppelfelder  auf  ge? 
ackertem  Erdreiche,  überhaupt  auf  rauher  Fläche  betrachtet^  so 
sieht  man,  besonders  deutlich  bei  niedrigem  Stande  der  Sonne, 
den  Schatten  des  Kopfes  umgeben  von  einem  schwachen  Licht- 
scheine, welcher  sich  gewöhnlich  über  dem  Scheitel  weiter  er- 
streckt als  zu  beiden  Seiten.  Diese  Erscheinung,  welche 
Heiligenschein  genannt  worden  ist,  verschwindet,  wenn  der 
Schatten  eine  ganz  ebene  Fläche  trifft.  Einen  sehr  hellen 
Lichtschein  beobachtet  man,  wenn  der  Eopfschatten  auf  be- 
tautes Gras  fällt.  Jeder  Beobachter  sieht  nur  seinen  eigenen 
Schatten  mit  dieser  Glorie  geschmückt,  nicht  aber  denjenigen 
seiner  Begleiter.  Hieraus  folgt,  daß  man  es  mit  zwei  ver- 
schiedenen Erscheinungen  zu  tun  hat,  nämlich  erstens  mit  dem 
schwachen  Lichtscheine  auf  trockenen,  rauhen  Flächen,  und 
zweitens  mit  dem  viel  helleren,  welcher  auf  betauten  Wiesen 
wahrgenommen  wird  und  als  Wirkung  der  Tautropfen  zu  der 
vorigen  hinzukommt."  ^) 

Major  von  Winterfeld  zu  Niden  in  der  Uckermark^  hat 


1)  Alle  Fälle,  bei  welchen  um  den  Schatten  des  Kopfes,  wie  beim 
sogenannten  Brockengespenst,  farbige  Ringe  auftreten,  sind  nicht  als 
Heiligenscheine  zu  bezeichnen.  So  z.  h,  sind  in  einer  Ablandlung  von 
Tait:  Glories  Haloes  Coronae  seen  from  Ben  Nevis  Observatory.  Pro- 
ceedings  of  the  Royal  See.  of  Edinburgh  14.  p.  314  u.  ff.  mit  Plate  XII, 
bis  auf  Fig.  3,  durchwegs  Beugungserscheinungen  angeführt  und  nicht 
Heiligenscheine,  wie  naeli  dem  Titel  des  Referates  in  den  Beiblättern  16. 
8    122  zu  vermuten  wäre. 

2)  V.  Winterfeld,  Gilberts  Ann.  IS.  p.  57.   IH04. 


300  Ä.  V.  Obermayer. 

sich;  anknüpfend  an  den  Aufsatz  eines  Reisenden  im  Deutschen 
Merkur  vom  März  1783,  mit  dieser  Erscheinung  beschäftigt^ 
verschiedene  von  anderen  versuchte  Erklärungen  angeführt  und 
endlich  selbst  eine  Erklärung  gegeben,  welcher  Lommel  zu- 
stimmte,  welcher  aber  von  Brandes  ^)  entgegengetreten  wurde. 
In  allen  den  vorliegenden  Publikationen  ist  nur  der  lichte 
Schein  um  den  Schatten  des  Kopfes  erwähnt.  Tatsächlich  tritt 
aber  dieser  lichte  Schein  stets  in  Begleitung  eines  dunklen  Saumes 
am  inneren  Schattenrande  auf,  und  dieser  gehört  ebenso  zum 
Wesen  der  Erscheinung,  wie  der  erstere.  Auf  betauten  Wiesen 
kommt  der  durch  die  Tautropfen  gebildete  lichte  Schein,  wo- 
für Lommel  eine  sehr  zutreffende  Erklärung  gegeben  hat,  hinzu. 

Das  Auftreten  des  lichten  und  dimklen  Saumes  an  der 
Schattengrenze  ist  indessen,  wie  eine  einfache  Beobachtung  bei 
gutem  Sonnenschein  lehrt,  nicht  an  die  Rauhigkeit  der  Fläche 
gebunden.  Man  sieht  diese  Säume  auch  auf  ganz  ebenen 
Böden,  auf  Asphaltböden,  ja  selbst  auf  Papierffächen,  und  zwar 
bei  jedem  Stande  der  Sonne,  auch  zur  Mittagszeit.  Diese 
Säume  umziehen  nicht  nur  die  Kontur  des  eigenen  Schattens, 
sondern  auch  jene  des  Schattens  eines  Begleiters,  sie  lassen 
sich  an  den  Schatten  von  Hauskanten  oder  anderer  feststehen- 
der Gegenstände  verfolgen.  Bei  längere  Zeit  fortgesetzter  Be- 
trachtung der  Schattengrenze  werden  diese  Säume  deutlicher, 
und  insbesondere  scheint  sich  der  helle  Saum  mit  der  Dauer 
der  Beobachtung  zu  verbreitem. 

Auch  die  scharf  begrenzten  Schatten,  welche  das  elektrische 
Bogenlicht  auf  Wandfiächen  erzeugt,  zeigen  diese  Säume  in 
Gestalt  feiner,  die  Kontur  begleitender  Linien. 

Geradezu  überraschend  treten  solche  Säume  längs  der 
Kontur  eines  Gebirgszuges  nach  Sonnenuntergang  auf.  Der 
lichte  Saum  ist  am  deutlichsten  dort  ausgeprägt,  wo  die  Sonne 
hinter  dem  Gebirge  verschwand.  Der  dunkle  Saum  zieht  sich 
breit  zu  beiden  Seiten,  fast  merkbarer  als  der  begleitende 
lichte  Saum  hin;  das  tiefe  Schwarzblau  desselben  hebt  sich 
vom  dunklen  Blau  der  Berge  deutlich  ab.  Minder  schön,  aber 
auch  deutlich  sichtbar  sind  diese  Säume  an  Dach-  und  Häuser- 

1)  Brandes,  Gilberts  Ann.  19.  S.  366,  und  Gehler,  Phys.  Wörter- 
buch 5.  p.  439. 


Heiligenscheine  und  verwandte  Erscheinungen,  801 

kanten ;  insbesondere  wenn  dieselben  längere  gerade  Linien 
bilden. 

Endlich  sieht  man  die  Konturen  fett  gedruckter  schwarzer 
Buchstaben  oder  dicker  schwarzer  Striche  auf  lichtem  Grunde 
Yon  diesen  Säumen  eingefaßt,  besonders  deutlich  bei  schlechter 
Akkommodation  des  Auges  und  «tarker  Belichtung. 

In  dem  letzteren  Fall  kann  man  sich  durch  Abdecken  des 
Randes  sofort  überzeugen,  daß  es  sich  um  eine  subjektive  Er- 
scheinung handelt.  Schiebt  man  ein  schwarzes  Papier  von  der 
hellen  Seite,  mit  der  Kante  parallel  zum  Saume,  ein,  so  daß 
der  helle  Rand  gerade  verdeckt  wird,  so  verschwindet  der 
dunkle  Saum  längs  der  Papierkante,  bleibt  aber  am  nicht  ab- 
gedeckten Rande  bestehen. 

H.  Seeliger  ^)  in  München  findet  in  einer  naturgetreuen 
zeichnerischen  Darstellung  des  teilweise  verfinsterten  Mondes 
von  L.  Weinek  ein  dunkles  Band  in  der  Nähe  der  Trennungs- 
linie, welches  sich  durch  Abdecken  als  subjektiv  erweist. 

Im  vorigen  Sommer  habe  ich  mit  einem  Stereoskop- 
apparate den  Schatten  desselben  und  des  bedienenden  Beob- 
achters auf  betautem  Grase  aufgenommen.  Die  Säume  um- 
ziehen die  Konturen  der  Schatten  des  Apparates  und  des 
Beobachters,  sie  sind  subjektiv.  Der  vom  Tau  herrührende 
Schein  umgibt  bloß  den  Schatten  des  Apparates,  nicht  jenen 
des  Beobachters,  er  ist  eine  Reflexerscheinung  der  Sonne  in 
den  Tautropfen. 

Ich  habe  im  E  der  sehen  Jahrbuche  für  1900  angeführt, 
daß  die.  in  Rede  stehende  Erscheinung  die  Folge  eines  von 
E.  Mach^  mittels  rotierender  Scheiben  nachgewiesenen  physio- 
logischen Gesetzes  sei,  welches  dieser  Forscher  in  folgender 
Form  ausgesprochen  hat: 

Überall  dort,  wo  die  JAchtkurve  einen  Knick  hat,  erscheint 
die  Stelle  heller  oder  dunkler  als  die  Umgebung.  Heller  ist  die 
SteOe,  wenn  die  Knickung  gegen  die  Abszissenachse  konkav,  dunkler y 
wenn  die  Knickung  gegen  die  Abszissenachse  konvex  ist. 


1)H.  Seeliger,  Abhandl.  d.  kgl.  bayr.  Akad.  d.  Wissenscb.  in 
München.  II.  Kl.  19.  II.  Abt.  p.  898. 

2)  E.  Mach,  Sitzungsber.  d.  k.  Akad.  d.  Wissensch.  in  Wien  52. 
p.  303.  1866. 


302  A.  V.  Obermayer. 

Mach  hat  für  die  Stärke  e  der  suhjektiven  Empfindungi 
welche  hier  der  simultanen  Kontrastwirkung  entspringt,  hei 
einer  Belichtungsintensität  t  den  folgenden  Ausdruck  angegeben: 


e  =  alogl  *  ±  k 

worin  a  und  b  die  sogenannten  Fechn ersehen  Eonstanten, 
k  eine  von  Mach  hinzugefügte  Konstante  ist.  Das  obere 
Zeichen  ist  bei  konkaver  Krümmung,  das  untere  bei  konvexer 
Krümmung  zu  nehmen.  Hiemach  ist  der  zweite  Differential' 
quotient  der  Belichtungsintensität  nach  der  Koordinate  für  die 
Stärke  der  subjektiven  Empfindung  an  der  betreffenden  Stelle 
entscheidend.  Zu  demselben  Resultate  gelangte,  von  Mach  ganz 
unabhängig,  H.  Seeliger  ^)  in  seinen  Untersuchungen  über  die 
Vergrößerung  des  Erdschattens  bei  Mondfinsternissen,  welche 
hiemach  ein  physiologisches  Phänomen  ist 

Da  die  Lichtkurve  beim  Übergänge  vom  Kernschatten 
zum  Halbschatten  konvex,  und  bei  jenem  vom  Halbschatten 
zur  vollbeleuchteten  Fläche  konkav  ist,  treten  an  diesen  Stellen 
beziehungsweise  dunkle  und  lichte  Säume  auf.  Die  Lehre  vom 
Schatten  wäre  zweckmäßig ertceise  in  diesem  Sinne  zu  ergänzen. 

An  der  Schattenerscheinung  eines  von  einer  Gasflamme 
beleuchteten  Lineals,  welches  gegen  einen  weißen  Grund  schief 
gestellt  ist,  lassen  sich  diese  Säume  aufzeigen.  Sie  lassen  sich 
selbstverständlich  fixieren,  wenn  der  Schatten  auf  eine  photo- 
graphische Platte  geworfen  wird.^ 

Auch  Seeliger  hat  (1.  c.  p.  398)  auf  diese  Säume  an  der 
Grenze  von  Kern-  und  Halbschatten  hingewiesen,  und  die  so- 
genannten Fomm sehen  Streifen,  die  bei  Versuchen,  die 
Röntgenstrahlen  zu  beugen,  erhalten  wurden,  gehören  hierher. 

Das  Auftreten  der  Säume  an  der  Kontur  breiter  dunkler 
Striche  (Fig.  1)  auf  hellem  Grunde  ist  eine  Folge  der  Irra- 
diation, die  selbst  bei  genauester  Akkommodation  zufolge  der 
Farbenzerstreuung  und  des  Astigmatismus  des  Auges  eintritt 
und  durch  Zerstreuungskreise  auf  der  Netzhaut  entsteht.     Das 


1)  H.  Seeliger,   Abhandl.   d.   kgl.  bayr.   Akad.   d.   Wissensch.   in 
München.  IL  Kl.  19.  II.  Abt.  p.  397. 

2)  J.  M.  Eders  Jahrbuch  11)00.  p.  146.  Fig.  38. 


Heiligenscheine  und  verwandte  Erscheinungen,  803 


licht  breitet  sich  dabei  von  der  hellen  Fläche  über  den 
dunklen  Grund  aus«  während  das  Dunkle  sich  über  den  Rand 
in  das  Helle  hinein  verbreitert  Statt  einer  Lichtkurre  adch 
(Fig.  2),  welche  senkrecht  zum  Rande  c  der  hellen  Fläche  m  c 
abfällt,  erhält  man  eine  Kurve  afb^),  die  in  der  Nähe  von  a, 
konkav  gebogen«  zu  einem  hellen  Streifen,  in  der  Nähe  von  b, 
konvex  gebogen«  zu  einem  dunklen  Streifen  Veranlassung  gibt« 
Bei  unvollkommener  Akkommodation«  wie  dieselbe  bei  großer 


tL 

d 

A 

1 

\ 

1 

1 

\ 

r 

1 

\ 

1 

1 

\ 

1 

\^ 

ni 


Fig.  1. 


c 
Fig.  2. 


Annäherung  des  Auges  eintritt«  erscheint  der  Rand  verwaschen 
und  wie  der  Halbschatten  von  den  beiden  Säumen  eingefaßt. 
Große  Helligkeit  der  Beleuchtung  ist  der  Erscheinung  günstig. 

Im  E  der  sehen  Jahrbuche  1900  habe  ich  nachgewiesen« 
daß  die  lichten  Säume  um  die  positiven  Bilder  dunkler  Gegen- 
stände auf  hellem  Hintergrunde,  die  mitunter  als  mechanische 
Halation«  von  den  Franzosen  als  Silhouettage  bezeichnet  wer- 
den« subjektive  und  keine  Entwickelungserscheinungen  sind. 
Besonders  deutlich  erhielt  ich  die  Silhouettage  bei  der  Auf- 
nahme von  Personen,  die  gut  erleuchtet  waren,  mit  Nebel  als 
Hintergrund«  auf  dem  Hohen  Sonnblick.  Es  ist  nicht  un- 
möglich« daß  unter  solchen  Umständen  auch  um  den  Kopf 
einer  Person  ein  solcher  lichter  Schein  gesehen  werden  kann.  In 
der  Literatur  konnte  ich  hierüber  nur  eine  Bemerkung  in  einem 
Konversationslexikon  ohne  Quellenangabe  finden,  worin  unter 
dem  Stichwort  ««Heiligenschein"  eine  solche  Erscheinung  mit 
der  Bemerkung  erwähnt  wird«  daß  dieselbe  subjektiver  Natur  sei. 

Zum  Schlüsse  möchte  ich  noch  darauf  hinweisen«  daß  das 
Auge  zufolge  der  Kontrastwirkung  bei  vielen  andern  Gelegen- 
heiten   die    Helligkeit   unrichtig   schätzt.      So   erscheint^)   der 


1)  H.  V.  Helmholtz,  Physiologische  Optik  Jj  13.  p.  1G7, 

2)  J.  M.  Eders  Jahrbuch  p.  205.  1901. 


804  Ä,  V.  Obermayer,     Heiligenscheine  etc. 

Yon  schwarzen  Strichen  durchzogene  Schatten  einer  Stricknadel, 
welche  von  einer  parallelen  Spalte  beleuchtet  ist,  beiderseits 
von  sehr  hellen  Säumen  umgeben,  die  gegen  die  außerhalb 
verlaufenden  Beugungsfransen  an  Helligkeit  zuzunehmen  schei- 
nen. Durch  Abdecken  der  Fransen  in  einem  Positiv  der  photo- 
graphierten  Erscheinung  verschwindet  die  Abtönung  und  macht 
einer  gleichförmigen  Erleuchtung  Platz.  Ich  habe  die  Positive 
von  Eollodiumnegativen  abgenommen,  welche  ich  im  Jahre  1868 
im  physikalischen  Institute  der  Wiener  Universität  unter  der 
Direktion  Stefans  aufnahm,  als  Ludwig  Boltzmann  dort 
Assistent  war,  und  welche  ich  als  ein  Andenken  an  jene  Zeit 
aufbewahrt  habe. 

(Eingegangen  31.  August  1908.) 


■  i 


805 


40.  De  Terandering  van  de  grootheid  b  der  toestands- 
yei^el^'king  als  qaasi-yerkleiiiing  yan  het  molekanL 

Door  J.  D.  van  der  Waals  in  Amsterdam. 


In  het  yerslag  der  koninklijke  Akademie  yan  Amsterdam 
heb  ik  in  een  mededeeling,  getiteld:  ,,De  yloeistoftoestand  en 
de  toestandsyergelijking''  (Juni  1903),  trachten  aan  te  toonen, 
dat  de  groote  yerschiUen,  die  tusschen  experiment  en  theorie 
bestaan  in  den  gang  der  isothermen  yan  een  stof,  grootendeels 
wegyallen  als  men  de  grootheid  b  met  het  yolume  yariabel 
stelt  Ik  heb  daarin  doen  opmerken  dat  men  die  yerkleining 
yan  b  met  kleiner-wordend  yolume  op  tweeerlei  wijzen  zou 
können  opyatten,  n.  1.  P  als  een  werkelijke  yolume-yermin- 
dering;  door  samendrukking  ten  geyolge  yan  de  botsingen  met 
de  omringende  molekulen  en  2^  als  een  quasi-yerkleining  door 
het  elkander  bedekken  der  afstandssferen.  Daar  ik  in  de 
genoemde  mededeeling  voomamelijk  ben  uitgegaah  yan  het 
denkbeeld  eener  reeele  verkleining,  zal  ik  in  deze  körte  mede- 
deeUng  als  tegenhanger  uitgaan  van  het  denkbeeld  eener 
quasi-yerkleining. 

Voorloopig  schijnt  het  mij  niet  mogelijk  te  beslissen,  welke 
der  tweeerlei  beschouwings wijzen  voor  de  oorzaak  dezer  varia- 
biliteit  yan  b  de  wäre  is.  Misschien  werken  zij  beide  samen. 
Een  nauwkeurig  experimenteel  onderzoek  van  een  66n-atomige 
stof  zal  hierover  voorzeker  veel  licht  kunnen  doen  opgaan. 

Voomamelijk  door  de  onderzoekingen  van  Boltzmann 
schijnt  het  zeker  dat  zulk  een  quasi-verkleining  bestaat.  Ik 
schreef  daarover  in  boven  genoemde  mededeeling  een  enkel 
woord,  dat  ik  mij  veroorloof  hier  aan  te  halen. 

^»Boltzmann  zieh  in  zijn  Vorlesungen  baseerende  op  de 
onderstelling  dat  de  toestand  van  evenwicht,  dus  van  maximum- 
entropie,  samenvalt  met  den  waarschijnlijksten  toestand,  heeft 
daarbij  moeten  in  acht  nemen   de  kans  van  samenvallen  van 

Boltsmann-Festschrift.  20 


306  e/.  2>.  van  der  Waals, 

de  afstandssferen:  en  door  de  uitdrukkiiig  welke  hij  yoor  de 
maximum-entropie  op  deze  wijze  Yond  te  yergelijken  met 

(de  entropie  in  den  evenwichtstoestand  Yolgens  de  toestands- 
yergelijking)  was  hij  in  Staat  gesteld  de  waarden  te  bepalen 
van  enkele  coefficiSnten  in  de  uitdrukking: 

Deze  methode  is  een  indirekte.  Ik  zelf  had  beproefd 
deze  coSfücienten  te  bepalen  door  rechtstreeks  den  inyloed 
yan  het  samenyallen  der  afstandssferen  op  de  grootte  yan  den 
druk  na  te  gaan.  De  waarden  der  coefficienten^  welke  yolgens 
deze  twee  yerschillende  methoden  geyonden  werden^  yer- 
schilden.  Later  heeft  mijn  zoon  ^)  aangetoond^  dat  ook  yolgens 
de  rechtstreeksche  methode  de  waarde  yan  ay  als  men  den 
inyloed  op  den  druk  anders  opyat^  dan  ik  gedaan  had^  gdlijk 
aan  die  yan  Boltzmann  geyonden  wordt.  En  sedert  ben  ik 
geneigd  de  coefficienten  yolgens  Boltzmann's  berekening  als 
juist  aan  te  nemen." 

Nu  is  mijn  doel  in  de  yolgende  bladzijden  aan  de  eigen- 
schappen  van  het  kritisch  punt  de  waarde  der  grootheden 
a  en  ß  door  berekening  te  ontleenen.  Voor  zooyer  dit  namelijk 
mogelijk  is. 

Voor  zeer  groote  waarden  yan  v  kan  men  als  benadering 
stellen: 

(1)  *  =  Ä,(i -.*;). 

De  waarde  der  grootheden  a,  ß  enz  neemt  yolgens  de 
afleiding  zeker  af  en  waarschijnlijk  snel.  Zoolang  nu  b  Iv  <  1 
zullen  wij  ons  yoor  de  berekening  van  b  met  weinig  termen 
kunnen  vergenoegen,  en  als  b  Iv  een  kleine  breuk  is,  zal  dat 
aantal  zoo  beperkt  kunnen  zijn  dat  (1)  de  waarde  van  b  nauw- 
keurig  genoeg  wedergeeft.  Nu  weten  wij  echter  niet  vooraf 
hoe  groot  b  Iv  voor  het  kritisch  punt  is,  eu  wij  zijn  dus 
ook  niet  zeker  dat  als  wij  deze  waarde  van  b  aannemen,    de 

1)  J.  D.  van  der  Waals  Jr.,  Verslag  Kon.  Akad.  van  Weten- 
schappen  11.  p.  040.  1902. 


De  verandering  van  de  grootheid  b.  307 

waarde  van  a  uit  de  eigenschappen  yan  dat  punt  berekend, 
dicht  genoeg  bij  de  wäre  waarde  liggen  zal.  En  strikt  ge- 
aomen  zal  de  aldus  berekende  waarde  het  niet  tot  volledige 
beslissing  kunnen  brengen  of  bijvoorbeeld  a  ^  3/8  is^  zooals 
uit  Boltzmann's  berekening  Yolgt  of  gelijk  aan  ^^1^^,  zooals 
uit  mijn  berekeningen  volgde.  Dit  zou  evenmin  het  geval  zijn, 
als  wij  meer  termen  in  de  reeks  voor  b  behouden  hadden. 
Daar  de  opvolgende  termen  echter  afwisselend  positief  en 
negatief  zijn  laat  het  zieh  verwachten  dat  de  wäre  waarde 
yan  a  zal  liggen  tusschen  die«  welke  men  door  berekening 
yindt,  als  men  een  vorm  voor  b  aanneemt«  waarin  alleen  a  voor- 
komt«  en  een  waarin  a  en  ß  beide  voorkomen. 
Stellen  wij  dus  eerst: 

dan  is 

en 

d}b       „      I  b,\^ 


Daar  in  het  kritisch  punt 

d  V 


T  \dv^JT 


gelijk  0  zijn,  heeft  men  de  drie  vergelijkiugen 

P  ^  V  -b  V* 

()  _        _A dv)  _2a 

iv  -  by  P» 

en 

d'b  _  db 

dv^  o  dv      _^    3 

_  db  "^  V  -b        "~    r    • 

d  V 

Stelt  men  b  /  r  =  x,   dan   vindt  men  ter  berekening  van 
»j^  (de  waarde  van  r^x^.^  =  n  stellende) 

l   +  6  M  -  3  H- 


^^~  3  -  u 


20 


308  «/.  B.  van  der  Waals. 

Wij  kunnen  een  tweede  yergelijking  tusschen  x^  en  u 
vinden^  als  wij  de  waarde  van  pvf  RT  Yoor  het  kritisch punt 
bekend  stellen.  Yoor  vele  sto£fen  is  de  waarde  van  dat  produkt 
circa  0,275  =  ^  gevonden.  Voorloopig  stellen  wij  ze  voor 
door  het  teeken  k.    Wij  hebben  dan: 

"■  V^^  "  Vrt 

V  ^  b        2  \v  -  hj    \         dv] 

Hieruit  yolgt  de  yergelijking: 

^  2Ä(1  ^Xj^  +  uf^l  -2;f^  +  3tt, 
welke  met 

dienen  kan  om  h^  en  u  te  berekenen. 

Een  stel  waarden,  n.  1.  u  =^  \  en  ar,^  =  2  voldoet  aan  beide 
vergelijkingen,  maar  yoor  x  =  2  is  de  yoor  b  gekozen  appro- 
ximatieye  waarde  zeker  niet  meer  als  een  benadering  te  be- 
schouwen.  Dit  stel  van  waarden  moet  dus  yerworpen  worden.^) 
Van  het  stel  dat  overblijft  levert  de  yergelijking: 

8Ä(1  -w)3  =  (3-fi)  (1  -3«) 

de  waarde  yoor  u. 

Deze  waarde  hangt  dus  yan  de  grootheid  k  af.  Mocht 
Ä  =  3/8  zijn,  dan  is  m  =  0.  Dit  is  de  bekende  waarde  yan 
[pv I RT)j^  als  b  invariabel  genomen  wordt  Voor  u  =  0,2 
wordt  de  waarde  yan  k  gelijk  aan  0,2735;  dus  zoo  dicht  bij 
de  waameming  dat  wij  deze  waarde  yan  u  =  0,2  als  juist 
kunnen  aannemen;  was  w  =  0  dan  zou  Xj^  =  ^/g  zijn  gevonden. 
Met  u  =  0,2  vinden  wij 

X.  =  0,743. 


1)  Dit  stel  beantwoordt  aan 


V  =  o  en     -    =  1 . 
dv 


De  verandering  van  de  grootheid  b.  809 

üit  ti  =  fl(  a^'  =3  0^2  yinden  wij  daa  a  =  0,861,  dus  zeer 
dicht  bij  de  door  Boltzmann  berekende  waarde  van  3/8.^) 

Mit  deze  waarde  van 

«^  =  0,748  en  m  =  «  V  ^  0,2, 
vinden  wij 


en 


(AJ^  =  0,548,     Äy,  =  0,288-^  = 


;.,  =  0,04203^  =  J-3-^. 


7,641    o 
27      h 


Voor  bj^  vinden  wij  dan: 

,         RTt  0,042      ^     .  .         Ä  7» 

K  =  — -  TCc-^n    of  circa    b.  =  -^r— ^  . 

*         p*    0,283  *         7  p» 

Hadden  wij  b  niet  variabel  gesteld  dan  geldt  voor  b  de 
waarde  RTj^lSpj^.  Maar  is  b  inderdaad  variabel,  dan  is  de 
uit  RTj^ll\  berekende  waarde  niet  de  waarde  van  6  ,  dus 
de  waarde  van  b  voor  zeer  verdunde  gassen.  Deze  kan  dan 
berekend  worden  uit 

^  =  1 -aar.  =  0,781. 

bg 

Misschien  ligt  hierin  een  vingerwijzing  voor  de  verklaring  van 
het  meermalen  opgemerkte,  dat  de  a  en  6  uit  de  kritische 
grootheden  berekend  niet  volkomen  aan  de  samendrukbaarheid 
der  gassen  beantwoorden. 

AI  het  bovenstaande  zou  evenzeer  gelden  als  a  en  ä  tem- 
peratuurfunctien  zouden  zijn.  Om  te  zien  in  hoever  het 
noodig  is  ze  afhankelijk  van  de  temperatuur  te  stellen,  maken 
wij  gebruik  van  het  kenmerk,  dat  bij  de  kritische  temperatuur 
de  waarde  van  dp  I dT  voor  de  verzadigde  dampen  gelijk  is 
aan  [dpjdT\,     Wij  vinden  voor  {dpldT\  de  waarde: 

(dp\__      R  RT     (db\     _    1    (day 

en  dus 

Tdp  ^RT     V  RT''     (  db  \     _    T^  ld_a  \ 

pdT  ""  pvv-  b  '^  p{v'-b)^[dT),       pv*[dt),' 

1)  Zie  0.  a.  Arch.  N6erl.  Ser.  II.  8.  p.  285. 


310  /.  jD.  van  der  IVaals. 

Scbrijven  wij  voor  deze  laatste  vergelijkiug: 

p  dT"  k  V  -h'^  ^' 
Wij  kuDuen  nu  nagaan  of 

'^  pdl 

grooter  of  kleiner  is  dan  (r  /  v  —  b\,  Volgens  de  bierboveu 
gegeven  waarde  van 

(*  )^  =  0.543,  i8(^-f^)  =  2,188. 
Met   k  =:  0^2735,    zou   als   A   gelijk   0   was    de    waarde   van 

p    dT 

gelijk  aan  8  gevouden  worden.  Stellen  wij  dat  het  experiment 
daarvoor  de  waarde  7  heeft  geleverd,  dan  moet  dus  J  negatief 
zijn ;  wat  als  a  niet  van  T  afhangt  voor  [db  jd  1\  een  negatieve 
waarde  zou  eischen.  Is  b  niet  van  T  afhankelijk,  iets  wat 
volgens  het  denkbeeld  van  quasi-verkleining  te  wachten  is,  dan 
zou  a  met  T  moeten  toenemen.  En  dit  laatste  is  zeker  zeer 
onwaarschijnlijk  en  tegenieders  verwachting.  Deze  moeielijkheid 
blijft  bestaan  ook  als  men  voor  b  een  meer  benaderde  waarde 
aanneemt  dan  hierboven  geschied  is. 

Stellen  wij  nu: 


b  =  h 


dan  is 


1 


-"B')+^(t')1 


1  _  .A_  =  1  ^x  +  ax^--  ßx^ 
dv  ^ 

Dan  wordt  de  vergelijkiug,  welke  ter  bepaling  van  het  kritisch 
volume  dient,  de  volgende: 

3x  -  1  -  5i^x2  +  Ißx^  =  (2ax2-  6/^x3) -^l^t«''^-/;•  . 


I)e  veranderiny  van  de  grootheid  6,  311 

Voor  {pv I RI\=s  k  vindt  men  dan : 

2Ä(1  -x+ax^^ßx^^=^  1  -'2x  +  Sccx^'-4ßx\ 

Nemen  wij  weder  ax^=^Uj  en  stellen  wij  ßx^^w,  dan 
kunnen  wij  deze  twee  vergelijkingen  de  volgende  gedaante 
geven: 

_  (1  -  litt;  -  Su^*)  +  ^(6  4-  9k?)  -  3^« 
^*  -  3  -  w 

en 

Wij  kunnen  nu  rekenen  drie  onbekenden  te  hebben,  n.  1. 
Xj^y  u  en  w.  Deze  twee  vergelijkingen  zijn  dus  niet  voldoende 
om  ze  te  berekenen.  Wij  zouden  uit  de  door  het  experiment 
geleverde  waarde  van 

T^dp 
p    dT 

een  derde  vergelijking  kunnen  bijvoegen.  Maar  alleeu  als 
wij  a  en  6  van  T  onafhankelijk  zouden  mögen  stellen.  En 
daar  wij  daarvan  niet  zeker  zijn,  zullen  wij  deze  derde  ver- 
gelijking moeten  ontberen.  Wij  zullen  dan  ook  voorloopig  w 
als  bekend  aannemen.  Er  is  weder  een  stel  van  waarden  van 
Xf^  en  Uy  dat  aan  beide  vergelijkingen  voldoet,  maar  verworpen 
moet  worden,  n.  1. 

tt  =  1  +  2t£?  en  x^  =  2  +  tc. 
Na  eliminatie  van  dat  stel,  vindt  men  ter  berekening  van  tt : 

3  (1  -  w  4-  2wy 

Voor  kleine  waarden  van  w,  en  die  moeten  wij  aannemen, 
neemt  bij  de  zelfde  waarde  van  k,  de  grootheid  u  met  to  toe. 
Wij  zullen  dus  u  iets  grooter  dan  vroeger  moeten  vinden. 

Voor  w  =s  0,01  wordt: 

_    0,8892  +  6,09  m  -  3  m« 

en 

3  (1,02  -  M)» 


312      J,  D,  van  der  Waals.    De  verandering  van  de  grootheid  b. 

Aan  deze  vergelijking  voldoet  voor  dezelfde  waarde  van 
k  van  vroeger  u  =  0,23  en  daaruit  volgt  «^  =  0,77,  en  a  =  0,38. 
Berekenden  wij  uit  lo  =  0,01  de  waarde  van  ß,  dan  zouden 
wij  slechts  circa  Ys  ^^  V4  ^den  van  de  theoretische  waarde. 
Dat  vidj  minder  moeten  vinden,  is  uit  het  weglaten  van  nog 
verwaarloosde  termen  in  de  waarde  van  b  vooraf  af  te  leiden. 
Voor  de  waarde  van  ip  jv  ^  b\  vinden  wij  een  nog  iets  grootere 
waarde  dan  vroeger  n.  1. 

i =  2,22 . 

1    —  X*  +  «  —  IT 

Zouden  wij  dit  op  koolzuur  mögen  toepassen  dan  vinden 
wij  met  v^  =  0,0042,  b^  =  0,0023.  Maar  deze  waarde  van  b 
is  dan  zeer  veel  kleiner  dan  4  ,  welke  volgens  de  hierboven 
gevonden  betrekking,  bj^j  b=x  0^131^  circa  0,00315  zou  be- 
dragen. 

(Eingegangen  9.  September  1908.) 


313 


41.  Über  die  Verteilung  einer  nicht  dissoziierenden 
Substanz  zwischen  zwei  Lösungsmitteln. 

Von  Q.  Ja^er  in  Wien. 


In  der  Abhandlung:  ^,Die  Hypothese  van^t  Hoffs  über  den 
osmotischen  Druck  vom  Standpunkte  der  kinetischen  Gastheorie*^  ^) 
hat  Herr  L.  Boltzmann  gezeigt,  daß  sich  für  den  osmotischen 
Druck  in  analoger  Weise  eine  kinetische  Theorie  geben  läßt, 
wie  för  den  Druck  eines  Gases.  Desgleichen  können  wir  für 
die  Molekeln  einer  Substanz  in  flüssiger  Lösung  das  Maxwell- 
sehe  Verteilungsgesetz  der  Geschwindigkeiten  voraussetzen.  Unter 
diesen  Annahmen  wollen  wir  im  folgenden  nach  der  kinetischen 
ITiearie  die  Verteilung  einer  nicht  dissoziierenden  Substanz  zwischen 
zwei  einander  berührenden  Lösungsmitteln  geben,  welche  sich 
gegenseitig  nur  sehr  wenig  losen. 

Wie  die  Molekeln  einer  Flüssigkeit  aufeinander  Anziehungs- 
kräfte ausüben,  durch  welche  allein  deren  Zusammenhalt  vor- 
stellbar wird,  so  müssen  auch  zwischen  den  Molekeln  des 
Lösungsmittels  und  der  gelösten  Substanz  Anziehungskräfte 
bestehen,  da  sich  letztere  sonst  aus  der  Flüssigkeit  vollständig 
verflüchtigen  würde.  Im  Linem  des  Lösungsmittels  halten  sich 
diese  Kräfte  nach  allen  Richtungen  des  Raumes  im  Gleich- 
gewicht. Die  Molekeln  der  gelösten  Substanz  bewegen  sich 
also  gerade  so,  als  würden  auf  sie  gar  keine  Kräfte  wirken. 
An  der  Oberfläche  der  Lösung  hingegen  erfährt  die  gelöste 
Substanz  einen  Zug  gegen  das  Innere.  Um  eine  Molekel  der 
gelösten  Substanz  aus  der  Lösung  zu  entfernen,  ist  daher  ein 
bestimmter  Arbeitsaufwand  nötig,  welcher  der  Verdampfungs- 
wärme analog  ist,  die  notwendig  ist,  um  eine  Flüssigkeitsmolekel 
in  Dampf  zu  verwandeln.  Bringen  wir  eine  Molekel  der  ge- 
lösten Substanz  in  die  Lösung,  so  wird  die  entsprechende 
Arbeit  wiedergewonnen. 


1)  Zeitschr.  f.    phys.    Chem.    6.    p.  474.    1890.      Nachtrag  1.  c.    7. 
p.  88.     1891. 


314  G,  Jäger, 

Grenzen  zwei  Lösungsmittel^  die  sich  nur  wenig  mischen^ 
aneinander,  so  können  die  Molekeln  der  gelösten  Substanz 
nach  beiden  Bichtungen  die  Trennungsfläche  durchsetzen.  Im 
allgemeinen  wird  dabei  nach  der  einen  Richtung  eine  Arbeit 
aufgewendet  werden  müssen,  die  in  entgegengesetzter  immer 
wieder  gewonnen  wird. 

Wir  denken  uns  eine  horizontale  Trennungsfläche.  Es  wird 
dann  zwischen  den  beiden  Lösungen  Gleichgewicht  herrschen, 
wenn  in  der  Zeiteinheit  durch  die  Einheit  der  Trennungsfläche 
gleichviel  Molekeln  der  gelösten  Substanz  von  oben  nach  unten 
und  von  unten  nach  oben  wandern.  Von  der  gelösten  Substanz, 
auf  die  sich  im  weiteren  alle  Angaben  beziehen,  seien  in  der 
Volumeneinheit  der  unteren  Lösung  N  Molekeln,  in  jener  der 
oberen  N'  vorhanden.  Die  Zahl  der  Molekeln,  welche  in  der 
Zeiteinheit  durch  die  Flächeneinheit  von  oben  nach  unten 
passieren  können,  ist  dann 

(D  ^, 

wobei  ü  den  Mittelwert  der  positiven  Geschwindigkeitskompo* 
nenten  der  Molekeln  senkrecht  zur  Trennungsebene  vorstellt. 
In  entgegengesetzter  Richtung  wandern  entsprechend 

00 


N 

~  O«     1                    iV  ff          ~ 

ue         du  ^=  — -_  e 

m  a 

" : 

«1/« 

^                                2yn 

m 

Molekeln.^)  Wir  akzeptieren  also  das  Maxwellsche  Ver- 
teilungsgesetz der  Geschwindigkeiten  und  bezeichnen  mit  a  jene 
Arbeit,  welche  zur  Überwindung  der  Molekularkräfte  notwendig 
ist,  wenn  eine  Molekel  durch  die  Trennungsebene  von  unten 
nach  oben  geht. 

Für  das  Gleichgewicht  muß  nun  I  =  II,  d.  h. 

_  ^^ 
(^)  JV'  =  Ne     "•"• 

sein,  da  Ä  =  a/)/;r  ist. 

1)  Vgl.  z.  B.  G.  Jäger,  Ann.  d.  Phys.  11.    p.  1073  flp.    1908. 


Löslichkeit  in  einander  berührenden  Flüssigkeiten,         315 
Setzen  wir 

2a    rJ    jv 

80  haben  wir  unter  r  die  Differenz  der  Lösungswärmen  in  den 
beiden  verschiedenen  Lösungsmitteki  zu  verstehen  ^  wenn  die 
Lösungen  so  verdünnt  sind,  daß  bei  weiterer  Verdünnung  keine 
Wärmetönung  mehr  stattfindet.  /  ist  das  mechanische  Wärme- 
äquivalent,  R  die  Gaskonstante. 
Aus  (1)  erhalten  wir 

(2)  ^    =  (.  AT 

Unter  der  Voraussetzung  entsprechend  verdünnter  Lösungen 
ist  r  von  der  Konzentration  unabhängig.  Es  ist  daher  bei 
konstanter  Temperatur  T  «»"«^/^r  ^jne  von  der  Konzentration 
der  Lösung  unabhängige  Größe,  und  wir  erhalten  den  Nernst- 
sehen  SatZj  daß  für  nicht  dissoziierende  Substanzen  das  Ver* 
hältnis  der  Konzentrationen  in  den  beiden  Lösungsmitteln  uncJh' 
hängig  von  der  Menge  der  gelösten  Substanz  ist.  Gleichzeitig 
erfahren  wir,  in  welcher  Weise  sich  dieses  Verhältnis  mit  der 
Temperatur  ändert,  vorausgesetzt,  daß  die  Lösungswärmen  als 
Funktionen  der  Temperatur  bekannt  sind.  Wir  erkennen  auch, 
daß  der  Satz,  wie  es  tatsächlich  der  Fall  ist,  nur  für  ver- 
dünnte Lösungen  gilt. 


1)  1.  c.  p.  1080. 

(Eingegangen  10.  September  1903.) 


316 


42.  Über  die  spezifische  Wärme  im  flflssigen  Znstande 

bei  niedrigen  Temperaturen. 

Von  J.  J.  van  Iiaar  in  Amsterdam. 


L 

Bekanntlich  hat  Prof.  van  der  Waals^),  ausgehend  von 
der  Theorie  der  zyklischen  Bewegung,  einen  Ausdruck  her- 
geleitet, welcher  bei  zusammengesetzten  Molekülen  die  Ver- 
änderlichkeit der  Größe  b  seiner  Zustandsgieichung  mit  dem 
Volumen  angibt  Beschränken  wir  uns  auf  den  Fall  ztoei^ 
atomiger  Moleküle,  so  ergab  sich  für  die  ,^Zustandsgleichung  des 
Moleküls'': 

(^)  (/^  +  {.  +  ^)(*-*o)  =  Äy, 

wo  die  Größe  b^  das  Volumen  des  Moleküls  ist,  wenn  die 
beiden  Atome  sich  bei  ihrer  Bewegung  einander  so  nah  wie 
möglich  gekommen  sind.  Dabei  wurde  vorausgesetzt,  daß  die 
Atome  sich  in  der  Richtung  ihrer  Verbindungslinie  —  also 
radial  —  hin  und  her  bewegen,  und  nicht,  daß  dieselben  sich 
in  kreisender  Bewegung,  wie  die  einzelnen  Sterne  eines  Doppel- 
stemes  z.  B.,  um  einander  herum  bewegen. 

Dieser  Umstand  ist  wichtig,  denn  er  führt  zu  dem  Er- 
gebnis, daß  die  kinetische  Energie  der  Atome  L^  das  Drittel 
ist  von  derjenigen  der  Moleküle  L^,  und  das  spiegelt  sich 
wiederum  ab  in  dem  Ausdruck  für  die  Entropie,  für  welche 
(bis  auf  eine  Konstante)  gefunden  wird: 

iy  =  Ä  [log  (t;  -  b)  r/.  +  log  {b  -  b,)  TV.], 

sodaß  der  Exponent  von  T  im  zweiten  logarithmischen  Gliede 
nicht  '/g,  sondern  ^2  wird. 

Man  findet  dann  weiter  für  die  spezifische  Wärme  bei 
konstantem  Volumen  aus  C^  =  T{drjld  T)^: 


1)  J.  D.  van  der  Waals,  Versl.  Kon.  Akad.  van  Wetenschappen, 
Amsterdam,  März,  April  und  Mai  1901;  Arch.  Ne^rl.  (Livre  jubilaire 
offert  k  J.  BosBcha),  p.  47  ff. 


Spez.  Wärme  im  flüssigen  Zustande  b,  niedr.  Temperaturen,     817 


(2)  C^^BT 


v-b\dT)r'^  b'-b^y    dT   ;. 


Es  ist  jetzt  die  Frage  inwiefern  b  und  vielleicht  auch  b^  Tem^ 
/7^aft<rfanktionen  sind. 

Setzen  wir  mit  van  der  Waals  den  Ausdruck  dP^jdb, 
welcher  offenbar  mit  den  Kräften  zusammenhängt,  welche  die 
Atome  im  Molekül  zusammenhalten,  proportional  b  —  b^.  Diese 
Annahme  besagt  bei  radialer  Bewegung  der  Atome,  wodurch 
das  Molekül  die  Gestalt  eines  Doppelzylinders  bekommt,  daß 
die  Atomkräfte  proportional  der  Amplitude  r  —  r^^  wirken.  Es 
wird  also  gesetzt: 

und  daher  kann  statt  (1)  geschrieben  werden: 

Bei  unendlich  großem  Volumen  wird  dieses  offenbar: 

(3)  a  (Ä,  -  b,f  =  R  T, 

SO  daß  —  wenn  a  keine  Temperaturfunktion  ist,  und  die 
Herleitung  der  Formel  (1)  aus  der  Theorie  der  zyklischen  Be- 
wegung fordert,  daß  P^  keine  direkte  Temperaturfunktion  sei 
—  die  Größe  b  —  b^  notwendig  proportional  ]/r  sein  muß. 
Nun  denkt  sich  van  der  Waals  b^  unveränderlich;  dann  muß 
aber  b  in  der  angegebenen  Weise  von  T  abhängig  sein.  Nach 
einer  Bemerkung  von  D.  Berthelot  liefert  jedoch  die  Er- 
fahrung für  das  Verhältnis  zwischen  der  Temperatur,  wobei 
ein  Gas  in  äußerst  verdünntem  Zustande  dem  Boy  leschen 
Gesetze  folgt,  und  der  kritischen  Temperatur,  den  Wert  2,93 
bis  2,98.  Das  aber  fordert  b  zwischen  diesen  weit  auseinander 
liegenden  Temperaturen  =  konstant,  welche  Annahme  theo- 
retisch für  den  Wert  dieses  Verhältnisses  2,9  liefert.  Es  kann 
somit  b  keine  Temperaturfunktion  sein,  und  es  bleibt  nichts 
anderes  übrig,  als  daß  b^  eine  solche  ist 

Bei  Wasserstoff,  wo  ich  die  neue  van  der  Waals  sehe 
Gleichung  für  b  an  den  Ergebnissen  der  Amagatschen  Ver- 
suche  prüfte^),  fand  ich  denn  auch  nur  dann  eine  gute  Uber- 

1)J.  D.  van  der  Waals,  Versl.  Kon.  Akad.  van  Wetenschappen, 
Amsterdam,  April  1903. 


318  /.  J.  van  Laar. 

0 

eiustimmung,  wenn  h  =  konstant  ist,  und  h^  genau  in  der 
nach  (3)  geforderten  Weise  von  T  abhängig  angenommen  wird. 
Und  es  ist  der  Zweck  dieses  Aufsatzes,  noch  einen  weiteren 
Beweis  beizabringen,  daß  in  der  Tat  h^  in  dieser  Weise  von 
T  abhängt 

Daß  h^  mit  der  Temperatur  veränderlich  ist,  und  zwar 
bei  niedrigen  Temperaturen  großer  ist  als  bei  höheren,  kann 
so  gedeutet  werden,  daß  die  Atome  sich  einander  bei  höherer 
Temperatur  näher  kommen  können,  als  bei  niedrigerer. 

Bei  höheren  Temperaturen  scheint  die  größere  Geschwindig- 
keit der  Atome  die  AtherhüUe  stärker  zu  komprimieren,  als 
bei  niedrigeren  Temperaturen.  Auch  wird  vielleicht  bei  nied- 
rigeren Temperaturen  diese  die  Atome  umgebende  Ätherhülle 
dichter  sein,  als  bei  hohen  Temperatren. 

Daß  h^  mit  der  Temperatur  veränderlich  ist,  hat  auch 
schon  van  der  Waals  bei  CO,  gefunden^);  und  in  seiner 
letzten  Abhandlung^  weist  dieser  Gelehrte  darauf  hin,  daß  die 
Tatsache,  daß  {dp\dl\  nicht  vollkommen  konstant  ist,  diese 
Annahme  rechtfertigt. 

Setzen  wir  (3)  in  die  Gleichung  (1)  ein,  so  wird  dieselbe: 


oder  mit 

n  -U  _ 

v^         V  —  h 


,     a  RT 

P  +  .7  = 


Und  das  ist  die  von  van  der  Waals  hergeleitete  Gleichung, 
welche  bei  zweiatomigen  Molekülen  die  Abhängigkeit  der  Größe  h 
von  r,  h  und  h^  angibt.  Da  h^  eine  Temperaturfunktion  ist, 
so  wird  auch  h  von  T  abhängig  sein. 

Tl. 

Wir  wollen  jetzt  weiter  gehen  und  den  Ausdruck  (2)  für 
CL  näher  betrachten. 


1)  J.  D.  van  der  Waals,  Arch.  Neerl.  (2)  4.  p.  267. 

2)  J.  D.  van  der  Waals,  De  vloeistoftoestand  eu  de  toestands- 
vergelijking,  Vcrsl.  Kon.  Akad.  van  Wctenschappen,  Amsterdam,  Juli  1908. 


Spez.  Warme  im  flüssigen  Zustande  b,  niedr.  Temperaturen,     319 


Bei  r  =  00  wird 

^-     =0,       b^b. 

nnd  es  wird  daher: 

(5)                     C«  =  Ä 

fo    ,        T     d(b,-b,)] 

Setzt  man  nun  nach  (8): 

(3a)                         b^-b,  =  ^T=YrT, 

80  wird 

T     d{b,--b,)  _ 
b^-bo       dT        -  2^ ' 

und  wir  bekommen: 

(6)  6;.«,  =  Ä(2  +  i)  =  |Ä, 

in  völliger  Übereinstimmung  mit  der  Erfahrung  bei  zwei- 
atomigen verdünnten  Gasen. 

Man  sieht  hierbei  deutlich,  daß  nur  die  Annahme,  daß 
b  —  b^  in  der  angegebenen  Weise  von  T  abhängt,  zu  dem 
nchtigen  Ergebnis  C^^  ao  =  ^  führt  ^)  Nur  bleibt  dabei  un- 
entschieden, ob  b    oder  b^  eine  Temperaturfunktion  ist 

Bei  sehr  kleinen  Volumen  [Flüssigkeiten  unweit  des  Er- 
starrungspunktes] nähert  sich  nach  (4)  b  -^  b^jv  —  b  der  Ein- 
heit, und  die  Gleichung  (2)  wird  in  diesem  Falle: 

T       dbr 


(7)  6;  =  ,  =  Ä 


2- 


b^bo  dT 


Und  hierin  liegt  der  oben  erwähnte  weitere  Beweis,  daß  b^ 
eine  Temperaturfunktion  sein  muß,  und  nicht  b  j»  Denn  wäre 
b^  konstant,  so  wäre  auch  C^  bei  Flüssigkeiten  konstant  =  4, 
während  die  Erfahrung  lehrt,  daß  C^  unweit  des  Erstarrungs- 
punktes bei  zweiatomigen  StoflFen  etwas  größer  als  2  x  6  =  12  ist 
[Wir  erinnern  daran,  daß  das  Dulong- Neu  mann  sehe 
Gesetz  für  den  festen  Zustand  fast  genau  den  Wert  12  fordert] 


1)  J.  D.  van  der  Waals  hat  bei  CO,  statt  {b^  -  b^Y  die  Größe  « 
proportional  ^angenommen,  damit  die  Größe  TIp.dp/dThei  der  kritischen 
Temperatur  mit  dem  experimentell  gefundenen  Wert  übeinstimme.  Dann 
aber  wird  bg  —  b^  unabhängig  von  T,  und  es  gibt  die  Formel  (2)  nicht 
mehr  den  richtigen  Wert  für  Cv  =  x ,  es  wäre  denn,  daß  andere  Voraus- 
setzangen  über  di<*  Atombewegung  gemacht  wrrden. 


320  J,  J,  van  Zaar, 

Nach  (3a)  wird  nun,  wenn  b  =  konstant: 

(3b)  _T|^  =  i(i,-*„), 

und  daher: 

(8)  C..„  =  Ä(2  +  i^'^A)  =  Ä(2  +  ^). 

wenn  wir 

Ug  —   »0 

setzen. 

Nun  geht  für  den  fliLssigen  Zustand  die  Zustandsgleichung 
über  in 


oder  da  angenähert 


m 


^{v-b)  =  RT, 


Ti  ff  8   a 


b.iv^b)        8    T 


r«  27  ü  • 

Aus  (a)  geht  hervor: 

und  da  nach  (4) 

,        b  —  bQ 

somit   mit  Vernachlässigung   höherer  Potenzen   von    z    ange- 
nähert V  —  b  =  b  -^  Öq  ist,  so  wird  auch 

und 

Wir  bekommen  also: 

8    T  _  bgjbg  -  ^>o)  * 


27  T*  [^  +  2(6, -6o)*r  • 

van  der  Waals  nahm  nun  in  seiner  letzten,  schon  oben 
zitierten  Abhandlung  an,  daß  die  Größe  b^  im  Fltissigkeits- 
zustande  in  der  Nähe  des  Erstarrungspunktes  nicht  weit  von 
\b    entfernt  ist.     Dadurch  wird,  wenigstens  angenähert: 

^^  27  71         (1  +  2*)«  • 


Spez,  Warme  im  flüssigen  Zustande  b.  niedr,  Temperaturen.     821 

Hätte  man  nicht  ä^  =  2^^,  sondern  allgemein  b^^^nb^ 
gesetzt,  so  wäre  statt  (9)  gekommen: 

^     '  21  Tu        (1  +2(n- !)*)•• 

Nun  liegt  der  Schmelzpunkt  T^  bei  zweiatomigen  Sub- 
stanzen in  der  Nähe  von  J-  Tj^.  Der  Wert  von  z  ist  alsdann  =  ^. 
Die  Relation  (8)  ergibt  nunmehr  mit  diesem  Wert  für  z: 

(10)  C,.,  =  Ä(2  +  4i)  =  6iÄ, 

in  guter  Übereinstimmung  mit  der  Erfahrung. 

So  wurde  bei  flüssigem  H^  der  Wert  2  x  6,4  =  12,8  ge- 
funden.    Und  auch  bei  flüssiger  Luft  fand  man  das  nämliche. 

Wir  weisen  nochmals  darauf  hin,  daß  nach  (7)  nur  die 
Annahme,  daß  b^  in  der  durch  (3  b)  angegebenen  Weise  von  T 
abhängt,  in  Verbindung  mit  b^  =  2(ÄJr„r^  und  Tq  =  \Tj^,  zu 
diesem  richtigen  Ergebnis  fuhrt. 

Die  spezifische  Wärme  von  zweiatomigen  Flüssigkeiten 
(Assoziation  und  dergleichen  ausgeschlossen)  ändert  sich  somit 
bei  abnehmender  Temperatur  und  Volumen  von  ±2^Ji  bei 
der  kritischen  Temperatur  bis  zu  ±  6^Ä  in  der  Nähe  des 
Erstarrungspunktes. 

Wir  bemerken  noch,  daß  die  Differenz  b  --  b^  wegen  der 
Vergrößerung  von  b^  mit  sinkender  Temperatur  schneller  ab- 
nimmt, als  wenn  b^  keine  Temperaturfunktion  wäre. 

Jetzt  werden  wir  den  allgemeinen  Ausdruck  für  C^  herleiten. 
Wenn  wir  die  Gleichung  (4)  in  der  Gestalt 

_i_  __  _J. b  -  b^ 

v-J-  b-bo       (b,  -  6o)« 

nach  T  diff'erenzieren,  so  bekommt  man: 


rf6 
dT 

db,_ 
dT 


^     -4-   -i        4-         ^ 


(p_6)'     '    (6-io)*    '    (*,-<•«)• 


+ 


(*-*o)'    '    (*,-*o)* 


2(6  -_*<,)      Mb,  -W 
■^(4,-6.)"»      '     dT 


oder  nach  Multiplizierung  der  beiden  Glieder   mit  Tip  —  ä^)*, 
und  mit  Rücksicht  auf  (4)  und  (a): 


rpdb 

dt 


(1  -  zV  +  1  +  z»]  =  ^^^-(l  +  z^  +  2zKT^^^r^^^l  . 


Die  Gleichung  (2)  geht  dadurch  über  in 

BoltzuMiin-Featecbrirt.  21 


822 


J.  J.  van  Zaar. 


C=R 


d.  h.  in 


C,  =  R 


'^  + 


..    (i+.')r^-  +  2*..r^^^*-> 


b^br 


2  +  *?JlA 


2  -  *«  +  *^ 


df  b-L       df 


1     jidb^ 


b-b^    dT 


Nun  ist  jedeufEills  nach  (3  a): 
80  daß  ffanz  aUgemein: 


(11) 


C,=  Ä 


2  + 


1  -|»«  +  |»* 

Für  r  =  00(2:  =  1)  wird  dieses  C^  =  2^Ä,    und  bei  sehr 
kleinen  Volumen  nähert  sich  (11)  mit  Rücksicht  auf  (3  b)  zu 

1  -»« 


C^B 


i**  + 


2  +  r^.r|^|=^(2  +  -^). 


wenn  wir  höhere  Potenzen  von  z  vernachlässigen. 

Ich  weise  bei  dieser  Gelegenheit  darauf  hin,  daß  die 
Gleichung  (4)  die  Zustandsgieichung  eines  Körpers  bei  niedrigen 
Temperaturen  (in  flüssigem  Zustande)  transformiert  in 


P  +  ^)^^-K)^RT[2-z^, 


80  daß  bei  z  =  0  das  zweite  Glied  ==2RT  wird.  Wie  schon 
van  der  Waals  bemerkte,  kann  das  so  gedeutet  werden,  daß 
die  Atome  im  Molekül  sich  als  einzelne  Moleküle  verhalten. 
Dabei  muß  jedoch  ins  Auge  gefaßt  werden,  daß  die  Größe  C^ 
sich  nicht  dem  Werte  6,  wie  bei  dissoziierten  Gasen,  nähert; 
viel  weniger  dem  Werte  12,  wie  das  Dulong-Petitsche  Gesetz 
erfordert,  sondern  wie  wir  oben  sahen,  sich  dem  Werte  4 
nähert,  wenn  db^/dT  =0,  und  dem  Werte  13,  wenn  db^jdT 
der  Beziehung  (3  b)  gehorcht 

III. 

Daß  in  der  Tat  die  spezifische  Wärme  im  flüssigen  Zu- 
stande bei  dem  Erstarrungspunkte  immer  etwas  größer  gefunden 


Spez,  Wärme  im  flüssigen  Zustande  b,  idedr,  Temperaturen,     823 


wird  als  im  festen  Zustande,  geht  ans  folgenden  Beispielen, 
welche  leicht  zu  vermehren  wären,  genügend  hervor. 


fltUsig 

fest 

Quecksilber 

6,7 

6,4 

Silber 

8,1 

6,0  -  8,1 

Zinn 

7,8 

6,7 

Blei 

8,2 

7,0 

Brom 

8,6 

6,7 

Schwefel 

7,5 

5,4 

Phosphor 

6,4 

5,4 

Die  spezifischen  Wärmen  sind  für  1  Atom  berechnet 
In  der  jetzt  folgenden  Tabelle  ist  der  Quotient  T^/Tj^  bei 
mehreren  Körpern  verzeichnet 

Zweiatomige  Körper. 


Tu  -  278 

T;  -  273 

Tu 

Ht 

-242« 

-  252,5  • 

0,54 

N. 

-146 

-209 

0,50 

Gl, 

145 

-102 

0,41 

Br, 

802 

-7 

0,46 

HCl 

52 

-114 

0,49 

NO 

-   93,5 

-167 

0,59 

CO 

-140 

-203 

0,52 

Wie  man  sieht,  nähert  sich  das  Verhältnis  zwischen  der  Er- 
starrungstemperatur und  der  kritischen  Temperatur  in  der  Tat 
0,5.     Nur  Clj  ist  etwas  zu  niedrig,  NO  etwas  zu  hoch. 

Bei  drei'  und  weÄratomigen  Körpern  sind  die  Abweichungen 
größer. 


/* 

1 

Tu 

/* 

^0 

N,0 

86  <> 

-100^ 

0,56 

NH, 

130,50 

-    750 

0,49 

CO, 

31 

-    57 

0,71 

PCI3 

,   285,5 

-112 

0,21) 

CS, 

275 

-113 

0,29 

♦AfiCl, 

356 

-    18 

0,41 

80, 

157 

-    78 

0,45 

CH^ 

-89 

-186 

0,47 

H,0 

365 

0,43 

CCI3 

284 

-    25 

0,45 

H,S 

100 

-    89 

0,49 

CHCl, 

260 

-    70 

0,38 

H,Se 

137 

68 

0,50 

•SiBr, 

383 

-    14 

0,39 

SnCl4 

319 

-    33 

0,41 

Oy. 

124 

-   34 

0,60 

21  ♦ 


324 


J,  J,  van  Laar, 


Besonders  COg,  CS3,  PCI3  weichen  bedeutend  ab.  Auffallend 
ist  es  jedoch,  daß  auch  bei  vielen  drei-,  vier-  und  flinfatomigen 
Körpern  das  Verhältnis  T^fT^^  so  oft  zwischen  0,4  und  0,5 
liegt  (Bei  AsCl,  und  SiBr^  ist  T^  nicht  durch  direkte  Be- 
obachtung, sondern  durch  Berechnung  gefunden). 

Verzeichnen  wir  noch  die  folgenden  Körper. 


h 

t. 

Tu 

NA 

171 

-    15 

0,47 

C,H, 

11 

-175 

0,35 

♦C,H,Br, 

365 

9 

0,44 

(C,H,),0 

196 

-117 

0,33 

CH,*.  COOH 

322 

17 

0,49 

CftHe 

290 

4 

0,49 

C.H,C1 

361 

-   40 

0,37 

Auch  hier  gibt  es  Körper,  welche  für  das  Verhältnis 
l\ITj^  nahezu  0,5  ergeben.  (Bei  CgH^Br,  ist  T^  wiederum  durch 
Berechnung  gefunden.) 

Nimmt  man  für  J^  und  0^  den  Wert  0,50  an,  so  würde 
t^  beim  Jod,  da  ^^  =  114^,  etwa  500®  C.  betragen.  Für  Sauer- 
stoff, wo  ^j^=  —  118®,  würde  der  Erstarrungspunkt  bei  un- 
gefähr —  193®  C.  gefunden  werden  müssen. 


IV. 

Wir  haben  gesehen,  daß  der  Ausdruck  (8)  für  C„  =  6  den 
Wert  ^\J^  liefert,  wenn  z  = '^j^,  ^0  ~  i^k»  unter  Annahme 
von  b   =  2[b^)T=.T,' 

Wäre  nun  aber  die  Gleichung  (4)  noch  gültig  für  Tempe- 
raturen unterhalb  TJ,,  wo  der  Körper  in  den  festen  Zustand 
übergegangen  ist,  so  würde  auch  (8)  gültig  bleiben,  und  dann 
näherte  sich  C^  bei  sehr  niedrigen  Temperaturen,  da  z  =  0 
wird,  zu  00. 

Das  widerstreitet  jedoch  der  Erfahrung,  daß  erstens 
in  dem  festen  Zustand  C^  immer  etwas  niedriger  ist  als  im 
Flüssigkeitszustande,  und  zweitens,  daß  C^  bei  abnehmender 
Temperatur  nahezu  konstant  bleibt,  z.  B.  =2x6  bei  zwei- 
atomigen festen  Körpern.    Wohl  ist  oft  eine  geringe  Abnahme 


Sptz.  Warme  im  flüssigen  Zustande  b.  niedr.  Temperaturen.     325 

zu  konstatieren,  aber  niemals  eine  Zunahme,  wie  doch  die 
Formel  (8)  unbedingt  fordern  würde.  Es  sind  sogar  bedeutende 
Abnahmen  bekannt^  wie  beim  Kohlenstoff,  Bor,  Silizium  u.  A^ 
wo  das  aber  auf  eine  weitgehende  Eomplexbildung  bei  nied- 
rigeren Temperaturen  hindeutet^) 

Wir  kommen  also  zu  der  Überzeugung,  daß  für  den  festen 
Zustand  eine  ganz  andere  Zustandsgieichung  gilt,  als  für  den 
flüssigen  und  gasförmigen  Zustand.  In  der  Nähe  von  T=\Tj^, 
wo  C^  im  flüssigen  Zustande  dem  Werte  im  festen  Zustande 
so  nahe  kommt  —  wenigstens  bei  zweiatomigen  Körpern 
—  scheint  somit  mit  der  Molekül-  und  Atombewegung  etwas 
ganz  besonderes  zu  geschehen.  Der  ungeordnete  Zustand 
des  flüssig-gasförmigen  Aggregatzustandes  (geordnet  nur  in 
statistischem  Sinne)  geht  über  in  den  geordneten  Zustand 
des  kristallinisch-iesten  Aggregatzustandes,  im  Gegensatz  zu 
dem  fflasartiff-festen  Zustande,  welcher  als  eine  (metastabile) 
Fortsetzung,  nur  mit  sehr  großer  Viskosität,  des  flüssigen  Zu- 
standes  gedacht  werden  muß. 

Wie  sich  aber  die  Zustandsgieichung  des  festen  Zustande» 
gestaltet,  ist  eine  Frage,  auf  welche  jetzt  nicht  näher  einge- 
gangen werden  kann.  Ein  klares  Bild  von  der  Bewegung  der 
z.  B.  zwei)  Atome  im  Molekül,  und  von  der  Anordnung  und 
Bewegung  der  Moleküle  im  kristallinischen  Körper  wird  dabei 
jedenfalls  unerläßlich  sein. 

1)  Auch  die  Tatsache,  daß  die  spezifische  Wärme  des  Eise«  für  18  g 
nicht  =  3  X  6  -■  18,  sondern  nur  =  9  ist,  weist  darauf  hin,  daß  das  ge- 
wöhnliche, bei  0°  C.  aus  Wasser  entstandene  Eis  wahrscheinlich  ganz 
aus  Doppelmolekülen  besteht. 

(Eingelangt  12.  September  1903). 


326 


43,  über  eine  Methode,  das  spezifische  Gewicht  sehr 
yerdflnnter  Losnngen  zu  bestimmen. 

Von  Gustav  Mie  in  Greifswald. 


1.  Das  spezifische  Gewicht  sehr  verdünnter  wässeriger 
Lösungen  von  Elektrolyten  ist  sicher  eine  Größe,  die  man 
möglichst  genau  kennen  muß,  wenn  man  die  Eigenschaften 
der  Ionen  näher  studieren  will.  Denn  aus  ihr  kann  man  (bis 
auf  eine  für  alle  Ionen  gleiche  additive  Eonstante,  die  zu- 
nächst noch  unbekannt  bleibt],  das  scheinbare  Volumen  be- 
rechnen, das  ein  Grammäquivalent  des  Ions  im  ganzen  ein- 
nimmt. Unter  dem  scheinbaren  Volumen  verstehe  ich  die 
Summe  aus  dem  wirklichen  Volumen  der  Ionen  und  der  (nega- 
tiven) Volumenänderung,  die  das  Wasser  durch  Elektrostriktion 
in  ihrem  elektrischen  Felde  erleidet.  Es  ist  wohl  als  sicher 
zu  erwarten,  daß  diese  Größe  mit  dem  elektrischen  Leit- 
vermögen des  betrefi'enden  Ions  in  einem  engen  Zusammen- 
hang steht. 

F.  Kohlrausch  ^)  hat  gezeigt,  daß  bei  den  einwertigen 
einatomigen  Ionen  der  Temperaturkoeffizient  eine  Funktion  des 
Leitvermögens  selber  ist.  Es  ist  zu  erwarten,  daß  ähnliches 
für  das  scheinbare  Volumen  gilt,  und  daß  man  damit  An- 
knüpfungspunkte für  eine  kinetische  Theorie  der  elektrolytischen 
Lösungen  gewinnt.  Ich  faßte  daher  die  Absicht,  das  Aqui- 
valentvolumen  der  einwertigen ,  einatomigen  Ionen  bei  ver- 
schiedenen Temperaturen  zu  bestimmen. 

F.  Kohlrausch  und  Hallwachs  ^  haben  gezeigt,  daß 
man  das  spezitische  Gewicht  sehr  verdünnter  Lösungen  am  ge- 
nauesten nach  der  Methode  des  Auftriebes  bestimmen  kann. 
Um   eine  gleichmäßige  Benetzung  des  Aufhängefadens  zu  er- 


1)F.  Kohlrausch,  Sitzungsber.  d.  Berliner  Akad.  d.  Wissensch. 
p.  r)72.  1902. 

2)  F.  Kohlrausch  u.  Hallwachs,  Wied.  Ann.  50.  p.  118.  1893; 
r>3.  p.  15.   1894. 


Spez.  Gewicht  sehr  verdünnter  Losungen,  327 

reichen^  nimmt  man  am  besten  einen  Platinfaden,  der  erst 
platiniert  und  dann  ausgeglüht  ist']  Man  mußte  aber  bei 
Benutzung  eines  Glühkörpers  wegen  der  großen  Unterschiede 
der  Ausdehnungskoeffizienten  von  Glas  und  Wasser  die  Tem- 
peratur auf  Vi 000^  ^-  göiiau  ablesen  und  alle  Wägungen,  die 
natürlich  bei  sehr  abweichenden  Temperaturen  gemacht  werden 
mußten,  auf  eine  Temperatur  reduzieren«  Um  sehr  genaue 
W&gungen  mit  einem  sehr  großen  Schwimmkörper  zu  machen, 
mußte  Eohlrausch ')  sich  sogar  auf  Temperaturen  in  der 
Gegend  von  6^  C.  beschränken,  wo  die  Ausdehnung  von  Glas 
und  Wasser  wenig  yoneinander  abweichen. 

Man  vermeidet  diese  Schwierigkeit,  wenn  man  als  Schwimm- 
körper einfach   reines    Wasser   nimmt,   dessen   Ausdehnungs- 
koeffizient als  identisch  angesehen  werden 
darf  mit  dem  der  verdünnten  Lösung.   Mein 
Schwimmkörper  hatte  die  Form  der  neben- 
stehenden Figur.    Es  war  ein  Fläschchen 
aus  Jenaer  Glas,  dessen  Hals  in  eine  sehr 
feine    Kapillare    ausgezogen    war.      Dieses 
Fl&schchen  wurde  mit  ganz  reinem  Wasser 
gefbllt  und  an  dem  Platinfaden  aufgehängt. 
Durch  die  lange  feine  Kapillare   wird  die 
Diffusion    von   Lösung   in  das   Innere    des 
Fläschchens    so    gut   wie   ganz  verhindert, 
und  doch  muß  bei  Temperaturveränderungen  durch  sie  Wasser 
aus-  oder  Lösung  eintreten. 

2.  Das  ganze  Volumen  v  dieses  Schwimmkörpers  besteht 
aus  zwei  Summanden:  dem  großen  Volumen  des  Wassers  r, 
und  dem  kleinen  Volumen  der  Glaswand  r^.  Ebenso  können 
wir  das  scheinbare  Gewicht  p  des  in  der  Lösung  hängenden 
Körpers  in  zwei  entsprechende  Summanden  p^  und  /?,  zerlegen 

Wäre  nun  das  Fläschchen  immer  mit  vollkommen  reinem 
Wasser  gefüllt,  das  schon  vor  dem  Eintauchen  genau  die  gleiche 
Temperatur  hat,  wie  die  umgebende  Lösung,  so  ändert  sich  p^ 
mit  der  Temperatur  nur  wenig.  Denn  wenn  s  das  spezitische 
Gewicht  der  Lösung  und  w  das  des  Wassers  im  Schwimm- 
körper ist,  so  ist:  p^  =  v^  ,[tD  —  .v),   eine  kleine  negative  Zahl, 

l)  F.  Kühl  rausch,  Wied.  Ann.  56.  p.  185.   1895. 


328  G.  Me. 

die  sich  bei  TemperaturänderuDgen  von  1  ^  C.  jedenfaUs  nur  mn 
einige  Zehntel  Promille  ändert.  War  die  Lösung  etwas  kälter 
wie  das  Wasser,  so  tritt  beim  Temperaturausgleich  ein  wenig 
Lösung  in  das  Gefäß  und  bewirkt  eine  ganz  kleine  Vergrößerung 
von  w,  so  daß  [s  —  w)  und  demnach  auch  p^  einen  ganz  kleinen 
Fehler  bekommt,  der  aber  bei  Temperaturänderangen  von  1®  C. 
höchstens  einige  Zehntel  Promille  beträgt.  Im  umgekehrten 
Fall  gilt  dasselbe,  nur  daß  dann  durch  Austreten  von  Wasser 
aus  dem  Fläschchen  s  ein  klein  wenig   heruntergesetzt  wird. 

Bei  Temperaturänderungen  bis  zu  1^  C.  kann  man  p^  als 
konstant  betrachten^  ohne  daß  dabei  die  gesuchte  Große  (s  —  w) 
einen  Fehler  von  mehr  als  einigen  Zehntel  Promille  bekommt 

Von  p^  gilt  nicht  dasselbe.  Ist  a  das  spezifische  Gewicht 
des  Glases,  so  ist  p^  =  v^[g  —  s).  Ist  ferner  a  der  Ausdeh- 
nungskoeffizient des  Wassers,  ß  der  des  Glases  und  ist  s 
nahezu  1,  so  ist  die  Zunahme  S  von  p^  flir  1^  C: 

(1)  8  =  v^.{a-ß). 

Es  wird  nun  der  Schwimmkörper  zuerst  in  reinem  Wasser  ^) 
abgewogen  />.  Wir  wollen,  um  ganz  exakt  zu  verfahren,  im 
folgenden  die  —  jedenfalls  sehr  wenig  voneinander  verschie- 
denen —  spezifischen  Gewichte  des  Wassers  außerhalb  und 
innerhalb  des  Fläschchens  unterscheiden  als  w  und  w\  Weiter 
wird  dann  von  einer  Lösung  bekannter  Konzentration,  der 
„Originallösung",  eine  abgewogene  Menge  ^)  zugesetzt,  tüchtig 
umgerührt,  und  wieder  gewogen:  p^.  Das  spezifische  Gewicht 
der  durch  die  Mischung  erhaltenen  verdünnten  Lösung  heiße  s^. 
Später  werden  noch  mehrmals  kleine  abgewogene  Mengen  der 
Originallösung  zugesetzt.  Die  Gewichte  des  Schwimmkörpers 
in  den  so  erhaltenen,  etwas  gehaltreicheren,  verdünnten 
Lösungen  seien  p^,  -  -  ,  die  spezifischen  Gewichte  «3,  .  .  .  Die 
Temperaturen  bei  den  verschiedenen  Wägungen  seien  i?-,  d-^, 
1^3,  .  .  .  Alles  werde  auf  eine  Temperatur  ß-^  reduziert,  die 
reduzierten  Größen  bezeichne  ich  durch  einen  Index  0: 
p^,  5j^,  etc. 


1)  Jedesmal    wird    das   Wasser    erst    unter  der  Luftpumpenglocke 
luftfrei  gemacht. 

2)  Mit  einer  Pipette ,  die  zuerst  mit  der  Füllung   und  dann ,  nach- 
dem diese  abgegeben  ist,  leer  gewogen  wird. 


Spez,  Gewicht  sehr  verdünnter  Losungen.  329 

Es  ist  nun: 
p    =  t?j  .  (tr'—  ti?)  +  «^1  •  (ö"  —  vi), 

reduziert: 

(2)       p^  =  v^^.[w^  -  O  +  ^,^(c^ö  -  w"^)  =  ^0  -  «'^•^^ 

=  üj  . (tr'  —  M?)  +  ü,  .  0-  —  ü,  .  M?  [1  +  (/?  — a)(«^o  ""  *^)]> 
(8)       ;|0=p  +  *.(t^o-*)- 
Ebenso  ist: 

(4)  ;^/=  t;,^(t^'«-.  s,^  +  t;,«(rrO-.  s,^  =  P,  -  v\s,\ 

(5)  V-ft+^-C^o-'^i)- 

In  Formel  (2)  und  (3)  bezeichnet  P^  das  absolute  Gewicht 
des  Schwimmkörpers  bei  der  Temperatur  19-^.  Man  bekommt 
durch  Subtraktion  von  (2)  und  (4): 

(6)  ^«  -  IT«  =  ^?>-  . 

Es  sei  das  Gewicht  des  Schwimmkörpers  bei  der  Tem- 
peratur d-Q  in  Luft:  F.     Daraus  können  wir  berechnen: 

^'  IT« -0,0012' 

Das  absolute  Gewicht  des  Schwimmkörpers  ist: 
(8)  Po  =  P  +  ü«.  0,0012. 

Wir  wollen  nun  aus  den  Wägungen  direkt  das  scheinbare 
Volumen  (f  von  1  Grammäquivalent  des  ionisierten  Salzes 
berechnen.  Es  sei  M  das  Aquivalentgewicht,  n^  die  Zahl  der 
gelösten  Grammäquivalente  in  1  g  der  verdünnten  Lösung. 
Eine  leichte  Rechnung  gibt: 

oder,  in  den  direkt  gemessenen  Größen  ausgedrückt: 

3.  Ich  beobachtete  mit  einer  Bunge  sehen  Wage,  die 
einen  Ausschlag  von  4,5  für  1  mg  gab,  und  zwar  meistens 
den  Punkt,  wo  der  Zeiger  schließlich  stehen  blieb.  Daß  eine 
derartige  Wägung  etwas  lange  dauert  (2 — 3  Minuten)  war  kein 


330  e.  Mie. 

Nachteil,  da  ich  doch  während  einiger  Zeit  (10 — 20  Minuten) 
beobachten  mußte,  ob  die  Einstellung  konstant  blieb.  Das 
war  erst  dann  der  Fall,  wenn  keine  Strömungen  mehr  vom  Um- 
rühren vorhanden  waren  und  wenn  sich  die  Temperatur  im 
Fläschchen  mit  derjenigen  außen  ganz  ausgeglichen  hatte. 

Bevor  ich  den  Schwimmkörper  aufhing,  prüfte  ich  den 
Platinfaden.  Schon  mit  dem  Auge  konnte  man  sehen,  daß 
der  umgebende  Wassermeniskus  beim  Herausziehen  und  beim 
Hineinschieben  des  Fadens  in  das  Wasser  derselbe  blieb.  Ein 
Faden  wurde  auch  so  geprüft,  daß  ich  ein  Stückchen  Platin- 
draht an  ihm  aufhing  und  erst  in  Luft,  dann  in  Wasser  abwog. 
Der  Auftrieb  ergab  sich  zu  1^4  mg  kleiner,  als  das  Gewicht 
des  verdrängten  Wassers.  Der  Faden  war  0,06  mm  dick. 
Rechnet  man  die  Oberflächenspannung  des  Wassers  zu  7,5, 
so  ergibt  sich  wirklich  das  Gewicht  des  Meniskus  bei  voll- 
kommener Benetzung  zu  1,4  mg. 

Trotzdem  konnte  ich,  nachdem  der  Schwimmkörper  an- 
gehängt war,  keine  konstante  Einstellung  bekommen.  Stunden- 
lang konnte  man  verfolgen,  wie  der  Zeiger  immer  weiter  kroch 
in  dem  Sinne,  daß  der  Schwimmkörper  immer  leichter  wurde. 
Rührte  man  dann  mit  ihm  das  Wasser  um,  so  ging  der  Zeiger 
plötzlich  um  ein  beträchtliches  Stück  zurück.  Erst  nachdem 
der  Körper  in  verdünnter  Salpetersäure,  Natronlauge  und 
Alkohol  längere  Zeit  bei  höherer  Temperatur  (60  —  80^  ab- 
gewaschen war  und  darauf  eine  Nacht  in  reinem  Wasser  gelegen 
hatte,   zeigte  sich  stets  eine  durchaus  befriedigende  Eonstanz. 

Vor  jeder  Beobachtung  wurde  mit  dem  Thermometer  oder 
auch  mit  dem  Schwimmkörper  selbst  tüchtig  gerührt  Das 
Thermometer  war  aus  Borosilikatglas  und  in  ^lo^  geteilt 

4.  Die  Temperaturkorrektion  8  ergibt  sich  aus  (1)  wie  folgt 
Bei  iJ-^,  =  20^  ist  der  Ausdehnungskoeffizient  des  Wassers 
0,000  207,  der  des  Jenaer  Geräteglases  i)  ist  0,0  000177,  also 
rund  a  — /9  =  0,00  019.  Das  Gewicht  des  Schwimmkörpers 
in  Wasser  ist:  p^  =  13,49  g,  femer  das  spezifische  Gewicht  des 
Glases  ^)  tr  =  2,73.     Man  bekommt  daraus 

^2  =  P^li^  —  1)  =  '^8  cbcm. 


1)  Diese  Zahlen    verdanke   ich    einer   freundlichen  Mitteilung  der 
Firma  Schott  &  Gen. 


Spez,  Gewicht  sehr  verdünnter  Lösungen.  331 

Die  Temperaturkorrektion  berechnet  sich  nun: 

S  =  1,5  mg/^C.  bei  20«. 

Der  Schwimmkörper  hatte,  in  Luft  gewogen,  das  Ge- 
wichtP=  134,28  g.  Nach  Formel  (7)  erhält  man  ü=  121,15  cbcm. 
Das  Volumen  der  Wand  einer  Hohlkugel  von  diesem  Raum- 
inhalt und  von  der  Wandstärke  0,7  mm  ist  v^  =  i  cbcm. 

Die  Abhängigkeit  des  Auftriebes  von  der  Temperatur  be- 
obachtete ich  direkt  in  reinem  Wasser.  Es  ergab  sich  für  die 
beiden  Temperaturen  21,58«  und  20,83«  ein  Unterschied  von 
1,3  mg.  Nun  ist  bei  21«,  da  hier  der  Ausdehnungskoeffizient 
des  Wassers  ca.  0,000  217  beträgt:  5=1,6.  Danach  würde 
sich  für  den  Temperaturunterschied  0,75«  berechnen:   1,2  mg. 

5.  Es  sei  ein  Beispiel  flir  die  Methode  angeführt  Die 
Originallösung  war  eine  0,0536  proz.  Lösung  von  KCl.  Sie 
enthielt  also  719. 10~^  Grammmoleküle  des  Salzes  in  1  g Lösung. 


Wasser     697,5  g 

19,940            21,188  g 

Einstellung 

14,0 

21,190,, 

» 

4,9 

p  =  21,188  87 

JD<>    =  21,188  96 

(^0  =  200) 

Eingefüllt       4,97  g 

20,03*            21,161g 

Einstellung 

6,6 

/»i  =    5,12  .  10-6 

21,160,, 

» 

11,0 

Pi  =  21,16023 

Pi*  =  21,16018 

(^0  =  200) 

Eingefüllt       5,09  g 

20,090            21,130  g 

Einstellung 

11,9 

w,  =  10,29  .  10-6 

21,131  „ 

»> 

7,5 

Pi  =  21,13042 

V  =  21,13028 

{^0  =  200) 

Eingefüllt     10,48  g 

20,150            21,070  g 

Einstellung 

12,6 

w,  =  20,71 .  10-6 

21,071  „ 

« 

7,9 

Pg  =  21,07056 

JO3O  =  21,07033 

(^0  =  200) 

Wenn  der  Schwimmkörper  abgehängt  war,  so  brachten 
7,69  935  g  den  Zeiger  auf  10.  Diese  Zahl  ist  also  von  den 
eben  als/?^,  p^^y  ,  ,  ^  hingeschriebenen  Größen  noch  abzuziehen. 
Richtig  ist  z.  B.  p^  =  13,48  961.  In  Luft  wog  der  Schwimm- 
körper P=  134,28  g.  Also  ist:  P^  =  134,32.  Nun  berechnet 
sich  ff  nach  Formel  (9): 

n  =      5,12  .  10-6         10,29  .  10-6         20,71-6 
q>  =     28,1  27,5  27,3 

Das  Molekularvolumen  von  ionisiertem  KCl  ist  also  bei 
20*^  C.  ungefähr  27,5.  Es  wurde  u.  a.  noch  bestimmt  RbCl 
und  CsCl. 


332        G.  Mie,     Spez.  Gewicht  sehr  verdünnter  Lösungen. 

NaCl        KCl        RbCl        CsCl 
16,5»)        27,5  33,9  41,0 

Man  sieht:   Die  Molekularyolumina  nehmen   mit  dem  Atom- 
gewicht des  Metalls  zu. 

Bei  der  Bestimmung  dieser  Zahlen  wurde  aber  nur  darauf 
Wert  gelegt;  die  Methode  zu  prüfen.  Die  Konzentrationen  der 
Originallösungen  dagegen  sind  nicht  so  genau  bestimmt,  als 
es  nötig  wäre,  um  genügende  Werte  von  (p  zu  bekommen. 
Da  nun  die  Einzelbestimmungen,  wie  man  auch  an  dem  ge- 
nauer hingeschriebenen  Beispiel  (KCl)  sieht,  unter  sich  stets 
gut  stimmen,  so  beabsichtige  ich  mit  einem  Schwimmkörper, 
der  bei  einer  viel  geringeren  Wandstärke  ein  größeres  Volumen 
hat,  als  der  bisher  benutzte,  an  die  Lösung  der  in  der  Ein- 
leitung genannten  Aufgaben  zu  gehen. 


1)  Nach  Kohlrausch. 

(Eingegangen  12.  September  1903.) 


333 


44.  Magnetization  and  resistance  in  Nickel  at  high 

temperatures. 

By  C.  G.  Knott  in  Edinburgh. 


1.  Professor  Tai t 's  discovery  in  1873  of  the  pecnliar 
changes  at  certain  critical  temperatures  in  the  fundamental 
thermoelectric  constants  of  iron  and  nickel  has  suggested  to 
me  from  time  to  time  various  other  lines  of  research  in  the 
hope  of  establishing  other  properties  at  these  critical  tempe- 
ratures. In  the  case  of  nickel  the  first  change  in  the  sign 
of  the  Thomson  Effect  occurs  about  the  temperature  of 
200**  C,  and  the  second  cliange  about  350®  C.  My  investi- 
gations  on  the  change  of  electrical  resistance  of  nickel  at  these 
high  temperatures^)  brought  out  other  relations;  and  these 
were  corroborated  by  W.  Kohlrausch*),  who  extended  the 
investigation  to  the  case  of  iron,  and  established  completely 
that  there  was  a  close  relation  between  the  march  of  resistance 
with  temperature  and  the  loss  of  magnetic  permeability.  The 
nature  of  the  relation  in  the  case  of  nickel  may  be  indicated 
by  giving  the  law  of  resistance  change  with  temperature  of 
the  nickel  wire  which  is  the  subject  of  the  present  note.  The 
resistance  temperature  graph  is  roughly  speaking  a  long  sloping 
8-form  of  curve  and  can  be  represented  for  interpolation  pur- 
poses  very  approximately  by  three  straight  lines.  Thus  to 
reduce  the  measured  resistance  (r)  of  the  wire  (3  ohms  at  15*^ 
to  temperatures,  the  formulae  were 

t  =  56,7  r  -  163,3  from     15^  to  200« 

^  =  33,9r-    22,7  „      200«   „    350« 

^  =  95,8  r  -  692,5  „      350«    „    400« 

Temperature  200«  corresponds  to  Tait's  first  bend  in  the 
thermoelectric  line  for  nickel,  and  350«  to  the   second  bend; 

n  C.  G.  Knott,  Trans.  Roy.  Edinburgh  IIX  p.  187.  1886. 
2)  W.  Kohlrausch,  Wied.  Ann.  33.  p.  42.  1888. 


\ 


334  C.  G.  Knott 

and  it  is  at  360^  that  nickel  ceases  to  be  magnetic  in  the 
ordinary  sense. 

2.  The  enquiry  as  to  the  effect  of  temperatnre  upon  the 
change  of  resistance  due  to  magnetization  in  the  case  of  the 
magnetic  metals  was  one  of  the  lines  of  research  suggested; 
and  the  broad  natare  of  certain  results  obtained  for  nickel 
is  given  below. 

Two  nickel  wires  of  nearly  the  same  length  were  coiled 
in  two  flat  circnlar  coils  about  18  cm  in  diameter,  the  con- 
tiguous  parts  of  each  wire  being  insulated  with  asbestos  sheet 
Round  each  anchor-ring  so  formed  two  layers  of  copper  wire 
were  coiled^  so  as  to  form  a  magnetizing  coil  of  the  usual 
anchor-ring  transformer  pattem.  The  two  layers,  careftdly 
insulated  throughout  with  asbestos,  were  separately  wound  so 
that  their  ends  could  be  joined  in  different  ways^  thus  making 
it  possible  to  pass  a  strong  current  through  the  coils  in 
succession,  and  yet  have  no  magnetizing  force  within  the  core. 
By  suitably  interchanging  the  ends  I  could  at  a  moment's 
notice  obtain  a  strong  field  within  the  core.  By  this  means, 
and  by  using  two  exactly  similarly  constructed  coils^  I  reduced 
to  a  minimum  the  disturbing  effects  due  to  heating  in  the 
magnetizing  coils.  The  nickel  wires,  L  aud  M,  in  these  coils 
were  then  made  two  of  the  branches  of  a  Wheatstone  Bridge, 
the  opposite  conductors  X  and  jti  being  also  made  of  nickel 
wire  so  as  to  prevent  thermoelectric  electromotive  forces  being 
set  up  when  the  coils  L  and  M  were  heated  to  high  temperatures. 

The  resistance  changes  due  to  magnetization  were 
measured  by  deflections  on  a  delicate  galvanometer  after  the 
Bridge  was  approximately  balanced,  a  steady  current  being 
supplied  from  a  secondary  cell  in  the  battery  brauch.  The 
galvanometer  deflection  was  calibrated  in  the  foUowing  simple 
way.  For  any  particular  condition  the  current,  /,  through  the 
galvanometer  is  given  by  the  formula 

(1)  D.i  =  {LfjL-  Ml)e 

where  e  is  the  electromotive  force  in  the  circuit,  and  I)  the 
well-known  determinant  involving  the  resistances  of  the  six 
con'ductors  making  up  the  Wheatstone  Bridge. 


Magnetizaiion  and  resisiance  in  Nickel.  335 

Let  now  a  known  slight  change  dX  he  made  in  the  A 
branch,  then  the  corresponding  change  di  is  given  with 
sufficient  accnracy  by  the  expression 

(2)  D.di=  ^MedX. 

When  the  magnetic  field  is  established  around  Z,  there  results 
a  change  dL  with  a  corresponding  change  ^t  in  the  current, 
namely, 

(3)  D.di  =  fjLcdL, 
DiTiding  (3)  by  (2)  we  get 

fi  d L    di 

~Mdi  ""  ■"  d7' 

Since  at  the  beginning  the  Wheatstone  Bridge  is  almost 
accurately  balanced,  we  may  write  ju/if  =  Ä/Z  and  con- 
sequently 

tAK  dL  dl      6% 

Sifdi  is  the  ratio  of  the  Galvanometer  deflections  due  to  the 
changes  in  (2)  and  (3),  and  dXjX  is  known;  hence  dLfL  and 
therefore  </Z,  can  at  once  be  calculated.  The  quantity  L  is 
the  resistance  of  the  whole  branch  including  the  nickel  wire 
which  is  the  subjeet  of  experiment.  Let  Z,,  be  the  resistance 
of  the  nickel  wire  which  is  being  magnetized  within  the  anchor 
ring  core;  then  dL/ L^^  will  be  the  required  change  in  iinit 
resistance  due  to  the  applied  field  at  the  existing  temperature. 

The  wires  L  and  3/  were  heated  up  to  various  tem- 
peratures  in  a  porcelain  vessel  packed  with  asbestos  wool;  and 
the  temperature  of  7>  was  obtained  from  its  resistance  which 
was  measured  accurately  immediately  after  each  experiment. 
The  relation  between  temi)erature  and  resistance  was  obtained 
from  an  independent  experiment,  in  which  a  piece  of  the  same 
nickel  wire  was  used.  The  results  have  already  been  given 
in  §  1. 

3.  When  the  coils  //  and  M  had  reached  a  steady  tem- 
perature, the  experiment  of  eijuation  (2)  was  made.  The 
resistance  /.  (=  3,2413  ohms)  was  altered  by  inserting  30  ohms 


386 


C,  O.  Knott, 


as  a  Shunt  on  a  pari  of  A  whose  resistance  was  0,5125.   The 
resistance  of  X  became  then 

A  +  rfA  =  A  -  0,5125  +  ^^on  ^^i'o^^^  =^-  0,008603. 
FTftncft 

dXfX^  -0,002655. 

In  a  particular  experiment,  taken  at  random  to  illostrate 
the  process,  the  resistance  L  was  6,04,  corresponding  to  a 
temperature  of  179,1^  C;  the  magnetizing  current  was  4,29 
amperes  corresponding  to  a  field  of  32,2  G.O.S.  nnits;  the 
ratio  of  the  galvanometer  deflections  due  to  the  magnetic 
change  of  resistance  dL  and  the  imposed  change  of  resistance 
was  1,629;  hence  dL=  --  1,629  x  LdljX  =  0,02615.  Now 
the  resistance  of  the  magnetized  part  of  L  was  5,80;  hence 
dLjL^  =  0,00451,  the  measure  of  the  increase  of  unit  resistance 
of  nickei  at  179^  due  to  the  application  of  a  longitudinal  field 
of  32,2  Units.  A  great  many  similar  observations  were  made 
in  various  fields  and  at  various  temperatures.  The  results 
were  plotted  in  a  large  scale,  small  corrections  applied  so  as 
to  obtain  isothermal  curves  at  the  temperatures  heading  the 
columns  in  the  table  below,  and  the  values  read  oflf  for  fields 
2,  4,  6  etc.  up  to  34.  A  selection  of  these  will  be  found  in 
the  Table. 

Table  showing  resistanoe  changes  per  100,000  ohms  of  niokel  wire 
in  various  longitudinal  fields  and  at  various  temperatures. 


Ma^etic 
field 

' 

Tem 

perat 

ures 

'    15<> 

65  0 

125° 

180° 

240° 

280° 

300° 

328° 

342° 

34 

1  1040 

816 

i    621 

1 

475 

253 

'    141 

86 

45 

5 

28 

825 

679 

529 

1 

401 

226 

128 

79 

41 

3,8 

24 

682 

579 

463 

350 

205 

'    119 

73 

35     1 

2,6 

20 

543 

479 

392 

298 

179 

:    106 

66 

29 

1,8 

16 

411 

379 

317 

242 

151 

f      93 

57 

18     ' 

1,5 

12 

268 

255 

231 

186 

112 

1      75 

48 

9 

1,2 

10 

192 

187 

181 

158 

103 

64 

42 

4 

1 

8 

119 

124 

123 

121 

85 

52 

37 

3 

6 

53 

63 

65 

70 

56 

38 

30 

2 

4 

17 

23 

21 

23 

27 

27 

19 

1 

2 

a 

5 

5 

5 

Sa- 

5 

4 

Magnetization  and  resistance  in  Nickel  837 

4.  From  these  numbers  we  may  construct  two  sets  of 
graphs,  namely,  the  isothermals  showing  the  relation  between 
magnetizing  force  and  resistance  change  at  the  yarious  tem- 
peratures,  and  the  isodynamicsy  showing  the  relation  between 
the  resistance  change  and  the  temperature  in  the  yarious 
fields. 

The  first  obyious  resnlt  is  the  diminution  of  the  resistance 
change  in  the  higher  fields  as  the  temperature  rises.  Thus 
the  effect  in  yarious  fields  at  temperature  15^  is  from  200  to 
300  times  the  effect  at  temperature  342^.  So  rapid  is  the 
final  drop  above  300^  that  we  may  safely  regard  the  effect 
as  practically  nonexistent  at  temperature  350^.  It  is  just  at 
this  temperature  that  nickel  loses  its  streng  magnetic  properties, 
the  permeability  being  practically  unity.  Thus  we  learn  that 
the  change  of  resistance  due  to  longitudinal  magnetization  in 
nickel  is  mainly  a  function  of  the  magnetization  or  induction 
and  not  of  the  magnetizing  force. 

In  fields  below  10,  there  is  first  increaxe  of  the  resistance 
change  as  the  temperature  rises.  In  fact  all  the  isothermals 
up  to  300^  begin  above  the  isothermal  of  15^,  and  then  cross 
it  as  the  field  increases.  This  is  particularly  well  marked  in 
the  case  of  the  isothermals  65  ^  125^  and  180^.  This  pheno- 
menon  may  be  connected  with  the  fact  that  the  induction 
curve  for  nickel  rises  niore  abruptly  and  reaches  its  „Wende- 
punkt" in  lower  fields  the  higher  the  temperature.  In  other 
words  the  first  effect  of  rise  of  temperature  is  to  increase  the 
permeability  in  lower  fields,  probably  because  of  the  greater 
ease  with  which  the  niolecular  groupings  assume  new  con- 
figurations.  But  anythiug  which  tends  to  increase  the  per- 
meability must  tend  to  increase  the  magnetization  on  which 
the  resistance  efl'ect  mainly  depends. 

The  isodynamic  curves  indicate  the  existence  of  a  further 
peculiarity  which  declares  itself  at  or  near  the  temperature 
180^  by  a  kind  of  cusp-like  peak  in  the  graphs  of  the  higher 
fields.  This  peculiarity  is  also  well  brouglit  out  by  calculating 
the  differences  between  the  resistance  changes  corresponding 
to  the  succossive  teni))eratures  in  the  preceding  table,  and 
diyiding  these  by  the  change  of  temperature.  These  average 
differences   per  degrec   will    correspond    to    the    mean    of  the 

BolUu)aDn-Fe^b«■hri^t.  22 


338 


C.  G.  Knott. 


extreme  temperatures;    and  their  values  for  five  of  the  fields 
are  given  in  the  following  snbsidiary  table. 

Table  of  Differenoes  per  Degree  oaloulated  from  the  former  Table. 


Magnetic 
field 


DifiPerences  per  Degree  at  Temperatures 


40' 


95 


152,6«!    210»    I    260' 


290 


0     I 


314»_|^5^ 


34 
28 
20 
10 
6 


4,5 

3,3 

2,7 

3,7 

2,8 

2,7 

1,5 

2,9 

2,5 

2,3 

2,9 

2,5 

2,5 

1,4 

1,3 

1,6 

t,7 

2,0 

1,8 

2,0 

1,8 

0,01 

0,01 

0,4 

0,9 

1,0 

1,1 

1,4 

-0,02 

-0,003 

-0,09 

+0,07 

0,45 

0,4 

0,4 

2,9 
2,6 

0,2 


From  these  few  examples  we  see  that  there  is  at  or  near 
the  temperature  200^  a  peculiarity  which  shows  itself  by  an 
increase  in  the  rate  per  unit  rise  of  temperature,  at  which 
the  resistance  change  in  a  given  field  is  diminishing.  And 
this  is  the  temperature  at  which  occurs  the  iirst  bend  in  the 
thermoelectric  line  of  nickel  as  discovered  by  Tait,  and  also 
the  temperature  at  which  the  resistance  of  nickel  begins  to 
grow  rapidly  with  rise  of  temperature  as  established  by  my 
own  and  Eohlrausch's  experiments. 

5.  In  Order  to  investigate  the  effects  at  high  temperatures 
of  a  transverse  magnetic  field  on  the  resistance  of  nickel  wire, 
I  prepared  two  helical  coils  carefully  wound  on  porcelain 
cylinders  and  set  them  within  and  coaxial  with  the  longer 
cylinders  on  which  four  layers  of  copper  wire  were  wound  with 
asbestos  insulation  as  usual.  With  this  form  of  apparatus, 
however,  it  was  impossible  up  to  the  highest  lields  at  my  dis- 
posal  to  get  any  results.  Apparently  there  was  no  effect  on 
the  resistance.  In  fact  the  field  was  not  powerful  enough  to 
establish  a  sufficiently  strong  induction  across  the  thin  wire.  ^) 
I  therefore  made  a  short  compact  coil  which  could  be  inserted 
axially  in  the  air  gap  of  a  strong  electro-magnet,  and  proceeded 
to  study  the  eflfect  in  much  the  same  way  in  which  Kelvin, 
Goldhammer,  and  others  have  done.  The  broad  results  may 
be  briefly  stated. 

üp  to  field  1500  the  effect  on  the  resistance  was  very 
small,  sometimes  indicating  increase  of  resistance,  sometimes 


1)  Beetz  encountered  the  same  difßculty  when  trying  to  measure 
the  effect  on  iron  wire. 


Magnetization  and  resistance  in  Nickel,  339 

decrease.  This  increase  in  the  Iower  iields  may  be  dae  to 
the  presence  of  a  Umgitudinal  effect^  for  it  was  impossible  to 
make  a  coil  of  the  kind  required  withont  giving  it  a  certain 
pitch,  so  that  there  was  necessarily  a  small  component  of 
magnetizing  force  along  the  wire.  Above  iield  1600  the 
redstance  was  always  diminished,  and  the  diminntion  grew 
rapidly  with  the  field.  Increase  of  temperature  had  the  same 
general  effect  as  in  the  previous  case.  The  quantitative  results 
were,  however^  a  little  uncertain  in  their  details;  but  here  also 
there  can  be  no  doubt  that  the  change  of  resistance  is  chiefly 
dae  to  the  induction  in  the  wire,  vanishing  almost  entirely  at 
350^  C.  In  these  experiments  the  nickel  coil  was  heated  by 
means  of  an  enclosing  coil  of  German-silver  wire  through  which 
a  streng  current  was  kept  steadily  flowing,  and  the  temperature 
was  measured  by  the  resistance  of  the  nickel. 

6.  In  trying  to  coordinate  these  results  along  the  lines 
of  modern  theory,  we  have  to  consider  (1)  the  ionic  whirls 
which  constitute  the  paramagnetic  quality  of  the  nickel,  (2)  the 
ionic  displacements  which  constitute  the  current  through  the 
conductor^  and  (3)  the  yarious  effects  on  these  of  magneti<; 
force  and  heat. 

If  we  suppose  that  the  negative   and  positive  ions  which 

build  up  a  neutral  molecule  are  whirling  round   one   another 

in  approximately   circubir  orbits,  and  that  the  eflFective  forces 

depend  on  the   charges  and    their  distance  apart,    it  may  be 

easily  shown  that  the  raagnetic  molecule  is  at  once  accounted 

for  if  the  masses   associated    with   the   negative    and   positive 

ions  are  very  different.    Its  magnetic  moment  depends  on  the 

difference  of  these  ionic  masses,   on  the  number  of  whirls  in 

Unit  volume,  and  on  sonie  fuuction  of  the  distance  separating 

the    connected  ions. 

Whatever  be  the  mechanisiu  by  which  the  extemal  magnetic 
orce  afl'ects  the  orientation  or  the  intermolecular  grouping  of 
the  ionic  whirls,  the  etTect  is  to  produce  within  the  metal  a 
condition  in  which  the  ionic  orbits  ou  the  average  tend  to  set 
themselves  peq)endicular  to  the  magnetic  force.  The  inter- 
molecular regioiis  are  traversed  by  lines  of  magnetic  force 
whose   density   is    groat    in    the    region    between    the    opposite 

aspects  of  contiguous  molecular  whirls.    The  dissociated  electric 

22» 


340      C  G,  Knott,     Magnetizadon  and  resistance  in  Nickel. 

corpuscles  which  convey  any  current  along  the  wire  are  driven 
towards  the  intermolecular  Spaces  where  the  lines  of  force  are 
less  dense.  The  more  closely  the  magnetic  condition  of  the 
metal  approaches  to  Saturation  in  the  direction  of  the 
applied  electromotive  force,  the  more  pronounced  will  be  this 
drift  of  the  corpuscles  from  the  denser  to  the  less  dense  parte 
of  the  lines  of  force  in  the  intermolecular  Spaces.  There  will 
be  aggregation  of  the  corpuscles  in  the  regions  of  minimum 
density  of  the  magnetic  lines  of  force.  This,  according  to 
J.  J.  Thomson's  mode  of  looking  at  the  phenomenon,  will 
produce  a  smaller  average  free  path  of  the  helically  moying 
corpuscles  and  a  coiresponding  increase  of  resistance. 

As  regards  the  effect  of  heating,  it  is  probable  that  rise  of 
temperature  increases  the  rate  of  dissociation  of  the  molecules. 
But  this  means  a  decrease  in  the  number  of  the  neutral 
molecules  among  which  are  to  be  reckoned  the  molecular 
whirls  described  above.  Hence  with  rise  of  temperature  the 
number  of  these  molecular  whirls  per  unit  volume  is  di- 
minished,  and  the  permeability  is  decreased,  at  least  in  moderate 
and  high  fields.  In  low  fields  there  is  an  increase  in  perme- 
ability when  the  temperature  is  raised;  but  this  average  in- 
crease of  permeability  may  be  the  result  of  a  diminished 
mutual  action  between  the  whirls  in  a  given  region,  so  that 
they  are  able  to  respond  more  quickly  to  the  small  extemal 
magnetic  force. 

But  any  diminution  in  magnetization  means  less  inequality 
in  the  densities  of  the  lines  of  force  in  regions  of  maximum 
and  minimum  densities.  Hence  in  aecordance  with  the  views 
stated  above,  there  will  be  proportionally  less  aggregation  of 
the  corpuscles  and  proportionally  less  change  of  resistance  at 
the  higher  temperature  when  a  particular  field  is  applied,  so 
long  at  any  rate  as  this  tield  has  not  too  low  a  value. 

As  regards  the  undoubted  molecular  change  which  occurs 
in  nickel  at  a  temperature  of  about  200^,  it  is  impossible  to 
come  to  any  clear  conclusion.  When  the  investigation  has 
been  extended  to  the  cases  of  iron  and  cobalt,  it  may  be  found 
possible  to  coordinate  all  the  phenomena  in  terms  of  a  less 
crude  theory  of  molecular  groupings. 

(Eingegangen  12.  September  190,-i.) 


341 


45.   Intorno  ad  nn 
igrometro-bilancia  ad  indicazioni  assolate  e  continae. 

Di  G.  Guglielmo  a  Cagliari. 


Si  puö  determinare  agevolmente  11  peso  o  la  tensione  del 
yapor  acqueo  contenuto  in  un  noto  Yolume  d'aria^  senza  prima 
farlo  assorbire  dall'  acido  solforico  (come  si  fa  coli'  igrometro 
chimico  e  con  quelli  di  Schwackhöfer  e  di  Edelmann) 
deducendoli  dalla  spinta  aerostatica  che  un  corpo  di  gran 
yolume  e  piccolo  peso,  (p.  es.  una  sfera  o  cilindro  cavi  ed  a 
parete  sottile)  subisce  nell'  aria;  questa  spinta  varia  di  circa 
0,6  mgr  per  ogni  dm^  del  corpo  suddetto  quando  la  tensione 
del  vapore  varia  di  1  mm  ed  usando  un  corpo  di  volume  non 
grandissimo  si  puö  tuttavia  ottenere  una  grande  sensibilitä 
nelle  indicazioni. 

Per  evitare  che  questo  corpo  appeso  ad  un  piatto  della 
bilancia  ed  equilibrato,  funzioni  da  baroscopio  ed  indichi,  oltre 
alle  piccole  variazioni  della  densitä  deir  aria  ambiente  causate 
dalle  variazioni  della  proporzione  di  vapor  acqueo,  anche  quelle 
molto  maggiori  causate  dalle  variazioni  della  pressione  e  della 
temperatura,  si  possono  usare  varie  disposizioni. 

La  disposizione  teoricamente  piü  semplice  e  quella  di 
appendere  ai  due  piatti  d'una  bilancia  di  precisione,  all'  esterno 
della  vetrina,  ed  equilibrare  due  palloni  chiusi,  di  ugual  volume, 
uno  dei  quali  si  trovi  immerso  costantemente  nelV  aria  per- 
fettamente  secca  e  Taltro  nell'  aria  di  cui  si  cerca  il  grado 
d'umiditä.  Inizialmente,  e  poi  quando  lo  si  creda  necessario 
ad  intervalli  piü  o  meno  lunghi,  a  seconda  delle  circostanze, 
si  determina  o  veritica  la  differenza  di  peso  dei  due  palloni 
quando  entrambi  sono  immersi  nelP  aria  comune  o  entrambi 
nell'  aria  secca,  oppure  anche  si  scambiano  i  palloni  che  si 
trovano  uno  nell'  aria  secca  Taltro  nell'  aria  comune. 

Siano  G  q  G'  i  singoli  pesi,  che  non  occorre  conoscere, 
dei  due  palloni   nel  vuoto,   sia  p  la  differenza  nota  di  questi 


342  G.  Guglielmo. 

pesi  che  non  dipende  dal  mezzo  in  cui  sono  immersi  entrambi 
i  palloni^  sia  V  il  volume  di  ciascuno  di  questi^  H  la  pressione 
atmosferica,  T  la  temperatura  assoluta  ambiente^  T^  quella  del 
ghiaccio  fondente,  h  la  tensione  cercata  del  vapor  acqueo  nell' 
aria,  a  il  peso  di  1  cm'  d'aria  secca  a  0^  e  760  mm^  8  la 
densitä,  di  vapore  riferita  all'  aria  del  vapor  acqueo,  p'  il  peso 
che  bisogna  aggiungere  p.  es.  a  sinistra  per  ottenere  l'equi- 
librio  quando  il  pallone  di  sinistra  si  trova  nell'  aria  perfetta- 
mente  secca  e  quello  di  destra  nell'  aria  comune.  Per  l'eqiii- 
librio  dovrä  essere: 

ossia: 

h'Fa{\  -5)rj760r«/?  +  e-  ff  ^p+p' 

h  ^  {p  +  p')l%0[\  +cct)ira{\  '-3)  =  {p+p'){\  +at)AlF 

indicando  con  Ä  la  costante  760/a  (1  —  d). 

Affinchö  questa  relazione  sia  rigorosamente  applicabile 
occorre  che  i  due  palloni  siano  esattamente  alla  stessa  tempe- 
ratura, nonostante  le  condizioni  un  po'  diverse  nelle  quali  essi 
si  trovano,  una  differenza  di  0^1  darebbe  origine  ad  una 
differenza  nelle  spinte  che  essi  subiscono  di  circa  0,4  mgr  per 
dm'  corrispondente  ad  un  errore  di  circa  0,7  mm  nella  ten- 
sione di  vapore  cercata.  Non  mi  pare  tuttavia  difficile  di  otte- 
nere la  rigorosa  eguaglianza  di  temperatura  dei  due  palloni 
contigui,  sia  evitando  di  collocare  Tapparecchio  in  modo  che 
finestre,  o  stufe  o  correnti  d'aria  o  altre  cause  possano  agire 
piü  da  un  lato  che  dagli  altri,  sia  proteggendo  Tapparecchio 
con  opportuni  schermi  o  scatole,  semplici  o  multiple. 

Gioverebbe  anche  per  scoprire  e  correggere  questa  causa 
d' errore  Tuso  di  palloni  provvisti  di  manometro  nel  modo  con- 
siderato  in  seguito. 

Bisogna  anche  aver  cura  che  l'aria  secca  in  cui  e  immerso 
uno  dei  palloni  sia  perfettamente  secca.  Ora  siccome  il  reci- 
piente  che  la  contiene  e  necessariamente  provvisto  d'un  foro 
alla  parte  superiore  pel  quäle  passa  il  filo  di  sospensione  del 
pallone,  avviene  che  quando  la  temperatura  s'abbassa  o  la 
pressione  cresce,  un  poco  d'aria  estema  penetra  nel  recipiente 
suddetto  portandovi  del  vapore  che  solo  molto  lentamente 
viene  assorbito  dalla  sostanza  essicante« 


Intomo  ad  un  igrometro^bilancia.  343 

Per  evitare  ciö,  io  sospesi  il  pallone  nell'  intemo  d'un 
grande  recipiente  cilindrico  coir  orlo  piano,  contenente  sul 
fondo  un  po'  d'acido  solforico  ed  un  treppiede  basso  di  vetro 
che  impediva  al  pallone  di  venir  a  contatio  coli'  acido;  questo 
recipiente  era  chiuso  da  un  disco  di  vetro  piano,  con  foro 
centrale  per  il  passaggio  del  iilo  di  sospensione;  sul  quäl  disco 
attomo  al  foro  collocai  vari  vasetti  con  acido  solforico  (per 
mancanza  d'uno  con  tubo  centrale)  che  ricoprii  con  una 
campana  con  foro  in  cima  per  il  passaggio  del  filo  suddetto. 
Inoltre  al  coUo  della  campana  era  adattato  un  largo  tubo  di  vetro 
lungo  circa  20  cm  che  ritardava  ancora  la  diifusione  del  va- 
pore  verso  l'acido  solforico,  e  faceva  sf  che  l'aria  penetrante 
nel  modo  saddetto  nella  campana  era  giä  parzialmente  secca 
e  quella  del  recipiente  sottostante  lo  era  completamente. 

Un  altro  modo  per  evitare  l'influenza  delle  variazioni  della 
pressione  e  della  temperatura  sull'  equilibrio  del  pallone,  prati- 
camente  piü  semplice  del  precedente  perche  richiede  un  solo 
pallone  e  non  richiede  l'uso  continuo  di  un  gran  recipiente 
con  aria  perfettamente  secca,  consiste  nel  porre  Tintemo  del 
pallone,  in  comunicazione  coli'  estemo  mediante  un  tubo  con- 
venientemente  lungo  e  capillare.  Questo  pallone  viene  appeso 
ad  uno  dei  piatti  della  bilancia,  all'  estemo  della  vetrina  cio6 
nell'  aria  comune,  e  viene  equilibrato  con  pesi  collocati  sul- 
Taltro  piatto;  inizialmente  ed  in  seguito  quando  lo  si  crede 
opportuno  si  determina  il  peso  del  pallone  immerso  nelF  aria 
perfettamente  secca,  oppure  di  nota  umidita. 

Sia  G  il  peso  nel  vuoto  e  r  il  volume  delle  pareti  del 
pallone,  F  la  capacita  di  questo,  P  e  P  —  />  i  pesi  occorrenti 
ad  equilibrarlo  nell'  aria  comune  e  nell'  aria  secca,  ä  e  ä  le 
tensioni  del  vapor  acqueo  all'  estemo  e  nell'  intemo  del  pal- 
lone, (1— (T;  il  fattore,  che  poi  verni  trascurato,  per  la  corre- 
zione  dei  pesi  numerati  nell'  aria;  per  l'equilibrio  nell'  aria 
dovrä  essere: 

P(l  -.f7)=  G'-h  ra{/I  -  /<)TJlßOT+  FadkTJlßOT 

-  f'a [U  -  //)  7;/7i>0  T-  Vaö h  7'JHjO  T 
^vaill  -h)TJlßOT-  vaS/iTJlßOT 

=  r;  -f-  r«(l  -  ()-)(A  -  k)TJlßOT 

-  vaHTJ1^0T+va{\  ^ffjhlJlßOT 


344  G,  Guglielmo. 

Se  la  pesata  nell'  aria  secca  si  fa  immediatamente  prima 
0  dopo  di  quella  nell'  aria  comune  dimodoche  si  possa  ammet- 
tere  che  T  e  k  non  abbiano  variato  nell'  intervallo  si  avra 
similmente: 

{P^p){l  -(7)=  C-  ra{l  ^d)kTJieOT-vaHTJ160T 

quindi: 

p=.h{V+v)a{l  ^d)TJlßOT 

h=p{\  +at)lßOI{F+v)a{l  ^d)^p{l  +at)JI{r+v) 

Affinchö  questa  relazione  possa  valere  anche  quando  la 
pesata  neir  aria  secca  si  e  fatta  una  volta  per  sempre  o  si 
fa  a  lunghi  intervalli  e  si  possa  quindi,  con  nna  sola  pesata 
neir  aria  comune ,  ricavare  la  tensione  del  vapor  acqueo  in 
quest'  aria,  occorre  far  sl,  che  la  tensione  del  vapore  nell' 
interne  del  pallone  sia  costante,  oppure  nota,  o  meglio  nulla; 
in  quest'  ultimo  caso,  qualunque  sia  la  temperatura  alla  quäle 
si  fa  la  pesata  nell'  aria  secca,  l'aria  del  pallone  non  ha  peso 
apparente,  la  spinta  suUe  pareti  e  all'  incirca  uguale  a  quella 
sui  pesi,  e  l'equilibrio  non  e  punto  inüuenzato  dalle  variazioni 
di  temperatura. 

Molti  modi  si  possono  usare  per  far  si,  che  k  sia  con 
sufficiente  approssimazione,  costante^  o  noto,  o  nullo.  Un  modo 
molto  semphce  e  facile  ad  usarsi  e  quello  di  teuer  ben  tappato 
il  tubo  capiUare  quando  l'apparecchio  non  si  usa;  la  variazione 
di  k  durante  la  pesata  h  certo  minima,  e  solo  potrebbe  aversi 
una  variazione  apprezzabile  nello  stappare  il  tubo  suddetto. 
Se  inoltre  nell'  interne  del  pallone  fosse  un  po'  d'acqua  o  di 
nota  soluzione  d'acido  solforico,  o  un  poco  d'acido  solforico 
concentrato  oppure  d'anidride  fosforica,  la  tensione  del  vapore 
neir  interno  sarebbe  nota  o  nulla. 

Un  altro  mezzo  per  far  si,  che  k  sia  nullo,  mezzo  valevole 
anche  quando  l'apparecchio  debba  funzionare  continuamente,  e 
quello  di  riempire  anzitutto  il  pallone  con  aria  secca,  e  di 
usare  il  tubo  capillare  (di  comunicazione  coli'  estemo)  spor- 
gente  alquanto  dal  pallone,  ripiegato  all'  ingiü,  che  penetri  e 
termini  entro  una  boccetta  contenente  sul  fondo  un  po'  d'acido 
solforico.  il  chiaro  che  esso  tubo  non  deve  mai  venire  a  con- 
tatto  coli'  acido  solforico  che  vi  aderirebbe  e  farebbe  crescere 
il   peso    complessivo  del  pallone,  e  che  durante  le  pesate  lo 


Intomo  ad  un  igrometro^bilaticia,  345 

stesso  tabo  non  deve  toccare  in  nessun  punto  il  collo  della 
boccetta  affinche  i  movirnenti  del  giogo  si  possano  produrre 
senza  ostacoli.  D'altronde  quando  l'apparecchio  non  viene 
usato  gioverä  chiudere  allo  stesso  tempo  pallone  e  boccetta 
mediante  un  tappo  scorrevole  attraversato  dal  tabo  capillare 
snddetto  per  evitare  che  l'acido  si  diloisca  inutilmente. 

E  ntile  stabilire  approssimativamente  la  grandezza  delle 
possibili  variazioni  di  k  quando  Tintemo  del  pallone  comunica 
continuamente  coli'  aria  comune  mediante  un  tubo  capillare. 
E^se  possono  prodursi  in  due  modi  cioö  per  diffusione  del 
vapore  da  o  verso  Testerno  e  per  effetto  delle  successive  con- 
trazioni  e  dilatazioni  dell'  aria  interna  in  corrispondenza  delle 
variazioni  della  pressione  e  della  temperatura. 

Le  variazioni  di  k  per  difiusione  sono  molto  piccole;  di- 
fatti  dalle  mie  determinazioni  del  coefficiente  di  difiPusione  del 
vapore  acqueo  nell'  aria  ^)  si  deduce  che  per  un  tubo  capillare 
lungo  20  cm  e  di  0^10  mm^  di  sezione  quando  la  differenza 
costante  di  tensione  agli  estremi  6  di  5  mm  escono  o  pene- 
trano  0^011  mgr  di  vapore  in  24  ore,  sostituenti  o  sostituiti 
da  un  ugual  volume  d'aria,  dimodochö  la  variazione  di  peso 
del  pallone  che  ne  risulterebbe  sarebbe  di  circa  0,004  mgr  ed 
occorrerebbe  circa  1  mese  perchö  tale  effetto  fosse  appena 
apprezzabile.  Siccome  perö  la  tensione  del  vapore  estemo 
varia  continuamente  sara  or  maggiore  or  minore  di  quella  del 
vapore  interne,  la  diffusione  avverra  in  sensi  opposti  e  Teffetto 
totale  sarä  praticamente  nuUo. 

Invece  per  un  aumento  di  temperatura  di  1**  uscirä  dal 
pallone  un  volume  l'jT  d'aria  con  vapore  di  tensione  k  che 
verrji  sostituito  con  aria  e  vapore  di  tensione  h  quando  av- 
venga  la  corrispondente  diminuzione  di  V^  della  temperatura, 
e  quindi  la  tensione  del  vapore  nell'  interne  avra  cambiato  di 
[h  —  k)jT,  Se  invece  V  oscillazione  della  temperatura  fosse, 
come  fe  possibile,  di  10'*  e  la  differenza  h  —  k  fosse  10  mm  e 
fosse  T  =  300^  ue  risulterebbe  una  variazione  di  0,3  mm  nella 
tensione  A,  ripetentesi  con  lieve  diminuzione  ad  ogni  successiva 
ed  uguale  oscillazione. 


1)  Atti  deir  Acc.  delle  Scienze,  di  Torino.     1882. 


346  G.  Guglielmo, 

Un  altro  grave  errore  derivante  dalla  presenza  del  yapore 
iieir  intemo  del  pallone,  e  che  occorre  assolutamente  eyitare^ 
si  presenta  quando  l'abbassamento  di  temperatara  sia  tale  che 
esso  vapore  si  condensi  in  parte  sulle  pareti  interne^  facendo 
variare  il  peso  G  del  pallone  d'una  quantitä.  incognita. 

Errori  non  trascorabili  possono  derivare  altresi,  da  una 
piccola  differenza  fra  la  temperatura  del  pallone  e  quella  am- 
biente^  quäle  si  presenta  certamente  ogni  qualvolta  la  tempe- 
ratura estema  varia.  Per  evitare  questa  causa  d'errore  con- 
yerrä  anzitutto  eseguire  le  pesate  quando  la  temperatara 
estema  e  costante;  gioverä  inoltre  che  il  pallone  abbia  la 
superficie  estema  annerita  (per  quanto  ciö  e  possibile  senza 
che  il  pallone  sia  soggetto  a  cambiar  di  peso  ad  ogni  mi- 
nimo  contatto)  affinch^  a  differenza  di  ciö  che  si  richiede  nei 
calorimetri  siano  facili  gli  scambi  di  calore  coli'  ambiente. 
Cosi  pure  sarä  utile  che  la  scatola  o  inviluppo  che  e  necessario 
per  difendere  il  pallone  dalle  correnti  d'aria  sia  metallico, 
annerito  intemamente^  levigato  invece  estemamente  affinch^  esso 
riceva  lentamente  il  calore  dalP  estemo  e  lo  trasmetta  rapida- 
mente  al  pallone.  Finalmente  gioverä  molto  l'agitare  (non 
troppo)  l'aria  interna  del  pallone^  ciö  che  si  ottiene  facilmente 
come  indicai  in  altra  Nota  fissando  nel  suo  intemo  alcune 
Palette  inclinate  rispetto  alla  verticale  e  facendo  ruotare  il 
pallone  rapidamente  torcendo  altemativamente  in  sensi  opposti 
il  filo  di  sospensione.  — 

üna  terza  disposizione  che  non  impedisce  che  il  peso 
occorrente  ad  equilibrare  il  pallone  varii  grandemente  quando 
variano  la  pressione  e  la  temperatura,  ma  che  da,  modo  di 
correggere  facilmente  ed  esattamente  il  peso  suddetto  in  modo 
che  le  sue  variazioni  residue  dipendauo  solo  dal  variare  della 
proporzione  di  vapore  nell'  aria,  consiste  nel  separare  l'aria 
interna  del  pallone  dair  estema  mediante  un  tubo  ad  U  con- 
venientemente  lungo  e  contenente  un  liquido  che  non  abbia 
tensione  di  vapore  apprezzabile  come  olio  d'oliva  o  di  vaselina, 
0  chinolina  ecc;  la  possibile  lenta  evaporazione  di  questo 
liquido  si  puö  rendere  praticamente  nulla  mediante  un 
tappo  di  cotone  collocato  sull'  estremitä  libera  del  tubo  ad 
U,  Questo  inoltre  dev'  essere  prowisto  di  due  graduazioni, 
una   millimetrica  ed   una    volumetrica   sulle   quali   si  possano 


Intomo  ad  un  iffrometro'bilancia.  347 

misurare  le  variazioni  di  pressione  c  di  volumo  dell'  aria 
interna. 

Questo  manometro  che  non  si  puö  praticamente  usare  di 
sezione  grandissima  pone  un  grande  ostacolo  alle  variazioni 
di  volume  delF  aria  del  pallone,  e  le  rende  molto  piccole  in 
confronto  di  quelle  dell'  aria  libera,  a  paritä  della  altre  con- 
dizioni,  quindi  il  pallone  col  manometro  appeso  ad  un  piatto 
della  bilancia  ed  equilibrato  risente  le  variazioni  della  densitä 
dell'  aria  ambiente  in  misura  quasi  uguale  come  un  pallone 
chiuso.  Presenta  perö  su  questo  il  vantaggio  che  formando 
esso  stesso  un  termo-baroscopio  sensibilissimo^  offre  modo  di 
correggere  molto  esattamente  l'effetto  di  queste  variazioni. 

Difatti  se  r  ^  la  capacita  del  pallone,  u  il  volume  dell' 
aria  interna  contenuta  nel  manometro,  //  la  pressione  estema, 
H  +  h'  quella  interna,  essende  A'  indicato  dal  manometro,  po- 
tremo  porre: 

e  caJcolare  con  molta  esaltezza  il  volume  F  +  u  che  avrebbe 
l'aria  interna  se  la  sua  pressione  fosse  uguale  a  quella  estema, 
e  la  variazione  della  spinta  p  che  sarebbe  prodotto  da  questa 
variazione  di  volume  u  —  u. 

Se  P  e  il  peso  che  fa  equilibrio  al  pallone  quando  tro- 
vasi  neir  aria  comune  con  vapor  acqueo  di  tensione  h,  G  il 
peso  vero  del  pallone  col  manometro  e  coli'  aria  contenutavi, 
V  il  volume  delle  pareti  e  del  liquide,  per  l'equilibrio  dovra 
essere : 

P^G  ^  {r  +  n)a  II  TJlijOT  +  (F  +  n)a(\  -  d)hTJimT 

-  vairrjlßOT- va(l  -^d)hTJlßOT 
oppure  anche: 

/>+;?=  G  -{F+  u)aIIJ\JlßOT+    l  +u)a(\  -d)hTJ1^0T 
-  vaIITJH>OT+va(l  ^S^hTJlßOT 

Similmente  i)er  Tequililjrio  neir  aria  secca  se  P'  e  il  peso 
occorrente  per  TcHjuilibrio,  H'  e  T'  la  pressione  e  la  tempera- 
tura  ambienti,  ?/"  il  vohime  deir  aria  che  trovasi  nel  mano- 
metro, ?/"'  questo  vohime  quando  la  pressione  interna  fosse 
resa  uguale  all'  esterna,  p  la  variazione  della  spinta  causat^i 
dalla  variazione  di  volume  n"  —  u\  dovr^  essere 


348  0.  Guglielmo. 

oppore  anche: 

P'  +;?'  r=  e  -  {F+  u''')aH'l760r  -  vaH'TJ760r 

=  6  ^  {F  +  u')a  H/lßOT ^  va  W  TJieor 

ossia  trascurando  l'effetto  della  yariazione  ^  T  ed  H-  sulla 
spinta  subita  da  v,  compensato  in  parte  da  un  simile  efifetto 
8ui  pesi  nomerati  si  ha: 

P -  P'  +  p  -  ;>'  =  h{r+  u'  +  v)a{l  -  S)TJ760T 

h  =  (P-  P'  +p  -;,')(1  +  ai)Äl{r  +  u  +  v). 

II  possibile  errore  derivante  da  una  differenza  di  tempe- 
ratura  fra  il  pallone  e  Uambiente  viene  coli'  attuale  disposizione 
piü  fjEicilmeiite  scorto  e  corretto  poiche  questa  dififerenza  sarä 
proporzionale  alla  quantitä.  di  calore  che  il  pallone  riceve  o 
perde  nell'  unitä  di  tempo,  ossia  alla  velocitä,  della  yariazione 
della  pressione  indicata  dal  manometro;  ossenrando  la  yelocita 
prodotta  da  una  nota  differenza  di  temperatura  si  poträ  in 
seguito  da  una  osseryata  yelocita  di  questa  yariazione  dedurre 
la  differenza  di  temperatura  fra  il  pallone  e  l'aria  che  lo  cir- 
conda  e  calcolare  l'errore  che  essa  produce  nel  peso  apparente 
cercato  del  pallone  stesso. 

Ho  eseguito  con  questi  apparecchi  molte  esperienze,  non 
ancora  complete  ma  sufficienti  per  convincermi  deir  utilitä  dei 
medesimi  e  scorgere  le  yarie  cause  d' errore  alle  quali  ho  accen- 
nato.  I  palloni  di  cui  mi  sono  servito  erano  cilindrici,  di  20,5  cm 
di  altezza,  16,7  cm  di  diametro,  circa  4,5  dm'  di  yolume,  di 
lamina  sottile  di  packfong,  pesanti  circa  180  g.  I  valori  tro- 
yati  con  essi  per  la  tensione  del  yapor  acqueo  nell'  aria  libera 
furono  d'accordo  con  quelli  troyati  con  altri  igrometri,  quelli 
troyati  pel  yapore  emesso  dalla  soluzione  SO^H^  +  17H,0 
durante  yari  giorni  furono  d'accordo  con  quelli  dati  da  Re- 
gnault  alle  varie  temperature. 

Ho  anche  osseryato  la  yariazione  di  peso  che  subiyano 
grandi  lamine  di  packfong,  o  di  latta,  o  di  yetro  da  finestre 
quando  erano  immerse  nell'  aria  secca  oppure  nell'  aria  umi- 
dissima  prodotta  dalla  soluzione  precedente  allungata  con  un 
ugual  yolume  d'acqua,  (rf  =  1,076  a  26^,4).  Queste  yariazioni 
furono  minime  pel  packfong  e  la  latta,  maggiori  (2,5  mgr  per 


Intomo  ad  un  igrometro'büancia,  849 

16  dm*)  pel  vetro  nudo  ma  sarebbero  pure  riuscite  minime 
pel  vetro  vemiciato.  Neil'  aria  assolutamente  satura  di  vapore 
o  molto  prossima  al  punto  di  saturazione  gli  apparecchi  ora 
descritti  non  possono  servire  sia  perchö^  come  ha  osservato 
Shaw^)  il  vapore  comincia  a  condensarsi  sul  solido  un  pö 
prima  della  saturazione^  sia  perche  questa  condensazione  puö 
essere  causata  da  un  leggero  rafiEreddamento;  gli  stessi  appa- 
recchi altresi  non  possono  dare  buone  indicazioni  in  presenza 
di  vapori  o  gaz  che  alterino  la  densitä  dell'  aria. 

Settembre  1903. 


1)  PhiloBophical  Transactions.     ISSS. 

(Eingegangen  12.  September  1903.) 


350 


46.  Einige  Bedenken  betreffend  die  Theorie  der 
Entropievermehrung  durch  Diffusion  der  Gase  bei 
einander  gleichen  Anfangsspannungen  der  letzteren. 

Von  N.  SohiUer  in  Charkow. 


Die  Behauptung^  daß  die  Entropie  zweier  ineinander 
diffundierender  Gase  sich  vergrößere,  wird  gewöhnlich  dadurch 
begründet,  daß  zwei  beliebige  ungleichartige  Gasmengen,  die 
zwei  gleiche  und  voneinander  getrennte  Volumenräume  v  und 
V  einnehmen,  ohne  jegliche  Arbeitsleistung  und  ohne  Energie- 
vermehrung in  den  gemeinschaftlichen  Volumenraum  v  auf  um- 
kehrbarem Wege  hineingebracht  und  folglich  darin  miteinander 
vermischt  werden  können.  Es  wird  dabei  als  selbstverständ- 
lich angenommen,  daß  die  Entropie  der  beiden  Gase  beim 
erwähnten  Verfahren  unverändert  bleibt,  und  zwar  gleich  der 
Summe  der  Entropiegrößen,  die  den  Gasen  in  ihrem  getrennten 
Zustand  zukommen.  Betrachtet  man  nun  zwei  Gasmengen, 
die  zuerst  die  respektiven  Volumenräume  v^  und  v^  einnehmen 
und  die  gleichen  Spannungen  />  besitzen,  so  muß  das  gemein- 
schaftliche Volumen  der  beiden  Gase  gleich  t?j  +  v^  werden, 
nachdem  der  Diflüsionsprozeß  unter  dem  unveränderten  Druck;? 
vollendet  ist.  Es  kann  aber  andererseits  jedes  der  beiden  Gase 
sich  zuerst  auf  umkehrbarem  Wege  bis  zum  Volumen  v^  +  v^ 
isothermisch  ausdehnen,  wobei  die  entsprechende  Entropie  sich 
vergrößern  muß;  darauf  können  die  beiden  Gase,  schon  bei 
unverändert  bleibender  Entropie  in  den  gemeinschaftlichen 
Volumenraum  v^  +  v,^  hineingebracht  werden.  Auf  diese  Weise 
kommen  die  Gase  zu  demselben  Endzustand,  wie  am  Ende 
eines  direkten  Diffusionsprozesses.  Da  aber  die  Gase  auf  dem 
zuletzt  beschriebenen  Wege  mit  vergrößerter  Entropie  zum 
Endzustand  kommen,  so  pflegt  man  daraus  zu  schließen,  daß 
bei  direktem  Diff'usionsprozeß  auch  eine  Entropie vermehnmg 
stattfiiide. 


Bedenken  betreffend  die  Theorie  der  Entropievermehrung,     351 

Bezeichnet  maii  also  mit  m  die  Massenmenge  eines  Gases^ 
durch  V  dessen  Volumen,  durch  c  dessen  spezifische  Wärme- 
kapazität bei  konstantem  Volumen^  durch  p  dessen  Spannung 
und  durch  ö  die  entsprechende  absolute  Temperatur,  so  hat 
man  bekanntlich 

(1)  pv^mBd, 

und  die  Entropie  S  der  betrachteten  Oasmenge  läßt  sich  in 
der  Form  darstellen: 

(2)  <y=  wiclgö  +  mÄlg^  +mk, 

wobei  die  Eonstante  k  so  gewählt  ist,  daß  sie  von  m  unab- 
hängig bleibt.  Sind  mehrere  Gase  vorhanden,  so  ist  die 
Entropiesumme  der  nebeneinander  gestellten  Gasvolumen  gleich 

Nach  dem  vollendeten  Diffusionsprozeß  nehmen  die  sämt- 
lichen Gase  den  gemeinschaftlichen  Volumenraum  ^v.  ein, 
und  die  entsprechende  Entropie  S  wird  unter  der  Voraus- 
setzung berechnet,  daß  sie  dieselbe  Größe  haben  soll,  wie  in 
dem  Falle,  wo  jede  Gasart  das  Volumen  ^v.  für  sich  ein- 
nimmt, und  die  Gase  unvermischt  nebeneinander  gebracht 
werden.     Demgemäß  hat  man  also  zu  setzen: 

(4)  S=\gd.:£m,c,  +  :£\m,liAg'^''\+'^m,L, 
woraus  folgt,  daß 

(5)  S-^S,  =  ^\m,/iAg^^^']. 

Da  aber  vor  der  Diffusion  dieselbe  Spannung  p  filr  jedes 
der  Gase  gilt,  so  ist 

und  es  ergibt  sich  demzufolge. 

(7)  S  -  N'  S.  =  V  [  ,„.  /,>.  lg  2 ^^ifi  I  . 

Den  eben  erhaltenen  Ausdruck  (7)  pHegt  man  als  den 
durch  die  Diffusion  hervor^^erufeiien  Kntropiezuwachs  zu  be- 
trachten. 


362  K  Schiller. 

Führt  man  die  Bezeichnungen  n^,  n^  ,  ,  ,  n^  für  die  Mole- 
kularzahlen der  verschiedenen  Gasarten  ein  und  berücksichtigt 
man,  daß 

(8)  m^  Ä|  =  w.  R, 

wobei  Ä  für   alle  Gase  denselben  Wert  hat,    so  erhält  man 

aus  (7): 

(9)  5-2«,  =  2{«.Älg^)'). 

Es  entsteht  nun  die  Frage,  ob  zwei  chemisch  gleichartige 
Gasmengen,  die  zwei  gleiche  voneinander  getrennte  Volumen- 
räume ausfüllen ;  auf  dieselbe  Weise  in  einen  gemeinschaft- 
lichen Volumenraum  ohne  äußere  Arbeitsleistung  hineingebracht 
werden  können,  wie  dies  für  chemisch  verschiedene  Gase  der 
Fall  ist.  Die  Möglichkeit  eines  arbeitsleistungslosen  Inein- 
anderschiebens  zweier  Gasvolumina  wird  dadurch  begründet, 
daß  man  sich  immer  eine  halbdurchdringUche  Wand  vorsteUen 
darf,  die  nur  eine  Gasart  durchläßt,  während  sie  für  die  an- 
deren Gasarten  undurchdringlich  bleibt.  Ist  aber  solch  eine 
Wand  logisch  denkbar,  so  scheint  ja  kein  Grund  gegen  die 
Möglichkeit  der  Existenz  einer  Wand  zu  sprechen,  die  von 
allen  chemisch  gleichartigen  Molekülen  einer  bestimmten  Gas- 
sorte nur  diejenigen  durchläßt,  die  man  auf  irgend  eine  Weise 
von  den  übrigen  zu  unterscheiden  weiß.  Der  genannte  Unter- 
schied könnte  entweder  in  der  räumlichen  Lage  der  Moleküle 
bestehen,  oder  in  der  Größe  ihrer  Geschwindigkeit,  wie  bei 
dem  Maxwellschen  Dämonenspiel,  oder  in  irgend  welchen 
den  willkürlich  gewählten  Molekülen   zugedachten  Merkmalen. 

Übrigens  läßt  sich  die  Möglichkeit  der  von  der  partiellen 
Durchdringlichkeit  abhängigen  Erscheinungen  nicht  aus  den 
besonderen  chemischen  Eigenschaften  materieller  Wände  ab- 
leiten, sondern  sie  wird  durch  die  Tatsache  begründet,  daß 
das  Vorhandensein  gegebener  Massenmengen  auch  alle  denk- 
baren auf  diese  Massen  wirkenden  Kräfte  zuläßt.  Eine  halb- 
durchdringliche  Wand  ist  nur  als  eine  zufällige  Realisation 
der  auf  bestimmte  Weise  wirkenden  Kräfte  zu  betrachten, 
und  keine  praktisch  sich  erweisende  Unmöglichkeit,  solch  eine 


1)  Vgl.  auch  Planck,  Vorles.  über  Thermod.  p.  208.  1897. 


Bedenken  betreffend  die  Theorie  der  Entrapievermehrung,     353 

Wand  zu  konstruieren,  darf  die  theoretischen  Schlüsse  ab- 
ändern^ die  aus  den  Gesetzen  der  Krafbwirkungen  sich  ab- 
leiten lassen. 

Breitet  sich  zum  Beispiel  ein  gelöster  Stoff  mitten  in 
einem  Lösungsmittel  aus^  so  sind  immer  solche  äußere  Kräfte 
denkbar  y  die  die  Bewegung  des  gelösten  Stoffs  zu  hemmen 
und  den  letzteren  ins  Gleichgewicht  zu  bringen  vermögen^  un- 
abhängig vom  umgebenden  Lösungsmittel.  Sind  die  kine- 
matischen Eigenschaften  des  beweglichen  gelösten  Stoffs  die- 
selben, wie  die  der  Gase  oder  der  Flüssigkeiten,  so  läßt  sich 
das  Gleichgewicht  durch  die  Kräfte  herstellen,  die  nur  auf  die 
Oberflächenschicht  des  gelösten  Stoffes  wirken,  wodurch  alle 
diejenigen  Verrückungen  der  Massenteilchen  des  letzteren  auf- 
gehoben werden,  die  irgend  eine  Änderung  des  Volumen- 
inhalts oder  der  Volumengestalt  zur  Folge  haben  könnten. 
Nun  bietet  aber  die  oben  erwähnte  Kräfteverteilung  auf  der 
Oberflächenschicht  alle  Eigenschaften  einer  halbdurchdring- 
lichen  Wand,  da  nur  die  Beweglichkeit  des  gelösten  Stoffs  da- 
durch gehemmt  wird,  während  die  Bewegung  des  umgeben- 
den Mediums  unverhindert  bleibt.  Es  kann  also  jedes  Gas 
wie  auch  jede  Flüssigkeit  in  gegebenem  Volumenraume  auf 
dreierlei  Weise  im  Gleichgewicht  gehalten  werden:  entweder 
durch  Abgrenzung  des  Raumes  mittels  absolut  undurchdring- 
licher fester  Wände,  oder  durch  unmittelbar  auf  die  Grenz- 
schicht wirkende  Kräfte,  oder  durch  feste,  aber  nur  für  das 
abgeschlossene  Gas  undurchdringliche  Wände.  Wird  der  ge- 
gebene Volumen  räum  von  mehreren  verschiedenartigen  Gasen, 
resp.  Flüssigkeiten,  eingenommen,  so  kann  in  demselben  jedes 
einzelne  Gas,  resp.  jede  Flüssigkeit,  unabhängig  von  den  übrigen 
mittels  der  passenden  auf  die  entsprechenden  Grenzschichten 
wirkenden  Kräfte  oder  mittels  der  für  die  entsprechende  Gasart 
undurchdringlichen  Wände  im  Gleichgewicht  gehalten  werden. 
Faßt  man  umgekehrt  eine  homogene  Gasmasse  ins  Auge,  die 
das  Volumen  v  ausfüllt  und  unter  dem  äußeren  Druck  p  in 
Ruhe  bleibt,  so  darf  man  dabei  den  Druck  p  als  aus  n  Partial- 
drücken  ;?/n  zusammengesetzt  betrachten,  wobei  jeder  Partial- 
druck  pjn  je  den  entsprechenden  n^^  Teil  der  Gesamtmasse 
auf  solche  Weise  im  Gleichgewicht  hält,  daß  der  genannte 
Massenteil,  unabhängig  von  den  übrigen,  den  ganzen  Volumen« 

BoltzmaDD-FeelKchrid.  23 


354  N.  Schiller. 

räum  ausf&llt.     Soll  nun  der  äußere  Druck  p  auf  seinen  n-ten 
Teil  reduziert  werden,  so  kann  dies  auf  zweierlei  Weise  ge- 
schehen und  auch  zweierlei  P>scheinungen  zur  Folge  haben. 
Man   kann   nämlich  entweder  jeden  der  n  Partialdrücke   auf 
seinen  n^^  Teil  reduzieren^  oder  man  kann  nur  den  einzigen 
von  allen  Partialdrücken  weiter  bestehen  lassen  und  die  übrigen 
einfach   aufheben.     Bleibt  dabei   die   Temperatur  des   Gases 
immerfort  konstant,  so  hat  das  erstere  Verfahren  zur  Folge, 
daß  der  vom  Gas  eingenommene  Volumenraum  sich  erweitert 
und  n-mal  größer  wird.    Infolge  des  zweiten  Verfahrens  ver- 
flüchtigen sich  aus  dem  Volumenraum  v  diejenigen  Massenteile 
des  Gases,  denen  die  äußeren  Partialdrücke  entzogen  worden 
sind,  so  daß  nur  der  n^  Teil  der  Gasmasse  im  Volumenraume  t; 
unter  dem  Druck  pjn  übrig  bleibt     Man  ersieht  also,  daß 
beliebig  große  Gasmassen  aus  dem   gegebenen  Volumen  ent- 
fernt  oder   in  dasselbe  hineingebracht  werden  können,   ohne 
dadurch  das  Gleichgewicht  der  anderen  in  demselben  Volumen- 
raume eingeschlossenen  Gasmengen  zu  stören.    Die  Grenzober- 
fläche des  im  Gleichgewicht   gehaltenen  Gasteils   zeigt  dabei 
alle  Eigenschaften  einer  nur  für  diesen  Gasteil  undurchdring- 
lichen Wand.    Die  mögliche  Existenz  einer  partiell  durchdring- 
lichen Wand  für  besondere  Teile  einer  homogenen  Gasmasse 
kann  somit  als  festgestellt  betrachtet  werden.    Demgemäß  wird 
es  auch  einleuchtend,  daß  die  vorher  gestellte  fVage  über  die 
denkbare   Möglichkeit   eines    arbeitsleistungslosen   Zusammen- 
schrumpfens  zweier  gleicher  und  gleichartiger  Gasvolumina  nur 
bejahend  zu  beantworten  ist.   Das  genannte  Verfahren  kann  aber 
nur  bei  einer  besonderen  Verteilung  der  auf  das  Gas  wirkenden 
und  dessen  Gleichgewicht  haltenden  äußeren  Kräfte  angewandt 
werden.     Soll  zum  Beispiel  das  gegebene  Gasvolumen  t;  ohne 
äußere  Arbeitsleistung  zum  n^°  Teil  seiner  Größe  reduziert  wer- 
den, so  muß  dasselbe  zuerst  in  n  gleiche  aneinandergrenzende 
Abteilungen    von   der   Größe   vjn    geteilt   werden,    jede   Ab- 
teilung r/n  ist  hierauf,  unabhängig   von  den  übrigen,  mittels 
äußerer  Oberflächenkräfte  im   Gleichgewicht   zu   halten.     Bei 
der  auf  die  beschriebene  Weise  erfolgten  Kraftverteilung  können 
alle  n  aneinanderliegenden  Voluroenteile  entweder  auf  beliebige 
Entfernung  voneinander  gebracht  werden,  ohne  daß  dadurch 
ihlTGleichgewicht  gestört  wird,  oder  sie  können  ohne  jeglichen 


Bedenken  betreffend  die  Theorie  der  Entropievermehrung.     355 

^Tideratand   und   ohne  jegliche   Arbeitsleistung    so    weit    zu- 
Bammengeschoben    werden ,    bis    sie    den    gemeinschaftlichen 
^olumenraum   v/n   unabhängig   voneinander   einnehmen.     Es 
liegt   also   kein   Grund   vor,    den   Unterschied   zwischen    den 
chemisch   gleichartigen    und   ungleichartigen  Gasen   in   bezug 
auf  die  Möglichkeit  des  arbeitsleistungslosen  Zusammenschiebens 
derselben  aufrecht  zu  halten.    Somit  fällt  auch  der  Unterschied 
zwischen  den  genannten  Gasarten  hinsichtlich  ihrer  Entropie- 
änderungen weg.     Darauf  erweist  sich  aber  auch  sogleich  die 
Unzulässigkeit  derjenigen  Betrachtungsweise,   der   gemäß   die 
Entropie  eines  zusammenschiebbaren  Gassystems  mit  derselben 
solch  eines  Gasvolumens  verglichen  wird,  dessen  Zusammen- 
schrumpfen durch  passend  angebrachte  Druckkräfte  verhindert 
bleibt     Vom   Standpunkte   der   genannten   Betrachtungsweise 
aus  könnte  man  nämlich  jeder  gegebenen  Gasmenge  beliebige 
Entropiegrößen  unabhängig  vom  eingenommenen  Volumenraum 
zuschreiben.     Man  denke  sich  zum  Beispiel  das  Gasvolumen  v 
in  n  gleiche  nebeneinander  bestehende  Teile  von  der  Größe  vjn 
geteilt;  man  lasse  jeden  Volumenteil  vjn  bis  auf  die  Volumen- 
größe  t;   sich   nicht   umkehrbar   ausdehnen ,    wobei    die    ent- 
sprechende Temperatur  unverändert  bleibt,  die  Spannung  n-mal 
kleiner  wird  und  die  gesamte  Entropie  sich  vergrößert,  man 
lasse  darauf  alle  n  erhaltenen  Gasvolumina  sich  ohne  äußere 
Arbeitsleistung  in  den  gemeinschaftlichen  Volumenraum  v  zu- 
sammenschieben.    Man  kommt  auf  diese  Weise  zum  anfäng- 
lichen Gasvolumen   mit   derselben  Temperatur   und  derselben 
Spannung,  aber  mit  der  vergrößerten  Entropie  zurück. 

Um  aus  den  oben  angedeuteten  Widersprüchen  heraus- 
zukommen, ist  zuerst  zu  beachten,  daß  die  Definitionen,  die 
bei  der  Herstellung  des  EntropiebegriflFs  den  entsprechenden 
Betrachtungen  zu  Grunde  gelegt  werden,  kaum  zu  dem 
Schluß  führen  können ,  daß  die  Entropie  eines  zusammen- 
gesetzten thermischen  Körpersystems  der  Summe  der  Entropie- 
größen gesamter  Teile  des  Systems  bedingungslos  gleich  ge- 
setzt werden  müßte.  Es  ist  nämlich  einleuchtend,  daß  der 
eben  erwähnte  Schluß  sich  nur  auf  die  Größe  der  Entropie- 
änderung anwenden  läßt  und  zwar  auf  folgende  Weise.  Sind 
dS^,  dS^  .  ,  y  die  Entropieänderungen  einzelner  Teile  eines 
zusammengesetzten   Systems    und   ist    dS    die    entsprechende 

23* 


356  N.  Schüler. 

Gesamtänderung  der  Entropie  des  letzteren,  so  hat  man  stets, 
wenn  die  Temperatur  ö  für  alle  Teile  dieselbe  bleibt: 

(10)  ddS=-OdS^  +ddS^  +  ..  ., 

weil  die  dem  System  zugefiihrte  Gesamtwärmemenge  der  Summe 
der  von  den  einzelnen  Teilen  aufgenommenen  Wärmequantitäten 
unbedingt  gleich  zu  setzen  ist.     Es  folgt  aber  aus  (10),  daß 

(11)  4S  =  5j  +  iSj  +  .  .  .  +  Konst, 

und  man  ersieht  daraus,  daß  die  Gesamtentropie  sich  von  der 
Entropiesumme  um  eine  Konstante  unterscheidet,  die  je  nach 
Umständen  wohl  als  von  Null  verschieden  ausfallen  kann. 

Außerdem  muß  man  in  den  Fällen,  wo  es  auf  die  Entropie- 
größe ankommt,  wohl  darauf  achten,  daß  es  sich  nicht  um  die 
Entropie  der  Gasmengen,  sondern  um  die  Entropie  der  aus 
den  Gasen  unter  Mitwirkung  verschiedenartiger  äußerer  Kräfte 
zusammengestellten  thermischen  Systeme  handelt.  Dement- 
sprechend kann  die  Entropiegröße  nicht  als  die  jeder  gegebenen 
Gasmenge  zugemessene  Quantität,  wie  etwa  die  Wärmemenge, 
betrachtet  werden,  sondern  die  genannte  Größe  erweist  sich 
als  der  Wert  einer  durch  den  Ausdruck  der  äußeren  Arbeit 
bestimmten  stetigen  Funktion  der  sich  umkehrbar  ändernden 
thermischen  Parameter. 

Faßt  man  zum  Beispiel  zwei  gleiche  und  chemisch  iden- 
tische Gasmengen  ins  Auge,  die  die  gleichen  Volumenräume  v 
einnehmen  und  die  gleichen  Spannungen  p  besitzen,  so  darf 
man  doch  nicht  die  beiden  Gase  als  zwei  identische  thermi- 
sche Körpersysteme  bedingungslos  betrachten,  denen  etwa  gleiche 
Entropiegrößen  immer  zuzuschreiben  wären.  Es  kann  nämlich 
dabei  der  Unterschied  zwischen  den  beiden  Gasen  darin  be- 
stehen, daß  die  entsprechenden,  das  Gleichgewicht  haltenden 
äußeren  Kräfte  die  beiden  Systeme  in  verschiedener  Weise  an- 
greifen. Das  eine  System  sei  zum  Beispiel  durch  den  äußeren 
Druck  im  Gleichgewicht  gehalten,  der  nur  auf  die  äußere 
Grenzoberfläche  des  Volumens  v  wirkt.  Das  andere  System 
sei  in  n  gleiche  aneinander  anliegende  Teile  von  der  Größe  w/n 
geteilt  und  der  äußere  Druck  p  sei  auf  den  n  Grenzoberflächen 
der  letzteren  angebracht.    Dadurch  wird  für  das  erstere  System 


Bedenken  betreffend  die  Theorie  der  Entropievermehrung.     357 

^e   Möglichkeit    eines    arbeitslosen  Zusammenschiebens    aus- 
geschlossen.     Was  aber  das  zweite  System  betrifit,  so  ist  für 
dasselbe  kein  Hindernis  vorhanden,  sein  Gesamtvolumen  v  in 
das   n-mal   kleinere   Volumen   vfn  zu   verwandeln.     Die  iso- 
thermische  Verkleinerung  des  Gesamtvolumens  v  ist  für  das 
erstere  System  mit  der  Entropieverminderung  unbedingt  ver- 
bunden.    Die  Entropie   des   zweiten  Systems   bleibt   dagegen 
unverändert,   während    das  Volumen  v   des   letzteren  mittels 
arbeitsleistungslosen  Zusammenschiebens   auf  die   Größe   vjn 
reduziert  wird.     Sollte  die  Entropie  des  zweiten  Systems  bei 
der  erfolgten   Verminderung   des   Gesamtvolumens   auch   ver- 
kleinert werden,  so  könnte  dies  nur  durch  die  Verkleinerung 
jedes  Partial Volumens  vjn  erreicht  werden,  wodurch  das  ganze 
System  nicht  zusammengeschoben,  sondern  zusammengedrückt 
wird.    Es  leuchtet  nun  auch  weiter  ein,  daß  dieselbe  Größe 
des  Gesamtvolumens  v  den  verschiedenen  Entropiegrößen  des 
zusammenschiebbaren  Gassystems   entsprechen  kann,   da   der 
thermische  Zustand  des  letzteren  von  v  ganz  unabhängig  bleibt 
und  da  die  Größe  v  nicht  Isu  den  thermischen  Parametern  des 
betrachteten  Systems  zu  zählen  ist.     Sollte  also  die  Entropie 
eines  zusammenscbiebbaren  Systems  mit  der  eines  unzusammen- 
schiebbaren  verglichen  werden,  so  müßten  die  beiden  Entropie- 
großen   als  Funktionen    des   Partialvolumens   vjn   dargestellt 
werden,  bei  dessen  gleichen  Werten  auch  die  zu  vergleichen- 
den Entropiegrößen  einander  gleich  bleiben,  abgesehen  davon, 
daß    die  Werte    des  Gesamtvolomens    dabei  verschieden    aus- 
fallen können. 

Bei  den  Betrachtungen,  die  zum  Schluß  über  die  Entropie- 
vermehrung der  Gase  durch  Diffusion  führen,  scheint  der  Ge- 
dankenfehler gerade  darin  zu  bestehen,  daß  dabei  die  thermi- 
sehen  Änderungen  zweier  ungleichartiger  Gassysteme  mitein- 
ander verwechselt  werden.  Das  System  der  unter  demselben 
gemeinschaftlichen  Druck  ineinander  diffundierenden  Gase  ist 
entschieden  als  unzusammenschiebbar  zu  bezeichnen.  Um  auf 
ihre  Entropieänderung  zu  schließen,  pflegt  man  nun  ein  an- 
deres und  zwar  zusammenschiebbares  System  ins  Auge  zu 
fassen,  dessen  Änderungen  von  den  Parametern  des  ersteren 
nicht  abhängeu  und  somit  nicht  in  Betracht  gezogen  wer- 
den können. 


358  N.  Schiller. 

Übrigens  ist  noch  zu  beachten,  daß  die  Änderungen  der 
beiden  obengenannten  ungleichartigen  Systeme  auch  so  kom- 
biniert werden  können,  daß  man  zum  Endzustand  des  Diffusions- 
prozesses ohne  jegUche  Entropievermehrung  oder  sogar  mit 
einer  Entropieverminderung  kommt  Um  die  durch  die  Diffusion 
angeblich  hervorgebrachte  Entropievergrößerung  auszurechnen, 
pflegt  man  nämlich  die  Volumina  v^,  ^2  *  *  -  ^n  ^^^  ineinander 
zu  diffundierenden  Gasmengen  sich  erst  bis  auf  die  einander 
gleichen  Yolumengrößen  ^t;^  mit  Entropievermehrung  aus- 
dehnen und  nachher  sich  in  den  gemeinschaftlichen  Volumen- 
raum  ^v^  zusammenschieben  zu  lassen.  Nun  kann  man  aber 
das  isothermische  Ausdehnen  der  Oasvolumina  v^,  t;,  •  •  •  v^ 
sich  auch  ohne  jegliche  äußere  Arbeitsleistung  und  somit  ohne 
jegliche  Entropieänderung  denken:  man  braucht  nur  dazu,  wie 
dies  schon  vorher  auseinandergesetzt  worden  ist,  sich  die  ent- 
sprechende Druckverteilung  auf  den  Grenzen  der  voneinander 
abgesonderten  Teile  jedes  Volumens  vorzustellen,  wodurch 
jedem  Volumen  die  Eigenschaft  der  Zusammenschiebbarkeit  er- 
teilt wird.  Sind  nun  darauf  die  auf  die  genannte  Weise  er- 
weiterten Gasvolumina  miteinander  arbeitsleistungslos  zu- 
sammengeschoben ,  so  kommt  man  zum  Endzustand  des 
Diffusionsprozesses  mit  der  unveränderten  Entropiegröße.  An- 
dererseits kann  man  auch  die  vorläufige  arbeitsleistungslose  Er- 
weitenmg  der  einzelnen  Volumina  üj  ,  v^,  ,  ,  .  v^  noch  weiter 
als  bis  auf  die  Größe  ^v.  hinauftreiben  und  dieselben  wieder 
auf  die  Größe  -i'v.,  aber  mit  Entropieverminderung,  redu- 
zieren. In  diesem  Falle  kommt  man  nach  dem  nachher  er- 
folgten arbeitsleistungslosen  Zusammenschieben  der  einzelnen 
Volumina  zum  Endzustand  des  Diffusionsprozesses  sogar  mit 
der  verminderten  Entropie. 

Um  aus  den  eben  besprochenen  Widersprüchen  herauszu- 
kommen muß  man  entweder  die  Möglichkeit  eines  arbeitsleistungs- 
losen Zusammenschiebens  gleichartiger  Gasvolumina  verneinen, 
wozu  eigentlich  kein  genügender  Grund  vorhanden  ist,  oder 
die  oben  angeführten  einander  widersprechenden  Schlußfolge- 
rungen verwerfen  und  nach  der  richtigen  Betrachtungsweise 
suchen. 

Um  den  richtigen  Weg  zur  Beantwortung  der  Frage  über 
die   Entropieänderung  durch   Diffusion  zu  finden,  muß  zuerst 


Bedenken  betreffend  die  Theorie  der  Entropievermehrung,     359 

festgestellt  werden,  in  welchem  Sinne  die  Entropiegröße  als 
geändert  zu  betrachten  sei.  Da  die  Entropie  ihrer  Definition 
gemäß  sich  nur  als  eine  stetige  und  eindeutige  Funktion  der 
sich  umkehrbar  ändernden  thermischen  Parameter  darstellen 
läßt,  so  kann  dieselbe  nur  dann  voneinander  verschiedene 
Werte  annehmen,  wenn  die  thermischen  Parameter  geändert 
werden.  Unter  den  thermischen  Parametern  sind  aber  außer 
der  Temperatur  diejenigen  Größen  zu  verstehen,  deren  unend- 
lieh  kleine  Änderungen  zur  Bildung  des  Ausdrucks  für  die  von 
den  äußeren  Kräften  auf  umkehrbarem  Wege  geleistete  Arbeit 
beitragen.  Außerdem  ist  zu  beachten,  daß  die  Ermittelung 
der  Entropiefunktion  nur  dann  möglich  ist,  wenn  der  genannte 
Ausdruck  im  voraus  gegeben  ist.  Sind  nämlich  a^,  a,  .  .  .  a^ 
die  thermischen  Parameter  und  wird  die  äußere  Arbeit  d  L  in 
der  Form 

(12)  "  dL=p^da^+  p^  da^  +  .  .  .  P^^^n 

gegeben,  so  lassen  sich  die  Ableitungen  von  der  Entropie- 
funktion S  durch  die  Gleichungen 

bestimmen,  wobei  6  die  absolute  Temperatur  bezeichnet.  Ist 
außerdem  auch  c,  die  Wärmekapazität  des  betrachteten  ther- 
mischen Systems,  gegeben,  so  hat  man  dazu 

(14)  o=ö|f. 

Die  additive  Konstante,  die  in  die  durch  die  Gleichungen  (13) 
und  (14)  bestimmte  Entropiefunktion  hineinkommt,  bleibt  natür- 
lich von  den  Größen  0,  o^,  ^^  •  •  •  a^  unabhängig  und  kann 
nichts  zur  Entropieäuderung  beitragen.  Es  kann  wohl  der 
Fall  vorkommen,  wo  die  Entropiefunktion  sich  etwa  in  der 
Form 

(15)  S=  f^{a^,  «2,  .  .  .  ajk)  +  f^  («k+i,  .  . .  On)  +  Konst 

darstellen  läßt  Zieht  man  dabei  nur  diejenigen  Zustands- 
änderungen  des  genannten  thermischen  Systems  in  Betracht, 
die  bloß  von  der  Parametergruppe  a^,  a^,  .  .  ,  aj^  abhängen,  so 
bleibt  die  Funktion /j(afc+i,...  On)  unverändert  und  die  Summe 


360  N.  Schiller. 

f^  +  Konst.  spielt  einstweilen  die  Bolle  einer  neuen  additiven 
Eonstanten.  Kommt  es  nun  nachher  darauf  an,  auch  die 
Änderungen  der  übrigen  Parameter  a^^i,  ,  ,  On  ins  Auge  zu 
fassen,  so  kann  es  den  Anschein  haben,  als  ob  die  ent- 
sprechende  Entropieänderung  durch  die  Änderung  der  addi- 
tiven Konstante  hervorgebracht  würde.  Es  darf  aber  nicht 
vergessen  werden,  daß  in  diesem  Falle  der  als  eine  additive 
Konstante  betrachtete  Ausdruck  f^  +  Konst  jedenfalls  als 
Funktion  der  Parameter  0^^4.1,...^«  schon  dargestellt  ist,  was 
sich  nur  dann  als  möglich  erweist,  wenn  die  genannten  Para- 
meter in  den  Ausdruck  der  von  den  äußeren  Kräften  umkehr- 
bar verrichteten  Arbeit  hineinkommen.  Die  mehrmals  vorher 
angeführte  übliche  Betrachtungsweise  scheint  auch  zum  Schluß 
zu  fuhren,  daß  die  additive  Konstante  der  Entropiefunktion 
durch  den  erfolgten  DifiFusionsprozeß  um  die  Größe  (9)  wachsen 
muß,  die  von  der  Anzahl  der  ineinander  diffundierenden  Qus- 
moleküle  abhängt.  Dabei  vermag  man  selbstverständlich  auf 
keinen  Ausdruck  hinzuweisen,  der  die  von  den  unendlich  kleinen 
Änderungen  der  Molekülanzahl  abhängige,  von  den  äußeren 
Kräften  umkehrbar  verrichtete  Arbeit,  darstellen  könnte.  Die 
angeblich  hergestellte  Abhängigkeit  der  additiven  Konstante 
von  der  Molekülanzahl  wäre  aber  nicht  anders  zu  ermitteln, 
als  aus  den  Koeffizienten  des  differentiellen  Arbeitspolynoms 
mittels  der  Gleichungen  (13). 

Es  bleibt  also  nur  ein  Weg,  die  dem  Diffusionsprozeß  ent- 
sprechende Entropiefunktion  zu  linden,  nämlich  mit  Hilfe  des 
entsprechenden  differentiellen  Arbeitsausdrucks.  Das  thermi- 
sche System  der  ineinander  diffundierenden  Gase,  welches  aus 
den  verschiedenartigen  einander  berührenden  Gasvolumina 
üj,  üg,  .  .  .  ü^  zusammengestellt  ist  und  mittels  des  auf  die 
äußere  Grenzoberfläche  des  Gesamtvolumens  2v^  wirkenden 
Drucks  j)  im  Gleichgewicht  gehalten  wird,  kann  nicht  ohne 
äußere  Arbeitsleistung  zusammengeschoben  werden.  Ebenso- 
gut bleibt  das  System  nach  dem  vollendeten  Diffusionsprozeß 
unzusammenschiebbar,  während  die  verschiedenartigen  Gase 
bei  ihren  Partialspannungen  ;?j ,  P2,  -  -  *  p^  den  gemeinschaft- 
lichen Volumenraum  v  =  2v.  einnehmen.  Die  äußere  Ar- 
beit d  L  wird  vor  und  nach  der  Diffusion  resp.  durch  die 
folgenden  Ausdrücke  dargestellt: 


Bedenken  betreffend  die  Theorie  der  ßntropievermehrunff,     361 


(16)  {     und 


d L  =  p{dv^  +  dv^  +  •  •  •  dvj  =s  pdv 
dL  =  {p^+p^+  .  ..pjdv=pdv, 


die,  wie  man  sieht,  einander  gleich  ausfallen.  Da  man  außer- 
dem vor  dem  DiflfusionsprozeB 

(17)  pv^  =  m^R^dy       pv^  =  m^B^d,  .  .  .pv^  =  »^^^„0 

und  nach  demselben 

(18)  p^v  =  m^  B^d ,      />2 1;  =  m^  Äj  ö ,  .  .  .  /»^  V  =  wijj  Ä^  ö 

hat,  wobei  6  die  absolute  Temperatur  und  m^^  .  .  .  m^  die  ent- 
sprechenden Massenmengen  bezeichnen,  so  ergibt  sich  f&r  die 
beiden  Fälle: 

woraus  folgt: 
(20) 


dv 


de 


V 


1" 


7/lj 


^2 


\prP;: 


Da  aber  weder  die  Temperatur  6,  noch  das  Volumen  v 
durch  die  Diffusion  geändert  werden,  so  kann  man  daraus 
nur  den  einzigen  Schluß  ziehen,  daß  die 
Entropie  S  auch  dabei  unverändert  bleibt. 

um    sich    das    Wesen    des    Diffusions- 
prozesses anschaulich  zu  machen,  stelle  man 
sich    zwei    chemisch    identische    Gasmengen 
wij  und   TWg    vor,    welche    die    einander   frei 
berührenden  Volumenteile   v^    und   v^    eines        < 
zylindrischen  Behälters  ausfüllen  und  dabei 
die  verschiedenen  Spannungen  p^  und  p^  be- 
sitzen, so  daß  7?j  >  /?2  ist.    Der  Behälter  sei 
von  außen   durch  zwei  bewegliche  undurch-        "= 
dringliche  Kolben  aa  und  ob  abgeschlossen 
(vgl.    die    beistehende    Figur).      Die    beiden 
Gasmengen   bleiben  im  Gleichgewicht,  wenn 
auf  jede  Flächeneinheit  der  GrenzoberÜächen 
der    Volumenräume    t?,     und    v.^    die    äußeren    Druckkräfte  p^ 
und  /?2  entsprechend  wirken.    Die  erforderliche  Druckverteilung 
kann    dadurch    erreicht    werden,    daß    man    die   Druckkräfte 


nt, 


p, 


Fig.  1. 


362  jV;  Schüler. 

p^  und  p^  entsprechend  auf  die  beweglichen  Kolben  wirken 
läßt  und  außerdem  einen  äußeren  Druck  p^  — />,  auf  jede 
Flächeneinheit  der  freien  Trennungsoberfläche  zwischen  den 
Volumenräumen  v^  und  v^  anbringt,  und  zwar  in  der  Richtung 
von  v,  nach  t;^.  Nun  bestehen  zwischen  den  Größen  p^,  p^, 
v^,  v^,  m^,  m^  und  der  Temperatur  d  die  Beziehungen: 

(21)  p^v^^m^Rd,      p^v^^m^Rd, 

woraus  man  ersieht,  daß  bei  den  konstant  gehaltenen  Span- 
nungen p^  und  p^  die  Volumenveränderungen  nur  dann  zustande 
kommen  können,  wenn  dabei  auch  die  Massenmengen  m^  und 
m,  sich  ändern,  das  heißt,  wenn  ein  Massenübergang  von  einem 
Volumenraum  zum  anderen  durch  die  Trennungsoberfläche 
von  statten  geht,  was  durch  die  passende  Abwechselung  der 
Angriffspunkte  des  Trennungsoberflächendrucks  p^  —  />,  immer 
zu  erreichen  ist.  Die  bei  den  eben  beschriebenen  unendlich 
kleinen  Volumenänderungen  dv^  und  dv^  von  den  äußeren 
Kräften  geleistete  Arbeit  dL  läßt  sich  in  der  Form  darstellen 

(22)  —  dL  ^p^  dv^  +  p^dv^ . 

Da  aber  die  Gleichungen  (21)  bei  konstant  gehaltenem  p^ 
und  p^ 

(23)  p^  dv^  +  p^dv^^  R 6 [dm^  +  dm^ 

ergeben  und  da 

dm^  +  dm^  =0 

ist,  so  kommt  man  zum  Schluß,  daß  d  L  =  0,  Da  nun  weiter 
p^  und  p^  während  des  ganzen  Vorgangs  konstant  und  von 
der  Temperatur  6  unabhängig  bleiben  sollen,  so  ergibt  sich 

was  auf  die  entsprechende  Unveränderlichkeit  der  Entropie- 
größe hinweist 

Wird   das  Volumen  v^   und   somit  die  Massenmenge  m^ 
unendlich  klein,  so  nimmt  die  übrige  von  der  Größe 


Bedenken  betreffend  die  Theorie  der  Entropievermehrung,     363 

anendlich  wenig  sich  unterscheidende  Oasmasse  das  Volumen  V^ 
ein^  das  durch  die  Gleichung 

(25)  p^V^  =  MEd 

bestimmt  wird.  Wird  dagegen  v^  unendlich  klein,  so  läßt  sich 
das  von  der  übrigen  Gasmenge  eingenommene  Volumen  F^ 
aus  der  Gleichung 

(26)  p,F,^MRd 

berechnen.  Man  ersieht  also,  daß  die  Gasmenge  M  auf  die 
angedeutete  Weise  vom  Volumen  T^  und  von  der  Spannung  p^ 
ohne  Entropieänderung  und  ohne  äußere  Arbeitsleistung  zum 
Volumen  F^  und  zur  Spannung  p^  auf  umkehrbarem  Wege 
hinübergeführt  werden  kann.  Sollten  die  Volumenänderangen 
und  die  mit  ihnen  verbundene  Gasmassenüberführung  mit  einer 
gewissen  von  außen  mitgeteilten  Geschwindigkeit  vor  sich  gehen, 
so  würde  dadurch  dem  ganzen  Vorgang  eine  bestimmte  Rich- 
tung vorgeschrieben  und  dessen  Umkehrung  bei  der  bestehen- 
den Geschwindigkeit  unmöglich  gemacht.  Man  darf  aber  des- 
halb nicht  einem  solchen  Vorgang  die  Eigenschaften  einer 
umkehrbaren  Zustandsänderung  absprechen,  da  die  entstande- 
nen Geschwindigkeiten  nicht  von  den  in  den  Arbeitsausdruck  d  L 
hineinkommenden  Kräften  herrühren  und  da  die  letztgenannten 
Kräfte  nichtsdestoweniger  immerfort  das  Gleichgewicht  halten. 

Das  eben  betrachtete  Gassystem  kann  nun  noch  kom- 
plizierter vorgestellt  werden,  damit  es  sich  an  die  ineinander 
diffundierenden  Gasmengen  mehr  anpasse.  Man  kann  nämlich 
den  äußeren  auf  die  Trennungsoberfläche  wirkenden  Druck 
P\  ~' P2  ^^^^  dadurch  verwirklicht  denken,  daß  die  Massen- 
menge m^  irgend  eines  verschiedenartigen  Gases  dem  im 
Volumenraum  v^  sich  befindenden  Gas  beigemischt  wird,  und 
zwar  auf  die  Weise,  daß  die  Partialspannun^  des  hinein- 
gepreßten Gases  bis  auf  die  Größe  p^  —  /?,  hinaufsteige.  Dabei 
fordern  die  Gleicbgewichtsbedingungen ,  daß  noch  der  äußere 
Druck  p^  —  /?2  zu  der  auf  den  Kolben  b  b  wirkenden  Druck- 
kraft p^  hinzugefügt'  werde.  Dementsprechend  nimmt  der 
ganze  den  genannten  Kolben  angreifende  äußere  Druck  die 
Größe  Py  an.  Dieser  äußere  Druck  p^  kann  wieder  dadurch 
verwirklicht  werden,  daß  man   die  den  Raum  v^  ausfüllende 


364 


N.  Schiller. 


l 


7rh\ 


Oasmischüng  mit  der  neuen  Gasmenge  m^  in  Berührung  bringt^ 
die  die  Spannung  jp^  besitzt,  den  entsprechenden  Volumen- 
raum t?/  einnimmt  und  mit  dem  in  den  Volumenraum  v^  zu- 
vor hinzugeführten  Gas  chemisch  identisch  ist  Soll  das  eben 
neu  hinzngebrachte  OasYolnmen  v(  mittels  eines  beweglichen 
Kolbens  vom  äußeren  Raum  abgeschlossen  werden,  so  muß 
der  äußere  Druck  /?^  auf  jede  Flächeneinheit  des  Kolbens 
wirken,  damit  das  Gleichgewicht  des  ganzen  Systems  erhalten 
bleibe.  Auf  diese  Weise  kommt  man  zu  der  durch  die  bei- 
stehende Figur  dargestellten  Anordnung  der  Gasmassen. 

Die  in  dem  zylindrischen  Behälter  eingeschlossenen  Gas- 
massen sind  von  außen  durch  zwei  bewegliche  Kolben  a  a  und 

dd  abgegrenzt.  Die  einander  gleichen 
äußeren  Druckkräfte  "p^  halten  die  beiden 
Kolben  im  Gleichgewicht.  Die  Volumen- 
l  räume  v^  und  v^  sind  mit  zwei  chemisch 
verschiedenen  Gasmengen  77?^  und  771^'  aus- 
gefüllt, die  die  gleichen  Spannungen  jp^ 
besitzen.  Das  Volumen  v^  enthält  die 
Mischung  der  beiden  Gasarten,  von  denen 
der  einen  die  Masse  771^  und  die  Spannung 
■p^y  der  anderen  dagegen  die  Masse  m^  und 
die  Spannung  p^  —  p^  zukommen.  Die 
^  Druckwirkung  der  ^inen  der  beiden  Gas- 
arten auf  die  andere  ist  dieselbe,  wie  die 
der  von  außen  angebrachten  Kräfte.  Das 
erste  Gas  übt  nämlich  den  Druck  p^  auf  die 
untere  Trennungsoberfläche  cc  und  den 
Druck  p^  auf  die  obere  hh  aus.  Das  zweite  Gas  drückt  mit 
der  Kraft  p^  auf  die  obere  Trennuugsoberfläche  hh  und 
mit  der  Kraft  p^  ^  V%  ^^^  ^^^  untere  cc.  Die  Arbeitsleistung 
dL'  der  vom.  ersten  Gas  herrührenden  Druckkräfte  wird  durch 

(27)  -  dL'  =p^  dv;  +  (jp^  - p.^)dv^ 

dargestellt.     Da  aber 

(28)  p,  v^'  =  772/  iü'  Ö ,       {p,^  p,)  V,  =  m/  Ä'  d 

und  da  p^  und  p^  konstant  bleiben,  so  ergibt  sich 

(29)  pj  d v^  +  [Pi  +  P2)dv^  =  Rd(dm^'  +  d m^)  =  0 
und  somit  dL'  =  0. 


77L; 


TTL, 


TTV. 


l 


Fig.  2. 


Bedenken  betreffend  die  Theorie  der  Eniropievermehrung,     865 

Die  Arbeitsleistung  dL  der  vom  zweiten  neu  zugefügten 
Oas  herrührenden  Kräfte  ist  schon  durch  die  Formel  (22)  an- 
gegeben und  fällt  ebenso  gleich  Null  aus. 

Das  eben  beschriebene  Anftigen  des  zweiten  Oases  als 
einer  auf  das  erste  Gas  wirkenden  äußeren  Kraftquelle  erteilt  aber 
dem  neu  umgestalteten  Gassystem  eine  besondere  Eigenschaft 
Da  nämlich  die  Gasmoleküle  ihre  eigenen  immerfort  bestehen- 
den Geschwindigkeiten  besitzen,  die  auch  das  beständige  Ein- 
dringen verschiedener  Teile  derselben  Gasmasse  ineinander 
hervorrufen,  so  hat  der  genannte  Umstand  zur  Folge,  daß  die 
Volumenänderungen  r/üj,  dv^^  und  dv^  nur  in  der  bestimmten 
Richtung  und  mit  der  von  Anfang  an  bestimmten  Geschwindig- 
keit von  statten  gehen  können,  ohne  dabei,  wie  dies  schon 
oben  auseinandergesetzt  wurde,  die  Eigenschaft  der  umkehr- 
baren  Änderungen  zu  verlieren.  Der  oben  erwähnten  an- 
gestoßenen Geschwindigkeitsrichtung  gemäß  ändern  sich  die 
Volumina  v^,  v^'  und  v^  auf  die  Weise,  daß  die  beiden  ersteren 
sich  bis  zur  Null  vermindern  und  das  letztere  sich  bis  auf  die 
Größe  F^  vergrößert,  die  durch  jede  der  Gleichungen 


(29)         { 


V^p^  =[MB  ■^M' R)d 


sich  bestimmen  läßt.  Am  Ende  des  Vorgangs  vermischen  sich 
die  beiden  Gase  im  Volumenraum  F^  miteinander  und  be- 
sitzen dabei  entsprechend  die  Partialspannungen  p^  undpj  — /?2- 
Was  nun  die  den  beiden  Gasen  zukommenden  Entropiegrößen 
betrifft,  so  müssen  dieselben  nach  dem  Vorhergesagten  als  un- 
verändert betrachtet  werden.  Man  sieht  aber,  daß  die  eben 
beschriebene  Zustandsänderung  des  betrachteten  zusammen- 
gesetzten Gassystems  dem  Diffusionsvorgang  genau  entspricht, 
und  daß  für  den  letzteren  die  vorher  abgeleiteten  Schlußfolge- 
rungen auch  als  geltend  angenommen  werden  müssen. 

Faßt  man  endlich  jede  beliebige  durch  die  äußeren  Kräfte 
im  Gleichgewicht  gehaltene  chemisch  homogene  Gasmenge  ins 
Auge,  so  muß  man  zugeben,  daß  in  solchem,  ins  Gleichgewicht 
gesetzten  Massensystem  innere  Molekularbewegungen  dennoch 
fortwährend  vor  sich  gehen  und  darin  nämlich  bestehen,  daß 
jede  zwei  benachbarte  Volumenteile  der  betrachteten  Gasmenge 


366        N.  Schäler.      Bedeitken  betreffend  die  T/iearie  etc. 

ihre  Moleküle  gegeneinander  umtauschen.  Solche  Bewegungen 
sind  aber  der  Art,  daß  sie  jedenfalls  als  Diffusionsprozeß  der 
gleichartigen  Oasmassen  ineinander  angesehen  werden  müssen. 
Wollte  man  also  bei  der  Annahme  der  Entropievermehrung 
durch  Diffusion  bleiben,  so  müßte  man  auch  anerkennen,  daß 
die  genannten  Molekularbewegungen  die  fortdauernde  Entropie- 
zunahme bis  ins  Unendliche  zur  Folge  haben. 

Franzensbad,  August  1903. 

(Eingegangen  12.  September  1903.) 


367 


47.  über  die  Größe  der  Kristallmoleküle. 

Von  Rud.  Wegsoheider  in  Wien. 


In  den  Naturwissenschaften  ist  jede  Betrachtungsweise 
erlaubt,  die  aus  klar  festgelegten  Voraussetzungen  mit  Hilfe 
logisch  (mathematisch)  richtiger  Schlüsse  zu  Folgerungen  f&hrt, 
die  mit  der  Erfahrung  verglichen  werden  können.  So  mag 
es  wohl  auch  gestattet  sein,  aus  Anlaß  der  Feier  eines  Mannes, 
dessen  glänzende  Forschungen  zum  großen  Teile  auf  den  ein- 
fachsten Annahmen  über  die  Beschaffenheit  der  Moleküle 
fußen,  eine  Lanze  für  die  Annahme  recht  komplizierter  Mole- 
küle zu  brechen. 

Yan't  Hoff  ^)  hat  darauf  aufmerksam  gemacht,  daß  man 
die  Molekulargewichte  fester  Körper  aus  Oleichgewichten  ab- 
leiten könne,  an  denen  feste  Lösungen  beteiligt  sind.  Ins- 
besondere hat  auch  der  Nernstsche  Verteilungssatz*)  für  solche 
Schlüsse  Verwendung  gefunden.  Wenn  die  so  erhaltenen 
Molekulargewichte  sich  auch  zunächst  auf  den  in  der  festen 
Lösung  in  kleiner  Menge  enthaltenen  Bestandteil  beziehen,  so 
ist  es  doch  bei  isomorphen  Mischungen  sehr  wahrscheinlich, 
daß  dieselben  Molekulargewichte  auch  den  reinen  Körpern  zu- 
kommen, welche  dieselbe  Form  haben  wie  die  Mischkristalle 
und  die  Endpunkte  der  Mischungsreihe  bilden.*) 

Als  Ergebnis  der  diesbezüglichen  Untersuchungen  be- 
trachtet man  den  Satz*),  „daß  der  feste  Zustand  sich  nicht 
durch  einen  komplizierten  Molekularbau  auszeichnet,  sondern 
daß  auch  bei  fest  gelösten  Körpern  die  Moleküle  häufig  der 
auf  Grund  chemischer  Tatsachen  denkbar  einfachsten  Molekular- 
größe entsprechen  und  höchstens  den  doppelten  Wert  haben'*. 


1)  J.  H.  van't  Hoff,  ZeiUchr.  f.  phys.  Chem.  5.  p.  336.  1890. 

2)  W.  N  ernst,  Zeitechr.  f.  phys.  Chem.  8.p.ll0. 1891 ;  9.  p.  137. 1892. 

3)  J.  H.  van't  Hoff,  Zeitschr.  f.  phys.  Chem.  5.  p.  836.  1890. 

4)  J.  H.  van't  Hoff,  Vorlesungen  über  theor.  u.  phys.  Chem., 
2.  Heft,  2.  Aufl.  p.  65;  vgl.  auch  V.  Rothmund  in  Dammers  Handb. 
d.  anorg.  Chem.  4.  p.  26. 


368  Ä.   Wegscheider, 

Für  die  Verteilung  eines  Stoffs  X  zwischen  einen  Misch- 
kristall und  eine  zweite  Phase  (etwa  eine  Lösung)  fordert  diese 
Auffassung  folgendes.  Seien  die  Konzentrationen  von  X  im  Misch- 
kristall und  in  der  zweiten  Phase  x  und  c,  so  soll  in  der 
Regel  xfcy  ausnahmsweise  xjc^  bei  gegebener  Temperatur 
konstant  sein. 

Das  Zutreffen  dieser  Beziehungen  beweist  nicht  unbedingt 
die  Einfachheit  der  Eristallmoleküle;  denn  sie  bleiben  auch 
noch  gültig,  wenn  X  in  Form  von  Molekülen  X  Y^  bez.  X^  Y^ 
auftritt  \  wo  Y  den  Hauptbestandteil  des  Mischkristalles  be- 
deutet Die  Verteidigung  komplizierterer  Kristallmoleküle  braucht 
sich  aber  gar  nicht  hierauf  zu  berufen.  Denn  in  der  Eegel 
ist  weder  x/c,  noch  x/c*  konstant. 

Zwar  hat  Nernst*)  die  Konstanz  von  xjc  für  KCIO3  bei 
der  Löslichkeit  seiner  Mischkristalle  mit  TICIO3  angenommen, 
aber  wesentlich  nur,  weil  die  Verhältnisse  x*/c  und  xfc^  noch 
viel  weniger  konstant  sind.  Roozeboom^,  dem  wir  die  ein- 
schlägigen Beobachtungen  verdanken,  hebt  hervor,  daß  xlc  nicht 
konstant  ist;  es  ist  in  der  Tat  unverkennbar,  daß  die  Werte 
dieses  Verhältnisses  einen  regelmäßigen  Gang  zeigen. 

Im  Sinne  der  Konstanz  von  xfc^  hat  Küster*)  seine 
Versuche  über  die  Mischkristalle  aus  Naphtalin  und  /9-Naphtol 
gedeutet.  Indes  hat  Bodländer*)  mit  Recht  hervorgehoben, 
daß  die  Konstanz  gerade  dort  aufhört,  wo  sie  am  besten  zu- 
treffen sollte,  nämlich  bei  kleinem  x. 

Eine  umfassende  Zusammenstellung  eigener  und  fremder 
Versuche  über  die  Löslichkeit  von  Mischkristallen  hat  Fock^ 
gegeben.  Unter  29  Beispielen  zeigt  keines  konstantes  xfc^ 
und  nur  vier  (oder  wenn  man  zwei  Fälle  hinzurechnet,  in  denen 
cfx  von  Fock,  trotz  des  deutlichen  Ganges,  als  ausreichend 
konstant  betrachtet  wurde,  sechs)  konstantes  x/c  (l.  Gruppe).    In 


1)  W.  Ostwald,  Lehrb.  d.  allg.  Chem.  2.  Aufl.  II*.  p.  592;  G.  Bod- 
1  an  der,  Neues  Jahrb.  f.  Mineralogie  XII.  Beilageband  p.  7S.  1899. 

2)  W.  Nernst,  Zeit»chr.  f.  pjiys.  Chem.  9.  p.  141.  1892. 

8)  B.  Roozeboom,  Zeitschr.  f.  phys.  Chem.  8.  p.  535.  1891. 

4)  F.  W.  Küster,  Zeitschr.  f.  phys.  Chem.  17.  p.  357.  1895. 

5)  G.  Bodländer,    Neues  Jahrb.    f.    Mineralogie  XII.   Beilagebd. 
p.  103.  1899. 

6)  A.  Fock,  Zeitschr.  f.  Kristallograph.  28.  p.  337.  1897. 


Oroße  der  Kristalhnoleküle.  369 

der  Regel  (18  Fälle,  2.  Gruppe)  tritt  mit  steigendem  x  Fallen 
von  cj  X  und  Steigen  von  c/]/jr  ein.  In  drei  Fällen  (3.  Gruppe) 
steigen  sowohl  cjx  als  c/]/r,  in  4  (allerdings  weniger  beweis- 
kräftigen) Fällen  (4.  Gruppe)  sinken  beide  Quotienten.  Be- 
schi^nkt  man  sich  auf  binäre  Elektrolyte  und  scheidet  außer- 
dem die  Fälle  aus,  bei  denen  es  an  Beobachtungen  mit  kleinem  x 
mangelt,  so  ändert  sich  das  Bild  nicht  wesentlich.  Unter 
zehn  Fällen  gehören  zur  ersten  Gruppe  zwei  (vier?),  zur 
zweiten  sechs,  zur  dritten  zwei  Fälle,  zur  vierten  keiner. 

Die  Annahme  zusammengesetzter  Kristallmoleküle  X^  ge- 
nügt für  sich  allein  nicht,  um  die  Beobachtungen  darzustellen. 
Setzt  man  c**/x  konstant,  so  würde  in  den  letzten  drei  Gruppen 
der  Reihe  nach  l<w<2,  n<l,  n>2  sein.  Die  An- 
schauung, daß  der  gelöste  Stoff  im  Mischkristall  Moleküle  X^ 
(oder  höhere),  in  der  Lösung.  Moleküle  X^  bilde,  reicht  also 
vielleicht  zur  Deutung  der  4.  Gruppe,  aber  nicht  der  2.  und 
3.  Gruppe  aus.  Letztere  erfordern  gebrochene  Werte  von  n, 
die  keine  theoretische  Bedeutung  haben.  Fock  nimmt  in  der 
erwähnten  Abhandlung  einfache  Eristallmoleküle  an,  aber  auf 
Grund  irriger  theoretischer  Betrachtungen.  ^) 

Man  könnte  nun  versuchen ,  das  Verhalten  der  2.  und 
3.  Gruppe  auf  Störungen  durch  Nebeneinflüsse  zurückzuführen. 
Eine  bei  der  Berechnung  nicht  berücksichtigte  Störung  bildet 
die  elektrolytische  Dissoziation  in  der  wässerigen  Lösung.  In 
der  besprochenen  Abhandlung^)  war  Fock  (wohl  mit  Recht) 
der  Ansicht,  daß  die  Berücksichtigung  der  Dissoziation  die 
Inkonstanz  von  cjx  quantitativ  nicht  erklären  könne.  Später^ 
hat  er  allerdings  die  Dissoziation  für  die  Inkonstanz  verant- 
wortlich gemacht;  dabei  muß  er  aber  die  unwahrscheinliche 
und  durch  keine  andere  Tatsache  gestützte  Annahme  machen, 
daß  bei  einer  Konzentrationserhöhung  von  23  Proz.  der  Disso- 
ziationsgrad fast  aut  die  Hälfte  herabgeht.  Daß  die  Dissoziation 
die  Inkonstanz  von  cjx  nicht  allein  verschuldet,  geht  mit 
großer   Wahrscheinlichkeit    aus    den   erwähnten  Roozeboom- 

1)  Vgl.  W.  Ostwald,  Zeitschr.  f.  phys.  Chem.  24.  p.  536.  1897; 
A.  Fock,  1.  c.  25.  p.  74.  1898;  G.  Bodländer,  N.  Jahrb.  f.  Mineral. 
XII.  Beilageband  p.  111. 

2)  p.  354,  356,  361. 

3)  A.  Fock,  Zeitschr.  f.  phys.  Chem.  25.  p.  77.  1898. 
Boltzmann-Festschrift.  24 


370  B,   Wtgscheider. 

sehen  Versuchen  mit  KCIO,  in  TICIO3  hervor;  denn  bei  diesen 
war  xjc  nicht  konstant^  obwohl  die  Dissoziation  auf  Grund 
guter  Beobachtungen  und  ziemlich  unbedenklicher  theoretischer 
Anschauungen  rechnerisch  berücksichtigt  wurde. 

Wenngleich  die  Versuche  noch  anderen  Bedenken  (ins- 
besondere wegen  der  geringen  Diffusionsgeschwindigkeit  in 
festen  Körpern]  ausgesetzt  sind,  so  erwecken  sie  doch  im  ganzen 
den  Eindruck;  daß  r/c"  (wo  n  eine  ganze  Zahl)  in  der  Begel 
nicht  konstant  ist,  und  daß  daher  die  theoretischen  An- 
schauungen unzutreffend  sind^  welche  diese  Eonstanz  erwarten 
lassen.  In  der  Tat  läßt  sich  eine  Theorie  der  isomorphen 
Mischungen  ableiten  ^  welche  mit  den  Beobachtungen  über 
die  Löslichkeit  der  Mischkristalle  besser  im  Einklang  steht 

Keue  Theorie  der  iBomorphen  MiBohkristalle. 

Ich  behalte  folgende  zwei  Voraussetzungen  bei: 

1.  Isomorphe  Mischungen  sind  feste  Losungen,^) 

2.  Sämtliche  Moleküle  eines  Mischkristalles  sind  ähnlich  zu- 
sammengesetzt 

Ich  nehme  ferner  zusammengesetzte  Kristallmoleküle  und 
in  Mischkristallen  Verbindungen  der  Bestandteile  an.  Zu- 
sammen mit  der  zweiten  Voraussetzung  führt  das  zu  folgender 
Anschauung : 

Es  seien  X  und  Y  die  analog  gewählten  gewöhnlichen 
chemischen  Formeln  der  Bestandteile  des  Mischkristalles  ent- 
sprechend den  in  einer  zweiten  Phase  (Lösung  oder  Gas)  auf- 
tretenden Molekülen.  Y  sei  im  Mischkristall  das  Lösungsmittel 
und  habe  darin  die  Molekülformel  Y^,  wo  n  eine  ganze  Zahl 
Dann  hat  nach  Voraussetzung  2  auch  X  im  Mischkristall  die 
Formel  X^;  die  Verbindungen  von  X  und  Y  entsprechen  der 
allgemeinen  Formel  X^  r„_a,  wo  für  a  alle  ganzen  Zahlen 
zwischen  Null  und  n  möglich  sind.  Ich  mache  also  die  Voraus- 
setzung: 


1)  G.  Bodländer  hat  sich  gegen  diesen  Satz  ausgesprochen,  weil 
sich  die  Mischkristalle  den  Lösungsgesetzen  nicht  zu  fügen  scheinen 
(Nt^ues  Jahrb.  f.  Mineral.  XII.  Beilageband  p.  114.  1899).  Dagegen  be- 
trachten Bruni  (Chem.  Centralbl.  1899.  II.  p.  1088.),  Roozeboom 
(Zeitsch.  f.  phys.  Chem.  30.  p.  393.  1899)  und  Sommerfeldt  (Chem. 
Centralbl.  1901.  I.  p.  Tr)9.)  die  Mischkristalle  als  feste  Lösungen. 


Größe  der  Kristallmoleküle.  371 

8.  Der  Mischkristall  besteht  aus  den  Molekülen  X„,  Xn—i¥,  ..., 
X^Yn^af  •  •  •*  ^  ^n—u  ^ni  zwischen  denen  sich  Gleichgewichte 
einstellen. 

Die  mathematische  Entwickelang  dieser  Theorie  bean- 
spracht zu  viel  Raam,  als  daß  ich  sie  an  dieser  Stelle  ver- 
öffentlichen könnte.  Hier  sei  nar  erwähnt^  daß  die  Theorie 
je  nach  den  Werten  der  Gleichgewichtskonstanten  steigendes, 
fallendes  oder  konstantes  xjc  vorhersehen  läßt;  aach  konstantes 
x/c  ist  also  mit  komplizierten  Kristallmolekülen  verträglich. 
xjc^  soll  für  kleine  x  jedenfalls  fallen;  da  aber  schon  bei  n  =  3 
Kurven  mit  einem  Minimum  und  einem  Maximum  möglich 
sind^  bietet  die  Theorie  auch  Baum  für  das  Ansteigen  von  x/c*, 
Somit  ist  diese  Theorie  imstande,  die  Beobachtungen  über  die 
Löslichkeit  der  Mischkristalle  darzustellen.  Wir  kommen  da- 
her zu  dem  Schluß: 

Die  Annahme  ztisammengesetzter  Kristallmoleküle  entspricht 
den  Tatsachen  hesser  als  die  Annahme  einfacher  Moleküle. 

Man  könnte  vielleicht  meinen,  daß  dieser  Satz  den  Beob- 
achtungen  über  die  Änderung  des  ümwandlungspunktes  poly- 
morpher Formen  durch  isomorphe  Beimengungen  widerspricht. 
Das  ist  aber  nicht  der  Fall.  Denn  Rothmund  ^)  konnte  aus 
seinen  diesbezüglichen  Versuchen  nur  den  Schluß  ziehen,  daß 
das  Molekulargewicht  des  fest  gelösten  CCl^  in  monoklinem  und 
regulärem  CBr^  dasselbe  ist.^)  Reinders^  schließt  allerdings, 
daß  HgBrg  in  HgJg  die  einfache  Formel  habe.  Aber  die 
Annahme,  daß  im  wesentlichen  die  Moleküle  (HgBrg)  (Hg Jg)«-! 
fest  gelöst  sind,  ist  ebenfalls  möglich  und  würde  sogar  die 
bei  Reinders  nicht  besonders  befriedigende  Übereinstimmung 
zwischen  gefundenen  und  berechneten  Zahlen  verbessern.  Zur 
Annahme  komplizierter  Kristallmoleküle  führt  eine  Arbeit  von 
W.  Müller.*)  Dieser  hat  aus  Beobachtungen  über  die  Um- 
wandlung von  KNOg-haltigem  NH^NO,  bei  30°  den  Schluß 
gezogen,  daß  das  Molekulargewicht  des  KNO3  ^^  ^^^  unterhalb 


1)  V.  Rothinund,  Zeitschr.  f.  phys.  Chem.  24.  p.  705.  1897. 

2)  Vgl.  übrigens  hierzu  Gr.  Bodländer,   Neues  Jahrb.  f.  Mineral. 
XIL  Beilageband  p.  100. 

3)  W.  Reinders,  Zeitschr.  f.  phys.  Chem.  32.  p.  532.  1900. 

4)  W.  Müller,  Zeitschr.  f.  phys.  Chem.  31.  p.  358.  1899. 

24* 


372  R.   Wegseheider.     Große  der  Kristallmoleküle. 

30^  stabilen  Modifikation  ^f^  des  in  der  oberhalb  stabilen 
Form  ist  Daraus  ergeben  sich  als  einfachste  Formeln  (ENO,)^ 
und  (KN03)3. 

Auf  die  Bildung  von  zusammengesetzten  Molekülen  in 
festen  Körpern  deuten  femer  die  Dampfspannungsmessungen 
Hollmanns  ^)  an  Mischkristallen  aus  Vitriolen  und  aus 
Alaunen  hin.  Ob  gerade  die  von  Ho  11  mann  angenommenen 
Verbindungen  auftreten,  lasse  ich  vorerst  dahingestellt 

Zum  Schlüsse  sei  noch  darauf  hingewiesen,  daß  die  Lös- 
lichkeit der  Mischkristalle  mit  dem  Gleichgewicht  z¥nschen 
Farbstofifen  und  Blasern  ^  manche  Ähnlichkeit  hat  Wenn  auch 
für  den  letzteren  Fall  eine  ausschlaggebende  Rolle  der  Ober- 
flächenspannung ^  in  erster  Reihe  in  Betracht  kommt,  so 
könnten  die  Erscheinungen  doch  vielleicht  auch  durch  die  An- 
nahme beschrieben  werden,  daß  die  Faser  mit  dem  Farb- 
stoff Verbindungen  in  mehreren  Verhältnissen  bildet,  die  mit- 
einander (und  vielleicht  auch  mit  der  Faser]  eine  feste  Lösung 
geben.  Die  chemische  Beschaffenheit  der  Faserstoffe  ist  dieser 
Annahme  nicht  ungünstig. 


1)  R.  Hollmann,  Zeitschr.  f.  phys.  Chem.  37.  p.  203,  212;  40. 
p.  577.  1901. 

2)  Vgl.  die  Arbeiten  von  Walker  und  Appleyard,  sowie  von 
V.  Georgievics,  Monatsh.  f.  Chem.  21.  p.  845.  1900  (mit  Springer), 
Zeitschr.  f.  Farben-  u.  Textilchem.  2.  Heft  13.  1903  u.  a. 

3)  F.  Kaufler,  Wiener.  Sitz.-Ber.  Ua.  111.  p.  935.  1902. 

(Eingegangen  13.  September  1903.) 


373 


48.   The  Principle  of  Dynamical  Similarity 

in  Molecnlar  Physics. 

By  William  Satherland  in  Melbourne. 


The  most  important  kind  of  dynamical  similarity  is  that 
in  which  the  similar  Systems  have  their  kinetic  and  potential 
energies  in  the  same  ratio.  A  Single  varying  System  will  be 
always  dynamically  similar  to  itself  if  its  kinetic  energy  bears 
a  fixed  ratio  to  its  potential  energy.  Since  motion  and  position 
are  purely  relative,  the  quantities  of  kinetic  and  potential 
energy  ascribed  to  a  System  depend  on  the  arbitrary  definitions 
of  zero  kinetic  and  zero  potential  energy.  In  applying  the 
principle  of  dynamical  similarity  to  molecular  physics  the 
kinetic  energy  may  be  taken  to  be  the  same  as  that  in- 
vestigated  in  the  kinetic  theory  of  gases,  and  the  potential 
energy  as  the  work  required  to  separate  the  molecules  to  an 
infinite  distance  apart  without  changing  their  total  kinetic 
energy.  These  are  the  two  most  important  dynamical  quan- 
tities which  appear  in  the  kinetic  theory  of  gases,  when 
cohesional  forces  are  takeu  into  account. 

The  fundamental  importance  of  their  ratio  is  indicated  by 
the  prominent  part  it  plays  in  Boltzmann*s  Law  of  Distri- 
bution. That  law  gives  for  the  chance  that  a  System  of 
molecules  in  dynamical  equilibrium  shall  have  its  coordinates 
between  x^  .  .  .  and  x^  -\-  dx^  .  .  .  the  expression 

(1)  Äe~'^^^dx^  .  .  ,  dy^  .  ,  .  dz^ 

in  which  h  is  inversely  proportioDal  to  the  mean  kinetic  energy 
of  a  molecule,  and  /  is  proportional  to  the  mean  potential 
energy  of  a  molecule. 

In  molecular  investigations  the  principle  of  dynamical 
similarity  must  be  used  along  with  other  principles.  Of  these 
the  principle    of  kinematical   similarity   in   molecular  motions 


374  W.  SuOierland. 

is  a  useful  one.  In  kinematical  similarity  we  may  include 
strict  geometrical  similarity  between  molecular  orbits,  and  a 
more  general  similarity  of  the  following  nature.  Consider  the 
motion  of  planets  and  comets  round  the  sun.  There  are  the 
two  main  classes  of  orbit,  the  ellipse  with  its  finite  ränge  and 
the  hyperbola  with  its  infinite  ränge  open  at  infinity.  Between 
these  lies  the  transition  case  of  the  parabola  of  infinite  ränge 
but  closed  at  infinity.  The  planetary  orbit  is  elliptic,  parabolic, 
or  hyperbolic  according  as  the  kinetic  energy  of  the  planet  at 
any  place  is  less  than,  equal  to^  or  greater  than  that  which 
would  have  been  acquired  by  it  in  falling  to  that  place  £rom 
a  Position  of  rest  at  an  infinite  distance  from  the  sun.  But 
this  latter  is  an  appropriate  measure  of  the  potential  energy 
of  the  planet,  so  that  kinematical  similarity  is  connected  with 
dynamical  through  the  ratio  of  potential  to  kinetic  energy. 
In  molecular  physics  the  relative  orbits  of  neighbour  mole- 
cules  can  be  divided  into  the  two  main  classes,  those  of  finite, 
and  those  of  infinite  ränge,  with  a  transition  case  in  which 
kinetic  energy  is  always  equal  to  potential.  Einematically  we 
may  define  a  vapor  or  gas  as  a  collection  of  molecules  in 
which  the  average  relative  orbit  of  two  neighbours  is  portion 
of  a  curve  of  infinite  ränge.  In  a  liquid  the  relative  orbit  of 
two  neighbours,  while  they  are  under  one  another's  influencc, 
is  portion  of  an  orbit  of  finite  ränge. 

At  the  critical  point  the  average  relative  orbit  is  portion 
of  a  curve  of  infinite  ränge  on  the  verge  of  changing  into  one 
of  finite  ränge.  The  average  kinetic  energy  is  equal  to  the 
average  potential  energy.  Moreover  at  the  critical  point  the 
actual  orbits  do  not  Cluster  about  two  difierent  types.  In  a 
paper  on  The  Electric  Origin  of  Molecular  Attraction  ^),  I  have 
shown  that  the  valency  charges  of  electricity  belonging  to  the 
atoms  of  a  molecule  form  electric  doublets,  which  attract  and 
repel  one  another  as  magnets  do,  with  a  force  varying  inver- 
sely  as  the  fourth  power  of  the  distance  between  them.  The 
attractive  forces  and  the  repulsive  acting  on  a  molecule  neu- 
tralise  one  another  on  the  average,  except  in  the  case  of 
neighbours.     For  example  two  molecules,  which  are  about  to 


1)  Phil.  Mag.  (6)  4.  p.  625.  1902. 


