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FESTSCHRIFT
LUDWIG BOLTZMANN
GEWIDMET
ZUM SECHZIGSTEN GEBURTSTAGE
20. FEBRUAR 1904.
MIT EINEM PORTRÄT, 101 ABBILDUNGEN IM TEXT
UND 2 TAFELN.
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LEIPZIG
VERLAG VON JOHANN AMBROSIüS BARTH
1904.
Druck von Metzger &. Wittig In Leipzig.
Als im Mai 1903 Vertreter der Physik an den
österreichischen Hochschulen, die Herren H.Benndorf,
P. Czermak, L. Ditscheiuer, A. v. Ettingshausen,
F. Exner, K. Exner, J. Finger, J. v. Geitler,
H. Hammerl, A. Handl, J. Hann, E. Haschek,
F. Hasenöhrl, O. Jäger, O. Jaumann, E. Kobald,
E. Kohl, A. Lampa, V. v. Lang, E. Lecher,
•
J. Lippich, E. Mach, H. Mache, St Meyer,
J. Moser, A. v. Obermayer, L. Pfaundler, J. M.
Pernter, J. Puluj, M. Radakoviö, E. v. Schweidler,
O. Simony, M. v. Smoluchowski, F. Streintz,
J. A. Tollinger, W.Trabert, J. Tuma, O. Tumlirz,
A. Wassmuth einen Aufruf ergehen ließen, der die
Fachgenossen des In- und Auslandes zur Mitarbeit an
einer Festschrift zu Ehren Ludwig Boltzmanns aus
Anlaß seines sechzigsten Geburtstages am 20. Februar
1904 aufforderte, trafen bald Zusagen so zahlreich
ein, daß Redaktion und Verlag, um dem Bande nicht
zu ungewöhnliche Dimensionen zu geben, den Umfang
der einzelnen Arbeiten beschränken mußten. Obwohl
dadurch manche schöne Untersuchung hier nicht Platz
gefunden hat, mancher wohl sich überhaupt abhalten
ließ, etwas beizusteuern, kann die erfreuliche Tatsache
hervorgehoben werden, daß nicht nur deutsche Fach-
genossen, sondern auch viele Gelehrte aus Amerika,
Australien, Belgien, England, Frankreich, Holland,
Italien, Japan, Norwegen, Rußland und Schweden sich
an der Festschrift beteiligt haben.
Daß dieser stattliche Band auch eine würdige
Ausstattung erhielt, ist dem liebenswürdigen Entgegen-
kommen des Verlegers, Herrn Arthur Meiner, In-
haber der Firma Johann Ambrosius Barth in Leipzig
zu danken, der in bereitwilligster Weise Druck und
Kosten des Werkes übernahm. Die Redaktion besorgte
Dr. Stefan Meyer.
So möge diese Festschrift, Ludwig Boltzmann
gewidmet, ein dauerndes Zeichen der Verehrung seiner
Zeitgenossen bilden.
Inhaltsverzeichnis.
Seite
1. J. Frischauf- Graz. Ableitung der Gleicbgewichtsbedingungen
eines starren Punktsystemes aus dem Prinzip der virtuellen Ge-
schwindigkeiten und aus der Starrheit 1
2. A. Heyd weiller- Münster i. W. Über Selbstinduktions- und
Permeabilitfitsvergleichungen 4
8. P. Duhem- Bordeaux. Sur la stabilit^ ^lectrique d*un milieu
homogene et illimit^ 13
4. 0. Chwolson- St Petersburg. Notiz über die Vergleicbung des
Meters mit der Wellenlänge des Lichtes 28
5. K. Zind 1er -Innsbruck. Über die liniengeometrische Dar-
stellung der Trägheitsmomente eines starren Körpers .... 84
6. H. Kays er- Bonn. Zur Temperaturbestimmung strahlender Gase 88
7. P. de Heen- Lüttich. Id^es fondamentales d'un essai de th^orie
m^canique de T^lectricit^ et de la chaleur 48
8. J. Andrade-Besan^n. Chronometrie: Les r^gimes limites et
la stabilite de la Synchronisation 51
9. L. Houllevigue-Caen. Etüde des lames minces de cuivre
obtenues par ionoplastie 62
10. St Meyer- Wien. Über Magnetisierung durch Tonerregung . 68
11. L. Pfaundler-Graz. Apparate zur Versinnlichung der kine-
tischen Wärmetheorie 71
12. J. B o r g m a n n - St. Petersburg. Ein besonderer Fall des
Leuchtens von verdünntem Gase in einem breiten Glasrohr 76
18. P. Czermak -Innsbruck. Zur Demonstration der Klanganalyse 80
14. M. Abraham -Göttingen. Der Lichtdruck auf einen bewegten
Spiegel und das Gesetz der schwarzen Strahlung 85
15. H. Brunn -München. Über das durch eine beliebige endliche
Figur bestimmte Eigebilde 94
16. H. C. Jones -Baltimore. The Effect of One Associated Solvent
on the Association of Another Associated Solvent 105
17. M. Planck- Berlin. Über die mechanische Bedeutung der
Temperatur und der Entropie 118
vm Inhaltsverzeichnis.
Seite
18. G. H. Bryan-Bangor (N. W.). The Law of Degradation of
Energy as the fandamental principle of thermodynamics . . 128
19. H. Mache- Wien. Zur Definition der spezifischen lonen-
geschwindigkeit 187
20. L. Matthiessen -Rostock. Gibt es anendlich große Ge-
schwindigkeiten? 141
21. A. Lampa-Wien. Aus der Statistik der Prafangsstelle f&r
Normalstimmgabeln in Wien 146
22. H. P eil at- Paris. Du röle des corpuscules dans la formation
du faisceau anodique des tubes k gaz rar^fi^s 150
28. A. Weh nelt- Erlangen. Über eine Röntgenröhre mit ver-
änderlichem Härtegrad und über einen neuen Härtemesser. . 160
24. E. Riecke- Göttingen. Elektrische Strömung in einem ioni-
sierten Lufträume, der von zwei konzentrischen Zylinderflächen
begrenzt ist 168
25. W. Wien -Würzburg. Theorie eines bewegten leuchtenden
Punktes 174
26. M. Le B 1 an c- Karlsruhe und M. G. Levi-Padua. Über die
Passivität des Nickels 183
27. F. Streintz-Graz. Die spezifische Wärme einiger Schwefel-
metalle in ihrer Beziehung zum elektrischen Leitvermögen . . 196
28. C. Barus-Providence. Periodic Color Distributions in Relation
to the Coronas of Cloudy Condensation , with a Revision of
Coronas 204
29. E. Lampe- Berlin. Der schiefe Wurf im luftleeren Räume als
Zentralbewegung 215
30. A. y. Bäcklund-Lund. Über elektrische Strömungen in
zylindrischen Leitern 224
81. J. H. van't Hoff- Charlottenburg. Einfluß der Änderung der
spezifischen Wärme auf die Umwandlungsarbeit 233
82. G. W. Walk er- Cambridge (England). On some Problems in
the Distribution of a Gas 242
88. C. Neu mann -Leipzig. Über die sogenannte absolute Be-
wegung 252
34. C. Runge- Hannover. Die thermodynamischen Beziehungen . 260
85. E. Cz üb er- Wien. Zur Geometrie der gewöhnlichen Difierential-
gleichungen 266
86. A. Korn und E. Strauss- München. Über eine Beziehung
zwischen dem Lösungsdruck und der lonisationswärme der
Metalle 277
87. Ch. E. Curry-München. A Peculiar Class of Waves ... 282
38. 0. Lehmann-Karlsruhe. Das Vakuum als Isolator .... 287
Inhaltsverzeichnis. ix
Seit«
89. A. V. Ob er may er -Wien. Über sogenannte Heiligenscheine
und andere gleichen Ursachen entspringende Erscheinungen . 299
40. J. D. van der Waals- Amsterdam. De verandering van de
grootheid h der toestandsvergelijking als quasi-verkleining van
het molekuul 805
41. G. Jäger -Wien. Über die Verteilung einer nicht dissoziieren-
den Substanz zwischen zwei Lösungsmitteln 313
42. J. J. van L aar -Amsterdam. Über die spezifische Wärme in
flOssigem Zustande bei niedrigen Temperaturen 316
43. G. Mie- Greifswald. Über eine Methode, das spezifische Ge-
wicht sehr verdünnter Lösungen zu bestimmen 326
44. C. G. Kn Ott- Edinburgh. Magnetization and resistance in
Nickel at high temperatures 838
45. G. Guglielmo-Cagliari. Intomo ad nn igrometro-bilancia ad
indicazioni assolute e continue 341
46. N.Schiller- Charkow. Einige Bedenken betreffend die Theorie
der Entropievermehrung durch Diffusion der Gase bei einander
gleichen An&ngsspannungen der letzteren 350
47. R. Wegscheider-Wien. Über die Größe der Kristallmoleküle 867
48. W. Sutherland -Melbourne. The Principle of Dynamical
Similarity in Molecular Physics 373
49. W. Fr. Meyer- Königsberg. Zur Theorie der I^agrangeschen
Bewegungsgleichungen 386
50. J. Stark -Göttingen. Elektrischer Massentransport in Gasen,
Druckerhöhung an der Kathode 399
51. D. A. Goldhammer- Kasan. Über die Natur der flüssigen
Luft 410
52. E. Ko bald -Leoben. Ober die allgemeinen Differential-
gleichungen der Kristalloptik nach der elektromagnetischen
Theorie des Lichtes 422
53. J. Traube- Berlin. Über den Raum der Atome und Moleküle 430
54. E. Mach -Wien. Objektive Darstellung der Interferenz des
polarisierten Lichtes . . 441
55. H. Ebert- München. Wirkung der anomalen Dispersion von
Metalldämpfen 448
56. V. Bjerkness- Stockholm. Elektrostatische, magnetische und
hydrodynamische Grenzflächenbedingungen 455
57. L. Grün mach -Berlin. Über den Einfluß der Zähigkeit auf
die Kapillarkonstanten bei Essigsäure- Wassermischungen . . 460
58. A. Gurbas 80 -Genua. Su la teoria deir analisi spettrale . . 469
59. L. Graetz- München. Über die elektrische Dispersion der
Kristalle 477
X InhalUverzeichnis.
Seite
60. J. P. Kuenen-Dandee. Zur Theorie der Destillation von Ge-
mischen 483
61. £. J ahn ke -Berlin. Eine einfache Anwendung der Vektor-
rechnung auf die Theorie der veränderlichen Ströme .... 487
62. J.E.Trevor-Ithaka(N. Y.). The Expansion -Work of a Disso-
ciating gas 498
68. E. Haschck und K. Kostersitz-Wien. Über einen Versuch
der Ausmessung von Stemspektrogrammen nach der objektiven
Methode der Wellenlängenbestimmung 497
64. P. Cardani- Parma. Sulla dispersione elettrica dei raggi X
ottenuti mediante le scariche dei condensatori 501
65. B. Weinstein- Charlottenburg. Entropie und innere Reibung 510
66. J. Grünwald -Wien. Über die Ausbreitung der Wellenbe-
wegungen in optisch-zweiachsigen elastischen Medien . . . . 518
67. G. Sagnac- Paris. Lois de la propagation anomale des ondes
au voisinage d^un foyer 528
68. W. Feussner-Marburg i. H. Über zwei Sätze der Elektrostatik 587
69. S. H. Burbury- London. On certain theorems in probability 542
70. W. D. Bancroft-Ithaka (N. Y.). Note on the Soret Pheno-
menon 553
71. A. Wassmuth-Graz. Über die Bestimmung der thermischen
Änderungen der Elastizitätskonstanten isotroper Körper aus
den Temperaturfinderungen bei der Drillung und der gleich-
förmigen Biegung 555
72. A.Schuster-Manchester. The Propagation of Waves through
dispersive Media 569
78. D. B. Brace- Lincoln. On Double Refraction in Matter moving
through the Ether 576
74. M. Margules- Wien. Über die Beziehung zwischen Barometer-
schwankungen und Kontinuitätsgleichung 585
75. J. Larmor- Cambridge. On the Intensity of the Natural
Radiation from Moving Bodies and its Mechanical Reaction . 590
76. Fr. Exner und R. Hofmann-Wien. Über die Potential-
differenzen der Metalle in ionisierten Gasen 600
77. U. Behn und F. Kiebitz- Frankfurt a. M. Bestimmung der
Dielektrizitätskonstante von Eis in flüssiger Luft mit schnellen
Schwingungen nach Drude 610
78. 0. E. Seh iötz- Christian ia. Über die Abhängigkeit des os-
motischen Druckes und der Dampfspannung von dem Drucke 618
79. M. V. Smoluchowski-Lemberg. Über Unregelmäßigkeiten
in der Verteilung von Gasmolekülen und deren Einfluß auf
Entropie und Zustandsgieichung 626
InhaltiverzeicAnts. xi
Seite
80. F. Hasenöhrl-Wien. Uberdie Anwendbarkeit der Hamilton -
sehen partiellen Differentialgleichung in der Dynamik konti-
noierlicb verbreiteter Massen 642
81. B. Walter- Hamburg. Photographische Abbildungen elek-
trischer Schwingungen 647
82. Felix M. Exner-Wien. Ober das sogenannte „Nachschauen**
von Bildern 652
88. G. Frege-Jena. Was ist eine Funktion? 656
84. H. Starke-Berlin. Über den Potentialverlauf bei der unselb-
ständigen Elektrizitätsleitung durch Gase für den Fall des
Sättigungsstromes 667
85. E. Kohl- Wien. Über die elektromagnetischen Feldgleichungen
innerhalb bewegter elektrischer Massen 678
86. R. V. Sterneck- Czernowitz. Beweis eines in der Akustik ver-
wendbaren arithmetischen Satzes 687
87. H.Benndorf und V.Conrad- Wien. Über Radiumkollektoren 691
88. C. Forch- Darmstadt Spezifische Gewichte und Wärmeaus-
dehnung von Naphtalinlösungen in verschiedenen organischen
Lösungsmitteln 696
89. F. Ric harz -Marburg i. H. Theorie verdünnter Lösungen ohne
Benutzung des osmotischen Druckes 706
90. W. Ki Hing- Münster i. W. Der Bau einer besonderen Klasse
von Transformationsgruppen 715
91. H. A. Loren tz- Leiden. Bemerkungen zum Virialtheorem 721
92. A. Righi- Bologna. Sul moto dei ioni nel campo elettrico . 780
93. E. Lee her- Prag. Ein elektrischer Aberrationsversuch . . . 789
94. F. Neesen- Berlin. Über die Frage der gegenseitigen Ein-
wirkung von Kathodenstrahlen 742
95. J. Moser -Wien. Wie ist positive Elektrizität mit negativem
Potential und negative Elektrizität mit positivem Potential leicht
dar- und vorzustellen? 745
96. J. Finger- Wien. Über die einer allbekannten Kapillar-
erscheinung analogen Resultate eines bestimmten Problemes
der Kinematik starrer Körper 752
97. P. Pol is- Aachen. Zur Hydrographie von Ahr, Erft und
Roer, ein Beitrag zur Aufschließung der Wasserverhältnisse
der nördlichen Eifel 766
98. L. H. Siertsema-Leiden. Magnetische Drehung der Polari-
sationsebene in verflüssigten Gasen unter atmosphärischem
Drucke. Messungen mit Stickoxydul 780
99. G. Melander-Helsingfors. Über Verdichtung der Gase an
der Wand der Geföße 789
xn InhcdUverzeiehma,
Seite
100. 0. Berg- Greifs wald. Einige Versuche über das Eiektroden-
potential von Entladungsrohren 'iOS
101. G. Granqvist-Upsala. Über die Periode und die Phasen-
differenz zwischen Strom und Spannung im singenden Flammen-
bogen 799
102. H. du Bois-Utrecht. Hysteretische Anwendung der Boltz-
mann-Mazwellschen Verteilungsfunktion 809
103. M. Th. Edel mann -München. Vertikalyariometer für erd-
magnetische Messungen im Luftballon 815
104. E. Mathias-Toulouse. Sur la ioi de distribution r^guliöre
de la composante nord du magn^tisme terrestre, en France,
au 1«' janvier 1896 817
105. E. Wiedemann-Erlangen. Über Verbindungsspektren . . 82(>
106. W. König-Greifswald. Einige Bemerkungen über die Be-
ziehung zwischen künstlicher Doppelbrechung und Elastizität 832
107. G. Bredig und F. Weinmayr-Heidelberg. Über die mini-
male Schichtdicke des katalytisch wirkenden Quecksilbers . 839
108. A. Sommerfeld -Aachen. Eine besondere anschauliche Ab-
leitung des Gau SS i sehen Fehlergesetzes 848
109. S. Arrhenius- Stockholm. Die Anwendung der physikalischen
.Chemie auf die serumtherapeutischen Fragen 860
HO. A. G. Webster- Worcester (Mass.). On the Mechanical Effi-
ciency of the Production of Sound 866
111. M. Rein ganum -Münster i. W. Über den von Wirkungs-
sphären freien Raum in einer Flüssigkeit und über das Gesetz
der relativen Dampfdruckemiedrigung 876
112. J. Kossonogoff-Kiew. Über mögliche Größe der optischen
Resonatoren 882
118. E. L. Nichols und E. Merritt-Ithaka(N. Y.). The Influence
of Low Temperatures upon Certain Color Indicators. . . . 890
114. E. Hall- Cambridge (Mass.). The van der Waals a in Alkohol
and in Ether 899
115. W. Kernst- Göttingen. Chemisches Gleichgewicht und Tem-
peraturgefälle 904
116. H. Nagaoka- Tokyo. Mechanische Analogien zwischen
Torsion und Magnetismus 916
117. R. Wachsmuth-Rostock. Akustische Bestimmung der Dichte
von Gasen und Dämpfen 923
Namenverzeichnis der Mitarbeiter 929
1. Ableitung der Gleichgewichlsbedingnngen eines
starren Ponktsystems aus dem Prinzip der yirtnellen
6eschT?indigkeiten nnd ans der Starrheit
VoD Johannes Frlaohanf in Gras.
Die Bedingungen des Gleichgewichtes eines starren Punkt-
systems werden aus dem Prinzip der virtuellen Geschwindig-
keiten in der Regel derart abgeleitet^ daß man dem Punkt-
system eine virtuelle Bewegung erteilt^ die man sich als eine
fortschreitende und als eine drehende Bewegung des Punkt-
systems denkt. Diese Bedingungen erhält man aber auch
mit Zuziehung des Begri£fes der Starrheit des Punktsystems,
welche Eigenschaft dadurch ihren Ausdruck findet, daß bei
jeder virtuellen Bewegung die Distanz je zweier Punkte des
Systems unverändert bleibt.
Sind Jfj = (xj, y^, z^\ M^ = (x„ y„ z,) . . A/^ « (x^, y^, ^
die n Punkte des Systems und erteilt man denselben die
virtuellen Verschiebungen (Öx^, Sy^, Sz^), {Sz^, Sy^, Sz^), . .
[Sz^, Sy^, SzJ, so ist nach dem Prinzipe der virtuellen Ge-
schwindigkeiten
(1) 2{XSz + YSy + Zdz)^ 0,
diese Summe auf alle Punkte ausgedehnt In diesem Aus-
drucke kommen 3 n virtuelle Verschiebungen Sx^y Sy^, Sz^, , .
Sz^, Sy^, 8z^ vor, von diesen sind aber nur sechs willkürlich.
Denn wird die virtuelle Bewegung eines Punktes, etwa i/j,
als vollkommen frei gedacht, so ist die Bewegung eines zweiten
Punktes, etwa M^, an die Bedingung geknüpft, daß M^M^
konstant bleibt, die Bewegung eines dritten Punktes, etwa M^y
an die Bedingungen, daß M^JM^ und M^M^ konstant bleiben.
Von den drei virtuellen Verschiebungen dx^y öy^, Sz^ sind
Bottmiaiui'FettocIirift. 1
2 /. Frischauf,
daher alle drei willkürlich, die virtuellen Verschiebungen öx^,
^yt> Sz^ müssen einer Bedingungsgleichung, die virtuellen Ver-
schiebungen Sx^y Sy^, d'Zj müssen zwei Bedingungsgleichungen
genügen. Die virtuellen Verschiebungen der übrigen Punkte
sind bereits aus der Voraussetzung der Starrheit bestimmt.
Es sind daher sechs Bedingungsgleichungen zwischen den
Koordinaten der n Punkte und den auf diese wirkenden Kräfte
zu erwarten.
Aus
K K' = K - 'J* + (yr - y/ + (^, - ^.Y
konstant, folgt
f 0 = (X, - X,) (dx, -Sx,) + (y, - ;/,) (d>, - Jy.)
(2) +{z^-z,)[3z^-3z,).
[ r = 1, 2, . . w, Ä = 1, 2, . . n.
Die virtuellen Verschiebungen Sx^, . . dz^ müssen den
Bedingungsgleichungen (2) genügen. Multipliziert man diese
Gleichungen mit den Faktoren A^,, wo X^^ = A,r vorausgesetzt
wird, und addiert dieselben zur Gleichung (1), so kömui-
diese Faktoren l derart gewählt werden, daß die Koeffizientei
der abhängigen Verschiebungen Null werden.
Aus dem Koeffizienten von dx^ folgt
(3) X^ + X^, {x^ - X,) + A^, (x^- x,)+ .. + \^ [x^ - xj = 0.
Addiert man diese Gleichungen für r = 1, 2 . . n, so e>
hält man
(4) \ ebenso
Bildet man die Summe
so erhält man aus den beiden Posten
yr^r + y.^.
als zusammengehörige Glieder
mithin für die obige Summe den Ausdruck
Gleichgewichtsbedingungen eines starren Punktsystems, 8
also einen nach x und y symmetrischen Ausdruck, woraus
folgt, daß
y^ Xj + ^3 1, + . . + y„Z^ = xj 7j + Xjj r, + . . + x^Y^
oder
( J?(yJir-i:7) = 0,
(5) } und ebenso
Die sechs Gleichungen (4) und (5) sind die Gleichgewichts-
bedingungen des starren Punktsystems.
(EiDgegangen 28. Mai 1903.)
2. Über Selbstinduktions- nnd Permeabilitäts-
vergleichüngen.
Von Adolf HeydweUler in Münster i. W.
1. Maxwells Methode zur Vergleichung der Selbst-
induktion von Drahtspulen in der Wheats tone sehen Brücke^
ist bei Anwendung von Wechselstrom oder unterbrochenem
Gleichstrom und mit dem Telephon als Meßinstrument einer
sehr weitgehenden Genauigkeit fähig, namentlich wenn es sich
um die Vergleichung von nahe gleichen Rollen handelt.
Mit der folgenden Anordnung ist es mir gelungen, eine
Genauigkeit von einem Hunderttausendstel bei solcher Ver-
gleichung zu erzielen.
Zwei Zweige der Wheats toneschen Brücke werden ge-
bildet von den durch einen Schleifkontakt getrennten Teilen
eines 1 m langen und 4 mm dicken Manganindrahtes, dem auf
jeder Seite ein induktions- und kapazitätsfreier Widerstand
von etwa 175fachem Betrage (22 0hm), bestehend aus zwei
zusammengelöteten Manganindrähten von 0,25 und 0,06 mm
Dicke, mit angesetzten Verbindungsdrähten aus Kupfer zuge-
schaltet ist. Die beiden anderen Brückenzweige bilden die
beiden zu vergleichenden Rollen mit einem zweiten blanken
Manganindraht von 1 m Länge , 0,2 mm Dicke und 12 Ohm
Widerstand, auf dem ein zweiter Schleifkontakt gleitet. *) Als
Stromquelle dient ein von 2 Akkumulatoren getriebenes kleines
Induktorium von Hartmann & Braun; die Brücke wird nicht
in den Sekundärkreis, sondern parallel der Primärrolle von
7 Ohm Widerstand geschaltet. Mit einem Siemens &Halske-
schen Dosentelephon von 5 Ohm Widerstand kann man den
Schleifkontakt des dicken Drahtes bis auf einige Millimeter
genau einstellen, und da einer Veränderung des Widerstandes
1) Cl. Maxwell, Elektrizität und Magnetismus, deutsch von Wein-
stein, 2. p. 499. Berlin 1883.
2) Ein Draht von mehreren Metern Länge ist hier noch vorteilhafter.
SelbstinduktionS' und Permeabilitätsvergleichungen, 5
oder der Selbstinduktion in einem Zweige um 0,1 Proz. eine
Verschiebung dieses Kontaktes um 350 mm entspricht, so ist
die oben angeführte Genauigkeit bis auf 10 ~^ der Gesamtwerte
erreicht, würde auch noch zu überschreiten sein.
2. Diese Genauigkeit ist ausreichend, um die Methode
auch zur Vergleichung von Permeabilitäten verwenden zu
können, und sie empfiehlt sich hierfür durch die Einfachheit
der Handhabung und der erforderlichen Hilfsmittel
Man verwendet hierzu zweckmäBigDrahtroUen ohne Fassung,
die auf zerlegbaren Holz- oder Pappegestellen gewickelt und,
nachdem die Windungen mit dünnen Drähten oder Fäden zu-
sammengebunden sind, abgenommen werden. Eintauchen in
flüssiges Paraffin gibt die nötige Stabilität Von verschiedenen
hergestellten Rollen eigneten sich für den vorliegenden Zweck
am besten Bollen aus 0,5 mm dickem, elektrolytischem Eupfer-
draht mit 400 (20 X 20) Windungen von 3,5 cm innerem und
5,5 cm äußerem Durchmesser, deren Selbstinduktion 7.10~^
Quadrant beträgt
Man könnte zunächst daran denken, durch Einlegen der
Rollen in die flüssigen oder pulverisierten magnetischen Sub-
stanzen die Permeabilität derselben direkt zu bestimmen; in-
dessen scheitert das daran, daß einmal für Lösungen bei dieser
Anordnung die Störungen des Minimums infolge von Eapa-
zitätswirkung und Foucaultströmen beträchtlich sind, sodann
die unvermeidliche Isolierschicht eine erhebliche und schwer
genau zu bestimmende Korrektion (von über 30 Proz.) erfordert.
Dagegen lassen sich Yergleichungen der Permeabilitäten magne-
tischer Substanzen vom Eisen bis hinunter zu Salzlösungen
der magnetischen Metalle in der Konzentration 1 g-Mol./L. mit
ziemlicher Genauigkeit ausführen.
Die Substanzen werden zu diesem Zwecke in Form von
Zylindern verschiedenen Querschnittes konzentrisch und kon-
axial in die Rollen eingeführt und die Größe der Verschiebung
des Schleifkontaktes beim Übergang der Substanzen aus der
einen in die andere Rolle für die Minimum Stellung verglichen.
Die Länge der Zylinder muß so gewählt sein, daß eine Ver-
größerung derselben keine merkliche Verschiebung des Mini-
mums ergibt; 9 cm sind hierfür mehr als ausreichend. Der
Querschnitt der Zylinder richtet sich nach der Größe der Per-
6 A. Heydweiller.
meabilität; bei den festen und gelösten Salzen erhält man
bei dem größtmöglichen Querschnitt, so daß das einschließende
Giasgefäß noch eben in die Rolle paßt, yorzügliche Einstellungen,
bei denen das Telephon geräusch vollständig verstummt; bei den
magnetischen Metallen ist das infolge der Hysteresis nur noch
bei einem entsprechend geringen Querschnitt der Fall; auch die
Rücksicht ^,uf die Größe der Verschiebung, die 1000 mm nicht
überschreiten kann, zwingt zur Verkleinerung des Querschnittes.
So gibt beispielsweise ein Nickeldraht von 0,5 mm Dicke
bei nahe 1000 mm Verschiebung kein gutes Minimum mehr,
während dieses bei einem etwa halb so dicken Nickeldraht
fast ganz schari' und sehr gut zu verwenden ist Bei Eisen
ist ein einigermaßen brauchbares Minimum erst bei einer
Drahtdicke unter 0,05 mm zu erzielen.
Da das Magnetfeld im Innern der kurzen Rollen kein
homogenes ist, sind die Änderungen der Selbstinduktion bei
Einschiebung der Zylinder nicht ihrem Querschnitte proportional;
man muß vielmehr eine Graduierung vornehmen, um die Be-
stimmungen mit verschiedenen Querschnitten untereinander
vergleichbar zu machen. Von diesem Gesichtspunkte aus wäre
eine lange Form der Spulen vorteilhafter; die kurzen Rollen
mit nahe quadratischem Querschnitte sind gewählt worden,
weil für sie die Selbstinduktion im Verhältnis zum Wider-
stände ein Maximum ist.
Die Gradaierung ist leicht durchzuführen, indem man ge-
eignete Substanzen in Zylindern von gleicher Länge und ver-
schiedenen Querschnitten einführt; die Verschiebungen des
Schleifkontaktes wachsen schneller als die Querschnitte, wie
die nachstehende kleine Tabelle zeigt, bei deren Aufstellung
metallisches Mangan (schwach eisenhaltig), Eisenoxyd, festes
Ferrosulfat und Manganosulfat (krist) alle in Pulverform be-
nutzt wurden.
Die Querschnitte der eingeföhrten Substanzzylinder sind
mit q, die Verschiebungen des Schleifkontaktes für die beiden
Minimumstellungen mit S bezeichnet; die Verhältnisse 8lq sind
durch graphische Interpolation auf den für sehr kleinen Quer-
schnitt {q = 0) willkürlich angenommenen Wert 1 bezogen.
<7 = 0 0,216 0,845 1,13 1,55 2,46 7,02 cm*
0/^=1 1,010 1,012 1,045 1,065 1,095 1,275
SelbstinduktionS' und Permeabüitätsvergleichungen, 7
Um zwei Beobachtungen für verschiedene Querschnitte
vergleichbar zu machen, braucht man bloß die Werte von d
durch q und die vorstehend angegebenen den q entsprechen-
den Werte von dfq zu dividieren; für andere als die obigen
q Werte ergibt sich die Korrektion durch lineare Interpolation
hinreichend genau.
Die so reduzierten d sind dem Unterschiede der Permea-
bilität der betreffenden Substanz {p) gegen die der Luft, oder
auch ihrer Magnetisierungszahl (Suszeptibilität) x = (]ti— l)/47r
proportional, und man kann sie durch Vergleichung mit einer
Normalsubstanz von bekannter Magnetisierungszahl, z. B. Ferri-
Chlorid, auch dem absoluten Werte nach bestimmen.
Natürlich ist dabei auf den Magnetismus der benutzten
Glasgefäße zu achten, den man empirisch ermittelt durch Ein-
schieben der leeren Glasgefäße in die Spulen.
Als Normalsubstanz ist das vielfach untersuchte Ferri-
Chlorid entweder gelöst oder kristallisiert und fein gepulvert
zu empfehlen, weil seine Magnetisierungszahl wohl am besten
bestimmt ist. Als Mittelwert ergibt sich aus zahlreichen
Messungen, die an anderer Stelle zusammengestellt und be-
sprochen wurden, für den Molekularmagnetismus des wasser-
freien FeCl, bei mittlerer Zimmertemperatur (17^
- = 14,2.10-8,
worin x die Magnetisierungszahl der wasserfreien Substanz
und V die Zahl der Grammmoleküle im cm' bezeichnen. Kommen
auf g g Salz g g Wasser im Kristall oder in der Lösung, und
setzt man die Magnetisierungszahl des Wassers nach dem
Mittelwerte der neueren Bestimmungen gleich
-0,76.10-6,
80 berechnet sich die Magnetisienmgszahl ftlr wasserhaltiges
oder gelöstes Ferrichlorid
x, = (14,2-0,75-^ j^)..10-3,
worin J/= 162,25 das Molekulargewicht des FeCl, ist Um-
gekehrt kann man nun, wenn f&r eine zweite Lösung aus dem
8 A. Heydweiller,
Verhältnis der Verschiebungen bei gleichem Querschnitt, ä^
für die Ferrichloridlösung und ^2 ^^^ <^^ zweite Lösung, deren
Magnetisierungszahl
*« - *i ^^
bestimmt ist, daraus den Molekularmagnetismus des zweiten
gelösten Salzes berechnen gleich
^ + 0,75^-^.10-8.
y ' g 1000
Dieselbe Formel gilt auch f&r wasserhaltiges festes Salz.
3. Zum Belege für die Brauchbarkeit der Methode seien
einige Beobachtungen angeführt Die ersten beziehen sich auf
die Permeabilität des Nickels in schwachen Feldern, die meines
Wissens noch nicht bestimmt ist. In Ewings bekanntem
Buche ^) findet sich p. 87 die Magnetisierungszahl des Nickels
erst von der Feldstärke 6,5 C.G.S. ab angegeben und auch
diese Zahl ist noch ziemlich unsicher wegen des großen re-
manenten Magnetismus (/ = 22 für // = 0), der vom Nickel
mit besonderer Hartnäckigkeit festgehalten wird.
Die BeobachtuDgen ergaben für einen ausgeglühten Draht
aus Beinnickel von Basse & Selve in Altena, der nach Analyse
von Hrn. F. Rose in Strassburg 1,12 Proz. Eisen und 0,23 Proz.
Graphit und Silicium enthält vom Querschnitte
q = 0,000570 cm* eine Verschiebung 5 = 241 mm
f8r einen weichen Eisendraht (abgefttzter Blumendraht)
q = 0,0000241 cm« •) S = 495 mm
für einen anderen weichen Eisendraht
q = 0,0000204 cm« ") 5 = 400 mm
für eine Ferrichloridlösung von 31,0 Proz., v = 2,49.10-3
g = 7.18 cm« d = 102,8 mm
Daraus ergeben sich nach obigem die folgenden Werte
der Magnetisierungszahlen x und Permeabilitäten fi=l +4nx:
1) J. A. Ewing, Magnetische Induktion in Eisen und verwandten
Metallen, deutsch von L. Holborn und St. Lindeck, Berlin und
München 1892.
2) Der Querschnitt wurde durch Wägnng und spezifische Gewichts-
bestimmung ermittelt
SelbstinduktionS' und PermeabUit(itsver(jleichung€n, 9
69
xi = (14,2-0,75. .0,1622)2,49.10-0 = 34,8.10-<i:
«5 1
/i = 1,000433
für den Nickeldraht, durch Vergleichung mit vorstehendem Werte
«=wS-T''\'oif-H8-10-e=l,B2 . = 17.6
für den ersten Eisendraht:
495 7,18.1,275 «, « ,^ « ^„ «
" = 2;4iTro-5 • ' ,02,8 • "'«• ^« -' = «''« '' = ««»
fiir den zweiten Eisendraht:
400 7,18.1,275 «, ^ ^^ « «^ ^ „^^ .
X = -r . -^ . 84,6.10-6 = 60,9 u = 766
2,04.10-5 102,8 * ' '^
Für die Feldstärke bei diesen Versuchen lassen sich nun
allerdings nur Grenzen angeben. Aus den Dimensionen und
der Windungszahl der Spulen berechnet sich die Feldstarke
in ihrem Mittelpunkte zu F=\\\i C.G.S.-Einh., für i Am.
Stromstärke.
Bei den vorstehenden Versuchen betrug die Stromstärke
in jeder der Spulen bei vollständiger Ausschaltung des Unter-
brechers (W^agnerscher Hammer mit Platinkontakt) 0,105 Am.,
die entsprechende Feldstärke in der Mitte der Spulen ist also
P ^ 11,6 C.G.S.-Einh. — Dies ist aber nur eine obere Grenze,
denn erstens führt der in Gang befindliche Unterbrecher einen
größeren Widerstand ein, zweitens kommt bei den kurzdauern-
den Stromschlüssen infolge der beträchtlichen Selbstinduktion
die Stromstärke nicht voll zur Ausbildung und drittens liegen
die 9,8 cm langen Drähte nur mit ihrem mittleren Teile in
dem obigen maximalen Felde. Die mittlere Stromstärke bei
tätigem Unterbrecher betrug 0,0125 Am., also nur Ys ^^^
obigen.
Aus (Jen Zahlen für die Permeabilität des Eisens würde
man nach den Versuchen von Roessler^) auf eine Feldstärke
von etwa 1,3 C.G.S.-Einh. schließen dürfen.
Das Verhältnis der Permeabilitäten von Eisen und Nickel
ergibt sich nach vorstehendem zu etwa 45 : 1, während es bei
größeren Feldstärken auf bedeutend kleinere Werte (etwa 3,5 : 1)
absinkt 'j —
1)G. Roessler, Untersuchungen über die Magnetisiemng des
Eisens. Dissertation, Zürich 1892.
2) Vgl. J. A. Ewing, I.e.
10 A. Ueifdweiller,
4. An zweiter Stelle seien hier einige Beobachtungen an-
geführt über etwaige Änderung des Magnetismus von Eisen-
und Mangansalzen durch Auflösung in Wasser. Diese Frage
ist schon von G. Wiedemann^) und Herrn J. Königsberger^
behandelt worden. Der erstere fand bei Feldstärken, die nach
seinen Angaben auf etwa 10* bis 10^ C.G.S.-Einh. zu schätzen
sind, für Ferrosulfat (krist), Ferrochlorid (wasserfrei), Ferri-
chlorid (wasserfrei) und Manganosulfat (krist) nur geringe Ände-
rungen des Magnetismus bei der Auflösung von etwa 2 — 5 Proz.
und zwar eine Zunahme des Magnetismus; Herr Königs-
berger dagegen fand bei etwas größerer Feldstärke (2000 C.G.S.-
Einh.) für Ferrosulfat (krist.) eine Zunahme von 50 Proz. und
für Ferrosulfat (wasserfrei) sogar eine solche von 100 Proz. bei
der Auflösung.
Bei den folgenden Versuchen wurde eine abgewogene
Menge g g der kristallisierten Salze fein pulverisiert in mög-
lichst gleichförmiger Verteilung in ein bestimmtes Volumen v
gebracht und die Verschiebung des Schleifkontaktes S gemessen,
dann ein abgewogener Bruchteil g^ g des Salzes in g\ g Wasser
zu dem gleichen Volumen v aufgelöst und die Verschiebung d^
bestimmt Man ist dann bis auf eine unbedeutende Korrektion
unabhängig von hygroskopischer Feuchtigkeit und von dem
Kristallwasser und kann mit hinreichender Annäherung das
Verhältnis der Aquivalentmagnetismen des Salzes im gelösten
und kristallisierten Zustande setzen
0'9i \ Ol » ;
Der Korrektionsfaktor betriflFt das Lösungswasser und er-
gibt sich numerisch aus der vorher mitgeteilten Beobachtung
an der Eisenchloridlösung. Ist das spezitische Gewicht s der
Lösung bestimmt, so kann man auch setzen
V V
Die nachfolgende Tabelle gibt eine Zusammenstellung der
für sechs verschiedene Salze erhaltenen Resultate. Die Salze
1) G. Wiedemann, Pogg. Ann. 126. p. 1. 1865.
2) J. Königsberger, Wied. Ann. 66. p. 698. 1898.
SelbstindvktionS' und Penneabilitätsvergleichungen, 11
waren sämtlich rein (von Marquart in Bonn), kristallisiert
und vor den Versuchen einige Tage im Exsikkator getrocknet.
PeCl, 4 H,0
FeCl,6H,0
FeSO^ 7 H,0
9g
67,86
71,87
54,62
78,70
Fe^CSO«), 6H,0 68,80
MoCl, 4H,0
MnSO* 4H,0
93,71
86,71
d mm I ^1 g > ^1 mm
106,7
102,7
35,1
34,6
64,2
64,2
107,4
145,5
x,/x
179,0
39,81 '
162,2
45,85
93,0
21,04
139,5
20,83
157,1
|33,37
128,60
231,0
43,39
269,7
46,26
1,816 19<>
1,312 16,5^
1,160 25«
1,184 21°
1,331 14,5<>
1,402 21°
1,342 17»
1,031 >)
1,006
1,035»)
0,968 ■)
0,867 •)
1,015*)
1,022
1,021
In den meisten Fällen scheint also, wie auch beiG. Wiede-
manns Versuchen, eine geringe Zunahme des Magnetismus bei
der Auflösung einzutreten.
Die Änderungen sind aber klein und können auf Versuchs-
fehlem beruhen, insbesondere auf ungleicher Verteilung der
pulverisierten Salze im Volumen; eine Ausnahme bildet die
Lösung des Ferrisulfats im Wasser, bei der, wie schon G. Wiede-
mann nachwies, die hydrolytische Spaltung eine erhebliche
Verminderung des Magnetismus bedingt; die Verminderung
fallt weg, wenn die Hydrolyse durch hinreichenden Säurezusatz
beseitigt wird.
Die von Hrn. Königsberg er beobachtete starke Ände-
rung des Magnetismus durch Auflösen bei größeren Feldstärken
bedarf noch der Bestätigung; ihr würde eine starke Abhängig-
keit der Magnetisierungszahl des festen Ferrisulfats von der
Feldstärke entsprechen, die nicht wahrscheinlich ist^)
Es sei noch hervorgehoben, daß man bei den Versuchen
auf das peinlichste ftir Vermeidung störender Induktions-
wirkungen durch Nähe von Eisenteilen, durch Wirkung der
1) Bei Zusatz von Säare trat keine erhebliche Änderong ein.
2) Gelöst in Wasser.
3) Gelöst in 4proz. Schwefelsäurelösung.
4) Gelöst in 12proz. Schwefelsäurelösung.
5) Für Feldstärken zwischen 6000 und 10000 C.G.S.-Einh. ist nach
Hrn. St. Meyer (Wied. Ann. 69. p. 257. 1899) die Mjignetisierungszahl
des kristallisierten FeSO« nahe konstant.
12 A, HeydweiUer. Selbstinduktions- u, Permeahilitäisvergleich,
Stromzuleitung auf die Brückenzweige und das Telephon etc.
achten muß.
Auch muß die Auswechselung der Substanz zwischen den
beiden Spulen öfter wiederholt und in schneller Folge geschehen,
um kleine Änderungen der Selbstinduktion durch Temperatur-
schwankungen und dergleichen unschädlich zu machen.
über weitere Beobachtungen, nach dieser Methode ist an
anderer Stelle berichtet^)
Münster i. W., PhysikaL Inst. d. Universität, Mai 1903.
1) Ann. d. Phjs. 12. p. 608. 1903.
(Eingegangen 4. Juni 1903.)
13
3. Snr la stabilitö
ölectriqne d'nn milien homogene et illimit^.
Par P. Duhem k Bordeaux.
Introduotion.
Dans le c^l^bre Memoire oii il a d^velopp^ les loi» de la
propagation de r^lectricit^ au sein des milieux immobiles ^),
Helmholtz s'est propos6, tout d'abord, de g^n^raliser Tex-
pression du Potentiel ölectrodynamique d'un Systeme. Cette
expression, il Ta donn6e sous une forme qui comprend comme
cas particuliers les formules eniploy^es par ses pr^d^cesseurs,
tels que F. E. Neumanu, W. Weber et Maxwell. Ces
diverses formules correspondent a autant des valeurs distinctes
attribu^es k une certaine constante num^rique K que Helm-
holtz laisse ind^terminöe.
L'ind^termination de A', toutefois, ne reste pas absoluc;
des considörations relatives ä la stabilit^ de T^quilibre 61ec-
trique permettent de la restreindre.
Voici, en eflfet, une • premi^re proposition que Helmholtz
a d^montr^e:
Si la constante K est nulle ou positive, Vequilibre electrique
est assurement stähle sur un corps immobile, doue de conducti-
bilite, mais denue de pouvoir magnetique et de pouvoir dielec'
trique, et place dans uji champ electrique donni.
Plus tard, nous avont g^n^ralis^ ^ quelque peu Tanalyse
de Helmholtz et ^tabli la proposition que nous allons ^noncer:
ConsidSrons nn ensemble de corps immobiles, qui peuvent
Strc dielectriques et magnetiques et dont les uns sont doues de
conductibilite electrique, tandis que les autres en sont depourvus;
1) H. Helmholtz, Borchardt's Joamal 72. p. 57. 1870; Wissen-
schaftl. AbhaDdl. 1. p. 545. 1882.
2) P. Dahem, Annales de la Facult^ des Sciences de Toulouse
10. 1896.
14 P. Duhem.
si la constante K 71* est pas negative; si en outre, le coefficient
de Polarisation dielectrique e et le coefficient de polarisation ma-
gnetique & ne sont negatifs pour aucun des corps qui composent
le Systeme, tequilibre electrique, dielectrique et magnetique est
siirement stable lorsque Von maintient ce Systeme dans un champ
electrique et magnetique donne,
Qu' arrive-t-il lorsque la constante K a une valeur nega-
tive? Est il permis d'affirmer que sur un conducteur immobile,
r^quilibre ölectrique est instable? Pour r^pondre ä cette
question, Helmholtz a analys^ ^) les courants 61ectriques
engendr^s dans une sphöre par les petites vibrations d'une
couche 61ectris6e concentrique a cette sphere; il a montr^ qu'en
supposant Ä"^ n6gatif, on pouvait engendrer des courants dirig^s
suivant les rayons de la sphere et qui ne demeurent pas tres
petits ; il en a conclu que les valeurs negatives de K devaient
etre, en g6n6ral, rejet^es comme entrainant Tinstabilitö de
r^quilibre 6lectrique sur un conducteur immobile.
L'analyse de Helmholtz prete a quelques objections;
il en est une que nous voulons signaler en peu de mots.
Si, sur un Systeme m^canique en öquilibre stable, on fait
agir une action perturbatrice ext^rieure tres petite et pöriodi-
que, il peut fort bien arriver que, malgrö la 8tabilit6 du
Systeme, cette action y engendre k la longue une perturbation
finie; c'est ce qui aura lieu si Taction a pr6cis6ment pour
Periode une des p^riodes propres du Systeme. La possibilit^
d'imposer a un Systeme une modification finie au moyen
d'une perturbation extörieure p6riodique et trös petite n'est
donc pas un sür indice que le Systeme soit en öquilibre
instable.
Nous pensons donc qu'il y a quelque int6ret ä examiner
de nouveau le probleme pos6 par Helmholtz et ä en chercher
la Solution par des proc6d6s analogues a ceux dont M. Lia-
pounoff ^ a fait usage dans Tötude de la stabilitö möcanique.
Nou^ considererons un milieu homogene^ isotrope, illimite, sous-
trait ä Paction de tout champ electrique ou magnetique autre
1) H. Helmholtz, 1. c.
2) M. Liapounoff, Le probleme g^n^ral de la stabilit^ de mouve-
ment (en russe), Rharkow, 1892; Journal de Math^matiques 5® Sdrie.
3. p. 81. 1897.
Sur la stabilite electrique.
15
qite ceux qvlü engendre lui mime et dont les regions infiiiiment
eloignees sont maintenues ä Petat neutre; nous supposerons ce
milieu conducteur et non dielectrigue , ou bien dielectrique et non
conducteur; nous montrerons que si la constante K etait negative,
Tetat neutre ne pourrait Stre^ pour un sembiable milieu, un etat
d'equilibre stähle; en outre, dans le cas oü le milieu est dieleC'
ti'ique, il en serait encore de mime si le coefficient de polarisation €
etait negatif; cette derniere conclusion betend aux milieux di-
electriques qui sont, en outre, conducteurs.
§ 1. Milieu oonduoteur et non dielectrique.
Si nous conservoDS les notations de Helmholtz, nous
trouvons sans peine que les composantes u, v, w, du flux de
conduction en tout point d'un milieu conducteur ^ qui peut
etre magn^tique, mais qui n'est pas di^lectri(iue, v^rifient les
trois ^qnations aux d^riv^es partielles
(1)
~dt~ "^ ~K
dxdt {
du dv dtc
dx dy dx
)
■^ xK dx\dx "^ dy "^ dx)
4nA*(l 4- 4n&) d^u_ _ rx
" x~ dt* ""'
"ÖT" "^ K d'yd't[dx "*" dy "^ dx)
An{l-{-An») d /öttötP^dirX
"*" xK dy [dx "^ dy "^ dx)
AnA*(l + An&) d* v _ ,.
X dt* ""'
d Jir 1 + 4 71 »j- K d
~dT ■*■ K~ ~ dx
dt\
du dv dw
dx dy dx
■^ xK dx \dx "^ dy "^ dx)
)
4 71^*0 + 4 71 6^) d\w _ ..
d~i*-^'
Si nouR posons
(2)
öx dy dx ^
16
P. Duhem,
cette quantit^ v^ritiera F^quation aux d^riv^es partielles
tandis que chacone des quantit^s
j0_i;^ = o,
df
(4)
^^1 dy
du
ß =
dx
d V
^"^ dx
dv_
dx
d w
dx
du
dy'
v6ritie Föiiuation aux d6riv6es partielles
(5)
. p _ ^ 71 il»0 + 4n&) dSi _ ^
X .dt"'
Coiisid^rons un volume lini qu'une surface fermöe S d6-
coupe au sein du inilieu; soit dro un ^löment de cc Yolume
et formons les expressions
(7)
oii
do),
& =
Nous aurons
de
dt
(8)
(0)
Oll
dU
dt
dV
= 2JAQA&dcOy
Vt - 'Si
dS' d S" dS' dj9" d S' d^S"
dx dx dy dy dx d
-)^/«,
0 =
Mais, en vertu de Tögalit^ (3), Tögalitö (9) devieut
dt J [\4nA*K
dAS'
d X
+
1 dAe\ dB'
dx
Ä*K dx
)
+ ...
do),
+ . . . dösignant deux termes qui se döduisent du terme expli-
citement 6crit en permutant x, y, z.
Sur la stabüite electrique.
(Jette ^galitö^ a son tour, peut s'öcrire
17
(10)
d V
d
n ^tant la normale ä Tel^ment dS vers Tint^rieur du volume
qu'enserre la surface S.
Les ^galit^s (8) et (10) donnent
(11)
(12)
dt*
tPV
dt*
= 2
j{A eydo} + 2JAeA&'d<o.
(13)
(14)
Moyennant Tögalit^ (3), ces ^galit^s (11) et (12) deviennent
- %-''Ä*K^^'+-ih''^hA*K ^^^+ A ^^ö)rf.
d^ U
d(^
i d\V
d
Une nouvelle transformation remplace les ^galit^a (13)
et (14) par les 6galit6s
(15)
J [\4.i A^K dx
1 dJ9\ BAS
"^ A^K dx dx '^'
d(o
J \4 71 A^K dn A^ K an ]
Bol Uinan n- FestschH (l.
18 P. Du/iem.
(16)
iy^ = -A/(^®'^'
0)
"^ J [[^TiÄ^K dx '^A'^K d'x )\4nÄ*K dx "^ Ä^ K d x j + -J^<
. o A 2x . ,w , 1 .^W X dAS' , 1 ÖJ(9\ ,CT
+ 2 J ^T. A^K ^ ^^ + -i^A' ^ ®)(t.2^A' an + i» A' -ön-j ^'^
Imaginons mainteuaut ([ue la surface S soit une sphere
de rayon r, ind^finiment croissant, ayant pour centre Torigine
des coordonn6es; imaginons aussi (|ue^ quel que soit t^ les
composantes w, t?, w du flux de conduction et leurs d^riv^es
de tous ordres par rapport t\ t s*annulent ä Tinfini comme des
fonctions potentielles ölectrostatiques; nous entendons par
la que
"» dt ' dt^ ' " ''
du du du d^u
r ^ , /• .- , r -^ , r
dx' dy ' dx ' dxdt ' '"'
2 B^ u 2 B^^ 2 ^* **
^ dx'' ' '* dxdy ' ' '' ^' da^Ti ' '"'
tendeut vers 0 lor8([ue la distance r du point {x, y, z) k
Torigine crott au delä de toute limite. Nous pourrons, aux
seconds membres des 6galit6s (8), (10), (15) et (16), supposer
que les integrales qui renferment r616ment dm s'6tendent k
Tespace illimit6, tandis que les integrales qui renferment 1*616-
ment dS s'annulent.
Ces pr6liminaires pos6s, supposons que K soit negatif et
voyons si le milieu illimite peut Stre en equiiihre stable lorsqu'il
vüest le siege d'aucun courant
Considerons, pour ce milieu illimite, la somme, essen-
tiellement positive,
(17) '^"=^-Ä-
Si requilibre initial du milieu, supposö sans aucun flux
de conduction, etait stable, on pourrait imposer aux valeurs
absolues initiales de ?£, w, 1/;, dujdt, dvjdt, dwidt, des
Sur la stabilite electrique.
19
limites supörieures telles que IV ne pourrait surpasscr k aucun
moment une quantit^ positive P, arbitrairement choisie d'avance.
Or, les ^galit^s (8) et (10) donneraient
tandis que les 6galit6s (15) et (16) donneraient
4? = -A/(^ö')'^-
(19)
+
Ä*K
y I
/ d JJ9 X dJ&
+
(
+
4n d
An
n']
dm.
Les valeurs initiales de u, v, w, dujdt, dvjdt, dwjdt
sont assujetties seulement, jusqu'ici, ä demenrer inf^rieures en
yaleur absolue k certaines limites donn^es; rien n'empeche de
prendre, ä Tinstant initial,
dtr
= A»
w,
a} 6tant une quantit^, ind^pendante de x^ y, z, qui pourra etre
prise aussi petite que bon nous semblera. L'^galit^ (18) de-
yiendra alors
(20) (-7rl= - i';/(^ ^0?'^- - Jf.^/l^eo)^«"«-
Nous pourrons toujours, en premier lieu, choisir les valeurs
initiales de ti, i7, tr^ de teile sorte <iue JO^ ne soit pas nul
dans tout Tespace; nous pourrons ensuite choisir X* si petit
que Texpression (20) de [dWldt\ ait le signe de son premier
terme, qui est positif.
{d^'ldt)^ 6tant positif et, selon l'^galit^ (19), d^^/dt^ ne
pouvant jamais devenir n^gatif, }F croltra ind6tiniraent avec /;
il ne pourra donc pas demeurer sans cesse inf6rieur a P.
Donc r^tat neutre de notre milieu illimit^ ne saurait etre un
6tat d'^quilibre stable.
2»
20 P. Duhem.
§ 2. Milieu dieleotxique et non oonduoteur.
Les öquatioüs qui r^gissent les composantes £, % j de la
Polarisation di^lectrique ont 6tö donnöes par Helmholtz^);
ce sont les suivantes:
(21)
Ö»l _
^l
dt* 4nA*e{l + inif^)
(1 +in»)(l + ina)^K d_ / dj_ , ±t, di\
■*" 4nÄ*KB(l + 4n») ß x [d x "^ dy "^ d » ) '
iü = -. 1 jö
(1 +471 ^)(1 +4716^- iC d Idi dX) di\
"^ 47i^«i^e(l + 471^) dy\dx'^ dy. dx)*
dt^ ^ 4 7r ^» 6 (1 + 4 TT ;5^) *
(1 + 4 71 ^)(1 + 4716)- K d tdj , ö l) di\
■^ 471^2/^6(1 + 471 d^j ' ö« V^rc "^ öy ■*■ ö^j*
La quantit^
(22) 0=Jl + |l + Jl
^ ' dx ay ox
v6rifie alors, en tout point du milieu, T^galitö
tandis que chacune des trois quantitös
(24) ß, = 1^ - I", ß, = P - P ' fia = J^ - i'
^ ' ^ 0 y d X ^ o X ax ^ ox oy
v^rifie r6galit6
(^^) T7^ = ^ 7t>^6(l + 4 7r^) ^ ^ •
Supposons que, quel que soit t, les quantit^s f, ^, J et
leurs döriv^es de divers ordres par rapport a t soient nuUes
a l'infini comme des fonctions potentielles. Considörons les
quatre expressions
26) U=f{J0fd(o,
1) H. Helmholtz, I. c, ^quations (21c).
Sur la stabüiti electrique.
21
'^" '-!m'A%^)'*m
dcj,
(28)
(29)
F^f(/lil)*d(a,
- /[(^)'+ m* {'e'tl
G
d fo ,
oü les integrales s'^tendent au milieu illimit6.
En tenant compte des 6quations (23) et (25)^ et en suivant
ime m^thode semblable k celle qui nous a fourni les ^galit^s (8)
et (10), nous trouverons
(30)
(81)
(32)
(33)
dt
dV
df
dF
d
d
d
y = 2f/ii2Jn'dcj,
t 2 71 ^* « ( 1 + 4 TT r^) J
En raisonnant ensuite comme nous Tavons fait pour ob-
tenir les ^galit^s (15) et (16), nous obtiendrons les ^galit^s
df*
(34)'
= 2 \[A&fd(ü
2nÄ*KeJ [[
'''')'+{
dx
d(0 y
df 2nÄ^KeJ ^ ^^
(35)
a>
+
d(Oj
(86)
( ^^ - 2> AT
d(D
22 F. Duhem.
(37)
hri^J^^^)'''^
Ces pr^Iiminaires pos^s, montrons tout d*abord que le
milieu ne pourrait etre en ^quilibre stable lorsque i, t), j sont
üuls partout; dans le cas oü le coefficient de polarisation di-
61ectrique 8 aurait une valeur negative.
A cet effet; consid^rons I'expression
expression qui ne saurait etre negative lorsque s est n^gatif.
Si r^quilibre du Systeme 6tait stable, on pourrait limiter
sup^rieurement les valeurs absolues initiales de
ly 9> by öY' df' ßf
de teile sorte que // ne suq^asse, pour aucune valeur de f,
une quantit6 positive F arbitrairement donn^e d'avance.
D'autre part, les 6galit6s (38), (32) et (33) donneraient
(39) 4? = - A^ n^XT-^Y r^ß ^^ d ^y
^ * dt n A^ b(\ + Ani)) J '
tandis que les 6galit^s (38), (36) et (37) donneraient
{iPH
(40).
di^ 71^*6(1
Trü'+4„^)/(^^^''-
+ [2
1 C\idA£iy idASiy (dASiy] ,
7i^«6(l + 47r^)lV W dxj "^y dy ) "^y dx ) \^^'
Sans outrepasser les limites impos^es aux valeurs abso-
lues initiales de ^^ Q, j et de leurs d6riv^es par rapport k tj
nous pourrons toujours prendre, pour ^ = 0,
dt "~ '^ 5' ö^ "" 9' d't "■ '^ ö>
P ^tant une quantit^ ind^pendante de x, j/, z\ nous pourrons
aussi faire en sorte qu'{\ Tinstant ^ = 0, J fl ne soit pas nul
dans tout le milieu; la valeur initiale de dHjdt sera alors,
Selon P6galit6 (39), sürement positive. D'ailleurs, selon l'ögalit^ (40),
(PBjdt^ ne sera jamais n^gatif. D^s lors, JI croitra au
Sur la stahiixte electrique, 23
dela de toute limite avec t et ne pourra demeurer toujours
inf(6rieur ä P, conclusion incompatible avec la stabilitö attribuöe
au milieu.
Le milieu devant etre di^lectrique, nous ne pourons attri-
buer ä 6 la yaleur 0. Nous sommes donc conirainti de suppoier
desormais que e est positif.
Nous alloDS prouver maintenant que^ si K 6tait n^gatif,
le milieu ind^fini, ramen^ a Tötat neutre, ne saurait etre en
6quilibre stable.
Gonsiderons^ ä cet effet, la fonction
(41) r=r-Ö-±4^>?
qui, en vertu des ^galit^s (26) et (27), ne peut jamais etre
negative si Ton suppose 8 positif et K n^gatif.
Si le milieu 6tait en ^quilibre stable, on pourrait limiter
sup^rieurement les valeurs absolues initiales de
öj dti ÖS
h 9> h
dt' dt' dt
de teile sorte que H^ demeure, quelque soit t, iufärieur a uue
limite positive arbitrairement choisie F.
D'ailleurs les ögalit^s (30), (31) et (41) donneraieut
tandis que les ^galit^s (34), (35) et (41) donneraient
(43)
A Tinstant t ^0, nous pourrons toujours prendre
dt"^^' Ti^^' dt^^'
l^ 6tant ind^pendant de x, y, z, et faire en sorte que J f:^ ne
soit pas nul dans tout le milieu; alors, selon l'^gaUt^ (42), la
valeur initiale de dH^jdt sera sürement positive.
D'autre part, selon Tögalit^ (43), d} H'jdfi ne sera n6gatif
pour aucune valeor de t.
du).
24 P. Duhetn.
/r crottra donc au dela de toute limite avec t\ il ne
pourra demeurer toujours införieur a P et l'öquilibre du Systeme
ue pourra etre stable.
Le Th6oröme 6nonc6 est ainsi d^montr^ pour tous les
milieux di^lectriques d^nu^s de conductibilit^.
§ 8. Milieu a la fois oonduoteur et dieleotrique.
Supposous maintenant que la r^sistance ^lectrique x du
milieu ne soit pas infinie et qu'en meme temps^ le coef&cient
de Polarisation dieleotrique e ne soit pas ^gal ä 0; provisoire-
ment; nous laisserons ind6termin6 le signe de ce demier
coefficient.
D6signons par X, Y, Z les composantes du champ ^lectri-
que total; les m^thodes de Helmholtz montrent sans peine
que Xy Y, Z v6rifient les trois 6quations suivantes:
d^X 1 ^AYj^r. - ^^^
dt* 4nA*e(l + 4n&)dt "^ ex'dt^
47iÄ^6K(l-h4n&) dxdt Ä^eKxdx " '
(44)
d^ 471 i« e (1 +471 ^) a / "^ 6 X d if»
__{\ ^ AnB)(\ ^And)- K ö* (9 _ 1 ÖÖ _ ^
47r^»6A'(l + 471^) dydt AUKxdx^ '
dt* 4nÄ*e{l + 4n»)di "^ ex 6 t*~
4nÄ^BK{l + 4ni^) dxdt ^»cÄ'xd»'^ '
^quations dans lesquelles on a pos6
^ / dx * dy dx
Cette quantite 0 v6rifie, en tout point du milieu, l'^ga-
lite suivante:
l^OJ " d> 47T AUK dt "^ AUKx ^ ^^^ ex dt* ' .
tandis que chaeune des trois expressions
(A7\ o -^-^ ^ ^' o _^-^ ^^ n ^Y ^^
l^'^ -^-i - öy " ö* ' -^^2 - ex '"dx' "^^8 = dx " dV
Sur la stabUUe tleetrique.
25
y^riiie, en tont point du milieu^ T^quation
(48)
de "■ 4n^«»(l +471^) Bx dt '
SupposoDS que les quantit^ X^ ¥, Z et leurs döriv^es de
tous ordres par rapport a / s'annulent a Tinfini de la meme
maniere qu'une fonction potentielle.
Consid^rons^ tout d'abord, les deox expressions
(49)
(50)
^= r(Jß)»rfa),
oü les integrales s'^tendent a l'espace illimit^; en faisant usage
de l'6qnation (48) et en suivant la m6thode qui nous a donn^
les ^qnations (8) et (10), nous trouverons
(51)
(52)
dF
dt
IdO
dt
=^2fjQjad(o,
+
2
(1 ^4n^)J ^^
A S dcj
8 X
M
dz
m']
da)
Un raisonnement semblable k celui qui nous a donn^ les
^alit^s (15) et (16) nous foumit ensuite les ^galit^s
(53)
dt
= 2 f{A OTj*
dco
2nÄUXl V^nd)J \y dx 1 '^ [ dy j
-'J(
^m)']""
dJSi dSi' . dASidSi' , dJSidSi', ,
dlo d-x +-dy dy+ d» d» '''"'
)
26
F. JJuliem.
(54).
dt'
= -2.-i'«-(r+i^*)/(^^'^'''
(1)
+
[47li«V("l
[ dx 1
+
dct)
+
6 1 r/d/indSi' dA^ldSl'
47iA'^6(l + in &)6xj \ dx dx dy dy
H — =; 5. — I d(a
j^j\m + [r,]' ^ m
dx dx
d<o .
)
Ces formules vont nous permettre d'ötablir le Th^orfeme
suivant:
Si € 6tait nögatil', le milieu, entierement k l'^tat neatre,
ne serait pas en öquilibre stable.
