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FESTSCHRIFT
LUDWIG BOLTZMANN
GEWIDMET
ZUM SECHZIGSTEN 6EBUBTSTAGE
20. FEBRUAR 1904.
MIT EINEM POBTKÄT, 101 ABBILDUNGEN IM TEXT
UND 2 TAFELN.
LEIPZIG
VERLAG VON JOHANN AMBROSIÜS BARTH
1904.
PVviv^^ I o S . H
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1 »
Druck von Metzgor & Willig in Leipzig;
Als im Mai 1903 Vertreter der Physik an den
öeterreichischen Hochschulen, die Herren H.Benndorf,
P. Czermak, L. Ditscheiuer, A. v. Ettingshausen,
F. Exner, K. Exner, J, Finger, J. v. Geitler,
H. Haramerl, A. Handl, J. Hann, E, Haschek,
F. Hasenöhrl, G. Jäger, G. Jaumanii, E. Kobald,
E. Kohl, A. Lampa, V. v. Lang, E. Lecher,
J. Li p pich, E. Mach, H. Mache, St. Meyer,
J. Moser, A. v. Obermayer, L. Pfaundler, J. M.
Pernter, J. Puluj, M. Radakovic, E. v. Schweidler,
O. Siniony, M. v. Smoluchowski, F. Streintz,
J. A. Tollinger, W.Trabert, J. Tuma, O. Tumlirz,
A. Wassmuth einen Aufruf ergehen ließen, der die
Fachgenos-sen des Li- und Auslandes zur Mitarbeit an
einer Festschrift zu Ehren Ludwig Boltzmanns aus
Anbiß seines sechzigsten Geburtstages am 20. Februar
1904 aufforderte, trafen bald Zusagen so zahlreich
em, daß Bedaktion und Verlag, um dem Bande nicht
zu ungewöhnliche Dimensionen zu geben, den Umfang
der einzelnen Arbeiten beschränken mußten. Obwohl
dadurch manche schöne Untersuchung hier nicht Platz
gefunden hat, mancher wohl sich überhaupt abhalten
ließ, etwas beizusteuern, kann die erfreuliche Tatsache
hervorgehoben werden, daß nicht nur deutsche Fach-
genossen, sondern auch viele Gelehrte aus Amerika,
Australien, Belgien, England, Frankreich, Holland,
Italien, Japan, Norwegen, Bußland und Schweden sich
an der Festschrift beteiligt haben.
Daß dieser stattliche Band auch eine würdige
Ausstattung erhielt, ist dem liebenswürdigen Entgegen-
kommen des Verlegers., Herrn Arthur Meiner, In-
haber der Firma Johann Ambrosius Barth in Leipzig
zu danken, der in bereitwilligster Weise Druck und
Kosten des Werkes übernahm. Die Redaktion besorgte
Dr. Stefan Meyer.
So möge diese Festschrift, Ludwig Boltzmann
gewidmet, ein dauerndes Zeichen der Verehrung seiner
Zeitgenossen bilden.
Inhaltsyerzeichnis.
Seite
1. J. Frischauf- Graz. Ableitung der GleicbgewichtsbediDgangen
eines starren Punktsystemes aus dem Prinzip der virtuellen Ge-
schwindigkeiten und aus der Starrheit 1
2. A. Heyd weil 1er- Münster i. W. Über Selbstinduktions- und
Permeabilitfttsvergleichungen «... 4
3. P. Duhem- Bordeaux. Sur la stabilit^ 61ectrique d*un milieu
homogene et illimit^ 18
4. O. Chwolson- St Petersburg. Notiz über die Vergleichung des
Meters mit der Wellenlänge des Lichtes 28
5. K. Zin die r- Innsbruck. Über die liniengeometrische Dar-
stellung der Trägheitsmomente eines starren Körpers .... 34
6. H. Kays er- Bonn. Zur Temperatarbestimmung strahlender Gase 88
7. P. de Heen- Lüttich. Iddes fondamentales d'un essai de throne
m^canique de r^lectricit^ et de la chaleur 43
8. J. Andrade-Besan^on. Chronometrie: Les rdgimes limites et
la stabilite de la Synchronisation 51
9. L. Houllevigue-Caen. Etüde des lames minces de cuivre
obtenues par ionoplastie 62
10. St. Meyer- Wien. Über Magnetisierung durch Tonerregung . 68
11. L. Pfaundler-Graz. Apparate zur Versinnlichung der kine-
tischen Wärmetheorie 71
12. J. Borgmann -St. Petersburg. £in besonderer Fall des
Leuchtens von verdünntem Gase in einem breiten Glasrohr . 76
13. P. Czermak -Innsbruck. Zur Demonstration der Klanganalyse 80
14. M. Abraham -Göttingen. Der Lichtdruck auf einen bewegten
Spiegel und das Gesetz der schwarzen Strahlung 85
15. H. Brunn -München. Über das durch eine beliebige endliche
Figur bestimmte Eigebilde 94
16. H. C. Jones-Baltimore. The Effect of One Associated Solvent
on the Association of Another Associated Solvent 105
17. M. Planck -Berlin. Über die mechanische Bedeutung der
Temperatur und der Entropie 113
vm Inhaltsverzeichnis,
/ Seite
/ 18. G. H. Bryan-Bangor (N. W.). The Law of Degradation of
Energy as the fundamental principle of thermodynamics 123
19. H. Mac he- Wien. Zur Definition der spezifischen lonen-
geschwindigkeit 187
20. L. Matthiessen -Rostock. Gibt es unendlich große Ge-
schwindigkeiten? 141
21. A. Lampa-Wien. Aus der Statistik der Prüfongsstelle für
Normalstimmgabeln in Wien 146
22. H. P eil at- Paris. Du röle des corpuscules dans la formation
du faisceau anodique des tubes k gaz rar6fi^ 150
23. A. Weh nelt- Erlangen. Über eine Röntgenröhre mit ver-
änderlichem Härtegrad und über einen neuen Härtemesser. . 160
24. £. Riecke- Göttingen. Elektrische Strömung in einem ioni-
sierten Lufträume, der von zwei konzentrischen Zylinderflächen
begrenzt ist 168
25. W. Wien- Würzburg. Theorie eines bewegten leuchtenden
Punktes 174
26. M. Le B 1 an c- Karlsruhe und M. G. Levi-Padua. Über die
Passivität des Nickels 183
27. F. Streintz-Graz. Die spezifische Wärme einiger Uchwefel-
metalle in ihrer Beziehung zum elektrischen Leitvermögen . . 196
28. C. Barus-Providence. Periodic Color Distributions in Relation
to the Coronas of Cloudy Condbnsation, with a Revision of
Coronas 204
29. E. Lampe- Berlin. Der schiefe Wurf im luftleeren Räume als
Zentralbewegung 215
30. A. y. Bäcklund-Lund. Über elektrische Strömungen in
zylindrischen Leitern 224
31. J. H. van*t Hoff- Charlottenburg. Einfluß der Änderung der
spezifischen Wärme auf die Umwandlungsarbeit 233
32. G. W. Walk er- Cambridge (England). On some Problems in
the Distribution of a Gkts . 242
38. C. Neumann- Leipzig. Über die sogenannte absolute Be-
/ wegung 252
34. C. Runge- Hannover. Die thermodynamischen Beziehungen . 260
35. E. Czuber- Wien. Zur Geometrie der gewöhnlichen Differential-
gleichungen 266
36. A. Korn und E. Strauss- München. Über eine Beziehung
zwischen dem Lösungsdruck und der lonisationswärme der
Metalle 277
37. Ch. E. Curry -München. A Peculiar Class of Waves ... 282
38. 0. Lehmann- Karlsruhe. Das Vakuum als Isolator .... 287
Inhaltsverzeichnis. ix
Seite
39. A. V. Obermayer-Wieo. Übet sogenannte Heiligenscheine
und andere gleichen Ursachen entspringende Erscheinungen . 299
40. J. D. van der Wa als -Amsterdam. De verandering yan de
grootheid b der toestandsvergelijking als quasi-verkleining yan
het molekuol 805
41. 6. Jäger-Wien. Über die Verteilung einer nicht dissoziieren-
den Substanz zwischen zwei Lösungsmitteln 813
42. J. J. van L aar -Amsterdam. Über die spezifische Wärme in
flussigem Zustande bei niedrigen Temperaturen 816
43. 6. Mie- Greifs wald. Über eine Methode, das spezifische Ge-
wicht sehr verdünnter Lösungen zu bestimmen 826
44. C. G. Kn Ott- Edinburgh. Magnetization and resistance in
Nickel at high temperatures 838
45. G. Guglielmo-Cagliari. Intomo ad nn igrometro-bilancia ad
indicazioni assolute e continue 841
46. N. S ch i 1 1 e r - Charkow. Einige Bedenken betreffend die Theorie
der Entropievermehrung durch Diffusion der Gase bei einander
gleichen Anfangsspannungen der letzteren 850
47. R. Wegscheider-Wien. Über die Größe der Kristallmoleküle 367
48. W. Sutherland- Melbourne. The Principle of Dynamical
Similarity in Molecular Phjsics 873
49. W. Fr. Meyer- Königsberg. Zur Theorie der Lagrangeschen
Bewegungsgleichungen 386
50. J. Stark -Göttingen. Elektrischer Massentransport in Gasen,
Druckerhöhung an der Kathode 899
51. D. A. Goldhamm er- Kasan. Über die Natur der flüssigen
Luft 410
52. E. K ob ald- Leoben. Über die allgemeinen Differential-
gleichungen der Kristalloptik nach der elektromagnetischen
Theorie des Lichtes 422
\ 53. J. Traube- Berlin. Über den Raum der Atome und Moleküle 430
"54. £. Mach -Wien. Objektive Darstellung der Interferenz des
polarisierten Lichtes . . 441
55. H. Eb er t- München. Wirkung der anomalen Dispersion von
Metalldämpfen 448
56. y. Bjerkne SS -Stockholm. Elektrostatische, magnetische und
hydrodynamische Grenzflächenbedingungen 455
57. L. Grunmach-Berlin. Über den Einfluß der Zähigkeit auf
die Kapillarkonstanten bei Essigsäure-Wassermiscbungen . . 460
58. A. Garbasso- Genua. Su la teoria deir analisi spettrale . . 469
59. L. Graetz- München. Über die elektrische Dispersion der
Kristalle 477
z Inhaltsverzeieknut.
Seit«
60. J. P. Kuenen-Dundee. Zur Theorie der Destillation von Ge-
mischen 483
61. £. Jahnke-Berlin. Eine einfache Anwendung der Vektor-
rechnung auf die Theorie der veränderlichen Ströme .... 487
62. J.E.Trevor-Ithaka(N. Y.). The Expansion- Work of a Disso-
ciating gas 498
68. E. Haschck und K. Kostersitz-Wien. Über einen Versuch
der Ausmessung von Stemspektrogrammen nach der objektiven
Methode der Wellenlängenbestimmung 497
64. P. C ard an i- Parma. Sulla dispersione elettrica dei raggi X
\^ ottenuü mediante le scariche dei condensatori 501
^ 65. B. Wein st ein -Charlottenburg. Entropie und innere Reibung 510
"'^. J. Grtlnwald-Wien. Über die Ausbreitung der Wellenbe-
wegungen in optisch-zweiachsigen elastischen Medien .... 518
67. 6. Sagnac- Paris. Lois de la propagatioii anomale des ondes
au voisinage d'un fojer 528
68. W.Feussner-Marburgi. H. Über zwei Sätze der Elektrostatik 587
69. S. H. Burburj- London. On certain theorems in probability 542
70. W. D. Bancroft-Ithaka (N. Y.). Note on the Soret Pheno-
menon 558
71. A. Wassmuth-Graz. Über die Bestimmung der thermischen
Änderungen der Elastizitätskonstanten isotroper Körper aus
den Temperaturänderungen bei der Drillung und der gleich-
V förmigen Biegung 555
»
72. A. Schuster- Manchester. The Propagation of Waves through
dispersive Media 569
73. D. B. Brace- Lincoln. On Double Refraction iu Matter moving
through the Ether 576
74. M. Margules- Wien. Über die Beziehung zwischen Barometer-
schwankungen und Kontinuitätsgleichung 585
75. J. L arm or- Cambridge. On the Intensity of the Natural
Radiation from Moving Bodies and its Mechanical Reaction . 590
76. Fr. Exner und R. Hofmann-Wien. Über die Potential-
differcnzen der Metalle in ionisierten Gasen 600
77. U. Behn und F. Kiebitz- Frankfurt a. M. Bestimmung der
Dielektrizitätskonstante von Eis in flüssiger Luft mit schnellen
Schwingungen nach Drude 610
78. 0. E. Schiötz-Christiania. Über die Abhängigkeit des os-
motischen Druckes und der Dampfspannung von dem Drucke 618
79. M. V. Smoluchowski-Lemberg. Über Unregelmäßigkeiten
in der Verteilung von Gasmolekülen und deren Einfluß auf
Entropie und Zustandsgieichung 626
InhaUiverzeiehnü. xi
Seite
80. F.Hasendhrl-Wien. Ober die Anwendbarkeit der Hamilton -
sehen partiellen Difierentialgleichung in der Dynamik konti-
nuierlich verbreiteter Massen 642
81. B. Walter- Hamburg. Photographische Abbildungen elek-
trischer Schwingungen 647
82. Felix M. £xner-Wien. Ober das sogenannte „Nachschauen*^
von Bildern 652
83. G. Frege-Jena. Was ist eine Funktion? 656
84. H. Starke-Berlin. Über den Potentialverlauf bei der unselb-
stftndigen Elektrizitätsleitung durch Gase für den Fall des
Sättigungsstromes 667
85. £. Kohl -Wien. Über die elektromagnetischen Feldgleichungen
innerhalb bewegter elektrischer Massen 678
86. R. V. Sterneck -Czernowitz. Beweis eines in der Akustik ver-
wendbaren arithmetischen Satzes 687
87. H.Beqndorf und V.Conrad-Wien. Ober Radiumkollektoren 691
88. C. Forch- Darmstadt Spezifische Gewichte und Wärmeaus-
dehnung von Naphtalinlösungen in verschiedenen organischen
Lösungsmitteln 696
89. F. Ric harz -Marburg i. H. Theorie verdünnter Lösungen ohne
Benutzung des osmotischen Druckes 706
90. W. Kill in g- Münster i. W. Der Bau einer besonderen Klasse
von Transformationsgruppen 715
91. H. A. Lorentz- Leiden. Bemerkungen zum Virialtheorem . 721
92. A. Righi -Bologna. Sul moto dei ioni nel campe clettrico . 730
93. E. Lech er- Prag. Ein elektrischer Aberrationsversuch . . . 739
94. F. Neesen- Berlin. Über die Frage der gegenseitigen Ein-
wirkung von Kathodenstrahlen 742
95. J. Moser -Wien. Wie ist positive Elektrizität mit negativem
Potential und negative Elektrizität mit positivem Potential leicht
dar- und vorzustellen? 745
96. J. Finger- Wien. Über die einer allbekannten Kapillar-
erscheinung analogen Resultate eines bestimmten Problemes
der Kinematik starrer Körper 752
97. P. Pol is- Aachen. Zur Hydrographie von Ahr, Erft und
Roer, ein Beitrag zur Aufschließung der Wasserverhältnisse
der nördlichen Eifel 766
98. L. H. Siertsema- Leiden. Magnetische Drehung der Polari-
sationsebene in verflüssigten Gasen unter atmosphärischem
Drucke. Messungen mit Stickoxydul 780
99. G. Melander-Helsingfors. Über Verdichtung der Gase au
der Wand der Gefäße 789
XII Inhaltsverzeichnis,
Seite
100. 0. Berg- Greifs wald. Einige Versuche über das Elektroden-
Potential von Entladungsröhren .798
101. G. Granqvist-Upsala. Über die Periode und die Phasen-
difierenz zwischen Strom und Spannung im singenden Flammen-
bogen 799
102. H. du B^ 's- Utrecht. Hjsteretische Anwendung der Boltz-
mann -Maxwell sehen Verteilungsfunktion 809
108. M. Th. Edel mann- München. Vertlkalvariometer für erd-
magnetische Messungen im Luftballon 815
104. E. Mathias -Toulouse. Sur la loi de distribution r^guli^re
de la composante nord du magn^tisme terrestre, en France,
au l«' janvier 1896 817
105. E. Wi e dem ann- Erlangen. Über Verbindungsspektren . . 82(>
106. W. König- Greifswald. Einige Bemerkungen über die Be-
ziehung zwischen künstlicher Doppelbrechung und Elastizität 832
107. G. Bredig und F. W ein mayr- Heidelberg. Über die mini-
male Schichtdicke des katalytisch wirkenden Quecksilbers . 839
108. A. Sommerfeld- Aachen. Eine besondere anschauliche Ab-
leitung des Gaussi sehen Fehlergesetzes 848
109. S. Ar rheni US -Stockholm. Die Anwendung der physikalischen
Chemie auf die serumtherapeutischen Fragen 860
110. A. G. Webster-Worcester (Mass.)« On the Mechanical Effi-
ciency of the Production of Sound 866
111. M. Reinganum- Münster i. W. Über den von Wirkungs-
sphären freien Raum in einer Flüssigkeit und über das Gesetz
der relativen Dampfdruckemiedrigung 876
12. J. Kossonogoff-Kiew. Über mögliche Größe der optischen
Resonatoren 882
113. E. L. Nichols und E. Merritt-Ithaka(N. Y.). The Influence
of Low Temperatures upon Certain Color Indicators. . . . 890
114. E. Hall-Cambridge (Mass.). The van der Waals a in Alkohol
and in Ether 899
115. W. N ernst- Göttingen. Chemisches Gleichgewicht und Tem-
peraturgefälle 904
116. H. Nagaoka- Tokyo. Mechanische Analogien zwischen
Torsion und Magnetismus 916
117. R. Wachsmuth-Rostock. Akustische Bestimmung der Dichte
von Gasen und Dämpfen 923
Namenverzeichnis der Mitarbeiter 929
\
1. Ableitung der Gleichgewichtsbedingungen eines
starren Pnnktsystems ans dem Prinzip der virtuellen
Geschwindigkeiten und aus der Starrheit
Von Johannes Frisohauf in Graz.
Die Bedingungen des Gleichgewichtes eines starren Punkt-
systems werden aus dorn Prinzip der virtuellen Geschwindig-
keiten in der Regel derart abgeleitet, daß man dem Punkt-
system eine virtuelle Bewegung erteilt, die man sich als eine
fortschreitende und als eine drehende Bewegung des Punkt-
systems denkt. Diese Bedingungen erhält man aber auch
mit Zuziehung des Begriffes der Starrheit des Punktsystems,
welche Eigenschaft dadurch ihren Ausdruck findet, daß bei
jeder virtuellen Bewegung die Distanz je zweier Punkte des
Systems unverändert bleibt.
Sind M^ = (ar^, y^, zj, M^ = {x^, y„ z^) . . i^/„ = (x„, y„, zj
die n Punkte des Systems und erteilt man denselben die
virtuellen Verschiebungen {Sx^, Sy^, Sz^), {Sx^, Sy^, Sz^), . .
{3x^f 8y^, Sz^j so ist nach dem Prinzipe der virtuellen Ge-
schwindigkeiten
(1) 2[X8x + Y8y + Zdz) = 0,
diese Summe auf alle Punkte ausgedehnt. In diesem Aus-
drucke kommen 3 w virtuelle Verschiebungen dx^, 8y^, 8z^, . .
8x^, 8y^, 8z^ vor, von diesen sind aber nur sechs willkürlich.
Denn wird die virtuelle Bewegung eines Punktes, etwa 3/^,
als vollkommen frei gedacht, so ist die Bewegung eines zweiten
Punktes, etwa M^, an die Bedingung geknüpft, daß M^ M^
konstant bleibt, die Bewegung eines dritten Punktes, etwa M^,
an die Bedingungen, daß M^M^ und M^M^ konstant bleiben.
Von den drei virtuellen Verschiebungen 8x^y 8y^f Sz^ sind
BolUmaun-Feiitflchrifl. 1
2 /. Frischauf,
daher alle drei willkürlich, die virtuellen Verschiebungen öx^,
^y%i Sz^ müssen einer Bedingungsgleichung, die virtuellen Ver-
schiebungen 8x^, dy^, Sz^ müssen zwei Bedingungsgleichungen
genügen. Die virtuellen Verschiebungen der übrigen Punkte
sind bereits aus der Voraussetzung der Starrheit bestimmt.
Es sind daher sechs Bedingungsgleichungen zwischen den
Koordinaten der n Punkte und den auf diese wirkenden Kräfte
zu erwarten.
Aus
konstant, folgt
f 0 = {*, - :r,) {Sx^ -8x^1 + (y, - yj {8y^ - Sy^)
(2) + (^ - ^.) [Sz^ - ^^.),
l r = 1, 2, . . w, « = 1, 2, . . n.
Die virtuellen Verschiebungen 8x^^.,dz^ müssen den
Bedingungsgleichungen (2) genügen. Multipliziert man diese
Gleichungen mit den Faktoren A^^, wo \^ = \^ vorausgesetzt
wird, und addiert dieselben zur Gleichung (1), so können
diese Faktoren A derart gewählt werden, daß die Koeffizienten
der abhängigen Verschiebungen Null werden.
Aus dem Koeffizienten von 8x^ folgt
Addiert man diese Gleichungen für r = 1, 2 .. n, so er-
hält man
1 ^^.-^'-»^
(4) ; ebenso
[ -2'r=0, 2Z^Q.
Bildet man die Summe
so erhält man aus den beiden Posten
yr^r + y.^.
als zusammengehörige Glieder
mithin für die obige Summe den Ausdruck
-^r,(^r-^J(yr-yJ- ' ' "" ^-1, « (^»-i - ^J (y«-! -yj>
Oleichgewichtsbedhigungen eines starren Punktsystems. 8
also einen nach x und y symmetrischen Ausdruck, woraus
folgt, daß
oder
I 2[yX^x'Y)^Q,
(5) } und ebenso
Die sechs Gleichungen (4) und (5) sind die Gleichgewichts-
bedingungen des starren Punktsystems.
(Eingegangen 28. Mai 1903.)
2, Über Selbstinduktions- nnd Permeabilitats-
vergleichungen.
Von Adolf HeydweiUer in Münster i. W.
1. Maxwells Methode zur Vergleichung der Selbst-
induktion von Drahtspulen in der Wheatstoneschen Brücke^
ist bei Anwendung von Wechselstrom oder unterbrochenem
Gleichstrom und mit dem Telephon als Meßinstrument einer
sehr weitgehenden Genauigkeit fähig, namentlich wenn es sich
um die Vergleichung von nahe gleichen Rollen handelt.
Mit der folgenden Anordnung ist es mir gelungen, eine
Genauigkeit von einem Hunderttausendstel bei solcher Ver-
gleichung zu erzielen.
Zwei Zweige der Wheatstoneschen Brücke werden ge-
bildet von den durch einen Schleifkontakt getreimten Teilen
eines 1 m langen und 4 mm dicken Manganindrahtes, dem auf
jeder Seite ein induktions- und kapazitätsfreier Widerstand
von etwa 175fachem Betrage (22 0hm), bestehend aus zwei
zusammengelöteten Manganindrähten von 0,25 und 0,06 mm
Dicke, mit angesetzten Verbindungsdrähten aus Kupfer zuge-
schaltet ist. Die beiden anderen Brückenzweige bilden die
beiden zu vergleichenden Rollen mit einem zweiten blanken
Manganindraht von 1 m Länge, 0,2 mm Dicke und 12 Ohm
Widerstand, auf dem ein zweiter Schleifkontakt gleitet. *) Als
Stromquelle dient ein von 2 Akkumulatoren getriebenes kleines
Induktorium von Hartmann & Braun; die Brücke wird nicht
in den Sekundärkreis, sondern parallel der Primärrolle von
7 Ohm Widerstand geschaltet. Mit einem Siemens & Halske-
schen Dosentelephon von 5 Ohm Widerstand kann man den
Schleifkontakt des dicken Drahtes bis auf einige Millimeter
genau einstellen, und da einer Veränderung des Widerstandes
1) Ol. Maxwell, Elektrizität und Magnetismus, deutsch von Wein-
stein, 2. p. 499. Berlin 1883.
2) Ein Draht von mehreren Metern Länge ist hier noch vorteilhafter.
SelbstinduktionS" und Permeabilitätsvergleichungen. 5
oder der Selbstinduktion in einem Zweige um 0,1 Proz. eine
Verschiebung dieses Eontaktes um 350 mm entspricht, so ist
die oben angeführte Genauigkeit bis auf 10-^ der Gesamtwerte
erreicht, würde auch noch zu überschreiten sein.
2. Diese Genauigkeit ist ausreichend, um die Methode
auch zur Vergleichung von Permeabilitäten verwenden zu
können, und sie empfiehlt sich hierfür durch die Einfachheit
der Handhabung und der erforderlichen Hilfsmittel
Man verwendet hierzu zweckmäßigDrahtroUen ohne Fassung,
die auf zerlegbaren Holz- oder Pappegestellen gewickelt und,
nachdem die Windungen mit dünnen Drähten oder Fäden zu-
sanimengebunden sind, abgenommen werden. Eintauchen in
flüssiges Paraffin gibt die nötige Stabilität. Von verschiedenen
hergestellten Rollen eigneten sich für den vorliegenden Zweck
am hosten Bollen aus 0,5 mm dickem, elektrolytischem Eupfer-
draht mit 400 (20 x 20) Windungen von 3,5 cm innerem und
5,5 cm äußerem Durchmesser, deren Selbstinduktion 7.10~^
Quadrant beträgt
Man könnte zunächst daran denken, durch Einlegen der
Bollen in die flüssigen oder pulverisierten magnetischen Sub-
stanzen die Permeabilität derselben direkt zu bestimmen; in-
dessen scheitert das daran, daß einmal für Lösungen bei dieser
Anordnung die Störungen des Minimums infolge von Eapa-
zitätswirkung und Foucaultströmen beträchtlich sind, sodann
die unvermeidliche Isolierschicht eine erhebliche und schwer
genau zu bestimmende Eorrektion (von über 30 Proz.) erfordert.
Dagegen lassen sich Vergleichungen der Permeabilitäten magne-
tischer Substanzen vom Eisen bis hinunter zu Salzlösungen
der magnetischen Metalle in der Eonzentration 1 g-Mol./L. mit
ziemlicher Genauigkeit ausführen.
Die Substanzen werden zu diesem Zwecke in Form von
Zylindern verschiedenen Querschnittes konzentrisch und kon-
axial in die Bollen eingeführt und die Größe der Verschiebung
des Schleifkontaktes beim Übergang der Substanzen aus der
einen in die andere Bolle für die Minimumstellung verglichen.
Die Länge der Zylinder muß so gewählt sein, daß eine Ver-
größerung derselben keine merkliche Verschiebung des Mini-
mums ergibt; 9 cm sind hierfür mehr als ausreichend. Der
Querschnitt der Zylinder richtet sich nach der Größe der Per-
6 A. Heydweiller,
meabilität; bei den festen und gelösten Salzen erhält man
bei dem größtmöglichen Querschnitt, so daß das einschließende
Glasgefäß noch eben in die Rolle paßt^ vorzügliche Einstellungen^
bei denen das Telephon geräusch vollständig verstummt; bei den
magnetischen Metallen ist das infolge der Hysteresis nur noch
bei einem entsprechend geringen Querschnitt der Fall; auch die
Rücksicht auf die Größe der Verschiebung, die 1000 mm nicht
überschreiten kann» zwingt zur Verkleinerung des Querschnittes.
So gibt beispielsweise ein Nickeldraht von 0,5 mm Dicke
bei nahe 1000 mm Verschiebung kein gutes Minimum mehr,
während dieses bei einem etwa halb so dicken Nickeldraht
fast ganz scharf und sehr gut zu verwenden ist Bei Eisen
ist ein einigermaßen brauchbares Minimum erst bei einer
Drahtdicke unter 0,05 mm zu erzielen.
Da das Magnetfeld im Innern der kurzen Rollen kein
homogenes ist, sind die Änderungen der Selbstinduktion bei
Einschiebung der Zylinder nicht ihrem Querschnitte proportional;
man muß vielmehr eine Graduierang vornehmen, um die Be-
stimmungen mit verschiedenen Querschnitten untereinander
vergleichbar zu machen. Von diesem Gesichtspunkte aus wäre
eine lange Form der Spulen vorteilhafter; die kurzen Rollen
mit nahe quadratischem Querschnitte sind gewählt worden,
weil für sie die Selbstinduktion im Verhältnis zum Wider-
stände ein Maximum ist.
Die Graduierung ist leicht durchzuführen, indem man ge-
eignete Substanzen in Zylindern von gleicher Länge und ver-
schiedenen Querschnitten einführt; die Verschiebungen des
Schleifkontaktes wachsen schneller als die Querschnitte, wie
die nachstehende kleine Tabelle zeigt, bei deren Aufstellung
; metallisches Mangan (schwach eisenhaltig), Eisenoxyd, festes
I Ferrosulfat und Mangan osulfat (krist.) alle in Pulverform be-
nutzt wurden.
i Die Querschnitte der eingeführten Substanzzylinder sind
I mit (]y die Verschiebungen des Schleifkontaktes für die beiden
j Minimumstellungen mit S bezeichnet; die Verhältnisse Sjq sind
j durch graphische Interpolation auf den für sehr kleinen Quer-
i schnitt {q = 0) willkürlich angenommenen Wert 1 bezogen.
.! 7=0 0,216 0,345 1,18 1,55 2,46 7,02 cm«
] % = 1 1,010 1,012 1,045 1,065 1,095 1,275
fi
■j
SMstinduktionS' und PermeabÜitätsvergleichungen. 7
um zwei Beobachtungen für verschiedene Querschnitte
vergleichbar zu machen, braucht man bloß die Werte von d
durch q und die vorstehend angegebenen den q entsprechen-
den Werte von Sjq zu dividieren; für andere als die obigen
q Werte ergibt sich die Korrektion durch lineare Interpolation
hinreichend genau.
Die so reduzierten d sind dem unterschiede der Permea-
bilität der betreffenden Substanz (jm) gegen die der Luft, oder
auch ihrer Magnetisierungszahl (Suszeptibilität) x = (/i— l)/47r
proportional, und man kann sie durch Vergleichung mit einer
Normalsubstanz von bekannter Magnetisierungszahl, z. B. Ferri-
chlorid, auch dem absoluten Werte nach bestimmen.
Natürlich ist dabei auf den Magnetismus der benutzten
Olasgefäße zu achten, den man empirisch ermittelt durch Ein-
schieben der leeren Glasgeföße in die Spulen.
Als Normalsubstanz ist das vielfach untersuchte Ferri-
chlorid entweder gelöst oder kristallisiert und fein gepulvert
zu empfehlen, weil seine Magnetisierungszahl wohl am besten
bestimmt ist Als Mittelwert ergibt sich aus zahlreichen
Messungen, die an anderer Stelle zusammengestellt und be-
sprochen wurden, für den Molekularmagnetismus des wasser-
freien FeClj bei mittlerer Zimmertemperatur (17^
— = 14,2.10-3,
worin x die Magnetisierungszahl der wasserfreien Substanz
und V die Zahl der Grammmoleküle im cm^ bezeichnen. Kommen
auf g g Salz g g Wasser im Kristall oder in der Lösung, und
setzt man die Magnetisierungszahl des Wassers nach dem
Mittelwerte der neueren Bestimmungen gleich
-0,75.10-6,
so berechnet sich die Magnetisierungszahl für wasserhaltiges
oder gelöstes Ferrichlorid
X, = fl4,2- 0,75-^-^)1/. 10-3,
^ \ 9 1000; '
worin 3/= 162,25 das Molekulargewicht des FeCl^ ist. Um-
gekehrt kann man nun, wenn für eine zweite Lösung aus dem
8 A. Heißdweiller,
Verhältnis der Verschiebungen bei gleichem Querschnitt, Ö^
für die Ferrichloridlösung und 8^ für die zweite Lösung, deren
Magnetisierungszahl
^2 — ^1 ^j
bestimmt ist, daraus den Molekularmagnetismus des zweiten
gelösten Salzes berechnen gleich
-^ + 0,75^^.10-3.
y ' ' g 1000
Dieselbe Formel gilt auch für wasserhaltiges festes Salz.
3. Zum Belege für die Brauchbarkeit der Methode seien
einige Beobachtungen angeführt Die ersten beziehen sich auf
die Permeabilität des Nickels in schwachen Feldern, die meines
Wissens noch nicht bestimmt ist. In Ewings bekanntem
Buche ^) findet sich p. 87 die Magnetisierungszahl des Nickels
erst von der Feldstärke 6,5 C.Gr.S. ab angegeben und auch
diese Zahl ist noch ziemlich unsicher wegen des großen re-
manenten Magnetismus (/ = 22 für H = 0), der vom Nickel
mit besonderer Hartnäckigkeit festgehalten wird.
Die Beobachtungen ergaben für einen ausgeglühten Draht
aus Keinnickel von Basse&Selvein Altena, der nach Analyse
von Hrn. F. Rose in Strassburg 1,12 Proz. Eisen und 0,23 Proz.
Graphit und Silicium enthält vom Querschnitte
q — 0,000570 cm' eine Verschiebung d = 241 mm
für einen weichen Eisendraht (abgeätzter Blumendraht)
q = 0,0000241 cm' ') 5 = 495 mm
für einen anderen weichen Eisen draht
q = 0,0000204 cm« •) d = 400 mm
für eine Ferrichloridlösung von 31,0 Proz., v = 2,49.10-3
^ = 7.18 cm* d = 102,8 mm
Daraus ergeben sicli nach obigem die folgenden Werte
der Magnetisierungszahlen x und Permeabilitäten fji=l +4nx:
1) J. A. Ewing, Magnetische Induktion in Eisen und verwandten
Metallen, deutsch von L. Holborn und St. Lindeck, Berlin und
München 1892.
2) Der Querschnitt wurde durch Wägung und spezifische Gewichts-
bestimmung ermittelt.
SelhstinduktionS' und Termeabilitätsverpleichungen.
69
X, = (14,2-0,75. .0,1622)2,49.10-6 = 34,8.10-6.-
Ol
H = 1,000433
för den Nickeldraht, durch Vergleichung mit vorstehendem Werte
für den ersten Eisendraht:
495 7,18.1,275
für den zweiten Eisendraht:
400 7,18.1,275
X =
. 34,8 . 10 -6 = 60,9 lA = 766
2,04.10-5 102,8
Für die Feldstärke bei diesen Versuchen lassen sich nun
allerdings nur Grenzen angeben. Aus den Dimensionen und
der Windungszahl der Spulen berechnet sich die Feldstärke
in ihrem Mittelpunkte zu /^= Uli C.G.S.-Einh., für i Am.
Stromstärke.
Bei den vorstehenden Versuchen betrug die Stromstärke
in jeder der Spulen bei vollständiger Ausschaltung des Unter-
brechers (Wagnerscher Hammer mit Platinkontakt) 0,105 Am.,
die entsprechende Feldstärke in der Mitte der Spulen ist also
F == 11,6 C.G.S.-Einh. — Dies ist aber nur eine obere Grenze,
denn erstens führt der in Gang befindliche Unterbrecher einen
größeren Widerstand ein, zweitens kommt bei den kurzdauern-
den Stromschlüssen infolge der beträchtlichen Selbstinduktion
die Stromstärke nicht voll zur Ausbildung und drittens liegen
die 9,3 cm langen Drähte nur mit ihrem mittleren Teile in
dem obigen maximalen Felde. Die mittlere Stromstärke bei
tätigem Unterbrecher betrug 0,0125 Am., also nur ^s ^^^
obigen.
Aus den Zahlen für die Permeabilität des Eisens würde
man nach den Versuchen von Roessler^j auf eine Feldstärke
von etwa 1,3 C.G.S.-Einh. schließen dürfen.
Das Verhältnis der Permeabilitäten von Eisen und Nickel
ergibt sich nach vorstehendem zu etwa 45 : 1, während es bei
größeren Feldstärken auf bedeutend kleinere Werte (etwa 3,5 : 1)
absinkt.^ —
1)6. Roesslcr, Untersuchungen über die Magnetisierung des
Eisens. Dissertation, Zürich 1892.
2) Vgl. J. A. Ewing, I.e.
10 A, Hej/dweiUer,
4. An zweiter Stelle seien hier einige Beobachtungen an-
geführt über etwaige Änderung des Magnetismus von Eisen-
und Mangansalzen durch Auflösung in Wasser. Diese Frage
ist schon von G. Wiedemann^) und Herrn J. Königsberger^
behandelt worden. Der erstere fand bei Feldstärken, die nach
seinen Angaben auf etwa 10* bis 10^ C.G.S.-Einh. zu schätzen
sind, für Ferrosulfat (krist), Ferrochlorid (wasserfrei), Ferri-
chlorid (wasserfrei) und Manganosulfat (krist) nur geringe Ände-
rungen des Magnetismus bei der Auflösung von etwa 2 — öProz.
und zwar eine Zunahme des Magnetismus; Herr Königs-
b erger dagegen fand bei etwas größerer Feldstärke (2000 C.G.S.-
Einh.) für Ferrosulfat (krist.) eine Zunahme von 50 Proz. und
für Ferrosulfat (wasserfrei) sogar eine solche von 100 Proz. bei
der Auflösung.
Bei den folgenden Versuchen wurde eine abgewogene
Menge g g der kristallisierten Salze fein pulverisiert in mög-
lichst gleichförmiger Verteilung in ein bestimmtes Volumen v
gebracht und die Verschiebung des Schleifkontaktes 8 gemessen,
dann ein abgewogener Bruchteil g^ g des Salzes in g\ g Wasser
zu dem gleichen Volumen v aufgelöst und die Verschiebung S-^
bestimmt. Man ist dann bis auf eine unbedeutende Korrektion
unabhängig von hygroskopischer Feuchtigkeit und von dem
Eristallwasser und kann mit hinreichender Annäherung das
Verhältnis der Äquivalentmagnetismen des Salzes im gelösten
und kristallisierten Zustande setzen
Der Korrektionsfaktor betriflFt das Lösungswasser und er-
gibt sich numerisch aus der vorher mitgeteilten Beobachtung
an der Eisenchloridlösung. Ist das spezifische Gewicht s der
Lösung bestimmt, so kann man auch setzen
— ^ S — ~" .
V V
Die nachfolgende Tabelle gibt eine Zusammenstellung der
für sechs verschiedene Salze erhaltenen Resultate. Die Salze
1) G. Wiedemann, Pogg. Ann. 126. p. 1. 1865.
2) J. Königsberger, Wied. Ann. 66. p. 698. 1898.
Selbstinduktions' und Pennedbilitätsvergleichungen, 11
waren sämtlicb rein (von Marquart in Bonn), kristallisiert
und vor den Versuchen einige Tage im Exsikkator getrocknet.
FeCl, 4 H,0
FeCI,6H,0
FeSOi 7H,0
67,86
71,87
54,62
78,70
Fe,(804)5 6H,0 i 68,80
MoCl, 4H,0
MdSO« 4H,0
93,71
86,71
179,0
39,81
106,7
162,2
45,85
102,7
93,0
21,04
35,1
139,5
20,83
34,6
157,1
|33,37
128,60
64,2
64,2
231,0
43,39
107,4
269,7
46,26
145,5
s
xjx
1,816 19°
1,03 P)
1,312 16,5**
1,006
1,160 25°
1,035»)
1,184 2V
0,968 «)
1,331 14,5<>
0,867 •)
—
1,015*)
1,402 2V
1,022
1,842 17°
1,021
In den meisten Fällen scheint also, wie auch beiG. Wiede-
manns Versuchen, eine geringe Zunahme des Magnetismus bei
der Auflösung einzutreten.
Die Änderungen sind aber klein und können auf Versucbs-
fehlem beruhen, insbesondere auf ungleicher Verteilung der
pulverisierten Salze im Volumen; eine Ausnahme bildet die
Lösung des Ferrisulfats im Wasser, beider, wieschonG. W lede-
rn ann nachwies, die hydrolytische Spaltung eine erhebliche
Verminderung des Magnetismus bedingt; die Verminderung
fallt weg, wenn die Hydrolyse durch hinreichenden Säurezusatz
beseitigt wird.
Die von Hrn. Königsberger beobachtete starke Ände-
rung des Magnetismus durch Auflösen bei größeren Feldstärken
bedarf noch der Bestätigung; ihr würde eine starke Abhängig-
keit der Magnetisierungszahl des festen Ferrisulfats von der
Feldstärke entsprechen, die nicht wahrscheinlich ist^j
Es sei noch hervorgehoben, daß man bei den Versuchen
auf das peinlichste für Vermeidung störender Induktions-
wirkungen durch Nähe von Eisenteilen, durch Wirkung der
1) Bei Zusatz von Säure trat keine erhebliche Änderung ein.
2) Gelöst in Wasser.
3) Gelöst in 4proz. Schwefelsäurelösung.
4) Gelöst in 12proz. Schwefelsäurelösung.
5) Für Feldstärken zwischen 6000 und 10000 C.G.S.-Einh. ist nach
Hrn. St. Meyer (Wied. Ann. 69. p. 257. 1899) die Magnetisicrungszahl
des kristallisierten FeSO« nahe konstant.
12 A. IleydtoeiUer. Selbstinduktioru^ v. Permeahilitäitver gleich,
Stromzuleitung auf die Brückenzweige und das Telephon etc.
achten muB.
Auch muß die Auswechselung der Substanz zwischen den
beiden Spulen öfter wiederholt und in schneller Folge geschehen,
um kleine Änderungen der Selbstinduktion durch Temperatur-
schwankungen und dergleichen unschädlich zu machen.
Über weitere Beobachtungen, nach dieser Methode ist an
anderer Stelle berichtet^)
Münster i. W., Physika! Inst. d. Universität, Mai 1903.
1) Ann. d. Phys. 12. p. 608. 1903.
(Eingegaugen 4. Juni 1903.)
13
3. Sar la stabilit^
ölectriqne d'un milieu homogöne et illimitö.
Par P. Dohem k Bordeaux.
Introduotion.
Dans le c6lebre Memoire oü il a d6velopp6 les lois de la
propagation de r6lectricit6 au sein des milieux immobiles ^],
Helmholtz s'est propos6, tout d'abord, de gönöraliser Tex-
pression du Potentiel 6lectrodynamique d'un Systeme. Cette
expression, il l'a donn^e sous une forme qui comprend comme
cas particuliers les formules employ^es par ses prödöcesseurs,
tels que F. E. Neumann, W. Weber et Maxwell. Ces
diverses formules correspondent ä autant des valeurs distinctes
attribu6es ä une certaine constante numörique K que Helm-
holtz laisse ind6termin6e.
L'indötermination de Ky toutefois, ne reste pas absolue;
des consid^rations relatives ä la stabilitö de l'^quilibre 6lec-
trique permettent de la restreindre.
Voici, en effet, une premi^re proposition que Helmholtz
a d^montröe:
Si la co7istante K est nulle ou positive, l'equilibre electrique
est assurement s table sur un corps immobile , doue de conducti-
bilite, mais denue de pouvoir magnetique et de pouvoir dielec-
trique, et place dans uii champ electrique donne.
Plus tard, nous avont g6n6ralis6^ quelque peu Tanalyse
de Helmholtz et 6tabli la proposition que nous allons 6noncer:
Considerons un ensemhle de corps immobiles, qui peuvent
etre dielectriques et magnetiques et dont les uns sont doues de
conductibilite electrique, tandis que les autres en sont depourims;
1) H. Helmholtz, Borchardt's Journal 72. p. 57. 1870; Wissen-
scham. Abhandl. 1. p. 545. 1882.
2) P. Duhem, Annales de la Facult^ des Sciences de Toulouse
10. 1896.
14 P. Dukem.
si la constante K n^est pas negative] st en outre, le coefficient
de Polarisation dielectrique s et le coefficient de polarisation ma-'
gnetique & ne sont negatifs pour aucun des corps qui composent
le Systeme, tequilibre elecirique, dielectrique et magnetique est
sürement stable lorsque Ton maintient ce Systeme dans un champ
electrique et magnetique donne,
Qu' axrive-t-il lorsque la constante K a une valeur nega-
tive? Est il permis d'affirmer que sur un conducteur immobile,
r^quilibre 6lectrique est instable? Pour r^pondre k cette
question, Helmholtz a analys^ ^) les courants ^lectriques
engendr^s dans une Sphäre par les petites vibrations d'une
couche 6lectris6e concentrique a cette sphere; il a montr6 qu'en
supposant A' nögatif, on pouvait engendrer des courants dirigös
suivant les rayons de la sphere et qui ne demeurent pas tres
petits ; il en a conclu que les valeurs negatives de K devaient
etre, en g^n^ral, rejet^es comme entralnant Finstabilit^ de
r^quilibre 6lectrique sur un conducteur immobile.
L'analyse de Helmholtz prete a quelques objections;
il en est une que nous voulons signaler en peu de mots.
Si, sur un Systeme m6canique en öquilibre stable, on fait
agir une action perturbatrice ext^rieure tres petite et p^riodi-
que, il peut fort bien arriver que, malgr6 la stabilit^ du
Systeme, cette action y engendre ä la longue une perturbation
finie; c'est ce qui aura lieu si Taction a pr6cis6ment pour
Periode une des p6riodes propres du Systeme. La possibilit^
d'imposer a un Systeme une modification finie au moyen
d'une perturbation ext6rieure p6riodique et tr^s petite n'est
donc pas un sür indice que le Systeme soit en öquilibre
instable.
Nous pensons donc qu'il y a quelque int^ret k examiner
de nouveau le problöme pos6 par Helmholtz et ä en chercher
la Solution par des proc6d6s analogues a ceux dont M. Lia-
pounoff ^ a fait usage dans Tötude de la stabilit^ m^canique.
JS^ous considererons un milieu homogene, isotrope, illimite, sous-
trait ä Faction de tout champ electrique ou magnetique autre
1) H. Helmholtz, 1. c.
2) M. Liapounoff, Le problöme g^ueral de la stabilite de mouve-
inent (en russe), Kharkow, 1892; Journal de Math^matiques 5« S^rie.
3. p. 81. 1897.
Sur la stabilite electrique.
15
que ceux qv!il engendre lux mime et dont les regions infinhnent
eUngnees sont maintenues ä Vetat neutre; nous supposerons ce
miUeu conducieur et non dielectrique , ou bien dielectrique et non
emiducteur; nous montrei'ons que si la constante K etait negative y
tetat neutre ne pourrait Stre, pour un sembldble milieu, un etat
cPequüibre stähle; en outre, dans le cas oü le milieu est dieleC'
trique, il en serait encore de meme si le coefficient de polarisation e
etait negatif; cette demiere conclusion betend aux müietix di--
eleetriques qui sont, en outre, conducteurs.
§ 1. Milieu oonduoteur et non dielectrique.
Si nous conseryons les notations de Helmholtz^ nous
trouvons sans peine que les composantes u, v, w, du flux de
conduction en tout point d'un milieu conducteur, qui peut
etre magn^tique^ mais qui n'est pas dielectrique^ y^rifient les
trois öqnations aux d^riv^es partielles
(1)
dt "^ K dx
dy
dx
)
+
4nn + in») d
(
xK
4 71 il« (1 H- 4 71 />) ö* u
dudvdw
dx \ dx dy d x
)
= 0,
dt
X df"
d Ar 1 + 4 TT 1^^ K^ ö» Idu
■^ K dy^dt\
4 71 (1 + 4 71 ^) d
X K d y \d X ' dy
4 7r il* (1 + 4 71 ^) d*j
x' ' ö>
d
dv d w
dx dy dx
■)
+
) (du dv^ d
y [dx ^ ^- ^
:)
= 0,
d Jtc l + 4 71 d^ — K
~dT ^ K dx
* Idudvdw
+
4 71 (1 + 4 71 ^) d
X \dx
xK d
4 7i^«(l + 4 7r^) d^w
X dt''
dy
_,dvd
"^ dy "^ ö
dx
)
f)
= 0.
Si Doufl posons
(2)
^ du , d V , d w
ox dy dx
16
P. Duhem,
cette quantit^ v6rifiera l'^quation aux döriv^es partielles
^^) 4.nA^K dt ' A^K
tandis que chacune des quantit^s
di*
(4)
^1 = 4^
1 By
dv
dz
d w
2 dx dx
d u
dy
vÄriiie r^quation aux d6riv6e8 partielles
(5)
Considörons un volume tini qu'une surface ferm6e S d6-
coupe au sein du milieu; soit d(o un 6l6ment de ce volume
et formons les expressions
(6)
(7)
oü
d (ü ,
& =
Nous aurons
dt
(8)
dU
d
dV
^ = 2fj0J&dfü,
dS" 6 6
" - ^/(
bx dx
+ ~dY ~dy + -dV -T^j '^® '
ou
&' =
d^ß
dt*
Mais, en vertu de T^galit^ (3), Tögalit^ (9) devient
J^ oC\( « dAS' . 1 dAe\de' ],
+ . . . d^signant deux termes qui se d6duisent du terme expli-
citement 6crit en permutant x, y, z.
Sur la ttabüite iUctriqtie.
(/'ette 4galit4, k son tour, peut s'öcrire
17
(10)
11 ^tant la normale ä relöment dS vers Pint^rieur du volume
qu'enserre la surface S.
Les 6galit6s (8) et (10) donnent
(11)
-^^- = 2f{J0')^doi + 2fj0J0"dm.
tPV
dt*
(12) { ^J^ßj&)idro
dtJ\i7iA*h A*K I dn
Moyennant r6galit4 (3), ces 6galit^s (11) et (12) deviennent
(13) "^.-^ = 2ßAerda. + 2/(j-„-^,^- JJ0'+ Jj.AJe)j0d<o.
(14)
d* V
dt*
(ü
Une nouvelle transformation remplace les ^galit^s (13)
et (14) par les ^galit^s
;i5;
ÖJ(9' 1 dJG\d AS^
dx "^ A^K dx) dx '^'
(Iro
-'iL
IV.lt Jtmann-Fej»t.«rhr1ft.
A'K an A^ K o n )
2
18 P. Duliem.
(16)
''''' = -Jj^J{^(i?dro
dt*
inA*K dx ^A*K dx
Imaginons maintenant que la surface S soit une sphere
de rayon r, ind^finimeiit croissant, ayant pour centre Torigine
des coordonn^es; imaginons aussi que, quel que soit t, les
composantes «, t?, w du flux de conduction et leurs döriv^es
de tous ordres par rapport a t s'annulent k Finüni comme des
fonctions potentielles ^lectrostatiques; nous entendons par
la que
du d^u
"' dt ' dt^ ' ' "'
du du du d^u
^'~dx' ^' dy ' ^'Tx' ^'dVdi''"'
o d^u o d'^u 9 d*u
f*i 7'" 9'
dx'' ' dxdy' " ' dx^dt ' " '
tendeut vers 0 lorsque la distance r du point {x, y, z) k
Torigine crott au delä de toute limite. Nous pourrons, aux
seconds membres des 6galit6s (8), (10), (15) et (16), supposer
(lue les integrales (jui renfennent r^l^ment d(o s'^tendent ä
Tespace illimit6, tandis que les integrales (jui renferment Tel^-
ment dS s'annulent.
Ces pröliminaires pos6s, supposons que K soit negatif et
voyons si le milieii illimite peut etre en equilihre stable lorsqu'il
Ti'est le siege d'aucun courant.
Considörons, pour ce milieu illimitö, la somme, essen-
tiellement positive,
(17) ^'=^'-WK-
Si l'equilibre initial du milieu, supposö sans aucun flux
de conduction, etait stable, on pourrait imposer aux valeurs
absolues initiales de u, v, w, dujdt, dvjdt, dwjdt, des
Sur la stabüite electrique.
19
limites supörieures telles que W ne pourrait surpasser k aucun
moment une (^uantit^ positive Fj arbitrairement choisie d^avance.
Or, les ^galit^s (8) et (10) donneraient
tandis que les 4galit6s (15) et (16) donneraient
(19)
^ A*K*J \\ dx
+
+
(
(
e
dy
(O
+
X dJ^\a
)
+
4n dx
4n d y
dAS y _>^dA
dx "^ 4 7f
y
^)']
da) .
Les valeurs initiales de w, r, w, dujdt, dvjdt, dwidt
8ont assujetties seulement, jusqu'ici^ k demeurer införieures en
yaleur absolue k certaines limites donn^es; rien n'empeche de
prendre, k l'instant initial ,
du iN« d V «a d w iNo
Ä^ 6tant une quantitö, indöpendante de x, ;/, r, qui pourra etre
prise aussi petite que bon nous semblera. L*6galit6 (18) de-
viendra alors
(20) (^1= - ii^/M 0of ^« - 2;li./(^®o)^''--
Nous pourrons toujours, en premier lieu, choisir les valeurs
initiales de u, v, w, de teile sorte que JOq ne soit pas nul
dans tout Tespace; nous pourrons ensuite choisir X^ si petit
que Texpression (20) de {dWjdt\ ait le signe de son premier
terme, qui est positif.
[diridt\ 6tant positif et, selon Tögalit^ (19), d^^jdt^ ne
pouvant jamais devenir nögatif, H^ croltra indöKniment avec t;
il ne pourra donc pas demeurer sans cesse inftrieur. a P.
Donc r^tat neutre de notre milieu illimit6 ne saurait etre un
^tat d'^quilibre stable.
2*
20 P. Duhem.
§ 2. Milieu dieleotrique et non oonduoteur.
Les 6quation8 qui r^gissent les composantes ^c, t), g de la
Polarisation di^lectrique ont 6t^ donn^es par Helmholtz ^);
ce sont les suivantes:
(21)
ilÄ-
^E
■^ 47iA«iCe(l + 471^^) dx\dx "^ öy "^ dxj'
dt* 4nA*6(l + 4t7i&) ^
(1 + 4 7r^^)(l + 47re)-iC a / g jC Ö^ a^X
ö«^ ^ 1 _ .
ö^* VnÄ*ei,l +4 71^) *
La quantit^
v6rifie alors, en tout point du milieii, Tögalitö
(23) ö7' =4.^'JfH®'
tandis que chacune des trois quantit^s
(24) Q, = 1^ - 1"^, a = 1^ - f* , ßa = f- - X-
v6rifie T^galitö
(^^) ^ t* ^Tn ÄÜJl -Ta nit) ^ ^ •
Supposons que, quel que soit t, les quantit^s j, t), j et
leurs d6riv6es de divers ordres par rapport :i t soient nuUes
k rinfini comme des fonctions potentielles. Considörons les
quatre expressions
26) U=[[Aefd(ü,
1) H. Helmholtz, 1. c, öquations (21c).
Sur la stabilite ilectrique.
21
m ^ - j\(^h (Wf * m
dOD y
(28)
(29)
F^j{AQfd(D,
(?
d ro ,
oü les integrales s'6teiident au milieu illimit^.
En tenant compte des ^quations (23) et (25)^ et en suivant
une m^thode semblable ä celle qui nous a foumi les ^galit^s (8)
et (10), nous trouverons
(30)
(31)
(32)
(33)
da
dt
2n A^ eil + An\f) J
En raisonnant ensuite comme nous Tavons fait pour ob-
tenir les 6galit6s (15) et (16), nous obtiendrons les 6galit6s
(34) !
do}
YnÄ^KeJ [\dx ) "^ [ dy ] ^\ dx ]
dro ,
(35)
J dt* 2nÄ*KeJ ''^^' "
07
(36)
+ 2 (i,^J
6
2
öx
flfw,
6^07
27r^«fl(r+47F^)J W dx ) "^y dy ) '^[
dx
d(o,
22 P. Ihthem.
(37)
hr.^fi^^r''
'^dt = - -2n^«.(l-— "^ «'•«'"
+ ... ?__ _
-tTMtf-Mi^)y-
Ces pröliminaires pos^s, montrons tout d'abord que le
milieu ne pourrait etre en ^quilibre stable lorsque jr, t), } sont
nuls partout, dans le cas oü le coefticient de polarisation di-
61ectrique 6 aurait nne valeur negative.
A cet effet, consid^rons Texpression
(88) H^G^^ -^, ^ (F+T^^) '
expression qui ne saurait etre negative lorsque e est n6gatif.
Si l'öquilibre du Systeme 6tait stable, on pourrait limiter
sup^neurement les valeurs absolues initiales de
r ti X ^-^ ^^- ^^
^' ^^' 0' dt' dt' ei
de teile sorte que II ne sur])as8e, pour aucune valeur de <,
une quantit6 i)08itive F arbitrairement donnöe d'avance.
D'autre part, les 6galit6s (88), (32) et (33) donneraient
tandis que les 6galit6s (38), (36) et (37) donneraient
(40)
\-,.^Ji^^)'''-
dcj.
l / I (dJSiV . IdASiV . ldASl\^
Sans outrepasser les limites impos6es aux valeurs abso-
lues initiales de j, ^, j et de leurs d6riv6es i)ar rapport k t,
nous pourrons toujours prendre, pour ^ = 0,
Tt " ^' 'dt " 9> ßf - ^ hf
A^ 6tant une quantit6 ind6i)endante de x, y, r; nous pourrons
aussi faire en sorte qu^'i Tinstant ^ = 0, J ß ne soit pas nul
dans tout le milieu; la valeur initiale de dlljdt sera alors,
Selon Tögalitö (39), sürement positive. D'ailleurs, selon T^galit^ (40),
(PJ/jdt^ ne sera jamais n^gatif. D^s lors, // croitra au
Sur la stabUite elcctrique, 23
dela de toute limite avec t et ne pourra demeurer toujours
införieur k P, conclusion incompatible avec la stabilitö attribu6e
au milieu.
Le milieu devant etre di^lectrique^ nous ne pourons attri-
buer ä € la valeur 0. Nous sommes donc coniramts de supposer
desormais que s est positif.
Nous allons prouver maintenant que, si K 4tait u^gatif,
le milieu ind^fini, ramenö ä l'ötat neutre, ne saurait etre en
öquilibre stable.
Considerons, h cet efFet, la fonction
(41) r=r-(V^?#^
qui, en vertu des ^galit^s (26) et (27), ne peut jamais etre
n^ative si Ton suppose 6 positif et K n^gatif.
Si le milieu 6tait en 6quilibre stable, on pourrait limiter
sup^rieurement les valeurs absolues initiales de
dl dt) öj
h 9^ Ji
dt ' dt' dt
de teile sorte que W^ demeure, quelque seit t, inf6rieur a une
limite positive arbitrairement choisie P.
D'ailleurs les 6galit6s (30), (31) et (41) donneraient
taudis que les 6galit6s (34), (35) et (41) donneraient
(d^ W 1 + 47re C, ^r^^^
1 +471J \» Wi^^y .l^^^y ,ldAj)V
^ ^2nA^Ke] / l dx ] "^l dv) "^ l dx
do).
A rinstant ^ = 0, nous pourrons toujours prendre
dt -^^' dt ^ ^' dt" *'
/.* ^tant ind^pendant de x, y, z, et faire en sorte quo A (') ne
soit pas nul dans tout le milieu; alors, selou T^galitö (42), la
valeur initiale de dWjdt sera sürement positive.
D'autre part, selon Tögalitö (43), d^ ]f jdt^ ne sera n^gatil'
pour aucune valeur de t
24 P. Duhem.
W croltra donc au delä de toute limite avec t\ il ne
pourra demeurer toujours införieur ä P et l'öquilibre du Systeme
ne pourra etre stable.
Le Th^orfeme 6nonc^ est ainsi d^montrö pour tous les
milieux di6lectriques d^nu^s de conductibilitö.
§ S. Milieu a la fois oonduoteur et dieleotrique.
Supposons maintenant que la r^sistance 61ectrique x du
milieu ne soit pas infinie et qu'en meme temps^ le coef&cient
de Polarisation di^lectrique 6 ne soit pas 6gal k 0; provisoire-
ment, nous laisserons ind6termin6 le signe de ce demier
coefficient.
Dösignons par X, J, Z les composantes du champ ölectri-
que total; les m^thodes de Helmholtz montrent sans peine
que -I, r, Z vörifient les trois ^quations suivantes:
dt* AnAU{l'{-4nW)dt'^ex d t^
_ (1+4^ e)a fjTi ^l^^ J^S^ 1__ d^ __ 0
4nA''6Kil-hin&) dxdt Ä'eKxdx "^ '
dt* 471 AU (1 + 47i:>) dt '^ ex'dt^
_ (1 + 471 e)(l + in &) -A: d*e ^ ^^—0
4nAUK{l ■\^ 4n&) dydt ÄÜKxdx"'
dt* 4nA^e{\~+ 471 S-) dt "^ ex d t^
_{l^+j4^ne)ilj' 471^)- K d^e _ 1 dß^^
47iAUK{l-{-47i&) dxdt i^e^xö»""'
6quations dans lesquelles on a pos6
fÄK\ n öX ^ dY dZ
(45) 0 = -jr- + ^ h ^ - .
^ ' dx dy dx
Cette quantit^ 0 v^rifie, en tout i)oint du milieu, T^ga-
lit6 suivante:
^ ^ dt^' 4nA''eK dt '^ AUKx^^'^ ex d t^ '
tandis que chacune des trois expressions
(47) 0,=.^-'/-, i2, = '/-i^, fi3 = V'-^/,
^ ' ^ oy dx' ^ dx dx' ^ dx dy'
(44)
Sur la stabilite electrique.
25
YÖrifie^ en tout point du milieu, r^qaation
(48)
d^Sl
dt^ 4nÄ*8(l + 4n&)
Jß-
J_dß
ex dt '
Supposons que les quantit^s X, ¥, Z et leurs d6riv6e8 de
tous ordres par rapport ä t s'annulent ä l'infini de la meme
maniere qu'une fonction potentielle.
CoDsidörons^ tout d'abord, les deux expressions
(49)
(50)
F = J{ASti*d(o,
-/[(??)■+ ftfT + ftf)>
G
(O
DU les integrales s'^tendentä. l'espace illimit^; en faisant usage
de r^quation (48) et en suivant la m^thode qui nous a donn^
les 6quation8 (8) et (10), nous trouverons
(51)
(52)
dF
dt
idO
dt
=^2jA£iASXd(o,
+ f. Jim)' + mr + m
d(o
Un raisonnement semblable ä, celui qui nous a donnö les
^galit^s (15) et (16) nous foumit ensuite les ^galit^s
((PF
dt
(53)
= 2 /( J ßO*
d(o
1 rr/^'^v . föjßy
+
(
dASlV
dx
d(ü
- Mi
dJSi dSi' , dASidSi' , dJfidSi'\ ,
)
26
P. Duliem.
(54).
d^
271 ^»e(l
}vAn;^)f^^''f^
(ü
+
[471 ^'e(l
^\ dx )
d(o
+
6 1 Hd jsid sr
471 il«e(l + 47il^)exJ [ dx dx
+
. +
+
4 r\(dS2,'y
e^x^J [dx)
+ i %':-)' + mr
dAn,d_Sr
dy dy
dASldSl
dx dx
)
d(ü
Ces formales vont nous permettre d'ötablir le Theoreme
suivant:
Si 6 6tait n^gatif, le milieu, entierement ä Y€tsi neutre,
ne serait pas en ^quilibre stable.
Consid^rons, en eflfet, Texpression
(55)
B= G-
F
-!
An A^6{\ + 471 ^^)
('afT
d(x)
4nA^6(l+4nx^)J^ '
Si 6 est n^gatif, cette expression ne peut jamais etre nega-
tive. Si l'on observe, d'autre part, que Ton a
(56)
Y =
Z =
h
Z = XW y
on voit que la stabilitö du Systeme exigerait que Ton püt
limiter les valeurs absolues initiales de f, l), ^, u, r, w et de
leurs d6riv6es par rapport a t, de teile sorte que, quel que
soit t, H demeurät införieur a une limite positive arbitraire-
ment tix6e d'avance P.
(57)
Sur la stabilite electrique, 27
Or les 6galit68 (55), (51), (52) donnent
dt nÄ*e(l
taDdis que les 6galit6s (55), (53) et (54) donnent
d*H _ 1 r
(58)
Q>
iHf ^
j\[4nÄ*B{\ +4n
+
471 il*8(l + 47r ^) dy ex dy
^1 dASi
47iil«a(r+ 471^) dx
£X d» J '
Sans transgresser les limites imposöes aux valeurs absolues
initiales de jr, ^, j, nons pourons faire qne, pour / = 0, A ii
ne soit pas nul en tout point du milieu; nous pourrons, en
outre, prendre, k ce meme instant,
Ti?'"^'^' öT"""^^' öT""^*'
}? 6tant une quantitö indöpendante de x, y^ z\ nous avons alors
trois ögalit^s qui entrainent
Selon Tögalit^ (57), la valear initiale de dHfdt sera süre-
ment positive.
Selon Tögalitö (58), cPUjdt^ ne peut etre que positif ou
nul, si € est n^gatif.
Donc, dans le cas oü c est n6gatif, H croitra au dela
de toute iimite avec tj tandis que la stabilitö du milieu exi-
gerait que cette quantit^ ne surpassät pas P,
Le Th Porome 6nonc6 est donc dömontrö.
Bordeaux, 4. Juin 1903.
(Eingegangen 9. Juni 1908.)
28
4. Notiz Aber die Vergleichung
des Meters mit der Wellenlänge des Lichtes.
Von O. Ohwolson in St. Petersburg.
Ich möchte mir erlauben, einer kurzen Notiz zu der be-
kannten schönen Arbeit Mich eis on 8 ein paar Worte über den
Genauigkeitsgrad physikalischer Messungen vorauszuschicken.
Es sei X der wahre, mathematisch absolut genaue Zahlen-
wert einer zu messenden physikalischen Größe. Eine mehr
oder minder große Anzahl von Ursachen, die wir Faktoren
nennen wollen, üben während der Messung einen solchen Ein-
fluß aus, daß wir direkt, d. h. vor Einführung der sogenannten
Korrektionen, statt der gesuchten Zahl x eine andere Zahl x^
erhalten. Die wahre Kunst des Experimentators besteht darin,
von dem gefundenen x^ zu einer solchen Größe x' überzu-
gehen, welche dem gesuchten x möglichst nahe kommt Zu
diesem Zwecke müssen jene Faktoren aufgesucht und ihr Ein-
fluß auf das Resultat der Messung bestimmt werden. Den
auf diese Weise erreichten Genauigkeitsgrad können wir aus-
drücken, indem wir sagen, daß die gesuchte Größe genau be-
stimmt sei bis auf ein n-tel ihres Wertes, oder daß der Fehler
sicher ein n-tel dieses Wertes nicht übersteigt; in Zeichen
hätten wir
af - X 1
X n
Es ist jedoch mehr üblich, die erreichte Genauigkeit durch die
letzte noch sichere Dezimalstelle zu charakterisieren, d. h. statt
jenes n eine Potenz der Zahl 10 anzugeben. Wir setzen
daher
±^<io-«,
X
wo also jetzt diese Zahl n den Genauigkeitsgrad der Messung
charakterisiert
Vergleich des Meters mit der Wellenlänge des Lichtes, 29
Die Faktoren, welche während der Messung eine Bolle
spielen, lassen sich in Gruppen teilen, von denen wir folgende
drei ausschließen wollen:
a) Unmöglichkeit, die bei der Messung vorkommenden
„Ablesungen'^ am Instrument mit absoluter Genauigkeit aus-
zuführen.
b) Subjektive oder „persönliche" Fehler, die in den physio-
logischen oder psychologischen Eigenschafben des Experimen-
tators begründet sind und eine gleichmäßig bestimmte Richtung
besitzen.
Kurz gesagt, wir setzen voraus, daß der vom Instrument
angegebene Zahlenwert mit absoluter Genauigkeit gefunden
werden kann. Durch Häufung der Beobachtungen, Wechsel
der Richtung etc. lassen sich ja die direkten Ablesungsfehler
in vielen Fällen tatsächlich beliebig verkleinem.
c) Fehler in den benutzten Grundmaßen wollen wir eben-
falls als nicht vorhanden annehmen. Ein z. B. als Ohm an-
gegebener Widerstand oder eine als Kilogramm angegebene
Masse sollen also wirklich diesen Einheiten entsprechen, wenn
der als Bedingung angegebene physikalische Zustand vorhanden
ist Dagegen gehören die bei anderen physikalischen Zuständen
eintretenden Änderungen der Maße zu der zweiten, wohl zu
beachtenden Gruppe von Faktoren, die wir gleich anführen
wollen, da es sich dann um einen äußeren Einfluß auf das
Meßinstrument handelt. Zu derselben Gruppe von Faktoren
gehören auch Fehler in der Bestimmung des gegenseitigen
Verhältnisses der einzelnen Stücke eines „Satzes" von Maßen,
also etwa der einzelnen Widerstände eines Rheostaten, der
Stücke eines Gewichtssatzes, der Teilungen einer Geraden oder
eines Kreises etc., denn hier handelt es sich um Faktoren,
die von den Eigenschaften des Meßinstrumentes abhängen.
Indem wir also die Gruppen a, b und c als nicht vor-
handen annehmen, sollen weiterhin als „Faktoren" nur die
folgenden zwei Gruppen bezeichnet werden:
1. Physikalische Ursachen, die den Zahlenwert x der zu
messenden Größe modifizieren, z. B. bei einer Wägung der
Einfluß der umgebenden Luft, elektrischer oder magnetischer
Kräfte etc.
30 0, Chwohon,
2. Faktoren, die von den Eigenschaften de» Meßinstru-
mentes abhängen, und zwar erstens von UnvoUkommenheiten
der inneren Einrichtung desHelben, zweitens von physikalischen
Einflüssen auf diese oder jene Teile des Instromentes.
Diese zwei Ghruppen von Faktoren sind es vor allen, auf
die es ankommt, wenn die Korrektionen eingeführt werden,
um von der direkt erhaltenen Zahl x^ zu einer dem x mög-
lichst nahen Zahl x' zu gelangen.
Jedem Faktor entspricht eine gewisse Zahl n, d. h. eine
Dezimalstelle, bei welcher dieser Faktor fühlbar wird; soll
also der Genauigkeitsgrad n erreicht werden, so muß der
Einfluß des betreffenden Faktors untersucht und eliminiert
werden. Umgekehrt entsprechen jedem n eine gewisse Anzahl
m von Faktoren. Wir können also setzen
m =f{n)\
die Anzahl der fühlbaren , also zu untersuchenden Faktoren
ist bei jeder Messung eine von der Art der letzteren abhängige
Funktion des zu erreichenden Grenauigkeitsgrades n. Bei
kleinem w (= 1 oder 2) kann bei einigen Messungen m =« 0
sein, d. h. wir können x^ = x setzen. Mit wachsendem n
wächst auch m.
Vielleicht bietet einiges Interesse die Frage, welchen Wert
m erreicht, wenn n = oo gesetzt wird, d. h. wie groß wohl die
Anzahl der Faktoren sein müßte, weon man absolute Genauig-
keit erreichen wollte, wobei letztere in dem oben genau
definiei'ten Sinne zu verstehen ist, d. h. also bei Nichtberück-
sichtigung der unter a, b und c angeführten Umstände. Eis
erscheint doch wohl als wahrscheinlicher, daß fiir n = oo die
Zahl m in allen Fällen endlich bleibt.
Praktisch würden wir es aber bei w = oo stets mit einer
unendlichen Anzahl von Faktoren zu tun haben und zwar aus
folgendem Grunde. Es habe zuerst n einen endlichen Wert,
dem die Anzahl m von Faktoren entspricht. Jeder dieser
B'aktoren muß mit einem gewissen Genauigkeitsgrad Wj be-
stimmt werden, der sich auf bekannte Weise bei gegebenem n
für jeden Faktor berechnen läßt, wobei wohl stets n^ < n sein
wird. Um die Genauigkeit n^ zu erreichen, muß eine gewisse
Anzahl m^ von Faktoren mit einer Genauigkeit w, gemessen
Vergleich des Meters mit der Welleiüänge des Lichtes, 31
werden, wobei wiederum n^ < n^ ist etc. Wir gelangen auf
diese Weise, oft sogar sehr schnell, zu so kleinen Werten von
n., daß ihnen m^ = 0 entspricht. Die Gesamtzahl aller zu be-
rücksichtigenden Faktoren bleibt also eine endliche. Ist da-
gegen n = cx) , so müssen offenbar alle n^ = oo sein und wir
hätten niemals m. = 0; die Anzahl der Faktoren wird unend-
lich groß. Dabei würden wir wahrscheinlich auf zahlreiche
circuU vitiosi stoßen, indem sich unter den Faktoren m^ solche
finden werden, welche bereits früher für ein kleineres i auf-
getreten waren.
Bei den allermeisten Messungen ist ein hohes n nicht zu
erreichen, weil sich nicht alle Faktoren m^ mit den notwendigen
Genauigkeitsgraden n. bestimmen lassen.
Will man bei einer Messung einen gewissen Genauigkeits-
grad n erreichen, so wird man selbstverständlich alle bekannten,
d. h. bei dem augenblicklichen Stande der Wissenschaft bereits
entdeckten Faktoren in Betracht ziehen. Je größer aber n
sein soll, um so größer ist die Möglichkeit, daß unbekannte^
überhaupt noch nicht entdeckte Faktoren auf die betreffende
Dezimalstelle einen Einfluß haben, um so berechtigter wird
der Zweifel sein, ob wohl der angegebene Genauigkeitsgrad
n auch wirklich erreicht ist. Gerade die letzte Zeit hat uns
ja hierin manche Überraschung gebracht. So hat die Ent-
deckung der Radioaktivität uns ein Pförtcben geöffnet in ein
neues Gebiet von Erscheinungen, dessen Umfang und Bedeutung
sich vorläufig auch nicht annähernd schätzen lassen. Ein
anderes Beispiel bietet die in letzter Zeit erörterte Möglich-
keit, daß die linearen Dimensionen der Körper von dem Winkel
abhängen, den sie mit der Bewegungsrichtung im Räume bilden.
Hierher gehört auch die bis jetzt unerledigte Frage, ob das
Gewicht eines Körpers gleich ist der Summe der Gewichte
seiner Teile und manches andere.
Ich möchte mir erlauben, an einem Beispiel auf das
mögliche Vorhandensein eines bisher unbeachteten Faktors
hinzuweisen. Es handelt sich um Michelsons Vergleich des
Meters mit den Wellenlängen von drei Kadmiumlinien.
Die rein experimentelle Seite dieser Arbeit lassen wir un-
berührt. Wir wollen annehmen, daß die rote Linie absolut
homogen sei, was ja nach den neuesten Untersuchungen von
32 0, Chwohoru
Lummer nicht der Fall ist Wir wollen femer annehmen,
es seien alle Faktoren^ und zwar mit solcher Genauigkeit be-
stimmt, daß man die Länge des Meters in Wellenlängen X
der roten Eadmiumlinie bis auf 0,2 ju als festgelegt betrachten
darf; dies würde etwa 0,33 X entsprechen. In Wirklichkeit
dürfte die Genauigkeit eine 4 — 5 mal geringere gewesen sein.
Wir nehmen aber an^ es sei derjenige Genauigkeitsgrad er-
reicht worden^ welcher gegenwärtig bei der Vergleichung der
internationalen Meterstäbe erreicht wird und dieser ist eben
gleich 0,2 ju.
Unsere Bemerkung bezieht sich auf die ideelle Seite jener
Arbeit: es sollte durch den Vergleich des Meters mit dem X
die Länge des Meters für immer festgelegt werden^ so daß
man säkulare Änderungen in der Länge der Metermaße durch
neue Vergleiche mit demselben X entdecken oder im Falle
eines Verlustes der Urstäbe die Länge des Meters von neuem
herstellen könnte. Soweit die bis jetzt bekannten Faktoren
in Frage kommen^ könnte man behaupten^ daß der Vergleich
des Meters mit X wirklich diese große Bedeutung hat, auf
welche ja so häufig hingewiesen wurde. Es scheint aber^ daß
bei näherer Betrachtung doch einige Zweifel entstehen können.
Die mit der Zeit vielleicht sich ändernde Länge der ur-
stäbe wird ein flir allemal mit der Wellenlänge X verglichen.
Wer bürgt aber dafür, daß X eine in Raum und Zeit unver-
änderliche Größe ist? X hängt ab von der Schwingungszahl
N und von der Lichtgeschwindigkeit v. Wir haben vielleicht
genügenden Grund zur Annahme, daß N unverändert bleibt.
Dagegen könnte v wohl eine in Raum und Zeit veränderliche
Größe sein.
Da es gleichgültig ist, welche Anschauungen wir unseren
Betrachtungen zugrunde legen, so wollen wir beispielsweise
annehmen^ daß v von der „Dichte^^ d des Äthers abhängt
Diese Dichte könnte nun sowohl im Raum als auch in der
Zeit veränderlich sein.
L Nach Jahrhunderten wird sich unser Sonnensystem an
einem anderen Funkte des Raumes befinden, als jetzt. Es ist
nicht bewiesen, daß der Äther homogen ist^ und an dem neuen
Ort könnte die Dichte desselben eine andere sein, als an dem
Punkt, wo wir uns jetzt befinden. Eine Änderung der Licht-
Vergleich d, Meters mit d. IVelleiilävge d, Lichtes. 33
geschwindigkeit um 2.10"'^ ihres Wertes (entsprechend 0,2 ju),
d. h, um nur 60 m in der Sekunde, würde einen Vergleich des
Meters mit X, welcher ebenso genau wäre, wie die gegen-
wärtigen Vergleiche der Meterstäbe unter einander, illusorisch
machen. Eine Änderung von v um etwa 250 m würde die
von Micbelson erreichte Genauigkeit zunichte machen. Im
nichthomogenen Äther müßten die Lichtstrahlen krummlinig
sein. Wo aber wäre der Beweis, daß sie in Wirklichkeit
geradlinig sind?
II. Die Eigenschaften des Äthers könnten auch Funktionen
der Zeit sein. In der unserer Beobachtung zugänglichen Welt
erblicken wir überall Veränderung, teils einseitige, teils pul-
sierende. Sollte der Äther allein eine Ausnahme bilden und
in starrer Unveränderlichkeit verharren? Vielleicht sind die
.. ..
Eigenschaften des Äthers ebenfalls langsamen einseitigen Ände-
rungen oder periodischen Pulsationen unterworfen. Sollte sich
dabei die 300 Millionen Meter betragende Lichtgeschwindigkeit
in 200 Jahren nicht um 60 m ändern können?
Geschieht dies, so würde das Problem der Vergleichung
des Meters mit der Wellenlänge eines bestimmten Lichtstrahles
seine interessanteste Seite verlieren. Weit entfernt, das hier
Dargelegte behaupten oder auch nur verteidigen zu wollen,
habe ich nur die Absicht, zum Nachdenken über diese Frage
anzuregen. Die Welt als Ganzes ist unserem Intellekt unzu-
gänglich; Endlichkeit und Unendlichkeit des Raumes sind uns
in gleichem Maße unfaßbar, denn wir „begreifen" nur den
Raum, dem wir „gleichen*': endlich und dreidimensional. Die
bekannte Idee von dem in sich selbst geschlossenen Raum,
der ein Gebilde von höherer Dimension begrenzt, würde die
Möglichkeit innerer Änderungen, vielleicht unter dem Einfluß
(Druck?) jenes Gebildes, gewiss nicht ausschließen.
Der große Meister, dem auch diese Zeilen huldigen
möchten, hat einst den Gedanken ausgesprochen, daß es in
der Welt vielleicht Stellen gibt, wo die Entropie nicht wächst,
sondern abnimmt. Im Vergleich mit diesem gewaltigen Gedanken
dürfte das hier Dargelegte wohl nicht als zu kühn erscheinen.
St. Petersburg, Juni 1903.
(Eingegangen 14. Juni 1903.)
Bollzmaon-Festachrifu 3
34
5. über die liniengeometrische Darstellnng
der Trägheitsmomente eines starren Körpers.
Von Konrad Zindler in Linsbrack.
Eine Strecke AB, von der ihre Länge Z, die Grerade y,
auf der sie liegt (der „Träger") und die Reihenfolge .-/, £ ihrer
Endpunkte in Betracht kommen ^ heißt ein StcA; ein solcher
hat also die Beweglichkeit einer Kraft an einem starren Körper.
Wenn x^, y^, Zq und x, ;/, z die rechtwinkligen Zeiger (Ko-
ordinaten) bez. von A und B oder von zwei anderen Funkten
auf ff sind, die den Abstand / haben, so ist der Stab durch
seine sechs Zeiger
welche die Bedingung
(2) i';»„p,^, = 0
1
erfüllen, eindeutig bestimmt. Deutet man den Stab als eine
Kraft, so sind bekanntlich p^, jPg, p^ die Komponenten ihres
Drehmomentes in bezug auf den Ursprung des Zeigersystems.
Die Größen p kann man, wenn man nur ihre Verhältnisse in
Betracht zieht, auch als Zeiger des Trägers („Linienzeiger*')
auffassen. Eine (nichthomogene) Gleichung
(3) iP{p,, ...p,) = 0
sondert zusammen mit (2) eine vierfache Mannigfaltigkeit von
Stäben, einen „Stabwald'* aus. Anderseits kann man auf jeder
Achse eines starren Körpers einen Stab auftragen, der vom
zugehörigen Trägheitsmoment abhängt (z. B. ihm gleich ist)
und erhält so ebenfalls einen Stabwald /r. Es liegt nun nahe,
die Darstellung von // durch eine „Stabgleichung", d. i. eine
Trägheitsmomente starrer Körper, 85
Gleichung von der Form (3) zu suchen ; dann wären die Träg-
heitsverhältnisse des starren Körpers durch eine einzige Glei-
chung dargestellt:
Es sei a eine beliebige Drehungsachse^ T das zugehörige
Trägheitsmoment des starren Körpers K von der Masse M\
a die parallele Achse durch den Schwerpunkt S von K, und T
das zugehörige Trägheitsmoment; d der Abstand der beiden
Achsen. Dann ist
(4) r=r + ^rf2.
Femer seien A, B, C die Trägheitsmomente für die Haupt-
trägheitsachsen des Schwerpunktes, die wir als Zeigerachsen
nehmen und cc, ß, y die Richtungskosinus von a ; dann ist^)
(5) T ^ Aa^-^Bß'^^Cr^,
Elndlich erhält man
(6) ^*=7>?+Pl+;>^
(7)
«-T' i^-?' y-'i-
(8)
^2 _ /'J + Pl + P\ 2)
Mit Hilfe der Gleichungen (4) bis (8) kann man das Trägheits-
moment um eine beliebige Achse als Funktion der Linien-
zeiger dieser Achse ausdrücken:
Trägt man auf ihr die Strecke l ^ T auf, so wird wegen (6)
und (9) die Gleichung des Stabwaldes vom sechsten Grade:
Einfacher wird es schon, wenn man l^'^T wählt, wodurch
man zu einem Stabwald vierten Grades kommt. Aber zum
einfachsten Ergebnis führt die Annahme
die der Verwendung Poinöotscher Träglieitsellipsoide ent-
spricht:
1) Vgl. z. B. Routh, Dynamik 1. § 15.
2) Vgl. K. Ziodler, Liniengeometrie 1. ^33.
3*
36 K. Zindler,
(10) Ap\ + Bp\ + Cp\ + M[p\+p\+pXi^l.
Indeui man hier f&r die p die Ausdrücke (1) einführt^ kann
man für einen beliebigen Punkt x^y y^, z^ die Gleichung des
zugehörigen TrS^heitsellipsoides hinschreiben.
Als Anwendung leiten wir die schon bekannte Gleichung ^)
des Komplexes der Hauptträgheitsachsen auf kürzestem Wege
ab: Legt man in der Gleichung (9) dem T einen bestimmten
Wert bei, so erhält man die Gleichung des Komplexes der
Achsen eines bestimmten Trägheitsmomentes (kürzer: „einen
Komplex konstanten Trägheitsmomentes^^):
(11) [ä-T)p\+[B-T)p\+{C-T)p\ + M{p\+p\+pX^=^0.
Durch jeden Punkt P^ des Raumes geht hiervon ein „Kegel
konstanten Trägheitsmomentes'^, von dem man eine Leitkurve
auch erhält, indem man das Trägheitsellipsoid von P^ mit der
konzentrischen Kugel vom Halbmesser 1 j^T zum Schnitt bringt,
wodurch ein sphärischer Kegelschnitt entsteht. Stimmt der
Durchmesser der Kugel mit einer Hauptachse des Ellipsoids
überein, so steht dieses mit der Kugel in doppelter Berührung
und der Kegel zerfällt in ein Ebenenpaar (nur für die mittlere
Achse reell), dessen Ebenen sich in der betreffenden Achse
schneiden. Nun sind für einen quadratischen Komplex die
Schnittlinien der zerfallenden Kegel zugleich die singulären
Linien des Komplexes^; also: Die Ilauptträgheitsachsen sind
zugleich die singulären Linien der Komplexe konstanten Trägheits»
momentes.
Wir werden also alle Hauptträgheitsachsen finden, wenn
wir für alle Werte T die singulären Linien der Komplexe (11)
suchen. Für einen Komplex
(12) i^(p,,...p,) = 0,
wo F eine homogene Funktion ist, sind die singulären Linien
die gemeinsamen Linien von (12) und von
(13) ^^.11-^0.^
1) Staude, Leipz. Bar. 1S99.
2) Vgl. z. B. Plücker, Neue Geom. des Baumes, p. 307. 1869.
3) Vgl. z. B. Salmon-Fiedler, Analyt. Greometrie des Raumes.
2. Art 362 f.
Trägheitsmomente starrer Korper, 37
Enthält die Gleichung (12) einen Parameter T, so findet man
den Komplex der singulären Linien der oo^ Komplexe (12)
durch E^mination von T aus (12) und (13). In unserem Falle
verschwindet aber das T aus der Gleichung (13) wegen der
Beziehung (2) von selbst und wir erhalten^ indem wir (13) auf
(11) anwenden:
(14) Ap^p^ + Bp^p^ + Cp^p, = 0
als Gleichung des Komplexes der Hauptträgheitsachsen. Dieser
ist bekanntlich ein tetraedraler Komplex und identisch mit
dem System der sämtlichen Normalen aller konfokalen Flächen:
aj' . y'
+ -^^r +
-- = 1 ^\
Hieraus kann man eine anschauliche Vorstellimg von der
Verteilung der Hauptträgheitsachsen im Räume gewinnen.
Innsbruck, 13. Juni 1903.
I) Man vergleiche hierüber Clebsch-Lindeinann, Geom. II, 1.
p. 287. In der Tat erhält man ans den dortigen Gleichungen (83) ver-
möge der Beziehung (2) die Gleichung (14) bis auf die Bezeichnung.
(Eingegangen 14. Juni 1903.)
38
6. Zur TemperatnrbestimmnDg strahlender 6ase.
Von H. Kayser in Bonn.
Durch das Gesetz, welches von Stefan empirisch gefan-
den, dann von Boltzmann auf feste theoretische Grundlage
gestellt wurde, sind wir in den Stand gesetzt, aus der Gtesamt-
strahlung eines festen Körpers seine Temperatur mit ziemlicher
Annäherung zu ermitteln. Dasselbe Ziel läßt sich in vielleicht
noch genauerer Weise durch die Folgerungen aus dem Wi an-
sehen oder Planck sehen Strahlungsgesetz erreichen. B^r die
Strahlung der Gase hingegen fehlt eine ähnliche Handhabe
vollständig, ja wir wissen in vielen Fällen nicht einmal, ob die
Strahlung irgend etwas mit der Temperatur zu tun habe: die
Bewegung der emittierenden Teilchen, der Elektronen gemäß
der Untersuchung des Zeemanphänomens, kann hervorgerufen
werden ganz unabhängig von einer Bewegung des Atoms, zu
dem sie gehören, und vollends von einer Bewegung des Mole-
küls. Ich bin indessen der Meinung, daß in vielen Fällen
die Strahlung der Gase auch eine Folge von Molekularbewegung,
d. h. von hoher Temperatur ist; ich kann mir z. B. nicht recht
vorstellen, auf welche andere Art die Strahlung der Himmels-
körper zustande kommen sollte. Für die Fragen der Astro-
physik ebenso wie für die der Spektroskopie ist es daher von
ganz fundamentaler Wichtigkeit, die Temperatur der emittieren-
den Gase bestimmen zu können.
Bei der so vielfach erkannten Kontinuität der Erscheinungen
bei den verschiedenen Aggregatzuständen wird es nicht über-
mäßig gewagt erscheinen, anzunehmen, daß ein Hauptergebnis
bei den festen Körpern, daß nämlich das Maximum der Emission
mit steigender Tem])eratur nach kürzeren Wellen rücke, auch
für die Gase gelte, wenn auch nur in dem Sinne, daß über-
haupt ein Rücken stattfindet, wenn auch nicht nach demselben
Gesetze. Eine erste Bestätigung könnte man darin sehen,
Temperaturbestimmung strahlender Gase, 39
daß beim Übergang von der Bunsenäamme zum Knallgas und
zur Bogenlampe das Spektrum immer weiter ins Ultraviolett
reicht. Allein eine genauere Betrachtung zeigt, daß gleich-
zeitig ganz regellos auch sehr lange Wellen an Intensität er-
heblich zunehmen, kürzere abnehmen, daß also jedenfalls für
alle Linien eines Spektrums das Gesetz nicht gelten kann.
Eine Erklärung dafür ist nicht schwierig: wir müssen ja an-
nehmen — schon die verschiedenartige Zerlegung der Linien
im Magnetfeld zwingt dazu — daß in jedem leuchtenden
Dampfe eine ganze Anzahl verschiedenartiger emittierender
Teilchen vorhanden sei. Mit der Temperatur und wachsender
Dissoziation wird die Anzahl jeder Art variieren, und da die
Helligkeit einer Linie im Spektrum sowohl von der Emission
jedes Teilchens als auch von der Zahl der emittierenden Teil-
chen abhängt, können scheinbar ganz regellose Intensitäts-
änderungen auftreten.
Diese Überlegung zeigt aber gleichzeitig, in welcher Rich-
tung die Untersuchung sich zu bewegen hat: wir dürfen nur
Linien eines Teilchens ins Auge fassen. Es scheint ziemlich
zweifellos, daß die Linien einer Linienserie demselben Teilchen
ihren Ursprung verdanken; ich brauche nur an die iden-
tische Zerlegung im Magnetfeld zu erinnern. Somit muß die
Fragestellung lauten: verschiebt sich in einer Linienserie das
Intensitätsmaximum mit steigender Temperatur, oder anders
gesagt: wächst die Intensität der kürzeren Wellen stärker, als
die der längeren? Wenn diese Frage bejaht werden kann,
wie wir sehen werden, so tritt die zweite hinzu: folgt die
Verschiebung dem gleichen Gesetz, welches für feste Körper
gilt ? Diese Frage läßt sich leider vorläufig nicht beantworten,
da wir nicht imstande sind die Temperatur leuchtender Gase
zu ermitteln. Man kann dann den umgekehrten Weg ein-
schlagen, nämlich annehmen, das Gesetz gelte auch für Gase,
und aus der Verschiebung die Temperatur berechnen. Kommt
man dann zu einigermaßen plausiblen Werten, so ist für den
ersten Anfang schon viel gewonnen.
Ich habe vor kurzem Messungen an Serien des H, He,
Li durch Hm. Langenbach veranlaßt. Dieselben werden wenig
genau sein, denn leider läßt sich die Energie in den einzelnen
Linien nicht direkt ermitteln, sondern nur die Helligkeit photo-
40
Ä Kayser.
metrisch messen. Das geschah mit einem Gl ansehen Spektral-
photometer durch Vergleich mit einer konstant gehaltenen Glüh-
lampe: für letztere sollte dann die Energieverteilung im Spek-
trum mittels einer Rubens sehen Thermosäule bestimmt wer-
den. Sie ergab sich aber als zu schwach, und so wurde erst
die Glühlampe mit einer stärkeren photometrisch verglichen,
dann letztere mit der Thermosäule gemessen, und so endlich
die Energie in den Spektrallinien unter verschiedenen Be-
dingungen des Druckes, der Stromstärke etc. gewonnen. Auf
diesem komplizierten Wege häufen sich natürlich die Fehler.
Dazu kommt noch, daß man bei der photometrischen Messung
die in der Verbreiterung der Linien steckende Energiezunahme
nicht berücksichtigen kann. Es handelt sich hier also offenbar
nur um einen ersten rohen, mehr qualitativen Versuch. Auch
daß als Stromquelle ein Induktorium benutzt werden mußte,
ist ungünstig; eine große Batterie von Akkumulatoren wäre viel
besser gewesen. Immerhin zeigen die Versuche deutlich genug
das erwartete Resultat. Ich will nur ein kleines Stück einer
Tabelle für Wasserstoff anführen. Der Druck im Geisslerrohr
wurde von 1,2 auf 10 mm verändert, der Induktor mit 4, 6,
8 Akkumulatoren betrieben. Dabei fand sich das Verhältnis der
Energien der Linien H^: Hß\ Hy folgendermaßen :
Druck
1,2 mm
2,5 „
o,5 ,f
6,0 „
10,0 „
4 Akkumulatoren j 6 Akkumulatoren
S Akkumulatoren
1:0,127:0,0426
1:0,121:0,0281
1 : 0,095: 0,0195
1 : 0,098 : 0,0180
1 : 0,065: 0,0116
1:0,160:0,086
1:0,142:0,046
1 : 0,121 : 0,034
1:0,124:0,034
1 : 0,098 : 0,021
1
1
1
1
1
0,273 : 0,102
0,154:0.056
0,157 : 0,055
0,130:0,039
0,113:0,032
Die Zahlen zeigen aufs deutlichste, daß mit steigender
Stromstärke die Intensität der kurzwelligen Linien stärker
wächst, also wenn wir das so deuten dürfen, die Temperatur
steigt; mit wachsendem Druck aber nimmt die relative Hellig-
keit von Hß und lly ab, die Temperatur sinkt.
Da sich bei den beiden anderen untersuchten Elementen
dasselbe findet, scheint mir der Schluß berechtigt, daß auch
bei Linieuspektren das Gesetz der Verschiebung des Intensitäts-
maximuras mit der Temperatur wenigstens qualitativ gilt. Denkt
Temperaturbesiimmung strahlender Gase, 41
man sich nun die Wellenlängen als Abszissen, die Intensitäten
der Linien als Ordinaten aufgetragen und legt eine Kurve
durch die Endpunkte, so entsteht die Frage, ob diese die
gleiche Gestalt hat, wie bei den festen Körpern; dann allein
würden wir Schlüsse über die Temperatur des Gases ziehen
können. Wir kennen aber zu wenig Punkte der Kurve, und
diese zu ungenau, um die Kurve wirklich zeichnen zu können.
Daher schlage ich den umgekehrten Weg ein: ich nehme an,
es sei die gleiche Kurve, dann kann man aus dem Verhältnis
der Intensitäten an zwei Stellen die zugehörige Temperatur
berechnen.
Wir können unbedenklich das Wien sehe Gesetz zugrunde
legen, da dasselbe richtig ist, solange A 7^ < 3000, wenn X in u,
ausgedrückt wird; das Gesetz gilt also für sichtbare Strahlen
bis etwa 5000 ^ Für zwei Wellenlängen X und \ haben wir
bei derselben Temperatur T\
also
^IT == ^\ ^
-5^ AT.
•^AT
(KwAk t).
also
T
Setzen wir für c^ den von Paschen gefundenen Wert 14 500
ein, für X und \ die Wellenlängen von ü^ und Hßy nämlich 0,656
und 0,486, und berechnen T für f = 10, 5, 3, 2, 1, so findet sich
r= 2036« abs. für A = 10, d. h. Ha',Hß= 1 :0,1
r=2491« „ „ ^= 5, „ „ J?a:Ä/?= 1:0,2
r=2981« „ „ -i= 3, „ „ Ä;,:fi^= 1:0,333
r=3532ö „ „ ^= 2, „ „ i/a:/f,,= 1:0,5
r=5166« „ „ ^= 1, „ „ B^:H^= 1:1.
Daraus findet man, daß z. B. beim niedrigsten Drucke
von 1,2 mm die Temperatur im Geisslerrohr bei 4, 6, 8 Akku-
mulatoren etwa 2200 ^ 2340^ 2760« abs. betragen habe. Das
scheinen mir Zahlen zu sein, die mit anderweitig bekannten
Tatsachen nicht in Widerspruch stehen.
42 IL Kayuer, Temperaturbestimmimg strahlender Gase.
Man könnte in der Prüfung noch einen Schritt weiter
gchcn^ nämlich für diese Temperaturen auch das Verhältnis H^xlly
ausrechnen und mit dem beobachteten vergleichen. Man findet
dann die beobachteten Werte zu groß; da aber die Ungenauig-
keit der Beobachtungen mit abnehmender Wellenlänge schnell
wächst^ 80 halte ich diesen Vergleich für unzweckmäßig.
Ich ziehe somit aus den Versuchen natürlich nicht den
Schluß, das Strahlungsgesetz der festen Körper gelte auch f&r
Gase, sondern nur den viel bescheideneren, ein den festen
Körpern qualitativ ähnliches Verhalten der Gase sei nicht un-
wahrscheinlich. Ich möchte besser ausgerüstete Beobachter,
namentlich solche, die bolometriscli zu arbeiten verstehen und
mit einer großen Batterie versehen sind, anregen, die wichtige
Frage genauer zu verfolgen.
(Eingegangen 1. Juli 1908.)
43
7. Id6es fondamentales d'nn essai de
th^orie möcanique de Fölectricitö et de la chaleur.O
Par F. de Heen k Li^e.
La manifestation destin^e ä feter l'illustre Boltzmann
me foumit roccasion de r^sumer dans ses grandes lignes le
bat que j'ai poursuivi dans mes recherches. Je suis d'autant
plus heureux de pouvoir le faire que ma conception des cboses
de la physique est en parfait accord avec celle du grand
physicien; comme lui j'appartiens ä Töcole scientifique que Ton
pourrait appeler Fecole syntetiste qui k Topposö de celle des
analystes, part d'une conception hypotb^tique mais tangible de
la Constitution de la substance, pour en d^duire les lois qui
tombent sous nos sens.
Je serais entra!n6 trop loin si je voulais discuter ici les
arantages et les inconv^nients de chacune des ces 4coles. Le
senthnent se trouve en r6alit^ ä la base de tout cela. L'analyste
pr^ffere savoir surement, mais se ferme ä tout jamais le domaine
de la Philosophie naturelle. Le synt6tiste est avant tout le
philosophe de la science.
Guido par le sentiment que nous venons de döfinir notre
pröoccupation a d'abord 6t6 d'6tendre aux liquides la möthode
qui avait d6jä 6t6 appliqu^e aux gaz avec tant de succ4s par
Amontons, Bernouilli, Clausius,Kroenig et notre jubilaire
Boltzmann.
L'id^e que nous-nous somnes faite de la Constitution des
liquides a pris naissance a la suite d'une interprötation que
nous avons donn6e des ph^nomenes anormaux que präsente
l'eau (1879) hypotbese qui a 6t6 formul^e de la meme maniere
par M. Ramsay qui n'avait pas eu connaissance de notre
travail. D'apres cette hypotbese Teau a T^tat liquide est
formte par des mol6cules que nous avons dösignöes plus tard
1) Les recherches auxquelles il est fait allusion sont expos^es
V dans „La Chaleur*' (1876—1894), Desoer, Li^ge. 2^ Zeitschrift f. kompr.
und flQsB. Gase. 7. 8. 9. 1898. 8® Sous presse: Prodrome do la th^orie
m^canique de r^lectricit6.
44 P. de Heen,
80US le Dom de moUcules lif/uidoffeniques, Ces mol6cules com-
plexes seraient form6es par Tassemblage d'un certain nombre
de mol^cules telles qu'elles existent dans l'^tat gazeux, que nous
avoüs d6sign6es sous le nom de molecules gazogeniques. Elnfin
ce degr^ de complexit^ est variable avec la temp^rature. Teile
est la conception que nous avons 6tendue a tous les liquides.
La mol6cule liquidog^nique ne serait autre chose qu'une mol6cule
tourbillon ou vortex dont les 6l4ments seraient les mol^ciQes
gazog^niques.
Lorsque la substance est a l'^tat liquide ces vortex 6tant
soumis H des actions attractives mutuelles roulent les uns
sur les autres en se maintenant pour ainsi dire en contact,
les molecules gazog^niques qui s'^chappent accidentellement de
ces tourbillons d^terminent l'^vaporation superficielle.
Bemarquons que la th6orie des tourbillons de Helm-
holtz nous apprend qu'a un accroissement de vitesse angulaire
du mouvement tourbillonnant correspond une diminution de
diam^tre du tourbillon de teile maniere que si la mol6cule
liquidog^nique conservait une masse invariable, un accroissement
de temp^rature serait accompagn6 d'une contraction. Le ph6no-
m^ne exceptionnel que präsente l'eau serait donc le cas normal,
et la dilatation teile qu'elle s'observe g4n6ralement doit etre
consid^r^e comme le r6sultat d'une Variation de masse de chaque
mol^cule liquidog6nique avec la temp^rature or puisque la
vitesse angulaiie crolt avec ce facteur, le rayon de la mol6cule
tourbillon diminuant, cet accroissement de temp6rature doit
n^cessairement produire une diminution de la masse de la mol6-
cule liquidog^nique^ si une dilatation se produit. A chaque tem-
p6rature correspond un liquide particulier physiquement definL
Si les molecules s'allignent de maniere k ce que les axes
des tourbillons se trouvent sur un meme prolongement, ainsi
que cela se passe dans les cristaux, nous pourrons observer
une dilatation suivant la direction de ces axes et une contraction
dans une direction normale. Ce que Pexpörience v6rifie dans
certains cas.
Si pour les liquides on admet qu'ä d'^gaux accroissements
de tempörature correspondent des travaux 6gaux de dilatation,
et que les actions r6ciproques des 6l6ments s'6xercent en raison
inverse de la fi puissance du volume, on trouve fort ais6ment
Theorie mec. de Pelectricite ei de la chcdeur, 45
les formules qui expriment les variations que les diverses grandeurs
relatives au calorique, ^prouvent avec la temp^rature. L'un des
r^sultats les plus interessants se trouve dans la d^termination de
la formule de dilatations admise ensuite par Mendelejef. En
^tendant nos rechercbes ä l'^tude de la vitesse de l'^vaporation
superficielle nous avons 6t6 conduit ])ar la thöorie et par
rexp6rience a un certain nombre de conclusions dont la plus
singuliere en apparence se trouve dans i'ind^pendance de la
yitesse d'6vaporation et de la pression extörieure. Cette 6va-
poration est d6termin6e soit k Taide d'un courant gazeux soit
dans un gaz en repos; dans ce dernier cas, la surface du
li(][uide 4tant absolument libre.
Mais les consid^rations que nous venons de d^velopper
devaient nous conduire k un r6sultat bien difförent de ce (jui
^tait admis concernant la density critique. D'apr^s ces vues
th6ori([ues la temp6rature critique est caracteris6e par cette
circonstance que les mouvements de roulement des mol^cules
li(|uidog^niques les unes par rapport aux autres sont devenus
assez rapides pour vaincre Tadb^rence, c'est-ä-dire Taction
attractive ([ui les maintenait en contact. A partir de ce moment
le fluide liquide commence ä exercer une ledere action expansive
sur l'enveloppe qui le renferme, cette action expansive qui est ögale
ä z^ro au point critique, crottra progressivement avec la temp6-
rature, ceci suppose que le liquide remplit completement le
volume du röcipient. Si au contraire le licjuide est en contact
avec la vapeur, la temp^rature critique correspondra au moment
oü les mol^cules liquidog^niques commencent ä se diffuser dans
Tespace occup6 par la vapeur. Mais avant que cette diffusion
n'ait eu le temps de s'effectuer la density du fluide qui occupe
Tespace (lui ötait occup6 par le licjuide, conserve une density
plus grande (jue la density de la vapeur primitive (1892). Nous
avons montr6 par Texpörience que si Ton reprösente par 2 la
density du liquide a la temp6rature critique, la density de la
vapeur est repr^sentöe par 1 a cette meme temp6rature.
Depuis 1892 ces conclusions ont 6t6 adopt^es par plusieurs
pbysiciens notamment par MM. Galitzine (1893), Batelli
(1893), Dwelsbauvers-Dery (1895) et en particulier par
M. Traube auquel on doit de remarquables döveloppements
sur la question. Ce pbysicien d6finit la mol6cule liquidog^nique
46 P. de Heen,
üoü pas comme 6taut le tourbillon d'ensemble que nous avons
consid6r4, mais comme 6tantlainol4culegazog6niqueoccupant an
volume total plus petit lorsqu*elle fait partie d'une masse liquide.
Nos investigations dans le domaine du calorique en
^taient \k lorsque se produisit la sensationnelle expörience de
Roentgen dont l'importance pratique consid^rable 4tait ÖTidente
pour tous mais qui au point de vue philosophique semblait se
r^duire k la döcouverte d'un rayon de tres petite longueur
d'onde. Cette circonstance ne nous aurait pas d6cid6 a aban-
donner nos recherches sur le calorique lorsqu'un physicien
dont le nom est beaucoup moins connu, le Dr. Gustave le Bon,
6mit Tayis que les cboses ne se bomaient pas k des ph6nomöne8
particuliers pr6sent4s par les tubes k vide mais que pour lui
nous nous trouvions en face d'un nouvel ordre de ph^nomfenes
dont les manifestations se produisaient aussi gön^ralement dans
la nature de Celles de la chaleur et de la lumi^re. Des ex-
p6riences encore inachev^es sur ce que le Bon appelait assez
improprement la lumiere noire, me convainquirent pleinement.
On sait maintenant jus(^u'a quel point nous 6tions dans le vrai.
La premiere conclusion importante k laquelle j'ai 6t6
conduit peut s'exprimer en disant que presque tous les foyers
d'6branlement de l'öther (flamme, aigrettes, rayons X. etc.)
d6terminent la mise en libert^ d'ions dans les gaz. Ces
ions libres dans les gaz sous la pression normale reprösentent
ce que Crookes appelait Vetat radiant Ces ions susceptibles
de subir le phönoraene de l'influence a Tinstar de petita con-
ducteurs, se pr^cipitent en masse sur les surfaces ölectris^es
et s'y 6tendent comme le ferait un fluide que Ton projetrait
sur une surface rigide. Nous avons d6sign6 sous le nom d^infra-
electricite ce fluide 61asti(iue lbrm6 d'ions libres, lequel de
meme que des lames liquides ([ui se rencontrent, pennet de
r^aliser des flgures rigoureusement g6om6triques k la surüace
des diölectriques 61ectris68 (1899).
Les cboses en 4taient k ce point lorsque nous nous sommes
demand6 si la difficultö que Ton 6prouvait k donner une inter-
pr^tation des ph^nomenes ^lectriques ne se trouvait pas pr6-
cis6ment dans la croyance a cette difflcult6. II nous a toujours
sembl6 ciue si Tunivers pr^sentait une apparence complexe
et je n'excepte nuUement le ph^nom^ne de la vie, cela r^sultait
Theorie mec, de Felectricite et de la chaleur, 47
de l'ignorance oü nons nous trouvons des canses (^ui nons
paraitraient extr^mement simples si la r^flexion ou le hasard
nous les faisait connaltre. Les effets de ces canses seuls
noas apparaissent soos une forme complexe.
Concevons maintenant le tube tourhülon de Helmholtz
et demandons-nous s*il präsente n^cessairement les caract^res
d'une parfaite symötrie si on le regarde dans deux directions
oppos^es suivant son axe. Ne peut-on le consid^rer comme
an emboltement de tonrbillons tels que ceux qui s'observent ä
la snrface des riTieres, dont Tune des extr^mit^s est 6vas4e
Tautre extrömit6, r^tröcie? et des lors Pelectron se peut-il se
comparer ä un cone tonrbillon d'öther condensö dont Torien-
tation d6termine le sens de Taspiration de l'^ther, lequel
entraln6 lui-meme sous nne forme tourbillonnante donnerait
l'image des deux ölectricit^s, Taspiration correspondent k
r^lectricit^ negative, le refoulement k rölectricitö positive. En
an mot si nous consid^rons un ion libre dans l'espace^ ion
qae nous supposerons rectiligne et muni ä chacune de ses
extr^mit^s d'un electron conique: cet ion se comportera comme
ane v^ritable pompe centrifuge teile que T^ther p^n6trera par la
partie 6vas6e et sortira par le sommet du cone. Si nous con-
sid6rons une s6rie d'ions Orientes dans le meme sens nous
obtiendrons la chaine tourbillon, le vide 6th6r6 tendant a se
prodaire du c6t6 de la partie ^vasöe de Tölectron, la com-
pression a lopposö. Si la chaine tourbillon est en mouvement
dans le sens de son axe eile d6termine le phönom^ne du courant,
si eile est au repos on observe des ph^nom^nes dits statigues,
Nous pourrons ainsi coiicevoir des tubes ou chames tour-
billon ouvertes ou ferm^es. La chatne ferm^e correspondent
a l'atome vortex de W. Thomson, qu'il suffira d' orienter
pour voir apparaltre les piopri^t^s de Taimant et le ph6nomene
de Zeeman. Si eile est ouverte il n'y a aucune raison pour
consid^rer la chaine comme limit6e, meme a la surface du
coq)S. Les ions continuent donc leur marche dans Tespace
le long de la fibre tourbillonnante d'6ther, ainsi (jue le feraient
des perles qui se d^placeraient le long d'un fil sans limites.
Ces ions donneront lieu en se d^plagant ainsi dans l'espace,
aux ph^nomenes dits radioactif.% (]ui pour nous se pr^sentent
dans la nature avec une fr6quence extreme. Dans des cas
48 P. de Heen.
relativement tres rares qui seuk ont attir4 d'abord l'attention
des physiciens, les vitesses ioniciues sont süffisantes pour qne
les ions traversent les corps dits opaques. Si nous consid^rons
le tube tourbillon T Fig. 1
on peut considÄrer cha-
que 61ectron fi k l'ötat du
'*■ ^ T mouvement vibratoire.
Fig. 1. Ces Tibrations ötant
synchrones^ chaque ion
se comporte comme un corps pulsant de Bjerknes, d'oü
l'action r^pulsive du caloritjue^ et la prodiiction de Foscillation
transversale caloriiique ou lumineuse dans l'^ther ambiant.
Nous voyons maintenant"^se fondre en une seule, la th6orie
de la lumiere de Fresnel et la thöorie ^lectro-magn6tiqae.
Nous voyons 6galement que Paccroissement de potentiel
41ectro-magn6tique et Taccroissement de temp6rature sont des
ph^nomfenes connexes^ qui se traduisent simultan^ment par un
accroissement de vitesse angulaire du tube tourbillon et par
une diminution de Tangle /x du sommet des ölectrons^ c'est-
ii-dire par un accroissement de force 61ectro-motrice ou encore
])ar un accroissement de tension des ölectrons qui permet une
Vibration plus rapide.
Dans les substances amorphes, ces tubes tourbillons sont
Orientes indiff^remment dans tous les sens et des lors les mani-
festations 61ectri(iues n'apparaissent pas, mais la surface iso-
thermi(iue n'est autre chose (ju'une surface d'6gale intensit^
de courant dont la temp^rature est donnöe par la loi de Joule.
En partant de ce })oint de vue on montre tres facilement que
laconductibilitöcalorifique et la conductibilitö ^lectrique doivent
etre de grandeurs proportionnelles.
Si au contraire la substance est cristallisöe, les tubes tour-
billons s'orientent dans un sens d6termin6 et i\ Taccroissement de
temp6rature correspondra un accroissement de tension ^lectrique
cette fois appr^ciable, d'une part negative d'autre j)art positive.
Si nous rappelons (pe chaque ion libre se comporte
comme une v6ritable pomj)e aspirante et foulante dont Taspiration
correspond au j)ole nögatif et le refoulement au pole positif,
la döpression ])roduite en rT par l'ion a döterminera l'orientation
nögative des ölectrons e röpandus sur la surface 8 (Fig. 2).
Theorie mec, de Pelectricite et de la ehaleur, 49
Donc des ions dont rorientation correspond a un signe
donn^y mis en libert^ par un conducteur ayant atteint la
limite de Charge, d^terminent sur un conducteur plac6 dans le
Yoiaiiiage une Charge de meme signe alors mime que ce con-
ducteur est preserve par une cage dielectrique.
Tel est le ph6nomene que nous avons d6sign6 sous le
nom (finduction electro-statigtie qui constitue la base de la
Üi^orie du courant, ou du transport d'une Charge d'un point
a un autre pendant toute la dur^e de l'existence de la Charge
excitatrice, contrairement k ce qui se passe dans l'influence.
Pendant cette Operation l'air est le siege d'une radioactivit^
d
<-<
I I
I I
s s'
Fig. 2. Fig. 3.
d'apr^s ce que nous avons dit, ou d'apr^s une expression que
nous avons admise, il est devenu iodynamique, Une substance
conductrice est donc une substance iodynamique, les m6taux
par exemple sont form^s de mol6cule qui se bombardent r^ci-
proquement et perp6tuellement d'ions. Ces ions ne peuvent
donc faire partie d'une mol6cule que pendant en temps limit6
pour etre ensuite remplac^s par d'autres. Le contraire a lieu
dans les substances aniodynamiques ou non-conductrices.
Tous les mötaux auront donc une tendance a se montrer
spontan^ment radioactifs, ainsi que cela r^sulte des exp^riences
du Dr. Gustave le Bon.
Lorsque deux surfaces ss (Fig. 3) sont ^lectris^es de
signes contraires, c'est-a-dire si les 61ectrons sont Orientes
dans le meme sens, les tourbillons se raccordent par Tinter-
mödiaire de Töther interpos^. L'axe de ce tourbillon reprösente
la ligne de force, de plus ce tourbillon est stationnaire con-
trairement a ce qui se passe dans le courant, car au tourbillon
central d'aller correspond un tourbillon plus large de retour
ainsi que cela rösulte des remarquables recherches deM. Weyher
Boltzmanii-Festachiift. 4
50 P. de I/een, Theorie mec. de Pelectricite et de la c/iaktir,
snr les tourbillons. En prenant certaines pr^cautions on peut
mat^rialiser ceux-ci par l'ötincelle, r^siiltat de rentralnement
des ions dans le tonrbillon.
Le raccordement des 6lectrons q q' d^termine une espice
de calage r^ciproqne (jui communiqne a ce Systeme une grande
stabilit6, il peut enrayer compl^tement Taction de la döcharge pro-
duite par des ions libres r^pandus dans Tatmosphere ambiante par
exemple sous Taction de flammes ou de substances radio-actives.
L'id6e que Ton doit se faire de la Constitution des gaz est
^galement un peu diff^rente de celle qui ^tait admise; nous
pouvons les concevoir comme form^s de chaines tourbillons li-
mit^es par la paroi du vase qui les renferme. Les cbocs dus
aux d^placements lateraux de ces cbaines d^termineraient la
pression. Si la pression devient tres faible ces cbaines se
brisent et les ions qui les constituaient deviennent ind^pendants
les uns des autres. Le gaz devient alors iodynamique, con-
ducteur de r^lectricitö, en un mot nous avons r6alis6 le fluide
que nous avons d6sign6 sous le nom d'infra'electrique et que
Crookes appelle etat radiant, Cette rupture des chaines tour^
bülons se produit ^galement sous la pression normale, mais en
faible proportion, sous Tactiou de tous les agents ionisants
(flammes, aigrettes, rayons X, substances radioactives etc.).
Disons en terminant que nous avons eu la satisfaction de
voir se vörifier cette ann6e une cons6(inence de notre thöorie,
que nous avions formul^e pr6c6demment et d'apres laquelle
les m^taux dou6s du plus grand pouvoir röflecteur sont 4gale-
ment ceux qui sont les meilleurs conducteurs. On sait que
M. Drude d'une part, MM. Hagen et Rubens d'autre part,
ont v^rifiö cette conclusion par Texp^rience.
Nous voyons aussi se souder progressivement les difli^rents
chapitres de la physique et Pon i)eut esp^rer que d'ici k quel-
ques ann^es la th^orie m^canique de la chaleur et la thöorie
möcanique de T^lectricitö n'en feront plus qu'une, alors aura
v6cu la th^orie actuelle des electrogistiques de meme qu'ä v6cu
la th6orie du phlo<jistique. L'61ectricit6 pas plus que la chaleur
ne doit etre con^ue comme une entitö.
Institut de physique de Tuniversit^ de Liege, 1*' Juin 1903.
(Eingegangen I.Jnli 1908.)
51
8. Chronometrie:
Les r^mes limites et la stabilitä de la
Synchronisation.
Par Jules Andrade k Besan^on.
Regime limite int^rienr. — Pour un mode et pour une
intensit^ d'action d^termin^s de r^chappement il existe une
amplitude de roscillation du r^gulateur qui se maintient con-
stante dans un mouvement p^riodique; Texp^rience montre que
ce regime permanent finit par etre pratiquement atteint bien
que th^oriquement il s'agisse de ce regime limite ou asympto-
tique. II est interessant de pr^ciser les circonstances math4-
maüques qui assurent Texistence de ce regime limite dans des
conditions aussi g4n6rales que possible; tel est Tobjet du prä-
sent memoire.
Regime limite d'une Synchronisation. — Le mouvement
d'ane bonne horloge-mere, une fois devenu pöriodique, peut
etre utilis6 non seulement pour inscrire Theure, mais encore
pour transmettre 6lectriquement une influence m^canique seit
sur des aiguilles 6loign6es, soit sur le r^gulateur meme d'une
horloge lointaine qui, dans ce demier cas est dite synchronisee.
Et, en effet, Texp^rience montre qu'une force synchronisante,
fonetion p6riodi([ue du temps scand6 par une horloge-mere
peut etre appliqu^e au pendule d'une seconde horloge de
Periode l^g^rement diff^rente de maniere a produire une Sub-
ordination complete de Thorloge synchronisee a rhorloge-mere,
celle-ci finit a imposer sa pöriode propre. C*est encore un
regime limite qui se produit ici.
En ce qui concerne la Synchronisation on sait c^ue Cornu^)
a etudie et v6ritie el^gamment les lois de la Synchronisation
dans le cas tres simple oü le pendule synchronisö est soumis
1^ a un moment proportionnel a Tangle d'6cart, 2^ a une
1)M. CornUy Conference sur la Synchronisation electromagnetique.
Paiis 1894.
4*
52 e/. Andrade,
rösistance proportionnelle a la vitesse (amortissement constant).
Ce Probleme bien particulier devra etre un peu 41argi si on
yeut studier la stabilit^ de la Synchronisation; il est n^anmoins
fondamentaL
Synchronisation d'un Systeme pendolaire a amortissement
constant.
En rappelant d'abord ce cas simple, oü Ton ne tient pas
compte de l'^chappement, nous rappellerons et nous compl^
terons les r^sultats relatifs a ce cas particulier contenus dans
le memoire de Cornu en 1894.
Nous consid^rons donc un balancier soumis ä un couple
de rappel proportionoel k Tangle d'^cart au point mort, ti;
soit ru ce couple de rappel; le balancier est soumis en outre
ä un couple r^sistant proportionnel ä la vitesse — qdufdt\
soient eniin, 7 le momeut d'inertie du balancier, et F[t) la
force synchronisante qui est une fonction p^riodique de
Periode T,
L'6quation du mouvement est:
Nous envisagerons d'abord l'^quation priv^e de second membre
et nous consid^rerons son integrale sous la forme g6om6trique
que lui a donn6e Cornu; nous poserons
( A = /y
in\ 2/ 271
h est le coefficient d^ amortissement»
Puis, nous consid^rons deux axes 0 X ei OY faüant entre
eux un angle F\ Torigine 0 sera le point asymptotique d'une
Spirale logarithmique, coupant les rayons vecteurs issus de 0
saus Tangle constant F, soit M un point mobile parcourant
cette si)irale de maniöre que le rayon vecteur 0 M toume^
dans le sens oü il d^crott, avec une vitesse angulaire constante,
6gale a 1n\T\ soient x et y les coordonnees obliques du point
M\ la repr^sentation integrale du mouvement:
Regimes limites et stabüite de la Synchronisation. 63
(3) if| + «o-rf-"+Äo« = 0;
r
^0 = /
est alors la suivante:
(
M = Z
(4) \ du^ _ 2n 1
le point [x, y) sera ä ud instant quelconque le point repr^sentatif
de Fetat du balancier.
La decroissance proper iionnelle du rayon vecteur toumant
de l'angle a r^duit ce rayon proportionellement ä
AT
— =-■- a
e 2^
telles sont les lois du mouvement pendulaire simplement amorti.
Proposons nous maintenant d'^tudier le regime variable
qui ya naitre de Tapplication de la force synchronisante.
Dans son memoire de 1894, Cornu a 6tabli Texistence
d'un regime limite dans le cas d*une force synchronisante
petite, agissant sur un Systeme faiblement amorti et de p6riode
propre peu diff^rente; la d^monstration procede par approxi-
mations; nous pourrons tres facilement d6gager ces r^sultats
des apparentes restrictions que la d^monstration de l'auteur
laisse subsister.
A cet eflFet, je m'appuierai sur un th^or^me bien connu
de göom^trie.
Consid6rons la transformation du plan par similitude
directe: on peut 6videmment la röaliser par une translation
d'un point P^ particulier de la tigure
suivie d'une rotation accompagnöe d'une
condensation (ou dilatation) homoth^tique
d^termin^es autour du point P, nouvelle ^
f>osition de P^. ^
Cherchons alors un point X de la
figure qui soit son propre transformö;
ce point venant en X' par la translation, puis en X" par la
rotation, devra revenir en X par une dernifere condensation
54 e/. Andrade.
autour de P. Le rapport de condensation OXjOX" 4tant
connu ainsi que Tangle P du triangle isocele OX' X", la figure
de quatre points sur trois droites PX'X^'X est connue de
forme et comme le segment XX' est connu en grandeur,
direction et sens, la ügure de nos quatre points sera donc
bien d^tinie a partir du point P en grandeur et orientation,
le point X est donc d^terminö.
On voit donc que la transformation consid^r^e est r^duc-
tible k une simple rotation suivie de la condensation donn^e
autour de ce meme point X.
Ce point X, point double de la transformation, se nomme
aussi le pole de similitude.
Ce thöoreme va nous permettre d'achever la question de
la maniere la plus simple. Supposons d'abord que la force
synchronisante soit constante et ögale a F^.
Portons sur Taxe OX une
longueur 00' reprösentant k l'^chelle
du dessin un 6cart 6gal k F^fR^-,
tout se passera pendant l'action de
la force F^ comme si le point mort
6tait transport^ en 0'\ l'abcisse X
et Tordonn^e Y du point figuratif
^^^' ^' re})r6senteront toujours de la meme
maniere (4) Töcart et la vitesse du
balancier, mais tant (jue dure Taction de F^ le point figuratif A'
d^crit uu arc de spirale JSA' et Tangle ÄO'N' est propor-
tionnel au temps.
Si la force n'est pas constante et varie continüment, il
est clair (ju^on pourra })artager sa dur^e d'action en intervalles
infiniment petits aux milieux descjuels le point 0' relatif k la
valeur actuelle de la force occupera les positions 0'^, (/^,
O'j ... etc., bien dötermin^s aux divers instants de la p6riode
T' de la force synchronisante.
Soit alors B le point figuratif de T^tat du j)endule syn-
chronis6 a une certaine ^pocjue t, demandons-nous quelles
seront les positions du point // aux 4po(|ues t + T', t + 2T', . , ,
t + n T, ... (n = 00).
Soient //j, Z^^, //g . . . //^ les positions correspondantes du
point repräsentativ
liegimes limites et stabilite de la Synchronisation, 55
Chaiiue Substitution E^ | //j + i est une (et toujours la meme)
trausformation par similitude directe oü la somme des rotations
des vecteurs est 6gale a 2n{^' \1\ la condensation finale ^tant
e~^^j la rotation finale peut d'ailleurs etre prise ^gale simple-
ment k 2n{r -- TjT),
Soit alors X le pole de similitude de cette trausformation,
les points H, Jl^, H^, . , , appartiendront övidemment a une
meme spirale logarithmique ayant le point X pour point
asymptotique.
Donc le mouvement du penduie synchronise tend vers un
regime limite periodique. Et cette conclusion n'a d'autre
restriction que Tin^galit^ h^^rfl, saus laquelle l'amortissement
libre ne serait plus oscillatoire.
C'est la une premifere g6n6ralisation des r^sultats de
Cornu; si nous voulons aller plus loin, nous devons n^cessaire-
Pig. 3. Fig. 4.
ment nous adresser ades transformations du plan plus g6n6rales;
nous sommes ainsi conduits tout naturellement a utiliser une
remarque de M. Koenigs, remarque que je vais rappeler
et gän^raliser.
Substitutions repetees et leur emploi en mecanique.
On doit a M. Kcenigs le th^oräme suivant:
Les substitutions r6p6t6es x^^^ = (p[x^ (« = 1| 2, . . . oo)
convergent vers x^, lorsque pour la racine x^ de T^quation
jT = qp (x) on a mod qp' [x^ < * et lorsque la vaieur de d^part
Xj est dans un süffisant voisinage de x^j ; si | qp' [x^ I < ^ l^s
Substitution sont divergentes.
Voici une gönöralisation Evidente.
56
e/. Ändrade.
Generalisation, Les substitutions r6p^t6es ä n variables
^ ^» + 1
y<+i =
convergent vers une Solution (x^,
j/qj.-. Vq) du systöme
^'i + i = ^ (^i' y* • • • »<)
^0 ~ ^ (^0» ^0' • • • ^'o)
yo = ^K> yo> ••• »o)
^0 = ^ K> yo* • • • »o)j
si l'on a
dX
d w ]
+
dY
dw
+ ... +
dV
dw
<1
{w = Xq, yo, . • . »o)
avec des conditions analogues aux pr^c^dents pour le systöme
des valeurs de d^part (Xj , y^ , . . . »J.
Curieuse application du theorhne de M, Koeniffs, Je con-
sidere dcux balanciers I et II tous deux soumis k une force
de rappel proportionnelle k T^cart, et soumis aussi k la
r6sistance d'un frottement constant. Faisons agir sur I un
^cbappement ([ui lui transmettrait ä cbaque impulsion une
quantit^ constante de quantite de mouvement; faisons agir sur
II un ^cbappement qui lui transmettrait une quantit6 con-
stante de farce vive. Et demandons-nous si les mouvements
de I et de n auront un regime limite.
Soit u^ r^cart extreme de l'un ou Tautre des balanciers
au commencement de l'oscillation d'impulsion^ celle-ci sera
donn^e instantan^ment sous l'^cart ü; soit u^ l'öcart extreme
de la ün de l'oscillation suivante, oscillation que nous
supposerons libre comme dans les chronomätres de marine^
soit (r/7)/' le moment constant de frottement, soit A'* = r//,
cnvisageons alors: d'une part la Substitution u^ = (p{Ui) relative
au balancier I dont la vitesse angulaire s'accrott par hypothöse
de /r k cbaque impulsion ;
d'autre part la Substitution y^ = rp{u^) relative au balancier
II dont le carr4 de la vitesse s'accrott par bypoth^se k
Regimes limites et stahüite de la synchronUtation. 57
chaque impulsion de F^\ deux calculs fort simples nous
donnent
du, '^ K (u, -•/)''
sensiblement yu la petitesse de ü — /*; et
-,— - = — , ^ : on a donc ici
/)' +
l/(^
dq>
dui
>i;
dxff
dt^
< 1
X«
le balancier IE admet donc un regime limite, mais le balancier
I n'en admet pas.
Begime permanent Interieur des maohines horaires.
Essayons maintenant d'aller plus loin et d'ötablir des
circonstances simples mais gönörales, qui entratnent nöcessaire-
ment pour le mouvement d'un chronometre, ou d'une horloge^
Texistence d'un regime limite ou permanent.
Nous y arriverons en rapprochant le th^oreme de M. Koenigs
de la m^thode d'int^gration par sörie de quadratures que
M. Picard a fait connaltre; nous pouvons en efifet raisonner
comme il suit:
1® suivre Toscillation jusqu'ä l'6poque t, un peu postörieure
ä rinstant du d^gagenent;
2® envisager TefiFet de Töchappement depuis Föpoque t^
jusqu'a r^poque t^ oü le balancier est redevenu libre, en
regardant cet eflFet comme une fonction de Töcart initial w^j-,
3^ suivre le mouvement depuis l'öpoque t^ jusqu'ä la fin
de l'oscillation fp d'impulsion.
La m6thode de M. Picard appliqu6e ä la premiere et a
la troisi^me p6riode justifiera alors les approximations qui con-
duisent aux r^sultats suivants:
Soit t£^ la demi-amplitude finale de Toscillation d'impulsion^
nous voulons former une valeur approchee de la Substitution
»^ = 1/^ K)-
Soient alors: -^I[RQ + y)u le moment de rappel, oü y
est une fonction paire de u g6n6ralement fort petite et qui
produit les perturbations d'isochronisme:
58 «/. Ätu/rade,
le couple d'amortisseinent oü fjL dösignc une fouction de la vitesse
du
dt
= u
que nous supposerons ainsi que sa d^riv^e petite par rapport
a Xq qui est lui-meme petit; A^ est le coefticient principal
d'amortissement inhereni d Fhorloge nous trouverons alors en
nous aidant du changemeDt de yariables u, uly^, z^\
u SS 1/q sin Kt + z^ cos Kt
uf
- =z y^ COS Kt + Zq sin A' t
u ,^ . . ,. . ^* = ^0
et en dösignant par rj 0 [uq] une certaine fonction positive
de Uq {y petite quantitö de carrö n6gligeable) se rapportant au
fonctionnement de T^chappement^ nous aurons sensiblemerä
e
- Mj = M^ + 7/ 0(!/^) - ^- / cos^a.rfa
3t
""2
les tbnctions y et /i^ ne donnent que des termes du second ordre.
0 d6signe une (juantitö voisine de ;r/2, fonction de u^
d'ailleurs; en observant que la quantitö
A^cos^ö^^
est petite du 4^™« ordre, nous d^duisons de T^quation pr6-
c6dente
''(-"»> 1 ^., ^*^ ^"
du^ ' duQ A
cette quantit6 sera moindre que 1 si:
1^ ou bien d(I)|du^^ est nögatif,
2® ou bien si d (pjäu^ est petit dans le voisinage de la
valeur de u^ qui satisfait a r^cjuation
0
7] 0(mJ - ^^ jcos^cc.da = 0
TT
S
d'oü ce resultat qui int^resse la th^orie des ^chappements:
Hiffimes limites et stabilite de la synchronisatioru 59
la Ibnctioü Q> [u^ est li6e au coefficient d'amortissement naturel
de l'horloge; r^cbappement doit etre constroit demaniere que la
fonction 0 (v J d^croisse lentement dans le voisinage de l'amplitude
permanente que Ton dösireobtenir; dans ces conditions, le thöo-
reme de M. Koenigs garantit un regime limite pour un
^chappement sym^trique; si l'^chappement fonctionne comme
dans les chronom^tres marins^ on consid^rera la demi-ampli-
tude tf, que terminera l'oscillation libre suivante, et le raison-
nement employ^ ici-meme, simplifi^ par la disparition des
termes en ^{u^j nous donnera Tinögalite
d'oü l'on conclura:
et la Substitution r6p6t6e u^ = X(Mo) sera encore convergente;
d'oü r^sulte le regime permanent intörieur de la machine
horaire considör^e.
Stabilite de la synohronisation.
La möthode pr6c6dente röussira encore ici, avec une
lagere Variante; T 6tant la pöriode de la force synchronisante
F[i) posons:
KT ^2n
R— B^ = (7q
(T^^ 6tant petit; faisons alors le cbangement de variables;
u = 1/q sin K't + Zq cos K' t
i^/ " - - cos /l' t — Zq sin K' t
et 6tudions le mouvement eutre l'öpotiue t^ et l'öpoque t^ + T ;
t^ sera quelconque mais fixe dans le raisonnement qui va suivrf\
Soient alors 1/^ et z^ les valeurs de i/q et z^ ä Töpotiue t^ et
i^Z^, leurs valeurs ä Töpoque t^ + T\ nous voulons emprunter
au th6or^me de Ka-nigs g6n6ralis6 une condition süffisante
de convergence pour la Substitution r6p6t6e ^o=AVo»^o)»
-^0 = ^ (yo» ^o)- ^" suivant la meme marcbe i\ue celle döja
suivie tout a Theure, nous obtenons les r^sultats suivants: ii
60 J. Andrade.
dösigDant une fonction caract^ristique de l'^chappementi et qui
dopend sensiblement du seul argument "j/yo* + ^o^f fonction
analogue a la fonction 0 du pr6c^dant paragraphe^ et t^ d^
signant l'^poque du choc (regard^ comme instantan^) nous
aurons en gardant les signitications des autres lettres
(6)
Xr (Ta - TT Aa - . ^ Zrt . . I F(t)COBlCt j . , —
d'oü nous concluons par la g^nöralisation du th6or6me de
Eoenigs la proposition suiyante:
(7)
Si ^^ > ^~ et si ß' d^signent Tune ou Fautre des
fonction ßcosA'/j, ßsinA'^ Ton a:
pour la Solution du Systeme 7^= y^; z=^Zq la Substitution (6)
sera convergente et Thorloge synchronisöe aura un regime
limite. Sans d^velopper ici les conditions pröc6dentes, dans
tous les d^tails, je ferai observer que nous trouvons ici une
contirmation des id6es de Gornu sur le röle de l'amortisse-
ment naturel ou artificiel, mais avec une g^n^ralisation in-
dispensable, car le röle de l'^chappement ne devient n6gli-
geable qu'avec une force synchronisante intense.
Si r^chappement est instantan^ et si pour simplifier nous
supposons qu'il agisse au point mort et si nous posons:
Vo = ^0 si^ «o> ^0 = Qo cos cc^,
-^- = hcosß, ~- = hsmß.
Regimes limites et stabüite de la Synchronisation, 61
Les secoDdes conditions (7) deviennent aprfes un cal-
cnl facile:
8in a^ — ; ß cos* ccr
cosor
dSi
+ iisin^cCf,
— h^ _ ?t I (Tg I \
2 \K JC* )
2 V JT X'« ;
anx amplitude habituelles, diildtpQ est n^gligeabl et Ton purra
6crire simplement
(7 bis)
ß cos* Uq \ <
1
ß sin* a,
0
<
IC
IC
71 I er«
IC*
pour les valeurs de Qq et fi^^ qui seront Solutions du Systeme
1^ = j^Q, ^^ = z^; si on se donne le d^veloppement de Fourier
F{f) = Aq + A^ cosZ'/ — C^ sin Z'^ + etc.:
La force synchronisante sera d^finie par:
(7ter)
ßsin «0 + *Po si^K + /^ = jp« ^1
fl cos Ofo + A Oo C08(t^o + /?) = ^ ^1
Les conditions (7 bis) et (7 ter) contiennent toute une throne
de la Synchronisation, je ne les discuterai point dans ce
memoire. ^)
Besangon, 3 Juillet 1903.
1) Depuis la r^daction de ce memoire j'ai donn^ aux Comptes
Beodus de rAcad^mie des sciences de Paris (27 Juillet 1903) des con-
ditions de Synchronisation un peu plus larges que celles qui sont ex-
pos^es ici. Ces Conditions se pr^tent k une comparaison facile de le
m^thode de Comu avec la m^thode de Foucault-Y^rit^ comme io
Tai montr^ dans la "France Horlog^re", 1 Septembre 1903.
(Eingegangen 7. Juli 1903.)
62
9. Etnde des lames
minces de cnivre obtennes par ionoplastie.
Par L. Hoollevig^e & Caen.
I. Les physiciens savent depuis plusieurs ann6es que, daDS
les tubes a gaz rar^fi^s oü jaillit Teffluve, la cathode se
d6sagr^ge et se projette tout autour d'elle dans Tespace. Ce
ph^nom^ne 6tudi6 par Crookes^), a 6t^ utilisö par Wright*),
Longden*), Boas*), Kundt'^) pour r^aliser des pellicules m^talli-
([ues. En reprenant, de mon cotö^j, T^tude de ce ph^nomene,
j'ai pu constater son extreme g6n6ralit6, car il m'a permis de
döposer sur un support (juelconque couducteur ou isolant
(verre, fibre, mica, caoutchouc etc.) des pellicules adh^renies
des m6taux suivants: Or, argent, platine, palladium, cuivre,
fer, nickel, cobalt, zinc, ötain, bismuth; de tous les corps
essay6s comme cathode, seul, le carbone a refus6 de se laisser
transporter par Teffluve.
Non-seulement ce proc6d6 de m6tallisation est g^n^ral,
mais il est, dans nombre de cas, commode et rapide: il faut
moins d'une demi-heure pour obtenir, avec les dispositifs que
j'emploie pr6sentement, un d^pot miroitant d'or, d'argent, de
platine ou de palladium d'une surface de 20 cm. q, y compris le
temps nöcessaire pour faire le vide (^j^Qmm environ); les autres
m^taux paraissent exiger plus de temps^ mais il est rare
(lu'une heure ne soit pas un dölai süffisant.
1) Crookes, Revuo generale des sciences p. 497. 1891.
2) Wright, The americau Journal of science and artes p. 49 et
p. 169. 1877.
3) Longden, Phys. Rev. 11. p. 40—55 et p. 84—94.
4) Boas, Zeitschr. für Elektrotechnik 13. p. r>65— r>66.
5) Kundt, Wied. Ann., 2. Serie 27. p. 59.
6) Journal de physique, Janvier 190S.
Lames minces obtenues par ionoplastie, 63
On peut, d'aprös cela^ supposer que la m^tallisation des
isolants par les projections cathodiques deviendra une Operation
pratique et courante au mome titre que la galvanoplastie:
d'oü le nom (Pionoplastie, sous lequel je propose de d6signer
les proc^d6s nouveaux. J'ai döja eu l'occasion de signaler quel-
ques propri^t^s des pellicales ainsi pr^par^es. J'en rappelerai
ici une seule, relative au bismuth: la r6sistance ^lectrique de
ce m^tal, obtenu par ionoplastie, est ind6pendante du champ
magnötique. M. Leduc avait d^ja observ6 que le bismuth
pr6par^ par ^lectrolyse est d'autant plus sensible au magn6-
tisme, que sa structure cristalline est plus accusöe; le bismuth
ionoplastique serait doue, comme cela est vraisemblable k priori,
complötement amorphe.
n. J'arrive maintenant au but principal de cet article,
qui est Tötude des pellicules minces de cuivre d6pos6es par
ionoplastie sur une lame de verre. Le premier problöme
qn'on eüt a r^soudre, 6tait la d^termination de leur ^paisseur.
J'ai eu recours ä cet eflfet au procödö optique indiquö par
Fizeau pour Targent, et appliqu6 depuis par nombre de
physidens. Ce proc6d6 r6ussit ^galement bien avec le cuivre;
riodure form6 par Taction de la vapeur d'iode (Cu* I* d'apres
les pes^es que j'ai faites), est transparent et donne des anneaux
colores dans lesquels on reconnalt sans ambiguit6 la suite des
colorations correspondant aux anneaux de N e w ton a centre blanc.
Dans Tapplication de la m^thode de Fizeau, j'ai modifi^
le^ proc6d6 classique d'ioduration d'une maniere qui me paralt
aTantageuse: le grain d'iode, au Heu d'etre d6pos6 sur la lame
de cuivre, est suspendu au-dessus d'elle a Taide d'une pince
placke dans un entonnoir; on peut ainsi, en r6glant la distance
de Fiode k la lame, donner aux anneaux Töpanouissement
qu'on d^sire, en meme temps qu'on 6vite la macule ([ue le
grain d'iode laisse toujours dans la tache centrale.
Ce proc6d6 donne rapidement le produit n 6 de T^paisseur
€ de riodure formö par Tindice moyen n de cet iodure, mais
pour en d^duire F^paisseur e de la lame de cuivre, on ne
connalt ni*w, ni la density de Tiodure; le coefficient de pro-
portionnalit^ entre ^ et wß a donc 6t6 d6termin6 comme suit:
Une lamelle de verre mince de 30 x 40 mm 6tait pes6e
avant et apräs ionisation, ce (^ui donnait au 10* de milli-
64 L, Houüevigue.
gramme le poids p du cuivre d^pos^; p 6tait compris d&ns
les exp^riences entre 1,2 mgr et 2mgr; il ne convient pas
d'accroltre p au-delä de cette limite, car si la dötermination de
e en devient plus pröcise^ en. reyanche celle de n « perd tonte
exactitade. On a donc la valeur de l'^paisseur moyenne
e =
30 X 40 X 8,9
Puis, cinq systemes d'anneaux form^s aux quatre coins et au
centre de la pellicule de cuiyre permettent d'^Talaer son
^paisseur optique moyenne ne; enfin, l'ioduration totale de la
lame montre si la pellicule est assez r^guli^re pour que le
proc6d6 n'entralne pas d'erreurs notables. La moyenne de
4 d^terminations bien concordantes a donn^
na
^ " 12/7 '
formule qui permettra d'obtenir, en quelques minutes, l'^paisseur
d'une lame mince de cuivre. Si on adopte 4,4 (nombre un
peu incertain) pour la density de l'iodure Cu^ I^ il en r6sul-
terait pour l'indice moyen de cet iodure n = 2,09, nombre
assez voisin de Tindice 2,23 de Tiodure d'argent
in. En appliquant le proc6d6 qui vient d'etre d^crit k
des pellicules de cuivre d'6paisseurs döcroissantes, on constate
qu'il ne donne plus rien pour Celles dont l'^paisseur e est in-
f6rieure k 40 ftju (0,00004 mm) environ; quelque moyen que j'aie
employö, je n'ai pu d6celer aucune trace d'ioduration fle
ces trfes-minces pellicules. Voici, de ce fait, deux exemples
choisis entre beaucoup d'autres:
1^ Une pellicule a pour ^paisseur moyenne, d'aprös son
poids, 30 iiii\ d'apres les couleurs qui se succedent k sa sur-
face, on juge que cette ^paisseur est comprise entre 20 /uft au
centre et 40 /ijit sur les bords; or cette lame, maintenue pen-
dant 3 heures dans la vapeur d'iode, refuse de s'iodurer, meme
en chauffant l^gerement; d'autre part eile präsente par trana-
parence la meme couleur que les lames de cuivre plus ^paisses,
et absorbe les memes r6gions du spectre (indigo et violet);
enfin, placke, au contact de Tair, sur une plaque chauff»6e,
eile s'oxyde instantanöment; ces remarques, jointes au proc6d6
employö pour sa pröparation, rendent peu vraisemblable Thypo-
Lames minces obtenues par lojwpleutie. 65
these qae la pellicule en question serait formte d'ane substance
aatre que le caiTre.
2® En employant comme cathode, dans l'appareil k iono-
plastie^ un crayon vertical de cuivre dont la base est k 15 mm
an dessns de la lame de Terre k mötalliser, on obtient sur
celle-ci un d^pot d'^paisseur döcroissante du centre k la p6ri-
ph^rie et qai präsente la s^rie des anneaux color^s de Newton.
On prot^ge par un ^cran la moiti^ de ces anneaux, tandis que
Pautre moiti^ est expos6e ä la yapeur d*iode; on constate alors
que Tioduration a altör^ la partie centrale et respect^ les bords ;
on ne voit aucune alt^ration jusqu'au rouge du second ordre;
ä partie du rouge de troisi^me ordre, les couleurs sont tres-
nettement alt4r6es et d6plac6es. Je n'ose guöre conclure de
ces rösultats les limites correspondant k T^paisseur attaqu^e,
en premier lieu parce que le cuivre d^pos^ en anneaux paratt
avoir une structure physique toute speciale, et ensuite parce
Fig. 1.
que les nombres donn^s jusqu'ici pour les indices des m6taux
nie paraissent sujets k caution.
Voici enfin des faits d'un autre ordre qui viennent confirmer
rinaltörabilitö par Fiode du cuivre en lames tr^s-minces:
lorsqu'aprfes avoir produit, sur une pellicule d'^paisseur sup6-
rieure ä 40 fifA, une s6rie d'anneaux color6s par ioduration, on
procede ensuite ä l'ioduration compläte de la pellicule, on
devrait s'attendre ä voir disparaltre toute trace des anneaux
pröc^dents; or, il n'en est rien: quelque soit le mode d'iodu-
ration employö, il reste toujours, autour de la tache centrale
fTwdure, une zöne completement ou partielle ment inalter ee.
Cet eflfet s'interprete ais^ment en admettant que la coucbe
de cuivre trfes-mince (Fig. 1) laiss^e autour de la tache centrale
par la premiäre ioduration, est au-dessous de T^paisseur limite
pour laquelle la vapeur d'iode peut agir sur eile; tout le reste
de la lame est donc attaqu6 dans Tioduration totale, sauf la
Zone trfes-^troite qui borde la plage centrale.
Bolinnmnn-FesUchrift. •">
66 L. Houllevigue.
Cette iuterprötation est justifi^e par les remarques sui-
yantes:
1^ L'hyposulfite de soude en Solution tris-^tendue, qui
dissout l'iodure formö, laisse persister la trace de la premi^re
ioduration; cette trace paralt etre constitu^e par du cuivre
inalt^r^.
2® Bien que l'iodure de cuivre soit tres-peu alt^rable
k la lumiere^ od pourrait attribuer k cette alt^ration l'effet
observö; or, les ph^nom^nes restent absolument les memes
lorsqu'on opere ä Tobscuritö.
3^ La condition n6cessaire de la persistance des anneaux
est que Tioduration totale ne commence que lorsque la premiere
ioduration est achev^e (il suffit d'ailleurs de quelques secondes
d'intervalle entre les deux Operations), sans quoi la deuxifeme
r^action n'est que le prolongement de la premiere, et toute
trace de celle-ci disparalt.
Cette interpr^tation du ph6nomene 6tant adoptöe, j'ai tent6
d'en tirer la mesure de T^paisseur minima r6v6l6e par les exp^-
riences pr6c6dentes. J'ai d'abord oper6 comma suit: Sur une
lamelle de cuivre d'^paisseur aussi uniforme que possible, on
a forme six systemes d'anneaux, ayant au centre les ^paisseurs
optiques suivantes
No. 1 2 » 4 5 H
na eil «w 1151 948 747 600 Am 306
Le No. 1 correspondait a la transformation totale du
cuivre en iodure, et pour les autres, on
avait arrete Tattaque avant que la pelli-
cule de cuivre n'cüt 6t6 transperc6e par
l'iode. Puis, toute la lame fut iodur^e
Apres cette Operation, on put constater
que les taches 1, 2, 3, etaient nettement
visibles, 4 a-peine discernable; 5 et 6
n'avaient laiss6 aucune trace. D'apres
cela, la couche de cuivre incapable
d'ctre ioduröe ulterieurement aurait une öpaisseur inf^rieure ä
Hol - 600 ,„
12,7 =43^^.
Enfin j*ai fait sur de multiples 6chantillons, d'^paisseurs
variables, les determinations suivantes: sur une lamelle de
Lames minces obtenues par ionoplastie. 67
verre cuivröe, ou forraait, par le proc6cl6 d^crit plus haut, de
larges anneaux conceutriques d'iodure; la lame 6tait coup6e en
deux, au diamant, par le milieu des anneaux, puls l'une des
moiti6s ^tait iodur^e totalement, et enfin recoll6e a cotö de
Fautre moiti6 (Fig. 2). En examinant dans un appareil k pro-
jection Tensemble des deux demi-Iames, il 6tait possible
d'appr^cier (non sans quelque incertitude) quelles couches
avaient resist6 ä Tioduration totale. Si f» 6 et n 6' sont ^paisseurs
optiques correspondant ä la tache centrale et au bord ext^rieur
de la zöne qui a r^sist^ k la deuxieme ioduration, Töpaisseur
maximum du cuivre inalt6r6 est
«(e — «0
X = — .
12,7
Voici quelques rösultats obtenus par cette m6thode:
ne en fjifi 1652 1376 1258 1258 1334 747
n« „ „ 1151 1101 843 826 747 332
X „ „ 39 22 33 34 46 32
Je ferai remarquer en passant que les pellicules d'argent
d^pos^es par ionoplastie donnent lieu memes effets; une sem-
blable lame, soumise dans l'obscurit^ aux Operations d^critös
ci-dessus, a donn6 nc == 1927, na' = 1621, d'oü
1927 - 1621 o^
X = — - = 64 fJLfl,
Ainsi, les äpaisseurs limites pour Tattaque du cuivre par
riode, d6termin6es par diflF6rents proc6d6s, sont toujours du
meme ordre de grandeur, voisin de 40 jUjW. C'est aussi Tordre
de grandeur des couches de passage d^termin^es par des m6-
thodes purement physique, comme T^tude de la r^sistance
ölectrique.
Enfin, on peut r6sumer les r^sultats de la derniere partie
de ce travail en disant que: la plus petite moUcule de cuivre
capable de rear/ir chimiquement sur la vapeur d'iode, a des di-
mensions de F ordre de 40 fjbfji; son poids est de F ordre de
5 X tO~^^ milligramme,
(Eingegangen 10. Juli 1903.)
5*
68
10. über Magnetisiernng durch Tonerregnng.
Von Stefiem Meyer in Wien.
Es ist seit langer Zeit bekannt^ daß magnetisierbare
Körper durch Erschütterungen remanent magnetisch werden
können, wenn sie während derselben dem Einflüsse eines
Magnetfeldes ausgesetzt sind.
Eine hübsche Art dies zu zeigen, scheint mir die zu sein,
daß man die mechanischen St<)Be dadurch ersetzt, daß man
einen Eisenstab longitudinal oder auch transversal zum Tönen
bringt, während er in der Richtung des Erdfeldes, oder der
Horizontalkomponente desselben, gehalten wird.
Streicht man ihn mit einem kolophonierten Lappen zum
longitudinalen Tönen an, so genügt in der Regel bei den käuf-
lichen Eisenstäben ein einmaliges Streichen, um einen relativ
kräftigen Magneten zu erhalten, dessen Pole durch das Erd-
feld definiert sind, wie dies mit einer gewöhnlichen Magnet-
nadel leicht nachgewiesen werden kann. Dreht man dann den
Stab um, so daß der entstandene Nordpol gegen Süden zeigt,
so genügt wieder ein- oder zweimaliges Streichen, um ihn um-
zumagnetisieren. Dabei ist es gleichgültig, ob man den Grund-
ton oder einen Oberton anregt und man erhält auch dasselbe
Resultat, wenn man statt der Longitudinal töne mit einem
Violinbogen transversale Töne hervorruft.^)
Die Polmaxima liegen aber dabei nicht an den Enden,
bez. den durch die Stabform allein bedingten Orten. Man
darf annehmen, daß in erster Annäherung die Magnetisierung
1) Einen verwandten Versuch, die periodische Änderung des tempo-
rären Magnetismus eines Stabes durch longitudinale Schwingungen an
einem Elektrodynamometer nachzuweisen, hat E. Warburg, Pogg. Ann.
139. p. 499. 1870 beschrieben. Die Bemerkung in Winkelmanns
Handbuch 1. Aufl. III/, p. 254 betreffs der Transversalschwingungen
kann sich nur auf die spezielle Anordnung Warburgs beziehen. In
unserem Falle sind die Ergebnisse ganz unzweideutig.
Magnetisierung durch Tonerregung, 69
proportional der Erschütterung und proportional dem magneti-
sierenden Felde ist. Für den longitudinalen Grundton eines
Stabes mit zwei freien Enden, in welchem Falle die Erschütte-
rung in der Mitte ihr Maximum hat und an den Enden gleich
Null ist, wird aus dem Produkt der zwei genannten Einwir-
kungen demnach in der Mitte und an den Enden kein Mag-
netismus auftreten, derselbe wird hingegen im ersten und
dritten Viertel sein Maximum erreichen. Auch beim ersten
Oberton, mit den Knoten in den Vierteln der Länge werden
die Maxima entweder in diesen Vierteln oder nahe an den-
selben, gegen die Enden zu ein wenig verschoben, liegen
müssen und die gleichen Verhältnisse treten bei Transversal-
tönen eines an beiden Enden fixen Stabes oder seines ersten
Obertones auf. Bei den höheren Obertönen, bei welchen die
äußersten Elrschütterungsmaxima von der Mitte entfernter liegen,
müssen entsprechend dem obigen Produkte die Pole mit steigen-
dem Tone allmählich gegen die Enden zu wandern.
Alle diese Erscheinungen lassen sich an gewöhnlichem
Stangendraht mit Leichtigkeit zeigen, nur sind die Maxima
einigermaßen flach, so daß ihre Lage nicht sehr genau be-
stimmt werden kann und es ist auch der käufliche Eisen-
stangendraht, der sich im übrigen sehr gut zu diesen Denion-
strationsversuchen eignet, nicht homogen genug, um nicht
hierdurch gewisse Unsicherheiten in die Beobachtungen hinein-
zutragen. Die ausgeführten Messungen bestätigen jedenfalls
in erster Annäherung das oben Gesagte. Bei verschiedenen
Stäben von der Länge 254 cm lagen beispielsweise für den
Grundton und ersten Oberton die Maxima zwischen GO und
70 cm von den Enden entfernt, für den zweiten Oberton war die
entsprechende Distanz bei ca. 40 — 50 cm. Bei diesen Versuchen
warde immer wiederholt die 8tabrichtung verkehrt und es
erwies sich auch, daß anfänglich — vermutlich durch das Ab-
zwicken oder Schneiden an den Enden — vorhandene Mag-
netismen sich verloren, um gegen die angegebenen Pole hinzu-
ziehen. ^)
1) Möglieberweise steht damit auch die Beobachtung von Loomis,
Sill. Joam. 15. p. 179 in Zusammenhang, daß bei steigender Temperatur
der Magnetismus sich nicht proportional ändert, souderu die Attraktions-
sentren gegen die Mitte rücken.
70 St Meyer, Magnetisierung durch Tonerregung.
Außer den genannten Umständen scheint jedoch auch
noch eine Abhängigkeit von den Dimensionen der Stäbe eine
Rolle zu spielen.
So ergab sich für die gleiche Länge von 254 cm bei kreis-
förmigem Querschnitt vom Durchmesser d ein Abstand der
Polmaxima a von den Enden wie folgt:
d a
1.2 cm 80—90 cm
1.03 70—80
0,95 ca. 70
0,81 ca. 70
0,6 ca. 60
0,45 ca. 60
d. h. mit abnehmendem Querschnitt scheinen die Maxim a gegen
die Enden hinzurücken.
Daß in diesem Erscheinungsgebiete jedenfalls auch noch
kompliziertere Verhältnisse vorhanden sein mögen, geht zudem
schon aus den^ den hier beschriebenen Versuchen reziproken
Beobachtungen von K. Honda und S. Shimizu ^) über das
Tönen ferromagnetischer Drähte in wechselnden magnetischen
Feldern hervor.
Eine exakte Bestimmung der Abhängigkeit von den Dimen-
sionen ließe sich nur bei wohldefinierten homogenen E}isen-
sorten durchführen.
Wien, Institut für theoretische Physik.
1) R. Houda und S. Shimizu, Phil. Mag. 4. p. 645. 1902.
(Eingegangen 12. Juli 1908.)
71
11. Apparate zar Verslnnlichang der kinetischen
Wärmetheorie.
Von Iieop. Pfaundler in Graz.
Wenn ich im nachfolgenden Apparate zur Nachahmung
derjenigen Bewegungsvorgänge heschreihe, welche unseren An-
schauungen in der kinetischen Wärmetheorie zugrunde liegen,
so bin ich mir woU bewußt, damit mehr dem Unterrichte als
dem Fortschritte der Wissenschaft zu dienen. Dennoch glaube
ich, daß der Wert von Apparaten oder Modellen zur Nach-
ahmung physikalischer Vorgänge, die unserer direkten Be-
obachtung unzugänglich sind, auch in wissenschaftlicher Be-
ziehung nicht unterschätzt werden darf; denn da sie die
Phantasie wirksam unterstützen, so haben sie schon mehrmals
den Anstoß zu einer Erweiterung unserer wissenschaftlichen
VorsteUungen gegeben. So hat z. B. seinerzeit der Fesseische
WeUenapparat für die Polarisation des Lichtes solche Erfolge
gehabt. Nach 0. J. Lodge hat ein Modell zur Drehung der
Polarisationsebene im magnetischen Felde den Anlaß zu Max-
well s Theorie des Lichtes gegeben. Solcher Beispiele ließen
sich noch mehrfach aufführen. Wir sehen auch, daß sich
hervorragende Physiker mit der Erfindung solcher Modelle ab-
gegeben haben, woraus wir schließen dürfen, daß dieselben
nicht allein für den Schulmeister, sondern auch für den Forscher
von Interesse sein können. Ich verweise auf die zahlreichen
Modelle zur Versinnlichung elektrischer Vorgänge von Lodge,
auf das Modell zu den zyklischen Bewegungen von Boltz-
mann, auf die Wellenmaschine von Mach und viele andere.
Auch der umstand, daß die Pflege der kinetischen Gastheorie'
abgesehen von den tiefsinoigen und gründlichen Arbeiten von
L. Boltzmann, G. Jäger u. a., seit einiger Zeit zurück-
gestellt worden ist, kann mich nicht abhalten, einschlägige
Modelle zu beschreiben; denn ich habe die Überzeugung, daß
man auf diese Theorie immer wieder zurückkommen wird, so-
72 L. Pfaundler.
lange es überhaupt eine Atomtheorie gibt Es hat nicht den
Anschein, daB wir die letztere bald werden entbehren oder
durch eine bessere ersetzen können.
Uodell I lar Dnntollanc der kinetieolien aHatheorle
Ton Krönlg and Glftnaiai.
An einem rechteckigen schmiedeeisernen Babmen R R'
(Fig. 1) von ungefähr 30 und 20 cm Seite sind ringsherum an
der Außenseite eine Anzahl stähleraer Lamellen ff ange<
schraubt, deren obere Enden an rechtwinklig umgebogenen
Stielen je zwei Metallkugeln K K von 12 mm Durchmesser ü*agen.
Fig. I.
Pig. a.
Sämtliche Engeln bilden wiederum ein Rechteck von ungefähr
20 und 30 cm Seitenlänge. Die federnden Stahllamellen tragen
in 4 cm Höhe an der Innenseite eiserne Anker aa, welche
den Polen von Elektromagneten m gegenüberstehen, die alle
hintereinander von einem Strome (5 Akkumulatoren) durch-
flössen, abwechselnd nord- und sUdmagnetisch werden. Fig. 2
gibt einen Vertikalschnitt durch die Lamelle. Der Strom wird
durch eine separat aufgestellte ebensolche schwingende Lamelle f,
welche mit Quecksilberkontakt versehen ist, bei jeder Schwingung
einmal elektromagnetisch unterbrochen und wiederhergestellt.
Durch die Schraube s wird der freischwingende Teil der Feder/"
in ihrer Länge und dadurch in ihrer Schwingungsdauer so re-
guliert, daS sie mit den gleich abgestimmten Federn f Über-
Fersinnlichung der kinetischen H^ärmetheorie, 78
emstimmt. Die letzteren kommen hierdurch in heftige und
anhaltende Schwingungen, welche dann und wann Schwebungen
aasgesetzt sind^ so daß sie periodisch stärker und schwächer
schwingen. Unterhalb der Ebene der Kugeln ist eine starke
ßlastafel G mittels dreier Säulchen aufgestellt, so daß die
Kugeln über deren Band aus- und einschwingen.
Mit diesem Apparate kann nun folgendes gezeigt werden:
1. Bewegung gleichartiger Gasmolekeln in einem Gefäße mit
erwärmten fFänden, Man wirft eine Anzahl bis zu 20 freier,
elastischer Kugeln gleicher Größe aus Marmor auf die Glas-
platte. Dieselben erhalten bei der Berührung mit den schwingen-
den Randkugeln Stöße und fahren, vielmals unter sich zusammen-
stoßend, in dem Saume hin und her. Die Verluste an leben-
diger Kraft, die sie durch die geringe ßeibung erleiden, werden
durch den fortwährenden Zuschuß von den Rändern her aus-
geliehen, so daß alsbald ein stationärer Zustand eintritt, bei
welchem eine mittlere lebendige Kraft derselben durch längere
Zeit konstant erhalten wird, die durch Änderung der Strom-
stärke etwas erhöht oder vermindert werden kann. Es zeigt
sich dabei ganz nett, wie die einzelnen Kugeln die verschieden-
sten Geschwindigkeiten annehmen, die sie beim Stoße aus-
tauschen. Verfolgt man eine besonders gefärbte Kugel, so
sieht man, daß sie selten einen längeren ungestörten Weg von
einem Rande zum gegenüberstehenden zurücklegt, indem die
mittlere Weglänge infolge der Zusammenstöße eine viel kürzere
ist Man überzeugt sich durch Abzählen während einer längeren
Zeit, daß durchschnittlich alle Randkugeln gleich oft von Stößen
getroffen werden.
2. allmähliche Erwärmung eines auf dem absoluten Null-
punkt befindlichen Gases durch die Gefäßwände, Man sammelt
bei unterbrochenem Strom alle Kugeln in der Mitte der Glas-
tafel (welche genau horizontal gestellt ist), versetzt dann die
Bandkugeln in Schwingung und wirft eine einzige Kugel an
den Rand. Sie vermittelt dann allmählich die Bewegung sämt-
licher Kugeln, welche binnen wenigen Sekunden in stationäre
Bewegung geraten.
3. Kondensation von Dämpfen, Man hemmt durch Anlegen
der Hand die Schwingungen einer Anzahl von benachbarten
Randkngeln, was ihrer Abkühlung entspricht. Sofort sammeln
74 L. Pfaundler,
sieb die frei beweglichen Kugeln in deren Nabe und kommen
zur Ruhe.
4. Diffusion, Man legt bei ruhenden ßandkugeln auf die
beiden Hälften der Glasplatte verscbieden gefärbte Kugeln.
So wie die Schwingungen der ßandkugeln beginnen^ tritt als-
bald eine vollständige Vermischung der freien Kugeln ein.
5. Zwei Gase von verschiedenem Molekulargewicht Man
nimmt die Hälfte der Kugeln aus Stahl, die andere Hälfte
aus Marmor (oder aus Marmor und Holz). Man bemerkt sofort,
daß sich die leichteren Kugeln schneller bewegen und daher
auch rascher in die schwereren diffundieren.
6. Wirkung auf einem Kolben, Man setzt quer über die
Mitte der Glaätafel einen Stab aus elastischem Materal mit
quadratischem Querschnitt und gibt auf beide Seiten gleich
viele gleich schwere Kugeln. Der Stab (Kolben) bleibt im
wesentlichen an seiner Stelle. Man gibt auf die eine Seite
mehr Kugeln als auf die andere, der Stab wird gegen die
letztere verschoben. Dieses Experiment gelingt weniger voll-
kommen, weil die Zahl der Kugeln zu gering ist, als daß die
Ergebnisse der Wahrscheinlichkeitsrechnung zum sicheren Aus-
druck kämen. Dazu müßte der Apparat größer gebaut werden.
7. Gas^ welches der Schwere ausgesetzt ist. Man neigt
mittels der Stellschrauben den Apparat schief, so daß eine
Schmalseite tiefer zu stehen kommt.
Der Leser wird leicht noch weitere Versuche auffinden.
Modell n zur Darstellung: der Wärmebewegung in festen
Körpern.
Eine Anzahl Bleikugeln ist in der aus Fig. 3 ersichtlichen
Weise gegenseitig durch federnde Spiralen verbunden und das
Ganze an Schnüren frei aufgehängt. Man zeigt:
1. Bewegung des ganzen Körpers (geordnete Bewegung),
Ein sanfter Stoß mit der flachen Hand versetzt den ganzen
Körper in Schwingungen, ohne daß die einzelnen Kugeln in
merkliche Schwingung geraten.
2. Erzeugung von JVärme durch Stoß, innere Wärmeleitung,
Ein rascher Stoß auf eine einzelne Kugel pflanzt sich rasch
durch den ganzen Körper fort und versetzt alle Kugeln in
länger andauernde schwingende Bewegung um ihre Buhelagen.
f'eramnlickuriff der kinetischen II ärmetheorie. 75
3, Außare Wärmeleit^itig. Ein ao „erwärmter" Körper
flberträgt einen Teil seiner Warmebewegung auf einen zweiten,
mit dem er in Berührung
gebracht wird.
Sowie jeder Vergleich
hinkt, 80 hinkt auch jedes
Modell. Wir können z. B.
nicht hindern, daß die innere
Reibung die Bewegung der
Engeln bald zum Erlöschen
bringt. Ihre lebendige Kraft
wird dann wirklich in Wärme
Terwandelt, während die
lebendige Kraft der Moleküle
nicht in Wärme verwandelt
Verden kann, da sie selbst
als die Wärme anzusehen
igt Bas letztere Modell
kann auch benutzt werden,
nm die Vorstellung von der
Konstitution des Äthers zu
erleichtem, der sich wie eine
Gallerte verhält
Fig. 3.
Die Wärmebewegung in den flüssigen Körpern uachzu-
ahmen, dürfte schwer gelingen.
Graz, Juli 1903.
(EingegaDgen 1». Juli 1903.)
76
12. Ein besonderer Fall des Leucbtens Ton yer-
dtlnntem Gase in einem breiten Glasrobr.
(Von J. Borgmann in St. Petersburg.
Eine meiner früheren Mitteilungen ^) enthielt das Ergebnis
meiner Beobachtungen über das Leuchten Geisslerscher und
Lech er scher (elektrodenloser) Röhren, welches durch die nicht
geschlossene Sekundärspule eines Liduktors bewirkt wird. Die
Beobachtungen ergaben, daß solch ein Rohr, welches auf iso-
lierender Unterlage in der Nähe eines Drahtes oder einer zweiten,
mit einem Induktorpol verbundenen Geissleischen Röhre auf-
gestellt ist, beim Ingangsetzen des Induktors nur dann zu
leuchten anfängt, wenn die Längsachse des Rohres den dabei
entstehenden elektrischen Kraftlinien wechselnder Richtung
parallel ist, oder doch nur einen kleinen Winkel mit ihnen
bildet Das dabei in gewöhnlichen Geis sler sehen oder elek-
trodenlosen Lech er sehen Röhren entstehende Leuchten bleibt
sich gleich, unabhängig von der Richtung des Primärstromes
des Induktors. Anders ist es bei langen und breiten Röhren,
welche bis auf hundertstel Millimeter Druck evakuiert sind und
wenn die Induktorpole durch eine Funkenstrecke verbunden
sind. Das in einem breiten auf Paraffinständern isolierten Rohre
entstehende Leuchten ist verschieden bei verschiedener Rich-
tung des Primärstromes des Induktors. Der Unterschied im
Leuchten besteht teilweise in der Form desselben, hauptsäch-
lich aber in den räumlichen Dimensionen des Leuchtens im
Rohr. Nach dem Aussehen des Leuchtens kann man die
Richtung des Primärstromes des Induktors, d. h. die Ladung
des Poles bestimmen, an welchen der isolierte Draht an-
geschlossen und welcher in einiger Entfernung vom Rohr auf-
1) J. Borg man D, Joum. der Rnss. phjs.-chem. Ges. 31. 1900; Beibl.
24. p. 806. 1900.
Leuchten von verdünntem Gase, 77
gehängt ist. Die hier beschriebene Erscheinung bemerkte ich
zufallig während meiner Beobachtungen über das Leuchten
eines yerdünntenj^Oases rings um einen mit einem Induktorpol
Terbundenen Draht^, während beide Induktorpole durch eine
Funkenstrecke verbunden waren. Das Rohr, welches zu den
hier zu beschreibenden Beobachtungen diente^ war 114 cm
lang bei 6,3 cm äußerem Durchmesser. Dasselbe '^enthielt
parallel der Längsachse einen dünnen Platindraht, welcher
jedoch in meinen Versuchen an nichts angeschlossen war.
An die äußere Kobrwandung war ebenfalls parallel der Längs-
achse und längs dem ganzen Hohr ein schmaler Stanniolstreifen
aufgeklebt. Das Rohr war horizontal auf Paraffinblöcken, welche
ihrerseits auf umgekehrten hohen Glasböcken ruhten, also ziem-
lich hoch über der Tischoberfläche aufgestellt
In einer Entfernung von nahezu 1 m von diesem Bohr
befand sich ein dünner Draht, welcher den Draht jenes Bohres,
welches der Hauptgegenstand meiner damaligen Untersuchung
war, mit dem Induktorpole verband. Es erwies sich, daß beim
Ingangsetzen des Induktors auch das breite Bohr zu leuchten
b^;aniL Das Leuchten war intensiver und verbreitete sich über
einen größeren Teil des Bohres, wenn der Draht vom positiven
Induktorpol führte. Das Leuchten gewann an Kraft, wenn der
Stanniolstreifen an der Bohroberfläche geerdet war. Auch in
diesem Fall war das Leuchten verschieden bei verschiedener
Bichtung des Primärstromes im Induktor. Das Bohr leuchtet
auch dann, wenn der Platindraht in ihm gleichfalls geerdet
ist. Ebenso blieb in diesem Fall der merkliche Unterschied
des Leuchtens bei verschiedener Bichtung des Primärstromes
bestehen. Interessant ist es, daß das Anfassen des zweiten
Induktorpoles, welcher immer geerdet war, einen merklichen
Einfluß auf das Leuchten ausübte: die Länge der leuchtenden
Strecke wurde kürzer. Die gleiche Wirkung hatte sogar das
Anfassen des Drahtes, welcher den schmalen Stanniolstreifen
mit dem Hahn der Wasserleitung, also mit der Erde ver-
band. Das Anfassen fand in ziemlicher Entfernung vom
Stanniolstreifen statt
1) J. BorgmaDD, Pbys. Zeitschr. 2. p. 659. 1901; 8. p. 488 n. 565.
1902; 4. p. 558. 1903.
78 J. Borgmann.
Es erwies sich, daß die Wirkung eioea Magaetieldes aut
das Leuchten verschieden ist, je nachdem ob das Leuchten von
einem positiven oder von tineni negativen Induktorpol hervor-
gerufen wurde. Der Unterschied ist besonders l'ütilbar, wenn
der Stanniolatreifen geerdet ist, und wenn die Kraftlinien des
einwirkendeu magnetischen Feldes der Längsachse des Rohres
Leuchten von verdünntem Gase, 79
parallel sind, d. li. wenn der Elektromagnet von Plücker so
unter dem Rohre aufgestellt ist, daß die Längsachse des Rohres
in der senkrechten Ebene liegt, welche durch die Achsen der
Schenkel des Elektromagneten gebildet ist.
Fig. 1 ist eine Autotypie nach einem Negativ (Exposition
15 lfin.)> w^lch^s dfts Leuchten im ßohr in dem Falle dar-
itallty wenn der negative Induktorpol wirksam ist
S%. 2 ist eine Autotypie nach einem Negativ (Exposition
pekihialls 15 Min.), welches das Leuchten im Bohr darstellt,
wenn der wirksame Induktorpol positiv ist.
Beide Figuren verhalten sich zueinander wie ein negatives
iiad ein positives Bild. Beide zeigen' deutlich die Wirkung
des Magnetfeldes, aber Fig. 1 zeigt einen hellen Bogen in der
Bichtong der Kraftlinien, welche die Mitten der horizontalen
Endflächen der Schenkel des Elektromagneten verbinden. Fig. 2
leigt denselben Bogen, aber dunkel. Umgekehrt ist der Zwischen-
raum zwischen den Schenkeln des Elektromagneten im ersten
Falle dunkel, im zweiten intensiv leuchtend.
Zusammenfassend: Das Leuchten eines verdünnten Gases
in einem breiten Glasrohr in einem intermittierenden, elektri-
schen Felde ist verschieden beim Wechseln der Richtung des
Feldes. Der Unterschied zeigt sich besonders in der Wirkung
des magnetischen Feldes auf das Leuchten.
St. Petersburg, Universität, Physikalisches Institut.
(Eingegangen 20. Juli 1903.)
80
13. Zur Demonstration der Klanganalyse.
Von Faul CBermak in Innabnick.
Bereits in den achtziger Jahren benutzte L. Boltzmann
zur Demonstration der Obertöne, welche bei Saiten auf-
treten, wenn dieselben in der Mitte oder im ersten Drittel
gezupft werden, ein mechanisches Modell. Dasselbe besteht
aus einer ßeihe von Pendeln, welche die Partialtöne der Saite
darstellen. Durch symmetrische oder unsymmetrische Defor-
mierung der Sinusschwingung des Orundtones läßt es sich nun
zeigen, daß im ersten Falle die ungeradzahligen Obertöne nicht
ins Mitschwingen kommen, während im zweiten Falle wieder
jene Obertöne fehlen, welche ihre Knoten an der Zupfistelle
haben. J. Klemenöiö führte diesen Apparat bei der Natur-
forscherversammlung in München im Jahre 1899 vor und
fand derselbe berechtigte Anerkennung. Mit keinem anderen
Apparate kann dieser ziemUch komplizierte Vorgang so klar
und anschaulich vorgeführt werden. Klemenöiö hatte die
Absicht, diese Methode im Einvernehmen mit Hm. Boltz-
mann ausführlich zu beschreiben, doch kam er nicht mehr zur
Ausführung dieses Vorsatzes. Da ich seinerzeit als Assistent
Boltzmanns Gelegenheit hatte, diesen Apparat kennen
zu lernen und das Modell, welches Klemeu6i6 in München
vorführte, nach meinen Angaben gemacht wurde, so glaube
ich vielen Experimentatoren einen Dienst zu erweisen, wenn
ich hier das Versäumnis nachhole.
Da es mich nun stets sehr interessiert hatte, in welchem
Maße die einfache Sinusschwingung des Grundtones beim Boltz-
mann sehen Apparate deformiert wird, konstruierte ich eine
Vorrichtung, welche gestattet die Grundschwingung und die
deformierten Schwingungen graphisch darzustellen.^) Es ist
1) Diesen Apparat hatte ich für die Demonstration bei der Natur-
forscherversammlnng in München 1899 vorbereitet, war aber an deren
Besuche verhindert, weshalb ich hier die Sache nachtrage.
Demonstration der Klaiujanalyte.
81
dabei Qberrascbend , eine wie geringe Deformation bereits ge-
Qügt, um gevlBse Obertöne deutlich herrortreten zu lassen.
Ich will daher zunächst Boltzmanni Pendelapparat be-
schreiben.
Ein gewöhnliches Pendel P, Fig. 1, mit schwerer Linse,
von ungefähr einer Sekunde Schwingnngedauer, ist an einem
soliden Ständer S aufgehängt An dem-
selben läßt Bich in der Nähe der Auf-
hängeschneide ein längerer Stift « mit
Hilfe einer kleineu Klammer feststellen.
Wird das Pendel zu Schwingungen an-
geregt, so macht t natürlich eine genaue
einfache Sinusbeweguog.
Nun ist eine Reihe von Faden-
pendeln vorbereitet, Ton denen das erste
mit P genau abgestimmt ist Es repräsen-
tiert den Grundton. Das zweite i»t nur
ein Viertel so lang, schwingt daher doppelt
so schnell, ein drittes hat ein Neuntel der
länge and schwingt daher dreimal so
schnell. Außerdem ist noch ein viertes
Pendel vorhanden, welches eine beliebige
zwischen gelegene Pendellänge hat.
Hängt man nun alle vier Pendel gleich-
zeitig an den Stift $ und regt das große
Pendel F an, so gerät nur das den Grund-
ton repräsentierende Fadenpendel in leb- .
baftes Mitschwingen. Dies ist der einzige
Ton, der in der Scliwingung des Stiftes s
enthalten ist
Nun kann man au dem vorstehendeii Arme a, zwischen
Spitzen drehbar, zwei verschiedene Vorrichtungen anbringen,
und zwar xut symmetrüchen Deformation der einfachen Sinus-
schwinguDg des Stiftes s ein kleines Dreieck und zur vnst/mme-
tritehen Deformation ein kleines Hebelchen.
Das Dreieck D, Fig. 2, wird so eingesetzt, daß es der
Stift « eben im oberen Winkel der Schablone berührt. A\'ird
dann das Pendel angeregt, so nimmt der Stift s das Dreieck
mit nnd ein Punkt desselben, z. B. das Häkchen k, fuhrt dann
Fig. 1.
82
P, Czermah.
eine deformierte Sinusschwingung aus. Dieselbe ist symmetrisch
deformiert; und zwar so^ daß das Passieren der ßuhelage mit
vergrößerter Geschwindigkeit vor sich geht, während die Ge-
schwindigkeit gegen die Umkehrpunkte zu verlangsamt wird.
Hängt man die früheren vier Fadenpendel der Reihe nach
an das Häkchen A, so geraten der Grundton und zweite Ober-
ton in lebhaftes Mitschwingen, während das zweite und vierte
Pendel nur hin und her geschoben werden.
Zur unsymmetrischen Deformation dient dann das Hebel-
chen Hy Fig. 3, welches statt des Dreiecks D in den Arm a
Fig. 2.
Fig. 3.
eingesetzt wird. Man verstellt dann den Stift s so, daß er etwas
aus der Mittellinie gegen links zu verschoben steht und beim
Umkehren auf der rechten Seite das Hebelchen H gerade noch
berührt. Es wird dann die Geschwindigkeit der Häkchenbewe-
gung gerade an dieser Stelle vergrößert und gegen den anderen
Umkehrpunkt verlangsamt. Von den vier angehängten Faden-
pendeln geht jetzt wieder der Grundton lebhaft mit, aber auch
der erste Oberton, während das dritte und vierte Pendel versagen.
Zur graphischen Darstellung dieser Schwingungsformen kon-
struierte ich folgenden Apparat
Zunächst muß die einfache Sinusschwingung, welche der
Stift s ausführt, aufgezeichnet werden und läßt sich dies in
bekannter Weise sehr genau durch die Projektion des Schatten-
punktes eines im Kreise bewegten Punktes ausführen.
Auf einer Scheibe S, Fig. 4, sitzt in einem Schlitze, auf
verschiedenen Abstand vom Zentrum verstellbar, der Zapfen
Z, welcher zur Verminderung der Reibung ein Röllchen trägt
Er wird durch eine starke Spiralfeder stets gegen die eine
Kante eines senkrechten Schlitzes in dem Schlitten A B ge-
preßt. Dieser Schlitten läuft in vier Führungsrollen und jeder
Demonsti*atio?t der Klanganalyse,
83
Punkt desselben macht daher beim Rotieren der Scheibe S
eine horizontale Pendelbewegung.
An den Schlitten ist eine Stange G geschraubt^ welche
den im Pendelapparate mit s bezeichneten Stift trägt. Außer-
dem ist auch eine wegklappbare Messingfeder f vorhanden^
welche, mit Tinte gefüllt, auf einem vorübergleitenden Streifen
Kymographenpapieres die einfache Sinuslinie sehr fein ver-
Fig. 4.
zeichnet. Der Papierstreifen ist über zwei Rollen geführt, welche
mit der rotierenden Scheibe S durch denselben Schnurlauf ver-
bunden sind, so daß sich diese Teile isochron bewegen müssen.
Nun ist jener Teil anzufügen, welcher die Grundton-
schwingung deformiert. Zu diem Ende ist an einer Achse -S*
wegdrehbar und auch in der Höhe verstellbar ein Rahmen B
vorhanden, welcher einen zweiten Schlitten Ä' E trägt.
In der Zeichnung ist die Stellung des Rahmens punktiert
angedeutet und oberhalb derselbe ausgeführt dargestellt.
Der Schlitten ist ebenfalls zwischen vier Führangsrollen
gehalten und in einem senkrechten Schlitze desselben gleitet
ein Stift, welcher dem Häkchen h des Pendelapparates ent-
spricht Das symmetrisch deformierende Dreieck B und das
6*
84 P, Czermak. Demonstration der Klanganalyse.
unsymmetrisch deformierende Hebelchen H sind als Schablonen
in einer Scheibe P ausgeschnitten und können durch einen
klemmenden Hebel T so fixiert werden, daß sie über den Stift s
beim Herumdrehen des ganzen Rahmens gesteckt werden. In
die Scheibe P können noch andere Schablonen geschnitten
werden, z. B. Dreiecke mit anderen Winkeln, Bogen- und
Kurvenstücke, geneigte Gerade etc. Mit dem Hebel T ist
auch der Stift A verbunden, welcher die deformierte Sinus-
bewegung auf den Schlitten überträgt Von diesem aus geht
dann ebenfalls ein gebogener federnder Schreibehebel f nach
abwärts, welcher gegen den vorübergleitenden Papierstreifen
angedrückt wird und die deformierte Kurve verzeichnet.
Um die Kurven gut vergleichen zu können, hat man so zu
verfahren. Mau zeichnet zuerst, bei abgedrehtem Rahmen Ry
Fig. 5a. Pig. ob.
mit einer passenden Amplitude die einfache Sinuskurve auf
Pauspapier. Dann klappt man den Rahmen über, nachdem
man die gewünschte Schablone eingestellt hat. Jetzt muß man
die Exzentrizität des Zapfens Z so verkleinem, daß die Ampli-
tude der deformierten Kurve ebenso groß geworden ist, wie
die der einfachen Sinuslinie. Beim Einstellen des unsymme-
trisch deformierenden Schlitzes H ist auch noch die Schablonen-
scheibe etwas nach rechts zu verschieben, was durch die in
einem horizontalen Schlitze klemmbare Drehachse derselben
ermöglicht wird.
Auf die so erhaltenen deformierten Kurven legt man die
transparenten einfachen Sinuslinien auf und kann dann am
besten die Abweichungen beurteilen.
Fig. 5 a gibt die verkleinerte Reproduktion einer solchen
Vergleichung der symmetrisch deformierten, Fig. 5b die der
unsymmetrisch deformierten Schwingung wieder.
Innsbruck, im Juli 1903.
(Kiiigcgangen 23. Juli 1903.^
85
14. Der Lichtdruck auf einen bewegten Spiegel und
das Gesetz der schwarzen Strahlung.
Von Max Abraham in Gtöttingen.
L. Boltzmann^] hat zuerst den elektromagnetischen Licht-
<lnick^ zur thermodjnamischen Begründung des Gesetzes der
iKshwarzen Strahlung verwandt. Die experimentelle Bestätigung
des Stefan-Boltzmannschen Gesetzes durch die Herren
O.Lummer und E. Pringsheim®), sowie der direkte Nachweis
des Lichtdruckes durch Hm. P. Lebedew*) und neuerdings
durch die Hm. E. F. Nichols und G. F. HulF) zeigen, daß
die nämlichen Kräfte es sind, die auf ruhende und bewegte
Elektrizität in statischen oder stationären elektromagnetischen
Feldern, und die in den rasch wechselnden Feldern der Licht-
wellen wirken.
Die endliche Geschwindigkeit des Lichtes bedingt, daß
die Kräfte der Lichtwellen das dritte Axiom Newtons nicht
erfüllen; es verstreicht eine endliche Zeit, von dem Momente,
wo der Lichtdmck den emittierenden Körper zurückstieß, bis
zu dem Momente, wo er dem absorbierenden einen Lnpuls
erteilt. Dennoch läßt sich der Satz von der Erhaltung der
Bewegungsgröße in gewissem Sinne aufrecht erhalten ; man hat,
neben der Bewegungsgröße der Materie, eine „elektromaffne-
tische Bewegungsgröße'* ^) der Lichtwellen inBechnung zu ziehen.
Wird Strahlung in den Baum hinausgesandt, so wird die Be-
wegungsgröße der ponderablen Massen in elektromagnetische
Bewegungsgröße verwandelt; sie bleibt gewissermaßen latent,
bis sie, bei der Absorption der Strahlung, von der Materie
zurückgewonnen wird. Die elektromagnetische Bewegungsgröße
1) L. Boltzmann, Ann. d. Phjs. 22. p. 291. 1884.
2) J. Cl. Maxwell, Treatise 2, Art. 792.
3) O.Lummer und £. Pringsheim, Ann. d. Phjs. 6»{. p. 395. 1897.
4) P. Lebedew, Ann. d. Phys. 6. p. 433. 1901.
5) E. F. Nichols und G. F. Hüll, Ann. d. Phys. 12. p. 225. 1903.
6) M. Abraham, Ann. d. Phys. 10. p. 125. 1903.
86 M, Abraham,
ist ein Vector, der dem Strahle parallel gerichtet ist; sein
Betrag ist, für eine ebene Welle, gleich der mitgef&hrten
elektromagnetischen Energie, dividiert durch die Lichtgeschwin-
digkeit. Nach der alten Emissionstheorie wäre der Quotient aus
Bewegungsgröße und Energie doppelt so groß, der Lichtdruck
wäre daher der doppelte^); die elastische Lichttheorie dagegen er-
klärt den Lichtdruck überhaupt nicht, da sie keine longitudinale
Komponente der Bewegungsgröße den Lichtwellen zuschreibt.
Wir behandeln folgendes Problem: Ein dünnes Licht-
bündel von gegebener Richtung, Helligkeit und Farbe treffe
auf eine ebene, vollkommen spiegelnde Platte, die sich senk-
recht zu ihrer Ebene mit beliebiger Geschwindigkeit bewegt;
gesucht sind Richtung, Helligkeit und Farbe des reflektierten
Bündels, sowie der Druck, der auf die Platte wirkt. Dieses
Problem ist auf das engste mit der Theorie der schwarzen
Strahlung verknüpft. Die Beziehung, die zwischen den Hellig-
keiten, Temperaturen und Schwingungszahlen jedes der beiden
Bündel besteht, ist nichts anderes, als das sogenannte „F<pr-
schiebungsgesetz^', Herr W. Wien^j, dem man dieses Gesetz
verdankt, beschränkt sich bei dem Beweise stets auf sehr ge-
ringe Geschwindigkeit der spiegelnden Fläche; er setzt den
Lichtdruck auf den bewegten Spiegel dem auf den ruhenden
Spiegel wirkenden gleich, und begnügt sich mit einer ersten
Annäherung flir die Arbeitsleistung des Lichtdruckes und für
die Änderung der Wellenlänge, die bei der Reflexion gemäß
dem Doppl ersehen Prinzip stattfindet Mir schien daher eine
exakte Lösung des genannten Problems, für beliebige Ge-
schwindigkeit der bewegten Platte, erwünscht; sie führt zu einer
Ableitung des Verschiebungsgesetzes, die eines idealen Spiegels
nur für einmalige Reflexion bedarf, während die bisherigen
Beweise annehmen müssen, daß bei den außerordentlich zahl-
reichen Reflexionen an den spiegelnden Wänden eines Hohl-
raumes kein merklicher Bruchteil der Strahlung absorbiert
wird. Dabei dürfen wir freilich den Begrifl' der Temperatur
nicht auf die Hohlraumstrahlung beschränken, sondern wir
müssen ihn auf die beiden Lichtbündel, das einfallende und
1) Vgl. L. Boltzmann, Ann. d. Phys. 22. p. 293. 1884.
2) W. Wien, Ann. d. Phys. r>2. p. 157. 1894.
TAchtdruck auf bewegten Spiegel. 87
das reflektierte, übertragen. Daß die ungestört im Räume
sich fortpflanzende Strahlung eine bestimmte Temperatur be-
sitzt, die sich bei der B^ortptianzung nicht ändert, hat Herr
M. Planck^) gezeigt; einen Einwand*) des Hrn. W. Wien
widerlegend,^ hat er die Reversibilität der freien Ausbreitung
strahlender Energie festgestellt.
Demgemäß betrachten wir das einfallende Lichtbtlndel als
Träger von Bewegungsgröße, Energie und Temperatur. Richtung,
Helligkeit und Temperatur des reflektierten Bündels, sowie
den Lichtdruck auf den bewegten Spiegel berechnen wir auf
Gnind des Satzes von der Bewegungsgröße, und der beiden
H!auptsätze der Thermodynamik. Dabei stellen wir uns von
vornherein auf den Standpunkt der Loren tzschen Theorie*),
der einzigen, die zu einer präzisen Formulierung des Problems
führt Dieser Theorie zufolge geschieht die Lichtfortpflanzung
im Räume unabhängig von der Bewegung der Körper; die
spiegelnde Platte beeinflußt das Licht nur im Momente der
Reflexion. Man kann von einer absoluten Bewegung des Lichtes
reden; diese erfolgt nach jeder Richtung mit der gleichen Ge-
schwindigkeit (c); sie ist es, durch welche die elektromagne-
tische Bewegungsgröße bestimmt ist Von ihr zu unterscheiden
ist die relative Bewegung des Lichtes gegen die Platte, die
ein mitbewegter Beobachter wahrnehmen würde.
Um auf Grund der Lorentzschen Theorie die Kraft zu
berechnen, welche das Licht auf den bewegten Spiegel ausübt,
hat man zunächst das Feld an der Oberfläche des bewegten
Leiters zu bestimmen und sodann die Kräfte zusammenzusetzen,
welche in diesem Felde auf den längs der Oberfläche fließen-
den Leitungsstrom, und auf die senkrecht zur Fläche konvektiv
bewegte Elektrizität wirken. Eine derartige Betrachtung lehrt,
daß die Kraft jedenfalls senkrecht zur spiegelnden Fläche
wirkt, scherende Drucke also nicht auftreten. Nehmen wir
dieses Resultat — der Beweis würde hier zu weit führen —
als gegeben an, so können wir den Betrag des normalen Druckes
1) M. Planck, Ann. d. Phys. 1. p. 723 u. 735. 1900.
2) W. Wien, Ann. d. Phys. 3. p. 534. 1900.
3) M. Planck, Ann. d. Phys. 3. p. 765. 1900.
4) H. A. Lorentz, Theorie d. elektrischen u. optischen Erschei-
nungen in bewegten Körpern. Leiden 1895.
88 M, Abraham,
aus der zeitlichen Änderung der im ganzen Räume enthaltenen
elektromagnetischen Bewegungsgröße berechnen.
Auf die Platte falle unpolarisierte monochromatische
Strahlung^ von der Schwingungszahl v^\ es sei P die Größe
des entworfenen Bildes^ (o^ der kleine räumliche Offnungs-
winkel des in einem jeden Punkte von F sich vereinigenden
Strahlenkegels. Würde die Platte ruhen, und ihre Ebene
senkrecht zur Achse des Bündels gestellt sein, so wäre die pro
Sekunde auf F fallende Energie: U^Ffo^dvr^ so ist die
„Helli'ffkeit' B^ der Strahlung definiert.^) Nun soll aber die
Plattennormale mit der Achse des einfallenden Bündels einen
Winkel einschließen, dessen Kosinus wir mit a^ bezeichnen;
femer bewegt sich die Platte, senkrecht zu ihrer Ebene, mit
der Geschwindigkeit g = c.ß; die zur Platte normale Kom-
ponente der Relativgeschwindigkeit von Licht und Platte ist
hier nicht mehr c, sondern ca^ + q =: c{a^ + ß). Es fällt daher
in der Sekunde auf F die Energie:
(1) K +ß)H,Fo}^dv,.
Der Betrag der in der Sekunde auf F fallenden Bewegungs-
größe wird erhalten, indem der Ausdruck (1) durch die Licht-
geschwindigkeit (c) dividiert wird; ihre Richtung ist durch die
absolute Richtung der Strahlung bestimmt. Es sind daher die
Komponenten der pro Sekunde auffallenden Bewegungsgröße,
normal und tangentiell zur Platte genommen
(la) "l[a,+ß)U,Pa,,dv,
und
(Ib) y^~^-^y.{a,+ß]II,Fco,dv^.
Es mag nun a.^ der Cosinus des spitzen Winkels sein,
den die Achse des reflektierten Bündels mit der Plattennormale
einschließt, od^ der kleine GfiFnungswinkel des von einem jeden
Punkte von F ausgehenden Strahlenkegels. Dann ist, aus
Symmetriegründen:
(Ic) c. _r/«.
1) M. Planck, Ann. d. Phys. 1. p. 734, 735. 1900.
u'
Lichtdruck auf bewegten Spiegel. 89
Die zur spiegelnden Fläche normale Komponente der Belativ-
geschwindigkeit von Licht und Platte beträgt hier ca^ -^ q
=» c(a^ — ß). Ist femer v^ die Schwingungszahl^ H^ die Hellig-
keit des reflektierten Bündels^ so ist die pro Sekunde von F
aasgehende Energie:
(2) (a,^ß)H,FiD,dp,.
Die Komponenten der pro Sekunde von F im reflektierten
Lichte ausgesandten Bewegungsgröße, normal und tangentiell
zur Platte genommen^ sind:
(2a) "f{a,-ß)ff,Fa>,dv,
und
:2b) ^';"'(a,-/j)zr3^ö,,rf*3.
Da der scherende Druck null ist, müssen die zur Platte
tangentiellen Komponenten (Ib, 2b) der einfallenden und re-
flektierten Bewegungsgröße einander gleich sein:
(3) yr~äi.{a, - /S)fl2 a>3 dv^ ^fT^ia, + ß)H,a}, dp, .
Die Normalkomponente der einfallenden Bewegungsgröße (la)
weist nach der Platte hin, diejenige der reflektierten Bewegungs-
größe (2a) von ihr fort; die Summe dieser beiden Ausdrücke
ist mithin der Kraft p F gleich zu setzen, die dem Lichtdruck
das Gleichgewicht hält:
W P = ^--(«2-/^^2 ^2rf^2+T--(^l +/^^l^l^^l •
Der Energiesatz sagt aus: Die pro Sekunde von der Kraft
pF gegen den Lichtdruck geleistete Arbeit ist gleich dem
Überschuß der reflektierten Strahlung (2) über die ein-
fallende (1):
(5) P • 9^ = («2 - /^ ^2 «2 ^^2 - K + /?) ^1 ö>i rf^i •
Aus den letzten drei Gleichungen, in Verbindung mit (Ic), sind
f^, p, H^y 0^2 z^ berechnen, v^ ist durch das Dopplersche
Prinzip bestimmt.
Zunächst werde p aus (4), (5) eliminiert:
(6j (1 - ßu.^{f^, - ß) Jl, (o, dv, = (1 + ßa,){a, +ß)H^cü, dv,.
90 M. Abraham.
Hieraus, in Verbindung mit (3), folgt
Diese Relation verknüpft die Kosinus a^y a^ der Winkel, welche
die Achsen der beiden Bündel mit der Plattennormale ein-
schließen; dieselben liegen in dem Intervalle:
(7a) -/S^^i^l, +/?^«,^1.
Der Strahl a^ == — ß, a^ = + ß streift die Platte, ohne seine
Richtung zu ändern; sein Strahlungsdruck ist, nach Gleichung
(4), gleich null. Für alle übrigen Strahlen gilt:
(7b) r^i + r/g > 0.
Mithin folgt, auf Grund der Identität
{l ^ ul){\ + ßa,)' - {[ ^ a]){\ ^ ßa,f
= {u, + a,){2ß - 2ßa, a, + ([+ ß^{a, - a,)\
aus (7) die Relation:
(7c) 2ß - 2ßa, a, + (1 + ß^[a^ - a,) = 0.
Aus dieser ergeben sich zwei neue Formen der a^^ a^ ver-
knüpfenden Beziehung:
' l — (r «i-p "i+P
«8 - P «1 + P
von denen bald die eine, bald die andere sich als brauchbarer
erweist. Aus (7, 7e) folgt:
Diese Gleichung besagt: Das Verhältnis der beiden Kompo-
nenten der Relativgeschwindigkeit der Strahlung gegen die
Platte ist das gleiche für das reflektierte, wie für das ein-
fallende Licht. Es folgt hieraus das Refiexionsgesetz:
Im relatwen Strahlengang, wie er sich einem mit der Platte
sich bewegenden Beobachter darbietet, ist der Reflexionswinkel
gleich dem Einfallstvinkel. Man übersieht leicht, daß die ab-
solute Richtung des reflektierten Strahles einen kleineren
Lichtdruck auf bewegten Spiegel. 91
Winkel mit der Normalen der Platte einschließt, als die ab-
solute Bichtung des einfallenden.
Aus (6), (7e) folgt:
iQ\ U^oi^dVi _ /ff, 4- ßy
Femer ergibt sich aus (4), in Verbindung mit (7d) der
Lichtdruck:
Der Lichtdruck wird unendlich für /? = 1, d. h. wenn die
Geschwindigkeit der Platte die Lichtgeschwindigkeit erreicht;
die gegen den Lichtdruck zu leistende Arbeit würde hier un-
endlich werden. Daraus folgt der Satz: Fällt auf die spiegelnde
Vorderseite der Platte eine noch so geringe Strahlung, so kann
die Geschwindigkeit der Platte die Lichtgeschwindigkeit niemals
erreichen.
Die Schwingungszahlen v^, v^ beziehen sich auf die an
einem im Eaume festen Punkte stattfindenden Schwingungen.
An der Oberfläche der bewegten Platte mögen Schwingungen
von der Zahl v pro Sekunde stattfinden; ihre Zahl ist die gleiche
für die vom einfallenden, und die vom reflektierten Lichte
herrührenden Schwingungen ; denn beide sind miteinander durch
gewisse, in den Feldstärken lineare Grenzbedingungen ver-
knüpft. Es folgt, nach dem Dopplerschen Prinzip:
daher, mit Rücksicht auf (7e):
(10) ^' = !-+ J"' = "'■*•;.
^1 1 - per, «5 — 'p
Aus (Ic) folgt durch Diflerentiation von (7d):
(10a) ""' =;J«i=f««^4y=f''«
Gleichung (8) endlich ergibt:
Die Helligkeiten verhalten sich, wie die dritten Potenzen der
Schwingungszahlen, Bei dieser Steigerung der Helligkeit ist
92 M, Abraham.
gegen den Lichtdruck die durch (5) gegebene Arbeit pro Zeit-
einheit und Flächeneinheit zu leisten.
Wir betrachten jetzt den inversen Prozeß: Der Spiegel
bewege sich mit derselben Geschwindigkeit, wie bisher , aber
in entgegengesetzter Richtung; auf ihn falle in der durch a^
bestimmten Richtung Strahlung der Schwingungszahl v^y der
Helligkeit H^\ dieselbe entwerfe ein Bild von der Größe /*, es
sei (ü^ der Ofihungswinkel des in einem jeden Punkte von F
sich vereinigenden Strahlenkegels. Die Bezeichnungen cc^^ v^j
H^, Q}j dagegen mögen sich jetzt auf das vom zurückweichenden
Spiegel reflektierte Licht beziehen. Demgemäß sind in allen
unseren Gleichungen die Indizes (1, 2) zu vertauschen, und es
ist ß durch — /S zu ersetzen. Die Relationen (7f), (10), (lOa),
(11) bleiben hierbei ungeändert; daraus folgt: Richtung,
Schwingungszahl, Helligkeit und Ofihungswinkel des reflektierten
Lichtes sind jetzt die gleichen, die vorher dem einfallenden
Lichte zukamen. Der Lichtdruck ist, nach (4), bei dem in-
versen Prozeß derselbe, wie bei dem ursprünglich behandelten;
er leistet an der zurückweichenden Platte nach (5) pro Sekunde
die gleiche Arbeit, die vorher gegen den Lichtdruck geleistet
wurde. Wir fassen die Resultate in den Satz zusammen:
Ute Reflexion des Lichtes durch eine vollkommen spiegelnde^
beliebig rasch bewegte Platte ist, im thermodgnamischen Sinne,
ein umkehrbarer Forgang,
Wir wenden den zweiten Hauptsatz auf diesen Vorgang
an, der aus strahlender Wärmender Schwingungszahl t^^ solche
der Schwingungszahl v^ entstehen läßt, und erhalten nach (1, 2):
^l^J _^ _ ._ ,
oder nach (10), (10a), (11):
Die Temperaturen der beiden Lichtbündel verhalten sich, wie ilire
Schwingungszahlen,
Die Relationen (11), (12 a), die flir beliebige Schwingungs-
zahlen und Temperaturen gelten müssen, ergeben sofort das
Verschiebungsgesetz
Lichtdruck auf bewegten Spiegel, 93
in der von Herrn M. Planck^) angewandten Fassung.
Die Integration über das ganze, der Temperatur iV* ent-
sprechende Spektrum schwarzer Strahlung ergibt, bei Ein-
fthrung der Integrationsvariabeln x = vj&j
0 0
Die gefamte Helligkeit eines schwarzen Strahlenbindeh ist
der vierten Potenz seiner absoluten Temperatur proportional. Das
ist das Gesetz von Boltzmann, ausgesprochen f&r frei sich
fortpflEuizende Strahlung.
Göttingen, Juli 1903.
1) M. Planck, Ann. d. Pbys. 4. p. 560. Gleichung (7j. Die da-
selbst angegebene Eneigiedichte u ungeordneter Hohlraumstrahlung ist
mit H durch die bekannte Beziehung u = ^n Uje verknüpft.
(Eingegangen 25. Juli 1903).
94
15. Über das durch eine beliebige endliche Figur
bestimmte Eigebilde.
Von Hermann Brunn in München.
§ 1. Einleitendes.
Die folgenden Untersuchungen beziehen sich auf komplexe
Größen
mit n, d. h. beliebig vielen unabhängigen Einheiten i und reellen
Koeffizienten x, anders ausgedrückt, auf Punkte in Räumen
von n Dimensionen mit reellen Koordinaten
Für unsere Größen wird nichts weiter als das folgende Theorem
vorausgesetzt:
Unter einem linearen Raum oder kurz „Linear" verstehen wir
jedes Gebiet, das man aus einem Räume R von Punkten
^1 *i + ^2 *2 + • • • + ^n hi (^^® ^' unabhängig)
heraushebt durch lineare Gleichungen, welche man den x auf-
erlegt; somit auch B selber, da B aus einem Räume höherer
Stufe durch Gleichungen wie ^„ + i=0, or^^g^^ ®^^- li^raus-
gehoben werden kann.
Jedes durch eine einzige lineare Gleichung aus einem
linearen Räume B herausgehobene Linear soll ein Hauptlinear
von B heißen.^)
Wir sagen: „Ä wird von der Figur F aufgespannt^, wenn
B der lineare Raum geringster Dimensionszahl ist, in dem P
enthalten ist.
Unsere Figuren F seien abgeschlossene Punktmengen, d. h.
1) Bei H. Minkowski, Geometrie der Zahlen, p. 13: „Ebene".
Wir ziehen aus verschiedenen Gründen vor, dem Worte „Ebene" seine
beschränkte Bedeutung za lassen.
über Eigebilde. 95
jeder Grenz- oder Häufungspunkt ihrer Punkte gehöre ihnen
ebenfalls zu.
Es soll hiermit nichts präjudiziert sein über nicht ab-
geschlossene Figuren; wir beschränken uns auf abgeschlossene,
um der ersten Darstellung unserer Sätze nicht einen schleppen-
den Charakter zu geben.
Unter einem „vollen Eigebilde" verstehen wir eine Figur,
welche mit jeder Geraden des von ihr aufgespannten Raumes R
höchstens ein Stück (Punkt oder Strecke) gemein hat.^) Mit
jeder anderen Geraden G hat sie dann auch nur höchstens
ein Stück, den Schnittpunkt [R G), gemein.
Wir bezeichnen die Punkte einer gegebenen Figur als
Punkte nullter Ordnung oder Punkte (ö),
die Punkte der geraden Verbindungsstrecken (Sehnen) zwischen
zwei Punkten (0), soweit sie von Punkten (0) verschieden sind, als
Punkte erster Ordnung oder Punkte (/),
die Punkte der Sehnen zwischen einem Punkte (0) und einem
Punkte (1), oder zwischen zwei Punkten (1), so weit sie von
den Punkten (0) und (1) verschieden sind, als
Punkte zweiter Ordnung oder Punkte (2),
etc. etc., überhaupt die Punkte der Sehnen, welche einen Punkt
(n — 1) mit einem Punkte gleicher oder niedriger Ordnung ver-
binden, soweit sie von Punkten nullter bis [n — l)^^*" Ordnung
verschieden sind, als
Punkte w'^*" Ordnung oder Punkte [n).
Sehnen n^^ Ordnung nennen wir die Sehnen, welche zur
Definition der Punkte /a^*"'' Ordnung benützt wurden.
Die ganze positive Zahl S^ ist im folgenden bestimmt durch
und heiße die „dyadische Stufe" von v,
§ 2. Erzeugung des Eigebildes durch Sehnenziehung.
A. Figuren aus einer endlichen Anzahl von Punkten.
Ililfssätze,
(I) Die Dimensions- oder Stufenzahl tf des von r + 1
Punkten
1) Vgl. des Verfassers „Referat etc.** Münch. Sitzber. (inatli.-pbys.)
1^94, p. 95 und H. Minkowski, Geom. d. Zahlen, p. 200.
96 //. Brunn.
mit den Koordinaten
s^fy x^\ x^f . . . :r(jj)
(jU = 0, 1, 2, 3 ... fr)
aufgespannten Raumes ist um 1 kleiner als die Ordnung der
aus der Matrix
II x(M\ x(^\ x^^) . . . xO;), 1 II
heraushebbaren Determinanten höchster Ordnung^ welche nicht
sämtlich verschwinden^ somit nicht größer als die kleinere der
Zahlen v und n.
(II) Es ist auch
d = n — y ,
wenn y die größte Anzahl unabhängiger linearer Gleichungen
ist, die von den Koordinaten aller Punkte A erfüllt werden.
Femer:
(III) Spannen 7i Punkte einen Raum B^^i smt, so spannen
V aus ihnen herausgehobene einen Raum Hy^i auf. Der Be-
weis dieser Sätze ergibt sich aus der Theorie der linearen
Gleichungen.
a) V + i Punkte, die einen Baum v'^^ Stufe aufspannen.
Es sei n^v, und es seien die Determinanten {v + 1)^"
Ordnung aus unserer Matrix nicht sämtlich gleich Null^ mit
anderen Worten, unsere aus den v + l Punkten A bestehende
Figur F spanne einen Raum von v Dimensionen, kürzer aus-
gedrückt einen Raum By auf.
Alle Punkte (1) lassen sich dann darstellen in der Form
a^ A^ + ax Ax {ce^ + ai'=^ l', die cc positiv).
Die Punkte (2) lassen sich darstellen in einer der beiden Formen :
c^H X [f^H A^ + ax Ax) + a^ A^
[c^H + «^ = «;, A + «^ = 1 ; alle a positiv) ,
c^^ X (ofK A^ + ax Ax) + (Xf,g [cc^ A^, + a^ A^)
[a^ + ax = c(^ + «^ = «xA + fifxQ = 1 ; alle a positiv) ,
welche äquivalent sind mit den Formen
a^ A^ + axAx+ a^ A,,
[(^H + «A + «Ai = 1 ; die of positiv),
über Eiyebüde. 97
a^ Ä^ + axÄx+ Uf, Af, + a^ Aq
{ccx + ccx + cCf* + c^Q = 1 ; die a positiv) etc.;
schließlich lassen sich die Punkte [Sy^i) darstellen in einer
der Formen
öfxi Aff^ + cCm^ A^ + cc^ Af^ + . • . + a^ij -^x^
(«K, + «x, + «K, + ... + «^ = 1 ; alle a positiv),
wo ß die Werte von 2*f +1 bis t^ + 1 annehmen darf.
Punkte und damit auch Sehnen höherer Ordnung als ^^ ^ i
existieren überhaupt nicht, ob nun 2^" + ^ = v + 1 oder
2'«' + i>ff-fl ist. Denn die Punkte, welche Anspruch auf
diese Ordnung haben könnten, fallen stets mit Punkten niedrigerer
Ordnung der Form
(IV) P{A^, A^ ... Ay)E=,aQA^ + a^A^+ ... + a^A^
{cCq + ct^ + a^ + ... + «y =5 1; die a positiv oder Null)
zusammen^ in welcher alle Punkte von der 0*** bis zur Sy + 1*«»
Ordnung zusammengefaßt sind.
Wir können nun nicht nur von der Form P, sondern
auch von einem Punkte P, sowie von dem Gebiete P sprechen.
Das Gebiet P (Aq, A^ . . , Ay) spannt den nämlichen
Raum auf wie die Figur der Punkte A^, A^, A^ ,.. Ay, Denn
jede lineare Gleichung in den x, erfüllt durch die Koordinaten
der einzelnen Punkte A, wird auch durch die Koordinaten
eines Punktes P erfüllt
In dem Vorhergehenden liegt bewiesen^ daß die Sehne
zwischen zwei Punkten P ganz zum Gebiete P gehört Daraus
folgt, daß eine beliebige Gerade des aufgespannten Raumes
mit dem Gebiete P höchstens ein Stück gemein hat, oder:
(V) Das Gebiet P {A^, A^ ... Ay) ist eine volle Eifäche^)
des von ihm aufgespannten Raumes.
(VI) Jeder in der Form P, ja allgemeiner: jeder in der
Form
P'{^09 ^17 • • • ^v)=«0^0 + «1 ^1 + . • • + f^vA
(a^ + cfj + «2 • • • + ß^v = 1 ) die a beliebig)
darstellbare Punkt ist es nur in einer einzigen Weise.
1) „Zelle" nach H. Minkowski (s. Geometrie der Zahlen p. 16),
(L h. Strecke, Dreieck, Tetraeder etc. je nachdem i^ « 1, 2, 8 etc.
Boltsmann-Festschrifl. 7
98 H. Brunn.
Denn aus
^« «, A, = ^i a;A,
(2o?i= 1; 2^/~ ^' ^i ^^^^ f^''' sämtliche i gleich «/)
würde das System der Gleichungen:
]!/• K - «;.) ^2^ = 0 X = 1, 2, 3 ... n
und noch die Gleichung
V
folgen, welche gleichzeitig nur erfüllt sein können^ wenn sämt-
liche Determinanten [v + 1)^*^ Ordnung der Matrix bei (I) ver-
schwinden. Dies ist aber oben ausgeschlossen worden.
(VII) Das Gebiet P' ist, wie aus der Theorie der linearen
Gleichungen gefolgert werden kann^ selbst nichts anderes, als
der von den t^ + 1 Punkten Ä angespannte Baum.
b) V + 1 + p verschiedene Punkte^ die einen Raum t^ Stufe
aufspannen.
In einem Räume R^ (n ^ v) seien die voneinander ver-
schiedenen Funkte
* ll'S3*t8i Uli
(/ =a 0, 1, 2 ,,, V + p, p positiv),
gegeben, welche einen Raum Ry aufspannen. Analog wie
bei a) ergibt sich, daB Punkte höchstens bis zur Ordnung
S^ + p + i sich ableiten und sämtliche gegebenen und ableitbaren
Punkte sich in der Form
(Vni) § = «0 ^0 + ^1^1+ ••• +^y'^pAv-^p
(c^o + c£^ + ... + a„ + p = 1 ; die a positiv oder Null)
darstellen lassen, sowie daß das Gebiet Q ein Eligebilde ist.
Doch würde man sich täuschen, wollte man annehmen
daß es jetzt auch wirklich immer Punkte [Sy + i^ p) gebe. Viel
mehr wird sich zeigen, daß es Punkte nur bis zur Ordnur
Sy^i gibt; bis zur Ordnung S^^p + i also nur dann, wei
Sy + p^i = Sy^i ist
Ein in der Form Q darstellbarer Punkt ist dies nun ai
nicht mehr in eindeutiger Weise.
über Eigebüde. 99
Daß sich die Punkte Q sämtlich schon durch weniger als
V + \ + p nämlich v + \ passend ausgewählte Ä darstellen
lassen — die wir mit B^y B^, ... B^ bezeichnen — also in
der Form
(IX) Ä = /9o^o + /5iA+Ä^«+ ••• +/*v5.(2/' = l)
ist leicht ersichtlich^ wenn die ß positiv und negativ sein dürfen^
gilt aber auch^ wenn negative ß ausgeschlossen sind^ und das
wollen wir jetzt beweisen.
Hilfssatz.
(X) Wenn die Punkte D^, B^, B^ ... -D^ einen Baum Ä^
aufispannen und i>^ + i in demselben A^ liegt, somit eindeutig
in der Form
darstellbar ist, so ist ein Punkt
#4 + 1
(^^^x = *a4-i> alle 5 positiv)
stets auch in der reduzierten Form
G^/« + 1 = ^o' A' + ^i' A' + • • • + ^« A«
( >]»« S'^ = 1 ; die S^ positiv oder Null)
darstellbar, in der die B' uns m + 1 passend ausgewählte aus
den Punkten B^^ i>j, ... B^y B^^^i vorstellen und ebenfalls
einen Raum B^ aufspannen.
Beweis, Setzt man
(XI) c^ = J^z)„ + -^2), + . . . + ^ D,
80 wird
(^** «^x = *^ ; alle d positiv) ,
S.. / 8.
ist also einer der Punkte
oder
7/, = ;|;x A (^- - «J +6, i), = ^»'f.i^B,', (^xf. W = 1),
7*
100 H. Brunn.
wo die zur Abkürzung gesetzten /^(A] also lineare Funktionen
von X sind. Es sei nun zur Kürzung o- = «^ : «^ ^. i gesetzt
Ist dann f ür A = (7 kein f{i) negativ, wie dies z. B. für
lauter nicht negative e der Fall ist^ so haben wir in
^o =^ G^ + i
bereits die gewünschte^ höchstens fi + l Punkte 1) enthaltende
reduzierte Form; auch spannen diese JJ nach (X) einen
Baum Rft auf^ und wenn von ihnen durch Verschwinden von
Koeffizienten nur (> zur Erscheinung kommen, diese nach (IQ)
einen Raum i?^ « i. Sind flir A == c die f{X), somit auch die b
zum Teil negativ^ so entspricht die Form 1£„ unseren Wünschen
nicht, und wir müssen weitere Schritte tun.
Für X = l wird ffx = (r^ und hat, in den D entwickelt,
lauter positive Koeffizienten.
Für Ä = 0 wird Hi = D^^ + i und hat, in den D entwickelt,
einen oder mehrere negative Koeffizienten.
Führt man X monoton und stetig von 1 nach 0 über, so
gehen einer oder mehrere Koeffizienten der D monoton und stetig
von positiven zu negativen Werten über und passieren die
Null bei gewissen Werten
A ^— A ^— A • • • 6 vC.
die zwischen 0 und 1 liegen. Der für X =^ X' verschwindende
Koeffizient sei einen Augenblick kurz mit 1/ bezeichnet In
dem Moment, wo X = X' wird, müssen alle Koeffizienten, die
nicht etwa mit D' zugleich verschwinden, noch positiv sein,
imd alle können sie wegen ihrer Summe 1 nicht gleichzeitig
verschwinden.
Da
-^a = ^A* + 1
mindestens einen negativen Koeffizienten hat, so muB
A' >(7 > 0
sein, d. h. G^^ + i liegt zwischen Hx' und -D« + i, denn bei
monotoner Ändenmg des X bewegt sich der Punkt llx immer
im nämlichen Sinne, ö^^ + i ist daher in der Form
e^ + l=«^/A'+(l-«)i>;.+ l (1<X<0)
darstellbar, oder nach den D entwickelt in einer Form:
über Eigebüde. 101
(XII) ^,. + t=5^oW-öo' + ^iWA'+ .••+^^W2>;
( 2 5^ W = 1 » ^® Ä' positiv oder Null)
Die Punkte B^'y D( ... i>^ spannen einen Raum R^ auf.
Der unter ihnen befindliche Punkt i^^ + i kann nämlich nicht
in dem von den anderen [s. (III)] aufgespannten Räume ^^ _ i
liegen, wie Hy» dies tut; sonst müßte auch (?^ als Punkt der
Geraden jD^ + 1 H^j dies tun, und würde durch /ia oder weniger
der in (XI] verwendeten Punkte darstellbar. Dies widerspricht
aber dem positiven von NuU verschiedenen Charakter der Koeffi-
zienten in (XI) und der Eindeutigkeit [s. (VI)] jener Dar-
stellung. Wenn in (XU) durch Verschwinden von Koeffi-
zienten g nur eine geringere Anzahl q von Punkten I) übrig
bleibt, so spannen sie nach (III) einen Raum Rq^\ auf.
Somit läßt sich in jedem Falle die in unserem Hilfssatze
behauptete Reduktion ausführen. Wir verwenden ihn nun zur
Reduktion der Form Q auf die Form B. Hierbei ist zu be-
denken, daß eine Form Q auch dann überflüssige Ä enthalten
kann, wenn sie weniger als v + 2 solche Ä enthält, so daß
die Frage nach der Reduzierbarkeit für jedes Q zu stellen ist,
gleichgültig durch wie viele A dargestellt es zunächst vorliegt
Die Formen Q, welche sich durch ein oder zwei ver-
schiedene A ausdrücken, sind ersichtlich nicht weiter reduzierbar.
Weist eine Form ^ mehr als zwei A auf, so identifiziert man
zwei derselben mit D^, D^, ihre Koeffizienten mit S^, d^ und
fi mit 1, was man tun darf, da die beiden A sicher einen
Raum R^ aufspannen. Hierauf untersucht man, ob ein drittes
A in dem nämlichen R^ liegt.
Wenn ja, so identifiziert man es mit 2>^ + 1 ~ -D, , seinen
Koeffizienten mit S^, erhält eine gewisse Form G^^ + i^^G^ und
reduziert sie vermittels des Hilfssatzes; die erhaltenen D'
identifiziert man wieder mit Punkten Dq, D^ und untersucht,
ob ein viertes A auf ihrer Geraden liegt oder nicht etc.
Wenn nein, so identifiziert man fi mit 2, das dritte A
mit i>j, seinen Koeffizienten mit S^, was man wieder tun darf,
da die drei A einen Raum R^ aufspannen, und untersucht —
wenn noch weitere A in Q vorhanden sind — ob ein viertes
A in dem nämlichen R^ liegt oder nicht etc. Man sieht, daß
man auf diese Weise fortfahren kann, bis die Operationen von
102 H. Brunn.
selbst ihr Ende finden. Dann ist Q in die ge¥rünschte Form R
übergeführt^ und es kommen in seiner Darstellung höchstens
noch V + 1 Punkte A vor, die wir mit jB^, 5j, B^. . . B^ be-
zeichnen wollen. Mehr als y + 1 Punkte können es nicht
sein; denn die sukzessive behandelten Formen enthalten ent-
weder unmittelbar lauter Punkte A^ die eine Stufe des aus-
gespannten Raumes um eins kleiner als ihre Anzahl bedingen,
oder dieses Verhältnis zwischen Raumstufe und Anzahl der A
wird doch sogleich durch den Hilfssatz hergestellt, muß also
auch beim Schlüsse der Operation vorhanden sein; blieben nun
mehr als t^ + 1 Punkte übrig, so müßten sie einen Baum von
höherer Stufe als v aufspannen, was doch nicht einmal die
sämtlichen v + \ + p gegebenen Punkte A tun.
Es lassen sich also durch wiederholte Sehnenziehong aus
den V + p + \ Punkten A nur Punkte der Form R ableiten;
diese sind aber von keiner höheren Ordnung als ^»4.1, d. L
spätestens mit der (^^ + 1)^° Sehnenziehung alle abgeleitet^ was
zu beweisen war.
Sowohl im Fall a] als im Fall b) kann unter den A sich
der Nullpunkt befinden und können die Formen P, Q, R da-
durch um ein Glied reduziert erscheinen. Dies ist aber keine
Reduktion in unserem obigen Sinne; man wird daher den
Summanden a • 0 vielleicht besser in der Rechnung ausdrück-
lich angeschrieben mitführen und dadurch verhindern, daß
das betreffende a, welches doch m^u^l mitwirkt, mit-
samt seinem A unseren Augen entschwinde. Andernfalls müsste
man die Bedingung 2^=1 durch 0^2^ — 1 ersetzen,
und dadurch würden die scheinbar um ein Glied reduzierten
Formen von den wirklich reduzierten wohl unterschieden bleiben.
B) Beliebige CDdliche Figaren.
Jede endliche Figur F bestimmt in dem von ihr auf-
gespannten Räume R^ ein volles Eigebilde E als Ort der durch
sie gegebenen, bezw. aus ihr ableitbaren Punkte
(0), (1), (2) ... (*, + i).
Zum Beweise ist nur nötig zu zeigen, daß es Punkte (^, + 1 + 1)
schon nicht mehr gibt.
Ein Punkt (^, + 1 + 1) müßte auf der Sehne zweier Punkte
niedrigerer Ordnung liegen, diese Punkte, soweit sie nicht
über Eigebüde. 108
schon von nullter Ordnung sind, würden wieder auf Sehnen
zwischen Punkten noch niedrigerer Ordnung hegen etc.; in dieser
Weise rückwärts schließend würde man schUeBlich zu all den
Punkten (0) gelangen^ aus denen der Punkt (^, + 1 + 1) abgeleitet
wäre. Die Anzahl z^ solcher Punkte (0) würde höchstens
2'»'+i + ^ sein — nämlich dann^ wenn jeder bei der Entstehung
des Punktes (*,. + i + 1) mitwirkende Punkt ji***' Ordnung
(1 ^/^^^i' + i + 1) a^8 zwei Punkten (/&t — 1)**' Ordnung ab-
geleitet ist — und mindestens 2'''+^+ 1. Denn wären es weniger^
so würde (^^ + 1 + 1) bereits durch spätestens ö^^i Sehnen ab-
leitbar und also ein Punkt (^y + i) sein.
Da aber i/ + 1 ^ 2^»' + ^ ist, so müßte z^^v + 2, sagen
wir gleich v + 1 + i/'(0 < v' < 2*''+^'*"^ — v) sein, und diese
Punkte (0) könnten höchstens einen Raum i?y, nämlich den
Raum der Figur F aufspannen, der sie zugehören. Nennen
wir sie A^^, A^, Ä^ ... ^y+r'> so würde unser (^y + i+1)
gemäß seiner Ableitung aus ihnen in der Form
(2 a = 1 ; die u positiv)
darstellbar sein, also nach (IX) auch in der Form
/*o ^0 + A A + Ä -^2 + • • • + ß^-^y
(2/9 = 1; die /? positiv oder Null),
wo die B aus den A ausgewählt sind. Somit würde (^y + 1 + 1) aber
durch Sy^x Sehnen ableitbar und ein Punkt [8^^\) oder von
noch niedrigerer Ordnung sein. Er kann also nicht existieren.
Punkte höherer Ordnung als ^^ + 1 sind also aus einer Figur,
die einen Raum R^ aufspannt, sicher nicht ableitbar; von den
besonderen Eigenschaften der Figur aber hängt es ab, ob
Punkte bis zu dieser Ordnung wirklich existieren. Bei einem
vollen Eigebilde gibt es z. B. überhaupt nur Punkte (0).
§ 8. Brseugunff des Eigebildes durch umhüllende Lineare.
Unter einem Stützhauptlinear, auch kurz Stützlinear, einer
Figur verstehen wir ein Hauptlinear des von der Figur auf-
gespannten Raumes, das auf der einen seiner beiden Seiten
104 H. Brunn. Ober Eigebüae.
gar keinen Punkt der Figur liegen hat und mindestens einen
Punkt der Figur in sich enthält ^
Indem wir die Bezeichnungen zu Anfang von B) beibehalten,
gilt: Jedes Hauptlinear H von R^^ das Stützlinear von F ist,
ist auch Stützlinear von E.
Denn es enthält Punkte von E, weil Punkte von F, und
auf der Seite S von H^ auf der keine Punkte von F^ können
auch keine von E liegen. Denn läge ein Punkt (/ti) auf Seite Sy
so müßte auch mindestens einer der Endpunkte der erzeugen-
Sehne, also ein Punkt (/Ei ^ 1), (/e^ ^ 2), (/Ei — 3) . . . oder (0)
auf der Seite iS liegen, und durch fortwährende Wiederanwendung
dieses Satzes: Es müßte schließlich sicher ein Punkt (0), d. L
ein Punkt von F^ auf Seite S liegen, gegen die Voraussetzung.
Wenn zwei parallele Stützlineare H und H' von F zu-
sammenfallen, fallen auch die zu ihnen parallelen Stützlineare
von E zusammen, indem sie mit H und H' identisch sind.
Andere Stützlineare als die von F kann E nicht haben,
da es, wie F und überhaupt jede endliche Figur, von jeder
Richtung zwei und nur zwei (verschiedene oder zusammen-
fallende) Stützlineare aufweist
Die Stützlineare von E sind also identisch mit denen
von Fy und insofern ein Eigebilde durch seine Stützlineare be-
stimmt ist, kann man sagen:
E ist das durch die Stützlineare von F eingehüllte Eügebilde,
oder:
Die Stützlineare einer endlichen t^gur F umhüllen ein
bestimmtes Eigebilde E, das auch — vgl. § 2 — durch Sehnen-
ziehung erzeugbar ist
München, 23. Juli 1903.«)
Eingegangen 25. Juli 1908.
1) Vgl. U. Minkowski, Geom. d. Zahlen, p. 13: „St&tiebene^
2) Erst nach Absendang der Arbeit wurde mir die GMSttiii|
Dissertation von F. Kirchberger: „Über Tscbebyschefsche I
näherungsmethoden'^ (Göttingen 1902) bekannt, in der Kap. IV. § 5
anderer Form die nämlichen Frobleme behandelt, wie unser Abf
^ 2. A. b). Man vgl. auch H.Minkowski, Math. Ann. 57. p. 449. 1'
105
16. The Effect of One Associated Solyent on the
Association of Another Associated Solvent
B7 Harry C. Jones in Baltimore, Md.
(The ezperimeDtal work was carried out by Mr. Grantland Murray.)
This investigation was andertaken with the object of deter-
mining the effect of one associated liquid on the association
of another associated liquid. This was suggested by an investi-
gation carried out by Jones and Lindsay^), on the conductivity
of certain electrolytes in mixed solvents. They found that
Solutions of potassium iodide, ammonium bromide, Strontium
iodide, and lithium nitrate conducted less in mixtures of methyl
alcohol and water, than in pure methyl alcohol. The effect of
concentration of the Solution, composition of the mixture,
temperature etc., was carefully investigated, and the above
result established beyond question.
At first sight it seemed very difficult to interpret these
facts. It, however, occurred to Lindsay*) that the facts could
be explained if one associated solvent diminished the association
of another associated solvent, since, according to Dutoit and
Aston ^, the dissociation of electrolytes by a solvent or solvents,
and, consequently, their conductivity in Solution, is a function
of the degree of association of the solvent; the greater the
association of a liquid the greater its dissociating power.
Water and the alcohols were shown by the work of
Ramsay and Shields^) to be strongly associated liquids. If
each should diminish the association of the other, a mixture
of two such liquids might dissociate less than the lower disso-
ciating constituent of the mixture.
1) Jones and Lindsay^ Amer. Chem. Joum. 28« p. 329.
2) Lindsay, Amer. Chem. Joum. 2S. p. 369.
3) Dutoit and Aston, Compt rend. 12&.p. 240; Bull. Soc. Chim.
[3] 19. p. 321.
4) Ramsay and Shields, Ztschr. phys. Chem. 12. p. 438.
106 H. C. Jones.
In such a case the conductivity of an electrolyte in the
mixed solvents might be less than in the lower conducting
solvent^ which was what was foond to be trae.
In Order to determine whether associated liquide have
any general influence on each others association, it is necessary
to take associated liquids and determine the molecular weights
of each in the other, and then compare the results with the
molecular weights of the several liquids in the pure condition.
There are not many liquids which can be employed in
this work, since the boiling-point method of determining mole-
cular weights cannot be used for one liquid dissolved in another.
We are, therefore, limited to the freezing-point method , and
of those liquids whose association is known only a few freeze
at temperatures to which the freezing-point method can be
applied.
Liquids used in this work. The liquids used in this
work must dissolye readily in one another, must not act che-
mically upon one another, must not undergo appreciable
electrolytic dissociation when dissolved in one another, and
must be strongly associated substances. The liquids used are:
water, acetic acid, and formic acid.
The water was purified by distillation from chromic acid,
and had a conductivity of 1,2 x 10~^ The acetic acid and
formic acid were purified by fractional crystallization, the
form er freezing sharply at 16,5^ and the latter at 7^.
With the above liquids the following measurements were
made by the freezing-point method.
I. The molecular weight of water in acetic acid.
II. The molecular weight of water in formic acid.
in. The molecular weight of acetic acid in water.
IV. The molecular weight of acetic acid in formic acid.
V. The molecular weight of formic acid in water.
VI. The molecular weight of formic acid in acetic acid.
Results.