The  principle  of  dynamical  simüarity.  375 

pass  close  to  one  another^  exert  a  stronger  force  on  one  another 
than  any  other  molecule  exerts  on  either  of  them.  If  the  force 
is  attractive,  it  tends  to  increase  itself  by  drawing  the  two 
molecoles  nearer  to  one  another;  if  repulsive,  it  tends  to  de- 
crease  itself.  Thus  the  attractive  forces  preponderate,  and  we 
have  the  phenomena  of  cohesion.  Thus,  although  the  ränge 
of  the  electric  forces  is  infinite^  the  total  effect  is  the  same 
as  if  remote  molecules  had  no  action  on  one  another.  Cohesion 
is  almost  entirely  due  to  the  attractions  of  molecules  which 
are  close  neighbours  of  one  another.  In  other  words  the  ränge 
of  molecular  attraction  is  practically  of  the  order  of  magnitude 
of  the  distance  between  neighbour  molecules. 

In  The  Molecular  Constitution  of  Water  ^),  I  have  shown 
that  the  surface  film  in  water  has  an  effective  thickness  not 
greater  than  ten  times  the  distance  between  neighbour  mole- 
cules. In  molecular  phjsics  then  the  mutual  actions  of 
immediate  neighbours  are  of  preponderating  importance,  and 
the  relative  orbits  of  neighbours  become  an  essential  part  of 
the  field  of  investigation.  For  example  by  the  consideration 
of  molecular  orbits  it  was  possible*)  to  account  for  the  effect 
of  molecular  attraction  on  the  viscosity  of  gases.  To  illustrate 
the  usefulness  of  the  pnnciples  of  dynamical  and  kinematical 
similarity  I  shall  apply  them  to  the  investigation  of  the  two 
foUowing  subjects 

1.  van  der  Waals'  Principle  of  Corresponding  States, 

2.  a  Dynamical  Theory  of  Capillarity  with  special  Reference 
to  the  Law  of  Eötvös. 

1 .  The  Principle  of  Corresponding  States  is  a  most  valuable 
one  in  comparative  physics,  and  yet  van  der  Waals  was  led 
to  it  by  means  of  bis  equation 

which  fails  to  represent  the  behaviour  of  ordinary  substances 
even  in  the  gaseous  state.  It  does  not  even  roughly  represent 
the  behaviour  of  li(iuids,  although  some  of  the  most  important 

1)  Phil.  Mag.  (5)  50.  p.  460.   1900. 

2)  Phil.  Mag.  (:>)  :i5.  p.  211.  1803. 


376  r.  Sutherland. 

cases  of  Corresponding  States  relate  to  liquids.  This  paradoxical 
result  of  the  discovery  of  broad  generalisations  by  means  of  an 
equation  incapable  of  representing  the  facts  of  a  Single  average 
snbstance  is  dae  to  the  one  conspicuous  merit  of  the  equation 
of  van  der  Waals,  that  it  was  of  the  right  dynamical  form 
through  being  founded  on  the  equation  of  the  virial  of  Clau- 
sius.  The  Principle  of  Corresponding  States  was  discovered, 
because  the  equation  of  van  derWaals  involved  the  principle 
of  dynamical  similarity.  In  the  equation  as  written  above  the 
term  on  the  left  band  is  the  virial  of  the  pressure,  the  first 
on  the  right  band  is  the  translatory  kinetic  energy,  the  second 
is  the  virial  of  the  forces  that  act  during  molecular  collisions, 
and  the  third  is  the  virial  of  the  molecular  attractions.  Ac- 
cording  to  the  law  of  the  inverse  fourth  power  while  3//2r 
is  the  virial  of  the  molecular  attractions,  /  /  v  is  their  potential 
energy.  In  any  case  a  virial  term  is  in  effect  an  energy  term, 
so  the  equation  of  van  der  Waals  gives  a  relation  amongst 
the  ratios  of  three  energies  to  the  translatory  kinetic  energy. 
It  happened  that  the  equation  contained  also  only  three  Para- 
meters Ry  b  and  /.  The  equation  and  the  two  conditions 
dp  I  dv  =  0,  d^p  I  dv^  =  0  for  the  critictil  point  give  for  the 
critical  pressure,  volume,  and  temperature  the  values 

(3)  p^  =  ll21ö\     v^  =  Sb,     0^=Sl/21bR. 

By  means  of  these  R,  b  and  /  can  be  eliminated  from  the 
original  e([uation,  with  the  well  known  result,  that  if  for  each 
substance /?,  v  and  0  are  measured  in  terms  of  /?^,  v^  and  0^, 
then  one  and  the  same  e(iuation  holds  for  all  substances. 
This  result  is  the  basis  on  which  van  der  Waals'  deduetion 
of  the  Principle  of  Corresponding  States  rests,  but  it  is  not  the 
correct  dynamical  basis.  The  simplest  wny  of  proving  this  last 
Statement  is  to  bring  for  ward  the  contrast  between  the  equation 
for  Clement  gases  and  Compounds  demonstratod  in  the  laws  of 
moleculare  force.  ^)  From  the  splendid  ex})erimental  material 
of  Amagat  it  was  shown  that  the  equation  of  van  der 
Waals  a})plies  to  the  element  gases  //g,  0^^  A^  and  also  to 
CH^  to  below  the  critical  volume,  but  for  Compounds  such  as 
CO^  and  [02^^)2  0  the  dosest  representation  of  their  behaviour 

5)  Phil.  Mag.  (5)  Ji».  p.  211.  1893. 


The  principle  of  dynamical  simUarity.  377 

in  the  gaseous  State  with  an  equation  of  three  parameters  is 
given  by  the  form 

(4)  li-'^  2^0  +  1^0. ^-^A__|_i-^.. 

In  the  virial  of  the  coUisional  forces  instead  of  the 
bj{v  —  b)  of  van  der  Waals  we  find  2ä/(v  +  ä).  The  van 
der  Waals'  relation  t?^  =  3^  has  thus  no  application  to  Com- 
pound substances,  and  bis  demonstration  of  the  Principle  of 
Corresponding  States  has  no  direct  validity.  Recent  attempts 
have  been  made  to  improve  the  term  b / {v  —  b)  of  van  der 
Waals  by  higher  theoretical  approximations,  as  for  instance 
by  6.  Jäger,  Boltzmann,  Reinganum  and  van  der  Waals 
himself,  but  it  seems  to  me  that  the  contrast  between  (2)  for 
elements  and  (4)  for  Compounds  indicates  that,  while  the 
coUision  of  molecules  in  the  elements  and  CH^  can  be  treated 
as  dynamically  similar  to  the  coUision  of  elastic  spheres,  the 
collision  in  Compound  gases  is  dynamically  of  a  totally  different 
nature.  In  the  case  of  C^If^  we  have  an  intermediate  type 
of  equation.  It  is  to  be  noticed  that  in  (4)  the  //v  of  (2)  is 
replaced  by  //(t?  +  k)  which  I  take  to  stand  for  l/v  —  Ikjvlp  +  k\ 
so  that  the  virial  of  the  attractive  forces  in  Compounds  is  com- 
plicated  by  the  same  cause  as  changes  the  theoretical  t;  —  ä 
into  V  +  k,  The  dynamical  dissimilarity  between  elements  and 
Compounds  emphasises  the  importance  of  the  two  types  of 
similarity  with  transition  cases  such  as  that  of  C^H^. 

From  the  point  of  view  of  simple  mathematical  illustration 
of  continuity  between  the  vaporous  and  liquid  states  the 
equation  of  van  der  Waals  has  the  advantage  of  giving  only 
one  real  value  of  v  for  a  given  pressure  at  temperatures 
above  the  critical,  and  three  real  values  at  temperatures  below 
the  critical,  so  that  it  is  possible  in  MaxwelTs  method  to 
apply  James  Thomson 's  ideas  to  the  calculation  of  Saturation 
pressures.  But  from  the  physical  point  of  view  this  mathe- 
matical property  of  the  equation  has  nothing  to  recommend 
it,  as  it  is  (juite  improbable  that  any  single  simple  algebraic 
expression  can  represent  at  the  same  time  the  behaviour  of 
a  collection  of  molecules  whose  orbits  are  of  infinite  ränge 
and  of  molecules  of  finite  orbit.     The  equation  (4)  being  only 


378  fT.  Sutherland. 

a  quadratic  in  v  cannot  give  the  critical  point  by  means  of 
the  conditions  dp / dv  ^  0^  rf,/?/rfr,  =  0,  but  that  fact  does 
not  constitnte  a  defect  in  it 

Returning  to  the  expressions  (3)  we  have  for  the  element 
gases 

an  equation  which  asserts  that  at  the  critical  point  the  potential 
energy  of  the  molecules  is  equal  to  3/4  of  their  translatory 
kinetic  energy.  By  our  kinematical  definition  of  the  critical 
point  we  expect  the  potential  energy  to  be  equal  to  the 
kinetic.  But  if,  just  as  we  take  //»  to  be  the  potential  energy 
associated  with  the  internal  attractional  virial  3 //2t?,  we 
assume  that  pv  is  a.  störe  of  potential  energy  associated  with 
the  external  virial  3/?«/ 2,  then  since  by  (3) 

the  total  potential  energy  would  become 

and  in  this  interpretation  we  have  potential  energy  equal  to 
kinetic  energy,  just  as  in  our  kinematic  condition  for  the 
critical  point.  Thus  then  the  condition  on  which  we  can  apply 
our  priüciples  of  dynamical  and  kinematical  similarity  and  re- 
present  the  behaviour  of  anumber  of  molecules  forminga  natural 
gas  by  means  of  the  behaviour  of  a  representative  free  pair,  like 
thetwo  components  of  abinary  staris  asfollows:  —  supposethe 
attraction  between  the  two  increased  in  the  proportion 
1  +  p^v^l  L  Dynamically  we  can  treat  3 /?  t?  /  2  as  part  of  the 
attractional  virial,  as  is  indeed  obvious  from  Clausius' 
original  equation  of  the  virial. 

While  the  equation  for  van  der  Waals  makes  RQ^  = 
2,667 p^t?^,  it  has  been  proved  from  experimental  data^)  that 
for  26  Compounds  of  regulär  behaviour  i?  0^  =  3,82/7^t;^  on 
the  average,  the  coefficient  ranging  from  3,670  for  CCl^  to 
3,949    for  ethyl    acetate.     The  difference  between    2,667   and 


1)  Vgl.  S.  Young,  Phil.  Mag.  (5)  60.  p.  291.  1900. 


The  principle  of  dynamical  simüarity.  379 

3,82  brings  out  the  dynamical  dissimilarity  between  the  element 
gases  with  methane  on  the  odb  band  and  ordinary  Compounds 
on  the  other.  The  parameter  k  in  (4)  is  nearly  equal  to  the 
critical  Yolume,  so  that  in  Compounds  at  the  critical  volume 
we  have  i l^^c"^ Pe^e  ^^arly  equal  to 

that  is,  to  4/3  of  the  translatory  kinetic  energy.  On  the  prin- 
ciple of  dynamical  similarity  with  the  usual  assumptions  as  to 
molecular  collisions  the  last  coefücient  ought  to  be  1  instead 
of  4/3.  Thus  the  usual  assumptions  as  to  the  nature  of 
molecular  collisions  seem  not  to  apply  to  Compounds.  The 
Chief  assumption  is  that  the  collision  is  an  instantaneous  act 
and  that  the  relative  orbit  after  collision  is  the  image  of  that 
before  collision.  The  causes  then  which  give  for  Compounds 
the  form  of  equation  (4)  instead  of  (2)  seem  to  spring  from 
atomic  entanglement  of  molecules  during  collision^  so  that  the 
relative  orbits  cannot  be  described  as  consisting  solely  of  arcs 
of  orbits  described  under  pure  attraction,  but  consist  of  such 
arcs  separated  by  a  more  complicated  motion  during  the  finite 
time  of  a  collision. 

The  result  is  that  if  we  wish  to  treat  the  molecules  of 
Compounds  as  elastic  spheres  we  must  suppose  them  to  have 
only  about  3/4  of  their  total  ecjuivalent  potential  energy. 

The  Principle  of  Corresponding  States  for  Compounds 
amounts  then  to  this:  —  there  is  a  certain  density  at  which  the 
average  ])otential  energy  ])er  molecule  is  equal  to  (or  in  a 
fixed  ratio  to)  the  average  kinetic  energy,  this  is  the  critical 
density.  If  then  for  any  other  state  of  a  number  of  molecules 
the  kinetic  and  potential  energies  are  expressed  in  terms  of 
the  critical  values,  an  eciuation  is  obtained  which  contains  no 
specific  Parameters,  but  only  absolute  constants  expressing  the 
fact  that  kinematical  similarity  is  the  consequence  of  dynamical. 

The  kinematical  account  of  the  process  of  liquefaction  is 
simple.  At  the  critical  density  the  average  orbit  is  just 
passing  from  infinite  ränge  to  finite  ränge.  There  are  pairs  of 
molecules  with  finite  ränge  and  pairs  with  infinite  ränge,  but 
these  pairs   are   mixed    in    auch  proportions  that  the  average 


380  W.  Sutherland. 

orbit  is  just  passing  from  infinite  to  finite  ränge.  Suppose  the 
temperature  lowered  without  Variation  of  volume,  then  the 
average  orbit  is  now  of  finite  range^  though  there  are  still  pairs 
whose  relative  orbit  is  of  infinite  ränge.  The  pairs  of  finite 
ränge  being  in  a  majority  now  have  more  tendency  to  cohere 
than  to  separate^  and  so  a  number  condense  as  liquid,  until 
the  number  escaping  at  the  liquid  surface  is  equal  to  the 
number  captured. 

A  further  example  of  the  principles  of  dynamical  and 
kinematical  similarity  is  the  formula  for  the  rigidity  n  of  a 
metal  at  absolute  temperature  &,  the  absolute  melting  point 
being  T^)  namely 


-  =  i"(-V 


here  the  melting  point  has  a  similar  dynamical  significance  to 
that  of  the  critical  point  in  fluids. 

2.  A  Dynamical  Theory  of  CapUlarity  with  special  JReference 
to  the  Law  of  Eotvös, 

In  the  classical  theory  of  capillarity  as  expounded  by 
Laplace,  Young  and  Gauss  only  statical  considerations  are 
used.  The  kinetics  of  molecules  are  entirely  disregarded.  Yet 
only  by  kinetic  considerations  can  we  bring  the  classical  theory 
into  harmony  with  those  modern  experimental  investigations 
which  culminated  in  the  discovery  of  Eötvös  that  the  surface 
tensions  of  liquids  fumish  a  beautiful  instance  of  the  principle 
of  dynamical  similarity.  For  the  surface  tension  of  a  liquid 
of  uniform  density  (>j  in  (*ontact  with  its  vapor  of  uniform 
density  O3  the  principles  of  Laplace  give  the  expression 

00 

«  =  (Ci-(>s)'/?V(?)''f 

0 

where  i/;(Ö  is  connected  with  the  law  of  molecular  attraction 
by  certain  relations.  This  expression  agrees  with  experimental 
results  in  only  one  particular,  namely  that  it  makes  the  sur- 
face tension  vanish  at  the  critical  point,  where  q^  —  ^^ . 

At  temperatures  below  the  critical  surface  tension  is  not 

1)  A  Kinetic  Theory  of  Solids.  Phil.  Mag.  (5)  »2.  p.  215  and  524.  1891. 


TJhe  principle  of  dynamical  simüarily,  381 

proportional   to  [{\  —  ()^)*.     Yet  in  other  respects  the  statical 

theory  leads  correctly  to  useful  results;   for  example  1  have 

found^)  that  the  surface  tension  of  a  mixture  of  p  parts  by 

weight  of  a  liquid   1  witfa  1  —  />  parts  of  a  liquid  2  can  be 

obtained   from   their   surface    tensions   and    densities   by   the 

relation 

(6)  «Iq'  =  {p  «;'•  /  (,,  +  (1  _  p)  «,•'•  /;,,  }«. 

This  relation  embodies  the  important  principle  that  if  the 
attraction  between  two  molecules  of  the  liquid  1  is  Sa^^/r^, 
and  between  two  molecules  of  2  is  Saj^/r*,  then  the  at- 
traction between  a  molecule  of  1  and  a  molecule  of'2  at  the 
same  distance  r  is  Sa^a^l  r^.  This  has  been  veritied  by 
Obermayer's  measurements  of  the  rate  of  Variation  of  the 
diffusion  of  gases  with  temperature.  There  is  need  therefore 
and  encouragement  to  bring  the  classical  theory  into  harmony 
with  the  later  kinetic  theory  of  matter. 

The  argument  of  Eötvös*)  is  a  pure  apphcation  of  the 
principle  of  dynamical  similarity.  The  origin  of  surface  tension 
is  not  considered,  but,  accepted  as  a  fact,  it  is  shown  by 
means  of  corresponding  states  to  be  subject  to  the  general 
law  that 

d[a[mlp)"'*]ldt 

is  the  same  for  all  lic^uids.  A  dynamical  theory  of  capillarity 
must  establish  the  connection  between  this  experimentally 
verified  law  and  the  sound  parts  of  the  classical  statical  theory. 

To  accomplish  this  we  must  investigate  the  dynamics  of 
the  transition  layer  between  liquid  and  vapor  with  the  aid  of 
the  principles  of  molecular  orbits.  Consider  a  volume  F^  of 
liquid  of  density  q^  in  contact  with  a  volume  V^  of  its  saturated 
vapor  of  density  ()^  over  a  surface  S.  The  rest  of  the  surface 
of  Fj  and  V^  will  be  ignored  as  foreign  to  this  discussion.  On 
the  liquid  side  of  S  there  is  a  region  of  variable  liquid  den- 
sily,  and  on  the  vapor  side  a  region  of  variable  vapor  density. 
Let  US  imagine  these  replaced  by  a  layer  of  thickness  ^  and 
density  q^,  and  a  layer  of  thickness  t^  and  density  O3,  and  let 


1)  Phil.  Mag.  (5)  38.  p.  1  and  188.  1894. 

2)  R.  EötvÖB,  Wied.     Ann.  27.  p.  448.  1886. 


382  JT.  Sutherland. 

o^  be  an  average  density  of  all  the  matter  in  the  two  layers 
when  made  into  a  Single  homogeneous  layer  of  thickness 
^  4-  ^.  Then  on  the  principles  of  Laplace  and  G-auss  the 
Potential  energy  of  unit  mass  of  the  liquid  may  be  written 
Kq^,  of  the  vapor  Kg^,  and  for  that  of  the  transition  layer 
we  will  write  JKq^  Thus  we  localise  potential  energy  with 
the  matter  with  which  it  is  associated,  a  proceeding  which  is 
justified  if  the  ränge  of  molecular  attraction  is  restricted  in 
the  manner  suggested  in  the  Electric  Origin  of  Molecular 
Attraction.  This  localisation  of  potential  energy  is  similar  to 
MaxwelTs  localisation  of  energy  in  electric  and  magnetie 
fields  of  force.     For  the  whole  potential  energy  then  we  write 

^  M  =  ^Pi*  V,  +  Xq,*  F,  +  KS\t,  (g,'  -Q.'j  +  t,  ((,,«  -  (»3«)} . 

Laplace's  K  is  identical  with  /  in  (2)  and  (4).  His  Symbol  is 
introduced  on  account  of  its  historical  associations. 

Now  according  to  the  principle  of  the  restricted  ränge  of 
molecular  attraction  a  molecule  of  vapor  must  act  on  as  many 
neighbours  as  a  molecule  of  liquid  does.  Therefore  by  simi- 
larity  the  layer  of  variable  density  in  the  vapor  must  contain 
as  many  molecules  and  have  the  same  mass  as  the  layer  of 
variable  density  in  the  licjuid,  and  so 

From  (7)  the  energy  per  unit  surface  or  the  surface 
tension  is 

(9)  u  =  K{t,{o,'  -  o,')  +  t,(g^-,  -  g,')\. 

To  bring  this  to  the  Lai)lacian  form  the  necessary  con- 
ditious  are 

t^  =  ^3     and     2  (>2  =  (>i  +  {>s  • 

On  the  other  band  with  our  condition  (j^  t^  =  q^  t^  and 
deuoting  each  of  these  by  a  where  2  (7  is  the  mass  of  variable 
density  per  unit  surface  we  get 

(10)  a^KfT[2Q^^Q,^Q^), 

Thus  the  parting  of  the  ways  between  the  theory  of  La- 
place and  the  present  one  lies  in  the  important  condition  that 


The  prindple  of  dynamical  simüarity.  388 

there  is  not  a  definite  ränge  to  molecular  attraction^  but  that 
the  ränge  is  of  the  order  of  the  distance  between  a  molecule 
and  its  immediate  neighbour. 
The  ü  or 


00 


of  Laplace's  theory  does  not  appear;  because  we  have  located 
surface  energy  in  the  surface  by  the  expression  Kq^.  When 
we  compare  different  liquids,  this  condition  makes  t^  pro- 
portional to  {mlQjl*,  where  m  is  the  mass  of  a  molecule. 
Thus  (T  is  proportional  to  m^i*Q^i*,  and  therefore  we  have 
the   surface   energy   per   molecule   a[mj{)^fi*  proportional   to 

We  have  now  to  investigate  more  closely  the  meaning  of 
p,.  The  two  transition  layers  of  liquid  and  vapor  represent 
a  region  where  the  orbit  of  infinite  ränge  of  the  vapor  mole- 
cule passes  into  the  orbit  of  finite  ränge  of  the  liquid  molecule. 
The  transition  region  must  have  a  good  deal  the  character  of 
the  critical  density,  but  the  molecular  kinetic  energy  has  not 
the  critical  value.  The  orbit  in  the  transition  layer  is  not  the 
same  as  the  critical  orbit,  but  may  be  conceived  in  the 
following  way. 

Suppose  the  liquid  to  be  cooled  without  change  of  density 
from  the  critical  point,  and  to  be  artiticially  kept  homogeneous, 
then  its  state  would  correspond  to  that  detined  by  the  average 
density  (>,  which  is  the  same  as  the  critical  density  q^,  with 
this  distinction  that  the  average  orbit  is  one  of  large  tinite 
ränge  instead  of  the  orbit  just  of  infinite  ränge  which 
characterises  the  critical  State.  But  at  the  critical  temperature 
the  molecular  potential  energy  is  equal  or  in  a  fixed  ratio  to 
the  molecular  kinetic  energy,  and  therefore  (>,  is  proportional 
to  ö^.  Again  Km  [n^  +  q^)  j  2  is  the  mean  potential  energy  of 
a  molecule  in  the  liquid  and  in  the  vapor.  This  ought  to  be 
the  same  as  the  potential  energy  of  a  molecule  if  the  liquid 
and  vapor  were  made  into  a  homogeneous  mixture  at  the 
Saturation  pressure.  But  by  the  principle  of  dynamical 
simüarity  this  potential  energy  ought  to  stand  to  the  potential 
energy  at  the  critical  density  as  the  molecular  kinetic  energy 


384  fF.  SutherUmd, 

of  liquid  or  vapor  to  the  molecular  kinetic  energy  at  the 
critical  temperature. 

Thus  then  Km(2(}^  —  q^  —  ()^)  is  proportional  to  0^—0, 
and  the  constant  of  proportionality  must  be  the  same  for  all 
substances. 

Thus  we  have  the  law  of  Eötvös 

where  the  mean  value  found  for  a  by  Eötvös  with  surface 
tension  in  dynes  per  cm  is  2,23.  From  the  study  of  36  normal 
Compounds  Ramsay  and  Shields^)  obtain  a  mean  value 
2,121,  the  individual  values  ranging  from  1,923  for  ethyl 
thiocyanate  to  2,433  for  quinoline.  Grunmach  has  found 
that  for  SO^  and  N H^^  a  =  2,27.  From  his  measurements 
for  Cl^  it  appears  that  a  —  1,91.  From  his  measurements 
of  the  surface  tension  of  liquid  air^,  I  have  calculated  that  at 
—  190^0.  the  surface  tension  of  oxygen  and  nitrogen  are  13,0 
and  10,6  dynes  per  cm,  and  their  densities  are  1,167  and 
0,850.  These  give  for  a  the  values  1,66  and  1,53.  Here  again 
the  element  gases  show  themselves  dissimilar  to  the  Compound. 

The  reasoning  by  which  I  have  passed  from  the  form 
Kmi^ü^  —  {>j  —  (ig)  to  a[6^  —  Ö)  is  not  as  clear  and  rigorous 
as  is  to  be  wished. 

But  it  is  strengthened  by  the  fact  that  the  law  of 
Cailletet  and  Mathias*)  makes  the  mean  density  ((^^  +  (jg)/ 2 
a  linear  function  of  the  temperature,  so  that 

S.  Young  has  shown^)  that  a  small  term  in  [6^  —  0'^  must 
be  introduced  to  make  this  formula  tit  the  experimental  facts. 
According  to  the  principle  of  correspouding  states  cOJo^  —  1, 
S.  Young  has  found  values  ranging  from  0,932  for  fiuorbenzene 
to  1,061  for  ethyl  formate.  For  C^H^  the  value  rises  to  1,30, 
and  for  iV,  0  to  1,49.     For  Cl^  it  falls  to  0,7G75. 

1)  W.  Ramsay  and  J.  Shields,  Journ.  Chem.  Soc.  63. 

2)  L.  Grunmach,  Ann.  der  Phys.  (4)  4.  p.  367.  1901. 

3)  L.  Grunmach,  Ann.  der  Phys.  (4)  6.  p.  559.  1901. 

4)  L.  Cailletet  and  E.Mathias,  Compt.  Rend.  102.  p.  1202.  1886. 

5)  S.  Young,  Phil.  Mag.  (5)  50.  p.  291.  1900. 


The  principle  of  dynamical  simüarity.  385 

These  numbers  show  how  the  principle  of  dynamical 
similarity  is  afifected  by  dynamical  dissimilarityi  which  originated 
parÜy  in  the  mechanical  dissimilarity  of  different  atoms. 
However  it  is  clear  that  the  laws  of  Eötvös  and  of  Cailletet 
and  Mathias  are  different  expressions  of  the  same  principle, 
energy  being  expressed  kinetically  in  the  one  case  and  poten- 
tially  in  the  other.  IncidentaUy  we  have  found  this  to  be  the 
law  regulating  the  Separation  of  fluid  into  liquid  and  saturated 
vapor,  that  the  mean  potential  energy  of  a  molecule  in  the 
liquid  and  in  the  vapor  bears  the  same  ratio  to  the  kinetic 
energy  of  a  molecule  as  at  the  critical  point  potential  energy 
bears  to  kinetic. 

The  ratio  hx  of  Boltzmann's  theorem  is  the  Controlling 
factor  in  change  of  state  from  vapor  to  liquid. 

Melbourne  (Australia),  August  1903. 

(Eingegangea  18.  September  1903.) 


Battnuum-FMtMhzlfL  25 


386 


49.  Znr  Theorie  der  Lagrangeschen  ßewegnngs- 

gleichnngen. 

Von  W.  Fp.  Meyer  in  Königsberg  i.  P. 


Ist  ein  materieller  Punkt  (ar,y,  2),  auf  den  eine  Kraft  wirke, 
gezwungen,  sich  auf  einer  vorgegebenen  Fläche  zu  bewegen, 
und  besitzen  überdies  die  drei  Kraftkomponenten  nach  den 
Koordinatenrichtungen  eine  Kräftefanktion,  so  hat  bekanntlich 
Lagrange  die  von  ihm  aufgestellten  Bewegungsgleichungen 
dadurch  in  eine,  für  manche  Untersuchungen  geeignetere  Form 
gebracht,  daß  er  die  Koordinaten  eines  variabeln  Flächen- 
punktes durch  zwei  unabhängige  Parameter  ausdrückt. 

Im  Sinne  der  Flächentheorie  bedeutet  dies  Verfahren  von 
Lagrange  nichts  anderes  als  die  systematische  Einführung 
der  ersten  Gauss  sehen  Flächenform  (und  von  deren  Ab- 
leitungen) in  die  Bewegungsgleichungen  (§  1). 

Es  liegt  daher  nahe,  nach  einem  entsprechenden  Zusammen- 
hange der  Bewegungsgleichungen  mit  der  zweiten  Gauss  sehen 
Flächeoform  zu  fragen  (§  2).  Hierbei  soll  jedoch  über  die  auf 
den  Punkt  wirkende  Kraft  keinerlei  Voraussetzung  gemacht 
werden. 

Als  mechanisches  Ergebnis  erscheint  eine  einfache  Relation 
zwischen  der  in  Rede  stehenden  Kraft,  der  zugehörigen 
Huyghensschen  Normalkraft,  und  der  sogenannten  Druck- 
kraft. 

Es  sei  zugleich  betont,  daß  es  keinerlei  prinzipielle 
Schwierigkeit  bietet,  die  Entwickelungen  der  §§  1,  2  auf  den 
n-fach  ausgedehnten  Raum  zu  übertragen. 

§  1- 

Der  deutlicheren  Übersicht  halber  sei  das  Eingreifen  der 
ersten  Gaussschen  Flächenform  in  das  Lagrangesche  Trans- 
formationsverfahren kurz  dargelegt,  wenn  sich  auch  sachlich 
dabei  nichts  wesentlich  Neues  ergeben  dürfte. 


Theorie  der  Lagrangeschen  Bewegung fgleichungen.       387 

Um  die  erforderlichen  analytischen  Hifsformrfn  voran- 
zustellen, 80  werde  die  Gleichung  der  gegebenen  Fläche  F  in 
rechtwinkligen  Cartesischen  Koordinaten : 

(1)  F[x,y,z)^Q 

ersetzt  durch  drei  Gleichungen  von  der  Form: 

(2)  x=^x{u,v),   y  ^y[u,v),    z  =  z[u,v), 

wo  ti,  V  zwei  unabhängige  Parameter  sind. 

Partielle  DifTerentiationen  nach  ti,  v  mögen  durch  die  In- 
dices  1,  2  angegeben  werden,  wie  z.  B. 

femer  Ausdrücke,  die  sich  symmetrisch  auf  alle  drei 
Koordinaten  x,  y,  z  beziehen,  durch  ein  Summenzeichen, 
also  z.  B. 

2^a*  =  :Pi*  +  yi*  +  ^a*  etc. 

Dann  sind  die  drei  Gauss  sehen  Fundamentalgrößen  erster 
Art  E,  Py  O  definiert  durch: 

(3)  E^^x,\   i^=2^i^s>    G^  =  2V- 
Es  ergibt  sich: 


(4) 


U^S  =  2^1^12'     ^2=2^1^22+2^1'      1^2=2^2^22* 

also  umgekehrt^) 

2^1-^11   =1^1'  2^1^12   =1^2>   2^1^22  =  ^2-1^1 

^Xj^Tjj    =  ^'i  —  ^  ^2'     -^•''2*^'l2  =  1^1»    ^^2^22  =  '2  ""2' 


(5) 


1)   Die  entsprechenden   Formeln    im  n-fach   ausgedehnten  Kaume, 
auf  den  dann  der  Inhalt  des  (i^  1  ausgedehnt  werden  kann,  lauten,  wenn 


( 


fl  -  \«  i  =  n-l    /cs=«-l 


das  Analogen  zu  (14)  ist: 

^  l    BEu      ^  1    BE^i       ^  dEik        1   dEuk 

_  _   1    ö  %       I    d^  .  J    ^  ^ 
^^•'^*'"        2     dui         2     dui    ^  2    du,    • 

25* 


388  *r.  Fr.  Meyer. 

Ein  Punkt  P  beschreibe  eine  Kurve  auf  der  Fläche,  in- 
dem Uf  V  als  Funktionen  eines  Parameters  t  angesetzt  werden : 

(6)  ti  =  u(0,     v^v[t), 
wodurch  die  Gleichungen  (2)  übergehen  mögen  in: 

(7)  x^x[t),    y^y[t),     z^z{t). 

Werden  Differentiationen  nach  t  durch  Äccente  bezeichnet, 
so  gilt: 

(8)  *'  =  jTj  tt'  +  ar,  v\     y   =«  y^  u   +  y,  v\      z   =  z^u'  +  z,  v\ 

(9)  E'  =  i?,  tt  +  E^  v\    F'  =  ^1  tt  +  F^  v\     G'  =  (?i  w  +  G^  v\ 

\^^)    \  y'  =  Vi ""  +  y»  ^"  +  yn  «*''  +  2^12 «' «'  +  ^22 »'' » 

Iz"  =  Zj   tt"  +  Zjü"  +  Zjj  tt«  +  2Zi,  tt't?'  +  ^22^'^- 

Multipliziert  man  die  Gleichungen  (10)  mit  x^^  y^,  z^  resp. 
x^,  y^,  z^,  und  addiert,  so  kommt  mit  Rücksicht  auf  (3)  und  (5): 

-^x.x"  =  (J?«"  +  Fv'")  +  KH^i  +  uvE,  +  v'\F,  ^  IG,)\ 
2^2^"  =  (^w"  +  Gv")  +  K«('i^,  -  ^^,)  +  ti'r'ö,  +  v^\G^]. 

Die  Aggregate  ft«"  +  Ev',  Fu   +  Öt?"  treten  auf,  wenn 
man  die  Ausdrücke  Eu  +  Fv,  Fu  +  Gv   nach  t  differenziert: 

{Eu  +  FvJ  =  (ä'm"  +  Fv")  +  [u'E'  +  vF'), 

[Fu'  +  G v)  =  [Fu    +  G v')  +  (w' F'  +  v'  Ö') , 

oder  auch,  wenn  man  noch  (9)  berücksichtigt: 

Eu"  +  Fv"  =  [Eu'  +  FvJ  -  {w'2^j  +  uv[E^  +  F^)  +  v^F^}, 
Fu"  +  Gv"  =  [Fu'  +  Gv)  -  [u'^F^  +  u'v'[F^  +  G^)  +  v'^G^\. 

Setzt  man  diese  Werte  für  Eu"  +  Fv",  Fu    +  Gv"  in  [\\) 
ein,  so  kommt: 

12^1  •^"  ^  (^'«'  +  ^'»T  -  \  («'*  A  +  2  m'  ü'  i^;  +  v^  G^) , 
^^^^     12  -^2 '"  =  (^"'  +  (?  t;7  -  ^  (m'2  jE,  +  2  w'  ü'  j^;  + 1?'"  ^2)  • 

Damit  ist  der  Zusammenhang  der  Summen  2^i^'>  2^2^ 
mit  der  ersten  Gauss  sehen  Flächenform  0{u,v)  hergestellt. 
Bedeutet  nämlich  s  den   (von  einem  beliebigen  Anfangspunkt 
aus  gerechneten]  Bogen  der   Flächenkurve  (7),   so   ist  infolge 
von  (3)  und  (8): 


(11) 


(12) 


Theorie  der  Lagrangeschen  Bewegungsgleichungen,       389 

(14)     *'«  «  x'«  +  y'»  +  /»  =  Eu'^  +  2Fu'v'  +  ör'«  =  0(tt',r'), 
so  daß  die  Gleichungen  (13)  die  Gestalt  annehmen: 


(16) 


WO  die  partiellen  Differentiationen  von  tf>  nach  u\  v  so  zu 
vollziehen  sind,  als  ob  letztere  Größen  von  ti,  v  ganz  unab- 
hängig wären. 

Diese  Relationen  (15)  bilden  den  Kern  der  Lagrange- 
schen Transformationsmethode.  Denn  die  dynamischen  Glei- 
chungen des  materiellen  Punktes  [x^  y,  z)  mit  der  Masse  m, 
wenn  eine  Kräftefunktion  U  existiert,  und  zugleich  der  Punkt 
an  die  Fläche  F  (1)  gebunden  ist,  indem  der  Parameter  t 
die  Zeit  bedeutet,  lauten  in  der  ursprünglichen  Lagrangeschen, 
sogenannten  „ersten  Form*': 

(Ib)  mx    =  -ä-    +^  n— ,       rny    =  -= hA-ä — , 

^     '  B  X  B  X  ^  ^  By  By  ' 

BU    ,    ,.  BF 
B%  Bx  ^ 

unter  k,  der  „Druckkraft",  eine  unbekannte  Funktion  der 
X,  y,  z  verstanden  (die,  nebst  x,  g,  z,  als  Funktion  von  t,  durch 
(16)  im  Verein  mit  (1),  bestimmt  ist). 

Setzt  man  die  Werte  der  x,  y,  z  aus  (7)  in  die  Flächen- 
gleichung (1)  ein,  so  wird  letztere  identisch  in  t  erfiillt,  also 
auch  die  nach  t  differenzierte  Gleichung,  somit  gilt  mit  Rück- 
sicht auf  (8): 

,  IBF        ^    BF        ,    BF     \ 
,      ,  (BF  BF         ^    BF      \       ^ 

oder,  da  das  Verhältuis  u  :  v  ein  ganz  willkürliches  ist,  einzeln : 

(  BF  BF         .    BF  ^ 

0x^1+   By'^^+   B.'i   =^' 

(17^  ' 

^    ^  \dF  BF  BF  ^ 

'ox     ^         By  '  ''         o  X    * 

Multipliziert   man   daher  die  Gleichungen  (16)  mit  Xj,  y^,   z^ 


890  IF.  Fr.  Meyer. 

resp.  Xj,  ;/,,  r^»  ^^^  addiert,  so  fallen  die  mit  X  behafteten 
Glieder  wegen  (17)  heraus^  und  man  erhält: 

(18)  m^x,x'=^V^,     m2^a^"=^2- 

Trägt  man  hier  die  rechten  Seiten  von  (15)  ein,  und  führt,  wie 
üblich,  die  Funktion  T: 

(19)  r=  Jmr«  =  Jm2^i*=  \^nQ>, 

wo  unter  F  die  Geschwindigkeit  des  Punktes  zu  verstehen  ist, 
als  die  lebendige  Kraft  des  Punktes  ein,  so  entstehen  die 
Lagrangeschen  Bewegungsglcichungen  in  der  sogenannten 
„zweiten"  Form: 

^     ^  dt\dufl  du       '     dt  \dv  J  dv 

§  2. 

Nunmehr  wurde  die  zweite  Gauss  sehe  Flächenform 
W  («',  v)  herangezogen.  Es  sollen  wiederum  die  erforderlichen 
Hilfsfonneln  aus  der  Flächentheorie  vorausgeschickt  werden. 

Da  die  partiellen  Ableituugen 

dF        dF        BF 
dx'       dy'       dx 

der  Flächenform  F  (1)  den  Kosinus  der  Winkel  v^,  v  ,  v^ 
proportional  sind  (s.  auch  weiter  unten),  die  die  positive  Nor- 
male V  der  Fläche  im  Punkte  [x,  ;/,  z)  mit  den  positiven 
Koordinatenrichtungen  bildet,  so  ergibt  sich  durch  Auflösung 
der  Gleichungen  (17)  nach  den 

dF         dF         dF 

■ 

d X  '       dy  ^       dx  ' 


(21) 


(T  cos  V^  =  yi  2'2   -  7/2  Z^  y       ^  COS  V^  =  Zj  Tg   -  Z^X^, 

(T  cos  v^  =  ^1  ^2  —  ^'2  Vi  y 
wo    sich   der  Faktor  a  dnrch    Quadrieren    und    Addieren    be- 
stimmt : 


(22)      ^  =   y  (i/i  2'2   -  ?/2  ^l)"*  +  (^1  ^8   -  ^2  ^1)^  +   (^1  //2   -  '^2^1)*' 

oder  mit  Einführung  der  Fundamentalgrößen  (3): 

(22')  a^fEÜ--F^.^) 

1)  Als  positive  Richtung  der  FlÄchennormHle  v  wird  diejenige  fest- 
gesetzt^ die  dem  positiven  VorEcicben  der  Quadratwurzel  entspricht. 


Theorie  der  Lagrangeschen  Bewegungsghiehungen.       891 

Multipliziert  man  daher  die  Gleichungen  (10)  resp.  mit 
cos  v^  cos  v  .  cos  v^,  und  addiert,  so  fallen  auf  Grand  von  (21) 
die  mit  u'  und  v"  behafteten  Glieder  heraus,  und  es  ergibt 
sichy  unter  Berücksichtigung  von  (22'): 

V:r"cosi.,  =  ^'2  2?ii^^^A%). 

Veg-f*  Veg-f* 


(23) 


Hier  ist  die  rechte  Seite  nichts  anderes  als  die  y^zweite 
Gau  SS  sehe  Flächenform  ^(m',»')";  bezeichnet  man,  wie  üblich, 
die  Koeffizienten  von  «'*,  2uv,v^  —  die  Fundamentalgrößen 
zweiter  Art  —  mit  Z,  M,  N\ 

(24)  ^{u\v')  =.  Lu'*  +  2Mu'v'  +  Nv'^, 

so  nimmt  (23)  die  Gestalt  an: 

(26)  2  ^"^081/,=  V[u\v'). 

Andererseits  ziehe  man  die  bekannte  Formel  Air  den 
Krümmungsradius  (Radius  der  ersten  Krümmung)  q  der  Baum- 
kurve (7)  im  Punkte  [x,  y,  z)  heran. 

Bedeutet  wiederum  s  den  Kurvenbogen,  so  ist,  unter 
9x9  9y*  (^t  ^^®  Winkel  von  o  (d.  i.  genauer  der  vom  Kurvenpunkt 
nach  dem  Krümmuiigsmittelpunkt  hin  gerichteten  (».positiven") 
Kurvennormale)  mit  den  (positiven)  Koordinatenrichtungen  ver- 
standen : 

(2ö)         Pj^  =  ^^«Px»   rf^=cosp^,  p_  =  cos(>.. 

Wählt  man  jetzt  für  den  Augenblick  in  (25)  im  besondem 
als  Parameter  t  den  Bogen  s,  so  entsteht: 

(251      -E-ti!  ■"»'.- •"(^■-^y 

Setzt  man  hier  die  Werte  von 

d8*~'      d~3*~'      d^' 
aus  (26)  ein,  und  beachtet,  daß: 

27)     cos  Q^  cos  v^  +  cos  Q  cos  V  +  cos  Q^  cos  v^  =  cos  [q,  v)  , 


392  /^,  Fr.  Meyer. 

wo  ((>,  i')  den  Winkel  zwischen   positiver  Enrvennormale  und 
positiver  Flächennormale  bedeutet,  so  erhält  man: 

(28)  ^"^"'=«^(41-.  -.y)- 

Um  (28)  mit  (25)  zu  kombinieren,  führe  man  auf  der 
rechten  Seite  von  (28)  rückwärts  wieder  den  alten,  beliebig  ge- 
wählten Parameter  t  ein. 

Da 

du   ^   du        ^*_**'       dv   _^  t/ 
in  "■  ~dT  '  ~dt   "  T  '   "äT  ""  7~ ' 

und  die  Form  W  homogen  und  quadratisch  in  ihren  beiden 
Argumenten  ist,  so  wird: 

oder  gemäß  (14): 

Damit  geht  (28)  über  in: 

d.  i.  die  bekannte  Fundamentalformel  für  den  Erümmungsradias 
Q  einer  Flächenkurve  (7). 

Die  Substitution  von  (31)  in  (25)  liefert  somit: 

(32)  2  ^"  cos  V,  =  cos  {q,  v)  ^""'-^^ . 

Endlich  werde  davon  Gebrauch  gemacht,  worauf  schon  zu 
Beginn  dieses  §  hingewiesen  wurde,  daß  sich  die  Richtung 
der  Flächennormale  v  im  Punkte  (x,  y,  z)  auch  durch  die 
Formeln  bestimmt: 

/QQN  öF  BF  dF 

(33)  T  cos  V   =  -5 — ,    T  cos  V   =  -^ — ,    T  cos  1/.  =  -V —  , 

wo  sich  der  Faktor  r  wieder  durch  Quadrieren  und  Addieren 
bestimmt : 

'»^'    '-)/(4fF(4f)Hifr' 

wo  das  Vorzeichen  der  Quadratwurzel  so  zu  wählen  ist,  daß 
die  oben  festgesetzte  positive  Richtung  der  Flächennormale 
resultiert. 


Theorie  der  Lagrangeschen  Beweffungsgleichungen.       398 

Eis  erweist  sich  indessen  ftir  das  Folgende  als  zweck- 
mäßig, diesen  Faktor  r  so  zu  normieren,  daß  er  den  Wert  der 
Einheit  annimmt;  zu  dem  Behuf  normieren  wir  die  Flächen- 
gleichung (1): 

so,  daß  mit  jenem  Faktor  dividiert  wird^}: 

(1')  ö(x,y,z)=    ~ F(x,y,x)_ ^^ 

Dadurch  vereinfachen  sich  die  Gleichungen  (33)  zu: 
(83^        cos  V  =  -5 — ,    cos  V  =  -5 — ,    cos  V  =  -ä —  . 

Es  wirke  nunmehr  auf  einen  materiellen  Punkt  {x,  y,  z) 
mit  der  Masse  m,  der  gezwungen  sei,  sich  auf  der  Fläche  (l') 
zu  bewegen,  eine  beliebige  Kraft  P,  deren  Richtung  mit  den 
positiven  Koordinatenachsen  die  Winkel  n^,  n  ,  n^  bilde,  dann 
lauten  die  dynamischen  Gleichungen  Lagranges  in  der  ersten 
Form : 


(35) 


mx    =  r  cos  ;r,  +  A-^ — ,    my   =  F  cos  n^  +  X  -« 

*  ox    '        ^  y    '         Qy 

mZ     ==  P  cos  TT.  +  A  -ir 


wo    sich   die    zweiten  Ableitungen   der  x,  y,  z  wieder  auf  die 
Zeit  t  beziehen. 

Der  gemäß  der  Normierung  (1')  der  Flächengleichung 
völlig  bestimmte  Faktor  A  werde  die  „normierte  Druckkraft" 
genannt. 


1)  Das  hierbei  noch  willkürliche  Vorzeichen  von  F  resp.  O  wird  so 
gewählt,  daß  die  Richtung  der  Flächennormale  die  positive  wird. 

Für  den  einfachsten  Fall,  daß  die  Fläche  F  =  0  eine  Ebene  ist, 
fallt  die  Normierung  des  Textes  mit  der  bekannten,  nach  Hesse  be- 
nannten, zusammen.  £s  sei  noch  erwähnt,  daß  sich  die  Form  ^  (24) 
mittels  (1')  in  die  Gestalt 

-I-  2  .      -     X V  +  2  ^— ä-  x'x'  -h  2  ;.—  .--  y'  X' 
oxoy  oxax  oxox 

bringen  läßt 


394  IT.  Fr.  Meyer. 

Multipliziert  man  die  Gleichungen  (35)  resp.  mit  cos  v^, 
cos  v^y  cos  v^,  und  addiert,  so  ergibt  sich  auf  Grund  der  Ee- 
lationen  (25),  (32)  und  (33'): 

\  =  Pcos  {njv)  +  k, 

wo  der  Faktor  cos  {n,  v),  der  Kosinus  des  Winkels  zwischen 
der  Richtung  der  Kraft  P  und  der  der  positiven  Flächennormale 
aus  der  zu  (37)  analogen  Formel  entsteht: 

(37)   cos  ^Tjp  cos  v^  +  cos  Tiy  cos  fy  +  cos  n^  cos  v^  =  cos  {n,  v) . 

Gemäß  (19)  ist  tf>  [u,  v')  das  Quadrat  der  Geschwindigkeit 
F  des  Punktes,  so  daß  der  für  die  Mechanik  in  Betracht 
kommende  Teil  von  (36)  die  Gestalt  annimmt: 

(I)  Ä  =  I 1  COS  [q,  y)  —  P  cos  {n,  v) . 

Hier  besitzt  der  Faktor  mV^jg  von  cos  ((>,  f )  eine  be- 
kannte mechanische  Bedeutung.  Zerlegt  man  nämlich  nach 
dem  Huyghens sehen  Prinzip^)  die  auf  einen  Punkt  (jt,  y,  z) 
von  der  Masse  m  wirkende  Oesamtkraft^  die  ihn  zwingt,  sich 
auf  der  Bahn  (7)  zu  bewegen,  in  zwei  Komponenten,  die  Tangen- 
tialkraft und  die  Normalkraft,  von  denen  die  erstere  in  die 
Richtung  der  Kurventangente,  die  letztere  in  die  der  Kurven- 
normale fällt,  so  wird  die  Noiraalkraft  der  Stärke  nach  durch 
mF^jo  angegeben.     Bezeichnet  man  dieselbe  mit  iV,    ihre  in 


1)  Es  sei  kurz  auf  den  Beweis  dieser  Zerlegung  hingewiesen.    Bei 
den  obigen  Bezeichnungen  ist 


dx     ,        „        dx      „ 


d^  X 


da  ferner  s  =  V,  s"=p  (Beschleunigung  des  Punktes). 

dx 

unter  t^  den  Winkel  der  Tangente  mit  der  x-Achse  verstanden,  so  kommt 
gemäß  (26) 

mx    =  mp  cos  t,  H cos  q^ , 

nebst  den  beiden  entsprechenden  Formeln.  Die  auf  den  Punkt  wirkende 
Gesamtkraft  ist  damit  zerlegt  in  die  Tangentialkraft  mp  und  die  Normal- 
kraft m  V^l q. 


Theorie  der  Lagrangeschen  Betoegungsgleichungen.        896 


die  Richtung  der  Flächennormale  v  fallende  Komponente  mit 
3^,  und  entsprechend  die  in  eben  diese  Richtung  fallende  Kom- 
ponente der  Kraft  P  mit  P^,  so  lautet  die  Gleichung  (I)  einfacher: 

Damit  sind  wir  zu  dem  in  der  Einleitung  angedeuteten 
Satz  gelangt: 

] .  „Bildet  man  einmal  die  Komponente  N^  der  Normalkraft 
N  nach  der  Bichtung  der  (positiven)  Flächennormale  v,  anderer^ 
seile  die  Ktnnponente  P^  der  auf  den  an  die  Fläche  (!')  ge^ 
bundenen  Punkt  wirkenden  Kraft  P  nach  derselben  Bichtung^  so 
drückt  sich  die  in  dieser  Bichtung  toirkende  noi'mierie  Druckkraft 
k  ihrer  Intensität  nach  gemäß  (I')  aus  durch  die  Differenz  jener 
beiden  Komponenten.^^ 

Es  sei  noch  auf  drei  interessante  Spezialfälle  der 
Formel  (lO  hingewiesen. 

Wenn  erstens  [Ä)  cos  (q,  v)  längs  der  ganzen  Ausdehnung 
der  Bahnkarve  (7)  den  Wert  der  positiven  resp.  negativen 
Einheit  besitzt,  so  ist  die  Kurve  (7)  eine  geodätische  Linie  der 
Fläche  {V\  da  dann  stets  die  Schmiegungsebene  der  Kurve 
die  Flächennormale  enthält.*) 


1)  Analytisch  sieht  man  dies  so  ein.    Die  bekannte  Differential- 
gleichung der  geodätischen  Linien  ist: 


dx 


d*x 


d  s 

dy 


— »-        COS  V, 


ds 
dx 


ds 


ds^ 
d*y 

d*x 
ds* 


COS     Vy 


COS  Vg 


=  0. 


Quadriert  man,    so  kommt  nach  dem  Multiplikationssatz  der  De* 

terminanten,  da 

X      d*x 

=  0, 


2('f)'-'.   2-^ 


ds       ds* 


,r,  dx 

2  -]—  cos  V 


in  der  Tat: 


X  =  0 ,    2  (4*^)*-  Y  [gemäß  (26)], 
2'->os.,  =  V'(g,|f)  [gemäß  (25')], 

\ds'    ds)        (?'  ' 


d  sj        (f' 
oder  aber,  zafolge  (28):    cos  (^ ,  y)  •  ±  1 . 


396  ir.  Fr.  Meyer, 

Dann  gilt  also: 

(la)  A=.±i\r-P,, 

und  umgekehrt  bedingt  diese  Relation,  daß  cos  (o,  v)±\,  daß 
also  die  Bahnkurve  (7)  des  Punktes  eine  geodätische  Linie  der 
Fläche  (H  ist: 

la.  ^,Die  mechanische  Relation  (la)  ist  die  notwendige  und 
hinreichende  Bedingung  für  eine  geodätische  Bahnkurve  auf  der 
Fläche.'' 

Gewöhnlich  beschränkt  man  sich  auf  den  Fall,  wo  eine 
Kraft  P  gar  nicht  auftritt;  dann  fällt  die  auf  den  Pankt 
wirkende  Gesamtkraft  mit  A  zusammen,  und  die  Formel  (la) 
wird  zu  der  trivialen  A  =  ±:  N, 

Zweitens  (B)  sei  längs  der  ganzen  Ausdehnung  der  Bahn- 
kurve (7)  cos  (p,  1/)  =  0;  dann  fällt  die  Schmiegungsebene  der 
Kurve  stets  mit  der  Tangentialebene  der  FJäche  (1')  zusammen, 
die  Kurve  (7)  wird  zu  einer  Uaupttangentenkurve  der  Fläche; 
gemäß  (31)  ist  dann  stets  W[u^v')  =  0,  und  umgekehrt. 

Es  gilt  also  dann: 

Ib)  A=  —  P  cos  [itj  v): 

Ib.  ,jDie  mechanische  Relation  (Ib)  ist  die  notwendige  und 
hinreichende  Bedingung  dafür,  daß  die  Bahnkurve  des  Punktes 
eine  Haupttangentenkurve  der  Fläche  istJ^ 

Drittens  (C)  werde  der  Fall  untersucht,  wo  die  Druck- 
kraft A  verschwindet,  so  daß  sich  (I')  spezialisiert  zu: 

(Ic)  Ny  =  Py  i.  e.  N  cos  ((>,  v)  =  P  cos  [n,  v) . 

Jetzt  ist  P  die  auf  den  Punkt  wirkende  Gesamtkraft,  und 
somit  deren  Zentripetalkraft  N\ 

(38)  iV=Pco8(;r,  ()), 

wodurch  (Ic)  die  Gestalt  annimmt: 

(Ic')  cos  [n,  q)  cos  [oy  v)  =  cos  (;r,  v). 

Das  ist  aber  die  bekannte  trigonometrische  Relation 
zwischen  den  drei  Kantenwinkeln  [n,  q\  (o,  v)y  (tt,  v)  eines  Drei- 
kants [7if  o,  v\  die  aussagt,  daß  das  Dreikant  ein  rechticinkliges 
ist,  d.  h.  daß  die  Ebenen  (;r,  o)  und  [q,  v)  aufeinander  senkrecht 
stehen. 

Umgekehrt  sei  jetzt  die  Relation  (Ic')  erfüllt.  Man  nehme 
zunächst  an,  daß  X  von  Null  verschieden  sei.    Dann  setzen  sich 


Theorie  der  Lagrnngeschen  Betcegungsgleichungen.       397 

die  beiden  auf  den  Punkt  P  wirkenden  Kräfte  P  und  X  zu  einer 
Gesamtkraft  R  zusammen,   deren  Richtung  durch  die  Winkel 
R^j  R  ,  R^  gegen  die  Achsen  angegeben  sei. 
Dann  gilt  bekanntlich: 

(89)  R  cos  Rgg  =  P  cos  ;r^  +  i  cos  p^, 

nebst  den  beiden  entsprechenden  Formeln.  Durch  Multipli- 
kation mit  cos  g^,  cos  g  ,  cos  g^  und  Addition  kommt: 

(40)  R  cos  {R,g)=s  P  cos  {n,  g)  +  X  cos  {v,  g), 

wenn  {R,g)  der  Winkel  der  Richtungen  jR,  g  ist  Die  linke 
Seite  von  (40)  ist  aber  nach  obigem  die  Normalkraft  ^,  so  daß 
sich  aus  (40)  ergibt: 

(41)  iV  —  P  cos  {n,  p)  =  A  cos  {g,  v). 

Setzt  man  dies  in  die  aus  (I')  und  der  Annahme  (Ic') 
folgende  Relation: 

(42)  k  =  cos  {g,  v){N-  P  cos  {n,  g)\ 

ein,  so  gelangt  man  zu: 

(48)  X  =  k  cos*  (p,  v) . 

Diese  Beziehung  ist  nur  erfüllbar,  wenn  entweder  k^  0, 
oder  aber  cos  [g,  v)  =  ±  1  wird.  Der  letztere  Fall  fällt  mit  (la) 
zusammen,  und  umgekehrt  ist  bei  (la)  auch  die  Relation  (Ic') 
von  selbst  erfüllt*) 

Somit  gilt  der  Satz^r 

Ic.  „Für  das  Verschwinden  der  Druckkraft  k  ist  die  Re- 
lation (Ic')  notwendig,  und,  wenn  man  den  Fall  (la)  ausschließt, 
auch  hinreichend.^'' 

Hierauf  gestützt  kann  man  die  mechanisch -geometrische 
Bedeutung  von  (Ic')  noch  einen  Schritt  weiter  verfolgen. 

Für  A  =  0  fällt  die  Kraft  P  mit  der  Gesamtkraft  R  zu- 
sammen, fällt  also  nach  dem  Huyghensschen  Prinzip  in  die 


1)  Aach  die  geometrische  Bedeutung  von  (IcO  bleibt  dann,  wenn 
auch  nur  in  uneigentlichem  Sinne,  erhalten.  Denn  da  die  Ebene  (^,  v) 
jetzt  unbestimmt  wird,  so  kann  die  Ebene  (tt,  q)  als  auf  ihr  senkrecht 
stehend  angesehen  werden. 

2)  Aus  dem  Satze  I  c  geht  hervor,  daß  die  übliche  Ausdrucksweiae, 
die  Druckkraft  l  „zwinge'^  den  Punkt,  auf  der  Fläche  zu  bleiben,  nicht 
ganx  korrekt  ist 


398     ff\  Fr.  Meyer.    Theorie  der  LagramgeMchetk  BewegungsgL 

Sdunieiniiigsebeiie  der  Bahnkurre,  d.  h.  die  Ebene  (%j  q)  stimmt 
mit  letzterer  Ebene  überein.  Daß  diese  Ebene  mit  der  Ebene 
ig,  w^  einen  rechten  Winkel  bildet,  ist  flacbentheoretisch  selbst- 
Terständlichy  denn  das  Lot  der  Schmiegongsebene  ist  die  Bi- 
normale der  Kmre,  das  Lot  der  Ebene  (o,  w)  die  Tangente  der 
Knrre.  Tangente  nnd  Binormale  stehen  aber  senkrecht  auf- 
einander. 

Damit  ist  die  erste  Hälfte  des  Satzes  Ic  auch  anschaulich 
bewiesen.  Aber  auch  die  zweite  Hälfte  dieses  Satzes,  sowie 
auch  die  Sätze  I,  I'  lassen  sich  aus  elementaren  mechanisch- 
geometrischen Prinzipien  herleiten,  wie  ich  das  an  anderer 
Stelle  näher  ausgeführt  habe.'^ 

Alten  au  (Harz),  September  1903. 


1)  Jahresbericht  der   deutschen  Blath.  VereinigODg.   12.    Oktober- 
heft 1908. 

(Eingelangt  18.  September  1908.) 


899 


50.  Elektrischer  Massentransport  in  Gasen,  Druck- 

erhöhnng  an  der  Kathode. 

Von  J.  Stark  in  GCtÜDgen. 


I.    Zar  Theorie  des  elektrisohen  Tranaportee  Ton  Masse  in 

elementaren  Gasen. 

§  1.  Masse  der  Ionen  in  Gasen  und  ihr  Fer halten  an  den 
Elektroden.  —  In  der  Größe  der  elektrischen  Ladung  sind  die 
einwertigen  Ionen  in  einem  elementaren  Oase  einander  äquiva- 
lent; hinsichtlich  ihrer  Masse  können  sie  voneinander  ver- 
schieden sein.  Hinsichtlich  der  Masse  sind  in  einem  elementaren 
Gase  drei  Arten  von  Ionen  möglich.  Bei  der  Ionisierung 
eines  neutralen  Gasatoms  wird  ein  negatives  Elektron  von  dem 
positiv  zurückbleibenden  übrigen  Teil  des  Atoms  getrennt. 
Bleibt  das  negative  Elektron  für  sich  allein,  lagert  es  sich 
nicht  an  neutrale  Gasmoleküle  an,  so  hat  man  ein  negatives 
Elektrtmion.  Lagern  sich  an  das  positive  Bestatom  nicht  neu- 
trale Moleküle  an,  so  ist  es  ein  positives  Aiomian.  Wenn  sich 
an  das  negative  Elektronion  oder  das  positive  Atomion  noch 
neutrale  Gasmoleküle  anlagern,  so  verwandeln  sie  sich  damit 
in  Molionen. 

Die  Masse  des  negativen  Elektronions  beträgt  0,51  Tausend- 
stel derjenigen  des  Wasserstoffatoms.  Die  Kathodenstrahlen 
sind  negative  Elektronionen  von  großer  Geschwindigkeit  Im 
Glimmstrom  sind  besonders  bei  niedrigem  Gasdruck  die  meisten 
negativen  Ionen  Elektronionen,  nicht  bloß  in  der  negativen 
Glimmschicht,  sondern  auch  in  der  positiven  Lichtsäule.  Die 
Masse  des  positiven  Atomions  ist  praktisch  gleich  derjenigen 
des  neutralen  Atoms.  Ein  Teil  der  Kanalstrahlen  besteht  nach 
den  Untersuchungen  W.  Wiens  ^)  aus  positiven  Atomionen. 
Die  Masse  der  positiven  und  negativen  Molionen  ist  ein  Viel- 
faches der  Masse  des  neutralen  Atoms  des  fraglichen  Gases. 


1)  W.  Wien,  Ann.  d.  Phys.  9.  p.  660.  1902. 


400  /.  Stark. 

Nach  E.  Riecke^)  ist  bei  sekundärer  lonisieruDg  in  atmo- 
sphärischer Luft  die  Masse  des  negativen  Ions  zweimal,  die- 
jenige des  positiven  dreimal  so  groß  wie  diejenige  des  neutralen 
Luftmoleküls.  In  einem  ionisierten  Gase  ist  die  Zahl  der 
negativen  Molionen  nicht  größer,  als  diejenige  der  positiven; 
darum  ist  in  einem  ionisierten  Gase  an  die  positiven  Ionen  immer 
mehr  Mojsse  ffebunden,  als  an  die  negativen  Ionen, 

Im  elektrischen  Strome  wird  die  positive  Elektrizität  nach 
der  Kathode  za,  die  negative  nach  der  Anode  zu  verschoben; 
gleichzeitig  mit  ihr  wird  die  an  sie  gebundene  Masse  ver- 
schoben. Können  die  Ionen  nicht  aus  dem  Gas  in  die  Elektroden 
übertreten  und  in  diesen  weiterwandem,  so  können  sie  an  den 
Elektroden  nicht  als  geladene  Teilchen  sich  ansammeln,  son- 
dern müssen  sich  in  neutrale  Teilchen  verwandeln.  Die 
negativen  Elektronionen  treten  in  die  Anode  ein  und  wandern 
in  ihr  weiter;  die  negativen  Molionen  geben  an  die  Anode  ihr 
negatives  Elektron  ab,  während  die  an  dieses  gebundene  neu- 
trale Masse  in  der  Grenzfläche  von  Elektrode  und  Gas  zurück- 
bleibt Das  positive  Atom-  und  Molion  tritt  in  die  Grenzfläche 
von  Gas  und  Kathode,  entnimmt  dieser  ein  negatives  Elektron 
und  verwandelt  sich  so  in  neutrale  Masse. 

Die  Massenteilchen,  welche  vom  elektrischen  Strome  an 
der  Kathode  oder  Anode  in  einem  elementaren  Gase  als  Ionen 
abgeschieden  werden,  werden  hier  nicht  festgehalten,  sondern 
diflfundieren  als  neutrale  Gasmoleküle  wieder  in  den  Gasraum 
zurück;  da  demnach  in  einem  elementaren  Gas  eine  An- 
reicherung der  elektrisch  abgeschiedenen  Ionen  in  einer  festen 
Schicht  ausgeschlossen  ist,  so  kann  die  elektrische  Abscheidung 
von  Masse  in  diesem  Falle  nicht  so  leicht  nachgewiesen  werden 
wie  in  einem  Elektrolyten. 

§  2.  Druckerhöhung  an  der  Kathode  durch  elektrischen 
Massentransport  —  Wir  betrachten  denjenigen  Querschnitt  des 
durchströmten  Gases,  welcher  gerade  in  der  Mitte  zwischen 
den  Elektroden  liegt.  Er  teilt  den  durchströmten  Gasraum 
in  zwei  Hälften,  eine  kathodische  und  eine  anodiscbe.  Aus 
der  kathodischen  Hälfte  führt  der  elektrische  Strom  beständig 
negative  Ionen  weg  in  die  anodische  Hälfte,  gleichzeitig  führt 


1)  £.  Riecke,  Ann.  d.  Phys.  12.  p.  74.  1903. 


Elektr.  McLSsentransport  in  Gagen.  401 

er  ans  dieser  in  jene  positive  Ionen.  Ist  I^  die  Stromstärke 
der  positiven,  I^  diejenige  der  negativen  Ionen  in  dem  be- 
trachteten Querschnitt  y  so  gewinnt  die  kathodische  Hälfte  in 
der  Zeiteinheit  /^/<  positive  und  verliert  /^/c  negative  Ionen, 
umgekehrt  verliert  die  anodische  Hälfte  ije  positive  und  ge- 
winnt I^/b  negative  Ionen.  Eän  positives  Ion  liefere  bei  der 
Neutralisation  an  der  Kathode  n  gewöhnliche  Gasmoleküle, 
ein  negatives  an  der  Anode  v  gewöhnliche  Moleküle.  Ist  v 
bez.  v^  die  spezifische  Geschwindigkeit,  n  die  spezifische  lonen- 
zahl,  B  die  Kraft  in  dem  betrachteten  Querschnitt,  so  gilt 
I  SS  n.B.Vp.H  bez.  1^=^  n.B.v^.  H,  Der  Gesamtgewinn  der 
kathodischen  Seite  an  gewöhnlichen  Gasmolekülen  beträgt  dem- 
nach für  die  Zeiteinheit  (n.v^  —  v.vJn.H,  derjenige  der 
anodischen  Hälfte  (v,v^  —  n.v^n.H. 

Bei  Ermittelung  des  Vorzeichens  von  {'^ -v^-^  v.vj  sind 
zwei  extreme  Fälle  zu  unterscheiden.  Berstens  mögen  sämt- 
liche positiven  und  negativen  Ionen  Molionen  sein.  Im  Falle 
der  Luft  ist  n  =  3,  v  =  2,  t?^  =  1,37  .  v^\  die  Differenz 
{n.v^  —  v.vJn.H  =:  0,26 ,n.v^.H  hat  darum  positives  Vor- 
zeichen. Ähnliches  gilt  für  die  übrigen  elementaren  Gase. 
Sind  also  in  einem  elementaren  Gase  sämtliche  Ionen  JUolionen, 
so  wird  durch  die  elektrische  Strömung  auf  der  kathodischen  Seite 
des  Gases  die  Zahl  der  Moleküle  und  damit  der  Gasdruck  ver^ 
grÖßert 

Der  zweite  extreme  Fall  besteht  darin,  daß  sämtliche 
negativen  Ionen  Elektron-,  sämtliche  positive  Atomionen  sind. 
In  diesem  Falle  ist  für  die  zweiatomigen  Gase  n  =  0,5, 
r  =  0,  v^  ist  ungefähr  das  zehnfache  von  t?  .  Die  Differenz 
[n  ,v  —  V ,v^n,H  =  0,5  ,n.v^,H  ist  immer  positiv.  Auch  in 
diesem  Falle  vermehrt  die  elektrische  Strömung  die  Molekülzahl 
und  den  Gasdruck  auf  der  kathodischen  Seite  und  vermindert 
beide  Größen  auf  der  anodischen  Seite  des  durchströmten  Gases, 
Da  die  zwei  besprochenen  extremen  Fälle  alle  übrigen  Arten 
von  Ionisation  in  einem  elementaren  Gase  zwischen  sich 
schließen,  so  gilt  der  vorstehende  Satz  allgemein  für  die 
elektrische  Strömung  in  einem  elementaren  Gase. 

Der  Überdruck,  welchen  die  elektrische  Strömung  in  einem 
elementaren  Gase  auf  der  kathodischen  Seite  herstellt,  kann 
keinen  großen  Wert  annehmen;    denn   unter   seiner  Wirkung 

Boltsmfton-Fettachrift.  26 


402  J.  Stark. 

strömen  neutrale  Gasmoleküle  von  der  kathodischen  Seite  be- 
ständig wieder  zurück  nach  der  anodischen  Seite.  Je  mehr  dieses 
Bückströmen,  beispielsweise  durch  eioen  kleinen  Querschnitt^ 
erschwert  wird,  desto  größer  kann  jener  Überdruck  werden. 

Um  über  die  Größe  des  nach  dem  Vorhergehenden  zu 
erwartenden  Überdruckes  eine  Vorstellung  zu  gewinnen,  sei 
folgende  Näherungsrechnung  ausgeführt.  Das  Volumen  der 
kathodischen  Seite  sei  5.10'  cm^,  das  Bückströmen  nach  der 
anodischen  Seite  erfolge  sehr  langsam;  die  positive  Strom- 
stärke in  dem  mittleren  Querschnitt  betrage  1.10"^  Milliampere. 
Berechnet  sei  die  Druckzunahme  in  Prozent,  wenn  während 
10  Sek.  kein  Bückströmen  erfolgt,  sondern  nur  die  elektrische 
Strömung  wirksam  ist 

Ist  V  die  Zahl  der  Moleküle  in  der  Volumeneinheit  bei 
0^  und  760  mm  Druck,  so  ist  beim  Druck  p  die  spezifische 
Molekülzahl  n^  =  1,3.  lO-^,v.p.  0,1  Milliampere  transportiert 
in  10  Sek.  dem  Volumen  nach  2,32 .  10-*  cm'  einwertige  Ionen 
bei  0^  und  760  mm  durch  den  Querschnitt;  die  entsprechende 
Anzahl  von  Ionen  ist  2,32 .  10-* .  v.  Da  sich  diese  auf  5.10*cm' 
verteilen,  so  ist  die  Zunahme  der  Molekülzahl  (Molekül  zwei- 
atomig) in  1  cm^  auf  der  kathodischen  Seite  während  der  be- 
trachteten 10  Sek.  gleich 

Die  prozentuale  Zunahme  der  spezifischen  Molekülzabl  oder 
des  Druckes  beträgt  darum  1,7  .  \0~^,p~^.  Bei  U,01  mm  Druck 
beträgt  also  die  Zunahme  des  Druckes  gerade  1,7  Proz. 

Um  demnach  die  Druckerhöhung  an  der  Kathode  infolge 
des  elektrischen  Massentransportes  nachweisen  zu  können,  hat 
man  einerseits  die  Stromstärke  möglichst  groß,  andererseits 
den  Gasdruck  möglichst  klein  zu  wählen.  Ks  kann  aus  diesem 
Grunde  für  den  vorliegenden  Zweck  lediglich  der  Glimmstrom 
in  Betracht  kommen,  da  diesem  allein  Ijei  niedrigem  Druck 
eine  Stromstärke  von  der  Ordnung  1  Milliampere  gegeben 
werden  kann. 

II.  Druckerhöhung  an  der  Kathode  des  GlimmBtromes. 

§  8.  Grundgedanke,  VersucksröUre  nnd  Sclialtumj.  —  Wenn 
die  elektrische  Strömung  auf  der  kathodischen  Seite  eine  Druck- 


Elehtr.  Massentransport  in  Oasen, 


408 


erhöhong  bewirkt,  so  muß  diese  um  so  größer  ausfallen,  je 
mehr  ein  Rückströmen  nach  der  anodischen  Seite  erschwert 
wird.  Aus  diesem  Grunde  wurde  zwischen  die  anodische  und 
kathodische  Hälfte  eine  längere  Kapillare  eingeschaltet.  Läßt 
man  die  kathodische  Hälfte  durch  eine  weite  Öffnung  mit 
einem  Oefäß  kommunizieren,  so  muß  auch  in  dieses  die  Druck- 
erhöhung sich  fortpflanzen.  In  diesem  Gefäß  kann  dann  die 
Dmckerhöhung  mit  einer  entsprechend  empfindlichen  Methode 
nachgewiesen  werden. 

Figur  1  (7io  nattirl.  Größe)   stellt  die  verwendete  Röhre 
dar.     K  ist   die  1,5  mm  weite  Verbindungskapillare  zwischen 


'Br*'Pumpe 


Fig.  1. 

den  zwei  Hälften  iT^  und  ü^  des  durchströmten  Gases,  Q^  das 
Gefäß,  in  dem  die  Druckveränderung  der  Hälfte  H^  unter- 
sucht werden  sollte;  G^  ist  ein  kugelförmiges  Gefäß,  das  ebenso 
groß  ist  wie  G^  und  zum  Zweck  symmetrischer  Versuchs- 
bedingungen an  H^  angeschlossen  ist  E^  und  E^  sind  zwei 
kongruente  Elektroden,  es  sind  hohle  Messingzylinder  (Fig.  2). 
Die  vordere  Seite  ist  zentral  mit  einer  kreisförmigen  5  mm 
weiten  Öffnung  versehen;  um  die  Zerstäubung  zu  verhüten,  ist 
auf  sie  eine  Aluminiumscheibe  aufgesetzt  Die  hintere  p — n 
Seite  trägt  in  der  Nähe  des  Randes  sechs  5  mm  weite  ||  il 
symmetrisch   angeordnete  kreisförmige  Löcher  (in  der     ![_  " 


Figur  sind  nur  zwei  zu  sehen);  auf  sie  ist  eine  Hart-  Fig.  2. 
gummischeibe  aufgekittet,  die  so  durchlocht  ist,  daß 
sie  den  Rand  der  Löcher  in  dem  Messingdeckel  gerade  um 
1  mm  tiberragt.  D^  und  I)^  sind  zwei  gleichartige  Diaphragmen, 
es  sind  hohle  Messingzylinder,  deren  Deckel  ebenso  wie  die 
Rückseite  der  Elektroden  mit  sechs  Löchern  und  einer  über 
diese  l  mm  weit  greifenden  Hartgummischeibe  versehen  sind. 
Diese  Diaphragmen  sollen  zwar  nicht  die  Strömung  des  Gases 

26* 


404  /.  Stark. 

in  der  einen  oder  anderen  Richtnng  aufhalten,  dagegen  sollen 
sie  ein  Überspringen  der  elektrischen  Strömung  aus  If^  und 
H^  nach  G^  und  G^  yerhindern.  Das  Grefäß  (r^  besitzt  zwei 
stiftförmige  Aluminiumelektroden;  die  eine  A  dient  als  Anode, 
sie  ragt  nur  wenig  aus  einem  Ansatzrohr  in  das  QeiJkä  hinein; 
die  andere  C  dient  als  Kathode,  sie  steckt  bis  auf  2  cm  in 
einem  Glasröhrchen  und  dringt  bis  zur  Mitte  von  G^  Tor. 

Die  Elektroden  £^  und  Ji^  wurden  mit  den  Polen  eines 
groben  Ruhmkorffschen  Induktoriums  (Spule  21,6  cm  dick, 
50,5  cm  lang)  verbunden.  Dieses  stellte  zwischen  £^  imd  £^ 
in  H^  und  H^  den  Glimmstrom  her,  der  an  seiner  Kathode 
eine  Druckerhöhung,  an  seiner  Anode  eine  Druckemiedrigung 
bewirken  sollte. 

Zum  Nachweis  einer  Veränderung  des  Druckes  in  G^  und 
damit  in  H^^  wurde  von  folgender  Erscheinung  Gebrauch  ge- 
macht. Der  KathodenfalPj  K  des  Glimmstromes  folgt  inner- 
halb weiter  Grenzen  der  Formel 

WO  K^  der  normale  Kathodenfall,  p  der  Gasdruck,  t  die  Strom- 
stärke, f  die  von  Glimmlicht  bedeckte  Kathodenoberfläche,  k 
und  X  eine  Konstante  ist.  Fehlt  die  positive  Lichtsäule  des 
Glimmstromes,  so  darf  man  den  Kathodenfall  gleich  der 
Elektrodenspannung  setzen.  Unter  Anwendung  des  Ohm  sehen 
Gesetzes  auf  den  außerhalb  des  Gases  liegenden  Widerstand 
r  darf  man  setzen  d  F  —  d K  =  —r,di.  Eine  Abnahme  des 
Gasdruckes  hat  eine  Zunahme  von  K  und  damit  eine  Abnahme 
von  i  zur  Folge.  Der  Kathodenfall  A'  ändert  sich  dann  am 
empfindlichsten  mit  dem  Gasdruck  /?,  wenn  der  äußere  Wider- 
stand groß  ist;  die  Stromstärke  dagegen  ist  dann  ein  empfindliches 
Reagens  auf  eine  Druckänderung,  wenn  r  klein  ist.  Da  das 
Mikroamperemeter,  das  mir  zur  Messung  der  Stromstärke  zur 
Verfügung  stand,  sehr  empfindlich  war  und  sich  ohne  Kriechen 
und  Schwingen  momentan  einstellte,  so  benutzte  ich  die  Stärke 
eines  Glimmstromes  in  G^  zur  Kontrolle  einer  Änderung  des 
Gasdruckes  in  G^  und  //j.  Zu  diesem  Zweck  wurde  die 
Elektrode    A    unter   Zwischenschaltung    eines    kleinen   Wider- 


1)  J.  Stark,  Ann.  d.  Phys.  12.  p.  1.  1903. 


Elektr.  Ätassentranspart  in  Ooien.  406 

Standes  r  an  den  positiven  Pol  einer  Hochspannungsbatterie 
Ton  ungefähr  2000  Volt  elektromotorischer  Kraft  gelegt,  die 
Mektrode  C  war  durch  das  Mikroamp^remeter  mit  dem  negativen 
Pol  verbunden;  dieser  war  geerdet 

Der  aus  dem  Induktorium  fließende  Glimmstrom  in  H^  H^ 
sollte  also  in  H^  und  damit  in  G^  eine  Druckänderung  hervor- 
bringen; der  Olimmstrom  in  6'^  sollte  zum  Nachweis  dieser 
Druckänderung  dienen. 

§  4.  Forsiehtsmafireffeln,  Beobachtungsrcfniltate,  —  Es  wurde 
festgestellt,  daß  die  Diaphragmen  JJ^  und  D^  ihren  Zweck  er- 
füllen, daß  die  Glimmentladung  in  U^  U^  nicht  nach  ff^  und 
ff,  hinübergreift.  Das  Induktorium  wurde  so  weit  von  der 
Versuchsröhre  und  dem  Mikroamp^remeter  entfernt,  daß  sein 
Magnetfeld  weder  den  Glimmstrom  in  ff^  noch  den  Ausschlag 
des  Amperemeters  beeinflußte. 

Obwohl  ich  in  Luft  im  wesentlichen  dieselben  Resultate 
wie  in  Stickstoff  erhielt,  so  schien  mir  doch  das  Gasgemisch 
keine  sichere  Grundlage  für  reine  Resultate  zu  sein ;  ich  führte 
daher  die  Untersuchung  an  Stickstoff  aus.  Die  Röhre  wurde 
erst  leer  gepumpt,  dann  wurde  sie  zweimal  mit  Stickstoff  aus- 
gespült, nachdem  beim  jedesmaligen  Leerpumpen  die  Elektroden 
-ffj,  E^  und  C  längere  Zeit  unter  Strom  gehalten  waren.  Darauf 
wurde  Stickstoff  ueu  eingefüllt  und  mit  den  Beobachtungen 
begonnen. 

Diese  wurden  für  einen  jeden  Gasdruck  in  folgender  Weise 
ausgeführt.  Zunächst  wurde  der  Glimmstrom  in  ffj  geschlossen 
und  solange  gewartet,  bis  seine  Stärke  konstant  wurde,  bis 
also  der  Ausschlag  des  Mikroampöremeters  sich  nicht  mehr 
änderte.  Dann  wurde  das  Induktorium  in  Tätigkeit  gesetzt, 
also  ein  Glimmstrom  in  einer  bestimmten  Richtung  durch 
H^  H^  gesandt  und  gleichzeitig  wurde  der  Ausschlag  des  Mikro- 
ampöremeters  beobachtet.  Dann  wurde  der  Glimmstrom  in 
fij  H^  unterbrochen  und  der  Ausschlag  weiter  beobachtet. 
Nach  einer  halben  oder  ganzen  Minute  wurde  der  Glimmstrom 
in  i^j  H^  von  neuem  in  der  gleichen  Richtung  wie  zuvor  ge- 
schlossen und  dasselbe  wie  zuvor  gemacht.  So  erhielt  ich 
eine  Beobachtung  für  den  Fall,  daß  die  Kathode  des  Glimm- 
stromes  in  H^  H^  beim  Schließen  kalt  war,  und  für  den  Fall, 
daß    sie    beim    Schließen    bereits    von     der    vorausgehenden 


406  J.  Stark. 

Schließungsdauer  her  erwärmt  war.  Dies  alles  geschah  erst 
für  die  eine  Sichtung  des  Olimmstromes  in  //^  H^,  darauf  ftbr 
die  entgegengesetzte^  darauf  wieder  flir  die  erste  Richtung. 

Nach  dem  vorstehenden  Verfahren  wurden  folgende  Be- 
obachtungsresultate erhalten.  Solange  der  Qasdruck  über 
0,9  mm  lag,  änderte  sich  beim  Schließen  des  Glimmstromes 
in  H^  E^  der  Ausschlag  des  Stromes  in  G^  nicht;  zwischen  0,9 
und  0,09  mm  brachte  der  Glimmstrom  H^  H^  eine  dauernde 
Zunahme  des  Ausschlages  hervor;  diese  Zunahme  war  unab- 
hängig von  der  Stromrichtung  in  H^  H^  und  um  so  größer, 
je  kleiner  der  Gasdruck  war.  Der  dauernden  Zunahme  der 
Stromstärke  in  G^  entspricht  eine  dauernde  Zunahme  des 
Gasdruckes  in  G^  und  H^  H^.  Diese  rührt  offenbar  her  von 
einer  Gusentwicklung  aus  der  erhitzten  Kathode  des  Glimm- 
stromes in  H^H^* 

Von  0,09  mm  Druck  abwärts  zeigte  der  Ausschlag  des 
Glimmstromes  in  G^  ein  anderes  Verhalten,  das  um  so  aus- 
geprägter hervortrat,  je  weiter  der  Druck  erniedrigt  wurde. 
Von  da  ab  war  nämlich  die  Änderung  des  Ausschlages  ver- 
schieden je  nach  der  Stromrichtung  in  Hy^H^.  War  H^,  also 
die  (/j  zunächst  liegende  Hälfte  kathodisch,  liefen  also  die 
positiven  Ionen  nach  £'j,  so  nahm  der  Ausschlag  sofort  nach 
Schließen  des  Glimmstromes  in  H^  H^  zu,  und  zwar  erst 
schneller,  dann  langsamer;  beim  Unterbrechen  ging  der  Aus- 
schlag erst  schneller,  dann  langsamer  wieder  zurück,  blieb 
aber  immer  größer,  als  er  zuvor  war. 

War  dagegen  H^^  anodische  Hälfte,  liefen  also  die  positiven 
Ionen  von  G^  und  H^  fort,  so  erfolgte  beim  Schließen  des 
Glimmstromes  in  H^  H^  zunächst  eine  kleine  Abnahme  des 
Ausschlages  oder  er  blieb  wenigstens  unverändert,  darauf  nahm 
er  langsam  zu  und  beim  Unterbrechen  nahm  er  weiter,  aber 
noch  schneller  zu.  Die  anfängliche  Abnahme  war  um  so 
größer,  je  stärker  der  Glimmstrom  in  H^  H^  war;  seine  Stärke 
lag  bei  diesen  Versuchen  zwischen  10  und  0,5  Milliampere. 

In  der  nachstehenden  Tabelle  ist  ein  Beispiel  zweier  Be- 
obachtungsreihen mitgeteilt.  Die  Stärke  des  Glimmstromes  in 
Gj  ist  in  einer  willkürlichen  Einheit  angegeben,  die  Stärke 
des  Glimmstromes  in  H^  H^  schwankte  zwischen  1  und  2  Milli- 
ampere, der  Gasdruck  war  ungefähr  0,03  mm. 


EUktr.  Meusentramport  in  Goten. 


407 


^ 

Kathode. 

Zeit  in 
SeL 

Ausschlag 

Be- 
merkungen 

0 
15 

710 
710 

l       OflPen 

30 

740 

\ 

45 
60 

760 
770 

1         Ge- 
/   schlössen 

75 

780 

90 

773 

1 

105 
120 

770 
767 

[       Offen 

E^  Anode. 


Zeit  in 
Sek. 

Ausschlag 

Be- 
merkungen 

0 
15 

810 
810 

Offen 

30 

805 

45 
60 
75 

803 
805 
808 

Ge- 
schlossen 

90 

811 

105 

825 

120 

830 

Offen 

135 

835 

In  Figur  8  und  4  sind  die  vorstehenden  Zahlen  graphisch 
aufgetragen.  Die  unsymmetrische  Wirkung,  welche  der  Glimm- 
strom in  H^  H^  für  seine  zwei  Richtungen  auf  den  Gasdruck 
in  -ffj  und  G^  ausübt,  erklärt  sich  auf  folgende  Weise. 

Der  Glimmstrom  in  H^  H^  bringt  zwei  Wirkungen  hervor, 
welche  den  Gasdruck  in  H^  verändern.  Die  erste  ist  unab- 
hängig von  seiner  Richtung,  die  zweite  kehrt  ihr  Vorzeichen 
mit  seiner  Richtung  um.  Die  erste  besteht  darin,  daß  aus 
der  erwärmten  Kathode  Gas  entbunden  wird,  woraus  eine 
dauernde  Erhöhung  des  Gasdruckes  folgt.  Die  zweite  besteht 
lediglich  in  einer  Verschiebung  des  vorhandenen  Gases;  es 
wird  der  Druck  in  der  kathodischen  Hälfte  erhöht,  in  der 
anodischen  Hälfte  erniedrigt;  nach  dem  Offnen  verteilt  sich 
das  Gas  wieder  in  gleichmäßigem  Druck,  p  sei  der  Druck  in 
H^f  Pq  der  anfängliche  Druck,  t  die  Zeit,  f  und  cp  seien  un- 
bekannte Funktionen  positiven  Wertes,  i  sei  positiv,  wenn 
seine  positiven  Ionen  von  E^  nach  E^  strömen.  Man  kann  dann 
für  die  Schließungsdauer  setzen  p  =  jo^  +  i^.t.f'+  i.t.rp.  Der 
Differentialquotient, 


^-i^.f+i.<p, 


kann  Null  werden,  wenn  i  negativ  ist;  hieraus  erklärt  sich  das 
Minimum  in  der  Kurve  der  Figur  4. 

Wie  nach  dem  Vorstehenden   zu   erwarten   ist   und   wie 
sich  aus  ihm  erklärt,  war  die  Abnahme  des  Ausschlages,  im 


408 


/.  Stark. 


Fälle  E^  aoodische  Hälfte  war,  größer,  wenn  die  Kathode  kalt, 
als  wenn  sie  infolge  l&ngereD  Strom  Bchlusses  bereits  vor- 
gewärmt  war.  Im  zweiten  Falle  ging  nämlich  die  Qasentbindung 
auB  der  E&thode  frUher  vor  sich. 

§  5.     Deutung   de»   Beobaihtungiretullatet.  —  Durch    den 
eben  beBchriebenen  Yersnch  ist  die  Erscheinung  aufgefunden, 


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Kg.  4. 

daß  der  Glinmulrom  in  einem  elementaren  Gase  bei  niedrigem 
Druck  merkÖiir  vor  der  Kathode  den  Gasdruck  erhöht,  vor  der 
Anode  erniedrigt,  indem  er  von  hier  nach  dort  Gasmolekule  treibt. 
Ich  Bebe  zwei  Ursachen,  welche  diese  Wirkung  erklären  können. 
Die  erste  ist  die  oben  theoretisch  behandelte  Überführung  von 
Masse  durch  den  elektrischen  Strom.  Die  zweite  besteht  in 
folgendem. 

Wie  A.  Wehnelt')  festgestellt  hat,  befindet  sich  vor  der 
Kathode    des  Glimmstromes    im   Dunkelraume    eine    positive 


Mektr.  Massentrangport  m  Gasen.  409 

LaduDg.  Deren  Ionen  werden  von  der  elektrischen  Kraft  nach 
der  Kathode  getrieben;  ist  Beibung  zwischen  ihnen  und  den 
neutralen  Gasmolekülen  vorhanden,  so  treiben  sie  diese  mit 
sich  fort,  es  entsteht  ein  gegen  die  Kathode  gerichteter 
elektrischer  Wind;  durch  diesen  wird  vor  der  Kathode  der 
Gasdruck  erhöht,  vor  der  Anode  erniedrigt. 

Es  erhebt  sich  die  Frage,  welcher  von  diesen  beiden  Ur- 
sachen die  oben  beschriebene  Erscheinung  in  erster  Linie  zu- 
zuschreiben ist  Nach  meiner  Ansicht  ist  dies  die  erste,  die 
elektrische  Überführung.  Die  Wirkung  tritt  nämlich  erst  bei 
demjenigen  Druck  auf,  bei  dem  sie  nach  der  Theorie  für  die 
erste  Ursache  bemerkbar  zu  werden  vermag;  die  zweite  Ur- 
sache: der  elektrische  Wind  müßte  auch  bei  höherem  Druck 
die  Wirkung  hervorbringen,  wenn  er  sie  überhaupt  hervor- 
zubringen vermag.  Mit  sinkendem  Gusdruck  muß  er  nämlich 
immer  schwächer  werden,  da  die  Reibung  zwischen  den  positiven 
Ionen  und  den  neutralen  Gasmolekülen  immer  kleiner  wird. 
Bei  dem  niedrigen  Druck  von  ungefähr  0,03  mm  bewegen  sich 
die  positiven  Ionen  wahrscheinlich  durch  den  Dunkelraum  an  die 
Kathode,  ohne  erheblich  viel  neutrale  Moleküle  zu  treffen, 
ohne  also  einen  elektrischen  Wind  hervorzubringen. 

Göttingen,  Sommer  1903. 


1)  A.  Wehnelt,  Ann.  d.  Phys.  10.  p.  542.  1903. 
(Eingegangen  13.  September  1903.) 


410 


51.  Über  die  Natur  der  flüssigen  Luft. 

Von  D.  ▲.  Goldhammer  in  Kasan. 


Obgleich  die  flüssige  Luft  schon  seit  mehreren  Jahren 
der  Untersuchung  zugänglich  gemacht  worden  ist  und  auch  viel- 
fach von  yerschiedenen  Seiten  studiert  wurde,  scheinen  doch  die 
Hm.  Fischer  und  Alt^]  die  ersten  gewesen  zu  sein,  die  die 
Meinung  ausgesprochen  hatten,  die  flüssige  Luft  sei  eine  Lösung 
von  Sauerstoff  in  Stickstoff, 

Diese  Ansicht  über  die  Natur  der  flüssigen  Luft  haben 
die  Verfasser  dadurch  zu  begründen  gesucht,  daß  sie  die  Yon 
Baly*)  beobachteten  Änderungen  der  Siedetemperatur  normal 
siedender  Gemische  von  Sauerstofi"  und  StickstoflF  mit  den  nach 
der  allgemeinen  van't  Hoff  sehen  Formel  berechneten  zu- 
sammenstellten. 

Die  Übereinstimmung  der  Theorie  mit  der  Erfahrung 
ergab  sich  dabei  „überraschend  gut".  ^  Dem  gegenüber  ist 
aber  zu  bemerken,  daß  erstens  die  Formel  von  van*t  Hoff 
auf  die  Lösungen  flüchtiger  Stofi'e  nicht  anzuwenden  ist  und 
daß  zweitens  diese  Übereinstimmung  nur  mit  Hilfe  einer  ganz 
schwach  begründeten  Annahme  gewonnen  wurde,  es  wäre  dem 
von  Baly  als  rein  bezeichneten  Stickstoff  2,4  Proz.  Sauerstoff 
beigemischt. 

Freilich  haben  die  Verfasser  auch  die  Vermutung  aus- 
gesprochen, es  könne  die  Differenz  zwischen  der  von  Baly 
ermittelten  Siedetemperatur  des  Stickstoffs  (77,5  —  77,54  abs.) 
und  der  von  Fischer  und  Alt  gefundenen  (77,33,  wenn  man 
als  absoluten  Nullpunkt  einfach  —  273  setzt)  auch  einen  an- 
deren Grund  haben*):  in  einem  solchen  Falle  bleibt  aber  die 
ganze  Frage  über  die  Luft  als  Lösung  ohne  Antwort. 


1)  K.  T.  Fischer  und  H.  Alt,  Ann.  d.  Phys.  9.  p.  1182.  1902. 

2)  E.  C.  C.  Baly,  Phil.  Mag.  49.  p.  521.  1900. 

3)  K.  T.  Fischer  und  H.  Alt,  1.  c   p.  1183. 

4)  1.  c.  p.  1184. 


Natur  der  flüsstffen  Luft  411 

Wir  wollen  daher  versuchen  diese  Ansicht  über  die  Natur 
der  Luft  einer  neuen  Prüfung  zu  unterwerfen. 

Es  seien  P^,  p  die  Spannungen  des  gesättigten  Stickstoff- 
dampfes bei  den  absoluten  Temperaturen  T,  7^;  für  eine  Lö- 
sung irgend  eines  Stoffes  in  Stickstoff  mit  der  Siedetemperatur  T 
und  der  Dampfspannung  p  muß  sein  ^) 


P„-;,  =  (2'-r„)(4^)^_ 


wenn  nur  T  ^  T^  nicht  all  zu  groß  ausf&Ut. 

Nach  Baly  siedete  die  Lösung  Yon  8,1  Proz.  Sauerstoff 
unter  normalem  Druck  (;?  =  760  mm)  bei  7=  78,0.  Der  reine 
Stickstoff  gab  T^^ll^bO,  P^-806;  femer  fanden  Fischer 
und  Alt  in  der  Nähe  des  Siedepunktes  des  Stickstoffs 


910. 


Wir  bekommen  daraus  T  -  T^  ==  0,50  (beob.),  T  -  ^o  =  0,505 
(ber.),  indem  mit  der  Zahl  von  Fischer  und  Alt  2J,  =  77,33 
würde  folgen  ^  -  ^o  =  0>6'^  (beob.). 

Wie  wir  sehen,  ist  die  Differenz  zweier  von  Baly  ge- 
gebenen Temperaturen  jedenfalls  angenähert  richtig:  es  ent- 
steht aber  die  Frage,  wovon  rührt  der  Unterschied  der  Siede- 
punkte des  reinen  Sauerstoffs  nach  den  Beobachtungen  von 
Baly  und  Fischer  und  Alt  her.  Die  Antwort  lautet  einfach: 
JFür  alle  von  Baly  angeführten  absoluten  Temperaturen  iat  ein 
anderer  absoluter  Nullpunkt  angeTwmmen ,  als  derselbe  von 
Fischer  und  Alt, 

Diesen  Grund  haben  schon  Fischer  und  Alt  selbst  als 
wahrscheinlich  angegeben:  derselbe  tritt  aber  vollkommen 
klar  auf,  wenn  wir  in  folgender  Weise  verfahren. 

Wir  entnehmen  aus  der  Tabelle  der  Dampfspannungen 
des  chemischen  Stickstoffs  von  Fischer  und  Alt  folgende 
Zahlen 

P„    715    730    750    760 
T         76,83   77,00   77,23   77,83 

und  aus  der  entsprechenden  Tabelle  von  Baly  ebenso  für  den 
chemischen  Stickstoff 


1)  W.  Nernst,  Zeitschr.  f.  phys.  Chem.  8.  p.  128.  1891. 


412 


D,  A,  Goldhammer, 


Pn 
T 


760 
77,5 


806 
78,0 


856 
78,5 


und  zeichnen  beide  Dampfdruckkurven  in  genügend  großem 
MaßstÄbe  auf  (z.  B.  1  mm  Hg  =  2  mm,  1  ^  =  100  mm).  Aus 
der  Zeichnung  ersieht  man  zunächst,  daß  die  Zahl  77,23  etwa 
um  0,01®  zu  groß  ist:  tatsächlich  finden  wir  in  der  anderen 
Dampfspannungstabelle  der  Verfasser  (1.  c.  p.  1173)  für  750  mm 
t^  -  195,78®  C,  also  T^  77,22.  Femer  ergibt  sich  die 
ganze  Kurve  von  Baly  stark  gegen  dieselbe  von  Fischer  und 
Alt  verschoben.  Verkleinern  wir  aber  alle  Temperaturen  von 
Baly  um  77,50  —  77,33  =  0,17,  so  fällt  diese  neue  Kurve 
ganz  merkumrdig  in  die  Fortsetzung  der  Kurve  von  Fischer 
und  Alt 

Damit  steht  auch  in  Übereinstimmung,  daß  einer  Tem- 
peraturdiflFerenz  von  0,5®  in  der  Nähe  von  760  mm  ein  Druck- 
unterschied nach  Fischer  und  Alt  760  —  715  =  45,  nach 
Baly  806  —  760  =  46  mm  entspricht,  so  daß  die  Dampfdruck- 
kurve des  Stickstoffs  zwischen  715  und  8Ü6  mm  sehr  nahe 
geradlinig  verläuft. 

Somit  ist  als  bewiesen  zu  betrachten ,  daß  mit  der  an- 
gebrachten Korrektion  die  Beobachtungen  von  Baly  und 
Fischer  und  Alt  sehr  gut  miteinander  übereinstimmen. 

Baly  hat  auch  die  Dampfdrucktabelle  für  den  ,, atmo- 
sphärischen*^ SauerstoflF  gegeben:  bei  denselben  Temperaturen 
sind  aber  hier  alle  Drucke  kleiner ,  als  für  den  chemischen  Stick- 
stoff; nach  dem  Verhalten  der  Lösungen  ist  daraus  zu  schließen, 
daß  der  atmosphärische  Stickstoff  etwas  unrein  war. 

Es  bestehe  nun  100  g  füssige  Mischung  aus  m^  g  Sauer- 
stoff und  m^  g  Stickstoff;  die  entsprechenden  Zahlen  für  Dampf 
seien  m^,  m^\  bedeuten  ferner  M^y  üf  die  Molekulargewichte 
der  beiden  Stoffe  im  flüssigen  Zustande,  J/^/,  M^  im  Dampf- 
zustande, so  sind  die  „Konzentrationen"  in  der  Flüssigkeit 


Wo  3/„ 


c    =   — 


'^^ 


und  im  Dampfe 


c^  = 


m'  Mn' 


0   ~  m»'  Jfo'  +  »^'  ^n  ' 


Natur  der  flüssiffen  Luft.  41 S 

Sind  endlich  p^^  p^  die  Teildrucke  der  beiden  Stoffe  im 
Damp^  80  haben  wir  bekanntlich 

P^Po+Pn 
(Dalton'sches  Gesetz);  femer  für  verdünnte  Lösungen 

Pn  ~  ■'^ii  ^n 

(nach  van't  Hoff)  und 

•  Pn^P<^  Po^P< 

(nach  Kernst). 

Daraus  folgt  für  die  Dampfspannungsemiedrigung 

Nach  dieser  Formel  sind  die  Zahlen  berechnet,  die  in 
den  letzten  zwei  Kolumnen  der  Tabelle  I  zusammengestellt  sind. 
Dabei  sind  alle  von  Baly  angeführten  Temperaturen  um  0,17^ 
korrigiert  und  M^  =  M^'  =  32,  M^==  M^  =  28  gesetzt 

Tabelle  I. 

StickstofiF  als  Lösongsmittel  bei  760  mm  Druck. 


•»0 

friQ 

T 

^n 

Pn 

Cn' 

8,1 

2,18 

77,88 

806 

0,057 

0,053 

15,25 

4,38 

78,83 

856 

0,112 

0,101 

21,60 

6,80 

78,83 

906 

0,161 

0,143 

27,67 

9,33 

79,33 

959 

0,208 

0,183 

Wir  sehen,  daß  die  Übereinstimmung  der  Beobachtung 
mit  der  Rechnung  keine  sehr  gute  ist;  es  liegt  aber  die  Ver- 
mutung nahe,  diesen  Umstand  vielleicht  auf  Rechnung  der  zu 
großen  Konzentration  der  Lösungen  setzen  zu  dürfen.  In  der 
Tat  zeichnen  wir  die  Kurven  m^  =  /  [T],  m^  =  F{T)  im  großen 

Maßstabe  auf  (l^o  =  ^^s  "^^^  ^^  =  ^^^  mm),  so  können  wir 
zu  viel  kleineren  Konzentrationen  übergehen.  In  dieser  Weise 
wurde  gefunden 

Tabelle  H. 

Stickstoff  als  Losungsmittel  bei  760  mm  Druck, 
mo  Wo  T  P„  -=y-  ^-r 

^  n  On 

0,900  0,218  77,88  764,6  0,0060  0,0060 

1,747  0,436  77,43  769,2  0,0120  0,0119 

3,375  0,872  77,53  778,4  0,0236  0.0222 

5,025  1,308  77,63  787,6  0,0350  0,0332 

6,563  1,744  77,73  796,8  0,0462  0,0488 


414  D.  Ä,  OolcUuanmer. 

und  diese  Tabelle  zeigt,  daB  von  m^  =»  1,747  ab  (was  einer 
Konzentration  von  etwa  0,5  Orammmolekül  pro  Liter  Lösung 
entspricht)  die  Übereinstimmung  der  Beobachtung  mit  der 
Rechnung  nichts  zu  wünschen  übrig  läßt 

Man  kann  ganz  analog  auch  für  Lösungen  Ton  Stickstoff 
in  Sauerstoff  verfahren.  Die  Beobachtungen  von  Balj  geben 
dazu  alles  nötige  Material.  Bedeute  P^  die  Dampfspannung 
des  reinen  Sauerstoffs  bei  verschiedenen  Temperaturen,  so 
muß  jetzt 

sein.  Korrigieren  wir  wieder  alle  von  Baly  angeführten  Tem- 
peraturen um  0,17,  so  folgt  die  Siedetemperatur  des  reinen 
Sauerstoffs  unter  normalem  Druck  T^  =  90,79. 

Tabelle  HL 

Sauerstoff  als  Lösungsmittel  bei  760  mm  Druck. 

I 
^«.  —  '  7»  T>  P  ~"  -*  0  ^0   "  ^ 

nin  flK  I  I^Q  — j5 — — ; — 

1.84  4,90         90,33       725,5        0,048  0,037 

3.85  10,20  89,83  687,5  0,105  0,080 
5,91  15,45  89,33  653,6  0,163  0,128 
8,02       20,55         88,83       621,5        0,223  0,178 

10,18       25,63         88,33       590,0        0,288  0,233 

12,40       30,42         87,83       560,0        0,357  0,291 

14,69       35,15         87,33       530,5        0,433  0,353 

Hier  haben  wir  wieder  mit  den  gewöhnlichen  Molekular- 
gewichten gerechnet. 

Wie  man  sieht,  sind  jetzt  die  Differenzen  der  Zahlen  der 

•  ■ 

beiden  letzten  Kolumnen  der  Tabelle  zu  groß  um  von  der  Über- 
einstimmung der  Beobachtung  mit  der  Rechnung  überhaupt 
reden  zu  können. 

Man  konnte  auch  hier  glauben  ein  besseres  Resultat  bei 
verdünnteren  Lösungen  zu  erhalten;  dem  ist  aber  nicht  so.  Die 
Kurven  m^  =  f\T),  m^^  F[T),  P^  =  (p{T)  sind  für  kleinere  Kon- 
zentrationen  sehr  nahe  gerade  Linien  und  man  bekommt  fol- 
gende Tabelle. 


Natur  der  flüssigen  Lufi,  415 


Tabelle  IV. 

Sauerstoff  als 

Lösungsmittel  bei  760  mm 

Druck. 

mn 

m: 

T 

Po 

P-P. 
Po 

Co' 

0,24 

0,639 

90,73 

755,5 

0,0060 

0,0046 

0,40 

1,065 

90,69 

752,5 

0,0101 

0,0077 

0,64 

1,704 

90,63 

748,0 

0,0160 

0,0124 

1,04 

2,770 

90,53 

740,5 

0,0263 

0,0203 

1,44 

8,835 

90,43 

733,0 

0,0868 

0,0284 

Der  Grund  der  Divergenz  der  Beobachtung  mit  der 
Theorie  liegt  also  nicht  in  dem  Einflüsse  der  Konzentration. 

Es  lag  nun  die  Vermutung  nahe,  man  habe  es  hier  mit 
einem  Fall  der  Dissoziation  zu  tun.  Wäre  es  aber  wirklich 
so,  so  würde  man  imstande  sein,  für  äußerst  verdünnte  Lö- 
sungen (z.  B.  für  m^  =  1,84. IQ-ö,  wi,'  =  4,9. 10-^) 

PJ^       und       ^^ 

zur  Gleichheit  durch  die  Annahme  bringen: 

1)  J!/o  =  Jlfo'  =  32;  M^^U]  ^,'=14 

2)  JIf^=  ifo'  =  82;  ^„  =  28;  J/^  =  14 
3)M^  =  ßi;  Jlfo'  =  32;  J/,  =  14;  M;  ^  \A 
4)Jlf,  =  64;     ^o'  =  32;  Jtf,  =  28;  M^^U. 

Das  gelingt  aber  nicht 

Wir  kommen  also  zu  dem  Schluß,  daß  die  von  Baly 
beobachteten  kleinen  Stickstofikonzentrationen  mit  erheblichen 
Fehlem  behaftet  sind.  Die  Möglichkeit  solcher  Fehler  ist 
daraus  zu  ersehen,  daß  Baly  nicht  direkt  m^,  m^  bestimmen 
konnte,  sondern  große  Zahlen  Wq  =  100  — wi^,  ?n„'=  100  — m^'. 
Sind  nun  diese  Zahlen  etwa  1  Proz.  zu  groß  ermittelt,  so  ge- 
nügt das  vollkommen  um  die  Beobachtung  und  Rechnung 
in  gute  Übereinstimmung  zu  bringen.  In  der  Tat  bemerkt 
man  aus  der  Kurve  w^'= /'(T)  von  Baly^),  daß  man  dieselbe 
auch  merklich  etwas  anders  ziehen  konnte,  als  es  bei  Baly 
geschehen  ist. 

Es  wäre  also  wünschenswert  die  Konzentrationen  der  in 
Betracht  kommenden  Lösungen   einer  neuen  Untersuchung  zu 

1)  E.  C.  C.  Baly,  1.  c.  p.  519. 


416  ■  D.  A.  OoUhammer. 

nnterwerfen.  Was  aber  die  flüssige  Luft  anbetrifiFt,  so  kann 
man  als  beunesen  betrachten^  daß  man  es  hier  mit  einer  Lösung 
zu  tun  hat 

Nun  bietet  die  Frage  über  die  Natur  der  flüssigen  Luft 
auch  ein  anderes  Interesse  dar. 

Die  Erdatmosphäre  befindet  sich  nach  Lord  Kelvin  (1862) 
in  dem  Zustande  des  sog.  ,,konvektiyen  Oleichgewichts'S  d.  h. 
es  entspricht  die  Abnahme  der  Temperatur  der  Atmosphäre 
mit  der  Höhe  dem  Gesetze  der  adiabatischen  Ausdehnung  der 
Luft.  Während  der  seit  dem  Jahre  1862  yerflossenen  vierzig 
Jahre  hat  diese  Ansicht  eine  allgemeine  Anerkennung  er- 
worben: damit  stehen  im  Einklang,  sowohl  die  Beobachtungen 
in  fireier  Luft,  als  auch  die  speziell  angestellten  Versuche  in 
einer  ^^künstlichen'^  Atmosphäre.  ^] 

Ganz  unabhängig  von  Lord  Kelvin  und  wie  es  scheint 
ohne  seine  Arbeit  zu  kennen,  hat  dieselbe  Theorie  A.  Ritter  *) 
sechzehn  Jahre  später  veröffentlicht  und  sie  zum  Ausgangs- 
punkt einer  Reihe  sehr  interessanter  Betrachtungen  gemacht  ^ 
Schreibt  man  der  Luft  die  Eigenschaften  eines  idealen  Gases 
bei  allen  Temperaturen  und  Drucken  zu,  so  läßt  sich  mit 
A.  Ritter  die  Höhe  der  Erdatmosphäre  zu  28,7  km  berechnen. 
Für  eine  Atmosphäre  aus  reinem  Wasserdampfe,  auf  der  Erd- 
oberfläche bei  0®  C.  gesättigt,  ergibt  sich  diese  Höhe  zu 
349  km.  Für  die  feuchte  Luft  berechnet  sich  die  Atmosphären- 
höhe nur  einige  Kilometer  höher,  als  28,7  km. 

Da  nach  den  Sternschnuppenbeobachtungen  Schiaparelli 
diese  Höhe  zu  200  km  berechnet  hat  (und  da  ferner  die  Be- 
obachtungen über  die  Polarlichter  u.  a.  Erscheinungen  dieselbe 
über  70  km  ergeben),  so  schloß  Ritter,  daß  wahrscheinlich  auch 
für  die  wirkliche  Erdatmosphäre  diese  Höhe  sich  über  200  km 
ergeben  würde,  wenn  man  die  nötigen  latenten  Wärmen  der 
Luft  kennte,  was  zu  Ritters  Zeit  nicht  der  Fall  war. 

Leider  fehlen  auch  jetzt  diese  Daten.  Bemerkt  man  aber, 
daß  die  physikalischen  Konstanten  der  gasförmigen  resp.  der 
flüssigen   Luft   denselben    des  Stickstoffs    sehr  nahe  kommen, 

1)  F.  Richarz,  Ann.  d.  Phye.  10.  p.  862.  1903. 

2)  A.  Ritter,  Wied.  Ann.  5.  p.  405.   1878. 

3)  A.  Ritter,  Wied.  Ann.  6.  7.  8  und  mehrere  folgende. 


Natur  der  fussigen  Luft,  417 

so   scheint  es  interessant^   die  Höhe  der  Erdatmosphäre  aus 
reinem  Stickstoff  zu  berechnen. 

Dabei  legen  wir  folgende  Annahme  zu  Grunde.  Das  Gas 
habe  auf  der  Erdoberfläche  die  absolute  Temperatur  T^  =  290 
und  den  Druck  ^'q  =  760  mm;  an  der  Grenze  der  Atmo- 
sphäre sei  7  =  0^  p  SS  0.  Bis  zur  Sättigung  betrachten  wir  das 
Gas  als  ein  ideales.  Die  spezifischen  Wärmen  des  Stickstoffs 
in  allen  Zuständen  seien  von  Temperatur  und  Druck  unab- 
hängig. Bedeuten  dann  v  das  Volumen  Ton  1  kg  Gewicht 
Stoffe  17  die  Entropie,  so  berechnet  sich  die  Höhe  der  Atmo- 
sphäre nach  der  Formel 


-fm 


dT. 

V 


Wir  führen  femer  die  Bezeichnungen  ein: 

Cp,  c^  die  beiden  spezifischen  Wärmen  des  gasförmigen 
Stickstoffs  in  kg-cal;  y  =  c^^lc^. 

c,  c  die  spezifischen  Wärmen  des  flüssigen  bezw.  des  festen 
N3  bei  konstanter  Dampfmenge. 

T^ ,  p^  Temperatur  und  Druck  der  Verflüssigung  des  sich 
adiabatisch  ausdehnenden  Stickstoffs. 

T^,  p^  Temperatur  und  Druck  des  Erstarrungspunktes. 

Tj  die  latente  Verdampfungswärme  bei  T^. 

(>3  die  latente  Schmelzwärme  bei  T^, 

J  =  424  kg-m  das  mechanische  Wärmeäquivalent 

Dann  nimmt  das  Integral  die  folgende  Form  an 

Ä  =  J\c^[T^  -  y,)  +  c(2\  -  r,)  +  c' 2;  +  r,  +  (>,}  Meter. 

Ist  die  Gleichung  der  Dampfdruckkurve  p  =  /"(^j  so  wird 
T^  durch  den  Schnittpunkt  dieser  Kurve  gegeben  mit  der 
Adiabate  T^  =  p^~^  x  konst ;  schneiden  sich  beide  Kurven 
nichts  so  muß  T^  =  T^  sein  und  diese  Temperatur  wird  durch 
den  Schnittpunkt  der  Gasadiabate  mit  der  Sublimationsdruck- 
kurve p  SB  jP(T)  gegeben.  Da  nun  für  den  Stickstoff  c^  =  0,244, 
/  «  1,41  ist,  so  lautet  die  Gleichung  der  Adiabate 

T^ap^,       lg  a  =  1,62466 ,     m  =  0,2908 

und  aus  den  Beobachtungen  von  Fischer  und  Alt  ist  leicht 

BoltunaiiD-Festscbrift.  27 


418  D.  A.  OoUhatnmer. 

zu  ersehen^  daB  diese  Kurve  mit  der  Dampfdruckkurve  des 
Stickstoffs  keinen  Schnittpunkt  gibt    Dann  haben  wir  T^^  »  T^^ 

Nach  De  war  beträgt  die  Atom  wärme  des  flüssigen  Stick- 
stoffs etwa  6 ;  nehmen  wir  für  den  festen  Stickstoff  diese  Wärme 
zn  6,3  und  bemerken,  daß  angenähert  c  dorch  C  (ftbr  den 
festen  N^)  ersetzt  werden  kann,  so  berechnen  wir 

^,=^  =  0.45. 

Es  bleibt  uns  nun  T^,  r^,  g^  zu  bestimmen.  Fischer  und 
Alt  haben  zwei  Punkte  der  Sublimationskurve  des  Stickstoffs 
ermittelt 


;>  =  62, 

2"=  61,35, 

/>  =  86  ±  4, 

?=  62,48, 

indem  Olszewski')  fand 

;»  =  60, 

T=59, 

P=    4, 

2*=  48. 

Trägt  man  diese  vier  Zahlenpaare  auf  das  Koordinaten- 
papier auf,  so  bemerkt  man  sogleich,  daß  der  erste  Punkt 
Olszewskis  mit  den  Beobachtungen  von  Fischer  und  Alt 
unverträglich  ist 

Da  die  neueren  BeobachtuDgen  sicherer  zu  sein  scheinen, 
so  könnten  wir  folgende  Zahlen  zugrunde  fernerer  Betrach- 
tungen wählen 

;?  =  86,         T=62,5, 

^  =  62,         y=61,4, 

;;=    4,  T=  48. 

Schreiben  wir  aber  die  Gleichung  der  Sublimationskurve 
in  der  bekannten  Hertz  sehen  Form 

lg;?  =  a-  y  +  c\gT, 
so  berechnet  sich  b  negativ,  was  offenbar  unmöglich  ist,  da  bei 


1)  K.  Olazeweki,  Winkelmannfl  Physik  2.  2.  p.  765  u.  692.  1896. 


Natur  der  fSutigen  Luft.  419 

/>  ae  0  auch  7  s=  0  sein  muß  und  b  den  Grenzwert  der  Sub- 
limationswärme bei  T  =^0  bedeutet. 
Für  die  Gleichung  Yon  der  Form 

p^T{a  +  bT+cT^ 

folgt  wieder  6  <  0  und  die  Kurve  zeigt  zwischen  7  =  48  und 
2  BS  0  zweimal  dpjdT ^  Oj  was  dem  bekannten  Verlaufen  der 
SubUmationskurven  widerspricht. 

Wir  halten  daher  nur  an  den  Ergebnissen  you  Fischer 
und  Alt  fest  und  benutzen  die  Formel  Ton  Zeuner 

Dann  folgt  für 

p  =  86,  y=  62,48, 

p  =  62,  T=  61,35, 

71  =  0,05  578,  lg  Ä=  1,68  783 

und  zur  Bestimmung  von  p^,  T^  haben  wir  zwei  Gleichungen 

\gT^\gk  +  n\gp, 
lgy=lga  +  iiilg/>, 
deren  Lösung  gibt 

^3  =  1,9,         ^3  =  50,4. 

Die  Sublimationswärme   des   Stickstoffs   läßt   sich  in  üb- 
licher Weise  nach  der  bekannten  Formel 

berechnen,  worin  der  Differentialquotient  aus  der  Sublimations- 
kurve  entnommen  werden  muß. 
Wir  haben  nun 


und  folglich 


das  gibt  einfach 


r=Ä/ 
d  T  '"    nf  ' 


r  +  Q  =^,         n  =  0,05  578. 

Für  T^  =  50,4  berechnen  wir  daraus 

r,  +  (>,  =  64,6 


27 


420  B.  A,  Goldhammer. 

und  fbr  den  Erstammgspankt  des  Stickstoffs,  T  =  62,48,  folgt 

r  + 9  =  80,0. 

DaB  diese  Zahlen  ziemlich  genau  siad^  läßt  sich  auf  folgende 
Weise  zeigen. 

De  Forcrand  ^)  hat  folgenden  Satz  aufgestellt:  Die  mole- 
kulare Sublimationswänne  eines  Gases  bei  760  mm  Druck  ist 
seiner  absoluten  Siedetemperatur  unter  diesem  Druck  pro- 
portional. 

Der  Proportionalitätsfaktor  schwankt  dabei  zwischen  28 
und  32^  also  beträgt  im  Mittel  30.^  Wie  wir  sahen,  fanden 
Fischer  und  Alt  die  Erstarrungstemperatur  Ton  N,  zu  62,48 
bei  86  mm  Druck;  da  aber  der  Einfluß  des  Druckes  auf  die 
EkBtarrungstemperatur  im  allgemeinen  nicht  groß  ist,  so  muß 
auch  die  flrstarrungstemperatur  des  Stickstoffs  bei  760  mm 
nur  wenig  tou  62,48  yerschieden  sein;  mit  der  normalen  Siede-, 
temperatur  dieses  Stoffes  77,33  haben  wir  also 

und  daraus 

r  +  p  «  82,9  bei  62,48, 

welche  Zahl  nur  etwa  3,6  Froz.  größer  ist,  als  die  auf  ganz 
anderem  Wege  ermittelte  Zahl  80,0.     Jetzt  haben  wir 

h  =  424(0,244.239,6  +  0,450.  50,4  +  64,5}  Meter 

also  rund 

Ä  =  62  km. 

Die  Sublimationswärme  des  Sauerstoffs  unter  760  mm 
Druck  berechnet  sich  nach  der  Formel  von  de  Forcrand  zu 

,  30.90,79        ^f- . 

Da  auch  die  spezifischen  Wärmen  des  Sauerstoffs  nicht  weit 
Ton  denselben  des  Stickstoffs  verschieden  sind,  so  schließen 
wir,  daß  die  Höhe  der  Erdatmosphäre  aus  reinem  Sauerstoff 
etwa  70 — 75  km  betragen  muß. 

Beachten  wir  femer,  daß  die  Anwesenheit  des  Wasser- 
dampfes h  höchstens   um    1 — 2  km   yergrößern    kann,    so    er- 


1)  de  Forcrand,  Compt.  rend.  p.  879.  1901;  Beibl.  25.  p.  501.  1901. 

2)  So  berechnen  wir  für  Wasser  bei  0^  C.  r  +  ^  =  622  anstatt  680. 


Natur  der  flüssigen  Luft  421 

gibt  sich  die  Höhe  der  Erdatmosphäre  aus  Luft  nicht  viel  größer 
ah  70  hm.  Diese  Zahl  stimmt  mit  der  Polarlichtbeobachtung 
ganz  gut  überein,  nicht  aber  mit  den  Stemschnuppenbeob- 
achtungen. 

Wir  können  diese  Höhe  über  200  km  nur  dann  erhalten, 
wenn  wir  annehmen,  daß  die  beim  Ausfrieren  des  Stickstoffs 
frei  werdende  Entmischung s-( Losung S')Wärme  mehrere  Hunderte 
Kalorien  betrage.  Ob  das  wirklich  der  Fall  ist,  müssen  die 
zukünftigen  Untersuchungen  entscheiden. 

Kasan,  im  Juli  1903. 

(Eingegangen  14.  September  1908.) 


422 


52.  Über  die  allgemeinen  Düferentialgleiclinngen 
der  Kristalloptik  nach  der  elektromagnetisclien  Theorie 

des  Lichtes. 

Von  E.  Kobald  in  Leoben. 


Schon  Maxwell^  der  Schöpfer  der  elektromagnetischen 
Theorie  des  Lichtes,  hat  in  der  Abhandlung^)  ,yk  dynamical 
theory  of  the  electromagnetic  field"  und  in  seinem  Treatise 
Differentialgleichungen  für  die  Fortpflanzung  des  Lichtes  in 
zweiachsigen  Kristallen  entwickelt  Hertz^  hat  in  engem 
Anschlüsse  an  die  Ton  ihm  gegebene  Modifikation  der  Maxwell- 
schen  Gleichungen  für  isotrope  Medien  allgemeinere  Differential- 
gleichungen für  anisotrope  Medien^  gestützt  auf  gewisse 
Analogien,  jedoch  ohne  einen  eigentlichen  Beweis,  aufgestellt 
Der  Grundgedanke  der  Hertz  sehen  Darstellungsweise  sowie 
das  von  ihm  angegebene  System  Ton  Gleichungen  findet  sich 
auch  bei  den  späteren  Bearbeitern^  dieses  Gegenstandes 
wieder.  Insolange  nun  die  Anisotropie  sowohl  für  den  elek- 
trischen als  auch  für  den  magnetischen  Zustand  zum  Aus- 
drucke kommen  soll,  stimmt  der  Bau  der  vorerwähnten 
Gleichungen  von  Hertz  mit  dem  jener  Gleichungen,  welche 
aus  der  Elastizitätstheorie  des  Lichtes  hergeleitet  und  von 
Lame*)  sowie  auch  von  Kirchhoff^)  in  so  eleganter  Weise 
dargestellt  wurden,  nicht  übereiu.  Später  gelangte  Kirchhoff 
auch  in  seinen  Vorlesungen  über  Elektrizität  und  Magnetismus^ 
zu  Gleichungen  von  dem  L  am  Aschen  Tyjms,  indem  er  von  der 
alten   Femwirkungstheorie    ausgehend    durch    Einführung    di- 


1)  J.  C.  Maxwell,  Scient.  Pap.  1.  p.  583. 

2)  H.  Hertz,  Ges.  Werke  2.  p.  217.  Gl.  5a  u.  5b. 

3)  Handbuch  der  Physik  von  Winkelmann  2.  Abt.  1.  p.  669 ff. ; 
P.  Drude,  Lehrb.  d.  Optik  p.  286ff.;  Cohn,  Das  elektromagnetische 
Feld  p.  555. 

4)  Q.  Lam6,  Theorie  math^matique  de  T^lasticit^.     2^  6d.    p.  231. 

5)  G.  Kirchhoff,  Ges.  Abhandlungen  p.  364 ff. 
6;  Herausgegeben  von  M.  Planck  p.  228. 


Differentialgleichufigen  der  Kristalloptik,  428 

elektrischer  Polarisationen  den  Übergang  zu  der  ^^von  Maxwell 
aufgestellten  elektrischen  Theorie  des  Lichtes'^  machte.  Im 
Nachstehenden  soll  n\in  gezeigt  werden^  daB  man  auch  dann, 
wenn  man  tou  der  Maxwellschen  Theorie  ausgeht,  zu  analogen 
Gleichungen  sowohl  f&r  den  elektrischen  als  auch  für  den 
magnetischen  Zustand  gelangt. 

Um  die  Herleitung  der  Gleichungen  auf  eine  möglichst 
sichere  Grundlage  zu  stellen,  soll  das  von  Helmholtz^]  in 
die  Elektrodynamik  so  erfolgreich  eingeführte  „Prinzip  der 
kleinsten  Wirkung'^  zur  Anwendung  gebracht  werden. 

Das  hierbei  zu  yariierende  „elektrokinetische  Patential'S 
welches  mit  0  bezeichnet  werde,  setzt  sich  aus  der  elektrischen 
Energie  0^,  der  magnetischen  Energie  0^  und  einem  dritten 
erst  später  zu  bezeichnenden  Teile,  der  mit  0^  bezeichnet 
werde,  zusammen.     Dann  hat  man: 

(1)  0  =  0^  +  0^  +   0^. 

Aus  Zweckmäßigkeitsgrtinden  mögen  statt  des  in  den  Hertz- 
scheu  Gleichungen  vorkommenden  Vektors  der  elektrischen 
und  der  magnetischen  Kraft  die  Komponenten  der  dielektrischen 
Polarisation^  (/*,  g^  h)  und  jene  der  magnetischen  Polarisation *) 
(a,  h,  c)  eingeführt  werden.  Bezeichnet  man  die  in  der 
Volumeneinheit  enthalten^  elektrische  und  magnetische  Energie 
beziehungsweise  mit  V  und  T,  so  kann  nach  Maxwell  und 
Hertz  in  dem  gedachten  allgemeinen  Falle  gesetzt  werden: 

Bezüglich  der  Konstanten  /T^^j  . .  .,  ^Uj,,  .  .  .  ist  zu  be- 
merken, daß,  wenn  im  Falle  der  Isotropie  gesetzt  wird: 

f  ^1.»  =  ^Vs  =  ^^3,1   =  f^l,i  =  f^i.S  =  ^8,1  =  0 

4?! 


(2) 


(3) 


-'^^l»!  ""  ^2,2   "~  ^8,8  ■"     ^ 

_-  —  —        ^ 

^1,1    ""  ^2,2    ■"  fh,3    ■" 


4/17*' 


1)  H.  Helmholtz,  Wissenschaftliche  Abhandlungen  3.  p.  476 ff. 

2)  L.  Boltzmann,  VorleBongen  über  Maxwells  Theorie  1»  §  85. 

3)  H.  Hertz  1.  c.  p.  223  und  224.      Daselbst    sind   (a,    6,    e)   mit 
(%f6,^^,  "ä^l)  bezeichnet. 


424  E.  Kobaid, 

die  GröBe  K  die  Dielektrizitätskonstante  und  /ti  die  Magneti- 
sierungszahl —  Permeabilität  —  bedeutet 

Wird  das  Baumelement  mit  dx  bezeichnet^  so  sind  die 
elektrische  und  magnetische  Energie  dargestellt  mittels  der 
Gleichungen : 

(4)  ' 

Hierin  kann  man  sich  die  Integrationen  über  den  ganzen  un- 
endlichen Raum  erstreckt  denken. 

Die  magnetische  Polarisation  {a,  bj  c)  möge  nun  durch 
einen  neuen  Vektor  {F,  G,  H),  welcher  von  MaxwelP)  als  das 
elektrokinetische^  von  Poincarö^  und  von  Boltzmann^  als 
das  elektromagnetische  Moment  bezeichnet  wird  und  mit  dem 
von  Heaviside  und  Hertz  aus  der  Maxwellschen  Theorie 
hinausgeschafften  Vektorpotential  im  Falle  der  Isotropie 
identisch  ist,  mittels  der  Gleichungen  dargestellt  werden: 


(5) 


dB 

da 

.    dx 

dF 

dB 

d  X  dx 

^  dO   _^dF 
^    dx  d y 


Der  Teil  des  elektrokinetischen  Potentials,  welcher  oben 
mit  0,  bezeichnet,  aber  noch  nicht  definiert  wurde,  sei  durch 
das  über  den  ganzen  unendlichen  Raum  erstreckte  Integral, 
in  welchem  t  die  Zeit  bedeutet,  dargestellt: 

(6)  0,=  -/(/'|/  +  (p]^  4-^11)... 

Die  Wahl  von  0^  ist  derart   getroffen,    daß    für  jene  Werte 
der  Variablen,  für  welche: 

(7)  sj0.dt^O 
ist,  *» 


1)  J.  C.  Maxwell,  Treatise  2.  §  690;   Scient.  Pap.  1.  p.  55. 

2)  J.  Poincare,  felectricit^  et  Optique  1.  §  180  et  §  167. 

3)  L.  Boltzmann,  Vorlesungen  1.  Art  SS. 


Differeräialgleickungen  der  KrUtaUoptik,  425 

4),» -20., 
also  auch 

(7  a)  0  =  0.  _  0^ 

wird. 

FaBt  man  also  die  elektrische  und  magnetische  Energie 
beziehungsweise  als  potentielle  Energie  und  lebendige  Kraft 
wägbarer  Massen  auf,  so  ist  für  den  gedachten  besonderen 
Fall  das  aus  (7  a)  sich  ergebende^  zu  variierende  Integral 
identisch  mit  Hamiltons  Prinzipalfunktion. 

Denkt  man  sich  zimäx^hst  die  in  (7)  angedeutete  Variation 
nach  [P,  Gj  H)  als  unabhängigen  Variablen  ausgeführt,  so 
ergibt  sich: 

oder  nach  (5) 

AT»     /iZ    §Al_^    ^H.\m(^    dya^dT^    ddG\ 
(7b)]  \db  '    dx'       de  '    dy  )'^[dc'    dx        da'    dx  ) 

(djr  döH     ÖT  ddH\ 
"*"  [da'  dy        db'   dz  r 

Man  wende  nunmehr  in  den  Raumintegralen,  welche  nach 
(7b)  die  Ableitungen  von  [dF,  SG,  SH)  nach  (x,  y,  z)  ent- 
halten, die  teilweise  Integration  an  und  erwäge,  daß  im  Un- 
endlichen die  Variationen  der  unabhängigen  Veränderlichen 
als  verschwindend  angesehen  werden  dürfen.  Setzt  man  so- 
dann die  in  den  Raumintegralen  vorkommenden  Faktoren  von 
{SF,  SG,  S H)  einzeln  gleich  Null,  so  ergibt  sich  das  erste 
System  der  gesuchten  Gleichungen: 


(8) 


{    dj_  ^     ^    ^ ^^  ß  ^ 

d  t    '^   d  y    de         d  x    db 

dg  ^     d      dT  _     d     d_T 
d  t    '~   d  X     da         d  X    d  e 

dh   ^     d     d  T  _     d     dj 
d  t    ^   d  X    db  d  y    d  a  ' 


426 


E.  Kobold. 


Variiert  man  das  Integral  (7)  nunmelir  nach  den  Va- 
riabein {f,  g,  h)y  80  wird  z.  B.  bei  der  Variation  nach  der 
unabhängigen  Variabein  /*: 

Integriert  man  in  dem  zweiten  Teile  dieses  Integrals 
partiell  nach  t^  so  erhält  man  die  drei  weiteren  Gleichungen: 


(9) 


dF 

d  V 

dt 

"     df 

do 

d  V 

dt 

~  dg 

dB 

dV 

dt 


dh 


dieselben  sind  offenbar  die  ^,Dielektrisierung8gleichungen'<^)  für 
ein  anisotropes  Medium,  wenn  keine  äußeren  elektromotorischen 
Kräfte  wirken.  Durch  Kombination  derselben  mit  den  Gleichun- 
gen (6)  ergibt  sich  das  zweite  System  der  gesuchten  Gleichungen: 


(10) 


da 
dt 

d 
*  dx 

db 
dt 

d 
dx 

de 

d 

d  V 

dg 

d  V 
dh 

d  V 


dt 


dy      df 


d 

SV 

d 
dx 

d_ 
dx 


d  V 

dh 

dV 

df 

d  V 

dff 


Führt  man  in  die  Gleichungen  (8),  (9),  (10)  die  Funktion 

ein,  so  nehmen  dieselben  die  übersichtliche  Form  an: 
(8  a) 


(9  a) 


(10a) 


df    _     d 
dt           dy 

de 

d 
dx 

d^ 
db 

dF          ö© 

dt     ~"  df 

•  •  •  • 

da            d 
dt     ""  dy 

•  •  •  • 

dh 

•    • 

d 
dx 

•  • 

dg 

1)  L.  Boltzmaun,  Vorl.  üb.  Max welU  Theorie  etc.    I.  Teil  p.  79. 


Differentialgleichungen  der  KristallopäL  427 

Charakteristisch  fbr  die  gefundenen  Gleichungen  ist  das 
Auftreten  von  genau  transversalen  Wellen,  sowohl  wenn  fCLr 
den  Lichtvektor  jener  des  elektrischen  Zustandes  {f,  g,  h)  als 
auch  wenn  jener  des  magnetischen  Zustandes  [a,  b,  c)  gewählt 
wird. 

Nachträglich  soll  noch  gezeigt  werden,  daß,  wenn  die  aus 
dem  Minimalprinzip  hervorgehenden  Gleichungen  (8]  erfüllt 
sind^  tatsächlich,  wie  schon  früher  behauptet  wurde, 

0^  =  -20^ 
wird. 

Unter  der  vorerwähnten  Yoraussetzimg  vrird  nämlich: 

J\      Vöy    So         a*"d6/"*"      U*    ö«        dt  de) 

Durch  Anwendung  der  teilweisen  Integration  auf  der  rechten 
Seite  dieser  Gleichung  erhält  man  mit  Bücksicht  auf  (5): 

d.h.  </>^=-.2tf>^. 

Die  Gleichungen  (8)  erhält  man  auch,  wenn  man  nach 
Boltzmann^)  der  Prinzipalfunktion  von  vornherein  die 
Hamiltonsche  Form  erteilt,  wobei  bezüglich  der  Rolle,  welche 
den  Energiewerten  (l>^  und  (l>^  zufällt,  die  früher  gemachte 
Bemerkung  gilt.  Bei  Annahme  dieser  Form  des  Minimal- 
prinzips müssen  die  Dielektrisierungsgleichungen  (9)  a  priori 
als  gegeben  vorausgesetzt  werden. 

Diese  Voraussetzung  ist  mit  der  Max  well  scheu  Theorie 
eines  anisotropen  Dielektrikums  in  voller  Übereinstimmung. 
Einerseits  sind  nämlich  im  vorliegenden  Falle  die  Komponenten 
der  elektromotorischen  Kraft  der  Induktion  die  Ableitungen 

[       dt'  dt'  dt)' 

während  dieselben  andererseits,  wie  im  1.  Bande  des  Treatise*) 

1)  L.  Boltzmann,  Vorlesungen  über  MaxwelU  Theorie  der 
Elektrizitftt  und  des  Lichtes.    IL  Teil  p.  7. 

2)  §  101  e  und  101  f. 


428  E.  Kobald, 

ausgeflihrt  ist^    lineare   Funktionen    der    dielektrischen   Ver- 
schiebungen {f,  fff  h)  sind,  welche  unter  der  Form 


/  d  V       d  V      d_V\ 
\  df~'     dg'     Bh  ) 


darstellbar  sind.    In  der  Gleichung: 

(11)  sJdtf{T--  r)dT  =  Sfdtj^dr  =  0 

ist  nach  dem  Bemerkten  ftir  F  zu  setzen: 

(12)  -2F=f.^+ff^Ji-  +  h-'^ 


dt     '  ^    dt     •  "   dt    ' 

die  Variationen  in  Gleiohnng  (1 1)  sind  so  zu  bilden,  daß  hierbei 
{F,  0,  H)  als  unabhängige  Yariabeln  anzusehen  sind.  Aus 
(12)  ergibt  sich  znn&chst 

o*ir      /•««'J'     ,       ddO     ,    ,  ddH 


-(-äf^^+4f^^+4f**)'^^- 


(13)  -8r=f'^y~+g-^^  +  h^^. 

Für  die  Variation  ST  ist  der  Wert  aus  (7b]  zu  entnehmen. 
Nachdem  man  die  bezüglichen  Werte  in  (11)  eingesetzt  hat, 
ist  in  den  Integralen,  welche  die  Ableitungen  der  Variationen 
[8F,  8  0,  SR)  nach  den  Koordinaten  bez.  nach  der  Zeit  ent- 
halten, die  teilweise  Integration  ausgeführt  zu  denken.  Be- 
achtet man  das  Verschwinden  der  Variationen  der  unab- 
hängigen Veränderlichen  im  Unendlichen,  so  ergeben  sich 
durch  Nullsetzung  der  Faktoren  von  {SF,  SG,  dB)  in  den 
Raumintegralen  abermals  die  Gleichungen  (8). 

Es  mag  noch  die  Bemerkung  Platz  finden,  daß  sich  auch 
die  entsprechende  Verallgemeinerung  des  Poyntingschen 
Theorems  leicht  beweisen  läßt  Multipliziert  man  nämlich  die 
Gleichungen  (8)  bez.  mit 

l  dV       dV       dV\ 
\  df   '     dg   '     dh  ) 

und  addiert  sie  sodann   zueinander   und   führt   man   dieselbe 
Operation  mit 

/  dT        dT       Jj;\ 
\  da   '      db    '      de   I 


E.  Kobold.    Differentialgleichungen  der  Kristalloptik,       429 
in  bezug  auf  die  Gleichungen  (10)  aus,  so  erhält  man  zunächst 

djV-^T)  ^      [db  '  dh        de  '  dg)  [de  '  df       da'  dh) 

dt  dx  "^  dy 


(d_T    dV^_d_T    dV\ 
,      \Dd  '  dg       db  '  df) 


Multipliziert  man  beide  Seiten  dieser  Gleichung  mit  dem 
Raumelement  dz  und  integriert  in  bezug  auf  den  ganzen 
betrachteten  Raum,  so  wird,  indem  die  Raumintegrale  rechter 
Hand  des  Gleichheitszeichens  sich  in  Oberflächenintegrale 
umsetzen: 

(14))        ^^  j  l    U*   '   öÄ         de       dg) 

^^\de     df        da     dh)^^\da     dg       db      df)f^ 

in  dieser  Gleichuug  bedeutet  do)  das  Oberflächenelement  und 
(/,  m,  n)  sind  die  Kosinusse  der  Winkel,  welche  die  Normale 
mit  den  Koordinatenachsen  einschließt 

(Eingegangen  15.  September  190b.) 


Q>; 


4S0 


53.   Über  den  Banm  der  Atome  nnd  Molekfile. 

Von  J.  Traube  in  Berlin. 


Seit  einer  Reihe  von  Jahren  mit  Arbeiten  über  den 
Raum  der  Atome  ^]  beschäftigt,  erscheint  es  mir  wünschens- 
wert, den  wesentlichsten  Inhalt  dieser  Arbeiten  in  einer  kurzen 
Mitteilung   zusammenzufassen. 

Indem  ich  nach  Kopps  Methode  die  für  gewöhnliche  Tem- 
peratur berechneten  Molekularvolumina  (Molekulargewicht : 
Dichte)  solcher  Verbindungen  miteinander  yerglich,  welche  sich 
um  eine  bestimmte  Differenz  der  Zusammensetzung  unter- 
schieden, gelang  es  mir  die  Atomvolumina  zu  berechnen,  und 
für  das  Molekularvolumen  F^  den  folgenden  Ausdruck  zu 
finden: 

-2T^  ist  die  Summe  der  Atomvolumina,  tf>  eine  Größe, 
welche  von  mir  als  molekulares  Kovolumen  bezeichnet  und 
als  der  Raum  gedeutet  wurde,  welcher  den  Atomen  zu  ihrer 
fortschreitenden  Bewegung  zur  Verfügung  steht  (Raum  für  den 
freien  Äther). 

Die  Bedeutung  dieser  Gleichung  wurde  sogleich  ersicht- 
lich, als  ich  van  der  Waals  Zustandsgieichung  in  den  Kreis 
der  Betrachtungen  hineinzog.  Es  ergab  sich,  daß  die  Werte  F^ 
identisch^)  waren  mit  van  derWaals  Größen  6,  sobald  diese 
Größen  nach  van  der  Waals  Gleichung  durch  Einsetzung 
der  Volumen  werte  für  den  flüssigen  Zustand  für  zwei  be- 
nachbarte Temperaturen  berechnet  werden.  0  war  somit 
nichts  anderes  als  die  Größe  v  —  b  von  van  der  Waals,  und 


1)  Vgl.  die  Zusammenstellung:  J.  Traube,  Über  den  Raum  der 
Atome,  F.  B.  Ahrens  Samml.  ehem.  u.  chem.-techn.  Vorl.,  Enke,  Stutt- 
gart 1899;  ferner  Ann.  d.  Phys.  5.  p.  548.  1901  u.  8.  p.  267.  1902; 
Zeitschr.  f.  anorg.  Chem.  34.  p.  413  und  37.  p.  225.  1903;  Physik.  Zeitschr. 
4.  p.  569.  1903. 

2)  J.  Traube,  Ann.  d.  Phya.  6.  p.  552.  1901. 


Raum  der  Atome  und  Moleküle,  481 

•• 
obige  Gleichung  ging  in  voller  Übereinstimmung  mit-van  der 

Waals  Theorie  über  in  die  Gleichung 

t?  =a  4  +  (t?  —  ^). 

H.  Kopp  hatte  vor  mir  die  Molekuhtrräume  Yon  Ver- 
bindungen bei  ihren  Siedepunkten  yerglichen  und  er  war  zu 
der  Gleichung  gelangt: 

Dieser  Widerspruch  von  Kopps  Gleichung  und  der- 
jenigen Ton  mir  wird  leicht  beseitigt,  wenn  man  bedenkt, 
daB  die  normalen  Siedepunkte  annähernd  übereinstimmende 
Temperaturen  sind^  und  für  solche  Temperaturen  sind  die 
Werte  b  und  v  —  b  einander  proportional.  Kopp  hat  aus 
diesem  Grunde  die  Größe  0  =  r  —  i  übersehen. 

Wir  wollen  nunmehr  die  Größen  JSV^^b  und  <P  =  r  — i 
gesondert  betrachten  und  die  wichtigsten  Ergebnisse  meiner 
Arbeiten  hinsichtlich  dieser  Größen  zusammenfassen. 

Die  Atomräume  ZV^^  h  und  das  Kemvolomen,  die 

^  ..„     n»  -  1    1 
n"  +  2    d 

Nach  Tan  der  Waals  ist  die  Größe  b  yiermal  so  groß 
als  derjenige  Raum,  welchen  ich  als  das  Kemvolumen  be- 
zeichnet habe,  d.  h.  der  Raum,  welcher  von  der  ponderablen 
Materie  als  solcher  eingenommen  wird,  b  ist  nach  Clausius 
gleich  jenem  Kemvolumen  vermehrt  um  die  Hülle  von  ge- 
bundenem Äther,  in  welche  kein  anderes  Atom  eindringen 
kann.  Nach  der  Theorie  von  Clausius-Mosotti-Exner  ist 
in  roher  Annäherung  ein  Maß  jenes  Kemvolumens  die  Größe 

n«  -  1    1 
w*  +  2   d  ' 

wenn  wir  für  die  Dielektrizitätskonstante  aus  noch  nicht  ge- 
nügend aufgeklärten  Gründen  besser  den  optischen  Brechungs- 
index substituieren. 

Es  wurde  nun  von  mir  gezeigt  ^),  daß  in  der  Tat,  soweit 
die  Theorie  dies  erwarten  läßt,  in  roher  Annäherung 

^  =  ^  n«  +  2   ./ 


1)  J.  Traube,  Anu.  d.  Phye.  5.  p.  552.  1901. 


482  /.  Traube. 

ist,  und  damit  wurde  eine  Bestätigung  der  Ansichten  von 
van  der  Waals  einerseits,  der  Annahmen  von  Clausius- 
Mosotti-Exner  andererseits  erbracht  Voraussetzung  ist  in 
dessen,  daß  die  Größe  b  aus  dem  Verhalten  des  flüssigen  Zustan- 
des  abgeleitet  wurde.  Berechnete  man  dieselbe  aus  dem  Verhalten 
der  Gase,  so  wurde  aus  dem  Faktor  4  der  Faktor  4y2.^) 

Es  wurde  nun  femer  ^  von  mir  gezeigt,  daß  die  Größe  by 
sowie  dieselbe  beispielsweise  nach  Kopps  Methode  berechnet 
wurde,  nur  einen  Mittelwert  darstellte.  Der  Raum  der  Atome, 
die  Größe  b,  erwies  sich  als  veränderlich,  und  zwar  von  Ver- 
bindung zu  Verbindung.  Es  ließ  sich  der  später  auch  von 
Richards  bestätigte  Satz^  aufstellen,  daß  der  Raum  eines 
Atoms  (b)  um  so  kleiner  ist,  je  größer  die  Affinität  zu  den 
benachbarten  Atomen  ist  Dieser  Satz  besagt  eigentlich  nichts 
anderes,  als  daß  die  von  jeher  als  kompressibel  angesehenen 
Atome  durch  den  Affinitätsdruck  im  Verhältnis  zu  der  Größe 
desselben  verkleinert  werden.  Damit  wird  die  Kontraktion  der 
Atome  ein  wichtiges  Maß  der  Affinität,  und  der  von  mir  *)  be- 
reits erwähnte,  von  Richards^  weiter  erbrachte  Nachweis, 
daß  jene  Kontraktion  der  Atome  in  nächster  Beziehung  steht 
zur  Bildungswärme  der  Verbindungen,  ist  von  größter  Be- 
deutung. 

Der  Umstand,  daß  infolge  einer  verschiedenen  Affinität  der 
Raum  eines  Atoms  oft  wesentlich  verändert  wird  durch  die 
Nachbarschaft  anderer  Atome,  ermöglichte  in  chemischer  Hin- 
sich nicht  unwichtige  Schlüsse  auf  die  Konstitution  und  Kon- 
figuration von  Verbindungen.  So  ist  beispielsweise  mit  dem  Ring- 
schluß zum  Benzolring  eine  erhebliche  Verkleinerung  des  Volu- 
mens der  Kohlenstofif-  und  Wasserstofi'atome  verbunden,  und  es  ist 
möglich,  auf  volumetrischem  Wege  die  Zahl  und  Qualität  der 
Ringe,  ja  selbst  der  Ringspannungen  ^)  vorauszusagen.  Von 
Interesse  für  die  Atomistik  war  es,  die  auf  diesem  Wege  ge- 


1)  J.  Traube,  Ann.  d.  Phys.  5.  p.  560.  1901. 

2)  Raum  der  Atome  1.  c.  p.  22  u.  Ann.  d.  Phys.  1.  c.  p.  550.  1901. 

3)  Tb.  W.  Ricbards,  Zeitecbr.  f.  pbys.  Cbem.  40.  p.  172  u.  184.  1902. 

4)  J.  Traube,  Zeitscbr.  f.  anorg.  Chem.  8.  p.  23.  1892. 

5)  Tb.  W.  Ricbards,  Zeitscbr.  f.  pbys.  Chem.  40.  p.  171  u.  547. 1902. 

6)  J.  Traube,  Baum  der  Atome  L  c.  p.  26. 


Bnum  der  Atome  und  Moleküle.  4S3 

fandenen  Volumenschwankungen  der  Größen  b  zu  vergleichen 
mit  der  Variabilität  der  Größe 

n*-  1    1 
n«  +  2    d' 

welche  als  rohes  Maß  des  Eernvolumens  angesehen  werden 
darf.  Wie  Landolts  und  Brühls  Arbeiten  gezeigt  haben, 
wird  auch  dieses  Kemvolumen  der  Atome  darch  den  meist 
viele  Tausende  von  Atmosphären  betragenden  Ajffinitätsdruck 
beeinflußt,  wenn  auch  die  Kontraktionen  der  dreimal  so  großen 
„Atherhülle''  naturgemäß  weit  erheblicher  sind^  als  diejenigen 
des  inneren  Kernes  der  Atome. 

Man  kann  die  Größen  b  auch,  wie  ich  gezeigt^)  habe^ 
ans  dem  Verhalten  der  Lösungen  feststellen,  mit  Hilfe  der 
von  mir  als  Lösungsvolumen  bezeichneten  Größe,  d.  h.  das 
Volumen  der  Lösung  vermindert  um  das  wirkUche  oder  schein- 
bare  Volumen  des  Lösungsmittels.  Auch  dieses  Lösungs- 
volumen setzt  sich  zusammen  aus  den  Atomräumen,  den 
Größen  ä,  und  einem  molekularen  Kovolumen  r  —  ä.  Die  auf 
diesem  Wege  namentlich  für  verdünnte  wäßrige  Lösungen 
nach  Kopps  Methode  berechneten  ^-Werte  stimmten  im  Mittel 
mit  den  aus  homogenen  Flüssigkeiten  berechneten  ä- Werten 
überein,  zeigten  indessen  wegen  Wegfalls  mancher  Störungen 
wesentlich  geringere  Schwankungen  als  jene,  wenngleich  auch 
hier  die  konstitutiven  Einflüsse  sich  geltend  machten. 

Zu  vielfach  auffallenden  Zahlenverhältnissen  wurde  ich  ge- 
führt \  als  ich  die  auf  diesem  Wege  gefundenen  Atomvolumina 
verwandten  Elemente  miteinander  verglich.  Die  gesetzmäßigen 
Beziehungen  der  kiovaräume  verwandter  Elemente  sind  noch 
zahlreicher  als  diejenigen  der  kiomffewichte,  und  ich  habe  den 
Gedanken  ^  ausgesprochen ,  daß  wir  vermutlich  zu  einer  weit 
vollendeteren  Systematik  der  Elemente  gelangen,  wenn  wir  an 
Stelle  des  auf  zu  einseitigem  Prinzip  beruhenden  und  mit 
großen  Mängeln  behafteten  periodischen  Systems  ein  System 
wählen,  in  welchen  Elemente  und  Verbindungen  in  einer  Reihe 
natürlicher  Familien  eingeordnet  sind,   bei   deren  Aufstellung 


1)  J.  Traube,  Baum  der  Atome  p.  1  u.  f. 

2)  1.  c.  p.  9  u.  f. 
8)  1.  c.  p.  12. 

Boltsmann-FMtsohrift.  28 


484  ].  Traube. 

die  räumlichen  Beziehungen  der  Atome  ebenso  ansschlag- 
gebend  wären  ^  wie  diejenigen  der  Masse.  Es  zeigte  sich 
namentlich,  daß  die  Eigenschaftsänderung  eines  Elementes  beim 
Übergang  aus  dem  elementaren  Zustande,  in  den  Zustand 
einer  Verbindungsstufe,  und  aus  dieser  wieder  in  eine  andere 
Verbindungsstufe,  namentlich  also  auch  der  Valenzwechsel, 
und  damit  auch  die  elektrochemischen  Beziehungen  in  inniger^ 
wenn  auch  bei  weitem  noch  nicht  genügend  untersuchter  Be- 
Ziehung  zu  den  räumlichen  Änderungen  der  Atome  stehen. 
Die  Größe  b  ist  ebensowenig  wie  die  Größe 

n«  -  1   \^ 

das  Eemvolumen  eine  Funktion  der  Temperatur  ^),  aber  beide 
Größen  sind  Funktionen  des  Druckes,  die  Atome  sind  kam" 
pressibel,  und  darauf  ist  es  zurückzuführen,  daß  auch  die 
Größe  b  im  gasförmigen  Zustande  wesentlich  größer  ist,  als 
im  festen  und  flüssigen  Zustande.  *) 

Auf  p.  431   und  432  wurde  darauf  hingewiesen,  daß 

ist,  während 

sich  berechnet,  sofern  man  von  den  assoziierten  Flüssigkeiten 
absieht.     Da  das  Kernvolumen,  die  Größe 

n^  -  1    1 

w*  4-  2   ~d 

nach  Brühls  u.  a.  Berechnungen  vom  Aggregatzustande  unab- 
hängig ist,  so  folgt,  daß  b  für  den  Gaszustand  größer  ist  als 
für  den  Flüssigkeitszustand.  Auch  die  Anwendung  von  van 
der  Waals  Gleichung  auf  Gase  und  Flüssigkeiten  führt  zu 
dem   gleichen  Ergebnis. 

Der  Grund  liegt,  wie  erwähnt,  in  der  Kompressibilität 
der  Atome.  Wie  nach  p.  3  der  Aftinitätsdruck  eine  Kon- 
traktion  der  Größen  b  herbeiführt,    so    läßt  sich   auch  nach- 


1)  Ann.   d.   Phys.   8.  p.  267.   1902;    Zeitechr.  f.  auorg.    Chem.    34. 
p.  418.  1908;  Phys.  Zeitschr.  4.  p.  569.  1903. 

2)  1.  c. 


Raum  der  Atome  und  Moleküle.  435 

weisen^),  daß  durch  äußeren  Druck  die  Atome  komprimiert 
werden,  und  es  ist  danach  zu  erwarten,  daß  der  unter  ge- 
wöhnlichen Verhältnissen  ca.  1000  Atm.  betragende  innere 
Druck  ajv^  auch  eine  erhebliche  Verkleinerung  der  Größe  b 
henrojrbringt.  Wird  der  innere  Druck  aufgehoben,  wie  bei  der 
Verdampfung,  so  wird  b  wesentlich  größer,  und  ich  habe  be- 
rechnet ^,  daß  unter  den  Bedimjungen^  welche  die  Verdampfungs- 
ersch^UDgen  im  geschlossenen  Rohre  in  der  NäJie  der  kri- 
ÜMchen  Temperatur  darbieten.  Z^g»  gleich  etwa  2  b^  ist,  d.  i.  das 
Volumen  beim  absoluten  Nullpunkte.  Ein  Gason  ist  unter 
obigen  Bedingungen  zweimal  so  groß  als  ein  Fluidon.  Indessen 
ist  es  sehr  wahrscheinlich,  daß  der  Maximalwert  eines  Gasons 
wesentlich  größer  ist.  *)  Es  ist  sehr  bemerkenswert,  daß 
van  der  Waals  sich  jenen  Anschauungen  von  mir  in  neuester 
Zeit^)  voll  und  ganz  anschließt,  selbst  bis  auf  die  Gleichung 
ÄgM  =  2Ä^j:  Die  Priorität  für  jene  Annahme  darf  indessen  ich 
mir  wohl  zuschreiben,  da  ich  zuerst  jene  Hypothese  ener- 
gisch verfochten,  und  auf  ihre  zweifellos  sehr  weitgehen- 
den Folgerungen  ^)  hingewiesen  habe.  Wieweit  die  Anwen- 
dung dieser  Hypothese  von  räumlich  verschiedenen  Gas-  und 
Flüssigkeitsmolekülen  die  Theorie  des  kritischen  Zustandes  be- 
einflußt^, soll  hier  nicht  weiter  erörtert  werden,  auch  scheint 
mir  die  Frage,  ob  Gasonen  und  Fluidonen  in  der  flüssigen 
und  Gasphase  in  einem  von  der  Temperatur  abhängigen  Ver- 
hältnisse ineinander  löslich  sind  \  aus  einigen  Gründen  wahr- 
scheinlich,   indessen    noch    nicht   hinreichend    sicher   gestellt. 

•  •  

Fast  scheint  es,  als  ob  der  Übergang  der  Fluidonen  in  Gasonen 
ein  langsam  verlaufender  Vorgang  ist. 


1)  Zeitschr.  f.  anorg.  Chem.  1.  c.  p.  425. 

2)  J.  Traube,  Ann.  d.  Phys.  8.  p.  295.  1902. 

8)  J.  Traube,  Phys.  Zeitschr.  1.  c.  und  Zeitschr.  anorg.  Chem.  37. 
p.  225.  1903. 

4)  Van  der  Waals,  Akad.  Wet.     Amsterdam,  23.  Juli  1903. 

5)  J.  Traube  Ann.  d.  Phys.  5.  p.  560.  1901;  ferner  8.  p.  267. 
1902  und  Phys.  Zeitschr.  1.  c;  vgl.  dagegen  van  der  Waals,  Zeitschr. 
f.  phys.  Chem.  38.  p.  257.  1901. 

6)  1.  c.  Vj;].  auch  demnächst  1904  erscheinende  Mitteilungen  von 
Teichner  in  den  Ann.  d.  Phys.   und  von  mir  Zeitschr.  anorg.  Chemie. 

7)  l.  c. 

28* 


486  /.  Traube, 

•  • 

Während  der  UbergaDg  vom  flüssigen  in  den  gasförmigen 
Zustand  mit  einer  Änderung  der  Größe  b  verbunden  ist^), 
die  in  der  Berechnung  der  Verdampfungswärme,  der  spezifi- 
schen Wärmen,  der  Au&tellung  und  Deutung  der  Isothermen 
ihren  Einfluß  geltend  macht,  bleibt  beim  Übergang,  vom 
flüssigen  in  den  festen  Zustand  die  Größe  des  Fluidons  un- 
geändert,  wie  ich  unter  Anwendung  von  Kopps  Methode,  so- 
wie von  van  der  Waals  Gleichung^  nachgewiesen  habe. 

Bemerkenswert  ist,  daß  für  die  nach  10000  Atm.  zählenden 
Affinitätsdrucke,  sich  ein  Einfluß  nicht  nur  auf  die  Eonstante  b, 
sondern  auch  auf  das  Eemvolumen 

w*  -  1     1 


nachweisen    Ueß,     während    der    wesentlich    kleinere    innere 
Druck  ajv^  nur  die  Bäume  der  Atomhüllen 

h  —  ^'  -  ^    ^ 
n«  +  2    rf 

und  nicht  diejenigen  der  Atomkerne 

n«  -  1    1 

n*  +  2  T 

zu  beeinflussen  scheint. 

Das  molekulare  Kovolumen  v  —  h. 

Das  molekulare  Kovolumen  ist  im  Gegensatz  zum  Kern- 
volumen und  der  Größe  h  nicht  nur  eine  Funktion  des  Druckes, 
sondern  auch  der  Tempei^atur, 

Was  die  Funktion  des  Druckes  betrifft,  so  folgt  dasselbe 
streng  in  allen  drei  Aggregatzuständen  dem  Gesetze  von  Boyle- 
van  der  Waals,  in  bezug  auf  die  Temperatur  ebenso  streng 
dem  Gesetze  von  Charles-Gay-Lussac-Dalton.  Auch  gilt 
namentlich  für  den  flüssigen  Zustand  in  roher  Annäherung 
das  Gesetz  von  Avogadro^,  insofern  bei  gleicher  und  ge- 
wöhnlicher Temperatur  für  die  meisten  Flüssigkeiten  sich  die 
inneren  Drucke  ajv^  als  nicht  sehr  verschieden  erwiesen  haben. 


1)  1.  c. 

2)  J.  Traube,  Raum  der  Atome,  1.  c.  p.  34  u.  Zeitschr.  f.  auorg. 
Chem.  1.  c. 

3)  J.  Traube,    Ann.    d.  Phys.  5.    p.  553.   1901    und   Raum  der 
Atome  1.  0. 


Raum  der  Atome  und  Moleküle,  437 

Die  Berechnung  des  Eovolumens  f£Lr  Flüssigkeiten  wie 
auch  feste  Stoffe  erfolgt  weniger  genau  nach  Kopps  Methode, 
genauer  nach  van  der  Waals  Gleichung,  msofem  diese  Glei- 
chung sieh  auch  auf  den  festen^)  Zustand  als  anwendbar  «r- 
wiesen  hat.  Für  den  flüssigen  Zustand  berechnete  ich  für 
die  meisten  normalen,  d.  h.  nicht  assoziierten  Flüssigkeiten, 
das  EoYolumen  pro  Grammmolekül  bei  0^  und  76  cm  zu 
ca.  25  ccm.  Da  das  molekulare  Kovolumen  der  Gase  unter  den- 
selben Bedingungen  gleich  ca.  22  400  ccm  ist,  so  berechnet 
sich  der  innere  Druck  a/v^  der  meisten  Flüssigkeiten  im  Mittel 

22  400 


25 


=  ca.  900  Atm. , 


eine  Zahl,  welche  mit  anderen  Berechnungen  übereinstimmte. 
Für  assozierte  Flüssigkeiten,  wie  Hydroxylverbindungen  etc. 
waren  die  molekularen  Kovolumina  ihrem  Assoziationsgrade 
entsprechend  mehr  oder  weniger  kleiner  als  25  ccm  und  man 
konnte  auf  diesem  Wege  unter  der  allerdings  nur  in  roher 
Weise  zulässigen  Anwendung  des  Gesetzes  von  Avogadro 
eine  rohe  Berechnung  des  Assoziationsfaktors  herbeiführen  *), 
die  bei  dem  Mangel  besserer  Methoden  zurzeit  nicht  ohne  Be- 
deutung ist.  Ebenso  hat  die  von  mir  auf  die  Anwendung  des 
Satzes  von  Avogadro  begründete  Methode  zur  Berechnung 
des  einfachen  Molekulargewichts  ^  trotz  der  rohen  Voraus- 
setzungen auch  jetzt  noch  ihre  Bedeutung.  Namentlich  gilt 
dies  für  Stoffe,  welche  in  wäßriger  Lösung  sich  befinden.  Ich 
habe  gezeigt,  daß  hier  in  verdünnter  Lösung*)  für  die  Nicht- 
leiter das  molekulare  Lösungsvolumen  gleich  ist  der  Summe 
der  Atomräume  und  einem  molekularen  Kovolumen,  dessen 
Größe  nur  geringen  Schwankungen  unterworfen  ist  und  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  gleich  etwa  12,4  ccm  ist.  Der  Satz 
von  Avogadro  gilt  hier  jedenfalls  wesentlich  genauer  als  für 
homogene  Flüssigkeiten,  und  die  Gleichheit  des  molekularen 
Kovolumens  ermöglicht  eine  einfache  Methode  der  Molekular- 
gewichtsbestimmung,     Da    das    molekulare    Kovolumen    einer 

1)  J.  Traube,  Zoitschr.  f.  anorg.  Chem.  1.  c. 

2)  J.  Traube,  Raum  der  Atome  p.  40. 

3)  1.  c.  p.  38. 

4)  L  c.  p.  36. 


438  /.  Traube. 

homogenen  nicht  assoziierten  Flüssigkeit  meist  Ton  25  ccm 
nicht  sehr  yerschieden  ist,  in  wäßriger  Lösung  gleich  ca.  12,4  ccm 
beträgt,  so  folgt,  daß  auch  die  Eontraktion  beim  Lösen  eines 
Ghrammmoleküls  keine  großen  Schwankungen  zeigt,  und  im 
Mittel  gleich  25 — 12,4  ccm  ist 

Eis  ist  bemerkenswert,  daß  mit  der  Spaltung  in  Ionen 
pro  Grammion  eine  etwa  ebenso  große  Kontraktion  ^)  yerbun- 
den  ist 

Die  Berechnung  der  molekularen  Kovolnmina  fester  Nicht- 
leiter nach  Kopps  Methode^  f&hrte  zu  Zahlen,  welche  meist 
nicht  viel  größer  als  halb  so  groß  waren  wie  die  molekularen 
KoYolumina  homogener  Flüssigkeiten.  Indessen  da  bei  man- 
chen derartigen  Verbindungen,  beispielsweise  der  racemiscben 
Traubensäure  etc.  die  doppelte  Moleknlargröße  außer  Zweifel 
stand,  hier  aber  zu  einem  doppelt  so  großen  Kovolumen  wie  bei 
den  anderen  festen  Verbindungen  führte,  so  war  die  Annahme 
nicht  zu  kühn,  daß  allgemein  die  scheinbare  Halbierung  des 
KoYolumens  beim  Übergang  vom  flüssigen  in  den  festen  Zustand 
auf  eine  Verdoppelung  des  Molekulargewichts  zurückzuführen 
wäre;  eine  Annahme,  welche  durch  die  Proportionalität  *)  der 
Volumenvergrößerung  beim  Übergänge  vom  flüssigen  in  den 
festen  Zustand  mit  abnehmendem  Assoziationsgrade  der  Flüssig- 
keit gestützt  wurde.  Es  ist  dies  die  erste  und  einzige  Me- 
thode zur  Bestimmung  des  Molekulargewichts  fester  homogener 
Stoffe. 

Die  Kovolumina  fester  Elemente*)  nach  van  der  Waals 
Gleichung  haben  sich  als  sehr  klein  erwiesen,  besonders  die- 
jenigen der  Metalle.  Die  mit  Hilfe  derselben  berechneten 
inneren  Drucke  erwiesen  sich  danach  als  sehr  groß,  beispiels- 
weise berechnete  sich  ajv^  für  Gold  gleich  176  000  Atm.,  für 
Diamant  gleich  5  458  000  Atm. 

Diese  Werte  waren  für  die  dem  Gesetze  von  Dulong 
und  Petit  folgenden  Elemente^)  gerade  dreimal  so  groß 
als  die  Werte  C{dtjdv),  wenn  C  die  Atom  wärme  und  dvjdt 

1)  J.  Traube,  Raum  der  Atome  p.  47. 

2)  J.  Traube,  Raum  der  Atome  p.  35. 

3)  1.  c.  p.  34. 

4)  J.  Traube,  Zeitschr.  f.  anorg.  Chem.  1.  c.  p.  414. 

5)  1.  c.  p.  416. 


Baum  der  Atome  und  Moleküle,  489 

die  Änderung  des  Volumens  mit  der  Temperatur  bezeichnet. 
Sie  gingen  bei  den  Metallen  parallel  den  Härten  und  Elasti- 
zitätsmoduln. ^) 

Daß  van  der  Waals  Gleichung  auch  auf  den  festen 
Zustand  anwendbar  war,  wurde  insbesondere  dadurch  erwiesen, 
daß  mit  Hilfe  der  gewöhnlichen  Ausdehnungskoefiizienten  die 

Werte 

j dv 

v-ö   dt' 

d.  h.  die  Änderung  der  Volumeneinheit  des  Kovolumens,  die  Aus- 
dehnungskoeffizienten  des  Kovolumens  berechnet  wurden.*)  Lieser 
Ausdehnungskoeffizient  war  (abgesehen  von  den  Halogenen)  all- 
gemein sehr  angenähert  gleich  Yg^j.  Wird  daher  einem  festen 
Element  Wärme  zugeführt,  so  erfolgt  keine  Ausdehnung  der 
Konstante  b,  sondern  nur  eine  solche  des  Kovolumens  ü  —  ä. 
In  dieser  Abhängigkeit  von  der  Temperatur  liegt  der  wesenüiehe 
Unterschied  der    Volumengrößen 

n«-  1    1 


n«  +  2    d 


und  b  einerseits,  der  Große  v  ^  b  andrerseits.  Zu  denken  geben 
schließlich  die  multiplen  Beziehungen,  welche  für  b  und 

w«  +  2    d 

im  allgemeinen  sowie  für  b  und  r  —  ^  im  besonderen  fiir 
übereinstimmende  Temperaturen,  also  für  die  drei  Größen  be- 
stehen, welche  nach  dieser  Theorie  das  Volumen  zusammen- 
setzen. Bedenkt  man,  daß  es  sich  hier  um  das  Materie- 
volumen, und  um  den  Raum  des  ,,gebundenen"  und  „freien 
Äthers''  handelt,  so  möchte  man  glauben,  daß  die  Volumen- 
chemie berufen  ist,  über  sehr  wichtige  fundamentale  Fragen, 
welche  das  Wesen  der  Materie  berühren,  und  voraussicht- 
lich über  noch  zahlreiche  nicht  minder  bedeutsame  andere 
Fragen,  wie  über  das  Wesen  der  Affinität  und  Valenz,  in  ent- 
scheidendem Sinne  mitzureden. 


1)  J.  Traube,  Zeitschr.  anorg.  Chem.  1.  c.  p.  420. 

2)  1.  c.  p.  414. 


440  /•  TratU^e.     Raum  der  Atome  und  Moleküle, 

Von  besonderer  Bedeutung  dürfte  es  sein^  wenn  es  ge- 
lingen sollte,  die  neue  Elektronenlehre  mit  der  Volumen- 
theorie  in  Beziehung  zu  setzen. 

Es  liegt  hier  ein  überaus  fruchtbares  Feld  vor,  welches  yer- 
dient,  weit  mehr  beachtet  zu  werden,  als  dies  bisher  geschehen 
ist  Mir  scheint,  man  braucht  kein  Prophet  zu  sein,  um  zu 
behaupten,  daß  eine  eingehende  experimentelle  Bearbeitung 
dieses  Gebietes,  wie  sie  mir  leider  in  meiner  gegenwärtigen 
Stellung  nicht  möglich  ist,  so  befruchtend  auf  die  yerschieden- 
sten  Gebiete  der  physikalischen  Chemie  einwirken  würde,  wie 
wohl  kaum  ein  zweites  Forschungsgebiet. 

Gharlottenburg,  Techn.  Hochschule. 

(Eingegangen  17.  September  1908). 


441 


54.  Objektive  Darstellung 
der  Interferenz  des  polarisierten  Lichtes. 

Von  Ernst  Mach  in  Wien. 


Bei  Gelegenheit  seiner  mit  Arago  angesteilen  Versuche 
über  Interferenz  des  polarisierten  Lichtes  erkannte  Fresnel 
schon,  daß  das  unpolarisierte  (^^natürliche^')  Licht  in  zwei  gegen- 
einander senkrechte  linear  polarisierte,  nicht  sichtbar  inter- 
ferierende („inkohärente")  Komponenten  gleicher  Intensität  sich 
zerlegen  läßt  Aus  dieser  Tatsache  folgt  schon  die  Zerlegbar- 
keit des  unpolarisierten  Lichtes  in  zwei  gleich  intensive  in- 
kohärente entgegengesetzt  zirkulär,  oder  entgegengesetzt  ellip- 
tisch polarisierte  Komponenten.  Doch  wurde  diese  weitere  Ein- 
sicht erst  durch  die  Arbeiten  von  Stokes,  Airy,  Lippich 
und  Verdet  gewonnen,  und  sie  geht  auch  aus  der  richtigen 
Interpretation  der  schönen  von  Stefan  zum  Beleg  einer  anderen 
Meinung  über  das  unpolarisierte  Licht  ausgeführten  Versuche 
hervor. 

Wegen  der  fundamentalen  Wichtigkeit  der  Fresn eischen 
Experimente  habe  ich  seinerzeit  mit  meinem  damaligen  Assistenten 
Rosicky^)  versucht,  dieselben  für  den  Unterricht  in  eine  klare, 
übersichtliche,  jede  Täuschung  ausschließende  Form  zu  bringen. 
Bei  Revision  des  Manuskriptes  meiner  Vorlesungen  über  Optik 
fiel  mir  ein  Mangel  dieser  älteren  Experimente  auf,  der  darin 
besteht,  daß  sie  sich  nur  zur  subjektiven  Einzelbeobachtung  und 
nicht  zur  Projektion  eignen.  Es  ist  mir  nun  gelungen,  zwei 
Versuchsformen  zu  finden,  welche  von  diesem  Mangel  frei  sind.^ 


1)  E.  Mach  und  \V.  Kosicky,  Sitzungsber.  d.  k.  Akademie  der 
Wissensch.  zu  Wien  72.  II.  Abt.  p.  197.  1875. 

2)  Ich  mußte  mich  bei  meinem  Leiden,  welches  mir  unmöglich 
macht,  selbst  zu  experimentieren,  darauf  beschränken,  den  Plan  der  Ver- 
suche zu  entwerfen.  Mein  ältester  Sohn,  Dr.  med.  Ludwig  Mach,  hat 
die  Experimente  im  Detail  sorgfältig  ausgeführt,  während  ich  die  Auf- 
Btellung  und  die  Ergebnisse  kontrolliert  habe. 


442 


E.  Mach. 


Zur  Spaltung  des  unpolarisierten  Lichtes  in  linear  polari- 
sierte Komponenten  verwende  ich  nicht  Gips,  dessen  sich 
Fresnel  bedient  hat,  und  auch  nicht  Turmalin,  der  später 
oft  benutzt  worden  ist,  sondern,  wegen  seiner  optischen  Rein- 
heit und  Vollkommenheit,  Quarz.  Mit  Turmalin  vereinfachen 
sich  zwar  die  Versuche,  werden  aber  sehr  lichtschwach  und 
leicht  sehr  unrein.  Eine  planparallele,  achsenparallele  Quarz- 
platte von  etwa  1  mm  Dicke  wird  senkrecht  zur  Achse  durch- 
schnitten, das  eine  Stück  wird  in  seiner  Ebene  um  90®  ge- 
dreht und  an  das  andere  genau  angefügt  Beide  so  neben- 
einander liegende,  durch  eine  scharfe 
Grenze  getrennte  Stücke  werden  zum 
Ausgleich  derUnvoUkommenheiten  des 
Kristallschliffes  zwischen  gute  Plan- 
gläser mit  Ganadabalsam  eingekittet. 

In  Figur  1  bedeute  /  eine  Quarz- 
platte mit  vertikaler,  //  eine  gleich 
dicke  mit  horizontaler  Achse.  Das  un- 
polarisierte  Licht,  welches  die  Quarz- 
platten, vom  Beschauer  ausgehend, 
durchsetzt,  wird  in  die  vertikal  polari- 
sierten Komponenten  v^,  v^  und  in  die 
horizontal  polarisierten  Komponenten  h^,  h^  gespalten.  In  / 
wird  Äj  ebensoviel  verzögert  als  v^  in  77,  wie  dies  die 
Zeichnung  andeutet.  Führt  man  nun  die  beiden  interferieren- 
den Bündel  irgend  eines  Interferenzversuches  durch  je  eine 
der  Quarzplatten,  so  sieht  man  zunächst  nur  die  Inter- 
ferenz von  t7j  und  v^,  sowie  jene  von  h^  und  Z/^.  Beide  im 
allgemeinen  verschiedene  Interferenzbilder  überdecken  sich,  ohne 
sich  zu  stören,  und  können  durch  ein  vor  die  Lichtquelle  oder 
vor  den  Schirm  gesetztes  Nicol  getrennt  und  einzeln  zur  Be- 
obachtung gebracht  werden.  An  dieser  Erscheinung  wird  nichts 
geändert,  wenn  man  ein  Nicol,  dessen  Polarisationsebene  unter 
45^  gegen  den  Horizont  steht,  vor  die  Lichtquelle  oder  vor 
den  Schirm  setzt.  Erst  durch  Einschaltung  eines  Nicols  unter 
45®  zwischen  Lichtquelle  und  Quarz  werden  sämtliche  vier 
Bündel  kohärent  und  gleich  intensiv,  und  gelangen,  durch  ein 
zweites  Nicol  zwischen  Quarz  und  Schirm  auf  eine  Polarisations- 
ebene reduziert,  zur  sichtbaren  Interferenz.     In  diesem  letz- 


Fig.  1. 


Interferenz  de»  polarisierten  Lichte».  448 

teren  Falle  ist  die  InterferenzerscheiDung  am  eiufacheten  Ter- 
stäDcUich,  wenn  man  berücksichtigt,  da8  der  Quarz  zwischen  \ 
und  Oj  keinen  Oangunterschied  setzt,  ebeosowenig  zwischen  v^ 
und  h^.  Dies  gilt  insbesondere  bei  parallel  orientierten  Nicola. 
Da  aber  nun  alle  Tier  Bündel  kohärent  sind,  ao  macht  sich 
der  Gangnnterschied  zwischen  »,,  A^  und  \,  »,  im  Interferenz- 
bilde  bemerklich.  Setzt  man  gekreuzte  Nicola  an  die  Stelle 
der  parallelen,  so  tritt  zwischen  k^  und  v^,  ebenso  zwischen  v^ 
und  A,  ein  Fhaaenunterschied  von  einer  halben  Periodenlänge 
auf,  der  sich  zu  allen  sonst  gegebenen  Qangimterschieden  hin- 
zuiÜgt,  und  die  Vertauschang  aller  Maxima  und  Minima  be- 
dingt. Dies  vorausgeschickt,  werden  die  folgenden  Versuchs- 
formen leicht  verständlich  sein. 

1,  Betrachten  wir  zuerst  eine  Versuchsform,  bei  welcher 
man  große  und  intensive  Projektionsbilder  erzielt.  Man  leitet 
Sonnenlicht  durch  eine  vertikale  Spalte  S  unter  nahe  senk- 
rechter Inzidenz  auf  eine  etwa  5  cm  dicke,  an  der  RUckfläche 
versilberte  Jaminsche  Platte  ^,,  so  daß  nur  eine  geringe 
Trennung  des  an  der  Vorderfläche  reflektierten  Bündels  I  von 
dem  an  der  Rückfläche  reflektierten  Bündel  II  eintritt.  Beide 
Bündel  fallen  dann  auf  eine  zweite  gleiche  und  gleich  orientierte 
Jaminsche  Platte  J^.  Das  nun  an  der  Vorderfläche  von  /, 
reflektierte  Bündel  TI  vereinigt  sich  mit  dem  hier  an  der 
RUcktläche  reflektierten  Bündel  I,  und  beide  geben  ineinander 
verlaufeTid  die  bekanuten  Interferenzerscheinungen.  Man  läßt 
nun  die  beiden  vereinigten  Bündel  I  und  II  bei  Abbiendung 
aller  übrigen  Lichter  auf  eine 
achromatische  Linse  von  etwa 
1  m  Brennweite  fallen,  und 
bildet  durch  dieselbe  die  Spalte 
S  auf  einem  Schirm  ab.  Die 
Jaminschen  Platten  reguliert 
man  so,  daß  das  Spaltenbild 
vonniclitzu  breiten  horizontalen 
Interferenz  st  reifen  <iiier  durchzogen  erscheint,  wobei  man  den 
mittleren  weißen  Streifen,  der  dem  Gangunterschied  Null  ent- 
spricht, die  Lange  der  Spalte  halbieren  läßt.  Kin  Spektral- 
prisma, hinter  die  Projektionslinse  gesetzt,  löst  das  Spaltenbild 
in  ein  horizontales  Sjjektrum  auf,  dessen  zur  Dispersionsrichtung 


444  S.  Mach. 

nahe  parallele  loterferenzstreifeD  im  Violett  etwas  konvergiereD. 
FOgt  man  nun  den  Doppelquarz  so  ein,  daß  von  den  beiden 
TOD  /j  abgehenden  Bündeln  je  eines  durch  einen  Quarz  passiert, 
80  erhält  man  den  Überraschenden  ^)  Anblick  zweier  schiefer, 
sich  netzfSrmig  im  Spektrum  durchkreuzeDder  Streifensyst«me 
(Fig.  2).    Das  eine  gehört  dem  rertikal,  das  andere  dem  hori- 
zontal polarisierten  Licht  an,   wie  ein  vor  S  gesetztes  Nicol 
sofort  zeigt    Bei  Einfügung  eines  Eompensators,  oder  Drehung 
der  Jaminschen  Platten,  verschieben  sich  beide  Systeme  in 
entg^engesetztem  Sinne,  wobei  das  eine  System  breiter,  das 
andere  schmäler  wird.    Setzt  man  ein  Nicol  vor  S,  ein  zweite* 
Nicol  etwa  vor  die  Projektionsliuse  unter  45°,  so  erscheint  auf 
dem  Schirm  sofort  nur  ein  oerA'Aa^fStreifeasystem,  welches  maji 
als  identisch  mit  jenem  eines   1  mm   dicken  achsenparalielen, 
zwischen  zwei  Nicols  gesetzten  Quarzes  erkennt    Dasselbe  ist 
noch  durchzogen  von  den  nahe 
^MM     M     M — H — ^-|      horizontalen  Streifen,  aufweiche 
^^Ag^Li^kBAB^fert      man  den  Jaminschen  Apparat 
I' ^^TB     B     ^     Kk  eingesteilthat(Fig.3).  Wechselt 
^^^P^f^^^^P^PI      man  zwischen  ParaJlelBtellung 
"  *     * — ■—■ — -■-J       yjjd  Kreuzung  der  Nicola,  so 
IHg.  8.  tauschen  alle  Masima  mit  den 

Minimis  ihre  Plätze. 
Die  sich  durchkreuzenden  Streifensysteme  versteht  man 
durch  folgende  Überlegung.  Der  PhasenunterBchied  der  inter- 
ferierenden Lichter  wächst  im  Spektralbilde  in  der  horizontalen 
Dispersions richtung  von  Rot  gegen  Violett,  insofern  derselbe 
vom  Quarz  herrührt,  hingegen  z,  B.  in  vertikaler  Richtung  auf- 
wärts,  insofern  er  durch  die  Jaminschen  Platten  bedingt  ist 


1)  Die  Lebre  von  der  InterfereiiE  hält«  ganz  wohl  eine  hohe  Ent- 
wickelung  eircicht'u  können,  ohne  die  geringste  Kenntnis  der  Doppel- 
brechung und  Polarisation.  Hätre  nun  irgend  ein  liisloriflcher  Zufall, 
wie  deren  tstBäclilich  viele  eingelreten  sind,  zu  einer  Anordnung  ähn- 
lich  der  im  Teit  beBchriobenen  geführt,  so  hätte  man  unter  sehr  rätsel- 
haften Umständen  xiceierlei  LichtHrten  im  Quarz  kennen  gelernt,  von 
denen  jede  für  eiuh  interferiert,  welche  aber  aufeinunder  nicht  reagieren. 
Die  Entdeckung  der  ZirkularpolarisatiDn  hätte  ebenfalls  jener  der  linearen 
voransgeben  können.  Eb  ist  aebr  lehrreich,  sich  die  Folgen  hiervon  m 
vergegenwärtigen. 


Interferenz  des  polarisierten  Lichtes,  445 

Durch  geometrische  Zusammensetzung  (Summation]  ergeben  sich 
schiefe  Linien  gleichen  Phasenunterschiedes.  Die  Neigung  ist 
aber  für  das  vertikal  und  horizontal  polarisierte  Licht  ent- 
gegensetzt ^  weil  der  durch  die  Quarze  bedingte  Phasenunter- 
schied für  die  betreffenden  Lichter  von  entgegengesetztem 
Zeichen  ist. 

Bewirkt  man  Kohärenz  des  vertikal  und  des  horizontal 
polarisierten  Lichtes^  so  denke  man  sich  zunächst  (Fig.  1) 
A^  mit  V3  und  v^  mit  A,  kombiniert  Beide  geben  nur  die 
Interferenz  der  J  am  in  sehen  Platten,  welche  letztere  aber  um 
eine  halbe  Schwingung  alteriert  wird,  wenn  man  gekreuzte 
NicolR  statt  paralleler  anwendet.  Bei  Kombination  des  ge- 
samten Lichtes  tritt  nun  erst  der  Einfluß  des  Gangunter- 
schiedes im  Quarz  hervor,  der  bei  Nicolkreuzung  ebenfalls  um 
eine  halbe  Schwingung  alteriert  wird.  Hiermit  sii|d  alle  Ver- 
hältnisse dieses  Versuches  klargelegt  Auch  die  quantitative 
Behandlung  derselben  unterliegt  keiner  Schwierigkeit 

2.  Ich  will  nun  noch  ein  zweites  Verfahren  beschreiben, 
welches  den  älteren  Versuchsformen  näher  liegt  Dasselbe  ist 
mit  sehr  bescheidenen  Mitteln  ausführbar  und  liefert  kleinere 
Projektionsbilder,  die  aber  einem  engeren  Kreis  von  Zuhörern 
noch  recht  gut  demonstriert  werden  können.  Selbstverständ- 
lich sind  alle  optischen  Bilder  Beugungsmaxima,  so  auch  in 
dem  zuvor  behandelten  Fall.  Soll  aber  der  jetzt  zu  beschrei- 
bende Versuch  vollkommen  verstanden  werden,  so  sind  immer- 
hin einige  vorausgeschickte  Detailausfiihrungcn  über  Beugung, 
die  hier  natürlich  wegbleiben  können,  unerläßlich.  Darin  be- 
steht ein  Mangel  des  Versuches,  der  auch  den  Fresn eischen 
Formen  anhaftet. 

Das  Sonnenlicht  passiert  eine  vertikale  Spalte  F,  deren 
Länge  durch  eine  unmittelbar  folgende  horizontale  Spalte  H 
beliebig  beschränkt  werden  kann,  und  tällt  dann  auf  das  Ob- 
jektiv O  eines  Fernrohres,  dessen  Okular  ein  scharfes  reelles 
Bild  von  V  und  //  auf  einem  matten,  durchscheinenden  Schirm 
von  Glas  oder  Zelluloid  entwirft.  Setzt  man  ein  feineres  Ruß- 
gitter G  ^)  mit  vertikalen  Stäben  vor  0,    so  erscheinen  rechts 

1)  Nur  ein  Gitter  mit  undurchsichtigen  Stfiben  ist  zu  dem  Venuch 
verwendbar.  Ein  auf  Glas  radiertes  Gitter  liefert  zu  viel  zerstreutes 
Uoht 


446  E.  Mach, 

und  links  zu  beiden  Seiten  des  Spaltbildes  symmetrisch  an- 
geordnet die  bekannten  Spektren,  welche  das  Violett  dem 
Spaltenbilde  zukehren.  Bei  genügender  Abkürzung  der  Spalte  V 
reduzieren  sich  diese  Spektren  auf  schmale  horizotale  Streifen 
oder  Linien,  welche  von  innen  und  außen,  mit  Violett  be- 
ginnend, zum  äußersten  Rot  übergehen.  Einschränkung  der 
Höhe  des  Gitters  durch  eine  vor  dasselbe  gesetzte  horizontale 
Spalte  S  verbreitert  diese  Spektren  wieder  desto  mehr,  je 
enger  S  wird.  Das  Spektrum  verwandelt  sich  in  das  Beugungs^ 
hild  einer  horizontalen  Spalte,  dessen  Farbe  in  jeder  Vertikalen 
homogen  ist,  während  die  Wellenlänge  und  dieser  entsprechend 
die  Bildbreite  von  innen  nach  außen  zunimmt.  Wir  setzen 
nun  den  Doppelquarz  so  vor  die  horizonte  Spalte  S^  daß  die 
Grenze  zwischen  dem  oberen,  etwa  horizontalachsigen,  und 
dem  unteren,  vertikalachsigen  Quarz  die  Mittellinie  der  Spalte  S 
bildet,  und  daß  das  vertikal  polarisierte  Licht  in  der  oberen, 
das  horizontal  polarisierte  Licht  in  der  unteren  Spaltenhälfte 
gleich  viel  verzögert  wird.  Wie  das  Experiment  und  die 
Theorie  der  Beugung  lehrt,  wiederholen  sich  dann  die 
sub  1  beschriebenen  Erscheinungen  mit  geringen  Modifika- 
tionen. ^)  Man  erblickt  die  netzförmig  sich  durchkreuzenden 
beiden  Streifensysteme,  die  man  durch  Anwendung  eines  Nicols 
vor  V^  H  voneinander  isolieren,  durch  einen  Jaminschen 
Kompensator  mit  horizontaler  Trenuungslinie  vor  S  in  ent- 
gegengesetztem Sinne  verschieben  kann  etc.  Es  verhält  sich 
alles  so,  als  ob  zwei  Spalten  von  der  halben  Breite  von  S  un- 
mittelbar nebeneinander  lägen,  und  deren  Beugiingsbilder  sich 
überdecken  würden.  Die  schiefen  Systeme  sind  durch  die 
Interferenz  der  Lichter  heider  Spalten  bedingt.  Sie  verschwinden 
sofort,  wenn  man  die  obere  oder  untere  Hälfte  von  ^S'  mit  einem 
undurchsichtigen  Schirm  deckt.  Macht  man  aber  durch  An- 
wendung zweier  paralleler  Nicols  unter  45^'  alle  Lichter  kohärent, 
und  betrachtet  zunächst  das  verzögerte  Paar  für  sich,  das  be- 
schleunigte Paar  für  sich,  so  hat  man  jetzt  eine  Spalte  von 
der  ganzen  Breite,  durch  welche  gleichphasiges  Licht  eindringt. 


1)  In  der  Tat  können  die  scbematischen  Figuren  1  bis  3  auch  zur  Er- 
läuterung dieses  Versuches  dienen.  Man  hat  sich  nur  vorzustellen,  daß 
die  Spektren  in  diesem  Falle  am  violetten  Ende  schmäler  sind,  und 
daß  die  Längsstreifen  im  Spektrum  hier  exakt  gerade  ausfallen  müssen. 


Interferenz  des  polarisierten  Lichtes,  447 

Nun  müssen  die  symmetrischen  längs  der  Spaltenlänge  ver- 
laufenden Minima  den  halben  Abstand  haben,  wie  zuvor.  Es 
müssen  also  solche  neue  Minima  auftreten.  Bei  Kreuzung  der 
Nicols  tauschen  diese  mit  den  Maximis  ihren  Platz.  Außer- 
dem bringt  die  VerzögeruDg  des  einen  Lichterpaares  gegen  das 
andere  die  vertikalen,  dem  Quarz  entsprechenden  Querstreifen 
in  den  Beugungsspektren  hervor,  die  beim  Wechsel  von  Kreu- 
zung und  Parallelstellung  der  Nicols  ebenfalls  alternieren. 

Es  ist  nicht  nötig,  die  Zerlegbarkeit  des  unpolarisierten 
Lichtes  in  entgegengesetzt  zirkulär  oder  elliptisch  polarisierte 
inkohärente  Komponenten  von  gleicher  Intensität  besonders 
experimentell  nachzuweisen.  Will  man  aber  solche  Versuche 
ausführen,  so  unterliegt  dies  keiner  Schwierigkeit,  und  man 
kann  bei  den  hier  beschriebenen  Versuchsformen  dieselben 
Mittel  verwenden,  welche  in  der  eingangs  erwähnten,  von  mir 
mit  Bosicky  publizierten  Arbeit  benutzt  worden  sind. 

(Eingegangen  18.  September  1908.) 


448 


55.  Wirkung  der  anomalen  Dispersion  von 

Metalldämpfen. 

Von  Hermann  Ebert  in  München. 


Mit  der  Eigenschaft  selektiver  Absorption  eines  Mediums 
ist  seine  Fälligkeit,  auf  die  dem  Bereiche  seiner  maximalen 
Absorption  benachbarten  Strahlengebiete  anomal  dispergierend 
zu  wirken,  aufs  engste  verknüpft,  und  zwar  verteilt  sich  diese 
Wirkung  ausnahmslos  in  der  Weise,  daß  die  nach  dem  Rot 
zu  gelegenen  Strahlenarten ^  also  akustisch  gesprochen,  die 
tieferen  Schwingungen  stärker^  die  nach  dem  Violett  folgenden 
Strahlen  höherer  Schwingungszahl  aber  weniger  abgelenkt  werden. 
Bei  großer  Dichte  und  Ausdehnung  des  anomal  brechenden 
Mediums  können  diese  Ablenkungen  selbst  in  Spektralgebieten 
sich  noch  bemerklich  machen,  die  weit  von  denen  der  Eigen- 
schwingungen des  Mediums  selbst  entfernt  liegen.  Dagegen 
erfahren  Strahlen,  die  außerhalb  dieser  Gebiete  liegen,  keine 
Änderung  ihrer  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  mehr. 

Es  konnte  von  vornherein  erwartet  werden,  daß  die 
Metalldämpfe,  bei  denen  den  scharfen  Emissionslinien  nach 
dem  Kirch  ho  ff  sehen  Gesetze  unter  Umständen  sehr  ausge- 
sprochene Absorptionsmaxima  entsprechen,  in  hervorragender 
Weise  diese  Eigenschaft  überall  dort  aufweisen  würden,  wo 
sie  bei  genügender  Absorption  zugleich  als  brechende  Medien 
wirken.  Diese  Vermutung  hat  sich  bestätigt.  ^)  In  der  Tat 
kann  bei  Metalldämpfen  die  anomale  Dispersion  ihre  Wirkung 
über  sehr  ausgedehnte,  sich  von  den  Metallabsorptionslinien 
nach  beiden  Seiten  hin  weit  in  das  Spektrum  erstreckende 
Bereiche  hin  geltend  machen.^)    Es  tritt  hier  sogar  der  eigen- 

1)  Vgl.  H.  Ebert,  Physikal.  Zeitschr.  4,  p.  473— 47fi.     1903. 

2)  Vgl.  z.B.  die  Wirkung  des  Natriumdampfes  bei  R.  W.  Wood, 
Proc.  Roy.  Sog.  69.  p.  157—171.  1901  und  phys.  Zeitschr.  3.  p.  230—233. 
1902. 


Wirkung  der  anamalen  Dispersion.  449 

tflmliche  Fall  ein,  daß  die  brechende  Kraft  ftLr  die  höheren 
dem  Absorptionsgebiete  unmittelbar  benachbarten  Lichtschwin- 
gongen  kleiner  als  die  des  Vakuums  ist,  so  daß  Brechungs- 
expanenten  kleiner  als  eins  erhalten  werden,  was  mit  den  be- 
sonderen elektrischen  und  magnetischen  Eigenschaften  dieser 
Medien  zusammenhängen  wird.  So  fand  BecquereP)  bei 
Natriumdampf  1,0009  als  Brechungsindex  für  die  von  J5j  nach 
dem  Rot  zu  gelegenen  Schwingungen,  0,99865  für  die  von  D^ 
nach  dem  Violett  zu  gelegenen  Spektralbezirke.  Diese  Brechungs- 
indizes beziehen  sich  auf  heiße  Flammengase  als  umgebendes 
Medium,  denen  Becquerel  den  Index  1,0001  gegenüber  dem 
Vakuum  zuschreibt.  Die  auf  das  Vakuum  umgerechneten 
Brechungsexponenten  sind  demnach  für  Natriumdampf  1,0010 
bez.  0,99875. 

Wood,  der  mit  viel  dichterem  Natriumdampfe  arbeitete, 
findet*)  1,0024  bez,  0,9969  relativ  zu  heißem  Wasserstoffgase, 
dessen  Exponent  wir  ebenfalls  zu  1,0001  annehmen  können, 
so  daß  für  Natriumdampf  1,0025  bez.  0,9979  in  bezug  auf  den 
leeren  Raum  resultiert. 

Ich  selbst  finde  für  Ealiumdampf,  und  zwar  ftlr  dessen 
Absorptionslinie  im  Rot,  1,00176  bez.  0,99844  auf  Vakuum 
bezogen.  Die  durch  diese  Zahlen  zum  Ausdruck  gebrachten 
brechenden  Kräfte  sind  ganz  erhebliche;  ist  doch  der  Brechungs- 
exponent für  Luft  z.  B.  nur  1,0003;  die  brechende  Kraft  ist 
daher  für  Kaliumdampf  in  der  bei  den  Experimenten  ver- 
wendeten Dichte  ca.  sechsmal,  für  Natriumdampf  ca.  achtmal 
größer  als  für  Luft  von  Atmosphärendruck. 

Es  kann  daher  nicht  wundernehmen,  daß  überall  dort, 
wo  sich  Metalldümpfe  außer  durch  ihre  Absorption  auch  durch 
ihre  lichtbrecheude  Kraft  au  dem  Zustandekommen  der  Licht- 
erscheinungen beteiligen,  sich  iu  dem  resultierenden  Spektrum 
eigentümliche,  durch  die  Verteilung  der  Brechungsexponenteu 
in  der  Umgebung  der  Metallinien  bedingte  Anomalien  ein- 
stellen müssen.  Icli  möchte  hier  nur  auf  den  Fall  eigentüm- 
licher llelligkeitsverteiluiufen  in  dem  Spektrum  hinweisen,  die  da- 
durch bedingt  werden,  daß  das  Licht  einer  ein  kontinuierliches 


1)  H.  Becquerel,  Compt.  rend.  126.  I,  1.  p.  145—151.  1899. 

2)  ß.  W.  Wood,  a.  a.  O.  p.  166  oben. 

29 


BolUaumn-FestAchrift, 


Spektrum  liefernden  Strahlenquelle  auf  der  einen  Seite  einer 
MetaUabsorptionelinie  durch  die  brechende  Wirkung  davor 
liegender  Dampfschichten  zu  dem  Beobachter  hin  abgelenkt 


wird,  während  die  auf  der  entgegeogeaet^ten  Seite  der  Linie 
zu  erwartenden  Strahlenkomplexe  ausbleiben,  weil  sie  vermöge 
der  Brechungen,  die  sie  in  den  DäDi|)fen  erfahren,  den  Apparat 
nicht  erreichen.  Wird  z.  B.  ein  hoher,  etwa  ^j^  Liter  fassender 
G-raphittiegel  0  0,  Fig.  1,  wie  er  zu  Schmelzelektrolysen  ver- 


Wirkung  der  anomalen  Dispersion.  451 

wendet  wird,  gut  leitend^)  an  den  negativen  Pol  einer  aus- 
giebigen Stromquelle  angeschlossen  und  in  diesen  als  Anode 
ein  dicker  Eohlestab  KK  eingeführt,  so  erhält  man  eine  Heiz- 
Yorrichtung,  in  der  man  sehr  bequem  Metalle  verdampfen,  und 
über  einer  weißglühenden  Unterlage  ziemlich  regelmäßig  ge- 
schichtete dichte  Dampfmassen  anhäufen  kann.  Hat  man 
durch  Berühren  von  Anode  und  Kathode  den  Bogen  entzündet, 
und  sind  beide  Elektroden  genügend  heiß  geworden,  so  kann 
man  das  Metall  einführen  und  dann  mit  der  Spannung  all- 
mählich weit  herabgehen  (bis  auf  etwa  30  Volt  bei  110  Am- 
peres), ohne  ein  Abreißen  des  Bogens  befürchten  zu  müssen; 
gerade  in  der  Verwendung  solch  niedriger  Spannungen  liegt 
eine  wesentliche  Bedingung  für  ein  ruhiges  gleichmäßiges  Ver- 
dampfen. Die  Oxydation  der  aufsteigenden  Metalldämpfe  hält 
man  durch  Einführen  von  Kohlenoxyd  (das  man  gleich  im 
Tiegel  selbst  mit  entwickeln  kann)  oder  von  Ammoniakgas 
nach  Möglichkeit  zurück.  Bringt  man  dann  einen  schmalen 
ebenen  Spiegel  dicht  neben  der  Anodenkohle  genügend  weit 
oberhalb  des  Tiegels  an,  von  dem  die  vertikal  emporsteigenden 
Strahlen  nach  der  Seite  durch  eine  Linse  hindurch  auf  den 
Spalt  eines  Spektralapparates  geworfen  werden,  so  sieht  man 
in  diesem  an  den  Linien  des  verdampfenden  Metalles,  nament- 
lich an  den  leicht  umkehrbaren,  eine  Erscheinung,  wie  sie 
unter  anderem  für  die  Spektra  der  „Neuen  Sterne"  charakte- 
ristisch ist:  Neben  den  dunklen  Absorptionslinien  ist  die 
Helligkeit  des  kontinuierlichen  Hintergrundes  nach  dem  Rot 
zu  stark  erhöht,  die  dunklen  Absorptionslinien  dagegen  er- 
scheinen nach  dem  Violett  zu  erheblich  verbreitert.  Wie  diese 
Erscheinung  durch  die  anomale  Brechung  in  den  Dampf- 
schichten zustande  kommt,  möge  Fig.  1  erläutern.  In  dieser 
stelle  aa,  bb  den  Voltabogen  dar;  um  diesen  legen  sich  die 
Dampf  hüllen,  die  unten  am  Boden  des  Tiegels  am  dichtesten 
sind  und  deren  Schichtung  ungefähr  durch  den  Verlauf  der 
von  K  nach  G  auf  beiden  Seiten  hinüberziehenden  Querlinien 
zu  charakterisieren  sein  dürfte.     In  diese  Schichten  ist  links 


1)  Vgl.  hierüber  die  Arbeit  von  W.  Mutbmanu,  H.  Hofer  und 
L.  Weiss,  Ann.  d.  Chemie  320.  p.  231— 269.  1901,  namentlich  p.  262 
unten. 

29* 


462  H.  Ebert 

in  Fig.  la,  der  Verlauf  jener  Strahlen  eingezeichnet,  für 
welche  der  Brechungsexponent  größer  als  eins  ist  und  mit  zu- 
nehmender Dampfdichte  wächst;  für  diese  Strahlen  werden 
die  tieferen  Schichten  daher  auch  optisch  immer  dichter;  denken 
wir  uns  Lichtstrahlen  senkrecht  von  oben  hereinfallend,  so 
werden  diese  überall  den  Einfallsloten  zu  gebrochen;  nach  dem 
Prinzip  der  Umkehrbarkeit  der  Lichtwege  nehmen  sie  den 
gleichen  Verlauf  wie  die  von  ihren  Auftreß'punkten  aus- 
gehenden und  aus  dem  Gefäße  nach  oben  hin  austretenden 
Strahlen,  welche  in  der  Figur  gezeichnet  sind.  Diese  Strahlen 
bringen  hiemach  das  von  dem  heißen  Kohleende  und  dem 
Tiegelboden  ausgehende  Licht  in  den  Spektralapparat;  die 
ihnen  entsprechenden  Teile  des  kontinuierlichen  Spektrums 
müssen  heller  erscheinen  als  die  entfernteren  Spektralteile, 
für  welche  dieses  Umbiegen  der  Strahlen  in  der  Tiefe  nach 
den  Oberflächenpartien  maximaler  Exmission  zu  nicht  stattfindet; 
die  HeUigkeit  im  Spektrum  muß  vom  Bot  her  gegen  die  Ab- 
sorptionslinie etwa  in  der  Art  ansteigen,  wie  die  Dispersions- 
kurve  daselbst  anwächst,  vgl.  Fig.  2,  welche  die  Helligkeits- 
yerteüung  im  Spektrum  an  der  Stelle  einer  MetaUabsorptions- 
linie  A  darstellt,  welche  beispielsweise  in  dem  Teile  des 
Spektrums  gelegen  gedacht  ist,  in  welchem  die  Emissionskurve 
der  glühenden  festen  oder  geschmolzenen  Körper  im  gleich- 
mäßigen Sinken  begriffen  ist  Ein  helles,  gegen  das  Gebiet  Ä 
der  maximalen  Absorption  allmählich  immer  intensiveres  Band 
erscheint  dem  kontinuierlichen  Spektrum  aufgelagert.  Ganz 
anders  verhält  sich  die  Helligkeitsverteilung  für  die  von  der 
Absorptionslinie  Ä  nach  dem  Violett  zu  gelegenen  Strahlen, 
für  welche  der  Brechungsindex  in  den  Metalldampfhüllen  <  1 
ist  und  sich  von  Schicht  zu  Schicht  nach  unten  hin  immer 
mehr  von  der  Einheit  entfernt  Für  diese  Strahlen  zeigt 
Fig.  1  b  den  Verlauf;  sie  bringen  also  nach  oben  nur  das  von 
den  viel  kühleren  Tiegelwänden  emittierte  Licht,  die  ihnen 
entsprechenden  Spektralgebiete  müssen  daher  viel  dunkler  er- 
scheinen als  die  entfernteren  Teile,  für  deren  Wellenlängen 
die  Brechungsanomalie  nicht  mehr  besteht  Das  Absorptions- 
gebiet A,  Fig.  2  erscheint  also  nach  dieser  Seite  hin  fortgesetzt, 
die  Absorptionslinie  nach  dem  Violett  zu  stark  verbreitert 
über  dem  Spektrum  scheint  hier  also  ein  dunkler  Schatten  zu 


Wirkung  der  anomalen  Dispersion, 


46d 


lagern  von  viel  größerer  Ausdehnung,  als  ihn  die  Absorption 
jemals  allein  hervorbringen  könnte. 