Considörons, en effet, Fexpression
(55)
N = r — — - ^- -
=/[(
dx
- .nAUihl^^i^^^^'^^-
Si t est n^gatif, cette expression ue peut jamais etre nega-
tive. Si Ton observe, d'autre pari, que l'on a
(56)
X =
I
[ X= XU,
6
7.
«
XV
^= XW y
on voit que la stabilitö du Systeme exigerait que Ton püt
limiter les valeurs absolues initiales de j, l), j, m, v, \d et de
leurs d^rivÄes par rapport a ty de teile sorte que, quel que
soit ty H demeurät införieur a une limite positive arbitraire-
ment tix6e d'avance P.
Sur la stabilite electrique. 27
Or les ögaliWs (55), (51), (52) donnent
-7-r = ^%-Tt~r-A — ü^ / ^^ A Q' da)
dt n A* b{1 + 4nx^)j
tandis que les ögalitös (55), (53) et (54) donnent
(57),
(58)
CD
J \[4nA*8{\ + 471
+ «HI^..,-...^,,-»i^ + i',f
1 ÖJ^ 1 ö^'
"*" '47i^«V(l + 4/ii^) öy ■*"6x öy
1 ajJ<> 1 dSZ'
da).
Sans transgresser les limites imposöes aux valeurs absolues
initiales de j:, \), j, nous pourons faire que, pour / = 0, J Ü
ne soit pas nul en tont point du milieu; nous pourrons, en
outre, prendre, k ce m§me instant,
Jt "^ ^' Jt'^^' Tt ^ ^'
X^ 6tant une quantit^ ind6pendante de x, y, z\ nous avons alors
trois 6galit^s qui entrainent
Selon r^galit^ (57), la valeur initiale de dHjdt sera süre-
ment positive.
Selon r^galitö (58), d^Ujdi^ ne peut etre que positif ou
nul, si 8 est n^gatif.
Donc, dans le cas oü « est n^gatif, H croltra au dela
de toute limite avec t^ tandis que la stabilite du milieu exi-
gerait que cette quantitö ne surpassät pas P.
Le Tb^oröme 6nonc6 est donc d^montrd.
Bordeaux, 4. Juin 1908.
(Eingegangen 9. Juni 1908.)
28
4. Notiz Aber die Vergleichung
des Meters mit der Wellenlänge des Lichtes.
Von O. Chwolson in St. Petersburg.
Ich möchte mir erlauben, einer kurzen Notiz zu der be-
kannten schönen Arbeit Michelsons ein paar Worte über den
Genauigkeitsgrad physikalischer Messungen vorauszuschicken.
Es sei X der wahre, mathematisch absolut genaue Zahlen-
wert einer zu messenden physikalischen Größe. Eine mehr
oder minder große Anzahl von Ursachen, die wir Faktoren
nennen wollen, üben während der Messung einen solchen Ein-
fluß aus, daß wir direkt, d. h. vor Einführung der sogenannten
Korrektionen, statt der gesuchten Zahl x eine andere Zahl :r^
erhalten. Die wahre Kunst des Experimentators besteht darin,
von dem gefundenen x^ zu einer solchen Größe x' überzu-
gehen, welche dem gesuchten x möglichst nahe kommt Zu
diesem Zwecke müssen jene Faktoren aufgesucht und ihr Ein-
fluß auf das Resultat der Messung bestimmt werden. Den
auf diese Weise erreichten Genauigkeitsgrad können wir aus-
drücken, indem wir sagen, daß die gesuchte Größe genau be-
stimmt sei bis auf ein n-tel ihres Wertes, oder daß der Fehler
sicher ein n-tel dieses Wertes nicht übersteigt; in Zeichen
hätten wir
X n
Es ist jedoch mehr üblich, die erreichte Genauigkeit durch die
letzte noch sichere Dezimalstelle zu charakterisieren, d. h. statt
jenes n eine Potenz der Zahl 10 anzugeben. Wir setzen
daher
± — ~— <io-«,
X
wo also jetzt diese Zahl n den Genauigkeitsgrad der Messung
charakterisiert
?i
ji! üxB^ejkdÄ, d^e ^ da- M^^uie YV^bnuMniai
h SmkjAim iAr ,|!«ers«lxbr' Fekkr, dbe m dem pkrsMV
Este scs»!:!, wir $ieci«i T^Mmas» daS der tob Ini^r&aeBt
st
Hfl den kum. Dsrcii Hlafus der Becbadtismevs. WeictisKl
der Bkiitaxig etCL Issmb skli ja die direkten AMwm^rsfeiiki
c FeUer in des iMnatnen GnuidBaAeB ^noiUeii wir eine»-
£ük lis Bklit Torittaden MiMPhrneiL Ea l R jJs C4im jub-
gegiebeo^T Widerstand oder eme als Kiloi^raia» angeybeae
Masse soUen also wirkSdi diesieii EInlieiieB entsfüreciieiu wena
der ak Bedingmig: aaeefeheae plirsikalxsclie Zasttad Toriiaad^
iK. Dafeeea g^^iöi«D die bei aado^ea pbrsikalisdbea Zastiadea
ciatretieBdea Aadanncea der Ma&e ra der xweitaa, wohl n
beachteadea Groppe tob Faktorea, die wir fikidi aafiikm
woUea.. da es skb daan am eiaea aafierea Eiadall aaf das
MefiiastniBeat handelt Zu derselbea Gn^ipe tob Faktorea
gehdiea aach Fdiler ia der Bestimmang des geyaMUgca
TabÜtaisses der eiaiefaiea Sta^e eines «Satzes' i>oa MaSea,
abo etwa der eiazelnea Wido^stiade eiaes Bheostatea, der
Slöcke eines Gewichtssatzes, der Teilangea eiaer Geradea oder
eiaes Kreises etc. dean hier haadeh es sieb am Faktcoen,
die Toa dea Eigeaschaftea des Mefiiastnimeates abhiagea.
Indem wir also die Groppen a, b and c ab nicht tot»
haadea annehmen, sollen weiterhin als Faktoren** nur die
folgenden zwei Gruppen bezodinet wudea:
1. Physikalische Ursadien. die den Zahlenwerl x der zn
messeaden Gröfie modifizieren, z. B. bei einer Wibgung der
Einfluß der umgebenden Luft, elektrischer oder maguetischer
Krifte etc.
30 0. Chwolson,
2. Faktoren, die von den Eigenschaften des Meßinstru-
mentes abhängen, und zwar erstens von Unvollkommenheiten
der inneren Einrichtung desselben, zweitens von physikalischen
Einflüssen auf diese oder jene Teile des Instrumentes.
Diese zwei Gruppen von Faktoren sind es vor allen, auf
die es ankommt, wenn die Korrektionen eingeführt werden,
um von der direkt erhaltenen Zahl x^ zu einer dem x mög-
lichst nahen Zahl x' zu gelangen.
Jedem Faktor entspricht eine gewisse Zahl n, d. h. eine
Dezimalstelle, bei welcher dieser Faktor f&hlbar wird; soll
also der Genauigkeitsgrad n erreicht werden, so muß der
Einfluß des betreffienden Faktors untersucht und eliminiert
werden. Umgekehrt entsprechen jedem n eine gewisse Anzahl
m von Faktoren. Wir können also setzen
m=f[n)\
die Anzahl der fühlbaren, also zu untersuchenden Faktoren
ist bei jeder Messung eine von der Art der letzteren abhängige
Funktion des zu erreichenden Genauigkeitsgrades n. Bei
kleinem n (= 1 oder 2) kann bei einigen Messungen m » 0
sein, d. h. wir können x^ = x setzen. Mit wachsendem n
wächst auch m.
Vielleicht bietet einiges Interesse die Frage, welchen Wert
m erreicht, wenn w = oo gesetzt wird, d. h. wie groß wohl die
Anzahl der Faktoren sein müßte, wenn man absolute Genauig-
keit erreichen wollte, wobei letztere in dem oben genau
definiei*ten Sinne zu verstehen ist, d. h. also bei Nichtberück-
sichtigung der unter a, b und c angeführten Umstände. Eis
erscheint doch wohl als wahrscheinlicher, daß für n =» cx) die
Zahl m in allen Fällen endlich bleibt
Praktisch würden wir es aber bei w = oo stets mit einer
unendlichen Anzahl von Faktoren zu tun haben und zwar aus
folgendem Grunde. Es habe zuerst n einen endlichen Wert,
dem die Anzahl m von Faktoren entspricht. Jeder dieser
Faktoren muß mit einem gewissen Genauigkeitsgrad n^ be-
stimmt werden, der sich auf bekannte Weise bei gegebenem n
für jeden Faktor berechnen läßt, wobei wohl stets n^ <n sein
wird. Um die Genauigkeit n^ zu erreichen, muß eine gewisse
Anzahl m^ von Faktoren mit einer Genauigkeit n^ gemessen
Vergleich des Meters mit der Welleidänge des Lichtes, 31
werden, wobei wiederum Wj < w^ ist etc. Wir gelangen auf
diese Weise, oft sogar sehr schnell, zu so kleinen Werten von
n., daß ihnen m. = 0 entspricht Die Gesamtzahl aller zu be-
rücksichtigenden Faktoren bleibt also eine endliche. Ist da-
gegen n = cOj so müssen oflfenbar alle n. = cx) sein und wir
hätten niemals m.ssO; die Anzahl der Faktoren wird anend-
lich groß. Dabei würden wir wahrscheinlich auf zahlreiche
circuli yitiosi stoßen, indem sich unter den Faktoren m. solche
finden werden, welche bereits früher für ein kleineres t auf-
getreten waren.
Bei den allermeisten Messungen ist ein hohes n nicht zu
erreichen, weil sich nicht alle Faktoren m. mit den notwendigen
Grenauigkeitsgraden n. bestimmen lassen.
Will man bei einer Messung einen gewissen Genauigkeits-
grad n erreichen, so wird man selbstverständlich alle bekannten,
d. h. bei dem augenblicklichen Stande der Wissenschaft bereits
entdeckten Faktoren in Betracht ziehen. Je größer aber n
sein soll, um so größer ist die Möglichkeit, daß unbekannte,
überhaupt noch nicht entdeckte Faktoren auf die betreffende
Dezimalstelle einen Einfluß haben, um so berechtigter wird
der Zweifel sein, ob wohl der angegebene Genauigkeitsgrad
n auch wirklich erreicht ist. Gerade die letzte Zeit hat uns
ja hierin manche Überraschung gebracht. So hat die Ent-
deckung der Radioaktivität uns ein Pförtchen geöffnet in ein
neues Gebiet von Erscheinungen, dessen Umfang und Bedeutung
sich vorläufig auch nicht annähernd schätzen lassen. Ein
anderes Beispiel bietet die in letzter Zeit erörterte Möglich-
keity daß die linearen Dimensionen der Körper von dem Winkel
abhängen, den sie mit der Bewegungsrichtung im Räume bilden.
Hierher gehört auch die bis jetzt unerledigte Frage, ob das
Gewicht eines Körpers gleich ist der Summe der Gewichte
seiner Teile und manches andere.
Ich möchte mir erlauben, an einem Beispiel auf das
mögliche Vorhandensein eines bisher unbeachteten Faktors
hinzuweisen. Es handelt sich um Michelsons Vergleich des
Meters mit den Wellenlängen von drei Kadmiumlinien.
Die rein experimentelle Seite dieser Arbeit lassen wir un-
berührt Wir wollen annehmen, daß die rote Linie absolut
homogen sei, was ja nach den neuesten Untersuchungen von
32 0. Chwolson.
Lummer nicht der Fall ist Wir wollen femer annehmen,
es seien edle Faktoren, und zwar mit solcher Genauigkeit be-
stimmt, daß man die Länge des Meters in Wellenlangen X
der roten Kadmiumlinie bis auf 0,2 fjL als festgelegt betrachten
darf; dies würde etwa 0,33 X entsprechen. In Wirklichkeit
dürfte die Genauigkeit eine 4 — 5 mal geringere gewesen sein.
Wir nehmen aber an, es sei derjenige Genauigkeitsgrad er-
reicht worden, welcher gegenwärtig bei der Vergleichung der
internationalen Meterstäbe erreicht wird und dieser ist eben
gleich 0,2 fA.
unsere Bemerkung bezieht sich auf die ideelle Seite jener
Arbeit: es sollte durch den Vergleich des Meters mit dem X
die Länge des Meters für immer festgelegt werden, so daß
man säkulare Änderungen in der Länge der Metermaße durch
neue Vergleiche mit demselben k entdecken oder im Falle
eines Verlustes der Urstäbe die Länge des Meters von neuem
herstellen könnte. Soweit die bis jetzt bekannten Faktoren
in Frage kommen, könnte man behaupten, daß der Vergleich
des Meters mit X wirklich diese große Bedeutung hat, auf
welche ja so häufig hingewiesen wurde. Es scheint aber, daß
bei näherer Betrachtung doch einige Zweifel entstehen können.
Die mit der Zeit vielleicht sich ändernde Länge der ur-
stäbe wird ein für allemal mit der Wellenlänge X verglichen.
Wer bürgt aber dafür, daß X eine in Raum und Zeit unver-
änderliche Größe ist? X hängt ab von der Schwingungszahl
N und von der Lichtgeschwindigkeit v. Wir haben vielleicht
genügenden Grund zur Annahme, daß JV^ unverändert bleibt.
Dagegen könnte v wohl eine in Raum und Zeit veränderliche
Größe sein.
Da es gleichgültig ist, welche Anschauungen wir unseren
Betrachtungen zugrunde legen, so wollen wir beispielsweise
annehmen, daß v von der „Dichte*^ d des Äthers abhängt
Diese Dichte könnte nun sowohl im Baum als auch in der
Zeit veränderlich sein.
I. Nach Jahrhunderten wird sich unser Sonnensystem an
einem anderen Punkte des Raumes befinden, als jetzt. Es ist
nicht bewiesen, daß der Äther homogen ist, und an dem neuen
Ort könnte die Dichte desselben eine andere sein, als an dem
Punkt, wo wir uns jetzt befinden. Eine Änderung der Licht-
Vergleich d, Meiers mit d. H'eUeidämge d, Lichtes. 33
geschwindigkeit um 2.10~' ihres Wertes (entsprechend 0,2 /u\
d. h. um nur 60 m in der Sekunde, würde einen Vergleich des
Meters mit l, welcher ebenso genau wäre, wie die gegen-
wärtigen Vergleiche der Meterstäbe unter einander, illusorisch
machen. Eine Änderung von v um etwa 250 m würde die
von Michelson erreichte Genauigkeit zunichte machen. Im
nichthomogenen Äther müßten die Lichtstrahlen krummlinig
sein. Wo aber wäre der Beweis, daß sie in Wirklichkeit
geradlinig sind?
II. Die Eigenschaften des Äthers könnten auch Funktionen
der Zeit sein. In der unserer Beobachtung zugänglichen Welt
erblicken wir überall Veränderung, teils einseitige, teils pul-
sierende. Sollte der Äther allein eine Ausnahme bilden und
in starrer Unveränderlichkeit verharren? Vielleicht sind die
Eigenschaften des Äthers ebenfalls langsamen einseitigen Ände-
rungen oder periodischen Pulsationen unterworfen. Sollte sich
dabei die 300 Millionen Meter betragende Lichtgeschwindigkeit
in 200 Jahren nicht um 60 m ändern können?
Geschieht dies, so würde das Problem der Vergleichung
des Meters mit der Wellenlänge eines bestimmten Lichtstrahles
seine interessanteste Seite verlieren. Weit entfernt, das hier
Dargelegte behaupten oder auch nur verteidigen zu wollen,
habe ich nur die Absicht, zum Nachdenken über diese Frage
anzuregen. Die Welt als Ganzes ist unserem Intellekt unzu-
gänglich; Endlichkeit und Unendlichkeit des Raumes sind uns
in gleichem Maße unfaßbar, denn wir „begreifen" nur den
Kaum, dem wir „gleichen**: endlich und dreidimensional. Die
bekannte Idee von dem in sich selbst geschlossenen Kaum,
der ein Gebilde von höherer Dimension begrenzt, würde die
Möglichkeit innerer Änderungen, vielleicht unter dem Einfluß
(Druck?) jenes Gebildes, gewiss nicht ausschließen.
Der große Meister, dem auch diese Zeilen huldigen
möchten, hat einst den Gedanken ausgesprochen, daß es in
der Welt vielleicht Stellen gibt, wo die Entropie nicht wächst,
sondern abnimmt Im Vergleich mit diesem gewaltigen Gedanken
dürfte das hier Dargelegte wohl nicht als zu kühn erscheinen.
St. Petersburg, Juni 1903.
(Eingegangen 14. Juni 1903.)
BolUiuano-Fc8t«chrifL 3
34
5. Über die liniengeometrische Darstellung
der Trägheitsmomente eines starren Körpers.
Von Konrad Zindler in Innsbruck.
Eine Strecke j4 B, von der ihre Länge /, die Gerade y,
auf der sie liegt (der „Träger") und die Reihenfolge -/, B ihrer
Endpunkte in Betracht kommen^ heißt ein Stab; ein solcher
hat also die Beweglichkeit einer Kraft an einem starren Körper.
Wenn x^^ i/^, z^ und x^ ?/, z die rechtwinkligen Zeiger (Ko-
ordinaten) bez. von A und B oder von zwei anderen Punkten
auf g sind, die den Abstand / haben, so ist der Stab durch
seine sechs Zeiger
p?i = X - Xo,
Pi = }/o'-^oy>
(1) \pi=y-yo>
Ps ^^ '■0''' •'^0 ^>
' Ps — ^ ~ '^O'
/'6 = ^oy-yo*'
welche die Bedingung
(2) ^PnPn
+ S
= 0
erfüllen, eindeutig bestimmt. Deutet man den Stab als eine
Kraft, so sind bekanntlich p^, p^, p^ die Komponenten ihres
Drehmomentes in bezug auf den Ursprung des Zeigersystems.
Die Größen p kann man, wenn man nur ihre Verhältnisse in
Betracht zieht, auch als Zeiger des Trägers („Linienzeiger**)
auffassen. Eine (nichthomogene) Gleichung
(3) *(p„ ...p,) = 0
sondert zusammen mit (2) eine vierfache Mannigfaltigkeit von
Stäben, einen „Stabwald^^ aus. Anderseits kann man auf jeder
Achse eines starren Körpers einen Stab auftragen, der vom
zugehörigen Trägheitsmoment abhängt (z. B. ihm gleich ist)
und erhält so ebenfalls einen Stabwald H^, Es liegt nun nahe,
die Darstellung von /A durch eine „Stabgleichung", d. i. eine
Trägheitsmomente starrer Körper, 35
Gleichung von der Form (3) zu suchen ; dann wären die Träg-
heitsverhaltnisse des starren Körpers durch eine einzige Glei-
chung dargestellt:
E^ sei a eine beliebige Drehungsachse, T das zugehörige
Trägheitsmoment des starren Körpers K von der Masse J/;
a die parallele Achse dorch den Schwerpunkt S von A', und T
das zugehörige Trägheitsmoment; d der Abstand der beiden
Achsen. Dann ist
(4) T^r + MiP.
Femer seien A, B, C die Trägheitsmomente f&r die Haupt-
trägheitsachsen des Schwerpunktes, die wir als Zeigerachsen
nehmen und a, ß, y die Richtungskosinus von a ; dann ist^)
(5) r = ^a» + 5/9» + Cy^
Endlich erhält man
(6) i' = P\+P\+Pl.
(7) «=^/-. ß^^, y = /V,
(8) rf» = ?J.+ ?|±?l..)
Mit Hilfe der Gleichungen (4) bis (8) kann man das Trägheits-
moment um eine beliebige Achse als Funktion der Linien-
zeiger dieser Achse ausdrücken:
(9) T = -^-' -^-^'- ^-^-?' +J'^''> -t ^'l +L '»'^ .
Trägt man auf ihr die Strecke l = T auf, so wird wegen (6)
und (9) die Gleichung des Stabwaldes vom sechsten Grade:
(P\+Pl+ P\? = [^Pl+ Bp\ + Cp\ + M{p\+pl+ p\)-\\
E^facher wird es schon, wenn man l^^f wählt, wodurch
man zu einem Stabwald vierten Grades kommt. Aber zum
einfachsten Ergebnis fährt die Annahme
die der Verwendung Poinsotscher Trägheitsellipsoide ent-
spricht:
1) Vgl. z. B. Routh, Dynamik 1. j^ 15.
2) Vgl. K. ZiDdler, Liniengeometrio 1. § SS.
8»
36 K. Zindler,
(10) Ap] + Bp\ + Cp\ + M{p\+p\+ pl) » 1 .
Indem man hier für die p die Ausdrücke (1) einführt, kann
man für einen beliebigen Punkt x^, y^, z^ die Gleichung des
zugehörigen Trägheitsellipsoides hinschreiben.
Als Anwendung leiten wir die schon bekannte Gleichung^)
des Komplexes der Hauptträgheitsachsen auf kürzestem Wege
ab: Legt man in der Gleichung (9) dem T einen bestimmten
Wert bei, so erhält man die Gleichung des Komplexes der
Achsen eines bestimmten Trägheitsmomentes (kürzer: ,yeinen
Komplex konstanten Trägheitsmomentes^'):
(11) {A-T)p\+(B-T)pl + (C-T)pl + At{p\+pl+pl)^0.
Durch jeden Punkt Pq des Raumes geht hiervon ein ,,Kegel
konstanten Trägheitsmomentes^', von dem man eine Leitkurve
auch erhält, indem man das Trägheitsellipsoid von P^ mit der
konzentrischen Kugel vom Halbmesser 1/]/^ zum Schnitt bringt,
wodurch ein sphärischer Kegelschnitt entsteht. Stimmt der
Durchmesser der Kugel mit einer Hauptachse des EUipsoids
überein, so steht dieses mit der Kugel in doppelter Berührung
und der Kegel zerfällt in ein Ebenenpaar (nur für die mittlere
Achse reell), dessen Ebenen sich in der betreflfenden Achse
schneiden. Nun sind für einen quadratischen Komplex die
Schnittlinien der zerfallenden Kegel zugleich die singulären
Linien des Komplexes^); also: Die Ilauptträgheitsachsen sind
zugleich die singulären Linien der Komplexe konstanten TrägkeitS"
mo mentes.
Wir werden also alle Hauptträgheitsachsen linden, wenn
wir für alle Werte T die singulären Linien der Komplexe (11)
suchen. Für einen Komplex
(12) F(p^,...p,) = 0,
WO F eine homogene Funktion ist, sind die singulären Linien
die gemeinsamen Linien von (12) und von
(13) ^i^'^^^O.^
1) Staude, Leipz. Ber. 1899.
2) Vgl. z. B. Plücker, Neue Geom. des Raumes, p. 307. 1869.
8) Vgl. z. B. Salmou-Fiedler, Analyt. Greometrie des Raumes.
2. Art 362 f.
Träffheitsmomente starrer Körper, 87
Enthält die Gleichung (12) einen Parameter T, so findet man
den Komplex der singulären Linien der cx)^ Komplexe (12)
durch Elimination von T aus (12) und (13). In unserem Falle
verschwindet aber das T aus der Gleichung (13) wegen der
Beziehung (2) von selbst und wir erhalten, indem wir (13) auf
(11) anwenden:
(H) Ap,p^ + Bp^p^ + Cp^p^ = 0
als Gleichung des Komplexes der Hauptträgheitsachsen. Dieser
ist bekanntlich ein tetraedraler Komplex und identisch mit
dem System der sämtlichen Normalen aller konfokalen Flächen:
Hieraus kann man eine anschauliche Vorstellung von der
Verteilung der Hauptträgheitsachsen im Räume gewinnen.
Innsbruck, 13. Juni 1903.
I) Man vergleiche hierüber ClebBch-Lindemann, Gtoom. II, 1.
p. 287. In der Tat erhält man aus den dortigen Gleichungen (SB) ver-
möge der Beziehung (2) die Gleichung (14) bis auf die Bezeichnung.
(Eingegangen 14. Juni 190S.)
38
6. Znr Temperaturbestimmung strahlender Gase.
Von H. Kasrser in Bonn.
Durch das Gesetz, welches von Stefan empirisch gefun-
den, dann von Boltzmann auf feste theoretische Grundlage
gestellt wurde, sind wir in den Stand gesetzt, aus der Gesamt-
strahlung eines festen Körpers seine Temperatur mit ziemlicher
Annäherung zu ermitteln. Dasselbe Ziel läßt sich in yielleicht
noch genauerer Weise durch die Folgerungen aus dem Wien-
schen oder Planckschen Strahlungsgesetz erreichen. Für die
Strahlung der Gase hingegen fehlt eine ähnliche Handhabe
vollständig, ja wir wissen in vielen Fällen nicht einmal, ob die
Strahlung irgend etwas mit der Temperatur zu tun habe: die
Bewegung der emittierenden Teilchen, der Elektronen gemäß
der Untersuchung des Zeemanphänomens, kann hervorgerufen
werden ganz unabhängig von einer Bewegung des Atoms, zn
dem sie gehören, und vollends von einer Bewegung des Mole-
küls. Ich bin indessen der Meinung, daß in vielen Fällen
die Strahlung der Gase auch eine Folge von Molekularbewegung,
d. h. von hoher Temperatur ist; ich kann mir z. B. nicht recht
vorstellen, auf welche andere Art die Strahlung der Himmels-
körper zustande kommen sollte. Für die Fragen der Astro-
physik ebenso wie für die der Spektroskopie ist es daher von
ganz fundamentaler Wichtigkeit, die Temperatur der emittieren-
den Gase bestimmen zu können.
Bei der so vielfach erkannten Kontinuität der Erscheinungen
bei den verschiedenen Aggregatzuständen wird es nicht über-
mäßig gewagt erscheinen, anzunehmen, daß ein Hauptergebnis
bei den festen Körpern, daß nämlich das Maximum der Emission
mit steigender Temperatur nach kürzeren Wellen rücke, anch
für die Gase gelte, wenn auch nur in dem Sinne, daß über-
haupt ein Bücken stattfindet, wenn auch nicht nach demselben
Gesetze. Eine erste Bestätigung könnte man darin sehen.
Temperahirbestimmung strahlender Gase, 39
daß beim Übergang von der BunsenHamme zum Knallgas und
zur Bogenlampe das Spektrum immer weiter ins Ultraviolett
reicht Allein eine genauere Betrachtung zeigt, daß gleich-
zeitig ganz regellos auch sehr lange Wellen an Intensität er-
heblich zunehmen» kürzere abnehmen, daß also jedenfalls für
alle Linien eines Spektrums das Gesetz nicht gelten kann.
Eine Erklärung dafür ist nicht schwierig: wir müssen ja an-
nehmen — schon die verschiedenartige Zerlegung der Linien
im Magnetfeld zwingt dazu — daß in jedem leuchtenden
Dampfe eine ganze Anzahl verschiedenartiger emittierender
Teilchen vorhanden sei. Mit der Temperatur und wachsender
Dissoziation wird die Anzahl jeder Art variieren , und da die
Helligkeit einer Linie im Spektrum sowohl von der Emission
jedes Teilchens als auch von der Zahl der emittierenden Teil-
chen abhängt, können scheinbar ganz regellose Intensitäts-
indenmgen auftreten.
Diese Überlegung zeigt aber gleichzeitig, in welcher Eich-
toDg die Untersuchung sich zu bewegen hat: wir dürfen nur
Linien eines Teilchens ins Auge fassen. Es scheint ziemlich
zweifellos, daß die Linien einer Linienserie demselben Teilchen
ihren Ursprung verdanken; ich brauche nur an die iden-
tische Zerlegung im Magnetfeld zu erinnern. Somit muß die
Fragestellung lauten: verschiebt sich in einer Linienserie das
Intensitätsmaximnm mit steigender Temperatur, oder anders
gesagt: wächst die Intensität der kürzeren Wellen stärker, als
die der längeren? Wenn diese Frage bejaht werden kann,
wie vrir sehen werden, so tritt die zweite hinzu: folgt die
Verschiebung dem gleichen Gesetz, welches für feste Körper
gilt? Diese Frage läßt sich leider vorläufig nicht beantworten,
da wir nicht imstande sind die Temperatur leuchtender Oase
zu ermitteln. Man kann dann den umgekehrten Weg ein-
schlagen, nämlich annehmen, das Gesetz gelte auch für Gase,
und aus der Verschiebung die Temperatur berechnen. Kommt
man dann zu einigermaßen plausiblen Werten, so ist für den
ersten Anfang schon viel gewonnen.
Ich habe vor kurzem Messungen an Serien des H, He,
Li durch Hm.Langenbach veranlaßt. Dieselben werden wenig
genau sein, denn leider läßt sich die Energie in den einzehien
Linien nicht direkt ermitteln, sondern nur die Helligkeit photo-
40
H. Kayser,
metrisch messen. Das geschah mit einem Qlanschen Spektral-
photometer durch Vergleich mit einer konstant gehaltenen Glüh-
lampe: für letztere sollte dann die Energieverteilung im Spek-
trum mittels einer Rubens sehen Thermosäule bestimmt wer-
den. Sie ergab sich aber als zu schwach, und so wurde erst
die Glühlampe mit einer stärkeren photometrisch yerglichen,
dann letztere mit der Thermosäule gemessen, und so endlich
die Energie in den Spektrallinien unter verschiedenen Be-
dingungen des Druckes, der Stromstärke etc. gewonnen. Auf
diesem komplizierten Wege häufen sich natürlich die Fehler.
Dazu kommt noch, daß man bei der photometrischen Messang
die in der Verbreiterung der Linien steckende Energiezunahme
nicht berücksichtigen kann. Es handelt sich hier also offenbar
nur um einen ersten rohen, mehr qualitativen Versuch. Auch
daß als Stromquelle ein Induktorium benutzt werden mußte,
ist ungünstig; eine große Batterie von Akkumulatoren wäre viel
besser gewesen. Immerhin zeigen die Versuche deutlich genug
das erwartete Resultat. Ich will nur ein kleines Stück einer
Tabelle für Wasserstoff anführen. Der Druck im Geisslerrohr
wurde von 1,2 auf 10 mm verändert, der Induktor mit 4, 6,
8 Akkumulatoren betrieben. Dabei fand sich das Verhältnis der
Energien der Linien H^\ Hß\ Hy folgendermaßen:
Druck 4 Akkumulatoren
6 Akkumulatoren 8 Akkumulatoren
1,2 mm
2,5 „
6,0 „
10,0 „
1:0.127:0,0426
1 : 0,121 : 0,0281
1 : 0,095: 0,0195
1 : 0,098 : 0,0180
1 : 0,065: 0,0116
1 : 0,160: 0,086
1:0,142:0,046
1:0,121 : 0,034
1 : 0,124 :0,0.S4
1 : 0,098 : 0,021
1 : 0,273 : 0,102
1:0,154:0.056
1:0,157:0,055
1 : 0,130: 0,039
1 : 0,113: 0,032
Die Zahlen zeigen aufs deutlichste, daß mit steigender
Stromstärke die Intensität der kurzwelligen Linien stärker
wächst, also wenn wir das so deuten dürfen, die Temperatur
steigt; mit wachsendem Druck aber nimmt die relative Hellig-
keit von Hß und Hy ab, die Temperatur sinkt.
Da sich bei den beiden anderen untersuchten Elementen
dasselbe findet, scheint mir der Schluß berechtigt, daß auch
bei Linieuspektren das Gesetz der Verschiebung des Intensitäts-
maximums mit der Temperatur wenigstens qualitativ gilt. Denkt
Tamperaiurbestimmttnff strahlender G€ue. 41
man sich nun die Wellenlängen als Abszissen, die Intensitäten
der Linien als Ordinaten aufgetragen und legt eine Kurve
durch die Endpunkte, so entsteht die Frage, ob diese die
gleiche Oestalt hat, wie bei den festen Körpern; dann allein
würden wir Schlüsse über die Temperatur des Gases ziehen
können. Wir kennen aber zu wenig Punkte der Kurre, und
diese zu ungenau, um die Kurve wirklich zeichnen zu können.
Daher schlage ich den umgekehrten Weg ein: ich nehme an,
es sei die gleiche Kurve, dann kann man aus dem Verhältnis
der Intensitäten an zwei Stellen die zugehörige Temperatur
berechnen.
Wir können unbedenklich das Wien sehe Gesetz zugrunde
legen, da dasselbe richtig ist, solange A 7 < 3000, wenn X in u
ausgedrückt wird; das Gesetz gilt also ftir sichtbare Strahlen
bis etwa 5000 ^ l^^r zwei Wellenlängen X und k^ haben wir
bei derselben Temperatur T:
also
also
T
Setzen wir füre, den von Paschen gefundenen Wert 14 500
ein, für k und k^ die Wellenlängen von H^ und Ilß, nämlich 0,656
und 0,486, und berechnen 7 für ^= 10, 5, 3, 2, 1, so findet sich
T=x 2036^ abs. für ^ = 10, d. h. //«:!/>:=: 1 :0,1
r-2491^ „ „ J= 5, „ „ B^iHß^ 1:0,2
y=2981<' „ „ A^ 3, „ „ 7/«:Ä>«= 1:0,333
y=3582« „ „ ^= 2, „ „ //.:i/^- 1:0,5
y=5166« „ „ ^= 1, „ „ Ä.:i/^=1:1.
Daraus findet man, daß z. B. beim niedrigsten Drucke
von 1 ,2 mm die Temperatur im Geisslerrohr bei 4, 6, 8 Akku-
mulatoren etwa 2200^ 2340^ 2760<» abs. betragen habe. Das
scheinen mir Zahlen zu sein, die mit anderweitig bekannten
Tatsachen nicht in Widerspruch stehen.
42 H. Kayser. Temperaturbestimmung strahlender Gcue.
Man könnte in der Prüfung noch einen Schritt weiter
gehen^ nämlich filr diese Temperaturen auch das Verhältnis //«: H^
ausrechnen und mit dem beobachteten vergleichen. Man findet
dann die beobachteten Werte zu groß; da aber die Ungenauig-
keit der Beobachtungen mit abnehmender Wellenlänge schnell
wächst^ so halte ich diesen Vergleich fär unzweckmäßig.
Ich ziehe somit aus den Versuchen natürlich nicht den
Schluß^ das Strahlungsgesetz der festen Körper gelte auch fiir
Gase^ sondern nur den viel bescheideneren, ein den festen
Körpern qualitativ ähnliches Verhalten der Gase sei nicht un-
wahrscheinlich. Ich möchte besser ausgerüstete Beobachter,
namentlich solche, die bolometrisch zu arbeiten verstehen und
mit einer großen Batterie versehen sind, anregen, die wichtige
Frage genauer zu verfolgen.
(Eingegangen 1. Juli 1903.)
48
7. Id6es fondamentales d'nn essai de
th6orie m6caniqne de Tölectricitö et de la chalenr.^)
Par P. de Heen k Li^e.
La manifestation destin6e k feter l'illustre Boltzmann
me foumit l'occasion de r6sumer dans ses grandes lignes le
but que j'ai poursuivi dans mes recherches. Je suis d'autant
plus heureux de pouvoir le faire que ma couception des choses
de la physique est en parfait accord avec celle du grand
physicien; comme lui j'appartiens k T^cole scientifique que Ton
pourrait appeler Pecole syntetiste qui k Toppos^ de celle des
analystesy part d'une couception hypoth6tique mais tangible de
la Constitution de la substance, pour en d^duire les lois qui
tombent sous nos sens.
Je serais entratnö trop loin si je voulais discuter ici les
avantages et les inconvönients de chacune des ces öcoles. Le
senthnent se trouve en r6alit6 k la base de tout cela. L'analyste
pröföre savoir surement, mais se ferme k tout jamais le domaine
de la Philosophie naturelle. Le syntetiste est avant tout le
philosophe de la science.
Guide par le senüment que nous venons de definir notre
pr6occupation a d'abord et6 d'etendre aux liquides la methode
qui avait döjä ete appliqu^e aux gaz avec tant de succös par
Amontons, Bernouilli, Clausius,Eroenig et notre jubilaire
Boltzmann.
L'idee que nous-nous somnes faite de la Constitution des
liquides a pris naissance ä la suite d'une interpr^tation que
nous avons donn^e des phönomenes anormaux que präsente
Teau (1879) hypoth^se qui a 6t6 formulöe de la roeme mani^re
par M. Ramsay qui n'avait pas eu connaissance de notre
travail. D'apr^s cette hypoth^se l'eau k l'^tat liquide est
formte par des mol6cules que nous avons dösign^es plus tard
1) Les recherches aoxqaelles il est fait allusion sont expos^es
1® dans pLa Chalear'* (1876—1894), Desoer, Li^. 2<> Zeitschrift f. kompr.
nnd flnss. Gase. 7. 8. 9. 1898. 8® Sous presse: Prodrome de la throne
m^caniqne de T^lectricit^.
44 P, de Heen,
80U8 le nora de moUcules lüfuidogeniques, Ces mol^cules com-
plexes seraient forraöes par Tassemblage d'un certain nombre
de mol^cules telles qu'elles existent dans T^tat gazeux, que nous
avoDS d^sigii^es sous le nom de moUcules gazogeniques, Elnfin
ce degr6 de complexitö est variable avec la tempörature. Teile
est la conceptioQ que nous avons ^tendue a tous les liquides.
La mol^cule liquidog^nique ne serait autre chose qu'une mol^cule
tourbillon ou vortex dont les ölöments seraient les molöcules
gazog^niques.
Lorsciue la substance est a T^tat liquide ces vortex 6tant
soumis a des actions attractives mutuelles roulent les uns
sur les autres en se maintenant pour ainsi dire en contact,
les mol^cules gazog^niques qui s^6chappent accidentellement de
ces tourbillons d^terminent T^vaporation superlicielle.
ßemarquons que la thöorie des tourbillons de Helm-
holt z nous apprend qu'a un accroissement de vitesse angulaire
du mouvement tourbillonnant correspond une diminution de
diamötre du tourbillon de teile maniere que si la mol^cule
liquidog^nique conservait une masse invariable^ un accroissement
de tempöraturc serait accompagnö d'une contraction. Le ph6no-
m^ne exceptionnel que präsente Teau serait donc le cas normal,
et la dilatation teile qu'elle s'observe g6n6ralement doit etre
considör^e comme le r^sultat d'une Variation de masse de chaque
molöcule liquidog^nique avec la tempörature or puisque la
vitesse angulaiie croit avec ce facteur, le rayon de la mol^cule
tourbillon diminuant, cet accroissement de temp^rature doit
n^cessairement produire une diminution de la masse de la mol6-
cule liquidogönique, si une dilatation se produit. A chaque tem-
pörature correspond un liquide particulier physiquement deftnu
Si les molöcules s'allignent de maniere k ce que les axes
des tourbillons se trouvent sur un meme prolongement, ainsi
que cela se passe dans les cristaux^ nous pourrons observer
une dilatation suivant la direction de ces axes et une contraction
dans une direction normale. Ce que l'expörience v6rifie dans
certains cas.
Si pour les liquides on admet qu'a d'^gaux accroissements
de tenipörature correspondent des travaux 6gaux de dilatation,
et que les actions r^ciproques des öl^^ments s'^xercent en raison
inverse de la ^ puissance du volurae, on trouve fort ais6ment
Theorie mec. de Velectridte et de la chaleur. 45
les fornmles qui expriment les variations que les diverses grandeurs
relatives au calorique, 6prouvent avec la temp6rature. L'un des
rösultats les plus interessants se trouve dans la d^termination de
la formule de dilatations admise ensuite par Mendelejef. En
^tendant nos recherches a T^tude de la vitesse de l'^vaporation
superficielle nous avons 6t6 conduit par la th^orie et par
Texp^rience a un certain nombre de conclusioDS dont la plus
singuliere en apparence se trouve dans i'ind^pendance de la
vitesse d'6vaporation et de la pression ext6rieure. Cette 6va-
poration est d6termin^e soit k l'aide d'un courant gazeux soit
dans un gaz en repos; dans ce dernier cas, la surf'ace du
litpiide 6tant absolument libre.
Mais les consid^rations que nous venons de d^velopper
devaient nous conduire k un r^sultat bien difi^rent de ce ([ui
6tait admis concemant la density critique. D'apres ces vues
th^oricpies la temp^rature critifpie est caracteris6e par cette
circonstance que les mouvements de roulement des mol6cules
liquidog^ni(|ue3 les unes par rapport aux autres sont devenus
asaez rapides pour vaincre Tadhörence, c'est-ä-dire l'action
attractive qui les maintenait en contact. A partir de ce moment
le fluide li(|uide comroence ä exercer une legere action expansive
sur Tenveloppe cpi le renferme, cette action expansive qui est 6gale
a z6ro au point critique, crottra progressivement avec la temp6-
rature, ceci suppose que le liquide remplit complMement le
voIume du r^cipient Si au contraire le li(iuide est en contact
avec la vapeur, la temp^rature critique correspondra au moment
oü les mol^cules liquidog^niques commencent a se diffuser dans
Tespace occup6 par la vapeur. Mais avant que cette diffusion
n'ait eu le temps de s'effectuer la density du fluide qui occupe
l'espace ([ui ^tait occup6 par le liquide, conserve une density
plus grande que la density de la vapeur primitive (1892). Nous
avons montr6 par l'exp^rience que si Ton reprösente par 2 la
density du liquide k la temp^rature critique, la density de la
vapeur est repr^sentöe par 1 k cette meme tempörature.
Depuis 1892 ces conclusions ont 6t6 adoptöes par plusieurs
physiciens notamment par MM. Galitzine (1893), Batelli
(1893), Dwelshauvers-Dery (1895) et en particulier par
M. Traube auquel on doit de remarquables döveloppements
sur la questioQ. Ce physicien dötinit la molöcule liquidog6nique
46 P. de Heen,
non pas comme 6tant le tourbillon d'ensemble que nous avons
considör^^ mais comme 6taüt la mol^cule gazogönique occupant iin
volume total plus petit lorsqu'elle fait partie d'une masse liquide.
Nos investigatioQS dans le domaine du calorique en
^taient Ik lorsque se produisit la sensationnelle expörience de
Boentgen dont l'importance pratique consid^rable 6tait Evidente
pour tous mais qui au point de Yue philosophique semblait se
r^duire ä la döcouverte d'un rayon de tres petite longueur
d'onde. Cette circonstance ne nous aurait pas döcid^ a aban-
domier nos recherches sur le calorique lorsqu'un physicien
dont le nom est beaucoup moins connu, le Dr. Gustave le Bon,
6mit Tavis que les choses ne se bornaient pas k des ph^nomenes
particuliers pr^sent^s par les tubes k vide mais que pour lui
nous nous trouvions en face d'un nouvel ordre de phönomenes
dont les manifestations se produisaient aussi gön^ralement dans
la nature de Celles de la chaleur et de la lumiere. Des ex-
p^riences encore inachev^es sur ce que le Bon appelait assez
improprement la lumiere noire, me convainquirent pleinement
On sait maintenant jusqu'ä quel point nous ^tions dans le vrai.
La premiöre conclusion importante k laquelle j'ai 6i6
conduit peut s'exprimer en disant que presque tous les foyers
d'^branlement de Töther (flamme, aigrettes, rayons X. etc.)
d^terminent la mise en libert^ d'ions dans les gaz. Ces
ions libres dans les gaz sous la pression normale reprösentent
ce que Crookes appelait ntat radiant Ces ions susceptibles
de subir le ph^nomene de Tinfluence k l'instar de petits con-
ducteurs, se pr^cipitent en masse sur les surfaces 61ectns4es
et s'y ^tendent comme le ferait un fluide que Von projetrait
sur une surface rigide. Nous avons d^sign^ sous le nom dPinfra-
electricite ce fluide ölastique formö d'ions libres, lequel de
meme que des lames liquides qui se rencontrent, permet de
r^aliser des figures rigoureusement g^om^triques k la surface
des di^lectriques ^lectrisös (1899).
Les choses en ^taient k ce point lorsque nous nous sommes
demand6 si la difflcult^ que Ton ^prouvait k donner une inter-
pr^tation des ph^nomfenes ölectriques ne se trouvait pas pr6-
cisöment dans la croyance k cette difflcult^. D nous a toujours
sembl6 que si Tunivers pr^sentait une apparence complexe
et je n'excepte nullement le ph6nom&ne de la vie, cela rösultait
Theorie mec. de PeUctr leite et de la ckaleur. 47
de TigDorance oü nous nous trouvons des causes (^ui nous
parattraient extr^mement simples si la r^flexion ou le hasard
nous les faisait connattre. Les effets de ces causes seuls
noos apparaissent soos une forme complexe.
ConceTOns mainteDant le tube tourbillon de Helmholtz
et demandons-noos 8*il präsente n^cessairement les caract^res
d'une parfaite sym^trie si on le regarde dans deux directions
oppos^es siÜTant son axe. Ne peut-on le consid^rer comme
an embottement de tourbillons tels que ceux qui s^observent a
la BurCace des rivieres, dont Tune des extrömitös est 6vas6e
Tautre extr^mit^^ r^tr^cie? et des lors Pelectron se peut-il se
comparer a un cöne tourbillon d'6ther condens6 dont Torien-
tation dötermine le sens de Taspiration de l'^ther, leciuel
entralnö lai-meme sous une forme tourbillonnante donnerait
rimage des deux ^lectricit^s, Taspiration correspondent a
r^Iectricit^ n^ative, le refoulement k T^lectricit^ positive. En
un mot si nous considörons un ion libre dans Tespace, ion
que nous supposerons rectiligne et muni a chacune de ses
extr6mit68 d*un Slectron conique: cet ion se comportera comme
une T^ritable pompe centrifuge teile que T^ther p^n^trera par la
partie ÖTas^e et sortira par le sommet du cone. Si nous con-
sid^rons une s6rie d'ions orientös dans le meine sens nous
obtiendrons la chame tourbillon, le vide 6th6r6 tendant a se
produire du cöt6 de la partie ^vas^e de T^lectron, la com-
presaion ä Topposä. Si la chaine tourbillon est on moavement
dans le sens de son axe eile dötermine le ph^nomene du courant,
bI eile est au repos on observe des ph^nomenes dits statiques,
Nous jiourrons ainsi concevoir des tubes ou chatnes tour-
bülon ouvertes ou fermöes. La chaine fermöe correspondent
ti Tatome vortex de W. Thomson, ({u'il suffira d*orienter
pour voir apparattre les propri^t^s de l'aimant et le ph^nomene
de Zeeman. Si eile est ouverte il n'y a aucune raison pour
considärer la chatne comme limit^e, meme a la surface du
Corps. Les ions continuent donc leur marche dans Tespace
le long de la fibre tourbillonnante d'^ther, ainsi que le feraient
des perles qui se döplaceraient le long d'un ül sans limites.
Ces ions donncront lieu en se d^plagant ainsi dans Tespace,
aux ph^nomenes dits radioactifn {\\x\ pour nous se pr^sentent
dans la nature ayec une fr^quence extreme. Dans des cas
48 P. de Heen.
relativement trcs rares qui seuls ont attir^ d'abord l'attention
des physiciens, les vitesses ioniques sont süffisantes pour (|ue
les ions traversent les corps dits opaques. Si nous consid^rons
le tube tourbillon T Fig. 1
on peut considörer cha-
que Electron /tt ä T^tat du
^ ^ T mouvement vibratoire.
Fig. 1. Ges vibrations 6tant
synchrones, chaque ion
se comporte comme un corps pulsant de Bjerknes, d'oü
Taction röpulsive du caloriiiue, et la production de Toscillation
transversale caloriiique ou lumineuse dans T^ther ambiant.
Nous voyons maintenant'se fondre en une seule, la thöorie
de la lumiere de Fresnel et la thöorie ^lectro-magn^tique.
Nous voyons 6galement que Taccroissement de potentiel
61ectro-magn6tique et Taccroissement de tempörature sont des
ph^nomfenes connexes, qui se traduisent simultan6ment par un
accroissement de vitesse angulaire du tube tourbillon et par
une diminution de Tangle fi du sommet des ölectrons, c'est-
ii-dire par un accroissement de force ^lectro-motrice ou encore
par un accroissement de tension des 61ectrons qui permet une
Vibration plus ra])ide.
Dans les substances amorphes, ces tubes tourbillons sont
Orientes indifföremment dans tous les sens et des lors les mani-
festations 61ectriques n'apparaissent pas, mais la surface iso-
thermicjue n'est autre chose ({u'une surface d'6gale intensit^
de courant dont la tempörature est donn^e par la loi de Joule.
En partant de ce point de vue on montre tres facilement que
la conductibilit^ calorifique et la conductibilit^ 61ectrique doivent
etre de grandeurs proportionnelles.
Si au contraire la substance est cristallis^e, les tubes tour-
billons s'orientent dans un sens d^termin^ et k l'accroissement de
temp^rature correspondra un accroissement de tension ^lectrique
cette fois appr^ciable, d'une part negative d'autre part positive.
Si nous rappelons que chaque ion libre se comporte
comme une v^ritable pompe aspirante et foulante dont Taspiration
correspond au pole n^gatif et le refoulement au pole positif,
la döpression produite en (^ par Tion a döterminera Forientation
negative des ^lectrons e r^pandus sur la surface S (Fig. 2).
Theorie mec, de Pelecfridte et de la chalenr. 49
Donc des ions dont l'orientation correspoiid a uu signe
donn^y mis en libert^ par un conducteur ayant atteint la
limite de Charge, d6tenninent sur un conductear plac^ dans le
▼oismage ime Charge de meme signe alors mime que ce con"
dueieur est preserve par une cage dielectrique.
Tel est le ph^nom^ne que nous avons d^sign^ sous le
nom (Pinductian electro-statique qui constitue la base de la
thterie du courant^ ou du transport d'une charge d'un point
H OD autre pendant toute la dur^e de Texistence de la charge
excitatrice, contrairement ä ce ((ui se passe dans Tinfluence.
Pendant cette Operation Fair est le siege d'une radioactivit^
<-<
* «
I I
I 'f I? I
I i
s s'
Fig. 2. Fig. 8.
d*apri8 ce que nous avons dit, ou d*apres une expression (jue
nous avons admise, il est devenu iodynamique. Une substance
conductrice est donc une substance iodynamitiue, les m^taux
par exemple sont form^s de mol6cule ((ui se bombardent r^ci-
proquement et perp6tuellement d'ions. Ces ions ne peuvent
donc faire partie d'une mol^cule (^ue pendant en teinps Iiinit<^
poor etre ensuite remplacös par d'autres. Le contraire a Heu
dans les substances aniodynamiques ou non-conductrices.
Tous les m^taux auront donc une tendance a se montrer
spontanöment radioactifs, ainsi que cela r^sulte des exp^riences
dn Dr. Gustave le Bon.
Lorsque deux surfaces s 9 (Fig. 3] sont ^lectris^es de
signes contraires, c'est-a-dire si les ^lectrons sont oricntös
dans le meme sens, les tourbillons se raccordent par Tinter-
mMiaire de l'6ther interpos^. L'axe de ce tourbillon reprösente
la ligne de force, de plus ce tourbillon est stationnaire con-
trairement a ce qui se passe dans le courant, car au tourbillon
central d'aller correspond un tourbillon plus large de retour
ainai qne cela r6sulte des remarquables recherches de M. Wey her
RoltnBaaB-FMMliria. 4
50 P, de Heen. Theorie m6c. de Velectricite et de la cFialeur,
sur les tourbillons. En prenant certaines pröcautions on peut
matörialiser ceux-ci par Tötincelle, r6sultat de rentralnement
des ions dans le tourbilloD.
Le raccordement des ölectrons ()()' d^termine une espfece
de calage r^ciproque qui communique a ce Systeme une grande
stabilit^, il peut enrayer compl6tement Taction de la d^charge pro-
duite par des ions libres r^pandus dans Tatmosphere ambiante par
exemple sous Taction de äammes ou de substances radio-actives.
L'idöe que Ton doit se faire de la Constitution des gaz est
^galement un peu diff^rente de celle qui 6tait admise; nous
pouvons les concevoir comme form6s de chaines tourbülojis li-
mitöes par la paroi du vase qui les renferme. Les chocs dus
aux d^placements lateraux de ces chaines d^termineraient la
pression. Si la pression devient trcs faible ces chaines se
brisent et les ions qui les constituaient deviennent ind^pendants
les uns des autres. Le gaz devient alors iodynamique, con-
ducteur de T^lectricit^, en un mot nous avons r^alis^ le fluide
que nous avons dösignö sous le nora d^infra-electrique et que
Crookes appelle etat radiant, Cette rupture des chaines tour-
billons se produit ^galement sous la pression normale, mais en
faible proportion, sous Taction de tous les agents ionisants
(flammes, aigrettes, rayons X, substances radioactives etc.).
Disons en terminant que nous avons eu la satis&ction de
voir se vörifier cette ann^e une cons^quence de notre th^orie,
que nous avions formulöe pr6c6demment et d'apres laquelle
les m^taux dou6s du plus grand pouvoir r^iiecteur sont 6gale-
ment ceux <iui sont les meilleurs conducteurs. On sait que
M. Drude d'une part, MM. Hagen et Rubens d'autre part,
ont v6rifi6 cette conclusion par l'exp^rience.
Nous voyons aussi se souder progressivement les diff^rents
chapitres de la physique et Ton peut espörer que d'ici k quel-
ques ann^es la thöorie m^canique de la chaleur et la th^orie
möcanique de Tölectricitö n'en feront plus qu'une, alors aura
v6cu la thöorie actuelle des electrogistiques de meme qu'ä v6cu
la thöorie du phlogistique. L'61ectricit6 pas plus que la chaleur
ne doit etre con^ue comme une entitö.
Institut de physique de l'universit^ de Liege, 1®' Juin 1903.
(Eingegangen 1. Juli 1903.)
51
8. Chronometrie:
Les rägimes liioites et la stabilit^ de la
Synchronisation.
Par Jnlefl Andrade k Besan^on.
Regime limite intörieur. — Pour un mode et pour une
intensiM d'action dötermin^s de r^chappement il existe une
amplitude de Toscillation du rögulateur qui se maintient con-
stante dans un mouvement p^riodique; l'exp^rience montre que
ce r^ime pennanent finit par etre pratiquement atteint bien
((ue th6oriquement il s'agisse de ce regime limite ou asympto-
tique. II est interessant de pr^ciser les circonstauces math6-
mati(|ue8 qui assurent Texistence de ce regime limite dans des
conditions aussi g^nörales (jue possible; tel est Tobjet du prä-
sent memoire.
Regime limite d^une Synchronisation. — Le mouvement
d*UDe bonne horloge-mere, une fois devenu p6riodique, peut
etre utilis^ uon seulement pour inscrire Theurc, mais encore
pour transmettre ^lectriciuement une influence m^caniiiue soit
snr des aiguilles ^loign^es, soit sur le r^gulateur mome d'une
horloge lointaine «lui^ dans cc demier cas est dite synchroniset'.
Et, en effety l'expörience montre qu'une force synchronisante,
fonctioD p6riodique du temps scandö par une horloge-mrre
peut etre appliciuöe au pendule d'une seconde horloge de
Periode l^gärement diiförente de nianiere a produire une Sub-
ordination complete de l'horloge syuchronis^e a Thorloge-mere,
celle*ci finit ä imposer sa Periode propre. CVst encore un
regime limite (jui se produit ici.
£n ce qui conceme la Synchronisation ou sait que Cornu^]
a ötudiö et Y^ritiö ^I^gamment les lois de la Synchronisation
dans le cas tres simple oü le pendule synchronis^ est soumis
1^ u un moment proportionnel a l'angle d'^cart, 2^ a une
1)M. Cornn, Conference sur la Synchronisation «'lectroniagiietuiuc
Paris 1894.
4*
52 J. Andrade,
rösistance proportionnelle a la vitesse (amortissement constant).
Ce Probleme bien particulier devra etre un peu ^largi si on
veut studier la stabilit^ de la Synchronisation ; il est n^anmoins
fondamental.
SynohroniBation cL'nn ssrsteme pendulaire a amortiBBement
oonstant.
En rappelant d'abord ce cas simple, oü Ton ne tient pas
compte de T^chappement, nous rappellerons et nous compl^-
terons les r^sultats relatifs ä ce cas particulier contenus dans
le memoire de Cornu en 1894.
Nons consid^rons donc un balancier soumis ä un couple
de rappel proportionnel ä Tangle d'^cart au point mort, u\
soit ru ce couple de rappel; le balancier est soumis en outre
a un couple rÄsistant proportionnel a la vitesse — qdu\dt\
soient enün, / le momeut d'inertie du balancier, et F{$) la
force synchronisante (^ui est une fonction p^riodique de
pöriode T,
L'öquation du mouvement est:
Nous envisagerons d'abord l'^quation priv^e de second membre
et nous consid^rerons son integrale sous la forme g^omötrique
que lui a donnöe Cornu; nous poserons
(2) {._, -.- tg^'=r1.;
h ext le coefficient d^ amortissement.
Puis, nous consid^rons deux axes 0 X et 0 Z faisant entre
eux un angle F; Torigine 0 sera le point asymptotique d'une
Spirale logaritbmique, coupant les rayons vecteurs issus de O
sans l'angle constant F, soit M un point mobile parcourant
cette Spirale de mani^re que le rayon vecteur 0 M toume,
dans le sens oü il d^crott, avec une vitesse angulaire constante,
^gale h. 2nfT\ soient x et y les coordonnees obliques du point
M\ la repr^sentation integrale du mouvement:
Hegimes limite* et. utahilite de la Synchronisation. 53
iPu . ^ du . ^ ^ \^^ I
(*) n; + ^rf< +^0"=^=
Uo=:;
est alon la suivante:
?i = X
(4) rfw _ 271 1
\ di " T srnF-'^'
le i>oi]it (xy ^) sera a un instant (luelcontiue le point repr^sentatif
de Fetai du balancier.
La deeroissance proportionnelle du rayon vecteur tournant
de Faogle a röduit ce rayon proportionellement a
hT
2«-
telles sont les lois du mouveinent pendulaire simplement amorti.
Proposons nous maintenant d*^tudier le regime variable
([ui ya nattre de Tapplication de la force synchronisante.
Dans son memoire de 1894, (-ornu a 6tabli Texistence
d'un regime limite dans le cas d*une force synchronisante
petite, agissant sur un Systeme faiblemcnt amorti et de p6riode
propre peu diff^rente; la d^monstration procede par approxi-
mations; nous pourrons tres faciloment d^gager ces r^sultats
des appareniM restrictionn ((ue la dömonstration de Tauteur
laisse subsister.
A cet effet, je m'appuierai sur un th^oreme bien couuu
de göomötrie.
Considörons la transfonnation du plan par similitude
directe; on peut ^videmment la r^aliser par unc translation
d*un point P^ particulier de la tigure
BiuTie d'one rotation accoropagn^e d'une
condensation (ou dilatatiom homoth6ti<|ue
dMerminöes autour du point l\ nouvelle
IKMition de P^. ^
Cberchons alors un point A' de la ^'
figure qui soit son propre transform^:
ce point renant en A'' par la translation, ])uis en A"' par la
rotation, deyra revenir en X par unc demiere condensation
54 e/. Ändrade,
autour de P. Le rapport de condensation OXjOX" 6taut
connu ainsi que Tangle P du triangle isocele 0 X' X", la figure
de quatre points sur trois droites PX'X^X est connue de
forme et comme le segment XX' est connu en grandeur^
direction et sens, la figure de nos quatre points sera donc
bien d^finie a partir du point P en grandeur et orientation,
le point X est donc d^termin^.
On voit donc que la transformation consid^r^e est r^duc-
tible ä une simple rotation suivie de la condensation donn^e
autour de ce meme point X.
Ge point X, point double de la transformation, se nomme
aussi le pole de similitude.
Ce thöoreme va nous permettre d'achever la question de
la maniere la plus simple. Supposons d'abord que la force
synchronisante soit constante et 6gale k F^,
Portons sur Taxe OX une
longueur 00' reprösentant k l'Ächelle
du dessin un 6cart ögal k F^IB^;
tout se passera pendant Taction de
la force Fq comme si le point mort
ötait transportö en 0'; Pabcisse X
et Tordonnöe ¥ du point figuratif
.^^- ^' reprösenteront toujours de la meme
maniere (4) l'^cart et la vitesse du
balancier, mais tant que dure Taction de F^ le point figuratif N
d6crit un arc de spirale NN' et Tangle NO' N' est propor-
tionnel au temps.
Si la force n'est pas constante et varie continüment, il
est clair qu'on pourra partager sa dur^e d'action en intervalles
infiniment petits aux milieux desquels le point 0' relatif k la
valeur actuelle de la force occupera les positions 0'^, ff^,
0'^ ... etc., bien d^termin^s aux divers instants de la p6riode
T' de la force synchronisante.
Soit alors H le point figuratif de l'^tat du pendule syn-
chronis6 ä une certaine ^poque t, demandons-nous quelles
seront les positions du point H aux öpoques t + T', t + 2T\ ., .
t+nT', , . . (n = 00).
Soient H^, H^, If^ . . , //^, les positions correspondantes du
point reprösentatif.
Regimes limites et sUibilite de la si/nchronisation, 55
Chaqae substitation //. H^^^ est une (et toujours la mOiue)
trausformation par similitude directe oü la somme des rotatious
des Yecteurs est 6gale a 2n[T jT), la condensation finale ^tant
e" * ^j la rotation finale peut d*ailleurs etre prise ^gale simple-
ment a 2n{T - TfT).
Soit alors .Y le pole de similitude de cette transibrmation,
los points H, JI^, H^, . . . appartiendront 6videmment !i une
meme Spirale logarithmi(|ue ayant le poiut X pour point
asymptotique.
I^onc le mouvement du penduie synchronise teml vers un
regime Hmiie periodique. Et cette conclusion n'a d'autre
restriction que l'in^alit^ h*<rll, sans laquelle Tamortissement
libre ne sentit plus oscillatoire.
(*'est Isi une premi^re g^n^ralisation des r^sultats de
Coruu; si nous voulons aller plus loin, nous devons n^cessaire-
Pig. 8. Fig. 4.
ment nous adresser adcs transformations du plan plus g^n^rales;
nous aommes ainsi conduits tout uaturellement u utiliser une
remaitiue de M. K(>;nigs, reniarquc que je vais rappeler
et gtfnfoüiser.
BabstitutionB repetees et leur emploi en meoanique.
On doit a M. Ecenigs le th^oreme suivant:
Les substitutions röpöt^es x.^^ = y (t^ (« = 1i 2, . . . cx^)
couvergent vers x^, lorscjue pour la racine x^^ de T^tiuation
X =3 9 (x) on a mod 9' (xj < « et lorsque la valour de d^part
X| est dans uu süffisant voisinage de x^: si (f'[y): < l les
substitation sont divergentes.
Voici une gtoöralisation Evidente.
56
J, Ändrade,
Gener alisation. Les substitutions r^p^t^es ä n variables
' ^» + 1
yi+i =
Y{x., yp . . . v^
convergent vers une Solution {x^,
1/q,... Vq) du systöme
^, + 1 =
^0 ~ ^ (^0» !/o> • • • ^o)
^0 = ^ K' !/o> ' ' ' ^o)»
si Ton a
dX
d w
+
dw
+ ... +
d V
dw
< 1
{w = x^, yo» • • • ^o)
avec des conditions analogues aux pr^c^dents pour le Systeme
des valeurs de d^part {x^, y^, . . . v^).
Curieuse application du theoreme de M. Kceniffs. Je con-
sidere deux balanciers I et II tous deux soumis k une force
de rappel proportionnelle k T^cart, et soumis aussi k la
r^sistance d'un frottement constant. Faisons agir sur I un
^chappement qui lui transmettrait ä chaque impulsion une
quantit^ constante de quantite de mouvement; faisons agir sur
II un ^chappement qui lui transmettrait une quantite con-
stante de force vive. Et demandonsnous si les mouvements
de I et de n auront un regime limite.