The results are given in the following tables: Column I
contains the amount of solvent used; column II the amount
of liquid whose molecular weight was to be determined; qo-
Effect of One Associated Solvent on Association of Another, 107
lumn III the concentratioD in terms of normal^ — a normal
Solution being defined as one that contains a gram-molecular
weight of the electrolyte in 1000 grams of the solvent;
column rV gives the freezing-point lowerings actually observed^
and column V the molecular weight of the liquid at the con-
centration in question.
In all this work care was taken to keep the temperature
of the freezing-mixture only a little below the freezing-point
of the Solution.
Water (18) in Acetic Acid.
I
II
in
IV
V
Acetic Acid
Water
Concentration
Lowering
Mol. Wt
39,68
0,454
0,64
2,06<>
21,7
88,32
0,514
0,75
2,38
22,0
38,32
0,820
1,19
8,58
28,3
39,68
0,947
1,88
3,93
28,7
39,68
1,547
2,17
5,89
25,8
39,68
2,061
2,89
7,45
27,2
39,68
2,541
3,56
8,79
28,4
38,32
2,637
3,82
9,33
28,8
39,68
2,992
4,19
9,95
29,6
39,68
3,870
5,42
12,11
31,4
39,68
4,686
6,56
14,00
32,9
39,68
5,589
7,83
16,04
34,2
39,68
6,472
9,06
17,86
35,6
39,68
7,566
10,59
20,07
37,1
39,68
8,559
11,98
22,00
38,2
39,68
9,032
12,65
22,90
38,8
Water (18) Id Formic Acid.
I
II
III
IV
V
Formic Acid
Water
Concentration
Lowering
Mol. Wt
48,24
0,808
0,93
2,35<'
19,7
48,24
1,325
1,58
3,75
20,3
48,24
2,204
2,54
6,13
20,6
48,24
3,060
3,52
8,30
21,2
48,24
4,434
5,13
11,69
21,8
48,24
5,376
6,18
14,11
21,9
108
H, C, Jones.
Acetie
Acid (60) in Water.
I
U
m
IV
V
Water
Acetie Acid
Concentration
Lowering
Mol. Wt
37,15
0,376
0,17
0,34«
55,4
37,15
3,959
1,78
3,30
60,1
87,15
6,830
8,06
5,45
62,7
50,65
10,794
3,56
6,19
64,0
62,17
17,474
4,70
7,85
66,6
37,15
10,771
4,83
8,05
67,0
37,15
15,728
7,06
10,92
72,1
Acetie Acid (60) in Formic Acid.
I
II
UI
IV
V
Formic Acid
Acetie Acid
Concentration
lowering
Mol. Wt
40,85
0,483
0,18
0,48<>
61,9
84,28
1,018
0,50
1,27
64,9
40,35
1,593
0,66
1,65
66,3
34,72
1,835
0,88
2,16
67,8
34,28
2,256
1,10
2,67
68,4
38,49
2,873
1,24
2,98
69,4
34,72
3,968
1,90
4,45
71,1
88,49
6,464
2,80
6,29
74,0
34,72
10,708
5,14
10,97
77,9
34,23
10,764
5,24
11,16
78,0
34,23
18,838
9,17
18,19
83,8
Formic
Acid (46) in Water.
I
n
III
IV
V
Water
Formic Acid
Concentration
Ijowering
Mol. Wt
35,10
0,546
0,84
0,64*>
45,2
193,67
7,850
0,88
1,62
46,5
35,10
1,667
1,03
1,89
46,7
35,10
4,928
3,05
5,28
49,5
136,79
81,564
5,03
8,50
50,5
141,43
40,109
6,16
10,34
51,0
Formic A<
cid (46) in Ace
tic Acid.
I
U
III
IV
V
Acetie Acid
Formic Acid
Concentration
Lowering
Mol. Wt.
30,41
1,152
0,82
2,93*
50,4
30,41
1,702
1,22
4,26
51,2
30,41
2,303
1,65
5,66
52,2
30,41
2,820
2,02
6,84
52,9
i^cef of One Associated Solvent nn Association of Änothtr.
Mtie Aeid
Ponnic Aoid
Concentration
Lowering
Mol. WL
»,«
S,410
3,44
8,10
54,0
IMI
4.8«'
3,05
e,os
55,1
»,«
5,0»8
«,«4
11,55
68,«
»,41
6,18«
4,M
13,53
58,2
10,«
7,024
5,02
15,24
59,1
KM
14,314
8,S«
18,40
«2,0
UV»
11,403
8,28
22,54
«V
■
Pig- 2-
Theae resulUare plotted iu curvea. The molecular weigbt
of water in ac«tic acid and formic acid with varying concentra-
tion in Fig. 1, the molecular weight of acetic acid in water
aod in formic acid in Fig. 2 , and the molecular weight of
formic acid in water and in acetic acid in Fig. 8.
110
H. C. Jonet.
DJaonralon of Boanlts.
The molecular weight of water in acetic acid at the
greatest dilutioo nsed [0,64 normal] is 21,7, whioh a only
slightl; greater than tha molectilar weight correspondii^ to the
compoeition H,0. lu the most conceDtrated Solution used,
whicb iB Bomewhat more than tweWe times normal, the mole-
cular weight of the water is a little more than wonld corre-
Bpond to the compOBttion (H,0),. In pure water, however, we
know from the work of Ramsay and Shields that the mole-
culea have the composition [H,0)^. The aseociation of water
^"
-i ^^"^
V a'
^? it^
O- n^
t ii?
/ ^
/ - ^^
Fig. 3.
18, therefore, greatl; diminished by the presence of the asso-
ciated Bolveot acetic acid.
The same remark applies to aoluüons of water in formic
acid. At the gre&teet dilution the molecular weight of the
water is only sligbtly above normal, the molecular weight in-
creasing sligbtly as tbe couceutratiou of the Solution increases.
The complex molecules of water are broken down to eveu a
greater extent by formic acid than by acetic acid. Thie is in
keeping with Üie relative powers of tbese two solvents to break
molecules down into ions — formic acid being a much stronger
dissociant than acetic acid.
The molecular weight of acetic acid in water is ^iprox-
imately normal for the more dilute Solutions investigated, in-
creasing aomewhat above normal in the more concentrated
Effect of One Associated Solvent on Association of Another, 111
Solutions. The amount of electrolytic dissociation of even the
most dilnte Solutions of acetic acid in water is so small as to
exercise only a slight influence on the results.
Pure acetic acid at the freezing-point temperature is a
very much associated liquid. The work of Bamsay and
Shields^) has shown that the dififerential coefficient K for
acetic acid between 16^ and 46^, is 0,9. The association —
-dif)»-»,..
It is, therefore, ohvious that the association of acetic acid is
greatiy diminished by water.
The molecular weight of acetic acid in formic acid is
greater than in water at the same concentrations, ranging from
61,9 to 83|8 for the dijSerent concentrations employed. This
again is what we might expect. Water having a greater power
than formic acid to break molecules down into ions, also has
a greater power to break down complex molecules into simpler
ones. In no case, however, is the molecular weight of acetic
acid in formic acid greater than about one and one-fourth the
simplest molecular weight; showing that the complex molecules
of pure acetic acid are greatiy decomposed by the formic acid.
The same remarks apply in general for formic acid in water
and in acetic acid. Formic acid in the pure condition is
associated to just about the same extent as acetic acid.
Ramsay and Shields^) found the coefficient K for formic
acid to be 0,902. Therefore, the association is —
_ /2,12 U _ 3 6
The molecular weight of formic acid in water is only slightly
greater than normal even at the greatest concentration em-
ployed. In acetic acid the molecular weight is greater than
in water at the same concentration. This is analogous to what
has been found with the other solvents employed. Water has
the greatest power to break down molecules into ions, and
also the greatest power to decompose molecular complexes into
simpler molecules.
1) Ramsay and Shields, Ztschr. phys. Chem. 12. p. 469. 1893,
112 H, C. Jones. Effect of One Associated Solvent etc.
The effect of the dissolved substance tcould be to diminish
Üie constant of the solvent. This effect would be appreciable
onlf when tiie concentration of the Solution had become
considerable. As the freezing-point constant becomes less
the molecular weight as calculated from the obseired fireezing-
point lowering would be less than that given aboye, whidi
is calculated on the assumption that the constant remains
constant The effect of this influence would be to show a still
greater diminution of the association of the dissolved substance
b7 the solvent than would be indicated by the above results.
If in the more concentrated Solutions some of the du-
solved substance separated in the solid form^ this would give a
smaller lowering of the freezing-point , and, consequently, a
molecular weight for the dissolved substance which was higher
than the true molecular weight
Taldng all of these facts into account the above conclusion
that one associated liquid diminishes the association of another
associated liquid is fully justified by the experimental results.
I propose to extend this investigation espedally to the
action of non-associated solvents on the association of associated
solvents.
JohnsHopkins Univ.^ Chemical Laboratory, April 1903.
(Eingegaogen 26. Juli 1908.)
113
17. über die mechanische
Bedeutung der Temperatur und der Entropie.
Von Max Planck in Berlin.
Die für jede mechanische Theorie der thermischen Vor-
gänge fundamentale Frage nach der mechanischen Bedeutung
des Temperaturbegriffes hängt aufs engste zusammen mit der-
jenigen nach der mechanischen Bedeutung der Entropie, welche
Größe ja mit der Temperatur durch die bekannte thermo-
dynamische Gleichung T.dS^dQ verknüpft ist. Durch Be-
antwortung der einen Frage ist also die andere zugleich mit
erledigt. Während sich nun aber in früherer Zeit das nächste
Interesse naturgemäß der Temperatur als der direkter meß-
baren Größe zuwandte, und die Entropie erst als ein daraus
abzuleitender komplizierterer Begriff erschien, hat sich heute das
Verhältnis eher umgekehrt: es gilt vor allem die Entropie
mechanisch zu erklären; dann ist dadurch auch die Temperatur
zugleich mit definiert. Der Grund zu dieser Änderung der
Fragestellung liegt in folgendem : Bei allen auf breiterer Grund-
lage angelegten Versuchen, die Thermodynamik rein mecha-
nisch aufzufassen, so z. B. bei der von Helmholtz entwickelten
Theorie der monozyklischen Systeme, hat sich immer wieder
herausgestellt, was auch von vornherein einleuchtend ist, daß
man zu einer allseitig begründeten mechanischen Definition
der Temperatur nur gelangen kann, wenn man auf die Eigen-
tümlichkeiten des „Wärmegleichgewichtes" zurückgeht. ^) Dieser
Begriff ist aber in seiner vollen Bedeutung nur vom Stand-
punkt der Irreversibilität aus zu verstehen. Denn das Wärme-
gleichgewicht ist nur zu definiren als der Endzustand, dem alle
irreversiblen Prozesse zustreben. So führt die Frage nach der
1) Auch die Bedingung, daß T einen „integrierenden Nenner" des
Wärmedifferentials d Q darstellt, genügt bekanntlich noch nicht zur voll-
ständigen Definition der Temperatur, sondern läßt gerade ihre wichtigste
Eigenschaft unbestimmt.
Boltzmann- Festschrift. 8
114 ]U. Planck.
Temperatur mit Notwendigkeit zur Frage nach dem Wesen der
Irreversibilität^ und dies seinerseits liegt ausschließlich begründet
in der Existenz der Entropiefunktion. Letztere Größe bildet also
den primären, allgemeinen, fOr alle Arten von Zuständen und
Zustandsänderungen bedeutungsvollen Begriff, während die
Temperatur daraus erst hervorgeht mittels der speziellen Be-
dingung des Wärmegleichgewichtes, in welchem die Entropie
ihr Maximum erreicht. Eine Entropie besitzt ein Körper nach
dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik in jedem Zustande,
eine Temperatur aber nur dann, wenn der Zustand in gewissem
Sinne stationär geworden ist. So kann man z. B. fCLr ein Otu
mit ganz beliebig vorgeschriebener Geschwindigkeitsverteilong
stets die Entropie angeben, die Temperatur aber nur dann,
wenn die Geschwindigkeitsverteilung mit der Maxwellschen
genau oder nahezu zusammenfällt.
Glausius und Maxwell scheinen noch nicht den Versuch
einer direkten allgemeinen mechanischen Definition der Entropie
gemacht zu haben. Diesen Schritt zu tun, war erst L. Boltz-
mann vorbehalten, welcher, ausgehend von der kinetischen
Theorie der Gase, die Entropie allgemein und eindeutig durch
den Logarithmus der Wahrscheinlichkeit des mechanischen
Zustandes definiert hat. Neuerdings ist der Boltzmannschen
mechanischen Definition der Entropie eine andere, und sogar
noch eine zweite und eine dritte, an die Seite gestellt worden,
und zwar ebenfalls auf Grundlage der Wahrscheinlichkeits-
rechnung, in dem Werke über statistische Mechanik von
J. W. Gibbs. Die Gibbsschen Definitionen erheben insofern
Anspruch auf allgemeinere Bedeutung, als sie von vornherein
gar keine besonderen Annahmen über die Natur des betrach-
teten mechanischen Systems zur Voraussetzung haben; sie
lassen sich prinzipieU mit demselben Erfolge auf Systeme von
vielen, wie auch von wenigen Freiheitsgraden, bestehend aus
gleichartigen oder aus ungleichartigen Bestandteilen, anwenden;
jeder einzelnen Definition der Entropie entspricht natürlich
gemäß der schon oben erwähnten Gleichung dQ=: T.dS eine
besondere Definition der Temperatur. Für Systeme von einer
sehr großen Zahl von Freiheitsgraden fllhren aber, wie Gibbs
allgemein zeigt, seine drei verschiedenen Definitionen immer
zu demselben Resultate, so daß z. B. fUr einen Komplex von
jMech, Bedeutung der Temperatur und der Entropie. 1 1 5
sehr vielen Molekülen, wie ihn jeder warme Körper vorstellt,
nur eine einzige Definition der Entropie übrig bleibt, welche
mit derjenigen der Thermodynamik übereinstimmt.
Es sollen nun in der folgenden Studie die genannten ver-
schiedenartigen Definitionen näher ins Auge gefaßt und ihre
Bedeutung an der Hand eines einfachen SpeziaUalles verglichen
werden, um daraus womöglich Anhaltspunkte zu gewinnen zur
Entscheidung der prinzipiellen, von Gibbs noch offen ge-
lassenen Frage, welcher Definition der Entropie und der Tem-
peratur endgültig der Vorrang vor den übrigen zuzuerkennen
ist. Wir betrachten zu dem Zwecke ein mechanisches System,
welches aus einer großen Zahl n frei beweglicher in ein be-
stimmtes Volumen i; eingeschlossener materieller Partikel
(Atome) besteht Die Elnergie e des Systems sei nur kine-
tischer Art:
(1) « = ^f (^^ + y* + n
Es soll die Entropie dieses Systems nach den verschiedenen
vorliegenden Definitionen berechnet werden.
Sowohl Boltzmann als auch Gibbs gehen aus von dem
Begriff einer Komplexion („Phase"), d. h. der Gesamtheit
der gleichzeitigen Werte der unabhängigen 3w Koordinaten
^V VV ^V " ' ^n» I/n> ^n ^^^ ^^^ ^^ ImpulsC m^ a\j Wj ij^y m^ z^ ...
wi jf , wi ?/ , m^z. Jeder einzelnen Partikel sind drei be-
stimmte Koordinaten und drei bestimmte Impulse zugeordnet,
welche ihre Lage und ihre Geschwindigkeit angeben. Im
allgemeinen werden alle in dem System enthaltenen Partikel
von Natur verschiedenartig sein. Falls gleichartige unter ihnen
vorkommen, so sind, um Unbestimmtheiten zu vermeiden, die-
selben numeriert oder in irgend einer anderen Weise individuell
charakterisiert zu denken. Denn wenn eine Zustandsänderung
des Systems durch eine gegebene Änderung der Koordinaten
und Impulse eindeutig bestimmt sein soll, so muß man wissen,
auf welche Partikel sich jede Koordinate und jeder Impuls
bezieht
Untersuchen wir nun zunächst den Fall des stationären
Bewegungszustandes, und zwar unter der Annahme, daß alle
Partikel des Systems von Natur gleichartig sind, wie bei einem
chemisch homogenen einatomigen Gase. Dann führen alle verr
8*
116 M. Planck.
schiedenen Definitionen der Entropie zu dem nämUchen mit
der Thermodynamik übereinstimmenden Ausdruck. Für die
Boltz mann sehe Definition darf dies als bekannt vorausgesetzt
werden/) für die drei Gibbs sehen Definitionen dagegen ist
die direkte Berechnung vielleicht nicht ohne Interesse, zumal
dieselben sich schon in der äußeren Form von der Boltzmann-
schen sehr erheblich unterscheiden. Ja, die erste scheint sogar
auf den ersten Anblick einen entgegengesetzten Sinn zu haben.
Während nämlich Boltzmann die Entropie durch den Loga-
rithmus der Wahrscheinlichkeit definiert, ist die Entropie nach
der ersten Definition von Gibbs der negativ genommene
mittlere Logarithmus der Wahrscheinlichkeit. Bei irreversiblen
Prozessen nimmt also bei Gibbs der mittlere Logarithmus
der Wahrscheinlichkeit ab, während bei Boltzmann der Loga-
rithmus der Wahrscheinlichkeit zunimmt. Dieser Widerspruch
der beiden Definitionen der Entropie ist aber nur ein schein-
barer, er verschwindet sogleich, wenn man darauf Bücksicht
nimmt, daß die beiden Autoren mit dem Worte Wahrschein-
Uchkeit hier gänzUch verschiedene Begriffe verbinden. Dies muß
zunächst näher erörtert werden.
Boltzmann gewinnt den Ausdruck für die Größe der
Wahrscheinlichkeit dadurch, daß er ausgeht von dem Unter-
schied zwischen einem Zustand des betrachteten Systems und
einer Eomplexion des betrachteten Systems. Ein Zustand des
Systems ist bestimmt durch das Gesetz der Raum- und G^
schwindigkeitsverteilung, d. h. durch die Angabe der Anzahl
Partikel, welche in jedem einzelnen Elementargebiet des Raumes
und der Geschwindigkeiten liegen, wobei angenommen ist, daß
auf jedes der als gleichgroß angenommenen Elementargebiete
immer noch sehr viele Partikel entfallen. Hiernach umfaßt
ein bestimmter Zustand des Systems eine sehr große Anzahl
von Komplexionen. Denn wenn irgend zwei Partikel, welche
verschiedenen Gebieten angehören, ihre Koordinaten und Im-
pulse tauschen, so erhält man eine neue Eomplexion, aber den
nämlichen Zustand. Nimmt man nun mit Boltzmann alle
Komplexionen als gleichwahrscheinlich an, so ergibt die Anzahl
1) Vgl. z. B. L. Boltzmann, Vorlesungen über Gastheorie 1.
p. 88 ff. 1896.
Mech. Bedeutung der Temperatur und der Entropie, 117
der KomplexioneD, welche ein bestimmter Zustand umfaßt, zu-
gleich auch die Wahrscheinlichkeit und mithin die Entropie
des Systems in dem betreffenden Zustande, bis auf eine un-
bestimmt bleibende additive Konstante. Für diese Definition
der Entropie ist offenbar die gemachte Voraussetzung wichtig,
daB alle Partikel gleichartig sind; denn sonst würde eine Yer-
tauschung von Partikeln aus verschiedenen Gebieten nicht nur
die Eomplexion, sondern auch den Zustand ändern.
Bei Gibbs dagegen spielt die Frage nach der Gleich-
artigkeit der in dem System enthaltenen Partikel fUr die Be-
stimmung der Entropie ebensowenig eine Rolle, wie die nach
dem Gesetz ihrer Raum- und Geschwindigkeitsverteilung. Die
Definition der Entropie erfordert hier überhaupt gar kein
näheres Eingehen auf die Natur des betrachteten Systems.
Was hier in Rechnung gezogen wird, ist vielmehr die Ge-
samtheit der Eomplexionen, die man erhält, wenn man dem
System alle innerhalb besonderer Beschränkungen möglichen
verschiedenen Werte der Koordinaten und der Geschwindig-
keiten erteilt denkt Die Werte der Koordinaten sind durch
die Größe des gegebenen Volumens i; beschränkt, für die Ge-
schwindigkeiten aber werden besondere Festsetzungen getroffen,
und je nach der Wahl dieser Festsetzungen erhält man ver-
schiedene Definitionen der Entropie.
Bei der ersten Definition von Gibbs werden alle Ge-
schwindigkeiten von — 00 bis +00, also alle Werte der
Energie € des Systems zwischen 0 und oc als möglich zuge-
lassen, und es wird die Wahrscheinlichkeit P einer Komplexion
(oder eines Zustandes, was hier keinen Unterschied macht)
definiert durch die Festsetzung:
wobei xf) und 0 Konstante vorstellen, welche bestimmt sind
durch den Wert 1 des Integrals von P über das ganze Kom-
plexionsgebiet, und durch den Mittelwert 6 der Energie für alle
Komplexionen, eine jede nach Maßgabe ihrer Wahrscheinlich-
keit gerechnet. Dies ergibt für den vorliegenden Fall:
1 = I .... I P d x^ , , , , d z , m d x^ . , . , m d Zj^,
118 M. Planck.
oder, mit Substitution des Wertes von P und Ausf&hrung der
Integrationen über die Koordinaten und die Geschwindigkeiten,
wobei c durch Gleichung (1) gegeben ist:
%p Sn
1 =: tfö .r».(2jrm0)2r.
Ferner:
€ I .... I Pdx^ ... ,mdz^ = j ,.,. i ePdXj^ ....mrfi^.
Daraus auf ähnliche Weise:
6 = -|n0.
Hieraus folgen für 0 und ip die Werte:
0 = -— , t/; = — « log — r ir log «^ •
Nun ist nach Gibbs die Entropie der negativ genommene
mittlere Logarithmus der Wahrscheinlichkeit, also:
— log -P = ~S~ ~ ~T ^^S € + » log V + const.
und dieser Ausdruck entspricht in der Tat nach Größe und
Vorzeichen der Entropie eines einatomigen Gases. Insbesondere
verhalten sich die Koeffizienten der beiden Logarithmen, welche
das Verhältnis cj [c^ — cj angeben, wie 3 : 2.
Bei der zweiten Definition von Gibbs wird nicht ein
Mittelwert, sondern der genaue Wert der Energie des Systems e
als gegeben angenommen; bei der Berechnung der Entropie
werden aber alle diejenigen Geschwindigkeiten der Partikel in
Betracht gezogen, welche einer Energie des Systems entsprechen,
die kleiner ist als die gegebene Energie €. Dann ist die
Entropie gleich dem Logarithmus des Volumens V des ge-
samten so erhaltenen Komplexionsraumes. Daher erhält man
hier für die Entropie:
log r= log I •••• I dx^ ...,dz^,mdx^ ....iwdi^.
Die Grenzen der Integrale für die Koordinaten ar^ . . . . z,
sind bestimmt durch das gegebene Volumen v des Systems,
die Grenzen für die Geschwindigkeitskomponenten x^ • • • • ^n
aber dadurch, daß:
Mech, Bedeutung der Temperatur und der Entropie. 119
Jede einzelne Geschwindigkeitskomponente liegt also notwendig
zwischen den Grenzen ± ^2tjm. Die weitere Berechnung er-
gibt für die Entropie:
logr=logr- + logJ*....yrf(xi|/g....d(i,y^J.(2.«JF,
wobei das Integrationsgebiet bestimmt ist durch die Bedingung:
Man ersieht hieraus^ daß das 3n-fache Integral folgenden Wert
besitzt:
8»
(26mp .C,
wobei C eine reine Zahl vorstellt Daraus folgt fiii* die Emtropie:
log r = 71 log t; + -r- log e + const.^
wesentlich übereinstimmend mit der ersten Definition der
Entropie.
Die dritte Gibbssche Definition der Entropie endlich hängt
mit der zweiten einfach dadurch zusammen, daß man die
Entropie nicht = log T, sondern = logdVjd^ setzt. Da nun
nach der letzten Gleichung durch Differentiation:
1 d K 3» , dV Sn V
T? -3 — = ;r- Oder -T— = - - . — ,
V da 2b de 2 6 ^
80 ergibt sich nach der dritten Definition für die Entropie:
d V
log ^ = log r — log 6 + const.
= n log V + l-^ — 1 j log e + const.
also, da n eine große Zahl ist, wiederum wesentlich der
frühere Wert
Für den Fall vieler gleichartiger Partikel im stationären
Bewegungszustand führen mithin die verschiedenartigen De-
finitionen alle im wesentlichen zu demselben Ausdruck der
Entropie. Daraus folgt, daß sich aus der Untersuchung dieses
Falles keinerlei Entscheidung zu gunsten der einen oder der
anderen Definition ableiten läßt Gehen wir nun aber über
zu dem allgemeinen Fall, daß von den Partikeln mehrere ver-
120 M. Planck.
schiedene Arten yorhanden sind, wie er bei einer Mischung
verschiedener Gase realisiert ist, und fragen hierfür nach dem
Ausdruck der Entropie, so ergeben die Definitionen von Boltz-
mann und von Gibbs wesentlich abweichende Resultate. Die
Boltzmannsche Definition liefert nämlich mit Rücksicht
darauf, daß nun die Anzahl der Eomplexionen, welche einem
gegebenen Zustande entsprechen, wesentlich modifiziert wird,
einen Wert für die Entropie, welcher dem aus der Thermo-
dynamik abgeleiteten in jeder Hinsicht entspricht, einschließlich
derjenigen Glieder, die von den Konzentrationen der verschie-
denen Atomarten herrühren. Die Gibbs sehen Definitionen
dagegen, welche auf die Natur der Partikel gar keine Bück-
sicht nehmen, ergeben wieder dieselben Ausdrücke, die oben
berechnet sind, sie erteilen also zunächst keinen Aufschluß
über die Art, wie die verschiedenen Konzentrationen in die
additive Konstante des Entropieausdruckes eingehen. Will
man auf diesem Wege zu der thermodynamischen Form der
Entropie gelangen, so ist hier eine nachträgliche Ergänzung
der Definition der Entropie notwendig, und diese Ergänzung
kann nur dadurch geliefert werden, daß man zu den früher
betrachteten Komplexionen noch neue Komplexionen mit in
die Berechnung hineinzieht, indem nämlich nicht nur die Ko-
ordinaten und die Geschwindigkeitskomponenten, sondern auch
die Anzahl der verschiedenartigen Partikel des Systems inner-
halb gewisser Festsetzungen variiert wird. Diesen Schritt hat
Gibbs auch vollzogen im letzten Kapitel seines angeführten
Werkes durch die Einführung des „grand ensemble" im
Gegensatz zu dem bis dahin allein benutzten „petit ensemble'S
wobei die Betrachtungen allerdings etwas verwickelt werden.
Immerhin gelangt man durch sie schließlich zu den bekannten
thermodynamischen Formeln.
Vergleicht man nun an der Hand der angestellten Über-
legungen die Eigentümlichkeiten der verschiedenartigen Wege,
welche zur Gewinnung des Ausdruckes der Entropie einge-
schlagen werden können, so läßt sich bei der Boltzmann-
schen und bei den Gibbs sehen Definitionen ein sehr wesent-
licher Unterschied feststellen. Will man nämhch für ein im
stationären Bewegungszustand befindliches System mit ge-
gebenen Molekülzahlen, gegebenen Volumen und gegebener
Mech. Bedeutung der Temperatur und der Entropie. 121
Energie die Entropie nach Gibbs bestimmen^ so ist man ge-
nötigt, nicht nur die gegebenen Werte der Molekülzahlen, des
Volumens und der Energie ins Auge zu fassen, sondern auch
unendlich viele andere Werte aller dieser Größen mit in die
Rechnung hineinzuziehen. So hat man z. B., trotzdem das
Volumen gegeben ist, bei der Berechnung der Entropie stets
alle diejenigen Komplexionen zu berücksichtigen, bei welchen
das System irgend ein Volumen einnimmt, das kleiner ist als
das gegebene. Und ebenso verhält es sich mit der Energie:
Nicht nur die gegebene Energie ist zu betrachten, sondern
unendlich viele andere mehr oder weniger weit abliegende
Werte der Energie. Dagegen h^t man bei der Berechnung
der Entropie nach Boltzmann von vornherein und prinzipiell
nur diejenigen Komplexionen zu berücksichtigen, welche mit
dem gegebenen Zustande in aller Strenge vereinbar sind. Un-
bestimmt und daher den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit unter-
worfen ist hier nicht, wie bei Gibbs, die Molekülzahl, das
Volumen und die Energie des ganzen Systems, sondern viel-
mehr die spezielle Komplexion, die mit den bestimmt vor-
geschriebenen Werten jener Größen vereinbar ist. Nach diesem
Gesichtspunkte beurteilt, erscheint die Boltzmannsche Auf-
fassung der Entropie beträchtlich einfacher und sachgemäßer.
Die endgültige Entscheidung der Frage nach der all-
gemeinsten und rationellsten Definition der Entropie kann aber,
wie schon in den einleitenden Worten dieses Aufsatzes hervor-
gehoben wurde, nur durch die Berechnung der Entropie für
solche Zustände geliefert werden, welche von dem wahrschein-
lichsten Zustande merklich abweichen. Für diesen Fall hat
nun Gibbs, soviel ich sehe, überhaupt keine allgemeine Vor-
schrift gegeben, da er derartige Zustände nur insoweit be-
handelt, als sie sich aus stationären Zuständen zusammen-
setzen lassen. Die Boltzmannsche Definition dagegen reicht,
wie bekannt, ohne weiteres auch für Zustände mit ganz be-
liebig vorgeschriebenen Lagen und Geschwindigkeiten der
Partikel aus.
Daher glaube ich als Resultat dieser Untersuchung aus-
sprechen zu dürfen, daß die auf den ersten Anblick bestechende
Allgemeinheit, welche Gibbs der Fassung seiner verschiedenen
Definitionen der Entropie gegeben hat, indem darin auf die
124 G. H. Bryan.
System by changes which do not violate the given external
conditions.
The Principles of Conservation and Degradation of Energy.
The total energy of any System is unaltered by the mutual
actions of its different parts.
The effect of these actions may decrease, and can never
increase the amount of available energy present in the System
under any given conditions.
8. Ckaraderütics of a thermal System, There are certain
processes in nature such as the friction of fioids in which the
available energy of a body is absorbed by being transformed into
other forms of energy within the Clements of which the body
is composedy and in such cases it is not always necessary to
assume that energy passes from one part of the System to
another otherwise than by the Performance of mechanical
work. Such processes could, however, be equally well and
more simply explained^ as is indeed often done in text-books,
by restricting the term "energy" to djmamical energy potential
and kinetic and replacing the principles of conservation and de-
gradation by an axiom of energy to the effect that the energy
of a System tends to decrease and never to increase. In order to
take account of phenomena which cannot be explained by this
simple alternative^ it seems inevitable that we should assume
our Systems to be endowed with the property that energy can
flow from one System or part of the System to another other-
wise than by the Performance of mechanical work.
Further it is necessary that such transferences should
sometimes be accompanied by an irreversible loss of available
energy, for if this were not the case it would be possible by
a proper choice of generalised coordinates to bring the changes
in question under the principles of rational mechanics in which
case the transferred energy would assume the form of work
done by the Variation of the coordinates so chosen.
In thermodynamics itself we have an illustration of this
very point. So long as only reversible transformations are
concerned, the equations of thermodynamics are identical in
form with the equations of dynamics with the addition of a
furiher position coordinate (the entropy) and the corresponding
force-component (the temperature).
123
18. The Law of Degradation of Energy as the
fundamental principle of thermodynamics.
Bj G. H. Bryan in Bangor (North Wales).
1. In most text books, the study of thermodynamics is
approached from a historical point of view being based on the
discoveries of the Mayer-Joule principle of equivalence of
heat and work and Carnot's principle as modified by Clau-
sius and Kelvin. Very few writers have attempted to present
thermodynamics as a purely deductive subject or to render it
independent of preconceived notions conceming heat and tem-
perature in the same way that rational mechanics has been
rendered independent of preconceived notions of mass and force.
But the study of abstract dynamics has led to such valuable
results in the interpretation of physical phenomena, that it
appears desirable that the fundamental principles of thermody-
namics should be presented in an equally formal manner. As
it is unnecessary to again traverse ground that has already
been covered by writers on dynamics, this is best done by
examining what modifications have to be made in the pro-
perties of an ideal dynamical System in order to obtain a
thermodynamical System.
It has for some time past appeared to me that the prin-
ciples of Conservation and Degradation of Energy aflford the
best starting points for a treatment such as is here proposed.
In the present paper I propose to give an outline of the re-
sults at which I have arrived in working out this method, in
the hope that other workers may be induced to turn their
attention in the same direction more than they have done
hitherto.
2. Definition of available Energy, — The available energy
of a System subject to given external conditions is the maximum
amount of mechanical work that could be obtained from the
124 G. H. Bryan.
System by changes which do not violate the given extemal
conditioDS.
The Principles of Conservation and Degrtidation of Energy,
The total energy of any System is unaltered by the mutaal
actions of its different parts.
The effect of these actions may decrease, and can never
increase the amount of available energy present in the System
under any given conditions.
8. Ckaraderistics of a thermal System. There are certain
processes in nature such as the friction of fluids in which the
available energy of a body is absorbed by being transiformed into
other forms of energy within the elements of which the body
is composed, and in such cases it is not always necessaiy to
assume that energy passes from one part of the System to
another otherwise than by the Performance of mechanical
work. Such processes could, however, be equally well and
more simply explained, as is indeed often done in text-books,
by restricting the term "energy" to dynamical energy potential
and kinetic and replacing the principles of conservation and de-
gradation by an axiom of energy to the effect that the energy
of a System tends to decrease and never to increase. In Order to
take account of phenomena which cannot be explained by this
simple alternative, it seems inevitable that we should assume
our Systems to be endowed with the property that energy can
flow from one System or part of the System to another other-
wise than by the Performance of mechanical work.
Further it is necessary that such transferences should
sometimes be accompanied by an irreversible loss of available
energy, for if this were not the case it would be possible by
a proper choice of generalised coordinates to bring the changes
in question under the principles of rational mechanics in which
case the transferred energy would assume the form of work
done by the Variation of the coordinates so chosen.
In thermodynamics itself we have an illustration of this
very point. So long as only reversible transformations are
concemed, the equations of thermodynamics are identical in
form with the equations of dynamics with the addition of a
further position coordinate (the entropy) and the corresponding
force-component (the temperature).
Law of degradaüon of eriergy. 126
4. We are thus led to define a thermodynamical System
as one possessing the foUowing properties distinguishing it from
Üie Systems coDsidered in rational mecbanics.
(i) Its total energy is not a fonction of the position coor-
dinates and the corresponding generalised velocity components
alone, but is capable of independent Variation.
(2) This Variation consists in transferences of energy
between different parts of the System or between the System
and other Systems, in conformity with the principle of con-
servation of energy.
(8) These transferences of energy are distinguished from
those considered in rational dynamics in that they are gene-
rally accompanied by a loss of available energy and are there-
fore, by the principle of degradation of energy, irreversible.
In the Systems of rational dynamics all energy is available and
all transformations are reversible.
5. Definition of quantity of heat When energy flows from
one System or part of a System to another otherwise than by
the Performance of mechanical work through the Variation of
the Position coordinates, the energy so transferred is called heat
K, then, the energy of a body increases hy d U while the
body at the same time performs mechanical work of amount
d W, the body is said to receive a quantity of heat d Q defined
by the relation
(1) dQ = dU+dW.
This relation thus affords a definition of "quantity of
heat" absorbed or emitted by a body. It is to be observed
that we cannot speak of the quantity of heat contained in a
body because it is possible to make a body undergo cyclic
transformations in which energy is continuously given out in
the form of heat and absorbed in the form of work.
6. Condition of internal heat equilibrium, It foUows from
the principle of degradation of energy that any System sub-
jected to given extemal conditions will tend to assume an
equilibrium State in which the available energy is a minimum
for variations depending on the flow of heat between the
different parts of the System, conformably to the given external
126 G. H. Bryan,
conditions. When this is the case, the System may be said
to be tkermically homogeneaus,
The State of a System may be varied, consistently with
the existence of heat-equilibrium between the parts of the
System either [a) by imparting energy in the form of heat to
the System as a whole in such a way as to maintain an eqni-
librium distribution, or [b] by variations in the generalised
coordinates defining the dynamical state of the System.
It follows that if the state of a thermically homogeneous
System is defined by n variables or generalised coordinates for
changes which involve no transmission of heat to or from the
System as a whole, then, when such transmissions of heat are
taken into account, n + 1 variables will be required to deiine
the State of the System. Since the passage of heat to or from
the body involves gain or loss of energy, we may, in the first
instance, choose these n + 1 variables to be the generalised
position-coordinates of the System and the energy U,
A transformation in which no heat is gained or lost is
called an adiabatic transformation. If x^, ^r^, . . . x^ are the gene-
ralised position-coordinates, X^, -^2» • • • ^n ^^^ corresponding
generalised force-coordinates, it follows that adiabatic trans-
formations are given by the differential equation
dU=:SXdx
connecting the n + 1 independent variables U, x^y x^, , . , x^.
In the case of a homogeneous fluid substance the state
will be completely defined either by the total volume V and
energy U or by the volume and energy of unit mass which
we shall call v, u, If p is the pressure, and we adopt the
former alternative, then since
dU=dq--pdr
ldü\
dQ = 0
Hence p is known when U, V are known and conversely
the State of the System is known when p and V are knowü.
For such a System the state may be completely defined by the
variables p and F or p and v instead of U and V ov u and r.
By the new choice of variables, the transformations can be
Law of degradation of energy. 127
represented by an indicator diagram as is explained in text
books.
7. The Second Law of thermodynamics. Let M and N be
two independent thermically homogeneous Systems. If the
States of these Systems are such that their total available
energy is decreased by the passage of a small qnantity of
heat from M to JV, it foUows at once from the principle of
degradation of energy
(a) that heat can flow^ and, in general, tends to flow of
itself from Jf to JVi
(b) that heat cannot be made to pass from N io M without
supplying avaikble energy from without
If we define one System as being hotter or colder than
another according as the available energy of the two is de-
creased or increased by transporting a small quantity of heat
from the first to the second, Statement (i) is identical with
the usual Statement of the second law which asserts that heat
cannot pass from a colder to a hotter body without some other
change taking place.
8. Carnofs Cycle. To transport heat from N to M where
M is hotter than iV (according to the above definition) avai-
lable energy must be supplied from without. The simplest
way of doing this is by the familiär process of Carnot's
cycle reversed, in which an auxiliary body Z is taken which
first receives heat from N, and is then, by compression or
otherwise, brought to a State capable of imparting heat to N.
To supply the available energy absorbed in a cyclic trans-
formation of the auxiliary body a balance of work-energy must
be supplied to this body in each cycle, and by the principle
of conservation an equivalent amount of heat-energy must be
given to the body M, over and above that taken from N.
We may thus suppose a quantity of heat dQ^ taken from
iV, a quantity dQM given to M and a quantity of work
dA^dQM — dQx performed on the auxiliary body during the
process.
The reverse process is the ordinary direct Carnot's
cycle in which d (^m is received from yl/ , d Q'jf is given to ]V,
and work d A' = d Q'^t — d Q\y is done })y the auxiliary body
during the cycle.
128 O. H. Bryan.
By the well known proof of combining the direct and
reversed motions, the principle of limited availability gives that
dA' dA
dQ'u —dQu
and therefore
dQ'N ^dQN Qj, dQ^M^dQn
dqu—dQMdQ'N—dQN
and by considering the Umiting case where the combination
of the direct and reversed cycles is accompanied by no loss
of availability [assuming such a case possible) we get
(2) f A.^^-) = f^-^)
^ ' \d Qn I Maximum \d Qk) minimum
9. Let each of these limiting ratios be written equal to
Tmn for the bodies M and iV. Then the following propeiües
are readily shown to be satisfied by the fimction Tuk»
(1) ^MN is constant for the same two thermically homo-
geneous Systems in the same two states. It is therefore only
a function of the variables by which the states of the bodies
M and N are specified.
(2) Tifx is independent of the size of the Systems M and
N provided that they are thermically homogeneous. In the
case of homogeneous fluids, Tmn is therefore a function of their
volumes and energies per unit mass, not of their total volumes
and energies.
(3) T^N is equal to unity when heat-eqoilibrium exists
between M and iV, it is greater than unity when heat can
flow of itself from M to A' and less than unity when heat can
only flow of itself from N to M,
(4) 7WA'Xy^i/=l.
(5) The ratio T^f^f for two Systems M,N, is equal to the
corresponding ratio T^^n' for any other two Systems ßf, 3',
of which W is in thermal equilibrium with M and JV^ is in
thermal equilibrium with N.
(6) Taking a third System P we have by comparing the
cycle between M and i\^ with a combination of two cycles
between M and P and between P and N respectively
Law of degradation of energy. 129
10. Temperaiure. Now let the System P be taken to be
a Standard System whose State is kept constantly fixed while
other Systems are compared with it. Then it is no longer
necessary to specify the State of P in the expression Tmp, and
we may therefore write Tji for Tmp>
The expression T^ will then be a fanction only of the
variables which define the state of the System M,
Tm is Said to be the absolute temperature of the body M
referred to P as unit of absolute temperature. If any other
body Q be substituted for P, the unit of a'bsolute temperature
will be altered but the numerical measures of the tempera-
tures of all bodies will be altered in the sam'e ratio.
The properties proTed in the last article are identical with
the properties of temperature proved in treatises on expenmental
heat We thus have a deduction of these temperature pro-
perties from the Principle of Availability, which is independent
of any preconceived ideas regarding temperature.
11. Entropy. The foUowing results follow at once by
the ordinary methods given in text books, and they need not
be discussed in detail in the present connection.
(1) If a body is surrounded by a medium whose temperature
T^ is a fimction of the time only, then in any reversible cycle,
the cyclic integral
(4)
m-"
where dQ \% the quantity of heat absorbed at temperature T^.
(2) For reversibility there must be no loss of available
energy between the body and the medium, therefore at any
instant the temperature T^ of the medium is equal to the
temperature T^ of the body and we have therefore also
(4 a)
m-"-
(3) The last result holds even if the temperatures T^ and
T^ of the body and medium are unequal, provided that no irre-
versible changes occur within the body itself. The transformation
is then said to be conditionally irreversible, the only irreversible
BolUauum-Festochrift. 9
130 G. IL Bryan.
processes arisiug from the passage of heat between the body
and medium. For such a cyclo we bave therefore
(4b, (/)V'-0 b.t(/)Vf<0
(4) The entropy of a thermically homogeneous System,
1, e a System whose temperature is a function of the time
only is defined by
B
(5) f^=^Ss--S^ OT^^dS.
A
(5) The entropy of a system of bodies is defined as the
sum of the entropies of the parts of the System, and hence
if the System consists of different parts M, N . . . at tem«
peratures Tm, ?V . . .
(5a) ./5=4^+^y^^ + ... = ^^
where d Qu is the whole heat received by the part M at tem-
perature Tm , whether this heat be received from outside or
from other parts of the system. The only limitation to this
Statement is that no irreversible changes must occur within
the separate i)ortions M, N.
(6) Where the temperature varies from point to point the
summation of the last case must be replaced by an integral,
and we shall write the resulting equation
(5b) dS^^
dQ
dm
where dQ^ dm is the quantity of heat absorbed by the element
dm when its temperature is T. In this notation dQ! will
stand for quantity of heat absorbed per unit mass in the neigh-
bourhood of the point whose temperature is T, and tiie sign
of integration will refer to the various mass elements of the
body.
(7) The equation holds good provided only that no irre-
versible or discontinuous changes occur in the interior of the
mass elements dm, Where such irreversible changes occur it
Law of degradatum of energy, 131
is usually if not always possible to connect the initial and
final States by a reversible continuous series of transformations,
and tbe difference between the entropy of the initial and final
states will then be defined to be the same as would be pro-
duced by these reversible transformations.
This or its equivalent is the only possible definition of
entropy consistent with the assumption that the entropy of
the System at any instant depends only on the State of the
System at that instant and not on its previous history. If this
assumption were not made the theory of thermodynamics
woold involve the consideration of changes of entropy of a
purely arbitrary character corresponding to no real physical
phenomena.
12. DeducHon of the fundamental equations. We shall now
show how the principle of degradation of available energy can
be used to obtain the ponditions of equilibrinm and stability
of a thermodynamical System, without making use of Clansius'
inequality. To do this it is only necessary to construct ex-
pressions for the available energy of the System subject to the
given extemal conditions, and we shall consider the following
cases.
System surrounded by an indefinite medium of uniform tem-
perature Tq and pressure p^. We do not suppose the System
to have attained its equilibrinm state, so that its pressure and
temperature are not necessarily the same as those of the medium.
Let the System consist of r parts characterised by the suffixes
1 , 2, . . r and suppose for the sake of simplicity that the state
of the rth part is fuUy specified by the variables p^, T , T^,
S^, U^, of which only two are independent.
Then if a quantity dQ^ of heat be withdrawn from the
rtil part, it foUows from above that a quantity of at least
dQ^X TqJT^ will liave to be given to the medium, and hence
that the maximum amount of mechanical work derivable from
dq^ is
Moreover when the volume expands by an amount d F^,
against the external pressure the amouut of work done is
132 G. H. Bryan.
Pj,^pJ) dF^, Heiice the total amount of available energy of
the rth portion is measiired by the integral
(6) A^=fdQ^{i- I) + J(p, - p,) d r^ .
The quantities under the integral signs vanish and change
sign when y^ = 7J,, p^=ip^ hence the maximum amount of
mechanical work is obtained when the System is bronght to
temperature T^ and pressure p^.
Now dQ^= — T^dS^j hence the integral representing the
available energy of the whole System becomes
But by the equations of thermodynamics
(7) dU^^T^dS^-p^dF^.
Hence the total available energy is
Ä=- 2/(rf U^- T,dS^ + p,d f,)
taken from the initial State to the state T^^p^
where ?7^^ 5^*^, FJ^ refer to the rth body in the final state
[Tqj p^. This expression gives on summation
(8) A=^{U-v,)-T,{s-s,) + p,{r-r,).
It foUows from this expression that if
V-T,S + p,V>U,-T,S,+p„V,
the System can pass from the state (ü, S, F) to the state
(^o> '^o* ^o) ^^^ cannot pass in the reverse direction unless
available energy be supplied from without. This condition
is therefore the condition that the state (^^o^o^o) s^^ould be
one of stable equilibrium, a well known result.
13. System surrounded by an envelope of invariable volume
Fq kept at constant temperature T^, In this case the differential
of the available energy is given by
(9) dÄ=-:£(T^- T,)dS^ + ^p^dV^
and tbe condition of constancy of volume gives
(10) ^dr^ = Q.
Law of degradation of energy. 183
The State of minimum available energy is thus defined by
0 = rf^ = - 2(2; - T,)ds^ + ^p^dr^
for all yariations consistent with '^dV^^O,
It foUows that for this State
^r = ^0> A =/'3 • • • ^/'r ^Po [^^fi
and since
du = T dS -p dF .
r r r rr ** ' r >
we haye
dA^^^dU^ + T.^dS^,
whence
^ = 2(^r - n «r) - 2(f^,'* - ^0 «r°)
(11) =. U - U^ - T,{8 - S,)
leading as before to the well known result that for stähle
eqailihrium in the State Uq^ Sq we must have for all possible
yariations U, S,
U-T,S>U,-T,S,.
We also notice that when the temperature of the System
itself is Tq its ayailable energy becomes the free energy of
yon Helmholtz.
14. System enclosed in a rigid envelope impervious to heat
As in the last case the work done by the expansions of the
different parts of the System is equal to
To estimate the available energy which can be converted
into work by the transference of heat between different parts
of the System, assume an auxiliary body at temperature 7[j,
and in the first place suppose heat is transferred between the
varioos bodies of the System and the auxiliary body by means
of Carnot's cycles.
If dQ^ is taken from the rth body then a quantity of
heat dQ^ x ^o/^r ^^ given to the auxiliary body and the
amoant of work done is dQ^{l — ^o/7^J-
If the total quantity of heat received in any intenal by
the aoxiliary body is made equal to zero, the auxiUary body
may be removed and the conditions vrill be those of a System
184 G. H, Bryan.
completely closed from outside influence. Equating to zero
the heat received by the auxiliaiy body we have
(12) 0^^dq^'^^ = T,^dS^ = T,dS
whence
8 = constant
and the maximum work obtainable iinder this condition is
= '^J{d^+PrdK).
Since dQ^ here represents heat taken from the rth body
instead of heat given to that body, dQ^ is equal and of op-
posite sign to the ordinary dQ ot thermodynamics, and there-
fore dQ^ + p^dV^^ -- dU^, and the expression for the available
energy becomes
(18) Ä^^-^jdU^^^ •- jdU^U^U, (say)
the Integration being made along an isentropic path from the
given State to the State in which the energy V^ is a minimum
sabject to the condition of constant entropy.
The condition for stable equilibrium requires that the
available energy shall be a minimum, and therefore that the
total energy V shall be a minimum for variations which keep
the entropy S constant This is one of the two alternative
conditions of stability of an isolated System given by Gibbs.
15. Clausius^ principle for irreversible tr ans forma tions. Let
any System be isolated from all external influences for any
given interval of time. If the pSui» of the System are not in
equilibrium amongst themselves, changes will occur in the
internal State of the System, and the principle of degradation
of energy states that these changes will be of such a character
as to decrease and never to increase the available energy which
the System would have when subjected to given external con-
ditions.
Now we have obtained for the available energy of a System
in the presence of an indefinitely extended medium at tem-
perature T^ the forms
// = {U -T,S + P, F) - (U, - T„ S, + P„ r„)
Law of degradation of energy, 135
or
according to whether the pressure of the medium or the
volume of the System is kept constant
For changes which take place in the interior of the System
alone^ the total energy U and the volume F remain constant
The only quantity which can vary is the entropy S, and we
see that the changes of entropy and available energy are con-
nected by the relation
(14) 8A^ -^0^^'
Since Ä tends to decrease S tends to increase, and hence
we haye a proof of Clausius' principle according to which
the entropy of a System is increased by irreversible changes
occuring in the interior of the System. We also have, what
is important, a physical Interpretation of this gain of entropy,
namely that it is equal to 1 / ^^ times the decrease in the
amount of available energy which the System would possess in
the presence of a medium of temperature Tq,
Conversely the loss of available energy of the System due
to internal changes is equal to T^^ times the increase of entropy,
and is therefore proportional to T^y The total available energy
of the System in presence of the medium of temperature T^
is not necessarily proportional to T^ since the state for which
the available energy vanishes is not independent of the tem-
perature Tq.
16. Conclusion^, We have thus shown
1) that the fundamental laws of thermodynamics may be
deduced from the Principles of Conservation and Degradation
of Energy without assuming any preconceived notions regarding
heat and temperature^ and with the simplest possible assump-
tions as to the general character of the phenomena;
2) that the conditions of equilibrium and stability appli-
cable under dififerent conditions can be deduced from con-
siderations of available energy as easily as from the entropy-
inequality, and more directly.
The great disadvantage of starting with the entropy-inequality
is that it is difficult to form a clear conception of the meaniiig
of entropy. Ou the other band the methods here suggested
136 6. H. Bryan, Law of degradation of energy.
have the disadyantage that available energy is not a definite
quantity bat its amlt may be varied byTarying the extemal
conditions. Thus while any given irreversible change involves
a definite gain of entropy, the consequent loss of available
energy in the presence of a medium of temperature T^ would
be proportionally reduced by substituting a proportionaUy colder
medium. Owing, however to the importance of available energy
ärom a physical or practical point of view it appears desirable
that this very indeterminateness should receive prominent con-
sideration in treating of the elementary principles of thermo-
djrnamics. It is only in this way that a clear understanding
can be arrived at as to the ultimate influences of irreversible
phenomena on the progress of events in the Universe.
(Eingegangen 27. Juli 1908.)
137
19. Zur Definition der spezifischen lonen-
geschwindigkeit
Von Heinrich Mache in Wien.
J. J. Thomson hat für die spezifische lonengeschwindig-
keit die folgende Formel aufgestellt Es bedeute s/m das
Verhältnis zwischen Ladung und Masse des lons^ k seine
mittlere Weglänge, und c seine molekulare Geschwindigkeit,
dann ist
1 8 X
tt = •
2 m e
Diese ftlr die Elektronentheorie grundlegende Formel wurde
bereits zu wiederholten Malen in der Weise verwendet, daß
man für c die mittlere molekulare Geschwindigkeit d oder
die Wurzel aus dem mittleren Geschwindigkeitsquadrat Vc*
einführte und auf diese Weise zu einem Mittelwert für u ge-
langte, der aber dann in einer von der üblichen völlig ver-
schiedenen, der Natur der behandelten Aufgaben nicht ent-
sprechenden Weise gebildet erscheint und daher quantitativ
unrichtige Resultate ergeben muß; denn es ist ja der so er-
haltene Mittelwert weder ü noch auch Vu^ .
Es hat nun E. Ei ecke im 66. Bande der Annalen der
Physik für die spezifische lonengeschwindigkeit die Formel
2 a 1
u =
aufjgestellt. Die Ableitung ist etwas kompliziert und der Zu-
sammenhang mit der Thomson sehen Formel nicht ersichtlich.
Vielleicht ist es daher nicht ohne Interesse nachzuweisen, daß
auch die Thomson sehe Formel bei richtiger Mittel wertsbildung
auf nahezu den gleichen Koeffizienten führt, wie er sich aus
der Ri eck eschen Betrachtung ergibt.
Die Ableitung der Thomsonschen Formel ist einfach
und durchsichtig. Die Zeit, welche von einem Zusammen-
stoß des Ions bis zum nächsten verfließt, sei r = A/c. Wäh-
138 H. Mache.
rend dieser Zeit steht das Ion unter dem freien Einflüsse des
Feldes F, legt also in dieser Zeit mit der Beschleunigung
8
y^-F
den Weg
m
r « 6F X^
2 2 m c*
in der Richtung des Feldes zurück und würde somit in einer
Sekunde, falls sich nicht bei jedem Zusammenstoß die mole-
kulare Geschwindigkeit änderte, im ganzen den Weg
._! — iZA
T 2w» c
zurücklegen. Es ist also für das Einheitsfeld
1 e X
ti = • ■ .
2 m e
Wir können nun, wie dies in der Gastheorie ja allgemein
üblich ist, k, die Weglänge des Ions, als von der Temperatur
und somit auch von der Geschwindigkeit c unabhängig be-
trachten. Dann läßt es sich aber leicht nachweisen, daß der
Mittelwert von A/c dem Produkte aus den Mittelwerten von
X und 1/c gleich ist^) Es wird also auch der Mittelwert von
u durch das Verteilungsgesetz der molekularen Geschwindig-
keiten eindeutig gegeben sein. Die Zahl der Teilchen, deren
molekulare Geschwindigkeit zwischen c und c + de liegt, ist
nach Maxwells Gesetz gleich
c^e "^ de,
a^y^
1) Fassen wir nämlich aus der sehr großen Zahl A^ der verschie-
denen X/c diejenigen heraus, welche im Zähler das gleiche X, etwa X^
aufweisen und nennen wir ihre Zahl nj j definieren wir ferner in gleicher
Weise il,, n,, A3, n, etc., so wird:
Ui ^ c n^ ^ c tig ^ c
Da aber X und c voneinander unabhängig sind, so ist auch
ti, .^ c »f, 4^ c n, ^J c N ^a c \c j
Hieraus ergibt sich dann die Richtigkeit unseres Satzes.
Spezifische lonengeschwindigkeit 139
worin a die wahrscheinlichste Q^schwindigkeit bedeutet und N
die Zahl der Teilchen ist, welche in der Volumeneinheit ent-
halten sind. Es ist weiter nach Thomsons Formel
ac =5 r — du
und somit die Zahl der Teilchen^ deren lonengeschwindigkeit
zwischen u und u + du liegt, gleich:
4 iV B k ~~ 'VZJilMZÄ j
= .- -^ i— T^ 4«'a'«' fl^^
Multiplizieren wir diesen Ausdruck mit u, integrieren von 0 bis
CD und dividieren durch I/, so erhalten wir ü, multiplizieren wir
hingegen mit u^, integrieren von 0 bis co, dividieren durch N
und ziehen aus dem Resultate die Wurzel^ so erhalten wir Vu* .
Es ist also:
0 0
— JL_?_A
00
t*X*
-2 ^ ^* «'^' r 1 .-t«t;^j ^.. aU« I/ti
1/^2 = -1
Ersetzt man die wahrscheinlichste Geschwindigkeit cc durch
die mittlere ä nach der bekannten Formel
so wird auch:
2 e
Ä = -
71 W
•
und \u^
Der Koeffizient 2/:nf = 0,637 unterscheidet sich also nur
wenig von 0,667, dem Koeffizienten der Ri ecke sehen Formel.
Auch den wahrscheinlichsten Wert der lonengeschwindig-
keit wollen wir noch berechnen. Wir haben zu diesem Behufe
nur den Ausdruck, welcher uns die Zahl der Teilchen gibt,
deren lonengeschwindigkeit zwischen u und n -f du liegt, nach u
140 H. Mache, Spezifische lonengeschwindigkeit
zu differenzieren^ den erhaltenen Ausdruck gleich Null zu setzen
und nach u aufzulösen. Wir erhalten so:
U^
8 l 1 6
tr» -
e ""^ du.
2 y^ m a yin m c
I'Hihrt man diesen wahrscheinlichsten Wert in das Ver-
teilungsgesetz der lonengesch windigkeiten ein^ so läßt sich das-
selbe auch in der Form schreiben:
y n vr
In allen Formeln für die lonengeschwindigkeit bedeutet
jetzt X den arithmetischen Mittelwert der Weglänge und s den
der Geschwindigkeit In allen erscheint der Ausdruck
sim.lld. Von den in ihm enthaltenen Größen sind drei^
nämlich e, m und d durch die Natur des Ions und durch
die Temperatur bestimmt Von dem Gase, in dem sich das
Ion bewegt, erscheint somit u nur insoweit abhängig, als X
hievon abhängt. Bezeichnen wir mit A die mittlere Weg-
länge des Gasmoleküls, so schwankt, welche Größe wir auch
immer dem Ion zuschreiben, der Wert von k zwischen Null und
4A. Die hohen Geschwindigkeiten, welche die Träger der
Kathodenstrahlen aufweisen, würden also zur Annahme nötigen,
daß gegenüber diesen allerdings als sehr klein angenommenen
Teilchen die Moleküle des Gases sich so verhalten, als ob sie
bis zu einem gewissen Grade durchdringbar wären. Auch die
hohen Werte, welche die mittlere Weglänge der Elektronen
nach den Berechnungen Pattersons^) in Metallen annimmt
und welche von derselben Größenordnung sind, wie die mittlere
Weglänge der Gase bei Atmosphärendruck, scheinen dafür zu
sprechen.
1) J. Patterson, Phil. Mag. (6) 8. p. 643. 1902.
(Eingegangen 28. Juli 1903.)
141
20. Gibt es unendlich große Geschwindigkeiten?
Von Iiudwig Matthiessen in Rostock.
Wenn es sich um Geschwindigkeiten fortbewegter Massen
handelt; so wird man die gestellte Frage jedenfalls mit nein
beantworten müssen, sowohl was terrestrische als auch kosmi-
sche Bewegungen anbetrifft. Bei Bejahung der Frage würde
man auch die Möglichkeit unendlich großer Ej*äfte annehmen
müssen. Es kommen jedoch unendlich große Geschwindig-
keiten bei Erscheinungen vor, welche auf dem Gebiete der
Interferenzen liegen. Es mögen hier derartige Fälle behandelt
werden.
Wenn man mit Hilfe zweier unisoner Stimmgabeln auf
Quecksilber oder irgend einer anderen Flüssigkeit zwei sich
durchkreuzende Kreiswellensysteme erregt, so beobachtet man
bekanntlich stehende hyperbolische Interferenzlinien, deren
Scheitel in der Verbindungslinie der Erregungszentra liegen.
Daneben treten aber zugleich fortschreitende Wellen auf ellipti-
schen und hyperbolischen Interferenzlinien auf, deren Bewegung
wir verfolgen wollen.
Wir setzen voraus, daß jene Transversal wellensysteme* eine
gleiche und konstante Wellenbreite A, gleiche und konstante
Amplituden a und eine gleiche konstante Geschwindigkeit c be-
sitzen; femer daß die Vibrationen in den Zentren I und II
gleichzeitig und gleichsinnig erfolgen, die Zentra um eine
gerade Anzahl von Wellenbreiten voneinander entfernt sind.
Bezeichnen /^ und l^ die rad. vect. irgend eines Moleküls P
der erregten Niveaufläche, so sind die partiellen Deviationen
zur Zeit t von der Ruhelage angerechnet
y, =asin2;r(~-|), ij^ = a sin 2 n i^t^— -J) ,
also die gesamte Deviation
^' = //i +^2 = 2acos;r '»-^ A sin 2 ;r (^ - -g^'-) •
142 L. Maitkiesten.
Die resultierende Amplitude ist also
Ä = 2aco8g ^ 7" '*■ .
Die Resultante verschwindet fflr
/,_(,=. ^"g^' X , (feste Hyperbeln 5) ,
außerdem ftlr
'i + ^ = ±('»'1 — 2x4;), (fortschreiteude Ellipsen C).
Zwischen den ersteren liegen andere feste Hyperbeln J
Ton der Gleichung
also
cos w ^"^ ^ = ± 1 , A= ±2a.
Daraus resultiert
l'-±2a.i„2,(i,-t*,-'').
Auf diesen Hyperbeln schreiten demnach peripherisch
Wellen fort und zwar mit abnehmenden Wellenbreiten und
Geschwiudigkeitän. Die variable Geschwindigkeit sei v; ist
dann c die Geschwindigkeit der Elementar wellen, w der Winkel,
welcher die Tangente eines Punktes F des hyperbolischen Wellen-
strahles ■/ mit seinen rad. vect. /, und ^ bildet, x die Länge der
Tangente bis zur Zentrale I II, so findet man
Unendlich große Geschwindigkeiten, 143
folglich
worin d die Distanz der Vibrationszentra bezeiclinet.
Nun ist im Anfangspunkte der Bewegung des Wellen-
strahles, also in der Zentralen, sowohl cos(o = 0, als auch
T = 0 und (/j +1^^ — c/2 __ 0; folglich die Anfangsgeschwindig-
keit t; = 00. Für unendlich entfernte Punkte P wird, wenn a
den Asymptotenwinkel bezeichnet
Zj = T — — cos Uy ^ = T + — cos a ,
2
mithin
Lim t; = 2 c |/t^ ~- cos a^ : ]/4 t* — r/^
und wegen t = oo, Lim v = c.
Ist nun L die Wellenbreite des hyperbolischen Wellen-
strahles in P, so ist auch
cos « = >«:Jy, i;:-C = c:>w = n.
Handelt es sich um monochromatische Lichtwellen, deren
Schwingungsebenen auf der Niveaufläche senkrecht stehen, so
wird ihre Farbe in den betreffenden Richtungen nicht ver-
ändert. Bei Schallwellen sind die Verhältnisse ähnlicher Art;
nur unterscheiden sie sich von dem Verhalten der Transversal-
wellensysteme insofern, als bei den Schallwellen jene hyper-
bolischen Wellenstrahlen abwechselnd Longitudinal- und Trans-
versalwellen sind. Die Tonhöhe wird in den ersteren nicht
verändert; die letzteren überhaupt nicht gehört. Ein homo-
loges Verhalten findet bei Interferenzen von monochromatischen
Lichtwellen statt, bei denen die Elementarwellen senkrecht
gegeneinander polarisiert sind. Es treten zirkuläre und ellip-
tische Schwingungen, transversal und longitudinal schwingende
Wellenstrahlen auf. In diesem Falle wird ebenfalls die Farbe
nicht geändert und zwar in den Transversalwellen; die Longi-
tudinalwellen sind überhaupt nicht sichtbar.
Wir wollen der Allgemeinheit wegen auch noch deu Fall
betrachten, wo mit verschieden gestimmten Stimmg^^beln Wellen
von verschiedener Breite und Geschwindigkeit auf der Niveau-
144 L. Matthiessen.
ßäche einer Flüssigkeit erregt werden. Für diese hydrodynami-
schen Wellen ist nach William Thomson
c* = — ^ T , n^ A* =a const
Es tritt dahei^ wieLissajous zuerst beobachtete^ eine so-
genannte Wanderung der Interferenzlinien ein.^) Es treten dabei
die jD-Kurven auf, auf welchen sich die seitlichen Wellen fort-
bewegen. Ihre Gleichung ist
i - i = ^{^(«> + "») - »"("i - "«)J = xii^« = <'°°«*-
Auf diesen Kurven schreiten also die seitlichen Wellen
fort und sie sind ebenso wie die Interferenzlinien B und C
Cartesische Ovale. Dieselben laufen also von der Zentrale
aus und kehren an einer anderen Stelle in dieselbe zurück.
Um die Orter dieser beiden Punkte auf der Zentrale zu
finden, führen wir rechtwinklige Koordinaten y und x ein.
Es ist dann
Für y = 0 erhält man
Um die Richtung der Bewegung der W^ellenstrahlen D in
diesen Punkten zu erhalten, diflferenzieren wir die vorige
Gleichung. Es resultiert
Für y = 0 ergibt sich daraus
dy ^ xid -x){X, +J,) ^ ^
dx y[Xid-{Xi^i^)x]
Der betreffende Wellenstrahl geht also senkrecht zur Zentrale
aus und kehrt in derselben Weise zur Zentrale zurück.
Die Fortpflanzungsgeschwindigkeiten der Interferenzwellen
auf den i>-Kurven werden nun bestimmt durch folgende Re-
lationen:
1) L. Matthiessen, Wied. Ann. 32. p. 689. 1887.
Unendlich große Geschwindigkeiten. 145
^1 - :Ü -
dt "^^ d"# "" ^1'
BE dl ö /,
ö < cos nd t cos ^ ö ^
Für den Ausgangspunkt wie für den Eückkehrpunkt auf der
Zentrale sind nun a und /? = 90**, also wiederum i; = oo.
Ähnliche Verhältnisse treten auf, wenn ein Kreiswellen-
system Yon einem Fokus eines Kegelschnittes auslaufend an
der Kurve z. B. einer Parabel reflektiert wird. Die Elenlentar-
wellen werden an der Parabel als geradlinige der Directrix
parallele Systeme reflektiert. Ist die Entfernung irgend eines
Punktes P von der Directrix gleich l^, vom Fokus gleich ^, so
ist die Bedingung der Interferenz
/j — /g == — ^o - A (feste Parabeln).
Dazwischen in der Mitte liegen die parabolischen Wellen-
strahlen
/i — ^ = nl.
Dann ist weiter
2k
V = c : cos 0) = c
Für die axialen Ausgangspunkte der Interferenzwellen ist
ö> = 90^ und T = 0, also i; = oo. Für unendlich entfernte
Punkte P ist T = 2 /^ also Lim v =: c. Da auch Z = A ; cos (o
ist, so ist für unsern Fall für jeden beliebigen Punkt P
v: L =^ c:k ^= n ,
Mithin wird in den Wellenstrahlen bei Licht- wie bei
Schallstrahlen die Farbe und die Tonhöhe nicht verändert
Rostock, 15. Juli 1903.
(Eingegangen 29. Juli 1903.)
Boltxnuuin-FeBtecbiift 10
146
21. Ans der Statistik
der Prflfnngsstelle fOr Normalstimmgabeln in Wien.
Von Anton Iiampa in Wien.
Die mit dem I. physikalischen Institut der Wiener Uni-
versität verbundene Prüfungsstelle für Normalstimmgabeln hat
bis jetzt rand 16000 Stimmgabeln verifiziert In den ersten
Jahren wurden die Schwingungszahlen der als richtig befun-
denen Gabeln (zulässige Fehlergrenze ± 0,5 g. Schw.) proto-
kolliert Das Protokoll umfaßt 8000 Stimmgabeln. 5449 Stück
dieser Gabeln stammen von einem Erzeuger (Feinzeugschmied
J. Desort in Wien), welcher die Abstimmung aller dieser
Gabeln nach einer von der Prüfungsstelle abgestimmten Normal-
stimmgabel vorgenommen hat; diese Gabeln erscheinen hier-
nach als ein geeignetes Objekt flir eine statistische Unter-
suchung betreflfend das Verteilungsgesetz der Schwingungszahlen.
Eine Aufzeichnung über die Schwingungszahl jener Gabel, nach
welcher der Erzeuger die übrigen Gabeln gestimmt hat, ist
nicht vorhanden, da deren Abstimmung noch vor der Akti-
vierung der Prüfungsstelle stattfand. Eine Nachprüfung heute,
nach zwölf Jahren, wäre zwecklos; jedenfalls wird die Schwin-
gungszahl dieser Gabel nahe an 435 gewesen sein.
Aus dem Protokoll wurde die nachstehende Tabelle I zu-
sammengestellt; die Schwingungszahlen sind hierbei auf
Hundertstel angegeben, wozu noch weiter unten eine Bemerkung
gemacht werden soll.
Die größte Zahl von Gabeln, 268, entfällt zufällig auf die
Schwingungszahl 435, das Mittel der Schwingangszahlen aller
Gabeln liegt dieser Zahl ziemlich nahe, es beträgt nämlich
434,981. Nimmt man für die weitere Rechnung der Einfach-
heit halber das Mittel = 434,98 und berechnet die mittlere
Aus der Statistik der PrüfungssteUe für Normalstimmgabeln, 147
Abweichung E (Wurzel aus dem Mittel der Quadrate aller Ab^
weichungen), so findet man
^2 ^ '^\^>^^^^ = 0,042024 , E= ± 0,205 ,
5449 ' -u 7 7
während die durchschnittliche Abweichung (das Mittel aller
Abweichungen ohne Rücksicht auf das Zeichen)
6= ^^^^^- = 0,16416 ist
Tabelle I.
u
8
50
52
33
123
44
58
79
4
188
22
93
90
47
192
67
132
95
6
176
^^
^^
hi^
k-^
*C? N
'O '« 1
*C? M
ö 9
Zahl
Gab<
i 5.
'S g
434,91
92
93
94
95
96
97
98
99
435
435,01
02
03
04
05
06
07
08
09
10
14
98
111
68
202
120
133
120
10
268
9
53
51
49
173
58
81
127
7
142
435,11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
Zahl der
Gabeln
Schwin-
1
1
Zahl der
Gabeln
9
435,81
10
65
32
35
72
83
33
54
34
19
132
35
36
67
1
36
18
60 i
37
18
86
38
41
10
137
27
53
57
47
70
46
52
41
9
54
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
12
49
11
23
12
10
10
6
2
2
0
0
Nach einem Satze von (^ornu^ ist der Quotient 2J?*^/6*
gleich der Zahl n, wenn die Abweichungen einer Reihe von
* Cornu, Annales de l'Observatoire de Paris 13, 1876. Vitesse
de la lomi^re, p. 220. (Vgl. Vi olle, Lehrbuch der Physik. Deutsche
Ausgabe 1. p. 25.)
10*
148
A, Latnpa,
Zahlen von ihrem arithmetischen Mittel dem Gesetz der zu-
fälligen Fehler Genüge leisten. Man findet nun hier
2J&« 457,9852.5449 q 1 1 7ßo
welche Zahl sich von n = 3,14159 um 0,02397 unterscheidet
Die Verteilung der Schwingungszahlen entspricht also dem
Gesetz der zufälligen Fehler.
Die Tabelle I zeigt nun eine ziemlich sprunghafte An-
ordnung der Anzahlen der Gabeln. Diese rührt jedoch davon
her, daß jede Gabel, wenn es angeht, nur einmal beobachtet
wird, nachdem es sich ja bei der Verifikation bloß um die
Feststellung handelt, ob die Gabel innerhalb der zulässigen
Fehlergrenze liegt Die Abrundung auf Hundertstel bringt
dann eine weitere Bevorzugung einzelner Schwingungszahlen
mit sich ,^ die in der Tabelle zum Ausdruck kommt. Ein
wesentlich anderes Bild erhält man aber, wenn man die Inter-
valle größer wählt, etwa 0,1 Schwingung. Bezeichnet man die
Abweichungen nach der Richtung der kleineren Schwingungs-
zahlen als negativ, jene nach der Richtung der größeren als
positiv, und bildet die Intervalle 0—10, 11—20, 21—30,
31 — 40, 41 — 50 Hundertstel von dem Mittel der Schwingungs-
zahlen 434,98 aus, auf welches 120 Gabeln entfallen, so erhält
man folgendes Bild der Verteilung:
Tabe
lle n.
Intervall
Zahl der Gabeln
+
Im + und —
Sinne zusammen
0—10
879
1023
1902
11—20
694
914
1608
21—80
540 483
1023
31—40
273
302
575
41-50
137
84
221
0-50
2523
2806
5329
Die Zahl der Abweichungen nach der negativen Seite ist
größer, als die nach der positiven, was vielleicht auf einen
Zufall bei der Herstellung zurückzuführen ist, der sich bei
der betrachteten Zahl von Gabeln noch nicht gleichmäßig
geltend macht Nachdem der Erzeuger stets größere Sätze
von Gabeln auf einmal herstellt und die einzelnen Gabeln jedes
Aus der Statistik der PrufungssteUe für Normalstimmgabeln, 149
Satzes möglichst gleich macht, würde eine gleichmäSige Ver-
teilung der Ahweichungen erst bei einer viel größeren Zahl
von Qabeln zu erwarten sein, wo die Zahl der vor der Ab-
stimmung höheren imd vor der Abstimmung tieferen Gabeln
ungefähr gleich sein würde. Immerhin zeigen die beiden Ab^
weichungsreihen gleichen Gang. Für die Aufstellung des Ver-
teilungsgesetzes wird man sich aber zweckmäßig nur auf die
Absolutwerte der Abweichungen, also auf die letzte Kolumne
der Tabelle 11 beschräuken. Diese Zahlenreihe läßt sich nun
annähernd durch die Gleichung
darstellen, wenn man die Anzahl der Abweichungen y dem
Mittel der Intervalle in Hundertsteln, also or s= 5, 15, 25, 35, 45
zuordnet.
Man erhält so die folgende
T
abelle UI.
Intervall
Zahl der Ghibeln
'
beobachtet
berechnet
0~10
1902
1908
11—20
1608
1557
21—30
1
1023
1042
31-40
1
575
573
41-50
221
257
0—50
1
5329
5337
Durch die Verteilung der Schwingungszahlen der Gabeln
wird also das Gesetz der zufälligen Fehler bestätigt.
(EingegaDgen 29. Juli 1903.)
150
22. Da röle des corpnscnles dans la formation dn
faisceau anodique des tabes ä gaz raröfiös.
Par H. Fellat k Paris.
La diff^rence tres grande dans Taspect du faisceau ca-
thodique et du faisceau anodique des tubes de Geissler
pourrait faire croire que, si le premier est du au mouvement
des corpuscules, ou ions n^gatifs^ le second provient du mou-
vement des ions positifs. Tel n'est pourtant pas Tavis de
J. J. Thomson^ qui a ^t^ amen^ k penser que le faisceau
anodique lui-meme est du itu choc des corpuscules sur le gaz;
la lominescence r^sulterait de ces chocs et de la dissociation
en ions qui en serait la cons6quence.^] Les exp^riences qui
fönt Tobjet de ce Memoire me paraissent foumir une preuve
döcisive de la justesse de la maniere de voir de J. J. Thomson.
Si Ton place un tube de Geissler, de forme cylindrique,
perpendiculairement aux lignes de forces d'un champ magn^-
tique assez peu intense pour que les phönomenes de magnöto-
friction ne se fassent pas encore sentir^), il se produit le
phönomene bien connu de la döviation du faisceau anodique.
II m'a semblö que la forme que prend le faisceau d6vi6 per-
mettrait de d6cider facilement si la luminescence du gaz suit
la trajectoire (jue la th6orie assigne a la marche des corpus-
cules ou k Celle des ions positifs, ou encore participe de Tune
et de Tautre.
Ce Memoire sera divisö en deux parties: dans la pre-
miere, je chercherai la forme thöoriiiue de la trajectoire des
ions positifs ou des ions n^gatifs soumis a la fois a un cbamp
ölectrique et a un champ magn^tique; dans la deuxieme, je
comparerai le r6sultat de la thöorie avec ce que donne Texpö-
rience pour la luminescence du faisceau d6vi6.
1) J. J. Thomson, Phil. Mag. b* s^rie. 50. p. 282. 1900.
2) H. Pellat, Journ. de Phys. 4' s^rie. 2. p. 241. 1903.
Formation du faisceau nnodique. 161
I.
Je commencerai par eher eher la forme de la trajectoire
d'un point ^leetris^ plaeö seid dans un espace oü rögne a la
fois un champ älectrique et an champ magnätique, ees ehamps
^tant uniformes et leurs lignes de forees rectangulaires^ le
point pönötrant brusquement dans le ehamp avec une vitesse
parallele au ehamp ^leetrique. Ce ealeid a däjä 6t6 indiqu^
par J. J. Thomson^]; mais je crois nöeessaire de Texposer
ici^ tel que je Tavais fait avant de connaltre le travail du
physieien anglais, pour Tintelligenee de ee qui va suivre.
En assimilant un eourant ä. une file de partieales de
meme eharge 6lectrique « se suivant avec une vitesse commune v,
les lois de l'Eleetromagnätisme conduisent aisöment k voir
qu'une de ees partieules, en se döplagant perpendieulairement
aux lignes de forees d'un ehamp magnätique d'intensit6 H, est
soumise k une foree normale au plan dötermin^ par la direction
de son d^placement et par celle du ehamp^ dirigöe ä la gauehe
d'un observateur regardant dans le sens du champ et tel que
le döplacement aille de ses pieds ä sa tete^ si la Charge est
positive, vers la droite de eet observateur, si la eharge est
negative, Pintensitö de cette foree 6tant donnöe par /*= evH,
Soient 0 X et OY deux axes de eoordonnöes reetangu-
laires, le premier dans la direction et le sens du champ
6lectrique, le second perpendiculaire ä la fois aux lignes de
forees des deux ehamps äleetrique et magn^tique. Dösignons
par X et par y les coordonnöes au temps t d'un point ^lectris^
de masse M et de eharge 6leetrique e animö d'une vitesse
dans le plan XOY. D'apräs ee qui vient d'etre expos6, ce
point est soumis de la part du ehamp magnötique, suppos^ dans
le sens d'avant en arriere, ä une foree dont les eomposantes
suivant 0 X et 0 Y sont respectivement
-eH^^ et eH^;
at at
en y joignant la foree eip due au ehamp 6lectrique d'inteu-
sit6 (pj dirig^e parallelement ä, OX, on obtient pour les
6quations du mouvement les deux relations:
1) J. J. Thomson, Phil. Magaz. 5" s^rie. 48. p. 547. 1899.
152
H. PellaL
(1)
^df
= eq> •
^^^ dt'
^ di^
= '^ dt
ou,
en
posant pour abröger Töcriturc
y.
(2)
e
(3)
(Px
dt' "
= a(p —
""^ dt'
dt' "
TT dx
"^ dt
tf et a ätant positifs si le point est ^lectrisö positivement^
n^gatifs dans le cas contraire. De ces deux relations on
däduit:
Cette öquation a pour integrale gän^rale:
(5) X = AÄSL^aHt + a) + 5,
oü -^, jB et a 8ont trois conötantes d'intögration. Oü tire de
(5) et de la premiere des relations (3):
(^) J| = 2+^air sin (aÄ^ + a)
qui donne par int^gration:
(7) y = -^ ^ — ^ cos {a Ht + a) + C
oü C est une nouvelle constante d'int6gratioii. Les relations
(5) et (7) sont en tennes finis les öquations du mouvement du
})oint ölectrisö.
Si nous posons:
(8) ^ + (o = äHt + a
et si nous d6plagons parallelem ent a eux-memes les axes de
coordonnöes OX et OT de fagon ä donner des valeurs con-
venables aux tennes constants dans les deux relations, celles-ci
deviennent:
(0) a: = // (1 — cos 0)) y = ^ CO — A sin co .
On reconnalt lä les öquations d'une cyclolde d6form6e
engendröe par un point du plan d'un cercle de rayon (pfalP
roulant sur une parallele ;i OY, En nous donnant la vitesse
V du point 61ectris6, quand celle-ci est parallele au champ
Formation du f'avtceau anodique, 153
61ectrique^ nous pouvons exprimer A. En effet, on tire alors
de (9) en tenant compte de (8):
(10) V=^ AaHBiUiOQ O^^'-AaH cos cOq
d'oü:
(11) Ä^a^E^^V^ + ^ ou A^y^'l^:^ .
Pour l'ötude que j'ai en vue, le point älectris6 ötant un
ion positif ou n^gatif se d^pla^ant dans un tube oü la pression
reste supärieure k un dixiöme de millimfetre de mercure^ la
vitesse V est, d'aprös les travaux de M. Langevin^), de l'ordre
de 10~^ qp. Meme avec des champs magn^tiques de 400
unit^s C. 6. S,, qui sont les plus intenses que j'ai employös, le
produit VH est ainsi de Vordre de 0,004 qp, et son carrö V^H^
tout-ä-fait n^gligeable devant (p\ H en rösulte que
et que, dans le cas qui nous occupe, les äquations de la tra-
jectoire se röduisent k:
(^^) ^ = 7^(^ "■ ^^^ ^) y = 7^(^ " ^^^ ^)'
c'est-ä-dire que celle-ci est une cyclolde ordinaire.
Si nous supposons maintenant qu'un tube cylindrique, de
forme allong^e, soit dispos6e de fagon que son milieu seul se
trouve dans un champ magnötique uniforme, que brusquement
ä droite et a gauche de cette portion du tube le champ
magnötique soit nul, enfin qu'im cbamp älectrique uniforme
parallel k Taxe du tube regne partout k Tint^rieur de celui-ci,
nous pouvons dessiner facilement la trajectoire que suivra un
ion supposö seul dans le tube. Suivant que nous considörerons
un ion positif ou un ion n^gatif, la trajectoire sera extrömement
diflF6rente, parce que la masse M de Tion n6gatif est au plus
la 1/2000 partie de la masse d'un ion positif, tout en ayant
la meme Charge ölectrique en valeur absolue; ceci fait que le
rayon du cercle g6n6rateur de la cyclolde [MtpjeH^ sera dans
^ M. Langevin, Ann. de Chim. et de Pbys. 7« serie. 28,
p. 483. 1908.
154
H. PellaL
le cas des ions positifs au moins 2000 fois plus grand que dans
celui des corpusciües.
Cote'i
oorpustuUs
Fig. 1.
oathodi^ue
Cote anodii
Trt^eeUitre thSanqtw. des
ioriMpoMirtfk d'^irdrcffhu
^"2.7 xlO*
Fig. 2.
Cott ojriot
Trtgtetairt. theari^ie des
ions pogitifSt d'Qxjnj^e
'fdique
y-'j.i-xio"
B '373
u
Fig. 3.
Le chainp magn^tique n'existe qu^entre AA et BB^ oü il est uniforme.
La ligne en pointill<^ repr^sente la trajectoire d*an point electris^ qui
p^n^trerait seul dans le cbamp magn^tiqae en rasant la paroi införieure
da tube. La partie couverte de hachures et limit^e par un trait plein
repr^sente la marche de Tensemble des ions de mcme nature, qui
remplissent tout le tube avant d*entrer dans le cbamp magn^tique.
Prenons^ par exemple^ les donnäes d'une de mes ex-
pöriences sur un tube k hydrog&ne: champ 61ectrique (f =
2,7 X 10® unit6s ^lectromagnätiques C.G.S., champ magnötique
j5? = 394 unit^s C. G. S. Le quotient a^e\M pour un cor-
puscule ötant, d' apres les exp^riences de J. J. Thomson, 6gal
Formation du faisceau aiiodujfue, 155
a 9,64 X 10*, on obtient pour le rayon du cercle gönörateur
de la cyclolde M(pjeH^ = 0,0018 cm, c'est-ä-dire 2 centiemes
de millimetre environ. La trajectoire se confond donc sen-
siblement avec la droite sur laquelle roiüe le cercle^ qui est
une perpendicolaire k l'axe du tube.
Au oontraire, supposons un ion positif d'hydrogene. Meme
s'il n'entralne avec lui que sa propre masse, celle-ci 6taiit
2000 fois Celle du corpuscule, le rayon du cercle gänärateur
de la cyclolde est 2000 fois le pröcädent, c'est-ärdire 3^61 cm.
Comme l'ion pänötre dans le champ magnötique avec une
yitesse dans la direction de Taxe de tube^ c'est une toute petite
partie de la boucle d'une cyclolde que l'ion döcrira dans la
portion du tube soumis au champ magnätique: c'est par une
courbe allongöe qu'il gagnera la paroi du tube, sur laquelle il
glissera ensuite dans le sens du champ ölectrique. A fortiori
en sera-t-il ainsi, si nous considörons Tion positif d'oxygene,
16 fois plus massif que celni d'hydrogäne> auquel correspond
un rayon 16 fois plus grand (58 cm) du cercle gönörateur de
la cyclolde, ou si nous admettons, avec M. Butherford et
M. Langevin, que Tion peut avoir sa masse augment6e par
Tentralnement d'un certain nombre de molöcules non dissociäes.
Les figures 1, 2 et 3 repräsentent, par un trait en pointill^,
la trajectoire d'un ion, seul dans le tube, qui raserait la partie
infßrieure de celui-ci avant de p6n6trer dans le champ
magn^tique.
C'est sur cette diflPörence du tout au tout dans la forme
de la trajectoire qu'est fond6e la m^thode que j'ai employöe pour
döcider si ce sont les ions positifs ou n6gatifs qui produisent
la luminescence du faisceau anodique.
Mais dans un tube de Geissler, il n'y a pas qu'un seul
ion qui se d^place, et nous devons nous occuper de la modi-
fication qu'apportera dans l'ensemble des trajectoires les actions
mutuelles des ions. Ces actions produisent, en l'absence du
champ magnötique, un 6parpillement: les ions tendenta remplir
toute la section du tube et la remplissent efifectivement, si ce
n'est tout pres de l'anode. Ces actions mutuelles dans la partie
soumise au champ magn^tique auront pour effet d'empecher
que le faisceau anodique ne se r^duise a une ligne d^nu^e
d'^paisseur le long de la paroi du tube: au lieu d'atteindre
156 H. Pellat.
tous le verre, les ions se troayeront canalis^s k l'int^riear d'un
cylindre parallele au tube et le touchant En tenant compte
de l'efifet tr6s Evident de raction mutuelle des ions^ on voit que
la partie occup6e par Tensemble de ceux qui sont de m§me
nature dans le champ magnätique uniforme, limit6 brusquement
k droite et k gauche par les plans AA et BB (fig. 1, 2 et 8)^
prösentera les aspects indiquös par la partie ombröe sur les
trois figures, suivant qu'on a afifaire soit ä des corpuscules^
soit k des ions positifs d'hydrogfene ou d'oxygöne.^)
n.
J'ai r^alis^ un champ magnötique sensiblement uniforme
sur un tron^on ^^ de mes longs tubes de Geissler, avec
champ sensiblement nul en dehors du trongon A B, en plagant
le tube perpendiculairement k Taxe d'une longue bobine de
7 centimötres de diamfetre coup^e en son milieu pour laisser
passer le tube (de 1^7 cm de diamätre). L'^paisseur des deux
couches de fil qui la recouvraient ötait 4 mm. Le nombre
de tours de file par centimätre 6tait 10,8 pour Tensemble des
deux couches; l'intensitö du champ magn^tique 6tait calculöe par
la relation H =i 4nA0,8 ,i, d'aprös la mesure de l'intensitä
2 du courant.
De cette fagon, si Ton ne r^alisait pas rigoureusement une
entröe brusque d'une portion du tube dans un champ uniforme,
on la r^alisait k peu prfes: dans Tespace de moins d'un centi-
metre le faisceau anodique passait d'un champ magn^tiqoe
sensiblement nul ä un champ sensiblement uniforme ayant des
valeurs pouvant atteindre 400 unit^s.^
L'effet d'une transition qui n'est pas brusque, entre la
partie soumise au champ magnötique et celle qui y est
soustraite, est ^videmment d'allonger un peu la trajectoire des
1) Remarqnons que, pour les pressions des tubes mis en exp^rience,
le libre parcours moyen des corpuscules entre deux chocs successifs est
d'environ 4 mm. Comme chaque boucle de cycloide occupe une longueur
0,018 X 2 TT = 0,11 mm, il y a en moyenne une quarantaine de boucles
decrites entre deux chocs successifs des corpuscules dans une direction
perpendiculaire k Taxe du tube.
2) Pour de pareils champs, il fallait employer des courants de
80 amp^res; mais, comme Texp^rience ne durait que quelques secondes,
les fils ne chauffaient pas trop fort.
Formation du faüceau anodique.
157
ionB suivant l'axe dn tube. Nous devrons en tenir compte dftna
la comparaieon des r^Boltats de la thäorie avec l'expärience.
Tut* i kjrdrsftiH
L'aor^ole en forme de demi-ccrcU provient de la r6flei
HLU' leB paroia interneB de la bobio
II ätait dif&cile d'övaluer exactement l'iDtensitä maximum
du cbamp ^lectrique, celuiqui exiete aamomentde rillumination,
158 //. Pellat
d'autant plus que, dans les r^gions a stratificatious nettes, ce
champ n'est probablement pas uniforme. Mais^ d'une part^ les
stratifications ^taient peu nettes vers le milieu des tubes,
d'autre part, une erreur meme du simple au double n'aurait
que peu d'influence pour le but de mes exp^riences. Aussi
me suis-je bom6 k mesurer^ au moyen d'un microm^tre ä
6tincelleS; la longueur de l'^tincelle äquivalente dans Tair k la
d^charge dans le tube. De cette distance explosive, je d6-
duisais 1^ diff^rence de potentiel des ^lectrodes au moment de
la d^charge; comme le tube avait une forme cylindrique tr&s
allongöe, on pouvait admettre, sans grande erreur, que la chute
de potentiel y 6tait linöaire, et qu'on obtenait l'intensitö du
champ en divisant la difförence de potentiel des ^lectrodes
par leur distance (86 cm).^)
C'est d' apres ces donn^es qu'ont ^t^ construites les courbes
(fig. 1, 2 et 3) pour la trajectoire des ions n^gatifs ou positifs.
En comparant ä ces courbes th^oriques les photographies
(fig. 4 et 5) du faisceau anodique plac6 dans les conditions de
champs indiqu^es, aucun doute ne peut subsister: la forme du
faisceau est exactement celle que la thöorie assigne k la marche
des corpuscules (fig. 1)^, et n'a aucun rapport avec celle que
la thöorie indique pour la marche des ions positifs (fig. 2 et 3).
On remarquera, en particulier, (jue la courbe d'entröe dans le
champ magn^tique se trouve sur les photographies du cöt^ de
la cathode et non du cot6 de Tanode, comme cela devrait
avoir lieu si la luminesceuce suivait la trajectoire des ions
positifs.
L'axe de Tappareil photographique colncidait avec Taxe
') Pour le degr^ de rar^faction des tubes employ^s la chute de
potentiel k la cathode ^tait de 200 k 800 volts. Cette quantit^ est n^gli-
geable, au degr^ de pr^cision d^ir^, devant les 2300 volts, ou plus,
observ^s entre les 61ectrodes.
') La partie n^buleuse que la Photographie du tube k hydrogöne
presente a Tentr^e du champ magn^tique du cöt^ d'oü viennent les cor-
puscules me parait tenir k un commencement de magnetofriction. Cette
n6bulosit^ n'existe pas sur les photographies du mcme tube faites pour
des champs magn6tiques plus faibles. On n*en voit pas trace non plus
sur la Photographie du tube k oxyg^ne. Ce gaz, comme je Tai montrc*,
ue subit reffet de la magnetofriction que pour des champs magn^tiques
bcaucoup plus intenses que Thydrog^ne.
Formation du faisceau anodique, 159
de la bobine produisant le champ; aussi les parois de cellc-ci
ont-elles empechö de se dessiner sur la plaque ce qui se passait
en dehors de la bobine. Du cöt^ de la cathode, le tube avait
le meme aspect jusqu'ä Tentr^e k rint^rieur de la bobine que
si celle-ci n'existait pas. Ceci montre bien qn'en dehors de
la bobine le champ ^tait pratiquement nul. Mais le faisceau,
resserr^ contre la paroi du tube k Tint^rieur de la bobine, k
Text^rieur du cöt6 anodique s'^largissait; par une courbe
limitant un de ses bords il gagnait la paroi oppos^e, et das
lors remplissait toute la section du tube. Ge ph^nom^ne ^tait
facile k pr^voir, et il est indiqu^ sur les figures th^oriques
1, 2 et 3.
En r^sum^, rUlumination du gaz d^signäe sous le nom
de faisceau anodique suit la trajectoire des corpuscules et non
la trajectoire des ions positifs. II est donc Intime de con-
clure de la que ce sont les corpuscules qui par leur choc
contre les mol^cules du gaz donnent lieu k la luminescence
du faisceau anodique, comme k celle du faisceau cathodique.
L'aspect dissemblable des deux faisceaux pourrait s'expliquer
par une diff^rence dans Tintensit^ des chocs due ä une
diflförence de vitesse.
(EiDgegangen 31. Juli 1903.)
160
23. Ober eine Bdntgenröhre mit yeränderlichem
Härtegrad nnd Aber einen neuen Härtemesser.
Von A. Wehnelt in Erlangen.
Den Härtegrad einer Röntgenröhre beurteilt man im
allgemeinen nach dem Entladungspotential derselben, aas-
gedrückt durch die Schlagweite einer der Röhre parallel ge-
schalteten Funkenstrecke. Mit zunehmender Härte, also mit
zunehmendem Entladungspotential, wächst die Geschwindigkeit
der Eathodenstrahlen und damit die Durchdringungskraft der
Röntgenstrahlen.
Die Herstellung verschiedener Härtegrade wird bei der
Fabrikation der Röhren durch passende Wahl des Vakuums
erreicht. Während des Betriebes zeigen jedoch die Röntgen-
röhren durch Absorption des Gases eine starke Selbstevakuie-
rung und werden dadurch härter.
Um die Röhren wieder auf ihren ursprünglichen Härte-
grad zu bringen, sind eine Reihe von Vorrichtungen ersonnen
worden, die mehr oder minder ihren Zweck erfüllen.
Sie beruhen teils auf Änderung des Druckes ^) im Rohr,
teils auf einer elektrostatischen Beeinflussung ^ des Kathoden-
strahlenbündels von außen und teils auf an passender Stelle
eingeschalteten Funkenstrecken. ^
In einer Arbeit über den dunklen Kathodenraum*) habe
ich die sehr eigenartige Erscheinung eingehend verfolgt, daß
in einem zylindrischen Entladungsrohr mit scheibenförmiger
1) B. Walter, Elektrotechn. Zeitschr. 18. p. 10. 1897; Ed. Guil-
laume, La Nature 26. 2. Sem. p. 161—162. 1898; Siemens & Halske,
Mechaniker 5. p. 37. 1897.
2) Wm. W. Graves, The Americ. X-ray Journ. 4. p. 241. 1898;
A. Berliner, Elektrotechn. Zeitschr. 18. p. 81—82. 1897.
3) Wm. W. Graves. 1. c; F. Dessauer, Med. Centralzeit. 71.
p. 527—528. 1902.
4) A. Wehnelt, Wied. Ann. 65. p. 511—542. 1898.
Übel' Röntgenröhren und Härtemesser. 161
Kathode mit abnehmendem Drucke das an der Kathode auf-
tretende Strahlenbündel immer mehr nach der Mitte zu-
sammengedrängt wird. Der immer geringer werdende Quer-
schnitt des Bündels bedingt ein ständiges Wachsen des Ka-
thodenfalles. Bei völliger Zusammendrängung des Bündels
werden die Entladungen disruptiv und die Kathodenstrahlen
sind stark Entwickelt.
In einer späteren Arbeit ^) habe ich gezeigt^ daS das Zu-
sammendrängen des Kathodenstrahlenbündels durch starke
Potentialdifferenzen verursacht wird, die zwischen den Bohr-
wandungen und der Mitte des Bohres vorhanden sind. Der
Sinn de3 Gefälles ist der, daß die auf die Kathode zueilenden
Fig. 1.
positiven Teilchen (Kanalstrahlen) nach der Mitte zusammen-
gedrängt werden müssen. Da negative Teilchen überwiegend
nur dort ausgesandt werden, wo positive Teilchen auf die Ka-
thode auftreffen, so nimmt gleichzeitig mit dem Kanalstrahlen-
bündel auch das Kathodenstrahlenbündel an Querschnitt ab.
Da die Potentialdifferenz von der Bohrwand zur Mitte
fast nur vom Drucke abhängt, so folgt daraus, daß bei engen
Bohren viel früher eine Abschnürung des Kathodenbündels
eintreten muß, als bei weiten Bohren. Demgemäß steigt auch
mit abnehmendem Druck das Entladungspotential* in engen
Bohren weit schneller, als in weiten Bohren.
Diese Ergebnisse veranlaßten mich zu untersuchen, ob
durch Änderungen des Bohrdurchmessers um die Kathode bei
1) A. Wehnelt, Ann. d. Phys. 10. p. 542—580. 1903 und Physik.
Zeitachr. 2. p. 518—527. 1901.
Boltzmmnn-Festschrlft ^ 1
162
Ä. Wehnelt
konstantem Druck eine starke Variation des Entladungs-
potentiales, d. h. eine starke Geschwindigkeitsänderung der
Eathodenstrahlen und damit zusammenhängend eine Variation
der Durchdringungskraft der Röntgenstrahlen zu erzielen sei
Zu diesem Zwecke benutzte ich ein kugelförmiges Ekii-
landungsrohr (Fig. 1) von 12 cm Durchmesser. Dasselbe ent-
hielt eine Anode A und eine Kathode K von 2 cm Durch-
messer, deren Zuleitungsdraht durch ein Glasrohr isoliert war.
Über dieses ßohr war leicht verschiebbar ein zwtites etwas
weiteres Rohr R angebracht mit einem erweiterten Ansatz-
rohr B, dessen innerer Durchmesser 2,2 cm war. Durch
Neigen des Entladungsrohres konnte man bewirken , daß das
Ansatzrohr B mehr oder weniger über die Kathode geschoben
werden konnte.
Es wurden bei verschiedenen Drucken mit Hilfe der
Sonde 8 die Kathodenpotentiale gemessen, wenn das Rohr B
mehr oder weniger über die Kathode geschoben war. Als
Stromquelle diente eine 20 plattige Influenzmaschine; die Po-
tentiale wurden mit Braunschen Elektrometern, die Drucke
mit dem Mc Leod-Manometer gemessen.
Folgende Tabelle enthält die Resultate:
Tabelle I.
Druck
in
mm Hg
0,096
0,064
0,04
0,025
0,019
Kathodenfall in Volt, wenn die Länge des über die
Kathode geschobenen Ansatzrohres B war
— 1 cm*) 0 cm *) I + 1 cm
4- 2 cm I + 3 cm + 4 cm
+ 5 cm
750
920
1210
800
1100
1900
1100
1300
2700
1300
1900
3400
1500
2000
4100
1300
2200
3500
4800
6400
1290
2800
4000
5600
7500
1300
2400
4000
6000
7700
1210
2300
4100
6200
8000
Zur Yeranschaulichung der in der Tabelle enthaltenen
Werte diene die Kurve Fig. 2. Als Abszissen sind die Längen^
1) Der negative Wert — 1 cm bedeutet, daß das Ende des Rohres B
sich noch 1 cm hinter der Kathode befand, dieselbe also vom und hinten
völlig frei war. Der Wert Null soll bedeuten, daß das Ende des Rohres B
gerade in der Kathodenebene liegt, letztere also hinten gegen Entladungen
geschützt ist.
Ülter Röntgenröhren und ffärtemener.
16;
um welche das Rohr B Über die Kathode hinausragt, als
Ordinatea der jeweils dazu gehörige EathodeDfall aofgetragen.
Die Knrren zeigen folgendes:
1. Bei freier Kathode steigt mit abnehmendem Druck der
Eathodenfall nur sehr langsam an. Während eich z. B. der
Druck TOD 0,096 mm bis 0,019 mm ändert, also circa auf '/^
sinkt, steigt der Kathodenfall nur von 750 Volt auf 1500 Volt,
also um das Doppelte.
2. Je tiefer sich die Kathode im Rohr B befindet, um so
st&rker wächst der Kathodenfall mit abnehmendem Druck.
Befindet sich z. B. die Ka-
thode 5 cm tief im Rohr B,
so steigt der Katbodenfall '
TOn 1210 Volt bis SOOOVoIt, .
also um das 6,6 fache, wäh-
rend der Dnick auf '/^ sinkt '
8. Betrachtet man den j
Verlauf der Kurren, so
sieht man, daß der Ea-
thodenfall bereits steigt,
wenn das Rohr B sich der
Rückseite der Kathode •
n&hert Es bat dies seineu
Qrund darin, daß die Ruck-
eeite der Kathode nun nicht
mehr an der Entladung teil-
aehmen kann, letztere sich
also auf der Vorderseite der Kathode, also auf einen kleineren
Querschnitt zusammendrängen muß.
Die Kurven steigen am steilsten an, wenn das Rohr B
nur wenig über die Kathode hervorragt, und nähern sich
asymptotisch einem Maximum, welches sie erreicht haben, wenn
der ganze dunkle Kathodenraum sich im Rohr B befindet.
Diejenigen Stellungen des Rohres B, bei der dies gerade der
Fall ist, sind in den Kurven durch kurze gestrichelte, vertikale
Linien angedeutet. Ein noch weiteres Verrücken des Rohres B
Aber die Kathode hat dann keinen Einfluß mehr.
Dieses Resultat steht in vollem Einklang mit früheren
Untersuchungen von mir über die Gtestalt der NiveauHäcben
ni I I I I
Kg.
164 A. Wehnelt.
an ebenen Kathoden. '] Ich fand, daß die Niveauflächen keinea-
wegB znr Kathode parallele Ebenen, sondern eigentOmlich aus-
gebaucbte Flächen bildeten, d. h. daß PotentialdiS^erenzea in
jedem Querschnitt eines Bohres zwischen Rohrwandnng und
der Achse des Rohres bestehen. Die stärksten Potenüal-
differenzen finden sich in unmittelbarer Nfihe der Kathode, es
muß also au diesen Stellen die Rohrwand das stärkst« Zn-
sammendrängen der StrahlenbUndel an der Kathode bewirken.
G^en Ehide des dunklen KatbodenraumeB, also nahe dem
Glimmlicht, sind die Niveauäächen nahezu zur Kathode parallele
Flächen, d. h. es sind hier nur noch geringe Fotentdaldifferenzen
zwischen Bohrwand und Rohrachse vorhanden, daher ist hier
Fig.8.
der Einfluß der älaswandungeu auf den Eathodenfall nur noch
gering.
Befindet sich schließlich der ganze dunkle Kathodenraum
im Rohre S, so hat eine weitere Verschiebung desselben keinerlei
Einfluß mehr auf den Eathodenfall.
Auf Grund dieser Versuche hat Hr. W. Berger, In-
genieur der Firma Reiniger, Gebbert & Schall, Erlangen,
dem ich an dieser Stelle meinen besten Dank für seine Be-
mühungen ausspreche, ein Röntgenrohr konstruiert, bei welchem
sich über die Kathode, genau wie bei dem Versuchrohr
(Fig. 1, p. 161), ein Bohr ß durch Neigen des Rohres und'
sanftes Klopfen an den Kathodenhals vor- und rückwärts ver-
schieben läßt (Fig. 3).
I) A. WehDclt, Ann. d. Phys. 10. p. M2— 580. 1801 uud Physik.
ZeitBchr. 2. p, .M8— r)27. 1901.
über Röntgenröhren und Härtemesser,
165
Diese Begulierung ermöglicht es^ mit demselben Rohre
sehr weiche und sehr harte Röntgenstrahlen zu erzeugen.
Ist das Rohr B zurückgezogen, d. h. die Kathode frei, so zeigt
die Röntgenröhre blaues Licht und ist nun ganz besonders
geeignet zur kontrastreichen Aufiiahme dünner Objekte (Hände,
Arme). In dem Maße, wie das Rohr B über die Kathode
herübergeschoben wird, werden die Strahlen durchdringender,
so daß mit demselben Rohre auch Beckendurchleuchtungen
ausgef&hrt werden können.
Zur Veranschaulichung der Regulierfähigkeit der neuen
Röhren habe ich einige Härtemessungen nach den oben an-
gegebenen Prinzipien angestellt
Als Stromquelle diente ein Induktorium für 30 cm Funken-
länge, als Unterbrecher ein Turbinenunterbrecher der Allge-
meinen Elektrizitätsgesellschaft Berlin. Die Unterbrechungs-
zahl betrug immer 50 pro Sekunde.
Bei der gleichen primären Stromstärke im Induktorium
wurden die Funkenlängen gemessen, wenn sich die Kathode
frei im Rohre befand und wenn sie vom Rohre B bedeckt
war. Die ersten vier Versuchsreihen nachstehender Tabelle
beziehen sich auf dasselbe Rohr bei verschieden starken Primär-
strömen. Die letzten drei Messungen beziehen sich auf drei
weitere Röhren. Neben den Funkenlängen sind in der Tabelle
die denselben entsprechenden Potentialdifferenzen ^) angegeben.
Tabelle IL
Primäre Strom-
Funkenlänge
in cm.
Fnnkenpotentiale in Volt,
a
t&rke im
dnktorium
wenn
die Kathode
wenn die Kathode
In
frei
bedeckt
frei
bedeckt
1.
1 Amp.
r 2,6
1
1
8,2
19 000
22 500
2.
2,2
»»
7,2
1
8,7
88 000
42 000
3.
3,2
»
10,0
1
15
45 400
57 500
4.
4,7
n
11,8
18,2
49 000
66 000
5.
1,5
1»
8,4
8,6
24 000
41500
6.
2,0
>?
4,3
11,5
29 000
48 000
7.
3,0
»»
8,0
24,0
22 000
?
1) Die den Fankenstrecken entsprechenden Potentialdifferenzen
habe ich den Tabellen des Hm. A. 0 verbeck, Wied. Ann. 64. p. 208.
1898 entnommen.
166 A, IFehnelt
Aus dieser Tabelle folgte daß die Funkenlängen und da-
mit die Durchdringungskrafb der Röntgenstrahlen bei vor-
geschobenem Bohr B wesentlich größer sind^ als bei freier
Kathode und zwar ändert sich die Funkenlänge beim ersten
Rohr je nach der Belastung um das 1,2- bis 1,6 fache, bei den
andern Bohren sogar um das 2,5- bis Sfache.
Zur Beurteilung der Härte von Böntgenröhren benutzt
man neuerdings das Badiochromometer von L. Benoist^) Das
Prinzip dieses Apparates ist folgendes:
Nach Benoist ändert sich die Durchlässigkeit von Silber
nur sehr wenig, diejenige von Aluminium hingegen sehr stark
mit der Härte der Böntgenstrahlen. Er vergleicht daher die
Helligkeit eines Leuchtschirmes hinter einem 0,11 mm dicken
Silberblech mit derjenigen hinter verschieden dicken Aluminium-
blechen (12 Stück von 1 mm bis 12 mm Dicke von 1 zu 1 mm
steigend). Weiche Böntgenstrahlen werden schon in dünnen
Aluminiumschichten ebenso stark wie in Silber absorbiert,
harte Strahlen erst in sehr viel dickeren Aluminiumschichten.
Diejenige Dicke des Aluminiumbleches, hinter welchem
der Leuchtschirm ebenso stark leuchtet, wie hinter der 0,11 mm
dicken Silberplatte, gibt ein Maß für die Beurteilung der
Härte einer Röntgenröhre.
Der Apparat ist so angeordnet, daß die 12 verschieden
dicken Aluminiumplatten als Ringsektoren um eine kreisförmige,
0,11 mm dicke Silberplatte herumliegen.
Hr. B. Walter^ hat den Apparat dadurch verbessert,
daß er die Dicken der Aluminiumbleche in arithmetischer Beihe
zweiter Ordnung ansteigen läßt, dadurch werden die Kontraste
auch zwischen den dickeren Schichten noch hinlänglich groß.
Er behält jedoch die kreisförmige Anordnung von Benoist
bei, welche ungünstig ist, da die simultanen Kontraste eine
genaue Beurteilung der Stellen gleicher Helligkeit sehr er-
schweren.
Diesen Ubelstand habe ich vermieden durch folgende Ab-
änderung des Apparates.
1) L. Benoist, Compt rend. 134. p. 225—227. 1902.
2) B. Walter, Fortschr. a. d. elektr. Grebiet der Böntgenstrahlen 6.
p. 68. 1902.
über Röntgenröhren und Härtemesser.
167
Statt einer sprongweisen Änderung der Dicke des Alu-
miniumbleches benutze ich einen Aluminiumkeil von 20 cm
Länge {K, Fig. 4, zeigt den Querschnitt^ JT^ zeigt den Keil von
der Seite gesehen)^ dessen Dicke nach einer arithmetischen Reihe
zweiter Ordnung von 0^1 cm bis 1,6 cm
an seinem dicken Ende ansteigt Neben
diesem Eeil liegt eine Silberplatte von
0,01 cm Dicke und 1 cm Breite. Dieses
System JS* aus zwei Metallen läßt sich
an einem 0,5 cm breiten und 2 cm hohen
Spalt S in einer dicken Messingplatte
vorbeiziehen, die sich am Ende eines weiten
Rohres R befindet, welches dazu dient,
fremdes Licht von den Augen fem zu
halten. Zwischen ^ und dem Spalt liegt
ein Leuchtschirm ß. Durch Verschieben
von JS kann man leicht die Stelle finden,
bei der die obere vom Aluminiumkeil be-
deckte Spalthälfte die gleiche Helligkeit mit der unteren vom
Silber bedeckten Spalthälfbe zeigt. Die Einstellung läßt sich
sehr genau ausfuhren, da nur auf gleiche Helligkeit zweier
Flächen eingestellt wird, bei völliger Abwesenheit hellerer
und dunklerer Stellen. Die mittlere Dicke des Keiles zwischen
den Spalträndern gibt ein Maß flir die Härte von Röntgen-
röhren.
Der Apparat, der von der Firma Reiniger, Gebbert &
Schall in Erlangen angefertigt wird, hat sich bisher durch-
aus bewährt.
Erlangen, Phys. Inst d. Univ., Juli 1903.
Fig. 4.
(Eingegangen 81. Juli 1908.)
168
24. Elektrische Strömung in einem ionisierten Luft-
räume, der Yon zwei konzentrischen Zylinderflächen
begrenzt ist
Von Eduard Bieoke in Göttingeu.
1. Der 8&ttigung88trom.
Der Halbmesser des inneren Zylinders sei b, der des
äußeren a; das elektrische Potential des inneren B, das des
äußeren Null. Bezeichnet r den Abstand irgend eines Punktes
im Inneren des zylindrischen Hohlraumes von der gemeinsamen
Achse der Zylinder, so ist der Wert des Potentiales in diesem
Punkte:
log-
r^B — ^.
logf
Für den Fall des Sättigungsstromes ergeben sich, wenn
wir die auch sonst gebrauchten Bezeichnungen benützen, die
folgenden Gleichungen:
^ ev{U + V)^ ü + V 4716 '
Bv{ü-\' F) ' U -¥ V 4716
+ V
UV
div(edivg) = 4;re-^^^7
+ -
Die lonendichten N und N, sowie die Feldstärke (S sind
lediglich abhängig von der Entfernung r = j/ar^ + ?/*, von der
Zylinderachse. Somit ergibt sich:
div e = - + -^, div (Sdiv®) = - -^ + 1 ,^. .
r dr ' ^ * 2r dr ^ dr*
Zur Bestimmung von (S^ erhält man daher:
d*(£« 3 de* Q U -h V
dr* r dr v U V ^
Elektrische Strömung in ionisiertem Lufträume, 169
daraus folgt:
@9 . <5i . Ü •¥ V «
' = ^0 + ^ +^«Vü^^'" •
Zur Berechnung der Integrationskonstanten c^ und c^ er-
geben sich die folgenden Bedingungen. An der Oberfläche des
inneren Zylinders wirkt nur die auf diesem selber befindliche
Ladung« Die Menge von Elektrizität^ welche auf einem Zylinder-
abschnitt von der Länge 1 verteilt ist, werde mit e bezeichnet.
Dann ist die elektrische Feldstärke an der Oberfläche des
inneren Zylinders gegeben durch:
Wir haben also:
^ = ^0 + ^+^«— tTF?*-
Die zweite Grenzbedingung ist:
Daraus folgt:
451 6 cj, o V ■{■ V ..
«0 = 77 ^"' vUV ^
Substituiert man diesen Wert in der vorhergehenden Glei-
chung, so ergibt sich:
und:
tt^ fca 4e* 4nbCi(. 6'\ , U+r »/, 6«\»
(1) (g« = -^-^-_-^(l---,J + „a-j^yr*(l--.) ,
Endlich zur Bestimmung der lonisierungsstärke q:
(3) bc, = isq{a'-b\
2. Nicht ganz ges&ttigteT Strom.
Bei einem nicht ganz gesättigten Strome tritt an die Stelle
der letzten Gleichung die folgende:
170 E. Rieche.
a
+ -
b
WO a den Koeffizienten der Wiedervereinigung, q^ den ver-
besserten Wert der lonisiernngsstärke bezeichnet
+
Setzt man hier für N und N die aus dem vorhergehenden
folgenden Werte, so ergibt sich:
b
Benützt man für 6^ den ersten Näherungswert
SO erhält man die Gleichung:
Die Berücksichtigung der höheren Glieder in dem Aus-
+ -
drucke für & ist überflüssig, solange man für N(& und N(£
die in den Gleichungen (2) gegebenen Werte nimmt.
Setzt man an Stelle von b c^ den Ausdruck ^ 6 y («^ — b%
so wird:
W ? = 'A - T6-.T^Ve. («* - *'^*-
um zu einer vollständigeren Entwickelung der Gleichungen
(4) und (4') zu gelangen, wollen wir zunächst in den Grund-
gleichungen des Problems in den Gliedern, welche den Ko-
effizienten a und die Koeffizienten der Diffusion enthalten, an
+ -
Stelle von N und N die durch die Gleichungen (2) bestimmten
Werte einführen. Wir erhalten dann das folgende System von
Gleichungen:
divSj =AnB[N^ -^ N^\
ev{UN^ + rÄj)®! = C + «^(Ä JV^- kN),
- r Fdiv (Ä; gj) = 7i - « A' iv + Ä J iV .
Elektrische Strömung in ionisiertem Lufträume, 171
Mit Rücksicht auf die schon im vorhergehendeD ange-
gebenen Grenzbedingungen ergeben sich die Integrale:
(5)
iV g =-?' ri--\\- - - [NNrdr-— —
r
a
\tq^ (o* - *«) = *Cj + at( NNrdr,
(6)
@J==@H2;re4^«
(o» - 6«)
rNNdr-ilrNNdr
Ijr^N
+ -f^lr»NNdr
+
Sn 6 k
U
r^J dr
N)
dr .
Setzen wir zur Abkürzung:
6«\«
+ -
r«(l
+ -
r^ N Ndr
h
b
"''i""7 {^rz^j NNrdr -J NNrdr],
a a
^« "" ^{aiZtW^^rrfr - NNrdr] .
172 E. Rieche.
80 können wir einfacher schreiben:
+
* V O V V U r*
Man kann nun eine noch weitere Annäherung erreichen,
+
wenn man in den allgemeinen Gleichungen an Stelle von N
und N in allen mit a, K oder K multiplizierten Gliedern die
+
Werte iV^ und N^ einführt. Es möge dies bei der Gleichung
h "
(7) i«?a(«' - *") = *C, + utjN^ N^rdr
h
weiter ausgeführt werden.
Zunächst wird:
näherungs weise:
Da ÄCj = ^cy(a' — Ä*), so ergibt sich:
« +
b b
Berechnet man die Integrale mit Hilfe der Werte, die
früher für die unter den Integralzeichen enthaltenen Größen
angegeben wurden, so erhält man die Näherungsformel:
Elektrische Strömung in ionisiertem Lufträume. 173
Benützt man sie zu der Berechnung von a^ so ergibt sich:
(8) a = ^y ^^f . ^"^^ (l - 0,2^--^).
Bezeichnet man die Dichte des Sättigungsstromes an der
Oberfläche des inneren Zylinders mit (S^, die Dichte des
wirklich beobachteten Stromes mit c^, so kann man die ge-
fundene Gleichung auch a]if die Form bringen:
(Eingegangeu 2. August 1908.)
174
25. Theorie eines bewegten lenehtenden Punktes.
Von W. Wien in Wünborg.
Nachdem Boltzmann^) den von Maxwell aus der elektro-
magnetischen Lichttheorie gefolgerten Strahlungsdruck mit dem
zweiten Hauptsatz der mechanischen Wärmetheorie in Ver-
bindung gebracht hat^ ist dieser Druck zu einem wichtigen
Fundament fiir die Theorie der Strahlung geworden. Aus ihm
berechnet sich ohne weiteres die Arbeitsleistung, die zur Be-
wegung eines strahlenden Flächenelementes notwendig ist Diese
ist unendlich groß^ wenn das Flächenstück mit Lichtgeschwindig-
keit bewegt wird.
Anders gestaltet sich die Frage, wenn es sich nicht um
die Bewegung eines strahlenden Flächenstückes, sondern eines
einzelnen Zentrums handelt, das elektromagnetische Strahlung
aussendet.
Der einfachste Fall eines solchen strahlenden Zentrums,
das man sich entweder als einen beständig die Ladung wechseln-
den elektrischen Doppelpunkt^ oder als einen sehr kleinen,
Schwingungen ausführenden elektrisierten Punkt vorstellen kann,
ist von H. Hertz*) theoretisch behandelt. Es fragt sich nun,
wie die Strahlung eines solchen Zentrums durch die Bewegung
geändert wird.
Wir können zur Lösung dieser Aufgabe von den Lorentz-
schen Gleichungen^ ausgehen, obwohl sich diese auch um-
gehen lassen, worauf hier indessen nicht näher eingegangen
werden soll.
Die Lorentz sehen Gleichungen lauten, wenn wir mit 6
und § den elektrischen und magnetischen Vektor, mit c die
Lichtgeschwindigkeit bezeichnen, flir einen mit der Geschwindig-
keit V in der Richtung x sich fortbewegenden Körper
1) L. Boltzmann, Wied. Ann. 22. p. 291. 1S84.
2) H. Hertz, Wied. Ann. 36. p. 1. 1889.
3) H. A. Lorentz, Versuch einer Theorie der elektrischen und
optischen Erscheinungen in bewegten Körpern. Leiden 1895.
Theorie eines he^oegten leuchtenden Punktes. 175
-äT — ^ ä— = <^ rot © ,
J dt dx ^'
iTT — »ä^ = — crotS.
^ a t dx
Ist die Geschwindigkeit v konstant^ so ergibt die Trennung
von @ und § in der bekannten Weise die Gleichung
Eine Integration dieser Gleichung ergibt die Verallgemeinerung
eines f&r ruhende Körper geltenden Zustandes, fQr den v = 0
ist, auf den Fall, daß dieser Zustand bei gleichförmiger Be-
wegung stattfindet.
Ein allgemeines Integral der Gleichung (2) lautet:
^(^^^-c-i^-^)
X*
wo
ist. F ist eine beliebige Funktion eines Argumentes. Bei
V = 0 geht das Integral in die gewöhnliche Strahlungsfunktion
F(et-r)
r
über. Durch die Integration der Gleichung (2) ist die Lösung
des Problems noch nicht beendet. Vielmehr müssen die sechs
Diflferentialgleichungen (1) erfüllt werden. Bei symmetrischer
Anordnung des Feldes um eine Acljse hat es keine Schwierig-
keit, die Ausdrücke aufzustellen, die den Gleichungen (1) ge-
nügen, sobald ein Integral von (2) gefunden ist.
Ist diese Symmetrie nicht vorhanden, so können Schwierig-
keiten auftreten, weil sich dann nicht notwendig alle (S und ^
aus einer einzigen Funktion ableiten lassen, so daß die Ein-
deutigkeit der Lösung dann einer besonderen Untersuchung
bedarf.
Theorie eines bewegten in der Richtung der Bewegung
schwingenden Dipols.
Für die Theorie der elektromagnetischen Strahlung ist
die Hertz sehe Theorie eines schwingenden elektrischen Dipols
maßgebend. Diese ist für die Bewegung zu verallgemeinern.
176 r. men.
Zunächst betrachten wir den Fall, daß die Schwingung in der
Richtung der Bewegung erfolgt. Wir setzen
^» dy* ^ö*»
^x = 0.
» dxdy
*'» e\dxdt ^dxdxj'
ffi = _-^-*?-
• dxdx
Dann ist div (S = 0 und div ^ = 0 identisch erMlt und
die Gleichungen (1) sind zum Teil identisch, zum Teil dann
erfüllt, wenn die Funktion der Gleichung (2) Genüge leistet
Als Lösung für (p nehmen wir die Funktion
qp = j^C09*(Äc^-.^^-r),
r» = j^2 ^ 2» + ~ .
In der Nähe des Punktes r = 0 ist
(T) = -— Qosbkct,
^ rk
(p genügt der Gleichung
und wir haben
80 daß wir ein elektrisches Konvektionspotential von der Form
A '~r
-7- cos&A ct-^—
k 0 X
haben. Dies entspricht einem elektrischen Dipol vom Moment A,
der mit der Schwingungszahl n = bhc schwingt.
Für ^ = 0 geht die Lösung in die eines mit der Ge-
schwindigkeit V bewegten konstant geladenen Dipols nach der
Theorie von Heaviside^) über.
Für die elektrischen und magnetischen Vektoren ergeben
sich hiemach ziemlich verwickelte Ausdrücke. Sie sind jedoch
von geringerem Interesse. Von Wichtigkeit ist hauptsächlich
1) 0. Heaviside, Electr. papers 2. p. 495.
Theorie eines bewegten leuchtenden Punktes, 177
der Betrag der elektromagnetischen Strahlung in großer Ent«
fernong vom strahlenden Punkt
Unter der Voraussetzung^ daß r groß gegen Ijb ist^ braucht
man nur nach den im Argument des cos enthaltenen Variabein
zn differenzieren. Dann ergibt sich, wenn wir
setzen
b[kct-*j^^-r] = a
„. A vb* y , Ah'xy
®»= T'^^rCOBß+ji-^-'cos«,
c Ab* * ( , X \
«»,= -i.7^(<^ +,*«') COS«,
^ ^ Ab* y [ , X \
Die ausgestrahlte Energie berechnen wir nach dem
Poyntingschen Satz, indem wir den Strömungsvektor über
eine geschlossene, sehr weit vom strahlenden Punkt entfernte
Fläche integrieren.
Wir wählen für diese Fläche ein EUipsoid mit der
fileichung
niit der Vorschrift, daß r gegen alle anderen in Betracht
kommenden Längen unendlich groß ist.
Wir haben es dann mit einem Rotationsellipsoid zu tun,
^ in der Richtung der Bewegung um so mehr abgeplattet ist,
J6 schneller die Bewegung erfolgt.
um die gesamte Ausstrahlung zu finden, müssen wir dann
^ htegral
!■
d (o (@, C08 N 4- ©„ cos ^ + (B, cos ^V )
^W die Fläche des Ellipsoids erstrecken, wenn 3 den
'^öyntingschen Vektor bezeichnet
Nennen wir q die Größe j/y^ 4- ^*, so ist das Flächen-
eiemeat des Ellipsoids
-FMtschrirt. TJ
178 r. Jnen.
d(o s gdOds ,
wo 0 der Umdrehungswinkel der Ellipse jr*/Ä* + p* = r* um
die jr- Achse und äs das Linienelement dieser Elllipse ist.
Nun ist
^^^-^«=5! y = (>sin©,
cos iVp = — — z = () cos 0 .
Ferner
cos iV^y = cos iV^ sin 0 ,
cos i\^, = cos Nq cos 0 ,
Setzen wir nun noch auf der Oberfläche des EHlipsoids, wo
r = const. ist
ü = r sin & dn = r cos &d&
X = rk cos 0- r/x = — r Ä sin i?" rf i!^ ,
so ist
2.T .1
r® ^/w = fd0Cdt')'{r^ cos iV^ sin iT-®^ + Ar* sin^ iJ- sin 0 @^
0 0
+ kr^ sin^i?- cos0@^},
Ferner ist
ö*co8*a fa; c* 4- »* . /•• , x' 1 \1
^ J.'^ 6* o* cos* ff f a; c* 4- »*
-rw __ J.* 6* (>* cos* n y f , ^r «* \
^y - >-jt3- - - f + ;;: jt J '
p, _ J.* 6* p* cos' ax i , ^ ^\
Nehmen wir das Integral über eine ganze Schwingung und
dividieren durch die Schwingungsdauer, so ist
bke
0
die in der Zeiteinheit im Mittel ausgestrahlte Energie.
Für ü = c wird S unendlich, wenn nicht b mindestens von
der Ordnung k unendlich klein wird.
Theorie eines bewegten leuchtenden Punktes. 179
Theorie eines senkrecht sur Bewegungsriohtung schwingenden
Dipols.
Die oben gefundene Lösung f&r eine longitudinale Schwin-
gung schließt sich unmittelbar der Heavisid eschen Lösung
für eine bewegte Ladung an. In der Tat erhalten wir die
Heavisideschen Ausdrücke für einen in der Richtung der Be-
wegung liegenden Dipol ^ wenn wir die Schwingungszahl un-
endlich klein wählen.
Es ist nun sehr bemerkenswert und für den weiteren
Ausbau der Theorie bewegter Ladungen von großer Wichtig-
keit^ daß f&r einen transversal schwingenden Dipol die Lösung^
welche sich den Heavisideschen Ausdrücken fiir einen mit
konstanter Geschwindigkeit fortschreitenden Dipol anschließen
würde^ den allgemeinen Max well sehen Gleichungen nicht ge-
nügt^ sondern einer Ergänzung bedarf durch ein elektrisches
Feld^ das für unendlich langsame Schwingungen nicht ver-
schwindet
Setzen wir
^» '^ dxdx'
g = - ^'^
'y dydx'
* ox* a y*
80 hätten wir für tp = const./r, da dann die Gleichung
6^'^dy^ d^
erlullt ist,
®.=-*'ä^(if). %---dM' ®.--/.(if).
was der Heavisideschen Lösung für einen Dipol entsprechen
würde, dessen Achse parallel der z Achse liegt.
Mit diesen Ausdrücken läßt sich aber das System unserer
Gleichungen im Falle einer Schwingung nicht erfüllen. Viel-
mehr müssen wir setzen
g ^ _ p ^[9> _ v^ ^\<p ö*<r
* dxd X c^ öxd X dxdx ^
(5 — — ö'<r
^y" dydx'
^» " dx^ "^ öy* "^ c'öx« "" öx« "*■ dy^ '
12
f
180 r. ITien,
^''^ ~ 7 i dYdt ~ " dydx) '
WO f) der Gleichung (2) zu genügen hat. Dann sind die
Gleichungen (1) erfüllt
Wir haben dann ein zweites elektrisches Feld mit den
Komponenten
^« e*dx\dx)'
^« c*dx\dx)'
das sich über das erste lagert. Diese Kraftlinien sind sämtlich
parallel der xz Ebene. Sie werden durch die Gleichungen
~ =s const.
ax
dargestellt Es sind dies also keine Linien, die an einer
Ladung im endlichen enden, sondern Kurven, die in sich
zurücklaufen.
Auf diese Weise erhalten wir filr einen Dipol, der senk-
recht zu seiner Achse bewegt wird, zwei mögliche Lösungen:
Einmal die durch die Heavisidesche Lösung bestimmte
S ~dy\dx)' ^y" c~d%[dx)'
e = -
dx
(dip\ a. _ V d (dq>\
[dx)' *'»"" ody\dx)'
und anderseits aus unserer Lösung, wenn wir (p als unabhängig
von der Zeit annehmen
«.--Ä(l!)-
-- "" dx \dx) "*■ e^dx* " dx* "*" dy* '
Theorie eines bewegten leuchtenden Punktes, 181
c dydx '
Ä n Const.
Man sieht ohne weiteres durch Einsetzen in die Glei-
chungen (1); daß auch diese Lösung möglich ist
Diese zweite Lösung ist dadurch ausgezeichnet, daß bei
ihr keine magnetischen Kraftlinien um die jr-Achse vorhanden
sind. Unter welchen Umständen sie den tatsächlichen Ver-
hältnissen entspricht, mag vorläufig dahingestellt bleiben.
Für den Fall der Schwingungen des Dipols ist diese
Lösung die einzige^ die den Gleichungen genügt Wir haben
dann die in sich zurücklaufenden elektrischen Eorafblinien an-
zunehmen^ welche die magnetischen Kraftlinien um die x- Achse
zum Verschwinden bringen.
In großer Entfernung ist in diesem Falle
m j (b* V , b^ x\ X
®„ = ^ -ii- cos CC ,
^y r f^ \r*ck^ c rk \ c'/J
Bilden wir hieraus © . ©.. @, und dann
X y z
27t 71
Cd 0 Cd & fr« cos 19- sin i^-B^ + k r» sin» & sin 0 ©^
0 0
+ Ä r* sin» & cos 0 @J ,
so findet sich
Ä =
_ , 4 J^ 1^ 6 1 ^ J^ 30 1?" J[ 48 f^* 1 10 1;* 1 1
k* ^ 115 "^ 15 ^* "^ 15 ^^ "*■ 15 c« /.» "^ 15 ft^ A* "^ 15 c* A-^J '
182 W, Wien. Theorie eines bewegten leuchtenden Punktes.
Die Strahlang ist also bei transversaler Bewegung größer
als bei longitudinaler und wird bei der ersteren auch bei kon-
stantem bjk unendlich, sobald o == c wird.
Dies Ergebnis steht im Gegensatz zu dem von Abraham
gefundenen, wonach die longitudinale die transversale über-
treffen solL^
Übrigens würde der gewöhnliche Maxwellsche Strahlungs-
druck bei XJberschreitung der Lichtgeschwindigkeit unendliche
Arbeitsleistung bedingen.
Lassen wir parallele Strahlung von der Intensität e senk-
recht auf einen Spiegel fallen, der der Richtung der Strahlen
entgegengesetzt bewegt wird. Dann ist die Energiedichte
2c , / dx,\ 1
WO %i)dx die durch Überwindung des Strahlungsdruckes ge-
leistete Arbeit bezeichnet, die in Strahlung gleicher Richtung
verwandelt wird.
Hieraus folgt, wenn dxjdt^ v ist
(-.)■
Für ü = c wird rp unendlich, weil die durch Arbeits-
leistung entstandene Strahlung sich nicht von dem bewegten
Spiegel fort ausbreiten kann.
1) M. Abraham, Ann. d. Phjs. 10. p. 156. 1903.
(Eingegangen 2. August 1903.)
183
26. Über die Passivität des Nickels.
Von M« Iie Blano in Karlsruhe und Mario O. Iievi in Padua.
(Mitteilung auB dem Institut für physikalische
Chemie und Elektrochemie der Technischen Hochschule Karlsruhe.)
Während die Passivität des Eisens der Gegenstand zahl-
reicher Arbeiten gewesen ist^ und die zugehörige Literatur
sehr reich ist^); hat man die Passivität des Nickels bisher
wenig studiert. Wohl die erste Arbeit^ die sich damit befaßt^
ist die vonNickl&s^: Über den passiven Zustand von Nickel
und Kobalt. Dieser Forscher fand^ daß Nickel und Kobalt
in rauchender Salpetersäure eine Passivität von nur kurzer
Dauer erlangten ^ außer wenn sie über einer Weingeistlampe
oder im Kohlefeuer bis zum Anlaufen erhitzt wurden; dann
wurde die Passivität stabil. In beiden Fällen erwiesen sie
sich etwas weniger negativ als Eisen. Auch in gewöhnlicher
Salpetersäure wurden sie schon passiv und vermochten auch
Eisen in dieser Säure durch Berührung passiv zu machen.
Abgesehen von kurzen gelegentlichen Bemerkungen ist
dann unserem Wissen nach bis zum Jahre 1900 nichts mehr
über die Passivität des Nickels bekannt gegeben worden; in
diesem Jahre erschien die Untersuchung von Hittorf.^ Doch
auch in ihr finden sich speziell über diesen Punkt nur kurze
Andeutungen. Er maß die elektromotorische Kraft folgender
EHemente:
1) Die neuesten erst in den letzten zwei Jahren erschienenen Ar-
beiten sind die von A. Finkelstein (Zeitschr. f. physik. Chem. 39. p. 91.
1903), von C. Fredenhagen (Zeitschr. f. physik. Chem. 43. p. 1. 1903)
und von M. Mugdan (Zeitschr. f. Elektrochem. 9. p. 442. 1903). Daselhst
finden sich weitere Literaturangahen
2) Compt. rend. 87. p. 284. 1853. Vgl. auch St. Edme, Compt. rend.
100. p. 1079. 1888.
3) W. Hittorf, Zeitschr. f. physik. Chem. :54. p. 386. 1900.
184 M, Le Blanc und M. 0. Levi.
Einige Zeit nach
Vor Stromschluß Stromschlnß
Ni-NaN0,-Lö8UDg— H,CrO-LÖ8ung-Pt 1,48 Volt 1,16 Volt
Ni-KjCrgOy- „ „ „ „ 0,85 „ 0,27 „
Ni-NaCjHaO,- „ „ „ „ 1,44 „ < 0,27 „
Ni-Na,S04- „ „ „ „ 1,54 „ < 0,4 „
Vergrößert man die elektromotorische Kraft dieser Strom-
kreise durch Zaschaltung einer genügend starken neaen elektro-
motorischen Kraft, so löst sich Nickel nicht mehr auf^ sondem
es entweicht Sauerstoff au ihm. Hittorf meint, daß Nickel
nur in Lösungen von Sauerstoffsalzen passiv wird.
Das soeben Angeführte ist so ziemlich alles, was über
die Passivität des Nickels bekannt ist. Außerdem finden sich
in elektrometallurgischen und galvanoplastischen Büchern^) An-
gaben, daß sich das Nickel nicht unter allen Umständen quan-
titativ nach dem Faradayschen Gesetz auflöst; auch wird
in dieser Hinsicht ein Unterschied zwischen gewalzten und
gegossenen Nickelanoden gemacht. Durch entsprechende Wahl
der Anodenstromdichte kann man die Bildung einer bestimmten
Säuremenge erzwingen, und man macht davon in der Praxis
Gebrauch, um das an der Kathode entstehende schädliche
Alkali zu neutralisieren.
Schließlich sind noch einige bisher nicht veröffentlichte
Beobachtungen zu erwähnen, die Hr. Schick im hiesigen
Laboratorium machte. Er fand, daß Nickel bei gewisser
Stromdichte in Lösungen von Schwefelsäure, Cyankalium und
schwefelsaurem Natrium inaktiv war.
Es schien uns nun eine lohnende Aufgabe, das Verhalten
des Nickels gegenüber verschiedenen Lösungen bei wechseln-
der Stromdichte, wechselnder Temperatur und Konzentration
systematisch zu untersuchen, zumal wir hoffen durften, daß
die bei dem Studium des sogenannten Luckowschen Ver-
fahrens im hiesigen Laboratorium gesammelten Erfahrungen*)
vielleicht einiges Licht auf das allgemeine Phänomen der
Passivität werfen könnten.
1) W. Pfannhausor, Elektroplattierung p. 367. 1900.
2) M. Le Blanc und E. Bindschedler, A. Isenburg, G. Just,
Zeitstlir. f. Elektrochem. S. p. 255. 1902; 9. p. 275 u. 547. 1903
Passivität des Nickels, 185
Wir benatzten zu unseren Versuchen stets Elektroden
aus gewalztem Nickelblech, das von den vereinigten Nickel-
werken in Schwerte geliefert war; der Nickelgehalt betrug
ca. 99 Proz. Die Elektrolysen wurden in einem Becherglas
angestellt^ das durch einen Kork geschlossen war. Durch
diesen gingen die Zuführungen zu den Elektroden, die ver-
mittels Klemmschrauben an letzteren befestigt wurden. Die
in der Flüssigkeit befindliche einseitige Anodenoberfläche be-
trug etwa 12 qcm; die Anode befand sich zwischen zwei gleich
entfernten (ca. 3 cm) Kathoden. Bei den meisten Versuchen
waren Anoden- und Kathodenraum durch ein neues oder mit
destilliertem Wasser gründlich ausgekochtes Diaphragma ge-
trennt Die Lösung im Kathodenraum wurde ^ falls es sich
um Neutralsalze handelte, durch Zutropfenlassen der zuge-
hörigen Säure möglichst neutral gehalten, um ein Herüber-
wandem der durch Elektrolyse gebildeten Oü' zu verhüten;
sie wurde stets mit Wasserstoff gerührt, so daß die Luft in
dem ganzen Elektrolysiergefäße fast ausgeschlossen war. Ein
Kupfervoltameter gestattete, die darchgegangene Elektrizitäts-
menge zu messen; außerdem war noch ein passendes Ampfere-
meter und ein Voltmeter (zur Messung der Klemmspannung)
vorhanden. Gewöhnlich dauerte die Elektrolyse so lange, bis
etwa 80 — 100 mg Kupfer ausgeschieden waren. Nach der
Elektrolyse wurden die Nickelanoden sorgfältig mit destilliertem
Wasser und mit Alkohol abgespült, vorsichtig über einer
Flamme getrocknet und wieder gewogen. Der Elektroden-
verlust ist in Prozenten des gemäß dem Kupfervoltameter zu
erwartenden gegeben.
L
1. Versuche mit 1,5 proz. Lösungen, die einen einzigen
Elektrolyten enthalten, bei Zimmertemperatur und bestimmter
Stromdichte.
Elektrolyt
\ qdcm/
in Pro£.
in Vi
NaCl
0,5
100
2,1
CuCl,
0,5
100
1,1
NaaO, ')
0,5
8
4,2
1) Das Salz und die znm Neutralisieren benutzte Chlorsäure ent-
hielten eine Spur Chlorid.
186
Jf. Le Blanc und M. G. Zevi.
Elektrolyt
NaNO,
Ba(NO,),
Cu(NOa),
Na,804
(NH4),S04
Mg804
Ni804
Na,CO,
KOH
(NH4COO),
NaCHaCOO
fM
)}
>»
>»
»>
HgCl,
KCN 2 n. lohne Dia-
H,S04 1 n.J phragma
KJ
KBr
(AmpA
qdcm/
0,5
0,5
0,5
0,5
0,5
0,5
0,5
0,5
0,5
0,5
0,5
0,42
0,82
0,15
0,75
1,0
0,5
0,5
Elektrodenverlust
in Proz.
RlemmmMUiniiog
in Volt
5
8,15
0
4,5
1
2,7
2
8,6
2
8.2
8
8,8
2
8,6
0
8,8
0
2,15
7
2,8
45
4,6
68
4,8
42
4,1
101
7,7
100
1,0
100
0,5
101
8,2
102
2,9
Überblicken wir die Beobachtungen, so sehen wir, daß
Nickel unter den gewählten Bedingungen in halogen- und
cyanhaltigen Lösungen sowie in Schwefelsäure quantitativ in
Lösung geht, in allen anderen praktisch ungelöst bleibt. Eline
Ausnahmestellung nimmt nur die Acetatlösung ein, in der
sich etwa 50 Proz. der theoretischen Menge auflöst. Letztere
Lösung bietet noch insofern Interesse, als die Resultate > die
bei verschiedenen Versuchen erhalten wurden, stark schwankten,
was bei den anderen Elektrolyten im allgemeinen nicht der
Fall war. Bei näherem Zusehen entdeckten wir, daß bei
diesen Elektrol}i;en die größere oder kleinere Aktivität völlig
von der Vorbehandlung und von der physikalischen Beschaffen-
heit der Oberfläche abhängig war. Nachstehende Tabelle zeigt
dies deutlich:
2. Versuche mit 1,5 proz. Natriumacetatlösung bei 0,5 Amp.
pro qcm Stromdichte und bei Zimmertemperatur.
Beschaffenheit der Anode. Elektrodenverlust in Proz.
Neu, ganz glatt, poliert 0
Nach Gebrauch als Anode in einer NaCl-Losung, in der sie an-
gegriffen war; mit Wasser und Alkohol gewaschen und
getrocknet 64
Passivität des Nickels. 187
Be8cha£fenheit der Anode Elektrodenverlust in Proz.
Neu, im Wasserstoffistrom geglüht und darin erkaltet .... 2
Die vorige Anode nach Angriff in Chlomatriumlösung ... 67
Weiterhin wurde die vorige Anode in einem Schrank auf einem
Uhi^las 24 Stunden an der Luft liegen gelassen ... 4
Darauf nochmals in Chlomatriumlösung angegriffen .... 86
Darauf wieder 10 Tage im Schrank gelassen und im Wasser-
stoff geglüht 0
Neu, ganz glatt, poliert . 10
Die vorige Anode nach starkem Ahreihen mit Schmirgelpapier 30
Die vorige Anode stark gehämmert und dann mit verdünnter
Schwefelsäure, Wasser und Alkohol gewaschen ... 56
Das Nickel zeigt deutlich das Bestreben, falls es sich
selbst überlassen wird, passiv zu werden. Ähnliches ist ja
bekanntlich auch beim Chrom beobachtet worden.
In Tabelle 1 ist auch bemerkenswert, daß die Aktivität bez.
Inaktivität des Nickels (innerhalb der vorliegenden Versuche] nur
von der Natur des Anions und nicht von der des Kations ab-
hangt; so erweist sich Nickel in allen Nitratlösungen als inaktiv,
auch in Lösungen von Metallen, die viel edler als Nickel sind,
wie z. B. Kupfer. Diese Erscheinung veranlaßte uns, einmal zu
prüfen, ob neues Nickel, wenn es längere Zeit in eine CuSO^-
Lösung und eine AgNOg-Lösung (beide 2 proz.) gestellt wird,
keine Umsetzung zeigt. Tatsächlich erwies es sich noch nach
30 Stunden vollkommen intakt und ließ keine Gewichtsänderung
erkennen. In 2 proz. CuCl^-Lösung konnte dagegen, wie zu er-
warten, ein Verlust (von 12 mg) und Bildung einer grünlich
aussehenden kristallinen Verbindung, die sich in der Flüssigkeit
absetzte., festgestellt werden. Kupfermetall war nicht zu sehen,
es hatte sich also jedenfalls Kupferchlorür gebildet; doch haben
wir den Niederschlag nicht weiter untersucht.
Ein einziges Kation scheint die Aktivität des Nickels zu
beeinflussen: das Wasserstoff ion. Wenigstens löst sich Nickel
in 1 n. HjSO^ bei Stromdichte 1 quantitativ auf, während es
in anderen Sulfaten (auch bei höheren Konzentrationen) selbst
bei nur 0,5 Stromdichte ungelöst bleibt.
3. Einfluß der Temperatur, 1,5 proz. Lösungen. 0,5 Amp.
pro Quadratdezimeter. Es wurde so gearbeitet, daß zuerst der
Versuch bei Zimmertemperatur mit einer neuen Anode ge-
macht und dieselbe Anode dann bei 80^ benutzt wurde.
188
M. Le Blatte und II. G. Levi.
Elektrolyt
Temperatur
Elektrodenverlust ELlemmspummig
in Proz. in*: Volt
Na,804
Zimmertemp.
8
8,8
»
80«
100
M
»
Zimmertemp.
2
8,6
»
80«
98
M
(NHJiSO,
Zimmertemp.
2
8,2
»
80«
98
2,2
MgSO,
Zimmertemp.
8
8,8
9)
80«
100
2,6
NiSO^
Zimmertemp.
2
8,6
>»
80«
90
2.2
NaNOa
Zimmertemp.
5
8,15
»
80«
88
2,8
Ba(NO,).
Zimmertemp.
0
4,5
»
80«
75
8,1
Cii(NO,)|
Zimmertemp.
1
2,7
>»
80«
90
1,1
KOH
Zimmertemp.
0
2,1
»
80«
0
2,1
NaCHjCOO
Zimmertemp.
31
4,2
«
80«
33
2,5
(NH4COO),
Zimmertemp.
7
2,8
<>
80«
9
2,6
NaClO,
Zimmertemp.
8
4,2
»»
80«
100
2,6
Erhöhung der Temperatur begünstigt im allgemeinen den
Übergang in den aktiven Zustand, was ebenfalls mit den an
anderen Metallen gemachten Beobachtungen übereinstimmt
Nur in KOH ist Nickel auch bei 80® völlig passiv, in Ammonium-
oxalat und Natriumacetat behält es die teilweise Passivität,
die es bei gewöhnlicher Temperatur zeigt, auch bei 80® bei.
Zu bemerken ist noch, daß bei 80®, zumal in Sulfatlösungen,
in geringer Menge die Bildung eines schwarzen Niederschlages,
der meistens ganz gut an der Anode haftete, beobachtet wurde.
Da er bei gelindem Erwärmen mit HCl Chlor entwickelte,
darf er als ein Nickelperoxyd angesprochen werden. In KOH
und (NH^COO), trat der Niederschlag nicht auf. ^)
1) Ein Versuch, der mit elektrolytisch hergestelltem Nickel bei
0,5 Amp. pro qdcm in 1,5 proz. Na,S04-Lö8UDg gemacht wurde, ergab bei
Zimmertemperatur 10 Proz., bei 80 • 100 Proz. Anodenverlust, also nicht
wesentlich verschiedene Resultate wie das andere Nickel. Die Anode
erhielt ein kömiges Aussehen.
Passivität des Nickels.
189
4. Einfluß der Stromdichte. Die Versuche in H^SO^ und
KCN wurden ohne Diaphragma ausgeführt Die Elektroden-
entfemung betrug ca. 1^5 cm.
Elektrolyt
2n. KCN
1 n. H,SÜ4
D, i^-"^
1,5 Proz. Na,S04 (bei 8O<0 0,5
/AmpA
\ qdcmy
Proz. Ni
gelöst
0,75
100
4,7
64
1,0
100
1,88
100
2,8
99
3,3
88
3,7
69
5,4
12
7,4
4,5
8,7
8,5
0,5
100
3,5
90
5,0
58
KlcmmspannuDg
1,1
2,6
0,5
0,9
1,0
1,0—2,5
1,0—2,6
1,2-2,7
2,6
2,7
2,4
6,1
7,4
In den Versuchen mit Dj^ = 3,3—5,4 in 1 n H^SO^ voll-
zog sich der Anstieg der Spannung nicht allmählich, sondern
nach einigen Minuten Versuchsdauer plötzlich; beim Spannungs-
anstieg trat heftige Sauerstofifentwickelung ein, die vorher nicht
zu beobachten war. Dies deutete darauf hin, daß in den
ersten Minuten das Metall noch (quantitativ in Lösung ging
und dann auf einmal inaktiv wurde. Ein besonderer Versuch
bestätigte diese Annahme. Die Verhältnisse liegen also hier
anders, wie z. B. bei manchen Versuchen in Natriumacetat-
LöBung, wo wir während der ganzen Versuchsdauer mäßige
Sauerstoffentwickelung und ziemlich konstante Spannung
wahrnahmen und ca. 50 Proz. der theoretischen Menge sich
auflöste; bei letzteren Versuchen trat Metalllösung und
Sauerstoffentwickelung nicht nacheinander, sondern neben-
einander auf.
5. Einfluß der Konzentration. Bei 0,5 Amp. pro Quadrat-
dezimeter Stromdichte wurden in 1,5 proz., 7 proz., 0,14 proz.
Na^SO^-Lösung bei Zimmertemperatur und bei 80^ Versuche
aosgefbhrty die keinen Konzentrationseinfluß erkennen ließen.
190 M. Le Blanc und M. G, Levi.
II. Verflache mit gemisohten Elektrolyten.
Der Gruudgedanke^ der uns bei diesen Versuchen leitete,
war folgender. In dem schon anfangs erwähnten Luckow-
schen Verfahren zur Darstellung schwer löslicher Verbindungen
auf elektroljtischem Wege verwendet man als Elektrolyten
eine Lösung^ die außer dem Salz mit dem gewünschten Säure-
rest noch ein anderes indifferentes Salz enthält, dessen Änion
mit dem Anodenmetall eine leicht lösliche Verbindung bildet
Will man z. B. Bleichromat herstellen, so elektrolysiert man
eine Lösung von Natriumchromat und Natriumchlorat (oder
-nitrat, -acetat etc.) zwischen Bleielektroden; es geht jetzt das
Blei quantitativ in Lösimg und es bildet sich in gewisser Ent-
femung von der Anode quantitativ ein schöner Niederschlag
von Chromgelb, der von der Anode abzurollen scheint, während
diese selbst ganz blank bleibt. In reiner Natriumchromat-
lösung geht keine Spur Blei in Lösung , es bildet sich auch
kein Niederschlag in der Flüssigkeit, nur die Elektrode selbst
überzieht sich mit einer fest haftenden Schicht imter gleich-
zeitiger Sauerstoffentwickelung. In reinem Natriumchlorat findet
quantitative Lösung des Bleies ohne Niederschlagsbildung statt.
Das passive Verhalten des Bleies bez. anderer Metalle
wird also bei derartigen Elektrolysen dadurch bewirkt, daS
sich die Metallanode mit einer schwer löslichen, festhaftenden
Schicht bedeckt. Man kann die Passivität stets durch Zusatz
einer genügenden Menge eines passenden indifferenten Salzes
beseitigen, weil dadurch das Haften des Niederschlages an
der Anode verhütet wird; die entsprechende schwer lösliche
Metallverbindung entsteht dann (juantitativ.
Wir haben nun versucht, ähnliche Erscheinimgen beim
Nickel hervorzurufen. Ist das Nickel in einem bestimmten
Elektrolyten passiv, und ist diese Passivität durch die Bildung
eines Niederschlages bedingt, so wird man nach den vorstehend
geschilderten Versuchen erwarten dürfen, daß durch Zusatz
eines Elektrolyten, in dem sich Nickel anodisch (quantitativ zu
einer löslichen Verbindung löst, auch hier quantitative Lösung
bewirkt wird, aber auch gleichzeitig ein schwer löslicher Nickel'
niederschlag von der Anode abrollt
Nachstehend sind die Resultate einer Reihe von Versuchen
mit Mischungen verzeichnet. Die Versuche sind ebenso wie
Passivität des Nickels. 191
die fiüheren in verdünnter Lösung angestellt, weil darin das
Luckowsche Phänomen besonders glatt eintritt; wegen weiterer
Einzelheiten vergleiche die angezogenen Arbeiten. Die Strom-»
dichte war stets 0,5 Amp. pro Quadratdezimeter. Temperatur,
falls nicht besonders erwähnt, Zimmertemperatur.
1. l,5proz. Lösung, bestehend aus 80 Proz. NaCl und
20 Proz. NagCOj (dem Gewicht nach). Spannung 2,7 Volt
Das Metall ging quantitativ in Lösung; gleichzeitig entstand
im Anodenraum ein (nicht näher untersuchter) Niederschlag von
Nickelkarbonat, der glatt von der Anode abrollte.
2. 1,5 proz. Lösung, bestehend aus 90 Proz. NaCl und
10 Proz. KOH. Spannung 1,9 Volt. Das Metall ging quanti-
tativ in Lösung; von der Anode rollte ein Niederschlag von
Nickelhydroxyd ab.
3. 1,5 proz. Lösung, bestehend aus 80 Proz. NaCl und
20 Proz Na,SO^. 1,9 Volt Spannung. Das Metall ging quanti-
tativ in Lösung, ohne daß eine Spur Niederschlaff entstand] die
Anode war völlig blank. Das gleiche Resultat erhielten wir
bei folgenden Mischungen:
4. 1,5 proz. Lösung, bestehend aus 20 Proz. NaCl und
80 Proz. NaNOj. Spannung 2,6 Volt
5. 1,5 proz. Lösung, bestehend aus 20 Proz. KBr und
80 Proz. NaNOg. Spannung 2,7 Volt
6. 1,5 proz. Lösung, bestehend aus 20 Proz. NaCl und
80 Proz. NaClOj. Spannung 3,0 Volt. Bei einer Stromdichte
von 5 Amp. pro Quadratdezimeter ist noch keine Sauerstoff-
entwickelung wahrnehmbar, das Nickel scheint also auch dann
noch quantitativ in Lösung zu gehen.
7. 1,5 proz. Lösung, bestehend aus 95 Proz. Na^SO^ und
5 Proz. (NH^COO)a bei 80^ Hierbei gingen nicht 100, sondern
nur 80 Proz. in Lösung unter gleichzeitiger geringer Gas-
entwickelung an der Anode; minimale Spuren eines an der
Anode festhaftenden Niederschlages bemerkbar; in der Lösunff
kein Niederschlag.
Während die Versuche in NagCOj und KOH von dem
eingenommenen Standpunkt aus die Möglichkeit offen lassen,
daß in diesen Elektrolyten die Passivität durch eine schützende
feste Anodenschicht hervorgerufen ist, muß diese Annahme
192 M, Le Blanc und M, G, Levi,
f&r die anderen Lösungen wohl als ausgeschlossen betrachtet
werden. Zu diesem Schluß sind ja auch andere Forscher bei
anderen Metallen auf anderem Wege gekommen.^)
Die Frage, wie die Passivität der Metalle zu erU&ren ist,
ist gerade in letzter Zeit öfters erörtert worden. Wir werden
durch die vorliegenden Versuche noch mehr in der AufiGEUSong
bestärkt, daß wir es hier häufig nur mit reinen Phänommum
der Reaktionsgeschwindigkeit zu tun haben, was schon vor
mehreren Jahren der eine von uns ausgesprochen hat*) Wir
kennen doch eine ganze Menge von Reaktionen, deren Ge-
schwindigkeit nicht nur durch Änderung der Temperatur,
sondern durch Zusatz scheinbar indifferenter Stoffe weitgehend
geändert wird; gerade die letzte Zeit hat. uns ja viele der-
artige katalytische Beeinflussungen kennen gelehrt.*) Wir wissen
femer, daß außerordentlich viele Beaktionen mit mäßiger
Schnelligkeit verlaufen, so daß man ihren Verlauf bequem ver-
folgen kann. Wäre es da nicht geradezu wunderbar, wenn
wir bei den Metallen ausnahmslos finden würden, daß ihre
lonenbildungsgeschwindigkeit stets praktisch unendlich groß
ist? Es scheint uns, daß man die Erscheinungen, die man
mit dem Namen , Passivität' bezeichnet, in den untersuchten
Fällen beim Nickel und in analogen (z. B. fehlende anodische
Auflösung von Platin in Cyankaliumlösung, worin es nach
F. Glasers*) Versuchen unter Wasserstoffentwickelung löslich
ist) in völlig ungezwungener Weise auf zu geringe lonen-
bildungsgeschwindigkeit zurückführen kann, ja, daß die Tat-
sachen geradezu dazu drängen. Der bei der Elektrolyse an der
Anode beobachtete Potentialanstieg und die Sauerstoffentwicke-
lung — denn das Faradaysche Gesetz muß ja nattLrlich
stets erfüllt sein — ist die notwendige Folge einer zu geringen
1) Bemerkt sei, daß Rner (Zeitschr. f. physik. Chem. 44. p. 110.
1903) neuerdings für die Annahme einer Oxydschicht plaidiert.
2) M. Le Blanc, Zeitschr. f Elektrochem. 6. p. 472. 1900. Lehr-
buch 8. Aufl. p. 237. 1903.
8) Wir erinnern speziell an die Katalysen in inhomogenen Systemen.
Vgl. K. Drucker, Zeitschr. f. physik. Chem. 36. p. 178. 1901 und
L. Wohl er, Berl. Ber. 36. p. 8J98. 1908. Leteterer fand, daß sich das
wasserarme, schwer lösliche Platinoxydul viel schneller in Salzsäure löst,
wenn man Spuren von Platinchlorür als Katalysator hinzufügt.
4) F. Glaser, Zeitschr. f. Elektrochem. 9. p. 11. 1903.
Passivität des Nickels. 193
lonenlieferung von seilen des Metalles; letzteres muß ein
edleres Verhalten zeigen als es eigentlich seiner Natur (d. h.
bei Annahme stets genügender lonenlieferung) entspricht Wir
sehen nirgends eine Beobachtung, die der gemachten An-
nahme widerstreitet Das Vorhandensein von Qusschichten
und ähnlichem ist, wie bei jeder Elektrode, auch bei den
passiven aufzunehmen, und diese Oasschichten werden sich bei
ihnen wie bei den edlen Metallen unter Umständen elektro-
motorisch betätigen können. Bei den unedlen Metallen in ihrem
gewöhnlichen Zustand kommt die Beteiligung der Gasschichten
nicht in Betracht Das Vorhandensein derartiger G-asschichten
jedoch als Ursache der Passivität hinzustellen, dazu scheint
uns jeder Anhaltspunkt zu fehlen.
Die Zurückführnng der Passivität auf mangelnde lonen-
bildungsgeschwindigkeit scheint uns insofern einen Gewinn zu
bieten, als dieses Phänomen seines eigenartigen Charakters
dadurch entkleidet wird, und die Passivität jetzt nur noch
einen besonderen, wenn auch merkwürdigen und interessanten
Fall in dem Studium der Reaktionsgeschwindigkeiten vorstellt
Wie wir vorher gefunden hatten, wird die lonenbildungs-
geschwindigkeit unter anderem durch Zusatz von Chlor- und
WasserstoflRonen erhöht. Es schien uns von Interesse, die
Menge festzustellen, welche bei bestimmter Stromdichte nötig
ist, um quantitative Lösung des Metalles zu bewirken. Wir
fanden, daß eine l,5proz. Lösung, bestehend aus 95 Proz.
Na^SO^ und 5 Proz. NaCl bei 0,5 Amp. pro Quadratdezimeter
Nickel noch quantitativ auflöst, während bei 98,6 Proz. Na^SO^
und 1,4 Proz. NaCl nur wenig über 10 Proz. Nickel in
Lösung geht.
Man könnte vielleicht der Meinung sein, daß bei länger
dauerndem Versuch die Wirksamkeit der Chlorionen in dem
Maße, als sich die Lösung an Nickel anreichert, nachläßt. Dies
ist jedoch nicht der Fall: Wir elektrolysierten eine 1,5 proz.
Lösung, bestehend aus 93 Proz. NagSO^ und 7 Proz. NaCl, also
eine Lösung, die in den 60 ccm, die das anodische Diaphragmen-
gefäß faßte, die absolute Menge von nur 0,060g NaCl (= 0,0037g
Chlorionen bei Annahme völliger Dissociationen) enthielt, so
lange, bis der Anodenverlust 0,373 g erreicht hatte, und noch
immer löste sich das Nickel quantitativ auf.
Boltzmann-Festflchrift. 13
194 M. Le Blatte und M, 0. Zevi.
Die Kathodenlösung hatte dieselbe Zusammensetzung wie
die Anodenlösung und wurde durch Zutropfen von H,SO^
neutral gehalten. Besser wäre es gewesen, reine Na^SO^-Lösmig
auf die Eathodenseite zu nehmen, doch lehrt eine leichte Uber^
Schlagsrechnung, daß keinesfalls mehr als 0,022 g Chlorionen
auf die Anodenseite herübergewandert sind, so daß zum Schluß
insgesamt nur 0,059 g Chlorionen auf mindestens 0,31 g
Nickelionen in Lösung vorhanden waren, wobei schon in Be-
tracht gezogen ist, daß auch die Nickelionen sich an der
Wanderung beteiligt haben. Es kamen also auf zwei Chlor-
ionen mehr als sechs zweiwertige Nickelionen.
Durch diesen Versuch wird die etwaige Annahme, daß
die Auflösung des Nickels nur so lange erfolge, als die Bildung
einer Doppelverbindung zwischen Chlomatrium und Nickelsalz
stattfände, hinfällig.
Zusatz von H^SO^ ist viel weniger wirksam als der von
Chlorid. Eine Lösung, die 1,5 Proz. Na^SO^ und 1 Proz. H,SO^
enthält, löst noch nicht ganz 10 Proz. Nickel bei 0,5 Strom-
dichte; erst bei 2 Proz. H^SO^ gehen 100 Proz. in Lösung. Es
stimmt dies mit der Beobachtung überein, daß in den Lösungen,
in denen das Nickel sich bei der Elektrolyse inaktiv zeigte
und infolgedessen der Säuregehalt im Anodenraum stetig stieg,
das Nickel trotzdem während der nicht langen Versuchsdauer
inaktiv blieb.
Die Potentialmessung einer neuen Nickelanode in NiSO^
gegen eine Kadmiumelektrode ergab denselben Wert wie nach
Zusatz von NaCl. Bei so schwacher Stromentnahme scheint
also die Bildungsgeschwindigkeit der Ionen auch in reiner
Sulfatlösung groß genug zu sein.
Schließlich mögen noch einige Versuche mitgeteilt sein,
die einen etwaigen Einfluß von Nichtelektrolyten bei der Elektro-
lyse feststellen sollten. Zusatz von Zucker (1 Proz. und 10 Proz.
zu 1,5 proz. NaCl-Lösung bei Zimmertemperatur, 1 Proz. zu
1,5 proz. NagSO^-Lösung bei Zimmertemperatur und bei 80^
ließ keinen Einfluß erkennen, ebensowenig Zusatz von Aceton
(1 Proz. zu 1,5 proz. NaCl- und NagSO^-Lösung bei Zimmer-
temperatur). Die Stroradichte war stets 0,5 Amp. pro Quadrat-
dezimeter.
Passivität des Nickels. 195
Dagegen wurde in einer 1 ,5 proz. Na^SO^-Lösung, die mit
1 Proz. HamstoflF versetzt war, bei Zimmertemperatur 26 Proz.
Nickel in Lösung erhalten (anstatt 2 Proz. in reiner Na^SO^-
Lösung). Möglicherweise kommt der beschleunigende Einfluß
etwaigen Zersetzungsprodukten des Harnstoffes zu, die während
der Elektrolyse sich bilden.
Aii£Gtng August 1903.
(Eingegangen 4. August 1903.)
13
\
196
27. Die spezifische Wärme einiger Schwefelmetalle
in ihrer Beziehung znm elektrischen Leitvermögen.
Von Frans Streintz in Graz.
Unter den die Elektrizität leitenden Metallverbindungen
sind einige dadurch ausgezeichnet, daß ihr Leitvermögen von
der Temperatur in hohem Grade beeinflußt wird. *) Ist, wie zu
erwarten steht, dieser Einfluß durch Umwandlungen bedingt,
denen die Verbindung unterworfen ist, dann muß bei den ent-
sprechenden Umwandlungstemperaturen Wärme entwickelt oder
gebunden werden, und mit der Änderung der Leitfähigkeit
gleichzeitig eine Änderung der spezifischen Wärme vor sich
gehen.
Die Schwefelverbindungen von Blei, Quecksilber und
Silber verhalten sich besonders auffallend zur Elektrizitäts-
leitung; sie wurden daher eingehend auf ihre spezifische Wärme
untersucht.
Zur Anwendung kam die Mischungsmethode; dabei wurde
auf die Verbesserung der Resultate wegen Wärmeaustausch
und -Verlust die entsprechende Sorgfalt verwendet. Trotzdem
bleiben Bestimmungen von Wärmemengen immer noch mit
ziemlicher Unsicherheit behaftet und stehen hinter den Me-
thoden zur Ermittelung elektrischer Energiegrößen an Genauig-
keit weit zurück. Das wird wohl damit zu begründen sein,
daß die Wärme die niedrigste Form der Energie darstellt
Stehen also spezifische Wärme und elektrisches Leitvermögen
in einer Beziehung, so wird man sie nur in rohen Umrissen
verfolgen können. Ob dieses bescheidene Ziel erreicht worden
ist, möge aus folgenden Zeilen beurteilt werden.
Die in pulverförmigem Zustande befindlichen Verbindungen
wurden in zylindrische Messingbüchschen von 2 cm Höhe und
3 cm* Querschnitt gefüllt. Der Deckel der Büchschen wurde
1) F. Streiiitz, Ann. d. Physik »• p. 854. 1902.
Spez, Wärme in Beziehung zum elehtr, Leitvermögen, 197
darauf verlötet^ damit ein Eindringen von Wasser verhütet
werde. Um bei Temperaturen, die 100® wesentlich Über-
schriften, eine Explosion des Büchschens durch die Ausdehnung
der im Pulver enthaltenen Luft hintanzuhalten, erhielt der
Deckel ein Kupferröhrchen aufgesetzt, dessen obere Ofihung
verlötet wurde, sobald die Temperatur erreicht war, bei der
später die Wäxmemessung vorgenommen werden sollte. Durch
Wägungen wurden die Wasserwerte des verwendeten Lötzinns
ermittelt. Die Erhitzung der Büchschen auf 100® erfolgte
durch Wasserdampf, auf höhere Temperaturen im elektrischen
Ofen. Die Temperatur des Wasserbades wurde mit einem
Jenaer Thermometer verfolgt, das direkt in hundertstel Grade
geteilt war.
1. Schwefelblei (PbS) wurde in den beiden Zuständen als
natürlicher Bleiglanz und als amorphes Bleisulfid untersucht
In PbS sind erforderlich 86,6 Proz. Blei; die chemische
Analyse, die ich Hm. J. Donau verdanke, ergab für den
Glanz 85,9, für das amorphe Pulver 85,8 Proz. Blei.
Die Untersuchung des Bleiglanzes selbst erstreckte sich
auf einen großen Kristall, auf das durch Zerreiben von
Kristallen entstandene feine Pulver, auf Stifte, die unter hohen
Drucken aus dem Pulver hergestellt worden waren, und end-
lich auf die durch Schmelzen der Pulver unter Luftabschluß
gewonnenen Klumpen.
Die kleinste spezifische Wärme besaß der geschmolzene
Bleiglanz; die an einem Klumpen von 36,57 g Masse ange-
stellten Messungen ergaben die gut übereinstimmenden Zahlen
0,0526, 0,0529, 0,0532 als mittlere spezifische Wärme zwischen
15 und 100<^. Der Mittelwert beträgt demnach 0,0529. Wird
die Molekularwärme nach dem Joule -Kopp sehen Gesetze
berechnet, so erhält man 11,9, da für Blei 6,4 nach Behn,
für Schwefel 5,5 (?) einzusetzen ist Die beobachtete Molekular-
wärme ergibt sich unter Berücksichtigung, daß ein Mol PbS
aus 239 g besteht, zu 12,6, einem Wert, der den theoretischen
nicht erheblich übertrifft. In bezug auf seine Struktur gehört
der geschmolzene Bleiglanz wie der natürliche dem regulären
System an.
Bleiglanz in Kristallen besitzt eine größere spezifische
Wärme; die an einem durch fremde Zusätze kaum verun-
198 F. Streintz:
reinigten Kristall (Masse 72,87 g) aus Bleiberg in Kärnten vor-
genommenen Messungen betrugen in dem gleichen Temperatur-
intervall 0,0555, 0,0554, 0,0561 und 0,0560, im Mittel also
O9O557. Die Einzelwerte weichen nur wenig voneinander ab;
diese Übereinstimmung läßt sich aber nur erzielen, wenn man
die Messungen in Zwischenräumen von mehreren Stunden
vornimmt, den Kristall sich also „erholen'' läßt Erwärmt
man ihn nach der Abkühlung im Wasserbade unmittelbar
wieder, so erhält man regelmäßig einen kleineren Wert ftlr
die spezifische Wärme. So ergab eine auf die erste Messung
unmittelbar folgende 0,0537, eine ebensolche nach der vierten
angestellte 0,0540.
In der Form eines feinen Pulvers besitzt der Bleiglanz
eine noch größere spezifische Wärme, wie aus den nachstehen-
den Zahlen zu ersehen ist.
Bleiglaiizpulver (Masse: 28,42 g).
Mittlere spezifischo Wärme zwischen 15 und 100°:
0,0604
0,0601
0,0598
0,0603
0,0602
Mittelwert: 0,0601.
Mittlere spezifische Wärme zwischen 15*" und
110^ 0,0686
118<^ 0,0678
146,7® 0,0684
151° 0,0681
181,5'^ 0,0099 (0,0658).
Die Zahlen zeigen, daß die spezifische Wärme zwischen
100 und 110^ eine sprungw^eise Änderung erfährt. Es ist
also anzunehmen, daß zwischen diesen Temperaturen eine
Umwandlung des Bleiglanzes eintritt, die mit einem Wärme-
verbrauch von 2 cal. für ein Mol PbS verbunden ist Über
die letztgenannte Temperatur hinaus tritt keine bemerkens-
werte Zunahme ein. Doch findet man auch hier die Erschei-
nung einer Nachwirkung. So wurde z. B. der zur Temperatur
von 181,5^ gehörige zweite in Klammem gesetzte Wert ge-
funden, indem man auf den ersten Versuch einen zweiten auf
Spez, Warme in Beziehung zum elekir. Leitvermögen, 199
dem Fuße folgen ließ. Diese Nachwirkung trägt natürlich
eine gewisse Unsicherheit in die Ergebnisse hinein, da die
Bestimmungsmethode nicht danach angetan ist, erkennen zu
lassen, wann sich das System wieder erholt hat.
Machen sich schon bei einem losen Pulver Nachwirkungen
geltend 9 so stand zu gewärtigen, daß sie in dicht gepreßten
Stiften noch mehr hervortreten werden.
Die mit einem Stift aus Bleiglanz, dessen Masse 15,39 g
betrug, angestellten Messungen ergaben darum keine gut über-
einstimmenden Eesultate. So fanden sich für die spezifischen
Wärmen zwischen 15 und 100® die Zahlen 0,0650, 0,0628,
0,0690 und 0,0620, im Mittel also 0,0648. Hervorzuheben
ist, daß alle Werte größer sind, als jene des Pulvers. Mög-
licherweise trägt die Differenz der Hysteresisarbeit Rechnung.
Besseren Aufschluß über diese Frage könnten Versuche über
die spezifische Wärme feiner Metallpulver (Platinmohr etc.)
geben, bei denen die Verhältnisse einfacher liegen dürften.
Die Untersuchung des Stiftes über 100^ hinaus war in
noch höherem Grade abhängig von der Vorbehandlung, die er
erfahren hatte. Ich schlug deshalb ein Verfahren ein, wie es
bei der Prüfung von Eisen angewendet und als zyklisches
bezeichnet wird.
Auf eine Messung zwischen 15 und 100** folgten solche
zwischen 15^ und t^, wobei t ansteigend höhere Werte erhielt
bis zu einem Grenzwert; dann wurde t wieder in gleichen
Stufen erniedrigt, bis wieder 100^ erreicht waren. Nach-
stehend sind die Ergebnisse verzeichnet.
Zyklus 1
•
Zyklus 2.
15 und 100°
0,0659 >
. 0,0639
15 und 100° 0,0642 k 0,0680
15 „ UO«
0,0616
0,0623
15 „ 150° 0,0600
0,0582
15 „ 180°
0,0588
0,0594
15 „ 200° 0,0620 1
15 „ 220° >
r 0,0642
^
f 0,0629
Die spezifische Wärme des Stiftes würde demnach — im
Gegensatz zu dem losen Pulver — bei Temperatursteigerung
über 100® hinaus zunächst in Abnahme begriffen sein bis zu
einem kleinsten Wert, der in der Nähe von 180® gelegen ist,
um dann über diese Temperatur hinaus wieder zu wachsen.
Das würde also heißen, daß in einem Stift bei Erwärmung
200 ¥, Streintz.
Yon 100 auf 180^ eine Umwandlung eintritt, die unter Wärme-
entwichelung vor sich geht Die vier zwischen 15 und 100^
angestellten Beobachtungen weichen wieder beträchtlich Yon-
einander ab; ihr Mittelwert ergibt sich zu 0,0656 und steht
mit dem früher gefundenen von 0^0648 wohl nur zuf&llig in
guter Übereinstimmung.
Man darf nicht übersehen^ daß die spezifische Wärme
des Stiftes nach der ersten Erwärmung auf 100^ bereits eine
Änderung in dem Sinne einer Verringerung dieses Wertes er-
fahren hat; eine zweite unmittelbar nach der ersten angestellte
Beobachtung in demselben Temperaturintervall würde also
eine kleinere Zahl geben. Wahrscheinlich macht sich dieser
Rückgang auch dann bemerkbar^ wenn man die Beobachtung
nunmehr in einem größeren Temperaturintervall (15 — 140^
bez. 15—150*^ anstellt. Es läßt sich deshalb nicht angeben,
mit welchem Anteil eine zwischen 100 und 140** eintretende
Umwandlung beteiligt ist. Eine solche tritt aber ein, da das
Thermometer im Wasserbade nach Einbringen des auf 180®
erhitzten Stiftes in der ersten Minute bis zu einem Maximum
ansteigt^ um dann zunächst langsam zu fallen. Dabei war
Sorge getragen, daß der Stift beim Herumschwenken im Bade
die Thermonieterkugel nicht etwa berührt hatte. Der Verlauf
der Teni])eratur soll durch ein Beispiel gekennzeichnet werden.
In dem Augenblicke, in dem der Stift in das Kalorimeter-
gefaß eingetaucht wurde, betrug die Temperatur des Wassers
15,1 30 ^ die Temperatur der Umgebung 19,4®; dann wurde
gefunden:
uach 30 Sek.
1 Min.
1 Min. 30 Sek.
2 Min.
2 Min. 30 Sek.
17,180^
1 7,280 <^
17,240°
17,235 <»
1 7,285 0
3 Min.
3 Min. 30 Sek.
4 Min.
17,235^
17,240 <^
17,245®
Der Stift hat also von der an die Flüssigkeit bereits ab-
gegebenen Wärme einen Teil wieder für sich verbraucht.
Dieser Vorgang steht in Übereinstimmung mit der Abnahme
der spezitischen Wärme über 100®.
Die Untersuchung des amorj)hen Bleisulfids ergab zwischen
15 und 100® die gut übereinstimmenden Werte 0,119, 0,116
und 0,117, woraus sich ein Mittelwert von 0,117 ergibt.
Spez, Wärme in Beziehung zum elektr, Leitoermogen. 201
Das amorphe Sulfid besitzt mithin unter den untersuchten
Modifikationen den größten Euergieinhalt, der geschmolzene
Bleiglanz den kleinsten. Es wurde gezeigt^ daß der ge-
schmolzene Bleiglanz ein sehr guter, das amorphe Sulfid da-
gegen ein schlechter Leiter der Elektrizität ist Der natür-
liche Bleiglauz und die aus dessen Pulver gepreßten Formen
stehen in bezug auf ihr Leitvermögen in der Mitte und
werden von der Temperatur in hohem Grade beeinflußt. Auch
in bezug auf ihre spezifische Wärme halten sie die Mitte
zwischen geschmolzener und amorpher Modifikation und sind
mit der Temperatur veränderlich. Erwärmt und kühlt man
einen Stift wiederholt, so zeigt er, immer wieder bei Zimmer-
temperatur gemessen, eine fortschreitende Erhöhuug seines Leit-
vermögens bis zu einem Grenzwert. Das Herabsinken der Werte
für die spezifische Wärme nach unmittelbar vorangegangener
Erwärmung ist wohl gleichfalls als Analogie hierzu anzusehen.
2. Schwefelquecksilber (HgS) besteht in zwei durch Farbe
und Dichte wesentlich unterschiedenen Modifikationen. Die
schwarze durch geringe Dichte ausgezeichnete verhält sich zur
Elektrizitätsleitung wie Bleiglanz, der rote Zinnober dagegen
ist Nichtleiter. Da die schwarze Modifikation die größere
Löslichkeit besitzt und außerdem bei entsprechendem Drucke
in die rote unter Volumenverminderung übergeht, so ist man zur
Annahme berechtigt, daß sie den größeren Energieinhalt be-
sitzt und daher als die weniger stabile anzusehen ist. Die
Bestimmungen der spezitischen Wärmen der Pulver rechtfertigen
diese Annahme. Für den kristallinischen Zinnober, dessen
Masse 53,89 g betrug, fanden sich innerhalb der Temperatur-
grenzen von 15 und 100^ die Werte 0,0544, 0,0555, 0,0545,
im Mittel also 0,0548, für das schwarze amorphe Sulfid,
dessen Pulver 22,985 g wog, die Einzelwerte 0,1022, 0,1030
und 0,1026, woraus sich ein Mittelwert von 0,1026 ergibt
Der Energieinhalt des schwarzen Sulfids ist also doppelt so
groß, als der des roten. Während das Bleisulfid sein bestes
Leitvermögen in jener Modifikation besitzt, der die kleinste
spezifische Wärme zu eigen ist, verhält es sich beim Queck-
silbersulfid umgekehrt.
3. Schwefelsilber, Ag^S. Die Untersuchung erstreckte sich
nur auf die amorphe Modifikation im pulverformigen Zustande.
202 F. Streintz.
Die bereits beim Bleiglanz erwähnte Erscheinung einer Ver-
minderung der spezifischen Wärme ^ wenn das Pulver gleich
nach der Abkühlung einer neuerlichen Erwärmung unterworfen
wird, zeigte sich auch hier und in noch aufiälligerer Weise.
Im nachstehenden sind die mittleren spezifischen Wärmen
zwischen 15 und 100^ angegeben, die mit einer Pulyermenge
von 16,72 g an verschiedenen Tagen gefunden wurden.
22. Juni 0,0800 25. Juni 0,0794
24. Juni 0,0818 0,0762*
0,0762* 26. Juni 0,0795
0,0808 0,0743*
0,0809
Die mit * bezeichneten Werte beziehen sich auf Versuche,
die auf vorangegangene unmittelbar folgten. Läßt man diese
Zahlen beiseite und nimmt aus den übrigen das Mittel, so
erhält man 0,0804 als mittlere spezifische Wärme zwischen
15 und 100^. Das Joule -Kopp sehe Gesetz verlangt eine
spez. Wärme von 0,0706, wenn man nach Behn für die Atom-
wärme des Silbers den Wert 6,0 einsetzt. Die Überein-
stimmung mit dem Gesetze ist mithin mangelhaft; wahrschein-
lieh wird sie auch nicht besser, wenn man das amorphe durch
das natürliche kristallinische Pulver ersetzt, da auch das
elektrische Leitvermögen von der Natur der Modifikation
kaum beeinflußt wird.
Die Bestimmungen bei höheren Temperaturen erfolgten
in mehrstündigen Zwischenpausen; es ergaben sich folgende
Werte:
Temperaturin terval 1
Sp<
3z. Wärme
15 und 138 <^
0,0814
15 „ 160^
0,0823
15 „ 164<^
0,0923
15 „ 171,8«
0,104
15 „ 182 0
0,112
15 „ 186®
0,114
15 „ 209,5«
0,118
Aus der Tabelle geht hervor, daß von 100^ aufwärts zu-
nächst eine langsame Zunahme der spezifischen Wärme ein-
tritt; zwischen 160 und 170^ wahrscheinlich in unmittelbarer
Nähe von 164^, tritt eine sprungweise Änderung in der
spezifischen Wärme ein. Diese ist offenbar einer Umwandlung,
Spez, Wärme in Beziehung zum elektr, LeitoermÖgen, 203
die wie bei Bleiglanz unter Wärmebindung vor sich geht, zu-
zuschreiben. Über 170^ findet wieder eine allmähliche Zu-
nahme statt.
Die Untersuchung war bereits beendet, als ich auf eine
Arbeit von Bellati und Lussana^] aufmerksam wurde, die
gleichfalls die Untersuchung der spezifischen Wärme des
Schwefelsilbers bei verschiedenen Temperaturen zum Gegen-
stande hat. Die Abhängigkeit der spezifischen Wärme von
der Temperatur wird von den beiden Physikern durch die
Gleichung y = 0,07177 + 0,0000678 t zwischen den Grenzen
t = 7^ und =175^ ausgedrückt Bei 175^ trat eine Umwand-
lung ein, so daß die mittlere spezifische Wärme zwischen 175
und 220^ den Wert 0,0891 annahm. Diese Angaben konnte
ich nur Srcferaten entnehmen, die in verschiedenen deutschen
Zeitschriften erschienen sind. Ich konnte keinen Aufschluß
darüber erhalten, ob sich die Untersuchung auf das Pulver,
auf Kristalle oder auf das geschmolzene Produkt bezog. Der
physikalische Zustand spielt aber, wie aus der Untersuchung
des Schwefelbleies hervorgeht, eine bedeutsame Rolle.
Der Temperaturkoeffizient der spezifischen Wärme ist bei
AgjS größer als bei PbS, Pulver mit Pulver verglichen. Die
Zunahme des Leitvermögens ist bei dem ersten Sulfid gleich-
falls größer als beim zweiten.
Das Leitvermögen eines Silberglanzstiftes wird durch
vorangegangene Erwärmungen gleichfalls erhöht; die spezifische
Wärme des Pulvers nach unmittelbar vorangegangener Er-
wärmung erniedrigt.
Gäbe es Methoden, die Änderung der spezifischen Wärmen
von Grad zu Grad ebenso rasch als sicher zu bestimmen, wie
Änderungen des Leitvermögens, so ließen sich wohl die
Analogien zwischen beiden Eigenschaften viel weiter führen.
Vielleicht reicht die Mitteilung aber doch hin, daß man zu
einer beiläufigen Vorstellung gelangt, in welcher Weise das
elektrische Leitvermögen durch den jeweiligen molekularen
Zustand der Verbindung beeinflußt wird.
Graz, Physik. Inst. d. Univ., Juli 1903.
1) M.Bellati u. S.Lussana, Atti del Inst. Ven. (6) 7. p. 1051. 1888/89.
(Eingegaugen 6. August 1903.)
204
28. Periodic Golor Distributions in Relation to the
Coronas of Glondy Gondensation, with a Bevisioii
of Goronas.
By Carl Barus in Providence.
Introduction.
1. Purpose and plan, — The growing importance of cosmic
dust ^) in relation to geophysic phenomena^ suggested the need
of developing a method by which the atmospheric dust Con-
tents could be speedily and systematically determined. An
appropriate method for this purpose was tested in a number
of my earlier papers ^ which gave promise of being in a
measure independent of merely local or accidental dust distri-
butions. It is based on the measurement of the angolar
apertures of the Coronas produced on suddenly cooling meist
atmospheric air under definite conditions. Observations of
atmosi)heric nucleation made in this way for about a year
show results of considerable interest.
There is some difficulty, however, in reducing these data
to absolute values (number of nuclei, w, per cubic centimeter),
inasmuch as the Coronas obtained with lamplight very fre-
(juently i)ass beyond the ordinary white centered normal type,
into the more complex forms corresponding to very small
particles. I have tliereforc been obliged to make an extended
study of Coronas.^) The method pursued consisted in highly
nucleating the air stored within a given receiver over water
(with adequate provision for continued Saturation), and then
1) The pionoering work of Aitken is well known and cited in my
earlier papers.
2j Science 16. p. 948. 1902; Physical Review 16. p. 193. 1902:
1. c. 17. p. 234. 1903.
3) Phil. Mag. (6j 6. p. 24. 1902; American Journ. of Science (4)
i:i. p. 81. 1902; 1. c. IT), p. 335. 1908; Physical Review 1. c; Smith-
soniaii Contributious to Knowledge, No. 1373. 29. p. 1—180. 908.
Periodic color distnbutions, 205
withdrawing definite amounts of it by successive partial exhaustion.
If the nucleated air is replaced by filtered air free from nuclei,
the residual number of nnclei in the receiver must decrease
in geometric progression with the number of partial exhaustions.
The latter, moreover, produce the sudden cooling by which
the Coronas are obtained. Let m be the moisture precipitated
per cubic centimeter, in any exhaustioD, n the number of cloud
particles contained, d the diameter of each: then n=%mjnd^,
Since for the successive partial exhaustions m is constant,
n foUows from d, and vice versa.
Two methods are available for the absolute measurement
of d. One may determine the apertures of the Coronas (so
long as these are normal] by a suitable goniometer, or one
may find the rate of subsidence of the cloud particles. Both
are approximate and limited in scope. Two methods, fur-
thermore are available for measuring the nucleation, n, or
at least relations of n. Aitken's dust counter may be applied
[work ^) with this end in view is in progress] or the values
of n may be made to decrease geometrically in the way just
specified until normal Coronas are obtained, for which d fol-
lows from aperture. For the last of these methods I have
already published data; but in the course of over a years
additional experimentation a number of new developments
have shown themselves which it is my purpose here to eluci-
date. In the first place the method formerly used for deter-
mining m, gave results much too small. These are corrected
in the present paper. In the second place, the Coronas were
supposed to be observed under adiabatic conditions of tem-
perature; direct experiments in this paper show that the air
temperatures during which the Coronas are observed are nearly
isothermal. Moerover the new results prove that in addition
to the systematic loss of nuclei by exhaustion as thus fully
computed, there is an additional loss which has hitherto
escaped me. Each exhaustion in fact is accompanied by a
definite loss of nuclei, for which reasons must be investigated.
1) Aitken*8 dust counter may be dispensed with, and the intensity
of the nncleator determined by condensation in benzol vapor, in which
the Coronas are all normal. See Smithsonian Contributions 1. c.
p. 55 et seq.
206
C. Bann.
tliiallj I have in this paper ased both electric and mooo-
chromatic light as a source, aa well aa the Welsbacli mantel
employed for practical purposes. Naturally &om tlie intro-
ductioQ of iutßnse violets the Coronas become more complicated
but it is only in this way that their true natura may be
detected.
Tabulated data and descriptions of apparatus, etc., will
be omitted in what followB, for lack of room. The latter may
Pig. 1.
be found in my earüer papera. The chief results of the for-
mer ore given by the accompanying chart. The condensatioQ
Chamber was 20 cm deep, 26 cm high, 35 cm long and lined
with wet cloth. The Coronas were obaerved through plate
glasB. The chamher was placed 85 cm from the goniometer
and 250 cm from the source of light and the eye focussed for
long distances.
2. ColoT distributions. — lu classifying the Coronas a State-
ment of the colors of the tirst two or three annuti counted &om
Periodic color distributions, 207
the center will usually suffice. Por the case of the electric
light the central patch remains white, or at least opalescent
For convenience in specifying color the foUowing abbrevia-
tions will be used throughout: w white, p purple, c crimson,
r orange-red, br brown, o orange, y yellow, g green, b blue,
V violet.
Mixed colors are written together, thus bg is blue green,
rv red yiolet A dash denotes an approximation to the color;
thus V is bluish, which has been otherwise indeterminable.
A dot denotes a deep or dark color; thus h is dark blue.
A mere line denotes a color ring too narrow or dark to be
recognized. This is the frequent transition from red to green,
marked torjg.
Beginning with the most intense nucleation obtainable,
i. e. with particles of the least size producible, the foUowing
Coronas appear in succession, at first filmy and fleeting, but
eventually brilliant and dense. The numerals attached to the
series are arbitrary.
. , , , to o ...
n. wvg'; Ä'Jr'; w' gv\ wyvbgi wyovg'\ wcygv\
There is thus an obvious tendency for the colors succeed-
ing white to follow each other in the order of wavelength,
as the particles continually increase in diameter. All inter-
mediate gradations are represented. The second cycle is nearly
complete, the first can not be obtained except in the opale-
scent orange tint, unless the steam jet is employed. The se-
cond annulus of any Corona is apt to vary in width so as to
be unequally important
The next series (III) for successively larger particles is a
contraction of the preceding. There is obviously much over-
lapping. The following types of Coronas may be cited. The
colors are veiy brilliant. The second „green" Corona is par-
ticularly characteristic, consisting of three broad color bands
and the diso is green with the Welsbach lamp.
in. wvphgr\ wghp\ %oyo{b)gbr\ wr{b)gr\
The next series (IV) is a Variation o{ wr' bgr approaching
the steady normal Coronas of the next cycle. The colors are
very closely packed together, so that it is difficult to produce
208 a Barus.
definite types of them at will. Incidentally howeyer the ,,green''
Corona wg'hp is obtained particularly with the Welsbach
lamp; while the red of the first ring changes from y^ to ftr'.
wr'jg is frequent
In succeeding Coronas the normal type is practically per-
manent and the observable Variation is merely in diameter.
All apertureS; s, will be measared to the outer edge of
the first ring as the contrast here is always sharp. If ^ is
the angular radius of the goniometer (arm £ = 30 cm),
2sin^ = sfR.
Method of Reduotion.
3. Con^tants of the Geometrie Progression, — To determine
whether the factor of the geometric progression of successive
nucleationS; numbered z, was to be computed isothermaUy er
adiabatically^ a series of direct temperature measarements was
deemed necessary. These were made by aid of a thermo-
couple of extremely thin wires (0,007 cm in diameter), of
copper and german silver. The results (omitted) showed that
after the lapsc of one minute following the sudden exhaustion
the temperature has been regained to within a degree. I have
therefore computed the density ratio of nucleation qjq' ^njn\
before and after exhaustion as follows.
Since p^EqO- in the usual notation of Boyles law,
and p = P — p where P is the reduced reading of the mer-
cury gauge and p' the vapor pressure of water vapor,
(>/(/ = (P-;.)/(P'-/)(l-a^9•/^^).
The correction S&I&, being by the table 0,7/293 = 0,0024
or about ^4 perc, may be neglected (§ 4). Hence
y = i,'l(j=l-Spl{P-p'),
where Sp is the pressure difi'erence selected. Thus the relative
nucleation N, not corrected for time losses etc., would be
]V=g*= 10-^««y where y = 0,77 and N=10-^^^^^*.
4. Time losses, — Nuclei apparantly decay spontaneously
in the lapse of time, t, and a correction is to be added to N. Since
this loss is relativcly small in view of the short time intervals
occurring in the observations, n =^ n^lO^ ^*—^\ may be assu-
med for convenience. Hence if n be the nucleation due to a
Periodic color distributions. 209
given Corona seen at low pressure or the identical nucleation at
atmospheric pressure after iiltered air has been added^ the next
Corona after z exhaustions and t minutes will correspond to
«j = nlO"^<*K y + ^C'-*»). Thus it is merely necessary to know
the relative values of n or the nucleation ratios to find /?.
The Chief result of this paragraph is the relativelj small
value of the coefficient {b = 0^002) of time loss of nuclei. Its
eflfect on the results may therefore be neglected (tested), par-
ticularly as the effect is in part compensated by the tem-
perature üactor of the preceding paragraph.
5. Exhaustion losses. — I shall next consider the inde-
pendent destruction of nuclei which accompanies each ex-
haustion. This loss did not appear in my original inyesti-
gations, probably because the spherical receiyer used was not
lined with wet cloth.
From what has preceded the relative number of nuclei
after z exhaustions is lO«^®«», whereas in the region of nor-
mal Coronas the absolute number is certainly very nearly
n = C s*, where (7 is a known constant Hence the ratio
r =s Cs^ I lO'^^^y should be constant whereas experiment
shows roughly that r = r^^ (1 — of ^r), a being the coefficient of
exhaustion loss and r^ = Cs^^ the arbitrary initial ratio for
z = 0. This result is a mere approximation and the pheno-
menon may be fuUy explained in terms of suhsidence of fog.
In this case 10^ Ä = 9]/r, where R is the radius of the water
particle and v its rate of suhsidence. Since 2R = d = 0,0032 /ä,
approximately, v = 1^78^/5^ or if v refers to minutes v = 190/^^
The relative loss, / per minute is for a vessel of height h
and nucleation n, / = r/Ä = 190/ä«^. K as in the above
condensation Chamber, the height is A = 26,5 cm, / = l,2js^.
6. The optic constant. Diameters hy diffra^tion. — The
proportionality of diameter of particle with the inverse aper-
ture may be assumed for normal Coronas. The occurrence of
periodicity in the higher Coronas modifies these simple con-
ditions. It is well known that for a single particle, the
masterly work of LommeP) has given a complete treatment
1) E. Lommel, Abhandl. d. k. bayr. Akad. d. Wissensch. [2] 15.
p. 229. 18S4.
BoltsmanD-Festscbrift. H
210 C. Barus.
of the difiractions in terms of Bessel fanctions. It is the
object of the present paper to indicate the divergences for a
group of particles and Tanishing diametera.
In meteorological werk for a particle of diameter d and
for uniformly normal Coronas^ the equation sin^ = l,22il/^
is usually assumed, if the angular radius of the Corona is (p
and the waye length in question^ L Since in my goniometer
2 sin ^ =s sjR, where Ä s= 30 cm, ds = a=: 78,2 L
In yiew of the theoretical uncertainty of these yaiues in
the case of the distribution of particles met with in the
above experiments, I have usually relied on the results of
direct comparisons with the Corona of lycopodium spores where
d^ = 0,0032 cm. Here a = d^s^ == 0,0034 for measurements
to the outer edge of the first ring.
7. The optic constant Diameters from subsidence. — In
my earlier work the condensation Chamber was not cloth lined,
and the subsidence data quite untrustworthy. In the present
cloth lined receiver kept wet on all sides, subsidence data are
reasonably satisfactory. The Coronas however change character
during subsidence and in case of the initial opalescent Coronas
(Series II, § 2) all Coronas vanish into a mere fog before
subsidence is even appreciable. Finally the upper plane boun-
dary of the fog which at the outset appears as a sharp hori-
zontal line even 50 cm long, even after 1 or 2 min. becomes
more and more vague. Subsidence is here accelerated. Hence
it is chiefly for the normal Coronas that subsidence data are
available, and fortunately it is precisely here that they are
wanted.
8. Summary of optic constants, — The foUowing series of
values of a = ds has been obtained when the measurements
of aperture are made to the outer edge of the first ring.
Optically (blue) a = 0,00344
From lycopodium (d^ = 0,0032) a = 0,00836
From subsidence a = 0,00291
The latter is decidedly the smaller corresponding closely to
optical puce-violet (0,00293). The datum for subsidence will
nevertheless be chosen; being simplest in character it is appa-
rantly the most trustworthy. Since n s= (6m/;ra^Ä^, if the
Periodic color distributions. 211
metbod of Wilson and Thomson^) be used for the compu-
tation of m the following values in grams per cabic centim.
are applicable at the temperatures stated, for the pressure
difference ^;> = 17 cm.
6= 10» 20<> 30«
10« X w = 8,7 4,6 6,7
9. Besvlting equations applied. — From what has been
stated it follows that the first quantity to be found is the
initial nucleation, n^, i. e. the nucleation which obtains when
z ^ Z. This depends on incidental conditions such as the
intensity of the ionizer^ the first corona seen {Z) etc., and is
therefore quite arbitrary. In the tables^ for instance^ n^ = Uq.
Hence
which will be abbreviated
n^ = n^ 10(— *) 108 y'n{l - 5/ä«).
This equation affords in the first place a means of Com-
puting S. For in the regiön of normal Coronas n is given by
the apertures of the Coronas. Thus S = 2,65. With this
value of S, the data Nn{l — Sjs^ may be computed throughout.
Then in the region of normal Coronas the fundamental con-
stant of the reduction follows as n^ = 370 5^/iV^ 77(1 — iS/«^.
With this constant the true value of the nucleation (number
of particles per cub. cm) is computed for all Coronas as
w = noiV/7(l - 5/52).
10. Remarks on the tables. — The graphs show four in-
dependent series of observations of diameter, d, and nucleation
(particles per cub. cm), in terms of the relative aperture
^ = 60 sin (p where (p is the angular radius. The partial ex-
haustion is to 17 cm and the standardization is by subsidence,
§ 8. If standardized by diflfraction, the n data would be
about 0,6 smaller or the upper "green" corona, for instance
showing n = 98 000 would then show n = 60 000 nuclei. The
corresponding d effect is much smaller, being + 0,2.
1) Cf. J. J. Thomson, Phil. Mag. (5) 46. p. 538. 1898.
14*
212 C. Bartu.
Tbe graphs, n in terms of s, give evidence of three cycles.
In the second series there are apparanüy four oycleB, the two
Iower being distinct. The horizontal position of the cuepB ia
SB cloeely in accord as the meaaurements justii^. The v^tioal
Position Buffers from the shift and difficaltf Borroanding Üie
absolute evaluation of n. Throughoat their extent, howerer,
the fundamental smäarity of the graphs is unmistaksble, ae
Pig- 2.
is further shown iu the corresponding curves for ruby light,
since n'= 6m/«rf' = (6m/na*)«* = 23(s/10';i)3, approximately,
the fluctuation of n with Jl is obvioua; but the feature of the
phenomenon is aone the less the occiirrence of ci/clk variatioru
in the color of the innermost ring. The correction implied
in the laBt eqnation would be more than safficient. The
violet coronaB are to be depressed as regards n and the red
Coronas raised in their n values.
Periodic color distribuHons, 213
11. Diameters of fog partides. — Having determined the
true yalues of n, the diameters of fog particles may be com-
puted for each aperture since d = y6m/;rn = 0,021 n-Vt.
The results are plotted in the corresponding graphs. Each
of these {d as a fanction of s) shows the three cycles already
determined and the cusps lie at ^ = 0,0007 to 0,0008 cm
and d = 0,0005 to 0,00055 cm, or that the intermediate and
particularly luminous cyclo Covers a ränge corresponding to
about ten times the waye lengths of the visible sp'ectrum.
Bat two of the cusps are unmistakably marked, while in other
respects the graphs retain the hyperbolic contour, ds ^ const
Since n ~ Vi ig the cubical volume which contains one
fog particle, djn " '/■ is the ratio of the diameter of par-
ticles to the distance between particles, constant throughout.
The distance between centers is thus about 48 times the dia-
meter of particles for the temperature and pressure conditions
preyailing during the exhaustions.
One may note that the diameters found are independent
of m; after reduction since the same equation also holds for Z,
Z-l
where s^ is the aperture of the normal corona numbered Z.
Thus d depends on a, y and s and does not therefore differ
much jfrom my earlier values except insofar as a and y were
differently determined and S not observed.
Finally since nd^ = Qmln == const., the relation of n and
d are reciprocal and maxima in n thus correspond to minima
in d. The curves bear this out. The periods indicated by
the cusps in the d curves may be placed in conformity with
§11, and their mean position may be rated at rf = 0,00072,
0,00054, 0,00036 or in the ratio of 4, 3, and 2. In other
words they are roughly multiples of the cyclo datum 0,00018 cm
and throughout large as compared with wave length.
12. Mono'chromatic light — The two independent curves
in the chart for ruby light, substantiate the conclusions already
drawD. I need merely add that cusps in the positions
214 6'. Barus. Periodic color dUtributions,
J = 6, 4, 3, 2 X 0,00018 cm have been recognized. Further-
more rCI* j d = bO.
13. Axi€U color s. — Little need be added to my earlier
obseryations (1. c.) on ihese important accompaniments of the
higher Coronas (series I and II], except that ihe white light
is colored by the action of more than one particle.
Providence, Brown üniversity, U. S. A., July 1903,
(Eingegangen 11. August 1908.)
215
29. Der schiefe Wurf im luftleeren fiaume als Zentral-
bewegung.
Von E. Lampe in Berlin.
Nimmt man an, daß die Richtungen aller Schwere-
beschleunigungen durch den Mittelpunkt 0 der Erde gehen,
und daß die Größe dieser Beschleunigungen dem Quadrat des
Abstaudes Ton 0 umgekehrt proportional ist, sieht man ferner
von der Botation der Erde um ihre Achse ab, so kann die
Bewegung eines unter dem Abgangswinkel a gegen die Hori-
zontalebene mit der Anfangsgeschwindigkieit v^ geschleuderten
(als Punkt betrachteten) Geschosses nach den bekannten Gesetzen
der Zentralbewegung unter der Einwirkung einer dem Quadrate
der Entfernung umgekehrt proportionalen Kraft behandelt wer-
den. Das im folgenden angegebene Verfahren, das sich nur
der Eepl ersehen Gesetze und der Elemente der analytischen
Geometrie bedient, ist von mir vor längerer Zeit im Unter-
richte zu dem Zwecke durchgeführt worden, damit die Gesetze
der Planetenbewegung an diesem Beispiele veranschaulicht
und die Analogien mit den Sätzen der parabolischen Wurf-
bewegung aufgedeckt würden.
Unter anderem brauchen wir die folgende bekannte Kon-
struktion des Krümmungsmittelpunktes M für einen Punkt P
eines Kegelschnittes. Die Normale des Kegelschnittes in M
schneide die Brennpunktsachse in N\ das in N auf NF er-
richtete Lot treflfe den nach P von dem Brennpunkte F ge-
zogenen Fahrstrahl in ]j\ dann schneidet das in L auf PP
errichtete Lot die Normale iV^P im Krtimmungsmittelpunkte M,
La Fig. 1 sei 0 der Erdmittelpunkt, A der Abgangspunkt
des Geschosses, A B die Anfangsrichtung, daher Winkel 0 AB
^ £c + \n. Das auf ^ P in ^ errichtete Lot A M ist die
Normale der Bahnlinie in A ; folglich Winkel M A 0 = a.
Die Schwerebeschleunigung ^ in A hat die Richtung A0\ ihre
in die Normale AM der Bahnlinie fallende Komponente ist
216
E, Lampe.
daher g cos a. Die Bahnlinie selbst ist eine Ellipse mit 0 als
Brennpunkt, AB als Tangente in A, Ist nun q der Krüm-
mungsradius der Ellipse in A, so ist die Zentripetalbeschleunigimg
in A einerseits Vq^jq^ andererseits ^.cosa, mithin
Q =^ %^ I ff COS cc = QqI cos cc ,
wenn zur Abkürzung v^^ j ff = Qq gesetzt wird.
Man trage q ^ AM auf die Normale der Bahn in A auf,
SO ist M der Erümmungsmittelpunkt der Ellipse für A. Aus M
falle man das Lot ML
auf 0 A^ aus L das Lot
L N auf A M^ so ist N ein
Punkt der Brennpunkts-
achse der Ellipse, 0 N also
diese Achse. Macht man
noch Winkel N A F =^
OAN=a, so ist F der
zweite Brennpunkt der
Ellipse, 0A + AF^2a
die Länge der großen
Achse.
Aus der hiermit gefundenen Konstruktion der gesuchten
Bahnlinie folgt die Berechnung ihrer Elemente. Man setze
noch Winkel NOA = 0. Es war AM ^ q = g^j cosa\ also
L A = (Jq, an = QqCosu. Der Winkel 0 folgt nun mit Hilfe
der Sinusregel aus dem Dreiecke ONA. Setzt man den Erd-
radius 0 A = J?, 80 ergibt sich
^ ' ^ R — Qq cos" ff
Ebenso erhält man AF = r aus dem Dreiecke 0 AF:
Fig. 1.
(2)
r =
QoR
2R- Qo
Dieser Abstand r ist unabhängig vom Abgangswinkel a.
Für eine konstant gehaltene Abgangsgeschwindigkeit v^ und einen
variablen Abgangswinkel a ist also der Ort von F eine Kugel-
fiäche um A als Zentrum mit r als Radius. Der Mittelpunkt
der zugehörigen Wurfellipse hälftet OF. Mithin liegen die
Mittelpunkte aller Bahnellipsen bei konstanter Anfangsgeschwin-
digkeit und variablem Abgangswinkel auf einer Kugelfläche
Schiefer Wurf als Zentralbewegung, 217
▼om Sadius |^ r um den Halbierungspunkt von 0 Ä süa Mittel-
punkt.
Die Länge der großen Achse 2 a ist gleich 0Ä + AF]
mit Einsetzung von r =^ AF, 2a==Ä + r,
also unabhängig von a, d. h. bei konstanter Abgangsgeschwin-
digkeit Vq haben alle Bahnellipsen große Achsen von derselben
Länge 2 a.
Aus dem Dreiecke OAF folgt OF: sm2cc = OA : sin(2a + 6),
oder 0 JF*. sin (2 a + ö) = Ä . sin 2 a. Setzt man 0 F. cos d ^ x,
OF.sind = g, so hat man für den Punkt F die Gleichung:
X sin 2 e^ + y cos 2 ck = A sin 2 of ^
eine leicht zu konstruierende Gerade; auf derselben bewegt
sich i^, wenn cc konstant gehalten wird^ v^ sich ändert
Bekanntlich ist die Projektion der Normale AN auf den
Radiusvektor 0 A gleich dem halben Parameter p der Ellipse^
d. h. p =s AN. cos cc = Qq cos^ a = a (1 — €*), wenn € die nume-
rische Exzentrizität ist, also 1 — «^ = g^cos^ccja, oder:
(4) 7? = Po cos* a, « = — , wo F = yÄ* — p^,(2E — pjcos^a.
Die Gleichung der Bahnellipse in Polarkoordinaten u, d,
bezogen auf 0 als Pol, OA als Polarachse ist nun endlich:
(5) " = 1 -t--^^'
^ ' 1 — 8 cos (9 — ö)
Aufgabe. Gegeben der Abgangspunkt A, der Zielpunkt B,
die Anfangsgeschwindigkeit r^ ; gesucht die Bahnellipse.
Lösung. Von der Bahnellipse sind bekannt: 1. der
Brennpunkt 0, 2. der Punkt A, 3. der Punkt £, 4. der Orts-
kreis für F, 5. die große Achse 2a = R + r (Fig. 2). Man be-
schreibe um O als Mittelpunkt mit . R + r als Radius den
Ejreis, femer den Kreis um A als Mittelpunkt mit r als Radius.
Die Verbindungslinie 0 B treffe den ersteren Kreis in C, so ist
0 C = 2a. Dann ist B C der Abstand des zweiten Brenn-
punktes der Ellipse von B. Der Kreis um B als Mittelpunkt
mit BC als Radius treffe den Ortskreis für F in den beiden
Punkten F^ und F^. Die beiden Ellipsen durch A (und B) mit den
Brennpunkten 0, F^ und 0, F^ sind die verlangten Wurflinien.
218
E, Lampe,
Fig. 2.
Wenn der Kreis um B mit BC sSä Radius den Ortskreis für
F um A nicht schneidet, so gibt es keine Wurf linie, d. h. der
Punkt B ist mit der Anfangsgeschwindigkeit v^ von Ä aus
nicht erreichbar. Wenn der Kreis um B den Ortskreis um Ä
berührt, so gibt es nur eine einzige Wurfellipse. Der Ort
solcher Punkte B^ liefert
die überhaupt noch er-
reichbaren Punkte. Setzt
man den Radius B^ C^ des
um Bq beschriebenen
Kreises gleich r^, so ist
offenbar B^0 + B^Ä^
R + T'-r^ + r + r^r^::
R + 2r, d. h. die „Sicher-
heitskurve" , außerhalb
deren die nicht erreich-
baren Punkte liegen, ist
die Ellipse mit den Brenn-
punkten 0 und Äf, der
großen Halbachse R + 2r.
Der Scheitel S der Ellipse hälftet das Segment des Fahr-
strahles OF zwischen dem Ortskreis von F und dem Kreise
vom Radius 2 a um 0. Danach kann der Ort von S ohne
Schwierigkeit bestimmt werden; derselbe ist jedoch keine der
bekannteren Kurven. Wenn 0 ins Unendliche rückt, wird der
Bj'eis um 0 zur Tangente des Ortskreises von F\ in diesem Falle
geht der Ort von S, wie leicht ersichtlich, in eine Ellipse mit
den Halbachsen r und ^r über (bekannter Satz beim para-
bolischen Wurf).
Nach dieser synthetischen Betrachtung mag nun auch die
analytische Untersuchung folgen.
Die Wurfweite w soll unter der Voraussetzung berechnet
werden, daß die Erde eine Kugel vom Radius R ist. Dann
ist M7 = 2ÄÖ, weil die Wurfellipse symmetrisch zxx 0 F in
Fig. 1 liegt, also nach (1)
fo\ o T> /i o T^ X Po sin « cos a
(6) w = 2R0 = 2 jf^arctg -^ . »
^ ' ^ R — Qq cos* ff
oder da man tgö mit 0 für kleine Winkel vertauschen darf,
angenähert:
Schiefer Wurf ah Zeniralbewegung. 219
«
./> V 2 /? Po sin et cos a
^ ' R — Qq cos* ff
Das Maximum w' von tr findet man hiemach f&r co%2a
=» Po / (2 Ä - (>o), und zwar
(6 b) tt?' = 2 Ä arctg — — ^
2yÄ(Ä-^o)
angenähert gleich ^
Die Wurfweite w^ wird bei der Annahme einer para-
bolischen Wurflinie bekanntlich durch Formel.
Wq =a Vq^ sin 2 flf/^ = Po sin 2 a
gegeben. Setzt man nach Formel
ta^\ Of^BÜn^a • o fi . Po COS*« • Po'^OS*« ,
80 ergibt sich
• O poC08'<* fi • Po cos' O . Po* COS* ff ,
w--w^^Q^^\u2a.^^ — ^ + "ä — + ly + •"
Diese Differenz beträgt z. B. fiir v^, = 500 m, a = 30®,
Ä = 2 . lO^Ä, g = 9,81 etwa 66,4 m, nämlich tr = 22 136,4 m,
w^ 8s 22 070 m. Daß diese Differenz einen solchen Betrag er-
reicht^ liegt jedoch daran, daß bei w^ die Entfernung auf der
Horizontalebene gerechnet ist, während w als die Entfernung
auf der gekrümmten KugelHäche genommen ist. Liegt im
ersteren Falle der Aufschlagspunkt h Meter über der Erd-
oberfläche, so ist Wq^ = h{h + 2Ii), also angenähert h = Wq^I2B.
Das Geschoß treffe die Erdoberfläche x Meter hinter dem Fuß-
punkte von h, so hat man (alle Bogen als gerade Linien in
Rechnung gestellt) x = Acotga = u?^2cotga/2Ä, oder
Po* sin* 2 ff cotg ff 2 fli'^ 2 ff . cos' ff
'= 2R - = ^0 E ' '
d. h. gleich dem ersten Gliede der Diflerenz in w — w^. In
dem obigen Zahlen beispiele ist x = 66,26. Mit Berücksichtigung
dieses Umstandes ist also praktisch die Differenz der berech-
neten Wurfweiten bei Annahme parabolischer oder elliptischer
Bahnlinie zu vernachlässigen. Interessant ist dagegen der im
vorangehenden begründete Umstand, daß bei großen Wurf-
weiten die Krümmung der Erdoberfläche sich merklich macht.
220 E. Lampe.
Die Höhe H des Scheitels der Wurfellipse über der Elrd-
oberfiäche ist offenbar a •\' a% -^ R. Nun war nach (4):
« = ]/l - ^0 (^ ^" go) cos* a - i/l--^co8»a [vergl. (3)].
Also
H^^a^ ^„
2 '^o 24 a
ZT = 2 a — — p^, cos* a — -7^ -— cos*a — ... — Ä.
= -^eo8in^«
Da aber
SO kann man H nach Einsetzung des Wertes von a in die Reihe
wie folgt schreiben:
ir= \-Q,^m^a + H*(l - cos*«)
+ ^^'(1 + co8*a-2cos«a) + ...
l + ^(l+cos*a)
+ -^^(1 + cos* a + 2 cos* a) + ...1.
Beim parabolischen Wurfe ist die Höhe H^ des Scheitels der
Parabel Hq = v^,* sin* ccl2g ^ \Qq sin* a.
In dem obigen Zahlenbeispiel findet man ZT = 3196 m,
Hq = 3185,5 m, also U — H^ — 10,5 m. Da aber R^ sich auf
die Horizontalebene bezieht, so sind beide Zahlen nicht direkt
vergleichbar; man hat U^ noch um ein leicht zu berechnendes
Stück zu Tergrößem imd erhält dann nahezu die gleiche Zahl
wie für Ä.
Die analytische Behandlung der Sicherheitsellipse kann
man elementar wie folgt in Angriff nehmen.
Aufgabe. Gegeben die Abgangsgeschwindigkeit r^, die
Polarkoordinaten u und ^ des Zielpunktes; den Abgangs-
winkel a zu berechnen. In die Gleichung (5) der Bahnellipse
setze man nach Entwickelung von cos (y — ö) die Werte von
sinö und cosö nach (1) und von 6 nach (4) ein, so folgt:
W \ R — Qq cos' ff , . Oq sin ff cos a \ «
" " " • ~Ä 1^^^ "^ • W + Sin ijr . '^^ ^ 1 = Po cos* cc,
oder aber
Schiefer Wurf als Zentralbewegung, 221
2Ru{\ — cos (p) + Pq {u cos y — ä) = cos 2 a . Pq (ä — tt cos (jp)
+ sin 2 a . ti o^ sin y .
Um diese Gleichung für a zu lösen^ setze man
Pq (Ä — « cos qt)) » Ä . sin t/; , m p^ sin qp = ä . cos t/;,
so wird
Ä = gjE^-2Rucosw + ü\ igt/; = (^J^^.£^,
^^ ' ^ *^ ^ tt.sing)
kBm{2a + ifj) = 2 Ä t£ (1 — cos y) + ()q {u cos (p ^ R).
Aus dieser letzten Gleichung erhält man zwei spitze Winkel a,
solange sin{2 cc + xp) < 1 , keinen reellen Winkel a, sobald
sm{2a + xfj) > \. Ein einziger Winkel a ergibt sich, falls
sin(2 a + t/;) = 1. Dann ist
[2Ru{l — cos y) + Pq (i£ cos y — Ä)}*
= Po^{(^ ~ wcosy)* + Msin^qt;},
oder nach einigen Reduktionen unter Fortlassung des Faktors
u{l — cosqp):
(7) . = - '^•-^^'
Diese Bedingungsgleichung zwischen den Koordinaten u, tp
des Zielpunktes gibt die äußersten mit der Geschwindigkeit v^
von Ä aus erreichbaren Treffpunkte. Es ist dieses die Polar-
gleichung der oben konstruierten Sicherheitsellipse. Ihre
Schnittpunkte mit der Erdoberfläche ergeben die maximale
Wurfweite. Setzt man zu diesem Behufe m = Ä, so findet man
In diesem Falle ist 1/;= J-qp, 8in(2a + i//) = 1, 2a+J.y = 90^,
Sucht man den Schnittpunkt der Sicherheitsellipse mit der
Tangentialebene der Erdoberfläche in A^ so muß man u = 72/ cos ^
222
E, Lampe.
setzen; dann wird sini/; = 0, t/; = 0, also 8in2a = 1^ a = 45 •,
wie beim parabolischen Wurf.
Liegt überhaupt der Zielpunkt des Wurfes in der Tan-
gentialebene, so folgt aus u cos 9 = i% für a die Gleichung
2 i% ti (1 — cos qp) = ti Qq sin ^ sin 2o; ^ sin 2 a =
2Ru
^i9>
also ergänzen sich die beiden Abgangswinkel zu 90^. Der
höchste zulässige Wert für tg^y^ ist (>o/2Ä. Daraus be-
rechnet man die größte Wurfweite in der Tangentialebene
Rtg(p = 4JR^QqI{4E^ -- Qq^ = dem halben Parameter p^ der
Sicherheitsellipse. Beim parabolischen Wurfe ist das Maximum
der Wurfweite in der Horizontal-
ebene gleich Qq] die Differenz
Po - 9o ist (^oV(4Ä* - Po*)-
Will man die Gleichung
der Wurfellipse in die der
Wurfparabel überfuhren, so hat
man in (5] kartesische Koordi-
naten einzusetzen und den
Koordinatenanfang nach A zu
verlegen. Man erhält für A als
Nullpunkt, A 0 als negative
.r- Achse:
Fig. 3.
or-i jl - (1 - 1 cos2 aY\ - -^ -f^ ^^- (1 - I cos2 a) sin a cos a
+
y^(i-
Qq sin* a cos*
Ä»
- j + 2 ar Qq cos^ a — 2y o^ sin a cos a = 0.
Setzt man hierin Ä = oc , so folgt
iß + 2x Oq cos^ a — 2y (;^, sin a cos a = 0,
die bekannte Gleichung der Wurfparabel.
Soll man endlich auch die Geschwindigkeit und die Zeit
des Wurfes berechnen, so ist der Flächensatz heranzuziehen.
Ist in Fig. 3 AÄ'=(isy so ist Sektor AOA'=fl^(ls, wenn
0 L = Iq = NcoHa das Lot von A auf die Tangente in A ist.
Femer ist ds=:v^^dt\ also, wenn noch c die Sektoren-
geschwindigkeit ist, Sektor AOA' = cdt=^l^,VQ dt, c = J- 7?cos a. v^.
Schiefer Wurf als ZentraJhewegiing, 223
Daher für einen vollen Umlauf in der Ellipse mit der Um-
laufszeit T:
n == --E Vn cos aT, T= -^r
Nun ist
b = a ]/i~— 6^ = ^aQ^, cos a [vgl. (4)].
Also
rp _ 2 gVt n ^^'n
" ÄV7 ~(2Ä-^o)'/«V^
unabhängig von a.
Um die Flugzeit t für den in J beginnenden Sektor S zu
finden^ hat man den Inhalt dieses Sektors in bekannter Weise
mit Hilfe der exzentrischen Anomalie v zu finden:
tg
lt? = |/j-;J;-^tgyy, 5=a)/l -62(ö + £sint?).
Dann ist t=T. Sfa b n.
Die Geschwindigkeit v in einem Punkte der Bahn findet
man aus dem Lote / auf die Tangente des Punktes von 0
nach der Formel vi = v^ l^. So gevrinnt man unter anderem
die Geschwindigkeiten in den beiden Scheiteln angenähert:
V = v.cosall - -^Isin^a], v" = -^^- (l - ^^^cos^«) .
" \ 2/2 /' PoC08a\ 2Ä /
(Eingegangen 11. August 1903.)
224
30. über elektrische Strömangen in zylindrisclien
Leitern.
Von A. V. Bäoklund in Lund.
Das Folgende wird allein von derartigen elektrischen
Strömungen bandeln^ die^ einmal in einem zylindrischen Leiter
erregt, sich dort eine längere Zeit erhalten können, wenn der
Leiter entweder frei ist, also etwa von trockener Luft um-
geben, oder auch mit einer koaxialen zylindrischen Hülle
leitenden Charakters versehen ist Solche Ströme werde ich
als Eigenströme des Leiters bezeichnen und mit den folgenden
Zeilen besonders versuchen, einen Beitrag zur Elrledigung der
Frage zu liefern, vrie durch äußere magnetische Kräfte die
Eigenströme eines Leiters verändert werden,
1. Eigenströme eines homogenen zylindrischen Leiters^ wenn er
keiner äußeren magnetischen Kraft atisgesetzt wird. — Wenn
von äußeren magnetischen Kräften abgesehen werden kann,
hat man für das Innere eines vollkommenen Leiters die
Maxwellschen Gleichungen in der folgenden Form anzu-
wenden :
^'" du dv d w ^ r.
Aus den drei ersten dieser Gleichungen leuchtet sofort ein^
daßy wenn drei Integrale u, v, to derselben der durch die vierte
Gleichung ausgedrückten Bedingung zu einer Zeit genügen^ sie
dies auch zu jeder folgenden Zeit tun. Denken wir uns jetzt
einen homogenen metallischen Leiter zylindrischer Form vor-
gelegt, und nehmen wir die Zylinderachse zur i?- Achse und
ihren einen Endpunkt zum Koordinatenanfang, so finden wir aus
den drei ersten jener Gleichungen (1) elektrische Strömungen
in den Querschnitten des Leiters durch folgende Ausdrücke
ihrer Komponenten Uy v, w dargestellt:
ßektr. Strömungen in zylindrischen Leitern. 225
(2)
OD 00 w^ jt ^n
(^'•«. sin ni/; + ^'^^^ cos n V>),
Hierbei sollen wir unter r die Länge des Lotes vom
Pi^uikte [x, tfy z) auf die Zylinderachse, unter ip den Winkel
dieses Lotes mit der Z-Achse und unter L die Länge jener
Zylinderachse yerstehen. Es wird übrigens R der Differential-
gleichung genügen:
(3) |^=(„i_p^«*.)Ä,
e« s r , n eine positive ganze Zahl, besonders
(4)
^ 4(»+ 1) ^4.8(n+ l)(» + 2)
g-'^ I )
4.8.12(n+ l)(» + 2)(fi + 8) ^ " 'J'
wobei p^ eines der obigen ()^^), ()^2)^ ^^s)^ ^^^ jgl; u^d diese p(^*)
Wurzeln der folgenden Grenzbedingung sind:
a der Radius eines Querschnittes des Zylinders. Sämmtliche
diese Wurzeln werden reell, wegen folgender Relation, die
wir aus (3) sofort ableiten:
a
Cr R (()[;), r) R (()W, r) rfr = 0, i ^ A ,
0
und daher auch, wegen der wechselnden Zeichen der Glieder
Ton (5), alle q^^"^ positiv. Die Koeffizienten J, B, Ä\ B' in
(2) lassen sich bekanntlich, nach den Untersuchungen von
Sturm und Liouville ^), so bestimmen, daß für alle Werte
von r zwischen 0 und a
1) Starma. Liouville, Journal von Lioaville 1. p. 106. 269. 1836.
BotUnAon-FwtMhrift. 15
226 A. F. Bäcklund.
00 OD
^..Äce»')» ^^.««(e »•).•*«.
«=i
beliebig Yorgeschriebene Funktionen von r wiedergeben. Dem-
zufolge können diesen Koeffizienten solche Wdrte beigelegt
werden, daß im ganzen zylindrischen Leiter, seine äußere
Begrenzung und seine Achse ausgenommen, jene u und v f&r
^ = 0 beliebige Werte f[x, y, z) und tp {x, y, z) annehmen. Sei nur
dx ^ dy ^'
so müssen, nach meiner anfangs in dieser Notiz gefällten Be«
merkung, die gefundenen Ausdrücke (2) ftlr u, t? und to (=0)
auch immer fllr ^ > 0 die viei-te der Gleichungen (1) erf&Uen.
Besonders einfach wird der Fall: A^^^= ~" -^«i«» -^mit» -''«i«
sowohl als alle übrigen A, . . . B Null. Die Strome werden
dann kreisförmig mit der Z^Achse als gemeinsamer Achse.
2. Einfluß einer konstanten, der Z'Ächse parallelen magnett"
sehen Kraft — Jetzt nehme ich an, daß eine bedeutende
magnetische Kraft wirksam ist, die der ^-Achse parallel geht
und im ganzen Leiter eine konstante Litensität C aufweist
Nach dem, was ich in meiner Abhandlung: Über die magneto»
optischen Erscheinungen ^) auseinandergesetzt habe, geben jetzt
die allgemeinen Maxwellschen Gleichungen für einen voll-
kommenen Leiter statt der obigen (1) die folgenden Formeln:
(6)
.o A 1 Bu , j ^ d (dw dv\
A^u = 4:nku-^ ^ +«^^-ä— hä ä— >
42 .« L Ö<^ f 1 /» ^ l^^ duf\
im Verein mit der jedenfalls geltenden Gleichung:
(7) .^« ö. ö«.^0
^ ' dx 0 y dx
Bremer wissen wir, daß, falls (> die Dichtigkeit der freien
Elektrizität im Punkte {x, y, z) des Leiters bedeutet:
/ox xC (dv du\
1) A. V. Bäcklund, Arkiv för Matern atik etc., utgifvet af K. Svenska
Vetenskapsakademien 1. p. 1. 1908.
Elektr. Strömungen in zylindrischen Leitern. 227
Besonders auf drei Schlüsse aus diesen Gleichungen mochte
ich hier die Aufmerksamkeit lenken. Erstens gilt, wie Yorher,
daß irgend drei Integrale der Gleichungen (6), die zur Zeit
^ = 0 die Gleichung (7) befriedigen, dies auch zu jeder folgen-
den Zeit tun. Zweitens finden wir, daß, wenn zu einer Zeit
i\ A du . dv , dte ^
^ ' ax ay ox '
auch zu jeder folgenden Zeit dieselben Relationen statthaben,
und drittens folgt, daß im letzteren Falle ((> == 0, to = 0 für
f s 0) die Stromkomponenten u und v durch die folgenden
Gleichungen gegeben werden:
Eine Lösung dieser Gleichungen, die der Lösung (2) der
Gleichungen (1) am meisten ähnlich ist, finden wir leicht, näm-
lich durch die folgenden Gleichungen ausgedrückt:
(9)
a = '^ sin y z r * '*" * (u cos p^ t + F sin -^' '^ t],
^ \ « 4w|U « 47I/U /'
Om 71
, q =
die Summierung über alle positiven und ganzen Zahlenwerte
von m erstreckt, und U^, V^ solche Funktionen von x und
y darstellend, die sich durch Auflösung einer Funktion von
X + y^ — 1 ergeben, also
Hierzu ist noch die für die gekrümmte Fläche des Leiters
geltende Bedingung zu erfüllen, die aber bei der Gegenwart
der magnetischen Kraft C nicht durch die obige Gleichung (5),
sondern eher, wenn das umgebende Mittel keine Einwirkung
von jener Kraft erleidet, durch die folgenden Gleichungen
auszudrücken ist:
15*
228 ^ A. F. Bäcklund.
du
= — A(m + kxCv),
dr
dv
die wir zu der einzigen zusammenziehen können:
(10) A (^ + ^ |/:^) = « A(i _ knCy :iT)(« + üV~l), (r = a) ,
woraus folgte daß für r =^ a\
und die Koeffizienten Yon F^ werden demnach komplex. Nur wenn
A = 0, können wir U„ und F. durch bloße Eonstanten ersetzen.
Sonst steht die ^Achse als Ort singulärer Punkte der Funk-
tionen ü und Vy die gewiß ohne derartige Singularitäten Null
wären. Die erwähnten Ströme (9) setzen daher eine Elektri-
zitätserregung zur Zeit ^ = 0 der einen oder anderen Art bei
der if-Achse voraus.
3. Fortsetzung. — Es waren oben u? = 0 und p = 0.
Wenn dagegen zur Zeit ^ = 0 zwar ir, aber nicht p verschwindet,
so muß schon zu der nächsten Zeit w von Null differieren.
Aber immerhin wird dann der Wert von ir, wenn kxC so klein
tstj daß seine zweite Potenz vernachlässigt werden kann, auch
selbst von derselben Größenordnung klein werden, und wir
können somit annäherungsweise statt der zwei ersten der Glei-
chungen (6) die folgenden anwenden:
f A^u = 4nku -^- — kxC «-^ ,
I ^ 0 t ox^
deren wir leicht eine Lösung herleiten der Form:
u = Reeller Teil von (sin q z e^""^ ]i[{), r) [Ä sin n i/; + ^ cos n t/;)),
V = Reeller Teil von )/ — l und das nämliche Produkt ,
wobei
y = _^^, 4.nk(iv^Q + q^[\ + kxCY^\),
B die ebenso bezeichnete Funktion des Abschnittes 1 und q
Wurzel der Gleichung (10), d. i. hier
Mektr, Strömungen in zylindrischen Leitern. 229
also
? = «» + ÄV-i>
a^, ß^ reell und ß^ sehr klein. Die erste dieser Größen muß
positiv, nämlich Wurzel der Gleichung sein:
Wenn femer gesetzt wird
jB = ?7 + Vf^^,
Uy V für reelle r reell, so gelangen wir zur folgenden, der
obigen Lösung (2) ganz analogen Lösung gegenwärtiger Auf-
gabe :
+ [U^^ sin CO — V^^ cos oa)
(^«.n.8inni/; + i>.„,C08nV;)},
"= ±222«^^^^"^'^^""''^M(C^n>^-^n.cosa>)
(^•n.8iniit/;+5^„,cosni/;)
-(&;„cos«+ V^^9m(o)
(^«n,sinni/;+Z)^^,C08nt(;)},
w sehr klein wie kxC,
Zur Abkürzung haben wir geschrieben y'*, a^*^, ß^^\ co
statt
m' 71* «n Pn
(12)
4n k fi L* 4nAa' 4nkfi
, (±?*ÄxC+/9'^*V bez.
WJfnn A tfÄ«i ÄO Ä/«n w^ tne kxC, — wie für einen gut isolierten
Leiter eintreffen möchte, — fallen sowohl alle ß! als alle V weg.
Während also die Ströme des Abschn. 1 aus einfacheren zu-
sammengesetzt sind, die an jeder Stelle ihre Sichtungen un-
verändert bewahren (aber nicht jede für sich allein möglich
sind, da sie nicht je für sich der vierten Gleichung (1) genügen),
werden dagegen die eben gewonnenen Ströme in gleichförmigen
230 A. F. Bäcklund.
Drehungen inbegriffen sein von der Yom einen zum anderen
Strome variierenden Zeitperiode
2n'.{q'^kxC±ß'%
doch ß' verschwindend klein.