Die  hellste  Kante  des  hellen  Bandes  liegt  fast  am  nor- 
malen Linienorte;  die  Mitte  des  dunklen  Bandes  ist  stark 
nach  dem  Violett  zu  verschoben ;  gegen  dasselbe  setzt  die  helle 
Linie  scharf  ab^  während  nach  außen  hin  sich  sowohl  helle 
wie  dunkle  Linien  ganz  allmählich  in  die  helle  Umgebung 
hinein  verlieren. 

Freilich  wird  die  Schichtung  der  Dampfmassen  in  dem 
Tiegel  nicht  immer  eine  so  regelmäßige  sein^  wie  es  in  Fig.  1 


angenommen  ist.  Demzufolge  ist  das  Bild  im  Spektrum  an 
den  einzelnen  Linien  ein  fortwährend  wechselndes;  es  kehrt 
aber  immer  wieder  zu  dem  geschilderten  Typus  zurück.  Bei 
völlig  ruhig  brennendem  Bogen  ist  der  Charakter  der  Linien- 
verdoppelung, Verschiebung  und  Hell igkeits Verteilung  immer 
der  gleiche;  die  einzelnen  Erscheinungen  imterscheiden  sich 
nur  dem  Grade  ihrer  Ausbildung  nach.  Bei  photographischer 
Aufnahme  würden  sich  aber  sehr  verschied enwertige  Bilder 
übereinander  lagern. 

Die  geschilderte  Anordnung^)  eignet  sich  auch  sehr  gut 


1)  Auf  dieselbe  bezieht  sich  die  Anmerknng  in  meinem  Aufsatze 
in  der  Physika!.  Zeitschr.  4.  p.  473.  1903,  in  dem  ich  für  die  anomale 
DiBpersiou  als  einer  allgemeinen  Eigenschaft  aller  Metalldämpfe  eintrat 


.454  H.  Ebert     Wirkung  der  anomalen  Diepereion. 

da^n,  um  sich  von  der  Existenz  der  anomalen  Dispersion  der 
Metalldämpfe  überhaupt  zu  überzeugen  in  Fällen,  in  denen 
die  Anordnung  der  gekreuzten  Spektra  zunächst  noch  unüber- 
steigliche  Hindemisse  bereitet  Letztere  verdient  natürlich 
überall  dort  den  Vorzug,  wo  es  sich  um  Messungen  der  brechen- 
den Kräfte  von  Metalldämpfen  handelt. 

München,  Physikal.  Institut  der  Technischen  Hochschule. 

(Eingegangen  19.  September  1903.) 


455 


56.  Elektrostatische,  magnetische 
und  hydrodynamische  Grenzflächenbedingnngen. 

Von  V.  BJerknes  in  Stockholm. 


1.  An  der  Grenzfläche  von  zwei  Medien  verschiedener 
elektrischer  beziehungsweise  magnetischer  Polarisierbarkeit  tritt 
bekanntlich  eine  charakteristische  Brechung  der  Kraftlinien  ein. 
Dieser  Brechung  liegt  das  folgende  einfache  Verhalten  der 
Vektorgrößen  des  elektrischen  oder  des  magnetischen  Feldes 
zugrunde: 

J)ie  Feldintensität  geht  mit  stetiger  Tangentialkomponente, 
die  Polarisation  (Induktion)  mit  stetiger  Normalkomponente  durch 
die  Grenzfläche  hindurch. 

Aus  diesem  Gesetze  schließt  man  gleich  auf  die  ünstetig- 
keit  der  Normalkomponente  der  Feldintensität  und  der  Tan- 
gentialkomponente der  Polarisation,  und  man  wird  auf  das 
bekannte  Brechungsgesetz 

geführt,  wo  k  und  K  die  Polarisierbarkeiten  der  betreffenden 
Medien,  ö  und  &  die  Winkel  sind,  welche  die  Tangenten  der 
Kraftlinie  mit  der  Normalen  der  Grenzfläche  bilden. 

2.  In  dem  hydrodynamischen  Bilde  der  elektrostatischen 
oder  der  magnetischen  Erscheinungen,  welches  aus  den  Unter- 
suchungen meines  verstorbenen  Vaters,  C.  A.  Bjerknes,  her- 
vorgegangen ist,  entspricht  „hydrodynamische  Feldintensität" 
(d.  h.  das  Produkt  von  Geschwindigkeit  und  Dichte)  dem  gleich- 
benannten elektrischen  und  magnetischen  Vektor,  die  Ge- 
schwindigkeit entspricht  der  Polarisation,  imd  die  reziproke 
Dichte  oder  die  „Beweglichkeit"  der  Flüssigkeit  spielt  dieselbe 
Bolle,  wie  die  elektrische  oder  magnetische  Polarisierbarkeit 
des  Mediums.^] 


1)  V.   Bjerknes:    Vorlesuncren   über  hydrodynamische  Femkrftfte 
nach  C.  A.  Bjerknes*  Theorie.  2.  p.  287.    Leipzig  1902. 


466  r.  Bjerknea. 

Dieses  Bild  ist  jedoch  bis  jetzt  nur  für  den  Fall  aus- 
gearbeitet, daß  die  Körper  Eugelform  haben.  Dabei  ist  der 
Nachweis,  daß  sich  die  hydrodynamischen  Vektorgrößen  an 
einer  Grenzfläche  wie  die  elektrischen  oder  magnetischen 
verhalten,  nur  für  den  Fall  geführt^  das  die  Grenzfläche  Eugel- 
form hat,  und  daß  der  äußere  Strom  ein  einfacher  Parallel- 
strom ist.  Wer  sich  aber  die  charakteristische  Übereinstim- 
mung der  betreffenden  hydrodynamischen  Stromfelder  mit  den 
entsprechenden  elektrischen  oder  magnetischen  Ejraftfeldem 
vergegenwärtigt  \  und  diese  Übereinstimmung  als  ein  Glied  in 
der  merkwürdigen  Beihe  von  Übereinstimmungen  zwischen 
hydrodynamischen  und  elektrisch-magnetischen  Erscheinungen 
sieht,  wird  jedoch  hinter  dem  partikulären  Resultate  über 
Kugeln  Prinzipien  großer  Allgemeinheit  vermuten.  Die  Auf- 
suchung dieser  Prinzipien  erfordert  aber  die  Entwickelung  ganz 
anderer  üntersuchungsmethoden  als  die,  durch  welche  G.  A. 
Bjerkn'es  seine  Resultate  gefunden  hat,  und  welche  in  der 
expliziten  Lösung  partikulärer  Probleme  bestand.  Auf  diese 
allgemeinen  üntersuchungsmethoden,  und  auf  die  Resultate, 
die  man  durch  sie  erreicht,  werde  ich  bei  späteren  Gelegen- 
heiten ausführlich  zurückkommen.  Als  erste  Andeutung 
über  ihre  Art,  sowie  über  die  Resultate,  welche  sie  geben, 
werde  ich  die  folgenden  Bemerkungen  über  das  Verhalten  der 
hydrodynamischen  Vektorgrößen  an  der  Grenzfläche  zweier 
Flüssigkeiten  verschiedener  Dichte  und  also  verschiedener  „Be- 
weglichkeit" machen.  Wie  ich  hinzufügen  will,  kann  jedoch 
die  Frage  hier  nicht  vollständig  erledigt  werden,  da  dieses  zur 
Lösung  der  Aufgabe  über  die  hydrodynamische  Analogie  in 
ihrer  vollen  Allgemeinheit  führen  würde. 

3.  Ich  bemerke  zunächst,  daß  das  Verhalten  der  Normal- 
komponenten der  hydrodynamischen  Vektorgrößen  schon  durch 
die  ersten  Prinzipien  der  Hydrodynamik  gegeben  ist.  Wenn 
man  die  Bedingung  der  Kontinuität  festhält,  so  geht  die 
Normalkomponente  der  Geschwindigkeit  durch  jede  Grenz- 
fläche stetig  hindurch.  Die  Normalkomponente  der  Geschwindig- 
keit verhält  sich  also  genau  wie  die  Normalkomponente  der 
Polarisation,  ein  Prinzip,  welches  schon  längst  vielfach  benutzt 


1)  V.  Bjerknes,  1.  c.  Fig.  66—60.  p.  256—270. 


Grenzflächenbedingungen,  45  T 

worden  ist  bei  dem  beiläufigen  Vergleich  elektrischer  oder 
magnetischer  Felder  mit  hydrodynamischen  Stromfeldem. 

Aus  der  Kontinuität  der  Normalkomponente  der  Ge- 
schwindigkeit folgt  gleich  die  Diskontinuität  der  Normal- 
komponente der  Feldintensität  Die  Normalkomponenten  dieses 
Vektors  werden  sich  direkt  wie  die  Dichtigkeiten  und  also  um- 
gekehrt wie  die  Beweglichkeiten  der  Flüssigkeiten  auf  den 
beiden  Seiten  der  Grenzfläche  verhalten. 

4.  Die  Hauptfrage  wird  das  Verhalten  der  Tangential- 
komponenten  der  hydrodynamischen  Vektorgrößen  betreffen^ 
und  zu  der  Beantwortung  derselben  muß  man  auf  die  hydro- 
djrnamischen  Bewegungsgleichungen  zurückgreifen. 

Es  sei  u  mit  den  Komponenten  u^,  u^y  u^  die  Geschwindig- 
keit der  Flüssigkeit  auf  der  einen,  U  mit  den  Komponenten  U^, 
U ,  U^  auf  der  anderen  Seite  der  Grenzfläche,  weiter  p  und  g 
Druck  und  Dichtigkeit  auf  der  ersten,  P  und  Q  auf  der  zweiten 
Seite.  Ich  lege  das  Koordinatensystem  so,  daß  die  a:y-Ebene 
die  Grenzfläche  berührt  und  betrachte  die  Bewegungskom- 
ponenten längs  X,  welche  zwei  einander  gegenüberliegende 
Punkte  der  zwei  Flüssigkeiten  haben.  Für  die  Bewegung  des 
einen  Punktes  bat  man  dann 

rfttr  _       dp 
und  für  die  Bewegung  des  anderen 

^    dt  dx  ' 

Jetzt  muß  nach  dem  Prinzipe  von  der  gleichen  Wirkung 
und  Gegenwirkung  der  Druck  beiderseits  der  Grenzfläche 
gleich  groß  sein : 

p=p. 

Da  dieses  in  allen  Punkten   der  Grenzfläche  gilt,  können  wir 

nach  der  zu  der  Grenzfläche  tangentiellen  Richtung  x  difi*e- 

renzieren 

dP  ^  dp 

dx    ""  dx 

und  wenn  wir  dieses  in  den  obigen  Bewegungsgleichungen  be- 
nutzen, so  ergibt  sich 

W  «  ät'  =  ^  dt  ■ 


458  y.  Bjerknes. 

Eüne  ganz  ähnliche  Gleichung  erhält  man  für  die  y-Achse, 
und  das  hydrodynamische  Prinzip  für  die  Bewegung  tangentiell 
zu  der  Grenzfläche  wird  das  folgende: 

Das  Produkt  von  Dichte  und  Beschleunigung  geht  mit  stetiger 
Tangentialkomponente  durch  die  Grenzfläche  hindurch, 

5.  Aus  diesem  dynamischen  Gesetze  darf  man  nicht  gleich 
schließen^  daß  auch  das  Produkt  von  Dichte  und  Geschwindig- 
keit, d.  h.  die  hydrodynamische  Feldintensität  mit  stetiger 
Tangentialkomponente  hindurchgeht  Da  nämlich  die  Punkte, 
welche  einander  zu  einer  beliebigen  Zeit  gegenüberliegen,  immer 
verschiedene  Beschleunigungen  haben ,  werden  sie  nicht  ein- 
ander gegenüber  bleiben,  um  die  Untersuchung  des  Verhaltens 
der  hydrodynamischen  Feldintensität  an  der  Grenzfläche  voll- 
ständig zu  erledigen,  muß  man  also  notwendig  auf  den  Wechsel 
der  Partikelchen  Rücksicht  nehmen,  und  diese  Berücksich- 
tigung führt  in  der  Tat  zu  der  Aufnahme  der  Frage  von  der 
hydrodynamischen  Analogie  m  ihrer  vollen  Ausdehnung.  Ich 
teile  jedoch  das  folgende  Resultat  mit,  welches  ich  bei  einer 
späteren  Gelegenheit  beweisen  werde: 

Wenn  man  als  eine  Partialbewegung  fllr  sich  diejenige 
ausscheidet,  welche  als  das  Resultat  der  Wirknng  der  hydro- 
dynamischen Femkräile  oder  beliebiger  fremder  Kräfte  an- 
gesehen werden  kann,  so  wird  die  zurückbleibende  Bewegung 
eine  solche  sein,  bei  der  die  hydrodynamische  Feldintensität 
mit  stetiger  Tangentialkomponente  durch  die  Grenzfläche 
hindurchgeht 

6.  Wenn  man  aber  auf  die  Erledigung  der  Fra^e  in  voller 
Allgemeinheit  verzichtet,  so  lassen  sich  leicht  besondere  Fälle 
angeben,  wo  sich  die  Antwort  ganz  von  selbst  ergibt. 

Der  wichtigste  Fall  dieser  Art  ist  der,  wo  die  Flüssigkeits- 
bewegung schwingender  Natur  ist,  so  daß  die  einzelnen 
Flüssigkeitspartikelchen  periodische  Bewegungen  mit  kleinen 
Amplituden  um  feste  Mittellagen  ausführen.  Wenn  nämlich 
die  Schwingungsamplituden  hinlänglich  klein  sind,  so  kann  man, 
von  unendlich  kleinen  Größen  absehend,  die  einander  einmal 
gegen  überliegenden  Punkte  als  immer  einander  gegenüber- 
liegend betrachten.  Wenn  man  dann  die  Gleichung  4,  (a)  unter 
Benutzung  der  Anfangsbedingungen  t^O,  m^  =  0,  £^,  =  0 
integriert,  so  ergibt  sich 


Orenzfläehenbedmgungen.  469 

Eine  ähnliche  Gleichung  findet  man  für  die  y-Achse  und  es 
ergibt  sich  also,  daß  bei  dieser  besonderen  Bewegungsform  die 
hydrodynamische  Feldintensität  mit  stetiger  Tangentialkom- 
ponente  durch  die  Grenzfläche  hindurchgeht  Wir  kommen 
mit  anderen  Worten  auf  das  folgende  Resultat: 

Im  Falle  schwingender  ße^oegun^en  verhalten  sich  die  hydro- 
dynamischen FektorgrÖßen  an  der  Grenzfläche  zweier  Flüssig- 
ieiten  genau  wie  die  elektrischen  oder  magnetischen  Vektorgrößen 
an  der  Grenzfläche  zweier  elektrischer  oder  magnetischer  Medien, 
Die  Stromlinien  werden  an  der  Grenzfläche  der  zwei  Flüssig'^ 
keifen  nach  dem  Gesetz  1,  (a)  gebrochen,  wenn  man  unter  k  und  K  * 
die  Beweglichkeiten  der  zwei  Flüssigkeiten  versteht 

Stellt  man  sich  aber  die  ergänzende  Frage,  unter  welchen 
dynamischen  Bedingungen  die  vorausgesetzte  Bewegung  schwin- 
gender Natur  möglich  ist,  so  kommt  man  wieder  auf  die  all- 
gemeine Aufgabe  zurück,  deren  Erledigung  auch  die  voll- 
ständige Bestimmung  der  hydrodynamischen  Femkräfbe  vor- 
aussetzt. 

(Eingegangen  21.  September  1908.) 


460 


57.  Über  den  Einfluß  der  Zähigkeit  anf  die  Kapillar- 
konstanten bei  Essigsänre-Wassermischnngen. 

Von  Leo  Grunmach  in  Berlin. 


Die  im  folgenden  mitzuteilende  Untersuchung  wurde  an- 
geregt durch  die  Diskussion,  welche  sich  an  meinen  auf  der 
vorjährigen  Naturforscher-Versammlung  zu  Karlsbad  gehaltenen 
Vortrag  „Neue  experimentelle  Bestimmungen  der  Oberflächen- 
spannung von  Flüssigkeiten  durch  Messimg  der  WeUenlänge 
der  auf  ihnen  erzeugten  Eapillarwellen'^  knüpfte.^)  Hr.  Planck 
steUte  die  Frage,  welchen  £influß  die  Zähigkeit  einer  Flüssig- 
keit auf  die  Wellenlänge  und  auf  die  Oberflächenspannung 
habe,  insbesondere,  wie  sich  die  Oberflächenspannungen  zweier 
Flüssigkeiten  verhalten,  welche  dieselbe  Dichte  und  dieselbe 
Schwingungszahl,  aber  verschiedene  Zähigkeit  besitzen. 

In  der  Kelvin  sehen  Formel 

1         «.«  l^(T 


a  = 


n^X^cT  - 


welche  die  Oberflächenspannung  a  in  Funktion  der  Schwingungs- 
zahl n,  der  Wellenlänge  X,  der  Dichte  ö*  und  der  Erdbeschleu- 
nigung g  darstellt,  ist  die  Reibung  zwar  nicht  enthalten,  nach 
der  Theorie  müßte  aber  die  zähere  Flüssigkeit  eine  kleinere 
Wellenlänge  liefern,  da  infolge  der  größeren  Reibung,  bei  be- 
stimmter, durch  die  erregende  Stimmgabel  gegebener  Schwin- 
gungszahl, die  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  und  also  die 
Wellenlänge  verringert  wird. 

Direkte  Versuche  über  den  Einfluß  der  Zähigkeit  auf  die 
Größe  der  Oberflächenspannung  hatte  ich  bisher  nicht  ange- 
stellt, wohl  aber  hatte  ich  bei  meinen  Versuchen  an  wässerigen 
Zuckerlösungen,  sowie  an  Schwefelsäure-  und  (jlycerin- Wasser- 
mischungen gefunden,  daß  das  Entstehen  und  Fortbestehen 
der  Kapillarwellen  durch  die  Zähigkeit  stark  beeinflußt  wird, 


1)  L.  Grunmach,  Physik.'  Zeitschr.  4.  p.  31.  1902.  Vgl.  femer 
L.  Grunmach,  Wissenschaftl.  Abhandl.  d.  Kais.  Normal -Aichungs- 
koramission  3.  p.  101—198.  1902;  Ann.  d.  Phys.  4.  p.  1263.  1902;  Ver- 
handl.  d.  Deutschen  Physik.  Gesellsch.  4.  p.  279.  1902. 


\ 


Einfluß  der  Zähigkeit  auf  KapiUarkonstanten,  481 

daß  die  erregten  Kapillarwellen  um  so  stärker  gedämpft  und 
um  80  schneller  vemichtet  werden ^  je  zäher  die  Flüssigkeit 
ist,  und  weiter,  daß  je  zäher  die  Flüssigkeit  ist,  die  erregende 
Stimmgabel  um  so  größere  Dimensionen  und  um  so  kleinere 
Schwingungszahl  (tieferen  Ton]  besitzen  muß,  um  durch  ihre 
Schwingungen  auf  der  Flüssigkeit  sicher  j^meßbare  Kapillar- 
wellen erzeugen  zu  können.  Auf  stark  konzentrierten  Glycerin- 
Wassermischungen,  z.  B.  auf  einer  Mischung  von  60  Proz. 
Olycerin  und  40  Proz.  Wasser,  konnten  mit  einer  Stimmgabel 
Ton  253  Schwingimgen  in  der  Sekunde  Kapillarwelleu  über- 
haupt nicht  mehr  erzeugt  werden,  dies  gelang  erst  bei  An- 
wendung einer  Königschen  Stimmgabel  von  192  Schwingungen, 
und  bei  86  proz.  Glycerin- Wassermischimg  erst  mit  einer  sol- 
chen von  128  Schwingungen.  Es  wäre  von  großem  wissen- 
schaftlichen wie  praktischen  Interesse,  diese  Verhältnisse  quan- 
titativ genauer  zu  untersuchen,  also  festzustellen,  welche  Ton- 
höhe eine  Stimmgabel  haben  müßte^  um  auf  einer  Flüssigkeit 
von  gegebener  Zähigkeit  Kapillarwellen  noch  sicher  erregen 
zu  können,  weil  man  auf  diesem  Wege  zu  einer  strengeren 
Definition  und  zu  einem  schärferen  Maß  für  die  Zähigkeit  und 
so  vielleicht  zu  einer  praktisch  wichtigen  Zähigkeitsskala  ge- 
langen könnte,  etwa  die  Flüssigkeiten  derart  nach  dem  Grade 
ihrer  Zähigkeit  zu  ordnen,  als  sie  durch  Normalstimmgabeln 
bestimmter  Tonhöhe  zu  Kapillarwellen  erregt  werden  können. 
Die  vorhin  erwähnte  Fragestellung  von  Hm.  Planck  ist 
insofern  nicht  genügend  bestimmt,  als  zwei  Flüssigkeiten, 
welche  gleiche  Dichte  und  gleiche  Schwingungszahl,  aber  ver- 
schiedene Zähigkeit  besitzen,  im  allgemeinen  ihrer  Natur  nach 
verschieden  sein  werden.  Wenn  sich  daher  für  zwei  solche 
Flüssigkeiten  verschiedene  Oliertiiichenspannungen  ergeben  soll- 
ten, so  brauchte  die  Verschiedenheit  der  Oberflächenspannung 
durchaus  nicht  eine  Folge  der  verschiedenen  Zähigkeit  zu  sein, 
sondern  würde  in  erster  Linie  schon  in  der  Verschiedenheit 
der  Natur  der  beiden  Flüssigkeiten  begründet  sein.  Zur  Lösung 
der  angeregten  Frage  dürften  daher  nicht  heterogene  Flüssig- 
keiten zur  vergleichenden  Untersuchung  gewählt  werden,  son- 
dern in  qualitativer  Hinsicht  gleiche  Flüssigkeiten  in  Zuständen, 
in  denen  die  Zähigkeit  gewissermaßen  als  einzige  Variable  auf- 
gefaßt werden  könnte. 


462  L.  Orunnuieh. 

Besonders  geeignet  fbr  diesen  Zweck  schienen  mir  nun 
Essigsäure-Wassermischnhgen  zu  sein,  welche  bekanntlich  ein 
merkwürdiges  anormales  Verhalten  zwischen  Konzentration  und 
Dichte  zeigen.  Essigsäure  (O^H^O,)  mischt  sich  in  allen  Ver- 
hältnissen mit  Wasser.  Hierbei  findet  anfänglich  eine  Eon- 
traktion statte  die  Dichte  der  Mischung  nimmt  deshalb  an- 
fänglich bei  Zusatz  yon  Wasser  beständig  zu,  erreicht  ihr 
Maximum  bei  einer  Mischung  von  etwa  78  Proz.  OjH^O,,  bei 
welcher  ihre  Zusammensetzung  dem  Hydrate 

C,H,0,  +  H,0(=CH,.C(OH),) 

entspricht,  um  dann  bei  weiterer  Verdünnung  wieder  beständig 
abzunehmen,  und  zwar  beträgt  nach  den  Versuchen  von  A.  C. 
Oudemans^)  der  Wert  der  Dichte' 

a»!  f&r  lOOpros.  Easigs&nre  1,0558 
„*    »      18     „  „  1,0748  ,        . 

„       „        0     „  „  0,9992. 

Zwischen  den  Dichten  1,0558  und  1,0748  entsprechen 
demnach  je  einem  und  demselben  Dichtewerte  stets  zwei  ver- 
schiedene Werte  des  Prozentgehalts  an  Essigsäure,  z.  B. 

der  Dichte  1,0558  die  beiden  Werte  100   Proz.  and  48,1  Pros., 
„  1,0607  „  „         97,9     „       „      49         „    , 

und  so  bieten  sich  unserer  Untersuchung  je  zwei  ihrer  Natur 
nach  gleichartige  Flüssigkeiten  von  gleicher  Dichte  und  gleicher 
Schwingungszahl,  aber  verschiedener  Zähigkeit  dar.  da  die 
Zähigkeit  verschieden  ist  bei  verschiedenem  Prozentgehalte  an 
Essigsäure. 

Demgemäß  wurden  je  zwei  bezüglich  ihres  Prozentgehalts 
an  Essigsäure  möglichst  weit  auseinanderliegende,  derselben 
Dichte  entsprechende  Mischungen,  deren  Zähigkeitsverhältnis 
andererseits  bestimmt  worden  war,  ausgewählt  und  deren  Ober- 
flächenspannungen nach  der  Eapillarwellenmethode  bestimmt. 

Die  Mischungen  waren  in  großen  Mengen  aus  reinster 
Essigsäure  und  reinem  destillierten  Wasser  hergestellt  worden 
von  Hm.  Dr.  E.  Fischer,  welcher  auch  die  Dichtebestim- 
mungen, sowie  die  Bestimmungen  des  Gehalts  an  Essigsäure 
auf  chemischem  Wege  auszufahren  die  Gefälligkeit  hatte.    Der 

1)  A.  C.  Ondemans,  Das  spezifische  Grewicht  der  Essigsäure  p.  46. 
Bonn  1866. 


Einfuß  der  Zähigkeit  auf  Kapiüarhonetanten.  468 

benutzte  Eisessig  war  in  der  Fabrik  von  G.  A.  F.  Kahlbaum 
dargestellt  worden,  sein  Gehalt  an  Essigsäure  betrug  99,7  Proz.; 
er  war  noch  besonders  von  Hm.  Fischer  bezüglich  seiner 
Beinheit  geprüft  worden  mit  dem  Ergebnis,  daß  er  weder  Chlor 
noch  Schwefelsäure  enthielt,  und  daß  in  ihm  weder  eine  Spur 
Ton  Metallen,  noch  von  empyreumatischen  Stoffen,  noch  von 
freien  Mineralsäuren  oder  von  festen  organischen  Säuren  nach- 
gewiesen werden  konnte. 

Die  quantitativen  Bestimmungen  wurden  ausgeführt  durch 
Titrirung  mit  einer  Genauigkeit  der  chemischen  Analyse  von 
etwa  ±0,1  Proz.,  die  Dichtebestimmungen  mittels  des  Pykno- 
meters mit  einer  Genauigkeit  von  etwa  ±  0,0002. 

Der  Untersuchung  unterworfen  wurden  nun  zunächst  fol- 
gende Paare  korrespondierender  Lösungen,  welche  bezüglich 
ihrer  Konzentration  und  Dichte  vor  und  nach  Ausführung  der 
Messungen  ihrer  Oberflächenspannungen  titriert  und  pykno- 
metrisch  bestimmt  wurden: 

97.5  proz.  Lösung  mit  der  Dichte  (Tni    »  1,0616  \ 
50,22  „  „  „      „        „  „*  -  1,0616/ 

87.6  „  „  „       „         „  »,     ■■  1,0728 1 
67,8     „           „          „       „         „  „     -  1,0725  J ' 

sowie  die  döm  Eontraktionsmaximum  entsprechende  Lösung  von 

'     78,08  Proz.  mit  der  Dichte  (ri,y  =  1,0748. 

Es  mag  besonders  I  hervorgehoben  werden,  daß  bei  den 
Lösungen  jährend  der  i  ganzen,  ziemlich  langen  Dauer  der 
Kapillaritätömessungen  Dichteänderungen  infolge  von  Ver- 
dunstung oder  von  Absorption  des  Wasserdampfes  der  Luft 
nicht  wahrgenommen  wurden.  Für  die  Dichte  der  97,5  proz. 
Lösung  ergab  sich  z.  B.  nach  Beendigung  der  Kapillaritäts- 
messungen, welche  etwa  drei  Wochen  lang  dauerten,  der  Wert 
1,0615,  welcher  genau  mit  dem  vor  Beginn  der  Messungen 
bestimmten  Werte  (1,0616)  übereinstimmte;  ebenso  fielen  fiir 
die  anderen  Lösungen  die  Abweichungen  der  Dichtebestimmungen 
vor  und  nach  Ausführung  der  Kapillaritätsmessungen  innerhalb 
der  Genauigkeitsgrenzen  der  Dichtebestimmungen  selbst  Eine 
solche  Konstanz  der  Dichte  während  eines  längeren  Zeitinter- 
valls bei  wechselndem  Feuchtigkeitsgehalt  der  Luft  habe  ich 
bei   anderen  Lösungen  bisher  niemals  beobachtete 

Bezüglich    der   Versuchsanordnung,    der   Einrichtung   der 


464 


L,  Grunmach, 


einzelnen  Apparate,  besonders  des  zur  Wellenlängenmessiuig 
der  Eapillarwellen  dienenden  Mikrometermikroskops,  sowie  des 
Doppeltrichterapparats,  welcher  es  ermöglicht,  in  jedem  Zeit- 
moment eine  reine,  frische  Flüssigkeitsoberfläche  zur  Bestim- 
mang  der  Kapillaritätskonstante  herzustellen  und  bei  beständig 
sich  erneuernder  Oberfläche  die  Beobachtungen  auszuführen, 
gestatte  ich  mir,  auf  meine  früheren  Publikationen  *)  über  diesen 
Gegenstand  hinzuweisen. 

Von  jeder  der  fünf  untersuchten  Lösungen  wurden  je  sechs 
unabhängige  Beobachtungsreihen,  deren  jede  wieder  aus  zehn 
gut  untereinander  übereinstimmenden  Einzelbeobachtungen  be- 
stand, ausgeführt.  Sie  werden  in  extenso  an  anderer  Stelle 
mitgeteilt  werden.  Hier  sollen  nur  die  erhaltenen  Mittelwerte 
ihre  Berücksichtigung  linden.  Unter  Annahme  des  bei  meinen 
früheren  Untersuchungen^  für  die  Oberflächenspannung  des 
reinen  destillierten  Wassers  gefundenen  Wertes  0,0767  g/cm 
bei  19,1^0.  erhält  man  dann  folgende  tabellarische  Zusam- 
menstellung der  spezifischen  Kohäsionen  und  der  Oberflächen- 
spannungen für  die  nach  wachsendem  Prozentgehalt  an  Essig- 
säure geordneten  Essigsäure- Wassermischungen : 


l*rozentgehalt 

an  Essigsäure 

(C,H,0,) 

Dichte 

Halbe  spezif. 
Kohäsion 

n       i 

cm 

0" 

Oberflächen- 
spannung 
rt  g/cm 

Temperatur 
in  ^C. 

0 

0,9991 

0,0768 

0,0767 

19,1 

50,22 

1,0616 

0,0357 

0,0379 

19,4 

67,8 

1,0725 

OO32I5 

0,0345 

18,6 

78,03 

1,0748 

0,0288 

0,0309^ 

17,0 

87,6 

1,0728 

0,0275^ 

0,02906 

19,0 

97,5 

1,0616 

0,0255 

0,0270^ 

19,5 

In  Fig.  1  sind  die  Kapillar  konstanten  in  Abhängigkeit  vom 
Prozentgehalt  an  Essigsäure  graphisch  dargestellt,  und  zwar 
geben  die  Abscissen  den  Prozentgehalt  an  Essigsäure,  die  Ordi- 
nalen I  und  n  die  Obertiächenspannungen  und  die  spezifischen 


1)  L.  Grün  mach  1.  c. 

2)  L.  (jrrunmach,  Wissensch.  Abhandl.  d.  Kais.  Normal-Aichungs- 
kommUsion  3.  p.  152.  1902. 


Einfuß  der  Zähigkeit  auf  Kapillarkoiutanten.  465 

Koh&sionen,  reduziert  auf  die  Temperatur  +  20"  C,  nnter  An- 
nahme der  Werte  -  0,00015,  bez.  -  0,00008  fUr  die  Temperatnr- 
koeffizienten  der  spezitiachen  Eohäslon,  bez.  der  OberSächen- 
spannong  der  Essigsäure.')  Man  sieht  aus  der  Tabelle  und  au3 
den  Kurven,  daß  die  Oberftächenspannungen  ebenso  wie  die  spe- 
zifischen KohiUionen  mit  steigendem  Prozentgehalt  an  Essigsäure 
beständig  abnehmen,  und  daB  von  zwei  Essigsäure -Waaser- 
mischungen,  welche  gleiche  Dichte,  aber  verschiedenen  I'rozent- 
gehalt  an  Essigsäure  besitzen,  diejenige  mit  höherem  Prozent- 
gebalt die  kleinere  Ober- 
flächenspannung und  klei- 
nere spezifische  Kohasion 
besitzt.  In  der  Nähe 
des  Eontraktionsmazi- 
mnms  findet  plötzlich 
eine  kleine  Senkung  der 
Kurve  statt. 

Eb  fragt  sich  nun, 
in  welchem  Zusammen- 
hange Zähigkeit  und  Kon- 
zentration der  Essigs äure - 
Wassermischungen  zu- 
einander stehen.  Würde 
mit  wachsendem  Prozent- 
gehalt an  Essigsäure  auch  Y\a.  1. 
die  Zähigkeit  der  Mi- 
schung beständig  zunehmen,  so  würden  wir  aus  den  Versuchen 
schließen  können,  daß  in  der  zäheren  von  zwei  Mischungen 
gleicher  Dichte  und  gleicher  Schwingungszahl  die  Wellenlänge 
der  Kapillarwelleo  und  folglich  auch  spezitische  Kohasion  und 
Oberflächenspannung  eine  geringere  sein  müßte.  Dies  würde 
der  durch  die  Theorie  begründeten  AutTasBung  entsprechen, 
daß  in  der  zäheren  Flüssigkeit  infolge  ihrer  größeren  inneren 
Reibung  die  Fortpfianzungsgeschwindigkeit  und  demgemäß,  da 
die  Schwingungszahl  durch  die  erregende  Stimmgabel  gegeben 
ist,  auch  Wellenlänge  und  Kapillarkonstante  verkleinert  würde. 


X 

At 

1 

■  |: 

.  ^^ 

^ 

..     ^^ 

„U L" 

1)  Rob.  Schiff,    Degli    eqnivalenti    caplllari    dei   corpi   simplic 
p.  IS.  1684.     Quetta  chemic&'Htalu  14.  p.  808.  1884. 

BaUimun-FatMtvlft.  SO 


466  X.  Orunmach. 

Solch   einfacher  Zusammenhang   zwischen   Konzentration 
und   Zähigkeit    besteht    indessen    nicht    bei    den   Essigsäure- 
Wassermischungen,  wohl  allgemein  nicht  bei  Mischungen^  welche 
ein  scharf  ausgeprägtes  Kontraktionsmaximum   zeigen.     Bud- 
berg^)   hat  wohl  zuerst   die  Vermutung   ausgesprochen,    daß 
Flüssigkeiten,    welche  ein  Kontraktionsmaximum  zeigen,  auch 
ein  Zähigkeitsmaximum  besitzen,  welches  in  inniger  Beziehung 
zu  jenem  steht,  eine  Vermutung,  deren  Richtigkeit  später  f&r 
Alkohol-Wassermischungen  ihre  experimentelle  Bestätigung  ge- 
funden hat  durch  Poiseuille^,  indem  er  mittels  der  Methode 
des  Ausäießens  durch  Kapillarröhren  nachwies,  daß  der  Mischung 
CjHgO  +  SHgO  ein  Maximum  der  Ausflußzeit,  d.  h.  ein  Maxi- 
mum der  Zähigkeit  entspricht,  femer  durch  Graham'),  welcher 
ebenfalls   für  Mischungen   zeigte,   daß  Maximalwerte  der  Rei- 
bung für  bestimmt  charakterisierte  Hydrate  derselben  existieren. 

Über  die  Zähigkeit  von  Essigsäure -Wassermischungen  in 
Abhängigkeit  von  Konzentration  und  Temperatur  liegen  nun 
ausgedehnte  Untersuchungen  vor  von  K.  Noack*)  und  von 
R.  F.  D'Arcy^),  von  letzterem  allerdings  nur  für  das  Konzen- 
trationsgebiet 62,5  bis  99  Proz.,  aus  denen  sich  ergibt,  daß 
von  62,5  Proz.  an  die  Zähigkeit  mit  steigendem  Prozent- 
gehalt an  Essigsäure  bis  zu  einem  Maximum,  das  etwa  bei 
80  Proz.,  also  in  der  Nähe  des  Kontraktionsmaximums  liegt, 
zunimmt,  und  daß  dann  die  Zähigkeit  bei  Zusatz  von  Essig- 
säure zur  Mischung  anfänglich  langsam,  dann  aber  sehr  rasch 
abnimmt. 

In  ziemlich  guter  Übereinstimmung  mit  den  D'Arcy sehen 
Resultaten  sind  die  Ergebnisse  der  Untersuchungen  von  Noack, 
welche  ein  größeres  Konzentrationsgebiet  umfassen  und,  so- 
weit sie  für  unseren  Zweck  in  Frage  kommen,  in  Fig.  2 
graphisch  dargestellt  sind.  Die  Abscissen  geben  die  Prozente 
an  reiner  Essigsäure,  die  Ordinaten  die  Werte  der  Fluidität  für 
die  beiden  Temperaturen  15  und  30  ^C.     Man  erkennt  leicht, 


1)  F.  Rudberg,  Pogg.  Ann.  13.  p.  496.    1828. 

2)  J.  L.  M.  Poiseuille,  Compt.  Rend.  15.  p.  1167.    1842. 

3)  Th.  Graham,    Phil.   Trans.    151.    I.  p.  273.    1861.     Vgl.   auch 
W.  König,  Wied.  Ann.  25.  p.  622.    1885. 

4)  K.  Noack,  Wied.  Ann.  28.  p.  666.  1886. 

5)  R.  F.  D'Arcy,  Phil.  Mag.  V.  28.  p.  221.    1889. 


Emftuß  d«r  Zakiffkeit  auf  Kapillarkoiutanten.  467 

daß  das  Minimuin  der  Flnidität  (Mazimam  der  Zähigkeit)  bei 
einer  Eonzentration  von  etwa  77  Proz.,  enteprechend  der 
Forniel  C,H^O,  +  H^O,    stattfindet,  und   daß  eine  merkbare 

Verschiebung    desselben    beim  ^ 

ijbergang  yon  einer  Kurve  be-  '^ 
stimmter  Temperatur  zu  einer 
Xure  anderer  Temperatur  nicht  ^ 
«intritt      Merkwürdig   ist    hier   ^ 
-wieder  daa  rasche  Wachsen  der  , 
Flnidität  (die  rasche  Abnahme 
der  Zähigkeit)  Ton  dieser  Kon- 
zentration  an   bei  Zusatz    von  j 
Essigsäure  zur  Mischung. 

Interpoliert  man  aus  den 
Werten  von  D'Arcy  und  Ton  ■ 
Noack  f^  die  Zähigkeit  und 
die  Flnidität  benachbarter  Eon- 
zentrationen  und  Temperaturen 
die  entsprechenden  Werte  fUr  die  Ton  mir  untersuchten  Kon- 
zentrationen bei  der  Temperatur  Ton  20"  C.^,  so  erhält  man 
folgende  Znsammenstellung: 


Utf 

"V 

uo 

"S 

f» 

Z  \ 

:^  ^-^ 

'  \  ^^ 

T.. 

"     \    -kl  1  1  VII-:. 

l        ^i. 

q/. 

""~  --  " 

'" 

Fig.  2. 


Proient- 

Viskosität 

gehalt  an 

Dichte 

nach 

Ewig- 

"■'/. 

auf  Waese 

aiure 

von  20  "0.= 

0 

0,9991 

1,00 

50,22 

I,06ie 

— 

67,8 

1,0725 

2.f.5 

78,03 

l,0"48 

2,i;3 

B1.6 

1,0728 

2,44 

97,5 

1,0616 

1,44 

Fluidiifit     L    „  .1     „, 

nachNoack,!^*"^  "P"'"^^'     ^^"^ 

hp  a  f  I  Kt^l^'B''")  flächen- 
",  Wa^ervon  I  "  in  cm'  ;''P'"""^e 
1  20' C.  =  lOOi    "^  "  ""  8^'"" 


100,0 


0,0767 
0,0356, 
0,0320i 
0,0286 
0,0275 
0,0254, 


0,0766 
0,0378, 

0,0344 
0,0307 

o,o2sr> 

0,0270 


Ein  geäetznili Biger  Zusammenhang  zwischen  Zähigkeit  und 
spezifischer    Kohüsiou    oder  OberBäcbenspannung   ist  aus  den 

1)  Diu  Interpolation  ist  oalUrlich  mit  einer  gewisgea  Unsicherheit 
behaftet,  einmal  wegen  den  EinfluBBea  der  Temperatur  auf  die  Zähigkeit 
Dod  zweitens,  weil  vum  KonzeDtralionamaximum  an  die  rasche  Abnahme 
der  Zähigkeit  bei  Zusatz  von  EMigBiure  stattfindet. 


468     X.  Orunmach,    Einfluß  der  Zähigkeit  auf  Kapillarkanstanteru 

vorliegenden  Elrgebnissen  nicht  ersichtlich.  Während  die  Zähig- 
keit mit  wachsendem  Prozentgehalt  an  Essigsäure  bis  in  die  Nähe 
des  Kontraktionsmaximums  zunimmt,  um  von  dort  ab  bei  weiterem 
Zusatz  von  Essigsäure  zur  Mischung  wieder  und  zwar  sehr  stark 
abzunehmen,  nehmen  spezifische  Kohäsion  und  Oberflächenspan- 
nung mit  wachsendem  Gehalt  an  Essigsäure  beständig  ab.  Von 
zwei  Elssigsäure-Wassermischungen  gleicher  Dichte  und  Schwin- 
gongszahl,  aber  verschiedener  Zähigkeit^  hat  diejenige  von 
höherem  Prozentgehalte  an  Essigsäure  die  kleinere  Oberflächen- 
spannung und  kleinere  spezifische  Kohäsion.  In  der  Nähe 
des  Eontraktionsmaximums ^  das  nahezu  mit  dem  Zähigkeits- 
maximnm  zusammenfällt,  tritt  allerdings  der  aus  der  Theorie 
gefolgerte  Einfluß  der  Zähigkeit  auf  die  Wellenlänge  deutlicher 
hervor,  denn  dort  findet,  wie  aus  Fig.  1  p.  465  ersichtlich  ist, 
eine  plötzliche  Abnahme  der  Eapillarkonstanten  statt.  Der 
betreffende  Punkt  fällt  scheinbar  aus  der  Kurve  heraus.  Mehr- 
fach wiederholte  Bestimmungen  des  Prozentgehalts,  der  Dichte 
und  der  Kapillarkonstanten  derselben  Mischung  haben  indessen 
die  Richtigkeit  seiner  Lage  bestätigt.  Da  aber  ein  und  die- 
selbe Dichte  1,0748  zu  einem  größeren  Konzentrationsgebiete, 
nämlich  zu  den  Mischungen  von  80,  79,  78  bis  zu  77  Proz.  ge- 
hört, so  werden  zur  Aufklärung  jener  Unstetigkeit  noch  einige 
dieser  Mischungen  zu  untersuchen  sein. 

(Eingegangen  21.  September  1903.) 


469 


58.  Sn  la  teoria  dell'  analisi  spettrale. 

Di  A.  GarbaBSO  in  Grenova. 


Neben  der  aUgemeinen  theo- 
retisohen  Phjsik  sind  die  Bilder 
der  mechanischen  Phjsik  sowohl 
um  neues  m  finden,  als  auch  um 
die  Ideen  xu  ordnen,  Qberticht- 
lieh  darzustellen  nnd  im  QedScht- 
nia  *a  behalten,  Inßent  nQtalich 
und  noch  heute  fortaupfiegen. 

Boltxmann. 

1.  Ho  dato  receutemente  la  soluzione  del  problema  piü 
generale^  relativo  alle  scariche  dei  condensatori^)^  il  quäle 
problema  si  pu6  enunciare  in  questo  modo: 

„n  conduttori  complessi  sono  posti  in  presenza  e  il  v-esimo 
di  essi  contiene  c^  capacitä  e  f^  fili;  si  assegnano  le  cariche  e 
le  correnti  cd  tempo  zero  e  si  domanda  di  ccUcolare  cariche  e 
carrenii  per  un  istante  qucUunque/' 

Ho  fatto  vedere  che  in  tale  caso  generalissimo  ognuna 
delle  quantitä  incognite  soddisfa  ad  un'eqnazione  dififerenziale 
lineare  ed  omogenea,  a  coefficienti  costanti^  dell'  ordine: 

n 

1 

Qnesto  teorema  si  pu6  mettere  sotto  una  forma  piü 
semplice;  basterä  osservare  infatti  che,  se  il  o-esimo  conduttore 
fosse  isolato  T ordine  della  sua  equazione  differenziale  sarebbe: 

n  =  ^r  +  /i-l> 
viene  dunque: 

1 

E'  una  proposizione,  che  ha  manifestamente  un'  impor- 
tanza  considerevole  per  la  teoria  delF  analisi  spettrale;  l'allarga- 

1)  A.  Garbusso,  Memorie  della  R.  Accademia  delle  Scienze  di 
Torino  (2)  53.  p.  127.  1903. 


470 


A,  Garbasso. 


mento  delle  righe,  Fesistenza  di  spettri  caratteristici  per  le 
combinazioDi,  come  delle  serie  di  doublets  e  triplets,  derivano 
da  essa  in  un  modo  semplice  e  naturale. 

Mi  propongo  di  dame  im  esempio  con  l'esame  di  alcuni 
casi  particolari,  e  spingerö  il  calcolo  fino  alle  ultime  con- 
seguenze  numeriche. 

2.  Consideriamo  all'uopo  un  conduttore  costituito  da  tre 
capacitä  uguali  (Fig.  1  e  8)  riunite  da  due  fili  uguali,  rettilinei 
e  ortogonali;  e  supponiamo  i  fili  cosi  lunghi  che  le  azioni 
elettrostatiche  fira  capacitit  e  capacitä  risultino  trascurabilL 
n  calcolo  di  questa  disposizione  non  presenta  nessuna  diffi- 
coltji.  Chiamando  B  ed  L  Ib.  resistenza  e  il  coefficiente  di 
autoinduzione  di  ciascun  filo,  K  il  coefGciente  di  Potenziale 
(che  sarebbe  nel  caso  nostro  il  reciproco  della  capacitä),  t|  e 
^  le  correnti  del  primo  e  del  secondo  filo^  e  ponendo  per 
comodo  di  scrittura: 

5'  =  (Ä  +  iJP)i)  +  2Z, 


avremo  infatti: 


e  quindi: 


I 


Sil  -^4-0 
-Ki^  +  Si,  =0, 


S-K 
-K     S 


i^  =  0.        Ä  =  1,2. 


La  caratteristica  dell'  equazione  differenziale  si  ottiene 
ponendo  a  zero  il  detenninante,  e  considerando  il  D  come 
nn'  incognita,  sarä  dunque: 

=  (5>  -  Z»)  =  (5  -  K){S  +  Z)  =  0. 


(a) 


-  A'      S 


Dal   quäle   resultato    si    deduce    immediatamente    che   il 
conduttore  proposso  emette  uno  spettro  di  due  righe  coi  periodi: 


(«) 


2i  =  2«|/3\. 


Teoria  ddf  analisi  spettrale.  471 

8.  Adesso  yogliamo  supporre  che  due  conduttori  del  tipo 
di  quello  studiato  innanzi  si  trovino  in  presenza  (Fig.  2  e  4); 
ma,  par  rendere  meno  pesanti  i  calcoU  materiali,  ammetteremo 
che  i  quattro  fili  siano  tutti  uguali,  e  la  posizione  relatiya  sia 
tale  che  il  primo  filo  del  primo  conduttore  agisca  solamente 
sul  primo  filo  del  secondo  e  il  secondo  filo  sul  secondo  filo, 
e  i  coefficienti  di  induzione  relativi  alle  due  coppie  siano 
identici^  appunto  come  appare  dalle  figure. 

Supporremo  ancora  che  le  capacitä.  yariino  da  un  con- 
duttore all'  altro ;  come  prima  non  yi  saranno  azioni,  fra  cariche 
libere  in  uno  stesso  conduttore;  yi  saranno  bensi  fra  cariche 
dell'  uno  e  dell'  altro.  Per  semplificare  ammettiamo  che  la 
prima  capacitä  agisca  su  la  prima,  la  seconda  su  la  seconda, 
la  terza  su  la  terza  e  i  coefficienti  di  Potenziale  relatiyi  alle 
tre  coppie  siano  uguali. 

Indicheremo  con  M  il  coefficiente  di  induzione  mutua, 
con  K^^,  K^^  e  A  i  coefficienti  di  Potenziale,  con  i^^^,  i^^^,  i^** 
e  ^^*  le  correnti  e  porremo: 

S'^^{R  +  LD)D  +  2K^^ 
s  =  MD^  +  2h. 

Verrä  senz'  altro: 

-  Z^i)  f^ci)  +  5^1)  ^(D  -  Ä  ij<»     +s  «V»       =  0 

-  h  i^'^'     +  s  i^^^      -  Z^»  i^'^  +  S<»  iV*  =  0, 


e  quindi: 


5/i>  _  A'<i>      s      -  h 

-   h  5         -   A<2)        5(2) 


/i=l,2 


La  caratteristica  delF  equazione  differenziale  si  ottiene 
come  prima  ponendo  a  zero  il  determinante  e  considerando 
il  D  come  un'  incognita;  essa  6  dunque: 


472 


Ä,  Octrbatso. 


(b) 


6^(1)  _  Z")      t      -h 


=  (<S<»  Ä«  +  Z<»  Ä"«»  - 


-A  *     -Z<»      5® 

_  ,«  _  A«)»  -  (Z<»  fif«  +  Z«  5<>i  -  2Ä  »)»-  («'J»  -S<»  +  Ä"'"  Ä"'»  - 

,» _  A»  -  z<"  5*  -  jr<»  «'"  +  2  A »)  (s<"  5«  +  jr<"  jr<»  - 

_  ,«  _  A«  +  Z'"  5'»  +  jK:«»  5'»  -  2  A  «)  =  0. 

Segne  di  qui  che  il  sistema  proposto  emette  uno  spettro 
di  qnattro  righe  coi  periodi: 


iß) 


T,\  Tr^2n  ^ 


2  (L«  -  Jf  •) 


-  2Ä  Jtf]«  -  4(jr">  iC«>  -  Ä«)(L«  -  itf«) 


2  (L«  -  Jf «) 


ä:(«)  L-2hM±y  [(ä:<»  +  zw  L 

4.  Queste  formole  disgraziatamente  sono  troppo  complesse 
perch6  se  ne  possa  vedere  chiaramente  il  significato.  In  alcuni 
casi  particolari  si  prestano  ad  ogui  modo  ad  una  interpre- 
\tazione  semplice.  Supponiamo  anzitutto  che  K^^  e  K^^  siano 
assai  divers!  e  che  le  quanütit 

h  ,^  h 


B  = 


M 

L 


a^"  = 


«<»  = 


KU)      -  j^w 

siano  piccole,   cosi  piccole   che  si  possano  giä,  trascorare  le 
potenze  superiori  alla  seconda  (Fig.  2\ 

Verri: 


M 


2  (A^<»)  -  A'<«) 


2  (A'<-'  -  A<^')J  ' 

sotto  altra  forma,  se  si  chiamano  T^^^\  T^^^\  T^^^,  1^^^  i  periodi 
relativi  ai  due  conduttori  isolati  e  si  pone  ancora: 


Teoria  deW  analisi  spettrak. 


473 


ö(» 


KW  (e  -  ««)• 


lisulterä: 


2  (iC«  -  Z<") ' 

i;**  =  ?;<»  (1  -  e<*) 
7,*  =  ?;<«  (1  -  ö«^') 
t;**  =  r,^®  (1  -  ö<*) . 

I  periodi  del  sistema  composto  si  ottengono  dunque  molti- 
plicando  per  certe  costanti  gli  spettri  dei  conduttori  componenti. 

Questo  risultato  trova  un  riscontro  nelle  osservazioni  del 
sig.  Grünwald  sulo  spettro  del  vapor  d'acqua,  e  sul  modo  nel 
quäle  lo  si  pu6  dedurre  da  quelli  dell'  idrogeno  e  dell'  ossigeno. 

5.  ÜD  altro  caso  semplice  6  quello  in  cui  i  due  conduttori 
sono  rigorosamente  uguali  (Fig.  4)^  caso  che  si  traduce  nella 
condizione  ^^^^  ^  j^^^  ^  ^ 

Le  formole  (ß)  fomiscono  allora: 


(^ 


yale  a  dire^  se  si  suppongono  piccoli  daccapo  i  rapporti: 

M  h 


e  = 


a  = 


t  —  a\ 
i  —  a\ 

=  2«l/Ä(>+'--r)- 


77  »♦ 
-^1 


T^*   ==2n 


^2 


474 


A.  Oarbasso, 


Chiamando  T^  e  T^,  come  al  paragrafo  2,  i  periodi  relatiyi 
a  ciascun  conduttore  isolato,  e  ponendo  ancora: 


d 


—  o 


1 


^ 


9     9 


•  ^ 


3 


<• 


•    9 


4 


viene  dunque: 


m  * 

yr  ♦ 

rp  >Me 
^2 


7;  (1  -  0) 

1\  (1  +  0) 
Tt  (1,+  ö), 


learia  delf  analisi  speUrah. 


475 


E  perö  il  sistema  composto  ha  uno  spettro,  nel  quäle  le 
righe  relative  ai  conduttori  componenti  sodo  sostituite  da  al- 
trettanti  doublets. 

6.  Allo  stesso  risultato  si  puö  arriyare  per  una  via  piü 
elegante,  senza  nemmeno  svolgere  Tequazione  caratteristica  (b). 
Nel  caso  attuale  codesta  equazione  ha  infatti  la  forma: 

S  ^  K     s  -h 

j        5  -  /i      S  -K 

! - Ä       s -K      S 

se  ora  si   somma   la  terza  con  la  prima  e  la  quarta  con  la 
seconda  orizzontale  risulta: 

S  +  8   -  (ä:  +  A)       5  +  Ä  -  (A^  +  A) 
-  (A  +  Ä)       S  +  s  ^{K'{-  h)      S  +  s 
s  -A  S  -Z 

—  h  s 


=  0; 


=  0, 


ossisL,  sottraendo  la  prima  dalla  terza  e  la  seconda  dalla  quarta 
Terticale: 


S  +  s  -(Z+A) 
-  (Z  +  A)        S  +  s 
s  —  h 

-A  s 

S  +  s  -  (a:  +  A) 

-  (A'  +  h)        S+  s 


0  0 

0  0 

S-s  -  (A  -  A) 

-  ( A  -  A)       S^s 

I         5  -  jf  -  ( A  -  A) 
-  (A  -  A)        S-s 


=  0. 


Basta  confrontare  quest'  ultima  condizione  con  la  (a)  per 
vedere  come  dalle  (a)  seguano  immediatamente  le  (d). 

7.  Per  calcolare  gli  spettri  riprodotti  nelle  figure  ho 
supposto  che  i  fili  fossero  lunghi  30  cm  e  spessi  0,03;  le 
capacita  sono  palline  di  3  cm  di  diametro  nel  conduttore 
della  figura  1  e  palline  di  4  cm  nel  conduttore  della  figura  3. 

II  sistema  della  tigura  2  risulta  dalla  riunione  di  un  con- 
duttore (1)  con  un  conduttore  (3),  e  il  sistema  della  figura  4 
e  una  coppia  di  conduttori  (3).  La  distanza  fra  i  tili  paralleli 
nelle  figure  2  e  4  e  di  10  cm. 


476  A  Garbasso.     Teoria  delP  analisi  spettrale. 

Le  lunghezze  d'onda,  che  si  calcolano  con  questi  dati, 
sono  le  seguenti: 

1.  76,9  188,2 

2.  76,1  89,8         181,9  154,7 
8.                      88.8                                      158,8 

4.       87,8  89,4         152,1  164,8 

Conduttori  e  spettri  farono  disegnati  in  yera  grandezza  e 
poi  fotografati;  siccome  le  lunghezze  d'onjda  yariano  come  le 
dimensioni  lineari  dei  sistemi  che  le  emettono,  la  rappresen- 
tazione  continua  a  valere. 

Genova,  Istituto  Fisico  della  R  Universitä,  15.  Set- 
tembre  1908. 

(EiDgegangen  21.  September  1908.) 


477 


59.  Über  die  elektrische  Dispersion  der  Kristalle. 

Von  Ij.  Oraets  in  München. 


Seitdem  Boltzmann  in  einer  seiner  frühesten  Arbeiten^) 
zum  erstenmal  die  dielektrischen  Eigenschaften  der  Kristalle 
untersucht  und  sie  mit  den  Forderungen  der  elektromagne- 
tischen Lichttheorie  übereinstimmend  gefunden  hatte  ^  ist  das 
experimentelle  Material  lange  Zeit,  bis  zum  vorigen  Jahre, 
nicht  wesentlich  ausgedehnt  worden.  Das  Besultat  der  Boltz- 
mann sehen  Untersuchung  des  rhombischen  Schwefels  ergab 
hauptsächlich  die  zwei  Tatsachen,  1.  die  Achsen  des  größten, 
mittleren  und  kleinsten  optischen  Brechungsindex  sind  zugleich 
auch  die  Achsen  der  größten,  mittleren  und  kleinsten  Dielek- 
trizitätskonstante;  2.  das  Quadrat  des  Brechungsindex  für  jede 
dieser  drei  Achsen  ist  im  wesentlichen  gleich  der  betreffenden 
Dielektrizitätskonstante.  Die  Erweiterung  des  experimentellen 
Materials,  die  seitdem  stattgefunden  hat,  hat  in  keinem  Falle 
mehr  das  zweite  der  obigen  Resultate  ergeben.  Bei  allen 
untersuchten  Kristallen  war  die  Dielektrizitätskonstante  b  größer 
als  das  Quadrat  des  Brechungsindex  n,  bez.  der  Konstante  der 
Cauchyschen  Formel.  Auch  bei  den  allermeisten  isotropen 
Körpern  findet  dieselbe  Abweichung  statt,  die  bekanntlich  auf 
Absorptionen  im  Bereich  der  langen  Wellen  schließen  läßt 
Dagegen  fand  sich  das  erste  der  obigen  Resultate,  welches 
man  kurz  so  aussprechen  kann,  daß  die  Reihenfolge  der  Achsen 
für  die  optischen  und  die  elektrischen  Bewegimgen  dieselbe 
ist,  zunächst  bei  allen  untersuchten  Kristallen,  zu  denen  optisch 
einachsige  und  optisch  zweiachsige  rhombische  und  klinorhom- 
bische  gehörten,  wieder. 

Indes  auch  dieser  Satz  gilt  nicht  allgemein.  In  einer 
Untersuchung,  die  Fellinger^   auf  meine  Veranlassung  und 


1)  L.  Boltzmann,   Wien.  Ber.  (2)  68.   p.  81.    1878.    70.   p.  807. 
1874.     Pogg.  Ann.  153.   p.  525.  1874. 

2)  R.  Fellinger.  Ann.  d.  Fhys.  7.  p.  888.  1902. 


478  i.  Graetz. 

nach  einer  von  Graetz  und  Fomm  angegebenen  Methode 
ausführte,  ergab  sich  zum  ersten  Male  eine  Abweichung  von 
demselben,  eine  unerwartete  Vertauschung  der  Achsen,  und 
zwar  beim  Baryt  Für  diesen  ist  die  Ebene  der  optischen 
Achsen  die  Ebene  {010},  wenn  die  Ebene  größter  Spaltbarkeit 
zu  {001},  die  prismatische  zu  {110}  genommen  wird.  Wird  die 
Achse  senkrecht  zu  {010}  als  ^ -Achse  genommen,  die  erste 
und  die  zweite  Mittellinie  als  c  bez.  a  so  sind  die  Brechungs- 
exponenten ftkr  den  Baryt 

ß  7 

för  die  Linie  0    1,6336         1,6848         1,6452 

„      „         „      D     1,6368         1,6875         1,6480 

„      „         „      E    1,6897         1,6409         1,6517 

Die  Werte  von  ß  haben  also,  wie  es  sein  muß,  den  mitt- 
leren Wert  und  a  und  y  weichen  erheblich  voneinander  ab. 
Im  Oegensatz  dazu  zeigte  sich  die  Dielektrizitätskonstante 
gerade  in  der  Richtung  senkrecht  zu  {010}  als  die  größte.  Es 
war  nämlich  f&r  dieselben  drei  Richtungen 

ij  =  6,9739       «2  =  10,0876       «,  =  6,9964. 

Auch  ein  zweiter  Baryt,  für  den  bloß  c^  und  t^  gemessen 
wurde,  ergab  c^  viel  größer  als  «j,  nämlich 

«1  =  7,133       6,  =  11,911. 

Dieses  Resultat  ist  sehr  auffallend,  und  Beckenkamp  ^) 
vermutete,  daß  die  Beobachtung  am  Baryt  infolge  von  Pyro- 
elektrizität  gefälscht  sei,  was  an  sich  bei  der  angewandten 
Methode  möglich  gewesen  wäre,  wenn  nicht,  wie  es  der  Fall 
war,  gerade  dieser  Fehlerquelle  besondere  Aufmerksamkeit 
geschenkt  worden  wäre.  Inzwischen  ist  nun  das  Resultat 
von  Fellinger  am  Baryt  durch  eine  nach  ganz  anderer 
Methode  ausgeführte  Untersuchung  von  W.  Schmidt^  durch- 
aus bestätigt  worden.  Dieser  fand  nämlich  bei  zwei  Baryt- 
kristallen bei  derselben  Bezeichnung  der  Achsen  im  Mittel: 

I     8i  =  7,62         e,  =  12,25         e,  =  7,62 
II     «1  =  7,69         e,  =  11,00         eg  =  7,70. 


1)  J.  Beckenkamp,   Zeitschr.  f.  Kristallogr.  u.  Min.  35.    p.  184. 

1901. 

2)  W.  Schmidt,  Ann.  d.  Phys.  9.  p.  933.    1902. 


Elektr.  Dispersian  der  Kristalle.  479 

Also  auch  hier  ist  e,  ^^^  größer  als  «^  und  $^,  und  die 
letsEteren  beiden  Werte  sind  wie  bei  Fellinger  nahezu  einander 
gleich.  Schmidt  fand  zugleich  noch  bei  einem  zweiten  Kristall, 
Cölestin^  der  ebenfalls  rhombisch  ist,  dasselbe  Verhalten.  (Baryt 
ist  schwefelsaures  Baryum,  Cölestin  schwefelsaures  Strontium.) 
Für  den  Cölestin  sind  bei  derselben  Bezeichnung  der  Eristall- 
achsen  die  optischen  Brechungsindizes 

a  ß  Y 

für  die  Linie  D     1,62198         1,62867         1,68092, 

während  die  Dielektrizitätskonstanten  sich  bei  zwei  Kristallen 
im  Mittel  ergaben: 


I     «1  =  8,20 

e,  «  18,15 

%  =  8,00 

II     8i  =  8,30 

a,  »  18,50 

«,  «=  7,70. 

Hier  ist  also  c,  verhältnismäßig  noch  bedeutend  mehr  ge- 
wachsen  wie  beim  Baryt 

Die  Tatsache  selbst  ist  also  durch  diese  zwei  nach  ver- 
schiedenen Methoden  angestellten  Untersuchungen  sicherge- 
stellt Aus  dieser  Tatsache  folgt  aber  sofort  folgendes:  Da 
die  optischen  Achsen  eines  zweiachsigen  Kristalls  immer  in  der- 
jenigen Ebene  liegen,  welche  senkrecht  steht  auf  der  Richtung 
des  mittleren  Brechungsexponenten  und  da  ebenso  die  elek- 
trischen Achsen,  d.  h.  diejenigen  Achsen,  in  welchen  die  elek- 
trischen Bewegungen  gleiche  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  im 
Kristall  haben,  senkrecht  stehen  auf  der  Richtung  der  mitt- 
leren Dielektrizitätskonstante,  so  folgt,  daß  für  den  Baryt  und 
den  Cölestin  die  Ebene  der  elektrischen  Achsen  senkrecht 
steht  auf  der  Ebene  der  optischen  Achsen.  Während  für  das 
Licht  die  Ebene  a  c  die  Acbsenebene  ist,  ist  es  für  die  Elek- 
trizität die  Ebene  ha  bez.  bc,  je  nachdem  6j§«3  ist.  Wir 
haben  es  also  mit  gekreuzter  Stellung  der  Achsenebenen  für 
die  raschen  Lichtbewegungen  und  die  langsamen  elektrischen 
Bewegungen  zu  tun.  Aus  dem  optischen  Verhalten  kann  man 
für  diese  bei  langen  Wellen  eintretende  Kreuzung  nicht  ein- 
mal einen  Anhaltspunkt  finden.  Ein  solcher  wäre  vorhanden, 
wenn  der  optische  Achsenwinkel  mit  wachsender  Wellenlänge 
im  sichtbaren  Teil  des  Spektrums  bedeutend  kleiner  würde. 
Aber  gerade  das  Gegenteil    ist  für  den  Baryt  der  Fall.     Für 


480  L,  Oraetz. 

diesen  berechnet  sich  der  wahre  Achsenwinkel  2  V  bei  20  ®  fttr 
die  Linien 

C  zu  35  MO'         D  zu  34^47'         F  zu  34<>35'. 

Für  den  Gölestin  ergibt  sich  wohl  eine  kleine  Abnahme 
für  C  rechnerisch,  doch  scheinen  die  Zahlen  für  die  Brechungs- 
exponenten nicht  genügend  sicher  zu  sein.  Für  den  Cölestin 
wird  2  7 

bei  C  50^23'        D  52or        F  51^30'. 

Eine  solche  Kreuzung  der  Ebenen  der  optischen  Achsen 
für  Wellen  verschiedener  Länge  ist  übrigens  auch  flir  das 
Licht  keine  unbekannte,  wenn  auch  eine  seltene  Erschei- 
nung. Es  gibt  einige  Kristalle,  und  der  Brookit  (Titanoxyd) 
ist  das  Hauptbeispiel  daf&r,  welche  in  dem  Bereich  des  sicht- 
baren Spektrums  eine  derartige  Dispersion  zeigen,  daß  die 
Ebene  der  optischen  Achsen  für  Rot  und  Gelb  senkrecht  steht 
auf  derjenigen  für  Grün  und  Blau.^)  Die  merkwürdigen  Bilder, 
welche  eine  Platte  aus  solchem  Kristall  in  konvergentem  weißen 
Lichte  zeigt,  sind  in  dem  angeführten  Werke  von  Groth  ab- 
gebildet. Wenn  man  nun  nicht  nur  das  Gebiet  der  sichtbaren 
Wellen,  sondern  das  gesamte  Gebiet  der  Wellen  bis  zu  den 
elektrischen  in  Betracht  zieht,  so  mag  diese  Erscheinung,  wie 
Baryt  und  Cölestin  es  zeigen,  eine  viel  allgemeinere  sein.  Ein 
zweiachsiger  Kristall,  der  in  gewissen  Gebieten  der  Wellen- 
längen eine  Kreuzung  der  optischen  Achsenebenen  zeigt,  muß 
notwendig  für  eine  dazwischenliegende  Wellenlänge  sich  wie 
ein  einachsiger  Kristall  verhalten.  Das  Analogen  dafür  ist  bei 
einachsigen  Kristallen  eine  solche  Dispersion,  daß  der  Kristall 
aus  einem  optisch  positiven  zu  einem  optisch  negativen  wird, 
wobei  er  notwendig  für  eine  dazwischenliegende  Wellenlänge 
isotrop  erscheint.  Auch  dafür  zeigen  die  von  Schmidt  an- 
gegebenen Zahlen  ein  oder  zwei  Beispiele.  Der  Eisenspat 
ist  nach  der  Angabe  von  Groth ^)  stark  negativ  doppelbrechend, 
d.  h.  n  II  Achse  ist  größer  als  n   JL  Achse.    Im  Gegensatz  dazu 


1)  P.  Groth,  Physikalische  Kristallographie.  3.  Aufl.  p.  109  u. 
390.  1895.  Leider  scheinen  gerade  für  solche  Kristalle  keine  genauen 
Messungen  der  Brechungsindizes  vorzuliegen,  obwohl  sie  hier  besonderes 
Interesse  hätten. 

2)  P.  Groth  1.  c.  p.  470. 


Elektr.  Dispersion  der  KristaUe.  481 

ist  die  Dielektrizitätskonstante  «^  im  Mittel  6^85,  a^  im  Mittel 
7^6,  also  ist  der  Kristall  f&r  diese  Wellen  positiv.  Beim 
Zirkon,  der  optisch  negativ  ist,  geben  die  Zahlen  6^«=  12,6, 
a^  s  12,8  zwar  positive  Doppelbrechung,  doch  so  geringe,  in 
die  Fehlergrenzen  fallende  Differenzen,  daB  man  den  Kristall 
f&r  diese  Wellen  sogar  als  regulär  ansehen  kann.  Diese  Ver- 
änderungen im  Charakter  der  Doppelbrechimg  für  verschiedene 
Wellen  sind  natürlich  zu  unterscheiden  von  denen,  die  durch 
die  Wärme  hervorgebracht  werden,  da  die  molekulare  Kristall- 
struktur  ja  dabei  dieselbe  bleibt. 

Die  Ursache  für  die  Erscheinungen  beim  Baryt  und  Gö- 
lestin  beruhen  offenbar  auf  anomaler  Dispersion  in  dem  Ge- 
biet zwischen  den  Lichtwellen  und  den  elektrischen,  und  lassen 
sich  also  zurückführen  anf  Absorptionen  im  Ultrarot  Wenn 
man  die  Helmholtzsche  Theorie  des  mit  lonenpaaren  be- 
lasteten  Äthers  zugrunde  legt,  so  sind  es  also  die  durch  Rei- 
bung gedämpften  Eigenschwingungen  der  Ionen,  welche  die 
Absorption  und  den  anomalen  Verlauf  der  Dispersion  ver- 
anlassen. Die  Helmholtzsche  Theorie  ist  zwar  nur  für  isotrope 
Medien  in  Gleichungen  gefaßt,  es  hat  aber  keine  Schwierigkeit, 
die  entsprechenden  Gleichungen  für  einen  doppeltbrechenden 
Kristall  mit  fester  Achsenrichtung  (rhombischen)  hinzuschreiben, 
bei  denen  man  außer  den  3  Dielektrizitätskonstanten  e^  «a  S 
noch  die  Konstanten  a^  und  k  der  Helm  hol  tz  sehen  Theorie 
nach  den  drei  Achsenrichtungen  verschieden  annehmen  muß. 
Auch  hat  es  keine  Schwierigkeit,  aus  dem  Ansatz  für  ebene 
Wellen  eine  Gleichung  zu  erhalten,  welche  formell  der  Fres- 
n eischen  Gleichung  für  die  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  F 
analog  ist,  nur  daß  an  Stelle  dieser  Größe  hier  eine  komplexe 
Größe  auftritt,  deren  reeller  Teil  allein  die  Fortpflanzungs- 
geschwindigkeit ist.  Die  Trennung  aber  der  erwähnten  Glei- 
chung in  einen  reellen  und  imaginären,  den  Absorptionsverlauf 
darstellenden  Teil,  führt  im  allgemeinen  zu  unübersichtlichen 
Formeln,  wie  schon  für  allgemeinere  Dispersionstheorien  von 
Drude  ^)  gezeigt  wurde.  Man  kann  aber  ohne  spezielle  Rech- 
nung aus  den  elektrischen  Erscheinungen  am  Baryt  und  Cölestin 
doch  gewisse  Schlüsse  auf  deren  Kohäsion   und  Spaltbarkeit 


1)  P.  Drude,  Wied.  Ann.  40.   p.  665.    1890. 

Boltsmann-FestAchrilt.  61 


482  L.  Ortutz.     Elehir,  Ditpersion  der  Kristalle, 

nach  bestimmten  Richtungen  ziehen.  Da  die  starke  Veränderung 
der  Dielektrizitätskonstante  in  der  Richtung  der  ^Achse,  welche 
in  diesen  Kristallen  die  Makroachse  ist^  stattfindet^  so  muß  sie 
hervorgebracht  sein  durch  Eigenschwingungen  der  lonen^  welche 
senkrecht  zu  dieser^  also  in  der  Ebene  {010}  stattfinden.  Da 
nun  diese  Schwingungen  der  Ionen  Absorptionen  im  Ultrarot 
erzeugen  sollen,  so  müssen  sie  verhältnismäßig  langsame  sein, 
während  diejenigen  Schwingungen,  die  die  Dispersion  im  sicht- 
baren Spektrum  hervorbringen  und  die  Absorptionen  im  Ultra- 
violett ausüben,  viel  raschere  sind.  Es  folgt  also  für  die  Kräfte, 
von  denen  die  lonenpaare  angegriffen  werden,  daß  diese  in 
der  Ebene  {010}  geringere  sein  müssen,  als  in  den  senkrecht 
dazu  stehenden  Ebenen.  Denkt  man  sich  diese  Kräfte  als 
durch  gegenseitige  Anziehungswirkung  verursacht ,  so  folgt, 
daß  in  der  Ebene  {010}  die  Dichtigkeit,  in  welcher  dort  die 
lonenpaare  vorhanden  sind,  geringer  ist  als  in  den  senkrecht 
dazu  stehenden  Ebenen.  Nun  ergibt  sich  aus  allgemeinen 
kristallographischen  Überlegungen^),  daß  die  Ebenen  vollkom- 
menster Spaltbar keit  diejenigen  sind,  welche  die  größte  Flächen- 
dichtigkeit besitzen.  Daraus  und  aus  den  obigen  Betrachtungen 
würde  sich  also  ergeben,  daß  nach  der  Ebene  {010}  die  Spalt- 
barkeit der  in  Rede  stehenden  Kristalle  gering  sein  muß.  In 
der  Tat  ist  die  Spaltbarkeit  nach  {001}  vollkommen,  nach  {110} 
ziemlich  vollkommen,  nach  {010}  und  {111}  nur  noch  deutlich.^ 

Ob  diese  Schlußweise,  die  jedenfalls  mit  Vorsicht  gebraucht 
werden  muß,  auch  in  weiteren  Fällen  einen  richtigen  Zusam- 
menhang zwischen  elektrischer  Dispersion  und  Spaltbarkeit 
gibt,  läßt  sich  bisher  aus  Mangel  an  dielektrisch  untersuchten 
Kristallen  nicht  entscheiden.  Es  erscheint  daher  wichtig,  noch 
möglichst  viele  rhombische  Kristalle  auf  ihre  Dielektrizitäts- 
konstanten zu  untersuchen. 

München,  September  1903. 


1)  L.  Sohncke,  Zeitschr.  f.  Rristallogr.  u.  Min.  13.  p.  209.  1888; 
P.  Groth  1.  c.  p,  261. 

2)  P.  Groth  1.  c.  p.  397. 

(Eingegangen  22.  September  1903.) 


488 


60.  Zur  Theorie  der  Destillation  von  GemischeiL 

Von  J»  F.  Kaenen  in  Dandee. 


Es  werde  ein  Gemisch  beliebig  vieler  Stoffe  in  einer 
Kodiflasche^  welche  mit  einem  aufsteigenden  ßückflußrohr  ver- 
sehen sei,  zum  Sieden  gebracht.  Die  Erwärmung  werde  so 
reguliert,  daß  keine  Flüssigkeit  abdestilliert^  und  bleibe  durch- 
aus konstant  erhalten.  Es  wird  dann  der  Zustand  nach 
einiger  Zeit,  sowohl  in  der  Flüssigkeit  selbst,  wie  im  Rohr, 
yollkommen  stationär. 

Der  Vorgang  im  Bohr  besteht  darin,  daß  Dampf  in  dem- 
selben aufsteigt,  sich  dort  beim  Aufsteigen  allmählich  konden- 
siert und  als  Flüssigkeit  nach  dem  Eochgefäß  zurückfließt. 
Man  kann  also  in  jedem  Durchschnitt  des  Rohres  einen  auf- 
steigenden Dampfstrom  und  hinabfließenden  Flüssigkeitsstrom 
unterscheiden.  Die  wirklichen  Bewegungen  des  Gemisches 
sind  sehr  verwickelt  und  finden  nicht  ausschließlich  parallel 
der  Röhrenachse  statt:  die  gerade  in  der  Kondensation  be- 
griffenen Teile  des  Gemisches  bewegen  sich  sogar  hauptsäch- 
lich dem  Röhrendurchschnitte  parallel;  doch  kann  man  jeden- 
falls die  sich  durch  einen  Durchschnitt  in  einem  bestimmten 
Zeitelemente  nach  oben  bewegenden  Massen  als  Dampfstrom, 
die  durch  denselben  hinabgehenden  als  Flüssigkeitsstrom  zu- 
sammenfassen. 

Es  läßt  sich  nun  leicht  ein  einfaches  Gesetz  über  das  Ver- 
hältnis dieser  beiden  Ströme  herleiten:  da  nämlich  der  Zustand 
stationär  ist,  so  muß  in  einer  bestimmten  Zeit  genau  dieselbe 
Menge  nach  oben  wie  nach  unten  gehen.    Daraus  geht  hervor: 

In  jedem  Durchschnitte  sind  der  aufsteigende  Dampfstrom 
und  der  hinabfließende  Flüssigkeitsstrom  gleich  stark. 

Da  sich  aber  die  Gleichheit  dieser  Ströme  nicht  nur  auf 
die  Gesamtmenge,  sondern  auch  auf  alle  Komponenten  der- 
selben bezieht,  so  erfolgt  weiter  das  nachfolgende  Gesetz: 

Die  in  jedem  Durchschnitte  nebeneinander  bestehenden  Dampf 
und  Flüssigkeit  haben  genau  die  gleiche  Zusammensetzung, 

81* 


484  J,  P.  Kueneii. 

Der  umstand,  daß  die  Flüssigkeit  auf  jeder  Höhe  die 
nämliche  Zusammensetzung,  wie  der  mit  ihr  in  Berührung 
stehende  Dampf  aufweist,  könnte  unmittelbar  erklärt  werden, 
falls  der  Dampf  immer  als  Ganzes  in  Flüssigkeit  umgesetzt 
würde.  Man  könnte  sich  die  Abkühlung  und  Kondensation 
im  Bückflußrohr  wohl  derart  denken,  daß  dabei  immer  kleinere 
oder  größere  Mengen  Dampf  ohne  Fraktionierung  verflüssigt 
würden,  aber  gewöhnlich,  wenn  nicht  immer  (ausgenommen 
mit  Maximum-  und  Minimumgemischen)  findet  bei  der  Kon- 
densation eine  gewisse  Fraktionierung  statt;  es  ändert  sich 
dadurch  der  Oehalt  des  Dampfes  beim  Aufsteigen  fortwährend 
in  einer  bestimmten  Richtung,  nämlich  in  der  Richtung  einer 
größeren  Flüchtigkeit  Ähnliches  gilt  für  die  Flüssigkeit,  da 
dieselbe  beim  Hinabfließen  fortwährend  die  sich  kondensieren- 
den Dampfmengen  aufnimmt.  Überdies  hat  die  Fraktionierung 
zur  Folge,  daß  sich  auf  bestimmter  Höhe  im  Rohr  nicht  nur 
ein  Gemisch  von  bestimmter  Zusammensetzung,  sondern  eine 
Reihe  von  Gemischen,  teils  dampfförmig,  teils  flüssig,  befindet, 
welche  einen  kontinuierlichen  Übergang  zwischen  dem  innersten 
Dampf-  und  dem  äußersten  Flüssigkeitsgemisch  bilden.  Das 
oben  hergeleitete  Gesetz  gilt  jeiloch  auch  im  allgemeinen  Falle, 
wenn  man  unter  Zusammensetzung  die  mittlere  Zusammen- 
setzung der  beiden  Ströme  versteht. 

Nimmt  man,  wie  oben  geschehen  ist,  an,  daß  bei  der 
Kondensation  immer  Fraktionierung  stattfindet,  so  ändert  sich, 
wie  schon  bemerkt,  der  Dampfgehalt  fortwährend  in  einer  be- 
stimmten Richtung,  und  der  Endzustand,  d.  h.  der  Zustand 
am  äußersten  Oberende  der  kondensierenden  Dampfsäule  im 
Rohr,  muß  notwendig  eine  der  Komponenten  im  reinen  Zustande 
(oder  casu  quo  ein  Maximumgemisch)  sein.  Die  Menge  der- 
selben kann  aber  natürlich  äußerst  gering  sein. 

Vergleichen  wir  jetzt  den  Zustand  in  einem  kurzen  Kon- 
densationsrohr mit  energischer  Kühlung  mit  demjenigen  in 
einem  effektiven  Fraktionierrohr  oder  Dephlegmator,  immer 
ohne  Destillation.  In  beiden  Röhren  ändert  sich  der  Dampf- 
gehalt allmählich  zwischen  einem  bestimmten  Wert  am  ünten- 
ende  und  der  einen  reinen  Komponente  am  Obenende,  und  ist 
der  Flüssigkeitsgehalt  auf  jeder  Höhe  derselbe  wie  der  Dampf- 
gehalt.    Der    Unterschied   der  zwei  Röhren  besteht   also  nur 


Destillation  von  Gemischen.  485 

in  der  AusdehnuDg  des  Phänomens:  im  Dephlegmator  sind  die 
Phasen,  speziell  diejenigen  nahe  dem  Obenende,  auf  eine  größere 
Strecke  ausgedehnt;  dadurch  wird  eine  viel  vollkommenere  Schei- 
dung der  Komponenten  ermöglicht^  wenn  man  die  oberste 
Phase  abzudestillieren  erlaubt. 

Ans  dem  obigen  geht  hervor,  daß  an  keiner  Stelle  eines 
DestiUatioDsrohrs  die  dampfförmigen  und  flüssigen  Phasen  in 
thermodynamischem'  Gleichgewicht  sich  befinden  können,  aus- 
genommen gerade  am  Obenende,  wo  die  eine  Substanz  im 
reinen  Zustande  oder  ein  Gemisch  von  konstanter  Siedetem- 
peratur sich  vorfindet  Es  haben  nämlich  koexistierende  Phasen 
im  allgemeinen  eine  verschiedene  Zusammensetzung  und  um- 
gekehrt kann  bei  gleicher  Zusammensetzung  kein  Gleichgewicht 
bestehen.  Am  Untenende  des  Kondensatiousrohrs ,  wo  die 
Phasen  weit  vom  Gleichgewicht  sich  entfernen,  muß  also  un- 
mittelbar eine  starke  Kondensation  und  Auswechslung  von 
Komponenten  anfangen  und  ändert  sich  also  der  Dampfgehalt 
—  und  deshalb  auch  der  Flüssigkeitsgehalt  —  nach  oben 
relativ  schnell;  bei  der  Näherung  zum  Obenende  nimmt  die 
Tendenz  zur  Einwirkung  der  Phasen  bis  *  Null  ab  und  dort 
besteht  also  nur  eine  langsame  Änderung  des  Gehaltes  nach 
oben  zu:  die  Phasen  sind  deshalb  am  Obenende  des  Fraktionier- 
rohres  am  meisten  auseinanderge schoben.  Man  hat  bekanntlich 
in  speziellen  Fällen  mit  Erfolg  versucht,  die  Scheidung  der 
Komponenten  durch  Anwendung  eines  auf  konstanter  Tem- 
peratur erhaltenen  Kondensationsrohres  zu  befördern ;  offenbar 
kann  die  Wirkung  eines  derartigen  Rohres  ebenfalls  als  eine 
Ausdehnung  der  auffolgenden  Phasen  aufgefaßt  werden. 

Wir  haben  im  obigen  noch  immer  angenommen,  daß  kein 
Dampf  abgeführt  wird;  sobald  das  geschieht,  hören  die  obigen 
Oesetze  auf  zu  gelten.  Je  langsamer  die  Destillation  vor 
sich  geht,  d.  h.  je  kleiner  die  Menge  der  abgeführten,  im  Ver- 
hältnis nur  nach  der  Kochtiasche  zurückfließenden  Substanz 
ist,  um  desto  weniger  werden  die  Verhältnisse  von  den  oben 
betrachteten  abweichen.  Betrachten  wir  einfach shalber  den 
Fall  eines  binären  Gemisches  und  nehmen  wir  an,  daß  das 
Destillat  aus  der  einen  Komponente  in  angenähert  reinem  Zu- 
stande besteht;  es  hat  dann  die  Destillation  offenbar  zur  Folge, 
daß  die  zurückfließende  Flüssigkeit  weniger  von  dieser  fluch- 


486  /.  P.  KueneiL     Destillation  von  Gemischen. 

tigen  Substanz  enthält  und,  anstatt  die  nämliche  Zusammen- 
setzung wie  der  Dampf,  eine  etwas  andere  weniger  flüchtige 
aufweist  und  deshalb  auch  näher  mit  dem  Dampf  im  Gleich- 
gewicht sich  befindet.  Gewöhnlich  wird  jedoch  der  Zustand 
noch  weit  von  demjenigen  verschieden  sein,  in  dem  die  sich 
berührenden  Phasen  thermodynamisch  miteinander  koexistieren, 
und  diese  Abweichung  muß  am  Uotenende  des  Rohres  am 
größten  sein«  Es  ist  also  ungenau  anzunehmen,  wie  man  es 
wohl  getan  hat,  daß  bei  langsamem  Betrieb  einer  Fraktionie- 
rung die  Phasen  sich  auf  jeder  Höhe  des  Rückflußrohres  an- 
genähert in  Gleichgewicht  einsetzen  werden;  dasselbe  ist  nur 
im  oberen  Teile  des  Rohres  der  Fall. 

Das  obige  soll  natürlich  nicht  als  eine  vollständige  Theorie 
der  fraktionierten  Destillation,  sondern  nur  als  ein  Beitrag  zu 
derselben  in  einer^  so  viel  ich  weiß,  vernachlässigten  Richtung 
betrachtet  werden.  An  anderer  Stelle  hoffe  ich  die  Theorie 
vollständiger  darzustellen. 

Dundee^  üniversity  College. 

(Eingegangen  22.  September  1903.) 


487 


61.    Eine  einfache  Anwendung  der  Vektorrechnung 
auf  die  Theorie  der  veränderlichen  Strome. 


Von  B.  Jahnke  in  Berlin. 


!•  Einleitung,  —  Bei  einer  Einführung  in  die  Vektor- 
rechnung ist  es  wünschenswert;  schon  im  Beginn,  nachdem  die 
einfachsten  Begriffe  und  Definitionen  vorgetragen  worden  sind, 
einfache  Anwendungen  vorführen  zu  können ^  sei  es  zur  Ein- 
übung des  neuen  Algorithmus ^  sei  es,  um  die  Fruchtbarkeit 
der  neuen  Methode  zu  erweisen.  Während  nun  an  Beispielen 
und  Übungen  aus  Geometrie  und  Mechanik  kein  Mangel  ist, 
kommt  man  bei  der  Frage  nach  einfachen  Anwendungen  aus 
der  mathematischen  Physik  in  einige  Verlegenheit. 

Bei  der  Suche  nach  solchen  Anwendungen  bin  ich  vor 
kurzem')  auf  eine  elementare  Herleitung  derjenigen  Formeln 
gestoßen,  welche  Fresnel  und  F.  Neumann  fQr  die  Intensi- 
täten des  partiell  reflektierten  und  gebrochenen  Lichtes  aufge- 
stellt haben,  in  dem  Fall,  daß  die  Schwingungsebene  senkrecht 
zur  Einfallsebene  verläuft^  Diese  Herleitung  ist  dadurch  be- 
merkenswert, daß  sie  keine  Differentialgleichung  benötigt.  An 
die  Stelle  der  üblichen  Voraussetzung,  daß  die  elektromagne- 
tische Welle  die  Form  einer  Sinusschwingung  besitze,  tritt  die 
allgemeinere,  daß  sich  die  elektromagnetische  Welle  durch  einen 
Vektor  darstellen  lasse,  dessen  Länge  durch  die  Schwingungs- 
amplitude gemessen  und  dessen  Richtung  und  Richtungssinn 
durch  die  Fortschreitungsrichtung  der  Welle  bestimmt  werden. 

Im  nachstehenden  erlaube  ich  mir,  eine  andere  Anwen- 
dung mitzuteilen,  die  sich  auf  die  Theorie  der  veränderlichen 
Ströme  bezieht,  nämlich  eine  elementare  Herleitung  des  0  h  m - 
sehen  Gesetzes  für  den  Wechselstrom  in  dem  Fall,  daß  Wider- 
stand, Selbstinduktion  und  Kapazität  als  konstant  voraus- 
gesetzt werden. 

1)  Vgl.  Sitzungsber.   d.  Berl.  Math.  Gesellach.,  2.  p.  53—56.  1903. 

2)  Wie  hieraus  die  Formeln  des  Falles  hervorgehen,  wo  das  Licht 
parallel  zur  Einfallsebene  schwingt,  zeigt  eine  Arbeit  des  Verfassers,  die 
demnächst  im  Arch.  d.  Math.  u.  Phys.  erscheinen  wird. 


488  E.  Jahnke. 

2.  Foraussetzungen  aus  der  Vektorrechnung,  —  Bei  dieser 
Herleitung  mache  ich  Gebrauch  von  dem  Begriff  des  Vektors 
der  Ebene  als  einer  Strecke  von  bestimmter  Länge,  bestimmter 
Richtung  und  bestimmtem  Richtungssinn,  sowie  von  dem 
äußeren  und  dem  inneren  Produkt  zweier  Vektoren  a,  b  der 
Ebene,  die  ich  nach  Graßmann,  wie  folgt,  definiere: 

[a 6]  =  a Ä  sin  (a,  6),       [a  j  ft]  =  a  ^  cos  (a,  h\ 

Dabei  bedeuten  a,  b  die  numerischen  Längen  der  beiden 
Vektoren.  Diese  Definitionen  liefern  ohne  weiteres  die  charak- 
teristischen Eigenschaften  des  äußeren  und  des  inneren  Pro- 
duktes, nämlich 

[6  a]  =  —  [a  ft] ,        [a a]  «=  0; 

[6  ;  a]  =       [«!*]>      [a  I  a]  =  a*. 

Außer  diesen  Begriffen  und  Definitionen  benutze  ich  noch 
den  Satz,  daß  zwischen  drei  Vektoren  der  Ebene  a,  fr,  c  stets 
eine  lineare  Identität  der  Form 

(1)  aa  +  ßb  +  YC^Q 

besteht,  wo  a,  ß,  y  beliebige  Zahlen  bedeuten,  d.  h.  daß  es 
stets  möglich  ist,  von  drei  beliebigen  Vektoren  der  Ebene 
solche  Vielfache  zu  nehmen,  daß  dieselben  sich  zu  einem 
Dreieck  zusammenschließen. 

Was  den  beim  inneren  Produkt  auftretenden  vertikalen 
Strich  angeht,  den  von  Graßmann  eingeführten  Ergänzungs- 
strich, so  bedeutet  ^)  |  b  den  Vektor,  in  welchen  der  Vektor  b 
übergeht,  wenn  er  im  positiven  Sinn  um  90®  gedreht  wird, 
so  daß 

li 
wird.  Das  innere  Produkt  wird  durch  Einführung  des  Ergänzungs- 
begriffs auf  das  äußere  zurückgeführt,  und  umgekehrt  kann  das 
innere  stets  in  Form  eines  äußeren  dargestellt  werden.   Daher  ist 

[aft]=  -[ali&]=-[a|(|&)]. 

Noch  eine  Bemerkung  über  die  mechanische  Deutung 
des  Vektors  und  des  inneren  Produktes  zweier  Vektoren.  Es 
ist  bekannt,  daß  sich   die  eben  definierten  Vektoren  *)  in  der 

1)  Sprich:  Ergänzung  des  Vektors  b. 

2)  Es  sind  die  sogenannten  freien  Vektoren  gemeint,  denen  die 
hier  nicht  zur  Verwendung  kommenden  gdmndentn  gegenüberstehen. 


Anwendung  der  Vehiorreehnung.  489 

Terschiedensten  Weise  deuten  lassen;  insbesondere  als  Kräfte, 
welche  in  einem  und  demselben  Punkt  angreifen,  oder  allgemeiner 
als  Kräfte,  deren  Wirkung  als  unabhängig  von  der  Lage  im 
Baum  angesehen  werden  darf.  Deute  ich  nun  a  als  eine 
solche  Kraft  und  b  als  den  Weg,  welchen  der  Angriffspunkt 
der  Kraft  in  der  Zeiteinheit  zurückgelegt  hat,  so  stellt  das  innere 
Produkt  [a  {  6]  gemäß  obiger  Definition  die  Arbeit  dar^  welche 
die  Kraft  geleistet  hat,  indem  ihr  Angriffspunkt  in  der  Zeit- 
einheit die  Verrückung  6  erfahren  hat 

3«  Physikalische  Voraussetzungen,  —  Ich  komme  zu  den 
physikalischen  Voraussetzungen.  Li  einem  Stromkreise  herrsche 
eine  elektromotorische  Kraft  und  bringe  einen  Wechselstrom 
herror.  Nun  nehmen  unter  den  veränderlichen  Strömen  die- 
jenigen eine  ausgezeichnete  Stellung  ein,  welche  sich  nur  durch 
Amplitude,  Phase  und  EVequenz  unterscheiden.  Ich  beschränke 
die  Betrachtung  auf  diese,  harmonisch  genannten  Wechsel- 
ströme. Alsdann  können  sich  Spannung  und  Strom  eines  und 
desselben  Wechselstroms  nur  noch  durch  Amplitude  und  Phase 
unterscheiden.  Ich  kann  daher  die  Spannung  eines  solchen 
Wechselstroms  als  einen  Vektor  auffassen,  dessen  Länge  ein 
Maß  der  Spannungsampiitude  gibt,  und  dessen  Richtung  die 
Phase  der  Wechselstromspannung  bestimmt.  Dieser  Vektor 
heiße  Spannungsvektor, 

Ebenso  läßt  sich  der  Strom  als  Vektor  darstellen,  wenn 
ich  seine  Länge  zur  Stromamplitude  und  seine  Richtung  zur 
Phase  des  Stroms  in  Beziehung  setze.  Dieser  Vektor  heiße 
Stromvektor, 

Indem  ich  Widerstand,  Selbstinduktion  und  Kapazität  als 
konstant  voraussetze,  erhalte  ich  ein  Wechselstromfeld,  dessen 
physikalischer  Zustand  durch  jene  beiden  Vektoren  vollständig 
charakterisiert  ist. 

Noch  einen  Vektor  führe  ich  ein,  der  dem  Stromvektor 
um  90^  iu  seiner  Richtung,  d.  i.  Phase,  vorauseilt,  dessen 
Länge  aber  mit  derjenigen  des  Stromvektors  übereinstimmt, 
und  nenne  ihn  den  magnetischen  oder  wattlosen  Vektor. 

Endlich  entnehme  ich  der  Physik  die  Tatsache,  daß  die 
Arbeit,  welche  die  elektromotorische  Kraft  in  der  Zeiteinheit 
leistet,  sich  einmal  aus  dem  Jouleschen  Effekt,  d.  i.  der  in 
Wärme  umgesetzten  Energie,  zusammensetzt  und  zweitens  aus 


490  B.  Jahnke. 

der  inneren  Stromenergie  oder  magnetischen  Energie.  Die  erstere 
wird  aufgewendet,  um  den  Stromvektor,  die  letztere,  um  den 
dazu  senkrechten,  magnetischen  Vektor  hervorzubringen.  Jene 
ist  gleich  £J^,  diese  gleich 


(^---«y«^*' 


wo  B  den  Ohm  sehen  Widerstand,  L  die  Selbstinduktion,  (7  die 
Kapazität,  to  die  Frequenz  und  /  die  Intensität  des  Wechsel- 
stroms bedeuten. 

4.  Uerleitung  des  Ohm  sehen  Gesetzes,  —  Nenne  ich  den 
Spannungsrektor  e  und  den  Stromvektor  i,  so  läßt  sich  durch 
diese  beiden  gemäß  (1)  jeder  andere  Vektor  derselben  Ebene 
linear  darstellen.  Derselben  Ebene  gehört  aber  der  wattlose 
Vektor  an,  welcher,  unter  Benutzung  des  Oraß  mann  sehen  Er- 
gänzungsstriches,  mit   \i  bezeichnet   werden  darf.     Demnach 

kann  ich  ansetzen: 

(2)  e^xi  +  y\i. 

Um  die  Koeffizienten  x,  y  zu  bestimmen,  multipliziere  ich 
die  Gleichung  zunächst  äußerlich  mit  \i\ 

[e|<]  =  :r[<|i]+y[i<  i<] 

und  finde,  da  [|i  |i]  gemäß  der  Definition  verschwindet. 

Ebenso  liefert  die  äußere  Multiplikation  mit  i: 

[ie]^x[i€]  +y[i  iq, 
woraus,  da  [<i]  verschwindet. 

Die  Amplituden  von  Strom  und  Spannung  seien  /  bzw.  £, 
dann  ist  zunächst  der  gemeinsame  Nenner 

[<|i]=/2. 

um  die  Zähler  auszuwerten,  erinnere  ich  an  die  oben 
mitgeteilte  mechanische  Deutung,  welche  das  innere  Produkt 
aus  Kraft-  und  Wegvektor  zuläßt.  Die  entsprechende  Deutung 
flir  die  Theorie  der  veränderlichen  Ströme  ergibt  sich,  wenn 
ich  an  die  Stelle  des  Kraftvektors  den  Vektor,  der  die  elektro- 
motorische Kraft  darstellt,  und  an  die  Stelle  des  Wegvektors 


Anweiidunff  der  Fehtarrechnung.  491 

den  Strom vektor  setze.  Daher  wird  das  innere  Produkt  [e\(\ 
den  Yon  der  elektromotorischen  Kraft  des  Wechselstroms  in 
der  Zeiteinheit  geleisteten  Joul eschen  Effekt  darstellen,  d.h. 

(3)  [e|i]  =  Ä/«. 

Was  endlich  das  äußere  Produkt  [i  e]  angeht,  so  läßt  sich 
dasselbe  als  inneres  Produkt  aus  e  und  \i  auffassen;  nämlich 

[ie]=-[ei]  =  [6-i]-[e|(|i)], 

weil  ja  ||<  =  —  1  Demnach  bedeutet  \ie\  die  Arbeit,  welche 
die  elektromotorische  Kraft  des  Wechselstroms  in  derZeitdnheit 
leistet,  indem  sie  das  magnetische  Feld  hervorbringt  Also 
kann  ich  setzen 

(4)  [ie]  =  (ia,-J^)/«. 

Hiemach  nimmt  die  Identität  (2)  folgende  Form  an: 

(5)  e  =  Äi  +  (i;<»-  j^)|i. 

Um  von  den  Vektorgrößen  zu  den  Skalaren  überzugehen, 
nehme  ich  von  der  Gleichung  (5)  die  Ehrgänzung: 

(SO  ,e^R\i-(La,--^Y 

und  multipliziere  (5)  und  (5')  äußerlich  miteinander,  so  entsteht 

oder 


Ä^  =  /|A«+(i;«,--L)«, 


und  das  ist  das  Ohm  sehe  Gesetz  für  den  Wechselstrom,  wenn 
Ohm  scher  Widerstand,  Induktanz  und  Kapazität  als  konstant 
angesehen  werden  dürfen.  ^) 

5.  Schlußbemerkungen.  —  Ich  mache  zunächst  darauf  auf- 
merksam, daß  die  vorstehende  Herleitung  an  die  Stelle  der 
üblichen  Voraussetzung    von    sinoldalen    Wechselströmen    die 


1)  Vgl.  z.  B.  G.  Ferraris,  Wissenschaftliche  Grundlagen  der  Elektro- 
technik, p.  264.  1903.     Leipzig,  B.  G.  Teubner. 


492  E.  Jahnhe.     Anwendung  der  Vektorrechnung. 

andere  setzt,  daß  sich  der  Wechselstrom  als  Vektor  darstellen 
läßt^)   Dadurch  erklärt  sich  das  Fehlen  des  Differentialbegriffs. 

Weiter  möchte  ich  auf  den  Unterschied  hinweisen,  welcher 
zwischen  den  hier  benutzten  Vektoren  und  denen  besteht,  die 
ich  bei  der  Herleitung  von  Fresnels  und  F.  Neumanns 
Intensitätsformeln  verwandt  habe.  Während  diesen  physika- 
lische Bedeutung  zukommt,  sind  jene  nur  als  graphische  Vek- 
toren, im  Gegensatz  zu  den  physikcdischen  Vektoren,  anzu- 
sprechen. 

Endlich  hebe  ich  hervor,  daß  ich  in  den  Anwendungen 
auf  Optik  und  Elektrizität,  von  der  einfachen  Identität  Ge- 
brauch madite,  die  zwischen  drei  Vektoren  der  Ebene  beetehi. 
Dieselbe  leistet  noch  bei  manchen  anderen  Anwendungen  gute 
Dienste.  Ich  begnüge  mich  an  dieser  Stelle  auf  die  Verein- 
fachung hinzuweisen,  welche  durch  sie  gerade  die  analjrtische 
und  graphische  Behandlimg  von  Wechselstromerscheinungen  er- 
fährt.*) 


1)  Die  Herleitung  erinnert  übrigens  an  diejenige,  welche  Hr. 
P.  Steinmetz  in  seinem  Werk:  Theorie  und  Berechnung  der  Wechsel- 
stromerscheinnngen,  p.  472,  anter  Benutzung  der  Theorie  der  komplexen 
Größen  gibt 

2)  Vgl.  z.  B.  Fr.  Punga,  Zeitschr.  f.  Elektrotechnik,  19.  (42,  43.) 
1901.  Diese  Darstellung  hätte  an  Einfachheit  erheblich  gewonnen,  wenn 
der  Verfasser  die  oben  genannte  Identität  an  die  Spitze  der  fjitwick- 
^^uig  gestellt  hätte. 

(Eingegangen  23.  September  1903.) 


49S 


62.   The  Expansion-Work  of  a  DisBociating  Gas. 

By  J.  E.  Trevor  in  Ithaka  U.  S.  A. 


Suppose  a  gas  subject  to  binary  dissociation  of  the  type 
represented  by 

both  of  tlie  constituents,  e.  g.  N^O^  and  NO,,  being  assumed 
to  exhibit  the  behavior  of  ideal  gases.  In  Oibbs'  theory, 
the  molecular  potential  of  the  ^'-th  constituent  in  the  reacting 
mixture  is  (Gibbs'  equation  268)^ 

(1)    A.  -  Ä  e  log  -^  -  c^^  {9  log  e  -  ö)  -evoj  +  ^op 

where  0  is  the  absolute  temperature,  ß  the  molecular  gas- 
constant,  p,  the  partial  pressure  and  C^.  the  molecular  heat- 
capacity  at  constant  pressure  of  the  constituent,  and  B^,  and 
tIq,  the  molecular  energy  and  entropy  constants  of  the  con- 
stituent According  to  the  Gibbsian  theory,  tbese  molecular 
Potentials  of  the  constituents  are  subject  to  the  relation 

(2)  X,  =  2^. 

Now  we  haye 

BS  RS 

where  v  is  the  volume  of  the  gas-mixture;  wbonce,  on  addition, 
by  Dalton's  law, 

(3)  ;»  =  («,  +  «,)  */  . 

p  denoting  the  total  pressure  of  the  gas  in  dissociation  equili- 
brium.     In  consequence, 

P       «1  +  «« 
(4)  pj  =  C,p. 

The  quantity  C.  may  be  termed  the  molecular  concentration 
of  the  j'Üi  constituent.    This  equation  (4)  serves  to  eliminate 


494  J.  E.  Trevor. 

tbe  partial  presturea  firom  (2)^  whereupon  we  obtain  the  equation 
for  dissociation  eqnilibriam  in  the  form 

log  I  -  log  I  +  ^-^if^".  log  ö  -  -i^A.  -  C,^2,^-  ,.J 

BS       • 

Noting  that  2C^,  —  C^^  a  i2,  and  setting 

this  equation  may  be  written 

(6)  iog-g-=log-i|^_/^, 

where  >tf  and  Q^  are  constants. 

I  propose,  now^  to  utilize  this  relation  for  the  calculation 
of  the  isothermal  expansion-work  of  the  gas  between  given 
limits  of  the  degree  of  its  dissociation,  and  for  the  calculation 
of  the  expansion-work  when  the  temperature  is  changed  nnrler 
the  condition  of  a  constant  degree  of  dissociation  being  main- 
tained. 

Denoting  by  a  the  degree  of  dissociation  ny^l(2n^  +  ^)i 
and  by  N^  the  number  of  molecular  weights  when  the  entire 
mass  is  reckoned  as  composed  solely  of  the  iirst  consütuent, 
the  isothermal  expansion-work  in  question  is  to  be  obtained 
by  effecting  the  indicated  integration  in 

(6)  -  {W»)e.if,  =  fp  («,  0)  •  ~  "  («'  ®'  -^i)  '^ "• 

We  require  first  to  find  the  forms  of  the  functions  p  and  dvjda, 
The  first  of  these  is  found  as  follows.     The  equations 


a  =  — — -■         , 

2«!    +  »2 

may  be  written 

n,    __      2  a 

n»  ""   1  -  «  ' 

whence 

c  -      ^      ■ 

>         1  +  »s/«,  ' 

(7)                             c,  = 

\-   OL 

l+o  • 

Bxpannonwork  of  a  dtssodatinff  gcts.  495 

Farther,  sinoe  C^^l  —  C^,  we  haye 

and  80 

Ci     "   1  -o«* 

This  in  (5)  yields 

1  4o«  .ARB  Q, 

whence 

,o\  1  -a*     ARS 


4  a«        ««./«^     ' 

which  gives  the  desired  form  of  the  function  p{a,  0). 

To   find   the    form   of  da/dv,    we   proceed   as    follows. 
Equation  (3), 

pv=^  (n,  +n,)Ä0, 
may  be  written 

N.  {1  +a).Re 
P 

wherenpon  elimination  of  p  between  this  and  (9)  yields 

(10)  ^  =  ~^/-  /-"'-.^Vä«; 

^      '  A       l  ^  a 

whence 

(11)  4^  =  .^...i_-i2^- «).«<../*«. 
^     '  da  A  (l  —  a)* 

Substituting  (9)  and  (11)   in  equation  (6),    and   reducing, 
we  find 


(12) 


-  (^12)«.  X.  =  2iV;  ÄöJ^^"^.  +  N.Rejda 


a,  Ol 


=  iViÄ0{2log(5-^) +{«,-«,)}, 


which  is  the  answer  to  our  first  problem. 

Our  second  problem  consists  in  effecting  the  integration  in 

(13)        -  (/^i,)a.i..  =/;>(«,  ö)  •-äV''^^'  ®'  ^i)^®- 


ö» 


496    J.  K  Tnvor.     Exptauionwork  of  a  diatociatmg  ga$. 
By  differentiation  of  (10)  we  find 

^^*'  dB  A      l-a   RS*'  '       ' 

and,  on  snbstituting  (9)  and  (14)  in  (13),  and  redacing, 

-  (*^i,)..  *.  =  -  ^1  (1  +  «) «,  \d  log  Ö 

(16)  i 

\  =iv;(i  +  «)«.iog-|-. 

This  is  tbe  answer  to  the  second  problem. 

Cornell  Uniyersity.     Ithaca,  N.  Y.,  September  1903. 
(Eingegangen  28.  September  1908.) 


497 


63.  Über  einen  Versuch  der  Ausmessung  Yon  Stern- 
spektrogrammen  nach  der  objektiven  Methode  der 

Wellenlängenbestimmung. 

Von  Eduard  Hasohek  und  Karl  Kostersits  in  Wien. 


Die  großen  Vorteile  der  objektiven  Methode  der  Aus- 
messung von  Spektrogrammen,  welche  von  F.  Exner  und 
K  Haschek  angegeben^)  wurde  und  über  welche  einer  von 
uns  bereits  im  Astrophysical  Journal  berichtet  hat*),  ließen 
es  uns  von  Interesse  erscheinen,  einen  Versuch  der  Anwendung 
dieser  Methode  auch  auf  Ausmessung  von  Sternspektrogrammen 
zu  machen,  da  die  bisher  allgemein  übliche  Methode  der  Aus- 
messung mit  dem  Mikroskop  unverhältnismäßig  viel  Zeit  und 
Mühe^  sowohl  für  die  Einstellungen  und  Ablesungen  am  Mi- 
kroskop, als  auch  für  die  daran  sich  anschließenden  Rech- 
nungen, erfordert  und  die  Augen  übermäßig  anstrengt  Es 
war  daher  für  uns  von  außerordentlich  großem  Wert,  daß  uns 
durch  die  besondere  Güte  der  Herren  Geheimrat  Prof.  Dr. 
H.  C.  Vogel,  Direktor  des  Astrophysikalischen  Observatoriums 
in  Potsdam,  und  Prof.  Dr.  W.  W.  Campbell,  Direktor  des 
Lick-Observatory  auf  Mount- Hamilton,  einige  Stemspektro- 
gramme  für  unseren  Zweck  zur  Verfügung  gestellt  wurden, 
und  wir  möchten  es  nicht  unterlassen,  vor  allem  den  beiden 
genannten  Herren  auch  an  dieser  Stelle  unseren  allerwärmsten 
Dank  für  das  uns  erwiesene  liebenswürdige  Entgegenkommen 
hiermit  auszusprechen.  Von  Hrn.  Geheimrat  Vogel  erhielten 
wir  zwei  Kopien  eines  Spektrogrammes  von  y-Cygni;  Direktor 
Campbell  sandte  uns  drei  Originalspektrogramme  von  or-Canis 
minoris,  e-Leonis  und  £-Pegasi. 


1)  F.  Einer  und  £.  Haschek,  Wien.  Ber.  104.    p.  909.    189&« 

2)  Karl  KoBtersitz,    ,,0n  a  new  objective  Method  for  the  Mea- 
■unnent  of  Spectrograms**,  Astroph.  Joum.  If.  p.  268.    1902. 

Boltsnunn-Fettaohrift.  32 


498  E,  Hiuchek  und  K.  Kostersitz, 

Eine  eingehende  Berichterstattung  über  unsere  Arbeit  und 
deren  Ergebnisse  würde  den  uns  hier  zur  Verfügung  stehen- 
den Raum  weit  überschreiten;  wir  beschränken  uns  daher  jetzt 
auf  eine  kurze  vorläufige  Mitteilung  und  behalten  uns  yor,  an 
anderem  Orte  ausführlichen  Bericht  zu  geben. 

Das  von  uns  ausgemessene  Spektrogramm  von  y-Cjgni 
ist  eine  Reproduktion  (Diapositiv)  einer  von  G.  Eberhard  mit 
dem  Spektrograph  IV  des  Potsdamer  Astrophysikal.  Observa- 
toriums am  8.  November  1902  um  6  Uhr  48  Min.  mitteleuro- 
päischer Zeit  gemachten  Aufnahme.  Dieses  reproduzierte 
Spektrogramm  wurde  zunächst  mit  einem  Projektionsapparat 
auf  einem  Schirm  mit  einer  willkürlichen  linearen  Skala  in 
27facher  Vergrößerung  entworfen.  Die  Stellung  der  Linien 
auf  der  Skala  wurde  in  f&nf  voneinander  unabhängigen  Ab- 
lesungen bestimmt  und  die  erhaltenen  Mittelwerte  mit  Hilfe 
der  J.  Hartmann  sehen  Formel  (unter  Benutzung  von  3  Kon- 
stanten) auf  Wellenlängen  umgerechnet  (Vergleichsspektrum  Fe). 

Wie  bei  der  Ausmessung  mit  dem  Mikroskop  hatten  wir 
also  bei  diesem  ersten  Versuche  auch  noch  die  nachträgliche 
Reduktion  der  Ablesungen  auf  Wellenlängen  rechnerisch  aus- 
zufahren. Nichtsdestoweniger  war  der  Zeitgewinn  auch  bei 
diesem  Vorgange  schon  ein  sehr  bedeutender  infolge  der  Mög- 
lichkeit einer  sehr  raschen  und  sicheren  Ablesung  der  ein- 
zelnen Linien,  nicht  zu  reden  von  der  großen  Bequemlichkeit 
der  Ablesearbeit  und  dem  durch  das  projizierte  Bild  gegebenen 
schönen  XJberblick  über  das  ganze  Spektrum. 

In  ihem  vollen  Umfange,  also  mit  direkter  Ablesung 
der  Wellenlängen  auf  dem  Projektionsschirm,  brachten  wir 
hingegen  die  objektive  Methode  der  Ausmessung  bei  den 
Spektrogrammen  des  Lick-Observatory  (Originalnegative,  auf- 
genommen mit  dem  Mills -Spektrograph  am  36"  Refraktor  des 
Lick-Observatory,  Vergleichsspektrum  Fe)  zur  Anwendung,  in- 
dem wir  uns  flir  diese  Spektrogramme  zunächst  eine  für  die 
Dispersion  des  Mills-Spektrograph  gerechnete  Skala  anfertigten, 
an  welcher  wir  bei  richtiger  Justierung  des  Apparates  unmittel- 
bar die  Wellenlängen  der  einzelnen  Linien  ablesen  konnten. 
Auch  diese  Ausmessung  erfolgte  in  fünf  voneinander  un- 
abhängigen Lesungen,  und  zwar  unter  Verwendung  einer 
887s  fachen  Vergrößerung.    Selbstverständlich  mußte  diese  Art 


Awsmessuhg  von  Sttrnfpektrogrämmeii,  499 

der  Ablesung  unverhältnismäßig  rascher  und  ein&cher  zum 
Ziele  fbhren,  da  ja  jede  weitere  Rechnung  (abgesehen  Yon  der 
Mittelbildung)  entfiel. 

Als  wahrscheinliche  Fehler  unserer  Messungen  ergaben 
sich  folgende  Werte  (in  Ä.-E.),  welche  wir  aus  einer  kleineren 
Anzahl  yon  willkürlich  herausgegriffenen  Linien  abgeleitet 
haben: 


Für  die 

Für  das 

einzelne  Ablesung 

Resultat 

f-Cygni     ±  0,026 

±  0,008 

a-Can.  min.     ±  0,082 

±  0,017 

Nach  diesem  außerordentlich  günstigen  Ergebnisse  in  be- 
zog auf  die  Meßgenauigkeit  hielten  wir  uns  für  berechtigt, 
die  gemessenen  Wellenlängen  mit  Linien  der  bekannten  £le- 
jnente  zu  identifizieren  und  benutzten  dazu  die  von  F.  Exner 
und  E.  Haschek  herausgegebenen  Tabellen  der.  Funken-  und 
Bogenspektra  der  Elemente.^)  Detaillierte  Angaben  unter  Mit- 
teilung von  ausführlichen  Tabellen  für  die  gemessenen  Spektro- 
gramme  behalten  wir  uns  für  unseren  ausführlichen  Bericht 
Tor  und  wollen  hier  nur  kurz  folgende  allgemeine  Resultate 
erwähnen,  wobei  wir  uns  auf  die  Sterne  ;^-Cygni  und  a-Canis 
minöris  beschränken. 

In  dem  Spektrogramm  von  y  Cygni  (Spektralklasse  IIa 
nach  Vogel)  haben  wir  im  ganzen  139  gut  bestimmbare 
Linien  gemessen  (unter  Weglassung  einer  Anzahl  von  schlecht 
definierten,  unbestimmten  Linien).  Nur  zwei  von  diesen  Linien 
waren  in  den  Tabellen  von  Exner  und  Haschek  nicht  auf- 
zufinden; an  den  übrigen  137  Linien  konnten  Identifikationen 
mit  den  Spektren  von  38  Elementen  ausgeführt  werden.  Als 
sicher  vorhanden  wurden  nacbgewiesen:  Fe,  Cr,  Ca,  H,  Ti,  Va 
und  die  14  Elemente  aus  der  Gruppe  der  seltenen  Erden. 
Femer  scheint  noch  C  in  der  Atmosphäre  von  y-Cygni,  und 
zwar  in  einem  solchen  Zustande  vorhanden  zu  sein,  daß  das 
Linienspektrum  dieses  Elementes  sichtbar  wird.  Die  übrigen 
Identifikationen  lassen  nur  auf  das  Vorhandensein  von  Spuren 
der  identifizierten  Elemente  schließen. 


1)  Wien,  Verlag  von  Deuticke,  1902  und  1904. 

82* 


500  E.  ffasehek  u,  K,  Kosternüz.     Ausmessung  etc* 

Das Spektrogramm  von  a-Canis minoris^)  (Spektralklasse laS 
nach  Vogel]  ergab  bei  Messung  von  195  gat  bestimmbaren 
Linien,  von  welchen  10  in  den  Tabellen  von  F.  Exner  und 
K  Haschek  nicht  aufzufinden  waren,  Identifikationen  mit 
24  Elementen.  Als  sicher  vorhanden  können  die  folgenden 
Iß  fUemente  angenommen  werden:  Fe,  Cr,  Mn;  Ca,  Sr,  Mg; 
Ti,  Va,  Zr;  Ce,  La,  Pr,  Nd,  Sa,  Y,  Sc. 

Aus  dem  allgemeinen  Aussehen  der  von  uns  untersuchten 
Stemspektra  sowie  aus  gewissen  speziellen  Erscheinungen 
glauben  wir  noch  eine  Reihe  von  Schlüssen  auf  die  Konstitu- 
tion der  Sterne  ziehen  zu  können ;  wir  haben  die  Absicht,  auch 
hierauf  noch  in  unserer  späteren  Publikation  ausführlich  zurück- 
zukommen. 

Sowohl  das  Spektrogramm  von  ^^-Cygni,  wie  auch  jenes 
von  tf-Can.  min.  zeigen  Linienverschiebungen  nach  dem  Doppl er- 
sehen Prinzip,  aus  welchen  sich  flEbr  die  G^eschwindigkeit  der 
beiden  Sterne  im  Visionsradius  zur  Zeit  der  gemachten  Auf- 
nahmen folgende  Werte  bestimmen  ließen: 


relat  war  Erde     relat.  lor  Sonne 


f-Cygni  +  21,1  +  4,9  km  pro  Sekunde 

a-Can.  min.  —  84,4  —  7,4  „      „  „ 

Als  eine  nicht  zu  übersehende  Bemerkung  fügen  wir 
schließlich  noch  folgendes  bei:  Unsere  Ausmessungen  wurden 
nur  mit  Hilfe  einer  provisorischen  Anordnung  des  Apparates  aus- 
geführt und  wollen  nur  als  ein  erster  Versuch  betrachtet  sein; 
es  unterliegt  also  auch  gar  keinem  Zweifel,  daß  die  mit  der 
objektiven  Meßmethode  bei  Ausmessimg  von  Stemspektro- 
grammen  zu  erzielende  Genauigkeit  noch  einer  sehr  erheb- 
lichen Steigerung  fähig  ist,  wenn  die  Messungen  mit  einer 
definitiven  und  mechanisch  präziseren  instrumentellen  Anord- 
nung ausgeführt  werden,  als  sie  uns  für  unseren  Versuch  zur 
Verfügung  stand. 

Wien,  n.  Physik.  Inst,  der  Universität. 


1)  Aufgenommen  am  26.  Septbr.  1899,  um  7  Uhr  84,1  Min.  Moont 
Hamilton. 

(Eingegangen  24.  September  1903.) 


601 


61  Snlla  dispersione  elettrica  dei  raggi  X  ottenati 
mediante  le  scariche  dei  condensatori. 


Di  Pietro  Cardani  in  Parma. 


L'emissione  dei  raggi  X  da  parte  di  un  tubo  Röntgen 
yiene,  come  k  noto,  profondamente  modiiicata  inserendo  nel 
(drcnito  di  scarica  deirapparecchio  d'induzione,  di  coi  11  tubo 
ia  parte,  un  tratto  di  scintilla.  I  raggi  Röntgen  prendono 
origine  a  pressioni  molto  piü  elevate  di  queUe  alle  quali  di 
solito  se  ne  avverte  Tesistenza,  mentre,  se  si  opera  con 
pressioni  piü  basse,  viene  sensibilmente  cambiata  la  natura  dei 
raggi  medesimi,  i  quali  diventano  piü  penetranti  e  quindi 
piü  difticile  il  loro  assorbimento  da  parte  dei  mezzi  che 
attrayersano. 

Lo  studio  di  questo  fenomeno  k  stato  fatto  da  vari 
sperimentatori  e  con  molta  larghezza  dal  Winkelmann: 
nessuno  perö  si  k  occupato  di  esaminare  quali  modificazioni 
venissero  apportate  all'emissione  dei  raggi  Röntgen,  cam- 
biando  gli  elementi  della  scarica  a  cui  i  raggi  medesimi  sono 
doYuti. 

Sotto  questo  punto  di  vista  mi  parve  che  dovesse  pre- 
sentare  un  particolare  interesse  Tuso  delle  scariche  dei  conden- 
satori  caricati  da  una  ordinaria  macchina  elettrica.  Anche  in 
questo  caso  si  aveva  nel  circuito  ed  in  serie  con  il  tubo  un  tratto 
di  scintilla,  ma  mi  sembrava  che  il  fenomeno,  per  la  stabilita 
che  presentano  alcuni  degli  elementi  da  cui  dipendonole  correnti 
fomite  dai  condensatori,  dovesse  presentarsi  necessariamente 
meglio  detinito. 

Con  Tuso  degli  apparecclii  di  induzione  il  tratto  di  scin- 
tilla non  rappresenta  infatti  che  un  fattore  secondario  della 
scarica  che  ai  manda  attraverso  al  tubo;  invece  con  Tuso  dei 
condensatore  caricato  da  una  macchina  elettrostatica,  esso  ne 
diventa  il  fattore  principale,  perche  da  esso  solo  dipende  la 
differenza  di  potenziale  che  si  deve  stabilire  tra  le  armature 
affinche  la  scarica  si  produca. 


502  P.  CardanL 

Oltre  di  dö  l'nao  del  oondensatore  permette,  oon  oppor- 
tune modificazioni  della  sua  capacitä,  di  poter,  con  nna  mede- 
sima  differenssa  di  Potenziale  tra  le  armatore,  impegnare  nella 
Bcanoa  quantitii  di  elettricitik  le  qnali  sono  tra  loro  in  ra{>porti 
ben  deiiniti  e  costantL 

Ho  per  qneste  conaiderazioni  intrapreso  nna  eerie  di 
xicerche  sni  raggi  Röntgen  ottenuti  mediante  le  scariche  dei 
condensatori :  ed  in  questa  nota  riferirö  intanto  i  rienltati  ai 
qnali  soüo  peryennto  relativi  alla  dispersione  elettrica*  che  i 
raggi  medenmi  possono  determinare  nelle  yaiie  condixioni  in 
coi  si  oompie  la  scarica  da  cui  prendono  origine. 


La  disposizione  sperimentale  adoperata  6  &cile  a  oom- 
prendersi:  dne  batterie^  dascnna  di  10  condensatori  dlindrid 
di  grande  modello  e  tra  loro  egnali,  erano  dispoBte  in  caacata 
con  le  armatiire  esteme  rinnite  tra  loro.  Le  armatore  interne 
comnnicavano  da  nna  parte  con  i  poli  di  nna  macchina 
elettrostatioa  Holtz-Voss  e  dall'altra  con  il  circnito  di  scarica. 
La  capadUt  delle  batterie  poteva  regolarsi  fiftcilmente  col 
nnmero  dei  condensatori  che  prendevano  parte  alla  scarica. 

Nel  circnito  che  riuniva  le  armature  interne  si  troyaya  lo 
spinterometro  principale  (che  indicherö  con  la  lettera  S)  ed  il 
tubo  da  cui  partivano  i  raggi  X:  in  deriyazione  agli  elettrodi 
del  tubo  un  secondo  spinterometro  (che  indicherö  con  la 
lettera  s)  ed  un  tubo  sottile  di  yetro  ripiegato  B,di  U  e  con- 
tenente  delVacqua. 

E  chiaro  che  con  tale  disposizione  il  potenziale  di  scarica 
era  quello  doyuto  alla  distanza  esplosiya  dello  spinterometro  S, 
mentre  la  differenza  di  potenziale  massima,  che  si  raggiungeva 
tra  gli  elettrodi  del  tubo,  poteya  misurarsi  dalla  sciutilla  laterale 
equiyalente  che  si  osseryava  nello  spinterometro  s.  Per  modi- 
ficare  la  distanza  esplosiya  in  j?,  e  per  ciö  la  differenza  di 
Potenziale  agli  elettrodi  del  tubo,  bastaya  modiiicare  la 
distanza  esplosiya  in  S\  ma  nel  confrontare  i  risultati  io  ho 
naturalmente  tenuto  conto  principalmente  della  scintilla  dello 
spinterometro  j?.  Del  resto,  dentro  i  limiti,  nei  quali  furono 
contenute  le  presenti  ricerche,  le  due  scintille  in  'S  ed  in  « 
risultarono  sempre  sensibilmente  eguali. 


Düpersione.  elettrica  dei  raggi  X  SOST 

Per  la  misura  della  dispersiooe  elettrica  prodotta  dai 
raggi  X  ho  adoperato  un  elettrometro  del  Mascart,  chiuso  in 
una  cassetta  di  legno  foderata  di  lastra  di  piombo  di  circa 
3  mm.  di  spessore.  Nella  stessa  cassetta  unito  con  l'ago  del- 
l'elettrometro  si  trovaya  uq  disco  di  rame  disposto  verticalmente 
ed  accuratamente  isolato  che  dove^a  essere  esposto  alFazione 
dei  raggi  Z;  e  vi  si  tro^ava  ancora  una  pila  di  5  elementi 
Volta  che  serviva  per  dare  al  disco  ed  all'ago  delP  elettrometro 
la  carica  iniziale. 

Le  pile  di  carica  dei  quadranti  deir  elettrometro  erano 
invece  al  di  fiiori  della  cassetta  foderata  di  piombo:  ma  per 
evitare  qualsiasi  azione  elettrostatica  estema,  tanto  la  cassetta 
con  1' elettrometro  quanto  le  pile  di  carica  dei  quadranti,  erano 
rinchiuse  dentro  una  grande  cassa  di  legno  tutta  tappezzata  di 
grossa  stagnola.  Opportune  aperture  circolari  praticate  nei  due 
involucri  permettevano  da  una  parte  di  poter  fare  le  letture 
delle  deviazioni  dell'ago  con  cannocchiale  e  scala  e  dall'altra 
di  far  giungere  sul  disco  di  rame  i  raggi  X  emessi  dal  tubo. 
L'apertura  della  cassa  estema  prospiciente  il  tubo  era  chiusa 
da  una  lamina  sottile  di  alluminio. 

La  comunicazione  dell'  ago  dell'  elettrometro,  e  per  ciö 
anche  del  disco  di  rame,  o  con  la  pila  di  carica  contenuta 
nella  cassetta  o  con  la  terra,  si  operava  dall'  estemo  con  un 
congegno  facile  ad  immaginarsi. 

L'isolamento  dell'  ago  e  del  disco  di  rame  era  in  cosi 
eccellenti  condizioni  da  esser  necessario  qualche  minuto  per 
poter  osservare  una  perdita  della  carica  corrispondente  ad  una 
divisione  della  scala:  la  deviazione  iniziale  dovuta  ai  5  ele- 
menti Volta  si  aggirö  sempre  intomo  alle  150  divisioni. 


I  risultati  che  riferirö  in  seguito  sodo  stati  ottenuti  ado- 
perando  due  ottimi  tubi  focus  di  forma  sferica  di  circa  14  cm. 
di  diametro:  del  resto  anche  altri  tubi  di  minore  capacitli  non 
hanno  dimostrato  comportamento  dissimile.  La  macchina 
elettrica  venne  poi  sempre  caricata  in  modo  che  l'armatura 
negativa  delle  batterie  fosse  dalla  parte  del  catodo ;  lo  spintero- 
metro  S  trovavasi  inserito  in  questo  tratto  del  circuito. 


604  P. 

Prima  di  procedere  ad  esperiense  defimÜTe  ho  Toluto 
naturalmente  risolvere  la  questione,  che  paö  considerarai  come 
fondamentale  riguardo  al  metodo  adoperato  in  queste  ricerche: 
eBaminare,  cioö,  se  la  dispersione  prodotta  dalle  scariche 
successiye  che  attraversano  il  tubo  si  mantenesse,  per  una  data 
condizione  di  cose,  suf&cientemente  costante:  poteva  infatti  sor- 
gere  il  dubbio  che  in  an  fenomeno  sotto  tanti  aspetti  mutevole, 
come  qnello  della  scarica  nei  gas  rarefatti,  ciö  non  awenisse, 
tanto  piü  essendo  noto  che  i  tubi  Röntgen  si  modificano  per 
il  continuato  passaggio  delle  scariche. 

La  proporzionalitä  tra  la  dispersione  elettrica  ed  il  numero 
delle  scintille  che,  lasciando  immutati  tutti  gli  altri  elementi 
del  circuitOy  si  mandayano  attraverso  al  tabo,  ^  stata  sempre 
verificata  dall'  esperienza  meglio  di  quanto  potevasi  pre- 
supporre;  non  solo,  ma  la  dispersione  elettrica  riprese  il  mede- 
simo  Talore  anche  quando,  depo  una  serie  di  misure  nelle 
quali  i  vari  elementi  del]a  scarica  erano  stati  cambiati,  si 
ritomava  alle  condizioni  iniziali. 


Nei  seguenti  prospetti  sono  riassunti  i  risultati  di  due 
delle  tante  serie  di  esperienze  fatte:  ogni  numero  rappresenta 
la  media  di  almeno  tre  misure:  i  valori  ottenuti  sono  stati 
sempre  molto  concordanti  tra  loro.  Di  solito  in  ogni  serie  si 
cominciava  dalla  distanza  esplosiva  di  5  mm.  nello  spintero- 
metro  principale  5  e  si  proseguiva  di  mczzo  in  mezzo  centi- 
metro  sino  alla  maggiore  distanza  esplosiva  che  si  poteva 
raggiuTijijere:  dopo  di  che  si  ripetevano  le  misure  in  ordine  in- 
verso  per  vedere  se  le  condizioni  del  tubo  fossero  rimaste 
immutate.  Indi  si  modiiicava  la  capacita  e  si  ricominciava  da 
capo.     Dopo  ogni  misura  Telettrometro  veniva  ricaricato. 

Ad  ogoi  distanza  esplosiva  di  S  ho  misurato  inoltre  quella 
in  s:  UDO  a  3  o  4  cm.  queste  due  distanze  esplosive  si  man- 
tennero,  come  ho  detto  piü  sopra,  sensibilmente  eguali:  per 
distanze  esplosive  maggiori  (delle  quali  pero  molto  raramente 
mi  BODO  servito),  la  lunghezza  della  scintilla  s  aumentava  molto 
mcno  rapidamcnte  di  quella  in  S. 

Nella  prima  colonua  verticale  e  indicato  il  numero  N  delle 
bottiglie  di  ciascuna  batteria  a  cui  la  scarica  era  dovuta:  nelle 


Dispersione  eleUrica  dei  raggi  X 


&06 


fthre  colonne  le  dispersioni  osseryate  all'  dettrometro  e  ri- 
ferite  ad  una  sola  scarica.  In  testa  alle  coloime  medesime 
sono  riportati  i  valori  della  longhezza  della  scintiUa  s. 

Tttbo  70011B  No.  1. 
(Diatanza  dell*  anticatodo  dal  disco  di  rame  m.  0,50) 


N 

mm.  5 

mm.  10 

mm.  15 

mm.  20 

mm.  25 

mm.  80 

mm.  85 

1 

^   0,0 

1,5 

5,8 

r  14,0 

26,0 

89,0 

51,5 

2 

0,0 

8,0 

10,5 

25,0 

42,0 

70,0(?) 

4 

0,0 

5,8 

18,0 

37,0 

60,0(?) 

6  1 

0,0 

7,8 

22,8 

47,5 

8 

0,0   1 

9,e 

26,8 

50,0 

10 

0,0 

10,7 

29,1 

51,0 

Tubo  Fooua  No.  2. 
(Distanza  deir  anticatodo  dal  disco  di  rame  m.  1,25) 


N 

mm.  5 

mm.  10 

1 
mm.  15 

mm.  20 

1 

mm.  25 

mm.  30 

mm.  35 

1 

0,0 

1,3 

5,5 

12,5 

19,5 

81,0 

(?) 

2  ! 

0,0 

2,7 

11,5 

24,0 

85,0 

(?) 

(?) 

4 

0,0 

5,1 

19,0 

89,8 

53,7 

(?) 

(?) 

*^  1 

0,0 

6,8 

26,5 

49,0 

69,0 

(?) 

8  ! 

0,0 

8,0 

83,0 

56,5 

10 

0,0 

9,0 

38,0 

60,0 

Dai  precedenti  prospetti  possono  trarsi  facilmente  aicune 
interessanti  conseguenze. 

Dair  esame  dei  valori  riportati  nelle  coloime  verticali 
appare  anzitutto  manifesto  che  la  dispersione  elettrica  cresce 
da  principio  in  modo  sensibilmente  proporzionale  alla  capacita 
dei  condensatore  ä  cui  la  scarica  e  dovuta,  specialmente  se  si 
opera  con  piccole  distanze  esplosive:  indi,  con  il  crescere  della 
quantita  di  elettricita  che  prende  parte  al  fenomeno,  la  di- 
spersione elettrica  prodotta  dai  raggi  X  cresce  meno  rapidainente 
di  quanto  vorrebbe  la  legge  di  proporzionalitä  e  teode  verso 
un  valore  massimo  che  dipende  dalla  distanza  esplosiva. 

Questo  risultato  merita  particolare  attenzione  specialmente 
se  si  tiene  conto  che  invece  esiste,  come  si  disse,  una  rigorosa 
proporzionalitä  tra  la  dispersione  elettrica  ed  il  numero  delle 
scariche  che  nelle  stesse  condizioni  dei  circuito  attrayersano  il 


506  P.  Cardani, 

tabo.  SS  puö  dunque  concludere  öhe  gli  efifetti  relativ!  alla 
dispersione  elettrica  per  mezzo  dei  raggi  X  non  sono  i  mede- 
simi,  quando  la  stessa  quantitä  di  elettrioit&  con  la  stessa 
differenza  di  Potenziale  agli  elettrodi  ^ttraversi  il  tubo  in  un 
certo  numero  di  scariche  separate  owerp  in  una  scarica  sola, 
come  apparentemente  h  quella  che  si  compie  nel  tempo 
brevissimo  in  cui  dura  una  scintilla. 

Ciö  molto  probabilmente  dipende  da  quel  processo  di 
ricostituzione  spontanea  degli  elementi  neutri  da  parte  dei  joni 
esistenti  nell'  aria  jonizzata,  processo  che,  come  e  noto,  cresce 
con  il  quadrato  dei  numero  dei  joni  di  una  data  specie  che 
si  troyano  in  un  determinato  yolume.  Le  scariche  dei  conden- 
satori  per  la  loro  brevissima  durata  dänno  origine  ad  una 
emissione  di  raggi  X  quasi  istantanea  e  ad  una  analoga  pro- 
duzione  di  joni.  H  numero  di  questi  u]timi  cresce  pro- 
porzionalmente  alla  quantitä  di  elettricitä  che  prende  parte 
alla  scarica,  quando,  ben  si  intende,  rimangano  invariate  tutte 
le  altre  condizioni:  ma  la  dispersione  elettrica  non  varia  pro- 
porzionalmente  al  numero  totale  dei  joni  prodotti  ma  bensi 
alla  differenza  tra  questo  numero  e  quelle  dei  joni  che  spon- 
taneameute  si  ricombinano  nell'  intervallo  di  tempo  in  cui  la 
jonizzazione  dal  valore  massimo  raggiunto  nelFatto  della  scarica 
si  riduce  sensibilmente  a  zero.  Finch^  questo  processo  di 
ricombinazione  spontanea  si  mantiene  trascurabile,  ciö  che  ha 
luogo  se  le  scariche  producono  un  numero  di  joni  relativamente 
piccolo  e  quindi  se  si  adoperano  piccole  capacitä  e  piccole 
distanze  esplosive,  la  dispersione  elettrica  risulta  proporzionale 
al  numero  dei  joni  prodotti  e  per  ciö  anche  alla  quantitä  di 
elettricitä  che  attraversa  il  tubo:  ma  se  il  processo  di  ricom- 
binazione diventa  rilevante,  ciö  che  ba  luogo  se  le  scariche 
producono  un  numero  di  joni  relativamente  grande  e  quindi 
se  si  adoperano  grandi  capacitä  e  grandi  distanze  esplosive, 
l'incremepto  della  dispersione  elettrica  con  il  ciescere  della 
quantitä  di  elettricita  deve  rendersi  sempre  meno  sensibile, 
cosi  che  la  dispersione  deve  tendere  verso  un  valore  limite, 
come  appunto  viene  dimostrato  dall'  esperienza. 

Se  invece  si  mettono  tra  loro  a  coufironto  i  valori  che  si 
trovano  su  ciascuna  linea  orizzontale  dei  prospetti  piü  sopra 


Dtspersiane  elettrica  dei  raggi  X.  507 

• 

riportati,  si  vede  che  la  dispersione  elettrica  cresce  molto 
rapidamente  con  la  distanza  esplosiva  e  quindi  anche  con  la 
differenza  di  Potenziale  agli  elettrodi:  anzi  si  puö  dire  che,  se 
ai  opera  con  piccole  capacitä,  la  dispersione  cresce  molto 
sensibilmente  con  il  quadrato  della  distanza  esplosiva,  purch6 
qoesta  distanza  si  conti  da  quel  yalore  (nel  caso  dei  tubi 
adoperati  5  mm)  al  disotto  dei  quäle,  non  passando  piü  la 
scarica  attraverso  al  tubo,  cessa  anche  Temissione  dei  raggi  X 

Se  la  differenza  di  potenziale  agli  elettrodi  crescesse 
proporzionalmente  alla  distanza  esplosiva,  si  potrebbe  quindi 
condudere  che,  almeno  con  Tuso  di  piccole  capacitä,  la  dis- 
persione elettrica  aumenterebbe  proporzionalmente  all'  energia 
disponibile  tra  gli  elettrodi  dei  tubo:  ma,  come  6  noto,  la 
differenza  di  potenziale  cresce  molto  meno  rapidamente  della 
distanza  esplosiva,  cosi  che  la  legge  che  lega  la  dispersione 
elettrica  e  Fenergia  disponibile  diventa  molto  piü  complessa. 

In  generale  si  puö  asserire  che  la  dispersione  elettrica 
cresce  con  Tenergia  disponibile  piü  rapidamente  di  quel  che 
vorrebbe  la  legge  di  proporzionalitä:  la  quäl  cosa  significa  che 
con  Taumentare  della  differenza  di  potenziale  agli  elettrodi, 
e  quindi  con  Taumentare  della  velocitä  dei  raggi  catodici,  va 
pure  aumentando  sempre  piü  quella  parte  dell'  energia  dis« 
ponibile  che  viene  trasportata  con  i  raggi  dei  Röntgen  6 
determina  la  dispersione  elettrica. 


Oltre  dei  due  elementi  linora  considerati,  un  terzo  ele- 
mento  della  scarica  esercita  una  notevole  influenza  suUa  dis- 
persione elettrica  ed  k  la  8ua  forma.  L'inserzione  di  un  tubo 
Röntgen  in  un  circuito  di  scarica  di  un  condensatore  rende 
la  scintilla  sibilante,  poco  luminosa  e  poco  rumorosa,  cio6  di 
natura  analoga  a  quelle  che  si  ottengono  inserendo  nel  cir- 
cuito medesimo  una  forte  resistenza,  E  noto  che  in  tali 
condizioni  la  scintilla  e  intermittente,  costituita  cioö  da  un 
numero  piü  o  meno  grande  di  scintille  parziali,  a  cui  appunto 
si  deve  il  carattere  sibilante  della  scarica, 

Ma  per  ogni  tubo  sembra  che  vi  sia  una  distanza 
esplosiva  critica,  oltre  la  quäle  la  scarica  abbandona  quasi 
bruscameute  questi  caratteri  per  presentarsi  sotto  Paspetto 
ordinario:    dal  rumore  prodotto  essa  sembra  unica  e  diyenta 


608  P.  Cardani. 

neUo  stesso  tempo  molto  piü  rumorosa  e  luminosa.  Nel  tabo 
Foous  No.  2  questa  diBtanza  critica  era  di  circa  32  mm.  Ora, 
per  distanze  esploaive  minori  di  32  mm.  i  valori  della  dis- 
persione  elettrica  si  mostrarono  tra  loro  concordantissimi  per 
ogni  scarica  e  sono  quelli  giä  riportati:  ma  per  distanze 
esplosive  superiorii  quando  cio6  la  trasformazione  della  scarica 
era  aTvenuta,  i  risaltati  si  presentarono  invece  molto  yariabili 
(e  per  questo  ho  posto  nel  prospetto  dei  punti  interrogativi), 
ma  molto  minori  dei  precedenti:  per  es.,  con  la  distanza  esplo- 
siva  di  35  mm.  la  dispersione  elettrica,  che  si  osservaya, 
era  di  pochissime  divisioni,  di  solito  meno  di  15.  Alla 
distanza  esplosiya  critica  i  valori  dipendevano  dalla  forma  che 
acddentalmente  prendeva  la  scarica,  e  mentre  talvolta  si  ave- 
vano  deviazioni  dell'  ago  delF  elettrometro  di  piü  che  35  di- 
risioni,  altre  volte  si  ayeyano  deyiazioni  di  4  o  5  dirisioni:  e 
dal  rumore  della  scarica  si  poteya  dire  a  priori  quali  erano 
le  scintille  piü  attiye  e  quali  le  meno  attiye. 

Questo  risultato  io  credo  debba  attribuirsi,  piuttosto  che 
all'  emissione  di  raggi  piü  penetranti  (e  quindi  meno  atti  alla 
jonizzazione  dell'  aria  ed  alla  conseguente  dispersione  elettrica) 
alla  grande  difFerenza  che  nei  due  casi  deye  ayersi  nell'in- 
tensitä  massima  raggiunta  dalla  corrente.  E  noto  infatti  che, 
crescendo  l'intensita  della  corrente  che  attraveisa  il  tubo,  si 
ottiene  un  effetto  analoge  a  quelle  che  si  avrebbe  con  un 
aumento  nella  pressione  dei  gas:  or  bene,  quando  la  scintilla 
si  presenta  come  unica,  e  cio6  molto  luminosa  e  rumorosa,  si 
yede  comparire  nel  tubo  una  luce  bianchiccia,  come  cioe  se  il 
tubo  fosse  ricondotto  in  uno  stadio  meno  inoltrato  della 
radiazione  catodica,  per  il  quäle  dovrebbe  esser  minore  la 
quantita  dei  raggi  X  emessi  e  per  ciö  anche  minore  la  di- 
spersione elettrica. 

Riassumendo  si  pu6  dire  che,  per  ottenere  con  le  scariche 
dei  condensatori  la  maggiore  dispersione  elettrica,  non  con- 
yengono  le  grandi  capacitä,  ma  conriene  suddividere  la  stessa 
quantita  di  elettricita  in  un  gran  numero  di  scariche,  mentre 
per  quanto  riguarda  la  distanza  esplosiva  non  bisogna  eccedere 
quella  distanza  critica  per  la  quäle  la  forma  della  scintilla 
assume  quel  notevole  cambiamento  di  cui  si  e  piü  sopra  parlato. 


Dispersione  elettrica  dei  raggi  X.  509 

Le  esperienze  del  Bighi^  del  Donati,  etc.  hanno  messo 
in  piena  evidenza  la  proporzionalitä  tra  gli  e£fetti  fotografici 
dei  raggi  X  e  la  dispersione  elettrica.  In  aocordo  con  questa 
le^e  sono  stati  i  risultati  fotografici  ottenuti  producendo  con 
il  tabo  Focus  No.  2  sulla  medesima  lastra  due  radiografie 
dello  stesso  oggetto  (un  portamonete),  l'ana  con  50  scariche  e 
25  mm.  di  distanza  esplosiva,  Taltro  pure  con  50  scariche  ma 
con  85  mm.  di  distanza  esplosiya.  La  prima  immagine  ap- 
parre  incomparabilmente  piü  intensa  della  seconda. 

Si  puö  dunque  affermare  che  quelle  stesse  condizioni  che 
dalle  presenti  ricerche  risultano  come  le  piü  fayorevoli  per  la 
dispersione  elettrica  mediante  i  raggi  X  ottenati  con  le  sca- 
riche dei  condensatori,  lo  sono  pure  per  le  azioni  fotografiche. 

Nello  studio  completo  dell'  argomento,  che  giä  ho  con- 
dotto  a  buon  punto^  saranno  meglio  precisate  molte  altre  cir- 
costanze  che  potranno  forse  condurre  a  piü  esatte  interpretazioni 
di  molti  fenomeni  che  si  osservano  nell'  uso  pratico  dei  tubi 
del  Röntgen  eccitati  dagli  ordinari  apparecchi  d'induziona 

(Eingegangen  24.  September  1908.) 


610 


65.    Entropie  und  innere  Reibung. 

Von  B.  Weinstein  in  Charlottenborg. 


Szily^  Clausius  und  Boltzmann  haben  nachgewiesen, 
daß  man  aus  den  bekannten  Prinzipien  der  Mechanik  für  Be- 
wegungen, wie  wir  solche  den  Molekülen  der  Körper  zu- 
schreiben, einen  Satz  ableiten  kann,  der  unter  gewissen  Voraus- 
setzungen sich  als  der  Garnot-Clausiussche  Satz  für  um- 
kehrbare Vorgänge  deuten  läßt.  Sei  ob  die  einem  System 
während  der  Änderung  seines  Bewegungszustandes,  der  durch 
die  mittlere  lebendige  Kraft  f  bestimmt  ist,  zugeführte  Energie 
und  i  die  Dauer  dieser  Änderung,  so  hat  mau 

^-25[iog(ro]. 

Aus  dem  Beweise,  den  ich  selbst  in  meinem  Buche  über 
Thermodynamik^)  für  diesen  Satz  gegeben  habe,  erhellt  die 
zweifellose  Bedeutung  der  Größe  t  als  der  vorbezeichneten 
Dauer.  Diese  Größe  hängt  also  eigentlich  mit  der  Bewegung 
der  Teilchen  des  Systems  gar  nicht  zusammen.  Sie  muß  nur 
so  beschaffen  sein,  daß  auch  während  dieses  Überganges  die 
Teilchen  ihre  Geschwindigkeiten  gehörig  ausgleichen,  bzw. 
jedes  Teilchen  alle  möglichen  Geschwindigkeiten  annehmen 
kann.  Dadurch  ist  die  untere  Grenze  festgesetzt.  Bezeichnet 
man  mit  r  die  mittlere  Bewegungsdauer  eines  Teilchens  zwi- 
schen zwei  Anstößen,  oder  falls  Anstöße  nicht  stattfinden,  die 
mittlere  Schwingungszeit,  so  wird  man  i=vT  setzen  können. 
Da  T  sehr  klein  ist,  wird  v  groß  sein,  und  es  wird 

^^  ^2  8\\og(TvT)]. 

Üblichen  Hypothesen  entsprechend  setzen  wir,  wenn  die 
Energiezufuhr  als  Wärmezufuhr  S  Q  betrachtet,  und  mit  i^*  die 
absolute  Temperatur  bezeichnet  wird, 


1)  B.  Weinstein,  Thermodynamik  1.  p.  81  f. 


Entropie  und  innere  Reihnng.  511 

nnd  erhalten  für  die  Entropieändening  SS 

Diese  Gleichung,  wenn  auch  in  etwas  anderer  Form,  habe 
ich  in  meinem  genannten  Buche,  benutzt  um  eine  Formel  fär 
die  innere  Reibung  bei  Gasen  abzuleiten,  welche,  wie  dort 
nachgewiesen  worden  ist,  sich  auffallend  genau  an  die  Er- 
fahrung anschließt  ^,  und  namentlich  auch  die  Abhängigkeit  von 
der  Atomzahl  und  dem  Molekulargewicht  feststellt.  Die  Ab- 
leitung beruht  auf  einer  Berechnung  von  v  und  von  r.  Was  die 
Ermittelung  der  ersteren  Größe  anbetriflt,  so  weiß  ich  auch  jetzt 
keinen  neuen  Weg  hierfür  anzugeben.  Bezeichnet  v  das 
spezifische  Volumen  des  Systems,  so  fand  sich  v  proportional 
©-•/•iw-Vs,  woselbst  m  die  Masse  eines  Moleküls  bedeutet  Die 
Größe  r  ist  nach  den  bekannten  Formeln  für  die  mittlere  Ge- 
schwindigkeit der  Gasmoleküle  abgeleitet.  Im  zweiten  Bande 
des  gleichen  Werkes*)  habe  ich  nun  eine  Theorie  der  festen 
Körper  mitgeteilt,  die  sich  gleichfalls  sehr  gut  an  die  Er- 
fahrung anschließt.^  Die  Formeln  dieser  Theorie  sind  all- 
gemeiner als  die  benutzten  der  Theorie  der  Gase,  welche  von 
ihnen  einen  Spezialfall  bilden ,  ich  will  daher  diese  allgemein 
neren  Formeln  auch  für  die  obige  Berechnung  benutzen,  teils 
um  eine  Stütze  für  jene  Eeibungsformeln  zu  gewinnen,  denen 
ich  eine  größere  Bedeutung  zuschreiben  muß,  teils  um  zu 
zeigen,  wie  sie  etwa  noch  zu  korrigieren  sein  könnten. 

Wenn  ein  Molekül,  ohne  anzustoßen,  eine  mittlere  Weg- 
länge Ä'  und  Bewegungsdauer  r',  dagegen  zwischen  zwei  An- 
stößen eine  mittlere  Weglänge  A  und  Bewegungsdauer  r  hat, 
so  wird  unter  der  Annahme  einfacher  Schwingungen,  indem 
noch  N  die  Zahl  der  Moleküle  in  der  Masseneinheit  angibt 

/  .       2  71      I 

/  Am 

R      2         .  ,  2  71    r  '  \   T'  j  "^         2  71    r 


8in 


r     4  V  r'      2 


1)  1.  c.  1.  Abschnitt  32  u.  41. 

2)  1.  c.  2.  Abschnitt  63. 

3)  1.  c.  2«  Abschnitt  64. 


512  B.   fKeijutein. 

Von  der  Größe  (2;i/t')'  ist  an  gleicher  Stelle  bewiesen^  daß 
sie  allein  als  Funktion  von  oVt  dargestellt  werden  kann,  so 
daß  ist 

Die  obigen  Gleichnngen  dienen  nnn  zur  Berechnung  yon  r. 
Setzt  man 

so  daß  wird 

80  gibt  die  ümkehrung  dieser  transzendenten  Gleichung 


N«CO 


Hml 

woselbst 

^  -  4,       irf,  —  0,      i<3  «  0,09,      A^  «  0,016  . . . 
ist    Also  zufolge  des  Wertes  von  r'*/;r' 

HmcO  . 


(2)  T»-424 


1   "     *• 


Hiemach  gibt  das  Entropieprinzip 


KSQO 


(3)  SS^jBfd  [log (ir» V?-» a» P-V. m-V. 4 ^ .<«  -elr!l'- j 

a  ist  die  Proportionalitätkonstante  fiir  p. 
Bekanntlich  ist  nun  bei  Gasen 

(4)  SS^^Silogi&^'^v')], 

wo  c^  und  B  die  übliche  Bedeutung  haben.    Man  hätte  hier- 
nach fiir  Gase 

^^  =2rJ^log(i^'«^»a«ü-•^m-V.4  2^k^"-)    • 

Es  kommt  nun  alles  auf  das  Verbalten  der  Größe  B  an. 
Diese  Größe  findet  sich  in  der  Gleichung  fUr  die  ianere  poten- 


Entropie  und  innere  Reibung,  513 

tielle  Energie.  Nach  meiner  im  dritten  Kapitel  des  genannten 
Werkes  dargelegten  Theorie  der  Körper  überhaupt  ist  diese 
innere  potentielle  Energie  U 

woselbst  Uq  ein  Ausgangswert  von  V,  und  F  Glieder  bedeutet^ 
die  von  der  Stoßwirkung  der  Moleküle  abhängen.  Gilt  für 
Gase  die  Boyle-Gay-Lussacsche  Gleichung /lo  =  Ai?*,  so 
wird 

Somit  haben  vir 

\R  -  R^Je^ 
und  wegen 

R 

(6)  ü:'  =  i/c,, 

Hiemach  wird  M'  keine  Konstante  sein.    Nehmen  wir  je- 
doch diese  Größe  als  konstant  an,  so  ergibt  die  Gleichung  (5) 


woselbst  C  ein  Proportionalitatsfaktor  ist.     Somit  wird 


/ 


1 


K  =  00 


Jc_  B 


..K  ,,  X— 1  />2Jr  !L_i     4.t/ 

H  =  l 


Wir  setzen 


p2Ä' 


R  am' 

und  beachten  die  Gleichung  (6),  so  wird,  indem 

ist, 

(7)  l/^^.-?^:^  =  i?^"r«*    , 


K  =  l 


In  erster  Näherung  bleiben  wir  in  der  Summe  beim  ersten 
Gliede  stehen  und  erhalten 

BolUmann-FestBchrift.  SB 


514  B.   Weinstein. 

6-3fc     9fc-6 

also  nach  der  Definition  yon  fi 


6>8k     9k-5 

2A  i/^^^  =  5i^"6jr^-6k- 


l/¥= 


Hierin  ist  2  A  die  mittlere  Weglänge;  nennen  wir  diese  l, 
so  wird  also 

6-8fc     9fc-6 


Nun  ist  nach  Ä*  =  |.c^  =s  |^(mc^iii"^     Sei  mc^  =  c^',  also 
so  haben  wir,  da  Nm  »  1 


6» 

6» 

mV« 

Ä' 

iL  ^      «1 

»-1     -,, 

Wir  führen  noch  das  Molekularvolomen  b  =  m  v  ein,  setzen 
femer 

(9)  y^a  =  (!)-•'•  (Ä)^"'-.-,        C«"^;'=  eß', 

woselbst  R  die  Gaskonstante  ist  und  erhalten 

ö-Sk     9fc-6  2k--5 

Gk" 


(10)  7=(|y'*(Ä)~''>"   t)    "    e'^ß 


m 


Das  ist  genau  dieselbe  Gleichung  für  die  mittlere  Weg- 
länge,  wie  ich  sie  in  meinem  genannten  Buche  auf  anderem 
Wege  abgeleitet  habe.  ^)  Also  kehren  auch  alle  flir  die  innere 
Reibung  dort  angegebenen  und  experimentell  geprüften  Be- 
ziehungen wieder. 

In  zweiter  Näherung  ist  zu  beachten,  daß  Ä^  =  0  ist,  die 
Gleichung  (7)  gibt  also 


6-6k     9k-5^ 
6k 


iAi+4''^—«^"«' 


1)  1.  c.  1.  p.  207.  Gl.  (16)  und  (17). 


Enpropie  und  innere  Beibung,  515 

und  wir  hätten 


V^+i'^'=(^'^ 


wo 


ö-3ik 

9AC--6 

"   a 

6* 

2k-6 

ß^m 

6k 

(11)  (^  =  (f)'''(Ä)-''V+/' 

ist  Die  Größe  ^j/^j  beträgt  nur  etwa  0,02.  Die  allein  von 
V  abhängen  sollende  Funktion  y;  ist  nicht  bekannt,  wir  haben 
jedoch 

Da  nun  die  mittlere  lebendige  Kraft,  wenn  die  Moleküle 
nicht  ausschwingen ,  jedenfalls  größer  ist  als  wenn  sie  aus- 
schwingen,  so  muß  im  allgemeinen  fiipl&  kleiner  sein  als  1. 
Also  darf  man  die  Quadratwurzeln  entwickeln.  Bleibt  man 
bei  den  beiden  ersten  Gliedern  stehen,  und  bezeichnet  den 
ersten  Näherungswert  für  /  mit  T,  so  wäre  der  zweite  /" 

(12)  ^"'=^~(l-it-^^). 

ju^  ist  proportional  Ä*]  führen  wir  als  ersten  Näherungswert  7 
ein  und  beachten  nur  die  Abhängigkeit  von  der  Temperatur, 
so  wäre 

/  10-12* 

(13)  r  =^7li  ^D&    ^"^ 

Da  k  stets  größer  ist  als  1,  so  fällt  das  von  der  Tem- 
peratur abhängende  Glied  mit  wachsender  Temperatur,  und 
da  ferner  I)  positiv  ist,  nimmt  mit  wachsender  Temperatur  t' 
rascher  zu  als  /'. 

Gehen  wir  nun  auf  den  Eeibungskoeffizienten  über,  so 
haben  wir  noch  den  Wert  ü  der  mittleren  Geschwindigkeit 
zu  berechnen.  Dieser  ist  zunächst  2AjXy  also  zufolge  der 
Gleichung  (2) 

A 


2''.". 


K  =  l 

38 


516  B.  Weinstein. 

also  wegen  des  Wertes  von  /i 

(14)  «.  ■  ' 


l^l/-lt^- 


Ns8 

Bezeichnet  z  eine  Zahl  in  der  Nähe  von  0,3  und  d  die 
Dichte,  so  ist  bekanntlich  der  Reibungskoeffizient  q 

g^zdifjü, 
somit  wird,  indem  wegen  (7] 

(16)  1^2  A  ^^        ^ 


N»8 

ist,  der  Beibungskoeffixient 

6       8fc-6 

(16)  (>=*^  ^"^" 


Ns8 

Hiemach  haben  wir  als  erste  und  zweite  Näherung 

_6_     3k-5 
6k    „     6k 


(17)  (>'  =zBJi'&'"  V 

(18)  ,"  =  ,•(!-  A  41^«) 


oder  auch 


e" 


/  10^12fc\ 


wo  1)  nur  von  o  abhängt  und  positiv  ist     Jedenfalls  wächst 
mit  steigender  Temperatur  q"  rascher  als  q\ 

Nun  ist  k  eine  Zahl  zwischen  ^/j  für  einatomige  Gase  und 
1  für  unendlichatomige,  so  daß  5/6 A  liegt  zwischen  ^/^  und 
^/g.  Die  Abhängigkeit  des  ersten  Näherungswerts  q'  von  der 
Temperatur  liegt  also  zwischen  &'l*  und  d%  Nach  der  Max- 
wellschen  Theorie,  der  anscheinend  auch  die  Erfahrung  zu- 
stimmt, soll  diese  Abhängigkeit  proportional  i^  selbst  sein, 
also  würde  q  stärker  variieren  als  q\  Dem  entspricht,  daß 
in  der  Tat  q"  stärker  variiert  als  (>'.    Es  ist  leicht  einzusehen, 


Entropie  und  innere  Beibung.  517 

daß  der  dritte  Näherangswert  noch  rascher  mit  der  Temperatur 
wächst  wie  der  zweite  u.  s.  f. 

Obwohl  ich  in  meinem  Buche  ^)  hinreichende  Gründe  an- 
gegeben zu  haben  glaube ,  warum  auf  eine  volle  Übereinstim- 
mung mit  der  Erfahrung  überhaupt  nicht  zu  rechnen  ist^ 
muß  ich  die  nunmehr  dargelegte  Theorie  als  eine  Verbesserung 
der  Yon  mir  zuerst  gegebenen  ansehen,  sie  muß  sich  hinsicht- 
lich der  Abhängigkeit  von  der  Temperatur  der  Erfahrung  besser 
anschließen  als  jene.  Hinsichtlich  der  Abhängigkeit  von  Druck, 
Dichte,  Molekulargewicht  und  Atomzahl  entspricht  sie  jener 
Theorie,  sie  genügt  also  der  Erfahrung  so  vollkommen,  wie 
ich  es  von  jener  nachgewiesen  habe.  *) 


1)  1.  c.  1.  p.  330  ff. 

2)  1.  c.  p.  321—336. 

(Eingegangen  25.  September  1903.) 


518 


66.  Über  die  Ansbreitang  der  Wellenbewegungen  in 
optisch-zweiachsigen  elastischen  Medien. 

Von  JoBsf  Qrünwald  in  Wien. 


Die  beigebrachten  Vorstellungen  über  die  Ausbreitung  von 
Wellenbewegungen  in  kristallinischen  elastischen  Medien  er- 
weisen  sich  bei  einer  UberprQfung  durch  die  mathematische 
Theorie  nicht  ohne  jede  Beschränkung  als  zutreffend.  Schon 
bei  einachsigen  kristallinischen  Medien  zeigt  die  Theorie^  daß 
Yon  einem  Erschütterungszentrum  aus,  das  der  Einwirkung 
äußerer  störender  Kräfte  unterliegt^  die  Bewegung  im  Medium 
nicht  nur  auf  den  beiden  Wellenflächen^  der  ordinären  und 
der  extraordinären  Wellenfläche,  sich  ausbreitet,  sondern  daß 
auch  der  zwischen  den  Wellenflächen  eingeschlossene  Eaumteil 
von  Bewegung  erfüllt  ist;  allerdings  zeigt  die  Theorie  zugleich, 
daß  bei  periodischen  Erschütterungen  von  hoher  iVequenz  die 
zwischen  den  Wellenflächen  yorhandene  Bewegung  yemach- 
lässigt  werden  kann,  so  daß  in  diesem  Falle  nur  die  ordinäre 
und  die  extraordinäre  Welle  —  wie  es  der  gewohnten  Auf- 
fassung entspricht  —  übrig  bleiben.  Geht  man  zur  mathe- 
matischen Untersuchung  der  Wellenbewegungen  in  optisch-zwei- 
achsigen kristallinischen  Medien  über,  und  fragt  man  wiederum 
nach  der  Natur  der  Bewegung,  welche  durch  periodische  stö- 
rende Kräfte  von  hoher  Frequenz  hervorgerufen  wird,  so  findet 
man  ein  im  ersten  Augenblick  überraschendes,  den  gewöhn- 
lichen Vorstellungen  zuwiderlaufendes  Resultat:  die  von  den 
gestörten  Raumelementen  des  Mediums  ausgehenden  Elementar- 
wellen schreiten  zwar  —  wie  zu  erwarten  —  vom  Erschütte- 
rungszentrum aus  auf  Fresnelschen  Wellenflächen  fort,  aber 
die  Schwingungsphase  ist  nicht  dieselbe  für  alle  Punkte  einer 
und  derselben  Wellenfläche,  sondern  diejenigen  Teile  der 
Wellenfläche,  wo  letztere  ein  negatives  Gaußsches  Krümmungs- 
maß hat,  zeigen  sich  in  ihrer  Phase  um  eine  Viertelschwingung 
zurück  gegen  den   übrigen  Teil  der  Wellenfläche.     Daß  diese 


Ausbreitung  der  H'ellenbeweffunffen.  519 

Eigentümlichkeit  der  Elementarwellen  nicht  beachtet  worden 
isty  obwohl  in  der  Optik  vielfach  mit  diesen  Elementarwellen 
in  Verbindung  mit  dem  sogenannten  Hnygensschen  Prinzip 
operiert  wird,  erklärt  sich  wohl  daraus,  daß  eben  das  erwähnte 
Uuygenssche  Prinzip  einer  exakten  mathematischen  For* 
mulierung  in  dem  Sinoe,  in  welchem  Eirchhoff  dieselbe  in 
die  Optik  isotroper  Medien  eingeführt  hat»  entbehrte. 

Im  folgenden  wird  die  Untersuchung  so  allgemein  gefaßt, 
daß  auch  die  Möglichkeit  von  Longitudinalwellen  im  Medium 
nicht  von  vornherein  ausgeschlossen  wird;  nachträglich  kann 
man  ja,  um  die  Übereinstimmung  mit  der  Optik  herzustellen, 
die  Geschwindigkeit  derselben  gleich  oo  oder  0  setzen.  Die 
DifiFerentialgleichungen  der  Bewegung  in  einem  optisch  zwei* 
achsigen  elastischen  Medium  lauten  bei  Zugrundelegung  des 
Green  sehen  Ausdruckes  für  das  Potential  der  inneren  elasti- 
schen Kräfte: 

j-^i  =  Ai  («)  +  Af  M  +  As  i^)  +  ^ 

WO  die  Af^  symbolische  Bezeichnungen  für  Diöerentialopera- 
tionen  sind,  und  zwar: 

^n^'^'^'  +  ^^Ä  +  ^'S'         ^S3  =  ^32  ^  t(/* -  «*)  3 fö « ' 

^«  ^  «'  öT'  +   ^^2  i'»  +  ^*  £-  '  ^.1  =  ^13  =  (^*  -  **)  öxd  X  ' 

Hierin  bedeuten  (m,  v,  w)  die  Komponenten  der  elastischen 
Verschiebung  im  Punkte  [x,  y,  z)  zur  Zeit  ty  (X,  Y,  Z)  die  Kom- 
ponenten der  äußeren  störenden  Kraft  im  selben  Punkte  pro 
Masseneinheit;  a,  b,  c,  g  sind  konstante,  dem  Medium  eigen- 
tümliche Geschwindigkeiten  (insbesondere  g  die  Fortpflanzungs- 
geschwindigkeit der  Longitudinalwellen). 

Es  werde  angenommen,  daß  bis  zu  einem  gewissen  Zeit- 
punkt t^  die  elastischen  Verschiebungen  (ti,  v,  w)  und  ebenso 


520  /.  Grünwald. 

die  äußeren  Kräfte  {X,  Y,  Z)  verschwinden  (im  ganzen  unbe- 
grenzt gedachten  Medium).  Von  diesem  Zeitpunkt  an  sollen 
X,  ¥,  Z  bekannte  Funktionen  yon  x^  y,  z,  t  sein^  welche  nebst 
ihren  ersten  und  zweiten  Ableitungen  im  allgemeinen  stetig 
sind.  Unter  diesen  Bedingungen  ist  das  obige  System  zu  in- 
tegrieren; dadurch  findet  man  den  durch  die  gegebenen  Kräfte 
hervorgerufenen  Erregungszustand  des  Mediums. 

Mit  Hilfe  einer  Integrationsmethode,  welche  schon  von  Fou- 
rier,  Poisson  und  Cauchy  bei  derartigen  Aufgaben  ange- 
wendet worden  ist  und  im  wesentlichen  auf  der  Darstellung 
willkürlicher  Funktionen  durch  Fouriersche  Integrale  beruht, 
findet  man  nach  einigen  Eeduktionen,  deren  Einzelheiten  an 
einer  anderen  Stelle  mitgeteilt  werden  sollen,  folgende  Lösung 
der  gestellten  Aufgabe: 

«<  (*i  y>  2:,  <)=///  U  '    '    dx  dy'  dz\ 

—  OD 

+  0D 

—  00 

+  0D 

w{xyy,z,t)==  fCfm'^'^'''dx'dydz', 


—  00 


wo  die  Symbole  U,  fß,  SB  nachstehende  Bedeutung  haben: 


t-o      2       /•/.  _____  Vi 


Ausbreitung  der  JFellenbewegungen,  521 

Hierin  ist: 

Xq  =  cos  t^  sin  d  y    jLt^  =  sin  t/;  sin  ö ,     v ^  =  cos  ö , 

es  sind  also  (^^^  /ito,  i/J  die  Richtkosinus,  welche  zu  der  durch 
die  Winkel  [6,  \fj)  bestimmten  Richtung  gehören. 

Die  Größen  (Aj,  fx^,  v^)  und  (A^,  ju,,  v,)  sind  definiert  als 
die  Richtkosinus  der  Hauptachsenrichtungen  jener  Ellipse,  in 
welcher  das  Ellipsoid:  a*ar*  +  b^g*  +  c^z^  =  1,  das  Neumann- 
sche  Elastizitätsellipsoid,  von  einer  durch  seinen  Mittelpunkt 
senkrecht  zur  Richtung  {Xq,  fi^,  Vq)  gelegten  Ebene  geschnitten 
wird.  Die  Größen  F^  und  F^  sind  definiert  als  die  reziproken 
Werte  der  Halbachsen  der  genannten  Ellipse,  und  zwar  ist  F^ 
der  reziproke  Wert  der  zur  Richtung  (A^,  fi^,  v^)  parallelen 
Halbachse  derselben,  F^  der  reziproke  Wert  der  zur  Richtung 
{\,  jti^,  Vj)  parallelen  Halbachse;  F^  ist  identisch  mit  der  Eon- 
stanten ff. 

Der  Substitutionsstrich 


aj',y',*',f  =  ^  +  T- 


Vi 


soll  anzeigen,  daß  in  den  Funktionen  X,  T,  Z  die  Argumente 
ar,  y,  z,  t  beziehentlich  durch 

zu  ersetzen  sind.    Die  Größe  ^  ist  gegeben  durch: 
f  =  (x  -  x')l^  +  (y  -  y>o  +  (^  -  O^'o 

^  (a:  —  jt')  cos  1/;  sin  ö  +  (y  —  y')  sin  t/;  sinö  +  (z  —  2:')  cos  ö. 

Die  Integrationen  nach  ö  und  t//  sind  über  alle  jene  Werte 
von  ö  und  1/;  zu  erstrecken,  welche  den  Ungleichungen 

{S  <6  <n,       0<rp<2n 
und 

{f ^(ar  —  x') cos  1/; sin ö  +  (y  — y') sin t/; sin ö  +  (z  —  z') cos d  >  F^r) 

genügen;  die  so  für  2  =  0,  1,  2  sich  ergebenden  Integrale  sind 
sodann    zu    summieren.     Bei    Ausführung    der    Integrationen 
spielen  x,  y,  z,  x,  y',  z\  t,  r  die  Rolle  konstanter  Parameter. 
Die  Größen 

U"'^'^      s"'^'",     sb"'^'" 


522  J.  GrunwcUiL 

geben  mit  dx  dy'dz  multipliziert  oflFenbar  die  Komponenten 
desjenigen  Teiles  der  elastischen  Verschiebung  (t£,  v,  w)  im 
Punkte  [x,  y,  z)  zur  Zeit  t,  welcher  durch  die  Wirkung  der  im 
Volumenelement  dx'  dt/  dz  bei  [x,  y\  z')  wirksamen  Kräfte  her- 
vorgerufen wird.  In  diesem  Sinne  geben  die  genannten  Größen 
die  Wirkung  der  vom  Volumenelement  dx  dy  dz  ausgehenden 
Elementarwellen  im  Aufpunkt  (or,  y,  z)  zur  Zeit  t\  und  die  durch 
diese  Größen  charakterisierten  Elementarwellen  ausschließlich 
und  allein  sollen  weiterhin  untersucht  werden.  Die  Doppel- 
integrale, durch  welche  die  U,  S3^  S3  sich  ausdrücken^  kann  man 
auffassen  als  Integrale  über  einen  Teil  der  um  den  Punkt  M 
{x\  y\  z')  mit  dem  Radius  1  beschriebenen  Kugelfiäche;  diese 
Auffassung  hat  indes  den  Nachteil,  daß  die  im  Argument 
^  =s  f  +  T  —  (f  /  r^  vorkommende  Funktion  [C,j  V^  auf  der  Kugel 
in  einer  komplizierten  und  wenig  übersichtlichen  Weise  variiert 
Man  wird  also  versuchen^  die  betreffenden  Doppelintegrale  an- 
statt auf  der  Kugel  auf  anderen  zweckmäßig  zu  wählenden 
Flächen  zu  interpretieren. 

Man  konstruiere  senkrecht  zu  der  durch  [0,  rp)  bestimmten 
Richtung  (für  t  =  0^  1,  2)  Ebenen  im  Abstand  F.  vom  Punkte 
M'  (wobei  die  F^  die  oben  definierten  Funktionen  von  ö,  tp 
sind);  alle  diese  Ebenen  umhüllen  bei  variablem  6,  \p  gewisse 
Flächen.  Dem  Index  i  =  0  entsprechend  erhält  man  so  eine 
Kugelfläche  T^  mit  dem  Radius  V^,  während  die  Indizes  i  =  \ 
und  2  =  2  zusammen  die  beiden  Schalen  einer  Fr esn eischen 
Wellenfläche  T^^  geben;  und  zwar  sind  die  Flächen  T^  und  T^^ 
offenbar  nichts  anderes  als  die  bekannten  Wellenflächen  der 
Longitudinal-  und  Transversalwellen,  welche  die  Ausbreitung 
der  Bewegung  von  M  aus  während  der  Zeiteinheit  veran- 
schaulichen. 

Die  reziproken  Polarflächen  von  Tq  und  T^^  in  bezug  auf 
die  um  M'  als  Mittelpunkt  beschriebene  Einheitskugel  seien 
mit  %Q  und  %^^  bezeichnet.  Der  in  der  Richtung  (ö,  ifß)  durch 
M'  gelegte  Halbstrahl  trifft  X^  in  einem  Punkte  ^q,  %^^  in 
zwei  Punkten  $j  und  ^^,  so  zwar,  daß: 

Xq  ist  natürlich  wieder  eine  Kugelfläche,  Sjg  als  Polar- 
fläche  einer  Fr  es  nel  sehen  Wellenfläche  ebenfalls  eine  Fresnel- 


Ausbreitung  der  ^ellenbewepunffetL  523 

sehe  Wellenfläche.  Die  Punkte  ^  nnd  $,  erf&Uen  bei  varia- 
blem (6,  tp)  JQ  eine  Sohale  X^  beziehungsweise  X,  der  Fläche 
Zj,.  Der  Inbegri£f  der  Flächen  Xq,  X^,  X,  sei  mit  X  bezeichnet 
Die  in  den  Ausdrücken  f&r  U,  S3,  SB  vorkommenden  Doppel- 
integrale sollen  nun  je  nachdem,  ob  sie  sich  auf  den  Index 
ü,  1  oder  2  beziehen,  auf  der  Fläche  Zq,  X^  oder  X,  darge- 
stellt werden,  indem  man  die  Integrationsvariablen  0  und  t^ 
jedesmal  als  krummlinige  Koordinaten  auf  je  einer  der  ge- 
nannten Flächen  auffaßt.  Die  Größe  F,  welche  auf  der  Kugel 
drei  Werte  hatte,  entsprechend  dem  Werte  ihres  Index  t  ( »  0, 1,  2), 
erscheint  bei  der  neuen  Interpretation  auf  X  als  eindeutige 
Funktion  des  Ortes;  ihr  Wert  in  irgend  einem  Punkte  ^  von 
X  ist  gegeben  durch  (l/M'^y  Auch  die  Richtung  [X^  fi,  v)  er- 
scheinty  wofern  man  zwei  gerade  entgegengesetzte  Richtungen 
als  eine  zählt,  auf  X  im  lülgemeinen  eindeutig  bestimmt:  f&r 
Punkte  von  X^  ist  sie  einfach  gegeben  durch  die  Richtung 
von  M'  %  für  Punkte  von  X^^  wird  sie  gefunden  als  jene  Rich- 
tung, welche  einerseits  der  Tangentialebene  von  X^,  in  dem 
betreffenden  Punkte  $  parallel  ist,  andererseits  auf  M'^  senk- 
recht steht 

Man  findet   nach   kurzer  Rechnung  folgende  Darstellung 
der  U,  8,  SB  durch  Integrale  über  X: 

11*''  ^''  ''  _  ^ 


*,  y, «,  < 


(t)p>- 

e 


35 


cose 


I  :=0 

r.y.z.t"  2^n^/     dTJJ  /  {XX+  Y  fJL  +~Zv)ll'  ^"^°  rfl 

a)p>  - 

e 

"%.  y,  :,  ,  ~         2*  n'  /    ^^  ]]       {XX  +  Yyi  +  Zv)  f,  .  -^  d%. 

Hierin  bedeutet  p  den  Abstand^)  des  Flächenelementes  d% 
oder  genauer  seines  Mittelpunktes  5ß  von  jener  (festen)  Ebene  JS> 

1)  Positiv  oder  negativ  gezählt,  je  nachdem  ^  auf  derselben  Seite 
von  E  liegt  wie  ^V  oder  auf  der  entgegengesetiten. 


524  J.  Grünwald. 

welche  durch  M'  senkrecht  znr  Verbindungslinie  des  Punktes  M' 
mit  dem  Punkte  M  (z,  y,  z)  hindurchgelegt  werden  kann;  g 
ist  gleich  der  (festen]  Entfernung  der  Punkte  Äf  und  M\  b  ist 
der  Winkel  der  nach  außen  gezogenen  Flächennormalen  %  in 
$  mit  M'  $.  Die  Integration  ist  über  die  durch  die  Ungleichung 
p  >  tIq  definierten  Segmente  von  %  zu  erstrecken. 

Die  obigen  Formeln  für  U,  8,  SB  sind  besonders  geeignet, 
als  Grundlage  weiterer  Diskussionen  zu  dienen. 

Es  soll  jetzt  angenommen  werden,  daß  die  Größen  X^  Yy  Z 
an  der  Stelle  {x\  y\  /)  bis  zu  einem  gewissen  Zeitpunkte  ver- 
schwinden, von  diesem  Zeitpunkte  an  aber  durch  die  Ausdrücke: 

Z=i^8in[*(/-g],    F=:Äsin[Ä(/-g],  Z ^  C%m\k{t^t^)'\ 

dargestellt  seien,  wo  [Ä^  B,  C)  von  t  unabhängig  sind  und  k 
eine  sehr  große  Zahl  ist  Man  kann  dann  fragen,  welchen 
Werten  die  obigen  Größen  tl,  S3,  SB  in  diesem  Falle  sich 
n&hem,  wenn  k  Über  alle  Grenzen  wächst  Durch  Beantwor- 
tung dieser  Frage  gewinnt  man  eine  Vorstellung  über  die  Art 
der  Elementarwellen,  welche  durch  die  angenommenen  periodi- 
schen störenden  Kräfte  von  hoher  Schwingungszahl  hervor- 
gerufen werden. 

Es  ist  im  betrachteten  Falle: 

n"^'^'''^^  1  7  ö  rr/— 

\y,M,t  2»n«/  'djJJ  /(Ai+BfjL  +  Cv)ksm[k{t+r^Qp-^t^)]  ^d%. 

Die  Formeln  f&r  93  und  SB  sind  analog. 

Den  angenäherten  Wert  dieser  Ausdrücke  für  ein  hin- 
reichend großes  k  findet  man  durch  Benutzung  gewisser  Hilfs- 
sätze, welche  auch  sonst  in  der  Optik  viel  verwendet  werden 
und  hier  möglichst  im  Anschluß  an  die  Kirchhoff  sehen  Vor- 
lesungen über  Optik ^)  angefahrt  werden: 

I.  Hilfesatz:  Ist  dF[^jd^  in  dem  Intervalle  von  f  =  Sl) 
bis  f  =  Ci  öine  stetige  Funktion  von  f ,  so  ist  für  ä  =  oo : 

Äy*^sin(AC-h<J)df--[^cos(Äf  +  ^]^\ 


1)  Vgl.  insbesondere  die  dritte  Vorlesung. 


Äunbreitung  der  WdlenbewegungetL  626 

IL  Hilfssatz:  Ist  s  ein  reguläres  Stück  einer  analytischen 
Fläche,  ^  eine  reguläre  analytische  Funktion  auf  dieser  Fläche 
d.  L  eine  Funktion,  welche  in  der  Nachbarschaft  eines  jeden 
Punktes  yon  s  nach  der  Taylorschen  Reihe  für  zwei  unab- 
hängige Veränderliche  entwickelt  werden  kann,  femer  G  eine 
stetige  Funktion  auf  der  Fläche  s,  so  kann  der  Wert  von 

ÄjTösin  [k^+  S)ds  für*  =  oo 

(•) 
in  nachstehenden  Fällen  angegeben  werden,  unter  der  Voraus- 
setzung, daß  die  Berandung  von  s  kein  endliches  Stück  ent- 
hält, auf  welchem  ^  konstant  wäre. 

1.  Fall:  Wenn  s  keinen  Punkt  enthält^  in  welchem  die 
Funktion  ^  stationär  wird,  d.  h.  in  welchem  bei  einer  unend- 
lich kleinen  Verschiebung  d^^Q  ist:  so  ist  obiger  Ausdruck 
gleich  Null. 

2.  Fall:  Wenn  s  einen  Punkt  Ä  enthält,  in  welchem  ^ 
stationär  wird,  so  denke  man  den  betreffenden  Punkt  Ä  zum 
Ursprung  eines  rechtwinkligen  Koordinatensystems  X,  Y,  Z  ge- 
wählt, dessen  ^Achse  zur  Fläche  s  normal  stehen  soll.  Die 
Funktion  f,  gebildet  für  den  variablen  Punkt  [x,  y,  z)  auf  der 
Fläche  s  in  der  Umgebung  von  A,  wird  dann  in  folgender 
Weise  nach  aufsteigenden  Potenzen  von  x,  y  entwickelt  werden 
können: 

Durch  besondere  Wahl  der  Achsen  X,  Y  kann  man  stets 
erreichen,  daß  diese  Entwicklung  die  Form  annimmt: 

Sind  hier  nun  die  Größen  Jl^  und  Jl^  gleichbezeichnet,  so 
ist  obiger  Ausdruck  gegeben  durch 

±,/A.-(^)^co8(Äa, +  ^, 

wobei  das  obere  oder  das  untere  Zeichen  zu  nehmen  ist,  je 
nachdem  Jl^  und  Ji^  beide  positiv  oder  beide  negativ  sind. 

Sind  hingegen  die  Größen  fl^  und  Ji^  entgegengesetzt  be- 
zeichnet, so  wird  der  obige  Ausdruck  dargestellt  durch: 

,.-l--(G)^sin(Ä9t, +  (i'). 


526 


J,  Grünwald, 


Berechnet  man  mit  Hilfe  der  voranstehenden  Hilfssätze 
die  gesuchten  Näherangswerte  von  U,  S3»  3S,  so  läßt  sich  das 
Besoltat  am  einfachsten  formulieren,  indem  man  wieder  von  den 

Flächen  X  (Xo>  2:^2)  ^^  ^^°  ursprünglichen  Flächen  jP^  und  T^^  zu- 
rückgeht: Man  konstruiere  die  Fläche  T^^,  welche  die  Ausbreitung 
der  Transyersalwellen  von  AT  {z,  y\  z)  aus  während  der  Zeit- 
einheit veranschaulicht;  der  von  M'  gegen  M  {x^  y,  z)  gezogene 
Halbstrahl  treffe  T^^  in  8^  und^S,,  wobei  der  Punkt  S^  zur 
inneren,  der  Punkt  8^  zur  äußeren  Schale  von  T^^  gehören 
soll  Die  Länge  der  Strecken  M'  8^ ,  M'  S,  sei  s^ ,  s^ ;  die  Ab- 
stände der  Tangentialebenen  von  T^^  in  8^  und  8^  vom  Punkte 
M'  seien  F{8^)  und  V{8^),  Das  Gausssche  Erümmungsmaß  von 
Tj,  in  Sj  und  8^  werde  mit  r{8^)  und  r{8^)  bezeichnet.  Die 
Bichtkosinus  der  Strecke  Jtf '  At  seien  (a^,  ß^ ,  y^ ;  nait  [a^  jßifYi) 
und  (a^j  ß^,  y^)  mögen  die  Richtkosinus  zweier  Strecken  be- 
zeichnet sein,  welche  beide  zueinander  und  zur  Strecke  AT  M 
senkrecht  stehen,  und  von  denen  die  erste  der  Tangentialebene 
von  T^^  in  8^^  die  zweite  der  in  8^  parallel  ist. 

Die  Größe  r{8^  ist  stets  positiv;  r{8^  hingegen  kann 
positiv  oder  auch  negativ^)  sein.  Ist  r[8^  positiv,  so  gelten 
für  hinreichend  große  k  die  Näherungsformeln: 


U 


*»  y.  «f  < 


S 


x'.y',«' 
«,  Vf  «f ' 


An  q 


1 

4  71  ^ 


s-M««  +  Hßo  +  Cy„)a^  sin 


+  ''^^i^"2+^ßz  +  0Y,)ic,  sin  [ä 


-V(^«,  +  if/9„  +  Cy,)/9„8in 


/— /.- 


V 

^«/j 


1)  Negativ  wird  T(Sf)j  wenn  der  Punkt  S^  auf  einem  der  trichter- 
förmigen Teile  der  WellenÜäche  T^,  Hegt;  es  sind  dies  jene  Teile  der 
äußeren  Schale,  welche  von  je  einem  der  vier  Berührungskreise  der  sin- 
guläreu  Tangentialebenen  von  Tj,  begrenzt  werden. 


Ausbreitung  der   Wellenhewegungen. 


627 


9B 


«',y',«' 


«.  y,  «f « 


An  Q 


+ 


^AL  (^«j  +  Ä/9,  +  Cy,)y,  sin  [ä  (/-*,-  j)] 


Ist  hingegen  r[S^  negativ,  so  müssen  diese  Formeln, 
welche  imaginäre  Werte  liefern  würden,  durch  die  folgenden 
ersetzt  werden: 


U 


«',/,«' 
«,»,»,< 


4nQ 


» 


«, ». «» ' 


1 

4  TT  ^ 


+ 


1  + 


«.l/TTsi) 


SB 


».Vi«.' 


1 

4n  0 


|.- (./ «,  +  Ä/9,  +  Cy„) y„ sin  [* {t-t,-  J)] 


+ 


h  V  ^{6,) 


l^'\{Aa,+Bß,  +  CY,)r,sin[k[t-t,-.l)i^ 


Aus  diesem  Resultate  ersieht  man,  wie  sich  vom  Punkte 
M'  aus  die  Elementarwellen  ausbreiten:  die  Longitudinalwellen 
auf  den  Flächen  ü/g  =  const.,  die  Transversal  wellen  auf  den 
Flächen  ^js^  =  const.  und  (>/*2  =  const  —  Dabei  zeigt  sich 
bei  den  Flächen  ij/s^  =  const.  die  eingangs  hervorgehobene 
Eigentümlichkeit,  daß  bei  einer  solchen  Fläche  diejenigen  Teile, 
welche  ein  negatives  Gausssches  KrümmungsmaB  haben,  in 
ihrer  Phase  gegen  die  übrige  Fläche  um  eine  Viertelschwingung 
zurück  sind. 

Dejwitz  bei  Prag. 

Eingegangen  25.  September  1903. 


528 


67.   Lois  de  la  Propagation  anomale 
des  ondes  an  Yoisinage  d'on  foyer. 

Par  M.  G.  Sagnao  k  Lille. 


I.   Introduotion. 

M.  Gouy  a  d^couvert  en  1890  an  remarquable  ph^nomfene 
de  propagation  anomale  des  ondes  ^):  au  voisinage  d'un  foyer 
conjugu^  r6e\  d'un  point  yibrant,  la  propagation  des  ondes, 
c'est-ä^dire  la  propagation  de  la  phase  des  yibrations,  suppos^es 
sinusoldales^  ne  se  fait  plus  avec  la  vitesse  constante  /T  qui 
caract^rise  la  propagation  des  ondes  planes  dans  le  milieu 
homogene  et  isotrope  consid^r6. 

M.  Gouy  a  d^montr6  par  une  throne  cin^matique  le 
r^sultat  suivant  Dans  le  parcours  d'une  certaine  r^gion  A  FP 
de  Taxe  focal  (fig.  1)  comprenant  le  foyer  F,  les  vihrations  qui 
forment  ce  foyer  ^prouyent  une  Variation  anomale  de  phase 
6gale  k  une  demi-p^riode,  c'est-ä^dire  un  renversement  ano- 
mal de  signe;  tout  se  passe  comme  si  la  vitesse  de  propagation 
des  ondes  ^tait  demeur^e  la  vitesse  normale  fV,  mais  que  la 
distance  AFP  föt  alt^r^e  de  la  moiti^  de  la  longueur  d'onde 
normale  A;  (si  6  est  la  pöriode  des  vibrations,  k  =  ^ö). 

Les  exp^riences  de  M.  Gouy^,  puis  de  M.  Ch.  Fabry^, 
et  enfin  de  M.  P.  Zeeman^)  ont  Y6n&6  ce  changement  de 
signe  anomal:  dans  toutes  ces  expöriences,  on  fait  interförer 
les  vibrations  «,  qui  produisent  le  foyer  F  (fig.  1),  avec  des 
vibrations  ti^,  qui  se  propagent  le  long  de  Taxe  focal  AFP 
avec  la  vitesse  constante  et  normale  W  des  ondes  planes;  si 
le  centre  d'interförence  est  brillant  avant  le  foyer,  il  devient 
noir  au-delä  du  foyer;  sur  Taxe  focal,  les  vibrations  «^  et  u 
synchrones  avant  le  foyer,  deviennent  de  signes  oppos6s  au-delä. 
du  foyer. 

1)  Gouy,  Ann.  de  China,  et  de  Phys.  6«  s^rie.  24.  p.  145—213. 

2)  Gouy,  loc.  cit  p.  197—203. 

3)  Ch.  Fabrj,  Journ.  de  Phys.  3«  s^rie.  2.  p.  22.  (20  Juillet  1892.) 

4)  P.  Zeeman,  Arch.  nöerland.  2«  s^rie.  5.  p.  318.  1901. 


PropagatUm  anomale. 


529 


Dans  toutes  ces  exp^riences,  les  franges  d'mterf^rence 
disparaissent  au  foyer  F  et  dans  son  voisinage  imm^diat 
Qaand  le  centre  d'interfärence  redeyient  observable,  il  demeare 
invariable,  soit  noir,  soit  brillant  snivant  qu'on  observe  d'un 
cöt^  du  foyer  ou  de  rautre. 


^1 


-a4r 


,IL 


ZLi 


I<to 


Fig.     1. 

Aucune  exp^rience  n'a  permis  de  p^n^trer  dans  la  r^gion 
AFP  oü  doit  se  produire,  suivant  une  certaine  loi,  le  ren- 
versement  du  centre  d'interförence,  c'est-ä-dire  le  changement 
de  phase  d'une  demi-p^riode  ^prouv^  par  les  vibrations  qui 
döfinissent  le  foyer  F. 

Getto  loi  de  la  propaffation  anomale  dans  la  r^gion  focale 
A  FP,  on  a  cm  la  d^couvrir,  par  voie  th^orique,  en  assimilant 
le  ioyer  F  k  un  centre  d'öbranlement  (Gouy^),  V.A,  Julius*), 
P.  Zeeman^. 


n  — — Tr-^ 


B'\ 


r:>ai 


IT 


\ 


Fig.  2. 


Mais  je  montrerai  ici  que  cette  assimilation  n'est  pas 
justiti^e. 

Sous  certaines  conditions,  qui  sont  couramment  röalis^es 
en  opti(iue,  j'ai  ötabli  une  th^orie  de  la  propagation  anomale 
des  ondes  sur  Taxe  d'un  Instrument,  qui  fait  intervenir  seule- 
ment  la   diffraction  sur  Faxe    de    F Ouvertüre  de  F Instrument  et 


1)  Gouy,  loc.  cit.  p.  182—186. 

2)  V.A.Julius,  Arch.  n^erland.    !•  fl6rie.  28.    p.  226— 285.    1895 

3)  P.  Zeemau,  loc.  cit. 

Boltzraftnn-FcslRchrlft.  34 


530  G.  Soffnac. 

s'applique  k  toute  espice  de  Vibration.  Le  diaphragme  qui 
porte  Touverture  peut  n'dtre  associ^  k  aucun  instrument 
convergent;  la  propagation  anomale  subsüte  alors  mime  qv^ü 
riy  a  plus  de  fayer. 

Les  lois  de  la  propagation  anomale  ^tablies  par  ma 
th^orie  d^pendent  de  la  forme  de  Touvertore  du  diaphragme. 
Je  ne  parlerai  ici  que  des  diaphragmes  k  Ouvertüre  circulaire. 

II.   Theorie  nouTelle. 

1^  cas,     L^instrument  est  une  ouverture  circulaire  nue, 

ün  cas  particulier  est,  en  optique,  celui  de  la  chambre 
noire  sans  objectif.  Nous  supposerons  que  Touverture  circulaire 
reQoit  des  ondes  sinusoldales^  sensiblement  planes  et  paralleles 
au  plan  de  l'ouverture. 

D^composons  l'aire  Ä  de  l'ouverture  BoB'  (fig.  2)  en 
couronnes  annulaires  telles  que  bb'  de  rayon  Sj  concentriques  k 
Touverture,  qui  ont  des  aires  Egales,  infiniment  petites  dg  on 
2ns ds,  comprises  entre  un  cercle  de  surface  g  et  de  rayon  s 
et  un  cercle  de  rayon  {s  +  ds). 

La  couronne  616mentaire  bb'  ^met  par  ses  divers  points 
des  vibrations  6l6mentaires  d'Huygens-Fresnel.  Ces 
vibrations  sont  synchrones  au  döpart  puisque  le  plan  BoB' 
est  un  plan  d'onde;  elles  se  propagent  suivant  divers  rayons 
obliques  6gaux  tels  que  b  M,  V  M  pour  arriver  en  un  point  M 
de  Taxe  o-W  de  l'ouverture,  oü  elles  sont  encore  synchrones 
entre  elles ;  leur  r^sultante  en  M  est  une  Vibration  ^l^mentaire 
du  qui  präsente  un  certain  retard  8  sur  la  Vibration  ^l^men- 
taire  analogue  qu'envoie  en  M  suivant  la  normale  oM  mh 
616ment  de  surface  pris  au  centre  o  de  Fouverture  Boff. 

Quand  le  point  M  se  d^place  dans  le  sens  o^  de  la 
propagation,  le  retard  9  diminue.  Tout  se  passe  alors  comme 
si  la  phase  de  la  Vibration  du  se  propageait  le  long  de  oM 
avec  une  vitesse  sup^rieure  k  la  vitesse  normale  //^  des  ondes 
planes  incidentes.  Teile  est  Torigine  du  phönom^ne  de  pro- 
pagation anomale  que  nous  allons  studier. 

Pour  faire  la  th^orie  et  la  rendre  applicable  indifföremment 
k  toute  espice  de  Vibration  susceptible  d'interfärer  et  de  se 
diffiracter,  nous  introduirons  deux  hypothfeses  restrictives: 


Propagation  anomale. 


531 


P  La  distance  (r  =  oM)  est  toujours  suppos^e  grande  par 
rapport  k  la  longueur  d'onde  normale  X.  II  en  r^sulte  que 
les  Tibrations  dl^mentaires  d'Huygens-Fresnel  ämises  par 
les  divers  points  de  roayerture  se  propagent  par  ondes 
sph^riques  dont  le  rayon  est  grand  yis-ä-yis  de  X  et  dont  la 
yitesse  de  propagation  est^  par  suite,  la  meme  que  la  yitesse 
W  des  ondes  planes  incidentes. 

2^  La  distance  (r  =  o  M)  est  aussi  suppos^e  grande  par 
rapport  au  rayon  {a=^oB)  de  rouvertore,  de  maniäre  que 
Tobliquitä  Aq  B  M  sur  la  normale  oM  bm  plan  de  l'ouverture 
soit  petite  et  ne  puisse  pas  affaiblir  sensiblement  Tamplitude 
des  vibrations  ^l^mentaires  issues  meme  du  bord  de  Touverture 
BoB.  n  en  r^sulte  qu'il  n'y  a  pas  k  distinguer  les  vibrations 
longitudinales,  transversales,  m^caniques  ou  ^lectromagn^tiques, 
comme  il  serait  n^cessaire  si  Ton  devait  tenir  compte  de 
rinfluence  de  l'obliquit^  de  l'^mission.  De  plus,  il  est  permis 
de  caiculer  le  retard  ä  =  b  M  ^  o  JbTpar  l'expression  approch^e 

en  n^gligeant  s^Jir^  vis-ä-vis  de  Tunitö. 

Soit  OX  (fig.  3)  la  direction  du  vecteur  qui  permet  de  re- 
pr^senter,  suivant  la  methode  graphique  de  Fresnel,  la 
Vibration  616mentaire 
qu'envoie  en  M  le  point 
o  de  Touverture.  Soit 
K  Tamplitude  des  vibra- 
tions incidentes,  supposöe 
constante  sur  toute  Föten- 
due  de  Touverture  Bo  B, 

On  sait,  depuis 
Fresnel,  que  la  Vibra- 
tion du,  issue  de  Taire 
(fg  de  la  couronne  bb' 
peut  se  repr^senter  g6om6triquement  par  un  vecteur  dl,  de 
longueur  <//=  Kdg/lr,   faisant  avec  OX  Tangle 


Fig.  8. 


— >- 


a  = 


2n_J 


84 


532  O.  Sagnac. 

NouB  comptons  l'angle  u  dans  le  sens  inverse  des  aiguilles 
d'une  montre,  pris,  par  conyentioD^  comme  sens  des  retards 
croissants. 

D'aprts  la  rigU  ffiamStrigue  de  Fresnel,  pour  trouver  la 
r^soltante  u  des  vibrations  du,  il  faut  porter  bout  k  bout^   k 

partir  de  0,  les  yectenrs  6l6mentaires  dlj  qm,  tous  d'une  meme 
longueur  dl,  fönt  chacun  avec  le  pr6c6dent  im  meme  angle: 
da  »  dqjXr.  Cette  constniction  d^finit  un  arc  0  {/  de  cir- 
conförence^  dont  le  rayon  a  ponr  valenr  R^  dljda^  K. 
D'aprös  larägle  de  Fresnel,  la  longueur  de  la  corde  017  de 
cet  arc  a  m§me  mesure  q  que  Tamplitude  de  la  Vibration  ti; 

Fangle  cd  que  fait  le  vecteur  0  V  avec  OXd^finity  par  la  formule 

le  retard  de  la  phase  de  la  yibration  u  sur  la  phase  de  la 
Vibration  que  le  point  o  envoie  en  M,  La  Vibration  ^l^mentaire 
issue  des  bords  J?^   de  Touverture  est  repr^sent^e  par  un 

vecteur  dl  dirig6  suivant  la  tangeiite  TU  k  Textr&mit^  de  Tarc 
0  U\  sa  phase  est  en  retard^  sur  celle  de  la  Vibration  origine,  de 

-i-2Q>  =  2g) 

puisque  ZjPc7=s2q>;  son  retard  g^om^trique  J  =  a*/2r 
est  tel  que  Ton  a 

Quand  le  point  ^  (tig.  2)  se  d^place  dans  le  sens  oMAq 
la  propagation,   r  =  oM  augmente,   le  retard  A  =^  a^ I2r  di- 

minue  et  l'angle  AT Z7  =  2n A  jX (flg.  3)  diminue  continuement, 
c'est-ä-dire  que  le  point  U  toume  continuement  sur  la  cir- 
conf6rence  dans  le  sens  des  aiguilles  d'une  montre  qui  est 
le  sens  de  l'avance. 

Pendant  que  le  point  ü  fait  ainsi  un  tour  complet  de  0 

en  0,  la  direction  du  vecteur  0  U  fait  seulement  un  demi-tour 
de  OX*  en  OX  et,  quand  le  point  t/^  passe  par  le  point  0,  la 

direction  de  OU  se  renverse  brusquement  de  OX  en  OZ'  pour 


Propagatkm  anomale. 


583 


reoammencer    ensuite    one  nouyelle   oscillation.     Ce    rösultat 
s'interprtte  ainei: 

Gonsid^rons  les  divers  points  M^^  (fig.  4)   de  Taxe  o  M^ 
tels  que  le  nombre 


y         ^I^X         rl         nrx) 


de  zones  de  Fresnel  (cooronnes  de  surfaces  Egales  k  nrX\ 
contenties  dans  Faire  J  de  rouverture,  est  un  nombre  entier 
pair  2  p.    Qnand  le  point  M  passe  par  Tun  des  points  M^  , 

le  point  U  (fig.  3)  passe  par  le  point  0,  le  vecteur  O^s'annule 
et  change  brusquement  de  signe,  de  sorte  que  la  Vibration  u 
s'annole  et  change  de  signe. 

La  fig.  4  repr^sente  la  courbe  de  Variation  de  l'amplitude 
Q  de  u  en  fonction  de  l'abscisse  r  —  oM.    Aux  divers  points 


N  A 


A6 


M, 


Fig.  4. 


de  cette  courbe,  les  directions  des  flaches  repr^sentent,  pour 

les  points  correspondants  de  oM^  les  directions  du  vecteur  0  U 
de  la  fig.  8. 

Üne  discussion,  que  je  donnerai  dans  le  Journal  de 
Phi/sique,  montre  que  Tinfluence  du  diametre  apparent  de  la 
source  des  vibrations  et  Tinfluence  des  irr^gularit^s  du  contour 
de  Touverture  ronde  BoB'  produisent  une  diminution  du 
rayon  de  courbure  Ti*  a  mesure  que  M  se  rapproche  de  o  et 
d'autant  plus  rapidement  que  le  rayon  a  de  Touverture  est 
plus  grand.  Par  suite  les  minimums  M^^  d'ordre  suffisamment 
6lev6s  ne  sont  pas  nuls  (fig.  4)  et  le  vecteur  de  la  Vibration  u 
y  est  vertical  comme  aux  maximums  ifgp-i;  au  voisinage  de 
ces  minimums,  le  vecteur  de  la  Vibration  toume  trfes  rapide- 
ment de  pr^s  d'un  demi-tour  dans  le  sens  du  retard.  A  mesure 
que  M  se  rapproche  de  o,  les  oscillations  du  vecteur  de  la 
Vibration   s'amortissent   de  plus  en  plus,   de   sorte  que  si  le 


534  G.  Soffnac. 

diamitre  apparent  de  la  source  est  süffisant  ou  si  le  coDtour 
de  l'ouYertare  est  assez  large  et  irr^galier^  on  arrive  k  one 
rögion  N  oü  le  yecteur  de  la  yibration  a  cess6  d'osciller.  Ce 
yecteur  demeure  alors  constamment  vertical.  Dans  la  r6gion  N 
la  propagation  se  fait  donc  avec  la  vitesse  constante  et  nor- 
male ^  des  ondes  planes  incidentes.  Cette  zone  N  de  pro- 
pagation  dite  normale  ou  regtiUere  est  d'autant  plns  6tendae 
qae  les  irrigtdaritis  provenant  du  diamätre  apparent  sensible 
de  la  source  vibrante  et  des  d^fauts  du  contour  de  Touverture 
circulaire  sont  elles-memes  plus  importantes.  Inversement  la 
zone  A  de  propagation  anomale,  qui  s'^tend  de  N  k  Finfini^  est 
d*autant  plus  ^tendue  que  le  systöme  form^  par  la  source  et 
Touverture  est  plus  regulier,  c'est-ä-dire  se  rapproche  davantage 
du  Systeme  form6  par  un  point  sans  dimensions,  vibrant  sinu- 
soldalement,  situ^  sur  Taxe  d'une  ouyerture  parfaitement  circu- 
laire. 