Soit t/^ r^cart extreme de Tun ou Tautre des balanciers
au commencement de Toscillation d'impulsion^ celle-ci sera
donn^e instantan^ment sous T^cart ü] soit u^ l'^cart extreme
de la fin de Toscillation suivante^ oscillation que nous
supposerons libre comme dans les chronomätres de marine,
soit [rjl)f le moment constant de frottement, soit K^ ^rjl,
envisageons alors: d'une part la Substitution u^ = v{^) relative
au balancier I dont la vitesse angulaire s'accroft par hypothäse
de //' k chaque impulsion ;
d'autre part la Substitution v^ = xff{u^) relative au balancier
n dont le carr^ de la vitesse s'accrolt par hypothäse k
Rtgimet Hmitex et siabiiitv de la xynchrotmation. 57
chaque impulsion de V^\ deux calculs fort simples nous
donnent
du, ' "^ K K-/)»'
sensiblement vu la petitesse de ü — /*; et
.— = , — ' ; on a donc ici .^ . > 1 ; > , "- . < 1
le balancier U admet donc un regime limite, mais le balancier
I n'en admet pas.
Regime permanent Interieur des maohines horairee.
Essayons maintenant d'aller plus loin et d*6tablir des
circonstances simples mais g^n^rales, qui entralnent n^cessaire-
ment pour le mouvement d'un chronometre, ou d'une horloge,
Texistence d'un regime limite ou permanent
Nous 7 arriverons en rapprochant le th^oreme de M. K (jc nigs
de la m^ihode d'int^gration par s^ric de «juadratures que
M. Picard a fait connaltre; nous pouvons en eflfet raisouner
comme il suit:
1^ suivre Foscillation jusqu'ä l'^poque ty un pcu post^rieure
ä rinstant du d^gagenent;
2^ envisager Teffet de F^chappement depuis l'^poque /^
jusqaVi r^poque ^ oü le balancier est redevenu libre, en
regardaut cet efiet comme une fonction de l'^cart initial u^\
3^ suirre le mouvement depuis Töpoiiue t^ jusqu'ai la tin
de roscillation (p d'impulsion.
La m^thode de M. Picard appliqu^e ü la premirre et a
la troisieme p6riode justitiera alors les approximations (|ui con-
duisent aux r^sultats suivants:
Seit »1 la demi-amplitude finale de Toscillation d'impulsion,
nou* voulons former une valeur approchee de la suhstihition
«1 - V' («o)-
Soient alors: ^ I(Rq + y)u le moment de rappel, oü ;'
est une fonction paire de u g^n^ralement fort petite et qui
prodoit les perturbations d'isochronisme:
58 J. Äiulrade,
le couple d'amortissement oü ft d^signe une fouction de la vitesse
du
dt
= u
que nou8 supposerons ainsi que sa d^riv^e petite par rapport
ä Xq qui est lui-meme petit; X^ est le coefticient principal
d'amortissement inhereni d Phorloge nous trouverons alors en
nous aidant du changement de variables u, u \ y^, z^ ;
u := I/q sin Kt + z^^ cos Kt
— = y^ cos Kt + z^BinKt
,.. . . ... A* = Ä„
et en dösignant par rj <P {uq) une certaine fonction positive
de Uq {y petite quantit^ de carr^ n^gligeable) se rapportant au
fonctionnement de T^chappement^ nous aurons sensiblement
e
— 11^=^ Uq + t} 0{Uq) — -5^ / cos^cc.dcc
n
les fonctions ^ et jti^ ne donnent que des termes du second ordre.
0 d^signe une quantit^ voisine de ;r/2, fonction de Uq
d'ailleurs; en observant que la quantit^
X. cos« ö ^
est petite du 4^"® ordre, nous d^duisons de T^quation pr6-
c^dente
^(-«i) _ 1 , ^ d0 K^
cette quantit^ sera moindre que 1 si:
1® ou bien d^ldu^ est n^gatif,
2^ ou bien si dO/duQ est petit dans le yoisinage de la
valeur de u^ qui satisfait a F^quation
rj 0(u^) - -^ jcos^a.da = 0
7t
S
d'oü ce resultat qui int^resse la th^orie des ^chappements:
Rigimet Umiieg et stabiläe de la .Synchronisation. 50
la fonction ^[u^) est li^e au coefticient d'amortissement naturel
de lliorloge; l'^chappement doit etre constroit demani^re que la
fonction 0 {Uq) d^croisse lentement dans le voisinage de rainplitude
|>ermanentequeron d^sireobtenir; dans ces conditions^ le th6o-
rtme de M. Koenigs garantit on regime Limite pour un
6chappement sym^triqne: si T^chappement tbnctionne comme
dans les chronomätres marins, on consid^rera la dcmi-am))li-
tude u^ que tenninera roscillation libre suivante, et le raison-
nement employ^ ici-meme, simplifi^ par la disparition des
termes en 0(tfj], nous donnera Tin^galite
0< Jl««> <1
d'oü Ton conclnra:
!."»_ = - ^ y *'('■ '*»> ^ 1
et la Substitution r^p^t^e u^ = ^{%) s^ra encore convergente;
d*oü r^sulte le regime permanent Interieur de la machine
horaire consid^r^e.
Stabilite de la synohronisation.
La m^thode pr^c^dente röussira encore ici, avec une
16gere Variante; T 6tant la p^riode de la forcc synchronisante
/*(/) posons:
A '« = ä;
iT^ ^tant petit; faisons alors le cbangement de variables;
y^ sin ITt + Zq cos K' t
j^ •" Vo CÖ8 A.' t ^ Zq sin A' t
(5)
\'i
et Stadions le mouvement entre r6))oque t^ et T^poque /^, + T ;
t^ sera quelconque mais fixe dans le raisonnement gut va sfüvrt*.
Soient alors y^ et z^ les valeur8 de y^ et z^ a l'öpoque t^^ et
y^Z^, leurs valeurs a T^poque t^ + T'\ nous voulons emprunter
au thtercme de Koenigs g6n^ralis<^ une conditio!) süffisante
de convergence pour la Substitution r6p6t6e ^o =" A'/ot-^o^i
^0 ^ ffiifof^o^ En suivant la meme niarche quo celle d^ja
soivie toat ä l'heure, nous obtenons les r^sultats suivant«: £}
60 «/. Andrade.
d^signant une fonction caract^ristique de F^chappement^ et qui
dopend sensibleinent du seul argument j/y^* + z^^, fonction
analogue k la fonction 0 du pr6c6dant paragraphe, et t^ d^-
signant i'^poque du choc (regard^ comme instantan^) nous
aurons en gardant les signiiications des autres lettres
(6)
d'oü nous concluons par la g^nöralisation du th^or^me de
Eoßnigs la proposition suivante:
(7) •
Si ^^ > '^ et si 4? d^signent Tune ou l*autre des
fonction ßcosÄ'/j, flsinüT'^ Ton a:
2 \ K' IC^ I
<
pour la Solution du Systeme r^j= y^; z = z^ la Substitution (6)
sera convergente et Thorloge synchronis^e aura un regime
limite. Sans d^velopper ici les conditions pr^c^entes^ dans
tous les d^tailsy je ferai observer que nous trouvons ici une
contirmation des id^es de Cornu sur le röle de l'amortisse-
ment naturel ou artificiel, mais avec une g^n^ralisation in-
dispensable, car le role de F^chappement ne devient nögli-
geable qu'avec une force synchronisante intense.
Si r^chappement est instantan^ et si pour simpliiier nous
supposons qu'il agisse au point mort et si nous posons:
-^ = Acos/9, ^ = Asin/;?.
Hegimes limites et stabilite de la Synchronisation, 61
Les secondes conditions (7) deviennent a])res un cal-
cul facile:
0 c/^o •'"'^° "ö^ 2 V A' A"« /
C08«„-^-^^ +fl8,n»«, <2(a-- A'^J
auz amplitude habituelles, diljdtp^ est n^gligeabl et Ton ]>urra
6crire simplement
(7 bis) ' '
1 Qsiu'a, < l f\!?-
n ig
A'
—
n
A"*
nig
A"
—
n
^0
A"
|>oar les valeurs de q^ et or^ (^ui seront Solutions du Systeme
y^ ^y^t Zq s r^; si on se donne le d^veloppement de Fourier
F{fi == i<„ + i4, cos A" ^ — Cj sin A" / + etc.;
La force synchronisante sera d^finie par:
(7ter)
( flcosa^ + A Oq cos(«o + /=0 = X"^ ^\
Les conditions (7 bis) et (7 ter) contiennent toute une tb^orie
de la Synchronisation, je ne les discuterai ]>oint dans ce
memoire. ^)
Besan^on, 3 Juillet 1908.
1) Depnis Im iMaction de ce memoire j'ai douiie aux Comptes
Bendot de FAcadtoie des sciences de Paris (27 Juillet 190:0 des con-
ditioDB de Synchronisation un pea plus larges qua celles qui sout ex-
pos^es ici. Ges conditions se prötent k une comparaison faeile de le
m^thode de Coma avec la m^thode de Foucault-V^rite comme io
Tai inontr£ dans la "France Horlogore**, 1 Septembre 1903.
(Eingegangen T. Juli 1903.)
62
9. Etnde des lames
minces de cuiyre obtennes par ionoplastie.
Par Ii. Houllevigrue k Caeo.
I. Les physiciens savent depuis plusieurs ann^es que, dans
les tubes ä gaz raröfiös oü jaillit Teffluve, la cathode se
d^sagr^ge et se projette tout autour d'elle dans Pespace. Ce
ph^nom^ne ^tudi6 par Crookes^), a 6i6 utilisö par Wright^,
Longden*), Boas*), Kundt^) pour r^aliser des pellicules m^talli-
ques. En reprenant, de mon c6t6% T^tude de ce ph^nom^ne,
j'ai pu constater son extreme g^n^ralit^, car il m'a permis de
d^poser sur un support quelconque couducteur ou isolant
(verre, fibre, mica, caoutchouc etc.) des pellicules adh^rentes
des m^taux suivants: Or, argent, platine, palladium, cuivre,
fer, nickel, cobalt, zinc, ^tain, bismuth; de tous les corps
essay^s comme cathode, seul, le caibone a refusö de se laisser
transporter par Teffluve.
Non-seulement ce proc^d^ de m^tallisation est gfo^ral,
mais il est, dans nombre de cas, commode et rapide: il faut
moins d'une demi-heure pour obtenir, avec les dispositifs que
j*emploie pr^sentement, un d^pot miroitant d'or, d'argent, de
platine ou de palladium d'une surface de 20cm.q, y compris le
temps nöcessaire pour faire le vide (Ygonim environ); les autres
m^taux paraissent exiger plus de temps^ mais il est rare
qu'une heure ne soit pas un d^lai süffisant
1) Crookes, Revue g^n^rale des sciences p. 497. 1891.
2) Wright, The american Journal of science and artes p. 49 et
p. 169. 1877.
3) Longden, Phys. Rev. 11. p. 40—55 et p. 84—94.
4) Boas, Zeitschr. für Elektrotechnik 13. p. 565—566.
5) Kundt, Wied. Ann., 2. Serie 27. p. 59.
6) Journal de pbysique, Jan vier 1903.
Tjomes mrnces obtenues par ionoplastie. 63
Od peuty d'apres cela^ supposer que la m^tallisation des
isolants par les projections cathodi(]ues deyiendra une Operation
pratique et courante au meme titre que la galvanoplastie:
d'oü le nom (Piojtoplastie, sous lecjuel je propose de d^signer
les proc6d^8 nouveaux. J'ai d^ja eu roccasion de signaler quel-
€|ues propri^t^s des pellicales ainsi pr^par^es. J'en rappelerai
ici une seule^ relative au bismuth: la r^sistance ^lectrique de
ce m^tali obtenu par ionoplastie, est ind^pendante du champ
magnötique. M. Leduc avait d^ja observ^ que le bismuth
pr^par^ par ^lectrolyse est d'autant plus sensible au magn^-
tisme, qae sa structure cristalline est plus accus^e; Ic bismuth
ionoplastique serait done, comme cela est vraisemblable a priori,
compl^tement amorphe.
II. tParrive maintenant au but principal de cet article,
qoi est Tötude des pellicules minces de cuivre d^pos^es par
ioDoplastie sur une lame de verre. Le premier probleme
qn'on eüt 21 rösoudre, 6tait la d^termination de leur 6paisseur.
J'ai ea recours a cet effet au proc^d^ optique indi((u6 par
Fizeau pour l'argent, et appliciu^ dcpuis par nombre de
physiciens. Ce proc^d^ r^ussit ^galement bien avec le cuivre;
riodnre form^ par Taction de la vapeur d'iode (Cu* I* d'apn»s
les pes^es que j'ai faites), est transparent et donne des anneaux
colorös dans lesquels on recoimalt sans ambiguit^ la suite des
colorations correspondant aux anneaux deNewtonüi centre blanc.
Dans rapplication de la m^thode de Fizeau, j'ai modiii^
le proc6d6 classique d'ioduration d'une maniere qui me paralt
avantageuse: le grain d'iode, au Heu d'etrc d^pos^ sur la lame
de colTre, est suspendu au-dessus d'elle a l'aide d'une pince
placte dans un entonnoir; on peut ainsi, en r^glant la distancc
de riode k la lame, donner aux anneaux T^panouissement
qu'on d^sire, en meme temps qu'on 6vite la macule (]ue le
grain d*iode laisse toujours dans la tache centrale.
Ce proc6d6 donne rapidem ent le produit n < de T^paisseur
e de riodore fonn6 par Tindice moyen n de cet iodure, mais
pour en d^duire T^paisseur e de la lame de cuivre, on ne
connalt ni n, ni la density de Tiodure; le coefiicient de pro-
portionnalit6 entre e et na a, donc 6t6 d^terminö comme suit:
üne lamelle de verre mince de 80 x 40 mm ötait pes^e
avant et aprte Ionisation, ce (]ui donnait au 10' de milli-
64 L, Houllevigue,
grainme le poids p du cuivre d^pos^; p 6tait compris dans
les exp6riences entre 1,2 mgr et 2ingr; il ne convient pas
d'accroltre p au-delä de cette liinite, car si la d^terinination de
e en devient plns pr^cise, en revanche celle de n € perd toute
exactitade. On a donc la valeur de T^paisseur moyenne
e = -
30 X 40 X 8,9
Puis, cinq systemes d'anneaux formös aux quatre coins et au
centre de la pellicule de cuivre permettent d'6yaluer son
öpaisseur optique moyenne ne; enfin, Tioduration totale de la
laine montre si la pellicule est assez r^guli^re pour que le
proc6d6 n'entralne pas d'erreurs notables. La moyenne de
4 d^terminations bien concordantes a donn^
ne
^ "" 12,7 '
formule qui permettra d'obtenir, en quelques minutes, T^paisseur
d'une lame mince de cuivre. Si on adopte 4,4 (nombre un
peu incertain) pour la density de Tiodure Cu^ I*, il en rösul-
terait pour Tindice moyen de cet iodure n = 2,09, nombre
assez voisin de Tindice 2,23 de Tiodure d'argent.
in. En appliquant le proc6d6 qui yient d'etre d6crit k
des pellicules de cuivre d'^paisseurs d^croissantes, on constate
qu'il ne donne plus rien pour Celles dont T^paisseur e est in-
f^rieure ä 40 ^^ (0,00004 mm) environ; quelque moyen que j'aie
employ^, je n^ai pu d^celer aucune trace d'ioduration de
ces träs-minces pellicules. Voici, de ce fait, deux exemples
choisis entre beaucoup d'autres:
1® üne pellicule a pour öpaisseur moyenne, d'apräs son
poids, 30 fiju; d'apräs les couleurs qui se succedent k sa sur-
face, on juge que cette ^paisseur est comprise entre 20 jUfi aa
centre et 40 ]U^ sur les bords ; or cette lame, maintenue pen-
dant 3 heures dans la vapeur d'iode, refuse de s'iodurer, meme
en chauffant l^görement; d'autre part eile präsente par trans-
parence la meme couleur que les lames de cuivre plus ^paisses,
et absorbe les memes r^gions du spectre (indigo et violet);
enfin, placke, au contact de Tair, sur une plaque chaufT^äe,
eile s'oxyde instantan^ment; ces remarques, jointes au proc6d6
employö pour sa pr^paration, rendent peu vraisemblable Thypo-
Limes minces obtenues par iovoplasiut, 65
ihese que la pellicule en qaestion serait formte d'iine substance
aatre que le caivre.
2^ En employant comme cathode, dans l'appareil h, iono-
plastie, on crayon vertical de cuivre dont la base est h, 15 mm
aa dessos de la lame de verre h, m^talliser, on obtieut sur
ceUe-ci un d^pot d'6paisseur döcroissante du centre a la p^ri-
ph^rie et qui präsente la s^rie des anneaux color^s de Newton.
On protege par un ^cran la moiti6 de ces anneaux, tandis que
Taatre moiti6 est expos6e a la vapeur d*iode; on constate alors
que rioduration a alt6r6 la partie centrale et respect^ les bords;
on ne voit aucune altöration jusqu'au rougc du second ordre;
21 partie du ronge de troisieme ordre ^ les couleurs sont tres-
nettement alt^r^es et d^plac^es. Je n'ose guere conclure de
ces r^sultats les limites correspondant k l'^paisseur attaqu^e,
en Premier lieu parce que le cuivre d^pos^ en anneaux paralt
aToir une structure physique toute speciale , et ensuite parce
Fig. 1.
que les nombres donn^s jus(]u'ici pour les indices des m^taux
nie paraissent sujets k caution.
Voici enfin des faits d'un autre ordre qui viennent confirmer
Tinalt^rabilitö par l'iode du cuivre en lames tres-miuces:
lorsqu'aprfes avoir produit, sur une pellicule d'^paisseur supo-
rieure k 40 fifA, une s6rie d'anneaux colorös par iuduration, on
procide ensuite k Tioduration complete de la pellicule, on
derrait s'attendre a voir disparaltre toute trace des anneaux
pr6c6dents; or, il n'en est rieu: quelque soit le mode d*iodu-
ration employ6» il reste ioujours, autour de la tache centrale
d'wdare, une zone eompletement ou partiellement inalttree,
Cet effet s'interprete ais^ment en admettant que la couche
de cuivre tris-mince (Fig. 1) laiss^e autour de la tache centrale
par la premiere iodur.ition, est au-dessous de lYpaisseur limite
pour laquelle la vapeur d'iode peut agir sur eile; tout le reste
de la lame est donc attaqu^ dans l'ioduration totale, sauf l:i
Zone trts-ötroite qui borde la plage centrale.
BoHnaaiB-Fettochrift. •'>
66 ü. Houllevigue,
Cette Interpretation est justifi^e par les remarques sui-
vantes:
1^ L'hyposulfite de soude en Solution träs-^tendue, qui
dissout riodure form^^ laisse persister la trace de la premiäre
ioduration; cette trace paralt etre constitu^e par du cuivre
inalt^r^.
2® Bien que Tiodure de cuivre soit tres-peu alt^rable
k la lumiere^ on pourrait attribuer ä cette alt^ration Teffet
observ^; or, les ph^nom^nes restent absolument les memes
lorsqu*on opere ä Tobscuritö.
3^ La condition n^cessaire de la persistance des anneaux
est que Tioduration totale ne commence que lorsque la premiere
ioduration est achevöe (il suffit d'ailleurs de quelques secondes
d'intervalle entre les deux Operations), sans quoi la deuxi^me
r^action n'est que le prolongement de la premiere, et toute
trace de celle-ci disparait.
Cette interpretation du phönomene 6tant adoptöe, j'ai tente
d'en tirer la mesure de F^paisseur minima r6v6lee par les exp^-
riences pröcedentes. J'ai d'abord op^r6 comme suit: Sur une
lamelle de cuivre d'6paisseur aussi uniforme que possible, on
a form6 six systömes d'anneaux, ayant au centre les ^paisseurs
optiques suivantes
No. 1 2 H 4 5 6
neew^^ 1151 948 747 600 430 306
Le No. 1 correspondait a la transformation totale du
cuivre en iodure, et pour les autres, on
avait arrete Tattaque avant que la pelli-
cule de cuivre n'eüt 6t6 transpercöe par
riode. Puis, toute la lame fut iodur^e
Apres cette Operation, on put constater
que les taches 1, 2, 3, ^taient nettement
visibles, 4 a-peine discernable; 5 et 6
n'avaient laiss6 aucune trace. D'apres
cela, la couche de cuivre incapable
d'etre ioduröe ultörieurement aurait une öpaisseur införieure h
1151 - 600 .o
-_,^ _ = 43/i^.
Enfin j'ai fait sur de multiples 6chantillons, d'6paisseurs
variables^ les d^terminations suivantes: sur une lamelle <ie
Fig. 2.
Lames minces obtenues par ionoplcutie, 67
verre cuivr^e, ou formait, par le procödö döcrit plus haut, de
larges anneaux concentriques d'iodure ; la laine 6tait coup^e en
deuxy au diamant, par le milieu des anneaux, puis Tune des
moiti^s ^tait iodur^e totalement, et enfin recoll^e a cot6 de
Taatre moiti^ (Fig. 2). En examinant daiis un appareil a pro-
jection Tensemble des deux demi-lames, il 6tait possible
d'appr^cier (non sans quelque incertitude) quelles couches
avaient resist^ ä Tioduration totale. Si ii < et n €' sont ^paisseurs
optiqaes correspondant k la tache centrale et au bord ext^rieur
de la zöne qui a r^sist^ k la deuxieme ioduraiion, T^paisseur
maximum du cuivre inalt^r^ est
_ n(e - eO
^ "" 12,7 •
Voici quelques r^sultats obtenus par cette m^thode:
fiten /ifi 1652 1376 1258 1258 1334 747
n9 „ n 1151 1101 843 826 747 332
T „ „ 39 22 33 34 46 32
Je ferai remarquer en passant que les pellicules d'argent
d6po86e8 par ionoplastie donnent lieu memes effets; une sem«
blable lame, soumise dans Tobscuritö aux Operations d^crit^s
ci-dessus, a donn6 n< = 1927, ne' = 1621, d'oii
1927 - 1621 o^
Ainsiy les 6paisseurs limites pour Tattaque du cuivre par
riode, döterminees par difF^rents proc^d^s, sont toujours du
meme ordre de grandeur, voisin de 40 jUju. C'est aussi Vordre
de grandeur des couches de passage d^terminees par des m^-
thodes purement physique, com nie T^tude de la r^sistanco
eiectriqoe.
Enfin, on peut r^sumer les r^sultats de la demiere partie
de ce travail en disant que: la plus petite molecuie de cuivre
capable de riagir chimiquement sur la vapeur d'iode, a des di-
wunsiofu de Vordre de 40 /a/a; son poids est de Fordre de
5 X 10^^^ milHfframme.
(Eingegangen 10. Juli 1903.)
68
10. über Magnetisierung durch Tonerregung.
Von Stefan Meyer in Wien.
Es ist seit langer Zeit bekannt^ daß magnetisierbare
Körper durch Erschütterungen remanent magnetisch werden
können, wenn sie während derselben dem Einflüsse eines
Magnetfeldes ausgesetzt sind.
Eine hübsche Art dies zu zeigen, scheint mir die zu sein,
daß man die mechanischen Stöße dadurch ersetzt, daß man
einen Eisenstab longitudinal oder auch transversal zum Tönen
bringt, während er in der Richtung des Erdfeldes, oder der
Horizontalkomponente desselben, gehalten wird.
Streicht man ihn mit einem kolophonierten Lappen zum
longitudinalen Tönen an, so genügt in der Regel bei den käuf-
lichen Eisenstäben ein einmaliges Streichen, um einen relativ
kräftigen Magneten zu erhalten, dessen Pole durch das Erd-
feld definiert sind, wie dies mit einer gewöhnlichen Magnet-
nadel leicht nachgewiesen werden kann. Dreht man dann den
Stab um, so daß der entstandene Nordpol gegen Süden zeigt,
so genügt wieder ein- oder zweimaliges Streichen, um ihn um-
zumagnetisieren. Dabei ist es gleichgültig, ob man den Gnmd-
ton oder einen Oberton anregt und man erhält auch dasselbe
Resultat, wenn man statt der Longitudinaltöne mit einem
Violinbogen transversale Töne hervorruft.^)
Die Polmaxima liegen aber dabei nicht an den Enden,
bez. den durch die Stabform allein bedingten Orten. Man
darf annehmen, daß in erster Annäherung die Magnetisierung
1) Einen verwandten Versuch , die periodische Änderung des tempo-
rären Magnetismus eines Stabes durch longitudinale Schwingungen an
einem Elektrodynamometer nachzuweisen, hat E. Warburg, Pogg. Ann.
139. p. 499. 1870 beschrieben. Die Bemerkung in Winkelmanns
Handbuch 1. Aufl. III/, p. 254 betreffs der Transversalschwingungen
kann sich nur auf die spezielle Anordnung Warburgs beziehen. In
unserem Falle sind die Ergebnisse ganz unzweideutig.
Mcignetutierung durch Tonerregung, 69
proportional der Erschütterung und proportional dem luagueti-
sierenden Felde ist. Für den longitudinalen Grundton eines
Stabes mit zwei freien Enden, in welchem Falle die Erschütte-
rung in der Mitte ihr Maximum hat und an den Enden gleich
Null isty wird aus dem Produkt der zwei genannten Elinwir-
kungen demnach in der Mitte und an den Enden kein Mag-
netismus auftreten y derselbe wird hingegen im ersten und
dritten Viertel sein Maximum erreichen. Auch beim ersten
Oberton, mit den Knoten in den Vierteln der Länge werden
die Mazima entweder in diesen Vierteln oder nahe an den-
selben, gegen die Enden zu ein wenig verschoben, liegen
müssen und die gleichen Verhältnisse treten bei Transycrsal-
tdnen eines an beiden Enden fixen Stabes oder seines ersten
Obeitones aul Bei den höheren Obertönen, bei welchen die
äußersten Elrschütterungsmaxima von der Mitte entfernter liegen,
müssen entsprechend dem obigen Produkte die Pole mit steigen-
dem Tone allmählich gegen die Enden zu wandern.
Alle diese Erscheinungen lassen sich an gewöhnlichem
Stangendraht mit Leichtigkeit zeigen, nur sind die Maxinia
einigermaBen tiach, so daß ihre Lage nicht sehr genau be-
stimmt werden kann und es ist auch der käufliche Eisen-
stangendrahty der sich im übrigen sehr gut zu diesen Denion-
strationsversachen eignet, nicht homogen genug, um nicht
hierdurch gewisse Unsicherheiten in die Beobachtungen hinein-
zutragen. Die ausgeführten Messungen bestätigen jedenfalls
in erster Annäherung das oben Gesagte. Bei verschiedenen
Stäben von der Länge 254 cm lagen beispielsweise für den
Omndton und ersten Oberton die Maxima zwischen ()0 und
70 cm von den Enden entfernt, für den zweiten Oberton war die
entsprechende Distanz bei ca. 40 — 50 cm. Bei diesen Versuchen
wurde immer wiederholt die Stabrichtung verkehrt und es
erwies sich auch, daß anfänglich — vermutlich durch das Al»-
zwicken oder Schneiden an den Enden — vorhandene Ma^'-
nettsmen sich verloren, um gegen die angegebenen Pole hinzu-
xiehen. ^)
1) Möglicherweise steht damit auch die Beobachtung; von Looniiä,
SilL Joum. 11^. p. 179 in Zusammenhang, daß bei steigender 'IVmptTatur
der Magoetismiis sich nicht proportional ändert, sondern die Attraktiuns-
aentren gegen die Mitte rQcken.
70 St Meyer, MagneixBierung durch Tonerregung,
Außer den genannten Umständen scheint jedoch auch
noch eine Abhängigkeit von den Dimensionen der Stäbe eine
Rolle zu spielen.
So ergab sich für die gleiche Länge von 254 cm bei kreis-
förmigem Querschnitt vom Durchmesser d ein Abstand der
Polmaxima a von den Enden wie folgt:
d a
1.2 cm 80—90 cm
1.03 70—80
0,95 ca. 70
0,81 ca. 70
0,6 ca. 60
0,45 ca. 60
d. h. mit abnehmendem Querschnitt scheinen die Maxima gegen
die Enden hinzurücken.
Daß in diesem Erscheinungsgebiete jedenfalls auch noch
kompliziertere Verhältnisse vorhanden sein mögen, geht zudem
schon aus den^ den hier beschriebenen Versuchen reziproken
Beobachtungen von K Honda und S. Shimizu^) über das
Tönen ferromagnetischer Drähte in wechselnden magnetischen
Feldern hervor.
Eine exakte Bestimmung der Abhängigkeit von den Dimen-
sionen ließe sich nur bei wohldefinierten homogenen Eisen-
sorten durchfuhren.
Wien, Institut für theoretische Physik
1) K. Honda und S. Shimizu, PhiL Mag. 4. p. 645. 1902.
(Eingegangen 12. Juli 1908.)
71
11. Apparate zur Versiniilichuiig der kinetischen
Wärmetheorie.
Von Iieop. Pfaundler in Graz.
Wenn ich im nachfolgenden Apparate zur Nachahmung
derjenigen Bewegungsvorgänge beschreibe^ welche unseren An-
schaanngen in der kinetischen Wännetheorie zugrunde liegen^
so bin ich mir wohl bewußt, damit mehr dem Unterrichte als
dem Fortschritte der Wissenschaft zu dienen. Dennoch glaube
ich, daß der Wert von Apparaten oder Modellen zur Nach-
ahmung physikalischer Vorgänge, die unserer direkten Be-
obachtung unzog&nglich sind, auch in wissenschaftlicher Be-
ziehung nicht unterschätzt werden darf; denn da sie die
Phantasie wirksam unterstützen, so haben sie schon mehrmals
den Anstoß zu einer Erweiterung unserer wissenschaftlichen
VorsteUungen gegeben. So hat z. B. seinerzeit der Fessel sehe
WeUeni^parat fQr die Polarisation des Lichtes solche Erfolge
gehabt. Nach 0. J. Lodge hat ein Modell zur Drehung der
Polarisationsebene im magnetischen Felde den Anlaß zu Max-
wells Theorie des Lichtes gegeben. Solcher Beispiele ließen
sich noch mehrfach aufführen. Wir sehen auch, daß sich
henrorragende Physiker mit der Erfindung solcher Modelle ab.
gegeben haben, woraus wir schUeßen dürfen, daß dieselben
nicht aUein f&r den Schulmeister, sondern auch filr den Forscher
von Interesse sein können. Ich verweise auf die zahlreichen
ModeUe zur Yersinnlichung elektrischer Vorgänge von Lodge,
auf das Modell zu den zyklischen Bewegungen von Boltz-
mann, auf die Wellenmaschine von Mach und viele andere.
Auch der Umstand, daß die Pflege der kinetischen Gnstheorie«
abgesehen von den tiefsinnigen und gründlichen Arbeiten von
L. Boltzmann, G. Jäger u. a., seit einiger Zeit zurück-
gesteUt worden ist, kann mich nicht abhalten, einschlägige
ModeUe zu beschreiben; denn ich habe die Überzeugung, daß
man auf diese Theorie immer wieder zurückkommen wird, so-
72 L. PfavmBtr.
laugt' es überhaupt eine Atomtheorie gibt. Es bat nicbt den
Anschein, dab wir die letztere bald werden entbehren oder
durch eine beasere ersetzen können.
Hodoll I BiiT Darstellung der kinetissben Okstheorie
TOD Krönig und Clausiue.
An einem rechteckigea schmiedeeisernen Kahuien K R'
(Fig. 1) von ungefähr 30 und 20 cm Seite sind ringsherum an
der Außenseite eine Anzahl stählerner Lamellen /'/' ange-
schraubt, deren obere Enden an rechtwinklig umgebogenen
Stielen je zwei Metallkugeln A' Ä' von 12 mm Durchmesser tragen.
Sämtliche Kugeln bilden wiederum ein Rechteck von ungefähr
20 und 30 cm Seitenlänge. Die federnden Stahllamellen tragen
in 4 cm Hohe an der Innenseite eiserne Anker a a, welche
den Polen von Elektromagneten m gegenüberstehen, die alle
hintereinander von einem Strome (5 Akkumulatoren) durch-
flössen, abwechselnd nord- und südmagnetisch werden. Fig, 2
gibt einen Vertikalschnitt durch die Lamelle. Der Strom wird
durch eine separat aufgestellteebensolche schwingende Lamelle /",
welche mit Quecksilberkontakt versehen ist, bei jeder Schwingung
einmal elektromagnetisch unterbrochen und wiederhergestellt.
Durch die Schraube s wird der freischwingende Teil der Feder /"
in ihrer Länge und dadurch in ihrer Schwingungsdauer so re-
guliert, daß sie mit den gleich abgestinunten Federn /' über-
Fersmmliehmmff der kinrtischen Härmetheorie, 73
einstimmt. Die letzteren kommen hierdurch in heftige und
anhaltende Schwingangen, welche dann und wann Schwebungeu
aasgesetzt sind, so daß sie periodisch starker und schwächer
schwingen. Unterhalb der Ebene der Kugeln ist eine starke
Glastafel G mittels dreier Säulchen aufgestellt, so daß die
Kugeln über deren Band aus- und einschwingen.
Mit diesem Apparate kann nun folgendes gezeigt werden:
1. Bewegung gleichartiger Gasmolekeln in einem Gefafie mit
erwärmtem IFänden. Man wirft eine Anzahl bis zu 20 freier,
elastisdier Kogeln gleicher Größe aus Marmor auf die Glas-
platte. Dieselben erhalten bei der Berührung mit den schwingen-
den Bandkngeln Stöße und fahren, vielmals unter sich zusammen-
stoßend, in dem Räume hin und her. Die Verluste an leben-
iliger Kraft) die sie durch die geringe Reibung erleiden, werden
dnrch den fortwährenden Zuschuß von den Rändern her aus-
geglichen, so daß alsbald ein stationärer Zustand eintritt, bei
welchem eine mittlere lebendige Kraft derselben durch längere
Zeit konstant erhalten wird, die durch Änderung der Strom-
stärke etwas erhöht oder vermindert werden kann. Es zeigt
sich dabei ganz nett, wie die einzelnen Kugeln die verschieden-
sten Geschwindigkeiten annehmen, die sie beim Stoße aus-
tauschen. Verfolgt man eine besonders gefärbte Kugel, so
sieht man, daß sie selten einen längeren ungestörten Weg von
einem Bande zum gegenüberstehenden zurücklegt, indem die
mittlere We^ftnge infolge der Zusammenstöße eine viel kürzere
ist Man überzeugt sich durch Abzählen während einer längeren
Zeit, daß durchschnittlich aUe Randkugeln gleich oft von Stößen
getroffen werden.
2. JümahHche Erwärmung eines auf dem absoluten JSull-
pmtiki befindliehen Gases durch die Gefaßwände. Man sammelt
bei unterbrochenem Strom alle Kugeln in der Mitte der Glas-
tafel (welche genau horizontal gestellt ist), versetzt dann die
Bandkngeln in Schwingung und wirft eine einzige Kugel an
den Band. Sie vermittelt dann allmählich die Bewegung sämt-
licher Kugeln, welche binnen wenigen Sekunden in stationäre
Bew^pmg geraten.
8. Kondensation von Dämpfen, Man hemmt durch Anlegen
der Hand die Schwingungen einer Anzahl von benachbarten
Bandkngeln, was. ihrer Abkühlung entspricht Sofort sammeln
74 L, Pfaundler.
sich die frei beweglichen Kugeln in deren Nähe und kommen
zur Buhe.
4. Diffusion. Man legt bei ruhenden Bandkugelu auf die
beiden Hälften der Glasplatte verschieden gefärbte Kugeln.
So wie die Schwingungen der Randkugeln beginnen^ tritt als-
bald eine vollständige Vermischung der freien Kugeln ein.
5. Zwei Gase von verschiedenem Molekulargewicht. Man
nimmt die Hälfte der Kugeln aus Stahl, die andere Hälfte
aus Marmor (oder aus Marmor und Holz). Man bemerkt sofort^
daß sich die leichteren Kugeln schneller bewegen und daher
auch rascher in die schwereren diffundieren.
6. Wirkung auf einem Kolben. Man setzt quer über die
Mitte der Glastafel einen Stab aus elastischem Materal mit
quadratischem Querschnitt und gibt auf beide Seiten gleich
viele gleich schwere Kugeln. Der Stab (Kolben) bleibt im
wesentlichen an seiner Stelle. Man gibt auf die eine Seite
mehr Kugeln als auf die andere^ der Stab wird gegen die
letztere verschoben. Dieses Experiment gelingt weniger voll-
kommen, weil die Zahl der Kugeln zu gering ist, als daß die
Ergebnisse der Wahrscheinlichkeitsrechnung zum sicheren Aus-
druck kämen. Dazu müßte der Apparat größer gebaut werden.
7. GaSj welches der Schwere ausgesetzt ist. Man neigt
mittels der Stellschrauben den Apparat schief, so daß eine
Schmalseite tiefer zu stehen kommt.
Der Leser wird leicht noch weitere Versuche auffinden.
Modell n zur Darstellung der Wärmebewegning in festen
Körpern.
Eine Anzahl Bleikugeln ist in der aus Fig. 3 ersichtlichen
Weise gegenseitig durch federnde Spiralen verbunden und das
Ganze an Schnüren frei aufgehängt Man zeigt:
1. Bewegung des ganzen Körpers (geordnete Bewegung).
Ein sanfter Stoß mit der flachen Hand versetzt den ganzen
Körper in Schwingungen, ohne daß die einzelnen Kugeln in
merkliche Schwingung geraten.
2. Erzeugung von Wärme durch Stoß, innere Wärmeleitung.
Ein rascher Stoß auf eine einzelne Kugel pflanzt sich rasch
durch den ganzen Körper fort und versetzt alle Kugeln in
länger andauernde schwingende Bewegung um ihre Ruhelagen.
Verthintichunif der hiuetkcbeu llnrineHtearie. 75
3. Jufiere Wärmeleituitg. Ein so „erwärmter" Körper
übertrikgt einen Teil seiner Wärmebeweguug auf einen zweiten,
mit dem er in BerUbnmg
gebracht wird.
Sowie jeder Vergleich
hinkt, so hinkt auch jedes
Modell. Wir kdnnen z B
nicht hindern, daß die mnere
Reibung die Bewegung der
Kugeln bald zum Erloschen
bringt Ihre lebendige Kraft
nird dann wirklich in A^ arme
Terwandelt , während die
lebendige Kraft der Moleküle
nicht in Wärme verwandelt
werden kann, da sie selbst
als die Wärme anzusehen
ist Das letztere Modell
kann auch beuQtzt werden
um die Vorstellung von der
Konstitution des Äthers zu
erleichtern, der sich wie eine y,- ^
Gallerte verhält
Die Wärmebewegung iu den tlüssigcn Körpern uucli/.u-
ahmen, dürfte schwer gelingen.
Graz, Juli 1903.
(Eingegsngon Itt. Juli 1903.)
76
12. Ein besonderer Fall des Leuchtens von ver-
dflnntem Gase in einem breiten Glasrohr.
(Von J. Borgmann in St Peteroburg.
Eine meiner früheren Mitteilungen ^) enthielt das Ergebnis
meiner Beobachtungen über das Leuchten G ei ssler scher und
Lech er scher (elektrodenloser) Röhren, welches durch die nicht
geschlossene Sekundärspule eines Induktors bewirkt wird. Die
Beobachtungen ergaben, daß solch ein Rohr, welches auf iso-
lierender Unterlage in der Nähe eines Drahtes oder einer zweiten,
mit einem Induktorpol verbundenen G eis sl er sehen Röhre auf-
gestellt ist, beim Ingangsetzen des Induktors nur dann zu
leuchten anfängt, wenn die Längsachse des Rohres den dabei
entstehenden elektrischen Kraftlinien wechselnder Richtung
parallel ist, oder doch nur einen kleinen Winkel mit ihnen
bildet Das dabei in gewöhnlichen Geis sl ersehen oder elek-
trodenlosen Lech ersehen Röhren entstehende Leuchten bleibt
sich gleich, unabhängig von der Richtung des Primärstromes
des Induktors. Anders ist es bei langen und breiten Röhren,
welche bis auf hundertstel Millimeter Druck evakuiert sind und
wenn die Induktorpole durch eine Funkenstrecke verbunden
sind. Das in einem breiten auf Paraffin Ständern isolierten Rohre
entstehende Leuchten ist verschieden bei verschiedener Rich-
tung des Primärstromes des Induktors. Der Unterschied im
Leuchten besteht teilweise in der Form desselben, hauptsäch-
lich aber in den räumlichen Dimensionen des Leuchtens im
Rohr. Nach dem Aussehen des Leuchtens kann man die
Richtung des Primärstromes des Induktors, d. h. die Ladung
des Poles bestimmen, an welchen der isolierte Draht an-
geschlossen und welcher in einiger Entfernung vom Rohr auf-
1) J. Borgmann, Joum. der Russ. phys.-chem. Ges. 31. 1900; Beibl.
24. p. 806. 1900.
Leuchten von verdünntem Gate.
77
Die hier beschriebeae Eracheicutig bemerkte ich
znfUllig während meiner Beobachtungen Über das Leucliten
eines verdünnten Gases rings um einen mit eiuem luduktorpol
verbundenen Draht^, während beide Induktorpole durch eine
Fankenstrecke verbunden waren. Das Rohr, welches zu den
hier zu beschreiben tlon Beobatbtuugen diente, war 114 cm
Uuig bei 6,3 cm äußerem Darchmesser. Dasselbe enthielt
parallel der Längsachse eiuon dünnen Platindrabt, welcher
Jedoch in meinen Versuchen an nichts angeschlossen war.
An die äußere Rohrwandung wnr ebenfalls parallel der Längs-
achse und längs dem ganzen liolir ein schmaler Stanniol streifen
aufgeklebt. Das Rohr war horizontal auf Paraftinblöcken, welche
ihrerseits auf umgekehrten hohen Glasböcken ruhten, also ziem-
lich hoch über der Tiscboherfläche aufgestellt.
In einer Entfernung von nahezu 1 m von diesem Rolir
befand eich ein dünner Draht, welcher den Drabt Jenes Rohres,
welches der Hauptgfgenstand meiner damaligen DntiTSuchung
war, mit dem Induktorpoli- verbiiud. Es erwies sich, daß beim
Ingangaetzen des Induktors auch das breite Rohr zu leuchten
begano. Das Leuchten war intensiver und verbreitete sich Über
einen größeren Teil des Rohres, wenn der Draht vom positiven
Induktorpol ftihrte. Das Leuchten gewann an Kraft, wenn der
Staitniolstreifea an der Rohrobertlache geerdet war. Auch in
diesem Fall war das Leuchten verschieden bei verschiedener
Richtung des Primärstromes im Induktor. Das Rohr leucbt«t
auch dann, wenn der Platindrabt in ihm gleichfalls geerdet
ist. Ebenso blieb in diesem Fall der merkliche Unterschied
dw Ijcuehtens bei verschiedener Richtung des Primärstromea
bestehen. Interessant ist es, daß das Anfassen des zweiten
Induktorpoles, welcher immer geerdet war, einen merklichen
Eioflaß auf das Leuchten ausübte: die Länge der leuchtenden
Strecke vnirde kürzer. Die gleiche Wirkung hatte sogar das
Anfustten des Drahtes, welcher den schmalen Staun iolstreifeii
mit dem Hahn der Wasserleitung, also mit der Erde ver-
band. Das Anfassen fand in ziemlicher Entfernung vom
Staoniolstreifen statt.
DJ. I
IMS; 4. p.5M. IMS.
irgniBtin, Pliys. Zeilach r. '2. p. ur>!). 1<H)I; .t. p. «Sil u- 5t>S.
7** t/. Borfftnann.
Es erwies aich, daß die WirkuDg eines Maguutleldes uul
das Leuchten verschiedeo ist, je nachdem oh das Leuchten von
einem positiven oder von tineni negaliveu Induktorpol hervor-
gerufen wurde. Der Unterschied ist besonders fühlbar, wenn
der Stanniols treifen geerdet ist, und wenn die Kraftlinien des
einwirkenden magnetischen Feldes der LängBaclise des Rohres
»
Leuchten von verdünntem Gase, 79
parallel sind, d. b. wenn der Elektromagnet von Plückor so
unter dem EU>hre aufgestellt ist, daß die Längsachse des Rohres
in der senkrechten Ebene liegt, welche durch die Achsen der
Schenkel des Elektromagneten gebildet ist.
Fig. 1 ist eine Autotypie nach einem Negativ (Exposition
15 Min«), welches das Leuchten im Rohr in dem Falle dar-
stellt, wenn der negative Liduktorpol wirksam ist.
Fig. 2 ist eine Autotypie nach einem Negativ (Exposition
gJAiftlifmllft 15 Min.), welches das Leuchten im Rohr darstellt,
wenn der wirksame Induktorpol positiv ist.
Beide Figuren verhalten sich zueinander wie ein negatives
und ein positives Bild. Beide zeigen deutlich die Wirkung
des Magnetfeldes, aber Fig. 1 zeigt einen hellen Bogen in der
Richtung der Kraftlinien, welche die Mitten der iiorizontalen
EndflJlchen der Schenkel des Elektromagneten verbinden. Fig. 2
zeigt denselben Bogen, aber dunkel. Umgekehrt ist der Zwischen-
raum zwischen den Schenkeln des Elektromagneten im ersten
Falle dunkel, im zweiten intensiv leuchtend.
Zusammenfassend: Das Leuchten eines verdünnten Gases
in einem breiten Glasrohr in einem intermittierenden, elektri-
schen Felde ist verschieden beim Wechseln der Richtung des
Feldee. Der Unterschied zeigt sich besonders in der Wirkung
des magnetischen Feldes auf das Leuchten.
St Petersburg, Universität, Physikalisches Institut.
(Eingegangen 20. Juli 1903.)
80
13. Zur Demonstration der Klanganalyse.
Von Faul Ozermak in Innsbruck.
Bereits in den achtziger Jahren benutzte L. Boltzmann
zur Demonstration der Obertöne, welche bei Saiten auf-
treten, wenn dieselben in der Mitte oder im ersten Drittel
gezupft werden, ein mechanisches Modell. Dasselbe besteht
aus einer Reihe von Pendeln, welche die Partialtöne der Saite
darstellen. Durch symmetrische oder unsymmetrische Defor-
mierung der Sinusschwingung des Grundtones läßt es sich nun
zeigen^ daß im ersten Falle die ungeradzahligen Obertöne nicht
ins Mitschwingen kommen, während im zweiten Falle wieder
jene Obertöne fehlen, welche ihre Knoten an der Zup&telle
haben. J. Klemenöiö führte diesen Apparat bei der Natur-
forscherversammlung in München im Jahre 1899 vor und
fand derselbe berechtigte Anerkennung. Mit keinem anderen
Apparate kann dieser ziemlich komplizierte Vorgang so klar
und anschaulich vorgeführt werden. Kiemen 6 iö hatte die
Absicht, diese Methode im Einvernehmen mit Hm. Boltz-
mann ausfuhrlich zu beschreiben, doch kam er nicht mehr zur
Ausführung dieses Vorsatzes. Da ich seinerzeit als Assistent
Boltzmanns Gelegenheit hatte, diesen Apparat kennen
zu lernen und das Modell, welches Klemenöiö in München
vorführte, nach meinen Angaben gemacht wurde, so glaube
ich vielen Experimentatoren einen Dienst zu erweisen, wenn
ich hier das Versäumnis nachhole.
Da es mich nun stets sehr interessiert hatte, in welchem
Maße die einfache Sinusschwingung des Grundtones beim Boltz-
mann sehen Apparate deformiert wird, konstruierte ich eine
Vorrichtung, welche gestattet die Grundschwingung und die
deformierten Schwingungen graphisch darzustellen.^) Es ist
1) Diesen Apparat hatte ich für die Demonstration bei der Natur-
forscherversammlung in München 1899 vorbereitet, war aber an deren
Besuche verhindert, weshalb ich hier die Sache nachtrage.
Demoiutration dtr Klanyanali/ie.
81
dabei Überraschend, eine wie geringe Deformation bereito ge-
ntlgt, am gewisse Obertöne deutlich hervortreten zu lassen.
Ich will daher zunächst Boltzmann» Pendelapparat be-
schreiben.
Eid gewöhnliches Pendel P, Fig. 1, mit schwerer Linse,
TOD ODgefähr einer Sekunde Schwinguugadauer, ist an einem
soliden Ständer S aufgehängt An dem-
selben läßt sich in der Nähe der Auf-
hängeachneide ein längerer Stift s mit
Hilfe einer kleinen Klammer feststellen.
Wird das Pendel zu Schwingungen an-
geregt, so macht i natürlich eine genaue
einfache Sinusbewegung.
Nun ist eine Reihe von Faden-
pendeln vorbereitet, von denen das erste
mit P genau abgestimmt ist. Es repräsen-
tiert den Grundton. Das zweite i^t nur
ein Viertel so lang, schwingt daher doppelt
80 schnell, ein drittes hat ein Neuntel der
Länge und schwingt daher dreimal so
schnell. Außerdem ist noch ein viertes
Pendel vorhanden, welches eine beliebige
Kwiflchengelegene Pendellänge hat.
Hängt man nun alle vier Pendel gleich-
zeitig an den Stift * und regt das große
Pendel P an, so gerät nur das den Gniqd-
toD repräsentierende Fadenpendcl in leb- _
baftes Hitscbwingen. Dies ist der einzige
Tod, der in der Schwingung des Stiftes »
enthaltea ist
Nan kann man an dem vorstehenden Arme a, zwiselien
Spitzen drehbar, zwei verschiedene Vorrichtungen nnbrint:;eii.
nod zwar mr tymmetrüchen DefoTmation der einfachen Sinu^-
■ehwiognng des Stiftes t ein kleines Dreieck und zur ini.\i/inmi:-
triadten Deformation ein kleines Hebelcben.
Das Dreieck D, Fig. 2, wird so eingesetzt, daß es der
Stift » eben im oberen Winkel der Schablone berührt. Wird
dann das Peodel angeregt, so nimmt der Stift f das Dreieck
mit nnd ein Punkt desselben, z. B. das Häkchen A, fdhrt dann
Fi«. 1
82
F, Czermah.
eine deformierte Siuusschwingung aus. Dieselbe ist symmetrisch
deformiert^ und zwar so^ daß das Passieren der Ruhelage mit
vergrößerter Geschwindigkeit vor sich geht, während die Ge-
schwindigkeit gegen die Umkehrpunkte zu verlangsamt wird.
Hängt man die früheren vier Fadenpendel der Reihe nach
an das Häkchen h, so geraten der Grundton und zweite Ober-
ton in lebhaftes Mitschwingen, während das zweite und vierte
Pendel nur hin und her geschoben werden.
Zur unsymmetrischen Deformation dient dann das Hebel-
chen Hj Fig. 3, welches statt des Dreiecks D in den Arm a
Fig. 2.
Fig. 3.
eingesetzt wird. Man verstellt dann den Stift s so, daß er etwas
aus der Mittellinie gegen links zu verschoben steht und beim
Umkehren auf der rechten Seite das Hebelchen H gerade noch
berührt. Es wird dann die Geschwindigkeit der Häkchenbewe-
gung gerade an dieser Stelle vergrößert und gegen den anderen
Umkehrpunkt verlangsamt. Von den vier angehängten Faden-
pendeln geht jetzt wieder der Grundton lebhaft mit, aber auch
der erste Oberton, während das dritte und vierte Pendel versagen.
Zur graphischen Darstellung dieser Schwingungsformen kon-
struierte ich folgenden Apparat
Zunächst muß die einfache Sinusschwingung, welche der
Stift s ausführt, aufgezeichnet werden und läßt sich dies in
bekannter Weise sehr genau durch die Projektion des Schatten-
punktes eines im Kreise bewegten Punktes ausführen.
Auf einer Scheibe S, Fig. 4, sitzt in einem Schlitze, auf
verschiedenen Abstand vom Zentrum verstellbar, der Zapfen
Zy welcher zur Verminderung der Reibung ein Röllchen trägt
Er wird durch eine starke Spiralfeder stets gegen die eine
Kante eines senkrechten Schlitzes in dem Schlitten Ä B ge-
preßt. Dieser Schlitten läuft in vier Führungsrollen und jeder
JDemonstraHon der Klanganalyse.
83
Punkt desselben macht daher beim Kotieren der Scheibe S
eine horizontale Pendelbewegung.
An den Schlitten ist eine Stange G geschraubt^ welche
den im Pendelapparate mit s bezeichneten Stift trägt. Außer-
dem ist anch eine wegklappbare Messingfeder f vorhanden,
welche, mit Tinte gefüllt, auf einem vorübergleitenden Streifen
Kymographenpapieres die einfache Sinuslinie sehr fein ver-
-1 vy^ V.
Fig. 4.
zeichnet Der Papierstreifen ist über zwei Rollen gerührt^ welche
mit der rotierenden Scheibe S durch denselben Schnurlauf ver-
bunden sind, so daß sich diese Teile isochron bewegen müssen.
Nun ist jener Teil anzufügen, welcher die Grundton-
schwingung deformiert. Zu 'dem Ende ist an einer Achse 2S
wegdrehbar und auch in der Höhe verstellbar ein Rahmen TP
vorhanden, welcher einen zweiten Schlitten A' B trägt.
In der Zeichnung ist die Stellung des Rahmens punktiert
angedeutet und oberhalb derselbe ausgef&hrt dargestellt.
Der Schlitten ist ebenfalls zwischen vier FuhrungsroUen
gehalten und in einem senkrechten Schlitze desselben gleitet
ein Stift, welcher dem Häkchen h des Pendelapparates ent-
spricht. Das symmetrisch deformierende Dreieck D und das
6*
84 P. Czermak, Demonstration der KUmganalyse.
unsymmetrisch deformierende Hebelchen H smd als Schablonen
in einer Scheibe P ausgeschnitten und können durch einen
klemmenden Hebel T so fixiert werden, daß sie über den Stift *
beim Herumdrehen des ganzen Rahmens gesteckt werden. In
die Scheibe P können noch andere Schablonen geschnitten
werden, z. B. Dreiecke mit anderen Winkeln, Bogen- und
Kurvenstücke, geneigte Gerade etc. Mit dem Hebel T ist
auch der Stift Ä yerbunden, welcher die deformierte Sinus-
bewegung auf den SchUtten überträgt Von diesem aus geht
dann ebenfalls ein gebogener federnder Schreibehebel f nach
abwärts, welcher gegen den vorübergleitenden Papierstreifen
angedrückt wird und die deformierte Kurve verzeichnet
Um die Kurven gut vergleichen zu können, hat man so zu
verfahren. Man zeichnet zuerst, bei abgedrehtem Kahmen R,
Fig. 5 a. Fig. 5 b.
mit einer passenden Amplitude die einfache Sinuskurve auf
Pauspapier. Dann klappt man den Rahmen über, nachdem
man die gewünschte Schablone eingestellt hat. Jetzt muß man
die Exzentrizität des Zapfens Z so verkleinern, daß die Ampli-
tude der deformierten Kurve ebenso groß geworden ist, wie
die der einfachen Sinuslinie. Beim Einstellen des unsymme-
trisch deformierenden Schlitzes H ist auch noch die Schablonen-
scheibe etwas nach rechts zu verschieben, was durch die in
einem horizontalen Schlitze klemmbare Drehachse derselben
ermöglicht wird.
Auf die so erhaltenen deformierten Kurven legt man die
transparenten einfachen Sinuslinien auf und kann dann am
besten die Abweichungen beurteilen.
Fig. 5 a gibt die verkleinerte Reproduktion einer solchen
Vergleichung der symmetrisch deformierten, Fig. 5b die der
unsymmetrisch deformierten Schwingung wieder.
Innsbruck, im Juli 1903.
(Eingegangen 23. Juli 1903.}
85
14. Der Lichtdrack anf einen bewegten Spiegel und
das Gesetz der schwarzen Strahlung.
Von Max Abraham in Göttingen.
L.Boltzmaiin^) hat zuerst den elektromagnetischen Licht-
drack^ zur thermodynamischen Begründung des Gesetzes der
schwarzen Strahlung verwandt. Die experimentelle Bestätigung
des Stefan-Boltzmannschen Gesetzes durch die Herren
0. Lnmmer und £. Pringsheim^^ sowie der direkte Nachweis
des Lichtdruckes durch Hm. P. Lebedew^) und neuerdings
durch die Hm. E. F. Nichols und G. F. HulP) zeigen, daß
die nämlichen Kräfte es sind, die auf ruhende und bewegte
Elektrizität in statischen oder stationären elektromagnetischen
Feldern, und die in den rasch wechselnden Feldern der Licht-
weUen wirken.
Die endliche Geschwindigkeit des Lichtes bedingt, daß
die Kräfte der Lichtwellen das dritte Axiom Newtons nicht
erfbUen; es verstreicht eine endliche Zeit, von dem Momente,
wo der Lichtdruck den emittierenden Körper zurückstieß, bis
zu dem Momente, wo er dem absorbierenden einen Impuls
erteilt. Dennoch läßt sich der Satz von der Erhaltimg der
BewegungsgröBe in gewissem Sinne aufrecht erhalten ; man hat,
neben der Bewegungsgröße der Materie, eine „elektromaffne-
tUcke Bewegungsgroße**^ der Lichtwellen in Rechnung zu ziehen.
Wird Strahlung in den Baum hinausgesandt, so wird die Be-
wegniigsgröße der ponderablen Massen in elektromagnetische
Bewegungsgröße verwandelt; sie bleibt gewissermaßen latent,
bis sie, bei der Absorption der Strahlung, von der Materie
zorttckgewonnen wird. Die elektromagnetische Bewegungsgröße
1) L. Boltzmann, Ann. d. Phjs. 22. p. 291. 1SS4.
2) J. Gl. Maxwell, Treatise 2, Art. 792.
3) O. Lämmer undE. Pringsheim, Ann. d. Phys. (i^S. p. 89r>. 18^)7.
4) F. Lebedew, Ann. d. Phys. 6. p. 433. 1901.
5) E.F. Nichols und G. F. Hüll, Ann. d. Phys. 12. p. 225. 19o3.
6) M. Abraham, Ann. d. Phys. 10. p. 125. 1903.
86 M, Abraham,
ist ein Vector, der dem Strahle parallel gerichtet ist; sein
Betrag ist, für eine ebene Welle, gleich der mitgef&hrten
elektromagnetischen Energie, dividiert durch die Lichtgeschwin-
digkeit. Nach der alten Emissionstheorie wäre der Quotient aus
Bewegungsgröße und Energie doppelt so groß, der Lichtdruck
wäre daher der doppelte^); die elastische Lichttheorie dagegen er-
klärt den Lichtdruck überhaupt nicht, da sie keine longitudinale
Komponente der Bewegungsgröße den Lichtwellen zuschreibt.
Wir behandeln folgendes Problem: Ein dünnes Licht-
bündel von gegebener Richtung, Helligkeit und Farbe treffe
auf eine ebene, vollkommen spiegelnde Platte, die sich senk-
recht zu ihrer Ebene mit beliebiger Geschwindigkeit bewegt;
gesucht sind Richtung, Helligkeit und Farbe des reflektierten
Bündels, sowie der Druck, der auf die Platte wirkt. Dieses
Problem ist auf das engste mit der Theorie der schwarzen
Strahlung verknüpft. Die Beziehung, die zwischen den Hellig-
keiten, Temperaturen und Schwingungszahlen jedes der beiden
Bündel besteht, ist nichts anderes, als das sogenannte „FJ?r-
schiebungsgesetz^^, Herr W. Wien^), dem man dieses Gesetz
verdankt, beschränkt sich bei dem Beweise stets auf sehr ge-
ringe Geschwindigkeit der spiegelnden Fläche; er setzt den
Lichtdruck auf den bewegten Spiegel dem auf den ruhenden
Spiegel wirkenden gleich, und begnügt sich mit einer ersten
Annäherung für die Arbeitsleistung des Lichtdruckes und für
die Änderung der W^ ellenlange, die bei der Reflexion gemäß
dem Doppler sehen Prinzip stattfindet Mir schien daher eine
exakte Lösung des genannten Problems, für beliebige Ge-
schwindigkeit der bewegten Platte, erwünscht; sie fährt zu einer
Ableitung des Verschiebungsgesetzes, die eines idealen Spiegels
nur fiir einmalige Reflexion bedarf, während die bisherigen
Beweise annehmen müssen, daß bei den außerordentlich zahl-
reichen Reflexionen an den spiegelnden Wänden eines Hohl-
raumes kein merklicher Bruchteil der Strahlung absorbiert
wird. Dabei dürfen wir freilich den Begriff der Temperatur
nicht auf die Hohlraumstrahlung beschränken, sondern wir
müssen ihn auf die beiden Lichtbündel, das einfallende und
1) Vgl. L. Boltzmann, Ann. d. Phys. 22. p. 293. 1884.
2) W. Wien, Ann. d. Phys. 52. p. 157. 1894.
Lichtdruck auf bewegten Spiegel, 87
das reflektierte y übertragen. Daß die ungestört im Räume
sich fortpflanzende Strahlung eine bestimmte Temperatur be-
sitit, die sich bei der Fortpflanzung nicht ändert, hat Herr
IL Planck^) gezeigt; einen Einwand*) des Hrn. W. Wien
wideiiegend,^ hat er die Reversibilität der freien Ausbreitung
strahlender Energie festgestellt.
Demgemäß betrachten wir das einfallende Lichtbündel als
Träger von Bewegangsgröße, Energie und Temperatur. Richtung,
Helligkeit and Temperatur des reflektierten Bündels, sowie
den Lichtdruck auf den bewegten Spiegel berechnen wir auf
Oiund des Satzes Ton der Bewegungsgröße, und der beiden
Hauptsätze der Thermodynamik. Dabei stellen wir uns von
▼omherein auf den Standpunkt der Loren tz sehen Theorie^),
der einzigen, die zu einer präzisen Formulierung des Problems
f&hrL Dieser Theorie zufolge geschieht die Lichtfortpflanzung
im Saume unabhängig von der Bewegung der Körper: die
spiegelnde Platte beeinflußt das Licht nur im Momente der
Reflexion. Man kann von einer absoluten Bewegung des Lichtes
reden; diese erfolgt nach jeder Richtung mit der gleiclien Ge-
schwindigkeit (c); sie ist es, durch welche die elektromagne-
tische Bewegungsgröße bestimmt ist Von ihr zu unterscheiden
ist die relative Bewegung des Lichtes gegen die Platte, die
ein mitbewegter Beobachter wahrnehmen würde.
Um auf Grund der Lorentzschen Theorie die Kraft zu
berechnen, welche das Licht auf den bewegten Spiegel ausübt,
hat man zunächst das Feld an der Oberfläche des bewegten
Leiters zu bestimmen und sodann die Kräfte zusammenzusetzen,
welche in diesem Felde auf den längs der Oberfläche fließen-
den Leitungsstrom, und auf die senkrecht zur Fläche konvektiv
bewegte Elektrizität wirken. Eine derartige Betrachtung lehrt,
daB die Kraft jedenfalls senkrecht zur spiegelnden Fläche
wirkt, scherende Dnicke also nicht auftreten. Nehmen wir
dieses Resultat — der Beweis würde hier zu weit iUhren —
als gegeben an, so können wir den Betrag des normalen Druckes
1) M. Planck, Ann. d. Phjs. 1. p. 728 u. 735. 1900.
2) W. Wien, Ann. d. Phys. 8. p. 534. 1900.
3) ML Planck, Ann. d. Phjs. 8. p. 765. 1900.
4) H. A. Froren ts, Theorie d. elektrischen u. optischen Ersohci-
nongen in bewegten Körpern. Leiden 1895.
88 M, Abraham,
aus der zeitlichen Änderung der im ganzen Räume enthaltenen
elektromagnetischen Bewegungsgröße berechnen.