4. Der Leiter ist von einer Hülle umgeben und keiner be-
deutenderen magnetischen Kraft ausgesetzt — Wenn der Leiter
von einer Hülle umgeben ist^ werden seine Eigenströme von
denjenigen der Hülle wesentlich modifiziert^ indem beide stö-
rend aufeinander einwirken. Es würden sogar im Leiter elek-
trische Strömungen entstehen können ^ die wir im Falle, daß
der Leiter und seine Hülle zylindrisch sind, und keine be-
deutende magnetische Kraft tätig ist, aus den Ergebnissen des
Abschn. l einfach dadurch ableiten, daß wir in (5), wenn wir
diese Gleichung auf die Grenze zwischen dem Leiter und seiner
Hülle beziehen, A = /^o + /Uj )/— 1, /u^ und /i^ reell und positiv,
annehmen. Keine der Wurzeln ()J^*) wird jetzt reell, sondern
sämtlich werden sie der Form a^*> + /S^*) )/ — 1 , mit allen ß^
von Null verschieden. Wenn wir daher in Ä(4) statt q^ die
Größe a^ + ß^ |A- 1 einführen, wodurch wir bekommen
U und V reell, so rinden wir mit den Bezeichnungen des vor-
angehenden Abschnittes statt der Ausdrücke (2) für u, t), tr
die folgenden :
« =222«^^^ '^^%-0"*a;^'>)«{(D'„.co8/9'„(.)f+ F->n/92.)/)
+ ( f^„. sin /9;w/-F„. cos /?;<•)*)
(^'«„. sin « i;» + ^,,. cos ni^)},
+ (f^„,«in/9;c>^- F„. cos /?;;" 0
(C,,. sin n V- + /J „^, cos n %p%
w = 0.
(15)
tt =a —
Elektr, Ström^tngen in zylindrischen Leitern, 231
Es werden doch hier c^^*) + ^•)}/^l, .v = 1, 2, ... die Wur-
zeln Q^*^ der folgenden Gleichung sein:
Sei außerdem noch Folgendes bemerkt. Wenn wir die
(konjugierten] Ströme {u', v\ w') einf&hren:
^sin "^e-i^ + »n'0'{(I7^,8in/rw/- V^cosß'J^'H)
(^ •«. sin n t^ + F^,. cos n t^)},
etc., so sehen wir aus (14), daß an der Grenze zwischen dem
Leiter und seiner Hülle:
du , , . du* , .
-ö7= -i^o« + Mi«> ötc., -^ = -iii^ti -fi^u, etc.,
gerade als wenn für die Strömung (18) die Strömung (15) die
Rolle einer von außen kommenden Strömung spielte^ und an-
dererseits f&r diese Strömung jene die entsprechende Bedeu-
tung hätte.
Wenn auch die fiüUe völlig leitend ist^ gelten für ihre
Ströme ebenfalls Gleichungen von der Form (2)^ aber mit R
als allgemeinem Integrale von (3) gleich c^Ri + c^^R^y c^ und
Cj komplexe Integrationskonstanten, deren Werte erst durch
die Grenzbedingungen der Hülle zu bestimmen sind. Diese
Grenzbedingungen lauten, für r ^^ a > a:
und für r =^ a:
Aber es müssen fiir die Hülle immer die Werte von q'^ + a^
und ß^ gebraucht werden, die wir oben für den Leiter ge-
funden hatten, und in R also die daraus fließenden a^ und ß^,
5. ^ie jene elektrischen Oszillationen von einer magnetischen
Kraft in mehrere zirkuläre Strömungen gespalten werden. — Aus
den Gleichungen (11) der N. 3 folgt fast unmittelbar, wie die
Ströme (13) durch das Auftreten einer der i^-Achse parallelen
magnetischen Kraft konstanter Intensität C verändert werden,
282 Ä, F. Bäcklund. Elektrische Strömungen ete.
vorausgesetzt, daß sowohl das Quadrat von kxC wegen seiner
Kleinheit; als auch das Produkt von kxC in erster Potenz
mit fify oder fi^ zu Seiten dieser /Aq oder fji^ zu vernachlässigen
sind. Für die Hülle des Leiters sei das entsprechende x NuIL
Statt der vorangehenden Ausdrücke für u, v, w entspringen
nämlich jetzt folgende:
«= ^^^sin'^'' e-{^'^-n^)'{ü^^oosa> + F,>n a>)
+ (ZJ^^sinw — F^^coso))
(^ '•«. sin^i V + i^««, cos n ^)l
v=±^^^sm'^e<^'^-n^)'{U^^sm(o^ F,.co8(o)
— {U^^ cos m + F^, sin (o)
{^'nn. Bin n t/; + ^.^, cos n V/)},
. IT sehr klein wie kxCy
Ci)^{ß'(')±q'nxC)t
Die beiden Zeichen in v gehören bez. mit den gleichen Zeichen
in G) zusammen.
Statt der in (13) stehenden Schwingungszahl ß'^*^ erscheint
folglich jetzt zu beiden Seiten derselben die Reihe von Schwingungen
zahlen
(16)
m'n'
wobei zu bemerken istj erstens, daß jenes Änderung sglied sowohl
von n als s unabhängig wird, zweitens, daß zu den verschiedenenj
dem doppelten Zeichen dieses Gliedes entsprechenden Paaren ein^
zelner Schwingungen verschiedene Ä^^^j etc. gehören, weshalb diese
Schwingungen, in welche die frühere der Periode 2 n : /?'(•) durch
den Magnet jetzt gespalten worden ist, sehr verschiedene Inten-
sitäten erreichen.
Die jetzt erörterten Schwingungen werden aus zirkulären
Schwingungen gebildet Letztere existieren nicht isoliert,
(Eingegangen 14. Aagust 1908.)
288
31 Einflaß der Änderang der spezifischen Wärme
anf die Umwandlimgsarbeit
Von J. H. van^t Hoff in Charlottenborg.
Veranlaßt durch eine Arbeit von Th. W. Richards^)
über die Beziehung zwischen Änderung der spezifischen Wärme
bei einer Umwandlung und dem Temperaturkoeffizient der
elektromotorischen E^raft habe ich den Einfluß der Temperatur
auf die Arbeit^ welche eine Umwandlung leisten kann (freie
EJnergie) eingehender verfolgt und das Resultat der Rechnung
auf die Beziehung von Richards sowohl wie auf Umwandlungs-
erscheinungen im allgemeinen anzuwenden gesucht
1. Ableitung der Qmndgleiohung.
Die Beziehung zwischen freier Energie {E in Kalorien);
Wftnneentwickelung {Q) und Temperatur gestaltet sich sehr
einfach bei den durch eine ümwandlungstemperatur (P) oder
Schmelzpunkt charakterisierten Verwandlungen, falls Q als
konstant betrachtet wird. Es entsteht dann der Ausdruck:^
(1) E=q^-/,
der die drei fundamentalen Beziehungen in sich enthält:
1. daß beim absoluten Nullpunkt die freie Energie der
Wärmeentwickelung gleich ist:
(2) E, = Q;
2. daß bei der ümwandlungstemperatur dieselbe Null wird:
(3) ^P = 0;
3. daß sie sich mit der Temperatur ändert nach dem
bekannten Gesetz:
., dE_E-Q
W rf T "" T '
1) Th. W. Richards, Proc. of the Amcr. Acad. of Arte aud
Sciences p. 298. 1902.
2) Etadcfl de dToainique chimique p. 197. Amsterdam 1884.
234 /. //. van't Hoff.
lu dieser vereinfachten Form ist jedoch gerade die von
Richards verfolgte Änderung der spezifischen Wärme durch
die Umwandlung nicht berücksichtigt oder vielmehr als Null
angenommen. Wird dieselbe hinzugezogen und, allgemein, die
Verwandlung eines Systems A in ein zweites £ betrachtet,
welche bei der absoluten Temperatur T unter einer Wärme-
entwickelung Q pro Kilogramm vor sich geht, und sind die
bez. spezifischen Wärmen S^ und Sß, so ändert sich Q mit der
Temperatur nach der Gleichung:
(5) dQ=={Sj,^Ss)dTr^SdT,
worin 8 die Differenz der spezifischen Wärmen bedeutet Wird
dieselbe als konstant angenommen, so entsteht:
(6a) Q=Q, + 8T
und bei Einführung in Gleichung (4)
(4a) J|=^.e._s.
Durch Integration entsteht hieraus:
E^q^^ AT'-STIT,
worin A eine Integrationskonstante bedeutet; für 7=0 wird
das zweite Glied gleich Null, also:
somit:
(4b) E=: E^ + AT-- STIT
und
(4c) ^=^-5(l+/y),
welche erste Gleichung in vieler Hinsicht mit einer von Lewis ^)
erhaltenen übereinstimmt
Die physikalische Deutung des Ausdruckes (4 b) ist inso-
weit möglich, daß die freie Energie sich aus drei Teilen zu-
sammensetzt, wovon der erste E^ die Umwandlungsarbeit
bei absolutem Nullpunkt, also die Abnahme der potentiellen
Energie bei der Verwandlung unter diesen Umständen bedeutet
Auch das zweite Glied A T erscheint einer Deutung fähig,
indem man Verwandlungen betrachtet, bei denen die ganze
Arbeitsleistung diesem Glied zuzuschreiben ist. Es sind dies
1) G. N. Lewis, Zeitschr. f. physik. Chemie .32. p. 868. 1900.
Bbxfl. d. Änderung d. spez. Warme auf d. UmwandlunffsarbeiL 286
Eonzentrationsänderungen ohne innere Arbeitsleistung, im ein-
fachsten Falle die Ausdehnung eines yerdünnten Gases oder
Verdünnung einer entsprechenden Lösung; der Arbeit, welche
dann quantitativ aus mitgeteilter Wärme entsteht, entspricht hier:
pro Eilogrammmolekül, falls Cß und (7^ die bez. Konzen-
trationen sind.
Das dritte Glied 8TIT hängt wohl mit Änderung der
potentiellen EInergie unter Einfluß der Temperatur zusammen.
2. Die Beiiehung Ton Blohardn.
Richards fand, daß, bei Verwandlungen ohne Eonzentra-
tions&nderung, wie z.B.:
Mg + ZnSO^- Aq = Zn + MgSO^- Aq ,
falls die Eonzentration der ursprünglichen Zinksulfatlösung mit
derjenigen der entstehenden Magnesiumsulfatlösung überein-
stimmt, der Temperaturkoef&zient [dEjdT) der elektromotorischen
Kraft das umgekehrte Zeichen hat, als die von der Abnahme
der Wärmekapazität [8a^Sb^S)\ daß beide einander an-
scheinend proportional sind, während entsprechend für /S = 0,
dEjdT ^0 und j&=Q ist.
Diese Beziehung geht aus (4c] unmittelbar hervor, unter
Fortlassung des auf die Eonzentrationsänderung sich beziehen-
den Gliedes A und es entsteht:
(4d) ^=_Ä(l+/y),
der Proportionalitätsfaktor würde für die Beobachtungstempe-
ratur 18^ etwa 6,7 betragen, also:
dE
dT
= - 6,7Ä.
Vergleichen wir damit Richards* Tabelle, worin dEjdT
und iS in Mayers ausgedrückt sind, dann ist allerdings ein
konstantes Verhältnis zwischen beiden nicht vorhanden, was
ganz gut davon herrühren kann, daß S als Difl'erenz großer
Zahlen erhalten wurde, wie z. B. für Ni + CuSO^:
5 = 5^ - 5^ = 14997 - 14966 = 31 .
236 /. H. vavlt Hoff.
Darum sind in der untenstehenden Tabelle die höchsten
Werte vorangestellt und dann S und dEldT summiert:
dE s^dE x?xj
— Zdf"^Z^
5
5,4
5,9
6,8
7,8
8
7,5
7
1^
7,1
Es hat also allen Anschein, daß der Quotient sich um den
berechneten Wert 6,7 bewegt.
8. SchmelBung und Umwandlung.
Bei der Schmelzung und ähnlichen, bei bestimmter
Temperatur vor sich gehenden ümwandlungserscheinungen läBt
sich in den Gleichungen:
E=^Eq + äT'-STIT
und
dE
u
dT
Mg + ZnR04
124
- 623
Mg + OnSO^
106
- 620
Mg + NiSO«
75
- 550
Mg + PeS04
65
- 540
Zn + Fe804
- 60
76
Zu + NiSO^
- 50
75
Fe + CUSO4
41
- 75
Ni +CnR04
31
- 69
Zn +CUSO4
- 17
10
Fe +NiS04
10
- 3
dl
^A-S{\+IT)
nicht mehr von vornherein Ä vernachlässigen, nur vrird A eine
wesentlich untergeordnete Rolle spielen.
Dies vorausgesetzt, seien die zwei Fälle gesondert be-
trachtet, worin
5 > 0 und 5 < 0
ist Im ersten Falle wird Q mit der Temperatur linear an-
steigen, im zweiten abnehmen (siehe Fig. 1 und 2). Was E
anbelangt, so wird für 0® dieser Wert gleich Q^ sein [Ä in
Fig. 1 und 2) und die Anfangsänderung mit der Temperatur:
Einfl. d. Änderung d, spez. Warme auf c/. Vmwandlungsarbeit. 287
Da bei ansteigender Temperatnr schließlich:
dE
für Ä> 0 ^ negativ,
für 5<0
dE «x.
^ posiüv
wird, muß dE/dT gleich Null werden, bei einer Temperatur,
wobei E =s Q ist, und diese Temperatur liegt, entsprechend dem
Fig. 1.
Fig. 2.
voraussichtlich kleinen Wert von A, ziemlich tief {JB in Fig. 1
und 2). Graphisch werden die zwei Fälle durch Fig. 1 und Fig. 2
wiedergegeben (in JS hat die Kurve eine horizontale Tangente).
Der erste Fall:
S>0
entspricht offenbar den Bedingungen der ümwandlungserschei-
nung, da hier E schließlich durch Null geht und sein Vor-
zeichen wechselt (P in Fig. 1). Für diese Erscheinung ist also
allgemein:
Sa > Sb,
d. h. die in höherer Temperatur stabile Form hat die größere
spezifische Wärme.
Wenden wir dies zuerst auf die einfachste Form der Um-
wandlungserscheinung, auf die Schmelzerscheinung an, so er-
gibt sich die bekannte Tatsache, daß die spezifische Wärme
des flüssigen Körpers größer sein muß als diejenige des festen.
Wiewohl vielleicht überflüssig, sei dennoch die folgende Zu-
sammenstellung der Daten gegeben:
288
/. Ä var/t Hoff.
Apiol
Benzol
Benzoesäure
Betol
Blei
Brom
Chlorblei
a-Crotonsftare
Diphenylamin
p-Dibrombenzol
EssigBäare
Jodblei
Kaliam
Kftliamnitrat
Laorinsäare
Sa
(Sp. W.
flüssig)
0,38
0,48
0,87
0,27
0,036
0,11
0,1
0,52
0,45
0,21
0,48
0,065
0,25
0,38
0,58
(Sp. w.
fest)
0,8
0,85
0,27
0,22
0,084
0,084
0,071
0,44
0,81
0,15
0,46
0,08
0,17
0,24
0,46
Sa
(Sp. w.
flttssig)
Myristinsäure 0,54
Naphtalin 0,44
Naphtylamin 0,89
Natriomnitrat 0,41
Nitronapbtalin 0,86
Phenylessigsäore 0,49
Phosphor 0,2
Quecksilber 0,084
Schwefel 0,24
Schwefelsäure 0,085
SUber 0,075
p-Toloidin . 0,6
Wasser 1
Wismut 0,086
Zinn 0,064
Sb
(Sp. w,
fest)
0,45
0,88
0,88
0,28
0,88
0,88
0,18
0,082
0,16
0,068
0,06
0,46
0,5
0,08
0,056
Verfolgen wir Q und E für Benzol, mit dem Schmelz-
punkt 5^ und der latenten Schmelzwärme (^973) 30,7, so ist:
5 = 5^ - Ä5 = 0,43 - 0,35 = 0,08 Q =. 8,5 + 0,08 T,
femer:
E^E^ + AT-^ 0,08 TIT = 8,5 + ^^ T- 0,08 TIT,
worin für
r=278, ^=0,
also
somit:
für
ist dann
^ = 0,08/278-1^ = 0,42^),
J? = 8,5 + 0,42 y - 0,08 272^;
dE
dT
0,08 /y= 0,34,
= 0 oder E^Q
T^^IQ.
Dieselbe Beziehung, daß die in höherer Temperatur stabile
Form die größere spezifische Wärme aufweist, läßt sich auch
bei den Umwandlungen allotroper Elemente oder polymorpher
1) A ist im allgemeinen etwa 6 S.
Mmfi. cL Änderung d. spez. Wärme auf d, Umwandlangsarbeit 23B
Verbindungen erwarten. Nur ist zu berücksichtigen, daß, indem
8 klein ausfällt bei kleinen Schmelzwärmen [S ist 0,5 beim
Ejs^ mit einer maximalen Schmelzwärme von 80; 0,02 beim
Phosphor mit der minimalen Schmelzwärme 6), bei den hier
vorliegenden kleinen Umwandlungswärmen schon eine sehr
genaue Bestimmung von 8^ und 8b nötig ist, um das richtige
Vorzeichen für 8ji — 8b zu erhalten.
Für Elemente liegen die folgenden Daten vor:
Kohlenstoff 0,114 (Graphit bei - 50<) 0,0635 (Diamant bei - 5O<0
Kohlenstoff 0,467 (Graphit bei 1000^ 0,459 (Diamant bei 1000 <0
Phosphor 0,17—0,2 (gelb) 0,17 (rot)
Schwefel 0,18 — 0,2 (prismatisch) 0,16 (rhombisch)
Zinn 0,56 (metallisch) 0,55 (grau)
Für polymorphe Verbindungen liegen folgende Daten vor,
von denen sich wiederum S^ auf die bei höherer Temperatur
stabile Form bezieht:^)
Sa
Sb
AgJ
0,0577
0,0544
Oa,J,.12AgJ
0,058
0,0588
Cn^,. 4AgJ
0,0702
0,0565
CSJ,. 8 AgJ
0,0726
0,0596
PbJ,.AgJ
0,0567
0,0475
KNO,
0,285
0,203
NH,N0,(31 0)
0,355
0,407
NH4NO,(820 5)
0,426
0,355
Hier liegen also vereinzelt Abweichungen vor, die jedoch näher
zu prüfen wären. Sie könnten bei yerhältnismäßig kleinen
<2- Werten auftreten und würden da das sehr eigentümliche
Verhalten zur Folge haben, daß ein Paar Modifikationen zwei
Umwandlungstemperaturen hat.
SchlieBlich läßt sich auch dieselbe Beziehung bei den
mehr komplizierten Vorgängen erwarten, woflir jedoch bis
jetzt das vorliegende Material sich auf die Scheinschmelzung
einiger Salzhydrate bezieht, welche Schmelzung bekanntlich durch
Eristallwasserabspaltung bedingt ist Folgende Daten sind
anzuführen :
1) M. Bellati und R. Koraagueäe, J. B. p. 170. 1884; p. 200. 1»8q.
240
J.H.
van't Hoff.
Sa
Sb
Na,S,0s.5H,0
0,569
0,445 »)
GaG],.6H,0
0,56
0,845 «)
Na,UP04.12H,0
0,784
0,408 »)
H,S04.H,0
0,488
0,227 ^
CaN,0e.4H,0
0,519
0,897 •)
Sie bestätigen durchweg die BegeL
4. Erweiterung des Bataes vom beweglichen Oleiohgewioht«
Die Gleichung:
erlaubt noch eine dritte Anwendung, welche von einer Annahme
über die Größe von A unabhängig, dafür aber auch nur quali-
tativer Natur ist
Als von mir der sog. Satz vom beweglichen Gleich-
gewicht hervorgehoben wurde und betont, daß eine Gleich-
gewichtsverschiebung sich bei Abkühlung immer zu gunsten
des unter Wärmeentwickelung entstehenden Systems vollzieht,
wies ich auch auf die Eonsequenzen hin, daß bei tiefer Tem-
peratur die Gleichgewichte den unter Wärmeentwickelung ge-
bildeten Systemen entsprechen würden; bei hoher Temperatur
umgekehrt.
Die erstere Schlußfolgerung ist auch in der obigen Glei-
chung enthalten, indem E und Q beim absoluten Nullpunkte
zusammenfallen und somit dann Q die Eeaktionsrichtung be-
herrscht. Diese Schlußfolgerung ist vollkommen bindend und
spricht sich noch bei unserer gewöhnlichen (ziemlich niedrigen)
Temperatur aus in der vielfachen Gültigkeit der Thomsen-
Berthelotschen Regel, daß die Reaktionen im Sinne der
Wärmeentwickelung vor sich gehen.
Die Verschiebung der Gleichgewichtslage bei hohen Tem-
peraturen in umgekehrtem Sinne ist jedoch, nach der obigen
Gleichung, nicht nur an das Zeichen der Wärmeentwickelung
gebunden, sondern auch daran, daß S einen positiven Wert hat,
und so werden bei hoher Temperatur nur diejenigen Reak-
1) G. Tarn mann, Kristallisieren und Schmelzen, p. 45. 1903.
2) £. C. Pickering, Beiblätter 16, p. 511. 1892.
Einfl, d, Änderung d. spez. Wärme auf d, Umwandlungsarbeit 241
tionen im Sinne der Wärmeabsorption erfolgen, bei welchen die
spezifische Wärme der gebildeten Produkte die größere ist.
Diese weitere Bedingung erklärt eine ganze Gruppe von
sonst befremdenden Tatsachen. Überblickt man nämlich die
sog. Dissoziationen, d. h. die bei hoher Temperatur im um-
gekehrten Sinne sich vollziehenden Reaktionen, so sind es
durchaus nicht allgemein diejenigen, welche sich unter Wärme-
absorption vollziehen, wiewohl dies offenbar eine Bedingung
ist Vielmehr sind es diejenigen Umwandlungen, die man als
ein Zerfallen bezeichnen kann, und wobei, entsprechend der
vermehrten Molekülzahl, auch die spezifische Wärme ansteigt
Das war auch die alte empirische Auffassung, wogegen aller-
dings einige Beispiele, die Bildung des Acetylens, Schwefel-
koblenstoffs, Tellurwasserstoffs usw. sich anführen ließen. Durch
den neuen Znsatz, welcher sich auf eine notwendige Zunahme
der spezifischen Wärme bezieht, scheint sich nun die Yoraus-
sagung mit den Tatsachen vollständig zu decken.
(EingegaDgen 18. August 1908.)
ItotUmann-FestBchrirt. 16
242
32. On some Problems in the Distribution of a Gas.
By George W. Walker in Cambridge.
1. Introductory.
My object in the present paper is to giye the complete
Solutions of some differential equations which occur in this
subject. I shall fiirther indicate the kind of problem to which
these Solutions may be applied. The application to any par-
ticalar case will then involve merely the determination of the
arbitrary constants of Integration for the special circumstances
of the case.
The question of the distribution of a gas under its own
grayitational attraction is of great importance in astronomy.
The distribution of free negatively charged particles (cor-
puscles] in an electrica! field^ is also an important question.
We shall find that both questions depend on the Solution of
the same type of differential equation.
First The distribution of a gas at constant temperature
at rest under its own gravitation.
Let p be the pressure and q the density at any point
Further let x be the gravitational potentiaL Then the com-
ponents of force in the directions x, y, z are
Let US assume that the ordinary gaseous law holds so that
p =: QJh where h is a constant which is inversely proportional
to the absolute temperature. Then the equations of hydrostatic
equilibrium may be written
.ox (l dp 1 dp ldp\_(dx dx dx\
^^ \q dx' Qöy' Qdxl'~\dx' ~dy ' dx]'
or
,ov flöjg^ lölg^ lölg^\ /ö/ dx dx\
^' [h dx ' h ~dy ' h 'dx]'~'\dx' dy' dV ) '
Distribution of a gas, 243
Sence by integration we obtam
(4) p = p^« + *;r
where q^ is the density where ;^ =s 0 . We miist also have
Poissons' equation
where y is the gravitation constant.
Hence substitating from (4) we get
m 1^+-!^+ «f --•'«'•<■.•"• ,
The Einetic Theory of Qases leads to the same equation
provided the number of particles is snfficiently great.'
E^aation (6) will thas be fundamental in the theory of a dis-
tribntion of meteorites.
Seeond, The eqnikbrium distribution of a large number
of free negatively electrified particles (corpuscles) under the
influenae of an electrostatic field.
Let p be the pressure, and q the mass density then
ptsapjh as Professor Drude ^) has shown.
Further let — e he the charge (negative) and m the mäss
of a particle, and V the electrostatic potentiäL
The components of electrical force are given by
Hence the equations of hydrostatic equilibrium are
tl d\gQ l d]gQ l d\gQ\ e (dV
^*^ \h dx ' h dy ' h dx ] m\dx '
dV
dy'
dV
dx
Therefore by integration we get
(8) . = n..^^
Now the electrical density is (— e^lm), Thus Poissons'
equation is
dx* dy* 0 x^ m ^ w ^ "
This equation is fundamentally the same as (6).
1) P. Drude. Ann. d. Fhy. I. p. 572. 1900.
16*
244 Q. W. Walher.
In a former paper ^) I applied this eqvati^n to the qneftion
of striations in a yacuom discharge tube. The equation has
recently assomed a new interest on acconnt of Bichardson's*)
experiments on the corpascles given off by bot conductors. In
bis paper Ricbardson considers tbe problem of tbe distribution
of tbe negative corpnscles in tbe yicinity of a bot cbargedt
conductor wbicb is an infinite plane. Tbe Solution wbich he
gives is not howeyer tbe most general.
2. The equation for one dimensioiL
If we take :ir as tbe independent variable, equation (6)
takes tbe form
(10) |^._4«y(,„«»i.
It may readily be verified tbat tbe general Solution is
or
A^ 1
(12) g-eo^^^^=2^^ee.k«U..h«)
wbere Ä and a are arbitrary constants (cosb is tbe byperbcdic
cosine).
Tbe gravitational problem in one dimension has little
practical interest, so tbat I pass to tbe electrica! problem.
Equation (9) takes tbe form
(13) ^-^ = 4;r-p,e- .
Tbe complete Solution is
l^^j Q-Qo^ - 27r(i«Ä • coBh« (Ax + a)-
Tbe matter density must be always positive. Hence we must
take new constants so tbat
and tbe Solution then takes the form
(15) .0^"*"=^^' '
2 71««// cofl«(i5a; + ft
1) Phil. Mag. 1900.
2) 0. W. Richardson. Phil. Trans. A. 201. p. 497. 1903.
DiMtnbmtum of a ga». 245
and the potential is giTen bj
1%ke flolmtioii may be applied to the distribution between
two parallel kifiaite platee, kept at the same temperatore, but
at diffßre&t potentials.
^ßie three arbitrary constants of Integration q^^ ß and ^
may be determined £rom tke given potentials of the two plates^
and the pressure at some point
It 16 to be obsenned that the supposition p sa gfh involves
the possibility of infinite density. In practice this cannot
oecur and the Solution must break down if eos(^x + ß) va-
nishes anywhere in tiie ränge.
3. The equation in two dimensions.
The equation (6) takes the form
(17) |^+|^=_4,yp,«»x.
Let 1// be the general Solution of
that is
(19) i/' = i^i(^ + «» + i^,(^-«y).
where F^ and F^ are arbitrary functional forms.
Then it is easily verified that the Solution of (17) is
(20)
m * (n )■
By giving ip various forms we get a variety of possible
distributions. The case of circular symmetry is of considerable
interest
Take
(21) xfj^A{x + iyY + B{x + iy) —
where J, B and n are arbitrary constants. Further let to^ =
X* + y* and tan d = yjx.
Then we find that (20) becomes
or
246 G. r. rafiUr.
2ii» ö)»(«-l)
/> = p^6'*Z =
(23) ^ '^^ f^V. ^V.,1
Since the Solution inyolves two arbitrarj constants n and
AfB it is the most general Solution for cjlindriöal symmetry.
Since the density must always be real and positive.
^Vt^i^Vt must be real and n must be real. The symmetry of
(22) shows that we need only consider positive values of n.
There are three cases:
1*^ If n is < 1 the density is infinite at the origin and
is everywhere eise finite,
2°^ if n is B 1 the density is finite at the origin and
finite everywhere eise, vanishing at infiinity,
3'*^ if n is > 1 the density is zero at the origin, rising
lo a finite maximum as a> increases and then diminishing to
zero as (o increases to infinity.
The last case seems to me of particular interest in
astronomy.
The total quantity of matter between two' planes at unit
distance apart and perpendicular to the axis of symmetry is
QO
= /2;ro>d(op^j6*'
0
/,
hr J ( A cj« " + B)*
0
and is thus finite.
The Solution (23) may also be applied to a mass of gas
outside a solid circular cylindrical core.
In the electrical case equation (9) takes the form
and so the complete Solution takes the form
(25) € * ■" ^ ^0 m« 7 (9 V V / ^ V~\"
where tp ^ F^{x + iy) + t\ {x - ly).
Distribution of a gas, 247
In the case of circular symmetiy we obtain
(26) <'«)« =-
In Order to obtain a real positive matter density we
may take
(First) a'^^I b'^* purely imaginary and = t ju.
Then we have
(27) ^'^ ' ^ ~r^~r T~7. M«-
The Solution is invalid at the point (o ^\ f f^l^j bat it
may be applied to the distribution between two cylindrical
circular conductors at the same temperature and at different
Potentials provided the point o? = 1 / fi^l^ does not lie between
the two cylinders.
(Seeand.) We may take n ^ in' and
and the Solution then takes the form
*^ K _ j^ n « Ol«
(28) ^0« -^ - g« {co8(n'lgV+a)|« '
n — ,— Ä
4. Solution in the oase of a steady eleotrioal ourrent between
two parallel oonduoting planes at the same temperature and at
different Potentials.
Let US take the axis of x perpendicular to the plates,
and let ju be the average velocity of the particles in the
direction of the axis of x at any point x,
The dynamical equation is
(29) w^** = - ^ ^P 4- ' ^
^ ' dx Q dx m dx
and the equation of continuity is
(30) ^;^==o
248
6. r. fVaiker.
and the equation for V is
(31) "^ '^
= 431
da;* m
Integrating (30) we obtain
(32) Qu^Ä
where i^ is an arbitrary constant
Integrating (29) we obtain
(33) ].„2=_llg4, + A^ + 6
where C is an arbitrary constant.
Substituting in (31) we get
(34)
Let
Then
(35)
dx
Now (34) becomes
(36)
öV
3 ^ = 4w ,«
(37)
Hence multiply by dffdx and integrate. We get
where J5 is an arbitrary constant.
Using (35) we obtain
(38)
and hence
(39)
l\-vlll'{^'^"J(i^i)
a- + a =
!l
d Q
,{25,-H«J.f(,' + ^^|
Ve
where a is an arbitrary constant.
Distribution of a gas. 249
The integral is redncible by means of elliptic ftmctions.
A*
Let
in the usual notation for elliptic fonctions^ where jn is a con-
stant. V, a new yariable^ is the argnment of the fanction and
k is the modolus.
We find that (89) takes the form
(41) " + ^ = -"TTfe-y /{x - 5 «'^^ ^1 ^^
where the modulus is giv^ by
and jn = Ä^fk},
Hence we get
4jf e'
(42)
Jk» 2 f 1 , 2 + *•
l/-
t fl . 2 + *• , 2(1+Jk«) jc 1
where J?(t7) is the second elliptic integral given by
V
E[v)=^ fdn^vdv.
The equations (33)^ (40) and (42) give the complete Solution.
Whether the modulus thus determined is real and less than
unity depends on B, but in any case the transformation to
a real modulus less than unity can always be effected by
recognized metbods in the theory of elliptic functions.
We have thus obtained the Solution of an important
question in the theory of the electrical discharge between two
conductors, and the Solution may be tested experimentally,
although no doubt the numerical labour of applying the Solution
would be very considerable.
250 G. W. Walker.
5. The eqoilibxium distribution between two pavaUel ooaidaoting
planes at different potentialB and at different temperatorea.
We can solve this question when the temperatare Ystries
in any specified manner between the two planes.
Let
(48) p^cqO
where 0 is the temperature at any point and c is a constant.
The hydrostatic equation is
(44) L^^^Y,
^ ' q dx m ox
we also have
(45) T5^=4^P:,^-
Differentiating (44) and using (43) we get
(46) -ä ä — cpö = 4;r— iP
^' ax q ox ^ wr^
or
(47) cö-A.cö-^lgc(,ö = 4«^cöe.
Hence pntting
and supposing that d is a specified function of x, let us take
a new variable | so that
=/
d X
^^
then we obtain
(48) ^^ = 4n^,^
and this is the one dimensional equation already considered.
6. ConolUBion.
I have spent some time on the equations (6) and (9) in
three dimensions, but with small snccess. I have only obtained
a particular Solution even in the case of spherical symmetry.
Equation (6) takes the form
Distribution of a gas, .251
and equutioii (9) takes the form
. A particular Solution of (49) is
(51) «'^^ = o "A- 1
and of (50)
(52)
^hV
e«
2n- ^OjÄr«
Equation (51) may be of some limited value^ but (52) is
quite meaningless.
The Solutions, in the case of one and two dimensions may
be of some practical value^ and it is with this hope that
I venture to offer them.
(Eingegangen 21. August 1908.)
252
33. über die sogenannte absolute Bewcping.
Von C. Nenmann in Leipzig.
1. Allgemeine Betraohtongen.
Die von Galilei und Newton begründete^ und sodann
namentlich von Lagrange und Laplace weiter ausgebildete
Theorie der analytischen Mechanik nötigt uns, alle Teile des
Universums auf ein und dasselbe rechtwinklige Adisensjstem zu
beziehen. Es beruht nämlich diese Theorie auf den bekannten
Differential-G^leichungen :
m^^y^Ä, m-^^r, m-^^=Z,
und bei Anwendung dieser Differential-Gleichungen sind wir
(falls nicht einander ganz widersprechende Resultate zum Vor-
schein kommen sollen) schlechterdings gezwungeny die Bewegungen
aller überhaupt vorhandenen Massenpunkte auf ein und dasselbe
rechtwinklige Achsensystem zu beziehen, welches etwa kurzweg
mit Alpha bezeichnet werden mag.
Allerdings ist dabei eine gewisse Ausnahme zu ver-
zeichnen. Man kann nämlich, falls es beliebt, neben dem
Systeme Alpha, auch ein anderes rechtwinkliges Achsensystem
Beta benutzen. Nur muß dieses letztere alsdann im Räume
des Systemes Alpha entweder festliegen, oder wenigstens in
diesem Räume eine nur translatorische Bewegung von kon-
stanter Geschwindigkeit besitzen.
Das System Alpha pflegt man ein ruhendes oder absolut
ruhendes zu nennen. Und demgemäß pflegt man Orts-
bestimmungen, Geschwindigkeiten und Bewegungen, die auf
dieses System Alpha sich beziehen, als absolute zu bezeichnen.
Selbstverständlich sind das alles nur Epitheta ornantia, nämlich
Worte ohne Inhalt In der Tat könnte man, falls es beliebt,
diese Epitheta ganz fallen lassen, und etwa kurzweg vom
Systeme Alpha sprechen. Alsdann hätte man z. B. die absoluten
Bewegungen als Alphabewegungen zu bezeichnen etc. — Doch
über die absolute Bewegung. 263
würden derartige Nenerangsvorschläge keinerlei Aussicht auf
Erfolg haben ^ nnd — im Interesse der Kontmuität der Ent-
widdnng der mathematischen Sprache — auch gar nicht einmal
empfehlenswert sein.
Deu System Alpha repräsentiert e/ffenbar^ weil alle Be-^
toegungen auf dasselbe zu beziehen sindy eine gewisse indirekte
Ferkmiq)fung zwischen aBen im ganzen üntoerswn stattfindenden
Prozessenj und involviert alsOj — kamt num sagen^ — ein ebenso
rätselhaftes me kompliziertes Universalges^z.
Von hervorragenden Physikern und Philosophen, namentlich
z. B. von E. Mach, ist das System Alpha beanstandet worden.
Und m der Tat mufi man zugeben, daß die a«f dieses System
Alpha sich stützende analytische Mechanik eigentlich eine recht
wunderbare Theorie ist Viel angenehmer würde es jedenfalls
seiBi eine Theorie zu besitzen, bei der das System Alpha über-
flüssig wftre, und bei welcher man — unter Vermeidung eines
solchen metaphysischen Elementes — nur allein von dem
phgsueh Gegebenen ausgeht
Das System Alpha kann nicht in starrer Verbindung mit
den Fixsternen gedacht werden, weil diese ihre relative Lage
zueinander von Augenblick zu Augenblick ändern. Wo befindet
sieh mm aber das System Alpha? Welche Mittel haben wir zu
seiner näheren Bestimmung? Es liegt in der Natur der Dinge,
daß man diese Frage nur mit Hilfe der Theorie, und auch in
der Theorie nur a posteriori zu beantworten vermag.
Zu ihrer Beantwortung könnte man etwa hinweisen auf
die Laplacesche invariable Ebene. Denkt man sich nämlich
die Theorie der Bewegung unseres Planetensystemes entwickelt
auf Orund des noch ganz unbekannten Achsensystemes Alpha
und unter Anwendung des Newtonschen Gravitationsgesetzes,
so wird man sicher sein können, daß die Richtung der in
solcher Weise für unser Planetensystem sich ergebenden
Laplaceschen Ebene invariabel ist in bezug auf jenes un-
bekannte System Alpha; wodurch alsdann für die Lage des
Sjrstemes Alpha ein gewisser Anhalt gewonnen sein würde.
Allerdings involviert diese Methode die Voraussetzung, daß die
Bewegung unseres Planetensystemes von Seiten der Fixsterne^
nicht merklich beeinflußt werde. Eine solche Voraussetzung
aber wird berechtigt sein, sobald man dem Newtonschen
254 C, XeumanfL
Gravitationsgesetz für sehr große Entfernungen eine gewisse
Modifikation zuerteflt, wie solche schon von Lapla<;e^), dann
in neuerer Zeit von Seeliger^ und endlich in etwas anderer
Form auch von mir (in meinem Werke: Über das Newtonsche
Prinzip der Femwirkungen, Leipzig, 1896) in Vorschlag gebracht
worden ist^
Etwas ausführlicher würde die gestellte Frage — jedoch
ebenfalls unter Voraussetzung der soeben genannten Modi-
fikation des Newton sehen Gesetzes — folgendermaßen zu be-
antworten sein:
Man ziehe von der Sonne S zwei Linien nach irgend zwei
Fixsternen F und G. Die relative Lage des noch unbekannten
Achsensystemes Alpha in bezug auf diese beiden Linien 8F und
SG wird abhängig sein von sechs Argumenten, die ihrerseits
unbekannte Funktionen der Zeit sind, und es handelt sich
alsdann also um die nähere Bestimmung dieser sechs un-
bekannten Zeitfunktionen.
Denkt man sich zuvörderst die Theorie der Bewegung
unseres Planetensystems entwickelt auf Grund des Achsen-
systemes Alpha und unter Anwendung des (modifizierten)
Newtonschen Gesetzes, so kommen hierbei jene sechs Zeit-
funktionen offenbar gar nicht in Betracht, so daß also die
Resultate der Theorie von jenen sechs Zeitfunktionen ganz «n-
abhängig Sein werden.
Diese theoretischen Resultate sind nun aber zu vergleichen
mit den Beobachtungen. Letztere können von Hause aus etwa
bezogen gedacht werden auf die beiden Linien SF und SG,
sind alsdann aber zu übersetzen in den Raum des Systemes
Alpha, und werden, nach Ausführung dieser Übersetzung, mit
1) Laplace, M^canique Celeste. Tome V, Livre XVI, Cbap. IV.
2) Seeliger, Astron. Nachr. Nr. 3273 (1895).
3) Anschaulicher werden die Dinge, wenn man gleichzeitig xwei
Planetensysteme in Betracht zieht, an ganz verschiedenen Stellen des
Weltraums, und von solcher Lage« daB jedes derselben von den
umgebenden Fixsternen, bei Zugrundelegung des (modifizierten) Newton-
scheu Gravitationsgesetzes, keinen merklichen Einfluß erleidet. Alsdann
nämlich wird die Theorie für jedes dieser beiden Planetensysteme eine
gewisse Laplacescho Ebene liefern, und die Richtungen dieser beiden
Ebenen werden in beiug auf das System Alpha invariabel, mithin auch'
xueinnnder invariabel sein.
über die absolute Bewegung, 255
jenen sechs Zeitfunktionen behaftet sein. Vergleicht man also
diese Beobachtongsresultate mit den Resultaten der Theorie,
so wird man zu Formeln gelangen, die ebenfalls mit jenen
sechs Zeitfunktionen behaftet sind. Und alsdann würde es
sich ;aun schließlich darum handelD, jene sechs Zeitfunktipnen
derart einzurichten, daß die in Bede stehenden Formeln
möglichst genau erfüllt sind, u. s. w.^)
Ich habe mich hier in Gebiete hineingewagt, die mir ver-
hältnismäßig fem liegen. Die Astronomen von Fach dürften
meine Auseinandersetzungen, namenüich in praktischer Be-.
Ziehung, bedeutend besser und yolls1li>ndiger zu gestalten im«.
Stande sein. Im wesentlichen aber werden sie, wie ich hoffe,
mit meinen Auseinandersetzungen einverstanden sein.
§ 2. HiBtoriaohe Notisen.
Das Achsensystem Alpha ist von mir in meiner Antritts-
vorlesung^ kurzweg als ein starrer Körper Alpha bezeichnet
worden, was leider zu Mißverständnissen Veranlassung gegeben
hat. Wenn ich damals einer solchen Ausdrucksweise mich
bediente, so geschah das namentlich mit Bücksicht auf meine
damaligen Zuhörer, unter denen verhältnismäßig nur wenige
Mathematiker sich befanden.
Kaum bedarf es der Bemerkung, daß meine damalige
Vorlesung in voller Übereinstimmung sich befindet mit La-
grange und Laplace. So z. B. spricht Lagrange in seinem
berühmten Werk^ von der Euler sehen Mechanik von 1736,
und fährt sodann fort:
Man habe seit einiger Zeit die Eul ersehen Formeln fast
ganz fallen lassen, weil man eine einfachere Methode entdeckt
habe. Diese einfachere Methode bestehe darin: „ä rapporter le
1) Selbstverständlich wird man in solcher Weise die sechs Zeit-
fanktionen and das System Alpha nicht vollständig bestimmen können.
Vielmehr wird man nur die Oesamtkeit des Systemes Alpha und der zu-
gehörigen Systeme Beta (von denen zn Anfang die Rede war) zu er-
mitteln imstande sein. Aber man wird alsdann aus dieser Gesamtheit
irgend eines herausgreifen, und dasselbe speziell als das System Alpha
ansehen dürfen.
2) Über die Prinzipien der Galilei-Ne wtonschen Theorie, Leipzig,
bei Teubner, 1S70.
3) Lagrange, M6caniqne analytique. Tome L Part. IL Sect. L Nr. 3.
256 C. Neumann.
momement du carps, et les forces qui le solHeitenty ä des du
reetions fixes dans Vespaee/' (1788.)
und Lapkice beginnt das erste Kapitel des ersten Boehes
seiner M^canique Celeste mit folgenden Worten:
^jUh Corps naus paratt se mauvoir, hrsqtfä ehanffe de si-
tuation par rapport ä un sysüme de corps que naus jugeoni en
repos; maisy comme tous les corps, ceux mime gm naus semUmi
jouir du repos le plus absolu, peuvent etre en mouvementf on
imoffine un espace sans barnes, immobile et penetrable ä la
matiere^): ff est aiix parties de cet espace rSel on idSal que nous
rappoftons par la pensee la position des corpSf et nous les eon^
cevans en mcuvement lorq'ils repondent successieement ä divers
lieux de V espace.'' (1799.)
Wären mir diese Aussprüche von Lagrange und La-
place damals beim Druck meiner Vorlesung (von 1870) bekannt
gewesen, so würde ich schon damals nicht unterlassen haben,
auf dieselben aufmerksam zu machen. Denkt man sich n&m-
lieh den Laplace sehen espace immobile an die Spitze der
ganzen Betrachtung gestellt, so werden jene Lagrangeschen
directions fixes^ und ebenso auch die drei Achsen meines Systemes
Alpha dadurch charakterisiert sein, daß sie festliegen in jenem
Laplace sehen espace immobile.
Bei dieser Gelegenheit mag mir gestattet sein, von neuem
einzugehen auf eine gewisse in jener Vorlesung (von 1870) von
mir angestellte Betrachtung. Die betreffende Stelle (Seite 27)
lautet etwa folgendermaßen:
Man denke sich einen rotierenden, aus flüssiger Materie
bestehenden Himmelskörper Ä, der (infolge der durch die
Rotation erzeugten Zentrifugalkräfte) die Gestalt eines ab-
geplatteten Ellipsoides besitzt. Alsdann kann in dem Zustande
dieses Körpers B durch ein plötzliches Verschwinden aller
übrigen Himmelskörper nichts geändert werden. Seine Ro-
tationsbewegung und seine abgeplattete Gestalt werden also,
trotz des Verschwindens der übrigen Himmelskörper, ungeändert
fortbestehen. Hieraus geht deutlich hervor, daß man die Be-
1) Wenn Laplace hier von einem unbeweglichen nnd fQr die
(ponderable) Materie penefrablen Räume spricht, so erinnert das un-
willkürlich an die heutzutage bei vielen Physikern vorhandene Vor-
Stellung des nnhewfgllehen Äthers.
über die absolute Bewegung, 257
wegang eines Körpers als etwas Absolutes, und nicht als etwas
bloss Relatives anzusehen hat; oder (genauer ausgedrückt), daß
man die Bewegung eines Körpers zu definieren hat als seine
Lagen Veränderung im Laplace sehen espace immobile, nicht
aber als seine Lagenveränderung in bezug auf irgend welchen
andern Körper.
- Hier habe ich nun derjenigen Einwände zu gedenken,
welche von E. Mach in seiner Mechanik^) gegen meine Aus-
einandersetzungen erhoben sind. Diese Einwände des berühmten
Physikers und Philosophen richten sich teils im allgemeinen
gegen den Begriff und die Definition der absoluten Bewegung,
teils aber auch speziell gegen meine Betrachtung über den
Körper R, bei welcher „die Methode des Gedankenexperimentes"
von mir in gar zu freier Weise gehandhabt worden wäre.
In erster Beziehung habe ich von neuem hervorzuheben,
daß ich in betrefl' der Definition der absoluten Bewegung in
voller Übereinstimmung mich befinde mit Lagrange und La-
place. Allerdings will ich gerne einräumen, daß diese an den
Laplaceschen espace immobile oder an mein System Alpha
sich anlehnende Definition im Grunde genommen stets etwas
sehr Unbefriedigendes und Rätselhaftes behalten wird. Aber
jene ganze von Galilei, Newton, Lagrange und Laplace
geschaffene Theorie der analytischen Mechanik, so vollkommen
und erhaben sie auch sein mag, wird ja vielleicht dereinst
einer noch höher stehenden Theorie Platz machen, bei welcher
alsdann die in Kede stehenden Rätsel vielleicht verschwinden
werden.
In letzterer Beziehung (nämlich in bezug auf den rotierenden
Körper R und die gar zu freie Handhabung der Methode des
Gedankenexperimentes) möchte ich bemerken, daß es sich in
der Physik und Astronomie doch um die Auffindung der der
Materie wirklich inhärenten Gesetze handelt, und daß derartige
Gesetze unter allen Umständen anwendbar sein müssen. Nach
meiner Ansicht ist jene Betrachtung über den rotierenden
Körper R ein unmittelbarer Ausfluß aus der ganzen Theorie
der analytischen Mechanik, und durchaus dazu angetan, diese
Theorie zu illustrieren und zu charakterisieren. Allerdings
1) £. Mach, Mechanik p. 290. Leipzig 1901.
Boltzmann- Festschrift. 1 1
258 C. Neumann,
tritt gerade das Unbefriedigende und Batselhafte dieser Theorie
bei jener Betrachtung über den Korper R besonders stark
hervor, wodurch alsdann das Bedürfnis nach einer andern und
höher stehenden Theorie nur noch fühlbarer wird.
Wenn hier von einer höheren Theorie die Bede ist, so
bedarf es wohl kaum der Bemerkung, daß darunter auch eine
passende Modifikation oder Vervollständigung der jetzigen
Theorie verstanden werden kann. Es scheint aber recht schwer,
eine solche zu finden.
§ 3. Bemerkunffen über die Max well sehe Theorie.
Die von Maxwell oder vielmehr von Hertz in der
Elektrodynamik aufgestellten sechs Gleichungen sind bekannt-
lich (wie schon Hertz selber bemerkt hat, und wie solches
später auch von mir konstatiert ist], invariant in bezug auf das
der Betrachtung zu Grunde zu legende rechtwinklige Achsen-
sjstem. Versteht man also z. B. unter Gamma ein recht-
winkliges Axensjstem, welches gegen das vorhin besprochene
System Alpha in ganz beliebiger (teils progressiver, teils
rotierender) Bewegung begriffen ist, so werden jene sechs
Gleichungen mit Bezug auf Gamma genau dieselbe Form haben
wie mit Bezug auf Alpha. ^)
Könnte man also aus den sechs Hertz sehen Gleichungen
die von Galilei, Newton, Lagrange und Laplace ge-
schaffene Theorie der analytischen Mechanik matiiematisch ab-
leiten, so müßte letztere ebenderselben Invarianz sich erfreuen.
Das aber ist nicht der Fall. Und demgemäß dürfte es ein
ganz vergebliches Bemühen sein, eine solche Ableitung ver-
suchen zu wollen.
Das bezieht sich aber nur auf die Hertz sehen Gleichungen,
nicht z. B. auf die Lorentzsche Theorie. Denn diese letztere
geht von der Vorstellung aus, daß die elektrischen Teilchen
(Elektronen) träge Masse besitzen, (eine Vorstellung, die übrigens
schon von W.Weber, und, nach Webers Vorgange, auch
von mir gelegentlich in Untersuchung gezogen worden ist).
Hieraus aber dürfte hervorgehen, daß die Lorentz'schen Formeln
1) Vergl. meinen Aufsatz in den Abh. d. Kgl. Sachs. Gesellsch. d.
Wissensch. 1901. p. 238—256.
über die absolute Bewegung, 259
jene Eigenschaft der Invarianz nicht besitzen, und daß daher
gegen die Möglichkeit^ die analytische Mechanik aus diesen
Formeln abzuleiten, prinzipielle Bedenken nicht vorliegen. Auch
habe ich in dieser Beziehung hinzuweisen auf die schätzbare
Arbeit von Wien,^)
Wien hat in seiner Arbeit — nach dem Vorgange von
Hertz und Boltzmann — die Quatemionenstenographie ver-
miedeuj und der ausführlichen Sprache der Mathematiker sich
bedient. Es wäre dringend zu wünschen, daß dieses Verfahren
von Hertz, Boltzmann und Wien zur allgemeinen Hegel
würde. Denn gerade bei wichtigen und schwierigen Unter-
suchungen dürfte man doch wohl gut tun, weniger der Kürze,
als vielmehr der Strenge und Klarheit sich zu befleißigen.
1) W. Wien, Recueil de travauz, Offerte p. 1. aut k H. A. Lorant z,
La Haye. 1900. p. 96.
(Eingegangen 22. August 1908.)
n*
260
34. Die thermodynamischen Beziehnngen.
Von C. Bunge in Hannover.
In seiner Arbeit ^^die thermodynamischen Beziehungen
antithetisch entwickelt" hat von Oettingen*) darauf auf-
merksam gemacht, daß die Größen der Thermodynamik eine
gewisse Symmetrie und Korrespondenz zeigen. Indem er
hierauf fiißte, gelang es ihm, die wichtigsten thermodynami-
schen Beziehungen in übersichtlicher Weise zu entwickeln.
Ich habe hier denselben Gedanken befolgt, nur daß ich die
Relationen mehr vom mathematischen Standpunkt aus be-
trachte und von den thermodynamischen Potentialen ausgehe,
die bei Oettingen erst in zweiter Linie erscheineu.
Bezeichnet u die innere Energie, t die Temperatur, s die
Entropie, p den Druck und v das Volumen eines Körpers, so
gehe ich von der Relation aus
(1) du = tds ^ pdv ,
wo / und p Funktionen von s und v sind.
Der zweite Hauptsatz kann nun dahin präzisiert werden,
daß die rechte Seite ein vollständiges Differential ist, dessen
Integral eben die innere Energie bildet.
Aus diesen beiden Annahmen, daß tds ^ pdv ein voll-
ständiges Differential ist und daß t und p Funktionen von s
und V sind, folgen alle übrigen thermodynamischen Relationen.
Um sie übersichtlich abzuleiten, stelle ich neben die Glei-
chung (1) noch drei andere, die man durch Subtraktion des
Differentials von ts und durch Addition des Differentials von
pv aus ihr erhält.
(2) d[u — t s) — — s d t ^ p d V
(3) d{TUL+pv) = tds + vdp
(4) [u — ts-\-pv)=^^sdt + v dp .
1) A. J. V. Oettingen, Mem. de Tacad. des» scienses de St P^ters-
bourg (32) 7. No. 17. 188r>.
Die thermodynamischen Beziehungen, 261
Außer der inneren Energie u hat man also noch drei
andere Größen u — ts, u + pv, u + pv -- is, die in den
Gleichungen eine analoge Bolle spielen. Die Größe u — ts
nennt Helmholtz die freie Energie, u + pv nennt Oettingen
die totale Energie, und u + pv — ts könnte man nach Gibbs
als die nutzbare Energie bezeichnen. Ich führe mit Oettingen
die Buchstaben ^j^f^t für sie ein.
1. du — ids — pdv
2. d'^ = - sdt - pdv
3. d%= tds + vdp
4. d^ ^^ - sdt + vdp.
Die unabhängigen Veränderlichen sind 1. s und v, 2. t und
V, 3. s und p, 4. t und p, dagegen kommen die Kombinationen
t, 9 und p, V fQr die unabhängigen Veränderlichen nicht vor. Ihre
Einführung würde andere Formen des vollständigen DiflFerentials
ergeben. Diese vier Gleichungen sind einander äquivalent. Aus
jeder von ihnen folgen die drei anderen durch Hinzufügen oder
Abziehen der Differentiale von ts oder pv. Daher sind auch
die vier Gleichungen einander äquivalent, welche ausdrücken,
daß die vier Ausdrücke vollständige Differentiale sind.
« m. - - mi
m - (f j), - - m.
Der Index der Klammer bezeichnet dabei jedes Mal die andere
unabhängige Veränderliche. Die Gleichungen (I) bis (IV) gehen
in sich über, wenn man t und p und gleichzeitig s und v ver-
tauscht
Neben diese Belationen (I) bis (IV) treten nun eine Beihe
von anderen Gleichungen zwischen den Diflferentialquotienten
der Größen s,t,p,v, Sie ergeben sich daraus, daß man je zwei
dieser Größen als unabhängige Veränderliche auffassen kann.
Im ganzen hat man 24 Diflferentialquotienten erster Ordnung.
Denn jede der vier Größen kann nach jeder der drei übrigen
in doppelter Weise diflferentiiert werden, je nachdem man die
262 C. Runge.
eine oder die andere der beiden übrigen Größen als zweite
unabhängige Veränderliche wählt.
Wenn man zunächst von den Relationen (I) bis (IV) ab-
sieht und nur von der Annahme ausgeht, daß von den vier
Größen je zwei Funktionen der anderen beiden sind, so zeigt
sich sogleich, daß von den 24 Differentialquotienten nicht mehr
als vier voneinander unabhängig sind, durch die man die übrigen
rational ausdrücken kann. Denn wenn z. B. s und v als un-
abhängige Veränderliche gewählt werden, so ist
^'-(fi)/'+(l4)/"
Aus diesen Gleichungen kann man irgend zwei Differentiale
ds, dv, dt, dp, durch die anderen beiden ausdrücken. So kann
man z. B. ds imd dv durch dt und dp ausdrücken und findet
wenn D die Determinante bezeichnet
'>''--(ii).<"+{ä].''p-
Mithin ist
Oder wenn man dt und ds durch dp und dv ausdrückt:
■" - >/(K)/^ - m./m/'.
und daher
« m.-my(i% M«i--v(if).-
Die thermodynamischen Beziehungen, 263
Auf diese Weise kann man also durch die vier Differential-
quotienten
i^\ IlL] l^\ 1^]
Vö^j„' UW.' [dsjv' [dvjs
die übrigen 20 Differentialquotienten rational ausdrücken.
Dasselbe gilt von den vier Differentialquotienten^ die mau
erhalt^ wenn man statt s und v irgend eine andere der sechs
möglichen Kombinationen nimmt. Jede Kombination liefert
20 Gleichungen. Im ganzen erhält man also 120 Gleichungen.
Es ist aber unnötig sie alle hinzuschreiben, da sie aus den
oben abgeleiteten Gleichungen a) bis h) durch Vertauschung
der Buchstaben hervorgehen.
Diese 120 Gleichungen sind lediglich aus der Annahme
entwickelt, daß je zwei von den vier Größen tyS,p, v Funktionen
der anderen beiden sind. Sie hängen also nicht von den acht
Gleichungen (I) bis (IV) ab, welche die mathematische Formu-
lierung des zweiten Hauptsatzes enthalten.
Wenn man nun aber eine dieser Gleichungen (I) bis (TV)
dadurch umformt, daß man die Differentialquotienten durch
die in den 120 Gleichungen enthaltenen Ausdrücke ersetzt,
oder wenn man umgekehrt eine der 120 Gleichungen durch
die Gleichungen (I) bis (IV) umformt, so entstehen andere
Formulierungen des zweiten Hauptsatzes, und durch Kom-
bination solcher Gleichungen können natürlich eine unbe-
schränkte Anzahl neuer abgeleitet werden.
Werden z. B. s und v als unabhängige Veränderliche be-
trachtet, so zeigt sich, daß von den vier Differentialquotienten
von t und p nach s und v infolge der Gleichung (I) nur drei von-
einander unabhängig sind. Denn die Gleichung (I) besagt, dass
\dvj» \d8Jv
Es sind demnach, sobald man die Gleichung (I) bis (IV) zu
Hilfe nimmt, die 24 Differentialquotienten durch drei von ihnen
rational ausdrückbar.
Wenn man die Gleichungen a), b), c), d) für den Fall bildet,
daß t und s als unabhängige Veränderliche gewählt sind und
nun dt und äs durch dp und dv ausdrückt, so wird
264 C. Runge,
wo
Wenn man hier die Gleichung c) mit der Gleichung (I)
kombiniert und bedenkt^ daß nach der Gleichung e) und der
analogen Gleichung
(If ). - '/(ll). -* mr '/(I7).
ist, 80 ergibt sich J = 1. Für J = 1 sind eben die Glei-
chungen a), b), c), d) nur andere Formen der Gleichungen (I)
bis (IV).
In derselben Weise ergibt sich auch
~^\dp)v\dvlp \dv)p\dp)v'^
Es sind dabei nur t und p und gleichzeitig s und v miteinander
vertauscht, wobei, wie schon oben bemerkt, die Gleichungen (I)
bis (IV) ineinander übergehen.
Man kann die Gleichungen J = J' = 1 auch als Formu-
lierungen des zweiten Hauptsatzes auffassen; denn wenn man
die Annahme hinzufügt, daß von den vier Größen t,8,pfV zwei
als Funktionen der anderen beiden angesehen werden können,
so folgen aus der Gleichung J = 1 oder J' = 1 die Glei-
chungen (I) bis (IV).
Wenn man s und v als unabhängige Veränderliche wählt,
so ist
du = tds —pdv
und daher
d^u = dtds — dp d v .
Nun ist
"'-(lil/'+d-:)/-
•''■-(l'i/'+di),'"'
und da nach II
\av)t \dt)v
so wird
Die thermodynamischen BeziehungerL 265
Solange also
positiv siDd, ist cPu notwendig positiv. Oder geometrisch aus-
gedrückt^ wenn man s und v als Koordinaten in einer hori-
zontalen Ebene und den Wert von u als dritte Koordinate
nach oben aufträgt, so ist die entstehende Fläche nach unten
konvex soweit
positiv sind.
Werden p und / als unabhängige Veränderliche genommen,
so ist
dSa = - sdt+ vdp
und daher
Unter der Voraussetzung, daß
(l-*). "^^ -(If).
positiv sind, wird also cP3l notwendig negativ sein. Oder
geometrisch gesprochen, wenn man t und p als horizontale
Koordinaten und 9i als vertikale Koordinate aufträgt, so wird
die Fläche nach oben konvex.
Analog ergibt sich wenn t und v die beiden unabhängigen
Veränderlichen sind
d^^^-dsdt-äpd.= -(lllds^-(llldv^
und wenn s und p die beiden unabhängigen Veränderlichen sind
d»% = dtds + dvdp = [11)/.^^+ (i':idvK
(Eingegangen 22. Augiist 1903.)
266
35. Znr Geometrie der gewöhnlichen Differential-
gleichnngen.
Von E. Csuber in Wien.
Die geometrische Betrachtungsweise der Difterentialglei-
chungen hat darch Sophus Lie die mächtigste Förderung
erfahren und hat auch auf die Ausbildung der analytischen
Methoden zur Integration befruchtend eingewirkt.
Die folgenden Zeilen sollen einen Beitrag nach dieser
Bichtung liefern durch Beibringung einiger Bemerkungen , be-
treffend die geometrische Verwertung der C 1 air au t sehen Diffe-
rentialgleichung und die Geometrie der gewöhnlichen Differential-
gleichungen zweiter Ordnung,
I.
1. Zu jeder ebenen Kurve gehört eine Clairautsche
Differentialgleichung^ als deren singulare Lösung die Kurve
erscheint, nämlich die Differentialgleichung des Systems ihrer
Tangenten.
Ist
(1) F{X, T) = 0
die Gleichung der Kurve , so kommt die Bildung ihrer
C la i r au t sehen Gleichung darauf zurück, den Abschnitt der
Tangente auf der Ordinatenachse, der in der eben erwähnten
Gleichung:
durch /'(?/') vertreten ist, als Fimktion des Kichtungskoeffi-
zienten ?/ der Tangente darzustellen. Aus der Tangenten-
gleichung des allgemeinen Punktes A', }':
y _ r = r (* - X)
ergibt sich durch die Differentiation in bezug auf x:
(2) y' = J'
Geometrie der gewöhnlichen Differentialgleichungen, 267
und der Tangentenabschnitt drückt sich hiernach durch
Y-Xy'
aus; setzt man hierin für X, Y diejenigen Werte^ welche sich
aus dem Gleichungspaar (1)^ (2), d. i. aus
(3) F{X, 7) = 0, F; + F^y = 0
dafür ergeben, so erhält man die für die Clairautsche Gleichung
charakteristische Funktion fiyy
Für die Parabel
(4) Y^^2pX
iindet sich auf diese Weise die Clairautsche Differential-
gleichung:
(5) y = ^y' + ^'
f&r den Kreis
(6) X^ + r«-2Är+ö« = ü
die Clairautsche Gleichung:
(7) y^xy' + b + /(Ä^-a»)(l+y'«),
wo die Quadratwurzel in ihrer vollständigen Bedeutung zu
nehmen ist.
Bei jeder algebraischen Kurve ist fiy') eine algebraische
Funktion von y.
Wenn die Kurve parametrisch gegeben ist, etwa:
X=9)(m), r=i/;(ii),
dann ist mittels der Gleichung
u als Funktion von y und hiermit Y — Xy in gleicher Weise
darzustellen, um fiif") zu erhalten.
Bei der Zykloide
(8) X = a (m — sin u), 7 = a (1 — cos u)
hat man beispielsweise zur Bildung von f{y') den Ansatz:
sin u ,
1 — cos u •' '
mit dessen Hilfe
} — Xy = a [1 — 008 w — (m — sin w)y']
in y auszudrücken ist; zu diesem Zwecke ermittelt man:
268 B. Czuber.
und findet hiermit die Clair au t sehe Gleichung dieser Kurve:
(10) y = a:y' + a[2-y'Arc8m-j^].
2. Hat man die Clairautsche Gleichung einer Kurre auf-
gestellt, so findet die Aufgabe^ an sie durch einen Punkt jr^/y^
Tangenten zu legen, ihre Lösung in dem Ansätze:
^0 = ^0^ +/'(y');
jede Wurzel y' ^ m dieser Gleichung führt zu einer Tangente,
deren Gleichung, in den laufenden Koordinaten |, ri geschrieben,
lautet:
es ist also der Grad der Clairautschen Gleichung in bezug
auf y' übereinstimmend mit der Klasse der Kurre.
Die Clairautsche Gleichung der Parabel (4), in ganzer
Form geschrieben, führt zu
und liefert für y die beiden Werte:
yo:i:yyo'-2pa;o ,
2a;o
hiermit ergeben sich die Gleichungen der Tangenten aus x^ jy^ :
Durch Einsetzung eines speziellen Wertes m für y erhält
man aus der Clairautschen Gleichung unmittelbar die Glei-
chungen der Tangenten von der durch m gekennzeichneten
Richtung, deren Anzahl durch die Wertigkeit von /'(y') be-
stimmt ist.
So ist bei der Parabel
einwertig, daher
die Gleichung der einzigen Tangente von der Richtung m; bei
dem Kreise (6) ist
Geometrie der gewöhnlichen Differentialgleichungen, 269
zweiwertig, und somit sind
die Gleichungen der beiden Tangenten dieser Richtung.
3. Ersetzt man in der C 1 air au t sehen Gleichung der
Kurve P:
(11) y^'y+fiy")
y durch — 1/y , so erhält man in
(12) 3,= _J+/-(_i.)
die Gleichung einer zweiten Tangente, die auf der ersten
normal steht; läßt man beide Gleichungen zugleich bestehen,
so bestimmen sie in Xy y den Scheitel eines der Kurve um-
schriebenen rechten Winkels, und die Elimination von y zwi-
schen (11) und (12) führt zu dem Ort dieser Scheitel.
Bei der Parabel (4) hat man zur Erledigung dieses
Problems das Gleichungspaar:
y- y' 2 '
durch Subtraktion ergibt sich daraus
»- H I) ■ 7' ■'
der genannte Ort besteht also aus der Geraden j: = —pj^
und aus jenem Punkte, durch welchen die Tangenten absoluter
Richtung gehen, nämlich dem Brennpunkt.
Nimmt man zu der Gleichung (10):
y^xy' + a 2 -y Are sin - ^^^,,
die nach der Vorschrift (12) gebildete
* I
2 + /Aresin -7^,
y
hinzu^ die sich auch in der Form:
y V ■ ' ■ 1 + y
schreiben läßt, so liefert die Auflösung nach x, y\
2+ M(2A+l)« + Arc8in/i^.-)
270 E. Czuber.
X = a —V - — h Are sin , -—,,.
(2A; 4- llny'
y = a
+ 2
l+y"
mit Beachtung der Gleichungen (9) schreiben sich demnach die
Gleichungen des Scheitelortes der der Zykloide umschriebenen
rechten Winkel in demselben Parameter u wie diese:
^= -^[(2Ä;-l)7r(l -co8tt) + 2tt],
y=|-[(2Ä + 2)7r8in« + 4];
darin bedeutet k eine beliebige ganze Zahl.
4. Der Gleichung (12) kommt auch eine selbständige Be-
deutung zu. Sie geht nämlich aus der Gleichung (11) durch
die Transformation:
hervor; diese Transformation bedeutet aber eine Drehung der
in (11) enthaltenen Linienelemente um ihre Punkte durch einen
rechten Winkel; folglich stellt (12) ein System von oo^ Linien-
elementen vor, welche durch dieselben Punkte gehend auf den
Linienelementen von (11) senkrecht stehen; ein Elementverein
aus (12) ist hiemach eine Evolvente der Kurve, zu welcher die
Gleichung (1 1) gehört, mit anderen Worten: (12) ist die DiflFe-
rentialgleichung der Evolventen dieser Kurve.
5. Sei
(13) /(X,i;.y) = 0
die Differentialgleichung eines einfach -unendlichen Kurven-
systems; die Clairautsche Gleichung seiner Einhüllenden
läßt sich in der Weise ableiten, daß man aus (13) und
Xy Y als Funktionen von y berechnet und hiermit den Aus-
druck Y — Xy als J\inktion von y bildet; diese ist dann die
zur Herstellung der Clairautschen Gleichung erforderliche
Funktion f{yy
Aus der Differentialgleichung
2 Y^y^ + 2 XYtj' + X» + 7^ - r^ = 0,
Geometrie der gewöhnlichen Differentialgleichungen. 271
welche den Kreisen zukommt, die man über den zur x-Achse
senkrechten Sehnen des Kreises
I« + ^« = r»
als Durchmessern beschreibt, und aus der daraus durch Ab-
leitung nach y hervorgehenden Gleichung
ergibt sich auf dem angegebenen Wege
y = ^y +ryi + 2y'«
als Clairautsche Gleichung der jene Kreise einhüllenden
Ellipse.
6. Die Clairautschen Differentialgleichungen zweier
Kurven F(X, 7) = 0, G(X, 7) = 0:
gestatten die Lösung verschiedener, die beiden Kurven be-
treffenden Probleme, vor allem die des Problems der gemein-
samen Tangenten, dessen Lösung aus dem Ansätze:
(14) f{y')'-9ijf')
hervorgeht; jede Wurzel dieser Gleichung führt zu einer ge-
meinschaftlichen Tangente, so daß der Grad dieser Gleichung
die Anzahl der gemeinsamen Tangenten bestimmt.
Die Clairautschen Gleichungen zweier Kreise mit den
Mittelpunkten c^ijßi, cc^lß% iii^d den Radien r^, r,:
y = xy+ Tj }Al + 7/2 + ^j - ofj y'
y = xy + ^2 yi + y ^ + /'2 - ^%y'
geben zur Bestimmung der gemeinsamen Tangenten den Ansatz :
r^ yi +y'* + ?x - «, y' = »-, yi^"y'* + h - «. .'/ .
oder in rationaler Form das folgende Paar quadratischer
Gleichungen:
[(«, - «,)» - (r, ± r,)»]y» - 2 («, - «,) iß, - /9,).y'
und die Diskriminanten dieser:
[(«, - «,)* + 09, - /9,)» - (r, ± r,)»] (r, ± r,)»
Uefem die vollständige Analyse des Problems.
272 E. Czuber.
(15)
7. Da die Gleichungen
y = X y' + fit/")
bei jedem Werte von y zueinander senkrechte Tangenten je
einer der beiden Karren F, G bestimmen, so gehören x, y,
aus diesem Gleichungspaar gerechnet, dem Scheitel eines rechten
Winkels zu, dessen Schenkel die beiden Kurven in je einem
Punkte berühren. Die Elimination von y zwischen den Glei-
chungen (15) gibt somit den geometrischen Ort der Scheitel
der dem Kurvenpaar in der Weise umschriebenen rechten
Winkel, daß jeder Schenkel eine andere Kurve berührt
Zu den beiden Parabeln
72 _ 2pX= 0, r^ + 2pX= 0
gehören die Clairautschen Differentialgleichungen:
2xy2«2yy+p = 0,
2jry2_2yy -/? = 0;
ersetzt man in einer ^ z. B. der zweiten, y durch — l/y'> so
erhält man zur Ableitung des Rechtwinkelortes die Gleichungen :
py2_2.yy-2a: = 0;
daraus ergibt sich seine Gleichung:
p
u
-2y
P
-2x
0
-2,j
-2x
= 0,
2x - 2y
0 2x
P -2//
ü p
oder ausgeführt:
I6x\x^ + y*) + 8p* x^ - 4/?2 7/2 + p* = 0;
der betreffende Ort ist also eine zirkuläre Kurve vierter Ord-
nung, welche außer den Kreisasymptoten die zur Ordinaten-
achse parallelen Asymptoten z = ±;?/2 besitzt.
IL
1. Eine Differentialgleichung zweiter Ordnung in den Varia-
bein X, y:
Geometrie der gewöhnlichen Differenticdgleichungen, 273
(1) /■(',y,yy") = o
definiert ein System von oo* Krümmungselementen ^ d. h. jede
dieser Gleichung genügende Wertverbindüng x^y^y\y" bestimmt
einen Punkt x\y und einen durch ihn gehenden Kreis vom Mittel-
punkte
Der Begriff des Krümmungselementes ist die naturgemäße
Fortbildung des Begriffes des Linienelementes, den Lie mit so
großem Erfolg in die Theorie der Differentialgleichungen erster
Ordnung eingeführt hat.
Jedem Linienelement der Ebene ist vermöge der Glei-
chung (1) ein Erümmungselement zugeordnet, indem durch
die Koordinaten x, y, y des Linienelementes aus (1) sich y"
und hiermit der Mittelpunkt I/97 des zugehörigen Krümmungs-
elementes ergibt.
Man kann auf unendlich viele Arten Scharen von 00^
Krümmungselementen aus (1) zusammenfassen, indem man
einen Punktort a>(jr,y) = 0 beliebig annimmt, jedem seiner
Punkte ein Linienelement nach irgend einem Gesetze zuordnet
und das diesem Linienelement vermöge (1) korrespondierende
Krümmungselement bestimmt. Insbesondere kann man die
Linienelemente des Punktortes ro (x, y) = 0 selbst hierzu ver-
wenden; die zu diesen Linienelementen gehörigen Kreise öc"
rühren dann den Punktort.
Eine Schar von 00* Krümmungselementen, deren Punktort
von den zu seinen Linienelementen gehörigen Kreisen oskuliert
wird, soll als Verein von Krümmungselementen definiert werden;
der Punktort selbst heißt eine Integralkurve der Differential-
gleichung (1).
Um die analytischen Bedingungen zu finden, welche die
Koordinaten ar, y, y\ y" der Schar genügen müssen, damit sie
einen Verein bilde, benutzt man den Gedanken, daß die in-
finitesimale Bewegung längs des Punktortes der Schar zu-
sammenfallen muß mit derjenigen längs des zugehörigen Kreises,
soweit die zwei ersten Differentiahiuotienten dabei in Betracht
kommen.
Boltsmann-Featscbrift 18
274 E. Czuber.
Bezeichnet man den Radius des zum Erümmungselement
x\y\y\y" gehörigen Kreises mit ^, so schreibt sich des letz-
teren Gleichung:
da für die Bewegung längs dieses Kreises |, 7/, (> konstant
bleiben, so gilt für die Wegkomponenten die Beziehung:
(3) (^-|)rf^ + (y-i7)rfy = 0,
woraus mit Rücksicht auf (2) die Gleichung
entspringt, aus der die Schlußfolgerung
(4) dy^ydx^i)
zu ziehen ist. Vermöge dieser verwandelt sich (3) in
^ — I + (y - ^)y = ö
und neuerliche Differentiation längs des Kreises gibt
dx + ydy + {y — 7j)dy = 0,
was sich mit Rücksicht auf (2) und (3) verwandelt in
und zur Folge hat die Beziehung:
(5) dy'^y'dx^O.
Hiernach ergibt sich der Satz:
„Eine Schar von 00 ^ Krümmungselementen ^ \y\y\ y"
bildet einen Verein, ihr Punktort eine Integralkurve nur dann,
wenn die Koordinaten den beiden Differentialgleichungen
dy — y dx = 0
dy — y" dx = 0
genügen."
2. Der Vorgang der Integration der Gleichung (1) stellt
sich hiernach geometrisch wie folgt dar.
Von einem beliebig angenommenen Linienelement ^olyol^o'
ausgehend bewege man sich längs des ihm durch die gegebene
Gleichung zugeordneten Krümmungselementes ^ol^olyolyo' ^^
dessen benachbartem Linienelement
Geometrie der gewöhnlichen LifferentiaJgleichungen, 275
x^ ^ x^ + dx
Vi = yo' + ^Vo = yo' + yo" ^^ »
bestimme mittels (1) das zagehörige Erümmungselemeut
^ilyil^i 1^1 ' 8®^® ^^^ diesem zum benachbarten Linien-
element etc. Auf diese Weise erhält man einen aus Ereis-
bogenstücken zusammengesetzten Linienzug, einen Eorbbogen,
dessen Grenzform für ein gegen Null abnehmendes dx eine
Integralkurve von (1) ist.
3. Aus den Gleichungen (2) folgt:
/ / ^ - X
(6)
U" =
n-y
(f - x)« + (*? - y?
in - yy
diese Werte in (1) eingesetzt ergeben eine Gleichung zwischen
^, y> I» V'
(7) ^(^,y,l,^) = o.
Diese läßt folgende Auffassung zu: Bei festem x^ y in den
veränderlichen Koordinaten |, ^ geschrieben stellt sie den
Ort der Mittelpunkte jener Krümmungselemente dar, deren
Punktort x\y ist; bei festem |, ?; bestimmt sie den Punkt-
ort jener Krümmungselemente, deren gemeinsamer Mittel-
punkt 1/^ ist.
Um Beispiele anzuführen, ergibt sich aus der DiflFerential-
gleichung
y" + ay =^0
durch die Substitution (6):
(l-^r + (^/-yr + «y(^-y)' = o,
so daß der Ort der Mittelpunkte ^jr] zu einem Punkt xjy
eine Kurve dritter, hingegen der Ort der Punkte xjy zu einem
Mittelpunkt 1/?/ eine Kurve vierter Ordnung ist
Aus der DiflFerentialgleichung
welche Kurven definiert, deren Krümmungsradius der Normale
proportional ist, folgt
80 daß beiderlei Orte zur x-Achse parallele Gerade sind.
18*
276 E, Czuber, Geometrie der gew, Differentialgleichungen.
Die Differentialgleichung
(1 + yy = a^y\
welche Kurven von konstantem Krümmungshalbmesser zu-
kommt, fuhrt auf die Gleichung:
beiderlei Orte sind also Kreise vom Radius a, woraus leicht
zu schließen ist, daß die letzte Gleichung bei willkürlichem |, 17
schon die Integralgleichung darstellt.
Wie aus der Form der Substitution (6) zu ersehen, hängt
die Gleichung (7), sobald die vorgelegte Differentialgleichung (1)
weder x noch y enthält, lediglich von den Differenzen | — x,
17 —y ab; dies hat zur Folge, daß sie den Translationen der
Ebene gegenüber invariant bleibt; das gilt dann auch von
dem durch die Differentialgleichung dargestellten System von
Krümmungselementen und schließlich von dem allgemeinen
Integral, das hiernach die Form <b(x + C^, y + C^) = 0 be-
sitzen muß. Enthält die Differentialgleichung njor eine der
beiden Variabein, so bleibt die Invarianz gegenüber den Trans-
lationen parallel zu der durch die fehlende Variable gekenn-
zeichneten Achse aufrecht, so daß also Differentialgleichungen
von den Formen f[x, y\ y") = 0, /*(y, y\ y") = 0 Integral-
gleichungen von der Struktur ^{x, y + C^, C\) = 0, beziehungs-
weise (l)[x + C^,y, Q = 0 haben. ^)
1) E. Czuber, Sitzungsber. d. Akad. d. Wissensch. zu Wien 102,
IIa. p. 1141-^1187. 1893; 103. IIa. p. 295—316. 1894.
(Eingegangen 25. August 1903.)
277
36. Über eine Beziehnng zwischen dem Ldsnngsdrnck
nnd der lonisationswärme der Metalle.
Von A. Korn und E. Straoss in München.
An das Problem der Dissoziation der Gase ist Boltz-
mann^) als der erste mit exakten mechanischen Vorstellungen
herangetreten. Die Methoden^ welche er zur Behandlung dieses
Prohlems angewandt hat^ sind Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen
über die chemische Bindung eines Atomes mit einem gleich-
artigen, unter Annahme einer zwischen den Atomen tätigen
anziehenden Kraft, auf deren rein mechanische Erklärung zu-
nächst kein Gewicht gelegt wird. Der Versuch, solche zwischen
den Atomen tätige Kräfte in speziellen Fällen mechanisch zu
erklären, hat Anlaß zu den Untersuchungen gegeben, die zu
einem recht einfachen, den Gegenstand der vorliegenden kleinen
Abhandlung bildenden Resultate über den Lösungsdruck der
Metalle geführt haben.
Sicherlich können ganz allgemein die chemischen Wechsel-
wirkungen nicht lediglich Funktionen der Entfernungen der
Mittelpunkte der Atome sein^, aber in besonders einfachen
Fällen wird es sich doch stets empfehlen, zuzusehen, ob
nicht die Voraussetzung einer Anziehungs- bez. Abstoßungskraft
zwischen zwei Atomen oder Atomgruppen von der Form:
M, MJ{r)
[M^ und M^ Massen der Atome bez. Atomgruppen, f[r) Funktion
ihrer Entfernung r) zu Resultaten ftlhrt, die mit der Erfahrung
gut in Einklang stehen.^ Für Anhänger der rein mechanisch-
1) L. Boltzmann, Vorlesungen über Gastheorie 2. p. 177 — 217.
Leipzig 1S9S; hier findet sich eine zusammenfassende Darstellung seiner
früheren Arbeiten über den Gegenstand.
2) Vgl. L. Boltzmann, 1. c. p. 177.
3) Man vgl. W. Vaubel, Lehrbuch der theoretischen Chemie 1.
p. 97— 118. Berlin 1903.
278 A, Korn und E. Strauss,
materialistischen Theorien ergibt sich bei solchen Wechsel-
wirkungsgesetzen der Vorteil, daß sich die betreffenden Kräfte
mechanisch, z. B. als Folge von universellen Schwingungen ^) der
Atome interpretieren lassen.
Wir haben nun versucht, uns auf diesem Wege eine
mechanische Interpretation des Lösungsvorganges zu ver-
schalFen. Es erhob sich hier zunächst die prinzipielle Frage:
Haben wir, abgesehen von den elektrostatischen Ej^ften,
zwischen Metall und Lösungsmittel anziehende Kräfte oder
zwischen den einzelnen Metalltcilchen abstoßende Kräfte an-
zunehmen? Die erfahrungsmäßige Unabhängigkeit des sogen.
Lösungsdruckes, welcher die Fähigkeit des Metalles, in Lösung
zu gehen, mißt, von der Beschaffenheit des Lösungsmittels,
spricht für die zweite Alternative, und man kann sich die
folgende Vorstellung bilden: Den Abstoßungskräften zvrischen
den Metallteilchen wird durch die elektrischen Anziehungs-
kräfte zwischen positiven und negativen Teilchen, welche
größere Gruppen zusammenhalten, entgegengearbeitet; wenn
sich nuu das Lösungsmittel mit seiner verhältnismäßig großen
Dielektrizitätskonstante als Dielektrikum einschiebt % gewinnen
die Abstoßungskräfte zwischen den Metallteilchen die Oberhand,
und es gehen Metallteilchen in Lösung, bis der den gelösten
Teilchen entsprechende osmotische Druck einen gewissen für
das Metall charakteristischen Wert, den Lösungsdruck, er-
reicht hat.
Wenn wir diese Vorstellung zugrunde legen und an-
1) Wenn man die ponderablen Teilchen als schwach kompressible Teil-
chen auffaßt, die in einem (empirisch) inkompressibeln Äther schwimmen,
so ergibt die mathematische Analyse die Möglichkeit einer unendlichen
Zahl von Eigenschwingungen des Systems, und jeder Eigenschwingung
gehören gewisse scheinbare Femkräfte zwischen den ponderablen Teilchen
zu, der Grundschwingung die Gravitation, der ersten Oberschwingung
die Maxwell sehen Abstoßungskräfte etc., allgemeine Krftfte von der
Form:
J/,2K,/(r)
zwischen zwei Gruppen von den resp. Massen Af, und M^y wenn in
kleinen Räumen im Mittel keine Richtung bevorzugt ist und die Ab-
stände der beiden Gruppen groß gegen die Entfernungen innerhalb der
einzelnen Gruppen sind.
2) Man vgl. W. Nernst, Theoretische Chemie 2. p.365. Stuttgart 1898.
Losungsdruck und lonisationswärme. 279
nehmen, daß vor der Lösung die Metallteilchen zu Gruppen
vereinigt sind^ die um so mehr Teilchen umfassen, je größere
Elektrizitätsmengen in einem Atom enthalten sind^ und für
deren Anzahl in der Volumeneinheit der Avogad rösche
Satz^) gilt^ so ist die den Abstoßungskräfben der einzelnen
Gruppen entsprechende innere Energie der Yolumeneinheit
löslicher Metallteilchen:
(1) J?i =a^.n^.m\
wo a* eine Konstante vorstellt, die für alle Metalle denselben
Wert hat, m das Atomgewicht, n die Valenz des betreffenden
Metalles bezeichnet Wir wollen dabei voraussetzen, daß wir
stets bei ein und derselben konstanten Temperatur arbeiten.
Nun bestehen aber noch zwischen den einzelnen Teilchen
jeder Gruppe, welche durch die elektrostatischen Kräfte zu-
sammengehalten werden, Anziehungs- oder Abstoßungskräfte,
die sich als negative oder positive lonisationswärme bei dem
Lösungsvorgang bemerklich machen; die diesen Kräften ent-
sprechende innere Energie ist pro Volumeneinheit:
(2) J?, = Ä^(2 + c,
wo b^ und c Konstanten sind, die für alle Metalle denselben
Wert haben, und Q die lonisationswärme, d. h. die Wärmenge
vorstellt, die bei dem Übergang in den lonenzustand frei wird.
Die Summe
(3) Ä\ + ^j = a^n^m^ + b^ Q + c
wird offenbar ein Maß für das Bestreben des Metalles sein,
Ionen in die Lösung zu senden, d. h. die Reihe der Lösungs-
drucke muß mit der Reihe der Großen:
(4) t/; = Q + «2„2^2
parallel gehen, wobei er eine Konstante ist.
Wir haben auf Grundlage dieser einfachen Betrachtung
versucht, ob man nicht eine Zahl a so finden kann, daß
dieses Gesetz durch das vorliegende Beobachtungsmaterial
verifiziert wird, und es hat sich in der Tat gezeigt: Wenn
1) Dieselben können ja, wie (rasteilchen, die Zwischenräume zwisclien
den das feste Metall bildendin gniÜeren Komplexen erfüllen.
280 A^ Korn und E, Strauss»
wir für die Q die von Ostwald ^) angegebenen Werte (ge-
messen in lOOg-caL^ zugrunde legen und
(5) - = ll
setzen ; ordnen sich alle bisher untersuchten Metalle dem
obigen Gesetze unter^ mit Ausnahme des Bleis, das ja auch in
so vielen anderen Beziehungen eine Ausnahmestellung ein-
nimmt. Schon bei ziemlich geringer VerändeiTing von a geht
der Parallelismus der ip mit der Reihe der Lösungsdrucke
verloren.
Zur Verifikation unseres Gesetzes stellen wir die Reihe
der Lösungsdrucke jener Metalle voran, für welche die loni-
sations wärme bekannt ist:
Mg, Zn, Cd, Fe(o), Tl, Co, Ni, Cu^i^ Hg<«», Ag
(für Mg ist der Lösungsdruck am größten, für Ag am kleinsten),
und wir wollen durch die folgenden Zahlen zeigen, daß die
t^-Reihe dieselbe ist.
1. Mg: Q = + 1067, « = 2, m = 24,36;
yj = 1070.
2. Zn: Q=+326, 7i = 2, zw = 65,4;
yj = 345.
3. Cd: Q= + 162, w = 2, m = 112,4;
xfj = 218,2.
4. Fe^«^ : Q= + 200, w = 2, w = 56;
yj = 213,9.
5. Tl: Q=+10, n = 2, 7n = 204,l;
y) = 195,1.
6. Co: §=4-146, n = 2, zw = 59,0;
y)=- 161,5.
7. Ni: (2= + 135, w = 2, 7w = 58,7;
yj = 150,3.
1) W. Ostwald, Zeitschr. f. phys. Chem. 11. p. 501. 1893. Die
Abweichiiugen der Zahlen anderer Forscher sind nicht groß genug, um
auch eine Abweichung von dem obigen Gesetz erkennen zu lassen.
2) Wenn man eine andere Einheit zugrunde legt, ändert sich
natürlich n entsprechend.
Lösungsdruck und lonisationstoärme. 281
8. eu^i^ Q = - 175^), n = 2, m = 63,6;
1/; = - 157,0.
9. Hg«»: C = - 205, w = 1, m = 200,3;
1/^ = - 160,4.
10. Ag: Q=-262, w=l, m = 107,9;
1/; = - 249,1.
Für Blei ordnet sich der yj-Wert nicht, wie es sein sollte,
zwischen die i/;-Werte von Nickel und Kupfer ein. Bei diesem
Metall müßten daher die einfachen Grund Vorstellungen, von
denen wir ausgingen, eine Modifikation erfahren.
München, Juli 1903.
1) Nach anderen Autoren ist für Kupfer i— Q) etwas kleiner, etwa
160, wodurch sich der ^-Wert (— 142) etwas weiter von dem ^-Wert von
Hg<o) entfernen würde.
(Eingegangen 28. August 1908.)
282
37. A Peculiar Class of Wayes.')
By Ch. £. Curry in München.
y. Helmholtz examined briefly in bis ^yVorlesungen über
die elektromagnetische Theorie des Lichts'' the electromagnetie
waves represented by the functions
d% dy
where (p denotes any purely spherical waye-function^ that is,
a spherical wave-function of the distauce r from the centre of
disturbance and of the time t only; these quantities U,F,ff'
are connected with the component electric moments X, ¥, Z
by the differential equations
(1)=^
dW _
dy
dV
dx
Y
dU
d W
D ""
dx
dx
Z
D ■"
dV
dx ""
du
dy
where -D denotes the electric inductive capacity of the medium.
The waves represented by these component moments are now
the Hertzian waves, the analytic expressions for the same
being identical to those theoretically establisbed by Hertz
himself. v. Helmholtz has now observed in bis lectures above
cited that the electric oscillations of these waves take place
at right angles to their direction of propagation only at con-
siderable distance from the centre of disturbance or, more
exactly, at such distances from the same that the terms of
the higher Orders of magnitude in 1/r in the expressions for
1) Extract from my „Electromagnetie Theory of Light** (in print)
Macmillan & Co., London.
2) Vgl. V. Helmholtz's lectures.
Ä peculiar Class of H'aves, 288
tbe component moments may be rejected when compared with
those of the first order. Aside from a certain analogy between
electromagnetic waves of this class and inducted current49, let
US, for breyity at least, designate here the waves or motions
represented by the terms of the first order of magnitude in 1/r
as ,,primary'< and the others or those represented by the terms
of higher Orders than the first, as „secondary" waves. The oscil-
lations of the former will now be found to take place always
at right angles to their direction of propagation, whereas those
of the latter will make an entirely arbitrary angle with that
direction. The primary and secondary wayes are, in general,
dependent on one another, that is, the presence of the one
demands that of the other or, in other words, neither can exist
alone; this follows, since the analytical expressions for either
wave singly are not particular integrals of our fundamental
differential equations (Maxwell's equations), whereas the sums
of the expressions for both wayes are such. Besides the aboye
class of electromagnetic waves, a primary disturbance accom-
panied by a secondary one, we can of course have simple
electromagnetic distorbances or primary waves, if we may
then term them such, that are unaccompanied by secondary
ones. Electromagnetic waves of this latter class are represented
by purely spherical wave-functions cp and not by their deri-
vatives; their behaviour is one and the same along all vectors.
On the otherhand, an irregulär distribution of intensity over
any sphere with centre at source of disturbance evidently
indicates the presence of secondary waves in the medium.
The object of the present paper is a brief examination of
the socalled „secondary" waves; they will be found to exhibit
most peculiar properties. For the present purpose we shall
examine the more general problem instead of the above parti-
cular one, the Hertzian waves; we concieve namely the latter
as particular case of the general one
^ ' dy dx dx dx dx dy '
where ?^p?>2>9s benote purely spherical wave-functions, that
is, functions of the form
9>i = ^fi[r±v t) etc.
284 C. E. Curry.
These values (2) for Uy F, W satisfy the conditional equation
which must hold between these quantities.
Oq the assumption that the functions f^^f^yf^ are giyen
in the form
f^ = a^ sin — ^ (ü f — r) etc.,
we find, by formulae (2), the foUowmg expressions for the
functions Vy V, ^ -.
U ^ ^{a^y - a^ß)cosa) + ~ {a^ y - a^ ß) sin w
and analogous expressions for F and JF, and then, by formulae
(1), the foUowing for the component electric moments
X 4 TT*
(3)
D "" X^r
[«1 (/5^ + y^ - a(a, /9 + a, y)] sin q>
+ l~ [2a, ^ 3a,{ß^ + y^) + 3a{a^ß + a^y)] COBW
+ ~[2a, •- 'Sa,{ß^ + y^ + 3a{a^ß + a^y)-]sinai
and analogous expressions for Y and Z, where a, ß, y denote
the direction-cosines of the vector, along which we are exami-
ning these oscillations or waves, and
(o = ~r— (vt—r).
The first terms of these expressions for the component
electric moments represent the primary and the second (and
third) terms the secondary wave. It is evident that for light
waves proper or waves of wave length X that is small com-
pared vrith measurable distances from the source of disturbance
— A of the dimensions 10-^ mm — the second and third terms
of these expressions for the moments will be very small com-
pared with the first, so that they may thus be rejected not only
at Short distances from the source but also in its immediate
proximity; in other words, we may conceive all light waves
proper as unaccompanied by secondary disturbances, For electric
waves, as the Hertzian, the second and third terms of the
1) Vgl. V. Helmholtz's lectures.
A peciiliar Class of Waves, 285
given expressions . will vanish when compared with the first
only at greater distances from the source; the primary electric
wave will, therefore, be accompanied by a secondary electric one
to a considerable distance from its source, the intensitiy of the
latter remaiDing of the same order of magnitude as that of the
former in the immediate proximity of the source, but decreasing
somewhat more rapidly than that of the primary wave, as we
recede from the same. On the otherhand, the secondary wave
will evidently be represented approximately by the second terms
alone of the given expressions, except in the yery next proxi-
mity of the source; we shall, therefore, refer to the secondary
wave as that represented by the terms of the second order of
magnitude in 1/r, unless otherwise specified.
It is now easy to contirm the general law „the total
resultant electric oscillations take place at right angles to the
total resultant magnetic ones that are accompanying them"
for the given waves. It is also easy to show that both the
primary electric oscillations and the magnetic ones are taking
place here at right angles to their direction of propagation.
On the otherhand, the secondary oscillations will be found to
make arbitrary angles with their direction of propagation; the
angle they make with that direction along any given vector r
will evidently be
cos (/;, r) = cos (/;, x)a + cos (/;, y)ß + cos (/;, z) y ;
if we replace here these cosines by the quotients of the moments
in question from formulae (3), we find
cos (/•, r) = 2(a^tt + a^ß +a, y) _ ^
It is evident from this formula that the secondary elec-
tric waves will be longitudinal along the vectors
a:ß:y = a^',a^:a^,
Along these vectors the primary waves will now vanish,
and also the magnetic ones, by which the primary and
secondary waves are otherwise accompanied. We can state
this result in the general form: „In every System of electro-
magnetic waves, in which secondary waves appear, there is
always a vector, along which the secondary wave is propa-
286 C, E. Curry. A peculiar Ciass of Waves,
gated as a longitudinal wave; in which case it is then accom-
pauied (along that vector) neither by a primary (electric) nor
by a magnetic disturbance/'
The more thorough examination of the above and similar
Systems of waves leads to the following general resolts:
1. Along those vectors, where the primary (electric) and
the magnetic waves do not appear^ the secondary wave is
either longitudinal or it does not appear at alL
2. Along those vectors, where the secondary (electric) wave
is transverse^ its amplitude is independent of the direction-
cosines and^ conversely, in those regions, where the ampli-
tude of the secondary (electric) wave is independent of the
direction-cosines, the wave itself is transverse.
3. The transverse secondary wave is accompanied by a
primary electric and a magnetic wave^ whose amplitudes are
independent of the direction-cosines, and, conversely, along
those vectors, where the amplitudes of the primary (electric)
and magnetic waves are independent of the direction-cosines,
the secondary (electric) wave is transverse.
4. The electric oscillations represented by the terms of
the third order of magnitude in 1/r make the same angle of
oscillation with their direction of propagation as the secon-
dary oscillations proper.
5. The electric and magnetic waves represented by terms
not only of the same but also of different Orders of magnitude
in 1/r take place at right angles to each other; it would,
therefore, be impossible to separate or pair oif electric and
magnetic waves of the same order by means of the property
that they are taking place at right angles to one another.
6. Both the primary aud the secondary waves obey the
same laws of reflection and refraction as ordinary plane waves;
whereas their amplitudes after reflection and refraction are
determined by similar expressions to those for the amplitudes
of reflected and refracted plane waves.
Beute, Ammersee.
(Eingegangen SO. August 1903.)
287
38. Das Yaknnm als Isolator.
Von O. liehmann in Karlsruhe.
John Walsh (1778), William Morgan (1785), Davy
(1822) und Plücker (1859) glaubten durch ihre Versuche fest-
gestellt zu haben, das YoUkommene Vakuum lasse die Elek-
trizität nicht durch. Im Gegensatz hierzu ergaben Versuche
von Hittorf (1868), daß der große Widerstand sogenannter
absoluter Vakuumröhren lediglich auf ihren geringen Dimen-
sionen beruht, durch welche die freie Ausbildung des nega-
tiyen Glimmlichts und des Eathodendunkelraums beeinträchtigt
wird. Unter Verwendung der größten technisch herstellbaren
Bezipienten gelang es mir in der Tat bei Drucken, bei wel-
chen in einer gleichzeitig an die Pumpe angeschlossenen Röntgen-
röhre Röntgenstrahlen auftraten, Entladungen schon mittels
ganz mäßiger Spannungen (400—500 Volt) zu erhalten. Bei
noch höherem Vakuum, in welchem der Eathodendunkelraum
den ganzen Bezipienten (von ca. 60 — 70 cm Länge und 30 cm
Weite) ausfüllte, gingen auch hier Entladungen selbst dann
nicht mehr hindurch, wenn an einer Parallelfunkenstrecke die
Schlagweite 16 cm betrug. Wäre es möglich, noch größere
Bezipienten zu beschaffen, so wäre es sicher möglich, auch bei
diesen minimalen Drucken — Anwendung hinreichend großer
EHektroden yorausgesetzt — Entladungen oder Ströme selbst
mittels der oben genannten sehr mäßigen Spannung zu er-
halten, da nach Warburg (1887) der normale Eathodenfall
unabhängig ist vom Druck des Oases.
Die Enge der Gefäße ist es auch, welche es unmöglich
macht, mit gewöhnlichen elektrodenlosen Röhren oder kleinen
evakuierten Kugeln den Entladuugsgradienten dadurch zu be-
stimmen, daß man sie plötzlich einem geladenen Konduktor
nähert oder davon entfernt, vorausgesetzt, daß die Verdünnung
288 0, Lehmann,
soweit getrieben ist^ daß sich Dankelraum und Glimmlicht,
welche hier ebenso entstehen wie in Röhren mit Elektroden,
nicht mehr^frei ausbilden können. Solche Röhren pflegen neu
hergestellt nicht ^^anzusprechen'S wohl aber, wenn einmal durch
Anwendung eines übermäßig hohen Spannungsgefälles flnt-
ladung hervorgerufen und dadurch das Vakuum verschlechtert,
somit die Dicke des Dunkelraumes vermindert wurde. Bei
Anwendung großer elektrodenloser Rezipienten, welchen ein an
Seidenschnur aufgehängter geladener großer Konduktor sich
pendelnd nähert und entfernt, kann man deutlich erkennen,
daß auch hier gelber Saum, Dunkelraum und blaues Glimm-
licht ungefähr in gleichen Dimensionen auftreten, wie in
Rezipienten mit Elektroden. Läßt man den Konduktor fest-
stehen (oder verwendet äußere Elektroden) und bewirkt die
Spannungsänderungen dadurch, daß man ihn an eine Wechsel-
stromquelle, speziell einen Hochfrequenztransformator anschließt,
so wird die Dicke des Dunkelraumes mit steigender Frequenz
geringer, wie auch in Röhren mit Elektroden, die Entladungen
erfolgen deshalb leichter, d. h. bei geringerem Spannungsgefälle,
die dielektrische Festigkeit des Gases scheint vermindert.
Gleiches gilt für die Hittorf'sche „Ringentladung", welche
entsteht, wenn durch eine das Vakuumgefäß umgebende Draht-
spirale oder auch einfach einen Drahtring Hochfrequenzstrom
hindurchgeleitet wird. Ebenso wie der pendelnde Konduktor
bewirkt die in dem Ringe pendelnde Elektrizität das Auftreten
von Entladungen, welche scheinbar in sich zurücklaufen und
durch das Hin- und Herschießen magnetischer Kraftlinien be-
dingt sind, in Wirklichkeit aber, wie man bei Anwendung
großer Rezipienten deutlich erkennen kann, von der Glaswand
ins Innere gehen und ebenso wie gewöhnliche Entladungen
mit der Bildung von gelbem Saum, Dunkelraum und blauem
GUmmlicht verbunden sind, wobei der Dunkelraum nur deshalb
eine geringe Dicke besitzt, weil die Wechselzahl der ange-
wandten Ströme eine sehr große ist Aus diesem Grunde ist
auch der Spannungsabfall, bei welchem die Entladungen er-
folgen, ebenso wie bei Röhren mit äußeren Elektroden ein ge-
ringerer, wodurch sich die Beobachtungen von Plücker (1858)
und Hittorf (1884) erklären, daß durch „äußere« Elektroden
oder „induzierende" Drahtspulen auch in Röhren, welche keinen
Das Vakuum ab Isolator. 289
Strom zwischen den y^i^nem'' Elektroden hindurchlassen^ Ent-
ladung hervorgerufen werden kann. ^)
Nach Faradays disruptiyer Theorie der EIntladüng soll
diese eintreten^ wenn das Spannungsgefälle die dielektrische
Festigkeit des Gases übertrifft Daß nun den genannten Ver-
suchen zufolge die dielektrische Festigkeit scheinbar yon den
Dimensionen des Gefäßes abhängt^ erscheint nur verständlich
unter Beiziehung der Hypothese, daß bereits vor Eintritt der
leuchtenden disruptiven Entladung eine lichtlose elektrische
Strömung im Gase eintritt^ welche durch Bildung elektrischer
Luftschichten^ speziell einer positiven Schicht an der Kathode,
das elektrische Feld ändert oder, falls man die Farad ay-
sehen Vorstellungen fallen läßt und durch diejenigen der
elektrolytischen Entladungstheorie ersetzt (der einzigen^ welche
bisher neben der disruptiven Theorie zur Erklärung der Ge-
samtheit der Erscheinungen verwendet wurde), die Beschaffen-
heit des Gases, indem die wenigen ursprünglich vorhandenen
Ionen, welche den lichtlosen Strom vermitteln, so starke Be-
wegungsantriebe durch das Spannungsgefälle erhalten, daß sie
durch ihre Stoßwirkung die Bildung neuer Ionen veranlassen
und hierdurch die Leitungsfähigkeit des Gases rasch ins ün-
gemessene steigern.
Die disruptive Theorie soll unzureichend sein, weil die
Kraft des Feldes nicht imstande ist, die elektrische An-
ziehung der zu neutralen Molekülen verbundenen Ionen (rich-
tiger Elektronen, da Entladung auch in einatomigen Gasen
stattfindet) zu überwinden. Indes nimmt die elektrolytische
Theorie an, daß schon durch die Stoßwirkung der Wärme-
bewegung einzelne Ionen gebildet werden, somit wird dies
auch möglich sein, wenn noch die Kraft des Feldes hinzukommt,
und die bei dieser Spaltung der Moleküle oder Atome auf-
tretenden Strahlungen werden bewirken, daß sofort neue Mole-
küle in solchen Zustand versetzt werden, daß sie durch Wir-
1) Bei hochevakuierten großen Rezipienten beobachtete ich, daß die
flogenannten Ringentladungen den Gasdruck sehr stark erniedrigen ^ bei
weniger stark evakuierten, daß eine Erhöhung eintritt, so daß dann in-
folge der Verminderung der Dicke des Dunkelraumes die Entladung
wieder leichter hindurchgeht.
Boltnuum-Feftschrift. 19
290 0, Lehmann.
kung des Feldes zerfallen. Jedenfalls haben beide Theorien
das gemeinsam ; daß sie die Existenz eines der leuchtenden
Entladung yorhergehenden lichtlosen Stromes annehmen, es
muß also möglich sein, mag die eine oder andere Theorie zu-
trefifen^ diesen experimentell nachzuweisen«
Die bereits vorliegenden Versuche mit Vakuumelektroskopen
(Dessaignes 1814, Dayy 1822, Hittorf 1879, Worthington
1885, Pflaum 1900, 0. Lehmann 1902) ließen erkennen,
daß, wenn ein solcher Strom existiert, seine Stärke so gering
sein muß, daß die Anwendung eines Galvanometers aussichts-
los erscheint, ebenso auch die Verwendung der gebräuchlichen
engen Vakuumröhren mit kleinen Elektroden. Ich benutzte
deshalb als Vakuumgefäß ein elektrisches Ei von ca. 70 cm
Höhe und 30 cm Weite, bestehend aus zwei in vertikaler
Stellung aufeinander gekitteten tubulierten Lufkpumpenrezi-*
pienten. In den oberen Tubulus war eine Elektrode eingesetzt^
bestehend aus einer Aluminiumkugel [K) von 7 cm Durch-
messer, in den unteren eine durch Barometerverschluß ver-
schiebbare Sonde (5), bestehend aus einer auf ihrer unteren
Hälfte mit Glas bedeckten Messingkugel von 2 cm Durch-
messer. Die Zuleitungen beider Kugeln waren in Glasröhren
eingeschlossen. Der größte Teil der inneren Wandung des
elektrischen Eies war mit Drahtnetz [N] bedeckt, welches im
allgemeinen (eventuell unter Zwischenschaltung eines Galvano-
meters oder Entladungselektrometers) zur Erde abgeleitet oder
mit einem Elektrometer verbunden war. Zur Erzeugung eines
axialen Magnetfeldes konnten über das Ei zwei Draht-
rollen [RE) von je 1100 Windungen geschoben werden.
Zur Messung der Spannungen dienten Braunsche Elektro-
meter, derart abgeändert, daß sie kein Residuum mehr zeigten,
welches bei diesen Versuchen sehr störend gewesen wäre.
I. Ladungsteilung.
Das einfachste Verfahren zur Erkennung des hypothe-
tischen lichtlosen Stromes schien die Ladungsteilung zwischen
einem geladenen kugelförmigen Konduktor K' und der Kugel A'.
Haben beide gleichen Durchmesser und finden keine Ladungs-
verluste durch mangelhafte Isolation statt, so muß nach der
Das Vakuum ah Isolator, 291
üblichen Auffassung die Spannung, falls sie in Verbindung
gesetzt werden, auf die Hälfte sinken. Dies würde auch zu-
treflFen, falls die Verbindung ohne Energieverlust durch Funken-
bildung hergestellt werden könnte. Tatsächlich erhielt ich^
wenn K' auf 1000 Volt geladen war, in Luft von gewöhnlicher
Dichte nur eine resultierende Spannung von ca. 300 Volt. Ganz
dasselbe Ergebnis wurde erhalten, wenn das Ei auf 0,0015 mm
Druck ausgepumpt war und zwar gleichgültig, ob positive oder
negative Ladung verwendet wurde.
Bei der Spannung von 300 Volt finden also sicher keine
Ladungsverluste durch lichtlose Ströme statt, ebensowenig er-
folgt Bildung einer Doppelscbicht an der Kathode. Allerdings
ist diese Spannung noch erheblich verschieden von der Ent-
ladungsspannung, so daß immerhin die Möglichkeit bestände,
daß unmittelbar vor der leuchtenden Entladung solche un-
sichtbare Ströme aufträten. Indes zeigte sich auch bei Drucken
von 0,0034—0,008 mm und Spannungen von 2000—2300 Volt,
welche der Entladungsspannung sehr nahe waren, bei der
Ladungsteilung ein Rückgang der Spannung im gleichen Ver-
hältnis auf 700—800 Volt (Vj der anfänglichen SpannuDg).i)
II. Zerstreuung.
Wurde nach der Ladungsteilung die Kugel A' wieder auf
die Aufangsspannung gebracht und dann abermals mit der nun
geladenen Kugel K für einen Moment verbunden, so nahm
natürlich, infolge abermaliger Ladungsteilung, die Spannung
von Ä' einen etwas höheren Wert an. Man konnte so schritt-
weise die Spannung von K auf immer höheren Wert bringen
und untersuchen, ob etwa hierdurch die Zerstreuung der Elek-
trizität anomal wurde, d. h. größer als in gewöhnlicher Luft.
Dies war aber nicht der Fall, selbst wenn die Spannung bis
zum Entladungswerte gesteigert wurde. Auch hieraus kann
1) Fortsetzung der Versuche zn noch höheren Spannungen (bei
0,001 mm Druck konnten bei positiver Ladung solche von mehr als
12 000 Volt dauernd erhalten werden) schien zwecklos, da durch die bei
der Ladungsteilung entstehenden Funken unkontrollierbare Spannungs-
Schwankungen bedingt sein konnten, außerdem aber die Verluste durch
mangelhafte Isolation während der Dauer der Schwingungen der Elektro-
metemadel störend wurden.
19*
292 0, Lehmann.
man also schließen^ daß der Entladung kein lichtloser Strom
vorangeht. Wurde die Entladungsspannung erreicht, so fiel
die Spannung plötzlich, oft erst nach einiger Zeit („Verzöge-
rung^^, bis zu einem Best, welcher die Entladungsspannung bei
Stromdurchgang darstellt. Derselbe war bei negativer Ladung
erheblich größer als bei positiver. Die äußersten Spannungen,
bis zu welchen K geladen werden konnte, waren natürlich
vom Drucke abhängig, da bei niedrigen Drucken der dunkle
Elathodenraum sich nicht mehr frei ausbilden konnte.
Bei 0,04 mm betrug diese G-renzspannung, falls das Draht-
netz abgeleitet war, ca. 500 Volt; bei 0,023 mm 610 Volt; bei
0,02 mm 1100 Volt; bei 0,008 mm 2200 Volt; bei 0,003 mm
8800 Volt; bei 0,0005 mm 8500 Volt Meist waren die Grenz-
spannungen für positive und negative Ladung gleich, doch
zeigten sich auch erhebliche unterschiede und zwar war dann
stets die positive Entladungsspannung größer. Überhaupt
waren die beobachteten Grenzwerte keineswegs konstant; z. B.
wurde bei 0,001 mm Druck und positiver Ladung einmal die
Grenze 4 700 Volt beobachtet, ein andermal 10 000 Volt, in einem
dritten Falle trat die Entladung auch bei 12000 Volt noch
nicht ein. Auch die Werte der Verzögerung schwankten in
weiten Grenzen.
III. Einfluß magnetischer Kräfte.
Wurden die eben beschriebenen Versuche wiederholt, wenn
die erwähnten Magnetisierungsspulen R R (oder mindestens die
obere derselben) vom Strom durchflössen waren, so ergab sich
bei niedrigen Drucken eine bedeutende Änderung der Grenz-
spannung, während die Zerstreuung ungeändert blieb. Bei
dem Druck 0,04 mm erniedrigte sich die Grenzspannung bei
etwa 1 Amp. Magnetisierungsstrom auf ca. 470 Volt (sowohl
liir positive wie für negative Ladung); bei 0,018 mm auf 520 Volt;
bei 0,01 mm auf ca. 1000 Volt; bei 0.008 und 0,002 mm
ebenso, doch wurden auch noch niedrigere Werte bis herunter
zu 400 Volt (bei positiver Ladung) und 900 Volt 'bei negativer
Ladung) beobachtet. Bei diesen sehr niedrigen Drucken kann
man also die Ladunjr der Kugel durch Erregen des Magnet-
feldes sofort bis auf einen (für positive Elektrizität kleinen,
für negative großen) Rest zum Verschwinden bringen.
Bas Vakuum als Isolator,
298
/•Da sich diese Wirkung des Magnetismus erst dann in
auffälliger Weise geltend machte wenn der Dunkelraum durch
die Gefäßwände eingeschränkt wird^ ein Dunkelraum aber vor
Beginn der Entladung nicht sichtbar ist^ so sprechen diese
Versuche im Gegensatz zu den yorigen für das Vorhandensein
eines lichtlosen Stromes vor Beginn der Entladung.
Mit Erhöhung der Stromstärke J in den Magnetisierungs-
rollen wächst in manchen Fällen die Erniedrigung der Grenz-
spannung j^^)^ doch sinkt diese nicht unter die angegebenen,
dem herrschenden Drucke p entsprechenden Werte; in andern
Fällen wirkt das Magnetfeld gerade umgekehrt und erschwert
die Entladung. Femer wird der zurückbleibende Spannungsrest
e mit steigender Magnetisierungsstärke im allgemeinen kleiner.
Beispielsweise wurden folgende zusammenhängende Werte
beobachtet; wobei E die anfängliche Spannung bedeutet:
0,040 1
mm
E^ ■¥
500 Volt J = 1
Amp.
c = 400 Volt
0,018
V
—
500 ,
1
»»
470 „
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»»
—
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»
900 „
0,008
»
+
420 ,
, 1
»?
350 „
Wird die Kugel K dauernd mit einer Stromquelle (Akku-
mulator, Batterie Leydener Flaschen mit eingeschaltetem
Widerstand) von E Volt Spannung verbunden, so bewirkt Er-
höhung der Stärke des Magnetisierungsstromes / Erhöhung der
Stärke des Entladungsstromes i bis zu einem Maximum und
sodann Verminderung derselben. Beispielsweise wurde gefunden :
1) Zuweilen ruckweise. Vgl. 0. Lehmann, Die elektrischen Licht-
encbeinangen oder Entladungen p. 160 n. 386. Halle 1898.
P « 0,0820 mm
E- +
520 Volt
J = I Amp.
t - 0,0080 J
0,0820 .,
-
520 „
1 1.
0,0007
0,0180 „
+
520 „
1 .>
0,0070
0,0180 „
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0,0096
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+
520 „
' >i
0,0101
0,0180 „
+
520 „
12 „
0.1080
0,0180 „
-
520 „
1 „
0,0004
0,0180 „
-
520 „
1 ,.
0,0000
0,0100 .,
+
610 „
11 ..
0,000080
0,0100 „
+
610 „
25 „
0,000065
0,0100 „
—
610 „
25 „
0
0,0100 „
+
6B0 „
B ,,
0,000 115
0,0100 „
+
660 „
18 „
0,000080
0,0100 „
+
660 „
25 „
0,000060
0,0100 „
-
660 „
25 „
0
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+
750 „
1 >.
0,000 121
0,0100 „
—
750 „
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0,000 143
0,0100 „
+
750 „
6 .,
0
0,0100 „
+
900 „
1 »
0,000 220
0,0100 „
+
900 „
4,5 „
0,000 176
0,0100 „
+
900 „
14 »
0,000203
0,0100 „
-
900 „
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0,000159
0,0100 „
-
900 „
* „
0.000110
0,0100 „
-
»00 „
8 ,.
0,000 025
0,0100 „
-
900 „
12 „
0,000 019
0,0100 „
+
1050 „
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0,0008
0,0100 „
-
1050 „
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1 .t
0
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-
2250 „
1 ..
0,0008
0,0080 „
_
2250 „
* „
0,0005
0,0060 „
-
2250 „
10 „
0,0013
Mit BeBeitigimg des MagDetisierungsstromes verschwand
auch der Entladungsstrom (in der Regel) oder es blieb ein
Rest L z. B. für
0,0400 m
11 £'=+470 Volt J=
Amp,
1=0,0090 Amp.
0=0,0061 Amp
(1,0400 ,
+ 520 „
1 „
0,0130 „
0,0080 „
0,0400 ,
-520 „
1 „
0,0009 „
0,0000 „
Dieses Verhalten entspricht ganz dem EintluB des Mag-
netismus auf schon vorhandene Entladuug. l!eis|iielsweise war
liei /) = 0,04 mm und E = — 470 Volt, die Stmm«türke ohne
magnetisches Feld =0,00015 Amp., die Dicke des Dunkel-
Das Vakuum als Isolator, 295
raumes =10 cm; bei 7= 1 Amp., i = 0,0006 Amp. (Dunkel-
raum 4 cm) und bei / = 8 Amp. erlosch die Entladung, nach-
dem der Dunkelraum auf 2,6 cm zusammengeschrumpft war.
Während sich nun unschwer Hypothesen ersinnen lassen,
welche diesen £influB des Magnetismus während des £nt-
ladungsprozesses erklären, erscheint der Einfluß auf den Ein-
tritt desselben yöllig rätselhaft, wenn, wie die erst besprochenen
Versuche ergaben, eine lichtlose Strömung vor der Entladung
nicht vorhanden ist. Wie soll man sich z. B. deuten, daß ein
Konduktor, welcher auf + 1300 Volt geladen, seine Ladung
dauernd behält, sie sofort verliert, wenn ein schwaches Magnet-
feld erregt wird, dessen Kraftlinien mit denen des elektrischen
Feldes zusammenfallen und daß er in diesem Magnetfeld nicht
einmal eine Ladung bis zu 420 Volt zu behalten vermag?
Man könnte wohl daran denken, daß durch das Magnetfeld
etwa die Struktur des Äthers und damit die dielektrische
Festigkeit geändert wird, indes dem widerspricht die Tatsache,
daß sich der merkwürdige Einfluß des Magnetismus nur dann
geltend machte wenn die freie Ausbildung des Kathodendunkel-
raumes und des Glimmlichtes durch die Gefäßwände beein-
trächtigt wird.
Man wird also durch diese Ei*gebnisse dahin geführt, daß
sich doch vor Eintritt der Entladung unsichtbare Strömungen
vollziehen müssen, worauf unter anderem namentlich auch die
Verzögerungserscheinungen hinweisen.
IV. Influenawirkung^en.
Im Hinblick auf diese Bedenken habe ich eine weitere
Beihe von Versuchen ausgeführt, welche bezweckten, die In-
fluenzwirkungen im Vakuum zu studieren. Würde z. B. die
Kathode vor der Entladung infolge einer lichtlosen Ent-
ladung mit einer positiven Luftschicht umgeben, so müßte ihre
Influenzwirkung auf einen isolierten Leiter natürlich geringer
oder geradezu gleich Null sein, während die Anode mit ver-
doppelter Kraft wirken müßte, da sie nicht nur direkte In-
fluenzwirkung ausübt, sondern auch indirekt durch Entsendung
einer positiven Luftwolke an das negative Ende des influen-
zierten Leiters. Versuche dieser Art, bei welchen die Sonde S
296 0. Zehmann,
als influenzierter Leiter diente, die Kugel X als elektrischer
Konduktor und das zur Erde abgeleitete Drahtnetz N ak
Schutzhülle gegen etwaige Ladungen der Ge&ßwände^ ergaben
ein durchaus negatives Resultat. Die Angaben des mit der
Sonde S verbundenen Elektrometers blieben dieselben^ mochte
die Kugel K positiv oder negativ sein und waren hinsichtlich
ihrer Größe bei verschiedenen Abständen von S und K un-
gefähr dieselben wie in Luft von gewöhnlicher Dichte, aller-
dings meist merklich kleiner. Die Versuche wurden sowohl in der
Art ausgeführt; daß der konstant geladenen Kugel die Sonde
aus größerer Entfernung genähert wurde oder so^ daß sie in
bestimmten Abstand gebracht und dann erst der Kugel Ladung
mitgeteilt wurde, oder auch so^ daß sie während der Influenz-
wirkung abgeleitet und der nach ZurückfÜhrung in die An-
fangslage oder Entladung nach der Kugel entstehende Aus-
schlag gemessen wurde. Femer wurden auch Kugel und Sonde
vertauscht oder das Netz als influenzierender Körper gewählt
Auch der Fall wurde untersucht, daß der influenzierten Sonde
schon von Anfang an eine gleichartige oder entgegengesetzte
Ladung mitgeteilt war.
Auf Mitteilung der Resultate im einzelnen muß verzichtet
werden, da sich eine Menge von Komplikationen ergaben, in
erster Linie deshalb, weil beim Verschieben der Sonde durch
Reibung ihrer Glasumhüllung an dem absperrenden Queck-
silber störende Ladungen (zugleich mit Rückstandsbildung] auf-
traten, sodann weil bei der geringen Größe der influenzierten
Kugel kleine Mängel der Isolation von großem Einfluß wurden.
Auch diese Versuche sprechen also gegen die Existenz
lichtloser Ströme vor der Entladung.
Bohluß.
Das tatsächliche Ergebnis der dargelegten Untersuchungen
kann dahin ausgesprochen werden, daß, soweit die Empfind-
lichkeit der benutzten Apparate ein Urteil gestattet, bei Er-
höhung der Spannung bis unmittelbar vor Eintritt der leuch-
tenden Entladung auch das unvollkommene Vakuum sich als
vollkommener Isolator erweist, daß keine auch nur schwache,
dauernde, lichtlose Strömung eintritt, auch keine vorüber-
Das Vakuum als Isolator. 297
gehende, welche etwa zur Bildung einer positiven Luftwolke
um die Kathode führen würde. Damit ist aber nicht aus-
geschlossen, daß eine solche Strömung zugleich mit Beginn der
Entladung eintreten könnte, sowie daß Anhäufung positiv elek-
trischer Luft während der EnÜadung an der Kathode statt-
fände. Die Versuche sprechen also in dieser Hinsicht weder
gegen die disruptive, noch gegen die elektrolytische Theorie.
Schwer läßt sich aber nach letzterer das weitere Ergebnis
verstehen, daß bei Ableitung der einen Elektrode die Ent-
ladungsspannung häufig bei positiver und negativer Ladung
der anderen dieselbe ist und nichtsdestoweniger die positiven
und negativen Lichterscheinungen ebenso grundsätzlich von-
einander verschieden sind wie in anderen Fällen; daß sich
an der Anode keine Kanalstrahlen und kein dunkler Raum
von gleicher Art wie an der Kathode zeigen, daß die negativen
Qlimmstrahlen sich parallel den magnetischen Kraftlinien stellen,
das positive Glimmlicht dagegen senkrecht zu denselben angeord-
net escheint und dergleichen mehr. ^) Direkt zu widersprechen
scheint der Theorie auch die Abnahme der Dicke des Dunkel-
ranmes mit wachsender Frequenz bei Wechselströmen und die
geringe Verschiedenheit bei Ausbildung des Dunkelraumes an
metallischen Elektroden und an Glaswänden. Da die Theorie
die Entstehung des Dunkelraumes dadurch erklärt, daß derselbe
von den Ionen (entsprechend der geradlinigen Fortpflanzung
der Kathodenstrahlen) frei durchlaufen wird, also wohl sehr
Tiel weniger Gas enthält als der übrige Entladungsraum, so
liabe ich versucht, diese h3rpotheti8chen Dichtigkeitsänderungen
der Gasmasse dadurch nachzuweisen, daß ich das eine von
zwei hoch evakuierten großen elektrischen Eiern von Strom
durchfließen ließ und dann plötzlich auch durch das andere
1) Derselbe Unterschied der Lichterscheinungen zeigt sich in freier
Xuft bei der Glimmentladung an einer Spitze gegen eine weit abstehende
^roße ZOT Erde abgeleitete Platte, wobei nicht der Einwand erhoben
werden kann, daß nur für einen kurzen Moment die Verschiedenheit be-
steht und dann in Folge der wachsenden Zahl von Ionen die weitere
lonenbildang nur noch an der Kathode erfolgt. Allerdings ist hier die
X>08itive Spannung erheblich größer als die negative , doch zeigt sich
in der Beschaffenheit der positiven Lichterscheinungen auch nicht eine
Annäherung an die der negativen.
298 0. Lehmann, Das Vakuum als Isolator.
Strom leitete. Bei der großen Empfindlichkeit der Entladungen
gegen geringe Druckänderungen bei hohem Vakuum hätte sich
die Verdrängung des Gases aus dem zweiten Ei durch den
mehr als die Hälfte des Inhalts einnehmenden Dunkelraum
deutlich bemerkbar machen müssen. Dies war indes nicht
der Fall.
Karlsruhe, 29. August 1903.
(Eingegangen 31. August 1903.)
Zusätze bei der Korrektur.
1. Während des Druckes erschien in der physikalischen Zeitschrift 4.
p. 811 eine Abhandlung von Lech er (vom 12. Oktober), welche die
Seite 288 dargelegte Auffassung über das Wesen der vermeintlichen
RingenÜadung bestätigt (Vgl. auch 0. Lehmann, Wied. Ann. 47. p. 488.
1892; Elektrizität und Licht p. 299. Braunschweig 1895; Eiektriflche
Lichterscheinungen p. 49. Halle 1898; Elektrische Entladungen in
Meyers Konversationslexikon. 6. Aufl. 1908.)
2. Während des Druckes veröffentlichte 6. C. Schmidt (Ann. d.
Phys. 12. p. 622. 1908) eine Abänderung der elektrolytischen Theorie,
auf welche das Seit« 297 Gresagte nur zum Teil zutrifft. Gegenüber der
bisherigen (vgl. J. Stark, Die Elektrizität in Gasen, Leipzig 1902) hat
die neue Theorie den Nachteil, daß sie im Wesentlichen nur den großen
Widerstand des Kathodendunkelraumes (durch Mangel an Ionen) erklärt.
Ein Vergleich des genannten Werkes mit meinem Buche über Ent-
ladungen und den ergänzenden Abhandlungen in Wied. Ann. 63. p. 285.
1897; Ann. d. Phys. 6. p. 661. 1901; 7. p. 1. 1902 u. Verh. d. Karls-
ruher Nat-Ver. 15. p. 38. 1902 läßt übrigens erkennen, daß auch die
frühere elektrolytische Theorie noch keineswegs auf alle Erscheinungen
angewendet wurde.
299
39. Über sogenannte Heiligenscheine und andere
gleichen Ursachen entspringende Erscheinungen.
Von A. V. Obermayer in Wien.
Im Jubelbande der Poggendor ff sehen Annalen definiert
EL Lommel in einer Abhandlung: ,,über den Lichtschein um
den Schatten des Kopfes'^ die bezügliche Erscheinung mit den
folgenden Worten: ,,Wenn man bei hellem Sonnenscheine seinen
Schatten im Grase, auf einem Getreide- oder Stoppelfelder auf ge?
ackertem Erdreiche, überhaupt auf rauher Fläche betrachtet^ so
sieht man, besonders deutlich bei niedrigem Stande der Sonne,
den Schatten des Kopfes umgeben von einem schwachen Licht-
scheine, welcher sich gewöhnlich über dem Scheitel weiter er-
streckt als zu beiden Seiten. Diese Erscheinung, welche
Heiligenschein genannt worden ist, verschwindet, wenn der
Schatten eine ganz ebene Fläche trifft. Einen sehr hellen
Lichtschein beobachtet man, wenn der Eopfschatten auf be-
tautes Gras fällt. Jeder Beobachter sieht nur seinen eigenen
Schatten mit dieser Glorie geschmückt, nicht aber denjenigen
seiner Begleiter. Hieraus folgt, daß man es mit zwei ver-
schiedenen Erscheinungen zu tun hat, nämlich erstens mit dem
schwachen Lichtscheine auf trockenen, rauhen Flächen, und
zweitens mit dem viel helleren, welcher auf betauten Wiesen
wahrgenommen wird und als Wirkung der Tautropfen zu der
vorigen hinzukommt." ^)
Major von Winterfeld zu Niden in der Uckermark^ hat
1) Alle Fälle, bei welchen um den Schatten des Kopfes, wie beim
sogenannten Brockengespenst, farbige Ringe auftreten, sind nicht als
Heiligenscheine zu bezeichnen. So z. h, sind in einer Ablandlung von
Tait: Glories Haloes Coronae seen from Ben Nevis Observatory. Pro-
ceedings of the Royal See. of Edinburgh 14. p. 314 u. ff. mit Plate XII,
bis auf Fig. 3, durchwegs Beugungserscheinungen angeführt und nicht
Heiligenscheine, wie naeli dem Titel des Referates in den Beiblättern 16.
8 122 zu vermuten wäre.
2) V. Winterfeld, Gilberts Ann. IS. p. 57. IH04.
300 Ä. V. Obermayer.
sich; anknüpfend an den Aufsatz eines Reisenden im Deutschen
Merkur vom März 1783, mit dieser Erscheinung beschäftigt^
verschiedene von anderen versuchte Erklärungen angeführt und
endlich selbst eine Erklärung gegeben, welcher Lommel zu-
stimmte, welcher aber von Brandes ^) entgegengetreten wurde.
In allen den vorliegenden Publikationen ist nur der lichte
Schein um den Schatten des Kopfes erwähnt. Tatsächlich tritt
aber dieser lichte Schein stets in Begleitung eines dunklen Saumes
am inneren Schattenrande auf, und dieser gehört ebenso zum
Wesen der Erscheinung, wie der erstere. Auf betauten Wiesen
kommt der durch die Tautropfen gebildete lichte Schein, wo-
für Lommel eine sehr zutreffende Erklärung gegeben hat, hinzu.
Das Auftreten des lichten und dimklen Saumes an der
Schattengrenze ist indessen, wie eine einfache Beobachtung bei
gutem Sonnenschein lehrt, nicht an die Rauhigkeit der Fläche
gebunden. Man sieht diese Säume auch auf ganz ebenen
Böden, auf Asphaltböden, ja selbst auf Papierffächen, und zwar
bei jedem Stande der Sonne, auch zur Mittagszeit. Diese
Säume umziehen nicht nur die Kontur des eigenen Schattens,
sondern auch jene des Schattens eines Begleiters, sie lassen
sich an den Schatten von Hauskanten oder anderer feststehen-
der Gegenstände verfolgen. Bei längere Zeit fortgesetzter Be-
trachtung der Schattengrenze werden diese Säume deutlicher,
und insbesondere scheint sich der helle Saum mit der Dauer
der Beobachtung zu verbreitem.
Auch die scharf begrenzten Schatten, welche das elektrische
Bogenlicht auf Wandfiächen erzeugt, zeigen diese Säume in
Gestalt feiner, die Kontur begleitender Linien.
Geradezu überraschend treten solche Säume längs der
Kontur eines Gebirgszuges nach Sonnenuntergang auf. Der
lichte Saum ist am deutlichsten dort ausgeprägt, wo die Sonne
hinter dem Gebirge verschwand. Der dunkle Saum zieht sich
breit zu beiden Seiten, fast merkbarer als der begleitende
lichte Saum hin; das tiefe Schwarzblau desselben hebt sich
vom dunklen Blau der Berge deutlich ab. Minder schön, aber
auch deutlich sichtbar sind diese Säume an Dach- und Häuser-
1) Brandes, Gilberts Ann. 19. S. 366, und Gehler, Phys. Wörter-
buch 5. p. 439.
Heiligenscheine und verwandte Erscheinungen, 801
kanten ; insbesondere wenn dieselben längere gerade Linien
bilden.
Endlich sieht man die Konturen fett gedruckter schwarzer
Buchstaben oder dicker schwarzer Striche auf lichtem Grunde
Yon diesen Säumen eingefaßt, besonders deutlich bei schlechter
Akkommodation des Auges und «tarker Belichtung.
In dem letzteren Fall kann man sich durch Abdecken des
Randes sofort überzeugen, daß es sich um eine subjektive Er-
scheinung handelt. Schiebt man ein schwarzes Papier von der
hellen Seite, mit der Kante parallel zum Saume, ein, so daß
der helle Rand gerade verdeckt wird, so verschwindet der
dunkle Saum längs der Papierkante, bleibt aber am nicht ab-
gedeckten Rande bestehen.
H. Seeliger ^) in München findet in einer naturgetreuen
zeichnerischen Darstellung des teilweise verfinsterten Mondes
von L. Weinek ein dunkles Band in der Nähe der Trennungs-
linie, welches sich durch Abdecken als subjektiv erweist.
Im vorigen Sommer habe ich mit einem Stereoskop-
apparate den Schatten desselben und des bedienenden Beob-
achters auf betautem Grase aufgenommen. Die Säume um-
ziehen die Konturen der Schatten des Apparates und des
Beobachters, sie sind subjektiv. Der vom Tau herrührende
Schein umgibt bloß den Schatten des Apparates, nicht jenen
des Beobachters, er ist eine Reflexerscheinung der Sonne in
den Tautropfen.
Ich habe im E der sehen Jahrbuche für 1900 angeführt,
daß die. in Rede stehende Erscheinung die Folge eines von
E. Mach^ mittels rotierender Scheiben nachgewiesenen physio-
logischen Gesetzes sei, welches dieser Forscher in folgender
Form ausgesprochen hat:
Überall dort, wo die JAchtkurve einen Knick hat, erscheint
die Stelle heller oder dunkler als die Umgebung. Heller ist die
SteOe, wenn die Knickung gegen die Abszissenachse konkav, dunkler y
wenn die Knickung gegen die Abszissenachse konvex ist.
1)H. Seeliger, Abhandl. d. kgl. bayr. Akad. d. Wissenscb. in
München. II. Kl. 19. II. Abt. p. 898.
2) E. Mach, Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien 52.
p. 303. 1866.
302 A. V. Obermayer.
Mach hat für die Stärke e der suhjektiven Empfindungi
welche hier der simultanen Kontrastwirkung entspringt, hei
einer Belichtungsintensität t den folgenden Ausdruck angegeben:
e = alogl * ± k
worin a und b die sogenannten Fechn ersehen Eonstanten,
k eine von Mach hinzugefügte Konstante ist. Das obere
Zeichen ist bei konkaver Krümmung, das untere bei konvexer
Krümmung zu nehmen. Hiemach ist der zweite Differential'
quotient der Belichtungsintensität nach der Koordinate für die
Stärke der subjektiven Empfindung an der betreffenden Stelle
entscheidend. Zu demselben Resultate gelangte, von Mach ganz
unabhängig, H. Seeliger ^) in seinen Untersuchungen über die
Vergrößerung des Erdschattens bei Mondfinsternissen, welche
hiemach ein physiologisches Phänomen ist
Da die Lichtkurve beim Übergänge vom Kernschatten
zum Halbschatten konvex, und bei jenem vom Halbschatten
zur vollbeleuchteten Fläche konkav ist, treten an diesen Stellen
beziehungsweise dunkle und lichte Säume auf. Die Lehre vom
Schatten wäre zweckmäßig ertceise in diesem Sinne zu ergänzen.
An der Schattenerscheinung eines von einer Gasflamme
beleuchteten Lineals, welches gegen einen weißen Grund schief
gestellt ist, lassen sich diese Säume aufzeigen. Sie lassen sich
selbstverständlich fixieren, wenn der Schatten auf eine photo-
graphische Platte geworfen wird.^
Auch Seeliger hat (1. c. p. 398) auf diese Säume an der
Grenze von Kern- und Halbschatten hingewiesen, und die so-
genannten Fomm sehen Streifen, die bei Versuchen, die
Röntgenstrahlen zu beugen, erhalten wurden, gehören hierher.
Das Auftreten der Säume an der Kontur breiter dunkler
Striche (Fig. 1) auf hellem Grunde ist eine Folge der Irra-
diation, die selbst bei genauester Akkommodation zufolge der
Farbenzerstreuung und des Astigmatismus des Auges eintritt
und durch Zerstreuungskreise auf der Netzhaut entsteht. Das
1) H. Seeliger, Abhandl. d. kgl. bayr. Akad. d. Wissensch. in
München. IL Kl. 19. II. Abt. p. 397.
2) J. M. Eders Jahrbuch 11)00. p. 146. Fig. 38.
Heiligenscheine und verwandte Erscheinungen, 803
licht breitet sich dabei von der hellen Fläche über den
dunklen Grund aus« während das Dunkle sich über den Rand
in das Helle hinein verbreitert Statt einer Lichtkurre adch
(Fig. 2), welche senkrecht zum Rande c der hellen Fläche m c
abfällt, erhält man eine Kurve afb^), die in der Nähe von a,
konkav gebogen« zu einem hellen Streifen, in der Nähe von b,
konvex gebogen« zu einem dunklen Streifen Veranlassung gibt«
Bei unvollkommener Akkommodation« wie dieselbe bei großer
tL
d
A
1
\
1
1
\
r
1
\
1
1
\
1
\^
ni
Fig. 1.
c
Fig. 2.
Annäherung des Auges eintritt« erscheint der Rand verwaschen
und wie der Halbschatten von den beiden Säumen eingefaßt.
Große Helligkeit der Beleuchtung ist der Erscheinung günstig.
Im E der sehen Jahrbuche 1900 habe ich nachgewiesen«
daß die lichten Säume um die positiven Bilder dunkler Gegen-
stände auf hellem Hintergrunde, die mitunter als mechanische
Halation« von den Franzosen als Silhouettage bezeichnet wer-
den« subjektive und keine Entwickelungserscheinungen sind.
Besonders deutlich erhielt ich die Silhouettage bei der Auf-
nahme von Personen, die gut erleuchtet waren, mit Nebel als
Hintergrund« auf dem Hohen Sonnblick. Es ist nicht un-
möglich« daß unter solchen Umständen auch um den Kopf
einer Person ein solcher lichter Schein gesehen werden kann. In
der Literatur konnte ich hierüber nur eine Bemerkung in einem
Konversationslexikon ohne Quellenangabe finden, worin unter
dem Stichwort ««Heiligenschein" eine solche Erscheinung mit
der Bemerkung erwähnt wird« daß dieselbe subjektiver Natur sei.
Zum Schlüsse möchte ich noch darauf hinweisen« daß das
Auge zufolge der Kontrastwirkung bei vielen andern Gelegen-
heiten die Helligkeit unrichtig schätzt. So erscheint^) der
1) H. V. Helmholtz, Physiologische Optik Jj 13. p. 1G7,
2) J. M. Eders Jahrbuch p. 205. 1901.
804 Ä, V. Obermayer, Heiligenscheine etc.
Yon schwarzen Strichen durchzogene Schatten einer Stricknadel,
welche von einer parallelen Spalte beleuchtet ist, beiderseits
von sehr hellen Säumen umgeben, die gegen die außerhalb
verlaufenden Beugungsfransen an Helligkeit zuzunehmen schei-
nen. Durch Abdecken der Fransen in einem Positiv der photo-
graphierten Erscheinung verschwindet die Abtönung und macht
einer gleichförmigen Erleuchtung Platz. Ich habe die Positive
von Eollodiumnegativen abgenommen, welche ich im Jahre 1868
im physikalischen Institute der Wiener Universität unter der
Direktion Stefans aufnahm, als Ludwig Boltzmann dort
Assistent war, und welche ich als ein Andenken an jene Zeit
aufbewahrt habe.
(Eingegangen 31. August 1908.)
■ i
805
40. De Terandering van de grootheid b der toestands-
yei^el^'king als qaasi-yerkleiiiing yan het molekanL
Door J. D. van der Waals in Amsterdam.
In het yerslag der koninklijke Akademie yan Amsterdam
heb ik in een mededeeling, getiteld: ,,De yloeistoftoestand en
de toestandsyergelijking'' (Juni 1903), trachten aan te toonen,
dat de groote yerschiUen, die tusschen experiment en theorie
bestaan in den gang der isothermen yan een stof, grootendeels
wegyallen als men de grootheid b met het yolume yariabel
stelt Ik heb daarin doen opmerken dat men die yerkleining
yan b met kleiner-wordend yolume op tweeerlei wijzen zou
können opyatten, n. 1. P als een werkelijke yolume-yermin-
dering; door samendrukking ten geyolge yan de botsingen met
de omringende molekulen en 2^ als een quasi-yerkleining door
het elkander bedekken der afstandssferen. Daar ik in de
genoemde mededeeling voomamelijk ben uitgegaah yan het
denkbeeld eener reeele verkleining, zal ik in deze körte mede-
deeUng als tegenhanger uitgaan van het denkbeeld eener
quasi-yerkleining.
Voorloopig schijnt het mij niet mogelijk te beslissen, welke
der tweeerlei beschouwings wijzen voor de oorzaak dezer varia-
biliteit yan b de wäre is. Misschien werken zij beide samen.
Een nauwkeurig experimenteel onderzoek van een 66n-atomige
stof zal hierover voorzeker veel licht kunnen doen opgaan.
Voomamelijk door de onderzoekingen van Boltzmann
schijnt het zeker dat zulk een quasi-verkleining bestaat. Ik
schreef daarover in boven genoemde mededeeling een enkel
woord, dat ik mij veroorloof hier aan te halen.
^»Boltzmann zieh in zijn Vorlesungen baseerende op de
onderstelling dat de toestand van evenwicht, dus van maximum-
entropie, samenvalt met den waarschijnlijksten toestand, heeft
daarbij moeten in acht nemen de kans van samenvallen van
Boltsmann-Festschrift. 20
306 e/. 2>. van der Waals,
de afstandssferen: en door de uitdrukkiiig welke hij yoor de
maximum-entropie op deze wijze Yond te yergelijken met
(de entropie in den evenwichtstoestand Yolgens de toestands-
yergelijking) was hij in Staat gesteld de waarden te bepalen
van enkele coefficiSnten in de uitdrukking:
Deze methode is een indirekte. Ik zelf had beproefd
deze coSfücienten te bepalen door rechtstreeks den inyloed
yan het samenyallen der afstandssferen op de grootte yan den
druk na te gaan. De waarden der coefficienten^ welke yolgens
deze twee yerschillende methoden geyonden werden^ yer-
schilden. Later heeft mijn zoon ^) aangetoond^ dat ook yolgens
de rechtstreeksche methode de waarde yan ay als men den
inyloed op den druk anders opyat^ dan ik gedaan had^ gdlijk
aan die yan Boltzmann geyonden wordt. En sedert ben ik
geneigd de coefficienten yolgens Boltzmann's berekening als
juist aan te nemen."
Nu is mijn doel in de yolgende bladzijden aan de eigen-
schappen van het kritisch punt de waarde der grootheden
a en ß door berekening te ontleenen. Voor zooyer dit namelijk
mogelijk is.
Voor zeer groote waarden yan v kan men als benadering
stellen:
(1) * = Ä,(i -.*;).
De waarde der grootheden a, ß enz neemt yolgens de
afleiding zeker af en waarschijnlijk snel. Zoolang nu b Iv < 1
zullen wij ons yoor de berekening van b met weinig termen
kunnen vergenoegen, en als b Iv een kleine breuk is, zal dat
aantal zoo beperkt kunnen zijn dat (1) de waarde van b nauw-
keurig genoeg wedergeeft. Nu weten wij echter niet vooraf
hoe groot b Iv voor het kritisch punt is, eu wij zijn dus
ook niet zeker dat als wij deze waarde van b aannemen, de
1) J. D. van der Waals Jr., Verslag Kon. Akad. van Weten-
schappen 11. p. 040. 1902.
De verandering van de grootheid b. 307
waarde van a uit de eigenschappen yan dat punt berekend,
dicht genoeg bij de wäre waarde liggen zal. En strikt ge-
aomen zal de aldus berekende waarde het niet tot volledige
beslissing kunnen brengen of bijvoorbeeld a ^ 3/8 is^ zooals
uit Boltzmann's berekening Yolgt of gelijk aan ^^1^^, zooals
uit mijn berekeningen volgde. Dit zou evenmin het geval zijn,
als wij meer termen in de reeks voor b behouden hadden.
Daar de opvolgende termen echter afwisselend positief en
negatief zijn laat het zieh verwachten dat de wäre waarde
yan a zal liggen tusschen die« welke men door berekening
yindt, als men een vorm voor b aanneemt« waarin alleen a voor-
komt« en een waarin a en ß beide voorkomen.
Stellen wij dus eerst:
dan is
en
d}b „ I b,\^
Daar in het kritisch punt
d V
T \dv^JT
gelijk 0 zijn, heeft men de drie vergelijkiugen
P ^ V -b V*
() _ _A dv) _2a
iv - by P»
en
d'b _ db
dv^ o dv _^ 3
_ db "^ V -b "~ r •
d V
Stelt men b / r = x, dan vindt men ter berekening van
»j^ (de waarde van r^x^.^ = n stellende)
l + 6 M - 3 H-
^^~ 3 - u
20
308 «/. B. van der Waals.
Wij kunnen een tweede yergelijking tusschen x^ en u
vinden^ als wij de waarde van pvf RT Yoor het kritisch punt
bekend stellen. Yoor vele sto£fen is de waarde van dat produkt
circa 0,275 = ^ gevonden. Voorloopig stellen wij ze voor
door het teeken k. Wij hebben dan:
"■ V^^ " Vrt
V ^ b 2 \v - hj \ dv]
Hieruit yolgt de yergelijking:
^ 2Ä(1 ^Xj^ + uf^l -2;f^ + 3tt,
welke met
dienen kan om h^ en u te berekenen.
Een stel waarden, n. 1. u =^ \ en ar,^ = 2 voldoet aan beide
vergelijkingen, maar yoor x = 2 is de yoor b gekozen appro-
ximatieye waarde zeker niet meer als een benadering te be-
schouwen. Dit stel van waarden moet dus yerworpen worden.^)
Van het stel dat overblijft levert de yergelijking:
8Ä(1 -w)3 = (3-fi) (1 -3«)
de waarde yoor u.
Deze waarde hangt dus yan de grootheid k af. Mocht
Ä = 3/8 zijn, dan is m = 0. Dit is de bekende waarde yan
[pv I RT)j^ als b invariabel genomen wordt Voor u = 0,2
wordt de waarde yan k gelijk aan 0,2735; dus zoo dicht bij
de waameming dat wij deze waarde yan u = 0,2 als juist
kunnen aannemen; was w = 0 dan zou Xj^ = ^/g zijn gevonden.
Met u = 0,2 vinden wij
X. = 0,743.
1) Dit stel beantwoordt aan
V = o en - = 1 .
dv
De verandering van de grootheid b. 809
üit ti = fl( a^' =3 0^2 yinden wij daa a = 0,861, dus zeer
dicht bij de door Boltzmann berekende waarde van 3/8.^)
Mit deze waarde van
«^ = 0,748 en m = « V ^ 0,2,
vinden wij
en
(AJ^ = 0,548, Äy, = 0,288-^ =
;., = 0,04203^ = J-3-^.
7,641 o
27 h
Voor bj^ vinden wij dan:
, RTt 0,042 ^ . . Ä 7»
K = — - TCc-^n of circa b. = -^r— ^ .
* p* 0,283 * 7 p»
Hadden wij b niet variabel gesteld dan geldt voor b de
waarde RTj^lSpj^. Maar is b inderdaad variabel, dan is de
uit RTj^ll\ berekende waarde niet de waarde van 6 , dus
de waarde van b voor zeer verdunde gassen. Deze kan dan
berekend worden uit
^ = 1 -aar. = 0,781.
bg
Misschien ligt hierin een vingerwijzing voor de verklaring van
het meermalen opgemerkte, dat de a en 6 uit de kritische
grootheden berekend niet volkomen aan de samendrukbaarheid
der gassen beantwoorden.
AI het bovenstaande zou evenzeer gelden als a en ä tem-
peratuurfunctien zouden zijn. Om te zien in hoever het
noodig is ze afhankelijk van de temperatuur te stellen, maken
wij gebruik van het kenmerk, dat bij de kritische temperatuur
de waarde van dp I dT voor de verzadigde dampen gelijk is
aan [dpjdT\, Wij vinden voor {dpldT\ de waarde:
(dp\__ R RT (db\ _ 1 (day
en dus
Tdp ^RT V RT'' ( db \ _ T^ ld_a \
pdT "" pvv- b '^ p{v'-b)^[dT), pv*[dt),'
1) Zie 0. a. Arch. N6erl. Ser. II. 8. p. 285.
310 /. jD. van der IVaals.
Scbrijven wij voor deze laatste vergelijkiug:
p dT" k V -h'^ ^'
Wij kuDuen nu nagaan of
'^ pdl
grooter of kleiner is dan (r / v — b\, Volgens de bierboveu
gegeven waarde van
(* )^ = 0.543, i8(^-f^) = 2,188.
Met k =: 0^2735, zou als A gelijk 0 was de waarde van
p dT
gelijk aan 8 gevouden worden. Stellen wij dat het experiment
daarvoor de waarde 7 heeft geleverd, dan moet dus J negatief
zijn ; wat als a niet van T afhangt voor [db jd 1\ een negatieve
waarde zou eischen. Is b niet van T afhankelijk, iets wat
volgens het denkbeeld van quasi-verkleining te wachten is, dan
zou a met T moeten toenemen. En dit laatste is zeker zeer
onwaarschijnlijk en tegenieders verwachting. Deze moeielijkheid
blijft bestaan ook als men voor b een meer benaderde waarde
aanneemt dan hierboven geschied is.
Stellen wij nu:
b = h
dan is
1
-"B')+^(t')1
1 _ .A_ = 1 ^x + ax^-- ßx^
dv ^
Dan wordt de vergelijkiug, welke ter bepaling van het kritisch
volume dient, de volgende:
3x - 1 - 5i^x2 + Ißx^ = (2ax2- 6/^x3) -^l^t«''^-/;• .
I)e veranderiny van de grootheid 6, 311
Voor {pv I RI\=s k vindt men dan :
2Ä(1 -x+ax^^ßx^^=^ 1 -'2x + Sccx^'-4ßx\
Nemen wij weder ax^=^Uj en stellen wij ßx^^w, dan
kunnen wij deze twee vergelijkingen de volgende gedaante
geven:
_ (1 - litt; - Su^*) + ^(6 4- 9k?) - 3^«
^* - 3 - w
en
Wij kunnen nu rekenen drie onbekenden te hebben, n. 1.
Xj^y u en w. Deze twee vergelijkingen zijn dus niet voldoende
om ze te berekenen. Wij zouden uit de door het experiment
geleverde waarde van
T^dp
p dT
een derde vergelijking kunnen bijvoegen. Maar alleeu als
wij a en 6 van T onafhankelijk zouden mögen stellen. En
daar wij daarvan niet zeker zijn, zullen wij deze derde ver-
gelijking moeten ontberen. Wij zullen dan ook voorloopig w
als bekend aannemen. Er is weder een stel van waarden van
Xf^ en Uy dat aan beide vergelijkingen voldoet, maar verworpen
moet worden, n. 1.
tt = 1 + 2t£? en x^ = 2 + tc.
Na eliminatie van dat stel, vindt men ter berekening van tt :
3 (1 - w 4- 2wy
Voor kleine waarden van w, en die moeten wij aannemen,
neemt bij de zelfde waarde van k, de grootheid u met to toe.
Wij zullen dus u iets grooter dan vroeger moeten vinden.
Voor w =s 0,01 wordt:
_ 0,8892 + 6,09 m - 3 m«
en
3 (1,02 - M)»
312 J, D, van der Waals. De verandering van de grootheid b.
Aan deze vergelijking voldoet voor dezelfde waarde van
k van vroeger u = 0,23 en daaruit volgt «^ = 0,77, en a = 0,38.
Berekenden wij uit lo = 0,01 de waarde van ß, dan zouden
wij slechts circa Ys ^^ V4 ^den van de theoretische waarde.
Dat vidj minder moeten vinden, is uit het weglaten van nog
verwaarloosde termen in de waarde van b vooraf af te leiden.
Voor de waarde van ip jv ^ b\ vinden wij een nog iets grootere
waarde dan vroeger n. 1.
i = 2,22 .
1 — X* + « — IT
Zouden wij dit op koolzuur mögen toepassen dan vinden
wij met v^ = 0,0042, b^ = 0,0023. Maar deze waarde van b
is dan zeer veel kleiner dan 4 , welke volgens de hierboven
gevonden betrekking, bj^j b=x 0^131^ circa 0,00315 zou be-
dragen.
(Eingegangen 9. September 1908.)
313
41. Über die Verteilung einer nicht dissoziierenden
Substanz zwischen zwei Lösungsmitteln.
Von Q. Ja^er in Wien.
In der Abhandlung: ^,Die Hypothese van^t Hoffs über den
osmotischen Druck vom Standpunkte der kinetischen Gastheorie*^ ^)
hat Herr L. Boltzmann gezeigt, daß sich für den osmotischen
Druck in analoger Weise eine kinetische Theorie geben läßt,
wie för den Druck eines Gases. Desgleichen können wir für
die Molekeln einer Substanz in flüssiger Lösung das Maxwell-
sehe Verteilungsgesetz der Geschwindigkeiten voraussetzen. Unter
diesen Annahmen wollen wir im folgenden nach der kinetischen
ITiearie die Verteilung einer nicht dissoziierenden Substanz zwischen
zwei einander berührenden Lösungsmitteln geben, welche sich
gegenseitig nur sehr wenig losen.
Wie die Molekeln einer Flüssigkeit aufeinander Anziehungs-
kräfte ausüben, durch welche allein deren Zusammenhalt vor-
stellbar wird, so müssen auch zwischen den Molekeln des
Lösungsmittels und der gelösten Substanz Anziehungskräfte
bestehen, da sich letztere sonst aus der Flüssigkeit vollständig
verflüchtigen würde. Im Linem des Lösungsmittels halten sich
diese Kräfte nach allen Richtungen des Raumes im Gleich-
gewicht. Die Molekeln der gelösten Substanz bewegen sich
also gerade so, als würden auf sie gar keine Kräfte wirken.
An der Oberfläche der Lösung hingegen erfährt die gelöste
Substanz einen Zug gegen das Innere. Um eine Molekel der
gelösten Substanz aus der Lösung zu entfernen, ist daher ein
bestimmter Arbeitsaufwand nötig, welcher der Verdampfungs-
wärme analog ist, die notwendig ist, um eine Flüssigkeitsmolekel
in Dampf zu verwandeln. Bringen wir eine Molekel der ge-
lösten Substanz in die Lösung, so wird die entsprechende
Arbeit wiedergewonnen.
1) Zeitschr. f. phys. Chem. 6. p. 474. 1890. Nachtrag 1. c. 7.
p. 88. 1891.
314 G, Jäger,
Grenzen zwei Lösungsmittel^ die sich nur wenig mischen^
aneinander, so können die Molekeln der gelösten Substanz
nach beiden Bichtungen die Trennungsfläche durchsetzen. Im
allgemeinen wird dabei nach der einen Richtung eine Arbeit
aufgewendet werden müssen, die in entgegengesetzter immer
wieder gewonnen wird.
Wir denken uns eine horizontale Trennungsfläche. Es wird
dann zwischen den beiden Lösungen Gleichgewicht herrschen,
wenn in der Zeiteinheit durch die Einheit der Trennungsfläche
gleichviel Molekeln der gelösten Substanz von oben nach unten
und von unten nach oben wandern. Von der gelösten Substanz,
auf die sich im weiteren alle Angaben beziehen, seien in der
Volumeneinheit der unteren Lösung N Molekeln, in jener der
oberen N' vorhanden. Die Zahl der Molekeln, welche in der
Zeiteinheit durch die Flächeneinheit von oben nach unten
passieren können, ist dann
(D ^,
wobei ü den Mittelwert der positiven Geschwindigkeitskompo*
nenten der Molekeln senkrecht zur Trennungsebene vorstellt.
In entgegengesetzter Richtung wandern entsprechend
00
N
~ O« 1 iV ff ~
ue du ^= — -_ e
m a
" :
«1/«
^ 2yn
m
Molekeln.^) Wir akzeptieren also das Maxwellsche Ver-
teilungsgesetz der Geschwindigkeiten und bezeichnen mit a jene
Arbeit, welche zur Überwindung der Molekularkräfte notwendig
ist, wenn eine Molekel durch die Trennungsebene von unten
nach oben geht.
Für das Gleichgewicht muß nun I = II, d. h.
_ ^^
(^) JV' = Ne "•"•
sein, da Ä = a/)/;r ist.
1) Vgl. z. B. G. Jäger, Ann. d. Phys. 11. p. 1073 flp. 1908.
Löslichkeit in einander berührenden Flüssigkeiten, 315
Setzen wir
2a rJ jv
80 haben wir unter r die Differenz der Lösungswärmen in den
beiden verschiedenen Lösungsmitteki zu verstehen ^ wenn die
Lösungen so verdünnt sind, daß bei weiterer Verdünnung keine
Wärmetönung mehr stattfindet. / ist das mechanische Wärme-
äquivalent, R die Gaskonstante.
Aus (1) erhalten wir
(2) ^ = (. AT
Unter der Voraussetzung entsprechend verdünnter Lösungen
ist r von der Konzentration unabhängig. Es ist daher bei
konstanter Temperatur T «»"«^/^r ^jne von der Konzentration
der Lösung unabhängige Größe, und wir erhalten den Nernst-
sehen SatZj daß für nicht dissoziierende Substanzen das Ver*
hältnis der Konzentrationen in den beiden Lösungsmitteln uncJh'
hängig von der Menge der gelösten Substanz ist. Gleichzeitig
erfahren wir, in welcher Weise sich dieses Verhältnis mit der
Temperatur ändert, vorausgesetzt, daß die Lösungswärmen als
Funktionen der Temperatur bekannt sind. Wir erkennen auch,
daß der Satz, wie es tatsächlich der Fall ist, nur für ver-
dünnte Lösungen gilt.
1) 1. c. p. 1080.
(Eingegangen 10. September 1903.)
316
42. Über die spezifische Wärme im flflssigen Znstande
bei niedrigen Temperaturen.
Von J. J. van Iiaar in Amsterdam.
L
Bekanntlich hat Prof. van der Waals^), ausgehend von
der Theorie der zyklischen Bewegung, einen Ausdruck her-
geleitet, welcher bei zusammengesetzten Molekülen die Ver-
änderlichkeit der Größe b seiner Zustandsgieichung mit dem
Volumen angibt Beschränken wir uns auf den Fall ztoei^
atomiger Moleküle, so ergab sich für die ,^Zustandsgleichung des
Moleküls'':
(^) (/^ + {. + ^)(*-*o) = Äy,
wo die Größe b^ das Volumen des Moleküls ist, wenn die
beiden Atome sich bei ihrer Bewegung einander so nah wie
möglich gekommen sind. Dabei wurde vorausgesetzt, daß die
Atome sich in der Richtung ihrer Verbindungslinie — also
radial — hin und her bewegen, und nicht, daß dieselben sich
in kreisender Bewegung, wie die einzelnen Sterne eines Doppel-
stemes z. B., um einander herum bewegen.
Dieser Umstand ist wichtig, denn er führt zu dem Er-
gebnis, daß die kinetische Energie der Atome L^ das Drittel
ist von derjenigen der Moleküle L^, und das spiegelt sich
wiederum ab in dem Ausdruck für die Entropie, für welche
(bis auf eine Konstante) gefunden wird:
iy = Ä [log (t; - b) r/. + log {b - b,) TV.],
sodaß der Exponent von T im zweiten logarithmischen Gliede
nicht '/g, sondern ^2 wird.
Man findet dann weiter für die spezifische Wärme bei
konstantem Volumen aus C^ = T{drjld T)^:
1) J. D. van der Waals, Versl. Kon. Akad. van Wetenschappen,
Amsterdam, März, April und Mai 1901; Arch. Ne^rl. (Livre jubilaire
offert k J. BosBcha), p. 47 ff.
Spez. Wärme im flüssigen Zustande b, niedr. Temperaturen, 817
(2) C^^BT
v-b\dT)r'^ b'-b^y dT ;.
Es ist jetzt die Frage inwiefern b und vielleicht auch b^ Tem^
/7^aft<rfanktionen sind.
Setzen wir mit van der Waals den Ausdruck dP^jdb,
welcher offenbar mit den Kräften zusammenhängt, welche die
Atome im Molekül zusammenhalten, proportional b — b^. Diese
Annahme besagt bei radialer Bewegung der Atome, wodurch
das Molekül die Gestalt eines Doppelzylinders bekommt, daß
die Atomkräfte proportional der Amplitude r — r^^ wirken. Es
wird also gesetzt:
und daher kann statt (1) geschrieben werden:
Bei unendlich großem Volumen wird dieses offenbar:
(3) a (Ä, - b,f = R T,
SO daß — wenn a keine Temperaturfunktion ist, und die
Herleitung der Formel (1) aus der Theorie der zyklischen Be-
wegung fordert, daß P^ keine direkte Temperaturfunktion sei
— die Größe b — b^ notwendig proportional ]/r sein muß.
Nun denkt sich van der Waals b^ unveränderlich; dann muß
aber b in der angegebenen Weise von T abhängig sein. Nach
einer Bemerkung von D. Berthelot liefert jedoch die Er-
fahrung für das Verhältnis zwischen der Temperatur, wobei
ein Gas in äußerst verdünntem Zustande dem Boy leschen
Gesetze folgt, und der kritischen Temperatur, den Wert 2,93
bis 2,98. Das aber fordert b zwischen diesen weit auseinander
liegenden Temperaturen = konstant, welche Annahme theo-
retisch für den Wert dieses Verhältnisses 2,9 liefert. Es kann
somit b keine Temperaturfunktion sein, und es bleibt nichts
anderes übrig, als daß b^ eine solche ist
Bei Wasserstoff, wo ich die neue van der Waals sehe
Gleichung für b an den Ergebnissen der Amagatschen Ver-
suche prüfte^), fand ich denn auch nur dann eine gute Uber-
1)J. D. van der Waals, Versl. Kon. Akad. van Wetenschappen,
Amsterdam, April 1903.
318 /. J. van Laar.
0
eiustimmung, wenn h = konstant ist, und h^ genau in der
nach (3) geforderten Weise von T abhängig angenommen wird.
Und es ist der Zweck dieses Aufsatzes, noch einen weiteren
Beweis beizabringen, daß in der Tat h^ in dieser Weise von
T abhängt
Daß h^ mit der Temperatur veränderlich ist, und zwar
bei niedrigen Temperaturen großer ist als bei höheren, kann
so gedeutet werden, daß die Atome sich einander bei höherer
Temperatur näher kommen können, als bei niedrigerer.
Bei höheren Temperaturen scheint die größere Geschwindig-
keit der Atome die AtherhüUe stärker zu komprimieren, als
bei niedrigeren Temperaturen. Auch wird vielleicht bei nied-
rigeren Temperaturen diese die Atome umgebende Ätherhülle
dichter sein, als bei hohen Temperatren.
Daß h^ mit der Temperatur veränderlich ist, hat auch
schon van der Waals bei CO, gefunden^); und in seiner
letzten Abhandlung^ weist dieser Gelehrte darauf hin, daß die
Tatsache, daß {dp\dl\ nicht vollkommen konstant ist, diese
Annahme rechtfertigt.
Setzen wir (3) in die Gleichung (1) ein, so wird dieselbe:
oder mit
n -U _
v^ V — h
, a RT
P + .7 =
Und das ist die von van der Waals hergeleitete Gleichung,
welche bei zweiatomigen Molekülen die Abhängigkeit der Größe h
von r, h und h^ angibt. Da h^ eine Temperaturfunktion ist,
so wird auch h von T abhängig sein.
Tl.
Wir wollen jetzt weiter gehen und den Ausdruck (2) für
CL näher betrachten.
1) J. D. van der Waals, Arch. Neerl. (2) 4. p. 267.
2) J. D. van der Waals, De vloeistoftoestand eu de toestands-
vergelijking, Vcrsl. Kon. Akad. van Wctenschappen, Amsterdam, Juli 1908.
Spez. Warme im flüssigen Zustande b, niedr. Temperaturen, 319
Bei r = 00 wird
^- =0, b^b.
nnd es wird daher:
(5) C« = Ä
fo , T d(b,-b,)]
Setzt man nun nach (8):
(3a) b^-b, = ^T=YrT,
80 wird
T d{b,--b,) _
b^-bo dT - 2^ '
und wir bekommen:
(6) 6;.«, = Ä(2 + i) = |Ä,
in völliger Übereinstimmung mit der Erfahrung bei zwei-
atomigen verdünnten Gasen.
Man sieht hierbei deutlich, daß nur die Annahme, daß
b — b^ in der angegebenen Weise von T abhängt, zu dem
nchtigen Ergebnis C^^ ao = ^ führt ^) Nur bleibt dabei un-
entschieden, ob b oder b^ eine Temperaturfunktion ist
Bei sehr kleinen Volumen [Flüssigkeiten unweit des Er-
starrungspunktes] nähert sich nach (4) b -^ b^jv — b der Ein-
heit, und die Gleichung (2) wird in diesem Falle:
T dbr
(7) 6; = , = Ä
2-
b^bo dT
Und hierin liegt der oben erwähnte weitere Beweis, daß b^
eine Temperaturfunktion sein muß, und nicht b j» Denn wäre
b^ konstant, so wäre auch C^ bei Flüssigkeiten konstant = 4,
während die Erfahrung lehrt, daß C^ unweit des Erstarrungs-
punktes bei zweiatomigen StoflFen etwas größer als 2 x 6 = 12 ist
[Wir erinnern daran, daß das Dulong- Neu mann sehe
Gesetz für den festen Zustand fast genau den Wert 12 fordert]
1) J. D. van der Waals hat bei CO, statt {b^ - b^Y die Größe «
proportional ^angenommen, damit die Größe TIp.dp/dThei der kritischen
Temperatur mit dem experimentell gefundenen Wert übeinstimme. Dann
aber wird bg — b^ unabhängig von T, und es gibt die Formel (2) nicht
mehr den richtigen Wert für Cv = x , es wäre denn, daß andere Voraus-
setzangen über di<* Atombewegung gemacht wrrden.
320 J, J, van Zaar,
Nach (3a) wird nun, wenn b = konstant:
(3b) _T|^ = i(i,-*„),
und daher:
(8) C..„ = Ä(2 + i^'^A) = Ä(2 + ^).
wenn wir
Ug — »0
setzen.
Nun geht für den fliLssigen Zustand die Zustandsgleichung
über in
oder da angenähert
m
^{v-b) = RT,
Ti ff 8 a
b.iv^b) 8 T
r« 27 ü •
Aus (a) geht hervor:
und da nach (4)
, b — bQ
somit mit Vernachlässigung höherer Potenzen von z ange-
nähert V — b = b -^ Öq ist, so wird auch
und
Wir bekommen also:
8 T _ bgjbg - ^>o) *
27 T* [^ + 2(6, -6o)*r •
van der Waals nahm nun in seiner letzten, schon oben
zitierten Abhandlung an, daß die Größe b^ im Fltissigkeits-
zustande in der Nähe des Erstarrungspunktes nicht weit von
\b entfernt ist. Dadurch wird, wenigstens angenähert:
^^ 27 71 (1 + 2*)« •
Spez, Warme im flüssigen Zustande b. niedr, Temperaturen. 821
Hätte man nicht ä^ = 2^^, sondern allgemein b^^^nb^
gesetzt, so wäre statt (9) gekommen:
^ ' 21 Tu (1 +2(n- !)*)••
Nun liegt der Schmelzpunkt T^ bei zweiatomigen Sub-
stanzen in der Nähe von J- Tj^. Der Wert von z ist alsdann = ^.
Die Relation (8) ergibt nunmehr mit diesem Wert für z:
(10) C,., = Ä(2 + 4i) = 6iÄ,
in guter Übereinstimmung mit der Erfahrung.
So wurde bei flüssigem H^ der Wert 2 x 6,4 = 12,8 ge-
funden. Und auch bei flüssiger Luft fand man das nämliche.
Wir weisen nochmals darauf hin, daß nach (7) nur die
Annahme, daß b^ in der durch (3 b) angegebenen Weise von T
abhängt, in Verbindung mit b^ = 2(ÄJr„r^ und Tq = \Tj^, zu
diesem richtigen Ergebnis fuhrt.
Die spezifische Wärme von zweiatomigen Flüssigkeiten
(Assoziation und dergleichen ausgeschlossen) ändert sich somit
bei abnehmender Temperatur und Volumen von ±2^Ji bei
der kritischen Temperatur bis zu ± 6^Ä in der Nähe des
Erstarrungspunktes.
Wir bemerken noch, daß die Differenz b -- b^ wegen der
Vergrößerung von b^ mit sinkender Temperatur schneller ab-
nimmt, als wenn b^ keine Temperaturfunktion wäre.
Jetzt werden wir den allgemeinen Ausdruck für C^ herleiten.
Wenn wir die Gleichung (4) in der Gestalt
_i_ __ _J. b - b^
v-J- b-bo (b, - 6o)«
nach T diff'erenzieren, so bekommt man:
rf6
dT
db,_
dT
^ -4- -i 4- ^
(p_6)' ' (6-io)* ' (*,-<•«)•
+
(*-*o)' ' (*,-*o)*
2(6 -_*<,) Mb, -W
■^(4,-6.)"» ' dT
oder nach Multiplizierung der beiden Glieder mit Tip — ä^)*,
und mit Rücksicht auf (4) und (a):
rpdb
dt
(1 - zV + 1 + z»] = ^^^-(l + z^ + 2zKT^^^r^^^l .
Die Gleichung (2) geht dadurch über in
BoltzuMiin-Featecbrirt. 21
822
J. J. van Zaar.
C=R
d. h. in
C, = R
'^ +
.. (i+.')r^- + 2*..r^^^*->
b^br
2 + *?JlA
2 - *« + *^
df b-L df
1 jidb^
b-b^ dT
Nun ist jedeufEills nach (3 a):
80 daß ffanz aUgemein:
(11)
C,= Ä
2 +
1 -|»« + |»*
Für r = 00(2: = 1) wird dieses C^ = 2^Ä, und bei sehr
kleinen Volumen nähert sich (11) mit Rücksicht auf (3 b) zu
1 -»«
C^B
i** +
2 + r^.r|^|=^(2 + -^).
wenn wir höhere Potenzen von z vernachlässigen.
Ich weise bei dieser Gelegenheit darauf hin, daß die
Gleichung (4) die Zustandsgieichung eines Körpers bei niedrigen
Temperaturen (in flüssigem Zustande) transformiert in
P + ^)^^-K)^RT[2-z^,
80 daß bei z = 0 das zweite Glied ==2RT wird. Wie schon
van der Waals bemerkte, kann das so gedeutet werden, daß
die Atome im Molekül sich als einzelne Moleküle verhalten.
Dabei muß jedoch ins Auge gefaßt werden, daß die Größe C^
sich nicht dem Werte 6, wie bei dissoziierten Gasen, nähert;
viel weniger dem Werte 12, wie das Dulong-Petitsche Gesetz
erfordert, sondern wie wir oben sahen, sich dem Werte 4
nähert, wenn db^/dT =0, und dem Werte 13, wenn db^jdT
der Beziehung (3 b) gehorcht
III.
Daß in der Tat die spezifische Wärme im flüssigen Zu-
stande bei dem Erstarrungspunkte immer etwas größer gefunden
Spez, Wärme im flüssigen Zustande b, idedr, Temperaturen, 823
wird als im festen Zustande, geht ans folgenden Beispielen,
welche leicht zu vermehren wären, genügend hervor.
fltUsig
fest
Quecksilber
6,7
6,4
Silber
8,1
6,0 - 8,1
Zinn
7,8
6,7
Blei
8,2
7,0
Brom
8,6
6,7
Schwefel
7,5
5,4
Phosphor
6,4
5,4
Die spezifischen Wärmen sind für 1 Atom berechnet
In der jetzt folgenden Tabelle ist der Quotient T^/Tj^ bei
mehreren Körpern verzeichnet
Zweiatomige Körper.
Tu - 278
T; - 273
Tu
Ht
-242«
- 252,5 •
0,54
N.
-146
-209
0,50
Gl,
145
-102
0,41
Br,
802
-7
0,46
HCl
52
-114
0,49
NO
- 93,5
-167
0,59
CO
-140
-203
0,52
Wie man sieht, nähert sich das Verhältnis zwischen der Er-
starrungstemperatur und der kritischen Temperatur in der Tat
0,5. Nur Clj ist etwas zu niedrig, NO etwas zu hoch.
Bei drei' und weÄratomigen Körpern sind die Abweichungen
größer.
/*
1
Tu
/*
^0
N,0
86 <>
-100^
0,56
NH,
130,50
- 750
0,49
CO,
31
- 57
0,71
PCI3
, 285,5
-112
0,21)
CS,
275
-113
0,29
♦AfiCl,
356
- 18
0,41
80,
157
- 78
0,45
CH^
-89
-186
0,47
H,0
365
0,43
CCI3
284
- 25
0,45
H,S
100
- 89
0,49
CHCl,
260
- 70
0,38
H,Se
137
68
0,50
•SiBr,
383
- 14
0,39
SnCl4
319
- 33
0,41
Oy.
124
- 34
0,60
21 ♦
324
J, J, van Laar,
Besonders COg, CS3, PCI3 weichen bedeutend ab. Auffallend
ist es jedoch, daß auch bei vielen drei-, vier- und flinfatomigen
Körpern das Verhältnis T^fT^^ so oft zwischen 0,4 und 0,5
liegt (Bei AsCl, und SiBr^ ist T^ nicht durch direkte Be-
obachtung, sondern durch Berechnung gefunden).
Verzeichnen wir noch die folgenden Körper.
h
t.
Tu
NA
171
- 15
0,47
C,H,
11
-175
0,35
♦C,H,Br,
365
9
0,44
(C,H,),0
196
-117
0,33
CH,*. COOH
322
17
0,49
CftHe
290
4
0,49
C.H,C1
361
- 40
0,37
Auch hier gibt es Körper, welche für das Verhältnis
l\ITj^ nahezu 0,5 ergeben. (Bei CgH^Br, ist T^ wiederum durch
Berechnung gefunden.)
Nimmt man für J^ und 0^ den Wert 0,50 an, so würde
t^ beim Jod, da ^^ = 114^, etwa 500® C. betragen. Für Sauer-
stoff, wo ^j^= — 118®, würde der Erstarrungspunkt bei un-
gefähr — 193® C. gefunden werden müssen.
IV.
Wir haben gesehen, daß der Ausdruck (8) für C„ = 6 den
Wert ^\J^ liefert, wenn z = '^j^, ^0 ~ i^k» unter Annahme
von b = 2[b^)T=.T,'
Wäre nun aber die Gleichung (4) noch gültig für Tempe-
raturen unterhalb TJ,, wo der Körper in den festen Zustand
übergegangen ist, so würde auch (8) gültig bleiben, und dann
näherte sich C^ bei sehr niedrigen Temperaturen, da z = 0
wird, zu 00.
Das widerstreitet jedoch der Erfahrung, daß erstens
in dem festen Zustand C^ immer etwas niedriger ist als im
Flüssigkeitszustande, und zweitens, daß C^ bei abnehmender
Temperatur nahezu konstant bleibt, z. B. =2x6 bei zwei-
atomigen festen Körpern. Wohl ist oft eine geringe Abnahme
Sptz. Warme im flüssigen Zustande b. niedr. Temperaturen. 325
zu konstatieren, aber niemals eine Zunahme, wie doch die
Formel (8) unbedingt fordern würde. Es sind sogar bedeutende
Abnahmen bekannt^ wie beim Kohlenstoff, Bor, Silizium u. A^
wo das aber auf eine weitgehende Eomplexbildung bei nied-
rigeren Temperaturen hindeutet^)
Wir kommen also zu der Überzeugung, daß für den festen
Zustand eine ganz andere Zustandsgieichung gilt, als für den
flüssigen und gasförmigen Zustand. In der Nähe von T=\Tj^,
wo C^ im flüssigen Zustande dem Werte im festen Zustande
so nahe kommt — wenigstens bei zweiatomigen Körpern
— scheint somit mit der Molekül- und Atombewegung etwas
ganz besonderes zu geschehen. Der ungeordnete Zustand
des flüssig-gasförmigen Aggregatzustandes (geordnet nur in
statistischem Sinne) geht über in den geordneten Zustand
des kristallinisch-iesten Aggregatzustandes, im Gegensatz zu
dem fflasartiff-festen Zustande, welcher als eine (metastabile)
Fortsetzung, nur mit sehr großer Viskosität, des flüssigen Zu-
standes gedacht werden muß.
Wie sich aber die Zustandsgieichung des festen Zustande»
gestaltet, ist eine Frage, auf welche jetzt nicht näher einge-
gangen werden kann. Ein klares Bild von der Bewegung der
z. B. zwei) Atome im Molekül, und von der Anordnung und
Bewegung der Moleküle im kristallinischen Körper wird dabei
jedenfalls unerläßlich sein.
1) Auch die Tatsache, daß die spezifische Wärme des Eise« für 18 g
nicht = 3 X 6 -■ 18, sondern nur = 9 ist, weist darauf hin, daß das ge-
wöhnliche, bei 0° C. aus Wasser entstandene Eis wahrscheinlich ganz
aus Doppelmolekülen besteht.
(Eingelangt 12. September 1903).
326
43, über eine Methode, das spezifische Gewicht sehr
yerdflnnter Losnngen zu bestimmen.
Von Gustav Mie in Greifswald.
1. Das spezifische Gewicht sehr verdünnter wässeriger
Lösungen von Elektrolyten ist sicher eine Größe, die man
möglichst genau kennen muß, wenn man die Eigenschaften
der Ionen näher studieren will. Denn aus ihr kann man (bis
auf eine für alle Ionen gleiche additive Eonstante, die zu-
nächst noch unbekannt bleibt], das scheinbare Volumen be-
rechnen, das ein Grammäquivalent des Ions im ganzen ein-
nimmt. Unter dem scheinbaren Volumen verstehe ich die
Summe aus dem wirklichen Volumen der Ionen und der (nega-
tiven) Volumenänderung, die das Wasser durch Elektrostriktion
in ihrem elektrischen Felde erleidet. Es ist wohl als sicher
zu erwarten, daß diese Größe mit dem elektrischen Leit-
vermögen des betrefi'enden Ions in einem engen Zusammen-
hang steht.
F. Kohlrausch ^) hat gezeigt, daß bei den einwertigen
einatomigen Ionen der Temperaturkoeffizient eine Funktion des
Leitvermögens selber ist. Es ist zu erwarten, daß ähnliches
für das scheinbare Volumen gilt, und daß man damit An-
knüpfungspunkte für eine kinetische Theorie der elektrolytischen
Lösungen gewinnt. Ich faßte daher die Absicht, das Aqui-
valentvolumen der einwertigen , einatomigen Ionen bei ver-
schiedenen Temperaturen zu bestimmen.
F. Kohlrausch und Hallwachs ^ haben gezeigt, daß
man das spezitische Gewicht sehr verdünnter Lösungen am ge-
nauesten nach der Methode des Auftriebes bestimmen kann.
Um eine gleichmäßige Benetzung des Aufhängefadens zu er-
1)F. Kohlrausch, Sitzungsber. d. Berliner Akad. d. Wissensch.
p. r)72. 1902.
2) F. Kohlrausch u. Hallwachs, Wied. Ann. 50. p. 118. 1893;
r>3. p. 15. 1894.
Spez. Gewicht sehr verdünnter Losungen, 327
reichen^ nimmt man am besten einen Platinfaden, der erst
platiniert und dann ausgeglüht ist'] Man mußte aber bei
Benutzung eines Glühkörpers wegen der großen Unterschiede
der Ausdehnungskoeffizienten von Glas und Wasser die Tem-
peratur auf Vi 000^ ^- göiiau ablesen und alle Wägungen, die
natürlich bei sehr abweichenden Temperaturen gemacht werden
mußten, auf eine Temperatur reduzieren« Um sehr genaue
W&gungen mit einem sehr großen Schwimmkörper zu machen,
mußte Eohlrausch ') sich sogar auf Temperaturen in der
Gegend von 6^ C. beschränken, wo die Ausdehnung von Glas
und Wasser wenig yoneinander abweichen.
Man vermeidet diese Schwierigkeit, wenn man als Schwimm-
körper einfach reines Wasser nimmt, dessen Ausdehnungs-
koeffizient als identisch angesehen werden
darf mit dem der verdünnten Lösung. Mein
Schwimmkörper hatte die Form der neben-
stehenden Figur. Es war ein Fläschchen
aus Jenaer Glas, dessen Hals in eine sehr
feine Kapillare ausgezogen war. Dieses
Fl&schchen wurde mit ganz reinem Wasser
gefbllt und an dem Platinfaden aufgehängt.
Durch die lange feine Kapillare wird die
Diffusion von Lösung in das Innere des
Fläschchens so gut wie ganz verhindert,
und doch muß bei Temperaturveränderungen durch sie Wasser
aus- oder Lösung eintreten.
2. Das ganze Volumen v dieses Schwimmkörpers besteht
aus zwei Summanden: dem großen Volumen des Wassers r,
und dem kleinen Volumen der Glaswand r^. Ebenso können
wir das scheinbare Gewicht p des in der Lösung hängenden
Körpers in zwei entsprechende Summanden p^ und /?, zerlegen
Wäre nun das Fläschchen immer mit vollkommen reinem
Wasser gefüllt, das schon vor dem Eintauchen genau die gleiche
Temperatur hat, wie die umgebende Lösung, so ändert sich p^
mit der Temperatur nur wenig. Denn wenn s das spezitische
Gewicht der Lösung und w das des Wassers im Schwimm-
körper ist, so ist: p^ = v^ ,[tD — .v), eine kleine negative Zahl,
l) F. Kühl rausch, Wied. Ann. 56. p. 185. 1895.
328 G. Me.
die sich bei TemperaturänderuDgen von 1 ^ C. jedenfaUs nur mn
einige Zehntel Promille ändert. War die Lösung etwas kälter
wie das Wasser, so tritt beim Temperaturausgleich ein wenig
Lösung in das Gefäß und bewirkt eine ganz kleine Vergrößerung
von w, so daß [s — w) und demnach auch p^ einen ganz kleinen
Fehler bekommt, der aber bei Temperaturänderangen von 1® C.
höchstens einige Zehntel Promille beträgt. Im umgekehrten
Fall gilt dasselbe, nur daß dann durch Austreten von Wasser
aus dem Fläschchen s ein klein wenig heruntergesetzt wird.
Bei Temperaturänderungen bis zu 1^ C. kann man p^ als
konstant betrachten^ ohne daß dabei die gesuchte Große (s — w)
einen Fehler von mehr als einigen Zehntel Promille bekommt
Von p^ gilt nicht dasselbe. Ist a das spezifische Gewicht
des Glases, so ist p^ = v^[g — s). Ist ferner a der Ausdeh-
nungskoeffizient des Wassers, ß der des Glases und ist s
nahezu 1, so ist die Zunahme S von p^ flir 1^ C:
(1) 8 = v^.{a-ß).
Es wird nun der Schwimmkörper zuerst in reinem Wasser ^)
abgewogen />. Wir wollen, um ganz exakt zu verfahren, im
folgenden die — jedenfalls sehr wenig voneinander verschie-
denen — spezifischen Gewichte des Wassers außerhalb und
innerhalb des Fläschchens unterscheiden als w und w\ Weiter
wird dann von einer Lösung bekannter Konzentration, der
„Originallösung", eine abgewogene Menge ^) zugesetzt, tüchtig
umgerührt, und wieder gewogen: p^. Das spezifische Gewicht
der durch die Mischung erhaltenen verdünnten Lösung heiße s^.
Später werden noch mehrmals kleine abgewogene Mengen der
Originallösung zugesetzt. Die Gewichte des Schwimmkörpers
in den so erhaltenen, etwas gehaltreicheren, verdünnten
Lösungen seien p^, - - , die spezifischen Gewichte «3, . . . Die
Temperaturen bei den verschiedenen Wägungen seien i?-, d-^,
1^3, . . . Alles werde auf eine Temperatur ß-^ reduziert, die
reduzierten Größen bezeichne ich durch einen Index 0:
p^, 5j^, etc.
1) Jedesmal wird das Wasser erst unter der Luftpumpenglocke
luftfrei gemacht.
2) Mit einer Pipette , die zuerst mit der Füllung und dann , nach-
dem diese abgegeben ist, leer gewogen wird.
Spez, Gewicht sehr verdünnter Losungen. 329
Es ist nun:
p = t?j . (tr'— ti?) + «^1 • (ö" — vi),
reduziert:
(2) p^ = v^^.[w^ - O + ^,^(c^ö - w"^) = ^0 - «'^•^^
= üj . (tr' — M?) + ü, . 0- — ü, . M? [1 + (/? — a)(«^o "" *^)]>
(8) ;|0=p + *.(t^o-*)-
Ebenso ist:
(4) ;^/= t;,^(t^'«-. s,^ + t;,«(rrO-. s,^ = P, - v\s,\
(5) V-ft+^-C^o-'^i)-
In Formel (2) und (3) bezeichnet P^ das absolute Gewicht
des Schwimmkörpers bei der Temperatur 19-^. Man bekommt
durch Subtraktion von (2) und (4):
(6) ^« - IT« = ^?>- .
Es sei das Gewicht des Schwimmkörpers bei der Tem-
peratur d-Q in Luft: F. Daraus können wir berechnen:
^' IT« -0,0012'
Das absolute Gewicht des Schwimmkörpers ist:
(8) Po = P + ü«. 0,0012.
Wir wollen nun aus den Wägungen direkt das scheinbare
Volumen (f von 1 Grammäquivalent des ionisierten Salzes
berechnen. Es sei M das Aquivalentgewicht, n^ die Zahl der
gelösten Grammäquivalente in 1 g der verdünnten Lösung.
Eine leichte Rechnung gibt:
oder, in den direkt gemessenen Größen ausgedrückt:
3. Ich beobachtete mit einer Bunge sehen Wage, die
einen Ausschlag von 4,5 für 1 mg gab, und zwar meistens
den Punkt, wo der Zeiger schließlich stehen blieb. Daß eine
derartige Wägung etwas lange dauert (2 — 3 Minuten) war kein
330 e. Mie.
Nachteil, da ich doch während einiger Zeit (10 — 20 Minuten)
beobachten mußte, ob die Einstellung konstant blieb. Das
war erst dann der Fall, wenn keine Strömungen mehr vom Um-
rühren vorhanden waren und wenn sich die Temperatur im
Fläschchen mit derjenigen außen ganz ausgeglichen hatte.
Bevor ich den Schwimmkörper aufhing, prüfte ich den
Platinfaden. Schon mit dem Auge konnte man sehen, daß
der umgebende Wassermeniskus beim Herausziehen und beim
Hineinschieben des Fadens in das Wasser derselbe blieb. Ein
Faden wurde auch so geprüft, daß ich ein Stückchen Platin-
draht an ihm aufhing und erst in Luft, dann in Wasser abwog.
Der Auftrieb ergab sich zu 1^4 mg kleiner, als das Gewicht
des verdrängten Wassers. Der Faden war 0,06 mm dick.
Rechnet man die Oberflächenspannung des Wassers zu 7,5,
so ergibt sich wirklich das Gewicht des Meniskus bei voll-
kommener Benetzung zu 1,4 mg.
Trotzdem konnte ich, nachdem der Schwimmkörper an-
gehängt war, keine konstante Einstellung bekommen. Stunden-
lang konnte man verfolgen, wie der Zeiger immer weiter kroch
in dem Sinne, daß der Schwimmkörper immer leichter wurde.
Rührte man dann mit ihm das Wasser um, so ging der Zeiger
plötzlich um ein beträchtliches Stück zurück. Erst nachdem
der Körper in verdünnter Salpetersäure, Natronlauge und
Alkohol längere Zeit bei höherer Temperatur (60 — 80^ ab-
gewaschen war und darauf eine Nacht in reinem Wasser gelegen
hatte, zeigte sich stets eine durchaus befriedigende Eonstanz.
Vor jeder Beobachtung wurde mit dem Thermometer oder
auch mit dem Schwimmkörper selbst tüchtig gerührt Das
Thermometer war aus Borosilikatglas und in ^lo^ geteilt
4. Die Temperaturkorrektion 8 ergibt sich aus (1) wie folgt
Bei iJ-^, = 20^ ist der Ausdehnungskoeffizient des Wassers
0,000 207, der des Jenaer Geräteglases i) ist 0,0 000177, also
rund a — /9 = 0,00 019. Das Gewicht des Schwimmkörpers
in Wasser ist: p^ = 13,49 g, femer das spezifische Gewicht des
Glases ^) tr = 2,73. Man bekommt daraus
^2 = P^li^ — 1) = '^8 cbcm.
1) Diese Zahlen verdanke ich einer freundlichen Mitteilung der
Firma Schott & Gen.
Spez, Gewicht sehr verdünnter Lösungen. 331
Die Temperaturkorrektion berechnet sich nun:
S = 1,5 mg/^C. bei 20«.
Der Schwimmkörper hatte, in Luft gewogen, das Ge-
wichtP= 134,28 g. Nach Formel (7) erhält man ü= 121,15 cbcm.
Das Volumen der Wand einer Hohlkugel von diesem Raum-
inhalt und von der Wandstärke 0,7 mm ist v^ = i cbcm.
Die Abhängigkeit des Auftriebes von der Temperatur be-
obachtete ich direkt in reinem Wasser. Es ergab sich für die
beiden Temperaturen 21,58« und 20,83« ein Unterschied von
1,3 mg. Nun ist bei 21«, da hier der Ausdehnungskoeffizient
des Wassers ca. 0,000 217 beträgt: 5=1,6. Danach würde
sich für den Temperaturunterschied 0,75« berechnen: 1,2 mg.
5. Es sei ein Beispiel flir die Methode angeführt Die
Originallösung war eine 0,0536 proz. Lösung von KCl. Sie
enthielt also 719. 10~^ Grammmoleküle des Salzes in 1 g Lösung.
Wasser 697,5 g
19,940 21,188 g
Einstellung
14,0
21,190,,
»
4,9
p = 21,188 87
JD<> = 21,188 96
(^0 = 200)
Eingefüllt 4,97 g
20,03* 21,161g
Einstellung
6,6
/»i = 5,12 . 10-6
21,160,,
»
11,0
Pi = 21,16023
Pi* = 21,16018
(^0 = 200)
Eingefüllt 5,09 g
20,090 21,130 g
Einstellung
11,9
w, = 10,29 . 10-6
21,131 „
»>
7,5
Pi = 21,13042
V = 21,13028
{^0 = 200)
Eingefüllt 10,48 g
20,150 21,070 g
Einstellung
12,6
w, = 20,71 . 10-6
21,071 „
«
7,9
Pg = 21,07056
JO3O = 21,07033
(^0 = 200)
Wenn der Schwimmkörper abgehängt war, so brachten
7,69 935 g den Zeiger auf 10. Diese Zahl ist also von den
eben als/?^, p^^y , , ^ hingeschriebenen Größen noch abzuziehen.
Richtig ist z. B. p^ = 13,48 961. In Luft wog der Schwimm-
körper P= 134,28 g. Also ist: P^ = 134,32. Nun berechnet
sich ff nach Formel (9):
n = 5,12 . 10-6 10,29 . 10-6 20,71-6
q> = 28,1 27,5 27,3
Das Molekularvolumen von ionisiertem KCl ist also bei
20*^ C. ungefähr 27,5. Es wurde u. a. noch bestimmt RbCl
und CsCl.
332 G. Mie, Spez. Gewicht sehr verdünnter Lösungen.
NaCl KCl RbCl CsCl
16,5») 27,5 33,9 41,0
Man sieht: Die Molekularyolumina nehmen mit dem Atom-
gewicht des Metalls zu.
Bei der Bestimmung dieser Zahlen wurde aber nur darauf
Wert gelegt; die Methode zu prüfen. Die Konzentrationen der
Originallösungen dagegen sind nicht so genau bestimmt, als
es nötig wäre, um genügende Werte von (p zu bekommen.
Da nun die Einzelbestimmungen, wie man auch an dem ge-
nauer hingeschriebenen Beispiel (KCl) sieht, unter sich stets
gut stimmen, so beabsichtige ich mit einem Schwimmkörper,
der bei einer viel geringeren Wandstärke ein größeres Volumen
hat, als der bisher benutzte, an die Lösung der in der Ein-
leitung genannten Aufgaben zu gehen.
1) Nach Kohlrausch.
(Eingegangen 12. September 1903.)
333
44. Magnetization and resistance in Nickel at high
temperatures.
By C. G. Knott in Edinburgh.
1. Professor Tai t 's discovery in 1873 of the pecnliar
changes at certain critical temperatures in the fundamental
thermoelectric constants of iron and nickel has suggested to
me from time to time various other lines of research in the
hope of establishing other properties at these critical tempe-
ratures. In the case of nickel the first change in the sign
of the Thomson Effect occurs about the temperature of
200** C, and the second cliange about 350® C. My investi-
gations on the change of electrical resistance of nickel at these
high temperatures^) brought out other relations; and these
were corroborated by W. Kohlrausch*), who extended the
investigation to the case of iron, and established completely
that there was a close relation between the march of resistance
with temperature and the loss of magnetic permeability. The
nature of the relation in the case of nickel may be indicated
by giving the law of resistance change with temperature of
the nickel wire which is the subject of the present note. The
resistance temperature graph is roughly speaking a long sloping
8-form of curve and can be represented for interpolation pur-
poses very approximately by three straight lines. Thus to
reduce the measured resistance (r) of the wire (3 ohms at 15*^
to temperatures, the formulae were
t = 56,7 r - 163,3 from 15^ to 200«
^ = 33,9r- 22,7 „ 200« „ 350«
^ = 95,8 r - 692,5 „ 350« „ 400«
Temperature 200« corresponds to Tait's first bend in the
thermoelectric line for nickel, and 350« to the second bend;
n C. G. Knott, Trans. Roy. Edinburgh IIX p. 187. 1886.
2) W. Kohlrausch, Wied. Ann. 33. p. 42. 1888.
\
334 C. G. Knott
and it is at 360^ that nickel ceases to be magnetic in the
ordinary sense.
2. The enquiry as to the effect of temperatnre upon the
change of resistance due to magnetization in the case of the
magnetic metals was one of the lines of research suggested;
and the broad natare of certain results obtained for nickel
is given below.
Two nickel wires of nearly the same length were coiled
in two flat circnlar coils about 18 cm in diameter, the con-
tiguous parts of each wire being insulated with asbestos sheet
Round each anchor-ring so formed two layers of copper wire
were coiled^ so as to form a magnetizing coil of the usual
anchor-ring transformer pattem. The two layers, careftdly
insulated throughout with asbestos, were separately wound so
that their ends could be joined in different ways^ thus making
it possible to pass a strong current through the coils in
succession, and yet have no magnetizing force within the core.
By suitably interchanging the ends I could at a moment's
notice obtain a strong field within the core. By this means,
and by using two exactly similarly constructed coils^ I reduced
to a minimum the disturbing effects due to heating in the
magnetizing coils. The nickel wires, L aud M, in these coils
were then made two of the branches of a Wheatstone Bridge,
the opposite conductors X and jti being also made of nickel
wire so as to prevent thermoelectric electromotive forces being
set up when the coils L and M were heated to high temperatures.
The resistance changes due to magnetization were
measured by deflections on a delicate galvanometer after the
Bridge was approximately balanced, a steady current being
supplied from a secondary cell in the battery brauch. The
galvanometer deflection was calibrated in the foUowing simple
way. For any particular condition the current, /, through the
galvanometer is given by the formula
(1) D.i = {LfjL- Ml)e
where e is the electromotive force in the circuit, and I) the
well-known determinant involving the resistances of the six
con'ductors making up the Wheatstone Bridge.
Magnetizaiion and resisiance in Nickel. 335
Let now a known slight change dX he made in the A
branch, then the corresponding change di is given with
sufficient accnracy by the expression
(2) D.di= ^MedX.
When the magnetic field is established around Z, there results
a change dL with a corresponding change ^t in the current,
namely,
(3) D.di = fjLcdL,
DiTiding (3) by (2) we get
fi d L di
~Mdi "" ■" d7'
Since at the beginning the Wheatstone Bridge is almost
accurately balanced, we may write ju/if = Ä/Z and con-
sequently
tAK dL dl 6%
Sifdi is the ratio of the Galvanometer deflections due to the
changes in (2) and (3), and dXjX is known; hence dLfL and
therefore </Z, can at once be calculated. The quantity L is
the resistance of the whole branch including the nickel wire
which is the subjeet of experiment. Let Z,, be the resistance
of the nickel wire which is being magnetized within the anchor
ring core; then dL/ L^^ will be the required change in iinit
resistance due to the applied field at the existing temperature.
The wires L and 3/ were heated up to various tem-
peratures in a porcelain vessel packed with asbestos wool; and
the temperature of 7> was obtained from its resistance which
was measured accurately immediately after each experiment.
The relation between temi)erature and resistance was obtained
from an independent experiment, in which a piece of the same
nickel wire was used. The results have already been given
in § 1.
3. When the coils // and M had reached a steady tem-
perature, the experiment of eijuation (2) was made. The
resistance /. (= 3,2413 ohms) was altered by inserting 30 ohms
386
C, O. Knott,
as a Shunt on a pari of A whose resistance was 0,5125. The
resistance of X became then
A + rfA = A - 0,5125 + ^^on ^^i'o^^^ =^- 0,008603.
FTftncft
dXfX^ -0,002655.
In a particular experiment, taken at random to illostrate
the process, the resistance L was 6,04, corresponding to a
temperature of 179,1^ C; the magnetizing current was 4,29
amperes corresponding to a field of 32,2 G.O.S. nnits; the
ratio of the galvanometer deflections due to the magnetic
change of resistance dL and the imposed change of resistance
was 1,629; hence dL= -- 1,629 x LdljX = 0,02615. Now
the resistance of the magnetized part of L was 5,80; hence
dLjL^ = 0,00451, the measure of the increase of unit resistance
of nickei at 179^ due to the application of a longitudinal field
of 32,2 Units. A great many similar observations were made
in various fields and at various temperatures. The results
were plotted in a large scale, small corrections applied so as
to obtain isothermal curves at the temperatures heading the
columns in the table below, and the values read oflf for fields
2, 4, 6 etc. up to 34. A selection of these will be found in
the Table.
Table showing resistanoe changes per 100,000 ohms of niokel wire
in various longitudinal fields and at various temperatures.
Ma^etic
field
'
Tem
perat
ures
' 15<>
65 0
125°
180°
240°
280°
300°
328°
342°
34
1 1040
816
i 621
1
475
253
' 141
86
45
5
28
825
679
529
1
401
226
128
79
41
3,8
24
682
579
463
350
205
' 119
73
35 1
2,6
20
543
479
392
298
179
: 106
66
29
1,8
16
411
379
317
242
151
f 93
57
18 '
1,5
12
268
255
231
186
112
1 75
48
9
1,2
10
192
187
181
158
103
64
42
4
1
8
119
124
123
121
85
52
37
3
6
53
63
65
70
56
38
30
2
4
17
23
21
23
27
27
19
1
2
a
5
5
5
Sa-
5
4
Magnetization and resistance in Nickel 837
4. From these numbers we may construct two sets of
graphs, namely, the isothermals showing the relation between
magnetizing force and resistance change at the yarious tem-
peratures, and the isodynamicsy showing the relation between
the resistance change and the temperature in the yarious
fields.
The first obyious resnlt is the diminution of the resistance
change in the higher fields as the temperature rises. Thus
the effect in yarious fields at temperature 15^ is from 200 to
300 times the effect at temperature 342^. So rapid is the
final drop above 300^ that we may safely regard the effect
as practically nonexistent at temperature 350^. It is just at
this temperature that nickel loses its streng magnetic properties,
the permeability being practically unity. Thus we learn that
the change of resistance due to longitudinal magnetization in
nickel is mainly a function of the magnetization or induction
and not of the magnetizing force.
In fields below 10, there is first increaxe of the resistance
change as the temperature rises. In fact all the isothermals
up to 300^ begin above the isothermal of 15^, and then cross
it as the field increases. This is particularly well marked in
the case of the isothermals 65 ^ 125^ and 180^. This pheno-
menon may be connected with the fact that the induction
curve for nickel rises niore abruptly and reaches its „Wende-
punkt" in lower fields the higher the temperature. In other
words the first effect of rise of temperature is to increase the
permeability in lower fields, probably because of the greater
ease with which the niolecular groupings assume new con-
figurations. But anythiug which tends to increase the per-
meability must tend to increase the magnetization on which
the resistance efl'ect mainly depends.
The isodynamic curves indicate the existence of a further
peculiarity which declares itself at or near the temperature
180^ by a kind of cusp-like peak in the graphs of the higher
fields. This peculiarity is also well brouglit out by calculating
the differences between the resistance changes corresponding
to the succossive teni))eratures in the preceding table, and
diyiding these by the change of temperature. These average
differences per degrec will correspond to the mean of the
BolUu)aDn-Fe^b«■hri^t. 22
338
C. G. Knott.
extreme temperatures; and their values for five of the fields
are given in the following snbsidiary table.
Table of Differenoes per Degree oaloulated from the former Table.
Magnetic
field
DifiPerences per Degree at Temperatures
40'
95
152,6«! 210» I 260'
290
0 I
314»_|^5^
34
28
20
10
6
4,5
3,3
2,7
3,7
2,8
2,7
1,5
2,9
2,5
2,3
2,9
2,5
2,5
1,4
1,3
1,6
t,7
2,0
1,8
2,0
1,8
0,01
0,01
0,4
0,9
1,0
1,1
1,4
-0,02
-0,003
-0,09
+0,07
0,45
0,4
0,4
2,9
2,6
0,2
From these few examples we see that there is at or near
the temperature 200^ a peculiarity which shows itself by an
increase in the rate per unit rise of temperature, at which
the resistance change in a given field is diminishing. And
this is the temperature at which occurs the iirst bend in the
thermoelectric line of nickel as discovered by Tait, and also
the temperature at which the resistance of nickel begins to
grow rapidly with rise of temperature as established by my
own and Eohlrausch's experiments.
5. In Order to investigate the effects at high temperatures
of a transverse magnetic field on the resistance of nickel wire,
I prepared two helical coils carefully wound on porcelain
cylinders and set them within and coaxial with the longer
cylinders on which four layers of copper wire were wound with
asbestos insulation as usual. With this form of apparatus,
however, it was impossible up to the highest lields at my dis-
posal to get any results. Apparently there was no effect on
the resistance. In fact the field was not powerful enough to
establish a sufficiently strong induction across the thin wire. ^)
I therefore made a short compact coil which could be inserted
axially in the air gap of a strong electro-magnet, and proceeded
to study the eflfect in much the same way in which Kelvin,
Goldhammer, and others have done. The broad results may
be briefly stated.
üp to field 1500 the effect on the resistance was very
small, sometimes indicating increase of resistance, sometimes
1) Beetz encountered the same difßculty when trying to measure
the effect on iron wire.
Magnetization and resistance in Nickel, 339
decrease. This increase in the Iower iields may be dae to
the presence of a Umgitudinal effect^ for it was impossible to
make a coil of the kind required withont giving it a certain
pitch, so that there was necessarily a small component of
magnetizing force along the wire. Above iield 1600 the
redstance was always diminished, and the diminntion grew
rapidly with the field. Increase of temperature had the same
general effect as in the previous case. The quantitative results
were, however^ a little uncertain in their details; but here also
there can be no doubt that the change of resistance is chiefly
dae to the induction in the wire, vanishing almost entirely at
350^ C. In these experiments the nickel coil was heated by
means of an enclosing coil of German-silver wire through which
a streng current was kept steadily flowing, and the temperature
was measured by the resistance of the nickel.
6. In trying to coordinate these results along the lines
of modern theory, we have to consider (1) the ionic whirls
which constitute the paramagnetic quality of the nickel, (2) the
ionic displacements which constitute the current through the
conductor^ and (3) the yarious effects on these of magneti<;
force and heat.
If we suppose that the negative and positive ions which
build up a neutral molecule are whirling round one another
in approximately circubir orbits, and that the eflFective forces
depend on the charges and their distance apart, it may be
easily shown that the raagnetic molecule is at once accounted
for if the masses associated with the negative and positive
ions are very different. Its magnetic moment depends on the
difference of these ionic masses, on the number of whirls in
Unit volume, and on sonie fuuction of the distance separating
the connected ions.
Whatever be the mechanisiu by which the extemal magnetic
orce afl'ects the orientation or the intermolecular grouping of
the ionic whirls, the etTect is to produce within the metal a
condition in which the ionic orbits ou the average tend to set
themselves peq)endicular to the magnetic force. The inter-
molecular regioiis are traversed by lines of magnetic force
whose density is groat in the region between the opposite
aspects of contiguous molecular whirls. The dissociated electric
22»
340 C G, Knott, Magnetizadon and resistance in Nickel.
corpuscles which convey any current along the wire are driven
towards the intermolecular Spaces where the lines of force are
less dense. The more closely the magnetic condition of the
metal approaches to Saturation in the direction of the
applied electromotive force, the more pronounced will be this
drift of the corpuscles from the denser to the less dense parte
of the lines of force in the intermolecular Spaces. There will
be aggregation of the corpuscles in the regions of minimum
density of the magnetic lines of force. This, according to
J. J. Thomson's mode of looking at the phenomenon, will
produce a smaller average free path of the helically moying
corpuscles and a coiresponding increase of resistance.
As regards the effect of heating, it is probable that rise of
temperature increases the rate of dissociation of the molecules.
But this means a decrease in the number of the neutral
molecules among which are to be reckoned the molecular
whirls described above. Hence with rise of temperature the
number of these molecular whirls per unit volume is di-
minished, and the permeability is decreased, at least in moderate
and high fields. In low fields there is an increase in perme-
ability when the temperature is raised; but this average in-
crease of permeability may be the result of a diminished
mutual action between the whirls in a given region, so that
they are able to respond more quickly to the small extemal
magnetic force.
But any diminution in magnetization means less inequality
in the densities of the lines of force in regions of maximum
and minimum densities. Hence in aecordance with the views
stated above, there will be proportionally less aggregation of
the corpuscles and proportionally less change of resistance at
the higher temperature when a particular field is applied, so
long at any rate as this tield has not too low a value.
As regards the undoubted molecular change which occurs
in nickel at a temperature of about 200^, it is impossible to
come to any clear conclusion. When the investigation has
been extended to the cases of iron and cobalt, it may be found
possible to coordinate all the phenomena in terms of a less
crude theory of molecular groupings.
(Eingegangen 12. September 190,-i.)
341
45. Intorno ad nn
igrometro-bilancia ad indicazioni assolate e continae.
Di G. Guglielmo a Cagliari.
Si puö determinare agevolmente 11 peso o la tensione del
yapor acqueo contenuto in un noto Yolume d'aria^ senza prima
farlo assorbire dall' acido solforico (come si fa coli' igrometro
chimico e con quelli di Schwackhöfer e di Edelmann)
deducendoli dalla spinta aerostatica che un corpo di gran
yolume e piccolo peso, (p. es. una sfera o cilindro cavi ed a
parete sottile) subisce nell' aria; questa spinta varia di circa
0,6 mgr per ogni dm^ del corpo suddetto quando la tensione
del vapore varia di 1 mm ed usando un corpo di volume non
grandissimo si puö tuttavia ottenere una grande sensibilitä
nelle indicazioni.
Per evitare che questo corpo appeso ad un piatto della
bilancia ed equilibrato, funzioni da baroscopio ed indichi, oltre
alle piccole variazioni della densitä deir aria ambiente causate
dalle variazioni della proporzione di vapor acqueo, anche quelle
molto maggiori causate dalle variazioni della pressione e della
temperatura, si possono usare varie disposizioni.
La disposizione teoricamente piü semplice e quella di
appendere ai due piatti d'una bilancia di precisione, all' esterno
della vetrina, ed equilibrare due palloni chiusi, di ugual volume,
uno dei quali si trovi immerso costantemente nelV aria per-
fettamente secca e Taltro nell' aria di cui si cerca il grado
d'umiditä. Inizialmente, e poi quando lo si creda necessario
ad intervalli piü o meno lunghi, a seconda delle circostanze,
si determina o veritica la differenza di peso dei due palloni
quando entrambi sono immersi nelP aria comune o entrambi
nell' aria secca, oppure anche si scambiano i palloni che si
trovano uno nell' aria secca Taltro nell' aria comune.
Siano G q G' i singoli pesi, che non occorre conoscere,
dei due palloni nel vuoto, sia p la differenza nota di questi
342 G. Guglielmo.
pesi che non dipende dal mezzo in cui sono immersi entrambi
i palloni^ sia V il volume di ciascuno di questi^ H la pressione
atmosferica, T la temperatura assoluta ambiente^ T^ quella del
ghiaccio fondente, h la tensione cercata del vapor acqueo nell'
aria, a il peso di 1 cm' d'aria secca a 0^ e 760 mm^ 8 la
densitä, di vapore riferita all' aria del vapor acqueo, p' il peso
che bisogna aggiungere p. es. a sinistra per ottenere l'equi-
librio quando il pallone di sinistra si trova nell' aria perfetta-
mente secca e quello di destra nell' aria comune. Per l'eqiii-
librio dovrä essere:
ossia:
h'Fa{\ -5)rj760r«/? + e- ff ^p+p'
h ^ {p + p')l%0[\ +cct)ira{\ '-3) = {p+p'){\ +at)AlF
indicando con Ä la costante 760/a (1 — d).
Affinchö questa relazione sia rigorosamente applicabile
occorre che i due palloni siano esattamente alla stessa tempe-
ratura, nonostante le condizioni un po' diverse nelle quali essi
si trovano, una differenza di 0^1 darebbe origine ad una
differenza nelle spinte che essi subiscono di circa 0,4 mgr per
dm' corrispondente ad un errore di circa 0,7 mm nella ten-
sione di vapore cercata. Non mi pare tuttavia difficile di otte-
nere la rigorosa eguaglianza di temperatura dei due palloni
contigui, sia evitando di collocare Tapparecchio in modo che
finestre, o stufe o correnti d'aria o altre cause possano agire
piü da un lato che dagli altri, sia proteggendo Tapparecchio
con opportuni schermi o scatole, semplici o multiple.
Gioverebbe anche per scoprire e correggere questa causa
d' errore Tuso di palloni provvisti di manometro nel modo con-
siderato in seguito.
Bisogna anche aver cura che l'aria secca in cui e immerso
uno dei palloni sia perfettamente secca. Ora siccome il reci-
piente che la contiene e necessariamente provvisto d'un foro
alla parte superiore pel quäle passa il filo di sospensione del
pallone, avviene che quando la temperatura s'abbassa o la
pressione cresce, un poco d'aria estema penetra nel recipiente
suddetto portandovi del vapore che solo molto lentamente
viene assorbito dalla sostanza essicante«
Intomo ad un igrometro^bilancia. 343
Per evitare ciö, io sospesi il pallone nell' intemo d'un
grande recipiente cilindrico coir orlo piano, contenente sul
fondo un po' d'acido solforico ed un treppiede basso di vetro
che impediva al pallone di venir a contatio coli' acido; questo
recipiente era chiuso da un disco di vetro piano, con foro
centrale per il passaggio del iilo di sospensione; sul quäl disco
attomo al foro collocai vari vasetti con acido solforico (per
mancanza d'uno con tubo centrale) che ricoprii con una
campana con foro in cima per il passaggio del filo suddetto.
Inoltre al coUo della campana era adattato un largo tubo di vetro
lungo circa 20 cm che ritardava ancora la diifusione del va-
pore verso l'acido solforico, e faceva sf che l'aria penetrante
nel modo saddetto nella campana era giä parzialmente secca
e quella del recipiente sottostante lo era completamente.
Un altro modo per evitare l'influenza delle variazioni della
pressione e della temperatura sull' equilibrio del pallone, prati-
camente piü semplice del precedente perche richiede un solo
pallone e non richiede l'uso continuo di un gran recipiente
con aria perfettamente secca, consiste nel porre Tintemo del
pallone, in comunicazione coli' estemo mediante un tubo con-
venientemente lungo e capillare. Questo pallone viene appeso
ad uno dei piatti della bilancia, all' estemo della vetrina cio6
nell' aria comune, e viene equilibrato con pesi collocati sul-
Taltro piatto; inizialmente ed in seguito quando lo si crede
opportuno si determina il peso del pallone immerso nelF aria
perfettamente secca, oppure di nota umidita.
Sia G il peso nel vuoto e r il volume delle pareti del
pallone, F la capacita di questo, P e P — /> i pesi occorrenti
ad equilibrarlo nell' aria comune e nell' aria secca, ä e ä le
tensioni del vapor acqueo all' estemo e nell' intemo del pal-
lone, (1— (T; il fattore, che poi verni trascurato, per la corre-
zione dei pesi numerati nell' aria; per l'equilibrio nell' aria
dovrä essere:
P(l -.f7)= G'-h ra{/I - /<)TJlßOT+ FadkTJlßOT
- f'a [U - //) 7;/7i>0 T- Vaö h 7'JHjO T
^vaill -h)TJlßOT- vaS/iTJlßOT
= r; -f- r«(l - ()-)(A - k)TJlßOT
- vaHTJ1^0T+va{\ ^ffjhlJlßOT
344 G, Guglielmo.
Se la pesata nell' aria secca si fa immediatamente prima
0 dopo di quella nell' aria comune dimodoche si possa ammet-
tere che T e k non abbiano variato nell' intervallo si avra
similmente:
{P^p){l -(7)= C- ra{l ^d)kTJieOT-vaHTJ160T
quindi:
p=.h{V+v)a{l ^d)TJlßOT
h=p{\ +at)lßOI{F+v)a{l ^d)^p{l +at)JI{r+v)
Affinchö questa relazione possa valere anche quando la
pesata neir aria secca si e fatta una volta per sempre o si
fa a lunghi intervalli e si possa quindi, con nna sola pesata
neir aria comune , ricavare la tensione del vapor acqueo in
quest' aria, occorre far sl, che la tensione del vapore nell'
interne del pallone sia costante, oppure nota, o meglio nulla;
in quest' ultimo caso, qualunque sia la temperatura alla quäle
si fa la pesata nell' aria secca, l'aria del pallone non ha peso
apparente, la spinta suUe pareti e all' incirca uguale a quella
sui pesi, e l'equilibrio non e punto inüuenzato dalle variazioni
di temperatura.
Molti modi si possono usare per far si, che k sia con
sufficiente approssimazione, costante^ o noto, o nullo. Un modo
molto semphce e facile ad usarsi e quello di teuer ben tappato
il tubo capiUare quando l'apparecchio non si usa; la variazione
di k durante la pesata h certo minima, e solo potrebbe aversi
una variazione apprezzabile nello stappare il tubo suddetto.
Se inoltre nell' interne del pallone fosse un po' d'acqua o di
nota soluzione d'acido solforico, o un poco d'acido solforico
concentrato oppure d'anidride fosforica, la tensione del vapore
neir interno sarebbe nota o nulla.
Un altro mezzo per far si, che k sia nullo, mezzo valevole
anche quando l'apparecchio debba funzionare continuamente, e
quello di riempire anzitutto il pallone con aria secca, e di
usare il tubo capillare (di comunicazione coli' estemo) spor-
gente alquanto dal pallone, ripiegato all' ingiü, che penetri e
termini entro una boccetta contenente sul fondo un po' d'acido
solforico. il chiaro che esso tubo non deve mai venire a con-
tatto coli' acido solforico che vi aderirebbe e farebbe crescere
il peso complessivo del pallone, e che durante le pesate lo
Intomo ad un igrometro^bilaticia, 345
stesso tabo non deve toccare in nessun punto il collo della
boccetta affinche i movirnenti del giogo si possano produrre
senza ostacoli. D'altronde quando l'apparecchio non viene
usato gioverä chiudere allo stesso tempo pallone e boccetta
mediante un tappo scorrevole attraversato dal tabo capillare
snddetto per evitare che l'acido si diloisca inutilmente.
E ntile stabilire approssimativamente la grandezza delle
possibili variazioni di k quando Tintemo del pallone comunica
continuamente coli' aria comune mediante un tubo capillare.
E^se possono prodursi in due modi cioö per diffusione del
vapore da o verso Testerno e per effetto delle successive con-
trazioni e dilatazioni dell' aria interna in corrispondenza delle
variazioni della pressione e della temperatura.
Le variazioni di k per difiusione sono molto piccole; di-
fatti dalle mie determinazioni del coefficiente di difiPusione del
vapore acqueo nell' aria ^) si deduce che per un tubo capillare
lungo 20 cm e di 0^10 mm^ di sezione quando la differenza
costante di tensione agli estremi 6 di 5 mm escono o pene-
trano 0^011 mgr di vapore in 24 ore, sostituenti o sostituiti
da un ugual volume d'aria, dimodochö la variazione di peso
del pallone che ne risulterebbe sarebbe di circa 0,004 mgr ed
occorrerebbe circa 1 mese perchö tale effetto fosse appena
apprezzabile. Siccome perö la tensione del vapore estemo
varia continuamente sara or maggiore or minore di quella del
vapore interne, la diffusione avverra in sensi opposti e Teffetto
totale sarä praticamente nuUo.
Invece per un aumento di temperatura di 1** uscirä dal
pallone un volume l'jT d'aria con vapore di tensione k che
verrji sostituito con aria e vapore di tensione h quando av-
venga la corrispondente diminuzione di V^ della temperatura,
e quindi la tensione del vapore nell' interne avra cambiato di
[h — k)jT, Se invece V oscillazione della temperatura fosse,
come fe possibile, di 10'* e la differenza h — k fosse 10 mm e
fosse T = 300^ ue risulterebbe una variazione di 0,3 mm nella
tensione A, ripetentesi con lieve diminuzione ad ogni successiva
ed uguale oscillazione.
1) Atti deir Acc. delle Scienze, di Torino. 1882.
346 G. Guglielmo,
Un altro grave errore derivante dalla presenza del yapore
iieir intemo del pallone, e che occorre assolutamente eyitare^
si presenta quando l'abbassamento di temperatara sia tale che
esso vapore si condensi in parte sulle pareti interne^ facendo
variare il peso G del pallone d'una quantitä. incognita.
Errori non trascorabili possono derivare altresi, da una
piccola differenza fra la temperatura del pallone e quella am-
biente^ quäle si presenta certamente ogni qualvolta la tempe-
ratura estema varia. Per evitare questa causa d'errore con-
yerrä anzitutto eseguire le pesate quando la temperatara
estema e costante; gioverä inoltre che il pallone abbia la
superficie estema annerita (per quanto ciö e possibile senza
che il pallone sia soggetto a cambiar di peso ad ogni mi-
nimo contatto) affinch^ a differenza di ciö che si richiede nei
calorimetri siano facili gli scambi di calore coli' ambiente.
Cosi pure sarä utile che la scatola o inviluppo che e necessario
per difendere il pallone dalle correnti d'aria sia metallico,
annerito intemamente^ levigato invece estemamente affinch^ esso
riceva lentamente il calore dalP estemo e lo trasmetta rapida-
mente al pallone. Finalmente gioverä molto l'agitare (non
troppo) l'aria interna del pallone^ ciö che si ottiene facilmente
come indicai in altra Nota fissando nel suo intemo alcune
Palette inclinate rispetto alla verticale e facendo ruotare il
pallone rapidamente torcendo altemativamente in sensi opposti
il filo di sospensione. —
üna terza disposizione che non impedisce che il peso
occorrente ad equilibrare il pallone varii grandemente quando
variano la pressione e la temperatura, ma che da, modo di
correggere facilmente ed esattamente il peso suddetto in modo
che le sue variazioni residue dipendauo solo dal variare della
proporzione di vapore nell' aria, consiste nel separare l'aria
interna del pallone dair estema mediante un tubo ad U con-
venientemente lungo e contenente un liquido che non abbia
tensione di vapore apprezzabile come olio d'oliva o di vaselina,
0 chinolina ecc; la possibile lenta evaporazione di questo
liquido si puö rendere praticamente nulla mediante un
tappo di cotone collocato sull' estremitä libera del tubo ad
U, Questo inoltre dev' essere prowisto di due graduazioni,
una millimetrica ed una volumetrica sulle quali si possano
Intomo ad un iffrometro'bilancia. 347
misurare le variazioni di pressione c di volumo dell' aria
interna.
Questo manometro che non si puö praticamente usare di
sezione grandissima pone un grande ostacolo alle variazioni
di volume delF aria del pallone, e le rende molto piccole in
confronto di quelle dell' aria libera, a paritä della altre con-
dizioni, quindi il pallone col manometro appeso ad un piatto
della bilancia ed equilibrato risente le variazioni della densitä
dell' aria ambiente in misura quasi uguale come un pallone
chiuso. Presenta perö su questo il vantaggio che formando
esso stesso un termo-baroscopio sensibilissimo^ offre modo di
correggere molto esattamente l'effetto di queste variazioni.
Difatti se r ^ la capacita del pallone, u il volume dell'
aria interna contenuta nel manometro, // la pressione estema,
H + h' quella interna, essende A' indicato dal manometro, po-
tremo porre:
e caJcolare con molta esaltezza il volume F + u che avrebbe
l'aria interna se la sua pressione fosse uguale a quella estema,
e la variazione della spinta p che sarebbe prodotto da questa
variazione di volume u — u.
Se P e il peso che fa equilibrio al pallone quando tro-
vasi neir aria comune con vapor acqueo di tensione h, G il
peso vero del pallone col manometro e coli' aria contenutavi,
V il volume delle pareti e del liquide, per l'equilibrio dovra
essere :
P^G ^ {r + n)a II TJlijOT + (F + n)a(\ - d)hTJimT
- vairrjlßOT- va(l -^d)hTJlßOT
oppure anche:
/>+;?= G -{F+ u)aIIJ\JlßOT+ l +u)a(\ -d)hTJ1^0T
- vaIITJH>OT+va(l ^S^hTJlßOT
Similmente i)er Tequililjrio neir aria secca se P' e il peso
occorrente per TcHjuilibrio, H' e T' la pressione e la tempera-
tura ambienti, ?/" il vohime deir aria che trovasi nel mano-
metro, ?/"' questo vohime quando la pressione interna fosse
resa uguale all' esterna, p la variazione della spinta causat^i
dalla variazione di volume n" — u\ dovr^ essere
348 0. Guglielmo.
oppore anche:
P' +;?' r= e - {F+ u''')aH'l760r - vaH'TJ760r
= 6 ^ {F + u')a H/lßOT ^ va W TJieor
ossia trascurando l'effetto della yariazione ^ T ed H- sulla
spinta subita da v, compensato in parte da un simile efifetto
8ui pesi nomerati si ha:
P - P' + p - ;>' = h{r+ u' + v)a{l - S)TJ760T
h = (P- P' +p -;,')(1 + ai)Äl{r + u + v).
II possibile errore derivante da una differenza di tempe-
ratura fra il pallone e Uambiente viene coli' attuale disposizione
piü fjEicilmeiite scorto e corretto poiche questa dififerenza sarä
proporzionale alla quantitä. di calore che il pallone riceve o
perde nell' unitä di tempo, ossia alla velocitä, della yariazione
della pressione indicata dal manometro; ossenrando la yelocita
prodotta da una nota differenza di temperatura si poträ in
seguito da una osseryata yelocita di questa yariazione dedurre
la differenza di temperatura fra il pallone e l'aria che lo cir-
conda e calcolare l'errore che essa produce nel peso apparente
cercato del pallone stesso.
Ho eseguito con questi apparecchi molte esperienze, non
ancora complete ma sufficienti per convincermi deir utilitä dei
medesimi e scorgere le yarie cause d' errore alle quali ho accen-
nato. I palloni di cui mi sono servito erano cilindrici, di 20,5 cm
di altezza, 16,7 cm di diametro, circa 4,5 dm' di yolume, di
lamina sottile di packfong, pesanti circa 180 g. I valori tro-
yati con essi per la tensione del yapor acqueo nell' aria libera
furono d'accordo con quelli troyati con altri igrometri, quelli
troyati pel yapore emesso dalla soluzione SO^H^ + 17H,0
durante yari giorni furono d'accordo con quelli dati da Re-
gnault alle varie temperature.
Ho anche osseryato la yariazione di peso che subiyano
grandi lamine di packfong, o di latta, o di yetro da finestre
quando erano immerse nell' aria secca oppure nell' aria umi-
dissima prodotta dalla soluzione precedente allungata con un
ugual yolume d'acqua, (rf = 1,076 a 26^,4). Queste yariazioni
furono minime pel packfong e la latta, maggiori (2,5 mgr per
Intomo ad un igrometro'büancia, 849
16 dm*) pel vetro nudo ma sarebbero pure riuscite minime
pel vetro vemiciato. Neil' aria assolutamente satura di vapore
o molto prossima al punto di saturazione gli apparecchi ora
descritti non possono servire sia perchö^ come ha osservato
Shaw^) il vapore comincia a condensarsi sul solido un pö
prima della saturazione^ sia perche questa condensazione puö
essere causata da un leggero rafiEreddamento; gli stessi appa-
recchi altresi non possono dare buone indicazioni in presenza
di vapori o gaz che alterino la densitä dell' aria.
Settembre 1903.
1) PhiloBophical Transactions. ISSS.
(Eingegangen 12. September 1903.)
350
46. Einige Bedenken betreffend die Theorie der
Entropievermehrung durch Diffusion der Gase bei
einander gleichen Anfangsspannungen der letzteren.
Von N. SohiUer in Charkow.
Die Behauptung^ daß die Entropie zweier ineinander
diffundierender Gase sich vergrößere, wird gewöhnlich dadurch
begründet, daß zwei beliebige ungleichartige Gasmengen, die
zwei gleiche und voneinander getrennte Volumenräume v und
V einnehmen, ohne jegliche Arbeitsleistung und ohne Energie-
vermehrung in den gemeinschaftlichen Volumenraum v auf um-
kehrbarem Wege hineingebracht und folglich darin miteinander
vermischt werden können. Es wird dabei als selbstverständ-
lich angenommen, daß die Entropie der beiden Gase beim
erwähnten Verfahren unverändert bleibt, und zwar gleich der
Summe der Entropiegrößen, die den Gasen in ihrem getrennten
Zustand zukommen. Betrachtet man nun zwei Gasmengen,
die zuerst die respektiven Volumenräume v^ und v^ einnehmen
und die gleichen Spannungen /> besitzen, so muß das gemein-
schaftliche Volumen der beiden Gase gleich t?j + v^ werden,
nachdem der Diflüsionsprozeß unter dem unveränderten Druck;?
vollendet ist. Es kann aber andererseits jedes der beiden Gase
sich zuerst auf umkehrbarem Wege bis zum Volumen v^ + v^
isothermisch ausdehnen, wobei die entsprechende Entropie sich
vergrößern muß; darauf können die beiden Gase, schon bei
unverändert bleibender Entropie in den gemeinschaftlichen
Volumenraum v^ + v,^ hineingebracht werden. Auf diese Weise
kommen die Gase zu demselben Endzustand, wie am Ende
eines direkten Diffusionsprozesses. Da aber die Gase auf dem
zuletzt beschriebenen Wege mit vergrößerter Entropie zum
Endzustand kommen, so pflegt man daraus zu schließen, daß
bei direktem Diff'usionsprozeß auch eine Entropie vermehnmg
stattfiiide.
Bedenken betreffend die Theorie der Entropievermehrung, 351
Bezeichnet maii also mit m die Massenmenge eines Gases^
durch V dessen Volumen, durch c dessen spezifische Wärme-
kapazität bei konstantem Volumen^ durch p dessen Spannung
und durch ö die entsprechende absolute Temperatur, so hat
man bekanntlich
(1) pv^mBd,
und die Entropie S der betrachteten Oasmenge läßt sich in
der Form darstellen:
(2) <y= wiclgö + mÄlg^ +mk,
wobei die Eonstante k so gewählt ist, daß sie von m unab-
hängig bleibt. Sind mehrere Gase vorhanden, so ist die
Entropiesumme der nebeneinander gestellten Gasvolumen gleich
Nach dem vollendeten Diffusionsprozeß nehmen die sämt-
lichen Gase den gemeinschaftlichen Volumenraum ^v. ein,
und die entsprechende Entropie S wird unter der Voraus-
setzung berechnet, daß sie dieselbe Größe haben soll, wie in
dem Falle, wo jede Gasart das Volumen ^v. für sich ein-
nimmt, und die Gase unvermischt nebeneinander gebracht
werden. Demgemäß hat man also zu setzen:
(4) S=\gd.:£m,c, + :£\m,liAg'^''\+'^m,L,
woraus folgt, daß
(5) S-^S, = ^\m,/iAg^^^'].
Da aber vor der Diffusion dieselbe Spannung p filr jedes
der Gase gilt, so ist
und es ergibt sich demzufolge.
(7) S - N' S. = V [ ,„. /,>. lg 2 ^^ifi I .
Den eben erhaltenen Ausdruck (7) pHegt man als den
durch die Diffusion hervor^^erufeiien Kntropiezuwachs zu be-
trachten.
362 K Schiller.
Führt man die Bezeichnungen n^, n^ , , , n^ für die Mole-
kularzahlen der verschiedenen Gasarten ein und berücksichtigt
man, daß
(8) m^ Ä| = w. R,
wobei Ä für alle Gase denselben Wert hat, so erhält man
aus (7):
(9) 5-2«, = 2{«.Älg^)').