Comme  dans  tous  les  ph6nom6nes  d'interförence  ou  de 
diffiraction,  la  complexit^  du  mouyement  yibratoire  interyient 
pour  diminuer  la  yisibilitö  des  minimums  M^^  et  des  change- 
ments  rapides  de  phase  qui  s'y  produisent 

Si  le  point  yibrant  est  situ6  k  une  distance  finie  F^  du 
centre  o  de  l'ouyerture,  il  est  facile  de  yoir  qu'il  suffit  de 
remplacer^  dans  Tancienne  expression  du  retard  Sy  le  facteur 
1  / r  par  [1  Ir  +  1 1 F^).  H  en  r^sulte  une  modification  de  la 
courbe  de  yariation  de  l'amplitude  aux  diyers  points  M  de 
oM,  parce  que  le  rayon  R  de  la  circonförence  de  Fresnel  a 
maintenant  une  yaleur  yariable  ayec  r.  Mais  rien  d'essentiel 
n'est  chang^  en  ce  qui  concerne  les  lois  de  yariation  de  l'ano- 
malie  (p;  les  points  M^  ,  oü  le  yecteur  de  la  yibration  se  re- 
toume,  sont  toujours  d^finis  par  la  condition  qu'il  y  ait  un 
nombre  pair  2p  de  zones  de  Fresnel  dans  Touyerture  sayoir: 


=  t(IH)-''- 


2*  COS.     L'instrument  est  une  Ouvertüre  circulaire  centree  sur 

Faxe  (fun  instrument  convergent 

Supposons  la  source  yibrante  ponctuelle  situ^e  sur  Taxe 
de  rinstrument  qui  en  donne  une  image  reelle  situ^e  en 
F  (fig.  5)  k  la  distance  F  du  diaphragme  circulaire. 


Propagation  anamede,  535 

Le  retard  ^l^mentaire  S  a  ici  pour  expression 

n  d^crolt  le  long  de  oF  jusqu'en  F,  ot  il  est  nul,  conform^- 
ment  k  la  d^finition  du  fojer  C0DJuga6  F  dans  la  th^orie 
ondulatoire.  Au-delä  du  foyer  F,  le  retard  ^l^mentaire  S  se 
change  en  une  avance  qui  crolt  constamment  avec  r. 

Le  yectear  de  la  yibration  r^sultante  en  chaque  point  M 
de  Taxe   se  d^finit  encore  k  Taide  d'une   circonf^rence  con- 


rrmrrr 


N' 


Fig.  5. 


stmite  d'apr^s  la  r^gle  graphique  de  Fresnel.  Le  rayon  R 
de  la  circönftrence  varie  avec  la  position  de  M  et  il  en  r^sulte 
des  variations  d'amplitude  de  la  Vibration  r^sultante;  la  courbe 
de  la  iig.  5  reprösente  ces  variations  le  long  de  l'axe  focal. 
Cette  Variation  du  rayon  R  avec  r  ne  complique  en  rien  la  dis- 
cussion  des  variations  de  Tanomalie  tp  de  la  phase;  les  flaches 
de  la  fig.  5  repr^sentent  ces  variations  le  long  de  Taxe  focal. 
On  voit  qu'il  n'y  a  pas  de  discontinuit^  dans  la  pro- 
pagation de  la  phase  au  foyer  F,  ni  aux  divers  maximums 
d'intensitö. ^)  Du  miuimum  L\^  ant^rieur  au  foyer/',  jusqu'au 
minimum  U^ ,  post^rieur  au  foyer ^  l'anomalie  de  la  phase 
avance  continuement  d'une   demi-p^riode.     ün  changement  de 


1)  Les  maximums  dHntensitä  ne  coincident  pas  exactement  avec 
les  points  L\^  6^5,  ..  .  t,',  U^'  .  .  .  oü  le  vecteur  de  la  Vibration  est 
vertical  et  il  11  y  a  pas  de  maximum  aa  voisinage  de  [7|,  ni  de  Ui'. 


536  6.  Sagnac.     PropagaUon  anomale. 

eigne  anomal  en  rösnlte  poar  la  yibration;  le  vectenr  de  la 
Vibration  est  dirig^  vers  le  haut  dans  la  r6gion  ant^rieure  au 
foyer  jP  (et  exactement  yertical  en  U2p^\)\  il  est^  au  contraire, 
dirig^  yers  le  bas  dans  la  r^gion  post^rieure  au  foyer  (et 
ezactement  yertical  en  ^'2p— i)*  H  y  &  un  changement  brusque 
du  signe  de  la  yibration  aux  minimums  nuls  ^^y  ^4,  • .  .; 
ü^,  U^j ...  les  plus  yoisins  du  foyer. 

Ici  encore,  k  cause  de  Finfluence  du  diametre  apparent 
de  l'ouverture  et  des  irrögularit^s  de  Tinstrument,  ce  ren- 
yersement  brusque  du  sens  de  la  yibration  est  en  r^alitö  un 
retard  de  präs  d'une  demi-p^riode,  pris,  dans  le  sens  de  pro- 
pagation,  dans  un  espace  d'autant  plus  petit  que  le  diamfetre 
apparent  de  la  source  est  plus  petit  et  rinstrument  plus 
regulier;  la  uitesse  de  propagaiion  de  la  phase  est  tris  voisine 
de  zero  aux  minimums  les  plus  yoisins  du  foyer  F.  Nulle 
part  eile  n'est  infinie  et  l'on  trouye  ais^ment  que  ses  plus 
grandes  yaleurs  d6passent  ä  peine  la  yitesse  normale  ff^. 

Les  irr^gularitös  proyenant  du  diamfetre  apparent  de  la 
source  et  des  d^fauts  du  contour  de  l'ouyerture  produisent,  en 
g^n^raly  deux  zones  de  propagation  k  yitesse  normale  JT,  l'une 
en  N  ayant  le  foyer  (oü  le  vecteur  de  la  yibration  est  yertical 
et  dirig6  yers  le  haut),  Tautre  en  N',  aprfes  le  foyer  (oü  le 
yecteur  est  yertical  et  dirigÄ  yers  le  bas).  L'opposition  de 
signe  entre  les  yecteurs  de  iV^  et  de  iV'  constitue  le  r^sultat 
d^jä  stabil  par  M.  Gouy. 

Les  autres  lois  sont  nouvelles  et  n'ont  aucune  relation 
ayec  les  lois  de  l'^mission  par  un  centre  d'öbranlement. 

D'apres  les  thöories  qui  assimilent  un  foyer  k  un  centre 
d'6branlement;  le  changement  de  signe  anomal  se  produirait 
au  yoisinage  du  foyer  dans  une  r^gion  de  longueur  comparable 
ä  la  longueur  d'onde  A  seulement;  la  yitesse  de  propagation 
de  la  phase  serait  infinie  au  foyer. 

J'ai  controlö  la  th^orie  r6sum^e  ici  par  des  expöriences 
optiques  d'interförence  que  je  d^crirai  dans  le  Journal  de  Phy- 
sique.  JTai  pu  obseryer  les  franges  d'interf6rence  jusqu'au 
foyer  meme,  et  les  anomalies  de  la  propagation  jusqu'ä  des 
millions  de  longueurs  d'onde  du  foyer. 

(EiDgegangen  25.  September  1903.) 


537 


68.    Über  zwei  Sätze  der  Elektrostatik. 

Von  W.  FeuBsner  in  Marburg  i.  H. 


Bei  der  Betrachtang  der  EnergieverhältDisse  eines  be- 
liebigen Leitersystems  pflegt  der  Satz  abgeleitet  zu  werden^): 

Wenn  bei  derselben  unendlich  kleinen  Lagenändenmg  der 
Leiter  eines  beliebigen  Systems  einmal  die  Elektrizitätsmenge, 
ein  andermal  das  Potential  jedes  Leiters  unverändert  gelassen 
wird,  so  sind  die  Änderungen  der  potentiellen  Energie  des 
Systems  in  beiden  Fällen  gleich,  aber  von  entgegengesetztem 
Vorzeichen. 

Li  ganz  ähnlicher  Weise  kann  man  die  beiden  folgen- 
den Sätze  erhalten,  welche  meines  Wissens  noch  nicht  aus- 
gesprochen worden  sind: 

I.  Wenn  bei  denselben  unendlich  kleinen  Änderungen  der 
Potenticde  der  Leiter  eines  beliebigen  Systems  einmal  die  Elektri' 
zitätsmenge,  ein  andermal  die  Lage  jedes  Leiters  unverändert 
gelassen  wird,  so  ist  im  zweiten  Falle  die  Änderung  der  poten^ 
tiellen  /Energie  des  Systems  doppelt  so  groß  wie  im  ersten  und 
von  gleichem   Forzeichen, 

IL  Wenn  bei  denselben  unendlich  kleinen  Änderungen  der 
Elektrizitätsmengen  der  Leiter  einmal  das  Potential,  ein  andermal 
die  Lage  jedes  Leiters  unverändert  gelassen  wird,  so  ist  im  zweiten 
Falle  die  Änderung  der  potentiellen  Energie  des  Systems  doppelt 
so  groß  wie  im  ersten  und  von  gleichem   Forzeichen. 

Es  mögen  die  Elektrizitätsmengen  der  einzelnen  Leiter 
E^,  E^y  E^.,,,  ihre  Potentiale  V^,  F,,  V^...  genannt  werden, 
dann  ist  die  potentielle  Energie  ii  des  ganzen  Systems: 

(1)  n=^(E,V,+E,V,  +  E,V, +  ..,). 

1)  Vgl.  z.  B.  Kirch  hoff,  Vorlesungen  Ober  Elektrizität  o.  Mag- 
netismuB  p.  83  a.  f. 


538 


JF,  Feussner, 


Dabei  bestehen  bekanntlich  zwischen  den  E  und  V  die  Glei- 
chungen: 


(2) 


^8  = 


"ll  ^\  +  «1»  ^»  +  «18  ^8  +  •  •  • 
«21  ^1  +  «12  1^2  +  «28  ^8  +  •  •  • 
«II  ^1  +  «82  '^l  +  «88  ^8  +  ••• 


oder  auch: 


(2  a) 


r    ^1=*11^1+*11^«  +  *13^3+- 
^3  =  *31^1+*82^2  +  *38^3+-- 


worin  die  a  und  b  Koeffizienten  sind,  die  nur  von  den  räum- 
lichen Verhältnissen,  der  Größe,  Gestalt  und  Lage  der  Leiter 
abhängen. 

Demnach  ist  auch 


ß  =  i  («1.  ^1*  +  2«.2  y,  y,  +  2«.3  ^1  n  +  •  •  • 

+    ^2»  ^2  "^    ^  ^2a    ^2   ^4    +    •  •  • 


(3) 


"23   '2  '3 
+       ^33  ^3  +  •  •  • 

+ ) 

\ (A„  E^^  +  2i,2  E^  Sj,  +  2*13  ^,  ^3  +  . . . 


33  -"3 


+ 


■)■ 


Wenn  nun  bei  unveränderten  E  eine  unendlich  kleine 
Energieänderung  d£2^  des  Systems  stattfindet,  so  ändern  sich 
im  allgemeinen  zugleich  die  a  (und  damit  auch  die  b)  und  die 
V,  und  man  hat  nach  (3): 


Zwei  Sätze  der  Elektrostaäk.  539 

\8Q,  =  \{E,*8b,^  +  2E^  K, 5*1,  +  2E,  E, Sb,,  +  ... 

+  2E,'/ib,,  +  ... 
+ .) 

(4)  j  +0«  r^sr^  +  a„(r, sv^  +  f, d f,)  + . . . 

+ 

+  i(^i'^«ii  +  2F,  Fj^oj,  +  2F,  F,  Ja,3  +  ... 

+  V^oj,        +2F,F35a,3  +  ... 

+  V*«ss  +  ••• 

wenn  man  mit  S  Q^  den  von  der  Änderung  der  V,  mit  ^i^g 
den  von  der  Änderung  der  a  herrührenden  Teil  von  SQ^  be- 
zeichnet Da  sich  vorausgesetztermaßen  die  E  nicht  ändern, 
hat  man  nach  (2) 

«ii^^i  +  «i2^^2  + «13*^8 +  ••• 

=  -  (^1  *«11  +  ^2  *«12  +  ^3  ^«13  +  •  •  •) 
«11*^1   +«22*^2  +«23*^3  +  ••• 

=  -  (n  ^«21  +  ^2  ^«22  +  ^3  ^«23  +  ••  •) 
«31  ^^1   +  «32  ^^2  +  «83  ^  ^3  +  •  •  • 

=   -  (^1  ^«31  +   ^2  ^^l  +  ^3  *«33  +  •••) 

Multipliziert  man  diese  Gleichungen  der  Reihe  nach  mit 
Fj,   Tg,   Kg...  und  addiert  sie,  so  erhält  man 

(5)  Sii^  =  -2Si2^, 

also  ist  von  den  zwei  Teilen,  aus  welchen  S Q^  besteht,  der 
erste,  von  der  Änderung  der  V  herrührende  doppelt  so  groß 
und  von  entgegengesetztem  Vorzeichen,  wie  der  zweite  von  der 
Lagenänderung  herrührende.  Es  ist  das  die  Folge  davon, 
daß  ii  eine  homogene  Funktion  zweiten  Grads  in  den  V,  aber 
ersten  Grads  in  den  a  ist,  während  die  E  homogene  Funk- 
tionen ersten  Grads  in  den  V  und  a,  und  zwar  die  partiellen 
Differentialquotienten  von  ii  nach  den  V  sind. 


540  W.  Feussner. 

Aus  (4)  und  (5)  folgt  nun 

(6)  Sil^^\SSi^^  ^SQ^. 

Vergleicht  man  hiermit  diejenige  Energieänderung  S  Q^, 
welche  hei  gleicher  Änderung  dFj,  SV^,  äV^...  der  Poten- 
tiale wie  ehen,  aber  unveränderter  Lage  der  Leiter  eintritt, 
wobei  natürlich  gleichzeitig  eine  Anderong  der  E  stattfinden 
muß,  so  hat  man  aus  (3): 

(7)  3ii^  =  8i2y 

Die  Gleichungen  (6)  und  (7)  enthalten  den  ersten  der  obigen 
Sätze  (I). 

Ganz  entsprechend  erhält  man  für  eine  unendlich  kleine 
Ehiergieänderung  S  ii^  bei  gleichbleibenden  V  nach  (3): 

+  V"^«2a         +2V^r^Sa^  +  ... 

+  V^~«88+••• 
+  ) 

=  *ii  E,SE,  +  ijj  {E^SE^  +  E^SE,) 

8)   I  +b^^E,SE^  +  b,,[E^SE,  +  E,SE,]+... 

+  *S3    -^3  ^^3   +  ••• 

+         

+  i(-EJ,''^6„  +2^,^2^6,2  +  2J?,  i?3fU„  +  ... 

+  E/Sb,.^  +  2E.,  ^3  Öb...^  +... 

+  E,^Sb^^  +  ... 

+ ) 

*  *  _ 

wenn  der  von  der  Änderung  der  E  herrührende  Teil  der 
Energieänderung  durch  t^ßg,  der  von  der  Änderung  der  h 
herrührende  durch  rVß.  bezeichnet  wird. 

Aus  (2  a)  folgt  dann  wegen  der  Unveränderlichkeit  der  T': 

Äji  ÖE^  +  6,2  öE^+  Ä,3  (SE^  +  ... 

=  -  (7?,  öb^^  +  E,  Sb,,  +  E,  db,^  +  ...) 
Äj,  d E^  +  *22  cl £•,  +  b,.^  dE^  +  ... 

=  -  (E-,  rU,,  +  E,_  äb^-,  +  S,  Sb.,,,  +  ...) 
A3, .d E^  +  Ä32  Ö E.,  +  b.,.,  aE^  +  ... 

=  -  [E,  (y*3,  +  E.,  Öb^,  +  £3  Öb^^  +  . . .) 


Zwei  Sätze  der  Elektrostatik,  541 

und  wenn  man  diese  Gleichungen  der  Reihe  nach  mit  E^,  E^, 
JE^  . . .  multipliziert  und  addiert 

(9)  ^ßs  =  -  2^fl^, 
also 

(10)  *ß.  =  i*fl3  =  ^8i2^. 

Die  Energieänderung  dSi^^,  welche  hei  gleicher  Änderung 
3E^,  SE^,  SE^...  der  Elektrizitätsmengen  wie  eben,  aber  un- 
veränderter Lage  der  Leiter  eintritt,  ist  nach  (8): 

(11)  Siij^^Sii^. 

Die  Gleichungen  (10)  und  (11)  sprechen  den  zweiten  der 
obigen  Sätze  (II)  aus. 

Bestimmt  man  noch^  daß  die  Lagenänderung  der  Leiter 
bei  SQ^  und  SQ^  die  gleiche  sein  soll,  so  ergibt  sich  aus  (4) 
und  (8): 

und 

also 

worin   außer   unseren   zwei  Sätzen   noch  der  zuerst  erwähnte 
enthalten  ist 

Übrigens  können,  wenn  der  letztere  eingangs  erwähnte 
Satz  als  erwiesen  angenommen  wird,  die  Sätze  (I)  und  (II) 
ohne  jede  Rechnung  aus  ihm  abgeleitet  werden.  Man  wende 
nämlich  jenen  Satz  auf  folgenden  ^organg  an:  Zunächst 
werde  dem  System  eine  beliebige  unendlich  kleine  Lagen- 
änderung bei  gleichbleibenden  Elektrizitätsmengen  erteilt,  sodann 
dieselbe  Lagenänderung  rückwärts,  so  daß  sich  das  System 
wieder  in  der  Anfangslage  befindet,  ausgeführt,  diesmal  aber 
bei  gleichbleibenden  Fotentialen,  Daraus  ergibt  sich  Satz  (I), 
bei  entsprechender  Vertauschung  von  Elektrizitätsmengen  und 
Potentialen  Satz  (II). 

(Eingegangen  25.  September  1903.) 


542 


69.   On  certain  theorems  in  probability. 

By  8.  H.  Burbory  in  London. 


In  this  investigatioD  ii  *  »  >  i^  a^  &  sei  of  yariables 
concerning  which  I  assume  fundamentally  that  they  are  very 
numerous^  and  all  of  the  same  dimensions,  and  that  they  vary 
according  to  the  following  law,  namely  the  chance  that  they 
shall  lie  respectiyely  within  the  limits  li  •  •  •  li  +  d|^  etc.  is 
proportional  to  f-^  ö|i  .  .  .  ö|^.  Here  Q  is  generally  a 
homogeneous  qnadratic  function  of  |^  .  .  .  |^  with  constant 
•coefficientSy  viz 

«  «  «1  li '  +  *„  li  I2  +  S I2 '  +  etc. 

Let  this  be  called  Law  P. 

2.  I  propose  in  part  I  to  consider  the  probable  yalues  of 
Ij  etc.|  when  a  certain  linear  function  of  1^  .  .  .  |^  namely 

''  =  2l|f. 

is  given  in  value. 

Also  if  there  be  more  than  one  such  linear  function, 
e.  g.  ti^,  u^  etc.,  the  cofrelation  between  them  arising  £rom  their 
relations  to  |j  .  . .  |^,  and  law  P. 

In  part  II  I  shall  consider  the  probable  values  of  |j  •  • .  |„ 
when  another  quadratic  function  2wi|*  =  2yis  given  in 
value. 

3.  Part  I.  This  will  be  divided  into  two  cases;  case  A 
in  which  Q  has  the  very  exceptional  form  Q  =  2^l*'  ^^" 
pressing  the  fact  that  every  |  is  independent  of  every  other 
I,  and  case  B  in  which  the  |'s  are  correlated  inter  se,  and  Q 
is  the  complete  quadratic  function  above  given.  In  case  A, 
let  u,  V  be  linear  functions  of  |j  . .  .  |^,  and  we  may  suppoae 
t<  to  be  formed  from  v  by  interchanging  the  coefficients. 

If  for  instance  v  =  Mj  |j  +  M^  I2  +  ®tc.,  u  may  be  fi^  ^j  + 


Certain  theorems  in  probabüity.  543 

jtir+ils  +  ^^^'9    ^^  ^^^  ^   ^^^   ^   ^^^   ^^   same  function   of 
li  •  •  •  In  taJ^^cn  from  different  points  of  view.  — 

Suppose  now  that  v  is  known^  but  nothing  is  known  con- 
cerning  li  .  •  •  |^>  except  that 

and  that  Q  has  the  special  form  e~2«^\ 

What  under  these   circumstances  is  the   most  probable 
yalue,  and  what  the  mean  value,  of  any  |j  e.  g.  of  |j*? 

Since 

is  given,  we  have 

and  for  the  most  probable  combination  of  the  |'s,   we  make 
2a|*  minimum,  that  is 

(2)  a,  li  öli  +  Ö2liö|a  +  etc.  =  0, 

whence 

(3)  li  =  ^    -  -TT-  9       la  =  ^ -JT-  etc., 

A  being  an  indeterminate  multiplier. 

Multiplying  equations  (8)  in  order  hy  dvld^^,  dvld^^  etc., 
and  adding,  we  get 


that  is 


2iii-aim. 


whence 

V  1     dv    /^  1  [dvV 

etc.  =  etc. 
These  are  the  most  probable  values  of  Ij,  |,  etc. 


and 


(5) 


544  8.  H.  Burbury. 

5.  The  mean  yalue  of  1^  is 

•f  00  +00 

—  00  —  00 

subject  to  the  condition  that 

dv 

^  =  ^- 

It  is  identical  with  the  most  probable  valae  above  giyen. 

6.  Now  while 

dv 


21 


dS' 


let  11  be  another  linear  fanction  of  |j  . .  .  |^ . 

Then  v  having  a  known  yalue,  but  nothing  being  known 
of  the  1*8  ezcept  that 

2l4f  =  ^' 

and  the  law  of  probability  «-D«^*^  what  is  the  probable  yalue 
oft«? 

We  haye^  whateyer  li  . .  .  |,  may  be, 

2u  du 

and  therefore 

^1  •  •  •  In   being  the  mean  values  aboye  found.     That  is: 
/  du     1     dv    /^  1    /  dvy 

that  is 

^  du    l    dv  /^    1    ( dvV 

If  u  were  giyen  instead  of  t;,  the  mean  yalue  of  v  would  be 

s^  dv     \    du    /^  1    (duY 

^  =  "2dT-^Tf/2^l-drJ- 

These  expressions  deüne  the  correlation  between  u  and  v. 


Certain  theorems  in  probabüHy,  545 

7.  Lei  US  consider  the  expression  for  ü  giyen  v.  — 
In  the  denominator 


24(-|f)" 


eveiy  term  is  positive,  and  they  cannot  all  be  zero,  because 
V  is  by  hypothesis  a  function  of  |j  . . .  |^.  —  Nevertheless 
maDy  of  them  may  be  zero  or  negligible^  provided  that  some 
of  them  are  not  negligible. 

The  same  is  true  of  du/d^^  .  .  .  dujd^^. 
8.  In  the  numerator 

du    1    dv 


^  du    l 


di    a    d( 

let  US  suppose  that  for  li  .  .  .  |,,  dujd^  is  not  negligible, 
but  for  all  the  other  |'s  duj  d^  is  negligible. 

Similarly  for  |„  |,  +  j  ...  |,  +  ,,  dvjd^  is  not  negligible, 
but  for  all  the  others  it  is  negligible. 

We  might  say  u  has  a  sphere  of  infiuence  extending  from 
li  ^  ^r>  ^^^  ^  *  aphere  of  infiuence  extending  from  |,  to  |^  +  ,. 

If  Ä  >  r,    each  of  the  products      ,"      j,.-  has  at  least 

one  of  its  factors  negligible  —  the  correlation  is  in- 
appreciable.  —  If  on  the  other  band  «  <  r,   one  at  least   of 

the  products  -^-^  -jj-  has  both  factors  appreciable. 

The  correlation  is  therefore  generally  appreciable,  though 

it  may  happen  in  special  cases  that  ihe  terms  —z-^ ^  - , 

which  do  not  vanish,  are  of  difiFerent  signs,  and  in  the  aggre- 
gate  cancel  each  other.  We  might  say  generally  that  the 
correlation  is  appreciable  or  not,  according  as  the  two  spheres 
of  influence  do  or  do  not  intersect. 

9.  It  thus  appears  that  even  if  the  |'s  vary  independently 
of  each  other,  the  m's  derived  from  them  as  linear  functions 
are,  if  each  u  is  aflFected  by  more  than  one  |,  in  general  corre- 
lated.  —  Suppose  for  example  the  |'s  define  the  state  of  a 
material  System  at  an  initial  instant,  and  v^  , .  .  u^  are  the 
corresponding  values  after  time  /.    Then,   the  motion  of  tho 

Boltxinaim-Fostächrift.  35 


546  S.  H.  Burbury. 

System  belog  continnous,  «^  .  . .  u^  are  determinate  functions 
of  li  .  .  .  |„  and  t  —  and  however  independent  Ij  . . .  |^  are 
of  each  other,  u^  , .  .  u^  are  in  general  correlated. 

10.  If  the  l's,  and  also  the  tt's^  have  positions  in  space, 
we  may  expect  Üiat  the  »phere  of  influence  of  any  «  will  be 
limited  in  space^  extending  for  a  certain  distance  round  its 
Position.  —  If  that  be  so  the  intersection  of  the  spheres  of 
influence  of  u^,  %i^  will  in  general  depend  on  the  distance  of 
ttj  from  «2 .  —  They  will  be  sensibly  correlated  if  near  enough 
to  each  other. 

11.  Gase  B.  —  The  |'s  are  correlated  inter  se. 

Instead  of  the  law  ^— 2«»^*,  which  expresses  the  mutual 
independence  of  |j  . . .  |^,  we  must  now  use  «~^  of  art  1. 

Ti  V  or  ^i  dv/d^  be  now  given  in  value,  but  nothing 
eise  is  known  of  the  |'s  ezcept  the  law  of  probability  e-^, 
what  is  the  most  probable  value  of  any  i,  e-ff  |j?  That  is 
fonnd  by  an  easy  extension  of  the  method  of  art  4. 

Let  namely  JD  be  the  determinant  of  the  coefficients  in 


D^ 


2«!      *13        *13 

*2i     2  02     *a3 


and  let  D       be    the   minor   formed    by  omitting  row   p  and 
column  q. 

Then,  if  ü  be  the  most  probable  value  of  u,  given  v, 


in  which 


ü  =  vQ(uv)IQ{vv), 


+  ^^  etc. 

Also  Q  [u  v)  is  the  same  expression  with  each  factor 
dv/d^  outside  of  the  bracket  replaced  by  the  corresponding 
dujd^.    —    Inasmuch  as   no  restriction  is  here  imposed  on 


Certain  theorems  in  probabüity,  547 

the  yalues  of  1^^  etc.,  it  is  essential  in  this  case  that  Q  shoold 
be  positive,  that  is  (see  art  18)  that  D  shoold  be  positive. 

12.  Part  n.  —  Instead  of  a  linear  function  of  |^  •  •  •  In 
being  given,  let  nezt  the  quadratic  function 

'Wili'  +  m3|,2  +  etc.  =  2r, 

in  which  the  m's  are  positive  constants,  be  given,  and  let  the  law 
of  distribution  of  |j  . . .  |^  be  e-^  rf|j  . . .  rf|„  as  before.  —  To 
find  the  most  probable  values  of  1^  .  •  .  I»  we  now  proceed  as 
follows. 

Since  T  is  given, 

Since  Q  is  to  be  minimom, 

therefore 

(2aili+*i2li  +  ^3l8  +  etc.  =  2A114I1 

(6)  I  *2i  li  +  2«,!,  +*,3  I3  +  ete-  -  2  Aiii,|3 

l  etc.  =      eta 

Then  X  is  given  by  the  determinantal  equation. 


(■:;■  - ') 


it  *'« 


2mi  2  97i| 


(7)  I        2  7«, 

2  m,  2  m 


ffi^      V  m,         /      2  fw,    '  '  '        =0 


If  l  be  any  real  root  of  that  equation,  its  Substitution  in 
(6)  determines  the  ratlos  ^^l^^  ®^^  — 

Again  muitiplying  (6)  in   order  by  |j  .  .  .  |„,  and  adding, 
we  obtain 

(7a)  <2=  2  21-  df-=2A7, 

from  which  can   now  be  found  the  actual  values  of  |j  .  .  .  |^, 
when  Q  is  maximum  or  minimum  given  T. 

35  ♦ 


548  8.  H.  Burbury. 

13.  Since  the  valaes  of  1^^  etc.  are  now  finite  \i  T  i^ 
finite,  it  is  no  longer  necessary  that  Q  or  A  should  be  positive. 
Negative  roots  of  (7)  are  therefore  admissible.  — 

11.  Now  (7)  may  be  put  in  the  form 

(8)  i^=  A«  -  ^1  A— 1  +  Ä2  A"-^  -  . .  .  ±  ^.  =  0, 

the  term  B^  having  the  positive  or  negative  sign  prefixed 
according  as  n  is  even  or  odd.  In  this  expression  B^  is  the 
complete  determinant  D  derived  from  eqaation  (7)  also 

^1  =  2^' 

B^  is  the  som  of  all  the  coazial  minors  of  D  having  2^  con- 
stituentSi  B^  the  same  with  8'  constitaents^  and  so  on. 

If  JD  and  each  of  its  coaxial  minors  are  positive,  every 
B  is  iniringically  positive  —  therefore  since  the  terms  in  F 
have  altematively  the  +  and  —  signs  prefixed^  there  are  no 
continuations  of  sign  among  them,  and  therefore  by  the  rule 
of  signs  F^Q  has  no  negative  root  Every  X  is  positive,  and 
therefore  Q  =s  2  A  7  is  positive  when  minimnm.  — 

15.  Now  the  coefßcients  a  are  assumed  to  be  positive 
and  invariable,  the  i's  subject  to  Variation,  and  I  here  coniine 
myself  to  the  case  in  which  the  ä's  are  always  negative.  —  As 
any  h  diminishes,  (L  e.  b^  increases)  the  determinant  B,  so 
long  as  all  its  coaxial  minors  are  positive,  diminishes,  and 
approaches  zero.  —  But  if  -ö^  be  one  of  the  first  coaxial 
minors  of  j0,  D  <2ar^D^^  so  long  as  all  the  coaxial  minors  are 
positive.  —  It  follows  that  JD^^  is  positive  when  2>  =  0. 

For  the  same  reason  if  and  when  the  first  coaxial  minors 

Ai»  -^22  ®^^'  ^öcome  zero,  the  second  coaxial  minors  -Ö1122»  ®^' 
derived  from  them  are  still  positive.  The  coefficients  B  in  (8), 
if  they  change  sign,  change  sign  successively  from  right 
to  left.  — 

16.  Again  when  D  —  i'eBn  —  changes  sign,  there  is 
one  continuation  of  sign  among  the  terms  in  (8)  and  therefore 
one  negative  root  —  But  the  changes  of  sign  of  Bn-ij 
5n-2  etc.  to  jBg  inclusive,  being  successive  from  right  to  left, 
do  not  introduce  any  more  continuations  of  sign.  —  There  is 
therefore  only  one  negative  root  of  (8). 


Certain  thearems  in  probabüUy.  649 

Again  it  follows  from  the  preceding,  ihat  if  J^  be  any 
coaxial  minor  of  i>,  and  b  any  anaxial  constitaent  of  it, 
diy fdb  is  positive,  that  is  IX  diminishes  as  b^  being  negative, 
increases  in  negative  value.  Therefore  every  dBjdb  is 
positive. 

1 7.  Let  now  X^  be  the  Single  negative  root  of  (8),  F^  the 
corresponding  value  of  F,  namely 

Fj  =  Aj"  -  B[  Äj"-i  +  JjÄi*-^  +  etc. 

then  it  can  be  shown  that,  for  any  bj  dJi^jdb  is  positive. 
For 

db"       db  /  dl,* 

in  which  dF^fdb  is  taken  with  A^   constant,  dF^jdX  with  b 
constant. 
But 

and  is  therefore  (since  \  is  negative  and  every  dBjdb 
positive),  positive  if  n  be  even,  negative  if  n  be  odd. 

But  if  n  be  even,  F  is  positive  when  A  =  —  cx).  There- 
fore dFjdX  is  negative  when  the  curve  F  first  cuts  the  axis, 
i.  e.  when  A  =  Aj . 

If  on  the  other  band  n  is  odd,  F  is  negative  when 
A  =  —  00 ,  and  dF^jdX  is  positive  when  A  =  Aj. 

Therefore  wheüier  n  be  even  or  odd,  dX^jdb  is  positive, 
that  is  as  &,  being  negative,  increases  in  absolute  value,  A^, 
being  negative,  increases  in  absolute  value. 

SolutionB  of  the  equation  (8). 

18.  Equation  (8)  is  easily  solved  when  all  the  a  coeffi- 
cients  in  Q  have  the  same  value  a,  and  all  the  b  coefficients 
the  same  value  b,    For  in  that  case  the  determinant 

2a     b  .  .  . 

b    2a... 


of  r^  constituents  is  equal  to 

{2a'-by-i(2a  +  r~^  1  Ä), 


550  8.  H.  Burbmy. 

aod  we  find 


/'=(i-2a-Ä)»-i[l-(2a  +  Ji-  l  b]). 


or  F  hsLS  n  —  1  eqnal  positive  roots  2  a  —  &,  and  one  other  root 


A  =  2a  + «-  lÄ. 

19.  We  can  however  soWe  (8)  in  the  more  general  case 
when  all  the  axial  congtitaents  in  (7)  bave  the  same  Talne, 
and  all  the  anaTial  constitaents  in  each  colnmn  of  (7)  except 
the  last  colnmn  have  the  same  yalue. 


Thos  in  (7)  let 


<h 


=  —  —  etc.  =  2  a, 


and 


So  that 


2  I9fs  2  m,         * "  2  iTtm-i 

^  =  -^  =  etc.  =  ß.  etc. 

2  f«,  2  m,  '^^ 

j  2  a  /?2  Ä  •  •  •  Z'"  -  1  A 


=  /?!, 


J0    = 


/9j  2  a  ß^  •  •  •  ^«  - 1  /Sj 
/?!  /Jj   2  a  .  .  .  /9^  _  1  /Jj 

/*!      ß2     ßs    '   "    2a    ßn-l 
ßl      ßz      ßs     '  '  '    ßn-l    ^^' 

We  866  by  inspection  that  if  /9„ «  i  =  2  a  the  two  last 
lines  ar6  identical,  and  therefore  J)  =  0,  It  follows  that  D 
contains  (2  a  —  /?„ _  i)  as  a  factor.  But  by  supposing  ß^_2  =  2a 
we  can  prove  in  the  same  way  that  D  contains  [2  a  —  ßn-i) 
as  a  factor  and  so  on. 

Therefore  D  contains  (2 «  —  /SJ (2  a  —  ß^)  .,.  [2a  —  ß^-i) 
as  a  factor.  But  i)  is  a  homogeneous  function  of  degree  n 
oi  2a,  ßi,  »  '  '  ßn-  i'  Therefore  the  remaining  factor  of  i> 
is  a  linear  function  of  2  a,  ß^  etc.  But  since  i>  contains  the 
term  (2  «)*»,  the  said  linear  function  must  be  2a  +  7^  (/^j  . . .  /9„  _  1), 
where  (p  denotes  a  linear  function.  —  But  again  J)  does  not 
contain  (2a)"-^     Therefore 

(f'iß^    .   .   .  /9„  _  1)  =  /?j    +  ß2+    •  •  •  '+  ßn^  \y 


Certcdn  Üieorems  in  prohabilify.  551 

and 

i?  =  (2a-/9i)(2a-/9,)...(2«-/9,.0(2a  +  /?i+/?2 +  ...  +  /?«-!). 

Now  i),  or  jB„,  is  the  product  of  the  roots  of  (8),  —  We 
infer  that  the  roots  of  (8)  are 

(2a -/9J,  (2a -/S^),  etc. 
all  positive,  and 

2a  +  /9i+/9,...  +/9,-i 

which  may  be  negative.  — 

Forther  by  the  same  reasoning 

Ai  =  (2a  -  Ä) .  . .  (2a  -  /J«.  i)(2a  +  ft  +  ...  +  /»n-  i) 

and  since  the  last  üactor  does  not  contain  ß^^  D^^  may  be  + 
when  2>  is  — ,  but  not  vice  versa.  — 

The  above  inference  conceming  the  roots  of  (8)  can  be 
confirmed  by  showing  that  jS«  .  i  is  the  sum  of  the  products 
of  the  factors  of  D  taken  n  —  1  together,  and  that  ^m  -  2  etc. 
have  the  corresponding  values. 

20.  If  A'  be  any  positive  root  of  (8),  the  chance  of  the 
distribution  given  by  i^  occurring  is  to  the  chance  of  the 
distribution  given  by  X  occurring  in  the  ratio  «'-(^-^O^*. 

Now  ^ 

and  n  is  a  very  great  number.  If  therefore  the  mean  value  of 
m  I*  is  not  very  small,  the  ratio  ^  -  (^  -  ^0  r  will  be  very  great. 
So  that  the  distribution  given  by  the  negative  root  X^  will  be, 
not  only  the  most  probable,  but  in  fact  will  represent  ap- 
proximately  the  generally  prevailing  distribution.  — 

21.  Now  let  \^rn^^  instead  of  being  a  constant,  be 
variable,  and  let  the  chance  of  its  being  between  fand  T  +  dT 
be  a  function  of  Tior  example  e"^^dT,  where  K  is  a,  positive 
constant.  Then  for  each  value  of  T  the  prevailing  distribution 
of  the  l's  is  given  by  e-^^^  and  therefore  the  chance  of  any 
set  of  1*9  occurring  for  which  ^  2  m  |*  =  T,  is  denoted  by 
g  -  a,  +  A)  r  —  ßut  T  is  now  unrestricted  in  value.  Therefore 
the  law  of  distribution  e'^  \h  impossible  unless  (A^  +  K)T, 
or  IQ  +  KT,  is  positive.  — 


r2 


552         S.  S.  Burhwry,    Certain  theorems  in  probabüity. 

22.  I  haye  said  elsewhere  that  if  l^,  I2  ^^-  ^^  ^^^ 
yelocities  of  gas  molecnles  the  law  e-^  beoomes  impossible 
when  Q  becomes  negatiye. 

That  is  quite  trae  if  1^^  |^  1,,  etc.  are  unrestricted  in  value, 
as  uBually  assumed  in  the  kinetic  theory  of  gases.  —  In  fact 
although  1^^  etc.  are  ultimately  unrestricted,  yet  for  any  iinite 
group  of  n  molecnles  part  of  an  infinite  System,  they  are  subject 
to  some  such  restriction  as  I  haye  here  snpposed^  namely  that 
the  Chance  of  iiij  |j*  +  m,  |^*  +  etc.  exceeding  a  yery  high  yalue 
is  yery  small,  for  instance  e^  ^^,  and  it  seems  to  me  that  the 
limit  of  the  law  of  distribution  e"^  should  be,  not  Q  =  0  but 

(Eingegangen  26.  September  1908.) 


553 


70.   Note  on  the  Soret  Phenomenon. 

By  WUder  D.  Banoroft  in  Ithaka  (N.  Y.). 


In  1881  Soret ^)  published  experiments  showing  tbat 
heating  one  end  of  a  tube  filled  with  a  Solution  caused  a  diffu- 
sion  of  the  solute  to  the  colder  end  of  the  tube.  Six  years  later 
van't  Hoff^  offered  an  explanation  based  on  the  analogy 
between  a  dissolved  substance  and  a  gas.  According  to  yan't 
Hoff  equilibrium  should  be  reached  when  the  osmotic  pressure 
of  the  solute  is  uniform  throughout  the  tube.  This  explanation 
is  usually  accepted  as  correct;  but  it  can  easily  be  shown  that 
this  is  not  the  case. 

We  will  consider  first  a  tube  filled  with  a  Single  gas, 
the  two  ends  being  kept  at  different  but  constant  temperatures. 
A  necessary  criterion  of  equilibrium  is  that  there  shall  be  a 
uniform  pressure  throughout  the  tube  and  the  gas  will  there- 
fore  concentrate  in  the  colder  portion  of  the  tube.  K  we 
have  two  gases  in  the  tube  both  will  concentrate  in  the  colder 
portion  of  the  tube.  If  we  fill  the  tube  with  a  mixture  of 
two  liquids,  it  will  usually  not  be  possible  for  both  to  con- 
centrate in  the  colder  portion  of  the  tube.  Owing  to  the 
relative  incompressibility  of  liquids,  the  two  components  will 
have  to  diffuse  in  opposite  directions.  In  other  words,  the 
relative  concentrations  will  determine  whether  a  given  com- 
ponent  will  pass  to  the  cold  end  or  the  bot  end  of  the  tube. 
For  a  given  pair  of  temperatures  and  of  components,  there 
must  be  a  given  concentration  for  which  no  diffusion  takes 
place.  Some  years  ago  a  few  preliminary  experiments  with 
acetone  and  water  were  made  in  my  laboratory  and  this 
prediction  was  confirmed. 


1)  C.  Soret,  Ann.  de  chim.  et  phys.  (5)  22.  p.  293.  1881. 

2)  J.  H.  vun*t  Hoff,  Zeitschr.  f.  phys.  Chem.  1.  p.  487.  1887. 


554  W.  D.  Bancroft     On  the  Soret  Phenomenon. 

Since  the  direction  of  the  düFusion  changes  sign  with 
changing  concentration,  the  criterion  of  eqailibrium  cannot  be 
a  uniform  osmotic  pressure  and  the  explanation  of  van't 
Hoff  can  hold  as  a  first  approzimation  only  for  Solutions  in 
which  the  yolume  occupied  by  the  solute  may  be  neglected. 
What  the  real  criteria  for  equilibrium  are^  is  an  interesting 
Problem  for  which  no  satisfactory  answer  has  yet  been  found. 

Cornell  University. 

(Eingegangen  26.  September  1908.) 


555 


71.  Über  die  Bestimmung  der  thermischen  Ändernngen 

der  Elastizitätskonstanten  isotroper  Körper  ans  den 

Temperatnrändemngen  bei  der  Drillnng  nnd 

der  gleichförmigen  Biegung. 

Von  Anton  Wassmath  in  Gras. 


Bei  der  Deformation  Yollkommen  elastischer  Körper  treten 
Temperaturänderungen  r  auf^  die  auf  Grund  der  Sätze  der 
Thermodynamik  berechnet  werden  können.  Die  Theorie  dieser 
Vorgänge  wurde  bekanntlich  (1857)  yon  Lord  Kelvin  begründet^ 
Yon  Schiller  (1879)  und  Planck  (1880)  erweitert  und  von 
W.  Voigt  (1889)  nicht  allein  auf  kristallinische  Körper,  son- 
dern auch  auf  größere  Temperaturänderungen  ausgedehnt  Die 
fbr  uns  in  Betracht  kommenden  Ergebnisse  der  allgemeinen 
Untersuchungen^)  dieses  Forschers  sind  in  Kürze  folgende: 

Es  seien  Uj  v,  w  die  Yerrückungen  eines  Punktes  x,  y,  z 
und  die  Deformationsgrößeni 

du    _      d  V  dw  dp     ,  dto 


dx  1'  dy  *'       dx  «'   dx    ^    dy  *' 

d  %€     ,  öu  _      du  dv    _ 


dx    ^    dx        '^^'        dy    ^    dx    "*«' 

sowie  die  i>rwcÄArä/?<?:  X^=^  X^,  ^y  =  ^»  ^«  =  ^>  ^.  =  ^y=^4> 
Z^  =  A"^  =  X^,  X  =  Y^  =  X^,  so  daß  die  elementare  Arbeit 
der  elastischen  Kräfte  für  die  Folumseinheit: 

da  =  -  Xj  d^Tj  —  .  .  .  —  Jg  dx^  =  —  2^Ä*^A 
wird.     Dann  muß,    wie  W.  Voigt  zeigt,  die  freie  Energie  | 
(auch    erstes   thermodynamisches  Potential   genannt)    für   eine 
Änderung  t  der  Temperatur  T  die  Form  haben: 

h     k 

WO  die  c^^  die  isothermischen  Elastizitätskonstanten  heißen 
und  die  Indizes  h  und  k  wieder  von  1  bis  6  gehen.  Aus  | 
findet  man  die  Entropie 

1)  W.  Voigt,  Thermodynamik  I.  p.  300.  1903. 


556  Ä.  JFassmuA. 


s=  - 


dT  dx  ' 

den  Drack 

X  =  -  AL 

und  die  spezifische  Wärme  y^  der  Volumseinheit  bei  konstanter 
Deformation: 

Für  isotrope  Körper  verschwinden  eine  Reihe  der  Konstanten 
Cj^j^  und  es  bleiben  nur: 

und  ebenso  wird: 

?i  -  ?2  ==  ft  =  y  ^<J  ?4  ='  ?6  =  ?e  =  0. 
Ffihrt     man    noch    die    Änderung    der    Volumseinheit 
i  SS  x^  +  x^  +  x^  ein,  so  wird  die  fireie  Energie  |  f&r  isotrope 
Körper  gegeben  durch: 

f  2|  -  c,8^  +  c,[2(V  +  V  +  ^8*)  +  V  +  V  +  ^eT 
^^     1  -29T*-rTS 

wobei: 

J^  E  u 

Ca  s=  :r-r^^ r  •       C,   =  '^ 


'2         2(1+^)'         1  1+^     l-2ju 

ist  und  jE?  den  gewöhnlich  so  genannten  Elastizitätsmodul,  c^ 
den  Torsionsmodul,  also  ^  das  Verhältnis  der  Querkontraktion 
zur  Längendilatation  vorstellt.  Es  ist  in  aller  Strenge  die 
Entropie: 

Dieser  Ausdruck  gleich  Null  gesetzt  liefert  die  Temperatur- 
änderung r  für  eine  adiabatische  Deformation.  An  der  Hand 
dieser  Formel  hat  W.  Voigt  die  Torsion  eines  Kreiszylinders 
behandelt  ^) 

Die  Druckkomponenten  erscheinen  unter  der  Form: 

-  Xj  =  ^-^  =  c,  d  +  2c2 Xj  -  9 r  etc. 

1)  1.  c.  p.  881. 


Thermische  Änderungen  der  Masfizüätskonstanien.        557 

Aus  der  freien  Energie  |  erhält  man  das  sogenannte  zweite 
thermodynamische  Potential  ^  durch  die  Beziehung:  C  =»  | 
+  {X^x^  +  ..  .  +  X^x^)  oder 

h      k 

wobei 

i  i 

ist  und  die  «^^  Elastizitätsmodule  heißen.  Die  Entropie  S  er- 
gibt sich  aus: 

5=-    ^f 


femer  ist 

^A  =  + 


ÖX* 


und  die  spezifische  Wärme  yx  der  Volumseinheit  bei  konstanter 
Spannung: 

Für  isotrope  Körper   werden   die  Formeln   wieder   einfacher; 
es  wird  dann: 

worin  £^  den  linearen  Ausdehnungskoeffizienten  darstellt   und 

_    1    _  2(1  +  |u)  _  1       -         i"_ 

^3  ""  c,  ""       £•       '      *i  -  •*  -  t  *2  -  -  -jg;  > 

ist. 

Für  die  Entropie  S  gewinnt  man  den  im  folgenden  aus- 
schließlich angewandten  Ausdruck: 


wobei  der  Kürze  wegen 


(4) 


558  A,  WcLSsmuth. 

gesetzt  ist. 

Als  allgemeineres  Beispiel  diene  der  Fall,  daß  ein  iso- 
troper Körper  unter  einen  allseitig  gleichen  Normaldruck  p 
gebracht  werde,  so  daß  -X^==-^  =  -S^  =  /?,  -X^=-X5  =  Zg=0 
wird,  dann  ist  ftir  die  adiabatische  Kompression: 

5=|p*[3V  +  iV]  -  3«p  +  -^-r  =  0 
oder  die  Erwärmung  r  gegeben  durch: 

d.  i 

tK\  r«  Q  I      8      2  r  3       1       Ö  ^  1  1        Ö  C,  1 

(5)  X-r  =  3c.;>  +  |p«[-^--^-^--.--^-^-J. 

Berücksichtigt  man  nur  das  erste  Glied,  so  erhält  man 
die  gewöhnliche  Formel;  nur  bei  sehr  hohen  Drucken  käme 
das  zweite  Glied  in  Betracht     So  ist  z.  B.  für  Eisen  nahe: 

^  =  2 1 000  kg/mm«,     c^  =  7000 , 

E    BT   "         10*  '        c^    df"         10*' 
also  das  zweite  Glied  verschwindend  klein. 

Von  den  Formen  der  elastischen  Körper,  die  überhaupt 
in  Betracht  kommen  können,  empfehlen  sich  schon  aus  prak- 
.  tischen  Gründen  die  von  Stäben  oder  Drähten  mit  einem  Quer- 
schnitte, dessen  Dimensionen  gegen  die  Länge  des  Stabes 
klein  sind,  das  ist  also  der  Fall  des  von  Saint-Venant  be- 
handelten Problems.  Wir  denken  uns  demnach  einen  geraden 
zylindrischen  Körper,  auf  dessen  Grundflächen  (Enden)  irgend 
welche  Druckkräfte  wirken  sollen;  die  Mantelfläche  sei  frei 
von  Druckkräften.  Zwischen  den  einzelnen  Längsfasem  ist 
dann  überhaupt  kein  Druck;  sie  sind  voneinander  unabhängig. 
Der  Einfachheit  wegen  werde  angenommen  —  die  Verall- 
gemeinerung ist  leicht  — ,  daß  der  Querschnitt  ein  Kreis  sei. 
Die  Achse  des  Zylinders  sei  zur  2:-Achse  gewählt. 

Dann  gelten  bekanntlich^),  wenn  gleich  die  Voigt  sehen  Kon- 
stanten eingeführt  werden,  die  Formeln:  X^  =  X  =  JY^  =  0  und 


1)  G.  Kirchhoff,  Mechanik  p.  403.  1897. 


(«) 


Thermische  Änderungen  der  Elastizitätskonstanten.        559 

3ci+2c,    2      ^ 

^.  =  ^4  -  +  y^-  3^ 2c   2^^ 


+  ^      2c. 


i£L±^  (722  _  y2)  _  ^3 


8  Scj  +2c, 

lif,  =^  =  a  +  «1^^  +  02^ +  ^(*l^  +  *2y)• 
Die  Konstanten  a,  a^,  a^,  b^,  b^,  c  lassen  sich  leicht  aus 
den  Eomponentensummen  und  Drehungsmomenten  der  Druck- 
kräfte, die  auf  ein  Ende  wirken,  berechnen.     So  ist  z.  B. : 

(7)  Jf[xX,^t/X,)dxdy^c.^R^  etc. 

Diese  Werte  für  -S^,  -X^  und  X^  sind  demnach  in  den 
Ausdruck  für  die  Entropie: 

(8)  5  =  I  {  »' J?3«  +  »,'{X,^  +  X,»)}  -  «  Z,  +  -|-  T 

einzuführen;  durch  Nullsetzen  der  Form  8  erhält  man  dann 
die  Temperaturänderung  r  als  Funktion  yon  x,  y,  z,  die  einer 
adiabatischen  Änderung  entspricht  Diesen  so  für  r  ge- 
wonnenen Wert  wird  man,  da  sich  nur  ein  mittleres  r  eines 
Querschnittes  q  beobachten  läßt,  noch  mit  dq  ^  dx.dy  multi- 
plizieren, über  den  Querschnitt  integrieren  und  durch  q 
dividieren. 

Man  sieht  aber  sofort,  daß  in  dem  so  erhaltenen  Mittel- 
werte T  im  allgemeinen  auch  die  Koordinate  z  vorkommen 
wird,  was  eben  besagt,  daß  für  verschieden  gelegene  Quer- 
schnitte (verschiedene  z)  ebenfalls  verschiedene  t  und  demnach 
irdrmeströmungen  auftreten  müssen.  Es  gibt  indes  Fälle,  wo 
alle  Querschnitte  desselben  Zylinders  gleiche  Temperatur- 
änderungen erfahren.     Solche  spezielle  Fälle  sind: 

I.  Dehnung.  Alle  Konstanten  außer  a  sollen  verschwinden, 
d.  h.  es  sei  X^  =  X^  =  0,  -^  =  a,  dann  wird: 

(9)         r..;  =«^H-iv.i-(ill)- 

Bleibt  man  beim  ersten  Posten  rechts  stehen,  so  erhält  man 
die  gewöhnliche  Thomsonsche  FormeL     Ist   nämlich  P  der 


560  A.   tFassmuth. 

Zug  am  Querschnitte  y,  a  das  spezifische  Gewicht,  C  die 
spezifische  Wärme  der  Gewichtseinheit^  so  wird: 

-X,  =  -— ,     r,  =  0.(7.419,10«,     -^^-.—^ — 

^  g   '      '«  >        »  2»  419,10».  5^ (T 

die  bekannte  Form,  indem  q  a  das  Gewicht  der  Längeneinheit 
vorstellt.  Für  große  Zugkräfte  käme,  falls  der  Draht  auch 
da  noch  vollkommen  elastisch  bliebe,  noch  das  zweite  Glied 
in  Betracht;  bei  metallenen  Stäben  fiele  dann,  da  hier 

1     dE 
E     dT 

negativ  ist,  die  Abkühlung  bei  der  Dehnung  (bez.  Erwärmen 
beim  Zusammenziehen)  kleiner  aus. 

n.  Gleichförmige  Biegung.  In  diesem  Falle  verschwinden 
alle  Konstanten  bis  auf  a^,  so  daß  X^  =  a^.x,  X^  =  X^  =  0 
wird.  Die  Eonstante  a^  bestimmt  sich  aus  dem  biegenden 
Drehungsmomente  M  um  die  y-Achse,  indem: 

oder 

ist.     Hiermit  wird: 

und  für  die  mittlere  Temperaturänderimg  f  erhält  man  wegen 

Cxdq==0    und     Cx^dq=''^n^ 


Erfolgt  die  Drehung  vom  Momente  M^  in  das  Moment  J/^,  so 
ist  wegen 

''^    —     ö  r    "~    dT     ~        'e[e    dT 

die  Temperaturänderung 


Thermische  Änderunffen  der  Etasäzitätskonstanten.        561 

Hat  der  Querschnitt  g  eine  andere  Form  als  die  eines 
Kreises^  so  muß  statt  \n^E^  der  Ausdruck  2q^x^  genommen 
werden^  wo  x  den  Trägheitsradius  senkrecht  zur  Biegungsebene 
vorstellt,  der  Schwerpunkt  in  der  z-Achse  liegt  und  die  Haupt- 
achsen des  q  als  Achsen  der  x  und  1/  gewählt  werden.  ^)    Für 

die  Metalle  ist 

1     dE   _ 
E  BT    '^^ 

negativ,  demnach  bringt  nach  (10)  eine  gleichförmige  Biegung 
eines  Metallstabes  eine  Abkühlung  hervor,  was  meine  Versuche 
bestätigten.  Die  Formel  (10),  zuerst  von  W.  Voigt  aufgestellt, 
stellt  demnach  einen  Zusammenhang  zwischen  der  Abkühlung 
d-^^  und  der  Änderung  des  Elastizitätsmoduls,  d.  i.: 

*""  E  dT~ ' 

dar,  so  daß  €  an  der  Hand  der  Voigt  sehen  Formel,  falls  9^^ 
sicher  gemessen  wurde,  berechnet  werden  kann«  Diesen  Weg, 
e  auf  neue  Art  zu  ermitteln,  habe  ich  eingeschlagen *)  und  für 
zwei  verschiedene  Stahlstäbe  hierfür  die  Werte  2,62  x  10  ~*, 
2,34  X  lO^S  2,45  X  10~*  und  2,23  x  10-*  erhalten,  deren 
Mittel  2,41  X  10-*  von  dem  Mittel  2,29  x  10-*,  wie  es 
die  Beobachtungen  von  Katzenelsohn  (2,33  X  10"*)  und 
Cl.  Schäfer  (2,25  x  10-*)  für  Eisen  lieferten,  um  weniger  als 
5  Proz.  abweicht.  Versuche  mit  Stäben  aus  anderem  Material 
sollen  noch  folgen. 

IlL  Torsion,  Ein  weiterer  Fall  gleichförmiger  Temperatur- 
änderung bietet  sich  schließlich  dar  in  der  Torsion  eines  Stabes, 
wobei  alle  Konstanten  in  6  bis  auf  c  verschwinden.     Es  wird: 

^4  =  +  2^>  -^  =  -  2  y^   ^s  =  0, 

5t  =  -^2'(V+^^)  =  -  'Y*(^'+^')=-  'V'^'- 

Durch  Multiplizieren  mit  2nQdü,  integrieren  und  dividieren 
durch  R^n  findet  man  hieraus: 

^'  T  =  -  --  s    R^ 
T  16     «       • 

1)  R.  Clebsch,  Elastizität  p.  103. 

2)  A.  Wassmuth,  Wiener  Ber.  112  (IIa),  Mai  1903;  Ann.  d.  Phys. 
18.  p.  182.  1904. 

Boltzmaoo-FMUchrifL  86 


562  A.   Woismuth. 

Nun  ist  das  am  freien  Ende  wirkende  Drehungsmoment  N 

so  daß  sich  schließlich  wegen  s^  =  l/c,  ergibt: 

Dieser  Ausdruck  fällt  vollständig  zusammen  mit  jenem, 
den  ich  1889^)  ftir  die  Abkühlung  von  tordierten  Metalldrähten 
aufstellte  und  durch  Versuche^  bestätigt  fand.  Nennt  man 
nämlich  (o  den  der  Länge  /  entsprechenden  Torsionswinkel, 
m  das  ganze  Gewicht  des  tordierten  Zylinders,  C  die  spezifische 
Wärme  der  Gewichtseinheit,  so  ist: 

und  es  wird: 

(12)  ^-.»J.c,.(±4^).iE*^ 

die  von  mir  yeröffentlichte  Form. 

Für  andere,  jedoch  symmetrische  Querschnittsformen  treten 
auf  den  rechten  Seiten  von  X^  und  X^  noch  gewisse  Funktionen 
von  X  und  y  hinzu;  der  Ausdruck  für  t  wird  verwickelter, 
doch  bleibt  r  in  der  ganzen  Länge  des  Stabes  konstant. 

Die  Gleichung  (11)  oder  (12),  die  in  anderer  Art  auch 
von  W.  Voigt  abgeleitet  wurde,  gestattet  ebenfalls  aus  dem 
beobachteten  r  die  Änderung  des  Torsionsmoduls 

mit  der  Temperatur,  d.  L 


1     dr^ 


=  n 


c,     dT 

ZU  ermitteln.  Meine  Versuche  mit  tordierten  Stahlstäben  er- 
gaben  gute  Übereinstimmung  zwischen  Rechnung  und  Be- 
obachtung, falls  für  ri  die  von  Katzenelsohn  gefundene  Zahl 
3,10,  die  der  neuestens  von  Cl.  Schaefer  gegebenen  3,035 
nahe   kommt,  genommen  wurde. 


1)  A.  Wassmuth,  Wiener  Ber.  98  (IIa),  p.  1397.  1889. 

2)  A.  Wassmuth,  ibid.  und  Wiener  Ber.  111.   Juli  1902. 


Thermische  Änderungen  der  Elastizitätskansianien.       568 

Aus  dem  in  II  und  III  Dargelegten  folgt: 

Beobachtungen  der  Temperaturänderungen  bei  der  gleich" 
förmigen  Biegung  und  der  Torsion  von  Stäben  geben  somit  die 
Mittel  an  die  Hand,  die  thermischen  Änderungen  des  JSlastizitätS" 
moduU  und  die  des  Torsionsmoduls ,  d.  i.  a  und  t}  und  somit 
auch  dnjdT  —  ohne  Strukturänderung  —  zu  bestimmen. 

Als  eine  nicht  uninteressante  Anwendung  der  dargelegten 
Methode  möge  eine  Anzahl  von  Versuchen  dienen,  die  ich  mit 
einem  zylindrischen  Stabe  aus  Hartgummi  vom  spezifischen 
Gewichte  1,325  und  der  Dicke  von  5,1  mm  zur  Ermittelung 
der  Änderung  seines  Elastizitätsmoduls  E  mit  der  Temperatur 
ausführte.  Der  Stab  lag  auf  zwei  festen  Schneiden,  deren 
Distanz  2k  =  14,2  cm  betrug,  auf  und  wurde  durch  gleiche, 
an  seinen  Enden  nach  abwärts  wirkende  Zugkräfte  p,  von  denen 
jede  am  Arme  Yon  5,2  cm  mit  einem  Momente  M  drehte, 
gleichförmig  nach  oben  gebogen.  Mit  Hilfe  einer  Marke  am 
Stabe  und  einer  spiegelnden  Skala  ließ  sich  die  Pfeilhöhe  h 
bestimmen.  Die  Biegung  wurde  in  der  Art  bewirkt,  daß  die 
Enden  des  Stabes  durch  Darmsaiten  mit  einem  Winkelhebel, 
dessen  Drehung  an  einem  Kreisbogen  0  0  markiert  wurde,  ver- 
bunden waren  (vgl.  die  Figur  in  der  zitierten  Arbeit).  Die 
Zugkräfte  p  wurden  dann  nachträglich  durch  direktes  Anhängen 
von  Gewichten  bestimmt 

Den  Sinn  und  die  Größe  der  bei  dieser  Biegung  auf- 
tretenden Temperaturänderung  wies  ein  feines,  in  der  Mitte 
des  Stabes  angebrachtes  Thermoelement  aus  Eonstantan  und 
Eisen,  das  mit  einem  sehr  empfindlichen  Galvanometer  von 
Keiser  &  Schmidt  durch  dünngewalzte  Kupferstreifen 
(zur  Verhütung  der  Deformationsströme)  in  Verbindung  stand, 
auf;  es  wurde  das  Hauptaugenmerk  darauf  gerichtet,  den 
Gesamtwiderstand  r  (Thermoelement  +  Galvanometer)  recht 
klein  zu  machen;  in  der  Tat  war  r  =  0,4315  Ohm.  Die  Be- 
festigung des  Thermoelements  geschah  in  der  Art,  daß  der 
Hartgummistab  zuerst  in  ein  mit  einer  seitlichen  Öfihung  ver- 
sehenes Glasrohr  gebracht  und  hierauf  in  einem  Thermostaten 
durch  mehrere  Stunden  so  lange  erwärmt  wurde,  bis  sich  das 
Thermoelement,  dessen  beide  Drähte  durch  Atzen  verdünnt 
und  etwas  umeinander  verdreht  waren,  leicht  durch  die  Öfiinung 
des  Glasrohres  in  den  Stab  einfügen  Ueß.    Auf  diese  Art  blieb 

86* 


564 


Ä.  Wiassmuih, 


beim  Abkühlen  der  Hartgummistab  fferade  und  das  Thermo- 
element steckte  ungemein  fest  in  der  Mitte.  —  Mehrere  Papp- 
deckeln und  Watte  schützten  den  Apparat  vor  Luftströmungen. 
Es  ließ  sich  nun  zweifellos  nachweisen,  daß  bei  diesem 
Hartgummistab  eine  Verstärkung  der  Biegung  mit  einer  Er- 
wärmung und  umgekehrt  eine  Verminderung  derselben  mit  einer 
Abkühlung  verbunden  war. 

Wurde  z.  B.  die  Mitte  des  Stabes  resp.  das  Thermoelement  mit 
einem  heißen  Eisenstück  berQhrt,  so  ging  die  Nadel  des  Galvanometers 
auf  dieselbe  Seite,  wie  bei  der  Belastung  der  Stabenden ;  eine  Abkühlung 
der  Stabmitte  brachte  einen  entgegengesetzten  Nadelausschlag  in  der 
Richtung,  wie  ihn  die  Entlastung  lieferte.  Solcher  Proben  wurden 
mehrere  durchgeführt;  ein  zweites,  frei  eingeschaltetes  Thermoelement 
bestätigte  das  Gewonnene. 

Bei  diesem  Hartgummistabe  mußte  demnach  der  Elastizitäts- 
modul mit  der  Temperatur  zunehmen  oder  es  mußte 

1    dE 


E    dT 

positiv  sein.    Nun   wurde   versucht,   auch   den   Betrag   dieser 
Größe  8  festzutellen. 

Aus  den  in  der  folgenden  Tabelle  wiedergegebenen  Ver- 
suchen vom  23.  Juli  1903  ließen  sich  zuerst  die  Temperatur- 
änderungen &  berechnen  nach  den  Formeln: 

X,  =  0,56  {x,  ^x,),  X=Ä--X,  und  &^  ^"Y^r ' 


Zeiger  am 
Gradbogen 

1 
Nr.  des 

Versuchs 

Erster 

Ausschlag 

Ä 

Erste  Distanz 
der  Umkehr- 
punkte 

^0 



8,23 

X 

7,57 

& 

160_i40 

I 

15,8 

14,7 

0,00169  0 

14«— 15,8« 

II 

12,8 

12,5 

6,98 

5,82 

0,001300 

160— 130 

III 

24,5 

23,6 

13,22 

11,28 

0,00202  " 

13<>— 15,8<* 

IV 

21,8 

19,4 

10,86 

10,94 

0,00245  0 

16«— 12« 

V 

32,8 

32,1 

17,98 

14,82 

0,00324  ^ 

120—15,7« 

VI 

26,4 

24,0 

13,44 

12,96 

0,00290" 

16*— 11<> 

VII 

'      40,8 

39,1 

21,90 

18,90 

0,00422" 

II*— 15,70 

VIII 

36,8 

31,4 

:  17,58 

19,22 

0,004800 

160—10« 

IX 

!      51,5 

50,3 

'  28,17 

23,33 

0,00521° 

100—15,50 

X 

40,8 

35,8 

20,05 

20,75 

0,004640 

160—  90 

XI 

60,3 

58,0 

i  32,48 

27,82 

0,006220 

90—15,70 

XII 

50,3 

48,5 

27,16 

23,14 

0,005170 

Thermische  Änderungen  der  Elastizitätskonsfanten,        565 


Es  ließ  sich  femer  aus  dem  rechts  wie  links  wirkenden 
Drehungsmomente  M  =  px98\  x  5,2  und  der  Pfeilhöhe  A,  da 

h 


If  =  2Ena^ 


(2fi)« 


ist,    der   Elastizitätsmodul  E  bestimmen.      Mit  2  ^s  5,1  mm 
=  0,51  cm,  2 1<  =  14,2  cm  wird 

log  j&  =  log  ^  +  4  -  0,1196 

und  es  ergab  sich: 


i 


Cb 


Kl 


•5 'S 


Pfeilhöhe  h  in 
cm  über  der 
Horizontalen 

durch  die 
fixen  Pankte 


16» 
14  <» 
120 

10« 
9« 


0,154 
0,240 
0,330 
0,415 
0,450 


Die  rechts 

wie  links 

1       ^ 

ziehenden 

log  M 

log  E 

E.  10-" 

Gewichte 

p  in  gr 

133,4 

5,8329 

6,6454 

10,5258 

3,356 

260 

6,1227 

6,7425 

10,6229 

4,197 

309 

6,1977 

6,6792 

10,5596 

3,627 

365 

6,2700 

6,6519 

10,5323 

3,407 

405 

6,3152 

6,6620 

10,5424 

3,487 

Mitte 

1     3,615 

Es  fand  sich  demnach  für  den  Elastizitätsmodul  E  der 
Mittelwert: 

^=  3,615. 10^^  C.G.S.  =  368,5  kg/mm». 

Zur  Kontrolle  dienten  Beobachtungen  über  die  Pfeüüefen 
h,  welche  zwei  weitere,  mit  ihren  Enden  frei  aufliegende  Hart- 
gummistäbe derselben  Fabrik  bei  einer  Belastung  P  in  der 
Mitte  aufwiesen.  Der  Elastizitätsmodul  E  bestimmte  sich 
dann  nach  der  bekannten  Gleichung: 

1271  r*     Ä   * 


^  = 


Für  den  ersten  Stab  war  die  Länge  /  =  240  mm  und  die  Dicke 
2r  =  7,44  mm  und  gehörten  zu  den  Gewichten  P  0,5,  1,0, 
2,0  kg  die  Pfeiltiefen  h  2,9,  6,0,  13,1  mm,  woraus  sich  für 
E  die  Werte  830,  319,  292  kg/mm*  ergaben. 

Der  zweite  Stab  hatte  die  gleiche  Länge  von  240  mm, 
eine  Dicke  2  r  =  6,22  mm  und  entsprachen  den  Zugkräften  P 
von  0,5,  1,0  kg  die  Pfeiltiefen  h:  5,9  und  13,1mm,  woraus  für 
E  die  Werte  332  und  299  kg/mm*  folgern. 


566 


Ä.   f^atsmuth. 


0 

K 

0 

0 

^ 

0 

pr 

(D 

p 

5 

3 

s 

OD* 

0 

00 

*•  • 

1 

da 

et- 

<D 

OD 

CD 

►^ 

OD 

? 

o 


< 

CD 

CD 
d 

CD 

CD 
CD 

I 

&^ 
CD 

Cto 

0 

CD 

OQ 


II 


ä        feg 


II 


fr    + 


CO 

o 

I 

Ifk- 


^ 


CD 

o 


(D 


00 

O 
OQ 
CD 
0 
P 
ö 
ö 

CD 
ö 

OD 


CD 

OD 

o 
er 

CD 
ö 

P 

er 


CD      O      tO      i^>      O» 


er  3    N 
o    — .  a 


o  o  o  o  o 

^«  ^  ^  ^  ^ 

i^>  i»i>  CO  tO      i-^ 

Q(1  1^  C0  i»i>       C7< 

O  CT«  O  O     i^- 


ll^  CO  CO  t9  »-» 
O  Od  O  Oft  CO 
C?i      Ol      CD      O      CO 


Od  Oft  Oft  Oft  CT* 

CO  tö  I-*  I--  GD 

I-*  »3  CD  t9  CO 

CT«  Q  »3  tO  tO 

t9  O  »3  «4  «D 


i»i.      CO 


tO      »-»      O 


Oft      OD 
OD      CT« 


A      Oft 
O      CO 


X     X     X     X     X 

h-*       I-*       1-^       »i^       »i^ 

o    o    o    o    o 


CO      CO      bS      H-i 

^«  1^  ««  ^ 

00      O      O      hö 


o    o 


bS 


X     X     X      X 

o    o    o    o 


to    tc     ro     to 


cn 

1«^ 

CO 

H-l 

OD 

-4 

O 

1-^ 

o 

-4 

CT» 

to 

Oft 

00 

OD 

CO 

00 

o 
X 


o  o  o  o 

■om  *^  >^  y^ 

-j  -a  t"  to 

CO  •-»  >—  to 

CO  -4  O  00 

05  •—  -*  CO 

I    I  I  I 

CO  CO  00  CO 


5»-  Er 

Ol 

p- 


o 


te 


.^ 


I     o 


o 


c;^  00 
to  -4 
X     X 


Ü^ 


»«k. 
»«k. 


X     X 


o    o    o    o 

I    I    I    I 


I 


CD 


00 

8- 


O 

er 

CD 

oo 
o 

er- 

p 
oo 


ö 

CD 

tr 

p 

rr  o 

5 

0 


p 

p 

CD 

OD 
r»- 
CD 


CD 
OQ 


CD^ 

? 

CD 

o- 

CD^ 

oT 
er 

CD 


er 

CD 

N 

O 

OQ 


O 


U 


n 

+ 

Ol 

to 

CD 
O 


o 


M 


^  I 


u 

o 

CD 
05 

X  g 

00  §^ 

tC  0 

C7I  P 

X  ® 

^  5 

CO  «*"* 

X  W 


Ol 


CD 


CD 


*      <1 
®   OQ 

¥^*      00 

5    tr 

!-♦-      P 


CD  ►-^ 

»^  CD 

OD 

CD^  P 


J^        OQ 


C^    H-3 

?^^ 

P     ^3 
P    »— • 

OD       P^ 
^       OD 
O 
P- 
CD 


p: 


CD 

P' 

CD 

•-J 

<1 
O 

p' 

5 

OD 
CD 

5' 

p- 

CD 


Thermische  Änderungen  der  Elastizitätskonstant^.        567 

Um  zu  sehen^  wie  sich  andere  Hartgummistäbe  in  dieser 
Hinsicht  verhielten,  untersuchte  ich  auf  gleiche  Art  noch  einige 
Stäbe,  die  ich  der  Gefälligkeit  der  „Ungarischen  Gummiwaren- 
fabriks-Aktiengesellschaft  in  Budapest''  verdankte. 

Ein  Stab  (Qualität  Ä^ VII)  von  der  Dicke  2  a  =  4,89  mm, 
dem  spezifischen  Gewichte  o'=l,27,  dem  Elastizitätmodul 
312  kg/mm*  wies  ebenfalls  einen  positiven  Wert  der  Größe 


6  = 


1     dE 
E    BT 


au£     Die  Temperaturänderungen  &  bestimmten  sich  hier  aus: 
X,  =  0,56(:r, -:r,);     X=^--X,;    »  ^  X-^^^ 


2210 


und  ergab  sich: 


Zeiger  am 
Gradbogen 


16,0 
14,5 
15,3 
11,8 
15,3 
11,8 
15,0 
11,0 
15,0 
10,0 
15,0 
10,0 


Erste 

Distanz  d. 

Umkehr- 
punkte 
a^  -  «, 


14,5  <> 

1 

2,1 

2,4 

1,34 

0,76 

16,0« 

2 

2,9 

1,7 

0,95 

1,95 

11,8« 

3 

6,1 

6,0 

3,36 

2,74 

15,3  <> 

4 

5,8 

5,4 

3,02 

2,78 

11,8° 

5 

5,2 

3,0 

1,68 

3,52 

15,3«» 

6 

5,3 

4,8 

2,69 

2,61 

11,0  0 

7 

8,8 

8,7 

4,87 

3,93 

15,0« 

8 

9,8 

8,8 

4,93 

4,87 

10,0  <» 

9 

10,8 

9,4 

5,26 

5,54 

15,0  <» 

10 

9,4 

8,8 

4,93 

4,47 

10,0° 

11 

12,3 

11,7 

6,55 

5,75 

15,0  0 

12 

9,1 

8,3 

4,65 

4,45 

0,00045  • 
0,00116® 
0,00163  <> 
0,00165  0 
0,00209  « 
0,00155« 
0,00234  0 
0,00290« 
0,00830« 
0,00266« 
0,00342« 
0,00265« 


Mittel 


00081« 


I». 

\  0,00173« 
l  0,00262« 


0,00301 « 


Aus  dem  bekannten  Werte  des  Elastizitätsmoduls  E  und 
den  beobachteten  Pfeilhöhen  h  ließen  sich  femer  die  ange- 
wandten Drehungsmomente  M  berechnen  und  hiermit  aus  der 
Voigtschen  Formel  6  bestimmen.  Es  wurde  erhalten  für 
die  Biegung  entsprechend  der 


Drehung  von  16«  auf  11,8«    »  =  +  36,4  x  10"* 

16«    „     11,0«     «  =  +  86,6  X  10"~* 
16«    „     10,0«    «  =  +  38,5  X  10"* 


»> 


>» 


I» 


568     J,  Wassmuth.     Therm.  Änderungen  d.  ElasUzitäUkonstanien. 

somit  fand  sich  im  Mittel  für  diesen  Stab:  6  =  +  35,5  X  10~^ 
(die  den  Biegungen  16 ^  11,8«,  ll,0^  10,0«  zugehörigen  Werte 
der  Pfeilhöhen  A  waren:  A  =  0,14,  0,33,  0,38,  0,42  cm). 

Diese  zwei  Hartgummistäbe  verhielten  sich  demnach 
zweifellos  auch  bei  wiederholten  Versuchen  entgegengesetzt  wie 
die  Metalle,  indem  fbr  beide  e  positiv  ausfiel.  Bei  einigen 
anderen  Stäben  ergaben  sich  indes  auch  negative  Werte  für 
6  und  bei  einem  Stabe  war  die  Änderung  des  Elastizitäts- 
moduls mit  der  Temperatur  fast  Null  zu  setzen.  Worin  diese 
Verschiedenheit  begründet  ist,  läßt  sich  heute  noch  nicht  er- 
orkennen. 

(Eingegangen  26.  September  1903.) 


569 


72.   The  Propagation  of  Waves  through 

dispersiye  Media. 

By  Arthur  Sohuster  in  Manchester. 


1 .  When  a  group  of  waves  passes  over  a  sheet  of  water, 
the  group  as  a  whole  is  propagated  with  a  yelocity  different 
from  that  of  the  waves.  The  subject  has  been  investigated 
mathematically,  by  Osborne  Reynolds,  Stokes^  and  Lord 
Rayleigh.  The  latter  drew  attention  to  an  important  optical 
application,  and  showed  that  if  the  velocity  of  light  is  de- 
termined  experimentally  in  a  medium  in  which  different 
wavelengths  are  not  all  propagated  with  the  same  velocity,  it 
is  the  "group  velocity"  that  is  really  measured. 

Some  misunderstanding  seems  however  to  exist  as  to  the 
real  nature  of  the  phenomenon,  which  is  sometimes  spoken 
of  as  if  the  group  moved  forward  as  a  whole  without  change 
of  shape.  It  may  be  of  interest  therefore  to  foUow  out  in 
detail  a  particular  case  in  which  the  whole  process  of  the 
wave  propagation  may  be  calculated. 

2.  I  imagine  a  medium  in  which  the  wave  velocity  v,  and 
the  wavelength  A  =  2  ;r  /  x  are  connected  by  the  relation 

(1)  v=^u  +  ßlx 

where  u  and  ß  are  constants. 

A  displacement  y  =  (p(x)  may  by  Fourier's  Theorem  be 
put  into  the  form 

00  +00 

(p{x)  =:  —  j  d X  l  da  (p {a)  cos  x (a:  —  a) , 

0  -00 

where  the  right  band  side  may  be  considered  to  be  the  limit 
of  a  sum  of  sinusoidal  displacements.  If  these  are  propagated 
with  a  velocity  v,  the  displacement  at  time  t  is 

00  +00 

(p{Xf  t)  =  —  \  d X  \  da  (p{a)  cos  x[x  —  a  —  vt). 


0  -00 


570  A.  Schuster. 

If  we  Substitute  |  =  a:  —  v^,  v  being  a  constant,  the  result 
of  the  Integration  is  seen  to  be  simply  (p{x  —  vfj,  which  re- 
presents  the  well  known  law  of  propagation  of  a  cisturbance 
in  a  medium  shewing  no  dispersion.  In  the  ca^e  we  are 
considering  now^  in  which  v  =  u  +  ß  I  x  the  eabstitution 
^  SS  X  —  ut  giyes 

(p[x,  i)^  —  jdx  jdcc(p{cc)  cos  [x (§  —  «)  —  ß  t] . 

0         4-  CO 

Lei 

00  +00 

(2)  V'tö  =  -^fdxjda(p{a)  sin  x(|  -  a) 

0  -  00 

the  right  hand  side  being  Fourier's  integral,  with  the 
difiference  that  the  cosine  fiinction  is  replaced  by  the  sine 
fimction. 

The  aboye  equation  tben  becomes 

(p[x,  i)  ==  (p{x  —  ui)  GOB  ßt  +  \lj{x  —  ut)  sin  ßt. 

This  equation  gives  the  law  of  propagation  of  any 
disturbance^  travelling  through  a  medium,  in  which  the  law  (1) 
holds. 

After  successive  intervals  of  time  equal  to  2  7t Iß,  be- 
ginning  with  ^  =  0..  the  displacement  takes  periodically  the  fomi 

(p[x  —  ut) 

which  gives  the  original  shape  shifted  through  a  distance 
2nulß. 

At  these  instants  of  time,  the  group  of  waves  has  the 
Position  it  would  occupy  if  it  had  moved  with  a  velocity  u 
without  change  of  shape.  But  at  intermediate  times,  there  is 
no  such  simple  displacement  of  the  group.  At  a  time  njßj 
the  displacement  takes  the  form 

—  (p{x  —  ui) 

which  represents  a  complete  reversal.  At  the  time  7t/2ß, 
the  displacement  is 

yf{x  —  ut) 

and  in  general,  cannot  be  calculated  more  definitely  unless  the 
fimction  tp'  can  be  evaluated. 


Propagatian  of  toaves,  671 

I  had  obtained  the  above  results  a  good  many  years  ago, 
but  did  not  publish  them^  as  I  hoped  to  be  able  to  find  some 
examples  which  could  illustrate  the  matbematical  equations. 

In  this  I  was  unsuccessful^  until  recently  my  colleague, 
Professor  H.  Lamb,  supplied  me  with  two  cases  in  whicb  the 
Integrals  could  be  found,  and  which  fumish  interesting 
examples  of  wave  propagation. 

£x.  1. 

If 

the  integration  indicated  in  eqnation  (2)  may  be   performed, 
and  it  is  found  that 

Ex.  2. 

If 

y  (*)  =  1  for  ar*  <  r* 

=  0     „     X»>T« 

it  may  be  shewn  that 

3.  To  apply  the  first  example,  we  consider  a  displacement 

or,  writing  y  ^  x  jx 

_        1 

The  curve  of  the  displacement  is  represented  in  Fig.  1, 
while  the  function 

is  shewn  in  Fig.  8. 

The  propagation  of  the  wave  shewn  in  Fig.  1  may  now 
be  foUowed  in  detail.  The  displacement  is  determined  by  the 
equation 

?•  C08  ßt  tix  —  uf)Bm  ßt 

(a?  -  tt  0*  +  ^"  («  -  t*  0*  +  T« 

or,  if 


572 


A.  Schuster. 


by 

fn\  COS  ßt  +  r  sin  ^ ^ 

Fig.  1   to  9  represent   a  complete   cycle   illustrating   the 
change  of  ahape  of  the  wave.    To  foUow  its  propagation,   it 


1 

\ 

^ 

/ 

\ 

^_. 

Ftff. 

f     . 

s 

V      - 

l — . 

\ 

^ 

tf""*       / 

0 

J 

\ 

^- 

«« 

T^2, 

y 

r 

"^ 

JfyJ, 

-^ 

J 

F!g,t, 

/" 

->v 

\ 

/ 

U^S. 

~~^ 

^ 

/ 

'^ 

\ 

/ 

1^.6. 

A 

/ 

^ 

^' 

i 

/ 

Fig. 7. 

/^ 

^' 

^ 

. 

^^ 

r 

\ 

1 
1 

Fig,8. 

1 

V 

^ 

/ 

N 

^_ 

1 1 

Fiß.9. 

must  be  imagined  that  successive  figures  are  shifted  through 
distances  corresponding  to  the  group  velocity  u. 

It   will   be   noticed   that  in  Fig.  2  the  maximum  of  the 
waye  is  shifted  to  the  right,  and  has  moved  forward  therefore 


PropagatUm  of  toavea.  673 

with  a  velocity  greater  than  that  of  ihe  group  velocity,  at  the 
same  time  a  minimum  has  appeared  at  y  ^  ^2,4.  This 
minimum  moves  forward  until,  when  cos  /9  ^  «  —  1  (Fig.  6),  it 
occupies  the  central  position.  In  the  mean  time,  the  maximum 
has  moyed  away  towards  the  rights  with  increasing  velocity  to 
infinity. 

Fig8.  6  to  9  shew  the  gradual  re-establishment  of  the 
original  shape. 

4.   The  condition  for  the  maximum  or  minimum  of  the 

displacement 

cos  ^  ^  +  y  sin  ^  ^ 


reduces  to 


y  1  +/• 


(1  -y«)8in/9^  =  2y  co8/9^ 
or  to 

(4)  y  =  tan  \ßt  for  the  maximum, 

and 

=  —  cot  \ßt  for  the  minimum. 

The  abscissa  of  the  maximum  is 

x^^  +  ut 
=  ut+  X  tan  1/9^ 

and  the  velocity  of  propagation  of  the  maximum  is  therefore 

u  +  \ßsec^  ßt 

which  is  always  greater  than  the  group  velocity. 

The  Ordinate  of  the  maximum  is  obtained  by  putting  the 
value  of  y  from  (4)  into  (3)  which  yields 

1+7«    =  cos^ißt. 
Similarly  the  minimum  is 

The  sum  of  the  height  of  the  maximum  and  the  depth  of  the 
minimum  is  therefore  constant. 

5.  Figs.  10  to  14  illustrate  the  second  example.  This 
case  possesses  only  mathematical  interest.  Owing  to  discon- 
tinuity  of  displacement,  the  wave  rises  to  infinity  at  two  points, 
and  these  points  move  forward  with  tlie  group  velocity. 

The  figures  only  shew  the  first  half  of  the  cyclo  through 
which  the  disturbance  passes,  the  manner  in  which  the  original 


674 


Ä,  Schuster, 


shape  re-establishes  itself  in  the  second  portion  of  the  cycle 
may  be  seen  if  the  figures  are  looked  at  in  the  inyerted 
Position. 


FUf^fa 

J 

/ 

K^ 

figM 

^ 

/ 

^ 

Itg,J2, 

^ 

Fig.13. 

/ 

f 

JlgJ¥. 

- 

6.  It  has  been  assumed  in  the  above  that  the  law  of 
dispersion  is  that  represented  by  equation  (1),  but  in  the 
general  case,  we  may  still  apply  the  same  method,  when  the 
group  of  waves  is  made  up  of  elementary  waves  which  are  all 
of  nearly    equal    length.     A   new   proof  of   the   mathematical 


BropagtUhn  of  waves.  576 

expressioD  for  the  group  velocity,  which  is  more  general  than 
the  one  usually  given,  may  thus  be  obtained. 

Let  all  waves  differ  infinitely  Utile  from  A  =  ^.  Then 
the  velocity  for  the  ränge  of  wayelengths  concemed,  may  be 
expressed  by 

V  dl  J  l^X^        X  \      du  I  M^w. 

This  agrees  with  (1)  provided  that 

dv 


w  =  ü  —  A 


dl 


/9=-*»^" 


dn    ' 

where  on  the  right  band  side  those  values  of 

^  dv        jt    dv 

X.X,  -^and  ^_, 

must  be  introduced  which  belong  to  the  wayelengths  of  which 
the  group  is  made  up. 

It  foUows  that  u  is  detennined  by 

^  dv  ,       dv 

dl  dn 

dxv 


dn 

which  gives  the   well  known  expression  for  the  group  velocity. 

(Eingegangen  26.  September  1908.) 


576 


73.  On  Double  Befraction  in  Matter  moYing  through 

the  Ether. 

By  D.  B.  Braoe  in  Nebraska. 


The  Fitzgerald-Lorentz^)  "Contraction"  Hypothesis  to 
explain  the  negative  results  of  the  Michelson-Morley*)  ex- 
periment  of  interference  between  two  rays  at  right  angles  and 
parallel  to  the  earth's  motion  seems  to  have  been  made  im- 
probable by  the  negative  results  of  Rayleigh^  on  the  double 
refraction  of  a  medium  at  right  angles  to  the  earth's  motion. 
Ab  bis  observations  give  a  margin  of  50  times  for  a  liquid 
and  1,5  times  for  a  solid  ^)y  no  extension  seems  desirable  from 
this  Standpoint. 

The  Suggestion  of  the  "contraction  hypothesis*'  by  con- 
siderations  in  regard  to  intermolecular  forces  analogous  to  the 
interaction,  through  the  mediation  of  the  ether,  of  electric 
and  magnetic  forces,  is  certainly  plausible  enough  to  Warrant 
further  examination  aside  from  the  insufficient  explanation  of 
the  anomaly  for  which  it  was  first  put  forward.  That  the 
intermolecular  forces  are  not  altered  by  a  factor  many  times 
less  than  that  determined  by  Bayleigh  is  found  to  be  the 
case  in  the  medium  used. 

Two  arrangements  suggest  themselves,  the  one,  a  System 
rotating  about  a  vertical  axis,  the  other  a  similar  System 
rotating  about  a  horizontal  axis  so  as  to  shift  the  plane  of 
polarization  from  a  position  at  45^  to  the  earth's  orbital  motion 
through  an  angle  of  90®.  In  the  matter  of  simplicity,  sen- 
sibility  and  stability  the  latter  method  would  be  preferable. 

However,  the  first  arrangement  was  selected  for  the  pur- 


1)  Fitzgerald-Lorentz,   Versuch   einer  Theorie.    Leiden.    1895. 

2)  Michelson-Morley,   Amer.  Jour.  of  Sei.  (3)  »4.   p.  333.    1887. 

3)  Rayleigh,  Phil.  Mag.  Dec.  1902. 

4)  The  margin  as  given   by  Rayleigh  is  really  twice  too  great, 
since  he  has  taken  (10    *)»  instead  of  (10-*)V2. 


On  double  refraction. 


577 


pose  of  utilizing  the  same  mounting  for  other  experiments. 
A  heavy  beam  was  pivoted  between  the  floor  and  ceiling  so 
as  to  carry  a  trough  with  its  horizontal  axis  intersecting  the 
pivotal  axis.  This  System  could  be  rotated  continously  so  as 
to  bring  it  into  any  desired  position.  This  trongh  was  413  cm 
long,  15  cm  wide  and  27  cm  deep  on  the  inside  and  built  up 
of  5  cm  planking  in  order  to  give  sufficient  stability  to  the 
polarizing  and  mirror  Systems  which  it  carried. 

In  Order  to  obtain  sufficient  intensity  through  the  total 
column,  2856  cm  of  water  used,  sunlight  was  so  thrown  into 
the  trough  as  to  keep  its  path  the  same  whateyer  its  position. 
The  lens  1  (Fig.  1)  of  about  2  M  focus  conyerged  the  sun's 


rays,  from  a  carefuUy  adjusted  heliostat,  within  the  nicol  4, 
after  reflection  from  2  and  3.  The  diverging  beam  was  then 
successively  reflected  from  mirrors  5,  6,  and  7  upon  the  con- 
cave  mirror  8.  The  radius  of  curvature  of  this  latter  was 
about  15  M  and  was  mounted,  as  were  the  other  mirrors, 
upon  brass  plates  containing  adjusting  screws  fastened  to  the 
ends  of  the  trough.  The  axis  of  the  reflected  cone  was  dis- 
placed  in  a  horizontal  plane  so  that  the  retum  ray  passed 
through  the  analyzing  System  9 — 11  placed  to  one  side  of  the 
polarizer. 

The  lens  12  converged  the  light,  which  would  otherwise 
have  come  to  a  focus  at  a  distance  of  about  2  M  beyond,  to 
the  eye  15  at  a  distance  of  25  cm  from  9.  Thus  the  eye 
could  observe  9  directly  or  by  means  of  the  telescope  14. 
Both  the  heliostat  mirror  and  the  lens  1  were  diaphragmed 
down  so  that  the  aperture  of  the  cone  of  rays  was  slightly  less 


BoItziiianii-Fcst*chrift 


37 


578  2>.  B.  Brace. 

than  that  of  the  mirror  8  whose  aperture  was  abont  15  cm. 
This  prevented  diffused  light  from  the  mirror  and  the  water 
reaching  the  nicol  11  to  any  serious  extent  and  also  aided  in 
the  adjustments  of  the  mirrors  so  as  to  keep  the  rays  fixed 
when  the  trough  was  rotated.  The  total  reflecting  prism  2 
was  carried  by  an  uniyersal  mounting  passing  through  a  rod 
forming  the  Prolongation  of  the  axis  about  which  the  System 
rotated.  By  properly  shifting  1  and  2  the  ray  2 — 3  could  be 
brought  exactly  in  the  axis  of  rotation  so  that  when  the  trough 
was  rotated  the  retum  ray  at  9  remained  at  a  definite  point 
in  ihe  field  of  view.  3  and  4  were  then  shifted  until  the  ray 
passed  through  them  symmetrically.  Any  change  in  the 
direction  of  the  incident  ray  at  1  would  of  course  cause  a 
shift  but  by  properly  regulating  the  heliostat  this  could  be 
ayoided.  Howeyer^  with  such  a  long  optical  lever  slight  irre- 
gularities  might  occur  after  a  rotation^  but  these  were  always 
compensated  for  before  observing  the  field  of  view  by  adjusting 
2  until  the  beam  of  light  occupied  the  exact  position  it  did 
previous  to  rotation. 

The  polarizing  nicol  was  either  one  with  ends  normal  to 
the  ray  or,  if  of  the  ordinary  type,  mounted  in  a  cell  with 
thin  Cover  glass  ends  so  as  not  to  aflfect  the  ray  when  the 
System  was  under  water.  The  analyzing  nicol  was  a  Glan- 
Thompson  of  15  mm  aperture.  The  analyzing  and  polarizing 
Systems  together  with  the  prisms  and  lens  were  mounted  within 
tubes  to  prevent  access  of  the  water  and  upon  a  common 
cross-piece  fastened  to  the  trough.  By  adjusting  8  the  cone 
of  rays  could  be  sent  into  the  analyzer  symmetrically  so  as  to 
tili  completely  the  tield  of  view.  The  principal  planes  of  the 
nicols  were  crossed  and  at  45®  to  the  vertical  plane.  A 
metal  diaphragm  was  placed  lengthwise  between  the  entering 
and  the  emerging  rays  and  between  the  mirror  5  and  the 
polarizing  System  so  as  to  prevent  scattered  light  reaching  the 
analyzer. 

A  delicate  method,  a  detailed  description  of  which  I  give 
elsewhere,  was  used  for  observing  the  slightest  trace  of  double 
refraction.  9  was  a  thin  strip  of '  mica  which  I  will  designate 
as  the  sensitive  strip  of  order  A/100  =  0,0012  mm  thick 
cemented  with  Canada  Balsam  between  two  thin  cover  glasses 


On  double  refraction.  579 

without  double  refraction^  the  latter  being  cemented  to  a  brass 
ring  carried  by  an  arm  extending  from  a  coUar  slipping  over 
the  brass  containing  tube  of  the  nicol.  This  coUar  carried  an 
arm  with  the  scale  divided  into  some  60  divisions  representing 
half  degrees.  10  was  a  similar  thin  section  of  mica  of  order 
A/20  approx.^  or  0^006  mm  thick,  cemented  similarly  and 
covering  nearly  the  entire  aperture  of  the  nicol  11.  This  System 
wbich  I  will  designate  as  the  ^'compensator"  was  mounted 
on  a  collar  slipping  over  the  nicol  between  the  coUar  and 
Strip  of  the  first  System.  This  bad  an  arm  for  rotating  and 
also  a  pointer  passing  over  the  scale  referred  to. 

In  the  adjustments  2  was  moved  until,  when  the  trough 
was  rotated  completely  around,  the  ray  as  seen  on  a  white 
mark  did  not  shift.  Water  which  had  been  heated  to  drive 
out  air  and  prevent  minute  bubbles  forming  in  it  and  upon 
the  mirrors  and  thus  causing  diffused  light  was  then  flowed 
into  the  trough  until  it  coyered  the  analyzing  and  polarizing 
Systems.  This  usually  caused  a  shift  of  the  rays  and  2  was 
again  adjusted  until  the  spot  of  light  remained  fixed  when  the 
trough  was  rotated.  8  was  then  adjusted  until  the  retum 
rays  passed  through  the  analyzer  so  as  to  give  a  uniform  field 
of  view  when  examined  directly  with  the  eye  through  a  small 
circular  aperture  or  by  means  of  the  telescope  14.  The  light 
after  its  passage  through  this  30  meters  of  water  appeared  a 
beautiful  light  green  tint.  With  the  mica  sections  removed 
the  nicols  were  adjusted  for  extinction  which  was  fairly  com- 
plete.  The  sensitive  strip  9  was  then  thrown  in  and  rotated 
to  extinction  and  then  turned  through  45®  so  as  to  bring  its 
principal  axis  at  45®  to  the  principal  plane  of  the  analyzer. 
10  was  then  placed  in  position  and  turned  until  the  field  on 
each  side  was  of  the  same  intensity  as  that  of  the  sensitive 
strip.  The  eye  thus  saw  the  field  of  view  illuminated  uni- 
formly  with  green  light  in  the  neighborhood  of  this  strip.  The 
slightest  trace  of  double  refraction  in  the  direction  desired 
would  at  once  make  itself  evident  in  the  relative  increase  or 
diminution  of  the  light  from  the  strip. 

The  conditions  of  maximum  sensibility  in  Photometrie 
comparisous^  namely  a  vanishing  line  and  a  uniform  field,  was 
thus  attained.     A  small  piece  of  glass  compressed  vertically 

87* 


580  D.  B.  Brace. 

to  the  slightest  degree  with  the  fingers  placed  after  the 
polariier  4  showed  a  sharp  change  of  intensity  at  this  boun- 
ding  line.  A  matoh  oould  be  immediately  obtained  by  rotating 
the  oompenBator  10.  By  noting  the  position  of  the  pointer 
for  a  matoh  and  then  Bhifting  the  same  until  such  a  change 
oould  jnat  be  deteoted,  a  measnre  of  the  sensibility  of  the 
System  oould  be  obtained.  ISiis  angle  was  found  to  be  0,2® 
under  fiiYorable  oonditions.  At  each  Observation  the  sensibility 
was  detennined.  A  match  was  obtained  with,  say  the  trongh 
in  the  meridian  at  noon,  this  was  then  tnmed  throngh  90® 
into  the  direotion  of  the  earth's  orbital  motion.  The  position 
of  the  retnm  image  at  the  polarizer  was  noted  and  if  it  had 
shifted  in  any  way  it  was  brought  back  by  the  adjustment  of 
2  into  its  initial  position  and  then  the  field  of  view  examined. 
In  no  oaae  oould  a  change  be  observed,  i.  e.  there  was  still 
a  match  indicating  no  double  re&action.  Various  positions 
are  taken  in  and  at  right  angles  to  the  meridian  with  the 
same  result.  Hence,  we  may  condude  that  to  this  order  of 
sensibility  there  is  no  double  refraction  in  the  water  due  to 
its  motion  throu^  the  ether.  It  is  evident  that  a  rotatiön 
of  the  plane  of  polarization  due  to  the  earth's  field  of  force 
would  not  affect  this  match,  as  both  portions  of  the  field  woold 
yary  in  intensity  by  the  same  amount  To  make  sure  of  this 
the  trough  was  rotated  through  180^  into  the  meridian  so  as 
to  reyerse  the  direction;  but  no  effeet  could  be  observed.  It 
is  evident  that  since  the  rotatiön  due  to  a  magnetie  field  is 
always  in  a  definite  direction  and  independent  of  the  direction 
of  the  ray,  that  such  a  rotatiön  of  the  plane  of  polarization 
would  be  reversed  with  respect  to  an  observer  moving  with 
the  trough«  Hence,  this  could  not  mask  any  effeet  due  to 
double  refraction. 

A  second  check  was  made  with  a  cell  of  turpentine 
1,6  mm  thick  whose  ends  were  made  with  thin  cover  glasses 
without  double  refraction  which  would  give  a  rotatiön  of  about 
0,6®|  while  if  we  take  0,016®  as  Verdet's  constant  for 
water  and  0,2  as  the  earth's  field  and  a  length  of  30  M  we 
find  about  0,15®  for  the  rotatiön.  On  inserting  this  cell  after 
the  polarizer,  no  effeet  could  be  detected. 

In  order  to    detennine    the    relative    retardation   which 


On  double  refraction,  581 

corresponds  with  a  given  rotation  of  the  compensator,  the 
polarizing  and  analyzing  Systems  were  dismounted  and  placed 
on  a  Support  with  their  optic  axis  in  line.  The  System  was 
illuminated  by  an  acetylene  flame  the  light  from  which  passed 
through  green  glass  or  celluloid  of  about  the  same  tint  as 
that  obtained  after  passage  through  the  water.  The  sensitive 
strip^  compensator^  a  quarter  wave  plate  mounted  on  a  ver- 
tical  circle  and  a  yertical  strip  of  glass  capable  of  carrying  a 
weight^  and,  in  addition,  a  micrometer  screw  carrying  two 
horizontal  cross  wires  in  front  of  a  horizontal  strip  of  glass 
held  within  a  clamp  so  as  to  produce  a  flexure,  were  arranged 
to  be  placed  in  the  path  of  the  light.  The  order  of  the  mica 
quarter  wave  plate  was  found  to  be  approximately  A/4  for 
green  light  X  =  0,0005  mm  by  comparison  in  the  usual  way 
with  a  quartz  or  selenite  wedge. 

With  the  nicols  crossed  and  the  plane  of  polarization  at 
45®  to  the  vertical,  the  circle  carrying  the  quarter  wave  plate 
was  adjusted  until  the  light  was  extinguished  and  the  mean 
of  its  positions  for  a  number  of  settings  noted.  The  sensitive 
strip  was  then  thrown  in  with  its  axis  at  45®  to  the  plane  ol 
polarization  and  after  that  the  compensator  which  was  set  for 
a  match.  By  rotating  the  quarter  wave  plate  this  match  was 
destroyed,  but  by  rotating  the  compensator  this  could  again 
be  obtained.  In  this  way  the  retardation  of  the  compensator 
could  be  at  once  determined  in  terms  of  that  of  the  quarter 
wave  plate.  Thus,  a  rotation  of  5®  of  the  compensator 
corresponds  to  16'  of  that  of  the  quarter  wave  plate.  It  was 
found  that  the  rotation  of  the  compensator  was  proportional 
to  that  of  the  quarter  wave  plate  approximately  for  these  small 
angles. 

A  further  comparison  was  made  with  the  vertical  crown 
glass  strip.  This  was  13  mm  wide  and  2  mm  thick.  The 
quarter  wave  plate  was  removed  and  this  strip  inserted  instead 
and  a  setting  made  with  the  compensator.  On  adding  200  gms. 
a  match  was  obtained  on  rotating  the  compensator  through 
2,5®.  From  this  can  be  calculated  tbe  relative  retardation 
produced  in  glass  per  unit  weight  and  unit  width.  Another 
comparison  was  made  with  white  light  from  the  acetylene  flaQie 
direct  by  removing  both  strip  and  compensator  and  inserting 


582  B.  B.  Brace. 

the  micrometer  and  horizontal  glass  strip  in  addition  to  the 
vertical  glass  strip.  When  the  clamp  for  producing  üexure 
was  screwed  up  a  horizontal  black  band  appeared  between  the 
two  cross  wires.  For  one  flexure,  where  the  band  was  quite 
distinct;  500  gms.  on  the  vertical  glass  strip  gave  a  reading 
of  36  on  the  micrometer  screw  and  200  gms.  gave  14  thus 
showing  the  proportionality.  A  moment  of  the  cross  wires, 
just  sufficient  to  observe  a  shift,  gave  a  reading  of  12,  which 
was  the  sensibility  of  the  System  for  that  flexure.  On  re- 
leasing  the  screw  until  the  flexure  was  so  far  reduced  that  the 
band  was  barely  risible  200  gms.  gave  a  shift  of  23  divisions 
and  100  gms.  gave  11  divisions  as  near  as  could  be  observed, 
and  this  was  the  smallest  weight  which  could  be  observed  to 
produce  any  double  refraction.  A  direct  shift  of  the  cross 
wires  gave  13  divisions  as  the  sensibility.  Using  direct  white 
light  and  the  sensitive  strip  and  compensator  0,1^  rotation  of 
the  latter  could  be  detected,   thus   giving  it  a  sensibility  of 

^  X  0,1  =  8  gms. 

or  12,5  times  that  of  the  band  under  similar  conditious  of 
light  intensity  and  adjustment.  *)  With  greater  intensity  and 
more  careful  adjustment  higher  sensibility  could  be  obtained 
by  both  methods.  In  fact  ßayleigh  using  lime  light  and  a 
black  band  has  been  able  to  detect  a  weight  of  25  gms.  on  a 
vertical  glass  strip  15  mm  wide  or  a  sensibility  over  four 
times  as  great. 

From  the  above  data  we  may  calculate  the  least  change 
in  the  index  which  could  be  observed  if  the  water  had  become 
doubly  refracting.  If  0  is  the  angle  which  the  plane  of 
polarization  makes  with  one  of  the  priucipal  axis  of  the  mica 
then  the  component  vibrations  or  the  principal  axis  of  the 
resultaut  ellipse  in  the  quarter  wave  plate  are  in  the  ratio  of 
tan  ö  to  1.  For  small  angles  then  the  ratio  of  the  change 
of  phase  to  the  total  or  A/4  is  proportional  to  the  angle  ö. 
Thus  1*^  rotation  of  the  mica  gives 

45  ^   4   —    180  ' 


1)  A  comparison  with  a  Bravais  sensitive  tint  biplate  gave  100  times 
the  sensibility  for  the  sensitivestrip. 


On  double  refraction,  583 

but  16'  of  the  quarter  wave  plate  was  equivalent  to  5®  of  the 
compensator^  and  as  0,2^  rotation  of  the  latter  could  be  de- 
tected^  this  reduces  to 

^^  ^  5  X  0,2  X  T^  =  -A^  =  6  X  lO-ö  A 


60    •        '"     '     '    180  17000 

approx.  for  green.  The  total  path  of  the  light  in  the  water 
was  2856  cm.  Taking  its  index  as  1,33,  the  number  of 
waves  is 

J856>0%^        ,  107 

0,00005  '^^  ^  ^^  • 

As  6  X  10"  ^  of  a  Single  wave  could  be  detected  the  fraction 
of  the  total  would  be 

6  X  lO-'^X  ^^  X  10-^  =  7,8  X  10-13. 

This  represents  the  greatest  di£ference  in  velocity  or  in  index 
between  the  two  components  which  could  exist  referred  to  that 
of  water  1)  for  green  light,  X  =  0,00005  cm. 

Mascart^  has  shown  that  in  the  case  of  water  under 
compression  the  increment  in  the  excess  of  the  index  above 
unity  is  nearly  proportional  to  the  increment  of  its  density. 
If  in  the  movement  of  matter  through  ether  an  increase  in 
density  in  its  direction  took  place,  producing  a  change  in  the 
natural  frequency  of  the  molecular  Systems  similar  to  that 
which  occurs  in  glass  say,  then  to  determine  how  great  it  might 
be  from  these  results,  it  is  necessary  to  measure  the  increment 
in  phase  which  represents  the  sensibility  of  the  experiment  in 
terms  of  the  excess  of  the  index  above  unity.  This  excess  of 
index  is  1/3  while  the  index  is  4/3,  hence  our  limit  should 
be  four  times  larger  or  3,1  X  10"  i^.  The  greatest  change 
which  could  be  expected  is  the  difference  between  unity  and 


1/ 


r« 


l-K. 


where  v  is  orbital  velocity  and   V  light  velocity  or 

1)  For  carbon  bisulphide  Rayleigh  obtained  the  corresponding 
limit  of  4  X  10-"  for  yellow  light.  Hia  retardation  wa«  calculated 
from  Wertheim 's  results.  This  checks  with  the  data  obtained  above 
as  200  gms.  gave  2,5°,  hence  25  gms.  would  give  0,31®  or  Ad ;  13000  in- 
stead  of  Xd   12000  which  he  gives. 

2)  E.  Mascart,  Optique  T.  3,  p.  613. 


584  D,  B,  ßrcice,     On  double  refraction, 

l^T  =  i(10-T  =  5xlO-» 

or  about  1600  times  greater  than  the  smallest  e£fect  which 
conld  be  observed.^) 

The  eflfect  of  tiie  change  of  the  order  v*/F*  in  the  fire- 
quency,  on  the  index  of  the  moying  molecular  vibrations 
relatively  to  the  ether  impulses  in  the  direction  of  motion^ 
is  far  too  small  to  be  observed.  Thus  the  index  of  water  for 
frequency  5,1  x  10"  is  1,334  and  for  6,9  x  10"  is  1,341. 
This  gives  for  a  fractional  increase  in  frequency  of  4/3  a 
fractional  increase  in  index  of  0,007  x  4/3.  Hence,  the 
fractional  increase  in  index  due  to  a  change  of  frequency  of 
Order  10-®  is 

■77Ffiön-^9xio-»  =  7xio-» 

while  the  smallest  obserrable  change  was  7,8  x  10  ~^'.  The 
results  of  this  experiment  Warrants  the  conclusion  that  either 
the  ether  moves  ¥dth  the  imbedded  matter  or  that  the  eifect 
of  the  relative  motion  on  the  intermolecular  forces  and  the 
possible  consequent  relative  change  in  dimensions  are  excee- 
dingly  minute. 

University  of  Nebraska  Lincoln,  Sept.  1903. 

1)  For  carbon  bisulphide  Rayleigh  camed  his  observations  down 
to  IG-***  or  about  fifty  times  and  for  crown  glass  3,3  x  10 -•  or  one 
and  a  half  times  smaller  than  the  contraction  necessary  to  account  for 
the  Michelson-Morley  experiment. 

(Eingegangen  26.  September  1903.) 


585 


74.  über  die  Beziehung  zwischen 
Barometerschwanknngen  und  Eontinnitätsgleichung. 

Von  Max  Margales  in  Wien. 


Wir  bezeichnen  mit  p^  p^  den  Luftdruck  in  zwei  Punkten 
der  Vertikalen  am  Boden  und  in  der  Höhe  A,  nehmen  an, 
daß  die  Differenz  in  bewegter  gleichwie  in  ruhender  Luft  ge- 
geben ist  durch 

h 

(A)  \>=Po-Ph=ffff^^^> 

0 

worin  fi  die  Dichte  in  der  Höhe  2  bedeutet    Der  Kürze  wegen 
setzen  wir  die  Schwerebeschleunigung  ff  konstant  (Annahme  B) 
und  betrachten  den  Boden  als  Ebene  xy  (Annahme  C). 
Aus  der  Eontinnitätsgleichung 

iü    ,    djfiu)        difivl       d(pw)  _  ^ 
dt  "^     dx      "^     dy     "^     ö*     "■ 

(tt,  V  horizontale  Geschwindigkeitskomponenten,  w  vertikale, 
t  Zeit)  erhält  man,  wenn  man  den  Faktor  ff  dz  beifügt  und 
über  das  Höhenintervall  o  bis  k  integriert ;  ferner  u,  t>  einführt^ 
durch  die  Definitionsgleichungen 

h  h 

pu=   jfffjLudz,  pt)  =   IfffJLVdz 

0  0 

die  Gleichung  für  die  zeitliche  Änderung  von  p 

Dies  gilt  allgemein  für  jedes  A.  Für  eine  sehr  große 
Höhe  wollen  wir  die  Annahmen  einführen 

(D)  ;'.  =  0,  (E)   iu,u?,  =  0. 

Dann  ist  p  =  7?o  der  Druck  am  Boden,  u,  t)  sind  die 
mittleren    horizontalen   Geschwindigkeitskomponenten    in    der 


586  M,  Margules, 

Einheitssäule  im  Ort  xy  zur  Zeit  t  Das  Mittel  ist  derart  ge- 
bildet, daß  die  u^  v  jeder  Schicht  der  Säule  mit  dem  Gewicht 
derselben  Schicht  genommen  sind.     Es  folgt 

eine  Gleichung  von  derselben  Form  wie  die  Eontinuitäts- 
gleichung  der  ebenen  Bewegung.  Man  kann  dafür  auch 
schreiben,  wenn 

c  die  Resultante  von  n,  t)  ist^ 

s  eine  Kurve,  deren  Tangente  im  Sinn  des  wachsenden 
Bogens  in  jedem  Punkte  die  Richtung  des  c  zur  Zeit  t 
angibt, 
3n  das  Normalenstück  zwischen  s  und  einer  bestimmten 
Nachbarkurve  s'  derselben  Art 

12*)  öpo 1_  d(p^.cön) 

^    '  d  t  dn         da 

Die  zeitliche  Änderung  des  p^  hängt  ab  von  den  örtlichen 
Unterschieden  der  c,  Sn,  p^  längs  der  Linie  s.  Den  Einfluß 
jedes  einzelnen  Faktors  kann  man  leicht  angeben: 

Wenn  längs  s  örtlich  konstant  sind 

p.nniSn  (2,)  ^?o.  =  _ ^^  ö c 

Po  und  c  (23)^^  =  -^-:- 4^ 

Nach  den  Voraussetzungen  von  (2j)  sind  die  5 -Linien 
parallel  und  fallen  in  der  Nähe  des  Beobachtungsortes  mit 
den  Isobaren  am  Boden  zusammen,  oder  sie  liegen  in  einem 
Gebiet  gleichen  Druckes.  Um  den  Wert  dcjd s  zu  bestimmen, 
der  bei  Druckänderungen  nicht  zu  seltener  Art  eintritt,  postu- 
lieren wir,  daß  das  Barometer  um  1  mm  in  der  Stunde  steigt 
und  setzen  p^  =  760  mm  Hg;  dann  ist 

v^  =  -  -— .     — =  -  10~' . 3,65  (sec"!) 

ds         '         760      3600  BBC  .  *^,ucr  ^o^v.       ; 

ds  =  10^  m  gesetzt  gibt  c^c  =  —  0,04  m.sec""^  Wenn  die 
resultierende  Geschwindigkeit  in  einem  Punkte  der  Ä-Linie 
beständig  um  0,04  m/sec  größer  ist,  als  in  einem  100  km 
stromabwärts  entfernten  Punkt  derselben  Linie  und  der  Abfall 


Barometerschwankungen  und  Kontinuitätsgleichung.       587 

gleichmäßig,  steigt  das  Barometer  auf  der  ganzen  Strecke  um 
1  mm  in  der  Stande. 

(In  derselben  Zeit  kann  die  Geschwindigkeit  des  Windes  von 
verschiedener  Richtung,  in  verschiedenen  Höhen  0  bis  40  m/sec 
betragen.  Wie  genau  müßte  man  den  Zustand  kennen,  um 
aus  der  Eontinuitätsgleichung  anzugeben,  ob  in  der  nächsten 
Stunde  das  Barometer  steigen  oder  fallen  wird.) 

(22)  gibt  die  zeitliche  Druckänderung  an,  die  durch  Diver- 
genz der  «-Linien  bei  konstantem  c  in  einem  Gebiete  gleichen 
Druckes  eintritt.    Man  kann  dafür  auch  schreiben 

1    dpQ  _  ^     da 
Po    dt  ön  * 

wenn  a  den  Winkel  zwischen  einer  festen  Richtung  in  der 
Ebene  und  der  Tangente  an  s  bezeichnet.  Mit  dem  Postulat 
wie  oben  und  mit  c  =  1  m/sec  erhält  man  fär  <f  n  =  1  km^ 
da  ==  --  1,26  Minuten. 

(23)  gilt  für  parallele  «-Linien  und  längs  jeder  «konstantes  c 
Dabei  kann  die  resultierende  Geschwindigkeit  eine  Funktion 
des  Parameters  der  «-Schar  sein.  Druckänderung  tritt  ein, 
wo  die  Richtung  des  c  von  der  Isobare  am  Boden  abweicht; 
wegen  der  Unterschiede  von  p^  sind  die  bei  Sn,  Sn'  ein-  und 
austretenden  Luftmassen  verschieden.  Wenn  c  zeitlich  kon- 
stant ist,  hat  (23]  das  allgemeine  Integral 

und  wenn  noch  c  im  ganzen  Gebiet  den  gleichen  Wert  hat, 
bedeutet  das  eine  Parallelverschiebung  des  Isobarensystems  in 
der  «-Richtung  mit  der  Geschwindigkeit  c.  Ahnliche  Ver- 
schiebungen kommen  vor;  sie  müssen  nicht  notwendig  durch 
konstantes  c  entstehen. 

Die  zeitliche  Druckänderung  am  Boden  ist  vollständig 
bestimmt,  wenn  man  p^,  u,  t)  als  Funktionen  des  Ortes  kennt; 
u,  t>  sind  aber  aus  p^  und  dp^jöt  nicht  eindeutig  abzuleiten. 
Zu  einer  «.-Schar  läßt  sich  das  zugehörige  c.  so  wählen,  daß 
längs  jeder  Kurve  p^.cSn.  konstant  ist;  das  gibt  keinen 
Beitrag  zu  dp^jöt.  Man  darf,  soweit  die  Eontinuitätsglei- 
chung allein  gebraucht  wird,  alle  für  die  zeitliche  Druckänderung 
unwirksamen  Teile  von  c  weglassen.  Ein  solcher  ist  bei  der 
Parallelverschiebung  durch  konstantes  c  der  Ausdruck  {pIPq)c, 


688  M,  Margules. 

wenn  p  einen  konstanten  Druck  bezeichnet,  sagen  wir  den 
normalen.  Dieselbe  Ortsveränderung  der  Isobaren  wie  zuvor 
mit  (2,)  erhält  man  auch  bei  parallelen  s  aus  (2*)  mit  der 
resultierenden  Geschwindigkeit 


('  - 1) 


Die  Geschwindigkeitsverteilung  ist  jetzt  ähnlich  der  in  einer 
fortschreitenden  Welle,  Beweguog  gegen  die  Fortpflanzungs- 
richtung in  den  Orten  niedrigen  Druckes  mit  der  Fortpflanzung 
in  jenen  hohen  Druckes  und  c'  klein  im  Vergleich  mit  der 
Geschwindigkeit  des  Fortschreitens  c.  —  Dieselbe  Verschie- 
bung des  Isobarensystems  kann  noch  auf  unendlich  viele  andere 
Arten  entstehen. 

Man  erwartet  nicht,  daß  die  Kontinuitätsgleichung  allein 
weit  führt  Den  Anlaß,  diese  Erwägungen  zusammenzustellen, 
geben  zwei  Publikationen  ^),  in  denen  der  Versuch  gemacht  wird, 
aus  jener  Gleichung  in  Verbindung  mit  gewissen  Hypothesen 
die  in  einem  Tage  stattfindende  Druckänderung  bzw.  das 
im  Laufe  des  Tages  eintretende  Wetter  vorauszusehen.  Dabei 
kommt  es  sehr  auf  die  Hypothesen  an,  die  hier  nicht  diskutiert 
werden. 

Von  den  Annahmen,  die  oben  eingeführt  wurden,  dienen 
(B,  C)  nur  zur  Bequemlichkeit  und  sind  entbehrlich.  (A)  ist 
so  gemeint:  Es  ist  sehr  wahrscheinlich  \  daß  die  statische 
Druckdiff'erenz  von  dem  wahren  Wert  p^  —  pj^  um  nicht  mehr 
als  1  mm  Hg  abweicht,  auch  bei  dem  größten  Höhenunter- 
schied; mindestens  nicht  andauernd  während  eines  Tages.  Die 
Änderungen  von  p^  oder  p  erreichen  nicht  selten  in  der  gleichen 
Zeit  10  bis  20  mm  Hg.  Wenn  man  große  Schwankungen  be- 
trachtet, kann  man  (A)  als  angenähert  richtig  benutzen. 

(D)  und  (E)  entfallen,  wenn  man  bei  der  Gleichung  (1) 
bleibt.  Dann  wird  aber  das  Ein-  und  Ausströmen  der  Luft 
an  der  oberen  Fläche  einen  großen  Teil  der  Schwankung 
von  p  bewirken  können. 


1)  Felix  M.  Exner,  Sitzungsber.  d.  k.  Akad.  d.  Wissensch.  zu  Wien. 
111.  p.  707.  1902;  W.  Trabert,  Meteorolog.  Zeitschr.  :5S.  p.  231.  1903. 

2)  A.  Sprung,  Lehrb.  d.  Meteorologie  p.  160.  Hamburg  1885. 


Barometerschxoankungen  und  KonimuitäUgleichung.       589 

Nimmt  man  an,  daß  die  Änderung   durch   die  vertikale 
Bewegung  allein  entsteht,  so  hat  man 

1   dl) 

f)ir  das  Steigen  von  p  um  1  mm  Hg  in  der  Stunde 

10  333       1     ^  _  0,00378  (kg.m-«8ec-i). 


760         3600 

In  den  Höhen  von  10,  20,  30  km  die  Dichte 

0,42,       0,089,       0,0067  (kg.m""») 
gesetzt,  erhält  man  für  m?^  die  Werte 

-  0,009,       -  0,042,       -  0.56  (m .  sec"*) , 

6esch¥dndigkeiten  abwärts  von  geringem  Betrag. 

Große  Änderungen  von  p  entstehen  durch  andauernde 
kleine  unterschiede  der  horizontalen  Luftzufuhr  und  Abfuhr, 
auch  durch  kleine  Werte  der  vertikalen  Komponente.  Bei 
ungeändertem  p  können  die  Wirkungen  beider  sich  auf  ver- 
schiedene Art  aufheben;  aus  der  Eontinuitätsgleichung  allein 
läßt  sich  nicht  bestimmen,  ob  eine  aufsteigende  oder  sinkende 
Luftbewegung  eintritt. 

In  der  Gleichung  (1)  sind  stetig  verteilte  Quellen  und 
Senken  nur  an  der  oberen  Grenztiäche  angenommen.  Wenn 
Luft  (Damj)f)  am  Boden  austritt  oder  absorbiert  wird,  hat  man 
den  bezüglichen  Ausdruck  hinzuzufügen.  Findet  Kondensation 
des  Damj)fes  statt,  so  gibt  es  Senken  auch  im  Innern  der 
Luftraasse,  und  der  Gleichung  (1)  ist  auf  der  linken  Seite  ein 
Glied  anzufügen,  welches  das  Gewicht  der  in  der  Zeiteinheit 
in  der  Einheitssäule  zwischen  0  und  h  kondensierten  Masse 
angibt. 

(Eingegjingen  26.  September  1903.) 


590 


75.  On  the  Intensity  of  the  Natural  Radiation  from 
Moving  Bodies  and  its  Mechanical  Beaction. 

By  J.  Iiarmor  in  Cambridge. 


The  sabject  of  the  pressure  of  radiation,  which  was  first 
reduced  into  a  definite  fonnula  by  Maxwell,  was  placed  in 
new  and  most  fniitful  light  when  Boltzmann  showed,  by 
foUowing  out  an  idea  of  Bartoli,  that  it  stood  in  intimate 
relation  to  the  law  connecting  the  radiation  of  a  body  with 
its  temperature.  In  a  recent  memoir^)  Poynting  has  based 
very  remarkable  results,  as  regards  cosmical  dynamics,  on  the 
Operation  of  a  retarding  force  due  to  the  back  pressure  of  its 
own  radiation  when  the  radiating  body  is  in  motion.  The  main 
object  of  the  present  note  is  to  treat  this  aspect  of  radiation- 
pressure  by  more  direct  methods,  and  thereby  confirm  the  ex- 
pression  for  the  mechanical  reaction  against  a  moving  radiating 
surface,  that  has  been  dedueed  by  Poynting  from  general 
considerations,  naturally  somewhat  uncertain,  relating  to  flux 
of  energy. 

The  pressure  exerted  by  radiation  is  essentially  connected 
with  opacity  to  it.  From  formulae  developed  on  other 
occasions  ^)  it  appears  that  in  the  case  of  a  medium  which  may 
Vary  in  its  properties  in  any  manner  along  the  direction  of 
propagation  x,  when  it  is  the  seat  of  electric  disturbances  of 
simple  harmonic  period  2njny  polarised  so  that  the  electric 
force  is  (0,  §,  0)  and  the  magnetic  (0,  0,  /),  tbe  dynamical 
equations  being  thus  in  Maxwell's  notation 

__        dy       clQ  _  dy  ^  K       dQ  ^ 


4  ;r  V  =  — 


=  —  u 


"  =  ^«  +  T.C' 


dx'     dx  ^  dt'  "  ^  -1-    4^,  (j^    fit   ' 

the  mechanical  force  acting  on  any  block  or  segment  of  it  is 
representable  by  pressures  of  intensity 

1)  Roy.  Soc.  Proc.    1903.    Phil.  Trans,    ibid. 

2)  Phil.  Trans.  1897A;  or  niore  fully  in 'Aethcr  and  Matter'.    1900. 
pp.   130—3. 


ß/aiural  radiatian  from  moving  bodies.  591 


applied  to  the  two  ends  of  tbe  segment,  —  tbese  pressures 
just  cancelling  each  otber^  as  tbey  ougbt,  when  the  segment 
consists  of  free  aetber  without  matter.  Tbe  mean  value  of 
tbis  end-pressure  is 


16 

where  y^  and  Qq  represent  tbe  amplitndes  of  y  and  Q. 

When  tbe  amplitndes  are  diminished  owing  to  gradaal 
absorption  as  the  disturbance  travels  onward,  there  is  thus 
steady  mecbanical  force  exerted  in  the  medium  in  the  direction 
of  propagation.  When  tbe  electric  disturbance  is  incident  on 
a  transparent  reflector  there  is  no  resultant  force  on  tbe 
reflecting  surface  itself,  because  y  and  Q  both  remain  con- 
tinuous  in  crossing  it.  When  however  the  reflector  is  nearly 
perfectly  opaque,  tbe  electric  forces  in  front  of  it  in  tbe  in- 
cident and  reflected  disturbances  almost  cancel  each  other, 
while  tbe  magnetic  force  just  outside  is  doubled  by  its  pre- 
sence:  there  must  thus  be  disturbance  of  the  nature  of 
altemating  electric  flux  in  the  skin  layer  of  the  reflector  such  as 
¥dll  annul  tbis  magnetic  field  in  its  interior,  and  it  is  the 
electrodynamic  forces  acting  on  tbis  layer  of  current  that 
constitute  the  aggregate  electric  pressure,  which  can  be  shown  *) 
to  agree  with  Maxwell's  formula. 

IVom  this  way  of  considering  the  mecbanical  force,  it  is 
readily  verified  that  when  the  incidence  on  the  reflector  is 
oblique,  Poynting  is  right  in  taking  the  incident  and  reflected 
wave-trains  each  to  exert  their  füll  oblique  thrust  on  the 
reflector  along  their  directions  of  propagation. 

For  radiation  to  exert  steady  non-alternating  pressure  on 
a  small  body,  it  must^  be  of  opaque  material.  A  dielectric 
mass  constituted  of  perfectly  elastic  elementary  vibrators  sbould 
not  be  repelled  by  radiation.  In  illustration,  consider  tbe 
simplest  type  of  vibrator,  an  electric  doublet  consisting  of 
charges    +  e   and   —  e   separated   by   a    varying    distance    /, 

1)  L.  c.  p.  133. 

2)  L.  c. 


592  /.  Larmor. 

parallel  to  x,  so  that  its  moment  M  \%  el,  When  it  is 
subjected  to  a  simple  wave-train  travelling  along  x  with 
electric  force  (0,  0,  Ä  cos  pt)  and  therefore  magnetic  forco 
C-^(0,  A  cos  pt,   0),   the  equation  of  its  forced  Vibration  is 

—^ \-  K^M=^  eA  cos  pt, 

so  that 

M=^^^-—iCOspt; 

and,  the  yibrator  constituting  a  current  element  dM/dt,  the 
magnetic  field  pushes  it  along  z  with  a  mechanical  force 
ßdMjdt,  which  is 

P  Z«-p«  cos7?^sin7?^ 

This  electromagnetic  force  is  however  purely  altemating  and 
80  adds  up  in  time  to  nothing:  the  only  way  to  obtain 
steadj  mechanical  pressure  on  the  vibrator  is  to  put  the  forced 
Vibration  out  of  phase  with  the  exciting  field  by  the  intro- 
duction  of  a  frictional  term  into  the  equation  of  Vibration, 
which  will  correspond  to  opacity. 

In  the  theory  of  exchanges  of  radiation  it  is  customary 
to  represent  a  perfect  reflector  as  a  body  of  very  high  electric 
conductivity.  Any  body  across  which  the  radiation  cannot 
penetrate  is  as  already  stated  subject  to  a  pressure  from  the 
radiation  just  outside  it,   determined  by  MaxwelTs  formula. 

It  is  worth  while  to  verify  explicitly  that  the  absorbing 
quality  which  must  be  associated  with  this  pressure  does  not 
act  so  as  to  vitiate  the  perfection  of  the  reHexion  by  de- 
grading  the  energy.  This  is  of  course  readily  done.  The 
equations  of  wave-propagation  already  formulated  lead  to 

-^-r  =  ^nf,fT  ^-  +  KfxC    ^  --^-^  , 
Writing 

this  gives 

p^  =  A'ju  C""^?!*  +  4n  fi(Tnc, 

Thus    if  the  conductivity  fr   is  largely  preponderant  we    may 

write 

/?  =  (2  ;r  |U  n  er)  Vt  (1  +  i),  say  =  r  (1  +  i). 


Natural  radiation  from  movmg  bodies.  593 

Taking  the  real  part^) 

Q  =s  u4c'«'tf-''«c08  rx 

the  heat  developed  per  second  comes  out  to  be 

J  *  ^  16  r  B2n  [fiOl 

Now  if  A^  is  the  coefficient  for  the  wave-train  directly 
incident  from  the  free  aether  and  A'  that  for  the  wave-train 
reflected  back,  the  continuity  of  Q  and  of  /i-^dQ/dx  across 
the  surface  gives 

A,+A'=.A,    ^{A,^A')^^A, 
to  that 


^  =  ^('+'M^' 


and  passing  again  to  real  parts  by  taking  moduli^   the   am- 
plitnde  of  the  incident  train  is  approximately 

\{fjk-n(Tcyi^A. 

The  energy  incident  per  second  is  thus 


-n^-C'^fi-ncrCA^    or    -— -—-A/x, 


of  which  the  part  degraded  thus  forms  a  negligible  fraction 
inversely  proportional  to  the  Square  root  of  the  conductivity  a. 

The  waves  are  thus  tumed  back  without  sensible  loss  by 
degradation^  because  for  an  ideal  good  conductor  the  surface 
layer  is  at  a  node  of  the  electric  force.  There  is  superficial 
current  in  the  conductor  which  gives  rise  to  the  Maxwellian 
repulsion  by  the  agency  of  the  magnetic  field;  while  there  is 
no  sensible  electric  resistance,  the  small  electric  force  near 
the  node  establishing  the  necessary  current  ¥dthout  production 
of  heat. 

The   conditions   which   here   obtain   for    very   high   con- 


1)  Bat  this  is  for  stationary  waves;   it  shoald  bave  been  for  pro- 
gressive waves  Q  =  ^ c - »• «  cos  {nt  —  rx\  gfiving 


4r        8«  [fiCj    • 


Boltziuauu-Fe»tächrift.  0^ 


594  J,  Larmor, 

ductivity  and  short  waves  also  hold  for  lower  conductivity  and 
longer  waves.  For  long  heat-waves  the  proportionality  of  the 
absorbing  powers  of  metals  to  the  Square  roots  of  their  specific 
resistances  has^  as  is  well  known^  been  discovered  bj  Hagen 
and  Bubens^  and  explained  in  advance  by  Drude  and  after- 
wards  by  Planck;  this  Observation  carries  the  interesting 
result  that  the  resistance  coefficients  are  nearly  the  same  for 
such  heat  waves  as  for  ordinary  steady  currents. 

Any  doubt  that  may  be  entertained  as  to  whether  radiation 
exerts  a  back  pressure  on  the  body  that  emits  it,  may  be 
diminished  by  considerations  of  the  kind  here  employed.  The 
emitting  body  being  opaque^  the  source  of  the  radiation  is 
vibratory  disturbance  of  electrons  in  its  surface  layer;  these 
constitute  a  self-damped  current  sheet  which  is  pushed  back 
by  the  magnetic  field  it  produces^  precisely  as  happens  for  the 
corresponding  current  sheet  at  a  conducting  surface  on  which 
radiation  is  incident  as  above. 

We  now  proceed  to  our  problem  of  the  radiation  from  a 
moving  body.  Consider  an  enclosure,  with  ideal  perfectly  re- 
flecting  walls^  at  a  uniform  temperature  throughout  and  thus 
pervaded  by  the  steady  natural  radiation  corresponding  to  that 
temperature.  The  principle  of  Carnot  requires  that  we  cannot 
by  cycles  of  slow  movement  of  the  bodies  in  the  enclosure, 
transform  any  of  this  energy  at  uniform  temperature  into 
mechanical  efl'ect  through  the  agency  of  the  pressure  of 
radiation.  There  must  therefore  be  a  unique  state  of  density 
of  the  total  enclosed  radiation,  independent  of  the  nature  of 
the  surfaces  of  the  bodies  in  movement;  for  otherwise  direct 
movement  with  one  kind  of  surface  combined  with  the  reverse 
movement  with  another  kind  would  constitute  a  working  cycle. 
The  steady  aggregate  density  of  radiant  energy  in  the  en- 
closure is  therefore  not  affected  by  the  motion  of  the  bodies; 
indeed  if  this  were  not  so,  by  opening  and  closing  a  window 
in  the  enclosure  while  it  is  moving  at  different  speeds,  cycles 
could  be  established  which  would  violate  Carnot's  principle. 
Now  compare  a  moving  perfectly  reflecting  surface,  which 
reflects  back  all  the  incident  radiant  energy,  with  the  same 
moving  surface  rendered  perfectly  absorbing;  this  is  allowable, 
the  analogous  chauge  from  conducting  to  noii-conducting  being 


Natural  radiaiion  from  moving  bodies,  595 

contemplated  in  elementarj  thermal  reasoning  about  Carnot's 
principle.  It  follows  from  the  iheory  of  exchanges,  that  in  the 
State  of  equilibrium  the  radiation  that  is  retumed  must  be 
the  same  as  regards  Constitution  and  intensity  in  both  cases. 
Now  the  Solution  of  the  electrodynamic  problem  of  reflexion 
from  a  moving  perfect  reflector  is  known^);  therefore  the  law 
of  the  radiation  from  a  perfect  radiator  in  motion  is  deter- 
mined  in  complete  detail.  When  the  reflector  is  advancing  in 
a  stationary  enclosure^  the  energy-density  of  the  reflected 
radiation  is  greater  than  that  of  the  incident,  and  the  excess 
is  a  iraction  of  the  latter  equal  to  four  times  the  ratio  of  the 
velocity  of  the  reflector  in  its  direction  to  the  velocity  of 
light.^  Thus  when  the  enclosure  is  moving  as  well  as  the 
reflector^  the  energy  of  the  incident  stream  coming  from  its 
receding  walls  is  in  defect  by  twice  the  ratio  of  these  velo- 
cities  and  that  of  the  reflected  stream  is  in  excess  by  twice 
the  same  ratio.  This  latter  factor  therefore  also  expresses 
the  excess  in  the  volume-density  of  natural  radiation  Coming 
from  a  perfect  radiator  that  is  produced  by  its  own  advancing 
motion;  but  in  a  detailed  specification  of  this  radiation  the 
modification  of  the  wave-lengths  in  accordance  with  the 
Doppler  principle  is  also  to  be  bome  in  mind. 

A  difl'erent  and  generalised  mode  of  treatment  may  also 
be  adopted,  based  on  Lorentz's  transformation  for  passing 
from  the  field  of  activity  of  a  stationary  electrodynamic 
material  System  to  that  of  one  moving  with  uniform  velocity 
of  translation  through  the  aether.  If  (/*,  ff,  h)  and  (a,  b,  c) 
represent  the  field  of  a  material  System  at  rest  in  the  aether, 
then  to  the  first  order  of  vjC, 

and 

(a,  b  —  4nvh,    c  +  4nvff) 


1)  Cf.  Larmor,  ^British  Associatioii  Beport*  1900.  'Encyclopcdia 
Britannica';    Article  'Radiation'.  32.  1903. 

2)  The  Maxwellian  formnla  for  the  pressure  of  radiation  may  be 
based  (loc.  cit.)  on  this  result,  in  connexion  with  the  conservation  of 
the  energy;  or  conversely  the  value  of  that  pressure  being  assumed  on 
otber  groundS)  this  result  for  the  intensity  of  the  reflexion  may  be  based 
npon  it 

3S* 


596  /.  Larmor. 

represent  the  yalnes  of  the  same  vectors,  say  (/^,  g^,  h^  and 
(o^,  b^^  c^j  for  a  System  in  motion  parallel  to  x  with  velocity 
v\  and  the  positions  and  magnitudes,  and  therefore  relative 
velocities^  of  the  electrons  which  produce  these  fields  in  the 
snrronnding  aether  in  the  two  cases  are  identical  at  each 
instant,  so  that  the  fields  belong  to  the  same  material  System.  ^) 
An  enclosing  material  bonndary  is  supposed  to  form  part 
of  the  System,  so  as  to  retain  the  radiant  energy  at  uniform 
density.  Let  ns  compare  the  densities  E  and  E^  of  energy  in 
the  two  cases  of  rest  and  translation,  as  given  by  Max  well 's 
formula 

E^2nC^{P  +  g^  +  h^  +  -^{a}  +  Ä»  +  c\ 

We  obtain,  neglecting  [vjC)^  as  before, 

E^  =  J?  +  2t;(yc-AÄ). 

Now  the  flox  of  energy  in  the  aether  is  by  Poynting's  rule 
the  yector 

^  C*{hb  ^  gc,  fc^ha,  ga  —  fb)^ 

so  that  the  last  term  in  £^  is  2  C"^  times  the  scalar  product 
of  this  flux  and  the  translatory  velocity  of  the  System. 

Thus  the  density  of  the  radiation  that  is  travelling  in  the 
enclosure  in  directions  inclined  towards  v  is  increased;  but  in 
the  opposite  directions  it  is  diminished  by  equal  amount^  so 
that  the  aggregate  density  is  unaltered  as  already  seen. 

Taking  a  particular  case,  for  a  plane  wave-train  represented 
by  (/*,  <7,  h)  and  (a,  ä,  c),  forming  part  of  the  steady  radiation, 
which  thus  travels  in  the  direction  perpendicular  to  both  these 
vectors,  the  flux  of  energy  per  unit  time  is  increased  for  the 
moying  material  System  by  a  fraction  of  itself  equal  to  twice 
the  component  of  v  along  its  direction  of  propagation  divided 
by  the  velocity  of  light  There  is  diminution  in  the  flux  for 
waves  Coming  from  the  receding  parts  of  the  boundary  of  the 
enclosure,  and  an  equal  increase  for  those  reflected  back, 
giving  in  all  the  factor  four  previously  obtained  for  the  change 
of  volume-intensity  on  reflexion.     It  may  be  remarked  that 


1)  Cf.  'Aether  and   Matter\  p.  169.    [The  change  to  4ocal  time* 
merely  introduces  the  Doppler  efiect] 


Natural  radiation  front  momng  bodies.  597 

this  mode  of  selected  orientation  of  the  steady  radiation  in 
the  moving  enclosure  clearly  satisfies  the  necessary  condition 
that^  when  an  aperture  has  been  made  anywhere  into  an  outer 
region  of  steady  radiation ,  the  radiation  that  issues  through 
it  is  the  same  as  had  been  preyiously  sent  back  from  the  wall 
at  that  place. 

The  same  resolts  for  the  change  in  the  energy  flux  in 
any  direction  may  be  obtained  directly  from  the  flnx-formula 
of  Poynting^  when  the  modified  values  of  the  vectors  in  the 
moving  System  are  inserted.  The  connexion  between  the  two 
methods  rests  on  the  remark  that  for  a  plane  progressive  wave 
the  iiux  per  unit  time  is  the  density  mnltiplied  by  the  yelocity 
of  propagation,  when  there  is  no  dispersion. 

The  Yolume-density  of  radiation  emitted  from  a  perfect 
radiator  in  any  direction  thus  involves  a  factor  1  +  2  A  where 
k  is  the  ratio  of  the  yelocity  of  the  radiator  in  that  direction 
to  the  yelocity  of  light;  and  the  pressure  of  this  ray^  exerted 
directly  backward,  is  altered  accordingly^  with  consequences 
considered  by  Poynting  in  the  memoir  already  referred  to. 

This  result  is  in  fact  what  clearly  obtains  if  on  an  ultimate 
dynamical  theory  the  energies  of  the  yibratory  motions  of  the 
radiating  sources  are  not  affected  by  the  uniform  translation^ 
but  depend  only  on  the  temperature  or  other  physical  cause, 
as  Carnot's  principle  requires;  for  the  amplitude  of  the 
yibration  communicated  to  aether  then  remains  the  same,  but 
owing  to  the  shortening  of  the  waves,  the  yelocity  in  this 
yibration  is  changed,  and  therefore  the  yolume-density  of 
yibratory  energy  in  the  aether  is  modified  as  aboye.  And  the 
Lorentz  transfoimation  has  shown  us  what  is  not  so  imme- 
diately  obvious,  that  also  on  the  electric  yiew  which  considers 
the  sources  to  be  constituted  of  yibrating  electrons,  though 
their  relative  motions  are  not  aflfected  by  the  uniform  trans- 
lation  as  again  Carnot's  principle  demands,  yet  the  vibratory 
energy  emitted  from  them  is  modified  in  the  manner  here 
described. 

Cambridge,  September  21,  1903. 

(Eingegangen  27.  September  1903.) 


698  /.  Larmor. 

[Note  added  Dec.  26.  —  As  the  intensity  of  the  pressure 
of  radiation  depends  on  the  instantaneous  State  of  the  adjacent 

per  uDit  Yolume,  as  above  assumed,  whether  the  body  that  it 
acts  on  is  at  rest  or  in  motion. 

We  may  verify  in  detail  for  a  plane-polarised  wave- 
train  with  electric  force  (0,  Q,  0)  cnrrent  (0,  v^  0)  and 
magnetic  force  (0,  0,  y\  incident  directly  on  an  absorbing  face 
perpendicular  to  x.  Then^)  the  mechanical  force  in  the  ab- 
sorber  per  nuit  volume  is 

where 

A  df       dQ  (    d      ^        d   \ 

and 

„_      Q 

V  being  the  velocity  of  the  material  medium,  with  which  the 
axes  of  coordinates  travel.    Thus 

J  ^""^  Stt  ^  inC*   J^      dt 

Let  the  slice  between  x^  and  x^  be  an  indefinitely  thin 
one  containing  the  absorbing  interface;  as  Q  is  continous 
across  it,  dQjdt  is  very  small  outside  it;  thus  y  being  finite, 
the  last  term  is  negligible,  and  the  mechanical  force  acting 
on  the  slice  is  equal  to  the  value  of  y^jSTt,  just  outside  it 
where  Q  is  null;  thus  it  is  equal  to  the  energy-density  just 
outside^  whether  the  absorber  is  in  motion  or  not. 

From  the  way  of  considering  the  origin  of  this  mecha- 
nical force  above,  as  acting  on  the  interfacial  current-sheet,  it 
is  not  difficult  to  verify  that  when  the  incidence  is  oblique,  the 
incident,  reflected,  and  refracted  wave-trains  exert  independently 
on  the  reflecting  surface  their  füll  oblique  thrusts  in  their  own 
directions  of  propagation,  as  is  implied  in  Prof.  Poynting's 
calculations  referred  to  at  the  beginning. 

1)  'Aether  and  Matter'.  §  65.   1900. 


Natural  radiation  frem  moving  hodies.  599 

The  result  here  yerified,  that  motion  of  a  material  body 
does  not  affect  the  pressure  exerted  on  it  by  the  ambient 
radiation,  has  been  rejected  by  Prof.  Poynting  in  a  later 
PostScript  added  to  the  memoir  above  referred  to,  on  the  ground 
that  radiation  shot  out  of  a  radiator  A  into  a  moving  absorber 
B  would,  according  to  it,  alter  the  störe  of  momentum  of  the 
two  bodies.  But  if  the  bodies  are  in  thermal  eqailibrium, 
other  compensating  events  are  at  the  same  time  occurring,  viz. 
the  absorber  B  is  also  radiating  towards  Ä.  And  indeed  if 
the  temperatures  of  Ä  and  B  are  unequal,  the  aggregate 
momentum  of  both  admittedly  does  change  on  account  of  their 
radiation. 

K  the  present  argument  is  right,  the  yiew  which  considers 
a  ray  to  be  a  simple  carrier  of  momentum  from'  the  one  body 
to  the  other  cannot  therefore  be  maintained. 

It  may  be  noticed,  in  connexion  with  p.  595  supra,  that 
for  the  same  amplitude  of  ionic  excursions  in  the  yibrating 
molecule,  as  determined  by  its  maximum  electric  moment, 
and  for  the  same  periodic  time,  it  follows  from  Hertz 's 
formulae  for  a  simple  radiator,  and  may  be  generalized  by 
the  theory  of  dimensions,  that  the  radiation  emitted  per 
Unit  time  is  proportional  to  the  refractive  index  of  the  sur- 
rounding  medium,  and  therefore  the  equilibrium-density  of  the 
radiation  in  that  medium  is  proportional  to  the  Square  of  the 
same  index,  in  accordance  with  Balfour  Sewart's  law  de- 
rived  from  the  doctrine  of  equilibrium  of  exchanges  between 
sources  at  uniform  temperature.] 


600 


76.  Über  die  Potentialdifferenzen  der  Metalle  in 

ionisierten  Gasen. 

Von  Frans  Ezner  und  Robert  Hofinann  in  Wien. 


I^ber  dieses  Thema  liegt  bereits  eine  größere  Anzahl  von 
Arbeiten  vor.  Arrhenius  fand  schon  vor  längerer  Zeit'), 
daß  durch  Eathodenlicht  beleuchtete  Luft  „elektrolytisch'' 
leitend  werde;  er  bewies  dies  dadurch^  daß  er  in  derartig 
ionisierte  Luft  eine  Zink-  and  eine  Platinelektrode  tauchte 
und  den  Ausschlag  eines  mit  den  Elektroden  verbundenen 
Galvanometers  beobachtete.  Der  Ausschlag  war  in  dem 
gleichen  Sinne,  wie  wenn  die  Metalle  in  angesäuertes  Wasser 
tauchten.  Ahnliche  Beobachtungen  machte  auch  später  Sto- 
letow^,  indem  er  die  Luft  durch  ultraviolettes  Licht  ionisierte. 

Noch  eine  zweite  Arbeit  von  Arrhenius')  sei  erwähnt, 
welche  die  Leitung  der  Elektrizität  durch  heiße  Salzdämpfe 
behandelt.  Die  elektromotorische  Kraft  der  Kombination 
Fe- Salzdampf- Pt  betrug  0,51  Volt  und  von  Ni-Salz- 
dampf-Pt  0,29  Volt,  und  zwar  ziemlich  unabhängig  von  der 
Natur  des  Salzdampfes.  Die  Stromriclitung  war  die  gleiche, 
wie  in  einer  elektrolytischen  Lösung. 

Murray*)  ionisierte  die  Luft  durch  Röntgenstrahlen  und 
erhielt  für  Sn— Zn  ähnliche  Ausscliläge  im  Elektrometer,  wie 
wenn  sich  an  Stelle  der  ionisierten  Luft  angesäuertes  Wasser 
befunden  hätte. 

Diesen  Arbeiten  folgten  eingehendere  Untersuchungen  von 
Winkelmann*),  welche  den  Beweis  erbrachten,  daß  sich  in 
röntgenisierter  Luft  die  Metalle  zu  gewissen,  von  ihrer  Natur 
abhängigen  Potentialen   laden.     Aus   seinen  Messungen  ergab 


1)  S.  Arrhenius,  Wied.  Ann.  33.  p.  638.   1888. 

2)  A.  G.  Stoletow,  Phys.  Revue  1.  p.  723.    1892. 

3)  S.  Arrhenius,  Wied.  Ann.  42.  p.  51.   1891. 

4)  J.  Murray,  Proc.  Roy.  Sog.  59.  p.  338.    1896. 

5)  A.  Winkelmann,  Wied.  Ann.  66.  p.  1.    1898. 


Potentialdifferenztn  in  ionisierten  Gasen.  601 

sich  eine  dem  Spannungsgesetze  der  Metalle  annähernd  ent- 
sprechende Beziehung.  Auch  die  Stärke  der  dauernden^  wenn 
auch  sehr  schwachen  Ströme  hat  Winkelmann  gemessen. 
Diese  Untersuchungen  wurden  von  Hillers  ^)  dahin  er^nzt, 
daß  er  den  Einfluß  des  G-asdruckes  auf  die  durch  Röntgen- 
strahlen hervorgerufenen  elektrischen  Ströme  untersuchte^  und 
zwar  bei  Luft,  Kohlensäure  und  Wasserstoff. 

Es  war  nun  zu  erwarten,  daß  man  denselben  Effekt,  den 
man  mit  ultravioletten,  Kathoden-  und  Eöntgenstrahlen  erzielt 
hatte,  auch  mit  radioaktiven  Substanzen  werde  erzielen  können. 
Ein  Versuch  Kelvins^,  sowie  eine  Arbeit  Rutherfords^  be- 
stätigten diese  Erwartung. 

Weiter  sei  erwähnt,  daß  Curie  und  Sagnac^)  die  Poten- 
tialdifferenzen von  Platin  und  Aluminium  in  röntgenisierter 
Luft  bei  verschiedenen  Drucken  untersuchten. 

Von  einem  anderen  Gesichtspunkte  aus  versuchte  Wulf  ^) 
die  Erscheinung  zu  betrachten;  er  prüfte  Platinelektroden, 
welche  mit  verschiedenen  Gasen  beladen  worden  waren,  auf 
ihre  lichtelektrische  Zerstreuung  und  konnte  einen  Parallelis- 
mus  mit  der  Änderung  der  elektrolytisch  gemessenen  Spannung 
konstatieren.  Dieses  Ergebnis  führte  ihn  zu  der  Ansicht,  es 
könne  möglicherweise  die  Elektrizitätserregung  zwischen  den 
Metallen  in  ionisierter  Luft  mit  einem  chemischen  Prozesse 
verbunden  sein.  Endlich  dürfen  wir  noch  die  Versuche  von 
Simpson^  nicht  übergehen,  dem  es  gelang,  auch  ohne  Be- 
strahlung in  natürlich  ionisierter  Luft  Potentialdifferenzen 
zwischen  verschiedenen  Metallen  nachzuweisen. 

Ln  vorhergehenden  erwähnten  wir,  daß  bereits  von  Kelvin 
und  seinen  Mitarbeitern,  sowie  von  Kutherford  das  Ver- 
halten von  Metallen  in  Luft  untersucht  wurde,  welche  durch 
eine  radioaktive  Substanz  ionisiert  war.  Bei  den  Versuchen 
dieser  Forscher  kamen  jedoch  nur  Uranpräparate  in  Anwen- 


1)  W.  Hillers,  Wied.  Ann.  68.  p.  196.    1899. 

2)  Lord  Kelvin,  J.C.Beattie  u.  M.Smoluchowski  de  Smolan, 
Philos.  Mag.  (5)  45.   p.  277.    1898. 

3)  E.  Rutherford,  Philos.  Mag.  (5)  47.  p.  155.    1899. 

4)  F.  Curie  u.  G.  Sagnac,  Compt  rend.  130.  p.  1014.    1900. 

5)  Th.  Wulf,  Ann.  d.  Phys.  9.  p.  946.    1902. 

6)  G.  C.  Simpson,  Physik.  Zeitschr.  4.  p.  480.    1903. 


602  Fr.  Ezner  und  R.  Hofmann. 

düng  und  es  ist  uns  nicht  bekannt,  daß  zu  derartigen  Unter* 
suchungen  auch  andere  radioaktive  Substanzen  als  Ionisatoren 
verwendet  worden  wären.  Deshalb  schien  es  uns  nicht  un- 
interessant)  zu  prüfen,  wie  sich  die  Metalle  in  Luft  verhalten 
würden,  welche  durch  Polonium-  oder  Badiumstrahlen  ionisiert 
ist  Obwohl  die  bisher  in  dieser  Sichtung  angestellten  Ver- 
suche nicht  viel  wesentlich  Neues  bringen,  so  scheint  eine  vor- 
läufige Mitteilung  derselben  durch  die  infolge  der  Verwendung 
von  Poloniumstrahlen  wesentlich  vereinfachte  Versuchsanord- 
nung immerhin  gerechtfertigt 

VerBuohsanordnung. 

Bin  Becherglas  oder  ein  anderes  zylindrisches  Olasgefäß 
wurde  durch  einen  Deckel  aus  Paraffin  verschlossen.  Durch 
eine  Öffnung  in  der  Mitte  desselben  konnte  der  Wismuth— 
Poloniumstab  eingeführt  werden,  zu  beiden  Seiten  desselben 
waren  die  zu  prüfenden  Metallbleche  einander  und  dem  Polo- 
niumstab piarallel  befestigt.  Zu  den  Elektroden  führten  kupferne 
Zuleitungsdrähte,  welche  samt  den  Löt-  bez.  Nietstellen  mit 
Paraffin  bedeckt  waren.  Um  Ladungsverluste  zu  verhindern, 
mußte  das  Glasgefäß  auf  eine  Paraffinplatte  gestellt  werden. 
Dieses  Gefäß,  sowie  der  Ausschalter  befanden  sich  in  einem 
mit  Stanniol  überzogenen,  zur  Erde  abgeleiteten  Kasten,  von 
dem  ein  Draht  in  ebenfalls  geerdeter  Umhüllung  zu  einem 
Thomson  sehen  Quadrantenelektrometer  von  der  einfachen 
Form  nach  Dolezalek  führte. 

Die  Ablesung  erfolgte  mit  Fernrohr,  Spiegel  und  Skala. 
Die  Empfindlichkeit  betrug  bei  einem  Skalenabstand  von  1,88  m 
und  einer  Ladung  der  Nadel  von  100  Volt  etwa  0,0067  Volt 
pro  SkalenteiL  Fast  bei  jeder  Messung  wurde  die  Empfind- 
lichkeit mittels  eines  Weston-Normalelementes  kontrolliert 

VenuohsergebniBse. 

L  Nach  den  Erfahrungen,  welche  bisher  vorlagen,  war 
nun  zu  erwarten,  daß  sich  die  Elektroden,  wenn  sie  aus  ver- 
schiedenen Metallen  beständen  und  die  Ionisierung  durch  die 
Poloniumstrahlen  eine  hinreichende  wäre,  zu  einer  bestimmten 
Potentialdifferenz  laden  würden;  bei  Anwendung  zweier  gleicher 


Potentialdifferenzen  in  ionisierten  Gasen.  608 

Metalle     dürfte     kein    Ausschlag    im    Elektrometer    wahrzu- 
nehmen sein. 

Die  Versuche  bestätigten  im  großen  und  ganzen  allerdings 
diese  Erwartungen:  bestanden  die  Elektroden  aus  zwei  ver- 
schiedenen Metallen,  so  luden  sie  sich  zu  numerisch  gleichen, 
dem  Vorzeichen  nach  entgegengesetzten  Potentialen,  wenn  das 
eine  oder  andere  geerdet  wurde;  bestanden  sie  dagegen  aus 
dem  gleichen  Metalle,  so  zeigte  das  Elektrometer  nahezu 
keinen  Ausschlag.  Ein  Ubelstand  jedoch,  welcher  übrigens 
vorauszusehen  war,  machte  sich  unangenehm  bemerkbar,  näm- 
lich die  Abhängigkeit  der  PotentialdiiSerenzen  von  der  Be- 
schaffenheit der  Oberfläche  der  Metalle. 

So  ergaben  sich  z.  B.  f&r  Gu-Zn  die  Werte: 

frisch  geschmirgelt 0,80  Volt 

nach  läDgerem  Liegen  an  der  Luft  .    0,66     „ 

An  verschiedenen  Tagen  gemessene  Werte  für  dieselbe 
Kombination  zeigen  daher  Abweichungen,  mitunter  bis  zu 
mehreren  Prozenten.  So  erhielten  wir  z.  B.  für  Pt-Cu  0,25 
bis  0,21,  für  Pt~Zn  1,03  bis  0,94  und  für  Graphit-Mg 
1,78  bis  1,71  Volt.  Während  einer  und  derselben  Messung 
jedoch  blieben  die  Werte  meistens  recht  gut  konstant. 

Bei  der  Bestimmung  der  Potentialdifferenzen  der  ver- 
schiedenen Metalle  suchten  wir  halbwegs  vergleichbare  Werte 
auf  die  Weise  zu  erhalten,  daß  wir  die  Elektroden  vor  der 
Messung  abschmirgelten  und  hierauf  so  lange  warteten,  bis  die 
Ausschläge  eine  Zeitlang  konstant  blieben.  Bei  vielen  Metallen 
zeigte  sich  im  ersten  Moment  ein  Herabsinken  der  Potential- 
differenz, während  aber  z.  B.  beim  Aluminium  erst  nach  etwa 
20  Min.  der  Ausschlag  eine  gewisse  Eonstanz  erlangte,  war 
dieselbe  bei  den  meisten  übrigen  Metallen  in  weitaus  kürzerer 
Zeit  erreicht. 

Die  verschiedenen  Metalle  wurden  mit  demselben  Platin- 
blech verglichen,  demgegenüber  sie  sich  alle  negativ  geladen 
erwiesen;  dagegen  lud  sich  ein  Stück  Graphit  (von  Ceylon) 
noch  zu  0.27  Volt  positiv  gegen  das  Platinblech.  Die  Zahlen 
der  folgenden  Tabelle  geben  die  Potentiale  der  Metalle  gegen 
diesen  Graphit  an: 


604  Fr.  Exner  und  R,  Hofmann, 


Na 

2,88  Volt 

Hg 

0,58  Volt  (?) 

Mg 

1,71 

n 

Ca 

0,51      „ 

AI 

1,46 

n 

Polonium 

0,51      „ 

Zn 

1,29 

i> 

Ag 

0,46      „ 

Pb 

1,05 

» 

Au  (Folie) 

0,35      „ 

Sn 

0,99 

» 

Pt 

0,27      „ 

Bi 

0,65 

» 

Graphit 

0,00      „ 

Fe 

0,64 

» 

+ 

Um  den  Wert  f&r  Hg  zu  bestimmen,  überzogen  wir  den 
unteren  Teil  des  Glasgefäßes  innen  mit  Paraffin,  gössen  etwas 
Quecksilber  hinein  und  führten  zu  demselben  eine  isolierte 
Zuleitung.  Wenn  das  Quecksilber  zur  Erde  abgeleitet  war, 
so  ergab  sich  flir  Platin  eine  Ladung  von  +  0,31  Volt,  war 
dagegen  das  Quecksilber  mit  dem  Elektrometer  verbunden  und 
das  Platin  geerdet^  so  erhielten  wir  fast  gar  keinen  Ausschlag. 
Wahrscheinlich  war  bei  der  schwachen  Zuführung  der  Ladungen 
die  Isolierung  der  Hg-Elektrode  doch  keine  genügende;  da 
dieser  Isolationsfehler  aber  nicht  in  Betracht  kommt,  wenn 
das  Quecksilber  zur  Erde  abgeleitet  ist  und  das  Potential  des 
Platins  gemessen  wird,  so  dürfte  der  in  der  Tabelle  angegebene 
Wert  doch  ziemlich  richtig  sein. 

Der  Wert  für  Polonium  wurde  in  der  Weise  ermittelt, 
daß  der  Poloniumstab  einfach  direkt  als  die  zweite  Elektrode 
benützt  wurde;  daß  er  als  solche  kein  anderes  Verhalten  zeigte 
als  die  übrigen  (nicht  radioaktiven)  Metalle,  stellten  wir  durch 
einen  kleinen  Versuch  fest.  Befinden  sich  nämlich,  wie  es 
bei  den  übrigen  Messungen  immer  der  Fall  war,  zwei  ver- 
schiedene Metalle  At^  und  M^  nebst  dem  Poloniumstab  P  in 
dem  Gefäß,  und  mißt  man  die  Potentialdiflferenzen  M^jPy  PjM^ 
und  M^jM^j  so  findet  man  die  Gleichung 

MJP  +  PIM^=^MJM,, 

wie  es  das  Gesetz  der  Spannungsreihe  fordert,  erfüllt. 

Es  sei  an  dieser  Stelle  auch  erwähnt,  daß  die  Potential- 
di£ferenzen  in  gewissen  Grenzen  unabhängig  sind  von  der 
gegenseitigen  Entfernung  der  Elektroden,  sowie  von  der  Stellung 
derselben  zueinander  und  zum  Poloniumstab. 

n.  Nachdem  durch  die  eben  geschilderten  Versuche  fest- 
gestellt worden  war,  daß  auch  unter  dem  Einflüsse  der  Polo- 


Potentialdiffereiizen  in  ionisierten  Oasen.  605 

niumstrahlen  sich  die  Metalle  zu  gewissen  Potentialdiffereiizen 
laden  und  eine  aus  zwei  verschiedenen  Metallen  gebildete  Zelle 
sich  wie  ein  galvanisches  Element  verhält^  drängte  sich  die 
Frage  auf:  auf  welchem  Wege  wird  die  Energie  der  Strahlung 
in  die  elektrische  übergeführt? 

Winkelmann ^)  hat  durch  einen  Versuch  gezeigt,  daß 
man  es  nicht  mit  Ladungen  zu  tun  habe,  welche  unmittelbar 
durch  die  Strahlung  hervorgerufen  werden;  er  bedeckte  die 
Metalle  mit  einer  isolierenden,  aber  für  die  Röntgenstrahlen 
durchlässigen  Schicht  und  erhielt  so  keine  Ladungen  mehr. 
Dadurch  scheint  zwar  bewiesen,  daß  die  Entladung  von  Ionen 
an  der  Oberfläche  der  Metalle  eine  Bedingung  des  Vorganges, 
nicht  aber,  daß  sie  die  einzige  ist;  eine  Wirkung  der  direkten 
Bestrahlung,  z.  B.  durch  Erregung  von  Sekundärstrahlen  wäre 
immerhin  noch  möglich.  Um  diese  noch  offenstehende  Frage 
zu  entscheiden,  suchten  wir  die  direkte  Bestrahlung  ganz  aus- 
zuschließen, indem  wir  Luft,  welche  zuerst  eine  den  Polonium- 
stab enthaltende  Glasröhre  passieren  mußte,  durch  das  Ver- 
suchsgefäß hindurchpumpten.  Während  beim  Durchblasen  nicht 
ionisierter  Luft  keine  Ausschläge  im  Elektrometer  wahrzunehmen 
waren,  erhielten  wir  beim  Durchblasen  ionisierter  Luft  tatsäch- 
lich Ausschläge,  welche  von  der  Natur  der  Metalle  abhängig 
waren;  jedoch  waren  die  Ausschläge  beim  Umschalten  nach 
der  positiven  und  negativen  Seite  nicht  einander  gleich,  sondern 
die  letzteren  stets  kleiner.    Z.  B.  +  83  und   —  36  Teilstriche. 

Die  Luft  kommt  also  wahrscheinlich  schon  positiv  geladen 
an  die  Metalle.  Durch  Abkürzung  des  Weges  vom  Ionisator 
bis  zu  den  Elektroden  konnte  diese  Differenz  vermindert,  nicht 
aber  beseitigt  werden.  Da  die  positive  Ladung  der  Luft  da- 
von herrühren  dürfte,  daß  die  schneller  wandernden  negativen 
Ionen  in  größerer  Anzahl  von  den  Glaswänden  abgefangen 
werden,  als  die  positiven,  so  bot  die  einzige  Aussicht,  diesem 
Übelstande  abzuhelfen,  eine  Versuchsanordnung,  bei  welcher 
die  ionisierte  Luft  an  die  Metallelektroden  gelangt,  ohne  vor- 
her mit  anderen  Körpern  in  Berührung  gekommen  zu  sein. 
Wir  konstruierten  daher  folgenden  Apparat:  Von  zwei  aus 
verschiedenen    Metallen    angefertigten    Zylindern    wurde    der 


1)  A.  Winkelmann,  1.  c. 


606  Fr.  Exner  und  R,  Hofmann. 

kleinere  isoliert  im  Innern  des  größeren  angebracht;  im  Innen- 
raum des  kleineren  war  der  Poloniumstab  befestigt  Indem 
nun  die  Luft  vom  inneren  Zylinder,  ftnerhalb  dessen  sie  ioni- 
siert wurde,  direkt  durch  eine  Öffnung  im  Boden  desselben  in 
den  Baum  zwischen  beiden  die  Elektroden  bildenden  Zylinder- 
mänteln gelangte,  war  gleichzeitig  erreicht,  daß  die  Luft  nach 
der  Ionisierung  beinahe  nur  mehr  mit  den  Elektroden  in  Be- 
rührung kam,  und  eine  Bestrahlung  der  beiden  einander  zu- 
gekehrten Metalloberflächen  ausgeschlossen  war  (die  Bestrahlung 
der  inneren  Oberfläche  des  kleineren  Zylinders  kann  ja  nicht 
in  Betracht  kommen).  Die  Messungen  ergaben  nunmehr  für 
beide  Ausschläge  beim  Umschalten  beinahe  die  gleichen  Werte. 

Z  B  • 

äußerer  Zylinder  Cu     +  0,46  Volt 

innerer         ,,  Zn     —  0,48     „ 

Die  auf  diese  Weise  bestimmten  Potentialdiffcrenzen  sind 
zwar  kleiner  als  die  bei  Bestrahlung  gefundenen;  jedoch  dürfte 
dieser  Unterschied  bloß  durch  die  geänderte  Versuchsanordnung 
bedingt  sein.  Es  würde  uns  zu  weit  f&hren,  die  Gründe  für 
diese  Annahme  hier  zu  erörtern. 

Aus  diesem  Versuche  scheint  also  hervorzugehen,  daß  die 
Ladungen  der  Metalle  nur  von  der  Entladung  der  Gasionen 
herrühren.  Diese  Erklärungsweise  wird  übrigens  noch  durch 
die  obenerwähnten  Wahrnehmungen  Simpsons^),  sowie  durch 
den  folgenden  kleinen  Versuch  gestützt: 

Pt-Zn  141  Teilstr. 

15  Min.  kurzgeschlossen  136       ,, 
erst  15  Min.  nach  Aufhebung 

des  Kurzschlusses  wieder  141       ,, 

Das  Element  erschöpft  sich  also  gewissermaßen  und 
braucht  einige  Zeit,  um  seine  frühere  elektromotorische  Kraft 
wieder  zu  erlangen,  was  nicht  zu  erklären  wäre,  wenn  die 
Ladungen  von  der  Bestrahlung  direkt  herrühren  sollten. 

m.  Die  nächste  Aufgabe,  die  wir  uns  stellten,  war,  zu 
untersuchen,  ob  sich  ein  Temperaturkoeffizient  würde  nach- 
weisen lassen.  Eine  bestimmte  Antwort  auf  diese  Frage  läßt 
sich  nach  den  bisherigen  Versuchen  wohl  noch  nicht  geben, 
es  scheint  jedoch,  als  ob  ein  Temperaturkoeffizient  vorhanden 


1)  G.  C.  Simpson,  1.  c. 


Potentialdifferenzen  in  ionisierten  Gasen, 


607 


wäre.  Bei  diesen  Versuchen  störende  Einflüsse  fernzuhalten, 
ist  ziemlich  schwierig,  weshalb  von  mehreren  Versuchen  bloß 
die,  deren  Resultate  im  folgenden  angeführt  werden  sollen, 
als  einigermaßen  gelangen  betrachtet  werden  können.  Die  in 
der  letzten  Kolamne  verzeichneten  Zahlen  bedeuten  die  Zu- 
nahme der  elektromotorischen  Kraft  für  eine  Erwärmung  um 
1®  C,  ausgedrückt  in  Volt 

Qraphit—Mg 


Nr. 


Temp.-Intervall    j     Temp.-Koeff. 


1 
2 
3 
4 
5 


7-22^ 

7—22^ 

22—45  « 

22—45  » 

22— 45« 


+  0,0033 
+  0,0031 
+  0,0079 
+  0,0073 
+  0,0079 


Auch  bei  Graphit -Zn  war  ein  Ansteigen  der  elektro- 
motorischen Kraft  mit  Zunahme  der  Temperatur  zu  bemerken ; 
der  Temperaturkoeffizient  würde  sich   zu  0,0021  berechnen  (?). 

Bei  diesen  sowie  den  folgenden  Versuchen  kam  wieder 
die  erste  Versuchsanordnung  (Poloniumstab  im  Glasgefäß)  in 
Anwendung. 

IV.  Von  einiger  Wichtigkeit  schien  uns  auch  die  Beant- 
wortung der  Frage,  ob  die  PotentialdiflFerenzen  von  der  Natur 
des  zwischen  den  Elektroden  befindlichen  Gases  abhängig  seien. 
Um  das  Glasgefäß  mit  den  verschiedenen  Gasen  füllen  zu 
können,  versahen  wir  es  mit  zwei  Glasröhren,  welche  durch 
Hähne  verschließbar  waren.  Es  wurden  nun  nacheinander 
Luft,  Kohlensäure  und  Wasserstoff"  je  eine  Viertelstunde  lang 
durchgeleitet;  nach  dem  Abschließen  der  Hähne  blieb  der  Aus- 
schlag im  Elektrometer  jedesmal  konstant 


1.    Graphit  — Mg: 


2.    Graphit -Mg: 


in  CO,  238  Teilstr. 

in  H,  244—235 

in  Luft  235—232,5 

in  CO,  231,5 

in  H,  234,5 

in  Luft  257 

in  H,  250 

in  Luft  247 

in  CO,  246,5 


608  Fr,  Exner  und  R,  Hofmann. 

Wie  man  sieht,  sind  die  Anssclüäge  für  die  verschiedenen 
Gase  nicht  ganz  gleich,  jedoch  kommt  einem  bestimmten  Gas 
kein  bestimmter  Ausschlag  zu.  Es  scheint  also,  daß  das 
zwischen  den  Elektroden  befindliche  Medium  als  solches  keinen 
Einfluß  auf  die  Größe  der  Potentialdifferenzen  ausübt  Wir 
würden  eher  zu  der  Ansicht  neigen,  daß  die  von  uns  wahr- 
genommenen  Änderungen  des  Ausschlages  durch  Absorption 
der  verschiedenen  Gase  an  der  Oberfläche  der  Metalle  bedingt 
sein  könnten.  Daß  die  Absorption  von  Gasen  an  der  Ober- 
fläche der  Mektroden  einen  bedeutenden  Einfluß  auf  die  Poten- 
tialdifferenzen ausübt,  unterliegt  keinem  Zweifel 

Diese  Tatsache  wurde  schon  durch  die  obenerwähnten 
Versuche  Wulfs  bewiesen;  auch  ein  von  uns  gemachter  Ver- 
such lieferte  das  gleiche  Resultat 

Ein  Platinblech  gab  gegen  Graphit  —  87  Teilstr. 

gleich  nach  Auskochen  in  konz.  HNOg     +  26      „ 
8  Standen  später  +    2      „ 

Ob  nun  die  beim  Durchleiten  der  verschiedenen  Gase 
wahrgenommenen  Änderungen  der  Potentialdifferenz  in  der 
Absorption  der  Gase  ihren  Grund  haben  oder  durch  andere 
Ursachen  bedingt  sein  mögen,  jedenfalls  scheint  es,  daß  die 
Potentialdifferenzon  von  der  Natur  des  zwischen  den  Elek- 
troden befindlichen  Mediums  unabhängig  sind,  was  sich  aller- 
dings mit  den  Angaben  Hillers' ^)  nicht  deckt. 

Manchmal  kann  es  auch  eine  chemische  Reaktion  sein, 
welche  die  Potentialdifferenz  verändert;  einen  solchen  Fall 
dürften  wir  bei  dem  folgenden  Versuche  vor  uns  gehabt  haben. 
Wir  brachten  zwischen  eine  Cu-  und  eine  Zn- Elektrode  ab- 
wechselnd Luft,  Leuchtgas  und  Wasserstoff*  und  erhielten  dabei 
folgende  Ausschläge: 

in  Luft  99,5  Teilstr. 

in  Leuchtgas    117,5 


in  Luft  112 

in  Leuchtgas  118 

in  Luft  114 
in  H,  70         „         (nicht  konst.) 


in  Luft  95 

1)  W.  Hillers,  L  c. 


»  »  V 


Poienticddifferenzen  in  ionisierten  Cfasen.  609 

Nach  beendetem  Versuche  geigte  die  Ou-Elektrode  einen 
Überzug,  wahrscheinlich  von  CuS. 

Zum  Schlüsse  sei  noch  erwähnt,  daß  wir  auch  mit  Radium- 
präparaten ähnliche  Ausschläge  erhielten,  wie  mit  dem  Polo- 
niumstabe. Solange  die  Intensität  der  Strahlung  zur  Nach- 
lieferung der  Gasionen  genügt ,  ist  aber  jedenfalls  die 
Verwendung  der  Poloniumstrahlen  wegen  ihrer  geringeren 
Intensität  derjenigen  der  Radiumstrahlen  vorzuziehen.  Be- 
sonders zu  Demonstrationszwecken  würde  sich  unsere  Versuchs- 
anordnung wegen  ihrer  E^fachheit,  die  sie  vor  den  bisher 
verwendeten  voraus  hat^  vorzüglich  eignen. 

(Eingegangen  27.  September  1908.) 


Boltzmano  Fe.Hi>chrin.  o'J 


610 


77.  Bestimmnng  der  Dielektrizitätskonstante 
Yon  Eis  in  flflssiger  Lnft  mit  schnellen  Schwingongen 

nach  Drnde. 

Von  U.  Bahn  and  F.  Kiebita  in  Frankfart  a.  M. 


Durch  Messen  statischer  elektrischer  LaduDgen  fanden 
Fleming  und  Dewar^)  für  die  Dielektrizitätskonstante  des 
flüssigen  Sauerstoffs  den  Wert  1,491,  der  nach  der  elektro- 
magnetischen Lichttheorie  in  Übereinstimmung  steht  mit  dem 
von  Liveing  und  Dewar^  bestimmten  optischen  Brechungs- 
exponenten. Hasenöhrl^  fand  mit  der  Wechselstrommethode 
von  Gordon^)  den  Wert  1,465  mit  einem  möglichen  Fehler 
von  7  Proz. 

Im  Oegensatz  zu  der  guten  Übereinstimmung  zwischen 
dem  theoretisch  und  dem  experimentell  gefundenen  Werte  für 
flüssigen  Sauerstoff  weisen  die  Zahlen ,  die  Fleming  und 
Dewar'^)  für  Eis  finden,  eine  große  Unsicherheit  au£ 

Sie  wurden  ermittelt  teils  aus  Kapazitätsmessungen  mit 
120  Ladungswechseln  pro  Sekunde,  die  durch  eine  Stimmgabel 
hervorgebracht  wurden,  teils  mit  dem  Apparat  von  Nernst 

Die  Unsicherheit  der  Dielektrizitätskonstanten,  die  von 
78  bis  2,43  abnehmen,  wenn  die  Temperatur  von  0®  auf  —  206° 
sinkt,  sollte  durch  elektrische  Dispersion  erklärt  werden. 

Abegg*)  stellt  diese  Erklärung  in  Frage  und  kommt 
auf  Grund  seiner  gleichfalls  mit  dem  Apparat  von  Nernst 
ausgeführten  Studien  über  das  dielektrische  Verhalten  des 
Eises   bei  —  80°   zu  dem  Schlüsse,   daß  beim  Gefrieren   des 


1)  J.  A.  Fleming  u.  J.  Dewar,  Proc.  Roy.  Soc.  60.  p.  364.  1897. 

2)  G.  D.  Liveing  u.  J.  Dewar,  Phil.  Mag.  40.  p.  269.  Sept.  1895. 
8)  F.  Hasenöhrl,  Versl.  Kon.  Akad.  v.  Wet.  Amsterdam,  p.  137. 

1899/1900. 

4)  J.  E.  H.  Gordon,  Phil.  Trans.  170.  p.  417.  1879. 

5)  J.  A.  Fleming  u.  J.  Dewar,  Proc.  Roy.  Soc.  61.  p.  2  u.  316. 
1897;    62.  p.  250.    1898. 

6)  R.  Abegg,  Wied.  Ann.  65.   p.  229.    1898. 


Dielektrizitätskonstante  von  Eis, 


611 


«sf^e^^pF 


nie  absolut  reinen  destillierten  Wassers  zwischen  dem  reinen 
Eis  ein  Netzwerk  von  Kanälen  sich  ausbildet,  das  mit  ge- 
sättigten Lösungen  der  Verunreinigungen  gefüllt  ist;  diese 
Lösungen  werden  nicht  eher  fest,  als  bis  ihre  kryohydratische 
Temperatur  erreicht  ist 

Es  erschien  daher  angezeigt,  zum  Studium  der  Dielektri- 
zitätskonstanten des  Elises  einen  Apparat  zu  verwenden,  der 
es  gestattet,  elektrische  Absorption 
bei  der  Bestimmung  der  Dielektri- 
zitätskonstanten bequem  wahrzu- 
nehmen. Ein  solcher  Apparat  ist 
der  von  Drude ^)  angegebene. 

um  ihn  mit  flüssiger  Luft  be- 
schicken zu  können,  mußten  wir 
die  Kapazität  geeignet  anordnen. 
Dies  geschah  in  der  aus  Fig.  1  er- 
sichtlichen Weise.  In  dem  auf  der 
Millimeterteilung  des  Drudeschen 
Apparates  verschiebbaren  Ebonit- 
brettchen,  dessen  senkrechter  Durch- 
schuitt  durch  die  punktierte  Fläche 
wiedergegeben  ist,  endigen  die  in 
2  cm  Abstand  parallel  laufenden, 
1,5  mm  starken  Messingdrähte  der 
Drude  sehen  Anordnung.  An 
ihre  Enden  (in  der  Figur  durch 
schwarze  Punkte  gekennzeichnet) 
löteten  wir  zwei  senkrecht  nach 
unten  führende,  0,5  mm  starke  Kupferdrähte  an.  Diese  trugen 
in  der  aus  der  Figur  ersichtlichen  Weise  den  kleinen  Konden- 
sator —  bestehend  aus  zwei  kreisrunden  Blättchen  von  0,2  mm 
starkem  Platinblech  —  an  zwei  rechtwinklig  umgebogenen, 
je  2  cm  langen  und  0,5  mm  dicken  Platindrähten.  Die  hori- 
zontalen Schenkel  dieser  Drähte  waren  in  die  Enden  eines 
kleinen  Bügels  aus  Einschmelzglas  (schraffiert  gezeichnet)  ein- 
geschmolzen. 


Fig.  1. 


1)  P.  Drude,    Wied.   Ann.    61.    p.  470.    1897;    Ann.  d.  Phys.    S. 
p.  336.    1902. 

30* 


612  U.  Behn  und  P.  Kiebitz. 

Es  Würde  eine  Anzahl  derartiger  Kapazitäten  beigestellt 
und  für  jede  die  Eichkurve  mit  Hilfe  der  von  Drude  an- 
gegebenen Benzol-Aceton-Miscbungen  bestimmt^)  Die  folgende 
Tabelle  entbält  Näherungswerte  von  Plattenabstand,  Platten- 
durchmesser und  Länge  der  vertikalen  Eupferdrähte  f&r  vier 
Kondensatoren,  die  zu  Messungen  verwendet  wurden. 

mm  mm  mm  mm 

Plattenabstand            3,1,  2,6,  1,8,  1,0 

Plattendurchmesser     5,0,  5,0,  4,0,  4,0 

Eupferdrähte                40,  77,  56,  87 

Die  Lötstelle  zwischen  Cu  und  Pt  diente  gleichzeitig  als 
Marke  für  den  Spiegel  der  in  das  unversilberte  Vakuummantel- 
gefäß eingefüllten  flüssigen  Luft  oder  der  in  einem  Becher- 
glase enthaltenen  Eichflüssigkeit 

Die  mit  200^  Abkühlung  verbundene  thermische  Kontrak- 
tion des  Kondensators  ist  belanglos.  Den  hierdurch  bedingten 
Fehler  kann  man  nämlich  schätzen  nach  dem  Satze  von 
Abraham^,  daß  die  Eigenschwingungsperioden  geometrisch 
ähnlicher  Systeme  entsprechenden  Strecken  proportional  sind. 
Das  Einschmelzglas  hat  den  gleichen  Ausdehnungskoeffizienten 
wie  Platin,  also  etwa  9.10~*.  Übertreiben  wir,  indem  wir  an- 
nehmen, das  ganze  Empfängersystem,  nicht  nur  der  Konden- 
sator, nehme  an  der  thermischen  Volumenänderung  teil,  so 
ergibt  sich  eine  geometrische  Änderung  des  Empfängersystems 
und  damit  seiner  Eigenschwingungsdauer  um  0,2  Proz.  Seine 
Eigenwellenlänge  beträgt  etwa  60  cm,  die  Änderung  derselben 
also  1,2  mm,  was  einer  Änderung  der  Ablesung  von  0,6  mm 
entspricht.  Dieser  übertrieben  große  Wert  liegt  noch  unter  der 
Grenze  der  Genauigkeit,  mit  der  es  gelingt,  den  Apparat  ein- 
zustellen. In  Wirklichkeit  wurde  nie  eine  Verschiedenheit  der 
Einstellungen  beobachtet,  wenn  der  Kondensator  einmal  von 
Luft  der  Zimmertemperatur,  dann  von  der  über  flüssiger  Luft 
stagnierenden  Atmosphäre  von  —  180^  umgeben  war. 

Da  zu  erwarten  und  durch  Vorversuche  auch  bestätigt 
war,   daß   sich   große  Werte   für   die   Dielektrizitätskonstante 


1)  Benzol  thiophenfrei ,    Aceton  aus  Aceton -Natrium  bisulfurosum, 
beides  von  Merck,  Darmstadt. 

2)  M.  Abraham,  Wied.  Ann.  66.  p.  442.    1898. 


Dielektrizitätskonstante  von  Ms.  618 

nicht  ergeben  würden,  so  begnügten  wir  uns  mit  Kondensa- 
toren, die  gestatteten,  die  Dielektrizitätskonstante  1  bis  un- 
gefähr 6  einzustellen.  Wir  eichten  demgemäß  mit  Luft  von 
20^,  Benzol  und  den  ersten  drei  von  Drude  angegebenen 
Benzol-Aceton-Mischungen. 

Die  verschiedenen  Kondensatoren,  mit  denen  wir  maßen, 
ergaben  in  guter  Übereinstimmung  für  flüssige  Luft  Dielektri- 
zitätskonstanten zwischen  1,47  und  IjÖO. 

Genauer  lassen  sich  die  Angaben  darum  nicht  machen, 
weil  die  gesuchten  Werte  an  einem  Ende  der  Eichkurve,  in 
ihrem  am  stärksten  gekrümmten  Teile  und  etwa  in  der  Mitte 
zwischen  zwei  weit  entfernten  Eichpunkten  liegen.  Der  ge- 
fundene Wert  steht  dem  von  Fleming  und  De  war  f)ir  Sauerstoff 
bestimmten  nahe  und  bestätigt  die  Regel  von  W.  Schmidt^),  daß 
die  Elemente  im  allgemeinen  dem  Maxwell  sehen  G-esetz  folgen. 

Die  Temperatur  der  flüssigen  Luft  wurde  dabei  nach  einer 
von  uns  angegebenen  Methode')  mit  Hilfe  von  Glasschwimmem 
gemessen.  Das  allmähliche,  durch  das  Abdestillieren  von  Stick- 
stoff bedingte  Ansteigen  der  Temperatur  konnte  beschleunigt 
werden  mit  Hilfe  einer  am  Boden  des  Gefäßes  liegenden  elek- 
trisch heizbaren  Konstantanspirale.  Zwischen  - 1 92  und  - 1 88,5^ 
wurde  keine  Änderung  der  Dielektrizitätskonstanten  erwiesen. 

La  Fig.  2  stellt  die  ausgezogene  Kurve  eine  Eichkurve  dar; 
sie  wurde  aus  vier  Punkten  gefunden,  die  durch  Kreuze  ange- 
deutet sind.  Die  punktierte  Linie  ergibt  die  aus  der  Einstellung 
für  flüssige  Luft  folgende  Dielektrizitätskonstante  derselben. 

Die  Dielektrizitätskonstante  von  Eis  wurde  bestimmt  nach 
der  von  Starke^  für  den  Apparat  von  Nernst  angegebenen 
Methode,  die  von  Löwe*)  und  W.  Schmidt^)  auch  an  Drudes 
Apparat  zur  Bestimmung  der  dielektrischen^'Eigenschaften  von 
Gläsern  und  Kristallen  benutzt  worden  ist. 

Für  einen  Kondensator  wird  die  Eichkurve  bestimmt. 
Darauf  wird  ein  Eisscheibchen  zwischen  seine  Platten  gelegt 
und  nun  der  Kondensator  mit  dem  Eis  in  die  Eichflüssigkeiten 


1)  W.  Schmidt,  Ann.  d.  Phys.  11.  p.  121.    1903. 

2)  U.  Behn  und  F.  Kiebitz,  Ann.  d.  Phys.  12,  p.  421.   1908. 
3).H.  Starke,  Wied.  Ann.  60.   p.  629.    1897. 

4)'k.  f.  Löwe,  Wied.  Ann.  66.   p.  890  u.  582.    1898. 

5)  W.  Schmidt,  Ann.  d.  Phys.  9.  p.  919.  1902;   11.  p.  114.   1908. 


ü.   Bekti  und  F.  Kiebitz. 


mit  den  DielektrisitätBkonstanteii  s  getanchl    Die  am  Apparat 
abgelesenen  Emstelloiigen  l  ergeben  eine  nene  Euire,  die  sich 


\ 

\ 

\ 

\ 

\ 

\ 

\ 

V 

\ 

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\ 

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s 

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Ä 1 

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i 

\ 

s 

.mnnclbiiig  t  «  jlfpanu 


mit  der  ursprünglichen  in  dem  Punkte   schneidet,    in   dem  es 
nichts  austt^,  ob  der  Kondensator  ganz  mit  Flüssigkeit  von 


Dielektrizität^komftante  von  Eis,  615 

der  zugehörigen  Dielektrizitätskonstanten  erf&Ut  ist^  oder  zum 
Teil  mit  Elis.  Dieser  Punkt  gibt  die  Dielektrizitätskonstante 
des  Elises  an. 

Bei  —190®  hatten  wir  nur  zwei  Eichflüssigkeiten  zur 
Verfbgung^  gasförmige  und  flüssige  Lufb^  für  die  6  =  1  oder 
«  s=s  1,49  war.  Aus  den  Einstellungen  Eg  und  Ef  (Figur  2) 
ergeben  sich  die  beiden  Eurvenpunkte  Eg  und  E,  die  beide 
unterhalb  der  Eichkurve  liegen. 

Daraus  ist  zunächst  nur  zu  schließen,  daß  die  Dielektri- 
zitätskonstante von  Eis  größer  ist  als  1,76,  entsprechend  dem 
zu  Ef  gehörenden  Kurvenpunkt  e^,  und  daß  sie  etwa  den 
Wert  e^  hat,  insofern  die  gesuchte,  durch  Eff  und  E  gehende 
Kurve  in  erster  grober  Annäherung  durch  die  Grade  EffE 
dargestellt  wird. 

Wir  können  aber  noch  mehr  aussagen,  wenn  wir  uns  den 
Fall  verwirklicht  denken,  daß  unter  den  Eichflüssigkeiten  sich 
eine  solche  mit  unendlich  großer  Dielektrizitätskonstante  be- 
findet Diese  würde  eine  unendlich  große  Kapazität  zur  Folge 
haben,  und  Besonanz  wäre  nur  möglich,  wenn  der  Konden- 
sator in  einem  Knoten  der  Potentialschwankung  angelegt  wird, 
also  bei  der  Drude  sehen  Anordnung  an  der  Brücke.  Die 
Posaunenverschiebung  am  Apparat  läßt  sich  soweit  nicht  ein- 
schieben. Die  Bügellage  würde  einer  gewissen  negativen  Ab- 
lesung an  der  Teilung  entsprechen,  wenn  das  Experiment  aus- 
führbar wäre. 

In  der  Figur  gedeutet  heißt  das,  eine  Parallele  zur  «-Achse, 
die  durch  einen  bestimmten  endlichen  Punkt  der  negativen 
/-Achse  geht,  ist  Asymptote  unserer  Kurven. 

Wir  sehen  nun,  daß  die  gesuchte  Kurve  die  uns  bekann- 
ten Eigenschaften  (durch  Eff  und  E  zu  gehen  und  sich  einer 
Asymptote  der  beschriebenen  Art  stetig  zu  nähern)  nur  er- 
füllen kann,  wenn  sie  oberhalb  von  E  rechts  von  Ee^  ver- 
läuft. Da  sie  außerdem  links  von  Ee^  liegen  muß,  so  schneidet 
sie  die  Eichkurve  in  einem  zwischen  e^  und  e^  liegenden  Punkte. 
Wir  haben  also  in  e^  und  e^  eine  untere  und  eine  obere 
Grenze  für  die  gesuchte  Dielektrizitätskonstante  des  Eises. 

um  möglichst  enge  derartige  Grenzen  e^  und  e^  zu  er- 
halten, ist  es  notwendig,  die  Einstellungen  Eff  und  Ef  ein- 
ander  möglichst   zu    nähern.     Dieser  Forderung  wird  um  so 


616  ü.  Behn  und  F.  Kiebitz. 

vollständiger  genügt^  je  yollkommener  das  Eisblättchen  den 
kleinen  Kondensator  erflillt 

Es  ergab  sich,  daß  die  Dielektrizitätskonstante  des  £ises 
bei  —  190^  größer  ist  als  1,76  und  kleiner  als  1,88. 

Es  ist  von  Interesse  zu  bemerken,  daß  sich  aus  den  in  der 
Literatur  vorhandenen  Angaben  über  die  optischen  Brechungs- 
exponenten und  die  Dispersion  für  Wasser  und  Eis  als  Brechungs- 
exponenten für  unendlich  große  Wellenlängen  Werte  ergeben, 
die  zwischen  1,32  und  1,33  liegen.  Nach  der  elektromagne- 
tischen Lichttheorie  folgt  daraus  eine  Dielektrizitätskonstante 
zwischen  1,74  und  1,77. 

Große  Sorg&lt  wurde  darauf  verwandt,  Eisscheiben  zu 
schleifen  und  zwischen  die  Eondensatorplatten  einzuführen, 
die  den  Zwischenraum  möglichst  vollständig  ausfüllten,  ohne 
jedoch  durch  Verbiegen  der  Platten  die  Kapazität  zu  ändern. 
Ließen  wir  den  Kondensator  in  Elis  einfrieren,  so  wurde  er 
unbrauchbar. 

Es  zeigte  sich,  daß  verschieden  hergestelltes  Eis  nicht 
gleiche  Resultate  ergab.  Proben  von  gewöhnlichem  Kunsteis 
ließen  Absorption  erkennen  an  einer  verminderten  Leucht- 
intensität der  Zehn  der  sehen  Röhre.  Auch  fiel  die  Gerade 
Eg  E  nie  steil  genug  aus,  lun  mit  der  Eichkurve  zum  Schnitt 
gebracht  werden  zu  können. 

Eis  aus  käuflichem  destilliertem  Wasser  ließ  keine  Ab- 
sorption erkennen  und  gab  enge  Grenzen  für  e. 

Femer  wurden  Eisproben  aus  sehr  reinem  Wasser  her- 
gestellt, das  wir  auf  folgende  Weise  erhielten:  Es  wurden  2  1 
käuflichen  destillierten  Wassers  erneut  destilliert.  Etwa  das 
erste  Drittel  des  Destillates  wurde  fortgeschüttet,  das  zweite 
Drittel  zurückbehalten  und  der  Rest  gleichfalls  fortgeschüttet. 
Mit  dem  aufgefangenen  Drittel  wiederholten  wir  denselben 
Destillationsprozeß  und  behielten  so  etwa  200  cm^  zurück 

Aus  diesem  gereinigten  destillierten  Wasser  stellten  wir 
Eisproben  dar  und  erhielten  zunächst  bei  tiefen  Temperaturen 
die  gleichen  Resultate  wie  bei  dem  käuflichen. 

Verglichen  wir  nun  aber  die  Einstellungen  bei  einem 
und  demselben  Eässcheibchen  in  einer  Luftatmosphäre  von 
—  180^  und  einer  von  —  2®,  so  ergab  sich  zwischen  dem  aus 
käuflichem  und  dem  aus  gereinigtem,  destilliertem  Wasser  her- 


Dielektrizitätskonstante  von  Eis.  617 

gestellten  Eis  ein  wesentlicher  Unterschied,  je  nachdem  es 
langsam   oder  schnell  gefroren  war. 

Das  Wasser  wurde  in  Probierröhrchen  zum  Gefrieren  ge- 
bracht^ die  entweder  ^^langsam"  gekühlt  wurden  (mit  Äther, 
durch  den  ein  Luftstrom  geblasen  wurde)  oder  „schnell*'  (durch 
Eintauchen  in  flüssige  Luft  oder  in  einen  Brei  aus  Äther  und 
Eohlensäureschnee).  Aus  dem  erstarrten  Eiszylinder  wurden 
die  zu  untersuchenden  Scheibchen  geschliffen. 

Es  zeigte  sich  nun,  daß  schnell  gefrorenes  Eis  zwischen 
—  2®  und  —  180®  seine  Dielektrizitätskonstante  nicht  merk- 
lich ändert,  gleichgültig  ob  es  aus  käuflichem  oder  gereinigtem 
destilliertem  Wasser  gewonnen  war. 

Desgleichen  ergibt  langsam  gefrorenes  Eis  keine  merk- 
liche Änderung,  sofern  es  aus  gereinigtem  destilliertem  Wasser 
erhalten  war.  Hingegen  ergab  langsam  gefrorenes  Eis  aus 
käuflichem  destilliertem  Wasser  bei  —  2  ®  eine  erheblich  größere 
Dielektrizitätskonstante  als  bei  —  180®.  Als  untere  Grenze 
fanden  wir  2,2,  eine  obere  ließ  sich  nicht  konstruieren. 

Dieses  Ergebnis  läßt  sich  auf  Grund  der  Abeggschen 
Auffassung  erklären.  Bei  langsamem  Gefrieren  können  Spuren 
von  gelösten  Salzen  Kanäle  von  Laugen  mit  tiefem  Gefrier- 
punkt bilden,  welche  die  Dielektrizitätskonstante  des  inhomo- 
genen Stückes  größer  erscheinen  lassen  als  die  des  reinen  Eises. 
Bei  plötzlichem  Erstarren  gefriert  aber  dasselbe  Wasser 
homogen,  und  es  kommt  selbst  dicht  unter  0"  noch  nicht  zu 
Störungen  durch  ein  Netzwerk  von  Kanälen  flüssiger  Salz- 
lösungen. 

Wir  können  nach  diesen  Resultaten  den  Satz  aussprechen, 
daß  in  den  Grenzen  der  erreichten  Genauigkeit  reines  Eis  bis 
zur  Temperatur  der  siedenden  Luft  kein  erhebliches  Absorptions- 
vermögen für  kurze  elektrische  Hellen  besitzt  und  eine  wirklich 
konstante,  der  elektromagnetischen  Lichttheorie  nicht  wider- 
sprechende Dielektrizitätskonstante, 

Für  die  uns  zur  Verfügung  gestellte  flüssige  Luft  sind 
wir  den  Höchster  Farbwerken  zu   großem  Danke  verpflichtet. 

Frankfurt  a.  M.,  Lab.  d.  Physik.  Vereins,  Sept.  1903. 
(Eingegangen  27.  September  1903.) 


618 


78.  Über  die  Abhängigkeit  des  osmotischen  Druckes 
and  der  Damp&pannnng  yon  dem  Drucke. 

Von  O.  E.  SohiotB  in  Christiania. 


In  einer  Arbeit  vom  Februar  A  J.  bespricht  M.  Planck^) 
die  Abhängigkeit  des  osmotischen  Druckes  von  dem  Drucke  in 
der  Flüssigkeit  und  gibt  folgende  Gleichung  zwischen  den  Druck- 
veränderungen  auf  beiden  Seiten  einer  semipermeablen  Wand, 
welche  eine  Lösung  von  ihrem  Lösungsmittel  trennt: 

(1)  vdp  =  V  dp. 

dp  bezeichnet  die  Druckzunahme  in  der  Lösung,  dp  in  der 
reinen  Flüssigkeit,  v  die  Yolumenzunahme  einer  großen  Menge 
der  Lösung,  wenn  sie  bei  konstanter  Temperatur  und  kon- 
stantem Druck  mit  1  g  des  Lösungsmittels  verdünnt  wird, 
V  das  Volumen  von  1  g  hiervon. 

Im  Herbst  1899  gab  ich  in  der  Gesellschaft  der  Wissen- 
schaften zu  Christiania  eine  Mitteilung  davon,  wie  sich  der 
osmotische  Druck  bei  dem  Druck  auf  die  Flüssigkeit  ver- 
ändert. ^  Das  Resultat ,  zu  dem  ich  kam ,  führt  zu  einem 
ähnlichen  Ausdruck  wie  der  obige,  nämlich 

(2)  v^  dp  —  V  dp  \ 

hier  bezeichnet  jedoch  v^  das  Volumen  der  Gewichtseinheit 
der  Lösung,  so  daß  diese  Gleichung  eine  raschere  Veränder- 
lichkeit des  Druckes  p  in  der  Lösung  angibt. 

Die  Gleichung  (2)  läßt  sich  auf  folgende  Weise  ableiten. 
Es  wird  angenommen,  daß  die  Lösung  und  das  Lösungsmittel 
dem  Einfluß  der  Schwerkraft  unterworfen  sind ,  und  daß  die 
Dampfspannung  des  aufgelösten  Stofl'es  bei  der  vorhandenen 
Temperatur  unmerklich  ist.  Das  Lösungsmittel  befindet  sich 
auf  dem   Boden    eines   geschlossenen    Gefäßes ,    das    übrigens 

Ij  M.  Planck,  Zeitschr.  f.  phys.  Chemie,  42.  p.  587.   1903. 
2)  Übersicht  über  die  Sitzungen  der  Gesellschaft  der  Wissenschaften 
im  Jahre  1899.  p.  22. 


Osmotischer  Druck  und  Lampfitpannung,  619 

keinen  anderen  Stoff  enthält     Der  Raum   über  der  Flüssig- 
keit  wird   dann   mit  Dampf  gefüllt   sein,   dessen    Druck   ab- 
nehmen wird,  je  nachdem  man  aufwärts  steigt.    An  der  Ober- 
fläche der  Flüssigkeit  ist  der  Druck,   P^,   gleich  der  Spann- 
kraft des  gesättigten  Dampfes  bei  der  gegebenen  Temperatur 
für  das  reine  Lösungsmittel.     Ist   das  Gefäß  genügend  hoch, 
wird  man  in  einer  bestimmten  Höhe,  H,  über  der  Oberfläche 
der  Flüssigkeit  einen  Druck,  P^,  erhalten,  welcher  gleich  ist 
dem  Drucke   des   gesättigten  Dampfes   über   der  Lösung   bei 
derselben  Temperatur.    Denken  wir  uns  deshalb,  daß  wir  ein 
Gefäß  mit  der  Lösung  in  den  erwähnten  Dampfraum  hinein- 
bringen und  es  so  aufstellen,  daß  die  Oberfläche  der  Flüssig- 
keit gerade  in  die  Höhe  zu  liegen  kommt,  wo  der  Druck  gleich 
P^  ist,   so   wird    das   Gleichgewicht  nicht  gestört  werden;   es 
wird  auf  der  Oberfläche  der  Lösung  weder  eine  Verdampfung 
noch  eine  Kondensation  stattfinden.     Wird  nun  das  Gefäß  mit 
der  Lösung  verlängert,   so    daß   sein  Boden  unter  die  Ober- 
fläche des  Lösungsmittels  reicht,  während  die  Oberfläche  der 
Lösung   unverändert  in  der  genannten  Höhe  erhalten  bleibt, 
wird  das  Gleichgewicht  auch  nicht  gestört  werden,  wenn  man 
den  festen  Boden,   den  wir   als  horizontal  annehmen  wollen, 
mit    einer    semipermeablen   Membran    vertauscht.      Dies   gilt, 
in  welcher  Tiefe  die  Membrane   sich    auch   unter   der  freien 
Oberfläche  des  Lösungsmittels  befinden  möge;   der  osmotische 
Druck   muß   in  jeder  Stellung   der  Membrane   so   groß   sein, 
daß  er  dem  hydrostatischen  Drucke  das  Gleichgewicht  halten 
kann.     Wäre  nämlich  dieser  innerhalb  der  Lösung  beispiels- 
weise größer  als  ihn  der  osmotische  Druck  aushalten  könnte, 
so  müßte  das  Niveau  der  Flüssigkeit  in  dem  Gefäße  mit  der 
Lösung  sinken,  indem  ein  Teil  des  Lösungsmittels  durch  die 
Membrane    hinausgepreßt    werden    würde.     Der    Dampfdruck 
über  der  Lösung  würde  dadurch  größer  als  derjenige  werden, 
welcher  der  Maximalspannung  der  Lösung  bei  der  gegebenen 
Temperatur  entspricht,  weshalb  ein  Teil  Dampf  sich  nieder- 
schlagen müßte.     Dies  würde  bewirken,   daß  das  Niveau  der 
Flüssigkeit   wieder  etwas  gehoben  würde,    während   die  Kon- 
zentration   gleichzeitig   etwas  verringert   und   die  Temperatur 
an  der  Oberfläche  etwas  erhöbt  würde.    Wie  leicht  einzusehen 
ist,  wird  wegen  der  Diffusion  in  der  Lösung  und  der  Wärme- 


620  0.  E.  SckiÖiz. 

leitung  niemals  Buhe  in  dem  betrachteten  System  eintreten 
können,  wenn  es  sich  selbst  überlassen  bleibt  Es  muß  eine 
Zirkulation  des  Lösungsmittels  stetig  durch  Verdampfung  von 
dessen  Oberfläche  durch  einen  Niederschlag  auf  der  Ober- 
fläche der  Lösung  und  dann  durch  eine  Bäckbewegung  durch 
die  Lösung  und  die  semipermeable  Membrane  erfolgen.  Diese 
Zirkulation  wird  von  einer  Überführung  von  Wärme  von  der 
Oberfläche  des  Lösungsmittels  zur  Oberfläche  der  Lösung  begleitet 
sein.  Wenn  der  Zustand  stationär  geworden  ist,  wird  jedoch  die 
Lösung  in  der  Oberfläche  etwas  wärmer  sein  als  das  Lösungs- 
mittel, weshalb  die  erwähnte  WärmeüberfÜhrung  gegen  den  zwei- 
ten Hauptsatz  in  der  mechanischen  Wärmetheorie  streiten  wird. 

Auf  ähnliche  Weise  wird  man  einsehen  können,  daß  der 
hydrostatische  Druck  drinnen  in  der  Lösung  bei  der  Membrane 
auch  nicht  geringer  sein  kann,  als  notwendig,  um  dem  osmo- 
tischen Drucke  das  Gleichgewicht  zu  halten. 

Wir  kommen  demnach  zu  dem  Besultat,  daß  das  Gleich- 
ge¥ncht  nicht  gestört  wird,  wenn  der  Boden  des  Gefäßes  mit 
der  Lösung  mit  einer  semipermeablen  Membrane  vertauscht  wird, 
falls  die  Oberfläche  der  Lösung  in  der  Höhe  gehalten  wird,  wo 
der  Dampfdruck  gleich  ist  der  Maximalspannung  der  Lösung. 