Auf die Platte falle unpolarisierte monochromatische
Strahlung, von der Schwingungszahl v^\ es sei F die Größe
des entworfenen Bildes, (o^ der kleine räumliche OflFhungs-
winkel des in einem jeden Punkte von F sich vereinigenden
Strahlenkegels. Würde die Platte ruhen, und ihre Ebene
senkrecht zur Achse des Bündels gestellt sein, so wäre die pro
Sekunde auf F fallende Energie: B^Feo^dv^; so ist die
yyUelligkeit' U^ der Strahlung definiert.^) Nun soll aber die
Plattennormale mit der Achse des einfallenden Bündels einen
Winkel einschließen, dessen Kosinus wir mit a^ bezeichnen;
ferner bewegt sich die Platte, senkrecht zu ihrer Ebene, mit
der Geschwindigkeit y = c./9; die zur Platte normale Kom-
ponente der Relativgeschwindigkeit von Licht und Platte ist
hier nicht mehr c, sondern c a^ + q =^ c[a^ + ß). Es fallt daher
in der Sekunde auf F die Energie:
(1) K +ß)HiFa),dv,.
Der Betrag der in der Sekunde auf F fallenden Bewegungs-
größe wird erhalten, indem der Ausdruck (1) durch die Licht-
geschwindigkeit (c) dividiert wird; ihre Richtung ist durch die
absolute Richtung der Strahlung bestimmt. Es sind daher die
Komponenten der pro Sekunde auffallenden Bewegungsgröße y
normal und tangentiell zur Platte genommen
(la) "l{a,+ß)H,Fm,dv,
und
(Ib) y\.-^l.{a^^ß)H,Fm,dv,.
Es mag nun a^ der Cosinus des spitzen Winkels sein,
den die Achse des reflektierten Bündels mit der Plattennormale
einschließt, (o^ der kleine OflFnungswinkel des von einem jeden
Punkte von F ausgehenden Strahlenkegels. Dann ist, aus
Symmetriegründen :
(Ic) ^« =^«^
1) M. Planck, Ann. d. Phys. 1. p. 734, 735. 1900.
Lichtdruck auf bewegten Spiegel, 89
Die zur spiegelnden Fläche normale Komponente der Relativ-
gesdiwindigkeit von Licht und Platte beträgt hier ca^ -^ q
mm c{a^ — /S). Ist femer v^ die Schwingungszahl, H^ die Hellig-
keit des reflektierten Bündels, so ist die pro Sekunde von F
ausgehende Energie \
(2) (a,-ß)H,F(o^dp^.
Die Komponenten der pro Sekunde von F im reflektierten
Lichte ausgesandten Bewegungsgröße, normal und tangentiell
zur Platte genommen, sind:
(2 a) ''l{a,-ß)H,Fa,,dv,
und
(2 b) ^^-''"{a^-ß)H^Fm^dv^.
Da der scherende Druck null ist, müssen die zur Platte
tangentiellen Komponenten (Ib, 2 b] der einfallenden und re-
flektierten Bewegungsgröße einander gleich sein:
(3) ^r^ri^\.{a^^ ß)H^iü^dv^^Y\ -- fc\[a, + ß^JI,fo,dv,.
Die Normalkomponente der einfallenden Bewegungsgröße (la)
weist nach der Platte hin, diejenige der reflektierten Bewegungs-
gröBe (2a) von ihr fort; die Summe dieser beiden Ausdrücke
ist mithin der Kraft p F gleich zu setzen, die dem Lichtdruck
das Oleichgewicht hält:
(4) p „ -?l.(^^ « ß)H^^^dv.,+^.[a, + ß)H, a,, dv, .
Der JSnergiesatz sagt aus: Die pro Sekunde von der Kraft
j^F gegen den Lichtdruck geleistete Arbeit ist gleich dem
Überschuß der reflektierten Strahlung (2) über die ein-
faUende (1):
Aus den letzten drei Gleichungen, in Verbindung mit (Ic), sind
a^f p. H^, ct)^ zu berechnen, v^ ist durch das Dop pl ersehe
Prinzip bestimmt
Zunächst werde p aus (4), (5) eliminiert:
90 M, Abraham,
Hieraus, in Verbindung mit (3), folgt
Diese Relation verknüpft die Kosinus r^j, a, der Winkel, welche
die Achsen der beiden Bündel mit der Plattennormale ein«
schließen; dieselben liegen in dem Intervalle:
(7a) -/9^«i^l, +/?^«,^1.
Der Strahl u^ = — ^, r^^ = + /S streift die Platte, ohne seine
Richtung zu ändern; sein Strahlungsdruck ist, nach Gleichung
(4), gleich null. Für alle übrigen Strahlen gilt:
(Tb) a^ + a^ > 0.
Mithin folgt, auf Grund der Identität
(1 - «1)(H- /?«,)'- (l - «?)(1 - /?«,)»
= («1 + a,){2ß - 2ßu, «, + (l + /?»)(«, - «,)}
aus (7) die Relation:
(7 c) 2ß - 2/5 «, u, + {l+ß') K - «.) = 0-
Aus dieser ergeben sich zwei neue Formen der r/j, a^ ver-
knüpfenden Beziehung:
('^) , %"= "\+ -l^>
^ ^ 1— p* o, -p «1+P
von denen bald die eine, bald die andere sich als branchbarer
erweist. Aus (7, 7e) folgt:
Diese Gleichung besagt: Das Verhältnis der beiden El^po-
nenten der Relativgeschwindigkeit der Strahlung gegen die
Platte ist das gleiche für das reflektierte, wie für das ein-
fallende Licht. Es folgt hieraus das Reflexionsgesetz:
Im relativen Strahlengang, wie er sich einem mit der Platte
sich bewegenden Beobachter darbietet, ist der Reflexionswinkel
gleich dem EinfallstoinkeL Man übersieht leicht, daß die ab-
solute Richtung des reflektierten Strahles einen kleineren
^
Lichtdruck auf beivefften Spie ff el, 91
Winkel mit der Normalen der Platte einschließt, als die ab-
solute Bichtung des einfallenden.
Aus (6), (7e) folgt:
Femer ergibt sich aus (4)^ in Verbindung mit (7d) der
Lichtdruck:
Der Lichtdruck wird unendlich für /S = 1, d. h. wenn die
Geschwindigkeit der Platte die Lichtgeschwindigkeit erreicht;
die gegen den Lichtdruck zu leistende Arbeit würde hier un-
endlich werden. Daraus folgt der Satz: Fällt auf die spieffchide
Forderseite der Platte eine noch so geringe Strahlung ^ so kann
die Geschwindigkeit der Platte die Lichtgeschwindigkeit niemals
erreiehenm
Die Schwingungszahlen p^^ v^ beziehen sich auf die an
einem im Räume festen Punkte stattfindenden Schwingungen.
An der Oberfläche der bewegten Platte mögen Schwingungen
▼on der Zahl r pro Sekunde stattfinden; ihre Zahl ist die gleiche
fbr die vom einfallenden, und die vom reflektierten Lichte
herrührenden Schwingungen; denn beide sind miteinander durch
gewisse, in den Feldstärken lineare Grenzbedinguugen ver-
knüpft. E^s folgt, nach dem Dopplerschen Prinzip:
r = iTj (1 + /9 «J, v^ = ~J~^^ ,
daher^ mit Rücksicht auf (7e):
Aus (Ic) folgt durch Differentiation von (7d):
Gleichung (8) endlich ergibt:
'"> §=(:;)■•
Die Helligkeiten verhalten sichy wie die dritten Potenzen der
Sehwängungszahlen. Bei dieser Steigerung der Helligkeit ist
92 M, Abraham.
gegen den Lichtdruck die durch (5) gegebene Arbeit pro Zeit-
einheit und Flächeneinheit zu leisten.
Wir betrachten jetzt den inversen Prozeß: Der Spiegel
bewege sich mit derselben Geschwindigkeit^ wie bisher ^ aber
in entgegengesetzter Richtung; auf ihn falle in der durch a^
bestimmten Richtung Strahlung der Schwingungszahl v^, der
Helligkeit H^\ dieselbe entwerfe ein Bild von der Größe F^ es
sei «2 der Oflnungswinkel des in einem jeden Punkte von F
sich vereinigenden Strahlenkegels. Die Bezeichnungen «j, v^^
H^, coj dagegen mögen sich jetzt auf das vom zurückweichenden
Spiegel reflektierte Licht beziehen. Demgemäß sind in allen
unseren Gleichungen die Indizes (1, 2] zu vertauschen, und es
ist ß durch — /? zu ersetzen. Die Relationen (7f), (10), (10a),
(11) bleiben hierbei ungeändert; daraus folgt: Richtung,
Schwingungszahl, Helligkeit und Offnungswinkel des reflektierten
Lichtes sind jetzt die gleichen, die vorher dem einfallenden
Lichte zukamen. Der Lichtdruck ist, nach (4), bei dem in-
versen Prozeß derselbe, wie bei dem ursprünglich behandelten;
er leistet an der zurückweichenden Platte nach (5) pro Sekunde
die gleiche Arbeit, die vorher gegen den Lichtdruck geleistet
wurde. Wir fassen die Resultate in den Satz zusammen:
JJie Reflexion des Lichtes durch eine vollkommen spiegelnde,
beliebig rasch bewegte Platte ist, im thermodynamischen Sinne,
ein umkehrbarer Vorgang,
Wir wenden den zweiten Hauptsatz auf diesen Vorgang
an, der aus strahlender Wärme der Schwingungszahl p^ solche
der Schwingungszahl v^ entstehen läßt, und erhalten nach (1, 2):
(1-) ^^ - ^^ ,
oder nach (10), (10 a), (11):
(12a) -^ = ^«.
Die Temperaturen der beiden Lichtbündel verhalten sich, wie ihre
Schwingungszahlen,
Die Relationen (11), (12 a), die für beliebige Schwingungs-
zahlen und Temperaturen gelten müssen, ergeben sofort das
Verschiebungsgesetz
Lichtdruck auf bewegten Spiegel, OB
in der von Herrn M. Planck^) angewandten Fassung.
Die Integration über das ganze, der Temperatur {^ ent-
sprechende Spektrum schwarzer Strahlung ergibt, bei £in-
fthmng der Integrationsvariabein x =i vj&j
00 00
(1*) f^'^-=i^-J''-''r{l)-
U 0
Die gesamte Helligkeit eines schwarzen Strahlenbündels ist
der vierten Potenz seiner absoluten Temperatur proportionaL Das
ist das Gesetz von Boltzmann, ausgesprochen fUr frei sich
fortpflanzende Strahlung.
Oöttingeuy Juli 1903.
1) M. Planck, Ann. d. Phys. 4. p. 560. Gleichung (7). Die da-
selbst angegebene Energiedichte u ungeordneter Hohlraumstrahlung ist
mit H durch die bekannte Beziehung t4 = 47i Hje verknüpft.
(Eingegangen 25. Juli 1908).
94
15. Über das durch eine beliebige endliche Figur
bestimmte Eigebilde.
Von Hermann Brunn in München.
§ 1. EinleitendeB.
Die folgenden Untersuchungen beziehen sich auf komplexe
Größen
mit n, d. h. beliebig vielen unabhängigen Einheiten t und reellen
Koeffizienten x, anders ausgedrückt^ auf Punkte in Bäumen
von 71 Dimensionen mit reellen Koordinaten
Für unsere Größen wird nichts weiter als das folgende Theorem
vorausgesetzt:
Unter einem linearen Baum oder kurz „Linear" verstehen wir
jedes Gebiet, das man aus einem Baume R von Punkten
^1 'i + ^2 *2 + • • • + ^n C (^^® ^ unabhängig)
heraushebt durch lineare Gleichungen, welche man den x auf-
erlegt; somit auch 7? selber, da R aus einem Baume höherer
Stufe durch Gleichungen wie x^^^ =0, ^„4.2 = ^ ©^c. heraus-
gehoben werden kann.
Jedes durch eine einzige lineare Gleichung aus einem
linearen Baume R herausgehobene Linear soll ein Hauptlinear
von R heißen.*)
Wir sagen: „Ä wird von der Figur/' aufgespannte ^ wenn
R der lineare Baum geringster Dimensionszahl ist, in dem F
enthalten ist.
Unsere Figuren F seien abgeschlossene Punktmengen, d. h.
1) Bei H. Minkowski, Geometrie der Zahlen, p. 13: „Ebene^^
Wir ziehen aus verschiedenen Gründen vor, dem Worte „Ebene" seine
beschränkte Bedeutung zu lassen.
über Eigehilde. 95
jeder Oreuz- oder Häufungspunkt ihrer Punkte gehöre ihnen
ebenfalls zu.
E^ soll hiermit nichts präjudiziert sein über nicht ab-
geschlossene Figuren; wir beschränken uns auf abgeschlossene^
um der ersten Darstellung unserer Sätze nicht einen schleppen-
den Charakter zu geben.
Unter einem „vollen Eigebilde" verstehen wir eine Figur,
welche mit jeder Geraden des von ihr aufgespannten Raumes R
höchstens ein Stück (Punkt oder Strecke) gemein hat^) Mit
jeder anderen Geraden G hat sie dann auch nur höchstens
ebi Stück, den Schnittpunkt [R G), gemein.
Wir bezeichnen die Pimkte einer gegebenen Figur als
Punkte nullter Ordmaiy oder Punkte ((?),
die Punkte der geraden Verbindungsstrecken (Sehnen) zwischen
zwei Punkten (0), soweit sie von Punkten (0) verschieden sind, als
Punkte erster Ordnung oder Punkte (/),
die Punkte der Sehnen zwischen einem Punkte (0) und einem
Punkte (l), oder zwischen zwei Punkten (1), so weit sie von
den Punkten (0) und (1) verschieden sind, als
Punkte zweiter Ordnung oder Punkte (2),
etc. etc., überhaupt die Punkte der Sehnen, welche einen Punkt
{« — 1) mit einem Punkte gleicher oder niedriger Ordnung ver-
binden, soweit sie von Punkten nullter bis [n — l)*'^'' Ordnung
verschieden sind, als
Punkte n^'' Ordnung oder lenkte (//).
Sehnen w*" Ordnung nennen wir die Sehnen, welche zur
Definition der Punkte /***' Ordnung benützt wurden.
Die ganze ])Ositive Zahl 8y ist im folgenden bestimmt durch
und heiße die „dyadische Stufe'' von v.
^ 2. Bneoffong des Eigebildes durch Sehnenziehuns.
A. Figuren aus einer endlichen Anzahl von Punkten.
Ililfssätze.
(I) Die Dimensions- oder Stufenzahl d des von v + 1
Punkten
1) Vgl. des Verfassers ^^Referat etc." Münch. Sitzbcr. (inatli.-phys.)
1»94, p. 95 und U. Minkowski, Geom. d. Zahlen, p. 200.
96 IL Brunn,
mit den Koordinaten
x^f, a^^\ x^f^^ . . . x^f^^
(jjL = 0, 1, 2, 3 ... p)
aufgespannten Raumes ist um 1 kleiner als die Ordnung der
aus der Matrix
II X(M\ X(^\ X^Af) . . . x(j), 1 II
heraushebbaren Determinanten höchster Ordnung^ welche nicht
sämtlich verschwinden^ somit nicht größer als die kleinere der
Zahlen v und n.
(II) Es ist auch
d = n — y ,
wenn y die größte Anzahl unabhängiger linearer Gleichungen
ist, die von den Koordinaten aller Punkte J erfüllt werden.
Femer:
(in) Spannen n Punkte einen Raum J^^ . i auf, so spannen
V aus ihnen herausgehobene einen Raum Ä^-i auf. Der Be-
weis dieser Sätze ergibt sich aus der Theorie der linearen
Gleichungen.
b) V + 1 Punkte, die einen Baum v*"' Stufe aufspannen.
Es sei n^v, und es seien die Determinanten [v + Vf^
Ordnung aus unserer Matrix nicht sämtlich gleich Null, mit
anderen Worten, unsere aus den v + \ Punkten A bestehende
Figur F spanne einen Raum von v Dimensionen, kürzer aus-
gedrückt einen Raum By auf.
Alle Punkte (1) lassen sich dann darstellen in der Form
cCx An + c<x Ax [cCm + flfA;= 1 ; die cc positiv).
Die Punkte (2) lassen sich darstellen in einer der beiden Formen:
«X X [(in 'K + C^k A) + CCf,A^
[a^ + cf A = ^^x A + <^/i = I ; alle a positiv) ,
(<H X [cCh An 4- c^x ^4x) + ci^,Q (cf^ J^ + a^ A^
(ß^K + c^A = «^ + cfp = «(Tka + «,i^ = 1 ; alle a positiv) ,
welche äquivalent sind mit den Formen
(tn An 4- (ix ^x + «^ ^A*
(«K + «A + of^ = 1 ; die a positiv),
über Eiyebilde. 97
a^ Ä^ + axÄx + a^ Ä^ + a^ A^
{(Xm + (^i + (£fi + €€g = 1 ; die a positiv) etc.;
schliefilich lassen sich die Punkte (^r + i) darstellen in einer
der Formen
(«K, + cf^ + «*., + ... + % = 1 ; alle a positiv),
wo ß die Werte von 2'«' + 1 bis t' + 1 annehmen darf.
Punkte und damit auch Sehnen höherer Ordnung als J^^. i
existieren überhaupt nicht, ob nun 2^*^ + ^ = t/ + 1 oder
2'»' + i>fr+l ist Denn die Punkte, welche Anspruch auf
diese Ordnung haben könnten, fallen stets mit Punkten niedrigerer
Ordnung der Form
(IV) P[Ä^f ^1 ... Ä;)i_a^A^ + a^Ä^+ ... + a^A^
(a^j + ciTj + a, + • . . + Oy ■" 1 ; die « positiv oder Null)
zusammen, in welcher alle Punkte von der 0^ bis zur Ü^ ^ i^°
Ordnung zusammengefaßt sind.
Wir können nun nicht nur von der Form P, sondern
such von einem Punkte P, sowie von dem Gebiete P sprechen.
Das Gebiet P {A^, A^ . . . A^) spannt den nämlichen
Saum auf wie die Figur der Punkte A^^, A^, A^ ... A^. Denn
jede lineare Gleichung in den x, erfüllt durch die Koordinaten
der einzelnen Punkte A, wird auch durch die Koordinaten
eines Punktes P erfbUi
In dem Vorhergehenden liegt bewiesen^ daß die Sehne
zwischen zwei Punkten P ganz zum Gebiete P gehört Daraus
folgt, daß eine beliebige Gerade des aufgespannten Raumes
mit dem Gebiete P höchstens ein Stück gemein hat, oder:
(V) Das Gebiet P {A^, A^ . . . A;} ist eine volk Eifläche^)
dee von ihm aufgetpannten Baumes.
(VI) Jeder in der Form P, ja aUgemeiner: jeder in der
Form
P'(4o> ^if . . . ^J~ Ö^O ^0 + ^1 ^1 + • • • + ^r ^r
(c3f^ + cf 1 + «I ... + cfr = 1 ; die « beliebig)
darstellbare Punkt ist es nur in einer einzigen Weise.
1) „Zelle'' nach H. Minkowski (s. Geometrie der ^^ahlen p. 16),
d. h. Streeke, Dreieck, Tetraeder etc. je nachdem r » 1, 2, 3 etc.
98 //. Brunru
Denn aus
2' «, -^.. = ^« <^i
(2«. = 1; 2^V~ ^'» ^i ^^^^^ f^^ sämtliche i ffleich «/)
würde das System der Gleichungen:
^f*{a^ -a^)x^^^ = 0 X = 1, 2, 3 ... n
und noch die Gleichung
folgen, welche gleichzeitig nur erfüllt sein können^ wenn sämt-
liche Determinanten [v + 1)**' Ordnung der Matrix bei (I) ver-
schwinden. Dies ist aber oben ausgeschlossen worden.
(VII) Das Gebiet P' ist, wie aus der Theorie der linearen
Gleichungen gefolgert werden kann^ selbst nichts anderes^ als
der von den i^ + 1 Punkten A aufgespannte Raum.
b) V + 1 + p verschiedene Punkte, die einen Kaum v^ Stufe
aufspannen.
In einem Räume R^ (n ^ v) seien die voneinander ver-
schiedenen Punkte
A,^x^l)i^ + x(Oi^ + o^Of^ + ... ^^i>»,
(/ = 0, 1, 2 . . . V + ;?, p positiv),
gegeben, welche einen Raum Ry aufspannen. Analog wie
bei a) ergibt sich, daß Punkte höchstens bis zur Ordnung
<^n + p + 1 sich ableiten und sämtliche gegebenen und ableitbaren
Punkte sich in der Form
(Vni) Q = «0 ^0 + ^1 ^1 + • . • + ^v^p^v^p
(«Q + e^j + ... + «r + p = 1 ; die a positiv oder Null)
darstellen lassen, sowie daß das Gebiet Q ein Eligebilde ist.
Doch würde man sich täuschen, wollte man annehmen,
daß es jetzt auch wirklich immer Punkte \öy + i + p) gebe. Viel-
mehr wird sich zeigen, daß es Punkte nur bis zur Ordnung
*y + i gitt; bis zur Ordnung r^^ + p + i also nur dann, wenn
tfy + p + 1 = dV + 1 ist
Ein in der Form Q darstellbarer Punkt ist dies nun auch
nicht mehr in eindeutiger Weise.
über Eiffeöilde. 99
Daß sich die Punkte Q sämtlich schon durch weniger als
p + l + p nämlich i^ + 1 passend ausgewählte A darstellen
lassen — die wir mit Bq, B^, ... B^ bezeichnen — also in
der Form
ist leicht ersichtlich, wenn die ß positiv und negativ sein dürfen,
gilt aber auch, wenn negative ß ausgeschlossen sind, und das
wollen wir jetzt beweisen.
I/Ufssatz.
(X) Wenn die Punkte Dq, ß^, 1)^ ... 2)^ einen Raum K^^
aa&pannen und i>^^i in demselben /2^ liegt, somit eindeutig
in der Form
darstellbar ist, so ist ein Punkt
(US"*" ^ '/*+!' alle d positiv)
stets auch in der reduzierten Form
B 1 ; die 3' positiv oder Null)
darstellbar, in der die U uns m + 1 passend ausgewählte aus
den Punkten D^, D,, ... D^, D^^^i vorstellen und ebenfalls
einen Baum A^ aufspannen.
Beweis, Setzt man
(XI) G^ - A.i?„ + J^D^+...+-l>^ D^
(^.i:
(2" *M = 'a« 5 *^® * positiv) ,
so
ist also einer der Punkte
oder
100 //. Brunn.
wo die zur Abkürzung gesetzten f^(k) also lineare Funktionen
von X sind. Es sei nun zur Kürzung (t = s^^iSf^ + i gesetzt
Ist dann für A = o- kein f{X) negativ, wie dies z. B. für
lauter nicht negative b der Fall ist, so haben wir in
bereits die gewünschte, höchstens fi + l Punkte 1) enthaltende
reduzierte Form; auch spannen diese JJ nach (X) einen
Baum Ä^ auf, und wenn von ihnen durch Verschwinden von
Koeffizienten nur (> zur Erscheinung kommen, diese nach (III)
einen Baum J?^ « i. Sind für A = o- die f{Xj, somit auch die e
zum Teil negativ, so entspricht die Form !£„ unseren Wünschen
nicht, und wir müssen weitere Schritte tun.
Für A = 1 wird IIx = G^^ und hat, in den ß entwickelt,
lauter positive Koeffizienten.
Für Ä = 0 wird Hi = D^^^i und hat, in den D entwickelt,
einen oder mehrere negative Koeffizienten.
Führt man Ä monoton und stetig von 1 nach 0 über, so
gehen einer oder mehrere Koeffizienten der D monoton und stetig
von positiven zu negativen Werten über und passieren die
Null bei gewissen Werten
die zwischen 0 und 1 liegen. Der für A = A' verschwindende
Koeffizient sei einen Augenblick kurz mit jD' bezeichnet In
dem Moment, wo A = A' wird, müssen alle Koeffizienten, die
nicht etwa mit D' zugleich verschwinden, noch positiv sein,
und alle können sie wegen ihrer Summe 1 nicht gleichzeitig
verschwinden.
Da
-^a = Gfi + 1
mindestens einen negativen Koeffizienten hat, so muß
A' > (x > 0
sein, d. h. G^a + i ü^gt zwischen H^f und -Da + i> denn bei
monotoner Änderung des A bewegt sich der Punkt Hi immer
im nämlichen Sinne, ö^^ + i ist daher in der Form
(?;. + i = xyA' + (i-x)2>,, + i (i<*<0)
darstellbar, oder nach den D entwickelt in einer Form:
über Sigehilde. TOV
p^n) ü^ ^ 1 = ?„ [X) £>,; + ^, (/) ö, • + . . . + ,j„ iX) D-.
(2^W= 1; ^'ß 9 positiv oder Null)
Die Punkte D„', />,' ... ÖJ, spannen einen Raum H^, auf.
Der unter ihnen befindliche Puokt D,, ^ i kann nämlich nicht
in dem tod den anderen [s. (111)] aufgespannten Räume Ä„_i
liegen, wie ily dies tut; sonst müßte auch C^ als Punkt der
Geraden D^ + ilIv dies tun, und würde durch fi oder weniger
der in (XI) verwendeten Punkte darstellbar. Dies widerspricht
aber dem poxitiven von Null verschiedenen Charakter der Koei)i-
ziest«!! in {XI) und der Eindeutigkeit [s. (VI)] jener Dar-
Btellang. Wenn in (XII) durch Verschwinden von KoeiB-
zienten y nur eine geringere Anzahl « von Punkten ö übrig
bleibt, BO spannen sie nach (IH) einen Raum i^„_i auf.
Somit läßt sich in jedem Falle die in unserem HiHssatze
behauptet« Reduktion ausführen. Wir verwenden ihn nun zur
Beduktion der Form Q auf die Form ff. Hierbei ist zu be-
denken, daß eine Form Q auch danu uherlllissige A enthalten
kann, wenn sie weniger als v + 2 solche A enthält, so daß
die Frage nach der Reduzierbarkeit für jede» Q zu stellen ist,
gleichgültig durch wie nele A dargestellt es zunäuhst vorliegt
Die B'ormen Q, welche sich durch «n oder zwei ver-
•chiedeoe A ausdrücken, sind ersichtlich nicht weiter reduzierbar.
Weist eine Form ^ mehr als zwei A auf, so identifiziert man
»wei derselben mit i,,, i>,, ihre Koeffizienten mit S_„ ^^ und
ft mit t, was man tun darf, da die beiden A sicher einen
Baum R^ aufspannen. Hierauf untersucht man, ob ein drittes
A in dem nämlichen ff, liegt.
Wenn ja, so identifiziert man es mit Ü^^i - D^, seinen
EoefSzientea mit ä^, erhält eine gewisse Form G^ + i G^ und
reduziert sie vermittels des Hilfssatzes; die erhaltenen 1/
identifiziert man wieder mit Punkten D,,, D^ und untersucht,
ob ein viertes // auf ihrer Geraden liegt oder nicht etc.
Wenn Jirin, so identifiziert man fi mit 2, das dritte A
mit Df, seinen Koeffizienten mit ö^, was man wieder tun darf,
da die drei A einen Raum ff, aufepannen, und untersucht —
wenn noch weitere A in Q, vorhanden sind — ob ein viertes
A in dem nämlichen ff^ liegt oder nicht etc. Man sieht, daß
i auf diese Weise fortfahren kann, bis die Operationen von
102 ff. Bmmt.
selbst ihr Knde tmdon. Dann ist Q in die gewüLsclite Form Ä
übergeführt, und es konimeu in seiner Darstellung höchstens
noch V + 1 Punkte A vor, die wir mit 5„, B^, B^ . . . ß, be-
zeichnen wollen. Mehr als r + \ Punkte können es nicht
sein; denn die sukzessive behandelten Formen ünthalten ent-
weder unmittelbar lauter Punkte A, die eine Stufe des aus-
gespannten Raumes um eins kleiner als ihre Anzahl bedingen,
oder dieses Verhältnis zwischen Raumetufe und Anzahl der .7
wird doch sogleich durch den Hilfssatz hergestellt, muß also
auch beim Schlüsse der Operation vorhanden sein; blieben nun
mehr als f -H 1 Punkte übrig, so müßten sie einen Raum von
höherer Stufe als v aufspannen, was doch nicht einmal die
sämtlichen * + 1 + /i gegebenen Punkte A tun.
Es lassen sich also durch wiederholte Sehnenziehung aus
den V -\- p + l Punkten A nur Punkte der Form R ableiten;
diese sind aber von keiner höheren Ordnung als 5, + i, d.h.
spätestens mit der [S^ + 1 j"™ Sehnenziehung alle abgeleitet, was
zu beweisen war.
Sowohl im Fall a) als im Fall b) kann unter den A sich
der Nullpunkt befinden und können die Formen P, Q, B da-
durch um ein Glied reduziert erscheinen. Dies ist aber keine
Reduktion in unserem obigen Sinne; man wird daher den
Summanden te • 0 vielleicht besser in der Rechnung ausdrück-
lich angeschrieben mitführen und dadurch verhindern, da6
das betreffende u, welches doch in 2"~' mitwirkt, mit-
samt seinem A unseren Augen entschwinde. Andernfalls müsste
man die Bedingung 2 " ~ ^ durch 0^2"^ ' ersetzen,
und dadurch würden die scheinbar um ein Glied reduzierten
Formen von den wirklich reduzierten wohl unterschieden bleiben.
B) Beliebige endliuhe Figuren.
.Tede endliche Figur F bestimmt in dem von ihr auf-
gespannten Räume ff, ein volles Eigebilde E ab Ort der durch
sie gegebenen, bezw. aus ihr ableitbaren Punkte
(0), (1), (2) ... [S,.^,].
Zum Beweise ist nur nötig zu zeigen, daß es Punkte (ä'.^.i + 1]
schon nicht mehr gibt.
Ein Punkt [ö^ + 1 + 1) müßte auf der Sehne zweier Punkte
niedrigerer Ordnung liegen, diese Funkte, soweit sie nicht
über EiffeMMe.
scliou von niillter Onluiing Bind, wilnk'u wieder luif Seimen
zwischen Punkten noch niedrigerer Ordnung liegen etc.; in dieser
Weise rDckwärts schließend würde man suhließlicb zu all den
PunkteB [Oj gelangen, aus denen der Punkt [S, ^ , + 1) abgeleitet
wäre. Die Anzahl z,, solcher Punkte (0) würde h&chateDS
2 •*** sein — nämlich dann, wenn jeder bei der Entstehung
(leB PunkteB (^»,, + 1 4- 1) mitwirkende Punkt fi"' Ordnung
(l^^^Ä, + ] + !) aus zwei Punkten (ft — l)'"' Ordnung ab-
geleitet ist — und mindeatena2*' + '+ l. Denn wären es weniger,
so würde (^.ti + I] bereits durch spätestens il, ^.l Sehnen ab-
leitbar und also ein Punkt (^,4^0 sein.
Da aber c + 1 ^ 2*'' + ' ist, so müßte ;„ a t -f- 2, sagen
wir gleich v -\- 1 +f'(0<»''< 2'-'^'''' — t') sein, und diese
Punkte (0) könnten höchstens einen Raum li,, nämlich den
Haum der Figur F aufspannen, der sie ztigehören. Nennen
wir «e A^, A^, A^ . . . jir+r-i so würde unser (Ä. + i+ 1)
gemüB seiner Ableitung aus ihnen in der Form
a„Ao + aiA^+a,Aj+ ... +a. + ..A.. + .-
(^ ß = 1 ; die ft positiv)
darstellbar eeis, also nach (IX) auch in der Form
ß„B^ + ß,S^+li^B,+ ... +/J,Ä,
(2(5- 1; die /? positiv oder Null),
wo die B aus den A ausgewählt sind. Somit würde [iS, + i -|- 1) aber
durch a, + , Sehnen ableitbar und ein Punkt {S, 4 ,) oder TOn
noch niedrigerer Ordnung sein. Er kann also nicht existieren.
Punkte höherer Ordnung als ii,^\ sind also aus einer Figur,
die einen Hanm B, aufspannt, sicher nicht ableitbar; von den
besonderen Kigenschaflen der Figur aber hängt es ah, ob
Punkte bis zu dieser Ordnung wirklich existieren. Bei einem
vollen Eigebilde gibt es z. B. überhaupt nur Punkte (0).
i
Braeagnng dM Eigeblldea durob nmhüllaode Lineftre,
Unter einem Stützhauptlinear, auch kurz Stützlinear, einer
Figur verstehen wir ein Hauptlinear des von der Figur auf-
gespannten Raumes, das auf der einen seiner beiden Seiten
L^
104 B. Brunn. Über Eigebüde.
gar keinen Punkt der Figur liegen hat und mindestens einen
Punkt der Figur in sich enthält ^
Indem wir die Bezeichnungen zu Anfang von B) beibehalten,
gilt: Jedes Hauptlinear H von By, das Stützlinear von F ist,
ist auch Stützlinear von E,
Denn es enthält Punkte von E, weil Punkte von Fy und
auf der Seite Ä von //, auf der keine Punkte von F^ können
auch keine von E liegen. Denn läge ein Punkt (^) auf Seite S^
so müßte auch mindestens einer der Endpunkte der erzeugen-
Sehne, also ein Pimkt (ju — 1), (jw — 2), (ju — 3) . • • oder (0)
auf der Seite S liegen, und durch fortwährende Wiederanwendung
dieses Satzes: Es müßte schließlich sicher ein Punkt (0), d. h.
ein Punkt von F, auf Seite S liegen, gegen die Voraussetzung.
Wenn zwei parallele Sttitzlineare H und H' von F zu-
sammenfallen, fallen auch die zu ihnen parallelen Stützlineare
von E zusammen, indem sie mit H und H' identisch sind.
Andere Stützlineare als die von F kann E nicht haben,
da es, wie F und überhaupt jede endliche Figur, von jeder
Richtung zwei und nur zwei (verschiedene oder zusammen-
fallende] Stützlineare aufweist
Die Stützlineare von E sind also identisch mit denen
von Fy und insofern ein Eigebilde durch seine Stützlineare be-
stimmt ist, kann man sagen:
E ist das durch die Stützlineare von F eingehüllte Eigebilde,
oder:
Die Stützlineare einer endUchen I^gur F umhüllen ein
bestimmtes Eigebilde E, das auch — vgl. § 2 — durch Sehnen-
ziehung erzeugbar ist
München, 23. Juli 1903.«)
Eingegangen 25. Juli 1908.
1) Vgl. H. Minkowski, Geom. d. Zahlen, p. 13: „Stützebene".
2) Erst nach Absendang der Arbeit wurde mir die Göttinger
Dissertation von P. Kirch berger : „Über Tschebyschefsche An-
näherungsmethoden" (Göttingen 1902) bekannt, in der Kap. IV. § 5 in
anderer Form die nämlichen Probleme behandelt, wie unser Absatz
§ 2. A. b). Man vgl. auch H. Minkowski, Math. Ann. 57. p. 449. 1908.
m
16. The Effect of One Associated Solvent on the
Association of Another Associated Solvent
By Harry C Jones in Bultimorc, Md.
(The ciperimental work v
Tied out fay Mr. Grantlaiid Murray.)
This inTestigatioD was undertaken with the object of deter-
mining the i'ffect of one associated liquid on the association
of another aflaociated liquid. This was suggested by an inyesti-
gation caiTJed out by Jones and Lindsay'], on the conductiritj
of certain electroiytes in mixed solvent«. They found that
solationB of potassium iodide, ammonium bromide, Strontium
iodide, and iithiam nitrate conducted less in mixturea of methyl
slcohol and wat«r, thau in pure methyl alcohol. The effect of
concentration of the Solution, composition of the mixtare,
temperature etc., was careftilly inveatigated, and the above
reault established beyond question.
At tirst sight it seemed very difficult to interpret these
facts. It, however, occurred to Lindsay*) that the facts oould
bc esplained if one associated solvent diminished the association
of anotber associated solvent, since, according to Dutoit and
Aston*), the dissociation of clectrolytes by a solvent or soWents,
and, consequently, their conductivity in Solution, is a function
of the degree of association of the solvent; the greater the
association of a liquid the greater its dissociating power.
Water and the alcohols were abown by the work of
Ramsay and Sbields*] to be strongly associated liquids. If
earh should dimiuish the association of the other, a mixture
of two such liquids migbt tliasociate less than the Iower disso-
ciatiDg constituent of tbe mixture.
1) Jone« and Lindsny, Amer Chem. Joiim. 28. p. 3*2».
S) Linda«)-, Amer. Chem. Jonni. 2S. p. W9.
S) Datoit ud Aston, Compt read. 12A. p. 240; Ball. Soc. Chim.
la] 19. p.8Sl.
4) Bama«7 uid Shields, Ztachr. pbja. Cbem. 13. p. 433.
106 H. C, Jones.
In such a case the conductivity of an electrolyte in the
mixed solvents might be less than in the lower conducting
solvent, which was what was found to be true.
In Order to determine whether associated liquids have
any general influence on each others association, it is necessary
to take associated liquids and determine the molecular weights
of each in the other, and then compare the results with the
molecular weights of the several liquids in the pure condition.
There are not many liquids which can be employed in
this work, since the boiling-point method of determining mole-
cular weights cannot be used for oue liquid dissolved in another.
We are, therefore, limited to the freezing-point method, and
of those liquids whose association is known ouly a few freeze
at temperatures to which the freezing-point method can be
applied.
Liquids used in this work. The liquids used in this
work must dissolve readily in one another, must not act che-
mically upon one another, must not undergo appreciable
electrolytic dissociation when dissolved in one another, and
must be strongly associated substances. The liquids used are:
water, acetic acid, and formic acid.
The water was purified by distillation from chromic acid,
and had a conductivity of 1,2 x 10"^ The acetic acid and
formic acid were purified by fractional crystallization, the
form er freezing sharply at 16,5® and the latter at 7**.
With the above liquids the following measurements were
made by the freezing-point method.
I. The molecular weight of water in acetic acid.
II. The molecular weight of water in formic acid.
ni. The molecular weight of acetic acid in water.
IV. The molecular weight of acetic acid in formic acid.
V. The molecular weight of formic acid in water.
VI. The molecular weight of formic acid in acetic acid.
BeBults.
The results are given in the following tables: Column I
contains the amount of solvent used; column II the amount
of liquid whose molecular weight was to be determined; co-
Effect of One Associated Solvent on Association of Another, 107
lumn in the concentration in terms of normal, — a normal
Solution being defined as one that contains a gram-molecular
wdght of the electrolyte in 1000 grams of the solvent;
coliimn IV gites the freezing-point lowerings actually observed^
and colunn V the molecnlar weight of the liquid at the con-
centration in qaestion.
In all this work care was taken to keep the temperature
of the fineezing-mixture only a little below the freezing-point
of the Bolntion.
Water (18) in Acetic Acid.
I
II
m
TV
V
Acetic Acid
Water
Concentration
I^wering
Mol. Wt
39,68
0,454
0,64
2,06<>
21,7
88^
0,514
0,75
2,38
22,0
88,32
0,820
1,19
3,58
28,3
39,68
0,947
1,33
3,98
28,7
39,68
1,547
2,17
5,89
25,8
89,68
2,061
2,89
7,45
27,2
39,68
2,541
3,56
8J9
28,4
88,32
2,687
3,82
9,38
28,8
89,68
2,992
4,19
9,95
29,6
39,68
8,870
5,42
12,11
81,4
89,68
4,686
6,56
14,00
82,9
89,68
5,589
7,83
16,04
34,2
39,68
6,472
9,06
17,86
35,6
39,68
7,566
10,59
20,07
37,1
39,68
8,559
11,98
22,00
38,2
89,68
9,082
12,65
22,90
38,8
Water (18) in Formic Acid.
I
U
III
IV
V
Formic Acid
Water
Concentration
Lowering
Mol. Wt
48,24
0,808
0,93
2,850
19,7
48,24
1,325
1,53
3,75
20,3
48,24
2,204
2,54
6,13
20,6
48,24
3,060
3,52
8,30
21,2
48,24
4,434
5,13
11,69
21,8
48,24
5,876
6,18
14,11
21,9
108
H, C. Jones.
Acetie
Acid (60) in Water.
I
U
ni
IV
V
Water
Acetie Add
Concentration
Lowering
Mol. Wt
37,15
0,376
0,17
0,34«
55,4
37,15
3,959
1,78
3,30
60,1
37,15
6,830
3,06
5,45
62,7
50,65
10,794
3,56
6,19
64,0
62,17
17,474
4,70
7,85
66,6
37,15
10,771
4,83
8,05
67,0
37,15
15,728
7,06
10,92
72,1
Acetie Acid (60) in Formic Acid.
I
II
III
IV
V
Formic Acid
Acetie Acid
Concentration
Lowering
Mol. Wt
40,35
0,433
0,18
0,48«
61,9
34,23
1,018
0,50
1,27
64,9
40,85
1,593
0,66
1,65
66,3
34,72
1,835
0,88
2,16
67,8
34,28
2,256
1,10
2,67
68,4
38,49
2,873
1,24
2,98
69,4
34,72
3,968
1,90
4,45
71,1
88,49
6,464
2,80
6,29
74,0
34,72
10,708
5,14
10,97
77,9
34,23
10,764
5,24
11,16
78,0
34,23
18,838
9,17
18,19
83,8
Formic
Acid (46) in Water.
I
U
III
IV
V
Water
Formic Acid
Concentration
I^owering
Mol. Wt
35,10
0,546
0,34
0,64<>
45,2
193,67
7,850
0,88
1,62
46,5
35,10
1,667
1,03
1,89
46,7
35,10
4,928
3,05
5,28
49,5
136,79
81,564
5,03
8,50
50,5
141,43
40,109
6,16
10,34
51,0
Formic A(
cid (46) in Acetie Acid.
I
II
UI
IV
V
Acetie Acid
Formic Acid
Concentration
Lowering
Mol. Wt.
30,41
1,152
0,82
2,93«
50,4
30,41
1,702
1,22
4,26
51,2
30,41
2,303
1,65
5,66
52,2
30,41
2,820
2,02
6,84
52,9
Effect of (hu Auociated Sohent oii Association of Another.
Acetie Actd
Foimie Acid
CoDcentratioD
Lowering
Mol. Wt
•0,41
8,410
8,44
8,10
54,0
Xl,tl
4.!«7
S,OG
9,83
55,1
»,«
5,098
3,84
11,55
56,6
S0,41
6,188
4,8»
13,53
58,2
ao,4i
7,024
5,02
15,24
59,1
50,M
14,814
6,88
18,40
62,0
10^
11,408
8,26
22,54
85,J
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^1-
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i i i i i i i '
Theae resaltsare plotted in curvea. The luolecalar weight
of water in scetic acid and fonnic acid with Taiying concentra-
tion in Fig. 1, the molecnlar weigbt of acetie acid in water
■od in fonoic aoid in Fig. 2, and the molecnlar weight of
fonaio acid in water and in acetie acid in Fig. 3.
110
H. C. Jone*.
DlBouMion of HasnltB.
The molecular weight of water in acetic acid at the
greateat ditution ased [0,64 oonnal) is 21,7, which it only
slightly greater tban the molecular weight corresponding to the
compositiou H^O. lu the moet concentrated solation nsed,
which ia aomewhat more than twelve times normal, the mole-
cular weight of the water is a little more thao wonld corre-
spond to the compoaition [H,0),. In pure water, howeTer, we
kaow from the work ofBamsay and Shields Üiat the mole-
cales have the composition (H,0)^. The association of water
X :_:
.:::::4:::::::::;.:
^_^
, . ^ —
•:::::|^::::^.^-::::
-41 >^^
'\m\ Lm
M ji J t H » -l-L i. i, i, ^ u-i Li i '
Flg. 3.
ia, therefore, greatly diminished by the preaence of the asso-
ciated solvent acetic acid.
The same remark appllea to aolutiona of water in formic
acid. At the greatest dilntion the molecular weight of tbe
water is only alighUy ahove normal, the molecular weight in-
creasing Blightly ae the concentration of the Solution increases.
The complex moleculea of water are broken down to eren a
greater extent by formic acid than by acetic acid. Thia is in
keeping with the relative powers of theae two aolTeots to break
moleculea down into ions — formic acid being a much etroDger
dieaociant than acetic acid.
The molecular weight of acetic acid in water ia approx-
imately normal for the more dilute Solutions inveatigated, io-
creasing somewhat above normal io tbe more concentrated
Effect of One Atiocfated Solvent an Afsoriation nf Another. 11t
BoIatioQB. The amount of electrolytic dissociation of even i\ie
moet dilate selutions of »cetic acid in water is bo emall as to
exercise only a slight inäuenee on the resulte.
Pure acetic acid at the freezing-point temperature is a
very much associated liquid. The wurk of Ramsaj and
Shields') haa ahown that the differential coefticient K for
ftcetic acid between lli" aud 46", is 0,9. The associatton —
It is, therefore, ohvious that the aasociation of acetic acid is
greatly diminished bj water.
The inolecular weight of acetic acid in formic acid is
greater than in water at the saiae concentratioiis, raDging from
6i,9 to 83,8 for the different concentrations emplojud. This
agaiii is what we might expect. Water having a greater power
than fonnic acid to break moleculea down into ions, also haa
a greater power to break down complex molecules iiito simpler
ones. In no caae, however, is the inolecular weight of acetic
add in formic acid greater than ahout one and one-fourth the
simpleat molecular weight; showing that the complex moleculea
of pure acetic acid are greatly decomposed hy the fonnic acid.
The same remarks apply in general for formic acid in water
and in acetic acid. Formic acid in the pure coudition is
asBOciated to just abuut the same estent as acetic acid.
Bamsay and Shields') found the coeÖicient K for formii:
acid to be 0,902, Therefore, the associatioD is —
The molecular weigbt of formic acid in water is ouly slightly
great«r than normal even at the greatest concentration em-
ployed. In acetic acid the molecular weight is greater than
in water at the same concentration. This is analogous to what
has been found with the other aolvents employed. Water has
the greatest power to break down moleculea iuto ions, and
alao the greatest power to decompose molecular complexes into
aimpler molecules.
1) Ramaajr tnd Sbield«, ZtBvhr. pbya. Cheui. 12. p. 4IIS. I0S3,
112 U, C, Jones, Effect of One Associated Solvent etc.
The effect of the dissolved subttance would be to diminUh
the constant of the solvent, This effect would he appreciable
only when the concentration of the Solution had become
considerable. As the freezing-point constant becomes less
the molecular weight as calculated from the observed freezing-
point lowering would be less than that given aboye, which
is calculated on the assumption that the constant remains
constant The effect of this influence would be to show a still
greater diminution of the association of the dissolved substance
by the solvent than would be indicated by the above results.
If in the more concentrated Solutions some of the dis-
solved substance separated in the solid form^ this would give a
smaller lowering of the freezing-point, and, consequently, a
molecular weight for the dissolved substance which was higher
than the true molecular weight
Taking all of these facts into account the above conclusion
that one associated liquid diminishes the association of another
associated liquid is fuUy justified by the experimental results.
I propose to extend this investigation especially to the
action of non-associated solvents on the association of associated
solvents.
Johns Hopkins Univ., Chemical Laboratory, April 1908.
(Eingegangen 26. Juli 1903.)
113
17. über die mechanische
Bedentnng der Temperatur nnd der Entropie.
Von Max Pianok in Berlin.
Die für jede mechanische Theorie der thermischen Vor-
gänge Amdamentale Frage nach der mechanischen Bedeutung
des Temperatarbegriffes hängt aufs engste zusammen mit der-
jenigen nach der mechanischen Bedeutung der Entropie, welche
Größe ja mit der Temperatur durch die bekannte thermo-
dynamische Gleichung T.dS = dQ verknüpft ist. Durch Be-
antwortung der einen Frage ist also die andere zugleich mit
erledigt Während sich nun aber in früherer Zeit das nächste
Interesse naturgemäß der Temperatur als der direkter meß-
baren Größe zuwandte, und die Entropie erst als ein daraus
abzuleitender komplizierterer Begriff erschien, hat sich heute das
Verhältnis eher umgekehrt: es gilt yor allem die Entropie
mechanisch zu erklären; dann ist dadurch auch die Temperatur
zugleich mit definiert Der Grund zu dieser Änderung der
Fragestellung liegt in folgendem: Bei allen auf breiterer Grund-
lage angelegten Versuchen, die Thermodynamik rein mecha-
nisch aufzufassen, so z. B. bei der von Helmholtz entwickelten
Theorie der monozyklischen Systeme, hat sich immer wieder
herausgestellt, was auch von vornherein einleuchtend ist, daß
man zu einer allseitig begründeten mechanischen Definition
der Temperatur nur gelangen kann, wenn man auf die Eigen-
tümlichkeiten des „Wärmegleichgewichtes'' zurückgeht. '] Dieser
Begriff ist aber in seiner vollen Bedeutung nur vom Stand-
punkt der Irreversibilität aus zu verstehen. Denn das Wärme-
gleichgewicht ist nur zu definiren als der Endzustand, dem alle
irreversiblen Prozesse zustreben. So ftlhrt die Frage nach der
1) Aach die Bedingung, daß T einen „integrien^nden Nenner*' den
Wännedifierentials d Q darstellt, genügt bekanntlich noch nicht zur voll-
stiiidigen Definitioii der Temperatur, sondern läßt gcnide ihre wiclitigste
Eigenaehaft onbettimmt
BottaBaBD-FMlMlirUU ^
114 M. Planck.
Temperatur mit Notwendigkeit zur Frage nach dem Wesen der
Irreversibilität, und dies seinerseits liegt ausschließlich begründet
in der Existenz der Entropiefunktion. Letztere Größe bildet also
den primären, allgemeinen, für alle Arten von Zuständen und
Zustandsänderungen bedeutungsvollen Begri£P, während die
Temperatur daraus erst hervorgeht mittels der speziellen Be-
dingung des Wärmegleichgewichtes, in welchem die Entropie
ihr Maximum erreicht. Eine Entropie besitzt ein Körper nach
dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik in jedem Zustande,
eine Temperatur aber nur dann, wenn der Zustand in gewissem
Sinne stationär geworden ist. So kann man z. B. für ein G^
mit ganz beliebig vorgeschriebener Oeschwindigkeitsverteilung
stets die Entropie angeben, die Temperatur aber nur dann,
wenn die Geschwindigkeitsverteilung mit der Maxwellschen
genau oder nahezu zusammenfällt.
Clausius und Maxwell scheinen noch nicht den Versuch
einer direkten allgemeinen mechanischen Definition der Entropie
gemacht zu haben. Diesen Schritt zu tun, war erst L. Boltz-
mann vorbehalten, welcher, ausgehend von der kinetischen
Theorie der Gase, die Entropie allgemein und eindeutig durch
den Logarithmus der Wahrscheinlichkeit des mechanischen
Zustandes definiert hat. Neuerdings ist der Boltzmannschen
mechanischen Definition der Entropie eine andere, und sogar
noch eine zweite und eine dritte, an die Seite gestellt worden,
und zwar ebenfalls auf Grundlage der Wahrscheinlichkeits-
rechnung, in dem Werke über statistische Mechanik von
J. W. Gibbs. Die Gibbsschen Definitionen erheben insofern
Anspruch auf allgemeinere Bedeutung, als sie von vornherein
gar keine besonderen Annahmen über die Natur des betrach-
teten mechanischen Systems zur Voraussetzung haben; sie
lassen sich prinzipiell mit demselben Erfolge auf Systeme von
vielen, wie auch von wenigen Freiheitsgraden, bestehend ans
gleichartigen oder aus ungleichartigen Bestandteilen, anwenden;
jeder einzelnen Definition der Entropie entspricht natürlich
gemäß der schon oben erwähnten Gleichung rfQ = T.dS eine
besondere Definition der Temperatur, Für Systeme von einer
sehr großen Zahl von Freiheitsgraden führen aber, vrie Gibbs
allgemein zeigt, seine drei verschiedenen Definitionen immer
zu demselben Resultate, so daß z. B. für einen Komplex von
siech. Bedeutung der Temperatur und der Entropie. 115
sehr vielen Molekülen , wie ihn jeder warme Körper vorstellt,
nur eine einzige Definition der Entropie übrig bleibt, welche
mit deijenigen der Thermodynamik übereinstimmt.
Es sollen nun in der folgenden Studie die genannten ver-
schiedenartigen Definitionen näher ins Auge gefaßt und ihre
Bedeutung an der Hand eines einfachen Spezialfalles verglichen
werden, um daraus womöglich Anhaltspunkte zu gewinnen zur
Entscheidong der prinzipiellen, von Gibbs noch offen ge-
lassenen Frage, welcher Definition der Entropie und der Tem-
peratur endgültig der Vorrang vor den übrigen zuzuerkennen
ist. Wir betrachten zu dem Zwecke ein mechanisches System,
welches aus einer großen Zahl n frei beweglicher in ein be-
stimmtes Volumen v eingeschlossener materieller Partikel
(Atome) besteht Die Energie c des Systems sei nur kine-
tischer Art:
(1) « = 2'-?(-**+-'/' + ^*)-
Eis soll die Entropie dieses Systems nach den verschiedenen
Torliegenden Definitionen berechnet werden.
Sowohl Boltzmann als auch Gibbs gehen aus von dem
Begriff einer Komplexion („Phase"), d. h. der Gesamtheit
der gleichzeitigen Werte der unabhängigen 3» Koordinaten
'i» yp ^1^ • ■ • *ii» y«* ^n ^^^ ^®^ ^^ Impulse iWj i^j, wij i/j, wij ij ...
"•■■*«> "*«i^«» ^«V Jeder einzelnen Partikel sind drei be-
stimmte Koordinaten und drei bestimmte Impulse zugeordnet,
welch6 ihre Lage und ihre Geschwindigkeit angeben. Im
allgemeinen werden alle in dem System enthaltenen Partikel
TOH Natur verschiedenartig sein. Falls gleichartige unter ihnen
Torkommen^ so sind, um Unbestimmtheiten zu vermeiden, die-
selben numeriert oder in irgend einer anderen Weise individuell
diarakterisiert zu denken. Denn wenn eine Zustandsänderuug
des Systems durch eine gegebene Änderung der Koordinaten
und Impulse eindeutig bestimmt sein soll, so muß man wissen,
auf welche Partikel sich jede Koordinate und jeder Impuls
bezieht
untersuchen wir nun zunächst den Fall des stationären
Bewegungszustandes, und zwar unter der Annahme, daß alle
Partikel des Systems von Natur gleichartig sind, wie bei einem
chemisch homogenen einatomigen Gase. Dann itihren alle ver-
116 K Planck.
schiedenen Definitionen der Entropie zu dem nämlichen mit
der Thermodynamik übereinstimmenden Ausdruck. Für die
Boltzmannsche Definition darf dies als bekannt vorausgesetzt
werden y^) für die drei Gibbs sehen Definitionen dagegen ist
die direkte Berechnung yielleicht nicht ohne Interesse^ zumal
dieselben sich schon in der äußeren Form von der Boltzmann-
schen sehr erheblich unterscheiden. Ja, die erste scheint sogar
auf den ersten Anblick einen entgegengesetzten Sinn zu haben.
Während nämlich Boltzmann die Entropie durch den Loga-
rithmus der Wahrscheinlichkeit definiert, ist die Ektropie nach
der ersten Definition von Gibbs der negativ genommene
mittlere Logarithmus der Wahrscheinlichkeit Bei irreversiblen
Prozessen nimmt also bei Gibbs der mittlere Logarithmus
der Wahrscheinlichkeit ab, während bei Boltzmann der Loga-
rithmus der Wahrscheinlichkeit zunimmt. Dieser Widerspruch
der beiden Definitionen der Entropie ist aber nur ein schein-
barer, er verschwindet sogleich, wenn man darauf Bücksicht
nimmt, daß die beiden Autoren mit dem Worte Wahrschein-
lichkeit hier gänzlich verschiedene Begriffe verbinden. Dies muß
zunächst näher erörtert werden.
Boltzmann gewinnt den Ausdruck ftir die Größe der
Wahrscheinlichkeit dadurch, daß er ausgeht von dem Unter-
schied zwischen einem Zustand des betrachteten Systems und
einer Komplexion des betrachteten Systems. Ein Zustand des
Systems ist bestimmt durch das Gesetz der Raum- und G^
schwindigkeitsverteilung, d. h. durch die Angabe der Anzahl
Partikel, welche in jedem einzelnen Elementargebiet des Raumes
und der Geschwindigkeiten liegen, wobei angenommen ist» daß
auf jedes der als gleichgroß angenommenen Mementargebiete
immer noch sehr viele Partikel entfallen. Hiemach umfaßt
ein bestimmter Zustand des Systems eine sehr große AngiiM
von Eomplexionen. Denn wenn irgend zwei Partikel, welche
verschiedenen Gebieten angehören, ihre Koordinaten und Ln-
pulse tauschen, so erhält man eine neue Komplexion, aber den
nämlichen Zustand. Nimmt man nun mit Boltzmann alle
Komplexionen als gleichwahrscheinlich an, so ergibt die Anzahl
1) Vgl. z. B. L. Boltzmann, Vorlesungen über Gastheorie I.
p. 88 ff. 1896.
Meeh. Bedeutung der Temperatrir und der Entropie, 117
der EomplexioneD, welche ein bestimmter Zustand umfaßt^ zu-
gleich auch die Wahrscheinlichkeit und mithin die Entropie
des Systems in dem betreffenden Zustande^ bis auf eine un-
bestimmt bleibende additive Eonstante. Für diese Definition
der Elntropie ist offenbar die gemachte Voraussetzung wichtig,
daß alle Partikel gleichartig sind; denn sonst würde eine Ver-
tauschung von Partikeln ans verschiedenen Gebieten nicht nur
die Eomplexion, sondern auch den Zustand ändern.
Bei Gibbs dagegen spielt die Frage nach der Gleich-
artigkeit der in dem System enthaltenen Partikel für die Be-
stimmung der Ehitropie ebensowenig eine Rolle, wie die nach
dem Gesetz ihrer Raum- und Geschwindigkeitsverteilung. Die
Definition der Entropie erfordert hier überhaupt gar kein
näheres Eingehen auf die Natur des betrachteten Systems.
Was hier in Rechnung gezogen wird, ist vielmehr die Ge-
samtheit der Eomplexionen, die man erhält, wenn man dem
System alle innerhalb besonderer Beschränkungen möglichen
verschiedenen Werte der Eoordinaten und der Geschwindig-
keiten erteilt denkt Die Werte der Eoordinaten sind durch
die Größe des gegebenen Volumens v beschränkt, für die Ge-
schwindigkeiten aber werden besondere Festsetzungen getroffen,
und je nach der Wahl dieser Festsetzungen erhält man ver-
schiedene Definitionen der Entropie.
Bei der ersten Definition von Gibbs werden alle Ge-
schwindigkeiten von — cx) bis 4-00, also alle Werte der
Energie < des Systems zwischen 0 und oo als möglich zuge-
lassen, und es wird die Wahrscheinlichkeit F einer Eomplexion
(oder eines Zustandes, was hier keinen unterschied macht)
definiert durch die Festsetzung:
P^e~e y
wobei fff und 0 Eonstante vorstellen, welche bestimmt sind
dnrdi den Wert 1 des Integrals von P über das ganze Eom-
pledonsgebiet, und durch den Mittelwert « der Energie für alle
Eomplexionen, eine jede nach Maßgabe ihrer Wahrscheinlich-
keit gerechnet Dies ergibt f&r den vorliegenden Fall:
1 BS I .... I Pdx^ . . ,,dz^.m rfi'j . . . . m di^^
118 M. Planck.
oder, mit Substitution des Wertes von P und Ausführung der
Integrationen über die Koordinaten und die Geschwindigkeiten,
wobei 6 durch Gleichung (1) gegeben ist:
ip 8n
1 = es .v"" .{2nm&)2~ .
Ferner:
6 I .... i Pdx^ .... mdi^ = I •••• 1 sPdx^ ... .mdt^.
Daraus auf ähnliche Weise:
Hieraus folgen für 0 und \f) die Werte:
0 = -— , tl; = — « log — ir log t? .
Nun ist nach Gibbs die Entropie der negativ genommene
mittlere Logarithmus der Wahrscheinlichkeit^ also:
— log -f' = ^-^ = -^ log 6 + n log t> + const
und dieser Ausdruck entspricht in der Tat nach Größe und
Vorzeichen der Entropie eines einatomigen Gases. Insbesondere
verhalten sich die Koeffizienten der beiden Logarithmen, welche
das Verhältnis cj (c^ — cj angeben, wie B : 2.
Bei der zweiten Definition von Gibbs wird nicht ein
Mittelwert, sondern der genaue Wert der Energie des Systems e
als gegeben angenommen; bei der Berechnung der Entropie
werden aber alle diejenigen Geschwindigkeiten der Partikel in
Betracht gezogen, welche einer Energie des Systems entsprechen,
die kleiner ist als die gegebene Energie 6. Dann ist die
Entropie gleich dem Logarithmus des Volumens F des ge-
samten so erhaltenen Komplexionsraumes. Daher erhält man
hier fiir die Entropie:
log V = log I • • • • I dx^ .,,,dz^,m d±^ ....mdi^.
Die Grenzen der Integrale für die Koordinaten x^....z^
sind bestimmt durch das gegebene Volumen v des Systems,
die Grenzen für die Geschwindigkeitskomponenten ±^ . . . . i^
aber dadurch, daß:
Mech. Bedeutung der Temperatur und der Entropie, 119
Jede einzelne G^schwindigkeitskomponentc liegt also notwendig
zwischen den Grenzen ± Y2efnL Die weitere Berechnung er-
gibt f&r die Entropie:
wobei das Integrationsgebiet bestimmt ist durch die Bedingung:
(*,/n)'+--+(*.i/:")"^'-
Mau ersieht hieraus^ daß das 3n-fache Integral folgenden Wert
besitzt:
(2«m)2 .C,
wobei C eine reine Zahl vorstellt. Daraus folgt für die Entropie:
log r « n log t> + -^ log € + const.,
wesentlich übereinstimmend mit der ersten Definition der
Entropie.
Die dritte Gibbssche Definition der Entropie endlich hängt
mit der zweiten einfach dadurch zusammen, daß man die
Entropie nicht =» logF, sondern = \ogdVjdt setzt. Da nun
nach der letzten Gleichung durch Differentiation:
\ dV Zh , dVSnV
-- — = -- oder , = « . " ,
V d9 2§ de 2 e
80 ergibt sich nach der dritten Definition für die Entropie.
log ^ - = log ^ — log 6 + const
= 71 log t> + I J* — 1 j log € + const
alsOf da n eine große Zahl ist^ wiederum wesentlich der
frohere Wert
Für den Fall vieler gleichartiger Partikel im stationären
Bewegongszostand führen mithin die verschiedenartigen De-
finitionen alle im wesentlichen zu demselben Ausdruck der
Entropie. Daraus folgt, daß sich aus der Untersuchung dieses
Falles keinerlei Entscheidung zu gunsten der einen oder der
anderen Definition ableiten läßt Gehen wir nun aber über
%n dem allgemeinen Fall, daß von den Pailikeln mehrere ver-
120 M. Planck.
scbiedene Arten vorhanden sind, wie er bei einer Mischxmg
verschiedener Gase realisiert ist^ und fragen hierfür nach dem
Ausdruck der Entropie, so ergeben die Definitionen von Boltz-
mann und von Gibbs wesentlich abweichende Besultate. Die
Boltzmannsche Definition liefert nämlich mit Rücksicht
darauf, daß nun die Anzahl der Eomplexionen, welche einem
gegebenen Zustande entsprechen, wesentlich modifiziert wird,
einen Wert für die Entropie, welcher dem aus der Thermo-
dynamik abgeleiteten in jeder Hinsicht entspricht, einschließlich
derjenigen Glieder, die von den Konzentrationen der verschie-
denen Atomarten herrühren. Die Gibbs sehen Definitionen
dagegen, welche auf die Natur der Partikel gar keine Bück-
sicht nehmen, ergeben wieder dieselben Ausdrücke, die oben
berechnet sind, sie erteilen also zunächst keinen Aufschluß
über die Art, wie die verschiedenen Konzentrationen in die
additive Konstante des Entropieausdruckes eingehen. Will
man auf diesem Wege zu der thermodynamischen Form der
Entropie gelangen, so ist hier eine nachträgliche Ergänzung
der Definition der Entropie notwendig, und diese Eh*gänzung
kann nur dadurch geliefert werden, daß man zu den früher
betrachteten Komplexionen noch neue Komplexionen mit in
die Berechnung hineinzieht, indem nämlich nicht nur die Ko-
ordinaten und die Geschwindigkeitskomponenten, sondern auch
die Anzahl der verschiedenartigen Partikel des Systems inner-
halb gewisser Festsetzungen variiert wird. Diesen Schritt hat
Gibbs auch vollzogen im letzten Kapitel seines angeführten
Werkes durch die Einführung des „grand ensemble'' im
Gegensatz zu dem bis dahin allein benutzten „petit ensemble''^
wobei die Betrachtungen allerdings etwas verwickelt werden.