Es entsteht nun die Frage, ob zwei chemisch gleichartige
Gasmengen, die zwei gleiche voneinander getrennte Volumen-
räume ausfüllen ; auf dieselbe Weise in einen gemeinschaft-
lichen Volumenraum ohne äußere Arbeitsleistung hineingebracht
werden können, wie dies für chemisch verschiedene Gase der
Fall ist. Die Möglichkeit eines arbeitsleistungslosen Inein-
anderschiebens zweier Gasvolumina wird dadurch begründet,
daß man sich immer eine halbdurchdringUche Wand vorsteUen
darf, die nur eine Gasart durchläßt, während sie für die an-
deren Gasarten undurchdringlich bleibt. Ist aber solch eine
Wand logisch denkbar, so scheint ja kein Grund gegen die
Möglichkeit der Existenz einer Wand zu sprechen, die von
allen chemisch gleichartigen Molekülen einer bestimmten Gas-
sorte nur diejenigen durchläßt, die man auf irgend eine Weise
von den übrigen zu unterscheiden weiß. Der genannte Unter-
schied könnte entweder in der räumlichen Lage der Moleküle
bestehen, oder in der Größe ihrer Geschwindigkeit, wie bei
dem Maxwellschen Dämonenspiel, oder in irgend welchen
den willkürlich gewählten Molekülen zugedachten Merkmalen.
Übrigens läßt sich die Möglichkeit der von der partiellen
Durchdringlichkeit abhängigen Erscheinungen nicht aus den
besonderen chemischen Eigenschaften materieller Wände ab-
leiten, sondern sie wird durch die Tatsache begründet, daß
das Vorhandensein gegebener Massenmengen auch alle denk-
baren auf diese Massen wirkenden Kräfte zuläßt. Eine halb-
durchdringliche Wand ist nur als eine zufällige Realisation
der auf bestimmte Weise wirkenden Kräfte zu betrachten,
und keine praktisch sich erweisende Unmöglichkeit, solch eine
1) Vgl. auch Planck, Vorles. über Thermod. p. 208. 1897.
Bedenken betreffend die Theorie der Entrapievermehrung, 353
Wand zu konstruieren, darf die theoretischen Schlüsse ab-
ändern^ die aus den Gesetzen der Krafbwirkungen sich ab-
leiten lassen.
Breitet sich zum Beispiel ein gelöster Stoff mitten in
einem Lösungsmittel aus^ so sind immer solche äußere Kräfte
denkbar y die die Bewegung des gelösten Stoffs zu hemmen
und den letzteren ins Gleichgewicht zu bringen vermögen^ un-
abhängig vom umgebenden Lösungsmittel. Sind die kine-
matischen Eigenschaften des beweglichen gelösten Stoffs die-
selben, wie die der Gase oder der Flüssigkeiten, so läßt sich
das Gleichgewicht durch die Kräfte herstellen, die nur auf die
Oberflächenschicht des gelösten Stoffes wirken, wodurch alle
diejenigen Verrückungen der Massenteilchen des letzteren auf-
gehoben werden, die irgend eine Änderung des Volumen-
inhalts oder der Volumengestalt zur Folge haben könnten.
Nun bietet aber die oben erwähnte Kräfteverteilung auf der
Oberflächenschicht alle Eigenschaften einer halbdurchdring-
lichen Wand, da nur die Beweglichkeit des gelösten Stoffs da-
durch gehemmt wird, während die Bewegung des umgeben-
den Mediums unverhindert bleibt. Es kann also jedes Gas
wie auch jede Flüssigkeit in gegebenem Volumenraume auf
dreierlei Weise im Gleichgewicht gehalten werden: entweder
durch Abgrenzung des Raumes mittels absolut undurchdring-
licher fester Wände, oder durch unmittelbar auf die Grenz-
schicht wirkende Kräfte, oder durch feste, aber nur für das
abgeschlossene Gas undurchdringliche Wände. Wird der ge-
gebene Volumen räum von mehreren verschiedenartigen Gasen,
resp. Flüssigkeiten, eingenommen, so kann in demselben jedes
einzelne Gas, resp. jede Flüssigkeit, unabhängig von den übrigen
mittels der passenden auf die entsprechenden Grenzschichten
wirkenden Kräfte oder mittels der für die entsprechende Gasart
undurchdringlichen Wände im Gleichgewicht gehalten werden.
Faßt man umgekehrt eine homogene Gasmasse ins Auge, die
das Volumen v ausfüllt und unter dem äußeren Druck p in
Ruhe bleibt, so darf man dabei den Druck p als aus n Partial-
drücken ;?/n zusammengesetzt betrachten, wobei jeder Partial-
druck pjn je den entsprechenden n^^ Teil der Gesamtmasse
auf solche Weise im Gleichgewicht hält, daß der genannte
Massenteil, unabhängig von den übrigen, den ganzen Volumen«
BoltzmaDD-FeelKchrid. 23
354 N. Schiller.
räum ausf&llt. Soll nun der äußere Druck p auf seinen n-ten
Teil reduziert werden, so kann dies auf zweierlei Weise ge-
schehen und auch zweierlei P>scheinungen zur Folge haben.
Man kann nämlich entweder jeden der n Partialdrücke auf
seinen n^^ Teil reduzieren^ oder man kann nur den einzigen
von allen Partialdrücken weiter bestehen lassen und die übrigen
einfach aufheben. Bleibt dabei die Temperatur des Gases
immerfort konstant, so hat das erstere Verfahren zur Folge,
daß der vom Gas eingenommene Volumenraum sich erweitert
und n-mal größer wird. Infolge des zweiten Verfahrens ver-
flüchtigen sich aus dem Volumenraum v diejenigen Massenteile
des Gases, denen die äußeren Partialdrücke entzogen worden
sind, so daß nur der n^ Teil der Gasmasse im Volumenraume t;
unter dem Druck pjn übrig bleibt Man ersieht also, daß
beliebig große Gasmassen aus dem gegebenen Volumen ent-
fernt oder in dasselbe hineingebracht werden können, ohne
dadurch das Gleichgewicht der anderen in demselben Volumen-
raume eingeschlossenen Gasmengen zu stören. Die Grenzober-
fläche des im Gleichgewicht gehaltenen Gasteils zeigt dabei
alle Eigenschaften einer nur für diesen Gasteil undurchdring-
lichen Wand. Die mögliche Existenz einer partiell durchdring-
lichen Wand für besondere Teile einer homogenen Gasmasse
kann somit als festgestellt betrachtet werden. Demgemäß wird
es auch einleuchtend, daß die vorher gestellte fVage über die
denkbare Möglichkeit eines arbeitsleistungslosen Zusammen-
schrumpfens zweier gleicher und gleichartiger Gasvolumina nur
bejahend zu beantworten ist. Das genannte Verfahren kann aber
nur bei einer besonderen Verteilung der auf das Gas wirkenden
und dessen Gleichgewicht haltenden äußeren Kräfte angewandt
werden. Soll zum Beispiel das gegebene Gasvolumen t; ohne
äußere Arbeitsleistung zum n^° Teil seiner Größe reduziert wer-
den, so muß dasselbe zuerst in n gleiche aneinandergrenzende
Abteilungen von der Größe vjn geteilt werden, jede Ab-
teilung r/n ist hierauf, unabhängig von den übrigen, mittels
äußerer Oberflächenkräfte im Gleichgewicht zu halten. Bei
der auf die beschriebene Weise erfolgten Kraftverteilung können
alle n aneinanderliegenden Voluroenteile entweder auf beliebige
Entfernung voneinander gebracht werden, ohne daß dadurch
ihlTGleichgewicht gestört wird, oder sie können ohne jeglichen
Bedenken betreffend die Theorie der Entropievermehrung. 355
^Tideratand und ohne jegliche Arbeitsleistung so weit zu-
Bammengeschoben werden , bis sie den gemeinschaftlichen
^olumenraum v/n unabhängig voneinander einnehmen. Es
liegt also kein Grund vor, den Unterschied zwischen den
chemisch gleichartigen und ungleichartigen Gasen in bezug
auf die Möglichkeit des arbeitsleistungslosen Zusammenschiebens
derselben aufrecht zu halten. Somit fällt auch der Unterschied
zwischen den genannten Gasarten hinsichtlich ihrer Entropie-
änderungen weg. Darauf erweist sich aber auch sogleich die
Unzulässigkeit derjenigen Betrachtungsweise, der gemäß die
Entropie eines zusammenschiebbaren Gassystems mit derselben
solch eines Gasvolumens verglichen wird, dessen Zusammen-
schrumpfen durch passend angebrachte Druckkräfte verhindert
bleibt Vom Standpunkte der genannten Betrachtungsweise
aus könnte man nämlich jeder gegebenen Gasmenge beliebige
Entropiegrößen unabhängig vom eingenommenen Volumenraum
zuschreiben. Man denke sich zum Beispiel das Gasvolumen v
in n gleiche nebeneinander bestehende Teile von der Größe vjn
geteilt; man lasse jeden Volumenteil vjn bis auf die Volumen-
größe t; sich nicht umkehrbar ausdehnen , wobei die ent-
sprechende Temperatur unverändert bleibt, die Spannung n-mal
kleiner wird und die gesamte Entropie sich vergrößert, man
lasse darauf alle n erhaltenen Gasvolumina sich ohne äußere
Arbeitsleistung in den gemeinschaftlichen Volumenraum v zu-
sammenschieben. Man kommt auf diese Weise zum anfäng-
lichen Gasvolumen mit derselben Temperatur und derselben
Spannung, aber mit der vergrößerten Entropie zurück.
Um aus den oben angedeuteten Widersprüchen heraus-
zukommen, ist zuerst zu beachten, daß die Definitionen, die
bei der Herstellung des EntropiebegriflFs den entsprechenden
Betrachtungen zu Grunde gelegt werden, kaum zu dem
Schluß führen können , daß die Entropie eines zusammen-
gesetzten thermischen Körpersystems der Summe der Entropie-
größen gesamter Teile des Systems bedingungslos gleich ge-
setzt werden müßte. Es ist nämlich einleuchtend, daß der
eben erwähnte Schluß sich nur auf die Größe der Entropie-
änderung anwenden läßt und zwar auf folgende Weise. Sind
dS^, dS^ . , y die Entropieänderungen einzelner Teile eines
zusammengesetzten Systems und ist dS die entsprechende
23*
356 N. Schüler.
Gesamtänderung der Entropie des letzteren, so hat man stets,
wenn die Temperatur ö für alle Teile dieselbe bleibt:
(10) ddS=-OdS^ +ddS^ + .. .,
weil die dem System zugefiihrte Gesamtwärmemenge der Summe
der von den einzelnen Teilen aufgenommenen Wärmequantitäten
unbedingt gleich zu setzen ist. Es folgt aber aus (10), daß
(11) 4S = 5j + iSj + . . . + Konst,
und man ersieht daraus, daß die Gesamtentropie sich von der
Entropiesumme um eine Konstante unterscheidet, die je nach
Umständen wohl als von Null verschieden ausfallen kann.
Außerdem muß man in den Fällen, wo es auf die Entropie-
größe ankommt, wohl darauf achten, daß es sich nicht um die
Entropie der Gasmengen, sondern um die Entropie der aus
den Gasen unter Mitwirkung verschiedenartiger äußerer Kräfte
zusammengestellten thermischen Systeme handelt. Dement-
sprechend kann die Entropiegröße nicht als die jeder gegebenen
Gasmenge zugemessene Quantität, wie etwa die Wärmemenge,
betrachtet werden, sondern die genannte Größe erweist sich
als der Wert einer durch den Ausdruck der äußeren Arbeit
bestimmten stetigen Funktion der sich umkehrbar ändernden
thermischen Parameter.
Faßt man zum Beispiel zwei gleiche und chemisch iden-
tische Gasmengen ins Auge, die die gleichen Volumenräume v
einnehmen und die gleichen Spannungen p besitzen, so darf
man doch nicht die beiden Gase als zwei identische thermi-
sche Körpersysteme bedingungslos betrachten, denen etwa gleiche
Entropiegrößen immer zuzuschreiben wären. Es kann nämlich
dabei der Unterschied zwischen den beiden Gasen darin be-
stehen, daß die entsprechenden, das Gleichgewicht haltenden
äußeren Kräfte die beiden Systeme in verschiedener Weise an-
greifen. Das eine System sei zum Beispiel durch den äußeren
Druck im Gleichgewicht gehalten, der nur auf die äußere
Grenzoberfläche des Volumens v wirkt. Das andere System
sei in n gleiche aneinander anliegende Teile von der Größe w/n
geteilt und der äußere Druck p sei auf den n Grenzoberflächen
der letzteren angebracht. Dadurch wird für das erstere System
Bedenken betreffend die Theorie der Entropievermehrung. 357
^e Möglichkeit eines arbeitslosen Zusammenschiebens aus-
geschlossen. Was aber das zweite System betrifit, so ist für
dasselbe kein Hindernis vorhanden, sein Gesamtvolumen v in
das n-mal kleinere Volumen vfn zu verwandeln. Die iso-
thermische Verkleinerung des Gesamtvolumens v ist für das
erstere System mit der Entropieverminderung unbedingt ver-
bunden. Die Entropie des zweiten Systems bleibt dagegen
unverändert, während das Volumen v des letzteren mittels
arbeitsleistungslosen Zusammenschiebens auf die Größe vjn
reduziert wird. Sollte die Entropie des zweiten Systems bei
der erfolgten Verminderung des Gesamtvolumens auch ver-
kleinert werden, so könnte dies nur durch die Verkleinerung
jedes Partial Volumens vjn erreicht werden, wodurch das ganze
System nicht zusammengeschoben, sondern zusammengedrückt
wird. Es leuchtet nun auch weiter ein, daß dieselbe Größe
des Gesamtvolumens v den verschiedenen Entropiegrößen des
zusammenschiebbaren Gassystems entsprechen kann, da der
thermische Zustand des letzteren von v ganz unabhängig bleibt
und da die Größe v nicht Isu den thermischen Parametern des
betrachteten Systems zu zählen ist. Sollte also die Entropie
eines zusammenscbiebbaren Systems mit der eines unzusammen-
schiebbaren verglichen werden, so müßten die beiden Entropie-
großen als Funktionen des Partialvolumens vjn dargestellt
werden, bei dessen gleichen Werten auch die zu vergleichen-
den Entropiegrößen einander gleich bleiben, abgesehen davon,
daß die Werte des Gesamtvolomens dabei verschieden aus-
fallen können.
Bei den Betrachtungen, die zum Schluß über die Entropie-
vermehrung der Gase durch Diffusion führen, scheint der Ge-
dankenfehler gerade darin zu bestehen, daß dabei die thermi-
sehen Änderungen zweier ungleichartiger Gassysteme mitein-
ander verwechselt werden. Das System der unter demselben
gemeinschaftlichen Druck ineinander diffundierenden Gase ist
entschieden als unzusammenschiebbar zu bezeichnen. Um auf
ihre Entropieänderung zu schließen, pflegt man nun ein an-
deres und zwar zusammenschiebbares System ins Auge zu
fassen, dessen Änderungen von den Parametern des ersteren
nicht abhängeu und somit nicht in Betracht gezogen wer-
den können.
358 N. Schiller.
Übrigens ist noch zu beachten, daß die Änderungen der
beiden obengenannten ungleichartigen Systeme auch so kom-
biniert werden können, daß man zum Endzustand des Diffusions-
prozesses ohne jegUche Entropievermehrung oder sogar mit
einer Entropieverminderung kommt Um die durch die Diffusion
angeblich hervorgebrachte Entropievergrößerung auszurechnen,
pflegt man nämlich die Volumina v^, ^2 * * - ^n ^^^ ineinander
zu diffundierenden Gasmengen sich erst bis auf die einander
gleichen Yolumengrößen ^t;^ mit Entropievermehrung aus-
dehnen und nachher sich in den gemeinschaftlichen Volumen-
raum ^v^ zusammenschieben zu lassen. Nun kann man aber
das isothermische Ausdehnen der Oasvolumina v^, t;, • • • v^
sich auch ohne jegliche äußere Arbeitsleistung und somit ohne
jegliche Entropieänderung denken: man braucht nur dazu, wie
dies schon vorher auseinandergesetzt worden ist, sich die ent-
sprechende Druckverteilung auf den Grenzen der voneinander
abgesonderten Teile jedes Volumens vorzustellen, wodurch
jedem Volumen die Eigenschaft der Zusammenschiebbarkeit er-
teilt wird. Sind nun darauf die auf die genannte Weise er-
weiterten Gasvolumina miteinander arbeitsleistungslos zu-
sammengeschoben , so kommt man zum Endzustand des
Diffusionsprozesses mit der unveränderten Entropiegröße. An-
dererseits kann man auch die vorläufige arbeitsleistungslose Er-
weitenmg der einzelnen Volumina üj , v^, , , . v^ noch weiter
als bis auf die Größe ^v. hinauftreiben und dieselben wieder
auf die Größe -i'v., aber mit Entropieverminderung, redu-
zieren. In diesem Falle kommt man nach dem nachher er-
folgten arbeitsleistungslosen Zusammenschieben der einzelnen
Volumina zum Endzustand des Diffusionsprozesses sogar mit
der verminderten Entropie.
Um aus den eben besprochenen Widersprüchen herauszu-
kommen muß man entweder die Möglichkeit eines arbeitsleistungs-
losen Zusammenschiebens gleichartiger Gasvolumina verneinen,
wozu eigentlich kein genügender Grund vorhanden ist, oder
die oben angeführten einander widersprechenden Schlußfolge-
rungen verwerfen und nach der richtigen Betrachtungsweise
suchen.
Um den richtigen Weg zur Beantwortung der Frage über
die Entropieänderung durch Diffusion zu finden, muß zuerst
Bedenken betreffend die Theorie der Entropievermehrung, 359
festgestellt werden, in welchem Sinne die Entropiegröße als
geändert zu betrachten sei. Da die Entropie ihrer Definition
gemäß sich nur als eine stetige und eindeutige Funktion der
sich umkehrbar ändernden thermischen Parameter darstellen
läßt, so kann dieselbe nur dann voneinander verschiedene
Werte annehmen, wenn die thermischen Parameter geändert
werden. Unter den thermischen Parametern sind aber außer
der Temperatur diejenigen Größen zu verstehen, deren unend-
lieh kleine Änderungen zur Bildung des Ausdrucks für die von
den äußeren Kräften auf umkehrbarem Wege geleistete Arbeit
beitragen. Außerdem ist zu beachten, daß die Ermittelung
der Entropiefunktion nur dann möglich ist, wenn der genannte
Ausdruck im voraus gegeben ist. Sind nämlich a^, a, . . . a^
die thermischen Parameter und wird die äußere Arbeit d L in
der Form
(12) " dL=p^da^+ p^ da^ + . . . P^^^n
gegeben, so lassen sich die Ableitungen von der Entropie-
funktion S durch die Gleichungen
bestimmen, wobei 6 die absolute Temperatur bezeichnet. Ist
außerdem auch c, die Wärmekapazität des betrachteten ther-
mischen Systems, gegeben, so hat man dazu
(14) o=ö|f.
Die additive Konstante, die in die durch die Gleichungen (13)
und (14) bestimmte Entropiefunktion hineinkommt, bleibt natür-
lich von den Größen 0, o^, ^^ • • • a^ unabhängig und kann
nichts zur Entropieäuderung beitragen. Es kann wohl der
Fall vorkommen, wo die Entropiefunktion sich etwa in der
Form
(15) S= f^{a^, «2, . . . ajk) + f^ («k+i, . . . On) + Konst
darstellen läßt Zieht man dabei nur diejenigen Zustands-
änderungen des genannten thermischen Systems in Betracht,
die bloß von der Parametergruppe a^, a^, . . , aj^ abhängen, so
bleibt die Funktion /j(afc+i,... On) unverändert und die Summe
360 N. Schiller.
f^ + Konst. spielt einstweilen die Bolle einer neuen additiven
Eonstanten. Kommt es nun nachher darauf an, auch die
Änderungen der übrigen Parameter a^^i, , , On ins Auge zu
fassen, so kann es den Anschein haben, als ob die ent-
sprechende Entropieänderung durch die Änderung der addi-
tiven Konstante hervorgebracht würde. Es darf aber nicht
vergessen werden, daß in diesem Falle der als eine additive
Konstante betrachtete Ausdruck f^ + Konst jedenfalls als
Funktion der Parameter 0^^4.1,...^« schon dargestellt ist, was
sich nur dann als möglich erweist, wenn die genannten Para-
meter in den Ausdruck der von den äußeren Kräften umkehr-
bar verrichteten Arbeit hineinkommen. Die mehrmals vorher
angeführte übliche Betrachtungsweise scheint auch zum Schluß
zu fuhren, daß die additive Konstante der Entropiefunktion
durch den erfolgten DifiFusionsprozeß um die Größe (9) wachsen
muß, die von der Anzahl der ineinander diffundierenden Qus-
moleküle abhängt. Dabei vermag man selbstverständlich auf
keinen Ausdruck hinzuweisen, der die von den unendlich kleinen
Änderungen der Molekülanzahl abhängige, von den äußeren
Kräften umkehrbar verrichtete Arbeit, darstellen könnte. Die
angeblich hergestellte Abhängigkeit der additiven Konstante
von der Molekülanzahl wäre aber nicht anders zu ermitteln,
als aus den Koeffizienten des differentiellen Arbeitspolynoms
mittels der Gleichungen (13).
Es bleibt also nur ein Weg, die dem Diffusionsprozeß ent-
sprechende Entropiefunktion zu linden, nämlich mit Hilfe des
entsprechenden differentiellen Arbeitsausdrucks. Das thermi-
sche System der ineinander diffundierenden Gase, welches aus
den verschiedenartigen einander berührenden Gasvolumina
üj, üg, . . . ü^ zusammengestellt ist und mittels des auf die
äußere Grenzoberfläche des Gesamtvolumens 2v^ wirkenden
Drucks j) im Gleichgewicht gehalten wird, kann nicht ohne
äußere Arbeitsleistung zusammengeschoben werden. Ebenso-
gut bleibt das System nach dem vollendeten Diffusionsprozeß
unzusammenschiebbar, während die verschiedenartigen Gase
bei ihren Partialspannungen ;?j , P2, - - * p^ den gemeinschaft-
lichen Volumenraum v = 2v. einnehmen. Die äußere Ar-
beit d L wird vor und nach der Diffusion resp. durch die
folgenden Ausdrücke dargestellt:
Bedenken betreffend die Theorie der ßntropievermehrunff, 361
(16) { und
d L = p{dv^ + dv^ + • • • dvj =s pdv
dL = {p^+p^+ . ..pjdv=pdv,
die, wie man sieht, einander gleich ausfallen. Da man außer-
dem vor dem DiflfusionsprozeB
(17) pv^ = m^R^dy pv^ = m^B^d, . . .pv^ = »^^^„0
und nach demselben
(18) p^v = m^ B^d , />2 1; = m^ Äj ö , . . . /»^ V = wijj Ä^ ö
hat, wobei 6 die absolute Temperatur und m^^ . . . m^ die ent-
sprechenden Massenmengen bezeichnen, so ergibt sich f&r die
beiden Fälle:
woraus folgt:
(20)
dv
de
V
1"
7/lj
^2
\prP;:
Da aber weder die Temperatur 6, noch das Volumen v
durch die Diffusion geändert werden, so kann man daraus
nur den einzigen Schluß ziehen, daß die
Entropie S auch dabei unverändert bleibt.
um sich das Wesen des Diffusions-
prozesses anschaulich zu machen, stelle man
sich zwei chemisch identische Gasmengen
wij und TWg vor, welche die einander frei
berührenden Volumenteile v^ und v^ eines <
zylindrischen Behälters ausfüllen und dabei
die verschiedenen Spannungen p^ und p^ be-
sitzen, so daß 7?j > /?2 ist. Der Behälter sei
von außen durch zwei bewegliche undurch- "=
dringliche Kolben aa und ob abgeschlossen
(vgl. die beistehende Figur). Die beiden
Gasmengen bleiben im Gleichgewicht, wenn
auf jede Flächeneinheit der GrenzoberÜächen
der Volumenräume t?, und v.^ die äußeren Druckkräfte p^
und /?2 entsprechend wirken. Die erforderliche Druckverteilung
kann dadurch erreicht werden, daß man die Druckkräfte
nt,
p,
Fig. 1.
362 jV; Schüler.
p^ und p^ entsprechend auf die beweglichen Kolben wirken
läßt und außerdem einen äußeren Druck p^ — />, auf jede
Flächeneinheit der freien Trennungsoberfläche zwischen den
Volumenräumen v^ und v^ anbringt, und zwar in der Richtung
von v, nach t;^. Nun bestehen zwischen den Größen p^, p^,
v^, v^, m^, m^ und der Temperatur d die Beziehungen:
(21) p^v^^m^Rd, p^v^^m^Rd,
woraus man ersieht, daß bei den konstant gehaltenen Span-
nungen p^ und p^ die Volumenveränderungen nur dann zustande
kommen können, wenn dabei auch die Massenmengen m^ und
m, sich ändern, das heißt, wenn ein Massenübergang von einem
Volumenraum zum anderen durch die Trennungsoberfläche
von statten geht, was durch die passende Abwechselung der
Angriffspunkte des Trennungsoberflächendrucks p^ — />, immer
zu erreichen ist. Die bei den eben beschriebenen unendlich
kleinen Volumenänderungen dv^ und dv^ von den äußeren
Kräften geleistete Arbeit dL läßt sich in der Form darstellen
(22) — dL ^p^ dv^ + p^dv^ .
Da aber die Gleichungen (21) bei konstant gehaltenem p^
und p^
(23) p^ dv^ + p^dv^^ R 6 [dm^ + dm^
ergeben und da
dm^ + dm^ =0
ist, so kommt man zum Schluß, daß d L = 0, Da nun weiter
p^ und p^ während des ganzen Vorgangs konstant und von
der Temperatur 6 unabhängig bleiben sollen, so ergibt sich
was auf die entsprechende Unveränderlichkeit der Entropie-
größe hinweist
Wird das Volumen v^ und somit die Massenmenge m^
unendlich klein, so nimmt die übrige von der Größe
Bedenken betreffend die Theorie der Entropievermehrung, 363
anendlich wenig sich unterscheidende Oasmasse das Volumen V^
ein^ das durch die Gleichung
(25) p^V^ = MEd
bestimmt wird. Wird dagegen v^ unendlich klein, so läßt sich
das von der übrigen Gasmenge eingenommene Volumen F^
aus der Gleichung
(26) p,F,^MRd
berechnen. Man ersieht also, daß die Gasmenge M auf die
angedeutete Weise vom Volumen T^ und von der Spannung p^
ohne Entropieänderung und ohne äußere Arbeitsleistung zum
Volumen F^ und zur Spannung p^ auf umkehrbarem Wege
hinübergeführt werden kann. Sollten die Volumenänderangen
und die mit ihnen verbundene Gasmassenüberführung mit einer
gewissen von außen mitgeteilten Geschwindigkeit vor sich gehen,
so würde dadurch dem ganzen Vorgang eine bestimmte Rich-
tung vorgeschrieben und dessen Umkehrung bei der bestehen-
den Geschwindigkeit unmöglich gemacht. Man darf aber des-
halb nicht einem solchen Vorgang die Eigenschaften einer
umkehrbaren Zustandsänderung absprechen, da die entstande-
nen Geschwindigkeiten nicht von den in den Arbeitsausdruck d L
hineinkommenden Kräften herrühren und da die letztgenannten
Kräfte nichtsdestoweniger immerfort das Gleichgewicht halten.
Das eben betrachtete Gassystem kann nun noch kom-
plizierter vorgestellt werden, damit es sich an die ineinander
diffundierenden Gasmengen mehr anpasse. Man kann nämlich
den äußeren auf die Trennungsoberfläche wirkenden Druck
P\ ~' P2 ^^^^ dadurch verwirklicht denken, daß die Massen-
menge m^ irgend eines verschiedenartigen Gases dem im
Volumenraum v^ sich befindenden Gas beigemischt wird, und
zwar auf die Weise, daß die Partialspannun^ des hinein-
gepreßten Gases bis auf die Größe p^ — /?, hinaufsteige. Dabei
fordern die Gleicbgewichtsbedingungen , daß noch der äußere
Druck p^ — /?2 zu der auf den Kolben b b wirkenden Druck-
kraft p^ hinzugefügt' werde. Dementsprechend nimmt der
ganze den genannten Kolben angreifende äußere Druck die
Größe Py an. Dieser äußere Druck p^ kann wieder dadurch
verwirklicht werden, daß man die den Raum v^ ausfüllende
364
N. Schiller.
l
7rh\
Oasmischüng mit der neuen Gasmenge m^ in Berührung bringt^
die die Spannung jp^ besitzt, den entsprechenden Volumen-
raum t?/ einnimmt und mit dem in den Volumenraum v^ zu-
vor hinzugeführten Gas chemisch identisch ist Soll das eben
neu hinzngebrachte OasYolnmen v( mittels eines beweglichen
Kolbens vom äußeren Raum abgeschlossen werden, so muß
der äußere Druck /?^ auf jede Flächeneinheit des Kolbens
wirken, damit das Gleichgewicht des ganzen Systems erhalten
bleibe. Auf diese Weise kommt man zu der durch die bei-
stehende Figur dargestellten Anordnung der Gasmassen.
Die in dem zylindrischen Behälter eingeschlossenen Gas-
massen sind von außen durch zwei bewegliche Kolben a a und
dd abgegrenzt. Die einander gleichen
äußeren Druckkräfte "p^ halten die beiden
Kolben im Gleichgewicht. Die Volumen-
l räume v^ und v^ sind mit zwei chemisch
verschiedenen Gasmengen 77?^ und 771^' aus-
gefüllt, die die gleichen Spannungen jp^
besitzen. Das Volumen v^ enthält die
Mischung der beiden Gasarten, von denen
der einen die Masse 771^ und die Spannung
■p^y der anderen dagegen die Masse m^ und
die Spannung p^ — p^ zukommen. Die
^ Druckwirkung der ^inen der beiden Gas-
arten auf die andere ist dieselbe, wie die
der von außen angebrachten Kräfte. Das
erste Gas übt nämlich den Druck p^ auf die
untere Trennungsoberfläche cc und den
Druck p^ auf die obere hh aus. Das zweite Gas drückt mit
der Kraft p^ auf die obere Trennuugsoberfläche hh und
mit der Kraft p^ ^ V% ^^^ ^^^ untere cc. Die Arbeitsleistung
dL' der vom. ersten Gas herrührenden Druckkräfte wird durch
(27) - dL' =p^ dv; + (jp^ - p.^)dv^
dargestellt. Da aber
(28) p, v^' = 772/ iü' Ö , {p,^ p,) V, = m/ Ä' d
und da p^ und p^ konstant bleiben, so ergibt sich
(29) pj d v^ + [Pi + P2)dv^ = Rd(dm^' + d m^) = 0
und somit dL' = 0.
77L;
TTL,
TTV.
l
Fig. 2.
Bedenken betreffend die Theorie der Eniropievermehrung, 865
Die Arbeitsleistung dL der vom zweiten neu zugefügten
Oas herrührenden Kräfte ist schon durch die Formel (22) an-
gegeben und fällt ebenso gleich Null aus.
Das eben beschriebene Anftigen des zweiten Oases als
einer auf das erste Gas wirkenden äußeren Kraftquelle erteilt aber
dem neu umgestalteten Gassystem eine besondere Eigenschaft
Da nämlich die Gasmoleküle ihre eigenen immerfort bestehen-
den Geschwindigkeiten besitzen, die auch das beständige Ein-
dringen verschiedener Teile derselben Gasmasse ineinander
hervorrufen, so hat der genannte Umstand zur Folge, daß die
Volumenänderungen r/üj, dv^^ und dv^ nur in der bestimmten
Richtung und mit der von Anfang an bestimmten Geschwindig-
keit von statten gehen können, ohne dabei, wie dies schon
oben auseinandergesetzt wurde, die Eigenschaft der umkehr-
baren Änderungen zu verlieren. Der oben erwähnten an-
gestoßenen Geschwindigkeitsrichtung gemäß ändern sich die
Volumina v^, v^' und v^ auf die Weise, daß die beiden ersteren
sich bis zur Null vermindern und das letztere sich bis auf die
Größe F^ vergrößert, die durch jede der Gleichungen
(29) {
V^p^ =[MB ■^M' R)d
sich bestimmen läßt. Am Ende des Vorgangs vermischen sich
die beiden Gase im Volumenraum F^ miteinander und be-
sitzen dabei entsprechend die Partialspannungen p^ undpj — /?2-
Was nun die den beiden Gasen zukommenden Entropiegrößen
betrifft, so müssen dieselben nach dem Vorhergesagten als un-
verändert betrachtet werden. Man sieht aber, daß die eben
beschriebene Zustandsänderung des betrachteten zusammen-
gesetzten Gassystems dem Diffusionsvorgang genau entspricht,
und daß für den letzteren die vorher abgeleiteten Schlußfolge-
rungen auch als geltend angenommen werden müssen.
Faßt man endlich jede beliebige durch die äußeren Kräfte
im Gleichgewicht gehaltene chemisch homogene Gasmenge ins
Auge, so muß man zugeben, daß in solchem, ins Gleichgewicht
gesetzten Massensystem innere Molekularbewegungen dennoch
fortwährend vor sich gehen und darin nämlich bestehen, daß
jede zwei benachbarte Volumenteile der betrachteten Gasmenge
366 N. Schäler. Bedeitken betreffend die T/iearie etc.
ihre Moleküle gegeneinander umtauschen. Solche Bewegungen
sind aber der Art, daß sie jedenfalls als Diffusionsprozeß der
gleichartigen Oasmassen ineinander angesehen werden müssen.
Wollte man also bei der Annahme der Entropievermehrung
durch Diffusion bleiben, so müßte man auch anerkennen, daß
die genannten Molekularbewegungen die fortdauernde Entropie-
zunahme bis ins Unendliche zur Folge haben.
Franzensbad, August 1903.
(Eingegangen 12. September 1903.)
367
47. über die Größe der Kristallmoleküle.
Von Rud. Wegsoheider in Wien.
In den Naturwissenschaften ist jede Betrachtungsweise
erlaubt, die aus klar festgelegten Voraussetzungen mit Hilfe
logisch (mathematisch) richtiger Schlüsse zu Folgerungen f&hrt,
die mit der Erfahrung verglichen werden können. So mag
es wohl auch gestattet sein, aus Anlaß der Feier eines Mannes,
dessen glänzende Forschungen zum großen Teile auf den ein-
fachsten Annahmen über die Beschaffenheit der Moleküle
fußen, eine Lanze für die Annahme recht komplizierter Mole-
küle zu brechen.
Yan't Hoff ^) hat darauf aufmerksam gemacht, daß man
die Molekulargewichte fester Körper aus Oleichgewichten ab-
leiten könne, an denen feste Lösungen beteiligt sind. Ins-
besondere hat auch der Nernstsche Verteilungssatz*) für solche
Schlüsse Verwendung gefunden. Wenn die so erhaltenen
Molekulargewichte sich auch zunächst auf den in der festen
Lösung in kleiner Menge enthaltenen Bestandteil beziehen, so
ist es doch bei isomorphen Mischungen sehr wahrscheinlich,
daß dieselben Molekulargewichte auch den reinen Körpern zu-
kommen, welche dieselbe Form haben wie die Mischkristalle
und die Endpunkte der Mischungsreihe bilden.*)
Als Ergebnis der diesbezüglichen Untersuchungen be-
trachtet man den Satz*), „daß der feste Zustand sich nicht
durch einen komplizierten Molekularbau auszeichnet, sondern
daß auch bei fest gelösten Körpern die Moleküle häufig der
auf Grund chemischer Tatsachen denkbar einfachsten Molekular-
größe entsprechen und höchstens den doppelten Wert haben'*.
1) J. H. van't Hoff, ZeiUchr. f. phys. Chem. 5. p. 336. 1890.
2) W. N ernst, Zeitechr. f. phys. Chem. 8.p.ll0. 1891 ; 9. p. 137. 1892.
3) J. H. van't Hoff, Zeitschr. f. phys. Chem. 5. p. 836. 1890.
4) J. H. van't Hoff, Vorlesungen über theor. u. phys. Chem.,
2. Heft, 2. Aufl. p. 65; vgl. auch V. Rothmund in Dammers Handb.
d. anorg. Chem. 4. p. 26.
368 Ä. Wegscheider,
Für die Verteilung eines Stoffs X zwischen einen Misch-
kristall und eine zweite Phase (etwa eine Lösung) fordert diese
Auffassung folgendes. Seien die Konzentrationen von X im Misch-
kristall und in der zweiten Phase x und c, so soll in der
Regel xfcy ausnahmsweise xjc^ bei gegebener Temperatur
konstant sein.
Das Zutreffen dieser Beziehungen beweist nicht unbedingt
die Einfachheit der Eristallmoleküle; denn sie bleiben auch
noch gültig, wenn X in Form von Molekülen X Y^ bez. X^ Y^
auftritt \ wo Y den Hauptbestandteil des Mischkristalles be-
deutet Die Verteidigung komplizierterer Kristallmoleküle braucht
sich aber gar nicht hierauf zu berufen. Denn in der Eegel
ist weder x/c, noch x/c* konstant.
Zwar hat Nernst*) die Konstanz von xjc für KCIO3 bei
der Löslichkeit seiner Mischkristalle mit TICIO3 angenommen,
aber wesentlich nur, weil die Verhältnisse x*/c und xfc^ noch
viel weniger konstant sind. Roozeboom^, dem wir die ein-
schlägigen Beobachtungen verdanken, hebt hervor, daß xlc nicht
konstant ist; es ist in der Tat unverkennbar, daß die Werte
dieses Verhältnisses einen regelmäßigen Gang zeigen.
Im Sinne der Konstanz von xfc^ hat Küster*) seine
Versuche über die Mischkristalle aus Naphtalin und /9-Naphtol
gedeutet. Indes hat Bodländer*) mit Recht hervorgehoben,
daß die Konstanz gerade dort aufhört, wo sie am besten zu-
treffen sollte, nämlich bei kleinem x.
Eine umfassende Zusammenstellung eigener und fremder
Versuche über die Löslichkeit von Mischkristallen hat Fock^
gegeben. Unter 29 Beispielen zeigt keines konstantes xfc^
und nur vier (oder wenn man zwei Fälle hinzurechnet, in denen
cfx von Fock, trotz des deutlichen Ganges, als ausreichend
konstant betrachtet wurde, sechs) konstantes x/c (l. Gruppe). In
1) W. Ostwald, Lehrb. d. allg. Chem. 2. Aufl. II*. p. 592; G. Bod-
1 an der, Neues Jahrb. f. Mineralogie XII. Beilageband p. 7S. 1899.
2) W. Nernst, Zeit»chr. f. pjiys. Chem. 9. p. 141. 1892.
8) B. Roozeboom, Zeitschr. f. phys. Chem. 8. p. 535. 1891.
4) F. W. Küster, Zeitschr. f. phys. Chem. 17. p. 357. 1895.
5) G. Bodländer, Neues Jahrb. f. Mineralogie XII. Beilagebd.
p. 103. 1899.
6) A. Fock, Zeitschr. f. Kristallograph. 28. p. 337. 1897.
Oroße der Kristalhnoleküle. 369
der Regel (18 Fälle, 2. Gruppe) tritt mit steigendem x Fallen
von cj X und Steigen von c/]/jr ein. In drei Fällen (3. Gruppe)
steigen sowohl cjx als c/]/r, in 4 (allerdings weniger beweis-
kräftigen) Fällen (4. Gruppe) sinken beide Quotienten. Be-
schi^nkt man sich auf binäre Elektrolyte und scheidet außer-
dem die Fälle aus, bei denen es an Beobachtungen mit kleinem x
mangelt, so ändert sich das Bild nicht wesentlich. Unter
zehn Fällen gehören zur ersten Gruppe zwei (vier?), zur
zweiten sechs, zur dritten zwei Fälle, zur vierten keiner.
Die Annahme zusammengesetzter Kristallmoleküle X^ ge-
nügt für sich allein nicht, um die Beobachtungen darzustellen.
Setzt man c**/x konstant, so würde in den letzten drei Gruppen
der Reihe nach l<w<2, n<l, n>2 sein. Die An-
schauung, daß der gelöste Stoff im Mischkristall Moleküle X^
(oder höhere), in der Lösung. Moleküle X^ bilde, reicht also
vielleicht zur Deutung der 4. Gruppe, aber nicht der 2. und
3. Gruppe aus. Letztere erfordern gebrochene Werte von n,
die keine theoretische Bedeutung haben. Fock nimmt in der
erwähnten Abhandlung einfache Eristallmoleküle an, aber auf
Grund irriger theoretischer Betrachtungen. ^)
Man könnte nun versuchen , das Verhalten der 2. und
3. Gruppe auf Störungen durch Nebeneinflüsse zurückzuführen.
Eine bei der Berechnung nicht berücksichtigte Störung bildet
die elektrolytische Dissoziation in der wässerigen Lösung. In
der besprochenen Abhandlung^) war Fock (wohl mit Recht)
der Ansicht, daß die Berücksichtigung der Dissoziation die
Inkonstanz von cjx quantitativ nicht erklären könne. Später^
hat er allerdings die Dissoziation für die Inkonstanz verant-
wortlich gemacht; dabei muß er aber die unwahrscheinliche
und durch keine andere Tatsache gestützte Annahme machen,
daß bei einer Konzentrationserhöhung von 23 Proz. der Disso-
ziationsgrad fast aut die Hälfte herabgeht. Daß die Dissoziation
die Inkonstanz von cjx nicht allein verschuldet, geht mit
großer Wahrscheinlichkeit aus den erwähnten Roozeboom-
1) Vgl. W. Ostwald, Zeitschr. f. phys. Chem. 24. p. 536. 1897;
A. Fock, 1. c. 25. p. 74. 1898; G. Bodländer, N. Jahrb. f. Mineral.
XII. Beilageband p. 111.
2) p. 354, 356, 361.
3) A. Fock, Zeitschr. f. phys. Chem. 25. p. 77. 1898.
Boltzmann-Festschrift. 24
370 B, Wtgscheider.
sehen Versuchen mit KCIO, in TICIO3 hervor; denn bei diesen
war xjc nicht konstant^ obwohl die Dissoziation auf Grund
guter Beobachtungen und ziemlich unbedenklicher theoretischer
Anschauungen rechnerisch berücksichtigt wurde.
Wenngleich die Versuche noch anderen Bedenken (ins-
besondere wegen der geringen Diffusionsgeschwindigkeit in
festen Körpern] ausgesetzt sind, so erwecken sie doch im ganzen
den Eindruck; daß r/c" (wo n eine ganze Zahl) in der Begel
nicht konstant ist, und daß daher die theoretischen An-
schauungen unzutreffend sind^ welche diese Eonstanz erwarten
lassen. In der Tat läßt sich eine Theorie der isomorphen
Mischungen ableiten ^ welche mit den Beobachtungen über
die Löslichkeit der Mischkristalle besser im Einklang steht
Keue Theorie der iBomorphen MiBohkristalle.
Ich behalte folgende zwei Voraussetzungen bei:
1. Isomorphe Mischungen sind feste Losungen,^)
2. Sämtliche Moleküle eines Mischkristalles sind ähnlich zu-
sammengesetzt
Ich nehme ferner zusammengesetzte Kristallmoleküle und
in Mischkristallen Verbindungen der Bestandteile an. Zu-
sammen mit der zweiten Voraussetzung führt das zu folgender
Anschauung :
Es seien X und Y die analog gewählten gewöhnlichen
chemischen Formeln der Bestandteile des Mischkristalles ent-
sprechend den in einer zweiten Phase (Lösung oder Gas) auf-
tretenden Molekülen. Y sei im Mischkristall das Lösungsmittel
und habe darin die Molekülformel Y^, wo n eine ganze Zahl
Dann hat nach Voraussetzung 2 auch X im Mischkristall die
Formel X^; die Verbindungen von X und Y entsprechen der
allgemeinen Formel X^ r„_a, wo für a alle ganzen Zahlen
zwischen Null und n möglich sind. Ich mache also die Voraus-
setzung:
1) G. Bodländer hat sich gegen diesen Satz ausgesprochen, weil
sich die Mischkristalle den Lösungsgesetzen nicht zu fügen scheinen
(Nt^ues Jahrb. f. Mineral. XII. Beilageband p. 114. 1899). Dagegen be-
trachten Bruni (Chem. Centralbl. 1899. II. p. 1088.), Roozeboom
(Zeitsch. f. phys. Chem. 30. p. 393. 1899) und Sommerfeldt (Chem.
Centralbl. 1901. I. p. Tr)9.) die Mischkristalle als feste Lösungen.
Größe der Kristallmoleküle. 371
8. Der Mischkristall besteht aus den Molekülen X„, Xn—i¥, ...,
X^Yn^af • • •* ^ ^n—u ^ni zwischen denen sich Gleichgewichte
einstellen.
Die mathematische Entwickelang dieser Theorie bean-
spracht zu viel Raam, als daß ich sie an dieser Stelle ver-
öffentlichen könnte. Hier sei nar erwähnt^ daß die Theorie
je nach den Werten der Gleichgewichtskonstanten steigendes,
fallendes oder konstantes xjc vorhersehen läßt; aach konstantes
x/c ist also mit komplizierten Kristallmolekülen verträglich.
xjc^ soll für kleine x jedenfalls fallen; da aber schon bei n = 3
Kurven mit einem Minimum und einem Maximum möglich
sind^ bietet die Theorie auch Baum für das Ansteigen von x/c*,
Somit ist diese Theorie imstande, die Beobachtungen über die
Löslichkeit der Mischkristalle darzustellen. Wir kommen da-
her zu dem Schluß:
Die Annahme ztisammengesetzter Kristallmoleküle entspricht
den Tatsachen hesser als die Annahme einfacher Moleküle.
Man könnte vielleicht meinen, daß dieser Satz den Beob-
achtungen über die Änderung des ümwandlungspunktes poly-
morpher Formen durch isomorphe Beimengungen widerspricht.
Das ist aber nicht der Fall. Denn Rothmund ^) konnte aus
seinen diesbezüglichen Versuchen nur den Schluß ziehen, daß
das Molekulargewicht des fest gelösten CCl^ in monoklinem und
regulärem CBr^ dasselbe ist.^) Reinders^ schließt allerdings,
daß HgBrg in HgJg die einfache Formel habe. Aber die
Annahme, daß im wesentlichen die Moleküle (HgBrg) (Hg Jg)«-!
fest gelöst sind, ist ebenfalls möglich und würde sogar die
bei Reinders nicht besonders befriedigende Übereinstimmung
zwischen gefundenen und berechneten Zahlen verbessern. Zur
Annahme komplizierter Kristallmoleküle führt eine Arbeit von
W. Müller.*) Dieser hat aus Beobachtungen über die Um-
wandlung von KNOg-haltigem NH^NO, bei 30° den Schluß
gezogen, daß das Molekulargewicht des KNO3 ^^ ^^^ unterhalb
1) V. Rothinund, Zeitschr. f. phys. Chem. 24. p. 705. 1897.
2) Vgl. übrigens hierzu Gr. Bodländer, Neues Jahrb. f. Mineral.
XIL Beilageband p. 100.
3) W. Reinders, Zeitschr. f. phys. Chem. 32. p. 532. 1900.
4) W. Müller, Zeitschr. f. phys. Chem. 31. p. 358. 1899.
24*
372 R. Wegseheider. Große der Kristallmoleküle.
30^ stabilen Modifikation ^f^ des in der oberhalb stabilen
Form ist Daraus ergeben sich als einfachste Formeln (ENO,)^
und (KN03)3.
Auf die Bildung von zusammengesetzten Molekülen in
festen Körpern deuten femer die Dampfspannungsmessungen
Hollmanns ^) an Mischkristallen aus Vitriolen und aus
Alaunen hin. Ob gerade die von Ho 11 mann angenommenen
Verbindungen auftreten, lasse ich vorerst dahingestellt
Zum Schlüsse sei noch darauf hingewiesen, daß die Lös-
lichkeit der Mischkristalle mit dem Gleichgewicht z¥nschen
Farbstofifen und Blasern ^ manche Ähnlichkeit hat Wenn auch
für den letzteren Fall eine ausschlaggebende Rolle der Ober-
flächenspannung ^ in erster Reihe in Betracht kommt, so
könnten die Erscheinungen doch vielleicht auch durch die An-
nahme beschrieben werden, daß die Faser mit dem Farb-
stoff Verbindungen in mehreren Verhältnissen bildet, die mit-
einander (und vielleicht auch mit der Faser] eine feste Lösung
geben. Die chemische Beschaffenheit der Faserstoffe ist dieser
Annahme nicht ungünstig.
1) R. Hollmann, Zeitschr. f. phys. Chem. 37. p. 203, 212; 40.
p. 577. 1901.
2) Vgl. die Arbeiten von Walker und Appleyard, sowie von
V. Georgievics, Monatsh. f. Chem. 21. p. 845. 1900 (mit Springer),
Zeitschr. f. Farben- u. Textilchem. 2. Heft 13. 1903 u. a.
3) F. Kaufler, Wiener. Sitz.-Ber. Ua. 111. p. 935. 1902.
(Eingegangen 13. September 1903.)
373
48. The Principle of Dynamical Similarity
in Molecnlar Physics.
By William Satherland in Melbourne.
The most important kind of dynamical similarity is that
in which the similar Systems have their kinetic and potential
energies in the same ratio. A Single varying System will be
always dynamically similar to itself if its kinetic energy bears
a fixed ratio to its potential energy. Since motion and position
are purely relative, the quantities of kinetic and potential
energy ascribed to a System depend on the arbitrary definitions
of zero kinetic and zero potential energy. In applying the
principle of dynamical similarity to molecular physics the
kinetic energy may be taken to be the same as that in-
vestigated in the kinetic theory of gases, and the potential
energy as the work required to separate the molecules to an
infinite distance apart without changing their total kinetic
energy. These are the two most important dynamical quan-
tities which appear in the kinetic theory of gases, when
cohesional forces are takeu into account.
The fundamental importance of their ratio is indicated by
the prominent part it plays in Boltzmann*s Law of Distri-
bution. That law gives for the chance that a System of
molecules in dynamical equilibrium shall have its coordinates
between x^ . . . and x^ -\- dx^ . . . the expression
(1) Äe~'^^^dx^ . . , dy^ . , . dz^
in which h is inversely proportioDal to the mean kinetic energy
of a molecule, and / is proportional to the mean potential
energy of a molecule.
In molecular investigations the principle of dynamical
similarity must be used along with other principles. Of these
the principle of kinematical similarity in molecular motions
374 W. SuOierland.
is a useful one. In kinematical similarity we may include
strict geometrical similarity between molecular orbits, and a
more general similarity of the following nature. Consider the
motion of planets and comets round the sun. There are the
two main classes of orbit, the ellipse with its finite ränge and
the hyperbola with its infinite ränge open at infinity. Between
these lies the transition case of the parabola of infinite ränge
but closed at infinity. The planetary orbit is elliptic, parabolic,
or hyperbolic according as the kinetic energy of the planet at
any place is less than, equal to^ or greater than that which
would have been acquired by it in falling to that place £rom
a Position of rest at an infinite distance from the sun. But
this latter is an appropriate measure of the potential energy
of the planet, so that kinematical similarity is connected with
dynamical through the ratio of potential to kinetic energy.
In molecular physics the relative orbits of neighbour mole-
cules can be divided into the two main classes, those of finite,
and those of infinite ränge, with a transition case in which
kinetic energy is always equal to potential. Einematically we
may define a vapor or gas as a collection of molecules in
which the average relative orbit of two neighbours is portion
of a curve of infinite ränge. In a liquid the relative orbit of
two neighbours, while they are under one another's influencc,
is portion of an orbit of finite ränge.
At the critical point the average relative orbit is portion
of a curve of infinite ränge on the verge of changing into one
of finite ränge. The average kinetic energy is equal to the
average potential energy. Moreover at the critical point the
actual orbits do not Cluster about two difierent types. In a
paper on The Electric Origin of Molecular Attraction ^), I have
shown that the valency charges of electricity belonging to the
atoms of a molecule form electric doublets, which attract and
repel one another as magnets do, with a force varying inver-
sely as the fourth power of the distance between them. The
attractive forces and the repulsive acting on a molecule neu-
tralise one another on the average, except in the case of
neighbours. For example two molecules, which are about to
1) Phil. Mag. (6) 4. p. 625. 1902.
The principle of dynamical simüarity. 375
pass close to one another^ exert a stronger force on one another
than any other molecule exerts on either of them. If the force
is attractive, it tends to increase itself by drawing the two
molecoles nearer to one another; if repulsive, it tends to de-
crease itself. Thus the attractive forces preponderate, and we
have the phenomena of cohesion. Thus, although the ränge
of the electric forces is infinite^ the total effect is the same
as if remote molecules had no action on one another. Cohesion
is almost entirely due to the attractions of molecules which
are close neighbours of one another. In other words the ränge
of molecular attraction is practically of the order of magnitude
of the distance between neighbour molecules.
In The Molecular Constitution of Water ^), I have shown
that the surface film in water has an effective thickness not
greater than ten times the distance between neighbour mole-
cules. In molecular phjsics then the mutual actions of
immediate neighbours are of preponderating importance, and
the relative orbits of neighbours become an essential part of
the field of investigation. For example by the consideration
of molecular orbits it was possible*) to account for the effect
of molecular attraction on the viscosity of gases. To illustrate
the usefulness of the pnnciples of dynamical and kinematical
similarity I shall apply them to the investigation of the two
foUowing subjects
1. van der Waals' Principle of Corresponding States,
2. a Dynamical Theory of Capillarity with special Reference
to the Law of Eötvös.
1 . The Principle of Corresponding States is a most valuable
one in comparative physics, and yet van der Waals was led
to it by means of bis equation
which fails to represent the behaviour of ordinary substances
even in the gaseous state. It does not even roughly represent
the behaviour of li(iuids, although some of the most important
1) Phil. Mag. (5) 50. p. 460. 1900.
2) Phil. Mag. (:>) :i5. p. 211. 1803.
376 r. Sutherland.
cases of Corresponding States relate to liquids. This paradoxical
result of the discovery of broad generalisations by means of an
equation incapable of representing the facts of a Single average
snbstance is dae to the one conspicuous merit of the equation
of van der Waals, that it was of the right dynamical form
through being founded on the equation of the virial of Clau-
sius. The Principle of Corresponding States was discovered,
because the equation of van derWaals involved the principle
of dynamical similarity. In the equation as written above the
term on the left band is the virial of the pressure, the first
on the right band is the translatory kinetic energy, the second
is the virial of the forces that act during molecular collisions,
and the third is the virial of the molecular attractions. Ac-
cording to the law of the inverse fourth power while 3//2r
is the virial of the molecular attractions, / / v is their potential
energy. In any case a virial term is in effect an energy term,
so the equation of van der Waals gives a relation amongst
the ratios of three energies to the translatory kinetic energy.
It happened that the equation contained also only three Para-
meters Ry b and /. The equation and the two conditions
dp I dv = 0, d^p I dv^ = 0 for the critictil point give for the
critical pressure, volume, and temperature the values
(3) p^ = ll21ö\ v^ = Sb, 0^=Sl/21bR.
By means of these R, b and / can be eliminated from the
original e([uation, with the well known result, that if for each
substance /?, v and 0 are measured in terms of /?^, v^ and 0^,
then one and the same e(iuation holds for all substances.
This result is the basis on which van der Waals' deduetion
of the Principle of Corresponding States rests, but it is not the
correct dynamical basis. The simplest wny of proving this last
Statement is to bring for ward the contrast between the equation
for Clement gases and Compounds demonstratod in the laws of
moleculare force. ^) From the splendid ex})erimental material
of Amagat it was shown that the equation of van der
Waals a})plies to the element gases //g, 0^^ A^ and also to
CH^ to below the critical volume, but for Compounds such as
CO^ and [02^^)2 0 the dosest representation of their behaviour
5) Phil. Mag. (5) Ji». p. 211. 1893.
The principle of dynamical simUarity. 377
in the gaseous State with an equation of three parameters is
given by the form
(4) li-'^ 2^0 + 1^0. ^-^A__|_i-^..
In the virial of the coUisional forces instead of the
bj{v — b) of van der Waals we find 2ä/(v + ä). The van
der Waals' relation t?^ = 3^ has thus no application to Com-
pound substances, and bis demonstration of the Principle of
Corresponding States has no direct validity. Recent attempts
have been made to improve the term b / {v — b) of van der
Waals by higher theoretical approximations, as for instance
by 6. Jäger, Boltzmann, Reinganum and van der Waals
himself, but it seems to me that the contrast between (2) for
elements and (4) for Compounds indicates that, while the
coUision of molecules in the elements and CH^ can be treated
as dynamically similar to the coUision of elastic spheres, the
collision in Compound gases is dynamically of a totally different
nature. In the case of C^If^ we have an intermediate type
of equation. It is to be noticed that in (4) the //v of (2) is
replaced by //(t? + k) which I take to stand for l/v — Ikjvlp + k\
so that the virial of the attractive forces in Compounds is com-
plicated by the same cause as changes the theoretical t; — ä
into V + k, The dynamical dissimilarity between elements and
Compounds emphasises the importance of the two types of
similarity with transition cases such as that of C^H^.
From the point of view of simple mathematical illustration
of continuity between the vaporous and liquid states the
equation of van der Waals has the advantage of giving only
one real value of v for a given pressure at temperatures
above the critical, and three real values at temperatures below
the critical, so that it is possible in MaxwelTs method to
apply James Thomson 's ideas to the calculation of Saturation
pressures. But from the physical point of view this mathe-
matical property of the equation has nothing to recommend
it, as it is (juite improbable that any single simple algebraic
expression can represent at the same time the behaviour of
a collection of molecules whose orbits are of infinite ränge
and of molecules of finite orbit. The equation (4) being only
378 fT. Sutherland.
a quadratic in v cannot give the critical point by means of
the conditions dp / dv ^ 0^ rf,/?/rfr, = 0, but that fact does
not constitnte a defect in it
Returning to the expressions (3) we have for the element
gases
an equation which asserts that at the critical point the potential
energy of the molecules is equal to 3/4 of their translatory
kinetic energy. By our kinematical definition of the critical
point we expect the potential energy to be equal to the
kinetic. But if, just as we take //» to be the potential energy
associated with the internal attractional virial 3 //2t?, we
assume that pv is a. störe of potential energy associated with
the external virial 3/?«/ 2, then since by (3)
the total potential energy would become
and in this interpretation we have potential energy equal to
kinetic energy, just as in our kinematic condition for the
critical point. Thus then the condition on which we can apply
our priüciples of dynamical and kinematical similarity and re-
present the behaviour of anumber of molecules forminga natural
gas by means of the behaviour of a representative free pair, like
thetwo components of abinary staris asfollows: — supposethe
attraction between the two increased in the proportion
1 + p^v^l L Dynamically we can treat 3 /? t? / 2 as part of the
attractional virial, as is indeed obvious from Clausius'
original equation of the virial.
While the equation for van der Waals makes RQ^ =
2,667 p^t?^, it has been proved from experimental data^) that
for 26 Compounds of regulär behaviour i? 0^ = 3,82/7^t;^ on
the average, the coefficient ranging from 3,670 for CCl^ to
3,949 for ethyl acetate. The difference between 2,667 and
1) Vgl. S. Young, Phil. Mag. (5) 60. p. 291. 1900.
The principle of dynamical simüarity. 379
3,82 brings out the dynamical dissimilarity between the element
gases with methane on the odb band and ordinary Compounds
on the other. The parameter k in (4) is nearly equal to the
critical Yolume, so that in Compounds at the critical volume
we have i l^^c"^ Pe^e ^^arly equal to
that is, to 4/3 of the translatory kinetic energy. On the prin-
ciple of dynamical similarity with the usual assumptions as to
molecular collisions the last coefücient ought to be 1 instead
of 4/3. Thus the usual assumptions as to the nature of
molecular collisions seem not to apply to Compounds. The
Chief assumption is that the collision is an instantaneous act
and that the relative orbit after collision is the image of that
before collision. The causes then which give for Compounds
the form of equation (4) instead of (2) seem to spring from
atomic entanglement of molecules during collision^ so that the
relative orbits cannot be described as consisting solely of arcs
of orbits described under pure attraction, but consist of such
arcs separated by a more complicated motion during the finite
time of a collision.
The result is that if we wish to treat the molecules of
Compounds as elastic spheres we must suppose them to have
only about 3/4 of their total ecjuivalent potential energy.
The Principle of Corresponding States for Compounds
amounts then to this: — there is a certain density at which the
average ])otential energy ])er molecule is equal to (or in a
fixed ratio to) the average kinetic energy, this is the critical
density. If then for any other state of a number of molecules
the kinetic and potential energies are expressed in terms of
the critical values, an eciuation is obtained which contains no
specific Parameters, but only absolute constants expressing the
fact that kinematical similarity is the consequence of dynamical.
The kinematical account of the process of liquefaction is
simple. At the critical density the average orbit is just
passing from infinite ränge to finite ränge. There are pairs of
molecules with finite ränge and pairs with infinite ränge, but
these pairs are mixed in auch proportions that the average
380 W. Sutherland.
orbit is just passing from infinite to finite ränge. Suppose the
temperature lowered without Variation of volume, then the
average orbit is now of finite range^ though there are still pairs
whose relative orbit is of infinite ränge. The pairs of finite
ränge being in a majority now have more tendency to cohere
than to separate^ and so a number condense as liquid, until
the number escaping at the liquid surface is equal to the
number captured.
A further example of the principles of dynamical and
kinematical similarity is the formula for the rigidity n of a
metal at absolute temperature &, the absolute melting point
being T^) namely
- = i"(-V
here the melting point has a similar dynamical significance to
that of the critical point in fluids.
2. A Dynamical Theory of CapUlarity with special JReference
to the Law of Eotvös,
In the classical theory of capillarity as expounded by
Laplace, Young and Gauss only statical considerations are
used. The kinetics of molecules are entirely disregarded. Yet
only by kinetic considerations can we bring the classical theory
into harmony with those modern experimental investigations
which culminated in the discovery of Eötvös that the surface
tensions of liquids fumish a beautiful instance of the principle
of dynamical similarity. For the surface tension of a liquid
of uniform density (>j in (*ontact with its vapor of uniform
density O3 the principles of Laplace give the expression
00
« = (Ci-(>s)'/?V(?)''f
0
where i/;(Ö is connected with the law of molecular attraction
by certain relations. This expression agrees with experimental
results in only one particular, namely that it makes the sur-
face tension vanish at the critical point, where q^ — ^^ .
At temperatures below the critical surface tension is not
1) A Kinetic Theory of Solids. Phil. Mag. (5) »2. p. 215 and 524. 1891.
TJhe principle of dynamical simüarily, 381
proportional to [{\ — ()^)*. Yet in other respects the statical
theory leads correctly to useful results; for example 1 have
found^) that the surface tension of a mixture of p parts by
weight of a liquid 1 witfa 1 — /> parts of a liquid 2 can be
obtained from their surface tensions and densities by the
relation
(6) «Iq' = {p «;'• / (,, + (1 _ p) «,•'• /;,, }«.
This relation embodies the important principle that if the
attraction between two molecules of the liquid 1 is Sa^^/r^,
and between two molecules of 2 is Saj^/r*, then the at-
traction between a molecule of 1 and a molecule of'2 at the
same distance r is Sa^a^l r^. This has been veritied by
Obermayer's measurements of the rate of Variation of the
diffusion of gases with temperature. There is need therefore
and encouragement to bring the classical theory into harmony
with the later kinetic theory of matter.
The argument of Eötvös*) is a pure apphcation of the
principle of dynamical similarity. The origin of surface tension
is not considered, but, accepted as a fact, it is shown by
means of corresponding states to be subject to the general
law that
d[a[mlp)"'*]ldt
is the same for all lic^uids. A dynamical theory of capillarity
must establish the connection between this experimentally
verified law and the sound parts of the classical statical theory.
To accomplish this we must investigate the dynamics of
the transition layer between liquid and vapor with the aid of
the principles of molecular orbits. Consider a volume F^ of
liquid of density q^ in contact with a volume V^ of its saturated
vapor of density ()^ over a surface S. The rest of the surface
of Fj and V^ will be ignored as foreign to this discussion. On
the liquid side of S there is a region of variable liquid den-
sily, and on the vapor side a region of variable vapor density.
Let US imagine these replaced by a layer of thickness ^ and
density q^, and a layer of thickness t^ and density O3, and let
1) Phil. Mag. (5) 38. p. 1 and 188. 1894.
2) R. EötvÖB, Wied. Ann. 27. p. 448. 1886.
382 JT. Sutherland.
o^ be an average density of all the matter in the two layers
when made into a Single homogeneous layer of thickness
^ 4- ^. Then on the principles of Laplace and G-auss the
Potential energy of unit mass of the liquid may be written
Kq^, of the vapor Kg^, and for that of the transition layer
we will write JKq^ Thus we localise potential energy with
the matter with which it is associated, a proceeding which is
justified if the ränge of molecular attraction is restricted in
the manner suggested in the Electric Origin of Molecular
Attraction. This localisation of potential energy is similar to
MaxwelTs localisation of energy in electric and magnetie
fields of force. For the whole potential energy then we write
^ M = ^Pi* V, + Xq,* F, + KS\t, (g,' -Q.'j + t, ((,,« - (»3«)} .
Laplace's K is identical with / in (2) and (4). His Symbol is
introduced on account of its historical associations.
Now according to the principle of the restricted ränge of
molecular attraction a molecule of vapor must act on as many
neighbours as a molecule of liquid does. Therefore by simi-
larity the layer of variable density in the vapor must contain
as many molecules and have the same mass as the layer of
variable density in the licjuid, and so
From (7) the energy per unit surface or the surface
tension is
(9) u = K{t,{o,' - o,') + t,(g^-, - g,')\.
To bring this to the Lai)lacian form the necessary con-
ditious are
t^ = ^3 and 2 (>2 = (>i + {>s •
On the other band with our condition (j^ t^ = q^ t^ and
deuoting each of these by a where 2 (7 is the mass of variable
density per unit surface we get
(10) a^KfT[2Q^^Q,^Q^),
Thus the parting of the ways between the theory of La-
place and the present one lies in the important condition that
The prindple of dynamical simüarity. 388
there is not a definite ränge to molecular attraction^ but that
the ränge is of the order of the distance between a molecule
and its immediate neighbour.
The ü or
00
of Laplace's theory does not appear; because we have located
surface energy in the surface by the expression Kq^. When
we compare different liquids, this condition makes t^ pro-
portional to {mlQjl*, where m is the mass of a molecule.
Thus (T is proportional to m^i*Q^i*, and therefore we have
the surface energy per molecule a[mj{)^fi* proportional to
We have now to investigate more closely the meaning of
p,. The two transition layers of liquid and vapor represent
a region where the orbit of infinite ränge of the vapor mole-
cule passes into the orbit of finite ränge of the liquid molecule.
The transition region must have a good deal the character of
the critical density, but the molecular kinetic energy has not
the critical value. The orbit in the transition layer is not the
same as the critical orbit, but may be conceived in the
following way.
Suppose the liquid to be cooled without change of density
from the critical point, and to be artiticially kept homogeneous,
then its state would correspond to that detined by the average
density (>, which is the same as the critical density q^, with
this distinction that the average orbit is one of large tinite
ränge instead of the orbit just of infinite ränge which
characterises the critical State. But at the critical temperature
the molecular potential energy is equal or in a fixed ratio to
the molecular kinetic energy, and therefore (>, is proportional
to ö^. Again Km [n^ + q^) j 2 is the mean potential energy of
a molecule in the liquid and in the vapor. This ought to be
the same as the potential energy of a molecule if the liquid
and vapor were made into a homogeneous mixture at the
Saturation pressure. But by the principle of dynamical
simüarity this potential energy ought to stand to the potential
energy at the critical density as the molecular kinetic energy
384 fF. SutherUmd,
of liquid or vapor to the molecular kinetic energy at the
critical temperature.
Thus then Km(2(}^ — q^ — ()^) is proportional to 0^—0,
and the constant of proportionality must be the same for all
substances.
Thus we have the law of Eötvös
where the mean value found for a by Eötvös with surface
tension in dynes per cm is 2,23. From the study of 36 normal
Compounds Ramsay and Shields^) obtain a mean value
2,121, the individual values ranging from 1,923 for ethyl
thiocyanate to 2,433 for quinoline. Grunmach has found
that for SO^ and N H^^ a = 2,27. From his measurements
for Cl^ it appears that a — 1,91. From his measurements
of the surface tension of liquid air^, I have calculated that at
— 190^0. the surface tension of oxygen and nitrogen are 13,0
and 10,6 dynes per cm, and their densities are 1,167 and
0,850. These give for a the values 1,66 and 1,53. Here again
the element gases show themselves dissimilar to the Compound.
The reasoning by which I have passed from the form
Kmi^ü^ — {>j — (ig) to a[6^ — Ö) is not as clear and rigorous
as is to be wished.
But it is strengthened by the fact that the law of
Cailletet and Mathias*) makes the mean density ((^^ + (jg)/ 2
a linear function of the temperature, so that
S. Young has shown^) that a small term in [6^ — 0'^ must
be introduced to make this formula tit the experimental facts.
According to the principle of correspouding states cOJo^ — 1,
S. Young has found values ranging from 0,932 for fiuorbenzene
to 1,061 for ethyl formate. For C^H^ the value rises to 1,30,
and for iV, 0 to 1,49. For Cl^ it falls to 0,7G75.
1) W. Ramsay and J. Shields, Journ. Chem. Soc. 63.
2) L. Grunmach, Ann. der Phys. (4) 4. p. 367. 1901.
3) L. Grunmach, Ann. der Phys. (4) 6. p. 559. 1901.
4) L. Cailletet and E.Mathias, Compt. Rend. 102. p. 1202. 1886.
5) S. Young, Phil. Mag. (5) 50. p. 291. 1900.
The principle of dynamical simüarity. 385
These numbers show how the principle of dynamical
similarity is afifected by dynamical dissimilarityi which originated
parÜy in the mechanical dissimilarity of different atoms.
However it is clear that the laws of Eötvös and of Cailletet
and Mathias are different expressions of the same principle,
energy being expressed kinetically in the one case and poten-
tially in the other. IncidentaUy we have found this to be the
law regulating the Separation of fluid into liquid and saturated
vapor, that the mean potential energy of a molecule in the
liquid and in the vapor bears the same ratio to the kinetic
energy of a molecule as at the critical point potential energy
bears to kinetic.
The ratio hx of Boltzmann's theorem is the Controlling
factor in change of state from vapor to liquid.
Melbourne (Australia), August 1903.
(Eingegangea 18. September 1903.)
Battnuum-FMtMhzlfL 25
386
49. Znr Theorie der Lagrangeschen ßewegnngs-
gleichnngen.
Von W. Fp. Meyer in Königsberg i. P.
Ist ein materieller Punkt (ar,y, 2), auf den eine Kraft wirke,
gezwungen, sich auf einer vorgegebenen Fläche zu bewegen,
und besitzen überdies die drei Kraftkomponenten nach den
Koordinatenrichtungen eine Kräftefanktion, so hat bekanntlich
Lagrange die von ihm aufgestellten Bewegungsgleichungen
dadurch in eine, für manche Untersuchungen geeignetere Form
gebracht, daß er die Koordinaten eines variabeln Flächen-
punktes durch zwei unabhängige Parameter ausdrückt.
Im Sinne der Flächentheorie bedeutet dies Verfahren von
Lagrange nichts anderes als die systematische Einführung
der ersten Gauss sehen Flächenform (und von deren Ab-
leitungen) in die Bewegungsgleichungen (§ 1).
Es liegt daher nahe, nach einem entsprechenden Zusammen-
hange der Bewegungsgleichungen mit der zweiten Gauss sehen
Flächeoform zu fragen (§ 2). Hierbei soll jedoch über die auf
den Punkt wirkende Kraft keinerlei Voraussetzung gemacht
werden.
Als mechanisches Ergebnis erscheint eine einfache Relation
zwischen der in Rede stehenden Kraft, der zugehörigen
Huyghensschen Normalkraft, und der sogenannten Druck-
kraft.
Es sei zugleich betont, daß es keinerlei prinzipielle
Schwierigkeit bietet, die Entwickelungen der §§ 1, 2 auf den
n-fach ausgedehnten Raum zu übertragen.
§ 1-
Der deutlicheren Übersicht halber sei das Eingreifen der
ersten Gaussschen Flächenform in das Lagrangesche Trans-
formationsverfahren kurz dargelegt, wenn sich auch sachlich
dabei nichts wesentlich Neues ergeben dürfte.
Theorie der Lagrangeschen Bewegung fgleichungen. 387
Um die erforderlichen analytischen Hifsformrfn voran-
zustellen, 80 werde die Gleichung der gegebenen Fläche F in
rechtwinkligen Cartesischen Koordinaten :
(1) F[x,y,z)^Q
ersetzt durch drei Gleichungen von der Form:
(2) x=^x{u,v), y ^y[u,v), z = z[u,v),
wo ti, V zwei unabhängige Parameter sind.
Partielle DifTerentiationen nach ti, v mögen durch die In-
dices 1, 2 angegeben werden, wie z. B.
femer Ausdrücke, die sich symmetrisch auf alle drei
Koordinaten x, y, z beziehen, durch ein Summenzeichen,
also z. B.
2^a* = :Pi* + yi* + ^a* etc.
Dann sind die drei Gauss sehen Fundamentalgrößen erster
Art E, Py O definiert durch:
(3) E^^x,\ i^=2^i^s> G^ = 2V-
Es ergibt sich:
(4)
U^S = 2^1^12' ^2=2^1^22+2^1' 1^2=2^2^22*
also umgekehrt^)
2^1-^11 =1^1' 2^1^12 =1^2> 2^1^22 = ^2-1^1
^Xj^Tjj = ^'i — ^ ^2' -^•''2*^'l2 = 1^1» ^^2^22 = '2 ""2'
(5)
1) Die entsprechenden Formeln im n-fach ausgedehnten Kaume,
auf den dann der Inhalt des (i^ 1 ausgedehnt werden kann, lauten, wenn
(
fl - \« i = n-l /cs=«-l
das Analogen zu (14) ist:
^ l BEu ^ 1 BE^i ^ dEik 1 dEuk
_ _ 1 ö % I d^ . J ^ ^
^^•'^*'" 2 dui 2 dui ^ 2 du, •
25*
388 *r. Fr. Meyer.
Ein Punkt P beschreibe eine Kurve auf der Fläche, in-
dem Uf V als Funktionen eines Parameters t angesetzt werden :
(6) ti = u(0, v^v[t),
wodurch die Gleichungen (2) übergehen mögen in:
(7) x^x[t), y^y[t), z^z{t).
Werden Differentiationen nach t durch Äccente bezeichnet,
so gilt:
(8) *' = jTj tt' + ar, v\ y =« y^ u + y, v\ z = z^u' + z, v\
(9) E' = i?, tt + E^ v\ F' = ^1 tt + F^ v\ G' = (?i w + G^ v\
\^^) \ y' = Vi "" + y» ^" + yn «*'' + 2^12 «' «' + ^22 »'' »
Iz" = Zj tt" + Zjü" + Zjj tt« + 2Zi, tt't?' + ^22^'^-
Multipliziert man die Gleichungen (10) mit x^^ y^, z^ resp.
x^, y^, z^, und addiert, so kommt mit Rücksicht auf (3) und (5):
-^x.x" = (J?«" + Fv'") + KH^i + uvE, + v'\F, ^ IG,)\
2^2^" = (^w" + Gv") + K«('i^, - ^^,) + ti'r'ö, + v^\G^].
Die Aggregate ft«" + Ev', Fu + Öt?" treten auf, wenn
man die Ausdrücke Eu + Fv, Fu + Gv nach t differenziert:
{Eu + FvJ = (ä'm" + Fv") + [u'E' + vF'),
[Fu' + G v) = [Fu + G v') + (w' F' + v' Ö') ,
oder auch, wenn man noch (9) berücksichtigt:
Eu" + Fv" = [Eu' + FvJ - {w'2^j + uv[E^ + F^) + v^F^},
Fu" + Gv" = [Fu' + Gv) - [u'^F^ + u'v'[F^ + G^) + v'^G^\.
Setzt man diese Werte für Eu" + Fv", Fu + Gv" in [\\)
ein, so kommt:
12^1 •^" ^ (^'«' + ^'»T - \ («'* A + 2 m' ü' i^; + v^ G^) ,
^^^^ 12 -^2 '" = (^"' + (? t;7 - ^ (m'2 jE, + 2 w' ü' j^; + 1?'" ^2) •
Damit ist der Zusammenhang der Summen 2^i^'> 2^2^
mit der ersten Gauss sehen Flächenform 0{u,v) hergestellt.
Bedeutet nämlich s den (von einem beliebigen Anfangspunkt
aus gerechneten] Bogen der Flächenkurve (7), so ist infolge
von (3) und (8):
(11)
(12)
Theorie der Lagrangeschen Bewegungsgleichungen, 389
(14) *'« « x'« + y'» + /» = Eu'^ + 2Fu'v' + ör'« = 0(tt',r'),
so daß die Gleichungen (13) die Gestalt annehmen:
(16)
WO die partiellen Differentiationen von tf> nach u\ v so zu
vollziehen sind, als ob letztere Größen von ti, v ganz unab-
hängig wären.
Diese Relationen (15) bilden den Kern der Lagrange-
schen Transformationsmethode. Denn die dynamischen Glei-
chungen des materiellen Punktes [x^ y, z) mit der Masse m,
wenn eine Kräftefunktion U existiert, und zugleich der Punkt
an die Fläche F (1) gebunden ist, indem der Parameter t
die Zeit bedeutet, lauten in der ursprünglichen Lagrangeschen,
sogenannten „ersten Form*':
(Ib) mx = -ä- +^ n— , rny = -= hA-ä — ,
^ ' B X B X ^ ^ By By '
BU , ,. BF
B% Bx ^
unter k, der „Druckkraft", eine unbekannte Funktion der
X, y, z verstanden (die, nebst x, g, z, als Funktion von t, durch
(16) im Verein mit (1), bestimmt ist).
Setzt man die Werte der x, y, z aus (7) in die Flächen-
gleichung (1) ein, so wird letztere identisch in t erfiillt, also
auch die nach t differenzierte Gleichung, somit gilt mit Rück-
sicht auf (8):
, IBF ^ BF , BF \
, , (BF BF ^ BF \ ^
oder, da das Verhältuis u : v ein ganz willkürliches ist, einzeln :
( BF BF . BF ^
0x^1+ By'^^+ B.'i =^'
(17^ '
^ ^ \dF BF BF ^
'ox ^ By ' '' o X *
Multipliziert man daher die Gleichungen (16) mit Xj, y^, z^
890 IF. Fr. Meyer.
resp. Xj, ;/,, r^» ^^^ addiert, so fallen die mit X behafteten
Glieder wegen (17) heraus^ und man erhält:
(18) m^x,x'=^V^, m2^a^"=^2-
Trägt man hier die rechten Seiten von (15) ein, und führt, wie
üblich, die Funktion T:
(19) r= Jmr« = Jm2^i*= \^nQ>,
wo unter F die Geschwindigkeit des Punktes zu verstehen ist,
als die lebendige Kraft des Punktes ein, so entstehen die
Lagrangeschen Bewegungsglcichungen in der sogenannten
„zweiten" Form:
^ ^ dt\dufl du ' dt \dv J dv
§ 2.
Nunmehr wurde die zweite Gauss sehe Flächenform
W («', v) herangezogen. Es sollen wiederum die erforderlichen
Hilfsfonneln aus der Flächentheorie vorausgeschickt werden.
Da die partiellen Ableituugen
dF dF BF
dx' dy' dx
der Flächenform F (1) den Kosinus der Winkel v^, v , v^
proportional sind (s. auch weiter unten), die die positive Nor-
male V der Fläche im Punkte [x, ;/, z) mit den positiven
Koordinatenrichtungen bildet, so ergibt sich durch Auflösung
der Gleichungen (17) nach den
dF dF dF
■
d X ' dy ^ dx '
(21)
(T cos V^ = yi 2'2 - 7/2 Z^ y ^ COS V^ = Zj Tg - Z^X^,
(T cos v^ = ^1 ^2 — ^'2 Vi y
wo sich der Faktor a dnrch Quadrieren und Addieren be-
stimmt :
(22) ^ = y (i/i 2'2 - ?/2 ^l)"* + (^1 ^8 - ^2 ^1)^ + (^1 //2 - '^2^1)*'
oder mit Einführung der Fundamentalgrößen (3):
(22') a^fEÜ--F^.^)
1) Als positive Richtung der FlÄchennormHle v wird diejenige fest-
gesetzt^ die dem positiven VorEcicben der Quadratwurzel entspricht.
Theorie der Lagrangeschen Bewegungsghiehungen. 891
Multipliziert man daher die Gleichungen (10) resp. mit
cos v^ cos v . cos v^, und addiert, so fallen auf Grand von (21)
die mit u' und v" behafteten Glieder heraus, und es ergibt
sichy unter Berücksichtigung von (22'):
V:r"cosi., = ^'2 2?ii^^^A%).
Veg-f* Veg-f*
(23)
Hier ist die rechte Seite nichts anderes als die y^zweite
Gau SS sehe Flächenform ^(m',»')"; bezeichnet man, wie üblich,
die Koeffizienten von «'*, 2uv,v^ — die Fundamentalgrößen
zweiter Art — mit Z, M, N\
(24) ^{u\v') =. Lu'* + 2Mu'v' + Nv'^,
so nimmt (23) die Gestalt an:
(26) 2 ^"^081/,= V[u\v').
Andererseits ziehe man die bekannte Formel Air den
Krümmungsradius (Radius der ersten Krümmung) q der Baum-
kurve (7) im Punkte [x, y, z) heran.
Bedeutet wiederum s den Kurvenbogen, so ist, unter
9x9 9y* (^t ^^® Winkel von o (d. i. genauer der vom Kurvenpunkt
nach dem Krümmuiigsmittelpunkt hin gerichteten (».positiven")
Kurvennormale) mit den (positiven) Koordinatenrichtungen ver-
standen :
(2ö) Pj^ = ^^«Px» rf^=cosp^, p_ = cos(>..
Wählt man jetzt für den Augenblick in (25) im besondem
als Parameter t den Bogen s, so entsteht:
(251 -E-ti! ■"»'.- •"(^■-^y
Setzt man hier die Werte von
d8*~' d~3*~' d^'
aus (26) ein, und beachtet, daß:
27) cos Q^ cos v^ + cos Q cos V + cos Q^ cos v^ = cos [q, v) ,
392 /^, Fr. Meyer.
wo ((>, i') den Winkel zwischen positiver Enrvennormale und
positiver Flächennormale bedeutet, so erhält man:
(28) ^"^"'=«^(41-. -.y)-
Um (28) mit (25) zu kombinieren, führe man auf der
rechten Seite von (28) rückwärts wieder den alten, beliebig ge-
wählten Parameter t ein.
Da
du ^ du ^*_**' dv _^ t/
in "■ ~dT ' ~dt " T ' "äT "" 7~ '
und die Form W homogen und quadratisch in ihren beiden
Argumenten ist, so wird:
oder gemäß (14):
Damit geht (28) über in:
d. i. die bekannte Fundamentalformel für den Erümmungsradias
Q einer Flächenkurve (7).
Die Substitution von (31) in (25) liefert somit:
(32) 2 ^" cos V, = cos {q, v) ^""'-^^ .
Endlich werde davon Gebrauch gemacht, worauf schon zu
Beginn dieses § hingewiesen wurde, daß sich die Richtung
der Flächennormale v im Punkte (x, y, z) auch durch die
Formeln bestimmt:
/QQN öF BF dF
(33) T cos V = -5 — , T cos V = -^ — , T cos 1/. = -V — ,
wo sich der Faktor r wieder durch Quadrieren und Addieren
bestimmt :
'»^' '-)/(4fF(4f)Hifr'
wo das Vorzeichen der Quadratwurzel so zu wählen ist, daß
die oben festgesetzte positive Richtung der Flächennormale
resultiert.
Theorie der Lagrangeschen Beweffungsgleichungen. 398
Eis erweist sich indessen ftir das Folgende als zweck-
mäßig, diesen Faktor r so zu normieren, daß er den Wert der
Einheit annimmt; zu dem Behuf normieren wir die Flächen-
gleichung (1):
so, daß mit jenem Faktor dividiert wird^}:
(1') ö(x,y,z)= ~ F(x,y,x)_ ^^
Dadurch vereinfachen sich die Gleichungen (33) zu:
(83^ cos V = -5 — , cos V = -5 — , cos V = -ä — .
Es wirke nunmehr auf einen materiellen Punkt {x, y, z)
mit der Masse m, der gezwungen sei, sich auf der Fläche (l')
zu bewegen, eine beliebige Kraft P, deren Richtung mit den
positiven Koordinatenachsen die Winkel n^, n , n^ bilde, dann
lauten die dynamischen Gleichungen Lagranges in der ersten
Form :
(35)
mx = r cos ;r, + A-^ — , my = F cos n^ + X -«
* ox ' ^ y ' Qy
mZ == P cos TT. + A -ir
wo sich die zweiten Ableitungen der x, y, z wieder auf die
Zeit t beziehen.
Der gemäß der Normierung (1') der Flächengleichung
völlig bestimmte Faktor A werde die „normierte Druckkraft"
genannt.
1) Das hierbei noch willkürliche Vorzeichen von F resp. O wird so
gewählt, daß die Richtung der Flächennormale die positive wird.
Für den einfachsten Fall, daß die Fläche F = 0 eine Ebene ist,
fallt die Normierung des Textes mit der bekannten, nach Hesse be-
nannten, zusammen. £s sei noch erwähnt, daß sich die Form ^ (24)
mittels (1') in die Gestalt
-I- 2 . - X V + 2 ^— ä- x'x' -h 2 ;.— .-- y' X'
oxoy oxax oxox
bringen läßt
394 IT. Fr. Meyer.
Multipliziert man die Gleichungen (35) resp. mit cos v^,
cos v^y cos v^, und addiert, so ergibt sich auf Grund der Ee-
lationen (25), (32) und (33'):
\ = Pcos {njv) + k,
wo der Faktor cos {n, v), der Kosinus des Winkels zwischen
der Richtung der Kraft P und der der positiven Flächennormale
aus der zu (37) analogen Formel entsteht:
(37) cos ^Tjp cos v^ + cos Tiy cos fy + cos n^ cos v^ = cos {n, v) .
Gemäß (19) ist tf> [u, v') das Quadrat der Geschwindigkeit
F des Punktes, so daß der für die Mechanik in Betracht
kommende Teil von (36) die Gestalt annimmt:
(I) Ä = I 1 COS [q, y) — P cos {n, v) .
Hier besitzt der Faktor mV^jg von cos ((>, f ) eine be-
kannte mechanische Bedeutung. Zerlegt man nämlich nach
dem Huyghens sehen Prinzip^) die auf einen Punkt (jt, y, z)
von der Masse m wirkende Oesamtkraft^ die ihn zwingt, sich
auf der Bahn (7) zu bewegen, in zwei Komponenten, die Tangen-
tialkraft und die Normalkraft, von denen die erstere in die
Richtung der Kurventangente, die letztere in die der Kurven-
normale fällt, so wird die Noiraalkraft der Stärke nach durch
mF^jo angegeben. Bezeichnet man dieselbe mit iV, ihre in
1) Es sei kurz auf den Beweis dieser Zerlegung hingewiesen. Bei
den obigen Bezeichnungen ist
dx , „ dx „
d^ X
da ferner s = V, s"=p (Beschleunigung des Punktes).
dx
unter t^ den Winkel der Tangente mit der x-Achse verstanden, so kommt
gemäß (26)
mx = mp cos t, H cos q^ ,
nebst den beiden entsprechenden Formeln. Die auf den Punkt wirkende
Gesamtkraft ist damit zerlegt in die Tangentialkraft mp und die Normal-
kraft m V^l q.
Theorie der Lagrangeschen Betoegungsgleichungen. 896
die Richtung der Flächennormale v fallende Komponente mit
3^, und entsprechend die in eben diese Richtung fallende Kom-
ponente der Kraft P mit P^, so lautet die Gleichung (I) einfacher:
Damit sind wir zu dem in der Einleitung angedeuteten
Satz gelangt:
] . „Bildet man einmal die Komponente N^ der Normalkraft
N nach der Bichtung der (positiven) Flächennormale v, anderer^
seile die Ktnnponente P^ der auf den an die Fläche (!') ge^
bundenen Punkt wirkenden Kraft P nach derselben Bichtung^ so
drückt sich die in dieser Bichtung toirkende noi'mierie Druckkraft
k ihrer Intensität nach gemäß (I') aus durch die Differenz jener
beiden Komponenten.^^
Es sei noch auf drei interessante Spezialfälle der
Formel (lO hingewiesen.
Wenn erstens [Ä) cos (q, v) längs der ganzen Ausdehnung
der Bahnkarve (7) den Wert der positiven resp. negativen
Einheit besitzt, so ist die Kurve (7) eine geodätische Linie der
Fläche {V\ da dann stets die Schmiegungsebene der Kurve
die Flächennormale enthält.*)
1) Analytisch sieht man dies so ein. Die bekannte Differential-
gleichung der geodätischen Linien ist:
dx
d*x
d s
dy
— »- COS V,
ds
dx
ds
ds^
d*y
d*x
ds*
COS Vy
COS Vg
= 0.
Quadriert man, so kommt nach dem Multiplikationssatz der De*
terminanten, da
X d*x
= 0,
2('f)'-'. 2-^
ds ds*
,r, dx
2 -]— cos V
in der Tat:
X = 0 , 2 (4*^)*- Y [gemäß (26)],
2'->os., = V'(g,|f) [gemäß (25')],
\ds' ds) (?' '
d sj (f'
oder aber, zafolge (28): cos (^ , y) • ± 1 .
396 ir. Fr. Meyer,
Dann gilt also:
(la) A=.±i\r-P,,
und umgekehrt bedingt diese Relation, daß cos (o, v)±\, daß
also die Bahnkurve (7) des Punktes eine geodätische Linie der
Fläche (H ist:
la. ^,Die mechanische Relation (la) ist die notwendige und
hinreichende Bedingung für eine geodätische Bahnkurve auf der
Fläche.''
Gewöhnlich beschränkt man sich auf den Fall, wo eine
Kraft P gar nicht auftritt; dann fällt die auf den Pankt
wirkende Gesamtkraft mit A zusammen, und die Formel (la)
wird zu der trivialen A = ±: N,
Zweitens (B) sei längs der ganzen Ausdehnung der Bahn-
kurve (7) cos (p, 1/) = 0; dann fällt die Schmiegungsebene der
Kurve stets mit der Tangentialebene der FJäche (1') zusammen,
die Kurve (7) wird zu einer Uaupttangentenkurve der Fläche;
gemäß (31) ist dann stets W[u^v') = 0, und umgekehrt.
Es gilt also dann:
Ib) A= — P cos [itj v):
Ib. ,jDie mechanische Relation (Ib) ist die notwendige und
hinreichende Bedingung dafür, daß die Bahnkurve des Punktes
eine Haupttangentenkurve der Fläche istJ^
Drittens (C) werde der Fall untersucht, wo die Druck-
kraft A verschwindet, so daß sich (I') spezialisiert zu:
(Ic) Ny = Py i. e. N cos ((>, v) = P cos [n, v) .
Jetzt ist P die auf den Punkt wirkende Gesamtkraft, und
somit deren Zentripetalkraft N\
(38) iV=Pco8(;r, ()),
wodurch (Ic) die Gestalt annimmt:
(Ic') cos [n, q) cos [oy v) = cos (;r, v).
Das ist aber die bekannte trigonometrische Relation
zwischen den drei Kantenwinkeln [n, q\ (o, v)y (tt, v) eines Drei-
kants [7if o, v\ die aussagt, daß das Dreikant ein rechticinkliges
ist, d. h. daß die Ebenen (;r, o) und [q, v) aufeinander senkrecht
stehen.
Umgekehrt sei jetzt die Relation (Ic') erfüllt. Man nehme
zunächst an, daß X von Null verschieden sei. Dann setzen sich
Theorie der Lagrnngeschen Betcegungsgleichungen. 397
die beiden auf den Punkt P wirkenden Kräfte P und X zu einer
Gesamtkraft R zusammen, deren Richtung durch die Winkel
R^j R , R^ gegen die Achsen angegeben sei.
Dann gilt bekanntlich:
(89) R cos Rgg = P cos ;r^ + i cos p^,
nebst den beiden entsprechenden Formeln. Durch Multipli-
kation mit cos g^, cos g , cos g^ und Addition kommt:
(40) R cos {R,g)=s P cos {n, g) + X cos {v, g),
wenn {R,g) der Winkel der Richtungen jR, g ist Die linke
Seite von (40) ist aber nach obigem die Normalkraft ^, so daß
sich aus (40) ergibt:
(41) iV — P cos {n, p) = A cos {g, v).
Setzt man dies in die aus (I') und der Annahme (Ic')
folgende Relation:
(42) k = cos {g, v){N- P cos {n, g)\
ein, so gelangt man zu:
(48) X = k cos* (p, v) .
Diese Beziehung ist nur erfüllbar, wenn entweder k^ 0,
oder aber cos [g, v) = ± 1 wird. Der letztere Fall fällt mit (la)
zusammen, und umgekehrt ist bei (la) auch die Relation (Ic')
von selbst erfüllt*)
Somit gilt der Satz^r
Ic. „Für das Verschwinden der Druckkraft k ist die Re-
lation (Ic') notwendig, und, wenn man den Fall (la) ausschließt,
auch hinreichend.^''
Hierauf gestützt kann man die mechanisch -geometrische
Bedeutung von (Ic') noch einen Schritt weiter verfolgen.
Für A = 0 fällt die Kraft P mit der Gesamtkraft R zu-
sammen, fällt also nach dem Huyghensschen Prinzip in die
1) Aach die geometrische Bedeutung von (IcO bleibt dann, wenn
auch nur in uneigentlichem Sinne, erhalten. Denn da die Ebene (^, v)
jetzt unbestimmt wird, so kann die Ebene (tt, q) als auf ihr senkrecht
stehend angesehen werden.
2) Aus dem Satze I c geht hervor, daß die übliche Ausdrucksweiae,
die Druckkraft l „zwinge'^ den Punkt, auf der Fläche zu bleiben, nicht
ganx korrekt ist
398 ff\ Fr. Meyer. Theorie der LagramgeMchetk BewegungsgL
Sdunieiniiigsebeiie der Bahnkurre, d. h. die Ebene (%j q) stimmt
mit letzterer Ebene überein. Daß diese Ebene mit der Ebene
ig, w^ einen rechten Winkel bildet, ist flacbentheoretisch selbst-
Terständlichy denn das Lot der Schmiegongsebene ist die Bi-
normale der Kmre, das Lot der Ebene (o, w) die Tangente der
Knrre. Tangente nnd Binormale stehen aber senkrecht auf-
einander.
Damit ist die erste Hälfte des Satzes Ic auch anschaulich
bewiesen. Aber auch die zweite Hälfte dieses Satzes, sowie
auch die Sätze I, I' lassen sich aus elementaren mechanisch-
geometrischen Prinzipien herleiten, wie ich das an anderer
Stelle näher ausgeführt habe.'^
Alten au (Harz), September 1903.
1) Jahresbericht der deutschen Blath. VereinigODg. 12. Oktober-
heft 1908.
(Eingelangt 18. September 1908.)
899
50. Elektrischer Massentransport in Gasen, Druck-
erhöhnng an der Kathode.
Von J. Stark in GCtÜDgen.
I. Zar Theorie des elektrisohen Tranaportee Ton Masse in
elementaren Gasen.
§ 1. Masse der Ionen in Gasen und ihr Fer halten an den
Elektroden. — In der Größe der elektrischen Ladung sind die
einwertigen Ionen in einem elementaren Oase einander äquiva-
lent; hinsichtlich ihrer Masse können sie voneinander ver-
schieden sein. Hinsichtlich der Masse sind in einem elementaren
Gase drei Arten von Ionen möglich. Bei der Ionisierung
eines neutralen Gasatoms wird ein negatives Elektron von dem
positiv zurückbleibenden übrigen Teil des Atoms getrennt.
Bleibt das negative Elektron für sich allein, lagert es sich
nicht an neutrale Gasmoleküle an, so hat man ein negatives
Elektrtmion. Lagern sich an das positive Bestatom nicht neu-
trale Moleküle an, so ist es ein positives Aiomian. Wenn sich
an das negative Elektronion oder das positive Atomion noch
neutrale Gasmoleküle anlagern, so verwandeln sie sich damit
in Molionen.
Die Masse des negativen Elektronions beträgt 0,51 Tausend-
stel derjenigen des Wasserstoffatoms. Die Kathodenstrahlen
sind negative Elektronionen von großer Geschwindigkeit Im
Glimmstrom sind besonders bei niedrigem Gasdruck die meisten
negativen Ionen Elektronionen, nicht bloß in der negativen
Glimmschicht, sondern auch in der positiven Lichtsäule. Die
Masse des positiven Atomions ist praktisch gleich derjenigen
des neutralen Atoms. Ein Teil der Kanalstrahlen besteht nach
den Untersuchungen W. Wiens ^) aus positiven Atomionen.
Die Masse der positiven und negativen Molionen ist ein Viel-
faches der Masse des neutralen Atoms des fraglichen Gases.
1) W. Wien, Ann. d. Phys. 9. p. 660. 1902.
400 /. Stark.
Nach E. Riecke^) ist bei sekundärer lonisieruDg in atmo-
sphärischer Luft die Masse des negativen Ions zweimal, die-
jenige des positiven dreimal so groß wie diejenige des neutralen
Luftmoleküls. In einem ionisierten Gase ist die Zahl der
negativen Molionen nicht größer, als diejenige der positiven;
darum ist in einem ionisierten Gase an die positiven Ionen immer
mehr Mojsse ffebunden, als an die negativen Ionen,
Im elektrischen Strome wird die positive Elektrizität nach
der Kathode za, die negative nach der Anode zu verschoben;
gleichzeitig mit ihr wird die an sie gebundene Masse ver-
schoben. Können die Ionen nicht aus dem Gas in die Elektroden
übertreten und in diesen weiterwandem, so können sie an den
Elektroden nicht als geladene Teilchen sich ansammeln, son-
dern müssen sich in neutrale Teilchen verwandeln. Die
negativen Elektronionen treten in die Anode ein und wandern
in ihr weiter; die negativen Molionen geben an die Anode ihr
negatives Elektron ab, während die an dieses gebundene neu-
trale Masse in der Grenzfläche von Elektrode und Gas zurück-
bleibt Das positive Atom- und Molion tritt in die Grenzfläche
von Gas und Kathode, entnimmt dieser ein negatives Elektron
und verwandelt sich so in neutrale Masse.
Die Massenteilchen, welche vom elektrischen Strome an
der Kathode oder Anode in einem elementaren Gase als Ionen
abgeschieden werden, werden hier nicht festgehalten, sondern
diflfundieren als neutrale Gasmoleküle wieder in den Gasraum
zurück; da demnach in einem elementaren Gas eine An-
reicherung der elektrisch abgeschiedenen Ionen in einer festen
Schicht ausgeschlossen ist, so kann die elektrische Abscheidung
von Masse in diesem Falle nicht so leicht nachgewiesen werden
wie in einem Elektrolyten.
§ 2. Druckerhöhung an der Kathode durch elektrischen
Massentransport — Wir betrachten denjenigen Querschnitt des
durchströmten Gases, welcher gerade in der Mitte zwischen
den Elektroden liegt. Er teilt den durchströmten Gasraum
in zwei Hälften, eine kathodische und eine anodiscbe. Aus
der kathodischen Hälfte führt der elektrische Strom beständig
negative Ionen weg in die anodische Hälfte, gleichzeitig führt
1) £. Riecke, Ann. d. Phys. 12. p. 74. 1903.
Elektr. McLSsentransport in Gagen. 401
er ans dieser in jene positive Ionen. Ist I^ die Stromstärke
der positiven, I^ diejenige der negativen Ionen in dem be-
trachteten Querschnitt y so gewinnt die kathodische Hälfte in
der Zeiteinheit /^/< positive und verliert /^/c negative Ionen,
umgekehrt verliert die anodische Hälfte ije positive und ge-
winnt I^/b negative Ionen. Eän positives Ion liefere bei der
Neutralisation an der Kathode n gewöhnliche Gasmoleküle,
ein negatives an der Anode v gewöhnliche Moleküle. Ist v
bez. v^ die spezifische Geschwindigkeit, n die spezifische lonen-
zahl, B die Kraft in dem betrachteten Querschnitt, so gilt
I SS n.B.Vp.H bez. 1^=^ n.B.v^. H, Der Gesamtgewinn der
kathodischen Seite an gewöhnlichen Gasmolekülen beträgt dem-
nach für die Zeiteinheit (n.v^ — v.vJn.H, derjenige der
anodischen Hälfte (v,v^ — n.v^n.H.
Bei Ermittelung des Vorzeichens von {'^ -v^-^ v.vj sind
zwei extreme Fälle zu unterscheiden. Berstens mögen sämt-
liche positiven und negativen Ionen Molionen sein. Im Falle
der Luft ist n = 3, v = 2, t?^ = 1,37 . v^\ die Differenz
{n.v^ — v.vJn.H =: 0,26 ,n.v^.H hat darum positives Vor-
zeichen. Ähnliches gilt für die übrigen elementaren Gase.
Sind also in einem elementaren Gase sämtliche Ionen JUolionen,
so wird durch die elektrische Strömung auf der kathodischen Seite
des Gases die Zahl der Moleküle und damit der Gasdruck ver^
grÖßert
Der zweite extreme Fall besteht darin, daß sämtliche
negativen Ionen Elektron-, sämtliche positive Atomionen sind.
In diesem Falle ist für die zweiatomigen Gase n = 0,5,
r = 0, v^ ist ungefähr das zehnfache von t? . Die Differenz
[n ,v — V ,v^n,H = 0,5 ,n.v^,H ist immer positiv. Auch in
diesem Falle vermehrt die elektrische Strömung die Molekülzahl
und den Gasdruck auf der kathodischen Seite und vermindert
beide Größen auf der anodischen Seite des durchströmten Gases,
Da die zwei besprochenen extremen Fälle alle übrigen Arten
von Ionisation in einem elementaren Gase zwischen sich
schließen, so gilt der vorstehende Satz allgemein für die
elektrische Strömung in einem elementaren Gase.
Der Überdruck, welchen die elektrische Strömung in einem
elementaren Gase auf der kathodischen Seite herstellt, kann
keinen großen Wert annehmen; denn unter seiner Wirkung
Boltsmfton-Fettachrift. 26
402 J. Stark.
strömen neutrale Gasmoleküle von der kathodischen Seite be-
ständig wieder zurück nach der anodischen Seite. Je mehr dieses
Bückströmen, beispielsweise durch eioen kleinen Querschnitt^
erschwert wird, desto größer kann jener Überdruck werden.
Um über die Größe des nach dem Vorhergehenden zu
erwartenden Überdruckes eine Vorstellung zu gewinnen, sei
folgende Näherungsrechnung ausgeführt. Das Volumen der
kathodischen Seite sei 5.10' cm^, das Bückströmen nach der
anodischen Seite erfolge sehr langsam; die positive Strom-
stärke in dem mittleren Querschnitt betrage 1.10"^ Milliampere.
Berechnet sei die Druckzunahme in Prozent, wenn während
10 Sek. kein Bückströmen erfolgt, sondern nur die elektrische
Strömung wirksam ist
Ist V die Zahl der Moleküle in der Volumeneinheit bei
0^ und 760 mm Druck, so ist beim Druck p die spezifische
Molekülzahl n^ = 1,3. lO-^,v.p. 0,1 Milliampere transportiert
in 10 Sek. dem Volumen nach 2,32 . 10-* cm' einwertige Ionen
bei 0^ und 760 mm durch den Querschnitt; die entsprechende
Anzahl von Ionen ist 2,32 . 10-* . v. Da sich diese auf 5.10*cm'
verteilen, so ist die Zunahme der Molekülzahl (Molekül zwei-
atomig) in 1 cm^ auf der kathodischen Seite während der be-
trachteten 10 Sek. gleich
Die prozentuale Zunahme der spezifischen Molekülzabl oder
des Druckes beträgt darum 1,7 . \0~^,p~^. Bei U,01 mm Druck
beträgt also die Zunahme des Druckes gerade 1,7 Proz.
Um demnach die Druckerhöhung an der Kathode infolge
des elektrischen Massentransportes nachweisen zu können, hat
man einerseits die Stromstärke möglichst groß, andererseits
den Gasdruck möglichst klein zu wählen. Ks kann aus diesem
Grunde für den vorliegenden Zweck lediglich der Glimmstrom
in Betracht kommen, da diesem allein Ijei niedrigem Druck
eine Stromstärke von der Ordnung 1 Milliampere gegeben
werden kann.
II. Druckerhöhung an der Kathode des GlimmBtromes.
§ 8. Grundgedanke, VersucksröUre nnd Sclialtumj. — Wenn
die elektrische Strömung auf der kathodischen Seite eine Druck-
Elehtr. Massentransport in Oasen,
408
erhöhong bewirkt, so muß diese um so größer ausfallen, je
mehr ein Rückströmen nach der anodischen Seite erschwert
wird. Aus diesem Grunde wurde zwischen die anodische und
kathodische Hälfte eine längere Kapillare eingeschaltet. Läßt
man die kathodische Hälfte durch eine weite Öffnung mit
einem Oefäß kommunizieren, so muß auch in dieses die Druck-
erhöhung sich fortpflanzen. In diesem Gefäß kann dann die
Dmckerhöhung mit einer entsprechend empfindlichen Methode
nachgewiesen werden.
Figur 1 (7io nattirl. Größe) stellt die verwendete Röhre
dar. K ist die 1,5 mm weite Verbindungskapillare zwischen
'Br*'Pumpe
Fig. 1.
den zwei Hälften iT^ und ü^ des durchströmten Gases, Q^ das
Gefäß, in dem die Druckveränderung der Hälfte H^ unter-
sucht werden sollte; G^ ist ein kugelförmiges Gefäß, das ebenso
groß ist wie G^ und zum Zweck symmetrischer Versuchs-
bedingungen an H^ angeschlossen ist E^ und E^ sind zwei
kongruente Elektroden, es sind hohle Messingzylinder (Fig. 2).
Die vordere Seite ist zentral mit einer kreisförmigen 5 mm
weiten Öffnung versehen; um die Zerstäubung zu verhüten, ist
auf sie eine Aluminiumscheibe aufgesetzt Die hintere p — n
Seite trägt in der Nähe des Randes sechs 5 mm weite || il
symmetrisch angeordnete kreisförmige Löcher (in der ![_ "
Figur sind nur zwei zu sehen); auf sie ist eine Hart- Fig. 2.
gummischeibe aufgekittet, die so durchlocht ist, daß
sie den Rand der Löcher in dem Messingdeckel gerade um
1 mm tiberragt. D^ und I)^ sind zwei gleichartige Diaphragmen,
es sind hohle Messingzylinder, deren Deckel ebenso wie die
Rückseite der Elektroden mit sechs Löchern und einer über
diese l mm weit greifenden Hartgummischeibe versehen sind.
Diese Diaphragmen sollen zwar nicht die Strömung des Gases
26*
404 /. Stark.
in der einen oder anderen Richtnng aufhalten, dagegen sollen
sie ein Überspringen der elektrischen Strömung aus If^ und
H^ nach G^ und G^ yerhindern. Das Grefäß (r^ besitzt zwei
stiftförmige Aluminiumelektroden; die eine A dient als Anode,
sie ragt nur wenig aus einem Ansatzrohr in das QeiJkä hinein;
die andere C dient als Kathode, sie steckt bis auf 2 cm in
einem Glasröhrchen und dringt bis zur Mitte von G^ Tor.
Die Elektroden £^ und Ji^ wurden mit den Polen eines
groben Ruhmkorffschen Induktoriums (Spule 21,6 cm dick,
50,5 cm lang) verbunden. Dieses stellte zwischen £^ imd £^
in H^ und H^ den Glimmstrom her, der an seiner Kathode
eine Druckerhöhung, an seiner Anode eine Druckemiedrigung
bewirken sollte.
Zum Nachweis einer Veränderung des Druckes in G^ und
damit in H^^ wurde von folgender Erscheinung Gebrauch ge-
macht. Der KathodenfalPj K des Glimmstromes folgt inner-
halb weiter Grenzen der Formel
WO K^ der normale Kathodenfall, p der Gasdruck, t die Strom-
stärke, f die von Glimmlicht bedeckte Kathodenoberfläche, k
und X eine Konstante ist. Fehlt die positive Lichtsäule des
Glimmstromes, so darf man den Kathodenfall gleich der
Elektrodenspannung setzen. Unter Anwendung des Ohm sehen
Gesetzes auf den außerhalb des Gases liegenden Widerstand
r darf man setzen d F — d K = —r,di. Eine Abnahme des
Gasdruckes hat eine Zunahme von K und damit eine Abnahme
von i zur Folge. Der Kathodenfall A' ändert sich dann am
empfindlichsten mit dem Gasdruck /?, wenn der äußere Wider-
stand groß ist; die Stromstärke dagegen ist dann ein empfindliches
Reagens auf eine Druckänderung, wenn r klein ist. Da das
Mikroamperemeter, das mir zur Messung der Stromstärke zur
Verfügung stand, sehr empfindlich war und sich ohne Kriechen
und Schwingen momentan einstellte, so benutzte ich die Stärke
eines Glimmstromes in G^ zur Kontrolle einer Änderung des
Gasdruckes in G^ und //j. Zu diesem Zweck wurde die
Elektrode A unter Zwischenschaltung eines kleinen Wider-
1) J. Stark, Ann. d. Phys. 12. p. 1. 1903.
Elektr. Ätassentranspart in Ooien. 406
Standes r an den positiven Pol einer Hochspannungsbatterie
Ton ungefähr 2000 Volt elektromotorischer Kraft gelegt, die
Mektrode C war durch das Mikroamp^remeter mit dem negativen
Pol verbunden; dieser war geerdet
Der aus dem Induktorium fließende Glimmstrom in H^ H^
sollte also in H^ und damit in G^ eine Druckänderung hervor-
bringen; der Olimmstrom in 6'^ sollte zum Nachweis dieser
Druckänderung dienen.
§ 4. Forsiehtsmafireffeln, Beobachtungsrcfniltate, — Es wurde
festgestellt, daß die Diaphragmen JJ^ und D^ ihren Zweck er-
füllen, daß die Glimmentladung in U^ U^ nicht nach ff^ und
ff, hinübergreift. Das Induktorium wurde so weit von der
Versuchsröhre und dem Mikroamp^remeter entfernt, daß sein
Magnetfeld weder den Glimmstrom in ff^ noch den Ausschlag
des Amperemeters beeinflußte.
Obwohl ich in Luft im wesentlichen dieselben Resultate
wie in Stickstoff erhielt, so schien mir doch das Gasgemisch
keine sichere Grundlage für reine Resultate zu sein ; ich führte
daher die Untersuchung an Stickstoff aus. Die Röhre wurde
erst leer gepumpt, dann wurde sie zweimal mit Stickstoff aus-
gespült, nachdem beim jedesmaligen Leerpumpen die Elektroden
-ffj, E^ und C längere Zeit unter Strom gehalten waren. Darauf
wurde Stickstoff ueu eingefüllt und mit den Beobachtungen
begonnen.
Diese wurden für einen jeden Gasdruck in folgender Weise
ausgeführt. Zunächst wurde der Glimmstrom in ffj geschlossen
und solange gewartet, bis seine Stärke konstant wurde, bis
also der Ausschlag des Mikroampöremeters sich nicht mehr
änderte. Dann wurde das Induktorium in Tätigkeit gesetzt,
also ein Glimmstrom in einer bestimmten Richtung durch
H^ H^ gesandt und gleichzeitig wurde der Ausschlag des Mikro-
ampöremeters beobachtet. Dann wurde der Glimmstrom in
fij H^ unterbrochen und der Ausschlag weiter beobachtet.
Nach einer halben oder ganzen Minute wurde der Glimmstrom
in i^j H^ von neuem in der gleichen Richtung wie zuvor ge-
schlossen und dasselbe wie zuvor gemacht. So erhielt ich
eine Beobachtung für den Fall, daß die Kathode des Glimm-
stromes in H^ H^ beim Schließen kalt war, und für den Fall,
daß sie beim Schließen bereits von der vorausgehenden
406 J. Stark.
Schließungsdauer her erwärmt war. Dies alles geschah erst
für die eine Sichtung des Olimmstromes in //^ H^, darauf ftbr
die entgegengesetzte^ darauf wieder flir die erste Richtung.
Nach dem vorstehenden Verfahren wurden folgende Be-
obachtungsresultate erhalten. Solange der Qasdruck über
0,9 mm lag, änderte sich beim Schließen des Glimmstromes
in H^ E^ der Ausschlag des Stromes in G^ nicht; zwischen 0,9
und 0,09 mm brachte der Glimmstrom H^ H^ eine dauernde
Zunahme des Ausschlages hervor; diese Zunahme war unab-
hängig von der Stromrichtung in H^ H^ und um so größer,
je kleiner der Gasdruck war. Der dauernden Zunahme der
Stromstärke in G^ entspricht eine dauernde Zunahme des
Gasdruckes in G^ und H^ H^. Diese rührt offenbar her von
einer Gusentwicklung aus der erhitzten Kathode des Glimm-
stromes in H^H^*
Von 0,09 mm Druck abwärts zeigte der Ausschlag des
Glimmstromes in G^ ein anderes Verhalten, das um so aus-
geprägter hervortrat, je weiter der Druck erniedrigt wurde.
Von da ab war nämlich die Änderung des Ausschlages ver-
schieden je nach der Stromrichtung in Hy^H^. War H^, also
die (/j zunächst liegende Hälfte kathodisch, liefen also die
positiven Ionen nach £'j, so nahm der Ausschlag sofort nach
Schließen des Glimmstromes in H^ H^ zu, und zwar erst
schneller, dann langsamer; beim Unterbrechen ging der Aus-
schlag erst schneller, dann langsamer wieder zurück, blieb
aber immer größer, als er zuvor war.
War dagegen H^^ anodische Hälfte, liefen also die positiven
Ionen von G^ und H^ fort, so erfolgte beim Schließen des
Glimmstromes in H^ H^ zunächst eine kleine Abnahme des
Ausschlages oder er blieb wenigstens unverändert, darauf nahm
er langsam zu und beim Unterbrechen nahm er weiter, aber
noch schneller zu. Die anfängliche Abnahme war um so
größer, je stärker der Glimmstrom in H^ H^ war; seine Stärke
lag bei diesen Versuchen zwischen 10 und 0,5 Milliampere.
In der nachstehenden Tabelle ist ein Beispiel zweier Be-
obachtungsreihen mitgeteilt. Die Stärke des Glimmstromes in
Gj ist in einer willkürlichen Einheit angegeben, die Stärke
des Glimmstromes in H^ H^ schwankte zwischen 1 und 2 Milli-
ampere, der Gasdruck war ungefähr 0,03 mm.
EUktr. Meusentramport in Goten.
407
^
Kathode.
Zeit in
SeL
Ausschlag
Be-
merkungen
0
15
710
710
l OflPen
30
740
\
45
60
760
770
1 Ge-
/ schlössen
75
780
90
773
1
105
120
770
767
[ Offen
E^ Anode.
Zeit in
Sek.
Ausschlag
Be-
merkungen
0
15
810
810
Offen
30
805
45
60
75
803
805
808
Ge-
schlossen
90
811
105
825
120
830
Offen
135
835
In Figur 8 und 4 sind die vorstehenden Zahlen graphisch
aufgetragen. Die unsymmetrische Wirkung, welche der Glimm-
strom in H^ H^ für seine zwei Richtungen auf den Gasdruck
in -ffj und G^ ausübt, erklärt sich auf folgende Weise.
Der Glimmstrom in H^ H^ bringt zwei Wirkungen hervor,
welche den Gasdruck in H^ verändern. Die erste ist unab-
hängig von seiner Richtung, die zweite kehrt ihr Vorzeichen
mit seiner Richtung um. Die erste besteht darin, daß aus
der erwärmten Kathode Gas entbunden wird, woraus eine
dauernde Erhöhung des Gasdruckes folgt. Die zweite besteht
lediglich in einer Verschiebung des vorhandenen Gases; es
wird der Druck in der kathodischen Hälfte erhöht, in der
anodischen Hälfte erniedrigt; nach dem Offnen verteilt sich
das Gas wieder in gleichmäßigem Druck, p sei der Druck in
H^f Pq der anfängliche Druck, t die Zeit, f und cp seien un-
bekannte Funktionen positiven Wertes, i sei positiv, wenn
seine positiven Ionen von E^ nach E^ strömen. Man kann dann
für die Schließungsdauer setzen p = jo^ + i^.t.f'+ i.t.rp. Der
Differentialquotient,
^-i^.f+i.<p,
kann Null werden, wenn i negativ ist; hieraus erklärt sich das
Minimum in der Kurve der Figur 4.
Wie nach dem Vorstehenden zu erwarten ist und wie
sich aus ihm erklärt, war die Abnahme des Ausschlages, im
408
/. Stark.
Fälle E^ aoodische Hälfte war, größer, wenn die Kathode kalt,
als wenn sie infolge l&ngereD Strom Bchlusses bereits vor-
gewärmt war. Im zweiten Falle ging nämlich die Qasentbindung
auB der E&thode frUher vor sich.
§ 5. Deutung de» Beobaihtungiretullatet. — Durch den
eben beBchriebenen Yersnch ist die Erscheinung aufgefunden,
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Kg. 4.
daß der Glinmulrom in einem elementaren Gase bei niedrigem
Druck merkÖiir vor der Kathode den Gasdruck erhöht, vor der
Anode erniedrigt, indem er von hier nach dort Gasmolekule treibt.
Ich Bebe zwei Ursachen, welche diese Wirkung erklären können.
Die erste ist die oben theoretisch behandelte Überführung von
Masse durch den elektrischen Strom. Die zweite besteht in
folgendem.
Wie A. Wehnelt') festgestellt hat, befindet sich vor der
Kathode des Glimmstromes im Dunkelraume eine positive
Mektr. Massentrangport m Gasen. 409
LaduDg. Deren Ionen werden von der elektrischen Kraft nach
der Kathode getrieben; ist Beibung zwischen ihnen und den
neutralen Gasmolekülen vorhanden, so treiben sie diese mit
sich fort, es entsteht ein gegen die Kathode gerichteter
elektrischer Wind; durch diesen wird vor der Kathode der
Gasdruck erhöht, vor der Anode erniedrigt.
Es erhebt sich die Frage, welcher von diesen beiden Ur-
sachen die oben beschriebene Erscheinung in erster Linie zu-
zuschreiben ist Nach meiner Ansicht ist dies die erste, die
elektrische Überführung. Die Wirkung tritt nämlich erst bei
demjenigen Druck auf, bei dem sie nach der Theorie für die
erste Ursache bemerkbar zu werden vermag; die zweite Ur-
sache: der elektrische Wind müßte auch bei höherem Druck
die Wirkung hervorbringen, wenn er sie überhaupt hervor-
zubringen vermag. Mit sinkendem Gusdruck muß er nämlich
immer schwächer werden, da die Reibung zwischen den positiven
Ionen und den neutralen Gasmolekülen immer kleiner wird.
Bei dem niedrigen Druck von ungefähr 0,03 mm bewegen sich
die positiven Ionen wahrscheinlich durch den Dunkelraum an die
Kathode, ohne erheblich viel neutrale Moleküle zu treffen,
ohne also einen elektrischen Wind hervorzubringen.
Göttingen, Sommer 1903.
1) A. Wehnelt, Ann. d. Phys. 10. p. 542. 1903.
(Eingegangen 13. September 1903.)
410
51. Über die Natur der flüssigen Luft.
Von D. ▲. Goldhammer in Kasan.
Obgleich die flüssige Luft schon seit mehreren Jahren
der Untersuchung zugänglich gemacht worden ist und auch viel-
fach von yerschiedenen Seiten studiert wurde, scheinen doch die
Hm. Fischer und Alt^] die ersten gewesen zu sein, die die
Meinung ausgesprochen hatten, die flüssige Luft sei eine Lösung
von Sauerstoff in Stickstoff,
Diese Ansicht über die Natur der flüssigen Luft haben
die Verfasser dadurch zu begründen gesucht, daß sie die Yon
Baly*) beobachteten Änderungen der Siedetemperatur normal
siedender Gemische von Sauerstofi" und StickstoflF mit den nach
der allgemeinen van't Hoff sehen Formel berechneten zu-
sammenstellten.
Die Übereinstimmung der Theorie mit der Erfahrung
ergab sich dabei „überraschend gut". ^ Dem gegenüber ist
aber zu bemerken, daß erstens die Formel von van*t Hoff
auf die Lösungen flüchtiger Stofi'e nicht anzuwenden ist und
daß zweitens diese Übereinstimmung nur mit Hilfe einer ganz
schwach begründeten Annahme gewonnen wurde, es wäre dem
von Baly als rein bezeichneten Stickstoff 2,4 Proz. Sauerstoff
beigemischt.
Freilich haben die Verfasser auch die Vermutung aus-
gesprochen, es könne die Differenz zwischen der von Baly
ermittelten Siedetemperatur des Stickstoffs (77,5 — 77,54 abs.)
und der von Fischer und Alt gefundenen (77,33, wenn man
als absoluten Nullpunkt einfach — 273 setzt) auch einen an-
deren Grund haben*): in einem solchen Falle bleibt aber die
ganze Frage über die Luft als Lösung ohne Antwort.
1) K. T. Fischer und H. Alt, Ann. d. Phys. 9. p. 1182. 1902.
2) E. C. C. Baly, Phil. Mag. 49. p. 521. 1900.
3) K. T. Fischer und H. Alt, 1. c p. 1183.
4) 1. c. p. 1184.
Natur der flüsstffen Luft 411
Wir wollen daher versuchen diese Ansicht über die Natur
der Luft einer neuen Prüfung zu unterwerfen.
Es seien P^, p die Spannungen des gesättigten Stickstoff-
dampfes bei den absoluten Temperaturen T, 7^; für eine Lö-
sung irgend eines Stoffes in Stickstoff mit der Siedetemperatur T
und der Dampfspannung p muß sein ^)
P„-;, = (2'-r„)(4^)^_
wenn nur T ^ T^ nicht all zu groß ausf&Ut.
Nach Baly siedete die Lösung Yon 8,1 Proz. Sauerstoff
unter normalem Druck (;? = 760 mm) bei 7= 78,0. Der reine
Stickstoff gab T^^ll^bO, P^-806; femer fanden Fischer
und Alt in der Nähe des Siedepunktes des Stickstoffs
910.
Wir bekommen daraus T - T^ == 0,50 (beob.), T - ^o = 0,505
(ber.), indem mit der Zahl von Fischer und Alt 2J, = 77,33
würde folgen ^ - ^o = 0>6'^ (beob.).
Wie wir sehen, ist die Differenz zweier von Baly ge-
gebenen Temperaturen jedenfalls angenähert richtig: es ent-
steht aber die Frage, wovon rührt der Unterschied der Siede-
punkte des reinen Sauerstoffs nach den Beobachtungen von
Baly und Fischer und Alt her. Die Antwort lautet einfach:
JFür alle von Baly angeführten absoluten Temperaturen iat ein
anderer absoluter Nullpunkt angeTwmmen , als derselbe von
Fischer und Alt,
Diesen Grund haben schon Fischer und Alt selbst als
wahrscheinlich angegeben: derselbe tritt aber vollkommen
klar auf, wenn wir in folgender Weise verfahren.
Wir entnehmen aus der Tabelle der Dampfspannungen
des chemischen Stickstoffs von Fischer und Alt folgende
Zahlen
P„ 715 730 750 760
T 76,83 77,00 77,23 77,83
und aus der entsprechenden Tabelle von Baly ebenso für den
chemischen Stickstoff
1) W. Nernst, Zeitschr. f. phys. Chem. 8. p. 128. 1891.
412
D, A, Goldhammer,
Pn
T
760
77,5
806
78,0
856
78,5
und zeichnen beide Dampfdruckkurven in genügend großem
MaßstÄbe auf (z. B. 1 mm Hg = 2 mm, 1 ^ = 100 mm). Aus
der Zeichnung ersieht man zunächst, daß die Zahl 77,23 etwa
um 0,01® zu groß ist: tatsächlich finden wir in der anderen
Dampfspannungstabelle der Verfasser (1. c. p. 1173) für 750 mm
t^ - 195,78® C, also T^ 77,22. Femer ergibt sich die
ganze Kurve von Baly stark gegen dieselbe von Fischer und
Alt verschoben. Verkleinern wir aber alle Temperaturen von
Baly um 77,50 — 77,33 = 0,17, so fällt diese neue Kurve
ganz merkumrdig in die Fortsetzung der Kurve von Fischer
und Alt
Damit steht auch in Übereinstimmung, daß einer Tem-
peraturdiflFerenz von 0,5® in der Nähe von 760 mm ein Druck-
unterschied nach Fischer und Alt 760 — 715 = 45, nach
Baly 806 — 760 = 46 mm entspricht, so daß die Dampfdruck-
kurve des Stickstoffs zwischen 715 und 8Ü6 mm sehr nahe
geradlinig verläuft.
Somit ist als bewiesen zu betrachten , daß mit der an-
gebrachten Korrektion die Beobachtungen von Baly und
Fischer und Alt sehr gut miteinander übereinstimmen.
Baly hat auch die Dampfdrucktabelle für den ,, atmo-
sphärischen*^ SauerstoflF gegeben: bei denselben Temperaturen
sind aber hier alle Drucke kleiner , als für den chemischen Stick-
stoff; nach dem Verhalten der Lösungen ist daraus zu schließen,
daß der atmosphärische Stickstoff etwas unrein war.
Es bestehe nun 100 g füssige Mischung aus m^ g Sauer-
stoff und m^ g Stickstoff; die entsprechenden Zahlen für Dampf
seien m^, m^\ bedeuten ferner M^y üf die Molekulargewichte
der beiden Stoffe im flüssigen Zustande, J/^/, M^ im Dampf-
zustande, so sind die „Konzentrationen" in der Flüssigkeit
Wo 3/„
c = —
'^^
und im Dampfe
c^ =
m' Mn'
0 ~ m»' Jfo' + »^' ^n '
Natur der flüssiffen Luft. 41 S
Sind endlich p^^ p^ die Teildrucke der beiden Stoffe im
Damp^ 80 haben wir bekanntlich
P^Po+Pn
(Dalton'sches Gesetz); femer für verdünnte Lösungen
Pn ~ ■'^ii ^n
(nach van't Hoff) und
• Pn^P<^ Po^P<
(nach Kernst).
Daraus folgt für die Dampfspannungsemiedrigung
Nach dieser Formel sind die Zahlen berechnet, die in
den letzten zwei Kolumnen der Tabelle I zusammengestellt sind.
Dabei sind alle von Baly angeführten Temperaturen um 0,17^
korrigiert und M^ = M^' = 32, M^== M^ = 28 gesetzt
Tabelle I.
StickstofiF als Lösongsmittel bei 760 mm Druck.
•»0
friQ
T
^n
Pn
Cn'
8,1
2,18
77,88
806
0,057
0,053
15,25
4,38
78,83
856
0,112
0,101
21,60
6,80
78,83
906
0,161
0,143
27,67
9,33
79,33
959
0,208
0,183
Wir sehen, daß die Übereinstimmung der Beobachtung
mit der Rechnung keine sehr gute ist; es liegt aber die Ver-
mutung nahe, diesen Umstand vielleicht auf Rechnung der zu
großen Konzentration der Lösungen setzen zu dürfen. In der
Tat zeichnen wir die Kurven m^ = / [T], m^ = F{T) im großen
Maßstabe auf (l^o = ^^s "^^^ ^^ = ^^^ mm), so können wir
zu viel kleineren Konzentrationen übergehen. In dieser Weise
wurde gefunden
Tabelle H.
Stickstoff als Losungsmittel bei 760 mm Druck,
mo Wo T P„ -=y- ^-r
^ n On
0,900 0,218 77,88 764,6 0,0060 0,0060
1,747 0,436 77,43 769,2 0,0120 0,0119
3,375 0,872 77,53 778,4 0,0236 0.0222
5,025 1,308 77,63 787,6 0,0350 0,0332
6,563 1,744 77,73 796,8 0,0462 0,0488
414 D. Ä, OolcUuanmer.
und diese Tabelle zeigt, daB von m^ =» 1,747 ab (was einer
Konzentration von etwa 0,5 Orammmolekül pro Liter Lösung
entspricht) die Übereinstimmung der Beobachtung mit der
Rechnung nichts zu wünschen übrig läßt
Man kann ganz analog auch für Lösungen Ton Stickstoff
in Sauerstoff verfahren. Die Beobachtungen von Balj geben
dazu alles nötige Material. Bedeute P^ die Dampfspannung
des reinen Sauerstoffs bei verschiedenen Temperaturen, so
muß jetzt
sein. Korrigieren wir wieder alle von Baly angeführten Tem-
peraturen um 0,17, so folgt die Siedetemperatur des reinen
Sauerstoffs unter normalem Druck T^ = 90,79.
Tabelle HL
Sauerstoff als Lösungsmittel bei 760 mm Druck.
I
^«. — ' 7» T> P ~" -* 0 ^0 " ^
nin flK I I^Q — j5 — — ; —
1.84 4,90 90,33 725,5 0,048 0,037
3.85 10,20 89,83 687,5 0,105 0,080
5,91 15,45 89,33 653,6 0,163 0,128
8,02 20,55 88,83 621,5 0,223 0,178
10,18 25,63 88,33 590,0 0,288 0,233
12,40 30,42 87,83 560,0 0,357 0,291
14,69 35,15 87,33 530,5 0,433 0,353
Hier haben wir wieder mit den gewöhnlichen Molekular-
gewichten gerechnet.
Wie man sieht, sind jetzt die Differenzen der Zahlen der
• ■
beiden letzten Kolumnen der Tabelle zu groß um von der Über-
einstimmung der Beobachtung mit der Rechnung überhaupt
reden zu können.
Man konnte auch hier glauben ein besseres Resultat bei
verdünnteren Lösungen zu erhalten; dem ist aber nicht so. Die
Kurven m^ = f\T), m^^ F[T), P^ = (p{T) sind für kleinere Kon-
zentrationen sehr nahe gerade Linien und man bekommt fol-
gende Tabelle.
Natur der flüssigen Lufi, 415
Tabelle IV.
Sauerstoff als
Lösungsmittel bei 760 mm
Druck.
mn
m:
T
Po
P-P.
Po
Co'
0,24
0,639
90,73
755,5
0,0060
0,0046
0,40
1,065
90,69
752,5
0,0101
0,0077
0,64
1,704
90,63
748,0
0,0160
0,0124
1,04
2,770
90,53
740,5
0,0263
0,0203
1,44
8,835
90,43
733,0
0,0868
0,0284
Der Grund der Divergenz der Beobachtung mit der
Theorie liegt also nicht in dem Einflüsse der Konzentration.
Es lag nun die Vermutung nahe, man habe es hier mit
einem Fall der Dissoziation zu tun. Wäre es aber wirklich
so, so würde man imstande sein, für äußerst verdünnte Lö-
sungen (z. B. für m^ = 1,84. IQ-ö, wi,' = 4,9. 10-^)
PJ^ und ^^
zur Gleichheit durch die Annahme bringen:
1) J!/o = Jlfo' = 32; M^^U] ^,'=14
2) JIf^= ifo' = 82; ^„ = 28; J/^ = 14
3)M^ = ßi; Jlfo' = 32; J/, = 14; M; ^ \A
4)Jlf, = 64; ^o' = 32; Jtf, = 28; M^^U.
Das gelingt aber nicht
Wir kommen also zu dem Schluß, daß die von Baly
beobachteten kleinen Stickstofikonzentrationen mit erheblichen
Fehlem behaftet sind. Die Möglichkeit solcher Fehler ist
daraus zu ersehen, daß Baly nicht direkt m^, m^ bestimmen
konnte, sondern große Zahlen Wq = 100 — wi^, ?n„'= 100 — m^'.
Sind nun diese Zahlen etwa 1 Proz. zu groß ermittelt, so ge-
nügt das vollkommen um die Beobachtung und Rechnung
in gute Übereinstimmung zu bringen. In der Tat bemerkt
man aus der Kurve w^'= /'(T) von Baly^), daß man dieselbe
auch merklich etwas anders ziehen konnte, als es bei Baly
geschehen ist.
Es wäre also wünschenswert die Konzentrationen der in
Betracht kommenden Lösungen einer neuen Untersuchung zu
1) E. C. C. Baly, 1. c. p. 519.
416 ■ D. A. OoUhammer.
nnterwerfen. Was aber die flüssige Luft anbetrifiFt, so kann
man als beunesen betrachten^ daß man es hier mit einer Lösung
zu tun hat
Nun bietet die Frage über die Natur der flüssigen Luft
auch ein anderes Interesse dar.
Die Erdatmosphäre befindet sich nach Lord Kelvin (1862)
in dem Zustande des sog. ,,konvektiyen Oleichgewichts'S d. h.
es entspricht die Abnahme der Temperatur der Atmosphäre
mit der Höhe dem Gesetze der adiabatischen Ausdehnung der
Luft. Während der seit dem Jahre 1862 yerflossenen vierzig
Jahre hat diese Ansicht eine allgemeine Anerkennung er-
worben: damit stehen im Einklang, sowohl die Beobachtungen
in fireier Luft, als auch die speziell angestellten Versuche in
einer ^^künstlichen'^ Atmosphäre. ^]
Ganz unabhängig von Lord Kelvin und wie es scheint
ohne seine Arbeit zu kennen, hat dieselbe Theorie A. Ritter *)
sechzehn Jahre später veröffentlicht und sie zum Ausgangs-
punkt einer Reihe sehr interessanter Betrachtungen gemacht ^
Schreibt man der Luft die Eigenschaften eines idealen Gases
bei allen Temperaturen und Drucken zu, so läßt sich mit
A. Ritter die Höhe der Erdatmosphäre zu 28,7 km berechnen.
Für eine Atmosphäre aus reinem Wasserdampfe, auf der Erd-
oberfläche bei 0® C. gesättigt, ergibt sich diese Höhe zu
349 km. Für die feuchte Luft berechnet sich die Atmosphären-
höhe nur einige Kilometer höher, als 28,7 km.
Da nach den Sternschnuppenbeobachtungen Schiaparelli
diese Höhe zu 200 km berechnet hat (und da ferner die Be-
obachtungen über die Polarlichter u. a. Erscheinungen dieselbe
über 70 km ergeben), so schloß Ritter, daß wahrscheinlich auch
für die wirkliche Erdatmosphäre diese Höhe sich über 200 km
ergeben würde, wenn man die nötigen latenten Wärmen der
Luft kennte, was zu Ritters Zeit nicht der Fall war.
Leider fehlen auch jetzt diese Daten. Bemerkt man aber,
daß die physikalischen Konstanten der gasförmigen resp. der
flüssigen Luft denselben des Stickstoffs sehr nahe kommen,
1) F. Richarz, Ann. d. Phye. 10. p. 862. 1903.
2) A. Ritter, Wied. Ann. 5. p. 405. 1878.
3) A. Ritter, Wied. Ann. 6. 7. 8 und mehrere folgende.
Natur der fussigen Luft, 417
so scheint es interessant^ die Höhe der Erdatmosphäre aus
reinem Stickstoff zu berechnen.
Dabei legen wir folgende Annahme zu Grunde. Das Gas
habe auf der Erdoberfläche die absolute Temperatur T^ = 290
und den Druck ^'q = 760 mm; an der Grenze der Atmo-
sphäre sei 7 = 0^ p SS 0. Bis zur Sättigung betrachten wir das
Gas als ein ideales. Die spezifischen Wärmen des Stickstoffs
in allen Zuständen seien von Temperatur und Druck unab-
hängig. Bedeuten dann v das Volumen Ton 1 kg Gewicht
Stoffe 17 die Entropie, so berechnet sich die Höhe der Atmo-
sphäre nach der Formel
-fm
dT.
V
Wir führen femer die Bezeichnungen ein:
Cp, c^ die beiden spezifischen Wärmen des gasförmigen
Stickstoffs in kg-cal; y = c^^lc^.
c, c die spezifischen Wärmen des flüssigen bezw. des festen
N3 bei konstanter Dampfmenge.
T^ , p^ Temperatur und Druck der Verflüssigung des sich
adiabatisch ausdehnenden Stickstoffs.
T^, p^ Temperatur und Druck des Erstarrungspunktes.
Tj die latente Verdampfungswärme bei T^.
(>3 die latente Schmelzwärme bei T^,
J = 424 kg-m das mechanische Wärmeäquivalent
Dann nimmt das Integral die folgende Form an
Ä = J\c^[T^ - y,) + c(2\ - r,) + c' 2; + r, + (>,} Meter.
Ist die Gleichung der Dampfdruckkurve p = /"(^j so wird
T^ durch den Schnittpunkt dieser Kurve gegeben mit der
Adiabate T^ = p^~^ x konst ; schneiden sich beide Kurven
nichts so muß T^ = T^ sein und diese Temperatur wird durch
den Schnittpunkt der Gasadiabate mit der Sublimationsdruck-
kurve p SB jP(T) gegeben. Da nun für den Stickstoff c^ = 0,244,
/ « 1,41 ist, so lautet die Gleichung der Adiabate
T^ap^, lg a = 1,62466 , m = 0,2908
und aus den Beobachtungen von Fischer und Alt ist leicht
BoltunaiiD-Festscbrift. 27
418 D. A. OoUhatnmer.
zu ersehen^ daB diese Kurve mit der Dampfdruckkurve des
Stickstoffs keinen Schnittpunkt gibt Dann haben wir T^^ » T^^
Nach De war beträgt die Atom wärme des flüssigen Stick-
stoffs etwa 6 ; nehmen wir für den festen Stickstoff diese Wärme
zn 6,3 und bemerken, daß angenähert c dorch C (ftbr den
festen N^) ersetzt werden kann, so berechnen wir
^,=^ = 0.45.
Es bleibt uns nun T^, r^, g^ zu bestimmen. Fischer und
Alt haben zwei Punkte der Sublimationskurve des Stickstoffs
ermittelt
;> = 62,
2"= 61,35,
/> = 86 ± 4,
?= 62,48,
indem Olszewski') fand
;» = 60,
T=59,
P= 4,
2*= 48.
Trägt man diese vier Zahlenpaare auf das Koordinaten-
papier auf, so bemerkt man sogleich, daß der erste Punkt
Olszewskis mit den Beobachtungen von Fischer und Alt
unverträglich ist
Da die neueren BeobachtuDgen sicherer zu sein scheinen,
so könnten wir folgende Zahlen zugrunde fernerer Betrach-
tungen wählen
;? = 86, T=62,5,
^ = 62, y=61,4,
;;= 4, T= 48.
Schreiben wir aber die Gleichung der Sublimationskurve
in der bekannten Hertz sehen Form
lg;? = a- y + c\gT,
so berechnet sich b negativ, was offenbar unmöglich ist, da bei
1) K. Olazeweki, Winkelmannfl Physik 2. 2. p. 765 u. 692. 1896.
Natur der fSutigen Luft. 419
/> ae 0 auch 7 s= 0 sein muß und b den Grenzwert der Sub-
limationswärme bei T =^0 bedeutet.
Für die Gleichung Yon der Form
p^T{a + bT+cT^
folgt wieder 6 < 0 und die Kurve zeigt zwischen 7 = 48 und
2 BS 0 zweimal dpjdT ^ Oj was dem bekannten Verlaufen der
SubUmationskurven widerspricht.
Wir halten daher nur an den Ergebnissen you Fischer
und Alt fest und benutzen die Formel Ton Zeuner
Dann folgt für
p = 86, y= 62,48,
p = 62, T= 61,35,
71 = 0,05 578, lg Ä= 1,68 783
und zur Bestimmung von p^, T^ haben wir zwei Gleichungen
\gT^\gk + n\gp,
lgy=lga + iiilg/>,
deren Lösung gibt
^3 = 1,9, ^3 = 50,4.
Die Sublimationswärme des Stickstoffs läßt sich in üb-
licher Weise nach der bekannten Formel
berechnen, worin der Differentialquotient aus der Sublimations-
kurve entnommen werden muß.
Wir haben nun
und folglich
das gibt einfach
r=Ä/
d T '" nf '
r + Q =^, n = 0,05 578.
Für T^ = 50,4 berechnen wir daraus
r, + (>, = 64,6
27
420 B. A, Goldhammer.
und fbr den Erstammgspankt des Stickstoffs, T = 62,48, folgt
r + 9 = 80,0.
DaB diese Zahlen ziemlich genau siad^ läßt sich auf folgende
Weise zeigen.
De Forcrand ^) hat folgenden Satz aufgestellt: Die mole-
kulare Sublimationswänne eines Gases bei 760 mm Druck ist
seiner absoluten Siedetemperatur unter diesem Druck pro-
portional.
Der Proportionalitätsfaktor schwankt dabei zwischen 28
und 32^ also beträgt im Mittel 30.^ Wie wir sahen, fanden
Fischer und Alt die Erstarrungstemperatur Ton N, zu 62,48
bei 86 mm Druck; da aber der Einfluß des Druckes auf die
EkBtarrungstemperatur im allgemeinen nicht groß ist, so muß
auch die flrstarrungstemperatur des Stickstoffs bei 760 mm
nur wenig tou 62,48 yerschieden sein; mit der normalen Siede-,
temperatur dieses Stoffes 77,33 haben wir also
und daraus
r + p « 82,9 bei 62,48,
welche Zahl nur etwa 3,6 Froz. größer ist, als die auf ganz
anderem Wege ermittelte Zahl 80,0. Jetzt haben wir
h = 424(0,244.239,6 + 0,450. 50,4 + 64,5} Meter
also rund
Ä = 62 km.
Die Sublimationswärme des Sauerstoffs unter 760 mm
Druck berechnet sich nach der Formel von de Forcrand zu
, 30.90,79 ^f- .
Da auch die spezifischen Wärmen des Sauerstoffs nicht weit
Ton denselben des Stickstoffs verschieden sind, so schließen
wir, daß die Höhe der Erdatmosphäre aus reinem Sauerstoff
etwa 70 — 75 km betragen muß.
Beachten wir femer, daß die Anwesenheit des Wasser-
dampfes h höchstens um 1 — 2 km yergrößern kann, so er-
1) de Forcrand, Compt. rend. p. 879. 1901; Beibl. 25. p. 501. 1901.
2) So berechnen wir für Wasser bei 0^ C. r + ^ = 622 anstatt 680.
Natur der flüssigen Luft 421
gibt sich die Höhe der Erdatmosphäre aus Luft nicht viel größer
ah 70 hm. Diese Zahl stimmt mit der Polarlichtbeobachtung
ganz gut überein, nicht aber mit den Stemschnuppenbeob-
achtungen.
Wir können diese Höhe über 200 km nur dann erhalten,
wenn wir annehmen, daß die beim Ausfrieren des Stickstoffs
frei werdende Entmischung s-( Losung S')Wärme mehrere Hunderte
Kalorien betrage. Ob das wirklich der Fall ist, müssen die
zukünftigen Untersuchungen entscheiden.
Kasan, im Juli 1903.
(Eingegangen 14. September 1908.)
422
52. Über die allgemeinen Düferentialgleiclinngen
der Kristalloptik nach der elektromagnetisclien Theorie
des Lichtes.
Von E. Kobald in Leoben.
Schon Maxwell^ der Schöpfer der elektromagnetischen
Theorie des Lichtes, hat in der Abhandlung^) ,yk dynamical
theory of the electromagnetic field" und in seinem Treatise
Differentialgleichungen für die Fortpflanzung des Lichtes in
zweiachsigen Kristallen entwickelt Hertz^ hat in engem
Anschlüsse an die Ton ihm gegebene Modifikation der Maxwell-
schen Gleichungen für isotrope Medien allgemeinere Differential-
gleichungen für anisotrope Medien^ gestützt auf gewisse
Analogien, jedoch ohne einen eigentlichen Beweis, aufgestellt
Der Grundgedanke der Hertz sehen Darstellungsweise sowie
das von ihm angegebene System Ton Gleichungen findet sich
auch bei den späteren Bearbeitern^ dieses Gegenstandes
wieder. Insolange nun die Anisotropie sowohl für den elek-
trischen als auch für den magnetischen Zustand zum Aus-
drucke kommen soll, stimmt der Bau der vorerwähnten
Gleichungen von Hertz mit dem jener Gleichungen, welche
aus der Elastizitätstheorie des Lichtes hergeleitet und von
Lame*) sowie auch von Kirchhoff^) in so eleganter Weise
dargestellt wurden, nicht übereiu. Später gelangte Kirchhoff
auch in seinen Vorlesungen über Elektrizität und Magnetismus^
zu Gleichungen von dem L am Aschen Tyjms, indem er von der
alten Femwirkungstheorie ausgehend durch Einführung di-
1) J. C. Maxwell, Scient. Pap. 1. p. 583.
2) H. Hertz, Ges. Werke 2. p. 217. Gl. 5a u. 5b.
3) Handbuch der Physik von Winkelmann 2. Abt. 1. p. 669 ff. ;
P. Drude, Lehrb. d. Optik p. 286ff.; Cohn, Das elektromagnetische
Feld p. 555.
4) Q. Lam6, Theorie math^matique de T^lasticit^. 2^ 6d. p. 231.
5) G. Kirchhoff, Ges. Abhandlungen p. 364 ff.
6; Herausgegeben von M. Planck p. 228.
Differentialgleichufigen der Kristalloptik, 428
elektrischer Polarisationen den Übergang zu der ^^von Maxwell
aufgestellten elektrischen Theorie des Lichtes'^ machte. Im
Nachstehenden soll n\in gezeigt werden^ daB man auch dann,
wenn man tou der Maxwellschen Theorie ausgeht, zu analogen
Gleichungen sowohl f&r den elektrischen als auch für den
magnetischen Zustand gelangt.
Um die Herleitung der Gleichungen auf eine möglichst
sichere Grundlage zu stellen, soll das von Helmholtz^] in
die Elektrodynamik so erfolgreich eingeführte „Prinzip der
kleinsten Wirkung'^ zur Anwendung gebracht werden.
Das hierbei zu yariierende „elektrokinetische Patential'S
welches mit 0 bezeichnet werde, setzt sich aus der elektrischen
Energie 0^, der magnetischen Energie 0^ und einem dritten
erst später zu bezeichnenden Teile, der mit 0^ bezeichnet
werde, zusammen. Dann hat man:
(1) 0 = 0^ + 0^ + 0^.
Aus Zweckmäßigkeitsgrtinden mögen statt des in den Hertz-
scheu Gleichungen vorkommenden Vektors der elektrischen
und der magnetischen Kraft die Komponenten der dielektrischen
Polarisation^ (/*, g^ h) und jene der magnetischen Polarisation *)
(a, h, c) eingeführt werden. Bezeichnet man die in der
Volumeneinheit enthalten^ elektrische und magnetische Energie
beziehungsweise mit V und T, so kann nach Maxwell und
Hertz in dem gedachten allgemeinen Falle gesetzt werden:
Bezüglich der Konstanten /T^^j . . ., ^Uj,, . . . ist zu be-
merken, daß, wenn im Falle der Isotropie gesetzt wird:
f ^1.» = ^Vs = ^^3,1 = f^l,i = f^i.S = ^8,1 = 0
4?!
(2)
(3)
-'^^l»! "" ^2,2 "~ ^8,8 ■" ^
_- — — ^
^1,1 "" ^2,2 ■" fh,3 ■"
4/17*'
1) H. Helmholtz, Wissenschaftliche Abhandlungen 3. p. 476 ff.
2) L. Boltzmann, VorleBongen über Maxwells Theorie 1» § 85.
3) H. Hertz 1. c. p. 223 und 224. Daselbst sind (a, 6, e) mit
(%f6,^^, "ä^l) bezeichnet.
424 E. Kobaid,
die GröBe K die Dielektrizitätskonstante und /ti die Magneti-
sierungszahl — Permeabilität — bedeutet
Wird das Baumelement mit dx bezeichnet^ so sind die
elektrische und magnetische Energie dargestellt mittels der
Gleichungen :
(4) '
Hierin kann man sich die Integrationen über den ganzen un-
endlichen Raum erstreckt denken.
Die magnetische Polarisation {a, bj c) möge nun durch
einen neuen Vektor {F, G, H), welcher von MaxwelP) als das
elektrokinetische^ von Poincarö^ und von Boltzmann^ als
das elektromagnetische Moment bezeichnet wird und mit dem
von Heaviside und Hertz aus der Maxwellschen Theorie
hinausgeschafften Vektorpotential im Falle der Isotropie
identisch ist, mittels der Gleichungen dargestellt werden:
(5)
dB
da
. dx
dF
dB
d X dx
^ dO _^dF
^ dx d y
Der Teil des elektrokinetischen Potentials, welcher oben
mit 0, bezeichnet, aber noch nicht definiert wurde, sei durch
das über den ganzen unendlichen Raum erstreckte Integral,
in welchem t die Zeit bedeutet, dargestellt:
(6) 0,= -/(/'|/ + (p]^ 4-^11)...
Die Wahl von 0^ ist derart getroffen, daß für jene Werte
der Variablen, für welche:
(7) sj0.dt^O
ist, *»
1) J. C. Maxwell, Treatise 2. § 690; Scient. Pap. 1. p. 55.
2) J. Poincare, felectricit^ et Optique 1. § 180 et § 167.
3) L. Boltzmann, Vorlesungen 1. Art SS.
Differeräialgleickungen der KrUtaUoptik, 425
4),» -20.,
also auch
(7 a) 0 = 0. _ 0^
wird.
FaBt man also die elektrische und magnetische Energie
beziehungsweise als potentielle Energie und lebendige Kraft
wägbarer Massen auf, so ist für den gedachten besonderen
Fall das aus (7 a) sich ergebende^ zu variierende Integral
identisch mit Hamiltons Prinzipalfunktion.
Denkt man sich zimäx^hst die in (7) angedeutete Variation
nach [P, Gj H) als unabhängigen Variablen ausgeführt, so
ergibt sich:
oder nach (5)
AT» /iZ §Al_^ ^H.\m(^ dya^dT^ ddG\
(7b)] \db ' dx' de ' dy )'^[dc' dx da' dx )
(djr döH ÖT ddH\
"*" [da' dy db' dz r
Man wende nunmehr in den Raumintegralen, welche nach
(7b) die Ableitungen von [dF, SG, SH) nach (x, y, z) ent-
halten, die teilweise Integration an und erwäge, daß im Un-
endlichen die Variationen der unabhängigen Veränderlichen
als verschwindend angesehen werden dürfen. Setzt man so-
dann die in den Raumintegralen vorkommenden Faktoren von
{SF, SG, S H) einzeln gleich Null, so ergibt sich das erste
System der gesuchten Gleichungen:
(8)
{ dj_ ^ ^ ^ ^^ ß ^
d t '^ d y de d x db
dg ^ d dT _ d d_T
d t '~ d X da d X d e
dh ^ d d T _ d dj
d t ^ d X db d y d a '
426
E. Kobold.
Variiert man das Integral (7) nunmelir nach den Va-
riabein {f, g, h)y 80 wird z. B. bei der Variation nach der
unabhängigen Variabein /*:
Integriert man in dem zweiten Teile dieses Integrals
partiell nach t^ so erhält man die drei weiteren Gleichungen:
(9)
dF
d V
dt
" df
do
d V
dt
~ dg
dB
dV
dt
dh
dieselben sind offenbar die ^,Dielektrisierung8gleichungen'<^) für
ein anisotropes Medium, wenn keine äußeren elektromotorischen
Kräfte wirken. Durch Kombination derselben mit den Gleichun-
gen (6) ergibt sich das zweite System der gesuchten Gleichungen:
(10)
da
dt
d
* dx
db
dt
d
dx
de
d
d V
dg
d V
dh
d V
dt
dy df
d
SV
d
dx
d_
dx
d V
dh
dV
df
d V
dff
Führt man in die Gleichungen (8), (9), (10) die Funktion
ein, so nehmen dieselben die übersichtliche Form an:
(8 a)
(9 a)
(10a)
df _ d
dt dy
de
d
dx
d^
db
dF ö©
dt ~" df
• • • •
da d
dt "" dy
• • • •
dh
• •
d
dx
• •
dg
1) L. Boltzmaun, Vorl. üb. Max welU Theorie etc. I. Teil p. 79.
Differentialgleichungen der KristallopäL 427
Charakteristisch fbr die gefundenen Gleichungen ist das
Auftreten von genau transversalen Wellen, sowohl wenn fCLr
den Lichtvektor jener des elektrischen Zustandes {f, g, h) als
auch wenn jener des magnetischen Zustandes [a, b, c) gewählt
wird.
Nachträglich soll noch gezeigt werden, daß, wenn die aus
dem Minimalprinzip hervorgehenden Gleichungen (8] erfüllt
sind^ tatsächlich, wie schon früher behauptet wurde,
0^ = -20^
wird.
Unter der vorerwähnten Yoraussetzimg vrird nämlich:
J\ Vöy So a*"d6/"*" U* ö« dt de)
Durch Anwendung der teilweisen Integration auf der rechten
Seite dieser Gleichung erhält man mit Bücksicht auf (5):
d.h. </>^=-.2tf>^.
Die Gleichungen (8) erhält man auch, wenn man nach
Boltzmann^) der Prinzipalfunktion von vornherein die
Hamiltonsche Form erteilt, wobei bezüglich der Rolle, welche
den Energiewerten (l>^ und (l>^ zufällt, die früher gemachte
Bemerkung gilt. Bei Annahme dieser Form des Minimal-
prinzips müssen die Dielektrisierungsgleichungen (9) a priori
als gegeben vorausgesetzt werden.
Diese Voraussetzung ist mit der Max well scheu Theorie
eines anisotropen Dielektrikums in voller Übereinstimmung.
Einerseits sind nämlich im vorliegenden Falle die Komponenten
der elektromotorischen Kraft der Induktion die Ableitungen
[ dt' dt' dt)'
während dieselben andererseits, wie im 1. Bande des Treatise*)
1) L. Boltzmann, Vorlesungen über MaxwelU Theorie der
Elektrizitftt und des Lichtes. IL Teil p. 7.
2) § 101 e und 101 f.
428 E. Kobald,
ausgeflihrt ist^ lineare Funktionen der dielektrischen Ver-
schiebungen {f, fff h) sind, welche unter der Form
/ d V d V d_V\
\ df~' dg' Bh )
darstellbar sind. In der Gleichung:
(11) sJdtf{T-- r)dT = Sfdtj^dr = 0
ist nach dem Bemerkten ftir F zu setzen:
(12) -2F=f.^+ff^Ji- + h-'^
dt ' ^ dt • " dt '
die Variationen in Gleiohnng (1 1) sind so zu bilden, daß hierbei
{F, 0, H) als unabhängige Yariabeln anzusehen sind. Aus
(12) ergibt sich znn&chst
o*ir /•««'J' , ddO , , ddH
-(-äf^^+4f^^+4f**)'^^-
(13) -8r=f'^y~+g-^^ + h^^.
Für die Variation ST ist der Wert aus (7b] zu entnehmen.
Nachdem man die bezüglichen Werte in (11) eingesetzt hat,
ist in den Integralen, welche die Ableitungen der Variationen
[8F, 8 0, SR) nach den Koordinaten bez. nach der Zeit ent-
halten, die teilweise Integration ausgeführt zu denken. Be-
achtet man das Verschwinden der Variationen der unab-
hängigen Veränderlichen im Unendlichen, so ergeben sich
durch Nullsetzung der Faktoren von {SF, SG, dB) in den
Raumintegralen abermals die Gleichungen (8).
Es mag noch die Bemerkung Platz finden, daß sich auch
die entsprechende Verallgemeinerung des Poyntingschen
Theorems leicht beweisen läßt Multipliziert man nämlich die
Gleichungen (8) bez. mit
l dV dV dV\
\ df ' dg ' dh )
und addiert sie sodann zueinander und führt man dieselbe
Operation mit
/ dT dT Jj;\
\ da ' db ' de I
E. Kobold. Differentialgleichungen der Kristalloptik, 429
in bezug auf die Gleichungen (10) aus, so erhält man zunächst
djV-^T) ^ [db ' dh de ' dg) [de ' df da' dh)
dt dx "^ dy
(d_T dV^_d_T dV\
, \Dd ' dg db ' df)
Multipliziert man beide Seiten dieser Gleichung mit dem
Raumelement dz und integriert in bezug auf den ganzen
betrachteten Raum, so wird, indem die Raumintegrale rechter
Hand des Gleichheitszeichens sich in Oberflächenintegrale
umsetzen:
(14)) ^^ j l U* ' öÄ de dg)
^^\de df da dh)^^\da dg db df)f^
in dieser Gleichuug bedeutet do) das Oberflächenelement und
(/, m, n) sind die Kosinusse der Winkel, welche die Normale
mit den Koordinatenachsen einschließt
(Eingegangen 15. September 190b.)
Q>;
4S0
53. Über den Banm der Atome nnd Molekfile.
Von J. Traube in Berlin.
Seit einer Reihe von Jahren mit Arbeiten über den
Raum der Atome ^] beschäftigt, erscheint es mir wünschens-
wert, den wesentlichsten Inhalt dieser Arbeiten in einer kurzen
Mitteilung zusammenzufassen.
Indem ich nach Kopps Methode die für gewöhnliche Tem-
peratur berechneten Molekularvolumina (Molekulargewicht :
Dichte) solcher Verbindungen miteinander yerglich, welche sich
um eine bestimmte Differenz der Zusammensetzung unter-
schieden, gelang es mir die Atomvolumina zu berechnen, und
für das Molekularvolumen F^ den folgenden Ausdruck zu
finden:
-2T^ ist die Summe der Atomvolumina, tf> eine Größe,
welche von mir als molekulares Kovolumen bezeichnet und
als der Raum gedeutet wurde, welcher den Atomen zu ihrer
fortschreitenden Bewegung zur Verfügung steht (Raum für den
freien Äther).
Die Bedeutung dieser Gleichung wurde sogleich ersicht-
lich, als ich van der Waals Zustandsgieichung in den Kreis
der Betrachtungen hineinzog. Es ergab sich, daß die Werte F^
identisch^) waren mit van derWaals Größen 6, sobald diese
Größen nach van der Waals Gleichung durch Einsetzung
der Volumen werte für den flüssigen Zustand für zwei be-
nachbarte Temperaturen berechnet werden. 0 war somit
nichts anderes als die Größe v — b von van der Waals, und
1) Vgl. die Zusammenstellung: J. Traube, Über den Raum der
Atome, F. B. Ahrens Samml. ehem. u. chem.-techn. Vorl., Enke, Stutt-
gart 1899; ferner Ann. d. Phys. 5. p. 548. 1901 u. 8. p. 267. 1902;
Zeitschr. f. anorg. Chem. 34. p. 413 und 37. p. 225. 1903; Physik. Zeitschr.
4. p. 569. 1903.
2) J. Traube, Ann. d. Phya. 6. p. 552. 1901.
Raum der Atome und Moleküle, 481
••
obige Gleichung ging in voller Übereinstimmung mit-van der
Waals Theorie über in die Gleichung
t? =a 4 + (t? — ^).
H. Kopp hatte vor mir die Molekuhtrräume Yon Ver-
bindungen bei ihren Siedepunkten yerglichen und er war zu
der Gleichung gelangt:
Dieser Widerspruch von Kopps Gleichung und der-
jenigen Ton mir wird leicht beseitigt, wenn man bedenkt,
daB die normalen Siedepunkte annähernd übereinstimmende
Temperaturen sind^ und für solche Temperaturen sind die
Werte b und v — b einander proportional. Kopp hat aus
diesem Grunde die Größe 0 = r — i übersehen.
Wir wollen nunmehr die Größen JSV^^b und <P = r — i
gesondert betrachten und die wichtigsten Ergebnisse meiner
Arbeiten hinsichtlich dieser Größen zusammenfassen.
Die Atomräume ZV^^ h und das Kemvolomen, die
^ ..„ n» - 1 1
n" + 2 d
Nach Tan der Waals ist die Größe b yiermal so groß
als derjenige Raum, welchen ich als das Kemvolumen be-
zeichnet habe, d. h. der Raum, welcher von der ponderablen
Materie als solcher eingenommen wird, b ist nach Clausius
gleich jenem Kemvolumen vermehrt um die Hülle von ge-
bundenem Äther, in welche kein anderes Atom eindringen
kann. Nach der Theorie von Clausius-Mosotti-Exner ist
in roher Annäherung ein Maß jenes Kemvolumens die Größe
n« - 1 1
w* + 2 d '
wenn wir für die Dielektrizitätskonstante aus noch nicht ge-
nügend aufgeklärten Gründen besser den optischen Brechungs-
index substituieren.
Es wurde nun von mir gezeigt ^), daß in der Tat, soweit
die Theorie dies erwarten läßt, in roher Annäherung
^ = ^ n« + 2 ./
1) J. Traube, Anu. d. Phye. 5. p. 552. 1901.
482 /. Traube.
ist, und damit wurde eine Bestätigung der Ansichten von
van der Waals einerseits, der Annahmen von Clausius-
Mosotti-Exner andererseits erbracht Voraussetzung ist in
dessen, daß die Größe b aus dem Verhalten des flüssigen Zustan-
des abgeleitet wurde. Berechnete man dieselbe aus dem Verhalten
der Gase, so wurde aus dem Faktor 4 der Faktor 4y2.^)
Es wurde nun femer ^ von mir gezeigt, daß die Größe by
sowie dieselbe beispielsweise nach Kopps Methode berechnet
wurde, nur einen Mittelwert darstellte. Der Raum der Atome,
die Größe b, erwies sich als veränderlich, und zwar von Ver-
bindung zu Verbindung. Es ließ sich der später auch von
Richards bestätigte Satz^ aufstellen, daß der Raum eines
Atoms (b) um so kleiner ist, je größer die Affinität zu den
benachbarten Atomen ist Dieser Satz besagt eigentlich nichts
anderes, als daß die von jeher als kompressibel angesehenen
Atome durch den Affinitätsdruck im Verhältnis zu der Größe
desselben verkleinert werden. Damit wird die Kontraktion der
Atome ein wichtiges Maß der Affinität, und der von mir *) be-
reits erwähnte, von Richards^ weiter erbrachte Nachweis,
daß jene Kontraktion der Atome in nächster Beziehung steht
zur Bildungswärme der Verbindungen, ist von größter Be-
deutung.
Der Umstand, daß infolge einer verschiedenen Affinität der
Raum eines Atoms oft wesentlich verändert wird durch die
Nachbarschaft anderer Atome, ermöglichte in chemischer Hin-
sich nicht unwichtige Schlüsse auf die Konstitution und Kon-
figuration von Verbindungen. So ist beispielsweise mit dem Ring-
schluß zum Benzolring eine erhebliche Verkleinerung des Volu-
mens der Kohlenstofif- und Wasserstofi'atome verbunden, und es ist
möglich, auf volumetrischem Wege die Zahl und Qualität der
Ringe, ja selbst der Ringspannungen ^) vorauszusagen. Von
Interesse für die Atomistik war es, die auf diesem Wege ge-
1) J. Traube, Ann. d. Phys. 5. p. 560. 1901.
2) Raum der Atome 1. c. p. 22 u. Ann. d. Phys. 1. c. p. 550. 1901.
3) Tb. W. Ricbards, Zeitecbr. f. pbys. Cbem. 40. p. 172 u. 184. 1902.
4) J. Traube, Zeitscbr. f. anorg. Chem. 8. p. 23. 1892.
5) Tb. W. Ricbards, Zeitscbr. f. pbys. Chem. 40. p. 171 u. 547. 1902.
6) J. Traube, Baum der Atome L c. p. 26.
Bnum der Atome und Moleküle. 4S3
fandenen Volumenschwankungen der Größen b zu vergleichen
mit der Variabilität der Größe
n*- 1 1
n« + 2 d'
welche als rohes Maß des Eernvolumens angesehen werden
darf. Wie Landolts und Brühls Arbeiten gezeigt haben,
wird auch dieses Kemvolumen der Atome darch den meist
viele Tausende von Atmosphären betragenden Ajffinitätsdruck
beeinflußt, wenn auch die Kontraktionen der dreimal so großen
„Atherhülle'' naturgemäß weit erheblicher sind^ als diejenigen
des inneren Kernes der Atome.
Man kann die Größen b auch, wie ich gezeigt^) habe^
ans dem Verhalten der Lösungen feststellen, mit Hilfe der
von mir als Lösungsvolumen bezeichneten Größe, d. h. das
Volumen der Lösung vermindert um das wirkUche oder schein-
bare Volumen des Lösungsmittels. Auch dieses Lösungs-
volumen setzt sich zusammen aus den Atomräumen, den
Größen ä, und einem molekularen Kovolumen r — ä. Die auf
diesem Wege namentlich für verdünnte wäßrige Lösungen
nach Kopps Methode berechneten ^-Werte stimmten im Mittel
mit den aus homogenen Flüssigkeiten berechneten ä- Werten
überein, zeigten indessen wegen Wegfalls mancher Störungen
wesentlich geringere Schwankungen als jene, wenngleich auch
hier die konstitutiven Einflüsse sich geltend machten.
Zu vielfach auffallenden Zahlenverhältnissen wurde ich ge-
führt \ als ich die auf diesem Wege gefundenen Atomvolumina
verwandten Elemente miteinander verglich. Die gesetzmäßigen
Beziehungen der kiovaräume verwandter Elemente sind noch
zahlreicher als diejenigen der kiomffewichte, und ich habe den
Gedanken ^ ausgesprochen , daß wir vermutlich zu einer weit
vollendeteren Systematik der Elemente gelangen, wenn wir an
Stelle des auf zu einseitigem Prinzip beruhenden und mit
großen Mängeln behafteten periodischen Systems ein System
wählen, in welchen Elemente und Verbindungen in einer Reihe
natürlicher Familien eingeordnet sind, bei deren Aufstellung
1) J. Traube, Baum der Atome p. 1 u. f.
2) 1. c. p. 9 u. f.
8) 1. c. p. 12.
Boltsmann-FMtsohrift. 28
484 ]. Traube.
die räumlichen Beziehungen der Atome ebenso ansschlag-
gebend wären ^ wie diejenigen der Masse. Es zeigte sich
namentlich, daß die Eigenschaftsänderung eines Elementes beim
Übergang aus dem elementaren Zustande, in den Zustand
einer Verbindungsstufe, und aus dieser wieder in eine andere
Verbindungsstufe, namentlich also auch der Valenzwechsel,
und damit auch die elektrochemischen Beziehungen in inniger^
wenn auch bei weitem noch nicht genügend untersuchter Be-
Ziehung zu den räumlichen Änderungen der Atome stehen.
Die Größe b ist ebensowenig wie die Größe
n« - 1 \^
das Eemvolumen eine Funktion der Temperatur ^), aber beide
Größen sind Funktionen des Druckes, die Atome sind kam"
pressibel, und darauf ist es zurückzuführen, daß auch die
Größe b im gasförmigen Zustande wesentlich größer ist, als
im festen und flüssigen Zustande. *)
Auf p. 431 und 432 wurde darauf hingewiesen, daß
ist, während
sich berechnet, sofern man von den assoziierten Flüssigkeiten
absieht. Da das Kernvolumen, die Größe
n^ - 1 1
w* 4- 2 ~d
nach Brühls u. a. Berechnungen vom Aggregatzustande unab-
hängig ist, so folgt, daß b für den Gaszustand größer ist als
für den Flüssigkeitszustand. Auch die Anwendung von van
der Waals Gleichung auf Gase und Flüssigkeiten führt zu
dem gleichen Ergebnis.
Der Grund liegt, wie erwähnt, in der Kompressibilität
der Atome. Wie nach p. 3 der Aftinitätsdruck eine Kon-
traktion der Größen b herbeiführt, so läßt sich auch nach-
1) Ann. d. Phys. 8. p. 267. 1902; Zeitechr. f. auorg. Chem. 34.
p. 418. 1908; Phys. Zeitschr. 4. p. 569. 1903.
2) 1. c.
Raum der Atome und Moleküle. 435
weisen^), daß durch äußeren Druck die Atome komprimiert
werden, und es ist danach zu erwarten, daß der unter ge-
wöhnlichen Verhältnissen ca. 1000 Atm. betragende innere
Druck ajv^ auch eine erhebliche Verkleinerung der Größe b
henrojrbringt. Wird der innere Druck aufgehoben, wie bei der
Verdampfung, so wird b wesentlich größer, und ich habe be-
rechnet ^, daß unter den Bedimjungen^ welche die Verdampfungs-
ersch^UDgen im geschlossenen Rohre in der NäJie der kri-
ÜMchen Temperatur darbieten. Z^g» gleich etwa 2 b^ ist, d. i. das
Volumen beim absoluten Nullpunkte. Ein Gason ist unter
obigen Bedingungen zweimal so groß als ein Fluidon. Indessen
ist es sehr wahrscheinlich, daß der Maximalwert eines Gasons
wesentlich größer ist. *) Es ist sehr bemerkenswert, daß
van der Waals sich jenen Anschauungen von mir in neuester
Zeit^) voll und ganz anschließt, selbst bis auf die Gleichung
ÄgM = 2Ä^j: Die Priorität für jene Annahme darf indessen ich
mir wohl zuschreiben, da ich zuerst jene Hypothese ener-
gisch verfochten, und auf ihre zweifellos sehr weitgehen-
den Folgerungen ^) hingewiesen habe. Wieweit die Anwen-
dung dieser Hypothese von räumlich verschiedenen Gas- und
Flüssigkeitsmolekülen die Theorie des kritischen Zustandes be-
einflußt^, soll hier nicht weiter erörtert werden, auch scheint
mir die Frage, ob Gasonen und Fluidonen in der flüssigen
und Gasphase in einem von der Temperatur abhängigen Ver-
hältnisse ineinander löslich sind \ aus einigen Gründen wahr-
scheinlich, indessen noch nicht hinreichend sicher gestellt.
• •
Fast scheint es, als ob der Übergang der Fluidonen in Gasonen
ein langsam verlaufender Vorgang ist.
1) Zeitschr. f. anorg. Chem. 1. c. p. 425.
2) J. Traube, Ann. d. Phys. 8. p. 295. 1902.
8) J. Traube, Phys. Zeitschr. 1. c. und Zeitschr. anorg. Chem. 37.
p. 225. 1903.
4) Van der Waals, Akad. Wet. Amsterdam, 23. Juli 1903.
5) J. Traube Ann. d. Phys. 5. p. 560. 1901; ferner 8. p. 267.
1902 und Phys. Zeitschr. 1. c; vgl. dagegen van der Waals, Zeitschr.
f. phys. Chem. 38. p. 257. 1901.
6) 1. c. Vj;]. auch demnächst 1904 erscheinende Mitteilungen von
Teichner in den Ann. d. Phys. und von mir Zeitschr. anorg. Chemie.
7) l. c.
28*
486 /. Traube,
• •
Während der UbergaDg vom flüssigen in den gasförmigen
Zustand mit einer Änderung der Größe b verbunden ist^),
die in der Berechnung der Verdampfungswärme, der spezifi-
schen Wärmen, der Au&tellung und Deutung der Isothermen
ihren Einfluß geltend macht, bleibt beim Übergang, vom
flüssigen in den festen Zustand die Größe des Fluidons un-
geändert, wie ich unter Anwendung von Kopps Methode, so-
wie von van der Waals Gleichung^ nachgewiesen habe.
Bemerkenswert ist, daß für die nach 10000 Atm. zählenden
Affinitätsdrucke, sich ein Einfluß nicht nur auf die Eonstante b,
sondern auch auf das Eemvolumen
w* - 1 1
nachweisen Ueß, während der wesentlich kleinere innere
Druck ajv^ nur die Bäume der Atomhüllen
h — ^' - ^ ^
n« + 2 rf
und nicht diejenigen der Atomkerne
n« - 1 1
n* + 2 T
zu beeinflussen scheint.
Das molekulare Kovolumen v — h.
Das molekulare Kovolumen ist im Gegensatz zum Kern-
volumen und der Größe h nicht nur eine Funktion des Druckes,
sondern auch der Tempei^atur,
Was die Funktion des Druckes betrifft, so folgt dasselbe
streng in allen drei Aggregatzuständen dem Gesetze von Boyle-
van der Waals, in bezug auf die Temperatur ebenso streng
dem Gesetze von Charles-Gay-Lussac-Dalton. Auch gilt
namentlich für den flüssigen Zustand in roher Annäherung
das Gesetz von Avogadro^, insofern bei gleicher und ge-
wöhnlicher Temperatur für die meisten Flüssigkeiten sich die
inneren Drucke ajv^ als nicht sehr verschieden erwiesen haben.
1) 1. c.
2) J. Traube, Raum der Atome, 1. c. p. 34 u. Zeitschr. f. auorg.
Chem. 1. c.
3) J. Traube, Ann. d. Phys. 5. p. 553. 1901 und Raum der
Atome 1. 0.
Raum der Atome und Moleküle, 437
Die Berechnung des Eovolumens f£Lr Flüssigkeiten wie
auch feste Stoffe erfolgt weniger genau nach Kopps Methode,
genauer nach van der Waals Gleichung, msofem diese Glei-
chung sieh auch auf den festen^) Zustand als anwendbar «r-
wiesen hat. Für den flüssigen Zustand berechnete ich für
die meisten normalen, d. h. nicht assoziierten Flüssigkeiten,
das EoYolumen pro Grammmolekül bei 0^ und 76 cm zu
ca. 25 ccm. Da das molekulare Kovolumen der Gase unter den-
selben Bedingungen gleich ca. 22 400 ccm ist, so berechnet
sich der innere Druck a/v^ der meisten Flüssigkeiten im Mittel
22 400
25
= ca. 900 Atm. ,
eine Zahl, welche mit anderen Berechnungen übereinstimmte.
Für assozierte Flüssigkeiten, wie Hydroxylverbindungen etc.
waren die molekularen Kovolumina ihrem Assoziationsgrade
entsprechend mehr oder weniger kleiner als 25 ccm und man
konnte auf diesem Wege unter der allerdings nur in roher
Weise zulässigen Anwendung des Gesetzes von Avogadro
eine rohe Berechnung des Assoziationsfaktors herbeiführen *),
die bei dem Mangel besserer Methoden zurzeit nicht ohne Be-
deutung ist. Ebenso hat die von mir auf die Anwendung des
Satzes von Avogadro begründete Methode zur Berechnung
des einfachen Molekulargewichts ^ trotz der rohen Voraus-
setzungen auch jetzt noch ihre Bedeutung. Namentlich gilt
dies für Stoffe, welche in wäßriger Lösung sich befinden. Ich
habe gezeigt, daß hier in verdünnter Lösung*) für die Nicht-
leiter das molekulare Lösungsvolumen gleich ist der Summe
der Atomräume und einem molekularen Kovolumen, dessen
Größe nur geringen Schwankungen unterworfen ist und bei
gewöhnlicher Temperatur gleich etwa 12,4 ccm ist. Der Satz
von Avogadro gilt hier jedenfalls wesentlich genauer als für
homogene Flüssigkeiten, und die Gleichheit des molekularen
Kovolumens ermöglicht eine einfache Methode der Molekular-
gewichtsbestimmung, Da das molekulare Kovolumen einer
1) J. Traube, Zoitschr. f. anorg. Chem. 1. c.
2) J. Traube, Raum der Atome p. 40.
3) 1. c. p. 38.
4) L c. p. 36.
438 /. Traube.
homogenen nicht assoziierten Flüssigkeit meist Ton 25 ccm
nicht sehr yerschieden ist, in wäßriger Lösung gleich ca. 12,4 ccm
beträgt, so folgt, daß auch die Eontraktion beim Lösen eines
Ghrammmoleküls keine großen Schwankungen zeigt, und im
Mittel gleich 25 — 12,4 ccm ist
Eis ist bemerkenswert, daß mit der Spaltung in Ionen
pro Grammion eine etwa ebenso große Kontraktion ^) yerbun-
den ist
Die Berechnung der molekularen Kovolnmina fester Nicht-
leiter nach Kopps Methode^ f&hrte zu Zahlen, welche meist
nicht viel größer als halb so groß waren wie die molekularen
KoYolumina homogener Flüssigkeiten. Indessen da bei man-
chen derartigen Verbindungen, beispielsweise der racemiscben
Traubensäure etc. die doppelte Moleknlargröße außer Zweifel
stand, hier aber zu einem doppelt so großen Kovolumen wie bei
den anderen festen Verbindungen führte, so war die Annahme
nicht zu kühn, daß allgemein die scheinbare Halbierung des
KoYolumens beim Übergang vom flüssigen in den festen Zustand
auf eine Verdoppelung des Molekulargewichts zurückzuführen
wäre; eine Annahme, welche durch die Proportionalität *) der
Volumenvergrößerung beim Übergänge vom flüssigen in den
festen Zustand mit abnehmendem Assoziationsgrade der Flüssig-
keit gestützt wurde. Es ist dies die erste und einzige Me-
thode zur Bestimmung des Molekulargewichts fester homogener
Stoffe.
Die Kovolumina fester Elemente*) nach van der Waals
Gleichung haben sich als sehr klein erwiesen, besonders die-
jenigen der Metalle. Die mit Hilfe derselben berechneten
inneren Drucke erwiesen sich danach als sehr groß, beispiels-
weise berechnete sich ajv^ für Gold gleich 176 000 Atm., für
Diamant gleich 5 458 000 Atm.
Diese Werte waren für die dem Gesetze von Dulong
und Petit folgenden Elemente^) gerade dreimal so groß
als die Werte C{dtjdv), wenn C die Atom wärme und dvjdt
1) J. Traube, Raum der Atome p. 47.
2) J. Traube, Raum der Atome p. 35.
3) 1. c. p. 34.
4) J. Traube, Zeitschr. f. anorg. Chem. 1. c. p. 414.
5) 1. c. p. 416.
Baum der Atome und Moleküle, 489
die Änderung des Volumens mit der Temperatur bezeichnet.
Sie gingen bei den Metallen parallel den Härten und Elasti-
zitätsmoduln. ^)
Daß van der Waals Gleichung auch auf den festen
Zustand anwendbar war, wurde insbesondere dadurch erwiesen,
daß mit Hilfe der gewöhnlichen Ausdehnungskoefiizienten die
Werte
j dv
v-ö dt'
d. h. die Änderung der Volumeneinheit des Kovolumens, die Aus-
dehnungskoeffizienten des Kovolumens berechnet wurden.*) Lieser
Ausdehnungskoeffizient war (abgesehen von den Halogenen) all-
gemein sehr angenähert gleich Yg^j. Wird daher einem festen
Element Wärme zugeführt, so erfolgt keine Ausdehnung der
Konstante b, sondern nur eine solche des Kovolumens ü — ä.
In dieser Abhängigkeit von der Temperatur liegt der wesenüiehe
Unterschied der Volumengrößen
n«- 1 1
n« + 2 d
und b einerseits, der Große v ^ b andrerseits. Zu denken geben
schließlich die multiplen Beziehungen, welche für b und
w« + 2 d
im allgemeinen sowie für b und r — ^ im besonderen fiir
übereinstimmende Temperaturen, also für die drei Größen be-
stehen, welche nach dieser Theorie das Volumen zusammen-
setzen. Bedenkt man, daß es sich hier um das Materie-
volumen, und um den Raum des ,,gebundenen" und „freien
Äthers'' handelt, so möchte man glauben, daß die Volumen-
chemie berufen ist, über sehr wichtige fundamentale Fragen,
welche das Wesen der Materie berühren, und voraussicht-
lich über noch zahlreiche nicht minder bedeutsame andere
Fragen, wie über das Wesen der Affinität und Valenz, in ent-
scheidendem Sinne mitzureden.
1) J. Traube, Zeitschr. anorg. Chem. 1. c. p. 420.
2) 1. c. p. 414.
440 /• TratU^e. Raum der Atome und Moleküle,
Von besonderer Bedeutung dürfte es sein^ wenn es ge-
lingen sollte, die neue Elektronenlehre mit der Volumen-
theorie in Beziehung zu setzen.
Es liegt hier ein überaus fruchtbares Feld vor, welches yer-
dient, weit mehr beachtet zu werden, als dies bisher geschehen
ist Mir scheint, man braucht kein Prophet zu sein, um zu
behaupten, daß eine eingehende experimentelle Bearbeitung
dieses Gebietes, wie sie mir leider in meiner gegenwärtigen
Stellung nicht möglich ist, so befruchtend auf die yerschieden-
sten Gebiete der physikalischen Chemie einwirken würde, wie
wohl kaum ein zweites Forschungsgebiet.
Gharlottenburg, Techn. Hochschule.
(Eingegangen 17. September 1908).
441
54. Objektive Darstellung
der Interferenz des polarisierten Lichtes.
Von Ernst Mach in Wien.
Bei Gelegenheit seiner mit Arago angesteilen Versuche
über Interferenz des polarisierten Lichtes erkannte Fresnel
schon, daß das unpolarisierte (^^natürliche^') Licht in zwei gegen-
einander senkrechte linear polarisierte, nicht sichtbar inter-
ferierende („inkohärente") Komponenten gleicher Intensität sich
zerlegen läßt Aus dieser Tatsache folgt schon die Zerlegbar-
keit des unpolarisierten Lichtes in zwei gleich intensive in-
kohärente entgegengesetzt zirkulär, oder entgegengesetzt ellip-
tisch polarisierte Komponenten. Doch wurde diese weitere Ein-
sicht erst durch die Arbeiten von Stokes, Airy, Lippich
und Verdet gewonnen, und sie geht auch aus der richtigen
Interpretation der schönen von Stefan zum Beleg einer anderen
Meinung über das unpolarisierte Licht ausgeführten Versuche
hervor.
Wegen der fundamentalen Wichtigkeit der Fresn eischen
Experimente habe ich seinerzeit mit meinem damaligen Assistenten
Rosicky^) versucht, dieselben für den Unterricht in eine klare,
übersichtliche, jede Täuschung ausschließende Form zu bringen.
Bei Revision des Manuskriptes meiner Vorlesungen über Optik
fiel mir ein Mangel dieser älteren Experimente auf, der darin
besteht, daß sie sich nur zur subjektiven Einzelbeobachtung und
nicht zur Projektion eignen. Es ist mir nun gelungen, zwei
Versuchsformen zu finden, welche von diesem Mangel frei sind.^
1) E. Mach und \V. Kosicky, Sitzungsber. d. k. Akademie der
Wissensch. zu Wien 72. II. Abt. p. 197. 1875.
2) Ich mußte mich bei meinem Leiden, welches mir unmöglich
macht, selbst zu experimentieren, darauf beschränken, den Plan der Ver-
suche zu entwerfen. Mein ältester Sohn, Dr. med. Ludwig Mach, hat
die Experimente im Detail sorgfältig ausgeführt, während ich die Auf-
Btellung und die Ergebnisse kontrolliert habe.
442
E. Mach.
Zur Spaltung des unpolarisierten Lichtes in linear polari-
sierte Komponenten verwende ich nicht Gips, dessen sich
Fresnel bedient hat, und auch nicht Turmalin, der später
oft benutzt worden ist, sondern, wegen seiner optischen Rein-
heit und Vollkommenheit, Quarz. Mit Turmalin vereinfachen
sich zwar die Versuche, werden aber sehr lichtschwach und
leicht sehr unrein. Eine planparallele, achsenparallele Quarz-
platte von etwa 1 mm Dicke wird senkrecht zur Achse durch-
schnitten, das eine Stück wird in seiner Ebene um 90® ge-
dreht und an das andere genau angefügt Beide so neben-
einander liegende, durch eine scharfe
Grenze getrennte Stücke werden zum
Ausgleich derUnvoUkommenheiten des
Kristallschliffes zwischen gute Plan-
gläser mit Ganadabalsam eingekittet.
In Figur 1 bedeute / eine Quarz-
platte mit vertikaler, // eine gleich
dicke mit horizontaler Achse. Das un-
polarisierte Licht, welches die Quarz-
platten, vom Beschauer ausgehend,
durchsetzt, wird in die vertikal polari-
sierten Komponenten v^, v^ und in die
horizontal polarisierten Komponenten h^, h^ gespalten. In /
wird Äj ebensoviel verzögert als v^ in 77, wie dies die
Zeichnung andeutet. Führt man nun die beiden interferieren-
den Bündel irgend eines Interferenzversuches durch je eine
der Quarzplatten, so sieht man zunächst nur die Inter-
ferenz von t7j und v^, sowie jene von h^ und Z/^. Beide im
allgemeinen verschiedene Interferenzbilder überdecken sich, ohne
sich zu stören, und können durch ein vor die Lichtquelle oder
vor den Schirm gesetztes Nicol getrennt und einzeln zur Be-
obachtung gebracht werden. An dieser Erscheinung wird nichts
geändert, wenn man ein Nicol, dessen Polarisationsebene unter
45^ gegen den Horizont steht, vor die Lichtquelle oder vor
den Schirm setzt. Erst durch Einschaltung eines Nicols unter
45® zwischen Lichtquelle und Quarz werden sämtliche vier
Bündel kohärent und gleich intensiv, und gelangen, durch ein
zweites Nicol zwischen Quarz und Schirm auf eine Polarisations-
ebene reduziert, zur sichtbaren Interferenz. In diesem letz-
Fig. 1.
Interferenz de» polarisierten Lichte». 448
teren Falle ist die InterferenzerscheiDung am eiufacheten Ter-
stäDcUich, wenn man berücksichtigt, da8 der Quarz zwischen \
und Oj keinen Oangunterschied setzt, ebeosowenig zwischen v^
und h^. Dies gilt insbesondere bei parallel orientierten Nicola.
Da aber nun alle Tier Bündel kohärent sind, ao macht sich
der Gangnnterschied zwischen »,, A^ und \, », im Interferenz-
bilde bemerklich. Setzt man gekreuzte Nicola an die Stelle
der parallelen, so tritt zwischen k^ und v^, ebenso zwischen v^
und A, ein Fhaaenunterschied von einer halben Periodenlänge
auf, der sich zu allen sonst gegebenen Qangimterschieden hin-
zuiÜgt, und die Vertauschang aller Maxima und Minima be-
dingt. Dies vorausgeschickt, werden die folgenden Versuchs-
formen leicht verständlich sein.
1, Betrachten wir zuerst eine Versuchsform, bei welcher
man große und intensive Projektionsbilder erzielt. Man leitet
Sonnenlicht durch eine vertikale Spalte S unter nahe senk-
rechter Inzidenz auf eine etwa 5 cm dicke, an der RUckfläche
versilberte Jaminsche Platte ^,, so daß nur eine geringe
Trennung des an der Vorderfläche reflektierten Bündels I von
dem an der Rückfläche reflektierten Bündel II eintritt. Beide
Bündel fallen dann auf eine zweite gleiche und gleich orientierte
Jaminsche Platte J^. Das nun an der Vorderfläche von /,
reflektierte Bündel TI vereinigt sich mit dem hier an der
RUcktläche reflektierten Bündel I, und beide geben ineinander
verlaufeTid die bekanuten Interferenzerscheinungen. Man läßt
nun die beiden vereinigten Bündel I und II bei Abbiendung
aller übrigen Lichter auf eine
achromatische Linse von etwa
1 m Brennweite fallen, und
bildet durch dieselbe die Spalte
S auf einem Schirm ab. Die
Jaminschen Platten reguliert
man so, daß das Spaltenbild
vonniclitzu breiten horizontalen
Interferenz st reifen <iiier durchzogen erscheint, wobei man den
mittleren weißen Streifen, der dem Gangunterschied Null ent-
spricht, die Lange der Spalte halbieren läßt. Kin Spektral-
prisma, hinter die Projektionslinse gesetzt, löst das Spaltenbild
in ein horizontales Sjjektrum auf, dessen zur Dispersionsrichtung
444 S. Mach.
nahe parallele loterferenzstreifeD im Violett etwas konvergiereD.
FOgt man nun den Doppelquarz so ein, daß von den beiden
TOD /j abgehenden Bündeln je eines durch einen Quarz passiert,
80 erhält man den Überraschenden ^) Anblick zweier schiefer,
sich netzfSrmig im Spektrum durchkreuzeDder Streifensyst«me
(Fig. 2). Das eine gehört dem rertikal, das andere dem hori-
zontal polarisierten Licht an, wie ein vor S gesetztes Nicol
sofort zeigt Bei Einfügung eines Eompensators, oder Drehung
der Jaminschen Platten, verschieben sich beide Systeme in
entg^engesetztem Sinne, wobei das eine System breiter, das
andere schmäler wird. Setzt man ein Nicol vor S, ein zweite*
Nicol etwa vor die Projektionsliuse unter 45°, so erscheint auf
dem Schirm sofort nur ein oerA'Aa^fStreifeasystem, welches maji
als identisch mit jenem eines 1 mm dicken achsenparalielen,
zwischen zwei Nicols gesetzten Quarzes erkennt Dasselbe ist
noch durchzogen von den nahe
^MM M M — H — ^-| horizontalen Streifen, aufweiche
^^Ag^Li^kBAB^fert man den Jaminschen Apparat
I' ^^TB B ^ Kk eingesteilthat(Fig.3). Wechselt
^^^P^f^^^^P^PI man zwischen ParaJlelBtellung
" * * — ■—■ — -■-J yjjd Kreuzung der Nicola, so
IHg. 8. tauschen alle Masima mit den
Minimis ihre Plätze.
Die sich durchkreuzenden Streifensysteme versteht man
durch folgende Überlegung. Der PhasenunterBchied der inter-
ferierenden Lichter wächst im Spektralbilde in der horizontalen
Dispersions richtung von Rot gegen Violett, insofern derselbe
vom Quarz herrührt, hingegen z, B. in vertikaler Richtung auf-
wärts, insofern er durch die Jaminschen Platten bedingt ist
1) Die Lebre von der InterfereiiE hält« ganz wohl eine hohe Ent-
wickelung eircicht'u können, ohne die geringste Kenntnis der Doppel-
brechung und Polarisation. Hätre nun irgend ein liisloriflcher Zufall,
wie deren tstBäclilich viele eingelreten sind, zu einer Anordnung ähn-
lich der im Teit beBchriobenen geführt, so hätte man unter sehr rätsel-
haften Umständen xiceierlei LichtHrten im Quarz kennen gelernt, von
denen jede für eiuh interferiert, welche aber aufeinunder nicht reagieren.
Die Entdeckung der ZirkularpolarisatiDn hätte ebenfalls jener der linearen
voransgeben können. Eb ist aebr lehrreich, sich die Folgen hiervon m
vergegenwärtigen.
Interferenz des polarisierten Lichtes, 445
Durch geometrische Zusammensetzung (Summation] ergeben sich
schiefe Linien gleichen Phasenunterschiedes. Die Neigung ist
aber für das vertikal und horizontal polarisierte Licht ent-
gegensetzt ^ weil der durch die Quarze bedingte Phasenunter-
schied für die betreffenden Lichter von entgegengesetztem
Zeichen ist.
Bewirkt man Kohärenz des vertikal und des horizontal
polarisierten Lichtes^ so denke man sich zunächst (Fig. 1)
A^ mit V3 und v^ mit A, kombiniert Beide geben nur die
Interferenz der J am in sehen Platten, welche letztere aber um
eine halbe Schwingung alteriert wird, wenn man gekreuzte
NicolR statt paralleler anwendet. Bei Kombination des ge-
samten Lichtes tritt nun erst der Einfluß des Gangunter-
schiedes im Quarz hervor, der bei Nicolkreuzung ebenfalls um
eine halbe Schwingung alteriert wird. Hiermit sii|d alle Ver-
hältnisse dieses Versuches klargelegt Auch die quantitative
Behandlung derselben unterliegt keiner Schwierigkeit
2. Ich will nun noch ein zweites Verfahren beschreiben,
welches den älteren Versuchsformen näher liegt Dasselbe ist
mit sehr bescheidenen Mitteln ausführbar und liefert kleinere
Projektionsbilder, die aber einem engeren Kreis von Zuhörern
noch recht gut demonstriert werden können. Selbstverständ-
lich sind alle optischen Bilder Beugungsmaxima, so auch in
dem zuvor behandelten Fall. Soll aber der jetzt zu beschrei-
bende Versuch vollkommen verstanden werden, so sind immer-
hin einige vorausgeschickte Detailausfiihrungcn über Beugung,
die hier natürlich wegbleiben können, unerläßlich. Darin be-
steht ein Mangel des Versuches, der auch den Fresn eischen
Formen anhaftet.
Das Sonnenlicht passiert eine vertikale Spalte F, deren
Länge durch eine unmittelbar folgende horizontale Spalte H
beliebig beschränkt werden kann, und tällt dann auf das Ob-
jektiv O eines Fernrohres, dessen Okular ein scharfes reelles
Bild von V und // auf einem matten, durchscheinenden Schirm
von Glas oder Zelluloid entwirft. Setzt man ein feineres Ruß-
gitter G ^) mit vertikalen Stäben vor 0, so erscheinen rechts
1) Nur ein Gitter mit undurchsichtigen Stfiben ist zu dem Venuch
verwendbar. Ein auf Glas radiertes Gitter liefert zu viel zerstreutes
Uoht
446 E. Mach,
und links zu beiden Seiten des Spaltbildes symmetrisch an-
geordnet die bekannten Spektren, welche das Violett dem
Spaltenbilde zukehren. Bei genügender Abkürzung der Spalte V
reduzieren sich diese Spektren auf schmale horizotale Streifen
oder Linien, welche von innen und außen, mit Violett be-
ginnend, zum äußersten Rot übergehen. Einschränkung der
Höhe des Gitters durch eine vor dasselbe gesetzte horizontale
Spalte S verbreitert diese Spektren wieder desto mehr, je
enger S wird. Das Spektrum verwandelt sich in das Beugungs^
hild einer horizontalen Spalte, dessen Farbe in jeder Vertikalen
homogen ist, während die Wellenlänge und dieser entsprechend
die Bildbreite von innen nach außen zunimmt. Wir setzen
nun den Doppelquarz so vor die horizonte Spalte S^ daß die
Grenze zwischen dem oberen, etwa horizontalachsigen, und
dem unteren, vertikalachsigen Quarz die Mittellinie der Spalte S
bildet, und daß das vertikal polarisierte Licht in der oberen,
das horizontal polarisierte Licht in der unteren Spaltenhälfte
gleich viel verzögert wird. Wie das Experiment und die
Theorie der Beugung lehrt, wiederholen sich dann die
sub 1 beschriebenen Erscheinungen mit geringen Modifika-
tionen. ^) Man erblickt die netzförmig sich durchkreuzenden
beiden Streifensysteme, die man durch Anwendung eines Nicols
vor V^ H voneinander isolieren, durch einen Jaminschen
Kompensator mit horizontaler Trenuungslinie vor S in ent-
gegengesetztem Sinne verschieben kann etc. Es verhält sich
alles so, als ob zwei Spalten von der halben Breite von S un-
mittelbar nebeneinander lägen, und deren Beugiingsbilder sich
überdecken würden. Die schiefen Systeme sind durch die
Interferenz der Lichter heider Spalten bedingt. Sie verschwinden
sofort, wenn man die obere oder untere Hälfte von ^S' mit einem
undurchsichtigen Schirm deckt. Macht man aber durch An-
wendung zweier paralleler Nicols unter 45^' alle Lichter kohärent,
und betrachtet zunächst das verzögerte Paar für sich, das be-
schleunigte Paar für sich, so hat man jetzt eine Spalte von
der ganzen Breite, durch welche gleichphasiges Licht eindringt.
1) In der Tat können die scbematischen Figuren 1 bis 3 auch zur Er-
läuterung dieses Versuches dienen. Man hat sich nur vorzustellen, daß
die Spektren in diesem Falle am violetten Ende schmäler sind, und
daß die Längsstreifen im Spektrum hier exakt gerade ausfallen müssen.
Interferenz des polarisierten Lichtes, 447
Nun müssen die symmetrischen längs der Spaltenlänge ver-
laufenden Minima den halben Abstand haben, wie zuvor. Es
müssen also solche neue Minima auftreten. Bei Kreuzung der
Nicols tauschen diese mit den Maximis ihren Platz. Außer-
dem bringt die VerzögeruDg des einen Lichterpaares gegen das
andere die vertikalen, dem Quarz entsprechenden Querstreifen
in den Beugungsspektren hervor, die beim Wechsel von Kreu-
zung und Parallelstellung der Nicols ebenfalls alternieren.
Es ist nicht nötig, die Zerlegbarkeit des unpolarisierten
Lichtes in entgegengesetzt zirkulär oder elliptisch polarisierte
inkohärente Komponenten von gleicher Intensität besonders
experimentell nachzuweisen. Will man aber solche Versuche
ausführen, so unterliegt dies keiner Schwierigkeit, und man
kann bei den hier beschriebenen Versuchsformen dieselben
Mittel verwenden, welche in der eingangs erwähnten, von mir
mit Bosicky publizierten Arbeit benutzt worden sind.
(Eingegangen 18. September 1908.)
448
55. Wirkung der anomalen Dispersion von
Metalldämpfen.
Von Hermann Ebert in München.
Mit der Eigenschaft selektiver Absorption eines Mediums
ist seine Fälligkeit, auf die dem Bereiche seiner maximalen
Absorption benachbarten Strahlengebiete anomal dispergierend
zu wirken, aufs engste verknüpft, und zwar verteilt sich diese
Wirkung ausnahmslos in der Weise, daß die nach dem Rot
zu gelegenen Strahlenarten ^ also akustisch gesprochen, die
tieferen Schwingungen stärker^ die nach dem Violett folgenden
Strahlen höherer Schwingungszahl aber weniger abgelenkt werden.
Bei großer Dichte und Ausdehnung des anomal brechenden
Mediums können diese Ablenkungen selbst in Spektralgebieten
sich noch bemerklich machen, die weit von denen der Eigen-
schwingungen des Mediums selbst entfernt liegen. Dagegen
erfahren Strahlen, die außerhalb dieser Gebiete liegen, keine
Änderung ihrer Fortpflanzungsgeschwindigkeit mehr.
Es konnte von vornherein erwartet werden, daß die
Metalldämpfe, bei denen den scharfen Emissionslinien nach
dem Kirch ho ff sehen Gesetze unter Umständen sehr ausge-
sprochene Absorptionsmaxima entsprechen, in hervorragender
Weise diese Eigenschaft überall dort aufweisen würden, wo
sie bei genügender Absorption zugleich als brechende Medien
wirken. Diese Vermutung hat sich bestätigt. ^) In der Tat
kann bei Metalldämpfen die anomale Dispersion ihre Wirkung
über sehr ausgedehnte, sich von den Metallabsorptionslinien
nach beiden Seiten hin weit in das Spektrum erstreckende
Bereiche hin geltend machen.^) Es tritt hier sogar der eigen-
1) Vgl. H. Ebert, Physikal. Zeitschr. 4, p. 473— 47fi. 1903.
2) Vgl. z.B. die Wirkung des Natriumdampfes bei R. W. Wood,
Proc. Roy. Sog. 69. p. 157—171. 1901 und phys. Zeitschr. 3. p. 230—233.
1902.
Wirkung der anamalen Dispersion. 449
tflmliche Fall ein, daß die brechende Kraft ftLr die höheren
dem Absorptionsgebiete unmittelbar benachbarten Lichtschwin-
gongen kleiner als die des Vakuums ist, so daß Brechungs-
expanenten kleiner als eins erhalten werden, was mit den be-
sonderen elektrischen und magnetischen Eigenschaften dieser
Medien zusammenhängen wird. So fand BecquereP) bei
Natriumdampf 1,0009 als Brechungsindex für die von J5j nach
dem Rot zu gelegenen Schwingungen, 0,99865 für die von D^
nach dem Violett zu gelegenen Spektralbezirke. Diese Brechungs-
indizes beziehen sich auf heiße Flammengase als umgebendes
Medium, denen Becquerel den Index 1,0001 gegenüber dem
Vakuum zuschreibt. Die auf das Vakuum umgerechneten
Brechungsexponenten sind demnach für Natriumdampf 1,0010
bez. 0,99875.
Wood, der mit viel dichterem Natriumdampfe arbeitete,
findet*) 1,0024 bez, 0,9969 relativ zu heißem Wasserstoffgase,
dessen Exponent wir ebenfalls zu 1,0001 annehmen können,
so daß für Natriumdampf 1,0025 bez. 0,9979 in bezug auf den
leeren Raum resultiert.
Ich selbst finde für Ealiumdampf, und zwar ftlr dessen
Absorptionslinie im Rot, 1,00176 bez. 0,99844 auf Vakuum
bezogen. Die durch diese Zahlen zum Ausdruck gebrachten
brechenden Kräfte sind ganz erhebliche; ist doch der Brechungs-
exponent für Luft z. B. nur 1,0003; die brechende Kraft ist
daher für Kaliumdampf in der bei den Experimenten ver-
wendeten Dichte ca. sechsmal, für Natriumdampf ca. achtmal
größer als für Luft von Atmosphärendruck.
Es kann daher nicht wundernehmen, daß überall dort,
wo sich Metalldümpfe außer durch ihre Absorption auch durch
ihre lichtbrecheude Kraft au dem Zustandekommen der Licht-
erscheinungen beteiligen, sich iu dem resultierenden Spektrum
eigentümliche, durch die Verteilung der Brechungsexponenteu
in der Umgebung der Metallinien bedingte Anomalien ein-
stellen müssen. Icli möchte hier nur auf den Fall eigentüm-
licher llelligkeitsverteiluiufen in dem Spektrum hinweisen, die da-
durch bedingt werden, daß das Licht einer ein kontinuierliches
1) H. Becquerel, Compt. rend. 126. I, 1. p. 145—151. 1899.
2) ß. W. Wood, a. a. O. p. 166 oben.
29
BolUaumn-FestAchrift,
Spektrum liefernden Strahlenquelle auf der einen Seite einer
MetaUabsorptionelinie durch die brechende Wirkung davor
liegender Dampfschichten zu dem Beobachter hin abgelenkt
wird, während die auf der entgegeogeaet^ten Seite der Linie
zu erwartenden Strahlenkomplexe ausbleiben, weil sie vermöge
der Brechungen, die sie in den DäDi|)fen erfahren, den Apparat
nicht erreichen. Wird z. B. ein hoher, etwa ^j^ Liter fassender
G-raphittiegel 0 0, Fig. 1, wie er zu Schmelzelektrolysen ver-
Wirkung der anomalen Dispersion. 451
wendet wird, gut leitend^) an den negativen Pol einer aus-
giebigen Stromquelle angeschlossen und in diesen als Anode
ein dicker Eohlestab KK eingeführt, so erhält man eine Heiz-
Yorrichtung, in der man sehr bequem Metalle verdampfen, und
über einer weißglühenden Unterlage ziemlich regelmäßig ge-
schichtete dichte Dampfmassen anhäufen kann. Hat man
durch Berühren von Anode und Kathode den Bogen entzündet,
und sind beide Elektroden genügend heiß geworden, so kann
man das Metall einführen und dann mit der Spannung all-
mählich weit herabgehen (bis auf etwa 30 Volt bei 110 Am-
peres), ohne ein Abreißen des Bogens befürchten zu müssen;
gerade in der Verwendung solch niedriger Spannungen liegt
eine wesentliche Bedingung für ein ruhiges gleichmäßiges Ver-
dampfen. Die Oxydation der aufsteigenden Metalldämpfe hält
man durch Einführen von Kohlenoxyd (das man gleich im
Tiegel selbst mit entwickeln kann) oder von Ammoniakgas
nach Möglichkeit zurück. Bringt man dann einen schmalen
ebenen Spiegel dicht neben der Anodenkohle genügend weit
oberhalb des Tiegels an, von dem die vertikal emporsteigenden
Strahlen nach der Seite durch eine Linse hindurch auf den
Spalt eines Spektralapparates geworfen werden, so sieht man
in diesem an den Linien des verdampfenden Metalles, nament-
lich an den leicht umkehrbaren, eine Erscheinung, wie sie
unter anderem für die Spektra der „Neuen Sterne" charakte-
ristisch ist: Neben den dunklen Absorptionslinien ist die
Helligkeit des kontinuierlichen Hintergrundes nach dem Rot
zu stark erhöht, die dunklen Absorptionslinien dagegen er-
scheinen nach dem Violett zu erheblich verbreitert. Wie diese
Erscheinung durch die anomale Brechung in den Dampf-
schichten zustande kommt, möge Fig. 1 erläutern. In dieser
stelle aa, bb den Voltabogen dar; um diesen legen sich die
Dampf hüllen, die unten am Boden des Tiegels am dichtesten
sind und deren Schichtung ungefähr durch den Verlauf der
von K nach G auf beiden Seiten hinüberziehenden Querlinien
zu charakterisieren sein dürfte. In diese Schichten ist links
1) Vgl. hierüber die Arbeit von W. Mutbmanu, H. Hofer und
L. Weiss, Ann. d. Chemie 320. p. 231— 269. 1901, namentlich p. 262
unten.
29*
462 H. Ebert
in Fig. la, der Verlauf jener Strahlen eingezeichnet, für
welche der Brechungsexponent größer als eins ist und mit zu-
nehmender Dampfdichte wächst; für diese Strahlen werden
die tieferen Schichten daher auch optisch immer dichter; denken
wir uns Lichtstrahlen senkrecht von oben hereinfallend, so
werden diese überall den Einfallsloten zu gebrochen; nach dem
Prinzip der Umkehrbarkeit der Lichtwege nehmen sie den
gleichen Verlauf wie die von ihren Auftreß'punkten aus-
gehenden und aus dem Gefäße nach oben hin austretenden
Strahlen, welche in der Figur gezeichnet sind. Diese Strahlen
bringen hiemach das von dem heißen Kohleende und dem
Tiegelboden ausgehende Licht in den Spektralapparat; die
ihnen entsprechenden Teile des kontinuierlichen Spektrums
müssen heller erscheinen als die entfernteren Spektralteile,
für welche dieses Umbiegen der Strahlen in der Tiefe nach
den Oberflächenpartien maximaler Exmission zu nicht stattfindet;
die HeUigkeit im Spektrum muß vom Bot her gegen die Ab-
sorptionslinie etwa in der Art ansteigen, wie die Dispersions-
kurve daselbst anwächst, vgl. Fig. 2, welche die Helligkeits-
yerteüung im Spektrum an der Stelle einer MetaUabsorptions-
linie A darstellt, welche beispielsweise in dem Teile des
Spektrums gelegen gedacht ist, in welchem die Emissionskurve
der glühenden festen oder geschmolzenen Körper im gleich-
mäßigen Sinken begriffen ist Ein helles, gegen das Gebiet Ä
der maximalen Absorption allmählich immer intensiveres Band
erscheint dem kontinuierlichen Spektrum aufgelagert. Ganz
anders verhält sich die Helligkeitsverteilung für die von der
Absorptionslinie Ä nach dem Violett zu gelegenen Strahlen,
für welche der Brechungsindex in den Metalldampfhüllen < 1
ist und sich von Schicht zu Schicht nach unten hin immer
mehr von der Einheit entfernt Für diese Strahlen zeigt
Fig. 1 b den Verlauf; sie bringen also nach oben nur das von
den viel kühleren Tiegelwänden emittierte Licht, die ihnen
entsprechenden Spektralgebiete müssen daher viel dunkler er-
scheinen als die entfernteren Teile, für deren Wellenlängen
die Brechungsanomalie nicht mehr besteht Das Absorptions-
gebiet A, Fig. 2 erscheint also nach dieser Seite hin fortgesetzt,
die Absorptionslinie nach dem Violett zu stark verbreitert
über dem Spektrum scheint hier also ein dunkler Schatten zu
Wirkung der anomalen Dispersion,
46d
lagern von viel größerer Ausdehnung, als ihn die Absorption
jemals allein hervorbringen könnte.
Die hellste Kante des hellen Bandes liegt fast am nor-
malen Linienorte; die Mitte des dunklen Bandes ist stark
nach dem Violett zu verschoben ; gegen dasselbe setzt die helle
Linie scharf ab^ während nach außen hin sich sowohl helle
wie dunkle Linien ganz allmählich in die helle Umgebung
hinein verlieren.
Freilich wird die Schichtung der Dampfmassen in dem
Tiegel nicht immer eine so regelmäßige sein^ wie es in Fig. 1
angenommen ist. Demzufolge ist das Bild im Spektrum an
den einzelnen Linien ein fortwährend wechselndes; es kehrt
aber immer wieder zu dem geschilderten Typus zurück. Bei
völlig ruhig brennendem Bogen ist der Charakter der Linien-
verdoppelung, Verschiebung und Hell igkeits Verteilung immer
der gleiche; die einzelnen Erscheinungen imterscheiden sich
nur dem Grade ihrer Ausbildung nach. Bei photographischer
Aufnahme würden sich aber sehr verschied enwertige Bilder
übereinander lagern.
Die geschilderte Anordnung^) eignet sich auch sehr gut
1) Auf dieselbe bezieht sich die Anmerknng in meinem Aufsatze
in der Physika!. Zeitschr. 4. p. 473. 1903, in dem ich für die anomale
DiBpersiou als einer allgemeinen Eigenschaft aller Metalldämpfe eintrat
.454 H. Ebert Wirkung der anomalen Diepereion.
da^n, um sich von der Existenz der anomalen Dispersion der
Metalldämpfe überhaupt zu überzeugen in Fällen, in denen
die Anordnung der gekreuzten Spektra zunächst noch unüber-
steigliche Hindemisse bereitet Letztere verdient natürlich
überall dort den Vorzug, wo es sich um Messungen der brechen-
den Kräfte von Metalldämpfen handelt.
München, Physikal. Institut der Technischen Hochschule.
(Eingegangen 19. September 1903.)
455
56. Elektrostatische, magnetische
und hydrodynamische Grenzflächenbedingnngen.
Von V. BJerknes in Stockholm.
1. An der Grenzfläche von zwei Medien verschiedener
elektrischer beziehungsweise magnetischer Polarisierbarkeit tritt
bekanntlich eine charakteristische Brechung der Kraftlinien ein.
Dieser Brechung liegt das folgende einfache Verhalten der
Vektorgrößen des elektrischen oder des magnetischen Feldes
zugrunde:
J)ie Feldintensität geht mit stetiger Tangentialkomponente,
die Polarisation (Induktion) mit stetiger Normalkomponente durch
die Grenzfläche hindurch.
Aus diesem Gesetze schließt man gleich auf die ünstetig-
keit der Normalkomponente der Feldintensität und der Tan-
gentialkomponente der Polarisation, und man wird auf das
bekannte Brechungsgesetz
geführt, wo k und K die Polarisierbarkeiten der betreffenden
Medien, ö und & die Winkel sind, welche die Tangenten der
Kraftlinie mit der Normalen der Grenzfläche bilden.
2. In dem hydrodynamischen Bilde der elektrostatischen
oder der magnetischen Erscheinungen, welches aus den Unter-
suchungen meines verstorbenen Vaters, C. A. Bjerknes, her-
vorgegangen ist, entspricht „hydrodynamische Feldintensität"
(d. h. das Produkt von Geschwindigkeit und Dichte) dem gleich-
benannten elektrischen und magnetischen Vektor, die Ge-
schwindigkeit entspricht der Polarisation, imd die reziproke
Dichte oder die „Beweglichkeit" der Flüssigkeit spielt dieselbe
Bolle, wie die elektrische oder magnetische Polarisierbarkeit
des Mediums.^]
1) V. Bjerknes: Vorlesuncren über hydrodynamische Femkrftfte
nach C. A. Bjerknes* Theorie. 2. p. 287. Leipzig 1902.
466 r. Bjerknea.
Dieses Bild ist jedoch bis jetzt nur für den Fall aus-
gearbeitet, daß die Körper Eugelform haben. Dabei ist der
Nachweis, daß sich die hydrodynamischen Vektorgrößen an
einer Grenzfläche wie die elektrischen oder magnetischen
verhalten, nur für den Fall geführt^ das die Grenzfläche Eugel-
form hat, und daß der äußere Strom ein einfacher Parallel-
strom ist. Wer sich aber die charakteristische Übereinstim-
mung der betreffenden hydrodynamischen Stromfelder mit den
entsprechenden elektrischen oder magnetischen Ejraftfeldem
vergegenwärtigt \ und diese Übereinstimmung als ein Glied in
der merkwürdigen Beihe von Übereinstimmungen zwischen
hydrodynamischen und elektrisch-magnetischen Erscheinungen
sieht, wird jedoch hinter dem partikulären Resultate über
Kugeln Prinzipien großer Allgemeinheit vermuten. Die Auf-
suchung dieser Prinzipien erfordert aber die Entwickelung ganz
anderer üntersuchungsmethoden als die, durch welche G. A.
Bjerkn'es seine Resultate gefunden hat, und welche in der
expliziten Lösung partikulärer Probleme bestand. Auf diese
allgemeinen üntersuchungsmethoden, und auf die Resultate,
die man durch sie erreicht, werde ich bei späteren Gelegen-
heiten ausführlich zurückkommen. Als erste Andeutung
über ihre Art, sowie über die Resultate, welche sie geben,
werde ich die folgenden Bemerkungen über das Verhalten der
hydrodynamischen Vektorgrößen an der Grenzfläche zweier
Flüssigkeiten verschiedener Dichte und also verschiedener „Be-
weglichkeit" machen. Wie ich hinzufügen will, kann jedoch
die Frage hier nicht vollständig erledigt werden, da dieses zur
Lösung der Aufgabe über die hydrodynamische Analogie in
ihrer vollen Allgemeinheit führen würde.
3. Ich bemerke zunächst, daß das Verhalten der Normal-
komponenten der hydrodynamischen Vektorgrößen schon durch
die ersten Prinzipien der Hydrodynamik gegeben ist. Wenn
man die Bedingung der Kontinuität festhält, so geht die
Normalkomponente der Geschwindigkeit durch jede Grenz-
fläche stetig hindurch. Die Normalkomponente der Geschwindig-
keit verhält sich also genau wie die Normalkomponente der
Polarisation, ein Prinzip, welches schon längst vielfach benutzt
1) V. Bjerknes, 1. c. Fig. 66—60. p. 256—270.
Grenzflächenbedingungen, 45 T
worden ist bei dem beiläufigen Vergleich elektrischer oder
magnetischer Felder mit hydrodynamischen Stromfeldem.
Aus der Kontinuität der Normalkomponente der Ge-
schwindigkeit folgt gleich die Diskontinuität der Normal-
komponente der Feldintensität Die Normalkomponenten dieses
Vektors werden sich direkt wie die Dichtigkeiten und also um-
gekehrt wie die Beweglichkeiten der Flüssigkeiten auf den
beiden Seiten der Grenzfläche verhalten.
4. Die Hauptfrage wird das Verhalten der Tangential-
komponenten der hydrodynamischen Vektorgrößen betreffen^
und zu der Beantwortung derselben muß man auf die hydro-
djrnamischen Bewegungsgleichungen zurückgreifen.
Es sei u mit den Komponenten u^, u^y u^ die Geschwindig-
keit der Flüssigkeit auf der einen, U mit den Komponenten U^,
U , U^ auf der anderen Seite der Grenzfläche, weiter p und g
Druck und Dichtigkeit auf der ersten, P und Q auf der zweiten
Seite. Ich lege das Koordinatensystem so, daß die a:y-Ebene
die Grenzfläche berührt und betrachte die Bewegungskom-
ponenten längs X, welche zwei einander gegenüberliegende
Punkte der zwei Flüssigkeiten haben. Für die Bewegung des
einen Punktes bat man dann
rfttr _ dp
und für die Bewegung des anderen
^ dt dx '
Jetzt muß nach dem Prinzipe von der gleichen Wirkung
und Gegenwirkung der Druck beiderseits der Grenzfläche
gleich groß sein :
p=p.
Da dieses in allen Punkten der Grenzfläche gilt, können wir
nach der zu der Grenzfläche tangentiellen Richtung x difi*e-
renzieren
dP ^ dp
dx "" dx
und wenn wir dieses in den obigen Bewegungsgleichungen be-
nutzen, so ergibt sich
W « ät' = ^ dt ■
458 y. Bjerknes.
Eüne ganz ähnliche Gleichung erhält man für die y-Achse,
und das hydrodynamische Prinzip für die Bewegung tangentiell
zu der Grenzfläche wird das folgende:
Das Produkt von Dichte und Beschleunigung geht mit stetiger
Tangentialkomponente durch die Grenzfläche hindurch,
5. Aus diesem dynamischen Gesetze darf man nicht gleich
schließen^ daß auch das Produkt von Dichte und Geschwindig-
keit, d. h. die hydrodynamische Feldintensität mit stetiger
Tangentialkomponente hindurchgeht Da nämlich die Punkte,
welche einander zu einer beliebigen Zeit gegenüberliegen, immer
verschiedene Beschleunigungen haben , werden sie nicht ein-
ander gegenüber bleiben, um die Untersuchung des Verhaltens
der hydrodynamischen Feldintensität an der Grenzfläche voll-
ständig zu erledigen, muß man also notwendig auf den Wechsel
der Partikelchen Rücksicht nehmen, und diese Berücksich-
tigung führt in der Tat zu der Aufnahme der Frage von der
hydrodynamischen Analogie m ihrer vollen Ausdehnung. Ich
teile jedoch das folgende Resultat mit, welches ich bei einer
späteren Gelegenheit beweisen werde:
Wenn man als eine Partialbewegung fllr sich diejenige
ausscheidet, welche als das Resultat der Wirknng der hydro-
dynamischen Femkräile oder beliebiger fremder Kräfte an-
gesehen werden kann, so wird die zurückbleibende Bewegung
eine solche sein, bei der die hydrodynamische Feldintensität
mit stetiger Tangentialkomponente durch die Grenzfläche
hindurchgeht
6. Wenn man aber auf die Erledigung der Fra^e in voller
Allgemeinheit verzichtet, so lassen sich leicht besondere Fälle
angeben, wo sich die Antwort ganz von selbst ergibt.
Der wichtigste Fall dieser Art ist der, wo die Flüssigkeits-
bewegung schwingender Natur ist, so daß die einzelnen
Flüssigkeitspartikelchen periodische Bewegungen mit kleinen
Amplituden um feste Mittellagen ausführen. Wenn nämlich
die Schwingungsamplituden hinlänglich klein sind, so kann man,
von unendlich kleinen Größen absehend, die einander einmal
gegen überliegenden Punkte als immer einander gegenüber-
liegend betrachten. Wenn man dann die Gleichung 4, (a) unter
Benutzung der Anfangsbedingungen t^O, m^ = 0, £^, = 0
integriert, so ergibt sich
Orenzfläehenbedmgungen. 469
Eine ähnliche Gleichung findet man für die y-Achse und es
ergibt sich also, daß bei dieser besonderen Bewegungsform die
hydrodynamische Feldintensität mit stetiger Tangentialkom-
ponente durch die Grenzfläche hindurchgeht Wir kommen
mit anderen Worten auf das folgende Resultat:
Im Falle schwingender ße^oegun^en verhalten sich die hydro-
dynamischen FektorgrÖßen an der Grenzfläche zweier Flüssig-
ieiten genau wie die elektrischen oder magnetischen Vektorgrößen
an der Grenzfläche zweier elektrischer oder magnetischer Medien,
Die Stromlinien werden an der Grenzfläche der zwei Flüssig'^
keifen nach dem Gesetz 1, (a) gebrochen, wenn man unter k und K *
die Beweglichkeiten der zwei Flüssigkeiten versteht
Stellt man sich aber die ergänzende Frage, unter welchen
dynamischen Bedingungen die vorausgesetzte Bewegung schwin-
gender Natur möglich ist, so kommt man wieder auf die all-
gemeine Aufgabe zurück, deren Erledigung auch die voll-
ständige Bestimmung der hydrodynamischen Femkräfbe vor-
aussetzt.
(Eingegangen 21. September 1908.)
460
57. Über den Einfluß der Zähigkeit anf die Kapillar-
konstanten bei Essigsänre-Wassermischnngen.
Von Leo Grunmach in Berlin.
Die im folgenden mitzuteilende Untersuchung wurde an-
geregt durch die Diskussion, welche sich an meinen auf der
vorjährigen Naturforscher-Versammlung zu Karlsbad gehaltenen
Vortrag „Neue experimentelle Bestimmungen der Oberflächen-
spannung von Flüssigkeiten durch Messimg der WeUenlänge
der auf ihnen erzeugten Eapillarwellen'^ knüpfte.^) Hr. Planck
steUte die Frage, welchen £influß die Zähigkeit einer Flüssig-
keit auf die Wellenlänge und auf die Oberflächenspannung
habe, insbesondere, wie sich die Oberflächenspannungen zweier
Flüssigkeiten verhalten, welche dieselbe Dichte und dieselbe
Schwingungszahl, aber verschiedene Zähigkeit besitzen.
In der Kelvin sehen Formel
1 «.« l^(T
a =
n^X^cT -
welche die Oberflächenspannung a in Funktion der Schwingungs-
zahl n, der Wellenlänge X, der Dichte ö* und der Erdbeschleu-
nigung g darstellt, ist die Reibung zwar nicht enthalten, nach
der Theorie müßte aber die zähere Flüssigkeit eine kleinere
Wellenlänge liefern, da infolge der größeren Reibung, bei be-
stimmter, durch die erregende Stimmgabel gegebener Schwin-
gungszahl, die Fortpflanzungsgeschwindigkeit und also die
Wellenlänge verringert wird.
Direkte Versuche über den Einfluß der Zähigkeit auf die
Größe der Oberflächenspannung hatte ich bisher nicht ange-
stellt, wohl aber hatte ich bei meinen Versuchen an wässerigen
Zuckerlösungen, sowie an Schwefelsäure- und (jlycerin- Wasser-
mischungen gefunden, daß das Entstehen und Fortbestehen
der Kapillarwellen durch die Zähigkeit stark beeinflußt wird,
1) L. Grunmach, Physik.' Zeitschr. 4. p. 31. 1902. Vgl. femer
L. Grunmach, Wissenschaftl. Abhandl. d. Kais. Normal -Aichungs-
koramission 3. p. 101—198. 1902; Ann. d. Phys. 4. p. 1263. 1902; Ver-
handl. d. Deutschen Physik. Gesellsch. 4. p. 279. 1902.
\
Einfluß der Zähigkeit auf KapiUarkonstanten, 481
daß die erregten Kapillarwellen um so stärker gedämpft und
um 80 schneller vemichtet werden ^ je zäher die Flüssigkeit
ist, und weiter, daß je zäher die Flüssigkeit ist, die erregende
Stimmgabel um so größere Dimensionen und um so kleinere
Schwingungszahl (tieferen Ton] besitzen muß, um durch ihre
Schwingungen auf der Flüssigkeit sicher j^meßbare Kapillar-
wellen erzeugen zu können. Auf stark konzentrierten Glycerin-
Wassermischungen, z. B. auf einer Mischung von 60 Proz.
Olycerin und 40 Proz. Wasser, konnten mit einer Stimmgabel
Ton 253 Schwingimgen in der Sekunde Kapillarwelleu über-
haupt nicht mehr erzeugt werden, dies gelang erst bei An-
wendung einer Königschen Stimmgabel von 192 Schwingungen,
und bei 86 proz. Glycerin- Wassermischimg erst mit einer sol-
chen von 128 Schwingungen. Es wäre von großem wissen-
schaftlichen wie praktischen Interesse, diese Verhältnisse quan-
titativ genauer zu untersuchen, also festzustellen, welche Ton-
höhe eine Stimmgabel haben müßte^ um auf einer Flüssigkeit
von gegebener Zähigkeit Kapillarwellen noch sicher erregen
zu können, weil man auf diesem Wege zu einer strengeren
Definition und zu einem schärferen Maß für die Zähigkeit und
so vielleicht zu einer praktisch wichtigen Zähigkeitsskala ge-
langen könnte, etwa die Flüssigkeiten derart nach dem Grade
ihrer Zähigkeit zu ordnen, als sie durch Normalstimmgabeln
bestimmter Tonhöhe zu Kapillarwellen erregt werden können.
Die vorhin erwähnte Fragestellung von Hm. Planck ist
insofern nicht genügend bestimmt, als zwei Flüssigkeiten,
welche gleiche Dichte und gleiche Schwingungszahl, aber ver-
schiedene Zähigkeit besitzen, im allgemeinen ihrer Natur nach
verschieden sein werden. Wenn sich daher für zwei solche
Flüssigkeiten verschiedene Oliertiiichenspannungen ergeben soll-
ten, so brauchte die Verschiedenheit der Oberflächenspannung
durchaus nicht eine Folge der verschiedenen Zähigkeit zu sein,
sondern würde in erster Linie schon in der Verschiedenheit
der Natur der beiden Flüssigkeiten begründet sein. Zur Lösung
der angeregten Frage dürften daher nicht heterogene Flüssig-
keiten zur vergleichenden Untersuchung gewählt werden, son-
dern in qualitativer Hinsicht gleiche Flüssigkeiten in Zuständen,
in denen die Zähigkeit gewissermaßen als einzige Variable auf-
gefaßt werden könnte.
462 L. Orunnuieh.
Besonders geeignet fbr diesen Zweck schienen mir nun
Essigsäure-Wassermischnhgen zu sein, welche bekanntlich ein
merkwürdiges anormales Verhalten zwischen Konzentration und
Dichte zeigen. Essigsäure (O^H^O,) mischt sich in allen Ver-
hältnissen mit Wasser. Hierbei findet anfänglich eine Eon-
traktion statte die Dichte der Mischung nimmt deshalb an-
fänglich bei Zusatz yon Wasser beständig zu, erreicht ihr
Maximum bei einer Mischung von etwa 78 Proz. OjH^O,, bei
welcher ihre Zusammensetzung dem Hydrate
C,H,0, + H,0(=CH,.C(OH),)
entspricht, um dann bei weiterer Verdünnung wieder beständig
abzunehmen, und zwar beträgt nach den Versuchen von A. C.
Oudemans^) der Wert der Dichte'
a»! f&r lOOpros. Easigs&nre 1,0558
„* » 18 „ „ 1,0748 , .
„ „ 0 „ „ 0,9992.
Zwischen den Dichten 1,0558 und 1,0748 entsprechen
demnach je einem und demselben Dichtewerte stets zwei ver-
schiedene Werte des Prozentgehalts an Essigsäure, z. B.
der Dichte 1,0558 die beiden Werte 100 Proz. and 48,1 Pros.,
„ 1,0607 „ „ 97,9 „ „ 49 „ ,
und so bieten sich unserer Untersuchung je zwei ihrer Natur
nach gleichartige Flüssigkeiten von gleicher Dichte und gleicher
Schwingungszahl, aber verschiedener Zähigkeit dar. da die
Zähigkeit verschieden ist bei verschiedenem Prozentgehalte an
Essigsäure.
Demgemäß wurden je zwei bezüglich ihres Prozentgehalts
an Essigsäure möglichst weit auseinanderliegende, derselben
Dichte entsprechende Mischungen, deren Zähigkeitsverhältnis
andererseits bestimmt worden war, ausgewählt und deren Ober-
flächenspannungen nach der Eapillarwellenmethode bestimmt.
Die Mischungen waren in großen Mengen aus reinster
Essigsäure und reinem destillierten Wasser hergestellt worden
von Hm. Dr. E. Fischer, welcher auch die Dichtebestim-
mungen, sowie die Bestimmungen des Gehalts an Essigsäure
auf chemischem Wege auszufahren die Gefälligkeit hatte. Der
1) A. C. Ondemans, Das spezifische Grewicht der Essigsäure p. 46.
Bonn 1866.
Einfuß der Zähigkeit auf Kapiüarhonetanten. 468
benutzte Eisessig war in der Fabrik von G. A. F. Kahlbaum
dargestellt worden, sein Gehalt an Essigsäure betrug 99,7 Proz.;
er war noch besonders von Hm. Fischer bezüglich seiner
Beinheit geprüft worden mit dem Ergebnis, daß er weder Chlor
noch Schwefelsäure enthielt, und daß in ihm weder eine Spur
Ton Metallen, noch von empyreumatischen Stoffen, noch von
freien Mineralsäuren oder von festen organischen Säuren nach-
gewiesen werden konnte.