Befindet  sich  die  semipermeable  Membrane  in  einer  Tiefe 
h  unter  der  Oberfläche  des  Lösungsmittels  und  nennt  man  das 
spezifische  Gewicht  der  Lösung  und  reinen  Flüssigkeit  bzw. 
«j  und  Sq,  so  ist  der  Druck  unmittelbar  innerhalb  der  Membane 

und  unmittelbar  außerhalb: 

(3)  /  =  P„  +  «„Ä, 

wenn  man  voraussetzt,  daß  die  Flüssigkeiten  imkompressibel  sind. 
Bezeichnet  man  den  osmotischen  Druck  mit  n,  so  ist: 

p  =z  n  +p, 
wovon 

(4)  n  =  »,n  +  {s,-s,)h  +  p^-p,. 

Wird  die  Membrane  dh  verschoben,  während  die  freie 
Oberfläche  der  Lösung  unverändert  in  demselben  Niveau  ge- 
halten wird,  werden  die  Drucke  auf  beiden  Seiten  der  Mem- 
brane auf  folgende  Weise  verändert  werden: 


Osmotischer  Druck  und  Dampfspannung.  621 

i^\  f    dp^s^dhy 

\    dp^s^dh\ 
hieraus  folgt: 
(5a)  s^dp  =  s^dp', 

oder,   wenn    die   spezifischen   Volumen   v^    und   v'   eingeführt 
werden: 

üj    dp     =     V'   dp'  y 

so  wie  oben  angegeben. 

Für  den  osmotischen  Druck  erhält  man  auf  ähnliche 
Weise  aus  Gleichung  (4)  und  (6): 

dn  =  hJZJi.dp'  =.SLlilLdp\ 

Planck  leitet  Qleichung  (1)  mittels  der  mechanischen 
Wärmetheorie  ab,  indem  er  gleich  Null  setzt  die  Variation  der 
äußeren  Arbeit,  welche  von  einem  System  ausgeführt  wird, 
das  von  einem  Lösungsmittel  und  einer  Lösung  gebildet  wird, 
wenn  beide  Flüssigkeiten  durch  eine  semipermeable  Membrane 
getrennt  werden,  und  die  Temperatur  und  der  Druck  konstant 
gehalten  werden.  Bei  Bestimmung  der  äußeren  Arbeit  wird 
jedoch  nur  diejenige  Arbeit,  pdv  +  p' dv\  berücksichtigt,  welche 
von  den  Drucken  p  und  p'  auf  die  ft^ien  Oberflächen  bedingt 
wird.  In  der  semipermeablen  Membrane  auf  der  Grenze 
zwischen  den  beiden  Flüssigkeiten  wird  der  Druck  einer  raschen 
Veränderung  unterworfen,  so  daß  die  Drucke  auf  beiden  Seiten 
derselben  einen  endlichen  unterschied,  gleich  dem  osmotischen 
Drucke  erhalten.  Da  die  Lösung  eine  homogene  Flüssigkeit  ist 
sowie  das  Lösungsmittel,  kann  man  sich  diesen  Druckunter- 
schied nur  durch  die  Annahme  erklären,  daß  die  Lösung 
eine  Kraftwirkung  auf  das  Lösungsmittel  in  der  Membrane 
ausübt  Diese  wird  dann  den  Druck  vermehren,  wenn  man 
sich  durch  die  Membrane  bewegt,  ungefähr  so,  wie  die  Schwer- 
kraft den  Druck  vergrößert,  wenn  man  in  eine  schwere  Flüssig- 
keit hinuntersteigt,  und  gleichwie  man  bei  der  Bestimmung 
derjenigen  Arbeit,  welche  ausgeführt  wird,  wenn  eine  schwere 
Flüssigkeit  verschoben  wird,  außer  den  Druckkräften  an  der 
Oberfläche  auch  die  Schwerkraft  berücksichtigen  muß,  so  muß 
man   in   dem   vorliegenden   Falle   zu   der    oben    angegebenen 


622  0.  E.  SchiÖtz. 

Druckaxbeit  noch  die  Arbeit  der  Kraftwirkang  in  der  Membrane 
hinzufügen. 

Wenn  das  System  in  Ruhe  ist  bei  konstanter  Temperator 
unter  dem  Einflüsse  der  Drucke  auf  die  Oberfläche  und  des 
osmotischen  Druckes  —  die  Membrane  als  fest  vorausgesetzt 
—  muß  folglich  die  öesamtarbeit  Ä  bei  einer  kleinen  Verschie- 
bung  gleich  sein^ 

pdv  +  da  +  p'  dv  =  Ä, 
wo  da  ^e  Arbeit  in  der  Membrane  vorstellt.  Der  Ausdruck 
auf  der  linken  Seite  muß  also  zu  variieren  sein^  wenn  man 
die  Verbindung  zwischen  den  Druckveränderungen  dp  imd  dp 
finden  will;  die  Variation  von  da  kann  jedoch  nicht  gleich 
Null  sein,  da  der  osmotische  Druck  sich  mit  dem  Drucke  ändert, 
weshalb  sich  auch  die  Arbeit  in  der  Membrane  mit  diesem 
verändern  muß.  Da  man  das  G-esetz  für  diese  Kraftwirkung 
nicht  kennt,  läßt  sich  diese  Arbeit  nicht  direkt  berechnen. 

Da  der  Druck  innerhalb  der  Lösung  bei  der  semiper- 
meablen Membrane  rascher  wächst,  als  der  Druck  außerhalb 
in  dem  Lösungsmittel,  muß  die  Dampfspannung  der  Lösung, 
wie  wir  weiter  unten  sehen  werden,  von  demjenigen  Drucke 
abhängen,  welchen  eine  Gasmasse  auf  die  Flüssigkeit  ausübt. 

Wir  wollen  annehmen,  man  hat  ein  genügend  hohes,  ge- 
schlossenes Gefäß,  das  einen  Teil  eines  Lösungsmittels  enthält; 
in  diesem  steht  ein  offenes  zylindrisches  Gefäß  mit  einer  Lösung, 
welche  von  dem  Lösungsmittel  durch  eine  horizontale  semi- 
permeable Membrane  getrennt  ist.  Die  Flüssigkeiten  sind  dem 
Einfluß  der  Schwerkraft  unterworfen,  und  die  Lösung  steht 
in  ihrem  Gefäß  so  hoch,  daß  Gleichgewicht  hergestellt  ist, 
woraus  folgt,  daß  der  Dampfdruck  in  dem  Niveau  der  Ober- 
tläche  gleich  ist  der  Dampfspannung  der  Lösung  bei  der  vor- 
handenen Temperatur.  In  dem  Räume  über  der  Flüssigkeit 
soll  sich  jedoch  außer  Dampf  auch  ein  Gas  befinden,  mit  dessen 
Hilfe  der  Druck  verändert  werden  kann. 

Benutzt  man  dieselben  Bezeichnungen  wie  früher  und 
nennt  man  den  Druck  des  Gases  in  der  Oberfläche  der  Lösung 
und  der  reinen  Flüssigkeit  bzw.  y„  und  r/,,,  so  hat  man  für 
die  Drucke  auf  beiden  Seiten  der  Membrane: 

(6)  1     p=^Po  +  %+^'o^' 


Osmotischer  Druck  und  Dampfspannung.  628 

Wird  nun  der  Gasdmck  verändert,  so  daß  der  Druck  auf 
die  Oberfläche  des  Lösungsmittels  mit  dq^  wächst,  so  wird  der 
Druck  auf  die  Oberfläche  der  Lösung  nur  mit  dq^  wachsen, 
wo  rfy^  <  dq^.  Nach  dem  vorhergehenden  soll  jedoch  p  rascher 
wachsen  als  p'.  Bei  einer  Veränderung  des  Gasdruckes  wird 
demnach  Gleichgewicht  nicht  eintreten  können,  ohne  daß  gleich- 
zeitig das  Niveau  der  Lösung  verändert  wird.  Li  der  neuen 
Gleichgewichtsstellung,  welche  auf  diese  Weise  erreicht  wird, 
muß  die  Dampfspannung  der  Lösung  noch  immer  demjenigen 
Dampfdrucke  gleich  sein,  welcher  in  dem  Kaume  über  dem 
Lösungsmittel  in  demselben  Niveau  stattfindet,  wie  die  Ober- 
fläche der  Lösung.  Dies  würde  natürlich  nicht  der  Fall  sein, 
wenn  die  Dampfspannung  der  Lösung  unverändert  bliebe.  Diese 
muß  also  von  dem  Gasdrucke  abhängen;  ist  aber  dies  der 
Fall,  so  muß  dasselbe  auch  von  der  Dampfspannung  des  reinen 
Lösungsmittels  gelten. 

Laut  Gleichung  (6)  erhält  man  dann: 

j    dp=dP^+dq^  +  s,dH, 
^^  \     dp^dP^  +  dq,, 

wo  nach  Gleichung  (5a)  s^dp  =  s^  dp. 

Bezeichnet  man  das  spezifische  Gewicht  des  Gases  und 
des  Dampfes  bei  der  vorhandenen  Temperatur  und  dem  Drucke  k 
bzw.  mit  6  und  rx,  so  ist 

17,  =  7o  «        • 


(9) 


Aus  der  ersten  dieser  Gleichungen  erhält  man: 


dqQ  k   dq^ 

wenn  x  =  (PJF^ 

Berücksichtigt  man  nur  Größen  1.  Grades  bezüglich  der 
kleinen  Größen  a  und  e,  so  kann  man  in  obiger  Gleichung  in 
dem  Ausdrucke  für  dUjdqQ  Glieder  derselben  Ordnung  wie  a 
und  «  außer  Betracht  lassen.  Aus  den  Gleichungen  (7)  und  (8) 
erhält  man  nun: 

(..-:-n-^.)^//-(:;-i)^'/.-(^-^)^f.i 


624  0.  E.  SchiÖtz. 

in  der  Gleichung  (9)  kann  man  demnach  setzen: 

solange  die  Flüssigkeit  weit  von  der  kritischen  Temperatur 
entfernt  ist,  ist  nämlich,  wie  wir  später  sehen  werden,  dP^fdg^ 
von  derselben  Ordnung  wie  a. 

Wird  dies  in  die  Gleichung  (9)  hineingesetzt,  erhält  man 
durch  Integration 

Hier  bezeichnen  P^  und  P^  die  Dampfspannung  der  Lösung 
und  der  reinen  Elüssigkeit  bei  der  gegebenen  Temperatur  und 
einem  Gasdrucke  gleich  Null,  P^  und  Pq  die  entsprechenden 
Dampfspannungen  unter  den  Gasdrucken  q^  und  q^.  Man  hat 
deshalb 


(#)•= 


9» 


Wird  dies  in  die  Gleichung  (10)  eingeführt,  und  setzt  man 

p„  =  p;-(P„'-p„)  =  p;(i-i?„) 

und 

erhält  man  mit  denselben  Annäherungen  wie  früher: 


oder 

(11) 

Der  Ausdruck  auf  der  linken  Seite,  welcher  dem  reinen 
Lösungsmittel  entspricht,  verändert  sich  bei  konstanter  Tem- 
peratur nur  mit  dem  Gasdrucke  q^.  Man  kann  demnach 
setzen : 


%- 

-v,= 

»0    * 

ff 

(7m 
k 

p. 

t 

p,' 

Po 

»0    *    " 

Pn'- 
Pn' 

P. 

-           ■ 

k 

P„'-Po  g     g. 


=  n9o)=f{ln^''") 


Für  ein  und  dieselbe  Lösung  muß  nun  der  Ausdruck  auf 
der  rechten  Seite  der  Gleichung  (11)  auf  dieselbe  Weise  von 
dem  auf  der  Flüssigkeit  ruhenden  Gasdrucke  q^  abhängen,  wie 


Osmotischer  Druck  und  Dampfspannung.  625 

die  linke  Seite  von  dem  entsprechenden  Gasdrucke  q^  abhängt; 
man  muß  deshalb  haben: 

wo  die  Funktion  f  dieselbe  wie  oben  ist. 

Diese   Gleichungen   können    nicht    miteinander   in   Über- 
einstimmung gebracht  werden^  ohne  ()aß: 

f{(j)  =  konst  =  0. 
Gleichung  (11)  teilt  sich  also  in  folgende  zwei  Gleichungen 


(12) 


p.'- 

Po 

n' 

t 

und 

p:  - 

P. 

«0 

%     _     «»0 

'  k          Fo 

a 

^»  _   ^i 

3± 

Po 


Pn  S,         k  V,       P^' 

indem  man  die  spezifischen  Volumen  der  Flüssigkeiten  und 
des  Dampfes  einführt.  Mit  derselben  Genauigkeit^  wie  früher 
angegeben,  kann  man  schließlich  setzen  für  eine  reine  Flüssigkeit 

(13)  n'  -  ^0  =  k'  7. 


und  für  eine  Lösung 


V, 


P'  ^  P   =  ^*    r/ 


Die  erste  dieser  Gleichungen  entspricht  ganz  der  von 
Poynting  früher  gefundenen: 

dP  _    V 

Uq  "  ~V  ' 

r 

Für  eine  reine  Flüssigkeit  kann  man  leicht  eine  genauere 
Gleichung  als  (13)  finden,  wenn  man  die  Flüssigkeit  einen 
umkehrbaren  Kreisprozeß  bei  konstanter  Temperatur  durch- 
machen läßt;  man  findet: 

(P'        P\lv         ^0  +  ^g \  _  ^0  +  ^g  ^ 

WO  Vq  und  Vq  die  spezifischen   Volumen   der   Flüssigkeit   bei 
den   Drucken  P^^  und  P^  +  q  sind. 

(Eingegangen  28.  September  1903.) 


nollzm.inn-Festfchrift.  40 


626 


79.  über  Unregelmäßigkeiten  in  der  Yerteilnng 
Yon  Gasmolekfllen  und  deren  Einflnß  anf  Entropie 

und  Znstandsgleichnng. 

Von  MariAn  v.  Smoluobowski  in  Lemberg. 


§  1.  Während  in  der  Gastheorie  den  Abweichungen  der 
einzebien  Moleknlargeschwindigkeiten  von  dem  Mittelwerte  durch 
Berücksichtigung  des  Verteilungsgesetzes  Rechnung  getragen 
wird,  setzt  man  in  bezug  auf  örtliche  Verteilung  der  MolekQle 
meistens  Gleichförmigkeit  voraus  und  unterschätzt  dabei,  wie 
mir  scheint,  mitunter  den  Einfiufi  der  Ungleichmäßigkeiten  in 
der  örtlichen  Anordnung.  Zur  näheren  Untersuchung  dieses 
ümstandes  möchte  ich  im  folgenden  einige  Anregung  bringen. 

Gehen  wir  von  dem  einfachsten  Beispiele  aus:  Voraus- 
gesetzt sei  ein  ideales  Gas,  also  mit  Molekülen,  deren  Wirkungs- 
sphäre im  Vergleich  zum  mittleren  Abstand  verschwindend  klein 
ist  Von  dessen  Volumen  F  denken  wir  uns  einen  Teil  v  aus- 
geschieden und  fragen  nach  der  Wahrscheinlichkeit,  daß  von 
den  iV^  Molekülen  des  Gases  gerade  die  Anzahl  n  sich  in  v  be- 
findet Da  der  Ort  jedes  Moleküls  ein  von  den  übrigen  un- 
abhängiges Ereignis  darstellt,  dessen  Wahrscheinlichkeit  vjV 
beträgt,  so  ist  die  Wahrscheinlichkeit  für  die  Anwesenheit  be- 
stimmter n  Moleküle  in  v,  bestimmter  (A^  —  n)  in  (^  —  r)  ge- 
geben durch: 

Weil  uns  aber  die  Individualität  der  n  Moleküle  gleich- 
gültig ist,  haben  wir  diesen  Ausdruck  noch  mit  der  Anzahl 
der  Kombinationen  von  iV^  Elementen  zur  n**°  Klasse  zu  multi- 
plizieren, das  ist  mit 


\n}  ""    n\(N-n)\ 


Verteilung  von  Gasmolekülen.  627 

Für  große  Anzahlen  der  Moleküle  kann  man  die  Fakto- 
riellen  angenähert  entwickeln  gemäß: 


n!  =  ^2nn    (yj' 


und  erhält,  wenn  gleichzeitig  v  als  kleiner  Teil  von  F  voraus- 
gesetzt wird,  als  Wahrscheinlicbkeitsquotient : 


(')     ^-^-^Wi^)'--!^) 


ne"-' 


l/2n7i' 


WO  1^  =  NvjV  die  normale,  d.  i.  bei  gleichmäßiger  Verteilung 
auf  das  Volumen  v  entfallende  Anzahl  bedeutet. 

Wenn  sich  der  Zustand  nur  wenig  vom  normalen  entfernt, 
kann  man  n  =  tf(l  +  S)  setzen  und  log  W  nach  Potenzen  von 
Ö  entwickeln,  was  bei  Voraussetzung,  daß  die  Verdichtung  8 
zwar  klein,  aber  immer  noch  groß  sei  im  Verhältnis  zum  Werte 
Ijv,  als  Wahrscheinlichkeit  einer  Verdichtung  zwischen  S  und 
S  +  dS  ergibt: 

(2)  r(J,J  +  rf^«i/^<f-Vrfa. 

Letztere  Beschränkung  ist  bei  einigermaßen  großen  Zahlen 
für  V  ganz  bedeutungslos;  sonst  wäre  der  letztere  Ausdruck 
noch  durch  '^l  +  ö  zu  dividieren.  Die  Summierung  über  alle 
möglichen  Werte  der  Abweichung,  d.  i.  das  Integral  von  (2) 
zwischen  —  oo  und  +  cx)  ergibt  natürlich :  Eins. 

Die  durchschnittliche  positive  oder  negative  prozentuelle 
Abweichung  von  der  normalen  Dichte  beträgt: 

0 

Um  eine  Vorstellung  von  den  tatsächlichen  Verbältnissen 
zu  gewinnen,  nehmen  wir  mit  0.  E.  Meyer  die  Anzahl  der 
Moleküle  für  einen  Eubikcentimeter  Gas  zu  i^ssß.lO^^  an; 
dann  wird  die  durchschnittliche  Abweichung  für  1  cm'  nur 
^10"^^  der  normalen  Dichte  betragen.  Aber  schon  für  mikro- 
skopisch kleine  Dimensionen  wird  sie  merklich  werden;  das 
in  einem  Würfel  von  der  kleinsten  mikroskopisch  auflösbaren 
Größe  [0.2ju]'^  befindliche  Gas,  welches  immerhin  noch  5. 10*Mole- 

40* 


628  M.  V.  Smoluchotüski, 

küle  eDthält,  muß  schon  DichtigkeitsabweichungeD  von  einem 
halben  Promille  aufweisen;  und  sie  werden  natürlich  um  so 
größer  werden,  je  kleiner  der  betrachtete  Raum  v  ist. 

Mittels  direkter  optischer  Interferenzmethoden  ließe  sich 
diese  ^^schwarmartige  Anordnung'^  allerdings  kaum  nachweisen, 
denn  die  optische  Länge  eines  Strahlenbündels  von  jenem  Quer- 
schnitt würde  selbst  bei  Durchlaufen  der  mittleren  Höhe  der 
Erdatmosphäre  nur  um  einen  geringen,  dazu  ungemein  rasch 
wechselnden,  Bruchteil  einer  Wellenlänge  geändert  werden. 

§  2.  Bemerkenswert  ist  auch  der  Fall,  daß  der  betrachtete 
Baum  V  so  klein  angenommen  wird,  daß  man  n  nicht  mehr 
als  große  Zahl  ansehen  darf  (wohl  aber  N  und  ^  —  n);  dann 
muß  man  die  Faktorielle  n!  im  Ausdruck  (1)  behalten  und  er- 
hält Bo  als  Wahrscheinlichkeit  des  Vorkommens  von  n  Molekülen 
innerhalb  v: 

Die  Wahrscheinlichkeiten  des  Vorkommens  yon  keinem^ 
einem,  zwei,  drei  etc.  Molekülen  sind  also: 

(4)  «"%    «'«"•%    —2]-'    ~~8T~  ^^-^ 

deren  Summe  natürlich  gleich  Eins  ist.  Ist  z.  B.  der  Raum 
V  so  klein,  daß  ihm  durchschnittlich  nur  ein  Molekül  zufallt, 
so  ist  die  Wahrscheinlichkeit  für  Null  und  Eins  gleich  groß, 
nämlich  Ije,  aber  natürlich  können  darin  auch  noch  mehr 
Moleküle  vorkommen. 

Für  noch  kleinere  Räume  (also  kleinere  v)  nähert  sich 
die  Wahrscheinlichkeit,  daß  daselbst  nur  ein  Molekül  vorkommt 
dem  Werte  v,  d.  i.  der  Wahrscheinlichkeit,  daß  irgend  ein 
Molekül  vorkommt,  bleibt  aber  davon  um  Glieder  höherer  Ord- 
nung verschieden. 

Beiläufig  sei  noch  erwähnt:  Hat  der  Raum  die  Gestalt 
einer  um  ein  Molekül  als  Mittelpunkt  gelegten  Kugel  r,  so  ist 
der  zweite  jener  Ausdrücke  (4)  zugleich  die  Wahrscheinlich- 
keit, daß  außerdem  noch  ein  zweites  Molekül  gleichzeitig  darin 
vorhanden  ist,  also  daß  Konstellationen  von  zwei  Molekülen  vor- 
kommen, welche  einen  kleineren  Abstand  haben  als  r.    Daraus 


Verteilung  von  Gagmolekülen.  629 

kann  man  die  Anzahl  von  Molekülpaaren  erbalten,  welche  sich 
in  einem  Abstände  zwischen  r  und  r  +  dr  befinden,  nämlich: 

§  3.  Von  einigem  Interesse  ist  die  Modifikation  des  üb- 
lichen Entropiebegriffes,  welche  durch  die  hier  besprochene 
molekulare  Struktur  des  Gases  bedingt  wird.  Würden  wir  die 
„makroskopische"  Entropieformel  S  =  Ä  log  y/«  —  Ä  log  p  (pro 
Masseneinheit)  dazu  benutzen,  um  die  Gesamtentropie  der 
Masseneinheit  aus  den  Entropien  der  einzelnen  Volumenteile 
zu  berechnen  (deren  Größe  wir  zu  v  =  vF/N  voraussetzen),  so 
müßten  wir  berücksichtigen,  daß  die  relative  Anzahl  solcher 
Volumenteile,  wo  die  Dichte  q  im  Verhältnis  1+8  vergrößert 
oder  verkleinert  ist,  durch  Formel  (1)  bestimmt  ist,  somit: 

+  00 
—  OD 

=  5,  -  rJ{1  +  5)log(l  +  S)^^e'^d8, 

somit  angenähert: 

1 


=  S,-Ä 


2v    "^  4v*    ■*" 


worin  Sq  die  normale  Entropie  bedeutet 

Die  „mikroskopische"  Entropie  der  einzelnen  Volumenteile 
ist  also  bald  größer,  bald  kleiner  als  der  Normalwert  bei 
gleichmäßiger  Dichteverteilung;  der  Mittelwert  aber  ist  kleiner 
und  dabei  wesentlich  abhängig  von  der  Größe  der  zur  Sum- 
mierung verwendeten  Volumenteile  (welche  flir  die  Molekül- 
zahl V  maßgebend  ist). 

§  4.  Vergleichen  wir  hiermit  die  Boltzmannsche  kine- 
tische Definition  der  Entropie.  Ihr  zufolge  bedeutet  den  ne- 
gativen Wert  derselben  die  Funktion  H^/flogfdudvdw, 
wo  /*  die  Anzahl  der  Moleküle  ist,  welche  die  Geschwindigkeiten 
u,  V,  w  besitzen.^)     Wird  dieser  Ausdruck  nach  Boltzmanns 

1)  Z.  B.  Gastheorie  1.  p.  38.  59.  Bei  zasammeDgesetzten  Molekülen 
kommen  auch  noch  die  Lage  der  Bestandteile  und  die  betreffenden  Mo- 
mente in  Betracht  2.  p.  21S. 


680  M.  V,  SmoluchowskL 

Vorgang  für  ein  größeres  Volumen,  ohne  Rücksicht  auf  die 
Veränderlichkeit  der  Dichte  innerhalb  der  Volumenteüe  ge- 
bildet^ somit 


r-  ^i/i^r«- 


hmt* 


gesetzt,  so  erhält  man  die  ^^makroskopische''  Entropie;  wird 
jedoch  in  f  die  örtliche  Variabilität  der  Dichte  berücksichtigt, 
so  muß  man  setzen: 

(7)  H'  ^^AxAyAzfflogfdudvdw, 

worin  N  durch  f^(l  +  d)  zu  ersetzen  ist,  und  wobei  sich  die 
Summation  über  sämtliche  Raumteile  erstreckt  Anstatt  diese 
Operation  auszuführen,  kann  man  auch  mit  dem  Wahrschein- 
lichkeitsfjEkktor  (2)  multiplizieren  und  integrieren,  was  zu  dem- 
selben Resultate  führt  wie  (6),  nur  daß  natürlich  H  an  Stelle 
von  —  S  kommt. 

Auch  folgende  Erwägung  führt  zu  demselben  Schlüsse: 
Die  /i-Funktion  wurde  von  Boltzmann  als  Logarithmus 
der  Wahrscheinlichkeit  der  betreffenden  Qeschwindigkeits- 
konstellation  erklärt^)  Die  J9 '-Funktion  hingegen  könnte  man 
—  mit  einer  geringen  Modifikation  —  auffassen  als  Logarith- 
mus der  Wahrscheinlichkeit  gleichzeitiger  Geschwindigkeits- 
und Dichtigkeitsverteilung.  Dieser  ist  gleich  der  Summe  der 
Logarithmen  dieser  zwei  Wahrscheinlichkeitsquotienten,  und 
bezüglich  der  Dichtigkeit  läßt  sich  dann  eine  ganz  analoge 
Betrachtung  anstellen,  wie  betreffs  der  Geschwindigkeit  (1.  c), 
welche  ebenfalls  zu  dem  Zusatzglied  in  Formel  (6)  führt. 

§  5.  Die  //'-Funktion  erreicht  also  nicht  den  Minimalwert, 
welcher  einer  gleichförmigen  Verteilung  und  der  entsprechenden 
//-Funktion  entspricht. 

Die  Bedeutung  dieser  „mikroskopischen'^  Entropiefunktion 
liegt  nun  darin,  daß  das  Gas  tatsächlich  „von  selbst''  eine 
Arbeit  ^[5^  —  S']  leisten  würde,  falls  man  in  einer  Maschine 
die  einzelnen  Volumenteile  (von  der  Größe  v)  bis  zu  gleich- 
förmiger Dichte  expandieren  bez.  komprimieren  lassen  könnte. 
Ein  ähnliches  Vergehen  gegen  den  zweiten  Hauptsatz  würde 
ein  Max  well  scher  Dämon  begehen,  welcher  aber  in  unserem 


1)  Z.  B.  Gastheorie  1.  p.  39. 


Verteilung  von   Gasmolekülen.  631 

Falle  nicht  auf  Oeschwindigkeit,  sondern  auf  Dichtigkeit  der 
Molekülschwärme  zu  achten  hätte.  Statt  dessen  könnte  man, 
wie  einst  einer  meiner  Freunde  bemerkte,  auch  ein  ideales 
einseitig  wirkendes  Ventil  verwenden,  und  wie  oben  gezeigt 
wurde,  brauchte  dasselbe  nicht  einmal  so  außerordentlich  klein 
zu  sein,  um  merkliche  Dichtigkeitsänderungen  zu  erzeugen. 
Allerdings  würden  zu  dessen  Wirkung  außerdem  auch  noch  die 
hier  nicht  näher  berührten  Geschwindigkeitsunterschiede  und 
zeitliche  Unregelmäßigkeiten  beitragen. 

Diese  Überlegungen  führen  offenbar  den  Gedanken  näher 
aus,  daß  der  zweite  Hauptsatz  nur  in  bezug  auf  die  ünyoll- 
kommenheit  unserer  technischen  Mittel  definiert  ist,  ein  Ge- 
dt^nke,  der  übrigens  nicht  der  mechanistischen  Theorie  eigen- 
tümlich ist,  sondern  ebensowohl  bei  der  Entropie  der  Strahlungs- 
erscheinungen auftritt  Sie  haben  somit  nur  gewissermaßen 
theoretische  Bedeutung,  als  kleiner  Beitrag  zu  Boltzmanns 
Interpretation  der  Entropie  als  eines  Wahrscheinlichkeits- 
begriffes; im  folgenden  möchte  ich  aber  zeigen,  daß  die  be- 
sprochenen  Dichtigkeitsunterschiede  in  anderer  Hinsicht  auch, 
wie  ich  glaube,  einen  greifbaren  Einfluß  haben,  nämlich  in  bezug 
auf  die  Zustandsgieichung. 

§  6.  Solange  wir  bei  der  bisherigen  Voraussetzung  von 
verschwindend  kleinen  Punktmolekülen  bleiben,  ist  natürlich 
der  mittlere  Druck  gleich  jenem  wie  er  bei  vollkommen  gleich- 
mäßiger Verteilung  ausgeübt  würde,  was  auch  unmittelbar 
aus  der  Virialgleichung  folgt,  da  dann  das  innere  Virial  ver- 
schwindet. 

Die  Sache  ändert  sich  jedoch,  wenn  wir  die  Moleküle  als 
Eraftzentra  auffassen,  da  dann  die  Berechnung  des  inneren 
Virials  die  Eenntnis  der  durchschnittlichen  Molekülverteilung 
(in  der  Umgebung  jedes  Moleküls)  voraussetzt  und  im  allge- 
meinen von  dieser  abhängig  ist  —  weshalb  ich  auch  z.  B.  die 
auf  Voraussetzung  gleichmäßiger  Massenverteilung  beruhende 
Weinstein  sehe  Methode  der  Virialberechnung  ^)  für  unrichtig 
halte. 

Zum  Zwecke  möglichster  Allgemeinheit  schließen  wir  uns 
der  Max  well  sehen  Behandlungsweise  des  Verteilungsproblems 


1)  Kinetik  und  ThermodTnamik  !•  p.  53. 


682  M,  V.  Smoluchowski, 

•an,  indem  wir  das  Gas  als  ein  allgemeines,  durch  die  ft  =  3  JV^ 
rechtwinkligen  Koordinaten  der  N  Moleküle  und  durch  die 
entsprechenden  Geschwindigkeiten  definiertes  mechanisches 
System  auffassen. 

Die  Wahrscheinlichkeit,  daß  dann  —  ohne  Eücksicht  auf 
die  6esch¥niidigkeiten  —  die  Koordinaten  innerhalb  des  Be- 
reiches jOj  +  dp^p^  +  dp^  . . .  p^  +  dpf^  liegen,  ist  proportional 
dem  Ausdrucke^): 

F  ^  (jP  -  U)^       dp^  dp^...  dp^, 

wo  E  die  unveränderliche  Totalenergie,  U  die  der  betreffenden 
Konstellation  zukommende  potentielle  Energie  bedeutet.  Da 
das  Produkt  je  dreier  Differentiale  mit  dem  Volumenelement 
d(Oy  welches  dem  betreffenden  Moleküle  als  Aufenthaltsort 
zugewiesen  ist,  identisch  ist,  so  können  wir  hierfür  auch 
schreiben : 

(8)  P^iE-ü)^        d(o^dw^...d(Oif. 

■ 

Der  Proportionalitätsfaktor  kann  aus  der  Gesamtsumme 
bestimmt  werden. 

Nebstbei  bemerkt,  kann  man  daraus  natürlich  sofort  wieder 
Formel  (1)  gewinnen,  indem  man  U  ==  0  setzt,  die  ersten 
n  Differentiale  über  den  Raum  v,  die  übrigen  über  F  —  i?  in- 
tegriert und  die  Anzahl  der  Kombinationen  berücksichtigt. 

Sobald  die  potentielle  Energie  Ü  klein  ist  gegenüber  E, 
geht  diese  Formel  bekanntlich^  in  den  berühmten  Boltz- 
mannschen  tf-*^-Satz  über,  welcher  von  seinem  Urheber  für 
den  Fall  bewiesen  wurde,  daß  die  Zahl  der  momentan  in 
Wechselwirkung  stehenden  Moleküle  klein  ist  gegenüber  der 
Gesamtzahl,  also  daß  der  mittlere  Abstand  groß  ist  gegenüber 
der  Wirkungssphäre.')  Diese  Voraussetzung,  welche  das  Unab- 
hängigkeitsgesetz der  Wahrscheinlichkeitsrechnung  anzuwenden 
gestattet,  ist  mit  der  eben  erwähnten  ziemlich  gleichbedeutend. 


1)  L  BoltAmann,  Gastli.  2.  p.  99  (mit  dN^  bezeichnet);  Lord 
Rayleigh,  Phil.  Mag.  49.  p.  112.  1900;  J.  C.  Maxwell,  Papera  2. 
p.  718.  1879. 

2)  J.  C.  Maxwell,  1.  c;  Lord  Rayleigh,  Phil.  Mag.  49.  p.  115.  1900. 
8)  L.  Boltzmann,  Gasth.  2.  p.  106. 


yf 


Verteilung  von  Gasmolekülen.  638 

Im  Gegenfalle  wären  diese  Sätze  im  allgemeinen  nicht 
identisch;  man  könnte  zwar  aus  Maxwells  Satz  eine  Exponen- 
tialformel  erhalten^  jedoch  von  komplizierterer  Art:  Nennt  man 
(f^  das  Potential  des  ersten  Moleküls  in  bezug  auf  die  (m  —  1) 
vorausgehenden, 

m 

Um  =  2  y* 

das  Gesamtpotential  der  Konfiguration  jener  m  Moleküle,  so  er- 
hält man  durch  sukzessive  Zerlegung  nach  Art: 

SN 

den  Ausdruck: 

(9)  P«^  «-(*i'JPi+*t9^+...Ä2ir'»'2,r)dcüirfeö,  .  .  .dco^f, 

worin  die  Koeffizienten 

,                  SN  3JV,.         SN 

h^  =  zTT^ — 5^^ -V  von  zr-^  bis 


2(E-Um-\)  2E  2{E-Ü) 

zunehmen ;  nur  wenn  sämtliche  h  gleich  sind,  also  wenn  V  im 
Vergleich  zu  E  verschwindet,  geht  der  Exponent  m  hV  über, 
d.i.  es  resultiert  der  erwähnte  Boltzmannsche  Satz. 

§  7.  Kehren  wir  nunmehr  zum  Virialsatze  zurück.  Der 
mittlere  Wert  des  inneren  Virials  wird  demnach  erhalten, 
indem  man  nach  Berechnung  des  Virials  Q  =  2rF{r)  und  des 
Potentials  U  als  Funktionen  der  Koordination  der  N  Moleküle 
den  über  den  betreffenden  Raum  zu  erstreckenden  Integral- 
ausdruck bildet: 


U)'^        d  (Ol  d  ü}^  .  .  .  d  (ü^ 


/(^-— - 


Verhältnismäßig  leicht  ist  die  Durchführung  der  Rechnung 
in  dem  erwähnten  Spezialfälle  einer  relativ  kleinen  Wirkungs- 
sphäre (vom  Radius  &)  der  Moleküle,  indem  der  dann  an 
Stelle  von 


684  M.  V,  Smoluchnwski, 

kommende  Ausdruck  tf-*^  in  e"^^wi^\e-^fn  etc.  zerlegt 
und  nach  den  dw  integriert  wird,  wobei  zu  beachten  ist,  daß 
auch  Q  sich  additiv  zusammensetzt  aus  dem  Virial  %f)if  des 
JV^  Moleküls  in  bezug  auf  die  anderen,  und  dem  Virial  Qj^.i 
der  übrigen  N  —\  Moleküle  untereinander,  femer  dass  Virial 
und  Potential  nur  innerhalb  der  Wirkungssphären  a  Yon  Null 
verschieden  sind. 

Mit  Bücksicht  darauf,  daß: 

a 

(11)    r<j-*fl'-rfw^  =  f^-(m-l)[i^-  r<j-*''-4wrȣ/: 

0 

erhält  man  so,  mit  Benutzung  der  Abkürzungen 

0  0 

durch  sukzessives  Integrieren: 

+(iv«2)[r-(iy^-i)«]/S+(iv-i)[r-(iv-2)a]/9} 

etc.  und  nach  analoger  Berechnung  des  Nenners: 

welche  Formel  bei  der  hier  vorausgesetzten  Beschränkung  auf 
eine  kleine  Wirkungssphäre  bez.  ein  verdünntes  Gas  durch 
Vernachlässigung  der  höheren  Glieder  mit  der  von  Boltz- 
mann  abgeleiteten  und  auch  von  Reinganum  benutzten') 
identisch  wird.  Insoweit  kommen  die  räumliche  Anordnung  der 
Moleküle  und  die  hier  besprochenen  Dichtigkeitsunterschiede 
gar  nicht  in  Betracht 


1)  L.  Boltzmann,  Gasth.  2.  p.  156;  M.  Beinganum,  Wied.  Ann. 6« 
p.  583  1901. 


Verteilung  von  Gasmolekülen,  635 

« 

Will  man  sich  nicht  mit  dieser  Annäherung  begnügen,  so 
muß  man  aach  die  höheren  Glieder  der  Entwickelung  berück- 
sichtigen^  außerdem  aber  auch  noch  bedenken,  daß  die  Aus- 
drücke {N  —  l)a,  [N  —  \)ß  und  analoge  zu  groß  geraten  sind, 
indem  die  Möglichkeit  mehrfachen  Durchdnngens  der  Wirkungs- 
sphären, also  mehrfacher  Zusammenstöße  in  obigen  Gleichungen 
nicht  berücksichtigt  wurde.  Dies  gibt  zu  Betrachtungen  Anlaß, 
wie  sie  von  van  der  Waals,  Boltzmann,  Jäger,  Lorentz, 
van  Laar  u.  a.  für  starre  Kugelmoleküle  angestellt  wurden, 
und  welche  zur  Ersetzung  des  RTjv  -^  b  in  der  ursprünglichen 
Gleichung  van  der  Waals  durch  eine  Reihe 

geführt  haben. 

§  8.  Hierauf  wollen  wir  an  dieser  Stelle  nicht  näher  ein- 
gehen, sondern  den  Einfluß  von  Eohäsionskräften  mit  einer 
relativ  großen  Wirkungssphäre  etwas  näher  betrachten,  was  also 
eine  zu  §  7  entgegengesetzte  Voraussetzung  einer  großen 
Wirkungssphäre  der  Molekularkräfte  bedingt  und  wichtige  An- 
wendungen auf  die  Gleichung  van  der  Waals  zuläßt 

Boltzmann  hat  nämlich  gezeigt,  daß  die  van  der 
Waals  sehe  Behauptung,  daß  die  Kohäsionskräfte  sich  im  Innern 
überall  aufheben  und  nur  einen  konstanten  „inneren  Druck"  ag^ 
erzeugen,  welcher  so  berechnet  wird,  als  ob  die  Masse  homogen 
verteilt  wäre,  nur  bei  Voraussetzung  einer  im  Vergleich  zu  den 
mittleren  Abständen  großen  Wirkungssphäre  gerechtfertigt  ist. 
Es  scheint  mir  nun,  daß  die  Gültigkeit  dieser  Methode  noch 
etwas  mehr  eingeschränkt  werden  muß,  nämlich  auf  den  Fall, 
daß  die  Anziehungssphäre  groß  ist  im  Vergleich  zum  Räume, 
innerhalb  dessen  noch  merkliche  Dichtigkeitsunterschiede  vor- 
kommen, und  dies  möchte  ich  im  folgenden  näher  begründen. 

Nehmen  wir  z.  B.  eine  innerhalb  des  Radius  R  gleich- 
mäßig anziehende  Molekularkraft  c  an  (außerhalb  desselben 
verschwindend  klein)  und  denken  wir  uns  den  Raum  in  lauter 
Zellen  von  der  ungefähren  Größe  dieser  Anziehungssphären 

4  TIA* 

zerteilt. 

Falls    auf  jede  Zelle   eine  große  Anzahl  von  Molekülen 


636  M.  V.  Smoluchowskh 

entfällt^  mag  man  immerhin  annehmen^  daß  in  erster  An- 
näherung die  zufällige  Gruppierung  derselben  im  Innern  ohne 
Belang  ist,  und  kann  den  Wert  des  Virials  angenähert  so  be- 
rechnen, als  ob  jede  Zelle  zwar  eine  gewisse  Abweichung  von 
der  Durchschnittszahl  aufweisen  würde,  aber  im  Innern  homogen 
wäre.  Der  betreflende  Beitrag  zum  Gesamtvirial  wird  ofienbar 
die  Form  haben 

An^  4 2nn\ 

wo  n  die  Molekülzahl  der  betreffenden  Zelle,  n  je  einer  an- 
stoßenden Nachbarzelle  (deren  Anzahl  ju)  bedeutet  und  A,  B 
Eonstanten  sind,  die  von  R  und  c  abhängen.  Machen  wir 
weiter  die  für  Homogenität  günstigste  Annahme,  daß  unter  den 
ju  (gleich  zwölf]  Nachbarzellen  ungefähr  gleich  viele  mit  negativem 
wie  positivem  Überschuß  über  die  Normalzahl  v  vorhanden  sind, 
so  daß 

gesetzt  werden  kann,  so  ist  doch  der  aus  der  Zellenteilung 
resultierende  mittlere  Wert  des  Virials 

+  00 

(13)     Q  =  |/^  j[An^  +  £nv]e''TdS=  [A  +  B]v^+  Av 


—  00 


größer  als  der  unter  Voraussetzung  der  Homogenität  berech- 
nete Wert  [A  +  B]  v^.  Somit  käme  zum  Drucke  a  ()^  noch  ein 
Korrektionsglied  +  ag. 

§  9.  Nun  ist  aber  noch  zu  bedenken,  daß  die  hierbei  be- 
nutzte Formel  (2)  hier  zu  kleine  Werte  geben  muß,  da  infolge 
der  Anziehungskräfte  die  Neigung  zur  „Schwarmbildung" 
wachsen  muß.  Es  handelt  sich  also  vorerst  darum,  den  bei 
Existenz  von  derartigen  Kohäsionskräften  an  Stelle  von  (l)und(2) 
zu  setzenden  Ausdmck  fiir  die  Wahrscheinlichkeit  zu  finden,  daß 
n  Moleküle  sich  in  einem  Räume  v  befinden,  welchem  normal- 
mäßig  bloß  die  Anzahl  v  zufallen  sollte.  Dabei  dürfen  wir  in 
Formel  (8)  nicht  mehr  U  als  klein  gegenüber  E  annehmen, 
doch  können  wir  dafür  die  Voraussetzung  einführen,  daß  sich 
das  Potential  U  niemals  weit  vom  Normalwerte  Uq  entfernt, 
den  es  bei  gleichförmiger  Verteilung  besitzen  würde.     Bei  der 


j^ 


Verteilung  von  Gasmolekilen,  637 

Integration  von  (10)  über  alle  möglichen  Werte  sind  allerdings 
auch  solche  Konstellationen  inbegriffen,  wo  z.  B.  sämtliche 
Moleküle  sich  in  einer  Hälfte  von  v  befinden,  die  andere  ganz 
leer  ist,  wobei  also  U  eine  erhebliche  Änderung  erfährt,  aber 
die  Anzahl  solcher  Fälle  extremer  Verdichtung  ist  so  ver- 
schwindend gering,  daß  wir  sie  hier  nicht  zu  berücksichtigen 
brauchen. 

Somit  setzen  wir  U  gleich  dem  Normalwert  U^,  vermehrt 
um  eine  kleine  Größe  8  U  und  entwickeln,  indem  wir  die  Ab- 
kürzung 

3^_ 

benutzen: 


»A 


(14) 


32f  3/.,  .. 


lE^U,^8U\^^[E^U,-\^  [l_|^^J7] 


r*>-?/o)^ 


>  n  j 


Daraus  erhalten  wir  durch  Integration,  ähnlich  wie  an 
der  angefahrten  Stelle  (p.  632),  als  Wahrscheinlichkeit  des 
gleichzeitigen  Vorkommens  von  n  Molekülen  innerhalb  v,  [N^  n) 
innerhalb  [V  -^  v)  einen  dem  Ausdruck 

proportionalen  Wert. 

Um  S  U  zu  berechnen,  gehen  wir  von  einer  im  ganzen 
Räume  V  gleichmäßigen  Verteilung  aus  und  denken  uns  dann 
sukzessive  einzelne  Moleküle  aus  dem  großen  Haume  F  —  r 
in  die  Wirkungssphäre  v  hinein  versetzt  Die  Abnahme  —  da 
die  Kräfte  anziehende  sind  —  des  Potentials  des  gesamten 
Systems  ist  bei  gleichmäßiger  Verteilung  innerhalb  v  und  inner- 
halb F—v  offenbar  gleich  dem  gegenseitigen  Potentiale  der 
in  V  überschüssigen  Moleküle,  also  wenn  wir  die  von  B  und  c 
abhängige  Konstante  C  (von  der  gleichen  Dimension  wie  A) 
einführen: 

SU^  -  C[n  -  i;)«  =  -  Cv^S\ 

Somit  ist  die  Wahrscheinlichkeit  einer  gleichförmigen  Ver- 
dichtung ö  innerhalb  v: 

„5)        „.^'z^f'.r-r-'ä,. 


638  M.  V.  Smoluchoiüski 

die  ähnlich  wie  vorher  in  (18)  zu  berechnende  Vermehrung  des 
Virials  beträgt  nun  pAI{l''2hCp),so  daß  nunmehr  der  innere 
Druck  zu  ersetzen  wäre  durch: 


(16) 


ag* 


1  +  -*' 


Bemerkenswert  ist  hierbei  folgendes:  Die  assoziierende 
Neigung  zur  Schwarmbildung  ist  offenbar  vermehrt,  da  der  Ex- 
ponent in  (15)  gegen  jenen  in  (2)  verringert  ist;  wird  nun  die 
Dichte  (gegeben  durch  v)  so  groß,  oder  die  Temperatur,  welche 
der  Größe  A  verkehrt  proportional  ist,  so  niedrig,  daß  der  Ex- 
ponent von  (15)  positiv  wird,  so  muß  eine  Diskontinuität  eintreten^ 
denn  die  Verdichtungen  werden  dann  je  größer  desto  wahrschein- 
licher (während  zugleich  der  Proportionalitätsfaktor  unbestimmt 
wird).  Das  heißt:  die  Grenze  der  Stabilität  in  bezug  auf  zu- 
fällige Dichteänderungen  ist  überschritten,  und  die  Relation 
zwischen  Volumen  und  Kondensationstemperatur  wäre  in  diesem 
einfachen  Falle  durch  eine  gleichseitige  Hyperbel  gegeben.^) 
Formel  (16)  zeigt  auch  bei  Einsetzen  von  A,  B,  C,  daß  wie 
vorher  erwähnt,  „caeteris  paribus^S  nämlich  bei  gleichem  Werte 
des  Hauptfaktors  des  inneren  Druckes  {A  +  B)v^  die  hier  be- 
sprochenen Erscheinungen  desto  weniger  hervortreten  und  die 
van  der  Waalssche  Berechnungsart  desto  eher  gerechtfertigt 
ist,  je  größer  v,  also  je  größer  die  Wirkungssphäre  ist. 

§  10.  Überlegen  wir  schließlich  noch,  inwiefern  die  räum- 
liche Ausdehnung  der  Moleküle  diese  Schlüsse  moditizieren 
müßte. 

Den  Ausdruck  (8)  transformieren  wir  in  diesem  Falle, 
indem  wir  von  U  sukzessive  für  jedes  Molekül  k  das  zugehörige 
bei  direkter  Berührung  zweier  Moleküle  wirksame  Abstoßungs- 
potential rpj^  abspalten  und  den  Rest,  welcher  noch  das  be- 
treffende Anziehungspotential  enthält,  ebenso  wie  vorher,  als 
von  der  speziellen  Lage  des  Moleküls  innerhalb  des  Raumes  v 
bez.  {F—v)  unabhäDgig  betrachten.  Nun  integrieren  wir  die 
n   ersten   Raumdifferentiale    über   den    kleinen   Raum   v,    die 


1)  Dies  ist  übrigens  nur  eine  untere  Grenze  der  Kondensaticns- 
temperatur,  es  bleibt  noch  zu  untersuchen,  ob  man  nicht  für  eine  andere, 
inhomogene,   Verteilungsart  schon  früher  zu  einem  Grenzwerte  gelangt 


Verteilung  mm  GtumoUkülen, 


689 


übrigen  (N  —  n)  über  den  beliebig  großen  Raum  V  —  v,  nach 
dem  Schema: 

=  (J?-?/,.xp[r-(A-l)«+iJ(Ä-l)»^*]. 

wobei  das  letzte  Olied  in  der  Klammer  die  vom  Zusammen- 
treflFen  dreier  Moleküle  herrührende  Korrektur  darstellt.  ^)  Schließ- 
lich erhalten  wir  {E  —  Uf^yi^  als  Faktor,  welcher  nur  mehr  die 
Anziehungspotentiale  enthält  und  bezüglich  dessen  dieselbe 
Überlegung  Anwendung  findet  wie  in  §  9. 

So  wird  die  endgültige  Wahrscheinlichkeitsformel  gegeben 
sein  durch: 


(17)      r-  e 


2         n 

»  =  0   L 


v—ak  + 


^-n-l  r 


6*     ^    J     *  =  0 


r^v--ak  +  ~ 


17  an* 


64F-r 


Wenn  wir  hiervon  den  Logarithmus  nehmen,  die  Produkte 
in  Summen  auflösen  und  nach  Potenzen  von  cc  entwickeln, 
dabei  noch  bedenken,  daß  Summanden,  welche  nur  das  kon- 
stante N  enthalten,  einflußlos  sind  und  fortgelassen  werden 
können,  so  können  wir  diesen  Ausdruck  in  die  Form  bringen: 


(18) 


v6*  r.        a  r       15  a*  r*       «  .  ^     n 


Die  Abstoßungskräfte  haben  also,  wie  zu  erwarten  war, 

einen  den  Anziehungskräften  entgegengesetzten,   nämlich  ver- 

mindernden     Einfluß    auf    die    Asisoziationsbestrebungen  der 
Moleküle. 

Sonst  bleiben  dieselben  Überlegungen  wie  bei  (13)  und  (16) 
anwendbar,  nur  in  qantitativ  veränderter  Form :  das  Glied  a  q* 
ist  nunmehr  zu  ersetzen  durch  einen  Ausdruck  von  der 
Form: 

6' 


(19) 


aQ' 


1  + 


(^   +  6Q^  +   LQ 


8  _ 


1)  Siehe  diesbezüglich  eine  analoge  Rechnung  Boltzmanns  Gasth. 
2.  p.  167.  173. 


640  M.  von  Smoluchowski, 

und  die  Kondensation  bei  Überschreitung  der  Stabilitätsgrenze 
wird  nicht  wie  vorher;  zu  unendlicher  Verdichtung ,  sondern 
nur  zu  einer  bestimmten  Grenze  fortschreiten.^)  Außerdem  ist 
aber  noch  zu  bemerken,  daß  auch  die  höhere  Potenzen  von 
b  enthaltenden  Glieder  der  Zustandsgieichung  modifiziert 
werden,  doch  schließen  wir,  ebenso  wie  vorher,  diesen  Teil  der 
Untersuchung  aus, 

§  11.^  In  den  letzten  Abschnitten  §§  8 — 10,  welche  ja 
nur  eine  vorläufige  Orientierung  über  die  Wirkung  der  „Schwarm- 
bildung^'  von  Molekülen  bezwecken,  haben  wir  uns  allerdiügs 
von  Strenge  in  der  Durchführung  ziemlich  weit  entfernt,  aber 
es  scheinen  mir  diese  Überlegungen  dennoch  die  Notwendig- 
keit einer  derartigen  Korrektion  des  Gliedes  ag*  eventuell 
auch  der  i-Glieder,  darzutun. 

Es  erübrigt  aber  noch  eine  Schätzung,  inwieweit  diese  Er- 
scheinungen bei  den  wirklichen  Gasen  von  Einfluß  sind.  Dies 
ist  allerdings  dadurch  sehr  erschwert,  daß  wir  noch  keine  ver- 
läßlichen Daten  über  die  Wirkungsweite  der  Molekularkräfte 
besitzen.  Eine  Übereinstimmung  ist  schon  deshalb  nicht  zu 
erwarten,  da  verschiedene  Beobachter  diesen  terminus  in  ver- 
schiedener Weise  interpretieren.  Doch  müssen  wir  wohl  als 
oberste  zulässige  Grenze  den  Wert  5. 10-^  cm  annehmen, 
welchen  Plateau  und  Sohnkegefunden  haben,  ebenso  Quincke, 
dessen  Methode  der  hier  verwendeten  Bedeutung  des  Begriffes 
Wirkungssphäre  vielleicht  am  besten  entspricht.  Drude, 
Reinold  und  ßücker  nehmen  aber  noch  unter  ein  Fünftel 
jenes  Wertes  liegende  Zahlen  an.  Im  ersten  Falle  könnte  man 
bei  Gasen  diesen  Bereich  vielleicht  noch  als  groß  gegenüber 
den  mittleren  Abständen  (^.10"^)  gelten  lassen,  aber  durch- 
aus nicht  als  groß  gegenüber  dem  Bereiche  von  merklichen 
Dichtigkeitsunterschieden;  desto  mehr  gilt  dies  von  der  zweiten 
Schätzung. 


1)  Während  M.  Beinganume  Gleichung  (I.e.)  für  extrem  kleinen 
Bereich  der  Anziehungskräfte  gilt. 

2)  Nach  Beendigung  des  Manuskriptes  wurde  ich  auf  eine  inter- 
essante Arbeit  von  H.  Burburj,  Phil.  Mag.  2«  p.  403.  1901  aufmerksam, 
mit  welcher  die  Ausführungen  der  §$i  6 — 11  manche  Berührungspunkte 
aufweisen  —  freilich  nebstbei  auch  erhebliche  Divergenzen.  Eine  ein- 
gehende Besprechung  würde  hier  zu  weit  fuhren. 


Verteilung  van  Gasmolekükn.  641 

Aus  alledem  resultiert,  daß  die  van  der  Waalssche 
Oleichung  nur  für  den  Fall  extrem  großer  Wirkungssphären 
gültig  ist,  und  daß  im  allgemeinen  bei  Ableitung  der  Zustands- 
gieichung die  assoziierende  Schwarmbildung  der  Moleküle  in 
Rechnung  zu  ziehen  ist,  welche  bei  den  wirklichen  Oasen 
merkliche  Korrektionen  jenes  Gb'edes  ergeben  dürfte. 

Auch  glaube  ich,  daß  die  damit  zusammenhängenden  Sta- 
bilitätsbetrachtungen eine  Lücke  der  üblichen  van  der  Waals- 
schen  XJberlegungen  ausfüllen  dürften,  in  welchen  die  Tatsache, 
daß  nicht  alle  Zustände  der  van  der  Waalsschen  Gleichung 
möglich  sind,  und  daß  es  Grenzen  ftir  Unterkühlung  und  Über- 
hitzung geben  muß,  gar  nicht  zum  Ausdrucke  gelangt 

Lemberg,  Juli  1903. 

(Eingegangen  28.  September  1908.) 


BolUmaon-Festschrift.  41 


642 


80.  Ober  die  Anwendbarkeit  der  Hamiltonschen 
partiellen  Differentialgleichnng  in  der  Dynamik  kon- 

tinnierlich  verbreiteter  Massen. 

Von  Friti  Hasexiöhrl  in  Wien. 


Während  das  Prinzip  der  stationären  Wirkung,  das  Prinzip 
der  kleinsten  Wirkung,  die  Lagrangeschen  Gleichungen,  ob- 
wohl anfangs  nur  für  die  Mechanik  der  starren  Systeme  er- 
dacht, schon  wiederholt  mit  Erfolg  auf  den  verschiedensten 
Gebieten  angewendet  wurden,  hat  die  Hamiltonsche  partielle 
Differentialgleichung  meines  Wissens  bisher  nur  in  ihrem 
eigentlichen  Gebiete,  in  der  Mechanik  starrer  Systeme  An- 
wendung gefunden.  Im  folgenden  habe  ich  versucht  anzudeuten, 
wie  die  Hamiltonsche  Differentialgleichung  in  der  Dynamik 
kontinuierlich  verbreiteter  Massen  verwendet  werden  kann. 
Da  es  sich  hier  nur  um  die  Methode  handelt,  habe  ich  mich 
auf  das  einfachste  hierher  gehörige  Problem,  auf  das  Problem 
der  schwingenden  Saite  beschränkt;  man  überblickt  dann  leicht, 
wie  auch  kompliziertere  Probleme  der  Elastizitätslehre  oder 
auch  Probleme  anderer,  auf  mechanischer  Grundlage  fußen- 
der physikalischer  Disziplinen  nach  der  Hamiltonschen  Me- 
thode behandelt  werden  könnten.  Das  Bemerkenswerte  ist, 
daß  man  hier  zu  einer  Lösung  des  Problems  gelangt,  ohne 
auf  die  „Differentialgleichung  der  schwingenden  Saite"  zu 
stoßen,  wie  ja  auch  in  der  gewöhnlichen  Mechanik  die  Auf- 
stellung der  „Bewegungsgleichungen''  bei  der  Hamiltonschen 
Methode  umgangen  wird. 

Die  Hamiltonsche  Gleichung  lautet  bekantlich: 

(1)  ^^  +  T+r^o. 

Hierin  ist  die  lebendige  Kraft  T  durch  die  Momente  g.  aus- 
zudrücken und  ^ ... 

^  dW 

zu  setzen;  da  F  nur  von  den  Koordinaten  p^  abhängt,  liefert 
uns  (1)  ßF  als  Funktion  der  Koordinaten  p^  und  der  Zeit  t 
Sind  m  Koordinaten  p^  vorhanden,  so  hat  das  allgemeine  Inte- 


HamiltoTische  partielle  Differentialgleichung,  648 

gral  von  (1),  außer  einer  belaDglosen  additiven  Konstante, 
m  willkürliche  Eonstante  A^,  und  die  Integralgleichungen  sind 
dann  die  m  Gleichungen 

^^^  ä^-^»'  1-1,2,...« 

WO  die  ß^  weitere  m  willkürliche  Konstante  darstellen.  Wenn 
der  Satz  von  der  Erhaltung  der  Energie  gilt,  was  auch  bei 
dem  hier  behandelten  Probleme  der  Fall  ist,  kann 

(8)  TT  =  ""  ^ 

gesetzt  werden,  wo  a  eine  Konstante  ist^) 


Wenden  wir  uns  jetzt  dem  Problem  der  schwingenden 
Saite  (dieselbe  sei  an  den  Enden  festgehalten  und  ihre  Länge 
sei  n)  zu,  so  haben  wir  vor  allem  den  Ausdruck  für  die  kine- 
tische Energie  zu  bilden.  Für  den  Augenblick  denken  wir 
uns  die  Saite  noch  aus  einer  großen,  aber  endlichen  Zahl  von 
diskreten  gleichen  Massenpunkten  m  bestehend,  von  denen  n 
auf  die  Längeneinheit  kommen  mögen;  die  Elongation  einer 
solchen  Masse  aus  der  Ruhelage  bezeichnen  wir  vorderhand 
mit  p^\  dann  ist  die  lebendige  Kraft 

An  Stelle  des  Inbegriffs  der  Größen  p^  haben  wir  jetzt 
die  kontinuierliche  Variable  y  einzuführen.  Auf  dem  Element 
dx  der  Saite  befinden  sich  n^/x  Massen;  allen  schreiben  wir 
denselben  Wert  y  der  Elongation  zu,  sie  tragen  alle  in  gleicher 
Weise  zum  Wert  von  W  bei;  daher  hat  auch  öfFjdp^  für 
alle  denselben  Wert,  wofür  wir  jetzt  auch  dH^jdy  schreiben 
können.  Die  auf  dem  Element  dx  befindlichen  Massen  liefern 
also  für  den  Wert  der  lebendigen  Kraft  den  Beitrag 

ndx  /dWy 

Führen  wir  noch  die  Liniendichte  der  Saite  a  =s  nm  ein,  und 
integrieren  diesen  Ausdruck  über  die  Länge  der  Saite,  so  er- 
halten wir  für  die  gesamte  lebendige  Kraft  den  Ausdruck: 


1)  Vgl.  etwa  CG.  Jacobi,  Vorlesangen  über  Dynamik  (19.  Vor- 
lesang)  oder  0.  Rauseuberger,  Mechanik.  1.  p.  204  ß. 

41* 


644  F.  Hasenöhrl 


0  0 

Da  die  potentielle  EInergie  der  Saite  bekanntlich 

n 


^-4/-(Ä)- 


0 

ist^),  so  wird  die  Hamilton  sehe  Gleichung: 

0  0 

Hierin  ist  y  sowohl  als  dependente  als  anch  als  in- 
dependente  Variable  enthalten;  wir  denken  nns  daher  y  nach 
einer  Fourierschen  Reihe  entwickelt,  also 

OD 

(5)  y  SS  "^Cy  sinyg 

1 
gesetzt,  und  wollen  in  (4)  statt  y  die  C^  einführen. 
Vor  allem  erhalten  wir  leicht: 

0  0^  ^ 

Bei  der  Transformation  von  dtyjdy  haben  wir  zu  beachten, 
daß  dieser  Difierentialquotient  so  zu  verstehen  ist,  daß  er  die 
Änderung  von  W  gibt,  wenn  sich  die  Lage  einer  einzigen 
Masse  ändert,  während  alle  anderen  an  derselben  Stelle  bleiben. 
Nun  stellt  bekanntlich 

00 

^  sm  v  a  sm  if  X 

eine  Funktion  dar,  welche  an  allen  Stellen  zwischen  0  und  n 
verschwindet  und  nur  im  unendlich  kleinen  Bereich  zwischen 
X  =  a  und  X  =  a  +  A  den  Wert  €  annimmt.  Wenn  also  y  im 
allgemeinen  unverändert  bleiben  soll,  jedoch  im  Bereich  von 
X  \}\%  X  +  A  um  8y  vergrößert  wird,  so  muß  jeder  Koeffizient 
Cy  der  Entwicklung  (5)  um 


1)  Vgl.  etwa  Lord  Rajleigh,  Theorie  des  Schalles.    Deutsch  von 
£.  Neesen,  1.  p.  184. 


HenmUonsehe  partielle  Differentialgleiehung.  645 

gn  =a =L  gm  V  X 

n 

yermehrt  werden;  wir  können  also 

-5 —  =  —  sin  V  X 
oy  n 

setzen.  Hierin  haben  wir  noch  ftir  J  die  von  einer  Masse 
okkupierte  Länge,  also  1/n  einzuführen.    Wir  erhalten  also 

(Der  Ausdruck  n{dWldy)  bleibt  also  stets  endlich,,  welchen 
Wert  auch  immer  n  annimmt,  was  ja  von  vornherein  klar 
war.)     Somit  wird: 


n  n 


00  00 


J  '^^ l« yjr)  =  ^ J  '^' ^, ''°  *' M  =  n-2 (öo;j  ■ 

0  0 

Wir  erhalten  also  an  Stelle  von  (4): 


CO  00 


Hierin  setzen  wir  nun 


00 


wobei  die  Ay  ganz  willkürliche  Konstanten  sind,  welche  nur 
der  obigen  Bedingung  genügen,  also  eine  konvergente  Zahlen- 
folge bilden  müssen.     Dadurch  wird  die  obige  Gleichang: 


00 


(6) 


und  man  erkennt  nun  leicht,  daß  sich  das  Integral  dieser 
Gleichung  als  eine  Summe  von  Gliedern  darstellen  läßt,  deren 
jedes  bloß  Funktion  eines  einzigen  £>  ist.     Wir  erhalten  also 


(7) 


646     F.  Hasenohrl,      Hamiltansche  pari,  Differentialgleichung. 

(Das  vorletzte  Glied  ergibt  sich  aus  (8).)  Denken  wir  uns 
entsprechend  (5)  C^  durch  seinen  Wert  ersetzt: 

C^  =  —  /  ysixivxdx , 

0 

so  sehen  wir,  daß  W  durch  y  und  t  ausgedrückt  ist.  Femer 
ist  (7)  das  allgemeine  Integral  von  (6),  da  es  ebensoviel  will- 
kürliche Konstanten  [A,)  enthält,  als  independente  Variabele 
(Cy)  vorhanden  sind. 

Die  Integralgleichungen  des  Problems  erhalten  wir  durch 
Bildung  von 

S  =  T  l/^  »rc8in  (»  C,  j/ij)  -t=B,, 

wo  B^  wieder  eine  willkürliche  Eonstante  ist  Setzen  wir  noch 
zur  Kürze 


)/?=« 


iZ-y-^ COS va.B^=^  M^ 


und 

V 

2^ 

V 

SO  läßt  sich  die  letzte  Gleichung  umformen  in 

n 

2  r    . 

Cy  =  ^  /  ywivxdx:=M^%mvat  +  N^  cos  vat 

J  (v  =  1,  2,  3  ...  od) 

0 

und  zwar  stellen  uns  diese  Gleichungen  das  vollständige  Inte- 
gralsystem des  Problems  dar;  wir  können  sie  gemäß  (5)  in 
eine  Gleichung  zusammenfassen: 


OD 


y  =a  2  sin jr (3/j sinv at  +  N^ cos vafj 

und    dies    ist    bekanntlich    die   allgemeinste  Lösung    unseres 
Problems. 

(Eingegangen  28.  September  190S.) 


647 


81.  Photographische  Abbildnngen  elektrisehei 

Sehwingungen. 

Von  B.  Walter  in  Hamburg. 


Bei  der  groben  Bedeutung,  welche  die  elektrischen 
Schwingungen  sowohl  in  theoretischer  als  auch  in  praktischer 
Hinsicht  besitzen,  dürfte  die  Wiedergabe  einiger  photographischer 
Darstellungen  dieses  Phänomens,  die  von  mir  mit  einem  f&r 
andere  Zwecke  konstruierten  Apparate  gelegentlich  aufgenommen 
wurden,  um  so  mehr  erwünscht  sein,  als  außer  den  Uassischen 
Abbildungen  Feddersens^)  bisher  kaum  irgend  welche  Bilder 
dieser  Art  veröffentlicht  zu  sein  scheinen  und  als  auch  jene 
Abbildungen  selbst  nur  lithographüehe  Reproduktionen  der 
Originalnegative  darstellen. 

Der  Apparat,  mit  welchem  meine  Aufnahmen  gewonnen 
wurden,  bestand  in  der  Hauptsache  aus  einer  sehr  schnell  in 
ihrer  Ebene  rotierenden  photographischen  Platte,  auf  deren 
Randteilen  mit  Hilfe  eines  photographischen  Objektivs  das  Bild 
desjenigen  Funkens  entworfen  wurde,  welcher  den  Schwingungs- 
vorgang zur  Darstellung  bringen  sollte.  Um  dabei  eine  mög- 
lichst große  Tourenzahl  der  rotierenden  Platte  zu  erreichen, 
war  die  letztere  auf  einer  besonderen  auf  Stahlspitzen  laufenden 
Achse  angebracht,  die  von  einem  Motor  durch  einen  Schnurlauf 
mit  einem  Übersetzungsverhältnis  1 : 5  angetrieben  wurde  und 
sich  bei  16  cm  Plattendurchmesser  bis  auf  150  Umdrehungen 
in  der  Sekunde  bringen  ließ.  Diese  Geschwindigkeit  genügte, 
um  in  der  Randgegend  der  Platte  Schwingungen  bis  zu  ein 
dreihunderttausendstel  Sekunde  Schwingungsdauer  oder  1  km 
Wellenlänge  hinab  zu  deutlicher  Darstellung  zu  bringen.  Ein 
zweiter  Schnurlauf  verband  die  Achse  mit  einem  Tachometer, 
so  daß  sich  die  Zahl  der  Umläufe  derselben  unmittelbar  ab- 
lesen und  somit  auch  aus  der  Lage  und  Ausdehnung  der  auf- 
genommen Funkenbilder  die  Schwingungsdauer  berechnen  ließ. 


1)  W.  Feddersen,  Pogg.  Ann.  116.  p.  182.  1862. 


648  B.   WaUer. 

In  den  Figg.  1  und  2  sind  zwei  solche  Funkenbilder  in 
resp.  10  und  6'/,  tacher  linearer  Yergröfierung  der  Onglnal* 
oegatire  wiedergegeben,  ond  zwar  bestand  der  Scb^rüigungg. 


Fig.  2. 

kreis  in  beiden  Fällen  außer  der  Funkenatrecke  aus  je  einer 
Batterie  Leydoner  Flascken  als  Kapazität  und  Je  einer  Eupfer- 
drahtspule  ohne  Eisenkern  als  Selbstinduktion.     Die  Größen- 


Abbildungen  elektr,  Schwingungen.  649 

werte  der  ersteren  waren  schon  früher  einmal  von  mir  auf 
ballistischem  Wege  zu  resp.  2,73  und  1,11.10"*^  Farad  be- 
stimmt worden,  während  die  Selbstinduktionskoeffizienten  der 
benutzten  Spulen  aus  ihren  Dimensionen  zu  resp.  8,41.10~^ 
und  1,07.10"*  Henry  berechnet  wurden.  Die  Kombinationen 
waren  so  gewählt,  daß  das  Produkt  aus  Kapazität  und  Selbst- 
induktion, d.  h.  also  auch  die  Schwingungsdauer,  in  beiden 
Fällen  angenähert  gleich  sein  mußte,  während  im  ersten  Falle 
(Fig.  1)  die  Kapazität,  im  zweiten  (Fig.  2)  die  Selbstinduktion 
vorwiegen  sollte.    Tatsächlich  ergibt  sich  aus  der  Formel 


r=2;ryzc 

bei  den  beiden  in  Rede  stehenden  Fällen  nach  den  oben 
angegebenen  Werten  von  L  und  C  für  T  resp.  1,92  und 
2,16.10"^  Sekunden,  während  die  Ausmessung  der  Original- 
negative  resp.  1,86  und  2,12.10-^  Sekunden  lieferte. 

Die  Ladung  der  Leydener  Flaschen  wurde  in  beiden 
Fällen  dadurch  bewerkstelligt,  daß  dieselben  mit  den  beiden 
isolierten  Polen  der  Sekundärspule  eines  Induktionsapparates 
von  80  cm  maximaler  Schlagweite  verbunden  wurden  und  daß 
der  auf  einen  bestimmten  Wert  gebrachte  Primärstrom  dieses 
Apparates  durch  einmaliges  Herausziehen  eines  amalgamierten 
Kupferstiftes  aus  einem  Quecksilbergefäß  unterbrochen  wurde. 
Die  Unterbrechungsstelle  selbst  lag  dabei  unter  Petroleum  und 
war  außerdem  mit  einem  Paraffinpapierkondensator  von 
0,5  Mikrofarad  Gleichstromkapazität  verbunden. 

Die  Entladung  der  Flaschen  femer  geschah  unmittelbar 
im  Anschluß  an  deren  Ladung  selbsttätig,  indem  nämlich  die 
Länge  der  Funkenstrecke  des  Schließungskreises  von  vornherein 
so  bemessen,  bez.  die  primäre  Stromstärke  so  einreguliert 
wurde,  daß  die  Entladung  vor  sich  gehen  mußte.  Diese  Länge 
betrug  20  mm  bei  der  Fig.  1  und  84  mm  bei  der  Fig.  2. 
Nehmen  wir  an,  daß  die  Spannungen,  welche  die  Flaschen  im 
Augenblick  der  Entladung  hatten,  diesen  Funkenlängen  pro- 
portional gehen,  —  was  allerdings  nur  annähernd  zutrifft  — , 
so  würde  demnach  die  sich  in  der  Fig.  1  entladende  Elek- 
trizitätsmenge 

20:2,'A  =  i,5mal 

84.1,11  ' 


650  B.   H^alter. 

80  groß  gewesen  sein  wie  die  der  Fig.  2.  Tatsächlich  macht 
denn  auch  die  Entladung  der  ersten  Figur  einen  viel  kräftigeren 
Eindruck  als  die  der  zweiten  und  hat  auch  —  nach  den  Licht- 
erscheinungen an  den  Polen  der  Funkenstrecke  zu  schließen  — 
etwa  anderthalbmal  so  lange  gedauert  wie  diese ,  nämlich 
8,5  .  10-*  gegen  2,3  .10-*  Sekunden. 

Die  Pole  der  Funkenstrecke  bestanden  aus  zwei  senkrecht 
übereinander  stehenden,  zugeschärften  Platindrähten;  und  zwar 
zeigen  die  Abbildungen  dieselbe  über  Kopf,  d.  h.  die  oberen  Be* 
grenzungen  derselben  entsprechen  dem  unteren  Pole  des  Funkens 
und  umgekehrt.  Bei  der  Entladung  der  Fig.  l  femer  war  die 
obere,  bei  der  Fig.  2  die  untere  Elektrode  der  Funkenstrecke 
mit  dem  positiven  Pole  des  Induktors  verbunden.  Dies  ergibt 
sich  übrigens  auch  aus  den  Figuren  selbst  sofort  daraus,  daß 
bei  der  ersten  Halbschwingung  dieser  Entladungen,  die  auf  der 
linken  Seite  jeder  Abbildung  zu  suchen  ist,  das  hellere  nega- 
tive GlimmUcht  sich  in  der  Fig.  1  auf  der  oberen  und  in  der 
Fig.  2  auf  der  unteren  Seite  des  Bildes  zeigt.  Bei  der  zweiten 
Halbschwingung  Uegt  dann  dieses  Glimmlicht  in  beiden  Figuren 
auf  der  entgegengesetzten  Seite  der  Funkenbahn,  bei  der 
darauffolgenden  wieder  auf  der  ursprünglichen  etc.,  so  daß 
also  dieses  Phänomen  gleichzeitig  den  Beweis  dafür  liefert,  daß 
wir  es  hier  wirklich  mit  einer  zwischen  den  beiden  Belägen 
der  angewandten  Kapazitäten  hin  und  her  schwingenden  Be- 
wegung der  Elektrizität  zu  tun  haben. 

Dieses  Glimmlicht  ist  femer  —  besonders  bei  der  stärkeren 
Entladung  der  Fig.  1  —  mit  einer  jedesmaligen  Abschleuderung 
von  glühenden  Metallteilchen  verbunden;  ja  die  erwähnte  Ab- 
bildung läßt  uns  sogar  ohne  weiteres  die  Geschwindigkeiten 
dieser  Bewegung  ermitteln,  da  der  sich  in  horizontaler  Rich- 
tung markierende  Schwingungsvorgang  die  Zeitabszissen  und 
die  vertikalen  Abstände  der  kometenartigen  Schweife  von  den 
Elektroden  die  zurückgelegten  Strecken  angeben.  Man  findet 
auf  diese  Weise,  daß  jene  Geschwindigkeit  in  der  Fig.  1  in 
der  Nähe  der  Elektroden  etwa  80  m  pro  Sekunde  betragen, 
in  einigen  Millimeter  Abstand  davon  aber  schon  ganz  er- 
heblich abgenommen  haben  muß,  wie  ja  auch  aus  dem  ge- 
krümmten Verlaufe  jener  Schweife  hervorgeht.  Zu  bemerken 
ist  hierbei  noch,   daß  diese  Abschleuderungen  nicht  gleich  zu 


Abbildungen  elektr,  Schwingungen.  651 

Anfang  der  Entladung,  wo  doch  die  elektrische  Strömung 
zweifellos  ihren  größten  Wert  besessen  hat,  zu  erkennen  sind, 
sondern  erst  nach  Verlauf  von  ein  bis  zwei  Schwingungen,  ein 
Umstand,  der  wohl  darauf  zurückzuführen  ist,  daß  die  ab- 
geschleuderten Teilchen  erst  dann  sichtbar  werden,  wenn  sie 
von  einer  glühend  gewordenen  Elektrode  stammen  und  also 
selbst  glühend  sind,  und  daß  eben  das  Glühen  der  Elektroden 
erst  allmählich  im  Verlaufe  der  Entladung  eintritt 

Schließlich  möchte  ich  noch  erwähnen,  daß  der  Anfangs- 
funke, welcher  die  ganze  Entladung  einleitet,  nach  der  Seite 
des  negativen  Poles  hin  erheblich  kräftiger  erscheint  als  auf 
der  andern,  eine  Erscheinung,  die  besonders  deutlich  bei  dem 
längeren  Funken  der  Fig.  2  hervortritt  Dieselbe  erklärt  sich, 
wie  ich  an  einer  andern  Stelle^)  ausführlich  dargelegt  habe, 
aus  der  Art  der  Entstehung  eines  elektrischen  Funkens  durch 
stoßweise  auftretende  und  allmählich  immer  länger  werdende 
positive  und  negative  Vorentladungen.  Von  den  letzteren  sind 
nämlich  die  positiven  erheblich  länger  als  die  negativen;  und 
so  kommt  es,  daß  der  zuletzt  fertig  werdende  Teil  der  Funken* 
bahn  dem  negativen  Pole  erheblich  näher  liegt  als  dem  posi- 
tiven. Dieser  Teil  der  Bahn  ist  nun  aber  dann,  weil  er  noch 
nicht  von  Vorentladungen  durchsetzt  ist,  auch  noch  nicht  so 
gut  ionisiert  wie  die  übrigen  Teile  derselben,  besitzt  also  auch 
einen  erheblich  größeren  Widerstand  als  diese  und  erhitzt  sich 
daher  auch  beim  schließlichen  Durchbruch  des  Funkens  in  ent- 
sprechendem Maße  mehr  als  sie,  wie  dies  die  Figur  zeigt. 

Hamburg,  Physik.  Staatslaboratorium. 


1)  Jahrbuch  d.  Hamb.  WiBsensch.  Anstalten.  Bd.  20.  1908. 

(Eingegangen  28.  September  1908.) 


652 


82.  Über  das  sogenannte  .^Nachschanen''  yon  Bildern. 

Von  Felix  M.  Bxner  in  Wien. 


Als  ich  vor  kurzem  das  Glück  hattte,  in  der  Sixtinischen 
Kapelle  in  Born  die  Deckengemälde  Michelangelos  zu  be- 
trachten, wurde  ich  beim  Anblick  des  Propheten  Jonas  in 
der  Wölbung  der  Stirnwand  der  Kapelle  von  neuem  auf  eine 
Erscheinung  aufmerksam,  die,  ziemlich  auffallend  und  unter 
dem  Namen  des  „Nachschauens^*  besonders  bei  Porträts  be- 
kannt, meines  Wissens  bisher  keine  genügende  Erklärung  ge- 
funden hat,  obwohl  letztere  sehr  naheliegend  zu  sein  scheint. 
Zweck  der  folgenden  Zeilen  ist  es,  auf  die  Erscheinung  und 
ihre  Ursache  das  Augenmerk  zu  lenken.  Es  soll  sich  hier 
aber  nicht  nur  um  das  eigentliche  „Nachschauen^^  des  dar- 
gestellten Auges,  sondern  auch  um  das  Nachdrehen  verschiedener 
anderer  Gegenstände  handeln. 

Wenn  man  an  einem  Wandgemälde  vorübergeht  und  im 
Gehen  dasselbe  im  Auge  behält,  so  kommt  es  häufig  vor, 
daß  man  den  Eindruck  hat,  die  im  Gemälde  dargestellte 
Person  folge  einem  mit  den  Augen  nach  zu  jedem  Punkte, 
nach  dem  mau  sich  begibt  Dieser  Eindruck  ist  oft  so  auf- 
fallend, daß  man  iu  Galerien  und  Musecu  bei  einzelnen  Porträts 
auf  die  Erscheinung  als  eine  besondere  Sehenswürdigkeit  hin- 
gewiesen wird.  Tatsächlich  ist  sie  bei  jedem  Porträt,  dessen 
Augen  auf  den  Beschauer  gerichtet  sind,  vorhanden.  Daß  sie 
aber  nicht  eine  besondere  Eigentümlichkeit  der  Augen  allein 
ist,  ergibt  sich  bald  daraus,  daß  man  sie  auch  bei  Gemälden, 
die  andere  Gegenstände  oder  Landschaften  darstellen,  beob- 
achten kann,  wenn  die  Verhältnisse  dazu  günstig  sind,  wie 
dies  z.  B.  bei  dem  genannten  Jonas  der  Fall  ist,  den  das 
Bild  sitzend  in  ganzer  Gestalt  mit  seitlich  gewandtem  Ge- 
sicht zeigt. 

Die  Bedingungen  zum  Zustandekommen  der  Erscheinung 
liegen  teils  in  der  Farbengebung,  zum  größeren  Teile  aber  in 
der  perspektivischen  Zeichnung.    Die  erstere  Ursache  tritt  be- 


'V 


NaehMchauen  von  Bädern.  668 

sonders  beim  ^^Nachschauen''  der  Angen  ani^  bei  dem  Teile  der 
Erscheinung,  nach  welchem  man  die  ganze  wohl  benennt  Da- 
durch, daß  der  Maler  dem  dargestellten  Auge  OlanzUchter 
aufgesetzt  hat,  die  den  Eändruck  des  dem  Auge  Gegenüber- 
stehens im  Beschauer  erwfecken,  wird  diese  Wirkung  in  jeder 
Blickrichtung  erreicht  ^)  Sie  geht  aus  der  Tatsache  hervor,  daß 
beim  Bilde  von  verschiedenen  Standpunkten  doch  immer  die- 
selben Teile  eines  dargestellten  Körpers  sichtbar  sind,  nicht 
wie  bei  der  Plastik  stets  neue.  Die  für  den  allgemeineren  Teil 
der  Erscheinung  maßgebenden  Bedingungen  in  der  Perspektive 
sind  die  folgenden:  Es  muß  das  Bild  einen  Gegenstand  mit 
scheinbar  großer  Erstreckung  in  den  Hintergrund  bei  hoher 
oder  tiefer  Lage  des  Augenpunktes  darstelleUi  was  durch  ver- 
kürzte Zeichnung  in  der  Höhenrichtung  erreicht  wird,  und 
außerdem  beiderseits  von  demselben  in  der  Bildfläche  unverkürzt 
liegende  Gegenstände  im  Vordergrund,  welche  diese  Fläche 
deuüich  zum  Ausdruck  bringen. 

Denkt  man  sich  die  Bildebene  vertikal,  so  wird  dann  die 
große  f^rstreckung  nach  rückwärts  durch  eine  solche  in  der 
vertikalen  dargestellt,  die  Erstreckung  im  Vordergründe  in  oder 
parallel  zur  Bildfläche  durch  eine  horizontale,  vorausgesetzt, 
daß  die  Blickrichtung  senkrecht  auf  der  Bildfläche  steht  Wird 
nun  die  Blickrichtung  gedreht,  indem  man  z.  B.  rechts  oder 
links  am  Bilde  vorübergeht  und  zurücksieht,  so  bleiben  bei 
der  hier  stattfindenden  Centralprojektion  vom  Auge  aus  zwar 
alle  vertikalen  Geraden  vertikal,  die  in  der  Bildfläche  horizon- 
talen oder  schiefen  ändern  aber  ihre  scheinbare  Lage.  Der 
Erfolg  ist  der,  daß  die  ursprünglich  vertikal  nach  aufwärts  ge- 
richtete Tiefenerstreckung  auch  jetzt  noch  vertikal  bleibt  und 
folglich  auch  jetzt  noch  den  betrefi'enden  Gegenstand  zwar 
schmäler  aber  in  derselben  vom  Auge  gerade  weggerichteten 
Erstreckung  nach  rückwärts  zeigt,  während  die  früher  hori- 
zontale Erstreckung  am  entfernteren  Bildende  jetzt  so  ver- 
schoben ist,  daß  sie  perspektivisch  gesehen  ihre  alte  Lage  bei- 
behalten hat. 

So  ergibt  sich,  daß  der  Gegenstand  mit  Tiefenerstreckung 


1)  Schon  £.  Bracke  hat  dieses  Nachschauen  daraus  erklärt,  daß 
sich  der  Beschauer  in  der  Vontellung  vor  das  Bild  versetzt  (nach  einer 
mfindlichen  Mitteilung). 


654 


F,  M,  Exner. 


sich  dem  vorüberbewegten  Ange  des  Beobachters  nachzudrehen 

scheint^  während  der  übrige  Teil  des  Bildes  unverändert  bleibt. 

Ein  deutliches  Beispiel  für  diese  geometrischen  Verhältnisse 

ist  die  in   Fig.  1    schematisch    dargestellte   Straßenkreuzung. 


■  ■!■■ 


Fig.  1. 


Fig.  2. 


Fig.  8. 


Es  ist  eine  der  Bildfläche  parallele  horizontale  Straßenfront  im 
Vordergrunde  gedacht,  auf  welcher  eine  nach  rückwärts  ver- 
laufende Straße  senkrecht  steht  Die  gedachte  Mittellinie  der 
letzteren  verläuft  hier  vertikal.  Bewegt  man  sich  an  diesem 
Bilde  von  der  Mitte  aus  nach  einer  Seite  vorbei  und  betrachtet 


Nachschauen  von  Bildern,  665 

es  unterdessen,  so  scheint  die  Straße  sich  dem  Auge  nach- 
zudrehen und  stets  direkt  auf  dasselbe  zuzulaufen,  während 
die  im  Vordergrund  durch  die  beiden  Eckhäuser  angedeutete 
Häuserreihe  ihre  Lage  beibehält  Die  Figg.  2  und  3  zeigen 
nun,  wie  sich  Fig.  1  von  der  linken  resp.  rechten  Seite  des 
Beobachters  aas  gesehen  darstellt  Die  Straße  verläuft  noch 
vertikal  nach  aufwärts,  die  vordere  Front  aber  hat  sich  ge- 
dreht, so  daß  sie  mit  der  ersteren  auf  Fig.  2  an  der  rechten 
Ecke,  auf  Fig.  3  an  der  linken  einen  stumpfen  Winkel  nicht 
nur  tatsächlich  bildet,  sondern  auch  perspektivisch  gesehen  zu 
bilden  scheint.  Fig.  2  ist  unter  einem  Winkel  von  61  ^ 
Fig.  3  von  57^  gegen  die  senkrechte  Blickrichtung  auf- 
genommen. 

Was  die  Größe  der  scheinbaren  Drehung  betrifft,  so  ist 
sie  verschieden  je  nach  dem  Winkel,  den  die  sich  drehende 
Linie  mit  der  Vertikalen  einschließt 

Nimmt  man  der  Einfachheit  halber  eine  Orthogonal- 
projektion an,  so  ist,  wenn  a  den  Winkel  bedeutet,  um  den 
sich  die  Blickrichtung  von  der  auf  die  Bildfläche  Normalen 
aus  gedreht  hat,  und  ^^  die  Neigung  der  betrachteten  schiefen 
Geraden  zur  Vertikalen  in  der  Bildfläche,  zunächst  <p=^^o  cos  a 
der  Winkel,  den  diese  beiden  Geraden  in  der  Projektion  mit- 
einander bilden.  Die  scheinbare  Drehung  ist  für  eine  Hori- 
zontale Null,  für  eine  Vertikale  aber  cc,  oder  gleich  der  ganzen 
Drehung  der  Blickrichtung,  für  eine  schiefe  Gerade  sei  sie  t//; 
dann  kann  man  setzen  dif)  ^  cos'(pdu,  welche  Gleichung  ver- 
bunden mit  der  vorhergehenden  die  Beziehung  zwischen  Blick- 
drehung und  Drehung  der  perspektivischen  Linie  darstellt 

Bei  der  Centralprojektion  hängen  die  Beziehungen  natür- 
lich auch  von  der  Entfernung  des  Auges  ab  und  sind  kom- 
plizierter. Hingegen  tritt  die  besprochene  {Erscheinung  bei 
einer  solchen  deswegen  deutlicher  hervor,  weil  die  horizontalen 
Linien  in  der  Projektion  nicht  horizontal  bleiben,  sondern  durch 
ihre  projektivische  Veränderung  das  Beibehalten  der  früheren 
Bildfläche  viel  deutlicher  machen,  als  dies  bei  der  Orthogonal- 
projektion der  Fall  ist,  wo  die  horizontalen  Linien  sich  nur 
verkürzen  und  nur  durch  die  Verkürzung  jener  E^indruck  zu- 
stande kommen  muß. 

(Eingegangeo  28.  September  1908.) 


656 


83.  Was  ist  eine  Funktion? 

Von  Q.  Frege  in  Jena. 


Welche  Bedeutung  das  Wort  „Punktion"  ^)  in  der  Analysis 
habe,  ist  noch  nicht  über  jeden  Zweifel  erhaben ,  obwohl  es 
seit  langer  Zeit  in  häufigem  Gebrauche  steht  In  den  Er- 
klärungen finden  wir  zwei  Ausdrücke  immer  wiederkehrend^ 
teils  miteinander  verbunden,  teils  einzeln,  den  des  Rechnungs- 
ausdrucks und  den  der  Veränderlichen.  Auch  bemerken  wir 
einen  schwankenden  Sprachgebrauch,  indem  bald  das,  was  die 
Art  der  Abhängigkeit  bestimmt  oder  vielleicht  die  Art  der  Ab- 
hängigkeit selbst,  bald  die  abhängig  Veränderliche  Funktion 
genannt  wird. 

In  neuerer  Zeit  überwiegt  in  den  Definitionen  das  Wort 
„Veränderliche^^  Aber  dieses  ist  selbst  der  Erklärung  sehr 
bedürftig.  Jede  Veränderung  geht  in  der  Zeit  vor  sich.  Da- 
nach müßte  sich  die  Analysis  mit  einem  zeitlichen  Geschehen 
beschäftigen,  indem  sie  Veränderliche  ihrer  Betrachtung  unter- 
wirft. Nun  hat  sie  aber  mit  der  Zeit  nichts  zu  schaflFen ;  denn 
daß  sie  auf  zeitliche  Vorgänge  angewendet  werden  kann,  tut 
nichts  zur  Sache.  Auch  kommen  Anwendungen  der  Analysis 
auf  Geometrie  vor,  bei  denen  die  Zeit  ganz  außer  Betracht 
bleibt.  Dies  ist  eine  Hauptschwierigkeit,  auf  die  wir  immer 
wieder  stoßen,  wenn  wir  an  der  Hand  von  Beispielen  der 
Sache  auf  den  Grund  kommen  wollen.  Denn  sobald  wir  ver- 
suchen eine  Veränderliche  anzugeben,  werden  wir  auf  etwas 
verfallen,  was  sich  in  der  Zeit  ändert  und  also  der  reinen 
Analysis  nicht  angehört  und  doch  muß  es  möglich  sein  eine 
Veränderliche  aufzuzeigen,  die  nichts  der  Arithmetik  Fremdes 
mit  sich  fiihrt,  wenn  überhaupt  Veränderliche  Gegenstände 
der  Analysis  sind. 


1)  Diese  Betrachtung  soll  auf  FunktioneD  mit  einem  einzigen  Argu- 
mente beschränkt  sein. 


JTas  ist  eine  Funktion?  657 

Liegt  80  schon  in  det  Yeränderutig  eine  Schwierigkeit,  so 
stoßen  wir  auf  eine  neue,  wenn  wir  fragen,  was  sich  verändere. 
Man  erhält  zunächst  als  Antwort:   eine   Größe.     Suchen   wir 
ein  Beispiel!     Wir  können  einen  Stab  eine  Oröße  nennen,  so- 
fern er  lang  ist.     Jede  Veränderung   des  Stabes  hinsichtlich 
seiner  Länge,  wie  sie  z.  B.  durch  Erwärmung  erfolgen  kann, 
geht  in  der  Zeit  vor  sich;  und  weder  Stäbe  noch  Längen  sind 
Gegenstände  der  reinen  Analysis.     Dieser  Versuch,  eine  ver- 
änderliche Größe  in  der  Analysis  aufzuzeigen  mißlingt;   und 
ebenso   müssen  viele  andere  mißlingen;   denn  weder  Längen* 
großen,  noch  Flächengrößen,  noch  Winkelgrößen,  noch  Massen- 
größen sind  Gegenstände  der  Arithmetik.    Von  allen  Größen 
gehören   allein   die   Zahlen   ihr  an.     und  gerade   weil   diese 
Wissenschaft  es  ganz  dahingestellt  sein  läßt,  durch  Messung 
welcher  Größen  die  Zahlen  im  einzelnen  Falle  gewonnen  sind, 
ist  sie  der  mannigfachsten  Anwendung  fähig.    Wir  fragen  also: 
Sind  die  Veränderlichen   der  Analysis   veränderliche  Zahlen? 
Was  sollten  sie  auch  anders  sein,   wenn   sie   überhaupt  der 
Analysis   angehören   sollen?     Wie  kommt  es  aber,   daß  man 
fast  nie  „veränderliche  Zahl''  sagt,  dagegen  oft  „veränderliche 
Größe''?     Dieser  Ausdruck  klingt  annehmbarer  als  „veränder- 
liche Zahl'';   denn  es  steigt  hierbei  der  Zweifel  auf:  gibt  es 
denn  veränderliche  Zahlen?    Behält  nicht  jede  Zahl  ihre  Eigen- 
schaften unverändert  bei?    Nun,  sagt  man  wohl,  3  und  n  sind 
selbstverständlich  unveränderliche  Zahlen,  Konstante;  aber  es 
gibt  doch  auch  veränderliche.    Wenn  ich  z.  B.  sage  „die  Zahl, 
die    in   Millimetern  die  Länge   dieses  Stabes  angibt'S   so    be- 
nenne ich  eine  Zahl,  und  diese  ist  veränderlich,  da  der  Stab 
nicht  immer  dieselbe  Länge  beibehält;  also  habe  ich  mit  jenem 
Ausdrucke    eine   veränderliche  Zahl    bezeichnet.      Vergleichen 
wir  dies  Beispiel  mit  folgendem!     Wenn  ich  sage  „der  König 
dieses  Reiches",  so  bezeichne  ich  einen  Menschen.     Vor  zehn 
Jahren  war  der  König  dieses  Reiches  ein  Greis,  jetzt  ist  der 
König  dieses  Reiches  ein  Jüngling.     Ich  habe  also  mit  jenem 
Ausdrucke  einen  Menschen  bezeichnet,  der  ein  Greis  war  und 
nun  ein  Jüngling  ist     Hier  muß  ein  Fehler  sein.     Der  Aus- 
druck „der  König  dieses  Reiches^'  bezeichnet  ohne  Zeitangabe 
überhaupt  keinen  Menschen;  sobald  aber  eine  Zeitangabe  hin- 
zugefugt wird,  kann  er  einen  Menschen  unzweideutig  bezeichnen; 

BolUmaoQ-FMtschrift  42 


668  O.  Irege. 

dann  ist  aber  diese  Zeitangabe  notwendiger  Bestandteil  des 
Ausdrucks,  und  wir  erhalten  einen  andern  Ausdruck,  wenn 
wir  eine  andere  Zeitangabe  machen.  Wir  haben  also  in 
unsem  beiden  Sätzen  gar  nicht  dasselbe  Subjekt  der  Aussage. 
Ebenso  bezeichnet  der  Ausdruck  ^,die  Zahl,  die  in  Millimetern 
die  Länge  dieses  Stabes  angibt'',  ohne  Zeitangabe  gar  keine  Zahl. 
Wenn  eine  Zeitangabe  hinzugef&gt  wird,  kann  eine  Zahl,  z.  B. 
1000,  dadurch  bezeichnet  werden;  diese  ist  dann  aber  un- 
veränderlich. Bei  einer  andern  Zeitangabe  erhalten  wir  einen 
andern  Ausdruck,  der  nun  auch  eine  andere  Zahl,  z.  B.  1001, 
bezeichnen  kann.  Wenn  wir  sagen:  „Vor  einer  halben  Stunde 
war  die  Zahl,  die  in  Millimetern  die  Länge  dieses  Stabes  an- 
gab, eine  Eubikzahl;  jetzt  ist  die  Zahl,  die  in  Millimetern  die 
Länge  dieses  Stabes  angibt,  keine  Eubikzahl'S  so  haben  wir 
gar  nicht  dasselbe  Subjekt  der  Aussage.  Die  1000  hat  sich 
nicht  etwa  zur  1001  aufgebläht,  sondern  ist  durch  sie  ersetzt 
worden.  Oder  ist  etwa  die  Zahl  1000  dieselbe  wie  die 
Zahl  1001,  nur  mit  anderem  Gesichtsausdrucke?  Wenn  sich 
etwas  verändert,  so  haben  wir  nacheinander  verschiedene  Eigen- 
schaften, Zustände  an  demselben  Gegenstände.  Wäre  es  nicht 
derselbe,  so  hätten  wir  gar  kein  Subjekt,  von  dem  wir  die 
Veränderung  aussagen  könnten.  Ein  Stab  dehnt  sich  durch 
Erwärmung  aus.  Während  dies  vorgeht,  bleibt  er  derselbe. 
Wenn  er  statt  dessen  weggenommen  und  durch  einen  längeren 
ersetzt  würde,  so  könnte  man  nicht  sagen,  daß  er  sich  aus- 
gedehnt habe.  Ein  Mensch  wird  älter;  aber  wenn  wir  ihn 
nicht  trotzdem  als  denselben  anerkennen  könnten,  hätten  wir 
nichts,  von  dem  wir  das  Altem  aussagen  könnten.  Wenden 
wir  das  auf  die  Zahl  an!  Was  bleibt  dasselbe,  wenn  eine 
Zahl  sich  verändert?  Nichts!  Folglich  verändert  sich  die 
Zahl  gar  nicht;  denn  wir  haben  nichts,  von  dem  wir  die  Ver- 
änderung aussagen  könnten.  Eine  Eubikzahl  wird  nie  zu  einer 
Primzahl  und  eine  Irrationalzahl  wird  nie  rational. 

Es  gibt  also  keine  veränderlichen  Zahlen  und  das  wird 
dadurch  bestätigt,  daß  wir  keine  Eigennamen  für  veränder- 
liche Zahlen  haben.  Der  Versuch  ist  uns  mißlungen,  mit  dem 
Ausdrucke  „die  Zahl,  die  in  Millimetern  die  Länge  dieses 
Stabes  angibt'',  eine  veränderliche  Zahl  zu  bezeichnen.  Aber 
bezeichnen  wir  nicht  mit  „ar",  „y'',  „z**  veränderliche  Zahlen? 


Was  ist  eine  Funktion?  659 

Man  gebraucht  wohl  diese  Redeweise;  aber  diese  Bachstaben 
sind  nicht  Eigennamen  yeränderlicher  Zahlen,  wie  ,,2"  und 
,,3^'  Eigennamen  konstanter  Zahlen  sind;  denn  die  Zahlen  2 
und  3  unterscheiden  sich  in  angebbarer  Weise,  wodurch  aber 
unterscheiden  sich  die  mit  „x*'  und  mit  ,jy^'  angeblich  be- 
zeichneten Veränderlichen?  Das  ist  nicht  zu  sagen.  Wir 
können  nicht  angeben,  welche  Eigenschaften  x  habe,  und  welche 
davon  abweichende  Eigenschaften  y  habe«  Wenn  wir  mit  den 
Buchstaben  überhaupt  etwas  verbinden,  so  ist  es  bei  beiden 
dieselbe  verschwommene  Vorstellung.  Wo  scheinbar  unter- 
schiede erscheinen,  handelt  es  sich  um  Anwendungen;  aber  von 
solchen  sprechen  wir  hier  nicht.  Da  wir  nicht  vermögen,  jede 
Veränderliche  in  ihrer  Besonderheit  aufzufassen,  können  wir 
den  Veränderlichen  keine  Eigennamen  beilegen. 

Einige  der  angefahrten  Schwierigkeiten  hat  Hr.  E.  Czuber 
zu  vermeiden  gesucht  ^)  um  die  Zeit  loszuwerden,  erklärt  er 
die  Veränderliche  als  eine  unbestimmte  Zahl.  Aber  gibt  es 
unbestimmte  Zahlen?  Sind  die  Zahlen  einzuteilen  in  be- 
stimmte und  unbestimmte?  Gibt  es  unbestimmte  Menschen? 
MuB  nicht  jeder  Gegenstand  bestimmt  sein?  Aber  ist  nicht  die 
Zahl  n  unbestimmt?  Die  Zahl  n  kenne  ich  gar  nicht  j,n''  ist 
nicht  der  Eigenname  irgend  einer  Zahl,  weder  einer  bestimm- 
ten noch  einer  unbestimmten.  Und  doch  sagt  man  zuweilen 
„die  Zahl  7^".  Wie  ist  das  möglich?  Solcher  Ausdruck  muß 
im  Zusammenhang  betrachtet  werden.  Nehmen  wir  ein  Beispiel! 
„Wenn  die  Zahl  n  gerade  ist,  so  ist  cos  nn  =  1.'^  Hier  hat 
nur  das  Ganze  einen  Sinn,  weder  der  Bedingungssatz  für  sich 
noch  der  Folgesatz  für  sich.  Die  Frage,  ob  die  Zahl  n  gerade 
sei,  kann  gar  nicht  beantwortet  werden,  ebensowenig,  ob 
cos  n  ;r  =  1  sei.  Dazu  müßte  „n^'  ein  Eigenname  einer  Zahl 
sein,  die  dann  notwendig  eine  bestimmte  wäre.  Man  schreibt 
den  Buchstaben  „n",  um  Allgemeinheit  zu  erzielen.  Voraus- 
setzung ist  dabei;  daß  wenn  man  ihn  durch  den  Eigennamen 
einer  Zahl  ersetzt,  sowohl  der  Bedingungssatz  als  auch  der 
Folgesatz  einen  Sinn  erhält 

Freilich  kann  man  hier  von  Unbestimmtheit  reden;  doch 

1)  VorlesuDgeD  über  Differential-  and  Integralrechnung.  Leipzig, 
Teubner,  1.  §  2. 

42» 


660  0.  Frege. 

st  „unbestimmt^'  hier  kein  Beiwort  zu  ,,ZahP',  sondern  ein 
Adverb  etwa  zu  „andeuten^'.  Man  kann  nicht  sagen,  daß  j^n*^ 
eine  unbestimmte  Zahl  bezeichne,  wohl  aber^  daß  es  Zahlen 
unbestimmt  andeute,  und  so  ist  es  immer,  wo  Buchstaben 
in  der  Arithmetik  gebraucht  werden^  mit  Ausnahme  der  wenigen 
Fälle  [n^  e,  t),  wo  sie  als  Eigennamen  auftreten;  dann  bezeich- 
nen sie  aber  bestimmte,  unveränderliche  Zahlen.  Es  gibt  also 
keine  unbestimmte  Zahlen,  und  dieser  Versuch  des  Hm.  Czuber 
ist  mißlungen. 

Zweitens  sucht  er  dem  Mangel  abzuhelfen,  daß  man  keine 
Veränderliche  von  andern  unterscheidend  fassen  kann.  Er 
nennt  die  Gesamtheit  der  Werte,  die  eine  Variable  annehmen 
kann,  den  Bereich  der  Variablen  und  sagt:  „Die  Variable  x 
gilt  als  definiert,  wenn  von  jeder  reellen  Zahl,  die  man  be- 
zeichnet, festgesetzt  werden  kann,  ob  sie  dem  Bereiche  an- 
gehört oder  nicht''.  Sie  gilt  als  definiert;  aber  ist  sie  es  auch? 
Da  es  keine  unbestimmte  Zahlen  gibt^  ist  es  unmöglich,  irgend- 
eine unbestimmte  Zahl  zu  definieren.  Der  Bereich  wird  als 
das  die  Variable  Kennzeichnende  hingestellt.  Danach  hätten 
wir  bei  demselben  Bereiche  dieselbe  Variable.  Folglich  wäre 
bei  der  Gleichung  „y  =  i^^  y  dieselbe  Variable  wie  ar,  wenn 
der  Bereich  von  x  der  der  positiven  Zahlen  ist. 

Dieser  Versuch  muß  als  gescheitert  betrachtet  werden, 
zumal  der  Ausdruck  „eine  Variable  nimmt  einen  Wert  an" 
ganz  unklar  ist.  Eine  Variable  soll  eine  unbestimmte  Zahl 
sein.  Wie  macht  es  nun  eine  unbestimmte  Zahl,  eine  Zahl 
anzunehmen;  denn  der  Wert  ist  offenbar  eine  Zahl.  Nimmt 
etwa  auch  ein  unbestimmter  Mensch  einen  bestimmten  an? 
Sonst  sagt  man  wohl,  daß  ein  Gegenstand  eine  Eigenschaft 
annehme;  hier  maß  die  Zahl  beide  Rollen  spielen;  als  Gegen- 
stand wird  sie  Variable  oder  veränderliche  Größe,  als  Eigen- 
schaft wird  sie  Wert  genannt.  Darum  also  zieht  man  das 
Wort  „Größe"  dem  Worte  „Zahl"  vor,  weil  man  sich  darüber 
täuschen  muß,  daß  die  veränderliche  Größe  und  der  Wert, 
den  sie  angeblich  annimmt,  im  Grunde  dasselbe  sind,  daß 
man  gar  nicht  den  Fall  hat,  wo  ein  Gegenstand  nacheinander 
verschiedene  Eigenschaften  annimmt^  daß  also  von  Verände- 
rung in  keiner  Weise  die  Rede  sein  kann. 

Hinsichtlich   der  Veränderlichen   hat   sich  uns   folgendes 


JTas  ist  eine  Funktion?  661 

ergeben.  Veränderliche  Größen  können  zwar  anerkannt  wer- 
den, gehören  aber  nicht  der  reinen  Analysis  an.  Veränder- 
liche Zahlen  gibt  es  nicht.  Das  Wort  ^^Veränderliche''  hat 
mithin  in  der  reinen  Analysis  keine  Berechtigang. 

Wie  gelangen  wir  nnn  von  der  Variabein  zur  Funktion? 
Dies  wird  wohl  im  wesentlichen  immer  in  derselben  Weise 
geschehen,  und  wir  folgen  darum  der  Darstellung  des  Um. 
Czuber,  er  schreibt  im  §  3: 

„Wenn  jedem  Wert  der  reellen  Variabein  ar,  welcher 
ihrem  Bereiche  angehört,  eine  bestimmte  Zahl  y  zugeordnet 
ist,  so  ist  y  im  allgemeinen  auch  als  Variable  definiert  und 
wird  eine  Funktion  der  reellen  Variabein  x  genannt.  Man 
drückt  diesen  Sachverhalt  durch  eine  Gleichung  von  der  Form 
y  =  f{x)  aus." 

Hier  fällt  zunächst  auf,  daß  y  eine  bestimmte  Zahl  ge- 
nannt wird,  während  es  doch  als  Variable  eine  unbestimmte 
sein  müßte,  y  ist  weder  eine  bestimmte,  noch  eine  unbestimmte 
Zahl ;  sondern  das  Zeichen  „y"  ist  fehlerhafterweise  mehreren 
Zahlen  beigelegt  worden,  und  nachher  wird  doch  so  gesprochen, 
als  ob  es  nur  eine  einzige  wäre.  Einfacher  und  klarer  wäre 
der  Fall  wohl  so  darzustellen.  Jeder  Zahl  eines  4>Bereiches 
ist  eine  Zahl  zugeordnet  Die  Gesamtheit  dieser  Zahlen  nenne 
ich  den  y-Bereich.  Freilich  haben  wir  so  zwar  einen  y-Bereich, 
aber  kein  y,  von  dem  wir  sagen  könnten,  daß  es  eine  Funktion 
der  reellen  Variabein  x  sei. 

Nun  scheint  die  Abgrenzung  der  Bereiche  für  die  Frage 
nach  dem  Wesen  der  Funktion  unwesentlich  zu  sein.  Warum 
können  wir  nicht  gleich  die  Gesamtheit  der  reellen  Zahlen 
oder  die  Gesamtheit  der  komplexen  Zahlen  mit  Einschluß  der 
reellen  als  Bereich  annehmen?  Der  Kern  der  Sache  liegt 
doch  wohl  ganz  wo  anders,  nämlich  in  dem  Worte  „zugeordnet'^ 
verborgen.  Nun,  woran  merke  ich,  ob  die  Zahl  5  der  Zahl 
4  zugeordnet  sei?  Die  Frage  ist  unbeantwortbar,  wenn  sie 
nicht  irgendwie  ergänzt  wird.  Und  doch  scheint  es  nach  der 
Czuber sehen  Erklärung  so,  als  ob  es  ftir  je  zwei  Zahlen  ohne 
weiteres  bestimmt  sei,  ob  die  erste  der  zweiten  zugeordnet 
sei  oder  nicht.  Glücklicherweise  fügt  Hr.  Czuber  die  Be- 
merkung hinzu: 


662  0.  Freffe. 

■• 
,,über   das   Gesetz  der  Zuordnung,  das  in   allgemeinster 

Weise  durch  die  Charakteristik  f  angedeutet  ist,    enthält   die 

obige  Definition  keine  Aussage ;  es  kann  in  der  mannigfachsten 

Weise  festgesetzt  sein/' 

Also  die  Zuordnung  geschieht  nach  einem  Gesetze,  und 
es  sind  verschiedene  solche  Gesetze  denkbar.  Nun  dann  bat 
der  Ausdruck  ,,y  ist  eine  Funktion  von  x^^  keinen  Sinn,  wenn 
er  nicht  durch  die  Angabe  des  Gesetzes  ergänzt  wird,  nach 
dem  die  Zuordnung  geschieht.  Dies  ist  ein  Fehler  der  De- 
finition, und  ist  nicht  das  Gesetz,  das  die  Erklärung  als  nicht 
vorhanden  behandelt,  eigentlich  die  Hauptsache?  Wir  be- 
merken, daB  damit  die  Veränderlichkeit  ganz  unsern  Blicken 
entschvninden  ist,  während  die  Allgemeinheit  in  unsern  Ge- 
sichtskreis tritt;  denn  auf  sie  deutet  das  Wort  „Gesetz^'  hin. 

Die  Unterschiede  der  Gesetze  der  Zuordnung  werden  mit 
den  unterschieden  der  Funktionen  zusammenhängen,  und  sie 
können  nicht  mehr  als  quantitative  gefaßt  werden.  Denken 
wir  nur  einmal  an  die  algebraischen  Funktionen,  an  die 
Logarithmusfunktion  ^  an  die  elliptischen  Funktionen,  so 
überzeugen  wir  uns  sofort,  daB  es  sich  hier  um  qualitative 
Unterschiede  handelt;  ein  Grund  mehr,  die  Funktionen  nicht 
als  Veränderliche  zu  erklären.  Wären  sie  Veränderliche,  so 
wären  die  elliptischen  Funktionen  elliptische  Veränderliche. 

Im  allgemeinen  drücken  wir  ein  solches  Gesetz  der  Zu- 
ordnung durch  eine  Gleichung  aus,  auf  deren  linker  Seite  der 
Buchstabe  ,,y"  steht,  während  rechts  ein  ßechnungsausdruck 
erscheint,  bestehend  aus  Zahlzeichen,  Rechnungszeichen  und 
dem  Buchstaben  „ar^*,  wie  z.  B. 

„y  =  x2  +  3a:" 

Als  solchen  Rechnungsausdruck  hat  man  nun  die  Funk- 
tion definiert.  In  neuerer  Zeit  ist  dieser  Begriff  zu  eng  ge- 
funden  worden.  Indessen  wäre  dieser  Ubelstand  durch  Ein- 
führung neuer  Zeichen  in  die  arithmetische  Zeichensprache 
wohl  zu  vermeiden.  Schwerer  wiegt  ein  anderer  Einwand, 
daß  nämlich  der  Rechnungsausdruck  als  Gruppe  von  Zeichen 
gar  nicht  in  die  Arithmetik  gehört.  Die  formale  Theorie, 
welche  als  Gegenstände  dieser  Wissenschaft  die  Zeichen  aus- 
gibt, kann  ich  wohl  als  endgültig  abgetan  ansehen  durch  meine 


fTas  üt  eine  Funktion?  663 

Kritik  im  zweiten  Bande  meiner  Grundgesetze  der  Arithmetik. 
Zwischen  Zeichen  und  Bezeichnetem  ist  nicht  immer  scharf 
unterschieden  worden,  so  daß  man  unter  einem  Beohnungs- 
ausdrucke  {expressio  analytica)  halb  und  halb  auch  dessen  Be- 
deutung verstanden  hat  Was  bezeichnet  nun  ,^^  +  3  x*'? 
Eigentlich  gar  nichts,  da  der  Buchstabe  ,^^'  Zahlen  nur  an- 
deutet, nicht  bezeichnet.  Ersetzen  wir  ,^**  durch  ein  Zahl- 
zeichen, so  erhalten  wir  einen  Ausdruck,  der  eine  Zahl  be- 
zeichnet, also  nichts  Neues.  Wie  „x**  selbst  deutet  ,jx^  +  3  x'^ 
nur  an.  Dies  kann  geschehen,  um  Allgemeinheit  auszudrücken, 
wie  in  den  Sätzen 

„x>+3ar  =  ar.(ar  +  3)", 

„wenn  x  >0,  so  ist  ar*  +  3  ar  >  0*'. 

Wo  bleibt  nun  aber  die  Funktion?  Weder  der  Bechnungs- 
ausdruck  selbst,  noch  seine  Bedeutung  scheint  daf&r  genom- 
men werden  zu  können,  und  doch  sind  wir  wohl  nicht  gar 
zu  weit  vom  Richtigen  entfernt  Von  den  Ausdrücken  „sin  0'^, 
„sin  V^,  „sin  2'<  bedeutet  jeder  eine  besondere  Zahl;  aber  wir 
haben  einen  gemeinsamen  Bestandteil  „m'S  ^  ^^™  ^^  ^^ 
eigentliche  Wesen  der  Sinusfunktion  bezeichnet  finden.  Dieses 
„sin^*  entspricht  wohl  dem  ,/^',  Ton  dem  Hr.  Czuber  sagt, 
daß  es  das  Gesetz  andeute,  und  zwar  ist  der  Obergang  Ton 
„/*"  zu  „«n"  ähnlich  wie  der  von  „a"  zu  „2"  ein  Übergang  von 
einem  Zeichen,  das  andeutet,  zu  einem  Zeichen,  das  be- 
zeichnet. Demnach  würde  „sin"  ein  Gesetz  bedeuten.  Das 
stimmt  freilich  nicht  ganz.  Das  Gesetz  scheint  uns  eher  in 
der  Gleichung  „y  =  8ina:'*  ausgedrückt  zu  sein,  von  der  das 
Zeichen  „sin*'  nur  ein  Teil  ist,  allerdings  der  die  Besonderheit 
des  Gesetzes  kennzeichnende,  und  haben  wir  hier  nicht  das, 
was  wir  suchen,  die  Funktion?  Also  wird  auch  „/***  genau  ge- 
nommen eine  Funktion  andeuten.  Und  hier  kommen  wir  auf 
das,  wodurch  sich  die  Funktionen  von  den  Zahlen  unter- 
scheiden. Das  „sin"  bedarf  nämlich  einer  Ergänzung  durch 
ein  Zahlzeichen,  das  aber  nicht  zur  Bezeichnung  der  Funktion 
gehört  Dies  gilt  allgemein:  das  Zeichen  einer  Funktion  ist 
ungesättigt,  bedarf  der  Ergänzung  durch  ein  Zahlzeichen,  das 
wir  dann  Argumentzeichen  nennen.  Wir  sehen  dies  auch  beim 
Wurzelzeichen,  beim  Logarithmuszeichen.   Die  Funktionszeichen 


664  6.  Prege. 

Idhmen  nicht  wie  die  Zahlzeichen  anf  einer  Seite  einer  Glei- 
efanng  allein  yorkommen,  sondern  nur  ergänzt  durch  ein  Zeidien, 
das  eine  Zahl  bezeidinet  oder  andeutet.  Was  bedeutet  nun 
eine  solche  Verbindung  aus  einem  Funktionszeichen  und  einem 
Zahlzeichen,  ine  ,,sin  1*^,  »^1^  »»'1''?  Jedesmal  eine  Zahl. 
So  erhalten  irir  Zahlzeichen,  die  aus  zwei  ungleichartigen 
Teilen  zusammengesetzt  sind,  indem  der  ungesättigte  durch  den 
andern  ergänzt  wird. 

Man  kann  diese  Ergänzungsbedürftigkeit  durch  leere 
Klammem  sichtbar  machen,  z.  B.  „8in(  Y  oder  „(  )'  +  8-(  )'^- 
Obwohl  dies  eigentlich  das  Sachgemä£este  ist  und  am  besten 
geeignet,  der  Verwirrung  zu  wehren,  die  dadurch  entsteht,  daß 
man  das  Argumentzeichen  als  Teil  des  Funktionszeichens  an- 
sieht, wird  diese  Bezeichnung  wohl  keine  Annahme  finden.  ^) 
Man  kann  auch  einen  Budistaben  zu  diesem  Zwecke  verwenden. 
Wählen  wir  als  solchen  „l'',  so  sind  „sin  |"  und  „|'  +  3 .  |^ 
Zeichen  von  Funktionen.  Es  muß  dabei  aber  festgehalten 
werden,  daß  „^'  hier  nur  die  Au%abe  hat,  die  Stellen  kennt- 
lich zu  madien,  wo  das  ergänzende  Zeichen  einzutreten  hat. 
Man  wird  gut  tun,  diesen  Buchstaben  zu  keinem  anderen 
Zwecke  zu  yerwenden,  also  z.  B.  nicht  statt  des  ,^',  das  in 
unsem  Beispielen  zum  Ausdrucke  der  Allgemeinheit  dient 

Es  ist  ein  Mangel  der  gebräuchlichen  Bezeichnung  des 
Differentialquotienten,  daß  der  Buchstabe  ,^''  dabei  sowohl 
die  Argumentstellen  kenntlich  machen,  als  auch  zum  Aus- 
drucke der  Allgemeinheit  dienen  soll,  wie  in  der  Gleichung 

d  cos  -rr  ,  .. 

2  1    .    a?  " 

sin 


„      dx  2         2 

Daraus  ergibt  sich  eine  Schwierigkeit  Nach  den  allgemeinen 
Orundsätzen  des  Buchstabengebrauchs  in  der  Arithmetik  müßte 
man  auf  einen  besonderen  Fall  kommen,  wenn  man  für  ^,x** 
ein  Zahlzeichen  einsetzt.    Aber  der  Ausdruck 

dCOSy 


„      rf2 


1)  Sie-  ittt  flbrigens  nur  för   den  Aasnahmefedl  gemeint,   wo  man 
eine   Funktion   ganz   isoliert  beieichnen   will.     In   ^^%m   2"   bezeichnet 
«m''  aUein  schon  die  Funktion. 


w 


Was  ist  eine  Funktion?  666 

ist  unverstandlich,  weil  die  Funktion  nicht  erkennbar  ist    Wir 
wissen  nichts  ob  sie 

cos^    oder  cos^r^    oder  cos  7-^ 
sei.     Dadurch  sind  wir  zu  der  schleppenden  Schreibweise 


X  ^       " 


dcos  — 

„  \      äx      /z=2 

genötigt.  Der  größere  Nachteil  ist  aber  wohl  der,  daß  die 
Einsicht  in  das  Wesen  der  Funktion  dadurch  erschwert  wird. 

Der  Eigentümlichkeit  der  Funktionszeichen,  die  wir  ün- 
gesättigtkeit  genannt  haben,  entspricht  natürlich  etwas  an  den 
Funktionen  selbst.  Auch  diese  können  wir  ungesättigt  nennen 
und  kennzeichnen  sie  dadurch  als  grundverschieden  von  den 
Zahlen.  Freilich  ist  das  keine  Definition;  aber  eine  solche 
ist  hier  auch  nicht  möglich.  ^)  Ich  muß  mich  darauf  be- 
schränken, durch  einen  bildlichen  Ausdruck  auf  das  hinzu- 
weisen, was  ich  meine,  und  bin  dabei  auf  das  entgegen- 
kommende Verständnis  des  Lesers  angewiesen. 

Wird  eine  Funktion  durch  eine  Zahl  zu  einer  Zahl  er- 
gänzt, so  nennen  wir  diese  den  Wert  der  Funktion  für  jene 
als  Argument.  Man  hat  sich  gewöhnt,  die  Gleichung  „y  s=  f{x)" 
zu  lesen:  „y  ist  eine  Funktion  von  ar".  Büerin  sind  zwei  Fehler: 
erstens  übersetzt  man  das  Gleichheitszeichen  durch  die  Kopula; 
zweitens  verwechselt  man  die  Funktion  mit  ihrem  Werte  für 
ein  Argument  Aus  diesen  Fehlem  ist  die  Meinung  entstanden, 
die  Funktion  sei  eine  Zahl,  wenn  auch  eine  veränderliche  oder 
unbestimmte.  Wir  haben  dagegen  gesehen,  daß  es  solche 
Zahlen  überhaupt  nicht  gibt,  und  daß  die  Funktionen  von  den 
Zahlen  grundverschieden  sind. 

Das  Streben  nach  Kürze  hat  viele  ungenaue  Ausdrücke 
in  die  mathematische  Sprache  eingeführt,  und  diese  haben 
rückwirkend  die  Gedanken  getrübt  und  fehlerhafte  Definition 


1)  Die  Definition,  die  H.  Hankel  in  seinen  Untersuchungen  über 
die  unendlich  oft  oszillierenden  und  unstetigen  Funktionen  (Universitäts- 
programm, Tübingen  1870)  i:j  1  gibt,  ist  wegen  eines  fehlerhaften  Zirkels 
unbrauchbar,  indem  sie  den  Ausdruck  ,/(a;)"  enthält,  der  zu  seiner  Er- 
klärung das  zu  Definierende  voraussetzt 


666  0.  Prege.     Was  ist  eine  Funktion? 

zawege  gebracht  Die  Mathematik  sollte  eigentlich  ein 
Muster  von  logischer  Klarheit  sein.  In  Wirklichkeit  wird  man 
vielleicht  in  den  Schriften  keiner  Wissenschaft  mehr  schiefe 
Ausdrücke  und  infolgedessen  mehr  schiefe  Gedanken  finden, 
als  in  den  mathematischen.  Niemals  sollte  man  die  logische 
Richtigkeit  der  Kürze  des  Ausdrucks  opfern.  Deshalb  ist  es 
von  großer  Wichtigkeit,  eine  mathematische  Sprache  zu  scha£fen, 
die  mit  strengster  Genauigkeit  möglichste  Kürze  verbindet. 
Dazu  wird  wohl  am  besten  eine  Begri£fs8chrift  geeignet  sein, 
ein  Ganzes  von  Regeln,  nach  denen  man  durch  geschriebene 
oder  gedruckte  Zeichen  ohne  Vermittelung  des  Lautes  un- 
mittelbar Gedanken  auszudrücken  vermag. 

(Eingegangen  28.  September  1998.) 


667 


84.   Ober  den  PotentialYerlanf  bei  der 
unselbständigen  Elektrizilfttsleitnng  dnrch  Gase  fflr 

den  Fall  des  Sättignngsstromes. 

Von  H.  Starke  in  Berlin. 


Einteilung:  der  Arten  uneelbst&ndiger  ElektriaitfttBleitons: 

in  Oasen* 

Die  uns  bekannten  Fälle  der  rein  unselbständigen  Ellek- 
trizitätsleitung  in  Gasen^  d.  h.  derjenigen  Leitung^  bei  welcher 
das  Leitungsvermögen  des  Gases  durch  äußere  Mittel,  nicht 
durch  die  Strömung  selbst,  erzeugt  wird,  lassen  sich,  vom 
ionentheoretischen  Standpunkt  aus  betrachtet,  in  zwei  Haupt- 
gruppen teilen,  deren  eine  dadurch  gekennzeichnet  ist,  daß 
lonenerzeugung  im  ganzen  Raum  zwischen  den  Elektroden  vor 
sich  geht,  und  deren  andere  die  Fälle  enthält,  in  welchen  die 
lonenerzeuguDg  nur  an  der  Oberfläche  einer  oder  beider  Elek- 
troden stattfindet. 

Je  nachdem  beide  Arten  von  Ionen,  die  positiven  und 
negativen,  oder  nur  die  einen  derselben  vorhanden  sind,  zer- 
fallen diese  Hauptgruppen  in  eine  Reihe  von  Unterabteilungen, 
welche  durch  folgende  Arten  der  lonenerzeugung  gegeben  sind: 

L  Volumenionisation.  Im  ganzen  Volumen  des  Leitungs- 
raumes werden  gleichmäßig  Ionen  erzeugt.     Spezialfälle: 

1 .  Positive  und  negative  Ionen  entstehen  in  gleicher  Zahl 
im  ganzen  Volumen  des  Leitungsraumes.  (Röntgen-,  Becquerel- 
strahlen,  Flammengase,  heiße  Gase.) 

2.  Es  werden  im  ganzen  Volumen  nur  Ionen  einer  Art 
erzeugt. 

a)  Nur  positive.  (Einblasen  von  Luft  durch  ein  Rohr, 
in  welchem  sich  ein  rotglühender,  positiv  geladener  Platindraht 
befindet.) 

b)  Nur  negative.  (Einblasen  von  Luft  durch  ein  Rohr, 
in  welchem  sich  ein  negativ  geladener,  weißglühender  Platin- 
draht befindet.) 


668  H.  Starke. 

n.  Oberflächenionisaäan  an  den  Elektroden. 

1.  An  der  Anode  werden  positive,  an  der  Kathode  nega- 
tive Ionen  frei.  (Leitung  zwischen  zwei  glühenden  Platindrähten 
in  Luft,  wobei  der  als  Kathode  dienende  weiß  glühen  muß). 

2.  An  der  Anode  werden  positive  Ionen  frei.  (Anode  ein 
rotglühender  Draht  in  Luft.) 

3.  An  der  Kathode  werden  negative  Ionen  frei.  (Kathode 
ein  glühender  Draht  in  Wassersto£f,  weißglühender  Draht  in 
Luft,  oder  eine  ultraviolett  bestrahlte,  photoelektrisch  wirk- 
same Mektrode.) 

In  diese  Gruppe  II  gehören  endlich  auch  noch  die  Fälle 
unsymmetrischer  Volumenionisation  ^  bei  welchen  Erzeugung 
beiderlei  Ionen  nur  in  unmittelbarer  Nähe  von  beiden  Elek- 
troden oder  einer  derselben  stattfindet.  Dies  geschieht,  wenn 
an  zwei  gegenüberstehenden  Elektrodenplatten  bez.  an  einer 
derselben  eine  Flamme  oder  ein  Bündel  Röntgenstrahlen  ent- 
langstreicht, oder  angenähert  auch,  wenn  sich  auf  den  Platten 
eine  Schicht  radioaktiver  Substanz  befindet,  welche  stark  ab- 
sorbierbare a-Strahlen  aussendet.  Diese  Fälle  verhalten  sich 
bezüglich  der  Leitung  ähnlich  wie  die  Fälle  1  bez.  2  oder 
3,  weil  von  den  an  einer  Elektrode  erzeugten  Ionen  nur  die- 
jenigen eines,  nämlich  des  dem  Vorzeichen  der  Elektrode 
gleichen  Vorzeichens  die  Leitung  von  der  Elektrode  weg  über- 
nehmen. 

Berechnung   des  Fotentialverlaufs   und   der   räumlichen   Dichte 
ftreier  Elektriait&t  in  den  genannten  Fällen  von  Gasleitung  für 

den  Fall  des  Sättigungsstromes. 

Präzisierung  der  Aufgabe.  Vereinfachende  Annahmen :  Fehlen 
von  Bekombinationj  Neubildung  durch  Stoß  und  Beschleunigung 
der  Ionen. 

Im  folgenden  soll  die  Verteilung  freier  Elektrizität  und 
der  durch  sie  bedingte  Verlauf  des  Potentialgradienten  zwischen 
den  Elektroden  für  die  eben  erwähnten  Arten  der  Elektrizitäts- 
leitung berechnet  werden.  Es  soll  dabei  angenommen  werden, 
wir  hätten  eine  geradlinige  Strömung  zwischen  zwei  einander 
gegenüberstehenden  großen  Elektrodenplatten  vor  uns,  so  daß 
also  das  Potential  als  nur  von  einer  Koordinate,  welche  senk- 
recht auf  den  Elektrodenplatten  ist,  abhängig  betrachtet  werden 
darf.     Es  soll  femer  der  vereinfachte  Fall  angenommen  werden. 


PotetUialverlauf  bei  unselbständiger  Elektrizitätsleitung,     669 

es  würden  alle  Ionen  zar  Stromleitung  verbraucht^  d.  h.  es 
fände  keine  Rekombination  von  Ionen  statt  Diese  Annahme 
gut  dann  genau,  wenn  der  Sättigungsstrom  erreicht  ist  Die 
Stromstärke  muß  dann  auf  alle  Fälle,  sowohl  bei  Volumen- 
wie  bei  Oberflächenionisation,  vollständig  unabhängig  von  der 
PotentialdiiTerenz  der  Elektroden  sein,  sobald  die  Ionisation 
selbst,  d.  h.  die  Zahl  der  pro  sec  erzeugten  Ionen  nicht  etwa 
durch  das  Feld  geändert  wird. 

Dies  findet  für  sehr  hohe  Potentiale  bekanntlich  statt, 
indem  die  Stromstärke  bei  einer  gewissen  Feldstärke  wieder 
zu  wachsen  beginnt  Die  Erklärung  hierfür  ist  durch  J.  J. 
Thomson  gegeben  worden.  Der  Strom  selbst  erzeugt  im  Gas- 
volumen neue  Ionen  beiderlei  Vorzeichens,  indem  die  in  ihm 
bewegten  Ionen  durch  Anprall  an  Gasmoleküle,  wie  man  sagt 
durch  „lonenstoß",  neue  Ionen  erzeugt.  Dadurch  verliert  der 
Strom  aber  seinen  „unselbständigen^^  Charakter.  In  dem  Falle 
einer  lonenerzengung  an  der  Oberfläche  einer  Elektrode  durch 
irgend  einen  an  der  Grenze  der  Elektrode  gegen  das  um- 
gebende Gas  stattfindenden  Vorgang,  wie  z.  B.  bei  dem  Frei- 
werden negativer  Teilchen  aus  bestrahltem,  photoelektrisch 
empfindlichem  Metall,  kann  dieses  Freiwerden  auch  von  der 
Feldstärke  an  der  Oberfläche  abhängen  und  dadurch  eine  Ver- 
änderlichkeit des  Stromes  mit  der  Potentialdifferenz  der 
Elektroden  trotz  erreichten  Sättigungsstromes  bewirken.  Dies 
hat  auf  die  kommenden  Betrachtungen  keinen  Einfluß.  Be- 
dingung für  dieselben  ist  nur  die  Existenz  des  Sättigungs- 
stromes, d.  h.  das  Fehlen  einer  Wiedervereinigung  von  Ionen, 
und  ein  rein  unselbständiger  Charakter  der  Strömung,  d.  h.  das 
Fehlen  einer  Bildung  von  neuen  Ionen  infolge  einer  erlangten 
Grenzgeschwindigkeit  bereits  bestehender.  Femer  ist  in  den 
Betrachtungen  durchweg  das  Fehlen  einer  Beschleunigung  der 
Ionen,  d.  h.  es  ist  immer  ihre  Geschwindigkeit  der  Feldstärke 
proportional  angenommen  worden,  eine  Annahme,  welche  erst 
bei  niederen  Drucken  ihre  Berechtigung  verliert. 

/.  Fall,     Im  ganzen   Volumen  des  Leitungsraumes  zwischen 
zwei  Platten  A   und  B  mit  dem   Abstand  l  werden   gleichmäßig 
Ionen  erzeugt,  und  zwar  pro  Sekunde  und  ccm  N    positive,  N 
negative;    ihre    Ladung    sei    e,    ihre    Geschwindigkeiten    pro 


670  H.  Starke. 

Volt/cm  v^y  o^.  Dieser  allgemeine  Fall  findet  statte  wenn  man 
irgendwie  beliebig  ionisirte  Luft  zwischen  die  Platten  bläst, 
80  daß  der  Baum  gleichmäßig  erfüllt  isi^) 

In  einem  Volumenelement  in  der  Entfernung  x  von  der 
Anodenplatte  mögen  sich  +  und  —  Ionen  von  der  im  statio- 
nären Zustand  unveränderlichen  Dichte  n^  und  n^  befinden. 
Das  Potential  an  der  Stelle  des  Volumenelementes  sei  V.  Dann 
sind  die  Stromstärken  pro  qcm  t^  und  i^,  welche  durch  die 
Bewegung  der  positiven  bez.  negativen  Teilchen  an  der  Stelle 
des  Volumenelementes  entstehen^  gegeben  durch: 

^^  AT 

p         p   p      dx  P 

Es  folgt  hieraus: 

n    SS  — -  -  '      n    SS  — --- 
^P  dV      "« 


(2) 


(3) 


dV       "  dV 


fl»  Nn     l  -  X      V,  * 


(4)  ^        »"  dV        -         -6  ' 

wo  o  die  räumliche  Dichte  freier  Elektrizität.  Diese  letztere 
ist  aber  mit  der  Änderung  des  Potentialgradienten  durch  die 
Poissonsche  Gleichimg  verbunden,  welche  sich  in  diesem  Fall 
auf  die  einfache  Form  reduziert: 

d»V  . 

Unter  Berücksichtigung  des  ümstandes,  daß  V  in  Richtung 
der  positiven  x  abnimmt,  also  dVjdx  negativ  ist,  lassen  wir 
das  negative  Vorzeichen  fort  und  schreiben: 

Diese  Gleichung  besagt  dann,  daß  an  einer  Stelle,  wo  der  ab- 
solute Wert   des  Gefälles   mit  wachsendem   x   abnimmt^   sich 


1)  Dieser  Fall  iat  bereits  von  J.  J.  Thomson  allgemein  behandelt 
worden.  Seine  Berechnung  ist  hier  wegen  der  Gegenüberstellung  der 
Ergebnisse  mit  denen  des  Fall  II  durchgeführt. 


Potentialverlauf  bei  unselbständiger  Mektrizitätsleiiunff,     671 

freie  negative,   wo  er  zanimmt,   freie  positive  Elektrizität  be- 
findet 

Die  Gleichungen  (4)  nnd  (5)  bestimmen  das  Potentialgefälle 
durch  die  Gleichung: 


(5') 

WO 


d(—Y 


dx  fp  V« 


Die  Integration  der  Gleichung  (5)  ergibt: 

Femelr  ist: 

cPF  Cx-  C  . 

»  \nQ . 


(7)  dx"^ 


/F^^' 


xAr  Q" 


Aus  den  beiden  letzten  Gleichungen  kann  man  den  Verlauf 
des  Potentialgradienten  und  der  räumlichen  Dichte  freier  Elek- 
trizität direkt  ablesen.  Gleichung  (6)  ist  diejenige  einer 
Hyperbel.  Die  Kurve,  welche  dy\dx  als  Funktion  des  Ortes 
darstellt,  ist  eine  Hyperbel,  welche  ihren  Scheitelpunkt  an  der 
Stelle  X  =  C I C  hat.  Es  ist  die  Stelle  kleinsten  Potential- 
gefälles. 

An  derselben  Stelle  ist  die  räumliche  Dichte  freier  Elek- 
trizität gleich  Null.  Für  größere  x,  d.  h.  von  der  positiven 
Platte  aus  jenseits  des  Scheitelpunktes  ist  die  räumliche  Dichte 
positiv,  die  positiven  Ionen  sind  im  Überschuß. 

Für  kleinere  x  gilt  dasselbe  von  den  negativen  Ionen. 
Die  Kurve,  welche  den  Verlauf  des  Potentials  zwischen  den 
Platten  darstellt,  hat  an  der  Stelle  x  =  C I  C  einen  Wende- 
punkt. 

Die  Stelle  ist  gegeben  durch: 

0'  N^lv, 


X  s= 


C  N,Vn  +  Nn  Vp 

oder: 

X NnVp 

/-  X  Np9n    * 


672  H.  Starke. 

Von  vorwiegendem  Interesse  ist  der 

erste  Spezialfall:  Erfolgt  die  Ionisation  zwischen  den  Platten, 
wie  im  Fall  der  Böntgenstrahlen,  so  werden  pro  com  gleichiiel 
negative  und  positive  Ionen  erzeugt.    Es  ist  N^^  N^  also : 


d,  II  die  Abstände  des  Wendepunktes  in  der  Potentialkurve  van 
der  positiven  und  negativen  Platte  verhalten  sich  wie  die  Bewege 
Uehkeiten  der  positiven  und  negativen  Ionen.  Die  Lage  des 
Wendepunktes  ist  unabhängig  von  der  Stärke  N  der  Ionisierung, 
d.  A.  von  der  Intensität  der  Itontgenstrahlen. 

Je  größer  z.  B.  die  G-eschwindigkeit  der  negativen  Ionen 
ist,  desto  weiter  rückt  der  Wendepunkt  in  der  Potentialkurve, 
d  h.  der  Scheitelpunkt  der  den  Verlauf  des  Potentialgradienten 
darstellenden  Hyperbel,  von  der  Kathode  fort,  und  desto  steiler 
wird  daher  der  Potentialfall  an  der  Kathode,  und  desto  flacher 
derjenige  an  der  Anode. 

Die  Kurve  des  Potentialverlaufs  zwischen  zwei  Platten, 
welche  sich  in  röntgenbestrahlter  Luft  befinden,  hat  C.  D.  Child 
festgestellt  Der  Wendepunkt  ist  von  der  negativen  Platte 
weiter  entfernt  als  von  der  positiven,  der  Potentialfall  steiler 
an  der  Kathode  als  an  der  Anode.  Die  Geschwindigkeit  der 
negativen  Teilchen  ist  also  die  größere. 

Von  wesentlich  geringerer  Bedeutung  ist  der 

zweite  Spezialfall,  daß  in  jedem  ccm  des  leitenden  Raumes 
nur  Ionen  einer  Art,  N^  oder  N^  pro  sec  an  Zahl,  neu  ge- 
schaffen werden.  Dies  kann  nur  durch  lonenzufuhr  von  außen 
geschehen.  Die  Stromstärke  des  im  Fall  der  Zufuhr  von  nur 
positiven  Ionen  von  der  Anodenplatte  ß  nach  A  gerichteten 
Stromes  nimmt  dabei  von  B  nach  A  hin  von  Null  bis  zu 
dem  Wert 

I=^N^le 

an  der  Platte  Ä  linear  zu.  An  einer  Stelle,  welche  die  Ent- 
fernung X  von  B  haty  ist 

I  =  ßf^xe  =  n^v^—z — e 
p  P  P  dx 

und: 


Potentialverlauf  bei  unselbständiger  Elektrizitätsleitung,     673 


w_  =  -^^^^^- 


dV         4ne    dx*   ' 


daher: 
(5a) 


'^  dx 


\dx  I     _    SneNp      _  ^ 


WO 


da;  f^p 


C=8ne^. 
^p 


Es  folgt  durch  Integration: 
(7  a)  rf«* 


l/fi 


^  «•  +  C" 


Die  Gleichungen  (5  a)  bis  (7  a)  folgen  aus  den  entsprechenden 
Gleichungen  (5)  bis  (7)  des  allgemeineren  Falles  durch  Einsetzen 
von  N  =  0. 

n 

Der  Verlauf  von  dVjdx  ist  der  einer  Hyperbel,  welche  ihren 
Scheitelpunkt  für  ar  =  0  also  an  der  Anodenplatte  hat.  C" 
ist  das  Quadrat  des  Gefälles  dicht  an  der  Anode,  dl%o  positiv. 
An  der  Anode  ist  d^F/dx^  =  0,  also  die  räumliche  Dichte 
freier  Elektrizität  gleich  Null.  Der  Potentialfall  ist  an  der 
Kathode  am  größten,  wie  auch  die  Dichte  positiver  Ionen. 
Die  Potentialkurve  hat  keinen  Wendepunkt.  Dieser  ist  in  die 
Anode  gerückt. 

Den  Fall  des  Vorhandenseins  nur  negativer  Ionen  erhält 
man  durch  Einsetzen  von  -iV^  =  0  in  die  Gleichungen  (5)  bis 
(7).  Auch  hier  ist  der  Verlauf  der  Kurve  des  Potential- 
gradienten eine  Hyperbel,  welche  ihren  Scheitelpunkt  indessen 
in  der  Kathode  hat.  Der  größte  Potentialfall  ist  an  der 
Anode,  ebenso  die  größte  Dichte  negativer  Ionen. 

IL  Fall,  Es  findet  nur  an  der  Oberfläche  der  Elektroden 
Ionisation  statt,  derart,  daß  pro  qcm  und  Sekunde  aus  der 
Anode  N^  positive,  aus  der  Kathode  N^  negative  Ionen  erzeugt 
werden.  Oder  es  findet  in  sehr  dünner  Gasschicht  dicht  an 
den  Oberflächen  der  Elektroden  lonenerzeugung  statt,  so  daß 
an  der  Anode  N    positive  und  negative,   an  der  Kathode  iV 

BolUmaim-FesUchrirt.  43 


674 


U,  Starke. 


positive  und  negative  Ionen  erzeugt  werden.  Es  gelangen  in 
diesem  Fall  in  den  Baum  zwischen  den  Elektroden  nur  die 
Ionen,  welche  ein  dem  Vorzeichen  der  Elektrode,  an  welcher 
sie  entstehen,  gleiches  Vorzeichen  hahen  (s.  Einleitung). 

Dieser  Fall  unterscheidet  sich  prinzipiell  von  dem  vorigen 
dadurch,  daß  es  die  Eontinuitätshedingung  hier  erfordert,  daß 
im  Fall  der  stationären  Strömung  sowohl  t^  als  i^  sich  mit 
dem  Ort  nicht  verändern,  sondern  an  jeder  Stelle  zwischen  den 
Platten  gleiche  Werte  haben.  Die  positive  Stromstärke  i^  und 
die  negative  i^  haben  nämlich  in  jedem  beliebig  gelegeneu 
Volumenelement  die  Werte 


(1) 


I    =  w   ü„ e  —z —  =  JV^e, 
p         9   p     dx  P 


X'n 


dV  .r 


Es  folgt  hieraus  f&r  die  Zahlen  n^,  \  der  in  einem  be- 
liebig gelegenen  Raumelement  vorhandenen  positiven  bez. 
negativen  Ionen: 


(2) 


% 

= 

Np 
dV 
'^  dx 

> 

»« 

=:= 

dV 

n    

dx 


und  für  ihr  Verhältnis  und  ihre  DifiFerenz: 


(3) 
(4) 


n. 


N^ 

N, 


\  -  "n 


-  dV  \\         p,  )  - 


d 
dx 


d'V 


ine    dx* 


(5) 


Aus  der  letzten  Gleichung  folgt: 

d-D" 


dx  \Vp  Vn  I 


=  6>, 


und  durch  Integi'ation : 

6,  (-)'-  c.  +  c: 


Potentialverlauf  hei  unselbständiger  Elektrizitätsleitung,     675 

Aus  den  Gleichungen  ist  folgendes  ersichÜich: 
Im  allgemeinsten  Fall,  daß  eine  verschiedene  Anzahl  posi- 
tiver und  negativer  Ionen  produziert  wird,  deren  Geschwindig- 
keiten auch  verschieden  sind,  ändert  sich  das  Gefälle  zwischen 
den  Platten  mit  dem  Ort.  Die  Gleichung,  welche  das  Gefälle 
als  Funktion  des  Ortes  darstellt,  ist  die  einer  Parabel,  der 
Differentialquotient 

dx 

ist  eine  konstante  Größe.     Er   ist  positiv,   d.  h.  das  Gefälle 
nimmt  von  der  Anode  aus  nach  der  Kathode  hin  zu,  wenn 


im  entgegengesetzten  Fall  nimmt  das  Gefälle  ab.    Im  ersteren 
Falle  ist  im  ganzen  Raum  ein  Überschuß  von  positiven,   im 
letzteren  ein  solcher  von  negativen  Ionen. 
Im  Falle 

Vp  r, 

ist  das  Gefälle  konstant  und  in  jedem  Volumenelement  gleich 
viel  positive  und  negative  Ionen. 

Man  sieht  daraus,  daß,  wenn  auch  gleichviel,  oder  gar 
mehr  negative  als  positive  Ionen  erzeugt  werden,  doch  überall 
zwischen  den  Elektroden  ein  Überschuß  von  positiven  Ionen, 
nirgends  ein  solcher  der  negativen  vorhanden  sein  kann,  näm- 
lich dann,  wenn  die  Geschwindigkeit  der  negativen  Teilchen 
entsprechend  größer  ist  als  diejenige  der  positiven.  Der  , 
Potentialverlauf  zwischen  den  Elektroden  ist  dann  so,  daß  das 
größere  Gefälle  an  der  Kathode  liegt,  und  das  Gefälle  all- 
mählich nach  der  Anode  hin  abnimmt.  In  dem  speziellen 
Fall,  daß  an  beiden  Elektroden  gleichviel  positive  und  nega- 
tive Teilchen  erzeugt  werden  iV^  =  iV^,  braucht  nur  v^  g  v^  zu 
sein,  um  im  ganzen  Raum  die  positiven  oder  negativen  Ionen  vor- 
wiegen zu  lassen.  Bei  gleicher  lonengeschwindigkeit  sind  dann 
keine  räumlichen  Ladungen  vorhanden,   das  Gefälle  konstant. 

Die  Gleichungen  (2)  und  (3)  zeigen,  daß  das  Verhältnis  der 
Zahlen  positiver  und  negativer  Ionen  unter  allen  Umständen  über- 
all dasselbe  ist,  daß  aber  dasselbe  von  den  Zahlen  selbst  nur 

43» 


676  H.  Starke. 

im  Fall  konstanten  Potentialgefälles  gilt  Sonst  nimmt 
die  Dichtigkeit  beider  lonenarten  nach  der  Elektrode,  an 
welcher  das  Gefälle  herrscht,  ab.  Die  Leitfähigkeit  ist  dort 
gering. 

Die  Besprechung  des  Potentialverlaufs  in  den  Spezialfällen, 
daß  nur  positive  oder  nur  negative  Ionen  an  einer  der  Elek- 
troden erzeugt  werden,  ist  schnell  erledigt.  Der  Charakter 
desselben  bleibt  der  gleiche;  ein  Fehlen  von  z.  B.  positiven 
Ionen  {N^  =  0)  bewirkt  dasselbe  wie  eine  sehr  große  Ge- 
schwindigkeit derselben.  Der  Potentialfall  liegt  an  der  Anode 
(Fall  des  photoelektrischen  Stromes.  Versuche,  die  ich  darüber 
anstellte,  entsprachen  dieser  Erwartung].  Ein  Fehlen  von  nega- 
tiven Ionen  bewirkt  dasselbe  wie  eine  große  Geschwindigkeit 
derselben  (Fall  des  Potentialverlaufs  zwischen  einem  rot- 
glühenden Platindrahtgeflecht  als  Anode  und  einer  gegenüber- 
gestellten Metallplatte  als  Kathode.  Messungen,  welche  ich  über 
diesen  Fall  anstellte,  ergaben,  daß  der  Fall  an  der  Kathode  liegt 

Ganz  derselbe  ist  der  Potentialverlauf  bei  der  unsymme- 
trischen Volumenionisation.  Für  den  Fall,  daß  die  einer  Platte 
benachbarte  Schicht  mit  Röntgen-  oder  Becquerelstrahlen  ioni- 
siert wird,  hat  Hr.  E.  Rutherford,  für  den  Fall,  daß  an 
einer  Platte  eine  Flamme  entlang  streicht,  Hr.  C.  D.  Child 
den  Potentialverlauf  bestimmt.  In  beiden  Fällen  nimmt  der 
Potentialgradient  nach  der  Platte  hin,  an  welcher  nicht  die 
Ionisation  stattfindet,  zu.  Das  Hauptgefälle  des  Potentials  liegt 
also  an  der  außerhalb  des  lonisationsherdes  befindlichen  Elek- 
trode. 

Von  Interesse  ist  der  Fall  der  Elektrizitätsleitung  in 
Flammen,  weil  hier  die  Meinungen  auseinander  gehen,  ob 
Oberfläclienionisation  an  den  Elektroden  oder  Volum endisso- 
ziatiou  im  ganzen  Flammeninneren  stattfindet.  Jedenfalls  ist 
die  Geschwindigkeit  des  negativen  Ions,  welches  mit  dem  Elek- 
tron identisch  zu  sein  scheint,  unverhältnismäßig  größer  als 
die  des  positiven  Ions.  Dann  hat  aber  der  Potentialverlauf 
Ähnlichkeit  in  den  beiden  Fällen,  nur  verläuft  der  Potential- 
gradient im  Falle  der  Oberflächenionisation  bei  Sättigungsstrom 
parabolisch  und  im  Falle  der  Volumendissoziation  hyperbolisch. 
Auch  muß  im  letzteren  Falle  noch  eine  geringe  Zunahme  des 
Gefälles    an    der    Anode    stattfinden,     wenn    nicht    das    Ge- 


Potentialverlauf  bei  unselbständiger  Elektrizitatsleitang,     677 

schwindigkeitsYerhältnis  unendlich  wird.  Meine  Anschauungen 
über  die  Natur  der  Flammenleitung  und  die  Gründe^  welche 
nach  meiner  Ansicht  für  eine  Erzeugung  der  Ionen  im  ge- 
samten Flammenvolumen  sprechen,  gedenke  ich  demnächst  an 
anderer  Stelle  mitzuteilen.^) 

ZuBammenfJasanng  der  Hauptpunkte. 

Bei  der  zwei-  und  einionigen  Yolumenleitung  ist  die  den 
Verlauf  des  Potentialgradienten  zwischen  zwei  Platten  dar- 
stellende Kurve  eine  Hyperbel;  bei  der  Leitung  durch  lonen^ 
welche  an  der  Oberfläche  der  Mektroden  entstehen,  eine 
Parabel, 

Ein  Wendepunkt  der  Potentialkurve  existiert  nur  bei  der 
zweiionigen  Volumenionisierung,  nie  bei  Oberflächenionisation. 

Bei  der  zweiionigen  Leitung  durch  Ionen,  welche  an  der 
Oberfläche  der  Elektroden  entstehen,  ist  auch  bei  gleicher  er- 
zeugter  Anzahl  derselben  im  ganzen  Leitungsraum  ein  Über- 
schuß der  einen  Ionen,  nämlich  derjenigen  von  kleinerer 
Beweglichkeit  vorhanden. 

Wenn  gleichviel  positive  und  negative  Ionen  erzeugt 
werden,  und  die  Beweglichkeiten  beider  lonenarten  die  gleichen 
sind,  so  ist  der  Verlauf  des  Potentials  zwischen  den  Platten 
bei  Oberflächenionisation  ein  linearer,  mithin  nirgends  ein 
Überschuß  einer  lonenart  Bei  Volumenionisation  hat  die 
Potentialkurve  an  beiden  Elektroden  steile  Abfälle  und  in  der 
Mitte  zwischen  den  Platten  einen  Wendepunkt  An  jeder 
Elektrode  ist  also  ein  Überschuß  der  Ionen  des  demjenigen 
der  Elektrode  entgegengesetzten  Vorzeichens. 

Diese  Resultate  gelten  unter  den  am  Anfang  genannten 
Annahmen. 

Berlin,  PhysiL  Institut  d.  Universität,  September  1903. 


1)  Zusatz   bei    der   Korrektar:    Ist   inzwischen   geschehen.      Siehe 
Verh.  d.  Deutsch.  Phys.  Ges.  5,  364,  1903;  «,  29,  1904. 

(Eingegangen  28.  September  1903.) 


678 


85.    Über  die  elektromagnetischen  Feldgleichnngen 
innerhalb  bewegter  elektrischer  Massen. 

Von  Emil  Kohl  in  Wien. 


In  einer  früheren  Arbeit  ^)  hat  der  Verfasser  gezeigt,  daß  sich 
die  Gleichungen  für  das  elektromagnetische  Feld,  welches  von 
einem  Systeme  bewegter  elektrischer  Massen  in  einem  festen 
Punkte  [x,  y,  z)  des  umgebenden  ruhenden  Äthers  erzeugt  wird, 
unmittelbar  aus  jenen  Gleichungen  gewinnen  lassen,  welche 
Boltzmann^  in  seinem  Lehrbuche  der  Max  well  sehen  Theorie 
entwickelt  hat.  Bezeichnet  man  mit  P,  Q,  R  die  Komponenten 
der  dielektrischen  Verschiebungskraft  (elektrisierenden  Kraft), 
mit  a,  ß,  y  die  Komponenten  der  magDetischen  Kraft  im  Punkte 
(a:,y,  2r),  mitSS  die  Lichtgeschwindigkeit  im  freien  Äther,  so  wurde 
dort  bewiesen,  daß  man  ein  den  allgemeinen  Maxwell  sehen 
Gleichungen  genügendes  System  erhält,  wenn  man  setzt: 


(1) 


dx        33   0/  '         ^  dy         ^   dt 

du        l  dH 


/?  =  - 


d  X        «  ~'d  t 


,o,  dO         dH     ^        dH         dF  dF         d  G 


wobei 


(3) 


d  X  d  y     ^  d X  d  x  dy  dx 

d  (ü  n       d  (ü 

U=l^-,r,     F=}"'2*är,  G==j%^^dr, 

d  (ü 


"=\  liV '^'=>  (:•'-'-%) 


bedeutet.  Hierbei  sind  unter  c^,  c  ,  c^  die  Geschwindigkeitskompo- 
nenten der  einzelnen  Teilchen  mit  den  elektrischen  Dichten  a 
verstanden,  während  r  den  Abstand  jedes  Teilchens  von  dem 
festen  Punkte  (ar,  ?/,  z)  zu  jener  Zeit  bedeutet,  innerhalb  welcher 

1)  Ann.  d.  Phys.  11.  p.  515—528.  1903. 

2)  L.  ßoltzmann,  Vorlesungen  über  Max wells  Theorie  der  Elek- 
trizität und  des  Lichtes.    IL  Teil.    Leipzig  1893;  pag.  17,  18. 


über  elektromagnetische  FeMgletchmgen,  679 

dasselbe  in  seine  Lage  zur  Zeit  t^  die  elektromagnetische  Be- 
wegung aber  zum  Punkte  [x,  y,  z)  fortgeschritten  ist;  das 
Zeichen  djdt  wurde  an  Stelle  von  d/dt  gewählt,  um  anzu- 
deuten, daß  die  Differentiation  nach  der  Zeit  bei  fixer  räum- 
licher Lage  des  Punktes  [x,  y,  z)  durchzuführen  ist  Diese 
Gleichungen  hat  zuerst  Wie  eher  t^)  aus  der  Elektronentheorie 
abgeleitet,  sie  können  aber  auch,  wie  erwähnt,  unmittelbar  aus 
den  Boltzmannschen  Ausdrücken  mittels  der  mathematischen 
Eigenschaften  der  Funktionen  U,  F,  G,  H  gewonnen  werden. 

Es  werde  nun  ein  im  freien  Äther  in  beliebiger  Bewe- 
gung begriffenes  System  elektrischer  Massen  betrachtet  und  die 
Frage  nach  den  Feldgleichungen  für  die  Punkte  innerhalb 
dieser  Massen  gestellt  Über  die  Form,  unter  welcher  man 
sich  diese  Massen  zu  denken  hat,  werde  keinerlei  Voraussetzung 
gemacht;  man  kann  sie  sich  als  elektrische  Atome,  Elek- 
tronen vorstellen,  oder  aber  auch  als  ein  den  Baum  konti- 
nuierlich erfüllendes  Fluidum  auffassen. 

Zunächst  ist  zu  bemerken,  daß  zwischen  den  Funktionen 
U,  F,  G,  H  die  Beziehung 

^^  dx  ^    dy    "^    dx    "^        ^    dt 

besteht,  da  dies  von  den  einzelnen  Gliedern  in  den  Integral- 
ausdrücken (3)  durch  unmittelbare  Ausrechnung  in  der  be- 
zogenen Arbeit  nachgewiesen  wurde.  Femer  wurde  in  einer 
späteren  Arbeit*)  gezeigt,  daß 

(5)  CPdydz  +  Qdxdz  +  Rdxdy  —  Ane 

ü 
ist,  wobei  e  die  innerhalb  der  geschlossenen  Fläche  0  befind- 
liche elektrische  Masse  darstellt,  von  welchen  übrigens  voraus- 
gesetzt werden  muB,  daß  sie  unzusamroendrückbar  ist,  also 
ihre  Dichte  während  der  Bewegung  nicht  ändert  Nimmt  man  als 
0  ein  unendlich  kleines  Parallelepiped  mit  den  Seiten  cfx,  dy^  dz 
innerhalb  des  in  Bewegung  begriffenen  elektrischen  Massensystems 
an,    so  ergibt  sich  unter  Berücksichtigung  von  (4)  aus  (1) 


1)  E.  Wiechert,  Archives  Nderlandaises  des  sciences   exactes  et 
naturelles,  si^rie  II.  5.  p.  549—573.  1900. 

2)  Ann.  d.  Fhys.  12.  p.  842-848.  1903. 


680  E.  Kohl 

d  ö)^ 


<r 


1  ö«  r  ö  ^ .        . 

=  —  4710', 


also  durch  Summierung  über  den  ganzen  Raum 
fa\  ATT        l    d*U  . 

da  für  die  außerhalb  dieses  Parallelepipeds  liegenden  Teilchen 

d  (t) 

1 


ist^    diese   also   keinen  Beitrag   zur  Differenz   auf  der   linken 
Seite  von  (6)  liefern. 

Weiter  wurde  in  der  ersterwähnten  Arbeit  bewiesen,  daß  die 
Gleichung  besteht: 


öai\  /       d(o\  I        da  da 


also,  wenn  der  Punkt  innerhalb  des  Parallelepipeds  liegt, 

1    ö«  I  ''^''  ö  n  A         <^- 

=    —  4710" 


diese  Beziehung  liefert  durch  Summierung  über  den  ganzen 
Raum  unt^r  Beachtung  der  bei  (6)  gemachten  Bemerkung  für 
Teilchen  außerhalb  des  Parallelepipeds : 

Die  Gleichungen  (6)  und  (7)  bilden  bei  Wiechert  als 
Definitionsgleichungen  den  Ausgangspunkt  seiner  Betrach- 
tungen. 

Die  Gleichungen  (1)  und  (2)  liefern  unter  Berücksichtigung 

von  (4),  (6)  und  (7)  ohne  Schwierigkeit  die  für  das  Innere  des 

bewegten  elektrischen  Massensystems  geltenden  Formeln 

\  dP       dß       dr        ,         Cr 
^  dt        dx       dy  "^  ' 


(8) 


^  dt  "  dx        dx  % 

^  dt  ^  dy       dx       ^  ^  ^   SB 


über  elektromagnetische  Feldgleichungen.  681 

Die  Beziehungen  (8)  sind  einer  der  Ausgangspunkte  der 
Elektronentheorie  von  Lorentz;  sie  sagen,  daß  die  Kompo- 
nenten der  Gesamtströmung  an  der  Stelle  {x,  g,  z)  des  be- 
wegten elektrischen  Massensystems  aus  zwei  Teilen  bestehen, 
aus  den  Komponenten  der  Verschiebungsströme  an  der  Stelle 
[xy  g,  z)  des  ruhenden  Mittels,  und  aus  einem  zweiten  Anteil, 
welcher  in  bekannter  Art  als  die  Komponenten  eines  Kon- 
yektionsstromes  zu  deuten  ist.  Differenziert  man  in  (8)  der 
Reihe  nach  durch  dx,  dy,  dz,  addiert  sodann  und  wendet  (6) 
an,  so  erhält  man  die  Kontinuitätsgleichung  der  elektrischen 
Massen  in  der  leicht  zu  deutenden  Gestalt 

sie  sagt  zugleich  aus,  daß  die  Gesamtströmung  geschlossen  ist, 
worin  ein  unterscheidendes  Merkmal  der  Maxwellschen  Theorie 
gegenüber  der  v.  Helmholtzschen  liegt. 

Die  Feldgleichungen  (8)  und  (9)  schildern  die  Vorgänge 
an  einer  und  derselben  Stelle  des  ruhenden  Äthers,  durch 
welchen  sich  das  elektrische  Massensystem  bewegt,  und  bilden 
daher  in  gewissem  Sinne  ein  Analogon  zu  den  Eul  er  sehen 
Gleichungen  der  Hydrodynamik.  Sie  sind,  wenn  es  sich  um 
die  Vorgänge  innerhalb  bewegter  elektrischer  Massen  handelt, 
an  Stelle  der  gewöhnlichen  Maxwellschen  Gleichungen  zu 
setzen,  an  welche  sie  sich,  wie  Abraham^)  betont,  aufs  engste 
ihrer  Form  nach  anschließen. 

Nun  ist  zu  erwägen,  daß  in  den  Ausdrücken  (3)  die  Ko- 
ordinaten {x,  g,  z)  ebenfalls  Funktionen  der  Zeit  sind,  wenn 
man  jetzt  einen  Punkt  betrachtet,  welcher  mit  einem  be- 
stimmten elektrischen  Massenteilchen  fest  verbunden  gedacht 
wird.     Beachtet  man  die  Beziehung 

SO  ergibt  sich  hieraus  ein  zweites  System  von  Feldgleichungen 
in  der  Gestalt 


l)  M.  Abraham,  Ann.  d.  Phys.  10.  p.  105—179.  1903. 


682 


E.  Kohl. 


(12) 


«  dt  "  ö*       dy         ^^SS 


+ 


4;r(r| 


dot 


^^ — c^ 


, ÖP       , ÖP 


■) 


+4^'.) 


(13) 


1   da        dB 


a       d£       .        ^    r  i_  l^_ß 
y        dx       *^^«"*"SsUi 


dx 
dB 


^dB      ^ 


■) 


i  ^^ 

1    djr 

«  dt 


dy 

dp 


ö*  ■*■  » 


ÖÄ 


dx 
dQ 


dx 
dP 


1   /da 
Ö  V^a; 


x'' 


I    Ort       , 

+  ö  X  'y  + 

dy    » 
4-  -^C    + 


C.  + 


da     \ 

d»   'j 

^, 
dx* 


J 


dx       dy 

Dieses  Gleichungssystem  beschreibt  die  Vorgänge  in  einem 
und  demselben  Punkte  des  bewegten  elektrischen  Massen- 
systems in  ihrer  Abhängigkeit  von  der  Zeit ;  es  entspricht  also 
den  hydrodynamischen  Grundgleichungen  von  Lagrange. 

Es  handelt  sich  femer  um  die  Entwickelung  der  elektro- 
magnetischen Energie  S  des  gesamten  von  dem  bewegten  elek- 
trischen Massensysteme  herrührenden  Feldes.  Betrachtet  man  den 
Zuwachs  derselben  während  des  Zeitteilchens  dt,  so  kann  er 
gemäß  den  Ausführungen,  welche  der  Verfasser  seinerzeit  bei 
der  Besprechung  der  Stefan  sehen  Theorie  dargelegt  hat^),  als 
aus  zwei  Teilen  bestehend  aufgefaßt  werden.  Der  erste  Teil  dJE^ 
wird  durch  die  Arbeit  aller  vorhandenen  dielektrischen  Ver- 
schiebungen, der  zweite  riE^  durch  die  negative  Arbeit  aller 
vorhandenen  Ströme   während   der  Zeit  dt  dargestellt     Man 

« 

hat  demnach 


(14)    dE  =  dE^  +  dE^=J^ 

-f^{i^P+iyQ  +  i,R)dTdt, 
worin  nach  den  aus  den  Gleichungen  (8)  gezogenen  Schlüssen 


(15) 


4nL  = 


1  BP 
58  ~dt 


+  47lfT^  = 


A         •  ^    dQ     X     A 


4  71  2.   = 


1  dB 

"«  dt 


+  4n (T  ^  = 


Cr 

_dß 

"  dx 

dr 

dy 

c, 

iß 

dx 

da 

dx 

c. 

da 

dß 

58 

^  dy 

dx 

1)  Monateh.  f.  Math.  u.  Phys.  12.  p.  239— 2C4.     1901. 


dx' 


Über  elektromagnetische  Feldgleichungen,  683 

zu  setzen  ist  und  die  t^  elektromagnetisch  gemessen  sind.  Es 
ergibt  sich  demnach  durch  die  in  der  letztbezogenen  Arbeit 
eingehend  durchgeführten  Betrachtungen 

(HO  dE=  2^^/^  [(i^  +  Q!'  +  R^  +  («^  +  ß^  +  r^^dxdt. 

Berücksichtigt  man,  daß  innerhalb  des  Integrales  djdt 
auch  djdt  gesetzt  werden  kann,  da  hierdurch  nur  die  Reihen- 
folge der  einzelnen  Addenden,  nicht  aber  der  Gesamtbetrag 
der  Summe  geändert  wird,  so  erhält  man  für  jene  Funktion, 
deren  Änderung  den  Zuwachs  an  Energie  während  der  Zeit  dt 
angibt,  den  bekannten  Ausdruck 

Für  gewisse  Fälle  dürfte  eine  andere  Form  für  den 
Energiezuwachs  brauchbarer  sein,  welcher  bloß  Größen  enthält, 
die  sich  auf  die  bewegten  elektrischen  Massen  beziehen.  Man 
kann  nämlich  (14)  mit  Rücksicht  auf  (15)  auch  in  der  Gestalt 

(14")  dß=^f(T(Pc^  +  Qc^  +  Qc;jdTdt 

schreiben,  ein  Ausdruck,  der  sich  übrigens  auch  aus  (14')  durch 
partielle  Integration  der  GHeder  mit  dP/dt,  dQfdt,  dRjdt 
nach  ihrer  Ersetzung  aus  (15)  leicht  gewinnen  läßt. 

In  den  vorhergehenden  Betrachtungen  wurde  vorausgesetzt, 
daß  sich  das  elektrische  Massensystem  in  dem  als  ruhend  ge- 
dachten Äther  bewegt.  Es  soll  schließlich  noch  der  Fall  kurz 
behandelt  werden,  daß  das  ruhende  Mittel  nicht  mehr  der 
Äther,  sondern  ein  beliebiger  Nichtleiter  mit  der  Dielektrizitäts- 
konstante JD  und  der  Magnetisierungszahl  M  sei.  Dann  gehen 
die  vorher  entwickelten  Gleichungen  gemäß  den  Ergebnissen 
der  ersterwähnten  Arbeit  in  folgende  über: 

l  du      Md  F 


(1') 


p 

D  dx       iß    dt' 

^  D  dy        Sß  dt' 

^^  __  1  dU       MdH 


D  dx        ^  dt' 

während  die  Gleichungen  (2),  (3)  und  ebenso  (4)  bestehen 
bleiben.  Dagegen  ändern  sich  wieder  (5),  (6)  und  (7)  und  sind 
durch  folgende  zu  ersetzen: 


684  E.  Kohl. 

{5')  fPdt/dz  +  Qdxdz  +  Bdxdtf  =  4n^- 

(61  JU-4-,^=-4na. 


(70 


.  „         1    d*H  .         e. 


(80 


worin  8}„  die  Fortpflanzangsgeschwindigkeit  der  elektromagneti- 
schen Elrregungen  in  dem  zugrunde  gelegten  Mittel  (9S„*  =  ^^jMJD) 
und  e  die  Masse  der  wahren,  ejD  also  die  Masse  der  freien 
(d.  i.  femwirkenden)  Elektrizität  bedeutet 

Hieraus  folgt  ohne  weiteres  als  System  der  Feldgleichungen 
für  diesen  Fall: 

^ßdi^dx        dy        *^^«'       Ißdi^dx       dx        ^^^^' 

^  dt  "  dy        dx"^^^'^' 


(Q'\       Mda^  _dR^  _djQ       MdJ^^dP^  _dR^      M  df  _dQ       dP 
^^^       ^di'^dy        dx'     Sß  dt  ^  dx        dx'    '^  dt  ^  dx       dy' 

während  die  Eontinuitätsgleichung  (10)  ungeändert  bleibt  und 
sowohl  für  die  wahre  wie  auch  für  die  freie  Elektrizität  gilt, 
Mittels  der  Beziehung  (11)  läßt  sich  sofort  das  zweite  System 
der  Feldgleichungen  (12')  und  (13')  aufschreiben;  desgleichen 
bietet  die  Ableitung  der  geänderten  Gleichungen  (15')  und  (16') 
keinerlei  Schwierigkeit,  aber  auch  nichts  formelles  Neues,  so  daß 
es  genügt,  auf  sie  hingewiesen  zu  haben. 

Somit  ist  gezeigt,  daß  sich  die  Gleichungen  für  das  innere 
elektromagnetische  Feld  bewegter  elektrischen  Massen  unmittel- 
bar aus  den  Boltz  mann  sehen  Gleichungen  der  Maxwell- 
schen  Theorie  entwickeln  lassen,  wenn  man  diesen  allgemeine 
Geltung  zuschreibt. 

Zum  Schlüsse  möge  noch  auf  eine  andere  Darstellung  der 
Gleichungen  (1)  hingewiesen  werden.     Man  bilde  aus  (1') 

^    ^  dt"^  ""        D  dx   dt^        ^dt  dt^ 

und  beachte  die  Beziehungen  (6')  und  (T');  man  erhält  daraus 
nach  einigen  einfachen  Umformungen 


über  elektromagnetische  Peldgleichuiigen,  686 


1   d 


dP 


1   du      M  öF 


l  »X  9  A     da 


Nun  ist 

worin  S„  die  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  der  elektromag- 
netischen Erregungen  im  Mittel  und  4  ^^  Z-Komponente  der 
Gesamtströmung  in  elektrostatischem  Maße  bedeutet.  Da  der 
Klammerausdruck  auf  der  rechten  Seite  die  Kraftkomponente 
P  darstellt,  so  folgt  nach  Ausführung  der  partiellen  Integra- 
tion im  zweiten  Gliede  rechts  unter  Anwendung  des  Kontinuitäts- 
prinzipes^)  wegen  der  Beziehung  J/jD8J^  =  SS* 


d     ra,  Midi, 


Ähnlich  gestalten  sich  die  Ausdrücke  für  Q  und  R,  S  ist  jetzt 
die  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  einer  Erregung  im  Äther, 
Q  ist  die  Entfernung  des  Punktes  [x^  y,  z)  von  den  einzelnen  elek- 
trischen Massen  zur  Zeit  t  Berücksichtigt  man,  daß  sich  die 
Integration  über  den  ganzen  unendUchen  Raum  erstreckt,  und 
bezeichnet  mit  V  das  gewöhnliche  elektrostatische  Potential 
aller  vorhandenen  Massen,  mit  Qq  die  fest  bleibenden  Ent- 
fernungen der  einzelnen  Raumpunkte  von  einander,  so  läßt  sich 

darstellen,  wobei  jetzt  flir  <t  und  iV  die  an  den  einzelnen  Stellen 
jeweilig  herrschenden  Werte  einzusetzen  sind. 

Aus  dieser  Gestalt  der  Komponenten  P,  Q,  i?,  welche 
vollkommen  mit  jener  der  Stef ansehen^  und  Boltzmann- 
schen^  Femwirkungsgleichungen  für  ruhende  elektrische  Massen 
übereinstimmt,  läßt  sich  eine  bemerkenswerte  Folgerung  über 
die  Wirkungsweise  eines  bewegten  elektrischen  Teilchens  schöpfen. 
Wie  man  sieht,  besteht  die  elektrisierende  Kraft  aus  zwei 
Teilen:  der  erste  Teil  ist  die  aus  dem  gewöhnlichen  Coulomb- 
schen   elektrostatischen  Potentiale  durch  Ableitung  nach   der 


1)  L.  Boltzmann,  1.  c.  p.  8. 

2)  J.  Stefan,   Sitzungsber.  d.  k.  Akad.   d.  Wissensch.   zu   Wien 
70.  Abt  IL,  p.  589—644.  1874. 

3)  L.  Boltzmann,  1.  c.  p.  119. 


686      E,  KoJd.     Über  elektromagnetische  Feldgleichungen, 

Eraftrichtung  gewonnene  Kraft^  während  der  zweite  Teil  die 
Induktionswirknng  aller  vorhandenen  Ströme  angibt.  Ein  be- 
wegtes elektrisches  Teilchen  wirkt  also'  so^  daß  es  an  und 
für  sich  eine  dem  gewöhnlichen  elektrostatischen  Wirkungs- 
gesetze folgende  Kraft  ausübt,  andererseits  aber  durch  seine 
Bewegung  das  Auftreten  von  dielektrischen  Yerschiebungs- 
strömen  und  eines  Konvektionsstromes  bedingt^  deren  Induk- 
tionswirkung zur  ersteren  Kraft  hinzukommt  Von  Interesse 
ist  hierbei^  daß  die  eigentliche  elektrostatische  Eraftwirkung 
eines  bewegten  Teilchens  dieselbe  wie  die  eines  ruhenden  ist, 
das  heißt,  wie  diese  dem  Coulomb  sehen  Gesetze  folgt,  ohne 
daß  eine  Abhängigkeit  von  der  Fortpflanzungsgeschwindigkeit 
der  elektromagnetischen  Erregung  im  betreffenden  Mittel  in 
dem  Ausdrucke  für  das  Potential  auftritt.  Hierzu  kommt  —  in 
gewissem  Sinne  als  sekundäre  Wirkung  betrachtet  —  die  Induk- 
tion der  geweckten  Gesamtströmung;  beide  Wirkungen  zusammen 
liefern  dann  einen  Ausdruck,  in  welchen  diese  Fortpflanzungs- 
geschwindigkeit in  der  bekannten  Weise  eingeht 

(Eingegangen  28.  September  1903.) 


687 


86.   Beweis  eines  in  der  Aknstik  verwendbaren 

arithmetischen  Satzes. 

Vou   H.  von  Stemeok   in  Czemowitz. 


Hr.  G.  Jäger  legte  mir  Yor  einiger  Zeit  folgenden  arith- 
metischen Satz  zum  Beweise  vor,  auf  den  er  durch  Beobach- 
tung der  Zahl  der  Schwebungen  zweier  Stimmgabeln  gekom- 
men war  und  der  folgendermaßen  lautet: 

Multipliziert  man  die  beiden  teilerfremden  Zahlen  m  und 
n  mit  derselben  recht  großen  Zahl  N  und  addiert  zu  einem 
der  beiden  Produkte  eine  kleine  (positive  oder  negative)  Zahl  «, 
so  erhält  man,  wenn  man  das  Euklidsche  Divisionsverfahren 
zur  Aufsuchung  des  größten  gemeinsamen  Teilers  der  beiden 
Zahlen  m  N  und  nN  in  der  Form  fortwährender  Subtraktionen 
auf  die  beiden  Zahlen  m iV^  und  nN  +  b  anwendet,  als  Rest  bei 
der  letzten  Subtraktion  den  Betrag  im«.  Der  entsprechende 
akustische  Satz  lautet:  Die  Anzahl  der  Schwehungen  zweier 
Stimmgabeln  mit  den  Schwingungszahlen  m N  und  nN  +t  (wobei 
m  und  n  teilerfremd  sind)  beträgt  iw«. 

Da  hier  einer  der  seltenen  Fälle  vorliegt,  daß  einem 
zahlentheoretischen  Satze  physikalisch  eine  Bedeutimg  zukommt, 
so  möchte  ich  mir  erlauben,  einen  Beweis  dieses  Satzes  mit- 
zuteilen. 

Wir  denken  uns  zu  diesem  Zwecke  unter  «  nicht  eine 
ganze  Zahl,  sondern  eine  beliebig  kleine  vorgegebene  positive 
oder  negative  Größe.  Dann  ist  es  offenbar  unwesentlich,  die 
beiden  teilerfremden  Zahlen  erst  mit  der  Zahl  N  zu  multi- 
plizieren und  der  Satz  nimmt  die  einfachere  Form  an: 

Addiert  man  zu  einer  der  beiden  teilerfremden  Zahlen  m 
und  n  die  beliebig  kleine  Große  e  und  fuhrt  dann  das  Euklid^ 
che^Divisionsverfahren ,  das  zur  Aufsuchung  des  größten  gemein- 
samen Teilers  von  m  und  n  dient,  in  der  Form  fortwährender 
Subtraktionen  durch,  so  erhält  man  aU  Best  bei  der  letzten  Sub- 


688  R,  von  Sterneck, 

traktion   ±  iwe,  wenn  b  zu  n  addiert  wurde ^  und  ±  wc,   wenn  e 
zu  m  addiert  wurde. 

Es  sei  171  >  n;  dann  bestehen  die  Gleichungen: 

r  m      ^  q  n    +  Ttj, 


(1) 


wobei  die  Zahlen  Wj,  Wg,  .  .  .  n^  die  Bedingung  erfüllen: 

n>n^>n^>,,.>n^^\. 

Denken  wir  uns  nun  zu  n  die  Größe  €  addiert,  und  auf  die 
Zahlen  m  und  n  +  fi  dieselbe  Eettendivision  angewendet,  so 
nehmen  die  Gleichungen  (1)  die  folgende  Form  an: 

Hl  =  5r(n  +  €)  +  (Wj  —  <7€) 


die  wir,  indem  wir  die  darin  auftretenden  Koeffizienten  von  c 
zunächst  unbestimmt  lassen,  in  der  symmetrischeren  Form 
schreiben  wollen : 

m  +  iiE  —  q  [n    -\-  v  e)  +  n^  -\-  v^  i 

n  +  ve  =  q^  (Wj  +  v^e)  +  n.,  +  i/^  e 


allgemein: 

w._i  +  i/,.-!  €  =  q^in.  +  v,e)  +  n.^j  +  v.^^  «. 

Auf  Grund  der  Gleichungen  (1)  ist 

72.  ,  =  n.n.  4-  ff.,, . 

wodurch  wir  zur  Bestimmung  der  Koeffizienten  v.  folgende 
Rekursionsformel  erhalten: 

welche,  durch  €  gekürzt,  die  Relation  liefert: 

Die  Größen  f.  genügen  also  derselben  Rekursionsformel  wie  die 
Größen  w..  Ferner  ist  ju  =  0  und  i/  =  1 ;  zur  Bestimmung  der 
Größen  v.  haben  wir  daher  die  Gleichungen: 


(2) 


AkttstUch-arithmetischer  Satz,  689 


«'k-2   =  y*-l  «'fc-l   +  ^fc> 

Daxin  ist  jU  =  0,   v  =  1   und  y,   y^,  .  .  .   sind  aus  der  Ketten- 
division der  Zahlen  m  und  n  gegeben. 

Der  von  G.  Jäger  gefundene  Satz  besteht  nun  in  der 
Aussage,  daß 

ist. 

Um  dies  zu  beweisen,  gehen  wir  von  den  Gleichungen  (1) 
aus,  aus  denen  man  allgemein  durch  sukzessives  Einsetzen  n^ 
in  die  Form  bringen  kann: 

wobei  a.  und  ß.  ganz  bestimmte  positive  oder  negative  ganze 
Zahlen  sind;  speziell  ist  also: 

weil  w^  der  größte  gemeinsame  Teiler  zwischen  den  zwei  relativ 
primen  Zahlen  m  und  n  ist. 

Die  Zahle»  cxj^^j  /?^__^  und  «^,  ßj^  sind  nichts  anderes 
als  Zähler  und  Nenner  des  vorletzten  und  letzten  Näherungs- 
bruches der  Ketten  bruchentwickelung: 

w  ,     1        ^ 


•  + 


und  erfüllen  daher  die  bekannte  Gleichung 

^k-ißk-^kßk-i  =  ±  1- 

Vermöge  des  Gleichungssystems  (2)  gehen  nun  aber  Vj^_^ 
und  Vj^  aus  den  Größen  fi  und  v  genau  nach  demselben  Bil- 
dungsgesetze hervor,  wie  7i^_j  und  w^  aus  m  und  n.  Es  ist 
also 

BoltnnanD-FestschrIfL  44 


690         H.  von  Stemeck.     Akustisch-arithmetischer  Satz. 

wobei  /i  =  0  und  v  ==  1  zu  setzen  ist;  also 

Die  letzte  Gleichung  in  (1)  liefert 

und  die  letzte  Gleichung  in  (2) 

oder,  für  qj^  den  Wert  eingesetzt, 

woraus  sich  ergibt: 

«'k+i  =  ßk--i  -  ^*-i  ßk"^-  ßk-i ßk '' 

=  /'k-i  «jk'"  -  «ffc-i  ßk^  =  ±  »». 
Hiermit  ist  der  Satz  bewiesen. 

Ist  die  Größe  t  nicht  zu  n,  sondern  zur  größeren  Zahl  m 
addiert  worden,  so  haben  wir  ^  =  1  und  v  =  0  zu  setzen  und 
erhalten 

Die  letzte  Gleichung  in  (2)  lautet  dann; 
und  daraus  erhalt  man: 

In  diesem  Falle  erhält  man  also  tatsächlich  die  andere  Zahl  n, 
wie  es  der  Satz  verlangt. 

(Eingegangen  29.  September  1903.) 


691 


87.  Über  Radiumkollektoren. 

Von  Hans  Benndorf  und  Viktor  Conrad  in  Wien. 


Bald  nach  Entdeckung  der  radioaktiven  Substanzen  wurde 
von  verschiedenen  Seiten  (Paulsen,  Exner,  Le  Cadet  u.  a.) 
der  Versuch  gemacht,  sie  zur  Eonstraktion  von  Kollektoren 
für  luftelektrische  Messungen  zu  verwenden  ^  qualitativ  mit 
gutem  Erfolg. 

um  zu  erfahren,  welche  Fehlerquellen  mit  der  Benutzung 
von  Radiumelektroden  verbunden  sind,  haben  wir  im  Früh- 
jahr und  Sommer  1902  eine  Beihe  von  Vergleichsmessungen 
mit  Wasserkollektoren  angestellt,  über  die  wir  mit  Bücksicht 
auf  die  jüngst  erschienene  Arbeit  von  F.  Linke  ^)  kurz  be- 
richten möchten. 

Linke  kommt  in  seiner  Arbeit  zu  dem  Schluß:  i^Daß 
Radiumhollcktoren  je  nach  ihrer  äußeren  Form  ganz  verschie^ 
dene  Besultate  geben ,  die  in  hohem  Maße  abhängig  sind  von 
Bichtung  und  Stärke  der  Luftbewegung.  Erst  von  einem  größeren 
Werte  der  Windgeschwindigkeiten  ist  eine  weitere  Steigerung  der- 
selben ohne  Einfluß." 

So  richtig  nun  der  Satz  auch  an  und  für  sich  ist,  so  ist 
er  in  dieser  Fassung  ohne  die  nötige  Einschränkung  doch 
in  hohem  Grade  geeignet  Mißverständnisse  hervorzurulen  und 
das  ohnehin  ziemlich  verbreitete  Mißtrauen  gegen  Badium- 
kollektoren  noch  in  ungerechtfertigter  Weise  zu  vermehren, 
was  im  Interesse  möglichst  zahlreicher  luftelektrischer  Stationen 
entschieden  zu  bedauern  wäre. 

Wenn  man  bedenkt,  daß  gerade  die  wichtigsten  Stationen 
immer  an  isolierten,  von  menschlichen  Ansiedlungen  möglichst 
entfernten  Orten  sich  befinden  werden,  Stationen,  die  eine 
tunlichste  Vereinfachung  des  Meßapparates  und  seiner  Be- 
dienung erheischen;  wenn  man  femer  in  Betracht  zieht,  daß 
als   nächstes  Ziel    der  Potentialmessungen   (von   Spezialunter- 


1)  F.  Linke,  Phya.  Zeitechr.  4.  p.  661.  1908. 

44' 


692  //.  Benndnrf  und  V.  Conrad. 

euchungen  abgeBeben)  eine  ungefähre  Kenntnis  des  Verlaufes 
dar  täglicbea  und  jährlichen  Schwankung  des  Potential- 
gelUUes  an  möglichst  vielen  Punkten  der  Erdoberfläche  anzu- 
streben ist,  wozu  eine  Genauigkeit  von  10—20  Proz.  in  den 
Mittelwerten  vorläufig  hinreichti  wenn  man  dies  alles  berück- 
sichtigt, wird  jeder,  der  aus  eigener  Praxis  die  Bequemlichkeit 
Ton  Badiumkollektoren  gegenüber  dem  komplizierten  Wasser- 
apparat kennt,  sich  für  erstere  entscheiden,  sobald  sie  den 
notwendigen  Genauigkeitsgrad  Gewähr  leisten. 

Wir  setzten  uns  daher  als  Ziel  unserer  Arbeit,  za- 
näcbst  von  rein  praktischen  Gesichtspunkten  aus  eine  Radinm- 
kollektortjpe '),  die  an  mehreren  österreichischen  Stationen 
verwendet  wird,  auf  ihre  Brauchbarkeit  zu  prüfen,  indem 
wir  sie  mit  einer  etwa  gleich  rasch  ladenden  Wasserelektrode 
verglichen. 

Mit  gütiger  Erlaubnis  Hm.  Hofrat  Pernters  wurden  auf 


Stunden  mittel  der  Quotienten  der  gleichzeitigeii  Auaschll 
malüpliziert  mit  100 


12./13. 

70 

13.;  u. 

73 

14./15. 

— 

15./ 16. 

78 

19./20.||- 

20./21. 

76 

21./22. 

70 

22./23. 

76 

.    jL  ;  gh  I  gh  I  ji,  I  5h  ßh     li.     (,1.  ,  fli.  I  iQh    ii'-iMnJ 

92     98     86  96  I  97  99     91  ^  94  j  —      97     liT 

—   '  —     —  92     94  89  !   92  '   91  :   92     94     11,i 

112   113   lOb  110  106;iO7ilO6il07   107   107     Ol 

j  99  ,   98   100  98     98  —     —     —   ■  —   i  99     114 

78     70     -M  69     71  71  j  71     71      71|7ä':7l      76      74 

71  :  72     73  72     71  70  |   74     74        1      72  '  67     65     62 

■  —   I  —     —  85     »0  —  I  —      78     tl      —  I  —   j   82  j  —   I 

I   74;   72     73  75     77  72  '   76  '   74     78     70 '   75    —       76  | 


— 

82 

79 

77 

76 

76 

75 

79 

76 

_ 

80 

_ 

74 

72 

66 

- 

73 

64 

U 

— 

m 

81 

83 

I)  Auf  eiuem  Kupferteller  VOD  10  cm  Durrlimesser  wurden  ca.  0,2  g 
K&diuDibariunichlorid  von  der  Aktivität  240  (aua  l'ttris  bezogen)  aus 
wässeriger  Lösung  abgedHmpft;  die  Saizkrislalle  hatleteu  dann  genügeod 


über  I^diumkollektorm.  693 

der  k.  k.  Zentralanstalt  für  Meteorologie  in  Wien  zwei  mecha- 
nisch registrierende  Elektrometer^)  aufgestellt. 

Beide  Apparate  waren  an  dieselbe  Uhr  geschaltet,  so  daß 
die  Kontakte  genau  gleichzeitig  erfolgten;  ebenso  waren  die 
Quadranteopaare  beider  Instrumente  mit  derselben  Batterie 
(100  Kalomelelemente ,  Nadelschaltung)  verbunden,  so  daß  das 
Verhältnis  der  Empfindüchkeiten  beider  Elektrometer  konstant 
bleiben  mußte. 

Aus  diesem  Grunde  genügte  es,  die  gleichzeitigen  Aus- 
schläge beider  Instrumente  direkt  miteinander  zu  vergleichen. 
Die  Elektrometer  markierten  alle  10  Minuten. 

In  den  Diagrammen  wurden  die  10-Minutenordinaten,  die 
proportional  dem  angelegten  Potential  sind,  mittels  eines  Meß- 
stahes  abgemessen  und  der  Quotient  der  gleichzeitigen  Aus- 
schläge beider  Instramente  berechnet;  aus  je  7  dieser  E^zel- 


ider  lastrumente. 


1  4"  j  5" 

6»  1  7" 

8»  j  9^ 

10>> 

- 

r-      — 

—  -1=^ 

~  = 

'  i  SB  ,  »6 

Ö7 

97 

96  n 

97 

1  116  US 

114 

in 

112  |  — 

- 

■   7*1   79 

71 

n 

1 
82     74 

_ 

.<  fll     68 

60 

III 

84    — 

— 

76  '  7a 

64 

- 

-  1- 

- 

_     ._ 

—   '   %- 

88     87 

80 

75     75 

Ih     »3,   82     92 

— 

,   75|   78 

7»     69     62     77  ,   81 

■   87     87 

&4 

80 

-  :- 

- 

68 

±6,4 

NNE, 

n 

±6,3 

w. 

76 

±S,0 

W4 

81 

±4,E 

NW, 

83 

iS.l 

WNW, 

72 

±5,2 

w, 

WNW, 


NNW, 

WNW, 


84    ±  3 


W, 


w,    I    w, 


[1=1  = 


feet  auf  der  KupferplaCte,  die  an  etoer  ieolieiten  Bambuestange  mit  der 
Saizeeite  nach  unten  befestigt  als  Elektrode  dicDte. 

l)  Vgl.  H.  Benndorf,  Sitiungsber.  d.  k.  Akad.  d.  WiMOnsch.  ed 
WieD  1902.  p.  487. 


694  jy.  Benndorf  und  V,  Conrad. 

werte  wurden  die  Stundenmittel  gebildet,  deren  Hundertfaches 
in  umstehender  Tabelle  eingesetzt  ist. 

Von  den  zahlreichen  Beobachtungen,  die  sich  vom  April 
bis  Juli  1902  erstreckten,  sei  eine  Serie  vom  4.  bis  23.  Juni 
herausgegriffen.  Die  in  der  Tabelle  nicht  angeführten  Stunden- 
mittel sind  unbrauchbar  zur  Vergleichung  entweder  wegen 
Regens,  oder  so  großer  Werte  des  Potentialgefälles,  daß  sie 
mit  den  Instrumenten  nicht  mehr  meßbar  waren,  oder  so  starker 
Schwankungen  des  Gefälles,  daß  aus  den  sieben  Beobach- 
tungen keine  genügend  sicheren  Stundenmittel  gebildet  wer- 
den konnten. 

um  zunächst  einen  Anhaltspunkt  zu  gewinnen  über  die 
Fehler,  die  durch  die  Ablesung  der  Streifen,  ferner  durch  die 
ungleiche  Schwingungsdauer  und  Dämpfung  beider  Instrumente 
hervorgebracht  werden,  wurden  die  Elektrometer  metallisch 
miteinander  und  mit  einer  Elektrode  verbunden,  so  daß  ihre 
Nadeln  immer  zu  gleicher  Zeit  auf  gleichem  Potential  waren. 
Die  vier  Tagesmittclwerte  96,  96,  110,  100,  die  einander  gleich 
sein  und  zugleich  das  Verhältnis  der  Empfindlichkeiten  geben 
sollten,  differieren  offenbar  infolge  von  Fehlern  in  der  Null- 
punktsbestimmung; die  nächste  Rubrik  enthält  die  mittlere 
Abweichung  der  Stundenmittel  vom  Gesamtmittel,  die  durch 
das  ungleichmäßige  „Nachgehen''  der  Instrumente  bedingt 
ist.  Man  sieht  aus  der  Tabelle,  daß  zwei  gleich  konstruierte 
Elektrometer  an  dieselbe  Elektrode  gehängt  noch  im  Stunden- 
mittel Abweichungen  bis  zu  5  Proz.  ergeben  können. 

Vom  12.  bis  16.  Juni  war  jedes  der  Instrumente  mit  einer 
Wasserelektrode  verbunden;  der  eine  Kollektor  war  an  der 
Westseite,  der  andere  an  der  Nordseite  des  Turmes  der 
meteorologischen  Anstalt  ca.  1,5  m  von  der  Mauer  entfernt 
befestigt.  Wie  man  sieht,  sind  hier  die  mittleren  Abweichungen 
der  Stundenmittel  prozentuell  etwas  größer. 

Vom  19.  bis  23.  Juni  wurde  die  Wasserelektrode  an  der 
Nordseite  des  Turmes  durch  die  oben  beschriebene  Radium- 
elektrode ersetzt.  Die  Zahlen  der  Tabelle  zeigen  hier  eine 
größere  Unregelmäßigkeit  der  einzelnen  (Quotienten;  doch  sind 
die  Angaben  der  Radiumelektrode  verglichen  mit  der  Wasser- 
elektrode noch  auf  10  Proz.  genau. 

Ganz  windstille  Tage  standen  uns  nicht  zur  Verfügung;  es 


über  Radiumkollektoren.  696 

soll  deshalb  die  UntersuchuDg  fortgeführt  und  auch  auf  Elek- 
troden aus  anderen  radioaktiven  Substanzen  ausgedehnt  werden. 
Die  vorläufigen  Resultate  lassen  sich  etwa  zusammenfassen: 
I.  Radiumelektroden  y  wie  die  oben  beschriebenen,  lassen  sich 
zu  lu f (elektrische n  Messungen  ganz  gut  verwenden^  wenn 

1.  nur  relative  Messungen  damit  vorgenommen  werden 
(die  Reduktion  auf  die  Ebene  kann  mit  Flammen-  oder 
Wasserkollektor  yorgenommen  werden); 

2.  die  Elektroden  so  aufgestellt  werden,  daß  der  natür- 
liche Luftzug  Zutritt  hat,  also  nicht  an  vollkommen 
windgeschützten  Stellen; 

3.  wenn  man  sich  mit  einer  Genauigkeit  von  10 — 16  Proz. 
zufrieden  geben  kann,  was  wohl  für  die  meisten  Zwecke 
ausreicht. 

II.  Es  ist  ein  EinÜuß  des  Windes  auf  Ladungsgeschwindig- 
keit und  Referenzpunkt  des  Kollektors  vorhanden,  der  sich 
aber  innerhalb  der  oben  angegebenen  Grenzen  bewegt. 

III.  Zur  Konstruktion  radioaktiver  Elektroden  wird  es 
vorzuziehen  sein,  Substanzen  zu  verwenden,  deren  Strahlung 
von  verhältnismäßig  dünnen  Luftschichten  absorbiert  wird  und 
zur  Erzielung  der  nötigen  Ladungsgeschwindigkeit  lieber  große 
Flächen  mit  schwachwirksamen  Präparaten  zu  verwenden. 

(EiugegaDgen  29.  September  1903.) 


88.  Spezifische  Gewichte  und  Wärmeansdehnuug 
TOD  NaphtaliuIÖsuDgen  in  versohiedencD  organischen 
LdsungginittelD.  ^| 

Vou  Carl  Forcb  in  Damiatedt.  ^H| 

Der  Zweck  der  nachstehend  wiedergogehenen  Mfissungen 
war,  weiteres  Material  zu  beschaffen  zu  unserer  Kenntnis  der 
VolumenverhältDisae  in  Lösungen,  und  zwar  nach  der  Richtung 
hin,  daß  das  Verhalten  eine»  festen  Körpers  in  vertchiedeneii 
Lösungsmitteln  untersucht  wurde.  Es  wurdeu  hierzu  Lösungcu 
Ton  Naphtalin  in  Chloroform,  Toluol,  Schwefelkohlenstoff  und 
Athyläther  gewählt.  Die  Substanzen  waren  von  E.  Mcrck- 
Darmstadt  bezogene  „purissima"  bez.  bei  Toluol  „purum". 

Wegen  des  hohen  Dampfdruckes  der  Lösungsmittel  mnßte 
aul'  die  Methode  des  Senkkörpers  verzichtet  und  ein  Pjkno- 
meter  henut/t  werden.  Dasselbe  war  ans  Jenaer  Glas  ICillI 
gefertigt  und  hatte  bei  18"  77,5  cm*  Volum.  Es  bestand  aus 
einem  13  cm  langen,  28  mm  weiten  Zylinder  und  hatte  folgende 
Abweichungen  von  der  Oatwald-Sprengelschen  Form: 

Die  beiden  oben  bez,  unten  an  den  Pyknometerkörper  an- 
geschmolzenen engeren  Bohren  gingen  auf  30  mm  in  Kapillaren 
tlber  und  trugen  alsdann  30  mm  lange  erweiterte  Stutzen  von 
8  bez.  6  mm  Durchmesser.  Die  Kapillaren  waren  in  Millimeter 
geteilt.  Die  Stutzen  konnten  durch  eingeschliffene  Glasstöpsel 
Ter  schlössen  werden.  In  den  einen  Stutzen  paßte  außerdem 
ein  zylinderförmiger,  oben  wieder  durch  einen  Schliff  ver- 
schließbarer Trichter,  in  den  andern  ein  Rohr  mit  Schliff; 
ersterer  diente  zum  Füllen,  letzteres  zum  Entleeren  bez.  znr 
Verbindung  mit  einer  Wasserstrahlpumpe.  Um  in  dem  Pykno- 
meter rühren  und  dadurch  einen  rascheren  Temperaturauagleich 
bewirken  zu  können,  stand  frei  [nicht  angeschmolzen)  auf  dem 
Boden  desselben  ein  40  mm  langes,  22  mm  breites  Platinblech, 
Wurde  das  Pyknometer  nun  um  seine  vertikale  Achse  gedreht, 
und  zwar  mehrere  Mate  in  der  einen  und  hierauf  in  der  anderen 


Spez,  Getoichte  und  fFärmeatisdehnunff,  697 

Richtung,  so  rührte  dieses  Blech  die  Flüssigkeit  kräftig  um.  ^) 
Daß  der  Temperatarausgleich  wirklich  ein  guter  war,  ging 
aus  den  Einstellungen  der  Flüssigkeitsfäden  in  den  Kapillaren 
hervor;  die  beiden  Kuppen  folgten  den  kleinsten  Temperatur- 
schwankungen im  Bade,  einem  Gefäß  you  etwa  8  Liter  Inhalt, 
in  welchem  sich  das  Pyknometer  auf  einer  einfachen  aus 
üraht  und  Blechstreifen  hergestellten  Vorrichtung  zum  be- 
quemen Drehen  um  seine  vertikale  Achse  befand  Die  Tem- 
peratur des  Bades  wurde  an  einem  in  ^so  ^  geteilten  Ein- 
schlußthermometerer  abgelesen. 

Das  Volum  des  Pyknometers  sowie  seine  Wärmeausdehnung 
wurden  durch  Auswägen  mit  Wasser  bei  15,  18  und  23®  be- 
stimmt. Zur  Umrechnung  dienten  die  Werte  des  spezifischen 
Gewichtes  des  Wassers  nach  Thiesen,  Scheel  und  Dissel- 
horst.^)  Die  Genauigkeit  der  Messungen  ergibt  sich  aus 
folgendem : 


17,687 

V  =»  77,5050  cm* 

reduz. 

77,5056  cm» 

18,072 

77,5055 

auf 

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Der  Ausdehnungskoeffizient  des  Pyknometers  wurde  ge- 
funden gleich  22,56 .  10-^,  also  etwas  kleiner  als  der  von 
anderer  Seite  ^  ermittelte  Koeffizient  für  das  Glas  16111. 

Nachdem  das  mit  einer  Flüssigkeit  gefüllte  Pyknometer 
etwa  10  Minuten  unter  häufigem  Rühren  in  dem  Bade  ge- 
standen hatte,  wurde  die  Flüssigkeit  mit  Filtrierpapier  aus  den 
Stutzen  und  den  Kapillaren  so  weit  entfernt,  daß  sie  beider- 
seits auf  der  Teilung  der  Kapillaren  einstand.  War  dann 
fast  Temperaturgleichgewicht  eingetreten  zwischen  innen  und 
außen,  so  erfolgten  rasch  die  Ablesungen  —  immer  unter  ent- 
sprechendem Rühren.  Es  wurden  stets  mindestens  sechs  zu- 
sammengehörige Volum-  und  Temperaturablesungen  gemacht, 
und  zwar  war  hierbei  fast  immer  in  drei  Fällen  die  Außen-  und 

1)  Ahnliche  Vorrichtungen  zum  gleichen  Zweck  benutzten: 
A.  Ponsot,  Ann.  de  chim.  u.  phys.  (7)  10.  p.  79.  1897;  G.  Guglielmo, 
R.  accad.  d.  Line,  vol  XI.  2  sem.  ser  5.  p.  299.  1902;  F.  Möller,  Ann. 
d.  Phys.  (4)  7.  p.  260.  1902. 

2)  Wissenschaftliche  Abhandlungen  der  Physikalisch-Technischen 
Reichsanstalt  3.  p.  67.     Berlin  1903. 

3)  Thiesen,  Scheel  u.  Seil,  Zeitschr.  f.  Instrkde.  1^  p.  49.  1896. 


698  C.  Porch. 

in  drei  Fällen  die  Innentemperatur  die  höhere.  Die  Temperatnr- 
differenz  zwischen  innen  und  außen  betrug  bei  der  ersten  Ab- 
lesung selten  mehr  als  0,015°  und  verminderte  sich  alsdann 
durch  weiteres  Rühren.  Die  Kapillaren  hatten  auf  1  mm  ein 
Volum  von  je  0,16  mm^  es  entspricht  also  einer  Verschiebung 
um  1  mm  in  beiden  Kapillaren  eine  Volumändenmg  von  etwa 
4.10"^  oder  —  flir  einen  mittleren  Wärmeausdehnungskoeffi- 
zienten von  0,0016  —  eine  Temperaturänderung  von  ^U^q^- 

Die  Korrehtionen,  Das  benutzte  Thermometer  hatte  fiir 
das  enge  Intervall  von  16  bis  20°  keine  nennenswerten  Kaliber- 
fehler. Der  absolute  Wert  der  Temperaturskala  wurde  durch 
Vergleich  mit  einem  an  die  WasserstoflFskala  angeschlossenen 
Normalthermometer  bei  18°  bestimmt;  da  aber  die  Korrektionen 
des  letzteren  auf  ^5  ^  abgerundet  sind,  ist  die  Temperatur 
absolut  auch  nicht  genauer  ermittelt.  Die  Fehler  der  einzelnen 
Temperaturbestimmungen  zueinander  hingegen  dürften  über  etwa 
Vioo^  nicht  hinausgehen. 

Die  Fehler  des  Gewichtssatzes  wurden  auf  einer  kurz- 
armigen Wage  auf  Yso  ™8  bestimmt  und  sind  auf  Y^^  mg 
abgerundet  eingesetzt.  —  Da  die  Beobachtungen  in  einer  Zeit 
starker  Temperatur-  und  Luftdruckschwaukungen  erfolgten, 
mußten  die  hierdurch  erfolgenden  Änderungen  im  Auftrieb  be- 
rücksichtigt werden.  Es  wurden  deshalb  Feuchtigkeit  und 
Temperatur  im  Waagekasten  sowie  der  Luftdruck  bei  jeder 
einzelnen  Wägung  bestimmt.  —  Die  Korrektionen,  welche  zweifel- 
los die  Versuche  am  meisten  beeinflussen,  sind  bedingt  durch 
die  Verdampfung  der  benutzten  Flüssigkeiten.  Es  ergibt  sich 
dies  aus  folgender  Übersicht  der  Dampfdrucke  bei  Zimmer- 
temperatur: 

Äther  CSj  Chloroform  Toluol 

440  mm         300  mm  160  mm         etwa  50  mm  Hg. 