Immerhin gelangt man durch sie schließlich zu den bekannten
thermodynamischen Formeln.
Vergleicht mau nun an der Hand der angestellten Über-
legungen die Eigentümlichkeiten der verschiedenartigen Wege,
welche zur Gewinnung des Ausdruckes der Entropie einge-
schlagen werden können, so läßt sich bei der Boltzmänn-
schen und bei den Gibbs sehen Definitionen ein sehr wesent-
licher unterschied feststellen. Will man nämlich für ein im
stationären Bewegungszustand befindliches System mit ge-
gebenen Molekülzahlen y gegebenen Volumen und gegebener
Mech. Bedeutung der Temperatur und der Entropiß. 121
Energie die EDtropie nach Gibbs bestimmen^ so ist man ge-
nötigt, nicht nur die gegebenen Werte der MolekQlzahlen, des
Volumens und der Energie ins Auge zu fassen, sondern auch
unendlich yiele andere Werte aller dieser Größen mit in die
Rechnung hineinzuziehen. So hat man z. B.^ trotzdem das
Volumen gegeben ist, bei der Berechnung der Entropie stets
alle diejenigen Eomplexionen zu berücksichtigen, bei welchen
das System irgend ein Volumen einnimmt, das kleiner ist als
das gegebene. Und ebenso verhält es sich mit der Energie:
Dicht nur die gegebene Energie ist zu betrachten, sondern
unendlich viele andere mehr oder weniger weit abliegende
Werte der Energie. Dagegen hat man bei der Berechnung
der Entropie nach Boltzmann von vornherein und prinzipiell
nur diejenigen Eomplexionen zu berücksichtigen, welche mit
dem gegebenen Zustande in aller Strenge vereinbar sind. Un-
bestimmt und daher den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit unter-
worfen ist hier nicht, wie bei Gibbs, die Molektilzahl, das
Volumen und die Energie des ganzen Systems, sondern viel-
mehr die spezielle Komplexion, die mit den bestimmt vor-
geschriebenen Werten jener Größen vereinbar ist. Nach diesem
Gesichtspunkte beurteilt, erscheint die Boltzmannsche Auf-
fassung der Entropie beträchtlich einfacher und sachgemäßer.
Die endgültige Entscheidung der Frage nach der all-
gemeinsten und rationellsten Definition der Entropie kann aber,
wie schon in den einleitenden Worten dieses Aufsatzes hervor-
gehoben wurde, nur durch die Berechnung der Entropie für
solche Zustände geliefert werden, welche von dem wahrschein-
lichsten Zustande merklich abweichen. Für diesen Fall hat
nun Oibbs^ soviel ich sehe, überhaupt keine allgemeine Vor-
schrift gegeben, da er derartige Zustände nur insoweit be-
handelt, als sie sich aus stationären Zuständen zusammen-
setzen lassen. Die Boltzmannsche Definition dagegen reicht,
wie bekannt, ohne weiteres auch für Zustände mit ganz be-
liebig vorgeschriebenen Lagen und Geschwindigkeiten der
Partikel aus.
Daher glaube ich als Besultat dieser Untersuchung aus-
sprechen zu dürfen, daß die auf den ersten Anblick bestechende
Allgemeinheit, welche Gibbs der Fassung seiner verschiedenen
Definitionen der Entropie gegeben hat, indem darin auf die
122 M, Planck. Mech, Bedeutung der Temperatur etc.
Natur des betrachteten Systems gar keine Rücksicht genommen
wirdy erkauft ist durch eine Beschränkung ihrer physikalischen
Bedeutung, Für alle reversiblen Vorgänge werden die Gibbs-
schen Definitionen dieselben guten Dienste leisten^ wie mehrere
andere schon vorliegende Definitionen mehr formaler Natur.
Für irreversible Vorgänge dagegen, welche der Entropie erst
ihre eigentliche Bedeutung geben und welche allein den
Schlüssel zum vollen Verständnis des Wärmegleichgewichtes
liefern, erweist sich die Boltzmannsche Definition der En-
tropie unter allen bisher bekannten bis jetzt als die sach-
gemäßeste und leistungsfähigste.
Berlin, 24. Juli 1903.
(EiDgegangen 26. Juli 1903.)
123
18. The Law of Degradation of Energy as the
fandamental principle of thermodynamics.
Bj G. H. Bryan in Bangor (North Wales).
1. In most text books, the study of thermodynamics is
approached from a historical point of view being based on the
discoyeries of the Mayer-Joule principle of equivalence of
heat and work and Carnot's principle as modified by Clau-
siuB and Kelvin. Very few writers have attempted to present
thermodynamics as a purely deductive subject or to render it
independent of preconceived notions conceming heat and tem-
peratnre in the same way that rational mechanics has been
rendered independent of preconceived notions of mass and force.
But the study of abstract dynamics has led to such valuable
resolts in the interpretation of physical phenomena, that it
appears desirable that the fundamental principles of thermody-
namics should be presented in an equally formal manner. As
it is onnecessary to again traverse ground that has already
been covered by writers on dynamics, this is best done by
examining what modifications have to be made in the pro-
perties of an ideal dynamical System in order to obtain a
thermodynamical system.
It has for some time past appcared to me that the prin-
ciples of Cionservation and Degradation of Energy ailbrd the
best starting points for a treatment such as is here proposed.
In the present paper I propose to give an outline of the re-
solts at which I have arrived in working out this method, in
the hope that other workers may be induced to tum their
attention in the same direction more than they have done
hitherto.
2. D^baÜan of available Energtf, — The available energy
of a System subject to giyen external conditions is the maximum
amount of mechanical work that could be obtained from the
124 G. H. Bryan.
System by changes which do not violate the giyen extemal
conditions.
Tke Principles of Conservation and Degradation of Energy.
The total energy of any system is unaltered by the mutual
actions of its di£ferent parts.
The efifect of these actions may decrease, and can neyer
increase the amount of available energy present in the System
ander any given conditions.
3. Characteristics of a thermal System, There are certain
processes in nature such as the friction of fluids in which the
available energy of a body is absorbed by being transformed into
other forms of energy within the elements of which the body
is composed, and in such cases it is not always necessary to
assume that energy passes from one part of the system to
another otherwise than by the Performance of mechanical
work. Such processes could, however, be equally well and
more simply explained^ as is indeed often done in text-books^
by restricting the term "energy" to dynamical energy potential
and kinetic and replacing the principles of conservation and de-
gradation by an axiom of energy to the efifect that the energy
of a System tends to decrease and never to increase. In order to
take account of phenomena which cannot be explained by this
simple alternative, it seems inevitable that we should asstune
our Systems to be endowed with the property that energy can
flow from one system or part of the system to another other-
wise than by the Performance of mechanical work.
Further it is necessary that such transferences should
sometimes be accompanied by an irreversible loss of available
energy, for if this were not the case it would be possible by
a proper choice of generalised coordinates to bring the changes
in question under the principles of rational mechanics in which
case the transferred energy would assume the form of work
done by the Variation of the coordinates so chosen.
In thermodynamics itself we have an illustration of this
very point. So long as only reversible transformations are
concemed, the equations of thermodynamics are identical in
form with the equations of dynamics with the addition of a
further position coordinate (the entropy) and the corresponding
force-component (the temperature).
Law of deffradation of enerpy. 125
4. We are thas led to define a thermodynamical System
as one possessing the following properties distinguishing it from
the Systems considered in rational mechanics.
(1) Its total energy is not a fonction of the position coor-
dinates and the corresponding generalised velocity components
alone, but is capable of independent Variation.
(2) This Variation consists in transferences of energy
between different parts of the System or between the System
and other Systems^ in conformity with the principle of con-
servation of energ}'.
(3) These transferences of energy are distinguished from
those considered in rational dynamics in that they are gene-
rally accompanÜBd by a loss of available energy and are there-
fore, by the principle of degradation of energy, irreversible.
In the Systems of rational dynamics all energy is available and
all transformations are reversible.
5. Defbdtion of quantity of heat When energy flows from
one System or part of a system to another otherwise than by
the Performance of mechanical work through the Variation of
the Position coordinates^ the energy so transferred is called heat
If, then, the energy of a body increases hy dU while the
body at the same time performs mechanical work of amount
d Wj the body is said to receive a quantity of heat d Q defined
by the reUtion
(1) dq^dU+dW.
This relation thus affords a definition of '^quantity of
heat** absorbed or emitted by a body. It is to be observed
that we cannot speak of the quantity of heat contained in a
body because it is possible to make a body undergo cyclic
transformations in which energy is continuously given out in
the form of heat and absorbed in the form of work.
6. Candxtion of intemal heat equilibrium. It follows from
the principle of degradation of energy that any system sub-
jected to given extemal conditions will tend to assume an
eqnilibrium State in which the available energy is a minimum
tot variations depending on the flow of heat between the
different parts of the system, conformably to the given extemal
126 G. H. Brt/an.
conditions. When this is the case, the System may be said
to be thermicaUy homogeneous,
The State of a System may be variedy consistenüy with
the existence of heat-equilibrium between the parts of the
System either (a) by imparting energy in the form of heat to
the System as a whole in such a way as to maintain an equi-
librium distribution, or [b] by variations in the generalised
coordinates defining the dynamical state of the System.
It foUows that if the state of a thermically homogeneous
System is defined by n variables or generalised coordinates for
changes which involve no transmission of heat to or from the
System as a whole, then^ when such transmissions of heat are
taken into account, n + 1 variables will be required to define
the State of the System. Since the passage of heat to or from
the body involves gain or loss of energy, we may, in the first
instance, choose these n + \ variables to be the generalised
position-coordinates of the System and the energy U.
A transformatiou in which no heat is gained or lost is
called an adiabatic transformation, If x^, ^2> • • • ^n ^^® ^® gene-
ralised position-coordinates, A^ -i^, . . . X^ the corresponding
generalised force-coordinates, it follows that adiabatic trans-
formations are given by the diflferential equation
dU==:SXdx
connecting the n + l independent variables U, x^, x^, , . , x^.
In the case of a homogeneous fluid substance the state
will be completely defined either by the total volume F and
energy U or by the volume and energy of unit mass which
we shall call v, u. If p is the pressure, and we adopt the
former alternative, then since
-C-3
dQ = 0
Hence p is known when U, F are known and conversely
the State of the System is known when p and V are known.
For such a System the state may be completely defined by the
variables p and F or p and v instead of U and F or u and o.
By the new choice of variables, the transformations can be
Law of degradation of energy, 127
represented by an indicator diagram as is explained in text
books.
7. The Secand Law of thermodynamics, Let M and A' be
two independent thermically homogeneous Systems. If the
Btates of these Systems are such that their total ayailable
energy is decreased by the passage of a small qaautity of
heat from Äf to N, it foUows at once from the principle of
degradation of energy
(a) that heat can flow^ and, in general, tends to flow of
itaelf from M io N,
(b) that heat cannot be mado to pass from N to M without
snpplying available energy from without
If we define one System as being hotter or colder than
another according as the available energy of the two is de-
creased or increased by transporting a small quantity of heat
from the first to the second, statement (b) is identical with
the UBoal statement of the second law which asserts that heat
cannot pass from a colder to a hotter body without some other
change taking place.
8. Camofi Cycle. To transport heat from 3' to M where
M is hotter than S (according to the above definition) avai-
lable energy must be supplied from without. The simplest
way of doing this is by the familiär process of Garnot's
cycle reversed, in which an auxiliary body L is taken which
first receifes heat frt)m .\', and is then, by compression or
otherwise, brought to a State capable of imparting heat to A'.
To Bupply the available energy absorbed in a cyclic trans-
formation of the auxiliary body a balance of work-energy must
be supplied to this body in each cycle^ and by the principle
of conservation an equivalent amount of heat-energy must be
giten to the body M^ over and above that taken from A'.
We may thus suppose a quantity of heat dQ^f taken fn)m
Xf a quantity dQM given to M and a quantity of work
dA tm dQig -^ dQx performed on the auxiliary body during the
process.
The reterse process is the ordinary direct Carnut^s
cyde in which dQ^M is received from M, dQ'^f is given to ^\,
and work d Ä' ^ dQ'^ — ^^x is done by the auxiliary body
during the cycle.
128 O. H. Bryan.
By the well known proof of combining the direct and
reversed motions^ the principle of limited availability gives that
dA! dA
dQu —dQM
and therefore
dQN ^dQN ^^ dQfM ^dQu
d^M—dQu dQ^N—dQN
and by considering the limiting case where the combination
of the direct and reversed cycles is accompanied by no Iosb
of ayailability [assuming such a case possible) we get
^ ' \d Q'n ) maximum \äQlf)
mirumuM
9. Let each of these limiting ratios be written equal to
^MN for the bodies M and N. Then the following properties
are readily shown to be satisfied by the fimction T^y,
(1) Tmn is constant for the same two thermically homo-
geneous Systems in the same two states. It is therefore only
a function of the variables by which the states of the bodies
M and N are specified.
(2) TjfN is independent of the size of the Systems M and
N provided that they are thermically homogeneous. In the
case of homogeneous fluids, T^r^ is therefore a function of their
volumes and energies per unit mass, not of their total volumes
and energies.
(3) Tmn is equal to unity when heat-equilibrium exists
between M and N, it is greater than unity when heat can
flow of itself from ^ to iV^ and less than unity when heat can
only flow of itself from N io M,
(4) T^^xT^M=l'
(5) The ratio Tmk for two Systems u^fN, is equal to the
corresponding ratio ^Vj^' for any other two Systems ifj A',
of which Af is in thermal equilibrium with M and iV* is in
thermal equilibrium with N.
(6) Taking a third System P we have by comparing the
cyclo between M and N with a combination of two cycles
between M and P and between P and N respectively
(3) TjiN — ^Mp X Tpif = -ji—p-
Law of degradation of energy. 129
10. Temperature. Now let the System P be taken to be
a Standard System whose State is kept constanüy fized while
other Systems are compared with it Then it is no longer
necessary to specifjr.the State of P in the expression Tmp, and
we may therefore write Tm for T^p*
The expression Tm will then be a function only of the
▼ariables which define the State of the system M.
Tm is Said to be the absolute temperature of the body M
referred to P as unit of absolute temperature. If any other
body Q be substituted for P, the unit of absolute temperature
will be altered but the numerical measures of the tempera-
tures of all bodies will be altered in the same ratio.
The properties proved in the last article are identical with
the properties of temperature proved in treatises on experimental
beal We thus have a deduction of these temperature pro-
perties from the Principle of Availability^ which is independent
of any preconceiTed ideas regarding temperature.
11. Bntropy, The following results foUow at once by
the ordinary methods given in text books, and they need not
be discassed in detail in the present connection.
(1) If a body is surrounded by a medium whose temperature
T^iB % fimotion of the time only, then in any reversible cyclo,
ihe cyclio integral
(4) (/)f-0
where <f Q is the quantity of heat absorbed at temperature T.
(2) For reversibility there must be no loss of available
energy between the body and the medium, therefore at any
instant the temperature T^ of the medium is equal to the
temperature T^ of the body and we have therefore also
(41^)
(i)Vf-»-
(S) The last result holds even if the temperatures T^ and
T^ of the body and medium are unequal, provided that no irre-
vtrsAU ekanges occur withm the body itself. The transformation
18 then Said to be eonditionally irreversiblej the only irreversible
9
130 G. H. Bryan.
processes arising from the passage of heat between the body
and medium. For such a cycle we have therefore
<4b, (/)Vf=0 W.(/)f<0
(4) The entropy of a thermically homogeneous System,
t\ e a System whose temperature is a ftmction of the time
only is defined by
B
A
(5) The entropy of a System of bodies is defined as the
sum of the entropies of the parts of the System^ and hence
if the System consists of different parts M, iV , . . at tem-,
peratures T^, T^ . , .
(5a) ^««^e^+'L^v^ _^^
where d Qm is the whole heat received by the part M at tem-
perature Tu, whether this heat be received from outside or
from other parts of the System. The only limitation to this
Statement is that no irreversible changes must occur within
the separate portions Jtf, N.
(6) Where the temperature varies from point to point the
summation of the last case must be replaced by an integral,
and we shall write the resulting equation
(5b) "^^^f
dq
dm
where d(^ dm is the quantity of heat absorbed by the dement
dm when its temperature is T. In this notation dQ' will
stand for quantity of heat absorbed per unit mass in the neigh-
bourhood of the point whose temperature is T, and the sign
of integration will refer to the various mass elements of the
body.
(7) The equation holds good provided only that no irre-
versible or discontinuous changes occur in the interior of the
mass elements dm. Where such irreversible changes occur it
Law of deffrculation of energy. 131
is usuallv if not always possible to connect the initial and
final States by a reversible continuons series of transformations,
and the difference between the entropy of the initial and final
States will then be defined to be the same as would be pro-
daced by these reversible transformations.
This or its equivalent is the only possible definition of
entropy consistent with the assumption that the entropy of
the System at any instant depends only on the State of the
System at that instant and not on its previous history. If this
assumption were not made the theory of thennodyuaniics
wonld involve the consideration of changes of entropy of a
porely arbitrary character corresponding to no real physical
phenomena.
12. DeducHon of the fundamental equations, We shall uow
show how the principle of degradation of available energy can
be used to obtain the conditions of eqnilibrium and stability
of a thermodynamical System, without making use of Clauäius'
inequality. To do this it is only necessary to construct cx-
pressions for the available energy of the System subject to the
given extemal conditions, and we shaU consider the foUowiiig
cases.
System surrounded by an indefinite medium of uniform tem^
fßerahtre 2J, and preseure p^. We do not suppose the System
to have attained its eqnilibrium State, so that its pressure and
temperatore are not necessarily the same as those of the medium.
Let the system consist of r parts characterised by the sufiixes
l, 2, . . r and suppose for the sake of simplicity that the statc '
of the rth part is fuUy specified by the variables p^, T , T^,
S^f U^t of which only two are independent.
Then if a quantity dQ^ of heat bc withdrawn from the
rth part, it foUows from above that a quantity of at hast
dQ^X T^l^r ^^' ^*^® *^ ^® given to the medium, and hence
that the maximum amount of mechanical work derivable froni
Moreover when the volume expands by an aniouut ff f\,
against the extemal pressure the amuuut of work duuo is
*\*
132 G. H. Bryan.
Pr^Pü) ^^r' Heace the total amount of available energy of
the rth portion is measured by the integral
(6) A^ =/''«r(l - I) +fiPr-Po)dK'
The quantities ander the integral signs vanish and change
sign when T^= Tq, p^=p^ hence the maximum amount of
mechanical work is obtained when the System is broaght to
temperature T^ and pressure p^.
Now ^Q^= — 7|.rfiS^, hence the integral representing the
available energy of the whole System becomes
-2/(2; - T,)ds^ + ^j(p^-p,)dr^.
But by the equations of thermodynamics
(7) dU^=TJS^-p^dr^.
Hence the total available energy is
./ = - ^^{du,-T,ds^ + p,dr^)
taken from the initial State to the State T^Pq
where UJ^, SJ^, V^ refer to the rth body in the final State
(TJj, p^. This expression gives on summation
(8) A^{V-V^)- T, (5 - 5„) + p, (F- V,).
It foUows from this expression that if
U-T,S + p,r>V,-T,S,+p,V,
the System can pass from the State [V, S, F) to the state
[Uq, Sq, rj but cannot pass in the reverse direction unless
available energy be supplied from without. This condition
is therefore the condition that the state [UqSqFq) should be
one of stable equilibrium, a well known result
13. System surrounded by an envelope of invariable volume
Vq kept at constant temperature Tq. In this case the differential
of the available energy is given by
(9) dA=-^{T^-T,)dS^ + ^p^dF^
and the condition of constancy of volume gives
(10) ^dF^=^0.
LcoD of degradatwn of energy. 133
The State of minimum available energy is thus defined by
for all variations consistent with ^dV^^O.
It foUows that for this State
^r = ^0' Pl =Pi • • • =/^r =7^0 (Say)
dU^=T^dS^^p^dF^,
dA^^^dU^ + T.^dS^,
and since
we have
whence
A = 2(C; - r, 5,) - :£{U:> - T, 5,0)
(11) ^U-U^-T,[S-S^)
leading as before to the well kiiown result that for stable
equUihrium in the State U^^ S^ we must have for all possible
variations Uy 8,
We also notice that when the temperature of the System
itself is Tq its available energy becomes the free euergy of
von Helmholtz.
14. System enclosed in a rigid envelope impervious to hent.
As in the last case the work done by the oxpansions of the
different parts of the System is equal to
To estimate the available energy which can be converted
into work by the transference of hcat between different parts
of the System, assume an auxiliary body at temperature 7^,
and in the first place suppose heat is transferred between the
varioQS bodies of the System and the auxiliary body by means
of Carnot's cycles.
1£ dQ^ is taken from the rth body then a quantity of
heat dQ^x TqJT^ is giveu to the auxiliary body and the
amoont of work done is dQ^{l — T^jT^)»
If the total quantity of heat receivod in any intorval bv
the aaziliary body is made equal to zero, the auxiliary body
may be removed and the conditions will be those of a systeni
134. G. H. Bryan.
completely closed from outside inäuence. Equating to zero
the heat received by the auxiliary body we have
(12) o = 2'^«r| = ^02*^-5, = 2;rfÄ
whence
S = constant
and the maximum work obtainable under this condition is
= 2/(''<2r + Prrf';)-
Since d Q^ here represents heat taken from the rth body
instead of heat given to that body, dQ^ is equal and of op-
posite sign to the ordinary dQ oi thermodynamics, and there-
fore dQ^ + p^dF^= — dU^, and the expression for the available
energy becomes
(13) A^^^JdU^^ ^ ^dV^U^U, (say)
the Integration being made along an isentropic path from the
given State to the State in which the energy V^ is a minimum
sabject to the condition of constant entropy.
The condition for stable equilibrium requires that the
available energy shall be a minimum, and therefore that the
total energy U shall be a minimum for variations which keep
the entropy S constant This is one of the two alternative
conditions of stability of an isolated System given by Gibbs.
15. Clausius' principle for irreversible iransformations. Let
any System be isolated from all extemal influences for any
given interval of time. If the parte of the System are not in
equilibrium amongst themselves, changes will occur in the
internal State of the System^ and the principle of degradation
of energy states that these changes will be of such a character
as to decrease and never to increase the available energy which
the System would have when subjected to given extemal con-
ditions.
Now we have obtained for the available energy of a System
in the presence of an indefinitely extended medium at tem-
perature T^ the forms
A = {U- T, S + P„ F) - (U„ - T, S„ + P, r,)
Laxo öf fhgrndation of energjß. 1;J5
according to whether the pressure of the medium or the
Tolume of the System is kept constant
For changes which take place in the interior of the System
alone, the total energy U and the volume V remain constant
The only quantity which can vary is the entropy S, and we
see that the changes of entropy and available energy are con-
nected by the relation
(14) SA^--T^SS.
Since Ä tends to decrease iS tends to increase, and hence
we haye a proof of Clausius' principle according to which
the entropy of a System is increased by irreversible changes
occoring in the interior of the System. We also have, what
is important^ a physical interpretation of this gain of entropy,
namely that it is equal to 1 / 7^ times the decrease in the
amount of available energy which the system would possess in
the presence of a medium of temperature T^^.
Conversely the loss of available energy of the system due
to internal changes is equal to T^^ times the increase of entropy,
and is therefore proportional to T^y The total available energy
of the System in presence of the medium of temperature 1\
is not necessarily proportional to T^ since the state for which
the available energy vanishes is not independent of the tem-
perature T^.
16. Conclusions. We have thus shown
1) that the fundamental laws of thermodynamics may be
deduced from the Principles of Conservation and Degradation
of Energy without assuming any preconceived notions regarding
heat and temperature, and with the simplest possible assump-
tioDs'as to" the~general character of the phenomena;
2) that the conditions of equilibrium and stability appli-
cable ander different conditions can be deduced from coii-
sideraiions of available energy as easily as from the entropy-
inequality, and more directly.
The great disadvantageofstartingwith theeutrttpy-inequality
is that it is difficult to form a clear conception of the iiieaning
of entropy. On the other band the methods here suggosted
136 G. H. Bryan. Law of degradaüon of energy.
have the disadvantage that available energj is not a definite
quantity but its amount may be varied by varylng the extemal
conditions. Thus while any given irreversible change inyolves
a definite gain of entropy, the conseqnent loss of available
energy in the presence of a medium of temperature T^ would
be proportionally reduced by substituting a proportionally colder
medium. Owing^ however to the importanoe of available energy
from a physical or practical point of view it appears desirable
that this very indeterminateness should receive prominent con-
sideration in treating of the elementary principles of thermo-
dynamics. It is oniy in this way that a clear understanding
can be arrived at as to the ultimate influences of irreversible
phenomena on the progress of events in the TJniverse.
(Eingegangen 27. Joli 1903.)
137
19. Znr Definition der spezifischen Ionen-
geschwindigkeit
Von Heinrioh Mache in Wien.
J. J. Thomson hat für die spezifische lonengeschwindig-
keit die folgende Formel aufgestellt Es bedeute «/m das
Verhfiltnis zwischen Ladung und Masse des lons^ A seine
mittlere Weglänge^ und c seine molekulare Geschwindigkeit,
dann ist
= — - ^
Diese flir die Elektronentheorie grundlegende Formel wurde
bereits zu wiederholten Malen in der Weise verwendet^ daß
man f&r c die mittlere molekulare Geschwindigkeit d oder
die Wurzel aus dem mittleren Gteschwindigkeitsquadrat Vc'
einf&hrte and auf diese Weise zu einem Mittelwert für u ge-
langte, der aber dann in einer von der üblichen völlig ver-
schiedenen, der Natur der behandelten Aufgaben nicht ent-
sprechenden Weise gebildet erscheint und daher quantitativ
unrichtige Besultate ergeben muß; denn es ist ja der so er-
haltene Mittelwert weder ü noch auch \v}.
Es hat nun E. Biecke im 66. Bande der Annalen der
Physik flir die spezifische lonengeschwindigkeit die Formel
angestellt Die Ableitung ist etwas kompliziert und der Zu-
sammenhang mit der Thomsonschen Formel nicht ersichtlich.
VieUeicht ist es daher nicht ohne Interesse nachzuweisen^ daß
anch die Thomson sehe Formel bei richtiger Mittelwertsbildung
auf nahezu den gleichen Koeffizienten führt, wie er sich aus
der Rieckeschen Betrachtung ergibt
Die Ableitung der Thomsonschen Formel ist einfach
und durchsichtig. Die Zeit, welche von einem Zusammen-
stoß des Ions bis zum nächsten verfließt, sei x ^Xjc W&h-
138 H. Mache.
rend dieser Zeit steht das Ion unter dem freien Einflüsse des
Feldes F^ legt also in dieser Zeit mit der Beschleunigung
Y^-F
' m
den Weg
r , eF l*
2 2 m c«
in der Eichtung des Feldes zurück und würde somit in einer
Sekunde, falls sich nicht bei jedem Zusammenstoß die mole-
kulare Geschwindigkeit änderte, im ganzen den Weg
1 eF X
$•— =
T 2m c
zurücklegen. Es ist also für das Einheitsfeld
1 e l
11=: . « .
2 m e
Wir können nun, wie dies in der Gastheorie ja allgemein
üblich ist, X, die Weglänge des Ions, als von der Temperatur
und somit auch von der Geschwindigkeit c unabhängig be-
trachten. Dann läßt es sich aber leicht nachweisen, daß der
Mittelwert von A/c dem Produkte aus den Mittelwerten von
l und 1/c gleich ist^) Es wird also auch der Mittelwert von
u durch das Verteilungsgesetz der molekularen Geschwindig-
keiten eindeutig gegeben sein. Die Zahl der Teilchen, deren
molekulare Geschwindigkeit zwischen c und c + de liegt, ist
nach Maxwells Gesetz gleich
_^- c^e "^ de,
a^yn
1) Fassen wir nämlich aus der sehr großen Zahl N der verschie-
denen X/e diejenigen heraus, welche im Zähler das gleiche X, etwa Xi,
aufweisen und nennen wir ihre Zahl n^ , definieren wir femer in gleicher
Weise A,, n,, A,, n, etc., so wird:
fii ^J e n^ ^J c fi( ^^ c
Da aber l und c voneinander unabhängig sind, so ist auch
-2-= ' 2- = -2-= ••• = ;!r2- = P)-
Hieraus ergibt sich dann die Richtigkeit unseres Satzes.
Spezifische Tonengeschcindiffkeit 139
worin a die wahrscheinlichste Geschwindigkeit bedeatet und N
die Zahl der Teilchen ist, welche in der Volumeneinheit ent-
halten sind. Es ist weiter nach Thomsons Formel
de ^ 1 — du
el
und somit die Zahl der Teilchen^ deren lonengeschwindigkeit
zwischen u und u + du liegt, gleich:
Multiplizieren wir diesen Ausdruck mit u, integrieren von 0 bis
00 und dividieren durch iV, so erhalten wir ü, multiplizieren wir
hingegen mit u^, integrieren von 0 bis oo, dividieren durch N
nnd ziehen aus dem Resultate die Wurzel, so erhalten wir Vu* .
Eis ist also:
4 a»i» fl -tS^U ^ 2 ei f _,«,
ft — ~ I -^e *■»'«'•*' du = ; - I xe dx
0 0
= — * A
Ersetzt man die wahrscheinlichste Geschwindigkeit a durch
die mittlere ö nach der bekannten Formel
80 wird auch:
ö=^-- ..^ und fu-^]/^ V^
Der Koeffizient 2/;r = 0,637 unterscheidet sich also nur
wenig von 0,667, dem Koeffizienten der Ri ecke sehen Formel.
Auch den wahrscheinlichsten Wert der lonengeschwindig-
keit wollen wir noch berechnen. Wir haben zu diesem Behüte
nur den Ausdruck, welcher uns die Zahl der Teilchen gibt,
deren Tonengeschwindigkeit zwischen u und u + du liegt, nach u
140 H, Mache, Spezifische Tonengeschwindigkeit.
zu differenzieren, den erhaltenen Ausdruck gleich Null zu setzen
und nach u aufzulösen. Wir erhalten so:
77— 1 e X ^ 1 B l
2 }/2" m ff |/27r m c
Führt man diesen wahrscheinlichsten Wert in das Ver-
teilungsgesetz der lonengeschwindigkeiten ein, so läßt sich das-
selbe auch in der Form schreiben:
TP -
e «*• du.
In allen Formeln für die lonengeschwindigkeit bedeutet
jetkt A den arithmetischen Mittelwert der Weglänge und a den
der Geschwindigkeit In allen erscheint der Ausdruck
e/m.A/a. Von den in ihm enthaltenen Größen sind drei,
nämlich 6, m und a durch die Natur des Ions und durch
die Temperatur bestimmt Von dem Gase, in dem sich das
Ion bewegt, erscheint somit u nur insoweit abhängig, als X
hievon abhängt. Bezeichnen wir mit A die mittlere Weg-
länge des Gasmoleküls, so schwankt, welche Größe wir auch
immer dem Ion zuschreiben, der Wert von X zwischen Null und
AA. Die hohen Geschwindigkeiten, welche die Träger der
Eathodenstrahlen aufweisen, würden also zur Annahme nötigen,
daß gegenüber diesen allerdings als sehr klein angenommenen
Teilchen die Moleküle des Gases sich so verhalten, als ob sie
bis zu einem gewissen Grade durchdringbar wären. Auch die
hohen Werte, welche die mittlere Weglänge der Elektronen
nach den Berechnungen Pattersons^) in Metallen annimmt
und welche von derselben Größenordnung sind, wie die mittlere
Weglänge der Gase bei Atmosphärendruck, scheinen dafür zu
sprechen.
1) J. Patterson, PhiL Mag. (6) 3. p. 643. 1902.
(Eügegangen 28. Juli 1903.)
141
20. Gibt es unendlich große Geschwindigkeiten?
Von Ludwiff Matthieflsen in Rostock.
Wenn es sich um Oeschwindigkeiten fortbewegter Massen
handelt, so wird man die gestellte Frage jedenfalls mit fiein
beantworten müssen, sowohl was terrestrische als auch kosmi-
sche Bewegungen anbetrifft. Bei Bejahung der Frage würde
man auch die Möglichkeit unendlich großer Kräfte annehmen
müssen. Es kommen jedoch unendlich große Geschwindig-
keiten bei Erscheinungen vor, welche auf dem Gebiete der
Interferenzen liegen. E^ mögen hier derartige Fälle behandelt
werden.
Wenn man mit Hilfe zweier uuisoner Stimmgabeln auf
Quecksilber oder irgend einer anderen Flüssigkeit zwei sich
durchkreuzende Kreiswellensysteme erregt, so beobachtet mau
bekanntlich stehende hyperbolische Interferenzlinien, deren
Scheitel in der Verbindungslinie der Erregungszentra liegen.
Daneben treten aber zugleich fortschreitende Wellen auf ellipti-
schen und hyperbolischen Interferenzlinien auf^ deren Bewegung
wir yerfolgen wollen.
Wir setzen voraus, daß jene Transversal wellensysteme eine
gleiche und konstante Wellenbrcite k, gleiche und konstante
Amplituden a und eine gleiche konstante Geschwindigkeit c be-
sitzen; femer daß die Vibrationen in den Zentren I und II
gleichzeitig und gleichsinnig erfolgen, die Zcntra um eine
gerade Anzahl von Wellenbreiteu voneiuander entfernt sind.
Bezeichnen l^ und /, die rad. vect irgend eines Moleküls P
der erregten Niveauiläche, so sind die partiellen DeviatioiK>ii
zur Zeit t von der Ruhelage angerechnet
y, =asin2ji(~--J-), y, = a8iu27r(J - J),
also die gesamte Deviation
^' = yi+y, = 2flC0s;r '^ ^ '' sin2>T (J, - ^Y^ '
Die resultierende Amplitude ist also
Die BdBultante verschwindet für
/, - ^ = -^^ l , (feste Hyperbeln S) ,
außerdem fUr
'i + ^ = ± [m Jl - 2 A ~] , (fortschreitende EUipsen C).
Zwischen den ersteren liegen andere feste Hyperbeln /
von der Gleichung
also
coe n ^-^ =±1, A= ±2a.
Daraus resultiert
" 21 }
r= ±2fl8in2H
Auf diesen Hyperbeln schreiten demnach peripherisch
Wellen fort und zwar mit abnehmenden Wellenbreiten und
Geschwindigkeiten. Die variahle Geschwindigkeit sei v; ist
dann e die Geschwindigkeit der Elementar wellen, m der Winkel,
welcher die Tangente eines Punktes P des hyperbolischen Wellen-
Strahles J mit seinen rad. vect ^ und l^ bildet, r die lilnge der
Tangente bis zur Zentrale I II, so findet man
Unendlich große Geschwindigkeiten, 143
folglich
worin <f die Distanz der Vibrationszentra bezeichnet.
Nun ist im Anfangspunkte der Bewegung des Wellen-
strahles ^ also in der Zentralen^ sowohl cosq> = 0^ als auch
T = 0 und (/j + /j)* — i/* Ä 0; folglich die Anfangsgeschwindig-
keit t; s 00. Für unendlich entfernte Punkte P wird, wenn tt
den Asymptotenwinkel bezeichnet
d , d
1, ■■ T — ~ cos a , /j = T + — cos a ,
mithin
Lim t; = 2 cl/r* cos «- : yi r^ — rf*
und wegen r » oo, Lim v = c.
Ist nun X die Wellenbreite des hyperbolischen Wollen-
strahles in P, so ist auch
cos fli = Ä:i/, t;:j& = c:As=n.
Handelt es sich um monochromatische Lichtwellen, deren
Schwingungsebenen auf der Niveaufläche senkrecht stehen, so
wird ihre Farbe in den betreffenden Richtungen nicht ver-
ändert Bei Schallwellen sind die Verhältnisse ähnlicher Art;
nur unterscheiden sie sich von dem Verhalten der Transversal-
wellensysteme insofern, als bei den Schallwellen jene hyper-
bolischen Wellenstrahlen abwechselnd Longitudinal- und Trans-
Tersalwellen sind. Die Tonhöhe wird in den ersteren nicht
yerändert; die letzteren überhaupt nicht gehört Ein homo-
loges Verhalten findet bei Interferenzen von monochromatischen
Lichtwellen statt, bei denen die Elementarwellen senkrecht
gegeneinander polarisiert sind. Es treten zirkuläre und ellip-
tische Schwingungen, transversal und longitudinal schwingende
Wellenstrahlen auf. In diesem Falle wird ebenfalls die Farbe
nicht geändert und zwar in den Transversalwellen; die Longi-
tudinalwellen sind überhaupt nicht sichtbar.
Wir wollen der Allgemeinheit wegen auch noch den Fall
betrachten, wo mit verschieden gestimmten Stininigaboln Wollen
▼on verschiedener Breite und Geschwindigkeit auf der Niveau-
144 L. Matthiessen.
fläche einer Flüssigkeit erregt werden. Für diese hydrodynami-
schen Wellen ist nach William Thomson
c* = -y-T, n^A'=5Const
Es tritt dahei; wieLissajous zuerst beobachtete^ eine so-
genannte Wanderung der Interferenzlinien ein.*) Es treten dabei
die i>-Kurven auf, auf welchen sich die seitlichen Wellen fort-
bewegen. Ihre Gleichung ist
i- - ^ = 2^<^('H + "*) - "•("» - "«)' = -2^« = '^'^
Auf diesen Kurven schreiten also die seitlichen Wellen
fort und sie sind ebenso wie die Interferenzlinien B und C
Cartesische Ovale. Dieselben laufen also von der Zentrale
aus und kehren an einer anderen Stelle in dieselbe zurück.
Um die Orter dieser beiden Punkte auf der Zentrale zu
finden, führen wir rechtwinklige Koordinaten y. und x ein.
Es ist dann
Für y = 0 erhält man
Um die Richtung der Bewegung der Wellenstrahlen D in
diesen Punkten zu erhalten, diflferenzieren wir die vorige
Gleichung. Es resultiert
Für y = 0 ergibt sich daraus
dy _ J^(d^x){}^ +^ _
dx y[X,d-{l,-[')^)x] "^•
Der betreffende Wellenstrahl geht also senkrecht zur Zentrale
aus und kehrt in derselben Weise zur Zentrale zurück.
Die Fortpflanzimgsgeschwindigkeiten der Interferenzwellen
auf den i>-Kurven werden nim bestimmt durch folgende Re-
lationen:
u.
1) L. MatthieBsen, Wied. Ann. 32. p. 689. 1887.
Unendlich große Geschwindigkeiten, 145
dl _ ^k _
dt ""^^ dt ^^^'
BE dl dly
d i cos ad t C08 ^ d ^
Für den Ausgangspunkt wie für den Eückkehrpunkt auf der
Zentrale sind nun a und /} = 90^ also wiederum v = cc.
Ähnliche Verhältnisse treten auf, wenn ein Kreiswellen-
system von einem Fokus eines Kegelschnittes auslaufend an
der Kurve z. B. einer Parabel reflektiert wird. Die Elementar-
wellen werden an der Parabel als geradlinige der Directrix
parallele Systeme reflektiert. Ist die Entfernuug irgeud eines
Punktes P von der Directrix gleich /j, vom Fokus gleich l^, so
ist die Bedingung der Interferenz
/j — /, = ^ l (feste Parabeln).
Dazwischen in der Mitte liegen die parabolischen Wellen-
strahlen
/j — i^ = n A .
Dann ist weiter
v = c : cos (0 ^ c —■ .
r
Für die axialen Ausgangspunkte der Interferenzwellen ist
o) «■ 90® und T = 0, also v = oo. Für unendlich entfernte
Punkte P ist T =s 2 i^, also Lim t; = c. Da auch Z = A : cos ct>
ist^ so ist für unsem Fall für jeden beliebigen Punkt P
vrZ = c: A = n.
Mithin wird in den Wellenstrahlen bei Licht- wie bei
Schallstrahlen die Farbe und die Tonhöhe nicht verändert
Rostock, 15. Juli 1903.
(Eingegangen 29. Juli 190S.)
BoltnBUiB-F«ttMfaria 10
146
21. Ans der Statistik
der Prflfnngsstelle fflr Normalstimmgabeln in Wien.
Von Anton Iiampa in Wien.
Die mit dem I. physikalischeo Institut der Wiener Uni-
versität verbundene Prüfungsstelle für Normalstimmgabeln hat
bis jetzt rund 16000 Stimmgabeln verifiziert In den ersten
Jahren wurden die Schwingungszahlen der als richtig befun-
denen Gabeln (zulässige Fehlergrenze ± 0,5 g. Schw.) proto-
kolliert Das Protokoll umfaßt 8000 Stimmgabeln. 5449 Stück
dieser Gabeln stammen von einem Erzeuger (Feinzeugschmied
J. Desort in Wien), welcher die Abstimmung aller dieser
Gabeln nach einer von der Prüfungsstelle abgestimmten Normal-
stimmgabel vorgenommen hat; diese Gabeln erscheinen hier-
nach als ein geeignetes Objekt für eine statistische Unter-
suchung betreffend das Verteilungsgesetz der Schwingungszahlen.
Eine Aufzeichnung über die Schwingungszahl jener Gabel, nach
welcher der Erzeuger die übrigen Gabeln gestimmt hat, ist
nicht vorhanden, da deren Abstimmung noch vor der Akti-
vierung der Prüfungsstelle stattfand. Eine Nachprüfung heute,
nach zwölf Jahren, wäre zwecklos; jedenfalls wird die Schwin-
gungszahl dieser Gabel nahe an 435 gewesen sein.
Aus dem Protokoll wurde die nachstehende Tabelle I zu-
sammengestellt; die Schwingungszahlen sind hierbei auf
Hundertstel angegeben, wozu noch weiter unten eine Bemerkung
gemacht werden soll
Die größte Zahl von Gabeln, 268, entfällt zufällig auf die
Schwingungszahl 435, das Mittel der Schwingungszahlen aller
Gabeln liegt dieser Zahl ziemlich nabe, es beträgt nämlich
434,981. Nimmt man für die weitere Rechnung der Einfach-
heit halber das Mittel = 434,98 und berechnet die miiüere
Au* der Statistik der Prüfung$stelle für Normalstimmgabeln. 147
Abweichung E (Wurzel aus dem Mittel der Quadrate aller Ab-
weichungen), 80 lindet man
^1 = '^^fy = 0,042024 , i? = ± 0,205 ,
5449 ' -u > 7
während die durchschnittliche Abweichung (das Mittel aller
Abweichungen ohne Rücksicht auf das Zeichen)
€= ^®*'^^ = 0,16416 ist
a449 '
Tabelle I.
o> e CS 'S
''^ 11
^1
484,91
92
9H
94
95
96
97
98
99
435
435,01
02
03
04
05
06
07
08
09
10
|5
8
50
52
33
128
44
58
79
4
188
22
98
90
47
192
67
182
95
6
176
^^
O
a-S
0) a
II !::
tS^
120
10
268
9
58
51
49
178
58
81
127
7
142
14
435,11
9
98
12
66 ,
111
18
72 '
68
14
54
202
15
132 '
120
16
67
183
17
60
24
25
26
27
28
29
80
,5 a «
485,31
82
88
34
35
36
87
88
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
58
57
47
70
46
52
41
9
54
1^
10
85
83
19
86
18
18
41
12
49
11
28
12
10
10
6
2
2
0
n
Nach einem Satze von Cornu^ ist der Quotient 2/>^/e'
gleich der Zahl n^ wenn die Abweichungen einer Reihe von
* Cornu, Annales de rObservatoire de Paris \X 1870). Vitcnso
da Im liuni^, p. 820. (Vgl. Violle, Lehrbuch der Physik. DeuUche
Auigabe 1. p. 85.)
10*
148
if. LampcL
Zahlen von ihrem arithmetischen Mittel dem Gesetz der zu-
fälligen Fehler Genüge leisten. Man findet nun hier
2Jg?« 457,9862.6449 o^^nao
~?~" ~~b94;M^ ==^'^^^^^'
welche Zahl sich von itt = 3,14159 um 0,02397 unterscheidet
Die Verteilung der Schwingungszahlen entspricht also dem
Gesetz der zufälligen Fehler.
Die Tabelle I zeigt nun eine ziemlich sprunghafte An-
ordnung der Anzahlen der Gabeln. Diese rührt jedoch davon
her, daß jede Gabel, wenn es angeht, nur einmal beobachtet
wird, nachdem es sich ja bei der Verifikation bloß um die
Feststellung handelt, ob die Gabel innerhalb der zulässigen
Fehlergrenze liegt Die Abrundung auf Hundertstel bringt
dann eine weitere Bevorzugung einzelner Schvringungszahlen
mit sich,' die in der Tabelle zum Ausdruck kommt. Ein
wesentlich anderes Bild erhält man aber, wenn man die Inter-
valle größer wählt, etwa 0,1 Schwingimg. Bezeichnet man die
Abweichungen nach der Richtung der kleineren Schvringungs-
zahlen als negativ, jene nach der Richtung der größeren als
positiv, und bildet die Intervalle 0—10, 11—20, 21—30,
31 — 40, 41 — 50 Hundertstel von dem Mittel der Schwingungs-
zahlen 434,98 aus, auf welches 120 Gabeln entfallen, so erhält
man folgendes Bild der Verteilung:
Tabe
lle n.
Intervall
Zahl der Gabeln
+ '
Im
Sinn
+ und —
0-10
879
1028
1902
11—20
694
914
1608
21—80
540
483
1028
81—40
273
302
575
41—60
187
84
221
0—50
2523
2806
5829
Die Zahl der Abweichungen nach der negativen Seite ist
größer, als die nach der positiven, was vielleicht auf einen
Zufall bei der Herstellung zarückzuführen ist, der sich bei
der betrachteten Zahl von Gabeln noch nicht gleichmäßig
geltend macht Nachdem der Erzeuger stets größere Sätze
von Gabeln auf einmal herstellt und die einzelnen Gto^beln jedes
Ahm der Siaiistik der PrüßangssteUe für Normahtimmgabeln. 149
Satzes möglichst gleich macht, würde eine gleichmäßige Ver-
teilnng der Abweichungen erst bei einer viel größeren Zahl
von Gabeln zu erwarten sein, wo die Zahl der vor der Ab-
stimmung höheren und vor der Abstimmung tieferen Gabeln
ungeAhr gleich sein würde. Immerhin zeigen die beiden Al>-
weichungsreihen gleichen Gang. Für die Aufstellung des Ver-
teilungsgesetzes wird man sich aber zweckmäßig nur auf die
Absolutwerte der Abweichungen, also auf die letzte Kolumne
der Tabelle IE beschränken. Diese Zahlenreihe läßt sich nun
annähernd durch die Gleichung
darstellen, wenn man die Anzahl der Abweichungen y dem
Mittel der Interralle in Hundertsteln, also x = 5, 15, 25, 35, 45
zuordnet.
Man erhält so die folgende
T
abelle III.
Intfirvall
Zahl der Gabeln
beobachtet
berechnet
0-10
1902
1908
11—20
1608
1557
21—80
1028
1042
31-40
575
578
41-60
221
257
0-50
5829
5887
Durch die Verteilung der Schwingungszahlen der Gabeln
wird also das Gesetz der zufälligen Fehler bestätigt
(Eingegangen 29. Juli 1908.)
150
22. Dd röle des corpnscnles dans la formation da
faiscean anodiqne des tnbes ä gaz rar6fi6s.
Par H. Fellat k Paris.
La difförence trcs grande dans Taspect du faisceau ca-
thodique et du faisceau anodique des tubes de Geissler
pourrait faire croire que^ si le premier est du au mouTement
des corpusculeS; ou ions n6gatifs^ le second provient du mou-
vement des ions positifs. Tel n'est pourtant pas Tavis de
J. J. Thomson^ qui a ötö amenö ä penser que le faisceau
anodique lui-meme est du au choc des corpuscules sur le gaz;
la laminescence rösulterait de ces chocs et de la dissociation
en ions qui en serait la consöquence.^] Les exp^riences qui
fönt Tobjet de ce Memoire me paraissent foumir une preuve
döcisive de la justesse de la maniere de voir de J. J. Thomson.
Si Ton place un tube de Geissler, de forme cylindrique,
perpendiculairement aux lignes de forces d'un champ magoö-
tique assez peu intense pour que les ph6nom^nes de magn^to-
friction ne se fassent pas encore sentir^, il se produit le
Phänomene bien connu de la döviation du faisceau anodique.
II m'a sembl6 que la forme que prend le faisceau d^viö per-
mettrait de döcider facilement si la luminescence du gaz suit
la trajectoire que la th^orie assigne k la marche des corpus-
cules ou ä Celle des ions positifs, ou encore participe de Tune
et de Tautre.
Ce Memoire sera diyis^ en deux parties: dans la pre-
miere, je chercherai la forme thöorique de la tngectoire des
ions positifs ou des ions n^gatifs soumis a la fois k un champ
^lectrique et a un champ magn^tique; dans la deuxieme, je
comparerai le r^sultat de la thöorie avec ce que donne l'exp^-
rience pour la luminescence du faisceau dövi^.
1) J. J. Thomson, Phil. Mag. 5* s^rie. 50. p. 282. 1900.
2) H. Pellat, Journ. de Phys. 4*^ s^rie. 2. p. 241. 1903.
Ptfrmation du faisceau anodique, 151
I.
Je commencerai par chercher la forme de la trajectoire
d'un point ^lectrisä plac6 Beul dans un espace oü r^gne k la
fois nn champ 61ectrique et un champ magn^tique, ces champs
ötant uniformes et leurs lignes de forces rectangulaires, le
point p4n6trant brusquement dans le champ avec une vitesse
parall&le au champ ^lectrique. Ce calcul a döjä öt6 indiqn^
par J. J. Thomson^); mais je crois n^cessaire de Texposer
ici, tel que je Tavais fait avant de connaltre le travail du
physicien anglais, pour Tintelligence de ce qui va suivre.
En assimilant un courant ä une file de particoles de
meme Charge 61ectrique e se suivant avec une vitesse commune v,
les lois de TEHectromagnötisme conduisent aisöment k voir
qa*une de ces particules, en se d^plagant perpendiculairement
aox lignes de forces d'un champ magn6tique d'intensit^ //) est
soamiae k une force normale au plan d^terminö par la direction
de son döplacement et par celle du champ, dirig^e k la gauche
d'un obser?ateur regardant dans le sens du champ et tel que
le döplacement aille de ses pieds ä sa tete, si la Charge est
positiTe, yers la droite de cet observateur, si la charge est
n^gaÜTe, l'intensitö de cette force ötant doonöe par f^evH.
Soient 0 X et OY deux axes de coordonnöes rectangu-
laires, le premier dans la direction et le sens du champ
flectrique, le second perpendiculaire ä la fois aux lignes de
forces des deux champs 61ectrique et magn^tique. D^signons
par X et par y les coordonn^es au temps t d'un point ölectris^
de masse M et de charge 61ectrique e animö d'une vitesse
dans le plan XOY. D*apr^s ce qui vient d'etre exposö, ce
point est soumia de la part du champ magn^tique, supposö dans
le sens d'avant en arri6re, k une force dont les composantes
Buivant 0 X et OY sont respectivement
^ eH /- et e H-j- ;
Oft Oft
en y joignant la force etp due au champ 61ectri(|uc d'intcu-
sit^ 9, dirigfe parallMement ä OX, on obtient pour les
öqnations du mouvement les deux relations:
1) J. J. Thomson, Phil. Magaic .V serie. 4S. p. 547. 1899.
152 //. Pellat
/ix ij <^a; ijdy TLt^y u^^
(1) ^^rf> =«T-«^^rf,. ^dt^='^dt
ou, cn posant pour abr^ger l'^critare:
(2) « = i ,
/oN fiPa; /. dy rf*y ,, dx
(3) rf-^. — «»--«^'-dT' d'^"^^^
e fdt a 6tant positifs si le point est ^lectrisö positivement,
n^gatifs dans le cas contraire. De ces deux relations on
d^duit :
Cette ^ijuatioD a pour integrale gön^rale:
(5) x:= Ä sin(a//^ + a) + B,
oix A, B et a sont trois constantes d'int^gration. On tire de
(5) et de la premiere des relations (3):
(6) 2^ = | + ^afi^sm [aHt + a)
qui donne par Integration:
(7) y ^ li^" AGo^[aUt + a) + C
oü C est une nouvelle constante d^nt^gration. Les relations
(5) et (7) sont en termes finis les ^quations du mouvement du
point electris^.
Si nous posons:
(8) -^- +(o = aHt + €^
et si nous d^placjons parall^lement a eux-memes les axes de
coordonn^es OX et 07 de fagon a donner des yaleurs con-
venables aux termes constants dans les deux relations, Celles- ci
deviennent:
(9) jr = // (l — cos (o) y = — ^ (0 — .^ sin CO .
On reconnalt lä les ^quations d'une cyclolde döform^e
engendröe par un point du plan d'un cercle de rayonqp/afl*
roulant sur une parallele a OY, En nous donnant la yitesse
V du point ölectris^; quand celle-ci est parallele au champ
Ftßrmation du faisceau anodique. 153
^lectriqae, nons pouTons ezprimer A. En effet, on tire alors
de (9) en tenant compte de (8):
(10) V=^ AaHmiai^ 0 = ^ - -<a//co8 »j,
d'oü:
(11) A^a^U^^V^+t^ ou .^«V'^t^^.
Ponr r^tude que j'ai en vue, le poiut ölectris^ 6tant un
ion positif ou n^gatif se d^pla^ant dans un tube oü la pression
reste sup^rieure si un dixicme de millimetre de mercure^ la
vitesse V est, d'apres les travauz de M. Langevin^), de Tordre
de 10~~^ 9". Meme avec des champs magn^tiques de 400
uniMs C. 6. S., qui sont les plus iutenses que j'ai employös, le
produit VH est ainsi de Vordre de 0,004 tp, et son carrö V^II^
tout-k-fait nögligeable devant <p\ H en r^sulte que
et que, dans le cas qui nous occupe, les 6quations de la tra-
jectoire se r6duisent a:
(12) X = 7^(1 - cos CO) y = -^- (oi - sin «),
c'est-a-dire que celle-ci est une cyclolde ordinaire.
Si nous supposons maintenant qu'un tube cylindrii^uc, de
forme allongöe, soit dispos6e de fa^on que son milieu seul se
troaye dans un champ magnötique uniforme, que brusquement
ä droite et ä gauche de cette portion du tube le champ
magnötique soit nul, enfin qu'un champ ^lectrique uniforme
parallfel k Taxe du tube regne partout h Tint^rieur de celui-ci,
nous pouTons dessiner facilement la trajectoire que suivra un
ion suppos^ seul dans le tube. Suivant que nous consid^rerons
un ion positif ou un ion nögatif, la trajectoire sera eztr^mement
difförente, parce que la masse M de Fion n^gatif est au plus
la 1/2000 partie de la masse d'un ion positif, tont en ayant
la mdme Charge 61ectrique en yaleur absolue; ceci fait que le
rayon du cercle g^n^rateur de la cyclolde (3/9-/^//^ sora dans
*) M. Lange vi n, Ann. de Chim. et de Phys. V serie. 2S«
p. 488. 1908.
154
H. Pellat
le cas des ions positifs au moins 2000 fois plus grand que dans
celui des corpuscules.
j?
Cöte (tnoi
corpuscules
Fig. 1.
^m^aHu>düfUjt
lote OTtOffu
Trqfcttofre th^^ariqtte. des
iona poaiiifii d'^rdngrTU
f'Z.TxlO*
Fig. 2.
lifUS.
Cöte' ftrti
Tixgectmre. tMari^e des
ions poirUffi d'Q^rjSline
S -373
Fig. 3.
Le champ magn^tique n'eziste qa*entre ^il et BB^ oü il est uniforme.
La ligne en pointilI6 reprösente la trajectoire d^un point ^lectria^ qai
p6n^ti'erait seol dans le champ magnötique en rasant la paroi införieure
du tube. La partie couverte de hachores et limit^e par an trait plein
repr^nte la marche de Tensemble des ions de m^me natare, qni
remplissent tout le tube avant d'entrer dans le champ magn^tique.
Prenons, par exemple^ les donn^es d'une de mes ex-
pöriences sur ud tube ä hydrog^ne: champ 61ectrique tp »
2,7 X 10^ unit^s ölectromagnötiques C.&S., champ magnötique
-ff = 394 unitds C. G. S. Le quotient a = elM pour un cor-
puscule ^tant, d'apres les exp6riences de J. J. Thomson, 6gal
ii fl,b4 X 10", on obtient pour le rayoii du cerele g6uäratour
de la cyclolde ^y/e//* = 0,0018 cm, c'est-ä-dire 2 centiemes
de millimetre enviroii. La trajectoire 8e confoud donc sen-
siblement a«ec la droite eur laquelle roule le cercle, <iui est
one perpeudicQlaire h l'axe du tube.
Au contraire, supposons un ion positif d'hydrogene. Meine
s'il n'eutralne avec lui que sa propre masse, celle-ci ätast
3000 fois celle du corpuscule, le rayun du cercle gönörateur
de la cyclolde est 2000 fois le pr6c6deQt, c'est-ii-dire 3,61 cm.
Comme l'ion p^netre dans le champ magnätiquo avec une
vitesse dans la direction du l'axe de tube, c'eat une toute petite
partie de la boucle d'une cyclolde que l'ioD d^crira dans la
purtion du tube soumis au champ magnötique: c'est par une
cutirbe allong^e qu'il gaguera la paroi du tube, sur laquelle il
glisaera eusuite dans le seua du champ ölcctrique. A fortiori
eu sera-t-il ainsi, si tious cousid^rons l'ion positif d'oxygfene,
16 fois plus massif que celui d'hydrogi-ne, auquel correspond
uu rayon 16 fois plus grand (58 cm) du cercle g6nörateur de
la cyclolde, ou si üous admettous, avec M. Rntherford et
M. Laugevin, que l'iou peut avoir Ba masse augment^e par
Ventratnement d'un certain uombre de motäcules uon ilissociöes.
Les ligures 1, 2 et 3 repr^sentent, par un trait eu poiutill^,
la trajectoire d'un iou. seul dans le tube, qui raserait la partie
införieure de celui-ci avant de pönötrer daus le champ
magn^tique.
Cest 8ur cette diff^^rence du tout au tout dans ia forme
de la trajectoire qu'est fondöe la möthode que j'ai employöe pour
d^cider si cl* sont les ions pOBitifs ou n6gatifs qui produisent
la luDiinescence du faisceau anodique.
Mais dans un tube de Geissler, il n'y a paa qu'uu seul
ion qui se d^place, et nous devons nous occnper de la modi-
ficatioD qu'apportera dans l'ensemble des trajectoires les actions
routuelles des ions. Ces actions produisent, en l'absence du
cbamp magn^tiiiue. un öparpillement: les ions tendenti'i remplir
tout« la sectioD du tube et la remplissent efi'ectiveraent, si ce
n'ert tout prt'S de l'anode, Ces actions mutuelles daus la partie
I au cbamp magu^tique auront puur effet d'empecher
t'lB faisceau anodique ne se r^duise k une ligne dänu^e
) long de la paroi du tube: au lieu d'attaindre
156 IL Pellat
tous le verre, les ions se troaveront canalis^s ä l'int^rieur d'un
cylindre parallele au tube et le touchant En tenant compte
de l'effet trös Evident de Taction mutuelle des ions, on Yoit que
la partie occup6e par Tensemble de ceux qui sont de meme
nature dans le champ magn^tique uniforme, limit6 brosquement
ä droite et k gauche par les plans AA et BB (fig. 1, 2 et 8)^
pr^sentera les aspects indiqu^s par la partie ombr^e sur les
trois figures, suivant qu'on a affaire soit ä des corpuscoles,
soit a des ions positifs d'hydrogfene ou d'oxyg^ne.^)
n.
J'ai röalisö un champ magn^tique sensiblement uniforme
sur un trongon AB di^ mes longs tubes de Geissler, ayec
champ sensiblement nul en dehors du trouQon Ä JB, en pla^ant
le tube perpendiculairement a Taxe d'une longue bobine de
7 centimätres de diametre coupöe en son milieu pour laisser
passer le tube (de 1,7 cm de diametre). L'^paisseur des deux
couches de fil qui la recouvraient ^tait 4 mm. he nombre
de tours de file par centim^tre ^tait 10,8 pour Tensemble des
deux couches; Tintensit^ du champ magnötique 6tait calcul^e par
la relation H =i 4 7t A0,8.i, d'aprfes la mesure de Tintensit^
i du courant.
De cette faQon, si Ton ne r^alisait pas rigoureusement une
entr^e brusque d'une portion du tube dans un champ uniforme,
on la röalisait k peu pr^s: dans Tespace de moins d'on centi-
m^tre le faisceau anodique passait d^un champ magn^tiqoe
sensiblement nul a un champ sensiblement uniforme ayant des
valeurs pouvant atteindre 400 unit^s.^
L'effet d'une transition qui n'est pas brusque, entre la
partie soumise au champ magn^tique et celle qui y est
soustraite, est övidemment d' allonger un peu la trajectoire des
1) RemarquoDis que, pour les pressions des tubes mis en exp^rienee,
le libre parcours moyen des corpuscules entre deux chocs successifr est
d^environ 4 mm. Comme chaque boucle de cycloide occupe une longneur
0,018 X 2 71 = 0,11 mm, il y a en moyenne une quarantaine de boudes
d6c.rites entre deux chocs successifs des corpuscules dans une direction
perpendiculaire k Taxe du tube.
2) Pour de pareils champs, il fallait employer des coorants de
80 ampöres; mais, comme Texp^rience ne durait que quelques secondes,
les fils ne chauffaient pas trop fort
Pn-rrnntinn du fa
anoiüque.
ions siiirant Taxe du tube. Nous devrons en tenir compte daos
la comparaiaon des resultats de la thöorie avec rexp^rience.
1 forme de demi-rcrcle provient de U riflexiui:
•ur les psroLa internes de la bobine.
II (^tait difäcile d'övaluer exactemeat i'inteasiti'' maximum
du ciiaiup ^lectrique, oeluiqui exist« aumomeatde lilluniiDatioii,
158 //. PeUat.
d'autant plus quc, daus les r^gions ä stratifications nettes, ce
champ n'est probablemeot pas uniforme. Mais, d'une part, les
stratifications ötaient peu nettes vers le milieu des tubes,
d'autre part, unc errenr meme du simple au double n'aurait
que peu d'influence pour le but de mes exp^riences. Aussi
me suis-je bom^ k mesurer, au moyen d'un microm^tre a
^tincelles, la longueur de T^tincelle äquivalente dans Fair k la
döcharge dans le tube. De cette distance explosiye, je d4-
duisais la diff6rence de potentiel des ^lectrodes au moment de
la d^charge; comme le tube avait une forme cylindrique trfes
allong^e, on pouvait admettre, sans grande erreur, que la chute
de potentiel y ^tait lin^aire, et qu'on obtenait Tintensit^ du
champ en divisant la diffi^rence de potentiel des ^lectrodes
par leur distance (86 cm).^)
C'est d'apres ces donnöes qu'ont ^t6 construites les courbes
(fig. 1 , 2 et 3) pour la trajectoire des ions n^gatifs ou positifs.