Die quantitativen Bestimmungen wurden ausgeführt durch
Titrirung mit einer Genauigkeit der chemischen Analyse von
etwa ±0,1 Proz., die Dichtebestimmungen mittels des Pykno-
meters mit einer Genauigkeit von etwa ± 0,0002.
Der Untersuchung unterworfen wurden nun zunächst fol-
gende Paare korrespondierender Lösungen, welche bezüglich
ihrer Konzentration und Dichte vor und nach Ausführung der
Messungen ihrer Oberflächenspannungen titriert und pykno-
metrisch bestimmt wurden:
97.5 proz. Lösung mit der Dichte (Tni » 1,0616 \
50,22 „ „ „ „ „ „* - 1,0616/
87.6 „ „ „ „ „ », ■■ 1,0728 1
67,8 „ „ „ „ „ „ - 1,0725 J '
sowie die döm Eontraktionsmaximum entsprechende Lösung von
' 78,08 Proz. mit der Dichte (ri,y = 1,0748.
Es mag besonders I hervorgehoben werden, daß bei den
Lösungen jährend der i ganzen, ziemlich langen Dauer der
Kapillaritätömessungen Dichteänderungen infolge von Ver-
dunstung oder von Absorption des Wasserdampfes der Luft
nicht wahrgenommen wurden. Für die Dichte der 97,5 proz.
Lösung ergab sich z. B. nach Beendigung der Kapillaritäts-
messungen, welche etwa drei Wochen lang dauerten, der Wert
1,0615, welcher genau mit dem vor Beginn der Messungen
bestimmten Werte (1,0616) übereinstimmte; ebenso fielen fiir
die anderen Lösungen die Abweichungen der Dichtebestimmungen
vor und nach Ausführung der Kapillaritätsmessungen innerhalb
der Genauigkeitsgrenzen der Dichtebestimmungen selbst Eine
solche Konstanz der Dichte während eines längeren Zeitinter-
valls bei wechselndem Feuchtigkeitsgehalt der Luft habe ich
bei anderen Lösungen bisher niemals beobachtete
Bezüglich der Versuchsanordnung, der Einrichtung der
464
L, Grunmach,
einzelnen Apparate, besonders des zur Wellenlängenmessiuig
der Eapillarwellen dienenden Mikrometermikroskops, sowie des
Doppeltrichterapparats, welcher es ermöglicht, in jedem Zeit-
moment eine reine, frische Flüssigkeitsoberfläche zur Bestim-
mang der Kapillaritätskonstante herzustellen und bei beständig
sich erneuernder Oberfläche die Beobachtungen auszuführen,
gestatte ich mir, auf meine früheren Publikationen *) über diesen
Gegenstand hinzuweisen.
Von jeder der fünf untersuchten Lösungen wurden je sechs
unabhängige Beobachtungsreihen, deren jede wieder aus zehn
gut untereinander übereinstimmenden Einzelbeobachtungen be-
stand, ausgeführt. Sie werden in extenso an anderer Stelle
mitgeteilt werden. Hier sollen nur die erhaltenen Mittelwerte
ihre Berücksichtigung linden. Unter Annahme des bei meinen
früheren Untersuchungen^ für die Oberflächenspannung des
reinen destillierten Wassers gefundenen Wertes 0,0767 g/cm
bei 19,1^0. erhält man dann folgende tabellarische Zusam-
menstellung der spezifischen Kohäsionen und der Oberflächen-
spannungen für die nach wachsendem Prozentgehalt an Essig-
säure geordneten Essigsäure- Wassermischungen :
l*rozentgehalt
an Essigsäure
(C,H,0,)
Dichte
Halbe spezif.
Kohäsion
n i
cm
0"
Oberflächen-
spannung
rt g/cm
Temperatur
in ^C.
0
0,9991
0,0768
0,0767
19,1
50,22
1,0616
0,0357
0,0379
19,4
67,8
1,0725
OO32I5
0,0345
18,6
78,03
1,0748
0,0288
0,0309^
17,0
87,6
1,0728
0,0275^
0,02906
19,0
97,5
1,0616
0,0255
0,0270^
19,5
In Fig. 1 sind die Kapillar konstanten in Abhängigkeit vom
Prozentgehalt an Essigsäure graphisch dargestellt, und zwar
geben die Abscissen den Prozentgehalt an Essigsäure, die Ordi-
nalen I und n die Obertiächenspannungen und die spezifischen
1) L. Grün mach 1. c.
2) L. (jrrunmach, Wissensch. Abhandl. d. Kais. Normal-Aichungs-
kommUsion 3. p. 152. 1902.
Einfuß der Zähigkeit auf Kapillarkoiutanten. 465
Koh&sionen, reduziert auf die Temperatur + 20" C, nnter An-
nahme der Werte - 0,00015, bez. - 0,00008 fUr die Temperatnr-
koeffizienten der spezitiachen Eohäslon, bez. der OberSächen-
spannong der Essigsäure.') Man sieht aus der Tabelle und au3
den Kurven, daß die Oberftächenspannungen ebenso wie die spe-
zifischen KohiUionen mit steigendem Prozentgehalt an Essigsäure
beständig abnehmen, und daB von zwei Essigsäure -Waaser-
mischungen, welche gleiche Dichte, aber verschiedenen I'rozent-
gehalt an Essigsäure besitzen, diejenige mit höherem Prozent-
gebalt die kleinere Ober-
flächenspannung und klei-
nere spezifische Kohasion
besitzt. In der Nähe
des Eontraktionsmazi-
mnms findet plötzlich
eine kleine Senkung der
Kurve statt.
Eb fragt sich nun,
in welchem Zusammen-
hange Zähigkeit und Kon-
zentration der Essigs äure -
Wassermischungen zu-
einander stehen. Würde
mit wachsendem Prozent-
gehalt an Essigsäure auch Y\a. 1.
die Zähigkeit der Mi-
schung beständig zunehmen, so würden wir aus den Versuchen
schließen können, daß in der zäheren von zwei Mischungen
gleicher Dichte und gleicher Schwingungszahl die Wellenlänge
der Kapillarwelleo und folglich auch spezitische Kohasion und
Oberflächenspannung eine geringere sein müßte. Dies würde
der durch die Theorie begründeten AutTasBung entsprechen,
daß in der zäheren Flüssigkeit infolge ihrer größeren inneren
Reibung die Fortpfianzungsgeschwindigkeit und demgemäß, da
die Schwingungszahl durch die erregende Stimmgabel gegeben
ist, auch Wellenlänge und Kapillarkonstante verkleinert würde.
X
At
1
■ |:
. ^^
^
.. ^^
„U L"
1) Rob. Schiff, Degli eqnivalenti caplllari dei corpi simplic
p. IS. 1684. Quetta chemic&'Htalu 14. p. 808. 1884.
BaUimun-FatMtvlft. SO
466 X. Orunmach.
Solch einfacher Zusammenhang zwischen Konzentration
und Zähigkeit besteht indessen nicht bei den Essigsäure-
Wassermischungen, wohl allgemein nicht bei Mischungen^ welche
ein scharf ausgeprägtes Kontraktionsmaximum zeigen. Bud-
berg^) hat wohl zuerst die Vermutung ausgesprochen, daß
Flüssigkeiten, welche ein Kontraktionsmaximum zeigen, auch
ein Zähigkeitsmaximum besitzen, welches in inniger Beziehung
zu jenem steht, eine Vermutung, deren Richtigkeit später f&r
Alkohol-Wassermischungen ihre experimentelle Bestätigung ge-
funden hat durch Poiseuille^, indem er mittels der Methode
des Ausäießens durch Kapillarröhren nachwies, daß der Mischung
CjHgO + SHgO ein Maximum der Ausflußzeit, d. h. ein Maxi-
mum der Zähigkeit entspricht, femer durch Graham'), welcher
ebenfalls für Mischungen zeigte, daß Maximalwerte der Rei-
bung für bestimmt charakterisierte Hydrate derselben existieren.
Über die Zähigkeit von Essigsäure -Wassermischungen in
Abhängigkeit von Konzentration und Temperatur liegen nun
ausgedehnte Untersuchungen vor von K. Noack*) und von
R. F. D'Arcy^), von letzterem allerdings nur für das Konzen-
trationsgebiet 62,5 bis 99 Proz., aus denen sich ergibt, daß
von 62,5 Proz. an die Zähigkeit mit steigendem Prozent-
gehalt an Essigsäure bis zu einem Maximum, das etwa bei
80 Proz., also in der Nähe des Kontraktionsmaximums liegt,
zunimmt, und daß dann die Zähigkeit bei Zusatz von Essig-
säure zur Mischung anfänglich langsam, dann aber sehr rasch
abnimmt.
In ziemlich guter Übereinstimmung mit den D'Arcy sehen
Resultaten sind die Ergebnisse der Untersuchungen von Noack,
welche ein größeres Konzentrationsgebiet umfassen und, so-
weit sie für unseren Zweck in Frage kommen, in Fig. 2
graphisch dargestellt sind. Die Abscissen geben die Prozente
an reiner Essigsäure, die Ordinaten die Werte der Fluidität für
die beiden Temperaturen 15 und 30 ^C. Man erkennt leicht,
1) F. Rudberg, Pogg. Ann. 13. p. 496. 1828.
2) J. L. M. Poiseuille, Compt. Rend. 15. p. 1167. 1842.
3) Th. Graham, Phil. Trans. 151. I. p. 273. 1861. Vgl. auch
W. König, Wied. Ann. 25. p. 622. 1885.
4) K. Noack, Wied. Ann. 28. p. 666. 1886.
5) R. F. D'Arcy, Phil. Mag. V. 28. p. 221. 1889.
Emftuß d«r Zakiffkeit auf Kapillarkoiutanten. 467
daß das Minimuin der Flnidität (Mazimam der Zähigkeit) bei
einer Eonzentration von etwa 77 Proz., enteprechend der
Forniel C,H^O, + H^O, stattfindet, und daß eine merkbare
Verschiebung desselben beim ^
ijbergang yon einer Kurve be- '^
stimmter Temperatur zu einer
Xure anderer Temperatur nicht ^
«intritt Merkwürdig ist hier ^
-wieder daa rasche Wachsen der ,
Flnidität (die rasche Abnahme
der Zähigkeit) Ton dieser Kon-
zentration an bei Zusatz von j
Essigsäure zur Mischung.
Interpoliert man aus den
Werten von D'Arcy und Ton ■
Noack f^ die Zähigkeit und
die Flnidität benachbarter Eon-
zentrationen und Temperaturen
die entsprechenden Werte fUr die Ton mir untersuchten Kon-
zentrationen bei der Temperatur Ton 20" C.^, so erhält man
folgende Znsammenstellung:
Utf
"V
uo
"S
f»
Z \
:^ ^-^
' \ ^^
T..
" \ -kl 1 1 VII-:.
l ^i.
q/.
""~ -- "
'"
Fig. 2.
Proient-
Viskosität
gehalt an
Dichte
nach
Ewig-
"■'/.
auf Waese
aiure
von 20 "0.=
0
0,9991
1,00
50,22
I,06ie
—
67,8
1,0725
2.f.5
78,03
l,0"48
2,i;3
B1.6
1,0728
2,44
97,5
1,0616
1,44
Fluidiifit L „ .1 „,
nachNoack,!^*"^ "P"'"^^' ^^"^
hp a f I Kt^l^'B''") flächen-
", Wa^ervon I " in cm' ;''P'"""^e
1 20' C. = lOOi "^ " "" 8^'""
100,0
0,0767
0,0356,
0,0320i
0,0286
0,0275
0,0254,
0,0766
0,0378,
0,0344
0,0307
o,o2sr>
0,0270
Ein geäetznili Biger Zusammenhang zwischen Zähigkeit und
spezifischer Kohüsiou oder OberBäcbenspannung ist aus den
1) Diu Interpolation ist oalUrlich mit einer gewisgea Unsicherheit
behaftet, einmal wegen den EinfluBBea der Temperatur auf die Zähigkeit
Dod zweitens, weil vum KonzeDtralionamaximum an die rasche Abnahme
der Zähigkeit bei Zusatz von EMigBiure stattfindet.
468 X. Orunmach, Einfluß der Zähigkeit auf Kapillarkanstanteru
vorliegenden Elrgebnissen nicht ersichtlich. Während die Zähig-
keit mit wachsendem Prozentgehalt an Essigsäure bis in die Nähe
des Kontraktionsmaximums zunimmt, um von dort ab bei weiterem
Zusatz von Essigsäure zur Mischung wieder und zwar sehr stark
abzunehmen, nehmen spezifische Kohäsion und Oberflächenspan-
nung mit wachsendem Gehalt an Essigsäure beständig ab. Von
zwei Elssigsäure-Wassermischungen gleicher Dichte und Schwin-
gongszahl, aber verschiedener Zähigkeit^ hat diejenige von
höherem Prozentgehalte an Essigsäure die kleinere Oberflächen-
spannung und kleinere spezifische Kohäsion. In der Nähe
des Eontraktionsmaximums ^ das nahezu mit dem Zähigkeits-
maximnm zusammenfällt, tritt allerdings der aus der Theorie
gefolgerte Einfluß der Zähigkeit auf die Wellenlänge deutlicher
hervor, denn dort findet, wie aus Fig. 1 p. 465 ersichtlich ist,
eine plötzliche Abnahme der Eapillarkonstanten statt. Der
betreffende Punkt fällt scheinbar aus der Kurve heraus. Mehr-
fach wiederholte Bestimmungen des Prozentgehalts, der Dichte
und der Kapillarkonstanten derselben Mischung haben indessen
die Richtigkeit seiner Lage bestätigt. Da aber ein und die-
selbe Dichte 1,0748 zu einem größeren Konzentrationsgebiete,
nämlich zu den Mischungen von 80, 79, 78 bis zu 77 Proz. ge-
hört, so werden zur Aufklärung jener Unstetigkeit noch einige
dieser Mischungen zu untersuchen sein.
(Eingegangen 21. September 1903.)
469
58. Sn la teoria dell' analisi spettrale.
Di A. GarbaBSO in Grenova.
Neben der aUgemeinen theo-
retisohen Phjsik sind die Bilder
der mechanischen Phjsik sowohl
um neues m finden, als auch um
die Ideen xu ordnen, Qberticht-
lieh darzustellen nnd im QedScht-
nia *a behalten, Inßent nQtalich
und noch heute fortaupfiegen.
Boltxmann.
1. Ho dato receutemente la soluzione del problema piü
generale^ relativo alle scariche dei condensatori^)^ il quäle
problema si pu6 enunciare in questo modo:
„n conduttori complessi sono posti in presenza e il v-esimo
di essi contiene c^ capacitä e f^ fili; si assegnano le cariche e
le correnti cd tempo zero e si domanda di ccUcolare cariche e
carrenii per un istante qucUunque/'
Ho fatto vedere che in tale caso generalissimo ognuna
delle quantitä incognite soddisfa ad un'eqnazione dififerenziale
lineare ed omogenea, a coefficienti costanti^ dell' ordine:
n
1
Qnesto teorema si pu6 mettere sotto una forma piü
semplice; basterä osservare infatti che, se il o-esimo conduttore
fosse isolato T ordine della sua equazione differenziale sarebbe:
n = ^r + /i-l>
viene dunque:
1
E' una proposizione, che ha manifestamente un' impor-
tanza considerevole per la teoria delF analisi spettrale; l'allarga-
1) A. Garbusso, Memorie della R. Accademia delle Scienze di
Torino (2) 53. p. 127. 1903.
470
A, Garbasso.
mento delle righe, Fesistenza di spettri caratteristici per le
combinazioDi, come delle serie di doublets e triplets, derivano
da essa in un modo semplice e naturale.
Mi propongo di dame im esempio con l'esame di alcuni
casi particolari, e spingerö il calcolo fino alle ultime con-
seguenze numeriche.
2. Consideriamo all'uopo un conduttore costituito da tre
capacitä uguali (Fig. 1 e 8) riunite da due fili uguali, rettilinei
e ortogonali; e supponiamo i fili cosi lunghi che le azioni
elettrostatiche fira capacitit e capacitä risultino trascurabilL
n calcolo di questa disposizione non presenta nessuna diffi-
coltji. Chiamando B ed L Ib. resistenza e il coefficiente di
autoinduzione di ciascun filo, K il coefGciente di Potenziale
(che sarebbe nel caso nostro il reciproco della capacitä), t| e
^ le correnti del primo e del secondo filo^ e ponendo per
comodo di scrittura:
5' = (Ä + iJP)i) + 2Z,
avremo infatti:
e quindi:
I
Sil -^4-0
-Ki^ + Si, =0,
S-K
-K S
i^ = 0. Ä = 1,2.
La caratteristica dell' equazione differenziale si ottiene
ponendo a zero il detenninante, e considerando il D come
nn' incognita, sarä dunque:
= (5> - Z») = (5 - K){S + Z) = 0.
(a)
- A' S
Dal quäle resultato si deduce immediatamente che il
conduttore proposso emette uno spettro di due righe coi periodi:
(«)
2i = 2«|/3\.
Teoria ddf analisi spettrale. 471
8. Adesso yogliamo supporre che due conduttori del tipo
di quello studiato innanzi si trovino in presenza (Fig. 2 e 4);
ma, par rendere meno pesanti i calcoU materiali, ammetteremo
che i quattro fili siano tutti uguali, e la posizione relatiya sia
tale che il primo filo del primo conduttore agisca solamente
sul primo filo del secondo e il secondo filo sul secondo filo,
e i coefficienti di induzione relativi alle due coppie siano
identici^ appunto come appare dalle figure.
Supporremo ancora che le capacitä. yariino da un con-
duttore all' altro ; come prima non yi saranno azioni, fra cariche
libere in uno stesso conduttore; yi saranno bensi fra cariche
dell' uno e dell' altro. Per semplificare ammettiamo che la
prima capacitä agisca su la prima, la seconda su la seconda,
la terza su la terza e i coefficienti di Potenziale relatiyi alle
tre coppie siano uguali.
Indicheremo con M il coefficiente di induzione mutua,
con K^^, K^^ e A i coefficienti di Potenziale, con i^^^, i^^^, i^**
e ^^* le correnti e porremo:
S'^^{R + LD)D + 2K^^
s = MD^ + 2h.
Verrä senz' altro:
- Z^i) f^ci) + 5^1) ^(D - Ä ij<» +s «V» = 0
- h i^'^' + s i^^^ - Z^» i^'^ + S<» iV* = 0,
e quindi:
5/i> _ A'<i> s - h
- h 5 - A<2) 5(2)
/i=l,2
La caratteristica delF equazione differenziale si ottiene
come prima ponendo a zero il determinante e considerando
il D come un' incognita; essa 6 dunque:
472
Ä, Octrbatso.
(b)
6^(1) _ Z") t -h
= (<S<» Ä« + Z<» Ä"«» -
-A * -Z<» 5®
_ ,« _ A«)» - (Z<» fif« + Z« 5<>i - 2Ä »)»- («'J» -S<» + Ä"'" Ä"'» -
,» _ A» - z<" 5* - jr<» «'" + 2 A ») (s<" 5« + jr<" jr<» -
_ ,« _ A« + Z'" 5'» + jK:«» 5'» - 2 A «) = 0.
Segne di qui che il sistema proposto emette uno spettro
di qnattro righe coi periodi:
iß)
T,\ Tr^2n ^
2 (L« - Jf •)
- 2Ä Jtf]« - 4(jr"> iC«> - Ä«)(L« - itf«)
2 (L« - Jf «)
ä:(«) L-2hM±y [(ä:<» + zw L
4. Queste formole disgraziatamente sono troppo complesse
perch6 se ne possa vedere chiaramente il significato. In alcuni
casi particolari si prestano ad ogui modo ad una interpre-
\tazione semplice. Supponiamo anzitutto che K^^ e K^^ siano
assai divers! e che le quanütit
h ,^ h
B =
M
L
a^" =
«<» =
KU) - j^w
siano piccole, cosi piccole che si possano giä, trascorare le
potenze superiori alla seconda (Fig. 2\
Verri:
M
2 (A^<») - A'<«)
2 (A'<-' - A<^')J '
sotto altra forma, se si chiamano T^^^\ T^^^\ T^^^, 1^^^ i periodi
relativi ai due conduttori isolati e si pone ancora:
Teoria deW analisi spettrak.
473
ö(»
KW (e - ««)•
lisulterä:
2 (iC« - Z<") '
i;** = ?;<» (1 - e<*)
7,* = ?;<« (1 - ö«^')
t;** = r,^® (1 - ö<*) .
I periodi del sistema composto si ottengono dunque molti-
plicando per certe costanti gli spettri dei conduttori componenti.
Questo risultato trova un riscontro nelle osservazioni del
sig. Grünwald sulo spettro del vapor d'acqua, e sul modo nel
quäle lo si pu6 dedurre da quelli dell' idrogeno e dell' ossigeno.
5. ÜD altro caso semplice 6 quello in cui i due conduttori
sono rigorosamente uguali (Fig. 4)^ caso che si traduce nella
condizione ^^^^ ^ j^^^ ^ ^
Le formole (ß) fomiscono allora:
(^
yale a dire^ se si suppongono piccoli daccapo i rapporti:
M h
e =
a =
t — a\
i — a\
= 2«l/Ä(>+'--r)-
77 »♦
-^1
T^* ==2n
^2
474
A. Oarbasso,
Chiamando T^ e T^, come al paragrafo 2, i periodi relatiyi
a ciascun conduttore isolato, e ponendo ancora:
d
— o
1
^
9 9
• ^
3
<•
• 9
4
viene dunque:
m *
yr ♦
rp >Me
^2
7; (1 - 0)
1\ (1 + 0)
Tt (1,+ ö),
learia delf analisi speUrah.
475
E perö il sistema composto ha uno spettro, nel quäle le
righe relative ai conduttori componenti sodo sostituite da al-
trettanti doublets.
6. Allo stesso risultato si puö arriyare per una via piü
elegante, senza nemmeno svolgere Tequazione caratteristica (b).
Nel caso attuale codesta equazione ha infatti la forma:
S ^ K s -h
j 5 - /i S -K
! - Ä s -K S
se ora si somma la terza con la prima e la quarta con la
seconda orizzontale risulta:
S + 8 - (ä: + A) 5 + Ä - (A^ + A)
- (A + Ä) S + s ^{K'{- h) S + s
s -A S -Z
— h s
= 0;
= 0,
ossisL, sottraendo la prima dalla terza e la seconda dalla quarta
Terticale:
S + s -(Z+A)
- (Z + A) S + s
s — h
-A s
S + s - (a: + A)
- (A' + h) S+ s
0 0
0 0
S-s - (A - A)
- ( A - A) S^s
I 5 - jf - ( A - A)
- (A - A) S-s
= 0.
Basta confrontare quest' ultima condizione con la (a) per
vedere come dalle (a) seguano immediatamente le (d).
7. Per calcolare gli spettri riprodotti nelle figure ho
supposto che i fili fossero lunghi 30 cm e spessi 0,03; le
capacita sono palline di 3 cm di diametro nel conduttore
della figura 1 e palline di 4 cm nel conduttore della figura 3.
II sistema della tigura 2 risulta dalla riunione di un con-
duttore (1) con un conduttore (3), e il sistema della figura 4
e una coppia di conduttori (3). La distanza fra i tili paralleli
nelle figure 2 e 4 e di 10 cm.
476 A Garbasso. Teoria delP analisi spettrale.
Le lunghezze d'onda, che si calcolano con questi dati,
sono le seguenti:
1. 76,9 188,2
2. 76,1 89,8 181,9 154,7
8. 88.8 158,8
4. 87,8 89,4 152,1 164,8
Conduttori e spettri farono disegnati in yera grandezza e
poi fotografati; siccome le lunghezze d'onjda yariano come le
dimensioni lineari dei sistemi che le emettono, la rappresen-
tazione continua a valere.
Genova, Istituto Fisico della R Universitä, 15. Set-
tembre 1908.
(EiDgegangen 21. September 1908.)
477
59. Über die elektrische Dispersion der Kristalle.
Von Ij. Oraets in München.
Seitdem Boltzmann in einer seiner frühesten Arbeiten^)
zum erstenmal die dielektrischen Eigenschaften der Kristalle
untersucht und sie mit den Forderungen der elektromagne-
tischen Lichttheorie übereinstimmend gefunden hatte ^ ist das
experimentelle Material lange Zeit, bis zum vorigen Jahre,
nicht wesentlich ausgedehnt worden. Das Besultat der Boltz-
mann sehen Untersuchung des rhombischen Schwefels ergab
hauptsächlich die zwei Tatsachen, 1. die Achsen des größten,
mittleren und kleinsten optischen Brechungsindex sind zugleich
auch die Achsen der größten, mittleren und kleinsten Dielek-
trizitätskonstante; 2. das Quadrat des Brechungsindex für jede
dieser drei Achsen ist im wesentlichen gleich der betreffenden
Dielektrizitätskonstante. Die Erweiterung des experimentellen
Materials, die seitdem stattgefunden hat, hat in keinem Falle
mehr das zweite der obigen Resultate ergeben. Bei allen
untersuchten Kristallen war die Dielektrizitätskonstante b größer
als das Quadrat des Brechungsindex n, bez. der Konstante der
Cauchyschen Formel. Auch bei den allermeisten isotropen
Körpern findet dieselbe Abweichung statt, die bekanntlich auf
Absorptionen im Bereich der langen Wellen schließen läßt
Dagegen fand sich das erste der obigen Resultate, welches
man kurz so aussprechen kann, daß die Reihenfolge der Achsen
für die optischen und die elektrischen Bewegimgen dieselbe
ist, zunächst bei allen untersuchten Kristallen, zu denen optisch
einachsige und optisch zweiachsige rhombische und klinorhom-
bische gehörten, wieder.
Indes auch dieser Satz gilt nicht allgemein. In einer
Untersuchung, die Fellinger^ auf meine Veranlassung und
1) L. Boltzmann, Wien. Ber. (2) 68. p. 81. 1878. 70. p. 807.
1874. Pogg. Ann. 153. p. 525. 1874.
2) R. Fellinger. Ann. d. Fhys. 7. p. 888. 1902.
478 i. Graetz.
nach einer von Graetz und Fomm angegebenen Methode
ausführte, ergab sich zum ersten Male eine Abweichung von
demselben, eine unerwartete Vertauschung der Achsen, und
zwar beim Baryt Für diesen ist die Ebene der optischen
Achsen die Ebene {010}, wenn die Ebene größter Spaltbarkeit
zu {001}, die prismatische zu {110} genommen wird. Wird die
Achse senkrecht zu {010} als ^ -Achse genommen, die erste
und die zweite Mittellinie als c bez. a so sind die Brechungs-
exponenten ftkr den Baryt
ß 7
för die Linie 0 1,6336 1,6848 1,6452
„ „ „ D 1,6368 1,6875 1,6480
„ „ „ E 1,6897 1,6409 1,6517
Die Werte von ß haben also, wie es sein muß, den mitt-
leren Wert und a und y weichen erheblich voneinander ab.
Im Oegensatz dazu zeigte sich die Dielektrizitätskonstante
gerade in der Richtung senkrecht zu {010} als die größte. Es
war nämlich f&r dieselben drei Richtungen
ij = 6,9739 «2 = 10,0876 «, = 6,9964.
Auch ein zweiter Baryt, für den bloß c^ und t^ gemessen
wurde, ergab c^ viel größer als «j, nämlich
«1 = 7,133 6, = 11,911.
Dieses Resultat ist sehr auffallend, und Beckenkamp ^)
vermutete, daß die Beobachtung am Baryt infolge von Pyro-
elektrizität gefälscht sei, was an sich bei der angewandten
Methode möglich gewesen wäre, wenn nicht, wie es der Fall
war, gerade dieser Fehlerquelle besondere Aufmerksamkeit
geschenkt worden wäre. Inzwischen ist nun das Resultat
von Fellinger am Baryt durch eine nach ganz anderer
Methode ausgeführte Untersuchung von W. Schmidt^ durch-
aus bestätigt worden. Dieser fand nämlich bei zwei Baryt-
kristallen bei derselben Bezeichnung der Achsen im Mittel:
I 8i = 7,62 e, = 12,25 e, = 7,62
II «1 = 7,69 e, = 11,00 eg = 7,70.
1) J. Beckenkamp, Zeitschr. f. Kristallogr. u. Min. 35. p. 184.
1901.
2) W. Schmidt, Ann. d. Phys. 9. p. 933. 1902.
Elektr. Dispersian der Kristalle. 479
Also auch hier ist e, ^^^ größer als «^ und $^, und die
letsEteren beiden Werte sind wie bei Fellinger nahezu einander
gleich. Schmidt fand zugleich noch bei einem zweiten Kristall,
Cölestin^ der ebenfalls rhombisch ist, dasselbe Verhalten. (Baryt
ist schwefelsaures Baryum, Cölestin schwefelsaures Strontium.)
Für den Cölestin sind bei derselben Bezeichnung der Eristall-
achsen die optischen Brechungsindizes
a ß Y
für die Linie D 1,62198 1,62867 1,68092,
während die Dielektrizitätskonstanten sich bei zwei Kristallen
im Mittel ergaben:
I «1 = 8,20
e, « 18,15
% = 8,00
II 8i = 8,30
a, » 18,50
«, «= 7,70.
Hier ist also c, verhältnismäßig noch bedeutend mehr ge-
wachsen wie beim Baryt
Die Tatsache selbst ist also durch diese zwei nach ver-
schiedenen Methoden angestellten Untersuchungen sicherge-
stellt Aus dieser Tatsache folgt aber sofort folgendes: Da
die optischen Achsen eines zweiachsigen Kristalls immer in der-
jenigen Ebene liegen, welche senkrecht steht auf der Richtung
des mittleren Brechungsexponenten und da ebenso die elek-
trischen Achsen, d. h. diejenigen Achsen, in welchen die elek-
trischen Bewegungen gleiche Fortpflanzungsgeschwindigkeit im
Kristall haben, senkrecht stehen auf der Richtung der mitt-
leren Dielektrizitätskonstante, so folgt, daß für den Baryt und
den Cölestin die Ebene der elektrischen Achsen senkrecht
steht auf der Ebene der optischen Achsen. Während für das
Licht die Ebene a c die Acbsenebene ist, ist es für die Elek-
trizität die Ebene ha bez. bc, je nachdem 6j§«3 ist. Wir
haben es also mit gekreuzter Stellung der Achsenebenen für
die raschen Lichtbewegungen und die langsamen elektrischen
Bewegungen zu tun. Aus dem optischen Verhalten kann man
für diese bei langen Wellen eintretende Kreuzung nicht ein-
mal einen Anhaltspunkt finden. Ein solcher wäre vorhanden,
wenn der optische Achsenwinkel mit wachsender Wellenlänge
im sichtbaren Teil des Spektrums bedeutend kleiner würde.
Aber gerade das Gegenteil ist für den Baryt der Fall. Für
480 L, Oraetz.
diesen berechnet sich der wahre Achsenwinkel 2 V bei 20 ® fttr
die Linien
C zu 35 MO' D zu 34^47' F zu 34<>35'.
Für den Gölestin ergibt sich wohl eine kleine Abnahme
für C rechnerisch, doch scheinen die Zahlen für die Brechungs-
exponenten nicht genügend sicher zu sein. Für den Cölestin
wird 2 7
bei C 50^23' D 52or F 51^30'.
Eine solche Kreuzung der Ebenen der optischen Achsen
für Wellen verschiedener Länge ist übrigens auch flir das
Licht keine unbekannte, wenn auch eine seltene Erschei-
nung. Es gibt einige Kristalle, und der Brookit (Titanoxyd)
ist das Hauptbeispiel daf&r, welche in dem Bereich des sicht-
baren Spektrums eine derartige Dispersion zeigen, daß die
Ebene der optischen Achsen für Rot und Gelb senkrecht steht
auf derjenigen für Grün und Blau.^) Die merkwürdigen Bilder,
welche eine Platte aus solchem Kristall in konvergentem weißen
Lichte zeigt, sind in dem angeführten Werke von Groth ab-
gebildet. Wenn man nun nicht nur das Gebiet der sichtbaren
Wellen, sondern das gesamte Gebiet der Wellen bis zu den
elektrischen in Betracht zieht, so mag diese Erscheinung, wie
Baryt und Cölestin es zeigen, eine viel allgemeinere sein. Ein
zweiachsiger Kristall, der in gewissen Gebieten der Wellen-
längen eine Kreuzung der optischen Achsenebenen zeigt, muß
notwendig für eine dazwischenliegende Wellenlänge sich wie
ein einachsiger Kristall verhalten. Das Analogen dafür ist bei
einachsigen Kristallen eine solche Dispersion, daß der Kristall
aus einem optisch positiven zu einem optisch negativen wird,
wobei er notwendig für eine dazwischenliegende Wellenlänge
isotrop erscheint. Auch dafür zeigen die von Schmidt an-
gegebenen Zahlen ein oder zwei Beispiele. Der Eisenspat
ist nach der Angabe von Groth ^) stark negativ doppelbrechend,
d. h. n II Achse ist größer als n JL Achse. Im Gegensatz dazu
1) P. Groth, Physikalische Kristallographie. 3. Aufl. p. 109 u.
390. 1895. Leider scheinen gerade für solche Kristalle keine genauen
Messungen der Brechungsindizes vorzuliegen, obwohl sie hier besonderes
Interesse hätten.
2) P. Groth 1. c. p. 470.
Elektr. Dispersion der KristaUe. 481
ist die Dielektrizitätskonstante «^ im Mittel 6^85, a^ im Mittel
7^6, also ist der Kristall f&r diese Wellen positiv. Beim
Zirkon, der optisch negativ ist, geben die Zahlen 6^«= 12,6,
a^ s 12,8 zwar positive Doppelbrechung, doch so geringe, in
die Fehlergrenzen fallende Differenzen, daB man den Kristall
f&r diese Wellen sogar als regulär ansehen kann. Diese Ver-
änderungen im Charakter der Doppelbrechimg für verschiedene
Wellen sind natürlich zu unterscheiden von denen, die durch
die Wärme hervorgebracht werden, da die molekulare Kristall-
struktur ja dabei dieselbe bleibt.
Die Ursache für die Erscheinungen beim Baryt und Gö-
lestin beruhen offenbar auf anomaler Dispersion in dem Ge-
biet zwischen den Lichtwellen und den elektrischen, und lassen
sich also zurückführen anf Absorptionen im Ultrarot Wenn
man die Helmholtzsche Theorie des mit lonenpaaren be-
lasteten Äthers zugrunde legt, so sind es also die durch Rei-
bung gedämpften Eigenschwingungen der Ionen, welche die
Absorption und den anomalen Verlauf der Dispersion ver-
anlassen. Die Helmholtzsche Theorie ist zwar nur für isotrope
Medien in Gleichungen gefaßt, es hat aber keine Schwierigkeit,
die entsprechenden Gleichungen für einen doppeltbrechenden
Kristall mit fester Achsenrichtung (rhombischen) hinzuschreiben,
bei denen man außer den 3 Dielektrizitätskonstanten e^ «a S
noch die Konstanten a^ und k der Helm hol tz sehen Theorie
nach den drei Achsenrichtungen verschieden annehmen muß.
Auch hat es keine Schwierigkeit, aus dem Ansatz für ebene
Wellen eine Gleichung zu erhalten, welche formell der Fres-
n eischen Gleichung für die Fortpflanzungsgeschwindigkeit F
analog ist, nur daß an Stelle dieser Größe hier eine komplexe
Größe auftritt, deren reeller Teil allein die Fortpflanzungs-
geschwindigkeit ist. Die Trennung aber der erwähnten Glei-
chung in einen reellen und imaginären, den Absorptionsverlauf
darstellenden Teil, führt im allgemeinen zu unübersichtlichen
Formeln, wie schon für allgemeinere Dispersionstheorien von
Drude ^) gezeigt wurde. Man kann aber ohne spezielle Rech-
nung aus den elektrischen Erscheinungen am Baryt und Cölestin
doch gewisse Schlüsse auf deren Kohäsion und Spaltbarkeit
1) P. Drude, Wied. Ann. 40. p. 665. 1890.
Boltsmann-FestAchrilt. 61
482 L. Ortutz. Elehir, Ditpersion der Kristalle,
nach bestimmten Richtungen ziehen. Da die starke Veränderung
der Dielektrizitätskonstante in der Richtung der ^Achse, welche
in diesen Kristallen die Makroachse ist^ stattfindet^ so muß sie
hervorgebracht sein durch Eigenschwingungen der lonen^ welche
senkrecht zu dieser^ also in der Ebene {010} stattfinden. Da
nun diese Schwingungen der Ionen Absorptionen im Ultrarot
erzeugen sollen, so müssen sie verhältnismäßig langsame sein,
während diejenigen Schwingungen, die die Dispersion im sicht-
baren Spektrum hervorbringen und die Absorptionen im Ultra-
violett ausüben, viel raschere sind. Es folgt also für die Kräfte,
von denen die lonenpaare angegriffen werden, daß diese in
der Ebene {010} geringere sein müssen, als in den senkrecht
dazu stehenden Ebenen. Denkt man sich diese Kräfte als
durch gegenseitige Anziehungswirkung verursacht , so folgt,
daß in der Ebene {010} die Dichtigkeit, in welcher dort die
lonenpaare vorhanden sind, geringer ist als in den senkrecht
dazu stehenden Ebenen. Nun ergibt sich aus allgemeinen
kristallographischen Überlegungen^), daß die Ebenen vollkom-
menster Spaltbar keit diejenigen sind, welche die größte Flächen-
dichtigkeit besitzen. Daraus und aus den obigen Betrachtungen
würde sich also ergeben, daß nach der Ebene {010} die Spalt-
barkeit der in Rede stehenden Kristalle gering sein muß. In
der Tat ist die Spaltbarkeit nach {001} vollkommen, nach {110}
ziemlich vollkommen, nach {010} und {111} nur noch deutlich.^
Ob diese Schlußweise, die jedenfalls mit Vorsicht gebraucht
werden muß, auch in weiteren Fällen einen richtigen Zusam-
menhang zwischen elektrischer Dispersion und Spaltbarkeit
gibt, läßt sich bisher aus Mangel an dielektrisch untersuchten
Kristallen nicht entscheiden. Es erscheint daher wichtig, noch
möglichst viele rhombische Kristalle auf ihre Dielektrizitäts-
konstanten zu untersuchen.
München, September 1903.
1) L. Sohncke, Zeitschr. f. Rristallogr. u. Min. 13. p. 209. 1888;
P. Groth 1. c. p, 261.
2) P. Groth 1. c. p. 397.
(Eingegangen 22. September 1903.)
488
60. Zur Theorie der Destillation von GemischeiL
Von J» F. Kaenen in Dandee.
Es werde ein Gemisch beliebig vieler Stoffe in einer
Kodiflasche^ welche mit einem aufsteigenden ßückflußrohr ver-
sehen sei, zum Sieden gebracht. Die Erwärmung werde so
reguliert, daß keine Flüssigkeit abdestilliert^ und bleibe durch-
aus konstant erhalten. Es wird dann der Zustand nach
einiger Zeit, sowohl in der Flüssigkeit selbst, wie im Rohr,
yollkommen stationär.
Der Vorgang im Bohr besteht darin, daß Dampf in dem-
selben aufsteigt, sich dort beim Aufsteigen allmählich konden-
siert und als Flüssigkeit nach dem Eochgefäß zurückfließt.
Man kann also in jedem Durchschnitt des Rohres einen auf-
steigenden Dampfstrom und hinabfließenden Flüssigkeitsstrom
unterscheiden. Die wirklichen Bewegungen des Gemisches
sind sehr verwickelt und finden nicht ausschließlich parallel
der Röhrenachse statt: die gerade in der Kondensation be-
griffenen Teile des Gemisches bewegen sich sogar hauptsäch-
lich dem Röhrendurchschnitte parallel; doch kann man jeden-
falls die sich durch einen Durchschnitt in einem bestimmten
Zeitelemente nach oben bewegenden Massen als Dampfstrom,
die durch denselben hinabgehenden als Flüssigkeitsstrom zu-
sammenfassen.
Es läßt sich nun leicht ein einfaches Gesetz über das Ver-
hältnis dieser beiden Ströme herleiten: da nämlich der Zustand
stationär ist, so muß in einer bestimmten Zeit genau dieselbe
Menge nach oben wie nach unten gehen. Daraus geht hervor:
In jedem Durchschnitte sind der aufsteigende Dampfstrom
und der hinabfließende Flüssigkeitsstrom gleich stark.
Da sich aber die Gleichheit dieser Ströme nicht nur auf
die Gesamtmenge, sondern auch auf alle Komponenten der-
selben bezieht, so erfolgt weiter das nachfolgende Gesetz:
Die in jedem Durchschnitte nebeneinander bestehenden Dampf
und Flüssigkeit haben genau die gleiche Zusammensetzung,
81*
484 J, P. Kueneii.
Der umstand, daß die Flüssigkeit auf jeder Höhe die
nämliche Zusammensetzung, wie der mit ihr in Berührung
stehende Dampf aufweist, könnte unmittelbar erklärt werden,
falls der Dampf immer als Ganzes in Flüssigkeit umgesetzt
würde. Man könnte sich die Abkühlung und Kondensation
im Bückflußrohr wohl derart denken, daß dabei immer kleinere
oder größere Mengen Dampf ohne Fraktionierung verflüssigt
würden, aber gewöhnlich, wenn nicht immer (ausgenommen
mit Maximum- und Minimumgemischen) findet bei der Kon-
densation eine gewisse Fraktionierung statt; es ändert sich
dadurch der Oehalt des Dampfes beim Aufsteigen fortwährend
in einer bestimmten Richtung, nämlich in der Richtung einer
größeren Flüchtigkeit Ähnliches gilt für die Flüssigkeit, da
dieselbe beim Hinabfließen fortwährend die sich kondensieren-
den Dampfmengen aufnimmt. Überdies hat die Fraktionierung
zur Folge, daß sich auf bestimmter Höhe im Rohr nicht nur
ein Gemisch von bestimmter Zusammensetzung, sondern eine
Reihe von Gemischen, teils dampfförmig, teils flüssig, befindet,
welche einen kontinuierlichen Übergang zwischen dem innersten
Dampf- und dem äußersten Flüssigkeitsgemisch bilden. Das
oben hergeleitete Gesetz gilt jeiloch auch im allgemeinen Falle,
wenn man unter Zusammensetzung die mittlere Zusammen-
setzung der beiden Ströme versteht.
Nimmt man, wie oben geschehen ist, an, daß bei der
Kondensation immer Fraktionierung stattfindet, so ändert sich,
wie schon bemerkt, der Dampfgehalt fortwährend in einer be-
stimmten Richtung, und der Endzustand, d. h. der Zustand
am äußersten Oberende der kondensierenden Dampfsäule im
Rohr, muß notwendig eine der Komponenten im reinen Zustande
(oder casu quo ein Maximumgemisch) sein. Die Menge der-
selben kann aber natürlich äußerst gering sein.
Vergleichen wir jetzt den Zustand in einem kurzen Kon-
densationsrohr mit energischer Kühlung mit demjenigen in
einem effektiven Fraktionierrohr oder Dephlegmator, immer
ohne Destillation. In beiden Röhren ändert sich der Dampf-
gehalt allmählich zwischen einem bestimmten Wert am ünten-
ende und der einen reinen Komponente am Obenende, und ist
der Flüssigkeitsgehalt auf jeder Höhe derselbe wie der Dampf-
gehalt. Der Unterschied der zwei Röhren besteht also nur
Destillation von Gemischen. 485
in der AusdehnuDg des Phänomens: im Dephlegmator sind die
Phasen, speziell diejenigen nahe dem Obenende, auf eine größere
Strecke ausgedehnt; dadurch wird eine viel vollkommenere Schei-
dung der Komponenten ermöglicht^ wenn man die oberste
Phase abzudestillieren erlaubt.
Ans dem obigen geht hervor, daß an keiner Stelle eines
DestiUatioDsrohrs die dampfförmigen und flüssigen Phasen in
thermodynamischem' Gleichgewicht sich befinden können, aus-
genommen gerade am Obenende, wo die eine Substanz im
reinen Zustande oder ein Gemisch von konstanter Siedetem-
peratur sich vorfindet Es haben nämlich koexistierende Phasen
im allgemeinen eine verschiedene Zusammensetzung und um-
gekehrt kann bei gleicher Zusammensetzung kein Gleichgewicht
bestehen. Am Untenende des Kondensatiousrohrs , wo die
Phasen weit vom Gleichgewicht sich entfernen, muß also un-
mittelbar eine starke Kondensation und Auswechslung von
Komponenten anfangen und ändert sich also der Dampfgehalt
— und deshalb auch der Flüssigkeitsgehalt — nach oben
relativ schnell; bei der Näherung zum Obenende nimmt die
Tendenz zur Einwirkung der Phasen bis * Null ab und dort
besteht also nur eine langsame Änderung des Gehaltes nach
oben zu: die Phasen sind deshalb am Obenende des Fraktionier-
rohres am meisten auseinanderge schoben. Man hat bekanntlich
in speziellen Fällen mit Erfolg versucht, die Scheidung der
Komponenten durch Anwendung eines auf konstanter Tem-
peratur erhaltenen Kondensationsrohres zu befördern ; offenbar
kann die Wirkung eines derartigen Rohres ebenfalls als eine
Ausdehnung der auffolgenden Phasen aufgefaßt werden.
Wir haben im obigen noch immer angenommen, daß kein
Dampf abgeführt wird; sobald das geschieht, hören die obigen
Oesetze auf zu gelten. Je langsamer die Destillation vor
sich geht, d. h. je kleiner die Menge der abgeführten, im Ver-
hältnis nur nach der Kochtiasche zurückfließenden Substanz
ist, um desto weniger werden die Verhältnisse von den oben
betrachteten abweichen. Betrachten wir einfach shalber den
Fall eines binären Gemisches und nehmen wir an, daß das
Destillat aus der einen Komponente in angenähert reinem Zu-
stande besteht; es hat dann die Destillation offenbar zur Folge,
daß die zurückfließende Flüssigkeit weniger von dieser fluch-
486 /. P. KueneiL Destillation von Gemischen.
tigen Substanz enthält und, anstatt die nämliche Zusammen-
setzung wie der Dampf, eine etwas andere weniger flüchtige
aufweist und deshalb auch näher mit dem Dampf im Gleich-
gewicht sich befindet. Gewöhnlich wird jedoch der Zustand
noch weit von demjenigen verschieden sein, in dem die sich
berührenden Phasen thermodynamisch miteinander koexistieren,
und diese Abweichung muß am Uotenende des Rohres am
größten sein« Es ist also ungenau anzunehmen, wie man es
wohl getan hat, daß bei langsamem Betrieb einer Fraktionie-
rung die Phasen sich auf jeder Höhe des Rückflußrohres an-
genähert in Gleichgewicht einsetzen werden; dasselbe ist nur
im oberen Teile des Rohres der Fall.
Das obige soll natürlich nicht als eine vollständige Theorie
der fraktionierten Destillation, sondern nur als ein Beitrag zu
derselben in einer^ so viel ich weiß, vernachlässigten Richtung
betrachtet werden. An anderer Stelle hoffe ich die Theorie
vollständiger darzustellen.
Dundee^ üniversity College.
(Eingegangen 22. September 1903.)
487
61. Eine einfache Anwendung der Vektorrechnung
auf die Theorie der veränderlichen Strome.
Von B. Jahnke in Berlin.
!• Einleitung, — Bei einer Einführung in die Vektor-
rechnung ist es wünschenswert; schon im Beginn, nachdem die
einfachsten Begriffe und Definitionen vorgetragen worden sind,
einfache Anwendungen vorführen zu können ^ sei es zur Ein-
übung des neuen Algorithmus ^ sei es, um die Fruchtbarkeit
der neuen Methode zu erweisen. Während nun an Beispielen
und Übungen aus Geometrie und Mechanik kein Mangel ist,
kommt man bei der Frage nach einfachen Anwendungen aus
der mathematischen Physik in einige Verlegenheit.
Bei der Suche nach solchen Anwendungen bin ich vor
kurzem') auf eine elementare Herleitung derjenigen Formeln
gestoßen, welche Fresnel und F. Neumann fQr die Intensi-
täten des partiell reflektierten und gebrochenen Lichtes aufge-
stellt haben, in dem Fall, daß die Schwingungsebene senkrecht
zur Einfallsebene verläuft^ Diese Herleitung ist dadurch be-
merkenswert, daß sie keine Differentialgleichung benötigt. An
die Stelle der üblichen Voraussetzung, daß die elektromagne-
tische Welle die Form einer Sinusschwingung besitze, tritt die
allgemeinere, daß sich die elektromagnetische Welle durch einen
Vektor darstellen lasse, dessen Länge durch die Schwingungs-
amplitude gemessen und dessen Richtung und Richtungssinn
durch die Fortschreitungsrichtung der Welle bestimmt werden.
Im nachstehenden erlaube ich mir, eine andere Anwen-
dung mitzuteilen, die sich auf die Theorie der veränderlichen
Ströme bezieht, nämlich eine elementare Herleitung des 0 h m -
sehen Gesetzes für den Wechselstrom in dem Fall, daß Wider-
stand, Selbstinduktion und Kapazität als konstant voraus-
gesetzt werden.
1) Vgl. Sitzungsber. d. Berl. Math. Gesellach., 2. p. 53—56. 1903.
2) Wie hieraus die Formeln des Falles hervorgehen, wo das Licht
parallel zur Einfallsebene schwingt, zeigt eine Arbeit des Verfassers, die
demnächst im Arch. d. Math. u. Phys. erscheinen wird.
488 E. Jahnke.
2. Foraussetzungen aus der Vektorrechnung, — Bei dieser
Herleitung mache ich Gebrauch von dem Begriff des Vektors
der Ebene als einer Strecke von bestimmter Länge, bestimmter
Richtung und bestimmtem Richtungssinn, sowie von dem
äußeren und dem inneren Produkt zweier Vektoren a, b der
Ebene, die ich nach Graßmann, wie folgt, definiere:
[a 6] = a Ä sin (a, 6), [a j ft] = a ^ cos (a, h\
Dabei bedeuten a, b die numerischen Längen der beiden
Vektoren. Diese Definitionen liefern ohne weiteres die charak-
teristischen Eigenschaften des äußeren und des inneren Pro-
duktes, nämlich
[6 a] = — [a ft] , [a a] «= 0;
[6 ; a] = [«!*]> [a I a] = a*.
Außer diesen Begriffen und Definitionen benutze ich noch
den Satz, daß zwischen drei Vektoren der Ebene a, fr, c stets
eine lineare Identität der Form
(1) aa + ßb + YC^Q
besteht, wo a, ß, y beliebige Zahlen bedeuten, d. h. daß es
stets möglich ist, von drei beliebigen Vektoren der Ebene
solche Vielfache zu nehmen, daß dieselben sich zu einem
Dreieck zusammenschließen.
Was den beim inneren Produkt auftretenden vertikalen
Strich angeht, den von Graßmann eingeführten Ergänzungs-
strich, so bedeutet ^) | b den Vektor, in welchen der Vektor b
übergeht, wenn er im positiven Sinn um 90® gedreht wird,
so daß
li
wird. Das innere Produkt wird durch Einführung des Ergänzungs-
begriffs auf das äußere zurückgeführt, und umgekehrt kann das
innere stets in Form eines äußeren dargestellt werden. Daher ist
[aft]= -[ali&]=-[a|(|&)].
Noch eine Bemerkung über die mechanische Deutung
des Vektors und des inneren Produktes zweier Vektoren. Es
ist bekannt, daß sich die eben definierten Vektoren *) in der
1) Sprich: Ergänzung des Vektors b.
2) Es sind die sogenannten freien Vektoren gemeint, denen die
hier nicht zur Verwendung kommenden gdmndentn gegenüberstehen.
Anwendung der Vehiorreehnung. 489
Terschiedensten Weise deuten lassen; insbesondere als Kräfte,
welche in einem und demselben Punkt angreifen, oder allgemeiner
als Kräfte, deren Wirkung als unabhängig von der Lage im
Baum angesehen werden darf. Deute ich nun a als eine
solche Kraft und b als den Weg, welchen der Angriffspunkt
der Kraft in der Zeiteinheit zurückgelegt hat, so stellt das innere
Produkt [a { 6] gemäß obiger Definition die Arbeit dar^ welche
die Kraft geleistet hat, indem ihr Angriffspunkt in der Zeit-
einheit die Verrückung 6 erfahren hat
3« Physikalische Voraussetzungen, — Ich komme zu den
physikalischen Voraussetzungen. Li einem Stromkreise herrsche
eine elektromotorische Kraft und bringe einen Wechselstrom
herror. Nun nehmen unter den veränderlichen Strömen die-
jenigen eine ausgezeichnete Stellung ein, welche sich nur durch
Amplitude, Phase und EVequenz unterscheiden. Ich beschränke
die Betrachtung auf diese, harmonisch genannten Wechsel-
ströme. Alsdann können sich Spannung und Strom eines und
desselben Wechselstroms nur noch durch Amplitude und Phase
unterscheiden. Ich kann daher die Spannung eines solchen
Wechselstroms als einen Vektor auffassen, dessen Länge ein
Maß der Spannungsampiitude gibt, und dessen Richtung die
Phase der Wechselstromspannung bestimmt. Dieser Vektor
heiße Spannungsvektor,
Ebenso läßt sich der Strom als Vektor darstellen, wenn
ich seine Länge zur Stromamplitude und seine Richtung zur
Phase des Stroms in Beziehung setze. Dieser Vektor heiße
Stromvektor,
Indem ich Widerstand, Selbstinduktion und Kapazität als
konstant voraussetze, erhalte ich ein Wechselstromfeld, dessen
physikalischer Zustand durch jene beiden Vektoren vollständig
charakterisiert ist.
Noch einen Vektor führe ich ein, der dem Stromvektor
um 90^ iu seiner Richtung, d. i. Phase, vorauseilt, dessen
Länge aber mit derjenigen des Stromvektors übereinstimmt,
und nenne ihn den magnetischen oder wattlosen Vektor.
Endlich entnehme ich der Physik die Tatsache, daß die
Arbeit, welche die elektromotorische Kraft in der Zeiteinheit
leistet, sich einmal aus dem Jouleschen Effekt, d. i. der in
Wärme umgesetzten Energie, zusammensetzt und zweitens aus
490 B. Jahnke.
der inneren Stromenergie oder magnetischen Energie. Die erstere
wird aufgewendet, um den Stromvektor, die letztere, um den
dazu senkrechten, magnetischen Vektor hervorzubringen. Jene
ist gleich £J^, diese gleich
(^---«y«^*'
wo B den Ohm sehen Widerstand, L die Selbstinduktion, (7 die
Kapazität, to die Frequenz und / die Intensität des Wechsel-
stroms bedeuten.
4. Uerleitung des Ohm sehen Gesetzes, — Nenne ich den
Spannungsrektor e und den Stromvektor i, so läßt sich durch
diese beiden gemäß (1) jeder andere Vektor derselben Ebene
linear darstellen. Derselben Ebene gehört aber der wattlose
Vektor an, welcher, unter Benutzung des Oraß mann sehen Er-
gänzungsstriches, mit \i bezeichnet werden darf. Demnach
kann ich ansetzen:
(2) e^xi + y\i.
Um die Koeffizienten x, y zu bestimmen, multipliziere ich
die Gleichung zunächst äußerlich mit \i\
[e|<] = :r[<|i]+y[i< i<]
und finde, da [|i |i] gemäß der Definition verschwindet.
Ebenso liefert die äußere Multiplikation mit i:
[ie]^x[i€] +y[i iq,
woraus, da [<i] verschwindet.
Die Amplituden von Strom und Spannung seien / bzw. £,
dann ist zunächst der gemeinsame Nenner
[<|i]=/2.
um die Zähler auszuwerten, erinnere ich an die oben
mitgeteilte mechanische Deutung, welche das innere Produkt
aus Kraft- und Wegvektor zuläßt. Die entsprechende Deutung
flir die Theorie der veränderlichen Ströme ergibt sich, wenn
ich an die Stelle des Kraftvektors den Vektor, der die elektro-
motorische Kraft darstellt, und an die Stelle des Wegvektors
Anweiidunff der Fehtarrechnung. 491
den Strom vektor setze. Daher wird das innere Produkt [e\(\
den Yon der elektromotorischen Kraft des Wechselstroms in
der Zeiteinheit geleisteten Joul eschen Effekt darstellen, d.h.
(3) [e|i] = Ä/«.
Was endlich das äußere Produkt [i e] angeht, so läßt sich
dasselbe als inneres Produkt aus e und \i auffassen; nämlich
[ie]=-[ei] = [6-i]-[e|(|i)],
weil ja ||< = — 1 Demnach bedeutet \ie\ die Arbeit, welche
die elektromotorische Kraft des Wechselstroms in derZeitdnheit
leistet, indem sie das magnetische Feld hervorbringt Also
kann ich setzen
(4) [ie] = (ia,-J^)/«.
Hiemach nimmt die Identität (2) folgende Form an:
(5) e = Äi + (i;<»- j^)|i.
Um von den Vektorgrößen zu den Skalaren überzugehen,
nehme ich von der Gleichung (5) die Ehrgänzung:
(SO ,e^R\i-(La,--^Y
und multipliziere (5) und (5') äußerlich miteinander, so entsteht
oder
Ä^ = /|A«+(i;«,--L)«,
und das ist das Ohm sehe Gesetz für den Wechselstrom, wenn
Ohm scher Widerstand, Induktanz und Kapazität als konstant
angesehen werden dürfen. ^)
5. Schlußbemerkungen. — Ich mache zunächst darauf auf-
merksam, daß die vorstehende Herleitung an die Stelle der
üblichen Voraussetzung von sinoldalen Wechselströmen die
1) Vgl. z. B. G. Ferraris, Wissenschaftliche Grundlagen der Elektro-
technik, p. 264. 1903. Leipzig, B. G. Teubner.
492 E. Jahnhe. Anwendung der Vektorrechnung.
andere setzt, daß sich der Wechselstrom als Vektor darstellen
läßt^) Dadurch erklärt sich das Fehlen des Differentialbegriffs.
Weiter möchte ich auf den Unterschied hinweisen, welcher
zwischen den hier benutzten Vektoren und denen besteht, die
ich bei der Herleitung von Fresnels und F. Neumanns
Intensitätsformeln verwandt habe. Während diesen physika-
lische Bedeutung zukommt, sind jene nur als graphische Vek-
toren, im Gegensatz zu den physikcdischen Vektoren, anzu-
sprechen.
Endlich hebe ich hervor, daß ich in den Anwendungen
auf Optik und Elektrizität, von der einfachen Identität Ge-
brauch madite, die zwischen drei Vektoren der Ebene beetehi.
Dieselbe leistet noch bei manchen anderen Anwendungen gute
Dienste. Ich begnüge mich an dieser Stelle auf die Verein-
fachung hinzuweisen, welche durch sie gerade die analjrtische
und graphische Behandlimg von Wechselstromerscheinungen er-
fährt.*)
1) Die Herleitung erinnert übrigens an diejenige, welche Hr.
P. Steinmetz in seinem Werk: Theorie und Berechnung der Wechsel-
stromerscheinnngen, p. 472, anter Benutzung der Theorie der komplexen
Größen gibt
2) Vgl. z. B. Fr. Punga, Zeitschr. f. Elektrotechnik, 19. (42, 43.)
1901. Diese Darstellung hätte an Einfachheit erheblich gewonnen, wenn
der Verfasser die oben genannte Identität an die Spitze der fjitwick-
^^uig gestellt hätte.
(Eingegangen 23. September 1903.)
49S
62. The Expansion-Work of a DisBociating Gas.
By J. E. Trevor in Ithaka U. S. A.
Suppose a gas subject to binary dissociation of the type
represented by
both of tlie constituents, e. g. N^O^ and NO,, being assumed
to exhibit the behavior of ideal gases. In Oibbs' theory,
the molecular potential of the ^'-th constituent in the reacting
mixture is (Gibbs' equation 268)^
(1) A. - Ä e log -^ - c^^ {9 log e - ö) -evoj + ^op
where 0 is the absolute temperature, ß the molecular gas-
constant, p, the partial pressure and C^. the molecular heat-
capacity at constant pressure of the constituent, and B^, and
tIq, the molecular energy and entropy constants of the con-
stituent According to the Gibbsian theory, tbese molecular
Potentials of the constituents are subject to the relation
(2) X, = 2^.
Now we haye
BS RS
where v is the volume of the gas-mixture; wbonce, on addition,
by Dalton's law,
(3) ;» = («, + «,) */ .
p denoting the total pressure of the gas in dissociation equili-
brium. In consequence,
P «1 + ««
(4) pj = C,p.
The quantity C. may be termed the molecular concentration
of the j'Üi constituent. This equation (4) serves to eliminate
494 J. E. Trevor.
tbe partial presturea firom (2)^ whereupon we obtain the equation
for dissociation eqnilibriam in the form
log I - log I + ^-^if^". log ö - -i^A. - C,^2,^- ,.J
BS •
Noting that 2C^, — C^^ a i2, and setting
this equation may be written
(6) iog-g-=log-i|^_/^,
where >tf and Q^ are constants.
I propose, now^ to utilize this relation for the calculation
of the isothermal expansion-work of the gas between given
limits of the degree of its dissociation, and for the calculation
of the expansion-work when the temperature is changed nnrler
the condition of a constant degree of dissociation being main-
tained.
Denoting by a the degree of dissociation ny^l(2n^ + ^)i
and by N^ the number of molecular weights when the entire
mass is reckoned as composed solely of the iirst consütuent,
the isothermal expansion-work in question is to be obtained
by effecting the indicated integration in
(6) - {W»)e.if, = fp («, 0) • ~ " («' ®' -^i) '^ "•
We require first to find the forms of the functions p and dvjda,
The first of these is found as follows. The equations
a = — — -■ ,
2«! + »2
may be written
n, __ 2 a
n» "" 1 - « '
whence
c - ^ ■
> 1 + »s/«, '
(7) c, =
\- OL
l+o •
Bxpannonwork of a dtssodatinff gcts. 495
Farther, sinoe C^^l — C^, we haye
and 80
Ci " 1 -o«*
This in (5) yields
1 4o« .ARB Q,
whence
,o\ 1 -a* ARS
4 a« ««./«^ '
which gives the desired form of the function p{a, 0).
To find the form of da/dv, we proceed as follows.
Equation (3),
pv=^ (n, +n,)Ä0,
may be written
N. {1 +a).Re
P
wherenpon elimination of p between this and (9) yields
(10) ^ = ~^/- /-"'-.^Vä«;
^ ' A l ^ a
whence
(11) 4^ = .^...i_-i2^- «).«<../*«.
^ ' da A (l — a)*
Substituting (9) and (11) in equation (6), and reducing,
we find
(12)
- (^12)«. X. = 2iV; ÄöJ^^"^. + N.Rejda
a, Ol
= iViÄ0{2log(5-^) +{«,-«,)},
which is the answer to our first problem.
Our second problem consists in effecting the integration in
(13) - (/^i,)a.i.. =/;>(«, ö) •-äV''^^' ®' ^i)^®-
ö»
496 J. K Tnvor. Exptauionwork of a diatociatmg ga$.
By differentiation of (10) we find
^^*' dB A l-a RS*' ' '
and, on snbstituting (9) and (14) in (13), and redacing,
- (*^i,).. *. = - ^1 (1 + «) «, \d log Ö
(16) i
\ =iv;(i + «)«.iog-|-.
This is tbe answer to the second problem.
Cornell Uniyersity. Ithaca, N. Y., September 1903.
(Eingegangen 28. September 1908.)
497
63. Über einen Versuch der Ausmessung Yon Stern-
spektrogrammen nach der objektiven Methode der
Wellenlängenbestimmung.
Von Eduard Hasohek und Karl Kostersits in Wien.
Die großen Vorteile der objektiven Methode der Aus-
messung von Spektrogrammen, welche von F. Exner und
K Haschek angegeben^) wurde und über welche einer von
uns bereits im Astrophysical Journal berichtet hat*), ließen
es uns von Interesse erscheinen, einen Versuch der Anwendung
dieser Methode auch auf Ausmessung von Sternspektrogrammen
zu machen, da die bisher allgemein übliche Methode der Aus-
messung mit dem Mikroskop unverhältnismäßig viel Zeit und
Mühe^ sowohl für die Einstellungen und Ablesungen am Mi-
kroskop, als auch für die daran sich anschließenden Rech-
nungen, erfordert und die Augen übermäßig anstrengt Es
war daher für uns von außerordentlich großem Wert, daß uns
durch die besondere Güte der Herren Geheimrat Prof. Dr.
H. C. Vogel, Direktor des Astrophysikalischen Observatoriums
in Potsdam, und Prof. Dr. W. W. Campbell, Direktor des
Lick-Observatory auf Mount- Hamilton, einige Stemspektro-
gramme für unseren Zweck zur Verfügung gestellt wurden,
und wir möchten es nicht unterlassen, vor allem den beiden
genannten Herren auch an dieser Stelle unseren allerwärmsten
Dank für das uns erwiesene liebenswürdige Entgegenkommen
hiermit auszusprechen. Von Hrn. Geheimrat Vogel erhielten
wir zwei Kopien eines Spektrogrammes von y-Cygni; Direktor
Campbell sandte uns drei Originalspektrogramme von or-Canis
minoris, e-Leonis und £-Pegasi.
1) F. Einer und £. Haschek, Wien. Ber. 104. p. 909. 189&«
2) Karl KoBtersitz, ,,0n a new objective Method for the Mea-
■unnent of Spectrograms**, Astroph. Joum. If. p. 268. 1902.
Boltsnunn-Fettaohrift. 32
498 E, Hiuchek und K. Kostersitz,
Eine eingehende Berichterstattung über unsere Arbeit und
deren Ergebnisse würde den uns hier zur Verfügung stehen-
den Raum weit überschreiten; wir beschränken uns daher jetzt
auf eine kurze vorläufige Mitteilung und behalten uns yor, an
anderem Orte ausführlichen Bericht zu geben.
Das von uns ausgemessene Spektrogramm von y-Cjgni
ist eine Reproduktion (Diapositiv) einer von G. Eberhard mit
dem Spektrograph IV des Potsdamer Astrophysikal. Observa-
toriums am 8. November 1902 um 6 Uhr 48 Min. mitteleuro-
päischer Zeit gemachten Aufnahme. Dieses reproduzierte
Spektrogramm wurde zunächst mit einem Projektionsapparat
auf einem Schirm mit einer willkürlichen linearen Skala in
27facher Vergrößerung entworfen. Die Stellung der Linien
auf der Skala wurde in f&nf voneinander unabhängigen Ab-
lesungen bestimmt und die erhaltenen Mittelwerte mit Hilfe
der J. Hartmann sehen Formel (unter Benutzung von 3 Kon-
stanten) auf Wellenlängen umgerechnet (Vergleichsspektrum Fe).
Wie bei der Ausmessung mit dem Mikroskop hatten wir
also bei diesem ersten Versuche auch noch die nachträgliche
Reduktion der Ablesungen auf Wellenlängen rechnerisch aus-
zufahren. Nichtsdestoweniger war der Zeitgewinn auch bei
diesem Vorgange schon ein sehr bedeutender infolge der Mög-
lichkeit einer sehr raschen und sicheren Ablesung der ein-
zelnen Linien, nicht zu reden von der großen Bequemlichkeit
der Ablesearbeit und dem durch das projizierte Bild gegebenen
schönen XJberblick über das ganze Spektrum.
In ihem vollen Umfange, also mit direkter Ablesung
der Wellenlängen auf dem Projektionsschirm, brachten wir
hingegen die objektive Methode der Ausmessung bei den
Spektrogrammen des Lick-Observatory (Originalnegative, auf-
genommen mit dem Mills -Spektrograph am 36" Refraktor des
Lick-Observatory, Vergleichsspektrum Fe) zur Anwendung, in-
dem wir uns flir diese Spektrogramme zunächst eine für die
Dispersion des Mills-Spektrograph gerechnete Skala anfertigten,
an welcher wir bei richtiger Justierung des Apparates unmittel-
bar die Wellenlängen der einzelnen Linien ablesen konnten.
Auch diese Ausmessung erfolgte in fünf voneinander un-
abhängigen Lesungen, und zwar unter Verwendung einer
887s fachen Vergrößerung. Selbstverständlich mußte diese Art
Awsmessuhg von Sttrnfpektrogrämmeii, 499
der Ablesung unverhältnismäßig rascher und ein&cher zum
Ziele fbhren, da ja jede weitere Rechnung (abgesehen Yon der
Mittelbildung) entfiel.
Als wahrscheinliche Fehler unserer Messungen ergaben
sich folgende Werte (in Ä.-E.), welche wir aus einer kleineren
Anzahl yon willkürlich herausgegriffenen Linien abgeleitet
haben:
Für die
Für das
einzelne Ablesung
Resultat
f-Cygni ± 0,026
± 0,008
a-Can. min. ± 0,082
± 0,017
Nach diesem außerordentlich günstigen Ergebnisse in be-
zog auf die Meßgenauigkeit hielten wir uns für berechtigt,
die gemessenen Wellenlängen mit Linien der bekannten £le-
jnente zu identifizieren und benutzten dazu die von F. Exner
und E. Haschek herausgegebenen Tabellen der. Funken- und
Bogenspektra der Elemente.^) Detaillierte Angaben unter Mit-
teilung von ausführlichen Tabellen für die gemessenen Spektro-
gramme behalten wir uns für unseren ausführlichen Bericht
Tor und wollen hier nur kurz folgende allgemeine Resultate
erwähnen, wobei wir uns auf die Sterne ;^-Cygni und a-Canis
minöris beschränken.
In dem Spektrogramm von y Cygni (Spektralklasse IIa
nach Vogel) haben wir im ganzen 139 gut bestimmbare
Linien gemessen (unter Weglassung einer Anzahl von schlecht
definierten, unbestimmten Linien). Nur zwei von diesen Linien
waren in den Tabellen von Exner und Haschek nicht auf-
zufinden; an den übrigen 137 Linien konnten Identifikationen
mit den Spektren von 38 Elementen ausgeführt werden. Als
sicher vorhanden wurden nacbgewiesen: Fe, Cr, Ca, H, Ti, Va
und die 14 Elemente aus der Gruppe der seltenen Erden.
Femer scheint noch C in der Atmosphäre von y-Cygni, und
zwar in einem solchen Zustande vorhanden zu sein, daß das
Linienspektrum dieses Elementes sichtbar wird. Die übrigen
Identifikationen lassen nur auf das Vorhandensein von Spuren
der identifizierten Elemente schließen.
1) Wien, Verlag von Deuticke, 1902 und 1904.
82*
500 E. ffasehek u, K, Kosternüz. Ausmessung etc*
Das Spektrogramm von a-Canis minoris^) (Spektralklasse laS
nach Vogel] ergab bei Messung von 195 gat bestimmbaren
Linien, von welchen 10 in den Tabellen von F. Exner und
K Haschek nicht aufzufinden waren, Identifikationen mit
24 Elementen. Als sicher vorhanden können die folgenden
Iß fUemente angenommen werden: Fe, Cr, Mn; Ca, Sr, Mg;
Ti, Va, Zr; Ce, La, Pr, Nd, Sa, Y, Sc.
Aus dem allgemeinen Aussehen der von uns untersuchten
Stemspektra sowie aus gewissen speziellen Erscheinungen
glauben wir noch eine Reihe von Schlüssen auf die Konstitu-
tion der Sterne ziehen zu können ; wir haben die Absicht, auch
hierauf noch in unserer späteren Publikation ausführlich zurück-
zukommen.
Sowohl das Spektrogramm von ^^-Cygni, wie auch jenes
von tf-Can. min. zeigen Linienverschiebungen nach dem Doppl er-
sehen Prinzip, aus welchen sich flEbr die G^eschwindigkeit der
beiden Sterne im Visionsradius zur Zeit der gemachten Auf-
nahmen folgende Werte bestimmen ließen:
relat war Erde relat. lor Sonne
f-Cygni + 21,1 + 4,9 km pro Sekunde
a-Can. min. — 84,4 — 7,4 „ „ „
Als eine nicht zu übersehende Bemerkung fügen wir
schließlich noch folgendes bei: Unsere Ausmessungen wurden
nur mit Hilfe einer provisorischen Anordnung des Apparates aus-
geführt und wollen nur als ein erster Versuch betrachtet sein;
es unterliegt also auch gar keinem Zweifel, daß die mit der
objektiven Meßmethode bei Ausmessimg von Stemspektro-
grammen zu erzielende Genauigkeit noch einer sehr erheb-
lichen Steigerung fähig ist, wenn die Messungen mit einer
definitiven und mechanisch präziseren instrumentellen Anord-
nung ausgeführt werden, als sie uns für unseren Versuch zur
Verfügung stand.
Wien, n. Physik. Inst, der Universität.
1) Aufgenommen am 26. Septbr. 1899, um 7 Uhr 84,1 Min. Moont
Hamilton.
(Eingegangen 24. September 1903.)
601
61 Snlla dispersione elettrica dei raggi X ottenati
mediante le scariche dei condensatori.
Di Pietro Cardani in Parma.
L'emissione dei raggi X da parte di un tubo Röntgen
yiene, come k noto, profondamente modiiicata inserendo nel
(drcnito di scarica deirapparecchio d'induzione, di coi 11 tubo
ia parte, un tratto di scintilla. I raggi Röntgen prendono
origine a pressioni molto piü elevate di queUe alle quali di
solito se ne avverte Tesistenza, mentre, se si opera con
pressioni piü basse, viene sensibilmente cambiata la natura dei
raggi medesimi, i quali diventano piü penetranti e quindi
piü difticile il loro assorbimento da parte dei mezzi che
attrayersano.
Lo studio di questo fenomeno k stato fatto da vari
sperimentatori e con molta larghezza dal Winkelmann:
nessuno perö si k occupato di esaminare quali modificazioni
venissero apportate all'emissione dei raggi Röntgen, cam-
biando gli elementi della scarica a cui i raggi medesimi sono
doYuti.
Sotto questo punto di vista mi parve che dovesse pre-
sentare un particolare interesse Tuso delle scariche dei conden-
satori caricati da una ordinaria macchina elettrica. Anche in
questo caso si aveva nel circuito ed in serie con il tubo un tratto
di scintilla, ma mi sembrava che il fenomeno, per la stabilita
che presentano alcuni degli elementi da cui dipendonole correnti
fomite dai condensatori, dovesse presentarsi necessariamente
meglio detinito.
Con Tuso degli apparecclii di induzione il tratto di scin-
tilla non rappresenta infatti che un fattore secondario della
scarica che ai manda attraverso al tubo; invece con Tuso dei
condensatore caricato da una macchina elettrostatica, esso ne
diventa il fattore principale, perche da esso solo dipende la
differenza di potenziale che si deve stabilire tra le armature
affinche la scarica si produca.
502 P. CardanL
Oltre di dö l'nao del oondensatore permette, oon oppor-
tune modificazioni della sua capacitä, di poter, con nna mede-
sima differenssa di Potenziale tra le armatore, impegnare nella
Bcanoa quantitii di elettricitik le qnali sono tra loro in ra{>porti
ben deiiniti e costantL
Ho per qneste conaiderazioni intrapreso nna eerie di
xicerche sni raggi Röntgen ottenuti mediante le scariche dei
condensatori : ed in questa nota riferirö intanto i rienltati ai
qnali soüo peryennto relativi alla dispersione elettrica* che i
raggi medenmi possono determinare nelle yaiie condixioni in
coi si oompie la scarica da cui prendono origine.
La disposizione sperimentale adoperata 6 &cile a oom-
prendersi: dne batterie^ dascnna di 10 condensatori dlindrid
di grande modello e tra loro egnali, erano dispoBte in caacata
con le armatiire esteme rinnite tra loro. Le armatore interne
comnnicavano da nna parte con i poli di nna macchina
elettrostatioa Holtz-Voss e dall'altra con il circnito di scarica.
La capadUt delle batterie poteva regolarsi fiftcilmente col
nnmero dei condensatori che prendevano parte alla scarica.
Nel circnito che riuniva le armature interne si troyaya lo
spinterometro principale (che indicherö con la lettera S) ed il
tubo da cui partivano i raggi X: in deriyazione agli elettrodi
del tubo un secondo spinterometro (che indicherö con la
lettera s) ed un tubo sottile di yetro ripiegato B,di U e con-
tenente delVacqua.
E chiaro che con tale disposizione il potenziale di scarica
era quello doyuto alla distanza esplosiya dello spinterometro S,
mentre la differenza di potenziale massima, che si raggiungeva
tra gli elettrodi del tubo, poteya misurarsi dalla sciutilla laterale
equiyalente che si osseryava nello spinterometro s. Per modi-
ficare la distanza esplosiya in j?, e per ciö la differenza di
Potenziale agli elettrodi del tubo, bastaya modiiicare la
distanza esplosiya in S\ ma nel confrontare i risultati io ho
naturalmente tenuto conto principalmente della scintilla dello
spinterometro j?. Del resto, dentro i limiti, nei quali furono
contenute le presenti ricerche, le due scintille in 'S ed in «
risultarono sempre sensibilmente eguali.
Düpersione. elettrica dei raggi X SOST
Per la misura della dispersiooe elettrica prodotta dai
raggi X ho adoperato un elettrometro del Mascart, chiuso in
una cassetta di legno foderata di lastra di piombo di circa
3 mm. di spessore. Nella stessa cassetta unito con l'ago del-
l'elettrometro si trovaya uq disco di rame disposto verticalmente
ed accuratamente isolato che dove^a essere esposto alFazione
dei raggi Z; e vi si tro^ava ancora una pila di 5 elementi
Volta che serviva per dare al disco ed all'ago delP elettrometro
la carica iniziale.
Le pile di carica dei quadranti deir elettrometro erano
invece al di fiiori della cassetta foderata di piombo: ma per
evitare qualsiasi azione elettrostatica estema, tanto la cassetta
con 1' elettrometro quanto le pile di carica dei quadranti, erano
rinchiuse dentro una grande cassa di legno tutta tappezzata di
grossa stagnola. Opportune aperture circolari praticate nei due
involucri permettevano da una parte di poter fare le letture
delle deviazioni dell'ago con cannocchiale e scala e dall'altra
di far giungere sul disco di rame i raggi X emessi dal tubo.
L'apertura della cassa estema prospiciente il tubo era chiusa
da una lamina sottile di alluminio.
La comunicazione dell' ago dell' elettrometro, e per ciö
anche del disco di rame, o con la pila di carica contenuta
nella cassetta o con la terra, si operava dall' estemo con un
congegno facile ad immaginarsi.
L'isolamento dell' ago e del disco di rame era in cosi
eccellenti condizioni da esser necessario qualche minuto per
poter osservare una perdita della carica corrispondente ad una
divisione della scala: la deviazione iniziale dovuta ai 5 ele-
menti Volta si aggirö sempre intomo alle 150 divisioni.
I risultati che riferirö in seguito sodo stati ottenuti ado-
perando due ottimi tubi focus di forma sferica di circa 14 cm.
di diametro: del resto anche altri tubi di minore capacitli non
hanno dimostrato comportamento dissimile. La macchina
elettrica venne poi sempre caricata in modo che l'armatura
negativa delle batterie fosse dalla parte del catodo ; lo spintero-
metro S trovavasi inserito in questo tratto del circuito.
604 P.
Prima di procedere ad esperiense defimÜTe ho Toluto
naturalmente risolvere la questione, che paö considerarai come
fondamentale riguardo al metodo adoperato in queste ricerche:
eBaminare, cioö, se la dispersione prodotta dalle scariche
successiye che attraversano il tubo si mantenesse, per una data
condizione di cose, suf&cientemente costante: poteva infatti sor-
gere il dubbio che in an fenomeno sotto tanti aspetti mutevole,
come qnello della scarica nei gas rarefatti, ciö non awenisse,
tanto piü essendo noto che i tubi Röntgen si modificano per
il continuato passaggio delle scariche.
La proporzionalitä tra la dispersione elettrica ed il numero
delle scintille che, lasciando immutati tutti gli altri elementi
del circuitOy si mandayano attraverso al tabo, ^ stata sempre
verificata dall' esperienza meglio di quanto potevasi pre-
supporre; non solo, ma la dispersione elettrica riprese il mede-
simo Talore anche quando, depo una serie di misure nelle
quali i vari elementi del]a scarica erano stati cambiati, si
ritomava alle condizioni iniziali.
Nei seguenti prospetti sono riassunti i risultati di due
delle tante serie di esperienze fatte: ogni numero rappresenta
la media di almeno tre misure: i valori ottenuti sono stati
sempre molto concordanti tra loro. Di solito in ogni serie si
cominciava dalla distanza esplosiva di 5 mm. nello spintero-
metro principale 5 e si proseguiva di mczzo in mezzo centi-
metro sino alla maggiore distanza esplosiva che si poteva
raggiuTijijere: dopo di che si ripetevano le misure in ordine in-
verso per vedere se le condizioni del tubo fossero rimaste
immutate. Indi si modiiicava la capacita e si ricominciava da
capo. Dopo ogni misura Telettrometro veniva ricaricato.
Ad ogoi distanza esplosiva di S ho misurato inoltre quella
in s: UDO a 3 o 4 cm. queste due distanze esplosive si man-
tennero, come ho detto piü sopra, sensibilmente eguali: per
distanze esplosive maggiori (delle quali pero molto raramente
mi BODO servito), la lunghezza della scintilla s aumentava molto
mcno rapidamcnte di quella in S.
Nella prima colonua verticale e indicato il numero N delle
bottiglie di ciascuna batteria a cui la scarica era dovuta: nelle
Dispersione eleUrica dei raggi X
&06
fthre colonne le dispersioni osseryate all' dettrometro e ri-
ferite ad una sola scarica. In testa alle coloime medesime
sono riportati i valori della longhezza della scintiUa s.
Tttbo 70011B No. 1.
(Diatanza dell* anticatodo dal disco di rame m. 0,50)
N
mm. 5
mm. 10
mm. 15
mm. 20
mm. 25
mm. 80
mm. 85
1
^ 0,0
1,5
5,8
r 14,0
26,0
89,0
51,5
2
0,0
8,0
10,5
25,0
42,0
70,0(?)
4
0,0
5,8
18,0
37,0
60,0(?)
6 1
0,0
7,8
22,8
47,5
8
0,0 1
9,e
26,8
50,0
10
0,0
10,7
29,1
51,0
Tubo Fooua No. 2.
(Distanza deir anticatodo dal disco di rame m. 1,25)
N
mm. 5
mm. 10
1
mm. 15
mm. 20
1
mm. 25
mm. 30
mm. 35
1
0,0
1,3
5,5
12,5
19,5
81,0
(?)
2 !
0,0
2,7
11,5
24,0
85,0
(?)
(?)
4
0,0
5,1
19,0
89,8
53,7
(?)
(?)
*^ 1
0,0
6,8
26,5
49,0
69,0
(?)
8 !
0,0
8,0
83,0
56,5
10
0,0
9,0
38,0
60,0
Dai precedenti prospetti possono trarsi facilmente aicune
interessanti conseguenze.
Dair esame dei valori riportati nelle coloime verticali
appare anzitutto manifesto che la dispersione elettrica cresce
da principio in modo sensibilmente proporzionale alla capacita
dei condensatore ä cui la scarica e dovuta, specialmente se si
opera con piccole distanze esplosive: indi, con il crescere della
quantita di elettricita che prende parte al fenomeno, la di-
spersione elettrica prodotta dai raggi X cresce meno rapidainente
di quanto vorrebbe la legge di proporzionalitä e teode verso
un valore massimo che dipende dalla distanza esplosiva.
Questo risultato merita particolare attenzione specialmente
se si tiene conto che invece esiste, come si disse, una rigorosa
proporzionalitä tra la dispersione elettrica ed il numero delle
scariche che nelle stesse condizioni dei circuito attrayersano il
506 P. Cardani,
tabo. SS puö dunque concludere öhe gli efifetti relativ! alla
dispersione elettrica per mezzo dei raggi X non sono i mede-
simi, quando la stessa quantitä di elettrioit& con la stessa
differenza di Potenziale agli elettrodi ^ttraversi il tubo in un
certo numero di scariche separate owerp in una scarica sola,
come apparentemente h quella che si compie nel tempo
brevissimo in cui dura una scintilla.
Ciö molto probabilmente dipende da quel processo di
ricostituzione spontanea degli elementi neutri da parte dei joni
esistenti nell' aria jonizzata, processo che, come e noto, cresce
con il quadrato dei numero dei joni di una data specie che
si troyano in un determinato yolume. Le scariche dei conden-
satori per la loro brevissima durata dänno origine ad una
emissione di raggi X quasi istantanea e ad una analoga pro-
duzione di joni. H numero di questi u]timi cresce pro-
porzionalmente alla quantitä di elettricitä che prende parte
alla scarica, quando, ben si intende, rimangano invariate tutte
le altre condizioni: ma la dispersione elettrica non varia pro-
porzionalmente al numero totale dei joni prodotti ma bensi
alla differenza tra questo numero e quelle dei joni che spon-
taneameute si ricombinano nell' intervallo di tempo in cui la
jonizzazione dal valore massimo raggiunto nelFatto della scarica
si riduce sensibilmente a zero. Finch^ questo processo di
ricombinazione spontanea si mantiene trascurabile, ciö che ha
luogo se le scariche producono un numero di joni relativamente
piccolo e quindi se si adoperano piccole capacitä e piccole
distanze esplosive, la dispersione elettrica risulta proporzionale
al numero dei joni prodotti e per ciö anche alla quantitä di
elettricitä che attraversa il tubo: ma se il processo di ricom-
binazione diventa rilevante, ciö che ba luogo se le scariche
producono un numero di joni relativamente grande e quindi
se si adoperano grandi capacitä e grandi distanze esplosive,
l'incremepto della dispersione elettrica con il ciescere della
quantitä di elettricita deve rendersi sempre meno sensibile,
cosi che la dispersione deve tendere verso un valore limite,
come appunto viene dimostrato dall' esperienza.
Se invece si mettono tra loro a coufironto i valori che si
trovano su ciascuna linea orizzontale dei prospetti piü sopra
Dtspersiane elettrica dei raggi X. 507
•
riportati, si vede che la dispersione elettrica cresce molto
rapidamente con la distanza esplosiva e quindi anche con la
differenza di Potenziale agli elettrodi: anzi si puö dire che, se
ai opera con piccole capacitä, la dispersione cresce molto
sensibilmente con il quadrato della distanza esplosiva, purch6
qoesta distanza si conti da quel yalore (nel caso dei tubi
adoperati 5 mm) al disotto dei quäle, non passando piü la
scarica attraverso al tubo, cessa anche Temissione dei raggi X
Se la differenza di potenziale agli elettrodi crescesse
proporzionalmente alla distanza esplosiva, si potrebbe quindi
condudere che, almeno con Tuso di piccole capacitä, la dis-
persione elettrica aumenterebbe proporzionalmente all' energia
disponibile tra gli elettrodi dei tubo: ma, come 6 noto, la
differenza di potenziale cresce molto meno rapidamente della
distanza esplosiva, cosi che la legge che lega la dispersione
elettrica e Fenergia disponibile diventa molto piü complessa.
In generale si puö asserire che la dispersione elettrica
cresce con Tenergia disponibile piü rapidamente di quel che
vorrebbe la legge di proporzionalitä: la quäl cosa significa che
con Taumentare della differenza di potenziale agli elettrodi,
e quindi con Taumentare della velocitä dei raggi catodici, va
pure aumentando sempre piü quella parte dell' energia dis«
ponibile che viene trasportata con i raggi dei Röntgen 6
determina la dispersione elettrica.
Oltre dei due elementi linora considerati, un terzo ele-
mento della scarica esercita una notevole influenza suUa dis-
persione elettrica ed k la 8ua forma. L'inserzione di un tubo
Röntgen in un circuito di scarica di un condensatore rende
la scintilla sibilante, poco luminosa e poco rumorosa, cio6 di
natura analoga a quelle che si ottengono inserendo nel cir-
cuito medesimo una forte resistenza, E noto che in tali
condizioni la scintilla e intermittente, costituita cioö da un
numero piü o meno grande di scintille parziali, a cui appunto
si deve il carattere sibilante della scarica,
Ma per ogni tubo sembra che vi sia una distanza
esplosiva critica, oltre la quäle la scarica abbandona quasi
bruscameute questi caratteri per presentarsi sotto Paspetto
ordinario: dal rumore prodotto essa sembra unica e diyenta
608 P. Cardani.
neUo stesso tempo molto piü rumorosa e luminosa. Nel tabo
Foous No. 2 questa diBtanza critica era di circa 32 mm. Ora,
per distanze esploaive minori di 32 mm. i valori della dis-
persione elettrica si mostrarono tra loro concordantissimi per
ogni scarica e sono quelli giä riportati: ma per distanze
esplosive superiorii quando cio6 la trasformazione della scarica
era aTvenuta, i risaltati si presentarono invece molto yariabili
(e per questo ho posto nel prospetto dei punti interrogativi),
ma molto minori dei precedenti: per es., con la distanza esplo-
siva di 35 mm. la dispersione elettrica, che si osservaya,
era di pochissime divisioni, di solito meno di 15. Alla
distanza esplosiya critica i valori dipendevano dalla forma che
acddentalmente prendeva la scarica, e mentre talvolta si ave-
vano deviazioni dell' ago delF elettrometro di piü che 35 di-
risioni, altre volte si ayeyano deyiazioni di 4 o 5 dirisioni: e
dal rumore della scarica si poteya dire a priori quali erano
le scintille piü attiye e quali le meno attiye.
Questo risultato io credo debba attribuirsi, piuttosto che
all' emissione di raggi piü penetranti (e quindi meno atti alla
jonizzazione dell' aria ed alla conseguente dispersione elettrica)
alla grande difFerenza che nei due casi deye ayersi nell'in-
tensitä massima raggiunta dalla corrente. E noto infatti che,
crescendo l'intensita della corrente che attraveisa il tubo, si
ottiene un effetto analoge a quelle che si avrebbe con un
aumento nella pressione dei gas: or bene, quando la scintilla
si presenta come unica, e cio6 molto luminosa e rumorosa, si
yede comparire nel tubo una luce bianchiccia, come cioe se il
tubo fosse ricondotto in uno stadio meno inoltrato della
radiazione catodica, per il quäle dovrebbe esser minore la
quantita dei raggi X emessi e per ciö anche minore la di-
spersione elettrica.
Riassumendo si pu6 dire che, per ottenere con le scariche
dei condensatori la maggiore dispersione elettrica, non con-
yengono le grandi capacitä, ma conriene suddividere la stessa
quantita di elettricita in un gran numero di scariche, mentre
per quanto riguarda la distanza esplosiva non bisogna eccedere
quella distanza critica per la quäle la forma della scintilla
assume quel notevole cambiamento di cui si e piü sopra parlato.
Dispersione elettrica dei raggi X. 509
Le esperienze del Bighi^ del Donati, etc. hanno messo
in piena evidenza la proporzionalitä tra gli e£fetti fotografici
dei raggi X e la dispersione elettrica. In aocordo con questa
le^e sono stati i risultati fotografici ottenuti producendo con
il tabo Focus No. 2 sulla medesima lastra due radiografie
dello stesso oggetto (un portamonete), l'ana con 50 scariche e
25 mm. di distanza esplosiva, Taltro pure con 50 scariche ma
con 85 mm. di distanza esplosiya. La prima immagine ap-
parre incomparabilmente piü intensa della seconda.
Si puö dunque affermare che quelle stesse condizioni che
dalle presenti ricerche risultano come le piü fayorevoli per la
dispersione elettrica mediante i raggi X ottenati con le sca-
riche dei condensatori, lo sono pure per le azioni fotografiche.
Nello studio completo dell' argomento, che giä ho con-
dotto a buon punto^ saranno meglio precisate molte altre cir-
costanze che potranno forse condurre a piü esatte interpretazioni
di molti fenomeni che si osservano nell' uso pratico dei tubi
del Röntgen eccitati dagli ordinari apparecchi d'induziona
(Eingegangen 24. September 1908.)
610
65. Entropie und innere Reibung.
Von B. Weinstein in Charlottenborg.
Szily^ Clausius und Boltzmann haben nachgewiesen,
daß man aus den bekannten Prinzipien der Mechanik für Be-
wegungen, wie wir solche den Molekülen der Körper zu-
schreiben, einen Satz ableiten kann, der unter gewissen Voraus-
setzungen sich als der Garnot-Clausiussche Satz für um-
kehrbare Vorgänge deuten läßt. Sei ob die einem System
während der Änderung seines Bewegungszustandes, der durch
die mittlere lebendige Kraft f bestimmt ist, zugeführte Energie
und i die Dauer dieser Änderung, so hat mau
^-25[iog(ro].
Aus dem Beweise, den ich selbst in meinem Buche über
Thermodynamik^) für diesen Satz gegeben habe, erhellt die
zweifellose Bedeutung der Größe t als der vorbezeichneten
Dauer. Diese Größe hängt also eigentlich mit der Bewegung
der Teilchen des Systems gar nicht zusammen. Sie muß nur
so beschaffen sein, daß auch während dieses Überganges die
Teilchen ihre Geschwindigkeiten gehörig ausgleichen, bzw.
jedes Teilchen alle möglichen Geschwindigkeiten annehmen
kann. Dadurch ist die untere Grenze festgesetzt. Bezeichnet
man mit r die mittlere Bewegungsdauer eines Teilchens zwi-
schen zwei Anstößen, oder falls Anstöße nicht stattfinden, die
mittlere Schwingungszeit, so wird man i=vT setzen können.
Da T sehr klein ist, wird v groß sein, und es wird
^^ ^2 8\\og(TvT)].
Üblichen Hypothesen entsprechend setzen wir, wenn die
Energiezufuhr als Wärmezufuhr S Q betrachtet, und mit i^* die
absolute Temperatur bezeichnet wird,
1) B. Weinstein, Thermodynamik 1. p. 81 f.
Entropie und innere Reihnng. 511
nnd erhalten für die Entropieändening SS
Diese Gleichung, wenn auch in etwas anderer Form, habe
ich in meinem genannten Buche, benutzt um eine Formel fär
die innere Reibung bei Gasen abzuleiten, welche, wie dort
nachgewiesen worden ist, sich auffallend genau an die Er-
fahrung anschließt ^, und namentlich auch die Abhängigkeit von
der Atomzahl und dem Molekulargewicht feststellt. Die Ab-
leitung beruht auf einer Berechnung von v und von r. Was die
Ermittelung der ersteren Größe anbetriflt, so weiß ich auch jetzt
keinen neuen Weg hierfür anzugeben. Bezeichnet v das
spezifische Volumen des Systems, so fand sich v proportional
©-•/•iw-Vs, woselbst m die Masse eines Moleküls bedeutet Die
Größe r ist nach den bekannten Formeln für die mittlere Ge-
schwindigkeit der Gasmoleküle abgeleitet. Im zweiten Bande
des gleichen Werkes*) habe ich nun eine Theorie der festen
Körper mitgeteilt, die sich gleichfalls sehr gut an die Er-
fahrung anschließt.^ Die Formeln dieser Theorie sind all-
gemeiner als die benutzten der Theorie der Gase, welche von
ihnen einen Spezialfall bilden , ich will daher diese allgemein
neren Formeln auch für die obige Berechnung benutzen, teils
um eine Stütze für jene Eeibungsformeln zu gewinnen, denen
ich eine größere Bedeutung zuschreiben muß, teils um zu
zeigen, wie sie etwa noch zu korrigieren sein könnten.
Wenn ein Molekül, ohne anzustoßen, eine mittlere Weg-
länge Ä' und Bewegungsdauer r', dagegen zwischen zwei An-
stößen eine mittlere Weglänge A und Bewegungsdauer r hat,
so wird unter der Annahme einfacher Schwingungen, indem
noch N die Zahl der Moleküle in der Masseneinheit angibt
/ . 2 71 I
/ Am
R 2 . , 2 71 r ' \ T' j "^ 2 71 r
8in
r 4 V r' 2
1) 1. c. 1. Abschnitt 32 u. 41.
2) 1. c. 2. Abschnitt 63.
3) 1. c. 2« Abschnitt 64.
512 B. fKeijutein.
Von der Größe (2;i/t')' ist an gleicher Stelle bewiesen^ daß
sie allein als Funktion von oVt dargestellt werden kann, so
daß ist
Die obigen Gleichnngen dienen nnn zur Berechnung yon r.
Setzt man
so daß wird
80 gibt die ümkehrung dieser transzendenten Gleichung
N«CO
Hml
woselbst
^ - 4, irf, — 0, i<3 « 0,09, A^ « 0,016 . . .
ist Also zufolge des Wertes von r'*/;r'
HmcO .
(2) T»-424
1 " *•
Hiemach gibt das Entropieprinzip
KSQO
(3) SS^jBfd [log (ir» V?-» a» P-V. m-V. 4 ^ .<« -elr!l'- j
a ist die Proportionalitätkonstante fiir p.
Bekanntlich ist nun bei Gasen
(4) SS^^Silogi&^'^v')],
wo c^ und B die übliche Bedeutung haben. Man hätte hier-
nach fiir Gase
^^ =2rJ^log(i^'«^»a«ü-•^m-V.4 2^k^"-) •
Es kommt nun alles auf das Verbalten der Größe B an.
Diese Größe findet sich in der Gleichung fUr die ianere poten-
Entropie und innere Reibung, 513
tielle Energie. Nach meiner im dritten Kapitel des genannten
Werkes dargelegten Theorie der Körper überhaupt ist diese
innere potentielle Energie U
woselbst Uq ein Ausgangswert von V, und F Glieder bedeutet^
die von der Stoßwirkung der Moleküle abhängen. Gilt für
Gase die Boyle-Gay-Lussacsche Gleichung /lo = Ai?*, so
wird
Somit haben vir
\R - R^Je^
und wegen
R
(6) ü:' = i/c,,
Hiemach wird M' keine Konstante sein. Nehmen wir je-
doch diese Größe als konstant an, so ergibt die Gleichung (5)
woselbst C ein Proportionalitatsfaktor ist. Somit wird
/
1
K = 00
Jc_ B
..K ,, X— 1 />2Jr !L_i 4.t/
H = l
Wir setzen
p2Ä'
R am'
und beachten die Gleichung (6), so wird, indem
ist,
(7) l/^^.-?^:^ = i?^"r«* ,
K = l
In erster Näherung bleiben wir in der Summe beim ersten
Gliede stehen und erhalten
BolUmann-FestBchrift. SB
514 B. Weinstein.
6-3fc 9fc-6
also nach der Definition yon fi
6>8k 9k-5
2A i/^^^ = 5i^"6jr^-6k-
l/¥=
Hierin ist 2 A die mittlere Weglänge; nennen wir diese l,
so wird also
6-8fc 9fc-6
Nun ist nach Ä* = |.c^ =s |^(mc^iii"^ Sei mc^ = c^', also
so haben wir, da Nm » 1
6»
6»
mV«
Ä'
iL ^ «1
»-1 -,,
Wir führen noch das Molekularvolomen b = m v ein, setzen
femer
(9) y^a = (!)-•'• (Ä)^"'-.-, C«"^;'= eß',
woselbst R die Gaskonstante ist und erhalten
ö-Sk 9fc-6 2k--5
Gk"
(10) 7=(|y'*(Ä)~''>" t) " e'^ß
m
Das ist genau dieselbe Gleichung für die mittlere Weg-
länge, wie ich sie in meinem genannten Buche auf anderem
Wege abgeleitet habe. ^) Also kehren auch alle flir die innere
Reibung dort angegebenen und experimentell geprüften Be-
ziehungen wieder.
In zweiter Näherung ist zu beachten, daß Ä^ = 0 ist, die
Gleichung (7) gibt also
6-6k 9k-5^
6k
iAi+4''^—«^"«'
1) 1. c. 1. p. 207. Gl. (16) und (17).
Enpropie und innere Beibung, 515
und wir hätten
V^+i'^'=(^'^
wo
ö-3ik
9AC--6
" a
6*
2k-6
ß^m
6k
(11) (^ = (f)'''(Ä)-''V+/'
ist Die Größe ^j/^j beträgt nur etwa 0,02. Die allein von
V abhängen sollende Funktion y; ist nicht bekannt, wir haben
jedoch
Da nun die mittlere lebendige Kraft, wenn die Moleküle
nicht ausschwingen , jedenfalls größer ist als wenn sie aus-
schwingen, so muß im allgemeinen fiipl& kleiner sein als 1.
Also darf man die Quadratwurzeln entwickeln. Bleibt man
bei den beiden ersten Gliedern stehen, und bezeichnet den
ersten Näherungswert für / mit T, so wäre der zweite /"
(12) ^"'=^~(l-it-^^).
ju^ ist proportional Ä*] führen wir als ersten Näherungswert 7
ein und beachten nur die Abhängigkeit von der Temperatur,
so wäre
/ 10-12*
(13) r =^7li ^D& ^"^
Da k stets größer ist als 1, so fällt das von der Tem-
peratur abhängende Glied mit wachsender Temperatur, und
da ferner I) positiv ist, nimmt mit wachsender Temperatur t'
rascher zu als /'.
Gehen wir nun auf den Eeibungskoeffizienten über, so
haben wir noch den Wert ü der mittleren Geschwindigkeit
zu berechnen. Dieser ist zunächst 2AjXy also zufolge der
Gleichung (2)
A
2''.".
K = l
38
516 B. Weinstein.
also wegen des Wertes von /i
(14) «. ■ '
l^l/-lt^-
Ns8
Bezeichnet z eine Zahl in der Nähe von 0,3 und d die
Dichte, so ist bekanntlich der Reibungskoeffizient q
g^zdifjü,
somit wird, indem wegen (7]
(16) 1^2 A ^^ ^
N»8
ist, der Beibungskoeffixient
6 8fc-6
(16) (>=*^ ^"^"
Ns8
Hiemach haben wir als erste und zweite Näherung
_6_ 3k-5
6k „ 6k
(17) (>' =zBJi'&'" V
(18) ," = ,•(!- A 41^«)
oder auch
e"
/ 10^12fc\
wo 1) nur von o abhängt und positiv ist Jedenfalls wächst
mit steigender Temperatur q" rascher als q\
Nun ist k eine Zahl zwischen ^/j für einatomige Gase und
1 für unendlichatomige, so daß 5/6 A liegt zwischen ^/^ und
^/g. Die Abhängigkeit des ersten Näherungswerts q' von der
Temperatur liegt also zwischen &'l* und d% Nach der Max-
wellschen Theorie, der anscheinend auch die Erfahrung zu-
stimmt, soll diese Abhängigkeit proportional i^ selbst sein,
also würde q stärker variieren als q\ Dem entspricht, daß
in der Tat q" stärker variiert als (>'. Es ist leicht einzusehen,
Entropie und innere Beibung. 517
daß der dritte Näherangswert noch rascher mit der Temperatur
wächst wie der zweite u. s. f.
Obwohl ich in meinem Buche ^) hinreichende Gründe an-
gegeben zu haben glaube , warum auf eine volle Übereinstim-
mung mit der Erfahrung überhaupt nicht zu rechnen ist^
muß ich die nunmehr dargelegte Theorie als eine Verbesserung
der Yon mir zuerst gegebenen ansehen, sie muß sich hinsicht-
lich der Abhängigkeit von der Temperatur der Erfahrung besser
anschließen als jene. Hinsichtlich der Abhängigkeit von Druck,
Dichte, Molekulargewicht und Atomzahl entspricht sie jener
Theorie, sie genügt also der Erfahrung so vollkommen, wie
ich es von jener nachgewiesen habe. *)
1) 1. c. 1. p. 330 ff.
2) 1. c. p. 321—336.
(Eingegangen 25. September 1903.)
518
66. Über die Ansbreitang der Wellenbewegungen in
optisch-zweiachsigen elastischen Medien.
Von JoBsf Qrünwald in Wien.
Die beigebrachten Vorstellungen über die Ausbreitung von
Wellenbewegungen in kristallinischen elastischen Medien er-
weisen sich bei einer UberprQfung durch die mathematische
Theorie nicht ohne jede Beschränkung als zutreffend. Schon
bei einachsigen kristallinischen Medien zeigt die Theorie^ daß
Yon einem Erschütterungszentrum aus, das der Einwirkung
äußerer störender Kräfte unterliegt^ die Bewegung im Medium
nicht nur auf den beiden Wellenflächen^ der ordinären und
der extraordinären Wellenfläche, sich ausbreitet, sondern daß
auch der zwischen den Wellenflächen eingeschlossene Eaumteil
von Bewegung erfüllt ist; allerdings zeigt die Theorie zugleich,
daß bei periodischen Erschütterungen von hoher iVequenz die
zwischen den Wellenflächen yorhandene Bewegung yemach-
lässigt werden kann, so daß in diesem Falle nur die ordinäre
und die extraordinäre Welle — wie es der gewohnten Auf-
fassung entspricht — übrig bleiben. Geht man zur mathe-
matischen Untersuchung der Wellenbewegungen in optisch-zwei-
achsigen kristallinischen Medien über, und fragt man wiederum
nach der Natur der Bewegung, welche durch periodische stö-
rende Kräfte von hoher Frequenz hervorgerufen wird, so findet
man ein im ersten Augenblick überraschendes, den gewöhn-
lichen Vorstellungen zuwiderlaufendes Resultat: die von den
gestörten Raumelementen des Mediums ausgehenden Elementar-
wellen schreiten zwar — wie zu erwarten — vom Erschütte-
rungszentrum aus auf Fresnelschen Wellenflächen fort, aber
die Schwingungsphase ist nicht dieselbe für alle Punkte einer
und derselben Wellenfläche, sondern diejenigen Teile der
Wellenfläche, wo letztere ein negatives Gaußsches Krümmungs-
maß hat, zeigen sich in ihrer Phase um eine Viertelschwingung
zurück gegen den übrigen Teil der Wellenfläche. Daß diese
Ausbreitung der H'ellenbeweffunffen. 519
Eigentümlichkeit der Elementarwellen nicht beachtet worden
isty obwohl in der Optik vielfach mit diesen Elementarwellen
in Verbindung mit dem sogenannten Hnygensschen Prinzip
operiert wird, erklärt sich wohl daraus, daß eben das erwähnte
Uuygenssche Prinzip einer exakten mathematischen For*
mulierung in dem Sinoe, in welchem Eirchhoff dieselbe in
die Optik isotroper Medien eingeführt hat» entbehrte.
Im folgenden wird die Untersuchung so allgemein gefaßt,
daß auch die Möglichkeit von Longitudinalwellen im Medium
nicht von vornherein ausgeschlossen wird; nachträglich kann
man ja, um die Übereinstimmung mit der Optik herzustellen,
die Geschwindigkeit derselben gleich oo oder 0 setzen. Die
DifiFerentialgleichungen der Bewegung in einem optisch zwei*
achsigen elastischen Medium lauten bei Zugrundelegung des
Green sehen Ausdruckes für das Potential der inneren elasti-
schen Kräfte:
j-^i = Ai («) + Af M + As i^) + ^
WO die Af^ symbolische Bezeichnungen für Diöerentialopera-
tionen sind, und zwar:
^n^'^'^' + ^^Ä + ^'S' ^S3 = ^32 ^ t(/* - «*) 3 fö « '
^« ^ «' öT' + ^^2 i'» + ^* £- ' ^.1 = ^13 = (^* - **) öxd X '
Hierin bedeuten (m, v, w) die Komponenten der elastischen
Verschiebung im Punkte [x, y, z) zur Zeit ty (X, Y, Z) die Kom-
ponenten der äußeren störenden Kraft im selben Punkte pro
Masseneinheit; a, b, c, g sind konstante, dem Medium eigen-
tümliche Geschwindigkeiten (insbesondere g die Fortpflanzungs-
geschwindigkeit der Longitudinalwellen).
Es werde angenommen, daß bis zu einem gewissen Zeit-
punkt t^ die elastischen Verschiebungen (ti, v, w) und ebenso
520 /. Grünwald.
die äußeren Kräfte {X, Y, Z) verschwinden (im ganzen unbe-
grenzt gedachten Medium). Von diesem Zeitpunkt an sollen
X, ¥, Z bekannte Funktionen yon x^ y, z, t sein^ welche nebst
ihren ersten und zweiten Ableitungen im allgemeinen stetig
sind. Unter diesen Bedingungen ist das obige System zu in-
tegrieren; dadurch findet man den durch die gegebenen Kräfte
hervorgerufenen Erregungszustand des Mediums.
Mit Hilfe einer Integrationsmethode, welche schon von Fou-
rier, Poisson und Cauchy bei derartigen Aufgaben ange-
wendet worden ist und im wesentlichen auf der Darstellung
willkürlicher Funktionen durch Fouriersche Integrale beruht,
findet man nach einigen Eeduktionen, deren Einzelheiten an
einer anderen Stelle mitgeteilt werden sollen, folgende Lösung
der gestellten Aufgabe:
«< (*i y> 2:, <)=/// U ' ' dx dy' dz\
— OD
+ 0D
— 00
+ 0D
w{xyy,z,t)== fCfm'^'^'''dx'dydz',
— 00
wo die Symbole U, fß, SB nachstehende Bedeutung haben:
t-o 2 /•/. _____ Vi
Ausbreitung der JFellenbewegungen, 521
Hierin ist:
Xq = cos t^ sin d y jLt^ = sin t/; sin ö , v ^ = cos ö ,
es sind also (^^^ /ito, i/J die Richtkosinus, welche zu der durch
die Winkel [6, \fj) bestimmten Richtung gehören.
Die Größen (Aj, fx^, v^) und (A^, ju,, v,) sind definiert als
die Richtkosinus der Hauptachsenrichtungen jener Ellipse, in
welcher das Ellipsoid: a*ar* + b^g* + c^z^ = 1, das Neumann-
sche Elastizitätsellipsoid, von einer durch seinen Mittelpunkt
senkrecht zur Richtung {Xq, fi^, Vq) gelegten Ebene geschnitten
wird. Die Größen F^ und F^ sind definiert als die reziproken
Werte der Halbachsen der genannten Ellipse, und zwar ist F^
der reziproke Wert der zur Richtung (A^, fi^, v^) parallelen
Halbachse derselben, F^ der reziproke Wert der zur Richtung
{\, jti^, Vj) parallelen Halbachse; F^ ist identisch mit der Eon-
stanten ff.
Der Substitutionsstrich
aj',y',*',f = ^ + T-
Vi
soll anzeigen, daß in den Funktionen X, T, Z die Argumente
ar, y, z, t beziehentlich durch
zu ersetzen sind. Die Größe ^ ist gegeben durch:
f = (x - x')l^ + (y - y>o + (^ - O^'o
^ (a: — jt') cos 1/; sin ö + (y — y') sin t/; sinö + (z — 2:') cos ö.
Die Integrationen nach ö und t// sind über alle jene Werte
von ö und 1/; zu erstrecken, welche den Ungleichungen
{S <6 <n, 0<rp<2n
und
{f ^(ar — x') cos 1/; sin ö + (y — y') sin t/; sin ö + (z — z') cos d > F^r)
genügen; die so für 2 = 0, 1, 2 sich ergebenden Integrale sind
sodann zu summieren. Bei Ausführung der Integrationen
spielen x, y, z, x, y', z\ t, r die Rolle konstanter Parameter.
Die Größen
U"'^'^ s"'^'", sb"'^'"
522 J. GrunwcUiL
geben mit dx dy'dz multipliziert oflFenbar die Komponenten
desjenigen Teiles der elastischen Verschiebung (t£, v, w) im
Punkte [x, y, z) zur Zeit t, welcher durch die Wirkung der im
Volumenelement dx' dt/ dz bei [x, y\ z') wirksamen Kräfte her-
vorgerufen wird. In diesem Sinne geben die genannten Größen
die Wirkung der vom Volumenelement dx dy dz ausgehenden
Elementarwellen im Aufpunkt (or, y, z) zur Zeit t\ und die durch
diese Größen charakterisierten Elementarwellen ausschließlich
und allein sollen weiterhin untersucht werden. Die Doppel-
integrale, durch welche die U, S3^ S3 sich ausdrücken^ kann man
auffassen als Integrale über einen Teil der um den Punkt M
{x\ y\ z') mit dem Radius 1 beschriebenen Kugelfiäche; diese
Auffassung hat indes den Nachteil, daß die im Argument
^ =s f + T — (f / r^ vorkommende Funktion [C,j V^ auf der Kugel
in einer komplizierten und wenig übersichtlichen Weise variiert
Man wird also versuchen^ die betreffenden Doppelintegrale an-
statt auf der Kugel auf anderen zweckmäßig zu wählenden
Flächen zu interpretieren.
Man konstruiere senkrecht zu der durch [0, rp) bestimmten
Richtung (für t = 0^ 1, 2) Ebenen im Abstand F. vom Punkte
M' (wobei die F^ die oben definierten Funktionen von ö, tp
sind); alle diese Ebenen umhüllen bei variablem 6, \p gewisse
Flächen. Dem Index i = 0 entsprechend erhält man so eine
Kugelfläche T^ mit dem Radius V^, während die Indizes i = \
und 2 = 2 zusammen die beiden Schalen einer Fr esn eischen
Wellenfläche T^^ geben; und zwar sind die Flächen T^ und T^^
offenbar nichts anderes als die bekannten Wellenflächen der
Longitudinal- und Transversalwellen, welche die Ausbreitung
der Bewegung von M aus während der Zeiteinheit veran-
schaulichen.
Die reziproken Polarflächen von Tq und T^^ in bezug auf
die um M' als Mittelpunkt beschriebene Einheitskugel seien
mit %Q und %^^ bezeichnet. Der in der Richtung (ö, ifß) durch
M' gelegte Halbstrahl trifft X^ in einem Punkte ^q, %^^ in
zwei Punkten $j und ^^, so zwar, daß:
Xq ist natürlich wieder eine Kugelfläche, Sjg als Polar-
fläche einer Fr es nel sehen Wellenfläche ebenfalls eine Fresnel-
Ausbreitung der ^ellenbewepunffetL 523
sehe Wellenfläche. Die Punkte ^ nnd $, erf&Uen bei varia-
blem (6, tp) JQ eine Sohale X^ beziehungsweise X, der Fläche
Zj,. Der Inbegri£f der Flächen Xq, X^, X, sei mit X bezeichnet
Die in den Ausdrücken f&r U, S3, SB vorkommenden Doppel-
integrale sollen nun je nachdem, ob sie sich auf den Index
ü, 1 oder 2 beziehen, auf der Fläche Zq, X^ oder X, darge-
stellt werden, indem man die Integrationsvariablen 0 und t^
jedesmal als krummlinige Koordinaten auf je einer der ge-
nannten Flächen auffaßt. Die Größe F, welche auf der Kugel
drei Werte hatte, entsprechend dem Werte ihres Index t ( » 0, 1, 2),
erscheint bei der neuen Interpretation auf X als eindeutige
Funktion des Ortes; ihr Wert in irgend einem Punkte ^ von
X ist gegeben durch (l/M'^y Auch die Richtung [X^ fi, v) er-
scheinty wofern man zwei gerade entgegengesetzte Richtungen
als eine zählt, auf X im lülgemeinen eindeutig bestimmt: f&r
Punkte von X^ ist sie einfach gegeben durch die Richtung
von M' % für Punkte von X^^ wird sie gefunden als jene Rich-
tung, welche einerseits der Tangentialebene von X^, in dem
betreffenden Punkte $ parallel ist, andererseits auf M'^ senk-
recht steht
Man findet nach kurzer Rechnung folgende Darstellung
der U, 8, SB durch Integrale über X:
11*'' ^'' '' _ ^
*, y, «, <
(t)p>-
e
35
cose
I :=0
r.y.z.t" 2^n^/ dTJJ / {XX+ Y fJL +~Zv)ll' ^"^° rfl
a)p> -
e
"%. y, :, , ~ 2* n' / ^^ ]] {XX + Yyi + Zv) f, . -^ d%.
Hierin bedeutet p den Abstand^) des Flächenelementes d%
oder genauer seines Mittelpunktes 5ß von jener (festen) Ebene JS>
1) Positiv oder negativ gezählt, je nachdem ^ auf derselben Seite
von E liegt wie ^V oder auf der entgegengesetiten.
524 J. Grünwald.
welche durch M' senkrecht znr Verbindungslinie des Punktes M'
mit dem Punkte M (z, y, z) hindurchgelegt werden kann; g
ist gleich der (festen] Entfernung der Punkte Äf und M\ b ist
der Winkel der nach außen gezogenen Flächennormalen % in
$ mit M' $. Die Integration ist über die durch die Ungleichung
p > tIq definierten Segmente von % zu erstrecken.
Die obigen Formeln für U, 8, SB sind besonders geeignet,
als Grundlage weiterer Diskussionen zu dienen.
Es soll jetzt angenommen werden, daß die Größen X^ Yy Z
an der Stelle {x\ y\ /) bis zu einem gewissen Zeitpunkte ver-
schwinden, von diesem Zeitpunkte an aber durch die Ausdrücke:
Z=i^8in[*(/-g], F=:Äsin[Ä(/-g], Z ^ C%m\k{t^t^)'\
dargestellt seien, wo [Ä^ B, C) von t unabhängig sind und k
eine sehr große Zahl ist Man kann dann fragen, welchen
Werten die obigen Größen tl, S3, SB in diesem Falle sich
n&hem, wenn k Über alle Grenzen wächst Durch Beantwor-
tung dieser Frage gewinnt man eine Vorstellung über die Art
der Elementarwellen, welche durch die angenommenen periodi-
schen störenden Kräfte von hoher Schwingungszahl hervor-
gerufen werden.
Es ist im betrachteten Falle:
n"^'^'''^^ 1 7 ö rr/—
\y,M,t 2»n«/ 'djJJ /(Ai+BfjL + Cv)ksm[k{t+r^Qp-^t^)] ^d%.
Die Formeln f&r 93 und SB sind analog.
Den angenäherten Wert dieser Ausdrücke für ein hin-
reichend großes k findet man durch Benutzung gewisser Hilfs-
sätze, welche auch sonst in der Optik viel verwendet werden
und hier möglichst im Anschluß an die Kirchhoff sehen Vor-
lesungen über Optik ^) angefahrt werden:
I. Hilfesatz: Ist dF[^jd^ in dem Intervalle von f = Sl)
bis f = Ci öine stetige Funktion von f , so ist für ä = oo :
Äy*^sin(AC-h<J)df--[^cos(Äf + ^]^\
1) Vgl. insbesondere die dritte Vorlesung.
Äunbreitung der WdlenbewegungetL 626
IL Hilfssatz: Ist s ein reguläres Stück einer analytischen
Fläche, ^ eine reguläre analytische Funktion auf dieser Fläche
d. L eine Funktion, welche in der Nachbarschaft eines jeden
Punktes yon s nach der Taylorschen Reihe für zwei unab-
hängige Veränderliche entwickelt werden kann, femer G eine
stetige Funktion auf der Fläche s, so kann der Wert von
ÄjTösin [k^+ S)ds für* = oo
(•)
in nachstehenden Fällen angegeben werden, unter der Voraus-
setzung, daß die Berandung von s kein endliches Stück ent-
hält, auf welchem ^ konstant wäre.
1. Fall: Wenn s keinen Punkt enthält^ in welchem die
Funktion ^ stationär wird, d. h. in welchem bei einer unend-
lich kleinen Verschiebung d^^Q ist: so ist obiger Ausdruck
gleich Null.
2. Fall: Wenn s einen Punkt Ä enthält, in welchem ^
stationär wird, so denke man den betreffenden Punkt Ä zum
Ursprung eines rechtwinkligen Koordinatensystems X, Y, Z ge-
wählt, dessen ^Achse zur Fläche s normal stehen soll. Die
Funktion f, gebildet für den variablen Punkt [x, y, z) auf der
Fläche s in der Umgebung von A, wird dann in folgender
Weise nach aufsteigenden Potenzen von x, y entwickelt werden
können:
Durch besondere Wahl der Achsen X, Y kann man stets
erreichen, daß diese Entwicklung die Form annimmt:
Sind hier nun die Größen Jl^ und Jl^ gleichbezeichnet, so
ist obiger Ausdruck gegeben durch
±,/A.-(^)^co8(Äa, + ^,
wobei das obere oder das untere Zeichen zu nehmen ist, je
nachdem Jl^ und Ji^ beide positiv oder beide negativ sind.
Sind hingegen die Größen fl^ und Ji^ entgegengesetzt be-
zeichnet, so wird der obige Ausdruck dargestellt durch:
,.-l--(G)^sin(Ä9t, + (i').
526
J, Grünwald,
Berechnet man mit Hilfe der voranstehenden Hilfssätze
die gesuchten Näherangswerte von U, S3» 3S, so läßt sich das
Besoltat am einfachsten formulieren, indem man wieder von den
Flächen X (Xo> 2:^2) ^^ ^^° ursprünglichen Flächen jP^ und T^^ zu-
rückgeht: Man konstruiere die Fläche T^^, welche die Ausbreitung
der Transyersalwellen von AT {z, y\ z) aus während der Zeit-
einheit veranschaulicht; der von M' gegen M {x^ y, z) gezogene
Halbstrahl treffe T^^ in 8^ und^S,, wobei der Punkt S^ zur
inneren, der Punkt 8^ zur äußeren Schale von T^^ gehören
soll Die Länge der Strecken M' 8^ , M' S, sei s^ , s^ ; die Ab-
stände der Tangentialebenen von T^^ in 8^ und 8^ vom Punkte
M' seien F{8^) und V{8^), Das Gausssche Erümmungsmaß von
Tj, in Sj und 8^ werde mit r{8^) und r{8^) bezeichnet. Die
Bichtkosinus der Strecke Jtf ' At seien (a^, ß^ , y^ ; nait [a^ jßifYi)
und (a^j ß^, y^) mögen die Richtkosinus zweier Strecken be-
zeichnet sein, welche beide zueinander und zur Strecke AT M
senkrecht stehen, und von denen die erste der Tangentialebene
von T^^ in 8^^ die zweite der in 8^ parallel ist.
Die Größe r{8^ ist stets positiv; r{8^ hingegen kann
positiv oder auch negativ^) sein. Ist r[8^ positiv, so gelten
für hinreichend große k die Näherungsformeln:
U
*» y. «f <
S
x'.y',«'
«, Vf «f '
An q
1
4 71 ^
s-M«« + Hßo + Cy„)a^ sin
+ ''^^i^"2+^ßz + 0Y,)ic, sin [ä
-V(^«, + if/9„ + Cy,)/9„8in
/— /.-
V
^«/j
1) Negativ wird T(Sf)j wenn der Punkt S^ auf einem der trichter-
förmigen Teile der WellenÜäche T^, Hegt; es sind dies jene Teile der
äußeren Schale, welche von je einem der vier Berührungskreise der sin-
guläreu Tangentialebenen von Tj, begrenzt werden.
Ausbreitung der Wellenhewegungen.
627
9B
«',y',«'
«. y, «f «
An Q
+
^AL (^«j + Ä/9, + Cy,)y, sin [ä (/-*,- j)]
Ist hingegen r[S^ negativ, so müssen diese Formeln,
welche imaginäre Werte liefern würden, durch die folgenden
ersetzt werden:
U
«',/,«'
«,»,»,<
4nQ
»
«, ». «» '
1
4 TT ^
+
1 +
«.l/TTsi)
SB
».Vi«.'
1
4n 0
|.- (./ «, + Ä/9, + Cy„) y„ sin [* {t-t,- J)]
+
h V ^{6,)
l^'\{Aa,+Bß, + CY,)r,sin[k[t-t,-.l)i^
Aus diesem Resultate ersieht man, wie sich vom Punkte
M' aus die Elementarwellen ausbreiten: die Longitudinalwellen
auf den Flächen ü/g = const., die Transversal wellen auf den
Flächen ^js^ = const. und (>/*2 = const — Dabei zeigt sich
bei den Flächen ij/s^ = const. die eingangs hervorgehobene
Eigentümlichkeit, daß bei einer solchen Fläche diejenigen Teile,
welche ein negatives Gausssches KrümmungsmaB haben, in
ihrer Phase gegen die übrige Fläche um eine Viertelschwingung
zurück sind.
Dejwitz bei Prag.
Eingegangen 25. September 1903.
528
67. Lois de la Propagation anomale
des ondes an Yoisinage d'on foyer.
Par M. G. Sagnao k Lille.
I. Introduotion.
M. Gouy a d^couvert en 1890 an remarquable ph^nomfene
de propagation anomale des ondes ^): au voisinage d'un foyer
conjugu^ r6e\ d'un point yibrant, la propagation des ondes,
c'est-ä^dire la propagation de la phase des yibrations, suppos^es
sinusoldales^ ne se fait plus avec la vitesse constante /T qui
caract^rise la propagation des ondes planes dans le milieu
homogene et isotrope consid^r6.
M. Gouy a d^montr6 par une throne cin^matique le
r^sultat suivant Dans le parcours d'une certaine r^gion A FP
de Taxe focal (fig. 1) comprenant le foyer F, les vihrations qui
forment ce foyer ^prouyent une Variation anomale de phase
6gale k une demi-p^riode, c'est-ä^dire un renversement ano-
mal de signe; tout se passe comme si la vitesse de propagation
des ondes ^tait demeur^e la vitesse normale fV, mais que la
distance AFP föt alt^r^e de la moiti^ de la longueur d'onde
normale A; (si 6 est la pöriode des vibrations, k = ^ö).
Les exp^riences de M. Gouy^, puis de M. Ch. Fabry^,
et enfin de M. P. Zeeman^) ont Y6n&6 ce changement de
signe anomal: dans toutes ces expöriences, on fait interförer
les vibrations «, qui produisent le foyer F (fig. 1), avec des
vibrations ti^, qui se propagent le long de Taxe focal AFP
avec la vitesse constante et normale W des ondes planes; si
le centre d'interförence est brillant avant le foyer, il devient
noir au-delä du foyer; sur Taxe focal, les vibrations «^ et u
synchrones avant le foyer, deviennent de signes oppos6s au-delä.
du foyer.
1) Gouy, Ann. de China, et de Phys. 6« s^rie. 24. p. 145—213.
2) Gouy, loc. cit p. 197—203.
3) Ch. Fabrj, Journ. de Phys. 3« s^rie. 2. p. 22. (20 Juillet 1892.)
4) P. Zeeman, Arch. nöerland. 2« s^rie. 5. p. 318. 1901.
PropagatUm anomale.
529
Dans toutes ces exp^riences, les franges d'mterf^rence
disparaissent au foyer F et dans son voisinage imm^diat
Qaand le centre d'interfärence redeyient observable, il demeare
invariable, soit noir, soit brillant snivant qu'on observe d'un
cöt^ du foyer ou de rautre.
^1
-a4r
,IL
ZLi
I<to
Fig. 1.
Aucune exp^rience n'a permis de p^n^trer dans la r^gion
AFP oü doit se produire, suivant une certaine loi, le ren-
versement du centre d'interförence, c'est-ä-dire le changement
de phase d'une demi-p^riode ^prouv^ par les vibrations qui
döfinissent le foyer F.
Getto loi de la propaffation anomale dans la r^gion focale
A FP, on a cm la d^couvrir, par voie th^orique, en assimilant
le ioyer F k un centre d'öbranlement (Gouy^), V.A, Julius*),
P. Zeeman^.
n — — Tr-^
B'\
r:>ai
IT
\
Fig. 2.
Mais je montrerai ici que cette assimilation n'est pas
justiti^e.
Sous certaines conditions, qui sont couramment röalis^es
en opti(iue, j'ai ötabli une th^orie de la propagation anomale
des ondes sur Taxe d'un Instrument, qui fait intervenir seule-
ment la diffraction sur Faxe de F Ouvertüre de F Instrument et
1) Gouy, loc. cit. p. 182—186.
2) V.A.Julius, Arch. n^erland. !• fl6rie. 28. p. 226— 285. 1895
3) P. Zeemau, loc. cit.
Boltzraftnn-FcslRchrlft. 34
530 G. Soffnac.
s'applique k toute espice de Vibration. Le diaphragme qui
porte Touverture peut n'dtre associ^ k aucun instrument
convergent; la propagation anomale subsüte alors mime qv^ü
riy a plus de fayer.
Les lois de la propagation anomale ^tablies par ma
th^orie d^pendent de la forme de Touvertore du diaphragme.
Je ne parlerai ici que des diaphragmes k Ouvertüre circulaire.
II. Theorie nouTelle.
1^ cas, L^instrument est une ouverture circulaire nue,
ün cas particulier est, en optique, celui de la chambre
noire sans objectif. Nous supposerons que Touverture circulaire
reQoit des ondes sinusoldales^ sensiblement planes et paralleles
au plan de l'ouverture.
D^composons l'aire Ä de l'ouverture BoB' (fig. 2) en
couronnes annulaires telles que bb' de rayon Sj concentriques k
Touverture, qui ont des aires Egales, infiniment petites dg on
2ns ds, comprises entre un cercle de surface g et de rayon s
et un cercle de rayon {s + ds).
La couronne 616mentaire bb' ^met par ses divers points
des vibrations 6l6mentaires d'Huygens-Fresnel. Ces
vibrations sont synchrones au döpart puisque le plan BoB'
est un plan d'onde; elles se propagent suivant divers rayons
obliques 6gaux tels que b M, V M pour arriver en un point M
de Taxe o-W de l'ouverture, oü elles sont encore synchrones
entre elles ; leur r^sultante en M est une Vibration ^l^mentaire
du qui präsente un certain retard 8 sur la Vibration ^l^men-
taire analogue qu'envoie en M suivant la normale oM mh
616ment de surface pris au centre o de Fouverture Boff.
Quand le point M se d^place dans le sens o^ de la
propagation, le retard 9 diminue. Tout se passe alors comme
si la phase de la Vibration du se propageait le long de oM
avec une vitesse sup^rieure k la vitesse normale //^ des ondes
planes incidentes. Teile est Torigine du phönom^ne de pro-
pagation anomale que nous allons studier.
Pour faire la th^orie et la rendre applicable indifföremment
k toute espice de Vibration susceptible d'interfärer et de se
diffiracter, nous introduirons deux hypothfeses restrictives:
Propagation anomale.
531
P La distance (r = oM) est toujours suppos^e grande par
rapport k la longueur d'onde normale X. II en r^sulte que
les Tibrations dl^mentaires d'Huygens-Fresnel ämises par
les divers points de roayerture se propagent par ondes
sph^riques dont le rayon est grand yis-ä-yis de X et dont la
yitesse de propagation est^ par suite, la meme que la yitesse
W des ondes planes incidentes.
2^ La distance (r = o M) est aussi suppos^e grande par
rapport au rayon {a=^oB) de rouvertore, de maniäre que
Tobliquitä Aq B M sur la normale oM bm plan de l'ouverture
soit petite et ne puisse pas affaiblir sensiblement Tamplitude
des vibrations ^l^mentaires issues meme du bord de Touverture
BoB. n en r^sulte qu'il n'y a pas k distinguer les vibrations
longitudinales, transversales, m^caniques ou ^lectromagn^tiques,
comme il serait n^cessaire si Ton devait tenir compte de
rinfluence de l'obliquit^ de l'^mission. De plus, il est permis
de caiculer le retard ä = b M ^ o JbTpar l'expression approch^e
en n^gligeant s^Jir^ vis-ä-vis de Tunitö.
Soit OX (fig. 3) la direction du vecteur qui permet de re-
pr^senter, suivant la methode graphique de Fresnel, la
Vibration 616mentaire
qu'envoie en M le point
o de Touverture. Soit
K Tamplitude des vibra-
tions incidentes, supposöe
constante sur toute Föten-
due de Touverture Bo B,
On sait, depuis
Fresnel, que la Vibra-
tion du, issue de Taire
(fg de la couronne bb'
peut se repr^senter g6om6triquement par un vecteur dl, de
longueur <//= Kdg/lr, faisant avec OX Tangle
Fig. 8.
— >-
a =
2n_J
84
532 O. Sagnac.
NouB comptons l'angle u dans le sens inverse des aiguilles
d'une montre, pris, par conyentioD^ comme sens des retards
croissants.
D'aprts la rigU ffiamStrigue de Fresnel, pour trouver la
r^soltante u des vibrations du, il faut porter bout k bout^ k
partir de 0, les yectenrs 6l6mentaires dlj qm, tous d'une meme
longueur dl, fönt chacun avec le pr6c6dent im meme angle:
da » dqjXr. Cette constniction d^finit un arc 0 {/ de cir-
conförence^ dont le rayon a ponr valenr R^ dljda^ K.
D'aprös larägle de Fresnel, la longueur de la corde 017 de
cet arc a m§me mesure q que Tamplitude de la Vibration ti;
Fangle cd que fait le vecteur 0 V avec OXd^finity par la formule
le retard de la phase de la yibration u sur la phase de la
Vibration que le point o envoie en M, La Vibration ^l^mentaire
issue des bords J?^ de Touverture est repr^sent^e par un
vecteur dl dirig6 suivant la tangeiite TU k Textr&mit^ de Tarc
0 U\ sa phase est en retard^ sur celle de la Vibration origine, de
-i-2Q> = 2g)
puisque ZjPc7=s2q>; son retard g^om^trique J = a*/2r
est tel que Ton a
Quand le point ^ (tig. 2) se d^place dans le sens oMAq
la propagation, r = oM augmente, le retard A =^ a^ I2r di-
minue et l'angle AT Z7 = 2n A jX (flg. 3) diminue continuement,
c'est-ä-dire que le point U toume continuement sur la cir-
conf6rence dans le sens des aiguilles d'une montre qui est
le sens de l'avance.
Pendant que le point ü fait ainsi un tour complet de 0
en 0, la direction du vecteur 0 U fait seulement un demi-tour
de OX* en OX et, quand le point t/^ passe par le point 0, la
direction de OU se renverse brusquement de OX en OZ' pour
Propagatkm anomale.
583
reoammencer ensuite one nouyelle oscillation. Ce rösultat
s'interprtte ainei:
Gonsid^rons les divers points M^^ (fig. 4) de Taxe o M^
tels que le nombre
y ^I^X rl nrx)
de zones de Fresnel (cooronnes de surfaces Egales k nrX\
contenties dans Faire J de rouverture, est un nombre entier
pair 2 p. Qnand le point M passe par Tun des points M^ ,
le point U (fig. 3) passe par le point 0, le vecteur O^s'annule
et change brusquement de signe, de sorte que la Vibration u
s'annole et change de signe.
La fig. 4 repr^sente la courbe de Variation de l'amplitude
Q de u en fonction de l'abscisse r — oM. Aux divers points
N A
A6
M,
Fig. 4.
de cette courbe, les directions des flaches repr^sentent, pour
les points correspondants de oM^ les directions du vecteur 0 U
de la fig. 8.
Üne discussion, que je donnerai dans le Journal de
Phi/sique, montre que Tinfluence du diametre apparent de la
source des vibrations et Tinfluence des irr^gularit^s du contour
de Touverture ronde BoB' produisent une diminution du
rayon de courbure Ti* a mesure que M se rapproche de o et
d'autant plus rapidement que le rayon a de Touverture est
plus grand. Par suite les minimums M^^ d'ordre suffisamment
6lev6s ne sont pas nuls (fig. 4) et le vecteur de la Vibration u
y est vertical comme aux maximums ifgp-i; au voisinage de
ces minimums, le vecteur de la Vibration toume trfes rapide-
ment de pr^s d'un demi-tour dans le sens du retard. A mesure
que M se rapproche de o, les oscillations du vecteur de la
Vibration s'amortissent de plus en plus, de sorte que si le
534 G. Soffnac.
diamitre apparent de la source est süffisant ou si le coDtour
de l'ouYertare est assez large et irr^galier^ on arrive k one
rögion N oü le yecteur de la yibration a cess6 d'osciller. Ce
yecteur demeure alors constamment vertical. Dans la r6gion N
la propagation se fait donc avec la vitesse constante et nor-
male ^ des ondes planes incidentes. Cette zone N de pro-
pagation dite normale ou regtiUere est d'autant plns 6tendae
qae les irrigtdaritis provenant du diamätre apparent sensible
de la source vibrante et des d^fauts du contour de Touverture
circulaire sont elles-memes plus importantes. Inversement la
zone A de propagation anomale, qui s'^tend de N k Finfini^ est
d*autant plus ^tendue que le systöme form^ par la source et
Touverture est plus regulier, c'est-ä-dire se rapproche davantage
du Systeme form6 par un point sans dimensions, vibrant sinu-
soldalement, situ^ sur Taxe d'une ouyerture parfaitement circu-
laire.
Comme dans tous les ph6nom6nes d'interförence ou de
diffiraction, la complexit^ du mouyement yibratoire interyient
pour diminuer la yisibilitö des minimums M^^ et des change-
ments rapides de phase qui s'y produisent
Si le point yibrant est situ6 k une distance finie F^ du
centre o de l'ouyerture, il est facile de yoir qu'il suffit de
remplacer^ dans Tancienne expression du retard Sy le facteur
1 / r par [1 Ir + 1 1 F^). H en r^sulte une modification de la
courbe de yariation de l'amplitude aux diyers points M de
oM, parce que le rayon R de la circonförence de Fresnel a
maintenant une yaleur yariable ayec r. Mais rien d'essentiel
n'est chang^ en ce qui concerne les lois de yariation de l'ano-
malie (p; les points M^ , oü le yecteur de la yibration se re-
toume, sont toujours d^finis par la condition qu'il y ait un
nombre pair 2p de zones de Fresnel dans Touyerture sayoir:
= t(IH)-''-
2* COS. L'instrument est une Ouvertüre circulaire centree sur
Faxe (fun instrument convergent
Supposons la source yibrante ponctuelle situ^e sur Taxe
de rinstrument qui en donne une image reelle situ^e en
F (fig. 5) k la distance F du diaphragme circulaire.
Propagation anamede, 535
Le retard ^l^mentaire S a ici pour expression
n d^crolt le long de oF jusqu'en F, ot il est nul, conform^-
ment k la d^finition du fojer C0DJuga6 F dans la th^orie
ondulatoire. Au-delä du foyer F, le retard ^l^mentaire S se
change en une avance qui crolt constamment avec r.
Le yectear de la yibration r^sultante en chaque point M
de Taxe se d^finit encore k Taide d'une circonf^rence con-
rrmrrr
N'
Fig. 5.
stmite d'apr^s la r^gle graphique de Fresnel. Le rayon R
de la circönftrence varie avec la position de M et il en r^sulte
des variations d'amplitude de la Vibration r^sultante; la courbe
de la iig. 5 reprösente ces variations le long de l'axe focal.
Cette Variation du rayon R avec r ne complique en rien la dis-
cussion des variations de Tanomalie tp de la phase; les flaches
de la fig. 5 repr^sentent ces variations le long de Taxe focal.
On voit qu'il n'y a pas de discontinuit^ dans la pro-
pagation de la phase au foyer F, ni aux divers maximums
d'intensitö. ^) Du miuimum L\^ ant^rieur au foyer/', jusqu'au
minimum U^ , post^rieur au foyer ^ l'anomalie de la phase
avance continuement d'une demi-p^riode. ün changement de
1) Les maximums dHntensitä ne coincident pas exactement avec
les points L\^ 6^5, .. . t,', U^' . . . oü le vecteur de la Vibration est
vertical et il 11 y a pas de maximum aa voisinage de [7|, ni de Ui'.
536 6. Sagnac. PropagaUon anomale.
eigne anomal en rösnlte poar la yibration; le vectenr de la
Vibration est dirig^ vers le haut dans la r6gion ant^rieure au
foyer jP (et exactement yertical en U2p^\)\ il est^ au contraire,
dirig^ yers le bas dans la r^gion post^rieure au foyer (et
ezactement yertical en ^'2p— i)* H y & un changement brusque
du signe de la yibration aux minimums nuls ^^y ^4, • . .;
ü^, U^j ... les plus yoisins du foyer.
Ici encore, k cause de Finfluence du diametre apparent
de l'ouverture et des irrögularit^s de Tinstrument, ce ren-
yersement brusque du sens de la yibration est en r^alitö un
retard de präs d'une demi-p^riode, pris, dans le sens de pro-
pagation, dans un espace d'autant plus petit que le diamfetre
apparent de la source est plus petit et rinstrument plus
regulier; la uitesse de propagaiion de la phase est tris voisine
de zero aux minimums les plus yoisins du foyer F. Nulle
part eile n'est infinie et l'on trouye ais^ment que ses plus
grandes yaleurs d6passent ä peine la yitesse normale ff^.
Les irr^gularitös proyenant du diamfetre apparent de la
source et des d^fauts du contour de l'ouyerture produisent, en
g^n^raly deux zones de propagation k yitesse normale JT, l'une
en N ayant le foyer (oü le vecteur de la yibration est yertical
et dirig6 yers le haut), Tautre en N', aprfes le foyer (oü le
yecteur est yertical et dirigÄ yers le bas). L'opposition de
signe entre les yecteurs de iV^ et de iV' constitue le r^sultat
d^jä stabil par M. Gouy.
Les autres lois sont nouvelles et n'ont aucune relation
ayec les lois de l'^mission par un centre d'öbranlement.
D'apres les thöories qui assimilent un foyer k un centre
d'6branlement; le changement de signe anomal se produirait
au yoisinage du foyer dans une r^gion de longueur comparable
ä la longueur d'onde A seulement; la yitesse de propagation
de la phase serait infinie au foyer.
J'ai controlö la th^orie r6sum^e ici par des expöriences
optiques d'interförence que je d^crirai dans le Journal de Phy-
sique. JTai pu obseryer les franges d'interf6rence jusqu'au
foyer meme, et les anomalies de la propagation jusqu'ä des
millions de longueurs d'onde du foyer.
(EiDgegangen 25. September 1903.)
537
68. Über zwei Sätze der Elektrostatik.
Von W. FeuBsner in Marburg i. H.
Bei der Betrachtang der EnergieverhältDisse eines be-
liebigen Leitersystems pflegt der Satz abgeleitet zu werden^):
Wenn bei derselben unendlich kleinen Lagenändenmg der
Leiter eines beliebigen Systems einmal die Elektrizitätsmenge,
ein andermal das Potential jedes Leiters unverändert gelassen
wird, so sind die Änderungen der potentiellen Energie des
Systems in beiden Fällen gleich, aber von entgegengesetztem
Vorzeichen.
Li ganz ähnlicher Weise kann man die beiden folgen-
den Sätze erhalten, welche meines Wissens noch nicht aus-
gesprochen worden sind:
I. Wenn bei denselben unendlich kleinen Änderungen der
Potenticde der Leiter eines beliebigen Systems einmal die Elektri'
zitätsmenge, ein andermal die Lage jedes Leiters unverändert
gelassen wird, so ist im zweiten Falle die Änderung der poten^
tiellen /Energie des Systems doppelt so groß wie im ersten und
von gleichem Forzeichen,
IL Wenn bei denselben unendlich kleinen Änderungen der
Elektrizitätsmengen der Leiter einmal das Potential, ein andermal
die Lage jedes Leiters unverändert gelassen wird, so ist im zweiten
Falle die Änderung der potentiellen Energie des Systems doppelt
so groß wie im ersten und von gleichem Forzeichen.
Es mögen die Elektrizitätsmengen der einzelnen Leiter
E^, E^y E^.,,, ihre Potentiale V^, F,, V^... genannt werden,
dann ist die potentielle Energie ii des ganzen Systems:
(1) n=^(E,V,+E,V, + E,V, + ..,).
1) Vgl. z. B. Kirch hoff, Vorlesungen Ober Elektrizität o. Mag-
netismuB p. 83 a. f.
538
JF, Feussner,
Dabei bestehen bekanntlich zwischen den E und V die Glei-
chungen:
(2)
^8 =
"ll ^\ + «1» ^» + «18 ^8 + • • •
«21 ^1 + «12 1^2 + «28 ^8 + • • •
«II ^1 + «82 '^l + «88 ^8 + •••
oder auch:
(2 a)
r ^1=*11^1+*11^« + *13^3+-
^3 = *31^1+*82^2 + *38^3+--
worin die a und b Koeffizienten sind, die nur von den räum-
lichen Verhältnissen, der Größe, Gestalt und Lage der Leiter
abhängen.
Demnach ist auch
ß = i («1. ^1* + 2«.2 y, y, + 2«.3 ^1 n + • • •
+ ^2» ^2 "^ ^ ^2a ^2 ^4 + • • •
(3)
"23 '2 '3
+ ^33 ^3 + • • •
+ )
\ (A„ E^^ + 2i,2 E^ Sj, + 2*13 ^, ^3 + . . .
33 -"3
+
■)■
Wenn nun bei unveränderten E eine unendlich kleine
Energieänderung d£2^ des Systems stattfindet, so ändern sich
im allgemeinen zugleich die a (und damit auch die b) und die
V, und man hat nach (3):
Zwei Sätze der Elektrostaäk. 539
\8Q, = \{E,*8b,^ + 2E^ K, 5*1, + 2E, E, Sb,, + ...
+ 2E,'/ib,, + ...
+ .)
(4) j +0« r^sr^ + a„(r, sv^ + f, d f,) + . . .
+
+ i(^i'^«ii + 2F, Fj^oj, + 2F, F, Ja,3 + ...
+ V^oj, +2F,F35a,3 + ...
+ V*«ss + •••
wenn man mit S Q^ den von der Änderung der V, mit ^i^g
den von der Änderung der a herrührenden Teil von SQ^ be-
zeichnet Da sich vorausgesetztermaßen die E nicht ändern,
hat man nach (2)
«ii^^i + «i2^^2 + «13*^8 + •••
= - (^1 *«11 + ^2 *«12 + ^3 ^«13 + • • •)
«11*^1 +«22*^2 +«23*^3 + •••
= - (n ^«21 + ^2 ^«22 + ^3 ^«23 + •• •)
«31 ^^1 + «32 ^^2 + «83 ^ ^3 + • • •
= - (^1 ^«31 + ^2 ^^l + ^3 *«33 + •••)
Multipliziert man diese Gleichungen der Reihe nach mit
Fj, Tg, Kg... und addiert sie, so erhält man
(5) Sii^ = -2Si2^,
also ist von den zwei Teilen, aus welchen S Q^ besteht, der
erste, von der Änderung der V herrührende doppelt so groß
und von entgegengesetztem Vorzeichen, wie der zweite von der
Lagenänderung herrührende. Es ist das die Folge davon,
daß ii eine homogene Funktion zweiten Grads in den V, aber
ersten Grads in den a ist, während die E homogene Funk-
tionen ersten Grads in den V und a, und zwar die partiellen
Differentialquotienten von ii nach den V sind.
540 W. Feussner.
Aus (4) und (5) folgt nun
(6) Sil^^\SSi^^ ^SQ^.
Vergleicht man hiermit diejenige Energieänderung S Q^,
welche hei gleicher Änderung dFj, SV^, äV^... der Poten-
tiale wie ehen, aber unveränderter Lage der Leiter eintritt,
wobei natürlich gleichzeitig eine Anderong der E stattfinden
muß, so hat man aus (3):
(7) 3ii^ = 8i2y
Die Gleichungen (6) und (7) enthalten den ersten der obigen
Sätze (I).
Ganz entsprechend erhält man für eine unendlich kleine
Ehiergieänderung S ii^ bei gleichbleibenden V nach (3):
+ V"^«2a +2V^r^Sa^ + ...
+ V^~«88+•••
+ )
= *ii E,SE, + ijj {E^SE^ + E^SE,)
8) I +b^^E,SE^ + b,,[E^SE, + E,SE,]+...
+ *S3 -^3 ^^3 + •••
+
+ i(-EJ,''^6„ +2^,^2^6,2 + 2J?, i?3fU„ + ...
+ E/Sb,.^ + 2E., ^3 Öb...^ +...
+ E,^Sb^^ + ...
+ )
* * _
wenn der von der Änderung der E herrührende Teil der
Energieänderung durch t^ßg, der von der Änderung der h
herrührende durch rVß. bezeichnet wird.
Aus (2 a) folgt dann wegen der Unveränderlichkeit der T':
Äji ÖE^ + 6,2 öE^+ Ä,3 (SE^ + ...
= - (7?, öb^^ + E, Sb,, + E, db,^ + ...)
Äj, d E^ + *22 cl £•, + b,.^ dE^ + ...
= - (E-, rU,, + E,_ äb^-, + S, Sb.,,, + ...)
A3, .d E^ + Ä32 Ö E., + b.,., aE^ + ...
= - [E, (y*3, + E., Öb^, + £3 Öb^^ + . . .)
Zwei Sätze der Elektrostatik, 541
und wenn man diese Gleichungen der Reihe nach mit E^, E^,
JE^ . . . multipliziert und addiert
(9) ^ßs = - 2^fl^,
also
(10) *ß. = i*fl3 = ^8i2^.
Die Energieänderung dSi^^, welche hei gleicher Änderung
3E^, SE^, SE^... der Elektrizitätsmengen wie eben, aber un-
veränderter Lage der Leiter eintritt, ist nach (8):
(11) Siij^^Sii^.
Die Gleichungen (10) und (11) sprechen den zweiten der
obigen Sätze (II) aus.
Bestimmt man noch^ daß die Lagenänderung der Leiter
bei SQ^ und SQ^ die gleiche sein soll, so ergibt sich aus (4)
und (8):
und
also
worin außer unseren zwei Sätzen noch der zuerst erwähnte
enthalten ist
Übrigens können, wenn der letztere eingangs erwähnte
Satz als erwiesen angenommen wird, die Sätze (I) und (II)
ohne jede Rechnung aus ihm abgeleitet werden. Man wende
nämlich jenen Satz auf folgenden ^organg an: Zunächst
werde dem System eine beliebige unendlich kleine Lagen-
änderung bei gleichbleibenden Elektrizitätsmengen erteilt, sodann
dieselbe Lagenänderung rückwärts, so daß sich das System
wieder in der Anfangslage befindet, ausgeführt, diesmal aber
bei gleichbleibenden Fotentialen, Daraus ergibt sich Satz (I),
bei entsprechender Vertauschung von Elektrizitätsmengen und
Potentialen Satz (II).
(Eingegangen 25. September 1903.)
542
69. On certain theorems in probability.
By 8. H. Burbory in London.
In this investigatioD ii * » > i^ a^ & sei of yariables
concerning which I assume fundamentally that they are very
numerous^ and all of the same dimensions, and that they vary
according to the following law, namely the chance that they
shall lie respectiyely within the limits li • • • li + d|^ etc. is
proportional to f-^ ö|i . . . ö|^. Here Q is generally a
homogeneous qnadratic function of |^ . . . |^ with constant
•coefficientSy viz
« « «1 li ' + *„ li I2 + S I2 ' + etc.
Let this be called Law P.
2. I propose in part I to consider the probable yalues of
Ij etc.| when a certain linear function of 1^ . . . |^ namely
'' = 2l|f.
is given in value.
Also if there be more than one such linear function,
e. g. ti^, u^ etc., the cofrelation between them arising £rom their
relations to |j . . . |^, and law P.
In part II I shall consider the probable values of |j • • . |„
when another quadratic function 2wi|* = 2yis given in
value.
3. Part I. This will be divided into two cases; case A
in which Q has the very exceptional form Q = 2^l*' ^^"
pressing the fact that every | is independent of every other
I, and case B in which the |'s are correlated inter se, and Q
is the complete quadratic function above given. In case A,
let u, V be linear functions of |j . . . |^, and we may suppoae
t< to be formed from v by interchanging the coefficients.
If for instance v = Mj |j + M^ I2 + ®tc., u may be fi^ ^j +
Certain theorems in probabüity. 543
jtir+ils + ^^^'9 ^^ ^^^ ^ ^^^ ^ ^^^ ^^ same function of
li • • • In taJ^^cn from different points of view. —
Suppose now that v is known^ but nothing is known con-
cerning li . • • |^> except that
and that Q has the special form e~2«^\
What under these circumstances is the most probable
yalue, and what the mean value, of any |j e. g. of |j*?
Since
is given, we have
and for the most probable combination of the |'s, we make
2a|* minimum, that is
(2) a, li öli + Ö2liö|a + etc. = 0,
whence
(3) li = ^ - -TT- 9 la = ^ -JT- etc.,
A being an indeterminate multiplier.
Multiplying equations (8) in order hy dvld^^, dvld^^ etc.,
and adding, we get
that is
2iii-aim.
whence
V 1 dv /^ 1 [dvV
etc. = etc.
These are the most probable values of Ij, |, etc.
and
(5)
544 8. H. Burbury.
5. The mean yalue of 1^ is
•f 00 +00
— 00 — 00
subject to the condition that
dv
^ = ^-
It is identical with the most probable valae above giyen.
6. Now while
dv
21
dS'
let 11 be another linear fanction of |j . . . |^ .
Then v having a known yalue, but nothing being known
of the 1*8 ezcept that
2l4f = ^'
and the law of probability «-D«^*^ what is the probable yalue
oft«?
We haye^ whateyer li . . . |, may be,
2u du
and therefore
^1 • • • In being the mean values aboye found. That is:
/ du 1 dv /^ 1 / dvy
that is
^ du l dv /^ 1 ( dvV
If u were giyen instead of t;, the mean yalue of v would be
s^ dv \ du /^ 1 (duY
^ = "2dT-^Tf/2^l-drJ-
These expressions deüne the correlation between u and v.
Certain theorems in probabüHy, 545
7. Lei US consider the expression for ü giyen v. —
In the denominator
24(-|f)"
eveiy term is positive, and they cannot all be zero, because
V is by hypothesis a function of |j . . . |^. — Nevertheless
maDy of them may be zero or negligible^ provided that some
of them are not negligible.
The same is true of du/d^^ . . . dujd^^.
8. In the numerator
du 1 dv
^ du l
di a d(
let US suppose that for li . . . |,, dujd^ is not negligible,
but for all the other |'s duj d^ is negligible.
Similarly for |„ |, + j ... |, + ,, dvjd^ is not negligible,
but for all the others it is negligible.
We might say u has a sphere of infiuence extending from
li ^ ^r> ^^^ ^ * aphere of infiuence extending from |, to |^ + ,.
If Ä > r, each of the products ," j,.- has at least
one of its factors negligible — the correlation is in-
appreciable. — If on the other band « < r, one at least of
the products -^-^ -jj- has both factors appreciable.
The correlation is therefore generally appreciable, though
it may happen in special cases that ihe terms —z-^ ^ - ,
which do not vanish, are of difiFerent signs, and in the aggre-
gate cancel each other. We might say generally that the
correlation is appreciable or not, according as the two spheres
of influence do or do not intersect.
9. It thus appears that even if the |'s vary independently
of each other, the m's derived from them as linear functions
are, if each u is aflFected by more than one |, in general corre-
lated. — Suppose for example the |'s define the state of a
material System at an initial instant, and v^ , . . u^ are the
corresponding values after time /. Then, the motion of tho
Boltxinaim-Fostächrift. 35
546 S. H. Burbury.
System belog continnous, «^ . . . u^ are determinate functions
of li . . . |„ and t — and however independent Ij . . . |^ are
of each other, u^ , . . u^ are in general correlated.
10. If the l's, and also the tt's^ have positions in space,
we may expect Üiat the »phere of influence of any « will be
limited in space^ extending for a certain distance round its
Position. — If that be so the intersection of the spheres of
influence of u^, %i^ will in general depend on the distance of
ttj from «2 . — They will be sensibly correlated if near enough
to each other.
11. Gase B. — The |'s are correlated inter se.
Instead of the law ^— 2«»^*, which expresses the mutual
independence of |j . . . |^, we must now use «~^ of art 1.
Ti V or ^i dv/d^ be now given in value, but nothing
eise is known of the |'s ezcept the law of probability e-^,
what is the most probable value of any i, e-ff |j? That is
fonnd by an easy extension of the method of art 4.
Let namely JD be the determinant of the coefficients in
D^
2«! *13 *13
*2i 2 02 *a3
and let D be the minor formed by omitting row p and
column q.
Then, if ü be the most probable value of u, given v,
in which
ü = vQ(uv)IQ{vv),
+ ^^ etc.
Also Q [u v) is the same expression with each factor
dv/d^ outside of the bracket replaced by the corresponding
dujd^. — Inasmuch as no restriction is here imposed on
Certain theorems in probabüity, 547
the yalues of 1^^ etc., it is essential in this case that Q shoold
be positive, that is (see art 18) that D shoold be positive.
12. Part n. — Instead of a linear function of |^ • • • In
being given, let nezt the quadratic function
'Wili' + m3|,2 + etc. = 2r,
in which the m's are positive constants, be given, and let the law
of distribution of |j . . . |^ be e-^ rf|j . . . rf|„ as before. — To
find the most probable values of 1^ . • . I» we now proceed as
follows.
Since T is given,
Since Q is to be minimom,
therefore
(2aili+*i2li + ^3l8 + etc. = 2A114I1
(6) I *2i li + 2«,!, +*,3 I3 + ete- - 2 Aiii,|3
l etc. = eta
Then X is given by the determinantal equation.
(■:;■ - ')
it *'«
2mi 2 97i|
(7) I 2 7«,
2 m, 2 m
ffi^ V m, / 2 fw, ' ' ' =0
If l be any real root of that equation, its Substitution in
(6) determines the ratlos ^^l^^ ®^^ —
Again muitiplying (6) in order by |j . . . |„, and adding,
we obtain
(7a) <2= 2 21- df-=2A7,
from which can now be found the actual values of |j . . . |^,
when Q is maximum or minimum given T.
35 ♦
548 8. H. Burbury.
13. Since the valaes of 1^^ etc. are now finite \i T i^
finite, it is no longer necessary that Q or A should be positive.
Negative roots of (7) are therefore admissible. —
11. Now (7) may be put in the form
(8) i^= A« - ^1 A— 1 + Ä2 A"-^ - . . . ± ^. = 0,
the term B^ having the positive or negative sign prefixed
according as n is even or odd. In this expression B^ is the
complete determinant D derived from eqaation (7) also
^1 = 2^'
B^ is the som of all the coazial minors of D having 2^ con-
stituentSi B^ the same with 8' constitaents^ and so on.
If JD and each of its coaxial minors are positive, every
B is iniringically positive — therefore since the terms in F
have altematively the + and — signs prefixed^ there are no
continuations of sign among them, and therefore by the rule
of signs F^Q has no negative root Every X is positive, and
therefore Q =s 2 A 7 is positive when minimnm. —
15. Now the coefßcients a are assumed to be positive
and invariable, the i's subject to Variation, and I here coniine
myself to the case in which the ä's are always negative. — As
any h diminishes, (L e. b^ increases) the determinant B, so
long as all its coaxial minors are positive, diminishes, and
approaches zero. — But if -ö^ be one of the first coaxial
minors of j0, D <2ar^D^^ so long as all the coaxial minors are
positive. — It follows that JD^^ is positive when 2> = 0.
For the same reason if and when the first coaxial minors
Ai» -^22 ®^^' ^öcome zero, the second coaxial minors -Ö1122» ®^'
derived from them are still positive. The coefficients B in (8),
if they change sign, change sign successively from right
to left. —
16. Again when D — i'eBn — changes sign, there is
one continuation of sign among the terms in (8) and therefore
one negative root — But the changes of sign of Bn-ij
5n-2 etc. to jBg inclusive, being successive from right to left,
do not introduce any more continuations of sign. — There is
therefore only one negative root of (8).
Certain thearems in probabüUy. 649
Again it follows from the preceding, ihat if J^ be any
coaxial minor of i>, and b any anaxial constitaent of it,
diy fdb is positive, that is IX diminishes as b^ being negative,
increases in negative value. Therefore every dBjdb is
positive.
1 7. Let now X^ be the Single negative root of (8), F^ the
corresponding value of F, namely
Fj = Aj" - B[ Äj"-i + JjÄi*-^ + etc.
then it can be shown that, for any bj dJi^jdb is positive.
For
db" db / dl,*
in which dF^fdb is taken with A^ constant, dF^jdX with b
constant.
But
and is therefore (since \ is negative and every dBjdb
positive), positive if n be even, negative if n be odd.
But if n be even, F is positive when A = — cx). There-
fore dFjdX is negative when the curve F first cuts the axis,
i. e. when A = Aj .
If on the other band n is odd, F is negative when
A = — 00 , and dF^jdX is positive when A = Aj.
Therefore wheüier n be even or odd, dX^jdb is positive,
that is as &, being negative, increases in absolute value, A^,
being negative, increases in absolute value.
SolutionB of the equation (8).
18. Equation (8) is easily solved when all the a coeffi-
cients in Q have the same value a, and all the b coefficients
the same value b, For in that case the determinant
2a b . . .
b 2a...
of r^ constituents is equal to
{2a'-by-i(2a + r~^ 1 Ä),
550 8. H. Burbmy.
aod we find
/'=(i-2a-Ä)»-i[l-(2a + Ji- l b]).
or F hsLS n — 1 eqnal positive roots 2 a — &, and one other root
A = 2a + «- lÄ.
19. We can however soWe (8) in the more general case
when all the axial congtitaents in (7) bave the same Talne,
and all the anaTial constitaents in each colnmn of (7) except
the last colnmn have the same yalue.
Thos in (7) let
<h
= — — etc. = 2 a,
and
So that
2 I9fs 2 m, * " 2 iTtm-i
^ = -^ = etc. = ß. etc.
2 f«, 2 m, '^^
j 2 a /?2 Ä • • • Z'" - 1 A
= /?!,
J0 =
/9j 2 a ß^ • • • ^« - 1 /Sj
/?! /Jj 2 a . . . /9^ _ 1 /Jj
/*! ß2 ßs ' " 2a ßn-l
ßl ßz ßs ' ' ' ßn-l ^^'
We 866 by inspection that if /9„ « i = 2 a the two last
lines ar6 identical, and therefore J) = 0, It follows that D
contains (2 a — /?„ _ i) as a factor. But by supposing ß^_2 = 2a
we can prove in the same way that D contains [2 a — ßn-i)
as a factor and so on.
Therefore D contains (2 « — /SJ (2 a — ß^) .,. [2a — ß^-i)
as a factor. But i) is a homogeneous function of degree n
oi 2a, ßi, » ' ' ßn- i' Therefore the remaining factor of i>
is a linear function of 2 a, ß^ etc. But since i> contains the
term (2 «)*», the said linear function must be 2a + 7^ (/^j . . . /9„ _ 1),
where (p denotes a linear function. — But again J) does not
contain (2a)"-^ Therefore
(f'iß^ . . . /9„ _ 1) = /?j + ß2+ • • • '+ ßn^ \y
Certcdn Üieorems in prohabilify. 551
and
i? = (2a-/9i)(2a-/9,)...(2«-/9,.0(2a + /?i+/?2 + ... + /?«-!).
Now i), or jB„, is the product of the roots of (8), — We
infer that the roots of (8) are
(2a -/9J, (2a -/S^), etc.
all positive, and
2a + /9i+/9,... +/9,-i
which may be negative. —
Forther by the same reasoning
Ai = (2a - Ä) . . . (2a - /J«. i)(2a + ft + ... + /»n- i)
and since the last üactor does not contain ß^^ D^^ may be +
when 2> is — , but not vice versa. —
The above inference conceming the roots of (8) can be
confirmed by showing that jS« . i is the sum of the products
of the factors of D taken n — 1 together, and that ^m - 2 etc.
have the corresponding values.
20. If A' be any positive root of (8), the chance of the
distribution given by i^ occurring is to the chance of the
distribution given by X occurring in the ratio «'-(^-^O^*.
Now ^
and n is a very great number. If therefore the mean value of
m I* is not very small, the ratio ^ - (^ - ^0 r will be very great.
So that the distribution given by the negative root X^ will be,
not only the most probable, but in fact will represent ap-
proximately the generally prevailing distribution. —
21. Now let \^rn^^ instead of being a constant, be
variable, and let the chance of its being between fand T + dT
be a function of Tior example e"^^dT, where K is a, positive
constant. Then for each value of T the prevailing distribution
of the l's is given by e-^^^ and therefore the chance of any
set of 1*9 occurring for which ^ 2 m |* = T, is denoted by
g - a, + A) r — ßut T is now unrestricted in value. Therefore
the law of distribution e'^ \h impossible unless (A^ + K)T,
or IQ + KT, is positive. —
r2
552 S. S. Burhwry, Certain theorems in probabüity.
22. I haye said elsewhere that if l^, I2 ^^- ^^ ^^^
yelocities of gas molecnles the law e-^ beoomes impossible
when Q becomes negatiye.
That is quite trae if 1^^ |^ 1,, etc. are unrestricted in value,
as uBually assumed in the kinetic theory of gases. — In fact
although 1^^ etc. are ultimately unrestricted, yet for any iinite
group of n molecnles part of an infinite System, they are subject
to some such restriction as I haye here snpposed^ namely that
the Chance of iiij |j* + m, |^* + etc. exceeding a yery high yalue
is yery small, for instance e^ ^^, and it seems to me that the
limit of the law of distribution e"^ should be, not Q = 0 but
(Eingegangen 26. September 1908.)
553
70. Note on the Soret Phenomenon.
By WUder D. Banoroft in Ithaka (N. Y.).
In 1881 Soret ^) published experiments showing tbat
heating one end of a tube filled with a Solution caused a diffu-
sion of the solute to the colder end of the tube. Six years later
van't Hoff^ offered an explanation based on the analogy
between a dissolved substance and a gas. According to yan't
Hoff equilibrium should be reached when the osmotic pressure
of the solute is uniform throughout the tube. This explanation
is usually accepted as correct; but it can easily be shown that
this is not the case.
We will consider first a tube filled with a Single gas,
the two ends being kept at different but constant temperatures.
A necessary criterion of equilibrium is that there shall be a
uniform pressure throughout the tube and the gas will there-
fore concentrate in the colder portion of the tube. K we
have two gases in the tube both will concentrate in the colder
portion of the tube. If we fill the tube with a mixture of
two liquids, it will usually not be possible for both to con-
centrate in the colder portion of the tube. Owing to the
relative incompressibility of liquids, the two components will
have to diffuse in opposite directions. In other words, the
relative concentrations will determine whether a given com-
ponent will pass to the cold end or the bot end of the tube.
For a given pair of temperatures and of components, there
must be a given concentration for which no diffusion takes
place. Some years ago a few preliminary experiments with
acetone and water were made in my laboratory and this
prediction was confirmed.
1) C. Soret, Ann. de chim. et phys. (5) 22. p. 293. 1881.
2) J. H. vun*t Hoff, Zeitschr. f. phys. Chem. 1. p. 487. 1887.
554 W. D. Bancroft On the Soret Phenomenon.
Since the direction of the düFusion changes sign with
changing concentration, the criterion of eqailibrium cannot be
a uniform osmotic pressure and the explanation of van't
Hoff can hold as a first approzimation only for Solutions in
which the yolume occupied by the solute may be neglected.
What the real criteria for equilibrium are^ is an interesting
Problem for which no satisfactory answer has yet been found.
Cornell University.
(Eingegangen 26. September 1908.)
555
71. Über die Bestimmung der thermischen Ändernngen
der Elastizitätskonstanten isotroper Körper ans den
Temperatnrändemngen bei der Drillnng nnd
der gleichförmigen Biegung.
Von Anton Wassmath in Gras.
Bei der Deformation Yollkommen elastischer Körper treten
Temperaturänderungen r auf^ die auf Grund der Sätze der
Thermodynamik berechnet werden können. Die Theorie dieser
Vorgänge wurde bekanntlich (1857) yon Lord Kelvin begründet^
Yon Schiller (1879) und Planck (1880) erweitert und von
W. Voigt (1889) nicht allein auf kristallinische Körper, son-
dern auch auf größere Temperaturänderungen ausgedehnt Die
fbr uns in Betracht kommenden Ergebnisse der allgemeinen
Untersuchungen^) dieses Forschers sind in Kürze folgende:
Es seien Uj v, w die Yerrückungen eines Punktes x, y, z
und die Deformationsgrößeni
du _ d V dw dp , dto
dx 1' dy *' dx «' dx ^ dy *'
d %€ , öu _ du dv _
dx ^ dx '^^' dy ^ dx "*«'
sowie die i>rwcÄArä/?<?: X^=^ X^, ^y = ^» ^« = ^> ^. = ^y=^4>
Z^ = A"^ = X^, X = Y^ = X^, so daß die elementare Arbeit
der elastischen Kräfte für die Folumseinheit:
da = - Xj d^Tj — . . . — Jg dx^ = — 2^Ä*^A
wird. Dann muß, wie W. Voigt zeigt, die freie Energie |
(auch erstes thermodynamisches Potential genannt) für eine
Änderung t der Temperatur T die Form haben:
h k
WO die c^^ die isothermischen Elastizitätskonstanten heißen
und die Indizes h und k wieder von 1 bis 6 gehen. Aus |
findet man die Entropie
1) W. Voigt, Thermodynamik I. p. 300. 1903.
556 Ä. JFassmuA.
s= -
dT dx '
den Drack
X = - AL
und die spezifische Wärme y^ der Volumseinheit bei konstanter
Deformation:
Für isotrope Körper verschwinden eine Reihe der Konstanten
Cj^j^ und es bleiben nur:
und ebenso wird:
?i - ?2 == ft = y ^<J ?4 =' ?6 = ?e = 0.
Ffihrt man noch die Änderung der Volumseinheit
i SS x^ + x^ + x^ ein, so wird die fireie Energie | f&r isotrope
Körper gegeben durch:
f 2| - c,8^ + c,[2(V + V + ^8*) + V + V + ^eT
^^ 1 -29T*-rTS
wobei:
J^ E u
Ca s= :r-r^^ r • C, = '^
'2 2(1+^)' 1 1+^ l-2ju
ist und jE? den gewöhnlich so genannten Elastizitätsmodul, c^
den Torsionsmodul, also ^ das Verhältnis der Querkontraktion
zur Längendilatation vorstellt. Es ist in aller Strenge die
Entropie:
Dieser Ausdruck gleich Null gesetzt liefert die Temperatur-
änderung r für eine adiabatische Deformation. An der Hand
dieser Formel hat W. Voigt die Torsion eines Kreiszylinders
behandelt ^)
Die Druckkomponenten erscheinen unter der Form:
- Xj = ^-^ = c, d + 2c2 Xj - 9 r etc.
1) 1. c. p. 881.
Thermische Änderungen der Masfizüätskonstanien. 557
Aus der freien Energie | erhält man das sogenannte zweite
thermodynamische Potential ^ durch die Beziehung: C =» |
+ {X^x^ + .. . + X^x^) oder
h k
wobei
i i
ist und die «^^ Elastizitätsmodule heißen. Die Entropie S er-
gibt sich aus:
5=- ^f
femer ist
^A = +
ÖX*
und die spezifische Wärme yx der Volumseinheit bei konstanter
Spannung:
Für isotrope Körper werden die Formeln wieder einfacher;
es wird dann:
worin £^ den linearen Ausdehnungskoeffizienten darstellt und
_ 1 _ 2(1 + |u) _ 1 - i"_
^3 "" c, "" £• ' *i - •* - t *2 - - -jg; >
ist.
Für die Entropie S gewinnt man den im folgenden aus-
schließlich angewandten Ausdruck:
wobei der Kürze wegen
(4)
558 A, WcLSsmuth.
gesetzt ist.
Als allgemeineres Beispiel diene der Fall, daß ein iso-
troper Körper unter einen allseitig gleichen Normaldruck p
gebracht werde, so daß -X^==-^ = -S^ = /?, -X^=-X5 = Zg=0
wird, dann ist ftir die adiabatische Kompression:
5=|p*[3V + iV] - 3«p + -^-r = 0
oder die Erwärmung r gegeben durch:
d. i
tK\ r« Q I 8 2 r 3 1 Ö ^ 1 1 Ö C, 1
(5) X-r = 3c.;> + |p«[-^--^-^--.--^-^-J.
Berücksichtigt man nur das erste Glied, so erhält man
die gewöhnliche Formel; nur bei sehr hohen Drucken käme
das zweite Glied in Betracht So ist z. B. für Eisen nahe:
^ = 2 1 000 kg/mm«, c^ = 7000 ,
E BT " 10* ' c^ df" 10*'
also das zweite Glied verschwindend klein.
Von den Formen der elastischen Körper, die überhaupt
in Betracht kommen können, empfehlen sich schon aus prak-
. tischen Gründen die von Stäben oder Drähten mit einem Quer-
schnitte, dessen Dimensionen gegen die Länge des Stabes
klein sind, das ist also der Fall des von Saint-Venant be-
handelten Problems. Wir denken uns demnach einen geraden
zylindrischen Körper, auf dessen Grundflächen (Enden) irgend
welche Druckkräfte wirken sollen; die Mantelfläche sei frei
von Druckkräften. Zwischen den einzelnen Längsfasem ist
dann überhaupt kein Druck; sie sind voneinander unabhängig.
Der Einfachheit wegen werde angenommen — die Verall-
gemeinerung ist leicht — , daß der Querschnitt ein Kreis sei.
Die Achse des Zylinders sei zur 2:-Achse gewählt.
Dann gelten bekanntlich^), wenn gleich die Voigt sehen Kon-
stanten eingeführt werden, die Formeln: X^ = X = JY^ = 0 und
1) G. Kirchhoff, Mechanik p. 403. 1897.
(«)
Thermische Änderungen der Elastizitätskonstanten. 559
3ci+2c, 2 ^
^. = ^4 - + y^- 3^ 2c 2^^
+ ^ 2c.
i£L±^ (722 _ y2) _ ^3
8 Scj +2c,
lif, =^ = a + «1^^ + 02^ + ^(*l^ + *2y)•
Die Konstanten a, a^, a^, b^, b^, c lassen sich leicht aus
den Eomponentensummen und Drehungsmomenten der Druck-
kräfte, die auf ein Ende wirken, berechnen. So ist z. B. :
(7) Jf[xX,^t/X,)dxdy^c.^R^ etc.
Diese Werte für -S^, -X^ und X^ sind demnach in den
Ausdruck für die Entropie:
(8) 5 = I { »' J?3« + »,'{X,^ + X,»)} - « Z, + -|- T
einzuführen; durch Nullsetzen der Form 8 erhält man dann
die Temperaturänderung r als Funktion yon x, y, z, die einer
adiabatischen Änderung entspricht Diesen so für r ge-
wonnenen Wert wird man, da sich nur ein mittleres r eines
Querschnittes q beobachten läßt, noch mit dq ^ dx.dy multi-
plizieren, über den Querschnitt integrieren und durch q
dividieren.
Man sieht aber sofort, daß in dem so erhaltenen Mittel-
werte T im allgemeinen auch die Koordinate z vorkommen
wird, was eben besagt, daß für verschieden gelegene Quer-
schnitte (verschiedene z) ebenfalls verschiedene t und demnach
irdrmeströmungen auftreten müssen. Es gibt indes Fälle, wo
alle Querschnitte desselben Zylinders gleiche Temperatur-
änderungen erfahren. Solche spezielle Fälle sind:
I. Dehnung. Alle Konstanten außer a sollen verschwinden,
d. h. es sei X^ = X^ = 0, -^ = a, dann wird:
(9) r..; =«^H-iv.i-(ill)-
Bleibt man beim ersten Posten rechts stehen, so erhält man
die gewöhnliche Thomsonsche FormeL Ist nämlich P der
560 A. tFassmuth.
Zug am Querschnitte y, a das spezifische Gewicht, C die
spezifische Wärme der Gewichtseinheit^ so wird:
-X, = -— , r, = 0.(7.419,10«, -^^-.—^ —
^ g ' '« > » 2» 419,10». 5^ (T
die bekannte Form, indem q a das Gewicht der Längeneinheit
vorstellt. Für große Zugkräfte käme, falls der Draht auch
da noch vollkommen elastisch bliebe, noch das zweite Glied
in Betracht; bei metallenen Stäben fiele dann, da hier
1 dE
E dT
negativ ist, die Abkühlung bei der Dehnung (bez. Erwärmen
beim Zusammenziehen) kleiner aus.
n. Gleichförmige Biegung. In diesem Falle verschwinden
alle Konstanten bis auf a^, so daß X^ = a^.x, X^ = X^ = 0
wird. Die Eonstante a^ bestimmt sich aus dem biegenden
Drehungsmomente M um die y-Achse, indem:
oder
ist. Hiermit wird:
und für die mittlere Temperaturänderimg f erhält man wegen
Cxdq==0 und Cx^dq=''^n^
Erfolgt die Drehung vom Momente M^ in das Moment J/^, so
ist wegen
''^ — ö r "~ dT ~ 'e[e dT
die Temperaturänderung
Thermische Änderunffen der Etasäzitätskonstanten. 561
Hat der Querschnitt g eine andere Form als die eines
Kreises^ so muß statt \n^E^ der Ausdruck 2q^x^ genommen
werden^ wo x den Trägheitsradius senkrecht zur Biegungsebene
vorstellt, der Schwerpunkt in der z-Achse liegt und die Haupt-
achsen des q als Achsen der x und 1/ gewählt werden. ^) Für
die Metalle ist
1 dE _
E BT '^^
negativ, demnach bringt nach (10) eine gleichförmige Biegung
eines Metallstabes eine Abkühlung hervor, was meine Versuche
bestätigten. Die Formel (10), zuerst von W. Voigt aufgestellt,
stellt demnach einen Zusammenhang zwischen der Abkühlung
d-^^ und der Änderung des Elastizitätsmoduls, d. i.:
*"" E dT~ '
dar, so daß € an der Hand der Voigt sehen Formel, falls 9^^
sicher gemessen wurde, berechnet werden kann« Diesen Weg,
e auf neue Art zu ermitteln, habe ich eingeschlagen *) und für
zwei verschiedene Stahlstäbe hierfür die Werte 2,62 x 10 ~*,
2,34 X lO^S 2,45 X 10~* und 2,23 x 10-* erhalten, deren
Mittel 2,41 X 10-* von dem Mittel 2,29 x 10-*, wie es
die Beobachtungen von Katzenelsohn (2,33 X 10"*) und
Cl. Schäfer (2,25 x 10-*) für Eisen lieferten, um weniger als
5 Proz. abweicht. Versuche mit Stäben aus anderem Material
sollen noch folgen.
IlL Torsion, Ein weiterer Fall gleichförmiger Temperatur-
änderung bietet sich schließlich dar in der Torsion eines Stabes,
wobei alle Konstanten in 6 bis auf c verschwinden. Es wird:
^4 = + 2^> -^ = - 2 y^ ^s = 0,
5t = -^2'(V+^^) = - 'Y*(^'+^')=- 'V'^'-
Durch Multiplizieren mit 2nQdü, integrieren und dividieren
durch R^n findet man hieraus:
^' T = - -- s R^
T 16 « •
1) R. Clebsch, Elastizität p. 103.
2) A. Wassmuth, Wiener Ber. 112 (IIa), Mai 1903; Ann. d. Phys.
18. p. 182. 1904.
Boltzmaoo-FMUchrifL 86
562 A. Woismuth.
Nun ist das am freien Ende wirkende Drehungsmoment N
so daß sich schließlich wegen s^ = l/c, ergibt:
Dieser Ausdruck fällt vollständig zusammen mit jenem,
den ich 1889^) ftir die Abkühlung von tordierten Metalldrähten
aufstellte und durch Versuche^ bestätigt fand. Nennt man
nämlich (o den der Länge / entsprechenden Torsionswinkel,
m das ganze Gewicht des tordierten Zylinders, C die spezifische
Wärme der Gewichtseinheit, so ist:
und es wird:
(12) ^-.»J.c,.(±4^).iE*^
die von mir yeröffentlichte Form.
Für andere, jedoch symmetrische Querschnittsformen treten
auf den rechten Seiten von X^ und X^ noch gewisse Funktionen
von X und y hinzu; der Ausdruck für t wird verwickelter,
doch bleibt r in der ganzen Länge des Stabes konstant.
Die Gleichung (11) oder (12), die in anderer Art auch
von W. Voigt abgeleitet wurde, gestattet ebenfalls aus dem
beobachteten r die Änderung des Torsionsmoduls
mit der Temperatur, d. L
1 dr^
= n
c, dT
ZU ermitteln. Meine Versuche mit tordierten Stahlstäben er-
gaben gute Übereinstimmung zwischen Rechnung und Be-
obachtung, falls für ri die von Katzenelsohn gefundene Zahl
3,10, die der neuestens von Cl. Schaefer gegebenen 3,035
nahe kommt, genommen wurde.
1) A. Wassmuth, Wiener Ber. 98 (IIa), p. 1397. 1889.
2) A. Wassmuth, ibid. und Wiener Ber. 111. Juli 1902.
Thermische Änderungen der Elastizitätskansianien. 568
Aus dem in II und III Dargelegten folgt:
Beobachtungen der Temperaturänderungen bei der gleich"
förmigen Biegung und der Torsion von Stäben geben somit die
Mittel an die Hand, die thermischen Änderungen des JSlastizitätS"
moduU und die des Torsionsmoduls , d. i. a und t} und somit
auch dnjdT — ohne Strukturänderung — zu bestimmen.
Als eine nicht uninteressante Anwendung der dargelegten
Methode möge eine Anzahl von Versuchen dienen, die ich mit
einem zylindrischen Stabe aus Hartgummi vom spezifischen
Gewichte 1,325 und der Dicke von 5,1 mm zur Ermittelung
der Änderung seines Elastizitätsmoduls E mit der Temperatur
ausführte. Der Stab lag auf zwei festen Schneiden, deren
Distanz 2k = 14,2 cm betrug, auf und wurde durch gleiche,
an seinen Enden nach abwärts wirkende Zugkräfte p, von denen
jede am Arme Yon 5,2 cm mit einem Momente M drehte,
gleichförmig nach oben gebogen. Mit Hilfe einer Marke am
Stabe und einer spiegelnden Skala ließ sich die Pfeilhöhe h
bestimmen. Die Biegung wurde in der Art bewirkt, daß die
Enden des Stabes durch Darmsaiten mit einem Winkelhebel,
dessen Drehung an einem Kreisbogen 0 0 markiert wurde, ver-
bunden waren (vgl. die Figur in der zitierten Arbeit). Die
Zugkräfte p wurden dann nachträglich durch direktes Anhängen
von Gewichten bestimmt
Den Sinn und die Größe der bei dieser Biegung auf-
tretenden Temperaturänderung wies ein feines, in der Mitte
des Stabes angebrachtes Thermoelement aus Eonstantan und
Eisen, das mit einem sehr empfindlichen Galvanometer von
Keiser & Schmidt durch dünngewalzte Kupferstreifen
(zur Verhütung der Deformationsströme) in Verbindung stand,
auf; es wurde das Hauptaugenmerk darauf gerichtet, den
Gesamtwiderstand r (Thermoelement + Galvanometer) recht
klein zu machen; in der Tat war r = 0,4315 Ohm. Die Be-
festigung des Thermoelements geschah in der Art, daß der
Hartgummistab zuerst in ein mit einer seitlichen Öfihung ver-
sehenes Glasrohr gebracht und hierauf in einem Thermostaten
durch mehrere Stunden so lange erwärmt wurde, bis sich das
Thermoelement, dessen beide Drähte durch Atzen verdünnt
und etwas umeinander verdreht waren, leicht durch die Öfiinung
des Glasrohres in den Stab einfügen Ueß. Auf diese Art blieb
86*
564
Ä. Wiassmuih,
beim Abkühlen der Hartgummistab fferade und das Thermo-
element steckte ungemein fest in der Mitte. — Mehrere Papp-
deckeln und Watte schützten den Apparat vor Luftströmungen.
Es ließ sich nun zweifellos nachweisen, daß bei diesem
Hartgummistab eine Verstärkung der Biegung mit einer Er-
wärmung und umgekehrt eine Verminderung derselben mit einer
Abkühlung verbunden war.
Wurde z. B. die Mitte des Stabes resp. das Thermoelement mit
einem heißen Eisenstück berQhrt, so ging die Nadel des Galvanometers
auf dieselbe Seite, wie bei der Belastung der Stabenden ; eine Abkühlung
der Stabmitte brachte einen entgegengesetzten Nadelausschlag in der
Richtung, wie ihn die Entlastung lieferte. Solcher Proben wurden
mehrere durchgeführt; ein zweites, frei eingeschaltetes Thermoelement
bestätigte das Gewonnene.
Bei diesem Hartgummistabe mußte demnach der Elastizitäts-
modul mit der Temperatur zunehmen oder es mußte
1 dE
E dT
positiv sein. Nun wurde versucht, auch den Betrag dieser
Größe 8 festzutellen.
Aus den in der folgenden Tabelle wiedergegebenen Ver-
suchen vom 23. Juli 1903 ließen sich zuerst die Temperatur-
änderungen & berechnen nach den Formeln:
X, = 0,56 {x, ^x,), X=Ä--X, und &^ ^"Y^r '
Zeiger am
Gradbogen
1
Nr. des
Versuchs
Erster
Ausschlag
Ä
Erste Distanz
der Umkehr-
punkte
^0
8,23
X
7,57
&
160_i40
I
15,8
14,7
0,00169 0
14«— 15,8«
II
12,8
12,5
6,98
5,82
0,001300
160— 130
III
24,5
23,6
13,22
11,28
0,00202 "
13<>— 15,8<*
IV
21,8
19,4
10,86
10,94
0,00245 0
16«— 12«
V
32,8
32,1
17,98
14,82
0,00324 ^
120—15,7«
VI
26,4
24,0
13,44
12,96
0,00290"
16*— 11<>
VII
' 40,8
39,1
21,90
18,90
0,00422"
II*— 15,70
VIII
36,8
31,4
: 17,58
19,22
0,004800
160—10«
IX
! 51,5
50,3
' 28,17
23,33
0,00521°
100—15,50
X
40,8
35,8
20,05
20,75
0,004640
160— 90
XI
60,3
58,0
i 32,48
27,82
0,006220
90—15,70
XII
50,3
48,5
27,16
23,14
0,005170
Thermische Änderungen der Elastizitätskonsfanten, 565
Es ließ sich femer aus dem rechts wie links wirkenden
Drehungsmomente M = px98\ x 5,2 und der Pfeilhöhe A, da
h
If = 2Ena^
(2fi)«
ist, der Elastizitätsmodul E bestimmen. Mit 2 ^s 5,1 mm
= 0,51 cm, 2 1< = 14,2 cm wird
log j& = log ^ + 4 - 0,1196
und es ergab sich:
i
Cb
Kl
•5 'S
Pfeilhöhe h in
cm über der
Horizontalen
durch die
fixen Pankte
16»
14 <»
120
10«
9«
0,154
0,240
0,330
0,415
0,450
Die rechts
wie links
1 ^
ziehenden
log M
log E
E. 10-"
Gewichte
p in gr
133,4
5,8329
6,6454
10,5258
3,356
260
6,1227
6,7425
10,6229
4,197
309
6,1977
6,6792
10,5596
3,627
365
6,2700
6,6519
10,5323
3,407
405
6,3152
6,6620
10,5424
3,487
Mitte
1 3,615
Es fand sich demnach für den Elastizitätsmodul E der
Mittelwert:
^= 3,615. 10^^ C.G.S. = 368,5 kg/mm».
Zur Kontrolle dienten Beobachtungen über die Pfeüüefen
h, welche zwei weitere, mit ihren Enden frei aufliegende Hart-
gummistäbe derselben Fabrik bei einer Belastung P in der
Mitte aufwiesen. Der Elastizitätsmodul E bestimmte sich
dann nach der bekannten Gleichung:
1271 r* Ä *
^ =
Für den ersten Stab war die Länge / = 240 mm und die Dicke
2r = 7,44 mm und gehörten zu den Gewichten P 0,5, 1,0,
2,0 kg die Pfeiltiefen h 2,9, 6,0, 13,1 mm, woraus sich für
E die Werte 830, 319, 292 kg/mm* ergaben.
Der zweite Stab hatte die gleiche Länge von 240 mm,
eine Dicke 2 r = 6,22 mm und entsprachen den Zugkräften P
von 0,5, 1,0 kg die Pfeiltiefen h: 5,9 und 13,1mm, woraus für
E die Werte 332 und 299 kg/mm* folgern.
566
Ä. f^atsmuth.
0
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0
0
^
0
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CD
Thermische Änderungen der Elastizitätskonstant^. 567
Um zu sehen^ wie sich andere Hartgummistäbe in dieser
Hinsicht verhielten, untersuchte ich auf gleiche Art noch einige
Stäbe, die ich der Gefälligkeit der „Ungarischen Gummiwaren-
fabriks-Aktiengesellschaft in Budapest'' verdankte.
Ein Stab (Qualität Ä^ VII) von der Dicke 2 a = 4,89 mm,
dem spezifischen Gewichte o'=l,27, dem Elastizitätmodul
312 kg/mm* wies ebenfalls einen positiven Wert der Größe
6 =
1 dE
E BT
au£ Die Temperaturänderungen & bestimmten sich hier aus:
X, = 0,56(:r, -:r,); X=^--X,; » ^ X-^^^
2210
und ergab sich:
Zeiger am
Gradbogen
16,0
14,5
15,3
11,8
15,3
11,8
15,0
11,0
15,0
10,0
15,0
10,0
Erste
Distanz d.
Umkehr-
punkte
a^ - «,
14,5 <>
1
2,1
2,4
1,34
0,76
16,0«
2
2,9
1,7
0,95
1,95
11,8«
3
6,1
6,0
3,36
2,74
15,3 <>
4
5,8
5,4
3,02
2,78
11,8°
5
5,2
3,0
1,68
3,52
15,3«»
6
5,3
4,8
2,69
2,61
11,0 0
7
8,8
8,7
4,87
3,93
15,0«
8
9,8
8,8
4,93
4,87
10,0 <»
9
10,8
9,4
5,26
5,54
15,0 <»
10
9,4
8,8
4,93
4,47
10,0°
11
12,3
11,7
6,55
5,75
15,0 0
12
9,1
8,3
4,65
4,45
0,00045 •
0,00116®
0,00163 <>
0,00165 0
0,00209 «
0,00155«
0,00234 0
0,00290«
0,00830«
0,00266«
0,00342«
0,00265«
Mittel
00081«
I».
\ 0,00173«
l 0,00262«
0,00301 «
Aus dem bekannten Werte des Elastizitätsmoduls E und
den beobachteten Pfeilhöhen h ließen sich femer die ange-
wandten Drehungsmomente M berechnen und hiermit aus der
Voigtschen Formel 6 bestimmen. Es wurde erhalten für
die Biegung entsprechend der
Drehung von 16« auf 11,8« » = + 36,4 x 10"*
16« „ 11,0« « = + 86,6 X 10"~*
16« „ 10,0« « = + 38,5 X 10"*
»>
>»
I»
568 J, Wassmuth. Therm. Änderungen d. ElasUzitäUkonstanien.
somit fand sich im Mittel für diesen Stab: 6 = + 35,5 X 10~^
(die den Biegungen 16 ^ 11,8«, ll,0^ 10,0« zugehörigen Werte
der Pfeilhöhen A waren: A = 0,14, 0,33, 0,38, 0,42 cm).
Diese zwei Hartgummistäbe verhielten sich demnach
zweifellos auch bei wiederholten Versuchen entgegengesetzt wie
die Metalle, indem fbr beide e positiv ausfiel. Bei einigen
anderen Stäben ergaben sich indes auch negative Werte für
6 und bei einem Stabe war die Änderung des Elastizitäts-
moduls mit der Temperatur fast Null zu setzen. Worin diese
Verschiedenheit begründet ist, läßt sich heute noch nicht er-
orkennen.
(Eingegangen 26. September 1903.)
569
72. The Propagation of Waves through
dispersiye Media.
By Arthur Sohuster in Manchester.
1 . When a group of waves passes over a sheet of water,
the group as a whole is propagated with a yelocity different
from that of the waves. The subject has been investigated
mathematically, by Osborne Reynolds, Stokes^ and Lord
Rayleigh. The latter drew attention to an important optical
application, and showed that if the velocity of light is de-
termined experimentally in a medium in which different
wavelengths are not all propagated with the same velocity, it
is the "group velocity" that is really measured.
Some misunderstanding seems however to exist as to the
real nature of the phenomenon, which is sometimes spoken
of as if the group moved forward as a whole without change
of shape. It may be of interest therefore to foUow out in
detail a particular case in which the whole process of the
wave propagation may be calculated.
2. I imagine a medium in which the wave velocity v, and
the wavelength A = 2 ;r / x are connected by the relation
(1) v=^u + ßlx
where u and ß are constants.
A displacement y = (p(x) may by Fourier's Theorem be
put into the form
00 +00
(p{x) =: — j d X l da (p {a) cos x (a: — a) ,
0 -00
where the right band side may be considered to be the limit
of a sum of sinusoidal displacements. If these are propagated
with a velocity v, the displacement at time t is
00 +00
(p{Xf t) = — \ d X \ da (p{a) cos x[x — a — vt).
0 -00
570 A. Schuster.
If we Substitute | = a: — v^, v being a constant, the result
of the Integration is seen to be simply (p{x — vfj, which re-
presents the well known law of propagation of a cisturbance
in a medium shewing no dispersion. In the ca^e we are
considering now^ in which v = u + ß I x the eabstitution
^ SS X — ut giyes
(p[x, i)^ — jdx jdcc(p{cc) cos [x (§ — «) — ß t] .
0 4- CO
Lei
00 +00
(2) V'tö = -^fdxjda(p{a) sin x(| - a)
0 - 00
the right hand side being Fourier's integral, with the
difiference that the cosine fiinction is replaced by the sine
fimction.
The aboye equation tben becomes
(p[x, i) == (p{x — ui) GOB ßt + \lj{x — ut) sin ßt.
This equation gives the law of propagation of any
disturbance^ travelling through a medium, in which the law (1)
holds.
After successive intervals of time equal to 2 7t Iß, be-
ginning with ^ = 0.. the displacement takes periodically the fomi
(p[x — ut)
which gives the original shape shifted through a distance
2nulß.
At these instants of time, the group of waves has the
Position it would occupy if it had moved with a velocity u
without change of shape. But at intermediate times, there is
no such simple displacement of the group. At a time njßj
the displacement takes the form
— (p{x — ui)
which represents a complete reversal. At the time 7t/2ß,
the displacement is
yf{x — ut)
and in general, cannot be calculated more definitely unless the
fimction tp' can be evaluated.
Propagatian of toaves, 671
I had obtained the above results a good many years ago,
but did not publish them^ as I hoped to be able to find some
examples which could illustrate the matbematical equations.
In this I was unsuccessful^ until recently my colleague,
Professor H. Lamb, supplied me with two cases in whicb the
Integrals could be found, and which fumish interesting
examples of wave propagation.
£x. 1.
If
the integration indicated in eqnation (2) may be performed,
and it is found that
Ex. 2.
If
y (*) = 1 for ar* < r*
= 0 „ X»>T«
it may be shewn that
3. To apply the first example, we consider a displacement
or, writing y ^ x jx
_ 1
The curve of the displacement is represented in Fig. 1,
while the function
is shewn in Fig. 8.
The propagation of the wave shewn in Fig. 1 may now
be foUowed in detail. The displacement is determined by the
equation
?• C08 ßt tix — uf)Bm ßt
(a? - tt 0* + ^" (« - t* 0* + T«
or, if
572
A. Schuster.
by
fn\ COS ßt + r sin ^ ^
Fig. 1 to 9 represent a complete cycle illustrating the
change of ahape of the wave. To foUow its propagation, it
1
\
^
/
\
^_.
Ftff.
f .
s
V -
l — .
\
^
tf""* /
0
J
\
^-
««
T^2,
y
r
"^
JfyJ,
-^
J
F!g,t,
/"
->v
\
/
U^S.
~~^
^
/
'^
\
/
1^.6.
A
/
^
^'
i
/
Fig. 7.
/^
^'
^
.
^^
r
\
1
1
Fig,8.
1
V
^
/
N
^_
1 1
Fiß.9.
must be imagined that successive figures are shifted through
distances corresponding to the group velocity u.
It will be noticed that in Fig. 2 the maximum of the
waye is shifted to the right, and has moved forward therefore
PropagatUm of toavea. 673
with a velocity greater than that of ihe group velocity, at the
same time a minimum has appeared at y ^ ^2,4. This
minimum moves forward until, when cos /9 ^ « — 1 (Fig. 6), it
occupies the central position. In the mean time, the maximum
has moyed away towards the rights with increasing velocity to
infinity.
Fig8. 6 to 9 shew the gradual re-establishment of the
original shape.
4. The condition for the maximum or minimum of the
displacement
cos ^ ^ + y sin ^ ^
reduces to
y 1 +/•
(1 -y«)8in/9^ = 2y co8/9^
or to
(4) y = tan \ßt for the maximum,
and
= — cot \ßt for the minimum.
The abscissa of the maximum is
x^^ + ut
= ut+ X tan 1/9^
and the velocity of propagation of the maximum is therefore
u + \ßsec^ ßt
which is always greater than the group velocity.
The Ordinate of the maximum is obtained by putting the
value of y from (4) into (3) which yields
1+7« = cos^ißt.
Similarly the minimum is
The sum of the height of the maximum and the depth of the
minimum is therefore constant.
5. Figs. 10 to 14 illustrate the second example. This
case possesses only mathematical interest. Owing to discon-
tinuity of displacement, the wave rises to infinity at two points,
and these points move forward with tlie group velocity.
The figures only shew the first half of the cyclo through
which the disturbance passes, the manner in which the original
674
Ä, Schuster,
shape re-establishes itself in the second portion of the cycle
may be seen if the figures are looked at in the inyerted
Position.
FUf^fa
J
/
K^
figM
^
/
^
Itg,J2,
^
Fig.13.
/
f
JlgJ¥.
-
6. It has been assumed in the above that the law of
dispersion is that represented by equation (1), but in the
general case, we may still apply the same method, when the
group of waves is made up of elementary waves which are all
of nearly equal length. A new proof of the mathematical
BropagtUhn of waves. 576
expressioD for the group velocity, which is more general than
the one usually given, may thus be obtained.
Let all waves differ infinitely Utile from A = ^. Then
the velocity for the ränge of wayelengths concemed, may be
expressed by
V dl J l^X^ X \ du I M^w.
This agrees with (1) provided that
dv
w = ü — A
dl
/9=-*»^"
dn '
where on the right band side those values of
^ dv jt dv
X.X, -^and ^_,
must be introduced which belong to the wayelengths of which
the group is made up.
It foUows that u is detennined by
^ dv , dv
dl dn
dxv
dn
which gives the well known expression for the group velocity.
(Eingegangen 26. September 1908.)
576
73. On Double Befraction in Matter moYing through
the Ether.
By D. B. Braoe in Nebraska.
The Fitzgerald-Lorentz^) "Contraction" Hypothesis to
explain the negative results of the Michelson-Morley*) ex-
periment of interference between two rays at right angles and
parallel to the earth's motion seems to have been made im-
probable by the negative results of Rayleigh^ on the double
refraction of a medium at right angles to the earth's motion.
Ab bis observations give a margin of 50 times for a liquid
and 1,5 times for a solid ^)y no extension seems desirable from
this Standpoint.
The Suggestion of the "contraction hypothesis*' by con-
siderations in regard to intermolecular forces analogous to the
interaction, through the mediation of the ether, of electric
and magnetic forces, is certainly plausible enough to Warrant
further examination aside from the insufficient explanation of
the anomaly for which it was first put forward. That the
intermolecular forces are not altered by a factor many times
less than that determined by Bayleigh is found to be the
case in the medium used.
Two arrangements suggest themselves, the one, a System
rotating about a vertical axis, the other a similar System
rotating about a horizontal axis so as to shift the plane of
polarization from a position at 45^ to the earth's orbital motion
through an angle of 90®. In the matter of simplicity, sen-
sibility and stability the latter method would be preferable.
However, the first arrangement was selected for the pur-
1) Fitzgerald-Lorentz, Versuch einer Theorie. Leiden. 1895.
2) Michelson-Morley, Amer. Jour. of Sei. (3) »4. p. 333. 1887.
3) Rayleigh, Phil. Mag. Dec. 1902.
4) The margin as given by Rayleigh is really twice too great,
since he has taken (10 *)» instead of (10-*)V2.
On double refraction.
577
pose of utilizing the same mounting for other experiments.
A heavy beam was pivoted between the floor and ceiling so
as to carry a trough with its horizontal axis intersecting the
pivotal axis. This System could be rotated continously so as
to bring it into any desired position. This trongh was 413 cm
long, 15 cm wide and 27 cm deep on the inside and built up
of 5 cm planking in order to give sufficient stability to the
polarizing and mirror Systems which it carried.
In Order to obtain sufficient intensity through the total
column, 2856 cm of water used, sunlight was so thrown into
the trough as to keep its path the same whateyer its position.
The lens 1 (Fig. 1) of about 2 M focus conyerged the sun's
rays, from a carefuUy adjusted heliostat, within the nicol 4,
after reflection from 2 and 3. The diverging beam was then
successively reflected from mirrors 5, 6, and 7 upon the con-
cave mirror 8. The radius of curvature of this latter was
about 15 M and was mounted, as were the other mirrors,
upon brass plates containing adjusting screws fastened to the
ends of the trough. The axis of the reflected cone was dis-
placed in a horizontal plane so that the retum ray passed
through the analyzing System 9 — 11 placed to one side of the
polarizer.
The lens 12 converged the light, which would otherwise
have come to a focus at a distance of about 2 M beyond, to
the eye 15 at a distance of 25 cm from 9. Thus the eye
could observe 9 directly or by means of the telescope 14.
Both the heliostat mirror and the lens 1 were diaphragmed
down so that the aperture of the cone of rays was slightly less
BoItziiianii-Fcst*chrift
37
578 2>. B. Brace.
than that of the mirror 8 whose aperture was abont 15 cm.
This prevented diffused light from the mirror and the water
reaching the nicol 11 to any serious extent and also aided in
the adjustments of the mirrors so as to keep the rays fixed
when the trough was rotated. The total reflecting prism 2
was carried by an uniyersal mounting passing through a rod
forming the Prolongation of the axis about which the System
rotated. By properly shifting 1 and 2 the ray 2 — 3 could be
brought exactly in the axis of rotation so that when the trough
was rotated the retum ray at 9 remained at a definite point
in ihe field of view. 3 and 4 were then shifted until the ray
passed through them symmetrically. Any change in the
direction of the incident ray at 1 would of course cause a
shift but by properly regulating the heliostat this could be
ayoided. Howeyer^ with such a long optical lever slight irre-
gularities might occur after a rotation^ but these were always
compensated for before observing the field of view by adjusting
2 until the beam of light occupied the exact position it did
previous to rotation.
The polarizing nicol was either one with ends normal to
the ray or, if of the ordinary type, mounted in a cell with
thin Cover glass ends so as not to aflfect the ray when the
System was under water. The analyzing nicol was a Glan-
Thompson of 15 mm aperture. The analyzing and polarizing
Systems together with the prisms and lens were mounted within
tubes to prevent access of the water and upon a common
cross-piece fastened to the trough. By adjusting 8 the cone
of rays could be sent into the analyzer symmetrically so as to
tili completely the tield of view. The principal planes of the
nicols were crossed and at 45® to the vertical plane. A
metal diaphragm was placed lengthwise between the entering
and the emerging rays and between the mirror 5 and the
polarizing System so as to prevent scattered light reaching the
analyzer.
A delicate method, a detailed description of which I give
elsewhere, was used for observing the slightest trace of double
refraction. 9 was a thin strip of ' mica which I will designate
as the sensitive strip of order A/100 = 0,0012 mm thick
cemented with Canada Balsam between two thin cover glasses
On double refraction. 579
without double refraction^ the latter being cemented to a brass
ring carried by an arm extending from a coUar slipping over
the brass containing tube of the nicol. This coUar carried an
arm with the scale divided into some 60 divisions representing
half degrees. 10 was a similar thin section of mica of order
A/20 approx.^ or 0^006 mm thick, cemented similarly and
covering nearly the entire aperture of the nicol 11. This System
wbich I will designate as the ^'compensator" was mounted
on a collar slipping over the nicol between the coUar and
Strip of the first System. This bad an arm for rotating and
also a pointer passing over the scale referred to.
In the adjustments 2 was moved until, when the trough
was rotated completely around, the ray as seen on a white
mark did not shift. Water which had been heated to drive
out air and prevent minute bubbles forming in it and upon
the mirrors and thus causing diffused light was then flowed
into the trough until it coyered the analyzing and polarizing
Systems. This usually caused a shift of the rays and 2 was
again adjusted until the spot of light remained fixed when the
trough was rotated. 8 was then adjusted until the retum
rays passed through the analyzer so as to give a uniform field
of view when examined directly with the eye through a small
circular aperture or by means of the telescope 14. The light
after its passage through this 30 meters of water appeared a
beautiful light green tint. With the mica sections removed
the nicols were adjusted for extinction which was fairly com-
plete. The sensitive strip 9 was then thrown in and rotated
to extinction and then turned through 45® so as to bring its
principal axis at 45® to the principal plane of the analyzer.
10 was then placed in position and turned until the field on
each side was of the same intensity as that of the sensitive
strip. The eye thus saw the field of view illuminated uni-
formly with green light in the neighborhood of this strip. The
slightest trace of double refraction in the direction desired
would at once make itself evident in the relative increase or
diminution of the light from the strip.
The conditions of maximum sensibility in Photometrie
comparisous^ namely a vanishing line and a uniform field, was
thus attained. A small piece of glass compressed vertically
87*
580 D. B. Brace.
to the slightest degree with the fingers placed after the
polariier 4 showed a sharp change of intensity at this boun-
ding line. A matoh oould be immediately obtained by rotating
the oompenBator 10. By noting the position of the pointer
for a matoh and then Bhifting the same until such a change
oould jnat be deteoted, a measnre of the sensibility of the
System oould be obtained. ISiis angle was found to be 0,2®
under fiiYorable oonditions. At each Observation the sensibility
was detennined. A match was obtained with, say the trongh
in the meridian at noon, this was then tnmed throngh 90®
into the direotion of the earth's orbital motion. The position
of the retnm image at the polarizer was noted and if it had
shifted in any way it was brought back by the adjustment of
2 into its initial position and then the field of view examined.
In no oaae oould a change be observed, i. e. there was still
a match indicating no double re&action. Various positions
are taken in and at right angles to the meridian with the
same result. Hence, we may condude that to this order of
sensibility there is no double refraction in the water due to
its motion throu^ the ether. It is evident that a rotatiön
of the plane of polarization due to the earth's field of force
would not affect this match, as both portions of the field woold
yary in intensity by the same amount To make sure of this
the trough was rotated through 180^ into the meridian so as
to reyerse the direction; but no effeet could be observed. It
is evident that since the rotatiön due to a magnetie field is
always in a definite direction and independent of the direction
of the ray, that such a rotatiön of the plane of polarization
would be reversed with respect to an observer moving with
the trough« Hence, this could not mask any effeet due to
double refraction.
A second check was made with a cell of turpentine
1,6 mm thick whose ends were made with thin cover glasses
without double refraction which would give a rotatiön of about
0,6®| while if we take 0,016® as Verdet's constant for
water and 0,2 as the earth's field and a length of 30 M we
find about 0,15® for the rotatiön. On inserting this cell after
the polarizer, no effeet could be detected.
In order to detennine the relative retardation which
On double refraction, 581
corresponds with a given rotation of the compensator, the
polarizing and analyzing Systems were dismounted and placed
on a Support with their optic axis in line. The System was
illuminated by an acetylene flame the light from which passed
through green glass or celluloid of about the same tint as
that obtained after passage through the water. The sensitive
strip^ compensator^ a quarter wave plate mounted on a ver-
tical circle and a yertical strip of glass capable of carrying a
weight^ and, in addition, a micrometer screw carrying two
horizontal cross wires in front of a horizontal strip of glass
held within a clamp so as to produce a flexure, were arranged
to be placed in the path of the light. The order of the mica
quarter wave plate was found to be approximately A/4 for
green light X = 0,0005 mm by comparison in the usual way
with a quartz or selenite wedge.
With the nicols crossed and the plane of polarization at
45® to the vertical, the circle carrying the quarter wave plate
was adjusted until the light was extinguished and the mean
of its positions for a number of settings noted. The sensitive
strip was then thrown in with its axis at 45® to the plane ol
polarization and after that the compensator which was set for
a match. By rotating the quarter wave plate this match was
destroyed, but by rotating the compensator this could again
be obtained. In this way the retardation of the compensator
could be at once determined in terms of that of the quarter
wave plate. Thus, a rotation of 5® of the compensator
corresponds to 16' of that of the quarter wave plate. It was
found that the rotation of the compensator was proportional
to that of the quarter wave plate approximately for these small
angles.
A further comparison was made with the vertical crown
glass strip. This was 13 mm wide and 2 mm thick. The
quarter wave plate was removed and this strip inserted instead
and a setting made with the compensator. On adding 200 gms.
a match was obtained on rotating the compensator through
2,5®. From this can be calculated tbe relative retardation
produced in glass per unit weight and unit width. Another
comparison was made with white light from the acetylene flaQie
direct by removing both strip and compensator and inserting
582 B. B. Brace.
the micrometer and horizontal glass strip in addition to the
vertical glass strip. When the clamp for producing üexure
was screwed up a horizontal black band appeared between the
two cross wires. For one flexure, where the band was quite
distinct; 500 gms. on the vertical glass strip gave a reading
of 36 on the micrometer screw and 200 gms. gave 14 thus
showing the proportionality. A moment of the cross wires,
just sufficient to observe a shift, gave a reading of 12, which
was the sensibility of the System for that flexure. On re-
leasing the screw until the flexure was so far reduced that the
band was barely risible 200 gms. gave a shift of 23 divisions
and 100 gms. gave 11 divisions as near as could be observed,
and this was the smallest weight which could be observed to
produce any double refraction. A direct shift of the cross
wires gave 13 divisions as the sensibility. Using direct white
light and the sensitive strip and compensator 0,1^ rotation of
the latter could be detected, thus giving it a sensibility of
^ X 0,1 = 8 gms.
or 12,5 times that of the band under similar conditious of
light intensity and adjustment. *) With greater intensity and
more careful adjustment higher sensibility could be obtained
by both methods. In fact ßayleigh using lime light and a
black band has been able to detect a weight of 25 gms. on a
vertical glass strip 15 mm wide or a sensibility over four
times as great.
From the above data we may calculate the least change
in the index which could be observed if the water had become
doubly refracting. If 0 is the angle which the plane of
polarization makes with one of the priucipal axis of the mica
then the component vibrations or the principal axis of the
resultaut ellipse in the quarter wave plate are in the ratio of
tan ö to 1. For small angles then the ratio of the change
of phase to the total or A/4 is proportional to the angle ö.
Thus 1*^ rotation of the mica gives
45 ^ 4 — 180 '
1) A comparison with a Bravais sensitive tint biplate gave 100 times
the sensibility for the sensitivestrip.
On double refraction, 583
but 16' of the quarter wave plate was equivalent to 5® of the
compensator^ and as 0,2^ rotation of the latter could be de-
tected^ this reduces to
^^ ^ 5 X 0,2 X T^ = -A^ = 6 X lO-ö A
60 • '" ' ' 180 17000
approx. for green. The total path of the light in the water
was 2856 cm. Taking its index as 1,33, the number of
waves is
J856>0%^ , 107
0,00005 '^^ ^ ^^ •
As 6 X 10" ^ of a Single wave could be detected the fraction
of the total would be
6 X lO-'^X ^^ X 10-^ = 7,8 X 10-13.
This represents the greatest di£ference in velocity or in index
between the two components which could exist referred to that
of water 1) for green light, X = 0,00005 cm.
Mascart^ has shown that in the case of water under
compression the increment in the excess of the index above
unity is nearly proportional to the increment of its density.
If in the movement of matter through ether an increase in
density in its direction took place, producing a change in the
natural frequency of the molecular Systems similar to that
which occurs in glass say, then to determine how great it might
be from these results, it is necessary to measure the increment
in phase which represents the sensibility of the experiment in
terms of the excess of the index above unity. This excess of
index is 1/3 while the index is 4/3, hence our limit should
be four times larger or 3,1 X 10" i^. The greatest change
which could be expected is the difference between unity and
1/
r«
l-K.
where v is orbital velocity and V light velocity or
1) For carbon bisulphide Rayleigh obtained the corresponding
limit of 4 X 10-" for yellow light. Hia retardation wa« calculated
from Wertheim 's results. This checks with the data obtained above
as 200 gms. gave 2,5°, hence 25 gms. would give 0,31® or Ad ; 13000 in-
stead of Xd 12000 which he gives.
2) E. Mascart, Optique T. 3, p. 613.
584 D, B, ßrcice, On double refraction,
l^T = i(10-T = 5xlO-»
or about 1600 times greater than the smallest e£fect which
conld be observed.^)
The eflfect of tiie change of the order v*/F* in the fire-
quency, on the index of the moying molecular vibrations
relatively to the ether impulses in the direction of motion^
is far too small to be observed. Thus the index of water for
frequency 5,1 x 10" is 1,334 and for 6,9 x 10" is 1,341.
This gives for a fractional increase in frequency of 4/3 a
fractional increase in index of 0,007 x 4/3. Hence, the
fractional increase in index due to a change of frequency of
Order 10-® is
■77Ffiön-^9xio-» = 7xio-»
while the smallest obserrable change was 7,8 x 10 ~^'. The
results of this experiment Warrants the conclusion that either
the ether moves ¥dth the imbedded matter or that the eifect
of the relative motion on the intermolecular forces and the
possible consequent relative change in dimensions are excee-
dingly minute.
University of Nebraska Lincoln, Sept. 1903.
1) For carbon bisulphide Rayleigh camed his observations down
to IG-*** or about fifty times and for crown glass 3,3 x 10 -• or one
and a half times smaller than the contraction necessary to account for
the Michelson-Morley experiment.
(Eingegangen 26. September 1903.)
585
74. über die Beziehung zwischen
Barometerschwanknngen und Eontinnitätsgleichung.
Von Max Margales in Wien.
Wir bezeichnen mit p^ p^ den Luftdruck in zwei Punkten
der Vertikalen am Boden und in der Höhe A, nehmen an,
daß die Differenz in bewegter gleichwie in ruhender Luft ge-
geben ist durch
h
(A) \>=Po-Ph=ffff^^^>
0
worin fi die Dichte in der Höhe 2 bedeutet Der Kürze wegen
setzen wir die Schwerebeschleunigung ff konstant (Annahme B)
und betrachten den Boden als Ebene xy (Annahme C).
Aus der Eontinnitätsgleichung
iü , djfiu) difivl d(pw) _ ^
dt "^ dx "^ dy "^ ö* "■
(tt, V horizontale Geschwindigkeitskomponenten, w vertikale,
t Zeit) erhält man, wenn man den Faktor ff dz beifügt und
über das Höhenintervall o bis k integriert ; ferner u, t> einführt^
durch die Definitionsgleichungen
h h
pu= jfffjLudz, pt) = IfffJLVdz
0 0
die Gleichung für die zeitliche Änderung von p
Dies gilt allgemein für jedes A. Für eine sehr große
Höhe wollen wir die Annahmen einführen
(D) ;'. = 0, (E) iu,u?, = 0.
Dann ist p = 7?o der Druck am Boden, u, t) sind die
mittleren horizontalen Geschwindigkeitskomponenten in der
586 M, Margules,
Einheitssäule im Ort xy zur Zeit t Das Mittel ist derart ge-
bildet, daß die u^ v jeder Schicht der Säule mit dem Gewicht
derselben Schicht genommen sind. Es folgt
eine Gleichung von derselben Form wie die Eontinuitäts-
gleichung der ebenen Bewegung. Man kann dafür auch
schreiben, wenn
c die Resultante von n, t) ist^
s eine Kurve, deren Tangente im Sinn des wachsenden
Bogens in jedem Punkte die Richtung des c zur Zeit t
angibt,
3n das Normalenstück zwischen s und einer bestimmten
Nachbarkurve s' derselben Art
12*) öpo 1_ d(p^.cön)
^ ' d t dn da
Die zeitliche Änderung des p^ hängt ab von den örtlichen
Unterschieden der c, Sn, p^ längs der Linie s. Den Einfluß
jedes einzelnen Faktors kann man leicht angeben:
Wenn längs s örtlich konstant sind
p.nniSn (2,) ^?o. = _ ^^ ö c
Po und c (23)^^ = -^-:- 4^
Nach den Voraussetzungen von (2j) sind die 5 -Linien
parallel und fallen in der Nähe des Beobachtungsortes mit
den Isobaren am Boden zusammen, oder sie liegen in einem
Gebiet gleichen Druckes. Um den Wert dcjd s zu bestimmen,
der bei Druckänderungen nicht zu seltener Art eintritt, postu-
lieren wir, daß das Barometer um 1 mm in der Stunde steigt
und setzen p^ = 760 mm Hg; dann ist
v^ = - -— . — = - 10~' . 3,65 (sec"!)
ds ' 760 3600 BBC . *^,ucr ^o^v. ;
ds = 10^ m gesetzt gibt c^c = — 0,04 m.sec""^ Wenn die
resultierende Geschwindigkeit in einem Punkte der Ä-Linie
beständig um 0,04 m/sec größer ist, als in einem 100 km
stromabwärts entfernten Punkt derselben Linie und der Abfall
Barometerschwankungen und Kontinuitätsgleichung. 587
gleichmäßig, steigt das Barometer auf der ganzen Strecke um
1 mm in der Stande.
(In derselben Zeit kann die Geschwindigkeit des Windes von
verschiedener Richtung, in verschiedenen Höhen 0 bis 40 m/sec
betragen. Wie genau müßte man den Zustand kennen, um
aus der Eontinuitätsgleichung anzugeben, ob in der nächsten
Stunde das Barometer steigen oder fallen wird.)
(22) gibt die zeitliche Druckänderung an, die durch Diver-
genz der «-Linien bei konstantem c in einem Gebiete gleichen
Druckes eintritt. Man kann dafür auch schreiben
1 dpQ _ ^ da
Po dt ön *
wenn a den Winkel zwischen einer festen Richtung in der
Ebene und der Tangente an s bezeichnet. Mit dem Postulat
wie oben und mit c = 1 m/sec erhält man fär <f n = 1 km^
da == -- 1,26 Minuten.
(23) gilt für parallele «-Linien und längs jeder «konstantes c
Dabei kann die resultierende Geschwindigkeit eine Funktion
des Parameters der «-Schar sein. Druckänderung tritt ein,
wo die Richtung des c von der Isobare am Boden abweicht;
wegen der Unterschiede von p^ sind die bei Sn, Sn' ein- und
austretenden Luftmassen verschieden. Wenn c zeitlich kon-
stant ist, hat (23] das allgemeine Integral
und wenn noch c im ganzen Gebiet den gleichen Wert hat,
bedeutet das eine Parallelverschiebung des Isobarensystems in
der «-Richtung mit der Geschwindigkeit c. Ahnliche Ver-
schiebungen kommen vor; sie müssen nicht notwendig durch
konstantes c entstehen.
Die zeitliche Druckänderung am Boden ist vollständig
bestimmt, wenn man p^, u, t) als Funktionen des Ortes kennt;
u, t> sind aber aus p^ und dp^jöt nicht eindeutig abzuleiten.
Zu einer «.-Schar läßt sich das zugehörige c. so wählen, daß
längs jeder Kurve p^.cSn. konstant ist; das gibt keinen
Beitrag zu dp^jöt. Man darf, soweit die Eontinuitätsglei-
chung allein gebraucht wird, alle für die zeitliche Druckänderung
unwirksamen Teile von c weglassen. Ein solcher ist bei der
Parallelverschiebung durch konstantes c der Ausdruck {pIPq)c,
688 M, Margules.
wenn p einen konstanten Druck bezeichnet, sagen wir den
normalen. Dieselbe Ortsveränderung der Isobaren wie zuvor
mit (2,) erhält man auch bei parallelen s aus (2*) mit der
resultierenden Geschwindigkeit
(' - 1)
Die Geschwindigkeitsverteilung ist jetzt ähnlich der in einer
fortschreitenden Welle, Beweguog gegen die Fortpflanzungs-
richtung in den Orten niedrigen Druckes mit der Fortpflanzung
in jenen hohen Druckes und c' klein im Vergleich mit der
Geschwindigkeit des Fortschreitens c. — Dieselbe Verschie-
bung des Isobarensystems kann noch auf unendlich viele andere
Arten entstehen.
Man erwartet nicht, daß die Kontinuitätsgleichung allein
weit führt Den Anlaß, diese Erwägungen zusammenzustellen,
geben zwei Publikationen ^), in denen der Versuch gemacht wird,
aus jener Gleichung in Verbindung mit gewissen Hypothesen
die in einem Tage stattfindende Druckänderung bzw. das
im Laufe des Tages eintretende Wetter vorauszusehen. Dabei
kommt es sehr auf die Hypothesen an, die hier nicht diskutiert
werden.
Von den Annahmen, die oben eingeführt wurden, dienen
(B, C) nur zur Bequemlichkeit und sind entbehrlich. (A) ist
so gemeint: Es ist sehr wahrscheinlich \ daß die statische
Druckdiff'erenz von dem wahren Wert p^ — pj^ um nicht mehr
als 1 mm Hg abweicht, auch bei dem größten Höhenunter-
schied; mindestens nicht andauernd während eines Tages. Die
Änderungen von p^ oder p erreichen nicht selten in der gleichen
Zeit 10 bis 20 mm Hg. Wenn man große Schwankungen be-
trachtet, kann man (A) als angenähert richtig benutzen.
(D) und (E) entfallen, wenn man bei der Gleichung (1)
bleibt. Dann wird aber das Ein- und Ausströmen der Luft
an der oberen Fläche einen großen Teil der Schwankung
von p bewirken können.
1) Felix M. Exner, Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. zu Wien.
111. p. 707. 1902; W. Trabert, Meteorolog. Zeitschr. :5S. p. 231. 1903.
2) A. Sprung, Lehrb. d. Meteorologie p. 160. Hamburg 1885.
Barometerschxoankungen und KonimuitäUgleichung. 589
Nimmt man an, daß die Änderung durch die vertikale
Bewegung allein entsteht, so hat man
1 dl)
f)ir das Steigen von p um 1 mm Hg in der Stunde
10 333 1 ^ _ 0,00378 (kg.m-«8ec-i).
760 3600
In den Höhen von 10, 20, 30 km die Dichte
0,42, 0,089, 0,0067 (kg.m""»)
gesetzt, erhält man für m?^ die Werte
- 0,009, - 0,042, - 0.56 (m . sec"*) ,
6esch¥dndigkeiten abwärts von geringem Betrag.
Große Änderungen von p entstehen durch andauernde
kleine unterschiede der horizontalen Luftzufuhr und Abfuhr,
auch durch kleine Werte der vertikalen Komponente. Bei
ungeändertem p können die Wirkungen beider sich auf ver-
schiedene Art aufheben; aus der Eontinuitätsgleichung allein
läßt sich nicht bestimmen, ob eine aufsteigende oder sinkende
Luftbewegung eintritt.
In der Gleichung (1) sind stetig verteilte Quellen und
Senken nur an der oberen Grenztiäche angenommen. Wenn
Luft (Damj)f) am Boden austritt oder absorbiert wird, hat man
den bezüglichen Ausdruck hinzuzufügen. Findet Kondensation
des Damj)fes statt, so gibt es Senken auch im Innern der
Luftraasse, und der Gleichung (1) ist auf der linken Seite ein
Glied anzufügen, welches das Gewicht der in der Zeiteinheit
in der Einheitssäule zwischen 0 und h kondensierten Masse
angibt.
(Eingegjingen 26. September 1903.)
590
75. On the Intensity of the Natural Radiation from
Moving Bodies and its Mechanical Beaction.
By J. Iiarmor in Cambridge.
The sabject of the pressure of radiation, which was first
reduced into a definite fonnula by Maxwell, was placed in
new and most fniitful light when Boltzmann showed, by
foUowing out an idea of Bartoli, that it stood in intimate
relation to the law connecting the radiation of a body with
its temperature. In a recent memoir^) Poynting has based
very remarkable results, as regards cosmical dynamics, on the
Operation of a retarding force due to the back pressure of its
own radiation when the radiating body is in motion. The main
object of the present note is to treat this aspect of radiation-
pressure by more direct methods, and thereby confirm the ex-
pression for the mechanical reaction against a moving radiating
surface, that has been dedueed by Poynting from general
considerations, naturally somewhat uncertain, relating to flux
of energy.
The pressure exerted by radiation is essentially connected
with opacity to it. From formulae developed on other
occasions ^) it appears that in the case of a medium which may
Vary in its properties in any manner along the direction of
propagation x, when it is the seat of electric disturbances of
simple harmonic period 2njny polarised so that the electric
force is (0, §, 0) and the magnetic (0, 0, /), tbe dynamical
equations being thus in Maxwell's notation
__ dy clQ _ dy ^ K dQ ^
4 ;r V = —
= — u
" = ^« + T.C'
dx' dx ^ dt' " ^ -1- 4^, (j^ fit '
the mechanical force acting on any block or segment of it is
representable by pressures of intensity
1) Roy. Soc. Proc. 1903. Phil. Trans, ibid.
2) Phil. Trans. 1897A; or niore fully in 'Aethcr and Matter'. 1900.
pp. 130—3.
ß/aiural radiatian from moving bodies. 591
applied to the two ends of tbe segment, — tbese pressures
just cancelling each otber^ as tbey ougbt, when the segment
consists of free aetber without matter. Tbe mean value of
tbis end-pressure is
16
where y^ and Qq represent tbe amplitndes of y and Q.
When tbe amplitndes are diminished owing to gradaal
absorption as the disturbance travels onward, there is thus
steady mecbanical force exerted in the medium in the direction
of propagation. When tbe electric disturbance is incident on
a transparent reflector there is no resultant force on tbe
reflecting surface itself, because y and Q both remain con-
tinuous in crossing it. When however the reflector is nearly
perfectly opaque, tbe electric forces in front of it in tbe in-
cident and reflected disturbances almost cancel each other,
while tbe magnetic force just outside is doubled by its pre-
sence: there must thus be disturbance of the nature of
altemating electric flux in the skin layer of the reflector such as
¥dll annul tbis magnetic field in its interior, and it is the
electrodynamic forces acting on tbis layer of current that
constitute the aggregate electric pressure, which can be shown *)
to agree with Maxwell's formula.
IVom this way of considering the mecbanical force, it is
readily verified that when the incidence on the reflector is
oblique, Poynting is right in taking the incident and reflected
wave-trains each to exert their füll oblique thrust on the
reflector along their directions of propagation.
For radiation to exert steady non-alternating pressure on
a small body, it must^ be of opaque material. A dielectric
mass constituted of perfectly elastic elementary vibrators sbould
not be repelled by radiation. In illustration, consider tbe
simplest type of vibrator, an electric doublet consisting of
charges + e and — e separated by a varying distance /,
1) L. c. p. 133.
2) L. c.
592 /. Larmor.
parallel to x, so that its moment M \% el, When it is
subjected to a simple wave-train travelling along x with
electric force (0, 0, Ä cos pt) and therefore magnetic forco
C-^(0, A cos pt, 0), the equation of its forced Vibration is
—^ \- K^M=^ eA cos pt,
so that
M=^^^-—iCOspt;
and, the yibrator constituting a current element dM/dt, the
magnetic field pushes it along z with a mechanical force
ßdMjdt, which is
P Z«-p« cos7?^sin7?^
This electromagnetic force is however purely altemating and
80 adds up in time to nothing: the only way to obtain
steadj mechanical pressure on the vibrator is to put the forced
Vibration out of phase with the exciting field by the intro-
duction of a frictional term into the equation of Vibration,
which will correspond to opacity.
In the theory of exchanges of radiation it is customary
to represent a perfect reflector as a body of very high electric
conductivity. Any body across which the radiation cannot
penetrate is as already stated subject to a pressure from the
radiation just outside it, determined by MaxwelTs formula.
It is worth while to verify explicitly that the absorbing
quality which must be associated with this pressure does not
act so as to vitiate the perfection of the reHexion by de-
grading the energy. This is of course readily done. The
equations of wave-propagation already formulated lead to
-^-r = ^nf,fT ^- + KfxC ^ --^-^ ,
Writing
this gives
p^ = A'ju C""^?!* + 4n fi(Tnc,
Thus if the conductivity fr is largely preponderant we may
write
/? = (2 ;r |U n er) Vt (1 + i), say = r (1 + i).