Die  Lösungen  wurden  in  der  Weise  hergestellt,  daß  in 
Flaschen  von  ca.  250  cm^  Inhalt  zu  dem  gewogenen  Naphtalin 
die  nötige  Menge  Flüssigkeit  zugesetzt  wurde,  so  dab  etwa 
100 — 110  cm^  Lösung  entstanden.  Das  über  der  Lösung  be- 
findliche Volum  sättigte  sich,  bis  die  Lösung  hergestellt  war, 
mit  dem  Dampf  des  Lösungsmittels;  es  mußte  mithin  hierfür 
eine  Korrektion   an   dem   ermittelten  Gewicht  der  Lösung  an- 


Spez.  Gewichte  und  Wärmeaxisdehnung.  699 

gebracht  werden,  die  je  nach  dem  Dampfdruck  und  der  Dampf- 
dichte 0,04 — 0,21  g  betrug.  (Kleinere  Flaschen  zu  nehmen 
war  unstatthaft,  da  sonst  bei  dem  Schütteln  Lösung  an  den 
Glasstöpsel  kam  und  zu  Yöllig  unkontrollierbaren  Fehlem 
führen  konnte.)  Eine  weitere  Korrektion,  welche  sich  bei 
besserer  Konstruktion  des  Pyknometers  hätte  vermeiden  lassen, 
entstand  durch  die  zu  eng  gewählten  Kapillaren,  welche  ein 
so  langsames  Einströmen  der  Flüssigkeit  verursachten,  daß  im 
Pyknometer  ein  geringes  Vakuum  hergestellt  werden  mußte. 
Sowie  dies  erreicht  war,  wurde  die  Verbindung  durch  einen 
Quetschhahn  unterbrochen  und  erst  wieder  hergestellt,  wenn 
die  Flüssigkeit  infolge  des  gebildeten  Dampfes  zu  langsam 
floß.  Es  wird  so  für  ein  und  dasselbe  Lösungsmittel  bei  ver- 
schiedenen Konzentrationen  merklich  der  gleiche  Fehler  ent- 
stehen;  es  wurde  angenommen,  daß  bei  Äther  eine  dem  ganzen 
Volum  des  Pyknometers  bei  Atmosphärendruck  entsprechende 
Menge  verdampft,  bei  CSg  etwa  ^/g,  bei  Chloroform  ^^  und 
bei  Toluol  ^e  hiervon.  Diese  Korrektionen  betragen  0,03  bis 
0,2  g  auf  das  Gewicht  von  etwa  77  cm'  Lösung.  —  Der  Raum 
in  den  Stutzen  über  der  Flüssigkeit  bis  zu  den  Stöpseln  war 
als  mit  Dampf  gesättigt  anzusehen.  Die  Korrektion  hierfür 
beträgt  etwa  0,0002—0,0010  g. 

Das  Pyknometer  wurde,  nachdem  es  aus  dem  Bade  ge- 
nommen war,  mit  kaltem  Wasser  abgewaschen,  mit  reinem 
Alkohol  Übergossen  und  dann  abgetrocknet;  man  konnte  hier- 
bei bewirken,  daß  die  Flüssigkeit  rasch  ungefähr  die  Tem- 
peratur des  Wagekastens  annahm,  indem  man  beim  Abtrocknen 
mehr  oder  weniger  erwärmte.  Die  erste  Wägung  erfolgte  nach 
^/g  bis  '/^  Stunde.  Da  aber  in  dieser  Zeit  Flüssigkeit  ver- 
dampft war  (trotz  der  Stöpsel),  mußte  nach  dem  gleichen  Zeit- 
raum nochmals  gewogen  werden.  Zuweilen  fand  nach  3  bez. 
14  Stunden  eine  dritte  Wägung  statt.  Indem  man  die  Ver- 
dampfung proportional  der  Zeit  annahm,  konnte  so  auf  das 
Anfangsgewicht  extrapoliert  werden.  —  All  diese  durch  die 
Eigenart  der  gewählten  Lösungsmittel  bedingten  Korrektionen 
beeinflussen  die  erreichbare  Genauigkeit  sehr  ungünstig.  War 
die  Temperatur  im  Wagekasten  niedriger,  als  die  der  Flüssig- 
keit im  Bad  gewesen  war,  so  war  die  zuletzt  erwähnte 
Korrektion,  da  ja  dann  die  Flüssigkeit  während  der  Wägung  etc. 


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704 


C.  Forch, 


unterhalb  der  Kapillaren  stand,  gering;  umgekehrt  aber  konnte 
sie  f&r  eine  Stunde  bis  zu  2,5  mg  ansteigen.  Als  Beispiel 
der  erreichten  Genauigkeit  seien  Wägungen  an  reinem  Chloro- 
form angeführt,  welche  mit  einer  Ausnahme  (21,563^  stets 
bei  höherer  Wagekastentemperatur  und  als  die  ersten  von  allen 
Messungen  ausgeführt  wurden. 


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1,479186 

17,851 

1,479477 

1,479199 

17,859 

1,479507 

1,479244 

17,911 

1,479389 

1,479223 

19,852 

1,475760 

1,479216 

21,563 

1,472504 

1,479202 

Die  auf  18®  reduzierten  einzelnen  Beobachtungen  weichen 
von  dem  Mittelwert  1,479212  im  Mittel  um  ±  15,5.10-6  ab, 
oder  die  Temperaturbestimmungen   sind  falsch  um    ±  0,008  ®. 

Die  Messungen.  Die  Beobachtungen  finden  sich  Tabelle  I 
bis  IV.     Es  bedeuten: 

p  Gewichtsprozente  unter  Berücksichtigung  der  oben  ge- 
nannten Korrektionen  und  auf  Vakuum  reduziert; 

7Wi8  Molekulargehalt  im  Liter  Lösung  bei  18®;  das 
Molekulargewicht  des  Naphtalins  gleich   128,05  gesetzt; 

t^  die  Temperatur,  bezogen  auf  die  WasserstoflFskala; 

Ä<o/^o   das    spezifische    Gewicht    bei    t^\     Wasser  von    4*^ 

gleich  1 ; 

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Äi8o/^o  das  auf  18^  mit  dem  entsprechenden  As  reduzierte 
spezitische  Gewicht; 

*i8  —  §18  die  Differenz  der  spezifischen  Gewichte  der 
Lösung  und  des  reinen  Lösungsmittels. 

Bei  den  Lösungen  in  Toluol,  CSg  und  Äther  nimmt  der 
Wert  [s  —  Q)lm  mit  zunehmender  Verdünnung  zu;  es  besteht 
also  eine  Analogie  mit  den  wässerigen  Lösungen.  Bei  Chloro- 
form hingegen  findet  sich  eine  merkliche  Abnahme  mit  zu- 
nehmender Verdünnung.     Gemeinsam  ist  allen  Lösungen,   daß 


Spez,   Gewichte  und  Wärmeausdehnung,  705 

die  beobachteten  spezifischen  Gewichte  ausnahmslos  kleiner 
und  zum  Teil  bedeutend  kleiner  sind,  als  nach  dem  spezifischen 
Gewicht  des  Lösungsmittels  und  des  festen  Naphtalins  (^  =  1,14) 
sich  erwarten  ließ;  es  findet  also  eine  Zunahme  der  Molekular- 
Yolumina  statt,  wie  dies  von  einer  Reihe  von  Mischungen 
organischer  Flüssigkeiten  bekannt  ist.  Wie  beträchtlich  die 
Volumvergrößerung  ist,  erkennt  man  z.  B.  daraus,  daß  eine 
konzentrierte  Lösung  von  Naphtalin  in  CS,  (etwa  32  Proz.) 
leichter  ist  als  festes  Naphtalin. 

Die  weitere  Bearbeitung  der  Messungen  soll  später  an 
anderer  Stelle  gemeinsam  mit  den  von  anderer  Seite  schon 
vorliegenden  Beobachtungen  der  spezifischen  Gewichte  orga- 
nischer Körper  erfolgen. 

Darmstadt,  Physikalisches  Listitut  der  Technischen  Hoch- 
schule. 

(Eingegangen  29.  September  1903.) 


BoltKmann-FeBtschrift.  ^^ 


706 


89.   Theorie  verdünnter  Lösungen 
ohne  Benutzung  des  osmotischen  Druckes. 

Von  F.  Biohari  in  Marburg  i.  H. 


Helmholtz  hat  in  den  Notizen  zu  seinen  Vorlesungen 
das  Programm  einer  Theorie  der  Lösungen  hinterlassen,  das 
ich  als  Herausgeber  des  6.  Bandes  auszuführen  versucht  habe. 
Seine  Notizen  enthalten  insofern  eine  Lücke,  als  die  umgekehrte 
Proportionalität  der  Konstante  k  des  Babo-Wüllnerschen  Ge- 
setzes mit  dem  Molekulargewicht  der  gelösten  Substanz  nur  als 
durch  Raoult  experimentell  nachgewiesen  eingeführt  wird, 
während  eine  theoretische  Begründung  auch  nicht  einmal  ange- 
deutet ist.  Eine  solche  ist  bekanntlich  zuerst  von  van't  Hoff 
gegeben  worden.  Nun  betont  Helmholtz  nachdrücklichst  (Vor- 
lesungen p.  318  bis  326)  seine  Auffassung  vom  osmotischen 
Druck  als  einer,  wenn  auch  zweckmäßigen,  Fiktion,  und  legt 
seiner  Theorie  die  freie  Energie  zugrunde.  Es  schien  mir  da- 
her angebracht,  nach  einer  solchen  Ausfüllung  jener  Lücke  zu 
suchen,  welche  sich  an  die  Helmholtz  sehe  Betrachtungsweise 
anschließt;  diesen  Beweis  habe  ich  in  einer  Fulinote  auf  p.  320 
der  Vorlesungen  angedeutet,  und  möchte  ihn  an  dieser  Stelle  mit 
möglichst   scharfer  Scheidung  der  Voraussetzungen  ausfuhren. 

§  I.  Von  der  Einführung  des  osmotischen  Druckes  wird 
bei  der  Beweisführung  völlig  abgesehen.  An  Stelle  der 
van't  Hoffschen  Herleitung  der  „osmotischen  Arbeit*'  tritt 
das  Resultat  des  von  Kirchhoff  zuerst  in  die  Thennodvnamik 
eingeführten  Prozesses,  ^)  den  Helmholtz  zur  Berechnung  der 
freien  Energie  einer  Salzlösung  benutzt  (Vorlesungen  p.  309  ff.). 
Dieser  Prozeß  ist  den  Physiko-Chemikern  unter  dem  Namen 
der  „isothermen  Destillation^*  bekannt.  Die  bei  ihm  geleistete 
äußere  Arbeit  ist  für  die  reversible  Zufuhr  einer  Wassermenge  dw 
zu  einer  Lösung  gleich  dw .2pdv\  die  JS*  über  alle  Teile  des 


1)  Kirchhoff,    Vorlesungen    über  Wärmetheorie,    herausgegeben 
von  M.  Planck,  p.  109—112.     Leipzig  1894. 


Theorie  verdünnter  Lösungen,  707 

Prozesses  zu  erstrecken;  p  ist  die  Spannnng  des  gesättigten 
Wasserdampfes,  bei  einigen  Teilen  des  Prozesses  über  reinem 
Wasser,  bei  anderen  Teilen  über  der  Salzlösung.  Indem 
Helmholtz  diese  äußere  Arbeitsleistung  berechnet,  findet  er  in 
Gl.  (92)  p.  313  den  Ausgangspunkt  zur  Aufstellung  des  Wertes 
der  freien  Energie.  ^) 

§  II.  Nachdem  er  diese  Aufstellung  in  §  73  der  Vorlesungen 
ausgeführt  hat,  leitet  er  in  §  74  einen  Wert  ab  für  die  Arbeit, 
die  nach  außen  geleistet  werden  kann,  wenn  in  einer  Lösung, 
die  an  verschiedenen  Stellen  verschiedene  Konzentration  hat,  Salz 
auf  reversible  Weise  von  einer  konzentrierteren  Stelle  zu  einer 
weniger  konzentrierten  übergeführt  wird.*)  Dieser  Wert  liegt 
auch  schon  seiner  Theorie  der  Eonzentrationsströme  zugrunde. 

In  Gl.  (99)  a.  a.  0.  findet  Helmholtz  zunächst  einen 
Ausdruck  für  jene  Arbeit  bei  beliebiger  Konzentration;  in  (99a) 
dann  weiter  für  große  Verdünnung.  Es  sei  *  die  Dichtigkeit 
des  Salzes,  allein  genommen,  an  einer  Stellung  der  Lösung, 
[s  +  Ss)  an  einer  anderen;  wird  dann  die  Salzmenge  1  in 
reversibler  Weise  von  letzterer  Stelle  zu  ersterer  übergeführt, 
so  ist  der  Wert  der  dabei  gewonnenen  äußeren  Arbeit  gleich:*) 

(A)  K^-s», 

wo  R^  die  auf  die  Masseneinheit  bezogene  Gaskonstante  des 
Wasserdampfes,  0-  die  absolute  Temperatur,  k  eine  von  der 
Temperatur  und  allen  anderen  Variablen  unabhängige  spezifische 
Konstante  des  betreffenden  Salzes  ist  (siehe  Helmholtz  Vor- 
lesungen p.  314  oben). 

§  III.  Die  vorstehende  Ableitung  des  Ausdruckes  (A) 
macht  die  Einführung  des  osmotischen  Druckes  überflüssig. 
Zur  vollständigen  Ableitung  der  Gesetze  verdünnter  Lösungen 
muß  aber  zu  (A)  noch  hinzutreten  der  Beweis,  daß  R^ .  k  gleich 
ist  der  Gaskonstante  R  des  gasformig  gedachten  gelösten 
Salzes.  Diesen  Beweis  füge  ich  folgendermaßen  hinzu,  eben- 
falls ohne  Benutzung  des  osmotischen  Druckes,  indem  ich  aber 
wie  van't  Hoff  das  Henry  sehe  Gesetz  für  absorbierte  Gase 

1)  Vgl.  Sit2.-Ber.  d.  Marburger  Gesellach.  Juni  1902.  p.  68—72.  Gl.V. 

2)  1.  c.  p.  72—75. 

3)  1.  c.  Gl.  XIII.  p.  76. 

45* 


708  F.  Richarz. 

anwende.  In  diesem  §  III  soll  dabei  noch  von  einer  halb- 
durchlässigen Membran  Gebrauch  gemacht  werden;  in  den 
§§  IV  und  V  sollen  dann  Überlegungen  angestellt  werden,  ob 
nicht  auch  diese  entbehrt  werden  kann. 

Die  Gültigkeit  des  Wertes  (A)  flir  die  äußere  Arbeit,  die 
bei  reversibler  Salzüberflihrung  von  der  Stelle  mit  dem  Gehalt  s 
zu  einer  mit  dem  Gehalt  s  +  ds  gewonnen  werden  kann,  wird 
nicht  davon  abhängen,  ob  das  Gelöste  ein  Salz,  oder  eine  Säure, 
oder  eine  Base  ist,  oder  welche  chemische  Qualität  ihm  zu- 
kommt; sie  wird  auch  nicht  davon  abhängen,  welchen  Aggregat- 
zustand die  gelöste  Substanz  außerhalb  der  Lösung  in  reinem 
Zustande  annimmt,  welcher  Aggregatzustand  ja  doch  selbst 
für  ein  und  dieselbe  Substanz  von  Druck  und  Temperatur  ab- 
hängig ist  So  kann  man  z.  B.  als  gelöstes  Salz  Salmiak,  als 
gelöste  Säure  Kohlensäure  außerhalb  der  Lösung  bei  gar  nicht 
sehr  untereinander  und  von  den  gewöhnlichen  verschiedenen 
Temperaturen  jeden  der  drei  Aggregatzustände  annehmen; 
Chlorwasserstoffsäure,  schweflige  Säure,  Ammoniak  u.  a.  können 
wir  außerhalb  der  Lösung  als  Flüssigkeiten  oder  als  Gase  er- 
halten.    Wir  werden 

(A):  bJ^^  Ss 

also  auch  für  den  Wert  der  äußeren  Arbeit  ansehen  können, 
wenn  in  der  Lösung  eines  (absorbierten)  Gases  die  Massen- 
einheit  des  Gases  von  einer  Stelle  mit  dem  Gehalte  (.v  4-  (^s) 
zu  einer  mit  s  reversibel  übergeführt  wird,  z.  B.  in  einer  Gas- 
konzeutrationskette.  Diese  Überführung  kann  nun  aber  auch 
in  einer  anderen,  bisher  noch  nicht  betrachteten  Weise  rever- 
sibel geschehen.  Die  Gaslösung  von  dem  Gehalte  [s  +  Ös)  sei 
in  einem  Zylinder  mit  Stempel  enthalten.  Die  Lösung  fülle 
den  Raum  unterhalb  des  Stempels  nicht  aus,  sondern  oberhalb 
der  Lösung  sei  freies  Gas  mit  dem  Drucke  ^^J.  dem  (bei  der  kon- 
stanten Temperatur  »9-)  das  spezifische  Volumen  D  entspreche, 
vorhanden.  Der  Wert  des  Gasdruckes  'i}}  über  der  Lösung  ist 
dann  nach  Maßgabe  des  Absorptionskoeffizienten  des  Gases 
für  die  Konzentration  [s  +  ^.v)  gegeben.  Zunächst  denke  man 
sich  den  Dampf  des  Lösungsmittels  von  dem  Gasraum  dadurch 
fern  gehalten,  daß  der  letztere  und  die  Lösung  durch  eine  nur 
für  das  Gas  durchlässige  Membran,  eine  semipermeable  Membran, 


Theorie  verdünnter  Lösungen,  709 

Yoneinander  getrennt  seien.  Durch  Hochziehen  des  Stempels 
werde  die  gegenüber  der  Gesamtmenge  kleine  Menge  Sm  des 
Gases  der  Lösung  isotherm  entzogen  und  vergast.  Dabei  wird 
vom  Gase  die  äußere  Arbeit 

geleistet.  Sodann  wird  von  dem  freien  Gase  dicht  unter  dem 
Stempel  die  Menge  S  m  von  der  übrigen  Gasmenge  durch  eine 
völlig  undurchlässige  Scheidewand  abgesperrt,  und  diese  Gas- 
menge dm  ausgedehnt  bis  auf  einen  geringeren  Druck  p, 
welcher  geringere  Druck  derjenige  sein  soll,  bei  dem  das  freie 
Gas  sich  im  Absorptionsgleichgewicht  mit  der  Lösung  von  der 
geringeren  Konzentration  s  befinden  würde.  Das  spezifische 
Volumen  des  Gases  beim  Druck  p  (und  der  Temperatur  ß) 
sei  S3;  dann  ist  die  Arbeit  der  Gasmenge  Sm  bei  ihrer  Aus- 
dehnung vom  Druck  ^  bis  zum  Druck  p,  wenn  v  das  variable 
spezifische  Volumen  und  p  den  variablen  Druck  bedeutet: 

8m.  l  pdv. 

Nachdem  die  Gasmenge  S  m  bis  zu  dem  niedrigeren  Druck  p 

ausgedehnt  worden  ist,  kann  sie  in  einem  zweiten  Zylinder  mit 

Stempel  in  Berührung  gebracht  werden  mit  der  Lösung  von 

der  Konzentration  s,  und  durch  Niederdrücken  des  Stempels 

in   die  Lösung   hineingetrieben   werden.      Da   das   spezifische 

Volumen  des  Gases  dabei  gleich  93  sein  sollte,  leistet  es  dabei 

die  äußere  Arbeit: 

—  p.93.^in. 

Von  diesen  drei  einzelnen  Arbeitsleistungen  sind  die  erste 
und  letzte  entgegengesetzt  gleich,  da  bei  gegebener  Temperatur 
nach  dem  Boyle-Mariotteschen  Gesetz:  5ß.t)  =  p.93  ist 
Bleibt  also  insgesamt  nur  die  Arbeitsleistung  bei  dem  zweiten 
Teilprozeß.     Setze  /?  =  Äi^/i7,  so  wird  die  Arbeit: 

Sm,R&  f^^J  =Sm,R&\og^. 

D 

Führe  statt  der  spezifischen  Volumina  SJ  und  t>  die  zu- 
gehörigen Dichtigkeiten  des  freien  Gases  e  und  (&  ein,  so  ist: 

aS:t)  =  ®:c. 


710  F.  Richarz. 

Für  die  Dichtigkeiten  («  +  ^  6]  und  «  des  Gases  innerhalb 
der  beiden  Lösungen  gilt  nun  nach  dem  Henry  sehen  Gesetz 
far  die  Gasabsorption: 

(6  +  5«):«  =  @:  c. 

Da  nach  seiner  Definition:  [s  +  Ss) : «  =  («  +  ^c) : «,  so 
folgt  S:t)  =  (« +  ^«):*,  und  die  Arbeit  bei  der  reversiblen 
Überführung  von  ^m: 


^m.Äi^logf^^^^j. 


Für  kleine  Ss,   und   bezogen   auf  die   Überführung    der 
Masseneinheit,  wird  die  Arbeit  gleich: 

•  xT  .  — . 

s 

Dieser  Wert  gleichgesetzt  dem  von  Helmholtz  ab- 
geleiteten (A): 

ergibt  das  Resultat: 

(B)  B^.k  =  B. 

Die  beiden  Gleichungen  (A)  und  (B)  genügen  zur  voH- 
ständigen  Begründung  einer  Theorie  der  verdünnten  Lösungen. 
Man  pflegt  eine  solche  meist  in  der  Form  der  Analogie  des 
gelösten  Körpers  mit  dem  Gaszustande  auszudrücken.  In  den 
Helmholtz  sehen  Vorlesungen  ist  in  Anknüpfung  an  die  dortige 
Gleichung  (99a)  [unser  obiges  (A)]  gezeigt,  wie  die  Analogie 
mit  den  Gasgesetzen  für  das  fingierte  Expansivbestreben  p  des 
Salzes  in  der  Form  der  dortigen  Gleichung  (101)  aus  (A)  her- 
vorgeht ^) 

pv  =  R^,k.&, 

Diese  Gleichung  enthält  die  Analogie  mit  Boyle-Mariottes 
und  Gay-Lussacs  Gesetz.  Wird  in  diese  Gleichung  das 
durch  (B)  ausgedrückte  Resultat  eingeführt,  so  ergibt  sich  auch 
das  von  vanH  Hoff  abgeleitete,  dem  x\vogadroschen  analoge 
Gesetz  der  verdünnten  Lösungen.  Siehe  die  Konsequenzen 
in  den  Anm.  d.  Herausgebers  im  6.  Bande  der  Helmholtz- 
schen  Vorlesungen,  p.  322  und  323. 2) 


1)  Vgl.  Marburger  Sitz.-Ber.  1.  c.  p.  77 — 78. 

2)  Vgl.  1.  c.  p.  82. 


Theorie  verdünnter  Losungen.  711 

§  IV.  Der  Beweis  des  yorigen  Paragraphen  schloß  den 
Dampf  des  Lösungsmittels  von  dem  Gasraam  oberhalb  desselben 
durch  Anbringung  einer  semipermeablen  Membran  aus.  Es 
fragt  sich  nun  weiter,  ob  man  nicht  auch  dieser  entraten  kann. 
Das  wäre  in  der  Tat  möglich,  aber  auch  nur  dann  möglich, 
wenn  die  Dampfspannung  des  Gelösten  sehr  groß  ist  gegen- 
über derjenigen  des  Lösungsmittels.  Man  pflegt  ja  aber  in 
der  Thermodynamik  häufig  Beweise  anzuwenden  auch  auf  Fälle, 
bei  denen  streng  genommen  die  Gültigkeitsbedingungen  des 
Beweises  nicht  erfüllt  sind,  welche  Fälle  aber  prinzipiell  in 
dieselbe  Kategorie  gehören  mit  solchen  anderen  Fällen,  in 
denen  die  Bedingungen  als  erfüllt  angesehen  werden  können. 
Der  Prozeß  der  sogenannten  isothermen  Destillation,  der  den 
Ableitungen  des  §  72  der  Helmholtzschen  Vorlesungen  zu- 
grunde liegt,  könnte  ja  auch  streng  genommen  nur  bei  solchen 
Lösungen  ausgeführt  werden,  bei  denen  die  Dampfspannung 
des  Gelösten  gleich  Null  wäre,  was  ebenfalls  nie  vollkommen 
erfüllt  ist  Trotzdem  könnte  man  sich  aber  vielleicht  doch 
sogar  theoretisch  eine  Lösung  denken,  für  welche  bei  einer 
sehr  extremen  Temperatur  die  Dampfspannung  des  Gelösten 
groß  wäre  gegenüber  derjenigen  des  Lösungsmittels;  bei  einer 
anderen  im  entgegengesetzten  Sinne  extremen  Temperatur  um- 
gekehrt Wenigstens  folgt  aus  den  Messungen  von  Georg 
W.  A.  Kahl  bäum  für  zahlreiche  Substanzen  ein  Durch- 
schneiden ihrer  Dampfispannungskurven,  und  zwar  auch  für  mit- 
einander mischbare  Substanzen,  deren  eine  in  der  anderen 
lösbar  ist,  so  für  Ameisensäure  und  Wasser^)  sowie  für  eine 
Reihe  anderer  organischer  Verbindungen.^ 

Mir  scheinen  daher  die  Annahmen,  die  für  die  Ableitung 
der  Gleichungen  (A)  und  (B)  dann  zu  machen  sind,  wenn  man 
von  semipermeablen  Membranen  absehen  will,  nicht  bedenk- 
licher zu  sein,  als  andere  in  der  Thermodynamik  geläufige 
Annahmen  auch. 


1)  Georg  W.  A.  Kahlbaum,  Ztschr.  physik.  Chem.  13^  p.  83, 
34;  1894. 

2)  Georg  W.  A.  Rahlbaam,  Zeitschr.  phys.  Cbem.  26.  p.  605. 
1898.  Studien  über  Dampfspannkraftmesstingen,  Basel  bei  Schwabe, 
n.  Abt.  1.  Hälfte.  1897.  p.  221. 


712  F.  Bickarz. 

§  V.  Indessen  haben  mich  doch  solche  Bedenken  eines  sehr 
geschätzten  Fachgenossen  gegen  die  Betrachtungen  mit  Weg- 
lassung der  semipermeablen  Membran  veranlaßt,  diese  dahin  zu 
verallgemeinem,  daß  sowohl  der  Partialdruck  n^  des  Gelösten 
—  nennen  wir  es  auch  weiterhin  Gas  —  als  auch  die  Dampf- 
spannung n^  des  Lösungsmittels  —  nennen  wir  es  auch  weiter- 
hin Wasser  —  berücksichtigt  werden. 

Wir  wollen  dann  durch  einen  Prozeß  analog  dem  des  §  III 
eine  gewisse  Menge  des  Gases  der  konzentrierteren  Lösung 
entnehmen  und  der  verdünnteren  zuführen.  Beim  Hochziehen 
des  Stempels  wird  jetzt  aber  der  konzentrierteren  Lösung  zu- 
sammen mit  der  Gasmenge  auch  eine  gewisse  Menge  Wasser- 
dampf entnommen.  Dessen  Dampfspannung  ist  kleiner  als 
diejenige  über  der  verdünnteren  Lösung.  Ohne  weiteres  kann 
also  dieser  Wasserdampf  nicht  reversibel  in  Gleichgewichts- 
berührung mit  der  verdünnteren  Gaslösung  gebracht  werden. 
Vielmehr  müßte,  soweit  es  auf  den  Wasserdampf  ankommt,  das 
feuchte  Gas  nach  Trennung  von  der  konzentrierteren  Lösung  kom- 
primiert werden  bis  seine  Dampfspannung  n^  gerade  gleich  der 
höheren  über  der  verdünnteren  Lösung  ist,  ehe  es  mit  dieser 
in  Berührung  gebracht  wird.  Andererseits  wäre  dann  aber 
der  Partialdruck  des  Gases  höher,  als  der  verdünnteren 
Lösung  entspricht,  so  daß  ein  reversibles  Berühren  mit  letzterer 
in  dieser  Weise  für  das  Gas  unmöglich  wäre.  Dieser  Hinderungs- 
grund kann  beseitigt  werden  durch  Vornahme  eines  Zwischen- 
prozesses, zu  welchem  eine  Hilfslösuny  erforderlich  ist,  in 
welcher  ein  anderes,  selbst  nicht  flüchtiges  Lösungsmittel  zwar 
dasselbe  Gas  absorbiert,  ohne  jedoch  Wasserdampf  aufzunehmen. 
Solche  Hilfslösungen  lassen  sich  ofi'enbar  für  viele  Fälle  ver- 
wirklichen; z.  B.  für  Äthylätherdampf  in  Paraffin.  Mit  Be- 
nutzung einer  derartigen  Hilfslösung  kann  das  feuchte  Gas 
auf  folgende  Weise  reversibel  aus  konzentrierterer  in  ver- 
dünntere  Lösung  transportiert  werden. 

Zuerst  entnimmt  man  der  konzentrierteren  Lösung  durch 
Hochziehen  des  Stempels  eine  kleine  Quantität  feuchten  Gases; 
dabei  habe  das  Gas  allein  den  Partialdruck  ^.  Dann  trennt  man 
die  entnommene  Menge  von  der  Lösung  und  dehnt  sie  bis 
zum  Partialdruck  p  des  Gases  aus.  Jetzt  bringt  man  das 
feuchte  Gas    in  Berührung    mit   der  Hilfslösung,    deren    Kon- 


Theorie  verdünnter  Lösungen,  718 

zentratioQ  man  so  gewählt  hat,  daß  der  Partialdruck  des 
Gases  über  ihr  ebenfalls  gleich  p  ist  Nun  komprimiert  man 
das  feuchte  Gas  bis  der  Wasserdampf  diejenige  höhere  Spannung 
erlangt  hat,  welche  der  verdünnteren  Gaslösung  entspricht. 
Dabei  wird  gleichzeitig  ein  Teil  der  kleinen  Gasquantität  in 
die  Hilfslösung  hineingetrieben.  Endlich  trennt  man  das  feuchte 
Gas  von  der  Hilfslösung,  kann  es  nun  in  Gleichgevdchtsberührung 
bringen  mit  der  verdünnteren  Gaslösung  und  in  diese  gleich- 
zeitig Gas  und  Wasserdampf  hineintreiben.  In  solcher  Weise 
ist  der  Prozeß  reversibel. 

Betrachtet  man  die  äußeren  Arbeitsleistungen  bei  diesem 
Prozeß,  so  erkennt  man,  daß  die  Arbeitswerte  für  die  drei 
resultierenden  Veränderungen  voneinander  unabhängig  sind. 
Erstens  ist  eine  gewisse  Wassermenge  8w  von  der  einen  zur 
anderen  Lösung  übergeführt  worden.  Die  dabei  geleistete  äußere 
Arbeit  ist  durch  den  Partialdampfdruck  tt^  des  Wassers  als 

gegeben;  sie  kann  —  was  Nebensache  ist  —  nach  §  I  berechnet 
werden;  sie  ist  wegen  der  Unabhängigkeit  des  Parüaldruckes  n^ 
von  dem  Partialdruck  des  Gases  ebenfalls  unabhängig  von  den 
mit  letzterem  vorgenommenen  Prozessen.  Zweitens  wird  eine 
gewisse  Gasmenge  der  konzentrierteren  Lösung  entnommen  und 
der  Hilfslösung  zugeführt  Diese  Gasmenge  kann  ich  als  die 
letzte  durch  Hochziehen  des  Stempels  entnommene  ansehen, 
und  die  dabei  und  beim  Hineindrücken  in  die  Hilfslösung  von 
dieser  Gasmenge  geleistete  äußere  Arbeit  ganz  für  sich  be- 
rechnen. [Diesen  Teilprozeß  kann  man  auch,  wenn  man  will, 
am  Schluß  des  Gesamtprozesses  wieder  rückgängig  machen, 
indem  man  feuchtes  Gas  der  konzentrierteren  Gaslösung  ent- 
nimmt, von  dieser  trennt,  auf  den  Gaspartialdruck  p  ausdehnt, 
aus  der  Hilfslösung  durch  weitere  Ausdehnung  Gas  in  unend- 
lich kleiner  Menge  entnimmt,  nach  Trennung  von  der  Hilfs- 
lösung das  feuchte  Gas  komprimiert  und  schHeßlich  wieder  die 
vermehrte  Gasmenge  in  die  konzentriertere  Lösung  eintreibt] 
Bleibt  dann  drittens  nur  noch  das  Resultat,  daß  eine  gewisse 
Gasmenge  ^m  beim  Gaspartialdruck  ^  der  konzentrierteren 
Lösung  entzogen,  auf  den  geringeren  Druck  p  gebracht,  und 
bei  diesem  der  verdünnteren  Lösung  zugeführt  worden  ist   Das 


714  F,  Richarz,     Theorie  verdünnter  Lösungen. 

ist  derselbe  Prozeß,  wie  er  in  §  III  betrachtet  wurde,  und  fär 
die  Arbeitsleistung  bei  ihm  folgen  dieselben  beiden  Werte, 
deren  Gleichsetzung  zur  Beziehung  [B)  führte. 

Die  in  diesem  Paragraphen  benutzte  Hilfslosung  hat  zwar 
ähnliche  Eigenschaften  wie  eine  semipermeable  Membran,  wird 
aber  in  ganz  anderer  Weise  benutzt  als  bei  Einführung  des 
osmotischen  Druckes. 


Zum  Schluß  möge,  um  Mißverständnissen  vorzabeugen, 
nochmals  ausdrücklich  auf  die  Unabhängigkeit  der  vorstehenden 
Ableitungen  bis  einschließlich  §  III  von  den  folgenden  Para- 
graphen, imd  auf  die  Unabhängigkeit  dieser  beiden  Paragraphen 
IV  und  V  voneinander  hingewiesen  werden. 

Marburg,  L  H.,  Physikal.  Instit  d.  Univers. 

(Eingegangen  30.  September  1903.) 


715 


90.   Der  Bau  einer  besonderen  Klasse  yon 
Transformationsgrnppen. 

Von  Wilhelm  Killing  in  Münster  i.  W. 


'  Wie  Lie  gezeigt  hat,  ist  der  Bau  der  Transformations- 
gruppen  für  viele  mathematische  Fragen  von  Bedeutung.  So 
ist  zu  hoffen,  daß  diese  Theorie  in  nicht  zu  femer  Zeit  auch 
für  physikalische  Probleme  Bedeutung  erlangen  wird.  Diese 
Erwägung  möge  es  rechtfertigen,  daß  ich  zum  Angebinde  für 
einen  hervorragenden  Vertreter  der  mathematischen  Physik  die 
Resultate  über  den  Bau  einer  besonderen  Klasse  von  Gruppen 
in  gedrängter  Kürze  mitteile.  Auf  die  Beweise  einzugehen, 
muß  ich  mir  aus  mancherlei  Gründen  versagen. 

1.  Jede  Transformationsgruppe,  die  von  r  Parametern  ab- 
hängt, enthält  auch  r  voneinander  unabhängige  infinitesimale 
Transformationen.  Sind  |i  ^  /,  1^  J  ^ . . .  |^  ^  ^  die  unendlich  kleinen 
Änderungen,  welche  die  Variabelen  or^,  x^  . .  »  x^  bei  einer 
solchen  Transformation  erleiden,  so  bezeichnet  Lie  dieselbe 
durch  das  Symbol 

Ist 

das  Symbol  einer  zweiten  inf.  Transformation,  so  kann  man 
aus  beiden  eine  neue  inf.  Transformation  bilden: 

[X  n  =  A'(7)  -  nx)  =  2  (i.  l-l  -  ^41)  &  • 

Ein  Grundgesetz  der  Theorie  besagt  nun,  daß  jedesmal,  wenn 
Xf  und  Yf  zwei  inf.  Transformationen  derselben  Gruppe  sind, 
dieser  auch  die  durch  ihre  Kombination  erhaltene  Transfor- 
mation {X  T)  angehört     Sind  demnach 

(1)  XJ,X,f,...XJ 

irgend  r  voneinander  unabhängige  inf.  Transformationen  einer 


716  r.  Kiümg. 

G^ppe,  M  ist  jede  andare  iat  Transfonufttion  derselben  Gruppe 
in  der  Fonn 

«;  Jj  +  «fj-^  +  .  .  .  +  e^X^ 
daratettbar   und  für  je  zwei  Marken  i  und  x  ans  der  Bobe 

1  .  ,  .  r  bestellt  die  Beziehung: 

(2)  (j-v-j-s;'...-^. 

wo  sowohl   die  Koeffizienten   e^  wie  ( 
haben.     ÄuBer  den  Gleichungen 


!  c,K,  konstante  Werte 


bestehen  zwischen  dea  Koeffizienten  c  noch  weitere  Belationen, 
welche  sich  aus  den  Oleichungen; 

(3)         ( X,  (.r.  x, ))  +  ( I.  (.1-,  1-,))  +  (X,  (x;  xj)  -  0 , 

den  sogenannten  Jacobiscben  Identitäten,  e^ebeiL 

Besonders  wichtig  ist  der  Fall,  daß  die  rechte  Seite  der 
Gleichung  (2)  gleich  Null  ist,  weil  iu  diesem  Falle  die  beiden 
inf  Transformatioaea  X,  und  X,  eine  ^tweigliedzige  Untergroppe 
bestimmen,  deren  Transformationen  miteinander  Tertaoacb- 
bar  sind. 

Zahlreiche  Eigenschaften  der  Gruppe  sind  bekannt,  sobald 
man  die  iu  den  Gleichungen  (2)  auftreteuden  Koet'fizienteD 
kennt  Daher  wollen  wir  sagen,  diese  Kouffizienten  bestimmen 
den  Bau  der  Gruppe,  oder  mit  anderen  Worten:  zwei  Gruppen 
seien  gleich  gebaut  (von  gleicher  Zusammensetzung,  holoedrisch 
isomorph),  wenn  bei  geeigneter  Wahl  der  bestimmenden  inf. 
Transformationen  die  Koeffizienten  c,  .^  in  beiden  Gruppen 
dieselben  Werte  annehmen. 

2.  Eine  merkwürdige  Klasse  von  Gruppen  enthält  nur 
solche  zweigliedrige  Untergruppen,  deren  Transformationen 
miteinander  vertauschbar  sind.  Wenn  y,  und  Y^  irgend  zwei 
in  einer  solchen  Gruppe  enthaltene  inf.  Transformationen  sind, 
und  wenn  dann  gesetzt  wird: 

(7,  Fj)  =  Jj,  (r,  K,)  =  J',  . .  .  {I",  7„_i)  =  Y„  , 
wobei  wir  nur  voraussetzen,  daß  keine  der  angegebenen  Kom- 
binationen  ein   verschwindendes  Resultat  liefert,  so  sind  die 
inf.  Transformationen 

r„i;,K...  i;_,,r„ 


über  Transformathnsgruppen.  717 

voneinander  unabhängig.  Wir  wollen  im  folgenden  nur  den 
Fall  betrachten,  daß  bei  geeigneter  Wahl  von  Y^  und  Y^  die 
Zahl  n  gleich  r  werden  kann.  Alsdann  dürfen  wir  für  die 
Untersuchung  der  Gruppe  von  den  Gleichungen  ausgehen: 

(4)  (Xj  J?,)  =  I,,  (Ij  JE,)  =  X,  . . .  (jq  Z,_,)  =  X„  (jq  X,)  =  0. 

Derartigen  Gruppen  lege  ich  wegen  der  zuerst  ange- 
gebenen Eigenschaft  den  Bang  Null  und  wegen  der  zweiten 
Eigenschaft  den  Index  r—2  bei. 

3.  um  den  Bau  der  r-gliedrigen  Gruppen  vom  Range  Null 
und  vom  Index  r— 2  zu  bestimmen,  dürfen  wir  zu  den  Glei- 
chungen (4)  die  folgenden  hinzufügen: 

(^-^)==  «1.4^4  +«1.6^  +  ^.6^8  +  •  •  • 


(5) 


{^M  +  1  -^»c  +  2)  =  öx,2>c  +  2  -^2x4-  2  +  ö>c,2>c  +  3  -^2>c  +  3  +  •  •  • 


(8) 


Auf  der  rechten  Seite  dieser  Gleichungen  dürfen  natürlich 
nur  die  Transformationen  X^.  .  .X^  vorkommen;  man  muß  also 
Xp  durch  Null  ersetzen,  falls  (>  >  r  ist. 

Die  Berechtigung  dieser  Gleichungen  ergibt  sich  aus  der 
Jacobischen  Identität  für  l,a,ß,  welche  wegen  der  Gleichungen 
(4)  die  Form  annimmt: 

(6)  (X,  (X^  Xß))  =  (X«  X^  +  0  +  (X„  +  X  X^), 

indem  man  die  Forderung  berücksichtigt,  daß  jede  zweigliedrige 
Untergruppe     nur     vertauschbare     Transformationen    enthält 
Aus   den  Gleichungen  (5)  und  (6)   leiten  wir  unmittelbar 
die  weiteren  Beziehungen  her: 

(7)       (X^  +  1  A^  +  8)  =  aK,2K  +2X2K  +  8  +  Oh,2m-^B^2h  +  A  +  •  •  • 

sowie  für  jedes  positive  ganzzahlige  X  die  Gleichungen: 

(Xx  +  iX^  +  ;i  +  3)  =     aK,2K  +  2  — (  j   )ax  +  l,2x  +  4  +  (     g  Mök  +  2,2x+6 

+  (—  l)'r"*"^"  Jöx  +  i'.2K+y  +  2+...U2K  +  i  +  3 

+     ax,2K  +  8 +  ...+(—  !)"(     ^  ~  *')  «x  +  r,2x  +  »'  +  8+«--      -y2K  +  >l  +  4 
+  ... 


718  r.  Küling. 

In  diesen  Gleichungen  muß  man  wieder  X^  durch  Null 
ersetzen,  falls  o  >  r  ist  Zudem  hat  man  in  den  Gleichungen  (8) 
dem  V  jeden  ganzzahligen  positiven  Wert  zu  geben,  der  kleiner 
ist  als  \{X+  2). 

4.  Hiernach  kommt  unsere  weitere  Aufgabe  darauf  hinaus^ 
die  Bedingungen  zu  ermitteln,  denen  die  in  den  Gleichungen  (5) 
auftretenden  Koeffizienten  genügen  müssen.  Derartige  Be- 
ziehungen bestehen  nicht,  wofern  die  Gliederzahl  r  der  Gruppe 
kleiner  ist  als  sieben;  für  solche  Gruppen  können  daher  in 
den  Gleichungen  (5),  (7),  (8)  die  Koeffizienten  a^,^  ganz  will- 
kürlich angenommen  werden.  Dagegen  gilt  für  jedes  r  >  6 
und  für  jedes  x  >  1  die  Gleichung: 

(9)  a^^2H  +  2  =  0. 

Nun  kann  man  aber  X^  durch  X^  +  qX^  ersetzen  und  dann 
q  so  wählen,  daß  auch  o^ ^  ==  0  ist.  Bei  geeigneter  Wahl 
von  X^  gilt  daher  die  Relation  (9)  auch  für  x  =  l. 

5.  Weitere  Bedingungen  brauchen  nicht  erfüllt  zu  werden, 
falls  r  =  7  oder  =  8  ist.  Um  aber  für  größere  Werte  von  r 
die  verschiedenen  Möglichkeiten  zu  übersehen,  betrachten  wir 
die  Koeffizienten 

und  sehen  zu,  ob  sich  unter  ihnen  mindestens  ein  nicht  ver- 
schwindender befindet  oder  ob  sie  sämtlich  gleich  Null  sind. 
Im  letzten  Falle  gehen  wir  zu  den  Koeffizienten 

über  und  machen  dieselbe  Unterscheidung.  Wofern  in  den 
Gleichungen  (5)  nicht  alle  Koeffizienten  gleich  Null  sind,  f^ibt 
es  jedenfalls  einen  bestimmten  Wert  von  m  von  der  Be- 
schaffenheit, daß  für  jedes  /i  <  m  die  sämtlichen  Koeffizienten 

^l,A<  +  5»      ß2,/i  +  7'  •  •  ^«,2x-»-.« +8  •  •  • 

verschwinden,  während  mindestens  ein  Koeffizient  aus  der 
Reihe 

(II)  fll,TO+5^     0^2,  m  +  7  •  •  •  ^x,2x  + w  +  3'  •  • 

von  Null  verschieden  ist.     Für  tw  =  0  enthält  bereits  die  Reihe 

(10)  ein  von  Null  verschiedenes  Element;  für  m  =  r  —  5  ist 
nur  ^j,^  von  Null  verschieden.  In  dem  Falle,  daß  bei  der  in 
4.    angegebenen    Wahl    von   X^    in    den    Gleichungen    (5)    alle 


Ober  Transformationsffruppen.  719 

Koeffizienten  verschwinden,  wollen  wir  w  =  r  —  4  setzen.  Hier- 
nach können  wir  die  Gruppen  in  r  —  3  verschiedene  Klassen 
einteilen  nach  dem  Werte  von  m,  welcher  der  getroffenen 
Festsetzung  entspricht 

6.  Für  die  bei  gegebenem  m  in  (5)  verbleibenden  Koeffizienten 
bestehen  keinerlei  Bedingungen,  falls  2  wi  >  r  —  9  ist.  Liegt 
aber  r  zwischen  2m +  9  und  3m +  12,  so  müssen  die 
Koeffizienten  (11)  einigen  quadratischen  Gleichungen  genügen, 
während  die  übrigen  ganz  willkürlich  sind.  Sobald  aber 
r  ^3m  +  12  ist,  vereinfachen  sich  die  Resultate,  und  wir  er- 
halten drei  wesentlich  voneinander  verschiedene  Möglichkeiten: 

A.  Die  Größen  (11)  sind  sämtlich  von  Null  verschieden. 
Alsdann  stehen  sie  zueinander  in  festen  Verhältnissen,  welche 
durch  die  Gleichungen  bestimmt  werden: 

(IZJ  Ök,2k  +  «  +  3  = Äk  +  1,2k  +  «  +  6- 

B.  Von  den  Koeffizienten  (11)  ist  nur  der  erste  von  Null 
verschieden,  während  alle  übrigen  verschwinden. 

C.  Die  ersten  Koeffizienten  (11)  sind  gleich  Null  und  nur 
eine  gewisse,  von  r  und  vom  m  abhängende  Anzahl  derselben 
kann  willkürliche,  von  Null  verschiedene  Werte  annehmen,  und 
diese  müssen  am  Ende  der  Reihe  (11)  stehen.  Für  m  =  0  ist 
nur  der  letzte  Koeffizient  dieser  Reihe  von  Null  verschieden, 
ebenso  für  m  =  1  bei  ungeradem  r;  dagegen  bleiben  die  beiden 
letzten  Koeffizienten  f ür  m  =  1  bei  geradem  r  willkürlich. 
Allgemein  unterliegen  für  m  =  2  n  die  letzten  n  +  1  Koeffi- 
zienten keiner  weiteren  Beschränkung  als  der,  daß  sie  nit^ht 
sämtlich  verschwinden  dürfen,  während  man  für  m  =  2  n  +  1 
unterscheiden  muß,  ob  die  Gliederzahl  r  ungerade  oder  gerade 
ist:  im  ersten  Falle  können  die  letzten  n  +  1 ,  im  zweiten 
die  letzten  n  +  2  Koeffizienten  ganz  beliebige  Werte  erhalten. 

7.  Ich  muß  es  mir  versagen,  für  r  >  3m  +  12  auf  die 
weiteren  Koeffizienten  einzugehen.  Dagegen  glaube  ich,  folgende 
Bemerkung  beifügen  zu  sollen. 

Die  beiden  inf.  Transformationen  X^  und  2^,  von  denen 
wir  bei  der  Aufstellung  der  Gleichungen  (4)  ausgegangen  sind, 
können  durch  zwei  andere  ersetzt  werden,  welche  ebenfalls 
allgemeinen  Charakter  besitzen;  d.  h.  will  man  für 


720  W,  Küliag,      Über  TransformatioTisgruppen. 

1     ^2  =  ?!  ^1    +  ya^2  +  •  •  •  +  S^r^r» 

WO  e^, .  .e^f  9i'  '  '9r  ^l^ß^  Konstante  sind,  die  Transfor- 
mationen 7j  und  T^  zugrunde  legen^  so  muß  die  Determinante 

^1  92  ""  ^2  7i  ^^^  ^^^^  verschieden  sein.  Alsdann  darf  man 
setzen : 

(Y,  r,)  =  r„  [Y,  7,)  =  7,. .  .(j;  7,_,)  =  i;, 

und  findet: 

■*  3  ^^  ^8  ^8  '^"  •  '  •  "^      r  ^ r»    ^4  =  "4  ''*4  •  •   •  +  ^r   ^^r  *   *   *  ' 

wo  ^3,*^ .  .  .  von  Null  verschieden  sind.  Man  kann  daher  auch 
die  Kombinationen  (F«  Yß)  durch  Y^,  Y^.  ,  .Y^  darstellen  und 
erhält  dabei  Gleichungen^  welche  ganz  den  Gleichungen  (5), 
(7),  (8)  entsprechen;  nur  können  die  Koeffizienten  ihre  Werte 
ändern.  Diese  Änderungen  müssen  berücksichtigt  werden, 
wenn  man  untersuchen  will,  ob  zwei  verschiedene  Gruppen 
gleich  gebaut  sind  oder  nicht  In  dieser  Beziehung  gelten 
aber  die  beiden  wichtigen  Gesetze:^ 

a)  Wenn  man  zur  Bestimmung  des  [Baues  der  Gruppe 
irgend  zwei  andere  inf.  Transformationen  von  allgemeinem  Cha- 
rakter zugrunde  legt,  so  bleibt  die  oben  definierte  Zahl  m 
ungeändert 

b)  Die  Verhältnisse  der  unter  (11)  aufgestellten  Koeffi- 
zienten ändern  sich  hierbei  nicht. 

Die  obige  Einteilung  unserer  Gruppen  sowohl  nach  der 
Zahl  m  als  auch  für  jedes. einzelne  m  in  die  drei  verschiedenen 
Klassen  A,  B,  C  ist  daher  von  der  Wahl  der  benutzten  inf 
Transformationen  X^  und  Xj  unabhängig  und  trägt  einen  in- 
varianten Charakter. 

Münster  i.  W.,  im  September  1903. 

(Eingegangen  BO.  September  1903.)  • 


721 


91.    Bemerkungen  zum  VirialtheorenL 

Von  H.  A.  liorenti  in  Leiden. 


I.  Der  Virialsats  in  der  Ghistheorie. 

§  1.  Bekanntlich  wird  in  der  kinetischen  Molekulartheorie 
für  die  Ableitung  der  Zustandsgieichung  oft  die  von  Glausius 
herrührende  Beziehung  zwischen  dem  sogenannten  Yirial  der 
Kräfte  und  der  kinetischen  Energie  des  Molekülsystems  be- 
nutzt.^] Zu  den  Schlüssen^  die  sich  daraus  ergeben,  kann 
man  indes  auch  auf  einem  anderen,  und  zwar  auf  einem  sehi* 
naheliegenden  Wege  gelangen.  Da  ich  diese  Methode  in  der 
Literatur  nicht  erwähnt  finde,  so  erlaube  ich  mir,  dieselbe 
hier  kurz  zu  entwickeln,  obgleich  Prof.  Boltzmann  gewiß 
nichts  Neues  darin  finden  wird. 

Bezeichnet  man  für  ein  System  materieller  Punkte  die 
Massen  mit  m,  die  rechtwinkligen  Koordinaten  mit  x,  y,  z, 
die  Kraftkomponenten  mit  X,  Y,  Z  und  die  kinetische  Energie 
mit  J,  so  lautet  der  Virialsatz: 

^    d  ^^      I    dx    ^      dy    ,      dx\    ,   «^ 

oder,  wenn  r  die  Entfernung  eines  Punktes  vom  Koordinaten- 
ursprung bedeutet, 

(1)  -^^[:cX  +  !,r+zZ]=-i^^mr»  +  %. 

Diese  Gleichungen,  in  welchen  die  Summen  sich  über  sämt- 
liche Punkte  des  Systems  erstrecken,  vereinfachen  sich,  wenn 
man  es  mit  einer  stationären  Bewegung  zu  tun  hat  Es  ver- 
schwindet dann  das  erste  Glied  rechts  und  es  wird 

(2)  ^\'^{xX  +  t/r+zZ)^%. 

1)  Van  der  Waals,  Die  Continuitftt  des  gasförmigen  und  flüssigen 
ZiiBtandes,  Kapitel  II;  Boltzmann,  Vorlesungen  über  Gastheorie, 
Abschnitt  V. 

Boltzmann-Festschrift.  46 


t22  H.  A,  Lorentz, 

Den  Wert  des  links  stehenden  Ausdrucks,  des  Virials,  erhält 
man  am  leichtesten,  wenn  man  denselben  auffaßt  als  die  mit 
—  1/2«  multplizierte  Arbeit  der  Kräfte  bei  den  Verrückungen 

(e  unendlich  kleine  Konstante],  d.  h.  bei  einer  in  allen  Rich- 
tungen gleichen  Dilatation.  Ist  z.  6.  die  Oberfläche  eines 
Körpers  vom  Volumen  v  einem  normalen  Druck  ausgesetzt, 
der  pro  Flächeneinheit  die  an  allen  Stellen  gleiche  Größe  p  hat. 
dann  hat  man  die  Arbeit  dieses  Druckes  bei  einer  Volumen- 
zunahme Sev  mit  —  1/2«  zu  multiplizieren.  Das  Resultat  ist 
^pv  und  es  ergibt  sich  daher,  wenn  man  von  den  inneren 
Kräften  absieht  und  für  die  kinetische  Energie  pro  Volumen- 
einheit T  schreibt,  die  bekannte  Formel 

(3)  p  =  iT. 

Im  allgemeinen  sind  auch  die  Wechselwirkungen  zwischen  den 
Teilchen  zu  berücksichtigen.  Wenn  z.  B.  zwischen  zwei  um  r 
Yoneinander  entfernten  materiellen  Punkten  längs  der  Ver- 
bindungslinie die  gleichen  und  entgegengesetzten  Kräfte  B 
wirken,  wobei  eine  Abstoßung  positiv  heißen  möge,  dann  ist 
das  Virial  der  inneren  Kräfte 

Jedes  Paar  von  materiellen  Punkten  liefert  ein  Glied  zu  dieser 
Summe. 

Es  möge  noch  daran  erinnert  werden,  daß  die  Gleichung 
(2)  nicht  bloß  für  ein  System  materieller  Punkte,  sondern 
auch  für  ein  System  beliebig  gebauter  Teilchen  gilt.  Nur 
hat  man  in  diesem  Falle  unter  x,  ?/,  z  die  Koordinaten 
des  Schwerpunktes  eines  Teilchens  zu  verstehen,  unter  A',  1\  Z 
die  Komponenten  der  gesamten  auf  ein  Teilchen  wirkenden 
Kraft,  und  unter  %  die  kinetische  Energie,  welche  die  Teil- 
chen wegen  der  Bewegung  ihrer  Schwerpunkte  besitzen.  Ist 
ein  Körper  aus  mehratomigen  Molekülen  zusammengesetzt, 
so  kann  man  den  Satz  in  zweierlei  Weise  anwenden,  indem 
man  entweder  die  Moleküle  oder  die  einzelner)  Atome  ins 
Auge  faßt. 

§  2.  Man  kommt  nun  zu  denselben  Resultaten,  wenn  man 
seine  Aufmerksamkeit  auf  die  gesamte  Bewegungsgröße  der  in 


Bemerkungen  zum    Virialtheorem.  723 

einem  bestiminten  festen  Raum  liegenden  Teilchen  richtet 
Diesen  Ausdruck  „gesamte  Bewegungsgröße*'  wollen  wir  so 
verstehen^  daß  für  jedes  Teilchen,  dessen  Schwerpunkt  in  dem 
Baume  liegt,  das  volle  Bewegungsmoment  in  Rechnung  ge- 
bracht wird,  auch  dann,  wenn  das  Teilchen  von  der  Grenz- 
fläche des  Raumes  durchschnitten  wird.  Demgemäß  wollen 
wir  auch  sagen,  daß  die  ganze  Bewegungsgröße  eines  Teilchens 
durch  diese  Fläche  hindurchgetragen  werde,  sobald  der  Schwer- 
punkt durch  dieselbe  hindurchgeht 

Offenbar  kann  sich  die  in  dem  betrachteten  Räume  ent- 
haltene Bewegungsgröße  aus  zwei  Ursachen  ändern.  Erstens 
können  auf  die  Teilchen,  deren  Schwerpunkte  in  dem  Räume 
liegen,  Kräfte  wirken,  die  entweder  von  den  übrigen  Teilchen 
des  Systems,  oder  von  fremden  Körpern  ausgehen.  Zweitens 
werden  infolge  der  Molekularbewegung  eine  gewisse  Anzahl 
von  Teilchen  den  Raum  verlassen  oder  in  denselben  hinein- 
treten, wobei  jedes  sein  Bewegungsmoment  mit  sich  führt. 
Ist  der  Zustand  stationär,  wie  das  angenommen  werden  soll, 
so   müssen  sich  die  beiden  Änderungsursachen  kompensieren. 

Wir  wollen  uns  auf  Fälle  beschränken,  wo  die  Molekular- 
bewegung nach  allen  Seiten  hin  in  derselben  Weise  stattfindet. 
Dann  gilt  ganz  allgemein  folgender  bekannte  Satz.  Die  Differenz 
der  nach  der  Richtung  der  Normale  n  genommenen  Bewegungs- 
größen,  welche  pro  Flächeneinheit  und  pro  Zeiteinheit  durch 
eine  beliebige  Ebene  in  dem  Körper  nach  der  positiven  und 
nach  der  negativen  Seite  hindurchgetragen  werden,  beträgt 
|-  T.  Mit  der  positiven  Seite  ist  hier  die  gemeint,  nach  welcher 
die  Normale  zeigt,  und  T  bedeutet  die  kinetische  Energie, 
welche  in  der  Volumeneinheit  wegen  der  Bewegung  der  Schwer- 
punkte vorhanden  ist 

Wir  betrachten  einen  Körper,  auf  dessen  Inneres  äußere 
Kräfte,  wie  die  Schwerkraft,  nicht  wirken.  Auf  der  oberen 
Seite  möge  derselbe  mit  einem  horizontalen  Kolben  in  Berüh- 
rung sein.  In  diesem  Körper  denken  wir  uns  ein  recht- 
winkliges Parallelepiped,  von  dem  eine  Seitenfläche  an  dem 
Kolben  liegt  Diese  Fläche  habe  die  Größe  1  und  die  gegen- 
überstehende in  dem  Körper  liegende  Seitenfläche  möge  mit  S 
bezeichnet  werden. 

Es    soll   nun   für   diesen    Teil    des   Körpers    die   Gleich- 

46* 


724  U.  A.  Lorentz. 

gewichtsbedingung ,  und  zwar  was  die  Bewegangsgröße  in 
vertikaler  Richtung  betrifift,  gesucht  werden.  Man  überzeugt  sich 
leicht  davon,  daß  man  zu  diesem  Zwecke  nur  auf  den  vom 
Kolben  ausgeübten  Druck  p,  auf  die  Kräfte,  welche  an  der 
Grundfläche  zwischen  den  innerhalb  und  außerhalb  des  Parallel- 
epipeds  liegenden  Teilchen  wirken,  und  auf  die  durch  die  Grund- 
fläche hindurchgehende  BewegungsgröBe  zu  achten  hat. 

§  3.  Sieht  man  zunächst  gänzlich  von  den  Kräften  zwischen 
den  Teilchen  ab,  so  wird  das  Problem  sehr  einfach.  Der  vom 
Kolben  ausgeübte  Druck  erteilt  dem  Inhalte  unseres  Parallel- 
epipeds  pro  Zeiteinheit  die  vertikal  nach  unten  gerichtt^te 
Bewegungsgröße  p,  und  der  Zustand  kann  nur  dann  stationär 
sein,  wenn  eine  gleiche  Bewegungsgröße  den  Raum  an  der 
Unterseite  verläßt.     Dies  führt  sofort  auf  die  Gleichung  (3). 

Um  nun  weiter  auch  die  Wirkungen  zwischen  den  Teil- 
chen zu  berücksichtigen,  haben  wir  zu  beachten,  daß  diese 
eine  vertikale  Kraft  zur  Folge  haben,  die  an  der  Grund- 
fläche von  den  äußeren  auf  die  inneren  Teilchen  ausgeübt 
wird.  Diese  Kraft  sei  A,  positiv  gerechnet,  wenn  sie  abwärts 
gerichtet  ist     Die  Formel  (3)  ist  jetzt  durch 

(4)  p  +  A  =  ^^T 

zu  ersetzen.  Wären  z.  B.  nur  die  von  van  der  Waals  ange- 
nommenen anziehenden  Kräfte  vorhanden,  so  wäre  A  einfach 
die  resultierende  Anziehung  zwischen  den  auf  beiden  Seiten 
einer  beliebigen  Ebene  liegenden  Teilen  des  Körpers.  Man 
sieht  leicht,  daß  dieselbe  dem  Quadrat  der  Dichte  proportional 
gesetzt  werden  darf,  so  daß  ./  in  das  Glied  ajv^  der  van  der 
Waalsschen  Gleichung  übergeht.  Nebenbei  möge  bemerkt 
werden,  daß  bei  dieser  Betrachtung  nur  von  der  Anziehung  im 
Innern  des  Körpers  die  Kede  ist;  man  erkennt  demzufolge 
unmittelbar,  daß  das  Resultat  unabhängig  ist  von  dem  kom- 
plizierten Znstande,  der  vielleicht  in  der  (-Jrenzschicht  des 
Körpers  besteht. 

Auch  dann,  wenn  nebst  den  anziehenden  auch  abstoßende 
Kräfte  wirksam  sind,  gilt  die  Gleichung  (4),  vorausgesetzt,  daß 
man  unter  A  die  Resultierende  aller  Kräfte  verstehe.  Ist 
z.  B.  ein  fester  Körper  vom  luftleeren  Kaum  umgeben,  so  muß 
diese  Resultierende  genau  den   Wert   |^  T  haben. 


Bemerkungen  zum  Virialtheorem,  725 

Wir  wollen  jetzt  ein  System  elastischer  Kugeln  betrachten, 
die  nur  bei  den  Zusammenstößen  aufeinander  wirken.  Denken 
wir  uns,  daß  jeder  Stoß  eine  gewisse  Zeit  (die  wir  nachher  sich 
dem  Grenzwerte  Null  nähern  lassen  können)  in  Anspruch  nimmt, 
dann  ist  es  klar,  daß  in  einem  beliebig  gewählten  Augenblick 
eine  gewisse  Anzahl  von  Molekülpaaren  gerade  in  dem  Akt  des 
Zusammenstoßens  begriffen  sind,  unter  diesen  Paaren  gibt  es 
einige  von  solcher  Lage,  daß  der  Schwerpunkt  des  einen  Teil- 
chens oberhalb  und  der  Schwerpunkt  des  anderen  unterhalb 
der  Grund  däche  des  Parallelepipedi^  liegt  Die  auf  die  zuerst 
genannten  Teilchen  wirkenden  Kräfte  setzen  sich  zu  einer  auf- 
wärts gerichteten  Besultierenden  B  zusammen;  und  die  Glei- 
chung für  den  stationären  Zustand  nimmt  die  Gestalt 

an.  Man  gelangt  dann  weiter  zu  dem  Gliede,  das  in  der 
van  der  Waals sehen  Gleichung  den  Einfluß  des  Molekular- 
Yolumens  ausdrückt,  wenn  man  B  mittels  geeigneter  Kunst- 
griffe berechnet.  Darauf  braucht  hier  nicht  eingegangen  zu 
werden,  da  diese  Kunstgriffe  dieselben  sind,  die  in  Anwendung 
kommen  müssen,  wenn  man  das  Problem  mit  Hilfe  des  Virial- 
satzes  behandeln  will.^) 

§  4.  Um  uns  hiervon  zu  überzeugen  und  die  Äquivalenz 
der  beiden  Methoden  darzutun,  gehen  wir  auf  die  Annahme 
zurück,  daß  in  einem  System  materieller  Punkte  die  §  1  mit 
Tl  bezeichneten  Kräfte  wirksam  sind.  Von  allen  Punktpaaren 
betrachten  wir  nun  diejenigen,  für  welche  die  Verbindungslinie  r, 
und  also  auch  die  Kraft  R  eine  bestimmte  Richtung  und  Größe 
hat;  wir  nennen  N  die  Anzahl  der  in  der  Volumeneinheit 
liegenden  Anfangspunkte  dieser  gleichgerichteten  und  gleichen 
Strecken  r  und  ß-  den  spitzen  Winkel,  welchen  letztere  mit  der 
Vertikalen  bilden.  Die  Grundfläche  des  Parallelepipeds  wird 
dann  von  Nr  cos  &  dieser  Verbindungslinien  geschnitten  und  die 
ausgewählten  Punktpaare   liefern   zu   der  Kraft  B  den  Anteil 

Nr  R  cos«  ». 

Man  erhält  hieraus  die  volle  Abstoßung  B  mittels  einer  Sum- 
mation,  deren  Resultat  sich  auf  die  Form 

1)  H.  A.  Lorentz,  Wied.  Ann.,  12.  p.  127.  1881. 


726  H.  A.  Lorentz. 

bringen  läßt,  wo  das  Zeichen  JS  sich  auf  sämtliche  Punktpa^re 
in  der  Volumeneinheit  bezieht  Die  schließlich  resultierende 
Gleichung 

stimmt  genau  mit  derjenigen  überein^  die  aus  (2)  entsteht, 
wenn  man  für  die  Viriale  des  Druckes  und  der  Kräfte  R  die 
§  1  angegebenen  Werte  einsetzt. 

Es  braucht  kaum  hervorgehoben  zu  werden,  daß  man  bei 
einem  mehratomigen  Körper  die  jetzt  geschilderte  Methode, 
ebensogut  wie  den  Virialsatz  in  zwei  verschiedenen  Weisen 
anwenden  kann  (§  1). 

n.  Bewegung  eines  Elektrons  im  Felde  eines  festen  elektriachen 

Dipols. 

§  5.  Für  ein  konservatives  System,  dessen  potentielle 
Energie  wir  mit  U,  und  dessen  konstante  Gesamtenergie  ¥ar 
mit  E  bezeichnen,  verwandelt  sich  (1)  in  die  interessante 
Gleichung 

deren  rechte  Seite  nur  von  der  Konfiguration  abhängt,  und 
die  sich  in  einigen  Fällen  integrieren  läßt.  Es  gelingt  das 
z.  B.,  wenn  man  es  mit  einem  einzigen  Punkte  zu  tun  hat,  der 
einer  von  0  ausgehenden,  von  der  Entfernung  r  abhängigen 
Kraft  B  unterworfen  ist.     Setzt  mau  dann 


3C 

U=  f  Hdr 

T 

SO  wird  die  Gleichung: 


(6)  m  -^-  =  2 


Rd 


-\-4E, 


woraus    sich   leicht   die  in    der  Theorie   der  Zentralbewegung 
auftretende  Beziehung  zwischen  r  und  t  ergibt. 

§  6.  Ein  zweites  Beispiel,  worauf  hier  etwas  näher  ein- 
gegangen werden  möge,  liefert  die  Bewegung  eines  Punktes  in 
einem  Kraftfelde,  in  dem  die  potentielle  Energie  eine  homo- 
gene  Funktion   —  2.  Grades   der  Koordinaten   ist.     Da   dann 


Bemerkungen  zum  Virialtheorem.  727 

80  wird  die  rechte  Seite  von  (5)  unabhängig  von  den  Koordinaten. 

Wir  betrachten  speziell  den  Fall,  daß  die  potentielle 
Energie  gleich  xjr^,  multipliziert  mit  einem  konstanten  Koeffi- 
zienten ist.  Dieses  Problem  ist  von  Interesse  für  die  Elek- 
tronentheorie, da  man  auf  dasselbe  geführt  wird,  wenn  ein 
Elektron  unter  dem  Einflüsse  eines  festen  Teilchens  steht,  das, 
in  geringer  Entfernung  voneinander,  gleiche  positive  und  nega- 
tive Ladung  trägt. 

Es  sei  amxjr^  die  potentielle  Energie,  wobei  a  positiv 
sein  möge,  und  E  =  mC^.     Aus  der  Gleichung  (ö),  oder 

folgt  dann 

(T)  \r^^C^t^+C^t+C^, 

mit  folgenden  Werten  der  Integrationskonstanten: 

^1  =  i^o'  +  «^3»      Gj  =  r^  (^)^  =  r^tto  cos^^,       C'3  =  ir,». 

Hier  ist  u  die  Geschwindigkeit  und  &  der  Winkel,  den  die 
Bewegungsrichtung  mit  dem  verlängerten  Radiusvektor  ein- 
schließt, während  der  Index  0  die  Anfangswerte,  flir  /  =  0, 
anzeigen  soll. 

Es  läßt  sich  nun  sofort  entscheiden,  ob  der  Punkt  im 
Laufe  der  Bewegung  den  Ursprung  0  erreichen  wird.  Natflr- 
lich  ist  das  nur  möglich,  wenn  die  Größe 

V  -4^0,  =  -  W  8in»*„  -  2af? 

positiv  ist.  Indem  wir  nun  auf  einige  spezielle  Fälle  übergehen, 
uns  auf  positive  t  beschränken,  und,  wenn  einmal  der  Ursprung 
erreicht  ist,  den  Vorgang  nicht  weiter  verfolgen,  können  wir 
folgendes  sagen: 

Ist  .r^  positiv,  so  entfernt  sich  der  Punkt  ins  Unendliche, 
entweder  direkt,  oder  (falls  O-^y  \n)  nachdem  r  ein  Minimum 
geworden  ist. 

Es  sei  zweitens  x^  <  0.  Dann  kommt  es  auf  den  Wert 
der  Anfangsgeschwindigkeit  an.  Ist  diese  so  klein,  daß 
Cj  <  0,    so  kommt   es,   welchen  Wert  ß-^   auch   haben   möge. 


728  H.  A.  Lorentz. 

immer  zu  einem  Zusammentreflfen  mit  0,  und  zwar  wird  r  vor- 
her ein  Maximum,  wenn  d-^  <  \n.  Ist  dagegen  die  Anfangs- 
geschwindigkeit so  groß,  daß  C^  >  0,  dann  kann  0  nur  erreicht 
werden,  wenn  d-^y  \n  und 


9ind-.<-|/--^-. 


Die  Werte  von  t^  für  welche  r  Null,  oder  zu  einem  Maximum 
bezw.  Minimum  wird,  lassen  sich  in  jedem  Fall  leicht  angeben. 

§  7.    Dank  der  Gleichung  (7)   kann  man  die  Integration 
der  Bewegungsgleichungen 

jetzt  vollständig  zu  Ende  fuhren.     Es  ist  zunächst 

d^  X  d^y  ^  y  cPx  cPx    _  x 

und  es  ergibt  sich  weiter,  wenn  man  diese  Gleichungen  mittels 
der  Formeln 

X  =  r  cos  (p,    y  =  r  sin  y  cos  /,     z  ^  r  sin  (f  sin  / 

auf  Polkoordinaten  transformiert,  und  sie  zueinander  addiert, 
nachdem  man  die  erste  mit  cos/  und  die  zweite  mit  sin;^ 
multipliziert  hat, 

(^)  Ji  ('•'S)  -  '•'  "'"  'f  "«'  "S^  (S) '  =  r"  «i°  V- 

Für  die  Projektion  der  Bewegung  auf  die  y  r-Ebene  gilt  offen- 
bar der  Flächensatz,  so  daß 

(9)  r«  sin«  ff  ^^  =  C^ , 

wo  C^  eine  neue  Konstante  ist  Wir  substituieren  den  hieraus 
folgenden  Wert  von  äxfät  in  (8),  multiplizieren  diese  Gleichung 
mit  r«,  und  führen  die  durch 


bestimmte  neue  Variabele  ein.   Die  dann  entstehende  Gleichung 


Bemerkung tn  zum   Virialtheorem,  729 

können  wir  integrieren,  wenn  wir  sie  vorher  mit  d(pjdt'  mul- 
tiplizieren.    Wir  erhalten  dann  schließlich 


(10) 


yy  C^-2a  cos  9 ^|— 


Nachdem  man  in  dieser  Weise  (p  als  Funktion  von  t'^  und 
also  auch  von  t^  gefunden  hat,  erhält  man  x  durch  Integration 
der  Gleichung  (9).  Es  ist  noch  zu  bemerken,  daß  die  Inte- 
grationskonstante C^  den  W^^ 

hat 

Da  (10)  sich  auf  ein  elliptisches  Integral  reduziert,  so 
läßt  sich  die  Diskussion  dieser  Formeln  vollständig  durch- 
führen. 

Leiden,  September  1903. 

(Eingegangen  80.  September  1908.) 


780 


92.   Sul  moto  dei  ioni  nel  campo  elettrico. 

Di  AugUBto  Righi  in  Bologna. 


1.  Scopo  di  questo  scritto  b  il  fax  vedere,  come  alcune 
mie  esperienze  ^)^  per  la  maggior  parte  pubblicate  prima  che 
sorgesse  la  teoria  degli  elettroni^  riceyano  da  questa  una 
naturale  spiegazione.  Tali  esperienze  sono  quelle  che  chiamai 
delle  ombre  elettriche,  e  quelle  relative  ai  fenomeni  elettrici 
provocati  dai  raggi  ultraviolett!  e  dalle  radiazioni  scoperte  dal 
Röntgen.  Ecco  in  che  consistono  le  principali  di  tali  es- 
perienze^ tutte  evidentemente  dovute  ad  una  convezione  di 
elettricitä;  effettuata  da  particelle  elettrizzate^  che  si  muoyono 
attraverso  Taria  ambiente. 

a)  Se  una  punta  metallica  elettrizzata  e  rivolta  ad  una 
lastra  metallica  avente  carica  opposta  (per  esempio  tenuta  in 
comunicazione  col  suolo),  un  oggetto  interposto  arresta  in  parte 
le  particelle  elettrizzate,  che  camminano  dalla  punta  yerso  la 
lastra,  e  cosi  si  forma  su  questa  l'ombra  elettrica  di  quel- 
Toggetto.  Quesf  ombra  si  mette  in  evidenza  ricorrendo  a 
speciali  artifici,  per  esempio  sovrapponendo  alla  lastra  metallica 
una  lamina  isolante,  e  proiettando  poi  su  questa  il  noto 
miscuglio  di  Villari  (solfo  e  minio  in  polvere). 

b)  ün  tilo  metallico  sottilissimo  parallelo  alla  lastra  (oppure 
uno  di  qualunque  grossezza  mantenuto  incandescente  da  una 
corrente  elettrica)  puö  essere  sostituito  alla  punta.  In  questo 
caso  le  linee  di  forza  sono  note  (archi  di  cerchio  giacenti  nei 
piani  perpendicolari  al  filo,  passanti  per  esso  e  normali  alla 
lastra),  ed  opportune  misure  mostrano,  che  le  traiettorie  per- 
corse  dalle  particelle  elettrizzate  coincidono  sensibilmente  colle 
linee  di  forza  elettrica. 

c)  11  risultato  non  muta,  se  alla  punta  dell'  esperienza 
tipo  a)  si  sostituisce  una  piccola  tiamma  a  gas  capovolta,  od 
un  breve  filo  piegato  ad  angolo  acute  ed  arroventato. 

1)  Veggasi  //  Nuovo  Cimenio  dal  1888  al  1903. 


Sul  moto  dei  ioni.  78 1 

d)  AI  filo  rettilineo  dell'  esperienza  b)  puö  essere  sosti- 
tuito  UD  ciliDdro  conduttore  parallelo  esso  pure  alla  lastra 
metallica;  e  lungo  una  generatrice  del  quäle  ö  teso  un  filo  di 
platino  arroventato  da  una  corrente  elettrica.  L'esperienza 
mostra^  che  la  convezione  si  produce  dal  filo  verso  la  lastra, 
e  che  le  particelle  cariche  seguono  sensibilmente  le  linee  di 
forza  passanti  pel  filo,  le  quali  linee,  come  h  notorio,  sono 
ancora  archi  di  cerchio,  che  giacciono  in  piani  perpendicolari 
tanto  alle  generatrici  del  cilindro  che  alla  lastra  piana,  ed 
incontrano  normalmQnte  i  due  conduttori. 

e)  Anziehe  ricorrere  alla  ionizzazione  generata  coUa 
scarica  da  una  punta  acuta  o  da  un  filo  sottile,  o  a  quella 
prodotta  da  un  corpo  rovente,  si  puö  profittare  dell'  emissione 
di  elettricitä  prodotta  dai  raggi  ultravioletti,  allorchft  colpiscono 
un  conduttore  negative.  Anche  in  tal  caso  le  esperienze 
mostrano,  che  il  trasporto  delF  elettricitä  e  effettuato  da  par- 
ticelle elettrizzate  (nel  caso  attuale  sempre  negatiTamente), 
e  muoventesi  sensibilmente  lungo  le  linee  di  forza.  Una  delle 
maniere  di  constatarlo  e  quelle  di  sostituire  nell'  esperienza  d) 
un  filo  o  Striscia  di  zinco  ben  terso  al  filo  di  platino  ro- 
vente  lungo  una  generatrice  del  cilindro  (in  tal  caso  vemiciato). 
Fomendo  a  questo  elettricitä  negativa,  e  facendo  cadere  sullo 
zinco  delle  intense  radiazioni  ultraviolette  (arco  voltaico  fra 
carbone  e  zinco),  si  constata  la  solita  convezione,  approssimativa- 
mente  lungo  le  linee  di  forza  passanti  per  la  generatrice 
suddetta. 

f  ]  II  risultato  non  nmta  essenzialmente  sostituendo  i  raggi 
X  ai  raggi  ultravioletti  nelle  esperienze  precedenti.  Ma  fra  gli 
effetti  delle  due  specie  di  raggi  si  notano  due  diflFerenze  im- 
portanti.  Mentre  i  raggi  ultravioletti  devono  colpire  il  con- 
duttore negative,  onde  avvenga  la  convezione  elettrica  giä 
descritta,  quando  si  adoperano  i  raggi  di  Köntgen,  e  ne- 
cessario  soltanto,  che  essi  attraversino  Taria  posta  fra  i  due 
conduttori. 

In  secondo  luogo,  mentre  coi  raggi  ultravioletti  si  ha 
semplicemente  una  convezione  di  elettricitä  negativa  dal  con- 
duttore negative  al  positive,  coi  raggi  X  si  ha  una  doppia 
convezione  nelle  due  direzione  opposte,  di  guisa  che  un  oggetto 


732  A.  Righi. 

posto  fra  i  due  conduttori  produce  la  propria  ombra  elettrica 
8u  entrambi. 

g)  Nel  corso  delle  mie  esperienze  sui  fenomeri  foto-elet- 
trici  ebbi  la  fortuna  di  scoprire^  che  un  corpo  allo  stato 
naturale  si  elettrizza  positivamente^  allorche  e  colpito  dai  raggi 
ultravioletti  (o  anche  quando  e  colpito  dai  raggi  X  nel  vuoto, 
come  recentemente  si  h  potuto  mettere  fuori  di  dubbio).  Ora, 
questo  fenomeno,  allorche  si  compie  nelF  aria  air  ordinaria 
pressione^  obbedisce  ad  una  legge,  che  puö  enunciarsi  in  varie 
maniere,  per  esempio  nella  seguente:  la  carica  positiva 
acquistata  dal  corpo  cessa  di  aumentare,  allorche  il  campo 
elettrico  dovuto  a  questa  carica  raggiunge  un  determinato 
Talore,  che  dipende  dalla  natura  del  corpo  in  esperimento. 
Cosicch^^  se  per  esempio  il  detto  corpo  ha  forma  piana,  ed  e 
parallele  ad  una  lastra  metallica  piana  comunicante  col  suolo, 
il  Potenziale  massimo  che  esso  acquista  e  sensibilmente  in  pro- 
porzione  della  distanza,  che  lo  separa  dalla  detta  lastra. 

2.  Bimandando  alle  antecedenti  pubblicazioni  chi  de- 
siderasse  conoscere  i  dettagli  sperimentali,  mi  occuperö  di  far 
vedere,  come  le  esperienze  richiamate  or  ora  si  spieghino 
facilmente  adottando  la  teoria  della  ionizzazione  dei  gas. 

Lasciando  pel  momento  in  disparte  la  g)  occorre  dap- 
prima  rilevare,  che  le  esperienze  a),  b)  .  .  .  f )  hanno  un  carattere 
comune,  e  precisamente  che  tutte  si  debbono  ad  un  trasporto 
di  elettricitä,  eflfettuato  da  particelle  raateriali  elettrizzate,  le 
quali  percorrono  traiettorie  sensibilmente  coincidenti  coUe  linee 
di  forza  elettrica. 

Air  epoca,  nella  quäle  le  prime  mie  esperienze  furono 
compiute,  le  spiegai  supponendo,  che  dette  particelle  altro  noii 
fossero  che  molecole  gassose  elettrizzate,  giacche  anche  gli 
stessi  raggi  catodici  venivano  allora  generalmente  considerati 
come  costituiti  dalle  molecole  del  gas  residuo  elettrizzate  e 
respinte  dal  catodo.  Si  tratta  ora  di  far  vedere,  come  le 
esperienze  si  spieghino  perfettamente  ammettendo,  che  quelle 
particelle  altro  non  sieno  che  ioni. 

Consideriamo  dapprima  le  esperienze  a)  e  b),  o  meglio  la 
sola  a),  giacche  quanto  si  dira  rispetto  alla  scarica  da  una 
punta  acuta,  varrä  per  analogia  anche  per  la  scarica  dalla 
superficie  d'un  esilissimo  filo. 


Sul  moto  dei  lonu  733 

Neir  immediata  prossimitä  d'una  punta  elettrizzata  ad  an 
Potenziale  abbastanza  elevato  avviene  la  ionizzazione  dell'  aria, 
iniziata  dai  pochi  ioni  che  sempre  l'aria  contiene^  e  conti- 
nnata  dai  nuovi  ioni^  dovuti  all'  urto  di  quelli  preesistenti  (e 
dei  nuovi  formatisi)  contro  le  molecole  gassose.  Si  formano 
anzi  due  regioni  di  ionizzazione^  una  Ä  in  contatto  della 
punta,  l'altra  £.ad  una  piccola  distanza  da  essa.  Suppongo 
per  chiarezza  di  esposizione  che  Telettricitä  fornita  alla  punta 
sia  negativa.  I  ioni  negativi  respinti  dalla  punta  arrivano  in 
£,  dopo  aver  percorso  un  breve  cammino  nelV  intenso  campo 
elettrico  attiguo  ad  essa^  con  tale  velocitä^  da  potere  ßcindere 
in  ioni  delle  due  specie  le  molecole  d'aria  urtate.  Dei  nuovi 
ioni  cosi  continuamente  formati  nella  regione  £,  quelli  positivi 
si  muovono  verso  la  punta,  ed  arrivano  in  A  con  tale  velocitä. 
da  produrre  per  urto  nuova  ionizzazione.  Intanto  i  ioni  nega- 
tivi formatisi  in  B,  insieme  a  quelli  partiti  dalla  punta,  si 
muovono  verso  la  lastra  posta  di  fronte  alla  punta  medesima. 
E  siccome  il  campo  elettrico  ha  un'  intensit^  assai  grande  in 
prossimitä  della  punta,  e  generalmente  assai  debole  nello 
spazio  rimanente,  cosi  i  detti  ioni  negativi  non  ne  producono 
dei  nuovi,  in  quanto  che  fra  un  urto  e  Taltro  contro  le 
molecole  neutre  non  giungono  ad  acquistare  la  necessaria 
velocitä. 

Consideriamo  appunto  uno  di  questi  ioni  negativi,  che  la 
forza  elettrica  fa  muovere  verso  la  lastra.  Se  esso  non  in- 
contrasse  sul  suo  cammino  nessun  ostacolo,  la  sua  velocitä 
andrebbe  continuamente  crescendo,  e  la  traiettoria  da  esso 
descritta  sarebbe  una  linea  generalmente  diversa  dalle  linee 
di  forza.  Ma  in  realta  quel  ione  non  puö  percorrere  libera- 
mente  che  un  brevissimo  tratto  fra  un  urto  e  l'altro  contro  le 
molecole  neutre,  perdendo  ad  ogni  coUisione  buona  parte  della 
velocitä  da  esso  acquistata;  e  ciö  appare  chiaro,  sia  che  si 
ammetta  che  dopo  Turto  la  molecola  rimanga  libera,  sia  che 
si  supponga  che  molecola  e  ione  formino  dopo  Turto  un  si- 
stema  unico.  L'effetto  complessivo  degli  urti  e  dunque  quello 
di  mantenere  sempre  assai  piccola  la  media  velocitä  dei  ioni 
in  inoto.  e  ])articolarmente  la  componente  di  essa  perpendico- 
lare  alla  direzione  dei  campo,  di  guisa  che  ad  un  instante 
qualunqu(3  essi  debbono  muoversi  press'  a  poco  nella  direzione 


734  A.  Righi, 

della  forza   elettrica,   e   descriTere   quindi   sensibilmeote    una 
linea  di  forza. 

Si  comprende  in  tal  modo  come  un  ostacolo  posto  sul 
cammino  dei  ioni^  che  si  avviano  verso  la  lastra,  difenda  una 
certa  regione  di  qnesta  dal  loro  bombardamento  dando  origine 
all'  ombra  elettrica,  quäle  le  esperienze  mettono  con  oppor- 
tuni  Processi  in  evidenza. 

3.  i,  verosimile  che  le  traiettorie  dei  ioni  diflferiscano  piü 
0  meno  dalle  linee  di  forza  a  seconda  della  forma  di  queste. 
Ciö  sarebbe  evidente,  se  i  ioni  non  incontrassero  molecole  sul 
loro  cammino.  Infatti,  supponendo  dapprima  le  linee  di  forza 
rettilinee  e  parallele  fra  loro  (come  per  esempio  lo  sono  fra 
due  conduttori  piani  e  paralleli  oppostamente  elettrizzati]  e 
chiaro,  che  i  ioni  si  muoveranno  lungo  le  medesime  con  moto 
accelerato.  Supponendo  invece  linee  di  forza  curve,  i  ioni  si 
scosteranno  da  esse  tangenzialmente  e  percorreranno  traiettorie 
assai  dififerenti.  Ora  h  naturale  il  ritenere,  che  la  presenza 
delle  molecole  neutre,  che  yengono  urtate  dai  ioni  in  meto, 
non  muti  quella  conclusione,  e  cioö  che  anche  in  tal  caso  le 
traiettorie  differiscano  tanto  meno  dalle  linee  di  forza,  quanto 
piü  debole  ä  la  curvatura  di  questa. 

Checche  si  pensi  di  tale  asserzione  mi  prenie  di  far  qui 
notare,  che  alle  esperienze  dei  tipo  a)  ho  dato  recentemente 
una  nuova  forma  ^),  colla  quäle,  avendosi  in  certe  regioni  linee 
di  forza  a  forte  curvatura,  i  ioni  si  scostano  alquanto  da  esse, 
in  modo  da  realizzare,  a  quanto  pare,  una  riproduzione  dei  mec- 
canismo,  al  quäle  si  considerano  dovuti  i  cosi  detti  raggi-canali. 

Alla  lastra  metallica  posta  di  fronte  alla  i)unta  e  sosti- 
tuita  una  fitta  reticella  metallica.  In  tal  uiodo  le  linee  di 
forza,  che  prima  incontravano  nornialniente  la  lastra,  debbono 
incurvarsi  fortemente  in  vicinanza  della  reticella,  onde  andare 
a  terminare  normalmente  sui  fili  che  la  forniano;  ed  e  appunto 
quando  giungono  in  queste  porzioni  di  lineo  di  forza  aventi 
curvatura  grandissima  che  alcuni  ioni  ])ossono  scostarsene 
tanto,  in  virtü  della  loro  velocitä,  da  attraversare  i  vani  e  por- 
tarsi  al  di  la  della  reticella. 


1)    Memor.  della  R.  Accad.  di  Bologna,  1902.  —  Physik.  Zeitschr. 
15.  Sept.  1903. 


Sul  moto  dei  ioni,  735 

La  presenza  di  questi  ioni  h  dimostrata  con  metodi  elettro- 
metricL  Inoltre,  creando  al  di  lä.  della  reticella  un  nuovo 
campo  elettrico^  i  ioni,  che  l'hanno  attraversata,  prendono  a 
muoversi  secondo  le  nuove  linee  di  forza^  e  possono  cosi  gene- 
rare omhre  elettriche,  che  facilmente  si  rendouo  visibiU. 

4.  Le  esperienze  c)  e  d)  si  spiegheranno  ora  facilmente 
per  analogia  con  quanto  si  e  esposto  a  proposito  delle  a)  e  b). 
La  piccola  fiamma  contiene  ioni  delle  due  specie  in  gran 
numerOy  e  quando  ad  essa  venga  fomita  elettricitä,  i  ioni 
ayenti  la  carica  omonima  si  allontanano  da  essa  segnende 
sensibilmente  le  linee  di  forza  elettrica.  ün  metallo  rovente 
elettrizzato  emette  esso  pure  dei  ioni  omonimi^  che  la  forza 
elettrica  motte  in  moto,  come  nel  caso  di  quelli  respinti  da 
una  punta  elettrizzata. 

Le  esperienze  e)  diversificano  dalle  precedenti  in  quanto 
alla  maniera  nella  quäle  sono  generati  i  ioni. 

Gerte  mie  esperienze  mi  persuasero^  che  le  particelle 
negative  emesse  da  un  corpo  elettrizzato  negatiyamente  col- 
pito  da  raggi  ultravioletti,  mentre  nelF  aria  alla  pressione 
ordinaria  seguono  sensibilmente  le  linee  di  forza,  quando 
l'aria  venga  gradatamente  rarefatta^  esse  percorrono  traiettorie 
di  piü  in  piü  dififerenti  da  quelle  linee,  in  modo  che  alle 
grandi  rarefazioni  le  traiettorie  stesse  divengono  linee  rette^  e 
cioe  i  raggi  catodici.  £  poiche  questi  sono  costituiti  da  elet- 
troni  negativi  liberi,  viene  naturale  il  supporre,  che  l'azione 
delle  radiazioni  consista  nel  determinare  una  emissione  di 
elettroni  negativi  dai  corpi,  che  sono  da  esse  colpiti. 

Che  nel  vuoto  un  metallo  elettrizzato  negativamente  e 
colpito  dai  rag^  ultravioletti  emetta  veri  raggi  catodici,  e 
stato^  dei  resto,  direttamente  dimostrato  dal  Lenard. 

Neir  aria  air  ordinaria  pressione  i  raggi  catodici  sono 
rapidamente  assorbiti.  In  altre  parole,  gli  elettroni  emessi 
dal  corpo  elettrizzato  negativamente  sono  presto  arrestati  nel 
loro  movimento  per  Tincontro  di  molecole  neutre  dei  gas.  Se 
la  velocitä,  con  cui  gli  elettroni  sono  lanciati;  h  assai  grande, 
essi  ionizzeranno  per  urto  le  molecole,  ed  i  ioni  negativi  cosi 
formati  si  rauoveranno  secondo  le  linee  di  forza  come  nei  casi 
precedentemente  considerati.  Se  invece  quella  velocitä  fosse 
piccola,  essi,  anziehe  ionizzare  il  gas,  si  unirebbero  a  molecole 


736  A.  Righi. 

intere^  ed  insieme  a  queste  si  muoverebbero  nel  campo  elet- 
trico.  In  un  modo  o  nell'  altro  si  formerä  quella  convezione 
ordinata  e  regolare  secondo  le  linee  di  forza,  che  h  messa  in 
eyidenza  dalle  esperienze  d'ombra  elettrica. 

Quanto  alle  esperienze  del  tipo  f  ]  ecco  come  se  ne  rende  conto. 

I  raggi  di  Röntgen  generano  continuamente  nuoTi  ioni 
delle  due  specie  nella  massa  gassosa  da  essi  attraversata. 
Non  6  dunque  solo  dalla  punta  elettrizzata  come  nell' 
esperienza  a)^  o  solo  dal  filo  sottile  come  nella  b),  o  dal 
corpo  elettrizzato  negativamente  come  nella  e)^  che  partono 
in  tal  caso  i  ioni^  ma  e  da  ogni  punto  del  gas^  che  partono 
ioni  positivi  yerso  una  direzione  e  ioni  negativi  yerso  la 
direzione  opposta.  Come  nei  casi  precedenti^  e  sempre  in 
virtü  della  circostanza  del  rimanere  piccola  la  loro  velocit^ 
in  causa  dei  loro  frequenti  incontri  coUe  molecole,  gli  uni  e 
gli  altri  percorrono  traiettorie  sensibilmente  coincidenti  colle 
linee  di  forza.  Di  qui  la  formazione  di  ombre  elettriche  su 
entrambi  i  corpi  elettrizzati,  qnando  fra  essi  sia  coUocato  nn 
ostacolo  materiale. 

Le  esperienze  di  ombre  elettriche  mediante  i  raggi  X 
possono  assumere  forme  assai  curiose,  per  conoscere  le  quali 
rimando  il  lettore  ad  una  precedente  pubblicazione.^) 

5.  Resta  a  considerarsi  Tesperienza  g)  ed  a  spiegare  la 
legge  relativa. 

Allorche  certe  radiazioni,  come  le  piü  rifrangibili  ultra- 
violette, colpiscono  la  superficie  d'un  corpo  non  elettrizzato,  e 
particolarmente  d'un  metallo,  ha  luogo  quella  stessa  eraissione 
di  elettroni  negativi,  che  si  produce  quando  il  metallo  e  carico 
negativamente.  Se  il  metallo  e  isolato,  questo  fenomeno  va 
via  via  aftievolendosi,  giacche  la  forza  elettrica  dovuta  alla 
carica  positiva,  che  il  metallo  va  via  via  acquistando,  tende  a 
trattenere  gli  elettroni,  cosiche,  in  caj)0  a  un  certo  tempo, 
praticamente  finito,  il  Potenziale  positivo  ottenuto  cessa  di 
aumentare. 

Se  gli  elettroni  emessi  nuUa  incontrassero  sul  loro  cam- 
mino,  dopo  essersi  allontanati  dal  conduttore  per  un  certo 
tratto  con   moto   ritardato,   ricadrebbero   su   di  esso  con  moto 

1)  Mein,  della  R.  Acc.  di  Bologna,  Bd.  6.  1896. 


Sul  moto  dei  ioni,  737 

accelerato,  per  effetto  della  forza  elettrica  doYuta  alla  carica 
positiva  rimasta  al  conduttore.  Se  invece  a  qualche  distanza 
dal  corpo  colpito  dalle  radiazioni  esistesse  un  conduttore 
comunicante  col  suolo,  questo  sarebbe  dapprima  raggiunto  dagli 
elettrcoi,  i  quali  non  potrebbero  cosi  ricadere;  ma  poi,  col 
crescere  della  carica  positiva,  gli  elettroni  non  arriverebbero 
piü  tanto  lontani,  e  si  avrebbe  uno  stato  di  cose  permanente. 
Orbene,  la  presenza  dell'  aria  fa  sl^  che  qaesto  stato  finale  si 
ottenga^  anche  senza  che  esista  un  conduttore  comunicante  col 
suolo  posto  a  distanza  abbastanza  piccola,  perch^  possa  essere 
raggiunto  dagli  elettroni. 

Come  si  h  giä  detto  Turto  degli  elettroni  contro  le  mole- 
cole  gassose  ha  per  risultato  una  diminuzione  di  velocitä  delle 
cariche  negative  in  moto,  considerate  nel  loro  complesso,  sia 
che  si  ammetta  la  ionizzazione  delle  molecole  stesse  per  urto, 
sia  che  si  ritenga  che  queste  semplicemente  sottraggano  col- 
Turto  agli  elettroni  parte  della  loro  energia  cinetica,  sia  infine 
che  avvenga  una  stabile  o  momentanea  unione  fra  molecola  ed 
elettrone.  E  dunque  naturale  il  pensare,  che  le  cariche  nega- 
tive, ormai  non  piü  elettroni  isolati  ma  ioni  negativi  o  molecole 
negative,  ricadano  anticipatamente  sul  conduttore,  e  di  piü  in 
piü  abbondantemente,  man  mano  cresce  Tintensitä  del  campo 
elettrico  dovuto  alla  carica  positiva  del  conduttore  stesso. 
Raggiunto  un  certo  valore  del  campo  elettrico  si  avrä  com- 
penso  fra  le  cariche  emesse  dal  conduttore  per  efi'etto  delle 
radiazioni  che  lo  colpiscono,  e  quelle  ricuperate  nel  modo 
anzidetto,   ed  il  Potenziale  positive  cesserä  d'aumentare. 

II  valore  di  questo  Potenziale  massimo  dipende  dunque 
dair  intensitä  del  campo  elettrico  o,  se  si  vuole,  dalla  den- 
sitä  elettrica  superficiale.  Se  il  conduttore  costituisce  una 
delle  armature  d'un  condensatore  piano,  dovendo  quella  den- 
sita  essere  costante,  il  Potenziale  varierä  in  ragione  della 
distanza  fra  le  armature.  E  questa  e  appunto  la  legge  speri- 
mentale  da  me  formulata. 

II  valore  costante  della  densitä  elettrica  o  del  campo 
elettrico  nello  stato  finale  permanente  fe  poi  diverse  secondo 
la  natura  del  conduttore  e,  a  quanto  risulta  da  mie  recen- 
tissime  ricerche,  anche  dalla  natura  delle  radiazioni  impiegate. 

Benchö   mi   sia   proposto   di    non    occuparmi   in    questo 

BoltzmaDD- Festschrift.  47 


738  Ä,  Righi.     Sul  moto  dei  ioni, 

scritto  che  di  fenomeni  producentisi  ncir  aria  alla  pressione 
ordinaria,  noQ  mi  trattengo  dal  far  rilevare^  che  la  spiegazione 
precedente  rende  conto  di  an  altro  fatto  da  me  dimostrato, 
e  cioä  che  U  Potenziale  positivo  raggiunto  da  an  conduttore 
esposto  alle  radiazioni  cresce^  in  linea  generale^  maji  mano 
che  si  diminuisce  la  pressione  del  gas  che  lo  circonda. 

Si  comprende  infatti  facilmente,  che  la  progressiva  rare- 
fazione  del  gas  permetterä  alle  cariche  negative  emesse  dal 
condattore  di  raggiungere  in  numero  di  piü  in  piü  grande  i 
corpi  circostanti^  e  di  sottrarsi  cosi  al  ritorno  verso  il  con- 
duttore^ da  cui  partirono.  Questo  dovrä  danque  acquistare 
una  carica  positiva  di  piü  in  piü  grande^  prima  che  lo  stato 
finale  permanente  venga  raggiunto. 

Bologna,  settemhre  1903. 

(Eingegangen  30.  September  1903.) 


739 


93.   Ein  elektrischer  Aberrationsversuch. 

Von  Srnat  Leoher  in  Prag. 


Bisher  konnte  experimentell  noch  kein  optischer  EflFekt 
im  Laboratorium  gefanden  werden,  der  von  einer  eventuellen 
Erdbewegung  gegen  den  Äther  herrührte.  Die  theoretischen 
Darstellungen  des  einschlägigen  Gebietes,  speziell  der  astrono- 
mischen Aberration  des  Lichtes,  suchen  dieser  Tatsache  in 
verschiedener  Weise  gerecht  zu  werden. 

Man  kann  aber  auch  daran  denken,  dieser  Frage  auf 
elektrischem  Wege  beizukommen.  Wenn  der  Äther  an  der 
Erdbewegung  nicht  teilnimmt,  so  geht  durch  alle  unsere  Appa- 
rate, Leitungen  u.  dgl.  ein  Atherwind  mit  einer  Geschwindig- 
keit 3. 10^  cm/sec  und  es  erscheint  auf  den  ersten  Blick  kaum 
glaublich,  daß  eine  so  große  relative  Geschwindigkeit  des  die 
elektrischen  und  magnetischen  Wirkungen  übertragenden  Mittels 
sich  jeglicher  Beobachtung  entziehen  sollte.  Einfache  Über- 
legungen zeigen  jedoch,  daß  solche  „elektrische  Aberrations- 
versuche" aus  verschiedenen  Gründen  gemeiniglich  nicht  heran- 
gezogen werden  dürfen,  da  die  Polarität  der  Erscheinungen 
eine  einseitige  Wirkung  ausschließt  Ein  elektrischer  Strom 
z.  B.  ergibt  ja  stets  eine  Kombination  zweier  entgegengesetzt 
gerichteter  Strömungsmechanismen  und  was  den  einen  Teil 
schwächt,  stärkt  den  anderen,  so  daß  die  Summe  ungeändert 
bleibt. 

Nun  sind  aber  diese  beiden  Anteile  bei  Strömen  im  luft- 
leeren Räume  sehr  ungleicher  Natur.  Wenn  wir  in  einem 
verdünnten  und  stark  ionisierten  Gase  eine  Potentialdifferenz 
herstellen,  so  fliegen  die  sehr  kleinen  negativen  Elektronen 
mit  großer  Geschwindigkeit  nach  der  einen  Richtung,  indes  die 
großen  positiven  Atomreste  langsam  nach  der  entgegengesetzten 
Seite  wandern.     Denken  wir  uns  nun  den  Äther  relativ  gegen 

47* 


€b  ^Cl 


740  JE.  Lecher. 

die  Elektroden  bewegt»  so  ¥nrd^  falls  Reibung  eintritt,  die  eine 
Strömung  beschleunigt,  die  andere  verzögert.  Für  beide  F&Ue 
sind  sehr  verschieden  einerseits  die  relativen  Geschwindigkeiten 
gegen  den  Äther  und  andererseits  die  Oberfläche  und  Masse 
der  reibenden  Körper.  Darum  erscheint  es  sehr  unwahrschein- 
lich,  daB  auch  hier  immer  eine  Kompensation  der  beiden  Stö- 
rungen stattfände.  Eine  soldie  Auffassung  fährte  zu  unwahr- 
scheinlichen Konsequenzen. 

Eis  schien  mir  daher  des  Versuches  nicht  unwert,  diesen 
Fall  experimentell  anzusehen. 

Eine  auf  etwa  0,4  mm  ausgepumpte  Glasröhre  enthält  drei 
scheibenförmige  Aluminiumelektroden  a,  b  und  c.    Außen  liegen 

zwei    Metallringe      dd 
1*^, I        MMfaiM  und    ee.     Wenn     die- 

selben mit  den  Ehiden 
einer  sehr  energischen 
elektrischenSchwingung 
^  verbunden  werden,  tritt 

unter  Leuchten  kräftige 
Ionisierung  ein.  Ferner  ist  a  mit  dem  einen  Pol  einer 
Akkumulatorenbatterie  (ca.  100  Volt),  h  und  c  durch  je  eine 
große  Selbstinduktion  und  die  Spule  eines  Differentialgalvano- 
meters ^)  hindurch  mit  dem  anderen  Pole  verbunden.  Es  fließen 
somit  im  ionisierten  Gase  zwei  ungefähr  gleich  starke  Ströme 
von  a  nach  b,  bez.  c.  Die  Röhre  selbst  liegt  in  der  Ekliptik 
und  gestattet  eine  beliebige  Drehung  in  dieser  Ebene,  welche 
in  Standenwinkel  eingeteilt  ist.  So  kann  b,  a,  c  in  und  gegen 
die  Richtung  der  Erdbahn  gedreht  werden. 

Nun  erhält  man  allerdings  bei  einer  solchen  Drehung  um 
180*^  stets  eine  Verschiebung  des  Nullpunktes  im  Galvano- 
meter. Macht  man  aber  entsprechende  Versuchsreihen  in 
Intervallen  von  je  12  Stunden,  d.  h.  zu  Zeiten,  wo  die  Erd- 
bahnrichtung gegen  die  Laboratoriumsrichtung  sich  umgekehrt 
hat,  so  heben  sich  alle  Differenzen  bis  auf  die  Größenordnung 
der  Fehler  weg.    Letztere  waren  leider  noch  ziemlich  groß,  so 


1)  Dieses  ist  eigens  f&r  ähnliche  Zwecke  nach  dem  Typus  des 
Thomson- Galvanometer  konstruiert  Doch  liegen  die  beiden  Spulen  in 
einem  Olbade  und  sind  durch  ein  dickes  Metallgehäuse  vollständig 
elektrostatisch  beschirmt 


Ein  elektrischer  Äberrationsversuch,  741 

daß  mir  eine  Stromesänderung  von  weniger  als  0,005  des 
Wertes  hätte  entgehen  können. 

Wenn  auch  diese  tastenden  Versuche  die  angeregte  Frage 
nicht  zur  Entscheidung  bringen,  so  verdienten  dieselben  vielleicht 
als  erster  Beginn  einer  möglichen  neuen  Betrachtungsweise 
kurze  Erwähnung.  Lassen  sich  die  Fehlergrenzen  noch  weiter 
herunterdrücken,  so  fährt  die  hier  in  Angriff  genommene  Me- 
thode zum  Altemativresultate: 

Entweder  existiert  zwischen  Äther  und  den  durchfliegenden 
negativen  Elektronen  resp.  positiven  Atomresten  keinerlei  Rei- 
bung,  oder  es  haftet  der  Äther  fest  an  der  Erdoberfläche. 

(EingegaDgen  30.  September  1903). 


94.   Über  die  Frage 
der  gegenseitigen  Eiuwirkung  von  Kathodenstrablen. 


Von  F.  Keesen  I 


Verschiedene  Sathoden&trahlen,  sowie  die  einzelnen  Teile 
desselben  Strahlbilndels  zeigen  trotz  der  uegativen  Lüduiißpn, 
welche  mit  den  Strahlen  fortgeführt  werden,  keine  Wirkungen 
aufeinander.  Ben  Grund  hierfür  kann  man  in  der  entgegen- 
wirkenden elektrodynamischen  Wirkung  oder  darin  suchen, 
daB  die  P^inwirkungen  zu  klein  sind,  um  beobachtet  zu  werden. 
Dm  zu  entscheiden,  ob  das  eratero  zutrifft,  wurden  Versuche 
mit  KathodeuBtrahleu  augestellt,  welche  in  entgegengesetzter 
Richtung  aneinander  vorbeigehen.  Dann  müßte  die  elektro- 
dynamische Absto6ung  die  elektrostatische  unterstützen.  Nacb< 
träglich  habe  ich  gefunden,  daß  ahnliche  Versuche  mit  gleichem 
negativen  Erfolg  schon  von  Hrn.  Bernstein')  angestellt  sind. 
Ich  teile  meine  VtTsiichsuuordnviiig  ;iber  doch  mit,  weil  bei 
derselben  die  aufeinander  wirkenden  Strahlen  nicht  wie  Hru. 
Bernsteins  etwa  1,5  cm  voneinander  entfernt  oder  nur  auf 
einer  kurzen  Stelle  einander  genähert  waren,  sondern  sich  in 
ihrem  ganzen  Verlauf  unmittelbar  nebeneinander  befanden  oder 
sich  durchdrangen,  so  daß  die  Einwirkung  eine  viel  größere 
sein  mußte.  Ein  einfacher  rechnerischer  Überschlag  zeigt, 
daß  in  1,5  cm  Entfernung  die  Wirkung  tatsächlich  Null  sein 
muß.  Femer  wählte  ich  zwei  ganz  unabhängige  Entladungen, 
während  bei  den  angezogenen  Versuchen  die  beiden  Kathoden- 
strahlbündel  von  demselben  Induktor  in  derselben  Röhre  ge- 
bildet wurden.  Es  hat  nun  immer  seine  Schwierigkeit,  vou  einer 
Quelle  zwei  getrennte  Entladungen  in  derselben  Röhre  zu  er- 
halten, da  die  Entladungen  sich  stören.  Man  ist  also  nicht 
ganz  sicher,  oh  die  beiden  Entladungen  wirkhch  zu  gleicher 
Zeit  erfolgen,  nicht  aufeinander  folgende  Entladungen  dar- 
stellen, die  natürlich  keine  Wirkung  aufeinander  haben  werden. 

1)  Wied.  Aon.  62.  p.  *lb.  1897. 


Gegenseiäye  Einwirkung  von  Kathodenstrahlen,  748 


Schließlich  bestimmte  mich  za  dieser  Mitteilung  noch  der 
Umstand^  daß  ich  bei  den  Versuchen  eigentümliche  Beein- 
flussungen zweier  Induktorien  kennen  lernte,  die  ein  gewisses 
praktisches  Interesse  haben. 

Die  benutzte  Entladungsröhre  hatte  die  Gestalt  Fig.  1. 
Zwischen  den  beiden  Kathoden  k  und  A^,  welche  jede  ihre 
zugehörige  Anode  a  bez.  o^  in  der  gezeichneten  Lage  hatte, 
war  ein  Diaphragma  aus  vier  in  der  Mitte  durchbohrten  Glimmer- 
scheiben (c,  b,  Cj,  b^)  beweglich  angeordnet  Die  Flächen  des 
Glimmers  trugen  phosphoreszierendes  Pulver.  Die  von  ver- 
schiedenen Quellen  den  beiden  Hälften  zugeftihrten  Entladungen 
störten  sich  gegenseitig  nicht  Auf  der  linken  Fläche  von  Cj 
erschien  ein  kleiner  leuchtender  Fleck,  herrührend  von  den 
Kathodenstrahlen^  die  k  aussandte;  auf  der  rechten  Seite  von 


cl 


II 
Li 


TT 
U 


a 


t 


^ 


a, 


Fig.  1. 


B       Bf 

'CD* 

Fig.  2. 


b  ebenso  ein  Fleck,  herrührend  von  A^.  Der  Ort  dieser  Flecke 
erfuhr  nun  keine  Lagenänderung,  wenn  eine  der  Entladungen 
ausgesetzt  und  wieder  eingeschaltet  wurde.  Somit  kann  die 
elektrodynamische  Wirkung  nicht  der  Grund  sein  für  das 
Nichtauftreten  der  zu  erwartenden  elektrostatischen  Abstoßung. 
Die  Anordnung  für  die  beiden  Entladungsquellen  wählte 
ich,  um  bei  Ausschaltung  der  einen  Quelle  nicht  zu  starken 
Strom  durch  die  andere  zu  erhalten,  nach  Fig.  2.  Die  beiden 
gleich  starken  Batterien  B  und  B^  sind  mit  gleichen  Polen 
gegeneinander  und  dann  mit  den  beiden  Induktoren  /  und  J^ 
verbunden.  U  ist  ein  Unterbrecher.  Bei  Stromschluß  in  U 
wird  jeder  der  beiden  Zweige  JB  U  und  J^  B^  U  von  Strom 
durchflössen.  Bei  Unterbrechung  des  Schlusses  in  U  ver- 
schwinden diese  Ströme,  durch  Ausschalter  wird,  während  der 
Unterbrecher  weiter  arbeitet,  der  eine  oder  der  andere  der 
beiden    Kreise   außer  Tätigkeit   gesetzt      Allerdings   ist   man 


744     F.  Nt§*en.      Gegcmeitigt  Einwirkung  tWH  KathodenurrahUn. 

auch  hier  nicht  Bicher,  daß  die  StromabtUllc  in  J  und  J,  p^ 
iiau  synchron  verlaufen,  wenn  die  Selbst induktiouskoetSzientea 
wesentlich  verschieden  sind.  Da  aber  die  Koudeneatoren  der 
Induktorieii  abgeschaltet  waren,  so  wiirde  der  zeitliche  Unter- 
schied sich  nur  auf  die  Quantität  des  Stromes  beziehen.  Außer- 
dem ist  bei  ziemlich  gleichen  Induktorien  ein  solcher  Zeit- 
unterschied nicht  Torhanden.  Femer  wurde  der  Versuch  auch 
80  kontrolliert,  daß  an  Stelle  des  einen  Indoktors  eine  Elek- 
trisiei'maachine  trat 

In  manchen  FiUlen  zeigte  sich  allerdings  eine  Beeinflussutig 
der  Licbterscheinung  au  den  phosphoreszierenden  Flecken, 
wenn  die  eine  Entladung  zugefügt  wurde.  Doch  nur  in  dem 
Sinne,  daß  die  Intensität  des  Leuchtena  eine  Änderung  erfiihr. 
Die  beiden  Indulctorien  J  und  J^  beeinflussen  sich  nämlich  bei 
der  gewählten  Schaltung.  Der  Extrastrom  findet  Ja  in  dem 
geschlossenen  Kreia  eine  gute  Leitung,  wo  er  sich  ausbilden 
kann,  auf  der  anderen  Seite  wirken  die  beiden  Kjrtrastronie 
einander  entgegen.  Das  erstere  muß  eine  Schwächung  der 
Entladung,  das  zweite  eine  Verstärkung  hervorrufen.  So  kommt 
ea,  daß,  wenn  man  zwei  Induktorien  von  verschiedener  Größe 
beniitzt,  im  all  gern  oirioii  die  Wirkung  di";  ir''">Bci"ori  i^chwüchiT 
ist,  als  wenn  derselbe  allein  arbeitet,  des  kleineren  aber  stärker. 
Durch  geeignete  Wahl  von  nach  diesem  Schema  [Fig.  2)  an 
Stelle  des  Induktors  J  gesetzten  Spulen  mit  Selbstinduktion 
läßt  sich  die  Wirkung  von  J^  um  mehr  wie  das  Doppelte 
steigern. 

(Eingegangen  30.  September  1903.) 


745 


95.  Wie  ist  positive  Elektrizität  mit  negativem 

Potential  nnd  negative  Elektrizität  mit  positivem 

Potential  leicht  dar-  nnd  voranstellen? 


Von  James  Moser  in  Wien. 


Jahrelang,  mehr  als  zwei  Jahrzehnte,  ist  vor  mir  immer 
wieder  und  wieder  die  Frage  aufgetaucht,  wie  ich  mir  positive 
Elektrizität  mit  negativem  Potential  und  negative  Elektrizität 
mit  positivem  Potential  vorzustellen  hätte.  Ich  habe  mit 
Physikern  und  Mathematikern  darüber  gesprochen  und  diese 
Unterredungen  sind  ihnen  und  anderen  Anlaß  zu  Publikationen 
gewesen. 

Eine  einfache  Antwort,  die  um  so  mehr  selbstverständlich 
erscheinen  wird,  als  sie  mir  schwer  zu  finden  wurde,  will  ich 
in  den  folgenden  Zeilen  mitteilen. 

Zuerst  müssen  wir  uns  bewußt  werden,  daß  die  Unklarheit 
oder  Schwierigkeit  der  Vorstellung  daher  rührt,  daß  hier  die 
Worte  positiv  und  negativ  mit  BegriflFen  dreifach  belastet, 
also  überlastet  sind  Denn  wir  sprechen  erstens  von  positivem 
und  negativem  Strom,  zweitens  von  positiver  und  negativer 
Elektrizität  und  drittens  von  positivem  und  negativem  Potential. 

Um  Klarheit  zu  schaffen,  um  die  Worte  positiv  und 
negativ  zu  entlasten,  will  ich  in  dieser  Auseinandersetzung  die 
Worte  positiv  und  negativ  nur  für  den  Strom  beibehalten. 
Dagegen  werde  ich  nicht  von  positiver  und  negativer  Elektrizität, 
sondern  von  anodischer  und  kathodischer  Ladung  sprechen. 
(Hier  kommt  es  mir  jetzt  nicht  darauf  an,  zu  diskutieren,  ob 
sich  die  anodische  Elektrizität  an  der  Anode  oder  an  der 
Kathode  abscheidet;  ich  könnte  auch,  wie  in  der  Vorlesung 
der  Kreide  entsprechend,  die  Worte  rot  und  grün  gebrauchen.) 

Drittens  werde  ich  beim  Potential,  indem  ich  das  Potential 
der  Erde  als  Nullpotential  bezeichne,  die  Worte  Uberpotential 
und  Unterpotential  anwenden.  Und  zwar  hat  ein  Punkt  Uber- 
potential, wenn  durch  eine  metallische  Leitung  —  hinzugefügt 


746 


James  Moser. 


gedacht;  ohne  den  Versuch  zu  stören  —  von  ihm  zur  Erde 
ein  positiver  Strom  abfließen  würde.  Er  hat  Erdpotential, 
wenn  seine  metallische  Verbindung  mit  der  Erde  stromlos  bleibt 
Unterpotential  hingegen  kommt  ihm  zu^  wenn  durch  die  hinzu- 
gefügte metallische  Erdverbindung  ein  positiver  Strom  von  der 
Erde  zu  ihm  fließen  sollte. 

Die  Experimente  will  ich  mit  einem  Forversuch  aus  dem 
Galvardsmus  beginnen  und  diesen  dann  in  die  Elektrostatik 
übersetzen. 

In  einen  parallelepipedischen  Trog,  mit  elektrolytischer 
Eupferlösung  gefüllt,  denke  ich  mir  eine  Reihe  von  vier  silbernen 


Fig.  0. 

Kugeln  getaucht,  von  denen  nur  die  mittleren  beiden  sich  be- 
rühren, aber  die  erste  von  der  zweiten  und  ebenso  die  dritte 
von  der  vierten  durch  den  Elektrolyten  getrennt  sein  sollen. 
Ein  in  die  erste  Kugel  eintretender  Strom  fließt  also  durch 
die  Kupferlösung  zur  zweiten,  durch  das  Metall  der  Kugeln 
zur  dritten  und  von  dieser  Kugel  wieder  durch  den  P]lektrol}i:en 
zur  vierten.  Von  der  ersten  und  dritten  Kugel  wird  Silber  in 
Lösung  gehen,  an  der  zweiten  und  vierten  aber  sich  Kupfer 
niederschlagen.  Es  werden  die  erste  und  dritte  Kugel  zu 
Anoden,  die  zweite  und  vierte  Kugel  zu  Kathoden. 

In  der  Figur  sind  die  Stromlinien  skizziert  und  auch  im 
Sinne  von  Ohms  galvanischer  Kette  ist  der  Verlauf  des 
Potentials  eingezeichnet.  Dieses  erleidet  einen  Abfall  nur  im 
Elektrolyten,  bleibt  aber  auf  den  gut  leitenden,  im  Vergleich 
mit  dem  Elektrolyten  widerstandslosen  Kugeln  auf  konstanter 
Höhe. 

Ehe  ich  daran  gehe,  diesen  Versuch  ins  Elektrostatische 


Positive  Mlekirizität  mit  Ji/egativem  Potential  etc.         747 

zu  übersetzen,  habe  ich  mich  darüber  auszusprechen,  wie  ich 
die  Qualität  der  Ladung  und  die  Höhe  des  Potentials  bestimmen 
will.  Beides  soll  durch  Elektroskope  geschehen,  wie  ich  sie 
schon  vor  mehr  als  zwanzig  Jahren  beschrieb,  bei  denen  die 
Aluminiumblättchen  den  Induktor  und  ein  um  das  Glasgefäß 
innen  und  außen  herumgeführter  Stanniolstreifen  den  Inducendus 
bilden.  Die  zur  Anwendung  kommenden  Elektroskope  sind 
identisch;  doch  werde  ich  die  Bezeichnung  Qualitätselektroskop 
und  Poteutialelektroskop  je  nach  ihrer  Bestimmung  gebrauchen. 

Um  die  Art  der  Ladung  an  einer  Stelle  zu  erkennen, 
werden  die  metallischen  Konduktoren,  also  die  Kugeln,  mit 
einem  Probescheibchen  oder  Probekugel  berührt  und  mit  diesen 
das  Qualitätselektroskop  geladen. 

Um  aber  das  Potential  zu  bestimmen,  wird  ebenso  in  be- 
kannter Weise  das  entfernt  stehende  Poteutialelektroskop  durch 
einen  langen  dünnen  Draht  mit  einem  Punkte  der  vier  Kugeln, 
insbesondere  mit  den  mittleren  beiden  leitend  verbunden.  Kaum 
nötig,  zu  sagen,  daß  es  gleichgültig  ist,  von  welchem  Punkte 
der  mittleren  beiden  Kugeln  aus  wir  die  Verbindung  zum 
Poteutialelektroskop  führen.  Da  beide  Kugeln  stets  in  metalli- 
schem Kontakt  miteinander  eine  zusammenhängende  Niveau- 
fläche bilden,  bekommen  wir  immer  denselben  Ausschlag. 

Jetzt  will  ich  dies  ins  Elektrostatische  übersetzen  und 
drei  Versuche  beschreiben,  wie  ich  sie  schon  seit  einigen  Jahren 
in  meinen  Vorlesungen  ausführe. 

Versuch  1, 
Vier  Metall  kugeln   auf  Isolierstativen.     Die  erste   Kugel 
erhält  durch  Elektrophor  oder  Elektrisiermaschine  anodische, 


ErdFotenäal 

Fig.  1. 

die  vierte  kathodische  Ladung.  Die  zweite  und  dritte  Kugel 
werden  isoliert  von  der  Erde,  aber  in  gegenseitiger  Berührung 
aufgestellt  und  durch  den  langen  Draht  mit  dem  entfernt  be- 
findlichen   Poteutialelektroskop    verbunden.      Würde  jetzt  — 


748 


James  Moser. 


ohne  Ton  der  vierten  Kugel  Gebrauch  zu  machen  —  die  ente 
Kugel  der  zweiten  genähert,  so  bekommen  die  Kagelu  2  und  3 
Überpot«ntia] ;  durch  das  Potentialelektroskop  will  ein  positiTer 
Strom  zur  Erde  fließen.  Der  lange  Verbindim^sdrabt  ist  — 
ohne  die  Ladung  des  Elektroskops  zu  stören  —  leicht  zu  ent- 
fernen.   Das  Fotentialelektroskcip  hat  anodische  Ladung  «-rhaiteD. 

Würde  hingegen  —  ohne  von  der  Kugel  l  Gebrauch  za 
machen  —  allein  die  vierte  Kugel  der  dritten  nahe  gebracht, 
HO  erhalten  die  zweite  und  die  mit  ihr  verbundene  dritte 
ünterpotentiaL  Das  Potentialelektroskop  zeigt  kathodiscli« 
Ladung  an. 

Wird  aber  jetzt  sowohl  die  anodisch  geladene  Kugel  i, 
als  auch  die  kathodisch  geladene  Kugel  4  so  aufgestellt,  daß 
die  Wirkung  beider  auf  die  mittleren  Kugeln  2  und  3  sich 
aufhebt  —  und  diese  Anordnung  soll  im  folgenden  immer  als 
Versuch  I  bezeichnet  werdeu  — ,  ao  zeigt  das  Poteutialelektro- 
skop  keinen  Ausschlag,  mit  welchem  Punkt  auch  der  Kugeln  '1 
und  3  es  verbunden  werde.  Die  Kugeln  2  und  3  haben  £rii- 
potential:  ebenso  ein  oft  zwischen  sie  geschalteter  metallificher 
Konduktor. 

[las  mit  der  Probekugel  geladene  Ladungselektroskop  aber 
zeigt,  daB  auf  Kugel  2  kathodische,  auf  Kugel  3  anodische 
Ladung  ist. 

Wir  haben  hier  also: 

auf  Kugel  2  kathodisciie  Ladung  mit  Erdpotential, 
auf  Kugel  3  anodische  Ladung  mit  P>dpotential. 

Bei  genau  gleicher  Stärke  der  entgegengesetzten  Ladungen 
von  Kugel  1  und  4  wäre  die  Anordnung  vollkommen  symmetrisch. 
Figur   1. 

Versuck  II. 

Nachdem  durch  Experiment  I  auf  den  Kugeln  2  und  3  Erd- 
potenüal  hergestellt  ist,  wird  Kugel  1  näher  an  2  herangebracht 


Wie  im  vorigen  Versuch  zeigt  das  Qualitätselektroskop,  daß 


Positive  Elektrizität  mit  negativem  Potential  etc.         749 

Kugel  1  anodisch, 

Kugel  2  kathodiscb, 

Kugel  3  anodisch^ 

Kugel  4  kathodisch 
geladen  ist 

Jetzt  aber  haben  Kugel  2  und  3  ÜberpotentiaL  Durch 
das  mit  ihnen  verbundene  Potentialelektroskop  will  ein  posi- 
tiver Strom  zur  Erde  fließen,  es  ist  anodisch  geladen. 

Versuch  IIL 

Kehren  wir  wieder  zur  Aufstellung  des  ersten  Versuchs 
zurück:    Kugel  2   und  3   haben   Erdpotential,    die   mit   ihnen 


OGMD 


UhUrFoienUaZ 
Fig.    3. 

verbundenen  Blättchen  des  Potentialelektroskops  fallen  voll- 
ständig zusammen.  Bringen  wir  hierauf  Kugel  4  in  größere 
Nähe  zur  Kugel  8,  so  erhält  der  aus  Kugel  2  und  3  gebildete 
mittlere  Konduktor  jetzt   UnterpotentiaL 

Die  Qualität  der  Ladung  bleibt  dieselbe,    wie    durch   die 
Probekugel  am  Qualitätselektroskop  nachgewiesen  wird. 


Es  ist  wohl  überflüssig  hinzuzufügen,  daß  wir  beim  Über- 
gang von  Versuch  I  auf  Versuch  II  statt  Kugel  1  der  Kugel  2 
zu  nähern,  auch  Kugel  4  von  Kugel  3  mehr  hätten  entfernen 
können  und  ebenso  hätte  bei  Versuch  III  der  Annäherung  von 
Kugel  4  an  Kugel  3  die  Entfernung  der  Kugel  1  von  Kugel  2 
entsprochen.  Es  wäre  auch  möglich  gewesen,  statt  der  Kugeln  2 
und  3  einen  einzigen  metallischen  Konduktor  zu  wählen.  Die 
Wahl  von  vier,  also  zweimal  zwei  Kugeln  hat  aber  den  Vorteil, 
die  beiden  Anoden- Kathoden-Paare  besser  hervortreten  zu  lassen 

und  ferner  bietet  sich  auch  so  Gelegenheit,  die  Probekugel  zu 
vermeiden  und  mit  jeder  der  vier  Kugeln  direkt  das  Qualitäts- 
elektroskop zu  berühren  und  zu  laden. 


760  James  Moser, 

Sesamieren  wir,  so  haben  wir  in  allen  drei  Versucben  anf 

Engel  1  anodische, 
Kngel  2  kathodische, 
Engel  3  anodisohe^ 
Engel  4  kathodische  Ladung. 

In  allen  drei  Versuchen  hat 

Engel  1  Uberpotential, 
Engel  4  ünterpotential. 

Aber  sowohl  auf  Engel  2,  welche  immer  kathodisch,  als 

anf  Engel  3«  welche  bei   allen  drei  Versuchen   anodisch   ist, 

haben  wir  bei 

Versuch     I  Erdpotentia!, 

Versuch    11  Überpotential« 

Versuch  TU  UnterpotentiaL 

WoUten  wir  diese  drei  Versuche  unter  Vermeidung  des 
Wortes  Potentials,  also  in  der  Sprache  von  Biess  beschreiben, 
so  würden  wir  sagen,  daß 

auf  Engel  2  bei  Versuch  I 
nur  gebundene  negative  Elektrizität  und  keine  freie, 

bei  Versuch  11 
gebundene  negative  und  freie  positive  Elektrizität, 

bei  Versuch  III 
gebundene  negative  und  freie  negative  Elektrizität  vorhanden 
ist,  und  entsprechend 

auf  Kugel  3  bei  Versuch  I 
gebundene  positive  und  keine  freie  Elektrizität, 

bei  Versuch  II 
gebundene  positive  und  freie  positive  Elektrizität, 

bei  Versuch  III 
gebundene  positive  und  freie  negative  Elektrizität  sich  befindet 

Eliminiere  ich  jetzt  die  eingangs  eingeführten  Worte  und 
ersetze  sie  wieder  durch  positiv  und  negativ,  so  haben  wir 

auf  Kugel  2  im  Versuch  I 
negative  Elektrizität  mit  Nullpotential, 

im  Versuch  II 
negative  Elektrizität  mit  positivem  Potential, 

im  Versuch  HI 
negative  EHektrizität  mit  negativem  Potential 


Positive  Elektrizität  mit  negativem  Potential  etc.         751 

und  auf  Eugel  3  im  Versuch  I 
positive  Elektrizität  mit  Nullpotential, 

im  Versuch  II 
positive  Elektrizität  mit  positivem  Potential, 

im  Versuch  III 
positive  Elektrizität  mit  negativem  Potential. 

Damit  hätte  ich  dann  absichtlich  die  beseitigte  Unklarheit 
wiederhergestellt 

Semmering,  Herbstferien  1903. 

(Eingegangen  80.  September  1908.) 


762 


96.  Über  die  einer  allbekannten  Kapillar- 

erscbeinnng  analogen  Besnltate  eines  bestimmten 

Problems  der  Kinematik  starrer  Körper. 

Von  Josef  Finder  in  Wien. 


Ein  starrer  Körper  rotiere  nm  einen  fixen  Punkt  0. 
Wählt  man  diesen  Drehpunkt  zum  Anfangspunkte  eines  reoht* 
winkligen  Aohsensystems,  femer  die  positive  Bichtung  der 
der  beliebigen  Zeit  t  entsprechenden  Achse  der  momentanen 
Winkelgeschwindigkeit  co  zur  Richtung  der  ^r- Achse  und  die 
Achsenrichtung  der  normalen  Komponente  der  momentanen 
Winkelbeschleunigung  zur  Bichtung  der  x-Achse,  so  habeut 
wenn  da  den  in  der  2 «-Ebene  gelegenen  Neigungswinkel  zweier 
benachbarten,  den  Zeiten  t  und  t  +  dt  entsprechenden  Liagen  s 
und  /  der  Momentanachse  und  rp^daldt  die  angulare 
Wechselgeschwindigkeit  bedeuten,  die  axialen  Komponenten 
der  Winkelbeschleunigung  die  Werte  oi.tp,  0  und  a>'  »  donjdt. 
Die  Komponenten  XYZ  der  Beschleunigung  (p  eines  be- 
liebigen Systempunktes  [xyz)  zur  Zeit  t  sind: 

if  =  ft) .  t/; .  ?/  .  .  . 

Damit  in  der  Folge  die  Winkelgeschwindigkeit  cd  und  die 
Wechselgeschwindigkeit  rj)  stets  als  positiv  vorausgesetzt  wer- 
den können,  sei  die  positive  Richtung  der  y-Achse  derart  ge- 
wählt, daß  von  Seiten  der  positiven  y  aus  betrachtet  die  Drehung 
von  z  nach  z  um  den  Winkel  da  als  eine  positive  Drehung 
erscheint,  also  dem  Sinne  nach  mit  der  tatsächlichen  Rotation 
um  die  Momentanachse,  d.  i.  mit  dem  Sinne  der  kürzesten 
Drehung  von  [+ x)  nach  [+  y)  übereinstimmt. 

Nicht  ohne  Interesse  sind  jene  Folgerungen  aus  den 
Gleichungen  (1),   die   sich   bei  näherer  Untersuchung   solcher 


(1)') 


1)  Wilh.  Schell,  Theorie  der  Bewegung  und  der  Kräfte.    2.  Aufl. 
1.  p.  495.  Leipzig  1897. 


Zur  Kinematik  starrer  Körper,  753 

Systempunkte  ergeben,  deren  in  dem  Zeitelement  dt  zurück- 
gelegte Bahnen  die  kleinste  Krümmung  besitzen  und  deren 
geometrischer  Ort  eine  unverkennbare  Analogie  mit  bestimmten 
Kapillarphänomenen  tropfbarer  schwerer  Flüssigkeiten  darbietet. 

Es  werde,  um  dies  zu  zeigen,  die  Beschleunigung  [XYZ) 
des  beliebigen  Systempunktes  M,  dessen  konstanter  Abstand 
vom  Drehpunkte  R  =  "j/x^  +  y^  +  z^  und  dessen  veränderlicher 
Abstand  von  der  Momentanachse  r  =  '^x^  +  y*  ist,  in  drei 
andere  orthogonale  Komponenten  (ps,  (ft  und  (f^  zerlegt,  deren 
erstere  tpR  die  Richtung  OM  des  Halbmessers  R  der  Kugel- 
fläche hat,  in  welcher  sich  der  Punkt  M  bewegt,  während  (f^ 
die  Richtung  der  Geschwindigkeit  t?  =  r  co  des  Punktes  besitzt 
und  (p^  gleichfalls  tangential  zu  dieser  Kugelfläche  und  normal 
zur  Geschwindigkeit  v  gerichtet  ist. 

Da  nun 

die  Richtungscosinusse  dieser  drei  Richtungen  R,  t  und  n  be- 
züglich der  Achsen  xyz  sind,  so  ist  der  Gleichung  (1)  zufolge 


(2) 


(ü*  r'  r*  w' 


^  yx*  +  y« 


'fn    ^-R''''   +    ^^' 


Gi« 


R .  1/x«  +  y« 


[x^'\-y^z+'^[x^  +  y^  +  z^.y. 


Jene  Systempunkte,  für  welche  die  letztere  Komponente 
(f^  =  0  ist,  deren  zur  tangentialen  Beschleunigung  (p^  normale 
Komponente  der  Beschleunigung  (pj  d.  i.  die  zentripetale  Be- 
schleunigung daher  (pR  ist,  also  die  Richtung  gegen  den  fixen 
Drehpunkt  0  besitzt,  liegen  demgemäß  in  einer  Kegelfläche /*dritter 
Ordnung,  deren  Mittelpunkt  0  ist  und  deren  Gleichung  lautet: 

Dem  obigen  Werte 


ffR  =  - 


r« 


R 

Boltzmann-FeBlBCbrift.  48 


754  /.  Finger. 

der  normalen  Beschleunigung  zufolge  ist  der  konstante  Abstand  B 
dieser  Systempunkte  vom  Drehpunkte  0  zugleich  der  Krüm- 
mungshalbmesser ihrer  Bahnelemente,  während  der  Krümmungs- 
halbmesser Q  der  sphärischen  Bahnelemente  aller  anderen 
Systempunkte,  die  auf  derselben  Kugelfläche,  deren  Mittel- 
punkt 0  und  deren  Halbmesser  R  ist,  dem  Meusnierschen 
Satze  zufolge  q  =  Rco%[qE),  also  jedenfalls  kleiner  als  R  ist 
Es  sind  nämlich  die  Krümmungskreise  der  letzteren  Bahn- 
elemente Parallelkreise  der  obenerwähnten  Kugelfläche,  wäh- 
rend die  Krümmungskreise  der  Bahnelemente  der  Punkte  der 
Kegelfläche  F  größte  Kugelkreise  sind. 

Die  Kegelfläche  F  ist  sonach  der  geometrische  Ort  jener 
Punkte,  deren  in  demselben  Zeitintervalle  dt  zurückgelegte 
Bahnen  am  wenigsten  gekrümmt  sind. 

Der  Gleichung  (3)  zufolge  ist  sowohl  die  augenblickliche 
Drehungsachse  z,  für  welche  x  =  0  und  y  =  0  ist,  als  auch  die 
Achse  X  der  normalen  Winkelbeschleunigungkomponente,  für 
welche  y  =  0  und  2:  =  0  ist,  eine  Erzeugende  der  Kegelfläche  F 
und  die  yz-Ebene  ist  eine  Symmetrieebene  derselben. 

Da  laut  (3)  positiven  Werten  von  y  negative  Werte  von  z  — 
und  umgekehrt  —  entsprechen,  so  besteht  die  Fläche  F  aus 
einer  Halbkegelfläche  P^,  welche  in  jenem  der  von  der  xy-Ebene 
und  der  z or-Ebene  begrenzten  vier  Raumteile,  in  welchem  y>^ 
und  z  <  0  ist,  sich  ausbreitet  und  aus  einer  zweiten,  die  erstere 
ergänzenden  Halbkegeltläche  F,^y  für  welche  //  <[0  und  r  >  0  ist. 

Von  diesen  beiden  Flächen  teilen  sei,  damit  1/  stets  als 
positiv  vorausgesetzt  werden  kann,  bloß  die  Halbkegelfläche  F^ 
hier  stets  in  Betracht  gezogen.  Diese  Fläche  F^  und  hiermit 
auch  die  Fläche  F  ist  schon  durch  den  nunmehr  näher  zu 
untersuchenden,  in  irgend  einem  bestimmten  (konstanten)  AIh 
stande  00  =  c  vom  Drehungspunkt  0  zur  Momentanachse  r  senk- 
recht geführten  ebenen  Querschnitt  A'  dieser  Fläche  F^  bestimmt- 
für  welchen  demgemäß  z  =  —  c  ist  und  dessen  Gleichung 
daher,  wenn  kürzehalber  durch  e  das  (stets  positive)  doppelt-e 
Verhältnis  der  Wechselgeschwindigkeit  yj  zur  Drehungs- 
geschwindigkeit CO 

(4)  e  =  2^ 


Zur  Kinematik  stoKrer  Körper,  755 

bezeichnet  wird,  lautet: 

(5)  6(;ra  +  ya  +  c^).y  -  2(:c»  +  y*)c  =  0. 

Die  Ebeoe  dieser  Kurve  K  von  dritter  Ordnung  schneidet  die 
z-Achse  in  einem  Punkte  0\  der  zum  Anfangspunkte  eines 
zweiten  in  der  Ebene  dieser  Kurve  gelegenen,  mit  den  früheren 
Achsen  x,  y  gleichgerichteten  Achensystems  x'  f/  gewählt  sei, 
für  welches  dieselbe  Gleichung  (5)  giltig  ist.  Laut  derselben 
ist  die  y'- Achse  eine  Symmetrieachse,  die  ar- Achse  eine  Tangente 
und  die  zur  ^r'-Achse  auf  der  positiven  Seite  derselben  in  dem 
Abstände 

(6)  O'C^h^^-^  =  -.r 

parallel  geführte  Gerade  a  eine  Asymptpte  der  Kurve  K.  Die  letz  - 
tere  befindet  sich  in  ihrer  Gänze  in  dem  von  der  x- Achse  und  der 
Asymptote  a  begrenzten  Flächenteile  der  or'y'-Ebene  und  zwar 
nimmt  laut  (6)  die  Breite  h  dieses  Flächteües  bei  gegebener 
Wechselgeschwindigkeit  rp  mit  wachsender  Rotationsgeschwindig- 
keit «,  also  mit  abnehmendem  Werte  von  6  stetig  zu.  Die 
Fläche  F  wird  von  der  zx-Ehene  längs  der  2:-Achse  tangiert, 
während  jene  Ebene,  welche  die  (in  der  Kegelfläche  F  gelegene) 
X-Achse  und  die  zu  der  letzteren  parallele  Asymptote  a  ent- 
hält und  deren  Neigungswinkel  X  gegen  die  zx-Ebene  durch 
tgA  =  ö>/t/;  bestimmt  ist,  die  Fläche  F  asymptotisch  berührt, 
so  daß  zwischen  diesen  beiden  sich  in  der  x-Achse  schneidenden 
tangierenden  Ebenen  d.  i.  innerhalb  des  dem  Winkel  k  zugehörigen 
keilförmigen  Raumes  die  ganze  Fläche  F  eingeschlossen  ist. 

Für  6  =  CX5,  d.  h.  für  einen  vorausgesetzten  augenblick- 
lichen Ruhezustand,  für  welchen  «  =  0  ist,  reduziert  sich  die 
Fläche  F  auf  die  z  x- Ebene  und  die  Kurve  K  auf  die  x'-Achse. 

Ist  dagegen  w  >  0,  so  bieten  bezüglich  der  eigenartigen 
Form  der  Leitkurve  K  der  Fläche  F  die  sechs  einzig  möglichen, 
nunmehr  näher  zu  untersuchenden  speziellen  Fälle  folgende 
charakteristische  Unterschiede  dar: 

L  FaU.     OD  >B  >^yf- 

In  diesem  Falle  hat  die  Kurve  K  die  Gestaltung  der  Fig.  1. 
Dieselbe  enthält  nämlich  keinen  Punkt  M,  in  welchem  die 
Kurventangente  zur  //-Achse  parallel  wäre,  da  die  Gleichung  (5) 

48* 


756  J.  Finger. 

für  dyjdx  '^  cc  zu  einer  kubischen  Gleichung  fDhrt,  die  in 
dieeem  Falle  nur  einen  einzigen  realen  Wurzelwert  für  y  er- 
gibt, für  welchen,  da  der- 
selbe größer  als  h  =  2{c/«) 
ist,  das  zugehörige  Quadrat 
der  Abszisse  x  negativ  wäre 
Die  Kurve  K  enthält  zwei 
zury '-Achse  symmetrisch  ge- 
legene Wendepunkte  A  und 
A',  für  welche,  wenn  man  mit 
Hilfe  von  (5}  x  als  Funktion 
von  j/  ausdrückt,  sich  ergibt: 

2«cy*  +  2Ecäy-c*]  =  0. 


{1) 


;»(2c 


»y)' 


.[«V* 


Für  diese  Wendepunkte  muß  sonach    die    biquadratische 
Gleichung  besteben: 

(8)  t*t/*~2tcf  +  2tc'i/-c*  =  0. 
Bedeutet  7/  das  notwendigerweise  positive  Verhältnis 

(9)  ,  =  i;-_i.A_|.|, 

welches  für  alle  Punkte  der  Kurve  A'  kleiner  als   1  ist,  so  läßt 
sich  die  Gleichung  (8)  auch  in  folgender  Form  darstellen: 

(10)  ]^e'{7i~\)-v'(i-n)='0, 

woraus  sofort  zu  ersehen  ist,  daß  für  einen  jeden  Wert  von  e 
in  den  beiden  Wendepunkten  A  und  A' 

also  in  Fig.  1   (X  £  >  ^.O'C  sein  muß. 
Gleichung  gemäß 


Da  ferner  der  letzten 


für  alle  Werte   von   «'  negativ  ist,  so  nimmt  für  die  Wende- 
punkte das  Verhältnis 


Zur  Kinematik  starrer  Körper,  757 

mit  wachsender  Drehungsgeschwindigkeit  w,  also  mit  abnehmen- 
dem €  stetig  zu  und  zwar  laut  (10)  im  eben  betrachteten  1.  Fall  von 

y  -  1      bis      y  -  ^ 

Von  den  vier  nach  der  Ferrari  sehen  Methode  unschwer 
bestimmbaren  Wurzeln  der  Gleichung  (8)  sind  stets  zwei 
Wurzeln  komplexe  Größen  und  eine  dritte  Wurzel  negativ, 
während  y  >  0  sein  soll,  so  daß,  wofern  €  >  1  ist,  für  die 
Ordinate  y  der  Wendepunkte  Ä  und  Ä  nur  folgender  Wert 
Gültigkeit  behält: 

-  y  (/TT^«  -  1) 


(H) 


wo 

8 


'-n 


2  «*(«*-!) 

ist 

Die  diesen  Punkten  Ä  und  Ä'  zugehörigen  Berührongs- 
geraden  t  und  i!  der  Kurve  K  sind  gegen  die  ar'-Achse  unter 
einem  Richtungswinkel  A,  geneigt,  für  welchen,  da  laut  (9)  und  (10) 

•■-"•(i)'i^ 

ist, 

sich  ergibt. 

Für  die  Abszissen  der  Wendepunkte  Ä  und  Ä'  ergeben 
sich  aus  (5),  (9)  und  (10)  die  nach  der  Bestimmung  von  y  aus 
(11)  leicht  berechenbaren  Werte 

Der  Formel  (7]  zufolge  ist  der  Wert  des  Krümmungs- 
halbmessers der  Kurve  K  ftlr  den  Scheitel  ff 


8  4  2       (ü 

derselbe  nimmt  also  mit  a  im  selben  Verhältnis  ab. 

Einfacher  gestaltet  sich  die  Gleichung  der  Fläche  F,  wenn 
man  Polarkoordinaten  {B(p}.)  zugrunde  legt,  femer  den  Mittel- 


768 


J.  Finger. 


pnokt  O  der  EegelÖäche  /'  zum  Fol  und  die  Durchschnit 
kurve  dieBer  Fläche  mit  einer  konzentrischen  Engeltläche,  der 
Halbmesser  R  etwa  c  aei,  zur  Leitlinie  wählt.  Da  dann  < 
bekannten  TransformationsgleichuDgen 

T  =  c .  coB  ^  cos  A,    y  =  c  coa  ^ .  sin  A,     z  =  c  sin  tp 
zur  Anwendung  kommen   köDoen,  so  nehmen    die   Polargl 
chungen    der   letzteren  sphärischen   Leitkurre   laut  (3)  und 
die  einfache  Form  an: 

R  =  c,    Bin  2  9>  +  a  sin  A  =  0. 
Diese  in  sich  geschlossene  sphärische  Enrve  besitzt  bemerkei 
werte  Eigenschaften,  in  deren  Erörterung  jedoch  Kürze  halb 
nicht  eingegangen  werden  solL 

2.  FaU.     *=M^. 

Wenn  bei    zunehmender  ßotationsgeschwindigkeit  to   d 

Verhältnis  a  =  2(y>jio)  bis  zu  dem  Werte  e  =  J-^l  herabsin] 

so    daß   k   bis   zu   dem   h=^Y^-'^   ansteigt,   so    nimmt   i 

Kurve    A'    die    Form     d 

Flg.  2  an.      Dieselbe    ei 

hält  nämlich  dann  früher 

Gleichungen    zufolge     zw 

Punkte     A     und     A',     f 

welche  dxjdy  =  U  ist,  ali 

die  Tangenten  (  und   t'  zi 

y'-Achse  parallel   sind   (w 

sich     dies    auch    aus     dt 

weiter  unten  folgendenGle 

'^  chuugen  ergibt,  aus  weicht 

cos  0  =  l ,    </»  =  0    und   y,  =  i'j  =  5  A    leicht    zu    folgern    i; 

und  zwar  sind  diese  beiden  Punkte  zugleich  die  Wendepunkt 

da  filr  dieselben  laut  (7),  (9)  und  (10)  auch  (pTldy*  =  0  i- 

Es  sind   dies  nämlich  jene  Punkte  A  und  A',  für  welcl 

und 

x=  ±ßA  =  ±  -l-vl    ./(  =  -"- 


Zur  KinemfUik  starrer  Körper. 

3.  Fall,     ^yf  >  6  >  1 ,  demnach  f  j/fc  <  A  <  2c. 
Zufolge  (5),  (6)  und  (9)  ist    ' 


759 


X*  =  c* 


(13) 


dx 

~dy 


h-y 
h 


-  v2  ^  Ä« 


y 


B' 


B" 


1-17 


-V' 


-  iy  (1  -  n? 


x{l  -  7)*  [  8 

Jene   Punkte   der   Kurve   iT,    für   welche    die   Tangente    zur 
y-Achse  parallel^  also  dxjdy  =  0  ist,   müssen  demnach   der 
Gleichung  genügen: 
(14)  ^(i-,;)a^|e2  =  0. 

Diese  Gleichung   hat,   da   1  <  e*  <  |-f^   vorausgesetzt  ist, 
drei  reelle  Wurzeln  und  zwar  sind  dieselben 

,y  =  |(l+cos|),     fl^=-|[l_:cos(^  +  |-)|, 

»?,  =  3- [l  -  C08  (f  -  1^)]  , 

WO    </>  jenen  positiven  spitzen   Winkel  bedeutet,   für  welchen 

cos  0  =  f  J  6^  —  1  ist,  so  daß  y 

1^  <  cos  0  <  1 ,    demnach 

46^34' 2,88" >*>0, folglich  <^777/r/7W///, 

1,309  <  7/ <  I,  i  >  7;,  > -^ 

und  }  >  7/2  >  0,1909  ist. 

Dem  Wurzelwerte  rj 
müßte,  da  derselbe  größer 
als  1  ist,  laut  (13)  ein 
imaginärer  Wert  von  r  zu- 
gehören, während  sich  für 
7/j  und  r]^  zufolge  (13)  posi- 
tive Werte  von  x^  ergeben. 
Die  Kurve  K  enthält  dem- 
nach in  diesem  3.  Falle  vier  Punkte  ^j  A^'  A^  A^  (B^g.  3),  für 
welche  die  Tangente  zur  y-Ächse  parallel  ist,  nämlich  die 
Punkte  {x^y^\  (-  x^,  yj,  (x^y,),  (-  x„  y,),  wo 


^'<J^//'////; 


(15) 


Vi  ==^Vi  =    o  Ä 


1/2    =  Ä  ^^2   = 


B 


.-cos{|  +  4)]=äÄ, 

•--(3-1)1=0^^' 


COS  0  =  JJ  «»  -  1 ,     l  A  >  y,  >  |a  >  y,  >  0,1909  A 


760 


J.  Finger, 


(16) 


und  laut  (13)  und  (14) 

I   x,^  =  A^,«(l  -  2iy,)  =  A«(2  7y,  -  3  V  -  i«^ 

l  V  =  Ä*  V(l  -  2i7,)  =  AM2^2  -  3  V  -  iO, 
80  daß  Xj'  <  ^1^  ar,*  <  y,*  und 

V-^i'  =  Ä'(^i-^a)[3(^i+^a)-2]  =  2Ä>(i?,-t;,)(l  -C08|) 

und  da  fj^  >  ly^  ist,  jedenfalls  x,^  >  ar^*  ist 

Die  Koordinaten  (ar,  y)  und  ( —  x,  y)  der  zwischen  A^  und 
^2,  beziehungsweise  zwischen  Ä^'  und  ^g'  gelegenen  Wende- 
punkte Ä  und  -4',  für  welche  yi  > y  >  ^ ä  > y^  und  r,*  >  x*  >  Tj* 
ist»  wie  auch  die  Richtungswinkel  der  zugehörigen  Tangenten 
sind  aus  den  Gleichungen  (8)  bis  (12)  bestimmbar. 

Aus  dem  Gesagten  ist  sofort  ersichtlich,  daß  die  Kurve  A^ 
in  dem  hier  betrachteten  3.  Falle  stets,  wie  dies  Fig.  3  zeigt, 
in  der  Nachbarschaft  der  Wendepunkte  eine  EinschnOrung 
parallel  zur  x-Achse  besitzen  muß,  die  um  so  größer  ist,  je 
mehr  sich  der  abnehmende  Wert  von  6  dem  Grenzwerte  1 
nähert. 

4.  Fall     €  =  1. 

In  diesem  Falle  erlangt  die  Gleichung  (8)  für  die  Ordinate 
der  Punkte  Ä  und  A'  die   einfache  Form  (y  +  c)  (y  —  c)'  =  0 

und  ergibt,  da  y  positiv  sein 
soll,  den  einzigen  Wurzel- 
wert  y  =  c,  und  da  laut  (6l 
Ä  =  2  c  ist,  so  ist  y  =  Ä/2 
und  ;/  =  yjh  =  ^.  Da  nun 
die  zugehörige  Abszisse  laut 
(12)  X  =  0  ist,  so  wird  in 
(7)  sowohl  der  Zähler  wie 
auch  der  Nenner  Null  und 
ebenso  in  dem  zugehörigen 
Werte  (13)  von  rfar/e/y.  Eine 
einfache  Rechnung  lehrt, 
daß  dann  (13)  und  (7)  zu 
folgenden  Werten  führen 


dx 

dy 


=  ±  1     und 


dy'*''^  ^  c   "  -  h 


woraus  zu  entnehmen  ist,  daß  die  früheren  zwei  Wendepunkte  A 


Zur  Kinematik  starrer  Körper.  761 

und  Ä  nunmehr  in  einen  einzigen  Doppelpunkt  Ä  (Fig.  4), 
dessen  Koordinaten  jrs=0,  y=^hj2  =  c  sind,  übergehen  und 
daß  die  beiden  Zweige  der  Kurve  K  sich  in  diesem  singalären 
Knotenpunkte  rechtwinklig  schneiden,  indem  die  beiden  Tan- 
genten Ä  Cj  und  A  Cg  dieses  Doppelpunktes  unter  dem  Winkel 
dt^l^  gegen  die  Koordinatenachsen  geneigt  sind.  (Da  die 
Krümmungshalbmesser  für  diesen  Doppelpunkt  A  den  Wert 

haben,  so  liegen  die  beiden  zugehörigen  Krümmungsmittel- 
punkte Cj  und  Cg  in  der  ar'- Achse  und  zwar  istO'Cj  =0'C2=A/2.) 
Von  den  beiden  Ordinaten  y^  und  y^  der  Gleichungen  (15) 
kommt  hier  bloß  y,  in  Betracht,  da  cos  0  =  |- J  «^  —  1  in  diesem 
Falle  den  Wert  ]^  hat,  somit  laut  (15)  und  (16)  1^1  =  ^, 
y^  =  J-Ä,  j:^  =  0  ist,  also  A^  und  A^'  mit  dem  Doppelpunkte  A, 
für  welchen  dxjdi/  =  0/0  nicht  Null,  sondern  ±  1  ist,  zu- 
sammenfallen. Die  Kurve  K  enthält  daher  in  unserem  Falle 
nur  zwei  Punkte  A^  und  A^\  für  welche  die  Tangeute  zur 
y- Achse  parallel  ist  und  zwar  ist  für  dieselben  laut  (15)  und  (16) 

^  =y«  =  3-A[i  -  cosfl  -  |-)]  =  0,190983. A, 

a:,2  =  0,022543  Ä«,  X3  =  ±  0,150142 .  h. 

5.  Fall     1  >  6  >  0. 

Wenn  das  Verhältnis   der   Winkelgeschwindigkeit  w   zur 
Wechselgeschwindigkeit  xp  derart  zugenommen  hat,  daß 

wird,  so  ergeben  sich  laut  (13)  imaginäre  Werte  von  x  für 
alle  Werte  von  ri,  für  welche  (6*/4)<^(l  —  iy)  ist,  also  für 
alle  Werte  von  y,  für  welche 


^ 'h<y  < 'g .h 

ist.     Für   die   in   der  y'-Achse  gelegenen  Punkte   Oj   und   0^ 
(Fig.  5)  der  Kurve  K,  für  welche 

y^OO^^ '- .  h 

und 


J.  Finger, 


ist,  wird  laut  (13)  dxjdy  =  oo,  so  daß  in  diesen  Punkten  die 
Kurve  K  durch  die  y'-Achee  rechtwinklig  durchschnitten  wird. 
Es  besteht  also  diese  Kurre 
in  diesem  5.  Falle  aus 
.  zwei  getrennten  Teilkurven 
A,  und  A,,  von  welchen 
die  erstere  offene  Teilknrve 
A'j  sich  zwischen  ihrer 
ABjmptote  a  und  der  zn 
dieser  parallelen,  die  Kurve 
in  0,   tangierenden  Gera- 


,.A[^ 


■+i 


ausbreitet,  während  die 
zweite,  in  sich  geschlossene 
eiförmige  Teilkurve  K,  von 
der  i:' -Achse  and  der  zu 
dieser  im  Abstände 


Tt    I 


-yi-. 


Pig    5 


parallelen  und  die  Kurve 
im  Punkte  0^  tangieren- 
den Geraden  eingeschlos- 
sen ist.  Die  zur  y-Ächse  parallele  Breite  0^0=  O'C  —  00^ 
des  Kurventeils  A',   ist 


-fli  +  yi- 


;[,-/,-- 


gleicht  somit  der  Höhe  &  0^  des  Kurventeils  Äj. 
Die  Ordinate  y  der  beiden  Wendepunkte  A  und  A',  die  in  der 
Teilkurve  A\  gelegen  sind,  ist  der  Gleichung  (8)  und  frühereo 
Erörterungen  gemätt,  wofern  t'  >  ^  ist,  übereinstimmend  mit  (1 1) 


=  /., 


-n^y^' 


+  •"  + 


'd-yi-iirtl. 


Zur  Kinematik  starrer  Körper.  763 

wo 


^-iTI" 


ist 

Ist  dagegen  0  <  €^  <  ^ ,  so  ist 

+  1(1  +i/r=r?^) 

So  ist  z.  B.,  wenn  «^  =  |,  |,  |  ist,  /9  =  0,45428,  0,5, 
0,45428  und  ij  =  0,7977  A,  0,8856  ä,  0,9489  h.  Die  zugehörigen 
Werte  von  x  sind  mittels  Gleichung  (12)  bestimmbar.  —  Von 
den  drei  reellen  Wurzelwerten  der  Gleichung  (14)  ist,  da 
cos  0  =  1^  6*  —  1  zwischen  ^  und  —  1  gelegen,  also 

60^>  ^>  15<> 31' 20,96" 

ist,  der  erste  Wurzelwert  r}  >  l,  dieser  kommt  daher  nicht  in 
Betracht;  es  ist  femer  fJi  >  \  und  es  müßte  somit  rj^  laut  (16) 
zu  einem  imaginären  Werte  von  x  führen,  so  daß  nur  in  jenen 
zwei  Punkten  J^  und  A^'  der  Fig.  5,  für  welche 


daher  0  <  tj^  <  0,19098  und  x^^  =  h'^Vi^il  -  2^/3)  ist,  diö  Tan- 
genten  zur  y-Ächse  parallel  sind,  und  zwar  ist  stets  a:,*  <  y,^. 

6,  Fall.     B  =  0. 

Da  die  Rotationsgeschwindigkeit  co  nie  unendlich  groß 
werden  kann,  so  kann  dieser  Grenzfall  der  Gleichung  (4)  ge- 
mäß nur  dann  eintreten ,  wenn  die  „angidare"  Wechsel- 
geschwindigkeit yj^da/dt  Null  ist,  also  der  Neigungswinkel e/o* 
der  beiden  der  Zeit  t  und  t  +  dt  entsprechenden  Lagen  z  und 
z'  der  Momentanachse  entweder  für  alle  Zeiten  oder  zum 
mindesten  für  das  Zeitelement  dt  den  Wert  Null  hat,  wenn 
demnach  die  Momentanachse  in  diesem  Zeitelement  parallel 
zu  sich  fortschreitet 

In  diesem  Falle  bewegen  sich  alle  Punkte  des  starren 
Körpers  parallel  zu  einer  bestimmten  Ebene,  und  zwar  parallel 
zu  der  auf  den  Momentanachsen  normalen  «'y'-Ebene  und  der 
bisher  der  Betrachtung  zugrunde  gelegte  Durchschnittspunkt  0 


764  /.  Finger. 

der  Momentanachsen  z  und  /,  d.  i.  der  im  Abstände  c  =^  OO 
von  dieser  x'y'-Ebene  befindliche  Drehungsmitlelpunkt  rückt  in 
unendliche  Entfernung,  so  daß  für  lim  ^ip  =  0  auch  lim  c  =  oc 
anzunehmen  und  statt  der  früheren  Eegelfläche  ^  nunmehr 
eine  zur  xy-Ebene  senkrechte  Zylinderfläche  F  in  Betracht  zu 
ziehen  ist 

Bedeutet  u  =  dsjdt  die  Geschwindigkeit,  mit  welcher  der 
Punkt  0'  der  Momentanachse  seine  Lage  in  der  a;'y '-Ebene 
parallel  zur  x-Achse  in  dem  Zeitelement  dt  ändert,  also  die 
„lineare''  Wechselgeschwindigkeit;  so  ist,  da  offenbar  stets 
ds  =B  c.dtr ,  also 

ds  da 

ist,  auch  in  diesem  Falle  u  =  lim  (c .  i/;].  Nun  nimmt  die 
Gleichung  (5)  der  Fläche  F  nach  der  Substitution  von  (4)  und 
Multiplikation  mit  xf^  die  Form  an 

so  daß  in  unserem  Falle,  d.  i.  für  lim  i/;  =  0 ,  lim  c  =  cx)  und 

lim  (c.i/;)  =  t£  dieselbe  lautet: 

oder  da  u  von  Null  verschieden  ist, 


u 


(17)  a;»+;/-^.y  =  0. 


U 


Es  ist  sonach  die  Fläche  F  in  diesem  letzten  Falle  eine 
die  Momentanachse  als  ihre  Erzeugende  enthaltende  Kreis- 
zylinderfläche und  die  Querschnittskurve  K  dieser  Fläche  ist 
eine  Kreislinie,  welche  die  a::'- Achse,  längs  welcher  das  Mo- 
mentanzentrum (J  sich  in  dem  Zeitelement  dt  mit  der  Ge- 
schwindigkeit u  bewegt,  in  diesem  Momentanzentrum  O'  tangiert 
und  zwar  ist  w/2w  der  Halbmesser  dieser  Kreislinie  und  der 
Mittelpunkt  derselben  hat  die  Koordinaten  ic  =  0,y  =  t£/2cü. 

Da  nun  wegen  der  unendlichen  Entfernung  des  Drehungs- 
mittelpunktes 0  der  in  der  Einleitung  betrachtete  Krümmungs- 
halbmesser R  =  ÖM  des  Bahnelements  eines  jeden  Punk- 
tes M  der  ZylinderHäche  F  in  unserem  Falle  unendlich  grob 
ist,  also  die  zentripetale  Beschleunigung  v-jB  der  Bewegung 


Zur  Kinematik  starrer  Körper.  765 

aller  dieser  Punkte  Null  ist,  so  ist  die  hier  behandelte  Kreis- 
linie K  jener  wohlbekannte,  zuerst  von  Bresse^)  näher  unter- 
suchte geometrische  Ort  der  Systempunkte  ohne  Normal- 
beschleunigung bei  einer  ebenen  Bewegung,  welcher  nach 
Schell*)  als  Wendekreis  des  Systems  für  C,  das  Momentan- 
zentrum, bezeichnet  wird. 

Betrachtet  man  die  durch  die  allmähliche  Änderung  des 
Zahlwertes  6  bedingte  Aufeinanderfolge  der  Fig.  1 — 5,  so 
fällt  unwillkürlich  die  Analogie  mit  dem  so  häufig  zu  beobachten- 
den Vorgang  bei  einer  allgemein  bekannten  Eapillarerschei- 
nung  auf.  Ist  nämlich  eine  ruhende,  ebene,  horizontale,  etwa 
unendlich  ausgedehnt  gedachte  Platte  auf  ihrer  unteren  Fläche  a 
von  einer  adhärierenden,  der  eigenen  Schwere  unterworfenen 
Flüssigkeitsschicht  benetzt,  und  befindet  sich  an  irgend  einer 
Stelle  C  der  Wandfläche  a  eine  nach  unten  reichende  Hervor- 
ragung, etwa  eine  Spitze,  so  daß  die  Flüssigkeit  von  allen 
Seiten  stetig  gegen  C  hinfließt,  so  nimmt  bekanntlich  diese 
Flüssigkeit  infolge  der  gleichzeitigen  Einwirkung  der  Mole- 
kularkräfte und  der  Schwere  die  Form  eineö  Rotations- 
körpers an,  dessen  Achse  y  vertikal  ist  und  dessen  Meridian- 
kurve K  zunächst  der  Fig.  1  auffallend  ähnlich  ist  Bei  wei- 
terem Zuströmen  nimmt  die  Höhe  h  dieses  Rotationskörpers 
stetig  zu,  der  Vertikalschnitt  K  nimmt  zunächst  eine  der  Fig.  2 
analoge  Gestalt  an,  erfährt  hierauf  senkrecht  zur  vertikalen 
Symmetrieachse  eine  deutlich  wahrnehmbare  Einschnürung 
(Fig.  3),  die  sich  immer  mehr  verengt,  während  gleichzeitig  die 
Höhe  h  immer  mehr  zunimmt,  bis  es  bei  weiterem  Zufluß  zur 
Ausbildung  eines  Doppelpunktes  Ä  kommt  (Fig.  4),  worauf  sich 
dann  schließlich  von  der  adhärierenden  Flüssigkeitsschicht  K^ 
ein  eiförmig  gestalteter  Tropfen  K^  ablöst  (Fig.  5),  der  sich 
beim  Herabfallen  immer  mehr  der  Kugelform  nähert 

1)  J.  A.  Ch.  Bresse,  „Sur  en  theoröme  noaveau  conccmant  les 
mouvements  plana  et  sur  applications  de  la  cin^matiqae  k  la  determi- 
nation  des  rayons  de  coarbure*S  Joum.  de  T^cole  poljtechniqae  20. 
p.  104.    1853. 

2)  Wilh.  Schell,  1.  c.  1.  p.  455.  1879;  auch  in  Schlömilchs 
Zeitschr.  f.  Math.  u.  Phys.  19.  Jahrg.    p.  197.    1874. 

(Eingegangen  SO.  September  1908.) 


766 


97.  Zur  Hydrographie  von  Ahr,  Erft  nnd  Boer. 

Ein    Beitrag    zur   Aufsohließimg    der   Wasserverhältiiisse    der 

nördlichen  Eifel. 


Von  P.  PoUb  in  Aachen. 
Hlen&  Tftfel  I. 


Der  Verfasser  gestattet  sich  zum  sechszigsten  Geburtstage 
mit  den  verbindlichsten  und  herzlichsten  Glückwünschen  dem 
Jubilar  einen  Beitrag  zur  Hydrographie  von  Ähr,  Erft  und 
Boer  zu  überreichen.  Gelegentlich  der  beiden  Naturforscher- 
Versammlungen  zu  Düsseldorf  1898  und  zu  Aachen  1900  war 
es  Boltzmann  vergönnt  gewesen,  die  betreflfenden  Gegenden 
wenigstens  zum  Teil  aus  eigener  Anschauung  kennen  zu  lemeu, 
um  so  mehr,  als  verschiedene  der  damaligen  Ausflüge  mitten  iü 
diese  Gebiete  hineinführten.  Infolgedessen  dürften  die  nach- 
stehenden Ausführungen,  welche  das  Gebiet  zwischen  der 
unteren  Maas  und  dem  Rheine,  namentlich  aber  das  Venn,  in 
geographischer  und  hydrographischer  Hinsicht  behandeln,  beim 
Jubilar  manche  angenehme  Erinnerung  an  die  Tagung  der 
beiden  Naturforscherversammluiigen  an  der  Westmark  des  Deut- 
schen Reiches  und  an  die  gesehenen  landschaftlichen  Schön- 
heiten wachrufen. 

Orographisches. 

Das  Bergland  zwischen  Maas  und  Rhein  wird  von  der 
Eifel ^)  eingenommen,  welche  den  nordwestlichen  Teil  des 
Rheinischen  Schiefergebirges  bildet  und  gegen  Norden  in  die 
niederrheinische  Ebene  übergeht  Dieser  Gebirgsstock  hän^ 
im  Westen  unmittelbar  mit  den  Ardennen  zusammen,  im 
Süden  trennt  ihn  die  Mosel  vom  Hunsrück,  im  Osten  der 
Rhein  vom  Westerwald.     Der  höchste  Teil  der  Eifel   setzt  sich 

1)  Der  Name  „j^i/e/"  kommt  als  Hauptwort  zuerst  im  Jahre  83^ 
(Eifla,  1051  Eiffila  vor);  er  dürfte  sich  aus  Aquila  ableiten  lassen,  indem 
sich  daraus  Afel,  Eifel  ergab. 


Hydrographie  von  Ahr,  Erft  und  Roer.  767 

aus  drei  Stücken  zusammen,  nämlich  dem  mittleren  mit  der 
Schneifei,  dem  östlichen  oder  der  Hohen  Eifel,  und  dem  nord- 
westlichen und  westlichen,  dem  sog.  Venn. 

Das  Fenn\  welches  gewissermaßen  die  Brücke  zwischen 
den  Ardennen  und  der  eigentlichen  Eifel  bildet,  ist  eine  Hoch- 
fläche mit  tief  eingeschnittenen  Tälern.  Der  höchste  und  auch 
ödeste  Teil  trägt  den  Namen  das  „Hohe  Venn",  welches  sich 
nördlich  der  Warche  steil  erhebt  und  dort  auch  die  aus- 
geprägtesten Merkmale  einer  Hochfläche  zeigt  Das  ganze 
Venn  erstreckt  sich  in  einer  Länge  von  55  km  ifi  nordöstlicher 
Richtung  mit  steilem  Abfall  zum  Aachen-Dürener  Hügellande. 
Ausgedehnte  Torfmoore  bedecken  diesen  öden  Landstrich, 
dessen  mittlere  Seehöhe  etwa  650  m  beträgt  An  der  soge- 
nannten Baraque  Michel,  die  auf  belgischem  Gebiete  gelegen 
ist,  steigt  die  Hochfläche  bis  auf  675  m;  unweit  davon  liegt 
die  preußische  Grenze  mit  einem  einsamen  Gasthaus,  dem 
Monte  ßigi,  an  der  Eupen-Malmedyer  Landstraße,  welches 
zugleich  eine  meteorologische  Station  beherbergt  Den  höchsten 
Punkt  bildet  die  Botrange  mit  695  m,  westlich  der  Landstraße 
Eupen-Sourbrodt,  und  ca.  1,5  km  vom  Monte  Rigi  entfernt. 
Gegen  Weser  und  Maas  in  nordwestlicher  und  westlicher  Rich- 
tung senkt  sich  die  Hochfläche  ebenfalls  rasch.  Die  Abhänge 
werden  von  einem  ausgedehnten  Waldgebiete,  dem  Hertogen- 
wald, eingenommen;  weiteren  waldreichen  Höhenzügen  begegnen 
wir  an  dem  Lidefluß  und  dem  Kallbach,  welche  unweit  Düren 
in  den  flachen  Hügeln  des  Hochwaldes  enden.  Südöstlich  vom 
Hohen  Venn  breitet  sich  ein  großer  Waldbestand  aus,  der 
Losheimer  Wald,  welcher  die  Verbindung  mit  der  Schneifei 
(=  Schnee-Eifel)  herstellt;  er  geht  nirgends  unter  560  m  her- 
unter und  erreicht  am  sogenannten  Weißen  Stein  mit  691  m 
Seehöhe  die  höchste  Erhebung.  Dieser  Waldstrich  wird  östlich 
von  der  Olef  und  Urft,  nördlich  von  der  Roer,  und  westlich 
vom  Perlenbach  begrenzt  An  der  Urftquelle  senkt  sich  der 
Losheimer  Wald  bis  auf  556  m  und  gabelt  sich  alsdann;  der 
allmählich  abdachende  nördliche  Flügel  breitet  sich  fächer- 
förmig nördlich  der  Ahr  zwischen  Roer  und  Rhein  aus,  wäh- 
rend der  westliche  Teil,  der  sogenannte  Kermeter,  ein  pracht- 


1)  Holländisch  „  Veen^%  gotisch  yjfani*^  ■■  Sumpf,  Kot. 


768  P.  Polü. 

voller  Hochwald,  von  Urft  und  ßoer  im  Halbkreis  umflossen 
wird.     Tief  haben  hier  Urft   und  Roer  ihre  Flußbette  in  die 
Hochfläche  eingeschnitten,  wie  dies  aus  folgenden  Höhenangaben 
hervorgeht:  Hochfläche  zwischen  Dreibom  und  Wollseifen  593  m, 
Einruhr  274  m,  Einmündung  der  Urft  in  die  Roer  bei  Paulas- 
hof 253  m,   Gemünd  an  der  Urft  und  Olef  338  m,    Schieiden 
355  m,  Eermeter  (Hellberg)  521  m,  so  daß  der  Abfall  hier  etwa 
330  bis  340  m  beträgt   Diese  Täler  gehören  zu  den  landschaft^ 
lieh  schönsten  der  gesamten  Eifel,  und  nicht  mit  Unrecht  trägt 
der  steile  Abhang   des  Kermeter   gegen  die  Urft  den  Namen 
„Schweizer  Berge**,  während  die  Höhe  oberhalb  Einruhr  mit 
prachtvollem  Blick   auf  den  Kermeter   und  das  Roertal,    die 
sogenannte  „Schöne  Aussicht",  für  den  großartigsten  und  herr- 
lichsten Punkt  des  ganzen  Roertales  gilt     Vom  Kermeter  aas 
nach   Norden   sinken   die   Höhenrücken   mehr  und   mehr  ab, 
und  werden  dabei  von  verschiedenen  Bachläufen  geschnitten. 
An    den  nordöstlichen  Abfall  schließt  sich  ein  größeres,  zum 
Teil   mit  Torfmooren    bedecktes   Waldgebiet,    aus    dem    der 
Wehebach    nach    Norden    abfließt      Urft,    Kall    und    Wehe 
scheiden    drei   größere   Bergrücken,    die   im   Aachen-D ürener 
Hügellande  enden. 

Die  Ahr  bildet  die  Grenze  zwischen  dem  Venu  und  der 
Hohen  Eifel,  die  bis  Walporzheim  von  steilen  Bergketten  ein- 
geschlossen wird;  an  diese  Gebirgskette  schließt  sich  ein  niederer 
Höhenzug  an,  die  „Ville"  oder  das  „Vorgebirge",  welcher  sich 
zwischen  Rhein  und  Venn  bis  oberhalb  Köln  erstreckt  Nörd- 
lich der  Linie  Herzogenrath-Jülich-Bergheim  dacht  sich  das 
Gelände  noch  mehr  ab  und  geht  in  die  rheinische  Tiefebene 
über,  die  unmittelbar  mit  dem  großen  norddeutschen  Flachlande 
zusammenhängt,  das  Erhebungen  von  nur  30 — 40  m  über  den 
Meeresspiegel  besitzt 

Der  ganze  Gebirgsstock,  der  als  nördlichster  Ausläufer 
dem  Rheinischen  Schiefer-  oder  Grauwackegebirge  angehört, 
ist  geologisch  außerordentlich  verschiedenartig  gestaltet.  Das 
Hohe  Venn  wird  hauptsächlich  vom  Kambrium  als  dem  ältesten 
Sedimentgestein  eingenommen,  woran  sich  nördlich  und  südlich 
das  Devon  anschließt  Beim  Bau  der  Bahn  von  Aachen  nach 
Montjoie  hat  man  unweit  Lammersdorf  Granit  anstehend  ge- 
funden.    Das  untere  Devon,   Quarzite,    Grauwacke  und  Ton- 


Hydrographie  von  Ahr,  Erft  und  Roer,  769 

schiefer  nimmt  den  größten  Teil  ein,  während  das  Mitteldevon, 
Eifeler  Ealk,  sich  im  Yenn  im  Urfttale  oberhalb  Schieiden 
vorfindet;  hieran  reiht  sich  von  Kall  bis  fast  nach  DUren 
ein  größeres  Gebiet  mit  Bontsandstein  an.  Das  Oberdevon 
bildet  den  Übergang  der  nordwestlichen  Abdachung  des  Venns 
zum  Karbon^  welches  in  ausgedehnten  Eohlenmulden  zwischen 
Aachen  und  Lüttich  verläuft  Daran  schließt  sich  in  der  Um- 
gebung von  Aachen  bis  ins  Holländische  hinein  ein  größeres 
Gebiet  der  oberen  Kreide  an,  die  unmittelbar  dem  Devon 
und  Karbon  aufruht  Der  Übergang  des  Gebirges  zur  Ebene 
des  Aachen-Dürener  Hügellandes  endlich  ist  von  tertiären 
Ablagerungen,  wie  Kies,  Sand,  Ton  und  Braunkohle  einge- 
nommen, die  sich  über  die  ganze  nördliche  und  nordöstliche 
Abdachung  bis  zur  Ahr  hin  erstrecken.  Sie  erinnern  an  das 
einstmalige  Meer,  dessen  Ufer  von  üppigen  Urwäldern  ein- 
genommen wurden;  letztere  haben  das  Material  zu  den  Braun- 
kohlenflözen, namentlich  in  der  Kölner  Bucht,  geliefert  Allu- 
vium treffen  wir  vor  allem  im  Hohen  Venn  in  den  ausgedehnten, 
dem  Kambrium  aufruhenden  Mooren,  femer  als  Ablagerungen 
der  ßoer  und  Erft  in  den  Tälern  des  Jülich-Dürener  Berg- 
landes. 

Hydrographlsohes. 

Flußgebiete,  Zur  weiteren  Aufschließnng  des  Gebietes  ist 
es  von  der  größten  Wichtigkeit,  sich  einmal  näher  mit  den 
dortigen  Wasserverhältnissen  zu  befassen,  die  ja  äußerst  ver- 
wickelter Natur  und  zudem  bestimmt  sind,  eine  hervorragende 
wirtschaftliche  Bolle  zu  spielen.  An  diesem  Orte  gelangt 
außer  der  Beschreibung  der  hier  in  Betracht  kommenden 
Flußgebiete  noch  eine  eingehende  Bearbeitung  von  deren  jähr- 
licher Niederschlagsverteilung  zur  Darstellung,  welche  den 
Gegenstand  einer  neuen  Untersuchung  des  Verfassers   bildet. 

Allerdings  sind  die  Regenverhältnisse  dieses  Gebietes  in 
großen  Zügen  schon  mehrfach  bearbeitet  worden,  so  in  jüngster 
Zeit  noch   durch   den  Verfasser;^)   ferner  umfaßt  die  unlängst 

1)  P.  PoliS)  n^^i^  Niederschlagsverhältnisse  der  mittleren  Rhein- 
provinz und  der  Nachbargehiete^'.  Forschungen  zur  deutschen  Landes- 
und Volkskunde.     B.  12.  Heft  1.  Stuttgart  1899. 

BoltsmaDa-FestBchrift.  49 


770  P.  Polis. 

erschienene    Regenkarte    der    Provinzen    Hessen-Nassaa    und 
Rheinland  von  Hm.  Hellmann ^)  auch  jenes  Gelände. 

Zugrunde  gelegt  ist   der  hier   veröffentlichten    Karte  die 
„Wasserkarte   der   norddeutschen   Stromgebiete'%    welche   das 
KönigL  Preußische  Ministerium  für  Landwirtschaft,  Domänen  und 
Forsten^  herausgegeben  hat;   gezeichnet   ist  sie    im  Maßstäbe 
1:200000  und  enthält  die  Wasserscheiden  der   Zuflüsse   bis 
zur  VI.  Ordnung   einschließlich.     In  die  neue  Karte    worden 
jedoch,  um  das  Bild  nicht  zu  überladen,  nur  die  Grenzwasser- 
scheiden der  in  Frage  kommenden  drei  Hauptflüsse  eingetragen, 
und  von  der  Wiedergabe  der  sonstigen  Einzelheiten  abgeseheo. 
Aber   der  vertikale  Aufbau  des  Geländes  gelangte    in   großen 
Zügen    dadurch   zur   Darstellung,    daß   Isohypsen    —    Linien 
gleicher  Seehöhe  —  im  Abstände  von  100  m  bez.  200  m  ein- 
getragen  wurden;   letztere   fanden    dann   beim   Entwürfe   der 
Isohyeten  —  Linien  gleicher  Niederschlagshöhe  —  sorgfaltigste 
Berücksichtigun  g. 

Die  Hauptwasserscheiden  zwischen  Bhein^  Mosel  und  Moom 
treffen  südlich  von  Schmidtheim  zusammen.  Infolgedessen 
gehört  die  Roer  zur  Maas,  während  Erft  und  Ahr  Nebenflüsse 
des  Rheins  sind. 

Die  Roer  bildet  sich  aus  den  Abflüssen  der  Torfmoore 
bei  Sourbrodt;  die  Quelle  der  kleinen  Roer  liegt  bei  diesem 
Orte  in  573  m,  diejenige  der  großen  nahe  der  Botrange  in 
685  m  Seehöhe.  Von  Kalterherberg  ab  ist  sie  tief  in  das 
Hochland  mit  einem  engen,  sehr  häufig  gewundenen  Felstale 
eingeschnitten,  nimmt  von  Süden  her  den  Perlenbach  auf, 
fließt  durch  Montjoie  und  dann  mit  starkem  Gefälle  in  öst- 
licher Richtung  bis  Hammer;  nunmehr  wendet  sie  sich  nach 
Osten  und  bildet  zwischen  Dedenborn  und  Pleushütte  zwei 
groß  gewundene  Schleifen.  Von  Einruhr  an  nimmt  sie  eine 
nördliche  Richtung,  um  an  der  Mündung  der  Urft,  Kermeter 
und  Venu  voneinander  zu  trennen.  Letztere  entspringt  in 
einer  tiefen  Einsattelung  des  Gebirges  bei  Schmidtheim;  bei 
Gemünd    strömt  ihr  die    Olef  zu.   alsdann   windet  sie    sich   in 

1)  G.  Hellmann,  „Regenkarte  der  Provinzen  Hessen- Nassau  und 
Rheinland  sowie  von  Hohenzollern  und  Oberhessen  auf  Grund  zehn- 
jähriger Beobachtungen   1893—1902/'     Berlin  1903. 

2)  Berlin  1893. 


Hydrographie  von  Ähr,  Erft  und  Roer.  771 

einem  engen  Felsentale  in  scharfen  Krümmungen  zwischen 
dem  Kermeter  und  der  Hochfläche  von  WoUseifen-Dreibom, 
um  bei  Paulushof  in  die  Roer  zu  münden.  Bemerkenswert  ist 
die  Urft  besonders  dadurch,  daß  durch  sie  die  größte  bisher 
in  Kuropa  errichtete  Talsperre  gebildet  wird,  deren  Bau  im 
Jahre  I9ü4  zur  Vollendung  gelangen  soll;  das  Projekt  hierzu, 
wie  auch  zu  den  übrigen  Talsperren,  wurde  von  dem  bekannten 
Wasserbautechniker  Hm.  Geheimrat  Prof.  Dr.  Intze^)  aus- 
gearbeitet, von  dessen  Ingenieurkunst  die  zahlreichen  Sperr- 
bauten, u.  a.  im  bergischen  Lande  (Wuppergebiet),  sowie  in 
Schlesien  und  Böhmen  beredtes  Zeugnis  ablegen.  Die  Tal- 
sperre liegt  in  dem  tiefen  Taleinschnitte  am  Heffgesberge 
unterhalb  Wollseifen,  und  wird  einen  See  von  45500000  cbm 
bis  zu  dem  8  km  weiter  zurückgelegenen  Malsbenden  zurück- 
stauen.  Die  hierdurch  aufgespeicherte  Energie  wird  durch  einen 
quer  durch  den  Kermeter  getriebenen  Stollen  bis  nach  Heim- 
bach geleitet,  wo  durch  Turbinen  deren  Umsetzung  in  elek- 
trische Kraft  erfolgen  soll;  auf  diese  Weise  sollen  jährlich  in 
7200  Arbeitsstunden  je  6400  P.S.  elektrischer  Kraft  gewonnen 
werden.  Außerdem  sind  im  Roergebiete  noch  elf  weitere  Tal- 
sperren 2)  in  Aussicht  genommen. 

Unterhalb  Paulushof  umfließt  die  Roer  in  zahlreichen 
Windungen  den  Kermeter  Wald  bis  Heimbach  und  wendet 
sich  dann,  östlich  begrenzt  von  den  steilen  Schichten  des  Bund- 
sandstein, nach  Norden.  Westlich  von  dem  historisch  be- 
rühmten und  so  malerisch  gelegenen  Nideggen  mündet  die  Kall, 
die  im  Hohen  Venu  nahe  bei  Simmerath  entspringt.  Bei 
Untermaubach  nimmt  die  Roer  eine  östliche  Richtung  an, 
durchbricht  den  Buntsandsteinrücken  und  geht  bei  Kreuzau  in 
das  Tiefland  über.  Unterhalb  Jülich  erhält  sie  die  Inde,  die 
durch  Vereinigung  des  Münster-  und  Vichtbaches  entsteht;  in 
die  Inde  ujündet  auch  der  Wehebach  ein,  der  an  der  Nord- 
abdachung des  Venns  entspringt.  Noch  ehe  die  Roer  die 
holländische  Grenze  erreicht,  strömt  ihr  die  Wurm  zu,  welche 

1)  0.  Intze,  „Entwickelung  des  Talsperren baaes  in  Rheinland  u. 
Westfalen  bis  1902.'^     Aachen  1903. 

2)  0.  Intze,  „Gutachten  bezüglich  der  Verbesserung  der  Wasser- 
yerhftltnisse  der  Roer  und  des  zur  Verbesserung  des  Roerbettes  auf- 
gestellten Regulierungsprojektes^^    Düsseldorf  1896. 

49* 


772  P.  Polis. 

im  Aachener  Walde  ihren  Ursprung   nimmt  und    bei  Haaren 
aus  dem   Talkessel  austritt     Bei  ßoermond,    10  km  von  der 
preußischen  Grenze  entfernt,   mündet  die  Roer  in    die   Maas. 
Ihre   ganze   Länge   beträgt   ca.  135  km,   wobei    sie    sich    am 
(685  m  Seehöhe  der  Quelle,  26  m  Mündung)  659  m  herabsenkt 
Das  gesamte  Niederschlagsgebiet  hat  eine  Größe  von  2298^8  qkm; 
Hauptzuilüsse  enthält  die  p.  777  gegebene  ZusammensteUung. 
Die   Erft  entspringt   im   nordöstlichen  Teil    des    Venns 
unweit  von  Tondorf  in  etwa  540  m  Meereshöhe.     In  Schönau 
(352  m)  erhält  sie  mehrere  von  dem  Scheiderücken   gegen  die 
Ahr  fließende  Bäche,  nimmt  hinter  Münstereifel,  wo  ihre  Höhe 
nur  noch  275  m  beträgt,  den  Schießbach,  sowie  den  Eschweiler 
Bach  auf.     Nach  der"  Einmündung  des  letzteren  erweitert  sich 
das  Tal,  indem  die  Erft  nunmehr  in  die  Sötenicher  Ealkmulde 
eintritt.     Vor  Euskirchen  bei  Rhede   erreicht   sie    das   Flach- 
land, wo   ihr  der  Veibach  und  alsdann  der  Schwistbach   zu- 
fällt; letzterer  ist  der  bedeutendste  rechtsseitige  Nebenfluß,  der 
ebenfalls  an  dem  Scheiderücken  der  Ahr  entspringt     Sie  fließt 
dann  in  nordwestlicher  Richtung  in  dem  von  der  Ville  und 
dem    Dürener    Bergland    begrenzten    Tieflande    weiter,    und 
nimmt  aus   dem  Buntsandsteingebiete   den  Rothbach  und   den 
Neffelbach  auf.     Bei  HarflF,    unweit  Grevenbroich,    wendet  sie 
sich  gegen  Nordosten,  wo  sie  vor  der  Mündung  in  den  Rhein 
noch   den  Gyllbach  und  den   Norfbach   aufnimmt.     Ihre   Ein- 
mündung   in    den  Rhein    erfolgt  bei   Grimmlinghausen    unweit 
Neuß.     Sie  hat  eine  Länge  von  ca.  100  km,  wobei  sie  ein  Ge- 
fälle  von  (540  m  Quelle,    40  m   Mündung)    500  m    überwindet 
Ihr  gesamtes  Niederschlagsgebiet  beträgt  1908,7  km. 

Die  Ahr  hat  ihre  Quelle  am  Südrande  der  Kalkmulde 
unweit  von  Blankenhcim  in  4G3  m  Seehölie.  Der  Bach  wendet 
sich  zunächst  südöstlich,  durchläuft  das  Tuter-  und  Mittel- 
devon der  Lammersdorfer  und  Ahrdorfer  Mulde.  Nach  Auf- 
nahme von  mehreren  kleineren  Bächen,  die  ihr  alle  von  rechts 
zufallen,  erhält  die  Ahr  noch  vor  ihrem  Austritte  aus  dem 
Kalk  die  an  der  Wasserscheide  gegen  die  Lieser  entspringende 
Ah,  und  wird  damit  zum  Flusse.  Nunmehr  nimmt  sie  eine 
südöstliche  Richtung  an,  empfängt  von  Süden  her  den  Trier- 
bach und  windet  sich  nun  in  einem  engen,  tief  eingeschnittenen 
Tale,  wohl  der  malerischsten  Felsenlandscliaft  der  Eifel,  weiter. 


Hydrographie  von  Ahr,  Erft  und  Roer,  773 

wo  die  Schichten  fast  senkrecht  stehen  nnd  jähe  Abstürze 
zum  Flusse  bilden.  Bis  Insul  durchläuft  sie  mehrere  Schleifen, 
wobei  sie  ihr  Bett  im  Laufe  der  Zeit  mehrfach  verlegt 
hat,  indem  sie  die  die  Schleifen  bildenden  Brücken  durch- 
brach, so  daß  ein  isolierter  Bergkegel^  die  Burg,  in  dem  Tal- 
kessel stehen  blieb.  Unterhalb  Insul  erweitert  sich  das  Tal; 
hier  mündet  der  Adenauer  Bach  ein,  worauf  sie  einen  nord- 
wärts gerichteten  Lauf  einschlägt.  Bei  Kreuzberg  fallen  ihr 
der  Sauerbach  und  der  Vinkelbach  zu,  alsdann  wendet  sie  sich 
gegen  Osten  und  schlängelt  sich  bei  Altenahr  durch  senkrecht 
aufgerichtete  Felswände  bis  nach  Walporzheim.  Von  da  ab 
bildet  der  Fluß  ein  breites  Tal,  fließt  an  Ahrweiler,  Neuenahr 
vorbei,  wobei  noch  einige  kleinere  Bäche,  der  Leimersdorfer- 
und  Herrbach  aufgenommen  werden,  und  mündet  dann  Linz 
gegenüber  bei  Kripp  in  den  Rhein.  Der  Fluß  besitzt  eine 
Gesamtlänge  von  ca.  66  km  mit  einem  Abfall  (463  m  Quelle, 
65  m  Mündung]  von  398  m,  während  sein  Niederschlagsgebiet 
901,3  qkm  umfaßt 

Sowohl  der  morphologische,  als  auch  der  geologische  Auf- 
bau spielt  in  den  Wasserverhältnissen  eines  Geländes  eine 
bedeutsame  Rolle.  Im  vorliegenden  Falle  kommt  vornehmlich 
der  Umstand  zur  Geltung,  daß  die  moorige  und  nicht  ge- 
gliederte Hochfläche  den  Abfluß  außerordentlich  erschwert, 
während  die  steilen  Schieferhänge  der  Roer  und  ürft  im  öst- 
lichen Teile  des  Venns  denselben  sehr  begünstigen.  Der 
auf  dem  Kambrium  ruhende  Moorboden,  welcher  sich  von 
Sourbrodt  bis  etwa  nach  Lammersdorf  in  nordöstlicher  Rich- 
tung in  einer  Länge  von  21  km  und  einer  mittleren  Breite  von 
5  km  erstreckt,  wirkt  ähnlich  einem  Schwämme;  denn  er  hält 
zuerst  alles  empfangene  Wasser  fast  vollständig  zurück,  bringt 
dann  aber,  wenn  er  sich  einmal  vollgesogen  hat,  alles  weiter- 
hin  zufließende  Wasser  als  Überschuß  auch  ebenso  vollständig 
direkt  wieder  zum  Abfluß,  was  für  die  Roer,  Kall  und  nament- 
lich die  Weser  plötzliche  Anschwellungen  zur  Folge  hat. 

Niederschlagsverhältnisse.  Die  Bearbeitung  der  Nieder- 
schlagsverhältnisse, welche  für  die  drei  Flußgebiete  Ahr,  Erft 
und  Roer,  sowie  die  angrenzenden  Gebiete  erfolgte,  bezieht 
sich  auf  den  zehnjährigen  Zeitraum  1893 — 1902.  Hieraus 
ließ  sich  vor  allem  die  Menge  des  atmosphärischen  Wassers 


774  P.  Polis. 

für  die  einzelnen  Niederschlagsgebiete  ermitteln,  zu  welclier 
der  Abfluß  in  gewissem  Verhältnis  steht;  auf  diese  Frage  aber 
näher  einzugehen,  reichte  der  zur  Verfügung  stehende  Raum 
leider  nicht  aus. 

Dieser  Bearbeitung  liegen  die  Beobachtungen  von  99  Sta- 
tionen zugrunde,  von  denen  22  den  vollen  zehnjährigen  Zeit- 
raum hindurch  beobachtet  hatten,  während  bei  den  übrigen 
der  Vergleichbarkeit  wegen  die  Reduktionsmethode  angewendet 
werden  mußte.  Unter  genauer  Berücksichtigung  der  Grelände- 
Verhältnisse  wurde  dann  eine  sehr  detaillierte  Niederschlags- 
karte entworfen,  wobei  die  Isohyeten  —  Linien  gleicher  Nieder- 
schlagshöhe —  von  50  mm  zu  50  mm  gezogen  werden  konnten. 
Dadurch  traten  eine  Menge  von  örtlichen  Einzelheiten  zutage, 
die  bei  den  früheren  Karten  nicht  erkennbar  waren. 

Die  Abstufungen  wurden  durch  entsprechende  Farbentöne 
—  gelb  ^  700  mm,  >  700  mm  blau  —  kenntlich  gemacht 
Zur  besseren  Veranschaulichung  des  Kartenbildes  wurde  auch 
die  Südseite  des  Hohen  Venns,  sowie  das  Trockengebiet  des 
Maifeldes  noch  mit  hineingezogen;  das  holländische  Grenz- 
gebiet^) aber  wurde,  weil  für  die  Kenntnis  der  Wasserverhält- 
nisse der  Roer  notwendig,  mit  berücksichtigt.  Die  Abweichungen 
von  der  Hellmann sehen  Regenkarte  und  auch  von  der  früheren 
des  Verfassers  sind  größtenteils  auf  die  genaue  Würdigung  der 
topographischen  Einzelheiten  zu  rückzuführen.  Die  im  Ori- 
ginal 50  X  58  cm  große  Karte  mußte  leider  auf  das  jetzige 
kleine  Format  gebracht  werden,  wodurch  der  Maßstab  von 
1  :  200000  auf  1  :  527000  zurückging. 

Die  Regenverhältnisse  selbst  sind  dadurch  besonders  be- 
merkenswert, daß  in  der  untersuchten  Gegend  ein  sehr  nieder- 
schlagsreiches Gebiet  mit  >  1200  mm  und  zwei  große  Trocken- 
gebiete mit  <  600  mm  jährlicher  Regenhöhe  vorhanden  sind, 
die  räumlich  bis  auf  23  km  aneinander  rücken. 

Das  regenreichste  Gebiet,  welches  die  höchste  Erhebung 
des  Hohen  Venns  bedeckt,  ist  das  Quellgebiet  der  Roer;  es 
wird  von  der  Isohyete  von  1350  mm  umschlossen.    Nach  Süden 

1)  Unmittelbar  bei  Aachen  befindet  sich  das  in  letzter  Zeit  in  der 
Tagespresse  so  oft  genannte  „Neutrale  OehieV''  mit  dem  Hauptort  Alten- 
berg, das  sich  in  Form  eines  Dreiecks  keilförmig  zwischen  Belgien, 
Holland  und  Preußen  einschiebt. 


Hydrographie  von  Ahr^  Erft  und  Boer.  775 

hin,  wo  das  Gebirge  steil  abfällt,  verringert  sich  die  Regen- 
höhe um  >  300  mm  bis  nach  Malmedy,  während  in  östlicher 
und  nördlicher  Richtung  die  gesamten  höheren  Erhebungen 
des  Veno s  von  der  1100  mm-Stufe  eingenommen  werden.  Hier 
liegen  noch  mehrere  Inseln,  so  vor  allem  der  Mützenicher 
Kopf,  das  Nidrumer  Eck,  sowie  der  Höfener  Wald,  in  welchen 
die  Regenhöhe  auf  1200  mm  bez.  1250  mm  ansteigt.  Auch 
dem  Losheimer  Wald,  in  dem  sich  der  sogenannte  Weiße  Stein 
erhebt,  dürfte  seiner  größeren  Erhebung  (691  m)  wegen  gleich- 
falls eine  größere  Regenhöhe  zukommen.  In  nordwestlicher 
Richtung  zieht  sich  am  Fuße  des  Venns  die  900  mm-Isohyete 
hin,  so  daß  also  die  gesamte  Abdachung  als  sehr  nieder- 
schlagsreich zu  betrachten  ist.  Nach  Osten  hin  treflfen  wir 
dagegen  wiederholt  auf  einen  sehr  starken  Abfall  der  Regen- 
höhe, so  z.  B.  von  der  Hochfläche  von  Schmidt  bis  Abenden 
im  Roertale  einen  solchen  von  >  300  mm.  Femer  erweist 
sich  das  Tal  der  Olef  als  niederschlagsreicher  wie  die  Hoch- 
fläche zwischen  Zingsheim  und  Frohnrath.  Auch  die  Rand- 
gebirge des  Aachener  Beckens,  namentlich  der  isoliert  auf- 
steigende Rücken  des  Aachener  Waldes,  empfangen,  weil  an 
der  Luvseite  gelegen,  mehr  Regen,  so  daß  die  Regenhöhe  auf 
dem  Kamme  1000  mm  nahezu  erreicht. 

Das  eigentliche  Trockengebiet  mit  <  600  mm  verläuft  dem 
Roertale  entlang  bis  nach  Jülich,  zieht  sich  sodann  am  Fuße 
des  Villegebirges  hin,  um  schließlich  bis  an  den  Rhein  heran- 
zutreten. Inmitten  desselben  geht  bei  Euskirchen  die  Regen- 
höhe bis  auf  546  mm  herunter.  Ein  zweites  Trockengebiet  liegt 
im  Ahrtale,  und  erstreckt  sich  der  topographischen  Verhält- 
nisse wegen  bis  Alten  ahr,  steht  sogar  noch  mit  dem  großen 
Trockengebiete  an  der  Mosel  einschließlich  der  östlichen  Eifel 
in  Zusammenhang.  Bei  Westum  geht  die  jährliche  Regen- 
höhe unter  550  mm  herunter;  femer  ließ  sich  noch  um  das 
Gebiet  südlich  vom  Laacher  See  eine  Isohyete  von  550  mm 
einzeichnen. 

Die  Ursache  des  Regenreichtums  der  Westabdachung  des 
Venns  und  seiner  höchsten  Erhebungen  ist  darauf  zurück- 
zuführen, daß  die  wasserdampfreichen  westlichen  Luftströmun- 
gen, nachdem  sie  das  belgische  Flachland  überweht  haben, 
hier,  an  der  „Zi/t-seite"  des  Gebirges,  zum  erstenmal  gezwungen 


776  P.  Polis. 

werden  emporzusteigen;  dabei  werden  sie  unter  ihren  Sätti- 
gungspunkt abgekühlt  und  somit^  namentlich  in  der  kälteren 
Jahreszeit;  zur  Ausscheidung  von  Niederschlägen  gezwungen. 
Sobald  aber  die  Westwinde  den  Gebirgskamm  überschritten 
haben^  sinken  sie  an  der  ^^Z^eseite'^  als  trockene  Luftströme 
herunter  und  bedingen  dadurch  den  so  krassen  Abfall  nach 
dem  Roertal,  sowie  das  Trockengebiet  in  dem  Euskirchen- 
Jtilicher  Gelände.  Auch  die  Föhnwirkungen  ^),  welche  die 
S — N  lieh  streichende  Eifel  auf  das  Rheintal  und  die  nördlichen 
Abdachungen  ausübt^  und  die  sich  beispielsweise  für  das 
Aachener  und  Neuwieder  Becken  direkt  nachweisen  ließen, 
sind  eine  Folge  hiervon.  Der  östliche  Stock  der  Eifel  liegt 
vollständig  im  Regenschatten  der  westlichen  Höhenzüge  des 
Hohen  Venns  und  der  angrenzenden  Ardennen.  Infolgedessen 
ist  das  Ahrgebirge  durchaus  nicht  mehr  regenreich  zu  nennen, 
und  selbst  die  höchsten  Erhebungen  der  Eifel,  die  Hohe  Acht 
dürften  nicht  einmal  eine  Regensumme  von  900  mm  erreichen. 
Aus  demselben  Grunde  begegnen  wir  dort  dem  ausgedehnten 
Trockengebiete,  welches  bis  weit  in  das  Ahrtal  hineinreicht. 

Die  Roer  mit  ihren  Zuflüssen  gehört,  wie  aus  den  früheren 
Ausführungen  erhellt,  in  ihrem  Oberlaufe  dem  niederschlags- 
reichsten Teile  des  linksrheinischen  Schiefergebirges  an,  und 
tritt  dann,  kurz  ehe  sie  ins  Flachland  kommt,  in  das  Trocken- 
gebiet bis  Jülich  über;  von  da  ab  nimmt  die  Regenhöhe  wieder 
stetig  zu,  80  daß  an  der  Mündung  die  700  mm-Stufe  nahezu 
erreicht  wird. 

Im  Gegensatze  zur  Roer  durchfließen  Erft  und  Ahr  fast 
in  ihrem  gesamten  Laufe  die  großen  Trockengebiete,  und  selbst 
ihre  Quellen  sind  in  regenarmen  Gebieten  gelegen. 

Innerhalb  dieser  drei  Flußgebiete  trifl't  man  in  der  Jahr- 
summe folgende  Regenschwankungen  an: 

Flußgebiet            Maximum  Minimum  Schwankung 

Roer     Botrange       1367  mm  Jülich           606  mm         761  mm 

Erft      Zingsheim      737  mm  Euskirchen  546  mm         191mm 

Ahr       Dockweiler     736  mm  Westum        539  mm         197  mm 

1)  P.  Polis,  „Temperaturumkehr  und  Föhn  Wirkung  im  Hohen 
Venn".  Meteorologische  Zeitschrift  1900.  —  „Die  klimatischen  Verhältnisse 
der  Rheinprovinz".  Verhandl.  des  Deutschen  Geographentages  zu 
Köln  1903. 


Hy^ograpkie  von  Ahr,  Erft  und  Roer.  777 

Nanmehr  seien  in  nachstehendeiQ  die  Mittetwerte  der 
gefallenen  jährlichen  Wattermengen  in  cbm  mitgeteilt  Dieselben 
Bind  in  der  Weise  ermittelt  worden,  daß  fUr  jedes  NiederacMags- 
gebiet  die  (^röße  der  von  den  Isohyeten  begrenzten  Flächen- 
atücke  planimetrisch  ans  gemessen  wtjrda 

Jährliche  WaBsermengen  für  Ahr,  Brft  und  Boer  In  obm. 


Flußgeb 

et 

Oburflfitbe 

GefuHeue  Wawer- 

juenge  in  cbm 

1.  Ahr: 

Voa  dcD  Qaellen  bis  e 

um  Ahbach    .    . 

185,7 

97  095  000 

Gebiet  des  AhbacheB 

91,9 

es  870  000 

Vom  Allbach  'bis  zum 

Trierbach.     .     . 