En comparant k ces courbes th^oriques les photographies
(fig. 4 et 5) du faisceau anodique plac^ dans les conditions de
champs indiqu^es, aucun doute ne peut subsister: la forme du
faisceau est exactement celle que la th^orie assigne k la marche
des corpuscules (fig. 1)^, et n'a aucun rapport ayec celle que
la th^orie indique pour la marche des ions positifs (fig. 2 et 3).
On remarquera, en particulier, que la courbe d'entr^e dans le
champ magn^tique se trouve sur les photographies du cöt6 de
la cathode et non du cot^ de Tanode, comme cela devrait
avoir lieu si la luminescence suivait la trajectoire des ions
positifs.
L'axe de Tappareil photographique colncidait ayec Taxe
*) Pour le degr^ de raröfiEiction des tabes employds la chute de
potentiel 4 la cathode 6tait de 200 k 800 volts. Cette quantit^ est n^gli-
geable, au degr^ de pr^cision d^ir^, devant les 2800 yolti, ou plus,
observ^s entre les ^lectrodes.
') La partie n^buleuse que la Photographie da tube k hydrog^e
präsente k Tentr^e du champ magnötique du c6t6 d^oüi viennent les cor-
puscules me parait tenir k an commencement de magn^tofriction. Cette
nebulosit^ n^existe pas sur les photographies du m§me tube faites poor
des champs magn^tiques plus faibles. On n*en voit pas trace non plos
sur la Photographie du tube k oxyg^ne. Ce gaz, comme je Tai montre,
ne Bubit l'e£Fet de la magnetoMction qae pour des champs magn^tiques
beaucoup plus intenses que Thydrog^ne.
Formation du faisceau anodique. 159
de la bobine produisant Ic champ; aussi les parois de celle-ci
ont-elles empdchö de se dessincr sur la plaque ce qui se passait
en dehors de la bobine. Du cot^ de la cathode, le tabe avait
le meme aspect jusqu'ä Tentr^e a rint^rienr de la bobine que
si celle-ci n'oxistait paa. Ceci montre bien qu'en dehors de
la bobine le champ 6tait pratiquement nul. Mais le faisceau,
resserrö contre la paroi du tube a Tint^rieur de la bobine, ä
rext^rieur du cöt6 anodique s'^largissait; par une courbe
limitant un de ses bords il gagnait la paroi oppos^e, et d^s
lors remplissait toute la section du tube. Ce ph^nomene ^tait
fädle k prtfvoir, et il est indiquö sur les figures th^oriques
I9 2 et 8.
En rösum^, Tillumination du gaz d^signde sous le nom
de faisceau anodique suit la trajectoire des corpuscules et non
la tngectoire des ions positifs. II est donc legitime de con-
clore de la que ce sont les corpuscules qui par leur choc
contre les mol^cules du gaz donnent lieu ä la luminescence
do faisceau anodique, comme ä celle du faisceau cathodique.
L'aspect dissemblable des deux faisceaux pourrait s'expliquer
par une diffSrence dans Fintensit^ des chocs due a une
difffirence de vitesse.
<£ingegangen 31. Juli 1903.)
160
23. Über eine fiöntgenröhre mit TeriLnderlichem
Härtegrad nnd Aber einen nenen Härtemesser.
Von A. Wehnelt in Erlangen.
Den Härtegrad einer Röntgenröhre beurteilt man im
allgemeinen nach dem Entladungspotential derselben , aus-
gedrückt durch die Schlagweite einer der Röhre parallel ge-
schalteten Funkenstrecke. Mit zunehmender Härte , also mit
zunehmendem Entladungspotential; wächst die Geschwindigkeit
der Kathodenstrahlen und damit die Durchdringungskraft der
Röntgenstrahlen.
Die Herstellung verschiedener Härtegrade wird bei der
Fabrikation der Röhren durch passende Wahl des Vakuums
erreicht. Während des Betriebes zeigen jedoch die Röntgen-
röhren durch Absorption des Gases eine starke Selbstevakuie-
rung und werden dadurch härter.
Um die Röhren wieder auf ihren ursprünglichen Härte-
grad zu bringen^ sind eine Reihe von Vorrichtungen ersonnen
worden, die mehr oder minder ihren Zweck erfQlIen.
Sie beruhen teils auf Änderung des Druckes ^) im Rohr,
teils auf einer elektrostatischen Beeinflussung ^ des Eathoden-
strahlenbündels von außen und teils auf an passender Stelle
eingeschalteten Funkenstrecken. ^
In einer Arbeit über den dunklen Kathodenraum ^) habe
ich die sehr eigenartige Erscheinung eingehend verfolgt , daB
in einem zylindrischen Entladungsrohr mit scheibenförmiger
1) B. Walter, Elektrotechn. Zeitschr. 18. p. 10. 1897; Ed. Guil-
laame, La Nature 26. 2. Sem. p. 161--162. 1898; Siemens &Halske,
Mechaniker b. p. 87. 1897.
2) Wm. W. Graves, The Americ. X-ray Jonm. 4^ p. 241. 1898;
A. Berliner, Elektrotechn. Zeitschr. IS. p. 81—82. 1897.
8) Wm. W. Graves. 1. c; F. Dessauer, Med. Centralzeit 71.
p. 527—628. 1902.
4) A. Wehnelt, Wicd. Ann. 65. p. 511—542. 1898.
über BSntgenröhren und Härtemesser. 161
Kathode mit abnehmendem Drucke das an der Kathode auf-
tretende Strahlenbflndel immer mehr nach der Mitte zu-
sammengedrängt wird. Der immer geringer werdende Quer-
schnitt des Bündels bedingt ein ständiges Wachsen des Ka-
thodenfidles. Bei YöUiger Zusammendrängung des Bündels
werden die ElnÜadungen disruptiv und die Kathodenstrahlen
sind stark entwickelt
In einer späteren Arbeit ^) habe ich gezeigt^ daß das Zu-
sammendrängen des Kathodenstrahlenbündels durch starke
Potentialdifferenzen verursacht wird, die zwischen den Rohr-
wandnngen und der Mitte des Rohres vorhanden sind. Der
Sinn des G^ftlles ist der^ daß die auf die Kathode zueilenden
Fig. 1.
positiven Teilchen (Kanalstrahlen) nach der Mitte zusammen-
gedrängt werden müssen. Da negative Teilchen überwiegend
nur dort ausgesandt werden, wo positive Teilchen auf die Ka-
thode auftreffen, so nimmt gleichzeitig mit dem Kanalstrahlen-
bündel auch das Kathodenstrahlenbündel an Querschnitt ab.
Da die Potentialdifferenz von der Rohrwand zur Mitte
fast nur vom Drucke abhängt, so folgt daraus, daß bei engen
Röhren viel früher eine Abschnürung des Kathodenbündels
eintreten muß, als bei weiten Röhren. Demgemäß steigt auch
mit abnehmendem Druck das Entladungspotential in engen
Röhren weit schneller, als in weiten Röhren.
Diese Ergebnisse veranlaßten mich zu untersuchen, ob
dorch Änderungen des Rohrdurchmessers um die Kathode bei
1) A. Wehnelt, Ann. d. Phys. 10. p. 542—580. 1903 und Physik.
ZeitMlir. & p. 51S— 587. 1901.
BottmaB-FwlMbrUi H
162
Ä. Wehnelt
konstantem Druck eine starke Variation des ICntladungs-
potentiales, d. h. eine starke Geschwindigkeitsänderung der
Kathodenstrahlen und damit zusammenhängend eine Variation
der Durchdringungskraft der Röntgenstrahlen zu erzielen seL
Zu diesem Zwecke benutzte ich ein kugelförmiges Ent-
landungsrohr (Fig. 1) von 12 cm Durchmesser. Dasselbe ent-
hielt eine Anode A und eine Kathode K von 2 cm Durch-
messer, deren Zuleitungsdraht durch ein Glasrohr isoliert war.
Über dieses ßohr war leicht verschiebbar ein zweites etwas
weiteres Rohr R angebracht mit einem erweiterten Ansatz-
rohr By dessen innerer Durchmesser 2,2 cm war. Durch
Neigen des Entladungsrohres konnte man bewirken, daß das
Ansatzrohr B mehr oder weniger über die Kathode geschoben
werden konnte.
EiS wurden bei verschiedenen Drucken mit Hilfe der
Sonde 8 die Kathodenpotentiale gemessen, wenn das Rohr B
mehr oder weniger über die Kathode geschoben war. Als
Stromquelle diente eine 20 plattige Influenzmaschine; die Po-
tentiale wurden mit Braunschen Elektrometern, die Drucke
mit dem Mc Leod-Manometer gemessen.
Folgende Tabelle enthält die Resultate:
Tabelle I.
Druck
Kathodenfall in Volt, wenn die Länge des über die
in
Kathode geschobenen Ansatzrohres B war
mm Hg
- 1 cm»)
0 cm«)
+ 1 cm
+ 2 cm
+ 8 cm
+ 4 cm
+ 5 cm
0,096 i
1 750 ' 920
i
1210
1800
1290
1800
1810
0,064 1
' 800
1100
1900
2200
2800
2400
2800
0,04
1100
1800
2700
8500
4000
4000
4100
0,025
1800
1900
8400
4800
5600
6000
6200
0,019
1500
2000
4100
6400
7500
7700
8000
Zur Veranschaulichung der in der Tabelle enthaltenen
Werte diene die Kurve Fig. 2. Als Abszissen sind die Längen^
1) Der negative Wert — 1 cm bedeutet, daß das Ende des Rohres B
sich noch 1 cm hinter der Kathode befand, dieselbe also vom und hinten
völlig frei war. Der Wert Null soll bedeuten, daß das Ende des Rohres B
gerade in der Kathodenebene liegt, letztere also hinten gegen Entladungen
geschützt ist.
Ober RSntgenrSkren tau/ ffärtemetter. 163
um welche das Bohr B über die Kathode hinausragt, als
Ordioaten der jeweils dazu gehörige Eathodenfall aufgetragen.
Die Karren zeigeo folgendes:
1. Bei freier Kathode steigt mit abDehmendem Druck der
KathodeD&ll nur sehr langBam an. Während sich z. B. der
Dmok TOtt 0,096 mm bis 0,019 mm ändert, also circa auf ■/;
sinkt, steigt der Eathodenfall nur von 750 Volt auf 1500 Volt,
also um das Doppelte.
2. Je tiefer sich die Kathode im Rohr S befindet, um so
st&rker w&chst der Kathodenfall mit abnehmendem Druck.
Betindet sich z. B. dieKa- t
tbode 5 cm tief im Rohr J3,
so steigt der Kathodeofall '
Ton 1210 Volt bis 8000 Volt, ^
also nm das 6,6 fache, wäh-
rend der Dmck anf ^/^ sinkt '
S. Betrachtet man den ^
Verlanf der Kurren, so
sieht man, daß der Ka- *
tbodenfall bereits steigt, ,
wenn das Rohr B sich der
BOokseite der Kathode ^
D&bert Es hat dies seinen ,
Grand darin, daß die Rück-
seite der Kathode nun nicht
mehr an der Entladung teil-
nehmen kann, letztere sich
^
"
1
/
1/
'.
^
_i_
—
^
<y
'
Rg. 2.
also anf der Vorderseite der Kathode, also auf einen kleineren
Querscbnitt zusammendrilngen muß.
Die Kurren steigen am steilsten an, wenn das Rohr B
nnr wenig über die Kathode hervorragt, und nähern sich
ujmptotiach einem Haxünam, welches sie erreicht haben, wenn
der ganze dunkle Kathodeuraum sich im Rohr B befindet.
Diejenigen Stellungen des Rohres B, bei der dies gerade der
Fall ist, sind in den Kurven durch kurze gestrichelte, TCrtikalc
Linien angedeutet Ein noch weiteres Verrilcken des Rohres B
ober die Kathode hat dann keinen Einfluß mehr.
Dieses Resultat steht in vollem EinklHOg mit früheren
Untersadtangen tou mir Über die Gestult der Niveaufläclien
W"
164 A. Wehnelt
au ebenen Kathoden. ') Ich fand, daB die Niveauflächen keines-
wegs zur Eatbode parallele Bbeaea, Bondern eigentümlicti aus-
gebauchte Flächen bildeten, d, h. daß Potentialdifferenzen in
jedem Querschnitt eines Eohree zwischen Rohrwandung und
der Achse des Rohres bestehen. Die stärksten Potential-
difFerenzen finden sich in nnmittelbarer Nähe der Kathode, es
muß also an diesen Stellen die Bohrwand das stärkst« Zu-
sammendrängen der Strablenbtlndel an der Kathode bewirken.
Glegen £^de des dunklen Kathodenraumea , also nahe dem
Glimmlicht, sind die Niveautlächen nahezu znr Kathode parallele
Flächen, d. h. es sind hier nur noch geringe Potentialdifferenzen
zwischen Rohrwand und Rohrachse Torhanden, daher ist hier
der Einfluß der Glaswandungen auf den Kathodenfall nur noch
gering.
Befindet sich schließlich der ganze dunkle Katbodenraum
im Rohre B, so hat eine weitere Verschiebung desselben keinerlei
Einfluß mehr auf den Kathodenfall.
Auf Grund dieser Versuche hat Hr. W. Berger, In-
genieur der Firma Reiniger, Gebbert & Schall, Erlangen,
dem ich an dieser Stelle meinen besten Dank für seine Be-
mühungen ausspreche, ein Röntgenrohr konstruiert, bei welchem
sich über die Kathode , genau wie bei dem Versuchrobr
(Fig. 1, p. 161], ein Bohr S durch Neigen des Rohres und
sanftes Klo])fen an den Kathodenhals vor- und rUckwärts Ter-
schieben läßt [Fig. 3).
1) A. Wehnelt, Ann. d. Phj's. 10. p. Mi— 580. 1801 und PbTsUt.
Z«it>clir. 8. p. 518— Ü2T. 1901.
über Röntgenröhren und Härtemesser,
165
Diese Regulierung ermöglicht es, mit demselben Rohre
sehr weiche nnd sehr harte Röntgenstrahlen zu erzeugen.
Ist das Rohr B zurückgezogen, d. h. die Kathode frei, so zeigt
die Röntgenröhre blanes Licht und ist nun ganz besonders
geeignet zur kontrastreichen Auüiahme dünner Objekte (Hände,
Arme). In dem Maße, wie das Rohr B über die Kathode
herübergeschoben wird, werden die Strahlen durchdringender,
so daß mit demselben Rohre auch Beckendurchleuchtungen
ausgef&hrt werden können.
Zur Veranschaulichung der Regulierfähigkeit der neuen
Röhren habe ich einige Härtemessungen nach den oben an-
gegebenen Prinzipien angestellt
Als Stromquelle diente ein Induktorium für 30 cm Funken-
länge, als Unterbrecher ein Turbinenunterbrecher der Allge-
meinen £lektrizitätsgesellschaft Berlin. Die Unterbrechungs-
zahl betrug immer 50 pro Sekunde.
Bei der gleichen primären Stromstärke im Induktorium
worden die Funkenlängen gemessen, wenn sich die Kathode
frei im Rohre befand und wenn sie vom Rohre B bedeckt
war. Die ersten vier Versuchsreihen nachstehender Tabelle
beziehen sich auf dasselbe Rohr bei verschieden starken Primär-
strömen. Die letzten drei Messungen beziehen sich auf drei
weitere Röhren. Neben den Funkenlängen sind in der Tabelle
die denselben entsprechenden Potentialdifferenzen ^) angegeben.
Tabelle IL
PrimAre Strom-
stirke im
FankenUnge in cm,
wenn die Kathode
Fankenpotentiale in Volt,
wenn die Kathode
Indoktoriom
frei
2,6
- - -.
bedeckt
8,2
frei
19 000
bedeckt
1. 1 Amp.
22 500
«. 2,2 „
7,2
8,7
88 000
42 000
S. 8,2 „
10,0
15
45 400
57 500
4.4,7 „
11,8
18,2
49 000
66 000
5. \fi „
8,4
8,6
24 000
41 5(H)
6. 2,0 „
4,8
11,5
29 000
48 (KH)
7. 8,0 „
8,0
1
24,0
22 000
V
•
1) Die den Fankenstrecken entsj^recheuden Potentialdifferenzcn
habe ich den Tabellen des Hrn. A. 0 verbeck, Wied. Ann. 64. p. 2uS.
1898 entnommen.
166 A. Wehnelt
Aus dieser Tabelle folgt, daß die Funkenlängen und da-
mit die Durchdringungskraft der Röntgenstrahlen bei yor-
geschobenem Bohr B wesentlich größer sind, als bei freier
Kathode und zwar ändert sich die Funkenlänge beim ersten
Rohr je nach der Belastung um das 1,2- bis 1,6 fache, bei den
andern Bohren sogar um das 2,5- bis 8 fache.
Zur Beurteilung der Härte von Böntgenröhren benutzt
man neuerdings das Badiochromometer von L. Benoist^) Das
Prinzip dieses Apparates ist folgendes:
Nach Benoist ändert sich die Durchlässigkeit yon Silber
nur sehr wenig, diejenige von Aluminium hingegen sehr stark
mit der Härte der Böntgenstrahlen. Er vergleicht daher die
Helligkeit eines Leuchtschirmes hinter einem 0,11 mm dicken
Silberblech mit derjenigen hinter verschieden dicken Aluminium-
blechen (12 Stück von 1 mm bis 12 mm Dicke von 1 zu 1 mm
steigend). Weiche Böntgenstrahlen werden schon in dünnen
Aluminiumschichten ebenso stark wie in Silber absorbiert,
harte Strahlen erst in sehr viel dickeren Aluminiumschichten.
Diejenige Dicke des Aluminiumbleches, hinter welchem
der Leuchtschirm ebenso stark leuchtet, wie hinter der 0,11 mm
dicken Silberplatte, gibt ein Maß fiir die Beurteilung der
Härte einer Böntgenröhre.
Der Apparat ist so angeordnet, daß die 12 verschieden
dicken Alumininmplatten als Bingsektoren um eine kreisförmige,
0,11 mm dicke Silberplatte herumliegen.
Hr. B. Walter*) hat den Apparat dadurch verbessert,
daß er die Dicken der Aluminiumbleche in arithmetischer Reihe
zweiter Ordnung ansteigen läßt, dadurch werden die Kontraste
auch zwischen den dickeren Schichten noch hinlänglich groß.
Er behält jedoch die kreisförmige Anordnung von Benoist
bei, welche ungünstig ist, da die simultanen Kontraste eine
genaue Beurteilung der Stellen gleicher Helligkeit sehr er-
schweren.
Diesen Ubelstand habe ich vermieden durch folgende Ab-
änderung des Apparates.
1) L. Benoist, Compt rend. 134. p. 225—227. 1902.
2) B. Walter, Fortschr. a. d. elektr. Grebiet der Böntgenstrahlen %.
p. 68. 1902.
über RÖiUgenrÖhreJi und Uärtemesser,
167
IL
Statt einer spningwcisen Änderung der Dicke des Alu-
miniambleches benutze ich einen Alominiumkeil von 20 cm
Länge [K, Fig. 4, zeigt den Querschnitt^ K^ zeigt den Keil ?on
der Seite gesehen), dessen Dicke nach einer arithmetischen Reihe
zweiter Ordnung von 0,1cm bis 1,6 cm
an seinem dicken Ende ansteigt Neben
diesem Keil liegt eine Silberplatte von
0,01 cm Dicke und 1 cm Breite. Dieses
System 2 aus zwei Metallen läßt sich
an einem 0,5 cm breiten und 2 cm hohen
Spalt S in einer dicken Messingplatte
vorbeiziehen, die sich amEmde eines weiten
Rohres R beiindet, welches dazu dient,
fremdes Licht von den Augen fem zu
halten. Zwischen JS und dem Spalt liegt
ein Leuchtschirm B, Durch Verschieben
von 2 kann man leicht die Stelle finden,
bei der die obere vom Aluminiumkeil be-
deckte Spalth&lfte die gleiche Helligkeit mit der unteren vom
Silber bedeckten Spalthälfte zeigt. Die Einstellung läßt sich
sehr genau ausführen, da nur auf gleiche Helligkeit zweier
ITlächen eingestellt wird, bei völliger Abwesenheit hellerer
und dunklerer Stellen. Die mittlere Dicke des Keiles zwischen
den Spaltr&ndem gibt ein Maß für die Härte von Röntgen-
röhren.
Der Apparat, der von der Firma Reiniger, öebbert &
Schall in Erlangen angefertigt wird, hat sich bisher durch-
aus bewährt.
Erlangen, Phys. Inst d. Univ., Juli 1903.
Fig. 4.
(EingegaDgeu 81. Juli 1908.)
168
24. Elektrische Strömung in einem ionisierten Lufi^
ranme, der Yon zwei konzentrischen Zylinderflächen
begrenzt ist
Von Eduard Rieoke in Gröttingen.
1. Der B&ttdgungSBtrom.
Der Halbmesser des inneren Zylinders sei b, der des
äußeren a; das elektrische Potential des inneren By das des
äußeren Null. Bezeichnet r den Abstand irgend eines Punktes
im Inneren des zylindrischen Hohlraumes von der gemeinsamen
Achse der Zylinder^ so ist der Wert des Potentiales in diesem
Punkte:
log-
log^
Für den Fall des Sättigungsstromes ergeben sich, wenn
wir die auch sonst gebrauchten Bezeichnungen benutzen^ die
folgenden Gleichungen:
V e div e
ive«
c
Jve =
c
BV(Ü •{• V)
+
+
ü •{• V 4we
u d div e
div(ediv®) = 4;i8-?^y
+ V
UV
+
Die lonendichten N und N, sowie die Feldstärke @ sind
lediglich abhängig von der Entfernung r = j/x* + y', von der
Zylinderachse. Somit ergibt sich:
diT(£-«+^, diy((gdiv(£)-^^* + |.^.
r dr ' ^ ' 2r dr ^ dr^
Zur Bestimmung von @^ erhält man daher:
dr^ r dr v U V ^
EUhirüche Strömung in ionisiertem Lufträume. 169
daraus folgt:
Zur Berechnung der Integrationskonstanten c^ und c^ er-
geben sich die folgenden Bedingungen. An der Oberfläche des
inneren Zylinders wirkt nur die auf diesem selber befindliche
Ladung. Die Menge von Elektrizität^ welche auf einem Zylinder-
abschnitt von der Länge 1 verteilt ist, werde mit e bezeichnet.
Dann ist die elektrische Feldstärke an der Oberfläche des
inneren Zylinders gegeben durch:
«. = ^
Wir haben also:
Die zweite Grenzbedingung ist:
Daraus folgt:
Substituiert man diesen Wert in der vorhergehenden Glei-
chung^ so ergibt sich:
e, = 4c* + ~y- + nt~^yqb\
und:
£2ndlich zur Bestimmulig der lonisierungsstärke q:
(3) Äc» = i«y(a*-*«).
2. Nicht gans gee&ttiffter Strom.
Bei einem nicht ganz gesättigten Strome tritt an die Stelle
der letzten Gleichung die folgende:
170 E. Rieche.
a
+ -
(4) *C^ = i«7i(«^- b^-uBJNNrdr,
b
wo a den Koeffizienten der Wiedervereinigung, y, den ver-
besserten Wert der lonisiernngsstärke bezeichnet.
+
Setzt man hier für N und N die aus dem vorhergehenden
folgenden Werte, so ergibt sich:
a
Benützt man für @^ den ersten Näherungswert
80 erhält man die Gleichung:
Die Berücksichtigung der höheren Glieder in dem Aus-
+
drucke für & ist überflüssig, solange man für N(S und iV(S
die in den Gleichungen (2) gegebenen Werte nimmt.
Setzt man an Stelle von b Cj den Ausdruck j- fi y (a^ — b*),
so wird:
(^^ ? = 9i - -96^^. («' - *^'-
um zu ^ner vollstäruligeren Entwickelung der Gleichungen
(4) und (4') zu gelangen, wollen wir zunächst in den Grund-
gleichungen des Problems in den Gliedern, welche den Ko-
effizienten a und die Koeffizienten der Diffusion enthalten, an
+
Stelle von iV und N die durch die Gleichungen (2) bestimmten
Werte einfuhren. Wir erhalten dann das folgende System von
Gleichungen:
divgj =4^€(i^i -iVj),
Bv[UN^ + FN,)Q, = c + «~(A J^- kN),
V i/div(.A^, ej = y, - a A^JV + * ^ i^,
- V rdiv [N^ ej = yi - « A^V + /T J A .
Elektrische Strömung in ionisiertem Lufträume. 171
Mit BOcksicht auf die schon im yorhergeheiiden ange-
gebenen Grenzbedingungen ergeben sich die Integrale:
(5)
• _ _
JV ffi - '• ri"* -\\ - " y~ fNÜrdr - ■'^- ~
r
a
|«y,(a» — Ä*) = iCj + at^NNrdr,
(«)
« r
+ - / + -
(gj = ««+2;r8-^,t/ra -/, ^!/ I rNNdr^2l rNNdr
6
r
+ fjfr^NJVdr
+
h
+ : + -
8;
6
Setzen wir zur Abkürzung:
m r r
li..—*:'/-. IrNNdr -21 r
p _ li-.—';'/-. r^Ndr-2 rNNdr+ \ r'NA'dr
" ' J J "J
b b h
p-^jr^äj^flldr.
h
a r
^1 =" i [^irz^J^Nrdr ^JNNrdr] ,
» 6
*» =' r {$^/^'^' '•'''• -j^A'rdr] .
172 E. Biecke.
80 können wir einfacher schreiben:
Man kann nun eine noch weitere Annäherung erreichen^
+
wenn man in den allgemeinen Gleichungen an Stelle von N
und N in allen mit a^ K oder K multiplizierten Gliedern die
+
Werte N^ und N^ einführt. Es möge dies bei der Gleichung
a
(7) \iq^[a^-b^ = bt^ + atJN,N^rdr
h
weiter ausgeführt werden.
Zunächst wird:
«* iüNR^+VNK^ o NNP\
+ Vüv \ g 2^ • "e«~l '
näherungs weise:
aN^N^^aNN + a^ ^L___.x.
Da ic^ = ■J-8y(a* — Ä*), so ergibt sich:
• +
fr fr
Berechnet man die Integrale mit Hilfe der Werte ^ die
früher fiLr die unter den Integralzeichen enthaltenen GrOBen
angegeben wurden^ so erhält man die Näherungsformel:
EUktriMche Strömung in ionisiertem Lufträume, 173
Benützt man sie zu der Berechnung von a, so ergibt sich :
(8) a = '^^"^ • ^'-^^ f 1 - 0,2 ?yr ^) .
Bezeichnet man die Dichte des Sättigungsstromes an der
Oberfläche des inneren Zylinders mit S^, die Dichte des
wirklich beobachteten Stromes mit c^, so kann man die ge-
fundene Gleichung auch auf die Form bringen:
(80 a = ^:'\lr^- ^* -^ f 1 - 0,2 •?'-.'') .
(EiDgegangen 2. August 1903.)
174
25. Theorie eines bewegten lenchtenden Ponktes.
Von W. Wien in Wünbuig.
Nachdem Boltzmann^) den von Maxwell aus der elektro-
magnetischen Lichttheorie gefolgerten Strahlungsdruck mit dem
zweiten Hauptsatz der mechanischen Wärmetheorie in Ver-
bindung gebracht hat, ist dieser Druck zu einem wichtigen
Fundament für die Theorie der Strahlung geworden. Aus ihm
berechnet sich ohne weiteres die Arbeitsleistung, die zur Be-
wegung eines strahlenden Flächenelementes notwendig ist Diese
ist unendlich groß, wenn das Flächenstück mit Lichtgeschwindig-
keit bewegt wird.
Anders gestaltet sich die Frage, wenn es sich nicht um
die Bewegung eines strahlenden Flächenstückes, sondern eines
einzelnen Zentrums handelt, das elektromagnetische Strahlung
aussendet
Der einfachste Fall eines solchen strahlenden Zentrums,
das man sich entweder als einen beständig die Ladung wechseln-
den elektrischen Doppelpunkt, oder als einen sehr kleinen,
Schwingungen ausführenden elektrisierten Punkt vorstellen kann,
ist von H. Hertz ^ theoretisch behandelt. Es fragt sich nun,
wie die Strahlung eines solchen Zentrums durch die Bewegung
geändert wird.
Wir können zur Lösung dieser Aufgabe von den Lorentz-
schen Gleichungen^ ausgehen, obwohl sich diese auch um-
gehen lassen, worauf hier indessen nicht näher eingegangen
werden soll.
Die Lorentz sehen Gleichungen lauten, wenn wir mit S
und ^ den elektrischen und magnetischen Vektor, mit c die
Lichtgeschwindigkeit bezeichnen, für einen mit der Geschwindig-
keit V in der Richtung x sich fortbewegenden Körper
1) L. Boltzmann, Wied. Ann. 22. p. 291. 1884.
2) H. Hertz, Wied. Ann. 36. p. 1. 1889.
3) H. A. Lorentz, Versuch einer Theorie der elektrischen and
optischen Erscheinungen in bewegten Körpern. Leiden 1895.
Theorie eines betreff ten leuchtenden Punktes. 175
Ist die Geschwindigkeit v konstant, so ergibt die Trennung
von S und ^ in der bekannten Weise die Gleichung
Eine Integration dieser Gleichung ergibt die Verallgemeinerung
eines für ruhende Körper geltenden Zustandes^ für den v = 0
ist, auf den Fall, daß dieser Zustand bei gleichförmiger Be-
wegung stattiindet
Ein allgemeines Integral der Gleichung (2) lautet:
F[ckt--^^.-r]
WO
Ä«=i-:;, r^^t+if'+^
ist. F ist eine beliebige Funktion eines Argumentes. Bei
o s 0 geht das Integral in die gewöhnliche Strahlungsinnktion
F(c t- r)
r
über. Durch die Integration der Gleichung (2^ ist die Lösung
des Problems noch nicht beendet. Vielmehr müssen die sechs
Differentialgleichungen (1) erftlllt werden. Bei symmetrischer
Anordnung des Feldes um eine Achse hat es keine Schwierig-
keit, die Ausdrücke aufzustellen, die den Gleichungen (1) ge-
nügen, sobald ein Integral von (2) gefunden ist
Ist diese Symmetrie nicht vorhanden, so können Schwierig-
keiten auftreten, weil sich dann nicht notwendig alle @ und ^
aus einer einzigen Funktion ableiten lassen, so daß die Ein-
deutigkeit der Lösung dann einer besonderen Untersuchung
bedarf.
Theorie einei bewegten in der Richtung der Bewegung
Bchwingenden Dipols.
Für die Theorie der elektromagnetischen Strahlung ist
die Hertzsche Theorie eines schwindenden elektrischiMi Dipols
maBgebend. Diese ist für die Bewegung zu verallgemeinern.
176 r. Wien.
Zunächst betrachten wir den Fall, daß die Schvnngung in der
Richtung der Bewegung erfolgt. Wir setzen
g d*q> ^ \ ( d*q) .. ö'fjp
y "^ dxdp
^y e\dxdt dxdxj'
(5 — _ ^*?_ Ä — 1 / d"<p
Dann ist di? (S = 0 und div ^ = 0 identisch erfüllt und
die Gleichungen (1) sind zum Teil identisch, zum Teil dann
erfüllt, wenn die Funktion der Gleichung (2) Genüge leistet
Als Lösung für (p nehmen wir die Funktion
,,= Aco8*(*c*-|?-r),
X*
r» = y» + z» + ^.
In der Nähe des Punktes r = 0 ist
CD = —r cos bkct,
^ rk
q> genügt der Gleichung
und wir haben
«.=-»'Ä(lf). «.--Ä(tI). «.--Ä(lf).
so daß wir ein elektrisches Eonvektionspotential von der Form
-r- COS bkct^—
k ox
haben. Dies entspricht einem elektrischen Dipol vom Moment Ä,
der mit der Schwingungszahl n=^ bkc schwingt
Für ^ s 0 geht die Lösung in die eines mit der Ge-
schwindigkeit V bewegten konstant geladenen Dipols nach der
Theorie von Heaviside^) über.
Für die elektrischen und magnetischen Vektoren ergeben
sich hiemach ziemlich verwickelte Ausdrücke. Sie sind jedoch
von geringerem Interesse. Von Wichtigkeit ist hauptsächlich
1) 0. Heaviside, Electr. papera 2. p. 495.
Thitorie eines bewegten leuchtenden Fnnktes, 177
der Betrag der elektromagnetischen Strahlung in großer Ent-
fernung vom strahlenden Funkt
Unter der Voraussetzung, daß r groß gegen \jb ist, braucht
man nur nach den im Argument des cos enthaltenen Yariabeln
zu di£ferenzieren. Dann ergibt sich, wenn wir
setzen
b[hct-*^^-T) = a
rt- Avb* y , Ab^xy
% = ^1^- ^ C08« + ii "TT COS«'
- Ab* X ( , X \
- Ab* y ( , X \
Die ausgestrahlte Energie berechnen wir nach dem
Poyntingschen Satz, indem wir den Strömungsvektor über
eine geschlossene, sehr weit vom strahlenden Punkt entfernte
Fläche integrieren.
Wir wählen für diese Fläche ein EHlipsoid mit der
Gleichung
5 + y* + ^* = r*
mit der Vorschrift, daß r gegen alle anderen in Betracht
kommenden Längen unendlich groß ist
Wir haben es dann mit einem Rotationsellipsoid zu tun,
das in der Richtung der Bewegung um so mehr abgeplattet ist,
je schneller die Bewegung erfolgt.
Um die gesamte Ausstrahlung zu finden, müssen wir dann
das Integral
p
d(o (@, cos N^ + @ cos iV + B, cos A,)
über die Fläche des Ellipsoids erstrecken, wenn 3 den
Poyntingschen Vektor bezeichnet
Nennen wir q die Größe j/y* + r*^ so ist das Flächeu-
element des EUlipsoids
BottauuBn-FaHMfarlft 1'^
178 r. Wien.
wo 0 der Umdrehungswinkel der Ellipse x^jk^ + p» »_ ^.a ^^
die IT- Achse und ds das Linienelement dieser Ellipse ist.
Nun ist
cosiV;=^ y = psine,
cos iV^ = — -r^ z = p cos ö .
Ferner
cos JV^j^ = cos i\^ sin 0 ,
cos N^ = cos Nf, cos 0 ,
Setzen wir nun noch auf der Oberfläche des ElUpsoids, wo
r = const». ist
p = r sin !?• do = r cos ^dd-
X = rk cos 0- dx == — rk sind-dO- ,
so ist
2.T
r@ r/oi =Jdefd&{r^ cos i^ sin //©, + >lr* sin^ & sin 06^
0 0
+ Är2 8in»i9-cos0@,}.
Femer ist
Nehmen wir das Integral über eine ganze Schwingung und
dividieren durch die Schwingungsdauer, so ist
bke
0
die in der Zeiteinheit im Mittel ausgestrahlte Energie.
Für ü = c wird S unendlich, wenn nicht b mindestens von
der Ordnung k unendlich klein wird.
Theorie eines bewegten leuchtenden Punktes, 179
Theoria eines eenkreoht aar Bewefiningsrichtang eohwingenden
Dipols«
Die oben gefundene Lösung fär eine longitudinale Schwin-
gung schließt sich unmittelbar der Heavisid eschen Lösung
f&r eine bewegte Ladung an. In der Tat erhalten wir die
Heavisideschen Ausdrücke für einen in der Richtung der Be-
wegung liegenden Dipol ^ wenn wir die Schwingungszahl un-
endlich klein wählen.
£^ ist nun sehr bemerkcDSwert und f&r den weiteren
Ausbau der Theorie bewegter Ladungen von großer Wichtig-
keit, daß für einen transversal schwingenden Dipol die Lösung,
welche sich den Heaviside sehen Ausdrücken für einen mit
konstanter Geschwindigkeit fortschreitenden Dipol anschließen
würde, den allgemeinen Maxwellschen Gleichungen nicht ge-
nügt, sondern einer Ergänzung bedarf durch ein elektrisches
Feld, das für unendlich langsame SchwiDgungen nicht ver-
schwindet
Setzen wir
®. = - **/'J .
• oxox
ff _ _ ^*<r
^y" dydx'
so hätten wir für (p = const/r, da dann die Gleichung
dx^ "^ dy* dx*
erlUllt ist,
was der Heavisideschen Lösung für einen Dipol entsprechen
würde, dessen Achse parallel der z Achse liegt.
Mit diesen Ausdrücken läßt sich aber das System unserer
Gleichungen im Falle einer Schwingung nicht erfüllen. Viel-
mehr müssen wir setzen
ff = — Ä« d* g) _^ r" ö* <jp _ __ d*(f
« dxdx c^öxdx dxdx ^
" dydx'
ff « A«^'5 4- ^^^ j. ^'^*9> :_ 0*7 , o»v
12*
180 JT. Wien.
^» c \dydt dyox]^
*» o\dxdt . ^dx*)'
WO (p der Gleichung (2) zu genügen hat. Dann sind die
Gleichungen (1) erf&llt
Wir haben dann ein zweites elektrisches Feld mit den
Komponenten
e.--
e^dx [dxj'
e.=
e^dx [dx)'
e. = o.
■
das sich über das erste lagert Diese Kraftlinien sind sämtlich
parallel der xz Ebene. Sie werden durch die Gleichungen
^ =s const.
ox
dargestellt Es sind dies also keine Linien^ die an einer
Ladung im endlichen enden, sondern Kurven, die in sich
zurücklaufen.
Auf diese Weise erhalten wir für einen Dipol, der senk-
recht zu seiner Achse bewegt wird, zwei mögliche Lösungen:
Einmal die durch die Heavisidesche Lösung bestimmte
ff - A li^\ ^ — 1 i_ (^^\
«' dy\dxr *^y- edx[dx)'
e = -
dx
/d^\ Ä _ V d (dgf\
[dx)' ^« c dy\dx)'
und anderseits aus unserer Lösung, wenn wir qp als unabhängig
von der Zeit annehmen
ff ^ (i^\
^•~ dx\dx)'
S. - - 8T (k) •
/y d_ (d(p\ v*d*q> __d*q) d^
^''" dx\dx) '^'o^dx^ dx*'^dy*'
Theorie eines bewegten leuchtenden Punktes, 181
e dydx *
~ed^'
$. =0, qp= ~ .
Man sieht ohne weiteres durch E^insetzen in die Glei-
chungen (1), daB anch diese Lösung möglich ist
Diese zweite Lösung ist dadurch ausgezeichnet, daß bei
ihr keine magnetischen Kraftlinien um die x-Achse vorhanden
sind. Unter welchen umständen sie den tatsächlichen Ver-
hältnissen entspricht, mag vorläufig dahingestellt bleiben.
Für den Fall der Schwingungen des Dipols ist diese
Lösung die einzige, die den Gleichungen genügt Wir haben
dann die in sich zurücklaufenden elektrischen Kraftlinien an-
zunehmen, welche die magnetischen Kraftlinien um die x- Achse
zum Verschwinden bringen.
In großer Entfernung ist in diesem Falle
«.=
j(b*v , b*x\ X
ej b*yx
-. jb^COBa ix* V , V X (. v^\
Bilden wir hieraus @^ @^ @^ und dann
Cd efd & {r* cos » sin i9- @, + A r» sin» * sin Ö S^
0 0
+ Ar»sin«i9-cose@J,
so findet sich
*» ll5 ^ 15 *• ^ 15 *♦ ^ 15 e' /» ^ ir. <•« k* ^ 15 c* H '
182 W. Wien. Theorie eines bewegten leuchtenden Punktes,
Die Strahlung ist also bei transversaler Bewegung größer
als bei longitudinaler und wird bei der ersteren auch bei kon-
stantem bjk unendlich, sobald o = c ¥m:d.
Dies Ergebnis steht im Gegensatz zu dem von Abraham
gefundenen, wonach die longitudinale die transversale über-
treffen soll. ^
Übrigens würde der gewöhnliche Maxwellsche Strahlungs-
druck bei XJberschreitung der Lichtgeschwindigkeit unendliche
Arbeitsleistung bedingen.
Lassen wir parallele Strahlung von der Intensität e senk-
recht auf einen Spiegel fallen, der der Richtung der Strahlen
entgegengesetzt bewegt wird. Dann ist die Energiedichte
2e , l dx,\ 1
wo \pdx die durch Überwindung des Strahlungsdruckes ge-
leistete Arbeit bezeichnet, die in Strahlung gleicher Sichtung
verwandelt wird.
Hieraus folgt, wenn äxfät^v ist
Für r = c wird \p unendlich, weil die durch Arbeits-
leistung entstandene Strahlung sich nicht von dem bewegten
Spiegel fort ausbreiten kann.
1) M. Abraham, Ann. d. Phys. 10. p. 156. 1908.
(Eingegangen 2. August 1903.)
183
26. Über die Passivität des Nickels.
Von M. Le Blano in Karlsruhe und Mario Q. Levi in Padua.
(Mitteilung aus dem Institut für physikalbche
Chemie and Elektrochemie der Technischen Hochschule Karlsruhe.)
Während die Passmtät des Eisens der G^enstand zahl-
reicher Arbeiten gewesen ist, und die zugehörige Literatur
sehr reich ist^), hat man die Passivität des Nickels bisher
wenig studiert. Wohl die erste Arbeit, die sich damit befaßt,
ist die von Nickifes *): Über den passiven Zustand von Nickel
und Kobalt. Dieser Forscher fand, daß Nickel und Kobalt
in rauchender Salpetersäure eine Passivität von nur kurzer
Dauer erlangten, außer wenn sie über einer Weingeistlampe
oder im Kohlefeuer bis zum Anlaufen erhitzt wurden; dann
wurde die Passivität stabil. In beiden Fällen erwiesen sie
sich etwas weniger negativ als Eisen. Auch in gewöhnlicher
Salpetersäure wurden sie schon passiv und vermochten auch
Eisen in dieser Säure durch Berührung passiv zu machen.
Abgesehen von kurzen gelegentlichen Bemerkungen ist
dann unserem Wissen nach bis zum Jahre 1900 nichts mehr
über die Passivität des Nickels bekannt gegeben worden; in
diesem Jahre erschien die Untersuchung von Hittorf.^ Doch
auch in ihr finden sich speziell über diesen Punkt nur kurze
Andeutungen. Er maß die elektromotorische Kraft folgender
Elemente :
1) Die neuesten erst in den letzten zwei Jahren erschienenen Ar-
beiten sind die von A. Finkelstein (Zeitschr. f. physik. Chem. 39. p. 91.
1908), von C. Fredenhagen (Zeitschr. f physik. Chem. 4^. p. 1. 1908)
und von M. Magd an (Zeitschr. f. Elektrochem. 9. p. 442. 1903). Daselbst
finden sieh weitere Literaturangaben.
2) Compt rend. 37* p. 284. 1853. Vgl. auch St Edme, Compt rend.
10^ p. 1079. 1888.
3) W. Hittorf, Zeitschr. f. physik. Chem. 34. p. 386. 1900.
184 M. Le Blanc und M. 0. Zevi.
Einige Zeit nach
Vor Stromschlnß Stromschlofi
Ni-NaNOg-LöBung— H,CrO-Lö8ung-Pt 1,48 Volt 1,16 Volt
Ni-KjCrsO,- „ „ „ „ 0,85 „ 0,27 „
Ni-NaC,H30,- „ „ „ „ 1,44 „ < 0,27 „
Ni-Na,S04- „ „ „ „ 1,54 „ <0,4 „
Vergrößert man die elektromotorische Kraft dieser Strom-
kreise durch Zuschaltung einer genügend starken neuen elektro-
motorischen Eraft^ so löst sich Nickel nicht mehr auf^ sondern
es entweicht Sauerstoff an ihm. Hittorf meint, daß Nickel
nur in Lösungen von Sauerstoffsalzen passiv wird.
Das soeben Angeführte ist so ziemlich alles, was über
die Passivität des Nickels bekannt ist. Außerdem finden sich
in elektrometallurgischen und galvanoplastischen Büchern ^) An-
gaben, daß sich das Nickel nicht unter allen umständen quan-
titativ nach dem Faradayschen Gesetz auflöst; auch wird
in dieser Hinsicht ein Unterschied zwischen gewalzten und
gegossenen Nickelanoden gemacht Durch entsprechende Wahl
der Anodenstromdichte kann man die Bildung einer bestimmten
Säuremenge erzwingen, und man macht davon in der Praxis
Gebrauch^ um das an der Kathode entstehende schädliche
Alkali zu neutralisieren.
Schließlich sind noch einige bisher nicht veröffentlichte
Beobachtungen zu erwähnen, die Hr. Schick im hiesigen
Laboratorium machte. Er fand, daß Nickel bei gewisser
Stromdichte in Lösungen von Schwefelsäure, Cyankalium und
schwefelsaurem Natrium inaktiv war.
Es schien uns nun eine lohnende Aufgabe, das Verhalten
des Nickels gegenüber verschiedenen Lösungen bei wechseln-
der Stromdichte ^ wechselnder Temperatur und Konzentration
systematisch zu untersuchen^ zumal wir hoffen durften, daß
die bei dem Studium des sogenannten Luckow sehen Ver-
fahrens im hiesigen Laboratorium gesammelten Erfahrungen^
vielleicht einiges Licht auf das allgemeine Phänomen der
Passivität werfen könnten.
1) W. Pfannhaaser, Elektroplattierang p. 367. 1900.
2) M. Le Blanc und £. Bindschedler, A. Isenburg, G. Jast,
Zeitsehr. f. Elektrochem. 8. p. 255. 1902; 9. p. 275 u. 547. 1908
Passivität des Nickel», 185
Wir benutzten zu unseren Versuchen stets Elektroden
aus gewalztem Nickelblech, das Von den vereinigten Nickel-
wericen in Schwerte geliefert war; der Nickelgehalt betrug
ca. 99 Proz. Die Elektrolysen wurden in einem Becherglas
angestellt, das durch einen Kork geschlossen war. Durch
diesen gingen die Zuftihrungen zu den Elektroden, die ver-
mittels Klemmschrauben an letzteren befestigt wurden. Die
in der Flüssigkeit befindliche einseitige Anodenoberfläche be-
trug etwa 12 qcm; die Anode befand sich zwischen zwei gleich
entfernten (ca. 3 cm) Kathoden. Bei den meisten Versuchen
waren Anoden- und Kathodenraum durch ein neues oder mit
destilliertem Wasser gründlich ausgekochtes Diaphragma ge-
trennt Die Lösung im Kathodenraum wurde, falls es sich
um Neutralsalze handelte, durch Zutropfenlassen der zuge-
hörigen Säure möglichst neutral gehalten, um ein Herüber-
wandem der durch Elektrolyse gebildeten OH' zu verhüten;
sie wurde stets mit Wasserstoff gerührt, so daß die Luft in
dem ganzen Elektrolysiergefäße fast ausgeschlossen war. Ein
Kupfervoltameter gestattete, die darchgegangene Elektrizitäts-
menge zu messen; außerdem war noch ein passendes Ampfere-
meter und ein Voltmeter (zur Messung der Klemmspannung)
vorhanden. Gewöhnlich dauerte die Elektrolyse so lange, bis
etwa 80 — 100 mg Kupfer ausgeschieden waren. Nach der
Elektrolyse wurden die Nickelanoden sorgfältig mit destilliertem
Wasser und mit Alkohol abgespült, vorsichtig über einer
Flamme getrocknet und wieder gewogen. Der Mektroden-
verlnst ist in Prozenten des gemäß dem Kupfervoltameter zu
erwartenden gegeben.
L
1. Versuche mit 1,5 proz. Lösungen, die einen einzigen
Elektrolyten enthalten, bei Zimmertemperatur und bestimmter
Stromdichte.
Ellektrodenverlast Klemmspannung
Elektrolyt
Vqdcm/
in Proz.
in Vi
NaCa
0,5
100
2,1
CaCl,
0,5
100
1,1
NaC10.<)
0,5
8
4,2
1) Das Sals und die zum Nentralisieren benutzte Chlorsäure ent-
hielten eine Spar Chlorid.
186
M. Le Blanc und M. 6. Leoi.
Elektrolyt \qdcin/
NaNO,
0,5
Ba(NO,),
0,5
Cn(N08),
0,5
Na,S04
0,5
(NHJ,S04
0,5
MgSO«
0,5
NiSO*
0,5
Na,CO,
0,5
KOH
0,5
(NH4COO),
0,5
NaCH.COO
0,5
>» »
0,42
>» >»
0,32
HgCl,
0,15
KCN 2 n. 1 ohne Dia-
>
HgSO« 1 n.J phragma
0,75
1,0
KJ
0,5
KBr
0,5
Elektroden verlast
in Proz.
Klemmspannang
in Volt
5
8,15
0
4,5
1
2,7
2
2
8,6
8,2
8
8,8
2
3,6
0
8,8
0
7
2,15
2,8
45
4,6
63
42
4,8
4,1
101
100
100
101
7.7
1,0
0,5
3,2
102
2,9
Überblicken wir die Beobachtungen, so sehen wir, daß
Nickel unter den gewählten Bedingungen in halogen- und
cyanhaltigen Lösungen sowie in Schwefelsäure quantitativ in
Lösung geht, in allen anderen praktisch ungelöst bleibt. Eine
Ausnahmestellung nimmt nur die Acetatlösung ein, in der
sich etwa 50 Proz. der theoretischen Menge auflöst. Letztere
Lösung bietet noch insofern Interesse, als die Resultate, die
bei verschiedenen Versuchen erhalten wurden, stark schwankten,
was bei den anderen Elektrolyten im allgemeinen nicht der
Fall war. Bei näherem Zusehen entdeckten wir, daß bei
diesen Elektrolyten die größere oder kleinere Aktivität völlig
von der Vorbehandlung und von der physikalischen Beschaffen-
heit der Oberfläche abhängig war. Nachstehende Tabelle zeigt
dies deutlich:
2. Versuche mit 1,5 proz. Natriumacetatlösung bei 0,5 Amp.
pro qcm Stromdichte und bei Zimmertemperatur.
Beschaffenheit der Anode. Elektrodenverlust in Proz.
Neu, ganz glatt, poliert 0
Nach Gebrauch als Anode in einer NaCl-Losung, in der sie an-
gegriffen war; mit Wasser und Alkohol gewaschen und
getrocknet 64
Passivität des Nickels, 187
Beflchaffenheit der Anode Elektroden verlust in Proz.
Neu, im Wassentoffiitrom geglüht und darin erkaltet .... 2
Die Torige Anode nach Angriff in Chlomatriamlösung ... 67
Weiterhin wurde die yorige Anode in einem Schrank auf einem
Uhrglas 24 Standen an der Luft liegen gelassen ... 4
Darauf nochmals in Chlomatriumlösung angegriffen .... 86
Darauf wieder 10 Tage im Schrank gelassen und im Wasser-
stoff geglOht 0
Neu, ganz glatt, poliert 10
Die yorige Anode nach starkem Abreiben mit Schmirgelpapier 30
Die yorige Anode stark gehämmert und dann mit yerdünnter
Schwefels&ure, Wasser und Alkohol gewaschen ... 56
Das Nickel zeigt deutlich das Bestreben^ falls es sich
selbst überlassen wird, passiy zu werden. Ähnliches ist ja
bekanntlich auch beim Chrom beobachtet worden.
In Tabelle 1 ist auch bemerkenswert, daß die Aktiyität bez.
Inaktiyitilt des Nickels (innerhalb der yorliegenden Versuche] nur
yon der Natur des Anions und nicht yon der des Kations ab-
hängt; so erweist sich Nickel in allen NitratlOsungen als inaktiy,
auch in Lösungen yon Metallen, die yiel edler als Nickel sind,
wie z. B. Kupfer. Diese Erscheinung veranlaßte uns, einmal zu
prüfen, ob neues Nickel, wenn es längere Zeit in eine CuSO^-
Lösung und eine AgNOg-Lösung (beide 2 proz.) gestellt wird,
keine Umsetzung zeigt Tatsächlich erwies es sich noch nach
30 Stunden yoilkommen intakt und ließ keine Gtewichtsänderung
erkennen. In 2 proz. CuCl^-Lösung konnte dagegen, wie zu er-
warten, ein Verlust (von 12 mg) und Bildung einer grünlich
aussehenden kristallinen Verbindung, die sich in der Flüssigkeit
absetzte, festgestellt werden. Kupfermetall war nicht zu sehen,
es hatte sich also jedenfalls Kupferchlorür gebildet; doch haben
wir den Niederschlag nicht weiter untersucht.
Ein einziges Kation scheint die Aktiyität des Nickels zu
beeinflussen: das Wasserstoff ion. Wenigstens löst sich Nickel
in 1 n. HjSO^ bei Stromdichte 1 quantitatiy auf, während es
in anderen Sulfaten (auch bei höheren Konzentrationen) selbst
bei nur 0,5 Stromdichte ungelöst bleibt
3. Einfluß der Temperatur. 1,5 proz. Lösungen. 0,5 Amp.
pro Qnadratdezimeter. Es wurde so gearbeitet, daß zuerst der
Versuch bei Zimmertemperatur mit einer neuen Anode ge-
macht und dieselbe Anode dann bei 80^ benutzt wurde.
188
M. Le Blanc und M. G. Lern.
Elektrolyt
Temperatur
in Proz.
xxicuiuJBuauu
iniVolt
NajSO*
Zimmertemp.
3
8,8
99
80 0
100
2,4
»
Zimmertemp.
2
8,6
»
80»
98
2,4
(NHJ,80«
Zimmertemp.
2
3,2
n
80«
98
2,2
MgSO«
Zimmertemp.
3
3,8
»
800
100
2,6
NiSO^
Zimmertemp.
2
3,6
»»
80«
90
2,2
NaNO,
Zimmertemp.
5
3,15
>»
SO«
88
2,3
Ba(NO,).
Zimmertemp.
0
4,5
»
80«
75
3,1
Cn(NO,).
Zimmertemp.
1
2,7
9»
80«
90
»,7
KOH
Zimmertemp.
0
2,1
19
80«
0
2,1
NaCHgCOO
Zimmertemp.
31
4,2
n
80«
38
2,5
(NH4COO),
Zimmertemp.
7
2,8
19
80«
9
2,6
NaClO,
Zimmertemp.
8
4,2
9»
80«
100
2,6
Erhöhung der Temperatur begünstigt im allgemeinen den
Übergang in den aktiven Zustand, was ebenfalls mit den an
anderen Metallen gemachten Beobachtungen übereinstimmt.
Nur in KOH ist Nickel auch bei 80® völlig passiv, in Ammoninm-
oxalat und Natriumacetat behält es die teilweise Passivität,
die es bei gewöhnlicher Temperatur zeigt, auch bei 80® bei.
Zu bemerken ist noch, daß bei 80®, zumal in Sulfatlösungen,
in geringer Menge die Bildung eines schwarzen Niederschlages,
der meistens ganz gut an der Anode haftete, beobachtet wurde.
Da er bei gelindem Erwärmen mit HCl Chlor entwickelte,
darf er als ein Nickelperoxyd angesprochen werden. In EOH
und (NH^COO), trat der Niederschlag nicht auf.^)
1) Ein Versuch, der mit elektrolytisch hergestelltem Nickel bei
0,5 Amp. pro qdcm in 1,5 proz. Na|S04 -Lösung gemacht wurde, ergab bei
Zimmertemperatur 10 Proz., bei 80^ 100 Proz. Anodenverlust, also nicht
wesentlich verschiedene Resultate wie das andere Nickel. Die Anode
erhielt ein körniges Aussehen.
Passivität des A'ickels,
189
4. Einfluß der Stromdichte. Die Versuche in H,SO^ und
KCN wurden ohne Diaphragma ausgeführt Die Elektrodeu-
entfemung betrug ca. 1,5 cm.
Elektrolyt
^Ä
Vqdcm/
Proz. Ni
gelöst
KlcinmspanD
2 n. KCN
0,75
100
1,1
»
4,7
64
2,6
1 n. H,SÜ4
1,0
100
0,5
1,88
100
0,9
2,8
99
1,0
8,3
88
1,0—2,5
3,7
69
1,0—2,6
5,4
12
1,2-2,7
7,4
4,5
2,6
8,7
3,5
2,7
»s. Na,804
(bei 8O<0
0,5
100
'A4
n
3,5
90
6,1
n
5,0
58
T,4
In den Versuchen mit D^ = 3,3—5,4 in 1 n H,SO^ voll-
zog sich der Anstieg der Spannung nicht allmählich, sondern
nach einigen Minuten Versuchsdauer plötzlich; beim Spannungs-
anstieg trat heftige Sauerstoffentwickelung ein, die vorher nicht
zu beobachten war. Dies deutete darauf hin, daß in den
ersten Minuten das Metall noch quantitativ in Lösung ging
und dann auf einmal inaktiv wurde. Ein besonderer Versuch
bestätigte diese Annahme. Die Verhältnisse liegen also hier
anders, wie z. B. bei manchen Versuchen in Natriumacetat-
Lösung, wo wir während der ganzen Versuchsdauer mäßige
Sauerstoffentwickelung und ziemlich konstante Spannung
wahrnahmen und ca. 50 Proz. der theoretischen Menge sich
auflöste; bei letzteren Versuchen trat Metalllösung und
Sauerstoffentwickelung nicht nacheinander, sondern neben-
einander auf.
5. Einftufi der Konzentration. Bei 0,5 Amp. pro Quadrat-
dezimeter Stromdichte wurden in 1,5 proz., 7 proz., 0,1 4 proz.
Na^SO^-Lösung bei Zimmertemperatur und bei 80^' Versuche
ansgef&hrty die keinen Konzentrationseinfluß erkennen ließen.
190 M, Le Blanc und M. G, Levi.
II. Versuche mit gemisohten Elektrolyten.
Der Grundgedanke, der uns bei diesen Versuchen leitete^
war folgender. In dem schon anfangs erwähnten Luckow-
schen Verfahren zur Darstellung schwer löslicher Verbindungen
auf elektrolytischem Wege verwendet man als Elektrolyten
eine Lösung, die außer dem Salz mit dem gewünschten Säure-
rest noch ein anderes indifferentes Salz enthält, dessen Anion
mit dem Anodenmetall eine leicht lösliche Verbindung bildet.
Will man z. B. Bleichromat herstellen, so elektrolysiert man
eine Lösung von Natriumchromat und Natriumchlorat (oder
-nitrat, -acetat etc.] zwischen Bleielektroden; es geht jetzt das
Blei quantitativ in Lösung und es bildet sich in gewisser Ent-
fernung von der Anode quantitativ ein schöner Niederschlag
von Chromgelb, der von der Anode abzurollen scheint^ während
diese selbst ganz blank bleibt. Li reiner Natriumchromat-
lösung geht keine Spur Blei in Lösung, es bildet sich auch
kein Niederschlag in der Flüssigkeit, nur die Elektrode selbst
überzieht sich mit einer fest haftenden Schicht unter gleich-
zeitiger Sauerstoffentwickelung. Li reinem Natriumchlorat findet
quantitative Lösung des Bleies ohne Niederschlagsbildung statt.
Das passive Verhalten des Bleies bez. anderer Metalle
wird also bei derartigen Elektrolysen dadurch bewirkt, daß
sich die Metallanode mit einer schwer löslichen, festhaftenden
Schicht bedeckt. Man kann die Passivität stets durch Zusatz
einer genügenden Menge eines passenden indifferenten Salzes
beseitigen, weil dadurch das Haften des Niederschlages an
der Anode verhütet wird; die entsprechende schwer lösliche
Metallverbindung entsteht dann quantitativ.
Wir haben nun versucht, ähnliche Erscheinungen beim
Nickel hervorzurufen. Ist das Nickel in einem bestimmten
Elektrolyten passiv, und ist diese Passivität durch die Bildung
eines Niederschlages bedingt, so wird man nach den vorstehend
geschilderten Versuchen erwarten dürfen, daß durch Zusatz
eines Elektrolyten, in dem sich Nickel anodisch quantitativ zu
einer löslichen Verbindung löst, auch hier quantitative Lösung
bewirkt wird, aber auch gleichzeitig ein schwer löslicher NicheU
niederschlag von der Anode abrollt
Nachstehend sind die Resultate einer Reihe von Versuchen
mit Mischungen verzeichnet. Die Versuche sind ebenso wie
Passivität des Nickels, 101
die früheren in verdünnter Lösung angestellt, weil darin das
Lnckowsche Phänomen besonders glatt eintritt; wegen weiterer
Einzelheiten vergleiche die angezogenen Arbeiten. Die Strom-
dichte war stets 0,5 Amp. pro Quadratdezimeter. Temperatur,
falls nicht besonders erwähnt, Zimmertemperatur.
1. l^Sproz. Lösung, bestehend aus 80 Proz. NaCl und
20 Proz. Na^CO, (dem Gewicht nach). Spannung 2,7 Volt
Das Metall ging quantitativ in Lösung; gleichzeitig entstand
im Anodenraum ein (nicht näher untersuchter) Niederschlag von
Nickelkarbonat, der glatt von der Anode abrollte.
2. 1,5 proz. Lösung, bestehend aus 90 Proz. NaCl und
10 Proz. KOH. Spannung 1,9 Volt Das Metall ging quanti-
tativ in Lösung; von der Anode rollte ein Niederschlag von
Nickelhydroxyd ab.
3. 1,5 proz. Lösung, bestehend aus 80 Proz. NaCl und
20 Proz Na^SO^. 1,9 Volt Spannung. Das Metall ging quanti-
tativ in Lösung, ohne daß eine Spur Niederschlaff entstand; die
Anode war völlig blank. Das gleiche Resultat erhielten wir
bei folgenden Mischungen:
4. 1,5 proz. Lösung, bestehend aus 20 Proz. NaCl und
80 Proz. NaNO,. Spannung 2,6 Volt
5. 1,5 proz. Lösung, bestehend aus 20 Proz. EBr und
80 Proz. NaNO,. Spannung 2,7 Volt
6. 1,5 proz. Lösung, bestehend aus 20 Proz. NaCl und
80 Proz. NaClO,. Spannung 8,0 Volt Bei einer Stromdichte
von 5 Amp. pro Quadratdezimeter ist noch keine Sauerstoff-
entwickelung wahrnehmbar, das Nickel scheint also auch dann
noch quantitativ in Lösung zu gehen.
7. 1,5 proz. Lösung, bestehend aus 95 Proz. Na^SO^ und
5 Proz, (NH^COO), bei 80 •. Hierbei gingen nicht 100, sondern
nur 80 Proz. in Lösung unter gleichzeitiger geringer Gas-
entwickelung an der Anode; minimale Spuren eines an der
Anode festhaftenden Niederschlages bemerkbar; in der Lösuvff
knm Niederschlag.
Während die Versuche in Na^CO, und KOH von dem
eingenommenen Standpunkt aus die Möglichkeit offen lassen,
daB in diesen Elektrolyten die Passivität durch eine schützende
feste Anodenschicht hervorgerufen ist, muß diese Annahme
192 M. Le Blanc und M. G. Zevi.
für die anderen Lösungen wohl als ausgeschlossen betrachtet
werden. Zu diesem Schluß sind ja auch andere Forscher bei
anderen Metallen auf anderem Wege gekommen.^)
Die Frage, wie die Passivität der Metalle zu erklären ist,
ist gerade in letzter Zeit öfters erörtert worden. Wir werden
. durch die yorliegenden Versuche noch mehr in der Auffassung
bestärkt, daß wir es hier häufig nur mit reinen Phänomenen
der Reaktionsgeschwindigkeit zu tun haben, was schon vor
mehreren Jahren der eine von uns ausgesprochen hat.') Wir
kennen doch eine ganze Menge von Reaktionen, deren Ge-
schwindigkeit nicht nur durch Änderung der Temperatur,
sondern durch Zusatz scheinbar indifferenter Stoffe weitgehend
geändert wird; gerade die letzte Zeit hat uns ja viele der-
artige kataljrtische Beeinflussungen kennen gelehrt.') Wir wissen
femer, daß außerordentlich viele Reaktionen mit mäßiger
Schnelligkeit verlaufen, so daß man ihren Verlauf bequem ver-
folgen kann. Wäre es da nicht geradezu wunderbar, wenn
wir bei den Metallen ausnahmslos finden würden, daß ihre
lonenbildungsgeschwindigkeit stets praktisch unendlich groß
ist? Es scheint uns, daß man die Erscheinungen, die man
mit dem Namen , Passivität' bezeichnet, in den untersuchten
Fällen beim Nickel und in analogen (z. B. fehlende anodische
Auflösung von Platin in Gyankaliumlösung, worin es nach
F. Glasers*) Versuchen unter Wasserstoffentwickelung löslich
ist) in völlig ungezwungener Weise auf zu geringe lonen-
bildungsgeschwindigkeit /urückf&hren kann, ja, daß die Tat-
sachen geradezu dazu drängen. Der bei der Elektrolyse an der
Anode beobachtete Potentialanstieg und die Sauerstoffent¥ricke-
lung — denn das Faradaysche Gesetz muß ja natürlich
stets erfüllt sein — ist die notwendige Folge einer zu geringen
1) Bemerkt sei, daß Ruer (Zeitschr. f. physik. Chem. 44* p. 110.