Natural radiation from movmg bodies. 593
Taking the real part^)
Q =s u4c'«'tf-''«c08 rx
the heat developed per second comes out to be
J * ^ 16 r B2n [fiOl
Now if A^ is the coefficient for the wave-train directly
incident from the free aether and A' that for the wave-train
reflected back, the continuity of Q and of /i-^dQ/dx across
the surface gives
A,+A'=.A, ^{A,^A')^^A,
to that
^ = ^('+'M^'
and passing again to real parts by taking moduli^ the am-
plitnde of the incident train is approximately
\{fjk-n(Tcyi^A.
The energy incident per second is thus
-n^-C'^fi-ncrCA^ or -— -—-A/x,
of which the part degraded thus forms a negligible fraction
inversely proportional to the Square root of the conductivity a.
The waves are thus tumed back without sensible loss by
degradation^ because for an ideal good conductor the surface
layer is at a node of the electric force. There is superficial
current in the conductor which gives rise to the Maxwellian
repulsion by the agency of the magnetic field; while there is
no sensible electric resistance, the small electric force near
the node establishing the necessary current ¥dthout production
of heat.
The conditions which here obtain for very high con-
1) Bat this is for stationary waves; it shoald bave been for pro-
gressive waves Q = ^ c - »• « cos {nt — rx\ gfiving
4r 8« [fiCj •
Boltziuauu-Fe»tächrift. 0^
594 J, Larmor,
ductivity and short waves also hold for lower conductivity and
longer waves. For long heat-waves the proportionality of the
absorbing powers of metals to the Square roots of their specific
resistances has^ as is well known^ been discovered bj Hagen
and Bubens^ and explained in advance by Drude and after-
wards by Planck; this Observation carries the interesting
result that the resistance coefficients are nearly the same for
such heat waves as for ordinary steady currents.
Any doubt that may be entertained as to whether radiation
exerts a back pressure on the body that emits it, may be
diminished by considerations of the kind here employed. The
emitting body being opaque^ the source of the radiation is
vibratory disturbance of electrons in its surface layer; these
constitute a self-damped current sheet which is pushed back
by the magnetic field it produces^ precisely as happens for the
corresponding current sheet at a conducting surface on which
radiation is incident as above.
We now proceed to our problem of the radiation from a
moving body. Consider an enclosure, with ideal perfectly re-
flecting walls^ at a uniform temperature throughout and thus
pervaded by the steady natural radiation corresponding to that
temperature. The principle of Carnot requires that we cannot
by cycles of slow movement of the bodies in the enclosure,
transform any of this energy at uniform temperature into
mechanical efl'ect through the agency of the pressure of
radiation. There must therefore be a unique state of density
of the total enclosed radiation, independent of the nature of
the surfaces of the bodies in movement; for otherwise direct
movement with one kind of surface combined with the reverse
movement with another kind would constitute a working cycle.
The steady aggregate density of radiant energy in the en-
closure is therefore not affected by the motion of the bodies;
indeed if this were not so, by opening and closing a window
in the enclosure while it is moving at different speeds, cycles
could be established which would violate Carnot's principle.
Now compare a moving perfectly reflecting surface, which
reflects back all the incident radiant energy, with the same
moving surface rendered perfectly absorbing; this is allowable,
the analogous chauge from conducting to noii-conducting being
Natural radiaiion from moving bodies, 595
contemplated in elementarj thermal reasoning about Carnot's
principle. It follows from the iheory of exchanges, that in the
State of equilibrium the radiation that is retumed must be
the same as regards Constitution and intensity in both cases.
Now the Solution of the electrodynamic problem of reflexion
from a moving perfect reflector is known^); therefore the law
of the radiation from a perfect radiator in motion is deter-
mined in complete detail. When the reflector is advancing in
a stationary enclosure^ the energy-density of the reflected
radiation is greater than that of the incident, and the excess
is a iraction of the latter equal to four times the ratio of the
velocity of the reflector in its direction to the velocity of
light.^ Thus when the enclosure is moving as well as the
reflector^ the energy of the incident stream coming from its
receding walls is in defect by twice the ratio of these velo-
cities and that of the reflected stream is in excess by twice
the same ratio. This latter factor therefore also expresses
the excess in the volume-density of natural radiation Coming
from a perfect radiator that is produced by its own advancing
motion; but in a detailed specification of this radiation the
modification of the wave-lengths in accordance with the
Doppler principle is also to be bome in mind.
A difl'erent and generalised mode of treatment may also
be adopted, based on Lorentz's transformation for passing
from the field of activity of a stationary electrodynamic
material System to that of one moving with uniform velocity
of translation through the aether. If (/*, ff, h) and (a, b, c)
represent the field of a material System at rest in the aether,
then to the first order of vjC,
and
(a, b — 4nvh, c + 4nvff)
1) Cf. Larmor, ^British Associatioii Beport* 1900. 'Encyclopcdia
Britannica'; Article 'Radiation'. 32. 1903.
2) The Maxwellian formnla for the pressure of radiation may be
based (loc. cit.) on this result, in connexion with the conservation of
the energy; or conversely the value of that pressure being assumed on
otber groundS) this result for the intensity of the reflexion may be based
npon it
3S*
596 /. Larmor.
represent the yalnes of the same vectors, say (/^, g^, h^ and
(o^, b^^ c^j for a System in motion parallel to x with velocity
v\ and the positions and magnitudes, and therefore relative
velocities^ of the electrons which produce these fields in the
snrronnding aether in the two cases are identical at each
instant, so that the fields belong to the same material System. ^)
An enclosing material bonndary is supposed to form part
of the System, so as to retain the radiant energy at uniform
density. Let ns compare the densities E and E^ of energy in
the two cases of rest and translation, as given by Max well 's
formula
E^2nC^{P + g^ + h^ + -^{a} + Ä» + c\
We obtain, neglecting [vjC)^ as before,
E^ = J? + 2t;(yc-AÄ).
Now the flox of energy in the aether is by Poynting's rule
the yector
^ C*{hb ^ gc, fc^ha, ga — fb)^
so that the last term in £^ is 2 C"^ times the scalar product
of this flux and the translatory velocity of the System.
Thus the density of the radiation that is travelling in the
enclosure in directions inclined towards v is increased; but in
the opposite directions it is diminished by equal amount^ so
that the aggregate density is unaltered as already seen.
Taking a particular case, for a plane wave-train represented
by (/*, <7, h) and (a, ä, c), forming part of the steady radiation,
which thus travels in the direction perpendicular to both these
vectors, the flux of energy per unit time is increased for the
moying material System by a fraction of itself equal to twice
the component of v along its direction of propagation divided
by the velocity of light There is diminution in the flux for
waves Coming from the receding parts of the boundary of the
enclosure, and an equal increase for those reflected back,
giving in all the factor four previously obtained for the change
of volume-intensity on reflexion. It may be remarked that
1) Cf. 'Aether and Matter\ p. 169. [The change to 4ocal time*
merely introduces the Doppler efiect]
Natural radiation front momng bodies. 597
this mode of selected orientation of the steady radiation in
the moving enclosure clearly satisfies the necessary condition
that^ when an aperture has been made anywhere into an outer
region of steady radiation , the radiation that issues through
it is the same as had been preyiously sent back from the wall
at that place.
The same resolts for the change in the energy flux in
any direction may be obtained directly from the flnx-formula
of Poynting^ when the modified values of the vectors in the
moving System are inserted. The connexion between the two
methods rests on the remark that for a plane progressive wave
the iiux per unit time is the density mnltiplied by the yelocity
of propagation, when there is no dispersion.
The Yolume-density of radiation emitted from a perfect
radiator in any direction thus involves a factor 1 + 2 A where
k is the ratio of the yelocity of the radiator in that direction
to the yelocity of light; and the pressure of this ray^ exerted
directly backward, is altered accordingly^ with consequences
considered by Poynting in the memoir already referred to.
This result is in fact what clearly obtains if on an ultimate
dynamical theory the energies of the yibratory motions of the
radiating sources are not affected by the uniform translation^
but depend only on the temperature or other physical cause,
as Carnot's principle requires; for the amplitude of the
yibration communicated to aether then remains the same, but
owing to the shortening of the waves, the yelocity in this
yibration is changed, and therefore the yolume-density of
yibratory energy in the aether is modified as aboye. And the
Lorentz transfoimation has shown us what is not so imme-
diately obvious, that also on the electric yiew which considers
the sources to be constituted of yibrating electrons, though
their relative motions are not aflfected by the uniform trans-
lation as again Carnot's principle demands, yet the vibratory
energy emitted from them is modified in the manner here
described.
Cambridge, September 21, 1903.
(Eingegangen 27. September 1903.)
698 /. Larmor.
[Note added Dec. 26. — As the intensity of the pressure
of radiation depends on the instantaneous State of the adjacent
per uDit Yolume, as above assumed, whether the body that it
acts on is at rest or in motion.
We may verify in detail for a plane-polarised wave-
train with electric force (0, Q, 0) cnrrent (0, v^ 0) and
magnetic force (0, 0, y\ incident directly on an absorbing face
perpendicular to x. Then^) the mechanical force in the ab-
sorber per nuit volume is
where
A df dQ ( d ^ d \
and
„_ Q
V being the velocity of the material medium, with which the
axes of coordinates travel. Thus
J ^""^ Stt ^ inC* J^ dt
Let the slice between x^ and x^ be an indefinitely thin
one containing the absorbing interface; as Q is continous
across it, dQjdt is very small outside it; thus y being finite,
the last term is negligible, and the mechanical force acting
on the slice is equal to the value of y^jSTt, just outside it
where Q is null; thus it is equal to the energy-density just
outside^ whether the absorber is in motion or not.
From the way of considering the origin of this mecha-
nical force above, as acting on the interfacial current-sheet, it
is not difficult to verify that when the incidence is oblique, the
incident, reflected, and refracted wave-trains exert independently
on the reflecting surface their füll oblique thrusts in their own
directions of propagation, as is implied in Prof. Poynting's
calculations referred to at the beginning.
1) 'Aether and Matter'. § 65. 1900.
Natural radiation frem moving hodies. 599
The result here yerified, that motion of a material body
does not affect the pressure exerted on it by the ambient
radiation, has been rejected by Prof. Poynting in a later
PostScript added to the memoir above referred to, on the ground
that radiation shot out of a radiator A into a moving absorber
B would, according to it, alter the störe of momentum of the
two bodies. But if the bodies are in thermal eqailibrium,
other compensating events are at the same time occurring, viz.
the absorber B is also radiating towards Ä. And indeed if
the temperatures of Ä and B are unequal, the aggregate
momentum of both admittedly does change on account of their
radiation.
K the present argument is right, the yiew which considers
a ray to be a simple carrier of momentum from' the one body
to the other cannot therefore be maintained.
It may be noticed, in connexion with p. 595 supra, that
for the same amplitude of ionic excursions in the yibrating
molecule, as determined by its maximum electric moment,
and for the same periodic time, it follows from Hertz 's
formulae for a simple radiator, and may be generalized by
the theory of dimensions, that the radiation emitted per
Unit time is proportional to the refractive index of the sur-
rounding medium, and therefore the equilibrium-density of the
radiation in that medium is proportional to the Square of the
same index, in accordance with Balfour Sewart's law de-
rived from the doctrine of equilibrium of exchanges between
sources at uniform temperature.]
600
76. Über die Potentialdifferenzen der Metalle in
ionisierten Gasen.
Von Frans Ezner und Robert Hofinann in Wien.
I^ber dieses Thema liegt bereits eine größere Anzahl von
Arbeiten vor. Arrhenius fand schon vor längerer Zeit'),
daß durch Eathodenlicht beleuchtete Luft „elektrolytisch''
leitend werde; er bewies dies dadurch^ daß er in derartig
ionisierte Luft eine Zink- and eine Platinelektrode tauchte
und den Ausschlag eines mit den Elektroden verbundenen
Galvanometers beobachtete. Der Ausschlag war in dem
gleichen Sinne, wie wenn die Metalle in angesäuertes Wasser
tauchten. Ahnliche Beobachtungen machte auch später Sto-
letow^, indem er die Luft durch ultraviolettes Licht ionisierte.
Noch eine zweite Arbeit von Arrhenius') sei erwähnt,
welche die Leitung der Elektrizität durch heiße Salzdämpfe
behandelt. Die elektromotorische Kraft der Kombination
Fe- Salzdampf- Pt betrug 0,51 Volt und von Ni-Salz-
dampf-Pt 0,29 Volt, und zwar ziemlich unabhängig von der
Natur des Salzdampfes. Die Stromriclitung war die gleiche,
wie in einer elektrolytischen Lösung.
Murray*) ionisierte die Luft durch Röntgenstrahlen und
erhielt für Sn— Zn ähnliche Ausscliläge im Elektrometer, wie
wenn sich an Stelle der ionisierten Luft angesäuertes Wasser
befunden hätte.
Diesen Arbeiten folgten eingehendere Untersuchungen von
Winkelmann*), welche den Beweis erbrachten, daß sich in
röntgenisierter Luft die Metalle zu gewissen, von ihrer Natur
abhängigen Potentialen laden. Aus seinen Messungen ergab
1) S. Arrhenius, Wied. Ann. 33. p. 638. 1888.
2) A. G. Stoletow, Phys. Revue 1. p. 723. 1892.
3) S. Arrhenius, Wied. Ann. 42. p. 51. 1891.
4) J. Murray, Proc. Roy. Sog. 59. p. 338. 1896.
5) A. Winkelmann, Wied. Ann. 66. p. 1. 1898.
Potentialdifferenztn in ionisierten Gasen. 601
sich eine dem Spannungsgesetze der Metalle annähernd ent-
sprechende Beziehung. Auch die Stärke der dauernden^ wenn
auch sehr schwachen Ströme hat Winkelmann gemessen.
Diese Untersuchungen wurden von Hillers ^) dahin er^nzt,
daß er den Einfluß des G-asdruckes auf die durch Röntgen-
strahlen hervorgerufenen elektrischen Ströme untersuchte^ und
zwar bei Luft, Kohlensäure und Wasserstoff.
Es war nun zu erwarten, daß man denselben Effekt, den
man mit ultravioletten, Kathoden- und Eöntgenstrahlen erzielt
hatte, auch mit radioaktiven Substanzen werde erzielen können.
Ein Versuch Kelvins^, sowie eine Arbeit Rutherfords^ be-
stätigten diese Erwartung.
Weiter sei erwähnt, daß Curie und Sagnac^) die Poten-
tialdifferenzen von Platin und Aluminium in röntgenisierter
Luft bei verschiedenen Drucken untersuchten.
Von einem anderen Gesichtspunkte aus versuchte Wulf ^)
die Erscheinung zu betrachten; er prüfte Platinelektroden,
welche mit verschiedenen Gasen beladen worden waren, auf
ihre lichtelektrische Zerstreuung und konnte einen Parallelis-
mus mit der Änderung der elektrolytisch gemessenen Spannung
konstatieren. Dieses Ergebnis führte ihn zu der Ansicht, es
könne möglicherweise die Elektrizitätserregung zwischen den
Metallen in ionisierter Luft mit einem chemischen Prozesse
verbunden sein. Endlich dürfen wir noch die Versuche von
Simpson^ nicht übergehen, dem es gelang, auch ohne Be-
strahlung in natürlich ionisierter Luft Potentialdifferenzen
zwischen verschiedenen Metallen nachzuweisen.
Ln vorhergehenden erwähnten wir, daß bereits von Kelvin
und seinen Mitarbeitern, sowie von Kutherford das Ver-
halten von Metallen in Luft untersucht wurde, welche durch
eine radioaktive Substanz ionisiert war. Bei den Versuchen
dieser Forscher kamen jedoch nur Uranpräparate in Anwen-
1) W. Hillers, Wied. Ann. 68. p. 196. 1899.
2) Lord Kelvin, J.C.Beattie u. M.Smoluchowski de Smolan,
Philos. Mag. (5) 45. p. 277. 1898.
3) E. Rutherford, Philos. Mag. (5) 47. p. 155. 1899.
4) F. Curie u. G. Sagnac, Compt rend. 130. p. 1014. 1900.
5) Th. Wulf, Ann. d. Phys. 9. p. 946. 1902.
6) G. C. Simpson, Physik. Zeitschr. 4. p. 480. 1903.
602 Fr. Ezner und R. Hofmann.
düng und es ist uns nicht bekannt, daß zu derartigen Unter*
suchungen auch andere radioaktive Substanzen als Ionisatoren
verwendet worden wären. Deshalb schien es uns nicht un-
interessant) zu prüfen, wie sich die Metalle in Luft verhalten
würden, welche durch Polonium- oder Badiumstrahlen ionisiert
ist Obwohl die bisher in dieser Sichtung angestellten Ver-
suche nicht viel wesentlich Neues bringen, so scheint eine vor-
läufige Mitteilung derselben durch die infolge der Verwendung
von Poloniumstrahlen wesentlich vereinfachte Versuchsanord-
nung immerhin gerechtfertigt
VerBuohsanordnung.
Bin Becherglas oder ein anderes zylindrisches Olasgefäß
wurde durch einen Deckel aus Paraffin verschlossen. Durch
eine Öffnung in der Mitte desselben konnte der Wismuth—
Poloniumstab eingeführt werden, zu beiden Seiten desselben
waren die zu prüfenden Metallbleche einander und dem Polo-
niumstab piarallel befestigt. Zu den Elektroden führten kupferne
Zuleitungsdrähte, welche samt den Löt- bez. Nietstellen mit
Paraffin bedeckt waren. Um Ladungsverluste zu verhindern,
mußte das Glasgefäß auf eine Paraffinplatte gestellt werden.
Dieses Gefäß, sowie der Ausschalter befanden sich in einem
mit Stanniol überzogenen, zur Erde abgeleiteten Kasten, von
dem ein Draht in ebenfalls geerdeter Umhüllung zu einem
Thomson sehen Quadrantenelektrometer von der einfachen
Form nach Dolezalek führte.
Die Ablesung erfolgte mit Fernrohr, Spiegel und Skala.
Die Empfindlichkeit betrug bei einem Skalenabstand von 1,88 m
und einer Ladung der Nadel von 100 Volt etwa 0,0067 Volt
pro SkalenteiL Fast bei jeder Messung wurde die Empfind-
lichkeit mittels eines Weston-Normalelementes kontrolliert
VenuohsergebniBse.
L Nach den Erfahrungen, welche bisher vorlagen, war
nun zu erwarten, daß sich die Elektroden, wenn sie aus ver-
schiedenen Metallen beständen und die Ionisierung durch die
Poloniumstrahlen eine hinreichende wäre, zu einer bestimmten
Potentialdifferenz laden würden; bei Anwendung zweier gleicher
Potentialdifferenzen in ionisierten Gasen. 608
Metalle dürfte kein Ausschlag im Elektrometer wahrzu-
nehmen sein.
Die Versuche bestätigten im großen und ganzen allerdings
diese Erwartungen: bestanden die Elektroden aus zwei ver-
schiedenen Metallen, so luden sie sich zu numerisch gleichen,
dem Vorzeichen nach entgegengesetzten Potentialen, wenn das
eine oder andere geerdet wurde; bestanden sie dagegen aus
dem gleichen Metalle, so zeigte das Elektrometer nahezu
keinen Ausschlag. Ein Ubelstand jedoch, welcher übrigens
vorauszusehen war, machte sich unangenehm bemerkbar, näm-
lich die Abhängigkeit der PotentialdiiSerenzen von der Be-
schaffenheit der Oberfläche der Metalle.
So ergaben sich z. B. f&r Gu-Zn die Werte:
frisch geschmirgelt 0,80 Volt
nach läDgerem Liegen an der Luft . 0,66 „
An verschiedenen Tagen gemessene Werte für dieselbe
Kombination zeigen daher Abweichungen, mitunter bis zu
mehreren Prozenten. So erhielten wir z. B. für Pt-Cu 0,25
bis 0,21, für Pt~Zn 1,03 bis 0,94 und für Graphit-Mg
1,78 bis 1,71 Volt. Während einer und derselben Messung
jedoch blieben die Werte meistens recht gut konstant.
Bei der Bestimmung der Potentialdifferenzen der ver-
schiedenen Metalle suchten wir halbwegs vergleichbare Werte
auf die Weise zu erhalten, daß wir die Elektroden vor der
Messung abschmirgelten und hierauf so lange warteten, bis die
Ausschläge eine Zeitlang konstant blieben. Bei vielen Metallen
zeigte sich im ersten Moment ein Herabsinken der Potential-
differenz, während aber z. B. beim Aluminium erst nach etwa
20 Min. der Ausschlag eine gewisse Eonstanz erlangte, war
dieselbe bei den meisten übrigen Metallen in weitaus kürzerer
Zeit erreicht.
Die verschiedenen Metalle wurden mit demselben Platin-
blech verglichen, demgegenüber sie sich alle negativ geladen
erwiesen; dagegen lud sich ein Stück Graphit (von Ceylon)
noch zu 0.27 Volt positiv gegen das Platinblech. Die Zahlen
der folgenden Tabelle geben die Potentiale der Metalle gegen
diesen Graphit an:
604 Fr. Exner und R, Hofmann,
Na
2,88 Volt
Hg
0,58 Volt (?)
Mg
1,71
n
Ca
0,51 „
AI
1,46
n
Polonium
0,51 „
Zn
1,29
i>
Ag
0,46 „
Pb
1,05
»
Au (Folie)
0,35 „
Sn
0,99
»
Pt
0,27 „
Bi
0,65
»
Graphit
0,00 „
Fe
0,64
»
+
Um den Wert f&r Hg zu bestimmen, überzogen wir den
unteren Teil des Glasgefäßes innen mit Paraffin, gössen etwas
Quecksilber hinein und führten zu demselben eine isolierte
Zuleitung. Wenn das Quecksilber zur Erde abgeleitet war,
so ergab sich flir Platin eine Ladung von + 0,31 Volt, war
dagegen das Quecksilber mit dem Elektrometer verbunden und
das Platin geerdet^ so erhielten wir fast gar keinen Ausschlag.
Wahrscheinlich war bei der schwachen Zuführung der Ladungen
die Isolierung der Hg-Elektrode doch keine genügende; da
dieser Isolationsfehler aber nicht in Betracht kommt, wenn
das Quecksilber zur Erde abgeleitet ist und das Potential des
Platins gemessen wird, so dürfte der in der Tabelle angegebene
Wert doch ziemlich richtig sein.
Der Wert für Polonium wurde in der Weise ermittelt,
daß der Poloniumstab einfach direkt als die zweite Elektrode
benützt wurde; daß er als solche kein anderes Verhalten zeigte
als die übrigen (nicht radioaktiven) Metalle, stellten wir durch
einen kleinen Versuch fest. Befinden sich nämlich, wie es
bei den übrigen Messungen immer der Fall war, zwei ver-
schiedene Metalle At^ und M^ nebst dem Poloniumstab P in
dem Gefäß, und mißt man die Potentialdiflferenzen M^jPy PjM^
und M^jM^j so findet man die Gleichung
MJP + PIM^=^MJM,,
wie es das Gesetz der Spannungsreihe fordert, erfüllt.
Es sei an dieser Stelle auch erwähnt, daß die Potential-
di£ferenzen in gewissen Grenzen unabhängig sind von der
gegenseitigen Entfernung der Elektroden, sowie von der Stellung
derselben zueinander und zum Poloniumstab.
n. Nachdem durch die eben geschilderten Versuche fest-
gestellt worden war, daß auch unter dem Einflüsse der Polo-
Potentialdiffereiizen in ionisierten Oasen. 605
niumstrahlen sich die Metalle zu gewissen Potentialdiffereiizen
laden und eine aus zwei verschiedenen Metallen gebildete Zelle
sich wie ein galvanisches Element verhält^ drängte sich die
Frage auf: auf welchem Wege wird die Energie der Strahlung
in die elektrische übergeführt?
Winkelmann ^) hat durch einen Versuch gezeigt, daß
man es nicht mit Ladungen zu tun habe, welche unmittelbar
durch die Strahlung hervorgerufen werden; er bedeckte die
Metalle mit einer isolierenden, aber für die Röntgenstrahlen
durchlässigen Schicht und erhielt so keine Ladungen mehr.
Dadurch scheint zwar bewiesen, daß die Entladung von Ionen
an der Oberfläche der Metalle eine Bedingung des Vorganges,
nicht aber, daß sie die einzige ist; eine Wirkung der direkten
Bestrahlung, z. B. durch Erregung von Sekundärstrahlen wäre
immerhin noch möglich. Um diese noch offenstehende Frage
zu entscheiden, suchten wir die direkte Bestrahlung ganz aus-
zuschließen, indem wir Luft, welche zuerst eine den Polonium-
stab enthaltende Glasröhre passieren mußte, durch das Ver-
suchsgefäß hindurchpumpten. Während beim Durchblasen nicht
ionisierter Luft keine Ausschläge im Elektrometer wahrzunehmen
waren, erhielten wir beim Durchblasen ionisierter Luft tatsäch-
lich Ausschläge, welche von der Natur der Metalle abhängig
waren; jedoch waren die Ausschläge beim Umschalten nach
der positiven und negativen Seite nicht einander gleich, sondern
die letzteren stets kleiner. Z. B. + 83 und — 36 Teilstriche.
Die Luft kommt also wahrscheinlich schon positiv geladen
an die Metalle. Durch Abkürzung des Weges vom Ionisator
bis zu den Elektroden konnte diese Differenz vermindert, nicht
aber beseitigt werden. Da die positive Ladung der Luft da-
von herrühren dürfte, daß die schneller wandernden negativen
Ionen in größerer Anzahl von den Glaswänden abgefangen
werden, als die positiven, so bot die einzige Aussicht, diesem
Übelstande abzuhelfen, eine Versuchsanordnung, bei welcher
die ionisierte Luft an die Metallelektroden gelangt, ohne vor-
her mit anderen Körpern in Berührung gekommen zu sein.
Wir konstruierten daher folgenden Apparat: Von zwei aus
verschiedenen Metallen angefertigten Zylindern wurde der
1) A. Winkelmann, 1. c.
606 Fr. Exner und R, Hofmann.
kleinere isoliert im Innern des größeren angebracht; im Innen-
raum des kleineren war der Poloniumstab befestigt Indem
nun die Luft vom inneren Zylinder, ftnerhalb dessen sie ioni-
siert wurde, direkt durch eine Öffnung im Boden desselben in
den Baum zwischen beiden die Elektroden bildenden Zylinder-
mänteln gelangte, war gleichzeitig erreicht, daß die Luft nach
der Ionisierung beinahe nur mehr mit den Elektroden in Be-
rührung kam, und eine Bestrahlung der beiden einander zu-
gekehrten Metalloberflächen ausgeschlossen war (die Bestrahlung
der inneren Oberfläche des kleineren Zylinders kann ja nicht
in Betracht kommen). Die Messungen ergaben nunmehr für
beide Ausschläge beim Umschalten beinahe die gleichen Werte.
Z B •
äußerer Zylinder Cu + 0,46 Volt
innerer ,, Zn — 0,48 „
Die auf diese Weise bestimmten Potentialdiffcrenzen sind
zwar kleiner als die bei Bestrahlung gefundenen; jedoch dürfte
dieser Unterschied bloß durch die geänderte Versuchsanordnung
bedingt sein. Es würde uns zu weit f&hren, die Gründe für
diese Annahme hier zu erörtern.
Aus diesem Versuche scheint also hervorzugehen, daß die
Ladungen der Metalle nur von der Entladung der Gasionen
herrühren. Diese Erklärungsweise wird übrigens noch durch
die obenerwähnten Wahrnehmungen Simpsons^), sowie durch
den folgenden kleinen Versuch gestützt:
Pt-Zn 141 Teilstr.
15 Min. kurzgeschlossen 136 ,,
erst 15 Min. nach Aufhebung
des Kurzschlusses wieder 141 ,,
Das Element erschöpft sich also gewissermaßen und
braucht einige Zeit, um seine frühere elektromotorische Kraft
wieder zu erlangen, was nicht zu erklären wäre, wenn die
Ladungen von der Bestrahlung direkt herrühren sollten.
m. Die nächste Aufgabe, die wir uns stellten, war, zu
untersuchen, ob sich ein Temperaturkoeffizient würde nach-
weisen lassen. Eine bestimmte Antwort auf diese Frage läßt
sich nach den bisherigen Versuchen wohl noch nicht geben,
es scheint jedoch, als ob ein Temperaturkoeffizient vorhanden
1) G. C. Simpson, 1. c.
Potentialdifferenzen in ionisierten Gasen,
607
wäre. Bei diesen Versuchen störende Einflüsse fernzuhalten,
ist ziemlich schwierig, weshalb von mehreren Versuchen bloß
die, deren Resultate im folgenden angeführt werden sollen,
als einigermaßen gelangen betrachtet werden können. Die in
der letzten Kolamne verzeichneten Zahlen bedeuten die Zu-
nahme der elektromotorischen Kraft für eine Erwärmung um
1® C, ausgedrückt in Volt
Qraphit—Mg
Nr.
Temp.-Intervall j Temp.-Koeff.
1
2
3
4
5
7-22^
7—22^
22—45 «
22—45 »
22— 45«
+ 0,0033
+ 0,0031
+ 0,0079
+ 0,0073
+ 0,0079
Auch bei Graphit -Zn war ein Ansteigen der elektro-
motorischen Kraft mit Zunahme der Temperatur zu bemerken ;
der Temperaturkoeffizient würde sich zu 0,0021 berechnen (?).
Bei diesen sowie den folgenden Versuchen kam wieder
die erste Versuchsanordnung (Poloniumstab im Glasgefäß) in
Anwendung.
IV. Von einiger Wichtigkeit schien uns auch die Beant-
wortung der Frage, ob die PotentialdiflFerenzen von der Natur
des zwischen den Elektroden befindlichen Gases abhängig seien.
Um das Glasgefäß mit den verschiedenen Gasen füllen zu
können, versahen wir es mit zwei Glasröhren, welche durch
Hähne verschließbar waren. Es wurden nun nacheinander
Luft, Kohlensäure und Wasserstoff" je eine Viertelstunde lang
durchgeleitet; nach dem Abschließen der Hähne blieb der Aus-
schlag im Elektrometer jedesmal konstant
1. Graphit — Mg:
2. Graphit -Mg:
in CO, 238 Teilstr.
in H, 244—235
in Luft 235—232,5
in CO, 231,5
in H, 234,5
in Luft 257
in H, 250
in Luft 247
in CO, 246,5
608 Fr, Exner und R, Hofmann.
Wie man sieht, sind die Anssclüäge für die verschiedenen
Gase nicht ganz gleich, jedoch kommt einem bestimmten Gas
kein bestimmter Ausschlag zu. Es scheint also, daß das
zwischen den Elektroden befindliche Medium als solches keinen
Einfluß auf die Größe der Potentialdifferenzen ausübt Wir
würden eher zu der Ansicht neigen, daß die von uns wahr-
genommenen Änderungen des Ausschlages durch Absorption
der verschiedenen Gase an der Oberfläche der Metalle bedingt
sein könnten. Daß die Absorption von Gasen an der Ober-
fläche der Mektroden einen bedeutenden Einfluß auf die Poten-
tialdifferenzen ausübt, unterliegt keinem Zweifel
Diese Tatsache wurde schon durch die obenerwähnten
Versuche Wulfs bewiesen; auch ein von uns gemachter Ver-
such lieferte das gleiche Resultat
Ein Platinblech gab gegen Graphit — 87 Teilstr.
gleich nach Auskochen in konz. HNOg + 26 „
8 Standen später + 2 „
Ob nun die beim Durchleiten der verschiedenen Gase
wahrgenommenen Änderungen der Potentialdifferenz in der
Absorption der Gase ihren Grund haben oder durch andere
Ursachen bedingt sein mögen, jedenfalls scheint es, daß die
Potentialdifferenzon von der Natur des zwischen den Elek-
troden befindlichen Mediums unabhängig sind, was sich aller-
dings mit den Angaben Hillers' ^) nicht deckt.
Manchmal kann es auch eine chemische Reaktion sein,
welche die Potentialdifferenz verändert; einen solchen Fall
dürften wir bei dem folgenden Versuche vor uns gehabt haben.
Wir brachten zwischen eine Cu- und eine Zn- Elektrode ab-
wechselnd Luft, Leuchtgas und Wasserstoff* und erhielten dabei
folgende Ausschläge:
in Luft 99,5 Teilstr.
in Leuchtgas 117,5
in Luft 112
in Leuchtgas 118
in Luft 114
in H, 70 „ (nicht konst.)
in Luft 95
1) W. Hillers, L c.
» » V
Poienticddifferenzen in ionisierten Cfasen. 609
Nach beendetem Versuche geigte die Ou-Elektrode einen
Überzug, wahrscheinlich von CuS.
Zum Schlüsse sei noch erwähnt, daß wir auch mit Radium-
präparaten ähnliche Ausschläge erhielten, wie mit dem Polo-
niumstabe. Solange die Intensität der Strahlung zur Nach-
lieferung der Gasionen genügt , ist aber jedenfalls die
Verwendung der Poloniumstrahlen wegen ihrer geringeren
Intensität derjenigen der Radiumstrahlen vorzuziehen. Be-
sonders zu Demonstrationszwecken würde sich unsere Versuchs-
anordnung wegen ihrer E^fachheit, die sie vor den bisher
verwendeten voraus hat^ vorzüglich eignen.
(Eingegangen 27. September 1908.)
Boltzmano Fe.Hi>chrin. o'J
610
77. Bestimmnng der Dielektrizitätskonstante
Yon Eis in flflssiger Lnft mit schnellen Schwingongen
nach Drnde.
Von U. Bahn and F. Kiebita in Frankfart a. M.
Durch Messen statischer elektrischer LaduDgen fanden
Fleming und Dewar^) für die Dielektrizitätskonstante des
flüssigen Sauerstoffs den Wert 1,491, der nach der elektro-
magnetischen Lichttheorie in Übereinstimmung steht mit dem
von Liveing und Dewar^ bestimmten optischen Brechungs-
exponenten. Hasenöhrl^ fand mit der Wechselstrommethode
von Gordon^) den Wert 1,465 mit einem möglichen Fehler
von 7 Proz.
Im Oegensatz zu der guten Übereinstimmung zwischen
dem theoretisch und dem experimentell gefundenen Werte für
flüssigen Sauerstoff weisen die Zahlen , die Fleming und
Dewar'^) für Eis finden, eine große Unsicherheit au£
Sie wurden ermittelt teils aus Kapazitätsmessungen mit
120 Ladungswechseln pro Sekunde, die durch eine Stimmgabel
hervorgebracht wurden, teils mit dem Apparat von Nernst
Die Unsicherheit der Dielektrizitätskonstanten, die von
78 bis 2,43 abnehmen, wenn die Temperatur von 0® auf — 206°
sinkt, sollte durch elektrische Dispersion erklärt werden.
Abegg*) stellt diese Erklärung in Frage und kommt
auf Grund seiner gleichfalls mit dem Apparat von Nernst
ausgeführten Studien über das dielektrische Verhalten des
Eises bei — 80° zu dem Schlüsse, daß beim Gefrieren des
1) J. A. Fleming u. J. Dewar, Proc. Roy. Soc. 60. p. 364. 1897.
2) G. D. Liveing u. J. Dewar, Phil. Mag. 40. p. 269. Sept. 1895.
8) F. Hasenöhrl, Versl. Kon. Akad. v. Wet. Amsterdam, p. 137.
1899/1900.
4) J. E. H. Gordon, Phil. Trans. 170. p. 417. 1879.
5) J. A. Fleming u. J. Dewar, Proc. Roy. Soc. 61. p. 2 u. 316.
1897; 62. p. 250. 1898.
6) R. Abegg, Wied. Ann. 65. p. 229. 1898.
Dielektrizitätskonstante von Eis,
611
«sf^e^^pF
nie absolut reinen destillierten Wassers zwischen dem reinen
Eis ein Netzwerk von Kanälen sich ausbildet, das mit ge-
sättigten Lösungen der Verunreinigungen gefüllt ist; diese
Lösungen werden nicht eher fest, als bis ihre kryohydratische
Temperatur erreicht ist
Es erschien daher angezeigt, zum Studium der Dielektri-
zitätskonstanten des Elises einen Apparat zu verwenden, der
es gestattet, elektrische Absorption
bei der Bestimmung der Dielektri-
zitätskonstanten bequem wahrzu-
nehmen. Ein solcher Apparat ist
der von Drude ^) angegebene.
um ihn mit flüssiger Luft be-
schicken zu können, mußten wir
die Kapazität geeignet anordnen.
Dies geschah in der aus Fig. 1 er-
sichtlichen Weise. In dem auf der
Millimeterteilung des Drudeschen
Apparates verschiebbaren Ebonit-
brettchen, dessen senkrechter Durch-
schuitt durch die punktierte Fläche
wiedergegeben ist, endigen die in
2 cm Abstand parallel laufenden,
1,5 mm starken Messingdrähte der
Drude sehen Anordnung. An
ihre Enden (in der Figur durch
schwarze Punkte gekennzeichnet)
löteten wir zwei senkrecht nach
unten führende, 0,5 mm starke Kupferdrähte an. Diese trugen
in der aus der Figur ersichtlichen Weise den kleinen Konden-
sator — bestehend aus zwei kreisrunden Blättchen von 0,2 mm
starkem Platinblech — an zwei rechtwinklig umgebogenen,
je 2 cm langen und 0,5 mm dicken Platindrähten. Die hori-
zontalen Schenkel dieser Drähte waren in die Enden eines
kleinen Bügels aus Einschmelzglas (schraffiert gezeichnet) ein-
geschmolzen.
Fig. 1.
1) P. Drude, Wied. Ann. 61. p. 470. 1897; Ann. d. Phys. S.
p. 336. 1902.
30*
612 U. Behn und P. Kiebitz.
Es Würde eine Anzahl derartiger Kapazitäten beigestellt
und für jede die Eichkurve mit Hilfe der von Drude an-
gegebenen Benzol-Aceton-Miscbungen bestimmt^) Die folgende
Tabelle entbält Näherungswerte von Plattenabstand, Platten-
durchmesser und Länge der vertikalen Eupferdrähte f&r vier
Kondensatoren, die zu Messungen verwendet wurden.
mm mm mm mm
Plattenabstand 3,1, 2,6, 1,8, 1,0
Plattendurchmesser 5,0, 5,0, 4,0, 4,0
Eupferdrähte 40, 77, 56, 87
Die Lötstelle zwischen Cu und Pt diente gleichzeitig als
Marke für den Spiegel der in das unversilberte Vakuummantel-
gefäß eingefüllten flüssigen Luft oder der in einem Becher-
glase enthaltenen Eichflüssigkeit
Die mit 200^ Abkühlung verbundene thermische Kontrak-
tion des Kondensators ist belanglos. Den hierdurch bedingten
Fehler kann man nämlich schätzen nach dem Satze von
Abraham^, daß die Eigenschwingungsperioden geometrisch
ähnlicher Systeme entsprechenden Strecken proportional sind.
Das Einschmelzglas hat den gleichen Ausdehnungskoeffizienten
wie Platin, also etwa 9.10~*. Übertreiben wir, indem wir an-
nehmen, das ganze Empfängersystem, nicht nur der Konden-
sator, nehme an der thermischen Volumenänderung teil, so
ergibt sich eine geometrische Änderung des Empfängersystems
und damit seiner Eigenschwingungsdauer um 0,2 Proz. Seine
Eigenwellenlänge beträgt etwa 60 cm, die Änderung derselben
also 1,2 mm, was einer Änderung der Ablesung von 0,6 mm
entspricht. Dieser übertrieben große Wert liegt noch unter der
Grenze der Genauigkeit, mit der es gelingt, den Apparat ein-
zustellen. In Wirklichkeit wurde nie eine Verschiedenheit der
Einstellungen beobachtet, wenn der Kondensator einmal von
Luft der Zimmertemperatur, dann von der über flüssiger Luft
stagnierenden Atmosphäre von — 180^ umgeben war.
Da zu erwarten und durch Vorversuche auch bestätigt
war, daß sich große Werte für die Dielektrizitätskonstante
1) Benzol thiophenfrei , Aceton aus Aceton -Natrium bisulfurosum,
beides von Merck, Darmstadt.
2) M. Abraham, Wied. Ann. 66. p. 442. 1898.
Dielektrizitätskonstante von Ms. 618
nicht ergeben würden, so begnügten wir uns mit Kondensa-
toren, die gestatteten, die Dielektrizitätskonstante 1 bis un-
gefähr 6 einzustellen. Wir eichten demgemäß mit Luft von
20^, Benzol und den ersten drei von Drude angegebenen
Benzol-Aceton-Mischungen.
Die verschiedenen Kondensatoren, mit denen wir maßen,
ergaben in guter Übereinstimmung für flüssige Luft Dielektri-
zitätskonstanten zwischen 1,47 und IjÖO.
Genauer lassen sich die Angaben darum nicht machen,
weil die gesuchten Werte an einem Ende der Eichkurve, in
ihrem am stärksten gekrümmten Teile und etwa in der Mitte
zwischen zwei weit entfernten Eichpunkten liegen. Der ge-
fundene Wert steht dem von Fleming und De war f)ir Sauerstoff
bestimmten nahe und bestätigt die Regel von W. Schmidt^), daß
die Elemente im allgemeinen dem Maxwell sehen G-esetz folgen.
Die Temperatur der flüssigen Luft wurde dabei nach einer
von uns angegebenen Methode') mit Hilfe von Glasschwimmem
gemessen. Das allmähliche, durch das Abdestillieren von Stick-
stoff bedingte Ansteigen der Temperatur konnte beschleunigt
werden mit Hilfe einer am Boden des Gefäßes liegenden elek-
trisch heizbaren Konstantanspirale. Zwischen - 1 92 und - 1 88,5^
wurde keine Änderung der Dielektrizitätskonstanten erwiesen.
La Fig. 2 stellt die ausgezogene Kurve eine Eichkurve dar;
sie wurde aus vier Punkten gefunden, die durch Kreuze ange-
deutet sind. Die punktierte Linie ergibt die aus der Einstellung
für flüssige Luft folgende Dielektrizitätskonstante derselben.
Die Dielektrizitätskonstante von Eis wurde bestimmt nach
der von Starke^ für den Apparat von Nernst angegebenen
Methode, die von Löwe*) und W. Schmidt^) auch an Drudes
Apparat zur Bestimmung der dielektrischen^'Eigenschaften von
Gläsern und Kristallen benutzt worden ist.
Für einen Kondensator wird die Eichkurve bestimmt.
Darauf wird ein Eisscheibchen zwischen seine Platten gelegt
und nun der Kondensator mit dem Eis in die Eichflüssigkeiten
1) W. Schmidt, Ann. d. Phys. 11. p. 121. 1903.
2) U. Behn und F. Kiebitz, Ann. d. Phys. 12, p. 421. 1908.
3).H. Starke, Wied. Ann. 60. p. 629. 1897.
4)'k. f. Löwe, Wied. Ann. 66. p. 890 u. 582. 1898.
5) W. Schmidt, Ann. d. Phys. 9. p. 919. 1902; 11. p. 114. 1908.
ü. Bekti und F. Kiebitz.
mit den DielektrisitätBkonstanteii s getanchl Die am Apparat
abgelesenen Emstelloiigen l ergeben eine nene Euire, die sich
\
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s
.mnnclbiiig t « jlfpanu
mit der ursprünglichen in dem Punkte schneidet, in dem es
nichts austt^, ob der Kondensator ganz mit Flüssigkeit von
Dielektrizität^komftante von Eis, 615
der zugehörigen Dielektrizitätskonstanten erf&Ut ist^ oder zum
Teil mit Elis. Dieser Punkt gibt die Dielektrizitätskonstante
des Elises an.
Bei —190® hatten wir nur zwei Eichflüssigkeiten zur
Verfbgung^ gasförmige und flüssige Lufb^ für die 6 = 1 oder
« s=s 1,49 war. Aus den Einstellungen Eg und Ef (Figur 2)
ergeben sich die beiden Eurvenpunkte Eg und E, die beide
unterhalb der Eichkurve liegen.
Daraus ist zunächst nur zu schließen, daß die Dielektri-
zitätskonstante von Eis größer ist als 1,76, entsprechend dem
zu Ef gehörenden Kurvenpunkt e^, und daß sie etwa den
Wert e^ hat, insofern die gesuchte, durch Eff und E gehende
Kurve in erster grober Annäherung durch die Grade EffE
dargestellt wird.
Wir können aber noch mehr aussagen, wenn wir uns den
Fall verwirklicht denken, daß unter den Eichflüssigkeiten sich
eine solche mit unendlich großer Dielektrizitätskonstante be-
findet Diese würde eine unendlich große Kapazität zur Folge
haben, und Besonanz wäre nur möglich, wenn der Konden-
sator in einem Knoten der Potentialschwankung angelegt wird,
also bei der Drude sehen Anordnung an der Brücke. Die
Posaunenverschiebung am Apparat läßt sich soweit nicht ein-
schieben. Die Bügellage würde einer gewissen negativen Ab-
lesung an der Teilung entsprechen, wenn das Experiment aus-
führbar wäre.
In der Figur gedeutet heißt das, eine Parallele zur «-Achse,
die durch einen bestimmten endlichen Punkt der negativen
/-Achse geht, ist Asymptote unserer Kurven.
Wir sehen nun, daß die gesuchte Kurve die uns bekann-
ten Eigenschaften (durch Eff und E zu gehen und sich einer
Asymptote der beschriebenen Art stetig zu nähern) nur er-
füllen kann, wenn sie oberhalb von E rechts von Ee^ ver-
läuft. Da sie außerdem links von Ee^ liegen muß, so schneidet
sie die Eichkurve in einem zwischen e^ und e^ liegenden Punkte.
Wir haben also in e^ und e^ eine untere und eine obere
Grenze für die gesuchte Dielektrizitätskonstante des Eises.
um möglichst enge derartige Grenzen e^ und e^ zu er-
halten, ist es notwendig, die Einstellungen Eff und Ef ein-
ander möglichst zu nähern. Dieser Forderung wird um so
616 ü. Behn und F. Kiebitz.
vollständiger genügt^ je yollkommener das Eisblättchen den
kleinen Kondensator erflillt
Es ergab sich, daß die Dielektrizitätskonstante des £ises
bei — 190^ größer ist als 1,76 und kleiner als 1,88.
Es ist von Interesse zu bemerken, daß sich aus den in der
Literatur vorhandenen Angaben über die optischen Brechungs-
exponenten und die Dispersion für Wasser und Eis als Brechungs-
exponenten für unendlich große Wellenlängen Werte ergeben,
die zwischen 1,32 und 1,33 liegen. Nach der elektromagne-
tischen Lichttheorie folgt daraus eine Dielektrizitätskonstante
zwischen 1,74 und 1,77.
Große Sorg< wurde darauf verwandt, Eisscheiben zu
schleifen und zwischen die Eondensatorplatten einzuführen,
die den Zwischenraum möglichst vollständig ausfüllten, ohne
jedoch durch Verbiegen der Platten die Kapazität zu ändern.
Ließen wir den Kondensator in Elis einfrieren, so wurde er
unbrauchbar.
Es zeigte sich, daß verschieden hergestelltes Eis nicht
gleiche Resultate ergab. Proben von gewöhnlichem Kunsteis
ließen Absorption erkennen an einer verminderten Leucht-
intensität der Zehn der sehen Röhre. Auch fiel die Gerade
Eg E nie steil genug aus, lun mit der Eichkurve zum Schnitt
gebracht werden zu können.
Eis aus käuflichem destilliertem Wasser ließ keine Ab-
sorption erkennen und gab enge Grenzen für e.
Femer wurden Eisproben aus sehr reinem Wasser her-
gestellt, das wir auf folgende Weise erhielten: Es wurden 2 1
käuflichen destillierten Wassers erneut destilliert. Etwa das
erste Drittel des Destillates wurde fortgeschüttet, das zweite
Drittel zurückbehalten und der Rest gleichfalls fortgeschüttet.
Mit dem aufgefangenen Drittel wiederholten wir denselben
Destillationsprozeß und behielten so etwa 200 cm^ zurück
Aus diesem gereinigten destillierten Wasser stellten wir
Eisproben dar und erhielten zunächst bei tiefen Temperaturen
die gleichen Resultate wie bei dem käuflichen.
Verglichen wir nun aber die Einstellungen bei einem
und demselben Eässcheibchen in einer Luftatmosphäre von
— 180^ und einer von — 2®, so ergab sich zwischen dem aus
käuflichem und dem aus gereinigtem, destilliertem Wasser her-
Dielektrizitätskonstante von Eis. 617
gestellten Eis ein wesentlicher Unterschied, je nachdem es
langsam oder schnell gefroren war.
Das Wasser wurde in Probierröhrchen zum Gefrieren ge-
bracht^ die entweder ^^langsam" gekühlt wurden (mit Äther,
durch den ein Luftstrom geblasen wurde) oder „schnell*' (durch
Eintauchen in flüssige Luft oder in einen Brei aus Äther und
Eohlensäureschnee). Aus dem erstarrten Eiszylinder wurden
die zu untersuchenden Scheibchen geschliffen.
Es zeigte sich nun, daß schnell gefrorenes Eis zwischen
— 2® und — 180® seine Dielektrizitätskonstante nicht merk-
lich ändert, gleichgültig ob es aus käuflichem oder gereinigtem
destilliertem Wasser gewonnen war.
Desgleichen ergibt langsam gefrorenes Eis keine merk-
liche Änderung, sofern es aus gereinigtem destilliertem Wasser
erhalten war. Hingegen ergab langsam gefrorenes Eis aus
käuflichem destilliertem Wasser bei — 2 ® eine erheblich größere
Dielektrizitätskonstante als bei — 180®. Als untere Grenze
fanden wir 2,2, eine obere ließ sich nicht konstruieren.
Dieses Ergebnis läßt sich auf Grund der Abeggschen
Auffassung erklären. Bei langsamem Gefrieren können Spuren
von gelösten Salzen Kanäle von Laugen mit tiefem Gefrier-
punkt bilden, welche die Dielektrizitätskonstante des inhomo-
genen Stückes größer erscheinen lassen als die des reinen Eises.
Bei plötzlichem Erstarren gefriert aber dasselbe Wasser
homogen, und es kommt selbst dicht unter 0" noch nicht zu
Störungen durch ein Netzwerk von Kanälen flüssiger Salz-
lösungen.
Wir können nach diesen Resultaten den Satz aussprechen,
daß in den Grenzen der erreichten Genauigkeit reines Eis bis
zur Temperatur der siedenden Luft kein erhebliches Absorptions-
vermögen für kurze elektrische Hellen besitzt und eine wirklich
konstante, der elektromagnetischen Lichttheorie nicht wider-
sprechende Dielektrizitätskonstante,
Für die uns zur Verfügung gestellte flüssige Luft sind
wir den Höchster Farbwerken zu großem Danke verpflichtet.
Frankfurt a. M., Lab. d. Physik. Vereins, Sept. 1903.
(Eingegangen 27. September 1903.)
618
78. Über die Abhängigkeit des osmotischen Druckes
and der Damp&pannnng yon dem Drucke.
Von O. E. SohiotB in Christiania.
In einer Arbeit vom Februar A J. bespricht M. Planck^)
die Abhängigkeit des osmotischen Druckes von dem Drucke in
der Flüssigkeit und gibt folgende Gleichung zwischen den Druck-
veränderungen auf beiden Seiten einer semipermeablen Wand,
welche eine Lösung von ihrem Lösungsmittel trennt:
(1) vdp = V dp.
dp bezeichnet die Druckzunahme in der Lösung, dp in der
reinen Flüssigkeit, v die Yolumenzunahme einer großen Menge
der Lösung, wenn sie bei konstanter Temperatur und kon-
stantem Druck mit 1 g des Lösungsmittels verdünnt wird,
V das Volumen von 1 g hiervon.
Im Herbst 1899 gab ich in der Gesellschaft der Wissen-
schaften zu Christiania eine Mitteilung davon, wie sich der
osmotische Druck bei dem Druck auf die Flüssigkeit ver-
ändert. ^ Das Resultat , zu dem ich kam , führt zu einem
ähnlichen Ausdruck wie der obige, nämlich
(2) v^ dp — V dp \
hier bezeichnet jedoch v^ das Volumen der Gewichtseinheit
der Lösung, so daß diese Gleichung eine raschere Veränder-
lichkeit des Druckes p in der Lösung angibt.
Die Gleichung (2) läßt sich auf folgende Weise ableiten.
Es wird angenommen, daß die Lösung und das Lösungsmittel
dem Einfluß der Schwerkraft unterworfen sind , und daß die
Dampfspannung des aufgelösten Stofl'es bei der vorhandenen
Temperatur unmerklich ist. Das Lösungsmittel befindet sich
auf dem Boden eines geschlossenen Gefäßes , das übrigens
Ij M. Planck, Zeitschr. f. phys. Chemie, 42. p. 587. 1903.
2) Übersicht über die Sitzungen der Gesellschaft der Wissenschaften
im Jahre 1899. p. 22.
Osmotischer Druck und Lampfitpannung, 619
keinen anderen Stoff enthält Der Raum über der Flüssig-
keit wird dann mit Dampf gefüllt sein, dessen Druck ab-
nehmen wird, je nachdem man aufwärts steigt. An der Ober-
fläche der Flüssigkeit ist der Druck, P^, gleich der Spann-
kraft des gesättigten Dampfes bei der gegebenen Temperatur
für das reine Lösungsmittel. Ist das Gefäß genügend hoch,
wird man in einer bestimmten Höhe, H, über der Oberfläche
der Flüssigkeit einen Druck, P^, erhalten, welcher gleich ist
dem Drucke des gesättigten Dampfes über der Lösung bei
derselben Temperatur. Denken wir uns deshalb, daß wir ein
Gefäß mit der Lösung in den erwähnten Dampfraum hinein-
bringen und es so aufstellen, daß die Oberfläche der Flüssig-
keit gerade in die Höhe zu liegen kommt, wo der Druck gleich
P^ ist, so wird das Gleichgewicht nicht gestört werden; es
wird auf der Oberfläche der Lösung weder eine Verdampfung
noch eine Kondensation stattfinden. Wird nun das Gefäß mit
der Lösung verlängert, so daß sein Boden unter die Ober-
fläche des Lösungsmittels reicht, während die Oberfläche der
Lösung unverändert in der genannten Höhe erhalten bleibt,
wird das Gleichgewicht auch nicht gestört werden, wenn man
den festen Boden, den wir als horizontal annehmen wollen,
mit einer semipermeablen Membran vertauscht. Dies gilt,
in welcher Tiefe die Membrane sich auch unter der freien
Oberfläche des Lösungsmittels befinden möge; der osmotische
Druck muß in jeder Stellung der Membrane so groß sein,
daß er dem hydrostatischen Drucke das Gleichgewicht halten
kann. Wäre nämlich dieser innerhalb der Lösung beispiels-
weise größer als ihn der osmotische Druck aushalten könnte,
so müßte das Niveau der Flüssigkeit in dem Gefäße mit der
Lösung sinken, indem ein Teil des Lösungsmittels durch die
Membrane hinausgepreßt werden würde. Der Dampfdruck
über der Lösung würde dadurch größer als derjenige werden,
welcher der Maximalspannung der Lösung bei der gegebenen
Temperatur entspricht, weshalb ein Teil Dampf sich nieder-
schlagen müßte. Dies würde bewirken, daß das Niveau der
Flüssigkeit wieder etwas gehoben würde, während die Kon-
zentration gleichzeitig etwas verringert und die Temperatur
an der Oberfläche etwas erhöbt würde. Wie leicht einzusehen
ist, wird wegen der Diffusion in der Lösung und der Wärme-
620 0. E. SckiÖiz.
leitung niemals Buhe in dem betrachteten System eintreten
können, wenn es sich selbst überlassen bleibt Es muß eine
Zirkulation des Lösungsmittels stetig durch Verdampfung von
dessen Oberfläche durch einen Niederschlag auf der Ober-
fläche der Lösung und dann durch eine Bäckbewegung durch
die Lösung und die semipermeable Membrane erfolgen. Diese
Zirkulation wird von einer Überführung von Wärme von der
Oberfläche des Lösungsmittels zur Oberfläche der Lösung begleitet
sein. Wenn der Zustand stationär geworden ist, wird jedoch die
Lösung in der Oberfläche etwas wärmer sein als das Lösungs-
mittel, weshalb die erwähnte WärmeüberfÜhrung gegen den zwei-
ten Hauptsatz in der mechanischen Wärmetheorie streiten wird.
Auf ähnliche Weise wird man einsehen können, daß der
hydrostatische Druck drinnen in der Lösung bei der Membrane
auch nicht geringer sein kann, als notwendig, um dem osmo-
tischen Drucke das Gleichgewicht zu halten.
Wir kommen demnach zu dem Besultat, daß das Gleich-
ge¥ncht nicht gestört wird, wenn der Boden des Gefäßes mit
der Lösung mit einer semipermeablen Membrane vertauscht wird,
falls die Oberfläche der Lösung in der Höhe gehalten wird, wo
der Dampfdruck gleich ist der Maximalspannung der Lösung.
Befindet sich die semipermeable Membrane in einer Tiefe
h unter der Oberfläche des Lösungsmittels und nennt man das
spezifische Gewicht der Lösung und reinen Flüssigkeit bzw.
«j und Sq, so ist der Druck unmittelbar innerhalb der Membane
und unmittelbar außerhalb:
(3) / = P„ + «„Ä,
wenn man voraussetzt, daß die Flüssigkeiten imkompressibel sind.
Bezeichnet man den osmotischen Druck mit n, so ist:
p =z n +p,
wovon
(4) n = »,n + {s,-s,)h + p^-p,.
Wird die Membrane dh verschoben, während die freie
Oberfläche der Lösung unverändert in demselben Niveau ge-
halten wird, werden die Drucke auf beiden Seiten der Mem-
brane auf folgende Weise verändert werden:
Osmotischer Druck und Dampfspannung. 621
i^\ f dp^s^dhy
\ dp^s^dh\
hieraus folgt:
(5a) s^dp = s^dp',
oder, wenn die spezifischen Volumen v^ und v' eingeführt
werden:
üj dp = V' dp' y
so wie oben angegeben.
Für den osmotischen Druck erhält man auf ähnliche
Weise aus Gleichung (4) und (6):
dn = hJZJi.dp' =.SLlilLdp\
Planck leitet Qleichung (1) mittels der mechanischen
Wärmetheorie ab, indem er gleich Null setzt die Variation der
äußeren Arbeit, welche von einem System ausgeführt wird,
das von einem Lösungsmittel und einer Lösung gebildet wird,
wenn beide Flüssigkeiten durch eine semipermeable Membrane
getrennt werden, und die Temperatur und der Druck konstant
gehalten werden. Bei Bestimmung der äußeren Arbeit wird
jedoch nur diejenige Arbeit, pdv + p' dv\ berücksichtigt, welche
von den Drucken p und p' auf die ft^ien Oberflächen bedingt
wird. In der semipermeablen Membrane auf der Grenze
zwischen den beiden Flüssigkeiten wird der Druck einer raschen
Veränderung unterworfen, so daß die Drucke auf beiden Seiten
derselben einen endlichen unterschied, gleich dem osmotischen
Drucke erhalten. Da die Lösung eine homogene Flüssigkeit ist
sowie das Lösungsmittel, kann man sich diesen Druckunter-
schied nur durch die Annahme erklären, daß die Lösung
eine Kraftwirkung auf das Lösungsmittel in der Membrane
ausübt Diese wird dann den Druck vermehren, wenn man
sich durch die Membrane bewegt, ungefähr so, wie die Schwer-
kraft den Druck vergrößert, wenn man in eine schwere Flüssig-
keit hinuntersteigt, und gleichwie man bei der Bestimmung
derjenigen Arbeit, welche ausgeführt wird, wenn eine schwere
Flüssigkeit verschoben wird, außer den Druckkräften an der
Oberfläche auch die Schwerkraft berücksichtigen muß, so muß
man in dem vorliegenden Falle zu der oben angegebenen
622 0. E. SchiÖtz.
Druckaxbeit noch die Arbeit der Kraftwirkang in der Membrane
hinzufügen.
Wenn das System in Ruhe ist bei konstanter Temperator
unter dem Einflüsse der Drucke auf die Oberfläche und des
osmotischen Druckes — die Membrane als fest vorausgesetzt
— muß folglich die öesamtarbeit Ä bei einer kleinen Verschie-
bung gleich sein^
pdv + da + p' dv = Ä,
wo da ^e Arbeit in der Membrane vorstellt. Der Ausdruck
auf der linken Seite muß also zu variieren sein^ wenn man
die Verbindung zwischen den Druckveränderungen dp imd dp
finden will; die Variation von da kann jedoch nicht gleich
Null sein, da der osmotische Druck sich mit dem Drucke ändert,
weshalb sich auch die Arbeit in der Membrane mit diesem
verändern muß. Da man das G-esetz für diese Kraftwirkung
nicht kennt, läßt sich diese Arbeit nicht direkt berechnen.
Da der Druck innerhalb der Lösung bei der semiper-
meablen Membrane rascher wächst, als der Druck außerhalb
in dem Lösungsmittel, muß die Dampfspannung der Lösung,
wie wir weiter unten sehen werden, von demjenigen Drucke
abhängen, welchen eine Gasmasse auf die Flüssigkeit ausübt.
Wir wollen annehmen, man hat ein genügend hohes, ge-
schlossenes Gefäß, das einen Teil eines Lösungsmittels enthält;
in diesem steht ein offenes zylindrisches Gefäß mit einer Lösung,
welche von dem Lösungsmittel durch eine horizontale semi-
permeable Membrane getrennt ist. Die Flüssigkeiten sind dem
Einfluß der Schwerkraft unterworfen, und die Lösung steht
in ihrem Gefäß so hoch, daß Gleichgewicht hergestellt ist,
woraus folgt, daß der Dampfdruck in dem Niveau der Ober-
tläche gleich ist der Dampfspannung der Lösung bei der vor-
handenen Temperatur. In dem Räume über der Flüssigkeit
soll sich jedoch außer Dampf auch ein Gas befinden, mit dessen
Hilfe der Druck verändert werden kann.
Benutzt man dieselben Bezeichnungen wie früher und
nennt man den Druck des Gases in der Oberfläche der Lösung
und der reinen Flüssigkeit bzw. y„ und r/,,, so hat man für
die Drucke auf beiden Seiten der Membrane:
(6) 1 p=^Po + %+^'o^'
Osmotischer Druck und Dampfspannung. 628
Wird nun der Gasdmck verändert, so daß der Druck auf
die Oberfläche des Lösungsmittels mit dq^ wächst, so wird der
Druck auf die Oberfläche der Lösung nur mit dq^ wachsen,
wo rfy^ < dq^. Nach dem vorhergehenden soll jedoch p rascher
wachsen als p'. Bei einer Veränderung des Gasdruckes wird
demnach Gleichgewicht nicht eintreten können, ohne daß gleich-
zeitig das Niveau der Lösung verändert wird. Li der neuen
Gleichgewichtsstellung, welche auf diese Weise erreicht wird,
muß die Dampfspannung der Lösung noch immer demjenigen
Dampfdrucke gleich sein, welcher in dem Kaume über dem
Lösungsmittel in demselben Niveau stattfindet, wie die Ober-
fläche der Lösung. Dies würde natürlich nicht der Fall sein,
wenn die Dampfspannung der Lösung unverändert bliebe. Diese
muß also von dem Gasdrucke abhängen; ist aber dies der
Fall, so muß dasselbe auch von der Dampfspannung des reinen
Lösungsmittels gelten.
Laut Gleichung (6) erhält man dann:
j dp=dP^+dq^ + s,dH,
^^ \ dp^dP^ + dq,,
wo nach Gleichung (5a) s^dp = s^ dp.
Bezeichnet man das spezifische Gewicht des Gases und
des Dampfes bei der vorhandenen Temperatur und dem Drucke k
bzw. mit 6 und rx, so ist
17, = 7o « •
(9)
Aus der ersten dieser Gleichungen erhält man:
dqQ k dq^
wenn x = (PJF^
Berücksichtigt man nur Größen 1. Grades bezüglich der
kleinen Größen a und e, so kann man in obiger Gleichung in
dem Ausdrucke für dUjdqQ Glieder derselben Ordnung wie a
und « außer Betracht lassen. Aus den Gleichungen (7) und (8)
erhält man nun:
(..-:-n-^.)^//-(:;-i)^'/.-(^-^)^f.i
624 0. E. SchiÖtz.
in der Gleichung (9) kann man demnach setzen:
solange die Flüssigkeit weit von der kritischen Temperatur
entfernt ist, ist nämlich, wie wir später sehen werden, dP^fdg^
von derselben Ordnung wie a.
Wird dies in die Gleichung (9) hineingesetzt, erhält man
durch Integration
Hier bezeichnen P^ und P^ die Dampfspannung der Lösung
und der reinen Elüssigkeit bei der gegebenen Temperatur und
einem Gasdrucke gleich Null, P^ und Pq die entsprechenden
Dampfspannungen unter den Gasdrucken q^ und q^. Man hat
deshalb
(#)•=
9»
Wird dies in die Gleichung (10) eingeführt, und setzt man
p„ = p;-(P„'-p„) = p;(i-i?„)
und
erhält man mit denselben Annäherungen wie früher:
oder
(11)
Der Ausdruck auf der linken Seite, welcher dem reinen
Lösungsmittel entspricht, verändert sich bei konstanter Tem-
peratur nur mit dem Gasdrucke q^. Man kann demnach
setzen :
%-
-v,=
»0 *
ff
(7m
k
p.
t
p,'
Po
»0 * "
Pn'-
Pn'
P.
- ■
k
P„'-Po g g.
= n9o)=f{ln^''")
Für ein und dieselbe Lösung muß nun der Ausdruck auf
der rechten Seite der Gleichung (11) auf dieselbe Weise von
dem auf der Flüssigkeit ruhenden Gasdrucke q^ abhängen, wie
Osmotischer Druck und Dampfspannung. 625
die linke Seite von dem entsprechenden Gasdrucke q^ abhängt;
man muß deshalb haben:
wo die Funktion f dieselbe wie oben ist.
Diese Gleichungen können nicht miteinander in Über-
einstimmung gebracht werden^ ohne ()aß:
f{(j) = konst = 0.
Gleichung (11) teilt sich also in folgende zwei Gleichungen
(12)
p.'-
Po
n'
t
und
p: -
P.
«0
% _ «»0
' k Fo
a
^» _ ^i
3±
Po
Pn S, k V, P^'
indem man die spezifischen Volumen der Flüssigkeiten und
des Dampfes einführt. Mit derselben Genauigkeit^ wie früher
angegeben, kann man schließlich setzen für eine reine Flüssigkeit
(13) n' - ^0 = k' 7.
und für eine Lösung
V,
P' ^ P = ^* r/
Die erste dieser Gleichungen entspricht ganz der von
Poynting früher gefundenen:
dP _ V
Uq " ~V '
r
Für eine reine Flüssigkeit kann man leicht eine genauere
Gleichung als (13) finden, wenn man die Flüssigkeit einen
umkehrbaren Kreisprozeß bei konstanter Temperatur durch-
machen läßt; man findet:
(P' P\lv ^0 + ^g \ _ ^0 + ^g ^
WO Vq und Vq die spezifischen Volumen der Flüssigkeit bei
den Drucken P^^ und P^ + q sind.
(Eingegangen 28. September 1903.)
nollzm.inn-Festfchrift. 40
626
79. über Unregelmäßigkeiten in der Yerteilnng
Yon Gasmolekfllen und deren Einflnß anf Entropie
und Znstandsgleichnng.
Von MariAn v. Smoluobowski in Lemberg.
§ 1. Während in der Gastheorie den Abweichungen der
einzebien Moleknlargeschwindigkeiten von dem Mittelwerte durch
Berücksichtigung des Verteilungsgesetzes Rechnung getragen
wird, setzt man in bezug auf örtliche Verteilung der MolekQle
meistens Gleichförmigkeit voraus und unterschätzt dabei, wie
mir scheint, mitunter den Einfiufi der Ungleichmäßigkeiten in
der örtlichen Anordnung. Zur näheren Untersuchung dieses
ümstandes möchte ich im folgenden einige Anregung bringen.
Gehen wir von dem einfachsten Beispiele aus: Voraus-
gesetzt sei ein ideales Gas, also mit Molekülen, deren Wirkungs-
sphäre im Vergleich zum mittleren Abstand verschwindend klein
ist Von dessen Volumen F denken wir uns einen Teil v aus-
geschieden und fragen nach der Wahrscheinlichkeit, daß von
den iV^ Molekülen des Gases gerade die Anzahl n sich in v be-
findet Da der Ort jedes Moleküls ein von den übrigen un-
abhängiges Ereignis darstellt, dessen Wahrscheinlichkeit vjV
beträgt, so ist die Wahrscheinlichkeit für die Anwesenheit be-
stimmter n Moleküle in v, bestimmter (A^ — n) in (^ — r) ge-
geben durch:
Weil uns aber die Individualität der n Moleküle gleich-
gültig ist, haben wir diesen Ausdruck noch mit der Anzahl
der Kombinationen von iV^ Elementen zur n**° Klasse zu multi-
plizieren, das ist mit
\n} "" n\(N-n)\
Verteilung von Gasmolekülen. 627
Für große Anzahlen der Moleküle kann man die Fakto-
riellen angenähert entwickeln gemäß:
n! = ^2nn (yj'
und erhält, wenn gleichzeitig v als kleiner Teil von F voraus-
gesetzt wird, als Wahrscheinlicbkeitsquotient :
(') ^-^-^Wi^)'--!^)
ne"-'
l/2n7i'
WO 1^ = NvjV die normale, d. i. bei gleichmäßiger Verteilung
auf das Volumen v entfallende Anzahl bedeutet.
Wenn sich der Zustand nur wenig vom normalen entfernt,
kann man n = tf(l + S) setzen und log W nach Potenzen von
Ö entwickeln, was bei Voraussetzung, daß die Verdichtung 8
zwar klein, aber immer noch groß sei im Verhältnis zum Werte
Ijv, als Wahrscheinlichkeit einer Verdichtung zwischen S und
S + dS ergibt:
(2) r(J,J + rf^«i/^<f-Vrfa.
Letztere Beschränkung ist bei einigermaßen großen Zahlen
für V ganz bedeutungslos; sonst wäre der letztere Ausdruck
noch durch '^l + ö zu dividieren. Die Summierung über alle
möglichen Werte der Abweichung, d. i. das Integral von (2)
zwischen — oo und + cx) ergibt natürlich : Eins.
Die durchschnittliche positive oder negative prozentuelle
Abweichung von der normalen Dichte beträgt:
0
Um eine Vorstellung von den tatsächlichen Verbältnissen
zu gewinnen, nehmen wir mit 0. E. Meyer die Anzahl der
Moleküle für einen Eubikcentimeter Gas zu i^ssß.lO^^ an;
dann wird die durchschnittliche Abweichung für 1 cm' nur
^10"^^ der normalen Dichte betragen. Aber schon für mikro-
skopisch kleine Dimensionen wird sie merklich werden; das
in einem Würfel von der kleinsten mikroskopisch auflösbaren
Größe [0.2ju]'^ befindliche Gas, welches immerhin noch 5. 10*Mole-
40*
628 M. V. Smoluchotüski,
küle eDthält, muß schon DichtigkeitsabweichungeD von einem
halben Promille aufweisen; und sie werden natürlich um so
größer werden, je kleiner der betrachtete Raum v ist.
Mittels direkter optischer Interferenzmethoden ließe sich
diese ^^schwarmartige Anordnung'^ allerdings kaum nachweisen,
denn die optische Länge eines Strahlenbündels von jenem Quer-
schnitt würde selbst bei Durchlaufen der mittleren Höhe der
Erdatmosphäre nur um einen geringen, dazu ungemein rasch
wechselnden, Bruchteil einer Wellenlänge geändert werden.
§ 2. Bemerkenswert ist auch der Fall, daß der betrachtete
Baum V so klein angenommen wird, daß man n nicht mehr
als große Zahl ansehen darf (wohl aber N und ^ — n); dann
muß man die Faktorielle n! im Ausdruck (1) behalten und er-
hält Bo als Wahrscheinlichkeit des Vorkommens von n Molekülen
innerhalb v:
Die Wahrscheinlichkeiten des Vorkommens yon keinem^
einem, zwei, drei etc. Molekülen sind also:
(4) «"% «'«"•% —2]-' ~~8T~ ^^-^
deren Summe natürlich gleich Eins ist. Ist z. B. der Raum
V so klein, daß ihm durchschnittlich nur ein Molekül zufallt,
so ist die Wahrscheinlichkeit für Null und Eins gleich groß,
nämlich Ije, aber natürlich können darin auch noch mehr
Moleküle vorkommen.
Für noch kleinere Räume (also kleinere v) nähert sich
die Wahrscheinlichkeit, daß daselbst nur ein Molekül vorkommt
dem Werte v, d. i. der Wahrscheinlichkeit, daß irgend ein
Molekül vorkommt, bleibt aber davon um Glieder höherer Ord-
nung verschieden.
Beiläufig sei noch erwähnt: Hat der Raum die Gestalt
einer um ein Molekül als Mittelpunkt gelegten Kugel r, so ist
der zweite jener Ausdrücke (4) zugleich die Wahrscheinlich-
keit, daß außerdem noch ein zweites Molekül gleichzeitig darin
vorhanden ist, also daß Konstellationen von zwei Molekülen vor-
kommen, welche einen kleineren Abstand haben als r. Daraus
Verteilung von Gagmolekülen. 629
kann man die Anzahl von Molekülpaaren erbalten, welche sich
in einem Abstände zwischen r und r + dr befinden, nämlich:
§ 3. Von einigem Interesse ist die Modifikation des üb-
lichen Entropiebegriffes, welche durch die hier besprochene
molekulare Struktur des Gases bedingt wird. Würden wir die
„makroskopische" Entropieformel S = Ä log y/« — Ä log p (pro
Masseneinheit) dazu benutzen, um die Gesamtentropie der
Masseneinheit aus den Entropien der einzelnen Volumenteile
zu berechnen (deren Größe wir zu v = vF/N voraussetzen), so
müßten wir berücksichtigen, daß die relative Anzahl solcher
Volumenteile, wo die Dichte q im Verhältnis 1+8 vergrößert
oder verkleinert ist, durch Formel (1) bestimmt ist, somit:
+ 00
— OD
= 5, - rJ{1 + 5)log(l + S)^^e'^d8,
somit angenähert:
1
= S,-Ä
2v "^ 4v* ■*"
worin Sq die normale Entropie bedeutet
Die „mikroskopische" Entropie der einzelnen Volumenteile
ist also bald größer, bald kleiner als der Normalwert bei
gleichmäßiger Dichteverteilung; der Mittelwert aber ist kleiner
und dabei wesentlich abhängig von der Größe der zur Sum-
mierung verwendeten Volumenteile (welche flir die Molekül-
zahl V maßgebend ist).
§ 4. Vergleichen wir hiermit die Boltzmannsche kine-
tische Definition der Entropie. Ihr zufolge bedeutet den ne-
gativen Wert derselben die Funktion H^/flogfdudvdw,
wo /* die Anzahl der Moleküle ist, welche die Geschwindigkeiten
u, V, w besitzen.^) Wird dieser Ausdruck nach Boltzmanns
1) Z. B. Gastheorie 1. p. 38. 59. Bei zasammeDgesetzten Molekülen
kommen auch noch die Lage der Bestandteile und die betreffenden Mo-
mente in Betracht 2. p. 21S.
680 M. V, SmoluchowskL
Vorgang für ein größeres Volumen, ohne Rücksicht auf die
Veränderlichkeit der Dichte innerhalb der Volumenteüe ge-
bildet^ somit
r- ^i/i^r«-
hmt*
gesetzt, so erhält man die ^^makroskopische'' Entropie; wird
jedoch in f die örtliche Variabilität der Dichte berücksichtigt,
so muß man setzen:
(7) H' ^^AxAyAzfflogfdudvdw,
worin N durch f^(l + d) zu ersetzen ist, und wobei sich die
Summation über sämtliche Raumteile erstreckt Anstatt diese
Operation auszuführen, kann man auch mit dem Wahrschein-
lichkeitsfjEkktor (2) multiplizieren und integrieren, was zu dem-
selben Resultate führt wie (6), nur daß natürlich H an Stelle
von — S kommt.
Auch folgende Erwägung führt zu demselben Schlüsse:
Die /i-Funktion wurde von Boltzmann als Logarithmus
der Wahrscheinlichkeit der betreffenden Qeschwindigkeits-
konstellation erklärt^) Die J9 '-Funktion hingegen könnte man
— mit einer geringen Modifikation — auffassen als Logarith-
mus der Wahrscheinlichkeit gleichzeitiger Geschwindigkeits-
und Dichtigkeitsverteilung. Dieser ist gleich der Summe der
Logarithmen dieser zwei Wahrscheinlichkeitsquotienten, und
bezüglich der Dichtigkeit läßt sich dann eine ganz analoge
Betrachtung anstellen, wie betreffs der Geschwindigkeit (1. c),
welche ebenfalls zu dem Zusatzglied in Formel (6) führt.
§ 5. Die //'-Funktion erreicht also nicht den Minimalwert,
welcher einer gleichförmigen Verteilung und der entsprechenden
//-Funktion entspricht.
Die Bedeutung dieser „mikroskopischen'^ Entropiefunktion
liegt nun darin, daß das Gas tatsächlich „von selbst'' eine
Arbeit ^[5^ — S'] leisten würde, falls man in einer Maschine
die einzelnen Volumenteile (von der Größe v) bis zu gleich-
förmiger Dichte expandieren bez. komprimieren lassen könnte.
Ein ähnliches Vergehen gegen den zweiten Hauptsatz würde
ein Max well scher Dämon begehen, welcher aber in unserem
1) Z. B. Gastheorie 1. p. 39.
Verteilung von Gasmolekülen. 631
Falle nicht auf Oeschwindigkeit, sondern auf Dichtigkeit der
Molekülschwärme zu achten hätte. Statt dessen könnte man,
wie einst einer meiner Freunde bemerkte, auch ein ideales
einseitig wirkendes Ventil verwenden, und wie oben gezeigt
wurde, brauchte dasselbe nicht einmal so außerordentlich klein
zu sein, um merkliche Dichtigkeitsänderungen zu erzeugen.
Allerdings würden zu dessen Wirkung außerdem auch noch die
hier nicht näher berührten Geschwindigkeitsunterschiede und
zeitliche Unregelmäßigkeiten beitragen.
Diese Überlegungen führen offenbar den Gedanken näher
aus, daß der zweite Hauptsatz nur in bezug auf die ünyoll-
kommenheit unserer technischen Mittel definiert ist, ein Ge-
dt^nke, der übrigens nicht der mechanistischen Theorie eigen-
tümlich ist, sondern ebensowohl bei der Entropie der Strahlungs-
erscheinungen auftritt Sie haben somit nur gewissermaßen
theoretische Bedeutung, als kleiner Beitrag zu Boltzmanns
Interpretation der Entropie als eines Wahrscheinlichkeits-
begriffes; im folgenden möchte ich aber zeigen, daß die be-
sprochenen Dichtigkeitsunterschiede in anderer Hinsicht auch,
wie ich glaube, einen greifbaren Einfluß haben, nämlich in bezug
auf die Zustandsgieichung.
§ 6. Solange wir bei der bisherigen Voraussetzung von
verschwindend kleinen Punktmolekülen bleiben, ist natürlich
der mittlere Druck gleich jenem wie er bei vollkommen gleich-
mäßiger Verteilung ausgeübt würde, was auch unmittelbar
aus der Virialgleichung folgt, da dann das innere Virial ver-
schwindet.
Die Sache ändert sich jedoch, wenn wir die Moleküle als
Eraftzentra auffassen, da dann die Berechnung des inneren
Virials die Eenntnis der durchschnittlichen Molekülverteilung
(in der Umgebung jedes Moleküls) voraussetzt und im allge-
meinen von dieser abhängig ist — weshalb ich auch z. B. die
auf Voraussetzung gleichmäßiger Massenverteilung beruhende
Weinstein sehe Methode der Virialberechnung ^) für unrichtig
halte.
Zum Zwecke möglichster Allgemeinheit schließen wir uns
der Max well sehen Behandlungsweise des Verteilungsproblems
1) Kinetik und ThermodTnamik !• p. 53.
682 M, V. Smoluchowski,
•an, indem wir das Gas als ein allgemeines, durch die ft = 3 JV^
rechtwinkligen Koordinaten der N Moleküle und durch die
entsprechenden Geschwindigkeiten definiertes mechanisches
System auffassen.
Die Wahrscheinlichkeit, daß dann — ohne Eücksicht auf
die 6esch¥niidigkeiten — die Koordinaten innerhalb des Be-
reiches jOj + dp^p^ + dp^ . . . p^ + dpf^ liegen, ist proportional
dem Ausdrucke^):
F ^ (jP - U)^ dp^ dp^... dp^,
wo E die unveränderliche Totalenergie, U die der betreffenden
Konstellation zukommende potentielle Energie bedeutet. Da
das Produkt je dreier Differentiale mit dem Volumenelement
d(Oy welches dem betreffenden Moleküle als Aufenthaltsort
zugewiesen ist, identisch ist, so können wir hierfür auch
schreiben :
(8) P^iE-ü)^ d(o^dw^...d(Oif.
■
Der Proportionalitätsfaktor kann aus der Gesamtsumme
bestimmt werden.
Nebstbei bemerkt, kann man daraus natürlich sofort wieder
Formel (1) gewinnen, indem man U == 0 setzt, die ersten
n Differentiale über den Raum v, die übrigen über F — i? in-
tegriert und die Anzahl der Kombinationen berücksichtigt.
Sobald die potentielle Energie Ü klein ist gegenüber E,
geht diese Formel bekanntlich^ in den berühmten Boltz-
mannschen tf-*^-Satz über, welcher von seinem Urheber für
den Fall bewiesen wurde, daß die Zahl der momentan in
Wechselwirkung stehenden Moleküle klein ist gegenüber der
Gesamtzahl, also daß der mittlere Abstand groß ist gegenüber
der Wirkungssphäre.') Diese Voraussetzung, welche das Unab-
hängigkeitsgesetz der Wahrscheinlichkeitsrechnung anzuwenden
gestattet, ist mit der eben erwähnten ziemlich gleichbedeutend.
1) L BoltAmann, Gastli. 2. p. 99 (mit dN^ bezeichnet); Lord
Rayleigh, Phil. Mag. 49. p. 112. 1900; J. C. Maxwell, Papera 2.
p. 718. 1879.
2) J. C. Maxwell, 1. c; Lord Rayleigh, Phil. Mag. 49. p. 115. 1900.
8) L. Boltzmann, Gasth. 2. p. 106.
yf
Verteilung von Gasmolekülen. 638
Im Gegenfalle wären diese Sätze im allgemeinen nicht
identisch; man könnte zwar aus Maxwells Satz eine Exponen-
tialformel erhalten^ jedoch von komplizierterer Art: Nennt man
(f^ das Potential des ersten Moleküls in bezug auf die (m — 1)
vorausgehenden,
m
Um = 2 y*
das Gesamtpotential der Konfiguration jener m Moleküle, so er-
hält man durch sukzessive Zerlegung nach Art:
SN
den Ausdruck:
(9) P«^ «-(*i'JPi+*t9^+...Ä2ir'»'2,r)dcüirfeö, . . .dco^f,
worin die Koeffizienten
, SN 3JV,. SN
h^ = zTT^ — 5^^ -V von zr-^ bis
2(E-Um-\) 2E 2{E-Ü)
zunehmen ; nur wenn sämtliche h gleich sind, also wenn V im
Vergleich zu E verschwindet, geht der Exponent m hV über,
d.i. es resultiert der erwähnte Boltzmannsche Satz.
§ 7. Kehren wir nunmehr zum Virialsatze zurück. Der
mittlere Wert des inneren Virials wird demnach erhalten,
indem man nach Berechnung des Virials Q = 2rF{r) und des
Potentials U als Funktionen der Koordination der N Moleküle
den über den betreffenden Raum zu erstreckenden Integral-
ausdruck bildet:
U)'^ d (Ol d ü}^ . . . d (ü^
/(^-— -
Verhältnismäßig leicht ist die Durchführung der Rechnung
in dem erwähnten Spezialfälle einer relativ kleinen Wirkungs-
sphäre (vom Radius &) der Moleküle, indem der dann an
Stelle von
684 M. V, Smoluchnwski,
kommende Ausdruck tf-*^ in e"^^wi^\e-^fn etc. zerlegt
und nach den dw integriert wird, wobei zu beachten ist, daß
auch Q sich additiv zusammensetzt aus dem Virial %f)if des
JV^ Moleküls in bezug auf die anderen, und dem Virial Qj^.i
der übrigen N —\ Moleküle untereinander, femer dass Virial
und Potential nur innerhalb der Wirkungssphären a Yon Null
verschieden sind.
Mit Bücksicht darauf, daß:
a
(11) r<j-*fl'-rfw^ = f^-(m-l)[i^- r<j-*''-4wrȣ/:
0
erhält man so, mit Benutzung der Abkürzungen
0 0
durch sukzessives Integrieren:
+(iv«2)[r-(iy^-i)«]/S+(iv-i)[r-(iv-2)a]/9}
etc. und nach analoger Berechnung des Nenners:
welche Formel bei der hier vorausgesetzten Beschränkung auf
eine kleine Wirkungssphäre bez. ein verdünntes Gas durch
Vernachlässigung der höheren Glieder mit der von Boltz-
mann abgeleiteten und auch von Reinganum benutzten')
identisch wird. Insoweit kommen die räumliche Anordnung der
Moleküle und die hier besprochenen Dichtigkeitsunterschiede
gar nicht in Betracht
1) L. Boltzmann, Gasth. 2. p. 156; M. Beinganum, Wied. Ann. 6«
p. 583 1901.
Verteilung von Gasmolekülen, 635
«
Will man sich nicht mit dieser Annäherung begnügen, so
muß man aach die höheren Glieder der Entwickelung berück-
sichtigen^ außerdem aber auch noch bedenken, daß die Aus-
drücke {N — l)a, [N — \)ß und analoge zu groß geraten sind,
indem die Möglichkeit mehrfachen Durchdnngens der Wirkungs-
sphären, also mehrfacher Zusammenstöße in obigen Gleichungen
nicht berücksichtigt wurde. Dies gibt zu Betrachtungen Anlaß,
wie sie von van der Waals, Boltzmann, Jäger, Lorentz,
van Laar u. a. für starre Kugelmoleküle angestellt wurden,
und welche zur Ersetzung des RTjv -^ b in der ursprünglichen
Gleichung van der Waals durch eine Reihe
geführt haben.
§ 8. Hierauf wollen wir an dieser Stelle nicht näher ein-
gehen, sondern den Einfluß von Eohäsionskräften mit einer
relativ großen Wirkungssphäre etwas näher betrachten, was also
eine zu § 7 entgegengesetzte Voraussetzung einer großen
Wirkungssphäre der Molekularkräfte bedingt und wichtige An-
wendungen auf die Gleichung van der Waals zuläßt
Boltzmann hat nämlich gezeigt, daß die van der
Waals sehe Behauptung, daß die Kohäsionskräfte sich im Innern
überall aufheben und nur einen konstanten „inneren Druck" ag^
erzeugen, welcher so berechnet wird, als ob die Masse homogen
verteilt wäre, nur bei Voraussetzung einer im Vergleich zu den
mittleren Abständen großen Wirkungssphäre gerechtfertigt ist.
Es scheint mir nun, daß die Gültigkeit dieser Methode noch
etwas mehr eingeschränkt werden muß, nämlich auf den Fall,
daß die Anziehungssphäre groß ist im Vergleich zum Räume,
innerhalb dessen noch merkliche Dichtigkeitsunterschiede vor-
kommen, und dies möchte ich im folgenden näher begründen.
Nehmen wir z. B. eine innerhalb des Radius R gleich-
mäßig anziehende Molekularkraft c an (außerhalb desselben
verschwindend klein) und denken wir uns den Raum in lauter
Zellen von der ungefähren Größe dieser Anziehungssphären
4 TIA*
zerteilt.
Falls auf jede Zelle eine große Anzahl von Molekülen
636 M. V. Smoluchowskh
entfällt^ mag man immerhin annehmen^ daß in erster An-
näherung die zufällige Gruppierung derselben im Innern ohne
Belang ist, und kann den Wert des Virials angenähert so be-
rechnen, als ob jede Zelle zwar eine gewisse Abweichung von
der Durchschnittszahl aufweisen würde, aber im Innern homogen
wäre. Der betreflende Beitrag zum Gesamtvirial wird ofienbar
die Form haben
An^ 4 2nn\
wo n die Molekülzahl der betreffenden Zelle, n je einer an-
stoßenden Nachbarzelle (deren Anzahl ju) bedeutet und A, B
Eonstanten sind, die von R und c abhängen. Machen wir
weiter die für Homogenität günstigste Annahme, daß unter den
ju (gleich zwölf] Nachbarzellen ungefähr gleich viele mit negativem
wie positivem Überschuß über die Normalzahl v vorhanden sind,
so daß
gesetzt werden kann, so ist doch der aus der Zellenteilung
resultierende mittlere Wert des Virials
+ 00
(13) Q = |/^ j[An^ + £nv]e''TdS= [A + B]v^+ Av
— 00
größer als der unter Voraussetzung der Homogenität berech-
nete Wert [A + B] v^. Somit käme zum Drucke a ()^ noch ein
Korrektionsglied + ag.
§ 9. Nun ist aber noch zu bedenken, daß die hierbei be-
nutzte Formel (2) hier zu kleine Werte geben muß, da infolge
der Anziehungskräfte die Neigung zur „Schwarmbildung"
wachsen muß. Es handelt sich also vorerst darum, den bei
Existenz von derartigen Kohäsionskräften an Stelle von (l)und(2)
zu setzenden Ausdmck fiir die Wahrscheinlichkeit zu finden, daß
n Moleküle sich in einem Räume v befinden, welchem normal-
mäßig bloß die Anzahl v zufallen sollte. Dabei dürfen wir in
Formel (8) nicht mehr U als klein gegenüber E annehmen,
doch können wir dafür die Voraussetzung einführen, daß sich
das Potential U niemals weit vom Normalwerte Uq entfernt,
den es bei gleichförmiger Verteilung besitzen würde. Bei der
j^
Verteilung von Gasmolekilen, 637
Integration von (10) über alle möglichen Werte sind allerdings
auch solche Konstellationen inbegriffen, wo z. B. sämtliche
Moleküle sich in einer Hälfte von v befinden, die andere ganz
leer ist, wobei also U eine erhebliche Änderung erfährt, aber
die Anzahl solcher Fälle extremer Verdichtung ist so ver-
schwindend gering, daß wir sie hier nicht zu berücksichtigen
brauchen.
Somit setzen wir U gleich dem Normalwert U^, vermehrt
um eine kleine Größe 8 U und entwickeln, indem wir die Ab-
kürzung
3^_
benutzen:
»A
(14)
32f 3/., ..
lE^U,^8U\^^[E^U,-\^ [l_|^^J7]
r*>-?/o)^
> n j
Daraus erhalten wir durch Integration, ähnlich wie an
der angefahrten Stelle (p. 632), als Wahrscheinlichkeit des
gleichzeitigen Vorkommens von n Molekülen innerhalb v, [N^ n)
innerhalb [V -^ v) einen dem Ausdruck
proportionalen Wert.
Um S U zu berechnen, gehen wir von einer im ganzen
Räume V gleichmäßigen Verteilung aus und denken uns dann
sukzessive einzelne Moleküle aus dem großen Haume F — r
in die Wirkungssphäre v hinein versetzt Die Abnahme — da
die Kräfte anziehende sind — des Potentials des gesamten
Systems ist bei gleichmäßiger Verteilung innerhalb v und inner-
halb F—v offenbar gleich dem gegenseitigen Potentiale der
in V überschüssigen Moleküle, also wenn wir die von B und c
abhängige Konstante C (von der gleichen Dimension wie A)
einführen:
SU^ - C[n - i;)« = - Cv^S\
Somit ist die Wahrscheinlichkeit einer gleichförmigen Ver-
dichtung ö innerhalb v:
„5) „.^'z^f'.r-r-'ä,.
638 M. V. Smoluchoiüski
die ähnlich wie vorher in (18) zu berechnende Vermehrung des
Virials beträgt nun pAI{l''2hCp),so daß nunmehr der innere
Druck zu ersetzen wäre durch:
(16)
ag*
1 + -*'
Bemerkenswert ist hierbei folgendes: Die assoziierende
Neigung zur Schwarmbildung ist offenbar vermehrt, da der Ex-
ponent in (15) gegen jenen in (2) verringert ist; wird nun die
Dichte (gegeben durch v) so groß, oder die Temperatur, welche
der Größe A verkehrt proportional ist, so niedrig, daß der Ex-
ponent von (15) positiv wird, so muß eine Diskontinuität eintreten^
denn die Verdichtungen werden dann je größer desto wahrschein-
licher (während zugleich der Proportionalitätsfaktor unbestimmt
wird). Das heißt: die Grenze der Stabilität in bezug auf zu-
fällige Dichteänderungen ist überschritten, und die Relation
zwischen Volumen und Kondensationstemperatur wäre in diesem
einfachen Falle durch eine gleichseitige Hyperbel gegeben.^)
Formel (16) zeigt auch bei Einsetzen von A, B, C, daß wie
vorher erwähnt, „caeteris paribus^S nämlich bei gleichem Werte
des Hauptfaktors des inneren Druckes {A + B)v^ die hier be-
sprochenen Erscheinungen desto weniger hervortreten und die
van der Waalssche Berechnungsart desto eher gerechtfertigt
ist, je größer v, also je größer die Wirkungssphäre ist.
§ 10. Überlegen wir schließlich noch, inwiefern die räum-
liche Ausdehnung der Moleküle diese Schlüsse moditizieren
müßte.
Den Ausdruck (8) transformieren wir in diesem Falle,
indem wir von U sukzessive für jedes Molekül k das zugehörige
bei direkter Berührung zweier Moleküle wirksame Abstoßungs-
potential rpj^ abspalten und den Rest, welcher noch das be-
treffende Anziehungspotential enthält, ebenso wie vorher, als
von der speziellen Lage des Moleküls innerhalb des Raumes v
bez. {F—v) unabhäDgig betrachten. Nun integrieren wir die
n ersten Raumdifferentiale über den kleinen Raum v, die
1) Dies ist übrigens nur eine untere Grenze der Kondensaticns-
temperatur, es bleibt noch zu untersuchen, ob man nicht für eine andere,
inhomogene, Verteilungsart schon früher zu einem Grenzwerte gelangt
Verteilung mm GtumoUkülen,
689
übrigen (N — n) über den beliebig großen Raum V — v, nach
dem Schema:
= (J?-?/,.xp[r-(A-l)«+iJ(Ä-l)»^*].
wobei das letzte Olied in der Klammer die vom Zusammen-
treflFen dreier Moleküle herrührende Korrektur darstellt. ^) Schließ-
lich erhalten wir {E — Uf^yi^ als Faktor, welcher nur mehr die
Anziehungspotentiale enthält und bezüglich dessen dieselbe
Überlegung Anwendung findet wie in § 9.
So wird die endgültige Wahrscheinlichkeitsformel gegeben
sein durch:
(17) r- e
2 n
» = 0 L
v—ak +
^-n-l r
6* ^ J * = 0
r^v--ak + ~
17 an*
64F-r
Wenn wir hiervon den Logarithmus nehmen, die Produkte
in Summen auflösen und nach Potenzen von cc entwickeln,
dabei noch bedenken, daß Summanden, welche nur das kon-
stante N enthalten, einflußlos sind und fortgelassen werden
können, so können wir diesen Ausdruck in die Form bringen:
(18)
v6* r. a r 15 a* r* « . ^ n
Die Abstoßungskräfte haben also, wie zu erwarten war,
einen den Anziehungskräften entgegengesetzten, nämlich ver-
mindernden Einfluß auf die Asisoziationsbestrebungen der
Moleküle.
Sonst bleiben dieselben Überlegungen wie bei (13) und (16)
anwendbar, nur in qantitativ veränderter Form : das Glied a q*
ist nunmehr zu ersetzen durch einen Ausdruck von der
Form:
6'
(19)
aQ'
1 +
(^ + 6Q^ + LQ
8 _
1) Siehe diesbezüglich eine analoge Rechnung Boltzmanns Gasth.
2. p. 167. 173.
640 M. von Smoluchowski,
und die Kondensation bei Überschreitung der Stabilitätsgrenze
wird nicht wie vorher; zu unendlicher Verdichtung , sondern
nur zu einer bestimmten Grenze fortschreiten.^) Außerdem ist
aber noch zu bemerken, daß auch die höhere Potenzen von
b enthaltenden Glieder der Zustandsgieichung modifiziert
werden, doch schließen wir, ebenso wie vorher, diesen Teil der
Untersuchung aus,
§ 11.^ In den letzten Abschnitten §§ 8 — 10, welche ja
nur eine vorläufige Orientierung über die Wirkung der „Schwarm-
bildung^' von Molekülen bezwecken, haben wir uns allerdiügs
von Strenge in der Durchführung ziemlich weit entfernt, aber
es scheinen mir diese Überlegungen dennoch die Notwendig-
keit einer derartigen Korrektion des Gliedes ag* eventuell
auch der i-Glieder, darzutun.
Es erübrigt aber noch eine Schätzung, inwieweit diese Er-
scheinungen bei den wirklichen Gasen von Einfluß sind. Dies
ist allerdings dadurch sehr erschwert, daß wir noch keine ver-
läßlichen Daten über die Wirkungsweite der Molekularkräfte
besitzen. Eine Übereinstimmung ist schon deshalb nicht zu
erwarten, da verschiedene Beobachter diesen terminus in ver-
schiedener Weise interpretieren. Doch müssen wir wohl als
oberste zulässige Grenze den Wert 5. 10-^ cm annehmen,
welchen Plateau und Sohnkegefunden haben, ebenso Quincke,
dessen Methode der hier verwendeten Bedeutung des Begriffes
Wirkungssphäre vielleicht am besten entspricht. Drude,
Reinold und ßücker nehmen aber noch unter ein Fünftel
jenes Wertes liegende Zahlen an. Im ersten Falle könnte man
bei Gasen diesen Bereich vielleicht noch als groß gegenüber
den mittleren Abständen (^.10"^) gelten lassen, aber durch-
aus nicht als groß gegenüber dem Bereiche von merklichen
Dichtigkeitsunterschieden; desto mehr gilt dies von der zweiten
Schätzung.
1) Während M. Beinganume Gleichung (I.e.) für extrem kleinen
Bereich der Anziehungskräfte gilt.
2) Nach Beendigung des Manuskriptes wurde ich auf eine inter-
essante Arbeit von H. Burburj, Phil. Mag. 2« p. 403. 1901 aufmerksam,
mit welcher die Ausführungen der §$i 6 — 11 manche Berührungspunkte
aufweisen — freilich nebstbei auch erhebliche Divergenzen. Eine ein-
gehende Besprechung würde hier zu weit fuhren.
Verteilung van Gasmolekükn. 641
Aus alledem resultiert, daß die van der Waalssche
Oleichung nur für den Fall extrem großer Wirkungssphären
gültig ist, und daß im allgemeinen bei Ableitung der Zustands-
gieichung die assoziierende Schwarmbildung der Moleküle in
Rechnung zu ziehen ist, welche bei den wirklichen Oasen
merkliche Korrektionen jenes Gb'edes ergeben dürfte.
Auch glaube ich, daß die damit zusammenhängenden Sta-
bilitätsbetrachtungen eine Lücke der üblichen van der Waals-
schen XJberlegungen ausfüllen dürften, in welchen die Tatsache,
daß nicht alle Zustände der van der Waalsschen Gleichung
möglich sind, und daß es Grenzen ftir Unterkühlung und Über-
hitzung geben muß, gar nicht zum Ausdrucke gelangt
Lemberg, Juli 1903.
(Eingegangen 28. September 1908.)
BolUmaon-Festschrift. 41
642
80. Ober die Anwendbarkeit der Hamiltonschen
partiellen Differentialgleichnng in der Dynamik kon-
tinnierlich verbreiteter Massen.
Von Friti Hasexiöhrl in Wien.
Während das Prinzip der stationären Wirkung, das Prinzip
der kleinsten Wirkung, die Lagrangeschen Gleichungen, ob-
wohl anfangs nur für die Mechanik der starren Systeme er-
dacht, schon wiederholt mit Erfolg auf den verschiedensten
Gebieten angewendet wurden, hat die Hamiltonsche partielle
Differentialgleichung meines Wissens bisher nur in ihrem
eigentlichen Gebiete, in der Mechanik starrer Systeme An-
wendung gefunden. Im folgenden habe ich versucht anzudeuten,
wie die Hamiltonsche Differentialgleichung in der Dynamik
kontinuierlich verbreiteter Massen verwendet werden kann.
Da es sich hier nur um die Methode handelt, habe ich mich
auf das einfachste hierher gehörige Problem, auf das Problem
der schwingenden Saite beschränkt; man überblickt dann leicht,
wie auch kompliziertere Probleme der Elastizitätslehre oder
auch Probleme anderer, auf mechanischer Grundlage fußen-
der physikalischer Disziplinen nach der Hamiltonschen Me-
thode behandelt werden könnten. Das Bemerkenswerte ist,
daß man hier zu einer Lösung des Problems gelangt, ohne
auf die „Differentialgleichung der schwingenden Saite" zu
stoßen, wie ja auch in der gewöhnlichen Mechanik die Auf-
stellung der „Bewegungsgleichungen'' bei der Hamiltonschen
Methode umgangen wird.
Die Hamiltonsche Gleichung lautet bekantlich:
(1) ^^ + T+r^o.
Hierin ist die lebendige Kraft T durch die Momente g. aus-
zudrücken und ^ ...
^ dW
zu setzen; da F nur von den Koordinaten p^ abhängt, liefert
uns (1) ßF als Funktion der Koordinaten p^ und der Zeit t
Sind m Koordinaten p^ vorhanden, so hat das allgemeine Inte-
HamiltoTische partielle Differentialgleichung, 648
gral von (1), außer einer belaDglosen additiven Konstante,
m willkürliche Eonstante A^, und die Integralgleichungen sind
dann die m Gleichungen
^^^ ä^-^»' 1-1,2,...«
WO die ß^ weitere m willkürliche Konstante darstellen. Wenn
der Satz von der Erhaltung der Energie gilt, was auch bei
dem hier behandelten Probleme der Fall ist, kann
(8) TT = "" ^
gesetzt werden, wo a eine Konstante ist^)
Wenden wir uns jetzt dem Problem der schwingenden
Saite (dieselbe sei an den Enden festgehalten und ihre Länge
sei n) zu, so haben wir vor allem den Ausdruck für die kine-
tische Energie zu bilden. Für den Augenblick denken wir
uns die Saite noch aus einer großen, aber endlichen Zahl von
diskreten gleichen Massenpunkten m bestehend, von denen n
auf die Längeneinheit kommen mögen; die Elongation einer
solchen Masse aus der Ruhelage bezeichnen wir vorderhand
mit p^\ dann ist die lebendige Kraft
An Stelle des Inbegriffs der Größen p^ haben wir jetzt
die kontinuierliche Variable y einzuführen. Auf dem Element
dx der Saite befinden sich n^/x Massen; allen schreiben wir
denselben Wert y der Elongation zu, sie tragen alle in gleicher
Weise zum Wert von W bei; daher hat auch öfFjdp^ für
alle denselben Wert, wofür wir jetzt auch dH^jdy schreiben
können. Die auf dem Element dx befindlichen Massen liefern
also für den Wert der lebendigen Kraft den Beitrag
ndx /dWy
Führen wir noch die Liniendichte der Saite a =s nm ein, und
integrieren diesen Ausdruck über die Länge der Saite, so er-
halten wir für die gesamte lebendige Kraft den Ausdruck:
1) Vgl. etwa CG. Jacobi, Vorlesangen über Dynamik (19. Vor-
lesang) oder 0. Rauseuberger, Mechanik. 1. p. 204 ß.
41*
644 F. Hasenöhrl
0 0
Da die potentielle EInergie der Saite bekanntlich
n
^-4/-(Ä)-
0
ist^), so wird die Hamilton sehe Gleichung:
0 0
Hierin ist y sowohl als dependente als anch als in-
dependente Variable enthalten; wir denken nns daher y nach
einer Fourierschen Reihe entwickelt, also
OD
(5) y SS "^Cy sinyg
1
gesetzt, und wollen in (4) statt y die C^ einführen.
Vor allem erhalten wir leicht:
0 0^ ^
Bei der Transformation von dtyjdy haben wir zu beachten,
daß dieser Difierentialquotient so zu verstehen ist, daß er die
Änderung von W gibt, wenn sich die Lage einer einzigen
Masse ändert, während alle anderen an derselben Stelle bleiben.
Nun stellt bekanntlich
00
^ sm v a sm if X
eine Funktion dar, welche an allen Stellen zwischen 0 und n
verschwindet und nur im unendlich kleinen Bereich zwischen
X = a und X = a + A den Wert € annimmt. Wenn also y im
allgemeinen unverändert bleiben soll, jedoch im Bereich von
X \}\% X + A um 8y vergrößert wird, so muß jeder Koeffizient
Cy der Entwicklung (5) um
1) Vgl. etwa Lord Rajleigh, Theorie des Schalles. Deutsch von
£. Neesen, 1. p. 184.
HenmUonsehe partielle Differentialgleiehung. 645
gn =a =L gm V X
n
yermehrt werden; wir können also
-5 — = — sin V X
oy n
setzen. Hierin haben wir noch ftir J die von einer Masse
okkupierte Länge, also 1/n einzuführen. Wir erhalten also
(Der Ausdruck n{dWldy) bleibt also stets endlich,, welchen
Wert auch immer n annimmt, was ja von vornherein klar
war.) Somit wird:
n n
00 00
J '^^ l« yjr) = ^ J '^' ^, ''° *' M = n-2 (öo;j ■
0 0
Wir erhalten also an Stelle von (4):
CO 00
Hierin setzen wir nun
00
wobei die Ay ganz willkürliche Konstanten sind, welche nur
der obigen Bedingung genügen, also eine konvergente Zahlen-
folge bilden müssen. Dadurch wird die obige Gleichang:
00
(6)
und man erkennt nun leicht, daß sich das Integral dieser
Gleichung als eine Summe von Gliedern darstellen läßt, deren
jedes bloß Funktion eines einzigen £> ist. Wir erhalten also
(7)
646 F. Hasenohrl, Hamiltansche pari, Differentialgleichung.
(Das vorletzte Glied ergibt sich aus (8).) Denken wir uns
entsprechend (5) C^ durch seinen Wert ersetzt:
C^ = — / ysixivxdx ,
0
so sehen wir, daß W durch y und t ausgedrückt ist. Femer
ist (7) das allgemeine Integral von (6), da es ebensoviel will-
kürliche Konstanten [A,) enthält, als independente Variabele
(Cy) vorhanden sind.
Die Integralgleichungen des Problems erhalten wir durch
Bildung von
S = T l/^ »rc8in (» C, j/ij) -t=B,,
wo B^ wieder eine willkürliche Eonstante ist Setzen wir noch
zur Kürze
)/?=«
iZ-y-^ COS va.B^=^ M^
und
V
2^
V
SO läßt sich die letzte Gleichung umformen in
n
2 r .
Cy = ^ / ywivxdx:=M^%mvat + N^ cos vat
J (v = 1, 2, 3 ... od)
0
und zwar stellen uns diese Gleichungen das vollständige Inte-
gralsystem des Problems dar; wir können sie gemäß (5) in
eine Gleichung zusammenfassen:
OD
y =a 2 sin jr (3/j sinv at + N^ cos vafj
und dies ist bekanntlich die allgemeinste Lösung unseres
Problems.
(Eingegangen 28. September 190S.)
647
81. Photographische Abbildnngen elektrisehei
Sehwingungen.
Von B. Walter in Hamburg.
Bei der groben Bedeutung, welche die elektrischen
Schwingungen sowohl in theoretischer als auch in praktischer
Hinsicht besitzen, dürfte die Wiedergabe einiger photographischer
Darstellungen dieses Phänomens, die von mir mit einem f&r
andere Zwecke konstruierten Apparate gelegentlich aufgenommen
wurden, um so mehr erwünscht sein, als außer den Uassischen
Abbildungen Feddersens^) bisher kaum irgend welche Bilder
dieser Art veröffentlicht zu sein scheinen und als auch jene
Abbildungen selbst nur lithographüehe Reproduktionen der
Originalnegative darstellen.
Der Apparat, mit welchem meine Aufnahmen gewonnen
wurden, bestand in der Hauptsache aus einer sehr schnell in
ihrer Ebene rotierenden photographischen Platte, auf deren
Randteilen mit Hilfe eines photographischen Objektivs das Bild
desjenigen Funkens entworfen wurde, welcher den Schwingungs-
vorgang zur Darstellung bringen sollte. Um dabei eine mög-
lichst große Tourenzahl der rotierenden Platte zu erreichen,
war die letztere auf einer besonderen auf Stahlspitzen laufenden
Achse angebracht, die von einem Motor durch einen Schnurlauf
mit einem Übersetzungsverhältnis 1 : 5 angetrieben wurde und
sich bei 16 cm Plattendurchmesser bis auf 150 Umdrehungen
in der Sekunde bringen ließ. Diese Geschwindigkeit genügte,
um in der Randgegend der Platte Schwingungen bis zu ein
dreihunderttausendstel Sekunde Schwingungsdauer oder 1 km
Wellenlänge hinab zu deutlicher Darstellung zu bringen. Ein
zweiter Schnurlauf verband die Achse mit einem Tachometer,
so daß sich die Zahl der Umläufe derselben unmittelbar ab-
lesen und somit auch aus der Lage und Ausdehnung der auf-
genommen Funkenbilder die Schwingungsdauer berechnen ließ.
1) W. Feddersen, Pogg. Ann. 116. p. 182. 1862.
648 B. WaUer.
In den Figg. 1 und 2 sind zwei solche Funkenbilder in
resp. 10 und 6'/, tacher linearer Yergröfierung der Onglnal*
oegatire wiedergegeben, ond zwar bestand der Scb^rüigungg.
Fig. 2.
kreis in beiden Fällen außer der Funkenatrecke aus je einer
Batterie Leydoner Flascken als Kapazität und Je einer Eupfer-
drahtspule ohne Eisenkern als Selbstinduktion. Die Größen-
Abbildungen elektr, Schwingungen. 649
werte der ersteren waren schon früher einmal von mir auf
ballistischem Wege zu resp. 2,73 und 1,11.10"*^ Farad be-
stimmt worden, während die Selbstinduktionskoeffizienten der
benutzten Spulen aus ihren Dimensionen zu resp. 8,41.10~^
und 1,07.10"* Henry berechnet wurden. Die Kombinationen
waren so gewählt, daß das Produkt aus Kapazität und Selbst-
induktion, d. h. also auch die Schwingungsdauer, in beiden
Fällen angenähert gleich sein mußte, während im ersten Falle
(Fig. 1) die Kapazität, im zweiten (Fig. 2) die Selbstinduktion
vorwiegen sollte. Tatsächlich ergibt sich aus der Formel
r=2;ryzc
bei den beiden in Rede stehenden Fällen nach den oben
angegebenen Werten von L und C für T resp. 1,92 und
2,16.10"^ Sekunden, während die Ausmessung der Original-
negative resp. 1,86 und 2,12.10-^ Sekunden lieferte.
Die Ladung der Leydener Flaschen wurde in beiden
Fällen dadurch bewerkstelligt, daß dieselben mit den beiden
isolierten Polen der Sekundärspule eines Induktionsapparates
von 80 cm maximaler Schlagweite verbunden wurden und daß
der auf einen bestimmten Wert gebrachte Primärstrom dieses
Apparates durch einmaliges Herausziehen eines amalgamierten
Kupferstiftes aus einem Quecksilbergefäß unterbrochen wurde.
Die Unterbrechungsstelle selbst lag dabei unter Petroleum und
war außerdem mit einem Paraffinpapierkondensator von
0,5 Mikrofarad Gleichstromkapazität verbunden.
Die Entladung der Flaschen femer geschah unmittelbar
im Anschluß an deren Ladung selbsttätig, indem nämlich die
Länge der Funkenstrecke des Schließungskreises von vornherein
so bemessen, bez. die primäre Stromstärke so einreguliert
wurde, daß die Entladung vor sich gehen mußte. Diese Länge
betrug 20 mm bei der Fig. 1 und 84 mm bei der Fig. 2.
Nehmen wir an, daß die Spannungen, welche die Flaschen im
Augenblick der Entladung hatten, diesen Funkenlängen pro-
portional gehen, — was allerdings nur annähernd zutrifft — ,
so würde demnach die sich in der Fig. 1 entladende Elek-
trizitätsmenge
20:2,'A = i,5mal
84.1,11 '
650 B. H^alter.
80 groß gewesen sein wie die der Fig. 2. Tatsächlich macht
denn auch die Entladung der ersten Figur einen viel kräftigeren
Eindruck als die der zweiten und hat auch — nach den Licht-
erscheinungen an den Polen der Funkenstrecke zu schließen —
etwa anderthalbmal so lange gedauert wie diese , nämlich
8,5 . 10-* gegen 2,3 .10-* Sekunden.
Die Pole der Funkenstrecke bestanden aus zwei senkrecht
übereinander stehenden, zugeschärften Platindrähten; und zwar
zeigen die Abbildungen dieselbe über Kopf, d. h. die oberen Be*
grenzungen derselben entsprechen dem unteren Pole des Funkens
und umgekehrt. Bei der Entladung der Fig. l femer war die
obere, bei der Fig. 2 die untere Elektrode der Funkenstrecke
mit dem positiven Pole des Induktors verbunden. Dies ergibt
sich übrigens auch aus den Figuren selbst sofort daraus, daß
bei der ersten Halbschwingung dieser Entladungen, die auf der
linken Seite jeder Abbildung zu suchen ist, das hellere nega-
tive GlimmUcht sich in der Fig. 1 auf der oberen und in der
Fig. 2 auf der unteren Seite des Bildes zeigt. Bei der zweiten
Halbschwingung Uegt dann dieses Glimmlicht in beiden Figuren
auf der entgegengesetzten Seite der Funkenbahn, bei der
darauffolgenden wieder auf der ursprünglichen etc., so daß
also dieses Phänomen gleichzeitig den Beweis dafür liefert, daß
wir es hier wirklich mit einer zwischen den beiden Belägen
der angewandten Kapazitäten hin und her schwingenden Be-
wegung der Elektrizität zu tun haben.
Dieses Glimmlicht ist femer — besonders bei der stärkeren
Entladung der Fig. 1 — mit einer jedesmaligen Abschleuderung
von glühenden Metallteilchen verbunden; ja die erwähnte Ab-
bildung läßt uns sogar ohne weiteres die Geschwindigkeiten
dieser Bewegung ermitteln, da der sich in horizontaler Rich-
tung markierende Schwingungsvorgang die Zeitabszissen und
die vertikalen Abstände der kometenartigen Schweife von den
Elektroden die zurückgelegten Strecken angeben. Man findet
auf diese Weise, daß jene Geschwindigkeit in der Fig. 1 in
der Nähe der Elektroden etwa 80 m pro Sekunde betragen,
in einigen Millimeter Abstand davon aber schon ganz er-
heblich abgenommen haben muß, wie ja auch aus dem ge-
krümmten Verlaufe jener Schweife hervorgeht. Zu bemerken
ist hierbei noch, daß diese Abschleuderungen nicht gleich zu
Abbildungen elektr, Schwingungen. 651
Anfang der Entladung, wo doch die elektrische Strömung
zweifellos ihren größten Wert besessen hat, zu erkennen sind,
sondern erst nach Verlauf von ein bis zwei Schwingungen, ein
Umstand, der wohl darauf zurückzuführen ist, daß die ab-
geschleuderten Teilchen erst dann sichtbar werden, wenn sie
von einer glühend gewordenen Elektrode stammen und also
selbst glühend sind, und daß eben das Glühen der Elektroden
erst allmählich im Verlaufe der Entladung eintritt
Schließlich möchte ich noch erwähnen, daß der Anfangs-
funke, welcher die ganze Entladung einleitet, nach der Seite
des negativen Poles hin erheblich kräftiger erscheint als auf
der andern, eine Erscheinung, die besonders deutlich bei dem
längeren Funken der Fig. 2 hervortritt Dieselbe erklärt sich,
wie ich an einer andern Stelle^) ausführlich dargelegt habe,
aus der Art der Entstehung eines elektrischen Funkens durch
stoßweise auftretende und allmählich immer länger werdende
positive und negative Vorentladungen. Von den letzteren sind
nämlich die positiven erheblich länger als die negativen; und
so kommt es, daß der zuletzt fertig werdende Teil der Funken*
bahn dem negativen Pole erheblich näher liegt als dem posi-
tiven. Dieser Teil der Bahn ist nun aber dann, weil er noch
nicht von Vorentladungen durchsetzt ist, auch noch nicht so
gut ionisiert wie die übrigen Teile derselben, besitzt also auch
einen erheblich größeren Widerstand als diese und erhitzt sich
daher auch beim schließlichen Durchbruch des Funkens in ent-
sprechendem Maße mehr als sie, wie dies die Figur zeigt.
Hamburg, Physik. Staatslaboratorium.
1) Jahrbuch d. Hamb. WiBsensch. Anstalten. Bd. 20. 1908.
(Eingegangen 28. September 1908.)
652
82. Über das sogenannte .^Nachschanen'' yon Bildern.
Von Felix M. Bxner in Wien.
Als ich vor kurzem das Glück hattte, in der Sixtinischen
Kapelle in Born die Deckengemälde Michelangelos zu be-
trachten, wurde ich beim Anblick des Propheten Jonas in
der Wölbung der Stirnwand der Kapelle von neuem auf eine
Erscheinung aufmerksam, die, ziemlich auffallend und unter
dem Namen des „Nachschauens^* besonders bei Porträts be-
kannt, meines Wissens bisher keine genügende Erklärung ge-
funden hat, obwohl letztere sehr naheliegend zu sein scheint.
Zweck der folgenden Zeilen ist es, auf die Erscheinung und
ihre Ursache das Augenmerk zu lenken. Es soll sich hier
aber nicht nur um das eigentliche „Nachschauen^^ des dar-
gestellten Auges, sondern auch um das Nachdrehen verschiedener
anderer Gegenstände handeln.
Wenn man an einem Wandgemälde vorübergeht und im
Gehen dasselbe im Auge behält, so kommt es häufig vor,
daß man den Eindruck hat, die im Gemälde dargestellte
Person folge einem mit den Augen nach zu jedem Punkte,
nach dem mau sich begibt Dieser Eindruck ist oft so auf-
fallend, daß man iu Galerien und Musecu bei einzelnen Porträts
auf die Erscheinung als eine besondere Sehenswürdigkeit hin-
gewiesen wird. Tatsächlich ist sie bei jedem Porträt, dessen
Augen auf den Beschauer gerichtet sind, vorhanden. Daß sie
aber nicht eine besondere Eigentümlichkeit der Augen allein
ist, ergibt sich bald daraus, daß man sie auch bei Gemälden,
die andere Gegenstände oder Landschaften darstellen, beob-
achten kann, wenn die Verhältnisse dazu günstig sind, wie
dies z. B. bei dem genannten Jonas der Fall ist, den das
Bild sitzend in ganzer Gestalt mit seitlich gewandtem Ge-
sicht zeigt.
Die Bedingungen zum Zustandekommen der Erscheinung
liegen teils in der Farbengebung, zum größeren Teile aber in
der perspektivischen Zeichnung. Die erstere Ursache tritt be-
'V
NaehMchauen von Bädern. 668
sonders beim ^^Nachschauen'' der Angen ani^ bei dem Teile der
Erscheinung, nach welchem man die ganze wohl benennt Da-
durch, daß der Maler dem dargestellten Auge OlanzUchter
aufgesetzt hat, die den Eändruck des dem Auge Gegenüber-
stehens im Beschauer erwfecken, wird diese Wirkung in jeder
Blickrichtung erreicht ^) Sie geht aus der Tatsache hervor, daß
beim Bilde von verschiedenen Standpunkten doch immer die-
selben Teile eines dargestellten Körpers sichtbar sind, nicht
wie bei der Plastik stets neue. Die für den allgemeineren Teil
der Erscheinung maßgebenden Bedingungen in der Perspektive
sind die folgenden: Es muß das Bild einen Gegenstand mit
scheinbar großer Erstreckung in den Hintergrund bei hoher
oder tiefer Lage des Augenpunktes darstelleUi was durch ver-
kürzte Zeichnung in der Höhenrichtung erreicht wird, und
außerdem beiderseits von demselben in der Bildfläche unverkürzt
liegende Gegenstände im Vordergrund, welche diese Fläche
deuüich zum Ausdruck bringen.
Denkt man sich die Bildebene vertikal, so wird dann die
große f^rstreckung nach rückwärts durch eine solche in der
vertikalen dargestellt, die Erstreckung im Vordergründe in oder
parallel zur Bildfläche durch eine horizontale, vorausgesetzt,
daß die Blickrichtung senkrecht auf der Bildfläche steht Wird
nun die Blickrichtung gedreht, indem man z. B. rechts oder
links am Bilde vorübergeht und zurücksieht, so bleiben bei
der hier stattfindenden Centralprojektion vom Auge aus zwar
alle vertikalen Geraden vertikal, die in der Bildfläche horizon-
talen oder schiefen ändern aber ihre scheinbare Lage. Der
Erfolg ist der, daß die ursprünglich vertikal nach aufwärts ge-
richtete Tiefenerstreckung auch jetzt noch vertikal bleibt und
folglich auch jetzt noch den betrefi'enden Gegenstand zwar
schmäler aber in derselben vom Auge gerade weggerichteten
Erstreckung nach rückwärts zeigt, während die früher hori-
zontale Erstreckung am entfernteren Bildende jetzt so ver-
schoben ist, daß sie perspektivisch gesehen ihre alte Lage bei-
behalten hat.
So ergibt sich, daß der Gegenstand mit Tiefenerstreckung
1) Schon £. Bracke hat dieses Nachschauen daraus erklärt, daß
sich der Beschauer in der Vontellung vor das Bild versetzt (nach einer
mfindlichen Mitteilung).
654
F, M, Exner.
sich dem vorüberbewegten Ange des Beobachters nachzudrehen
scheint^ während der übrige Teil des Bildes unverändert bleibt.
Ein deutliches Beispiel für diese geometrischen Verhältnisse
ist die in Fig. 1 schematisch dargestellte Straßenkreuzung.
■ ■!■■
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 8.
Es ist eine der Bildfläche parallele horizontale Straßenfront im
Vordergrunde gedacht, auf welcher eine nach rückwärts ver-
laufende Straße senkrecht steht Die gedachte Mittellinie der
letzteren verläuft hier vertikal. Bewegt man sich an diesem
Bilde von der Mitte aus nach einer Seite vorbei und betrachtet
Nachschauen von Bildern, 665
es unterdessen, so scheint die Straße sich dem Auge nach-
zudrehen und stets direkt auf dasselbe zuzulaufen, während
die im Vordergrund durch die beiden Eckhäuser angedeutete
Häuserreihe ihre Lage beibehält Die Figg. 2 und 3 zeigen
nun, wie sich Fig. 1 von der linken resp. rechten Seite des
Beobachters aas gesehen darstellt Die Straße verläuft noch
vertikal nach aufwärts, die vordere Front aber hat sich ge-
dreht, so daß sie mit der ersteren auf Fig. 2 an der rechten
Ecke, auf Fig. 3 an der linken einen stumpfen Winkel nicht
nur tatsächlich bildet, sondern auch perspektivisch gesehen zu
bilden scheint. Fig. 2 ist unter einem Winkel von 61 ^
Fig. 3 von 57^ gegen die senkrechte Blickrichtung auf-
genommen.
Was die Größe der scheinbaren Drehung betrifft, so ist
sie verschieden je nach dem Winkel, den die sich drehende
Linie mit der Vertikalen einschließt
Nimmt man der Einfachheit halber eine Orthogonal-
projektion an, so ist, wenn a den Winkel bedeutet, um den
sich die Blickrichtung von der auf die Bildfläche Normalen
aus gedreht hat, und ^^ die Neigung der betrachteten schiefen
Geraden zur Vertikalen in der Bildfläche, zunächst <p=^^o cos a
der Winkel, den diese beiden Geraden in der Projektion mit-
einander bilden. Die scheinbare Drehung ist für eine Hori-
zontale Null, für eine Vertikale aber cc, oder gleich der ganzen
Drehung der Blickrichtung, für eine schiefe Gerade sei sie t//;
dann kann man setzen dif) ^ cos'(pdu, welche Gleichung ver-
bunden mit der vorhergehenden die Beziehung zwischen Blick-
drehung und Drehung der perspektivischen Linie darstellt
Bei der Centralprojektion hängen die Beziehungen natür-
lich auch von der Entfernung des Auges ab und sind kom-
plizierter. Hingegen tritt die besprochene {Erscheinung bei
einer solchen deswegen deutlicher hervor, weil die horizontalen
Linien in der Projektion nicht horizontal bleiben, sondern durch
ihre projektivische Veränderung das Beibehalten der früheren
Bildfläche viel deutlicher machen, als dies bei der Orthogonal-
projektion der Fall ist, wo die horizontalen Linien sich nur
verkürzen und nur durch die Verkürzung jener E^indruck zu-
stande kommen muß.
(Eingegangeo 28. September 1908.)
656
83. Was ist eine Funktion?
Von Q. Frege in Jena.
Welche Bedeutung das Wort „Punktion" ^) in der Analysis
habe, ist noch nicht über jeden Zweifel erhaben , obwohl es
seit langer Zeit in häufigem Gebrauche steht In den Er-
klärungen finden wir zwei Ausdrücke immer wiederkehrend^
teils miteinander verbunden, teils einzeln, den des Rechnungs-
ausdrucks und den der Veränderlichen. Auch bemerken wir
einen schwankenden Sprachgebrauch, indem bald das, was die
Art der Abhängigkeit bestimmt oder vielleicht die Art der Ab-
hängigkeit selbst, bald die abhängig Veränderliche Funktion
genannt wird.
In neuerer Zeit überwiegt in den Definitionen das Wort
„Veränderliche^^ Aber dieses ist selbst der Erklärung sehr
bedürftig. Jede Veränderung geht in der Zeit vor sich. Da-
nach müßte sich die Analysis mit einem zeitlichen Geschehen
beschäftigen, indem sie Veränderliche ihrer Betrachtung unter-
wirft. Nun hat sie aber mit der Zeit nichts zu schaflFen ; denn
daß sie auf zeitliche Vorgänge angewendet werden kann, tut
nichts zur Sache. Auch kommen Anwendungen der Analysis
auf Geometrie vor, bei denen die Zeit ganz außer Betracht
bleibt. Dies ist eine Hauptschwierigkeit, auf die wir immer
wieder stoßen, wenn wir an der Hand von Beispielen der
Sache auf den Grund kommen wollen. Denn sobald wir ver-
suchen eine Veränderliche anzugeben, werden wir auf etwas
verfallen, was sich in der Zeit ändert und also der reinen
Analysis nicht angehört und doch muß es möglich sein eine
Veränderliche aufzuzeigen, die nichts der Arithmetik Fremdes
mit sich fiihrt, wenn überhaupt Veränderliche Gegenstände
der Analysis sind.
1) Diese Betrachtung soll auf FunktioneD mit einem einzigen Argu-
mente beschränkt sein.
JTas ist eine Funktion? 657
Liegt 80 schon in det Yeränderutig eine Schwierigkeit, so
stoßen wir auf eine neue, wenn wir fragen, was sich verändere.
Man erhält zunächst als Antwort: eine Größe. Suchen wir
ein Beispiel! Wir können einen Stab eine Oröße nennen, so-
fern er lang ist. Jede Veränderung des Stabes hinsichtlich
seiner Länge, wie sie z. B. durch Erwärmung erfolgen kann,
geht in der Zeit vor sich; und weder Stäbe noch Längen sind
Gegenstände der reinen Analysis. Dieser Versuch, eine ver-
änderliche Größe in der Analysis aufzuzeigen mißlingt; und
ebenso müssen viele andere mißlingen; denn weder Längen*
großen, noch Flächengrößen, noch Winkelgrößen, noch Massen-
größen sind Gegenstände der Arithmetik. Von allen Größen
gehören allein die Zahlen ihr an. und gerade weil diese
Wissenschaft es ganz dahingestellt sein läßt, durch Messung
welcher Größen die Zahlen im einzelnen Falle gewonnen sind,
ist sie der mannigfachsten Anwendung fähig. Wir fragen also:
Sind die Veränderlichen der Analysis veränderliche Zahlen?
Was sollten sie auch anders sein, wenn sie überhaupt der
Analysis angehören sollen? Wie kommt es aber, daß man
fast nie „veränderliche Zahl'' sagt, dagegen oft „veränderliche
Größe''? Dieser Ausdruck klingt annehmbarer als „veränder-
liche Zahl''; denn es steigt hierbei der Zweifel auf: gibt es
denn veränderliche Zahlen? Behält nicht jede Zahl ihre Eigen-
schaften unverändert bei? Nun, sagt man wohl, 3 und n sind
selbstverständlich unveränderliche Zahlen, Konstante; aber es
gibt doch auch veränderliche. Wenn ich z. B. sage „die Zahl,
die in Millimetern die Länge dieses Stabes angibt'S so be-
nenne ich eine Zahl, und diese ist veränderlich, da der Stab
nicht immer dieselbe Länge beibehält; also habe ich mit jenem
Ausdrucke eine veränderliche Zahl bezeichnet. Vergleichen
wir dies Beispiel mit folgendem! Wenn ich sage „der König
dieses Reiches", so bezeichne ich einen Menschen. Vor zehn
Jahren war der König dieses Reiches ein Greis, jetzt ist der
König dieses Reiches ein Jüngling. Ich habe also mit jenem
Ausdrucke einen Menschen bezeichnet, der ein Greis war und
nun ein Jüngling ist Hier muß ein Fehler sein. Der Aus-
druck „der König dieses Reiches^' bezeichnet ohne Zeitangabe
überhaupt keinen Menschen; sobald aber eine Zeitangabe hin-
zugefugt wird, kann er einen Menschen unzweideutig bezeichnen;
BolUmaoQ-FMtschrift 42
668 O. Irege.
dann ist aber diese Zeitangabe notwendiger Bestandteil des
Ausdrucks, und wir erhalten einen andern Ausdruck, wenn
wir eine andere Zeitangabe machen. Wir haben also in
unsem beiden Sätzen gar nicht dasselbe Subjekt der Aussage.
Ebenso bezeichnet der Ausdruck ^,die Zahl, die in Millimetern
die Länge dieses Stabes angibt'', ohne Zeitangabe gar keine Zahl.
Wenn eine Zeitangabe hinzugef> wird, kann eine Zahl, z. B.
1000, dadurch bezeichnet werden; diese ist dann aber un-
veränderlich. Bei einer andern Zeitangabe erhalten wir einen
andern Ausdruck, der nun auch eine andere Zahl, z. B. 1001,
bezeichnen kann. Wenn wir sagen: „Vor einer halben Stunde
war die Zahl, die in Millimetern die Länge dieses Stabes an-
gab, eine Eubikzahl; jetzt ist die Zahl, die in Millimetern die
Länge dieses Stabes angibt, keine Eubikzahl'S so haben wir
gar nicht dasselbe Subjekt der Aussage. Die 1000 hat sich
nicht etwa zur 1001 aufgebläht, sondern ist durch sie ersetzt
worden. Oder ist etwa die Zahl 1000 dieselbe wie die
Zahl 1001, nur mit anderem Gesichtsausdrucke? Wenn sich
etwas verändert, so haben wir nacheinander verschiedene Eigen-
schaften, Zustände an demselben Gegenstände. Wäre es nicht
derselbe, so hätten wir gar kein Subjekt, von dem wir die
Veränderung aussagen könnten. Ein Stab dehnt sich durch
Erwärmung aus. Während dies vorgeht, bleibt er derselbe.
Wenn er statt dessen weggenommen und durch einen längeren
ersetzt würde, so könnte man nicht sagen, daß er sich aus-
gedehnt habe. Ein Mensch wird älter; aber wenn wir ihn
nicht trotzdem als denselben anerkennen könnten, hätten wir
nichts, von dem wir das Altem aussagen könnten. Wenden
wir das auf die Zahl an! Was bleibt dasselbe, wenn eine
Zahl sich verändert? Nichts! Folglich verändert sich die
Zahl gar nicht; denn wir haben nichts, von dem wir die Ver-
änderung aussagen könnten. Eine Eubikzahl wird nie zu einer
Primzahl und eine Irrationalzahl wird nie rational.
Es gibt also keine veränderlichen Zahlen und das wird
dadurch bestätigt, daß wir keine Eigennamen für veränder-
liche Zahlen haben. Der Versuch ist uns mißlungen, mit dem
Ausdrucke „die Zahl, die in Millimetern die Länge dieses
Stabes angibt'', eine veränderliche Zahl zu bezeichnen. Aber
bezeichnen wir nicht mit „ar", „y'', „z** veränderliche Zahlen?
Was ist eine Funktion? 659
Man gebraucht wohl diese Redeweise; aber diese Bachstaben
sind nicht Eigennamen yeränderlicher Zahlen, wie ,,2" und
,,3^' Eigennamen konstanter Zahlen sind; denn die Zahlen 2
und 3 unterscheiden sich in angebbarer Weise, wodurch aber
unterscheiden sich die mit „x*' und mit ,jy^' angeblich be-
zeichneten Veränderlichen? Das ist nicht zu sagen. Wir
können nicht angeben, welche Eigenschaften x habe, und welche
davon abweichende Eigenschaften y habe« Wenn wir mit den
Buchstaben überhaupt etwas verbinden, so ist es bei beiden
dieselbe verschwommene Vorstellung. Wo scheinbar unter-
schiede erscheinen, handelt es sich um Anwendungen; aber von
solchen sprechen wir hier nicht. Da wir nicht vermögen, jede
Veränderliche in ihrer Besonderheit aufzufassen, können wir
den Veränderlichen keine Eigennamen beilegen.
Einige der angefahrten Schwierigkeiten hat Hr. E. Czuber
zu vermeiden gesucht ^) um die Zeit loszuwerden, erklärt er
die Veränderliche als eine unbestimmte Zahl. Aber gibt es
unbestimmte Zahlen? Sind die Zahlen einzuteilen in be-
stimmte und unbestimmte? Gibt es unbestimmte Menschen?
MuB nicht jeder Gegenstand bestimmt sein? Aber ist nicht die
Zahl n unbestimmt? Die Zahl n kenne ich gar nicht j,n'' ist
nicht der Eigenname irgend einer Zahl, weder einer bestimm-
ten noch einer unbestimmten. Und doch sagt man zuweilen
„die Zahl 7^". Wie ist das möglich? Solcher Ausdruck muß
im Zusammenhang betrachtet werden. Nehmen wir ein Beispiel!
„Wenn die Zahl n gerade ist, so ist cos nn = 1.'^ Hier hat
nur das Ganze einen Sinn, weder der Bedingungssatz für sich
noch der Folgesatz für sich. Die Frage, ob die Zahl n gerade
sei, kann gar nicht beantwortet werden, ebensowenig, ob
cos n ;r = 1 sei. Dazu müßte „n^' ein Eigenname einer Zahl
sein, die dann notwendig eine bestimmte wäre. Man schreibt
den Buchstaben „n", um Allgemeinheit zu erzielen. Voraus-
setzung ist dabei; daß wenn man ihn durch den Eigennamen
einer Zahl ersetzt, sowohl der Bedingungssatz als auch der
Folgesatz einen Sinn erhält
Freilich kann man hier von Unbestimmtheit reden; doch
1) VorlesuDgeD über Differential- and Integralrechnung. Leipzig,
Teubner, 1. § 2.
42»
660 0. Frege.
st „unbestimmt^' hier kein Beiwort zu ,,ZahP', sondern ein
Adverb etwa zu „andeuten^'. Man kann nicht sagen, daß j^n*^
eine unbestimmte Zahl bezeichne, wohl aber^ daß es Zahlen
unbestimmt andeute, und so ist es immer, wo Buchstaben
in der Arithmetik gebraucht werden^ mit Ausnahme der wenigen
Fälle [n^ e, t), wo sie als Eigennamen auftreten; dann bezeich-
nen sie aber bestimmte, unveränderliche Zahlen. Es gibt also
keine unbestimmte Zahlen, und dieser Versuch des Hm. Czuber
ist mißlungen.
Zweitens sucht er dem Mangel abzuhelfen, daß man keine
Veränderliche von andern unterscheidend fassen kann. Er
nennt die Gesamtheit der Werte, die eine Variable annehmen
kann, den Bereich der Variablen und sagt: „Die Variable x
gilt als definiert, wenn von jeder reellen Zahl, die man be-
zeichnet, festgesetzt werden kann, ob sie dem Bereiche an-
gehört oder nicht''. Sie gilt als definiert; aber ist sie es auch?
Da es keine unbestimmte Zahlen gibt^ ist es unmöglich, irgend-
eine unbestimmte Zahl zu definieren. Der Bereich wird als
das die Variable Kennzeichnende hingestellt. Danach hätten
wir bei demselben Bereiche dieselbe Variable. Folglich wäre
bei der Gleichung „y = i^^ y dieselbe Variable wie ar, wenn
der Bereich von x der der positiven Zahlen ist.
Dieser Versuch muß als gescheitert betrachtet werden,
zumal der Ausdruck „eine Variable nimmt einen Wert an"
ganz unklar ist. Eine Variable soll eine unbestimmte Zahl
sein. Wie macht es nun eine unbestimmte Zahl, eine Zahl
anzunehmen; denn der Wert ist offenbar eine Zahl. Nimmt
etwa auch ein unbestimmter Mensch einen bestimmten an?
Sonst sagt man wohl, daß ein Gegenstand eine Eigenschaft
annehme; hier maß die Zahl beide Rollen spielen; als Gegen-
stand wird sie Variable oder veränderliche Größe, als Eigen-
schaft wird sie Wert genannt. Darum also zieht man das
Wort „Größe" dem Worte „Zahl" vor, weil man sich darüber
täuschen muß, daß die veränderliche Größe und der Wert,
den sie angeblich annimmt, im Grunde dasselbe sind, daß
man gar nicht den Fall hat, wo ein Gegenstand nacheinander
verschiedene Eigenschaften annimmt^ daß also von Verände-
rung in keiner Weise die Rede sein kann.
Hinsichtlich der Veränderlichen hat sich uns folgendes
JTas ist eine Funktion? 661
ergeben. Veränderliche Größen können zwar anerkannt wer-
den, gehören aber nicht der reinen Analysis an. Veränder-
liche Zahlen gibt es nicht. Das Wort ^^Veränderliche'' hat
mithin in der reinen Analysis keine Berechtigang.
Wie gelangen wir nnn von der Variabein zur Funktion?
Dies wird wohl im wesentlichen immer in derselben Weise
geschehen, und wir folgen darum der Darstellung des Um.
Czuber, er schreibt im § 3:
„Wenn jedem Wert der reellen Variabein ar, welcher
ihrem Bereiche angehört, eine bestimmte Zahl y zugeordnet
ist, so ist y im allgemeinen auch als Variable definiert und
wird eine Funktion der reellen Variabein x genannt. Man
drückt diesen Sachverhalt durch eine Gleichung von der Form
y = f{x) aus."
Hier fällt zunächst auf, daß y eine bestimmte Zahl ge-
nannt wird, während es doch als Variable eine unbestimmte
sein müßte, y ist weder eine bestimmte, noch eine unbestimmte
Zahl ; sondern das Zeichen „y" ist fehlerhafterweise mehreren
Zahlen beigelegt worden, und nachher wird doch so gesprochen,
als ob es nur eine einzige wäre. Einfacher und klarer wäre
der Fall wohl so darzustellen. Jeder Zahl eines 4>Bereiches
ist eine Zahl zugeordnet Die Gesamtheit dieser Zahlen nenne
ich den y-Bereich. Freilich haben wir so zwar einen y-Bereich,
aber kein y, von dem wir sagen könnten, daß es eine Funktion
der reellen Variabein x sei.
Nun scheint die Abgrenzung der Bereiche für die Frage
nach dem Wesen der Funktion unwesentlich zu sein. Warum
können wir nicht gleich die Gesamtheit der reellen Zahlen
oder die Gesamtheit der komplexen Zahlen mit Einschluß der
reellen als Bereich annehmen? Der Kern der Sache liegt
doch wohl ganz wo anders, nämlich in dem Worte „zugeordnet'^
verborgen. Nun, woran merke ich, ob die Zahl 5 der Zahl
4 zugeordnet sei? Die Frage ist unbeantwortbar, wenn sie
nicht irgendwie ergänzt wird. Und doch scheint es nach der
Czuber sehen Erklärung so, als ob es ftir je zwei Zahlen ohne
weiteres bestimmt sei, ob die erste der zweiten zugeordnet
sei oder nicht. Glücklicherweise fügt Hr. Czuber die Be-
merkung hinzu:
662 0. Freffe.
■•
,,über das Gesetz der Zuordnung, das in allgemeinster
Weise durch die Charakteristik f angedeutet ist, enthält die
obige Definition keine Aussage ; es kann in der mannigfachsten
Weise festgesetzt sein/'
Also die Zuordnung geschieht nach einem Gesetze, und
es sind verschiedene solche Gesetze denkbar. Nun dann bat
der Ausdruck ,,y ist eine Funktion von x^^ keinen Sinn, wenn
er nicht durch die Angabe des Gesetzes ergänzt wird, nach
dem die Zuordnung geschieht. Dies ist ein Fehler der De-
finition, und ist nicht das Gesetz, das die Erklärung als nicht
vorhanden behandelt, eigentlich die Hauptsache? Wir be-
merken, daB damit die Veränderlichkeit ganz unsern Blicken
entschvninden ist, während die Allgemeinheit in unsern Ge-
sichtskreis tritt; denn auf sie deutet das Wort „Gesetz^' hin.
Die Unterschiede der Gesetze der Zuordnung werden mit
den unterschieden der Funktionen zusammenhängen, und sie
können nicht mehr als quantitative gefaßt werden. Denken
wir nur einmal an die algebraischen Funktionen, an die
Logarithmusfunktion ^ an die elliptischen Funktionen, so
überzeugen wir uns sofort, daB es sich hier um qualitative
Unterschiede handelt; ein Grund mehr, die Funktionen nicht
als Veränderliche zu erklären. Wären sie Veränderliche, so
wären die elliptischen Funktionen elliptische Veränderliche.
Im allgemeinen drücken wir ein solches Gesetz der Zu-
ordnung durch eine Gleichung aus, auf deren linker Seite der
Buchstabe ,,y" steht, während rechts ein ßechnungsausdruck
erscheint, bestehend aus Zahlzeichen, Rechnungszeichen und
dem Buchstaben „ar^*, wie z. B.
„y = x2 + 3a:"
Als solchen Rechnungsausdruck hat man nun die Funk-
tion definiert. In neuerer Zeit ist dieser Begriff zu eng ge-
funden worden. Indessen wäre dieser Ubelstand durch Ein-
führung neuer Zeichen in die arithmetische Zeichensprache
wohl zu vermeiden. Schwerer wiegt ein anderer Einwand,
daß nämlich der Rechnungsausdruck als Gruppe von Zeichen
gar nicht in die Arithmetik gehört. Die formale Theorie,
welche als Gegenstände dieser Wissenschaft die Zeichen aus-
gibt, kann ich wohl als endgültig abgetan ansehen durch meine
fTas üt eine Funktion? 663
Kritik im zweiten Bande meiner Grundgesetze der Arithmetik.
Zwischen Zeichen und Bezeichnetem ist nicht immer scharf
unterschieden worden, so daß man unter einem Beohnungs-
ausdrucke {expressio analytica) halb und halb auch dessen Be-
deutung verstanden hat Was bezeichnet nun ,^^ + 3 x*'?
Eigentlich gar nichts, da der Buchstabe ,^^' Zahlen nur an-
deutet, nicht bezeichnet. Ersetzen wir ,^** durch ein Zahl-
zeichen, so erhalten wir einen Ausdruck, der eine Zahl be-
zeichnet, also nichts Neues. Wie „x** selbst deutet ,jx^ + 3 x'^
nur an. Dies kann geschehen, um Allgemeinheit auszudrücken,
wie in den Sätzen
„x>+3ar = ar.(ar + 3)",
„wenn x >0, so ist ar* + 3 ar > 0*'.
Wo bleibt nun aber die Funktion? Weder der Bechnungs-
ausdruck selbst, noch seine Bedeutung scheint daf&r genom-
men werden zu können, und doch sind wir wohl nicht gar
zu weit vom Richtigen entfernt Von den Ausdrücken „sin 0'^,
„sin V^, „sin 2'< bedeutet jeder eine besondere Zahl; aber wir
haben einen gemeinsamen Bestandteil „m'S ^ ^^™ ^^ ^^
eigentliche Wesen der Sinusfunktion bezeichnet finden. Dieses
„sin^* entspricht wohl dem ,/^', Ton dem Hr. Czuber sagt,
daß es das Gesetz andeute, und zwar ist der Obergang Ton
„/*" zu „«n" ähnlich wie der von „a" zu „2" ein Übergang von
einem Zeichen, das andeutet, zu einem Zeichen, das be-
zeichnet. Demnach würde „sin" ein Gesetz bedeuten. Das
stimmt freilich nicht ganz. Das Gesetz scheint uns eher in
der Gleichung „y = 8ina:'* ausgedrückt zu sein, von der das
Zeichen „sin*' nur ein Teil ist, allerdings der die Besonderheit
des Gesetzes kennzeichnende, und haben wir hier nicht das,
was wir suchen, die Funktion? Also wird auch „/*** genau ge-
nommen eine Funktion andeuten. Und hier kommen wir auf
das, wodurch sich die Funktionen von den Zahlen unter-
scheiden. Das „sin" bedarf nämlich einer Ergänzung durch
ein Zahlzeichen, das aber nicht zur Bezeichnung der Funktion
gehört Dies gilt allgemein: das Zeichen einer Funktion ist
ungesättigt, bedarf der Ergänzung durch ein Zahlzeichen, das
wir dann Argumentzeichen nennen. Wir sehen dies auch beim
Wurzelzeichen, beim Logarithmuszeichen. Die Funktionszeichen
664 6. Prege.
Idhmen nicht wie die Zahlzeichen anf einer Seite einer Glei-
efanng allein yorkommen, sondern nur ergänzt durch ein Zeidien,
das eine Zahl bezeidinet oder andeutet. Was bedeutet nun
eine solche Verbindung aus einem Funktionszeichen und einem
Zahlzeichen, ine ,,sin 1*^, »^1^ »»'1''? Jedesmal eine Zahl.
So erhalten irir Zahlzeichen, die aus zwei ungleichartigen
Teilen zusammengesetzt sind, indem der ungesättigte durch den
andern ergänzt wird.
Man kann diese Ergänzungsbedürftigkeit durch leere
Klammem sichtbar machen, z. B. „8in( Y oder „( )' + 8-( )'^-
Obwohl dies eigentlich das Sachgemä£este ist und am besten
geeignet, der Verwirrung zu wehren, die dadurch entsteht, daß
man das Argumentzeichen als Teil des Funktionszeichens an-
sieht, wird diese Bezeichnung wohl keine Annahme finden. ^)
Man kann auch einen Budistaben zu diesem Zwecke verwenden.
Wählen wir als solchen „l'', so sind „sin |" und „|' + 3 . |^
Zeichen von Funktionen. Es muß dabei aber festgehalten
werden, daß „^' hier nur die Au%abe hat, die Stellen kennt-
lich zu madien, wo das ergänzende Zeichen einzutreten hat.
Man wird gut tun, diesen Buchstaben zu keinem anderen
Zwecke zu yerwenden, also z. B. nicht statt des ,^', das in
unsem Beispielen zum Ausdrucke der Allgemeinheit dient
Es ist ein Mangel der gebräuchlichen Bezeichnung des
Differentialquotienten, daß der Buchstabe ,^'' dabei sowohl
die Argumentstellen kenntlich machen, als auch zum Aus-
drucke der Allgemeinheit dienen soll, wie in der Gleichung
d cos -rr , ..
2 1 . a? "
sin
„ dx 2 2
Daraus ergibt sich eine Schwierigkeit Nach den allgemeinen
Orundsätzen des Buchstabengebrauchs in der Arithmetik müßte
man auf einen besonderen Fall kommen, wenn man für ^,x**
ein Zahlzeichen einsetzt. Aber der Ausdruck
dCOSy
„ rf2
1) Sie- ittt flbrigens nur för den Aasnahmefedl gemeint, wo man
eine Funktion ganz isoliert beieichnen will. In ^^%m 2" bezeichnet
«m'' aUein schon die Funktion.
w
Was ist eine Funktion? 666
ist unverstandlich, weil die Funktion nicht erkennbar ist Wir
wissen nichts ob sie
cos^ oder cos^r^ oder cos 7-^
sei. Dadurch sind wir zu der schleppenden Schreibweise
X ^ "
dcos —
„ \ äx /z=2
genötigt. Der größere Nachteil ist aber wohl der, daß die
Einsicht in das Wesen der Funktion dadurch erschwert wird.
Der Eigentümlichkeit der Funktionszeichen, die wir ün-
gesättigtkeit genannt haben, entspricht natürlich etwas an den
Funktionen selbst. Auch diese können wir ungesättigt nennen
und kennzeichnen sie dadurch als grundverschieden von den
Zahlen. Freilich ist das keine Definition; aber eine solche
ist hier auch nicht möglich. ^) Ich muß mich darauf be-
schränken, durch einen bildlichen Ausdruck auf das hinzu-
weisen, was ich meine, und bin dabei auf das entgegen-
kommende Verständnis des Lesers angewiesen.
Wird eine Funktion durch eine Zahl zu einer Zahl er-
gänzt, so nennen wir diese den Wert der Funktion für jene
als Argument. Man hat sich gewöhnt, die Gleichung „y s= f{x)"
zu lesen: „y ist eine Funktion von ar". Büerin sind zwei Fehler:
erstens übersetzt man das Gleichheitszeichen durch die Kopula;
zweitens verwechselt man die Funktion mit ihrem Werte für
ein Argument Aus diesen Fehlem ist die Meinung entstanden,
die Funktion sei eine Zahl, wenn auch eine veränderliche oder
unbestimmte. Wir haben dagegen gesehen, daß es solche
Zahlen überhaupt nicht gibt, und daß die Funktionen von den
Zahlen grundverschieden sind.
Das Streben nach Kürze hat viele ungenaue Ausdrücke
in die mathematische Sprache eingeführt, und diese haben
rückwirkend die Gedanken getrübt und fehlerhafte Definition
1) Die Definition, die H. Hankel in seinen Untersuchungen über
die unendlich oft oszillierenden und unstetigen Funktionen (Universitäts-
programm, Tübingen 1870) i:j 1 gibt, ist wegen eines fehlerhaften Zirkels
unbrauchbar, indem sie den Ausdruck ,/(a;)" enthält, der zu seiner Er-
klärung das zu Definierende voraussetzt
666 0. Prege. Was ist eine Funktion?
zawege gebracht Die Mathematik sollte eigentlich ein
Muster von logischer Klarheit sein. In Wirklichkeit wird man
vielleicht in den Schriften keiner Wissenschaft mehr schiefe
Ausdrücke und infolgedessen mehr schiefe Gedanken finden,
als in den mathematischen. Niemals sollte man die logische
Richtigkeit der Kürze des Ausdrucks opfern. Deshalb ist es
von großer Wichtigkeit, eine mathematische Sprache zu scha£fen,
die mit strengster Genauigkeit möglichste Kürze verbindet.
Dazu wird wohl am besten eine Begri£fs8chrift geeignet sein,
ein Ganzes von Regeln, nach denen man durch geschriebene
oder gedruckte Zeichen ohne Vermittelung des Lautes un-
mittelbar Gedanken auszudrücken vermag.
(Eingegangen 28. September 1998.)
667
84. Ober den PotentialYerlanf bei der
unselbständigen Elektrizilfttsleitnng dnrch Gase fflr
den Fall des Sättignngsstromes.
Von H. Starke in Berlin.
Einteilung: der Arten uneelbst&ndiger ElektriaitfttBleitons:
in Oasen*
Die uns bekannten Fälle der rein unselbständigen Ellek-
trizitätsleitung in Gasen^ d. h. derjenigen Leitung^ bei welcher
das Leitungsvermögen des Gases durch äußere Mittel, nicht
durch die Strömung selbst, erzeugt wird, lassen sich, vom
ionentheoretischen Standpunkt aus betrachtet, in zwei Haupt-
gruppen teilen, deren eine dadurch gekennzeichnet ist, daß
lonenerzeugung im ganzen Raum zwischen den Elektroden vor
sich geht, und deren andere die Fälle enthält, in welchen die
lonenerzeuguDg nur an der Oberfläche einer oder beider Elek-
troden stattfindet.
Je nachdem beide Arten von Ionen, die positiven und
negativen, oder nur die einen derselben vorhanden sind, zer-
fallen diese Hauptgruppen in eine Reihe von Unterabteilungen,
welche durch folgende Arten der lonenerzeugung gegeben sind:
L Volumenionisation. Im ganzen Volumen des Leitungs-
raumes werden gleichmäßig Ionen erzeugt. Spezialfälle:
1 . Positive und negative Ionen entstehen in gleicher Zahl
im ganzen Volumen des Leitungsraumes. (Röntgen-, Becquerel-
strahlen, Flammengase, heiße Gase.)
2. Es werden im ganzen Volumen nur Ionen einer Art
erzeugt.
a) Nur positive. (Einblasen von Luft durch ein Rohr,
in welchem sich ein rotglühender, positiv geladener Platindraht
befindet.)
b) Nur negative. (Einblasen von Luft durch ein Rohr,
in welchem sich ein negativ geladener, weißglühender Platin-
draht befindet.)
668 H. Starke.
n. Oberflächenionisaäan an den Elektroden.
1. An der Anode werden positive, an der Kathode nega-
tive Ionen frei. (Leitung zwischen zwei glühenden Platindrähten
in Luft, wobei der als Kathode dienende weiß glühen muß).
2. An der Anode werden positive Ionen frei. (Anode ein
rotglühender Draht in Luft.)
3. An der Kathode werden negative Ionen frei. (Kathode
ein glühender Draht in Wassersto£f, weißglühender Draht in
Luft, oder eine ultraviolett bestrahlte, photoelektrisch wirk-
same Mektrode.)
In diese Gruppe II gehören endlich auch noch die Fälle
unsymmetrischer Volumenionisation ^ bei welchen Erzeugung
beiderlei Ionen nur in unmittelbarer Nähe von beiden Elek-
troden oder einer derselben stattfindet. Dies geschieht, wenn
an zwei gegenüberstehenden Elektrodenplatten bez. an einer
derselben eine Flamme oder ein Bündel Röntgenstrahlen ent-
langstreicht, oder angenähert auch, wenn sich auf den Platten
eine Schicht radioaktiver Substanz befindet, welche stark ab-
sorbierbare a-Strahlen aussendet. Diese Fälle verhalten sich
bezüglich der Leitung ähnlich wie die Fälle 1 bez. 2 oder
3, weil von den an einer Elektrode erzeugten Ionen nur die-
jenigen eines, nämlich des dem Vorzeichen der Elektrode
gleichen Vorzeichens die Leitung von der Elektrode weg über-
nehmen.
Berechnung des Fotentialverlaufs und der räumlichen Dichte
ftreier Elektriait&t in den genannten Fällen von Gasleitung für
den Fall des Sättigungsstromes.
Präzisierung der Aufgabe. Vereinfachende Annahmen : Fehlen
von Bekombinationj Neubildung durch Stoß und Beschleunigung
der Ionen.
Im folgenden soll die Verteilung freier Elektrizität und
der durch sie bedingte Verlauf des Potentialgradienten zwischen
den Elektroden für die eben erwähnten Arten der Elektrizitäts-
leitung berechnet werden. Es soll dabei angenommen werden,
wir hätten eine geradlinige Strömung zwischen zwei einander
gegenüberstehenden großen Elektrodenplatten vor uns, so daß
also das Potential als nur von einer Koordinate, welche senk-
recht auf den Elektrodenplatten ist, abhängig betrachtet werden
darf. Es soll femer der vereinfachte Fall angenommen werden.
PotetUialverlauf bei unselbständiger Elektrizitätsleitung, 669
es würden alle Ionen zar Stromleitung verbraucht^ d. h. es
fände keine Rekombination von Ionen statt Diese Annahme
gut dann genau, wenn der Sättigungsstrom erreicht ist Die
Stromstärke muß dann auf alle Fälle, sowohl bei Volumen-
wie bei Oberflächenionisation, vollständig unabhängig von der
PotentialdiiTerenz der Elektroden sein, sobald die Ionisation
selbst, d. h. die Zahl der pro sec erzeugten Ionen nicht etwa
durch das Feld geändert wird.
Dies findet für sehr hohe Potentiale bekanntlich statt,
indem die Stromstärke bei einer gewissen Feldstärke wieder
zu wachsen beginnt Die Erklärung hierfür ist durch J. J.
Thomson gegeben worden. Der Strom selbst erzeugt im Gas-
volumen neue Ionen beiderlei Vorzeichens, indem die in ihm
bewegten Ionen durch Anprall an Gasmoleküle, wie man sagt
durch „lonenstoß", neue Ionen erzeugt. Dadurch verliert der
Strom aber seinen „unselbständigen^^ Charakter. In dem Falle
einer lonenerzengung an der Oberfläche einer Elektrode durch
irgend einen an der Grenze der Elektrode gegen das um-
gebende Gas stattfindenden Vorgang, wie z. B. bei dem Frei-
werden negativer Teilchen aus bestrahltem, photoelektrisch
empfindlichem Metall, kann dieses Freiwerden auch von der
Feldstärke an der Oberfläche abhängen und dadurch eine Ver-
änderlichkeit des Stromes mit der Potentialdifferenz der
Elektroden trotz erreichten Sättigungsstromes bewirken. Dies
hat auf die kommenden Betrachtungen keinen Einfluß. Be-
dingung für dieselben ist nur die Existenz des Sättigungs-
stromes, d. h. das Fehlen einer Wiedervereinigung von Ionen,
und ein rein unselbständiger Charakter der Strömung, d. h. das
Fehlen einer Bildung von neuen Ionen infolge einer erlangten
Grenzgeschwindigkeit bereits bestehender. Femer ist in den
Betrachtungen durchweg das Fehlen einer Beschleunigung der
Ionen, d. h. es ist immer ihre Geschwindigkeit der Feldstärke
proportional angenommen worden, eine Annahme, welche erst
bei niederen Drucken ihre Berechtigung verliert.
/. Fall, Im ganzen Volumen des Leitungsraumes zwischen
zwei Platten A und B mit dem Abstand l werden gleichmäßig
Ionen erzeugt, und zwar pro Sekunde und ccm N positive, N
negative; ihre Ladung sei e, ihre Geschwindigkeiten pro
670 H. Starke.
Volt/cm v^y o^. Dieser allgemeine Fall findet statte wenn man
irgendwie beliebig ionisirte Luft zwischen die Platten bläst,
80 daß der Baum gleichmäßig erfüllt isi^)
In einem Volumenelement in der Entfernung x von der
Anodenplatte mögen sich + und — Ionen von der im statio-
nären Zustand unveränderlichen Dichte n^ und n^ befinden.
Das Potential an der Stelle des Volumenelementes sei V. Dann
sind die Stromstärken pro qcm t^ und i^, welche durch die
Bewegung der positiven bez. negativen Teilchen an der Stelle
des Volumenelementes entstehen^ gegeben durch:
^^ AT
p p p dx P
Es folgt hieraus:
n SS — - - ' n SS — ---
^P dV "«
(2)
(3)
dV " dV
fl» Nn l - X V, *
(4) ^ »" dV - -6 '
wo o die räumliche Dichte freier Elektrizität. Diese letztere
ist aber mit der Änderung des Potentialgradienten durch die
Poissonsche Gleichimg verbunden, welche sich in diesem Fall
auf die einfache Form reduziert:
d»V .
Unter Berücksichtigung des ümstandes, daß V in Richtung
der positiven x abnimmt, also dVjdx negativ ist, lassen wir
das negative Vorzeichen fort und schreiben:
Diese Gleichung besagt dann, daß an einer Stelle, wo der ab-
solute Wert des Gefälles mit wachsendem x abnimmt^ sich
1) Dieser Fall iat bereits von J. J. Thomson allgemein behandelt
worden. Seine Berechnung ist hier wegen der Gegenüberstellung der
Ergebnisse mit denen des Fall II durchgeführt.
Potentialverlauf bei unselbständiger Mektrizitätsleiiunff, 671
freie negative, wo er zanimmt, freie positive Elektrizität be-
findet
Die Gleichungen (4) nnd (5) bestimmen das Potentialgefälle
durch die Gleichung:
(5')
WO
d(—Y
dx fp V«
Die Integration der Gleichung (5) ergibt:
Femelr ist:
cPF Cx- C .
» \nQ .
(7) dx"^
/F^^'
xAr Q"
Aus den beiden letzten Gleichungen kann man den Verlauf
des Potentialgradienten und der räumlichen Dichte freier Elek-
trizität direkt ablesen. Gleichung (6) ist diejenige einer
Hyperbel. Die Kurve, welche dy\dx als Funktion des Ortes
darstellt, ist eine Hyperbel, welche ihren Scheitelpunkt an der
Stelle X = C I C hat. Es ist die Stelle kleinsten Potential-
gefälles.
An derselben Stelle ist die räumliche Dichte freier Elek-
trizität gleich Null. Für größere x, d. h. von der positiven
Platte aus jenseits des Scheitelpunktes ist die räumliche Dichte
positiv, die positiven Ionen sind im Überschuß.
Für kleinere x gilt dasselbe von den negativen Ionen.
Die Kurve, welche den Verlauf des Potentials zwischen den
Platten darstellt, hat an der Stelle x = C I C einen Wende-
punkt.
Die Stelle ist gegeben durch:
0' N^lv,
X s=
C N,Vn + Nn Vp
oder:
X NnVp
/- X Np9n *
672 H. Starke.
Von vorwiegendem Interesse ist der
erste Spezialfall: Erfolgt die Ionisation zwischen den Platten,
wie im Fall der Böntgenstrahlen, so werden pro com gleichiiel
negative und positive Ionen erzeugt. Es ist N^^ N^ also :
d, II die Abstände des Wendepunktes in der Potentialkurve van
der positiven und negativen Platte verhalten sich wie die Bewege
Uehkeiten der positiven und negativen Ionen. Die Lage des
Wendepunktes ist unabhängig von der Stärke N der Ionisierung,
d. A. von der Intensität der Itontgenstrahlen.
Je größer z. B. die G-eschwindigkeit der negativen Ionen
ist, desto weiter rückt der Wendepunkt in der Potentialkurve,
d h. der Scheitelpunkt der den Verlauf des Potentialgradienten
darstellenden Hyperbel, von der Kathode fort, und desto steiler
wird daher der Potentialfall an der Kathode, und desto flacher
derjenige an der Anode.
Die Kurve des Potentialverlaufs zwischen zwei Platten,
welche sich in röntgenbestrahlter Luft befinden, hat C. D. Child
festgestellt Der Wendepunkt ist von der negativen Platte
weiter entfernt als von der positiven, der Potentialfall steiler
an der Kathode als an der Anode. Die Geschwindigkeit der
negativen Teilchen ist also die größere.
Von wesentlich geringerer Bedeutung ist der
zweite Spezialfall, daß in jedem ccm des leitenden Raumes
nur Ionen einer Art, N^ oder N^ pro sec an Zahl, neu ge-
schaffen werden. Dies kann nur durch lonenzufuhr von außen
geschehen. Die Stromstärke des im Fall der Zufuhr von nur
positiven Ionen von der Anodenplatte ß nach A gerichteten
Stromes nimmt dabei von B nach A hin von Null bis zu
dem Wert
I=^N^le
an der Platte Ä linear zu. An einer Stelle, welche die Ent-
fernung X von B haty ist
I = ßf^xe = n^v^—z — e
p P P dx
und:
Potentialverlauf bei unselbständiger Elektrizitätsleitung, 673
w_ = -^^^^^-
dV 4ne dx* '
daher:
(5a)
'^ dx
\dx I _ SneNp _ ^
WO
da; f^p
C=8ne^.
^p
Es folgt durch Integration:
(7 a) rf«*
l/fi
^ «• + C"
Die Gleichungen (5 a) bis (7 a) folgen aus den entsprechenden
Gleichungen (5) bis (7) des allgemeineren Falles durch Einsetzen
von N = 0.
n
Der Verlauf von dVjdx ist der einer Hyperbel, welche ihren
Scheitelpunkt für ar = 0 also an der Anodenplatte hat. C"
ist das Quadrat des Gefälles dicht an der Anode, dl%o positiv.
An der Anode ist d^F/dx^ = 0, also die räumliche Dichte
freier Elektrizität gleich Null. Der Potentialfall ist an der
Kathode am größten, wie auch die Dichte positiver Ionen.
Die Potentialkurve hat keinen Wendepunkt. Dieser ist in die
Anode gerückt.
Den Fall des Vorhandenseins nur negativer Ionen erhält
man durch Einsetzen von -iV^ = 0 in die Gleichungen (5) bis
(7). Auch hier ist der Verlauf der Kurve des Potential-
gradienten eine Hyperbel, welche ihren Scheitelpunkt indessen
in der Kathode hat. Der größte Potentialfall ist an der
Anode, ebenso die größte Dichte negativer Ionen.
IL Fall, Es findet nur an der Oberfläche der Elektroden
Ionisation statt, derart, daß pro qcm und Sekunde aus der
Anode N^ positive, aus der Kathode N^ negative Ionen erzeugt
werden. Oder es findet in sehr dünner Gasschicht dicht an
den Oberflächen der Elektroden lonenerzeugung statt, so daß
an der Anode N positive und negative, an der Kathode iV
BolUmaim-FesUchrirt. 43
674
U, Starke.
positive und negative Ionen erzeugt werden. Es gelangen in
diesem Fall in den Baum zwischen den Elektroden nur die
Ionen, welche ein dem Vorzeichen der Elektrode, an welcher
sie entstehen, gleiches Vorzeichen hahen (s. Einleitung).
Dieser Fall unterscheidet sich prinzipiell von dem vorigen
dadurch, daß es die Eontinuitätshedingung hier erfordert, daß
im Fall der stationären Strömung sowohl t^ als i^ sich mit
dem Ort nicht verändern, sondern an jeder Stelle zwischen den
Platten gleiche Werte haben. Die positive Stromstärke i^ und
die negative i^ haben nämlich in jedem beliebig gelegeneu
Volumenelement die Werte
(1)
I = w ü„ e —z — = JV^e,
p 9 p dx P
X'n
dV .r
Es folgt hieraus f&r die Zahlen n^, \ der in einem be-
liebig gelegenen Raumelement vorhandenen positiven bez.
negativen Ionen:
(2)
%
=
Np
dV
'^ dx
>
»«
=:=
dV
n
dx
und für ihr Verhältnis und ihre DifiFerenz:
(3)
(4)
n.
N^
N,
\ - "n
- dV \\ p, ) -
d
dx
d'V
ine dx*
(5)
Aus der letzten Gleichung folgt:
d-D"
dx \Vp Vn I
= 6>,
und durch Integi'ation :
6, (-)'- c. + c:
Potentialverlauf hei unselbständiger Elektrizitätsleitung, 675
Aus den Gleichungen ist folgendes ersichÜich:
Im allgemeinsten Fall, daß eine verschiedene Anzahl posi-
tiver und negativer Ionen produziert wird, deren Geschwindig-
keiten auch verschieden sind, ändert sich das Gefälle zwischen
den Platten mit dem Ort. Die Gleichung, welche das Gefälle
als Funktion des Ortes darstellt, ist die einer Parabel, der
Differentialquotient
dx
ist eine konstante Größe. Er ist positiv, d. h. das Gefälle
nimmt von der Anode aus nach der Kathode hin zu, wenn
im entgegengesetzten Fall nimmt das Gefälle ab. Im ersteren
Falle ist im ganzen Raum ein Überschuß von positiven, im
letzteren ein solcher von negativen Ionen.
Im Falle
Vp r,
ist das Gefälle konstant und in jedem Volumenelement gleich
viel positive und negative Ionen.
Man sieht daraus, daß, wenn auch gleichviel, oder gar
mehr negative als positive Ionen erzeugt werden, doch überall
zwischen den Elektroden ein Überschuß von positiven Ionen,
nirgends ein solcher der negativen vorhanden sein kann, näm-
lich dann, wenn die Geschwindigkeit der negativen Teilchen
entsprechend größer ist als diejenige der positiven. Der ,
Potentialverlauf zwischen den Elektroden ist dann so, daß das
größere Gefälle an der Kathode liegt, und das Gefälle all-
mählich nach der Anode hin abnimmt. In dem speziellen
Fall, daß an beiden Elektroden gleichviel positive und nega-
tive Teilchen erzeugt werden iV^ = iV^, braucht nur v^ g v^ zu
sein, um im ganzen Raum die positiven oder negativen Ionen vor-
wiegen zu lassen. Bei gleicher lonengeschwindigkeit sind dann
keine räumlichen Ladungen vorhanden, das Gefälle konstant.
Die Gleichungen (2) und (3) zeigen, daß das Verhältnis der
Zahlen positiver und negativer Ionen unter allen Umständen über-
all dasselbe ist, daß aber dasselbe von den Zahlen selbst nur
43»
676 H. Starke.
im Fall konstanten Potentialgefälles gilt Sonst nimmt
die Dichtigkeit beider lonenarten nach der Elektrode, an
welcher das Gefälle herrscht, ab. Die Leitfähigkeit ist dort
gering.
Die Besprechung des Potentialverlaufs in den Spezialfällen,
daß nur positive oder nur negative Ionen an einer der Elek-
troden erzeugt werden, ist schnell erledigt. Der Charakter
desselben bleibt der gleiche; ein Fehlen von z. B. positiven
Ionen {N^ = 0) bewirkt dasselbe wie eine sehr große Ge-
schwindigkeit derselben. Der Potentialfall liegt an der Anode
(Fall des photoelektrischen Stromes. Versuche, die ich darüber
anstellte, entsprachen dieser Erwartung]. Ein Fehlen von nega-
tiven Ionen bewirkt dasselbe wie eine große Geschwindigkeit
derselben (Fall des Potentialverlaufs zwischen einem rot-
glühenden Platindrahtgeflecht als Anode und einer gegenüber-
gestellten Metallplatte als Kathode. Messungen, welche ich über
diesen Fall anstellte, ergaben, daß der Fall an der Kathode liegt
Ganz derselbe ist der Potentialverlauf bei der unsymme-
trischen Volumenionisation. Für den Fall, daß die einer Platte
benachbarte Schicht mit Röntgen- oder Becquerelstrahlen ioni-
siert wird, hat Hr. E. Rutherford, für den Fall, daß an
einer Platte eine Flamme entlang streicht, Hr. C. D. Child
den Potentialverlauf bestimmt. In beiden Fällen nimmt der
Potentialgradient nach der Platte hin, an welcher nicht die
Ionisation stattfindet, zu. Das Hauptgefälle des Potentials liegt
also an der außerhalb des lonisationsherdes befindlichen Elek-
trode.
Von Interesse ist der Fall der Elektrizitätsleitung in
Flammen, weil hier die Meinungen auseinander gehen, ob
Oberfläclienionisation an den Elektroden oder Volum endisso-
ziatiou im ganzen Flammeninneren stattfindet. Jedenfalls ist
die Geschwindigkeit des negativen Ions, welches mit dem Elek-
tron identisch zu sein scheint, unverhältnismäßig größer als
die des positiven Ions. Dann hat aber der Potentialverlauf
Ähnlichkeit in den beiden Fällen, nur verläuft der Potential-
gradient im Falle der Oberflächenionisation bei Sättigungsstrom
parabolisch und im Falle der Volumendissoziation hyperbolisch.
Auch muß im letzteren Falle noch eine geringe Zunahme des
Gefälles an der Anode stattfinden, wenn nicht das Ge-
Potentialverlauf bei unselbständiger Elektrizitatsleitang, 677
schwindigkeitsYerhältnis unendlich wird. Meine Anschauungen
über die Natur der Flammenleitung und die Gründe^ welche
nach meiner Ansicht für eine Erzeugung der Ionen im ge-
samten Flammenvolumen sprechen, gedenke ich demnächst an
anderer Stelle mitzuteilen.^)
ZuBammenfJasanng der Hauptpunkte.
Bei der zwei- und einionigen Yolumenleitung ist die den
Verlauf des Potentialgradienten zwischen zwei Platten dar-
stellende Kurve eine Hyperbel; bei der Leitung durch lonen^
welche an der Oberfläche der Mektroden entstehen, eine
Parabel,
Ein Wendepunkt der Potentialkurve existiert nur bei der
zweiionigen Volumenionisierung, nie bei Oberflächenionisation.
Bei der zweiionigen Leitung durch Ionen, welche an der
Oberfläche der Elektroden entstehen, ist auch bei gleicher er-
zeugter Anzahl derselben im ganzen Leitungsraum ein Über-
schuß der einen Ionen, nämlich derjenigen von kleinerer
Beweglichkeit vorhanden.
Wenn gleichviel positive und negative Ionen erzeugt
werden, und die Beweglichkeiten beider lonenarten die gleichen
sind, so ist der Verlauf des Potentials zwischen den Platten
bei Oberflächenionisation ein linearer, mithin nirgends ein
Überschuß einer lonenart Bei Volumenionisation hat die
Potentialkurve an beiden Elektroden steile Abfälle und in der
Mitte zwischen den Platten einen Wendepunkt An jeder
Elektrode ist also ein Überschuß der Ionen des demjenigen
der Elektrode entgegengesetzten Vorzeichens.
Diese Resultate gelten unter den am Anfang genannten
Annahmen.
Berlin, PhysiL Institut d. Universität, September 1903.
1) Zusatz bei der Korrektar: Ist inzwischen geschehen. Siehe
Verh. d. Deutsch. Phys. Ges. 5, 364, 1903; «, 29, 1904.
(Eingegangen 28. September 1903.)
678
85. Über die elektromagnetischen Feldgleichnngen
innerhalb bewegter elektrischer Massen.
Von Emil Kohl in Wien.
In einer früheren Arbeit ^) hat der Verfasser gezeigt, daß sich
die Gleichungen für das elektromagnetische Feld, welches von
einem Systeme bewegter elektrischer Massen in einem festen
Punkte [x, y, z) des umgebenden ruhenden Äthers erzeugt wird,
unmittelbar aus jenen Gleichungen gewinnen lassen, welche
Boltzmann^ in seinem Lehrbuche der Max well sehen Theorie
entwickelt hat. Bezeichnet man mit P, Q, R die Komponenten
der dielektrischen Verschiebungskraft (elektrisierenden Kraft),
mit a, ß, y die Komponenten der magDetischen Kraft im Punkte
(a:,y, 2r), mitSS die Lichtgeschwindigkeit im freien Äther, so wurde
dort bewiesen, daß man ein den allgemeinen Maxwell sehen
Gleichungen genügendes System erhält, wenn man setzt:
(1)
dx 33 0/ ' ^ dy ^ dt
du l dH
/? = -
d X « ~'d t
,o, dO dH ^ dH dF dF d G
wobei
(3)
d X d y ^ d X d x dy dx
d (ü n d (ü
U=l^-,r, F=}"'2*är, G==j%^^dr,
d (ü
"=\ liV '^'=> (:•'-'-%)
bedeutet. Hierbei sind unter c^, c , c^ die Geschwindigkeitskompo-
nenten der einzelnen Teilchen mit den elektrischen Dichten a
verstanden, während r den Abstand jedes Teilchens von dem
festen Punkte (ar, ?/, z) zu jener Zeit bedeutet, innerhalb welcher
1) Ann. d. Phys. 11. p. 515—528. 1903.
2) L. ßoltzmann, Vorlesungen über Max wells Theorie der Elek-
trizität und des Lichtes. IL Teil. Leipzig 1893; pag. 17, 18.
über elektromagnetische FeMgletchmgen, 679
dasselbe in seine Lage zur Zeit t^ die elektromagnetische Be-
wegung aber zum Punkte [x, y, z) fortgeschritten ist; das
Zeichen djdt wurde an Stelle von d/dt gewählt, um anzu-
deuten, daß die Differentiation nach der Zeit bei fixer räum-
licher Lage des Punktes [x, y, z) durchzuführen ist Diese
Gleichungen hat zuerst Wie eher t^) aus der Elektronentheorie
abgeleitet, sie können aber auch, wie erwähnt, unmittelbar aus
den Boltzmannschen Ausdrücken mittels der mathematischen
Eigenschaften der Funktionen U, F, G, H gewonnen werden.
Es werde nun ein im freien Äther in beliebiger Bewe-
gung begriffenes System elektrischer Massen betrachtet und die
Frage nach den Feldgleichungen für die Punkte innerhalb
dieser Massen gestellt Über die Form, unter welcher man
sich diese Massen zu denken hat, werde keinerlei Voraussetzung
gemacht; man kann sie sich als elektrische Atome, Elek-
tronen vorstellen, oder aber auch als ein den Baum konti-
nuierlich erfüllendes Fluidum auffassen.
Zunächst ist zu bemerken, daß zwischen den Funktionen
U, F, G, H die Beziehung
^^ dx ^ dy "^ dx "^ ^ dt
besteht, da dies von den einzelnen Gliedern in den Integral-
ausdrücken (3) durch unmittelbare Ausrechnung in der be-
zogenen Arbeit nachgewiesen wurde. Femer wurde in einer
späteren Arbeit*) gezeigt, daß
(5) CPdydz + Qdxdz + Rdxdy — Ane
ü
ist, wobei e die innerhalb der geschlossenen Fläche 0 befind-
liche elektrische Masse darstellt, von welchen übrigens voraus-
gesetzt werden muB, daß sie unzusamroendrückbar ist, also
ihre Dichte während der Bewegung nicht ändert Nimmt man als
0 ein unendlich kleines Parallelepiped mit den Seiten cfx, dy^ dz
innerhalb des in Bewegung begriffenen elektrischen Massensystems
an, so ergibt sich unter Berücksichtigung von (4) aus (1)
1) E. Wiechert, Archives Nderlandaises des sciences exactes et
naturelles, si^rie II. 5. p. 549—573. 1900.
2) Ann. d. Fhys. 12. p. 842-848. 1903.
680 E. Kohl
d ö)^
<r
1 ö« r ö ^ . .
= — 4710',
also durch Summierung über den ganzen Raum
fa\ ATT l d*U .
da für die außerhalb dieses Parallelepipeds liegenden Teilchen
d (t)
1
ist^ diese also keinen Beitrag zur Differenz auf der linken
Seite von (6) liefern.
Weiter wurde in der ersterwähnten Arbeit bewiesen, daß die
Gleichung besteht:
öai\ / d(o\ I da da
also, wenn der Punkt innerhalb des Parallelepipeds liegt,
1 ö« I ''^'' ö n A <^-
= — 4710"
diese Beziehung liefert durch Summierung über den ganzen
Raum unt^r Beachtung der bei (6) gemachten Bemerkung für
Teilchen außerhalb des Parallelepipeds :
Die Gleichungen (6) und (7) bilden bei Wiechert als
Definitionsgleichungen den Ausgangspunkt seiner Betrach-
tungen.
Die Gleichungen (1) und (2) liefern unter Berücksichtigung
von (4), (6) und (7) ohne Schwierigkeit die für das Innere des
bewegten elektrischen Massensystems geltenden Formeln
\ dP dß dr , Cr
^ dt dx dy "^ '
(8)
^ dt " dx dx %
^ dt ^ dy dx ^ ^ ^ SB
über elektromagnetische Feldgleichungen. 681
Die Beziehungen (8) sind einer der Ausgangspunkte der
Elektronentheorie von Lorentz; sie sagen, daß die Kompo-
nenten der Gesamtströmung an der Stelle {x, g, z) des be-
wegten elektrischen Massensystems aus zwei Teilen bestehen,
aus den Komponenten der Verschiebungsströme an der Stelle
[xy g, z) des ruhenden Mittels, und aus einem zweiten Anteil,
welcher in bekannter Art als die Komponenten eines Kon-
yektionsstromes zu deuten ist. Differenziert man in (8) der
Reihe nach durch dx, dy, dz, addiert sodann und wendet (6)
an, so erhält man die Kontinuitätsgleichung der elektrischen
Massen in der leicht zu deutenden Gestalt
sie sagt zugleich aus, daß die Gesamtströmung geschlossen ist,
worin ein unterscheidendes Merkmal der Maxwellschen Theorie
gegenüber der v. Helmholtzschen liegt.
Die Feldgleichungen (8) und (9) schildern die Vorgänge
an einer und derselben Stelle des ruhenden Äthers, durch
welchen sich das elektrische Massensystem bewegt, und bilden
daher in gewissem Sinne ein Analogon zu den Eul er sehen
Gleichungen der Hydrodynamik. Sie sind, wenn es sich um
die Vorgänge innerhalb bewegter elektrischer Massen handelt,
an Stelle der gewöhnlichen Maxwellschen Gleichungen zu
setzen, an welche sie sich, wie Abraham^) betont, aufs engste
ihrer Form nach anschließen.
Nun ist zu erwägen, daß in den Ausdrücken (3) die Ko-
ordinaten {x, g, z) ebenfalls Funktionen der Zeit sind, wenn
man jetzt einen Punkt betrachtet, welcher mit einem be-
stimmten elektrischen Massenteilchen fest verbunden gedacht
wird. Beachtet man die Beziehung
SO ergibt sich hieraus ein zweites System von Feldgleichungen
in der Gestalt
l) M. Abraham, Ann. d. Phys. 10. p. 105—179. 1903.
682
E. Kohl.
(12)
« dt " ö* dy ^^SS
+
4;r(r|
dot
^^ — c^
, ÖP , ÖP
■)
+4^'.)
(13)
1 da dB
a d£ . ^ r i_ l^_ß
y dx *^^«"*"SsUi
dx
dB
^dB ^
■)
i ^^
1 djr
« dt
dy
dp
ö* ■*■ »
ÖÄ
dx
dQ
dx
dP
1 /da
Ö V^a;
x''
I Ort ,
+ ö X 'y +
dy »
4- -^C +
C. +
da \
d» 'j
^,
dx*
J
dx dy
Dieses Gleichungssystem beschreibt die Vorgänge in einem
und demselben Punkte des bewegten elektrischen Massen-
systems in ihrer Abhängigkeit von der Zeit ; es entspricht also
den hydrodynamischen Grundgleichungen von Lagrange.
Es handelt sich femer um die Entwickelung der elektro-
magnetischen Energie S des gesamten von dem bewegten elek-
trischen Massensysteme herrührenden Feldes. Betrachtet man den
Zuwachs derselben während des Zeitteilchens dt, so kann er
gemäß den Ausführungen, welche der Verfasser seinerzeit bei
der Besprechung der Stefan sehen Theorie dargelegt hat^), als
aus zwei Teilen bestehend aufgefaßt werden. Der erste Teil dJE^
wird durch die Arbeit aller vorhandenen dielektrischen Ver-
schiebungen, der zweite riE^ durch die negative Arbeit aller
vorhandenen Ströme während der Zeit dt dargestellt Man
«
hat demnach
(14) dE = dE^ + dE^=J^
-f^{i^P+iyQ + i,R)dTdt,
worin nach den aus den Gleichungen (8) gezogenen Schlüssen
(15)
4nL =
1 BP
58 ~dt
+ 47lfT^ =
A • ^ dQ X A
4 71 2. =
1 dB
"« dt
+ 4n (T ^ =
Cr
_dß
" dx
dr
dy
c,
iß
dx
da
dx
c.
da
dß
58
^ dy
dx
1) Monateh. f. Math. u. Phys. 12. p. 239— 2C4. 1901.
dx'
Über elektromagnetische Feldgleichungen, 683
zu setzen ist und die t^ elektromagnetisch gemessen sind. Es
ergibt sich demnach durch die in der letztbezogenen Arbeit
eingehend durchgeführten Betrachtungen
(HO dE= 2^^/^ [(i^ + Q!' + R^ + («^ + ß^ + r^^dxdt.
Berücksichtigt man, daß innerhalb des Integrales djdt
auch djdt gesetzt werden kann, da hierdurch nur die Reihen-
folge der einzelnen Addenden, nicht aber der Gesamtbetrag
der Summe geändert wird, so erhält man für jene Funktion,
deren Änderung den Zuwachs an Energie während der Zeit dt
angibt, den bekannten Ausdruck
Für gewisse Fälle dürfte eine andere Form für den
Energiezuwachs brauchbarer sein, welcher bloß Größen enthält,
die sich auf die bewegten elektrischen Massen beziehen. Man
kann nämlich (14) mit Rücksicht auf (15) auch in der Gestalt
(14") dß=^f(T(Pc^ + Qc^ + Qc;jdTdt
schreiben, ein Ausdruck, der sich übrigens auch aus (14') durch
partielle Integration der GHeder mit dP/dt, dQfdt, dRjdt
nach ihrer Ersetzung aus (15) leicht gewinnen läßt.
In den vorhergehenden Betrachtungen wurde vorausgesetzt,
daß sich das elektrische Massensystem in dem als ruhend ge-
dachten Äther bewegt. Es soll schließlich noch der Fall kurz
behandelt werden, daß das ruhende Mittel nicht mehr der
Äther, sondern ein beliebiger Nichtleiter mit der Dielektrizitäts-
konstante JD und der Magnetisierungszahl M sei. Dann gehen
die vorher entwickelten Gleichungen gemäß den Ergebnissen
der ersterwähnten Arbeit in folgende über:
l du Md F
(1')
p
D dx iß dt'
^ D dy Sß dt'
^^ __ 1 dU MdH
D dx ^ dt'
während die Gleichungen (2), (3) und ebenso (4) bestehen
bleiben. Dagegen ändern sich wieder (5), (6) und (7) und sind
durch folgende zu ersetzen:
684 E. Kohl.
{5') fPdt/dz + Qdxdz + Bdxdtf = 4n^-
(61 JU-4-,^=-4na.
(70
. „ 1 d*H . e.
(80
worin 8}„ die Fortpflanzangsgeschwindigkeit der elektromagneti-
schen Elrregungen in dem zugrunde gelegten Mittel (9S„* = ^^jMJD)
und e die Masse der wahren, ejD also die Masse der freien
(d. i. femwirkenden) Elektrizität bedeutet
Hieraus folgt ohne weiteres als System der Feldgleichungen
für diesen Fall:
^ßdi^dx dy *^^«' Ißdi^dx dx ^^^^'
^ dt " dy dx"^^^'^'
(Q'\ Mda^ _dR^ _djQ MdJ^^dP^ _dR^ M df _dQ dP
^^^ ^di'^dy dx' Sß dt ^ dx dx' '^ dt ^ dx dy'
während die Eontinuitätsgleichung (10) ungeändert bleibt und
sowohl für die wahre wie auch für die freie Elektrizität gilt,
Mittels der Beziehung (11) läßt sich sofort das zweite System
der Feldgleichungen (12') und (13') aufschreiben; desgleichen
bietet die Ableitung der geänderten Gleichungen (15') und (16')
keinerlei Schwierigkeit, aber auch nichts formelles Neues, so daß
es genügt, auf sie hingewiesen zu haben.
Somit ist gezeigt, daß sich die Gleichungen für das innere
elektromagnetische Feld bewegter elektrischen Massen unmittel-
bar aus den Boltz mann sehen Gleichungen der Maxwell-
schen Theorie entwickeln lassen, wenn man diesen allgemeine
Geltung zuschreibt.
Zum Schlüsse möge noch auf eine andere Darstellung der
Gleichungen (1) hingewiesen werden. Man bilde aus (1')
^ ^ dt"^ "" D dx dt^ ^dt dt^
und beachte die Beziehungen (6') und (T'); man erhält daraus
nach einigen einfachen Umformungen
über elektromagnetische Peldgleichuiigen, 686
1 d
dP
1 du M öF
l »X 9 A da
Nun ist
worin S„ die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der elektromag-
netischen Erregungen im Mittel und 4 ^^ Z-Komponente der
Gesamtströmung in elektrostatischem Maße bedeutet. Da der
Klammerausdruck auf der rechten Seite die Kraftkomponente
P darstellt, so folgt nach Ausführung der partiellen Integra-
tion im zweiten Gliede rechts unter Anwendung des Kontinuitäts-
prinzipes^) wegen der Beziehung J/jD8J^ = SS*
d ra, Midi,
Ähnlich gestalten sich die Ausdrücke für Q und R, S ist jetzt
die Fortpflanzungsgeschwindigkeit einer Erregung im Äther,
Q ist die Entfernung des Punktes [x^ y, z) von den einzelnen elek-
trischen Massen zur Zeit t Berücksichtigt man, daß sich die
Integration über den ganzen unendUchen Raum erstreckt, und
bezeichnet mit V das gewöhnliche elektrostatische Potential
aller vorhandenen Massen, mit Qq die fest bleibenden Ent-
fernungen der einzelnen Raumpunkte von einander, so läßt sich
darstellen, wobei jetzt flir <t und iV die an den einzelnen Stellen
jeweilig herrschenden Werte einzusetzen sind.
Aus dieser Gestalt der Komponenten P, Q, i?, welche
vollkommen mit jener der Stef ansehen^ und Boltzmann-
schen^ Femwirkungsgleichungen für ruhende elektrische Massen
übereinstimmt, läßt sich eine bemerkenswerte Folgerung über
die Wirkungsweise eines bewegten elektrischen Teilchens schöpfen.
Wie man sieht, besteht die elektrisierende Kraft aus zwei
Teilen: der erste Teil ist die aus dem gewöhnlichen Coulomb-
schen elektrostatischen Potentiale durch Ableitung nach der
1) L. Boltzmann, 1. c. p. 8.
2) J. Stefan, Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. zu Wien
70. Abt IL, p. 589—644. 1874.
3) L. Boltzmann, 1. c. p. 119.
686 E, KoJd. Über elektromagnetische Feldgleichungen,
Eraftrichtung gewonnene Kraft^ während der zweite Teil die
Induktionswirknng aller vorhandenen Ströme angibt. Ein be-
wegtes elektrisches Teilchen wirkt also' so^ daß es an und
für sich eine dem gewöhnlichen elektrostatischen Wirkungs-
gesetze folgende Kraft ausübt, andererseits aber durch seine
Bewegung das Auftreten von dielektrischen Yerschiebungs-
strömen und eines Konvektionsstromes bedingt^ deren Induk-
tionswirkung zur ersteren Kraft hinzukommt Von Interesse
ist hierbei^ daß die eigentliche elektrostatische Eraftwirkung
eines bewegten Teilchens dieselbe wie die eines ruhenden ist,
das heißt, wie diese dem Coulomb sehen Gesetze folgt, ohne
daß eine Abhängigkeit von der Fortpflanzungsgeschwindigkeit
der elektromagnetischen Erregung im betreffenden Mittel in
dem Ausdrucke für das Potential auftritt. Hierzu kommt — in
gewissem Sinne als sekundäre Wirkung betrachtet — die Induk-
tion der geweckten Gesamtströmung; beide Wirkungen zusammen
liefern dann einen Ausdruck, in welchen diese Fortpflanzungs-
geschwindigkeit in der bekannten Weise eingeht
(Eingegangen 28. September 1903.)
687
86. Beweis eines in der Aknstik verwendbaren
arithmetischen Satzes.
Vou H. von Stemeok in Czemowitz.
Hr. G. Jäger legte mir Yor einiger Zeit folgenden arith-
metischen Satz zum Beweise vor, auf den er durch Beobach-
tung der Zahl der Schwebungen zweier Stimmgabeln gekom-
men war und der folgendermaßen lautet:
Multipliziert man die beiden teilerfremden Zahlen m und
n mit derselben recht großen Zahl N und addiert zu einem
der beiden Produkte eine kleine (positive oder negative) Zahl «,
so erhält man, wenn man das Euklidsche Divisionsverfahren
zur Aufsuchung des größten gemeinsamen Teilers der beiden
Zahlen m N und nN in der Form fortwährender Subtraktionen
auf die beiden Zahlen m iV^ und nN + b anwendet, als Rest bei
der letzten Subtraktion den Betrag im«. Der entsprechende
akustische Satz lautet: Die Anzahl der Schwehungen zweier
Stimmgabeln mit den Schwingungszahlen m N und nN +t (wobei
m und n teilerfremd sind) beträgt iw«.
Da hier einer der seltenen Fälle vorliegt, daß einem
zahlentheoretischen Satze physikalisch eine Bedeutimg zukommt,
so möchte ich mir erlauben, einen Beweis dieses Satzes mit-
zuteilen.
Wir denken uns zu diesem Zwecke unter « nicht eine
ganze Zahl, sondern eine beliebig kleine vorgegebene positive
oder negative Größe. Dann ist es offenbar unwesentlich, die
beiden teilerfremden Zahlen erst mit der Zahl N zu multi-
plizieren und der Satz nimmt die einfachere Form an:
Addiert man zu einer der beiden teilerfremden Zahlen m
und n die beliebig kleine Große e und fuhrt dann das Euklid^
che^Divisionsverfahren , das zur Aufsuchung des größten gemein-
samen Teilers von m und n dient, in der Form fortwährender
Subtraktionen durch, so erhält man aU Best bei der letzten Sub-
688 R, von Sterneck,
traktion ± iwe, wenn b zu n addiert wurde ^ und ± wc, wenn e
zu m addiert wurde.
Es sei 171 > n; dann bestehen die Gleichungen:
r m ^ q n + Ttj,
(1)
wobei die Zahlen Wj, Wg, . . . n^ die Bedingung erfüllen:
n>n^>n^>,,.>n^^\.
Denken wir uns nun zu n die Größe € addiert, und auf die
Zahlen m und n + fi dieselbe Eettendivision angewendet, so
nehmen die Gleichungen (1) die folgende Form an:
Hl = 5r(n + €) + (Wj — <7€)
die wir, indem wir die darin auftretenden Koeffizienten von c
zunächst unbestimmt lassen, in der symmetrischeren Form
schreiben wollen :
m + iiE — q [n -\- v e) + n^ -\- v^ i
n + ve = q^ (Wj + v^e) + n., + i/^ e
allgemein:
w._i + i/,.-! € = q^in. + v,e) + n.^j + v.^^ «.
Auf Grund der Gleichungen (1) ist
72. , = n.n. 4- ff.,, .
wodurch wir zur Bestimmung der Koeffizienten v. folgende
Rekursionsformel erhalten:
welche, durch € gekürzt, die Relation liefert:
Die Größen f. genügen also derselben Rekursionsformel wie die
Größen w.. Ferner ist ju = 0 und i/ = 1 ; zur Bestimmung der
Größen v. haben wir daher die Gleichungen:
(2)
AkttstUch-arithmetischer Satz, 689
«'k-2 = y*-l «'fc-l + ^fc>
Daxin ist jU = 0, v = 1 und y, y^, . . . sind aus der Ketten-
division der Zahlen m und n gegeben.
Der von G. Jäger gefundene Satz besteht nun in der
Aussage, daß
ist.
Um dies zu beweisen, gehen wir von den Gleichungen (1)
aus, aus denen man allgemein durch sukzessives Einsetzen n^
in die Form bringen kann:
wobei a. und ß. ganz bestimmte positive oder negative ganze
Zahlen sind; speziell ist also:
weil w^ der größte gemeinsame Teiler zwischen den zwei relativ
primen Zahlen m und n ist.
Die Zahle» cxj^^j /?^__^ und «^, ßj^ sind nichts anderes
als Zähler und Nenner des vorletzten und letzten Näherungs-
bruches der Ketten bruchentwickelung:
w , 1 ^
• +
und erfüllen daher die bekannte Gleichung
^k-ißk-^kßk-i = ± 1-
Vermöge des Gleichungssystems (2) gehen nun aber Vj^_^
und Vj^ aus den Größen fi und v genau nach demselben Bil-
dungsgesetze hervor, wie 7i^_j und w^ aus m und n. Es ist
also
BoltnnanD-FestschrIfL 44
690 H. von Stemeck. Akustisch-arithmetischer Satz.
wobei /i = 0 und v == 1 zu setzen ist; also
Die letzte Gleichung in (1) liefert
und die letzte Gleichung in (2)
oder, für qj^ den Wert eingesetzt,
woraus sich ergibt:
«'k+i = ßk--i - ^*-i ßk"^- ßk-i ßk ''
= /'k-i «jk'" - «ffc-i ßk^ = ± »».
Hiermit ist der Satz bewiesen.
Ist die Größe t nicht zu n, sondern zur größeren Zahl m
addiert worden, so haben wir ^ = 1 und v = 0 zu setzen und
erhalten
Die letzte Gleichung in (2) lautet dann;
und daraus erhalt man:
In diesem Falle erhält man also tatsächlich die andere Zahl n,
wie es der Satz verlangt.
(Eingegangen 29. September 1903.)
691
87. Über Radiumkollektoren.
Von Hans Benndorf und Viktor Conrad in Wien.
Bald nach Entdeckung der radioaktiven Substanzen wurde
von verschiedenen Seiten (Paulsen, Exner, Le Cadet u. a.)
der Versuch gemacht, sie zur Eonstraktion von Kollektoren
für luftelektrische Messungen zu verwenden ^ qualitativ mit
gutem Erfolg.
um zu erfahren, welche Fehlerquellen mit der Benutzung
von Radiumelektroden verbunden sind, haben wir im Früh-
jahr und Sommer 1902 eine Beihe von Vergleichsmessungen
mit Wasserkollektoren angestellt, über die wir mit Bücksicht
auf die jüngst erschienene Arbeit von F. Linke ^) kurz be-
richten möchten.
Linke kommt in seiner Arbeit zu dem Schluß: i^Daß
Radiumhollcktoren je nach ihrer äußeren Form ganz verschie^
dene Besultate geben , die in hohem Maße abhängig sind von
Bichtung und Stärke der Luftbewegung. Erst von einem größeren
Werte der Windgeschwindigkeiten ist eine weitere Steigerung der-
selben ohne Einfluß."
So richtig nun der Satz auch an und für sich ist, so ist
er in dieser Fassung ohne die nötige Einschränkung doch
in hohem Grade geeignet Mißverständnisse hervorzurulen und
das ohnehin ziemlich verbreitete Mißtrauen gegen Badium-
kollektoren noch in ungerechtfertigter Weise zu vermehren,
was im Interesse möglichst zahlreicher luftelektrischer Stationen
entschieden zu bedauern wäre.
Wenn man bedenkt, daß gerade die wichtigsten Stationen
immer an isolierten, von menschlichen Ansiedlungen möglichst
entfernten Orten sich befinden werden, Stationen, die eine
tunlichste Vereinfachung des Meßapparates und seiner Be-
dienung erheischen; wenn man femer in Betracht zieht, daß
als nächstes Ziel der Potentialmessungen (von Spezialunter-
1) F. Linke, Phya. Zeitechr. 4. p. 661. 1908.
44'
692 //. Benndnrf und V. Conrad.
euchungen abgeBeben) eine ungefähre Kenntnis des Verlaufes
dar täglicbea und jährlichen Schwankung des Potential-
gelUUes an möglichst vielen Punkten der Erdoberfläche anzu-
streben ist, wozu eine Genauigkeit von 10—20 Proz. in den
Mittelwerten vorläufig hinreichti wenn man dies alles berück-
sichtigt, wird jeder, der aus eigener Praxis die Bequemlichkeit
Ton Badiumkollektoren gegenüber dem komplizierten Wasser-
apparat kennt, sich für erstere entscheiden, sobald sie den
notwendigen Genauigkeitsgrad Gewähr leisten.
Wir setzten uns daher als Ziel unserer Arbeit, za-
näcbst von rein praktischen Gesichtspunkten aus eine Radinm-
kollektortjpe '), die an mehreren österreichischen Stationen
verwendet wird, auf ihre Brauchbarkeit zu prüfen, indem
wir sie mit einer etwa gleich rasch ladenden Wasserelektrode
verglichen.
Mit gütiger Erlaubnis Hm. Hofrat Pernters wurden auf
Stunden mittel der Quotienten der gleichzeitigeii Auaschll
malüpliziert mit 100
12./13.
70
13.; u.
73
14./15.
—
15./ 16.
78
19./20.||-
20./21.
76
21./22.
70
22./23.
76
. jL ; gh I gh I ji, I 5h ßh li. (,1. , fli. I iQh ii'-iMnJ
92 98 86 96 I 97 99 91 ^ 94 j — 97 liT
— ' — — 92 94 89 ! 92 ' 91 : 92 94 11,i
112 113 lOb 110 106;iO7ilO6il07 107 107 Ol
j 99 , 98 100 98 98 — — — ■ — i 99 114
78 70 -M 69 71 71 j 71 71 71|7ä':7l 76 74
71 : 72 73 72 71 70 | 74 74 1 72 ' 67 65 62
■ — I — — 85 »0 — I — 78 tl — I — j 82 j — I
I 74; 72 73 75 77 72 ' 76 ' 74 78 70 ' 75 — 76 |
—
82
79
77
76
76
75
79
76
_
80
_
74
72
66
-
73
64
U
—
m
81
83
I) Auf eiuem Kupferteller VOD 10 cm Durrlimesser wurden ca. 0,2 g
K&diuDibariunichlorid von der Aktivität 240 (aua l'ttris bezogen) aus
wässeriger Lösung abgedHmpft; die Saizkrislalle hatleteu dann genügeod
über I^diumkollektorm. 693
der k. k. Zentralanstalt für Meteorologie in Wien zwei mecha-
nisch registrierende Elektrometer^) aufgestellt.
Beide Apparate waren an dieselbe Uhr geschaltet, so daß
die Kontakte genau gleichzeitig erfolgten; ebenso waren die
Quadranteopaare beider Instrumente mit derselben Batterie
(100 Kalomelelemente , Nadelschaltung) verbunden, so daß das
Verhältnis der Empfindüchkeiten beider Elektrometer konstant
bleiben mußte.
Aus diesem Grunde genügte es, die gleichzeitigen Aus-
schläge beider Instrumente direkt miteinander zu vergleichen.
Die Elektrometer markierten alle 10 Minuten.
In den Diagrammen wurden die 10-Minutenordinaten, die
proportional dem angelegten Potential sind, mittels eines Meß-
stahes abgemessen und der Quotient der gleichzeitigen Aus-
schläge beider Instramente berechnet; aus je 7 dieser E^zel-
ider lastrumente.
1 4" j 5"
6» 1 7"
8» j 9^
10>>
-
r- —
— -1=^
~ =
' i SB , »6
Ö7
97
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1 116 US
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■ 7*1 79
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.< fll 68
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- 1-
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_ ._
— ' %-
88 87
80
75 75
Ih »3, 82 92
—
, 75| 78
7» 69 62 77 , 81
■ 87 87
&4
80
- :-
-
68
±6,4
NNE,
n
±6,3
w.
76
±S,0
W4
81
±4,E
NW,
83
iS.l
WNW,
72
±5,2
w,
WNW,
NNW,
WNW,
84 ± 3
W,
w, I w,
[1=1 =
feet auf der KupferplaCte, die an etoer ieolieiten Bambuestange mit der
Saizeeite nach unten befestigt als Elektrode dicDte.
l) Vgl. H. Benndorf, Sitiungsber. d. k. Akad. d. WiMOnsch. ed
WieD 1902. p. 487.
694 jy. Benndorf und V, Conrad.
werte wurden die Stundenmittel gebildet, deren Hundertfaches
in umstehender Tabelle eingesetzt ist.
Von den zahlreichen Beobachtungen, die sich vom April
bis Juli 1902 erstreckten, sei eine Serie vom 4. bis 23. Juni
herausgegriffen. Die in der Tabelle nicht angeführten Stunden-
mittel sind unbrauchbar zur Vergleichung entweder wegen
Regens, oder so großer Werte des Potentialgefälles, daß sie
mit den Instrumenten nicht mehr meßbar waren, oder so starker
Schwankungen des Gefälles, daß aus den sieben Beobach-
tungen keine genügend sicheren Stundenmittel gebildet wer-
den konnten.
um zunächst einen Anhaltspunkt zu gewinnen über die
Fehler, die durch die Ablesung der Streifen, ferner durch die
ungleiche Schwingungsdauer und Dämpfung beider Instrumente
hervorgebracht werden, wurden die Elektrometer metallisch
miteinander und mit einer Elektrode verbunden, so daß ihre
Nadeln immer zu gleicher Zeit auf gleichem Potential waren.
Die vier Tagesmittclwerte 96, 96, 110, 100, die einander gleich
sein und zugleich das Verhältnis der Empfindlichkeiten geben
sollten, differieren offenbar infolge von Fehlern in der Null-
punktsbestimmung; die nächste Rubrik enthält die mittlere
Abweichung der Stundenmittel vom Gesamtmittel, die durch
das ungleichmäßige „Nachgehen'' der Instrumente bedingt
ist. Man sieht aus der Tabelle, daß zwei gleich konstruierte
Elektrometer an dieselbe Elektrode gehängt noch im Stunden-
mittel Abweichungen bis zu 5 Proz. ergeben können.
Vom 12. bis 16. Juni war jedes der Instrumente mit einer
Wasserelektrode verbunden; der eine Kollektor war an der
Westseite, der andere an der Nordseite des Turmes der
meteorologischen Anstalt ca. 1,5 m von der Mauer entfernt
befestigt. Wie man sieht, sind hier die mittleren Abweichungen
der Stundenmittel prozentuell etwas größer.
Vom 19. bis 23. Juni wurde die Wasserelektrode an der
Nordseite des Turmes durch die oben beschriebene Radium-
elektrode ersetzt. Die Zahlen der Tabelle zeigen hier eine
größere Unregelmäßigkeit der einzelnen (Quotienten; doch sind
die Angaben der Radiumelektrode verglichen mit der Wasser-
elektrode noch auf 10 Proz. genau.
Ganz windstille Tage standen uns nicht zur Verfügung; es
über Radiumkollektoren. 696
soll deshalb die UntersuchuDg fortgeführt und auch auf Elek-
troden aus anderen radioaktiven Substanzen ausgedehnt werden.
Die vorläufigen Resultate lassen sich etwa zusammenfassen:
I. Radiumelektroden y wie die oben beschriebenen, lassen sich
zu lu f (elektrische n Messungen ganz gut verwenden^ wenn
1. nur relative Messungen damit vorgenommen werden
(die Reduktion auf die Ebene kann mit Flammen- oder
Wasserkollektor yorgenommen werden);
2. die Elektroden so aufgestellt werden, daß der natür-
liche Luftzug Zutritt hat, also nicht an vollkommen
windgeschützten Stellen;
3. wenn man sich mit einer Genauigkeit von 10 — 16 Proz.
zufrieden geben kann, was wohl für die meisten Zwecke
ausreicht.
II. Es ist ein EinÜuß des Windes auf Ladungsgeschwindig-
keit und Referenzpunkt des Kollektors vorhanden, der sich
aber innerhalb der oben angegebenen Grenzen bewegt.
III. Zur Konstruktion radioaktiver Elektroden wird es
vorzuziehen sein, Substanzen zu verwenden, deren Strahlung
von verhältnismäßig dünnen Luftschichten absorbiert wird und
zur Erzielung der nötigen Ladungsgeschwindigkeit lieber große
Flächen mit schwachwirksamen Präparaten zu verwenden.
(EiugegaDgen 29. September 1903.)
88. Spezifische Gewichte und Wärmeansdehnuug
TOD NaphtaliuIÖsuDgen in versohiedencD organischen
LdsungginittelD. ^|
Vou Carl Forcb in Damiatedt. ^H|
Der Zweck der nachstehend wiedergogehenen Mfissungen
war, weiteres Material zu beschaffen zu unserer Kenntnis der
VolumenverhältDisae in Lösungen, und zwar nach der Richtung
hin, daß das Verhalten eine» festen Körpers in vertchiedeneii
Lösungsmitteln untersucht wurde. Es wurdeu hierzu Lösungcu
Ton Naphtalin in Chloroform, Toluol, Schwefelkohlenstoff und
Athyläther gewählt. Die Substanzen waren von E. Mcrck-
Darmstadt bezogene „purissima" bez. bei Toluol „purum".
Wegen des hohen Dampfdruckes der Lösungsmittel mnßte
aul' die Methode des Senkkörpers verzichtet und ein Pjkno-
meter henut/t werden. Dasselbe war ans Jenaer Glas ICillI
gefertigt und hatte bei 18" 77,5 cm* Volum. Es bestand aus
einem 13 cm langen, 28 mm weiten Zylinder und hatte folgende
Abweichungen von der Oatwald-Sprengelschen Form:
Die beiden oben bez, unten an den Pyknometerkörper an-
geschmolzenen engeren Bohren gingen auf 30 mm in Kapillaren
tlber und trugen alsdann 30 mm lange erweiterte Stutzen von
8 bez. 6 mm Durchmesser. Die Kapillaren waren in Millimeter
geteilt. Die Stutzen konnten durch eingeschliffene Glasstöpsel
Ter schlössen werden. In den einen Stutzen paßte außerdem
ein zylinderförmiger, oben wieder durch einen Schliff ver-
schließbarer Trichter, in den andern ein Rohr mit Schliff;
ersterer diente zum Füllen, letzteres zum Entleeren bez. znr
Verbindung mit einer Wasserstrahlpumpe. Um in dem Pykno-
meter rühren und dadurch einen rascheren Temperaturauagleich
bewirken zu können, stand frei [nicht angeschmolzen) auf dem
Boden desselben ein 40 mm langes, 22 mm breites Platinblech,
Wurde das Pyknometer nun um seine vertikale Achse gedreht,
und zwar mehrere Mate in der einen und hierauf in der anderen
Spez, Getoichte und fFärmeatisdehnunff, 697
Richtung, so rührte dieses Blech die Flüssigkeit kräftig um. ^)
Daß der Temperatarausgleich wirklich ein guter war, ging
aus den Einstellungen der Flüssigkeitsfäden in den Kapillaren
hervor; die beiden Kuppen folgten den kleinsten Temperatur-
schwankungen im Bade, einem Gefäß you etwa 8 Liter Inhalt,
in welchem sich das Pyknometer auf einer einfachen aus
üraht und Blechstreifen hergestellten Vorrichtung zum be-
quemen Drehen um seine vertikale Achse befand Die Tem-
peratur des Bades wurde an einem in ^so ^ geteilten Ein-
schlußthermometerer abgelesen.
Das Volum des Pyknometers sowie seine Wärmeausdehnung
wurden durch Auswägen mit Wasser bei 15, 18 und 23® be-
stimmt. Zur Umrechnung dienten die Werte des spezifischen
Gewichtes des Wassers nach Thiesen, Scheel und Dissel-
horst.^) Die Genauigkeit der Messungen ergibt sich aus
folgendem :
17,687
V =» 77,5050 cm*
reduz.
77,5056 cm»
18,072
77,5055
auf
77,5054
18,086
77,5055
18<>:
77,5054
Der Ausdehnungskoeffizient des Pyknometers wurde ge-
funden gleich 22,56 . 10-^, also etwas kleiner als der von
anderer Seite ^ ermittelte Koeffizient für das Glas 16111.
Nachdem das mit einer Flüssigkeit gefüllte Pyknometer
etwa 10 Minuten unter häufigem Rühren in dem Bade ge-
standen hatte, wurde die Flüssigkeit mit Filtrierpapier aus den
Stutzen und den Kapillaren so weit entfernt, daß sie beider-
seits auf der Teilung der Kapillaren einstand. War dann
fast Temperaturgleichgewicht eingetreten zwischen innen und
außen, so erfolgten rasch die Ablesungen — immer unter ent-
sprechendem Rühren. Es wurden stets mindestens sechs zu-
sammengehörige Volum- und Temperaturablesungen gemacht,
und zwar war hierbei fast immer in drei Fällen die Außen- und
1) Ahnliche Vorrichtungen zum gleichen Zweck benutzten:
A. Ponsot, Ann. de chim. u. phys. (7) 10. p. 79. 1897; G. Guglielmo,
R. accad. d. Line, vol XI. 2 sem. ser 5. p. 299. 1902; F. Möller, Ann.
d. Phys. (4) 7. p. 260. 1902.
2) Wissenschaftliche Abhandlungen der Physikalisch-Technischen
Reichsanstalt 3. p. 67. Berlin 1903.
3) Thiesen, Scheel u. Seil, Zeitschr. f. Instrkde. 1^ p. 49. 1896.
698 C. Porch.
in drei Fällen die Innentemperatur die höhere. Die Temperatnr-
differenz zwischen innen und außen betrug bei der ersten Ab-
lesung selten mehr als 0,015° und verminderte sich alsdann
durch weiteres Rühren. Die Kapillaren hatten auf 1 mm ein
Volum von je 0,16 mm^ es entspricht also einer Verschiebung
um 1 mm in beiden Kapillaren eine Volumändenmg von etwa
4.10"^ oder — flir einen mittleren Wärmeausdehnungskoeffi-
zienten von 0,0016 — eine Temperaturänderung von ^U^q^-
Die Korrehtionen, Das benutzte Thermometer hatte fiir
das enge Intervall von 16 bis 20° keine nennenswerten Kaliber-
fehler. Der absolute Wert der Temperaturskala wurde durch
Vergleich mit einem an die WasserstoflFskala angeschlossenen
Normalthermometer bei 18° bestimmt; da aber die Korrektionen
des letzteren auf ^5 ^ abgerundet sind, ist die Temperatur
absolut auch nicht genauer ermittelt. Die Fehler der einzelnen
Temperaturbestimmungen zueinander hingegen dürften über etwa
Vioo^ nicht hinausgehen.
Die Fehler des Gewichtssatzes wurden auf einer kurz-
armigen Wage auf Yso ™8 bestimmt und sind auf Y^^ mg
abgerundet eingesetzt. — Da die Beobachtungen in einer Zeit
starker Temperatur- und Luftdruckschwaukungen erfolgten,
mußten die hierdurch erfolgenden Änderungen im Auftrieb be-
rücksichtigt werden. Es wurden deshalb Feuchtigkeit und
Temperatur im Waagekasten sowie der Luftdruck bei jeder
einzelnen Wägung bestimmt. — Die Korrektionen, welche zweifel-
los die Versuche am meisten beeinflussen, sind bedingt durch
die Verdampfung der benutzten Flüssigkeiten. Es ergibt sich
dies aus folgender Übersicht der Dampfdrucke bei Zimmer-
temperatur:
Äther CSj Chloroform Toluol
440 mm 300 mm 160 mm etwa 50 mm Hg.
Die Lösungen wurden in der Weise hergestellt, daß in
Flaschen von ca. 250 cm^ Inhalt zu dem gewogenen Naphtalin
die nötige Menge Flüssigkeit zugesetzt wurde, so dab etwa
100 — 110 cm^ Lösung entstanden. Das über der Lösung be-
findliche Volum sättigte sich, bis die Lösung hergestellt war,
mit dem Dampf des Lösungsmittels; es mußte mithin hierfür
eine Korrektion an dem ermittelten Gewicht der Lösung an-
Spez. Gewichte und Wärmeaxisdehnung. 699
gebracht werden, die je nach dem Dampfdruck und der Dampf-
dichte 0,04 — 0,21 g betrug. (Kleinere Flaschen zu nehmen
war unstatthaft, da sonst bei dem Schütteln Lösung an den
Glasstöpsel kam und zu Yöllig unkontrollierbaren Fehlem
führen konnte.) Eine weitere Korrektion, welche sich bei
besserer Konstruktion des Pyknometers hätte vermeiden lassen,
entstand durch die zu eng gewählten Kapillaren, welche ein
so langsames Einströmen der Flüssigkeit verursachten, daß im
Pyknometer ein geringes Vakuum hergestellt werden mußte.
Sowie dies erreicht war, wurde die Verbindung durch einen
Quetschhahn unterbrochen und erst wieder hergestellt, wenn
die Flüssigkeit infolge des gebildeten Dampfes zu langsam
floß. Es wird so für ein und dasselbe Lösungsmittel bei ver-
schiedenen Konzentrationen merklich der gleiche Fehler ent-
stehen; es wurde angenommen, daß bei Äther eine dem ganzen
Volum des Pyknometers bei Atmosphärendruck entsprechende
Menge verdampft, bei CSg etwa ^/g, bei Chloroform ^^ und
bei Toluol ^e hiervon. Diese Korrektionen betragen 0,03 bis
0,2 g auf das Gewicht von etwa 77 cm' Lösung. — Der Raum
in den Stutzen über der Flüssigkeit bis zu den Stöpseln war
als mit Dampf gesättigt anzusehen. Die Korrektion hierfür
beträgt etwa 0,0002—0,0010 g.
Das Pyknometer wurde, nachdem es aus dem Bade ge-
nommen war, mit kaltem Wasser abgewaschen, mit reinem
Alkohol Übergossen und dann abgetrocknet; man konnte hier-
bei bewirken, daß die Flüssigkeit rasch ungefähr die Tem-
peratur des Wagekastens annahm, indem man beim Abtrocknen
mehr oder weniger erwärmte. Die erste Wägung erfolgte nach
^/g bis '/^ Stunde. Da aber in dieser Zeit Flüssigkeit ver-
dampft war (trotz der Stöpsel), mußte nach dem gleichen Zeit-
raum nochmals gewogen werden. Zuweilen fand nach 3 bez.
14 Stunden eine dritte Wägung statt. Indem man die Ver-
dampfung proportional der Zeit annahm, konnte so auf das
Anfangsgewicht extrapoliert werden. — All diese durch die
Eigenart der gewählten Lösungsmittel bedingten Korrektionen
beeinflussen die erreichbare Genauigkeit sehr ungünstig. War
die Temperatur im Wagekasten niedriger, als die der Flüssig-
keit im Bad gewesen war, so war die zuletzt erwähnte
Korrektion, da ja dann die Flüssigkeit während der Wägung etc.
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704
C. Forch,
unterhalb der Kapillaren stand, gering; umgekehrt aber konnte
sie f&r eine Stunde bis zu 2,5 mg ansteigen. Als Beispiel
der erreichten Genauigkeit seien Wägungen an reinem Chloro-
form angeführt, welche mit einer Ausnahme (21,563^ stets
bei höherer Wagekastentemperatur und als die ersten von allen
Messungen ausgeführt wurden.
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1,479199
17,859
1,479507
1,479244
17,911
1,479389
1,479223
19,852
1,475760
1,479216
21,563
1,472504
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Die auf 18® reduzierten einzelnen Beobachtungen weichen
von dem Mittelwert 1,479212 im Mittel um ± 15,5.10-6 ab,
oder die Temperaturbestimmungen sind falsch um ± 0,008 ®.
Die Messungen. Die Beobachtungen finden sich Tabelle I
bis IV. Es bedeuten:
p Gewichtsprozente unter Berücksichtigung der oben ge-
nannten Korrektionen und auf Vakuum reduziert;
7Wi8 Molekulargehalt im Liter Lösung bei 18®; das
Molekulargewicht des Naphtalins gleich 128,05 gesetzt;
t^ die Temperatur, bezogen auf die WasserstoflFskala;
Ä<o/^o das spezifische Gewicht bei t^\ Wasser von 4*^
gleich 1 ;
St. — s u A As
As^
Av =
Äi8o/^o das auf 18^ mit dem entsprechenden As reduzierte
spezitische Gewicht;
*i8 — §18 die Differenz der spezifischen Gewichte der
Lösung und des reinen Lösungsmittels.
Bei den Lösungen in Toluol, CSg und Äther nimmt der
Wert [s — Q)lm mit zunehmender Verdünnung zu; es besteht
also eine Analogie mit den wässerigen Lösungen. Bei Chloro-
form hingegen findet sich eine merkliche Abnahme mit zu-
nehmender Verdünnung. Gemeinsam ist allen Lösungen, daß
Spez, Gewichte und Wärmeausdehnung, 705
die beobachteten spezifischen Gewichte ausnahmslos kleiner
und zum Teil bedeutend kleiner sind, als nach dem spezifischen
Gewicht des Lösungsmittels und des festen Naphtalins (^ = 1,14)
sich erwarten ließ; es findet also eine Zunahme der Molekular-
Yolumina statt, wie dies von einer Reihe von Mischungen
organischer Flüssigkeiten bekannt ist. Wie beträchtlich die
Volumvergrößerung ist, erkennt man z. B. daraus, daß eine
konzentrierte Lösung von Naphtalin in CS, (etwa 32 Proz.)
leichter ist als festes Naphtalin.
Die weitere Bearbeitung der Messungen soll später an
anderer Stelle gemeinsam mit den von anderer Seite schon
vorliegenden Beobachtungen der spezifischen Gewichte orga-
nischer Körper erfolgen.
Darmstadt, Physikalisches Listitut der Technischen Hoch-
schule.
(Eingegangen 29. September 1903.)
BoltKmann-FeBtschrift. ^^
706
89. Theorie verdünnter Lösungen
ohne Benutzung des osmotischen Druckes.
Von F. Biohari in Marburg i. H.
Helmholtz hat in den Notizen zu seinen Vorlesungen
das Programm einer Theorie der Lösungen hinterlassen, das
ich als Herausgeber des 6. Bandes auszuführen versucht habe.
Seine Notizen enthalten insofern eine Lücke, als die umgekehrte
Proportionalität der Konstante k des Babo-Wüllnerschen Ge-
setzes mit dem Molekulargewicht der gelösten Substanz nur als
durch Raoult experimentell nachgewiesen eingeführt wird,
während eine theoretische Begründung auch nicht einmal ange-
deutet ist. Eine solche ist bekanntlich zuerst von van't Hoff
gegeben worden. Nun betont Helmholtz nachdrücklichst (Vor-
lesungen p. 318 bis 326) seine Auffassung vom osmotischen
Druck als einer, wenn auch zweckmäßigen, Fiktion, und legt
seiner Theorie die freie Energie zugrunde. Es schien mir da-
her angebracht, nach einer solchen Ausfüllung jener Lücke zu
suchen, welche sich an die Helmholtz sehe Betrachtungsweise
anschließt; diesen Beweis habe ich in einer Fulinote auf p. 320
der Vorlesungen angedeutet, und möchte ihn an dieser Stelle mit
möglichst scharfer Scheidung der Voraussetzungen ausfuhren.
§ I. Von der Einführung des osmotischen Druckes wird
bei der Beweisführung völlig abgesehen. An Stelle der
van't Hoffschen Herleitung der „osmotischen Arbeit*' tritt
das Resultat des von Kirchhoff zuerst in die Thennodvnamik
eingeführten Prozesses, ^) den Helmholtz zur Berechnung der
freien Energie einer Salzlösung benutzt (Vorlesungen p. 309 ff.).
Dieser Prozeß ist den Physiko-Chemikern unter dem Namen
der „isothermen Destillation^* bekannt. Die bei ihm geleistete
äußere Arbeit ist für die reversible Zufuhr einer Wassermenge dw
zu einer Lösung gleich dw .2pdv\ die JS* über alle Teile des
1) Kirchhoff, Vorlesungen über Wärmetheorie, herausgegeben
von M. Planck, p. 109—112. Leipzig 1894.
Theorie verdünnter Lösungen, 707
Prozesses zu erstrecken; p ist die Spannnng des gesättigten
Wasserdampfes, bei einigen Teilen des Prozesses über reinem
Wasser, bei anderen Teilen über der Salzlösung. Indem
Helmholtz diese äußere Arbeitsleistung berechnet, findet er in
Gl. (92) p. 313 den Ausgangspunkt zur Aufstellung des Wertes
der freien Energie. ^)
§ II. Nachdem er diese Aufstellung in § 73 der Vorlesungen
ausgeführt hat, leitet er in § 74 einen Wert ab für die Arbeit,
die nach außen geleistet werden kann, wenn in einer Lösung,
die an verschiedenen Stellen verschiedene Konzentration hat, Salz
auf reversible Weise von einer konzentrierteren Stelle zu einer
weniger konzentrierten übergeführt wird.*) Dieser Wert liegt
auch schon seiner Theorie der Eonzentrationsströme zugrunde.
In Gl. (99) a. a. 0. findet Helmholtz zunächst einen
Ausdruck für jene Arbeit bei beliebiger Konzentration; in (99a)
dann weiter für große Verdünnung. Es sei * die Dichtigkeit
des Salzes, allein genommen, an einer Stellung der Lösung,
[s + Ss) an einer anderen; wird dann die Salzmenge 1 in
reversibler Weise von letzterer Stelle zu ersterer übergeführt,
so ist der Wert der dabei gewonnenen äußeren Arbeit gleich:*)
(A) K^-s»,
wo R^ die auf die Masseneinheit bezogene Gaskonstante des
Wasserdampfes, 0- die absolute Temperatur, k eine von der
Temperatur und allen anderen Variablen unabhängige spezifische
Konstante des betreffenden Salzes ist (siehe Helmholtz Vor-
lesungen p. 314 oben).
§ III. Die vorstehende Ableitung des Ausdruckes (A)
macht die Einführung des osmotischen Druckes überflüssig.
Zur vollständigen Ableitung der Gesetze verdünnter Lösungen
muß aber zu (A) noch hinzutreten der Beweis, daß R^ . k gleich
ist der Gaskonstante R des gasformig gedachten gelösten
Salzes. Diesen Beweis füge ich folgendermaßen hinzu, eben-
falls ohne Benutzung des osmotischen Druckes, indem ich aber
wie van't Hoff das Henry sehe Gesetz für absorbierte Gase
1) Vgl. Sit2.-Ber. d. Marburger Gesellach. Juni 1902. p. 68—72. Gl.V.
2) 1. c. p. 72—75.
3) 1. c. Gl. XIII. p. 76.
45*
708 F. Richarz.
anwende. In diesem § III soll dabei noch von einer halb-
durchlässigen Membran Gebrauch gemacht werden; in den
§§ IV und V sollen dann Überlegungen angestellt werden, ob
nicht auch diese entbehrt werden kann.
Die Gültigkeit des Wertes (A) flir die äußere Arbeit, die
bei reversibler Salzüberflihrung von der Stelle mit dem Gehalt s
zu einer mit dem Gehalt s + ds gewonnen werden kann, wird
nicht davon abhängen, ob das Gelöste ein Salz, oder eine Säure,
oder eine Base ist, oder welche chemische Qualität ihm zu-
kommt; sie wird auch nicht davon abhängen, welchen Aggregat-
zustand die gelöste Substanz außerhalb der Lösung in reinem
Zustande annimmt, welcher Aggregatzustand ja doch selbst
für ein und dieselbe Substanz von Druck und Temperatur ab-
hängig ist So kann man z. B. als gelöstes Salz Salmiak, als
gelöste Säure Kohlensäure außerhalb der Lösung bei gar nicht
sehr untereinander und von den gewöhnlichen verschiedenen
Temperaturen jeden der drei Aggregatzustände annehmen;
Chlorwasserstoffsäure, schweflige Säure, Ammoniak u. a. können
wir außerhalb der Lösung als Flüssigkeiten oder als Gase er-
halten. Wir werden
(A): bJ^^ Ss
also auch für den Wert der äußeren Arbeit ansehen können,
wenn in der Lösung eines (absorbierten) Gases die Massen-
einheit des Gases von einer Stelle mit dem Gehalte (.v 4- (^s)
zu einer mit s reversibel übergeführt wird, z. B. in einer Gas-
konzeutrationskette. Diese Überführung kann nun aber auch
in einer anderen, bisher noch nicht betrachteten Weise rever-
sibel geschehen. Die Gaslösung von dem Gehalte [s + Ös) sei
in einem Zylinder mit Stempel enthalten. Die Lösung fülle
den Raum unterhalb des Stempels nicht aus, sondern oberhalb
der Lösung sei freies Gas mit dem Drucke ^^J. dem (bei der kon-
stanten Temperatur »9-) das spezifische Volumen D entspreche,
vorhanden. Der Wert des Gasdruckes 'i}} über der Lösung ist
dann nach Maßgabe des Absorptionskoeffizienten des Gases
für die Konzentration [s + ^.v) gegeben. Zunächst denke man
sich den Dampf des Lösungsmittels von dem Gasraum dadurch
fern gehalten, daß der letztere und die Lösung durch eine nur
für das Gas durchlässige Membran, eine semipermeable Membran,
Theorie verdünnter Lösungen, 709
Yoneinander getrennt seien. Durch Hochziehen des Stempels
werde die gegenüber der Gesamtmenge kleine Menge Sm des
Gases der Lösung isotherm entzogen und vergast. Dabei wird
vom Gase die äußere Arbeit
geleistet. Sodann wird von dem freien Gase dicht unter dem
Stempel die Menge S m von der übrigen Gasmenge durch eine
völlig undurchlässige Scheidewand abgesperrt, und diese Gas-
menge dm ausgedehnt bis auf einen geringeren Druck p,
welcher geringere Druck derjenige sein soll, bei dem das freie
Gas sich im Absorptionsgleichgewicht mit der Lösung von der
geringeren Konzentration s befinden würde. Das spezifische
Volumen des Gases beim Druck p (und der Temperatur ß)
sei S3; dann ist die Arbeit der Gasmenge Sm bei ihrer Aus-
dehnung vom Druck ^ bis zum Druck p, wenn v das variable
spezifische Volumen und p den variablen Druck bedeutet:
8m. l pdv.