9,1 

5  ai2  500 

Gebiet  des  Trierbache 

1U,S 

77  760  000 

Vom  Trierbftch  tia  zu 

n  Adenauer  Bach 

109,0 

71790  000 

Vom  Adenauer  Bacb  bis 

zum  Fischelbach 

286,2 

164  227  500 

Vom  Fischelbftcb  bie  « 

ur  MÜDduDf;  .     . 

154,6 

91  668  700 

Von  den  Quellen  bis  zum  Vdhbach 

U5,e 

94  058  800 

Gebiet  des  Veihbacbes 

88,8 

56158  600 

Vom  Veibbaeb  bi»  zum  Sehwistbach 

66,2 

87  764  700 

Gebiet  dos  Schnistbacbes    .... 

268,1 

161  865  000 

Vom  Scbnisibach  bis  tnm  Rothbach 

1        65,8 

89  412  500 

Gebiet  des  Rothbachea 

258,3 

157  007  600 

Vom  Botbbach  bis  zum  Neffelbacb   . 

!        2M 

16  875  000 

Gebiet  des  Neffelbachi's 

1      254,7 

186  795  000 

Vom  SeiFelbiich  bis  zum  Gyllbach    . 

408,0 

247  130000 

Vom  Gyllbach  bis  zur  Mündung  .     . 

1      828.8 

209  837  500 

1    1808,7 

1157  884  000 

Von  den  Quellen  bis  tum  Schwalmbac' 

1        66>8 

82  891  600 

Gebiet  des  Scbwalmbachea  .... 

1        61,1 

69  412  000 

Vom  SchwalJübacb  bis  a«r  Urft  .     . 

,      118,6 

76  480  000 

Gebiet  d^r  Urft 

875,4 

324  125000 

\ou  a.^r  Trft  bis  zum  Kalibach   .     . 

,        87,4 

70  300  000 

Gebiet  des  Kalibaches 

i        ",8 

82  510  000 

V.,n,   K..llK;..'b  bi>^  znm  Indeflnß  .     . 

1      189,8 

132  840000 

952,8 

311932  500 

Vom  IndeüuB  b.  z.  Mündungd.  alten  Wum 

286,4 

175  297  500 

Gebiet  des  Wurmbaches 

466,1 

822  215  000 

Von  der  Wurm  bis  zur  Mündung      . 

_±     238.2 

146  877  .WO 

Insgeswn 

1    2298,8 

179*821000 

778  P.  Polis. 

Der  große  Regen-  und  damit  Wasserreichtum  im  Ober- 
laufe der  Roer  ermöglicht  es^  Talsperren  auszuführen.  Selbst 
die  Urft  bietet  noch  vollen  Erfolg  für  die  Einrichtung  von 
Sammelbecken;  denn  erfahrungsgemäß  gehen  400 — 450  mm 
von  der  jährlichen  Regenmenge  durch  Verdunsten,  Ein- 
sickern  etc.  verloren,  so  daß  immerhin  noch  350 — 400  mm  für 
den  AbHuß  übrig  bleiben.  Zudem  besitzt  die  Urft  ein  außer- 
ordentlich großes  Niederschlagsgebiet  von  375  qkm,  so  daß  der 
Wasserzufluß  auch  bei  geringer  Regenhöhe  ein  noch  großer  ist 
Die  übrigen  eingangs  erwähnten  Talsperren  liegen  in  weit 
niederschlagsreicheren  Gegenden,  so  daß  auch  trotz  der  Klein- 
heit ihres  Niederschlagsgebietes  Staubecken  noch  erfolgreich 
angelegt  werden  können.  Die  erste  Talsperre  der  dortigen 
Gegend  wurde  1878  auf  belgischem  Boden  im  Tale  der  Gi- 
leppe  errichtet;  sie  dient  bei  einem  Inhalte  von  l2000000cbm 
zur  Wasserversorgung  der  Stadt  Verviers,  und  gehört  der 
1050  mm-Niederschlagsstufe  an.  In  Bälde  wird  eine  weitere 
Talsperre  zwecks  Wasserversorgung  von  Eupen  an  der  Weser 
in  Angriff  genommen,  deren  Niederschlagsgebiet  gleichfalls 
>  1000  mm  aufweist.  Ahr  und  Erft  jedoch  eignen  sich  flir 
Sammelbecken  nicht. 

Derartige  Sperrbauten  spielen  in  volkswirtschaftlicher  Hin- 
sicht eine  ganz  hervorragende  Rolle,  indem  sie  nicht  allein, 
wie  die  Gileppe-  und  Wesertalsperro,  zur  Trinkwasserlieferung 
dienen  können,  sondern  auch  eine  direkte  Ausnutzung  der  im 
Wasser  schlummernden  Energie  zu  industriellen  Zwecken  er- 
möglichen. Sie  gestatten  die  durch  das  starke  Gefälle  der 
Venu-  und  Eifelflüsse  gebotene  Wasserkraft  anzusammeln  und 
zu  billigem  Preise  in  elektrische  Energie  umzusetzen;  dabei 
haben  die  hervorragenden  Fortschritte  der  Neuzeit  auf  elektro- 
technischem Gebiete  die  Möglichkeit  geschaffen,  die  elektrische 
Kraft  auf  sehr  weite  Entfernungen  hin  ohne  nennenswerte  Ver- 
luste fortzuleiten.  Hierdurch  wird  der  W^ass  erreich  tum  des 
Geländes  zu  einer  Erwerbsquelle  ersten  Ranges;  denn  die  Aus- 
nutzung der  Wasserkräfte  kommt  den  beteiligten  Landkreisen, 
welche  sich  zu  einer  Gesellschaft  zusammen  geschlossen  haben, 
direkt  zugute. 

Auch  auf  die  Bebauungsart  und  Fruchtbarkeit  des  Bodens 
üben  die  Niederschläge  einen  bestimmenden  EintiuB  aus.     Die 


Hydrographie  von  Akr,  Erft  und  Roer,  779 

Hochfläche,  welche  ja  den  meisten  Regen  empfängt,  ist  yon 
weiten  Moor^  und  Torfstrecken  eingenommen^  und  erweist  sich 
daher  als  höchst  unfruchtbar.  In  der  Winterszeit  setzen  sich 
die  Niederschlagsmengen  meist  in  großen  Schneemassen  ab^ 
was  in  Verbindung  mit  den  schweren  Weststtirmen  die  eigen- 
tümliche Bauart  der  Venndörfer  bedingt.  Die  offene  Front  der 
Häuser  liegt  nach  Osten  oder  Südosten,  während  auf  der  West- 
seite das  Dach  bis  fast  zur  Erde  herabreicht;  zudem  sind  Haus 
und  Hoi  mit  einer  dichten  und  hohen  lebenden  Schutzbecke 
umgeben,  und  je  reicher  der  Bauer,  desto  höher  und  größer 
die  Hecke.  Der  westliche  Hang  hat  ausgedehnte  Wiesen- 
flächen, deren  Üppigkeit  durch  den  Begenreichtum  sehr  ge- 
fördert wird;  infolgedessen  triflft  man  ausgedehnte  Viehzucht 
im  sogenannten  „Butterländchen"  an  der  belgisch-holländischen 
Grenze.  Sowie  man  aber  unter  die  700  mm-Regenstufe  her- 
untergeht, tritt  die  Viehzucht  gegen  den  Ackerbau  zurück,  so 
daß  im  Jülich-Dürener  Gelände  namentlich  Rüben-,  Kartoffel-, 
Gemüse-  und  Obstbau  vorherrscht;  letzteren,  vor  allem  aber 
Kirschen-  und  Pflaumenzucht,  finden  wir  selbst  in  den  tiefer 
eingeschnittenen  Roertälern  zwischen  Einruhr  und  Heimbach. 
Die  Weintraube  gedeiht  schon  an  den  Buntsandsteinhängen 
der  Nideggener  Gegend,  während  im  Trockengebiete  an  der 
Ahr  infolge  der  reichlichen  Besonnung  die  Rotweintraube  zur 
Ausreife  gelangt. 

Die  vorliegende  Untersuchung  wurde  im  Meteorologischen 
Observatorium  Aachen  ausgeführt,  welches  sich  die  Aufschließung 
der  klimatischen  Verhältnisse  der  Rheinprovinz  besonders  zur 
Aufgabe  gemacht  hat;  außer  dem  Verfasser  beteiligte  sich 
hieran  noch  der  erste  Assistent  Hr.  A.  Sieberg. 

Aachen,  Meteorolog.  Observatorium,  September  1903. 

(Eingegangen  30.  September  1903.) 


780 


98.  Magnetische  Drehung  der  Polarisationsebene  in 
verflüssigten  Gasen  unter  atmosphärischem  Drucke. 

Messungen  mit  Stickoxydul. 

Von  Ij.  H.  Siertsema  in  Leiden. 

Mitteilung  Nr.  90  aus  dem  physikalischen  Institut  zu  Leiden. 

HlersB  T»r.  II,  Fig.  1,  2,  3. 


Durch  viele  theoretische  und  experimentelle  Unter- 
suchungen hat  in  den  letzten  Jahren  die  magnetische  Drehung 
der  Polarisationsehene  des  Lichtes  an  Bedeutung  gewonnen. 
Die  Elektronentheorie  gibt  eine  Erklärung  dieser  durch  Fa- 
raday  entdeckten  Erscheinung,  durch  welche  es  sogar  möglich 
ist,  unter  einigen  vereinfachenden  Annahmen,  aus  der  magne- 
tischen Drehung  und  der  gewöhnlichen  Dispersion  einen  an- 
genäherten Wert  für  das  Verhältnis  e  I  m  der  elektrischen 
Ladung  und  Masse  der  Elektronen  zu  finden.^) 

Ein  auch  in  theoretischer  Hinsicht  wichtiger  Punkt  ist 
die  Frage,  wie  die  Drehung  sich  mit  dem  Druck  und  der 
Temperatur  des  Mediums  ändert.  Insbesondere  wird  die  Ände- 
rung bei  Übergang  zu  einem  anderen  Aggregatzustande  dabei 
von  Interesse  sein.  Es  hat  dieses  mich  dazu  geführt,  meinen 
Untersuchungen  über  die  magnetische  Drehungsdispersion  in 
Gasen  unter  hohem  Druck  ^j  eine  solche  über  verflüssigte  Gase 
folgen  zu  lassen.  Bei  den  vielen  Hilfsmitteln  des  hiesigen 
Instituts  für  eine  derartige  Untersucliung  war  eine  Fortsetzung 
in  dieser  Richtung  auch  ohne  dem  angewiesen. 

Wenn  auch  ^der  verflüssigte  Sauerstofl"  wegen  seiner  mag- 
netischen Eigenschaften  und  der  abweichenden  Drehungs- 
dispersion für  diese  Untersuchung  vielversprechend  war,  ist 
mit  anderen  leichter  zu  verflüssigenden  Gasen,  CH3CI  und  N^O, 
angefangen,    bei    welchen    es    leichter  ist,    die   eigentümlichen 

1)  L.  H.  Siertsema,  Comm.  Phys.  Lal).  Leiden  Nr.  82.   1902. 

2)  L.  H.  Siertsema,  Comm.  Phys.  Lab.  Leiden  Suppl.  1;  Arch. 
Neerl.  (2)  2.  p.  291.  1899. 


Magnetische  Drehung  der  Polarisationsebene,  781 

Schwierigkeiten  dieser  Untersuchung  zu  beseitigen.  Auch 
werden  bei  diesen  Messungen  wegen  des  Fehlens  der  Absorp- 
tionsbanden im  sichtbaren  Spektrum  die  Dispersionskurven  ein- 
facher sein  und  dadurch  vielleicht  einen  besseren  theoretischen 
Anhaltspunkt  bieten  als  die  mit  verflüssigtem  Sauerstoff^  in 
dessen  Spektrum  einige  breite  Absorptionsbanden  auftreten.^) 
Die  Untersuchung  mit  CH3CI  ist  bereits  veröffentlicht.^  Es 
soll  hier  über  die  mit  NgO  berichtet  werden. 

Der  Apparat,  mit  welchem  die  Messungen  ausgeführt  sind, 
ist  derselbe,  der  auch  für  die  mit  CH3CI  gedient  hat  Er  ist 
in  Fig.  1  und  2  abgebildet;  eine  Vergleichung  mit  dem  früher 
abgebildeten  Apparat  wird  einige  Verbesserungen  anzeigen. 

Besohreibung  des  Apparates. 

D  Versuchsrohr  aus  Glas,  welches  durch  die  Leitung  H  mit  ver- 
flüssigtem Gas  gefüllt  wird  und  durch  planparallele,  mit  Fischleim  auf- 
gekittete Glasplatten  />,  verschlossen  ist. 

Ä  doppelwandiges  Schutzrohr  aus  Messing,  welches  durch  die  Lei- 
tung Äi  mit  flüssigem  Stickoxydnl  gefüllt  wird.  Der  Dampf  kann  durch 
die  Leitung  K  entweichen. 

F  Schwimmer  zur  Beobachtung  der  Füllung  des  Schutzrohres. 

J  Leitung  für  den  aus  dem  Versuchsrohr  entweichenden  Dampf. 

L  Ringe  aus  Messing,  die  mit  Siegellack  auf  dem  Versuchsrohr 
angekittet  sind  und  welche  in  Verbindung  mit  Gummiringen  den  Dampf- 
raum des  Versuchsrohrs  abschließen. 

Dl  Messingplatten,  welche  durch  Ringe  D^  gegen  die  Glasplatten 
Z>3  gedrückt  werden,  damit  diese  noch  besser  auf  dem  Versuchsrohr 
haften. 

C  Nicol,  drehbar  in  Messingröhren,  welche  durch  Ringe,  die  gegen 
die  Wand  des  Schutzrohrs  federnd  andrücken,  festgehalten  werden. 

iV  Uartgummischeiben  mit  Gummidichtung  0  und  6  Zugstangen 
Ni  dienen  zum  Abschließen  des  ganzen  Schutzrohrs.  Nur  die  Enden 
der  Zugstangen  sind  in  der  Abbildung  sichtbar. 

Vor  dem  Verschließen  des  Schutzrohrs  stellt  man  den  Nicol  auf 
Dunkel  ein  und  dreht  dann  einen  der  Nicole  durch  einen  daran  be- 
festigten Messingdraht  um  den  Winkel,  der  bei  den  Beobachtungen  als 
Drehungsvvinkel  benutzt  werden  soll. 

AI  Röhrchen  durch  die  Wand  der  Scheiben  N,  durch  Gummi- 
schläuche verbunden  mit  C7- Röhrchen,  welche  NaOH  enthalten.  Durch 
diese  wird  der  Zutritt  von  trockner  Luft  in  den  abgekühlten  Räumen 
um  den  Nicol  C  ermöglicht. 

1)  Vgl.  F.  Harms,  Physik.  Zeitschr.  4.  p.  158.  1902.;  A.  Schmauss, 
Münch.  Sitzuiigsber.  32.  p.  327.  1902. 

2)  LH.  Siertsema,  Comm.  Lab.  Leiden  Nr.57.  1900  u.  Nr.80.  1902. 


782  L,  H.  Siertsema. 

B  Glasplatten  in  den  Scheiben  Ny  mit  Gummidichtung,  aufgeachloesen 
durch  die  Hartgummiringe  P. 

Q  Glasplatten,  die  mit  Gummidichtung  und  mit  Hartgammihülaea 
R  einen  Kaum  abschliefien,  in  welchen  sich  eine  kleine  Schale  V  mit 
PfOs  befindet. 

U  Röhre  aus  Hartgummi  und  Glas,  in  welcher  einige  StQcke  NaOH 
angebracht  sind  und  die  durch  die  Glasplatten  T  mit  ELartgammihölseD 
geschlossen  sind. 

üi  Ansatzröhren,   verbunden   mit  U-Röhrchen    mit  NaOH^    zu  dem 
gleichen  Zwecke  wie  M. 

Der  Apparat,  wie  Fig.  1,  wird  mit  allen  abzukühlenden  Teilen 
(Ff  Kf  J)  gut  in  Wolle  verpackt  und,  mit'eiuigen  verschlossenen  Papier- 
hüUen  versehen,  in  der  Achse  der  Drahtspule  G  (Fig.  2)  aufgestellt 

D  Wasserschirm,  A  Kollimator,  C  Bogenlampe,  B  Quecksilberbogeo* 
lampe  nach  Arons-Lummer,  P  Prisma,  Q  Femrohr. 

Die  wichtigsten  Änderungen,  die  nach  der  Untersuchung  mit  CH,C1 
angebracht  sind,  betreffen: 

1.  Die  Verlängerung  des  äußeren  Raumes  XJ  an  beiden  Seiten  mit 
Glasröhren,  um  Wassemiederschlag  an  den  Glasplatten  T  durch  di« 
kalten  Teile  J  und  K  zu  verhindern. 

2.  Die  Änderung  des  Rohres  A^.  welche  fri\her  unten,  jetzt  obeo 
angebracht  ist,  wodurch  eine  regelmäßigere  Wirkung  erzielt  wird. 

3.  Die  Vergrößerung  der  Drahtspule  G,  welche  früher  1107  Win- 
dungen hatte,  aber  während  der  jetzigen  Untersuchung  zu  1644  Win- 
dungen vergrößert  ist. 

4.  Die  polarisierenden  Prismen.  Anfangs  wurden  solche  mit 
Kanadabalsam  oder  mit  Leinöl  gekittet,  benutzt.  Diese  wurden  aber 
immer  nach  kurzer  Zeit  unbrauchbar,  da  die  Kittschicht  bei  der  starken 
Abkühlung  blättrig  und  daher  undurchsichtig  wurde.  Die  Prismen  sind 
daher  verwechselt  mit  Foucaultschen  Luftprismen,  welche  sich  gut 
bewährten.  Es  stand  die  Luftschicht  durch  eine  kleine  Öffnung  mit  dem 
äußeren  Raum  in  Verbindung. 

Die  Stromstärke  wurde  wie  früher  mit  einem  d'Arson  val-Galvano- 
meter  in  einer  Abzweigung  des  Hauptstroms  gemessen.  Die  Ablesungen 
des  Galvanometers  wurden  der  Stromstärke  proportional  gefunden. 

Die  FülluDg  mit  flüssigem  N2O  geschah  durch  eine  ein- 
fache, an  den  Leitungen  //  oder  A^  verbundene  Hebervomch- 
tung  aus  Vakuumgefäßen,  die  im  kryogenen  Laboratorium 
gefüllt  wurden.^)  Der  besonders  im  Anfang  sich  bildende 
Dampf  fand  einen  Ausweg  durch  die  Röhre  A'  oder  J,  welche 
mit  einer  Leitung  verbunden  waren,  die  den  Dampf  nach  dem 

1)  Vgl.  Kamerlingh  Ounes,  Comm.  Phys.  liab.  Leiden.  Nr.  87.    1904. 


MaffTietische  Drehung  der  Polarisationsebene,  783 

kryogenen  Laboratorium  zurückführte,  wo  er  wieder  kompri- 
miert wurde.  Die  Höhe  der  Fliiaaigk^  in  dem  Schutzrohr 
wird  durch  den  Schwimmer  F  angezeigt,  in  dem  Versuchsrohr 
ist  die  Füllung  durch  direkte  Beobachtung  zu  verfolgen.  Es 
zeigte  sich,  daß  wenn  zuerst  das  Schutzrohr  gefüllt  wurde  und 
dieses  mit  den  inneren  Teilen  also  auf  niedrige  Temperatur 
gebracht  war,  die  Füllung  des  Versuchsrohrs  fast  ohne  Dampf- 
bildung stattfand. 

Nach  der  Füllung  wurde  einige  Zeit  gewartet,  bis  Tem- 
peraturgleichgewicht eingetreten  war,  und  dann  wurde  mit  den 
Beobachtungen  angefangen.  Zuerst  wurden  mit  Sonnenlicht, 
oder,  wenn  dieses  versagte,  mit  der  Quecksilberbogenlampe 
einige  Punkte  im  Spektrum  zur  Kalibrierung  eingestellt  und 
dann  mit  Sonnen-  oder  Bogenlicht  das  schwarze  Band  im 
Spektrum  durch  eine  geeignete  Wahl  der  Stromstärke  in  der 
gewünschten  Lage  im  Spektrum  eingestellt  Sogleich  nach 
dieser  Einstellung  wurde  das  Galvanometer  abgelesen,  der 
Strom  geöflFnet  und  die  Lage  des  Femrohrs  abgelesen.  Nach 
drei  solchen  Einstellungen  wurde  zu  einer  anderen  Stelle 
im  Spektrum  übergegangen.  Dann  und  wann,  und  jedenfalls 
am  Ende  jeder  Messungsreihe,  wurden  die  Ablesungen  zur 
Kahbrierung  des  Spektrums  wiederholt. 

Es  zeigte  sich  oft  eine  Störung  dadurch,  daß  trotz  aller 
Vorsorge  Eisanschlag  auf  den  inneren  Glasplatten  entstand, 
welche  das  Fortsetzen  der  Beobachtungen  verhinderte. 

Da  der  Drehungswinkel  konstant  ist,  wird  die  Stromstärke, 
welche  ausreicht,  um  das  schwarze  Band  auf  einer  bestimmten 
Wellenlänge  einzustellen,  umgekehrt  proportional  mit  der 
Drehungskonstante  bei  dieser  Wellenlänge  sein.  Diese  Kon- 
stante ist  also  proportional  zu  1  /  a,  wenn  a  den  Galvanometer- 
ausschlag vorstellt. 

Die  Messungen  umfassen  die  folgenden  Reihen.  Die  drei 
zusammengehörigen  Ablesungen  sind  dabei  zu  Mittelwerten  ver- 
einigt. Bei  jeder  Messungsreihe  ist  angegeben  der  Winkel  a, 
auf  welchen  die  Hauptschnitte  der  polarisierenden  Prismen 
eingestellt  waren,  und  zur  Orientierung  die  größte  und  kleinste 
Stromstärke  L  Bei  der  ersten  Messungsreihe  hatte  die  Draht- 
spule 1107,  bei  den  späteren  1644  Windungen. 


784  L,  H,  Siertsema, 


I. 

11 

.• 

m. 

o  =  5<» 

ff  =  6,5« 

) 

a  =  6,5« 

i  =  50- 

—70  Amp. 

t  =  40- 

-80  Amp. 

i  =  35—70  Amp. 

A 

^  .  10* 
a 

l 

^  .  10* 
a 

;i 

.10» 
a 

528 

420 

458 

555 

459 

575 

566 

861 

482 

504 

478 

524 

579 

344 

483 

502 

492 

499 

617 

299 

498 

463 

528 

488 

[589 

832] 

516 

440 

543 

407 

522 

429 

575 

362 

560 

376 

622 

309 

607 

816 

[589 

344] 

614 

806 

589 

338] 

IV. 

V. 

VI. 

«  =  6,5 

,0 

ff  =  6,5° 

ff  =  8 

\^ 

i  =  40- 

—70  Amp. 

i  =  45- 

-65  Amp. 

i  =  55 — 70  Amp. 

A 

^  .10* 
a 

l 

-  .  10* 
a 

X 

—  .10» 
a 

487 

508 

527 

431 

498 

431 

502 

488 

564 

378 

538 

375 

524 

448 

599 

336 

573 

326 

549 

410 

642 

289 

570 

376 

589 

347 

581 

362 

589 

."52 

595 

341 

605 

331 

608 

329 

632 

301 

:589 

351 

Diese  Reihen  lassen  sich  wegen  kleiner  Änderungen  in 
der  Aufstellung  und  Empfindlichkeit  der  Apparate  nicht  ohne 
weiteres  zu  einer  Reihe  vereinigen.  Es  ist  darum  für  jede 
der  Reihen  I  bis  V  graphisch  der  Wert  von  1/  a  für  a  =  589 
festgestellt,  welche  am  Ende  jeder  Reihe  beigefügt  ist.  Mittels 
dieser  Werte  ist  das  Verhältnis  o  /  o  xa  der  Drehungskonstante 
für  die  Wellenlänge  A  zu  den  für  /  =  589  berechnet,  und 
diese  Größen  in  einer  Kurve  dargestellt,  welche  in  Fig.  4  ver- 
kleinert abgebildet  ist.  In  dieser  Kurve  sind  auch  die  Wert« 
aus  der  Reihe  VI  aufgenommen,   bei  welcher  man   den  Wert 


McLgneäsche  Drehung  der  Polarisationsebene. 


785 


für  A  =x  573   aus  der  Kurve   entnommen   und  daraus  die  für 
die  beiden  anderen  Wellenlängen  berechnet  hat 

In  den  folgenden  Tabellen  sind   diese  Größen  angegeben 
mit  den  Werten,  welche  aus  der  Kurve  abzulesen  sind. 


n. 


m. 


l 

p/pNa 

Kurve 

l 

p/p  Na 

Kurve 

528 

1,266 

1,247 

IV.   487 

1,446 

1,460 

566 

1,087 

1,087 

502 

1,390 

1,375 

579 

1,085 

1,036 

524 

1,278 

1,265 

617 

0,902 

0,903 

549 

1,168 

1,157 

458 
482 
483 
498 
516 
522 
560 

1,644 
1,490 
1,487 
1,370 
1,301 
1,270 
1.112 

1,670 
1,491 
1,485 
1,397 
1,803 
1,275 
1,111 

570 
581 
589 
595 
605 
608 
632 

1,071 
1,032 
1,008 
0,972 
0,942 
0,937 
0,857 

1,071 
1,028 
1,000 
0,978 
0,942 
0,982 
0,858 

607 

0,935 

0,936 

614 

0,905 

0,912 

V.   527 

1,242 

1,252 

459 

1,671 

1,661 

564 

1,090 

1,095 

478 

1,522 

1,517 

599 

0,967 

0,964 

492 

1,450 

1,431 

642 

0,832 

0,831 

523 

1,272 

1,270 

543 

1,182 

1,182 

575 

1,051 

1,051 

VI.   498 

1,401 

1,397 

622 

0,899 

0,887 

538 

1,218 

1,208 

Der  Wert  der  Drehungskonstante  für  Ä  =  589  ist  be- 
stimmt worden  durch  Vergleichung  mit  Wasser.  Es  wurde 
nach  den  Beobachtungen  der  Reihe  V^  ohne  etwas  am  Apparat 
zu  ändern,  die  Versuchsröhre  mit  Wasser  gef&llt  und  sodann 
wurden  einige  Einstellungen  des  schwarzen  Bandes  ausgeführt 
Aus  diesen  wurde  mittels  früherer  Messungen  der  Drehungs- 
dispersion des  Wassers^)  berechnet  (>n,o/(>h,o  =  0,425  für 
X  =  589,  und  weiter  mit  g-a^  =  0',01303  gefunden 

(>N.o  =  0',00554  für  Ä  =  589. 

Für  das  molekulare  Drehungsvermögen,  das  nach  der 
Definition  von  Perkin  für  Stickoxydnlgas  0,616  betrug*), 
finden  wir  hier  0,94,  also  einen  ganz  verschiedenen  Wert. 

1)  L.  H.  Siertsema,  Comm.  Phjs.  Lab.  Leiden.    Nr.  73.   1901. 

2)  L.  H.  Siertsema,  Comm.  Phys.  Lab.  Leiden.    Suppl.  1.  p.  87. 

Boltzmaon-FestBcbrift.  50 


786 


L,  H.  Stertsema. 


Aus  der  Theorie,  welche  die  magnetische  Drehung  auf 
eine  Verschiebung  der  Dispersionskurve  fQr  Zirkularstrahlen  im 
Magnetfelde  zurückführt,  wird  unter  einigen  yereinfachenden 
Annahmen  gefunden : 


(>  = 


X       dn 


m     2V      dl   ' 


50O 


WO  n  den  Brechungsindex  bei  der  Wellenlänge  A,  F  die 
Lichtgeschwindigkeit  und  ejm  das  Verhältnis  der  Ladung  und 
der  Masse  der  Elektronen  vorstellt.^)  Es  wird  sich  lohnen 
zu  untersuchen,  was  diese  Beziehung  für  den  Übergang  vom 
dampfförmigen  bis  zum  flüssigen  Zustande  für  uns  neues  bietet 
Man  würde  dabei  die  Konstanz  von 

_e_  _  2F       dl 
m  l    ^    d  n 

1)  L.  H.  Siertsema,  Comm.  Phys.  Lab.  Leiden.    Nr.  82. 


Maffnetiscke  Drehung  der  Polarisationsebene.  787 

Yoraussetzen   und   dann   die  Gültigkeit   der   darans  folgenden 

Beziehung 

gg    _  (rfn/dit)fl 
qfi    "^  {dnjdljg 

untersuchen  können.  In  unserem  Falle  fehlen  aber  dazu, 
wenigstens  für  den  flüssigen  Zustand,  die  benötigten  Disper- 
sionsbestimmungen. 

Wenn  man  den  von  Lorentz^)  abgeleiteten  Wert 


n2=  1  + 


Aii^qm 


WO  &  die  Schwingungszeit  des  Lichtes,  N  die  Zahl  der  Mole- 
küle pro  Volumeinheit,  und  q  eine  von  &  unabhängige  Größe 
vorstellt,    in  den  obigen  Ausdruck  für  q  einführt,  findet  man 


o  = 


'^        Ne  VI*         n      ' 

wie  auch  Lorentz  unmittelbar  aus  seiner  Theorie  ableitet.*) 
Man  kann  jetzt  annehmen,  daß  Ne  sich  proportional  zur 
Dichte  d  ändert,  und  findet  also 

Qg       (**'«  —  1)*    »»fl      ^fl 

^ "  — —      '^ i_ . . ■ 

qa         (n«fl  -  !)•     ng      dg 

Die  Vergleichung  dieser  Beziehung  läßt  sich  für  A  =  589 
durchführen.  Die  Werte  Wg  und  n^  erhält  man  durch  An- 
nahme der  Konstanz  des  spezifischen  Brechungsvermögens 
(n*—  l)/(n*+  2)d,  welche  auch  aus  der  Lorentzschen  Theorie 
folgt  und  durch  die  Beobachtungen  bestätigt  wird.  Bleek- 
rode^  fand  für  flüssiges  N^O  bei  16^  in  Berührung  mit  seinem 
Dampf  Tifl  =  1,193.  Aus  den  Messungen  von  Cailletet  und 
Mathias*)  findet  man  für  16^  d^  =  0,785,  also 

(n*fl-  l)/(n«fl  +2)rffl  =  0,1675. 

Für  die  Dichte  des  flüssigen  N^O  bei  atmosphärischem  Druck 
fand  Natterer ^]    1,15  und  man  berechnet  aus  dem  oben  ge- 

1)  H.  A.  Lorentz,  Theorie  ^lectrom.  de  Maxwell  etc.,  p.  184;  Arch. 
N^erl.  (1)  25.  p.  496. 

2)  H.A.  Lorentz,  Versl.  Ak.  van  Wet   p.  97.  1897/98. 

3)  L.  Bleekrode.  Proc.  Roy.  Soc.    p.  339.    1884. 

4)  L.  Cailletet  u.  E.  Mathias,  Journ.  de  Phjs.  (2)  5.  p.  557. 

5)  J.  Natterer,  Pogg.  Ann.  62«  p.  184.    1844. 

50* 


788  L.  H,  Siertsema,    Magnetische  Drehung  etc, 

nannten  Wert   des   spezifischen  Brechungsvermögens    für   den 
zugehörigen  Brechungsindex 

n«fl  -  1  =  0,6634,       na  =  1,2897. 

Für  gasförmiges  N,0  bei  30  Atm.  und  10,9^  ist  gefunden 
^g  =  0,000241'.  ^)  Aus  dem  Gesetz  der  übereinstimmenden 
Zustände  findet  man  für  diesen  Fall  d^  =  0,07784  und  der 
Brechungsindex  läßt  sich  aus  dem  spezifischen  Brechungs- 
vermögen berechnen.     Wenn  man  von  den  Werten 

n  =  1,0005152     und     rf  =  1,614  x  0,001  293 

für  1  Atm.   und  0®   nach  Mascart^  und  Dalton*)  ausgeht 

findet  man  , 

V^- 4- =  0.1645*) 

n»g  +  2     rfg  '  ' 

und  daraus  berechnet  man 

n*g  -  1  =  0,03886,         Wg  =  1,01914. 
Mit  diesen  Werten  wird 

_&L  =  ;»;t^»  J  .  ^  .  4L  =  0,06415 . 

^fl         (n*fl  -  1)»       «g        dg 

Die  Messungen  ergaben 

^  ^  _M00241^  ^ 
^fl  0,00554  ' 

Der  Unterschied  zwischen  diesen  Werten  würde  auf  eine 
Veränderlichkeit  des  Verhältnisses  e/m  hindeuten.  Wenn  wir 
m  als  elektromagnetische  Masse  betrachten,  welche  von  dem 
Bewegungszustande  des  Elektrons  abhängen  kann,  würde  dieses 
möglich  sein  durch  eine  Änderung  dieses  Zustandes  mit  der 
Temperatur.  Indessen  muß  man  beachten,  daß  bei  der  Ab- 
leitung der  oben  benutzten  Beziehung  viele  vereinfachende  An- 
nahmen gemacht  worden  sind.  Insbesondere  wird  die  Voraus- 
setzung eines  einzigen  Absorptionsbandes  wohl  nicht  zutreffen. 

1)  L.  H.  Siertsema,  Comm.  Phys.  Lab.  Leiden.  Suppl.  1.  p.  86; 
Arch.  N6erl.  (2)  2.  p.  376. 

2)  E.  Mascart,  Ann.  Ec.  norm.  (2)  0.  p.  0. 

3)  J.  Dal  ton,   vgl.  Tab.  von  Landolt  u.  Börnstein. 

4)  Die  Konstanz  des  spezifischen  Brechungsvermögens  beim  Über- 
gang vom  gasformigen  zum  flüssigen  Zustand  wird  hier  besser  bestätigt 
als  bei  Bleekrode  (l.  c),  welcher  ältere  Werte  für  da  benutzt. 

(Eingegangen  30.  September  1903.) 


789 


99.   Über  Yerdichtnng  der  Gase  an  der  Wand 

der  GeMe. 

Von  Q.  Melander  in  Helsingfors. 

Aus  früheren  Untersuchungen  über  die  Ausdehnung  der 
Gase  bei  niedrigen  Drucken^]  habe  ich  geschlossen,  daß  das 
Gesetz,  nach  welchem  der  wahre  Ausdehnungskoeffizient  der 
Gase  mit  dem  Drucke  konstant  abnimmt,  nicht  exakt  ist.  Es 
schien  mir,  als  ob  dieser  Ausdehnungskoeffizient  ein  Minimum 
hätte,  welches  für  verschiedene  Gase  einem  verschiedenen 
Drucke  entspricht 

Bei  der  Besprechung  dieser  Untersuchungen  hat  Prof. 
Wüllner^)  bemerkt,  daß  die  von  mir  beobachtete  Vergröße- 
rung des  Ausdehnungskoeffizienten  bei  niedrigen  Drucken  viel- 
leicht nur  eine  scheinbare  sei,  und  daß  sie  die  Folge  der  Ab- 
lösung von  an  der  Wand  der  Gefäße  verdichtetem  Gase  dar- 
stelle, um  so  mehr  da  ich  angebe,  daß  bei  meiner  Versuchs- 
auordnung ein  zweistündiges  Erwärmen  erforderlich  war,  um 
einen  konstanten  Zustand  zu  erhalten. 

Wie  Wüllner  auch  angibt,  sind  nicht  diese  Beobachtungen 
allein,  sondern  auch  die  Beobachtungen  von  Mendelejew  und 
anderen,  nach  denen  bei  abnehmendem  Drucke  das  Produkt 
pv  wieder  abnimmt,  wenn  man  unter  den  Druck  einer  Atmo- 
sphäre hinabgeht,  unvereinbar  mit  der  von  van  der  Waals 
gegebenen  Zustandsgieichung  und  mit  den  Anschauungen  der 
kinetischen  Gastheorie. 

Diese  Unvereinbarkeit  hängt  zwar  von  der  Annahme  der 
Unveränderlichkeit  der  Moleküle  ab.  Gibt  man  aber  zu,  daß  die 
Moleküle  sich  verändern  können,  so  sind  sowohl  die  Abnahme  des 
Produktes  pv  bei  abnehmendem  Drucke,  wie  meine  Beobach- 

1)  G.  Melander,  Wied.  Ann.  47.  p.  185.  1892;  De  la  dilatation 
des  gaz.  Helsingfors  1899;  Etudes  sur  la  dilatation  de  Thydrog^ne.  Acta 
Soc.  Scienr.  Fenn.  19.  No.  7.  1891;  Etudes  sur  la  dilatation  de  Toxjg^ne. 
Acta  Soc.  Scient.  Fenn.  20.  No.  9.  1894. 

2)  A.  Wüllner,  Lehrbuch  der  Experimentalphysik  2.  p.  180.  1896. 


79ü  G.  Melander. 

tungen  über  die  Ausdehnung  der  Gase  erklärlich.  Ich  will 
zwar  den  Resultaten  meiner  Beobachtungen  keinen  entschei- 
denden Wert  beimessen^  doch  scheint  mir  diese  Bemerkung 
nicht  allein  in  bezug  auf  Untersuchungen  über  die  Ausdehnung 
der  Gase  bei  niedrigen  Drucken  berechtigt. 

Die  Verdichtung  der  Gase  an  der  Wand  des  dieselben 
einschließenden  Gefäßes  kann  ja  bei  allen  Studien  über  die 
Gase  einen  Einfluß  haben.  Die  Größe  dieses  Einflusses  ist 
jedoch  durch  die  wenigen  bis  jetzt  ausgeführten  Versuche 
keineswegs  festgestellt  worden  und  bei  allen  Untersuchungen 
über  die  Zustandsgieichung  der  Gase  ist  der  Einfluß  der  Ver- 
dichtung der  Gase  an  der  Wand  des  Gefäßes  bis  jetzt  ganz 
yemachlässigt  worden. 

Die  Verdichtung  der  Gase  an  der  Wand  des  Gefäßes 
kann  in  der  Tat  durch  verschiedene  Methoden  bestimmt  werden. 

Die  Wirkungen  der  Verdichtung  sind  von  der  Größen- 
ordnung der  Oberfläche  des  das  Gas  einschließenden  Gefäßes, 
andere  Veränderungen,  wie  z.  B.  die  Ausdehnung,  sind  von 
der  Größenordnung  des  Volumens.  Durch  eine  zweckmäßige 
Anordnung  muß  man  also  bei  Untersuchungen  über  die  Aus- 
dehnung der  Gase  gleichzeitig  die  Größe  der  Verdichtung  be- 
stimmen können.  Je  räumlich  ausgedehnter  man  das  Gefäß 
wählt,  um  so  mehr  treten  im  allgemeinen  die  Wirkungen  der 
Verdichtung  zurück  gegen  die  Größe  der  Ausdehnung  des 
Gases.  Braucht  man  also  nacheinander  verschieden  große,  aber 
übrigens  ganz  ähnliche  Gasbehälter,  deren  Volumen  und  innere 
Oberfläche  bekannt  sind,  so  kann  der  EinÜuß  der  Verdichtung 
berechnet  werden.  Durch  Variation  der  Form  des  Gefäßes 
erhielte  man  noch  eine  Kontrolle  der  Berechnungen. 

Wenn  es  aber  gilt,  hauptsächlich  nachzusehen,  wie  die 
Verdichtung  verschiedener  Gase  sich  mit  dem  Drucke  ver- 
ändert, so  empfiehlt  sich  eine  andere  Methode. 

Anstatt  eines  einzigen  Gasbehälters,  der  wechselweise  auf 
0*^  und  100^  C.  gebracht  werden  kann,  verbindet  man  das 
Manometer  gleichzeitig  mit  zwei  ganz  ähnlichen  Gasbehältern, 
bei  denen  aber  die  inneren  Oberflächen  verschieden  sind. 

Der  Apparat,  den  ich  für  diese  Versuche  konstruiert  habe, 
besteht  aus  drei  Hauptteilen:  dem  Siedeapparat,  dem  Ver- 
gleicher und  dem  Kompressor. 


über  Ferdichtung  der  Oase.  791 

Der  Siedeapparat  besteht  aus  zwei  yoneinander  ganz  un- 
abhängigen Behältern  aus  Weißblech,  die  dem  von  Begnault 
angewandten  ähnlich  sind.  Der  obere  Teil  jedes  Behälters  ist 
also  ein  Dampfzylinder  mit  doppelten  Wänden,  der  oben  ge- 
schlossen und  in  zwei  Hälften  horizontal  zerschnitten  ist  Die 
obere  Hälfte  bildet  den  Deckel  des  Zylinders.  Der  Boden  der 
inneren  Teile  der  Dampfzylinder  besteht  aus  messingenen 
Drahtnetzen,  welche  das  zur  Erzeugung  einer  Temperatur  von 
0^  angewandte  Eis  hindern,  in  den  unteren  Teil  der  Siede- 
apparate zu  fallen.  Bei  der  Temperatur  von  100®  dringt  der 
in  diesen  Behältern  sich  entwickelnde  Dampf  in  die  Dampf- 
zylinder hinein  und  durchläuft  in  seiner  ganzen  Länge  die 
Zwischenräume  zwischen  den  beiden  Wänden  der  Zylinder. 
In  die  beiden  Zylinder  sind  Glasballons  eingeführt  Diese 
zwei  Ballons  sind  fast  ganz  gleich  groß  und  gleichzeitig  ge- 
blasen^ aber  der  eine  Ballon  ist  inwendig  ganz  matt  mit  Fluor- 
natriumlösung geätzt  Der  andere  Ballon  dagegen  ist  glatt 
gelassen.  Die  beiden  Ballons  sind  außerhalb  des  Siedeappa- 
rates untereinander  durch  EapiUarröhren  verbunden  und  stehen 
mit  dem  einen  Seitenaste  des  Y- förmigen  Vergleichers  in  Ver- 
bindung. 

Der  zweite  Seitenast  des  Vergleichers  ist  an  den  Kom- 
pressor angeschlossen.  Der  vertikal  abwärts  führende  Teil  des 
Vergleichers  führt  mit  Schlauchverbindung  zu  einem  Queck- 
silberbebälter.  In  jedem  der  beiden  Seitenäste  des  Vergleichers 
befindet  sich  eine  feine  Glasspitze.  Diese  beiden  Spitzen  sind 
in  gleicher  Höhe  eingestellt. 

Der  Kompressor  besteht  aus  einem  Glasballon^  der  unten 
an  eine  geteilte  Glasröhre  angeschlossen  ist  Der  untere  Teil 
dieser  Bohre  steht  einerseits  durch  einen  Kautschukschlauch 
mit  einem  Quecksilberbehälter,  andererseits  mit  der  Trocken- 
kugel der  Quecksilberluftpumpe  in  Verbindung. 

Der  Glasballon  wird  durch  schmelzendes  Eis  auf  kon- 
stanter Temperatur  gehalten.  Die  Temperaturen  der  übrigen 
Teile  wurden  aus  Thermometer-  und  Barometerbeobachtungen 
berechnet. 

Vom  Siedeapparat  bis  zur  Luftpumpe  sind  alle  Glasteile 
aneinander  geschmolzen. 


792  G,  Melander.     Über  Verdichtung  der  Gase. 

Wenn  nun  z.  B.  der  geätzte  Ballon  auf  0  ^  und  der  unge- 
ätzte  auf  Siedetemperatur  gebracht  sind ,  so  stellt  man  die 
Quecksilberkuppen  in  dem  Vergleicher  auf  die  beiden  Glas- 
spitzen ein.  Dies  kann  man  durch  VolumenveränderuDg  in  dem 
Kompressor  zuwege  bringen.  .Wenn  nun  der  geätzte  Ballon 
auf  Siedetemperatur  und  der  ungeätzte  auf  0^  gebracht  werden, 
muß  die  Einstellung  des  Quecksilbers  im  Kompressor  unyer- 
ändert  bleiben  —  vorausgesetzt^  daß  keine  Veränderungen  der 
Temperatur,  der  Barometerhöhe  oder  der  Kondensatioos- 
erscheinungen  vorgekommen  sind.  Da  man  die  Wirkungen  der 
Temperatur-  und  Barometerhöhenverändeningen  bei  Kenntnis 
der  Volumina  leicht  berechnen  kann^  so  kann  der  £induß  der 
Kondensation  auch  bestimmt  werden.  Die  Ausdehnungs-  und 
Kompressionskoeffizienten  des  Glases  sind  vorher  bestimmt 

Die  bis  jetzt  gemachten  Versuche  schienen  wirklich  einen 
kleinen  Einfluß  der  Verdichtung  der  Luft  an  den  Wänden  des 
Gefäßes  zu  zeigen.  Wenn  der  geätzte  Ballon  auf  Siedetempe- 
ratur gebracht  wird^  so  beobachtet  man  nämlich  eine  sehr 
kleine,  aber  stetig  wiederkommende  Vermehrung  des  Druckes, 
die  durch  Volumen-  oder  Temperaturveränderungen  nicht  er- 
klärlich scheint. 

Fortgesetzte  Beobachtungen  werden  zeigen,  wie  dieser 
Einfluß  sich  mit  dem  Drucke  verändert. 

Helsingfors,  27.  September  1903. 

(Eingegangen  1.  Oktober  1903.) 


793 


100.  Einige  Versuche  Aber  das  Elektrodenpotential  von 

Entladungsrohren. 

Von  Otto  Bergr  in  Greifswald. 


In  einem  Stromkreise,  der  aus  Leitern  erster  und  zweiter 
Klasse  besteht^  bleibt  der  stationäre  Zustand  der  Strom- 
verteilung ungeändert,  wenn  man  einen  Punkt  der  Leitung 
mit  der  Erde  verbindet.  Das  scheint  nicht  mehr  zu  gelten, 
wenn  der  Stromkreis  eine  Geißler  sehe  Röhre  enthält.  Einige 
Beobachtungen  derart  sollen  im  folgenden  mitgeteilt  werden. 

Die  Versuche  wurden  an  einer  Entladungsröhre  angestellt,  die 
in  der  Figur  p.  794  skizziert  ist:  a,  b,  c  sind  Aluminiumelektroden; 
b  hat  die  Form  eines  runden  Diaphragmas.  Das  Rohr  war 
dauernd  mit  einer  kleinen  Töplerschen  Pumpe  in  Verbindung. 
Der  Strom  einer  vierplattigen  Töplerschen  Influenzmaschine 
zirkulierte  zwischen  a  und  b]  die  Elektrode  c  hatte  ursprüng- 
lich zu  Versuchen  anderer  Art  gedient  Die  Potentialdifferenz 
zwischen  den  Elektroden  a  und  b  wurde  mit  einem  Braun- 
schen  Elektrometer  gemessen.  Es  kamen  drei  Instrumente 
in  Verwendung;  Nr.  1  für  0—1500  Volt  (lSktl.  =  100  Volt); 
Nr.  2  für  0—3000  Volt  (1  Sktl.  =  100  Volt);  Nr.  3  für  0  bis 
10000  Volt  (1  Sktl.  =  500  Volt).  Die  Instrumente  differierten, 
soweit  die  Skalen  gemeinsam  waren,  beträchtlich  in  ihren  An- 
gaben. Sie  wurden  späterhin  möglichst  gegeneinander  ab- 
geglichen.    Die  absoluten  Werte  wurden  nicht  kontrolliert. 

Man  beobachtet  nun,  daß  das  Entladungspotential  zwi- 
schen den  Elektroden  a  und  b  nicht  unwesentlich  geändert 
wird,  wenn  man  eine  dieser  beiden  Elektroden  zur  Erde  ab- 
leitet. Zum  näheren  Studium  dieser  Erscheinung  wurde  die 
Luft    in    der   Röhre    bis    zu    einem    bestimmten   Entladungs- 


794  0.   Berg, 

Potential  verdünnt  und  dann  die  Pumpe  außer  Tätigkeit  ge- 
setzt. Das  Entladungspotential  nahm  dann  langsam  wieder 
ab,  so  daß  die  Messungen  währenddessen  angestellt  werden 
konnten.  Aus  den  zahlreich  angestellten  Beobachtungen  sollen 
im  folgenden  einige  angeführt  werden,  bei  denen  a  Anode, 
b  Kathode  war  (s.  Figur). 

Wenn  die  Anode  {a)  zur  Erde  abgeleitet  wird,  so  erfolgt 
bei  höheren  Entladungspotentialen  im  allgemeinen  eine  Er- 
höhung des  Potentials  (bei  4000  Volt  etwa  1000  Volt>  Dieser 
Einfluß  wird  mit  abnehmendem  Potential  geringer  und  ver- 
schwindet bei  etwa  880  Volt  gänzlich.  Unterhalb  von  880  Volt 
tritt  bei  Erdung  der  Anode  eine  Erniedrigung  des  Sntladungs- 
Potentials  ein,  die  100  Volt  betragen  kann.  Bei  etwa  600  Volt 
ist  der  Einfluß  der  Erdableitung  nicht  mehr  zu  merken;  eventuell 


verschwindet  er  auch  schon  bei  etwas  höheren  Potentialen, 
nachdem  der  Strom  recht  lange  Zeit  durch  die  Röhre  ge- 
gangen ist. 

Merkwürdigerweise  vollzieht  sich  der  spontane  Abfall 
des  Entladungspotentials  fast  niemals  stetig;  vielmehr  beob- 
achtet man  folgenden  Verlauf:  nachdem  es  bis  auf  etwa 
700  Volt  gefallen  ist,  steigt  es  plötzlich  ohne  erkennbaren 
Anlaß  bis  auf  etwa  880,  um  dann  langsam  wieder  zu  sinken. 
Dieser  Vorgang  wiederholt  sich  mehrmals  hintereinander.  Nach 
jeder  spontanen  Erhöhung  des  Potentials  ist  der  Einfluß  der 
Erdung  der  Anode  besonders  stark. 

Die  Erdung  der  Anode  bewirkt  jedoch  nicht  immer  Er- 
niedrigung des  Entladungspotentials.  Dieser  Efiekt  tritt  stets 
ein,  wenn  die  dritte  Elektrode  c  mit  der  Kathode  b  verbunden 
wurde.  Waren  jedoch  b  und  c  nicht  verbunden,  so  wurde  bei 
2500  Volt  Erniedrigung  des  Potentials  beobachtet;  oberhalb 
und  unterhalb  2500  Volt  fand  sich  dann  je  ein  Punkt,  wo 
Erdung  ohne  Einfluß  war. 


Elektrodenpotential  von  EnäadunffsrÖhren, 


795 


Die  folgende  Tabelle  1  gibt  eine  Serie  von  Beobachtungen 
bei  höheren  Entladungspotentialen.  Tabelle  2  a  und  2  b  ent- 
halten Beobachtungen  bei  niederen  Entladungspotentialen;  in 
denselben  sind  zwei  Beobachtungen,  zwischen  denen  sich  das  Ent- 
ladungspotential spontan  erhöhte,  durch  einen  Strich  getrennt. 
Die  Elektroden  b  und  c  waren  miteinander  verbunden.  In 
den  Tabellen  3  und  4  folgen  die  entsprechenden  Beobachtungen 
über  den  Einfluß  der  Erdung  der  Kathode.  Die  Resultate 
sind  etwas  wechselnd;  jedoch  ist  Erniedrigung  des  Potentials 
vorherrschend. 

Entladungspotentiale  in  Volt 
b  mit  e  verbunden. 


Tabelle  1. 

Tabelle  2a. 

Tabel] 

ie  2b. 

Anode 

Anode 

Anode 

nicht 
geerdet 

geerdet 

nicht 
geerdet 

geerdet 

nicht 
geerdet 

geerdet 

3800 

5000 

1500 

1600 

1500 

1600 

3500 

4500 

1400 

1500 

1400 

1500 

8200 

3800 

1300 

1390 

1800 

1400 

3000 

8500 

1200 

1280 

1200 

1280 

2700 

3000 

1100 

1160 

1100 

1150 

2500 

2700 

1050 

1100 

1000 

1040 

2200 

2350 

1000 

1080 

900 

920 

2000 

2100 

970 

990 

880 

850 

1800 

2000 
1650 
1400 
1300 
1180 

950 
930 
880 
850 
850 

970 
940 
885 
850 
830 

870 

840 

1500 
1300 
1200 
1100 

890 
850 
830 

790 
780 
780 

1 

• 

860 

780 

840   ,    770 

800 

760 

770 

750 

880   ,    750 

820      760 

800      765 

750 

780 

796 


0.  Berg, 


Tabelle  3. 


Tabelle  4. 


Kathode 

nicht 
geerdet 


geerdet 


■ 

8500 

8000 

8000 

2500 

2500 

2200 

2000 

1850 

1500 

1495 

1250 

1300 

1100 

1100 

1000 

1050 

700 

1200 

1000 

950 

980 

950 

850 

750 

750 

700 

• 

Kathode 

nicht 
geerdet 

geerdet 

8500 

2800 

3200 

2600 

3000 

2400 

2800 

2300 

2400 

2100 

2300 

2000 

2000 

1850 

1800 

1700 

1550 

1500 

Die  besprochene  Erscheinung  wird  sich  vermutlich  durch 
elektrostatische  Beeinflussung  der  Gasionen  und  Elektronen 
erklären  lassen.^)  Jedoch  liegt  die  Vermutung  nahe^  daß  der 
Einfluß  der  Erdleitung  auf  das  Entladungspotential  durch 
einen  Strom  zustande  kommt,  der  durch  die  Erdleitung  fließt. 

Um  diese  Vermutung  zu  prüfen,  wurde  in  die  Erdleitung 
ein  empfindliches  Drehspul-Zeigergalvanometer  eingeschaltet 
Tatsächlich  zeigte  sich  nun  zunächst,  daß  durch  die  Erdleitung 
ein  Strom  zur  Erde  floß,  und  zwar  sowohl  von  der  Anode  als 
auch  von  der  Kathode.  Es  mußte  also  in  der  Röhre,  falls 
keine  Elektrode  zur  Erde  abgeleitet  war,  positive  Elektrizität 
im  Überschuß  vorhanden  sein,  was  sich  auch  durch  Messung 
des  Potentials  beider  Elektroden  gegen  die  Erde  bestätigen  ließ. 
Jedoch  dürfte  es  nicht  leicht  fallen,  diesen  Erdstrom  mit  den 
Potentialänderungen  an  der  Röhre  in  Verbindung  zu  bringen. 
Es  ergab  sich  nämlich,  daß  dieser  Strom  lediglich  infolge  einer 
Asymmetrie  der  erregenden  Influenzmaschine  zustande  kam. 
Denn  statt  des  von  den  Elektroden  zur  Erde  fließenden  Stromes 


1)  In  Betracht  zu  zieheo  wäre  auch  die  etwa   vorhandene  Diskon- 
tinuität des  Stromes. 


Elehtrodenpotential  von  Entladunffsrokren. 


797 


konnte  man  durch  künstliches  ümpolarisieren  der  Maschine 
(der  Strom  wurde  in  der  Entladungsröhre  natürlich  wieder 
gleichgerichtet)  stets  einen  von  der  Erde  zur  Elektrode  fließen- 
den Strom  erhalten. 

Im  ersten  Fall  liefert  die  Influenzmaschine  einen  Über- 
schuß  an  positiver^  im  zweiten  einen  Überschuß  an  negativer 
Elektrizität. 

Tabelle  5. 


Anode 

Strom  zur  Erde 
von  der 

nicht 
geerdet 

geerdet 

Anode 

Kathode 

2500 

2600 

+  22 

+  3 

1900 

2050 

+  18 

+  8,5 

1500 

1650 

+  16 

+  4,5 

1800 

1400 

+  14 

+  5 

1000 

1050 

+  18 

+  5,5 

900 

900 

+  12 

+  6 

800 

880 

+  12 

+  6 

800 

750 

+  11 

+  6 

Tabelle  6. 


Anode 


nicht 
geerdet 


geerdet 


2500 
2200 
2000 
1600 
1300 
1100 
1000 
900 
860 


Strom  von 


Anode 


Kathode 


2600 

0 

nicht  gemessen 

2800 

-  2 

>i    » 

2100 

;   "  ^ 

-  20 

1700 

-  4 

-  20 

1400 

-  2 

-  14 

1120 

-  1 

-  8 

1010 

-  1 

-  7,5 

900 

-  2 

-  7,5 

850 

-2 

-  7,5 

Es  scheint  nun^  daß  die  besprochenen  Potentialänderungen 
von  der  Richtung  des  Stromes  in  der  Erdleitung  ziemlich 
unabhängig  sind,  so  daß  der  Zusammenhang  beider  Er- 
scheinungen   unwahrscheinlich    ist     Zur   Bestätigung    mögen 


798      0,  Berg.     Elektrodenpotential  von  Evtladunggr obren. 


die  Tabellen  5  bis  8  dienen,  in  denen  der  von  der  abgeleiteten 
Elektrode  zur  Erde  fließende  Strom  in  Skalenteilen  des  G^alvano- 
meterausschlages  angegeben  ist  (1  Skalenteil  =  0,00000024 
Ampere,  der  ganze  Strom  der  Maschine  hatte  eine  Stärke  von 
etwa  0,00008  Ampäre).  Zwischen  den  Messungen  der  Tabellen 
5  und  6  wurde  die  Maschine  umpolarisiert 


Tabelle  7. 


Tabelle  8. 


Elekti 

nicht 
geerdet 

rode  e 
geerdet 

Strom  von 

Elektrode  c 

znr  Erde 

2200 

2500 

+  4 

1700 

2000 

4-  4 

1450 

1750 

+  5 

1200 

1400 

+  5,5 

950 

1150 

+  7 

900 

1100 

+  6 

800 

950 

+  6 

750 

800 

+  7 

Elektrode  e 


nicht 
geerdet 


geerdet 


1600 

2200 

-  18 

1500 

1900 

-  18 

1300 

1600 

—  18 

1100 

1400 

-  18 

900 

1250 

-  17 

800 

1000 

-  1 

800 

900 

-17 

Strom  von 

Elektrode  e 

zur  Erde 


Tabellen  7  und  8  geben  den  Einfluß  der  Erdleitung  der 
Elektrode  c  auf  das  Entladungspotential;  wie  man  sieht,  sind 
die  Änderungen  größer  als  bei  Ableitung  der  Elektroden  a 
und  b\  die  Richtung  des  Erdstromes  scheint  ohne  wesentlichen 
Einfluß  zu  sein. 

Parallel  mit  den  Änderungen  des  Entladungspotentials 
gehen  gewisse  nicht  leicht  zu  beschreibende  Lichterscheinungen. 

(Eingegangen  1.  Oktober  1903.) 


799 


101.   über  die  Periode  und  die 
Phasendifferenz  zwischen  Strom  nnd  Spannung  im 

singenden  Flammenbogen. 

Von  G.  Granqvist  in  Upsala. 

Verbindet  man  die  beiden  Elektroden  in  einem  Licht- 
bogen,  die  eine  direkt,  die  andere  durch  eine  Selbstinduktion 
hindurch  mit  den  Belägen  eines  Kondensators,  so  wird  die 
Kondensatorleitung  und  der  Lichtbogen,  der  dabei  einen  musi- 
kalischen Ton  von  sich  gibt,  von  einem  Wechselstrom  durch- 
flössen, sofern  der  Länge  des  Lichtbogens  und  der  Intensität 
des  direkten  Stroms  geeignete  Werte  gegeben  werden.  Diese 
Wechselströme  sind  zuerst  von  Lecher  ^)  bei  seinen  Unter- 
suchungen über  den  vermuteten  diskontinuierlichen  Charakter 
des  elektrischen  Lichtbogens  nachgewiesen  worden,  später  wur- 
den sie  aufs  neue  von  Dud de  11*)  entdeckt,  der  das  Phänomen 
eingehender  studiert  hat. 

Die  Wechselzahl  dieser  Wechselströme  oder  die  Schwin- 
gungszahl des  Tons,  den  der  Lichtbogen  von  sich  gibt,  läßt 
sich   nach   Duddell   und   Tissot^   aus   der  Thomsonschen 

Formel 

_         1 

berechnen. 

Spätere  Untersuchungen  von  Wertheim*),  Ascoli,  Man- 
zetti^)und  Meisel^  haben  indessen  ergeben,  daß  die  Thom- 
son sehe  Formel  nicht  zur  Berechnung  der  Schwingungszahl 
verwendet  werden  kann  und  daß  diese  außer  von  der  Kapazität 

1)  E.  Lecher,  Wied.  Ann.  38.  p.  609.  1888. 

2)  W.  Duddell,  Electrician  45.  p.  310.  1900. 

3)  W.  Duddell  u.  C.  Tissot,  ]&clair.  ^iectr.  86.  p.  354.  1900. 

4)  Wertheim  Salomonson,  Versl.  Kon.  Akad.  Wet  Amsterdam, 
p.  381.  1902. 

5)  M.  Ascoli  u.  R.  Manzetti,  Rendiconti  dei  Lincei  11.  p.  11.  1902. 

6)  S.  Meisel,  Pbys.  Zeitschr.  4.  p.  532.  1908. 


800  G.  Granqvist. 

und  Selbstinduktion  auch  eine  Funktion  der  Länge  des  Licht- 
bogens und  der  Intensität  des  direkten  Stroms  ist. 

Eine  Erklärung  hierfür  ist  noch  nicht  gegeben  worden. 
Wir  wollen  daher  im  folgenden  die  Faktoren  zu  bestimmen 
suchen^  die  auf  die  Wechselzahl  Einfluß  haben^  und  femer  die 
Beziehung,  die  zwischen  ihnen  und  der  Schwingungszahl  besteht 

1.  Bevor  wir  zur  Behandlung  des  „musikalischen"  Licht- 
bogens tibergehen,  wollen  wir  zunächst  erörtern,  wie  die  Po- 
tentialdifferenz zwischen  den  Elektroden  in  einem  Lichtbogen 
sich  mit  der  Stromstärke  ändert. 

Eine  Vermehrung  der  Stromstärke  hat  bekanntlich  eine 
Verminderung  der  Potentialdifferenz  zwischen  den  Elektroden 
zur  Folge.  So  z.  B.  kann  für  einen  Lichtbogen  zwischen 
Homogenkohle  die  Potentialdifferenz  F  nach  Ayrton^)  in  der 
Form 

r  =:  38,88  +  2.074  A  +  ^^^^^  ^^'^^^ 

angesetzt  werden,  wo  A  und  /  die  Bogenlänge  und  die  Strom- 
stärke bezeichnen. 

Lagern  wir  nun  den  periodischen  Strom  a%ui2nnt,  wo 
a  klein  ist,  über  den  konstanten  Strom,  der  einen  Lichtbogen 
unterhält.  Wir  erhalten  dann  eine  periodische  Änderung  der 
Potentialdifferenz  zwischen  den  Elektroden,  und  deren  Phase 
muß,  nach  dem  oben  Angeführten,  um  einen  Winkel  n  im  Ver- 
hältnis zum  Strom  verschoben  sein. 

Duddell*)  hat  indessen  nachgewiesen,  daß,  wenn  die 
Frequenz  des  periodischen  Stroms  groß  ist,  eine  Phasen- 
verschiebung zwischen  Spannung  und  Strom  erhalten  wird, 
die  größer  ist  als  n  und  die  zunimmt,  wenn  die  Frequenz 
wächst. 

Die  Ursache  dieser  Zunahme  der  Phasenverschiebung  ist 
offenbar  die,  daß  bei  schnellen  Stromschwankungen  die  Kohlen 
nicht  mehr  den  jeweiligen  Stromwerten  entsprechend  brennen 
können. 

Jede  Änderung  der  Stromintensität  bewirkt  nämlich  eine 

1)  W.  Ayrton,  The  Electrician  41.  p.  720.  1898. 

2)  W.  D.  Duddel,  Proc.  Roy.  Soc.  68.  p.  517.  1901. 


Strom  und  Spannung  im  singenden  Flammenbogen,       801 

Anderang  sowohl  der  Ansatzilächen  und  des  Querschnitts  des 
Bogens  als  auch  des  Temperaturgefälles  längs  der  Elektroden. 
In  einem  früheren  Aufsätze^)  habe  ich  nachgewiesen,  daß  die 
Ansatzflächen  und  also  auch  der  Querschnitt  des  Bogens  unter 
anderem  auch  von  diesem  Temperaturgefälle  abhängig  ist 
Dieses  letztere  kann  natürlich,  besonders  bei  so  schlecht  wärme- 
leitenden Stoffen  wie  Kohle,  nicht  augenblicklich  den  Wert 
annehmen,  der  bei  stationärem  Zustand  dem  momentanen  Wert 
der  Stromintensität  entspricht.  Infolgedessen  muß  der  ther- 
mische Zustand  im  Bogen  und  also  auch  die  Ansatzflächen, 
der  Querschnitt  etc.  des  Bogens  eine  Phasenverschiebung  im 
Verhältnis  zum  Strom  erhalten,  und  diese  muß  um  so  größer 
werden,  je  größer  die  Frequenz  des  Stroms  ist.  Da  nun 
ferner  die  Potentialdifferenz  zwischen  den  Elektroden  sich  ändert, 
wenn  die  Dimensionen  des  Bogens  sich  ändern,  so  muß  offen- 
bar auch  sie  eine  entsprechende  Phaseuverschiebung  erhalten. 
Wenn  also  über  den  konstanten  Strom,  der  einen  Licht- 
bogen unterhält,  der  variable  Strom  asm27int  sich  lagert,  so 
erhalten  w^  eine  Variation  v  der  Spannung,  die  in  der  Form 

V  =  kasm{2nnt  —  %fj) 

angesetzt  werden  kann. 

Bei  Duddells  Untersuchungen,  die  mit  sehr  geringer 
Intensität  des  Wechselstroms  angestellt  wurden,  stieg  yj  mit 
der  Wechselzahl  kontinuierlich  von  n  auf  2ä  bei  Homogen- 
kohle. Bei  einer  Wechselzahl  von  ungefähr  1950  betrug  die 
Phasenverschiebung  3  7r/2  und  bei  90000  und  darüber  2n. 

Bei  einer  Untersuchung,  die  ich  später  veröffentlichen 
werde,  über  die  Phasenverschiebung  zwischen  Strom  und  Po- 
tentialdifferenz im  Lichtbogen  bei  geringerer  Wechselzahl  und 
größerer  Intensität  des  Wechselstroms  habe  ich  in  Überein- 
stimmung hiermit  bei  Homogenkohle  eine  Phasenverschiebung 
von  210®  bei  einer  Wechselzahl  von  60  gefunden. 

Mit  aller  Wahrscheinlichkeit  ist  indessen  die  Phasen- 
verschiebung nicht  nur  eine  Funktion  der  Wechselzahl,  sondern 
auch  der  Intensität  des  direkten  Stroms  und  des  Wechselstroms. 

Was  Dochtkohle  betrifft,  so  geben  Duddells  Messungen 
an   die  Hand,  daß  die  Phasenverschiebung  daselbst  zwischen 


1)  G.  Granqvist,  Nova  Acta  Eeg.  Soc.  Ups.    Serie  III.  1908. 

Boltzmann-Festflchrift,  ^I 


802  G.  Granqvist 

3;»/ 2  und  2n  liegt  Schon  für  250  Perioden  wurde  cos  V=0,67, 
also  y^=  312®  erhalten;  bei  15  000  und  darüber  cos  1^  =  1, 
also  W  =:  2n.  Für  eine  Wechselzahl  von  60  habe  ich  eine 
Phasenverschiebung  von  340®  erhalten. 

Die  Größe  k  in  obenstehender  Formel  wollen  wir  im 
folgenden  den  Wechselstromwiderstand  im  Lichtbogen  nennen. 
Dieser  Widerstand,  der  mit  der  Bogenlänge  wächst,  ist  ab- 
hängig von  der  Intensität  des  direkten  Stroms,  und  zwar  wird 
er  geringer,  wenn  diese  letztere  zunimmt;  er  ist  außerdem 
eine  Funktion  sowohl  der  Intensität  wie  der  Frequenz  des 
Wechselstroms. 

Die  Energie,  die  von  dem  Wechselstrom  im  Lichtbogen 
entwickelt  wird,  ist  dem  obigen  zufolge 


0 


sm{2  nnt  —  W)sm27intdt  =  — —  cost^ 


Liegt  t//  im  dritten  Quadranten,  so  ist  cost//  negativ.  In 
diesem  Falle  liefert  der  Lichtbogen  dem  Wechselstrom  eine 
gewisse  Menge  Energie.  Liegt  i/^  dagegen  im  vierten  Qua- 
dranten, so  absorbiert  der  Lichtbogen  Energie  von  dem  Wechsel- 
strom. 

2.  Untersuchen  wir  nun  das  Verhältnis  bei  dem  musi- 
kalischen Lichtbogen.  2  und  C  mögen  die  Selbstinduktion  und 
die  Kapazität  in  der  Kondensatorleitung  und  r  den  W^iderstand 
daselbst  bezeichnen.  Mit  77  und  X  wollen  wir  ferner  den 
Widerstand  und  die  Selbstinduktion  in  der  Hauptleitung  und 
mit  ß  die  elektromotorische  Kraft  daselbst  bezeichnen.  Be- 
zeichnet endlich  F  den  Momentan  wert  der  Potentialdifferenz 
zwischen  den  Elektroden  des  Lichtbogens  und  /,  i  und  j  die 
momentanen  Werte  der  Stromstärken  in  der  Hauptleitung,  der 
Kondensatorleitung  und  im  Lichtbogen,  so  ist 

^  =  2 +i; 

7.^==77/+X-^+r; 

^  =''    +y-..-+  ~— . 

Nehmen  wir  nun  an,  es  sei  der  durch  den  Lichtbogen 
gehende    Wechselstrom  =  a  sin  2  ;r  ;i  ^   und    a    klein    gegen    J. 


Strom  und  Spannung  im  ringenden  Flammenbogen.       803 

Die  infolgedessen  entstandene  Änderung  der  Potentialdifferenz 
im  Bogen  ist  dann  nach  dem,  was  wir  oben  gezeigt, 

V  r=s  A a sin (2  ;rn  ^  —  ^^. 

Bezeichnen  wir  nun  mit  SJ  den  Momentan  wert  des 
Wechselstroms  in  der  Hauptleitung,  so  gehen  diese  Gleichungen 
über  in 

(1)  dJ^i+a%\Xi2nnt\ 

(2)  nSJ+L^  +  Äa8in(2;rn^-  «0  =  0; 

(3)  ri  +  ß^J-  +  ^^-^  =  Äasin(2^n^--  y^- 

Integriert  man  die  Gleichungen  (2)  und  (3),  so  erhält 
man  nach  Ausschluß  der  Glieder 

Äe    ^        und     Be    ^    , 
welche  nach  einiger  Zeit  verschwinden, 

dJ= ^- cos  fl sin (2 ;rn ^  —  ^P  —  ii) ; 

I      =       ^-cos0sin(2;rw^- ^P+ 0), 
worin 

tgß  =  — ^/-     und     tg  0  = p^ 

^  U  ^  2nn Cr  r 

Nach  Einsetzen  der  Werte  flir  dJ  und  i  in  die  Glei- 
chung (1)  erhalten  wir 

-^-cosßsin(2(;rn^-  W --  fl) 

=  A^cos  *8in(2;rn^-  W+  0)  +  aQin2nnt, 

welche  Gleichung  aufgelöst  übergeht  in 

(4)  i^i^cos(y^  +  ß)  +  yCOsa>cos(«^-  0)+  1  =  0; 

(5)  -~  cos  ß  sin  (J//  +  fi)  +  J  cos  a>8in(^P-  *)  =  0. 

Wir  haben  nun  oben  gesehen,  daß  der  Winkel  V  ent- 
weder im  dritten  oder  vierten  Quadranten  liegen  muß. 

Der  in  der  Kondensatorleitung  entstehende  Wechselstrom 
wird,  wie  Duddell  nachgewiesen  hat,  dadurch  erhalten,  daß 

51* 


804  G.  Granqvist 

der  Lichtbogen  selbst  einen  Umformer  bildet,  der  einen  Teil 
des  Gleichstroms  in  Wechselstrom  umwandelt.  Damit  dieser 
letztere  aufrecht  erhalten  werden  könne  ^  muß  offenbar  der 
Bogen  Energie  abgeben,  um  die  durch  die  Joule  sehe  Wärme 
verlorene  Energie  in  der  Kondensatorleitung  zu  ersetzen.  Dies 
kann,  nachdem,  was  wir  oben  gezeigt,  nur  geschehen,  wenn  der 
Winkel  ^  im  dritten  Quadranten  liegt.  Dochtkohlen,  bei 
welchen  W  im  vierten  Quadranten  liegt,  lassen  sich  daher 
nicht  anwenden. 

Setzen  wir  daher 

so  gehen  die  Gleichungen  (4)  und  (5)  über  in 

(6)  — ^— cos(*o  +  ß)  +  — ,: — co%[%  ^  (!>)=  l 

,„\  cos  iß        .       fiTp      ,      ^^     ,        COS  0       '      ,,,.  _-^.  ^ 

(7)  — ^—  sm  {W^  +  n)  +  —^ —  sm  [%  -  *)  =  0. 

Der  Winkel  fl  liegt  immer  im  ersten  Quadranten,  das- 
selbe ist,  wie  wir  unten  sehen  werden,  der  Fall  bei  0.  Daraus 
folgt,  daß  sin(^^+ßj  positiv  ist.  Nach  Gleichung  (7)  muß 
dann  sinCP'Q  —  0)  negativ  sein  und  damit  0  >  ^^Q. 

Wir  wollen  nun  im  folgenden  annehmen,  es  sei  so  große 
Selbstinduktion  in  der  Hauptleitung  eingeführt,  daß  der  Wechsel- 
strom daselbst  vernachlässigt  werden  kann.  Wir  können  dann 
ß  approximativ   =  7i/2  und  damit  cos  ß  =  0  setzen. 

Die  Gleichungen  (7)  und  (6)  gehen  über  in 

(8)  W^  =  (D;         Äeos  (p  =  r, 

welche  beiden  Gleichungen  die  Bedingungen  angeben,  die  in 
diesem  Fall  erfüllt  sein  müssen,  damit  ein  Wechselstrom  ent- 
stehen und  der  Lichtbogen  so  einen  Ton  von  sich  geben  könne. 
Die  letzte  der  Gleichungen  (8)  hat  eine  einfache  physi- 
kalische Bedeutung.  Wird  0  =  ^^^  eingesetzt  und  multipliziert 
man  die  Ausdrücke  auf  beiden  Seiten  vom  Gleichheitszeichen 
mit  a^/2,  so  erhält  man 

-  -  cos  W,  =  -     , 

WO   das   Unke  Glied  die   Wechselstromenergie   bezeichnet,    die 
vom  Bogen  abgegeben  wird,  und  das  rechte  Glied  die  Joule- 


Strom  und  Spannung  im  singenden  Flammenbogen,       805 

8che  Wärme  in  der  Kondensatorleitung.  Die  Gleichungen  (8) 
besagen  also  als  Bedingung  für  das  Zustandekommen  eines 
Wechselstroms  in  der  Kondensatorleitung  und  dem  Lichtbogen, 
daß  die  Phasenverschiebung  zwischen  Potentialdifferenz  und 
Stromstärke  im  Lichtbogen  so  groß  sein  muß,  daß  die  Energie, 
die  vom  Bogen  abgegeben  wird,  gleich  der  Joule  sehen  Wärme 
in  der  Kondensatorleitung  ist. 

Wir  haben  oben  erwähnt,  daß  die  Gleichungen  (8)  die 
Bedingungen  für  das  Erhalten  eines  singenden  Lichtbogens 
enthalten.  Wird  in  diesen  Gleichungen  der  Wert  für  0  ein- 
gesetzt, so  erhalten  wir  nach  einer  einfachen  Reduktion 


W  **  =  '-'+(-2^-2«»2) 


2 


(10)  tg0  =  tg'f^„=        '  2"'*« 


2nnCr  r 

Nur  sofern  eine  Wechselzahl  existiert,  die  so  beschaffen 
ist,  daß  sie  diesen  beiden  Gleichungen  gentigt,  kommt  also  ein 
singender  Lichtbogen  zustande.  In  diesem  Fall  ist  der  Wechsel- 
stromwiderstand im  Lichtbogen  gleich  dem  scheinbaren  Wider- 
stand in  der  Kondensatorleitung  und  die  Phasenverschiebung 
zwischen  Spannung  und  Strom  im  Lichtbogen  um  einen 
Winkel  n  größer  als  die  in  der  Kondensatorleitung. 

3.  Um  auch  experimentell  die  Richtigkeit  des  obenstehen- 
den Satzes  zu  untersuchen,  habe  ich  einige  Bestimmungen 
über  den  singenden  Lichtbogen  ausgeführt  Da  der  Raum  es 
mir  hier  verbietet,  näher  auf  dieselbe  einzugehen,  will  ich  des 
Beispiels  halber  nur  über  einen  dieser  Versuche  berichten. 

In  die  Leitung  einer  Akkumulatorenbatterie  von  100  Volt 
wurde  eine  Bogenlampe  mit  Handregulierung  eingeschaltet 
Die  Kohle  in  derselben  bestand  aus  Homogenkohle  mit  einem 
Durchmesser  von  10  mm. 

In  die  Leitung  war  femer  eine  Drosselspule,  Ballast- 
widerstand und  ein  Amp^remeter  eingeschaltet  Der  Wider- 
stand in  der  Leitung  mit  Ausnahme  des  Lichtbogens  betrug 
20  Ohm  und  die  Selbstinduktion  der  Leitung  18,8. 10®  cm. 

Parallel  mit  dem  Lichtbogen  war  ein  Glimmerkondensator 
eingeschaltet,  und  hinter  diesem  eine  Selbstinduktion  und  ein 
Dynamometer.    Die  Kapazität  dieser  Leitung  betrug  1  Mikrof., 


806  G.  Gremqvist. 

die  gesamte  Selbstinduktion  3,576. 10' cm  und  der  Widerstand 
daselbst  1,25  Ohm. 

Bei  einer  Stromstärke  von  2,25  Amp.  und  einer  Bogen* 
länge  von  ungefähr  2  mna  gab  der  Lichtbogen  einen  Ton,  der 
zwischen  d  (2376)  und  rfw  (2475)  variierte.  Wird  die  Schwin- 
gungszahl nach  der  Thomsonschen  Formel  berechnet,  so  er- 
hält man  unge&br  e   (2640). 

Wir  können  nun  Q  berechnen.  Für  eine  Schwingnngszabl 
Ton  2400  erhält  man  ü  =  86°  and  cosSi  =  0,07.    Wir  werden 


__ ^^ 


nnten  sehen,  daß  <!>  ungefähr  83"  beträgt  Werden  nun  diese 
Werte  für  Ü  und  </)  in  die  Gleichung  (6)  eingesetzt  und  eheoso 
die  oben  angegebenen  Werte  für  IJ  und  r,  so  beträgt,  wenn 
außerdem  W„  approximativ  gleich  ff*  gesetzt  wird,  das  erst« 
ü-lied  hier  nur  3  Proz.  der  übrigen.  Wir  können  ihn  daher 
vernachlässigen  und  nehmen  also  an,  daß  der  Wechselstrom  nur 
durch  die  Kondensatorleitung  und  den  Lichtbogen  hindurchgeht. 
Wir  wollen  nun  die  Gültigkeit  der  Gleichung  (9)  unter- 
suchen. Bezeichnen  wir  den  induktiven  Widerstand  in  der 
Kondensatorleitung  mit  p,  so  ist 

(i  =  ^-^^g-  -2nnÖ       und       tg  (f  =  J- ■ 

Für  verschiedene  Werte  von  o  sind  nun  n  und  */>  be- 
rechnet und  in  das  obenstehende  Diagramm  eingeführt,  wo  o 
längs  der  Abazissenachse  und  n  und  0  längs  der  Ordinaten- 
achse  abgetragen  aiml. 


Strom  und  Spannung  im  singenden  Flammenbogen,       807 
Nach  Gleichung  (9)  ist 


e 


]/Ä2^ 


Wir  können  also  q  berechnen^  wenn  wir  k  bestimmen  können. 
Nach  der  Definition  flir  k  muß  dieses  gleich  dem  Ver- 
hältnis zwischen  der  effektiven  Spannung  des  Wechselstroms  im 
Lichtbogen  und  der  effektiven  Stromintensität  sein.  Die  letztere 
habe  ich  mittels  des  Dynamometers  in  der  Eondensatorleitung 
gemessen.  Um  die  effektive  Spannung  des  Wechselstroms  zu 
erhalten,  wurde  parallel  mit  dem  Bogen  gleichzeitig  ein  Volt- 
meter für  Gleichspannung  und  ein  Hitzdrahtvoltmeter  ein- 
geschaltet. Bezeichnet  man  den  Ausschlag  an  erstem  Instru- 
ment mit  E^  und  an  letzterem  mit  JB^,  so  ist  die  effektive 
Wechselstromspannung  e,  wie  Peuckert  gezeigt  hat, 


Untenstehende  Tabelle  enthält  die  bei  drei  verschiedenen 
Gelegenheiten  erhaltenen  Werte  für  diese  Spannungen  und  die 
daraus  berechneten  Werte  flir  k  und  (>. 


e 
Volt 

• 

Amp. 

k 
Ohm 

Q 
Ohm 

15,9 

1,64 

9,7 

9,6 

18,8 

1,64 

11,5 

11,4 

14,4 

1,64 

8,8 

8,7 

Werden  diese  Werte  für  p  in  das  Diagramm  eingesetzt, 
so  erhält  man  die  aus  Gleichung  (9)  berechneten  Schwingungs- 
zahlen. Aus  dem  Diagramm  ersehen  wir,  daß  diese  Schwingungs- 
zahlen zwischen  den  beobachteten  d  und  dis  liegen.  Da  der 
Bogen  nicht  einen  konstanten  Ton  gibt,  ist  es  unmöglich,  die 
Schwingungszahl  genauer  zu  bestimmen.  Die  dieser  Schwin- 
gungszahl entsprechende  Phasenverschiebung  liegt  zwischen 
82  und  84®.  Die  Phasenverschiebung  zwischen  Spannung  und 
Strom  im  Lichtbogen  selbst  beträgt  also  263  ^ 

Aus  Gleichung  (9)  ersehen  wir,  daß  einer  Änderung  des 
Wechselstromwiderstandes  im  Bogen  eine  Änderung  der 
Schwingungszahl  entspricht.  Da  die  Phasenverschiebung, 
wenigstens  wenn  sie  einen  größeren  Wert  hat,  nur  unbedeutend 
mit  dem   Wechselstromwiderstand  variiert,  wie  das  aus  dem 


Diagramm  benorgoht,  so  ii^t  es  im  allgemeinen  miiglich,  die 
Schwiugungszahl  iunerhaU)  gewiaser  ßrenzen  zu  variieren.  Eine 
Vermelirung  des  WecUselstromwiderstandes .  d.  h,  eine  Ver- 
mehrung der  Bogenlänge,  oder  eine  Verminderung  der  Strom- 
ititen^ität  bewirken  dann  eine  Erniedrigung  der  Schwingung 
zahl  und  umgekehrt.  Die  Ursache  dafttr,  daß  ein  singender 
Lichtbogen  keinen  konstauten  Ton  von  eich  gibt,  dürfte  haupt- 
siicbtich  eben  darin  Hegen,  daß  der  Wechselstrom widerstsiul 
ständig  variiert. 

Aus  dem  hier  angeführten  Versuche  ersehen  wir  also, 
daß  die  Übereinstimmung  zwischen  der  beybachteten  Schwiu- 
gungszahl  und  der  aus  oben  angeführten  Formeln  berechneten 
ziemlich  gut  ist.  Die  Gleichungen  (9)  und  (10)  geben  ans  also 
die  Bedingungen,  die  erfUllt  sein  müssen,  damit  ein  ..singender' 
Lichtbogen  erhalten  werden  könne,  unter  der  Voraussetzung, 
daß  der  Wechselstrom  von  kleiner  Amplitude  ist  und  nur 
durch  die  Kondensatrtrleitung  und  den  Lichtbogen  hindurcli- 
geht,  und  sie  geben  uns  ein  Mittel,  sowohl  die  Schwingungä- 
ziihl  als  auch  die  Phasenverschiebung  zwischen  Spannung  um! 
Htrom   im   Lichtbogen   xu  berechnen. 

Üpsala,  Physikalisches  Institut. 

(EiDgegaogen  1.  Oktober  1903). 


809 


102.  Hysteretische  Anwendung  der  Boltzmann- 
Maxwellschen  Verteilungsfunktion. 

Von  H.  du  Boia  in  Utrecht. 


Bezeichnungen. 
E,  Gyrationsenergie.  fj,  Feldintensität 

iTj,  Ky^  iC^,  Hauptträgheitsmomente.      9Ji,  Polarisationsmoment. 
y,  Integralordinate.  0«  >-  3J{  5/^o>  Argument. 

X,  Abszisse.  m,  Orientierungskosinus. 

y,  Differentialordinate.  {,  17,  Hilfiskoordinaten. 

Eine  sehr  große  Anzahl  diskreter,  längs  einer  Hauptachse 
äquatoreal  polarisierter  Kreisel,  deren  stabile  feldfreie  Gyrations- 
hauptachsen  die  gleiche  Richtung  haben  mögen,  sei  dem  orien- 
tierenden Einfluß  eines  ebenso  gerichteten  gleichförmigen 
Feldes  unterworfen.  Seine  Intensität  variiere  im  Bereiche  ±  00 
stetig  und  genügend  langsam;  dabei  sei  vorderhand  abgesehen 
von  einer  eventuellen  gegenseitigen  orientierenden  Wirkung 
der  Kreisel;  diese  seien  alle  gleich  in  bezug  auf  Trägheit  und 
Polarisation.  Was  ihre  kinetischen  Gyrationsenergien  betriflft, 
so  sollen  im  folgenden  beispielsweise  einmal  die  Konse- 
quenzen aus  der  Annahme  hergeleitet  werden,  daß  diese  in 
der  Weise  über  den  Kreiselschwarm  verteilt  seien,  wie  es  das 
Boltzmann-Maxwellsche  Gesetz  zunächst  für  translatorische 
Geschwindigkeitsquadrate  fordern  würde. 

Kürzlich  habe  ich  nachgewiesen^),  daß  jeder  Einzelkreisel 
an  und  für  sich  hierbei  unter  Umständen  „Orientierungs- 
hysterese" zeigen  wird,  so  daß  die  Fimktion 

m  =  fonct  (o^,) 

zum  Teil  durch  eine  isokinetische  Schleife  darzustellen  ist, 
etwa  wie  die  in  Fig.  \A  gestrichelte.  Die  dem  „Labilitäts- 
punkte'' L  bez.  L'  entsprechende  Feldintensität  beträgt  dann 


1)  U.  du  Bois,  Ann.  d.  Phys.  13.  p.  289.  1904. 


810  H.  du  BoU. 

(1)  5i  =  §  I  «0  k  =  §  f"°ct  {Kx,  Kr,  K£), 

sie  ist  also  für  Kreisel  mit  vorgeschriebenem  Trägheitsellipsoid 
der  Gyrationsenergie  direkt,  bez.  dem  Polarisationsmoment 
umgekehrt  proportional  (1.  c.  §  24). 

Die  hier  in  Betracht  kommende  Verteilungsfunktion  wird 
bekanntlich  dargestellt  durch  die  Gleichung^) 

(2)  y  =  -^.—/i; 

darin  ist  x  =  EqI2  E^,  das  halbe  Verhältnis  der  tatsächlichen 
Gyrationsenergie  zu  dem  am  häulBgsten  vorkommenden  Werte  Ew 
und  ydx  der  Bruchteil  der  Gesamtzahl  Kreisel,  deren  Energie 
zwischen  2Ej^x  und  2Ew{x  +  dx)  liegt.  Diese  Verteilungs- 
funktion wird  durch  die  Kurve  0'  M' W  dargestellt,  welche  flir 
X  =  0,5000  ein  Maximum  aufweist  und  später  asymptotisch 
gegen  Null  konvergiert. 

Eine  einfache  Überlegung  zeigt  nun,  daß  der  Orientierungs- 
vorgang für  den  ganzen  Kreiselschwarm  bei  passender  Wahl  der 
Koordinatenmaßstäbe  einer  Schleife  O  W  V  OW  V  entspricht 
Und  zwar  derart,  daß  je  einer  ihrer  gekrümmten  Äste,  z.  B. 
(7  W  V  —  rechts  von  der  Schleife  nochmals  mit  fünffach 
größerem  Abscissenmaßstab  gezeichnet  —  identisch  ist  mit 
der  aus  (2)  zu  gewinnenden  Integralkurve 


X 


(3)  y  =   \ydx  =  -^       e    ']/xdx. 

J  V  ^J 

0  0 

Behufs   Bestimmung  der   letzteren  setze  mau  x  =  ^^\    es    wird 

(4)  '^-yj'^'"^''^- 

0 

d.  h.  das  Integral  der  bekannten  Funktion 

\  n 

die  vergleichshalber  durch  die  Kurve  0'  MN  dargestellt  ist. 

1)  Vgl.  L.  Boltzmann,  Gastheorie  1.  p.  50;  2.  p.  130.  Leipzig  1895. 
—  L.  Boltzmann,  Berl.  Sitzungsber.  p.  1395.  1888.  —  G.  Kirchhoff, 
Wärmetheorie,  p.  170.     Leipzig  1894. 


Baltimann-Maxwelhche 

'Verteilungsfunktion. 

811 

J 

M 

\ 

\ 

/ 

\ 

PQ 

\ 

// 

w 

\ 

\ 

yj 

y 

\ 

V 

H 

\ 

■' 

\ 

L 

1 

i 

\ 

1 

V 

\ 

^^ 

/ 

\ 

>< 

\, 

^  ^ 

^. 

\ 

\ 

- 

\ 

f 

f^ 

-1^ 

?" 

>-^~ 

-.  \ 

^-^^^ 

- -> 

J" 

i 

f 

--> 

-. 

< 

\' 

if 

"'r 

] 

^i 

; 

c  ' 

i 

812  H.  du  Bois. 

Die  partielle  Integration  der  Gleichung  (4)  ergibt 

(5,  y_i/:-.|-i.-VS. 

0 

Nnn  läßt  sich  dieses  unbestimmte  ,,Wahrscbeinlichkeit8integral' 
den  Enck eschen  Tafeln  entnehmen.  Es  ist  bekanntlich  das  be- 
stimmte Integral  T^  =  1;  und  f ür  ]/jp  =  1,0875  =  y  1,1 826 
wirdi)  7i,i826  =  0,5000. 

Dementsprechend  zeigt  die  gestrichelte  O'  H^'  F'-Kmre 
Z=funct  [x]  zuerst  konvexe  Krümmung,  dann  einen  sehr 
„flachen"  Wendepunkt  W  für  x  =  0,5000,  verlauft  femer  mit 
äußerst  schwacher  konkaver  Krümmung,  erreicht  den  Wert 
r=  0,5000  für  X  =  1,1826,  und  nähert  sich  schließlich  asymp- 
totisch dem  Werte  Z=  1.  Ihre  GraphodiflFerentiation  fährt 
selbstverständlich  wieder  zur  Ausgangskurve  (/  ÄTN';  falb 
anderseits  eine  vollständige  Schleife  von  ähnlichem  Typus,  aber 
von  abweichender  Form  gegeben  wäre,  und  alle  sonstigen 
Voraussetzungen  zuträfen,  so  könnte  aus  ihr  durch  Grapho- 
diflFerentiation die  entsprechende  Verteilungsfunktion  hergeleitet 
werden.  Diese  könnte  sich  zwar  mehr  oder  weniger  von  der 
speziellen  exponential  -  irrationalen  Funktion  unterscheideo, 
welche  das  Boltzmann-Maxwellsche  Gesetz  darstellt;  die 
Kurve  müßte  aber  demselben  generellen  Typus  angehören. 

Handelt  es  sich  nicht  um  einen  vollständigen  Kreisprozeß, 
wobei  das  Feld  im  Bereiche  4:  oo  variiert,  sondern  um  einen 
unvollständigen,  sich  zwischen  den  Grenzwerten  +  %q  abspielen- 
den, so  werden  diejenigen  Kreisel  mit  erheblicher  Gyrations- 
energie,  für  die  ^l  >  %q  ^^  quasi-reversibeler  Weise  orientierbar 
sein,  aber  für  den  irreversibelen  Kreisprozeß  nicht  in  Betracht 
kommen.  Letzterer  wird  daher  dargestellt  durch  eine  Schleife 
von  geringerem  Ordinatenbereich,  z.B.  owv'owvy  deren  ge- 
krümmte  Aste  übrigens  identisch  sind  mit  den  betreffenden  An- 
fangsstrecken der  vollständigen  Schleifen  äste. 

Die  bei  dem  isokinetischen  Kreisprozeß  vom  Felde  ge- 
leistete, der  Dissipation  unterliegende  Arbeit  ist  proportioDal 
dem  Schleifeninhalt,  d.  h.  dem  Integrale 

1)  Vgl.  0.  E.  Meyer,  Kin.  Gastheorie  2.  Aufl.  II.  Abschn.  p.  40. 
Breslau  1899. 


ßoltzmann'MaxwelUche  Verteüungsfunküoru  813 

(6)  fxdr  =  xr-^Jrdx 

zwischen  passenden  Grenzen.  Seine  Berechnung  könnte  nach 
Einsetzen  des  7  aus  Gleichung  (5)  durch  Reihenentwickelung 
oder  bequemer  mittels  Graphointegration  erfolgen.  Nach 
letzterem  Verfahren  ist  das  Integral  als  Funktion  von  Y  auf- 
getragen (Fig.  1  B)\  diese  transzendente  Kurve  ähnelt  eiuer 
Parabel,  wenigstens  in  ihrem  mittleren  Verlaufe. 

Sofern  sich  überhaupt  im  Schwärme  Kreisel  befinden,  die 
aus  irgend  einem  Grunde  nur  in  quasi -reversibeler  .Weise 
orientierbar  sind,  wird  sich  die  betrefifende  Kurve  der  Schleife 
durch  Ordinatenaddition  superponieren.  In  der  üblichen  Aus- 
drucksweise werden  die  Schleifen  einer  Scherung  parallel  den 
Ordinaten  von  der  geraden  Asymptote  bez.  von  der  Abszissen- 
achse aus  bis  zu  jener  quasi-reversibelen  Kurve  zu  unterziehen 
sein;  durch  diese  Operation  können  sie  sich  selbstverständlich 
in  mannigfacher  Weise  deformieren. 

Etwaige  rein  translatorische  Bewegungen  des  Massen- 
zentrums eines  Kreisels  spielen  bei  alledem  keine  Rolle.  Be- 
finden sich  Kreisel  dauernd  oder  vorübergehend  so  nahe 
beieinander,  daß  ihre  gegenseitige  orientierende  Wirkung  im 
Vergleich  mit  der  des  Feldes  nicht  mehr  —  wie  zunächst  voraus- 
gesetzt wurde  —  zu  vernachlässigen  ist,  dann  wird  dies  eben- 
falls eine  Deformation  der  Schleifen  zur  Folge  haben,  die  sich 
schwerlich  berechnen  lassen  dürfte. 

Die  bisherigen  Ausführungen  betreffen  ein  rein  fiktives, 
verhältnismäßig  einfaches  Gebilde;  das  vorliegende  statistisch- 
dynamische  Problem  führt  dann  zu  der  mitgeteilten  Lösung. 


Es  fragt  sich  nun,  inwiefern  diese  Beantwortung  einer 
künstlich  vereinfacht  gedachten  Fragestellung  zum  Verständnis 
des  Mechanismus  ferromagnetisch-hysteretischer  Vorgänge  bei- 
zutragen vermag? 

An  Stelle  der  älteren  Anschauungen  hat  Hr.  Ewing 
seine  bekannte  Theorie  gesetzt  und  durch  Versuche  an  Modellen 
erhärtet,  wobei  die  „intermagnekulare"  Orientierung  die  Haupt- 
rolle spielt;  immerhin  erscheint  auch  hierbei  die  Annahme 
irgendwelcher  dissipativer  Wirkungen  unumgänglich. 


814     H,  du  JBois,     Boltzmann-Maxwellsche   FerteilungsfunktUm. 

Seit  der  Aufstellung  dieser  Theorie  (1890)  haben  die  Er- 
gebnisse der  magnetischen  Materialprüfung  an  Vollständigkeit 
gewonnen  und  hegen  zuverlässige  hysteretische  Schleifen  für  die 
allerverschiedensten  ferromaguetischen  Substanzen  vor.  Dabei 
hat  sich  ergeben ^  daß  auch  schwächer  permeabele  Stofie  aus- 
gesprochen hysteretische  Eigenschaften  besitzen  und  KoerzitiT- 
felder  aufweisen,  die  nach  hunderten  von  Gauß  zählen.  Hierzu 
kann  schon  Wolfram-  bez.  Molybdänstahl  gerechnet  werden; 
femer  gehören  hierzu  verschiedene  Amalgame,  Legierungen 
und  Verbindungen,  bei  denen  die  intermagnekulare  Orientierung 
nur  eine  geringe  sein  und  in  Feldern  von  der  Ordnung  100  Gauß 
kaum  eine  erhebliche  Rolle  spielen  kann.  Angesichts  der  hier 
zutage  tretenden  Schwierigkeit  ergibt  sich  die  Notwendigkeit, 
nach  anderen  möghchen  Ursachen  der  hysteretischen  Erschei- 
nungen Umschau  zu  halten. 

Es  fällt  nun  auf  den  ersten  Blick  auf,  daß  die  im  Vorigen 
diskutierten  Kurven  denselben  generellen  Typus  aufweisen  wie 
die  magnetischen  Schleifen,  wenn  man  letztere  einer  Rück- 
scherung  parallel  den  Ordinaten  von  der  oberen  Randkurve 
bis  zu  einer  der  Abszissenachse  parallelen  Geraden  unterzieht. 
Ein  quantitativer  Vergleich  der  Einzelheiten  würde  den  Rahmen 
dieser  Notiz  überschreiten  und  wäre  auch  vorderhand  zwecklos, 
da  der  tatsächliche  Magnekularmechanismus  viel  komplizierter 
sein  dürfte  als  der  hier  angenommene.  Eine  Deformation  der 
Kurvenäste  infolge  gegenseitiger  Orientierung  wurde  ja  auch 
im  Vorigen  bereits  als  wesentliche  —  wenn  auch  nicht  als 
einzig  maßgebende  —  Nebenwirkung  betont. 

Utrecht,  Universität. 

(Eingegangen  1.  Oktober  1903). 


815 


103.  Vertikalvariometer 
für  erdmagnetische  Messungen  im  Luftballon. 

Von  M.  Th.  Edelmann  in  München. 


Bezüglich  der  Frage  über  das  Zustandekommen  der  erd- 
magnetischen Erscheinung  ist  kürzlich  wiederholt  von  H.  Ebert 
auf  die  Wichtigkeit  erdmagnetischer  Messungen  im  Luftballon 
hingewiesen  worden.  Während  man  nun  im  Ebertschen 
Ballonvariometer  bereits  ein  für  die  Bestimmung  der  Hori- 
zontalintensität geeignetes  Instniment  zur  Verfügung  hat, 
scheint  ein  Hilfsmittel  zur  Ausmessung  der  zugehörigen  Ver- 
tikalkomponente bis  jetzt  zu  fehlen. 

In  folgenden  Zeilen  berichte  ich  in  Kürze  über  einen  dies- 
bezüglichen Konstruktionsversuch,  der  in  meiner  Werkstätte 
zur  Ausführung  gelangte,  wobei  die  Figur  ledighch  die  wesent- 
lichen Bestandteile  des  „Ballon- Vertikalvariometers"  in  per- 
spektivischer und  schematischer  Zeichnung  zeigt;  die  Dar- 
stellung von  Gehäuse,  C  ard an  i scher  Aufhängung  des  Ganzen, 
sowie  Einrichtungen  für  Temperaturkompensation,  Arretierung, 
Lagerung  der  Axen,  Dämpfung,  Korrektion  der  Schwer- 
punkte etc.,  die  im  HinbUck  auf  Raum-  und  Gewichtserspamis, 
sowie  hauptsächlich  wegen  des  unbedingt  nötigen  exakten  und 
konstanten  Ganges  nicht  gerade  zu  den  einfachsten  Kon- 
struktionsaufgaben zu  zählen  sind,  wurden  hier  weggelassen. 

In  den  Lagerkörper  Z,  der  nach  oben  in  drei  Böcke 
endigt,  sind  die  drei  Achatplatten  ABC  eingekittet  und  nach 
dem  Einkitten  auf  gemeinschaftliche  Ebene  fein  auspoliert. 
Auf  diesen  Steinen  spielen  (vermittelst  vollkommen  exakt 
wirkender  Parallelführungen  und  Arretierungen  auflegbar)  die 
beiden  Iridiuraschneiden  von  zwei  Wagbalken   D  und  E. 

Der  eine  Wagbalken  hat  dieselben  Ausmaße,  dieselbe  Ein- 
richtung und  Temperaturkompensation,  wie  dies  von  Wild  für 
die  Lloyd  sehe  Wage  (seiner  bekannten  Variationsapparate) 
angegeben  wurde.     Der  zweite  Wagbalken  gleicht  in  der  Form 


M.    TA.    EiMmann.      IrrtikaJüariom^ter. 


1 


.lein  eisteb  Tnllkommen:   bei  ihm  ist  jedoch   statt  deft  ma^f- 
tiscben  Stahlrohres  ein  gleich  schweres  MessiDgrohr  eisgelegt: 
t!S  spielen  also  elDe  magnetische  und  eine  unmagnetische  ft'age 
DebeneiDaD'ler;   letztere  hat  aJs 
Mire  za  dienen;    damit    ist  die 
'  KoDstruktionsidee    für    das   In- 
strument angegeben. 

Auf  den  Schneiden  beider 
Wagbalken  sitzen  dicht  neben- 
einander zwei  Spiegel  a  und  6: 
ihr  Gang  wird  Termittelst  Fem- 
rofar/'  und  Kollimator  G  beot>- 
achtet:  in  Her  Brennebene  der 
Kollimatorlinse  liegen  die  beiden 
G-lasstreifen  e  und  d  (mikro- 
metrisch  einstellbar),  von  deaeit 
£■  die  eine  durchsichtig  auf  schwar- 
zem Grande  einen  feinen  MaS- 
Stab,  die  andere  ein  ebeu> 
solches  Fadenkreuz  trügt;  die 
Spiegel  a,  h  reflektieren  derart 
in  dasFernrohr  hinein,  daß  Skala 
und  Fadenkreuz  sich  decken. 

Das   t;,iiize    ist    in   ein  tie- 
häuse,  in  das  auch  ("'ernrohr  und 
Kollimator  eingefügt   sind,  ein- 
geschlossen,   und    wird    vermittelst    Schraubzwinge    und   Car- 
daniacher  Ringe   an    den   Korb    befestigt. 

Die  Empfindlichkeit  des  Apparates  und  die  Konstanten 
werden  auf  bekannte  Weise  vermittelst  großer  herumgelegter 
Stromkreise  oder  Lamontschen  Hilfsmagneten  eingestellt  und 
bestimmt.  Vorläutige  Prüfungen  haben  die  Brauchbarkeit  des 
Apparates  erwiesen;  Messungen  im  Ballon  werden  Dach  defi- 
nitiver Fertigstellung  des  Instrumentes  vorgenommen  werden. 
München,  September  1903. 

(EingegBngen  1.  Oktober  1903.) 


817 


104.  Sur  la  loi  de  distribntion  röguliöre  de  la 
composante  nord  dn  magnötisme  terrestre,  en  France, 

au  1«'  janyier  1896. 

Par  E.  Mathias  k  Toalouse. 


§  1.  Dans  cette  recherche,  j'ai  pris  comme  base  de  mos 
calculs  le  RSseau  Magneüque  de  la  France  de  M.  Moureaux^), 
dont  toutes  les  mesores  sont  ramen^es  ä  la  date  id^le  du 
l^'janvier  1896. 

Un  travail  pr6liminaire,  qüi  est  considörable,  s'impose: 
c'est  celui  qui  consiste  k  former  les  [A  long.)  et  les  [A  lat) 
des  617  localit^s  en  question.^  Aprfes  quoi  il  faut,  pour 
chaque  Station,  faire  la  difförence  entre  la  composante  nord  X 
indiqu6e  par  M.  Moureaux  et  la  composante  nord  de  l'obser* 
vatoire  de  Toulouse,  du  meme  auteur. 

üne  difficultö  se  präsente  pour  la  composante  X  qui 
n'existe  pas  pour  les  ^l^ments  J9,  i/  et  /;  X  est  un  6l6ment 
calcule,  non  odserve, 

La  relation: 

(1)  X^HcosD 

montre  que  les  erreurs  de  la  composante  horizontale  et  de  la 
d^clinaison  se  reportent  sur  X.  Dörivons  les  deux  membres 
de  la  formule  (1);  il  vient 

(2)  dX=  cos  ß  '  dH -H  sin  D^dD 

oii  dX  est  Ferreur  de  JT  correspondant  aux  erreurs  dH  et  dD 
de  la  composante  horizontale  et  de  la  döclinaison.  Si  nous 
remarquons  que  la  valeur  moyenne  de  H  est  0,2  et  que  Ton 
a  sensiblement  en  France 

1)  Th.  Moureaux,  Annales  du  Bureau  Central  M^t^orologiqne 
pour  1898. 

2)  £n  retranchant  de  la  longitude  et  de  la  latitude  de  la  Station  en 
question  la  longitude  et  la  latitude  de  Tobserratoire  de  Toulouse,  les  lon- 
gitudes  ouest  ^tant  affect^es  du  eigne  +  et  les  longitudes  est  du  eigne  — . 

BoltzmaDn-Festtchrift.  52 


818  £.  Mathias. 

cos  i>  =  cos  15^  =  1      sin  jD  =  Z>  =  liAi^     [y  =  — \ — \  ; 

1000         V  200000  j' 

si  Ton  a  de  plus  dB  ^  ±  »',  Terreur  rfX,  exprim^e  en  unit^s 
d6cimales  du  cinquieme  ordre^  est  de  la  forme: 

dX^dH±  1,6/1'. 

Les  erreurs  se  retranchent  si  dB  et  dD  sont  de  meme 
signe;  eile  s'ajoutent  s'ils  sont  de  signes  contraires.  Dans  ce 
demier  cas,  une  erreur  de  30  uuit^s  du  cinquieme  ordre  sor 
H  et  une  erreur  de  2'  sur  la  d^clinaison  donnent  une  errenr 
absolue  de  33  unit^s  du  5®  ordre  pour  X. 

Quoi  qu'il  en  soit,  on  peut^  comme  pour  la  composante 
horizontale^  admettre  la  possibilit6  d'un  6cart  de  40  unit^s  du 
5®  ordre  entre  les  nombres  calculös  et  observ6s. 

Comme  on  le  voit^  c'est  Terreur  relative  k  la  composante 
horizontale  qui  est  pröpondörante,  ce  qui  est  Evident  si  Tod 
consid^re  que  dans  la  formule  (1]  cos  I)  est  extremement 
Yoisin  de  un, 

Les  nombres  de  M.  Moureaux  relatifs  ä  Toulouse  am 
annöes  1884  et  1896  sont  respectivement  0,21040  et  0,21110; 
conformöment  aux  rösultats  trouvös  dans  le  calcul  des  autres 
^l^ments  magn6tiques,  j'ai  admis  pour  la  valeur  de  J  ä 
Toulouse  la  moyenne  0,21075  des  deux  nombres  pr6c6dents, 
ou  mieux  21075  qui  sera  pour  nous  la  composante  nord  de 
Toulouse  au  P'janvier  1896.  En  retranchant  ce  nombre  des 
composantes  nord  de  M.  Moureaux  exprimöes  en  unitös  du 
5^  ordre  dreimal,  on  aura  le  J  X  observe\  le  AX  calcule  sera 
donn^  par  la  loi  de  distribution  reguliere  qu'il  s'agit  de 
trouver. 

§  2.  J'ai  proc6d6  dans  cette  recherche  exactement  de  1ä 
meme  faQon  que  pour  la  composante  horizontale^),  la  d^ 
clinaison,   Tinclinaison  %  la  composante  verticale^  et  la  force 


1)  E.  Mathias,  Arch.  Nderlandaises  pour  1900.    (Volume  jubilaire 
du  Prof.  Lorentz.) 

2)  E.Mathias,  Arch.  Nöerlandaises  pour  1901.    (Volume jubilaire 
du  Prof.  Bosscha.) 

3)  E.Mathias,  Congres  de  Montaubau.  1902.  (Association fran^aise 
pour  l'avancement  des  sciences.) 


(4) 


Magnetisme  terrestre  en  France.  819 

totale.^)  Des  tatonnements  r^guliers  m'ont  permis  de  passer 
de  la  formule  lin6aire 

(3)  J  X  (calc.)  =  -  2  ( J  long.)  -  7,5  ( J  lat), 

valable  dans  une  aire  assez  6tendue  autour  de  Toulouse,  k  la 
formule  plus  exacte 

f  JZ(calc.)  =  -  2(Jlong.)  -  7,5  (J  lat)  -  0,0008  (J long.)»  + 

+  0,0009  ( J  long.)  ( J  lat)  +  0,0009  [J  lat)« 

applicable  dans  toute  la  France,  la  Corse  y  compris.  Tant 
que  la  difförence  JX(obs.)  —  JX(calc.)  ne  d^passe  pas  en 
valeur  absolue  40  unit6s  du  5^  ordre,  on  peut  consid^rer  la 
Station  comme  r^guliäre  au  point  de  vue  de  la  composante 
nord;  au  delä  il  y  a  anomalie. 

La  formule  (4)  a  permis  de  choisir  dans  les  617  localit^s 
visit^es  par  M.  Moureaux  445  stations  r^guliöres;  on  a  pu 
alors  6crire  445  ^quations  k  6  inconnueis  de  la  forme 

J  X(obs.)  ==  a:  +  y  ( J  long.)  +  z[{^  lat.)  +  u{/l  long.)*  + 

+  v(J  long.)  ( J  lat)  +  w{A  lat)*. 

Si  Ton  pose 
y  =  -  2  +  y,       z  =  -  7,5  +  /,       u  =  -  0,0008  +  u\ 
V  =  0,0009  +  v,       w?  =  0,0009  +  w\ 

et  si  Ton  retranche  membre  k  membre  (4)  de  (5),  il  vient: 

z+y  ( Jlong.)  +  / (Jlat)  +  u  (Jlong.)«  +  »'(Jlong.)( Jlat)  + 
+  w' [A lat.)*  =  AX (obs.)  -  J X (calc.) . 


(5)     { 


(6){ 


Les  445  öquations  du  type  (6)  ä.  6  inconnues  x,  y\  z\ 
Uf  Vy  w,  ont  Ät6  rösolues  par  la  möthode  des  moindres  carr^s 
par  le  Service  des  calculateurs  de  TObservatoire  de  Toulouse, 
sous  la  haute  direction  de  M.  B.  Baillaud,  directeur  de  cet 
Etablissement  A  cette  occasion  je  renouvelle  k  M.  Baillaud 
Texpression  de  ma  respectueuse  gratitude. 

Les  6quations  (Ö)  ont  fourni  la  Solution  suivante: 

X  =  0,88 ,     y  =  0,0973 ,      z  =  -  0,0520 ,      «'  =  0,000  278  3 , 
ü'  =  -  0,0003582 ,       w  =  -  0,0000025 . 

l)  £.  Mathias,  Congr^  d* Angers.  1903.  (Association  firan^aise  pour 
ravancement  des  sciences.) 

62* 


820 


E,  Mathias, 


La  loi  de  distribution  röguli^re  de  la  composante  nord 
pour  la  France  entifere,  y  compris  la  Corse,  est  par  suite 
donn^e  par  la  formale: 

|JX=  0,88  -  l,9027(Jlg.)  -  7,552(Jlt.)- 0,000 5217(Jlg.)» 
C^^  1         +  0,000541 8  (J  long.)  (/Jlat.)  +  0,0008975  (Jlat)*. 

L'extreme  faiblesse  du  terme  constant  de  la  formule  (7] 
montre  que  la  composante  nord  admise  pour  Tooloase  est  bien 
exacte  et  que  cette  Station  est  parfaitement  reguliere  pour  cet 
6l6ment  comme  pour  tous  les  autres. 

§  3.  Le  tableau  suivant  donne  la  v^rification  de  la  for- 
mule (7)  pour  30  döpartements  entierement  regnliers,  c^est-ä-dire 
qui  donnent  pour  la  diflP6rence  entre  le  J  -X*  observ^  et  le  AX 
calcul^  une  valeur  absolue  qui  n'est  jamais  sup^rieure  k  40 
unit^s  du  5®  ordre. 

La  colonne  intitul^e  X^^  donne  la  composante  nord  de 
la  Station  consid^r^e^  d'apr^s  le  Reseau  Magnetique  de  la  France 
de  M.  Moureaux  et  pour  la  date  du  P*^  j  an  vier  1896;  la 
signification  des  autres  colonnes  est  Evidente. 


Stations 


A  lODg. 


1.  Ain 

Beliey -253',45 

Bourg -225,05 

Nantua -249,25 

2.  BasseS'AIpes 
Barcelonnette   .     .     .  —311,75 

Digne -285,65 

Forcalquier  .     .     .     .  —259,35 

Sisteron -268,75 

3.  Hautes- Alpes 

Brian^on —310,45 

Embrun -301,95 

Gap -277,75 

4.  Alpes  Maritimes 

CaiTOs —344,45 

Grasse -328,85 

Nice -350,55 

Puget-Thöniers      .     .  -326,35 

Viilefranche      .     .     .  -351,95 


Jlat 


X 


M 


AX 

(obs.) 


AX 

(c&lc.) 


4-128',75   0,2057    -505 
+  155,15   0,2032    -755 


+  152,45   0,2038 


+   46,35 


+   76,85 


0,2101 


+   56,85   0,2116 


-    65 

+   85 


+   56,95   0,2114    +   65 


+  3,35 
+  6,35 
+  20,75 
+     5,15 


(obs.)- 
(calc) 


—  526  I    +21 

—  Tee-    +11 


-695     —708      +13 


0,2126]  +185  +-187  -   2 

+   28,85   0,2134    +265  +285  -20 

+   20,95  |0,2137    +295;  +299  -   4 

+    35,15   0,2130    +225;  +204  I  +21 


-  47  I  -18 
+  93-8 
+    53      +12 


+     9,45   0,2156    +485     +521       -36 


0,2161    +535  +544  ;  -   9 

0,2163    +555  i  +554  !  +   1 

0,2150    +425  i  +406  '  +19 

0,2162 1  +545  (  +567  ;  -22 


Magnetisme  terrettre  en  France. 


821 


Stations 

A  long. 

Jlat 

x^ 

JZ(ob8.) 

AX 
(calc.) 

(obs).- 
(calc) 

dkcke 

- 188',85 

+  67',25 

0,2091 

-   165 

-   170 

+  5 

ibe 

LT-Aube     .    . 

j  -160,05 

+  295,25 

0,1920 

-1875 

-1885 

+  10 

Aabe    .    .    . 

-195,45 
-175,85 

+  277,85 

0,1939 

-1685 

-1706 

+21 

Seine    .    .    . 

+  270,25 

0,1940 

-1675 

-1681 

+   6 

sur-Seine  .     . 

-121,55 

+  293,25 

0,1915 

-1925 

-1932 

+  7 

-8ur- Seine      .    ' 

-135,75 

+  293,95 

0,1916 

-1915 

-1914 

-   1 

ilien.     .     .     . 

-157,95 

+279,25 

0,1928 

-1795 

-1774 

-21 

4e                     ' 

i 

1 

)nne      .     .     . 

'  -    54,25 

-  23,85 

0,2132 

+  245 

+   284 

-39 

-   29,35 

-   17,85 

0,2127 

+    195 

+   192 

+  3 

i 

•        •         •         •         • 

'  -   45,65 

-   33,75 

0,2148 

+   355 

+   344 

+  11 

le     .... 

-   93,05 

-   25,25 

0,2141 

+  385 

+   867 

-82 

velle     .    ,    .    i 

1  -   94,85 

-   35,55 

0,2153 

+   455 

+   449 

+   6 

rit  de  Beifort   ' 

' 

(1884)  •     •     •     1 

1  -324,06 

+  242,05 

0,1986 

- 1285/ 

—  1228 

-22 

;i89i)  .    .   .   ' 

'        id. 

id. 

0,1979 

-332,75 

+  234,05 

0,1993 

-1145 

-1183 

+  38 

.cßies'du' Rhone 

i 

-238,75 

-     4,85 

0,2157 

+   495 

+   463 

+  32 

-189,75 

+     3,65 

0,2137 

+  295 

+   315 

-20 

% 

-246,35 

-   18,75 

0,2166 

+   575 

+   583 

-   8 

% ' 

-236,15 

-   18,35 

0,2164 

+  565 

+   562 

+   3 

Uvados 

+  109,85 

+  888,75 

0,1849 

-2585 

-2616 

+  31 

les  .... 

+  115,45 

+  343,05 

0,1887 

-2705 

-2690 

-15 

1 

+   99,25 

+  316,65 

0,1860 

-2475 

-2475 

0 

1 

+   73,45 

+  331,15 

0,1857 

-2505 

-2531 

+26 

rine-du-Faj  . 

+  117,05 

+  328,05   0,1851 

-2565 

-2590 

+  25 

{ 

+   82,85 

+  344,65   0,1847 

-2605 

-2641 

+  36 

1 

1  +140,05 

+  814,55   0,1852 

-2555 

-2541 

-14 

larente-Infer. 

»US  ....     ' 

+  157,25 

+  134,45   0,1981 

-1265 

-1300 

+  35 

+  114,45 

+  109,45 

0,2007 

-1005 

-1033 

+28 

3      .... 

+  153,55 

+  132,95 

0,1979 

-1285 

-1280 

-   5 

t     .     .     .     . 

+  145,55 

+  140,55 

0,1976 

-1315 

-1320 

+   5 

eile      .     .     .     ' 

+  158,25 

+  158,25 

0,1964 

-1485 

-1488 

+   3 

822 


E,  Mathias. 


Stations 


Royan 

S*  Jean  d'Angely 
Saintes     .... 

12.  Cöie  d^Or 
Beaune    .... 
Ch&tillon-8ur-  Seine 

Dijon 

Is-sur-Tille  .  .  . 
Sauliea  .... 
Semor 


13.  Doubs 
Baume-les-Dames 
Besan^on     .    . 
Montb61iard .    . 
Morteau  .     .     . 
S'  Hippolyte     . 

14.  Haute- Oaronne 
Luchon  .  .  . 
Muret  .... 
Saint-Gaudens 
Toulouse  (1884) 
Toulouse  (1895) 
Villefranche-de-Lau 

ragais  .... 

15.  Isere 
Greuoble .... 
S'  Marcellin      .     . 
La  Tour-du-Pin    . 
Vienne     .... 


+  148',15 
+  117,45 
+  125,05 

-203,75 
-186,75 
-215,45 
-219,95 
-167,75 
-173,25 

-294,05 
-271,95 
-321,25 
-309,25 
-321,75 


+ 

i 

'  + 
+ 


52,25 

7,95 

44,05 

0 

0 

15',05 


16.  Jura 

Dole 

Lons-le-Saulnier    . 
Saint-Claude     .     . 

17.  Landes 

Dax 

Mont-de-Marsau 
Morceux  .     .     .     . 
S*  Martin-de-Hinx 


256,45 
231,65 
239,85 
204,65 

242,15 
245,85 
264,45 


+  120',55 
+  139,45 
+  127,65 

+  204,65 
+  255,75 
+  223,75 
+  234,55 
+  219,65 
+  232,35 

+  224,25 
+  218,05 
+  234,15 
+  206,95 
+  222,55 

-  49,05 

-  9,05 

-  29,75 

0 
0 


0,1991 
0,1983 
0,1990 

0,1993 
0,1952 
0,1979 
0,1974 
0,1973 
0,1966 


0,1992 
0,1995 
0,1990 
0.2007 
0,1998 

0,2136 
0,2116 
0,2121 
0,2104 
0,2111 


-  12',85  0,2122 


+   93,85  0,2082 

+   92,65  0,2078 

+  117,05  0,2060 

+  114,95  0,2054 

+  209,35  0,1992 

+  183,55  0,2016 

+  167,45  0,2030 


+  150,55     +  6,25 

+  117,85     +  16,25 

+  142,95     +  25,25 

+  163,55  !  -  1,75 


0,2070 
0,2076 
0,2061 
0,2080 


-1165 
-1245 
-1175 

-1145 

-1555 

-1285 

1335 

1345 

1415 

1155 
1125 
1175 
1005 
1095 


•+ 


-1181   +0 
-125T  +ßi 
-1185.  T» 

-1165  fi 
-1561  fl| 
-1285 
-1356  +J 
-1331  -tt| 
-1413  - 

-1168  -l-l 
-1157 
- 1201  +J 
-1020 

-iiir 


285 

+ 

271 

+l( 

85 

+ 

54 

i 

135 

+ 

141 

-< 

35 

+ 

1 

-i 

35 

+ 

1 

+» 

145 

+ 

127 

*Ii 

255 

-   265  -^Ä 

295 

-   295      « 

475 

-   461   -H 

535 

-   501   -» 

1155 

-1137  .ij 

915 

-   944  1» 

775 

-    797  ^i 

375 

-   345  -  J 

315 

-  352  m 

465 

-  470  + 1 

275 

-   311   ^4 

\ 


MagneÜsme  terrestre  en  France. 


823 


StatioDs 


J  long. 


2llat 


/l  X  (obs.) 


AX 

(calc.) 


(obs.)- 
(calc.) 


Lotr-et-Cher 

(1891)      .    . 

lotte-BeuvroD 

>rantin .     .     . 

öme      .    .    . 

Loire 
brison  .     . 
ienne   . 

Lot 
rs     .     .     .     . 
IC      .... 
don  .     .     .     . 


Lot-et'  Oarorme 

I  (1884)  .  . 
i  (1895)  .  . 
lande    .     .     . 


aeave-sor-Lot 

Lox^e 
ejols     .    .     . 
le      .     . 
fort  .     . 


•         • 


Ilaute  Marne 
jne    .... 
bonne-les-BaiDS 
mont  (1884) 
mont  (1891) 
res  .     .     . 
i2ier .     .     . 


»y     .     .     . 

Mayenne 
3au-Goutier 
1  (1889)     . 
snne .     .     . 

Oise 

vais .  .  . 

tilly.  .  . 

>i^gne  .  . 

9  •    •   •   • 


+  8',35 

-  33,55 

-  16,55 
+  23,45 


+  238' 
+238 
+  224 
+  250 


15,615  i  +119 
174,95  1  +110 


+  0 
-  35 

+   4 


+  51 

id. 
+  76 
+  67 
,+  45 

-109 
-121 
-148 

-  220' 
-258 
-220 

id. 
-231 
-210 
-208 

+  128 
+  133 
+  123 

-  37 

-  61 

-  81 

-  66 


95 
45 
95 


55 

95 
05 

75 

85 
75 
05 

35 
25 
35 

95 
65 
45 


75 
65 
95 
95 


+  49 
+  59 

+  67 


+ 
+ 
+ 

+ 
+ 
+ 


35 

id. 
55 
31 

47 

55 
54 
50 


+  275 
+  260 
+  269 
id. 
+  254 
+  302 
+  292 


65  -253 
75  +268 
75  +281 


+  348 
+  834 
+  348 
+  335 


25 
65 
45 
55 


65 
95 

75 
65 
55 


0,1930 
0,1939 
0,1943 
0,1922 


0,2045 
0,2055 

0,2071 
0,2071  j 
0,2055 


15  0,2070 
0,2071 
65  0,2055 
25  0,2071 
15  0,2065 


75 
15 
05 


0,2086 
0,2086 
0,2093 


75  9,1944 
45  1 0,1959 
55  0,1947 
0,1947 
95  0,1956 
75:0,1925 
95  0,1927 

I 
15  1 0,1899 
35  0,1883 
35  0,1877 

45  0,1859 

45  0,1875 

95  0,1869 

75  0,1875 


1775 
1685 
1645 
1855 

625 
525 

365 
865 
525 

375 
365 
525 
865 
425 

215 
215 
145 

1635 
1485 
1605 
1605 
1515 
1825 
1805 

2085 
2245 
2305 

2485 
2325 
2885 
2825 


1- 


1762 
1692 
1620 

1877 

616 
520 

375 
882 
516 


870j—  358 

-  549 

-  863 

-  440 


) 


-1607 


-18 
+  7 
-25 
+  22 

-  9 

-  5 

+  10 
+  17 

-  9 


-12 

+24 
-  2 
+  15 


-  218  +  3 

-  186  -29 

-  109'  -36 

-1653  +18 

-1485  0 


+  2 


-1485:  -30 

-1860|  +85 

-1794  -11 

-2090  +  5 

-2240  -40 


-2277 


-28 


l_( 


2458 

-27 

2819 

-   6 

2889 

+   4 

2820 

-   5 

80.  Paa-^Oalaia 
Anu 


Bonlogna-nr-Uer 

CdUb 

Bt^M  .... 
0^  Oiia-Nu  .  . 
HoBteeuitwr-Utt 
Saint  Omar .  .  . 
Saint  Pol     .    .    . 

0«nt  ....... 

PefpIgBan  (18S6) .  . 
Po^lgnan  (1887)  .  . 
Parpigiian  (189K]  .  . 
PndM  (189li)  -    -    ■ 

>8.  8adm6-at-Loin 

Cbtlon-exuSaäne  .    . 

ChuoUefl 

LiOiiluuis       .... 

H&con 

Toumiu 

39.  Sor/A«     .    .    . 
La  nöchB    .... 

Hamen 

Le  Hana  (1885)    .    . 

Sabl6 

8'  Calais 

SO.   Viemu 

ChfttellerauJt    .  .  . 

I.oiidun  .  .  . 

Montmorilloii    .  .  . 

Poitiers  (1884) .  .  . 

Poidsra  (189S).  .  . 


IVfib 
S,SS 
71,05 
-     8,16 

'  M,8a 

11,8a 

'     T,U 

IS,  5» 
48,55 
52,1 


-170,05 
-208,75 
-169,85 
-225,45 
-201,95 
-206,65 


■  92,85 
-  66,05 
+  76,55 
+  108,75 
+   43,55 


•I-   85, S5 
I  •(■   68,55 


4-S99',65 
+407,  S5 
+  414,85 
+486,05 
+  440,45 
+  414,45 
+485,05 
+411,85 
+487,95 
+405,85 


■  70,85 

■  87,05 
-   H,65 


+  200,85 
+  190,65 
+  169,25 
+  181,05 
+  162,65 
+  177,15 


0,1886 
0,1818 
0,1SS4 
0,1808 
0,1799 
0,1808 
0,1797 
0,1818 
0,1808 
0,1884 


Q.817B 
0,8174 

0,8165 
0,8165 
0,8164 
0,8164 


-911B 

-8966 


-8106 
-S»46 


äX 

(«aI«J 


-8141 
-88U 
-886: 

-Mm 

—  8111 
-88M 

—  «Ol 


+  116 

+  ««6 

+  676) 

+  676[+61S 

+   665) 

+  665 


0,1987  -1805 
0,2001-1065 
0,8011 !-  965 
0,2012,-  956 
0,2023.-  645 
0,3011  -   865 


+  244,45  0,1912  -1955 
+  264,15  0,1865  -2885 
+262,45  0,1899  -2085 
+  254,05  0,1902-2055 
+  258,86   0,19091-1985 


+  192,45  10.1953- 
+  204,45  0.1943| 
+  168,25  0,1918' 
+  m,S5;0,1960 
id.       i  0,1964; 


-1545 
- 1645 
-1845 
-14751 


Magnetisme  terrestre  en  France.  825 

Outre  cette  premi&re  v^rification  tr&s  satisfiaisante  de  la 
formale  (7),  on  trouve  encore  34  d^partements  presque  reffu- 
Hers,  c'est-ä-dire  ne  pr6sentaiit  qu'une  anomalie  sur  une 
moyenne  de  5  ä  6  stations  par  d^partement.  On  consid^re 
comme  anomales  les  stations  donnant  pour  la  diff6rence  A  X 
(obs.— calc]  une  valeur  absolue  sup^rieure  ä  40  unit^s  du 
5*  ordre. 

Comme  les  autres  ^l^ments  magn^tiques,  la  composante 
nord  suit  une  loi  de  distribution  r6guli^re  donn6e  pour  la 
France  par  la  Ibrmule  (7). 

II  n'est  que  juste  de  reconnaltre  que  le  professeur  Liznar 
a  le  premier  fait  usage  de  formules  Unfaires  du  type  (3)  pour 
essayer  de  repr^senter  la  topographie  magnötique  de  TAutriche- 
Hongrie;  mais  11  n'a  pu  atteindre  k  la  pr6cision  que  ce  me- 
moire montre  une  fois  de  plus  parce  qu'il  ne  distinguait 
pas,  comme  je  le  fais  express6ment,  les  anomalies  et  les 
stations  r^guli^res. 

(Eingegangen  1.  Oktober  1903.) 


826 


105.    Über  Verbindungsspektren. 

Von  Eühard  Wiedemann  in  Erlangen. 


Die  Spektren  der  Elemente  sind  in  den  letzten  Jahren 
auf  das  eingehendste  untersucht  worden,  während  diejenigen 
der  Verbindungen  nur  wenig  behandelt  wurden.  Im  fo^^end^i 
möchte  ich  über  zwei  im  Erlanger  physikalischen  Institute 
angestellte  Untersuchungen  über  diesen  Gegenstand  kurz  be- 
richten. Die  eine  rührt  von  Hrn.  Prof.  Dr.  G.  C.  Schmidt 
und  mir  ^)  selbst  her  und  ist  bisher  nur  an  schwer  zugängUcher 
Stelle  veröflFentlicht,  die  andere  ist  im  vorigen  Sommer  von 
Hjrn.  F.  Kapfer  aus  Bamberg  ausgeführt  worden;  ihre  Be- 
sultate  sollen  später  ausfuhrlich  mitgeteilt  werden. 

Gelegenthch  der  Untersuchung  der  Elektrolumineszeni^ 
von  organischen  Verbindungen  haben  Hr.  Prof.  Schmidt  und 
ich  selbst  auch  diejenige  der  anorganischen  verfolgt,  und  dabei 
in  vielen  Fällen  wohl  definierte  Spektren  erhalten.  Bei  einer 
Reihe  von  Substanzen  trat  eine  eigentümUche  Art  von  Spektren 
auf,  die  schon  früher  gesehen,  aber  nicht  besonders  be- 
achtet worden  ist  Sie  bestehen  aus  einem  helleren  konti- 
nuierlichen Band,  über  das  sich  einzelne,  relativ  dunklere 
Streifen  überlagern,  bez.  aus  dem  sich  einzelne  hellere  Streifen 
abheben.  Die  dunklen  wie  die  hellen  Streifen  sind  breit,  nicht 
scharf  begrenzt.  Die  Breite  und  Zahl  ist  bei  verschiedenen 
Substanzen  verschieden.  Sie  «erinnern  an  die  Interferenzstreifen 
bei  Kristallplatten  in  teilweise  polarisiertem  Licht  bei  spek- 
traler Zerlegung.  Man  kann  sie  gestreifte  Banden  nennen,  sie 
weichen  wesentlich  von  den  kanellierten  Banden  ab.  Ihr  be- 
sonderer Bau  deutet  natürlich  auf  besondere  Bewegungen  der 
Elektronen  in  den  Molekülen  hin.  Von  bekannteren  Spektren 
gehört    hierher    das    Verbindungsspektrum    des    Quecksilber- 


1)  E.  Wiedemann    u.   Gr.    C.   Schmidt,    Sitzungsber.    der    phys, 
med.  Soc.  zu  Erlangen.  12.  XI.  1895. 

2)  E.  Wiedemann  II.  G.  C.  Schmidt,  Wied.  Ann.  66.  p.  88.  1895. 


über   Verbindungsspektren.  827 

Chlorids  und  -bromids.  Ganz  analog  gebaut  ist  dasjenige  des 
QuecksilberJodidS;  das  von  Jones ^]  eingehend  untersucht  wurde. 

Vorläufig  wurden  von  uns  untersucht: 

Chlorkadmium :  Kontinuierliches  Spektrum  von  630  bis 
in  das  Blau  hinein^  zeigt  keine  Maxima  und  Minima. 

Bromkadmium:  Kontinuierliches  Spektrum  mit  viel  Grün 
und  Blau  imd  wenig  Rot. 

Jodkadmium^  hellweiß  mit  einem  Strich  ins  Blaue:  Kon- 
tinuierliches Spektrum  im  Rot,  Gelb  —  Grün,  intensiv  bis  510, 
schwach  bis  470  jitju. 

Im  Rot  tritt  aber  bei  632 — 620  ein  dunkler  Streifen  auf, 
im  Gelb  ist  ein  schwaches  Minimum  im  kontinuierlichen  Spek- 
trum. Neben  den  Banden  sah  man  bei  dem  Kadmiumjodid 
einzelne  Kadmiumlinien. 

Chlorblei:  Leuchtet  hell  grünblau,  zeigt  von  575 — 480  ein 
Streifenspektrum  mit  einem  Helligkeitsimaximum  bei  620. 

Jodblei:  Kontinuierliches  Spektrum  intensiv  von  575  bis 
480,  dann  schwach  bis  455,  kein  Streifenspektrum. 

Bei  Chlorblei  tritt  besonders  beim  Einschalten  von  Funken- 
strecken,  bei  Jodblei  stets  sehr  hell  eine  Linie  bei  438  aut 

Zinkchlorid  leuchtet  hellweiß:  Kontinuierliches  Spektrum, 
wenig  Rot  und  Gelb,  sehr  hell  im  Grün,  ziemlich  hell  im  Blau. 
Bei  Einschaltung  von  Funkenstrecken  treten  die  zuerst  nur 
schwachen  Zinklinien  intensiv  hervor. 

Ich  wende  mich  jetzt  zu  der  zweiten  Untersuchung.  Der 
Grund  dafür,  daß  unsere  Kenntnis  der  Verbindungsspektren 
noch  so  wenig  entwickelt  ist,  dürfte  neben  sonstigen  experi- 
mentellen Schwierigkeiten  vor  allem  in  der  an  sich  schon  ge- 
ringen Lichtstärke  der  auftretenden  Banden  liegen,  die  mit 
zunehmender  Dispersion,  da  wir  es  nicht  stets  mit  scharf  be- 
grenzten Linien  zu  tun  haben,  entsprechend  weiter  abnimmt 

Eine  gelegentliche  Beobachtung  über  das  Spektrum  der 
Effektbogenlampen  ergab,  daß  wir  hier  ein  charakteristisches 
Verbindungsspektrum  vor  uns  haben.  Ich  habe  Hm.  Kapfer 
veranlaßt,  daran  anknüpfend  weitere  Untersuchungen  auszuführen. 

Die   Effektkohlen    wurden   im   Laboratorium    selbst   her- 


1)  A.  C.  Jones,    Wied.  Ann.  62.  p.  SO.  1897.     Dort  ist  auch  die 
von  uns  benatzte  Versuchsanordnang  beschrieben. 


828  E.   IfUdemann. 

gestellt  Eine  gewöhnlicbe  Dochtkohle  wurde  ausgebohrt  and 
in  den  Hohlraum  ein  Gemisch  von  dem  zu  antersucIieDdeii 
Salz  und  Eohlenpulver  hiueiDgestopft  FüHuDgen  ohne  Zusatz 
von  Kohlenpalver  geben  unregelmäßig  brennende  Flammeo- 
bogen.  Uutereacht  wurden  die  Haloidverbinduugen  des  Calciom, 
Strontium  und  Barium,  sowie  deren  Oxyde.     Im   ersten  Falle 


[l!l 


miiM 


nnmn 


II IUI II  II  II 


Fig.  1. 

wurde  dem  Gemische  von  Kohle  und  Salz  vielfach  noch  das  ent- 
sprechende Halogeusali  des  Ammouium  zugesetzt,  um  den  Disao- 
ziationsgrad  der  Metallverbindung  möglichst  herunterzudriickeD. 
Bei  den  FluorverbiodunKen  ist  dies  freilich  nicht  unbedingt  uötig. 
Die  Spektren  wurden  bei  kleinerer  und  größerer  Dis- 
peraiou  (Prismen  und  Gitter)  untersucht  und  zwar  entweder 
direkt  oder  mittels  photographischer  Aufnahmen. 


über    Verbindungssptktren.  829 

BMultAte: 
1 .  Am  leichtesten  zu  erhalten  sind  die  Spektren  der 
Fluoride.  Ein  ZuBatz  des  entsprechenden  Ammoninmsalzes 
bewirkt  für  sehr  lange  Zeit  eiu  konstantes  Spektrum.  Ähn- 
liches Verhalten  zeigen  die  Chloride.  Sehr  große  Schwierig- 
keiten bereiten  aber  die  Jodide  und  Bromide  von  Ca  und  Sr. 


JBIILJl. 


lilH    II 


IIIIMII     ■ 
1 


Fig.  B. 

Hier  macht  sich  schon  nach  einigen  MinutAo  eine  teilweise 
Darfibcrlagening  des  Oxydspektrums  bemerkbar,  so  daß  die 
Untersuchungen  nur  mit  frisch  gestopften  Kohlen  auazu- 
itlhren  sind. 

Ba-Tj  und  BaBr,  sind  viel  stabiler  als  CaJ,,  CaBr,  and 
SrJ„  SrBr,. 

2.  Eine  nach  den  Beobachtungen  bei  mäßiger  Dispersion 


880  £.   tViedemann. 

hergeBtellte  ZeichuuDg  der  Verbindungsspektra  geben  die  Figuren 
1 — 3.    Den  SkalenteileD  entsprecheD  folgende   Wellenlängen: 

2  a>  8920  5  -  D-Linie  8  —  5260 

3  =  6520  6  =  5642  9  —  5100 

4  =>  6194  T  =  5444  10  «  4992 


■nn 


imniE 


ICDII 


■Em 


Fig.  n. 

3.  Im  Flamiiienbof^en  ^eigtii  ilio  siimtlichen  in  den  i''igg.  1, 
2  n.  S  aufgefülirtoii  Verbindungen  neben  den  stets  anftretendeu 
MetalUiiiien  besondere  Bandengnippen,  die  der  Verbindung  zu- 
zuschreiben sind,  denn  es  /eigen  sowohl  die  Spektren  derH^oid- 
verbindungen  ilessetben  Metalls  als  auch  dieselben  Haloide  ver- 
schiedener Metalle  vollkommen  verachiedeneu  Bau  der  Banden. 

4.  Wenijrstens  in  den  bis  jetzt  untersuchten  Verbindungen 
scheint  die  Schürle  der  Banden  sowohl  als  auch  ihre  Lichtstärke 


über  Verbindungsspektren,  831 

mit  der  chemischen  Stabilität  zu  wachsen.  Typische  Beispiele 
hierfür  liefern  die  sehr  lichtstarken  Spektra  der  Fluoride  und 
Chloride  der  drei  Metalle. 

Die  Spektren  der  Oxyde  zeigen  im  Gegensatz  hierzu  mehr 
oder  weniger  helle,  gleichmäßige  Streifen. 

Die  Spektren  der  Bromide  und  Jodide  zeigen  ähnlichen 
Bau.  Abweichend  ist  das  Verhalten  von  BaJ^  imd  BaBr^,  die 
helle,  scharfe  Banden  zeigen. 

5.  Die  Auflösbarkeit  der  Banden  in  Linien  scheint  eben- 
falls durch  das  Haloid  mitbestimmt  zu  werden.  Die  Banden 
der  Fluoride  von  Ba,  Ca  und  Sr  zeigten  sich  im  Spektrum 
zweiter  und  dritter  Ordnung  deutlich  aus  Linien  zusammengesetzt; 
bei  den  übrigen  Haloiden  konnte  mit  der  bis  jetzt  angewendeten 
auflösenden  Kraft  ein  ähnliches  Verhalten  nicht  konstatiert 
werden.  Die  Oxydbanden  scheinen  sich  in  einzelne  kleinere 
Streifen  auflösen  zu  lassen.  Die  breite  grüne  Bande  im  Spek- 
trum CaO  (zwischen  den  Wellenlängen  5568  und  5469)  erwies 
sich  aus  Doppellinien  und  Triplets  zusammengesetzt. 

6.  Aus  den  Untersuchungen  der  photographisch  auf- 
genommenen Spektren  der  Fluoride  der  drei  Metalle  ergab 
sich,  daß  die  Art  der  Zusammensetzung  der  Banden  aus  ein- 
fachen  Linien  oder  Doppellinien  bez,  7}riplets  nicht  an  ein  be- 
stimmtes Halogen  gebunden  ist  So  z.  B.  bestehen  sämtliche 
Banden  im  Spektrum  von  BaFl^  aus  einzelnen  scharfen  Linien ; 
im  Spektrum  von  CaFlg  besteht  die  helle  abschattierte  grüne 
Bande  (zwischen  den  Wellenlängen  5468  und  5294]  aus  lauter 

Doppellinien,  alle  anderen  Banden  aus  einfachen  Linien. 

7.  Von  A.  Mitscherlich  sind  bestimmte  Regeln  für  die 
Verschiebung  der  Banden  beim  Übergang  vom  Chlorid  zum 
Bromid  und  Jodid  desselben  Metalls  und  beim  Übergang  von 
der  Halogenverbindung  des  Ca  zur  entsprechenden  des  Ba  und 
Sr  aufgestellt;  wegen  der  von  uns  angewendeten  größeren  Dis- 
persion und  der  durch  die  Temperatur  des  Bogens  bedingten 
deutlicheren  Sichtbarkeit  dürfte  sich  ein  Vergleich  erst  anstellen 
lassen,  nachdem  die  Zusammensetzung  der  einzelnen  Banden 
aus  Linien  genauer  festgelegt  ist,  was  in  einer  demnächst 
vorzunehmenden  Untersuchung  geschehen  solL 

Erlangen,  Physik.  Institut,  September  1903. 

(EingegangeD  1.  Oktober  1908.) 


832 


106.  Einige  Bemerkungen  Aber  die  Beziehung  zwischen 
kfinstlicher  Doppelbrechung  und  Elastizität 

Von  Walter  König  in  Greifswald. 


1.  Ich  habe  in  Drudes  Annalen^]  die  verschiedenen  und 
zum  Teil  verwickelten  Formen  beschrieben,  in  denen  infolge  des 
Zusammenwirkens  von  Zug-  oder  Druckspannungen  und  scheren- 
den Kräften  die  künstliche  Doppelbrechung  in  gebogenen  Glas- 
platten auftritt.  Um  die  Beziehung  zwischen  der  durch  Zug- 
und  der  durch  Schubspannung  hervorgerufenen  Doppelbrechung 
an  einem  einfacheren  Falle  zu  prüfen,  hatte  ich  schon  früher 
eine  Beihe  von  Versuchen  an  Gelatinelösungen  angestellt,  über 
die  ich  im  folgenden  berichten  möchte. 

Gelatinelösungen  sind  wegen  ihrer  geringen  Starrheit  tu 
derartigen  Versuchen  sehr  geeignet  Man  kann  nicht  bloß 
Dehnungen,  sondern  auch  einfache  Schiebungen  an  Blöcken 
aus  erstarrter  Gelatinelösung  in  bequem  meßbarer  Weise  her- 
vorbringen und  die  optische  Wirkung  dieser  Deformationen 
untersuchen.  Um  bei  der  Anwendung  dieser  Gelatinepräparate 
den  störenden  Einfluß  der  Verdunstung  des  Lösungswassera 
und  des  allmählichen  Eintrocknens  des  Präparates  zu  ver- 
meiden, habe  ich  die  Gelatine  nicht  einfach  in  Wasser  auf- 
gelöst, sondern  in  wässeriger  Glycerinlösung  von  solcher 
Konzentration,  daß  die  Dampfspannung  dieser  Lösung  etwa 
der  mittleren  absoluten  Feuchtigkeit  des  Beobachtungsraumes 
entsprach.  Derartige  Gelatinepräparate  haben  außerdem  den 
Vorteil  einer  wesentlich  größeren  Festigkeit.  Um  femer  bei 
der  optischen  Untersuchung  den  Einfluß  der  natürlichen 
Drehung  der  Gelatine  zu  vermeiden,  wurde  der  Lösung  der 
linksdrehenden  Gelatine  so  viel  rechtsdrehender  Rohrzucker  zu- 
gesetzt, daß  sich  die  beiden  Drehungen  gerade  aufhoben,  eine 
Wirkung,  die  allerdings  nur  für  eine  bestimmte  Temperatur 
zu  erreichen  war,  da  die  Temperaturkoeffizienten  der  beiden 
Drehungen   sehr  verschieden   sind.     Aus   einer  in  der  Wärme 


1)  W.  König,  Ann.  d.  Phys.  11.  p.  842—866.  1903. 


Doppelbrechung  und  Elastizität  833 

hergestellten  Gelatinelösung  dieser  Znsammensetzung  wurden 
gleiclizeitig  zwei  flache  Klötze  gegossen,  in  Kästen,  die,  um 
allseitig  glatte  Flächen  zu  haben,  aus  Glasplatten  zusammen- 
gekittet waren. 

2.  Der  eine  Klotz,  von  länglich  rechteckiger  Gestalt,  war 
mit  seinen  kurzen  Schmalseiten  direkt  an  Holzklötze  von 
gleicher  Dicke  und  Breite  angeschmolzen.  &  wurde  nach  dem 
Erstarren  allseitig  von  den  Glasplatten  losgelöst  und  mit  Hilfe 
des  einen  Holzklotzes  vertikal  nach  unten  hängend  befestigt.  Der 
untere  Holzklotz  wurde  darauf  mit  einem  Halter  fest  verbunden, 
der  an  einer  vertikalen  Führung  verschiebbar  war.  Mit  seiner 
Hilfe  konnte  der  Gelatineklotz  zusammengedrückt  oder  gedehnt 
und  durch  Festklemmen  des  Halters  im  deformierten  Zustande 
festgehalten  werden.  An  diesem  Klotze  wurde  die  durch  Deh- 
nimg hervorgerufene  Doppelbrechung  untersucht  und  mit  der 
Größe  der  Dehnung  verglichen.  Als  Ausgangspunkt  für  diese 
Messungen  sollte  natürlich  derjenige  Zustand  genommen  wer- 
den, in  dem  die  Gelatine  keinerlei  Spannung  und  entsprechend 
keinerlei  Doppelbrechung  besaß.  Die  Beobachtung  ergab  aber, 
daß  dieser  Zustand  nicht  in  dem  ganzen  Klotz,  sondern  nur 
in  einer  horizontalen  Schicht  zu  erreichen  war.  über  dieser 
Schicht  war  die  Gelatine  infolge  ihres  Eigengewichtes  in  ge- 
dehntem, darunter  in  zusammengedrücktem  Zustande.  Es  wur- 
den nun  in  der  Mitte  der  dem  Beobachter  zugewandten  breiten 
Fläche  des  Gelatineklotzes  zwei  feine  Marken  (kurze  Stück- 
chen eines  sehr  dünnen  Drahtes)  im  Abstand  weniger  Milli- 
meter übereinander  auf  der  Oberfläche  der  Gelatine  angebracht 
Die  Länge  des  Klotzes  wurde  bei  Beobachtung  mit  weißem 
Licht  zvdschen  gekreuzten  Nicols  so  reguliert,  daß  der  neutrale 
schwarze  Streifen  genau  zwischen  jenen  Marken  lag,  und  als- 
dann der  Abstand  der  Marken  mit  einem  horizontalen  Mikro- 
skop mit  Okularskala  gemessen.  Die  weiteren  Beobachtungen 
wurden  bei  Na-Licht  angestellt  Entweder  bei  gekreuzten  oder 
bei  parallelen  Nicols  wurde  der  Klotz  so  lange  gedehnt,  bis 
abermals  ein  dunkler  Streifen  zwischen  den  Marken  lag,  und 
jedesmal  wurde  der  zugehörige  Markenabstand  gemessen.  Be- 
deuten Lq  und  L  die  Abstände  im  neutralen  und  im  gedehnten 
Zustande,  so  ist  l  =  L  ^  ^ol^o  ^^®  relative  Dehnung,  welche 
einen  Gangunterschied   von    einer   halben   oder   einer   ganzen 

Boltsmann-FeBtschrifU  53 


834  /f".  König, 

Wellenlänge  hervorbringt,  je   nachdem  die   Beobachtung   mit 
parallelen  oder  gekreuzten  Nicols  gemacht  war. 

8.  Der  andere  Klotz  wurde  nur  an  den  vier  Schmalseiten 
von  den  Glasplatten  befreit.     An  den  breiten  Flächen  wurden 
die  Glasplatten  als  Angriffsflächen  für  die  scherenden   Kräfte 
belassen.     Der  Klotz    wurde   horizontal   gelagert;    die    untere 
Glasplatte,  auf  einer  vollkommen  festen  Unterlage  festgekittet, 
die  obere  an  einer  Schlitten  Vorrichtung  befestigt,  die  gestattete, 
sie  mittels  einer  Mikrometerschraube  parallel  zur  unteren  Platte 
und  zu  den  längeren  Schmalseiten  des  Klotzes  zu  verschieben. 
Diese  Verschiebung  rief,  wenigstens  in  der  Mitte  des  Klotzes, 
die  Erscheinungen  einer  reinen  einfachen  Scherung  hervor  und 
dementsprechend  eine  Doppelbrechung,  deren  Achsen  unter  45^ 
zur  Schiebungsrichtung,  bez.  zu  den  Grundflächen  des  Klotzes 
geneigt   waren.     Um   die   Größe   der   Schiebung    zu    messen, 
wurde  entweder  die  Verschiebung  einer  mit  der  oberen  beweg- 
lichen Platte  fest  verbundenen  Marke  auf  einer  mit  der  unteren 
ruhenden  Platte    fest  verbundenen  Skala   abgelesen,    oder  es 
wurden  auch  hier  auf  der  dem  Beobachter  zugewandten  Schmal- 
seite  des  Klotzes   zwei   feine  Marken   in    geringem  Abstände 
übereinander   angebracht   und   ihr   Abstand    sowie    ihre    Ver- 
schiebung  gegeneinander   mit   einem   horizontalen   Mikroskope 
gemessen;    ist  A  die  Höhe   des  Klotzes  bez.  der  Abstand  der 
Marken,  S  die  gemessene  Verschiebung,  gerechnet  von  der  neu- 
tralen  Lage    aus,    so    ist   S/A  =  s   die  Größe    der   Schiebung. 
Besondere  Stellschrauben  gestatteten  die  Aufstellung  und  Be- 
festigung des  Klotzes  so  zu  regulieren,   daß  er  sich  ursprüng- 
lich in  völlig   spannungsfreiem   Zustande    befand.     Die    Größe 
der  Schiebung  wurde  wieder  so  gewählt,  daß  der  Gangunter- 
schied der  Doppelbrechung  gerade  eine  halbe  oder  eine  ganze 
Wellenlänge  betrug. 

4.  Ich  leite  zunächst  die  Formeln  für  die  beiden  Arten 
der  Doppelbrechung  ab,  indem  ich  von  den  Neumann  sehen 
Formeln  ausgehe  ^) 

f^y-^v  +  pa  +  gß+py, 
v^  =  v-i-pu-^pß-{-qy, 

1)  Vgl.  W.  König,  Ann.  d.  Phys.  4.  p.  33.   1901. 


Doppelbrechung  und  Elastizität.  835 

Die  ^- Achse  liege  in  der  Richtung  des  durchfallenden 
Lichtes. 

Im  Falle  der  Dehnung  sei  die  X-Achse  die  Dehnungs- 
achse. Es  sei  a  =  /.  Dann  ist  ß  :==  y  =  —  jti  /,  wenn  ju  das 
Verhältnis  der  Querkontraktion  zur  Längsdilatation  bedeutet, 
also 

Ist  D^  die  Dicke  der  Platte  im  neutralen  Zustande,  so 
ist  sie  bei  der  Dehnung  /  BJ^  =  D^{1  —  fil).  Endlich  ist  die 
Gangdifferenz  A^,  wenn  T  die  Schwingungsdauer  des  Lichtes, 
Vq  die  Oesch windigkeit,  Xq  die  Wellenlänge  im  leeren  Raum 
und  N  den  Brechungsexponenten  der  Gelatine  bedeuten: 

Im  Falle  der  Schiebung  werde  entsprechend  die  Richtung 
der  größten  Dehnung  als  X-Achse,  die  der  größten  Zusammen- 
drückung als  Z- Achse  genommen.  Dann  ist  «=  — ^=sj.« 
und  ^^  =  0.     Folglich 

^y  -  ^x  =  2(7?  -  j)a  =  (;?  -  j)5 

und  wenn  D^  die  Dicke  der  Platte  für  diesen  Fall  bedeutet, 
und  A^  die  Gangdifferenz,  so  ist 

Bezeichne  ich  wie  früher^)  das  Verhältnis  der  durch 
eine  Dehnung  hervorgebrachten  Differenz  der  Brechungs- 
exponenten zur  relativen  Dehnung  als  spezifische  Doppel- 
brechung {G),  so  ergibt  sich  diese  Größe  aus  den  Dehnungs- 
versuchen ohne  weiteres: 

Die  Schiebungsversuche  dagegen  ergeben  Jals  Verhältnis 
der  Differenz  der  Brechungsexponenten  zur  Größe  der  Schie- 
bung eine  Zahl  6q,  welche  sich  von  der  Größe  6  um  den 
Faktor  (1  +  /m)  unterscheidet: 

1)  1.  c.  p.  19. 

58* 


^  =  ^-^^p-9)i'  +  '*)' 


836  r.  König, 

5.  Ist  IM  bekannt,  so  läßt  sich  die  Bichtigkeit  dieser  Be- 
ziehungen an  den  Beobachtungen  prüfen.  Für  erstarrte  Gelatine- 
lösungen kann  man  nach  den  übereinstimmenden  Srgebnissen 
verschiedener  Forscher  ^)  ju  =  0,5  setzen.  Dann  muß  also 
G  =  ^Oq  sein.  Ich  habe  in  der  oben  beschriebenen  Weise 
an  vier  Paaren  von  Gelatinepräparaten  verschiedener  Kon- 
zentration die  Größe  Gq  und  G  gemessen  und  folgende  Werte 
erhalten: 

Go  =  0,000  149  0  =  0,000  245  |  Öo  =  0,000  224  Diff.:  +  21 

0,000  157  0,000  229  0,000  235  -  6 

0,000 104  0,000 143  0,000 156  -  18 

0,000 147  0,000 185  0,000  220  -  85 

Abgesehen  von  der  letzten  Messungsreihe,  die  eine  größere 
Abweichung  aufweist,  ist  die  Übereinstimmung  der  Zahlen  eine 
befriedigende  und  kann  wohl  als  Beweis  f&r  die  Gültigkeit 
der  abgeleiteten  Beziehungen  gelten,  zumal  die  Differenzen  teils 
positiv,  teils  negativ  sind.  Die  Unsicherheit  der  Messungen 
liegt  vor  allem  in  dem  Verhalten  der  Gelatine,  die  einerseits 
nach  dem  Gießen  ihre  Eigenschaften  eine  Zeitlang  ändert, 
andrerseits  während  der  Beobachtungen  dem  Einfluß  des 
Feuchtigkeitsgehaltes  der  umgebenden  Luft  ausgesetzt  ist 

6.  Umgekehrt,  gibt  man  die  Übereinstimmung  der  Beob- 
achtungen zu,  so  folgt  daraus  die  Richtigkeit  des  angenommenen 
Wertes  von  /x.  So  würde  im  Mittel  aus  den  drei  ersten  Beob- 
achtungsreihen für  fjL  der  Wert  0,493  folgen.  Wäre  es  also 
möglich,  die  beiden  Werte  G^^  und  G  für  eine  Substanz  mit 
größerer  Genauigkeit  zu  ermitteln,  so  wäre  damit  eine  neue 
Methode  zur  Bestimmung  der  Elastizitätszahl  jj.  gegeben. 
Allerdings  ist  die  Kenntnis  von  //  bereits  erforderlich,  um  die 
Größe  G  zu  ermitteln,  da  die  Dicke  der  durchstrahlten  Schicht 
wegen  der  Querkontraktion  mit  dem  Faktor  [l  —  fi  /)  zu  be- 
richtigen ist.  Doch  kommt  fi  hier  nur  im  KorrektionsgUed 
vor,  und  es  würde  genügen  einen  angenäherten  Wert  dafür 
zu  setzen. 

7.  Die  durch  Scherung  hervorgerufene  Doppelbrechung 
wird   in   origineller   Weise   in  der  Gelatine  selber  sichtbar  in- 

1)  E.  Wiedemann,  Verhandl.  d.  phys.  Gesellsch.  z.  Berlin  p.  45. 
1884;  R.  Maurer,  Wied.  Ann.  28.  p.  628.  1886. 


Boppelbrechung  und  Elastizität  837 

folge  der  Eigentümlichkeit  der  Gelatine,  wie  ein  trübes  Mittel 
das  Licht  zu  zerstreuen  und  zu  polarisieren.  Man  läßt  zu 
diesem  Zwecke  das  starke  Strahlenbündel  einer  elektrischen 
Lampe  nach  dem  Durchgange  durch  ein  Nicoisches  Prisma 
parallel  zu  den  breiten  Grundflächen  durch  den  Gelatineklotz 
hindurchgehen  und  betrachtet  die  Gelatine  in  der  zum  ein- 
fallenden Lichtstrahl  senkrechten  Richtung  durch  eine  der 
auf  den  Grundflächen  haftenden  Glasplatten.  Schwingt  das 
einfallende  Licht  in  der  durch  den  einfallenden  Strahl  und  die 
Beobachtungsrichtung  gegebene  Ebene,  so  erscheint  die  Gelatine 
im  undeformierten  Zustande  dunkel.  Verschiebt  man  nunmehr 
die  Grundflächen  gegeneinander  und  macht  die  Gelatine  da- 
durch doppelbrechend,  so  erhellt  sich  die  Gelatine  und  zeigt 
die  Interferenzfarben  der  Doppelbrechung  in  Form  von  Streifen, 
die  der  vorderen  Grenzfläche,  durch  die  das  Licht  eintritt, 
parallel  laufen  und  ihr  um  so  näher  rücken,  je  größer  die 
Schiebung  ist.  Die  polarisierende  Wirkung  der  Difi'usion  des 
Lichtes  in  der  Gelatine  ersetzt  den  Analysator  in  derselben 
Weise,  wie  bei  den  schönen  Versuchen  von  Lallemand  ^),  die 
kürzlich  von  tJmow*)  wiederholt  worden  sind,  und  bei  der 
vor  kurzem  von  Schmauss*)  angegebenen  Versuchsanordnung. 
8.  Die  elastischen  Deformationen  isotroper  Körper  lassen 
sich  bekanntlich  auf  zwei  Grundformen,  auf  räumliche  Dila- 
tationen und  auf  Schiebungen  zurückführen  und  dementsprechend 
durch  die  beiden  Konstanten  k  und  n,  den  Kompressionsmodul 
und  den  Starrheitsmodul  darstellen.  Will  man  den  Einfluß  elasti- 
scher Deformationen  auf  das  optische  Verhalten  der  Körper 
in  möglichst  einfacher  und  unmittelbarer  Weise  charakterisieren, 
so  empfiehlt  es  sich,  auch  dafür  die  beiden  Konstanten  so  zu 
wählen,  daß  die  eine  das  Verhältnis  der  durch  eine  räumliche 
Dilatation  hervorgerufenen  Änderung  des  Brechungsexponenten 
zar  Größe  der  räumlichen  Dilatation,  die  andere  das  Ver- 
hältnis der  durch  eine  Schiebung  hervorgerufenen  Differenz 
der  Brechungsexponenten  zur  Größe  der  Schiebung  darstellt 
Die  erste  Konstante  möge  mit  K^  bezeichnet  werden ,  die 
zweite  ist  die  oben  bereits  eingeführte  Konstante  G^,  die  sich 

1)  C.  Lallemand,  Compt.  rend.  69.  p.  189—193.  1869. 

2)  N.  ümow,  Ann.  d.  Phys.  2.  p.  75.  1900. 

3)  A.  SchmansB,  Ann.  d.  Phys.  10«  p.  658.  1903. 


888  M^.  König.     Doppelbrechung  und  Elastizität 

aus  der  durch  die  gewöhnlichen  Dehnungsversuche  zu  ermitteln- 
den Größe  der  spezifischen  Doppelbrechung  O  durch  Diyision 
mit  (1  +  ju)  berechnen  läßt.  Diese  Konstanten  würden  offen- 
bar den  einfachsten  Ausdruck  des  Tatsächlichen  darstellen. 
Die  Größen  p  und  q  des  Neu  mann  sehen  Ansatzes  würden 
sich  aus  ihnen  nach  den  Formeln 

K,=  -\{2p  +  q)N     und     G,^^[p-g) 

berechnen  lassen.  La  jüngster  Zeit  hat  W.  Voigt  ^)  eine  Theorie 
der  Erscheinungen  auf  Grund  der  spezielleren  Vorstellungen 
der  Elektronentheorie  zu  entwickeln  versucht.  Die  von  ihm 
eingeführten  Eonstanten  P  und  F  würden  zu  den  Größen  K^ 
und  Gq  in  den  folgenden  Beziehungen  stehen: 

Z„  =  -^'-^V/^?^     und     G,  =  "^-P  ■ 

Greifswald,  September  1903. 


1)  W.  Voigt,  Ann.  d.  Phjs.  6.  p.  467.  1901. 

(Eingegangen  1.  Oktober  1903.) 


839 


107.  Über  die  minimale  Schichtdicke  des  katalytisch 

wirkenden  öuecksilbere. 

Von  Q.  Bredig:  und  J.  Weinmayr  in  Heidelberg. 


Seit  Thönard  und  Schoenbein  ist  es  bekannt^  daß  ge- 
wisse Metalle,  wie  Platin,  Palladium,  Gold,  Silber,  Quecksilber 
eine  eigentümliche  zerlegende  Wirkung  auf  das  Wasserstoflf- 
superoxyd  nach  der  Gleichung  2H3O3  =  2H,0  +  0^  ausüben. 
Dabei  ist  meistens  keine  dauernde  chemische  Umsetzung  des 
betreflfenden  Metalles  mit  dem  Wasserstoffsuperoxyd  nach 
Aquivalentgewichten  zu  bemerkeu,  die. Metalle  bleiben  dabei 
häufig  scheinbar  unverändert,  so  daß  Berzelius  und  Schoen- 
bein diese  besondere  chemische  Wirkung  gewisser,  selbst 
dabei  unveränderter  Stoffe  eine  „katalj/tische"  nannte.  Nach 
Ostwald  ist  die  Katalyse  als  Erhöhung  der  Reaktions' 
gesckwindigkeit  aufzufassen. 

I.  Verauohe  mit  bekannten  metalllsohen  Queoksilberoberfl&olien. 

Übergießt  man  eine  Quecksilberoberfläche  mit  reiner 
wässeriger  1  ^^  Wasserstoffsuperoxydlösung,  so  kann  man  bei 
25^  im  Thermostaten  die  Reaktionsgeschwindigkeit  sehr  be- 
quem messen,  indem  man  von  Zeit  zu  Zeit  Proben  zieht  und  das 
noch  unzersetzte  Wasserstoffsuperoxyd  mit  Kaliumpermanganat 
titriert  Sorgten  wir  durch  eine  geeignete  Rührvorrichtung 
dafür,  daß  bei  konstanter  Grenzfläche  zwischen  Quecksilber 
und  HgOj-Lösung  letztere  immer  gut  durchgemischt  wurde,  so 
erhielten  wir  unter  Einhaltung  gewisser  Kautelen^)  unter 
gleichen  Umständen  übereinstimmende  Werte  der  Reaktions- 
geschwindigkeit, wie  folgende  Versuche  in  Tabelle  1  zeigen, 
in  welchen  bedeuten :  0  die  Oberfläche  des  von  der  Superoxyd- 
lösung bedeckten  Quecksilbers  in  Quadratzentimetem,    ^^  die 


1)  Wegen  derselben  muß  auf  die  DLasertation  des  einen  von  uns: 
J.  Weinmayr:  Die  Quecksilberkatalyse  des  Wasserstoffsuperoxyds, 
Heidelberg  190S,  verwiesen  werden. 


840  Ö.  Bredig  und  J,   H^'einmayr. 

Beaktionsdauer  in  Minuten  für  50  Proz.  chemischen  Umsatzes 
des  vorhandenen  WasserstoflFsuperoxyds; 

Tabelle  1. 


0 

^ 

O^ho 

60,81  cm" 

34' 

20,7  .  10* 

84 

20,7 

33 

20,1 

33 

20,1 

47,03 

45 

21,2 

44 

20,7 

44 

20,7 

43 

20,2 

34,61 

58 

20,1 

Wie  man  sieht,  ist  unter  gleichen  Bedingungen  die  Um- 
setzungszeit umgekehrt  proportional  der  Oberflächengroße  des 
katalytisch  wirkenden  Quecksilbers.  Dieses  Gesetz  gilt  auch 
in  folgender  Beihe  der  Tabelle  2  mit  etwas  anderen  umstanden 
(Vorbehandlungsdauer  mit  H^Og  etc.).  Die  Proportionaütats- 
konstante  unter  diesen  neuen  Umständen  ist  zwar  auch  eine 
etwas  andere,  aber  von  derselben  Größenordnung: 

Tabelle  2. 


0 

ho 

Ox  Aso 

60,81 

44 

26,8  .  10« 

47,03 

49 

23,0 

49 

23,0 

34,61 

67 

23,2 

19,24 

120 

23,1 

117 

22,5 

In  einer  dritten  Versuchsreihe  ging  die  Konstajite  auf 
17,7.10^  herunter,  aber  auch  hier  war  die  umgekehrte  Pro- 
portionalität zwischen  t^^  und  0  vorhanden. 

Wir  können  aber  sagen:  Untfn-  gleichen  Umständen  ist  die 
Zeitdauer  gleichen  chemischen  Umsatzes  für  die  Reaktion  2H^0.,  = 
2H2O  +  Og  der  Größe  der  katalysierenden  Hg- Oberfläche  um- 
gekehrt proportional. 

Diesen  Satz  werden  wir  nun  zur  Bestimmung  der  un- 
bekannten Oberfläche  äußerst  kleiner  aber  bekannter  Queck- 
silbermassen in  feinster  Verteilung  benützen,  wie  sie  in  so- 
genannten „kolloidalen^'  Lösungen  vorliegt 


Schichtdicke  kataly tisch  wirkenden  Quecksilbers,  841 

n.  Wirkung  von  Queoksilber  in  kolloidalen  Iiosungen. 

Der  eine  von  uns  hat  bereits  in  Gemeinschaft  mit 
Reinders  und  mit  Ikeda^)  eine  eigentümliche  Art  der  Queck- 
silberkatalyse des  HgOj  mitgeteilt. 

Äußerst  verdünnte  alkalische  HgCl^-Lösungen  wirken  nur 
sehr  langsam  auf  H2O2  katalytisch  ein,  ebenso  wie  in  gewissen 
äußersten  Verdünnungen  alkalische,  durch  elektrische  Zer- 
stäubung hergestellte  kolloidale  Goldlösungen  relativ  nur 
noch  ziemlich  langsam  wirken.  Mischt  man  aber  beide,  so 
tritt  eine  sehr  viel  rapidere  Katalyse  des  HjOg  ein.  Es  hat 
sich  ferner  zeigen  lassen,  daß  die  bekannte  Reduktion  von 
HgCLj  durch  alkalisches  H^Og  zu  Quecksilber  erheblich  be- 
schleunigt wird  durch  den  Zusatz  von  kolloidaler  Goldlösung. 
So  ist  die  obige  Wirkung  des  Gemisches  dadurch  erklärlich, 
daß  erst  in  Gegenwart  des  Goldes  von  dem  alkalischen  H^Og 
metallisches  Quecksilber  aus  der  Sublimatlösung  niedergeschlagen 
wird  und  nun  erst  dieses  Quecksilber  die  kolloidalen  OoldteUchen 
umhüllend,  als  intensiver  ^^0 ^-zersetzender  Katalysator  wirkt*) 

Beispiel:     In  30  ccm  Wasser  waren  gelöst: 

im  NuUversuch:    0,00003  g  Au-Kolloid,  0,013  g  NaOH,  0,015  g  H,0, 

Anfangstitre:   10,90  ccm  KMnO^-Lösnng 
bei  25^00  nach  100'  Minuten:     7,33    „  „  „ 

Parallelversuck:    +  0,00003  HgCl],  sonst  wie  im  NuUversnch. 

Anfangstitre:   10,00  ccm  KMnO^-Lösung 
bei  25^00  nach  3'  Minuten  bereits  alles  H^O,  zersetzt,  Titre  0,00. 

III.  Beatimmungr  der  kolloidalen  Sohiohtdioke  duroh  Messung  der 

katalsrtisoh  aktiven  OberfläohengröBe. 

Bestimmen  wir  also  in  einer  solchen  kolloidalen  alkalischen 
Au-Lösung  mit  bekanntem  Gehalte  an  Quecksilber  die  üm- 
setzungszeit  von  darin  katalysiertem  WasserstofiFsuperoxyd  und 
stellen  wir  in  einem  Parallelversuche  andrerseits  fest,  wie 
groß  unter  gleichen  umständen  eine  gewöhnliche  Oberfläche  0^ 
metallischen  Quecksilbers  sein  muß,  um  dieselbe  katalytische 
ümsetzungsdauer  zu  bewirken,  so  können  wir  annehmen,  daß 


1)  G.  Bredig  u.  W.  Reinders,  Zeitschr.  f.  phys.  Chem.  37.  p.  389. 
1901.  —  Derselbe  und  K.  Ikeda,  1.  c.  37.  1.  1901. 

2)  Anmerkung:  Das  Sublimat  verhält  sich  also  zum  Gold  wie  in 
der  Fermentchemie  Pawlows  Trypsinogen  zur  Enterokinase.  Vgl. 
G.  Bredig,  Anorganische  Fermente  (2.  Aufl.).    1904. 


842  O,  Bredig  und  J,   Weinmayr, 

das  Quecksilber  im  koüoidoLen  Systeme  dieselbe  Oberfläche  0^ 
besitzt,  wie  das  gewöhrdiche,  gleich  wirkende  Quecksilber,  nnd 
wir  können  somit  aus  der  angewandten  Masse  des  gefaUten 
kolloidalen  Quecksilbers  und  seiner  so  ermittelten  Oberfläche 
0^  einen  wenigstens  annähernden  Schluß  auf  die  Größenordnung 
seiner  Schichtdicke  machen.  Nach  diesem  Prinzip  wurden 
folgende  Vergleichs  versuche  gemacht: 

Die  kolloidale  Mischung  enthielt  in  30  com  Wasser: 
HgCl,  0,000027  g,  also  Hg  0,00002  g,  kolloid.  Au  0,00003  & 
NaOH  0,00001  g,  H,Oa  0,03  g. 

Bei  25«  war  ^^  =  41'. 

Beim  Parcdlelversuck  mit  metallischem  Qtiecksilber  unter 
gleichen  Umständen  wurde  dieselbe  Alkalimenge  und  eine 
Oberfläche  0^^  von  47,03  cm*  angewandt 

Bei  25^  war  t^^  =  49'. 

Nach  dem  oben  festgestellten  Proportionalitätsgesetz  haben 

wir  also: 

0,.41  =  0^.49  =  47,03.49 

0^  =  ^y^  =  56cm2. 

Die  angewandten  0,00002  g  kolloidales  Quecksilber  haben 
also  eine  katalg tisch  wirksame  Oberfläche  von  56  cm*.  Denken 
wir  uns  diese  geringe  Quecksilbermasse  von  2.10 -^  g  als  ebene, 
nur  einseitig  benetzte,  dünne,  parallelepipedische  Schicht  oder 

Haut  ausgebreitet,  so  hätte  sie  also  eine 
Dicke  von  nur  3.10-^  cm,  also  die  so- 
genannte molekulare  Größenordnung. 

Jedoch  kann  man  hier  den  Einwand 
machen,    daß    ja    das    Quecksilbermetall 
nicht  als  ebene  Schicht,    sondern    als   ein 
gekrümmter  Kugelmantel  Hg    (Figur)  die 
kugelförmig    anzunehmenden     kolloidalen 
Goldkerne  Au  umhüllt.    Bezeichnet  r   den 
„äußeren^'    Gesamtradius    der  Kugel    und    r.    den    Radius    des 
inneren  Goldkemes,    dann   ist   die  Schichtdicke   d  des  Queck- 
silbermantels, der  die  Goldkeme  umhüllt, 

(1)  ^  =  ^'a  -  ^-  • 

Zur  Bestimmung  von  r^  besitzen  wir  aber  folgende 
Gleichungen: 


Schichtdicke  kataiytisch  wirkenden  Quecksilbers.  848 


«  Is"^^-. 


Hg  ^'Au  ^ 


(3)  ^0^0^=^n.4rjn. 

2v  bedeutet  das  Gesamtvolumen  aller  Yorhandenen  Goldkugeln 
oder  „Kerne'S  yermehrt  um  das  Volumen  des  darauf  nieder- 
geschlagenen Quecksilbers,  g^  und  «Hg  Masse  und  spezifisches 
Gewicht  des  vorhandenen  Quecksilbermetalles,  ^^a  ^^d  «au  die- 
selben Größen  für  Gold,  n  die  Anzahl  der  vorhandenen  Gold- 
keme  und  damit  auch  der  aus  Quecksilbermantel  und  Gold- 
kem  gebildeten  Kugeln,  r^  den  mittleren  Radius  dieser  Kugeln, 
20^0^  die  aus  metallischem  Quecksilber  bestehende  Gesamt- 
oberfläche dieser  Kugeln,  die  gleichzeitig  die  kataiytisch  wirk- 
same Oberfläche  0^  unseres  Versuches  ist  Durch  Miminieren 
von  n  erhalten  wir  aus  Gleichung  (2)  und  (3) 


«Au  / 


^Hg     ^    ^A 

'--^ ö. 

In  dieser  Gleichung  (4)  ist  r^  aus  lauter  im  obigen  Ver- 
such bekannten  Größen  berechenbar.  Wir  erhalten  so  mit 
^Hg  =  2.10-ß  g;  ^g  =  13,6;  ^^au  =  3.10-6  g;  «au  =  19,2; 
0^  =  56  cm*  für  den  mittleren  Radius  r^  der  kolloidalen  Queck- 
silbergoldkügelchen 

(5)  r^=  1,6. 10-7  cm. 

Wir  können  nun  noch  einen  Schritt  weiter  gehen:  Zwar 
wird  das  Quecksilber  allmählich  in  den  Goldkem  eindringen 
und  sich  damit  legieren,  jedoch  können  wir  wenigstens  wohl 
für  die  erste  Zeit  annehmen,  daß  der  Kugelmantel  in  der 
Figur  in  der  Hauptsache  noch  aus  dem  vorhandenen  Queck- 
silber ^Hg.  der  Kugelkem  aus  dem  vorhandenen  Gk)ld  ^au  be- 
stehe. Dann  können  wir  die  Dicke  d^r^-^r^  des  Queck- 
silbermantels berechnen  nach  folgenden  Gleichungen: 


(6)  - — ^n.~nr^ 


Au 


8 


(7)  ■?^  =  «4«(r,»-r,»). 

»Hg  » 


844  0.  Bredig  und  J,   Weinmayr. 

Aus  Gleichung  (6)  und  (7)  ergibt  sich: 


(8)  r.  =  r,  ]/^5il^+l. 

\l    y  Au  •  *Hg 

Aus  (1)  und   (8)   erhalten   wir   für   die    Schichtdicke   des 
Kugelmantels  aus  katalytisch  wirksamem  Quecksilber: 

1- 

(9)  d  ^r     \  -'/  Prr^  .  s 


%g 


+  1 


Auf  der  rechten  Seite  der  Gleichung  stehen  wieder  durch 
den  Versuch  bekannte  Größen.  Setzen  wir  für  r  =  1,6. 10"-'*^ cm 
nach  Gleichung  (5),  so  erhalten  wir  mit  den  gleichen  Versuchs- 
daten 5rH«  =  2.10-ßg;  ÄHg=13,6;  ^au  =  3.10-ö;  ^au  =  19,2 
für  die  Dicke  der  wirksamen  Quecksilberschicht  d  =  3.10^^  cm. 
Die  QuecksHberhaut  besitzt  also  in  unserem  Versuche  auch  nach 
dieser  Berechnung  eine  Schichtdicke  von  der  Größenordnung  der 
Molekulardimension,  wie  sie  auch  für  den  Durchmesser  der 
Moleküle  aus  der  kinetischen  Gastheorie  berechnet  worden  ist 

IV.  Beatixilmanfi:  der  kolloidalen  Sohiohtdioke  daroh  BeBÜmmtmg 
der  minimalen  aktiven  Queoksilbermense. 

Das  vorstehende  Resultat   können    wir   nun    durch    einen 
unabhängigen  Versuch  noch  auf  anderem  Wege  wenigstens  der 
Größenordnung  nach  bestätigen:  Vermindert  man  nämlich  die 
Quecksilbermenge    bei    konstanter    Gold-,   Alkali-    und    Super- 
oxydmenge   in    parallelen   Versuchsreihen    unter    gleichen    Be- 
dingungen,  so  findet  man,    daß  der  Quecksilberzusatz,   sobald 
er  unterhalb  eines  gewissen,  experimentell  bestimmbaren  Wertes 
gehalten  wird,  überhaupt  nicht  mehr  katalytisch   merklich  ist 
Analog  den  Betrachtungen  von  Oberbeck ^)  über  die  elektro- 
motorische Kraft  äußerst   dünner  Metallschichten,  welche   ver- 
schwindet, sobald  die  Dicke  der  Schicht  kleiner  als   der  Mole- 
kulardurchmesser  wird,    können    wir  hier  die  H}7)othese   auf- 
stellen,    dafi    die  ausgefällte  Queclisilber schickt    dünner    als    der 
Molekulardurchmesser  gexcorden  ist,  sobald  diese  Quecksilberschicht 
rächt  mehr  katalytisch  wirksam  ist     Wir    haben   dann    also  die 


1)  A.  Oberbeck,    Wied.  Ann.  31.    p.  337.    1887;    vgl.    hiergegen 
aber  Nemst,  Theoret.  Chem.  p.  391.  1898. 


Schichtdicke  katalytisch  wirkenden  Quecksilbers,  845 


Aufgabe^  die  dünnste  Queckdilberschicht  zu  bestimmen,  welche 
eben  noch  katalytisch  in  unseren  Systemen  wirksam  ist.    Diese 
Aufgabe  kann  man  in  folgenden  Versuchen  behandelt  sehen: 
Es  wurden  bei  25*^  gemischt: 

Tabelle  3. 

30ccin  Wasser;  0,00003  g  kolloidales  An;  0,015  g  H,0,;  0,013  g  NaOH. 


in  Versuch 

Es  war 

a)  mit 

2.10-»g  Hg  in 

Form 

von 

Sublimat 

^=     14,4' 

b)    „ 

2.10-»g    „ 

>» 

»> 

^0  =       3,8' 

c)     „ 

2.10-*g    „ 

>» 

»» 

^0  =       1,»' 

d)    „ 

2.10-»g    „ 

>» 

»» 

<5o  =       1,0' 

e)    „ 

2.10-*g    „ 

» 

» 

^0  =       4,4' 

f)    „ 

2.10-'g    „ 

»> 

» 

<ke  =  145,5' 

In  Versuch  f)  war  die  Reaktionsdauer  t^^  bereits  gerade 
so  groß  wie  in  Nullversuchen  ohne  Quecksilberzusatz,  die 
Katalyse  des  Quecksilbers  also  bereits  unmerklich  geworden. 
Wir  müssen  also  annehmen,  daß  in  Versuch  e)  bereits  bei 
2.10~*  g  Quecksilber  das  Minimum  der  katalytisch  wirksamen 
Schichtdicke  des  Quecksilbers  auf  den  Goldkernen  nahezu  erreicht 
war})  Auf  Grund  dieser  Hypothese  können  wir  nun  folgende 
Rechnung  aufstellen: 

Aus  Gleichung  (1)  und  (8)  erhält  man: 


(10) 


c/  =  r^  —  r.  = 

a 


■-MKSi^+'-' 


worin  nur  noch  der  Radius  r.  des  Goldkemes  unbekannt  ist. 
Da  nämlich  die  Goldkeme  dieser  kolloidalen  Goldlösungen 
erfahrungsgemäß  unter  den  besten  Mikroskopen  unsichtbar 
bleiben  und  nur  mit  Hilfe  der  polarisierten  diffusen  Licht- 
zerstreuung nachweisbar  sind,  so  müssen  ihre  Durchmesser 
kleiner  als  10~*  cm  und  ihr  mittlerer  Radius  r.  also  kleiner 
als  0,5.10~*cm  sein.  Setzen  wir  diesen  Maximalwert  fllr  r^ 
in  Gleichung  (10)  ein,  so  erhalten  wir  aus  den  übrigen  experi- 
mentellen Daten  für  y^  ,  ^^^  etc.  auch  einen  Maximalwert 
d,  und  zwar  nach  Tabelle  3  aus  Versuchen  über  die  kleinste 


1)  Man  kann  auch  den  Einwand  machen,  daß  bei  der  Sublimat- 
verdünnung des  Versuches  f)  überhaupt  kein  Hg  mehr  ausgefällt  war. 
Derselbe  läßt  sich  schwer  prüfen. 


846  G.  Breäig  und  J.    Wemmatfr. 

QQch  katalytiach  wirksame  Queckailbemta«««,    obae  di 
wie  fiilher  die  katalyüsch   wirkBame  Quecksilberoft«^ 
bestimmen  brauchen. 
Wir  erhalteD  also 


-5  /y2.10-«.l»,l 
ll/3.10-M3,l 


0.5.10-1/^:^=^^+1  -n»  1,5.10-' 


Dieser  Wert  ist  jedenfalls  nocb  etwas  zu  bocb,  < 
ja  auch  nur  den  Maximatvevi  von  r.  in  die  Becbsun 
gesetzt  haben,  während  wahrscheinlich  der  wahre  We 
Tj  erheblich  kleiner  ist  Nach  freundlicher  Mitteiluo 
Hrn.  Zsigmondy  wurde  für  die  Mehrzahl  dieser  Ooldt« 
in  seinem  und  Siedentopfs  Apparat*)  eine  mittlere  Oröi 
20 — 80  nn  geschätzt 

Wir  können  also  sagen,  daß  der  ans  der  mini 
aktiven  Quecksilber men^e  gefundene  Wert  der  kataljtiscb 
samen  C^chichtdicke  der  GröBenordoung  nach  genügend 
einstimmt  mit  dem  aus  der  katalytisch  aktiven  Oberfi 
große  berechneten.  Das  Quecksilber  wirkt  alto  noch  kata 
in  Sc/ticktdicfien  von  der  Größenordnung  der  Molekulardttrcln 

Dieses  Ergebnis  steht  in  gewisser  ÜbereiastimmoDi 
anderen  älteren  Untersuchungen.  So  hat  Oberbeck 
eine  älmliche  Größenordnung  für  die  dünnste  noch  el 
motorisch  wirksame  Schicht  eines  Metalles  und  O.  Wie 
für  die  dünnste  noch  sichtbare  Metallhaut  erhalten.  I 
hat  J.  Tafel  gezeigt^),  daü  ein  Überzug  von  Plat 
ehier  Schichtdicke  von  2.10~'cni  die  sonst  an  einer 
kathode  stattfindenden  elektroclieniischen  Reduktionen  ge' 
orKanischer  Stofl'e  verhindert  und  dafür  Wasserstoffenti 
lung  eintreten  laßt. 

Auch dievon  Warburg  und  Ibmori*)  festgestellte  W 

II  Vgl.  K.  Siedentopf  u,  Zsigmondy,  Drud.  Ann.  10, 
1903;  Verhandl.  d.  d.  pliyaik.  Gesellscli.  (5)  11.  p.  209.  1903.  V 
gegen  F.  Ehrenhaft,   Drud.  Ann.  II.  p. -iU.   1Ü03. 

2)  0.  Wiener,  Wied.  Ann.  31.    p.  666.    IfBT. 

3)  J.  Tafel,  Zeitachr.  f.  physikal.  Chem.  34.  p,  193.  1900;  Br 
Anorg.  Fermente,    p.  51.    Leipzig  1!>03. 

i\  E.  Warburg  u.  T.  Ihmori,  Wied.  Ann.  27.  p.  481.  186 
p.   1012.    18S7. 


Schichtdicke  katalytisch  wirkenden  Quecksilbers.  847 

haut  auf  Glas  hat  dieselbe  Größenordnung.  G.  Quincke^) 
und  R  H.  Weber*)  fanden  aus  Messungen  der  Oberflächen- 
spannung den  Radius  der  molekularen  Wirkungssphäre  von 
der  Größenordnung  5 .  10"*  cni.  Zum  Vergleiche  der  älteren 
Bestimmungen^  mit  der  aus  unseren  Versuchen  berechneten 
Größenordnung  der  minimalen  noch  katalytisch  wirksamen 
Schichtdicke  des  Quecksilbers  sei  die  Mitteilung  unserer  Ver- 
suche gestattet,  obwohl  bei  der  Berechnung  noch  Hypothesen 
zu  machen  waren,  die  wir  an  den  betreffenden  Stellen  er- 
wähnt haben. 

y.   Zasammenfassungr. 

Die  Resultate  dieser  Mitteilung  sind  folgende: 

1.  Die  Zeitdauer  der  katalytischen  Zersetzung  von  ver- 
dünnten wässerigen  Wasserstoffsuperoxydlösungen  durch  metal- 
lisches Quecksilber  ist  unter  sonst  gleichen  Umständen  der 
benetzten  Quecksilberoberfläche  umgekehrt  proportional. 

2.  2.10~*g  Quecksilber,  welches  auf  den  Goldkernen 
einer  kolloidalen  Goldlösung  von  3 .  10—*g  Goldgehalt  in  30  ccm 
Wasser  durch  alkalisches  H^O,  niedergeschlagen  war,  kata- 
lysierte letzteres  ebenso  schnell  wie  eine  gewöhnliche  Queck- 
silberoberfläche von  56  cm*. 

3.  Hieraus  wurde  unter  gewissen  Annahmen  für  die  Queck- 
silberhaut auf  den  Goldkemen  eine  Schichtdicke  von  3 .  10~®cm, 
also  von  molekularer  Größenordnung,  berechnet 

4.  Die  katalytische  Wirkung  des  Quecksilbers  war  nicht 
mehr  zu  erkennen,  sobald  weniger  als  ca.  2.10~*g  Queck- 
silber zugesetzt  wurden.  Hieraus  berechnet  sich  unter  gewissen 
Annahmen  ebenfalls  für  die  dünnste  noch  katalytisch  wirksame 
Quecksilberhaut  im  Kolloid  ein  Höchstwert  ihrer  Dicke  zu 
1,5. 10-' cm. 

Heidelberg,  Chem.  Üniv.-Laboratorium. 


1)  G.  Quincke,  Pogg.  Ann.  137.   p.  413.    1869. 

2)  R.  H.  Weber,  Dnid.  Ann.  4.  p.  706.    1901. 

3)  Vgl.  auch  M.  Faraday,  Pogg.  Ann.  101.  p.  318.  1857;  W.  C. 
Roentgen,  Wied.  Ann.  41.  p.  321.  1890;  P.  Drude,  1.  c.  48.  p.  158. 
1891;  A.W.Reinold  u.  A.W.  Rücker,  Phil  Trans,  p.  447.  1881;  p.  645. 
1883;  vgl.  auch  Nernst,  Theoret  Chemie  p.  390,  sowie  die  Lehrbücher 
der  kinet.  Gastheorie. 

(Eingegangen  2.  Oktober  1908.) 


848 


108.  Eine  besondere  anschanliche  Ableitung  des 

Gaussischen  Felllergesetzes. 

Von  A.  Sommerfeld  in  Aachen. 


Die  fundamentale  Rolle,  welche  das  Gaussische  Fehler- 
gesetz in  der  gesamten  Molekularphysik,  zumal  in  den  Arbeiten 
von  L.  Boltzmann  spielt,  rechtfertigt  es  vielleicht,  wenn  ich 
an  dieser  Stelle  eine  Ableitung  jenes  Gesetzes  mitteile,  die  ich 
vor  mehreren  Jahren  in  einer  Göttinger  Vorlesung  entwickelt 
habe.  Die  Ableitung  geht  von  der  Hypothese  der  Elementar- 
fehler aus  und  macht  über  deren  Verteilung  die  denkbar  ein- 
fachste Annahme.  Daß  das  Resultat  der  Betrachtung  von 
dieser  besonderen  Annahme  unabhängig  ist,  darf  auf  Grood 
allgemeinerer  Untersuchungen^)  als  bekannt  gelten. 

Das  mathematische  Hilfsmittel  der  vorliegenden  Ableitung 
bilden  bei  n  Elementarfehlem  Betrachtungen  im  n-dimen- 
sionalen  Raum;  das  Gaussische  Fehlergesetz  selbst  erscheint 
dabei  als  eine  Aussage  über  die  Stereometrie  im  Räume  von 
unendlich  vielen  Dimensionen.  Wenn  ich  solche  mehrdimen- 
sionalen  Betrachtungen  hier  als  „anschaulich"  bezeichne,  so 
soll  damit  gesagt  sein,  daB  sie  sich  als  VerallgemeineruDgen 
von  elementaren  Betrachtungen  im  dreidimensionalen  Räume 
unmittelbar  darbieten. 

1.  Ein  Elementar  fehler  und  sein  Verteilungsgesetz.  W^in 
wir  eine  Beobachtungsgröße  abrundend  durch  ein  ganzes  Viel- 
faches einer  passend  gewählten  Maßeinheit  ausdrücken,  so 
begehen  wir  einen  Fehler  x,  welcher  jeden  Wert  zwischen 
±1/2  mit  gleicher  Wahrscheinlichkeit  besitzen  kann.  Nennen 
wir  ydx  die  Wahrscheinlichkeit,  daß  dieser  Fehler  zwischen 
X    und    X  -f-  d X    enthalten    ist,    so    wird    die   „Fehlerdichte**  y 

1)  F.W.  Beseel,  Astron.  Nachr.  15.  1838.  Weitere  Literatur  bei 
Czuber,  Die  Entwiekelung  der  Wahrscheinlichkeitstheorie,  Jahresbericht 
der  deutschen  Mathematiker -Vereinigung.  7.  Nr.  56.  Vergl.  auch  Haus- 
dorff,  Sitzungsber.  d.  k.  sächs.  Gesellsch.  d.  Wissensch.  zu  Leipzig. 
Mai   1901.  p.  166. 


Änschatdiche  Ableitung  des  Gaussischen  Fehlergesetzes,    849 

innerhalb  des  Fehlerbereiches  von  ar=  — 1/2  bis  ar=  +  1/2 
gleich  1,  außerhalb  desselben  gleich  NulL  Wir  können  daher  das 
Verteilungsgesetz  dieses  „Abnmdnngsfehlers"  durch  die  Figur  1 
auf  p.  856  darstellen.  Der  Wert  1  der  y-Koordinate  ergibt 
sich  daraus,  daß  der  von  der  „Fehlerkurve"  und  der  Fehler- 
achse begrenzte  Flächeninhalt  (gleich  der  Wahrscheinlichkeit, 
daß  überhaupt  irgend  ein  Fehler  begangen  wird)  die  Flächen- 
einheit sein  muß. 

Wir  werden  im  folgenden  annehmen,  daß  die  zu  be- 
trachtenden Elementarfehler  sämtlich  nach  diesem  einfachsten 
Gesetz  des  Abrundungsfehlers  verteilt  sind,  ohne  übrigens  da- 
mit sagen  zu  wollen,  daß  sie  irgendwie  durch  Abrundung  einer 
Beobachtungszahl  entstanden  sein  müßten. 

2.  Zwei  Elementarfehler.  Die  Messung  irgend  einer  Größe 
werde  durch  zwei  voneinander  unabhängige  Fehlerquellen  be- 
einflußt; der  resultierende  Fehlern  setze  sich  aus  den  beiden 
Elementarfehlern  x^  und  Xy^  additiv  zusammen: 

X  ^  Xq  +  J?j  • 

ydx  sei  die  Wahrscheinlichkeit,  daß  der  resultierende  Fehler 
zwischen  x  und  x  +  dx  liege. 

Welches  ist  das  Gesetz  von  y? 

Wir  tragen  x^  und  x^  nach  zwei  rechtwinkligen  Achsen 
auf  uud  markieren  als  Fehlerbereich  das  dem  Punkte  0  um- 
schriebene Quadrat  von  der  Seitenlänge  1  (vgl  Fig.  a).  Die- 
jenigen Kombinationen  der  Einzelfehler  Xq,  Xj,  welche  zu  dem- 
selben Gesamtfehler  x  Anlaß  geben,  werden  durch  die  Punkte 
einer  Geraden  g  dargestellt^  welche  von  den  beiden  Koordi- 
natenachsen dasselbe  (positiv  oder  negativ  zu  rechnende)  Stück 
X  abschneiden.  Zwei  benachbarte,  zu  den  Werten  x  und 
X  +  dx  gehörende  Gerade  g  schneiden  aus  dem  Quadrat  einen 
Streifen  heraus,  dessen  Inhalt  die  Wahrscheinlichkeit  ydx 
veranschaulicht     Da  die  Breite  des  Streifens  dxj^,  so  wird 

S 

wenn  wir  mit  S  die  „Größe  der  Schnittfigur*S  d.  h.  die  Länge 
des  innerhalb  des  Quadrates  gelegenen  Stückes  von  g  be- 
zeichnen. 

Um  8  zu  berechnen,   ist  es  (namentlich  in  den  späteren 

allgemeineren  Fällen)  bequem,  eine  der  beiden  Uilfsgrößen 

Boltcmann-FMtochrift.  54 


850 


Ä.  Sommerfeld, 


zu  benutzen,    u  bedeutet  (vgl.  Fig.  a)  dasjenige  Stück,  welches 
die  Gerade  g  auf  den  durch  den  Punkt  V  [x^  ^  x^  =  —  1/2) 
gehenden  Quadratseiten  abschneidet     Die  entsprechende  Be- 
deutung   hat    V    hinsichtlich 
der  durch  den  Punkt  V  [i^  = 
ari=  +  1/2)   gehenden  Qua- 
dratseiten.    Gs  ist  nun.  so- 
lange t£  <  1,  d.  h.  solange  p 
die  durch  U  gehenden  Qua- 
dratseiten   selbst    trifft,    er- 
sichtlich 5  =  m  y2;   wird  aber 
M  >  1 ,    indem    y ,      von    V 
kommend ,    den    Mittelpunkt 
des   Quadrates    überschreitet 
und    die    Verlängerung    der 
genannten  Quadratseiten  trifft, 
so  haben  wir  von  der  Länge 
wy2  zwei  Stücke   in   Abzug 
zu  bringen,  welche  (vgl.  Fig.  a)  ersichtlich  die  Länge  («  —  1)  y^ 
haben.   Li  diesem  Falle  wird  S  =  {m  —  2  (m  —  1)}  y2.      Dagegen 
haben  wir  natürlich  5  =  0,  wenn  w  <  0  oder  m  >  2  ist 
Man  erhält  daher  für  y  die  folgende  Darstellung: 

M<0,     0<w<l,  1<?^<2,  2<w, 

7/  =  0,         y  =  M,         y  =  u-2[u-\)y     y  =  0. 

Damit  gleichbedeutend  ist  die  folgende  Darstellung: 

t?>2,  2>t?>l,  l>t;>0,     0>t;, 

y  =  0,     y  =  i;-2(ü-l),  y  =  v,         y  =  0. 

In  Figur  2  auf  p.  856  ist  dieser  Verlauf  von  y  durch  einen 
Linienzug  über  der  Abszisse  x  dargestellt;  die  Maßeinheit  auf 
der  X-Achse  ist  dabei  nach  einem  später  zu  begründenden 
Gesetz  gegenüber  Figur  1  verkürzt. 

3.  Drei  Elementarfehler,  Der  Gesamtfehler  x  möge  sich 
jetzt  aus  den  drei  unabhängigen  Elementarfehlera  x^,  j-  ,  j 
nach  der  Formel 

X  =  X^^   -\-  X^    -j-  2*2 

zusammensetzen. 


Anschauliche  Ableitung  des  Gaussischen  Fehlergesetzes.     851 


Wir  deuten  x^,  x^,  x^  nach  drei  rechtwinkligen  Achsen 
im  Räume  und  erhalten  als  Fehlerbereich  einen  Würfel  von 
der    Eantenlänge     1     (vgl. 

Fig.  b).     Der  Ort  desselben  !5 h-c r^v 

Gesamtfehlers  x  ist  eine 
Ebene  E,  welche  von  den 
drei  Koordinatenachsen  das 
gleiche  Stück  x  abschneidet. 
Zwei  benachbarte  Ebenen 
E,  welche  zu  den  Fehlem 
X  und  X  +  dx  gehören, 
schneiden  aus  dem  Würfel 
eine  Schicht  heraus,  deren 
Rauminhalt  die  Wahrschein- 
lichkeit ydx  darstellt.  Da 
die  Dicke  dieser  Schicht  dx/^S  ist,  so  wird 

S 

wenn  wir  mit  S  wieder  die  „Größe  der  Schnittfigur**,  d.  h.  die 
Fläche  des  innerhalb  unseres  Würfels  gelegenen  Teiles  von 
E  bezeichnen. 

Wir  setzen  jetzt 


Fig.  b. 


^=--2-+"^' 


V  =s 


2 


—  X 


so  daß  u  (und  ähnlich  v)  die  Abschnitte  der  Ebene  E  auf  den 
durch  den  Punkt  U  [x^  =  x^  ^  x^  =  —  1/2)  gehenden  Würfel- 
kanten bedeutet  (vgl.  Fig.  b).  Die  Schnittfigur  S  ist  ein  gleich- 
seitiges Dreieck  von  der  Seite  «1/2  und  dem  Inhalt  M*y3/2, 
solange  w  <  1 .  Überschreitet  aber  die  Ebene  E,  von  U  kom- 
mend, die  Ecken  P  des  Würfels,  d.  h.  wird  «  >  1,  so  geht 
S  in  ein  Sechseck  über,  indem  sich  die  Dreiecksecken  ab- 
stumpfen (vgl.  Fig.  b  oder  c).  Der  Inhalt  von  S  ergibt  sich 
jetzt  dadurch,  daß  wir  von  dem  ursprüngUchen  drei  gleich- 
seitige Dreiecke  von  der  Seitenlänge  {u  —  l)y2  fortnehmen.  Es 
wird  daher  jetzt  5  =  jm^  -  3(m  -  l)*}y372.  Indem  E  weiter 
fortschreitet,  nehmen  die  Abstumpfungen  zu;  wenn  E  den  Mittel- 
punkt des  Würfels  überschreitet,  wird  das  Sechseck  regulär. 
W^eiterhin  überdecken  sich  die  Abstumpfungen  gegenseitig,  wenn 
E  auch  über  die  Würfelecken  Q  hinübergegangen,  d.  h.  wenn 

54* 


Ä.  Sommerfeld, 


Fig.  1 


852 

u  >  2  geworden  ist,  und  das  Secheeck  geht  wieder  in  ein  Drei- 
eck über.     Wir  haben  dann  bei  der  Berechnung    von  S,   nm 
bei     Abzog     der    Ab- 
,      .     ' ,     >  .    \       \  ätumpfangen    nicht   zd 

viel  fortzunehmen,  die 
von  den  Abstumpfiinfen 
doppelt  Übenlecklen 

Teile  einmal  hinzoza- 
'\  fügen.  Es  sind  diese« 
drei  gleichseitige  Drei- 
ecke von  derSeitenläDge 
(«-2)y2.  Mithin  wird 
jetzt  S=:\u*~^{u-lf 
+  3(m  — 2)*}}^2.  Da- 
gegen wird  nst&rlich 
S  =  0,  wenn  die  Ebene 
E  den  Würfel  über- 
haupt nicht  trifft,  d.  h.  wenn  u  <  0  oder  u  >  3. 

Wir  erhalten  von  da  aus  fUr  y  die  folgende  Darstellaag: 
u<0,    0<«<1,  1<«<2, 

5'  =  0,     y  =  ^u\    y  =  |(«'-3(«-l)>), 
2  <  H  <  3 ,  3  <  ,/ 

;/  =  i(«»-3{«^l)=  +  3(«-2)*),     y=0. 
Hiermit  gleichbedeuteu<l  sind  die  Formeln: 
»>  3,  3  >!.>2, 

j,-ü,     „  =  J(,>-3(o-  l)'  +  3(.-2)«), 
2>i'>l,  1>!.>0,     0>i,, 

y_i(.'-3(.-l)<),  ,,=  \v'.  .v-ü. 
Figur  3  auf  p.  SSß  veraiiscbaiilicbt  diesen  Verlauf  von  y.  IHe 
dort  verzeichnete  P'ehlerkurve  besteht  aus  drei  Parabelbogen. 
welche  sich  aneinander  und  an  die  anschließenden  Stücke  der  i- 
Äcbse  stetig  und  mit  stetigen  Tangenten  anlegen.  Die  Horizontal- 
erstreckung  jedes  der  drei  Panibilbögen  ist  gleich  der  (in  der 
Figur  abermals  passend  verkürzten)  Maßeinheit. 

4.    Vier  Elemevlarfeliler.     Wir  haben  jetzt  in   don   Raum' 


1)  Wir 


iiiibli<^her\Vei 


e  defini 


n  Euklidischen  Bsiim. 