1903) neuerdings für die Annahme einer Oxydschicht plaidiert
2) M. Le Blanc, Zeitschr. f Elektrochem. 6. p. 472. 1900. Lehr-
buch 8. Aufl. p. 237. 1903.
8) Wir erinnern speziell an die Katalysen in inhomogenen Systemen.
Vgl. K. Drucker, Zeitschr. f. physik. Chem. 36. p. 178. 1901 und
L. Wahl er, Berl. Ber. 36. p. 3198. 1903. Letzterer fand, daß sich das
wasserarme, schwer lösliche Platinoxydul viel schneller in Salzsfture löst,
wenn man Spuren von Platinchlorür als Katalysator hinzufQgt.
4) F. Glaser, Zeitschr. f. Elektrochem. 9. p. 11. 1908.
Passivität des Nickels, 193
lonenlieferung von Seiten des Metalles; letzteres muß ein
edleres Verhalten zeigen als es eigentlich seiner Natur (d. h.
bei Annahme stets genügender lonenlieferung] entspricht Wir
sehen nirgends eine Beobachtung, die der gemachten An-
nahme widerstreitet Das Vorhandensein von Gasschichten
und ähnlichem ist, wie bei jeder Elektrode, auch bei den
passiven aufzunehmen, und diese Gasschichten werden sich bei
ihnen wie bei den edlen Metallen unter Umständen elektro-
motorisch betätigen können. Bei den unedlen Metallen in ihrem
gewöhnlichen Zustand kommt die Beteiligung der Gasschichten
nicht in Betracht Das Vorhandensein derartiger Gtisschichten
jedoch als Ursache der Passivität hinzustellen, dazu scheint
uns jeder Anhaltspunkt zu fehlen.
Die Zurückfbhrung der Passivität auf mangelnde lonen-
bildungsgeschwindigkeit scheint uns insofern einen Gewinn zu
bieten, als dieses Phänomen seines eigenartigen Charakters
dadurch entkleidet wird, und die Passivität jetzt nur noch
einen besonderen, wenn auch merkwürdigen und interessanten
Fall in dem Studium der Reaktionsgeschwindigkeiten vorstellt
Wie wir vorher gefunden hatten, wird die lonenbildungs-
geschwindigkeit unter anderem durch Zusatz von Chlor- und
Wasserstoffionen erhöht. Es schien uns von Interesse, die
Menge festzustellen, welche bei bestimmter Stromdichte nötig
ist, um quantitative Lösung des Metalles zu bewirken. Wir
fanden, daß eine 1,5 proz. Lösung, bestehend aus 95 Proz.
Na^SO^ und 6 Proz. NaCl bei 0,6 Amp. pro Quadratdezimeter
Nickel noch quantitativ auflöst, während bei 98,6 Proz. Na^SO^
und 1,4 Proz. NaCl nur wenig über 10 Proz. Nickel in
Lösung geht
Man könnte vielleicht der Meinung sein, daß bei länger
dauerndem Versuch die Wirksamkeit der Ghlorionen in dem
MaBe^ als sich die Lösung an Nickel anreichert, nachläßt. Dies
ist jedoch nicht der Fall: Wir elektrolysierten eine 1,5 proz.
Lösung, bestehend aus 93 Proz. Na^SO^ und 7 Proz. NaCl, also
eine Lösung, die in den 60 ccm, die das anodische Diaphragmen-
gef&B faßte, die absolute Menge von nur 0,060g NaCl (= 0,0037 g
Chlorionen bei Annahme völliger Dissociationen] enthielt, so
lange, bis der Anodenverlust 0,373 g erreicht hatte, und noch
immer löste sich das Nickel quantitativ auf.
13
194 M, Le Blanc und M, G. Levi,
Die Kathodenlösung hatte dieselbe Zusammensetzung wie
die Anodenlösung und wurde durch Zutropfen von H^SO^
neutral gehalten. Besser wäre es gewesen, reine Na^SO^-Lösung
auf die Kathodenseite zu nehmen, doch lehrt eine leichte Über-
schlagsrechnung, daß keinesfalls mehr als 0,022 g Ghlorionen
auf die Anodenseite herübergewandert sind, so daß zum Schluß
insgesamt nur 0,059 g Chlorionen auf mindestens 0,31 g
Nickelionen in Lösung vorhanden waren, wobei schon in Be-
tracht gezogen ist, daß auch die Nickelionen sich an der
Wanderung beteiligt haben. Es kamen also auf zwei Ghlor-
ionen mehr als sechs zweiwertige Nickelionen.
Durch diesen Versuch wird die etwaige Annahme, daß
die Auflösung des Nickels nur so lange erfolge, als die Bildung
einer Doppelverbindung zwischen Chlomatrium und Nickelsalz
stattfände, hinfällig.
Zusatz von H^SO^ ist viel weniger wirksam als der von
Chlorid. Eine Lösung, die 1,5 Proz. Na,SO^ und 1 Proz. H,SO^
enthält, löst noch nicht ganz 10 Proz. Nickel bei 0,5 Strom-
dichte; erst bei 2 Proz. H^SO^ gehen 100 Proz. in Lösung. Es
stimmt dies mit der Beobachtung überein, daß in den Lösungen,
in denen das Nickel sich bei der Elektrolyse inaktiv zeigte
und infolgedessen der Säuregehalt im Anodenraum stetig stieg,
das Nickel trotzdem während der nicht langen Yersuchsdauer
inaktiv blieb.
Die Potentialmessung einer neuen Nickelanode in NiSO^
gegen eine Kadmiumelektrode ergab denselben Wert wie nach
Zusatz von NaCl. Bei so schwacher Stromentnahme scheint
also die Bildungsgeschwindigkeit der Ionen auch in reiner
Sulfatlösung groß genug zu sein.
Schließlich mögen noch einige Versuche mitgeteilt sein,
die einen etwaigen Einfluß von Nichtelektrolyten bei der Elektro-
lyse feststellen sollten. Zusatz von Zucker (1 Proz. und 10 Proz.
zu 1,5 proz. NaCl-Lösung bei Zimmertemperatur, 1 Proz. zu
1,5 proz. Na^SO^-Lösung bei Zimmertemperatur und bei 80^
ließ keinen Einfluß erkennen, ebensowenig Zusatz von Aceton
(1 Proz. zu 1,5 proz. NaCl- und Na^SO^-Lösung bei Zimmer-
temperatur). Die Stromdichte war stets 0,5 Amp. pro Quadrat-
dezimeter.
Passivität des Nickels, 195
Dagegen wurde in einer l^Sproz. Na^SO^-Lösung, die mit
1 Proz. Harnstoff versetzt war, bei Zimmertemperatur 26 Proz.
Nickel in Lösung erhalten (anstatt 2 Proz. in reiner Na,SO^-
Lösung). Möglicherweise kommt der beschleunigende Einfluß
etwaigen Zersetzungsprodukten des Harnstoffes zu, die während
der Elektrolyse sich bilden.
Anfang August 1903.
(Eingegangen 4. August 1903.)
13
u»
196
27. Die spezifische Wärme einiger Schwefelmetalle
in ihrer Beziehung zum elektrischen Leitvermögen.
Von Franz Streintz in Graz.
unter den die Elektrizität leitenden Metallverbindungen
sind einige dadurch ausgezeichnet, daß ihr Leitvermögen von
der Temperatur in hohem Grade beeinflußt wird. ^) Ist, wie zu
erwarten steht, dieser Einfluß durch Umwandlungen bedingt,
denen die Verbindung unterworfen ist, dann muß bei den ent-
sprechenden Umwandlungstemperaturen Wärme entwickelt oder
gebunden werden, und mit der Änderung der Leitfähigkeit
gleichzeitig eine Änderung der spezifischen Wärme vor sich
gehen.
Die Schwefelverbindungen von Blei, Quecksilber und
Silber verhalten sich besonders auffallend zur Elektrizitäts-
leitung; sie wurden daher eingehend auf ihre spezifische Wärme
untersucht
Zur Anwendung kam die Mischungsmethode; dabei wurde
auf die Verbesserung der Resultate wegen Wärmeaustausch
und -Verlust die entsprechende Sorgfalt verwendet. Trotzdem
bleiben Bestimmungen von Wärmemengen immer noch mit
ziemlicher Unsicherheit behaftet und stehen hinter den Me-
thoden zur Ermittelung elektrischer Energiegrößen an Genauig-
keit weit zurück. Das wird wohl damit zu begründen sein,
daß die Wärme die niedrigste Form der Energie darstellt
Stehen also spezifische Wärme und elektrisches Leitvermögen
in einer Beziehung, so wird man sie nur in rohen Umrissen
verfolgen können. Ob dieses bescheidene Ziel erreicht worden
ist, möge aus folgenden Zeilen beurteilt werden.
Die in pulverf5rmigem Zustande befindlichen Verbindungen
wurden in zylindrische Messingbüchschen von 2 cm Höhe und
3 cm* Querschnitt gefüllt Der Deckel der Büchschen wurde
1) F. Streintz, Ann. d. Physik 9. p. 854. 1902.
Spez, Wärme in Beziehung zum elektr. Leitvermögen. 197
darauf verlötet, damit ein Eindringen von Wasser verhütet
werde. Um bei Temperaturen, die 100® wesentlich über-
schritten, eine Explosion des Büchschens durch die Ausdehnung
der im Pulver enthaltenen Luft hintanzuhalten, erhielt der
Deckel ein Eupferröhrchen aufgesetzt, dessen obere Öffnung
verlötet wurde, sobald die Temperatur erreicht war, bei der
später die Wärmemessung vorgenommen werden sollte. Durch
Wägungen wurden die Wasserwerte des verwendeten Lötzinns
ermittelt Die Erhitzung der Büchschen auf 100® erfolgte
durch Wasserdampf, auf höhere Temperaturen im elektrischen
Ofen. Die Temperatur des Wasserbades wurde mit einem
Jenaer Thermometer verfolgt, das direkt in hundertstel Grade
geteilt war.
1. Schwefelblei (PbS) wurde in den beiden Zuständen als
natürlicher Bleiglanz und als amorphes Bleisulfid untersucht
In PbS sind erforderlich 86,6 Proz. Blei; die chemische
Analyse, die ich Hm. J. Donau verdanke, ergab für den
Glanz 85,9, für das amorphe Pulver 85,8 Proz. Blei.
Die Untersuchung des Bleiglanzes selbst erstreckte sich
auf einen großen Kristall, auf das durch Zerreiben von
Kristallen entstandene feine Pulver, auf Stifte, die unter hohen
Drucken aus dem Pulver hergestellt worden waren, und end-
lich auf die durch Schmelzen der Pulver unter Luftabschluß
gewonnenen Klumpen.
Die kleinste spezifische Wärme besaß der geschmolzene
Bleiglanz; die an einem Klumpen von 36,57 g Masse ange-
stellten Messungen ergaben die gut übereinstimmenden Zahlen
0,0526, 0,0529, 0,0532 als mittlere spezifische Wärme zwischen
15 und 100^ Der Mittelwert beträgt demnach 0,0529. Wird
die Molekularwärme nach dem Joule -Kopp sehen Gesetze
berechnet, so erhält man 11,9, da für Blei 6,4 nach Behn,
f&r Schwefel 5,5 (?) einzusetzen ist Die beobachtete Molekular-
wärme ergibt sich unter Berücksichtigung, daß ein Mol PbS
aus 239 g besteht, zu 12,6, einem Wert, der den theoretischen
nicht erheblich übertrifft In bezug auf seine Struktur gehört
der geschmolzene Bleiglanz wie der natürliche dem regulären
System an.
Bleiglanz in Kristallen besitzt eine größere spezifische
Wärme; die an einem durch fremde Zusätze kaum verun«
198 F. Streintz.
reinigten Kristall (Masse 72,87 g) aus Bleiberg in Kärnten yor-
genommenen Messungen betrugen in dem gleichen Temperatur-
intervall 0,0555, 0,0554, 0,0561 und 0,0560, im Mittel also
0,0557. Die Eänzelwerte weichen nur wenig voneinander ab;
diese Ubereinstimmimg läßt sich aber nur erzielen, wenn man
die Messungen in Zwischenräumen von mehreren Stunden
vornimmt, den Kristall sich also „erholen'' läßt Erwärmt
man ihn nach der Abkühlung im Wasserbade unmittelbar
wieder, so erhält man regelmäßig einen kleineren Wert für
die spezifische Wärme. So ergab eine auf die erste Messung
unmittelbar folgende 0,0537, eine ebensolche nach der vierten
angestellte 0,0540.
In der Form eines feinen Pulvers besitzt der Bleiglanz
eine noch größere spezifische Wärme, wie aus den nachstehen-
den Zahlen zu ersehen ist.
Bleiglanzpulver (Masse: 28,42 g).
Mittlere spezifische Wärme zwischen 15 und 100°:
0,0604
0,0601
0,0598
0,0608
0,0602
Mittelwert: 0,0601.
Mittlere spezifische Wärme zwischen 15° und
110° 0,0686
118° 0,0678
146,7° 0,0684
151 ° 0,0681
181,5'' 0,0699 (0,0658).
Die Zahlen zeigen, daß die spezifische Wärme z¥rischen
100 und 110*^ eine sprungweise Änderung erfährt Es ist
also anzunehmen, daß zwischen diesen Temperaturen eine
Umwandlung des Bleiglanzes eintritt, die mit einem Wärmen
verbrauch von 2 cal. für ein Mol PbS verbunden ist über
die letztgenannte Temperatur hinaus tritt keine bemerkens-
werte Zunahme ein. Doch findet man auch hier die Erschei-
nung einer Nachwirkung. So wurde z. B. der zur Temperatur
von 181,5^ gehörige zweite in Klammem gesetzte Wert ge-
funden, indem man auf den ersten Versuch einen zweiten auf
Spez, Wärme in Beziehung zum elektr. Leitvermögen, 199
dem Fuße folgen ließ. Diese Nachwirkung trägt natürlich
eine gewisse Unsicherheit in die Ergebnisse hinein, da die
Bestimmungsmethode nicht danach angetan ist, erkennen zu
lassen^ wann sich das System wieder erholt hat.
Machen sich schon bei einem losen Pulver Nachwirkungen
geltend, so stand zu gewärtigen, daß sie in dicht gepreßten
Stiften noch mehr hervortreten werden.
Die mit einem Stift aus Bleiglanz, dessen Masse 15,39 g
betrug, angestellten Messungen ergaben darum keine gut über-
einstimmenden Besultate. So fanden sich flir die spezifischen
W&rmen zwischen 15 und 100^ die Zahlen 0,0650, 0,0628,
0,0690 und 0,0620, im Mittel also 0,0648. Hervorzuheben
ist, daß alle Werte größer sind, als jene des Pulvers. Mög-
licherweise trägt die Differenz der Hysteresisarbeit Rechnung.
Besseren Aufschluß über diese Frage könnten Versuche über
die spezifische Wärme feiner Metallpulver (Platinmohr etc.)
geben, bei denen die Verhältnisse einfacher liegen dürften.
Die Untersuchung des Stiftes über 100^ hinaus war in
noch höherem Grade abhängig von der Vorbehandlung, die er
erfahren hatte. Ich schlug deshalb ein Verfahren ein, wie es
bei der Prüfung von Eisen angewendet und als zyklisches
bezeichnet wird.
Auf eine Messung zwischen 15 und 100^ folgten solche
zwischen 16^ und t^, wobei t ansteigend höhere Werte erhielt
bis zu einem Grenzwert; dann wurde t wieder in gleichen
Stufen erniedrigt, bis wieder 100® erreicht waren. Nach-
stehend sind die Ei^ebnisse verzeichnet
Zyklus 1
•
Zyklus 2.
15 und 1(H>^
0,0659 A 0,0639
15 und 100» 0,0642 A 0,0680
15 „ 140 •
0,0616
0,0628
15 „ 150* 0,0600 j 0,0582
15 „ 180 •
0,0588
0,0594
15 „ 200« 0,0620 i
15 „ 220»>
r 0,0642
>
r 0,0629
Die spezifische Wärme des Stiftes würde demnach — im
Gtogensatz zu dem losen Pulver — bei Temperatursteigerung
über 100^ hinaus zunächst in Abnahme begriffen sein bis zu
einem kleinsten Wert, der in der Nähe von 180^ gelegen ist,
um dann über diese Temperatur hinaus wieder zu wachsen.
Das würde also heißen, daß in einem Stift bei Erwärmung
200 F. Streintz.
von lOü auf 180^ eine Umwandlung eintritt, die unter Wärme-
entwichelung vor sich geht Die vier zYrischen 15 und 100^
angestellten Beobachtungen weichen wieder beträchtlich von-
einander ab; ihr Mittelwert ergibt sich zu 0,0655 und steht
mit dem früher gefundenen von 0,0648 wohl nur zufällig in
guter Übereinstimmung.
Man darf nicht übersehen, daß die spezifische Wärme
des Stiftes nach der ersten Erwärmimg auf 100^ bereits eine
Änderung in dem Sinne einer Verringerung dieses Wertes er-
fahren hat; eine zweite unmittelbar nach der ersten angestellte
Beobachtung in demselben Temperaturintervall würde also
eine kleinere Zahl geben. Wahrscheinlich macht sich dieser
Rückgang auch dann bemerkbar, wenn man die Beobachtung
nunmehr in einem größeren Temperaturintervall (15 — 140®
bez. 15—150^ anstellt. Es läßt sich deshalb nicht angeben,
mit welchem Anteil eine zwischen 100 und 140^ eintretende
Umwandlung beteiligt ist. Eine solche tritt aber ein, da das
Thermometer im Wasserbade nach Einbringen des auf 180®
erhitzten Stiftes in der ersten Minute bis zu einem Maximum
ansteigt, um dann zunächst langsam zu fallen. Dabei war
Sorge getragen, daß der Stift beim Herumschwenken im Bade
die Thermometerkugel nicht etwa berührt hatte. Der Verlauf
der Temperatur soll durch ein Beispiel gekennzeichnet werden.
In dem Augenblicke, in dem der Stift in das Kalorimeter-
gefäß eingetaucht wurde, betrug die Temperatur des Wassers '
15,130®, die Temperatur der Umgebung 19,4®; dann wurde
gefunden:
nach 30 Sek.
iMiD.
1 Min. 30 Sek.
2 Min.
2 Min. 30 Sek.
17,180«
17,280«
17,240«
17,236«
17,235«
8 Min.
8 Min. 30 Sek.
4 Min.
17,235«
17,240«
17,245«
Der Stift hat also von der an die Flüssigkeit bereits ab-
gegebenen Wärme einen Teil wieder für sich verbraucht.
Dieser Vorgang steht in Übereinstimmung mit der Abnahme
der spezifischen Wärme über 100®.
Die Untersuchung des amorphen Bleisulfids ergab zwischen
15 und 100® die gut tibereinstimmenden Werte 0,119, 0,116
imd 0,117, woraus sich ein Mittelwert von 0,117 ergibt
^pei. Warme in Beziehfmg ztam elektr, LeitvenrnSgen. 201
Das amorphe Sulfid besitzt mithin unter den untersuchten
Modifikationen den größten Energieinhalt, der geschmolzene
Bleiglanz den kleinsten. Es wurde gezeigt, daB der ge-
schmdzene Bleiglanz ein sehr guter, das amorphe Sulfid da-
gegen ein schlechter Leiter der Elektrizität ist Der natür-
liche Bleiglanz und die aus dessen Pulver gepreßten Formen
stehen in bezug auf ihr Leitvermögen in der Mitte und
werden von der Temperatur in hohem Grade beeinflußt Auch
in bezug auf ihre spezifische Wärme halten sie die Mitte
zwischen geschmolzener und amorpher Modifikation und sind
mit der Temperator Teränderlich. Ejrwärmt und kühlt man
einen Stift wiederholt, so zeigt er, immer wieder bei Zimmer-
temperatur gemessen, eine fortschreitende Erhöhung seines Leit-
vermögens bis zu einem Grenzwert Das Herabsinken der Werte
Ar die spezifische Wärme nach unmittelbar vorangegangener
EIrwännung ist wohl gleichfalls als Analogie hierzu anzusehen.
2. Schwefelquecksüber (HgS) besteht in zwei durch Farbe
und Dichte wesentlich unterschiedenen Modifikationen. Die
schwarze durch geringe Dichte ausgezeichnete verhält sich zur
Elektrizitätsleitung wie Bleiglanz, der rote Zinnober dagegen
ist Nichtleiter. Da die schwarze Modifikation die größere
Löslichkeit besitzt und außerdem bei entsprechendem Drucke
in die rote unter Volumenverminderung übergeht, so ist man zur
Annahme berechtigt , daß sie den größeren Energieinhalt be-
sitzt und daher als die weniger stabile anzusehen ist Die
Bestimmungen der spezifischen W^ärmen der Pulver rechtfertigen
diese Annahme. Für den kristallinischen Zinnober , dessen
Masse 53,89 g betrug, fanden sich innerhalb der Temperatur-
grenzen von 15 und 100<^ die Werte 0,0544, 0,0555, 0,0545,
im Mittel also 0,0548, f&r das schwarze amorphe Sultid,
dessen Pulver 22,985 g wog, die Einzelwerte 0,1022, 0,1030
und 0,1026, woraus sich ein Mittelwert von 0,1026 ergibt
Der Energieinhalt des schwarzen Sulfids ist also doppelt so
groß, als der des roten. Während das Bleisultid sein bestes
Leitvermögen in jener Modifikation besitzt, der die kleinste
spezifische Wärme zu eigen ist, verhält es sich beim Queck-
nlbenralfid umgekehrt
3. SehwefeUäbeTf Ag^S. Die Untersuchung erstreckte sich
nur auf die amorphe Modifikation im pulverförmigen Zustande.
202 F. Streintz.
Die bereits beim Bleiglanz erwähnte Erscheinung einer Ver-
minderung der spezifischen Wärme, wenn das Pulver gleich
nach der Abkühlung einer neuerlichen Erwärmung unterworfen
wird, zeigte sich auch hier imd in noch auffälligerer Weise.
Im nachstehenden sind die mittleren spezifischen Wärmen
zwischen 15 und 100^ angegeben, die mit einer Pulyermenge
von 16,72 g an yerschiedenen Tagen gefunden wurden.
22. Juni 0,0800 25. Jnni 0,0794
24. Juni 0,0818 0,0762*
0,0762* 26. Juni 0,0795
0,0808 0,0743*
0,0809
Die mit * bezeichneten Werte beziehen sich auf Versuche,
die auf vorangegangene unmittelbar folgten. Läßt man diese
Zahlen beiseite und nimmt aus den übrigen das Mittel, so
erhält man 0,0804 als mittlere spezifische Wärme zwischen
15 und 100^ Das Joule-Eoppsche Gesetz verlangt eine
spez. Wärme von 0,0706, wenn man nach Behn für die Atom-
wärme des Silbers den Wert 6,0 einsetzt. Die Überein-
stimmung mit dem Gesetze ist mithin mangelhaft; wahrschein-
lich wird sie auch nicht besser, wenn man das amorphe durch
das natürliche kristallinische Pulver ersetzt, da auch das
elektrische Leitvermögen von der Natur der Modifikation
kaum beeinflußt wird.
Die Bestimmungen bei höheren Temperaturen erfolgten
in mehrstündigen Zwischenpausen; es ergaben sich folgende
Werte:
Temperaturintervall
Sp4
sz. Wärme
15 und 138 <>
0,0814
15 „ 160*
0,0823
15 „ 164«
0,0923
15 „ 171,8«
0,104
15 „ 182«
0,112
15 „ 186«
0,114
15 „ 209,5«
0,118
Aus der Tabelle geht hervor, daß von 100° aufwärts zu-
nächst eine langsame Zunahme der spezifischen Wärme ein-
tritt; zwischen 160 und 170°, wahrscheinlich in unmittelbarer
Nähe von 164°, tritt eine sprungweise Änderung in der
spezifischen Wärme ein. Diese ist offenbar einer Umwandlung,
Spez. Wärme in Beziehung zum elektr. Leitvermägen» 203
die wie bei Bleiglanz unter Wärmebindung vor sich geht, zu-
zuschreiben. Über 170^ findet wieder eine alhnähliche Zu-
nahme statt.
Die Untersuchung war bereits beendet^ als ich auf eine
Arbeit von Bellati und Lussana^) aufinerksam wurde, die
gleichfalls die Untersuchung der spezifischen Wärme des
Schwefelsilbers bei yerschiedenen Temperaturen zum Gegen-
stande hat Die Abhängigkeit der spezifischen Wärme von
der Temperatur wird von den beiden Physikern durch die
Gleichung y = 0,07177 + 0,0000678 t zwischen den Grenzen
/ = 7® und =175® ausgedrückt Bei 175® trat eine Umwand-
lang ein, so daß die mittlere spezifische Wärme zwischen 175
and 220® den Wert 0,0891 annahm. Diese Angaben konnte
ich nur Beferaten entnehmen, die in verschiedenen deutschen
Zeitschriften erschienen sind. Ich konnte keinen Aufschluß
darüber erhalten, ob sich die Untersuchung auf das Pulver,
auf Kristalle oder auf das geschmolzene Produkt bezog. Der
physikalische Zustand spielt aber, wie aus der Untersuchung
des Schwefelbleies hervorgeht, eine bedeutsame Bolle.
Der Temperaturkoeffizient der spezifischen W^ärme ist bei
AgjS größer als bei PbS, Pulver mit Pulver verglichen. Die
Zunahme des Leitvermögens ist bei dem ersten Sulfid gleich-
falls größer als beim zweiten.
.Das Leitvermögen eines Silberglanzstiftes wird durch
vorangegangene Erwärmungen gleichfaUs erhöht; di^ spezifische
W^ärme des Pulvers nach unmittelbar vorangegangener Er-
wärmung erniedrigt
Gäbe es Methoden, die Änderung der spezifischen Wärmen
von Grad zu Grad ebenso rasch als sicher zu bestimmen, wie
Änderungen des Leitvermögens, so ließen sich wohl die
Analogien zwischen beiden Eigenschaften viel weiter führen.
Vielleicht reicht die Mitteilung aber doch hin, daß man zu
einer beiläufigen Vorstellung gelangt, in welcher Weise das
elektrische Leitvermögen durch den jeweiligen molekularen
Zustand der Verbindung beeinflußt wird.
Graz, Physik. Inst d. Univ., Juli 1903.
1) M.BelUti n. S.Lussana, Atti del Inst Yen. (6) 7. p. 1051. 1888/8».
(Eingegaugen 6. August 1903.)
204
28. Periodic Golor Distribntioiis in Belation to the
Coronas of Glondy Gondensation, with a Beyision
of Goronas.
By Carl BaniB in Providence.
Introduotion.
1. Purpose and plan, — The growing importance of cosmic
dust ^) in relation to geophysic phenomena, suggested the need
of developing a method by which the atmospheric dust con-.
tents could be speedily and systematically detennined. An
appropriate method for this purpose was tested in a number
of my earlier papers ^ which gave promise of being in a
measure independent of merely local or accidental dust distri-
butions. It is based on the measurement of the angular
apertures of the Coronas produced on suddenly cooling moist
atmospheric air under deiinite conditions. Observations of
atmospheric nucleation made in this way for about a year
show results of considerable interest.
There is some difficulty, however, in reducing these data
to absolute values (number of nuclei, n, per cubic centimeter),
inasmuch as the Coronas obtained with lamplight yery fire-
quently pass beyond the ordinary white centered normal type,
into the more complex forms corresponding to very smaU
particles. I have therefore been obliged to make an extended
study of Coronas.^) The method pursued consisted in highly
nucleating the air stored within a given receiver over water
(with adequate provision for continued Saturation) ^ and then
1) The pioncering work of Aitken is well known and cited in my
earlier papers.
2) Science 16. p. 948. 1902; Physical Review 16. p. 193. 1902:
1. c. 17. p. 234. 1903.
3) Phil. Mag. (6) 6. p. 24. 1902; American Joum. of Science (4)
13. p. 81. 1902; 1. c. 15. p. 335. 1903; Physical Review 1. c; Smith-
soniau Contributions to Knowledge, No. 1873. 29. p. 1—186. 903.
Periodic color distributions, 205
withdra¥ring deiinite amounts of it bysuccessive partial exhaustion.
If the nucleated air is replaced by filtercd air free from nuclei,
the residual number of nuclei in the receiver must decrease
in geometric progression with the number of partial exhaustions.
The latter, moreover, produce the sudden cooling bj which
the Coronas are obtained. Let m be the moisture precipitated
per cubic centimeter, in any exhaustion, n the number of cloud
particles contained, d the diameter of each: then n^6mjnd^.
Since for the successive partial exhaustions m is constant,
n foUows from d^ and yice versa.
Two methods are available for the absolute measurement
of d. One may determine the apertures of the Coronas (so
long as these are normal) by a suitable goniometer, or one
may find the rate of subsidence of the cloud particles. Both
are approximate and limited in scope. Two methods, fur-
thermore are available for measuring the nucleation, n, or
at least relations of n. Aitken's dust counter may be applied
[work*) with this end in view is in progress] or the values
of n may be made to decrease geometrically in the way just
specified until normal Coronas are obtained, for which d fol-
lows from aperture. For the last of these methods I have
already published data; but in the course of over a years
additional experimentation a number of new devclopments
have shown themselves which it is my purpose here to eluci-
date. In the first place the method formerly used for deter-
mining m, gave results much too small. These are corrected
in the present paper. In the second place, the Coronas were
sapposed to be observed under adiabatic conditions of tem-
peratore; direct experiments in this paper show that the air
temperatares during which the Coronas are observed are nearly
isothermaL Moeroyer the new results prove that in addition
to the systematic loss of nuclei by exhaustion as thus fally
computed, there is an additional loss which has hitherto
escaped me. Each exhaustion in fact is accompanied by a
definite loss of nuclei, for which reasons must be investigated.
1) Aitken*8 dost connter may be dispensed with, and the intensity
of the nneleator detennined by condensation in benzol vapor, in which
the Coronas are all normal. See Smithsonian Contributions 1. c.
p. 55 et seq.
206
C. Barua.
Kinally I have in this paper used both eleclric and mono-
chromatic light as a source, as well as tlie Welsbacb mantel
employed for practica! purposes. Naturally from the iutro-
duction of intense violets the Coronas become more complicated
but it is only in this way that their tme nature may be
detected.
Tabulated data and descriptious of apparatuB, etc., will
be omitted in what foUows, for lack of room, The latter may
Fig. 1.
be found in my earlier papere. The chief results of the for-
iner are gi^en by the accompaBying chart. The coDdeneation
Chamber was 20 cm deep, 26 cm high, 35 cm long and lined
with wet cloth. The Coronas were observed through plate
glasB. The chamber was placed 85 cm irom the goniometer
and 250 cm from the source of light and the eye focussed for
long distances.
2. Color distributions. — In classifying the Coronas a state*
luent of the colore of the tirst two or tliree anuuli connted &om
Periodic color distributions. 207
the Center Mrill usually suffice. For the caso of the electric
light the central patch remains white, or at least opalescent
For conyenience in specifying color the foUowing abbreyia-
tions will be used throughout: w white, p purple, c crimson,
r orange-red, br brown, o orange, y yellow, g green, b blue,
V yiolet.
Mixed colors are written together, thus bg is blue green,
rv red violet A dash denotes an approximation to the color;
thus V is bloish, which has been otherwise indeterminable.
A dot denotes a deep or dark color; thus h is dark blue.
A mere line denotes a color ring too narrow or dark to be
recognized. This is the frequent transition from red to green,
marked torfg.
Beginning with the most intense nucleation obtainable,
i. e. with particles of the least size producible, the foUowing
Coronas appear in succession, at first tilmy and fleetingy but
eventually brilliant and dense. The numerals attached to the
series are arbitrary.
1/ /
, , , , w o ...
IL tDvg'\ b'hr\ wgv\ wyvbg: wyovg\ wcygv,
There is thus an obyious tendency for the colors succeed-
ing white to foUow each other in the order of wavelength,
as the particles continually increase in diameter. All inter-
mediate gradations are represented. The second cycle is nearly
complete, the firs^ can not be obtained except in the opale-
scent orange tint, unless the steam jet is employed. The se-
cond annulus of any Corona is apt to vary in width so as to
be unequally important
The next series (IQ) for successively larger particles is a
contraction of the preceding. There is obviously much OYcr-
lapping. The foUowing types of Coronas may be cited. The
colors are very brilUant The second „green^^ Corona is par-
ticolarly characteristic, consisting of three broad color bands
and the disc is green with the Welsbach lamp.
ITT. wvphgr\ wgbp\ wyo{b)gbf\ tor(b)gr\
Bie next series (IV) is a Variation of tcr' bgr approaching
the steady normal Coronas of the next cycle. The colors are
very olosely packed together, so that it is difiicult to produce
208 C. Barus.
definite types of them at will. Incidentally however the „green"
Corona toghp is obtained particularly with the Welsbach
lamp^ while the red of the first ring changes from 1/ to &r'.
wrjg is frequeni
In succeeding Coronas the normal type is practically per-
manent and the observable Variation is merely in diameter.
All apertures, s, will be measnred to the outer edge of
the first ring as the contrast here is always sharp. K 9) is
the angular radius of the goniometer (arm ^ = 30 cm),
2 sin 9 = sjR.
Method of Beduotion.
3. Con^tants of the Geometrie Progression. — To determine
whether the factor of the geometric progression of successive
nncleations, numbered z, was to be computed isothermally or
adiabatically, a series of direct temperature measurements was
deemed necessary. These were made by aid of a thermo-
couple of extremely thin wires (0,007 cm in diameter), of
copper and german silver. The results (omitted) showed that
after the lapse of one minute following the sudden exhaustion
the temperature has been regained to vdthin a degree. I have
therefore computed the density ratio of nucleation p/(>' = n/n',
before and after exhaustion as follows.
Since /? = Ä(>i9- in the usual notation of Boyles law,
and p = P — /?' where P is the reduced reading of the mer-
cury gauge and p' the vapor pressure of water vapor,
üIq' ^{P ^ p)l[F -^ p')[l ^ 8»ld).
The correction Sd-l», being by the table 0,7/293 = 0,0024
or about ^4 perc, may be neglected (§ 4). Hence
where Sp is .the pressure diflference selected. Thus the relative
nucleation iV^, not corrected for time losses etc., would be
iV^==y«= l0»io«y where y = 0,77 and JV^= lO-O'^^ss«,
4. Time losses. — Nuclei apparantly decay spontaneously
in the lapse of time, t, and a correction is to be added to N. Since
this loss is relatively small in view of the short time intervals
occurring in the observations, n = n^ 10^ <'-"'>\ may be assu-
med for convenience. Hence if n be the nucleation due to a
Periodic color distributions, 209
giyen Corona seen at low pressure or the identical nucleation at
atmospheric pressure after filtered air has been added^ the next
Corona after z exhaustions and t minutes will correspond to
Tij =s nlO«'^ y + ^^'-'j^ Thus it is merely necessary to know
the relative values of n or the nucleation ratios to find /?.
The Chief result of this paragraph is the relatively small
Talue of the coefficient {b = 0,002) of time loss of nuclei. Its
effect on the results may therefore be neglected (tested), par-
ticularly as the effect is in part compensated by the tcm-
perature factor of the preceding paragraph.
5. Exhauation losses» — I shall next consider the inde-
pendent destruction of nuclei which accompanies each ex-
haustion. This loss did not appear in my original investi-
gations, probably because the spherical receiver used was not
lined witii wet cloth.
From what has preceded the relative number of nuclei
after z exhaustions is 10«^<>8y, whereas in the region of nor-
mal Coronas the absolute number is certainly very ncarly
n' s= Cs*, where C is a known constant Honce the ratio
r «s C*'/10«**«» should be constant whereas cxperimcnt
shows roughly that r = r^^ (1 — r^ r), a being the coefficient of
exhaustion loss and r^, = Cs^^ the arbitrary initial ratio for
z r»0, This result is a mere approximation and the phcno-
menon may be fuUy explained in terms of subsülence of fog.
In this case 10*Ä = O)/», where H is the radius of the water
particle and v its rate of subsidence. Since 2 7? = </ = 0,0032 /.<?,
approximately, v = 1,78*/ä*, or if v refers to minutes v = 1 90/ä^.
The relative loss, Z per minute is for a vessel of hcight h
and nucleation n, l = vjh = "i^Ol hs^, If as in the above
condensation Chamber, the height is h = 26,5 cm, / = 7,2/«-.
6. The optic constant, Diameters hy diffraction, — The
proportionality of diameter of particle with the inverso apor-
tnre may be assumed for normal Coronas. The occurrence of
periodicity in the higher Coronas modifies thcse simple con-
ditions. It is well known that for a Single particle, the
masterly work of LommeP) has given a complete treatmcnt
1) £. Lommel, Abhandl. d. k. bayr. Akad. d. Wissensch. [21 !'>«
p. 229. 1884.
BoltaaaaB-F««MbrUt H
210 a Barus.
of the difiractions in terms of B es sei fimctions. It is tbe
object of the present paper to indicate the divergences for a
group of particles and vanishing diameters.
In meteorological work for a particle of diameter d and
for uniformly normal Coronas, the equation sinqp =s 1,22X1 d
is usnally assumed, if the angular radius of the Corona is qp
and the wave length in question, A. Since in my goniometer
2 sin qp =s s/B, where Ä = 30 cm, ds ^ a^ 73,2 h
In view of the theoretical uncertainty of these values in
the case of the distribution of particles met with in the
above experiments, I have usually relied on the results of
direct comparisons with the Corona of lycopodium spores where
d^ = 0,0032 cm. Here a = dj, 5^ = 0,0034 for measurements
to the outer edge of the first ring.
7. The optic constant Diameters from subsidence. — In
my earlier work the condensation Chamber was not cloth lined,
and the subsidence data quite untrustworthy. In the present
cloth lined receiver kept wet on all sides, subsidence data are
reasonably satisfactory. The Coronas however change character
during subsidence and in case of the initial opalescent Coronas
(Series II, § 2) all Coronas vanish into a mere fog before
subsidence is even appreciable. Finally the upper plane boun-
dary of the fog which at the outset appears as a sharp hori-
zontal line even 50 cm long, even after 1 or 2 min. becomes
more and more vague. Subsidence is here accelerated. Hence
it is chiefly for the normal Coronas that subsidence data are
available, and fortunately it is precisely here that they are
wanted.
8. Summary of optic constants, — The following series of
values of a ^ ds has been obtained when the measurements
of aperture are made to the outer edge of the first ring.
Optioally (blue) a = 0,00344
From lycopodium {d^ = 0,0082) a = 0,00336
From Bubsidence a = 0,00291
The latter is decidedly the smaller corresponding dosely to
optical puce-violet (0,00293). The datum for subsidence will
nevertheless be chosen; being simplest in character it is appa-
rantly the most trustworthy. Since n s= (6 7w/;ra')«', if the
Periodic color distributions, 211
method of Wilson and Thomson^) be used for the compu-
tation of m the following values in grams per cubic centim.
are applicable at the temperatures stated, for the pressure
difference J/? = 17 cm.
ö= 10« 20« 80«
10« X w = 8,7 4,6 6,7
9. Restdttng equations applied. — From what has been
stated it follows that the first quantity to be found is tho
initial nucleation, n^, i. e. the nucleation which obtains when
z ^ Z. This depends on incidental conditions such as the
intensity of the ionizer, the first Corona seen {Z) etc., and is
therefore quite arbitrary. In the tables, for instance, n^ == n^.
Hence
which will be abbreviated
n^^n^ 10(«-*) »o« y'ffCl - 5/5»).
This equation affords in the first place a means of Com-
puting 5. For in the region of normal Coronas n is givcn by
the apertures of the Coronas. Thus 5 = 2,65. With this
value of 5, the data iV^/7(l — 5/**) may be computed throughout
Then in the region of normal Coronas the fundamental con-
stant of the reduction follows as n^ ^370 s^ 1^11(1 - Sjs^
With this constant the true yalue of the nucleation (number
of particles per cub. cm) is computed for all Coronas as
10. Bemarks on the table». — The graphs show four in-
dependent series of observations of diameter, d, and nucleation
(particles per cub. cm), in terms of the relative apertore
« &3 60 sin 9> where (p is the angular radius. The partial ex-
haustion is to 17 cm and the standardization is by subsidence,
§ 8. If standardized by difiraction, the n data would be
about 0,6 smaller or the upper ^^green" Corona, for instance
showing II -> 98 000 would then show n = 60 000 nuclei. The
oorresponding d effect is much smaller, being + 0,2.
1) Cf. J. J. ThomsoD, Phil. Mag. (5) 46. p. 58b. 189b.
14*
212
C. Barus.
The graphs, n in terms ois, give evidence of three cycles.
In the eecond Beides Ütere are apparantlj four cycles, the two
lover being distmct The horizontal position of the cnsps is
as closely in accord as the measuremente justify. The vertdcal
positioQ suffers from the shift and difficalty surroouding Üie
absolute evaluation of n. Throughout their eztent, howerer,
the fundamenUd smäarity of the graphs is unmistakable, as
Kg. 2.
is furthor shown in the corresponding eures for ruby light,
since n'=s6ni/«rf' = (6m/n;a^»'tsi23(«/10*Jl)', approximately,
the äuctuatioü of n with X is obvious; but the feature of the
phenomenon is none the less the oecvrrence of cycUc variattom
in the coior of the innermoit ring. The correction implied
in the last equation wonld be more than snf&cieat. The
violet Coronas are to be depressed as regards n and the red
Coronas Tsised in their n ralues.
Feriodk color distribuUous. 213
11. Dkameiers of fog parädes. — HaTing detennined the
tme Tafaies of n, the diameters of fog particles mar be oom-
pated for each apeitare sinoe d = yWmJun = 0,021 n^'«.
The lesnks aie plotted in the oonesponding graphs. Each
of theee (if as a fimction of $) shows the thiee cjrcles already
detennined and the cosps lie at </ = 0,0007 to 0,0008 cm
and if s 0,0006 to 0,00055 cm, or that the intermediate and
particnlariy fauninoos cjrcle corers a ränge corresponding to
abont ten times the wäre lengths of the visible spectmm.
Bnt two of the cnsps are nnmistakably marked, wfaile in other
respects the graphs retain the hyperbolic contour, ds » const
Since a~'^ is the cnbical Yolome which contains one
fog particle, dfn ^ '« is the ratio of the diameter of par-
ticles to the distanoe between particles, constant thronglK>nt.
The distanoe between centers is thos abont 48 times the dia-
meter of particles for the temperatnre and pressure conditions
prerailing dnring the exhanstions.
One may note that the diameters foond are independent
of m; after rednction since the same eqoation also holds for Z,
l/i/» = (*^/a)»10f— ^*««f J7(l -Sj^
where j^ is the iq>ertare of the normal corona nombered Z,
Tlins d depends on a, y and s and does not therefore differ
mach firom my earlier yalues exoept insofar as a and y were
differently detennined and 8 not obsenred.
Imalfy since «</* = 6 »1/7 = oonst, the relation of n and
d are reciprocal and maxima in n thns oorrespond to minima
in d. The cnrres bear this out The periods ' indicated by
the cnq» in the d corres may be placed in oonformitr with
§ 11, and their mean position may be rated at </ = 0,00072,
0,00054, 0,00036 or in the ratio of 4, 3, and 2. In other
woids thej aie ronghly multiples of the cycle datom 0,0001 8 cm
and throng^nt large as compared with wäre length.
12. MomHckrwmaiic UghL — The two independent corves
in the chart for mby light^ snbstsntiaie the conclusions already
drawn. I need merely add that cusps in the pctsitions
214 C, Barus. Periodic color distributions,
d =: 6, 4, 3, 2 X 0,00018 cm have been recogniz^d. Further-
more nV« j d = bO.
13. Axial color 8. — Little need be added to my earlier
observations (1. c.) on these important accompaniments of the
higher Coronas (series I and II), except that the white Light
is colored by the action of more than one particle.
Providence, Brown University, U. S. A., July 1903.
(Eingegangen 11. August 1908.)
215
29. Der schiefe Wurf im luftleeren Räume als Zentral
bewegung.
Von E. I«ampe in Berlin«
Nimmt man an, daß die Richtungen aller Schwere-
beschleonigongen durch den Mittelpunkt 0 der Erde gehen,
und daß die GhröBe dieser Beschleunigungen dem Quadrat des
Abstandes Ton 0 umgekehrt proportional ist, sieht man femer
Ton der Botation der Erde um ihre Achse ab, so kann die
Bewegung eines unter dem Abgangswinkel a gegen die Hori-
zontalebene mit der Anfangsgeschwindigkeit v^ geschleuderten
(als Punkt betrachteten) Greschosses nach den bekannten Gesetzen
der Zentralbewegung unter der Einwirkung einer dem Quadrate
der Entfernung umgekehrt proportionalen Kraft behandelt wer-
den. Das im folgenden angegebene Verfahren, das sich nur
der Eepl ersehen Gesetze und der Elemente der analytischen
Geometrie bedient, ist von mir vor längerer Zeit im Unter-
richte zu dem Zwecke durchgeführt worden, damit die Gesetze
der Planetenbewegung an diesem Beispiele veranschaulicht
und die Analogien mit den Sätzen der parabolischen Wurf-
bewegung aufgedeckt würden.
unter anderem brauchen wir die folgende bekannte Kon-
struktion des Krümmungsmittelpunktes M für einen Punkt P
eines E^elschnittes. Die Normale des Kegelschnittes in M
schneide die Brennpunktsachse in N\ das in N auf NP er-
richtete Lot treffe den nach P von dem Brennpunkte F ge-
zogenen Fahrstrahl in L: dann schneidet das in L auf FP
errichtete Lot die Normale iV^P im Krümmungsmittelpimkte M.
In Fig. 1 sei 0 der Erdmittelpunkt, Ä der Abgangspunkt
des Geschosses, A B die AnfangsrichtuDg, daher Winkel 0 AB
^ a '\' \n. Das auf AB m A errichtete Lot A M ist die
Normale der Bahnlinie in A\ folglich Winkel MAO^a,
Die Schwerebeschleunigung ^ in A hat die Richtung Ä0\ ihre
in die Normale AM der Bahnlinie fallende Komponente ist
216
E. Jjümpe»
daher ^ cos a. Die Bahnlinie selbst ist eine Ellipse mit 0 als
Brennpunkt, A£ als Tangente in A. Ist nun q der Krüm-
mungsradius der Ellipse in A, so ist die Zentripetalbeschleunigting
in A einerseits v^^Iq, andererseits ff .cos a, mithin
Q =z Vq^ I g cos a ^ QqI cos cc ,
wenn zur Abkürzung v^^ I ff ^ q^ gesetzt wird.
Man trage q = AM auf die Normale der Bahn in A auf,
so ist M der Ejümmungsmittelpunkt der Ellipse für A. Aus M
fälle man das Lot ML
auf OA, aus L das Lot
Z N auf A Mj so ist N ein
Punkt der Brennpunkts-
achse der Ellipse, 0 N also
diese Achse. Macht man
noch Winkel N AF ^
0 AN =^ Uy so ist F der
zweite Brennpunkt der
Ellipse, 0A^AF^2a
die Länge der großen
Achse.
Aus der hiermit gefundenen Konstruktion der gesuchten
Bahnlinie folgt die Berechnung ihrer Elemente. Man setze
noch Winkel NOA=0. Es war AM =: o =^ q^j cos a\ also
L A = Q^y AN = Qq cos a. Der Winkel ö folgt mm mit Hilfe
der Sinusregel aus dem Dreiecke ONA. Setzt man den Erd-
radius 0 A = B^ so ergibt sich
Fig. 1.
(1)
tgO =
Qq sin a cos a
Ä — ^Q cos' OL
Ebenso erhält man AF=^ r aus dem Dreiecke OAF:
(2)
Dieser Abstand r ist unabhängig vom Abgangswinkel a.
Für eine konstant gehaltene Abgangsgeschwindigkeit Vq und einen
variablen Abgangswinkcl a ist also der Ort von F eine Kugel-
fläche um A als Zentrum mit r als Radius. Der Mittelpunkt
der zugehörigen Wurfellipse hälftet OF, Mithin liegen die
Mittelpunkte aller Bahnellipsen bei konstanter Anfangsgeschwin-
digkeit und variablem Abgangswinkel auf einer Kugelfläche
Schiefer Wurf als Zentralbewegung, 217
Tom Badius ^ r um den Halbieningspunkt von 0 ^^ als Mittel-
punkt
Die Länge der großen Achse 2 a ist gleich OA + AF;
mit Eiinsetzung von r ^ AF, 2a = Ä + r,
also unabhängig von a, d. h. bei konstanter Abgangsgeschwin-
digkeit t;^ haben alle Bahnellipsen große Achsen von derselben
Länge 2a.
Aus dem Dreiecke OJi^ folgt 0^: sin2a = 0 J : sin(2a + Ö),
oder 0 -F. sin (2 « + Ö) = Ä . sin 2 a. Setzt man 0 -P. cos ö = x,
OF.anO =sy, so hat man für den Punkt F die Gleichung:
xBim2a + g cos 2 cc = iZsin2fir^
eine leicht zu konstruierende Gerade; auf derselben bewegt
sich F, wenn a konstant gehalten wird, v^ sich ändert
Bekanntlich ist die Projektion der Normale AN auf den
Radiusvektor 0 A gleich dem halben Parameter p der Ellipse,
d. \l p ^ Alf. cos cc = Qq cos^ a «=3 a (1 — a*), wenn 8 die nume-
rische Exzentrizität ist, also 1 -- t^ = Q^cos^a/a, oder:
W I
(4) /> = p^, cos* a, «=s-^, wo W' = yÄ* — Pq(2B — pojcos^a.
Die Gleichung der Bahnellipse in Polarkoordinaten u, 6,
bezogen auf 0 als Pol, 0^^ als Polarachse ist nun endlich:
^ ' 1 — e C08 (9 — ö)
Aufgabe. Gegeben der Abgangspunkt A, der Zielpunkt B,
die Anfangsgeschwindigkeit v^; gesucht die Bahnellipse.
Losung. Von der Bahnellipse sind bekannt: 1. der
Brennpunkt 0, 2. der Punkt A, 3. der Punkt £, 4. der Orts-
kreis fllr F, 5. die große Achse 2 a = Ä + r (Fig. 2). Man be-
schreibe um 0 als Mittelpunkt mit R + r als Badius den
Kreis, femer den Kreis um A als Mittelpimkt mit r als Radius.
Die Verbindungslinie 0 B trefife den ersteren Kreis in C, so ist
O (7 = 2 o. Dann ist B C der Abstand des zweiten Brenn-
punktes der Ellipse von B. Der Kreis um B als Mittelpunkt
mit J9C als Radius treffe den Ortskreis für F in den beiden
Punkten F^ und F^. Die beiden Ellipsen durch A (und B) mit den
Brennpunkten 0, F^ und 0, F^ sind die verlangten Wurflinien.
218
E, Lampe»
Fig. 2.
Wenn der Kreis um B mit j&C7 als Radius den Ortskreis für
Fwm A nicht schneidet, so gibt es keine Wurf linie, d. h. der
Punkt B ist mit der Anfangsgeschwindigkeit i;^ yon Ä aus
nicht erreichbar. Wenn der Kreis um B den Ortskreis um A
berührt, so gibt es nur eine einzige Wurfellipse. Der Ort
solcher Punkte B^ liefert
die überhaupt noch er-
reichbaren Punkte. Setzt
man den Radius B^ C^ des
um B^ beschriebenen
Kreises gleich r^, so ist
offenbar B^0 + B^A^^
Ä + r — r^^ + r + r^ =
Ä + 2 r, d. h. die „Sicher-
heitskurve" , außerhalb
deren die nicht erreich-
baren Punkte liegen, ist
die Ellipse mit den Brenn-
punkten 0 und Ay der
großen Halbachse iZ + 2 r.
Der Scheitel 8 der Ellipse hälftet das Segment des Fahr-
strahles OF zwischen dem Ortskreis von F und dem Kreise
vom Radius 2 a um 0, Danach kann der Ort von 8 ohne
Schwierigkeit bestimmt werden; derselbe ist jedoch keine der
bekannteren Kurven. Wenn 0 ins Unendliche rückt, wird der
Kreis um 0 zur Tangente des Ortskreises von F\ in diesem Falle
geht der Ort von S, wie leicht ersichtlich, in eine EHlipse mit
den Halbachsen r und \r über (bekannter Satz beim para-
bolischen Wurf).
Nach dieser synthetischen Betrachtung mag nun auch die
analytische Untersuchung folgen.
Die Wurfweite w soll unter der Voraussetzung berechnet
werden, daß die Erde eine Kugel vom Radius R ist. Dann
ist ti7 = 2jRÖ, weil die Wurfellipse symmetrisch zu 0^ in
Fig. 1 liegt, also nach (1)
(6) w = 2Rd^2R arctg -?^-«l!^"-^V^ ,
^ ' ^ Ä — ^0 cos «
oder da man tgö mit ö für kleine Winkel vertauschen darf,
angenähert:
W M'urf als
219
oa IT = * -
/? — ^ coe* «
Das MATimnm ar' Ton ar findet man hiernach für cos 2 er
=s p^ / '2Ä — pj, und zwar
(6b) ir' = 2i?arctg ^— -.- .
angenihert gleich j^
Die Wnifireite ar^ wird bei der Annahme einer para>
boliachen Wnrflinie bekanntlich durch Formel
ir^ = r^* sin 2 alg =s p^ sin 2 er
gegeben. Setzt man nach Formel
(6a) « = 7-==^^ -Ä = ?• «"» -«
80 eigibt sich
1+ -^— + 7^ +•••
n 0W cos' «
p^sin2ir.^?--^^ —
1 +
et cos- « . et' C06* «I
R
iP
5— + ...
Diese Differenz betragt z. B. för r^ == 500 m, ir = 30^
J? B 2 . lOVx, g = 9,81 etwa 66,4 m, nämlich ir == 22 136.4 m,
tp^ s 22 070 m. Daß diese Differenz einen solchen Betrag er-
reicht» li^ jedoch daran, daß bei ir^ die Entfemong aof der
Horizontalebene gerechnet ist, während ir als die Entfernung
auf der gekrümmten EugelHäche genommen ist Liegt im
ersieren Falle der Aufschlagspunkt h Meter über der Erd*
oberfliche, so ist ir^' = A (A + 2i?), also angenähert h = w^*j2B.
Das Geschoß treffe die Erdoberflache i Meter hinter dem Fuß-
punkte Ton A, so hat man alle Bogen als gerade Linien in
Bechnnng gestellt) x = Aeotger = ir0-cotgflr/2i?, oder
et* an* 2 a cotg s ^
27?
• rin 2 «I . cos' a
d. h. ^eich dem ersten Gliede der Differenz in ir — ar^. Li
dem obigen Zahlenbeispiele ist x = 66,26. Mit Berücksichtigung
dieses ümstandes ist also praktisch die Differenz der berech-
neten Wurfweiten bei Annahme parabolischer oder elliptischer
Bahnlinie zu Temachlässigen. Interessant ist dagegen der im
vorangehenden begründete Umstand, daß bei großen Wurf-
weiten die Krümmung der EIrdoberfläche sich merklich macht
220 E. Lampe,
Die Höhe U des Scheitels der Wurfellipse über der Elrd-
oberfläche ist offenbar a '\' at ^ R. Nun war nach (4):
= vPo8in*a
« = i/l _ go (2 ^- go) ^^^g2 ^ _ 1^1 _^ cos« a [vergl. (3)].
Also
jy = 2 a — — Oft cos* a — rr^ -^ C08*a — ... — Ä.
Da aber
SO kann man H nach Einsetzung des Wertes von a in die Reihe
wie folgt schreiben:
U^ Jp,sin«a + l^"(l-cos*a)
+ y^'(l + co8*a- 2cos«a) + ...
1+^(1+ cos««)
+ -^^(1 + cos«a + 2cos*a) + ...1.
Beim parabolischen Wurfe ist die Höhe H^ des Scheitels der
Parabel H^ = v^^ sin* a/2 ^r = ^ p^ sin* ct.
In dem obigen Zahlenbeispiel findet man jETssSlOBm,
H^ = 3185,5 m, also H ^ H^ = 10,5 m. Da aber i?^ sich auf
die Horizontalebene bezieht, so sind beide Zahlen nicht direkt
vergleichbar; man hat If^ noch um ein leicht zu berechnendes
Stück zu yergrößem und erhält dann nahezu die gleiche Zahl
wie für H.
Die analytische Behandlung der Sicherheitsellipse kann
man elementar wie folgt in Angriff nehmen.
Aufgabe, Gegeben die Abgangsgeschwindigkeit i;^, die
Polarkoordinaten u und (f> des Zielpunktes; den Abgangs-
winkel a zu berechnen. In die Gleichung (5) der Bahnellipse
setze man nach Entwickelung von cos (qp — ö) die Werte von
sinö und cosö nach (1) und von € nach (4) ein, so folgt:
W \ R ^ Qo coß* a , Oq sin a cos a \ «
u-u. ^ jcosT^. ^^ + smqp.'^* ^ j^Po^s^»
oder aber
Schiefer Wurf als Zentralbewegung, 221
2Ru{\ — cos tj>) + Po («* cos (f ^ E)^ cos 2 cf . (>q (Ä — « cos qp)
+ sin 2 of . Yi ÜQ sin qn.
Um diese Gleichung für a zu lösen^ setze man
Po (Ä — tt cos qp) — Ä . sin t/; , m p^ sin <jp = ä . cos t/;,
so wird
k = p.yiü»-2ÄtiC0Sa) + trS igt/; = (ig-t^cosy)^
A8in(2a + i/;) = 2i^ti(l — cosqp) + (>o(ucos<)p — Ä).
Aus dieser letzten Gleichung erhält man zwei spitze Winkel a,
solange sin (2 a + t^) < 1 > keinen reellen Winkel a, sobald
sin(2a + 1^) > 1* ^^ einziger Winkel a ergibt sich, falls
8in(2 IT + t^) = 1- Dann ist •
{2 22 1£ (1 — cos tp) + Qq [u cos (f> — B)Y
= Qq^[[R — ttcosqp)* + u%\Xk^rf],
oder nach einigen Reduktionen unter Fortlassung des Faktors
tt(l — cos^):
(7) . = --"^^-^0"
, 2 Ä - ^0
Diese Bedingungsgleichung zwischen den Koordinaten u, qp
des Zielpunktes gibt die äußersten mit der Geschwindigkeit v^
Ton Ä aus erreichbaren Treffpunkte. Es ist dieses die Polar-
gleichung der oben konstruierten Sicherheitsellipse. Ihre
Schnit^unkte mit der E^oberfläche ergeben die maximale
Wurfweite. Setzt man zu diesem Behufe u^ R, so findet man
In diesem Falle ist t^ =» J^y, sin (2 cs^ + t/;) = 1 , 2 cs^ + J^ gn = 90^,
Sucht man den Schnittpunkt der Sicherheitsellipse mit der
Tangentialebene der Erdoberfläche in Ä, so muß man u^ Rj cos (p
222
E, Lampe,
setzen; dann wird sin-i/; = 0, rp ^ 0, also sin 2 c^ = 1, a = 45®,
wie beim parabolischen Wurf.
Liegt überhaupt der Zielpunkt des Wurfes in der Tan-
gentialebene, so folgt aus u cos ^ = 7^ für c^ die Gleichung
2 Ä M (1 — cos qp) = M (>o sin qp sin 2csf , sin 2 c^ =
2Ru
9o
^\V>>
also ergänzen sich die beiden Abgangswinkel zu 90®. Der
höchste zulässige Wert für tg^cp ist (>q/2 7?. Daraus be-
rechnet man die größte Wurfweite in der Tangentialebene
Rigtp = 4R^QqI{4II^ — Qq^ = dem halben Parameter p^ der
Sicherheitsellipse. Beim parabolischen Wurfe ist das Maximum
der Wurfweite in der Horizontal-
ebene gleich Qq] die Differenz
Po - Qo ist (>oV(4Ä* - Qo^
Will man die Gleichung
der Wurfellipse in die der
Wurfparabel überflihren, so hat
man in (5) kartesische Koordi-
naten einzusetzen und den
Eoordinatenanfang nach A zu
verlegen. Man erhält für A als
Nullpunkt, A 0 als negative
X-Achse:
Fig. 3.
0:2 {l - (l - J^ C082 «)'} -15^ ^o_ /j _ ^ cQg2 ^j sin ^ cos «
+ y2 ^ .^oM?"^^^??!^! +2x()^cos^a - 2y(>oSinacosa = 0.
Setzt man hierin Ä = cx), so folgt
y^ + 2xQq cos* a — 2y (>^j sin a cos a = 0,
die bekannte Gleichung der Wurfparabel.
Soll man endlich auch die Geschwindigkeit und die Zeit
des Wurfes berechnen, so ist der Flächensatz heranzuziehen.
Ist in Fig. 3 AA'=ds, so ist Sektor AO Ä= ^l^ds^ wenn
OL = Iq = Rco^a das Lot von A auf die Tangente in A ist.
Femer ist ds = v^dt; also, wenn noch c die Sektoren-
geschwindigkeit ist, Sektor ^Oi:/'=ce/^=|/y.t;or/^,c=^Äco8a.ü^j.
Schiefer Wurf als Zentralbewegung, 223
Daher f&r einen vollen Umlauf in der Ellipse mit der üm-
laofiszeit T:
abn^\^Rv^co^aT, T^
^ahn
2 0-- •* > Ärocos«
Nun ist
i = a yi — 6* = V^^ • ^8 a [vgl. (4)].
Also
y _ 2 oVt n _ _1_^»?
unabhängig von a.
Um die Flugzeit t fbr den in A beginnenden Sektor S zu
finden^ hat man den Inhalt dieses Sektors in bekannter Weise
mit Hilfe der exzentrischen Anomalie v zu finden:
**T'''"|/r-"a"^T^' *'=«yi -€^(r + €8int;).
Dann ist /» T.Sjabn.
Die G^chwindigkeit v in einem Punkte der Bahn findet
man aus dem Lote / auf die Tangente des Punktes von 0
nach der Formel vi ^v^ Z^. So gewinnt man unter anderem
die G^eschwindigkeiten in den beiden Scheiteln angenähert:
i/ = ü.cosafl-,?^sin«a), t?" = -^^- (l - ^' cos»«) .
(Eingegangen U. August 1903.)
224
30. Über elektrische Strömungen in zylindrischen
Leitern,
Von A. V. Bäokland in Lund.
Das Folgende wird allein von derartigen elektrischen
Strömungen handeln^ die^ einmal in einem zylindrischen Leiter
erregt, sich dort eine längere Zeit erhalten können^ wenn der
Leiter entweder frei ist, also etwa von trockener Luft um-
geben, oder auch mit einer koaxialen zylindrischen Hülle
leitenden Charakters versehen ist Solche Ströme werde ich
als Eigenströme des Leiters bezeichnen und mit den folgenden
Zeilen besonders versuchen, einen Beitrag zur Erledigung der
Frage zu liefern, wie durch äußere magnetische Kräfte die
Eigenströme eines Leiters verändert werden.