Nachdem die Gasmenge S m bis zu dem niedrigeren Druck p
ausgedehnt worden ist, kann sie in einem zweiten Zylinder mit
Stempel in Berührung gebracht werden mit der Lösung von
der Konzentration s, und durch Niederdrücken des Stempels
in die Lösung hineingetrieben werden. Da das spezifische
Volumen des Gases dabei gleich 93 sein sollte, leistet es dabei
die äußere Arbeit:
— p.93.^in.
Von diesen drei einzelnen Arbeitsleistungen sind die erste
und letzte entgegengesetzt gleich, da bei gegebener Temperatur
nach dem Boyle-Mariotteschen Gesetz: 5ß.t) = p.93 ist
Bleibt also insgesamt nur die Arbeitsleistung bei dem zweiten
Teilprozeß. Setze /? = Äi^/i7, so wird die Arbeit:
Sm,R& f^^J =Sm,R&\og^.
D
Führe statt der spezifischen Volumina SJ und t> die zu-
gehörigen Dichtigkeiten des freien Gases e und (& ein, so ist:
aS:t) = ®:c.
710 F. Richarz.
Für die Dichtigkeiten (« + ^ 6] und « des Gases innerhalb
der beiden Lösungen gilt nun nach dem Henry sehen Gesetz
far die Gasabsorption:
(6 + 5«):« = @: c.
Da nach seiner Definition: [s + Ss) : « = (« + ^c) : «, so
folgt S:t) = (« + ^«):*, und die Arbeit bei der reversiblen
Überführung von ^m:
^m.Äi^logf^^^^j.
Für kleine Ss, und bezogen auf die Überführung der
Masseneinheit, wird die Arbeit gleich:
• xT . — .
s
Dieser Wert gleichgesetzt dem von Helmholtz ab-
geleiteten (A):
ergibt das Resultat:
(B) B^.k = B.
Die beiden Gleichungen (A) und (B) genügen zur voH-
ständigen Begründung einer Theorie der verdünnten Lösungen.
Man pflegt eine solche meist in der Form der Analogie des
gelösten Körpers mit dem Gaszustande auszudrücken. In den
Helmholtz sehen Vorlesungen ist in Anknüpfung an die dortige
Gleichung (99a) [unser obiges (A)] gezeigt, wie die Analogie
mit den Gasgesetzen für das fingierte Expansivbestreben p des
Salzes in der Form der dortigen Gleichung (101) aus (A) her-
vorgeht ^)
pv = R^,k.&,
Diese Gleichung enthält die Analogie mit Boyle-Mariottes
und Gay-Lussacs Gesetz. Wird in diese Gleichung das
durch (B) ausgedrückte Resultat eingeführt, so ergibt sich auch
das von vanH Hoff abgeleitete, dem x\vogadroschen analoge
Gesetz der verdünnten Lösungen. Siehe die Konsequenzen
in den Anm. d. Herausgebers im 6. Bande der Helmholtz-
schen Vorlesungen, p. 322 und 323. 2)
1) Vgl. Marburger Sitz.-Ber. 1. c. p. 77 — 78.
2) Vgl. 1. c. p. 82.
Theorie verdünnter Losungen. 711
§ IV. Der Beweis des yorigen Paragraphen schloß den
Dampf des Lösungsmittels von dem Gasraam oberhalb desselben
durch Anbringung einer semipermeablen Membran aus. Es
fragt sich nun weiter, ob man nicht auch dieser entraten kann.
Das wäre in der Tat möglich, aber auch nur dann möglich,
wenn die Dampfspannung des Gelösten sehr groß ist gegen-
über derjenigen des Lösungsmittels. Man pflegt ja aber in
der Thermodynamik häufig Beweise anzuwenden auch auf Fälle,
bei denen streng genommen die Gültigkeitsbedingungen des
Beweises nicht erfüllt sind, welche Fälle aber prinzipiell in
dieselbe Kategorie gehören mit solchen anderen Fällen, in
denen die Bedingungen als erfüllt angesehen werden können.
Der Prozeß der sogenannten isothermen Destillation, der den
Ableitungen des § 72 der Helmholtzschen Vorlesungen zu-
grunde liegt, könnte ja auch streng genommen nur bei solchen
Lösungen ausgeführt werden, bei denen die Dampfspannung
des Gelösten gleich Null wäre, was ebenfalls nie vollkommen
erfüllt ist Trotzdem könnte man sich aber vielleicht doch
sogar theoretisch eine Lösung denken, für welche bei einer
sehr extremen Temperatur die Dampfspannung des Gelösten
groß wäre gegenüber derjenigen des Lösungsmittels; bei einer
anderen im entgegengesetzten Sinne extremen Temperatur um-
gekehrt Wenigstens folgt aus den Messungen von Georg
W. A. Kahl bäum für zahlreiche Substanzen ein Durch-
schneiden ihrer Dampfispannungskurven, und zwar auch für mit-
einander mischbare Substanzen, deren eine in der anderen
lösbar ist, so für Ameisensäure und Wasser^) sowie für eine
Reihe anderer organischer Verbindungen.^
Mir scheinen daher die Annahmen, die für die Ableitung
der Gleichungen (A) und (B) dann zu machen sind, wenn man
von semipermeablen Membranen absehen will, nicht bedenk-
licher zu sein, als andere in der Thermodynamik geläufige
Annahmen auch.
1) Georg W. A. Kahlbaum, Ztschr. physik. Chem. 13^ p. 83,
34; 1894.
2) Georg W. A. Rahlbaam, Zeitschr. phys. Cbem. 26. p. 605.
1898. Studien über Dampfspannkraftmesstingen, Basel bei Schwabe,
n. Abt. 1. Hälfte. 1897. p. 221.
712 F. Bickarz.
§ V. Indessen haben mich doch solche Bedenken eines sehr
geschätzten Fachgenossen gegen die Betrachtungen mit Weg-
lassung der semipermeablen Membran veranlaßt, diese dahin zu
verallgemeinem, daß sowohl der Partialdruck n^ des Gelösten
— nennen wir es auch weiterhin Gas — als auch die Dampf-
spannung n^ des Lösungsmittels — nennen wir es auch weiter-
hin Wasser — berücksichtigt werden.
Wir wollen dann durch einen Prozeß analog dem des § III
eine gewisse Menge des Gases der konzentrierteren Lösung
entnehmen und der verdünnteren zuführen. Beim Hochziehen
des Stempels wird jetzt aber der konzentrierteren Lösung zu-
sammen mit der Gasmenge auch eine gewisse Menge Wasser-
dampf entnommen. Dessen Dampfspannung ist kleiner als
diejenige über der verdünnteren Lösung. Ohne weiteres kann
also dieser Wasserdampf nicht reversibel in Gleichgewichts-
berührung mit der verdünnteren Gaslösung gebracht werden.
Vielmehr müßte, soweit es auf den Wasserdampf ankommt, das
feuchte Gas nach Trennung von der konzentrierteren Lösung kom-
primiert werden bis seine Dampfspannung n^ gerade gleich der
höheren über der verdünnteren Lösung ist, ehe es mit dieser
in Berührung gebracht wird. Andererseits wäre dann aber
der Partialdruck des Gases höher, als der verdünnteren
Lösung entspricht, so daß ein reversibles Berühren mit letzterer
in dieser Weise für das Gas unmöglich wäre. Dieser Hinderungs-
grund kann beseitigt werden durch Vornahme eines Zwischen-
prozesses, zu welchem eine Hilfslösuny erforderlich ist, in
welcher ein anderes, selbst nicht flüchtiges Lösungsmittel zwar
dasselbe Gas absorbiert, ohne jedoch Wasserdampf aufzunehmen.
Solche Hilfslösungen lassen sich ofi'enbar für viele Fälle ver-
wirklichen; z. B. für Äthylätherdampf in Paraffin. Mit Be-
nutzung einer derartigen Hilfslösung kann das feuchte Gas
auf folgende Weise reversibel aus konzentrierterer in ver-
dünntere Lösung transportiert werden.
Zuerst entnimmt man der konzentrierteren Lösung durch
Hochziehen des Stempels eine kleine Quantität feuchten Gases;
dabei habe das Gas allein den Partialdruck ^. Dann trennt man
die entnommene Menge von der Lösung und dehnt sie bis
zum Partialdruck p des Gases aus. Jetzt bringt man das
feuchte Gas in Berührung mit der Hilfslösung, deren Kon-
Theorie verdünnter Lösungen, 718
zentratioQ man so gewählt hat, daß der Partialdruck des
Gases über ihr ebenfalls gleich p ist Nun komprimiert man
das feuchte Gas bis der Wasserdampf diejenige höhere Spannung
erlangt hat, welche der verdünnteren Gaslösung entspricht.
Dabei wird gleichzeitig ein Teil der kleinen Gasquantität in
die Hilfslösung hineingetrieben. Endlich trennt man das feuchte
Gas von der Hilfslösung, kann es nun in Gleichgevdchtsberührung
bringen mit der verdünnteren Gaslösung und in diese gleich-
zeitig Gas und Wasserdampf hineintreiben. In solcher Weise
ist der Prozeß reversibel.
Betrachtet man die äußeren Arbeitsleistungen bei diesem
Prozeß, so erkennt man, daß die Arbeitswerte für die drei
resultierenden Veränderungen voneinander unabhängig sind.
Erstens ist eine gewisse Wassermenge 8w von der einen zur
anderen Lösung übergeführt worden. Die dabei geleistete äußere
Arbeit ist durch den Partialdampfdruck tt^ des Wassers als
gegeben; sie kann — was Nebensache ist — nach § I berechnet
werden; sie ist wegen der Unabhängigkeit des Parüaldruckes n^
von dem Partialdruck des Gases ebenfalls unabhängig von den
mit letzterem vorgenommenen Prozessen. Zweitens wird eine
gewisse Gasmenge der konzentrierteren Lösung entnommen und
der Hilfslösung zugeführt Diese Gasmenge kann ich als die
letzte durch Hochziehen des Stempels entnommene ansehen,
und die dabei und beim Hineindrücken in die Hilfslösung von
dieser Gasmenge geleistete äußere Arbeit ganz für sich be-
rechnen. [Diesen Teilprozeß kann man auch, wenn man will,
am Schluß des Gesamtprozesses wieder rückgängig machen,
indem man feuchtes Gas der konzentrierteren Gaslösung ent-
nimmt, von dieser trennt, auf den Gaspartialdruck p ausdehnt,
aus der Hilfslösung durch weitere Ausdehnung Gas in unend-
lich kleiner Menge entnimmt, nach Trennung von der Hilfs-
lösung das feuchte Gas komprimiert und schHeßlich wieder die
vermehrte Gasmenge in die konzentriertere Lösung eintreibt]
Bleibt dann drittens nur noch das Resultat, daß eine gewisse
Gasmenge ^m beim Gaspartialdruck ^ der konzentrierteren
Lösung entzogen, auf den geringeren Druck p gebracht, und
bei diesem der verdünnteren Lösung zugeführt worden ist Das
714 F, Richarz, Theorie verdünnter Lösungen.
ist derselbe Prozeß, wie er in § III betrachtet wurde, und fär
die Arbeitsleistung bei ihm folgen dieselben beiden Werte,
deren Gleichsetzung zur Beziehung [B) führte.
Die in diesem Paragraphen benutzte Hilfslosung hat zwar
ähnliche Eigenschaften wie eine semipermeable Membran, wird
aber in ganz anderer Weise benutzt als bei Einführung des
osmotischen Druckes.
Zum Schluß möge, um Mißverständnissen vorzabeugen,
nochmals ausdrücklich auf die Unabhängigkeit der vorstehenden
Ableitungen bis einschließlich § III von den folgenden Para-
graphen, imd auf die Unabhängigkeit dieser beiden Paragraphen
IV und V voneinander hingewiesen werden.
Marburg, L H., Physikal. Instit d. Univers.
(Eingegangen 30. September 1903.)
715
90. Der Bau einer besonderen Klasse yon
Transformationsgrnppen.
Von Wilhelm Killing in Münster i. W.
' Wie Lie gezeigt hat, ist der Bau der Transformations-
gruppen für viele mathematische Fragen von Bedeutung. So
ist zu hoffen, daß diese Theorie in nicht zu femer Zeit auch
für physikalische Probleme Bedeutung erlangen wird. Diese
Erwägung möge es rechtfertigen, daß ich zum Angebinde für
einen hervorragenden Vertreter der mathematischen Physik die
Resultate über den Bau einer besonderen Klasse von Gruppen
in gedrängter Kürze mitteile. Auf die Beweise einzugehen,
muß ich mir aus mancherlei Gründen versagen.
1. Jede Transformationsgruppe, die von r Parametern ab-
hängt, enthält auch r voneinander unabhängige infinitesimale
Transformationen. Sind |i ^ /, 1^ J ^ . . . |^ ^ ^ die unendlich kleinen
Änderungen, welche die Variabelen or^, x^ . . » x^ bei einer
solchen Transformation erleiden, so bezeichnet Lie dieselbe
durch das Symbol
Ist
das Symbol einer zweiten inf. Transformation, so kann man
aus beiden eine neue inf. Transformation bilden:
[X n = A'(7) - nx) = 2 (i. l-l - ^41) & •
Ein Grundgesetz der Theorie besagt nun, daß jedesmal, wenn
Xf und Yf zwei inf. Transformationen derselben Gruppe sind,
dieser auch die durch ihre Kombination erhaltene Transfor-
mation {X T) angehört Sind demnach
(1) XJ,X,f,...XJ
irgend r voneinander unabhängige inf. Transformationen einer
716 r. Kiümg.
G^ppe, M ist jede andare iat Transfonufttion derselben Gruppe
in der Fonn
«; Jj + «fj-^ + . . . + e^X^
daratettbar und für je zwei Marken i und x ans der Bobe
1 . , . r bestellt die Beziehung:
(2) (j-v-j-s;'...-^.
wo sowohl die Koeffizienten e^ wie (
haben. ÄuBer den Gleichungen
! c,K, konstante Werte
bestehen zwischen dea Koeffizienten c noch weitere Belationen,
welche sich aus den Oleichungen;
(3) ( X, (.r. x, )) + ( I. (.1-, 1-,)) + (X, (x; xj) - 0 ,
den sogenannten Jacobiscben Identitäten, e^ebeiL
Besonders wichtig ist der Fall, daß die rechte Seite der
Gleichung (2) gleich Null ist, weil iu diesem Falle die beiden
inf Transformatioaea X, und X, eine ^tweigliedzige Untergroppe
bestimmen, deren Transformationen miteinander Tertaoacb-
bar sind.
Zahlreiche Eigenschaften der Gruppe sind bekannt, sobald
man die iu den Gleichungen (2) auftreteuden Koet'fizienteD
kennt Daher wollen wir sagen, diese Kouffizienten bestimmen
den Bau der Gruppe, oder mit anderen Worten: zwei Gruppen
seien gleich gebaut (von gleicher Zusammensetzung, holoedrisch
isomorph), wenn bei geeigneter Wahl der bestimmenden inf.
Transformationen die Koeffizienten c, .^ in beiden Gruppen
dieselben Werte annehmen.
2. Eine merkwürdige Klasse von Gruppen enthält nur
solche zweigliedrige Untergruppen, deren Transformationen
miteinander vertauschbar sind. Wenn y, und Y^ irgend zwei
in einer solchen Gruppe enthaltene inf. Transformationen sind,
und wenn dann gesetzt wird:
(7, Fj) = Jj, (r, K,) = J', . . . {I", 7„_i) = Y„ ,
wobei wir nur voraussetzen, daß keine der angegebenen Kom-
binationen ein verschwindendes Resultat liefert, so sind die
inf. Transformationen
r„i;,K... i;_,,r„
über Transformathnsgruppen. 717
voneinander unabhängig. Wir wollen im folgenden nur den
Fall betrachten, daß bei geeigneter Wahl von Y^ und Y^ die
Zahl n gleich r werden kann. Alsdann dürfen wir für die
Untersuchung der Gruppe von den Gleichungen ausgehen:
(4) (Xj J?,) = I,, (Ij JE,) = X, . . . (jq Z,_,) = X„ (jq X,) = 0.
Derartigen Gruppen lege ich wegen der zuerst ange-
gebenen Eigenschaft den Bang Null und wegen der zweiten
Eigenschaft den Index r—2 bei.
3. um den Bau der r-gliedrigen Gruppen vom Range Null
und vom Index r— 2 zu bestimmen, dürfen wir zu den Glei-
chungen (4) die folgenden hinzufügen:
(^-^)== «1.4^4 +«1.6^ + ^.6^8 + • • •
(5)
{^M + 1 -^»c + 2) = öx,2>c + 2 -^2x4- 2 + ö>c,2>c + 3 -^2>c + 3 + • • •
(8)
Auf der rechten Seite dieser Gleichungen dürfen natürlich
nur die Transformationen X^. . .X^ vorkommen; man muß also
Xp durch Null ersetzen, falls (> > r ist.
Die Berechtigung dieser Gleichungen ergibt sich aus der
Jacobischen Identität für l,a,ß, welche wegen der Gleichungen
(4) die Form annimmt:
(6) (X, (X^ Xß)) = (X« X^ + 0 + (X„ + X X^),
indem man die Forderung berücksichtigt, daß jede zweigliedrige
Untergruppe nur vertauschbare Transformationen enthält
Aus den Gleichungen (5) und (6) leiten wir unmittelbar
die weiteren Beziehungen her:
(7) (X^ + 1 A^ + 8) = aK,2K +2X2K + 8 + Oh,2m-^B^2h + A + • • •
sowie für jedes positive ganzzahlige X die Gleichungen:
(Xx + iX^ + ;i + 3) = aK,2K + 2 — ( j )ax + l,2x + 4 + ( g Mök + 2,2x+6
+ (— l)'r"*"^" Jöx + i'.2K+y + 2+...U2K + i + 3
+ ax,2K + 8 + ...+(— !)"( ^ ~ *') «x + r,2x + »' + 8+«-- -y2K + >l + 4
+ ...
718 r. Küling.
In diesen Gleichungen muß man wieder X^ durch Null
ersetzen, falls o > r ist Zudem hat man in den Gleichungen (8)
dem V jeden ganzzahligen positiven Wert zu geben, der kleiner
ist als \{X+ 2).
4. Hiernach kommt unsere weitere Aufgabe darauf hinaus^
die Bedingungen zu ermitteln, denen die in den Gleichungen (5)
auftretenden Koeffizienten genügen müssen. Derartige Be-
ziehungen bestehen nicht, wofern die Gliederzahl r der Gruppe
kleiner ist als sieben; für solche Gruppen können daher in
den Gleichungen (5), (7), (8) die Koeffizienten a^,^ ganz will-
kürlich angenommen werden. Dagegen gilt für jedes r > 6
und für jedes x > 1 die Gleichung:
(9) a^^2H + 2 = 0.
Nun kann man aber X^ durch X^ + qX^ ersetzen und dann
q so wählen, daß auch o^ ^ == 0 ist. Bei geeigneter Wahl
von X^ gilt daher die Relation (9) auch für x = l.
5. Weitere Bedingungen brauchen nicht erfüllt zu werden,
falls r = 7 oder = 8 ist. Um aber für größere Werte von r
die verschiedenen Möglichkeiten zu übersehen, betrachten wir
die Koeffizienten
und sehen zu, ob sich unter ihnen mindestens ein nicht ver-
schwindender befindet oder ob sie sämtlich gleich Null sind.
Im letzten Falle gehen wir zu den Koeffizienten
über und machen dieselbe Unterscheidung. Wofern in den
Gleichungen (5) nicht alle Koeffizienten gleich Null sind, f^ibt
es jedenfalls einen bestimmten Wert von m von der Be-
schaffenheit, daß für jedes /i < m die sämtlichen Koeffizienten
^l,A< + 5» ß2,/i + 7' • • ^«,2x-»-.« +8 • • •
verschwinden, während mindestens ein Koeffizient aus der
Reihe
(II) fll,TO+5^ 0^2, m + 7 • • • ^x,2x + w + 3' • •
von Null verschieden ist. Für tw = 0 enthält bereits die Reihe
(10) ein von Null verschiedenes Element; für m = r — 5 ist
nur ^j,^ von Null verschieden. In dem Falle, daß bei der in
4. angegebenen Wahl von X^ in den Gleichungen (5) alle
Ober Transformationsffruppen. 719
Koeffizienten verschwinden, wollen wir w = r — 4 setzen. Hier-
nach können wir die Gruppen in r — 3 verschiedene Klassen
einteilen nach dem Werte von m, welcher der getroffenen
Festsetzung entspricht
6. Für die bei gegebenem m in (5) verbleibenden Koeffizienten
bestehen keinerlei Bedingungen, falls 2 wi > r — 9 ist. Liegt
aber r zwischen 2m + 9 und 3m + 12, so müssen die
Koeffizienten (11) einigen quadratischen Gleichungen genügen,
während die übrigen ganz willkürlich sind. Sobald aber
r ^3m + 12 ist, vereinfachen sich die Resultate, und wir er-
halten drei wesentlich voneinander verschiedene Möglichkeiten:
A. Die Größen (11) sind sämtlich von Null verschieden.
Alsdann stehen sie zueinander in festen Verhältnissen, welche
durch die Gleichungen bestimmt werden:
(IZJ Ök,2k + « + 3 = Äk + 1,2k + « + 6-
B. Von den Koeffizienten (11) ist nur der erste von Null
verschieden, während alle übrigen verschwinden.
C. Die ersten Koeffizienten (11) sind gleich Null und nur
eine gewisse, von r und vom m abhängende Anzahl derselben
kann willkürliche, von Null verschiedene Werte annehmen, und
diese müssen am Ende der Reihe (11) stehen. Für m = 0 ist
nur der letzte Koeffizient dieser Reihe von Null verschieden,
ebenso für m = 1 bei ungeradem r; dagegen bleiben die beiden
letzten Koeffizienten f ür m = 1 bei geradem r willkürlich.
Allgemein unterliegen für m = 2 n die letzten n + 1 Koeffi-
zienten keiner weiteren Beschränkung als der, daß sie nit^ht
sämtlich verschwinden dürfen, während man für m = 2 n + 1
unterscheiden muß, ob die Gliederzahl r ungerade oder gerade
ist: im ersten Falle können die letzten n + 1 , im zweiten
die letzten n + 2 Koeffizienten ganz beliebige Werte erhalten.
7. Ich muß es mir versagen, für r > 3m + 12 auf die
weiteren Koeffizienten einzugehen. Dagegen glaube ich, folgende
Bemerkung beifügen zu sollen.
Die beiden inf. Transformationen X^ und 2^, von denen
wir bei der Aufstellung der Gleichungen (4) ausgegangen sind,
können durch zwei andere ersetzt werden, welche ebenfalls
allgemeinen Charakter besitzen; d. h. will man für
720 W, Küliag, Über TransformatioTisgruppen.
1 ^2 = ?! ^1 + ya^2 + • • • + S^r^r»
WO e^, . .e^f 9i' ' '9r ^l^ß^ Konstante sind, die Transfor-
mationen 7j und T^ zugrunde legen^ so muß die Determinante
^1 92 "" ^2 7i ^^^ ^^^^ verschieden sein. Alsdann darf man
setzen :
(Y, r,) = r„ [Y, 7,) = 7,. . .(j; 7,_,) = i;,
und findet:
■* 3 ^^ ^8 ^8 '^" • ' • "^ r ^ r» ^4 = "4 ''*4 • • • + ^r ^^r * * * '
wo ^3,*^ . . . von Null verschieden sind. Man kann daher auch
die Kombinationen (F« Yß) durch Y^, Y^. , .Y^ darstellen und
erhält dabei Gleichungen^ welche ganz den Gleichungen (5),
(7), (8) entsprechen; nur können die Koeffizienten ihre Werte
ändern. Diese Änderungen müssen berücksichtigt werden,
wenn man untersuchen will, ob zwei verschiedene Gruppen
gleich gebaut sind oder nicht In dieser Beziehung gelten
aber die beiden wichtigen Gesetze:^
a) Wenn man zur Bestimmung des [Baues der Gruppe
irgend zwei andere inf. Transformationen von allgemeinem Cha-
rakter zugrunde legt, so bleibt die oben definierte Zahl m
ungeändert
b) Die Verhältnisse der unter (11) aufgestellten Koeffi-
zienten ändern sich hierbei nicht.
Die obige Einteilung unserer Gruppen sowohl nach der
Zahl m als auch für jedes. einzelne m in die drei verschiedenen
Klassen A, B, C ist daher von der Wahl der benutzten inf
Transformationen X^ und Xj unabhängig und trägt einen in-
varianten Charakter.
Münster i. W., im September 1903.
(Eingegangen BO. September 1903.) •
721
91. Bemerkungen zum VirialtheorenL
Von H. A. liorenti in Leiden.
I. Der Virialsats in der Ghistheorie.
§ 1. Bekanntlich wird in der kinetischen Molekulartheorie
für die Ableitung der Zustandsgieichung oft die von Glausius
herrührende Beziehung zwischen dem sogenannten Yirial der
Kräfte und der kinetischen Energie des Molekülsystems be-
nutzt.^] Zu den Schlüssen^ die sich daraus ergeben, kann
man indes auch auf einem anderen, und zwar auf einem sehi*
naheliegenden Wege gelangen. Da ich diese Methode in der
Literatur nicht erwähnt finde, so erlaube ich mir, dieselbe
hier kurz zu entwickeln, obgleich Prof. Boltzmann gewiß
nichts Neues darin finden wird.
Bezeichnet man für ein System materieller Punkte die
Massen mit m, die rechtwinkligen Koordinaten mit x, y, z,
die Kraftkomponenten mit X, Y, Z und die kinetische Energie
mit J, so lautet der Virialsatz:
^ d ^^ I dx ^ dy , dx\ , «^
oder, wenn r die Entfernung eines Punktes vom Koordinaten-
ursprung bedeutet,
(1) -^^[:cX + !,r+zZ]=-i^^mr» + %.
Diese Gleichungen, in welchen die Summen sich über sämt-
liche Punkte des Systems erstrecken, vereinfachen sich, wenn
man es mit einer stationären Bewegung zu tun hat Es ver-
schwindet dann das erste Glied rechts und es wird
(2) ^\'^{xX + t/r+zZ)^%.
1) Van der Waals, Die Continuitftt des gasförmigen und flüssigen
ZiiBtandes, Kapitel II; Boltzmann, Vorlesungen über Gastheorie,
Abschnitt V.
Boltzmann-Festschrift. 46
t22 H. A, Lorentz,
Den Wert des links stehenden Ausdrucks, des Virials, erhält
man am leichtesten, wenn man denselben auffaßt als die mit
— 1/2« multplizierte Arbeit der Kräfte bei den Verrückungen
(e unendlich kleine Konstante], d. h. bei einer in allen Rich-
tungen gleichen Dilatation. Ist z. 6. die Oberfläche eines
Körpers vom Volumen v einem normalen Druck ausgesetzt,
der pro Flächeneinheit die an allen Stellen gleiche Größe p hat.
dann hat man die Arbeit dieses Druckes bei einer Volumen-
zunahme Sev mit — 1/2« zu multiplizieren. Das Resultat ist
^pv und es ergibt sich daher, wenn man von den inneren
Kräften absieht und für die kinetische Energie pro Volumen-
einheit T schreibt, die bekannte Formel
(3) p = iT.
Im allgemeinen sind auch die Wechselwirkungen zwischen den
Teilchen zu berücksichtigen. Wenn z. B. zwischen zwei um r
Yoneinander entfernten materiellen Punkten längs der Ver-
bindungslinie die gleichen und entgegengesetzten Kräfte B
wirken, wobei eine Abstoßung positiv heißen möge, dann ist
das Virial der inneren Kräfte
Jedes Paar von materiellen Punkten liefert ein Glied zu dieser
Summe.
Es möge noch daran erinnert werden, daß die Gleichung
(2) nicht bloß für ein System materieller Punkte, sondern
auch für ein System beliebig gebauter Teilchen gilt. Nur
hat man in diesem Falle unter x, ?/, z die Koordinaten
des Schwerpunktes eines Teilchens zu verstehen, unter A', 1\ Z
die Komponenten der gesamten auf ein Teilchen wirkenden
Kraft, und unter % die kinetische Energie, welche die Teil-
chen wegen der Bewegung ihrer Schwerpunkte besitzen. Ist
ein Körper aus mehratomigen Molekülen zusammengesetzt,
so kann man den Satz in zweierlei Weise anwenden, indem
man entweder die Moleküle oder die einzelner) Atome ins
Auge faßt.
§ 2. Man kommt nun zu denselben Resultaten, wenn man
seine Aufmerksamkeit auf die gesamte Bewegungsgröße der in
Bemerkungen zum Virialtheorem. 723
einem bestiminten festen Raum liegenden Teilchen richtet
Diesen Ausdruck „gesamte Bewegungsgröße*' wollen wir so
verstehen^ daß für jedes Teilchen, dessen Schwerpunkt in dem
Baume liegt, das volle Bewegungsmoment in Rechnung ge-
bracht wird, auch dann, wenn das Teilchen von der Grenz-
fläche des Raumes durchschnitten wird. Demgemäß wollen
wir auch sagen, daß die ganze Bewegungsgröße eines Teilchens
durch diese Fläche hindurchgetragen werde, sobald der Schwer-
punkt durch dieselbe hindurchgeht
Offenbar kann sich die in dem betrachteten Räume ent-
haltene Bewegungsgröße aus zwei Ursachen ändern. Erstens
können auf die Teilchen, deren Schwerpunkte in dem Räume
liegen, Kräfte wirken, die entweder von den übrigen Teilchen
des Systems, oder von fremden Körpern ausgehen. Zweitens
werden infolge der Molekularbewegung eine gewisse Anzahl
von Teilchen den Raum verlassen oder in denselben hinein-
treten, wobei jedes sein Bewegungsmoment mit sich führt.
Ist der Zustand stationär, wie das angenommen werden soll,
so müssen sich die beiden Änderungsursachen kompensieren.
Wir wollen uns auf Fälle beschränken, wo die Molekular-
bewegung nach allen Seiten hin in derselben Weise stattfindet.
Dann gilt ganz allgemein folgender bekannte Satz. Die Differenz
der nach der Richtung der Normale n genommenen Bewegungs-
größen, welche pro Flächeneinheit und pro Zeiteinheit durch
eine beliebige Ebene in dem Körper nach der positiven und
nach der negativen Seite hindurchgetragen werden, beträgt
|- T. Mit der positiven Seite ist hier die gemeint, nach welcher
die Normale zeigt, und T bedeutet die kinetische Energie,
welche in der Volumeneinheit wegen der Bewegung der Schwer-
punkte vorhanden ist
Wir betrachten einen Körper, auf dessen Inneres äußere
Kräfte, wie die Schwerkraft, nicht wirken. Auf der oberen
Seite möge derselbe mit einem horizontalen Kolben in Berüh-
rung sein. In diesem Körper denken wir uns ein recht-
winkliges Parallelepiped, von dem eine Seitenfläche an dem
Kolben liegt Diese Fläche habe die Größe 1 und die gegen-
überstehende in dem Körper liegende Seitenfläche möge mit S
bezeichnet werden.
Es soll nun für diesen Teil des Körpers die Gleich-
46*
724 U. A. Lorentz.
gewichtsbedingung , und zwar was die Bewegangsgröße in
vertikaler Richtung betrifift, gesucht werden. Man überzeugt sich
leicht davon, daß man zu diesem Zwecke nur auf den vom
Kolben ausgeübten Druck p, auf die Kräfte, welche an der
Grundfläche zwischen den innerhalb und außerhalb des Parallel-
epipeds liegenden Teilchen wirken, und auf die durch die Grund-
fläche hindurchgehende BewegungsgröBe zu achten hat.
§ 3. Sieht man zunächst gänzlich von den Kräften zwischen
den Teilchen ab, so wird das Problem sehr einfach. Der vom
Kolben ausgeübte Druck erteilt dem Inhalte unseres Parallel-
epipeds pro Zeiteinheit die vertikal nach unten gerichtt^te
Bewegungsgröße p, und der Zustand kann nur dann stationär
sein, wenn eine gleiche Bewegungsgröße den Raum an der
Unterseite verläßt. Dies führt sofort auf die Gleichung (3).
Um nun weiter auch die Wirkungen zwischen den Teil-
chen zu berücksichtigen, haben wir zu beachten, daß diese
eine vertikale Kraft zur Folge haben, die an der Grund-
fläche von den äußeren auf die inneren Teilchen ausgeübt
wird. Diese Kraft sei A, positiv gerechnet, wenn sie abwärts
gerichtet ist Die Formel (3) ist jetzt durch
(4) p + A = ^^T
zu ersetzen. Wären z. B. nur die von van der Waals ange-
nommenen anziehenden Kräfte vorhanden, so wäre A einfach
die resultierende Anziehung zwischen den auf beiden Seiten
einer beliebigen Ebene liegenden Teilen des Körpers. Man
sieht leicht, daß dieselbe dem Quadrat der Dichte proportional
gesetzt werden darf, so daß ./ in das Glied ajv^ der van der
Waalsschen Gleichung übergeht. Nebenbei möge bemerkt
werden, daß bei dieser Betrachtung nur von der Anziehung im
Innern des Körpers die Kede ist; man erkennt demzufolge
unmittelbar, daß das Resultat unabhängig ist von dem kom-
plizierten Znstande, der vielleicht in der (-Jrenzschicht des
Körpers besteht.
Auch dann, wenn nebst den anziehenden auch abstoßende
Kräfte wirksam sind, gilt die Gleichung (4), vorausgesetzt, daß
man unter A die Resultierende aller Kräfte verstehe. Ist
z. B. ein fester Körper vom luftleeren Kaum umgeben, so muß
diese Resultierende genau den Wert |^ T haben.
Bemerkungen zum Virialtheorem, 725
Wir wollen jetzt ein System elastischer Kugeln betrachten,
die nur bei den Zusammenstößen aufeinander wirken. Denken
wir uns, daß jeder Stoß eine gewisse Zeit (die wir nachher sich
dem Grenzwerte Null nähern lassen können) in Anspruch nimmt,
dann ist es klar, daß in einem beliebig gewählten Augenblick
eine gewisse Anzahl von Molekülpaaren gerade in dem Akt des
Zusammenstoßens begriffen sind, unter diesen Paaren gibt es
einige von solcher Lage, daß der Schwerpunkt des einen Teil-
chens oberhalb und der Schwerpunkt des anderen unterhalb
der Grund däche des Parallelepipedi^ liegt Die auf die zuerst
genannten Teilchen wirkenden Kräfte setzen sich zu einer auf-
wärts gerichteten Besultierenden B zusammen; und die Glei-
chung für den stationären Zustand nimmt die Gestalt
an. Man gelangt dann weiter zu dem Gliede, das in der
van der Waals sehen Gleichung den Einfluß des Molekular-
Yolumens ausdrückt, wenn man B mittels geeigneter Kunst-
griffe berechnet. Darauf braucht hier nicht eingegangen zu
werden, da diese Kunstgriffe dieselben sind, die in Anwendung
kommen müssen, wenn man das Problem mit Hilfe des Virial-
satzes behandeln will.^)
§ 4. Um uns hiervon zu überzeugen und die Äquivalenz
der beiden Methoden darzutun, gehen wir auf die Annahme
zurück, daß in einem System materieller Punkte die § 1 mit
Tl bezeichneten Kräfte wirksam sind. Von allen Punktpaaren
betrachten wir nun diejenigen, für welche die Verbindungslinie r,
und also auch die Kraft R eine bestimmte Richtung und Größe
hat; wir nennen N die Anzahl der in der Volumeneinheit
liegenden Anfangspunkte dieser gleichgerichteten und gleichen
Strecken r und ß- den spitzen Winkel, welchen letztere mit der
Vertikalen bilden. Die Grundfläche des Parallelepipeds wird
dann von Nr cos & dieser Verbindungslinien geschnitten und die
ausgewählten Punktpaare liefern zu der Kraft B den Anteil
Nr R cos« ».
Man erhält hieraus die volle Abstoßung B mittels einer Sum-
mation, deren Resultat sich auf die Form
1) H. A. Lorentz, Wied. Ann., 12. p. 127. 1881.
726 H. A. Lorentz.
bringen läßt, wo das Zeichen JS sich auf sämtliche Punktpa^re
in der Volumeneinheit bezieht Die schließlich resultierende
Gleichung
stimmt genau mit derjenigen überein^ die aus (2) entsteht,
wenn man für die Viriale des Druckes und der Kräfte R die
§ 1 angegebenen Werte einsetzt.
Es braucht kaum hervorgehoben zu werden, daß man bei
einem mehratomigen Körper die jetzt geschilderte Methode,
ebensogut wie den Virialsatz in zwei verschiedenen Weisen
anwenden kann (§ 1).
n. Bewegung eines Elektrons im Felde eines festen elektriachen
Dipols.
§ 5. Für ein konservatives System, dessen potentielle
Energie wir mit U, und dessen konstante Gesamtenergie ¥ar
mit E bezeichnen, verwandelt sich (1) in die interessante
Gleichung
deren rechte Seite nur von der Konfiguration abhängt, und
die sich in einigen Fällen integrieren läßt. Es gelingt das
z. B., wenn man es mit einem einzigen Punkte zu tun hat, der
einer von 0 ausgehenden, von der Entfernung r abhängigen
Kraft B unterworfen ist. Setzt mau dann
3C
U= f Hdr
T
SO wird die Gleichung:
(6) m -^- = 2
Rd
-\-4E,
woraus sich leicht die in der Theorie der Zentralbewegung
auftretende Beziehung zwischen r und t ergibt.
§ 6. Ein zweites Beispiel, worauf hier etwas näher ein-
gegangen werden möge, liefert die Bewegung eines Punktes in
einem Kraftfelde, in dem die potentielle Energie eine homo-
gene Funktion — 2. Grades der Koordinaten ist. Da dann
Bemerkungen zum Virialtheorem. 727
80 wird die rechte Seite von (5) unabhängig von den Koordinaten.
Wir betrachten speziell den Fall, daß die potentielle
Energie gleich xjr^, multipliziert mit einem konstanten Koeffi-
zienten ist. Dieses Problem ist von Interesse für die Elek-
tronentheorie, da man auf dasselbe geführt wird, wenn ein
Elektron unter dem Einflüsse eines festen Teilchens steht, das,
in geringer Entfernung voneinander, gleiche positive und nega-
tive Ladung trägt.
Es sei amxjr^ die potentielle Energie, wobei a positiv
sein möge, und E = mC^. Aus der Gleichung (ö), oder
folgt dann
(T) \r^^C^t^+C^t+C^,
mit folgenden Werten der Integrationskonstanten:
^1 = i^o' + «^3» Gj = r^ (^)^ = r^tto cos^^, C'3 = ir,».
Hier ist u die Geschwindigkeit und & der Winkel, den die
Bewegungsrichtung mit dem verlängerten Radiusvektor ein-
schließt, während der Index 0 die Anfangswerte, flir / = 0,
anzeigen soll.
Es läßt sich nun sofort entscheiden, ob der Punkt im
Laufe der Bewegung den Ursprung 0 erreichen wird. Natflr-
lich ist das nur möglich, wenn die Größe
V -4^0, = - W 8in»*„ - 2af?
positiv ist. Indem wir nun auf einige spezielle Fälle übergehen,
uns auf positive t beschränken, und, wenn einmal der Ursprung
erreicht ist, den Vorgang nicht weiter verfolgen, können wir
folgendes sagen:
Ist .r^ positiv, so entfernt sich der Punkt ins Unendliche,
entweder direkt, oder (falls O-^y \n) nachdem r ein Minimum
geworden ist.
Es sei zweitens x^ < 0. Dann kommt es auf den Wert
der Anfangsgeschwindigkeit an. Ist diese so klein, daß
Cj < 0, so kommt es, welchen Wert ß-^ auch haben möge.
728 H. A. Lorentz.
immer zu einem Zusammentreflfen mit 0, und zwar wird r vor-
her ein Maximum, wenn d-^ < \n. Ist dagegen die Anfangs-
geschwindigkeit so groß, daß C^ > 0, dann kann 0 nur erreicht
werden, wenn d-^y \n und
9ind-.<-|/--^-.
Die Werte von t^ für welche r Null, oder zu einem Maximum
bezw. Minimum wird, lassen sich in jedem Fall leicht angeben.
§ 7. Dank der Gleichung (7) kann man die Integration
der Bewegungsgleichungen
jetzt vollständig zu Ende fuhren. Es ist zunächst
d^ X d^y ^ y cPx cPx _ x
und es ergibt sich weiter, wenn man diese Gleichungen mittels
der Formeln
X = r cos (p, y = r sin y cos /, z ^ r sin (f sin /
auf Polkoordinaten transformiert, und sie zueinander addiert,
nachdem man die erste mit cos/ und die zweite mit sin;^
multipliziert hat,
(^) Ji ('•'S) - '•' "'" 'f "«' "S^ (S) ' = r" «i° V-
Für die Projektion der Bewegung auf die y r-Ebene gilt offen-
bar der Flächensatz, so daß
(9) r« sin« ff ^^ = C^ ,
wo C^ eine neue Konstante ist Wir substituieren den hieraus
folgenden Wert von äxfät in (8), multiplizieren diese Gleichung
mit r«, und führen die durch
bestimmte neue Variabele ein. Die dann entstehende Gleichung
Bemerkung tn zum Virialtheorem, 729
können wir integrieren, wenn wir sie vorher mit d(pjdt' mul-
tiplizieren. Wir erhalten dann schließlich
(10)
yy C^-2a cos 9 ^|—
Nachdem man in dieser Weise (p als Funktion von t'^ und
also auch von t^ gefunden hat, erhält man x durch Integration
der Gleichung (9). Es ist noch zu bemerken, daß die Inte-
grationskonstante C^ den W^^
hat
Da (10) sich auf ein elliptisches Integral reduziert, so
läßt sich die Diskussion dieser Formeln vollständig durch-
führen.
Leiden, September 1903.
(Eingegangen 80. September 1908.)
780
92. Sul moto dei ioni nel campo elettrico.
Di AugUBto Righi in Bologna.
1. Scopo di questo scritto b il fax vedere, come alcune
mie esperienze ^)^ per la maggior parte pubblicate prima che
sorgesse la teoria degli elettroni^ riceyano da questa una
naturale spiegazione. Tali esperienze sono quelle che chiamai
delle ombre elettriche, e quelle relative ai fenomeni elettrici
provocati dai raggi ultraviolett! e dalle radiazioni scoperte dal
Röntgen. Ecco in che consistono le principali di tali es-
perienze^ tutte evidentemente dovute ad una convezione di
elettricitä; effettuata da particelle elettrizzate^ che si muoyono
attraverso Taria ambiente.
a) Se una punta metallica elettrizzata e rivolta ad una
lastra metallica avente carica opposta (per esempio tenuta in
comunicazione col suolo), un oggetto interposto arresta in parte
le particelle elettrizzate, che camminano dalla punta yerso la
lastra, e cosi si forma su questa l'ombra elettrica di quel-
Toggetto. Quesf ombra si mette in evidenza ricorrendo a
speciali artifici, per esempio sovrapponendo alla lastra metallica
una lamina isolante, e proiettando poi su questa il noto
miscuglio di Villari (solfo e minio in polvere).
b) ün tilo metallico sottilissimo parallelo alla lastra (oppure
uno di qualunque grossezza mantenuto incandescente da una
corrente elettrica) puö essere sostituito alla punta. In questo
caso le linee di forza sono note (archi di cerchio giacenti nei
piani perpendicolari al filo, passanti per esso e normali alla
lastra), ed opportune misure mostrano, che le traiettorie per-
corse dalle particelle elettrizzate coincidono sensibilmente colle
linee di forza elettrica.
c) 11 risultato non muta, se alla punta dell' esperienza
tipo a) si sostituisce una piccola tiamma a gas capovolta, od
un breve filo piegato ad angolo acute ed arroventato.
1) Veggasi // Nuovo Cimenio dal 1888 al 1903.
Sul moto dei ioni. 78 1
d) AI filo rettilineo dell' esperienza b) puö essere sosti-
tuito UD ciliDdro conduttore parallelo esso pure alla lastra
metallica; e lungo una generatrice del quäle ö teso un filo di
platino arroventato da una corrente elettrica. L'esperienza
mostra^ che la convezione si produce dal filo verso la lastra,
e che le particelle cariche seguono sensibilmente le linee di
forza passanti pel filo, le quali linee, come h notorio, sono
ancora archi di cerchio, che giacciono in piani perpendicolari
tanto alle generatrici del cilindro che alla lastra piana, ed
incontrano normalmQnte i due conduttori.
e) Anziehe ricorrere alla ionizzazione generata coUa
scarica da una punta acuta o da un filo sottile, o a quella
prodotta da un corpo rovente, si puö profittare dell' emissione
di elettricitä prodotta dai raggi ultravioletti, allorchft colpiscono
un conduttore negative. Anche in tal caso le esperienze
mostrano, che il trasporto delF elettricitä e effettuato da par-
ticelle elettrizzate (nel caso attuale sempre negatiTamente),
e muoventesi sensibilmente lungo le linee di forza. Una delle
maniere di constatarlo e quelle di sostituire nell' esperienza d)
un filo o Striscia di zinco ben terso al filo di platino ro-
vente lungo una generatrice del cilindro (in tal caso vemiciato).
Fomendo a questo elettricitä negativa, e facendo cadere sullo
zinco delle intense radiazioni ultraviolette (arco voltaico fra
carbone e zinco), si constata la solita convezione, approssimativa-
mente lungo le linee di forza passanti per la generatrice
suddetta.
f ] II risultato non nmta essenzialmente sostituendo i raggi
X ai raggi ultravioletti nelle esperienze precedenti. Ma fra gli
effetti delle due specie di raggi si notano due diflFerenze im-
portanti. Mentre i raggi ultravioletti devono colpire il con-
duttore negative, onde avvenga la convezione elettrica giä
descritta, quando si adoperano i raggi di Köntgen, e ne-
cessario soltanto, che essi attraversino Taria posta fra i due
conduttori.
In secondo luogo, mentre coi raggi ultravioletti si ha
semplicemente una convezione di elettricitä negativa dal con-
duttore negative al positive, coi raggi X si ha una doppia
convezione nelle due direzione opposte, di guisa che un oggetto
732 A. Righi.
posto fra i due conduttori produce la propria ombra elettrica
8u entrambi.
g) Nel corso delle mie esperienze sui fenomeri foto-elet-
trici ebbi la fortuna di scoprire^ che un corpo allo stato
naturale si elettrizza positivamente^ allorche e colpito dai raggi
ultravioletti (o anche quando e colpito dai raggi X nel vuoto,
come recentemente si h potuto mettere fuori di dubbio). Ora,
questo fenomeno, allorche si compie nelF aria air ordinaria
pressione^ obbedisce ad una legge, che puö enunciarsi in varie
maniere, per esempio nella seguente: la carica positiva
acquistata dal corpo cessa di aumentare, allorche il campo
elettrico dovuto a questa carica raggiunge un determinato
Talore, che dipende dalla natura del corpo in esperimento.
Cosicch^^ se per esempio il detto corpo ha forma piana, ed e
parallele ad una lastra metallica piana comunicante col suolo,
il Potenziale massimo che esso acquista e sensibilmente in pro-
porzione della distanza, che lo separa dalla detta lastra.
2. Bimandando alle antecedenti pubblicazioni chi de-
siderasse conoscere i dettagli sperimentali, mi occuperö di far
vedere, come le esperienze richiamate or ora si spieghino
facilmente adottando la teoria della ionizzazione dei gas.
Lasciando pel momento in disparte la g) occorre dap-
prima rilevare, che le esperienze a), b) . . . f ) hanno un carattere
comune, e precisamente che tutte si debbono ad un trasporto
di elettricitä, eflfettuato da particelle raateriali elettrizzate, le
quali percorrono traiettorie sensibilmente coincidenti coUe linee
di forza elettrica.
Air epoca, nella quäle le prime mie esperienze furono
compiute, le spiegai supponendo, che dette particelle altro noii
fossero che molecole gassose elettrizzate, giacche anche gli
stessi raggi catodici venivano allora generalmente considerati
come costituiti dalle molecole del gas residuo elettrizzate e
respinte dal catodo. Si tratta ora di far vedere, come le
esperienze si spieghino perfettamente ammettendo, che quelle
particelle altro non sieno che ioni.
Consideriamo dapprima le esperienze a) e b), o meglio la
sola a), giacche quanto si dira rispetto alla scarica da una
punta acuta, varrä per analogia anche per la scarica dalla
superficie d'un esilissimo filo.
Sul moto dei lonu 733
Neir immediata prossimitä d'una punta elettrizzata ad an
Potenziale abbastanza elevato avviene la ionizzazione dell' aria,
iniziata dai pochi ioni che sempre l'aria contiene^ e conti-
nnata dai nuovi ioni^ dovuti all' urto di quelli preesistenti (e
dei nuovi formatisi) contro le molecole gassose. Si formano
anzi due regioni di ionizzazione^ una Ä in contatto della
punta, l'altra £.ad una piccola distanza da essa. Suppongo
per chiarezza di esposizione che Telettricitä fornita alla punta
sia negativa. I ioni negativi respinti dalla punta arrivano in
£, dopo aver percorso un breve cammino nelV intenso campo
elettrico attiguo ad essa^ con tale velocitä^ da potere ßcindere
in ioni delle due specie le molecole d'aria urtate. Dei nuovi
ioni cosi continuamente formati nella regione £, quelli positivi
si muovono verso la punta, ed arrivano in A con tale velocitä.
da produrre per urto nuova ionizzazione. Intanto i ioni nega-
tivi formatisi in B, insieme a quelli partiti dalla punta, si
muovono verso la lastra posta di fronte alla punta medesima.
E siccome il campo elettrico ha un' intensit^ assai grande in
prossimitä della punta, e generalmente assai debole nello
spazio rimanente, cosi i detti ioni negativi non ne producono
dei nuovi, in quanto che fra un urto e Taltro contro le
molecole neutre non giungono ad acquistare la necessaria
velocitä.
Consideriamo appunto uno di questi ioni negativi, che la
forza elettrica fa muovere verso la lastra. Se esso non in-
contrasse sul suo cammino nessun ostacolo, la sua velocitä
andrebbe continuamente crescendo, e la traiettoria da esso
descritta sarebbe una linea generalmente diversa dalle linee
di forza. Ma in realta quel ione non puö percorrere libera-
mente che un brevissimo tratto fra un urto e l'altro contro le
molecole neutre, perdendo ad ogni coUisione buona parte della
velocitä da esso acquistata; e ciö appare chiaro, sia che si
ammetta che dopo Turto la molecola rimanga libera, sia che
si supponga che molecola e ione formino dopo Turto un si-
stema unico. L'effetto complessivo degli urti e dunque quello
di mantenere sempre assai piccola la media velocitä dei ioni
in inoto. e ])articolarmente la componente di essa perpendico-
lare alla direzione dei campo, di guisa che ad un instante
qualunqu(3 essi debbono muoversi press' a poco nella direzione
734 A. Righi,
della forza elettrica, e descriTere quindi sensibilmeote una
linea di forza.
Si comprende in tal modo come un ostacolo posto sul
cammino dei ioni^ che si avviano verso la lastra, difenda una
certa regione di qnesta dal loro bombardamento dando origine
all' ombra elettrica, quäle le esperienze mettono con oppor-
tuni Processi in evidenza.
3. i, verosimile che le traiettorie dei ioni diflferiscano piü
0 meno dalle linee di forza a seconda della forma di queste.
Ciö sarebbe evidente, se i ioni non incontrassero molecole sul
loro cammino. Infatti, supponendo dapprima le linee di forza
rettilinee e parallele fra loro (come per esempio lo sono fra
due conduttori piani e paralleli oppostamente elettrizzati] e
chiaro, che i ioni si muoveranno lungo le medesime con moto
accelerato. Supponendo invece linee di forza curve, i ioni si
scosteranno da esse tangenzialmente e percorreranno traiettorie
assai dififerenti. Ora h naturale il ritenere, che la presenza
delle molecole neutre, che yengono urtate dai ioni in meto,
non muti quella conclusione, e cioö che anche in tal caso le
traiettorie differiscano tanto meno dalle linee di forza, quanto
piü debole ä la curvatura di questa.
Checche si pensi di tale asserzione mi prenie di far qui
notare, che alle esperienze dei tipo a) ho dato recentemente
una nuova forma ^), colla quäle, avendosi in certe regioni linee
di forza a forte curvatura, i ioni si scostano alquanto da esse,
in modo da realizzare, a quanto pare, una riproduzione dei mec-
canismo, al quäle si considerano dovuti i cosi detti raggi-canali.
Alla lastra metallica posta di fronte alla i)unta e sosti-
tuita una fitta reticella metallica. In tal uiodo le linee di
forza, che prima incontravano nornialniente la lastra, debbono
incurvarsi fortemente in vicinanza della reticella, onde andare
a terminare normalmente sui fili che la forniano; ed e appunto
quando giungono in queste porzioni di lineo di forza aventi
curvatura grandissima che alcuni ioni ])ossono scostarsene
tanto, in virtü della loro velocitä, da attraversare i vani e por-
tarsi al di la della reticella.
1) Memor. della R. Accad. di Bologna, 1902. — Physik. Zeitschr.
15. Sept. 1903.
Sul moto dei ioni, 735
La presenza di questi ioni h dimostrata con metodi elettro-
metricL Inoltre, creando al di lä. della reticella un nuovo
campo elettrico^ i ioni, che l'hanno attraversata, prendono a
muoversi secondo le nuove linee di forza^ e possono cosi gene-
rare omhre elettriche, che facilmente si rendouo visibiU.
4. Le esperienze c) e d) si spiegheranno ora facilmente
per analogia con quanto si e esposto a proposito delle a) e b).
La piccola fiamma contiene ioni delle due specie in gran
numerOy e quando ad essa venga fomita elettricitä, i ioni
ayenti la carica omonima si allontanano da essa segnende
sensibilmente le linee di forza elettrica. ün metallo rovente
elettrizzato emette esso pure dei ioni omonimi^ che la forza
elettrica motte in moto, come nel caso di quelli respinti da
una punta elettrizzata.
Le esperienze e) diversificano dalle precedenti in quanto
alla maniera nella quäle sono generati i ioni.
Gerte mie esperienze mi persuasero^ che le particelle
negative emesse da un corpo elettrizzato negatiyamente col-
pito da raggi ultravioletti, mentre nelF aria alla pressione
ordinaria seguono sensibilmente le linee di forza, quando
l'aria venga gradatamente rarefatta^ esse percorrono traiettorie
di piü in piü dififerenti da quelle linee, in modo che alle
grandi rarefazioni le traiettorie stesse divengono linee rette^ e
cioe i raggi catodici. £ poiche questi sono costituiti da elet-
troni negativi liberi, viene naturale il supporre, che l'azione
delle radiazioni consista nel determinare una emissione di
elettroni negativi dai corpi, che sono da esse colpiti.
Che nel vuoto un metallo elettrizzato negativamente e
colpito dai rag^ ultravioletti emetta veri raggi catodici, e
stato^ dei resto, direttamente dimostrato dal Lenard.
Neir aria air ordinaria pressione i raggi catodici sono
rapidamente assorbiti. In altre parole, gli elettroni emessi
dal corpo elettrizzato negativamente sono presto arrestati nel
loro movimento per Tincontro di molecole neutre dei gas. Se
la velocitä, con cui gli elettroni sono lanciati; h assai grande,
essi ionizzeranno per urto le molecole, ed i ioni negativi cosi
formati si rauoveranno secondo le linee di forza come nei casi
precedentemente considerati. Se invece quella velocitä fosse
piccola, essi, anziehe ionizzare il gas, si unirebbero a molecole
736 A. Righi.
intere^ ed insieme a queste si muoverebbero nel campo elet-
trico. In un modo o nell' altro si formerä quella convezione
ordinata e regolare secondo le linee di forza, che h messa in
eyidenza dalle esperienze d'ombra elettrica.
Quanto alle esperienze del tipo f ] ecco come se ne rende conto.
I raggi di Röntgen generano continuamente nuoTi ioni
delle due specie nella massa gassosa da essi attraversata.
Non 6 dunque solo dalla punta elettrizzata come nell'
esperienza a)^ o solo dal filo sottile come nella b), o dal
corpo elettrizzato negativamente come nella e)^ che partono
in tal caso i ioni^ ma e da ogni punto del gas^ che partono
ioni positivi yerso una direzione e ioni negativi yerso la
direzione opposta. Come nei casi precedenti^ e sempre in
virtü della circostanza del rimanere piccola la loro velocit^
in causa dei loro frequenti incontri coUe molecole, gli uni e
gli altri percorrono traiettorie sensibilmente coincidenti colle
linee di forza. Di qui la formazione di ombre elettriche su
entrambi i corpi elettrizzati, qnando fra essi sia coUocato nn
ostacolo materiale.
Le esperienze di ombre elettriche mediante i raggi X
possono assumere forme assai curiose, per conoscere le quali
rimando il lettore ad una precedente pubblicazione.^)
5. Resta a considerarsi Tesperienza g) ed a spiegare la
legge relativa.
Allorche certe radiazioni, come le piü rifrangibili ultra-
violette, colpiscono la superficie d'un corpo non elettrizzato, e
particolarmente d'un metallo, ha luogo quella stessa eraissione
di elettroni negativi, che si produce quando il metallo e carico
negativamente. Se il metallo e isolato, questo fenomeno va
via via aftievolendosi, giacche la forza elettrica dovuta alla
carica positiva, che il metallo va via via acquistando, tende a
trattenere gli elettroni, cosiche, in caj)0 a un certo tempo,
praticamente finito, il Potenziale positivo ottenuto cessa di
aumentare.
Se gli elettroni emessi nuUa incontrassero sul loro cam-
mino, dopo essersi allontanati dal conduttore per un certo
tratto con moto ritardato, ricadrebbero su di esso con moto
1) Mein, della R. Acc. di Bologna, Bd. 6. 1896.
Sul moto dei ioni, 737
accelerato, per effetto della forza elettrica doYuta alla carica
positiva rimasta al conduttore. Se invece a qualche distanza
dal corpo colpito dalle radiazioni esistesse un conduttore
comunicante col suolo, questo sarebbe dapprima raggiunto dagli
elettrcoi, i quali non potrebbero cosi ricadere; ma poi, col
crescere della carica positiva, gli elettroni non arriverebbero
piü tanto lontani, e si avrebbe uno stato di cose permanente.
Orbene, la presenza dell' aria fa sl^ che qaesto stato finale si
ottenga^ anche senza che esista un conduttore comunicante col
suolo posto a distanza abbastanza piccola, perch^ possa essere
raggiunto dagli elettroni.
Come si h giä detto Turto degli elettroni contro le mole-
cole gassose ha per risultato una diminuzione di velocitä delle
cariche negative in moto, considerate nel loro complesso, sia
che si ammetta la ionizzazione delle molecole stesse per urto,
sia che si ritenga che queste semplicemente sottraggano col-
Turto agli elettroni parte della loro energia cinetica, sia infine
che avvenga una stabile o momentanea unione fra molecola ed
elettrone. E dunque naturale il pensare, che le cariche nega-
tive, ormai non piü elettroni isolati ma ioni negativi o molecole
negative, ricadano anticipatamente sul conduttore, e di piü in
piü abbondantemente, man mano cresce Tintensitä del campo
elettrico dovuto alla carica positiva del conduttore stesso.
Raggiunto un certo valore del campo elettrico si avrä com-
penso fra le cariche emesse dal conduttore per efi'etto delle
radiazioni che lo colpiscono, e quelle ricuperate nel modo
anzidetto, ed il Potenziale positive cesserä d'aumentare.
II valore di questo Potenziale massimo dipende dunque
dair intensitä del campo elettrico o, se si vuole, dalla den-
sitä elettrica superficiale. Se il conduttore costituisce una
delle armature d'un condensatore piano, dovendo quella den-
sita essere costante, il Potenziale varierä in ragione della
distanza fra le armature. E questa e appunto la legge speri-
mentale da me formulata.
II valore costante della densitä elettrica o del campo
elettrico nello stato finale permanente fe poi diverse secondo
la natura del conduttore e, a quanto risulta da mie recen-
tissime ricerche, anche dalla natura delle radiazioni impiegate.
Benchö mi sia proposto di non occuparmi in questo
BoltzmaDD- Festschrift. 47
738 Ä, Righi. Sul moto dei ioni,
scritto che di fenomeni producentisi ncir aria alla pressione
ordinaria, noQ mi trattengo dal far rilevare^ che la spiegazione
precedente rende conto di an altro fatto da me dimostrato,
e cioä che U Potenziale positivo raggiunto da an conduttore
esposto alle radiazioni cresce^ in linea generale^ maji mano
che si diminuisce la pressione del gas che lo circonda.
Si comprende infatti facilmente, che la progressiva rare-
fazione del gas permetterä alle cariche negative emesse dal
condattore di raggiungere in numero di piü in piü grande i
corpi circostanti^ e di sottrarsi cosi al ritorno verso il con-
duttore^ da cui partirono. Questo dovrä danque acquistare
una carica positiva di piü in piü grande^ prima che lo stato
finale permanente venga raggiunto.
Bologna, settemhre 1903.
(Eingegangen 30. September 1903.)
739
93. Ein elektrischer Aberrationsversuch.
Von Srnat Leoher in Prag.
Bisher konnte experimentell noch kein optischer EflFekt
im Laboratorium gefanden werden, der von einer eventuellen
Erdbewegung gegen den Äther herrührte. Die theoretischen
Darstellungen des einschlägigen Gebietes, speziell der astrono-
mischen Aberration des Lichtes, suchen dieser Tatsache in
verschiedener Weise gerecht zu werden.
Man kann aber auch daran denken, dieser Frage auf
elektrischem Wege beizukommen. Wenn der Äther an der
Erdbewegung nicht teilnimmt, so geht durch alle unsere Appa-
rate, Leitungen u. dgl. ein Atherwind mit einer Geschwindig-
keit 3. 10^ cm/sec und es erscheint auf den ersten Blick kaum
glaublich, daß eine so große relative Geschwindigkeit des die
elektrischen und magnetischen Wirkungen übertragenden Mittels
sich jeglicher Beobachtung entziehen sollte. Einfache Über-
legungen zeigen jedoch, daß solche „elektrische Aberrations-
versuche" aus verschiedenen Gründen gemeiniglich nicht heran-
gezogen werden dürfen, da die Polarität der Erscheinungen
eine einseitige Wirkung ausschließt Ein elektrischer Strom
z. B. ergibt ja stets eine Kombination zweier entgegengesetzt
gerichteter Strömungsmechanismen und was den einen Teil
schwächt, stärkt den anderen, so daß die Summe ungeändert
bleibt.
Nun sind aber diese beiden Anteile bei Strömen im luft-
leeren Räume sehr ungleicher Natur. Wenn wir in einem
verdünnten und stark ionisierten Gase eine Potentialdifferenz
herstellen, so fliegen die sehr kleinen negativen Elektronen
mit großer Geschwindigkeit nach der einen Richtung, indes die
großen positiven Atomreste langsam nach der entgegengesetzten
Seite wandern. Denken wir uns nun den Äther relativ gegen
47*
€b ^Cl
740 JE. Lecher.
die Elektroden bewegt» so ¥nrd^ falls Reibung eintritt, die eine
Strömung beschleunigt, die andere verzögert. Für beide F&Ue
sind sehr verschieden einerseits die relativen Geschwindigkeiten
gegen den Äther und andererseits die Oberfläche und Masse
der reibenden Körper. Darum erscheint es sehr unwahrschein-
lich, daB auch hier immer eine Kompensation der beiden Stö-
rungen stattfände. Eine soldie Auffassung fährte zu unwahr-
scheinlichen Konsequenzen.
Eis schien mir daher des Versuches nicht unwert, diesen
Fall experimentell anzusehen.
Eine auf etwa 0,4 mm ausgepumpte Glasröhre enthält drei
scheibenförmige Aluminiumelektroden a, b und c. Außen liegen
zwei Metallringe dd
1*^, I MMfaiM und ee. Wenn die-
selben mit den Ehiden
einer sehr energischen
elektrischenSchwingung
^ verbunden werden, tritt
unter Leuchten kräftige
Ionisierung ein. Ferner ist a mit dem einen Pol einer
Akkumulatorenbatterie (ca. 100 Volt), h und c durch je eine
große Selbstinduktion und die Spule eines Differentialgalvano-
meters ^) hindurch mit dem anderen Pole verbunden. Es fließen
somit im ionisierten Gase zwei ungefähr gleich starke Ströme
von a nach b, bez. c. Die Röhre selbst liegt in der Ekliptik
und gestattet eine beliebige Drehung in dieser Ebene, welche
in Standenwinkel eingeteilt ist. So kann b, a, c in und gegen
die Richtung der Erdbahn gedreht werden.
Nun erhält man allerdings bei einer solchen Drehung um
180*^ stets eine Verschiebung des Nullpunktes im Galvano-
meter. Macht man aber entsprechende Versuchsreihen in
Intervallen von je 12 Stunden, d. h. zu Zeiten, wo die Erd-
bahnrichtung gegen die Laboratoriumsrichtung sich umgekehrt
hat, so heben sich alle Differenzen bis auf die Größenordnung
der Fehler weg. Letztere waren leider noch ziemlich groß, so
1) Dieses ist eigens f&r ähnliche Zwecke nach dem Typus des
Thomson- Galvanometer konstruiert Doch liegen die beiden Spulen in
einem Olbade und sind durch ein dickes Metallgehäuse vollständig
elektrostatisch beschirmt
Ein elektrischer Äberrationsversuch, 741
daß mir eine Stromesänderung von weniger als 0,005 des
Wertes hätte entgehen können.
Wenn auch diese tastenden Versuche die angeregte Frage
nicht zur Entscheidung bringen, so verdienten dieselben vielleicht
als erster Beginn einer möglichen neuen Betrachtungsweise
kurze Erwähnung. Lassen sich die Fehlergrenzen noch weiter
herunterdrücken, so fährt die hier in Angriff genommene Me-
thode zum Altemativresultate:
Entweder existiert zwischen Äther und den durchfliegenden
negativen Elektronen resp. positiven Atomresten keinerlei Rei-
bung, oder es haftet der Äther fest an der Erdoberfläche.
(EingegaDgen 30. September 1903).
94. Über die Frage
der gegenseitigen Eiuwirkung von Kathodenstrablen.
Von F. Keesen I
Verschiedene Sathoden&trahlen, sowie die einzelnen Teile
desselben Strahlbilndels zeigen trotz der uegativen Lüduiißpn,
welche mit den Strahlen fortgeführt werden, keine Wirkungen
aufeinander. Ben Grund hierfür kann man in der entgegen-
wirkenden elektrodynamischen Wirkung oder darin suchen,
daB die P^inwirkungen zu klein sind, um beobachtet zu werden.
Dm zu entscheiden, ob das eratero zutrifft, wurden Versuche
mit KathodeuBtrahleu augestellt, welche in entgegengesetzter
Richtung aneinander vorbeigehen. Dann müßte die elektro-
dynamische Absto6ung die elektrostatische unterstützen. Nacb<
träglich habe ich gefunden, daß ahnliche Versuche mit gleichem
negativen Erfolg schon von Hrn. Bernstein') angestellt sind.
Ich teile meine VtTsiichsuuordnviiig ;iber doch mit, weil bei
derselben die aufeinander wirkenden Strahlen nicht wie Hru.
Bernsteins etwa 1,5 cm voneinander entfernt oder nur auf
einer kurzen Stelle einander genähert waren, sondern sich in
ihrem ganzen Verlauf unmittelbar nebeneinander befanden oder
sich durchdrangen, so daß die Einwirkung eine viel größere
sein mußte. Ein einfacher rechnerischer Überschlag zeigt,
daß in 1,5 cm Entfernung die Wirkung tatsächlich Null sein
muß. Femer wählte ich zwei ganz unabhängige Entladungen,
während bei den angezogenen Versuchen die beiden Kathoden-
strahlbündel von demselben Induktor in derselben Röhre ge-
bildet wurden. Es hat nun immer seine Schwierigkeit, vou einer
Quelle zwei getrennte Entladungen in derselben Röhre zu er-
halten, da die Entladungen sich stören. Man ist also nicht
ganz sicher, oh die beiden Entladungen wirkhch zu gleicher
Zeit erfolgen, nicht aufeinander folgende Entladungen dar-
stellen, die natürlich keine Wirkung aufeinander haben werden.
1) Wied. Aon. 62. p. *lb. 1897.
Gegenseiäye Einwirkung von Kathodenstrahlen, 748
Schließlich bestimmte mich za dieser Mitteilung noch der
Umstand^ daß ich bei den Versuchen eigentümliche Beein-
flussungen zweier Induktorien kennen lernte, die ein gewisses
praktisches Interesse haben.
Die benutzte Entladungsröhre hatte die Gestalt Fig. 1.
Zwischen den beiden Kathoden k und A^, welche jede ihre
zugehörige Anode a bez. o^ in der gezeichneten Lage hatte,
war ein Diaphragma aus vier in der Mitte durchbohrten Glimmer-
scheiben (c, b, Cj, b^) beweglich angeordnet Die Flächen des
Glimmers trugen phosphoreszierendes Pulver. Die von ver-
schiedenen Quellen den beiden Hälften zugeftihrten Entladungen
störten sich gegenseitig nicht Auf der linken Fläche von Cj
erschien ein kleiner leuchtender Fleck, herrührend von den
Kathodenstrahlen^ die k aussandte; auf der rechten Seite von
cl
II
Li
TT
U
a
t
^
a,
Fig. 1.
B Bf
'CD*
Fig. 2.
b ebenso ein Fleck, herrührend von A^. Der Ort dieser Flecke
erfuhr nun keine Lagenänderung, wenn eine der Entladungen
ausgesetzt und wieder eingeschaltet wurde. Somit kann die
elektrodynamische Wirkung nicht der Grund sein für das
Nichtauftreten der zu erwartenden elektrostatischen Abstoßung.
Die Anordnung für die beiden Entladungsquellen wählte
ich, um bei Ausschaltung der einen Quelle nicht zu starken
Strom durch die andere zu erhalten, nach Fig. 2. Die beiden
gleich starken Batterien B und B^ sind mit gleichen Polen
gegeneinander und dann mit den beiden Induktoren / und J^
verbunden. U ist ein Unterbrecher. Bei Stromschluß in U
wird jeder der beiden Zweige JB U und J^ B^ U von Strom
durchflössen. Bei Unterbrechung des Schlusses in U ver-
schwinden diese Ströme, durch Ausschalter wird, während der
Unterbrecher weiter arbeitet, der eine oder der andere der
beiden Kreise außer Tätigkeit gesetzt Allerdings ist man
744 F. Nt§*en. Gegcmeitigt Einwirkung tWH KathodenurrahUn.
auch hier nicht Bicher, daß die StromabtUllc in J und J, p^
iiau synchron verlaufen, wenn die Selbst induktiouskoetSzientea
wesentlich verschieden sind. Da aber die Koudeneatoren der
Induktorieii abgeschaltet waren, so wiirde der zeitliche Unter-
schied sich nur auf die Quantität des Stromes beziehen. Außer-
dem ist bei ziemlich gleichen Induktorien ein solcher Zeit-
unterschied nicht Torhanden. Femer wurde der Versuch auch
80 kontrolliert, daß an Stelle des einen Indoktors eine Elek-
trisiei'maachine trat
In manchen FiUlen zeigte sich allerdings eine Beeinflussutig
der Licbterscheinung au den phosphoreszierenden Flecken,
wenn die eine Entladung zugefügt wurde. Doch nur in dem
Sinne, daß die Intensität des Leuchtena eine Änderung erfiihr.
Die beiden Indulctorien J und J^ beeinflussen sich nämlich bei
der gewählten Schaltung. Der Extrastrom findet Ja in dem
geschlossenen Kreia eine gute Leitung, wo er sich ausbilden
kann, auf der anderen Seite wirken die beiden Kjrtrastronie
einander entgegen. Das erstere muß eine Schwächung der
Entladung, das zweite eine Verstärkung hervorrufen. So kommt
ea, daß, wenn man zwei Induktorien von verschiedener Größe
beniitzt, im all gern oirioii die Wirkung di"; ir''">Bci"ori i^chwüchiT
ist, als wenn derselbe allein arbeitet, des kleineren aber stärker.
Durch geeignete Wahl von nach diesem Schema [Fig. 2) an
Stelle des Induktors J gesetzten Spulen mit Selbstinduktion
läßt sich die Wirkung von J^ um mehr wie das Doppelte
steigern.
(Eingegangen 30. September 1903.)
745
95. Wie ist positive Elektrizität mit negativem
Potential nnd negative Elektrizität mit positivem
Potential leicht dar- nnd voranstellen?
Von James Moser in Wien.
Jahrelang, mehr als zwei Jahrzehnte, ist vor mir immer
wieder und wieder die Frage aufgetaucht, wie ich mir positive
Elektrizität mit negativem Potential und negative Elektrizität
mit positivem Potential vorzustellen hätte. Ich habe mit
Physikern und Mathematikern darüber gesprochen und diese
Unterredungen sind ihnen und anderen Anlaß zu Publikationen
gewesen.
Eine einfache Antwort, die um so mehr selbstverständlich
erscheinen wird, als sie mir schwer zu finden wurde, will ich
in den folgenden Zeilen mitteilen.
Zuerst müssen wir uns bewußt werden, daß die Unklarheit
oder Schwierigkeit der Vorstellung daher rührt, daß hier die
Worte positiv und negativ mit BegriflFen dreifach belastet,
also überlastet sind Denn wir sprechen erstens von positivem
und negativem Strom, zweitens von positiver und negativer
Elektrizität und drittens von positivem und negativem Potential.
Um Klarheit zu schaffen, um die Worte positiv und
negativ zu entlasten, will ich in dieser Auseinandersetzung die
Worte positiv und negativ nur für den Strom beibehalten.
Dagegen werde ich nicht von positiver und negativer Elektrizität,
sondern von anodischer und kathodischer Ladung sprechen.
(Hier kommt es mir jetzt nicht darauf an, zu diskutieren, ob
sich die anodische Elektrizität an der Anode oder an der
Kathode abscheidet; ich könnte auch, wie in der Vorlesung
der Kreide entsprechend, die Worte rot und grün gebrauchen.)
Drittens werde ich beim Potential, indem ich das Potential
der Erde als Nullpotential bezeichne, die Worte Uberpotential
und Unterpotential anwenden. Und zwar hat ein Punkt Uber-
potential, wenn durch eine metallische Leitung — hinzugefügt
746
James Moser.
gedacht; ohne den Versuch zu stören — von ihm zur Erde
ein positiver Strom abfließen würde. Er hat Erdpotential,
wenn seine metallische Verbindung mit der Erde stromlos bleibt
Unterpotential hingegen kommt ihm zu^ wenn durch die hinzu-
gefügte metallische Erdverbindung ein positiver Strom von der
Erde zu ihm fließen sollte.
Die Experimente will ich mit einem Forversuch aus dem
Galvardsmus beginnen und diesen dann in die Elektrostatik
übersetzen.
In einen parallelepipedischen Trog, mit elektrolytischer
Eupferlösung gefüllt, denke ich mir eine Reihe von vier silbernen
Fig. 0.
Kugeln getaucht, von denen nur die mittleren beiden sich be-
rühren, aber die erste von der zweiten und ebenso die dritte
von der vierten durch den Elektrolyten getrennt sein sollen.
Ein in die erste Kugel eintretender Strom fließt also durch
die Kupferlösung zur zweiten, durch das Metall der Kugeln
zur dritten und von dieser Kugel wieder durch den P]lektrol}i:en
zur vierten. Von der ersten und dritten Kugel wird Silber in
Lösung gehen, an der zweiten und vierten aber sich Kupfer
niederschlagen. Es werden die erste und dritte Kugel zu
Anoden, die zweite und vierte Kugel zu Kathoden.
In der Figur sind die Stromlinien skizziert und auch im
Sinne von Ohms galvanischer Kette ist der Verlauf des
Potentials eingezeichnet. Dieses erleidet einen Abfall nur im
Elektrolyten, bleibt aber auf den gut leitenden, im Vergleich
mit dem Elektrolyten widerstandslosen Kugeln auf konstanter
Höhe.
Ehe ich daran gehe, diesen Versuch ins Elektrostatische
Positive Mlekirizität mit Ji/egativem Potential etc. 747
zu übersetzen, habe ich mich darüber auszusprechen, wie ich
die Qualität der Ladung und die Höhe des Potentials bestimmen
will. Beides soll durch Elektroskope geschehen, wie ich sie
schon vor mehr als zwanzig Jahren beschrieb, bei denen die
Aluminiumblättchen den Induktor und ein um das Glasgefäß
innen und außen herumgeführter Stanniolstreifen den Inducendus
bilden. Die zur Anwendung kommenden Elektroskope sind
identisch; doch werde ich die Bezeichnung Qualitätselektroskop
und Poteutialelektroskop je nach ihrer Bestimmung gebrauchen.
Um die Art der Ladung an einer Stelle zu erkennen,
werden die metallischen Konduktoren, also die Kugeln, mit
einem Probescheibchen oder Probekugel berührt und mit diesen
das Qualitätselektroskop geladen.
Um aber das Potential zu bestimmen, wird ebenso in be-
kannter Weise das entfernt stehende Poteutialelektroskop durch
einen langen dünnen Draht mit einem Punkte der vier Kugeln,
insbesondere mit den mittleren beiden leitend verbunden. Kaum
nötig, zu sagen, daß es gleichgültig ist, von welchem Punkte
der mittleren beiden Kugeln aus wir die Verbindung zum
Poteutialelektroskop führen. Da beide Kugeln stets in metalli-
schem Kontakt miteinander eine zusammenhängende Niveau-
fläche bilden, bekommen wir immer denselben Ausschlag.
Jetzt will ich dies ins Elektrostatische übersetzen und
drei Versuche beschreiben, wie ich sie schon seit einigen Jahren
in meinen Vorlesungen ausführe.
Versuch 1,
Vier Metall kugeln auf Isolierstativen. Die erste Kugel
erhält durch Elektrophor oder Elektrisiermaschine anodische,
ErdFotenäal
Fig. 1.
die vierte kathodische Ladung. Die zweite und dritte Kugel
werden isoliert von der Erde, aber in gegenseitiger Berührung
aufgestellt und durch den langen Draht mit dem entfernt be-
findlichen Poteutialelektroskop verbunden. Würde jetzt —
748
James Moser.
ohne Ton der vierten Kugel Gebrauch zu machen — die ente
Kugel der zweiten genähert, so bekommen die Kagelu 2 und 3
Überpot«ntia] ; durch das Potentialelektroskop will ein positiTer
Strom zur Erde fließen. Der lange Verbindim^sdrabt ist —
ohne die Ladung des Elektroskops zu stören — leicht zu ent-
fernen. Das Fotentialelektroskcip hat anodische Ladung «-rhaiteD.
Würde hingegen — ohne von der Kugel l Gebrauch za
machen — allein die vierte Kugel der dritten nahe gebracht,
HO erhalten die zweite und die mit ihr verbundene dritte
ünterpotentiaL Das Potentialelektroskop zeigt kathodiscli«
Ladung an.
Wird aber jetzt sowohl die anodisch geladene Kugel i,
als auch die kathodisch geladene Kugel 4 so aufgestellt, daß
die Wirkung beider auf die mittleren Kugeln 2 und 3 sich
aufhebt — und diese Anordnung soll im folgenden immer als
Versuch I bezeichnet werdeu — , ao zeigt das Poteutialelektro-
skop keinen Ausschlag, mit welchem Punkt auch der Kugeln '1
und 3 es verbunden werde. Die Kugeln 2 und 3 haben £rii-
potential: ebenso ein oft zwischen sie geschalteter metallificher
Konduktor.
[las mit der Probekugel geladene Ladungselektroskop aber
zeigt, daB auf Kugel 2 kathodische, auf Kugel 3 anodische
Ladung ist.
Wir haben hier also:
auf Kugel 2 kathodisciie Ladung mit Erdpotential,
auf Kugel 3 anodische Ladung mit P>dpotential.
Bei genau gleicher Stärke der entgegengesetzten Ladungen
von Kugel 1 und 4 wäre die Anordnung vollkommen symmetrisch.
Figur 1.
Versuck II.
Nachdem durch Experiment I auf den Kugeln 2 und 3 Erd-
potenüal hergestellt ist, wird Kugel 1 näher an 2 herangebracht
Wie im vorigen Versuch zeigt das Qualitätselektroskop, daß
Positive Elektrizität mit negativem Potential etc. 749
Kugel 1 anodisch,
Kugel 2 kathodiscb,
Kugel 3 anodisch^
Kugel 4 kathodisch
geladen ist
Jetzt aber haben Kugel 2 und 3 ÜberpotentiaL Durch
das mit ihnen verbundene Potentialelektroskop will ein posi-
tiver Strom zur Erde fließen, es ist anodisch geladen.
Versuch IIL
Kehren wir wieder zur Aufstellung des ersten Versuchs
zurück: Kugel 2 und 3 haben Erdpotential, die mit ihnen
OGMD
UhUrFoienUaZ
Fig. 3.
verbundenen Blättchen des Potentialelektroskops fallen voll-
ständig zusammen. Bringen wir hierauf Kugel 4 in größere
Nähe zur Kugel 8, so erhält der aus Kugel 2 und 3 gebildete
mittlere Konduktor jetzt UnterpotentiaL
Die Qualität der Ladung bleibt dieselbe, wie durch die
Probekugel am Qualitätselektroskop nachgewiesen wird.
Es ist wohl überflüssig hinzuzufügen, daß wir beim Über-
gang von Versuch I auf Versuch II statt Kugel 1 der Kugel 2
zu nähern, auch Kugel 4 von Kugel 3 mehr hätten entfernen
können und ebenso hätte bei Versuch III der Annäherung von
Kugel 4 an Kugel 3 die Entfernung der Kugel 1 von Kugel 2
entsprochen. Es wäre auch möglich gewesen, statt der Kugeln 2
und 3 einen einzigen metallischen Konduktor zu wählen. Die
Wahl von vier, also zweimal zwei Kugeln hat aber den Vorteil,
die beiden Anoden- Kathoden-Paare besser hervortreten zu lassen
und ferner bietet sich auch so Gelegenheit, die Probekugel zu
vermeiden und mit jeder der vier Kugeln direkt das Qualitäts-
elektroskop zu berühren und zu laden.
760 James Moser,
Sesamieren wir, so haben wir in allen drei Versucben anf
Engel 1 anodische,
Kngel 2 kathodische,
Engel 3 anodisohe^
Engel 4 kathodische Ladung.
In allen drei Versuchen hat
Engel 1 Uberpotential,
Engel 4 ünterpotential.
Aber sowohl auf Engel 2, welche immer kathodisch, als
anf Engel 3« welche bei allen drei Versuchen anodisch ist,
haben wir bei
Versuch I Erdpotentia!,
Versuch 11 Überpotential«
Versuch TU UnterpotentiaL
WoUten wir diese drei Versuche unter Vermeidung des
Wortes Potentials, also in der Sprache von Biess beschreiben,
so würden wir sagen, daß
auf Engel 2 bei Versuch I
nur gebundene negative Elektrizität und keine freie,
bei Versuch 11
gebundene negative und freie positive Elektrizität,
bei Versuch III
gebundene negative und freie negative Elektrizität vorhanden
ist, und entsprechend
auf Kugel 3 bei Versuch I
gebundene positive und keine freie Elektrizität,
bei Versuch II
gebundene positive und freie positive Elektrizität,
bei Versuch III
gebundene positive und freie negative Elektrizität sich befindet
Eliminiere ich jetzt die eingangs eingeführten Worte und
ersetze sie wieder durch positiv und negativ, so haben wir
auf Kugel 2 im Versuch I
negative Elektrizität mit Nullpotential,
im Versuch II
negative Elektrizität mit positivem Potential,
im Versuch HI
negative EHektrizität mit negativem Potential
Positive Elektrizität mit negativem Potential etc. 751
und auf Eugel 3 im Versuch I
positive Elektrizität mit Nullpotential,
im Versuch II
positive Elektrizität mit positivem Potential,
im Versuch III
positive Elektrizität mit negativem Potential.
Damit hätte ich dann absichtlich die beseitigte Unklarheit
wiederhergestellt
Semmering, Herbstferien 1903.
(Eingegangen 80. September 1908.)
762
96. Über die einer allbekannten Kapillar-
erscbeinnng analogen Besnltate eines bestimmten
Problems der Kinematik starrer Körper.
Von Josef Finder in Wien.
Ein starrer Körper rotiere nm einen fixen Punkt 0.
Wählt man diesen Drehpunkt zum Anfangspunkte eines reoht*
winkligen Aohsensystems, femer die positive Bichtung der
der beliebigen Zeit t entsprechenden Achse der momentanen
Winkelgeschwindigkeit co zur Richtung der ^r- Achse und die
Achsenrichtung der normalen Komponente der momentanen
Winkelbeschleunigung zur Bichtung der x-Achse, so habeut
wenn da den in der 2 «-Ebene gelegenen Neigungswinkel zweier
benachbarten, den Zeiten t und t + dt entsprechenden Liagen s
und / der Momentanachse und rp^daldt die angulare
Wechselgeschwindigkeit bedeuten, die axialen Komponenten
der Winkelbeschleunigung die Werte oi.tp, 0 und a>' » donjdt.
Die Komponenten XYZ der Beschleunigung (p eines be-
liebigen Systempunktes [xyz) zur Zeit t sind:
if = ft) . t/; . ?/ . . .
Damit in der Folge die Winkelgeschwindigkeit cd und die
Wechselgeschwindigkeit rj) stets als positiv vorausgesetzt wer-
den können, sei die positive Richtung der y-Achse derart ge-
wählt, daß von Seiten der positiven y aus betrachtet die Drehung
von z nach z um den Winkel da als eine positive Drehung
erscheint, also dem Sinne nach mit der tatsächlichen Rotation
um die Momentanachse, d. i. mit dem Sinne der kürzesten
Drehung von [+ x) nach [+ y) übereinstimmt.
Nicht ohne Interesse sind jene Folgerungen aus den
Gleichungen (1), die sich bei näherer Untersuchung solcher
(1)')
1) Wilh. Schell, Theorie der Bewegung und der Kräfte. 2. Aufl.
1. p. 495. Leipzig 1897.
Zur Kinematik starrer Körper, 753
Systempunkte ergeben, deren in dem Zeitelement dt zurück-
gelegte Bahnen die kleinste Krümmung besitzen und deren
geometrischer Ort eine unverkennbare Analogie mit bestimmten
Kapillarphänomenen tropfbarer schwerer Flüssigkeiten darbietet.
Es werde, um dies zu zeigen, die Beschleunigung [XYZ)
des beliebigen Systempunktes M, dessen konstanter Abstand
vom Drehpunkte R = "j/x^ + y^ + z^ und dessen veränderlicher
Abstand von der Momentanachse r = '^x^ + y* ist, in drei
andere orthogonale Komponenten (ps, (ft und (f^ zerlegt, deren
erstere tpR die Richtung OM des Halbmessers R der Kugel-
fläche hat, in welcher sich der Punkt M bewegt, während (f^
die Richtung der Geschwindigkeit t? = r co des Punktes besitzt
und (p^ gleichfalls tangential zu dieser Kugelfläche und normal
zur Geschwindigkeit v gerichtet ist.
Da nun
die Richtungscosinusse dieser drei Richtungen R, t und n be-
züglich der Achsen xyz sind, so ist der Gleichung (1) zufolge
(2)
(ü* r' r* w'
^ yx* + y«
'fn ^-R'''' + ^^'
Gi«
R . 1/x« + y«
[x^'\-y^z+'^[x^ + y^ + z^.y.
Jene Systempunkte, für welche die letztere Komponente
(f^ = 0 ist, deren zur tangentialen Beschleunigung (p^ normale
Komponente der Beschleunigung (pj d. i. die zentripetale Be-
schleunigung daher (pR ist, also die Richtung gegen den fixen
Drehpunkt 0 besitzt, liegen demgemäß in einer Kegelfläche /*dritter
Ordnung, deren Mittelpunkt 0 ist und deren Gleichung lautet:
Dem obigen Werte
ffR = -
r«
R
Boltzmann-FeBlBCbrift. 48
754 /. Finger.
der normalen Beschleunigung zufolge ist der konstante Abstand B
dieser Systempunkte vom Drehpunkte 0 zugleich der Krüm-
mungshalbmesser ihrer Bahnelemente, während der Krümmungs-
halbmesser Q der sphärischen Bahnelemente aller anderen
Systempunkte, die auf derselben Kugelfläche, deren Mittel-
punkt 0 und deren Halbmesser R ist, dem Meusnierschen
Satze zufolge q = Rco%[qE), also jedenfalls kleiner als R ist
Es sind nämlich die Krümmungskreise der letzteren Bahn-
elemente Parallelkreise der obenerwähnten Kugelfläche, wäh-
rend die Krümmungskreise der Bahnelemente der Punkte der
Kegelfläche F größte Kugelkreise sind.
Die Kegelfläche F ist sonach der geometrische Ort jener
Punkte, deren in demselben Zeitintervalle dt zurückgelegte
Bahnen am wenigsten gekrümmt sind.
Der Gleichung (3) zufolge ist sowohl die augenblickliche
Drehungsachse z, für welche x = 0 und y = 0 ist, als auch die
Achse X der normalen Winkelbeschleunigungkomponente, für
welche y = 0 und 2: = 0 ist, eine Erzeugende der Kegelfläche F
und die yz-Ebene ist eine Symmetrieebene derselben.
Da laut (3) positiven Werten von y negative Werte von z —
und umgekehrt — entsprechen, so besteht die Fläche F aus
einer Halbkegelfläche P^, welche in jenem der von der xy-Ebene
und der z or-Ebene begrenzten vier Raumteile, in welchem y>^
und z < 0 ist, sich ausbreitet und aus einer zweiten, die erstere
ergänzenden Halbkegeltläche F,^y für welche // <[0 und r > 0 ist.
Von diesen beiden Flächen teilen sei, damit 1/ stets als
positiv vorausgesetzt werden kann, bloß die Halbkegelfläche F^
hier stets in Betracht gezogen. Diese Fläche F^ und hiermit
auch die Fläche F ist schon durch den nunmehr näher zu
untersuchenden, in irgend einem bestimmten (konstanten) AIh
stande 00 = c vom Drehungspunkt 0 zur Momentanachse r senk-
recht geführten ebenen Querschnitt A' dieser Fläche F^ bestimmt-
für welchen demgemäß z = — c ist und dessen Gleichung
daher, wenn kürzehalber durch e das (stets positive) doppelt-e
Verhältnis der Wechselgeschwindigkeit yj zur Drehungs-
geschwindigkeit CO
(4) e = 2^
Zur Kinematik stoKrer Körper, 755
bezeichnet wird, lautet:
(5) 6(;ra + ya + c^).y - 2(:c» + y*)c = 0.
Die Ebeoe dieser Kurve K von dritter Ordnung schneidet die
z-Achse in einem Punkte 0\ der zum Anfangspunkte eines
zweiten in der Ebene dieser Kurve gelegenen, mit den früheren
Achsen x, y gleichgerichteten Achensystems x' f/ gewählt sei,
für welches dieselbe Gleichung (5) giltig ist. Laut derselben
ist die y'- Achse eine Symmetrieachse, die ar- Achse eine Tangente
und die zur ^r'-Achse auf der positiven Seite derselben in dem
Abstände
(6) O'C^h^^-^ = -.r
parallel geführte Gerade a eine Asymptpte der Kurve K. Die letz -
tere befindet sich in ihrer Gänze in dem von der x- Achse und der
Asymptote a begrenzten Flächenteile der or'y'-Ebene und zwar
nimmt laut (6) die Breite h dieses Flächteües bei gegebener
Wechselgeschwindigkeit rp mit wachsender Rotationsgeschwindig-
keit «, also mit abnehmendem Werte von 6 stetig zu. Die
Fläche F wird von der zx-Ehene längs der 2:-Achse tangiert,
während jene Ebene, welche die (in der Kegelfläche F gelegene)
X-Achse und die zu der letzteren parallele Asymptote a ent-
hält und deren Neigungswinkel X gegen die zx-Ebene durch
tgA = ö>/t/; bestimmt ist, die Fläche F asymptotisch berührt,
so daß zwischen diesen beiden sich in der x-Achse schneidenden
tangierenden Ebenen d. i. innerhalb des dem Winkel k zugehörigen
keilförmigen Raumes die ganze Fläche F eingeschlossen ist.
Für 6 = CX5, d. h. für einen vorausgesetzten augenblick-
lichen Ruhezustand, für welchen « = 0 ist, reduziert sich die
Fläche F auf die z x- Ebene und die Kurve K auf die x'-Achse.
Ist dagegen w > 0, so bieten bezüglich der eigenartigen
Form der Leitkurve K der Fläche F die sechs einzig möglichen,
nunmehr näher zu untersuchenden speziellen Fälle folgende
charakteristische Unterschiede dar:
L FaU. OD >B >^yf-
In diesem Falle hat die Kurve K die Gestaltung der Fig. 1.
Dieselbe enthält nämlich keinen Punkt M, in welchem die
Kurventangente zur //-Achse parallel wäre, da die Gleichung (5)
48*
756 J. Finger.
für dyjdx '^ cc zu einer kubischen Gleichung fDhrt, die in
dieeem Falle nur einen einzigen realen Wurzelwert für y er-
gibt, für welchen, da der-
selbe größer als h = 2{c/«)
ist, das zugehörige Quadrat
der Abszisse x negativ wäre
Die Kurve K enthält zwei
zury '-Achse symmetrisch ge-
legene Wendepunkte A und
A', für welche, wenn man mit
Hilfe von (5} x als Funktion
von j/ ausdrückt, sich ergibt:
2«cy* + 2Ecäy-c*] = 0.
{1)
;»(2c
»y)'
.[«V*
Für diese Wendepunkte muß sonach die biquadratische
Gleichung besteben:
(8) t*t/*~2tcf + 2tc'i/-c* = 0.
Bedeutet 7/ das notwendigerweise positive Verhältnis
(9) , = i;-_i.A_|.|,
welches für alle Punkte der Kurve A' kleiner als 1 ist, so läßt
sich die Gleichung (8) auch in folgender Form darstellen:
(10) ]^e'{7i~\)-v'(i-n)='0,
woraus sofort zu ersehen ist, daß für einen jeden Wert von e
in den beiden Wendepunkten A und A'
also in Fig. 1 (X £ > ^.O'C sein muß.
Gleichung gemäß
Da ferner der letzten
für alle Werte von «' negativ ist, so nimmt für die Wende-
punkte das Verhältnis
Zur Kinematik starrer Körper, 757
mit wachsender Drehungsgeschwindigkeit w, also mit abnehmen-
dem € stetig zu und zwar laut (10) im eben betrachteten 1. Fall von
y - 1 bis y - ^
Von den vier nach der Ferrari sehen Methode unschwer
bestimmbaren Wurzeln der Gleichung (8) sind stets zwei
Wurzeln komplexe Größen und eine dritte Wurzel negativ,
während y > 0 sein soll, so daß, wofern € > 1 ist, für die
Ordinate y der Wendepunkte Ä und Ä nur folgender Wert
Gültigkeit behält:
- y (/TT^« - 1)
(H)
wo
8
'-n
2 «*(«*-!)
ist
Die diesen Punkten Ä und Ä' zugehörigen Berührongs-
geraden t und i! der Kurve K sind gegen die ar'-Achse unter
einem Richtungswinkel A, geneigt, für welchen, da laut (9) und (10)
•■-"•(i)'i^
ist,
sich ergibt.
Für die Abszissen der Wendepunkte Ä und Ä' ergeben
sich aus (5), (9) und (10) die nach der Bestimmung von y aus
(11) leicht berechenbaren Werte
Der Formel (7] zufolge ist der Wert des Krümmungs-
halbmessers der Kurve K ftlr den Scheitel ff
8 4 2 (ü
derselbe nimmt also mit a im selben Verhältnis ab.
Einfacher gestaltet sich die Gleichung der Fläche F, wenn
man Polarkoordinaten {B(p}.) zugrunde legt, femer den Mittel-
768
J. Finger.
pnokt O der EegelÖäche /' zum Fol und die Durchschnit
kurve dieBer Fläche mit einer konzentrischen Engeltläche, der
Halbmesser R etwa c aei, zur Leitlinie wählt. Da dann <
bekannten TransformationsgleichuDgen
T = c . coB ^ cos A, y = c coa ^ . sin A, z = c sin tp
zur Anwendung kommen köDoen, so nehmen die Polargl
chungen der letzteren sphärischen Leitkurre laut (3) und
die einfache Form an:
R = c, Bin 2 9> + a sin A = 0.
Diese in sich geschlossene sphärische Enrve besitzt bemerkei
werte Eigenschaften, in deren Erörterung jedoch Kürze halb
nicht eingegangen werden solL
2. FaU. *=M^.
Wenn bei zunehmender ßotationsgeschwindigkeit to d
Verhältnis a = 2(y>jio) bis zu dem Werte e = J-^l herabsin]
so daß k bis zu dem h=^Y^-'^ ansteigt, so nimmt i
Kurve A' die Form d
Flg. 2 an. Dieselbe ei
hält nämlich dann früher
Gleichungen zufolge zw
Punkte A und A', f
welche dxjdy = U ist, ali
die Tangenten ( und t' zi
y'-Achse parallel sind (w
sich dies auch aus dt
weiter unten folgendenGle
'^ chuugen ergibt, aus weicht
cos 0 = l , </» = 0 und y, = i'j = 5 A leicht zu folgern i;
und zwar sind diese beiden Punkte zugleich die Wendepunkt
da filr dieselben laut (7), (9) und (10) auch (pTldy* = 0 i-
Es sind dies nämlich jene Punkte A und A', für welcl
und
x= ±ßA = ± -l-vl ./( = -"-
Zur KinemfUik starrer Körper.
3. Fall, ^yf > 6 > 1 , demnach f j/fc < A < 2c.
Zufolge (5), (6) und (9) ist '
759
X* = c*
(13)
dx
~dy
h-y
h
- v2 ^ Ä«
y
B'
B"
1-17
-V'
- iy (1 - n?
x{l - 7)* [ 8
Jene Punkte der Kurve iT, für welche die Tangente zur
y-Achse parallel^ also dxjdy = 0 ist, müssen demnach der
Gleichung genügen:
(14) ^(i-,;)a^|e2 = 0.
Diese Gleichung hat, da 1 < e* < |-f^ vorausgesetzt ist,
drei reelle Wurzeln und zwar sind dieselben
,y = |(l+cos|), fl^=-|[l_:cos(^ + |-)|,
»?, = 3- [l - C08 (f - 1^)] ,
WO </> jenen positiven spitzen Winkel bedeutet, für welchen
cos 0 = f J 6^ — 1 ist, so daß y
1^ < cos 0 < 1 , demnach
46^34' 2,88" >*>0, folglich <^777/r/7W///,
1,309 < 7/ < I, i > 7;, > -^
und } > 7/2 > 0,1909 ist.
Dem Wurzelwerte rj
müßte, da derselbe größer
als 1 ist, laut (13) ein
imaginärer Wert von r zu-
gehören, während sich für
7/j und r]^ zufolge (13) posi-
tive Werte von x^ ergeben.
Die Kurve K enthält dem-
nach in diesem 3. Falle vier Punkte ^j A^' A^ A^ (B^g. 3), für
welche die Tangente zur y-Ächse parallel ist, nämlich die
Punkte {x^y^\ (- x^, yj, (x^y,), (- x„ y,), wo
^'<J^//'////;
(15)
Vi ==^Vi = o Ä
1/2 = Ä ^^2 =
B
.-cos{| + 4)]=äÄ,
•--(3-1)1=0^^'
COS 0 = JJ «» - 1 , l A > y, > |a > y, > 0,1909 A
760
J. Finger,
(16)
und laut (13) und (14)
I x,^ = A^,«(l - 2iy,) = A«(2 7y, - 3 V - i«^
l V = Ä* V(l - 2i7,) = AM2^2 - 3 V - iO,
80 daß Xj' < ^1^ ar,* < y,* und
V-^i' = Ä'(^i-^a)[3(^i+^a)-2] = 2Ä>(i?,-t;,)(l -C08|)
und da fj^ > ly^ ist, jedenfalls x,^ > ar^* ist
Die Koordinaten (ar, y) und ( — x, y) der zwischen A^ und
^2, beziehungsweise zwischen Ä^' und ^g' gelegenen Wende-
punkte Ä und -4', für welche yi > y > ^ ä > y^ und r,* > x* > Tj*
ist» wie auch die Richtungswinkel der zugehörigen Tangenten
sind aus den Gleichungen (8) bis (12) bestimmbar.
Aus dem Gesagten ist sofort ersichtlich, daß die Kurve A^
in dem hier betrachteten 3. Falle stets, wie dies Fig. 3 zeigt,
in der Nachbarschaft der Wendepunkte eine EinschnOrung
parallel zur x-Achse besitzen muß, die um so größer ist, je
mehr sich der abnehmende Wert von 6 dem Grenzwerte 1
nähert.
4. Fall € = 1.
In diesem Falle erlangt die Gleichung (8) für die Ordinate
der Punkte Ä und A' die einfache Form (y + c) (y — c)' = 0
und ergibt, da y positiv sein
soll, den einzigen Wurzel-
wert y = c, und da laut (6l
Ä = 2 c ist, so ist y = Ä/2
und ;/ = yjh = ^. Da nun
die zugehörige Abszisse laut
(12) X = 0 ist, so wird in
(7) sowohl der Zähler wie
auch der Nenner Null und
ebenso in dem zugehörigen
Werte (13) von rfar/e/y. Eine
einfache Rechnung lehrt,
daß dann (13) und (7) zu
folgenden Werten führen
dx
dy
= ± 1 und
dy'*''^ ^ c " - h
woraus zu entnehmen ist, daß die früheren zwei Wendepunkte A
Zur Kinematik starrer Körper. 761
und Ä nunmehr in einen einzigen Doppelpunkt Ä (Fig. 4),
dessen Koordinaten jrs=0, y=^hj2 = c sind, übergehen und
daß die beiden Zweige der Kurve K sich in diesem singalären
Knotenpunkte rechtwinklig schneiden, indem die beiden Tan-
genten Ä Cj und A Cg dieses Doppelpunktes unter dem Winkel
dt^l^ gegen die Koordinatenachsen geneigt sind. (Da die
Krümmungshalbmesser für diesen Doppelpunkt A den Wert
haben, so liegen die beiden zugehörigen Krümmungsmittel-
punkte Cj und Cg in der ar'- Achse und zwar istO'Cj =0'C2=A/2.)
Von den beiden Ordinaten y^ und y^ der Gleichungen (15)
kommt hier bloß y, in Betracht, da cos 0 = |- J «^ — 1 in diesem
Falle den Wert ]^ hat, somit laut (15) und (16) 1^1 = ^,
y^ = J-Ä, j:^ = 0 ist, also A^ und A^' mit dem Doppelpunkte A,
für welchen dxjdi/ = 0/0 nicht Null, sondern ± 1 ist, zu-
sammenfallen. Die Kurve K enthält daher in unserem Falle
nur zwei Punkte A^ und A^\ für welche die Tangeute zur
y- Achse parallel ist und zwar ist für dieselben laut (15) und (16)
^ =y« = 3-A[i - cosfl - |-)] = 0,190983. A,
a:,2 = 0,022543 Ä«, X3 = ± 0,150142 . h.
5. Fall 1 > 6 > 0.
Wenn das Verhältnis der Winkelgeschwindigkeit w zur
Wechselgeschwindigkeit xp derart zugenommen hat, daß
wird, so ergeben sich laut (13) imaginäre Werte von x für
alle Werte von ri, für welche (6*/4)<^(l — iy) ist, also für
alle Werte von y, für welche
^ 'h<y < 'g .h
ist. Für die in der y'-Achse gelegenen Punkte Oj und 0^
(Fig. 5) der Kurve K, für welche
y^OO^^ '- . h
und
J. Finger,
ist, wird laut (13) dxjdy = oo, so daß in diesen Punkten die
Kurve K durch die y'-Achee rechtwinklig durchschnitten wird.
Es besteht also diese Kurre
in diesem 5. Falle aus
. zwei getrennten Teilkurven
A, und A,, von welchen
die erstere offene Teilknrve
A'j sich zwischen ihrer
ABjmptote a und der zn
dieser parallelen, die Kurve
in 0, tangierenden Gera-
,.A[^
■+i
ausbreitet, während die
zweite, in sich geschlossene
eiförmige Teilkurve K, von
der i:' -Achse and der zu
dieser im Abstände
Tt I
-yi-.
Pig 5
parallelen und die Kurve
im Punkte 0^ tangieren-
den Geraden eingeschlos-
sen ist. Die zur y-Ächse parallele Breite 0^0= O'C — 00^
des Kurventeils A', ist
-fli + yi-
;[,-/,--
gleicht somit der Höhe & 0^ des Kurventeils Äj.
Die Ordinate y der beiden Wendepunkte A und A', die in der
Teilkurve A\ gelegen sind, ist der Gleichung (8) und frühereo
Erörterungen gemätt, wofern t' > ^ ist, übereinstimmend mit (1 1)
= /.,
-n^y^'
+ •" +
'd-yi-iirtl.
Zur Kinematik starrer Körper. 763
wo
^-iTI"
ist
Ist dagegen 0 < €^ < ^ , so ist
+ 1(1 +i/r=r?^)
So ist z. B., wenn «^ = |, |, | ist, /9 = 0,45428, 0,5,
0,45428 und ij = 0,7977 A, 0,8856 ä, 0,9489 h. Die zugehörigen
Werte von x sind mittels Gleichung (12) bestimmbar. — Von
den drei reellen Wurzelwerten der Gleichung (14) ist, da
cos 0 = 1^ 6* — 1 zwischen ^ und — 1 gelegen, also
60^> ^> 15<> 31' 20,96"
ist, der erste Wurzelwert r} > l, dieser kommt daher nicht in
Betracht; es ist femer fJi > \ und es müßte somit rj^ laut (16)
zu einem imaginären Werte von x führen, so daß nur in jenen
zwei Punkten J^ und A^' der Fig. 5, für welche
daher 0 < tj^ < 0,19098 und x^^ = h'^Vi^il - 2^/3) ist, diö Tan-
genten zur y-Ächse parallel sind, und zwar ist stets a:,* < y,^.
6, Fall. B = 0.
Da die Rotationsgeschwindigkeit co nie unendlich groß
werden kann, so kann dieser Grenzfall der Gleichung (4) ge-
mäß nur dann eintreten , wenn die „angidare" Wechsel-
geschwindigkeit yj^da/dt Null ist, also der Neigungswinkel e/o*
der beiden der Zeit t und t + dt entsprechenden Lagen z und
z' der Momentanachse entweder für alle Zeiten oder zum
mindesten für das Zeitelement dt den Wert Null hat, wenn
demnach die Momentanachse in diesem Zeitelement parallel
zu sich fortschreitet
In diesem Falle bewegen sich alle Punkte des starren
Körpers parallel zu einer bestimmten Ebene, und zwar parallel
zu der auf den Momentanachsen normalen «'y'-Ebene und der
bisher der Betrachtung zugrunde gelegte Durchschnittspunkt 0
764 /. Finger.
der Momentanachsen z und /, d. i. der im Abstände c =^ OO
von dieser x'y'-Ebene befindliche Drehungsmitlelpunkt rückt in
unendliche Entfernung, so daß für lim ^ip = 0 auch lim c = oc
anzunehmen und statt der früheren Eegelfläche ^ nunmehr
eine zur xy-Ebene senkrechte Zylinderfläche F in Betracht zu
ziehen ist
Bedeutet u = dsjdt die Geschwindigkeit, mit welcher der
Punkt 0' der Momentanachse seine Lage in der a;'y '-Ebene
parallel zur x-Achse in dem Zeitelement dt ändert, also die
„lineare'' Wechselgeschwindigkeit; so ist, da offenbar stets
ds =B c.dtr , also
ds da
ist, auch in diesem Falle u = lim (c . i/;]. Nun nimmt die
Gleichung (5) der Fläche F nach der Substitution von (4) und
Multiplikation mit xf^ die Form an
so daß in unserem Falle, d. i. für lim i/; = 0 , lim c = cx) und
lim (c.i/;) = t£ dieselbe lautet:
oder da u von Null verschieden ist,
u
(17) a;»+;/-^.y = 0.
U
Es ist sonach die Fläche F in diesem letzten Falle eine
die Momentanachse als ihre Erzeugende enthaltende Kreis-
zylinderfläche und die Querschnittskurve K dieser Fläche ist
eine Kreislinie, welche die a::'- Achse, längs welcher das Mo-
mentanzentrum (J sich in dem Zeitelement dt mit der Ge-
schwindigkeit u bewegt, in diesem Momentanzentrum O' tangiert
und zwar ist w/2w der Halbmesser dieser Kreislinie und der
Mittelpunkt derselben hat die Koordinaten ic = 0,y = t£/2cü.
Da nun wegen der unendlichen Entfernung des Drehungs-
mittelpunktes 0 der in der Einleitung betrachtete Krümmungs-
halbmesser R = ÖM des Bahnelements eines jeden Punk-
tes M der ZylinderHäche F in unserem Falle unendlich grob
ist, also die zentripetale Beschleunigung v-jB der Bewegung
Zur Kinematik starrer Körper. 765
aller dieser Punkte Null ist, so ist die hier behandelte Kreis-
linie K jener wohlbekannte, zuerst von Bresse^) näher unter-
suchte geometrische Ort der Systempunkte ohne Normal-
beschleunigung bei einer ebenen Bewegung, welcher nach
Schell*) als Wendekreis des Systems für C, das Momentan-
zentrum, bezeichnet wird.
Betrachtet man die durch die allmähliche Änderung des
Zahlwertes 6 bedingte Aufeinanderfolge der Fig. 1 — 5, so
fällt unwillkürlich die Analogie mit dem so häufig zu beobachten-
den Vorgang bei einer allgemein bekannten Eapillarerschei-
nung auf. Ist nämlich eine ruhende, ebene, horizontale, etwa
unendlich ausgedehnt gedachte Platte auf ihrer unteren Fläche a
von einer adhärierenden, der eigenen Schwere unterworfenen
Flüssigkeitsschicht benetzt, und befindet sich an irgend einer
Stelle C der Wandfläche a eine nach unten reichende Hervor-
ragung, etwa eine Spitze, so daß die Flüssigkeit von allen
Seiten stetig gegen C hinfließt, so nimmt bekanntlich diese
Flüssigkeit infolge der gleichzeitigen Einwirkung der Mole-
kularkräfte und der Schwere die Form eineö Rotations-
körpers an, dessen Achse y vertikal ist und dessen Meridian-
kurve K zunächst der Fig. 1 auffallend ähnlich ist Bei wei-
terem Zuströmen nimmt die Höhe h dieses Rotationskörpers
stetig zu, der Vertikalschnitt K nimmt zunächst eine der Fig. 2
analoge Gestalt an, erfährt hierauf senkrecht zur vertikalen
Symmetrieachse eine deutlich wahrnehmbare Einschnürung
(Fig. 3), die sich immer mehr verengt, während gleichzeitig die
Höhe h immer mehr zunimmt, bis es bei weiterem Zufluß zur
Ausbildung eines Doppelpunktes Ä kommt (Fig. 4), worauf sich
dann schließlich von der adhärierenden Flüssigkeitsschicht K^
ein eiförmig gestalteter Tropfen K^ ablöst (Fig. 5), der sich
beim Herabfallen immer mehr der Kugelform nähert
1) J. A. Ch. Bresse, „Sur en theoröme noaveau conccmant les
mouvements plana et sur applications de la cin^matiqae k la determi-
nation des rayons de coarbure*S Joum. de T^cole poljtechniqae 20.
p. 104. 1853.
2) Wilh. Schell, 1. c. 1. p. 455. 1879; auch in Schlömilchs
Zeitschr. f. Math. u. Phys. 19. Jahrg. p. 197. 1874.
(Eingegangen SO. September 1908.)
766
97. Zur Hydrographie von Ahr, Erft nnd Boer.
Ein Beitrag zur Aufsohließimg der Wasserverhältiiisse der
nördlichen Eifel.
Von P. PoUb in Aachen.
Hlen& Tftfel I.
Der Verfasser gestattet sich zum sechszigsten Geburtstage
mit den verbindlichsten und herzlichsten Glückwünschen dem
Jubilar einen Beitrag zur Hydrographie von Ähr, Erft und
Boer zu überreichen. Gelegentlich der beiden Naturforscher-
Versammlungen zu Düsseldorf 1898 und zu Aachen 1900 war
es Boltzmann vergönnt gewesen, die betreflfenden Gegenden
wenigstens zum Teil aus eigener Anschauung kennen zu lemeu,
um so mehr, als verschiedene der damaligen Ausflüge mitten iü
diese Gebiete hineinführten. Infolgedessen dürften die nach-
stehenden Ausführungen, welche das Gebiet zwischen der
unteren Maas und dem Rheine, namentlich aber das Venn, in
geographischer und hydrographischer Hinsicht behandeln, beim
Jubilar manche angenehme Erinnerung an die Tagung der
beiden Naturforscherversammluiigen an der Westmark des Deut-
schen Reiches und an die gesehenen landschaftlichen Schön-
heiten wachrufen.
Orographisches.
Das Bergland zwischen Maas und Rhein wird von der
Eifel ^) eingenommen, welche den nordwestlichen Teil des
Rheinischen Schiefergebirges bildet und gegen Norden in die
niederrheinische Ebene übergeht Dieser Gebirgsstock hän^
im Westen unmittelbar mit den Ardennen zusammen, im
Süden trennt ihn die Mosel vom Hunsrück, im Osten der
Rhein vom Westerwald. Der höchste Teil der Eifel setzt sich
1) Der Name „j^i/e/" kommt als Hauptwort zuerst im Jahre 83^
(Eifla, 1051 Eiffila vor); er dürfte sich aus Aquila ableiten lassen, indem
sich daraus Afel, Eifel ergab.
Hydrographie von Ahr, Erft und Roer. 767
aus drei Stücken zusammen, nämlich dem mittleren mit der
Schneifei, dem östlichen oder der Hohen Eifel, und dem nord-
westlichen und westlichen, dem sog. Venn.
Das Fenn\ welches gewissermaßen die Brücke zwischen
den Ardennen und der eigentlichen Eifel bildet, ist eine Hoch-
fläche mit tief eingeschnittenen Tälern. Der höchste und auch
ödeste Teil trägt den Namen das „Hohe Venn", welches sich
nördlich der Warche steil erhebt und dort auch die aus-
geprägtesten Merkmale einer Hochfläche zeigt Das ganze
Venn erstreckt sich in einer Länge von 55 km ifi nordöstlicher
Richtung mit steilem Abfall zum Aachen-Dürener Hügellande.
Ausgedehnte Torfmoore bedecken diesen öden Landstrich,
dessen mittlere Seehöhe etwa 650 m beträgt An der soge-
nannten Baraque Michel, die auf belgischem Gebiete gelegen
ist, steigt die Hochfläche bis auf 675 m; unweit davon liegt
die preußische Grenze mit einem einsamen Gasthaus, dem
Monte ßigi, an der Eupen-Malmedyer Landstraße, welches
zugleich eine meteorologische Station beherbergt Den höchsten
Punkt bildet die Botrange mit 695 m, westlich der Landstraße
Eupen-Sourbrodt, und ca. 1,5 km vom Monte Rigi entfernt.
Gegen Weser und Maas in nordwestlicher und westlicher Rich-
tung senkt sich die Hochfläche ebenfalls rasch. Die Abhänge
werden von einem ausgedehnten Waldgebiete, dem Hertogen-
wald, eingenommen; weiteren waldreichen Höhenzügen begegnen
wir an dem Lidefluß und dem Kallbach, welche unweit Düren
in den flachen Hügeln des Hochwaldes enden. Südöstlich vom
Hohen Venn breitet sich ein großer Waldbestand aus, der
Losheimer Wald, welcher die Verbindung mit der Schneifei
(= Schnee-Eifel) herstellt; er geht nirgends unter 560 m her-
unter und erreicht am sogenannten Weißen Stein mit 691 m
Seehöhe die höchste Erhebung. Dieser Waldstrich wird östlich
von der Olef und Urft, nördlich von der Roer, und westlich
vom Perlenbach begrenzt An der Urftquelle senkt sich der
Losheimer Wald bis auf 556 m und gabelt sich alsdann; der
allmählich abdachende nördliche Flügel breitet sich fächer-
förmig nördlich der Ahr zwischen Roer und Rhein aus, wäh-
rend der westliche Teil, der sogenannte Kermeter, ein pracht-
1) Holländisch „ Veen^% gotisch yjfani*^ ■■ Sumpf, Kot.
768 P. Polü.
voller Hochwald, von Urft und ßoer im Halbkreis umflossen
wird. Tief haben hier Urft und Roer ihre Flußbette in die
Hochfläche eingeschnitten, wie dies aus folgenden Höhenangaben
hervorgeht: Hochfläche zwischen Dreibom und Wollseifen 593 m,
Einruhr 274 m, Einmündung der Urft in die Roer bei Paulas-
hof 253 m, Gemünd an der Urft und Olef 338 m, Schieiden
355 m, Eermeter (Hellberg) 521 m, so daß der Abfall hier etwa
330 bis 340 m beträgt Diese Täler gehören zu den landschaft^
lieh schönsten der gesamten Eifel, und nicht mit Unrecht trägt
der steile Abhang des Kermeter gegen die Urft den Namen
„Schweizer Berge**, während die Höhe oberhalb Einruhr mit
prachtvollem Blick auf den Kermeter und das Roertal, die
sogenannte „Schöne Aussicht", für den großartigsten und herr-
lichsten Punkt des ganzen Roertales gilt Vom Kermeter aas
nach Norden sinken die Höhenrücken mehr und mehr ab,
und werden dabei von verschiedenen Bachläufen geschnitten.
An den nordöstlichen Abfall schließt sich ein größeres, zum
Teil mit Torfmooren bedecktes Waldgebiet, aus dem der
Wehebach nach Norden abfließt Urft, Kall und Wehe
scheiden drei größere Bergrücken, die im Aachen-D ürener
Hügellande enden.
Die Ahr bildet die Grenze zwischen dem Venu und der
Hohen Eifel, die bis Walporzheim von steilen Bergketten ein-
geschlossen wird; an diese Gebirgskette schließt sich ein niederer
Höhenzug an, die „Ville" oder das „Vorgebirge", welcher sich
zwischen Rhein und Venn bis oberhalb Köln erstreckt Nörd-
lich der Linie Herzogenrath-Jülich-Bergheim dacht sich das
Gelände noch mehr ab und geht in die rheinische Tiefebene
über, die unmittelbar mit dem großen norddeutschen Flachlande
zusammenhängt, das Erhebungen von nur 30 — 40 m über den
Meeresspiegel besitzt
Der ganze Gebirgsstock, der als nördlichster Ausläufer
dem Rheinischen Schiefer- oder Grauwackegebirge angehört,
ist geologisch außerordentlich verschiedenartig gestaltet. Das
Hohe Venn wird hauptsächlich vom Kambrium als dem ältesten
Sedimentgestein eingenommen, woran sich nördlich und südlich
das Devon anschließt Beim Bau der Bahn von Aachen nach
Montjoie hat man unweit Lammersdorf Granit anstehend ge-
funden. Das untere Devon, Quarzite, Grauwacke und Ton-
Hydrographie von Ahr, Erft und Roer, 769
schiefer nimmt den größten Teil ein, während das Mitteldevon,
Eifeler Ealk, sich im Yenn im Urfttale oberhalb Schieiden
vorfindet; hieran reiht sich von Kall bis fast nach DUren
ein größeres Gebiet mit Bontsandstein an. Das Oberdevon
bildet den Übergang der nordwestlichen Abdachung des Venns
zum Karbon^ welches in ausgedehnten Eohlenmulden zwischen
Aachen und Lüttich verläuft Daran schließt sich in der Um-
gebung von Aachen bis ins Holländische hinein ein größeres
Gebiet der oberen Kreide an, die unmittelbar dem Devon
und Karbon aufruht Der Übergang des Gebirges zur Ebene
des Aachen-Dürener Hügellandes endlich ist von tertiären
Ablagerungen, wie Kies, Sand, Ton und Braunkohle einge-
nommen, die sich über die ganze nördliche und nordöstliche
Abdachung bis zur Ahr hin erstrecken. Sie erinnern an das
einstmalige Meer, dessen Ufer von üppigen Urwäldern ein-
genommen wurden; letztere haben das Material zu den Braun-
kohlenflözen, namentlich in der Kölner Bucht, geliefert Allu-
vium treffen wir vor allem im Hohen Venn in den ausgedehnten,
dem Kambrium aufruhenden Mooren, femer als Ablagerungen
der ßoer und Erft in den Tälern des Jülich-Dürener Berg-
landes.
Hydrographlsohes.
Flußgebiete, Zur weiteren Aufschließnng des Gebietes ist
es von der größten Wichtigkeit, sich einmal näher mit den
dortigen Wasserverhältnissen zu befassen, die ja äußerst ver-
wickelter Natur und zudem bestimmt sind, eine hervorragende
wirtschaftliche Bolle zu spielen. An diesem Orte gelangt
außer der Beschreibung der hier in Betracht kommenden
Flußgebiete noch eine eingehende Bearbeitung von deren jähr-
licher Niederschlagsverteilung zur Darstellung, welche den
Gegenstand einer neuen Untersuchung des Verfassers bildet.
Allerdings sind die Regenverhältnisse dieses Gebietes in
großen Zügen schon mehrfach bearbeitet worden, so in jüngster
Zeit noch durch den Verfasser;^) ferner umfaßt die unlängst
1) P. PoliS) n^^i^ Niederschlagsverhältnisse der mittleren Rhein-
provinz und der Nachbargehiete^'. Forschungen zur deutschen Landes-
und Volkskunde. B. 12. Heft 1. Stuttgart 1899.
BoltsmaDa-FestBchrift. 49
770 P. Polis.
erschienene Regenkarte der Provinzen Hessen-Nassaa und
Rheinland von Hm. Hellmann ^) auch jenes Gelände.
Zugrunde gelegt ist der hier veröffentlichten Karte die
„Wasserkarte der norddeutschen Stromgebiete'% welche das
KönigL Preußische Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und
Forsten^ herausgegeben hat; gezeichnet ist sie im Maßstäbe
1:200000 und enthält die Wasserscheiden der Zuflüsse bis
zur VI. Ordnung einschließlich. In die neue Karte worden
jedoch, um das Bild nicht zu überladen, nur die Grenzwasser-
scheiden der in Frage kommenden drei Hauptflüsse eingetragen,
und von der Wiedergabe der sonstigen Einzelheiten abgeseheo.
Aber der vertikale Aufbau des Geländes gelangte in großen
Zügen dadurch zur Darstellung, daß Isohypsen — Linien
gleicher Seehöhe — im Abstände von 100 m bez. 200 m ein-
getragen wurden; letztere fanden dann beim Entwürfe der
Isohyeten — Linien gleicher Niederschlagshöhe — sorgfaltigste
Berücksichtigun g.
Die Hauptwasserscheiden zwischen Bhein^ Mosel und Moom
treffen südlich von Schmidtheim zusammen. Infolgedessen
gehört die Roer zur Maas, während Erft und Ahr Nebenflüsse
des Rheins sind.
Die Roer bildet sich aus den Abflüssen der Torfmoore
bei Sourbrodt; die Quelle der kleinen Roer liegt bei diesem
Orte in 573 m, diejenige der großen nahe der Botrange in
685 m Seehöhe. Von Kalterherberg ab ist sie tief in das
Hochland mit einem engen, sehr häufig gewundenen Felstale
eingeschnitten, nimmt von Süden her den Perlenbach auf,
fließt durch Montjoie und dann mit starkem Gefälle in öst-
licher Richtung bis Hammer; nunmehr wendet sie sich nach
Osten und bildet zwischen Dedenborn und Pleushütte zwei
groß gewundene Schleifen. Von Einruhr an nimmt sie eine
nördliche Richtung, um an der Mündung der Urft, Kermeter
und Venu voneinander zu trennen. Letztere entspringt in
einer tiefen Einsattelung des Gebirges bei Schmidtheim; bei
Gemünd strömt ihr die Olef zu. alsdann windet sie sich in
1) G. Hellmann, „Regenkarte der Provinzen Hessen- Nassau und
Rheinland sowie von Hohenzollern und Oberhessen auf Grund zehn-
jähriger Beobachtungen 1893—1902/' Berlin 1903.
2) Berlin 1893.
Hydrographie von Ähr, Erft und Roer. 771
einem engen Felsentale in scharfen Krümmungen zwischen
dem Kermeter und der Hochfläche von WoUseifen-Dreibom,
um bei Paulushof in die Roer zu münden. Bemerkenswert ist
die Urft besonders dadurch, daß durch sie die größte bisher
in Kuropa errichtete Talsperre gebildet wird, deren Bau im
Jahre I9ü4 zur Vollendung gelangen soll; das Projekt hierzu,
wie auch zu den übrigen Talsperren, wurde von dem bekannten
Wasserbautechniker Hm. Geheimrat Prof. Dr. Intze^) aus-
gearbeitet, von dessen Ingenieurkunst die zahlreichen Sperr-
bauten, u. a. im bergischen Lande (Wuppergebiet), sowie in
Schlesien und Böhmen beredtes Zeugnis ablegen. Die Tal-
sperre liegt in dem tiefen Taleinschnitte am Heffgesberge
unterhalb Wollseifen, und wird einen See von 45500000 cbm
bis zu dem 8 km weiter zurückgelegenen Malsbenden zurück-
stauen. Die hierdurch aufgespeicherte Energie wird durch einen
quer durch den Kermeter getriebenen Stollen bis nach Heim-
bach geleitet, wo durch Turbinen deren Umsetzung in elek-
trische Kraft erfolgen soll; auf diese Weise sollen jährlich in
7200 Arbeitsstunden je 6400 P.S. elektrischer Kraft gewonnen
werden. Außerdem sind im Roergebiete noch elf weitere Tal-
sperren 2) in Aussicht genommen.
Unterhalb Paulushof umfließt die Roer in zahlreichen
Windungen den Kermeter Wald bis Heimbach und wendet
sich dann, östlich begrenzt von den steilen Schichten des Bund-
sandstein, nach Norden. Westlich von dem historisch be-
rühmten und so malerisch gelegenen Nideggen mündet die Kall,
die im Hohen Venu nahe bei Simmerath entspringt. Bei
Untermaubach nimmt die Roer eine östliche Richtung an,
durchbricht den Buntsandsteinrücken und geht bei Kreuzau in
das Tiefland über. Unterhalb Jülich erhält sie die Inde, die
durch Vereinigung des Münster- und Vichtbaches entsteht; in
die Inde ujündet auch der Wehebach ein, der an der Nord-
abdachung des Venns entspringt. Noch ehe die Roer die
holländische Grenze erreicht, strömt ihr die Wurm zu, welche
1) 0. Intze, „Entwickelung des Talsperren baaes in Rheinland u.
Westfalen bis 1902.'^ Aachen 1903.
2) 0. Intze, „Gutachten bezüglich der Verbesserung der Wasser-
yerhftltnisse der Roer und des zur Verbesserung des Roerbettes auf-
gestellten Regulierungsprojektes^^ Düsseldorf 1896.
49*
772 P. Polis.
im Aachener Walde ihren Ursprung nimmt und bei Haaren
aus dem Talkessel austritt Bei ßoermond, 10 km von der
preußischen Grenze entfernt, mündet die Roer in die Maas.
Ihre ganze Länge beträgt ca. 135 km, wobei sie sich am
(685 m Seehöhe der Quelle, 26 m Mündung) 659 m herabsenkt
Das gesamte Niederschlagsgebiet hat eine Größe von 2298^8 qkm;
Hauptzuilüsse enthält die p. 777 gegebene ZusammensteUung.
Die Erft entspringt im nordöstlichen Teil des Venns
unweit von Tondorf in etwa 540 m Meereshöhe. In Schönau
(352 m) erhält sie mehrere von dem Scheiderücken gegen die
Ahr fließende Bäche, nimmt hinter Münstereifel, wo ihre Höhe
nur noch 275 m beträgt, den Schießbach, sowie den Eschweiler
Bach auf. Nach der" Einmündung des letzteren erweitert sich
das Tal, indem die Erft nunmehr in die Sötenicher Ealkmulde
eintritt. Vor Euskirchen bei Rhede erreicht sie das Flach-
land, wo ihr der Veibach und alsdann der Schwistbach zu-
fällt; letzterer ist der bedeutendste rechtsseitige Nebenfluß, der
ebenfalls an dem Scheiderücken der Ahr entspringt Sie fließt
dann in nordwestlicher Richtung in dem von der Ville und
dem Dürener Bergland begrenzten Tieflande weiter, und
nimmt aus dem Buntsandsteingebiete den Rothbach und den
Neffelbach auf. Bei HarflF, unweit Grevenbroich, wendet sie
sich gegen Nordosten, wo sie vor der Mündung in den Rhein
noch den Gyllbach und den Norfbach aufnimmt. Ihre Ein-
mündung in den Rhein erfolgt bei Grimmlinghausen unweit
Neuß. Sie hat eine Länge von ca. 100 km, wobei sie ein Ge-
fälle von (540 m Quelle, 40 m Mündung) 500 m überwindet
Ihr gesamtes Niederschlagsgebiet beträgt 1908,7 km.
Die Ahr hat ihre Quelle am Südrande der Kalkmulde
unweit von Blankenhcim in 4G3 m Seehölie. Der Bach wendet
sich zunächst südöstlich, durchläuft das Tuter- und Mittel-
devon der Lammersdorfer und Ahrdorfer Mulde. Nach Auf-
nahme von mehreren kleineren Bächen, die ihr alle von rechts
zufallen, erhält die Ahr noch vor ihrem Austritte aus dem
Kalk die an der Wasserscheide gegen die Lieser entspringende
Ah, und wird damit zum Flusse. Nunmehr nimmt sie eine
südöstliche Richtung an, empfängt von Süden her den Trier-
bach und windet sich nun in einem engen, tief eingeschnittenen
Tale, wohl der malerischsten Felsenlandscliaft der Eifel, weiter.
Hydrographie von Ahr, Erft und Roer, 773
wo die Schichten fast senkrecht stehen nnd jähe Abstürze
zum Flusse bilden. Bis Insul durchläuft sie mehrere Schleifen,
wobei sie ihr Bett im Laufe der Zeit mehrfach verlegt
hat, indem sie die die Schleifen bildenden Brücken durch-
brach, so daß ein isolierter Bergkegel^ die Burg, in dem Tal-
kessel stehen blieb. Unterhalb Insul erweitert sich das Tal;
hier mündet der Adenauer Bach ein, worauf sie einen nord-
wärts gerichteten Lauf einschlägt. Bei Kreuzberg fallen ihr
der Sauerbach und der Vinkelbach zu, alsdann wendet sie sich
gegen Osten und schlängelt sich bei Altenahr durch senkrecht
aufgerichtete Felswände bis nach Walporzheim. Von da ab
bildet der Fluß ein breites Tal, fließt an Ahrweiler, Neuenahr
vorbei, wobei noch einige kleinere Bäche, der Leimersdorfer-
und Herrbach aufgenommen werden, und mündet dann Linz
gegenüber bei Kripp in den Rhein. Der Fluß besitzt eine
Gesamtlänge von ca. 66 km mit einem Abfall (463 m Quelle,
65 m Mündung] von 398 m, während sein Niederschlagsgebiet
901,3 qkm umfaßt
Sowohl der morphologische, als auch der geologische Auf-
bau spielt in den Wasserverhältnissen eines Geländes eine
bedeutsame Rolle. Im vorliegenden Falle kommt vornehmlich
der Umstand zur Geltung, daß die moorige und nicht ge-
gliederte Hochfläche den Abfluß außerordentlich erschwert,
während die steilen Schieferhänge der Roer und ürft im öst-
lichen Teile des Venns denselben sehr begünstigen. Der
auf dem Kambrium ruhende Moorboden, welcher sich von
Sourbrodt bis etwa nach Lammersdorf in nordöstlicher Rich-
tung in einer Länge von 21 km und einer mittleren Breite von
5 km erstreckt, wirkt ähnlich einem Schwämme; denn er hält
zuerst alles empfangene Wasser fast vollständig zurück, bringt
dann aber, wenn er sich einmal vollgesogen hat, alles weiter-
hin zufließende Wasser als Überschuß auch ebenso vollständig
direkt wieder zum Abfluß, was für die Roer, Kall und nament-
lich die Weser plötzliche Anschwellungen zur Folge hat.
Niederschlagsverhältnisse. Die Bearbeitung der Nieder-
schlagsverhältnisse, welche für die drei Flußgebiete Ahr, Erft
und Roer, sowie die angrenzenden Gebiete erfolgte, bezieht
sich auf den zehnjährigen Zeitraum 1893 — 1902. Hieraus
ließ sich vor allem die Menge des atmosphärischen Wassers
774 P. Polis.
für die einzelnen Niederschlagsgebiete ermitteln, zu welclier
der Abfluß in gewissem Verhältnis steht; auf diese Frage aber
näher einzugehen, reichte der zur Verfügung stehende Raum
leider nicht aus.
Dieser Bearbeitung liegen die Beobachtungen von 99 Sta-
tionen zugrunde, von denen 22 den vollen zehnjährigen Zeit-
raum hindurch beobachtet hatten, während bei den übrigen
der Vergleichbarkeit wegen die Reduktionsmethode angewendet
werden mußte. Unter genauer Berücksichtigung der Grelände-
Verhältnisse wurde dann eine sehr detaillierte Niederschlags-
karte entworfen, wobei die Isohyeten — Linien gleicher Nieder-
schlagshöhe — von 50 mm zu 50 mm gezogen werden konnten.
Dadurch traten eine Menge von örtlichen Einzelheiten zutage,
die bei den früheren Karten nicht erkennbar waren.
Die Abstufungen wurden durch entsprechende Farbentöne
— gelb ^ 700 mm, > 700 mm blau — kenntlich gemacht
Zur besseren Veranschaulichung des Kartenbildes wurde auch
die Südseite des Hohen Venns, sowie das Trockengebiet des
Maifeldes noch mit hineingezogen; das holländische Grenz-
gebiet^) aber wurde, weil für die Kenntnis der Wasserverhält-
nisse der Roer notwendig, mit berücksichtigt. Die Abweichungen
von der Hellmann sehen Regenkarte und auch von der früheren
des Verfassers sind größtenteils auf die genaue Würdigung der
topographischen Einzelheiten zu rückzuführen. Die im Ori-
ginal 50 X 58 cm große Karte mußte leider auf das jetzige
kleine Format gebracht werden, wodurch der Maßstab von
1 : 200000 auf 1 : 527000 zurückging.
Die Regenverhältnisse selbst sind dadurch besonders be-
merkenswert, daß in der untersuchten Gegend ein sehr nieder-
schlagsreiches Gebiet mit > 1200 mm und zwei große Trocken-
gebiete mit < 600 mm jährlicher Regenhöhe vorhanden sind,
die räumlich bis auf 23 km aneinander rücken.
Das regenreichste Gebiet, welches die höchste Erhebung
des Hohen Venns bedeckt, ist das Quellgebiet der Roer; es
wird von der Isohyete von 1350 mm umschlossen. Nach Süden
1) Unmittelbar bei Aachen befindet sich das in letzter Zeit in der
Tagespresse so oft genannte „Neutrale OehieV'' mit dem Hauptort Alten-
berg, das sich in Form eines Dreiecks keilförmig zwischen Belgien,
Holland und Preußen einschiebt.
Hydrographie von Ahr^ Erft und Boer. 775
hin, wo das Gebirge steil abfällt, verringert sich die Regen-
höhe um > 300 mm bis nach Malmedy, während in östlicher
und nördlicher Richtung die gesamten höheren Erhebungen
des Veno s von der 1100 mm-Stufe eingenommen werden. Hier
liegen noch mehrere Inseln, so vor allem der Mützenicher
Kopf, das Nidrumer Eck, sowie der Höfener Wald, in welchen
die Regenhöhe auf 1200 mm bez. 1250 mm ansteigt. Auch
dem Losheimer Wald, in dem sich der sogenannte Weiße Stein
erhebt, dürfte seiner größeren Erhebung (691 m) wegen gleich-
falls eine größere Regenhöhe zukommen. In nordwestlicher
Richtung zieht sich am Fuße des Venns die 900 mm-Isohyete
hin, so daß also die gesamte Abdachung als sehr nieder-
schlagsreich zu betrachten ist. Nach Osten hin treflfen wir
dagegen wiederholt auf einen sehr starken Abfall der Regen-
höhe, so z. B. von der Hochfläche von Schmidt bis Abenden
im Roertale einen solchen von > 300 mm. Femer erweist
sich das Tal der Olef als niederschlagsreicher wie die Hoch-
fläche zwischen Zingsheim und Frohnrath. Auch die Rand-
gebirge des Aachener Beckens, namentlich der isoliert auf-
steigende Rücken des Aachener Waldes, empfangen, weil an
der Luvseite gelegen, mehr Regen, so daß die Regenhöhe auf
dem Kamme 1000 mm nahezu erreicht.
Das eigentliche Trockengebiet mit < 600 mm verläuft dem
Roertale entlang bis nach Jülich, zieht sich sodann am Fuße
des Villegebirges hin, um schließlich bis an den Rhein heran-
zutreten. Inmitten desselben geht bei Euskirchen die Regen-
höhe bis auf 546 mm herunter. Ein zweites Trockengebiet liegt
im Ahrtale, und erstreckt sich der topographischen Verhält-
nisse wegen bis Alten ahr, steht sogar noch mit dem großen
Trockengebiete an der Mosel einschließlich der östlichen Eifel
in Zusammenhang. Bei Westum geht die jährliche Regen-
höhe unter 550 mm herunter; femer ließ sich noch um das
Gebiet südlich vom Laacher See eine Isohyete von 550 mm
einzeichnen.
Die Ursache des Regenreichtums der Westabdachung des
Venns und seiner höchsten Erhebungen ist darauf zurück-
zuführen, daß die wasserdampfreichen westlichen Luftströmun-
gen, nachdem sie das belgische Flachland überweht haben,
hier, an der „Zi/t-seite" des Gebirges, zum erstenmal gezwungen
776 P. Polis.
werden emporzusteigen; dabei werden sie unter ihren Sätti-
gungspunkt abgekühlt und somit^ namentlich in der kälteren
Jahreszeit; zur Ausscheidung von Niederschlägen gezwungen.
Sobald aber die Westwinde den Gebirgskamm überschritten
haben^ sinken sie an der ^^Z^eseite'^ als trockene Luftströme
herunter und bedingen dadurch den so krassen Abfall nach
dem Roertal, sowie das Trockengebiet in dem Euskirchen-
Jtilicher Gelände. Auch die Föhnwirkungen ^), welche die
S — N lieh streichende Eifel auf das Rheintal und die nördlichen
Abdachungen ausübt^ und die sich beispielsweise für das
Aachener und Neuwieder Becken direkt nachweisen ließen,
sind eine Folge hiervon. Der östliche Stock der Eifel liegt
vollständig im Regenschatten der westlichen Höhenzüge des
Hohen Venns und der angrenzenden Ardennen. Infolgedessen
ist das Ahrgebirge durchaus nicht mehr regenreich zu nennen,
und selbst die höchsten Erhebungen der Eifel, die Hohe Acht
dürften nicht einmal eine Regensumme von 900 mm erreichen.
Aus demselben Grunde begegnen wir dort dem ausgedehnten
Trockengebiete, welches bis weit in das Ahrtal hineinreicht.
Die Roer mit ihren Zuflüssen gehört, wie aus den früheren
Ausführungen erhellt, in ihrem Oberlaufe dem niederschlags-
reichsten Teile des linksrheinischen Schiefergebirges an, und
tritt dann, kurz ehe sie ins Flachland kommt, in das Trocken-
gebiet bis Jülich über; von da ab nimmt die Regenhöhe wieder
stetig zu, 80 daß an der Mündung die 700 mm-Stufe nahezu
erreicht wird.
Im Gegensatze zur Roer durchfließen Erft und Ahr fast
in ihrem gesamten Laufe die großen Trockengebiete, und selbst
ihre Quellen sind in regenarmen Gebieten gelegen.
Innerhalb dieser drei Flußgebiete trifl't man in der Jahr-
summe folgende Regenschwankungen an:
Flußgebiet Maximum Minimum Schwankung
Roer Botrange 1367 mm Jülich 606 mm 761 mm
Erft Zingsheim 737 mm Euskirchen 546 mm 191mm
Ahr Dockweiler 736 mm Westum 539 mm 197 mm
1) P. Polis, „Temperaturumkehr und Föhn Wirkung im Hohen
Venn". Meteorologische Zeitschrift 1900. — „Die klimatischen Verhältnisse
der Rheinprovinz". Verhandl. des Deutschen Geographentages zu
Köln 1903.
Hy^ograpkie von Ahr, Erft und Roer. 777
Nanmehr seien in nachstehendeiQ die Mittetwerte der
gefallenen jährlichen Wattermengen in cbm mitgeteilt Dieselben
Bind in der Weise ermittelt worden, daß fUr jedes NiederacMags-
gebiet die (^röße der von den Isohyeten begrenzten Flächen-
atücke planimetrisch ans gemessen wtjrda
Jährliche WaBsermengen für Ahr, Brft und Boer In obm.
Flußgeb
et
Oburflfitbe
GefuHeue Wawer-
juenge in cbm
1. Ahr:
Voa dcD Qaellen bis e
um Ahbach . .
185,7
97 095 000
Gebiet des AhbacheB
91,9
es 870 000
Vom Allbach 'bis zum
Trierbach. . .
9,1
5 ai2 500
Gebiet des Trierbache
1U,S
77 760 000
Vom Trierbftch tia zu
n Adenauer Bach
109,0
71790 000
Vom Adenauer Bacb bis
zum Fischelbach
286,2
164 227 500
Vom Fischelbftcb bie «
ur MÜDduDf; . .
154,6
91 668 700
Von den Quellen bis zum Vdhbach
U5,e
94 058 800
Gebiet des Veihbacbes
88,8
56158 600
Vom Veibbaeb bi» zum Sehwistbach
66,2
87 764 700
Gebiet dos Schnistbacbes ....
268,1
161 865 000
Vom Scbnisibach bis tnm Rothbach
1 65,8
89 412 500
Gebiet des Rothbachea
258,3
157 007 600
Vom Botbbach bis zum Neffelbacb .
! 2M
16 875 000
Gebiet des Neffelbachi's
1 254,7
186 795 000
Vom SeiFelbiich bis zum Gyllbach .
408,0
247 130000
Vom Gyllbach bis zur Mündung . .
1 828.8
209 837 500
1 1808,7
1157 884 000
Von den Quellen bis tum Schwalmbac'
1 66>8
82 891 600
Gebiet des Scbwalmbachea ....
1 61,1
69 412 000
Vom SchwalJübacb bis a«r Urft . .
, 118,6
76 480 000
Gebiet d^r Urft
875,4
324 125000
\ou a.^r Trft bis zum Kalibach . .
, 87,4
70 300 000
Gebiet des Kalibaches
i ",8
82 510 000
V.,n, K..llK;..'b bi>^ znm Indeflnß . .
1 189,8
132 840000
952,8
311932 500
Vom IndeüuB b. z. Mündungd. alten Wum
286,4
175 297 500
Gebiet des Wurmbaches
466,1
822 215 000
Von der Wurm bis zur Mündung .
_± 238.2
146 877 .WO
Insgeswn
1 2298,8
179*821000
778 P. Polis.
Der große Regen- und damit Wasserreichtum im Ober-
laufe der Roer ermöglicht es^ Talsperren auszuführen. Selbst
die Urft bietet noch vollen Erfolg für die Einrichtung von
Sammelbecken; denn erfahrungsgemäß gehen 400 — 450 mm
von der jährlichen Regenmenge durch Verdunsten, Ein-
sickern etc. verloren, so daß immerhin noch 350 — 400 mm für
den AbHuß übrig bleiben. Zudem besitzt die Urft ein außer-
ordentlich großes Niederschlagsgebiet von 375 qkm, so daß der
Wasserzufluß auch bei geringer Regenhöhe ein noch großer ist
Die übrigen eingangs erwähnten Talsperren liegen in weit
niederschlagsreicheren Gegenden, so daß auch trotz der Klein-
heit ihres Niederschlagsgebietes Staubecken noch erfolgreich
angelegt werden können. Die erste Talsperre der dortigen
Gegend wurde 1878 auf belgischem Boden im Tale der Gi-
leppe errichtet; sie dient bei einem Inhalte von l2000000cbm
zur Wasserversorgung der Stadt Verviers, und gehört der
1050 mm-Niederschlagsstufe an. In Bälde wird eine weitere
Talsperre zwecks Wasserversorgung von Eupen an der Weser
in Angriff genommen, deren Niederschlagsgebiet gleichfalls
> 1000 mm aufweist. Ahr und Erft jedoch eignen sich flir
Sammelbecken nicht.
Derartige Sperrbauten spielen in volkswirtschaftlicher Hin-
sicht eine ganz hervorragende Rolle, indem sie nicht allein,
wie die Gileppe- und Wesertalsperro, zur Trinkwasserlieferung
dienen können, sondern auch eine direkte Ausnutzung der im
Wasser schlummernden Energie zu industriellen Zwecken er-
möglichen. Sie gestatten die durch das starke Gefälle der
Venu- und Eifelflüsse gebotene Wasserkraft anzusammeln und
zu billigem Preise in elektrische Energie umzusetzen; dabei
haben die hervorragenden Fortschritte der Neuzeit auf elektro-
technischem Gebiete die Möglichkeit geschaffen, die elektrische
Kraft auf sehr weite Entfernungen hin ohne nennenswerte Ver-
luste fortzuleiten. Hierdurch wird der W^ass erreich tum des
Geländes zu einer Erwerbsquelle ersten Ranges; denn die Aus-
nutzung der Wasserkräfte kommt den beteiligten Landkreisen,
welche sich zu einer Gesellschaft zusammen geschlossen haben,
direkt zugute.
Auch auf die Bebauungsart und Fruchtbarkeit des Bodens
üben die Niederschläge einen bestimmenden EintiuB aus. Die
Hydrographie von Akr, Erft und Roer, 779
Hochfläche, welche ja den meisten Regen empfängt, ist yon
weiten Moor^ und Torfstrecken eingenommen^ und erweist sich
daher als höchst unfruchtbar. In der Winterszeit setzen sich
die Niederschlagsmengen meist in großen Schneemassen ab^
was in Verbindung mit den schweren Weststtirmen die eigen-
tümliche Bauart der Venndörfer bedingt. Die offene Front der
Häuser liegt nach Osten oder Südosten, während auf der West-
seite das Dach bis fast zur Erde herabreicht; zudem sind Haus
und Hoi mit einer dichten und hohen lebenden Schutzbecke
umgeben, und je reicher der Bauer, desto höher und größer
die Hecke. Der westliche Hang hat ausgedehnte Wiesen-
flächen, deren Üppigkeit durch den Begenreichtum sehr ge-
fördert wird; infolgedessen triflft man ausgedehnte Viehzucht
im sogenannten „Butterländchen" an der belgisch-holländischen
Grenze. Sowie man aber unter die 700 mm-Regenstufe her-
untergeht, tritt die Viehzucht gegen den Ackerbau zurück, so
daß im Jülich-Dürener Gelände namentlich Rüben-, Kartoffel-,
Gemüse- und Obstbau vorherrscht; letzteren, vor allem aber
Kirschen- und Pflaumenzucht, finden wir selbst in den tiefer
eingeschnittenen Roertälern zwischen Einruhr und Heimbach.
Die Weintraube gedeiht schon an den Buntsandsteinhängen
der Nideggener Gegend, während im Trockengebiete an der
Ahr infolge der reichlichen Besonnung die Rotweintraube zur
Ausreife gelangt.
Die vorliegende Untersuchung wurde im Meteorologischen
Observatorium Aachen ausgeführt, welches sich die Aufschließung
der klimatischen Verhältnisse der Rheinprovinz besonders zur
Aufgabe gemacht hat; außer dem Verfasser beteiligte sich
hieran noch der erste Assistent Hr. A. Sieberg.
Aachen, Meteorolog. Observatorium, September 1903.
(Eingegangen 30. September 1903.)
780
98. Magnetische Drehung der Polarisationsebene in
verflüssigten Gasen unter atmosphärischem Drucke.
Messungen mit Stickoxydul.
Von Ij. H. Siertsema in Leiden.
Mitteilung Nr. 90 aus dem physikalischen Institut zu Leiden.
HlersB T»r. II, Fig. 1, 2, 3.
Durch viele theoretische und experimentelle Unter-
suchungen hat in den letzten Jahren die magnetische Drehung
der Polarisationsehene des Lichtes an Bedeutung gewonnen.
Die Elektronentheorie gibt eine Erklärung dieser durch Fa-
raday entdeckten Erscheinung, durch welche es sogar möglich
ist, unter einigen vereinfachenden Annahmen, aus der magne-
tischen Drehung und der gewöhnlichen Dispersion einen an-
genäherten Wert für das Verhältnis e I m der elektrischen
Ladung und Masse der Elektronen zu finden.^)
Ein auch in theoretischer Hinsicht wichtiger Punkt ist
die Frage, wie die Drehung sich mit dem Druck und der
Temperatur des Mediums ändert. Insbesondere wird die Ände-
rung bei Übergang zu einem anderen Aggregatzustande dabei
von Interesse sein. Es hat dieses mich dazu geführt, meinen
Untersuchungen über die magnetische Drehungsdispersion in
Gasen unter hohem Druck ^j eine solche über verflüssigte Gase
folgen zu lassen. Bei den vielen Hilfsmitteln des hiesigen
Instituts für eine derartige Untersucliung war eine Fortsetzung
in dieser Richtung auch ohne dem angewiesen.
Wenn auch ^der verflüssigte Sauerstofl" wegen seiner mag-
netischen Eigenschaften und der abweichenden Drehungs-
dispersion für diese Untersuchung vielversprechend war, ist
mit anderen leichter zu verflüssigenden Gasen, CH3CI und N^O,
angefangen, bei welchen es leichter ist, die eigentümlichen
1) L. H. Siertsema, Comm. Phys. Lal). Leiden Nr. 82. 1902.
2) L. H. Siertsema, Comm. Phys. Lab. Leiden Suppl. 1; Arch.
Neerl. (2) 2. p. 291. 1899.
Magnetische Drehung der Polarisationsebene, 781
Schwierigkeiten dieser Untersuchung zu beseitigen. Auch
werden bei diesen Messungen wegen des Fehlens der Absorp-
tionsbanden im sichtbaren Spektrum die Dispersionskurven ein-
facher sein und dadurch vielleicht einen besseren theoretischen
Anhaltspunkt bieten als die mit verflüssigtem Sauerstoff^ in
dessen Spektrum einige breite Absorptionsbanden auftreten.^)
Die Untersuchung mit CH3CI ist bereits veröffentlicht.^ Es
soll hier über die mit NgO berichtet werden.
Der Apparat, mit welchem die Messungen ausgeführt sind,
ist derselbe, der auch für die mit CH3CI gedient hat Er ist
in Fig. 1 und 2 abgebildet; eine Vergleichung mit dem früher
abgebildeten Apparat wird einige Verbesserungen anzeigen.
Besohreibung des Apparates.
D Versuchsrohr aus Glas, welches durch die Leitung H mit ver-
flüssigtem Gas gefüllt wird und durch planparallele, mit Fischleim auf-
gekittete Glasplatten />, verschlossen ist.
Ä doppelwandiges Schutzrohr aus Messing, welches durch die Lei-
tung Äi mit flüssigem Stickoxydnl gefüllt wird. Der Dampf kann durch
die Leitung K entweichen.
F Schwimmer zur Beobachtung der Füllung des Schutzrohres.
J Leitung für den aus dem Versuchsrohr entweichenden Dampf.
L Ringe aus Messing, die mit Siegellack auf dem Versuchsrohr
angekittet sind und welche in Verbindung mit Gummiringen den Dampf-
raum des Versuchsrohrs abschließen.
Dl Messingplatten, welche durch Ringe D^ gegen die Glasplatten
Z>3 gedrückt werden, damit diese noch besser auf dem Versuchsrohr
haften.
C Nicol, drehbar in Messingröhren, welche durch Ringe, die gegen
die Wand des Schutzrohrs federnd andrücken, festgehalten werden.
iV Uartgummischeiben mit Gummidichtung 0 und 6 Zugstangen
Ni dienen zum Abschließen des ganzen Schutzrohrs. Nur die Enden
der Zugstangen sind in der Abbildung sichtbar.
Vor dem Verschließen des Schutzrohrs stellt man den Nicol auf
Dunkel ein und dreht dann einen der Nicole durch einen daran be-
festigten Messingdraht um den Winkel, der bei den Beobachtungen als
Drehungsvvinkel benutzt werden soll.
AI Röhrchen durch die Wand der Scheiben N, durch Gummi-
schläuche verbunden mit C7- Röhrchen, welche NaOH enthalten. Durch
diese wird der Zutritt von trockner Luft in den abgekühlten Räumen
um den Nicol C ermöglicht.
1) Vgl. F. Harms, Physik. Zeitschr. 4. p. 158. 1902.; A. Schmauss,
Münch. Sitzuiigsber. 32. p. 327. 1902.
2) LH. Siertsema, Comm. Lab. Leiden Nr.57. 1900 u. Nr.80. 1902.
782 L, H. Siertsema.
B Glasplatten in den Scheiben Ny mit Gummidichtung, aufgeachloesen
durch die Hartgummiringe P.
Q Glasplatten, die mit Gummidichtung und mit Hartgammihülaea
R einen Kaum abschliefien, in welchen sich eine kleine Schale V mit
PfOs befindet.
U Röhre aus Hartgummi und Glas, in welcher einige StQcke NaOH
angebracht sind und die durch die Glasplatten T mit ELartgammihölseD
geschlossen sind.
üi Ansatzröhren, verbunden mit U-Röhrchen mit NaOH^ zu dem
gleichen Zwecke wie M.
Der Apparat, wie Fig. 1, wird mit allen abzukühlenden Teilen
(Ff Kf J) gut in Wolle verpackt und, mit'eiuigen verschlossenen Papier-
hüUen versehen, in der Achse der Drahtspule G (Fig. 2) aufgestellt
D Wasserschirm, A Kollimator, C Bogenlampe, B Quecksilberbogeo*
lampe nach Arons-Lummer, P Prisma, Q Femrohr.
Die wichtigsten Änderungen, die nach der Untersuchung mit CH,C1
angebracht sind, betreffen:
1. Die Verlängerung des äußeren Raumes XJ an beiden Seiten mit
Glasröhren, um Wassemiederschlag an den Glasplatten T durch di«
kalten Teile J und K zu verhindern.
2. Die Änderung des Rohres A^. welche fri\her unten, jetzt obeo
angebracht ist, wodurch eine regelmäßigere Wirkung erzielt wird.
3. Die Vergrößerung der Drahtspule G, welche früher 1107 Win-
dungen hatte, aber während der jetzigen Untersuchung zu 1644 Win-
dungen vergrößert ist.
4. Die polarisierenden Prismen. Anfangs wurden solche mit
Kanadabalsam oder mit Leinöl gekittet, benutzt. Diese wurden aber
immer nach kurzer Zeit unbrauchbar, da die Kittschicht bei der starken
Abkühlung blättrig und daher undurchsichtig wurde. Die Prismen sind
daher verwechselt mit Foucaultschen Luftprismen, welche sich gut
bewährten. Es stand die Luftschicht durch eine kleine Öffnung mit dem
äußeren Raum in Verbindung.
Die Stromstärke wurde wie früher mit einem d'Arson val-Galvano-
meter in einer Abzweigung des Hauptstroms gemessen. Die Ablesungen
des Galvanometers wurden der Stromstärke proportional gefunden.
Die FülluDg mit flüssigem N2O geschah durch eine ein-
fache, an den Leitungen // oder A^ verbundene Hebervomch-
tung aus Vakuumgefäßen, die im kryogenen Laboratorium
gefüllt wurden.^) Der besonders im Anfang sich bildende
Dampf fand einen Ausweg durch die Röhre A' oder J, welche
mit einer Leitung verbunden waren, die den Dampf nach dem
1) Vgl. Kamerlingh Ounes, Comm. Phys. liab. Leiden. Nr. 87. 1904.
MaffTietische Drehung der Polarisationsebene, 783
kryogenen Laboratorium zurückführte, wo er wieder kompri-
miert wurde. Die Höhe der Fliiaaigk^ in dem Schutzrohr
wird durch den Schwimmer F angezeigt, in dem Versuchsrohr
ist die Füllung durch direkte Beobachtung zu verfolgen. Es
zeigte sich, daß wenn zuerst das Schutzrohr gefüllt wurde und
dieses mit den inneren Teilen also auf niedrige Temperatur
gebracht war, die Füllung des Versuchsrohrs fast ohne Dampf-
bildung stattfand.
Nach der Füllung wurde einige Zeit gewartet, bis Tem-
peraturgleichgewicht eingetreten war, und dann wurde mit den
Beobachtungen angefangen. Zuerst wurden mit Sonnenlicht,
oder, wenn dieses versagte, mit der Quecksilberbogenlampe
einige Punkte im Spektrum zur Kalibrierung eingestellt und
dann mit Sonnen- oder Bogenlicht das schwarze Band im
Spektrum durch eine geeignete Wahl der Stromstärke in der
gewünschten Lage im Spektrum eingestellt Sogleich nach
dieser Einstellung wurde das Galvanometer abgelesen, der
Strom geöflFnet und die Lage des Femrohrs abgelesen. Nach
drei solchen Einstellungen wurde zu einer anderen Stelle
im Spektrum übergegangen. Dann und wann, und jedenfalls
am Ende jeder Messungsreihe, wurden die Ablesungen zur
Kahbrierung des Spektrums wiederholt.
Es zeigte sich oft eine Störung dadurch, daß trotz aller
Vorsorge Eisanschlag auf den inneren Glasplatten entstand,
welche das Fortsetzen der Beobachtungen verhinderte.
Da der Drehungswinkel konstant ist, wird die Stromstärke,
welche ausreicht, um das schwarze Band auf einer bestimmten
Wellenlänge einzustellen, umgekehrt proportional mit der
Drehungskonstante bei dieser Wellenlänge sein. Diese Kon-
stante ist also proportional zu 1 / a, wenn a den Galvanometer-
ausschlag vorstellt.
Die Messungen umfassen die folgenden Reihen. Die drei
zusammengehörigen Ablesungen sind dabei zu Mittelwerten ver-
einigt. Bei jeder Messungsreihe ist angegeben der Winkel a,
auf welchen die Hauptschnitte der polarisierenden Prismen
eingestellt waren, und zur Orientierung die größte und kleinste
Stromstärke L Bei der ersten Messungsreihe hatte die Draht-
spule 1107, bei den späteren 1644 Windungen.
784 L, H, Siertsema,
I.
11
.•
m.
o = 5<»
ff = 6,5«
)
a = 6,5«
i = 50-
—70 Amp.
t = 40-
-80 Amp.
i = 35—70 Amp.
A
^ . 10*
a
l
^ . 10*
a
;i
.10»
a
528
420
458
555
459
575
566
861
482
504
478
524
579
344
483
502
492
499
617
299
498
463
528
488
[589
832]
516
440
543
407
522
429
575
362
560
376
622
309
607
816
[589
344]
614
806
589
338]
IV.
V.
VI.
« = 6,5
,0
ff = 6,5°
ff = 8
\^
i = 40-
—70 Amp.
i = 45-
-65 Amp.
i = 55 — 70 Amp.
A
^ .10*
a
l
- . 10*
a
X
— .10»
a
487
508
527
431
498
431
502
488
564
378
538
375
524
448
599
336
573
326
549
410
642
289
570
376
589
347
581
362
589
."52
595
341
605
331
608
329
632
301
:589
351
Diese Reihen lassen sich wegen kleiner Änderungen in
der Aufstellung und Empfindlichkeit der Apparate nicht ohne
weiteres zu einer Reihe vereinigen. Es ist darum für jede
der Reihen I bis V graphisch der Wert von 1/ a für a = 589
festgestellt, welche am Ende jeder Reihe beigefügt ist. Mittels
dieser Werte ist das Verhältnis o / o xa der Drehungskonstante
für die Wellenlänge A zu den für / = 589 berechnet, und
diese Größen in einer Kurve dargestellt, welche in Fig. 4 ver-
kleinert abgebildet ist. In dieser Kurve sind auch die Wert«
aus der Reihe VI aufgenommen, bei welcher man den Wert
McLgneäsche Drehung der Polarisationsebene.
785
für A =x 573 aus der Kurve entnommen und daraus die für
die beiden anderen Wellenlängen berechnet hat
In den folgenden Tabellen sind diese Größen angegeben
mit den Werten, welche aus der Kurve abzulesen sind.
n.
m.
l
p/pNa
Kurve
l
p/p Na
Kurve
528
1,266
1,247
IV. 487
1,446
1,460
566
1,087
1,087
502
1,390
1,375
579
1,085
1,036
524
1,278
1,265
617
0,902
0,903
549
1,168
1,157
458
482
483
498
516
522
560
1,644
1,490
1,487
1,370
1,301
1,270
1.112
1,670
1,491
1,485
1,397
1,803
1,275
1,111
570
581
589
595
605
608
632
1,071
1,032
1,008
0,972
0,942
0,937
0,857
1,071
1,028
1,000
0,978
0,942
0,982
0,858
607
0,935
0,936
614
0,905
0,912
V. 527
1,242
1,252
459
1,671
1,661
564
1,090
1,095
478
1,522
1,517
599
0,967
0,964
492
1,450
1,431
642
0,832
0,831
523
1,272
1,270
543
1,182
1,182
575
1,051
1,051
VI. 498
1,401
1,397
622
0,899
0,887
538
1,218
1,208
Der Wert der Drehungskonstante für Ä = 589 ist be-
stimmt worden durch Vergleichung mit Wasser. Es wurde
nach den Beobachtungen der Reihe V^ ohne etwas am Apparat
zu ändern, die Versuchsröhre mit Wasser gef&llt und sodann
wurden einige Einstellungen des schwarzen Bandes ausgeführt
Aus diesen wurde mittels früherer Messungen der Drehungs-
dispersion des Wassers^) berechnet (>n,o/(>h,o = 0,425 für
X = 589, und weiter mit g-a^ = 0',01303 gefunden
(>N.o = 0',00554 für Ä = 589.
Für das molekulare Drehungsvermögen, das nach der
Definition von Perkin für Stickoxydnlgas 0,616 betrug*),
finden wir hier 0,94, also einen ganz verschiedenen Wert.
1) L. H. Siertsema, Comm. Phjs. Lab. Leiden. Nr. 73. 1901.
2) L. H. Siertsema, Comm. Phys. Lab. Leiden. Suppl. 1. p. 87.
Boltzmaon-FestBcbrift. 50
786
L, H. Stertsema.
Aus der Theorie, welche die magnetische Drehung auf
eine Verschiebung der Dispersionskurve fQr Zirkularstrahlen im
Magnetfelde zurückführt, wird unter einigen yereinfachenden
Annahmen gefunden :
(> =
X dn
m 2V dl '
50O
WO n den Brechungsindex bei der Wellenlänge A, F die
Lichtgeschwindigkeit und ejm das Verhältnis der Ladung und
der Masse der Elektronen vorstellt.^) Es wird sich lohnen
zu untersuchen, was diese Beziehung für den Übergang vom
dampfförmigen bis zum flüssigen Zustande für uns neues bietet
Man würde dabei die Konstanz von
_e_ _ 2F dl
m l ^ d n
1) L. H. Siertsema, Comm. Phys. Lab. Leiden. Nr. 82.
Maffnetiscke Drehung der Polarisationsebene. 787
Yoraussetzen und dann die Gültigkeit der darans folgenden
Beziehung
gg _ (rfn/dit)fl
qfi "^ {dnjdljg
untersuchen können. In unserem Falle fehlen aber dazu,
wenigstens für den flüssigen Zustand, die benötigten Disper-
sionsbestimmungen.
Wenn man den von Lorentz^) abgeleiteten Wert
n2= 1 +
Aii^qm
WO & die Schwingungszeit des Lichtes, N die Zahl der Mole-
küle pro Volumeinheit, und q eine von & unabhängige Größe
vorstellt, in den obigen Ausdruck für q einführt, findet man
o =
'^ Ne VI* n '
wie auch Lorentz unmittelbar aus seiner Theorie ableitet.*)
Man kann jetzt annehmen, daß Ne sich proportional zur
Dichte d ändert, und findet also
Qg (**'« — 1)* »»fl ^fl
^ " — — '^ i_ . . ■
qa (n«fl - !)• ng dg
Die Vergleichung dieser Beziehung läßt sich für A = 589
durchführen. Die Werte Wg und n^ erhält man durch An-
nahme der Konstanz des spezifischen Brechungsvermögens
(n*— l)/(n*+ 2)d, welche auch aus der Lorentzschen Theorie
folgt und durch die Beobachtungen bestätigt wird. Bleek-
rode^ fand für flüssiges N^O bei 16^ in Berührung mit seinem
Dampf Tifl = 1,193. Aus den Messungen von Cailletet und
Mathias*) findet man für 16^ d^ = 0,785, also
(n*fl- l)/(n«fl +2)rffl = 0,1675.
Für die Dichte des flüssigen N^O bei atmosphärischem Druck
fand Natterer ^] 1,15 und man berechnet aus dem oben ge-
1) H. A. Lorentz, Theorie ^lectrom. de Maxwell etc., p. 184; Arch.
N^erl. (1) 25. p. 496.
2) H.A. Lorentz, Versl. Ak. van Wet p. 97. 1897/98.
3) L. Bleekrode. Proc. Roy. Soc. p. 339. 1884.
4) L. Cailletet u. E. Mathias, Journ. de Phjs. (2) 5. p. 557.
5) J. Natterer, Pogg. Ann. 62« p. 184. 1844.
50*
788 L. H, Siertsema, Magnetische Drehung etc,
nannten Wert des spezifischen Brechungsvermögens für den
zugehörigen Brechungsindex
n«fl - 1 = 0,6634, na = 1,2897.
Für gasförmiges N,0 bei 30 Atm. und 10,9^ ist gefunden
^g = 0,000241'. ^) Aus dem Gesetz der übereinstimmenden
Zustände findet man für diesen Fall d^ = 0,07784 und der
Brechungsindex läßt sich aus dem spezifischen Brechungs-
vermögen berechnen. Wenn man von den Werten
n = 1,0005152 und rf = 1,614 x 0,001 293
für 1 Atm. und 0® nach Mascart^ und Dalton*) ausgeht
findet man ,
V^- 4- = 0.1645*)
n»g + 2 rfg ' '
und daraus berechnet man
n*g - 1 = 0,03886, Wg = 1,01914.
Mit diesen Werten wird
_&L = ;»;t^» J . ^ . 4L = 0,06415 .
^fl (n*fl - 1)» «g dg
Die Messungen ergaben
^ ^ _M00241^ ^
^fl 0,00554 '
Der Unterschied zwischen diesen Werten würde auf eine
Veränderlichkeit des Verhältnisses e/m hindeuten. Wenn wir
m als elektromagnetische Masse betrachten, welche von dem
Bewegungszustande des Elektrons abhängen kann, würde dieses
möglich sein durch eine Änderung dieses Zustandes mit der
Temperatur. Indessen muß man beachten, daß bei der Ab-
leitung der oben benutzten Beziehung viele vereinfachende An-
nahmen gemacht worden sind. Insbesondere wird die Voraus-
setzung eines einzigen Absorptionsbandes wohl nicht zutreffen.
1) L. H. Siertsema, Comm. Phys. Lab. Leiden. Suppl. 1. p. 86;
Arch. N6erl. (2) 2. p. 376.
2) E. Mascart, Ann. Ec. norm. (2) 0. p. 0.
3) J. Dal ton, vgl. Tab. von Landolt u. Börnstein.
4) Die Konstanz des spezifischen Brechungsvermögens beim Über-
gang vom gasformigen zum flüssigen Zustand wird hier besser bestätigt
als bei Bleekrode (l. c), welcher ältere Werte für da benutzt.
(Eingegangen 30. September 1903.)
789
99. Über Yerdichtnng der Gase an der Wand
der GeMe.
Von Q. Melander in Helsingfors.
Aus früheren Untersuchungen über die Ausdehnung der
Gase bei niedrigen Drucken^] habe ich geschlossen, daß das
Gesetz, nach welchem der wahre Ausdehnungskoeffizient der
Gase mit dem Drucke konstant abnimmt, nicht exakt ist. Es
schien mir, als ob dieser Ausdehnungskoeffizient ein Minimum
hätte, welches für verschiedene Gase einem verschiedenen
Drucke entspricht
Bei der Besprechung dieser Untersuchungen hat Prof.
Wüllner^) bemerkt, daß die von mir beobachtete Vergröße-
rung des Ausdehnungskoeffizienten bei niedrigen Drucken viel-
leicht nur eine scheinbare sei, und daß sie die Folge der Ab-
lösung von an der Wand der Gefäße verdichtetem Gase dar-
stelle, um so mehr da ich angebe, daß bei meiner Versuchs-
auordnung ein zweistündiges Erwärmen erforderlich war, um
einen konstanten Zustand zu erhalten.
Wie Wüllner auch angibt, sind nicht diese Beobachtungen
allein, sondern auch die Beobachtungen von Mendelejew und
anderen, nach denen bei abnehmendem Drucke das Produkt
pv wieder abnimmt, wenn man unter den Druck einer Atmo-
sphäre hinabgeht, unvereinbar mit der von van der Waals
gegebenen Zustandsgieichung und mit den Anschauungen der
kinetischen Gastheorie.
Diese Unvereinbarkeit hängt zwar von der Annahme der
Unveränderlichkeit der Moleküle ab. Gibt man aber zu, daß die
Moleküle sich verändern können, so sind sowohl die Abnahme des
Produktes pv bei abnehmendem Drucke, wie meine Beobach-
1) G. Melander, Wied. Ann. 47. p. 185. 1892; De la dilatation
des gaz. Helsingfors 1899; Etudes sur la dilatation de Thydrog^ne. Acta
Soc. Scienr. Fenn. 19. No. 7. 1891; Etudes sur la dilatation de Toxjg^ne.
Acta Soc. Scient. Fenn. 20. No. 9. 1894.
2) A. Wüllner, Lehrbuch der Experimentalphysik 2. p. 180. 1896.
79ü G. Melander.
tungen über die Ausdehnung der Gase erklärlich. Ich will
zwar den Resultaten meiner Beobachtungen keinen entschei-
denden Wert beimessen^ doch scheint mir diese Bemerkung
nicht allein in bezug auf Untersuchungen über die Ausdehnung
der Gase bei niedrigen Drucken berechtigt.
Die Verdichtung der Gase an der Wand des dieselben
einschließenden Gefäßes kann ja bei allen Studien über die
Gase einen Einfluß haben. Die Größe dieses Einflusses ist
jedoch durch die wenigen bis jetzt ausgeführten Versuche
keineswegs festgestellt worden und bei allen Untersuchungen
über die Zustandsgieichung der Gase ist der Einfluß der Ver-
dichtung der Gase an der Wand des Gefäßes bis jetzt ganz
yemachlässigt worden.
Die Verdichtung der Gase an der Wand des Gefäßes
kann in der Tat durch verschiedene Methoden bestimmt werden.
Die Wirkungen der Verdichtung sind von der Größen-
ordnung der Oberfläche des das Gas einschließenden Gefäßes,
andere Veränderungen, wie z. B. die Ausdehnung, sind von
der Größenordnung des Volumens. Durch eine zweckmäßige
Anordnung muß man also bei Untersuchungen über die Aus-
dehnung der Gase gleichzeitig die Größe der Verdichtung be-
stimmen können. Je räumlich ausgedehnter man das Gefäß
wählt, um so mehr treten im allgemeinen die Wirkungen der
Verdichtung zurück gegen die Größe der Ausdehnung des
Gases. Braucht man also nacheinander verschieden große, aber
übrigens ganz ähnliche Gasbehälter, deren Volumen und innere
Oberfläche bekannt sind, so kann der EinÜuß der Verdichtung
berechnet werden. Durch Variation der Form des Gefäßes
erhielte man noch eine Kontrolle der Berechnungen.
Wenn es aber gilt, hauptsächlich nachzusehen, wie die
Verdichtung verschiedener Gase sich mit dem Drucke ver-
ändert, so empfiehlt sich eine andere Methode.
Anstatt eines einzigen Gasbehälters, der wechselweise auf
0*^ und 100^ C. gebracht werden kann, verbindet man das
Manometer gleichzeitig mit zwei ganz ähnlichen Gasbehältern,
bei denen aber die inneren Oberflächen verschieden sind.
Der Apparat, den ich für diese Versuche konstruiert habe,
besteht aus drei Hauptteilen: dem Siedeapparat, dem Ver-
gleicher und dem Kompressor.
über Ferdichtung der Oase. 791
Der Siedeapparat besteht aus zwei yoneinander ganz un-
abhängigen Behältern aus Weißblech, die dem von Begnault
angewandten ähnlich sind. Der obere Teil jedes Behälters ist
also ein Dampfzylinder mit doppelten Wänden, der oben ge-
schlossen und in zwei Hälften horizontal zerschnitten ist Die
obere Hälfte bildet den Deckel des Zylinders. Der Boden der
inneren Teile der Dampfzylinder besteht aus messingenen
Drahtnetzen, welche das zur Erzeugung einer Temperatur von
0^ angewandte Eis hindern, in den unteren Teil der Siede-
apparate zu fallen. Bei der Temperatur von 100® dringt der
in diesen Behältern sich entwickelnde Dampf in die Dampf-
zylinder hinein und durchläuft in seiner ganzen Länge die
Zwischenräume zwischen den beiden Wänden der Zylinder.
In die beiden Zylinder sind Glasballons eingeführt Diese
zwei Ballons sind fast ganz gleich groß und gleichzeitig ge-
blasen^ aber der eine Ballon ist inwendig ganz matt mit Fluor-
natriumlösung geätzt Der andere Ballon dagegen ist glatt
gelassen. Die beiden Ballons sind außerhalb des Siedeappa-
rates untereinander durch EapiUarröhren verbunden und stehen
mit dem einen Seitenaste des Y- förmigen Vergleichers in Ver-
bindung.
Der zweite Seitenast des Vergleichers ist an den Kom-
pressor angeschlossen. Der vertikal abwärts führende Teil des
Vergleichers führt mit Schlauchverbindung zu einem Queck-
silberbebälter. In jedem der beiden Seitenäste des Vergleichers
befindet sich eine feine Glasspitze. Diese beiden Spitzen sind
in gleicher Höhe eingestellt.
Der Kompressor besteht aus einem Glasballon^ der unten
an eine geteilte Glasröhre angeschlossen ist Der untere Teil
dieser Bohre steht einerseits durch einen Kautschukschlauch
mit einem Quecksilberbehälter, andererseits mit der Trocken-
kugel der Quecksilberluftpumpe in Verbindung.
Der Glasballon wird durch schmelzendes Eis auf kon-
stanter Temperatur gehalten. Die Temperaturen der übrigen
Teile wurden aus Thermometer- und Barometerbeobachtungen
berechnet.
Vom Siedeapparat bis zur Luftpumpe sind alle Glasteile
aneinander geschmolzen.
792 G, Melander. Über Verdichtung der Gase.
Wenn nun z. B. der geätzte Ballon auf 0 ^ und der unge-
ätzte auf Siedetemperatur gebracht sind , so stellt man die
Quecksilberkuppen in dem Vergleicher auf die beiden Glas-
spitzen ein. Dies kann man durch VolumenveränderuDg in dem
Kompressor zuwege bringen. .Wenn nun der geätzte Ballon
auf Siedetemperatur und der ungeätzte auf 0^ gebracht werden,
muß die Einstellung des Quecksilbers im Kompressor unyer-
ändert bleiben — vorausgesetzt^ daß keine Veränderungen der
Temperatur, der Barometerhöhe oder der Kondensatioos-
erscheinungen vorgekommen sind. Da man die Wirkungen der
Temperatur- und Barometerhöhenverändeningen bei Kenntnis
der Volumina leicht berechnen kann^ so kann der £induß der
Kondensation auch bestimmt werden. Die Ausdehnungs- und
Kompressionskoeffizienten des Glases sind vorher bestimmt
Die bis jetzt gemachten Versuche schienen wirklich einen
kleinen Einfluß der Verdichtung der Luft an den Wänden des
Gefäßes zu zeigen. Wenn der geätzte Ballon auf Siedetempe-
ratur gebracht wird^ so beobachtet man nämlich eine sehr
kleine, aber stetig wiederkommende Vermehrung des Druckes,
die durch Volumen- oder Temperaturveränderungen nicht er-
klärlich scheint.
Fortgesetzte Beobachtungen werden zeigen, wie dieser
Einfluß sich mit dem Drucke verändert.
Helsingfors, 27. September 1903.
(Eingegangen 1. Oktober 1903.)
793
100. Einige Versuche Aber das Elektrodenpotential von
Entladungsrohren.
Von Otto Bergr in Greifswald.
In einem Stromkreise, der aus Leitern erster und zweiter
Klasse besteht^ bleibt der stationäre Zustand der Strom-
verteilung ungeändert, wenn man einen Punkt der Leitung
mit der Erde verbindet. Das scheint nicht mehr zu gelten,
wenn der Stromkreis eine Geißler sehe Röhre enthält. Einige
Beobachtungen derart sollen im folgenden mitgeteilt werden.
Die Versuche wurden an einer Entladungsröhre angestellt, die
in der Figur p. 794 skizziert ist: a, b, c sind Aluminiumelektroden;
b hat die Form eines runden Diaphragmas. Das Rohr war
dauernd mit einer kleinen Töplerschen Pumpe in Verbindung.
Der Strom einer vierplattigen Töplerschen Influenzmaschine
zirkulierte zwischen a und b] die Elektrode c hatte ursprüng-
lich zu Versuchen anderer Art gedient Die Potentialdifferenz
zwischen den Elektroden a und b wurde mit einem Braun-
schen Elektrometer gemessen. Es kamen drei Instrumente
in Verwendung; Nr. 1 für 0—1500 Volt (lSktl. = 100 Volt);
Nr. 2 für 0—3000 Volt (1 Sktl. = 100 Volt); Nr. 3 für 0 bis
10000 Volt (1 Sktl. = 500 Volt). Die Instrumente differierten,
soweit die Skalen gemeinsam waren, beträchtlich in ihren An-
gaben. Sie wurden späterhin möglichst gegeneinander ab-
geglichen. Die absoluten Werte wurden nicht kontrolliert.
Man beobachtet nun, daß das Entladungspotential zwi-
schen den Elektroden a und b nicht unwesentlich geändert
wird, wenn man eine dieser beiden Elektroden zur Erde ab-
leitet. Zum näheren Studium dieser Erscheinung wurde die
Luft in der Röhre bis zu einem bestimmten Entladungs-
794 0. Berg,
Potential verdünnt und dann die Pumpe außer Tätigkeit ge-
setzt. Das Entladungspotential nahm dann langsam wieder
ab, so daß die Messungen währenddessen angestellt werden
konnten. Aus den zahlreich angestellten Beobachtungen sollen
im folgenden einige angeführt werden, bei denen a Anode,
b Kathode war (s. Figur).
Wenn die Anode {a) zur Erde abgeleitet wird, so erfolgt
bei höheren Entladungspotentialen im allgemeinen eine Er-
höhung des Potentials (bei 4000 Volt etwa 1000 Volt> Dieser
Einfluß wird mit abnehmendem Potential geringer und ver-
schwindet bei etwa 880 Volt gänzlich. Unterhalb von 880 Volt
tritt bei Erdung der Anode eine Erniedrigung des Sntladungs-
Potentials ein, die 100 Volt betragen kann. Bei etwa 600 Volt
ist der Einfluß der Erdableitung nicht mehr zu merken; eventuell
verschwindet er auch schon bei etwas höheren Potentialen,
nachdem der Strom recht lange Zeit durch die Röhre ge-
gangen ist.
Merkwürdigerweise vollzieht sich der spontane Abfall
des Entladungspotentials fast niemals stetig; vielmehr beob-
achtet man folgenden Verlauf: nachdem es bis auf etwa
700 Volt gefallen ist, steigt es plötzlich ohne erkennbaren
Anlaß bis auf etwa 880, um dann langsam wieder zu sinken.
Dieser Vorgang wiederholt sich mehrmals hintereinander. Nach
jeder spontanen Erhöhung des Potentials ist der Einfluß der
Erdung der Anode besonders stark.
Die Erdung der Anode bewirkt jedoch nicht immer Er-
niedrigung des Entladungspotentials. Dieser Efiekt tritt stets
ein, wenn die dritte Elektrode c mit der Kathode b verbunden
wurde. Waren jedoch b und c nicht verbunden, so wurde bei
2500 Volt Erniedrigung des Potentials beobachtet; oberhalb
und unterhalb 2500 Volt fand sich dann je ein Punkt, wo
Erdung ohne Einfluß war.
Elektrodenpotential von EnäadunffsrÖhren,
795
Die folgende Tabelle 1 gibt eine Serie von Beobachtungen
bei höheren Entladungspotentialen. Tabelle 2 a und 2 b ent-
halten Beobachtungen bei niederen Entladungspotentialen; in
denselben sind zwei Beobachtungen, zwischen denen sich das Ent-
ladungspotential spontan erhöhte, durch einen Strich getrennt.
Die Elektroden b und c waren miteinander verbunden. In
den Tabellen 3 und 4 folgen die entsprechenden Beobachtungen
über den Einfluß der Erdung der Kathode. Die Resultate
sind etwas wechselnd; jedoch ist Erniedrigung des Potentials
vorherrschend.
Entladungspotentiale in Volt
b mit e verbunden.
Tabelle 1.
Tabelle 2a.
Tabel]
ie 2b.
Anode
Anode
Anode
nicht
geerdet
geerdet
nicht
geerdet
geerdet
nicht
geerdet
geerdet
3800
5000
1500
1600
1500
1600
3500
4500
1400
1500
1400
1500
8200
3800
1300
1390
1800
1400
3000
8500
1200
1280
1200
1280
2700
3000
1100
1160
1100
1150
2500
2700
1050
1100
1000
1040
2200
2350
1000
1080
900
920
2000
2100
970
990
880
850
1800
2000
1650
1400
1300
1180
950
930
880
850
850
970
940
885
850
830
870
840
1500
1300
1200
1100
890
850
830
790
780
780
1
•
860
780
840 , 770
800
760
770
750
880 , 750
820 760
800 765
750
780
796
0. Berg,
Tabelle 3.
Tabelle 4.
Kathode
nicht
geerdet
geerdet
■
8500
8000
8000
2500
2500
2200
2000
1850
1500
1495
1250
1300
1100
1100
1000
1050
700
1200
1000
950
980
950
850
750
750
700
•
Kathode
nicht
geerdet
geerdet
8500
2800
3200
2600
3000
2400
2800
2300
2400
2100
2300
2000
2000
1850
1800
1700
1550
1500
Die besprochene Erscheinung wird sich vermutlich durch
elektrostatische Beeinflussung der Gasionen und Elektronen
erklären lassen.^) Jedoch liegt die Vermutung nahe^ daß der
Einfluß der Erdleitung auf das Entladungspotential durch
einen Strom zustande kommt, der durch die Erdleitung fließt.
Um diese Vermutung zu prüfen, wurde in die Erdleitung
ein empfindliches Drehspul-Zeigergalvanometer eingeschaltet
Tatsächlich zeigte sich nun zunächst, daß durch die Erdleitung
ein Strom zur Erde floß, und zwar sowohl von der Anode als
auch von der Kathode. Es mußte also in der Röhre, falls
keine Elektrode zur Erde abgeleitet war, positive Elektrizität
im Überschuß vorhanden sein, was sich auch durch Messung
des Potentials beider Elektroden gegen die Erde bestätigen ließ.
Jedoch dürfte es nicht leicht fallen, diesen Erdstrom mit den
Potentialänderungen an der Röhre in Verbindung zu bringen.
Es ergab sich nämlich, daß dieser Strom lediglich infolge einer
Asymmetrie der erregenden Influenzmaschine zustande kam.
Denn statt des von den Elektroden zur Erde fließenden Stromes
1) In Betracht zu zieheo wäre auch die etwa vorhandene Diskon-
tinuität des Stromes.
Elehtrodenpotential von Entladunffsrokren.
797
konnte man durch künstliches ümpolarisieren der Maschine
(der Strom wurde in der Entladungsröhre natürlich wieder
gleichgerichtet) stets einen von der Erde zur Elektrode fließen-
den Strom erhalten.
Im ersten Fall liefert die Influenzmaschine einen Über-
schuß an positiver^ im zweiten einen Überschuß an negativer
Elektrizität.
Tabelle 5.
Anode
Strom zur Erde
von der
nicht
geerdet
geerdet
Anode
Kathode
2500
2600
+ 22
+ 3
1900
2050
+ 18
+ 8,5
1500
1650
+ 16
+ 4,5
1800
1400
+ 14
+ 5
1000
1050
+ 18
+ 5,5
900
900
+ 12
+ 6
800
880
+ 12
+ 6
800
750
+ 11
+ 6
Tabelle 6.
Anode
nicht
geerdet
geerdet
2500
2200
2000
1600
1300
1100
1000
900
860
Strom von
Anode
Kathode
2600
0
nicht gemessen
2800
- 2
>i »
2100
; " ^
- 20
1700
- 4
- 20
1400
- 2
- 14
1120
- 1
- 8
1010
- 1
- 7,5
900
- 2
- 7,5
850
-2
- 7,5
Es scheint nun^ daß die besprochenen Potentialänderungen
von der Richtung des Stromes in der Erdleitung ziemlich
unabhängig sind, so daß der Zusammenhang beider Er-
scheinungen unwahrscheinlich ist Zur Bestätigung mögen
798 0, Berg. Elektrodenpotential von Evtladunggr obren.
die Tabellen 5 bis 8 dienen, in denen der von der abgeleiteten
Elektrode zur Erde fließende Strom in Skalenteilen des G^alvano-
meterausschlages angegeben ist (1 Skalenteil = 0,00000024
Ampere, der ganze Strom der Maschine hatte eine Stärke von
etwa 0,00008 Ampäre). Zwischen den Messungen der Tabellen
5 und 6 wurde die Maschine umpolarisiert
Tabelle 7.
Tabelle 8.
Elekti
nicht
geerdet
rode e
geerdet
Strom von
Elektrode c
znr Erde
2200
2500
+ 4
1700
2000
4- 4
1450
1750
+ 5
1200
1400
+ 5,5
950
1150
+ 7
900
1100
+ 6
800
950
+ 6
750
800
+ 7
Elektrode e
nicht
geerdet
geerdet
1600
2200
- 18
1500
1900
- 18
1300
1600
— 18
1100
1400
- 18
900
1250
- 17
800
1000
- 1
800
900
-17
Strom von
Elektrode e
zur Erde
Tabellen 7 und 8 geben den Einfluß der Erdleitung der
Elektrode c auf das Entladungspotential; wie man sieht, sind
die Änderungen größer als bei Ableitung der Elektroden a
und b\ die Richtung des Erdstromes scheint ohne wesentlichen
Einfluß zu sein.
Parallel mit den Änderungen des Entladungspotentials
gehen gewisse nicht leicht zu beschreibende Lichterscheinungen.
(Eingegangen 1. Oktober 1903.)
799
101. über die Periode und die
Phasendifferenz zwischen Strom nnd Spannung im
singenden Flammenbogen.
Von G. Granqvist in Upsala.
Verbindet man die beiden Elektroden in einem Licht-
bogen, die eine direkt, die andere durch eine Selbstinduktion
hindurch mit den Belägen eines Kondensators, so wird die
Kondensatorleitung und der Lichtbogen, der dabei einen musi-
kalischen Ton von sich gibt, von einem Wechselstrom durch-
flössen, sofern der Länge des Lichtbogens und der Intensität
des direkten Stroms geeignete Werte gegeben werden. Diese
Wechselströme sind zuerst von Lecher ^) bei seinen Unter-
suchungen über den vermuteten diskontinuierlichen Charakter
des elektrischen Lichtbogens nachgewiesen worden, später wur-
den sie aufs neue von Dud de 11*) entdeckt, der das Phänomen
eingehender studiert hat.
Die Wechselzahl dieser Wechselströme oder die Schwin-
gungszahl des Tons, den der Lichtbogen von sich gibt, läßt
sich nach Duddell und Tissot^ aus der Thomsonschen
Formel
_ 1
berechnen.
Spätere Untersuchungen von Wertheim*), Ascoli, Man-
zetti^)und Meisel^ haben indessen ergeben, daß die Thom-
son sehe Formel nicht zur Berechnung der Schwingungszahl
verwendet werden kann und daß diese außer von der Kapazität
1) E. Lecher, Wied. Ann. 38. p. 609. 1888.
2) W. Duddell, Electrician 45. p. 310. 1900.
3) W. Duddell u. C. Tissot, ]&clair. ^iectr. 86. p. 354. 1900.
4) Wertheim Salomonson, Versl. Kon. Akad. Wet Amsterdam,
p. 381. 1902.
5) M. Ascoli u. R. Manzetti, Rendiconti dei Lincei 11. p. 11. 1902.
6) S. Meisel, Pbys. Zeitschr. 4. p. 532. 1908.
800 G. Granqvist.
und Selbstinduktion auch eine Funktion der Länge des Licht-
bogens und der Intensität des direkten Stroms ist.
Eine Erklärung hierfür ist noch nicht gegeben worden.
Wir wollen daher im folgenden die Faktoren zu bestimmen
suchen^ die auf die Wechselzahl Einfluß haben^ und femer die
Beziehung, die zwischen ihnen und der Schwingungszahl besteht
1. Bevor wir zur Behandlung des „musikalischen" Licht-
bogens tibergehen, wollen wir zunächst erörtern, wie die Po-
tentialdifferenz zwischen den Elektroden in einem Lichtbogen
sich mit der Stromstärke ändert.
Eine Vermehrung der Stromstärke hat bekanntlich eine
Verminderung der Potentialdifferenz zwischen den Elektroden
zur Folge. So z. B. kann für einen Lichtbogen zwischen
Homogenkohle die Potentialdifferenz F nach Ayrton^) in der
Form
r =: 38,88 + 2.074 A + ^^^^^ ^^'^^^
angesetzt werden, wo A und / die Bogenlänge und die Strom-
stärke bezeichnen.
Lagern wir nun den periodischen Strom a%ui2nnt, wo
a klein ist, über den konstanten Strom, der einen Lichtbogen
unterhält. Wir erhalten dann eine periodische Änderung der
Potentialdifferenz zwischen den Elektroden, und deren Phase
muß, nach dem oben Angeführten, um einen Winkel n im Ver-
hältnis zum Strom verschoben sein.
Duddell*) hat indessen nachgewiesen, daß, wenn die
Frequenz des periodischen Stroms groß ist, eine Phasen-
verschiebung zwischen Spannung und Strom erhalten wird,
die größer ist als n und die zunimmt, wenn die Frequenz
wächst.
Die Ursache dieser Zunahme der Phasenverschiebung ist
offenbar die, daß bei schnellen Stromschwankungen die Kohlen
nicht mehr den jeweiligen Stromwerten entsprechend brennen
können.
Jede Änderung der Stromintensität bewirkt nämlich eine
1) W. Ayrton, The Electrician 41. p. 720. 1898.
2) W. D. Duddel, Proc. Roy. Soc. 68. p. 517. 1901.
Strom und Spannung im singenden Flammenbogen, 801
Anderang sowohl der Ansatzilächen und des Querschnitts des
Bogens als auch des Temperaturgefälles längs der Elektroden.
In einem früheren Aufsätze^) habe ich nachgewiesen, daß die
Ansatzflächen und also auch der Querschnitt des Bogens unter
anderem auch von diesem Temperaturgefälle abhängig ist
Dieses letztere kann natürlich, besonders bei so schlecht wärme-
leitenden Stoffen wie Kohle, nicht augenblicklich den Wert
annehmen, der bei stationärem Zustand dem momentanen Wert
der Stromintensität entspricht. Infolgedessen muß der ther-
mische Zustand im Bogen und also auch die Ansatzflächen,
der Querschnitt etc. des Bogens eine Phasenverschiebung im
Verhältnis zum Strom erhalten, und diese muß um so größer
werden, je größer die Frequenz des Stroms ist. Da nun
ferner die Potentialdifferenz zwischen den Elektroden sich ändert,
wenn die Dimensionen des Bogens sich ändern, so muß offen-
bar auch sie eine entsprechende Phaseuverschiebung erhalten.
Wenn also über den konstanten Strom, der einen Licht-
bogen unterhält, der variable Strom asm27int sich lagert, so
erhalten w^ eine Variation v der Spannung, die in der Form
V = kasm{2nnt — %fj)
angesetzt werden kann.
Bei Duddells Untersuchungen, die mit sehr geringer
Intensität des Wechselstroms angestellt wurden, stieg yj mit
der Wechselzahl kontinuierlich von n auf 2ä bei Homogen-
kohle. Bei einer Wechselzahl von ungefähr 1950 betrug die
Phasenverschiebung 3 7r/2 und bei 90000 und darüber 2n.
Bei einer Untersuchung, die ich später veröffentlichen
werde, über die Phasenverschiebung zwischen Strom und Po-
tentialdifferenz im Lichtbogen bei geringerer Wechselzahl und
größerer Intensität des Wechselstroms habe ich in Überein-
stimmung hiermit bei Homogenkohle eine Phasenverschiebung
von 210® bei einer Wechselzahl von 60 gefunden.
Mit aller Wahrscheinlichkeit ist indessen die Phasen-
verschiebung nicht nur eine Funktion der Wechselzahl, sondern
auch der Intensität des direkten Stroms und des Wechselstroms.
Was Dochtkohle betrifft, so geben Duddells Messungen
an die Hand, daß die Phasenverschiebung daselbst zwischen
1) G. Granqvist, Nova Acta Eeg. Soc. Ups. Serie III. 1908.
Boltzmann-Festflchrift, ^I
802 G. Granqvist
3;»/ 2 und 2n liegt Schon für 250 Perioden wurde cos V=0,67,
also y^= 312® erhalten; bei 15 000 und darüber cos 1^ = 1,
also W =: 2n. Für eine Wechselzahl von 60 habe ich eine
Phasenverschiebung von 340® erhalten.
Die Größe k in obenstehender Formel wollen wir im
folgenden den Wechselstromwiderstand im Lichtbogen nennen.
Dieser Widerstand, der mit der Bogenlänge wächst, ist ab-
hängig von der Intensität des direkten Stroms, und zwar wird
er geringer, wenn diese letztere zunimmt; er ist außerdem
eine Funktion sowohl der Intensität wie der Frequenz des
Wechselstroms.
Die Energie, die von dem Wechselstrom im Lichtbogen
entwickelt wird, ist dem obigen zufolge
0
sm{2 nnt — W)sm27intdt = — — cost^
Liegt t// im dritten Quadranten, so ist cost// negativ. In
diesem Falle liefert der Lichtbogen dem Wechselstrom eine
gewisse Menge Energie. Liegt i/^ dagegen im vierten Qua-
dranten, so absorbiert der Lichtbogen Energie von dem Wechsel-
strom.
2. Untersuchen wir nun das Verhältnis bei dem musi-
kalischen Lichtbogen. 2 und C mögen die Selbstinduktion und
die Kapazität in der Kondensatorleitung und r den W^iderstand
daselbst bezeichnen. Mit 77 und X wollen wir ferner den
Widerstand und die Selbstinduktion in der Hauptleitung und
mit ß die elektromotorische Kraft daselbst bezeichnen. Be-
zeichnet endlich F den Momentan wert der Potentialdifferenz
zwischen den Elektroden des Lichtbogens und /, i und j die
momentanen Werte der Stromstärken in der Hauptleitung, der
Kondensatorleitung und im Lichtbogen, so ist
^ = 2 +i;
7.^==77/+X-^+r;
^ ='' +y-..-+ ~— .
Nehmen wir nun an, es sei der durch den Lichtbogen
gehende Wechselstrom = a sin 2 ;r ;i ^ und a klein gegen J.
Strom und Spannung im ringenden Flammenbogen. 803
Die infolgedessen entstandene Änderung der Potentialdifferenz
im Bogen ist dann nach dem, was wir oben gezeigt,
V r=s A a sin (2 ;rn ^ — ^^.
Bezeichnen wir nun mit SJ den Momentan wert des
Wechselstroms in der Hauptleitung, so gehen diese Gleichungen
über in
(1) dJ^i+a%\Xi2nnt\
(2) nSJ+L^ + Äa8in(2;rn^- «0 = 0;
(3) ri + ß^J- + ^^-^ = Äasin(2^n^-- y^-
Integriert man die Gleichungen (2) und (3), so erhält
man nach Ausschluß der Glieder
Äe ^ und Be ^ ,
welche nach einiger Zeit verschwinden,
dJ= ^- cos fl sin (2 ;rn ^ — ^P — ii) ;
I = ^-cos0sin(2;rw^- ^P+ 0),
worin
tgß = — ^/- und tg 0 = p^
^ U ^ 2nn Cr r
Nach Einsetzen der Werte flir dJ und i in die Glei-
chung (1) erhalten wir
-^-cosßsin(2(;rn^- W -- fl)
= A^cos *8in(2;rn^- W+ 0) + aQin2nnt,
welche Gleichung aufgelöst übergeht in
(4) i^i^cos(y^ + ß) + yCOsa>cos(«^- 0)+ 1 = 0;
(5) -~ cos ß sin (J// + fi) + J cos a>8in(^P- *) = 0.
Wir haben nun oben gesehen, daß der Winkel V ent-
weder im dritten oder vierten Quadranten liegen muß.
Der in der Kondensatorleitung entstehende Wechselstrom
wird, wie Duddell nachgewiesen hat, dadurch erhalten, daß
51*
804 G. Granqvist
der Lichtbogen selbst einen Umformer bildet, der einen Teil
des Gleichstroms in Wechselstrom umwandelt. Damit dieser
letztere aufrecht erhalten werden könne ^ muß offenbar der
Bogen Energie abgeben, um die durch die Joule sehe Wärme
verlorene Energie in der Kondensatorleitung zu ersetzen. Dies
kann, nachdem, was wir oben gezeigt, nur geschehen, wenn der
Winkel ^ im dritten Quadranten liegt. Dochtkohlen, bei
welchen W im vierten Quadranten liegt, lassen sich daher
nicht anwenden.
Setzen wir daher
so gehen die Gleichungen (4) und (5) über in
(6) — ^— cos(*o + ß) + — ,: — co%[% ^ (!>)= l
,„\ cos iß . fiTp , ^^ , COS 0 ' ,,,. _-^. ^
(7) — ^— sm {W^ + n) + —^ — sm [% - *) = 0.
Der Winkel fl liegt immer im ersten Quadranten, das-
selbe ist, wie wir unten sehen werden, der Fall bei 0. Daraus
folgt, daß sin(^^+ßj positiv ist. Nach Gleichung (7) muß
dann sinCP'Q — 0) negativ sein und damit 0 > ^^Q.
Wir wollen nun im folgenden annehmen, es sei so große
Selbstinduktion in der Hauptleitung eingeführt, daß der Wechsel-
strom daselbst vernachlässigt werden kann. Wir können dann
ß approximativ = 7i/2 und damit cos ß = 0 setzen.
Die Gleichungen (7) und (6) gehen über in
(8) W^ = (D; Äeos (p = r,
welche beiden Gleichungen die Bedingungen angeben, die in
diesem Fall erfüllt sein müssen, damit ein Wechselstrom ent-
stehen und der Lichtbogen so einen Ton von sich geben könne.
Die letzte der Gleichungen (8) hat eine einfache physi-
kalische Bedeutung. Wird 0 = ^^^ eingesetzt und multipliziert
man die Ausdrücke auf beiden Seiten vom Gleichheitszeichen
mit a^/2, so erhält man
- - cos W, = - ,
WO das Unke Glied die Wechselstromenergie bezeichnet, die
vom Bogen abgegeben wird, und das rechte Glied die Joule-
Strom und Spannung im singenden Flammenbogen, 805
8che Wärme in der Kondensatorleitung. Die Gleichungen (8)
besagen also als Bedingung für das Zustandekommen eines
Wechselstroms in der Kondensatorleitung und dem Lichtbogen,
daß die Phasenverschiebung zwischen Potentialdifferenz und
Stromstärke im Lichtbogen so groß sein muß, daß die Energie,
die vom Bogen abgegeben wird, gleich der Joule sehen Wärme
in der Kondensatorleitung ist.
Wir haben oben erwähnt, daß die Gleichungen (8) die
Bedingungen für das Erhalten eines singenden Lichtbogens
enthalten. Wird in diesen Gleichungen der Wert für 0 ein-
gesetzt, so erhalten wir nach einer einfachen Reduktion
W ** = '-'+(-2^-2«»2)
2
(10) tg0 = tg'f^„= ' 2"'*«
2nnCr r
Nur sofern eine Wechselzahl existiert, die so beschaffen
ist, daß sie diesen beiden Gleichungen gentigt, kommt also ein
singender Lichtbogen zustande. In diesem Fall ist der Wechsel-
stromwiderstand im Lichtbogen gleich dem scheinbaren Wider-
stand in der Kondensatorleitung und die Phasenverschiebung
zwischen Spannung und Strom im Lichtbogen um einen
Winkel n größer als die in der Kondensatorleitung.
3. Um auch experimentell die Richtigkeit des obenstehen-
den Satzes zu untersuchen, habe ich einige Bestimmungen
über den singenden Lichtbogen ausgeführt Da der Raum es
mir hier verbietet, näher auf dieselbe einzugehen, will ich des
Beispiels halber nur über einen dieser Versuche berichten.
In die Leitung einer Akkumulatorenbatterie von 100 Volt
wurde eine Bogenlampe mit Handregulierung eingeschaltet
Die Kohle in derselben bestand aus Homogenkohle mit einem
Durchmesser von 10 mm.
In die Leitung war femer eine Drosselspule, Ballast-
widerstand und ein Amp^remeter eingeschaltet Der Wider-
stand in der Leitung mit Ausnahme des Lichtbogens betrug
20 Ohm und die Selbstinduktion der Leitung 18,8. 10® cm.
Parallel mit dem Lichtbogen war ein Glimmerkondensator
eingeschaltet, und hinter diesem eine Selbstinduktion und ein
Dynamometer. Die Kapazität dieser Leitung betrug 1 Mikrof.,
806 G. Gremqvist.
die gesamte Selbstinduktion 3,576. 10' cm und der Widerstand
daselbst 1,25 Ohm.
Bei einer Stromstärke von 2,25 Amp. und einer Bogen*
länge von ungefähr 2 mna gab der Lichtbogen einen Ton, der
zwischen d (2376) und rfw (2475) variierte. Wird die Schwin-
gungszahl nach der Thomsonschen Formel berechnet, so er-
hält man unge&br e (2640).
Wir können nun Q berechnen. Für eine Schwingnngszabl
Ton 2400 erhält man ü = 86° and cosSi = 0,07. Wir werden
__ ^^
nnten sehen, daß <!> ungefähr 83" beträgt Werden nun diese
Werte für Ü und </) in die Gleichung (6) eingesetzt und eheoso
die oben angegebenen Werte für IJ und r, so beträgt, wenn
außerdem W„ approximativ gleich ff* gesetzt wird, das erst«
ü-lied hier nur 3 Proz. der übrigen. Wir können ihn daher
vernachlässigen und nehmen also an, daß der Wechselstrom nur
durch die Kondensatorleitung und den Lichtbogen hindurchgeht.
Wir wollen nun die Gültigkeit der Gleichung (9) unter-
suchen. Bezeichnen wir den induktiven Widerstand in der
Kondensatorleitung mit p, so ist
(i = ^-^^g- -2nnÖ und tg (f = J- ■
Für verschiedene Werte von o sind nun n und */> be-
rechnet und in das obenstehende Diagramm eingeführt, wo o
längs der Abazissenachse und n und 0 längs der Ordinaten-
achse abgetragen aiml.
Strom und Spannung im singenden Flammenbogen, 807
Nach Gleichung (9) ist
e
]/Ä2^
Wir können also q berechnen^ wenn wir k bestimmen können.
Nach der Definition flir k muß dieses gleich dem Ver-
hältnis zwischen der effektiven Spannung des Wechselstroms im
Lichtbogen und der effektiven Stromintensität sein. Die letztere
habe ich mittels des Dynamometers in der Eondensatorleitung
gemessen. Um die effektive Spannung des Wechselstroms zu
erhalten, wurde parallel mit dem Bogen gleichzeitig ein Volt-
meter für Gleichspannung und ein Hitzdrahtvoltmeter ein-
geschaltet. Bezeichnet man den Ausschlag an erstem Instru-
ment mit E^ und an letzterem mit JB^, so ist die effektive
Wechselstromspannung e, wie Peuckert gezeigt hat,
Untenstehende Tabelle enthält die bei drei verschiedenen
Gelegenheiten erhaltenen Werte für diese Spannungen und die
daraus berechneten Werte flir k und (>.
e
Volt
•
Amp.
k
Ohm
Q
Ohm
15,9
1,64
9,7
9,6
18,8
1,64
11,5
11,4
14,4
1,64
8,8
8,7
Werden diese Werte für p in das Diagramm eingesetzt,
so erhält man die aus Gleichung (9) berechneten Schwingungs-
zahlen. Aus dem Diagramm ersehen wir, daß diese Schwingungs-
zahlen zwischen den beobachteten d und dis liegen. Da der
Bogen nicht einen konstanten Ton gibt, ist es unmöglich, die
Schwingungszahl genauer zu bestimmen. Die dieser Schwin-
gungszahl entsprechende Phasenverschiebung liegt zwischen
82 und 84®. Die Phasenverschiebung zwischen Spannung und
Strom im Lichtbogen selbst beträgt also 263 ^
Aus Gleichung (9) ersehen wir, daß einer Änderung des
Wechselstromwiderstandes im Bogen eine Änderung der
Schwingungszahl entspricht. Da die Phasenverschiebung,
wenigstens wenn sie einen größeren Wert hat, nur unbedeutend
mit dem Wechselstromwiderstand variiert, wie das aus dem
Diagramm benorgoht, so ii^t es im allgemeinen miiglich, die
Schwiugungszahl iunerhaU) gewiaser ßrenzen zu variieren. Eine
Vermelirung des WecUselstromwiderstandes . d. h, eine Ver-
mehrung der Bogenlänge, oder eine Verminderung der Strom-
ititen^ität bewirken dann eine Erniedrigung der Schwingung
zahl und umgekehrt. Die Ursache dafttr, daß ein singender
Lichtbogen keinen konstauten Ton von eich gibt, dürfte haupt-
siicbtich eben darin Hegen, daß der Wechselstrom widerstsiul
ständig variiert.
Aus dem hier angeführten Versuche ersehen wir also,
daß die Übereinstimmung zwischen der beybachteten Schwiu-
gungszahl und der aus oben angeführten Formeln berechneten
ziemlich gut ist. Die Gleichungen (9) und (10) geben ans also
die Bedingungen, die erfUllt sein müssen, damit ein ..singender'
Lichtbogen erhalten werden könne, unter der Voraussetzung,
daß der Wechselstrom von kleiner Amplitude ist und nur
durch die Kondensatrtrleitung und den Lichtbogen hindurcli-
geht, und sie geben uns ein Mittel, sowohl die Schwingungä-
ziihl als auch die Phasenverschiebung zwischen Spannung um!
Htrom im Lichtbogen xu berechnen.
Üpsala, Physikalisches Institut.
(EiDgegaogen 1. Oktober 1903).
809
102. Hysteretische Anwendung der Boltzmann-
Maxwellschen Verteilungsfunktion.
Von H. du Boia in Utrecht.
Bezeichnungen.
E, Gyrationsenergie. fj, Feldintensität
iTj, Ky^ iC^, Hauptträgheitsmomente. 9Ji, Polarisationsmoment.
y, Integralordinate. 0« >- 3J{ 5/^o> Argument.
X, Abszisse. m, Orientierungskosinus.
y, Differentialordinate. {, 17, Hilfiskoordinaten.
Eine sehr große Anzahl diskreter, längs einer Hauptachse
äquatoreal polarisierter Kreisel, deren stabile feldfreie Gyrations-
hauptachsen die gleiche Richtung haben mögen, sei dem orien-
tierenden Einfluß eines ebenso gerichteten gleichförmigen
Feldes unterworfen. Seine Intensität variiere im Bereiche ± 00
stetig und genügend langsam; dabei sei vorderhand abgesehen
von einer eventuellen gegenseitigen orientierenden Wirkung
der Kreisel; diese seien alle gleich in bezug auf Trägheit und
Polarisation. Was ihre kinetischen Gyrationsenergien betriflft,
so sollen im folgenden beispielsweise einmal die Konse-
quenzen aus der Annahme hergeleitet werden, daß diese in
der Weise über den Kreiselschwarm verteilt seien, wie es das
Boltzmann-Maxwellsche Gesetz zunächst für translatorische
Geschwindigkeitsquadrate fordern würde.
Kürzlich habe ich nachgewiesen^), daß jeder Einzelkreisel
an und für sich hierbei unter Umständen „Orientierungs-
hysterese" zeigen wird, so daß die Fimktion
m = fonct (o^,)
zum Teil durch eine isokinetische Schleife darzustellen ist,
etwa wie die in Fig. \A gestrichelte. Die dem „Labilitäts-
punkte'' L bez. L' entsprechende Feldintensität beträgt dann
1) U. du Bois, Ann. d. Phys. 13. p. 289. 1904.
810 H. du BoU.
(1) 5i = § I «0 k = § f"°ct {Kx, Kr, K£),
sie ist also für Kreisel mit vorgeschriebenem Trägheitsellipsoid
der Gyrationsenergie direkt, bez. dem Polarisationsmoment
umgekehrt proportional (1. c. § 24).
Die hier in Betracht kommende Verteilungsfunktion wird
bekanntlich dargestellt durch die Gleichung^)
(2) y = -^.—/i;
darin ist x = EqI2 E^, das halbe Verhältnis der tatsächlichen
Gyrationsenergie zu dem am häulBgsten vorkommenden Werte Ew
und ydx der Bruchteil der Gesamtzahl Kreisel, deren Energie
zwischen 2Ej^x und 2Ew{x + dx) liegt. Diese Verteilungs-
funktion wird durch die Kurve 0' M' W dargestellt, welche flir
X = 0,5000 ein Maximum aufweist und später asymptotisch
gegen Null konvergiert.
Eine einfache Überlegung zeigt nun, daß der Orientierungs-
vorgang für den ganzen Kreiselschwarm bei passender Wahl der
Koordinatenmaßstäbe einer Schleife O W V OW V entspricht
Und zwar derart, daß je einer ihrer gekrümmten Äste, z. B.
(7 W V — rechts von der Schleife nochmals mit fünffach
größerem Abscissenmaßstab gezeichnet — identisch ist mit
der aus (2) zu gewinnenden Integralkurve
X
(3) y = \ydx = -^ e ']/xdx.
J V ^J
0 0
Behufs Bestimmung der letzteren setze mau x = ^^\ es wird
(4) '^-yj'^'"^''^-
0
d. h. das Integral der bekannten Funktion
\ n
die vergleichshalber durch die Kurve 0' MN dargestellt ist.
1) Vgl. L. Boltzmann, Gastheorie 1. p. 50; 2. p. 130. Leipzig 1895.
— L. Boltzmann, Berl. Sitzungsber. p. 1395. 1888. — G. Kirchhoff,
Wärmetheorie, p. 170. Leipzig 1894.
Baltimann-Maxwelhche
'Verteilungsfunktion.
811
J
M
\
\
/
\
PQ
\
//
w
\
\
yj
y
\
V
H
\
■'
\
L
1
i
\
1
V
\
^^
/
\
><
\,
^ ^
^.
\
\
-
\
f
f^
-1^
?"
>-^~
-. \
^-^^^
- ->
J"
i
f
-->
-.
<
\'
if
"'r
]
^i
;
c '
i
812 H. du Bois.
Die partielle Integration der Gleichung (4) ergibt
(5, y_i/:-.|-i.-VS.
0
Nnn läßt sich dieses unbestimmte ,,Wahrscbeinlichkeit8integral'
den Enck eschen Tafeln entnehmen. Es ist bekanntlich das be-
stimmte Integral T^ = 1; und f ür ]/jp = 1,0875 = y 1,1 826
wirdi) 7i,i826 = 0,5000.
Dementsprechend zeigt die gestrichelte O' H^' F'-Kmre
Z=funct [x] zuerst konvexe Krümmung, dann einen sehr
„flachen" Wendepunkt W für x = 0,5000, verlauft femer mit
äußerst schwacher konkaver Krümmung, erreicht den Wert
r= 0,5000 für X = 1,1826, und nähert sich schließlich asymp-
totisch dem Werte Z= 1. Ihre GraphodiflFerentiation fährt
selbstverständlich wieder zur Ausgangskurve (/ ÄTN'; falb
anderseits eine vollständige Schleife von ähnlichem Typus, aber
von abweichender Form gegeben wäre, und alle sonstigen
Voraussetzungen zuträfen, so könnte aus ihr durch Grapho-
diflFerentiation die entsprechende Verteilungsfunktion hergeleitet
werden. Diese könnte sich zwar mehr oder weniger von der
speziellen exponential - irrationalen Funktion unterscheideo,
welche das Boltzmann-Maxwellsche Gesetz darstellt; die
Kurve müßte aber demselben generellen Typus angehören.
Handelt es sich nicht um einen vollständigen Kreisprozeß,
wobei das Feld im Bereiche 4: oo variiert, sondern um einen
unvollständigen, sich zwischen den Grenzwerten + %q abspielen-
den, so werden diejenigen Kreisel mit erheblicher Gyrations-
energie, für die ^l > %q ^^ quasi-reversibeler Weise orientierbar
sein, aber für den irreversibelen Kreisprozeß nicht in Betracht
kommen. Letzterer wird daher dargestellt durch eine Schleife
von geringerem Ordinatenbereich, z.B. owv'owvy deren ge-
krümmte Aste übrigens identisch sind mit den betreffenden An-
fangsstrecken der vollständigen Schleifen äste.
Die bei dem isokinetischen Kreisprozeß vom Felde ge-
leistete, der Dissipation unterliegende Arbeit ist proportioDal
dem Schleifeninhalt, d. h. dem Integrale
1) Vgl. 0. E. Meyer, Kin. Gastheorie 2. Aufl. II. Abschn. p. 40.
Breslau 1899.
ßoltzmann'MaxwelUche Verteüungsfunküoru 813
(6) fxdr = xr-^Jrdx
zwischen passenden Grenzen. Seine Berechnung könnte nach
Einsetzen des 7 aus Gleichung (5) durch Reihenentwickelung
oder bequemer mittels Graphointegration erfolgen. Nach
letzterem Verfahren ist das Integral als Funktion von Y auf-
getragen (Fig. 1 B)\ diese transzendente Kurve ähnelt eiuer
Parabel, wenigstens in ihrem mittleren Verlaufe.
Sofern sich überhaupt im Schwärme Kreisel befinden, die
aus irgend einem Grunde nur in quasi -reversibeler .Weise
orientierbar sind, wird sich die betrefifende Kurve der Schleife
durch Ordinatenaddition superponieren. In der üblichen Aus-
drucksweise werden die Schleifen einer Scherung parallel den
Ordinaten von der geraden Asymptote bez. von der Abszissen-
achse aus bis zu jener quasi-reversibelen Kurve zu unterziehen
sein; durch diese Operation können sie sich selbstverständlich
in mannigfacher Weise deformieren.
Etwaige rein translatorische Bewegungen des Massen-
zentrums eines Kreisels spielen bei alledem keine Rolle. Be-
finden sich Kreisel dauernd oder vorübergehend so nahe
beieinander, daß ihre gegenseitige orientierende Wirkung im
Vergleich mit der des Feldes nicht mehr — wie zunächst voraus-
gesetzt wurde — zu vernachlässigen ist, dann wird dies eben-
falls eine Deformation der Schleifen zur Folge haben, die sich
schwerlich berechnen lassen dürfte.
Die bisherigen Ausführungen betreffen ein rein fiktives,
verhältnismäßig einfaches Gebilde; das vorliegende statistisch-
dynamische Problem führt dann zu der mitgeteilten Lösung.
Es fragt sich nun, inwiefern diese Beantwortung einer
künstlich vereinfacht gedachten Fragestellung zum Verständnis
des Mechanismus ferromagnetisch-hysteretischer Vorgänge bei-
zutragen vermag?
An Stelle der älteren Anschauungen hat Hr. Ewing
seine bekannte Theorie gesetzt und durch Versuche an Modellen
erhärtet, wobei die „intermagnekulare" Orientierung die Haupt-
rolle spielt; immerhin erscheint auch hierbei die Annahme
irgendwelcher dissipativer Wirkungen unumgänglich.
814 H, du JBois, Boltzmann-Maxwellsche FerteilungsfunktUm.
Seit der Aufstellung dieser Theorie (1890) haben die Er-
gebnisse der magnetischen Materialprüfung an Vollständigkeit
gewonnen und hegen zuverlässige hysteretische Schleifen für die
allerverschiedensten ferromaguetischen Substanzen vor. Dabei
hat sich ergeben ^ daß auch schwächer permeabele Stofie aus-
gesprochen hysteretische Eigenschaften besitzen und KoerzitiT-
felder aufweisen, die nach hunderten von Gauß zählen. Hierzu
kann schon Wolfram- bez. Molybdänstahl gerechnet werden;
femer gehören hierzu verschiedene Amalgame, Legierungen
und Verbindungen, bei denen die intermagnekulare Orientierung
nur eine geringe sein und in Feldern von der Ordnung 100 Gauß
kaum eine erhebliche Rolle spielen kann. Angesichts der hier
zutage tretenden Schwierigkeit ergibt sich die Notwendigkeit,
nach anderen möghchen Ursachen der hysteretischen Erschei-
nungen Umschau zu halten.
Es fällt nun auf den ersten Blick auf, daß die im Vorigen
diskutierten Kurven denselben generellen Typus aufweisen wie
die magnetischen Schleifen, wenn man letztere einer Rück-
scherung parallel den Ordinaten von der oberen Randkurve
bis zu einer der Abszissenachse parallelen Geraden unterzieht.
Ein quantitativer Vergleich der Einzelheiten würde den Rahmen
dieser Notiz überschreiten und wäre auch vorderhand zwecklos,
da der tatsächliche Magnekularmechanismus viel komplizierter
sein dürfte als der hier angenommene. Eine Deformation der
Kurvenäste infolge gegenseitiger Orientierung wurde ja auch
im Vorigen bereits als wesentliche — wenn auch nicht als
einzig maßgebende — Nebenwirkung betont.
Utrecht, Universität.
(Eingegangen 1. Oktober 1903).
815
103. Vertikalvariometer
für erdmagnetische Messungen im Luftballon.
Von M. Th. Edelmann in München.
Bezüglich der Frage über das Zustandekommen der erd-
magnetischen Erscheinung ist kürzlich wiederholt von H. Ebert
auf die Wichtigkeit erdmagnetischer Messungen im Luftballon
hingewiesen worden. Während man nun im Ebertschen
Ballonvariometer bereits ein für die Bestimmung der Hori-
zontalintensität geeignetes Instniment zur Verfügung hat,
scheint ein Hilfsmittel zur Ausmessung der zugehörigen Ver-
tikalkomponente bis jetzt zu fehlen.
In folgenden Zeilen berichte ich in Kürze über einen dies-
bezüglichen Konstruktionsversuch, der in meiner Werkstätte
zur Ausführung gelangte, wobei die Figur ledighch die wesent-
lichen Bestandteile des „Ballon- Vertikalvariometers" in per-
spektivischer und schematischer Zeichnung zeigt; die Dar-
stellung von Gehäuse, C ard an i scher Aufhängung des Ganzen,
sowie Einrichtungen für Temperaturkompensation, Arretierung,
Lagerung der Axen, Dämpfung, Korrektion der Schwer-
punkte etc., die im HinbUck auf Raum- und Gewichtserspamis,
sowie hauptsächlich wegen des unbedingt nötigen exakten und
konstanten Ganges nicht gerade zu den einfachsten Kon-
struktionsaufgaben zu zählen sind, wurden hier weggelassen.
In den Lagerkörper Z, der nach oben in drei Böcke
endigt, sind die drei Achatplatten ABC eingekittet und nach
dem Einkitten auf gemeinschaftliche Ebene fein auspoliert.
Auf diesen Steinen spielen (vermittelst vollkommen exakt
wirkender Parallelführungen und Arretierungen auflegbar) die
beiden Iridiuraschneiden von zwei Wagbalken D und E.
Der eine Wagbalken hat dieselben Ausmaße, dieselbe Ein-
richtung und Temperaturkompensation, wie dies von Wild für
die Lloyd sehe Wage (seiner bekannten Variationsapparate)
angegeben wurde. Der zweite Wagbalken gleicht in der Form
M. TA. EiMmann. IrrtikaJüariom^ter.
1
.lein eisteb Tnllkommen: bei ihm ist jedoch statt deft ma^f-
tiscben Stahlrohres ein gleich schweres MessiDgrohr eisgelegt:
t!S spielen also elDe magnetische und eine unmagnetische ft'age
DebeneiDaD'ler; letztere hat aJs
Mire za dienen; damit ist die
' KoDstruktionsidee für das In-
strument angegeben.
Auf den Schneiden beider
Wagbalken sitzen dicht neben-
einander zwei Spiegel a und 6:
ihr Gang wird Termittelst Fem-
rofar/' und Kollimator G beot>-
achtet: in Her Brennebene der
Kollimatorlinse liegen die beiden
G-lasstreifen e und d (mikro-
metrisch einstellbar), von deaeit
£■ die eine durchsichtig auf schwar-
zem Grande einen feinen MaS-
Stab, die andere ein ebeu>
solches Fadenkreuz trügt; die
Spiegel a, h reflektieren derart
in dasFernrohr hinein, daß Skala
und Fadenkreuz sich decken.
Das t;,iiize ist in ein tie-
häuse, in das auch ("'ernrohr und
Kollimator eingefügt sind, ein-
geschlossen, und wird vermittelst Schraubzwinge und Car-
daniacher Ringe an den Korb befestigt.
Die Empfindlichkeit des Apparates und die Konstanten
werden auf bekannte Weise vermittelst großer herumgelegter
Stromkreise oder Lamontschen Hilfsmagneten eingestellt und
bestimmt. Vorläutige Prüfungen haben die Brauchbarkeit des
Apparates erwiesen; Messungen im Ballon werden Dach defi-
nitiver Fertigstellung des Instrumentes vorgenommen werden.
München, September 1903.
(EingegBngen 1. Oktober 1903.)
817
104. Sur la loi de distribntion röguliöre de la
composante nord dn magnötisme terrestre, en France,
au 1«' janyier 1896.
Par E. Mathias k Toalouse.
§ 1. Dans cette recherche, j'ai pris comme base de mos
calculs le RSseau Magneüque de la France de M. Moureaux^),
dont toutes les mesores sont ramen^es ä la date id^le du
l^'janvier 1896.
Un travail pr6liminaire, qüi est considörable, s'impose:
c'est celui qui consiste k former les [A long.) et les [A lat)
des 617 localit^s en question.^ Aprfes quoi il faut, pour
chaque Station, faire la difförence entre la composante nord X
indiqu6e par M. Moureaux et la composante nord de l'obser*
vatoire de Toulouse, du meme auteur.
üne difficultö se präsente pour la composante X qui
n'existe pas pour les ^l^ments J9, i/ et /; X est un 6l6ment
calcule, non odserve,
La relation:
(1) X^HcosD
montre que les erreurs de la composante horizontale et de la
d^clinaison se reportent sur X. Dörivons les deux membres
de la formule (1); il vient
(2) dX= cos ß ' dH -H sin D^dD
oii dX est Ferreur de JT correspondant aux erreurs dH et dD
de la composante horizontale et de la döclinaison. Si nous
remarquons que la valeur moyenne de H est 0,2 et que Ton
a sensiblement en France
1) Th. Moureaux, Annales du Bureau Central M^t^orologiqne
pour 1898.
2) £n retranchant de la longitude et de la latitude de la Station en
question la longitude et la latitude de Tobserratoire de Toulouse, les lon-
gitudes ouest ^tant affect^es du eigne + et les longitudes est du eigne — .
BoltzmaDn-Festtchrift. 52
818 £. Mathias.
cos i> = cos 15^ = 1 sin jD = Z> = liAi^ [y = — \ — \ ;
1000 V 200000 j'
si Ton a de plus dB ^ ± »', Terreur rfX, exprim^e en unit^s
d6cimales du cinquieme ordre^ est de la forme:
dX^dH± 1,6/1'.
Les erreurs se retranchent si dB et dD sont de meme
signe; eile s'ajoutent s'ils sont de signes contraires. Dans ce
demier cas, une erreur de 30 uuit^s du cinquieme ordre sor
H et une erreur de 2' sur la d^clinaison donnent une errenr
absolue de 33 unit^s du 5® ordre pour X.
Quoi qu'il en soit, on peut^ comme pour la composante
horizontale^ admettre la possibilit6 d'un 6cart de 40 unit^s du
5® ordre entre les nombres calculös et observ6s.
Comme on le voit^ c'est Terreur relative k la composante
horizontale qui est pröpondörante, ce qui est Evident si Tod
consid^re que dans la formule (1] cos I) est extremement
Yoisin de un,
Les nombres de M. Moureaux relatifs ä Toulouse am
annöes 1884 et 1896 sont respectivement 0,21040 et 0,21110;
conformöment aux rösultats trouvös dans le calcul des autres
^l^ments magn6tiques, j'ai admis pour la valeur de J ä
Toulouse la moyenne 0,21075 des deux nombres pr6c6dents,
ou mieux 21075 qui sera pour nous la composante nord de
Toulouse au P'janvier 1896. En retranchant ce nombre des
composantes nord de M. Moureaux exprimöes en unitös du
5^ ordre dreimal, on aura le J X observe\ le AX calcule sera
donn^ par la loi de distribution reguliere qu'il s'agit de
trouver.
§ 2. J'ai proc6d6 dans cette recherche exactement de 1ä
meme faQon que pour la composante horizontale^), la d^
clinaison, Tinclinaison % la composante verticale^ et la force
1) E. Mathias, Arch. Nderlandaises pour 1900. (Volume jubilaire
du Prof. Lorentz.)
2) E.Mathias, Arch. Nöerlandaises pour 1901. (Volume jubilaire
du Prof. Bosscha.)
3) E.Mathias, Congres de Montaubau. 1902. (Association fran^aise
pour l'avancement des sciences.)
(4)
Magnetisme terrestre en France. 819
totale.^) Des tatonnements r^guliers m'ont permis de passer
de la formule lin6aire
(3) J X (calc.) = - 2 ( J long.) - 7,5 ( J lat),
valable dans une aire assez 6tendue autour de Toulouse, k la
formule plus exacte
f JZ(calc.) = - 2(Jlong.) - 7,5 (J lat) - 0,0008 (J long.)» +
+ 0,0009 ( J long.) ( J lat) + 0,0009 [J lat)«
applicable dans toute la France, la Corse y compris. Tant
que la difförence JX(obs.) — JX(calc.) ne d^passe pas en
valeur absolue 40 unit6s du 5^ ordre, on peut consid^rer la
Station comme r^guliäre au point de vue de la composante
nord; au delä il y a anomalie.