Anschauliche  Ableitung  des  Oaussischen  Fehlergesetzes,    858 

von  vier  DimensioneD  zu  gehen  und  nach  den  rechtwinkligen 
Achsen  der  Elementarfehler  x^^  x^,  x^,  x^  einen  „Überwürfel" 
zu  konstruieren.     Dieser  ist  mit  der  „Überebene" 

X  =  Xq+  X^   +  ^2  +  ^3 

ZU  schneiden,  d.  h.  mit  einem  dreidimensionalen  Raum,  welcher 
von  den  vier  Koordinatenachsen  das  gleiche  Stück  x  ab- 
schneidet  Bewegt  sich  die  Uberebene  von  außen  her  auf  den 
Überwürfel  zu,  so  schneidet  sie  zunächst  ein  reguläres  drei- 
dimensionales Tetraeder  aus,  dessen  Ecken  den  Schnittpunkten 
der  Uberebene  mit  den  vier  von  einer  Ecke  des  Uberwürfels 
ausgehenden  Kanten  entsprechen.  Lassen  wir  die  Uberebene 
sich  nach  dem  Mittelpunkte  des  Uberwürfels  hin  bewegen,  so 
überschreitet  sie  zunächst  vier  Ecken  des  Uberwürfels,  wobei  sich 
in  der  Schnittfigur  die  vier  Ecken  des  Tetraeders  abstumpfen^ 
so  daß  das  Tetraeder  in  ein  allgemeines  Oktaeder  übergeht 
Dasselbe  wird  zum  regulären  Oktaeder,  wenn  die  Überebene 
gerade  durch  den  Mittelpunkt  des  Uberwürfels  bindurchgeht, 
wobei  sie  sechs  weitere  Ecken  des  Überwürfels  überschreitet 
Gleichzeitig  beginnen  dann  die  Abstumpfungen  sich  in  den 
Mitten  der  sechs  Kanten  des  ursprünglichen  Tetraeders  zu  über- 
decken, so  daß  bei  der  Berechnung  der  Schnittfigur  nach  Abzug 
der  Abstumpfungen  sechs  neue  Tetraeder  hinzuzufügen  sind.  Die 
Scbnittfigur  bleibt  jetzt  ein  allgemeines  Oktaeder^  bis  sie  durch 
weiteres  Wachsen  der  Abstumpfungen  wieder  in  ein  reguläres 
Tetraeder  übergeht  Dieses  schrumpft  allmählich  zu  Null  zu- 
sammen. 

Die  zugehörige  Fehlerkurve  (Fig.  4  auf  p.  856)  besteht 
jetzt  aus  vier  kubischen  Parabelbögen,  welche  sich  nicht  nur 
mit  ihren  Tangenten,  sondern  auch  mit  ihren  Krümmungen 
stetig  aneinander  und  an  die  äußeren  Stücke  der  x-Achse  an- 
legen und  welche  von  x=— 2  bis  x  =  +  2  reichen.  Die 
genauen  Formeln  zur  Konstruktion  dieser  Fehlerkurve  ent- 
wickeln wir  sogleich  für  den  allgemeinen  Fall  von 

5.  n  +  /  Elemeiitarfehlem.  Es  handelt  sich  jetzt  um  einen 
Überwürfel  im  Räume  von  n  +  1  Dimensionen  und  um  eine 
n-dimensionale  Uberebene,  welche  von  den  Koordinatenachsen 
der  j:^ ,  jTj ,  .  . .  jr^  das  gleiche  Stück  :r  «  jr^  +  :rj  +  . . .  jr^  ab- 
schneidet   Zwei  zu  den  Werten  x  und  x  -f-  (/x  gehörige  solche 


854  A,  Sammerfeld. 

••  •• 

Uberebenen  bestimmen  innerhalb  des  Überwürfels  eine  (n-|-li 

dimensionale    Schicht,    deren   Höhe   dxj^  n  +  1     beträgt  und 

deren    Basis   wir   mit  S  bezeichnen.     Die    Fehlerdichte   wird 

alsdann 

Mit  U  bezeichnen  wir  die  Ecke  ar^  =  x-  =  .  ,  .  x  =  —  1/2 
des  Überwürfels,  mit  F  die  gegenüberliegende  Ecke  x^  = 
jTj  =  .  .  .  j:^  =  +  1  /  2  .     Wir  setzen 

n  +  1    ,                  n  +  1 
w  =  — 2 ha:,     *''^~2 ^* 

Liegt  unsere  überebene  der  Ecke  U  hinreichend  nahe,  ist 
nämlich  t£  <  1 ,  so  besteht  die  Schnittfigur  aus  einem  it-dimeo- 
sionalen  regulären  „(n+l)Zell",  der  Verallgemeinerung  de« 
regulären  Tetraeders.  Der  Inhalt  desselben  beträgt  bei  der 
Eantenlänge  a,  wie  man  ohne  Schwierigkeit  nachweist: 

=  ^yi.3.5...(2«-l). 

Da  in  unserem  Falle  diese  Kantenlänge  gleich  u  ^\/2  zu  setzen 
ist,  so  ergibt  sich  als  Fehlerdichte  für  0  <  ?/  <  1  : 

mit  der  Abkürzung 

A'  =     -     1  /^  3  .  5  .T.  (2w~^  lY2"~ 
(w!)«  [/  n  +  l" 

Wird  M  =  1 ,  so  überschreitet  unsere  Uberebene  die  n  -r  ^ 
der  Ecke  U  benachbarten  Ecken  des  Uberwürfels:  gleichzeitig 
stumpfen  sich  in  der  Schnittfigur  S  die  Ecken  unseres 
[n  +  1)  Zells  ah,  indem  an  jeder  Ecke  desselben  ein 
(n  +  1)  Zell  von  der  Kantenlänge  [u  —  1)  y2  in  ForttaÜ 
kommt.     Es  wird  daher  für  1  <  ?/  <  2 : 

y  =  A^(w^  —  (w  +  1)(m  —  l)"j. 

Wird  M  =  2,  so  trifit  unsere  überebene  alle  diejenigen 
Ecken  des  Uberwürfels,  in  denen  zwei  der  Koordinaten 
.r^,  .  .  .  XnJti  den  Wert  +1/2,  die  übrigen  den  Wert  —  12 
haben.      Ihre    Anzahl    ist    gleich    dem    Binomialkoeffizienten 


Anschauliche  Ableitung  des  Oaussischen  Fehlergesetzes,     855 

\^       j .     Dies   ist   zugleich    die    Anzahl   derjenigen   Gebiete, 

(n  +  1)  Zelle  von  der  Kantenlange  (t£  —  2)  "J/^  in  denen  sich 
die  Abstumpfungen  gegenseitig  überdecken.  Es  wird  daher  für 
2  <  w  <  3 : 

Hiemach  ist  das  allgemeine  Gesetz  klar.     Bedeutet  k  eine 
ganze  Zahl   <  w,  so  haben  wir  für  ä  <  t£  <  ä  +  1 : 

Dieselbe  Abhängigkeit  können  wir  auch  durch  die  Hilfsgröße 
t;  ausdrücken,  wenn  wir  n  —  ä  =  /  setzen;  es  wird  dann  für 
/  +  1  >  t?  >  /  gleichzeitig: 


(2) 


(3) 


y  =  ^'  («^  -  ("  t ')  ("  - 1)"  +  (T)  ("  -  2)"  -  •  •  • 

+  (-i)'f*t')(«-/r). 

Für  u  (bez.  v)  <  0  oder  >  n  +  1  wird  natürlich  y  =  0. 


Wir  können  jetzt  folgende  allgemeine  Angaben  machen: 

Die   Dispersion    des   Gesamtfehlers    wird   mit  jedem    hinzU' 

kommenden    Elementarfehler   eine   breitere.      Der    Fehlerbereich 

auf  der  x-Achse  beträgt  nämlich  bei  n  +  1  Elementarfehlem 

n  -\-  \  Einheiten. 

Die  Fehlerkurve  wird  mit  jedem  hinzukommenden  Elementar- 
fehler  je  um  einen  Grad  stetiger,  Sie  besteht  nämlich  bei  n  +  1 
Elementarfehlem  aus  n  +  \  Parabelästen  von  der  n*^  Ordnung, 
welche  sich  an  den  Übergangsstellen  mit  ihren  (n  —  1)  ersten 
Differentialquotienten  stetig  aneinander  anschließen.  In  der  Tat 
unterscheidet  sich  an  der  Übergangsstelle  t£  =  A  der  Ausdruck 
des  [k  H- 1)**°  Parabelbogens  von  dem  des  k^^  nach  Glei- 
chung (2)  nur  um  ein  Glied  mit  dem  Faktor  (t£  — ä)*,  welches 
fiir  M  =  A  erst  nach  7i-maliger  Differentiation  einen  von 
Null  verschiedenen  Betrag  gibt  Man  vergleiche  daraufhin 
die   Figg.  1,  2,  3,...    auf  der   folgenden  Seite,   von   denen 


856 


A.  SommerfßkL 


Fig.  1. 


-^ 


-»•^2 


Figur  1  einen  Sprang  in  den  Ordinalen,  Fig.  2  einen  solchen 
in  den  Tangenten,  Fig.  3  erst  in  den  Krümmungen  etc.  auf  vereist 

In  der  Orenze  f&r 
71  =  00  werden  wir  dem- 
entsprechend eine  Feh- 
lerkurve zu  erwarten 
haben,  die  sich  nach 
beiden  Seiten  hin  ins 
Unendliche  erstreckt 
und  die  mit  ihren  sämt- 
lichen Differentialquo- 
tienten stetig  verläuft. 
Eine  solche  Kurve  ist 
das  Gaussische  Fehler- 
gesetz. 

6.  Unendlich  viele 
Elementar  fehler.  Für  die 
Ausführung  des  Grenz- 
überganges w  =  oc  ist 
die  vorstehende  expUzite 
Form  der  Fehlerdichte 
y  (Gl.  2  oder  3)  nicht  be- 
quem; vielmehr  emp- 
fiehlt sich  für  die>en 
Zweck  eine  Integraldar- 
stellung, welche  1.  c. 
F.  Hausdorff  angibt 
Außerdem  wird  es  nötig, 
damit  überhaupt  ein 
endlicher  Grenzwert  re- 
sultiert, den  Fehlerbe- 
reich des  einzelnen  Me- 
mentarfehlers ,  welcher 
bisher  gleich  der  Ein- 
heit genommen  wurde, 
in  dem  Maße  zusammen- 
schrumpfen zu  lassen, 
als  n  wächst.  Wir 
setzen  daher  für  jeden 


Fig.  3. 


-3y 


Anschauliche  Ableitung  des  Gaussischen  Fehlergesetzes.     867 

derElementarfehler  die  äußersten  Fehlerbeträge  nicht  mehr  gleich 
±1/2,  sondern  gleich  ±  A  und  dementsprechend  die  Fehlerdichte 
innerhalb  dieser  äußersten  Werte  nicht  mehr  gleich  1,  sondern 
gleich  1/2A,  wobei  wir  uns  vorbehalten,  h  mit  wachsendem  n 
passend  abnehmen  zu  lassen. 

Um  zunächst  das  Gesetz  des  einzelnen  Elementarfehlers 
(y  =  Ofiir  |x|>Ä,  y=l/2A  für  |  a:  |  <  A)  durch  eine  einheit- 
liche Formel  darzustellen,  benutze  man  die  Theorie  des 
Fouri  er  sehen  Integrals.     Diese  liefert: 

y  =  2^  I  dX     da  cos  X{x  —  a); 

0  -A 

führt  man  das  Integral  nach  a  aus  und  substituiert  die  neue 
Integrations variable  fx  =  Xh,  so  erhält  man  bequemer: 

00 


(4) 


1       /  ux  sin  u    , 


0 

Um  eine  ähnliche  Darstellung  bei  n  +  l  Elementarfehlern 
zu  gewinnen,  gehen  wir  von  der  Gleichung  (1)  aus,  die  mit 
Rücksicht  auf  die  gegen  früher  abgeänderte  Fehlerdichte  der 
Elementarfehler  folgendermaßen  zu  modifizieren  ist: 

i^j  ^    ]/,m(2A)»+i* 

Es  bedeutet  nun  S/Yn+l  die  Projektion  der  Schnittfigur  S 
auf  eine  der  Eoordinatenebenen,  z.  B.  auf  die  Überebene  Xq  =  0  . 
Diese  Projektion  kann  berechnet  werden  als  ein  n-faches  In- 
tegral nach  den  Koordinaten  x^,  x^, . . ,  x^.  Das  Integrations- 
gebiet erstreckt  sich  für  jede  Koordinate  von  —  A  bis  +A; 
außerdem  aber  ist  zu  beachten,  daß  nur  solche  Kombinationen 
der  X,  .  .  .  j:„  in  Betracht  zu  ziehen  sind,  zu  denen  sich  ein 
I  ^r^  I  <  A  finden  läßt  derart,  daß  x^  +  x^  +  .  .  .  j:^  =  ar.  Das 
Integrationsgebiet  der  Variabein  x^,  x^,  ,  .  .  x^  ist  daher  durch 
die  weitere  Bedingung  zu  beschränken: 

(6)  I  j:  —  x^  —  ar,  —  .  .  .  —  a:^  I  <  A. 

Nach  dem  Vorgange  von  Dirichlet  berücksichtigen  wir 
diese  Bedinixung  dadurch,  daß  wir  unter  dem  Integral  einen 
„Diskontinuitätsfaktor"    hinzufügen,     der    für   alle    der    Un- 


858  A.  Sommerfeld. 

gleichung  (6)  genügenden  Werte  von  x^,  .  .  ,  x^  gleich  1 ,  för 
alle  ihr  nicht  genügenden  Werte  gleich  0  ist.  ICinen  solchen 
Faktor  stellt  nach  Multiplikation  mit  2  h  gerade  der  in  (4]  ge- 
fundene Ausdruck  dar,  wenn  wir  darin  x  ersetzen  durch 
X  —  jTj  —  Xg  —  ...  —  x^.  Die  Integraldarstellung  von  y  lautet 
daher: 

0  -fc  -Ä  -Ä 

oder,  wenn  wir  die  Integrationen  nach  ar^ ,   x^ ,  .  .  .  x    in  nahe- 
liegender Weise  ausfuhren: 


00 


(7)  y  =  i|rfMco8^(?^p\ 

0 

Unsere  früheren  Formeln  (2)  und  (3)  können  als  Aus- 
wertungen dieses  Integrales  gelten,  welches  seinerseits  die  früher 
für  die  verschiedenen  Intervalle  gefundenen  verschiedenen 
Formeln  einheitlich  zusammenfaßt. 

In  Gleichung  (7)  kann  man  nun  bequem  zur  Grenze  n  =  oc 
übergehen.  Wegen  der  strengen  Durchführung  des  Grenzüber- 
ganges verweise  ich  auf  L.  Maurer^)  und  begnüge  mich  hier 
im  Interesse  der  Kürze  mit  dem  folgenden  unstrengen  Über- 
schlag. 

Der  Quotient  sin  iij  ^i  ist  für  alle  Werte  jU  >  0  ein  echter 
Bruch  und  wird  in  der  Nähe  von  jw  =  0  näherungs weise  gleich 
1— /A^/6.  Deshalb  ist  die  (/*  +  1)^®  Potenz  desselben  bei 
großem  n  für  ^u  >  0  verschwindend  klein,  während  in  der  Nähe 

von  ju  =  0  gilt,  wenn  wir  /u^  =  (irj[n+  1)  setzen: 

i 


lim        -'  =  e 


-    .  a>» 


n  =  ac 


Hält    man    nun   bei   wachsendem    n    das    Produkt    h  y  w  -|-  1 
konstant,  indem  man  z.  B.,  was  bequem  ist 

(8)  ÄV¥4rr=|/{  l 

macht  und   unter   k    eine  Konstante    versteht,    so    ergibt    sich 
aus  (7) 

1)  L.  Maurer,  Math.  Ann.  47.  p.  267.  1896. 


Anschauliche  Ableitung  des  Gaussischen  Fehler gesetzes,     859 


00 

e 

n 


0 

Wir  finden  also  in  der  Grenze  für  n  =  oo  genau  das  Gaussi- 
sehe  Fehlergesetz,  Die  vorstehende  Formel  desselben  können 
wir  nach  den  vorangehenden  Erörterungen  deuten  als  Größe 
der  Sclmittfigur  durch  einen  Überwürfel  im  Eaume  von  un- 
endlich vielen  Dimensionen.^) 

Zum  Vergleich  mit  der  Serie  der  Figuren  1,  2,  8,  4  ist  das 
Gaussische  Fehlergesetz  in  Figur  5  auf  p.  856  dargestellt  Dabei 
war  die  Größe  k  so  zu  wählen,  daß  sich  ein  stetiger  Anschluß  an 
die  vorangehenden  Figuren  ergab.  In  diesen  haben  wir  den 
Fehlerbereich  2  h  des  einzelnen  Elementarfehlers  mit  wach- 
sendem n  so  abnehmen  lassen,  daß  2  h  '^  n  +  1  einen  konstanten 
Wert,  nämlich  in  der  Maßeinheit  der  Figur  1  den  Wert  1  hat 
Aus  Gleichung  (8)  ergibt  sich  danach  für  k  als  zugehöriger 
Wert  /<  =  y  6 . 

Da  in  Wirklichkeit  die  Anzahl  der  eine  Beobachtung  be- 
einflussenden Elementarfehler  nicht  unendlich  groß  sein  dürfte, 
da  femer  sehr  große  Oesamtfehler  im  allgemeinen  nicht  nur 
sehr  unwahrscheinlich^  sondern  überhaupt  unmöglich  sind,  so 
dürfte  im  allgemeinen  eine  unserer  Fehlerkurven  für  ein  end- 
liches n  der  Wirklichkeit  besser  entsprechen,  als  ihr  Grenzfall, 
das  Gaussische  Fehlergesetz.  Letzteres  empfiehlt  sich  gegen- 
über jenen  lediglich  durch  die  größere  Einfachheit  seiner  ana- 
lytischen Darstellung  sowie  dadurch,  daß  es  von  dem  meist 
unbekannten  Gesetz  der  Elementarfehler  unabhängig  ist, 
während  unsere  Fehlerkurven  bei  endlichem  n  von  der  be- 
sonderen Form  dieses  Gesetzes  abhängen. 


1)  Es  sei  erwähnt,  daß  sich  der  Raani  von  unendlich  vielen  Dimen- 
sionen in  einer  kürzlich  erschienenen  Arbeit  von  Minkowski  (Math. 
Ann.  57.  p.  447.  1903)  als  ein  wichtiges  analytisches  HilfEmaittel  erweist. 

(Eingegangen  2.  Oktober  1908.) 


860 


109.  Die  Anwendung  der  physikalischen  Chemie  anf 
die  serumtherapeutisehen  Fragen. 

Von  Svante  Arrhenius  in  Stockholm. 


In  einer  vor  einem  Jahre  erschienenen  Abhandlung^)  haben 
Madsen  und  ich  nachgewiesen,  daß  die  Neutralisation  yod 
Tetanolysin  und  seinem  Antikörper  dem  Guldberg-Waage- 
schcn  Gleichgewichtsgesetz  folgt,  indem: 

(Idenge  Toxin)  (Menge  Antitoxin)  =  Eonst.  (Menge  Verbindung). 

Es  verbinden  sich  also  Gift  und  Gegengift,  ein  Molekül 
von  jedem,  zu  zwei  Molekülen. 

Von  Hm.  Geheimrat  Ehrlich  in  Frankfurt  wurde  ich 
danach  eingeladen,  in  Frankfurt  die  physikalisch-chemischeD 
Verhältnisse  der  Hämolysine  zu  studieren.  Die  Hämolysine 
werden  auf  die  Weise  erhalten,  daß  man  die  roten  Blut- 
körperchen von  einem  Tier,  z.  B.  einem  Ochsen,  in  die  Blut- 
masse eines  anderen  Tieres,  z.  B.  eines  Kaninchens,  einspritzt. 
Diese  Blutmasse  reagiert  daraufhin  so,  daß  in  ihr  ein  Körper, 
das  Hämolysin,  auftritt,  welcher  rote  Blutkörperchen  von  dem 
erstgenannten  Tier  zerstört,  so  daß  ihr  roter  FarbstoÖ*  in  die 
umgebende  Lösung  austritt.  Dieser  Prozeß  ist  vollkommen 
analog  der  Bildung  von  dem  Antikörper  eines  Giftes,  z.  B. 
Tetanolysin,  nach  Einspritzung  dieses  Giftes  in  die  Blutmasse 
eines  geeigneten  Tieres. 

Die  Hämolysine  haben  eine  Eigentümlichkeit,  woraus  mau 
geschlossen  hat,  daß  sie  aus  zwei  Körpern  zusammengesetzt 
sind,  die  von  Ehrlich  mit  den  Namen  Amboceptor  und  Kom- 
plement bezeichnet  werden.  Es  zeigt  sich  nämlich,  daß  nach 
Erhitzung  auf  ^5"  während  einer  nicht  allzu  langen  Zeit  das 
Hämolysin  seine  Fähigkeit  verliert,  die  entsprechenden  Blut- 
körperchen zu  zersetzen.  Das  Komplement  ist  bei  der  Er- 
wärmung zerstört  worden.     Wenn  man  nun  zu  dem  übrig  ge- 


1)  Festschrift  zur  Einweihung  des  staatl.  Seruminstitutes  zu  Kopen- 
hagen am  8.  Sept.  1902.  Zeitschr.  f.  phys.  Chem.  44.  p.  8.  1903. 


Anwendung  der  physikalischen  Chemie,  861 

bliebenen  Amboceptor  einen  an  und  flir  sich  für  die  Blut- 
körperchen unschädlichen  (oder  nahezu  unschädlichen)  Körper, 
z.  B.  das  normale  Blutserum  eines  Tieres  zusetzt,  so  bildet 
sich  neues  Hämolysin,  d.  h.  das  normale  Serum  enthält  ein 
Komplement,  das  sich  mit  dem  Amboceptor  zu  Amboceptor- 
komplement,  d.  h.  Hämolysin,  verbindet 

Die  Wirkung  dieser  Hämolysine  erinnert  sehr  stark  an 
diejenige  des  Tetanolysins.  Ebenso  wie  dieses  Gift  an  die 
Blutkörperchen  gebunden  wird,  ebenso  geschieht  es  mit  dem 
Hämolysin.  Diese  Aufnahme  des  Hämolysins  von  den  Blut- 
körperchen macht  sich  eigentlich  bei  dem  Amboceptor  geltend, 
von  welcher  Eigenschaft  dieser  Körper  seinen  Namen  erhalten 
hat,  indem  man  nach  Ehrlich  sich  vorstellt,  daß  er  zwei 
Angriflspunkte  besitzt,  mit  welchen  er  an  der  einen  Seite  das 
Blutkörperchen,  an  der  anderen  Seite  das  Komplement  an  sich 
fesselt. 

Diese  Vereinigung  von  Amboceptor  und  Blutkörperchen 
erinnert  in  hohem  Grade  an  diejenige  von  Bakterienzellcn  und 
Agglutininen,  Körper,  welche  im  Blut  eines  lebenden  Tieres 
auftreten,  nachdem  die  betreflfenden  Bakterienzellen  in  die  Blut- 
masse eingespritzt  worden  sind.  Diese  ist  wiederum  in  sehr 
eingehender  Weise  von  Hrn.  Eisenberg  und  Volk  untersucht 
worden.  Ich  habe  deshalb  die  Messungen  dieser  Forscher 
einer  Berechnung  unterworfen,  und  gefunden,  daß  ihre  Resul- 
tate durch  eine  sehr  einfache  Gleichung  dargestellt  werden 
können.^) 

Bezeichnet  Ä  die  Konzentration  des  in  den  Bakterien- 
leibern befindlichen  Agglutinins,  und  B  diejenige  des  in  der 
umgebenden  Flüssigkeit  aufgelösten,  so  gilt: 

A  =  Konst  ^Z«. 

Diese  Gleichung  führt  zu  der  einfachen  Deutung,  daß  die 
Bakterienleiber  und  das  umgebende  Wasser  (eigentlich  die 
physiologische  Kochsalzlösung)  sich  wie  zwei  Lösungsmittel  ver- 
halten, zwischen  welchen  das  Agglutinin  sich  verteilt,  und  zwar 
ist  das  mittlere  Molekulargewicht  des  Agglutinins  in  der  Wasser- 
lösung anderthalb  mal  größer  als  im  Bakterienleib.    Natürlich 

1)  Vgl.  eine  von  mir  verfaßte,  in  der  Zeitschrift  für  physikalische 
Chemie,  Ostwaldband,  erschienene  Abhandlung. 


862  S,  Arrhenius. 

kann  im  Bakterienleib  eine  Verbindung  zwischen  dem  Aggla- 
tinin  und  einem  Bestandteil  des  Bakterieninhaltes  stattfinden, 
dieser  Bestandteil  muß  dann  in  solcher  Menge  Torkommen. 
daß  er  nicht  von  den  benutzten,  relativ  sehr  großen,  Agglu- 
tininmengen  in  merklichem  Grade  verbraucht  wird.  Nicht  alkn 
große  Agglutininmengen  werden  innerhalb  der  Versuchsfehler 
vollkommen  von  den  Bakterien  aufgenommen. 

Genau  dasselbe  gilt;  soviel  wir  wissen,  von  der  Absorption 
der  Amboceptoren  durch  die  Blutkörperchen.  Da  es  nun  natör- 
lich  ist,  daß  die  Blutkörperchen  von  Substanzen  angegriffen 
werden^  die  in  sie  eindringen,  und  da  fast  die  ganze  Masse  des 
Amboceptors  in  die  Blutkörperchen  aufgenommen  wird,  so  kann 
man  das  Problem  der  Hämolysine  ohne  nennenswerten  Fehler 
so  behandeln,  daß  man  die  Reaktionen,  die  außerhalb  des 
Blutkörperchens  vor  sich  gehen,  vernachlässigt. 

Ich  habe  nun  das  Hämolysin  bei  verschiedenem  Zusatz 
von  Amboceptor  und  Komplement  untersucht  und  finde,  daß 
dasselbe  geregelt  wird  durch  folgende  Formel: 

(Amboceptor)«  (Komplement)  =  Konst  (Hämolysin). 

Die  Klammern  bedeuten  wie  üblich  Konzentrationen  von 
den  betrefifenden  Körpern.  Der  Exponent  a  nimmt  gewöhnUcb 
den  Wert  1  oder  ^/g,  seltener  Y3  ^^'  Dieses  Vorkommen  von 
Exponenten  mit  den  Ziffern  zwei  und  drei  in  diesem  Falle  wie 
bei  den  Agglutininen  deutet  an,  daß  wir  hier  mit  Körpern  zu 
tun  haben,  die  sich  leicht  zu  Doppelmolekülen  bez.  dreifachen 
Molekülen  vereinigen,  wie  dies  ja  in  der  organischen  Chemie 
nicht  selten  vorkommt. 

Fast  die  ganze  Menge  des  Amboceptors  ist  im  Blut- 
körperchen vorhanden.  Dagegen  ist  die  Hauptmasse  des 
Komplements  nach  den  bisherigen  Erfahrungen  in  der  um- 
gebenden physiologisc'hen  Salzlösung  verteilt.  Ein  Teil  davon 
dringt  jedoch  in  die  Blutkörperchen  hinein  und  zwar  ist  es 
das  einfachste,  denselben  Molekularzustand  dieses  in  den  Blut- 
körperchen aufgelösten  Teiles  und  des  in  der  Lösung  befind- 
lichen  anzunehmend)     Nach    dieser  Annahme    vereinigen    sich 

1)  Diese  Annahme  ist  natürlicli  nicht  notwendig.  Es  ist  leicht  ein- 
zusehen, daß  keine  Änderungen  im  folgenden  bei  einem  eventuellen  Ver- 
lassen dieser  Annahme  zu  maehen  sind. 


Anwendung  der  physikalischen  Chemie.  863 

a  Moleküle  des  Amboceptors  mit  einem  Molekül  des  Kom- 
plementes und  bilden  ein  Molekül  der  Verbindung,  d.  h.  des 
Hämolysins.  Diese  letzte  Zahl  kann  nicht  mit  großer  Ge- 
nauigkeit festgestellt  werden,  weil  diese  Menge  zufolge  der 
Versuchstechnik  nicht  sehr  großen  Veränderungen  unterworfen 
werden  kann.  —  Eine  ähnliche  Bemerkung  kann  man  übrigens 
betreffs  der  Molekularanzahl  der  reagierenden  Toxinmoleküle 
aus  gleichen  Gründen  machen.  —  Die  Molekülzahl,  welche 
hier  in  Betracht  kommt,  ist  diejenige,  welche  dem  Zustande 
zukommt,  welcher  der  vorherrschende  ist,  also  gilt  für  den 
Amboceptor  und  das  Hämolysin  der  in  den  Blutkörperchen 
herrschende  Molekularzustand,  für  das  Komplement  dagegen 
der  in  der  umgebenden  Lösung,  vorwaltende. 

Nach  diesem  fällt  es  ja  auch  höchstwahrscheinlich  vor, 
daß  das  Tetanolysin  die  Blutkörperchen  in  der  Weise  angreift, 
daß  es,  wie  die  Hämolysine,  in  diese  Körperchen  eindringt, 
ihre  Eiweißstoffe  verändert  und  auf  diese  Weise  sie  zerstört. 
Die  Wirkung  dieser  Gifte  wäre  demnach  derjenigen  der  ge- 
wöhnlichen Gifte  analog  z.  B.  der  Metallgifte,  die  die  Albu- 
minstoffe gewisser  Körperzellen  koagulieren,  oder  noch  mehr 
des  Kohlenmonoxyds,  welches  von  den  Blutkörperchen  aufge- 
nommen wird  und  sie  in  ihren  P\inktionen  stört.  Früher 
stellte  man  sich  gewöhnlich,  gemäß  der  herrschenden  Ehrlich- 
schen  Seitenkettentheorie,  vor,  daß  die  Toxine  sich  an  der 
Außenseite,  an  den  „Seitenketten''  der  angegriffenen  Zellen 
„verankerten"  und  sie  von  außen  gewissermaßen  bearbeiteten, 
bis  sie  zerstört  wurden. 

Die  Hämolysine  können  nun  in  ihren  Wirkungen  gehemmt 
werden  durch  verschiedene  Antikörper,  die  man  Antikom- 
plemente  nennt.  Diesen  Namen  erhielten  die  betreffenden 
Körper,  weil  sie  nach  Einspritzung  von  dem  komplementhal- 
tigen  natürlichen  Serum  in  die  Blutmasse  fremder  Tiere  ge- 
bildet wurden.  Ehrlich  und  Morgenroth ^)  haben  auch  einen 
Versuch  angestellt,  um  zu  zeigen,  daß  das  Antikoraplement 
nicht  die  giftige  Seite  (die  toxophore  Gruppe)  des  Komplements 
angreift,  sondern  vielmehr  dasselbe  bindet,  so  daß  es  nicht 
mehr  an  den  Amboceptor  gebunden  werden  kann.  Diese  Autoren 


1)  Ehrlich  u.  Morgenroth,  Berl.  kl.  Wochenschr.  31.  1900 


864  &  Arrheruus. 

scheinen  aber  nicht  eine  andere  Möglichkeit  in  Betracht  ge- 
zogen zu  haben,  welche  aus  meinen  Versuchen,  wenigstens  iär 
gewisse  Fälle,  mit  großer  Deutlichkeit  hervortritt.  Es  zeigt 
sich  nämlich,  daß  eine  bestimmte  Menge  Antikomplement  stark 
hemmend  wirkt,  sowohl  wenn  die  Amboceptormenge  gering, 
dagegen  die  Komplementmenge  groß,  als  im  Fall,  daß  jeoe 
groß  und  diese  gering  ist,  dagegen  schwächer,  wenn  diese 
beiden  Mengen  mäßig  sind.  In  den  erstgenannten  beiden 
Fällen  wird  der  Körper,  welcher  in  geringer  Menge  Yorhanden 
ist,  fast  vollkommen  gebunden  und  zu  Hämolysin  verwandelt 
Dasselbe  wird  vom  Antikomplement  wieder  nentralisiert  in 
seiner  Blutkörperchen  zerstörenden  Wirksamkeit.  Bei  mäßigen 
Mengen  wird  nur  ein  Teil,  sowohl  vom  Amboceptor  wie  vom 
Komplement  zu  Hämolysin  gebunden,  ein  großer  Teil  bleibt 
wegen  der  Dissoziation  in  der  Lösung  freL  Hat  man  nun 
gleich  viel  Hämolysin  wie  im  vorhin  erwähnten  Fall  und  ebenso- 
viel Antikomplement  zugesetzt,  so  bindet  dies  wohl  einen  ebenso- 
großen Bruchteil  des  fertigen  Hämolysins  in  den  beiden  Fällen. 
Der  letzte  Fall  unterscheidet  sich  aber  von  dem  früher  er- 
wähnten dadurch,  daß  freier  Amboceptor  und  freies  Kom- 
plement in  bedeutender  Menge  in  der  Flüssigkeit  vorhanden 
sind,  welche  zu  neuem  Hämolysin  zusammentreten  können, 
während  im  erstgenannten  Fall  der  eine  oder  der  andere  der 
beiden  Hämolysinbildner  fehlt  (eigentlich  nur  in  'sehr  ge- 
ringer Menge  vorhanden  ist). 

Nach  dieser  Erfahrung  ist  es  wahrscheinlich  der  normale 
Fall,  daß  das  Antikomplement  das  fertige  Hämolysin  bindet 
und  nicht  das  freie  Komplement.  Es  verhält  sich  demnach 
das  Antikomplement  zum  Hämolysin  genau  wie  das  Anti- 
tetanolysin  zum  Tetanolysin.  Das  Antikomplement  sollte  dem- 
nach Namen  ändern  und  Antihämolysin  genannt  werden.  Nun 
ist  es  aber  allgemein,  daß  ein  Antikörper  nicht  gebildet  wird, 
falls  nicht  der  betreffende  Kör[)er  eingespritzt  wird.  Es  muß 
also  zur  Bildung  des  Antihämolysins  ein  Hämolysin  injiziert 
worden  sein  und  nicht  nur  ein  Komplement.  Es  ist  aber  eine 
alte  Erfahrung,  daß  die  natürlichen  Sera  außer  Komplementen 
auch  verschiedene  Amboceptoreu  enthalten  und  folglich  auch 
Hämolysine  —  sie  wirken  auch  häutig  ziemlich  stark  hämolytisch. 
Es  ist  demnach  sehr  wohl  möglich,  daß  nach  der  EinspritzuDg 


Anwendung  der  physikalischen  Chemie.  865 

Yon  einem  natürlichen  Serum  ein  Antihämolysin  entsteht,  be- 
sonders da  die  Hämolysine  (wie  die  Amboceptoren)  viel  größere 
Verbindungsfähigkeit  zu  den  Blutkörperchen  besitzen  als  die 
verbundenen  Komplemente.  Damit  nämlich  ein  Antikörper 
gegen  einen  eingespritzten  Eiweißkörper  entsteht,  muß  dieser 
von  im  Blut  oder  in  den  vom  Blut  bespülten  Geweben  befind- 
lichen Körpern  (hier  den  Blutkörperchen]  gebunden  („verankert'*) 
werdeu. 

Die  Reaktion  zwischen  Hämolysinen  und  Antikomplementen 
ist  wegen  der  vielen  Dissoziationsprodukte  die  komplizierteste, 
welche  bisher  in  der  Serumtherapie  untersucht  worden  ist. 
Sie  folgt  jedoch  demselben  Neutralisationsgesetze  wie  die 
anderen  oben  erwähnten  Körper  mit  ihren  Antikörpern. 

Madsen  hat  neuerdings  das  Diphtheriegift  in  bezug  auf 
seine  Neutralisation  durch  sein  Antitoxin  untersucht  Er 
kommt  zu  dem  Schluß,  daß  in  nicht  ganz  fiischem  Diphtherie- 
gift zwei  verschiedene  Antitoxin  bindende  Körper  sich  befinden.^) 

Stockholm,  September  1903. 

1)  Zentralblatt  für  Bakteriologie  p.  630.  1903.  Vgl.  auch  „Fest- 
schrift" 1.  c.  p.  72. 

Nach  späteren  (Jan.  1904)  Untersuchungen  von  Madsen  und  mir, 
die  bald  im  Zentralblatt  für  Bakteriologie  erscheinen  werden,  besteht  ein 
Gleichgewicht  zwischen  den  Reaktionsprodukten  nach  der  Gleichung: 
(Toxin)  (Antitoxin)  =  Konst  (Toxinan)  (Titoxin).  Dieselbe  Gleichung  mit 
derselben  Konstante  gilt  ftür  das  ungiftige  Umwandlungsprodukt  des 
Diphtheriegiftes,  das  Toxoid  von  Ehrlich.  Die  Anwesenheit  von  Proto- 
toxoiden  und  Toxonen  im  Diphtheriegift,  welche  Körper  nach  Ehrlich 
stärkere  bez.  schwächere  Bindungsfähigkeit  als  das  Hauptgift  in  bezug 
auf  Antitoxin  besitzen  sollen,  wurde  nicht  durch  unsere  Versuche  be- 
stätigt.   (Anm.  bei  der  Korrektur.) 

(Eingegangen  2.  Oktober  1908.) 


Boltzmann- Festschrift.  55 


866 


110.  On  the  Mechanical  Effieiency  of  the  Produetion 

of  Sound. 

By  Arthur  Qordon  Webster  in  Worcester,  Mass. 

There  has  just  come  into  my  band  the  September  number 
of  the  Philosophical  Magazine,  containing  a  very  interesting 
article  by  Lord  Eayleigh:  On  the  Produetion  and  Distributioü 
of  Sound.  In  it  he  raises  the  qaestion  whether  the  power 
used  in  actuating  fog-signals  is  really  utilized  for  the  produetion 
of  sound,  and  states  the  power  consumed  by  various  sourc^ 
of  sound,  but  does  not  give  data  for  determining  the  amoant 
of  sound  emitted,  so  that  the  effieiency  can  not  be  determined 
Inasmuch  as  I  can  contribute  some  data  toward  such  a  deter- 
mination,  I  am  led  to  communicate  them  here,  believing  them 
to  be  new,  feeling  that  it  will  be  the  more  appropriate  since 
the  results  vere  obtained  by  a  method  similar  in  principle  to 
one  used  many  years  ago  by  Professor  Boltzmann,  in  a 
beautiful   research   performed   in   conjunction  with  ToeplerJ) 

The  method  cousists  in  utilizing  the  formulae  of  Helm- 
holtz  giving  the  amount  of  sound  issuing  from  the  opening  in 
an  Organ -pipe  in  terms  of  the  motion  within  the  pipe.  In 
the  work  of  Toepler  and  Boltzmann  the  motion  within  the 
pipe  is  investigated  by  examining  the  condensation  of  the  air 
within  by  an  optical  method  involving  interference  fringes.  In 
the  work  here  described  the  method  is  more  simple,  and  in- 
volves  the  periodic  introduction  to  a  resonator  of  a  measured 
quantity  of  air,  the  sound  emitted  at  the  orifice  of  the  reso- 
nator being  calculated  by  the  formula  of  Helmholtz,  as  in  the 
work  of  Toepler  and  Boltzmann.  (I  may  State  that  my  work 
was  done  before  1  knew  of  their  method.)  This  method  I 
have  utilized  for  the  construction  of  a  convenient  Standard 
of  sound,  by  which  any  required  amount  of  a  pure   tone  may 

1)  Über  eine  neue  optische  Methode,  die  Schwingungen  tönender 
Luftsäulen  zu  analysieren.  Pogg.  Ann.  141,  p.  321,  1870. 


Meckanical  efficiency  o{  productißti  of  tound. 


867 

be  emitted,  the  amonnt  of  emiasioD  of  energy  in  unit  time 
beiBg  known  in  absolute  measure.  The  apparatus  is  portable, 
and  bas  beeo  nsed  in  many  placea,  indoors  and  oot,  dnriDg 
tbe  last  üve  ye&rs.  The  inatrumeDt,  which  I  shall  refer  to 
for  brevity  as  the  „pkone",  was  brooght  nearly  to  ita  präsent 
form  after  a  eeries  of  experiements  by  Mr.  B.  F.  Sharpe,  made 
nnder  the  direction  of  the  writer.  It  coDsists  of  a  globular 
metal  resonator  0,  mounted  npon  a  bronze  ring  S,  which  is 
acrewed  into  a  rigid  Standard  S  forming  part  of  the  cast-iron 
base  S.    The  back  of  the  globe  ie  cnt  off,  and  closed  by  a 


r|=f 


diaphragm  D  of  ferrotype  iroo,  tightly  clamped  between  bronze 
rings.  This  diaphragm  is  set  in  Vibration  by  a.  stifT  vire  H' 
soldered  and  riveted  to  its  ceoter,  and  clamped  to  a  taning- 
fork  F  screwed  tightly  to  the  base  B.  This  fork  is  actuated 
by  an  electromagnet  M,  carrying  an  interrupted  current  given 
by  an  electrically  -maintained  tnning-fork  which  remains  in 
one  place  od  a  solid  support,  covered  by  a  box,  to  prevent 
its  emitting  any  sound,  while  the  phone,  connected  with  it  by 
a  wire  cable,  can  be  moved  about.  The  base  Stands  on 
three  soft  rubber  cushions,  so  that  practically  all  the  sound  is 
emitted  from  the  mouth  0.  The  amplitnde  of  the  excursion 
of  the  diaphragm  I)  is  read  by  a  micrometer  microscope  m, 
bearing  on  the  end  of  the  wire  H,  the  field  of  wbich  ia  Ülu- 
minated  by  a  small  electric  lamp.  The  screw  7'  permits  of 
the  convenient  adjustment  of  the  microscope,  so  that  the  fixed 
hair  of  the   micrometer  shall   be   exactly  on  the  ead  of  the 


868  A.  G.   Webster. 

wire  when  the  fork  is  at  rest  By  carefiil  construction  of  tbe 
auxiliary  fork,  using  a  mercury  break  covered  with  alcohol, 
and  driving  by  a  storage  cell,  such  a  degree  of  coDstancy  has 
been  obtained  that  under  favorable  circumstances  the  ampli- 
tude  of  the  Vibration  of  the  phone  fork  remains  constant  for 
an  hour  with  an  accuracy  of  one  or  two  per  cent.  The  tone 
emitted  is  remarkably  pure,  and  not  to  be  distingaished  firom 
that  emitted  by  a  tuning-fork  Struck  and  mounted  on  a  reso- 
nator  in  the  ordinary  manner,  except  by  the  constancy  of 
the  sound. 

In  Order  to  calculate  the  sound  emitted,  foUowing  the 
methods  explained  in  Rayleighs  Theory  of  Sound,  VoL  2, 
P.  194 — 195  (2.  ed.),  we  proceed  as  follows.  If  X  denote  the 
volume  of  air  introduced  into  the  resonator  of  volume  F^  the 
Potential  energy  stored  is 

1    QO^   Yi 

where  (>  is  the  density  of  the  air,  a  the  velocity  of  sound. 
The  kinetic  energy  of  the  current  of  air  through  the  orifice  is 

2    c    [dt) 
where  c  is  the  diameter  of  the  circular  orifice.   The  dissipation 
function,   due  to  the  loss  of  energy  from  the  mouthpiece,  is 

1  Q  n^  Id  X\  2 

2  2710  \dtj  ' 

where  w  is  2;r  X  frequency.  The  differential  equation  for  the 
motion  of  the  air  in  a  resonator  left  to  itself  is  accordinffh 


Q  d^  X    .     0  7i!^  d  X 
c  dt^ 


+  2na   dt    -^     V^^^' 


If  now  the  quantity  of  air  X^  is  introduced  into  the  reso- 
nator but  not  through  the  mouth  the  differential  equation 
will  be 

ö   dr-     +27rarf/    +     ^(^  +  ^o)  =  ^- 

In  our  case  X^  is  a  harmonic  function  of  the  time  and 
if  weput 

rj  0     int  V  Ä       int 

,)=  f    e      ,       A  =       e 

we  easily  tind  for  the  absolute  value  of  Jy 


Mechofdced  effieienct/  of  production  of  sound.  86U 

which  is  the  strength  of  the  source  formed  by  the  orifice, 
that  is  the  maximum  rate  of  emission  of  volome  of  air  per 
Unit  of  time. 

For  Fq  is  taken  the  volume  displaced  by  a  flexible  plate 
clamped  at  the  edges,  with  the  tangent  plane  at  its  center 
parallel  to  the  plane  of  the  edge^  and  by  adopting  the  ^^equili- 
brium  theory"  of  such  a  plate  I  find  this  volume  to  be  one- 
third  the  area  of  the  plate  S  multiplied  by  the  displacement 
of  its  center.    The  values  for  my  instrument  are, 

frequency  =       256  pro  sec, 
F=    1,685  cm», 
n  =    1,608  sec-\ 
e  =s    3,85  cm, 
S  =  47,78  cm». 

The  mean  rate  of  emission  of  energy  from  such  a 
source  is 

(2)  w^^^—Ä^ 

whene  k  =i  n/a,  and  (o  is  the  solid  angle  of  the  cone  through 
which  the  sound  is  emitted,  4n  when  the  source  is  in  free  space, 
2n  when  it  is  next  to  an  infinite  plane,  such  as  the  ground 
in  out  door  experiments.  The  compression  produced  at  a  dis- 
tance  r  is 

(3)  5=—  —  . 

The  object  of  the  experiments  here  described  is  to  deter- 
mine  the  mechanical  efficiency,  that  is  the  ratio  of  the  energy 
emitted  as  sound  to  the  energy  input,  of  as  many  forms  of 
sound-producers  as  possible.  (All  the  sources  were  of  pitch  256.) 
Apparently  no  previous  data  for  this  purpose  are  at  band. 
A  paper  by  Barton  in  the  Philosophical  Magazine  for  1892 
concems  itself  with  a  great  number  of  determinations  of  the 
pressure  used  in  playing  wind  Instruments,  but  as  nothing  is 
Said  about  the  volume,  even  the  input  of  energy  is  not  known. 
Lord  Rayleigh,  in  the  paper  referred  to,  determines  the 
input  for  several  musical  instruments,  and  for  several  fog- 
signals,  but  no  data  are  fumished  to  enable  one  to  estimate 


870  A.  0.   Webster. 

the  Output  of  sound.  The  method  used  by  me  to  detennine 
the  sound  Output  was  to  compare  the  compression  prodaced 
at  a  point  B  by  the  instrument  placed  at  a  point  A  wbith  th&t 
produced  at  the  same  point  B  by  the  phone  when  emittiDg 
an  observed  aroount  of  energy,  the  phone  being  placed  at  the 
same  point  A  as  the  oriiice  of  the  sound-prodncer.  This  is 
yery  necessary  when  experimenting  indoor^  as  owing  to  tiie 
nodes  and  loops  in  a  room  a  slight  displacement  may  lead 
to  yery  great  differences  in  the  intensity  of  the  sound  receiTed. 
The  comparison  of  compressions  was  made  by  an  instnunoit 
to  be  described  elsewhere,  depending  on  measuring  the  ex- 
cursion  of  a  diaphragm  by  an  interferential  method.  This 
instrument  which  I  call  a  Phonometer,  is  also  susceptible  of 
absolute  measurements,  but  is  here  used  only  to  obtain  the 
ratio  of  two  compressions. 

The  instruments  used  began  with  a  wooden  organ-pipe, 
picked  up  from  a  number  of  old  pipes.  The  input  of  energr 
was  measured  by  measuring  the  pressure  in  the  pipe  by  & 
small  water-manometer,  and  the  rate  of  air-supply  by  the 
falling  of  a  cylindrical  gasometer.  The  result  gave  the  efiS- 
ciency  of  0,0013,  showing,  as  suspected  by  Lord  Rayleigh 
that  nearly  all  the  energy  is  wasted.  An  improved  pipe  was 
then  constructed,  all  of  metal,  with  a  symmetrical  lip,  as  in 
the  steam-whistle,  so  that  every  factor  could  be  regulateti. 
including  the  width  of  the  lip,  and  the  thickness  of  the  stream 
of  air,  regulated  by  a  cone  which  changes  the  width  of  the 
ring  through  which  air  is  blown.  The  efficiency  now  increased 
to  0,0038,  although  it  is  not  certain  that  this  was  the  great^t 
attainable.  I  have  good  reason  to  suppose  that  this  is  the 
Order  of  efficiency  attained  by  steam-whistles,  as  will  be  shown 
presently.  The  Output  of  this  improved  pipe  was  1,215  ergs'sec, 
when  blowTi  with  a  pressure  of  1,1  cm  of  water.  When  blovn 
with  a  pressure  of  the  order  of  half  an  atmosphere  it  could 
be  heard  half  a  mile  away,  the  lip  being  then  much  wider  open- 

The  next  experiments  were  upon  several  wind- instruments 
played  by  professional  musicians  belonging  to  Sig.  Creatones 
Italian  Band.  The  pressure  was  measured  by  a  water  gauge 
introduced  into  the  comer  of  the  mouth  while  blowing,  to 
which   even   the  players  of  reed-instruments  soon  aceustomed 


Mechanical  effkiency  of  production  of  sound.  871 

themselves.  This  method,  as  I  afterwards  ascertaised,  was  the 
same  as  that  used  by  Barton  and  Lord  Rayleigh. 

To  measure  the  volame,  the  musician  was  invited  to  expel 
all  the  air  from  his  lungs,  inspire  from  the  gasometer,  and 
after  blowing  for  a  convenient  period,  to  retum  the  remaining 
Contents  of  his  lungs  to  the  gasometer,  the  difiference  represen- 
ting  his  consumption.  Three  observers  acted,  one  at  the  Phono- 
meter, who  decided  when  the  sound  was  steady,  a  second  who 
took  the  time  of  starting  and  stopping  and  a  third  who  read 
the  steady  gaugepressure.  The  resolts  are  given  below,  and 
the  input  may  be  compared  with  Lord  Rayleighs  on  the 
hom,  wliich  is  of  the  same  order,  2  x  10^  erg/sec. 

For  a  stringed  Instrument  the  violin  was  chosen,  being 
champed  horizontally.  and  played  mechanically  by  a  bow  drawn 
over  it  by  a  cord  fastened  to  a  weight  by  which  a  good  tone 
was  obtained.  From  the  tension  of  the  cord  and  the  velocity 
the  inpat  was  measnred.  Being  very  anxious  to  obtain  some 
data  on  the  human  voice,  and  appreciating  the  difficolty  of 
obtaining  the  input  on  account  of  the  impossibility  of  intro- 
ducing  a  pressure-gauge  below  the  larynx,  I  proceeded  in  the 
foUowing  rough  and  ready  manner.  I  fonnd  that  on  singing 
steadily,  aud  then  suddenly  closing  the  Ups  on  a  gauge,  while 
maintaining  the  same  estimated  stress  on  the  lungs,  tolerably 
regulär  results  were  obtained  for  the  pressure.  The  Yolume 
was  obtained  as  before. 

Considering  the  results,  the  striking  fact  is  the  ver}'  small 
efficiency  of  all  musical  instruments,  none  of  them  being  of 
an  Order  greater  than  that  already  found  for  the  pipe.  The 
number  for  the  bombardino  is  probably  too  large,  but  the 
apparent  ease  of  playing  this  instrument  was  very  noticeable 
at  the  time  of  the  observations.  It  is  also  noticeable,  if  the 
observations  have  any  value,  that  the  efficiency  of  the  voice 
is  greater  than  that  of  any  instrument,  with  the  possible 
excertion  of  the  bombardino.  The  efficiency  of  the  stringed 
instruments  apears  less  than  that  of  the  wind.  No  stress  is 
to  be  laid  on  the  results  for  the  oboe,  on  account  of  the  large 
admixture  of  overtones,  which  were  not  taken  into  account  by 
the  Phonometer. 


872 

A.  G.    Webster. 

Pres- 
sure 

vow«-  E«y 

Sound 
Output 

ciency 

ll 

Cornet 

18  cm 

2^e' 

6,7X10»?^ 

7,7  X  10«  ^ 

0,0011 

French  Hom 

18,2 

70,0 

12,5 

47,3 

0,0038 

n 

Bombardino 

17 

58,1 

3,2 

123,1 

0,0127 

CO 
•T3 

Saxophone  soprano 

22 

102,5 

22,0 

19,7 

0,0009 

(2 

Clarinet 

16 

46,7       i  7,3 

30,7 

0,0042 

[oboe 

25 

24,0 

5,9 

0,3 

0,00005 

Voice 

6 

!  199,0 

11,6 

110,0 

0,0095 

Violin 

4,8 

2,5 

0,00052 

Perhaps  the  best  summing  up  of  the  results  is  contained 
in  the  Statement  that  it  would  require  the  blowing  of  abont 
ten  million  comets  to  emit  a  horse-power.  The  fatility  of  the 
proposals  sometimes  made  to  extract  power  from  sonnd  is 
made  apparent  The  above  experiments  were  made  in 
November,  1902. 

In  Order  to  obtain  some  data  for  conclusions  as  to  the 
perform  ence  of  fog-signals,  I  shall  give  an  account  of  some 
experiments  made  in  the  summer  of  1901  on  the  audibiUtj 
of  sound,  a  subject  investigated  first  by  Toepler  and  Boltz- 
mann,  then  by  Lord  Rayleigh  and  Max  Wien.  The  method 
of  work  was  to  set  the  phone  in  Operation  with  a  constant 
intensity,  while  an  observer  went  to  a  sufficient  distance  and 
listened.  The  observer  at  the  phone  covered  and  uncovered 
the  orifice,  so  as  to  stop  and  start  the  sound  at  instiints 
unknown  to  the  listener,  who  signaled  by  raising  the  arm  when 
he  heard  the  sound.  As  the  distance  increased,  the  difficulty 
of  making  a  judgment  as  to  wether  the  sound  was  heard  or 
not  increased,  which  was  indicated  to  the  observer  at  the  phone 
by  the  length  of  time  taken  by  the  listener  to  raise  his  arm 
after  the  sound  was  started.  When  there  were  as  many  right 
judgments  as  wrong  ones,  the  limit  of  audibility  was  assumed 
to  have  been  reached.  This  method  obviates  the  fatigue  of 
the  ear  due  to  prolonged  attention,  as  the  Stimulus  is  con- 
tinually  renewed,  and  the  results  showed  a  tolerably  good 
agreement  between  difl'erent  observers  and  between  the  results 
for  the  same  observer  at  different  times. 


Mechanical  efficiency  of  production  of  sound.         .873 

The  experiments  were  carried  on  on  the  smoothly  cropped 
lawn  at  Clark  University,  and  at  Mount  Desert,  Maine,  where 
the  phone  could  be  placed  over  a  large  expanse  of  smooth 
sea-water  in  the  harbor,  as  I  had  found  from  measurements 
with  the  Phonometer  that  it  was  very  important  to  take  into 
account  the  nature  of  the  reflecting  surface  over  which  the 
sound  is  propagated.  Experiments  were  made  either  at  night, 
at  Worcester,  or  at  about  sun-down,  at  Mt  Desert  on  evenings 
when  the  sea  was  of  a  glassy  smoothness  and  there  where  no 
disturbing  sounds.  An  observer  was  sent  out  in  a  boat,  some- 
times  to  a  distance  of  half  a  mile^  and  the  distance  determined 
by  a  Sextant  and  a  surveyors  transit  The  phone  was  placed 
at  the  end  of  a  wooden  pier  extending  some  distance  over  the 
water.  The  shores  were  not  of  sufßcient  height  to  produce 
echoes  of  any  importance,  and  the  water  was  quite  clear  of 
obstructions.  A  variety  of  observers  were  made  use  of  ,,men^ 
women^  and  children'^  of  all  degrees  of  skill  in  Observation. 
Since  by  1.  the  strength  of  the  sound  is  proportional  to  the 
amplitade  of  the  excursion  of  the  diaphragm,  and  by  3.  the 
distance  for  a  given  compression  to  the  strength  of  the  source, 
the  ratio  of  the  micrometer-deflection  to  the  distance  of  vani- 
shing  audibility  should  be  constant  for  observers  of  equally 
acute  hearing.  These  ratios,  in  arbitrary  units,  were  as  follows, 
over  water  and  over  grass  respectively. 


Water. 

G] 

rass. 

Observer. 

Date. 

Observer. 

Date. 

E.  W. ») 

Ang.  24 

144 

A.W.«^) 

Aug.  31 

504 

B.S.») 

«      » 

188 

H.C.«) 

»      » 

666 

E.S.») 

»      »» 

187 

P.K. 

„     20 

295 

P.K.*) 

„      20 

166 

E.W. 

Sept  8 

514 

E.W. 

Sept  8 

101 

A.W. 

Jttly  21 

382 

E.  W. 

»     >» 

148 

mean. 

472 

E.W. 

,.     5 

95 

E.W. 

mean. 

141 
146 

The  striking  thing  about  the  figures  is  that  the  result  for 
grass  is  more  than  three  times  as  great  as  for  water,  corre- 

1)  Woman.     2)  Sailor.     8)  Non-musical  philologist      4)  Physician. 
5)  Physicist      6)  Two  children. 


874  Ä.  O,   Webster. 

sponding  with  the  wellknown  fact  that  soands  are  heard  a 
long  way  over  water.  If  however,  we  consider  the  water  to 
be  a  perfect  reflector,  the  effective  strength  of  the  source  woqM 
be  doubled,  while  if  we  consider  the  grass  to  be  non-reflectin^ 
or  acoustically  a  ,^black  body''  we  shonld  expect  the  sonnd 
to  be  andible  just  twice  as  far  over  water  bnt  not  three  tunes. 
It  accordingly  would  seem  that  the  grass  not  only  does  not 
reäect  the  sound^  but  actually  destroys  some  of  it,  probabl? 
by  friction  of  the  tangential  component  of  the  motion,  by  ab- 
sorption^  or  in  some  hitherto  not  considered  manner.  Tbis 
point  I  am  now  investigating.  I  mention  this  point  in  order 
to  show  that  experiments  made  over  grass  to  determine  iniiii- 
mum  audibility  will  require  some  correction. 

Reducing  the  values  for  water  to  absolute  measure,  cos- 
sidering  the  water  as  a  perfect  reflector,  I  find  for  frequencr 
256  the  compression 

Ä  =  8.88  X  10-^ 

This  agrees  rather  nnexpectedly  well  with  the  value  6  x  10"* 
obtained  byLordRayleigh  over  grass  whereas  if  my  resultsfor 
grass  are  used  my  value  will  be  over  three  tim es  larger.  Itis 
of  course  possible  that  the  air  over  the  water  was  so  mud 
more  homogeneous  than  over  the  land  that  my  results  are 
illusory,  still  I  feel  that  the  result  deserves  attention. 

I  shall  now  make  use  of  these  results  in  order  to  obtain 
some  information  regarding  fog-signals.  I  have  not  yet  had 
the  opportunity  of  testing  the  input  of  any  actual  signals,  but 
I  feel  sure  that  there  are  no  signals  in  the  United  States 
consuming  the  130  and  600  horse-power  attributed  by  Lord 
Rayleigh  to  the  St.  Catherines  and  Scottish  signals.  In  the 
Report  on  Log-signal  Experiments  in  the  Report  of  the  C  S. 
Light-house  Board,  1894,  by  Major  William  R.  Livermore, 
there  is  coutained  information  as  to  the  coal-consumption  of 
a  large  number  of  signals.  When  reduced  to  continuous  blo- 
wing,  it  is  found  that  the  average  consumption  for  eighteen 
ten-inch  whistles  is  0,298  tons  per  hour. 

It  is  impossible  to  teil  how  much  coal  the  boiler  uses 
per  horse-power-hour,  but  if  we  assume  about  twenty  pounds 
the    boiler   would    be   of  about  thirty-three   horse-power.     In 


Ä.  G.   JTebitter.     Mechanical  efficiency  etc.  875 

fact  tbe  keeper  of  the  Duck  Island  Light  has  informed  me 
that  the  boiler  was  called  a  thirtyhorse-power  boiler.  This 
whistle,  which  is  one  of  those  for  which  the  above  figures  are 
given,  I  have  often  heard  plainlj  at  a  distance  of  nine  miles. 
The  audible  distance  given  by  Major  Livermore  for  such  a 
whistle  is  twenty  miles  in  favorable  weather.  I  am  informed 
that  the  Duck  Island  whistle  has  been  heard  at  a  distance  of 
twenty-four  miles,  but  this  is  probably  extraordinary.  Taking 
then  twenty  miles  as  the  distance  of  extreme  audibility^  and 
using  my  value  for  s  by  2.  and  3.  we  find  the  sound  emitted 
to  be 

r=o??^r2**«  1,25  X  10«?^ 
^    2  »ec. 

ginng  an  efficiency  of  0,00056.  Thus  the  efficiency  would  be 
of  the  Order,  but  less,  than  that  of  an  organ  pipe,  as  was  to 
be  expected.  This  is  less  than  the  efficiency  attributed  by  Lord 
Rayleigh  to  a  siren,  by  making  two  assumptions. 

Finally  consider  the  phone  described  above.  I  find 
that  with  a  current  of  14  amperes,  and  a  voltage  of 
0,12  Yolts  at  the  terminals  of  the  coil  M,  there  is  an  Output 
of  1,396  X  lO^erg/sec  giving  an  efficiency  of  0,083.  If  we 
consider  the  whole  voltage  of  the  storage  cell  which  is  more 
than  enough  to  drive  the  phone  and  auxiliary  fork,  we  still 
have  the  efficiency  0,005.  I  therefore  feel  justified  in  believing 
that  the  phone  described  above  is  the  most  efficient  sound 
producer  known,  and  to  assert  that  the  best  way  to  produce 
sound  is  not  by  blowing  air  or  steam  through  orifices,  where 
most  of  it  is  blown  through  without  effect,  but  by  actaal  push 
and  pull  of  air  into  a  resonator,  probably  by  electrical  means. 
I  am  now  having  constructed  a  large  apparatus  on  this  prin- 
ciple,  to  be  driven  by  a  dynamo,  with  which  I  hope  to  obtain 
still  better  results.  I  present  the  foregoing  figures  with  reserve, 
hoping  to  improve  upon  them  hereafter. 

(EiDgegangen  3.  Oktober  1903.) 


876 


111.  Über  den  Yon  Wirkungssphären  freien  Banm 
in  einer  Flflssigkeit  und  über  das  Gesetz  der  relatiyen 

Dampfdrnckerniedrignng. 

Von  Max  Bein^ranam  in  Münster  L  W. 


Eine  von  Boltzmann  gegebene,  im  folgenden  voran- 
gestellte Beziehung  f&r  die  Koexistenz  von  Flüssigkeit  und 
Dampft)  soll  zn   einigen  Schlüssen  benützt  werden. 

Gegeben  seien  die  Volnmeneinheiten  einer  Flüssigkeit  und 
des  mit  ihr  in  Berührung  stehenden  Dampfes.  Für  ein  he- 
liebiges  Molekül  des  Systems  verhält  sich  die  Wahrscheinlich- 
keit, daß  es  sich  in  der  Flüssigkeit,  zu  derjenigen,  daß  es 
sich  im  Dampfe  befindet,  wie  der  für  dasselbe  verfögbare 
Baum  \  ^  Bf  in  der  ersten  zu  dem  verfügbaren  Räume  1  —  £^ 
in  der  zweiten  Phase,  multipliziert  mit  «^z/««^.  in  letzterer 
Funktion  bedeutet  x  die  Arbeit,  welche  beim  Übergang  eines 
Moleküls  von  der  Flüssigkeit  in  den  Dampfranm  geleistet 
werden  muß.  Sie  ist  gleich  2mU  z\x  setzen^,  wenn  m  die 
Masse  eines  Moleküls  und  V  die  Verdampfungswärme  der 
Masseneinheit  abzüglich  der  äußeren  Arbeit  bezeichnet,  c-  ist 
das  Mittel  aus  den  Quadraten  der  molekularen  Geschwindig- 
keiten. 

Wir  führen  femer  die  Molekülzahlen  N  und  v  in  der 
Flüssigkeit  und  im  Dampfe  ein.  Dieselben  verhalten  sich  wie 
die  bezeichneten  Wahrscheinlichkeiten  des  Vorkommens  eines 
Moleküls  in  einer  der  Phasen.  Daher  lautet  der  schon  aus- 
gesprochene Satz: 

Die  Molekülzahlen  in   der  Volumeneinheit  verhalten    sich  wie 

1)  L.  Boltzmann,  GaBtheorie  2.  p.  167.    Leipzig  1898. 

2)  1.  c.  p.  168. 


Von   lyirkungssphären  freier  Raum  einer  Flüssigkeit     877 

die  Dichten  Qf  und  q^  der  Flüssigkeit  und  des  Dampfes.  Be- 
rücksichtigen wir  femer  die  bekannte  Beziehung 

(2)  -VIT' 

in  welcher  B  die  allgemeine  Gaskonstante,  T  die  absolute 
Temperatur  und  M  das  Molekulargewicht  bedeutet,  so  ergiebt 
sich  mit  Rücksicht  auf  den  Wert  für  x- 

2MU 

Setzt  man  in  (3)  für  U  den  Wert  a  [Qf  —  p^)  und  für  B  die 
theoretische  Volumenfnnktion  ein,  so  gelangt  man  zu  der  1.  c, 
p.  1 69  mitgeteilten  Gleichung.  Obwohl  dieselbe  zu  interessanten 
Beziehungen  zu  der  zugrunde  gelegten  Zustandsgieichung 
führt,  kann  dieselbe  praktisch  nicht  verwendet  werden,  da 
erstens  die  Annahme  über  die  Form  der  inneren  Verdampfungs- 
wärme zu  begrenzt  ist^),  und  zweitens  B  als  Funktion  des 
Volumens  nur  bis  zu  Gliedern  solcher  Ordnung  bisher  bekannt 
ist,  daß  die  Eigenschaften  von  Flüssigkeiten  mit  Hülfe  der- 
selben noch  nicht  dargestellt  werden  können.  Es  scheint  mir 
daher  nützlich  zu  sein,  auf  die  allgemeinere  Gleichung  (3) 
zurückzugehen  und  aus  dieser  die  Größe  1  —  B^^  die  der  theo- 
retischen Berechnung  so  große  Schwierigkeiten  entgegensetzt, 
empirisch  zu  bestimmen. 

Die  Bedeutung  von  l  —  Bf  ist  folgende.  Denken  wir  uns 
um  den  Mittelpunkt  eines  jeden  Moleküls  eine  Kugel  be- 
schrieben, deren  Radius  gleich  dem  Molekulardurchmesser  a  ist, 
so  ist  ein  Teil  des  Raumes  von  diesen  Kugeln  erfüllt,  der 
in  der  Volumen einheit  frei  bleibende  Raum,  der  also  einem 
punktförmigen  Moleküle  zur  Verfügung  stehen  würde,  ist  gleich 
der  Größe  1  —  Bf.  Dabei  ist  schon  in  Rücksicht  gezogen, 
daß  die  gedachten  Kugeln  sich  zum  Teil  ein  oder  mehrfach 
überdecken.  B  ist  von  der  in  die  Zustandsgieichung  eintreten- 
den Größe  b  zu  unterscheiden.  Während  der  Grenzwert  von 
B  für   große  Volumina  gleich   dem    achtfachen  Volumen  der 

1)  Vgl.  M.  Reinganum,  Theorie  und  AufstelluDg  einer  Zustands- 
gleichuDg  p.  30—37,  79—85  etc.;  Inaug.-Diss.  Göttingen  1899. 


878  M.  Iteinffanum, 

Moleküle  ist^  beträgt  der  Grenzwert  von  b  nur  *  das  Vier£&die 
des  von  den  Molekülen  eiDgenommenen  Baumes. 

Wir  formen  Gleichung  (3)  um,  indem  wir  uns  auf  Tem- 
peraturen beschränken,  bei  welchen  die  Dichte  des  Dampfes 
so  gering  ist,  daß  wir  JS^  neben  der  Volumeneinheit  vernach- 
lässigen können,  und  erhalten  als  Gleichung  für  die  innere 
Verdampfungswärme : 


(4)  UM=^ 


Nach  Griffiths  und  MarshaP)  beträgt  die  molekulare 
Verdampfungs wärme  des  Benzols  bei  20^0.  8103  cal.  und  bei 
50®  C.  7743  cal.  UM  ist  durch  Subtraktion  von  AT  zu  er- 
halten, wenn  R  gleich  1,991  gesetzt  wird.  Ferner  folgt  nach 
einer  Formel  von  Luginin^  für  den  Ausdehnungskoeffizienten 
des  Benzols  ()^2o»  =  0,8800  und  Qf^  =  0,8473.  Der  Dampf- 
druck p  beti^  bei  20 <*  75,0  mm  und  bei  50 <^  272,0  mm 
Quecksilber.  Die  Dichte  des  Dampfes  berechnet  sich  aus  der 
Formel : 


o_  = 


^9         62400. T 

Einsetzen  der  Werte  in  (4)  ergibt: 

1  -  Bf2oo=  1,766.10-«  com, 
1  -  i?^5oo  =  2,070 .  10-7  com  . 

Für  den  Siedepunkt  ergibt  sich  mit  dem  Werte  7367  für 
die  molekulare  Verdampfungswärme  und  mit  der  Dichte  0,8127: 

1  -  Bfso,29  =  1,807  .  10-«ccm  . 

Die  Genauigkeit  dieser  Werte  hängt  natürlich  davon  ab, 
wie  weit  die  Bedingungen  der  Theorie  an  der  zugrunde  ge- 
legten Flüssigkeit,  und  bei  Flüssigkeiten  überhaupt,  erfüllt  sind. 
Da  Benzol  sich  in  bezug  auf  das  Gesetz  der  übereinstimmeu- 
den  Zustände  normal  verhält,  so  ist  zu  erwarten,  daß  die  be- 
rechneten Werte  wenigstens  die  Größenordnung  richtig  wieder- 
geben.    Heben  sich  die  Kräfte  im  Innern  nicht  ganz   auf,  eine 

1)  C.  H.  Griffiths  u.  J.  T.  Marshall,  Phil.  Mag.  U.    p.  l.   I89ö. 

2)  Lugin  in,  Ann.  d.  Chim.  (4)  11.  p.  453.    18C7. 


Von  Wirkungssphären  freier  Raum  einer  Flüssigkeit     879 

früher  von  mir  eingeführte  Annahme^  so  würden  die  nume- 
rischen Werte  von  denen  verschieden  sein,  welche  die  Theorie 
rein  elastischer  Engeln  ergeben  würde,  jedoch  ihre  physika- 
lische Bedeutnng  behalten. 

Der  von  Wirkungssphären  nicht  überdeckte  Baum  ist  also 
bei  Flüssigkeiten  unterhalb  ihres  Siedepunktes  ein  äußerst  ge- 
ringer Bruchteil  des  Gesamtraumes. 

Er  ist  femer  eine  starke  Funktion  der  Temperatur  bez. 
des  Volumens.  Während  er  bei  20^  ungefähr  gleich  einem 
Kubus  von  Yio  ^™  Kanten! änge  ist,  beträgt  er  bei  50^  schon 
mehr  als  das  Zehnfache,  bei  80^  das  Hundertfache  dieses 
Wertes. 

Auf  sehr  kleine  Werte  für  den  freien  Baum  deuten  auch 
die  äußerst  kleinen  mittleren  Weglängen  hin,  die  Hr.  Biecke^) 
aus  der  Diffusion  wässriger  Lösungen  berechnet  hat 

Es  wäre  von  Interesse,  die  Weglängen  /  in  Benzol  oder 
anderen  normalen  Flüssigkeiten  aus  der  Bi  ecke  sehen  Gleichung 
zu  bestimmen,  durch  Messung  der  Diffusion  solcher  Stoffe,  welche 
sich  in  bezug  auf  das  Molekulargewicht  und  die  Konstitution 
möglichst  ähnlich  wie  das  Lösungsmittel  verhalten.  Man  kann 
dann  annehmen,  gleichzeitig  die  Weglängen  des  letzteren  an- 
genähert zu  erhalten.     Aus  der  Beziehung  von  Clausius') 

,__  2,8285  .  (1  -  Bf) 

läßt  sich  dann  die  Oberfläche  Q  der  Baumsumme  \  --  Bf  be- 
stimmen, und  es  würden  die  Daten  vorliegen,  um  auch  in 
bezug  auf  die  in  die  Zustandsgieichung  eintretende  Größe  b 
noch  weiter  vorzudringen. 

Gleichung  (1)  gestattet  femer  eine  Anwendung  auf  die 
Theorie  der  Lösungen.  Es  sei  die  verdünnte  Lösung  eines 
nicht  flüchtigen  Stoffes  gegeben.  Das  Lösungsmittel  sei  im 
Überschuß  vorhanden,  so  daß  bei  Kouzentrationsänderungen  die 
Zahl  der  um  ein  gelöstes  Molekül  gelagerten  und  etwa  in  ihrer 
Konstitution  beeinflußten  Moleküle  konstant  bleibe  und   klein 


1)  £.  Riecke,  Zeitschr.  f.  phys.  Chem.  6.  p.  564.    1890. 

2)  R.  Clausius,  Mechan.  Wärmetheorie  III.  2.  Aufl.   p.  54  u.  65. 
Braunschweig  1889—1891. 


880  M.  Beinganum* 

sei  gegen  den  unverändert  bleibenden  Teil  des  Lösiingsmittels. 
Damit  ist  gegeben,  daß  der  von  den  inneren  Kräften  herrührende 
Potentialunterschied  x  ungeändert  bleibt,  die  innere  Ver- 
dampfungswärme also  die  des  reinen  Lösangsmittels  ist  In 
Gleichung  (1)  tritt  dann  zu  x  ^i^  bei  dem  Verdampfen  eines 
Moleküls  zur  Zurückdrängung  des  gelösten  Stoffes  zu  leistende 
Arbeit;  dieselbe  ist  aus  rein  kinetischen  Grtmden  aus  den 
Gasgesetzen  zu  berechnen.^)  Da  mJQf  der  von  dem  Moleküle 
in  der  Flüssigkeit  eiDgenommene  Raum  ist,  so  ist  bei  der 
Verdampfung  die  Arbeit  P.mjof  zu  leisten,  wenn  P  den  Druck 
des  gelösten  Körpers  bezeichnet. 

Wir  wenden  Gleichung  (1)  auf  die  Volnmeneinheit  des 
ungeändert  bleibenden  Teiles  der  Flüssigkeit  an.  Es  bleiben 
dann  JVund  l  —  Bf  unverändert.  V7ir  erhalten  daher,  wenn  wir 
die  Größen,  welche  sich  bei  einer  Lösung  verändern  können, 
mit  gestrichenen  Buchstaben  bezeichnen: 


3      /  mP\ 


(5)  V-  =  tr5t« 


Division  durch  (1)  ergibt  unter  Vernachlässigung  der  Größen  B 
für  den  Dampf: 


Bezeichnet  M  das  Molekulargewicht  des  gelösten  Stoffs  und  n 
die  in  der  Volumeneinheit  enthaltene  Menge  desselben,  so  ist 
der  Druck  des  gelösten  Stoffes: 

Ofl M  ist  gleich  der  Zahl  N  der  Gramm-Moleküle  des  Lösungs- 
mittels pro  Volumeneinheit,  [>f.M  bedeutet  die  auf  dasselbe 
Volumen  fallende  Zahl  n  gelöster  Moleküle,  v  und  v  sind  pro- 
portional den  Dampfdrucken  p  und  ;/  der  reinen  Flüssigkeit 
und  der  Lösung. 


1)  Vgl.  W.  Nernst,  Theoret.  Chemie,  3.  Aufl.,  p.  241 — 242.  Stutt- 
gart 1900.  Speziellere  Beweise  haben  L.  Boltzmann,  H.  A.  Lorentz 
und  E.  Kiecke  gegeben. 


Von  H^irkungssphären  freier  Raum  einer  Flüssigkeit      881 

Durch  Beachtung  dieser  Beziehungen  erhalten  wir  daher 

aus  (6): 

p  N 

d.  h,  das  Gesetz  von  Raoult  ist  erfüllt. 

Dasselbe  folgt  also  aus  dem  zugrunde  gelegten  all- 
gemeinen Satz.  Da  dieser  trotz  seiner  mehrfachen  Beziehungen 
zur  Thermodynamik  kinetischer  Natur  ist,  so  kann  daher  das 
Gesetz  von  Raoult  ebenfalls  als  aus  der  kinetischen  Theorie 
abgeleitet  betrachtet  werden. 

(Eingegangen  2.  Oktober  1908.) 


Boltzmann-Festschrift.  5(( 


882 


112.  Über  mögliche  Größe  der  optischen  Besonatoren. 

Von  J.  Ko88onogo£f  in  Kiew. 


In  einigen  Mitteilungen  ^)  habe  ich  gezeigt,  daß  die  selek- 
tive optische  Reflexion  von  der  Mikrostruktur  der  reflektierenden 
Oberfläche  quantitativ  abhängt  Aus  meinen  Untersuchungen 
ergab  sich:  1.  daß  die  Körner  der  Oberfläche  eines  farbigen 
Körpers  die  Rolle  der  Resonatoren  für  Lichtwellen  spielen^], 
2.  daß  diese  Kömer  in  untersuchten  Fällen  (Schuppen  der 
Schmetterlingsflügel,  farbige  Metallschichten,  Films  von  den 
Anilinfarben)  eine  annähernd  kugelförmige  Gestalt  haben,  und 
8.  daß  die  von  einer  solchen  Fläche  reflektierenden  Wellen- 
längen den  Durchmessern  der  Kömchen  fast  gleich  oder  zwei- 
mal so  groß  sind. 

Es  hat  sich  auch  erwiesen,  daß  1.  auf  ein  und  die- 
selbe Lichtwelle  die  Kömer  von  demselben  Stofl'e  resonieren 
können,  die  die  eine  oder  die  andere  oben  genannte  Be- 
dingung befriedigen,  und  daß  2.  umgekehrt  ein  Kömchen 
nicht  nur  auf  eine  einzige  Lichtwelle,  sondern  auf  eine  Beihe 
von  Wellen  resonieren  kann,  deren  Längen  im  Verhältnisse 
1:2:3...  zueinander  stehen.  (Mindestens  ist  das  für  zwei 
Wellen  bewiesen.)  Auf  solche  Weise  ist  das  Vorhandensein 
und  die  Möglichkeit  der  multiplen  (sui  generis)  optischen  Re- 
sonanz bewiesen.^)  Um  eine  Vorstellung  über  diesen  Gegen- 
stand zu  geben,  wollen  wir  ein  Beispiel  anführen: 

1)  I.  Kossonogoff,  Phys.  Zeitschr.  4.  p.  208,  258,  518.   1903. 

2)  Dieselbe  Ansicht  ist  von  Hrn.  R.  Wood  (Phil.  Mag.  April  1902 
p.  396,  Oktober  1902  p.  425)  etwas  früher  auf  Grund  qualitativer  Unter- 
suchungen ausgesagt.     Vgl.  Phys.  Zeitschr.  4.  p.  518.  1903. 

3)  Ahnliches  ist  von  Hrn.  H.  Rubens  u.  E.  Nichols  (Wied.  Ann. 
60.  p.  456.  1897)  für  Wellen  von  23,7 /i  Länge  bewiesen.  Vgl.  auch 
Du  Bois  (Wied.  Ann.  46.  p.  548.  1992;  48.  p.  546.  1893);  Du  Bois  u. 
H.  Rubens  (Wied.  Ann.  49.  p.  593.  1893). 


Größe  der  optischen  Resonatoren.  888 

Silberschicht  (2  »  459  fiju  A  =  480  im 

„  dt  a  429  /ifi  iL  =  440  /iif& 

„  d=314ju/i  X=^nO(ifi 

Neuviktoriagrün»)  d  =  363  /i/i*  X  =»  621  (ifi 

„  d  =  363  /i/i  iL  <  467  [ifi.^ 

Hier  bedeutet  d  den  mittleren  Durchmesser  der  Körn- 
chen und  X  die  mittlere  reflektierte  oder  absorbierte  Wellen- 
länge. 

Jetzt  vergleichen  wir  die  von  mir  erzielten  experimentellen 
Resultate  mit  den  theoretischen  Forderungen.  Die  Theorie 
gibt')  für  die  Schwingungsdauer  einer  leitenden  Kugel 

xmd  für  die  von  der  Kugel  ausgestrahlte  Wellenlänge 

.         2nd 

A  ^   ;=-  > 

1/3 

wenn  die  Kugel  in  ein  Mittel  von  der  Dielektrizitätskonstante 
D  =  1  eingebettet  ist.  Diese  Wellenlänge  entspricht  dem,  so- 
zusagen, optischen  „Grundton"  der  KugeL  Wenn  wir  aber 
die  Möglichkeit  der  multiplen  Resonanz  in  Anspruch  nehmen, 
so  können  wir  erwarten,  daß  ein  Kömchen  von  einem  Durch- 
messer d  auf  eine  Reihe  von  Wellen  resonieren  kann,  welche 
die  Größen 

A  =  2^,      A'  =  i^,     r^-'^etc. 

yy  ys  2yT 

haben.  Dies  gibt  für  diese  Reihe  von  Wellen  annähernd  die 
Größen : 

A  =  3,6£f,     A'=l,8£/,    r=0,9£f  etc. 

Nun  wollen  wir  sehen,  inwieweit  solch  eine  theoretische 
Forderung   mit   den    experimentellen  Angaben  zusammenfällt. 


1)  Anilinfarbe  von  der  Badischen  Anilin-  und  Sodafabrik  in  Lud- 
wigshafen a.  Rh. 

2)  Das  zweite  Absorptionsband  in  der  Schicht  von  Viktoriagrün  be- 
ginnt bei  k  »  467  fi/u  and  reicht  über  den  ultravioletten  Teil  des  Spektrums 
hinaus;  da  ich  aber  kein  Jl/e/^nstrument  für  Untersuchungen  auf  diesem 
Gebiet  hatte,  so  konnte  ich  keine  genaue  Mittelwellenlänge  bestimmen. 

3)  J.  J.  Thomsen,  Recent  Researches  in  Electr.  p.  370; 
H.  Poincar^y  Oscill.  Electr.  p.  91.  1894;  A.  Lampa,  Sitzungsber.  d. 
k.  Akad.  d.  Wissensch.  zu  Wien  112.  (IIa)  p.  51.  1903. 

Ö6* 


884 


/.  Kossonogoff, 


In  der  nachfolgenden  Tabelle  sind  diese  Angaben  folgender- 
maßen zusammengestellt:  in  der  ersten  horizontalen  Kolomne 
sind  die  experimentell  gefundenen  Durchmesser  d  der  Kömchen 
gegeben,  in  der  zweiten  die  mittleren  Wellenlängen  X  des  von 
der  untersuchten  farbigen  Schicht  reflektierten  (oder  absor- 
bierten) StrahlenkomplexeSy  in  der  dritten  die  nach  dem  ge- 
fundenen d  berechneten  Wellenlängen  X  oder  X'  und  schheßbch 
in  der  vierten  Kolumne  die  Größen 

±-^\Q0  oder  i-^100. 


A.    Schuppen  der  Schmetterlingsfiü^rel« 


r=0,9d 

d  fifi 
Xfifi 

r=  0,9  d 

-^100 

k  fjfji  460 

X"=  0,9  d     396 

1-r 


687 

672 

666 

660 

655 

682 

618 

605 

599 

+  6 

+  8 

+  5 

573 

562 

548 

560 

556 

550 

516 

506 

493 

+  8 

+  9 

+  10 

440 

426 

664 
650 
598 

+  8 

548 
577 
493 


610 
628 
557 

+  11 

538 
537 

484 


+  15     +10 


608 
545 
547 

0 

535 
557 
482 


607 
632 
546 

+  12 

534 
532 
481 


+  13    +10 


605 
576 
545 

+  5 

526 
526 
473 

+  10 


603  601570 

627  545  556 

543  54l!5l3 

+  13  +1  +S 


515 
500 
464 


483  4T3 
475465 
435  426 


+  7    1+8  +8 


435 
383 


l 


d  ^fi 


100  j  +  14     +12 


389 
630 


B.    Farbige  Metallschichten. 

385   j   335      32G      318    314      300  |   291 
630      625   ,   081*     620    610  ;  595   !   570* 


X'  =  lfid\  700 
-11 


¥ '»» 


693 


603      587*     572,  565      540  '   524* 


250    298  283 
585*  575  530'^ 
450*  536  509 


d  uu 
X  ufi 
X'  =  1,8  d 

'-^X  100 


264 
490 
475 


-10      +  4     +15'^    4-8+71+9      +  8*   +23*    +7  +4 


244      240      221 
500*     482*     490* 
439*'   432*     39S* 


-  3     +12*  +10*  +19* 
*  Die  Körner  sind  in  Kollodium  oder  Gelatine  eingebettet. 

1)  Diese  mittlere  Wellenlänge  (für  eine  Platinscbicht)  konnte  nicht 
mit  Sicherheit  bestimmt  werden. 


Größe  der  optischen  Resonatoren, 


885 


C.    Anilinfarbenaohichte. 


dfiu 

y  =  1,8  d 

— -—  100 


863 

834 

826 

825 

308 

307 

298 

621 

571 

566? 

603 

590 

585 

514 

658 

601 

587 

585 

554 

552 

522 

-5 

-5 

-2? 

+  8 

+  6 

-3 

-2 

288 
571 
518 

+  9 


Indem  wir  die  angeführte  Tabelle  betrachten,  bemerken 
wir,  daß  die  experimentellen  Angaben  den  theoretischen  Forde- 
rungen sehr  nahe  entsprechen  und  hierin  können  wir  eine  Be- 
stätigung der  Theorie  sehen.     Die  Abweichungen 

(LrJ^lOO  oder  ^-^loo), 

welche  hier  statt  haben,  stammen  Ton  zwei  Ursachen  her. 
Die  erste  von  ihnen  ist  eine  subjektive  und  besteht  darin, 
daß  die  Grenzen  des  von  einer  Schicht  reflektierten  Strahlen- 
bündels nicht  mit  voller  Sicherheit^]  gefunden  werden  konnten; 
dadurch  muß  ich  einen  Fehler  von  ca.  10  Proz.  für  die  gefundenen 
Wellenlängen  X  (bei  Lepidoptera  und  Metallen)  als  möglich 
halten.  Bei  Anilinfarben  war  A  nach  der  Beobachtung  der 
Absorpäonsstreifen  gefunden;  hier  ist  obiger  subjektiver  Fehler 
viel  kleiner  und  erreicht  etwa  1  Proz. 

Die  zweite  Ursache  der  Fehler  liegt  in  der  Natur  der 
Erscheinung  selbst  und  ist  aus  folgender  Überlegung  leicht 
verständlich.  Beobachten  wir  Absorptionsstreifen  in  den  Lö- 
sungen von  einer  Anilinfarbe,  so  finden  wir  folgendes:  je  mehr 
wir  die  Lösungen  verdünnen,  desto  enger  wird  das  Absorptions- 
band und  umgekehrt.  Daraus  schließen  wir,  daß  je  dichter 
die  Resonatoren  in  einem  Lösungsmittel  gelagert  sind,  d,  h.  je 
mehr  ihre  gegenseitige  Induktion  stattfindet,  desto  breiter  werden 
die  Absorptionsbänder,*)  Dies  hat  eine  wichtige  Bedeutung  bei 
der  Qualifikation  der  Angaben,  die  die  Anilinfarben  betreffen. 
Für  die  Untersuchung  der  Absorptionsbänder  der  Anilinfarben 
nahm  ich  verhältnismäßig  dicke  (etwa  5  ju),  auf  eine  besondere 
Weise  präparierte  Spiegelschichten  von  diesen  Stoffen;  dadurch 


1)  Ich  hatte  kein  3fe/8in8tmment  dazu  und  arbeitete  bloß  mit  dem 
Spektroskop  and  dem  Auge. 

2)  Dies  steht  im  Einklang  mit  der  theoretischen  Forderung  (J.  J. 
Thomson,  1.  c.  p.  533). 


886  /.  Kossonogoff. 

waren  günstige  Bedingungen  dafär  gegeben,  daß  die  g^enseitige 
Induktion  der  Kornchen  eine  bedeutende  Rolle  spielen  könne. 
Als  Folge  dieses  Umstandes  erschien  die  Verbreiterung  des 
beobachteten  Absorptionsbandes  gegen  jene  Dimension^  die  es 
im  Falle  möglichst  ToUer  Beseitigung  der  gegenseitigen  Indok- 
tion  haben  mußte^  und  die  wir  als  ,,normale"  bezeichnen 
dürfen.  Die  Verbreiterung  der  Absorptionsbänder  beim  Ver- 
dichten der  Lösung  erfolgt  aber  asymmetrisch;  wenn  dem  jedoch 
so  ist,  so  kann  die  mittlere  Wellenlänge  des  verbreiterten  Ab- 
sorptionsbandes mit  der  des  normalen  Bandes  nicht  zusammen- 
fallen. 

Die  quantitativen  Angaben,  welche  ich  aus  meinen  Unter- 
suchungen erzielt  habe,  zeigen,  daß  die  Verschiebung  der  Mitte 
eines  Absorptionsbandes  beim  Übergang  von  einer  sehr  ver- 
dünnten Lösung  (ca.  0,005  Proz.)  zu  einer  dickeren  (ca.  0,1  Prw;. 
etwa  6 — 8  Proz.  erreicht,  d.  h.  um  solch  einen  Teil  seiner 
Größe  ändert  sich  der  Wert  der  mittleren  Wellenlänge  a  des  von 
der  Schicht  absorbierten  Strahlenkomplexes.  Zum  Beispiel  habe 
ich  gefunden:  I.  Lösung  1  g  Methylviolett  in  1000  ccm  Alkohol: 
Absorption  von  l^  =  653jMju  bis  X^  =  467ju/it;  mittlere  absor- 
bierte Wellenlänge  A  =  571  jw/i.  11.  Lösung  1  g  Methylviolett 
in  32000  ccm  Alkohol:  Absorption  von  ^' =  597  ju^  bis 
A^"=589^ju;  mittlere  absorbierte  Wellenlänge  A' =  593 fi«: 

-^^^.100  =  +  5,61). 

Dieser  Umstand  zwingt  uns  zuzulassen,  daß  im  Falle  von 
Anilinfarben  die  nach  der  Untersuchung  einer  dicken  trockenen 
Schicht  gefundene  mittlere  Wellenlänge  des  Absorptionsbandes 
ähnlicherweise  bis  ca.  8  Proz.  von  der  „normalen"  Absorptions- 
Wellenlänge  verschieden  sein  kann. 

Für  die  Metallschichten  und  Schuppen  von  Lepidoptera 
spielt  diese  Ursache  keine  wichtige  Rolle,  da  in  diesen  die 
Körner  ziemlich  voneinander  entfernt  sind,  so  daß  man  den  Ein- 
fluß der  gegenseitigen  Induktion  für  ziemlich  klein  halten  kann. 


1)  Eingehende  Untersuchung  über  diesen  Gegenstand  ist  auf 
meine  Anregung  von  Hrn.  Bjalobjewski  unternommen  und  jetzt  ei^ 
gänzt.  Er  hat  in  allen  von  ihm  untersuchten  Fällen  denselben  Verlauf 
der  Erscheinung  gefunden. 


Größe  der  optischen  Resonatoren^  887 

Auf  solche  Weise  spielt  bei  dem  Aufsuchen  der  wahren 
Größe  A,  welche  dem  Durchmesser  der  Körnchen  entspricht, 
für  die  Metallschichten  und  Lepidopteraschuppen  die  erste 
Fehlerursache  und  für  die  Anilinfarben  die  zweite  eine  wich- 
tige Rolle.  Der  Einfluß  dieser  beiden  Ursachen  ist  aber  recht 
verschieden ,  wie  aus  folgendem  leicht  ersichtlich  ist  Die 
Größe  der  Wellenlänge  X  für  Metallschichten  und  Lepidoptera- 
schuppen war  größtenteils  nach  dem  Vergleichen  der  Farbe*) 
der  zu  untersuchenden  Schicht  mit  den  Farben  eines  objek- 
tiven Spektrums  gefunden,  das  auf  eine  kalibrierte  Skala  ent- 
worfen war.  Das  Auge  orientiert  sich  immer  leichter  im  linken 
(zum  Rot  näheren)  helleren  Teile  des  Spektrums;  indem  wir 
die  Reflexion  von  einer  Schicht  (z.  B.  von  einer  Schuppe)  beob- 
achten, bemerken  wir  die  reflektierten  Strahlen  im  linken  Teile 
des  Spektrums  leichter  als  im  rechten  (violetten)  und  dadurch 
begrenzen  wir  unwillkürlich  den  reflektierten  Strahlenkomplex 
mit  längeren  Wellen,  als  es  in  der  Tat  sein  sollte.  Auf  solche 
Weise  finden  wir  die  mittlere  Wellenlänge  dieses  Komplexes 
immer  etwas  größer,  als  sie  wirkUch  ist. 

Bei  den  Anilinfarben  spielt  die  zweite  Ursache  die 
Hauptrolle,  und  zwar  im  recht  entgegengesetzten  Sinne: 
wegen  der  Asymmetrie  der  iVerbreiterung  des  Absorptions- 
bandes gegen  die  ;,normale''  Dimension  verschiebt  sich  die  Mitte 
des  Bandes  in  den  dicken  Schichten,  wie  oben  gesagt  ist,  und 
zwar  immer  (in  von  mir  untersuchten  Farben)  zum  violetten 
Ende  des  Spektrums  (also  zu  den  geringeren  Wellenlängen) 
hin.  Dadurch  müssen  wir  für  Metalle  und  Lepidoptera- 
schuppen im  allgemeinen  positive  Werte  von 

1  —  1'  1  —  1" 

^  100  oder  ^  100 

erhalten,  für  Anilinfarben  dagegen  —  negative,  was  sich  auch 
als  tatsächlich  ergibt,  wie  man  aus  der  oben  angeführten  Ta- 
belle ersehen  kann. 

Weiter  können  wir  aus  der  Tabelle  auch  den  Einfluß  des 
die  Kömer  umfassenden  Mediums  sehen:  bei  den  Zahlen,  welche 
mit  dem  Zeichen  *  versehen  sind,  erblickt  man  die  größten  Ab- 
weichungen der  experimentellen  Angaben  von  den  theoretischen. 

1)  Vgl  meine  erste  MitteiluDg.  Phys.  ZeitBehr.  4«  p.  209.  1903. 


B98  /•  KfMomogaff. 

Diese  großen  Abwdchimgeii  werdm  jedoch  leioiit  ed^btitr, 
.wttsn  man  in  Beteadit  zieht,  daß  diese  fUle  sich  aaf  die 
in  EoUodinpi  oder  Gelatine  eingebetteten  BesoiiftbneD  (gs- 
wSbnKöhe  photographische  oder  Lippmannache  Sums)  be- 
sdehen.  Dieses  Besuttat  »tsprioht  sehr  gat  einer  SdiIol> 
folgerang  der  theoretischen  Untersnchnng  Ton  Hm.  A«  LanpSp 
welche  den  Fall  betrifift,  wenn  die  BesmiatoreiiL  mm  siasr 
dünnen  Schicht  von  DielAtankiun  {D  >  1)  umkleidet  abd:  ik 
von  einem  Besonator  in  die  Luft  aosgeatrahlte  W^kdiap 
ist  in  diesem  Falle  etwas  großer  ^^als  die  WeUenliiigs  te 
Ton  der  Engel  allein  ansgehmden  Strahhmg^'.^) 

Was  die  Gtoanigkeit  der  Messungen  der  Kfimchendiiidh 
messer  betrifity  so  war  diese  sehr  groß:  der  MessongsfeUer 
war  in  jeder  Messongsreihe  nidit  größer  als  ^i^  tta  m 
Kömchen;  doch  sind  die  Kämer  selbst  elwas  m^gleAAz  bei  des 
Schuppen  z.  B.  erreichen  die  mittleren  Abweiohiiiigea  dar 
DnrduDiesser  der  Körnchen  an  yerschiedenen  Stdlen  ca.  % 
bis  9  Proz.  • 

Wenn  wir  nun  alles  Obenerwähnte  in  Betracht  ziehan,  s» 
werden  die  Abweichnngen  zwischen  den  experimentellen  Ab- 
jaben  und  denen  der  Theorie  leicht  Terstftndlioli. 

Auf  Grund  der  Angaben  der  oben  angeflEkhrten  TabeD« 
können  wir,  so  scheint  es  mir,  sagen: 

1.  Die  selektive  optische  Reflexion  häogt  von  der  Mikro- 
struktur der  das  Licht  reflektierenden  Oberfläche  queaiijf 
tativ  ab. 

2.  Die  Körner,  aus  welchen  die  reflektierende  Schicht 
zusammengestellt  ist,  können  als  Resonatoren  fiir  optische 
Schwingungen  in  demselben  Sinne  aufgefaßt  werden^  wie  die 
Leiter  als  Resonatoren  für  Hertzsche  Schwingungen.  Dahei 
ist  auch  multiple  optische  Resonanz  möglich. 

3.  Das  Verhältnis  zwischen  den  linearen  Dimensionen 
der  optischen  Resonatoren  und  den  Ton  ihnen  reflektierten 
Wellenlängen  entspricht  der  Theorie. 

4.  Die  von  uns  gefundenen  Resonatorengrößen  sind  nicht 
die  einzigen,  sondern  nur  einige  von  den  möglichen«  Es  ist 
unzweifelhaft,    daß   auch   kleinere  Resonatoren    möglich    sind, 

1)  A.  Lampa,  1.  c.  p.  65. 


Größe  der  optischen  Resonatoren.  889 

die   zu    den  vod   uns  untersuchten  im  einfachen  Verhältnisse 
stehen. 

5.  Die  Resonatorenkömer  in  einer  farbigen  Schicht  sind 
nicht  von  genau  identischer  Größe,  diese  letztere  variiert  etwas; 
die  herrschende  (mittlere)  Größe  der  Resonatoren  bedingt  die 
Farbe  der  Schicht 

6.  Bei  dem  Vorhandensein  in  einem  Räume  ziemlich  dicht 
eingelagerter  Resonatoren  übt  ihre  gegenseitige  Induktion  einen 
Einfluß  auf  ihre  Schwingungsdauer  aus,  wie  es  schon  von  Hm. 
Dr.  F.  Kirchner  für  Lippmannsche  photographische  Films 
bei  deren  Aufquellen  beobachtet  ist^)  Bei  seiner  Untersuchung 
konnte  aber  auch  das  neue  Dielektrikumwasser  (außer  Gela- 
tine) auf  die  Erscheinung  einen  Einfluß  ausüben. 

7.  Die  Vergrößerung  der  gegenseitigen  Induktion  bedingt 
(in  von  mir  untersuchten  Anilinfarbenlösungen  —  Neuviktoria- 
grün, Eristallviolett,Cerise,  Corallin,Methylyiolett,  Eosin  bläulich, 
Phloxin,  Fuchsin)  immer  die  Verkleinerung  der  mittleren  Wellen- 
länge vom  absorbierten  Strahlenkomplexe. 

8.  Das  die  optischen  Resonatoren  umgebende  Mittel  beein- 
flußt ihre  Schwingungsdauer  im  Sinne  der  elektromagnetischen 
Theorie,  wie  es  für  Hertzsche  Resonatoren  von  den  Herren 
E.  Aschkinass  und  Cl.  Schaeffer^  bewiesen  ist. 

Kiew,  Phys.  Laboratorium  d.  k.  Universität. 


1)  F.  Kirchner,  Sitzangsber.  d.  k.  sächs.  Geselbch.  d.  Wissensch. 
zu  Leipzig  30.  Juni  1902. 

2)  £.  Aschkinass  u.  CI.  Schaeffer,  Ann.  d.  Phys.  5«  p.  489.  1901. 

(Eingegangen  8.  Oktober  1903.) 


890 


113.  The  Inflaence  of  Low  TemperatoreB  lipon  Certua 

Golor  Indicators. 

By  B.  1».  Hiohols  and  IBmest  Merritt  in  I$hakm  N.  Y. 


In  the  course  of  some  recent  es^eriments  upon  the  optical 
behavior  of  organic  bodies  at  low  temperature,  certain  strikiiig 
color  changes  were  observed  in  bodies  of  the  class  nsed  in 
chemistry  as  indicators  when  these  were  subjected  to  cooliog 
ander  the  inflaence  of  liqaid  air.  It  is  the  pnrpose  of  the 
present  paper  to  describe  the  phenomena  obserred,  particaki^ 
in  the  case  of  two  typical  sabstances,  phenol-phthalein  and 
cyanine,  and  to  consider  the  bearing  of  the  color  dian^ 
shown  by  solations  of  these  indicators  apon  the  acceptai 
theory  of  this  sabject 

Bzperimenta  with  ph^nolpphüialefn. 

1.  A  normal  Solution  of  sodiam  carbonate  (Na^GO,]^  58  g 
per  liter,  was  satorated  with  phenol-phthalein  at  15^  C.  Tlyi 
liquid,  of  the  usual  intense  reddish  purple^  was  placed  in  s 
test  tube^  the  lower  end  of  which  was  submerged  in  liquid  air. 
Ice  formed  rapidly  in  the  bottom  of  the  tube,  extending  gra- 
dually  upwards  until  the  entire  Solution  was  frozen.  The  ioe 
was  slightly  translucent  and  very  faintly  pink  in  color,  bnt 
changedy  upon  warming,  to  a  deep  red  before  the  melting 
point  was  reached.  The  color  of  the  ice  after  this  transfbr- 
mation  appears  to  be  a  purer  red  than  that  of  the  nnfirozen 
Solution,  as  though  a  portion  of  the  violet  component  of  the 
color  of  the  liquid  had  been  suppressed. 

When  the  tube  of  red  ice,  preyiously  formed,  was  moonted 
within  a  cylindrical  Dewar  bulb,  the  bottom  of  the  test  tube 
being  just  above  the  surface  of  the  liquid  air,  the  restoration 
of  the  pale  pink  color  began  at  the  bottom  of  the  tube  cree- 
ping upward  as  cooling  progressed.  The  line  of  demarcation 
was  very  sharp  and  it  was  evident  that  the  change  of  color 
occurred  suddenly  and  at  a  definite  temperature.     With  more 


Jnfiuence  of  low  temperatures  upon  indicafors.  891 

dilute  Solutions  the  ice  was  snow  white  when  cold,  showing 
no  trace  of  color^  and  became  red  as  before  upon  warming. 
The  column  of  ice  from  the  test  tube,  when  in  the  red  state, 
was  hard  and  when  broken  it  was  found  that  the  color  ex- 
tended  througbout  the  mass.  There  was  no  perceptible  lack 
of  homogeneity.  When,  however,  pieces  of  the  red  ice  were 
suspended  in  warm  air  it  was  noticed  that,  in  process  of  mel- 
ting  a  strongly  colored  red  liquid  drained  away,  leaving  a  clear 
colorless  ice  behind. 

Similar  results  were  consistently  obtained  with  various 
strengths  of  the  phenol-phthalein  Solution  irrespective  of  the 
alkali  employed ;  and  Solutions  made  by  adding  a  few  drops  of 
the  alcoholic  Solution  of  phenol-phthalein  to  water  gave  the 
same  result. 

2.  In  Order  to  compare  the  phenomena  just  described  with 
those  occurring  in  an  alcoholic  Solution  of  phenol-phthalein, 
fröm  which  water  had  been  so  far  as  possible  excluded,  a 
suitable  amount  of  that  indicator  was  dissolved  in  absolute 
alcohol  which  had  been  previously  made  alkaline  by  the  Im- 
mersion of  a  stick  of  dry  sodium  hydroxid  (NaOH).  The 
Solution  contained  a  sufficient  amount  of  phenol-phthalein  to 
give  streng  coloration  to  the  liquid.  When  it  was  placed  in 
a  test  tube  and  cooled  by  liquid  air,  in  the  manner  previously 
described,  a  gelatinous  mass  distinctly  pink  (pale  reddish  purple) 
in  color  formed  at  the  bottom  of  the  tube  and  the  lower  por- 
tions  of  this  jelly  were  subsequently  converted  into  hard  ice 
of  the  same  color.  Above  the  surface  of  the  purple  jelly  the 
Solution  was  entirely  colorless  and  clear  for  a  distance  which 
depended  upon  the  steepness  of  the  temperature  gradient 
through  the  liquid.  The  upper  portion  of  the  Solution  retained 
its  original  reddish  purple  color  until  a  certain  temperature  was 
reached  at  which  its  color  became  lost  In  this  case  it  is  to 
be  noted  that  the  loss  of  color  occurs  at  a  temperature  above 
that  at  which  alcohol  begins  to  assume  a  solid  form.  The 
relative  positions  of  these  various  zones  or  layers  in  the  course 
of  the  experiment  is  shown  in  Fig.  1. 

The  color  of  the  frozen  alcoholic  Solution  was  observed 
to  diminish  appreciably  with  falling  temperature;  being  more 
intense  at  the  top  of  the  hard  ice  than  below.   üpon  the  re- 


892 


L  Nichoh  und  E.  Mtrritt. 


Petition  of  these  observations  with  the  alcoholic  Solution  dilated 

by  an  equal  bulk  of  water  it  was  found  that  tbe  purple  solatiou 

retained  its  color,  altboagb  with  sUghtly  diminishiDg  intensiües, 

dowQ  to  the  zoue  in   whicb  the  ge- 

latinous  ice  was  forming.    Tbe  latter 

howerer   was    clear    with    a   distiiict 

greenisb  yellow  color,  which  was  con- 

verted,  at  a  still  lower  temperatnre. 

■T"  (ipod     into  an  opaque  mass  of  pale  reddisb 

pnrple  or  pink  ice. 
[Dri«j&vwd  It   ^*8    noted    that    only    those 

^i  portions  of  tbe  ice  assumed  the  pink 

^.    ' .  ^pZ^u  £         color  wbich,  owing  to  their  proxinity 
to  tbe  liquid  air,   bad    been   rapidlr 
frozen.     In  parts  of  tbe  tube  abore 
the    surface   of    tbe     liquid     air   die 
Fig.  1.  jellowisb  green  jelly  retained  its  color 

evea  when  converted  into  solid  ionn, 
UpoQ  repeating  the  freezing  of  this  Solution  in  a  tube  tbe  bottom 
of  whicb  did  not  reach  tbe  surface  of  tbe  liquid  air  ohIt 
yellow  ice  was  formed  and  this,  when  subsequently  submerged. 
did  not  turn  purple.  It  appears  therefore  that  the  parple 
color  is  a  result  of  auddeo  freeziog. 

'd.  To  determine  the  temperatures  at  which  these  strikiE^ 
color  cliaiiges  occur,  a  ring  shaped  coil  ofNo.  4Ü  copper  wir-- 
(diameter  0,0078  cm)  with  silk  insulation  was  made.  Tbt 
diameter  of  the  coil  was  1,6  cm.  The  body  of  wire  consti- 
tuting  the  ring  was  approximately  cylindrical  and  about  0,2  cm 
in  diamoter.  By  means  of  a  framework  of  ligbt  glass  tubioi 
Ulis  riDg  was  supported  in  a  horizontal  position  within  a  lest 
tube  of  diameter  just  sufficient  to  freely  adniit  it.  Wires  of 
heavier  copper  were  attached  to  the  terrainala  of  tbe  coil  anJ 
were  carricd  Tertically  upward  within  the  giass  tubes  which 
supported  it,  The  resistance  of  the  coil  at  room  temperature 
{18,45")  was  14,90  ohins.  The  resistance  of  the  insulation 
when  the  coil  was  sulinierged  iu  aqueous  Solutions  at  room 
temperature  was  found  to  be  about   lOOÜUO  ohms. 

This  coil,  the  resistance  of  which  was  to  be  used  for  the 
measurement  of  temperatures,   was  caHbrated  by  submergeoce 


Ivfluence  of  low  temperaiures  upon  indicators.  893 

successively  in  melting  ice,  in  a  thick  pasty  mixture  of  carbon 
dioxide  and  ether  (the  temperature  of  which  according  to  care- 
ful  determinations  by  Olszewski,  is  —79,80%  and  in  freshly 
prepared  liquid  air,  the  temperature  of  which  probably  varied 
bat  little  from  — 192^  The  calibration  curves  of  coils  pre- 
pared from  modern  commercial  copper  wires  differ  so  little 
from  straight  lines  between  —  1 95^  and  0^  that  one  may  for 
most  purposes  content  himself  with  the  determination  of  the 
three  points  just  mentioned.  Measurements  of  the  coil  at  room 
temperature  feil  accurately  upon  the  Prolongation  of  the 
straight   line  joining    the    Observation   points    at   0*^   and    at 

—  79,8 ^  It  is  belle ved  that  for  temperatures  lying  between 
these  points  the  error  of  determination  of  the  temperature  of 
the  coil  nowhere  exceeds  0,1  ^  C.  By  means  of  this  coil  it  was 
found  that  the  temperature  at  which  the  white  ice,  formed  by 
the  freezing  of  the  normal  Solution  of  sodium  carbonate  satu- 
rated  with  phenol-phthalein^  begins  to  assume  a  red  color,  is 

—  2.8^  C.  The  melting  point  of  the  red  ice  thus  formed  is 
-2,1«  C. 

The  temperature  at  which  the  undiluted  älcoholic  Solution 
described  above  loses  its  color  is  —  76,5^.  The  temperature 
of  transition  into  jelly,  and  from  jelly  into  ice,  is  more  difficult 
of  determination.  These  temperatures  are  however  approxi- 
mately  —98«  (formation  of  jelly)  and  —165«  (production  of 
hard  ice).  In  the  case  of  the  50  proc.  Solution,  where  the  color 
change  corresponds  to  the  transition  from  liquid  to  jelly,  the 
whole  of  the  liquid  being  pink  and  the  whole  of  the  solid 
yellow,  the  temperature  of  transition  was  found  to  be   —  50«. 

4.  In  Order  to  determine  conclusively  whether  the  red 
ice  of  the  aqueous  Solution  of  phenol-phthalein  is  a  homogeneous 
solid  or  whether,  as  the  observations  already  described  had 
led  US  to  suspect,  the  color  was  due  to  an  intensely  red  liquid 
permeating  the  mass  of  colorless  ice,  the  following  experiment 
was  tried.  An  alkaline  aqueous  Solution  of  the  indicator  was 
introduced  into  a  thick  walled  glass  of  small  bore.  This  was 
then  sealed  off  at  one  end,  and  was  connected  with  a 
Cailletet  pump.  The  Solution  was  frozen  to  white  ice  by  the 
application  of  cold  brine,  into  which  a  small  amount  of  liquid 
air  had  been  stirred.    The  tube,  still  surrounded  by  the  brine. 


894  L,  Nichols  und  E.  Merritt. 

was  then  allowed  to  rise  in  temperature  until  near  the  point 
of  color  change^  when  pressures  up  to  about  200  atmospheres 
were  applied  by  means  of  the  pump.  The  ice  column  tnrned 
red,  and  upon  release  from  pressure  returned  to  its  white  form. 
This  striking  change  of  color  could  be  observed  at  eveir  stroke 
of  the  pump,  the  color  disappearing  as  the  pressure  ran  down 
by  leakage  between  the  strokes.  It  is  evident  that  the  red 
color  of  the  ice  is  due  to  included  particles  of  a  liquid  which 
has  a  slightly  lower  freezing  point  and  which  in  this  experi- 
ment  is  melted  by  pressure. 

Experiments  with  Cyanlne. 

5.  Crystals  of  cyanine  were  dissolved  in  alcohol  and  i 
few  drops  of  the  alcoholic  Solution  were  added  to  water.  Tle 
Solution  was  rendered  colorless  by  the  addition  of  sulphuric 
acid.  When  a  test  tube  filled  with  the  acidulated  Solution 
was  placed  over  liquid  air,  in  the  manner  already  described, 
white  ice  formed  in  the  bottom  of  the  tube.     To   the  upper 

portion,  which  was  still  liquid,  sodium 
hydroxid  was  added  until  the  solotioD 
had  a  streng  blue  color.  This  portion 
when  frozen  was  still  blue  with  a  sus- 
-blue  u<fuuL.      gestion   of  purple  at   the  tojD. 

6.    Water    to   which    enough    of  tbe 

alcoholic  Solution  of  cyanine   had  been  ad- 

-,na-pie  ic,         ^^^  ^^  ^j^^  ^  stroug  bluc  color  was  frozen 

from  below.      The  ice  was    purple  at  li- 


^,^,,^  ,,.,  quid  air  temperatures,  a  brilliant  blue  Id 

the  layers  lying  some  distance  above  the 
surface  of  the  liquid   air   and    possessing 

--piirph  ice.  ^  somewhat  higher  temperature,  and  purplt- 

in   the  still  warmer  regions   near  the  top. 

Fig,  2.  The  lines  of  demarcation  w*ere  quite  shar]^ 

The  relation  of  these  zones  as  observed 
in  the  course  of  the  experiment  is  indicated  in  Fig.   2. 

7.  Blue  Solutions  of  cyanine  were  very  carefuUy  decolo- 
rized  by  the  addition  of  dilute  aquoous  Solutions  of  various 
acids,  great  care  being  taken  to  add  only  the  precise  amount 


Influence  of  low  temperatures  upon  indicators,         895 

of  acid  necessary  to  effect  the  destraction  of  color.  The  acids 
used  for  this  purpose  were  respectively  oxalic,  acetic,  citric, 
and  sulphuric.  Upon  freezing  these  carefnlly  balanced  Solutions, 
in  the  manner  already  described,  ice  was  produced  which 
possessed  in  each  case  the  remarkable  display  of  colors  ob- 
tained  by  freezing  blue  Solutions  of  cyanine.  The  ice  column 
was  purple  at  very  low  temperatures,  with  a  blue  ring  or  band 
covering  the  region  of  intermediate  temperatures,  and  purple 
in  the  still  warmer  portions  at  the  top  of  the  tube.  We  have 
here  the  remarkable  phenomenon  of  colored  ice  produced  by 
the  solidification  of  a  liquid  devoid  of  color,  For  purpose  of 
comparison  a  Solution  of  phenol-phthalein  was  largely  diluted 
with  water.  To  this  the  largest  amount  of  sodium  hydroxid 
was  added  which  the  phenol-phthalein  Solution  would  take 
without  turning  red;  when  frozen,  the  product  was  a  color- 
less  ice. 

8.  To  determine  the  temperature  at  which  the  purple  ice 
produced  by  the  freezing  of  cyanine  Solutions  changed  to  blue, 
and  the  lower  temperature  at  which  the  restoration  to  purple 
took  place,  the  copper  coil  was  inserted  in  the  test  tube  as  in 
the  temperature  measurements  already  described.  Blue  Solutions 
of  cyanine,  and  Solutions  which  had  been  brought  to  the  point 
of  decolorization  by  means  of  sulphuric  acid  and  of  acetic 
acid  respectively  were  tested  in  turn.  The  process,  as  before, 
consisted  in  cooling  the  test  tube  from  below  with  liquid  air 
and  measuring  the  resistance  of  the  coil  when  its  position 
coincided  with  the  upper  and  lower  edge  of  the  blue  ring.  It 
was  not  found  possible  to  determine  the  temperatures  at  which 
these  color  changes  took  place  with  the  same  accuracy  as  in 
the  case  of  the  ice  from  the  phenol-phthalein  Solution,  but  the 
temperatures  are  believed  to  be  accurate  within  two  or  three 
degrees.  The  results  obtained  in  three  characteristic  cases  are 
shown  in  the  foUowing  table: 

Table 

Purple  toblae  Blue  to  purple 
Dilute  aqueous  Solution  (alkaline)  —  30,0^  -  91,5^ 

Dilute  aqueous  Solution  (with  sulphuric  acid)        —  81,5^  —  91,0^ 

Dilute  aqueous  Solution  (with  acetic  acid)  —  88,5®  —  94,5^ 


896  L.  Nichols  und  E.  MerritL 

The  freeziog  point  of  an  aqueous  solation,  which  con- 
tained  about  1  ccm  of  the  strong  alcoholic  solation  of  cyanine 
to  250  cm  of  water,  was  —  2,7  ®. 

9.  A  Solution  of  cyanine  in  absolute  alcohol  was  frozes 
by  the  gradual  application  of  liqoid  air  from  below.  Perfecdj 
clear  ice  was  formed  at  a  temperature  of  — 155^.  WhflD 
viewed  by  transmitted  light  this  ice  showed  a  blue  color  ahnest 
identical  with  that  of  the  liquid.  By  reflected  light  it  vss 
however  a  deep  red.  The  test  tube  containing  this  alcoholic 
ice  was  subsequently  observed  when  illuminated  by  the  light 
of  the  spectrum.  The  color  by  reflection  was  found  to  be  dne 
to  a  fluorescence,  which  was  excited  most  strongly  by  tiie 
yellow  and  green  rays  and  disappeared  when  exposed  to  the 
blue  or  violet. 

Experiments  with  other  Indicatora. 

In  addition  to  the  experiments  with  phenol-phthalein  aol 
cyanine  the  foUowing  observations  were  made  of  the  effects  cf 
freezing  Solutions  of  other  substances  capable  of  being  lued 
as  indicators. 

10.  Methyl  orange  was  dissolved  in  the  proportion  of  one 
gram  to  the  liter  of  water  and  a  few  drops  of  this  Solution 
were  added  to  10  ccm  of  water  in  a  test  tube,  The  pale 
yellow  alkaline  Solution  freezes  to  an  ice  faintlj  tinged  witb 
yellow  at  the  temperature  of  liquid  air.  On  warming,  it  tum? 
to  a  bright  yellow  just  before  the  melting  point  is  reachei 
The  acid  (red)  Solution  freezes  to  a  dark  reddish    brown  ice. 

11.  Tropaeolin.  The  alkaline  Solution  freezes  to  a  yellow 
ice  of  a  paler  color  than  the  liquid.  The  color  increases 
greatly  in  intensity  on  approaching  the  melting  point  The 
acid  Solution  (red)  freezes  to  a  dark  brownish  purple  ice. 

12.  Para-nitro-phenol.  The  alkaline  Solution  freezes  toi 
white  ice,  which  becomes  greenish  yellow  just  before  melting. 
The  colorless  acid  Solution  freezes  to  a  white    ice. 

13.  Corallin.  The  red  aqueous  Solution  yields  a  reddish 
salnion  colored  ice  which  retains  its  color  at  liquid  air  tem- 
peratures.     The  yellow  acid  Solution  yields  a  pale   yellow  ice. 

14.  Phenacetolin.  The  red  alkaline  Solution  yields  a  pink 
ice  which  retains    its  color  at  liquid   air  temperatures.    The 


Infiuence  of  low  temperatures  upon  indicators,         897 

yellow  acid  Solution  giyes  a  white  ice  which  changes  to  yellow 
before  melting. 

15.  Carminio  acid.  The  purple  alkaline  Solution  yields 
a  purple  ice,  the  acid  Solution  an  ice  of  much  lighter  color 
(nearly  whitej.  Both  colors  become  stronger  upon  approaching 
to  the  melting  point. 

Theoretieal  ConBiderations. 

The  generally  accepted  theory  of  the  color  changes  of 
indicators  assumes  that  the  color  of  such  Solutions  is  due 
either  to  the  presence  of  free  ions,  in  which  case  it  appears 
upon  dissociation;  or  that  the  color  is  due  to  the  molecules 
of  the  indicator,  in  which  case  it  disappears  upon  dissociation* 
In  the  case  of  the  aqueous  Solutions  the  observations  recorded 
above  are  in  harmony  with  this  theory,  and  the  following  con- 
clusions  may  be  reached: 

a)  The  red  color  of  alkaline  phenol-phthalein  is  ionic, 
since  it  disappears  upon  freezing.  The  faint  pink  observed  in 
the  ice  of  the  stronger  Solutions  is  probably  a  molecular  color, 
whichy  in  the  liquid,  is  masked  by  the  stronger  red  due  to 
the  free  ions. 

b)  The  color  of  the  blue  Solutions  of  cyanine  is  chiefly 
molecular,  but  the  redder  purple  of  the  ice  as  compared  with 
the  blue  of  the  liquid  suggests  that  one  component  of  the 
color  of  the  Solution  is  suppressed  by  freezing.  We  know  of 
no  existing  theory  to  account  for  the  suppression  of  the  red 
component  at  —30^  and  its  restoration  at  —91®.  The  fact 
that  upon  freezing  the  dissociated  colorless  Solution,  carefully 
brought  to  a  balance  by  the  addition  of  acid,  the  same  purple 
and  blue  varieties  of  ice  are  produced  as  when  an  alkaline 
Solution  is  frozen,  suggests  that,  when  dissociation  cea^es,  the 
molecular  Compounds  formed  correspond  to  some  extent  at 
least  to  those  existing  in  the  alkaline  Solution. 

c)  Methyl-orange  appears,  from  the  color  of  the  ice,  to 
possess  a  faint  yellow  molecular  color  superimposed  upon  an 
intense  yellow  due  to  free  ions.  The  acid  Solution  possesses 
a  brownish  red  color  of  molecular  origin,  which  in  the  liquid 
is  probably  also  modified  by  the  yellow  color  due  to  the  ions. 

BoltzniaDn-Festscbrift.  57 


898       L.  NichoU  und  E.  Merrüt.     Influmre  of  Zcmt  ttc. 

Upon  freezing  the  stronger  ionic  yellow  is  suppressed,  leanng 
a  pale  yellow  ice  and  a  brown  ice  respectively, 

d)  The  sali  formed  from  tropaeolin^  when  that  indicator 
is  rendered  alkaline  appears  to  posaeas  a  pale  molecular  yellow 
in  addition  to  the  strong  yellow  due  to  tbe  iona.  The  »cid 
Solution  shows  a  similar  combination  of  ionic  yeUow  and  of 
dark  brownish  purple  due  to  the  molecules. 

e)  The  rose  color  of  the  alkaline  Solution  of  phenol-ace- 
tolin  appears  to  be  molecular  in  character;  where  as  the  yellow 
of  the  acid  Solution  is  ionic. 

f)  Both  colors  of  the  carminic  acid  solutioDS  s^pear 
to  be  chiefly  molecular,  although  the  increased  coloration  of 
the  ice  upon  warming  may  indicate  that  in  parüy  dissociated 
Solutions  ionic  color  is  superimposed  upon  that  due  to  tbe 
molecules. 

g)  The  color  of  the  alkaline  Solution  of  para-nitro-phenol 
appears  to  be  purely  ionic. 

In  the  case  of  the  alcoholic  Solutions  tested  a  aatisfacton 
explanation  of  the  observed  color  changes  is  naore  difficuh. 
The  greater  complexity  of  the  phenomena  of  Solution  in  alcobol 
and  the  fact  that  the  ice  formed  is  amorphous  are  doubtle« 
reasons  for  expecting  more  complicated  color  changes  tha£ 
those  observed  in  aqueous  Solutions.  We  are  of  the  opinioE 
tliat  a  more  extended  experimental  study  of  the  phenomen& 
is  necessary  before  a  satisfactory  interpretation  of  these  re- 
sults  can  be  reached. 

Certain  interesting  phenomena  of  fluorescence  which  were 
observed  m  the  course  of  this  investigation  and  of  which  al! 
mention  has  been  omitted  here,  we  propose  to  consider  in  a 
fortlicoming  paper. 

Physical  Laboratory  of  Cornell  University,   Sept.   1903. 

(Hingegangen  3.  Oktober  1903.) 


899 


114.  The  Van  der  Waals  a  in  Alcohol  and  in  Ether. 

By  Edwin  H.  Hall  in  Cambridge  Mass.  U.  S.  A. 


If  we  make  the  two  assumptions: 

1.  that  the  pressure  due  to  molecular  attraction  within  a 
fluid  is  ajv^^  where  t;  is  the  specific  yolume  and  a  is  some 
constant; 

2.  that  the  energy  per  molecule,  aside  from  the  potential 
energy  due  to  the  attraction  just  mentioned,  is  a  function  of 
temperature  only,  so  that  it  remains  constant  during  any  iso- 
thermal change  of  State; 

we  can  find  the  value  of  a  by  means  of  the  well  known 
equation  ^) 

where  q  »  the  internal  work  of  evaporaticm, 

v^  =  the  specific  volume  of  the  liquid  under  the  pressure 

of  its  saturated  vapor; 
v^  =  the  specific  volume  of  the  saturated  vapor. 

The  value  of  a  thus  obtained  will  hereinafter  be  referred 
to  as  a. 

If  we  apply  assumption  2  in  the  case  of  isothermal 
changes  of  volume  occuring  in  the  liquid  state,  without  eva- 
poration,  we  get 

(2)  a=[^T-p)v\ 

where  p  is  the  extemal  pressure, 
V  is  the  specific  volume, 
T  is  the  absolute  temperature , 

.  is  the  coeflF.  of  expansion,  [l^]\, 

k  is  the  coeif.  of  compressibility  —  (^)~' 

If,   by  using  equations  (1)  and  (2)  with  a   given  fluid  at 

1)  See,  for  example,  W.  Kernst,  Theoret.  Chem.  4.  p.  241.  1908. 

57* 


It  is  to  be  observed  that  such  an  investigatio: 
undertake  to  test  the   applicability   of  the   van    d 
continuity  equation  to  the  liquid  State,  for  it    has 
do  with  the  b  of  that  equation. 

Ä  brief  study  ^)  of  the  behavior  of  water  has 
value  of  a,  from  the  data  of  the  liquid  State,  to  Im 
than  the  yalue  of  a\  from  the  evaporation  data,  bot! 
and  at  60^  C,  though  the  discrepancy  is  far  less  at 
temperature  than  at  the  lower. 

A  study  of  the  data  given  by  Amagat  *)  for  k 
in  the  case  of  ethyl  alcohol  and  ethyl  ether,  supph 
the  eyaporation  data  of  these  substances,  has  given 
tabulated  below. 

As  Amagat  does  not  give  the  values  of  the  ne€ 

cients   at  definite  temperatures  and  pressures,    bat 

mean  yalues  of  k  through  considerable  intervals  of 

particular  temperatures  and  the  mean  values  of  e  th 

siderable  intervals  of  temperature  at  particular  pressi 

been   necessary   to   get   the   particular  values   of  k 

means  of  curves  plotted  from  the  data  given  by  Ai 

K\  this   process   and  in  various  others,   some   inaccur 

5  doubtless  entered^  but,  in  the  opinion  of  the  writer,  i 

^  seriously  aflfect  the  general  character  of  the  resull 

The  observations  of  Amagat  extended  from  1  to  \ 
soheres    and   from   0^   to    198^  C.   with   each    nf  i 


Tke  Fan  der  Waals  a.  901 

pressure.  An  attempt  has  been  made,  howeyer,  to  get  values 
of  these  coefficients  for  particular  conditions  up  io  the  highest 
pressure  and,  in  the  case  of  ether,  up  to  the  highest  tem- 
perature.  With  alcohol  Amagat  had  no  stopping  place  bet- 
ween  100^  and  198^,  and  it  has  not  seemed  to  the  writer 
advisable  to  try  for  particular  yalues  of  k  and  e  at  points 
aboye  100^  in  the  case  of  this  liquid. 

In  the  foUowing  tables  all  yalues  except  those  of  P  (the 
extemal  pressure  in  atmospheres)  are  giyen  in  terms  of  the 
C.  G-.  S.  System,  the  dyne  being  taken  as  the  unit  of  force. 

The  numbers  in  brackets,  to  the  right  of  each  a  column, 
are  the  result  of  an  attempt  to  establish  a  regulär  gradient 
of  a,  with  varying  pressure,  corresponding  in  a  general  way 
to  the  indications  of  the  a  column. 

AlcohoL 

20«  C.  40«  C.  60<>  C. 

P  a'  =  1197x10^  a'- 1197x10^  a'«  1164x10^ 

(atm.)  V         axlO""'  v        axlO""'            v  axlO"^ 

50  1,259     458  (465)  1,285     478  (479)  1,815  488  (496) 

100  1,258    458  (468)  1,276     471  (477)  1,806  486  (494) 

200  1,242    460  (458)  1,262    476  (472)  1,291  491  (491) 

800  1,281     457  (458)  1,250     470  (467)  1,276  494  (487) 

400  1,222     449  (448)  1,289     465  (468)  1,265  492  (484) 

500  1,214     448  (448)  1,280     459  (459)  1,258  486  (481) 

600  1,205     489  (538)  1,222     455  (454)  1,245  479  (477) 

700  1,197     422  (433)  1,218     450  (450)  1,286  476  (474) 

800  1,189     422  (429)  1,205     444  (446)  1,227  472  (471) 

900  1,181     426  (424)  1,197     445  (442)  1,219  464  (468) 

1000  1,175     484  (420)  1,189     488  (438)  1,211  466  (485) 

80«  C.  100«  C. 

P            a'  -  1112  x  10'  a'  =  1072  X 10' 

(atm.)           V        axl0~'  v        axl0~' 

50          —         —     —  _         _     _ 

100  1,340  581  (533)  1,371  567  (570) 

200  1,821  524  (527)  1,850  560  (564) 

300  1,306  519  (522)  1,330  556  (569) 

400  1,291  521  (517)  1,315  568  (558) 

500  1,276  518  (512)  1,800  551  (548) 

600  1,265  513  (507)  1,288  538  (542) 

700  1,256  506  (502)  1,276  526  (587) 

800  1,247  490  (497)  1,268  588  (582) 

900  1,289  486  (493)  1,259  521  (527) 

1000  1,280  494  (488)  1,250  541  (522) 


902 


i 

K  K  HaU. 

Ether 

• 

20<>  C. 

60  •  C. 

100«  a 

p 

a'- 

495  X 10^ 

a'« 

491 X 10' 

a'  «= 

482  x  10' 

(atm.) 

V 

axlO-^ 

V 

a  X 10-' 

9 

a  X 10-' 

50 

1,411 

545  (588) 

— 

—      — 

— 

—     — 

100 

1,400 

582  (585) 

1,498 

515  (527) 

i,«m 

504  (511) 

200 

1,880 

588  (528) 

1,462 

522  (522) 

1^52 

506  (508) 

800 

1,862 

509  (521) 

1,485 

519  (517) 

1,514 

504  (504) 

400 

1,347 

514  (514) 

1,418 

518  (512) 

1/486 

511  (501) 

500 

1,883 

507  (507) 

1,398 

512  (507) 

1,462 

503  (498) 

600 

1,821 

604  (500) 

1,377 

506  (506) 

1,489 

487  (494) 

700 

1,809 

499  (498) 

1,365 

501  (497) 

1,419 

485  (491) 

800 

1,299 

587  (486) 

1,852 

500  (492) 

1,408 

485  (488) 

900 

1,289 

475  (497) 

1,840 

475  (487) 

1,387 

486  (485» 

1000 

1,280 

472  (478) 

1,830 

481  (488) 

1,374 

490  (482) 

188 

ö  C. 

198 

;<>  C. 

P 

a' 

=  ? 

a' 

-? 

► 

(atm.) 

V 

axlO-^ 

r        axlO~' 

50 

—- 

—     ^ 

— 

— 

100 

— 

—     — 

— 

— 

— 

200 

1,656 

510  (509) 

— 

— 

— 

800 

1,600 

506  (505) 

1,766 

491 

(500) 

400 

1,560 

502  (501) 

1,699 

484 

(496) 

500 

1,528 

493  (497) 

1,648 

497 

(493) 

600 

1,500 

490  (492) 

1,607 

506 

(490) 

700 

1,476 

484  (488) 

1,574 

511 

(486) 

800 

1,455 

484  (484) 

1,545 

493 

(483) 

900 

1,435 

481  (480) 

1,521 

465 

(480) 

1000 

1,419 

480  (476) 

1,500 

457 

(477) 

Inspection  of  these  tables,  made  with  the  use  of  assunif- 
tion  2,  indicates  that,  if  assnmption  2  is  correct,  the  following 
propositions  hold: 

1.  a  is  not  a  constant  but,  in  each  of  the  liquids  exa- 
mined,  a  function  of  both  p  and  T. 

2.  In  each  liquid  at  constant  temperature  a  increases 
with  increase  of  volume. 

3.  In  alcohol  a  is  much  less  than  a  at  low  temperatures; 
but  with  rise  of  temperature  the  diflference  diminishes,  a  growing 
larger  and  a   growing  smaller. 

4.  In  ether  a,  at  moderate  pressures,  is  somewhat  lar^r 
than  a';  and  both  a  and  a  diminish  slowly  with  rise  of  tem- 
perature, apparently  approaching  equality. 


The  Van  der  JTaab  a.  908 

If,  on  the  other  band,  assamption  1  is  correct,  it  is  piain 
that  asBumptdon  2  does  not  hold  and  that  isothermal  change 
of  Yolume  in  the  liquid  State  is  accompanied  by  change  of  the 
internal  energy,  aside  from  the  potential  energy  due  to  mole- 
cular  attraction,  the  rate  of  this  change  with  change  of  volunie 
being  a  function  of  both  yolume  and  temperature. 

Further  discussion  of  this  matter  must  be  postponed. 

(Eingegangen  3.  Oktober  1903.) 


904 


115.  Chemisches  Gleichgewicht  nnd  Temperatoi^efflle. 

Von  W.  Nemst  in  Gtöttiiigeii. 


Bekanntlich  hat  die  Behandlang  homogener  chemisdier 
Gleichgewichte  zu  der  Anschauung  gefiLhrt,  daß  ein  solches  ein- 
deutig durch  seine  Temperatur  und  Eonzentrationsbedingnngen 
bestimmt  ist. 

Im  folgenden  möchte  ich  zeigen^  daß  dieser  Satz  für  jeden 
Punkt  nur  dann  gilt,  wenn  die  Temperatur  nicht  gar  zu  rascii 
variiert  und  daß  im  allgemeinen  das  G-leichge  wicht  eines 
chemischen  Systems  auch  von  der  Stärke  des  Temperatur- 
gefälles  abhängt. 

1.  Betrachten  wir  ein  gasförmiges  System,  in  welchem  sidi 
bezüglich  der  Reaktion: 

(1)  n^J^+n^A^,..^  Tij  A^  +  n^  A^  .  .  . 

(n  Molekülzahl,  A  Molekülgattung)  Gleichgewicht  herstellen  und 
längs  der  a:- Achse  des  Gemisches,  das  sich  in  einem  Zylinder  vom 
Querschnitte  q  befindet,  ein  Temperaturgefälle  herrschen  möge.  In 
einem  chemisch  inaktiven  Gasgemische  stellt  sich  bekanntlich 
nachdem  das  DifiFusionsgleichgewicht  eingetreten,  für  jede  Molekül- 
gattung der  gleiche  Partialdruck  her;  tritt  aber  außerdem  ein 
chemisches  Gleichgewicht  ein,  so  wird  im  allgemeinen  der 
Partialdruck  jeder  Molekülgattung  von  Punkt  zu  Punkt  längs 
der  Zylinderachse  variieren,  und  wir  erhalten  einen  fort- 
daueniden  Diflfusionsvorgang ,  der  das  System  im  stationären 
Zustande  vom  chemischen  Gleichgewicht  entfernt  Es  winl 
offenbar,  weil  die  Diffusion  eben  ausgleichend  wirkt,  die 
Änderung  der  Partialdrucke  mit  der  Temperatur  weniger  rascii 
erfolgen,  als  es  die  Formeln  für  das  chemische  Gleichgewicht 
verlangen. 

Nehmen  wir  au,  um  die  Begriffe  zu  fixieren,  die  Reaktion 
gehe  im  Sinne  von  links  nach  rechts  (bei  konstant  erhaltenem 
Druck)  unter  Wärmeabsorption  vor  sich;  dann  folgt  bekanntlich 
aus    dem    zweiten    Hauptsatze,    daß    die  Partialdrucke  p    der 


Chemisches  Gleichgewicht  und  TemperaiurgefaUe.         905 

Moleküle  Ä  mit  wachsender  Temperatur  sinken,  diejenigen  p 
der  Moleküle  Ä'  ansteigen;  es  werden  also  die  Molekul- 
gattungen  Ä  dem  Temperaturgefälle  entgegen,  die  Molekül- 
gattungen A'  im  Sinne  desselben  wandern.  D  sei  der  Diffusions- 
koefßzient  der  Molekülgattung  A\  ein  Querschnittselement  an 
der  Stelle  x  von  der  Dicke  dx  muß  im  stationären  Znstande 
von  jeder  Molekülgattung  eine  konstante  Konzentration  be- 
halten; da  nun  in  der  Zeit  dz  yon  jeder  Molekülgattung  Ä 
die  Menge 

^Bq^dz 

hineinwandert,  und 

^Dg^dz^Dq^dxdz 

herauswandert,  so  verbleibt  ein  Überschuß  von 

+  La  ^  ^  dxdz 

und  entsprechend  von  jeder  Molekülgattung  A'  ein  solcher  im 
Betrage  von 

^D'gJ^dxdz; 

^  dx*  ' 

damit  jede  einzelne  Konzentration  konstant  bleibt,  muß  offen- 
bar einerseits 

sein ;  andererseits  muß  in  dem  betrachteten  Querschnittselement 
fortwährend  eine  chemische  Umsetzung  erfolgen,  welche  die 
Molekülgattungen  A  in  diejenige  A'  überführt,  wenn 

ist  und  eine  Reaktion  im  entgegengesetzten  Sinne,  wenn 

ist  Damit  die  Reaktion  nach  der  Gleichung  (1)  stattfinden 
kann,  muß  femer 

und  analog 

/*'     ^Pl         TV    ^Pt  '  ' 

1  dx*        «  dx*  7*1./«,- 


906  IT.  IfemH. 

sein.  Der  chemische  Umsatz  (bezogen  auf  die  Molekftle  A^) 
in  dem  betrachteten  Querschnittselement  beträgt  nim  aber 

qdxdz{k<^c'f...^k'  c,'*»'  c^V . . .)  Mole, 

die  einer  Abnahme  des  Partialdruckes  der  Moleküle  J^  im 
Betrage  von 

RTqdxdz{kc'l^(f}>..  .  -  A'c;»t'c;««'.  .  .) 

entsprechen;    es   diffundieren   hinzu    D^-j^dxdz   Moldctie 

derselben  Gattung  und  somit  wird  schließlich  unter  Fortlassimg 
des  gemeinschaftlichen  Faktors  qdxdz: 

(2)  AHt  +  Ä^Äc^cy. . .  -  *'<<<".',  .  .)  =  0. 

Für  die  dem  G-Ieichgewichte  entsprechenden  Konzen- 
trationen C  gilt  b^kanntlich 

(3)  kc^c^...-'k'  a;  V  c;  V . . .  =  o ; 

wir  sehen  also,  daß  die  gewöhnliche  Gleichgewichtsbedingong 
nur  dann  gilt,  wenn  der  erste  Ausdruck  der  Gleichung  (2)  ver- 
schwindend  klein  wird,  weil  nur  dann  die  C-  und  c- Werte  ein- 
ander gleich  werden.  Wenn  andererseits  die  Reaktions- 
geschwindigkeit und  damit  der  zweite  Ausdruck  der  Gleichung  [2) 
verschwindet,  so  haben  wir  ein  chemisch  inaktives  Gasgemisch 
und  es  wird  natürlich  dann  (wie  auch  leicht  aus  obigen  Glei- 
chungen abzuleiten)  für  alle  Molekülgattungen  der  Partialdruck 
im  ganzen  Zylinder  konstant. 

Denken  wir  uns  z.  B.  ein  Temperaturgefälle  von  sehr  hohen 
bis  zu  gewöhnlichen  Temperaturen  in  Wasserdampf  hergesteUt, 
so  findet  bekanntlich  bei  sehr  hohen  Temperaturen  (oberhalb 
2000°)  eine  weitgehende  Dissoziation  statt;  andererseits  aber 
ist  die  Reaktionsgeschwindigkeit  so  ungeheuer  groß,  daß  der 
erste  Ausdruck  der  Gleichung  (2)  nicht  merklich  werden  kann: 
bei  mittleren  Temperaturen  (etwa  in  der  Nähe  von  1500^  ist 
die  Dissoziation  zwar  nur  gering,  aber  die  Reaktionsgeschwandig- 
keit  wird  hier  bereits  so  gesunken  sein,  daß  die  beiden  Aus- 
drücke der  Gleichung  (2)  kommensurabel  werden,  und  der 
Efi'ekt  wird  sein,  daß  infolge  von  Diffusion  bei  starkem  Tem- 
peraturgefälle die  kälteren  Schichten  mehr  Knallgas  erhalten, 
als  ihrer  Temperatur  entspricht.  Da  schließlich  bei  tieferen 
Temperaturen   (unterhalb  ca.  400 — 500 '^   die    sehr    stark  ab- 


Chemisches  Gleichgemckt  und  Temperaturgefalle,         907 

fallende  Beaktionsgeschwindigkeit  yerschwindend  klein  gegen 
die  DifiPasionsgeschwindigkeit  wird,  welch  letztere  sich  bei  GkM»en 
mit  der  Temperatur  immerhin  nur  relativ  langsam  ändert^  so 
bekommen  auch  die  kalten  Schichten  merkliche  Mengen  freien 
Knallgases. 

Wir  erkennen  also,  daß  G-leichung  (2)  gleichzeitig  die 
quantitative  Theorie  der  bekannten  Devi  11  eschen  Versuche 
enthält,  bei  denen  mittels  des  kalt-warmen  Bohres  aus  Wasser- 
dampf Knallgas  erhalten  wurde. 

Setzen  wir  für  den  betrachteten  Querschnitt 

dT=^adx, 
so  wird  Gleichung  (2) 

(4)  U^  a^^  +  Rl{kc-^c^  ...  -  Ä'c;<c,'V.  .  .)  «  0. 

Wir  sehen  dann  sofort,  daß  die  Wirkung  des  W&rme- 
gefälles  auf  das  Gleichgewicht  mit  der  Diffusionsf&higkeit,  dem 
Temperaturgefälle  und  der  Beschleunigung  mit  der  das  Gleich- 
gewicht mit  der  Temperatur  sich  verschiebt,  ansteigt.  Bei 
mäßigem  Temperaturgefälle  und  daher  nur  kleinen  Ver- 
schiebungen des  Gleichgewichtes  können  wir  die  Werte  von 
(Pp^ld'P  aus  der  Wärmetönung  berechnen  und  finden  so,  daß 
dieser  Ausdruck  mit  wachsender  Temperatur  anfänglich  negative 
Beträge  annimmt,  dann  durch  Null  geht,  um  hierauf  positive 
Werte  anzunehmen  und  bei  sehr  hohen  Temperaturen  wiederum 
zu  verschwinden,  wodurch  gleichzeitig  der  Sinn  der  Abweichung 
vom  gewöhnlichen  Gleichgewichte  sich  ergibt 

Von  einer  weiteren  Diskussion  der  Formeln  (2)  und  (4) 
sei  hier  Abstand  genommen  und  nur  noch  bemerkt,  daß  bei 
Flammen,  Funkenentladungen,  Geissler sehen  Bohren  und 
dergl.  der  Einfluß  der  großen  Temperaturdifferenzen  in  nahe 
benachbarten  Punkten,  z.  B.  auch  bei  spektralanalytischen  Unter- 
suchungen, sich  zuweilen  bemerklich  machen  dürfte. 

Ahnliche  Betrachtungen  sind  natürlich  auch  auf  wässerige 
Lösungen  anwendbar,  doch  dürften  hier  im  allgemeinen  wegen 
der  geringeren  Diffusionsgeschwindigkeit  gelöster  Stoffe  im 
Vergleich  zu  den  Gasen  die  besprochenen  Erscheinungen 
schwieriger  nachweisbar  sein;  Versuche,  die  Hr.  Th.  Wulf 
vor  einiger  Zeit  auf  meinen  Vorschlag  angestellt  hat  und  welche 


908  tf^.  Nemst 

die  Prüfung  der  Frage  bezweckten,  ob  die  Leitfähigkeit  tod 
Säuren,  bei  denen  ein  Dissoziationsgleichgewicht  sich  herstellt, 
oder  Yon  Chlor,  das  hydrolysiert  wird,  durch  ein  starkes  Tem- 
peraturgefälle  beeinflußt  wird,   gaben   ein    negatives  Resultat 

2.  Die  obigen  Betrachtungen  sind  aber  auf  einem  wesentlich 
anderen  Wege  einer  experimentellen  Prüfung  zagänghch.  Da 
nämlich  nach  den  angestellten  Erwägungen  fortwährend  Moleküle 
der  Gattung  A  entgegen  dem  Wärmegefä.lle  und  solche  der 
Gattung  A'  im  Sinne  desselben  wandern,  femer  eine  Energie- 
difi'erenz  zwischen  ihnen  besteht,  so  wird  entsprechend  eine 
gewisse  Wärmemenge  fortdauernd  durch  den  Querschnitt  wandern; 
das  bedeutet  aber,  daß  über  die  gewöhnliehe  IVärmeleiiung  des 
Gasgemisches  noch  eine  neuartige  sich  superponiertj  deren  Betrag 
wir  berechnen  können. 

Wir  wollen  die  Rechnung  gleich  für  das  einzige  in  dieser 
Dichtung  bisher  quantitativ  untersuchte  Beispiel  dnrchföhreD, 
nämlich  für  StickstoflFdioxyd.     Hier  wird  Gleichung  (1) 

(5)  N,0,  =  2N0,; 

es  wandert  von  kälteren  nach  wärmeren  Schichten  die  Menge 

[p  gleich  Partialdruck  des  NgOj  oder  mit  Berücksichtigung  tod 

p=^cRT, 
die  Menge 

_X_^_4PrfzMoleN,0,, 

RT   dx  2    4' 

welche  die  Wärmemenge 

von  den  wärmeren  Schichten  nach  den  kälteren  transportieren: 
darin  bedeutet  also  Q  die  Dissoziationswärme  bei  konstantem 
Druck.  Ist  die  gewöhnliche  Wärmeleitung  des  Gasgemisches, 
d.  h.  diejenige,  die  wir  ohne  den  chemischen  Umsatz  erhalten 
würden  und  dem  von  den  Molekülen  transportierten  Energie- 
inhalte entspricht,  Xj,  so  wird  die  gesamte  Wärmemenge 

dT   ,  dT    ,  Q^  n  ^P  ^ 

nx    ,-   dz  =  nx.  -z —  dz  —   1,^  ^  -,— d z 
'       dx  '     ^   dx  RT  ^  dx 


Chemisches  Gleichgewicht  und  Temperaturgefälle.         909 
und  somit  beträgt  die  Wärmeleitung  x 

,a\  DQ    dp 

(6)  ^  =  ^1-   Ä7^^- 

Bedeutet  P  den  im  gesamten  Gasraume  konstanten  Druck 
und  a  den  Dissoziationsgrad,  so  wird^) 

„_  pi-«      1^  (!-«')  r  _  ,     Qo     .tonst. 

worin 

die  von  der  Temperatur  praktisch  unabhängige  Dissoziations- 
wärme bei  konstantem  Volumen  bedeutet 
Es  wird 

^  (1  +  «)' 

und 

•       (da\     _   a-a^  (  go       ,      M 

so  daß  wir  schließlich  unter  Berücksichtigung  yon  (6]  erhalten : 

Der  DiflFusionskoeffizient  D  der  NgO^-  gegen  die  NOg- 
Moleküle  läßt  sich  direkt  natürlich  nicht  bestimmen;  er  läßt 
sich  aber  mit  ziemlicher  Sicherheit  schätzen.  Eine  Betrach- 
tung der  vorhandenen  Beobachtungen  lehrt  nämlich,  daß  der 
Diffusionskoeffizient  verschiedener  Oase  z.  B.  gegen  Kohlen- 
säure um  so  kleiner  wird,  je  größer  das  Molekulargewicht  M 
und  je  größer  die  Zahl  der  Atome  n  in  dem  Moleküle  des 
betreffenden  Gases  ist.     Setzen  wir 

ß^     11,0 


VnM 

SO  resultiert  folgende  Tabelle;  unter  L,  IL  und  III.  befinden 

1)  Vgl.  z.  B.  W.  Nernst,  Theoret.  Chemie,  IV.  Aufl.  p.  641.  1903. 
Daß  wir  p  aus  der  Formel  für  das  Gleichgewicht  berechnen,  wird  dadurch 
gerechtfertigt,  daß  die  weiter  unten  zu  besprechenden  Messungen  auch 
bei  niederen  Temperaturen  kein  Anwachsen  der  Wärmeleitung  mit  ab- 
nehmendem Temperaturgefalle  erkennen  lassen,  daß  also  eine  merkliche 
Beeinflussung  des  Gleichgewichtes  durch  das  Temperaturgefälle  bei  der 
betrefl*enden  Versuchsanordnung  nicht  auftrat 


910 


W.  Nermt 


sich   die   Messungen   von  Loschmidt,    Obermayer  und 
Winkelmann.^] 


Gas 

D  ber. 

D  beob. 

L 

11. 

in. 

H, 

0,550 

0,666 

0,6a4 

CH4 

0,128 

0,159 

0,146 

— 

0. 

0,137 

0,141 

0,136 

1        ^_ 

CO 

0,147 

0,141 

0,131 

— 

CH, 

0,085 

— 

0,101 

— 

N,0 

0,096 

0,098 

0,092 

— 

H,0 

0,150 

— 

— 

0,181 

CS, 

0,073 

— 

— 

0,063 

CH40 

0,080 

— 

1 

0,088 

C,H,0 

0,054 

0,069 

CeH. 

0,036 

— 

— 

0,058 

Luft 

0,142 

0,142 

0,134 

Mit  Ausnahme  einiger  komplizierterer  Verbindungen  gibt 
unsere  empirische  Formel  die  Beobachtungen  wohl  ziembch 
innerhalb  der  Genauigkeit  der  Messungen  wieder;  wir  be- 
rechnen also  wohl  mit  genügender  Sicherheit  für  den  Diffusions- 
koeffizienten 


na;co3, 


D  =  0,047 


und  entsprechend  für 


NAINO3, 


i>  =  0,046. 

Diese  Zahlen  gelten  für  T  =  273  und  wachsen  dem  Qua- 
drat von  T  proportional. 

Nun  ist  allerdings  zu  beachten,  daß  im  Gregensatze  zur 
gewöhnlichen  Diffusion,  wo  bekanntlich  durch  jeden  Querschniii 
stets  gleichviel  Moleküle  der  beiden  Gase  in  entgegengesetzter 
Eichtung  hindurchwandern,  in  unserem  Falle  oflenbar  stets 
doppelt  soviel  NOg- Moleküle  als  NgO^-Moleküle  den  Quer- 
schnitt passieren  müssen,  damit  der  Gesamtdruck  der  gleiche 
bleibt.  Vielleicht  haben  wir  hier  Verhältnisse  vor  uns,  deren 
weitere  Verfolgung  für  die  Theorie  der  Gasdiffusion  über- 
haupt aufklärend  wirken  dürfte.  Wahrscheinlich  wird  der 
obige  Wert  von  D  nur  für  den  Fall,  daß  die  Zahl  der  NO,- 


1)  Vgl.  A.  Wiiikelmann,  Handbuch  der  Physik  1.   p.  643  ff.  IS^I. 


Chemisches  Gleichgewicht  und  Temperaiurgefdlle.         911 

diejenigen  der  N^O^  -  Moleküle  merklich  übersteigt,  genauer 
zutreffen,  und  in  anderem  Falle  etwas  abnehmen.  Da  übrigens 
bei  den  später  zu  besprechenden  Beobachtungen  in  der  Tat 
fast  durchgängig  obige  Bedingung  erfüllt  ist^  so  scheint  die 
Benutzung  des  in  der  angegebenen  Weise  berechneten  Wertes 
ziemlich  einwandfrei  und  kann  wohl  kaum  erhebliche  Fehler 
verursachen. 

Für  die  numerische  Ausrechnung  können  wir  hinreichend 
genau  R  ^  2,00  setzen;  es  beträgt  femer 

Q^  =:  12900    und     Q  =  12900  +  2T  g-cal. 

Pj  der  Oesamtdruck  des  Gases,  war  bei  den  unten  zu  be- 
sprechenden Messungen  1  Atm.,  worauf  sich  auch  der  Wert 
Ton  D  bezieht;  die  Einheit  des  Druckes  ist  aber,  weil  bei  jD, 
wie  auch  bei  den  weiter  unten  zu  besprechenden  Absolutwerten 
der  Wärmeleitung  als  Längeneinheit  der  cm  gilt,  derjenige, 
der  aus  der  Gleichung 

P^cRT 

folgt,  wenn  wir  darin  R  =  2,00,  c  =  1  Mol  pro  cm'  und  r=  1 
setzen,  d.  L  es  wird  für  P »  1  Atm. 

2.273 


22420 


(22420  =  Volum   eines    Moleküls   bei    1   Atm.   und   T  =  273). 
Wir  erhalten  so  aus  Gleichung  (7) 

(8)«  =  x^+x,-*,+0,9692.10-*(^  +  2  +  ^)iL^.. 

Die  Wärmeleitung  des  Stickstoffdioxyds  ist  YonMagnanini 
gemessen  worden;  Veranlassung  gaben  hierzu  qualitative  Er- 
wägungen ähnlicher  Art,  wie  oben,  die  mein  verehrter  Freund 
Magnanini  und  ich  gemeinsam  anstellten^),  und  bald  darauf 
entdeckte  Magnanini  im  Verein  mit  Malagnini  (1.  c)  die 
überraschend  große  Wärmeleitung  des  im  Dissoziationszustande 
befindlichen  Stickstoffdioxyds.  In  einer  späteren  Arbeit  er- 
brachten dann  Magnanini  und  Zunino*)  noch  weiteres  Be- 
obachtungsmaterial. 

1)  Vergl.  Rendic.  Accad.  dei  Lincei  vom  vierten  Juli  1897.  p.  22. 

2)  Gazz.  chim.  30.  p.  405  1900. 


912  fF.  Nemst 

Da  eine  quantitative  Theorie  damals  nicht  vorlag,  so  l)e- 
gnügte  sich  Magnanini  mit  mehr  orientierenden  Beob- 
achtungen und  gab  keine  absoluten  Werte  der  Wdrmeleitangs- 
fähigkeit  Da  er  aber  bei  seinen  Messungen  der  Abkühlungs- 
geschwindigkeit  auch  stets  Wasserstoff,  Luft  und  Kohlensaure 
in  den  gleichen  Gefäßen  untersuchte,  so  sind  wenigstens  einige 
seiner  Messungsreihen  zur  nachtiHglichen  Elnnittelung  der  ab- 
soluten Wärmeleitung  brauchbar. 

Die  absoluten  Wärmeleitungskoeffizienten  der  obigen  dm 
Gase  sind  in  neuerer  Zeit  von  Winkelmann  und  von  Graetz 
gemessen  worden^];  außerdem  hat  0.  E.  Meyer  eine  theore- 
tische Formel  gegeben,  die  sich  den  Beobachtungen  gut  an- 
schließt und  zwischen  die  Werte  der  beiden  obigen  Beobachter 
fällt.  Als  zur  Zeit  wahrscheinlichste  Werte  möchte  ich  das 
Mittel  aus  diesen  drei  Zahlenreihen  ansehen  und  wir  setzen 
daher 

für  Wasaerstoff    x  =  3,5    (1  +  0,0024  t).  IQ—*, 
„    Luft  X  =  0,51  (1  +  0,0025  t).  10  -*, 

„   Kohlensäure  x  =  0,32  (1  +  0,0050  /).  IQ—*. 

Bei  der  Ähnlichkeit  der  Konstitution  von  CO^  und  N0| 
und  der  geringen  Verschiedenheit  ihrer  Molekulargewichte 
(44  und  46)  können  wir  die  Wärmeleitung  beider  Gase  gleich 
gross  annehmen,  was  auch  in  Übereinstimmung  mit  den  oben 
erwähnten  Messungen  an  völlig  dissoziierten  NO,  sich  befindet, 
und  auch  x^  der  Formel  (8),  das  sich  auf  das  Gemisch  der 
NOj  und  NgO^  -  Moleküle  bezieht,  wird  nur  so  wenig  davon 
verschieden  sein,  daß  wir,  zumal  es  bei  niederen  Temperaturen 
nur  die  Rolle  einer  Korrektionsgröße  spielt,  dafür  den  Wert 
für  Kohlensäure  einsetzen  können. 

Von  den  Messungen  Magnaninis  zeigen  diejenigen  der 
ersten  Arbeit  den  regelmäßigsten  Verlauf  und  sind  offenbar 
erheblich  genauer,  als  die  zahlreichen,  mehr  zur  allgemeinen 
Orientierung  angestellten  Versuche  der  zweiten  Abhandlung. 
Aus  den  beobachteten  logarithniischen  Dekrementen  (vgl.  unteß 
Kolumne  2 — 4)  ergeben  sich  folgende  Werte  für  die  Wanne- 
leitung  des  Stickstofldioxyds : 

1)  Vergl.  diirüber  0.  E.  Meyer,  Kinetische  Theorie.  2.  Aai 
p.  294.    1899. 


Chemisches  Gleichgetoicht  und  Temperaturgefalle.  913 


40* 
70<> 


0,175 
0,179 
0,188 


0,56 
0,56 
0,56 


0,59 
0,56 
0,256 


4,1 

4,1 
1,29 


8,90 
4,05 
1,18 


In  der  letzten  Kolumne  sind  die  nach  Gleichung  (8)  be- 
rechneten Werte  verzeichnet,  die  mit  den  Beobachtungen  Mag- 
naninis  befriedigend  übereinstimmen.  Im  besonderen  fand 
Magnanini,  daß  die  Wärmeleitung  im  mittleren  Dissoziations- 
zustande die  des  Wasserstoffs  erreicht;  unsere  Formel  gibt  in 
der  Tat  eine  so  gewaltige  Vergrößerung  der  Leitfähigkeit  und 
es  ist  wohl  bemerkenswert,  daß  sich  die  überraschend  große 
Wärmeleitung  des  Stickstoffdioxyds  im  absoluten  Maße  aus 
der  Dissoziationswärme  und  den  Dissoziationsgesetzen  mit  Hilfe 
der  Anschauungen  der  kinetischen  Gastheorie  berechnen  läßt. 

Setzen  wir  nach  den  bekannten  Formeln  die  Wärme- 
leitung eines  Gases  einfach  der  spezifischen  Wärme  bei  kon- 
stantem Volumen^]  proportional,  so  würde,  da  die  innere 
Reibung  mit  dem  Dissoziationszustande  relativ  wenig  variieren 
dürfte,  eine  Vergrößerung  der  Wärmeleitung  auf  das  14  fache 
infolge  der  Dissoziation  erfolgen  müssen.  Für  70^  würde  sich 
so  0,6,  also  ein  merklich  zu  hoher  Wert  ergeben.  Selbst- 
verständlich aber  sind  die  bisherigen  Formeln  auf  im  Disso- 
ziationszustand befindliche  Gase  nicht  ohne  weiteres  anwendbar. 

Die  in  der  zweiten  Arbeit  Magnaninis  mitgeteilten  loga- 
rithmischen Dekremente  weisen  große  Schwankungen  auf; 
indem  ich  die  Endtemperatur  des  Thermometers  nicht,  wie 
Magnanini,  der  (bei  den  verschiedenen  Versuchen  wohl  nicht 
hinreichend  konstant  erhaltenen)  Badtemperatur  gleichsetzte, 
sondern  aus  den  direkten  Thermometerablesungen  extrapolierte, 
konnte  ich  zum  Teil  regelmäßigere  Zahlen  erhalten.  Unter 
Fortlassung  einiger  Beobachtungsreihen,  bei  denen  z.  B.  Kohlen- 
säure größere  Dekremente  lieferte,  als  Luft,  und  die  offen- 
bar durch  Störungen  entstellt  sind,  berechnete  ich  folgende 
Zahlen; 

1)  Für  Stickstoffdioxyd  berechnet  von  A  J.  Swart,  Zeitschr.  f.  phys. 
Chemie  7.  p.  120.  1891. 

BoltzmaoQ-FeBtschrift.  58 


914 


W.  Nemo. 


Apparat  Nr. 

I     u    m 

* 
bedb. 

« 

«t 

«i 

JK 

ber. 

1 

40* 

8,8 

M 

«_' 

4,1 

0,295 

0,88 

8,52 

8,80 

50» 

2,8 

8,7 

' — ■" 

4,0 

0,404 

0,40 

8,65 

4,05 

60» 

— 

4,0 

— 

8,9 

0,526 

0,42 

8,89 

8,81 

70« 

1,9 

8,0 

— 

8,7 

0,656 

0,48 

2,75 

8,18 

80« 

— 

8,6 

— 

8,4 

0,760 

0,45 

2,04 

2,48 

HO« 

— 

— 

— 

1,4 

0,922 

0,50 

0,68 

1,18 

180» 

— 

_ 

1,6 

1,1 

— 

— 

0,88 

0,87 

180» 

— 

— 

0,8 

0,7 

0,985 

0,58 

0,18 

0,76 

190« 

— 

— 

0,68 

0,68 

0,998 

0,62 

0,015 

0,685 

Indem  idi  schließlich  sämtliche  Beobschtangen  graplÜMk 
auftrug  nnd  deig^gen  der  ersten*  Arbeit  etwa  das  doppelte 
Gewicht  beilegte,  erhielt  ich  durch  graphische  Interpoliliim 
die  in  der  vierten  Kolumne  unter  x  beob.  Terzeiohneten  Mittet 
werte. 

In  den  folgenden  Kolumnen  befinden  sich  die  Diaso- 
ziationsgrade  a  bei  Atmosph&rendmck  \  die  nach  Gleichung  ^ 
berechneten  (mit  10*  multiplizierten  Werte)  yon  u^  und  x^^  dw 
die  Beteiligung  der  Dissoziation  an  der  Wärmeleitong  des  Gsses 
bei  den  verschiedenen  Temperaturen  illustrieren,  und  schlieBUdi 
die  theoretischen  Werte  von  x.  Größere  Differenzen,  als  den 
Unsicherheiten  der  Messungen  entspricht,  treten  nirgends 
zwischen  Rechnung  und  Versuch  auf,  wie  ein  Vergleich  der 
Zahlen  x  beob.  und  x  ber.  lehrt 

In  der  Untersuchung  der  Wärmeleitung  von  Gasen  besitzen 
wir  also  nicht  nur  einen  qualitativen  Nachweis  der  Dissoziation^ 
wie  schon  R.  Goldschmidt^  hat  nachweisen  können,  sondern 
dieselbe  dürfte  auch  zur  quantitativen  Untersuchung  dieses 
Phänomens  in  einzelnen  Fällen  sich  eignen.  Von  besonderer 
Bedeutung  würde  die  Methode  oflfenbar  werden,  wenn  sie  auch 
auf  Flüssigkeiten  sich  übertragen  ließe. 

Bekanntlich  führen  nach  Williamson,  Clausius,  Guld- 
berg  u.  a.  die  kinetischen  Anschauungen,  die  in  ihrer  Anwen- 
dung auf  chemische  Vorgänge  sich  bereits  wiederholt  so  frucht- 


1)  Vgl  darüber  A.  J.  Swart  I.e.  u.  K.  Schreber  ibid.  24.  p.651. 1897. 

2)  Th^se,  Brüssel  1902. 


Chemisches  Gleichgewicht  und  Temperaturgefdlle,  915 

bar  erwiesen  haben,  zu  dem  Resultat^  daß  auch  im  Gleich- 
gewicht fortwährend  ein  chemischer  Umsatz  von  gleichem, 
aber  entgegengesetzten  Betrage  sich  abspielt,  dessen  Größe  ich 
bereits  früher  berechnet  habe  ^);  wie  mir  scheint,  hat  die  obige 
Theorie  der  Wärmeleitung  des  Sticksto£Fdioxyd8,  die  ja  eine 
fortwährende  Trennung  und  Wiedervereinigung  der  NOj-Mole- 
küle  annehmen  muß,  zu  einer  direkteren  Prüfung  und  Bestäti- 
gung jener  Anschauung  geführt,  als  es  bisher  möglich  war. 
Insofern  darf  ich  die  vorliegende  Notiz  vielleicht  als  einen  be- 
scheidenen Beitrag  zur  Verwirklichung  der  von  Boltzmann^ 
ausgesprochenen  Hoffnung  ansehen,  daß  auch 'die  Erkenntnis 
der  Tatsachen  der  Chemie  durch  die  mechanischen  Bilder 
der  kinetischen  Gastheorie  sich  wird  fördern  lassen. 


1)  Theoret  Chem.  IV.  Aufl.  p.  ö75. 

2)  Vorlesongen  über  Gnfltheorie  2.  p.  206.  1898. 

(EingegaDgen  8.  Oktober  1908). 


58' 


41 


iil 


I 


•   « 


916 


116.  Mechanisclie  Analogien  der  Beziehnng( 
zwischen  Torsion  und  Magnetismns. 

Von  H.  Nagaoka  in  Tokyo. 


i 

Die  merkwürdigen  Wechselbeziehungen   zwischen  1 

und  Magnetismus  wurden   von  G.  Wiedemann ')    auf 
I  der  drehbaren  Moleküle  erklärt,  während  Maxwell  *)  die  ^ 

,\  eines   stromtragenden  Eisendrahtes  durch  Ma^etisieni 

den    wohlbekannten   Versuch    von   Joule    über    die    L 

änderung  durch  Magnetisierung  zurückgeführt  hat.     Die  1 

1.  ^  von  Eirchhoff^  über  Magnetostriktion  kann  derart  er 

werden,  daß  die  Wechselwirkung  zwischen  Torsion  und  ] 
M  tismus  leicht  aus  seinen  Gleichungen  hergeleitet  werden,  ^ 

zum  Teil  von  Voigt*),  Drude ^)  und  mir^  entwickelt  ' 

ist     Nach  J.  J.  Thomson  ^)  kann  man   einen    magneti 

Draht  als  ein  mechanisches  System  auffassen   und   soo 

verschiedenen  diesbezüglichen  Fragen  beantworten.     Im 

!.?.■•*  den    werde    ich    erst  beweisen,    daß   ein    stromdurchflc 

\   *.     i  magnetisierter  Draht  als   ein  unecht   bizyklisches    Syste 

]■:  .f|  trachtet  werden  kann,   und  dann  die  mechanischen  Anj 

■  .„■  der  verschiedeneu  Erscheinungen   der  Magnetostriktion 

?!!  Anwendung  des  Hamiltonschen  Prinzips  erläutern. 

;'     ';  Die  zyklischen  Koordinaten  eines  polyzyklischen  S 

■  .*  i  seien   gegeben   durch  /?,  /^j,  .  .  .  /?,,;    die  Geschwindigke 

/iteu  Masse  mf^^  wird  gegeben  durch 


(/»)  (/«)    .      ,       I  {h)  .  ,»(/»). 


j 

•.'iy>-';]  1)  (t.  Wiedemann,  Elektricität.  :^.  p.  767.  1895. 

*:    '^jl  2    J.  C.  Maxwell,  Electricity  and  Magnetism.  2,    Nr.  447. 

'  '■'.»'.  3)  G.  Kirchhoff,  Berlin.  Mon.  Ber.  p.  139.  1884. 

;     \  j  4)  W.  Voigt,  Compendium  d.  theoretischen  Physik,  2.  p.  20! 

-  *     '-]  h)  P.  Drude,  VVied.  Ann.  53.  p.  69.  1897. 

■^  ■•"•.i.J  6)  H.  Nagaoka  and  K.  Honda,  Phil.  Mag.  4.  p.  66.   1902. 

.r. ,,*  o-lj  7)  J.  J.  Thomson,  Applications  of  Dynamics  to  Physics  a.  Che 

'■i     '.  1).  47.   18»8. 

:.  r.  ■:"''i 
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•  '    ,.•  ■ 

*  ^  '  *; 
•    \.^' 

'■■■    i^7 


Torsion  und  Magnetismus.  917 

worin  die  Koeffizienten  a^^\  Ä^)  bloß  Funktionen  der  Para- 
meter sind.  Die  kinetische  Energie  des  Systems  läßt  sich 
dann  schreiben 

Wenn  die  Anzahl  der  zyklischen  Koordinaten  p^  sehr  groß 
ist,  so  kann  man  annäherungsweise 

setzen,  wo  p^^  die  mittlere  zyklische  Geschwindigkeit  bezeichnet. 
Folglich  erhält  man 

Die  so  abgeleitete  kinetische  Energie  kann  als  diejenige  eines 
unecht  bizyklischen  Systems  angesehen  werden. 

Offenbar  können  p  und  pj^  den  elektrischen  Strömen 
analog  betrachtet  werden.  Nimmt  man  an,  daß  die  Magne- 
tisierung durch  spezielle  Anordnung  einer  großen  Anzahl  von 
Molekularströmen  p^  bedingt  ist,  so  wurde  der  Ausdruck  für 
die  kinetische  Energie  eines  magnetisierten  Drahtes,  durch  den 
elektrischer  Strom  von  der  Stärke  p  hindurchfließe,  angepaßt 
Um  die  Konfiguration  dieser  Molekularströme  anzugeben,  denken 
wir  uns  p^^  immer  mit  einer  Größe  a  assoziiert,  so  daß  das 
Produkt  ap  ^  J  das  Moment  eines  Solenoides  von  der  Strom- 
stärke p^  darstellt;  dadurch  ist  die  Größe  /  der  Magneti- 
sierung äquivalent.  Durch  Einführung  dieser  Größen  läßt  sich 
der  Ausdruck  für  die  kinetische  Energie  folgendermaßen 
schreiben: 

=  ^P*  +  ^J*+cpj, 

wobei  B  ^  ba*,  C  =  c(t  gesetzt  sind.  Es  wird  weiter  voraus- 
gesetzt, daß  A  und  die  mittlere  Stärke  der  Molekularströme  p^^ 
durchaus  konstant  bleiben,  und  b,  c  und  fj  von  einem  Para- 
meter, der  mit  r  bezeichnet  wurde,  abhängig  sind. 


918  H.  Nagaoka. 

Damit  das  Problem  der  Torsion  eines  magnetisierten 
Drahtes  entspricht»  wurde  die  potentielle  Energie  des  Systems 
gleich  ^fiT^  gesetzt,  wobei  ijl  die  Torsionskonstante  und  r  den 
Torsionswinkel  bezeichnen.  Folglich  erhalten  wir  fOr  das 
kinetische  Potential  H  den  Ausdruck 

Die  Kraft,  welche  p  zu  yergrößern  strebt,  ist  gegeben  dordi 

d 


7(4f)=-A(^^  +  '^-')' 


d 
wenn  p  nicht  vorhanden  ist»  so  wird 

Diese  Kraft  ist  der  elektromotorischen  E[raft  äquivaleDt, 
die  durch  Torsion  eines  longitudinal  magnetisierten  Drahtes 
entsteht  Experimentell  mißt  man  den  vorübergehenden  Strom, 
dessen  Gesamtstärke  durch 

gegeben  ist. 

Als  Parameterkraft  tritt 

1  dB  BH       ,  j  ^ 

p    da  oJ  ^ 

Für  j5  =  0  ist  diese  Kraft  gleich 

(2)  K\  =  *  ^; 

und  fllr  /  =  0  ist  sie  gleich 

(3)  ^.  =  cp. 

S>^  gibt  die   magnetisierende  Kraft,    die    durch   Torsion   eines 
longitudinal  magnetisierten  Drahtes  entsteht,  und  ^    diejenige 
Kraft,    welche    durch    Torsion    eines    stromführenden    Drahtes 
hervorgerufen  ist. 
Die  Kraft 

besteht  aus  drei  Teilen  P,  P    und  P . 


Torsion  und  Mcu/netismus.  919 

mißt  die  Kraft,  mit  welcher  der  Draht  im  unmagnetisierten 
Zustande  dem  tordierenden  Eräftepaar  entgegenwirkt; 

mißt  die  Torsionskraft,  die  durch  Magnetisierung  des  ferro- 
magnetischen  Drahtes  hervorgerufen  wird;  fließt  der  Strom  p 
durch  den  Draht,  so  entsteht  noch  ein  anderes  Eräftepaar 

(5)  P,  =  ^{cJ)p. 

Zwischen  II  und  P^  besteht  die  Reziprozität,  die  durch 

en  ^     BP. 

dr  dp 

gegeben  ist. 

Die  mechanischen  Analogien,  die  hier  abgeleitet  worden 
sind,  zeigen  die  Existenz  von  fünf  Größen  II,  $^,  $^,  P^  und  P^, 
die  miteinander  verkettet  zusammentreten.  Zur  Bestätigung 
dieser  Größen  im  ferromagnetischen  Draht  liegen  verschiedene 
experimentelle  Untersuchungen  vor.  Leider  ist  unsere  Eenntnis 
des  magnetischen  Verhaltens  von  Eobalt  noch  etwas  mangelhaft, 
aber  für  Eisen  und  Nickel  haben  wir  reiche  Materialien  für 
die  Diskussion  der  Eigenschaften  dieser  Größen,  wie  es  unten 
angedeutet  wird. 

Es  ist  eine  wohlbekannte  Tatsache,  daß  bei  der  Torsion 
eines  magnetisierten  Eisendrahtes  ein  elektrischer  Strom  er- 
zeugt wird,  der  so  lange  andauert,  als  die  Torsion  sich  ändert^); 
dies  erklärt  offenbar  die  Ekistenz  der  elektromotorischen  Kraft, 

welche   durch  11= — s~^'^'^''di     ^^^K^stellt    ist.      Dagegen 

wurde  ein  magnetisierter  Draht  tordiert  durch  Hindurchfließen 
eines  elektrischen  Stromes^;  diese  Torsionskraft  bleibt  so  lange 
bestehen,  als  der  Strom  andauert.    Bekanntlich  ist  diese  Eraft 

gegeben    durch    -P,  = -^- (ce/)*^.      Wegen    der    Reziprozität 

zwischen  77  und  P^  wird  der  Verlauf  der  Eurven,  welche  die 

1)  C.  Matheucci,  Ann.  d.  Chim.  et  d.  Phys.  53.  p.  885.   1858. 

2)  G.  Wiedemann,  Pogg.  Ann.  103.  p.  571.  1858;  106.  p.  161. 
1859;  C.  G.  Kuott,  Trans.  Roy.  Soc.  Edinb.  82.  p.  198.  1888;  35. 
p.  377.  1889. 


920  H.  Nagaoka. 

Torsion  durch  P^  bezw.  die  elektromotorisclie  Ejraft  ü  dar- 
stellen, miteinander  ähnlich  sein.  Im  E^sen  ist  die  Torsion 
imd  auch  die  elektromotorische  Eraft  im  entgegengesetzten 
Sinne  wie  im  Nickel.^)  Femer  erweisen  die  Kurven  für  die 
elektromotorische  Kraft  und  die  Torsion  ein  Maximum  in  den 
beiden  ferromagnetischen  Metallen.  Mit  starker  MagnetisieruDg 
wird  die  Richtung  der  elektromotorischen  Ejraft  im  Eisen  um- 
gekehrt, was  auch  mit  der  Torsion  der  Fall  ist.*)  Somit  ist 
die  mechanische  Analogie  für  die  beiden  Kräfke  II  und  P^  fiir 
Eisen  und  Nickel  erwiesen.  Femer  ist  es  auch  klar,  daB  c 
verschiedenen  Charakter  im  Eisen  und  Nickel  besitzt. 

Experimentell  wurde  es  gefunden,  daß  ein  stromführender 
ferromagnetischer  Draht  durch  Torsion  lougitudinal  magnetisiert 
wurde;  diese  Kraft  hat  ihre  Analogie  in  ^^  =  cp,^  Wie  oben 
erwähnt  wurde,  ist  das  Verhalten  des  c  entgegengesetzt  im 
Eisen  und  Nickel;  so  wurden  fiir  gleichgerichteten  Strom  und 
Torsion  im  gleichen  Sinne,  die  Drähte  der  beideu  Metalle  ent- 
gegengesetzt magnetisiert,  wie  durch  Beobachtung  bestätigt 
worden  ist. 

Bei  der  Torsion  eines  magnetisierten  Drahtes  wurde  die 
Magnetisierung  auch  geändert,  wie  durch  das  Vorhandensein 
des  §^  =  ^  /  erklärt  wurde.  Ahnlicherweise  ist  die  Torsion 
eines  gedrillten  Drahtes  geändert  durch  Magnetisierung,  wobei 
die  Torsionskonstante  eine  scheinbare  Änderung  erfahrt*);  diese 
Wirkung  würde  auf  das  Vorhandensein  der  Kraft 


P    =-    ^(ce/2) 


zurückzuführen  sein.     Beim  konstanten  /  ist 

daher  wird  die  mechanische  Analogie  bestätigt,  wenn  die  Torsions- 
änderung  durch  Magnetisierung  und  die  Änderung  der  Magne- 

1)  L.  Zehnder,  Wied.  Ann.  38.  p.  68.  1889;  H.  Nagaoka.  Phil. 
Mag.  29.  p.  123.  1890. 

2)  S.  Bidwell,  Phil.  Mag.  22.  p.  253.  1886;  C.  G.  Kiiott,  Trans, 
Roy.  Soc.  Edinb.  35.  p.  377.  1899;  H.  Nagaoka  a.  K.  Honda,  Phil.  Mag. 
4.  p.  60.  1902. 

3)  G.  Wiedemann,  Wied.  Ann.  27.  p.  383.  1886. 
4j  K.  Honda  u.  a.,  Phil.  Mag.  4.  p.  537.  1902. 


Torsion  und  Moffnetismus.  921 

tisierungskraft  durch  Torsion  miteinander  sich  ähnlich  verhalten. 
Bei  der  Torsion  eines  Eisendrahtes  im  schwachen  Felde  steigt 
die  Magnetisierung  erst  und  nimmt  dann  allmählich  ah^);  in 
starken  Feldern  findet  beständige  Abnahme  der  Magnetisierung 
statt;  bei  der  Magnetisierung  eines  tordierten  Eisendrahtes  ist 
das  Verhalten  der  Torsion  analog  wie  für  die  Magnetisierung. 
Beim  Nickel  ^  ist  die  Wirkung  der  Torsion  auf  die  Magneti- 
sierung wieder  gerade  entgegengesetzt  wie  im  Eisen;  gleiches 
gilt  auch  Yon  der  Wirkung  der  Magnetisierung  auf  die  Torsion. 
In  starken  Feldern  dagegen  verhält  sich  der  Nickeldralit  gleich 
wie  Eisendraht;  man  beobachtet  beständige  Abnahme  der  Magne- 
tisierung durch  Torsion  bez.  der  Torsion  durch  Magnetisierung. 
Kobalt  verhielt  sich  wie  Eisen  und  Nickel  in  starken  Feldern.^ 
Dabei  haben  wir  die  Ähnlichkeit  zwischen  der  Torsionskraft  und 
der  Magnetisierungskraft  durch  Torsion  bestätigt  und  somit 
auch  deren  mechanische  Analogien  in  P^  und  ^^  gewonnen. 
Um  das  Verhalten  eines  gedehnten  Drahtes  zu  studieren, 
setzen  wir  den  Parameter  gleich  3  und  die  kinetische  Energie 

Eine  ähnliche  Betrachtung  wie  für  den  tordierten  Draht  zeigt 
das  Vorhandensein  der  fünf  Größen;  nämlich 

^{^1  =  -  rt ^  •')'  ^-  (^ = /* -^^  ^.  (^) =ß^' 

welche  dieselbe  Bedeutung   für   den  gedehnten  Draht  haben, 
wie  oben  für  den  tordierten  Draht  angedeutet  worden  ist. 

Beim  Eisen  ist  die  Magnetisierungskraft  ^^{S),  welche 
durch  Dehnung  eines  magnetischen  Drahtes  entsteht,  von  der 
Magnetisierung  abhängig,  für  schwache  Magnetisierung  wächst 
sie  bis  zu  einem  Maximum  und  nimmt  dann  allmählich 
ab*);  beim  Nickel  ist  das  Verhalten  einfach  und  der  Magneti- 

1)  Lord  Kelvin,  Phil.  Trans,  für  1879.  p.  72. 

2)  H.  Nagaoka,  Joarn.  Coli.  Sei.,  Tokyo  2.  p.  283.  1888;  3. 
p.  189.  1890. 

3)  K.  Honda  u.  a,  Phil.  Mag.  4.  p.  537.  1902. 

4)  E.  Villari,  Pogg.  Ann.  126.  p.  67.  1868;  J.  A.  Ewing,  Phil 
Trans.  176.  1885. 


922  H.  Nagaoka.  Tarmn  und  MagneÜMmMM, 

siernng  entgegengesetzt,  ohne  ein  Maadmnm  zu  erreidien^; 
beim  Kobalt  ist  das  Verhalten  dem  Bisen  gerade  entigegeD- 
gesetzt^  üntersndit  man  die  scheinbare  Ändenmg  dar  Deh- 
nnngskonstante  dnrch  Magnetisierang,  so  zeigen  Eisen,  Nickel 
und  Kobalt  ähnliches  Verhalten  wie  f&r  die  MagnetiaierongB- 
kraft  dnrch  Dehnnng*);  diese  Analogien  ersieht  man  im  Aus- 
druck für  P^{S)  and  i.(5> 

Beim  Eisen  nnd  Nickel  hat  man  aadi  einen  ftoßeret  UeineB 
Wert  fbr  die  Dehnnngskraft  dnrch  Hindnrchfliefien  eines  dek- 
trischen  Stromes  gefdnden^f  welche  ihre  Analogie  in  P^[S\ 
besitzt)  aber  ansere  experimentelle  Kenntnis  der  GrOflen  n{t\ 
nnd  ^^{S)  ist  noch  mangelhaft.  Man  braucht  kaum  zu  sagen, 
daß  diese  elektromotorischen  nnd  Magnetisierangskrftfte^  wenn 
sie  überhaupt  existieren,  sehr  klein  und  ziemli<^  schwer  nn 
Störungen  zu  trennen  sein  müssen. 

Diese  verschiedenen  Beziehungen  sind  meistenteils  nnr  in 
qualitativer  Hinsidit  bestätigt  worden;  genau  gesprochen  müsMz 
wir  stets  die  Hysterese,  die  diese  Erscheinungen  begleitet^  be> 
rttcksicbtigen:  die  wirklich  beobachteten  Erscheinnngai  msA 
daher  viel  komplizierter,  als  man  mit  Hilfe  eines  einfaches 
bizyklischen  Systems  erläutern  kann. 

Tokyo,  Phy  8.  Institut  der  Universität 


1)  J.  A.  EwiDg  u.  G.G.  Cowan,  Phil. Trans.  189.  p.  326.  333.  1888. 

2)  G.  Ghree,  Phil.  Trans.  181A.  p.  329.  1890;  H.  Nagaoka  o. 
K.  Honda,  Phil.  Mag.  4.  p.  54.  1902. 

3)  K.  Honda  a.  a.,  Phil.  Mag.  4.  p.  459.  1902. 

4)  A.  Righi,  Anm.  di  Bologna,  4.  1879;  S.  Bidwell,  Proc  Roy. 
Soc.  51.  p.  495.  London  1892;  K.  Honda,  Joom.  Coli.  Sei.  13.  p.77. 
Tokyo  1900. 

(Eingegangen  4.  Oktober  1908.) 


923 


117.    Akustische  ßestimmnng  der  Dichte  Yon  Gasen 

und  Dämpfen. 

Von  B.  WaohBmuth  in  Rostock. 


Die  Schwingungen  tönender  Luftsäulen  sind  vor  Jahren 
ein  Gegenstand  des  Studiums  für  den  Jubilar^)  gewesen;  so 
mag  Hr.  Boltzmann  ein  kleines  Interesse  vielleicht  auch  der 
nachfolgenden  Verwertung  solcher  Schwingungen  entgegen- 
bringen. Es  soll  gezeigt  werden,  daß  sich  Dichtebestimmungen 
in  einfacher  V^eise  durch  die  Änderung  der  Tonhöhe  ein  und 
derselben  kleinen  Labialpfeife  ausführen  lassen,  wenn  man  diese 
nacheinander  von  verschiedenen  Gasen  oder  Dämpfen  durch- 
strömen läßt 

Diese  Erscheinung  hat  man  wiederholt  zur  Bestimmung 
der  Schallgeschwindigkeit  v  benutzt^  indem  man  die  Schwin- 
gungszahl n  der  Pfeife  und  die  Wellenlänge  A,  also 

r  =  An 

ermittelte.  Andererseits  ist  diese  Geschwindigkeit  unter  guter 
Übereinstimmung  mit  dem  Experiment  auch  aus  der  bekannten 
Dichte  d  und  dem  Druck  p  eines  Gases  berechnet  worden. 
Es  gilt  die  Gleichung 


»-,/ 


xp(l  +  er  0 


wobei  X  das  Verhältnis  der  spezifischen  Wärmen  bedeutet. 
Durch  Kombination  beider  Gleichungen  kommt  man  zu  einem 
Ausdruck  für  die  Dichte,  welcher  ihre  Bestimmung  auf  experi- 
mentellem Wege  gestattet.  Wenn  man  die  Dichten  auf  Luft 
bezieht,  also  r/^  =  1  setzt,  so  erhält  man  für  ein  beliebiges  Gas  : 

^Q  PttiX  +  «  Q  ^' »»' 
Hier  beziehen  sich  sämtliche  mit  Index  0  versehene  Größen 

1)  A.  Toepler  u.  L.  Boltzmann,  Pogg.  Ann.  141*  p.  821.   1870. 


924  R.   Wackmvtk. 

M  auf  Luft.    Bläst  man  nun  dieselbe  Pfeife  mit  zwei  verschi 

''  Gasen  an,  so  ist  die  Wellenlänge  konstant  und  nur    di 

höhe  verändert   sich,   entsprechend   dem  wechselnden 
bleibt  also  als  endgültige  Formel: 

Ist  der  Wert  von  x  bekannt,  so  kann  man  hiermit  unmi 
die  Dichte  bestimmen. 

Legt  man  —  wie  dies  bei  Molekulargewichtsbestimn 
meist  der  Fall  —  nicht  Wert  anf  absolut  genaae  B«e 
sondern  begnOgt  sich  mit  einer  Ungenauigkeit  voa  m 
10  Proz.,  so  lassen  sich  weitere  Abkürzungen  anbringe 
durch  die  experimentelle  Erfahrung  gegeben  sind.  Zn 
filr  Gase:  Hier  wird  man  Luft  wie  Gas  bei  derselben  Zi 
temperatur  benutzen  können,  die  Temperaturkorrefctioi 
fortlassen  dürfen.  Dagegen  wird  eine  Unkenntnis  des  V< 
nisses  der  spezifischen  Wärmen  in  der  Tat  einen  Fehl 
dingen,  wenn  x  von  1,4  wesentlich  abweicht.  Bei  bek 
Dichte  läßt  sich  hier  der  Wert  von  x  bequem  ern 
Sonst  setzt  man  näherungsweise  x  ^x^.  —  Der  Druck  fH 
der  Gleichung  heraus,  weil  der  zum  Ansprechen  der  Ver 
pfeife  notwendige  Überdruck  stets  klein  ist  gegenübei 
Druck  der  Atmosphäre. 

Für  Dämpfe  tritt  als  Erleichterung  hinzu,  daß  hier 
hochmolekulare  Verbindungen  nur  wenig  von  1,1  abi 
Benutzt  man  Dampf  von  100*  uud  vergleicht  mit  Lui 
Zimmertemperatur,  so  fallen  die  x-Werte  und  die  Tempe 
korrektionen  fort,  weil  sich  die  Quotienten  gegenseitig  zii 
genau  aufheben.     Es  bleibt  dann 


In  der  Folge  sollen  zuerst  die  Apparate  beschriebe 
sodann  für  einige  Gase  und  Dämpfe  die  erzielten  Res 
als  Proben  für  die  Methode  mitgeteilt  werden. 

Die  Apparate  hestehen  im  wesentlichen  aus  eine 
einigen  Schutzhüllen  versehenen  Versuchspfeife,  die  mit 
Gasometer  oder  dem  Verdampfungsapparat  verbunden 
und  einer  als  Vergleichspfeife  dienenden  regulierbaren  S 
pfeife. 


Akustische  Bestimmung  der  Dichte. 


925 


CL 


Fig.  1. 


Aus  einer  10  cm  langen  und  1,1  cm  weiten,  dünnwandigen 
Messingröhre  wurde  eine  kleine  offene  Labialpfeife  mit  gerader 
Lippe  angefertigt.  Der  Fuß  der  Pfeife  ist  8,3  cm  lang,  die 
Maulweite  beträgt  0,3  cm. 

Derartig  kleine  Pfeifen  er- 
halten im  Handel  stets  einen  ge- 
krümmten Rand  der  Lippe  (vgl. 
Fig.  1  a).  Das  hat  den  Vorteil, 
daß  der  Grundton  nicht  so  leicht 
in  die  Obertöne  umspringt,  viel- 
mehr wegen  der  verschiedenen 
Länge  der  Luftlamelle  auch  bei 
etwas    verändertem   Druck    ein 

Resonanzton  zustande  kommt.  Jedoch  hängt  die  Höhe  dieses 
Tones  in  ziemlich  weiten  Grenzen  von  der  Stärke  des  An- 
blasens ab,  wie  man  sich  leicht  an  jeder  kleinen  derartigen 
Pfeife  überzeugen  kann.  Wenn  das  für  gewöhnlich  nicht 
störend  ins  Gewicht  fällt,  so  liegt  es  an  der  zumeist  ziemlich 
eng  begrenzten  Stärke  des  verwendeten  Winddruckes.  Anders 
eine  gerade  Lippe  (Fig.  Ib).  Hier  hält  sich  die  Höhe  des 
Grundtones  fast  ganz  unverändert,  freilich  springt  aber  der  Ton 
viel  leichter  in  die  Oktave.  Diese  Gefahr  liegt  jedoch  bei  den 
schwachen,  hier  verwendeten  Drucken  (ca.  10 — 20  cm  Wasser) 
nicht  vor,  während  es  wichtig  ist,  die  Höhe  von  dem  Druck 
unabhängig  zu  machen.  —  Kleine  Maulweiten  bedingen  leich- 
teres Ansprechen. 

Die  Pfeife  erhielt  einen  Ansatzschlauch  und  wurde  durch 
einen  Kork  in  eine  3  cm  weite  und  20  cm  lange  Glasröhre 
eingeführt  (vgl.  Fig.  2),  damit  eine  Gas-  oder  Dampfhülle  von 
gleicher  Art  wie  der  Blasestrom  gesichert  ist.  Ein  vielfach 
ausgezackter  Kork  hält  die  Versuchspfeife  leicht  in  axialer 
Lage,  ein  Verschlußkork  mit  kleiner  Durchbohrung  läßt  am 
anderen  Ende  der  Glasröhre  nur  so  viel  Dampf  austreten,  als 
in  die  Pfeife  eintritt  Auch  diese  Offiiung  muß  für  den  An- 
fang  nahezu  verschlossen  werden,  damit  sich  zuerst  ein  Über- 
druck einstellt  und  die  vorhandene  Luft  verdrängt  wird. 

Durch  die  umhüllende  Röhre  sinkt  die  Tonhöhe  der  Pfeife. 
Die  Schwingnngszahl  muß  also  auch  für  Luft  in  dieser  Hülle 
neu  bestimmt  werden. 


9S6  S. 

Handelt  es  «ich  am  am  Qiu  ron  Zmunertempeiatar,  m 

ist  der  Apparat  damit  fertig,     f  fir  Gase,  die  leiobter  moA  all 

lioft,  richtet  man  die  Pfeife  nach  unten,  sonst  erhftlt  üe  äat 

nach  'oben  gerichtete  Lage.    Uan  wird  dann  die  Pfeife  mit 

dem  Srfi  1  an  nhannata!  >"*  das  betreffend 

Gasometer  aoBchliefien.    Ist  derDnui 

hier  za  gering,    so    kaan   maaeisa 

Dmcksteigeraiig      dnrch      Zwiachn- 

Bchahnng  einer  OnmioibBllTDiiage  «• 

zielen,    vie    ulche     fltr    WaseuMr 

stftnher  in  Gebrmucli  sind. 

Die  HaDptTerwendang  wird  diev 
Methode  aber  für  Bestinunimg  der 
Dichte  Ton  J>&apfen  b^wn.  His 
liefert  eine  Glaskugel  mit  Annb- 
rohr,  wie  sie  fUr  die  Dami^didito- 
bratimmmig  nach  Datnas  gebrandit 
wird,  den  nCtigen  Dampf.  Die  PoUnig 
mit  Flnasigkeit  geschieht  in  der  flb- 
lichen  Weise  doroh  Ansaugen.  Ku 
Terwendet  etwas  mehr  Snbstanx,  ab 
för  die  Damaasche  Methode  nOtig, 
um  den  VerdampfiingsprozeB  länger 
auszudehnen.  Die  Vez^ampfong  er- 
folgt in  einem  Bade  von  konstanter 
Temperatur.  Dampf  derselben  Tempe- 
ratur wird  durch  einen  Heizmantel  geschickt  Zu  diesem  Zweck 
erhielt  das  Qlaerohr,  welches  mit  Dampf  erfüllt  werden  soll, 
noch  einen  koaxialen  Mantel  von  6  cm  Durchmesser  und  14  cm 
Lange  (vgl.  Fig.  2)  mit  Zuleitung  und  Ableitung  für  den  durch- 
strömenden Dampf.  Ich  habe  bei  meinen  Versuchen  siedendes 
Wasser  als  Bad  und  Wasserdampf  als  Anheizung  des  ZvliDders 
benutzt.  Die  Pfeife  und  ihre  UmhUUnngen  waren  an  einem 
eisernen  Stativ  befestigt,  ebenso  ein  Halter,  der  die  Glaskncel 
unter  Wasser  hielt.') 

Nachdem  das  Bad  in  starkes  Sieden  gekommen  und  auch 


Fig.  2. 


1)  Der  Apparat   wird    in    verbesserter  Oestalt    dnrch    die    Flm* 
sbler  &.  Uartioi  in  Berliu  geliefert. 


Akustische  Bestimmung  der  Dichte.  927 

der  Mantel  durch  den  durchströmenden  Dampf  hinlänglich  er- 
wärmt ist,  kann  der  Versuch  beginnen. 

Der  Versuch  selbst  gestaltet  sich  äußerst  einfach.  Man 
schiebt  den  Glasballon  in  das  untere  Schlauchende  der  Pfeife 
bis  an  den  Halter,  hebt  das  Stativ  mit  dem  ganzen  Apparat 
in  die  Höhe  und  senkt  diesen  in  das  Bad.  Sofort  oder  inner- 
halb einer  halben  Minute  (je  nach  der  Höhe  des  Siedepunktes 
der  Substanz)  fUngt  die  Pfeife  an  zu  tönen  und  hält  die  fast 
sofort  erreichte  Tonhöhe,  bis  die  Flüssigkeit  in  dem  Ballon 
verdampft  ist.  Die  Tonhöhe  aber  bestimmt  man  mit  Hilfe 
einer  Stimmpfeife.  Die  Einstellung  läßt  sich  leicht  auf  1  mm 
genau  machen.  Die  Dichte  bestimmt  man  dann  nach  dem 
oben  Gesagten  als  flf=nj/n*. 

Die  Berechnung  der  Schwingungszahl  der  Stimmpfeife 
aus  den  Dimensionen  gestaltet  sich  auch  bei  Anwendung  der 
Cavalier-Colschen  Formel  ziemlich  fehlerhaft^  sobald  die  Tiefe 
der  Pfeife  groß  wird  gegen  ihre  Länge.  Ich  habe  daher  meine 
Stimmpfeife  mit  einer  willkürlichen  Millimeterskala  versehen 
und  die  Höhe  der  eingestellten  Töne  auf  einem  Monochord 
ermittelt.  Als  solches  war  bequem  ein  1  m  langer  Eisendraht 
von  0,1  mm  Dicke,  der  mit  einem  Gewicht  von  P/2  l^g  gespannt 
war.  Für  ganz  hohe  Töne  (Wasserstoff)  empfiehlt  sich  die 
Anwendung  der  Galtonpfeife.  Sind  die  Schwingungszahlen 
einmal  ermittelt,  so  würde  man  praktischerweise  diese  oder 
auch  gleich  (wenn  man  immer  dieselbe  hohe  Temperatur  be- 
nutzt) die  Dichten  auf  dem  Stempel  der  Stimmpfeife  an- 
bringen. Es  wird  dann  jede  Rechnung  überflüssig.  Aber  auch 
so  erfordert  eine  Dampfdichtebestimmung  nur  noch  wenige 
Minuten. 

Über  den  Grad  der  erreichten  Genauigkeit  werden  am 
besten  einige  Resultate  ein  Urteil  gewähren.  Dabei  ist  hervor- 
zuheben, daß  eine  Wiederholung  des  Experimentes  stets  genau 
dieselben  Einstellungen  der  Vergleichspfeife  ergab,  die  Be- 
stimmung der  Tonhöhe  der  Vergleichspfeife  am  Monochord 
dagegen  wegen  der  verschiedenen  Klangfarbe  Fehlern  aus- 
gesetzt war  und  mehrfach  wiederholt  werden  mußte.  Gerade 
diese  aber  läßt  sich  dauernd  festlegen. 

Von  Gasen  wurden  mit  dem  definitiven  Apparat,  aber 
unter  Benutzung   eines   weiteren  Rohres   nur  Leuchtgas   und 


928      R.   IVachsmuth.     Akustische  Bestimmung  der  Dichte. 

Kohlensäure  untersucht.  Die  Tonhöhe  der  Pfeife  betrug  ftLr 
Luft  1720  Schwingungen.  Die  Rechnungen  gestalten  sich 
immer  gleich:  Bestimmung  der  Schwingungszahl  durch  Be- 
ziehen auf  die  Länge  der  Monochordsaite  fär  a^  =■  435^  Bil- 
dung des  Quotienten  der  Schwingungszahlen  und  Quadrienmg. 
Für  die  Ausrechnung  genügt  der  Rechenschieber.  Für  Kohlen- 
säure ist  die  Rechnung  unten  durchgeführt 

Für  Leuchtgas  pflegen  Bestimmungen  auf  der  Wage  Werte 
zwischen  0,38  und  0,40  zu  geben.  Die  akustische  Methode 
ergab  ohne  Korrektion  0^395. 

Für  Kohlensäure  [d  ^  1,519)  wurde  das  Resultat  mit  xjx^ 
d.h.  1,3/1,4  multipliziert  und  die  Dichte  zu  1,50  gefunden, 
nämlich: 

|?ii435  =  1352.    j     (J|gy  =  l,62     |      1,62^=1,50. 

Für  Dämpfe  war  das  übergeschobene  Glasrohr  so  eng, 
daß  die  wesentliche  Erniedrigung  der  Tonhöhe  auf  1615  Schwin* 
gungen  eintrat     Die  Resultate  sind  folgende: 

Benxol:  d  »  2,73  woraus  Molekulargewicht  79  statt    78 

Äthylbromid:  rf  =  8,8           „                      „  110      „     109 

Chloroform:  d  =  4,09         „                       „  118      „     119 

Tetrachlorkohlenstoff:  d  =  5,38         „                      „  156      „     154 

Die  Brauchbarkeit  dieser  Resultate  zeigt  die  Berechtigung 
der  erwähnten  Vernachlässigungen.  —  Es  wäre  gewiß  inter- 
essant, nach  der  vorliegenden  Methode  die  Dichte  von  disso- 
ziierten Dämpfen  zu  untersuchen,  doch  ist  das  aus  Mangel  an 
Zeit  unterblieben. 

(Eingegaugen  4.  Oktober  1903.) 


Namenverzeichnis  der  Mitarbeiter. 


Abraham,  M B5 

Andrade,  J 51 

ArrheniuB,  S 660 

BlcklDDd,  A.  V 224 

Banoroft,  W.  D 553 

B&ras,  C 204 

Behn,  U 610 

Benndorf,  H 691 

Berg,  0 793 

Bjerkneaa,  V 455 

da  Bois,  H 809 

BorgmaiiD,  J 16 

Brace,  D.  B 576 

Bredig,  G. 889 

Brunn,  H 94 

Bryan,  G.  H. 123 

Bnrbury,  S.  H 542 

Cardani,  F 601 

Chwolson,  0 28 

Conrad,  V 691 

Cnrry.  Ch.  E 282 

Czennak,  P 80 

Czuber,  E 366 

I 

Duhem,  P 13   j 

Ebert,  H 448   I 

Edelmann,  M.  Tb 815  ' 

Einer,  Fr 600  i 

Exner,  F.  M 652    I 

FeuBfner,  W 531 

Finger,  J 752   ! 

Ilultituui  n-F«lKhiUL 


Forcb,  C 696 

Frage,  Q. 656 

Friachanf,  J. 1 

6arbaaBo,  A 469 

Ooldbammer,  D.  A. .    ...  410 

Graetz,  L. 477 

Granqvist,  G 799 

Grünwald,  J B18 

Grunmach,  L. 460 

Guglielmo,  G 341 

Hall,  E 899 

Haachek,  E 497 

Httsenöhrl,  F. 642 

de  Heen,  P 43 

Heydueiller,  A. 4 

van't  Hoff,  J.  H.      ....  233 

HofiiuanD,  R. 600 

Honllevigue,  L. 62 

Jager,  G 313 

Jabnke,  E 487 

Jones,  U.  C 105 

Kayscr,  H 38 

Kiebite,  F 610 

KilÜDg,  W 715 

Knott,  CG 333 

Kobald,  E 422 

König,  W 832 

Kohl,  E 678 

Korn,  A 277 

KoBaoDogoff,  J 882 

KostersiU,  K 497 

Kuenen,  J.  P. 483 

S9 


930 


Namenverzeichnis  der  Mitarbeiter. 


Seite 

yan  Laar,  J.  J 316 

Lampa,  A 146 

Lampe,  £ 215 

Lannor,  J 590 

Le  Blanc,  M 188 

Lecher,  E 739 

Lehmann,  0 287 

Levi,  M.  G 188 

Lorentz,  H.  A 721 

Mach,  £ 441 

Mache,  H 187 

Margales,  M 585 

Mathias  £ 817 

Matthiessen,  L 141 

Melander,  G 789 

Merritt,  £ 890 

Meyer,  St 68 

Meyer,  W.  Fr 386 

Mie,  G 326 

Moser,  J 745 

Nagaoka,  H 916 

Neesen,  F 742 

Nernst,  W 904 

Neumann,  C 252 

Nichols,  E.  L 890 

von  Obermayer,  A 299 

Pellat,  H 150 

Pfaundler,  L 71 

Planck,  M 113 

Polis,  P 766 

Reinganum,  M 876 

Richarz,  F 706 


Scte 

Riecke,  E 16« 

Righi,  A 730 

Runge,  C 260 

Sagnac,  G 528 

Schiller,  N 350 

Schiotz,  0.  £ 618 

Schuster,  A. 569 

Siertsema,  L.  H 7&0 

von  Smoluchowski,  M.  .     .    .  62i 

Sommerfeld,  A. 848 

Stark,  J 899 

Starke,  H $67 

von  Stemecky  R. 6dT 

Strauss,  £.  • 277 

Streintz,  F 19« 

Sutherland,  W 373 

Traube,  J 43ö 

Trevor,  J.  E 493 

van  der  Waals^  J.  D.  .     .     .365 

Wachsmuth,  R. 923 

Walker,  G.  W 242 

Walter,  B 647 

Wassmuth,  A. 555 

Webster,  A.  G 866 

Wegscheider,  R 367 

Wehnelt,  A 16O 

Weinmayr,  F 83i« 

Weinstein,  B 510 

Wiedemann,  E S26 

Wien,  W 174 

Zindler,  K 34 


-   i 


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.    1