La formule (4) a permis de choisir dans les 617 localit^s
visit^es par M. Moureaux 445 stations r^guliöres; on a pu
alors 6crire 445 ^quations k 6 inconnueis de la forme
J X(obs.) == a: + y ( J long.) + z[{^ lat.) + u{/l long.)* +
+ v(J long.) ( J lat) + w{A lat)*.
Si Ton pose
y = - 2 + y, z = - 7,5 + /, u = - 0,0008 + u\
V = 0,0009 + v, w? = 0,0009 + w\
et si Ton retranche membre k membre (4) de (5), il vient:
z+y ( Jlong.) + / (Jlat) + u (Jlong.)« + »'(Jlong.)( Jlat) +
+ w' [A lat.)* = AX (obs.) - J X (calc.) .
(5) {
(6){
Les 445 öquations du type (6) ä. 6 inconnues x, y\ z\
Uf Vy w, ont Ät6 rösolues par la möthode des moindres carr^s
par le Service des calculateurs de TObservatoire de Toulouse,
sous la haute direction de M. B. Baillaud, directeur de cet
Etablissement A cette occasion je renouvelle k M. Baillaud
Texpression de ma respectueuse gratitude.
Les 6quations (Ö) ont fourni la Solution suivante:
X = 0,88 , y = 0,0973 , z = - 0,0520 , «' = 0,000 278 3 ,
ü' = - 0,0003582 , w = - 0,0000025 .
l) £. Mathias, Congr^ d* Angers. 1903. (Association firan^aise pour
ravancement des sciences.)
62*
820
E, Mathias,
La loi de distribution röguli^re de la composante nord
pour la France entifere, y compris la Corse, est par suite
donn^e par la formale:
|JX= 0,88 - l,9027(Jlg.) - 7,552(Jlt.)- 0,000 5217(Jlg.)»
C^^ 1 + 0,000541 8 (J long.) (/Jlat.) + 0,0008975 (Jlat)*.
L'extreme faiblesse du terme constant de la formule (7]
montre que la composante nord admise pour Tooloase est bien
exacte et que cette Station est parfaitement reguliere pour cet
6l6ment comme pour tous les autres.
§ 3. Le tableau suivant donne la v^rification de la for-
mule (7) pour 30 döpartements entierement regnliers, c^est-ä-dire
qui donnent pour la diflP6rence entre le J -X* observ^ et le AX
calcul^ une valeur absolue qui n'est jamais sup^rieure k 40
unit^s du 5® ordre.
La colonne intitul^e X^^ donne la composante nord de
la Station consid^r^e^ d'apr^s le Reseau Magnetique de la France
de M. Moureaux et pour la date du P*^ j an vier 1896; la
signification des autres colonnes est Evidente.
Stations
A lODg.
1. Ain
Beliey -253',45
Bourg -225,05
Nantua -249,25
2. BasseS'AIpes
Barcelonnette . . . —311,75
Digne -285,65
Forcalquier . . . . —259,35
Sisteron -268,75
3. Hautes- Alpes
Brian^on —310,45
Embrun -301,95
Gap -277,75
4. Alpes Maritimes
CaiTOs —344,45
Grasse -328,85
Nice -350,55
Puget-Thöniers . . -326,35
Viilefranche . . . -351,95
Jlat
X
M
AX
(obs.)
AX
(c&lc.)
4-128',75 0,2057 -505
+ 155,15 0,2032 -755
+ 152,45 0,2038
+ 46,35
+ 76,85
0,2101
+ 56,85 0,2116
- 65
+ 85
+ 56,95 0,2114 + 65
+ 3,35
+ 6,35
+ 20,75
+ 5,15
(obs.)-
(calc)
— 526 I +21
— Tee- +11
-695 —708 +13
0,2126] +185 +-187 - 2
+ 28,85 0,2134 +265 +285 -20
+ 20,95 |0,2137 +295; +299 - 4
+ 35,15 0,2130 +225; +204 I +21
- 47 I -18
+ 93-8
+ 53 +12
+ 9,45 0,2156 +485 +521 -36
0,2161 +535 +544 ; - 9
0,2163 +555 i +554 ! + 1
0,2150 +425 i +406 ' +19
0,2162 1 +545 ( +567 ; -22
Magnetisme terrettre en France.
821
Stations
A long.
Jlat
x^
JZ(ob8.)
AX
(calc.)
(obs).-
(calc)
dkcke
- 188',85
+ 67',25
0,2091
- 165
- 170
+ 5
ibe
LT-Aube . .
j -160,05
+ 295,25
0,1920
-1875
-1885
+ 10
Aabe . . .
-195,45
-175,85
+ 277,85
0,1939
-1685
-1706
+21
Seine . . .
+ 270,25
0,1940
-1675
-1681
+ 6
sur-Seine . .
-121,55
+ 293,25
0,1915
-1925
-1932
+ 7
-8ur- Seine . '
-135,75
+ 293,95
0,1916
-1915
-1914
- 1
ilien. . . .
-157,95
+279,25
0,1928
-1795
-1774
-21
4e '
i
1
)nne . . .
' - 54,25
- 23,85
0,2132
+ 245
+ 284
-39
- 29,35
- 17,85
0,2127
+ 195
+ 192
+ 3
i
• • • • •
' - 45,65
- 33,75
0,2148
+ 355
+ 344
+ 11
le ....
- 93,05
- 25,25
0,2141
+ 385
+ 867
-82
velle . , . i
1 - 94,85
- 35,55
0,2153
+ 455
+ 449
+ 6
rit de Beifort '
'
(1884) • • • 1
1 -324,06
+ 242,05
0,1986
- 1285/
— 1228
-22
;i89i) . . . '
' id.
id.
0,1979
-332,75
+ 234,05
0,1993
-1145
-1183
+ 38
.cßies'du' Rhone
i
-238,75
- 4,85
0,2157
+ 495
+ 463
+ 32
-189,75
+ 3,65
0,2137
+ 295
+ 315
-20
%
-246,35
- 18,75
0,2166
+ 575
+ 583
- 8
% '
-236,15
- 18,35
0,2164
+ 565
+ 562
+ 3
Uvados
+ 109,85
+ 888,75
0,1849
-2585
-2616
+ 31
les ....
+ 115,45
+ 343,05
0,1887
-2705
-2690
-15
1
+ 99,25
+ 316,65
0,1860
-2475
-2475
0
1
+ 73,45
+ 331,15
0,1857
-2505
-2531
+26
rine-du-Faj .
+ 117,05
+ 328,05 0,1851
-2565
-2590
+ 25
{
+ 82,85
+ 344,65 0,1847
-2605
-2641
+ 36
1
1 +140,05
+ 814,55 0,1852
-2555
-2541
-14
larente-Infer.
»US .... '
+ 157,25
+ 134,45 0,1981
-1265
-1300
+ 35
+ 114,45
+ 109,45
0,2007
-1005
-1033
+28
3 ....
+ 153,55
+ 132,95
0,1979
-1285
-1280
- 5
t . . . .
+ 145,55
+ 140,55
0,1976
-1315
-1320
+ 5
eile . . . '
+ 158,25
+ 158,25
0,1964
-1485
-1488
+ 3
822
E, Mathias.
Stations
Royan
S* Jean d'Angely
Saintes ....
12. Cöie d^Or
Beaune ....
Ch&tillon-8ur- Seine
Dijon
Is-sur-Tille . . .
Sauliea ....
Semor
13. Doubs
Baume-les-Dames
Besan^on . .
Montb61iard . .
Morteau . . .
S' Hippolyte .
14. Haute- Oaronne
Luchon . . .
Muret ....
Saint-Gaudens
Toulouse (1884)
Toulouse (1895)
Villefranche-de-Lau
ragais ....
15. Isere
Greuoble ....
S' Marcellin . .
La Tour-du-Pin .
Vienne ....
+ 148',15
+ 117,45
+ 125,05
-203,75
-186,75
-215,45
-219,95
-167,75
-173,25
-294,05
-271,95
-321,25
-309,25
-321,75
+
i
' +
+
52,25
7,95
44,05
0
0
15',05
16. Jura
Dole
Lons-le-Saulnier .
Saint-Claude . .
17. Landes
Dax
Mont-de-Marsau
Morceux . . . .
S* Martin-de-Hinx
256,45
231,65
239,85
204,65
242,15
245,85
264,45
+ 120',55
+ 139,45
+ 127,65
+ 204,65
+ 255,75
+ 223,75
+ 234,55
+ 219,65
+ 232,35
+ 224,25
+ 218,05
+ 234,15
+ 206,95
+ 222,55
- 49,05
- 9,05
- 29,75
0
0
0,1991
0,1983
0,1990
0,1993
0,1952
0,1979
0,1974
0,1973
0,1966
0,1992
0,1995
0,1990
0.2007
0,1998
0,2136
0,2116
0,2121
0,2104
0,2111
- 12',85 0,2122
+ 93,85 0,2082
+ 92,65 0,2078
+ 117,05 0,2060
+ 114,95 0,2054
+ 209,35 0,1992
+ 183,55 0,2016
+ 167,45 0,2030
+ 150,55 + 6,25
+ 117,85 + 16,25
+ 142,95 + 25,25
+ 163,55 ! - 1,75
0,2070
0,2076
0,2061
0,2080
-1165
-1245
-1175
-1145
-1555
-1285
1335
1345
1415
1155
1125
1175
1005
1095
•+
-1181 +0
-125T +ßi
-1185. T»
-1165 fi
-1561 fl|
-1285
-1356 +J
-1331 -tt|
-1413 -
-1168 -l-l
-1157
- 1201 +J
-1020
-iiir
285
+
271
+l(
85
+
54
i
135
+
141
-<
35
+
1
-i
35
+
1
+»
145
+
127
*Ii
255
- 265 -^Ä
295
- 295 «
475
- 461 -H
535
- 501 -»
1155
-1137 .ij
915
- 944 1»
775
- 797 ^i
375
- 345 - J
315
- 352 m
465
- 470 + 1
275
- 311 ^4
\
MagneÜsme terrestre en France.
823
StatioDs
J long.
2llat
/l X (obs.)
AX
(calc.)
(obs.)-
(calc.)
Lotr-et-Cher
(1891) . .
lotte-BeuvroD
>rantin . . .
öme . . .
Loire
brison . .
ienne .
Lot
rs . . . .
IC ....
don . . . .
Lot-et' Oarorme
I (1884) . .
i (1895) . .
lande . . .
aeave-sor-Lot
Lox^e
ejols . . .
le . .
fort . .
• •
Ilaute Marne
jne ....
bonne-les-BaiDS
mont (1884)
mont (1891)
res . . .
i2ier . . .
»y . . .
Mayenne
3au-Goutier
1 (1889) .
snne . . .
Oise
vais . . .
tilly. . .
>i^gne . .
9 • • • •
+ 8',35
- 33,55
- 16,55
+ 23,45
+ 238'
+238
+ 224
+ 250
15,615 i +119
174,95 1 +110
+ 0
- 35
+ 4
+ 51
id.
+ 76
+ 67
,+ 45
-109
-121
-148
- 220'
-258
-220
id.
-231
-210
-208
+ 128
+ 133
+ 123
- 37
- 61
- 81
- 66
95
45
95
55
95
05
75
85
75
05
35
25
35
95
65
45
75
65
95
95
+ 49
+ 59
+ 67
+
+
+
+
+
+
35
id.
55
31
47
55
54
50
+ 275
+ 260
+ 269
id.
+ 254
+ 302
+ 292
65 -253
75 +268
75 +281
+ 348
+ 834
+ 348
+ 335
25
65
45
55
65
95
75
65
55
0,1930
0,1939
0,1943
0,1922
0,2045
0,2055
0,2071
0,2071 j
0,2055
15 0,2070
0,2071
65 0,2055
25 0,2071
15 0,2065
75
15
05
0,2086
0,2086
0,2093
75 9,1944
45 1 0,1959
55 0,1947
0,1947
95 0,1956
75:0,1925
95 0,1927
I
15 1 0,1899
35 0,1883
35 0,1877
45 0,1859
45 0,1875
95 0,1869
75 0,1875
1775
1685
1645
1855
625
525
365
865
525
375
365
525
865
425
215
215
145
1635
1485
1605
1605
1515
1825
1805
2085
2245
2305
2485
2325
2885
2825
1-
1762
1692
1620
1877
616
520
375
882
516
870j— 358
- 549
- 863
- 440
)
-1607
-18
+ 7
-25
+ 22
- 9
- 5
+ 10
+ 17
- 9
-12
+24
- 2
+ 15
- 218 + 3
- 186 -29
- 109' -36
-1653 +18
-1485 0
+ 2
-1485: -30
-1860| +85
-1794 -11
-2090 + 5
-2240 -40
-2277
-28
l_(
2458
-27
2819
- 6
2889
+ 4
2820
- 5
80. Paa-^Oalaia
Anu
Bonlogna-nr-Uer
CdUb
Bt^M ....
0^ Oiia-Nu . .
HoBteeuitwr-Utt
Saint Omar . . .
Saint Pol . . .
0«nt .......
PefpIgBan (18S6) . .
Po^lgnan (1887) . .
Parpigiian (189K] . .
PndM (189li) - - ■
>8. 8adm6-at-Loin
Cbtlon-exuSaäne . .
ChuoUefl
LiOiiluuis ....
H&con
Toumiu
39. Sor/A« . . .
La nöchB ....
Hamen
Le Hana (1885) . .
Sabl6
8' Calais
SO. Viemu
ChfttellerauJt . . .
I.oiidun . . .
Montmorilloii . . .
Poitiers (1884) . . .
Poidsra (189S). . .
IVfib
S,SS
71,05
- 8,16
' M,8a
11,8a
' T,U
IS, 5»
48,55
52,1
-170,05
-208,75
-169,85
-225,45
-201,95
-206,65
■ 92,85
- 66,05
+ 76,55
+ 108,75
+ 43,55
•I- 85, S5
I •(■ 68,55
4-S99',65
+407, S5
+ 414,85
+486,05
+ 440,45
+ 414,45
+485,05
+411,85
+487,95
+405,85
■ 70,85
■ 87,05
- H,65
+ 200,85
+ 190,65
+ 169,25
+ 181,05
+ 162,65
+ 177,15
0,1886
0,1818
0,1SS4
0,1808
0,1799
0,1808
0,1797
0,1818
0,1808
0,1884
Q.817B
0,8174
0,8165
0,8165
0,8164
0,8164
-911B
-8966
-8106
-S»46
äX
(«aI«J
-8141
-88U
-886:
-Mm
— 8111
-88M
— «Ol
+ 116
+ ««6
+ 676)
+ 676[+61S
+ 665)
+ 665
0,1987 -1805
0,2001-1065
0,8011 !- 965
0,2012,- 956
0,2023.- 645
0,3011 - 865
+ 244,45 0,1912 -1955
+ 264,15 0,1865 -2885
+262,45 0,1899 -2085
+ 254,05 0,1902-2055
+ 258,86 0,19091-1985
+ 192,45 10.1953-
+ 204,45 0.1943|
+ 168,25 0,1918'
+ m,S5;0,1960
id. i 0,1964;
-1545
- 1645
-1845
-14751
Magnetisme terrestre en France. 825
Outre cette premi&re v^rification tr&s satisfiaisante de la
formale (7), on trouve encore 34 d^partements presque reffu-
Hers, c'est-ä-dire ne pr6sentaiit qu'une anomalie sur une
moyenne de 5 ä 6 stations par d^partement. On consid^re
comme anomales les stations donnant pour la diff6rence A X
(obs.— calc] une valeur absolue sup^rieure ä 40 unit^s du
5* ordre.
Comme les autres ^l^ments magn^tiques, la composante
nord suit une loi de distribution r6guli^re donn6e pour la
France par la Ibrmule (7).
II n'est que juste de reconnaltre que le professeur Liznar
a le premier fait usage de formules Unfaires du type (3) pour
essayer de repr^senter la topographie magnötique de TAutriche-
Hongrie; mais 11 n'a pu atteindre k la pr6cision que ce me-
moire montre une fois de plus parce qu'il ne distinguait
pas, comme je le fais express6ment, les anomalies et les
stations r^guli^res.
(Eingegangen 1. Oktober 1903.)
826
105. Über Verbindungsspektren.
Von Eühard Wiedemann in Erlangen.
Die Spektren der Elemente sind in den letzten Jahren
auf das eingehendste untersucht worden, während diejenigen
der Verbindungen nur wenig behandelt wurden. Im fo^^end^i
möchte ich über zwei im Erlanger physikalischen Institute
angestellte Untersuchungen über diesen Gegenstand kurz be-
richten. Die eine rührt von Hrn. Prof. Dr. G. C. Schmidt
und mir ^) selbst her und ist bisher nur an schwer zugängUcher
Stelle veröflFentlicht, die andere ist im vorigen Sommer von
Hjrn. F. Kapfer aus Bamberg ausgeführt worden; ihre Be-
sultate sollen später ausfuhrlich mitgeteilt werden.
Gelegenthch der Untersuchung der Elektrolumineszeni^
von organischen Verbindungen haben Hr. Prof. Schmidt und
ich selbst auch diejenige der anorganischen verfolgt, und dabei
in vielen Fällen wohl definierte Spektren erhalten. Bei einer
Reihe von Substanzen trat eine eigentümUche Art von Spektren
auf, die schon früher gesehen, aber nicht besonders be-
achtet worden ist Sie bestehen aus einem helleren konti-
nuierlichen Band, über das sich einzelne, relativ dunklere
Streifen überlagern, bez. aus dem sich einzelne hellere Streifen
abheben. Die dunklen wie die hellen Streifen sind breit, nicht
scharf begrenzt. Die Breite und Zahl ist bei verschiedenen
Substanzen verschieden. Sie «erinnern an die Interferenzstreifen
bei Kristallplatten in teilweise polarisiertem Licht bei spek-
traler Zerlegung. Man kann sie gestreifte Banden nennen, sie
weichen wesentlich von den kanellierten Banden ab. Ihr be-
sonderer Bau deutet natürlich auf besondere Bewegungen der
Elektronen in den Molekülen hin. Von bekannteren Spektren
gehört hierher das Verbindungsspektrum des Quecksilber-
1) E. Wiedemann u. Gr. C. Schmidt, Sitzungsber. der phys,
med. Soc. zu Erlangen. 12. XI. 1895.
2) E. Wiedemann II. G. C. Schmidt, Wied. Ann. 66. p. 88. 1895.
über Verbindungsspektren. 827
Chlorids und -bromids. Ganz analog gebaut ist dasjenige des
QuecksilberJodidS; das von Jones ^] eingehend untersucht wurde.
Vorläufig wurden von uns untersucht:
Chlorkadmium : Kontinuierliches Spektrum von 630 bis
in das Blau hinein^ zeigt keine Maxima und Minima.
Bromkadmium: Kontinuierliches Spektrum mit viel Grün
und Blau imd wenig Rot.
Jodkadmium^ hellweiß mit einem Strich ins Blaue: Kon-
tinuierliches Spektrum im Rot, Gelb — Grün, intensiv bis 510,
schwach bis 470 jitju.
Im Rot tritt aber bei 632 — 620 ein dunkler Streifen auf,
im Gelb ist ein schwaches Minimum im kontinuierlichen Spek-
trum. Neben den Banden sah man bei dem Kadmiumjodid
einzelne Kadmiumlinien.
Chlorblei: Leuchtet hell grünblau, zeigt von 575 — 480 ein
Streifenspektrum mit einem Helligkeitsimaximum bei 620.
Jodblei: Kontinuierliches Spektrum intensiv von 575 bis
480, dann schwach bis 455, kein Streifenspektrum.
Bei Chlorblei tritt besonders beim Einschalten von Funken-
strecken, bei Jodblei stets sehr hell eine Linie bei 438 aut
Zinkchlorid leuchtet hellweiß: Kontinuierliches Spektrum,
wenig Rot und Gelb, sehr hell im Grün, ziemlich hell im Blau.
Bei Einschaltung von Funkenstrecken treten die zuerst nur
schwachen Zinklinien intensiv hervor.
Ich wende mich jetzt zu der zweiten Untersuchung. Der
Grund dafür, daß unsere Kenntnis der Verbindungsspektren
noch so wenig entwickelt ist, dürfte neben sonstigen experi-
mentellen Schwierigkeiten vor allem in der an sich schon ge-
ringen Lichtstärke der auftretenden Banden liegen, die mit
zunehmender Dispersion, da wir es nicht stets mit scharf be-
grenzten Linien zu tun haben, entsprechend weiter abnimmt
Eine gelegentliche Beobachtung über das Spektrum der
Effektbogenlampen ergab, daß wir hier ein charakteristisches
Verbindungsspektrum vor uns haben. Ich habe Hm. Kapfer
veranlaßt, daran anknüpfend weitere Untersuchungen auszuführen.
Die Effektkohlen wurden im Laboratorium selbst her-
1) A. C. Jones, Wied. Ann. 62. p. SO. 1897. Dort ist auch die
von uns benatzte Versuchsanordnang beschrieben.
828 E. IfUdemann.
gestellt Eine gewöhnlicbe Dochtkohle wurde ausgebohrt and
in den Hohlraum ein Gemisch von dem zu antersucIieDdeii
Salz und Eohlenpulver hiueiDgestopft FüHuDgen ohne Zusatz
von Kohlenpalver geben unregelmäßig brennende Flammeo-
bogen. Uutereacht wurden die Haloidverbinduugen des Calciom,
Strontium und Barium, sowie deren Oxyde. Im ersten Falle
[l!l
miiM
nnmn
II IUI II II II
Fig. 1.
wurde dem Gemische von Kohle und Salz vielfach noch das ent-
sprechende Halogeusali des Ammouium zugesetzt, um den Disao-
ziationsgrad der Metallverbindung möglichst herunterzudriickeD.
Bei den FluorverbiodunKen ist dies freilich nicht unbedingt uötig.
Die Spektren wurden bei kleinerer und größerer Dis-
peraiou (Prismen und Gitter) untersucht und zwar entweder
direkt oder mittels photographischer Aufnahmen.
über Verbindungssptktren. 829
BMultAte:
1 . Am leichtesten zu erhalten sind die Spektren der
Fluoride. Ein ZuBatz des entsprechenden Ammoninmsalzes
bewirkt für sehr lange Zeit eiu konstantes Spektrum. Ähn-
liches Verhalten zeigen die Chloride. Sehr große Schwierig-
keiten bereiten aber die Jodide und Bromide von Ca und Sr.
JBIILJl.
lilH II
IIIIMII ■
1
Fig. B.
Hier macht sich schon nach einigen MinutAo eine teilweise
Darfibcrlagening des Oxydspektrums bemerkbar, so daß die
Untersuchungen nur mit frisch gestopften Kohlen auazu-
itlhren sind.
Ba-Tj und BaBr, sind viel stabiler als CaJ,, CaBr, and
SrJ„ SrBr,.
2. Eine nach den Beobachtungen bei mäßiger Dispersion
880 £. tViedemann.
hergeBtellte ZeichuuDg der Verbindungsspektra geben die Figuren
1 — 3. Den SkalenteileD entsprecheD folgende Wellenlängen:
2 a> 8920 5 - D-Linie 8 — 5260
3 = 6520 6 = 5642 9 — 5100
4 => 6194 T = 5444 10 « 4992
■nn
imniE
ICDII
■Em
Fig. n.
3. Im Flamiiienbof^en ^eigtii ilio siimtlichen in den i''igg. 1,
2 n. S aufgefülirtoii Verbindungen neben den stets anftretendeu
MetalUiiiien besondere Bandengnippen, die der Verbindung zu-
zuschreiben sind, denn es /eigen sowohl die Spektren derH^oid-
verbindungen ilessetben Metalls als auch dieselben Haloide ver-
schiedener Metalle vollkommen verachiedeneu Bau der Banden.
4. Wenijrstens in den bis jetzt untersuchten Verbindungen
scheint die Schürle der Banden sowohl als auch ihre Lichtstärke
über Verbindungsspektren, 831
mit der chemischen Stabilität zu wachsen. Typische Beispiele
hierfür liefern die sehr lichtstarken Spektra der Fluoride und
Chloride der drei Metalle.
Die Spektren der Oxyde zeigen im Gegensatz hierzu mehr
oder weniger helle, gleichmäßige Streifen.
Die Spektren der Bromide und Jodide zeigen ähnlichen
Bau. Abweichend ist das Verhalten von BaJ^ imd BaBr^, die
helle, scharfe Banden zeigen.
5. Die Auflösbarkeit der Banden in Linien scheint eben-
falls durch das Haloid mitbestimmt zu werden. Die Banden
der Fluoride von Ba, Ca und Sr zeigten sich im Spektrum
zweiter und dritter Ordnung deutlich aus Linien zusammengesetzt;
bei den übrigen Haloiden konnte mit der bis jetzt angewendeten
auflösenden Kraft ein ähnliches Verhalten nicht konstatiert
werden. Die Oxydbanden scheinen sich in einzelne kleinere
Streifen auflösen zu lassen. Die breite grüne Bande im Spek-
trum CaO (zwischen den Wellenlängen 5568 und 5469) erwies
sich aus Doppellinien und Triplets zusammengesetzt.
6. Aus den Untersuchungen der photographisch auf-
genommenen Spektren der Fluoride der drei Metalle ergab
sich, daß die Art der Zusammensetzung der Banden aus ein-
fachen Linien oder Doppellinien bez, 7}riplets nicht an ein be-
stimmtes Halogen gebunden ist So z. B. bestehen sämtliche
Banden im Spektrum von BaFl^ aus einzelnen scharfen Linien ;
im Spektrum von CaFlg besteht die helle abschattierte grüne
Bande (zwischen den Wellenlängen 5468 und 5294] aus lauter
Doppellinien, alle anderen Banden aus einfachen Linien.
7. Von A. Mitscherlich sind bestimmte Regeln für die
Verschiebung der Banden beim Übergang vom Chlorid zum
Bromid und Jodid desselben Metalls und beim Übergang von
der Halogenverbindung des Ca zur entsprechenden des Ba und
Sr aufgestellt; wegen der von uns angewendeten größeren Dis-
persion und der durch die Temperatur des Bogens bedingten
deutlicheren Sichtbarkeit dürfte sich ein Vergleich erst anstellen
lassen, nachdem die Zusammensetzung der einzelnen Banden
aus Linien genauer festgelegt ist, was in einer demnächst
vorzunehmenden Untersuchung geschehen solL
Erlangen, Physik. Institut, September 1903.
(EingegangeD 1. Oktober 1908.)
832
106. Einige Bemerkungen Aber die Beziehung zwischen
kfinstlicher Doppelbrechung und Elastizität
Von Walter König in Greifswald.
1. Ich habe in Drudes Annalen^] die verschiedenen und
zum Teil verwickelten Formen beschrieben, in denen infolge des
Zusammenwirkens von Zug- oder Druckspannungen und scheren-
den Kräften die künstliche Doppelbrechung in gebogenen Glas-
platten auftritt. Um die Beziehung zwischen der durch Zug-
und der durch Schubspannung hervorgerufenen Doppelbrechung
an einem einfacheren Falle zu prüfen, hatte ich schon früher
eine Beihe von Versuchen an Gelatinelösungen angestellt, über
die ich im folgenden berichten möchte.
Gelatinelösungen sind wegen ihrer geringen Starrheit tu
derartigen Versuchen sehr geeignet Man kann nicht bloß
Dehnungen, sondern auch einfache Schiebungen an Blöcken
aus erstarrter Gelatinelösung in bequem meßbarer Weise her-
vorbringen und die optische Wirkung dieser Deformationen
untersuchen. Um bei der Anwendung dieser Gelatinepräparate
den störenden Einfluß der Verdunstung des Lösungswassera
und des allmählichen Eintrocknens des Präparates zu ver-
meiden, habe ich die Gelatine nicht einfach in Wasser auf-
gelöst, sondern in wässeriger Glycerinlösung von solcher
Konzentration, daß die Dampfspannung dieser Lösung etwa
der mittleren absoluten Feuchtigkeit des Beobachtungsraumes
entsprach. Derartige Gelatinepräparate haben außerdem den
Vorteil einer wesentlich größeren Festigkeit. Um femer bei
der optischen Untersuchung den Einfluß der natürlichen
Drehung der Gelatine zu vermeiden, wurde der Lösung der
linksdrehenden Gelatine so viel rechtsdrehender Rohrzucker zu-
gesetzt, daß sich die beiden Drehungen gerade aufhoben, eine
Wirkung, die allerdings nur für eine bestimmte Temperatur
zu erreichen war, da die Temperaturkoeffizienten der beiden
Drehungen sehr verschieden sind. Aus einer in der Wärme
1) W. König, Ann. d. Phys. 11. p. 842—866. 1903.
Doppelbrechung und Elastizität 833
hergestellten Gelatinelösung dieser Znsammensetzung wurden
gleiclizeitig zwei flache Klötze gegossen, in Kästen, die, um
allseitig glatte Flächen zu haben, aus Glasplatten zusammen-
gekittet waren.
2. Der eine Klotz, von länglich rechteckiger Gestalt, war
mit seinen kurzen Schmalseiten direkt an Holzklötze von
gleicher Dicke und Breite angeschmolzen. & wurde nach dem
Erstarren allseitig von den Glasplatten losgelöst und mit Hilfe
des einen Holzklotzes vertikal nach unten hängend befestigt. Der
untere Holzklotz wurde darauf mit einem Halter fest verbunden,
der an einer vertikalen Führung verschiebbar war. Mit seiner
Hilfe konnte der Gelatineklotz zusammengedrückt oder gedehnt
und durch Festklemmen des Halters im deformierten Zustande
festgehalten werden. An diesem Klotze wurde die durch Deh-
nimg hervorgerufene Doppelbrechung untersucht und mit der
Größe der Dehnung verglichen. Als Ausgangspunkt für diese
Messungen sollte natürlich derjenige Zustand genommen wer-
den, in dem die Gelatine keinerlei Spannung und entsprechend
keinerlei Doppelbrechung besaß. Die Beobachtung ergab aber,
daß dieser Zustand nicht in dem ganzen Klotz, sondern nur
in einer horizontalen Schicht zu erreichen war. über dieser
Schicht war die Gelatine infolge ihres Eigengewichtes in ge-
dehntem, darunter in zusammengedrücktem Zustande. Es wur-
den nun in der Mitte der dem Beobachter zugewandten breiten
Fläche des Gelatineklotzes zwei feine Marken (kurze Stück-
chen eines sehr dünnen Drahtes) im Abstand weniger Milli-
meter übereinander auf der Oberfläche der Gelatine angebracht
Die Länge des Klotzes wurde bei Beobachtung mit weißem
Licht zvdschen gekreuzten Nicols so reguliert, daß der neutrale
schwarze Streifen genau zwischen jenen Marken lag, und als-
dann der Abstand der Marken mit einem horizontalen Mikro-
skop mit Okularskala gemessen. Die weiteren Beobachtungen
wurden bei Na-Licht angestellt Entweder bei gekreuzten oder
bei parallelen Nicols wurde der Klotz so lange gedehnt, bis
abermals ein dunkler Streifen zwischen den Marken lag, und
jedesmal wurde der zugehörige Markenabstand gemessen. Be-
deuten Lq und L die Abstände im neutralen und im gedehnten
Zustande, so ist l = L ^ ^ol^o ^^® relative Dehnung, welche
einen Gangunterschied von einer halben oder einer ganzen
Boltsmann-FeBtschrifU 53
834 /f". König,
Wellenlänge hervorbringt, je nachdem die Beobachtung mit
parallelen oder gekreuzten Nicols gemacht war.
8. Der andere Klotz wurde nur an den vier Schmalseiten
von den Glasplatten befreit. An den breiten Flächen wurden
die Glasplatten als Angriffsflächen für die scherenden Kräfte
belassen. Der Klotz wurde horizontal gelagert; die untere
Glasplatte, auf einer vollkommen festen Unterlage festgekittet,
die obere an einer Schlitten Vorrichtung befestigt, die gestattete,
sie mittels einer Mikrometerschraube parallel zur unteren Platte
und zu den längeren Schmalseiten des Klotzes zu verschieben.
Diese Verschiebung rief, wenigstens in der Mitte des Klotzes,
die Erscheinungen einer reinen einfachen Scherung hervor und
dementsprechend eine Doppelbrechung, deren Achsen unter 45^
zur Schiebungsrichtung, bez. zu den Grundflächen des Klotzes
geneigt waren. Um die Größe der Schiebung zu messen,
wurde entweder die Verschiebung einer mit der oberen beweg-
lichen Platte fest verbundenen Marke auf einer mit der unteren
ruhenden Platte fest verbundenen Skala abgelesen, oder es
wurden auch hier auf der dem Beobachter zugewandten Schmal-
seite des Klotzes zwei feine Marken in geringem Abstände
übereinander angebracht und ihr Abstand sowie ihre Ver-
schiebung gegeneinander mit einem horizontalen Mikroskope
gemessen; ist A die Höhe des Klotzes bez. der Abstand der
Marken, S die gemessene Verschiebung, gerechnet von der neu-
tralen Lage aus, so ist S/A = s die Größe der Schiebung.
Besondere Stellschrauben gestatteten die Aufstellung und Be-
festigung des Klotzes so zu regulieren, daß er sich ursprüng-
lich in völlig spannungsfreiem Zustande befand. Die Größe
der Schiebung wurde wieder so gewählt, daß der Gangunter-
schied der Doppelbrechung gerade eine halbe oder eine ganze
Wellenlänge betrug.
4. Ich leite zunächst die Formeln für die beiden Arten
der Doppelbrechung ab, indem ich von den Neumann sehen
Formeln ausgehe ^)
f^y-^v + pa + gß+py,
v^ = v-i-pu-^pß-{-qy,
1) Vgl. W. König, Ann. d. Phys. 4. p. 33. 1901.
Doppelbrechung und Elastizität. 835
Die ^- Achse liege in der Richtung des durchfallenden
Lichtes.
Im Falle der Dehnung sei die X-Achse die Dehnungs-
achse. Es sei a = /. Dann ist ß :== y = — jti /, wenn ju das
Verhältnis der Querkontraktion zur Längsdilatation bedeutet,
also
Ist D^ die Dicke der Platte im neutralen Zustande, so
ist sie bei der Dehnung / BJ^ = D^{1 — fil). Endlich ist die
Gangdifferenz A^, wenn T die Schwingungsdauer des Lichtes,
Vq die Oesch windigkeit, Xq die Wellenlänge im leeren Raum
und N den Brechungsexponenten der Gelatine bedeuten:
Im Falle der Schiebung werde entsprechend die Richtung
der größten Dehnung als X-Achse, die der größten Zusammen-
drückung als Z- Achse genommen. Dann ist «= — ^=sj.«
und ^^ = 0. Folglich
^y - ^x = 2(7? - j)a = (;? - j)5
und wenn D^ die Dicke der Platte für diesen Fall bedeutet,
und A^ die Gangdifferenz, so ist
Bezeichne ich wie früher^) das Verhältnis der durch
eine Dehnung hervorgebrachten Differenz der Brechungs-
exponenten zur relativen Dehnung als spezifische Doppel-
brechung {G), so ergibt sich diese Größe aus den Dehnungs-
versuchen ohne weiteres:
Die Schiebungsversuche dagegen ergeben Jals Verhältnis
der Differenz der Brechungsexponenten zur Größe der Schie-
bung eine Zahl 6q, welche sich von der Größe 6 um den
Faktor (1 + /m) unterscheidet:
1) 1. c. p. 19.
58*
^ = ^-^^p-9)i' + '*)'
836 r. König,
5. Ist IM bekannt, so läßt sich die Bichtigkeit dieser Be-
ziehungen an den Beobachtungen prüfen. Für erstarrte Gelatine-
lösungen kann man nach den übereinstimmenden Srgebnissen
verschiedener Forscher ^) ju = 0,5 setzen. Dann muß also
G = ^Oq sein. Ich habe in der oben beschriebenen Weise
an vier Paaren von Gelatinepräparaten verschiedener Kon-
zentration die Größe Gq und G gemessen und folgende Werte
erhalten:
Go = 0,000 149 0 = 0,000 245 | Öo = 0,000 224 Diff.: + 21
0,000 157 0,000 229 0,000 235 - 6
0,000 104 0,000 143 0,000 156 - 18
0,000 147 0,000 185 0,000 220 - 85
Abgesehen von der letzten Messungsreihe, die eine größere
Abweichung aufweist, ist die Übereinstimmung der Zahlen eine
befriedigende und kann wohl als Beweis f&r die Gültigkeit
der abgeleiteten Beziehungen gelten, zumal die Differenzen teils
positiv, teils negativ sind. Die Unsicherheit der Messungen
liegt vor allem in dem Verhalten der Gelatine, die einerseits
nach dem Gießen ihre Eigenschaften eine Zeitlang ändert,
andrerseits während der Beobachtungen dem Einfluß des
Feuchtigkeitsgehaltes der umgebenden Luft ausgesetzt ist
6. Umgekehrt, gibt man die Übereinstimmung der Beob-
achtungen zu, so folgt daraus die Richtigkeit des angenommenen
Wertes von /x. So würde im Mittel aus den drei ersten Beob-
achtungsreihen für fjL der Wert 0,493 folgen. Wäre es also
möglich, die beiden Werte G^^ und G für eine Substanz mit
größerer Genauigkeit zu ermitteln, so wäre damit eine neue
Methode zur Bestimmung der Elastizitätszahl jj. gegeben.
Allerdings ist die Kenntnis von // bereits erforderlich, um die
Größe G zu ermitteln, da die Dicke der durchstrahlten Schicht
wegen der Querkontraktion mit dem Faktor [l — fi /) zu be-
richtigen ist. Doch kommt fi hier nur im KorrektionsgUed
vor, und es würde genügen einen angenäherten Wert dafür
zu setzen.
7. Die durch Scherung hervorgerufene Doppelbrechung
wird in origineller Weise in der Gelatine selber sichtbar in-
1) E. Wiedemann, Verhandl. d. phys. Gesellsch. z. Berlin p. 45.
1884; R. Maurer, Wied. Ann. 28. p. 628. 1886.
Boppelbrechung und Elastizität 837
folge der Eigentümlichkeit der Gelatine, wie ein trübes Mittel
das Licht zu zerstreuen und zu polarisieren. Man läßt zu
diesem Zwecke das starke Strahlenbündel einer elektrischen
Lampe nach dem Durchgange durch ein Nicoisches Prisma
parallel zu den breiten Grundflächen durch den Gelatineklotz
hindurchgehen und betrachtet die Gelatine in der zum ein-
fallenden Lichtstrahl senkrechten Richtung durch eine der
auf den Grundflächen haftenden Glasplatten. Schwingt das
einfallende Licht in der durch den einfallenden Strahl und die
Beobachtungsrichtung gegebene Ebene, so erscheint die Gelatine
im undeformierten Zustande dunkel. Verschiebt man nunmehr
die Grundflächen gegeneinander und macht die Gelatine da-
durch doppelbrechend, so erhellt sich die Gelatine und zeigt
die Interferenzfarben der Doppelbrechung in Form von Streifen,
die der vorderen Grenzfläche, durch die das Licht eintritt,
parallel laufen und ihr um so näher rücken, je größer die
Schiebung ist. Die polarisierende Wirkung der Difi'usion des
Lichtes in der Gelatine ersetzt den Analysator in derselben
Weise, wie bei den schönen Versuchen von Lallemand ^), die
kürzlich von tJmow*) wiederholt worden sind, und bei der
vor kurzem von Schmauss*) angegebenen Versuchsanordnung.
8. Die elastischen Deformationen isotroper Körper lassen
sich bekanntlich auf zwei Grundformen, auf räumliche Dila-
tationen und auf Schiebungen zurückführen und dementsprechend
durch die beiden Konstanten k und n, den Kompressionsmodul
und den Starrheitsmodul darstellen. Will man den Einfluß elasti-
scher Deformationen auf das optische Verhalten der Körper
in möglichst einfacher und unmittelbarer Weise charakterisieren,
so empfiehlt es sich, auch dafür die beiden Konstanten so zu
wählen, daß die eine das Verhältnis der durch eine räumliche
Dilatation hervorgerufenen Änderung des Brechungsexponenten
zar Größe der räumlichen Dilatation, die andere das Ver-
hältnis der durch eine Schiebung hervorgerufenen Differenz
der Brechungsexponenten zur Größe der Schiebung darstellt
Die erste Konstante möge mit K^ bezeichnet werden , die
zweite ist die oben bereits eingeführte Konstante G^, die sich
1) C. Lallemand, Compt. rend. 69. p. 189—193. 1869.
2) N. ümow, Ann. d. Phys. 2. p. 75. 1900.
3) A. SchmansB, Ann. d. Phys. 10« p. 658. 1903.
888 M^. König. Doppelbrechung und Elastizität
aus der durch die gewöhnlichen Dehnungsversuche zu ermitteln-
den Größe der spezifischen Doppelbrechung O durch Diyision
mit (1 + ju) berechnen läßt. Diese Konstanten würden offen-
bar den einfachsten Ausdruck des Tatsächlichen darstellen.
Die Größen p und q des Neu mann sehen Ansatzes würden
sich aus ihnen nach den Formeln
K,= -\{2p + q)N und G,^^[p-g)
berechnen lassen. La jüngster Zeit hat W. Voigt ^) eine Theorie
der Erscheinungen auf Grund der spezielleren Vorstellungen
der Elektronentheorie zu entwickeln versucht. Die von ihm
eingeführten Eonstanten P und F würden zu den Größen K^
und Gq in den folgenden Beziehungen stehen:
Z„ = -^'-^V/^?^ und G, = "^-P ■
Greifswald, September 1903.
1) W. Voigt, Ann. d. Phjs. 6. p. 467. 1901.
(Eingegangen 1. Oktober 1903.)
839
107. Über die minimale Schichtdicke des katalytisch
wirkenden öuecksilbere.
Von Q. Bredig: und J. Weinmayr in Heidelberg.
Seit Thönard und Schoenbein ist es bekannt^ daß ge-
wisse Metalle, wie Platin, Palladium, Gold, Silber, Quecksilber
eine eigentümliche zerlegende Wirkung auf das Wasserstoflf-
superoxyd nach der Gleichung 2H3O3 = 2H,0 + 0^ ausüben.
Dabei ist meistens keine dauernde chemische Umsetzung des
betreflfenden Metalles mit dem Wasserstoffsuperoxyd nach
Aquivalentgewichten zu bemerkeu, die. Metalle bleiben dabei
häufig scheinbar unverändert, so daß Berzelius und Schoen-
bein diese besondere chemische Wirkung gewisser, selbst
dabei unveränderter Stoffe eine „katalj/tische" nannte. Nach
Ostwald ist die Katalyse als Erhöhung der Reaktions'
gesckwindigkeit aufzufassen.
I. Verauohe mit bekannten metalllsohen Queoksilberoberfl&olien.
Übergießt man eine Quecksilberoberfläche mit reiner
wässeriger 1 ^^ Wasserstoffsuperoxydlösung, so kann man bei
25^ im Thermostaten die Reaktionsgeschwindigkeit sehr be-
quem messen, indem man von Zeit zu Zeit Proben zieht und das
noch unzersetzte Wasserstoffsuperoxyd mit Kaliumpermanganat
titriert Sorgten wir durch eine geeignete Rührvorrichtung
dafür, daß bei konstanter Grenzfläche zwischen Quecksilber
und HgOj-Lösung letztere immer gut durchgemischt wurde, so
erhielten wir unter Einhaltung gewisser Kautelen^) unter
gleichen Umständen übereinstimmende Werte der Reaktions-
geschwindigkeit, wie folgende Versuche in Tabelle 1 zeigen,
in welchen bedeuten : 0 die Oberfläche des von der Superoxyd-
lösung bedeckten Quecksilbers in Quadratzentimetem, ^^ die
1) Wegen derselben muß auf die DLasertation des einen von uns:
J. Weinmayr: Die Quecksilberkatalyse des Wasserstoffsuperoxyds,
Heidelberg 190S, verwiesen werden.
840 Ö. Bredig und J, H^'einmayr.
Beaktionsdauer in Minuten für 50 Proz. chemischen Umsatzes
des vorhandenen WasserstoflFsuperoxyds;
Tabelle 1.
0
^
O^ho
60,81 cm"
34'
20,7 . 10*
84
20,7
33
20,1
33
20,1
47,03
45
21,2
44
20,7
44
20,7
43
20,2
34,61
58
20,1
Wie man sieht, ist unter gleichen Bedingungen die Um-
setzungszeit umgekehrt proportional der Oberflächengroße des
katalytisch wirkenden Quecksilbers. Dieses Gesetz gilt auch
in folgender Beihe der Tabelle 2 mit etwas anderen umstanden
(Vorbehandlungsdauer mit H^Og etc.). Die Proportionaütats-
konstante unter diesen neuen Umständen ist zwar auch eine
etwas andere, aber von derselben Größenordnung:
Tabelle 2.
0
ho
Ox Aso
60,81
44
26,8 . 10«
47,03
49
23,0
49
23,0
34,61
67
23,2
19,24
120
23,1
117
22,5
In einer dritten Versuchsreihe ging die Konstajite auf
17,7.10^ herunter, aber auch hier war die umgekehrte Pro-
portionalität zwischen t^^ und 0 vorhanden.
Wir können aber sagen: Untfn- gleichen Umständen ist die
Zeitdauer gleichen chemischen Umsatzes für die Reaktion 2H^0., =
2H2O + Og der Größe der katalysierenden Hg- Oberfläche um-
gekehrt proportional.
Diesen Satz werden wir nun zur Bestimmung der un-
bekannten Oberfläche äußerst kleiner aber bekannter Queck-
silbermassen in feinster Verteilung benützen, wie sie in so-
genannten „kolloidalen^' Lösungen vorliegt
Schichtdicke kataly tisch wirkenden Quecksilbers, 841
n. Wirkung von Queoksilber in kolloidalen Iiosungen.
Der eine von uns hat bereits in Gemeinschaft mit
Reinders und mit Ikeda^) eine eigentümliche Art der Queck-
silberkatalyse des HgOj mitgeteilt.
Äußerst verdünnte alkalische HgCl^-Lösungen wirken nur
sehr langsam auf H2O2 katalytisch ein, ebenso wie in gewissen
äußersten Verdünnungen alkalische, durch elektrische Zer-
stäubung hergestellte kolloidale Goldlösungen relativ nur
noch ziemlich langsam wirken. Mischt man aber beide, so
tritt eine sehr viel rapidere Katalyse des HjOg ein. Es hat
sich ferner zeigen lassen, daß die bekannte Reduktion von
HgCLj durch alkalisches H^Og zu Quecksilber erheblich be-
schleunigt wird durch den Zusatz von kolloidaler Goldlösung.
So ist die obige Wirkung des Gemisches dadurch erklärlich,
daß erst in Gegenwart des Goldes von dem alkalischen H^Og
metallisches Quecksilber aus der Sublimatlösung niedergeschlagen
wird und nun erst dieses Quecksilber die kolloidalen OoldteUchen
umhüllend, als intensiver ^^0 ^-zersetzender Katalysator wirkt*)
Beispiel: In 30 ccm Wasser waren gelöst:
im NuUversuch: 0,00003 g Au-Kolloid, 0,013 g NaOH, 0,015 g H,0,
Anfangstitre: 10,90 ccm KMnO^-Lösnng
bei 25^00 nach 100' Minuten: 7,33 „ „ „
Parallelversuck: + 0,00003 HgCl], sonst wie im NuUversnch.
Anfangstitre: 10,00 ccm KMnO^-Lösung
bei 25^00 nach 3' Minuten bereits alles H^O, zersetzt, Titre 0,00.
III. Beatimmungr der kolloidalen Sohiohtdioke duroh Messung der
katalsrtisoh aktiven OberfläohengröBe.
Bestimmen wir also in einer solchen kolloidalen alkalischen
Au-Lösung mit bekanntem Gehalte an Quecksilber die üm-
setzungszeit von darin katalysiertem WasserstofiFsuperoxyd und
stellen wir in einem Parallelversuche andrerseits fest, wie
groß unter gleichen umständen eine gewöhnliche Oberfläche 0^
metallischen Quecksilbers sein muß, um dieselbe katalytische
ümsetzungsdauer zu bewirken, so können wir annehmen, daß
1) G. Bredig u. W. Reinders, Zeitschr. f. phys. Chem. 37. p. 389.
1901. — Derselbe und K. Ikeda, 1. c. 37. 1. 1901.
2) Anmerkung: Das Sublimat verhält sich also zum Gold wie in
der Fermentchemie Pawlows Trypsinogen zur Enterokinase. Vgl.
G. Bredig, Anorganische Fermente (2. Aufl.). 1904.
842 O, Bredig und J, Weinmayr,
das Quecksilber im koüoidoLen Systeme dieselbe Oberfläche 0^
besitzt, wie das gewöhrdiche, gleich wirkende Quecksilber, nnd
wir können somit aus der angewandten Masse des gefaUten
kolloidalen Quecksilbers und seiner so ermittelten Oberfläche
0^ einen wenigstens annähernden Schluß auf die Größenordnung
seiner Schichtdicke machen. Nach diesem Prinzip wurden
folgende Vergleichs versuche gemacht:
Die kolloidale Mischung enthielt in 30 com Wasser:
HgCl, 0,000027 g, also Hg 0,00002 g, kolloid. Au 0,00003 &
NaOH 0,00001 g, H,Oa 0,03 g.
Bei 25« war ^^ = 41'.
Beim Parcdlelversuck mit metallischem Qtiecksilber unter
gleichen Umständen wurde dieselbe Alkalimenge und eine
Oberfläche 0^^ von 47,03 cm* angewandt
Bei 25^ war t^^ = 49'.
Nach dem oben festgestellten Proportionalitätsgesetz haben
wir also:
0,.41 = 0^.49 = 47,03.49
0^ = ^y^ = 56cm2.
Die angewandten 0,00002 g kolloidales Quecksilber haben
also eine katalg tisch wirksame Oberfläche von 56 cm*. Denken
wir uns diese geringe Quecksilbermasse von 2.10 -^ g als ebene,
nur einseitig benetzte, dünne, parallelepipedische Schicht oder
Haut ausgebreitet, so hätte sie also eine
Dicke von nur 3.10-^ cm, also die so-
genannte molekulare Größenordnung.
Jedoch kann man hier den Einwand
machen, daß ja das Quecksilbermetall
nicht als ebene Schicht, sondern als ein
gekrümmter Kugelmantel Hg (Figur) die
kugelförmig anzunehmenden kolloidalen
Goldkerne Au umhüllt. Bezeichnet r den
„äußeren^' Gesamtradius der Kugel und r. den Radius des
inneren Goldkemes, dann ist die Schichtdicke d des Queck-
silbermantels, der die Goldkeme umhüllt,
(1) ^ = ^'a - ^- •
Zur Bestimmung von r^ besitzen wir aber folgende
Gleichungen:
Schichtdicke kataiytisch wirkenden Quecksilbers. 848
« Is"^^-.
Hg ^'Au ^
(3) ^0^0^=^n.4rjn.
2v bedeutet das Gesamtvolumen aller Yorhandenen Goldkugeln
oder „Kerne'S yermehrt um das Volumen des darauf nieder-
geschlagenen Quecksilbers, g^ und «Hg Masse und spezifisches
Gewicht des vorhandenen Quecksilbermetalles, ^^a ^^d «au die-
selben Größen für Gold, n die Anzahl der vorhandenen Gold-
keme und damit auch der aus Quecksilbermantel und Gold-
kem gebildeten Kugeln, r^ den mittleren Radius dieser Kugeln,
20^0^ die aus metallischem Quecksilber bestehende Gesamt-
oberfläche dieser Kugeln, die gleichzeitig die kataiytisch wirk-
same Oberfläche 0^ unseres Versuches ist Durch Miminieren
von n erhalten wir aus Gleichung (2) und (3)
«Au /
^Hg ^ ^A
'--^ ö.
In dieser Gleichung (4) ist r^ aus lauter im obigen Ver-
such bekannten Größen berechenbar. Wir erhalten so mit
^Hg = 2.10-ß g; ^g = 13,6; ^^au = 3.10-6 g; «au = 19,2;
0^ = 56 cm* für den mittleren Radius r^ der kolloidalen Queck-
silbergoldkügelchen
(5) r^= 1,6. 10-7 cm.
Wir können nun noch einen Schritt weiter gehen: Zwar
wird das Quecksilber allmählich in den Goldkem eindringen
und sich damit legieren, jedoch können wir wenigstens wohl
für die erste Zeit annehmen, daß der Kugelmantel in der
Figur in der Hauptsache noch aus dem vorhandenen Queck-
silber ^Hg. der Kugelkem aus dem vorhandenen Gk)ld ^au be-
stehe. Dann können wir die Dicke d^r^-^r^ des Queck-
silbermantels berechnen nach folgenden Gleichungen:
(6) - — ^n.~nr^
Au
8
(7) ■?^ = «4«(r,»-r,»).
»Hg »
844 0. Bredig und J, Weinmayr.
Aus Gleichung (6) und (7) ergibt sich:
(8) r. = r, ]/^5il^+l.
\l y Au • *Hg
Aus (1) und (8) erhalten wir für die Schichtdicke des
Kugelmantels aus katalytisch wirksamem Quecksilber:
1-
(9) d ^r \ -'/ Prr^ . s
%g
+ 1
Auf der rechten Seite der Gleichung stehen wieder durch
den Versuch bekannte Größen. Setzen wir für r = 1,6. 10"-'*^ cm
nach Gleichung (5), so erhalten wir mit den gleichen Versuchs-
daten 5rH« = 2.10-ßg; ÄHg=13,6; ^au = 3.10-ö; ^au = 19,2
für die Dicke der wirksamen Quecksilberschicht d = 3.10^^ cm.
Die QuecksHberhaut besitzt also in unserem Versuche auch nach
dieser Berechnung eine Schichtdicke von der Größenordnung der
Molekulardimension, wie sie auch für den Durchmesser der
Moleküle aus der kinetischen Gastheorie berechnet worden ist
IV. Beatixilmanfi: der kolloidalen Sohiohtdioke daroh BeBÜmmtmg
der minimalen aktiven Queoksilbermense.
Das vorstehende Resultat können wir nun durch einen
unabhängigen Versuch noch auf anderem Wege wenigstens der
Größenordnung nach bestätigen: Vermindert man nämlich die
Quecksilbermenge bei konstanter Gold-, Alkali- und Super-
oxydmenge in parallelen Versuchsreihen unter gleichen Be-
dingungen, so findet man, daß der Quecksilberzusatz, sobald
er unterhalb eines gewissen, experimentell bestimmbaren Wertes
gehalten wird, überhaupt nicht mehr katalytisch merklich ist
Analog den Betrachtungen von Oberbeck ^) über die elektro-
motorische Kraft äußerst dünner Metallschichten, welche ver-
schwindet, sobald die Dicke der Schicht kleiner als der Mole-
kulardurchmesser wird, können wir hier die H}7)othese auf-
stellen, dafi die ausgefällte Queclisilber schickt dünner als der
Molekulardurchmesser gexcorden ist, sobald diese Quecksilberschicht
rächt mehr katalytisch wirksam ist Wir haben dann also die
1) A. Oberbeck, Wied. Ann. 31. p. 337. 1887; vgl. hiergegen
aber Nemst, Theoret. Chem. p. 391. 1898.
Schichtdicke katalytisch wirkenden Quecksilbers, 845
Aufgabe^ die dünnste Queckdilberschicht zu bestimmen, welche
eben noch katalytisch in unseren Systemen wirksam ist. Diese
Aufgabe kann man in folgenden Versuchen behandelt sehen:
Es wurden bei 25*^ gemischt:
Tabelle 3.
30ccin Wasser; 0,00003 g kolloidales An; 0,015 g H,0,; 0,013 g NaOH.
in Versuch
Es war
a) mit
2.10-»g Hg in
Form
von
Sublimat
^= 14,4'
b) „
2.10-»g „
>»
»>
^0 = 3,8'
c) „
2.10-*g „
>»
»»
^0 = 1,»'
d) „
2.10-»g „
>»
»»
<5o = 1,0'
e) „
2.10-*g „
»
»
^0 = 4,4'
f) „
2.10-'g „
»>
»
<ke = 145,5'
In Versuch f) war die Reaktionsdauer t^^ bereits gerade
so groß wie in Nullversuchen ohne Quecksilberzusatz, die
Katalyse des Quecksilbers also bereits unmerklich geworden.
Wir müssen also annehmen, daß in Versuch e) bereits bei
2.10~* g Quecksilber das Minimum der katalytisch wirksamen
Schichtdicke des Quecksilbers auf den Goldkernen nahezu erreicht
war}) Auf Grund dieser Hypothese können wir nun folgende
Rechnung aufstellen:
Aus Gleichung (1) und (8) erhält man:
(10)
c/ = r^ — r. =
a
■-MKSi^+'-'
worin nur noch der Radius r. des Goldkemes unbekannt ist.
Da nämlich die Goldkeme dieser kolloidalen Goldlösungen
erfahrungsgemäß unter den besten Mikroskopen unsichtbar
bleiben und nur mit Hilfe der polarisierten diffusen Licht-
zerstreuung nachweisbar sind, so müssen ihre Durchmesser
kleiner als 10~* cm und ihr mittlerer Radius r. also kleiner
als 0,5.10~*cm sein. Setzen wir diesen Maximalwert fllr r^
in Gleichung (10) ein, so erhalten wir aus den übrigen experi-
mentellen Daten für y^ , ^^^ etc. auch einen Maximalwert
d, und zwar nach Tabelle 3 aus Versuchen über die kleinste
1) Man kann auch den Einwand machen, daß bei der Sublimat-
verdünnung des Versuches f) überhaupt kein Hg mehr ausgefällt war.
Derselbe läßt sich schwer prüfen.
846 G. Breäig und J. Wemmatfr.
QQch katalytiach wirksame Queckailbemta«««, obae di
wie fiilher die katalyüsch wirkBame Quecksilberoft«^
bestimmen brauchen.
Wir erhalteD also
-5 /y2.10-«.l»,l
ll/3.10-M3,l
0.5.10-1/^:^=^^+1 -n» 1,5.10-'
Dieser Wert ist jedenfalls nocb etwas zu bocb, <
ja auch nur den Maximatvevi von r. in die Becbsun
gesetzt haben, während wahrscheinlich der wahre We
Tj erheblich kleiner ist Nach freundlicher Mitteiluo
Hrn. Zsigmondy wurde für die Mehrzahl dieser Ooldt«
in seinem und Siedentopfs Apparat*) eine mittlere Oröi
20 — 80 nn geschätzt
Wir können also sagen, daß der ans der mini
aktiven Quecksilber men^e gefundene Wert der kataljtiscb
samen C^chichtdicke der GröBenordoung nach genügend
einstimmt mit dem aus der katalytisch aktiven Oberfi
große berechneten. Das Quecksilber wirkt alto noch kata
in Sc/ticktdicfien von der Größenordnung der Molekulardttrcln
Dieses Ergebnis steht in gewisser ÜbereiastimmoDi
anderen älteren Untersuchungen. So hat Oberbeck
eine älmliche Größenordnung für die dünnste noch el
motorisch wirksame Schicht eines Metalles und O. Wie
für die dünnste noch sichtbare Metallhaut erhalten. I
hat J. Tafel gezeigt^), daü ein Überzug von Plat
ehier Schichtdicke von 2.10~'cni die sonst an einer
kathode stattfindenden elektroclieniischen Reduktionen ge'
orKanischer Stofl'e verhindert und dafür Wasserstoffenti
lung eintreten laßt.
Auch dievon Warburg und Ibmori*) festgestellte W
II Vgl. K. Siedentopf u, Zsigmondy, Drud. Ann. 10,
1903; Verhandl. d. d. pliyaik. Gesellscli. (5) 11. p. 209. 1903. V
gegen F. Ehrenhaft, Drud. Ann. II. p. -iU. 1Ü03.
2) 0. Wiener, Wied. Ann. 31. p. 666. IfBT.
3) J. Tafel, Zeitachr. f. physikal. Chem. 34. p, 193. 1900; Br
Anorg. Fermente, p. 51. Leipzig 1!>03.
i\ E. Warburg u. T. Ihmori, Wied. Ann. 27. p. 481. 186
p. 1012. 18S7.
Schichtdicke katalytisch wirkenden Quecksilbers. 847
haut auf Glas hat dieselbe Größenordnung. G. Quincke^)
und R H. Weber*) fanden aus Messungen der Oberflächen-
spannung den Radius der molekularen Wirkungssphäre von
der Größenordnung 5 . 10"* cni. Zum Vergleiche der älteren
Bestimmungen^ mit der aus unseren Versuchen berechneten
Größenordnung der minimalen noch katalytisch wirksamen
Schichtdicke des Quecksilbers sei die Mitteilung unserer Ver-
suche gestattet, obwohl bei der Berechnung noch Hypothesen
zu machen waren, die wir an den betreffenden Stellen er-
wähnt haben.
y. Zasammenfassungr.
Die Resultate dieser Mitteilung sind folgende:
1. Die Zeitdauer der katalytischen Zersetzung von ver-
dünnten wässerigen Wasserstoffsuperoxydlösungen durch metal-
lisches Quecksilber ist unter sonst gleichen Umständen der
benetzten Quecksilberoberfläche umgekehrt proportional.
2. 2.10~*g Quecksilber, welches auf den Goldkernen
einer kolloidalen Goldlösung von 3 . 10—*g Goldgehalt in 30 ccm
Wasser durch alkalisches H^O, niedergeschlagen war, kata-
lysierte letzteres ebenso schnell wie eine gewöhnliche Queck-
silberoberfläche von 56 cm*.
3. Hieraus wurde unter gewissen Annahmen für die Queck-
silberhaut auf den Goldkemen eine Schichtdicke von 3 . 10~®cm,
also von molekularer Größenordnung, berechnet
4. Die katalytische Wirkung des Quecksilbers war nicht
mehr zu erkennen, sobald weniger als ca. 2.10~*g Queck-
silber zugesetzt wurden. Hieraus berechnet sich unter gewissen
Annahmen ebenfalls für die dünnste noch katalytisch wirksame
Quecksilberhaut im Kolloid ein Höchstwert ihrer Dicke zu
1,5. 10-' cm.
Heidelberg, Chem. Üniv.-Laboratorium.
1) G. Quincke, Pogg. Ann. 137. p. 413. 1869.
2) R. H. Weber, Dnid. Ann. 4. p. 706. 1901.
3) Vgl. auch M. Faraday, Pogg. Ann. 101. p. 318. 1857; W. C.
Roentgen, Wied. Ann. 41. p. 321. 1890; P. Drude, 1. c. 48. p. 158.
1891; A.W.Reinold u. A.W. Rücker, Phil Trans, p. 447. 1881; p. 645.
1883; vgl. auch Nernst, Theoret Chemie p. 390, sowie die Lehrbücher
der kinet. Gastheorie.
(Eingegangen 2. Oktober 1908.)
848
108. Eine besondere anschanliche Ableitung des
Gaussischen Felllergesetzes.
Von A. Sommerfeld in Aachen.
Die fundamentale Rolle, welche das Gaussische Fehler-
gesetz in der gesamten Molekularphysik, zumal in den Arbeiten
von L. Boltzmann spielt, rechtfertigt es vielleicht, wenn ich
an dieser Stelle eine Ableitung jenes Gesetzes mitteile, die ich
vor mehreren Jahren in einer Göttinger Vorlesung entwickelt
habe. Die Ableitung geht von der Hypothese der Elementar-
fehler aus und macht über deren Verteilung die denkbar ein-
fachste Annahme. Daß das Resultat der Betrachtung von
dieser besonderen Annahme unabhängig ist, darf auf Grood
allgemeinerer Untersuchungen^) als bekannt gelten.
Das mathematische Hilfsmittel der vorliegenden Ableitung
bilden bei n Elementarfehlem Betrachtungen im n-dimen-
sionalen Raum; das Gaussische Fehlergesetz selbst erscheint
dabei als eine Aussage über die Stereometrie im Räume von
unendlich vielen Dimensionen. Wenn ich solche mehrdimen-
sionalen Betrachtungen hier als „anschaulich" bezeichne, so
soll damit gesagt sein, daB sie sich als VerallgemeineruDgen
von elementaren Betrachtungen im dreidimensionalen Räume
unmittelbar darbieten.
1. Ein Elementar fehler und sein Verteilungsgesetz. W^in
wir eine Beobachtungsgröße abrundend durch ein ganzes Viel-
faches einer passend gewählten Maßeinheit ausdrücken, so
begehen wir einen Fehler x, welcher jeden Wert zwischen
±1/2 mit gleicher Wahrscheinlichkeit besitzen kann. Nennen
wir ydx die Wahrscheinlichkeit, daß dieser Fehler zwischen
X und X -f- d X enthalten ist, so wird die „Fehlerdichte** y
1) F.W. Beseel, Astron. Nachr. 15. 1838. Weitere Literatur bei
Czuber, Die Entwiekelung der Wahrscheinlichkeitstheorie, Jahresbericht
der deutschen Mathematiker -Vereinigung. 7. Nr. 56. Vergl. auch Haus-
dorff, Sitzungsber. d. k. sächs. Gesellsch. d. Wissensch. zu Leipzig.
Mai 1901. p. 166.
Änschatdiche Ableitung des Gaussischen Fehlergesetzes, 849
innerhalb des Fehlerbereiches von ar= — 1/2 bis ar= + 1/2
gleich 1, außerhalb desselben gleich NulL Wir können daher das
Verteilungsgesetz dieses „Abnmdnngsfehlers" durch die Figur 1
auf p. 856 darstellen. Der Wert 1 der y-Koordinate ergibt
sich daraus, daß der von der „Fehlerkurve" und der Fehler-
achse begrenzte Flächeninhalt (gleich der Wahrscheinlichkeit,
daß überhaupt irgend ein Fehler begangen wird) die Flächen-
einheit sein muß.
Wir werden im folgenden annehmen, daß die zu be-
trachtenden Elementarfehler sämtlich nach diesem einfachsten
Gesetz des Abrundungsfehlers verteilt sind, ohne übrigens da-
mit sagen zu wollen, daß sie irgendwie durch Abrundung einer
Beobachtungszahl entstanden sein müßten.
2. Zwei Elementarfehler. Die Messung irgend einer Größe
werde durch zwei voneinander unabhängige Fehlerquellen be-
einflußt; der resultierende Fehlern setze sich aus den beiden
Elementarfehlern x^ und Xy^ additiv zusammen:
X ^ Xq + J?j •
ydx sei die Wahrscheinlichkeit, daß der resultierende Fehler
zwischen x und x + dx liege.
Welches ist das Gesetz von y?
Wir tragen x^ und x^ nach zwei rechtwinkligen Achsen
auf uud markieren als Fehlerbereich das dem Punkte 0 um-
schriebene Quadrat von der Seitenlänge 1 (vgl Fig. a). Die-
jenigen Kombinationen der Einzelfehler Xq, Xj, welche zu dem-
selben Gesamtfehler x Anlaß geben, werden durch die Punkte
einer Geraden g dargestellt^ welche von den beiden Koordi-
natenachsen dasselbe (positiv oder negativ zu rechnende) Stück
X abschneiden. Zwei benachbarte, zu den Werten x und
X + dx gehörende Gerade g schneiden aus dem Quadrat einen
Streifen heraus, dessen Inhalt die Wahrscheinlichkeit ydx
veranschaulicht Da die Breite des Streifens dxj^, so wird
S
wenn wir mit S die „Größe der Schnittfigur*S d. h. die Länge
des innerhalb des Quadrates gelegenen Stückes von g be-
zeichnen.
Um 8 zu berechnen, ist es (namentlich in den späteren
allgemeineren Fällen) bequem, eine der beiden Uilfsgrößen
Boltcmann-FMtochrift. 54
850
Ä. Sommerfeld,
zu benutzen, u bedeutet (vgl. Fig. a) dasjenige Stück, welches
die Gerade g auf den durch den Punkt V [x^ ^ x^ = — 1/2)
gehenden Quadratseiten abschneidet Die entsprechende Be-
deutung hat V hinsichtlich
der durch den Punkt V [i^ =
ari= + 1/2) gehenden Qua-
dratseiten. Gs ist nun. so-
lange t£ < 1, d. h. solange p
die durch U gehenden Qua-
dratseiten selbst trifft, er-
sichtlich 5 = m y2; wird aber
M > 1 , indem y , von V
kommend , den Mittelpunkt
des Quadrates überschreitet
und die Verlängerung der
genannten Quadratseiten trifft,
so haben wir von der Länge
wy2 zwei Stücke in Abzug
zu bringen, welche (vgl. Fig. a) ersichtlich die Länge (« — 1) y^
haben. Li diesem Falle wird S = {m — 2 (m — 1)} y2. Dagegen
haben wir natürlich 5 = 0, wenn w < 0 oder m > 2 ist
Man erhält daher für y die folgende Darstellung:
M<0, 0<w<l, 1<?^<2, 2<w,
7/ = 0, y = M, y = u-2[u-\)y y = 0.
Damit gleichbedeutend ist die folgende Darstellung:
t?>2, 2>t?>l, l>t;>0, 0>t;,
y = 0, y = i;-2(ü-l), y = v, y = 0.
In Figur 2 auf p. 856 ist dieser Verlauf von y durch einen
Linienzug über der Abszisse x dargestellt; die Maßeinheit auf
der X-Achse ist dabei nach einem später zu begründenden
Gesetz gegenüber Figur 1 verkürzt.
3. Drei Elementarfehler, Der Gesamtfehler x möge sich
jetzt aus den drei unabhängigen Elementarfehlera x^, j- , j
nach der Formel
X = X^^ -\- X^ -j- 2*2
zusammensetzen.
Anschauliche Ableitung des Gaussischen Fehlergesetzes. 851
Wir deuten x^, x^, x^ nach drei rechtwinkligen Achsen
im Räume und erhalten als Fehlerbereich einen Würfel von
der Eantenlänge 1 (vgl.
Fig. b). Der Ort desselben !5 h-c r^v
Gesamtfehlers x ist eine
Ebene E, welche von den
drei Koordinatenachsen das
gleiche Stück x abschneidet.
Zwei benachbarte Ebenen
E, welche zu den Fehlem
X und X + dx gehören,
schneiden aus dem Würfel
eine Schicht heraus, deren
Rauminhalt die Wahrschein-
lichkeit ydx darstellt. Da
die Dicke dieser Schicht dx/^S ist, so wird
S
wenn wir mit S wieder die „Größe der Schnittfigur**, d. h. die
Fläche des innerhalb unseres Würfels gelegenen Teiles von
E bezeichnen.
Wir setzen jetzt
Fig. b.
^=--2-+"^'
V =s
2
— X
so daß u (und ähnlich v) die Abschnitte der Ebene E auf den
durch den Punkt U [x^ = x^ ^ x^ = — 1/2) gehenden Würfel-
kanten bedeutet (vgl. Fig. b). Die Schnittfigur S ist ein gleich-
seitiges Dreieck von der Seite «1/2 und dem Inhalt M*y3/2,
solange w < 1 . Überschreitet aber die Ebene E, von U kom-
mend, die Ecken P des Würfels, d. h. wird « > 1, so geht
S in ein Sechseck über, indem sich die Dreiecksecken ab-
stumpfen (vgl. Fig. b oder c). Der Inhalt von S ergibt sich
jetzt dadurch, daß wir von dem ursprüngUchen drei gleich-
seitige Dreiecke von der Seitenlänge {u — l)y2 fortnehmen. Es
wird daher jetzt 5 = jm^ - 3(m - l)*}y372. Indem E weiter
fortschreitet, nehmen die Abstumpfungen zu; wenn E den Mittel-
punkt des Würfels überschreitet, wird das Sechseck regulär.
W^eiterhin überdecken sich die Abstumpfungen gegenseitig, wenn
E auch über die Würfelecken Q hinübergegangen, d. h. wenn
54*
Ä. Sommerfeld,
Fig. 1
852
u > 2 geworden ist, und das Secheeck geht wieder in ein Drei-
eck über. Wir haben dann bei der Berechnung von S, nm
bei Abzog der Ab-
, . ' , > . \ \ ätumpfangen nicht zd
viel fortzunehmen, die
von den Abstumpfiinfen
doppelt Übenlecklen
Teile einmal hinzoza-
'\ fügen. Es sind diese«
drei gleichseitige Drei-
ecke von derSeitenläDge
(«-2)y2. Mithin wird
jetzt S=:\u*~^{u-lf
+ 3(m — 2)*}}^2. Da-
gegen wird nst&rlich
S = 0, wenn die Ebene
E den Würfel über-
haupt nicht trifft, d. h. wenn u < 0 oder u > 3.
Wir erhalten von da aus fUr y die folgende Darstellaag:
u<0, 0<«<1, 1<«<2,
5' = 0, y = ^u\ y = |(«'-3(«-l)>),
2 < H < 3 , 3 < ,/
;/ = i(«»-3{«^l)= + 3(«-2)*), y=0.
Hiermit gleichbedeuteu<l sind die Formeln:
»> 3, 3 >!.>2,
j,-ü, „ = J(,>-3(o- l)' + 3(.-2)«),
2>i'>l, 1>!.>0, 0>i,,
y_i(.'-3(.-l)<), ,,= \v'. .v-ü.
Figur 3 auf p. SSß veraiiscbaiilicbt diesen Verlauf von y. IHe
dort verzeichnete P'ehlerkurve besteht aus drei Parabelbogen.
welche sich aneinander und an die anschließenden Stücke der i-
Äcbse stetig und mit stetigen Tangenten anlegen. Die Horizontal-
erstreckung jedes der drei Panibilbögen ist gleich der (in der
Figur abermals passend verkürzten) Maßeinheit.
4. Vier Elemevlarfeliler. Wir haben jetzt in don Raum'
1) Wir
iiiibli<^her\Vei
e defini
n Euklidischen Bsiim.
Anschauliche Ableitung des Oaussischen Fehlergesetzes, 858
von vier DimensioneD zu gehen und nach den rechtwinkligen
Achsen der Elementarfehler x^^ x^, x^, x^ einen „Überwürfel"
zu konstruieren. Dieser ist mit der „Überebene"
X = Xq+ X^ + ^2 + ^3
ZU schneiden, d. h. mit einem dreidimensionalen Raum, welcher
von den vier Koordinatenachsen das gleiche Stück x ab-
schneidet Bewegt sich die Uberebene von außen her auf den
Überwürfel zu, so schneidet sie zunächst ein reguläres drei-
dimensionales Tetraeder aus, dessen Ecken den Schnittpunkten
der Uberebene mit den vier von einer Ecke des Uberwürfels
ausgehenden Kanten entsprechen. Lassen wir die Uberebene
sich nach dem Mittelpunkte des Uberwürfels hin bewegen, so
überschreitet sie zunächst vier Ecken des Uberwürfels, wobei sich
in der Schnittfigur die vier Ecken des Tetraeders abstumpfen^
so daß das Tetraeder in ein allgemeines Oktaeder übergeht
Dasselbe wird zum regulären Oktaeder, wenn die Überebene
gerade durch den Mittelpunkt des Uberwürfels bindurchgeht,
wobei sie sechs weitere Ecken des Überwürfels überschreitet
Gleichzeitig beginnen dann die Abstumpfungen sich in den
Mitten der sechs Kanten des ursprünglichen Tetraeders zu über-
decken, so daß bei der Berechnung der Schnittfigur nach Abzug
der Abstumpfungen sechs neue Tetraeder hinzuzufügen sind. Die
Scbnittfigur bleibt jetzt ein allgemeines Oktaeder^ bis sie durch
weiteres Wachsen der Abstumpfungen wieder in ein reguläres
Tetraeder übergeht Dieses schrumpft allmählich zu Null zu-
sammen.
Die zugehörige Fehlerkurve (Fig. 4 auf p. 856) besteht
jetzt aus vier kubischen Parabelbögen, welche sich nicht nur
mit ihren Tangenten, sondern auch mit ihren Krümmungen
stetig aneinander und an die äußeren Stücke der x-Achse an-
legen und welche von x=— 2 bis x = + 2 reichen. Die
genauen Formeln zur Konstruktion dieser Fehlerkurve ent-
wickeln wir sogleich für den allgemeinen Fall von
5. n + / Elemeiitarfehlem. Es handelt sich jetzt um einen
Überwürfel im Räume von n + 1 Dimensionen und um eine
n-dimensionale Uberebene, welche von den Koordinatenachsen
der j:^ , jTj , . . . jr^ das gleiche Stück :r « jr^ + :rj + . . . jr^ ab-
schneidet Zwei zu den Werten x und x -f- (/x gehörige solche
854 A, Sammerfeld.
•• ••
Uberebenen bestimmen innerhalb des Überwürfels eine (n-|-li
dimensionale Schicht, deren Höhe dxj^ n + 1 beträgt und
deren Basis wir mit S bezeichnen. Die Fehlerdichte wird
alsdann
Mit U bezeichnen wir die Ecke ar^ = x- = . , . x = — 1/2
des Überwürfels, mit F die gegenüberliegende Ecke x^ =
jTj = . . . j:^ = + 1 / 2 . Wir setzen
n + 1 , n + 1
w = — 2 ha:, *''^~2 ^*
Liegt unsere überebene der Ecke U hinreichend nahe, ist
nämlich t£ < 1 , so besteht die Schnittfigur aus einem it-dimeo-
sionalen regulären „(n+l)Zell", der Verallgemeinerung de«
regulären Tetraeders. Der Inhalt desselben beträgt bei der
Eantenlänge a, wie man ohne Schwierigkeit nachweist:
= ^yi.3.5...(2«-l).
Da in unserem Falle diese Kantenlänge gleich u ^\/2 zu setzen
ist, so ergibt sich als Fehlerdichte für 0 < ?/ < 1 :
mit der Abkürzung
A' = - 1 /^ 3 . 5 .T. (2w~^ lY2"~
(w!)« [/ n + l"
Wird M = 1 , so überschreitet unsere Uberebene die n -r ^
der Ecke U benachbarten Ecken des Uberwürfels: gleichzeitig
stumpfen sich in der Schnittfigur S die Ecken unseres
[n + 1) Zells ah, indem an jeder Ecke desselben ein
(n + 1) Zell von der Kantenlänge [u — 1) y2 in ForttaÜ
kommt. Es wird daher für 1 < ?/ < 2 :
y = A^(w^ — (w + 1)(m — l)"j.
Wird M = 2, so trifit unsere überebene alle diejenigen
Ecken des Uberwürfels, in denen zwei der Koordinaten
.r^, . . . XnJti den Wert +1/2, die übrigen den Wert — 12
haben. Ihre Anzahl ist gleich dem Binomialkoeffizienten
Anschauliche Ableitung des Oaussischen Fehlergesetzes, 855
\^ j . Dies ist zugleich die Anzahl derjenigen Gebiete,
(n + 1) Zelle von der Kantenlange (t£ — 2) "J/^ in denen sich
die Abstumpfungen gegenseitig überdecken. Es wird daher für
2 < w < 3 :
Hiemach ist das allgemeine Gesetz klar. Bedeutet k eine
ganze Zahl < w, so haben wir für ä < t£ < ä + 1 :
Dieselbe Abhängigkeit können wir auch durch die Hilfsgröße
t; ausdrücken, wenn wir n — ä = / setzen; es wird dann für
/ + 1 > t? > / gleichzeitig:
(2)
(3)
y = ^' («^ - (" t ') (" - 1)" + (T) (" - 2)" - • • •
+ (-i)'f*t')(«-/r).
Für u (bez. v) < 0 oder > n + 1 wird natürlich y = 0.
Wir können jetzt folgende allgemeine Angaben machen:
Die Dispersion des Gesamtfehlers wird mit jedem hinzU'
kommenden Elementarfehler eine breitere. Der Fehlerbereich
auf der x-Achse beträgt nämlich bei n + 1 Elementarfehlem
n -\- \ Einheiten.
Die Fehlerkurve wird mit jedem hinzukommenden Elementar-
fehler je um einen Grad stetiger, Sie besteht nämlich bei n + 1
Elementarfehlem aus n + \ Parabelästen von der n*^ Ordnung,
welche sich an den Übergangsstellen mit ihren (n — 1) ersten
Differentialquotienten stetig aneinander anschließen. In der Tat
unterscheidet sich an der Übergangsstelle t£ = A der Ausdruck
des [k H- 1)**° Parabelbogens von dem des k^^ nach Glei-
chung (2) nur um ein Glied mit dem Faktor (t£ — ä)*, welches
fiir M = A erst nach 7i-maliger Differentiation einen von
Null verschiedenen Betrag gibt Man vergleiche daraufhin
die Figg. 1, 2, 3,... auf der folgenden Seite, von denen
856
A. SommerfßkL
Fig. 1.
-^
-»•^2
Figur 1 einen Sprang in den Ordinalen, Fig. 2 einen solchen
in den Tangenten, Fig. 3 erst in den Krümmungen etc. auf vereist
In der Orenze f&r
71 = 00 werden wir dem-
entsprechend eine Feh-
lerkurve zu erwarten
haben, die sich nach
beiden Seiten hin ins
Unendliche erstreckt
und die mit ihren sämt-
lichen Differentialquo-
tienten stetig verläuft.
Eine solche Kurve ist
das Gaussische Fehler-
gesetz.
6. Unendlich viele
Elementar fehler. Für die
Ausführung des Grenz-
überganges w = oc ist
die vorstehende expUzite
Form der Fehlerdichte
y (Gl. 2 oder 3) nicht be-
quem; vielmehr emp-
fiehlt sich für die>en
Zweck eine Integraldar-
stellung, welche 1. c.
F. Hausdorff angibt
Außerdem wird es nötig,
damit überhaupt ein
endlicher Grenzwert re-
sultiert, den Fehlerbe-
reich des einzelnen Me-
mentarfehlers , welcher
bisher gleich der Ein-
heit genommen wurde,
in dem Maße zusammen-
schrumpfen zu lassen,
als n wächst. Wir
setzen daher für jeden
Fig. 3.
-3y
Anschauliche Ableitung des Gaussischen Fehlergesetzes. 867
derElementarfehler die äußersten Fehlerbeträge nicht mehr gleich
±1/2, sondern gleich ± A und dementsprechend die Fehlerdichte
innerhalb dieser äußersten Werte nicht mehr gleich 1, sondern
gleich 1/2A, wobei wir uns vorbehalten, h mit wachsendem n
passend abnehmen zu lassen.
Um zunächst das Gesetz des einzelnen Elementarfehlers
(y = Ofiir |x|>Ä, y=l/2A für | a: | < A) durch eine einheit-
liche Formel darzustellen, benutze man die Theorie des
Fouri er sehen Integrals. Diese liefert:
y = 2^ I dX da cos X{x — a);
0 -A
führt man das Integral nach a aus und substituiert die neue
Integrations variable fx = Xh, so erhält man bequemer:
00
(4)
1 / ux sin u ,
0
Um eine ähnliche Darstellung bei n + l Elementarfehlern
zu gewinnen, gehen wir von der Gleichung (1) aus, die mit
Rücksicht auf die gegen früher abgeänderte Fehlerdichte der
Elementarfehler folgendermaßen zu modifizieren ist:
i^j ^ ]/,m(2A)»+i*
Es bedeutet nun S/Yn+l die Projektion der Schnittfigur S
auf eine der Eoordinatenebenen, z. B. auf die Überebene Xq = 0 .
Diese Projektion kann berechnet werden als ein n-faches In-
tegral nach den Koordinaten x^, x^, . . , x^. Das Integrations-
gebiet erstreckt sich für jede Koordinate von — A bis +A;
außerdem aber ist zu beachten, daß nur solche Kombinationen
der X, . . . j:„ in Betracht zu ziehen sind, zu denen sich ein
I ^r^ I < A finden läßt derart, daß x^ + x^ + . . . j:^ = ar. Das
Integrationsgebiet der Variabein x^, x^, , . . x^ ist daher durch
die weitere Bedingung zu beschränken:
(6) I j: — x^ — ar, — . . . — a:^ I < A.
Nach dem Vorgange von Dirichlet berücksichtigen wir
diese Bedinixung dadurch, daß wir unter dem Integral einen
„Diskontinuitätsfaktor" hinzufügen, der für alle der Un-
858 A. Sommerfeld.
gleichung (6) genügenden Werte von x^, . . , x^ gleich 1 , för
alle ihr nicht genügenden Werte gleich 0 ist. ICinen solchen
Faktor stellt nach Multiplikation mit 2 h gerade der in (4] ge-
fundene Ausdruck dar, wenn wir darin x ersetzen durch
X — jTj — Xg — ... — x^. Die Integraldarstellung von y lautet
daher:
0 -fc -Ä -Ä
oder, wenn wir die Integrationen nach ar^ , x^ , . . . x in nahe-
liegender Weise ausfuhren:
00
(7) y = i|rfMco8^(?^p\
0
Unsere früheren Formeln (2) und (3) können als Aus-
wertungen dieses Integrales gelten, welches seinerseits die früher
für die verschiedenen Intervalle gefundenen verschiedenen
Formeln einheitlich zusammenfaßt.
In Gleichung (7) kann man nun bequem zur Grenze n = oc
übergehen. Wegen der strengen Durchführung des Grenzüber-
ganges verweise ich auf L. Maurer^) und begnüge mich hier
im Interesse der Kürze mit dem folgenden unstrengen Über-
schlag.
Der Quotient sin iij ^i ist für alle Werte jU > 0 ein echter
Bruch und wird in der Nähe von jw = 0 näherungs weise gleich
1— /A^/6. Deshalb ist die (/* + 1)^® Potenz desselben bei
großem n für ^u > 0 verschwindend klein, während in der Nähe
von ju = 0 gilt, wenn wir /u^ = (irj[n+ 1) setzen:
i
lim -' = e
- . a>»
n = ac
Hält man nun bei wachsendem n das Produkt h y w -|- 1
konstant, indem man z. B., was bequem ist
(8) ÄV¥4rr=|/{ l
macht und unter k eine Konstante versteht, so ergibt sich
aus (7)
1) L. Maurer, Math. Ann. 47. p. 267. 1896.
Anschauliche Ableitung des Gaussischen Fehler gesetzes, 859
00
e
n
0
Wir finden also in der Grenze für n = oo genau das Gaussi-
sehe Fehlergesetz, Die vorstehende Formel desselben können
wir nach den vorangehenden Erörterungen deuten als Größe
der Sclmittfigur durch einen Überwürfel im Eaume von un-
endlich vielen Dimensionen.^)
Zum Vergleich mit der Serie der Figuren 1, 2, 8, 4 ist das
Gaussische Fehlergesetz in Figur 5 auf p. 856 dargestellt Dabei
war die Größe k so zu wählen, daß sich ein stetiger Anschluß an
die vorangehenden Figuren ergab. In diesen haben wir den
Fehlerbereich 2 h des einzelnen Elementarfehlers mit wach-
sendem n so abnehmen lassen, daß 2 h '^ n + 1 einen konstanten
Wert, nämlich in der Maßeinheit der Figur 1 den Wert 1 hat
Aus Gleichung (8) ergibt sich danach für k als zugehöriger
Wert /< = y 6 .
Da in Wirklichkeit die Anzahl der eine Beobachtung be-
einflussenden Elementarfehler nicht unendlich groß sein dürfte,
da femer sehr große Oesamtfehler im allgemeinen nicht nur
sehr unwahrscheinlich^ sondern überhaupt unmöglich sind, so
dürfte im allgemeinen eine unserer Fehlerkurven für ein end-
liches n der Wirklichkeit besser entsprechen, als ihr Grenzfall,
das Gaussische Fehlergesetz. Letzteres empfiehlt sich gegen-
über jenen lediglich durch die größere Einfachheit seiner ana-
lytischen Darstellung sowie dadurch, daß es von dem meist
unbekannten Gesetz der Elementarfehler unabhängig ist,
während unsere Fehlerkurven bei endlichem n von der be-
sonderen Form dieses Gesetzes abhängen.
1) Es sei erwähnt, daß sich der Raani von unendlich vielen Dimen-
sionen in einer kürzlich erschienenen Arbeit von Minkowski (Math.
Ann. 57. p. 447. 1903) als ein wichtiges analytisches HilfEmaittel erweist.
(Eingegangen 2. Oktober 1908.)
860
109. Die Anwendung der physikalischen Chemie anf
die serumtherapeutisehen Fragen.
Von Svante Arrhenius in Stockholm.
In einer vor einem Jahre erschienenen Abhandlung^) haben
Madsen und ich nachgewiesen, daß die Neutralisation yod
Tetanolysin und seinem Antikörper dem Guldberg-Waage-
schcn Gleichgewichtsgesetz folgt, indem:
(Idenge Toxin) (Menge Antitoxin) = Eonst. (Menge Verbindung).
Es verbinden sich also Gift und Gegengift, ein Molekül
von jedem, zu zwei Molekülen.
Von Hm. Geheimrat Ehrlich in Frankfurt wurde ich
danach eingeladen, in Frankfurt die physikalisch-chemischeD
Verhältnisse der Hämolysine zu studieren. Die Hämolysine
werden auf die Weise erhalten, daß man die roten Blut-
körperchen von einem Tier, z. B. einem Ochsen, in die Blut-
masse eines anderen Tieres, z. B. eines Kaninchens, einspritzt.
Diese Blutmasse reagiert daraufhin so, daß in ihr ein Körper,
das Hämolysin, auftritt, welcher rote Blutkörperchen von dem
erstgenannten Tier zerstört, so daß ihr roter FarbstoÖ* in die
umgebende Lösung austritt. Dieser Prozeß ist vollkommen
analog der Bildung von dem Antikörper eines Giftes, z. B.
Tetanolysin, nach Einspritzung dieses Giftes in die Blutmasse
eines geeigneten Tieres.
Die Hämolysine haben eine Eigentümlichkeit, woraus mau
geschlossen hat, daß sie aus zwei Körpern zusammengesetzt
sind, die von Ehrlich mit den Namen Amboceptor und Kom-
plement bezeichnet werden. Es zeigt sich nämlich, daß nach
Erhitzung auf ^5" während einer nicht allzu langen Zeit das
Hämolysin seine Fähigkeit verliert, die entsprechenden Blut-
körperchen zu zersetzen. Das Komplement ist bei der Er-
wärmung zerstört worden. Wenn man nun zu dem übrig ge-
1) Festschrift zur Einweihung des staatl. Seruminstitutes zu Kopen-
hagen am 8. Sept. 1902. Zeitschr. f. phys. Chem. 44. p. 8. 1903.
Anwendung der physikalischen Chemie, 861
bliebenen Amboceptor einen an und flir sich für die Blut-
körperchen unschädlichen (oder nahezu unschädlichen) Körper,
z. B. das normale Blutserum eines Tieres zusetzt, so bildet
sich neues Hämolysin, d. h. das normale Serum enthält ein
Komplement, das sich mit dem Amboceptor zu Amboceptor-
komplement, d. h. Hämolysin, verbindet
Die Wirkung dieser Hämolysine erinnert sehr stark an
diejenige des Tetanolysins. Ebenso wie dieses Gift an die
Blutkörperchen gebunden wird, ebenso geschieht es mit dem
Hämolysin. Diese Aufnahme des Hämolysins von den Blut-
körperchen macht sich eigentlich bei dem Amboceptor geltend,
von welcher Eigenschaft dieser Körper seinen Namen erhalten
hat, indem man nach Ehrlich sich vorstellt, daß er zwei
Angriflspunkte besitzt, mit welchen er an der einen Seite das
Blutkörperchen, an der anderen Seite das Komplement an sich
fesselt.
Diese Vereinigung von Amboceptor und Blutkörperchen
erinnert in hohem Grade an diejenige von Bakterienzellcn und
Agglutininen, Körper, welche im Blut eines lebenden Tieres
auftreten, nachdem die betreflfenden Bakterienzellen in die Blut-
masse eingespritzt worden sind. Diese ist wiederum in sehr
eingehender Weise von Hrn. Eisenberg und Volk untersucht
worden. Ich habe deshalb die Messungen dieser Forscher
einer Berechnung unterworfen, und gefunden, daß ihre Resul-
tate durch eine sehr einfache Gleichung dargestellt werden
können.^)
Bezeichnet Ä die Konzentration des in den Bakterien-
leibern befindlichen Agglutinins, und B diejenige des in der
umgebenden Flüssigkeit aufgelösten, so gilt:
A = Konst ^Z«.
Diese Gleichung führt zu der einfachen Deutung, daß die
Bakterienleiber und das umgebende Wasser (eigentlich die
physiologische Kochsalzlösung) sich wie zwei Lösungsmittel ver-
halten, zwischen welchen das Agglutinin sich verteilt, und zwar
ist das mittlere Molekulargewicht des Agglutinins in der Wasser-
lösung anderthalb mal größer als im Bakterienleib. Natürlich
1) Vgl. eine von mir verfaßte, in der Zeitschrift für physikalische
Chemie, Ostwaldband, erschienene Abhandlung.
862 S, Arrhenius.
kann im Bakterienleib eine Verbindung zwischen dem Aggla-
tinin und einem Bestandteil des Bakterieninhaltes stattfinden,
dieser Bestandteil muß dann in solcher Menge Torkommen.
daß er nicht von den benutzten, relativ sehr großen, Agglu-
tininmengen in merklichem Grade verbraucht wird. Nicht alkn
große Agglutininmengen werden innerhalb der Versuchsfehler
vollkommen von den Bakterien aufgenommen.
Genau dasselbe gilt; soviel wir wissen, von der Absorption
der Amboceptoren durch die Blutkörperchen. Da es nun natör-
lich ist, daß die Blutkörperchen von Substanzen angegriffen
werden^ die in sie eindringen, und da fast die ganze Masse des
Amboceptors in die Blutkörperchen aufgenommen wird, so kann
man das Problem der Hämolysine ohne nennenswerten Fehler
so behandeln, daß man die Reaktionen, die außerhalb des
Blutkörperchens vor sich gehen, vernachlässigt.
Ich habe nun das Hämolysin bei verschiedenem Zusatz
von Amboceptor und Komplement untersucht und finde, daß
dasselbe geregelt wird durch folgende Formel:
(Amboceptor)« (Komplement) = Konst (Hämolysin).
Die Klammern bedeuten wie üblich Konzentrationen von
den betrefifenden Körpern. Der Exponent a nimmt gewöhnUcb
den Wert 1 oder ^/g, seltener Y3 ^^' Dieses Vorkommen von
Exponenten mit den Ziffern zwei und drei in diesem Falle wie
bei den Agglutininen deutet an, daß wir hier mit Körpern zu
tun haben, die sich leicht zu Doppelmolekülen bez. dreifachen
Molekülen vereinigen, wie dies ja in der organischen Chemie
nicht selten vorkommt.
Fast die ganze Menge des Amboceptors ist im Blut-
körperchen vorhanden. Dagegen ist die Hauptmasse des
Komplements nach den bisherigen Erfahrungen in der um-
gebenden physiologisc'hen Salzlösung verteilt. Ein Teil davon
dringt jedoch in die Blutkörperchen hinein und zwar ist es
das einfachste, denselben Molekularzustand dieses in den Blut-
körperchen aufgelösten Teiles und des in der Lösung befind-
lichen anzunehmend) Nach dieser Annahme vereinigen sich
1) Diese Annahme ist natürlicli nicht notwendig. Es ist leicht ein-
zusehen, daß keine Änderungen im folgenden bei einem eventuellen Ver-
lassen dieser Annahme zu maehen sind.
Anwendung der physikalischen Chemie. 863
a Moleküle des Amboceptors mit einem Molekül des Kom-
plementes und bilden ein Molekül der Verbindung, d. h. des
Hämolysins. Diese letzte Zahl kann nicht mit großer Ge-
nauigkeit festgestellt werden, weil diese Menge zufolge der
Versuchstechnik nicht sehr großen Veränderungen unterworfen
werden kann. — Eine ähnliche Bemerkung kann man übrigens
betreffs der Molekularanzahl der reagierenden Toxinmoleküle
aus gleichen Gründen machen. — Die Molekülzahl, welche
hier in Betracht kommt, ist diejenige, welche dem Zustande
zukommt, welcher der vorherrschende ist, also gilt für den
Amboceptor und das Hämolysin der in den Blutkörperchen
herrschende Molekularzustand, für das Komplement dagegen
der in der umgebenden Lösung, vorwaltende.
Nach diesem fällt es ja auch höchstwahrscheinlich vor,
daß das Tetanolysin die Blutkörperchen in der Weise angreift,
daß es, wie die Hämolysine, in diese Körperchen eindringt,
ihre Eiweißstoffe verändert und auf diese Weise sie zerstört.
Die Wirkung dieser Gifte wäre demnach derjenigen der ge-
wöhnlichen Gifte analog z. B. der Metallgifte, die die Albu-
minstoffe gewisser Körperzellen koagulieren, oder noch mehr
des Kohlenmonoxyds, welches von den Blutkörperchen aufge-
nommen wird und sie in ihren P\inktionen stört. Früher
stellte man sich gewöhnlich, gemäß der herrschenden Ehrlich-
schen Seitenkettentheorie, vor, daß die Toxine sich an der
Außenseite, an den „Seitenketten'' der angegriffenen Zellen
„verankerten" und sie von außen gewissermaßen bearbeiteten,
bis sie zerstört wurden.
Die Hämolysine können nun in ihren Wirkungen gehemmt
werden durch verschiedene Antikörper, die man Antikom-
plemente nennt. Diesen Namen erhielten die betreffenden
Körper, weil sie nach Einspritzung von dem komplementhal-
tigen natürlichen Serum in die Blutmasse fremder Tiere ge-
bildet wurden. Ehrlich und Morgenroth ^) haben auch einen
Versuch angestellt, um zu zeigen, daß das Antikoraplement
nicht die giftige Seite (die toxophore Gruppe) des Komplements
angreift, sondern vielmehr dasselbe bindet, so daß es nicht
mehr an den Amboceptor gebunden werden kann. Diese Autoren
1) Ehrlich u. Morgenroth, Berl. kl. Wochenschr. 31. 1900
864 & Arrheruus.
scheinen aber nicht eine andere Möglichkeit in Betracht ge-
zogen zu haben, welche aus meinen Versuchen, wenigstens iär
gewisse Fälle, mit großer Deutlichkeit hervortritt. Es zeigt
sich nämlich, daß eine bestimmte Menge Antikomplement stark
hemmend wirkt, sowohl wenn die Amboceptormenge gering,
dagegen die Komplementmenge groß, als im Fall, daß jeoe
groß und diese gering ist, dagegen schwächer, wenn diese
beiden Mengen mäßig sind. In den erstgenannten beiden
Fällen wird der Körper, welcher in geringer Menge Yorhanden
ist, fast vollkommen gebunden und zu Hämolysin verwandelt
Dasselbe wird vom Antikomplement wieder nentralisiert in
seiner Blutkörperchen zerstörenden Wirksamkeit. Bei mäßigen
Mengen wird nur ein Teil, sowohl vom Amboceptor wie vom
Komplement zu Hämolysin gebunden, ein großer Teil bleibt
wegen der Dissoziation in der Lösung freL Hat man nun
gleich viel Hämolysin wie im vorhin erwähnten Fall und ebenso-
viel Antikomplement zugesetzt, so bindet dies wohl einen ebenso-
großen Bruchteil des fertigen Hämolysins in den beiden Fällen.
Der letzte Fall unterscheidet sich aber von dem früher er-
wähnten dadurch, daß freier Amboceptor und freies Kom-
plement in bedeutender Menge in der Flüssigkeit vorhanden
sind, welche zu neuem Hämolysin zusammentreten können,
während im erstgenannten Fall der eine oder der andere der
beiden Hämolysinbildner fehlt (eigentlich nur in 'sehr ge-
ringer Menge vorhanden ist).
Nach dieser Erfahrung ist es wahrscheinlich der normale
Fall, daß das Antikomplement das fertige Hämolysin bindet
und nicht das freie Komplement. Es verhält sich demnach
das Antikomplement zum Hämolysin genau wie das Anti-
tetanolysin zum Tetanolysin. Das Antikomplement sollte dem-
nach Namen ändern und Antihämolysin genannt werden. Nun
ist es aber allgemein, daß ein Antikörper nicht gebildet wird,
falls nicht der betreffende Kör[)er eingespritzt wird. Es muß
also zur Bildung des Antihämolysins ein Hämolysin injiziert
worden sein und nicht nur ein Komplement. Es ist aber eine
alte Erfahrung, daß die natürlichen Sera außer Komplementen
auch verschiedene Amboceptoreu enthalten und folglich auch
Hämolysine — sie wirken auch häutig ziemlich stark hämolytisch.
Es ist demnach sehr wohl möglich, daß nach der EinspritzuDg
Anwendung der physikalischen Chemie. 865
Yon einem natürlichen Serum ein Antihämolysin entsteht, be-
sonders da die Hämolysine (wie die Amboceptoren) viel größere
Verbindungsfähigkeit zu den Blutkörperchen besitzen als die
verbundenen Komplemente. Damit nämlich ein Antikörper
gegen einen eingespritzten Eiweißkörper entsteht, muß dieser
von im Blut oder in den vom Blut bespülten Geweben befind-
lichen Körpern (hier den Blutkörperchen] gebunden („verankert'*)
werdeu.
Die Reaktion zwischen Hämolysinen und Antikomplementen
ist wegen der vielen Dissoziationsprodukte die komplizierteste,
welche bisher in der Serumtherapie untersucht worden ist.
Sie folgt jedoch demselben Neutralisationsgesetze wie die
anderen oben erwähnten Körper mit ihren Antikörpern.
Madsen hat neuerdings das Diphtheriegift in bezug auf
seine Neutralisation durch sein Antitoxin untersucht Er
kommt zu dem Schluß, daß in nicht ganz fiischem Diphtherie-
gift zwei verschiedene Antitoxin bindende Körper sich befinden.^)
Stockholm, September 1903.
1) Zentralblatt für Bakteriologie p. 630. 1903. Vgl. auch „Fest-
schrift" 1. c. p. 72.
Nach späteren (Jan. 1904) Untersuchungen von Madsen und mir,
die bald im Zentralblatt für Bakteriologie erscheinen werden, besteht ein
Gleichgewicht zwischen den Reaktionsprodukten nach der Gleichung:
(Toxin) (Antitoxin) = Konst (Toxinan) (Titoxin). Dieselbe Gleichung mit
derselben Konstante gilt ftür das ungiftige Umwandlungsprodukt des
Diphtheriegiftes, das Toxoid von Ehrlich. Die Anwesenheit von Proto-
toxoiden und Toxonen im Diphtheriegift, welche Körper nach Ehrlich
stärkere bez. schwächere Bindungsfähigkeit als das Hauptgift in bezug
auf Antitoxin besitzen sollen, wurde nicht durch unsere Versuche be-
stätigt. (Anm. bei der Korrektur.)
(Eingegangen 2. Oktober 1908.)
Boltzmann- Festschrift. 55
866
110. On the Mechanical Effieiency of the Produetion
of Sound.
By Arthur Qordon Webster in Worcester, Mass.
There has just come into my band the September number
of the Philosophical Magazine, containing a very interesting
article by Lord Eayleigh: On the Produetion and Distributioü
of Sound. In it he raises the qaestion whether the power
used in actuating fog-signals is really utilized for the produetion
of sound, and states the power consumed by various sourc^
of sound, but does not give data for determining the amoant
of sound emitted, so that the effieiency can not be determined
Inasmuch as I can contribute some data toward such a deter-
mination, I am led to communicate them here, believing them
to be new, feeling that it will be the more appropriate since
the results vere obtained by a method similar in principle to
one used many years ago by Professor Boltzmann, in a
beautiful research performed in conjunction with ToeplerJ)
The method cousists in utilizing the formulae of Helm-
holtz giving the amount of sound issuing from the opening in
an Organ -pipe in terms of the motion within the pipe. In
the work of Toepler and Boltzmann the motion within the
pipe is investigated by examining the condensation of the air
within by an optical method involving interference fringes. In
the work here described the method is more simple, and in-
volves the periodic introduction to a resonator of a measured
quantity of air, the sound emitted at the orifice of the reso-
nator being calculated by the formula of Helmholtz, as in the
work of Toepler and Boltzmann. (I may State that my work
was done before 1 knew of their method.) This method I
have utilized for the construction of a convenient Standard
of sound, by which any required amount of a pure tone may
1) Über eine neue optische Methode, die Schwingungen tönender
Luftsäulen zu analysieren. Pogg. Ann. 141, p. 321, 1870.
Meckanical efficiency o{ productißti of tound.
867
be emitted, the amonnt of emiasioD of energy in unit time
beiBg known in absolute measure. The apparatus is portable,
and bas beeo nsed in many placea, indoors and oot, dnriDg
tbe last üve ye&rs. The inatrumeDt, which I shall refer to
for brevity as the „pkone", was brooght nearly to ita präsent
form after a eeries of experiements by Mr. B. F. Sharpe, made
nnder the direction of the writer. It coDsists of a globular
metal resonator 0, mounted npon a bronze ring S, which is
acrewed into a rigid Standard S forming part of the cast-iron
base S. The back of the globe ie cnt off, and closed by a
r|=f
diaphragm D of ferrotype iroo, tightly clamped between bronze
rings. This diaphragm is set in Vibration by a. stifT vire H'
soldered and riveted to its ceoter, and clamped to a taning-
fork F screwed tightly to the base B. This fork is actuated
by an electromagnet M, carrying an interrupted current given
by an electrically -maintained tnning-fork which remains in
one place od a solid support, covered by a box, to prevent
its emitting any sound, while the phone, connected with it by
a wire cable, can be moved about. The base Stands on
three soft rubber cushions, so that practically all the sound is
emitted from the mouth 0. The amplitnde of the excursion
of the diaphragm I) is read by a micrometer microscope m,
bearing on the end of the wire H, the field of wbich ia Ülu-
minated by a small electric lamp. The screw 7' permits of
the convenient adjustment of the microscope, so that the fixed
hair of the micrometer shall be exactly on the ead of the
868 A. G. Webster.
wire when the fork is at rest By carefiil construction of tbe
auxiliary fork, using a mercury break covered with alcohol,
and driving by a storage cell, such a degree of coDstancy has
been obtained that under favorable circumstances the ampli-
tude of the Vibration of the phone fork remains constant for
an hour with an accuracy of one or two per cent. The tone
emitted is remarkably pure, and not to be distingaished firom
that emitted by a tuning-fork Struck and mounted on a reso-
nator in the ordinary manner, except by the constancy of
the sound.
In Order to calculate the sound emitted, foUowing the
methods explained in Rayleighs Theory of Sound, VoL 2,
P. 194 — 195 (2. ed.), we proceed as follows. If X denote the
volume of air introduced into the resonator of volume F^ the
Potential energy stored is
1 QO^ Yi
where (> is the density of the air, a the velocity of sound.
The kinetic energy of the current of air through the orifice is
2 c [dt)
where c is the diameter of the circular orifice. The dissipation
function, due to the loss of energy from the mouthpiece, is
1 Q n^ Id X\ 2
2 2710 \dtj '
where w is 2;r X frequency. The differential equation for the
motion of the air in a resonator left to itself is accordinffh
Q d^ X . 0 7i!^ d X
c dt^
+ 2na dt -^ V^^^'
If now the quantity of air X^ is introduced into the reso-
nator but not through the mouth the differential equation
will be
ö dr- +27rarf/ + ^(^ + ^o) = ^-
In our case X^ is a harmonic function of the time and
if weput
rj 0 int V Ä int
,)= f e , A = e
we easily tind for the absolute value of Jy
Mechofdced effieienct/ of production of sound. 86U
which is the strength of the source formed by the orifice,
that is the maximum rate of emission of volome of air per
Unit of time.
For Fq is taken the volume displaced by a flexible plate
clamped at the edges, with the tangent plane at its center
parallel to the plane of the edge^ and by adopting the ^^equili-
brium theory" of such a plate I find this volume to be one-
third the area of the plate S multiplied by the displacement
of its center. The values for my instrument are,
frequency = 256 pro sec,
F= 1,685 cm»,
n = 1,608 sec-\
e =s 3,85 cm,
S = 47,78 cm».
The mean rate of emission of energy from such a
source is
(2) w^^^—Ä^
whene k =i n/a, and (o is the solid angle of the cone through
which the sound is emitted, 4n when the source is in free space,
2n when it is next to an infinite plane, such as the ground
in out door experiments. The compression produced at a dis-
tance r is
(3) 5=— — .
The object of the experiments here described is to deter-
mine the mechanical efficiency, that is the ratio of the energy
emitted as sound to the energy input, of as many forms of
sound-producers as possible. (All the sources were of pitch 256.)
Apparently no previous data for this purpose are at band.
A paper by Barton in the Philosophical Magazine for 1892
concems itself with a great number of determinations of the
pressure used in playing wind Instruments, but as nothing is
Said about the volume, even the input of energy is not known.
Lord Rayleigh, in the paper referred to, determines the
input for several musical instruments, and for several fog-
signals, but no data are fumished to enable one to estimate
870 A. 0. Webster.
the Output of sound. The method used by me to detennine
the sound Output was to compare the compression prodaced
at a point B by the instrument placed at a point A wbith th&t
produced at the same point B by the phone when emittiDg
an observed aroount of energy, the phone being placed at the
same point A as the oriiice of the sound-prodncer. This is
yery necessary when experimenting indoor^ as owing to tiie
nodes and loops in a room a slight displacement may lead
to yery great differences in the intensity of the sound receiTed.
The comparison of compressions was made by an instnunoit
to be described elsewhere, depending on measuring the ex-
cursion of a diaphragm by an interferential method. This
instrument which I call a Phonometer, is also susceptible of
absolute measurements, but is here used only to obtain the
ratio of two compressions.
The instruments used began with a wooden organ-pipe,
picked up from a number of old pipes. The input of energr
was measured by measuring the pressure in the pipe by &
small water-manometer, and the rate of air-supply by the
falling of a cylindrical gasometer. The result gave the efiS-
ciency of 0,0013, showing, as suspected by Lord Rayleigh
that nearly all the energy is wasted. An improved pipe was
then constructed, all of metal, with a symmetrical lip, as in
the steam-whistle, so that every factor could be regulateti.
including the width of the lip, and the thickness of the stream
of air, regulated by a cone which changes the width of the
ring through which air is blown. The efficiency now increased
to 0,0038, although it is not certain that this was the great^t
attainable. I have good reason to suppose that this is the
Order of efficiency attained by steam-whistles, as will be shown
presently. The Output of this improved pipe was 1,215 ergs'sec,
when blowTi with a pressure of 1,1 cm of water. When blovn
with a pressure of the order of half an atmosphere it could
be heard half a mile away, the lip being then much wider open-
The next experiments were upon several wind- instruments
played by professional musicians belonging to Sig. Creatones
Italian Band. The pressure was measured by a water gauge
introduced into the comer of the mouth while blowing, to
which even the players of reed-instruments soon aceustomed
Mechanical effkiency of production of sound. 871
themselves. This method, as I afterwards ascertaised, was the
same as that used by Barton and Lord Rayleigh.
To measure the volame, the musician was invited to expel
all the air from his lungs, inspire from the gasometer, and
after blowing for a convenient period, to retum the remaining
Contents of his lungs to the gasometer, the difiference represen-
ting his consumption. Three observers acted, one at the Phono-
meter, who decided when the sound was steady, a second who
took the time of starting and stopping and a third who read
the steady gaugepressure. The resolts are given below, and
the input may be compared with Lord Rayleighs on the
hom, wliich is of the same order, 2 x 10^ erg/sec.
For a stringed Instrument the violin was chosen, being
champed horizontally. and played mechanically by a bow drawn
over it by a cord fastened to a weight by which a good tone
was obtained. From the tension of the cord and the velocity
the inpat was measnred. Being very anxious to obtain some
data on the human voice, and appreciating the difficolty of
obtaining the input on account of the impossibility of intro-
ducing a pressure-gauge below the larynx, I proceeded in the
foUowing rough and ready manner. I fonnd that on singing
steadily, aud then suddenly closing the Ups on a gauge, while
maintaining the same estimated stress on the lungs, tolerably
regulär results were obtained for the pressure. The Yolume
was obtained as before.
Considering the results, the striking fact is the ver}' small
efficiency of all musical instruments, none of them being of
an Order greater than that already found for the pipe. The
number for the bombardino is probably too large, but the
apparent ease of playing this instrument was very noticeable
at the time of the observations. It is also noticeable, if the
observations have any value, that the efficiency of the voice
is greater than that of any instrument, with the possible
excertion of the bombardino. The efficiency of the stringed
instruments apears less than that of the wind. No stress is
to be laid on the results for the oboe, on account of the large
admixture of overtones, which were not taken into account by
the Phonometer.
872
A. G. Webster.
Pres-
sure
vow«- E«y
Sound
Output
ciency
ll
Cornet
18 cm
2^e'
6,7X10»?^
7,7 X 10« ^
0,0011
French Hom
18,2
70,0
12,5
47,3
0,0038
n
Bombardino
17
58,1
3,2
123,1
0,0127
CO
•T3
Saxophone soprano
22
102,5
22,0
19,7
0,0009
(2
Clarinet
16
46,7 i 7,3
30,7
0,0042
[oboe
25
24,0
5,9
0,3
0,00005
Voice
6
! 199,0
11,6
110,0
0,0095
Violin
4,8
2,5
0,00052
Perhaps the best summing up of the results is contained
in the Statement that it would require the blowing of abont
ten million comets to emit a horse-power. The fatility of the
proposals sometimes made to extract power from sonnd is
made apparent The above experiments were made in
November, 1902.
In Order to obtain some data for conclusions as to the
perform ence of fog-signals, I shall give an account of some
experiments made in the summer of 1901 on the audibiUtj
of sound, a subject investigated first by Toepler and Boltz-
mann, then by Lord Rayleigh and Max Wien. The method
of work was to set the phone in Operation with a constant
intensity, while an observer went to a sufficient distance and
listened. The observer at the phone covered and uncovered
the orifice, so as to stop and start the sound at instiints
unknown to the listener, who signaled by raising the arm when
he heard the sound. As the distance increased, the difficulty
of making a judgment as to wether the sound was heard or
not increased, which was indicated to the observer at the phone
by the length of time taken by the listener to raise his arm
after the sound was started. When there were as many right
judgments as wrong ones, the limit of audibility was assumed
to have been reached. This method obviates the fatigue of
the ear due to prolonged attention, as the Stimulus is con-
tinually renewed, and the results showed a tolerably good
agreement between difl'erent observers and between the results
for the same observer at different times.
Mechanical efficiency of production of sound. .873
The experiments were carried on on the smoothly cropped
lawn at Clark University, and at Mount Desert, Maine, where
the phone could be placed over a large expanse of smooth
sea-water in the harbor, as I had found from measurements
with the Phonometer that it was very important to take into
account the nature of the reflecting surface over which the
sound is propagated. Experiments were made either at night,
at Worcester, or at about sun-down, at Mt Desert on evenings
when the sea was of a glassy smoothness and there where no
disturbing sounds. An observer was sent out in a boat, some-
times to a distance of half a mile^ and the distance determined
by a Sextant and a surveyors transit The phone was placed
at the end of a wooden pier extending some distance over the
water. The shores were not of sufßcient height to produce
echoes of any importance, and the water was quite clear of
obstructions. A variety of observers were made use of ,,men^
women^ and children'^ of all degrees of skill in Observation.
Since by 1. the strength of the sound is proportional to the
amplitade of the excursion of the diaphragm, and by 3. the
distance for a given compression to the strength of the source,
the ratio of the micrometer-deflection to the distance of vani-
shing audibility should be constant for observers of equally
acute hearing. These ratios, in arbitrary units, were as follows,
over water and over grass respectively.
Water.
G]
rass.
Observer.
Date.
Observer.
Date.
E. W. »)
Ang. 24
144
A.W.«^)
Aug. 31
504
B.S.»)
« »
188
H.C.«)
» »
666
E.S.»)
» »»
187
P.K.
„ 20
295
P.K.*)
„ 20
166
E.W.
Sept 8
514
E.W.
Sept 8
101
A.W.
Jttly 21
382
E. W.
» >»
148
mean.
472
E.W.
,. 5
95
E.W.
mean.
141
146
The striking thing about the figures is that the result for
grass is more than three times as great as for water, corre-
1) Woman. 2) Sailor. 8) Non-musical philologist 4) Physician.
5) Physicist 6) Two children.
874 Ä. O, Webster.
sponding with the wellknown fact that soands are heard a
long way over water. If however, we consider the water to
be a perfect reflector, the effective strength of the source woqM
be doubled, while if we consider the grass to be non-reflectin^
or acoustically a ,^black body'' we shonld expect the sonnd
to be andible just twice as far over water bnt not three tunes.
It accordingly would seem that the grass not only does not
reäect the sound^ but actually destroys some of it, probabl?
by friction of the tangential component of the motion, by ab-
sorption^ or in some hitherto not considered manner. Tbis
point I am now investigating. I mention this point in order
to show that experiments made over grass to determine iniiii-
mum audibility will require some correction.
Reducing the values for water to absolute measure, cos-
sidering the water as a perfect reflector, I find for frequencr
256 the compression
Ä = 8.88 X 10-^
This agrees rather nnexpectedly well with the value 6 x 10"*
obtained byLordRayleigh over grass whereas if my resultsfor
grass are used my value will be over three tim es larger. Itis
of course possible that the air over the water was so mud
more homogeneous than over the land that my results are
illusory, still I feel that the result deserves attention.
I shall now make use of these results in order to obtain
some information regarding fog-signals. I have not yet had
the opportunity of testing the input of any actual signals, but
I feel sure that there are no signals in the United States
consuming the 130 and 600 horse-power attributed by Lord
Rayleigh to the St. Catherines and Scottish signals. In the
Report on Log-signal Experiments in the Report of the C S.
Light-house Board, 1894, by Major William R. Livermore,
there is coutained information as to the coal-consumption of
a large number of signals. When reduced to continuous blo-
wing, it is found that the average consumption for eighteen
ten-inch whistles is 0,298 tons per hour.
It is impossible to teil how much coal the boiler uses
per horse-power-hour, but if we assume about twenty pounds
the boiler would be of about thirty-three horse-power. In
Ä. G. JTebitter. Mechanical efficiency etc. 875
fact tbe keeper of the Duck Island Light has informed me
that the boiler was called a thirtyhorse-power boiler. This
whistle, which is one of those for which the above figures are
given, I have often heard plainlj at a distance of nine miles.
The audible distance given by Major Livermore for such a
whistle is twenty miles in favorable weather. I am informed
that the Duck Island whistle has been heard at a distance of
twenty-four miles, but this is probably extraordinary. Taking
then twenty miles as the distance of extreme audibility^ and
using my value for s by 2. and 3. we find the sound emitted
to be
r=o??^r2**« 1,25 X 10«?^
^ 2 »ec.
ginng an efficiency of 0,00056. Thus the efficiency would be
of the Order, but less, than that of an organ pipe, as was to
be expected. This is less than the efficiency attributed by Lord
Rayleigh to a siren, by making two assumptions.
Finally consider the phone described above. I find
that with a current of 14 amperes, and a voltage of
0,12 Yolts at the terminals of the coil M, there is an Output
of 1,396 X lO^erg/sec giving an efficiency of 0,083. If we
consider the whole voltage of the storage cell which is more
than enough to drive the phone and auxiliary fork, we still
have the efficiency 0,005. I therefore feel justified in believing
that the phone described above is the most efficient sound
producer known, and to assert that the best way to produce
sound is not by blowing air or steam through orifices, where
most of it is blown through without effect, but by actaal push
and pull of air into a resonator, probably by electrical means.
I am now having constructed a large apparatus on this prin-
ciple, to be driven by a dynamo, with which I hope to obtain
still better results. I present the foregoing figures with reserve,
hoping to improve upon them hereafter.
(EiDgegangen 3. Oktober 1903.)
876
111. Über den Yon Wirkungssphären freien Banm
in einer Flflssigkeit und über das Gesetz der relatiyen
Dampfdrnckerniedrignng.
Von Max Bein^ranam in Münster L W.
Eine von Boltzmann gegebene, im folgenden voran-
gestellte Beziehung f&r die Koexistenz von Flüssigkeit und
Dampft) soll zn einigen Schlüssen benützt werden.
Gegeben seien die Volnmeneinheiten einer Flüssigkeit und
des mit ihr in Berührung stehenden Dampfes. Für ein he-
liebiges Molekül des Systems verhält sich die Wahrscheinlich-
keit, daß es sich in der Flüssigkeit, zu derjenigen, daß es
sich im Dampfe befindet, wie der für dasselbe verfögbare
Baum \ ^ Bf in der ersten zu dem verfügbaren Räume 1 — £^
in der zweiten Phase, multipliziert mit «^z/««^. in letzterer
Funktion bedeutet x die Arbeit, welche beim Übergang eines
Moleküls von der Flüssigkeit in den Dampfranm geleistet
werden muß. Sie ist gleich 2mU z\x setzen^, wenn m die
Masse eines Moleküls und V die Verdampfungswärme der
Masseneinheit abzüglich der äußeren Arbeit bezeichnet, c- ist
das Mittel aus den Quadraten der molekularen Geschwindig-
keiten.
Wir führen femer die Molekülzahlen N und v in der
Flüssigkeit und im Dampfe ein. Dieselben verhalten sich wie
die bezeichneten Wahrscheinlichkeiten des Vorkommens eines
Moleküls in einer der Phasen. Daher lautet der schon aus-
gesprochene Satz:
Die Molekülzahlen in der Volumeneinheit verhalten sich wie
1) L. Boltzmann, GaBtheorie 2. p. 167. Leipzig 1898.
2) 1. c. p. 168.
Von lyirkungssphären freier Raum einer Flüssigkeit 877
die Dichten Qf und q^ der Flüssigkeit und des Dampfes. Be-
rücksichtigen wir femer die bekannte Beziehung
(2) -VIT'
in welcher B die allgemeine Gaskonstante, T die absolute
Temperatur und M das Molekulargewicht bedeutet, so ergiebt
sich mit Rücksicht auf den Wert für x-
2MU
Setzt man in (3) für U den Wert a [Qf — p^) und für B die
theoretische Volumenfnnktion ein, so gelangt man zu der 1. c,
p. 1 69 mitgeteilten Gleichung. Obwohl dieselbe zu interessanten
Beziehungen zu der zugrunde gelegten Zustandsgieichung
führt, kann dieselbe praktisch nicht verwendet werden, da
erstens die Annahme über die Form der inneren Verdampfungs-
wärme zu begrenzt ist^), und zweitens B als Funktion des
Volumens nur bis zu Gliedern solcher Ordnung bisher bekannt
ist, daß die Eigenschaften von Flüssigkeiten mit Hülfe der-
selben noch nicht dargestellt werden können. Es scheint mir
daher nützlich zu sein, auf die allgemeinere Gleichung (3)
zurückzugehen und aus dieser die Größe 1 — B^^ die der theo-
retischen Berechnung so große Schwierigkeiten entgegensetzt,
empirisch zu bestimmen.
Die Bedeutung von l — Bf ist folgende. Denken wir uns
um den Mittelpunkt eines jeden Moleküls eine Kugel be-
schrieben, deren Radius gleich dem Molekulardurchmesser a ist,
so ist ein Teil des Raumes von diesen Kugeln erfüllt, der
in der Volumen einheit frei bleibende Raum, der also einem
punktförmigen Moleküle zur Verfügung stehen würde, ist gleich
der Größe 1 — Bf. Dabei ist schon in Rücksicht gezogen,
daß die gedachten Kugeln sich zum Teil ein oder mehrfach
überdecken. B ist von der in die Zustandsgieichung eintreten-
den Größe b zu unterscheiden. Während der Grenzwert von
B für große Volumina gleich dem achtfachen Volumen der
1) Vgl. M. Reinganum, Theorie und AufstelluDg einer Zustands-
gleichuDg p. 30—37, 79—85 etc.; Inaug.-Diss. Göttingen 1899.
878 M. Iteinffanum,
Moleküle ist^ beträgt der Grenzwert von b nur * das Vier£&die
des von den Molekülen eiDgenommenen Baumes.
Wir formen Gleichung (3) um, indem wir uns auf Tem-
peraturen beschränken, bei welchen die Dichte des Dampfes
so gering ist, daß wir JS^ neben der Volumeneinheit vernach-
lässigen können, und erhalten als Gleichung für die innere
Verdampfungswärme :
(4) UM=^
Nach Griffiths und MarshaP) beträgt die molekulare
Verdampfungs wärme des Benzols bei 20^0. 8103 cal. und bei
50® C. 7743 cal. UM ist durch Subtraktion von AT zu er-
halten, wenn R gleich 1,991 gesetzt wird. Ferner folgt nach
einer Formel von Luginin^ für den Ausdehnungskoeffizienten
des Benzols ()^2o» = 0,8800 und Qf^ = 0,8473. Der Dampf-
druck p beti^ bei 20 <* 75,0 mm und bei 50 <^ 272,0 mm
Quecksilber. Die Dichte des Dampfes berechnet sich aus der
Formel :
o_ =
^9 62400. T
Einsetzen der Werte in (4) ergibt:
1 - Bf2oo= 1,766.10-« com,
1 - i?^5oo = 2,070 . 10-7 com .
Für den Siedepunkt ergibt sich mit dem Werte 7367 für
die molekulare Verdampfungswärme und mit der Dichte 0,8127:
1 - Bfso,29 = 1,807 . 10-«ccm .
Die Genauigkeit dieser Werte hängt natürlich davon ab,
wie weit die Bedingungen der Theorie an der zugrunde ge-
legten Flüssigkeit, und bei Flüssigkeiten überhaupt, erfüllt sind.
Da Benzol sich in bezug auf das Gesetz der übereinstimmeu-
den Zustände normal verhält, so ist zu erwarten, daß die be-
rechneten Werte wenigstens die Größenordnung richtig wieder-
geben. Heben sich die Kräfte im Innern nicht ganz auf, eine
1) C. H. Griffiths u. J. T. Marshall, Phil. Mag. U. p. l. I89ö.
2) Lugin in, Ann. d. Chim. (4) 11. p. 453. 18C7.
Von Wirkungssphären freier Raum einer Flüssigkeit 879
früher von mir eingeführte Annahme^ so würden die nume-
rischen Werte von denen verschieden sein, welche die Theorie
rein elastischer Engeln ergeben würde, jedoch ihre physika-
lische Bedeutnng behalten.
Der von Wirkungssphären nicht überdeckte Baum ist also
bei Flüssigkeiten unterhalb ihres Siedepunktes ein äußerst ge-
ringer Bruchteil des Gesamtraumes.
Er ist femer eine starke Funktion der Temperatur bez.
des Volumens. Während er bei 20^ ungefähr gleich einem
Kubus von Yio ^™ Kanten! änge ist, beträgt er bei 50^ schon
mehr als das Zehnfache, bei 80^ das Hundertfache dieses
Wertes.
Auf sehr kleine Werte für den freien Baum deuten auch
die äußerst kleinen mittleren Weglängen hin, die Hr. Biecke^)
aus der Diffusion wässriger Lösungen berechnet hat
Es wäre von Interesse, die Weglängen / in Benzol oder
anderen normalen Flüssigkeiten aus der Bi ecke sehen Gleichung
zu bestimmen, durch Messung der Diffusion solcher Stoffe, welche
sich in bezug auf das Molekulargewicht und die Konstitution
möglichst ähnlich wie das Lösungsmittel verhalten. Man kann
dann annehmen, gleichzeitig die Weglängen des letzteren an-
genähert zu erhalten. Aus der Beziehung von Clausius')
,__ 2,8285 . (1 - Bf)
läßt sich dann die Oberfläche Q der Baumsumme \ -- Bf be-
stimmen, und es würden die Daten vorliegen, um auch in
bezug auf die in die Zustandsgieichung eintretende Größe b
noch weiter vorzudringen.
Gleichung (1) gestattet femer eine Anwendung auf die
Theorie der Lösungen. Es sei die verdünnte Lösung eines
nicht flüchtigen Stoffes gegeben. Das Lösungsmittel sei im
Überschuß vorhanden, so daß bei Kouzentrationsänderungen die
Zahl der um ein gelöstes Molekül gelagerten und etwa in ihrer
Konstitution beeinflußten Moleküle konstant bleibe und klein
1) £. Riecke, Zeitschr. f. phys. Chem. 6. p. 564. 1890.
2) R. Clausius, Mechan. Wärmetheorie III. 2. Aufl. p. 54 u. 65.
Braunschweig 1889—1891.
880 M. Beinganum*
sei gegen den unverändert bleibenden Teil des Lösiingsmittels.
Damit ist gegeben, daß der von den inneren Kräften herrührende
Potentialunterschied x ungeändert bleibt, die innere Ver-
dampfungswärme also die des reinen Lösangsmittels ist In
Gleichung (1) tritt dann zu x ^i^ bei dem Verdampfen eines
Moleküls zur Zurückdrängung des gelösten Stoffes zu leistende
Arbeit; dieselbe ist aus rein kinetischen Grtmden aus den
Gasgesetzen zu berechnen.^) Da mJQf der von dem Moleküle
in der Flüssigkeit eiDgenommene Raum ist, so ist bei der
Verdampfung die Arbeit P.mjof zu leisten, wenn P den Druck
des gelösten Körpers bezeichnet.
Wir wenden Gleichung (1) auf die Volnmeneinheit des
ungeändert bleibenden Teiles der Flüssigkeit an. Es bleiben
dann JVund l — Bf unverändert. V7ir erhalten daher, wenn wir
die Größen, welche sich bei einer Lösung verändern können,
mit gestrichenen Buchstaben bezeichnen:
3 / mP\
(5) V- = tr5t«
Division durch (1) ergibt unter Vernachlässigung der Größen B
für den Dampf:
Bezeichnet M das Molekulargewicht des gelösten Stoffs und n
die in der Volumeneinheit enthaltene Menge desselben, so ist
der Druck des gelösten Stoffes:
Ofl M ist gleich der Zahl N der Gramm-Moleküle des Lösungs-
mittels pro Volumeneinheit, [>f.M bedeutet die auf dasselbe
Volumen fallende Zahl n gelöster Moleküle, v und v sind pro-
portional den Dampfdrucken p und ;/ der reinen Flüssigkeit
und der Lösung.
1) Vgl. W. Nernst, Theoret. Chemie, 3. Aufl., p. 241 — 242. Stutt-
gart 1900. Speziellere Beweise haben L. Boltzmann, H. A. Lorentz
und E. Kiecke gegeben.
Von H^irkungssphären freier Raum einer Flüssigkeit 881
Durch Beachtung dieser Beziehungen erhalten wir daher
aus (6):
p N
d. h, das Gesetz von Raoult ist erfüllt.
Dasselbe folgt also aus dem zugrunde gelegten all-
gemeinen Satz. Da dieser trotz seiner mehrfachen Beziehungen
zur Thermodynamik kinetischer Natur ist, so kann daher das
Gesetz von Raoult ebenfalls als aus der kinetischen Theorie
abgeleitet betrachtet werden.
(Eingegangen 2. Oktober 1908.)
Boltzmann-Festschrift. 5((
882
112. Über mögliche Größe der optischen Besonatoren.
Von J. Ko88onogo£f in Kiew.
In einigen Mitteilungen ^) habe ich gezeigt, daß die selek-
tive optische Reflexion von der Mikrostruktur der reflektierenden
Oberfläche quantitativ abhängt Aus meinen Untersuchungen
ergab sich: 1. daß die Körner der Oberfläche eines farbigen
Körpers die Rolle der Resonatoren für Lichtwellen spielen^],
2. daß diese Kömer in untersuchten Fällen (Schuppen der
Schmetterlingsflügel, farbige Metallschichten, Films von den
Anilinfarben) eine annähernd kugelförmige Gestalt haben, und
8. daß die von einer solchen Fläche reflektierenden Wellen-
längen den Durchmessern der Kömchen fast gleich oder zwei-
mal so groß sind.
Es hat sich auch erwiesen, daß 1. auf ein und die-
selbe Lichtwelle die Kömer von demselben Stofl'e resonieren
können, die die eine oder die andere oben genannte Be-
dingung befriedigen, und daß 2. umgekehrt ein Kömchen
nicht nur auf eine einzige Lichtwelle, sondern auf eine Beihe
von Wellen resonieren kann, deren Längen im Verhältnisse
1:2:3... zueinander stehen. (Mindestens ist das für zwei
Wellen bewiesen.) Auf solche Weise ist das Vorhandensein
und die Möglichkeit der multiplen (sui generis) optischen Re-
sonanz bewiesen.^) Um eine Vorstellung über diesen Gegen-
stand zu geben, wollen wir ein Beispiel anführen:
1) I. Kossonogoff, Phys. Zeitschr. 4. p. 208, 258, 518. 1903.
2) Dieselbe Ansicht ist von Hrn. R. Wood (Phil. Mag. April 1902
p. 396, Oktober 1902 p. 425) etwas früher auf Grund qualitativer Unter-
suchungen ausgesagt. Vgl. Phys. Zeitschr. 4. p. 518. 1903.
3) Ahnliches ist von Hrn. H. Rubens u. E. Nichols (Wied. Ann.
60. p. 456. 1897) für Wellen von 23,7 /i Länge bewiesen. Vgl. auch
Du Bois (Wied. Ann. 46. p. 548. 1992; 48. p. 546. 1893); Du Bois u.
H. Rubens (Wied. Ann. 49. p. 593. 1893).
Größe der optischen Resonatoren. 888
Silberschicht (2 » 459 fiju A = 480 im
„ dt a 429 /ifi iL = 440 /iif&
„ d=314ju/i X=^nO(ifi
Neuviktoriagrün») d = 363 /i/i* X =» 621 (ifi
„ d = 363 /i/i iL < 467 [ifi.^
Hier bedeutet d den mittleren Durchmesser der Körn-
chen und X die mittlere reflektierte oder absorbierte Wellen-
länge.
Jetzt vergleichen wir die von mir erzielten experimentellen
Resultate mit den theoretischen Forderungen. Die Theorie
gibt') für die Schwingungsdauer einer leitenden Kugel
xmd für die von der Kugel ausgestrahlte Wellenlänge
. 2nd
A ^ ;=- >
1/3
wenn die Kugel in ein Mittel von der Dielektrizitätskonstante
D = 1 eingebettet ist. Diese Wellenlänge entspricht dem, so-
zusagen, optischen „Grundton" der KugeL Wenn wir aber
die Möglichkeit der multiplen Resonanz in Anspruch nehmen,
so können wir erwarten, daß ein Kömchen von einem Durch-
messer d auf eine Reihe von Wellen resonieren kann, welche
die Größen
A = 2^, A' = i^, r^-'^etc.
yy ys 2yT
haben. Dies gibt für diese Reihe von Wellen annähernd die
Größen :
A = 3,6£f, A'=l,8£/, r=0,9£f etc.
Nun wollen wir sehen, inwieweit solch eine theoretische
Forderung mit den experimentellen Angaben zusammenfällt.
1) Anilinfarbe von der Badischen Anilin- und Sodafabrik in Lud-
wigshafen a. Rh.
2) Das zweite Absorptionsband in der Schicht von Viktoriagrün be-
ginnt bei k » 467 fi/u and reicht über den ultravioletten Teil des Spektrums
hinaus; da ich aber kein Jl/e/^nstrument für Untersuchungen auf diesem
Gebiet hatte, so konnte ich keine genaue Mittelwellenlänge bestimmen.
3) J. J. Thomsen, Recent Researches in Electr. p. 370;
H. Poincar^y Oscill. Electr. p. 91. 1894; A. Lampa, Sitzungsber. d.
k. Akad. d. Wissensch. zu Wien 112. (IIa) p. 51. 1903.
Ö6*
884
/. Kossonogoff,
In der nachfolgenden Tabelle sind diese Angaben folgender-
maßen zusammengestellt: in der ersten horizontalen Kolomne
sind die experimentell gefundenen Durchmesser d der Kömchen
gegeben, in der zweiten die mittleren Wellenlängen X des von
der untersuchten farbigen Schicht reflektierten (oder absor-
bierten) StrahlenkomplexeSy in der dritten die nach dem ge-
fundenen d berechneten Wellenlängen X oder X' und schheßbch
in der vierten Kolumne die Größen
±-^\Q0 oder i-^100.
A. Schuppen der Schmetterlingsfiü^rel«
r=0,9d
d fifi
Xfifi
r= 0,9 d
-^100
k fjfji 460
X"= 0,9 d 396
1-r
687
672
666
660
655
682
618
605
599
+ 6
+ 8
+ 5
573
562
548
560
556
550
516
506
493
+ 8
+ 9
+ 10
440
426
664
650
598
+ 8
548
577
493
610
628
557
+ 11
538
537
484
+ 15 +10
608
545
547
0
535
557
482
607
632
546
+ 12
534
532
481
+ 13 +10
605
576
545
+ 5
526
526
473
+ 10
603 601570
627 545 556
543 54l!5l3
+ 13 +1 +S
515
500
464
483 4T3
475465
435 426
+ 7 1+8 +8
435
383
l
d ^fi
100 j + 14 +12
389
630
B. Farbige Metallschichten.
385 j 335 32G 318 314 300 | 291
630 625 , 081* 620 610 ; 595 ! 570*
X' = lfid\ 700
-11
¥ '»»
693
603 587* 572, 565 540 ' 524*
250 298 283
585* 575 530'^
450* 536 509
d uu
X ufi
X' = 1,8 d
'-^X 100
264
490
475
-10 + 4 +15'^ 4-8+71+9 + 8* +23* +7 +4
244 240 221
500* 482* 490*
439*' 432* 39S*
- 3 +12* +10* +19*
* Die Körner sind in Kollodium oder Gelatine eingebettet.
1) Diese mittlere Wellenlänge (für eine Platinscbicht) konnte nicht
mit Sicherheit bestimmt werden.
Größe der optischen Resonatoren,
885
C. Anilinfarbenaohichte.
dfiu
y = 1,8 d
— -— 100
863
834
826
825
308
307
298
621
571
566?
603
590
585
514
658
601
587
585
554
552
522
-5
-5
-2?
+ 8
+ 6
-3
-2
288
571
518
+ 9
Indem wir die angeführte Tabelle betrachten, bemerken
wir, daß die experimentellen Angaben den theoretischen Forde-
rungen sehr nahe entsprechen und hierin können wir eine Be-
stätigung der Theorie sehen. Die Abweichungen
(LrJ^lOO oder ^-^loo),
welche hier statt haben, stammen Ton zwei Ursachen her.
Die erste von ihnen ist eine subjektive und besteht darin,
daß die Grenzen des von einer Schicht reflektierten Strahlen-
bündels nicht mit voller Sicherheit^] gefunden werden konnten;
dadurch muß ich einen Fehler von ca. 10 Proz. für die gefundenen
Wellenlängen X (bei Lepidoptera und Metallen) als möglich
halten. Bei Anilinfarben war A nach der Beobachtung der
Absorpäonsstreifen gefunden; hier ist obiger subjektiver Fehler
viel kleiner und erreicht etwa 1 Proz.
Die zweite Ursache der Fehler liegt in der Natur der
Erscheinung selbst und ist aus folgender Überlegung leicht
verständlich. Beobachten wir Absorptionsstreifen in den Lö-
sungen von einer Anilinfarbe, so finden wir folgendes: je mehr
wir die Lösungen verdünnen, desto enger wird das Absorptions-
band und umgekehrt. Daraus schließen wir, daß je dichter
die Resonatoren in einem Lösungsmittel gelagert sind, d, h. je
mehr ihre gegenseitige Induktion stattfindet, desto breiter werden
die Absorptionsbänder,*) Dies hat eine wichtige Bedeutung bei
der Qualifikation der Angaben, die die Anilinfarben betreffen.
Für die Untersuchung der Absorptionsbänder der Anilinfarben
nahm ich verhältnismäßig dicke (etwa 5 ju), auf eine besondere
Weise präparierte Spiegelschichten von diesen Stoffen; dadurch
1) Ich hatte kein 3fe/8in8tmment dazu und arbeitete bloß mit dem
Spektroskop and dem Auge.
2) Dies steht im Einklang mit der theoretischen Forderung (J. J.
Thomson, 1. c. p. 533).
886 /. Kossonogoff.
waren günstige Bedingungen dafär gegeben, daß die g^enseitige
Induktion der Kornchen eine bedeutende Rolle spielen könne.
Als Folge dieses Umstandes erschien die Verbreiterung des
beobachteten Absorptionsbandes gegen jene Dimension^ die es
im Falle möglichst ToUer Beseitigung der gegenseitigen Indok-
tion haben mußte^ und die wir als ,,normale" bezeichnen
dürfen. Die Verbreiterung der Absorptionsbänder beim Ver-
dichten der Lösung erfolgt aber asymmetrisch; wenn dem jedoch
so ist, so kann die mittlere Wellenlänge des verbreiterten Ab-
sorptionsbandes mit der des normalen Bandes nicht zusammen-
fallen.
Die quantitativen Angaben, welche ich aus meinen Unter-
suchungen erzielt habe, zeigen, daß die Verschiebung der Mitte
eines Absorptionsbandes beim Übergang von einer sehr ver-
dünnten Lösung (ca. 0,005 Proz.) zu einer dickeren (ca. 0,1 Prw;.
etwa 6 — 8 Proz. erreicht, d. h. um solch einen Teil seiner
Größe ändert sich der Wert der mittleren Wellenlänge a des von
der Schicht absorbierten Strahlenkomplexes. Zum Beispiel habe
ich gefunden: I. Lösung 1 g Methylviolett in 1000 ccm Alkohol:
Absorption von l^ = 653jMju bis X^ = 467ju/it; mittlere absor-
bierte Wellenlänge A = 571 jw/i. 11. Lösung 1 g Methylviolett
in 32000 ccm Alkohol: Absorption von ^' = 597 ju^ bis
A^"=589^ju; mittlere absorbierte Wellenlänge A' = 593 fi«:
-^^^.100 = + 5,61).
Dieser Umstand zwingt uns zuzulassen, daß im Falle von
Anilinfarben die nach der Untersuchung einer dicken trockenen
Schicht gefundene mittlere Wellenlänge des Absorptionsbandes
ähnlicherweise bis ca. 8 Proz. von der „normalen" Absorptions-
Wellenlänge verschieden sein kann.
Für die Metallschichten und Schuppen von Lepidoptera
spielt diese Ursache keine wichtige Rolle, da in diesen die
Körner ziemlich voneinander entfernt sind, so daß man den Ein-
fluß der gegenseitigen Induktion für ziemlich klein halten kann.
1) Eingehende Untersuchung über diesen Gegenstand ist auf
meine Anregung von Hrn. Bjalobjewski unternommen und jetzt ei^
gänzt. Er hat in allen von ihm untersuchten Fällen denselben Verlauf
der Erscheinung gefunden.
Größe der optischen Resonatoren^ 887
Auf solche Weise spielt bei dem Aufsuchen der wahren
Größe A, welche dem Durchmesser der Körnchen entspricht,
für die Metallschichten und Lepidopteraschuppen die erste
Fehlerursache und für die Anilinfarben die zweite eine wich-
tige Rolle. Der Einfluß dieser beiden Ursachen ist aber recht
verschieden , wie aus folgendem leicht ersichtlich ist Die
Größe der Wellenlänge X für Metallschichten und Lepidoptera-
schuppen war größtenteils nach dem Vergleichen der Farbe*)
der zu untersuchenden Schicht mit den Farben eines objek-
tiven Spektrums gefunden, das auf eine kalibrierte Skala ent-
worfen war. Das Auge orientiert sich immer leichter im linken
(zum Rot näheren) helleren Teile des Spektrums; indem wir
die Reflexion von einer Schicht (z. B. von einer Schuppe) beob-
achten, bemerken wir die reflektierten Strahlen im linken Teile
des Spektrums leichter als im rechten (violetten) und dadurch
begrenzen wir unwillkürlich den reflektierten Strahlenkomplex
mit längeren Wellen, als es in der Tat sein sollte. Auf solche
Weise finden wir die mittlere Wellenlänge dieses Komplexes
immer etwas größer, als sie wirkUch ist.
Bei den Anilinfarben spielt die zweite Ursache die
Hauptrolle, und zwar im recht entgegengesetzten Sinne:
wegen der Asymmetrie der iVerbreiterung des Absorptions-
bandes gegen die ;,normale'' Dimension verschiebt sich die Mitte
des Bandes in den dicken Schichten, wie oben gesagt ist, und
zwar immer (in von mir untersuchten Farben) zum violetten
Ende des Spektrums (also zu den geringeren Wellenlängen)
hin. Dadurch müssen wir für Metalle und Lepidoptera-
schuppen im allgemeinen positive Werte von
1 — 1' 1 — 1"
^ 100 oder ^ 100
erhalten, für Anilinfarben dagegen — negative, was sich auch
als tatsächlich ergibt, wie man aus der oben angeführten Ta-
belle ersehen kann.
Weiter können wir aus der Tabelle auch den Einfluß des
die Kömer umfassenden Mediums sehen: bei den Zahlen, welche
mit dem Zeichen * versehen sind, erblickt man die größten Ab-
weichungen der experimentellen Angaben von den theoretischen.
1) Vgl meine erste MitteiluDg. Phys. ZeitBehr. 4« p. 209. 1903.
B98 /• KfMomogaff.
Diese großen Abwdchimgeii werdm jedoch leioiit ed^btitr,
.wttsn man in Beteadit zieht, daß diese fUle sich aaf die
in EoUodinpi oder Gelatine eingebetteten BesoiiftbneD (gs-
wSbnKöhe photographische oder Lippmannache Sums) be-
sdehen. Dieses Besuttat »tsprioht sehr gat einer SdiIol>
folgerang der theoretischen Untersnchnng Ton Hm. A« LanpSp
welche den Fall betrifift, wenn die BesmiatoreiiL mm siasr
dünnen Schicht von DielAtankiun {D > 1) umkleidet abd: ik
von einem Besonator in die Luft aosgeatrahlte W^kdiap
ist in diesem Falle etwas großer ^^als die WeUenliiigs te
Ton der Engel allein ansgehmden Strahhmg^'.^)
Was die Gtoanigkeit der Messungen der Kfimchendiiidh
messer betrifity so war diese sehr groß: der MessongsfeUer
war in jeder Messongsreihe nidit größer als ^i^ tta m
Kömchen; doch sind die Kämer selbst elwas m^gleAAz bei des
Schuppen z. B. erreichen die mittleren Abweiohiiiigea dar
DnrduDiesser der Körnchen an yerschiedenen Stdlen ca. %
bis 9 Proz. •
Wenn wir nun alles Obenerwähnte in Betracht ziehan, s»
werden die Abweichnngen zwischen den experimentellen Ab-
jaben und denen der Theorie leicht Terstftndlioli.
Auf Grund der Angaben der oben angeflEkhrten TabeD«
können wir, so scheint es mir, sagen:
1. Die selektive optische Reflexion häogt von der Mikro-
struktur der das Licht reflektierenden Oberfläche queaiijf
tativ ab.
2. Die Körner, aus welchen die reflektierende Schicht
zusammengestellt ist, können als Resonatoren fiir optische
Schwingungen in demselben Sinne aufgefaßt werden^ wie die
Leiter als Resonatoren für Hertzsche Schwingungen. Dahei
ist auch multiple optische Resonanz möglich.
3. Das Verhältnis zwischen den linearen Dimensionen
der optischen Resonatoren und den Ton ihnen reflektierten
Wellenlängen entspricht der Theorie.
4. Die von uns gefundenen Resonatorengrößen sind nicht
die einzigen, sondern nur einige von den möglichen« Es ist
unzweifelhaft, daß auch kleinere Resonatoren möglich sind,
1) A. Lampa, 1. c. p. 65.
Größe der optischen Resonatoren. 889
die zu den vod uns untersuchten im einfachen Verhältnisse
stehen.
5. Die Resonatorenkömer in einer farbigen Schicht sind
nicht von genau identischer Größe, diese letztere variiert etwas;
die herrschende (mittlere) Größe der Resonatoren bedingt die
Farbe der Schicht
6. Bei dem Vorhandensein in einem Räume ziemlich dicht
eingelagerter Resonatoren übt ihre gegenseitige Induktion einen
Einfluß auf ihre Schwingungsdauer aus, wie es schon von Hm.
Dr. F. Kirchner für Lippmannsche photographische Films
bei deren Aufquellen beobachtet ist^) Bei seiner Untersuchung
konnte aber auch das neue Dielektrikumwasser (außer Gela-
tine) auf die Erscheinung einen Einfluß ausüben.
7. Die Vergrößerung der gegenseitigen Induktion bedingt
(in von mir untersuchten Anilinfarbenlösungen — Neuviktoria-
grün, Eristallviolett,Cerise, Corallin,Methylyiolett, Eosin bläulich,
Phloxin, Fuchsin) immer die Verkleinerung der mittleren Wellen-
länge vom absorbierten Strahlenkomplexe.
8. Das die optischen Resonatoren umgebende Mittel beein-
flußt ihre Schwingungsdauer im Sinne der elektromagnetischen
Theorie, wie es für Hertzsche Resonatoren von den Herren
E. Aschkinass und Cl. Schaeffer^ bewiesen ist.
Kiew, Phys. Laboratorium d. k. Universität.
1) F. Kirchner, Sitzangsber. d. k. sächs. Geselbch. d. Wissensch.
zu Leipzig 30. Juni 1902.
2) £. Aschkinass u. CI. Schaeffer, Ann. d. Phys. 5« p. 489. 1901.
(Eingegangen 8. Oktober 1903.)
890
113. The Inflaence of Low TemperatoreB lipon Certua
Golor Indicators.
By B. 1». Hiohols and IBmest Merritt in I$hakm N. Y.
In the course of some recent es^eriments upon the optical
behavior of organic bodies at low temperature, certain strikiiig
color changes were observed in bodies of the class nsed in
chemistry as indicators when these were subjected to cooliog
ander the inflaence of liqaid air. It is the pnrpose of the
present paper to describe the phenomena obserred, particaki^
in the case of two typical sabstances, phenol-phthalein and
cyanine, and to consider the bearing of the color dian^
shown by solations of these indicators apon the acceptai
theory of this sabject
Bzperimenta with ph^nolpphüialefn.
1. A normal Solution of sodiam carbonate (Na^GO,]^ 58 g
per liter, was satorated with phenol-phthalein at 15^ C. Tlyi
liquid, of the usual intense reddish purple^ was placed in s
test tube^ the lower end of which was submerged in liquid air.
Ice formed rapidly in the bottom of the tube, extending gra-
dually upwards until the entire Solution was frozen. The ioe
was slightly translucent and very faintly pink in color, bnt
changedy upon warming, to a deep red before the melting
point was reached. The color of the ice after this transfbr-
mation appears to be a purer red than that of the nnfirozen
Solution, as though a portion of the violet component of the
color of the liquid had been suppressed.
When the tube of red ice, preyiously formed, was moonted
within a cylindrical Dewar bulb, the bottom of the test tube
being just above the surface of the liquid air, the restoration
of the pale pink color began at the bottom of the tube cree-
ping upward as cooling progressed. The line of demarcation
was very sharp and it was evident that the change of color
occurred suddenly and at a definite temperature. With more
Jnfiuence of low temperatures upon indicafors. 891
dilute Solutions the ice was snow white when cold, showing
no trace of color^ and became red as before upon warming.
The column of ice from the test tube, when in the red state,
was hard and when broken it was found that the color ex-
tended througbout the mass. There was no perceptible lack
of homogeneity. When, however, pieces of the red ice were
suspended in warm air it was noticed that, in process of mel-
ting a strongly colored red liquid drained away, leaving a clear
colorless ice behind.
Similar results were consistently obtained with various
strengths of the phenol-phthalein Solution irrespective of the
alkali employed ; and Solutions made by adding a few drops of
the alcoholic Solution of phenol-phthalein to water gave the
same result.
2. In Order to compare the phenomena just described with
those occurring in an alcoholic Solution of phenol-phthalein,
fröm which water had been so far as possible excluded, a
suitable amount of that indicator was dissolved in absolute
alcohol which had been previously made alkaline by the Im-
mersion of a stick of dry sodium hydroxid (NaOH). The
Solution contained a sufficient amount of phenol-phthalein to
give streng coloration to the liquid. When it was placed in
a test tube and cooled by liquid air, in the manner previously
described, a gelatinous mass distinctly pink (pale reddish purple)
in color formed at the bottom of the tube and the lower por-
tions of this jelly were subsequently converted into hard ice
of the same color. Above the surface of the purple jelly the
Solution was entirely colorless and clear for a distance which
depended upon the steepness of the temperature gradient
through the liquid. The upper portion of the Solution retained
its original reddish purple color until a certain temperature was
reached at which its color became lost In this case it is to
be noted that the loss of color occurs at a temperature above
that at which alcohol begins to assume a solid form. The
relative positions of these various zones or layers in the course
of the experiment is shown in Fig. 1.
The color of the frozen alcoholic Solution was observed
to diminish appreciably with falling temperature; being more
intense at the top of the hard ice than below. üpon the re-
892
L Nichoh und E. Mtrritt.
Petition of these observations with the alcoholic Solution dilated
by an equal bulk of water it was found that tbe purple solatiou
retained its color, altboagb with sUghtly diminishiDg intensiües,
dowQ to the zoue in whicb the ge-
latinous ice was forming. Tbe latter
howerer was clear with a distiiict
greenisb yellow color, which was con-
verted, at a still lower temperatnre.
■T" (ipod into an opaque mass of pale reddisb
pnrple or pink ice.
[Dri«j&vwd It ^*8 noted that only those
^i portions of tbe ice assumed the pink
^. ' . ^pZ^u £ color wbich, owing to their proxinity
to tbe liquid air, bad been rapidlr
frozen. In parts of tbe tube abore
the surface of tbe liquid air die
Fig. 1. jellowisb green jelly retained its color
evea when converted into solid ionn,
UpoQ repeating the freezing of this Solution in a tube tbe bottom
of whicb did not reach tbe surface of tbe liquid air ohIt
yellow ice was formed and this, when subsequently submerged.
did not turn purple. It appears therefore that the parple
color is a result of auddeo freeziog.
'd. To determine the temperatures at which these strikiE^
color cliaiiges occur, a ring shaped coil ofNo. 4Ü copper wir--
(diameter 0,0078 cm) with silk insulation was made. Tbt
diameter of the coil was 1,6 cm. The body of wire consti-
tuting the ring was approximately cylindrical and about 0,2 cm
in diamoter. By means of a framework of ligbt glass tubioi
Ulis riDg was supported in a horizontal position within a lest
tube of diameter just sufficient to freely adniit it. Wires of
heavier copper were attached to the terrainala of tbe coil anJ
were carricd Tertically upward within the giass tubes which
supported it, The resistance of the coil at room temperature
{18,45") was 14,90 ohins. The resistance of the insulation
when the coil was sulinierged iu aqueous Solutions at room
temperature was found to be about lOOÜUO ohms.
This coil, the resistance of which was to be used for the
measurement of temperatures, was caHbrated by submergeoce
Ivfluence of low temperaiures upon indicators. 893
successively in melting ice, in a thick pasty mixture of carbon
dioxide and ether (the temperature of which according to care-
ful determinations by Olszewski, is —79,80% and in freshly
prepared liquid air, the temperature of which probably varied
bat little from — 192^ The calibration curves of coils pre-
pared from modern commercial copper wires differ so little
from straight lines between — 1 95^ and 0^ that one may for
most purposes content himself with the determination of the
three points just mentioned. Measurements of the coil at room
temperature feil accurately upon the Prolongation of the
straight line joining the Observation points at 0*^ and at
— 79,8 ^ It is belle ved that for temperatures lying between
these points the error of determination of the temperature of
the coil nowhere exceeds 0,1 ^ C. By means of this coil it was
found that the temperature at which the white ice, formed by
the freezing of the normal Solution of sodium carbonate satu-
rated with phenol-phthalein^ begins to assume a red color, is
— 2.8^ C. The melting point of the red ice thus formed is
-2,1« C.
The temperature at which the undiluted älcoholic Solution
described above loses its color is — 76,5^. The temperature
of transition into jelly, and from jelly into ice, is more difficult
of determination. These temperatures are however approxi-
mately —98« (formation of jelly) and —165« (production of
hard ice). In the case of the 50 proc. Solution, where the color
change corresponds to the transition from liquid to jelly, the
whole of the liquid being pink and the whole of the solid
yellow, the temperature of transition was found to be — 50«.
4. In Order to determine conclusively whether the red
ice of the aqueous Solution of phenol-phthalein is a homogeneous
solid or whether, as the observations already described had
led US to suspect, the color was due to an intensely red liquid
permeating the mass of colorless ice, the following experiment
was tried. An alkaline aqueous Solution of the indicator was
introduced into a thick walled glass of small bore. This was
then sealed off at one end, and was connected with a
Cailletet pump. The Solution was frozen to white ice by the
application of cold brine, into which a small amount of liquid
air had been stirred. The tube, still surrounded by the brine.
894 L, Nichols und E. Merritt.
was then allowed to rise in temperature until near the point
of color change^ when pressures up to about 200 atmospheres
were applied by means of the pump. The ice column tnrned
red, and upon release from pressure returned to its white form.
This striking change of color could be observed at eveir stroke
of the pump, the color disappearing as the pressure ran down
by leakage between the strokes. It is evident that the red
color of the ice is due to included particles of a liquid which
has a slightly lower freezing point and which in this experi-
ment is melted by pressure.
Experiments with Cyanlne.
5. Crystals of cyanine were dissolved in alcohol and i
few drops of the alcoholic Solution were added to water. Tle
Solution was rendered colorless by the addition of sulphuric
acid. When a test tube filled with the acidulated Solution
was placed over liquid air, in the manner already described,
white ice formed in the bottom of the tube. To the upper
portion, which was still liquid, sodium
hydroxid was added until the solotioD
had a streng blue color. This portion
when frozen was still blue with a sus-
-blue u<fuuL. gestion of purple at the tojD.
6. Water to which enough of tbe
alcoholic Solution of cyanine had been ad-
-,na-pie ic, ^^^ ^^ ^j^^ ^ stroug bluc color was frozen
from below. The ice was purple at li-
^,^,,^ ,,., quid air temperatures, a brilliant blue Id
the layers lying some distance above the
surface of the liquid air and possessing
--piirph ice. ^ somewhat higher temperature, and purplt-
in the still warmer regions near the top.
Fig, 2. The lines of demarcation w*ere quite shar]^
The relation of these zones as observed
in the course of the experiment is indicated in Fig. 2.
7. Blue Solutions of cyanine were very carefuUy decolo-
rized by the addition of dilute aquoous Solutions of various
acids, great care being taken to add only the precise amount
Influence of low temperatures upon indicators, 895
of acid necessary to effect the destraction of color. The acids
used for this purpose were respectively oxalic, acetic, citric,
and sulphuric. Upon freezing these carefnlly balanced Solutions,
in the manner already described, ice was produced which
possessed in each case the remarkable display of colors ob-
tained by freezing blue Solutions of cyanine. The ice column
was purple at very low temperatures, with a blue ring or band
covering the region of intermediate temperatures, and purple
in the still warmer portions at the top of the tube. We have
here the remarkable phenomenon of colored ice produced by
the solidification of a liquid devoid of color, For purpose of
comparison a Solution of phenol-phthalein was largely diluted
with water. To this the largest amount of sodium hydroxid
was added which the phenol-phthalein Solution would take
without turning red; when frozen, the product was a color-
less ice.
8. To determine the temperature at which the purple ice
produced by the freezing of cyanine Solutions changed to blue,
and the lower temperature at which the restoration to purple
took place, the copper coil was inserted in the test tube as in
the temperature measurements already described. Blue Solutions
of cyanine, and Solutions which had been brought to the point
of decolorization by means of sulphuric acid and of acetic
acid respectively were tested in turn. The process, as before,
consisted in cooling the test tube from below with liquid air
and measuring the resistance of the coil when its position
coincided with the upper and lower edge of the blue ring. It
was not found possible to determine the temperatures at which
these color changes took place with the same accuracy as in
the case of the ice from the phenol-phthalein Solution, but the
temperatures are believed to be accurate within two or three
degrees. The results obtained in three characteristic cases are
shown in the foUowing table:
Table
Purple toblae Blue to purple
Dilute aqueous Solution (alkaline) — 30,0^ - 91,5^
Dilute aqueous Solution (with sulphuric acid) — 81,5^ — 91,0^
Dilute aqueous Solution (with acetic acid) — 88,5® — 94,5^
896 L. Nichols und E. MerritL
The freeziog point of an aqueous solation, which con-
tained about 1 ccm of the strong alcoholic solation of cyanine
to 250 cm of water, was — 2,7 ®.
9. A Solution of cyanine in absolute alcohol was frozes
by the gradual application of liqoid air from below. Perfecdj
clear ice was formed at a temperature of — 155^. WhflD
viewed by transmitted light this ice showed a blue color ahnest
identical with that of the liquid. By reflected light it vss
however a deep red. The test tube containing this alcoholic
ice was subsequently observed when illuminated by the light
of the spectrum. The color by reflection was found to be dne
to a fluorescence, which was excited most strongly by tiie
yellow and green rays and disappeared when exposed to the
blue or violet.
Experiments with other Indicatora.
In addition to the experiments with phenol-phthalein aol
cyanine the foUowing observations were made of the effects cf
freezing Solutions of other substances capable of being lued
as indicators.
10. Methyl orange was dissolved in the proportion of one
gram to the liter of water and a few drops of this Solution
were added to 10 ccm of water in a test tube, The pale
yellow alkaline Solution freezes to an ice faintlj tinged witb
yellow at the temperature of liquid air. On warming, it tum?
to a bright yellow just before the melting point is reachei
The acid (red) Solution freezes to a dark reddish brown ice.
11. Tropaeolin. The alkaline Solution freezes to a yellow
ice of a paler color than the liquid. The color increases
greatly in intensity on approaching the melting point The
acid Solution (red) freezes to a dark brownish purple ice.
12. Para-nitro-phenol. The alkaline Solution freezes toi
white ice, which becomes greenish yellow just before melting.
The colorless acid Solution freezes to a white ice.
13. Corallin. The red aqueous Solution yields a reddish
salnion colored ice which retains its color at liquid air tem-
peratures. The yellow acid Solution yields a pale yellow ice.
14. Phenacetolin. The red alkaline Solution yields a pink
ice which retains its color at liquid air temperatures. The
Infiuence of low temperatures upon indicators, 897
yellow acid Solution giyes a white ice which changes to yellow
before melting.
15. Carminio acid. The purple alkaline Solution yields
a purple ice, the acid Solution an ice of much lighter color
(nearly whitej. Both colors become stronger upon approaching
to the melting point.
Theoretieal ConBiderations.
The generally accepted theory of the color changes of
indicators assumes that the color of such Solutions is due
either to the presence of free ions, in which case it appears
upon dissociation; or that the color is due to the molecules
of the indicator, in which case it disappears upon dissociation*
In the case of the aqueous Solutions the observations recorded
above are in harmony with this theory, and the following con-
clusions may be reached:
a) The red color of alkaline phenol-phthalein is ionic,
since it disappears upon freezing. The faint pink observed in
the ice of the stronger Solutions is probably a molecular color,
whichy in the liquid, is masked by the stronger red due to
the free ions.
b) The color of the blue Solutions of cyanine is chiefly
molecular, but the redder purple of the ice as compared with
the blue of the liquid suggests that one component of the
color of the Solution is suppressed by freezing. We know of
no existing theory to account for the suppression of the red
component at —30^ and its restoration at —91®. The fact
that upon freezing the dissociated colorless Solution, carefully
brought to a balance by the addition of acid, the same purple
and blue varieties of ice are produced as when an alkaline
Solution is frozen, suggests that, when dissociation cea^es, the
molecular Compounds formed correspond to some extent at
least to those existing in the alkaline Solution.
c) Methyl-orange appears, from the color of the ice, to
possess a faint yellow molecular color superimposed upon an
intense yellow due to free ions. The acid Solution possesses
a brownish red color of molecular origin, which in the liquid
is probably also modified by the yellow color due to the ions.
BoltzniaDn-Festscbrift. 57
898 L. NichoU und E. Merrüt. Influmre of Zcmt ttc.
Upon freezing the stronger ionic yellow is suppressed, leanng
a pale yellow ice and a brown ice respectively,
d) The sali formed from tropaeolin^ when that indicator
is rendered alkaline appears to posaeas a pale molecular yellow
in addition to the strong yellow due to tbe iona. The »cid
Solution shows a similar combination of ionic yeUow and of
dark brownish purple due to the molecules.
e) The rose color of the alkaline Solution of phenol-ace-
tolin appears to be molecular in character; where as the yellow
of the acid Solution is ionic.
f) Both colors of the carminic acid solutioDS s^pear
to be chiefly molecular, although the increased coloration of
the ice upon warming may indicate that in parüy dissociated
Solutions ionic color is superimposed upon that due to tbe
molecules.
g) The color of the alkaline Solution of para-nitro-phenol
appears to be purely ionic.
In the case of the alcoholic Solutions tested a aatisfacton
explanation of the observed color changes is naore difficuh.
The greater complexity of the phenomena of Solution in alcobol
and the fact that the ice formed is amorphous are doubtle«
reasons for expecting more complicated color changes tha£
those observed in aqueous Solutions. We are of the opinioE
tliat a more extended experimental study of the phenomen&
is necessary before a satisfactory interpretation of these re-
sults can be reached.
Certain interesting phenomena of fluorescence which were
observed m the course of this investigation and of which al!
mention has been omitted here, we propose to consider in a
fortlicoming paper.
Physical Laboratory of Cornell University, Sept. 1903.
(Hingegangen 3. Oktober 1903.)
899
114. The Van der Waals a in Alcohol and in Ether.
By Edwin H. Hall in Cambridge Mass. U. S. A.
If we make the two assumptions:
1. that the pressure due to molecular attraction within a
fluid is ajv^^ where t; is the specific yolume and a is some
constant;
2. that the energy per molecule, aside from the potential
energy due to the attraction just mentioned, is a function of
temperature only, so that it remains constant during any iso-
thermal change of State;
we can find the value of a by means of the well known
equation ^)
where q » the internal work of evaporaticm,
v^ = the specific volume of the liquid under the pressure
of its saturated vapor;
v^ = the specific volume of the saturated vapor.
The value of a thus obtained will hereinafter be referred
to as a.
If we apply assumption 2 in the case of isothermal
changes of volume occuring in the liquid state, without eva-
poration, we get
(2) a=[^T-p)v\
where p is the extemal pressure,
V is the specific volume,
T is the absolute temperature ,
. is the coeflF. of expansion, [l^]\,
k is the coeif. of compressibility — (^)~'
If, by using equations (1) and (2) with a given fluid at
1) See, for example, W. Kernst, Theoret. Chem. 4. p. 241. 1908.
57*
It is to be observed that such an investigatio:
undertake to test the applicability of the van d
continuity equation to the liquid State, for it has
do with the b of that equation.
Ä brief study ^) of the behavior of water has
value of a, from the data of the liquid State, to Im
than the yalue of a\ from the evaporation data, bot!
and at 60^ C, though the discrepancy is far less at
temperature than at the lower.
A study of the data given by Amagat *) for k
in the case of ethyl alcohol and ethyl ether, supph
the eyaporation data of these substances, has given
tabulated below.
As Amagat does not give the values of the ne€
cients at definite temperatures and pressures, bat
mean yalues of k through considerable intervals of
particular temperatures and the mean values of e th
siderable intervals of temperature at particular pressi
been necessary to get the particular values of k
means of curves plotted from the data given by Ai
K\ this process and in various others, some inaccur
5 doubtless entered^ but, in the opinion of the writer, i
^ seriously aflfect the general character of the resull
The observations of Amagat extended from 1 to \
soheres and from 0^ to 198^ C. with each nf i
Tke Fan der Waals a. 901
pressure. An attempt has been made, howeyer, to get values
of these coefficients for particular conditions up io the highest
pressure and, in the case of ether, up to the highest tem-
perature. With alcohol Amagat had no stopping place bet-
ween 100^ and 198^, and it has not seemed to the writer
advisable to try for particular yalues of k and e at points
aboye 100^ in the case of this liquid.
In the foUowing tables all yalues except those of P (the
extemal pressure in atmospheres) are giyen in terms of the
C. G-. S. System, the dyne being taken as the unit of force.
The numbers in brackets, to the right of each a column,
are the result of an attempt to establish a regulär gradient
of a, with varying pressure, corresponding in a general way
to the indications of the a column.
AlcohoL
20« C. 40« C. 60<> C.
P a' = 1197x10^ a'- 1197x10^ a'« 1164x10^
(atm.) V axlO""' v axlO""' v axlO"^
50 1,259 458 (465) 1,285 478 (479) 1,815 488 (496)
100 1,258 458 (468) 1,276 471 (477) 1,806 486 (494)
200 1,242 460 (458) 1,262 476 (472) 1,291 491 (491)
800 1,281 457 (458) 1,250 470 (467) 1,276 494 (487)
400 1,222 449 (448) 1,289 465 (468) 1,265 492 (484)
500 1,214 448 (448) 1,280 459 (459) 1,258 486 (481)
600 1,205 489 (538) 1,222 455 (454) 1,245 479 (477)
700 1,197 422 (433) 1,218 450 (450) 1,286 476 (474)
800 1,189 422 (429) 1,205 444 (446) 1,227 472 (471)
900 1,181 426 (424) 1,197 445 (442) 1,219 464 (468)
1000 1,175 484 (420) 1,189 488 (438) 1,211 466 (485)
80« C. 100« C.
P a' - 1112 x 10' a' = 1072 X 10'
(atm.) V axl0~' v axl0~'
50 — — — _ _ _
100 1,340 581 (533) 1,371 567 (570)
200 1,821 524 (527) 1,850 560 (564)
300 1,306 519 (522) 1,330 556 (569)
400 1,291 521 (517) 1,315 568 (558)
500 1,276 518 (512) 1,800 551 (548)
600 1,265 513 (507) 1,288 538 (542)
700 1,256 506 (502) 1,276 526 (587)
800 1,247 490 (497) 1,268 588 (582)
900 1,289 486 (493) 1,259 521 (527)
1000 1,280 494 (488) 1,250 541 (522)
902
i
K K HaU.
Ether
•
20<> C.
60 • C.
100« a
p
a'-
495 X 10^
a'«
491 X 10'
a' «=
482 x 10'
(atm.)
V
axlO-^
V
a X 10-'
9
a X 10-'
50
1,411
545 (588)
—
— —
—
— —
100
1,400
582 (585)
1,498
515 (527)
i,«m
504 (511)
200
1,880
588 (528)
1,462
522 (522)
1^52
506 (508)
800
1,862
509 (521)
1,485
519 (517)
1,514
504 (504)
400
1,347
514 (514)
1,418
518 (512)
1/486
511 (501)
500
1,883
507 (507)
1,398
512 (507)
1,462
503 (498)
600
1,821
604 (500)
1,377
506 (506)
1,489
487 (494)
700
1,809
499 (498)
1,365
501 (497)
1,419
485 (491)
800
1,299
587 (486)
1,852
500 (492)
1,408
485 (488)
900
1,289
475 (497)
1,840
475 (487)
1,387
486 (485»
1000
1,280
472 (478)
1,830
481 (488)
1,374
490 (482)
188
ö C.
198
;<> C.
P
a'
= ?
a'
-?
►
(atm.)
V
axlO-^
r axlO~'
50
—-
— ^
—
—
100
—
— —
—
—
—
200
1,656
510 (509)
—
—
—
800
1,600
506 (505)
1,766
491
(500)
400
1,560
502 (501)
1,699
484
(496)
500
1,528
493 (497)
1,648
497
(493)
600
1,500
490 (492)
1,607
506
(490)
700
1,476
484 (488)
1,574
511
(486)
800
1,455
484 (484)
1,545
493
(483)
900
1,435
481 (480)
1,521
465
(480)
1000
1,419
480 (476)
1,500
457
(477)
Inspection of these tables, made with the use of assunif-
tion 2, indicates that, if assnmption 2 is correct, the following
propositions hold:
1. a is not a constant but, in each of the liquids exa-
mined, a function of both p and T.
2. In each liquid at constant temperature a increases
with increase of volume.
3. In alcohol a is much less than a at low temperatures;
but with rise of temperature the diflference diminishes, a growing
larger and a growing smaller.
4. In ether a, at moderate pressures, is somewhat lar^r
than a'; and both a and a diminish slowly with rise of tem-
perature, apparently approaching equality.
The Van der JTaab a. 908
If, on the other band, assamption 1 is correct, it is piain
that asBumptdon 2 does not hold and that isothermal change
of Yolume in the liquid State is accompanied by change of the
internal energy, aside from the potential energy due to mole-
cular attraction, the rate of this change with change of volunie
being a function of both yolume and temperature.
Further discussion of this matter must be postponed.
(Eingegangen 3. Oktober 1903.)
904
115. Chemisches Gleichgewicht nnd Temperatoi^efflle.
Von W. Nemst in Gtöttiiigeii.
Bekanntlich hat die Behandlang homogener chemisdier
Gleichgewichte zu der Anschauung gefiLhrt, daß ein solches ein-
deutig durch seine Temperatur und Eonzentrationsbedingnngen
bestimmt ist.
Im folgenden möchte ich zeigen^ daß dieser Satz für jeden
Punkt nur dann gilt, wenn die Temperatur nicht gar zu rascii
variiert und daß im allgemeinen das G-leichge wicht eines
chemischen Systems auch von der Stärke des Temperatur-
gefälles abhängt.
1. Betrachten wir ein gasförmiges System, in welchem sidi
bezüglich der Reaktion:
(1) n^J^+n^A^,..^ Tij A^ + n^ A^ . . .
(n Molekülzahl, A Molekülgattung) Gleichgewicht herstellen und
längs der a:- Achse des Gemisches, das sich in einem Zylinder vom
Querschnitte q befindet, ein Temperaturgefälle herrschen möge. In
einem chemisch inaktiven Gasgemische stellt sich bekanntlich
nachdem das DifiFusionsgleichgewicht eingetreten, für jede Molekül-
gattung der gleiche Partialdruck her; tritt aber außerdem ein
chemisches Gleichgewicht ein, so wird im allgemeinen der
Partialdruck jeder Molekülgattung von Punkt zu Punkt längs
der Zylinderachse variieren, und wir erhalten einen fort-
daueniden Diflfusionsvorgang , der das System im stationären
Zustande vom chemischen Gleichgewicht entfernt Es winl
offenbar, weil die Diffusion eben ausgleichend wirkt, die
Änderung der Partialdrucke mit der Temperatur weniger rascii
erfolgen, als es die Formeln für das chemische Gleichgewicht
verlangen.
Nehmen wir au, um die Begriffe zu fixieren, die Reaktion
gehe im Sinne von links nach rechts (bei konstant erhaltenem
Druck) unter Wärmeabsorption vor sich; dann folgt bekanntlich
aus dem zweiten Hauptsatze, daß die Partialdrucke p der
Chemisches Gleichgewicht und TemperaiurgefaUe. 905
Moleküle Ä mit wachsender Temperatur sinken, diejenigen p
der Moleküle Ä' ansteigen; es werden also die Molekul-
gattungen Ä dem Temperaturgefälle entgegen, die Molekül-
gattungen A' im Sinne desselben wandern. D sei der Diffusions-
koefßzient der Molekülgattung A\ ein Querschnittselement an
der Stelle x von der Dicke dx muß im stationären Znstande
von jeder Molekülgattung eine konstante Konzentration be-
halten; da nun in der Zeit dz yon jeder Molekülgattung Ä
die Menge
^Bq^dz
hineinwandert, und
^Dg^dz^Dq^dxdz
herauswandert, so verbleibt ein Überschuß von
+ La ^ ^ dxdz
und entsprechend von jeder Molekülgattung A' ein solcher im
Betrage von
^D'gJ^dxdz;
^ dx* '
damit jede einzelne Konzentration konstant bleibt, muß offen-
bar einerseits
sein ; andererseits muß in dem betrachteten Querschnittselement
fortwährend eine chemische Umsetzung erfolgen, welche die
Molekülgattungen A in diejenige A' überführt, wenn
ist und eine Reaktion im entgegengesetzten Sinne, wenn
ist Damit die Reaktion nach der Gleichung (1) stattfinden
kann, muß femer
und analog
/*' ^Pl TV ^Pt ' '
1 dx* « dx* 7*1./«,-
906 IT. IfemH.
sein. Der chemische Umsatz (bezogen auf die Molekftle A^)
in dem betrachteten Querschnittselement beträgt nim aber
qdxdz{k<^c'f...^k' c,'*»' c^V . . .) Mole,
die einer Abnahme des Partialdruckes der Moleküle J^ im
Betrage von
RTqdxdz{kc'l^(f}>.. . - A'c;»t'c;««'. . .)
entsprechen; es diffundieren hinzu D^-j^dxdz Moldctie
derselben Gattung und somit wird schließlich unter Fortlassimg
des gemeinschaftlichen Faktors qdxdz:
(2) AHt + Ä^Äc^cy. . . - *'<<<".', . .) = 0.
Für die dem G-Ieichgewichte entsprechenden Konzen-
trationen C gilt b^kanntlich
(3) kc^c^...-'k' a; V c; V . . . = o ;
wir sehen also, daß die gewöhnliche Gleichgewichtsbedingong
nur dann gilt, wenn der erste Ausdruck der Gleichung (2) ver-
schwindend klein wird, weil nur dann die C- und c- Werte ein-
ander gleich werden. Wenn andererseits die Reaktions-
geschwindigkeit und damit der zweite Ausdruck der Gleichung [2)
verschwindet, so haben wir ein chemisch inaktives Gasgemisch
und es wird natürlich dann (wie auch leicht aus obigen Glei-
chungen abzuleiten) für alle Molekülgattungen der Partialdruck
im ganzen Zylinder konstant.
Denken wir uns z. B. ein Temperaturgefälle von sehr hohen
bis zu gewöhnlichen Temperaturen in Wasserdampf hergesteUt,
so findet bekanntlich bei sehr hohen Temperaturen (oberhalb
2000°) eine weitgehende Dissoziation statt; andererseits aber
ist die Reaktionsgeschwindigkeit so ungeheuer groß, daß der
erste Ausdruck der Gleichung (2) nicht merklich werden kann:
bei mittleren Temperaturen (etwa in der Nähe von 1500^ ist
die Dissoziation zwar nur gering, aber die Reaktionsgeschwandig-
keit wird hier bereits so gesunken sein, daß die beiden Aus-
drücke der Gleichung (2) kommensurabel werden, und der
Efi'ekt wird sein, daß infolge von Diffusion bei starkem Tem-
peraturgefälle die kälteren Schichten mehr Knallgas erhalten,
als ihrer Temperatur entspricht. Da schließlich bei tieferen
Temperaturen (unterhalb ca. 400 — 500 '^ die sehr stark ab-
Chemisches Gleichgemckt und Temperaturgefalle, 907
fallende Beaktionsgeschwindigkeit yerschwindend klein gegen
die DifiPasionsgeschwindigkeit wird, welch letztere sich bei GkM»en
mit der Temperatur immerhin nur relativ langsam ändert^ so
bekommen auch die kalten Schichten merkliche Mengen freien
Knallgases.
Wir erkennen also, daß G-leichung (2) gleichzeitig die
quantitative Theorie der bekannten Devi 11 eschen Versuche
enthält, bei denen mittels des kalt-warmen Bohres aus Wasser-
dampf Knallgas erhalten wurde.
Setzen wir für den betrachteten Querschnitt
dT=^adx,
so wird Gleichung (2)
(4) U^ a^^ + Rl{kc-^c^ ... - Ä'c;<c,'V. . .) « 0.
Wir sehen dann sofort, daß die Wirkung des W&rme-
gefälles auf das Gleichgewicht mit der Diffusionsf&higkeit, dem
Temperaturgefälle und der Beschleunigung mit der das Gleich-
gewicht mit der Temperatur sich verschiebt, ansteigt. Bei
mäßigem Temperaturgefälle und daher nur kleinen Ver-
schiebungen des Gleichgewichtes können wir die Werte von
(Pp^ld'P aus der Wärmetönung berechnen und finden so, daß
dieser Ausdruck mit wachsender Temperatur anfänglich negative
Beträge annimmt, dann durch Null geht, um hierauf positive
Werte anzunehmen und bei sehr hohen Temperaturen wiederum
zu verschwinden, wodurch gleichzeitig der Sinn der Abweichung
vom gewöhnlichen Gleichgewichte sich ergibt
Von einer weiteren Diskussion der Formeln (2) und (4)
sei hier Abstand genommen und nur noch bemerkt, daß bei
Flammen, Funkenentladungen, Geissler sehen Bohren und
dergl. der Einfluß der großen Temperaturdifferenzen in nahe
benachbarten Punkten, z. B. auch bei spektralanalytischen Unter-
suchungen, sich zuweilen bemerklich machen dürfte.
Ahnliche Betrachtungen sind natürlich auch auf wässerige
Lösungen anwendbar, doch dürften hier im allgemeinen wegen
der geringeren Diffusionsgeschwindigkeit gelöster Stoffe im
Vergleich zu den Gasen die besprochenen Erscheinungen
schwieriger nachweisbar sein; Versuche, die Hr. Th. Wulf
vor einiger Zeit auf meinen Vorschlag angestellt hat und welche
908 tf^. Nemst
die Prüfung der Frage bezweckten, ob die Leitfähigkeit tod
Säuren, bei denen ein Dissoziationsgleichgewicht sich herstellt,
oder Yon Chlor, das hydrolysiert wird, durch ein starkes Tem-
peraturgefälle beeinflußt wird, gaben ein negatives Resultat
2. Die obigen Betrachtungen sind aber auf einem wesentlich
anderen Wege einer experimentellen Prüfung zagänghch. Da
nämlich nach den angestellten Erwägungen fortwährend Moleküle
der Gattung A entgegen dem Wärmegefä.lle und solche der
Gattung A' im Sinne desselben wandern, femer eine Energie-
difi'erenz zwischen ihnen besteht, so wird entsprechend eine
gewisse Wärmemenge fortdauernd durch den Querschnitt wandern;
das bedeutet aber, daß über die gewöhnliehe IVärmeleiiung des
Gasgemisches noch eine neuartige sich superponiertj deren Betrag
wir berechnen können.
Wir wollen die Rechnung gleich für das einzige in dieser
Dichtung bisher quantitativ untersuchte Beispiel dnrchföhreD,
nämlich für StickstoflFdioxyd. Hier wird Gleichung (1)
(5) N,0, = 2N0,;
es wandert von kälteren nach wärmeren Schichten die Menge
[p gleich Partialdruck des NgOj oder mit Berücksichtigung tod
p=^cRT,
die Menge
_X_^_4PrfzMoleN,0,,
RT dx 2 4'
welche die Wärmemenge
von den wärmeren Schichten nach den kälteren transportieren:
darin bedeutet also Q die Dissoziationswärme bei konstantem
Druck. Ist die gewöhnliche Wärmeleitung des Gasgemisches,
d. h. diejenige, die wir ohne den chemischen Umsatz erhalten
würden und dem von den Molekülen transportierten Energie-
inhalte entspricht, Xj, so wird die gesamte Wärmemenge
dT , dT , Q^ n ^P ^
nx ,- dz = nx. -z — dz — 1,^ ^ -,— d z
' dx ' ^ dx RT ^ dx
Chemisches Gleichgewicht und Temperaturgefälle. 909
und somit beträgt die Wärmeleitung x
,a\ DQ dp
(6) ^ = ^1- Ä7^^-
Bedeutet P den im gesamten Gasraume konstanten Druck
und a den Dissoziationsgrad, so wird^)
„_ pi-« 1^ (!-«') r _ , Qo .tonst.
worin
die von der Temperatur praktisch unabhängige Dissoziations-
wärme bei konstantem Volumen bedeutet
Es wird
^ (1 + «)'
und
• (da\ _ a-a^ ( go , M
so daß wir schließlich unter Berücksichtigung yon (6] erhalten :
Der DiflFusionskoeffizient D der NgO^- gegen die NOg-
Moleküle läßt sich direkt natürlich nicht bestimmen; er läßt
sich aber mit ziemlicher Sicherheit schätzen. Eine Betrach-
tung der vorhandenen Beobachtungen lehrt nämlich, daß der
Diffusionskoeffizient verschiedener Oase z. B. gegen Kohlen-
säure um so kleiner wird, je größer das Molekulargewicht M
und je größer die Zahl der Atome n in dem Moleküle des
betreffenden Gases ist. Setzen wir
ß^ 11,0
VnM
SO resultiert folgende Tabelle; unter L, IL und III. befinden
1) Vgl. z. B. W. Nernst, Theoret. Chemie, IV. Aufl. p. 641. 1903.
Daß wir p aus der Formel für das Gleichgewicht berechnen, wird dadurch
gerechtfertigt, daß die weiter unten zu besprechenden Messungen auch
bei niederen Temperaturen kein Anwachsen der Wärmeleitung mit ab-
nehmendem Temperaturgefalle erkennen lassen, daß also eine merkliche
Beeinflussung des Gleichgewichtes durch das Temperaturgefälle bei der
betrefl*enden Versuchsanordnung nicht auftrat
910
W. Nermt
sich die Messungen von Loschmidt, Obermayer und
Winkelmann.^]
Gas
D ber.
D beob.
L
11.
in.
H,
0,550
0,666
0,6a4
CH4
0,128
0,159
0,146
—
0.
0,137
0,141
0,136
1 ^_
CO
0,147
0,141
0,131
—
CH,
0,085
—
0,101
—
N,0
0,096
0,098
0,092
—
H,0
0,150
—
—
0,181
CS,
0,073
—
—
0,063
CH40
0,080
—
1
0,088
C,H,0
0,054
0,069
CeH.
0,036
—
—
0,058
Luft
0,142
0,142
0,134
Mit Ausnahme einiger komplizierterer Verbindungen gibt
unsere empirische Formel die Beobachtungen wohl ziembch
innerhalb der Genauigkeit der Messungen wieder; wir be-
rechnen also wohl mit genügender Sicherheit für den Diffusions-
koeffizienten
na;co3,
D = 0,047
und entsprechend für
NAINO3,
i> = 0,046.
Diese Zahlen gelten für T = 273 und wachsen dem Qua-
drat von T proportional.
Nun ist allerdings zu beachten, daß im Gregensatze zur
gewöhnlichen Diffusion, wo bekanntlich durch jeden Querschniii
stets gleichviel Moleküle der beiden Gase in entgegengesetzter
Eichtung hindurchwandern, in unserem Falle oflenbar stets
doppelt soviel NOg- Moleküle als NgO^-Moleküle den Quer-
schnitt passieren müssen, damit der Gesamtdruck der gleiche
bleibt. Vielleicht haben wir hier Verhältnisse vor uns, deren
weitere Verfolgung für die Theorie der Gasdiffusion über-
haupt aufklärend wirken dürfte. Wahrscheinlich wird der
obige Wert von D nur für den Fall, daß die Zahl der NO,-
1) Vgl. A. Wiiikelmann, Handbuch der Physik 1. p. 643 ff. IS^I.
Chemisches Gleichgewicht und Temperaiurgefdlle. 911
diejenigen der N^O^ - Moleküle merklich übersteigt, genauer
zutreffen, und in anderem Falle etwas abnehmen. Da übrigens
bei den später zu besprechenden Beobachtungen in der Tat
fast durchgängig obige Bedingung erfüllt ist^ so scheint die
Benutzung des in der angegebenen Weise berechneten Wertes
ziemlich einwandfrei und kann wohl kaum erhebliche Fehler
verursachen.
Für die numerische Ausrechnung können wir hinreichend
genau R ^ 2,00 setzen; es beträgt femer
Q^ =: 12900 und Q = 12900 + 2T g-cal.
Pj der Oesamtdruck des Gases, war bei den unten zu be-
sprechenden Messungen 1 Atm., worauf sich auch der Wert
Ton D bezieht; die Einheit des Druckes ist aber, weil bei jD,
wie auch bei den weiter unten zu besprechenden Absolutwerten
der Wärmeleitung als Längeneinheit der cm gilt, derjenige,
der aus der Gleichung
P^cRT
folgt, wenn wir darin R = 2,00, c = 1 Mol pro cm' und r= 1
setzen, d. L es wird für P » 1 Atm.
2.273
22420
(22420 = Volum eines Moleküls bei 1 Atm. und T = 273).
Wir erhalten so aus Gleichung (7)
(8)« = x^+x,-*,+0,9692.10-*(^ + 2 + ^)iL^..
Die Wärmeleitung des Stickstoffdioxyds ist YonMagnanini
gemessen worden; Veranlassung gaben hierzu qualitative Er-
wägungen ähnlicher Art, wie oben, die mein verehrter Freund
Magnanini und ich gemeinsam anstellten^), und bald darauf
entdeckte Magnanini im Verein mit Malagnini (1. c) die
überraschend große Wärmeleitung des im Dissoziationszustande
befindlichen Stickstoffdioxyds. In einer späteren Arbeit er-
brachten dann Magnanini und Zunino*) noch weiteres Be-
obachtungsmaterial.
1) Vergl. Rendic. Accad. dei Lincei vom vierten Juli 1897. p. 22.
2) Gazz. chim. 30. p. 405 1900.
912 fF. Nemst
Da eine quantitative Theorie damals nicht vorlag, so l)e-
gnügte sich Magnanini mit mehr orientierenden Beob-
achtungen und gab keine absoluten Werte der Wdrmeleitangs-
fähigkeit Da er aber bei seinen Messungen der Abkühlungs-
geschwindigkeit auch stets Wasserstoff, Luft und Kohlensaure
in den gleichen Gefäßen untersuchte, so sind wenigstens einige
seiner Messungsreihen zur nachtiHglichen Elnnittelung der ab-
soluten Wärmeleitung brauchbar.
Die absoluten Wärmeleitungskoeffizienten der obigen dm
Gase sind in neuerer Zeit von Winkelmann und von Graetz
gemessen worden^]; außerdem hat 0. E. Meyer eine theore-
tische Formel gegeben, die sich den Beobachtungen gut an-
schließt und zwischen die Werte der beiden obigen Beobachter
fällt. Als zur Zeit wahrscheinlichste Werte möchte ich das
Mittel aus diesen drei Zahlenreihen ansehen und wir setzen
daher
für Wasaerstoff x = 3,5 (1 + 0,0024 t). IQ—*,
„ Luft X = 0,51 (1 + 0,0025 t). 10 -*,
„ Kohlensäure x = 0,32 (1 + 0,0050 /). IQ—*.
Bei der Ähnlichkeit der Konstitution von CO^ und N0|
und der geringen Verschiedenheit ihrer Molekulargewichte
(44 und 46) können wir die Wärmeleitung beider Gase gleich
gross annehmen, was auch in Übereinstimmung mit den oben
erwähnten Messungen an völlig dissoziierten NO, sich befindet,
und auch x^ der Formel (8), das sich auf das Gemisch der
NOj und NgO^ - Moleküle bezieht, wird nur so wenig davon
verschieden sein, daß wir, zumal es bei niederen Temperaturen
nur die Rolle einer Korrektionsgröße spielt, dafür den Wert
für Kohlensäure einsetzen können.
Von den Messungen Magnaninis zeigen diejenigen der
ersten Arbeit den regelmäßigsten Verlauf und sind offenbar
erheblich genauer, als die zahlreichen, mehr zur allgemeinen
Orientierung angestellten Versuche der zweiten Abhandlung.
Aus den beobachteten logarithniischen Dekrementen (vgl. unteß
Kolumne 2 — 4) ergeben sich folgende Werte für die Wanne-
leitung des Stickstofldioxyds :
1) Vergl. diirüber 0. E. Meyer, Kinetische Theorie. 2. Aai
p. 294. 1899.
Chemisches Gleichgetoicht und Temperaturgefalle. 913
40*
70<>
0,175
0,179
0,188
0,56
0,56
0,56
0,59
0,56
0,256
4,1
4,1
1,29
8,90
4,05
1,18
In der letzten Kolumne sind die nach Gleichung (8) be-
rechneten Werte verzeichnet, die mit den Beobachtungen Mag-
naninis befriedigend übereinstimmen. Im besonderen fand
Magnanini, daß die Wärmeleitung im mittleren Dissoziations-
zustande die des Wasserstoffs erreicht; unsere Formel gibt in
der Tat eine so gewaltige Vergrößerung der Leitfähigkeit und
es ist wohl bemerkenswert, daß sich die überraschend große
Wärmeleitung des Stickstoffdioxyds im absoluten Maße aus
der Dissoziationswärme und den Dissoziationsgesetzen mit Hilfe
der Anschauungen der kinetischen Gastheorie berechnen läßt.
Setzen wir nach den bekannten Formeln die Wärme-
leitung eines Gases einfach der spezifischen Wärme bei kon-
stantem Volumen^] proportional, so würde, da die innere
Reibung mit dem Dissoziationszustande relativ wenig variieren
dürfte, eine Vergrößerung der Wärmeleitung auf das 14 fache
infolge der Dissoziation erfolgen müssen. Für 70^ würde sich
so 0,6, also ein merklich zu hoher Wert ergeben. Selbst-
verständlich aber sind die bisherigen Formeln auf im Disso-
ziationszustand befindliche Gase nicht ohne weiteres anwendbar.
Die in der zweiten Arbeit Magnaninis mitgeteilten loga-
rithmischen Dekremente weisen große Schwankungen auf;
indem ich die Endtemperatur des Thermometers nicht, wie
Magnanini, der (bei den verschiedenen Versuchen wohl nicht
hinreichend konstant erhaltenen) Badtemperatur gleichsetzte,
sondern aus den direkten Thermometerablesungen extrapolierte,
konnte ich zum Teil regelmäßigere Zahlen erhalten. Unter
Fortlassung einiger Beobachtungsreihen, bei denen z. B. Kohlen-
säure größere Dekremente lieferte, als Luft, und die offen-
bar durch Störungen entstellt sind, berechnete ich folgende
Zahlen;
1) Für Stickstoffdioxyd berechnet von A J. Swart, Zeitschr. f. phys.
Chemie 7. p. 120. 1891.
BoltzmaoQ-FeBtschrift. 58
914
W. Nemo.
Apparat Nr.
I u m
*
bedb.
«
«t
«i
JK
ber.
1
40*
8,8
M
«_'
4,1
0,295
0,88
8,52
8,80
50»
2,8
8,7
' — ■"
4,0
0,404
0,40
8,65
4,05
60»
—
4,0
—
8,9
0,526
0,42
8,89
8,81
70«
1,9
8,0
—
8,7
0,656
0,48
2,75
8,18
80«
—
8,6
—
8,4
0,760
0,45
2,04
2,48
HO«
—
—
—
1,4
0,922
0,50
0,68
1,18
180»
—
_
1,6
1,1
—
—
0,88
0,87
180»
—
—
0,8
0,7
0,985
0,58
0,18
0,76
190«
—
—
0,68
0,68
0,998
0,62
0,015
0,685
Indem idi schließlich sämtliche Beobschtangen graplÜMk
auftrug nnd deig^gen der ersten* Arbeit etwa das doppelte
Gewicht beilegte, erhielt ich durch graphische Interpoliliim
die in der vierten Kolumne unter x beob. Terzeiohneten Mittet
werte.
In den folgenden Kolumnen befinden sich die Diaso-
ziationsgrade a bei Atmosph&rendmck \ die nach Gleichung ^
berechneten (mit 10* multiplizierten Werte) yon u^ und x^^ dw
die Beteiligung der Dissoziation an der Wärmeleitong des Gsses
bei den verschiedenen Temperaturen illustrieren, und schlieBUdi
die theoretischen Werte von x. Größere Differenzen, als den
Unsicherheiten der Messungen entspricht, treten nirgends
zwischen Rechnung und Versuch auf, wie ein Vergleich der
Zahlen x beob. und x ber. lehrt
In der Untersuchung der Wärmeleitung von Gasen besitzen
wir also nicht nur einen qualitativen Nachweis der Dissoziation^
wie schon R. Goldschmidt^ hat nachweisen können, sondern
dieselbe dürfte auch zur quantitativen Untersuchung dieses
Phänomens in einzelnen Fällen sich eignen. Von besonderer
Bedeutung würde die Methode oflfenbar werden, wenn sie auch
auf Flüssigkeiten sich übertragen ließe.
Bekanntlich führen nach Williamson, Clausius, Guld-
berg u. a. die kinetischen Anschauungen, die in ihrer Anwen-
dung auf chemische Vorgänge sich bereits wiederholt so frucht-
1) Vgl darüber A. J. Swart I.e. u. K. Schreber ibid. 24. p.651. 1897.
2) Th^se, Brüssel 1902.
Chemisches Gleichgewicht und Temperaturgefdlle, 915
bar erwiesen haben, zu dem Resultat^ daß auch im Gleich-
gewicht fortwährend ein chemischer Umsatz von gleichem,
aber entgegengesetzten Betrage sich abspielt, dessen Größe ich
bereits früher berechnet habe ^); wie mir scheint, hat die obige
Theorie der Wärmeleitung des Sticksto£Fdioxyd8, die ja eine
fortwährende Trennung und Wiedervereinigung der NOj-Mole-
küle annehmen muß, zu einer direkteren Prüfung und Bestäti-
gung jener Anschauung geführt, als es bisher möglich war.
Insofern darf ich die vorliegende Notiz vielleicht als einen be-
scheidenen Beitrag zur Verwirklichung der von Boltzmann^
ausgesprochenen Hoffnung ansehen, daß auch 'die Erkenntnis
der Tatsachen der Chemie durch die mechanischen Bilder
der kinetischen Gastheorie sich wird fördern lassen.
1) Theoret Chem. IV. Aufl. p. ö75.
2) Vorlesongen über Gnfltheorie 2. p. 206. 1898.
(EingegaDgen 8. Oktober 1908).
58'
41
iil
I
• «
916
116. Mechanisclie Analogien der Beziehnng(
zwischen Torsion und Magnetismns.
Von H. Nagaoka in Tokyo.
i
Die merkwürdigen Wechselbeziehungen zwischen 1
und Magnetismus wurden von G. Wiedemann ') auf
I der drehbaren Moleküle erklärt, während Maxwell *) die ^
,\ eines stromtragenden Eisendrahtes durch Ma^etisieni
den wohlbekannten Versuch von Joule über die L
änderung durch Magnetisierung zurückgeführt hat. Die 1
1. ^ von Eirchhoff^ über Magnetostriktion kann derart er
werden, daß die Wechselwirkung zwischen Torsion und ]
M tismus leicht aus seinen Gleichungen hergeleitet werden, ^
zum Teil von Voigt*), Drude ^) und mir^ entwickelt '
ist Nach J. J. Thomson ^) kann man einen magneti
Draht als ein mechanisches System auffassen und soo
verschiedenen diesbezüglichen Fragen beantworten. Im
!.?.■•* den werde ich erst beweisen, daß ein stromdurchflc
\ *. i magnetisierter Draht als ein unecht bizyklisches Syste
]■: .f| trachtet werden kann, und dann die mechanischen Anj
■ .„■ der verschiedeneu Erscheinungen der Magnetostriktion
?!! Anwendung des Hamiltonschen Prinzips erläutern.
;' '; Die zyklischen Koordinaten eines polyzyklischen S
■ .* i seien gegeben durch /?, /^j, . . . /?,,; die Geschwindigke
/iteu Masse mf^^ wird gegeben durch
(/») (/«) . , I {h) . ,»(/»).
j
•.'iy>-';] 1) (t. Wiedemann, Elektricität. :^. p. 767. 1895.
*: '^jl 2 J. C. Maxwell, Electricity and Magnetism. 2, Nr. 447.
' '■'.»'. 3) G. Kirchhoff, Berlin. Mon. Ber. p. 139. 1884.
; \ j 4) W. Voigt, Compendium d. theoretischen Physik, 2. p. 20!
- * '-] h) P. Drude, VVied. Ann. 53. p. 69. 1897.
■^ ■•"•.i.J 6) H. Nagaoka and K. Honda, Phil. Mag. 4. p. 66. 1902.
.r. ,,* o-lj 7) J. J. Thomson, Applications of Dynamics to Physics a. Che
'■i '. 1). 47. 18»8.
:. r. ■:"''i
■«. '^1
• ' ,.• ■
* ^ ' *;
• \.^'
'■■■ i^7
Torsion und Magnetismus. 917
worin die Koeffizienten a^^\ Ä^) bloß Funktionen der Para-
meter sind. Die kinetische Energie des Systems läßt sich
dann schreiben
Wenn die Anzahl der zyklischen Koordinaten p^ sehr groß
ist, so kann man annäherungsweise
setzen, wo p^^ die mittlere zyklische Geschwindigkeit bezeichnet.
Folglich erhält man
Die so abgeleitete kinetische Energie kann als diejenige eines
unecht bizyklischen Systems angesehen werden.
Offenbar können p und pj^ den elektrischen Strömen
analog betrachtet werden. Nimmt man an, daß die Magne-
tisierung durch spezielle Anordnung einer großen Anzahl von
Molekularströmen p^ bedingt ist, so wurde der Ausdruck für
die kinetische Energie eines magnetisierten Drahtes, durch den
elektrischer Strom von der Stärke p hindurchfließe, angepaßt
Um die Konfiguration dieser Molekularströme anzugeben, denken
wir uns p^^ immer mit einer Größe a assoziiert, so daß das
Produkt ap ^ J das Moment eines Solenoides von der Strom-
stärke p^ darstellt; dadurch ist die Größe / der Magneti-
sierung äquivalent. Durch Einführung dieser Größen läßt sich
der Ausdruck für die kinetische Energie folgendermaßen
schreiben:
= ^P* + ^J*+cpj,
wobei B ^ ba*, C = c(t gesetzt sind. Es wird weiter voraus-
gesetzt, daß A und die mittlere Stärke der Molekularströme p^^
durchaus konstant bleiben, und b, c und fj von einem Para-
meter, der mit r bezeichnet wurde, abhängig sind.
918 H. Nagaoka.
Damit das Problem der Torsion eines magnetisierten
Drahtes entspricht» wurde die potentielle Energie des Systems
gleich ^fiT^ gesetzt, wobei ijl die Torsionskonstante und r den
Torsionswinkel bezeichnen. Folglich erhalten wir fOr das
kinetische Potential H den Ausdruck
Die Kraft, welche p zu yergrößern strebt, ist gegeben dordi
d
7(4f)=-A(^^ + '^-')'
d
wenn p nicht vorhanden ist» so wird
Diese Kraft ist der elektromotorischen E[raft äquivaleDt,
die durch Torsion eines longitudinal magnetisierten Drahtes
entsteht Experimentell mißt man den vorübergehenden Strom,
dessen Gesamtstärke durch
gegeben ist.
Als Parameterkraft tritt
1 dB BH , j ^
p da oJ ^
Für j5 = 0 ist diese Kraft gleich
(2) K\ = * ^;
und fllr / = 0 ist sie gleich
(3) ^. = cp.
S>^ gibt die magnetisierende Kraft, die durch Torsion eines
longitudinal magnetisierten Drahtes entsteht, und ^ diejenige
Kraft, welche durch Torsion eines stromführenden Drahtes
hervorgerufen ist.
Die Kraft
besteht aus drei Teilen P, P und P .
Torsion und Mcu/netismus. 919
mißt die Kraft, mit welcher der Draht im unmagnetisierten
Zustande dem tordierenden Eräftepaar entgegenwirkt;
mißt die Torsionskraft, die durch Magnetisierung des ferro-
magnetischen Drahtes hervorgerufen wird; fließt der Strom p
durch den Draht, so entsteht noch ein anderes Eräftepaar
(5) P, = ^{cJ)p.
Zwischen II und P^ besteht die Reziprozität, die durch
en ^ BP.
dr dp
gegeben ist.
Die mechanischen Analogien, die hier abgeleitet worden
sind, zeigen die Existenz von fünf Größen II, $^, $^, P^ und P^,
die miteinander verkettet zusammentreten. Zur Bestätigung
dieser Größen im ferromagnetischen Draht liegen verschiedene
experimentelle Untersuchungen vor. Leider ist unsere Eenntnis
des magnetischen Verhaltens von Eobalt noch etwas mangelhaft,
aber für Eisen und Nickel haben wir reiche Materialien für
die Diskussion der Eigenschaften dieser Größen, wie es unten
angedeutet wird.
Es ist eine wohlbekannte Tatsache, daß bei der Torsion
eines magnetisierten Eisendrahtes ein elektrischer Strom er-
zeugt wird, der so lange andauert, als die Torsion sich ändert^);
dies erklärt offenbar die Ekistenz der elektromotorischen Kraft,
welche durch 11= — s~^'^'^''di ^^^K^stellt ist. Dagegen
wurde ein magnetisierter Draht tordiert durch Hindurchfließen
eines elektrischen Stromes^; diese Torsionskraft bleibt so lange
bestehen, als der Strom andauert. Bekanntlich ist diese Eraft
gegeben durch -P, = -^- (ce/)*^. Wegen der Reziprozität
zwischen 77 und P^ wird der Verlauf der Eurven, welche die
1) C. Matheucci, Ann. d. Chim. et d. Phys. 53. p. 885. 1858.
2) G. Wiedemann, Pogg. Ann. 103. p. 571. 1858; 106. p. 161.
1859; C. G. Kuott, Trans. Roy. Soc. Edinb. 82. p. 198. 1888; 35.
p. 377. 1889.
920 H. Nagaoka.
Torsion durch P^ bezw. die elektromotorisclie Ejraft ü dar-
stellen, miteinander ähnlich sein. Im E^sen ist die Torsion
imd auch die elektromotorische Eraft im entgegengesetzten
Sinne wie im Nickel.^) Femer erweisen die Kurven für die
elektromotorische Kraft und die Torsion ein Maximum in den
beiden ferromagnetischen Metallen. Mit starker MagnetisieruDg
wird die Richtung der elektromotorischen Ejraft im Eisen um-
gekehrt, was auch mit der Torsion der Fall ist.*) Somit ist
die mechanische Analogie für die beiden Kräfke II und P^ fiir
Eisen und Nickel erwiesen. Femer ist es auch klar, daB c
verschiedenen Charakter im Eisen und Nickel besitzt.
Experimentell wurde es gefunden, daß ein stromführender
ferromagnetischer Draht durch Torsion lougitudinal magnetisiert
wurde; diese Kraft hat ihre Analogie in ^^ = cp,^ Wie oben
erwähnt wurde, ist das Verhalten des c entgegengesetzt im
Eisen und Nickel; so wurden fiir gleichgerichteten Strom und
Torsion im gleichen Sinne, die Drähte der beideu Metalle ent-
gegengesetzt magnetisiert, wie durch Beobachtung bestätigt
worden ist.
Bei der Torsion eines magnetisierten Drahtes wurde die
Magnetisierung auch geändert, wie durch das Vorhandensein
des §^ = ^ / erklärt wurde. Ahnlicherweise ist die Torsion
eines gedrillten Drahtes geändert durch Magnetisierung, wobei
die Torsionskonstante eine scheinbare Änderung erfahrt*); diese
Wirkung würde auf das Vorhandensein der Kraft
P =- ^(ce/2)
zurückzuführen sein. Beim konstanten / ist
daher wird die mechanische Analogie bestätigt, wenn die Torsions-
änderung durch Magnetisierung und die Änderung der Magne-
1) L. Zehnder, Wied. Ann. 38. p. 68. 1889; H. Nagaoka. Phil.
Mag. 29. p. 123. 1890.
2) S. Bidwell, Phil. Mag. 22. p. 253. 1886; C. G. Kiiott, Trans,
Roy. Soc. Edinb. 35. p. 377. 1899; H. Nagaoka a. K. Honda, Phil. Mag.
4. p. 60. 1902.
3) G. Wiedemann, Wied. Ann. 27. p. 383. 1886.
4j K. Honda u. a., Phil. Mag. 4. p. 537. 1902.
Torsion und Moffnetismus. 921
tisierungskraft durch Torsion miteinander sich ähnlich verhalten.
Bei der Torsion eines Eisendrahtes im schwachen Felde steigt
die Magnetisierung erst und nimmt dann allmählich ah^); in
starken Feldern findet beständige Abnahme der Magnetisierung
statt; bei der Magnetisierung eines tordierten Eisendrahtes ist
das Verhalten der Torsion analog wie für die Magnetisierung.
Beim Nickel ^ ist die Wirkung der Torsion auf die Magneti-
sierung wieder gerade entgegengesetzt wie im Eisen; gleiches
gilt auch Yon der Wirkung der Magnetisierung auf die Torsion.
In starken Feldern dagegen verhält sich der Nickeldralit gleich
wie Eisendraht; man beobachtet beständige Abnahme der Magne-
tisierung durch Torsion bez. der Torsion durch Magnetisierung.
Kobalt verhielt sich wie Eisen und Nickel in starken Feldern.^
Dabei haben wir die Ähnlichkeit zwischen der Torsionskraft und
der Magnetisierungskraft durch Torsion bestätigt und somit
auch deren mechanische Analogien in P^ und ^^ gewonnen.
Um das Verhalten eines gedehnten Drahtes zu studieren,
setzen wir den Parameter gleich 3 und die kinetische Energie
Eine ähnliche Betrachtung wie für den tordierten Draht zeigt
das Vorhandensein der fünf Größen; nämlich
^{^1 = - rt ^ •')' ^- (^ = /* -^^ ^. (^) =ß^'
welche dieselbe Bedeutung für den gedehnten Draht haben,
wie oben für den tordierten Draht angedeutet worden ist.
Beim Eisen ist die Magnetisierungskraft ^^{S), welche
durch Dehnung eines magnetischen Drahtes entsteht, von der
Magnetisierung abhängig, für schwache Magnetisierung wächst
sie bis zu einem Maximum und nimmt dann allmählich
ab*); beim Nickel ist das Verhalten einfach und der Magneti-
1) Lord Kelvin, Phil. Trans, für 1879. p. 72.
2) H. Nagaoka, Joarn. Coli. Sei., Tokyo 2. p. 283. 1888; 3.
p. 189. 1890.
3) K. Honda u. a, Phil. Mag. 4. p. 537. 1902.
4) E. Villari, Pogg. Ann. 126. p. 67. 1868; J. A. Ewing, Phil
Trans. 176. 1885.
922 H. Nagaoka. Tarmn und MagneÜMmMM,
siernng entgegengesetzt, ohne ein Maadmnm zu erreidien^;
beim Kobalt ist das Verhalten dem Bisen gerade entigegeD-
gesetzt^ üntersndit man die scheinbare Ändenmg dar Deh-
nnngskonstante dnrch Magnetisierang, so zeigen Eisen, Nickel
und Kobalt ähnliches Verhalten wie f&r die MagnetiaierongB-
kraft dnrch Dehnnng*); diese Analogien ersieht man im Aus-
druck für P^{S) and i.(5>
Beim Eisen nnd Nickel hat man aadi einen ftoßeret UeineB
Wert fbr die Dehnnngskraft dnrch Hindnrchfliefien eines dek-
trischen Stromes gefdnden^f welche ihre Analogie in P^[S\
besitzt) aber ansere experimentelle Kenntnis der GrOflen n{t\
nnd ^^{S) ist noch mangelhaft. Man braucht kaum zu sagen,
daß diese elektromotorischen nnd Magnetisierangskrftfte^ wenn
sie überhaupt existieren, sehr klein und ziemli<^ schwer nn
Störungen zu trennen sein müssen.
Diese verschiedenen Beziehungen sind meistenteils nnr in
qualitativer Hinsidit bestätigt worden; genau gesprochen müsMz
wir stets die Hysterese, die diese Erscheinungen begleitet^ be>
rttcksicbtigen: die wirklich beobachteten Erscheinnngai msA
daher viel komplizierter, als man mit Hilfe eines einfaches
bizyklischen Systems erläutern kann.
Tokyo, Phy 8. Institut der Universität
1) J. A. EwiDg u. G.G. Cowan, Phil. Trans. 189. p. 326. 333. 1888.
2) G. Ghree, Phil. Trans. 181A. p. 329. 1890; H. Nagaoka o.
K. Honda, Phil. Mag. 4. p. 54. 1902.
3) K. Honda a. a., Phil. Mag. 4. p. 459. 1902.
4) A. Righi, Anm. di Bologna, 4. 1879; S. Bidwell, Proc Roy.
Soc. 51. p. 495. London 1892; K. Honda, Joom. Coli. Sei. 13. p.77.
Tokyo 1900.
(Eingegangen 4. Oktober 1908.)
923
117. Akustische ßestimmnng der Dichte Yon Gasen
und Dämpfen.
Von B. WaohBmuth in Rostock.
Die Schwingungen tönender Luftsäulen sind vor Jahren
ein Gegenstand des Studiums für den Jubilar^) gewesen; so
mag Hr. Boltzmann ein kleines Interesse vielleicht auch der
nachfolgenden Verwertung solcher Schwingungen entgegen-
bringen. Es soll gezeigt werden, daß sich Dichtebestimmungen
in einfacher V^eise durch die Änderung der Tonhöhe ein und
derselben kleinen Labialpfeife ausführen lassen, wenn man diese
nacheinander von verschiedenen Gasen oder Dämpfen durch-
strömen läßt
Diese Erscheinung hat man wiederholt zur Bestimmung
der Schallgeschwindigkeit v benutzt^ indem man die Schwin-
gungszahl n der Pfeife und die Wellenlänge A, also
r = An
ermittelte. Andererseits ist diese Geschwindigkeit unter guter
Übereinstimmung mit dem Experiment auch aus der bekannten
Dichte d und dem Druck p eines Gases berechnet worden.
Es gilt die Gleichung
»-,/
xp(l + er 0
wobei X das Verhältnis der spezifischen Wärmen bedeutet.
Durch Kombination beider Gleichungen kommt man zu einem
Ausdruck für die Dichte, welcher ihre Bestimmung auf experi-
mentellem Wege gestattet. Wenn man die Dichten auf Luft
bezieht, also r/^ = 1 setzt, so erhält man für ein beliebiges Gas :
^Q PttiX + « Q ^' »»'
Hier beziehen sich sämtliche mit Index 0 versehene Größen
1) A. Toepler u. L. Boltzmann, Pogg. Ann. 141* p. 821. 1870.
924 R. Wackmvtk.
M auf Luft. Bläst man nun dieselbe Pfeife mit zwei verschi
'' Gasen an, so ist die Wellenlänge konstant und nur di
höhe verändert sich, entsprechend dem wechselnden
bleibt also als endgültige Formel:
Ist der Wert von x bekannt, so kann man hiermit unmi
die Dichte bestimmen.
Legt man — wie dies bei Molekulargewichtsbestimn
meist der Fall — nicht Wert anf absolut genaae B«e
sondern begnOgt sich mit einer Ungenauigkeit voa m
10 Proz., so lassen sich weitere Abkürzungen anbringe
durch die experimentelle Erfahrung gegeben sind. Zn
filr Gase: Hier wird man Luft wie Gas bei derselben Zi
temperatur benutzen können, die Temperaturkorrefctioi
fortlassen dürfen. Dagegen wird eine Unkenntnis des V<
nisses der spezifischen Wärmen in der Tat einen Fehl
dingen, wenn x von 1,4 wesentlich abweicht. Bei bek
Dichte läßt sich hier der Wert von x bequem ern
Sonst setzt man näherungsweise x ^x^. — Der Druck fH
der Gleichung heraus, weil der zum Ansprechen der Ver
pfeife notwendige Überdruck stets klein ist gegenübei
Druck der Atmosphäre.
Für Dämpfe tritt als Erleichterung hinzu, daß hier
hochmolekulare Verbindungen nur wenig von 1,1 abi
Benutzt man Dampf von 100* uud vergleicht mit Lui
Zimmertemperatur, so fallen die x-Werte und die Tempe
korrektionen fort, weil sich die Quotienten gegenseitig zii
genau aufheben. Es bleibt dann
In der Folge sollen zuerst die Apparate beschriebe
sodann für einige Gase und Dämpfe die erzielten Res
als Proben für die Methode mitgeteilt werden.
Die Apparate hestehen im wesentlichen aus eine
einigen Schutzhüllen versehenen Versuchspfeife, die mit
Gasometer oder dem Verdampfungsapparat verbunden
und einer als Vergleichspfeife dienenden regulierbaren S
pfeife.
Akustische Bestimmung der Dichte.
925
CL
Fig. 1.
Aus einer 10 cm langen und 1,1 cm weiten, dünnwandigen
Messingröhre wurde eine kleine offene Labialpfeife mit gerader
Lippe angefertigt. Der Fuß der Pfeife ist 8,3 cm lang, die
Maulweite beträgt 0,3 cm.
Derartig kleine Pfeifen er-
halten im Handel stets einen ge-
krümmten Rand der Lippe (vgl.
Fig. 1 a). Das hat den Vorteil,
daß der Grundton nicht so leicht
in die Obertöne umspringt, viel-
mehr wegen der verschiedenen
Länge der Luftlamelle auch bei
etwas verändertem Druck ein
Resonanzton zustande kommt. Jedoch hängt die Höhe dieses
Tones in ziemlich weiten Grenzen von der Stärke des An-
blasens ab, wie man sich leicht an jeder kleinen derartigen
Pfeife überzeugen kann. Wenn das für gewöhnlich nicht
störend ins Gewicht fällt, so liegt es an der zumeist ziemlich
eng begrenzten Stärke des verwendeten Winddruckes. Anders
eine gerade Lippe (Fig. Ib). Hier hält sich die Höhe des
Grundtones fast ganz unverändert, freilich springt aber der Ton
viel leichter in die Oktave. Diese Gefahr liegt jedoch bei den
schwachen, hier verwendeten Drucken (ca. 10 — 20 cm Wasser)
nicht vor, während es wichtig ist, die Höhe von dem Druck
unabhängig zu machen. — Kleine Maulweiten bedingen leich-
teres Ansprechen.
Die Pfeife erhielt einen Ansatzschlauch und wurde durch
einen Kork in eine 3 cm weite und 20 cm lange Glasröhre
eingeführt (vgl. Fig. 2), damit eine Gas- oder Dampfhülle von
gleicher Art wie der Blasestrom gesichert ist. Ein vielfach
ausgezackter Kork hält die Versuchspfeife leicht in axialer
Lage, ein Verschlußkork mit kleiner Durchbohrung läßt am
anderen Ende der Glasröhre nur so viel Dampf austreten, als
in die Pfeife eintritt Auch diese Offiiung muß für den An-
fang nahezu verschlossen werden, damit sich zuerst ein Über-
druck einstellt und die vorhandene Luft verdrängt wird.
Durch die umhüllende Röhre sinkt die Tonhöhe der Pfeife.
Die Schwingnngszahl muß also auch für Luft in dieser Hülle
neu bestimmt werden.
9S6 S.
Handelt es «ich am am Qiu ron Zmunertempeiatar, m
ist der Apparat damit fertig, f fir Gase, die leiobter moA all
lioft, richtet man die Pfeife nach unten, sonst erhftlt üe äat
nach 'oben gerichtete Lage. Uan wird dann die Pfeife mit
dem Srfi 1 an nhannata! >"* das betreffend
Gasometer aoBchliefien. Ist derDnui
hier za gering, so kaan maaeisa
Dmcksteigeraiig dnrch Zwiachn-
Bchahnng einer OnmioibBllTDiiage «•
zielen, vie ulche fltr WaseuMr
stftnher in Gebrmucli sind.
Die HaDptTerwendang wird diev
Methode aber für Bestinunimg der
Dichte Ton J>&apfen b^wn. His
liefert eine Glaskugel mit Annb-
rohr, wie sie fUr die Dami^didito-
bratimmmig nach Datnas gebrandit
wird, den nCtigen Dampf. Die PoUnig
mit Flnasigkeit geschieht in der flb-
lichen Weise doroh Ansaugen. Ku
Terwendet etwas mehr Snbstanx, ab
för die Damaasche Methode nOtig,
um den VerdampfiingsprozeB länger
auszudehnen. Die Vez^ampfong er-
folgt in einem Bade von konstanter
Temperatur. Dampf derselben Tempe-
ratur wird durch einen Heizmantel geschickt Zu diesem Zweck
erhielt das Qlaerohr, welches mit Dampf erfüllt werden soll,
noch einen koaxialen Mantel von 6 cm Durchmesser und 14 cm
Lange (vgl. Fig. 2) mit Zuleitung und Ableitung für den durch-
strömenden Dampf. Ich habe bei meinen Versuchen siedendes
Wasser als Bad und Wasserdampf als Anheizung des ZvliDders
benutzt. Die Pfeife und ihre UmhUUnngen waren an einem
eisernen Stativ befestigt, ebenso ein Halter, der die Glaskncel
unter Wasser hielt.')
Nachdem das Bad in starkes Sieden gekommen und auch
Fig. 2.
1) Der Apparat wird in verbesserter Oestalt dnrch die Flm*
sbler &. Uartioi in Berliu geliefert.
Akustische Bestimmung der Dichte. 927
der Mantel durch den durchströmenden Dampf hinlänglich er-
wärmt ist, kann der Versuch beginnen.
Der Versuch selbst gestaltet sich äußerst einfach. Man
schiebt den Glasballon in das untere Schlauchende der Pfeife
bis an den Halter, hebt das Stativ mit dem ganzen Apparat
in die Höhe und senkt diesen in das Bad. Sofort oder inner-
halb einer halben Minute (je nach der Höhe des Siedepunktes
der Substanz) fUngt die Pfeife an zu tönen und hält die fast
sofort erreichte Tonhöhe, bis die Flüssigkeit in dem Ballon
verdampft ist. Die Tonhöhe aber bestimmt man mit Hilfe
einer Stimmpfeife. Die Einstellung läßt sich leicht auf 1 mm
genau machen. Die Dichte bestimmt man dann nach dem
oben Gesagten als flf=nj/n*.
Die Berechnung der Schwingungszahl der Stimmpfeife
aus den Dimensionen gestaltet sich auch bei Anwendung der
Cavalier-Colschen Formel ziemlich fehlerhaft^ sobald die Tiefe
der Pfeife groß wird gegen ihre Länge. Ich habe daher meine
Stimmpfeife mit einer willkürlichen Millimeterskala versehen
und die Höhe der eingestellten Töne auf einem Monochord
ermittelt. Als solches war bequem ein 1 m langer Eisendraht
von 0,1 mm Dicke, der mit einem Gewicht von P/2 l^g gespannt
war. Für ganz hohe Töne (Wasserstoff) empfiehlt sich die
Anwendung der Galtonpfeife. Sind die Schwingungszahlen
einmal ermittelt, so würde man praktischerweise diese oder
auch gleich (wenn man immer dieselbe hohe Temperatur be-
nutzt) die Dichten auf dem Stempel der Stimmpfeife an-
bringen. Es wird dann jede Rechnung überflüssig. Aber auch
so erfordert eine Dampfdichtebestimmung nur noch wenige
Minuten.
Über den Grad der erreichten Genauigkeit werden am
besten einige Resultate ein Urteil gewähren. Dabei ist hervor-
zuheben, daß eine Wiederholung des Experimentes stets genau
dieselben Einstellungen der Vergleichspfeife ergab, die Be-
stimmung der Tonhöhe der Vergleichspfeife am Monochord
dagegen wegen der verschiedenen Klangfarbe Fehlern aus-
gesetzt war und mehrfach wiederholt werden mußte. Gerade
diese aber läßt sich dauernd festlegen.
Von Gasen wurden mit dem definitiven Apparat, aber
unter Benutzung eines weiteren Rohres nur Leuchtgas und
928 R. IVachsmuth. Akustische Bestimmung der Dichte.
Kohlensäure untersucht. Die Tonhöhe der Pfeife betrug ftLr
Luft 1720 Schwingungen. Die Rechnungen gestalten sich
immer gleich: Bestimmung der Schwingungszahl durch Be-
ziehen auf die Länge der Monochordsaite fär a^ =■ 435^ Bil-
dung des Quotienten der Schwingungszahlen und Quadrienmg.
Für die Ausrechnung genügt der Rechenschieber. Für Kohlen-
säure ist die Rechnung unten durchgeführt
Für Leuchtgas pflegen Bestimmungen auf der Wage Werte
zwischen 0,38 und 0,40 zu geben. Die akustische Methode
ergab ohne Korrektion 0^395.
Für Kohlensäure [d ^ 1,519) wurde das Resultat mit xjx^
d.h. 1,3/1,4 multipliziert und die Dichte zu 1,50 gefunden,
nämlich:
|?ii435 = 1352. j (J|gy = l,62 | 1,62^=1,50.
Für Dämpfe war das übergeschobene Glasrohr so eng,
daß die wesentliche Erniedrigung der Tonhöhe auf 1615 Schwin*
gungen eintrat Die Resultate sind folgende:
Benxol: d » 2,73 woraus Molekulargewicht 79 statt 78
Äthylbromid: rf = 8,8 „ „ 110 „ 109
Chloroform: d = 4,09 „ „ 118 „ 119
Tetrachlorkohlenstoff: d = 5,38 „ „ 156 „ 154
Die Brauchbarkeit dieser Resultate zeigt die Berechtigung
der erwähnten Vernachlässigungen. — Es wäre gewiß inter-
essant, nach der vorliegenden Methode die Dichte von disso-
ziierten Dämpfen zu untersuchen, doch ist das aus Mangel an
Zeit unterblieben.
(Eingegaugen 4. Oktober 1903.)
Namenverzeichnis der Mitarbeiter.
Abraham, M B5
Andrade, J 51
ArrheniuB, S 660
BlcklDDd, A. V 224
Banoroft, W. D 553
B&ras, C 204
Behn, U 610
Benndorf, H 691
Berg, 0 793
Bjerkneaa, V 455
da Bois, H 809
BorgmaiiD, J 16
Brace, D. B 576
Bredig, G. 889
Brunn, H 94
Bryan, G. H. 123
Bnrbury, S. H 542
Cardani, F 601
Chwolson, 0 28
Conrad, V 691
Cnrry. Ch. E 282
Czennak, P 80
Czuber, E 366
I
Duhem, P 13 j
Ebert, H 448 I
Edelmann, M. Tb 815 '
Einer, Fr 600 i
Exner, F. M 652 I
FeuBfner, W 531
Finger, J 752 !
Ilultituui n-F«lKhiUL
Forcb, C 696
Frage, Q. 656
Friachanf, J. 1
6arbaaBo, A 469
Ooldbammer, D. A. . ... 410
Graetz, L. 477
Granqvist, G 799
Grünwald, J B18
Grunmach, L. 460
Guglielmo, G 341
Hall, E 899
Haachek, E 497
Httsenöhrl, F. 642
de Heen, P 43
Heydueiller, A. 4
van't Hoff, J. H. .... 233
HofiiuanD, R. 600
Honllevigue, L. 62
Jager, G 313
Jabnke, E 487
Jones, U. C 105
Kayscr, H 38
Kiebite, F 610
KilÜDg, W 715
Knott, CG 333
Kobald, E 422
König, W 832
Kohl, E 678
Korn, A 277
KoBaoDogoff, J 882
KostersiU, K 497
Kuenen, J. P. 483
S9
930
Namenverzeichnis der Mitarbeiter.
Seite
yan Laar, J. J 316
Lampa, A 146
Lampe, £ 215
Lannor, J 590
Le Blanc, M 188
Lecher, E 739
Lehmann, 0 287
Levi, M. G 188
Lorentz, H. A 721
Mach, £ 441
Mache, H 187
Margales, M 585
Mathias £ 817
Matthiessen, L 141
Melander, G 789
Merritt, £ 890
Meyer, St 68
Meyer, W. Fr 386
Mie, G 326
Moser, J 745
Nagaoka, H 916
Neesen, F 742
Nernst, W 904
Neumann, C 252
Nichols, E. L 890
von Obermayer, A 299
Pellat, H 150
Pfaundler, L 71
Planck, M 113
Polis, P 766
Reinganum, M 876
Richarz, F 706
Scte
Riecke, E 16«
Righi, A 730
Runge, C 260
Sagnac, G 528
Schiller, N 350
Schiotz, 0. £ 618
Schuster, A. 569
Siertsema, L. H 7&0
von Smoluchowski, M. . . . 62i
Sommerfeld, A. 848
Stark, J 899
Starke, H $67
von Stemecky R. 6dT
Strauss, £. • 277
Streintz, F 19«
Sutherland, W 373
Traube, J 43ö
Trevor, J. E 493
van der Waals^ J. D. . . .365
Wachsmuth, R. 923
Walker, G. W 242
Walter, B 647
Wassmuth, A. 555
Webster, A. G 866
Wegscheider, R 367
Wehnelt, A 16O
Weinmayr, F 83i«
Weinstein, B 510
Wiedemann, E S26
Wien, W 174
Zindler, K 34
- i
■
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!
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