1. Eigenstrbme eines homogenen zylindrischen Leiters, wenn er
keiner äußeren magnetischen Kraft ausgesetzt wird. — Wenn
von äußeren magnetischen Kräften abgesehen werden kann,
hat man für das Innere eines vollkommenen Leiters die
Maxwellschen Gleichungen in der folgenden Form anzu-
wenden :
A^u = 4nkfjL^, J^v = inkfjL ^-- , A^w = ink/jL^rj
dx dy dx~~
Aus den drei ersten dieser Gleichungen leuchtet sofort ein,
daß, wenn drei Integrale u, v, w derselben der durch die vierte
Gleichung ausgedrückten Bedingung zu einer Zeit genügen, sie
dies auch zu jeder folgenden Zeit tun. Denken wir uns jetzt
einen homogenen metalUschen Leiter zylindrischer Form vor-
gelegt, und nehmen wir die Zylinderachse zur ^- Achse und
ihren einen Endpunkt zum Koordinatenanfang, so finden wir aus
den drei ersten jener Gleichungen (1) elektrische Strömungen
in den Querschnitten des Leiters durch folgende Ausdrücke
ihrer Komponenten u, v, w dargestellt:
Elektr. Strömungen in zylindrischen Leitern, 225
(2)1 ^,^ ^W
(^'•1.. sin ni/; + iT^,, cos n t/;),
117 = 0.
Hierbei sollen wir unter r die Länge des Lotes vom
Piuikte [x, y, z) auf die Zylinderachse, unter ip den Winkel
dieses Lotes mit der X-Achse und unter Z die Länge jener
Zylinderachse verstehen. Es wird übrigens B der Differential-
gleichung genügen:
(8) ^ = («»-?. ««-jÄ,
e^ma r^ n eine positive ganze Zahl, besonders
(4)
V 4(n+l) ^ 4.8(n + l)(n + 2)
g-'^ + )
4.8.12(n+ l)(n + 2)(n + 8) ^ " ')'
wobei (>^ eines der obigen p<^^), pj^, pj^^), ... ist und diese q^'^
Wurzeln der folgenden Grenzbedingung sind:
a der Badius eines Querschnittes des Zylinders. Sämmtliche
diese Wurzeln werden reell, wegen folgender Relation, die
wir aus (8) sofort ableiten:
a
/rÄ(pi;'>,r)Ä((>J),r)rfr-0, igÄ,
0
und daher auch, wegen der wechselnden Zeichen der Glieder
von (5), alle p^'> positiv. Die Koeffizienten A, £, A\ B' in
(2) lassen sich bekanntlich, nach den Untersuchungen von
Sturm und Liouville ^), so bestimmen, daß für alle Werte
Ton r zwischen 0 und a
1) Storni Q. Liouviile, Journal von Lioaville 1. p. 106. 269. 1836.
15
226 A. F. Bäcklund.
QC 00
2
■<... -K (f i". -■) . 2 ^... » «'. >•) . «^
•=1 #=1
beliebig vorgeschriebene Funktionen von r wiedergeben. Dem-
zufolge können diesen Koeffizienten solche Werte beigelegt
werden, daß im ganzen zylindrischen Leiter, seine äußere
Begrenzung und seine Achse ausgenommen, jene u und v ftLr
^ = 0 beliebige Werte f[xy y, z) und (p (ar, y, z) annehmen. Sei nur
dx ^ dy ~"'
so müssen, nach meiner anfangs in dieser Notiz gefällten Be-
merkung, die gefundenen Ausdrücke (2) f&r w, r und ti? (=0)
auch immer für ^ > 0 die vierte der Gleichungen (1) erfüllen.
Besonders einfach wird der Fall: ^^^^ = — •5'^^^, -^«it> -^'«i*
sowohl als alle übrigen A, . . . F Null. Die Strome werden
dann kreisförmig mit der Z^Achse als gemeinsamer Achse,
2. Einfluß einer konstanten, der Z^Ächse parallelen magneti'
sehen Kraft — Jetzt nehme ich an, daß eine bedeutende
magnetische Kraft vdrksam ist, die der ^-Achse parallel geht
und im ganzen Leiter eine konstante Intensität C aufweist.
Nach dem, was ich in meiner Abhandlung: Über die magneto'
optischen Erscheinungen ^) auseinandergesetzt habe, geben jetzt
die allgemeinen Max well sehen Gleichungen für einen voll-
kommenen Leiter statt der obigen (1) die folgenden Formeln:
(6)
im Verein mit der jedenfalls geltenden Gleichung:
(7) 4li + |£ + |^ = 0.
^ ' dx dy dx
Bremer wissen wir, daß, faUs g die Dichtigkeit der freien
Elektrizität im Punkte (ar, y, z) des Leiters bedeutet:
/Qx xC f dv du\
1) A. V. Bäcklund, Arkiv for Matematik etc., utgifvet af K. Svenska
Vetenskapsakademien 1« p. 1. 1908.
Blekir. Strömungen in zylindrischen Leitern. 227
Beionderi auf drei Schlüsse aus diesen Gleichungen möchte
ich hier die Aufmerksamkeit lenken. E^tens gilt^ wie vorher^
daß irgend drei Integrale der Gleichungen (6)^ die zur Zeit
^ =3 0 die Gleichung (7) befriedigen, dies auch zu jeder folgen-
den Zeit tun. Zweitens finden wir^ daß, wenn zu einer Zeit
OmaO, 10 = 0, -= — h -ä h-=— =0,
^ ' ' ax oy 0% '
auch zu jeder folgenden Zeit dieselben Belationen statthaben,
und drittens folgt, daß im letzteren Falle {q ^0, ir = 0 für
t maO) die Stromkomponenten u und ü durch die folgenden
Gleichungen gegeben werden:
Eine Lösung dieser Gleichungen, die der Lösung (2) der
Gleichungen (1) am meisten ähnlich ist, finden wir leicht, näm-
lich durch die folgenden Gleichungen ausgedrückt:
u^ytänaze' *^^Uucos «"^^ t + T sin ''"'^ t] ,
^Jq ^ \ 9 4nfA 1 4nti)'
OfH n
die Sommierung über alle positiven und ganzen Zahlenwerte
Ton m erstreckt, und 27 , V^ solche Funktionen von x und
y darstellend, die sich durch Auflösung einer Funktion von
*+yy — ^ ergeben, also
Hierzu ist noch die für die gekrümmte Fläche des Leitera
geltende Bedingung zu erfüllen, die aber bei der Gegenwart
der magnetischen Kraft C nicht durch die obige Gleichung (5),
sondern eher, wenn das umgebende Mittel keine Einwirkung
▼on jener Kraft erleidet, durch die folgenden Gleichungen
auszudrücken ist:
15*
(»)
228 A. r. Bäcklund,
du
= — A(m + kxCv),
^^ = — A(t7- kxCu), {r^a),
dr
dv
die wir zu der einzigen zusammenziehen können:
(10) ^^ {u + V Y^^) = - Ä(l - kxCy - l)(tt + v^~ 1"), (r == a) ,
woraus folgte daß flir r = a :
x' dF^ dFg
a d%' dr
= -.A(l+Äx67-l)i;, {^ + yl/^l = /),
und die Koeffizienten von F^ werden demnach komplex. Nur wenn
>l = 0, können wir U^ und V^ durch bloße Eonstanten ersetzen.
Sonst steht die ^Achse als Ort singulärer Punkte der Funk-
tionen U und V, die gewiß ohne derartige Singularitäten Null
wären. Die erwähnten Ströme (9) setzen daher eine Elektri-
zitätserregung zur Zeit ^ = 0 der einen oder anderen Art bei
der ^Achse voraus.
3. Fortsetzung, — Es waren oben ti? = 0 und p = 0.
Wenn dagegen zur Zeit ^ = 0 zwar tr, aber nicht q verschwindet,
so muß schon zu der nächsten Zeit w von Null differieren.
Aber immerhin wird dann der Wert von to, wenn kxC so klein
ist, daß seine zweite Potenz vernachlässigt werden kann, auch
selbst von derselben Größenordnung klein werden, und wir
können somit annäherungsweise statt der zwei ersten der Glei-
chungen (6) die folgenden anwenden:
j A^u^Ankii jj-'kxCj^,
{ A^v =^4nkfi-jj + kxCj-i,
deren wir leicht eine Lösung herleiten der Form:
u = Reeller Teil von (sin gze-""* J^{q, r) [A' sin ni/; + -ff' cos n t^)),
ü s Reeller Teil von V — 1 und das nämliche Produkt,
wobei
R die ebenso bezeichnete Funktion des Abschnittes 1 und (>
Wurzel der Gleichung (10), d. i. hier
Sektr. Säramta^en m zylmdrisehen Leitern. 229
alao
^m' ßm ^^^^ ^^^ /^M ^^ Uein. Die erste dieser Großen miiB
positiT, nftmUch Wurzel der Gleichnng sein:
Wenn femer gesetzt wird
ü^ V fSa reelle r reell, so gelangen wir zur folgenden, der
obigen Lösnng (2) ganz analogen Lösnng gegenwärtiger Auf-
gabe:
8in^^-e"(*^"*""» 7 {(£^^,C08«+ F ,sinc»)
+ {0^^8in<o— F^^cosi»)
(C^,,siniitp + 2>^,,cosinp)},
ü = ± 222^*^ *?£- ^-(*" + <^'0'{(£^,,sina>- F,,co8a>)
(^•«.8in«v+»«,.C08ntp)
— (i7^,co8io+ I^,8ina>)
(C^,,siniivr+ Z>^^,cosiii^)},
to sehr klein wie knC,
Znr Abkürzung haben wir geschrieben 9'*, cr'^'^ /92'\ (o
statt
(12).
inkf^Iß 4nAu' 4nibju
(i^'M^C+^r^*))^ bez.
Wemi X eben so klein itt wie kxC, — wie fQr einen gut isolierten
Leiter eintreffSsa* möchte, — fallen sowohl alle ß' als alle V weg.
W&hrend also die Ströme des Abschn. 1 aus einfacheren zu-
sammengesetzt sind, die an jeder Stelle ihre Richtungen un-
Ter&ndert bewahren (aber nicht jede für sich allein möglich
•uid, da sie nicht je für sich der vierten Gleichung (1) genügen),
werden dagegen <Ue eben gewonnenen Ströme in gleichförmigen
280 A. r. Bäcklund.
Drehungen inbegriffen sein Yon der vom einen zum anderen
Strome variierenden Zeitperiode
doch ß' verschwindend klein.
4. Der Leiter ist von einer Hülle umgeben und keiner be^
deutenderen magnetischen Kraft ausgesetzt — Wenn der Leiter
von einer Hülle umgeben ist^ werden seine Eigenströme Ton
denjenigen der Hülle wesentlich modifiziert^ indem beide stö*
rend aufeinander einwirken. Es würden sogar im Leiter elek-
trische Strömungen entstehen können, die wir im Falle, daß
der Leiter und seine Hülle zylindrisch sind, und keine be-
deutende magnetische Kraft tätig ist, aus den Ergebnissen des
Abschn. 1 einfach dadurch ableiten, daß wir in (5), wenn wir
diese Gleichung auf die Grenze zwischen dem Leiter und seiner
Hülle beziehen, ^ = ju^ + (ij ]/^ 1, ii^ und jti^ reell und positiv,
annehmen. Keine der Wurzeln q^^^ wird jetzt reell, sondern
sämtlich werden sie der Form a<^»> + /J^*) )/^ 1 , mit allen ß^
von Null verschieden. Wenn wir daher in 7? (4) statt q^ die
Größe a^ + ß^ ^— 1 einführen, wodurch wir bekommen
U und V reell, so finden wir mit den Bezeichnungen des vor-
angehenden Abschnittes statt der Ausdrücke (2) für u, Vy w
die folgenden:
+ (j;. sin /92'X-r,. cos /?;(•>/)
(^«,. sin ni^ + 5',„ cos n i^)},
(C,„8inni// + 2>,„cosni/»)
(C,„ sin ni/; + i> „,. cos ii v)},
w = 0.
(13)
♦' = 2228'°
m
(16)
Skktr. Strömlingen in zylindrischen Leitern, 231
Es werden doch hier «^^»> + /9J^»)/— 1, .s • = 1, 2, ... die Wur-
zeln Q^*^ der folgenden Gleichung sein:
Sei außerdem noch Folgendes bemerkt. Wenn wir die
(konjugierten) Ströme [u', Vj vo) einführen:
-(^«.co8/9:C)^+r,,sin/S;c)^)
(^'in.si^^V' + ^in.cosnv;)},
etCy so sehen wir aus (14), daß an der Grenze zwischen dem
Leiter und seiner Hülle:
Bu . / i. Ott' , .
^7= -1^0«' + 1^1«, etc., -gy-H-jU^tt -/lijtt, etc.,
gerade als wenn f)ir die Strömung (13) die Strömung (15) die
Bolle einer, von außen kommenden Strömung spielte, und an-
dererseits f&r diese Strömung jene die entsprechende Bedeu-
tung h&tte.
Wenn auch die Hülle völlig leitend ist, gelten flir ihre
Ströme ebenfalls Gleichungen von der Form (2), aber mit R
als allgemeinem Integrale von (3) gleich c^R^ + c^R^y c, und
c^ komplexe Integrationskonstanten, deren Werte erst durch
<Üe Grenzbedingungen der Hülle zu bestimmen sind. Diese
Grenzbedingungen lauten, für r =» a > a:
nnd fbr r m» a:
Aber es müssen flir die Hülle immer die Werte von g'^ + ce^
und ß^ gebraucht werden, die wir oben für den Leiter ge-
funden hatten, und in R also die daraus fließenden a^ und ß^,
5. ffie jene elektrischen Oszillationen van einer magnetischen
Kraft in mehrere zirkuläre Strömungen gespalten werden. — Aus
den Gleichungen (11) der N. 3 folgt fast unmittelbar, wie die
Ströme (18) durch das Auftreten einer der ^ Achse parallelen
magnetischen Kraft konstanter Intensität C verändert werden,
282 A. Y. Bäcklund, Elektrische Strömungen etc.
vorausgesetzt, daß sowohl das Qaadrat Yon kxC wegen seiner
E^leinheit, als auch das Produkt von kxC m erster Potenz
mit iIq oder (jl^ zu Seiten dieser /u^ oder (ji^ zu vernachlässigen
sind. Für die Hülle des Leiters sei das entsprechende x Nnll.
Statt der vorangehenden Ausdrücke für u, o, ir entspringen
nämlich jetzt folgende:
u = 222 ^^° "^L * ^"^"^ "" ""'" ^ ' (£^«. cos (» + r,. sin ö>)
+ (?7^,sinw- r^,cos(»)
(^ «n. sin ni/; + F^^, cos n t^)},
(16){ «=±222 ^''''^^"^^''""'^^'(^«•^'^'*'" r,.coscu)
(^in.sinntp + Ä.^.cosnV;)
— (£^^, cos CO + F^, sin w)
i^'mn. sin n 1/; + ^^^, cos n t^)},
ir sehr klein wie kxC,
Die beiden Zeichen in v gehören bez. mit den gleichen Zeichen
in (o zusammen.
Statt der in (13) stehenden SchwingungszcJil ß"^"^ erseheint
folglich jetzt zu beiden Seiten derselben die Reihe von Schwingungen
zahlen
ff(.)±I^^^ m=l, 2,...,
wobei zu bemerken ist, erstens, daß jenes Änderungsglied sowohl
von n als s unabhängig wirdy zweitens, daß zu den verschiedeneUj
dem doppelten Zeichen dieses Gliedes entsprechenden PcLoren ebi^
zelner Schwingungen verschiedene Ä^^^, etc. gehören, weshalb diese
Schwingungen, in welche die frühere der Periode 2n:ß'^*^ durcft
den Magnet jetzt gespalten worden ist, sehr verschiedene Inten^
sitäten erreichen.
Die jetzt erörterten Schwingungen werden aus zirkulären
Schwingungen gebildet. Letztere existieren nicht isoliert,
(Eingegangen 14. Aa^^t 1908.)
238
31. Einfloß der Änderung der spezifischen Wärme
anf die Umwandlnngsarbeit.
Von X H. ▼an*t Hoff in Gharlottenbarg.
Veranlaßt durch eine Arbeit von Th. W. Richards^)
über die Beziehung zwischen Ändemng der spezifischen Wärme
bei einer Umwandlung und dem Temperaturkoeffizient der
elektromotorischen Kraft habe ich den Einfluß der Temperatur
auf die Arbeit^ welche eine Umwandlung leisten kann (freie
Energie) eingehender yerfolgt und das Resultat der Rechnung
auf die Beziehung von Richards sowohl wie auf Umwandlungs-
erscheinungen im aUgemeinen anzuwenden gesucht
1. Ableitung der Grundgleiohung.
Die Beziehung zwischen freier Energie {E in Kalorien)^
Wftrmeentwickelung (Q) und Temperatur gestaltet sich sehr
einfach bei den durch eine Umwandlungstemperatur (P) oder
Schmelzpunkt charakterisierten Verwandlungen^ falls Q als
konstant betrachtet wird. Eb entsteht dann der Ausdruck:^
(1) £=Q^~p'^,
der die drei fundamentalen Beziehungen in sich enthält:
1. daß beim absoluten Nullpunkt die freie Energie der
Wärmeentwickelung gleich ist:
(2) ^0 = «;
2. daß bei der Umwandlungstemperatur dieselbe Null wird:
(3) ^P = 0;
8. daß sie sich mit der Temperatur ändert nach dem
bekannten Gesetz:
iA\ d E ^^ E — Q
W Jf y - •
1) Th. W. Richards, Proc. of the Amor. Acad. of Arts and
Seienees p. 293. 1902.
2) Etadct de djnamiqae chimiqae p. 197. Amsterdam 1884.
234 /. U. van't Hoff,
In dieser vereinfachten Form ist jedoch gerade die von
Richards verfolgte Änderung der spezifischen Wärme durch
die Umwandlung nicht berücksichtigt oder vielmehr als Null
angenommen. Wird dieselbe hinzugezogen und, allgemein, die
Verwandlung eines Systems ^^ in ein zweites B betrachtet,
welche bei der absoluten Temperatur T unter einer W&rme-
entwickelung Q pro Kilogramm vor sich gebt, und sind die
bez. spezifischen Wärmen 8ji und 8b, so ändert sich Q mit der
Temperatur nach der Gleichung:
(5) dq = [Sj,^SB)dT=SdT,
worin S die Differenz der spezifischen Wärmen bedeutet Wird
dieselbe als konstant angenommen, so entsteht:
(5a) Q^Qo + ST
und bei Einführung in Gleichung (4)
Durch Integration entsteht hieraus:
E^q^r=AT^STlT,
worin Ä eine Integrationskonstante bedeutet; für 7=0 wird
das zweite Glied gleich Null, also:
somit:
(4b) E=^E^ + AT'-STIT
und
(4c) ^=^-5(1 +/r),
welche erste Gleichung in vieler Hinsicht mit einer von Lewis ^)
erhaltenen übereinstimmt
Die physikalische Deutung des Ausdruckes (4 b) ist inso-
weit möglich, daß die freie Energie sich aus drei Teilen zu-
sammensetzt, wovon der erste E^ die Umwandlungsarbeit
bei absolutem Nullpunkt, also die Abnahme der potentiellen
Energie bei der Verwandlung unter diesen Umständen bedeutet
Auch das zweite Glied Ä T erscheint einer Deutung fähig,
indem man Verwandlungen betrachtet, bei denen die ganze
Arbeitsleistung diesem Glied zuzuschreiben ist Es sind dies
1) G. N. Lewis, Zeitschr. f. physik. Chemie 32. p. 368. 1900.
Bmfl. d. Änderung d. spez. Warme auf d. Vmwandlungsarbeit 285
Eonzentrationsändemngen ohne innere Arbeitsleistung^ im ein-
fachsten Falle die Ausdehnung eines verdünnten Gases oder
Verdünnung einer entsprechenden Lösung; der Arbeit^ welche
dann quantitativ aus mitgeteilter Wärme entsteht^ entspricht hier:
pro Eilogrammmoleküly falls Cß und (7^ die bez. Konzen-
trationen sind.
Das dritte Glied 8TIT hängt wohl mit Änderung der
potentiellen Elnergie unter Einfluß der Temperatur zusammen.
2. Die Besiehung von Biohards.
Richards fand^ daß, bei Verwandlungen ohne Konzentra-
tionsftnderung, wie z. B.:
Mg + ZnSO^-Aq = Zu + MgSO^- Aq ,
falls die Konzentration der ursprünglichen Zinksulfatlösung mit
deijenigen der entstehenden Magnesiumsulfatlösung überein-
stimmt^ der Temperaturkoeffizient [dEldT) der elektromotorischen
Kraft das umgekehrte Zeichen hat, als die von der Abnahme
der Wärmekapazität [8a -- Sb=s 8); daß beide einander an-
scheinend proportional sind, während entsprechend für 8=^0,
dBIdTwn 0 und ^» Q ist.
Diese Beziehung geht aus (4 c) unmittelbar hervor, unter
ForÜassung des auf die Konzentrationsänderung sich beziehen-
den Gliedes A und es entsteht:
(4d) JJ=_5(l+/7),
der Proportionalitätsfaktor würde für die Beobachtungstempe-
ratur 18^ etwa 6J betragen, also:
Vergleichen wir damit Richards' Tabelle, worin dEjdT
und 8 in Mayers ausgedrückt sind, dann ist allerdings ein
konstantes Verhältnis zwischen beiden nicht vorhanden, was
ganz gut davon herrühren kann, daß 8 als Differenz gn^ßer
Zahlen erhalten wurde, wie z. B. für Ni + CuSO^:
8^8a^8b^ 14997 - 14966 « 31 .
236 /. H. varCt Hoff,
Darum sind in der untenstehenden Tabelle die höchsten
Werte vorangestellt und dann S und dJSjdT summiert:
S
dE
dT
ZidT'
Mg + ZnS04
124
- 623
5
Mg + CUSO4
106
- 620
6,4
Mg + NiS04
76
- 550
5,9
Mg + PeS04
65
-540
6,3
Zn +FeS04
- 60
76
7,3
Zn + NiS04
- 50
75
8
Fe + CUSO4
41
- 76
7,5
Ni +CnS04
31
- 69
7
Zn +CUSO4
- 17
10
T,4
Fe +NiS04
10
- 3
7,1
Es hat also allen Anschein, daß der Quotient sich um den
berechneten Wert 6,7 bewegt.
3. SohmelBung und Umwandlung.
Bei der Schmelzung und ähnlichen, bei bestimmter
Temperatur vor sich gehenden Umwandlungserscheinungen läBt
sich in den Gleichungen:
JE^ Eq + äT- STIT
und
nicht mehr von vornherein Ä vernachlässigen, nur wird A eine
wesentlich untergeordnete Bolle spielen.
Dies vorausgesetzt, seien die zwei Fälle gesondert be-
trachtet, worin
iS > 0 und S<0
ist Im ersten Falle wird Q mit der Temperatur linear an-
steigen, im zweiten abnehmen (siehe Fig. 1 und 2). Was £
anbelangt, so wird für 0^ dieser Wert gleich Q^ sein [A in
Fig. 1 und 2) und die Anfangsänderung mit der Temperatur:
flir5<0 (J5, = -oc.
Einfl. d. Änderung d, gpez. Warme auf d. Vmwandlungsarbeit, 287
Da bei aDsteigender Temperatur schlieBlich:
dE
für Ä > 0 j^ negati? ,
d E »j»
i-f positiv
ftr 5<0
Mrird, muß dEjdT gleich Null werden, bei einer Temperatur,
wobei £ ^ Q ist, und diese Temperatur liegt, entsprechend dem
Fig. 1.
Fig. 2.
voraussichtlich kleinen Wert von A, ziemlich tief (B in Fig. 1
und 2). Graphisch werden die zwei Fälle durch B^ig. 1 und Fig. 2
wiedergegeben (in B hat die Kurve eine horizontale Tangente).
Der erste Fall:
5>0
entspricht offenbar den Bedingungen der Umwandlungserschei-
nung, da hier E schlieBlich durch Null geht und sein Vor-
zeichen wechselt (P in Fig. 1). Für diese Erscheinung ist also
allgemein:
Sä>Sb,
d. L die in höherer Temperatur stabile Form hat die größere
spezifische Wärme.
Wenden wir dies zuerst auf die einfachste Form der Um-
wandlungserscheinung, auf die Schmelzerscheinung an, so er-
gibt sich die bekannte Tatsache, daß die spezifische Wärme
des flüssigen Körpers größer sein muß als diejenige des festen.
Wiewohl vielleicht überflüssig, sei dennoch die folgende Zu-
sammenstellung der Daten gegeben:
238
/. H. van't Hoff.
(Sp. W.
flOssig)
Apiol
Benzol
0,88
0,48
Benzo^äure
0,37
Betol
o,2r
Blei
0,036
Brom
0,11
Ghlorblei
0,1
ff-Crotonsäure
0,52
Diphenjlamin
p-Dibrombenzol
0,45
0,21
Essigsäure
Jodblei
0,48
0,065
Kalium
0,25
Kaliumnitrat
0,83
Laurinsäure
0,53
^B
^Ä
^B
(Sp. w.
fest)
(Sp. W.
(Sp. w.
ftet)
flüssig)
0,8
Myrisünsäure
0,54
0,46
0,85
Naphtalin
0,44
0,88
0,27
Naphtjlamin
0,89
0,88
0,22
Natriumnitrat
0,41
0,28
0,084
Nitronaphtalin
0,86
0,88
0,084
PhenyleRsigsäure 0,49
0,88
0,071
Phosphor
0,2
0,18
0,44
Quecksilber
0,084
0,082
0,81
Schwefel
0,24
0,16
0,15
Schwefelsäure
0,085
0,068
0,46
SUber
0,075
0,06
0,03
p-Toluidin
0,6
0,46
0,17
Wasser
1
0,5
0,24
Wismut
0,086
0,08
0,46
Zinn
0,064
0,056
Verfolgen wir Q und E für Benzol, mit dem Schmelz-
punkt 5^ und der latenten Schmelzwärme (Q^^g) 30,7, so ist:
S^Sa^Sb = 0,43 - 0,35 = 0,08 Q == 8,5 + 0,08 T,
femer:
£^E^ + AT-^ 0,08 y/T = 8,5 + AT ^ 0,08 TIT,
worin für
r=278, E=0,
also
somit:
für
ist dann
^ = 0,08/278-1^ = 0,42^),
^ = 8,5 + 0,42 y- 0,08 7/ 7;
dE
dT
= 0 oder ^ = Q
0,08/7=0,34,
7=70.
Dieselbe Beziehung, daß die in höherer Temperatur stabile
Form die größere spezifische Wärme aufweist, läßt sich auch
bei den Umwandlungen allotroper Elemente oder polymorpher
1) A ist im allgemeinen etwa 6 S,
Minfi, d, Änderung d. spez. Warme auf d. Umwandlungsarbeit. 239
Verbindungen erwarten. Nur ist zu berücksichtigen, daß, indem
8 klein ausfällt bei kleinen Schmelzwärmen [S ist 0^5 beim
Eis, mit einer maximalen Schmelzwärme von 80; 0,02 beim
Phosphor mit der minimalen Schmelzwärme 6), bei den hier
▼erliegenden kleinen Umwandlungswärmen schon eine sehr
genaue Bestimmung von 5^ und Sß nötig ist, um das richtige
Vorzeichen für 5^ — Sß zu erhalten.
Für Eilemente liegen die folgenden Daten vor:
Kohlenstoff 0,114 (Oraphit bei - 50 <^ 0,0685 (Diamant bei - 50<)
Kohlenstoff 0,467 (Graphit bei 1000 <0 0,459 (Diamant bei 1000<)
Phosphor 0,17—0,2 (gelb) 0,17 (rot)
Schwefel 0,18—0,2 (prismatisch) 0,16 (rhombisch)
Zinn 0,56 (metallisch) 0,55 (grau)
Für polymorphe Verbindungen liegen folgende Daten vor,
Ton denen sich wiederum S^ auf die bei höherer Temperatur
stabile Form bezieht:^)
^A
Sb
AgJ
0,0577
0,0544
(}n^,.12AgJ
0,058
0,0588
Cnjj,. 4AgJ
0,0702
0,0565
dUf«^!* 8 AgJ
0,0726
0,0596
PbJj.AgJ
0,0567
0,0475
KNO.
0,285
0,208
NH4NO,(81 ^
0,355
0,407
NH4NO,(82»5)
0,426
0,355
Hier liegen also yereinzelt Abweichungen vor, die jedoch näher
zu prüfen wären. Sie könnten bei verhältnismäBig kleinen
Q- Werten auftreten und würden da das sehr eigentümliche
Verhalten zur Folge haben, daß ein Paar Modifikationen zwei
Umwandlongstemperaturen hat.
Schließlich läßt sich auch dieselbe Beziehung bei den
mehr komplizierten Vorgängen erwarten, wofür jedoch bis
jetzt das vorliegende Material sich auf die Scheinschmelzung
einiger Salzhydrate bezieht, welche Schmelzung bekanntlich durch
Krietallwasserabspaltung bedingt ist Folgende Daten sind
anzuführen:
1) M. Bellati und B. Romagneoe, J. B. p. 170. 1884; p. 200. Ib85.
240
J.H.
vanU Hoff.
Sä
Sß
Na,S,0..5H,0
0,569
0,445 >)
CaGlt.6H,0
0,56
0,845 «)
Na,HP04.12H,0
0,784
0,408 *)
H,S04.H,0
0,438
0,227 ^
CaN,0e.4H,0
0,519
0,897 ^
Sie bestätigen durchweg die Regel
4. Erweiterung des Bataes vom beweglichen Qleiohgewioht.
Die Gleichung:
erlaubt noch eine dritte Anwendung, welche von einer Annahme
über die Größe von A unabhängig, dafür aber auch nur quali-
tativer Natur ist
Als von mir der sog. Satz Yom beweglichen Gleich-
gewicht hervorgehoben wurde und betont, daß eine Qleich-
gewichtsverschiebung sich bei Abkühlung immer zu gunsten
des unter Wärmeentwickelung entstehenden Systems vollzieht,
wies ich auch auf die Konsequenzen hin, daß bei tiefer Tem-
peratur die Gleichgewichte den unter Wärmeentwickelung ge-
bildeten Systemen entsprechen vrürden; bei hoher Temperatur
umgekehrt.
Die erstere Schlußfolgerung ist auch in der obigen Glei-
chung enthalten, indem E und Q beim absoluten Nullpunkte
zusammenfallen und somit dann Q die Reaktionsrichtung be-
herrscht. Diese Schlußfolgerung ist vollkommen bindend und
spricht sich noch bei unserer gewöhnlichen (ziemlich niedrigen)
Temperatur aus in der vielfachen Gültigkeit der Thomsen-
Berthelotschen Regel, daß die Reaktionen im Sinne der
Wärmeentwickelung vor sich gehen.
Die Verschiebung der Gleichgewichtslage bei hohen Tem-
peraturen in umgekehrtem Sinne ist jedoch, nach der obigen
Gleichung, nicht nur an das Zeichen der Wärmeentwickelung
gebunden, sondern auch daran, daß S einen positiven Wert hat,
und so werden bei hoher Temperatur nur diejenigen Reak-
1) G. Tarn mann. Kristallisieren und Schmelzen, p. 45. 1908.
2) £. C. Pickering, Beiblätter 16, p. 511. 1892.
Einfl, d, Änderung d, spez, IVärme auf d. Umtcandlungsarbeit 24 1
tionen im Sinne der Wärmeabsorption erfolgen, bei welchen die
spezitische Wärme der gebildeten Produkte die größere ist.
Diese weitere Bedingung erklärt eine ganze Gruppe von
sonst befremdenden Tatsachen. Überblickt man nämlich die
sog. Dissoziationen, d. h. die bei hoher Temperatur im um-
gekehrten Sinne sich vollziehenden Reaktionen, so sind es
durchaus nicht allgemein diejenigen, welche sich unter Wärme-
absorption YoIIziehen, wiewohl dies offenbar eine Bedingung
ist Vielmehr sind es diejenigen Umwandlungen, die man als
ein Zerfallen bezeichnen kann, und wobei, entsprechend der
vermehrten Molekülzahl, auch die spezifische Wärme ansteigt
Das war auch die alte empirische Auffassung, wogegen aller-
dings einige Beispiele, die Bildung des Acetylens, Schwefel-
kohlenstoffs, Tellurwasserstoffs usw. sich anführen ließen. Durch
den neuen Zusatz, welcher sich auf eine notwendige Zunahme
der spezifischen Wärme bezieht, scheint sich nun die Yoraus-
sagung mit den Tatsachen vollständig zu decken. .
(Eingegangen IS. Augast 1903.)
Doltuimnii-Fwtochrin. 16
242
32. On some Problems in the Distribution of a Gas.
Bj Qeorge W. Walker in Cambridge.
1. Introduotory.
My object in the present paper is to give the complete
Solutions of some differential equations which occur in this
subject I shall further indicate the kind of problem to which
these Solutions may be applied. The application to any par-
ticular case will then involve merely the determination of the
arbitrary constants of integration for the special circumstances
of the case.
The question of the distribution of a gas under its own
gravitational attraction is of great importance in astronomy.
The distribution of free negatively charged particles (cor-
puscles) in an electrical field, is also an important question.
We shall find that both questions depend, on the Solution of
the same type of differential equation.
First The distribution of a gas at constant temperature
at rest under its own gravitation.
Let p be the pressure and q the density at any point
Further let x ^^ the gravitational potentiaL Then the com-
ponents of force in the directions x, y, z are
Let US assume that the ordinary gaseous law holds so that
p ^ QJh where A is a constant which is inversely proportional
to the absolute temperature. Then the equations of hydrostatic
equilibrium may be written
m (L^P ^ iP 1 ^\^( ^x Jx dx\
^^^ [q bx ' Q dy' Q dx) " \dx'' dy' ~dx)'
or
m (^^JS9 i^lge l^A^l^x dx dx\
^"^^ \h dx ' h dy ' h d%l'^\dx' dy' dx)'
Distribution of a gas, 243
Hence by Integration we obtain
(4) (> = (io « + *'
where {f^ is the density where / = 0 . We must also have
Poissons* equation
where y is the gravitation constant
Hence substitating from (4) we get
<•) s+-i^-+f.^ --")•<...".
The Einetic Theory of Gases leads to the same equation
provided the number of particies is sufficienüy great.
Equation (6) will thus be fundamental in the theory of a dis-
tribution of meteorites.
Second. The equilibrium distribution of a large number
of free negatiyely electrified particies (corpuscles) under the
influence of an electrostatic field.
Let p be the pressure, and q the mass density then
pisxQlh as Professor Drude ^) has shown.
Further let — <» be the Charge (negative) and m the mass
of a particle, and V the electrostatic potentiaL
The components of electrical force are given by
Hence the equations of hydrostatic equilibrium are
^*^ \h dx ' h dy ' h dx ] " m\dx ' By ' di\'
Therefore by integration we get
Now the electrical density is (— eQJm), Thus Poissons'
equation is
^ ' dx* ay* ox* m ^ w ^"
This equation is fundamentally the same as (6).
1) P. Drude. Anh. d. Phy. I. p. 572. 1900.
16*
244 0. r. Walker.
In a former paper ^) I applied this equation to the qaestion
of striations in a vacuum discharge tube. The equation has
recently assumed a new interest on accoant ofBichardson's^
experiments on the corpascles giyen off by hot conductors. In
his paper Richardson considers the problem of the distribation
of the negative corpuscles in the vicinity of a hot charged
conductor which is an infinite plane. The Solution which he
gives is not howeyer the most general.
2. The equation for one dimension.
If we take x as the independent variable^ equation (6)
takes the form
(10) |^=_4«yp,«*x.
It may readily be verified that the general Solution is
(11) 8-*':= "-l»-^ {«>•* + » + e-^»-«j*
or
(12) p = p^ e + '•« = 2VfÄ ' co8h«^(l x + «)
where Ä and a are arbitrary constants (cosh is the hyperbolic
cosine).
The gravitational problem in one dimension has little
practical interest» so that I pass to the electrical problem.
Equation (9) takes the form
The complete Solution is
.... _ [^^y _ _ J^m^ 1
\^v e -9o^ - 2 TiV h ' co8h« (ä ar:fV) •
The matter density must be always positive. Hence we must
take new constants so that
and the Solution then takes the form
l^v B«iw* 1
1W i_^
(15) Po«-* =1
2,7«»// coB*{Bx + ß)
1) Phil. Mag. 1900.
2) 0. W. Richardson. Phil. Trans. A. 201. p. 497. 1903.
Distribution of a gas. 245
and the potential is giyen by
The Solution may be applied to the distribution betweeu
two parallel infinite plates, kept at the same temperature, bat
at different potentials.
The three arbitrary constants of integration q^^ ß and B
may be determined from the given potentials of the two plates^
and the pressure at some point
It is to be observed that the suppositiou p ^ gjh involves
the possibility of infinite density. In practice this cannot
occur and the Solution must break down if cos [Bx + ß) va-
nishes anywhere in the ränge.
8. The equation in two dimensions.
The equation (6) takes the form^
Let t// be the general Solution of
that is
(19) i/; = /;(x + iy) + /;(x-iy).
where F^ and F^ are arbitrary functional forms.
Then it is easily verified that the Solution of (17) is
By giviug t// variou» forms we get a variety of possible
distributions. The case of circular symmetry is of considerable
interest
Take
(21) ^t)^Ä{x + iyY + B{x + iy)--
where Äy B and n are arbitrary constants. Further let (o^ =
X* + y* and tan 0 = y/x.
Then we find that (20) becomes
^ ^ ■" 2n*ÄB
or
246 G. r. Halker,
2n« 6)»('»-i)
C^Po«'*' =
(23) '^ ^** r^V. ^V
Since the Solution involves two arbitrary constants n and
AjB it is the most general Solution for cylindrical symmetry.
Since the density must always be real and positive.
j^l*JB^l* must be real and n must be real. The symmetry of
(22) shows that we need only consider positive values of n.
There are three cases:
1"^ If n is < 1 the density is infinite at the origin and
is everywhere eise finite,
2°^ if n is =: 1 the density is finite at the origin and
finite everywhere eise, vanishing at infinity,
3^^ if n is > 1 the density is zero at the origin, rising
to a finite maximum as w increases and then diminishing to
zero as (o increases to infinity.
The last case seems to me of particular interest; iu
astronomy.
The total quantity of matter between two planes at unit
distance apart and perpendicular to the axis of symmetry is
OD
0
An^AB rw(2n-i)(/(y
/,
hv J (Iw»»» +5)«
0
= — **
and is thus finite.
The Solution (23) may also be applied to a mass of gas
outside a solid circular cylindrical core.
In the electrical case equation (9) takes the form
and so the complete Solution takes the form
(25) 6 • --^^Po m^Tdfpy /ä>y
where tp =^ F^{x + iy) + t\ [x - ty).
Disträmtion of a gas, 247
In the case of circular symmetry we obtain
^^y _ 2n« ft)«(»-i)
(26) Po« """" ^ «• r^V. . ^'Z
In Order to obtain a real positive matter density we
may take
(Fürst) ^Vt I jßVt purely imaginary and = i /u .
Then we have
'4 y 2n« w«(«^l)
(27) ^''' ""r?T~r~z TT.
The Solution is invalid at the point (o ^ \ j ^y^, but it
may be applied to the distribntion between two cylindrical
circular conductors at the same temperature and at different
Potentials provided the point o? «= 1 / ^u^^^ does not lie between
the two cylinders.
(Secand.) We may take n ^ in' and
and the Solution then takes the form
-^-y _}_ n^ w'
(28) Po« -2 «« {co8(n'lgai+'o)j« •
4. Solution in the oaae of a steady aleotrioal ourrent between
two parallel oonduoting planes at the same temperature and at
different potentiali.
Let US take the axis of x perpendicular to the plates,
and let fA be the average velocity of the particles in the
direction of the axis of x at any point x,
The dynamical equation is
(29^ « - ^ = - - ^^ + "^ — ^
^ ' dx Q dx m dx
mnd the equation of continuity is
(80) %^^0
248
G. ». »'alier.
and the eqnation for F is
(81)
Integrating (30) we obtam
(32) gu^ A
where ^^ is an arbitrary constant
lutegratiDg (29) we obtain
(33) |„2=_|lgt,+
where C is an arbitrary constant.
Sabstituting in (31) we get
d
m
y + t
(34)
Let
»IT
Theü
j, 1 ^•, 1 ,
^ ' dx \qh q^\ dx
Now (34) becomes
(36)
da;' m" ^
(37)
Hence multiply by dfjdx and integrate. We get
where B is an arbitrary constant.
Using (35) we obtain
and hence
where a is an arbitrary constant.
(39)
r + a =
Distribution of a yas, 249
The integral is reducible by means of elliptic funciions.
Let
(40) Q = -/r-v:
in the usual notation for elliptic functions, where /u is a con-
stant. V, a new yariable, is the argument of the function and
k is the modolus.
We find that (39) takes the form
MIN x + a= ^. _r/|, — ., 8n*ölr/t7
where the modalus is given by
and (jL =s A^jk*.
Hence we get
A* = - 1 - ^ .
4nc*
l . 2
(42)
A
I f 1 , 2 + *• , 2 (1 +*«) ^ 1
where i^(v) is the second elliptic integral given by
Jg(t;) = Cdn^vdv.
The equations (33), (40) and (42) give the complete Solution.
Whether the modnlus thus determined is real and less than
unity depends on B, bnt in any case the transformation to
a real modnlus less than unity can always be effected by
recognized methods in the theory of elliptic functions.
We have thus obtained the Solution of an important
question in the theory of the electrical discharge between two
conductors, and the Solution may be tested experimentally,
although no doubt the numerical labour of applying the Solution
would be yery considerable.
250 G. r. IValker.
5. The eqailibrium distribation between two parallel oonduottn^
planes at different potentialB and at different temperatnre«,
We can solve this question when the temperatore yaries
in any specified manner between the two planes.
Let
(43) p = CQÖ
where 6 is the temperature at any point and c is a constant.
The hydrostatic equation is
(44) 14^= -«- 1-^- ,
^ ' Q ax m ox
we also haye
Differentiating (44) and using (43) we get
(46) ^^_1^ cpö = 4«— ,(>
^' OX Q ax ^ nr^
or
Hence putting
cgd =^ bx
and supposing that d is a specified function of x, let us take
a new variable | so that
-/
dx
then we obtain
(48) 1^ = 4«-^;..
and this is the one dimensional equation already considered.
6. Conolusion.
I have spent some time on the equations (6) and (9) in
three dimensions, but with small success. I have only obtained
a particular Solution even in the case of spherical symmetry.
Equation (6) takes the form
Distribution of a gas. 251
and equatiou (9) takes the form
A particular Solution of (49) is
(51) «*'=o ^-A".
and of (50)
(52) a^"= -/ .
m
Equation (51) may be of some limited value, but (52) is
quite meaningless.
The Solutions in the case of one and two dimensions may
be of some practical value, and it is with this hope that
I venture to offer them.
(Eingegangen 21. August 1903.)
252
33. Über die sogenannte absolute Bewegung.
Von C. Neumann in Leipzig.
1. Allgemeine Betraohtangen.
Die von Galilei und Newton begründete, und sodann
namentlich von Lagrange und Laplace weiter ausgebildete
Theorie der analytischen Mechanik nötigt uns, alle Teile des
Universums auf ein und dasselbe rechtwinklige Achsensystem zu
beziehen. Es beruht nämlich diese Theorie auf den bekannten
Differential-G-leichungen :
und bei Anwendung dieser Differential-Gleichungen sind wir
(falls nicht einander ganz widersprechende Resultate zum Vor-
schein kommen sollen) schlechterdings gezumngen, die Bewegungen
aller überhaupt vorhandenen Massenpunkte auf ein und dasselbe
rechtwinklige Achsensystem zu beziehen, welches etwa kurzweg
mit Alpha bezeichnet werden mag.
Allerdings ist dabei eine gewisse Ausnahme zu ver-
zeichnen. Man kann nämlich, falls es beliebt, neben dem
Systeme Alpha, auch ein anderes rechtwinkliges Achsensystem
Beta benutzen. Nur muß dieses letztere alsdann im Kaume
des Systemes Alpha entweder festliegen, oder wenigstens in
diesem Baume eine nur translatorische Bewegung von kon-
stanter Geschwindigkeit besitzen.
Das System Alpha pflegt man ein ruhendes oder absolut
ruhendes zu nennen, und demgemäß pflegt man Orts-
bestimmungen, Geschwindigkeiten und Bewegungen, die' auf
dieses System Alpha sich beziehen, als absolute zu bezeichnen.
Selbstverständlich sind das alles nur Epitheta ornantia, nämlich
Worte ohne Inhalt In der Tat könnte man, falls es beliebt^
diese Epitheta ganz fallen lassen, und etwa kurzweg vom
Systeme Alpha sprechen. Alsdann hätte man z. B. die absoluten
Bewegungen als Alphabewegungen zu bezeichnen etc. — Doch
über die absolute Bewegung. 253
würden derartige Neuerungsvorschläge keinerlei Aussicht auf
Erfolg haben, und — im Interesse der Kontinuität der £nt-
¥ricklung der mathematischen Sprache — auch gar nicht einmal
empfehlenswert sein.
Das System Alpha repräsentiert offenbar, weil alle Be-
wegungen auf dasselbe zu beziehen sind, eine gewisse indirekte
Verknüpfung zwischen allen im ganzen Universum stattfindenden
Prozessen^ und involviert also, — kann man sagen, — ein ebenso
rätselhaftes wie kompliziertes üniversalgesetz.
Von hervorragenden Physikern und Philosophen, namentlich
z. B. von E. Mach, ist das System Alpha beanstandet worden.
Und in der Tat muß man zugeben, daß die auf dieses System
Alpha sich stützende analytische Mechanik eigentlich eine recht
wunderbare Theorie ist. Viel angenehmer würde es jedenfalls
sein, eine Theorie zu besitzen, bei der das System Alpha über-
flüssig wäre, und bei welcher man — unter Vermeidung eines
solchen metaphysischen Elementes — nur allein von dem
physisch Oegebenen ausgeht.-
Das System Alpha kann nicht in starrer Verbindung mit
den Fixsternen gedacht werden, weil diese ihre relative Lage
zueinander von Augenblick zu Augenblick ändern, ff'o befindet
sieh nun aber das System Alpha? Welche Mittel haben wir zu
seiner näheren Bestimmung? Es liegt in der Natur der Dinge,
daß man diese Frage nur mit Hilfe der Theorie, und auch in
der Theorie nur a posteriori zu beantworten vermag.
Zu ihrer Beantwortung könnte man etwa hinweisen auf
die Laplacesche invariable Ebene. Denkt man sich nämlich
die Theorie der Bewegung unseres Planetensystemes entwickelt
auf Grund des noch ganz unbekannten Achsensystemes Alpha
und unter Anwendung des Newtonschen Gravitationsgesetzes,
so wird man sicher sein können, daß die Richtung der in
solcher Weise für unser Planetensystem sich ergebenden
Laplaceschen Ebene invariabel ist in bezug auf jenes un-
bekannte System Alpha; wodurch alsdann für die Lage des
Syttemet Alpha ein gewisser Anhalt gewonnen sein würde.
Allerdings involriert diese Methode die Voraussetzung, daß die
Bewegung unseres Planetensystemes von Seiten der Fixsterne
nicht merklich beeinflußt werde. Eine solche Voraussetzung
aber ¥mrd berechtigt sein, sobald man dem Newtonschen
254 C, Neumann,
Grayitatiousgesetz für sehr große KntfermiJigen eine gewisse
Modifikation zuerteilt, wie solche schon von Laplace^), dann
in neuerer Zeit von Seeliger^ und endlich in etwas anderer
Form auch von mir (in meinem Werke: Über das Newtonsche
Prinzip der Femwirkungen, Leipzig, 1896) in Vorschlag gebracht
worden ist^
Etwas ausfuhrlicher würde die gestellte Frage — jedoch
ebenfalls unter Voraussetzung der soeben genannten Modi-
fikation des Newton sehen Gesetzes — folgendermaßen zu be-
antworten sein:
Man ziehe von der Sonne S zwei Linien nach irgend zwei
Fixsternen F und G, Die relative Lage des noch unbekannten
Achsensystemes Alpha in bezug auf diese beiden Linien SF und
SG wird abhängig sein von sechs Argumenten, die ihrerseits
unbekannte Funktionen der Zeit sind, und es handelt sich
alsdann also um die nähere Bestimmung dieser sechs un-
bekannten Zeitfunktionen.
Denkt man sich zuvörderst die Theorie der Bewegung
unseres Planetensystems entwickelt auf Grund des Achsen-
systemes Alpha und unter Anwendung des (modifizierten)
Newtonschen Gesetzes, so kommen hierbei jene sechs Zeit-
funktionen offenbar gar nicht in Betracht, so daß also die
Resultate der Theorie von jenen sechs Zeitfunktionen ganz un*
abhängig sein werden.
Diese theoretischen Resultate sind nun aber zu vergleichen
mit den Beobachtungen. Letztere können von Hause aus etwa
bezogen gedacht werden auf die beiden Linien 8F und SO,
sind alsdann aber zu übersetzen in den Raum des Systemes
Alpha, und werden, nach Ausführung dieser Übersetzung, mit
1) Laplace, M^capiqae Celeste. Tome V, Li vre XVI, Cbap. IV.
2) Seeliger, Astron. Nachr. Nr. 3278 (1895).
3) Anschaulicher werden die Dinge, wenn man gleichzeitig xwei
Planetensysteme in Betracht zieht, an ganz verschiedenen Stellen des
Weltraums, und von solcher Lage, daß jedes derselben von den
umgebenden Fixsternen, bei Zugrundelegung des (modifizierten) Newton-
scheu Gravitationsgesetzes, keinen merklichen Einfluß erleidet Alsdann
nämlich wird die Theorie für jedes dieser beiden Planetensysteme eine
gewisse Laplacesche Ebene Uefem, und die Richtungen dieser beiden
Ebenen werden in bezug auf das System Alpha invariabel, mithin auch
xueinander invariabel sein.
Üier die nhsohtte Beweffuntf.
jenen secki Zeitfunktionen hthafitt sein. Vergleicht luikii also
diese BeoliachtungBresultate mit den Resultaten der Theorie,
so wird man zu Formeln gelaogeu, die ebenfalls mit jenen
Hechs Zeitfunkttonen behaftet sind. Und alsdann würde es
sich nun scblieBlicb darum handeln, jene sechs Zeittiinktionen
derart einzurichten, dati die in Rede stehenden Formeln
möglichst genau erfüllt aind, u. h. w.i)
Ich habe mich hier in Gebiete hineingewagt, die mir ver-
hältnismäßig fern liegen. Die Astronomen von Fach dürften
meine Anseinandersetzuns-en, namentlich in praktischer Be-
ziehung, bedeutend besser und vollständiger zu gestalten im-
stande sein. Im wesentlichen aber werden sie, wie ich hoffe,
mit meinen Auseinandersetzungen einverstanden sein.
^ 2, HlBtorisohe Notiian.
Das Achsensjstem Alpha ist von mir in meiner Antritts-
vorlesung') kurzweg als ein slarmr Körper Alpha bezeichnet
worden, was leider zu Mißverständnissen Veriiulassuug gegeben
hat. Wenn ich damals einer solchen Ausdrucksweise mich
bediente, so geschah das niimentlich mit Rücksicht auf meine
damaligen Zuhörer, unter denen Terhältnisniaßig nur wmiffe
Mathematiker sich befanden.
Kaum bedart' es der Bemerkung, daß meine damalige
Vorlesung in voller Übereinstimmung sich befindet mit La-
grange undLaplnce. üo z. B. spricht Lagrange in seinem
berlihint«n Werk*) von der Eulerschen Mechanik von 1736,
und fährt sodann fort:
Man habe seit einiger Zeit die Eulerschen Formeln fast
ganz fallen lassen, weil man eine einfachere Methode entdeckt
habe. Diese einfachere Methode bestehe darin: „u rapporter U
II Selbitveratftndlicli wird iiiui iii solcher Weise die eeefas Zeit-
fhDktionen iind du Sjstem Alpha nicht vollBtändig bestimmen können.
Vielmehr wird man nar die Oeaamtheif des SjBlemes Alph& und der lu-
gehilrigen Systeme Beta (von denen m Anfang die Rede wnri lu er-
mittaln imttuide sein. Aber man wird altdann ans dieser Gesamtheit
trgtnä «itfct herausgreifen, und dfieselbe speiiell ala das Sj'alem Alpha
ansehe]) dürfen.
2) Über die Printipien der Galilei-Newtonscben Theorie, Leipiig,
bei Tenbner, IBTO.
3) Lagrange. M«caniqiie aualTtiqoe. Tome I. Part II. ßect. I. Nr.8.
256 C. Neumann.
mouvement du corps, et les forces qui le soilidtent, ä des di-
rections fixes dans Vespace/' (1788.)
Und Laplace beginnt das erste Kapitel des ersten Buches
seiner M6canique Celeste mit folgenden Worten:
,yUn Corps nous paratt se mouvoir, lorsqv!ü change de st"
tuation par rapport ä un Systeme de corps gue nous jugeons en
repos; maiSy comme tous les corps, ceux mime qui nous semblent
jouir du repos le plus absolu, peuvent Stre en mouvement, on
imagine un espace sans borneSy immobile et penetrable ä la
matiere^): (fest aux parties de cet espace rSel ou ideal que nous
rapportons par la pensee la position des corps, et nous les con^
cevons en mouvement lorqHls repondent successivement ä divers
lieux de Vespace.^^ (1799.)
Wären mir diese Aussprüche von Lagrange und La-
place damals beim Druck meiner Vorlesung (von 1870) bekannt
gewesen, so würde ich schon damals nicht unterlassen haben,
auf dieselben aufmerksam zu machen. Denkt man sich näm-
lich den Laplace sehen espace immobile an die Spitze der
ganzen Betrachtung gestellt^ so werden jene Lagrangeschen
directions fixes, und ebenso auch die drei Achsen meines Systemes
Alpha dadurch charakterisiert sein, daß sie festliegen in jenem
Laplace sehen espace immobile.
Bei dieser Gelegenheit mag mir gestattet sein, von neuem
einzugehen auf eine gewisse in jener Vorlesung (von 1870) von
mir angestellte Betrachtung. Die betreffende Stelle (Seite 27)
lautet etwa folgendermaßen:
Man denke sich einen rotierenden, aus flüssiger Materie
bestehenden Himmelskörper Ä, der (infolge der durch die
Rotation erzeugten Zentrifugalkräfte) die Gestalt eines ab-
geplatteten Ellipsoides besitzt. Alsdann kann in dem Zustande
dieses Körpers £ durch ein plötzliches Verschwinden aller
übrigen Himmelskörper nichts geändert werden. Seine Bo-
tationsbewegung und seine abgeplattete Gestalt we]^den also,
trotz des Verschwindens der übrigen Himmelskörper, umgeändert
fortbestehen. Hieraus geht deutlich hervor, daß man die Be-
1) Wenn Laplace hier von einem anbeweglichen and für die
(ponderable) Materie penetrablen Räume spricht, so erinnert das un-
willkürlich an die heutzutage bei vielen Physikern vorhandene Vor-
stellung des unhetcfglichen Äthers,
über die absolute Bewegung. 257
wegung eines Körpers als etwas Absolutes, und nicht als etwas
Uotx Relatives anzusehen hat; oder (genauer ausgedrückt), daß
man die Bewegung eines Körpers zu definieren hat als seine
Lagen Veränderung im Laplace sehen espace immobile, nicht
aber als seine Lagenveränderung in bezug auf irgend welchen
andern Körper.
Hier habe ich nun derjenigen Einwände zu gedenken,
welche von E. Mach in seiner Mechanik^) gegen meine Aus-
einandersetzungen erhoben sind. Diese Einwände des berühmten
Physikers und Philosophen richten sich teils im allgemeinen
gegen den Begriff und die Definition der absoluten Bewegung,
teils aber auch speziell gegen meine Betrachtung über den
Körper ß, bei welcher „die Methode des Gedaukenexperimentes"
von mir in gar zu freier Weise gehaiulhabt worden wäre.
In erster Beziehung habe ich von neuem hervorzuheben,
daß ich in betreff der Definition der absoluten Bewegung in
voller Übereinstimmung mich befinde mit Lagrange und La-
place. Allerdings will ich gerne einräumen, daß diese an den
Laplaceschen espace immobile oder an mein System Alpha
sich anlehnende Definition im Grunde genommen stets etwas
sehr Unbefriedigendes und Rätselhaftes behalten wird. Aber
jene ganze von Galilei, Newton, Lagrange und Laplace
geschaffene Theorie der analytischen Mechanik, so vollkommen
and erhaben sie auch sein mag, wird ja vielleicht dereinst
einer noch höher stehenden Theorie Platz machen, hei welcher
alsdann die in Bede stehenden Bätsei vielleicht verschwinden
werden.
In &tzler^ Beziehung (nämlich in bezug auf den rotierenden
Körper R und die gar zu freie Handhabung der Methode des
Gedankenexperimentes) möchte ich bemerken, daß es sich in
der Physik und Astronomie doch um die Auffindung der der
Materie wirklich inhärenten Gesetze handelt, und daß derartige
Gesetze unter allen Umständen anwendbar sein müssen. Nach
meiner Ansicht ist jene Betrachtung über den rotierenden
Körper R ein unmittelbarer AusHuß aus der gan/.on Theorie*
der analytischen Mechanik, und durchaus dazu anget-an, diese
Theorie zu illustrieren und zu charakterisieren. Allerdings
1) £. Mach, Mechanik p. 290. Leipzig 1901.
BoUouM-FvlMhrlft H
258 C. Neumann,
tritt gerade das unbefriedigende und Rätselhafte dieser Theorie
bei jener Betrachtung über den Körper R besonders stark
heryor^ wodurch alsdann das Bedürfnis nach einer andern und
höher stehenden Theorie nur noch fühlbarer wird.
Wenn hier von einer höheren Theorie die Bede ist, so
bedarf es wohl kaum der Bemerkung, daß darunter auch eine
passende Modifikation oder VenroUständigung der jetzigen
Theorie verstanden werden kann. Es scheint aber recht schwer,
eine solche zu finden.
§ 3. Bemerkungen über die Max well sehe Theorie.
Die von Maxwell oder vielmehr von Hertz in der
Elektrodynamik aufgestellten sechs Gleichungen sind bekannt-
lich (wie schon Hertz selber bemerkt hat, und wie solches
später auch von mir konstatiert ist], invariant in bezug auf das
der Betrachtung zu Grunde zu legende rechtwinklige Achsen-
system. Versteht man also z. B. unter Gamma ein recht-
winkliges Axensystem, welches gegen das vorhin besprochene
System Alpha in ganz beliebiger (teils progressiver, teils
rotierender] Bewegung begriffen ist, so werden jene sechs
Gleichungen mit Bezug auf Gumma genau dieselbe Form haben
wie mit Bezug auf Alpha. ^)
Könnte man also aus den sechs Hertzschen Gleichungen
die von Galilei, Newton, Lagrange und Laplace ge-
schaffene Theorie der analytischen Mechanik mathematisch ab-
leiten, so müßte letztere ebenderselben Invarianz sich erfreuen.
Das aber ist nicht der Fall, und demgemäß dürfte es ein
ganz vergebliches Bemühen sein, eine solche Ableitung ver-
suchen zu wollen.
Das bezieht sich aber nur auf die Hertzschen Gleichungen,
nicht z. B. auf die Lorentzsche Theorie. Denn diese letztere
geht von der Vorstellung aus, daß die elektrischen Teilchen
(Elektronen) träffe Masse besitzen, (eine Vorstellung, die übrigens
schon von W. Weber, und, nach Webers Vorgange, auch
von mir gelegentlich in Untersuchung gezogen worden ist).
Hieraus aber dürfte hervorgehen, daß dieLorentz'schen Formeln
1) Vergl. meinen Aufsatz in den Abb. d. Rgl. Sachs. Gesellsch. d.
Wissensch. 1901. p. 238—256.
über die absolute Bewegung. 259
jene fiagenschaft der Invarianz nicht 1)esitzeu, und daß daher
gegen die Möglichkeit, die analytische Mechanik aus diesen
Formeln abzuleiten, prinzipielle Bedenken nicht vorliegen. Auch
habe ich in dieser Beziehung hinzuweisen auf die schätzbare
Arbeit von Wien.^)
Wien hat in seiner Arbeit — nach dem Vorgänge von
Hertz und Boltzmann — die Quatemionenstenographie ver-
mieden, und der ausführlichen Sprache der Mathematiker sich
bedient Es w&re dringend zu wünschen, daß dieses Verfahren
von Hertz, Boltzmann und Wien zur allgemeinen Regel
würde. Denn gerade bei wichtigen und schwierigen Unter-
suchongen dürfte man doch wohl gut tun, weniger der Kürze,
als vielmehr der Strenge und Klarheit sich zu befleißigen.
1) W. Wien, Recaeil de travauz, oflferts p. 1. aut k H. A. LorentS|
La Uaye. 1900. p. 96.
(Eingegangen 22. August 1908.)
1
T«
260
34. Die thermodynamischen Beziehungen.
Von C. Bunge in Hannover.
In seiner Arbeit ,;die thermodynamischen Beziehungen
antithetisch entwickelt" hat von Oettingen^) darauf auf-
merksam gemacht, daß die Größen der Thermodynamik eiue
gewisse Symmetrie und Korrespondenz zeigen. Indem er
hierauf fußte, gelang es ihm, die wichtigsten thermodynami-
schen Beziehungen in übersichtlicher Weise zu entwickeln.
Ich habe hier denselben Qedanken befolgt, nur daß ich die
Relationen mehr vom mathematischen Standpunkt aus be-
trachte und von den thermodynamischen Potentialen ausgehe,
die bei Oettingen erst in zweiter Linie erscheinen.
Bezeichnet u die innere Energie, t die Temperatur, s die
Entropie, p den Druck und v das Volumen eines Körpers, so
gehe ich von der Relation aus
(1) du ^ tds — pdv,
wo t und p Funktionen von s und v sind.
Der zweite Hauptsatz kann nun dahin präzisiert werden,
daß die rechte Seite ein vollständiges Differential ist, dessen
Integral eben die innere Energie bildet.
Aus diesen beiden Annahmen, daß tds—pdv ein voll-
ständiges Differential ist und daß t und p Funktionen von s
und 17 sind, folgen alle übrigen thermodynamischen Relationen,
um sie übersichtlich abzuleiten, stelle ich neben die Glei-
chung (1) noch drei andere, die man durch Subtraktion des
Differentials von ts und durch Addition des Differentials von
pv aus ihr erhält.
(2) d{u — t8)=— sdt — pdv
(3) d{u+pv)==tds + vdp
(4) {u — ts+pv)==— sdt + vdp.
1) A. J. V. Oettingen, Mem. de Tacad. de» scienses de St Paters-
boorg (82) 7. No. 17. 1885.
Die Aermodynamischen Beziehungen, 261
AuBer der inneren Energie u hat man also noch drei
andere Ghrößen u — ts, u + pv, u + pv — ts, die in den
Öleichongen eine analoge Bolle spielen. Die Größe u — ts
nennt Helmholtz die freie Energie^ u + pv nennt Oettingen
die totale Energie, und u + pv — /«könnte man nach Gibbs
als die nutzbare EJnergie bezeichnen. Ich führe mit Oettingen
die Buchstaben ^yX^St für sie ein.
1. du ■■ tds — pdv
2. d^ = - sdt - pdv
8. dZ= tda + vdp
4. d9l - - sdt + vdp.
Die unabhängigen Veränderlichen sind 1. s und v, 2. t und
V, 3. s und p, 4. t und p, dagegen kommen die Kombinationen
tt s und Pf V Ar die unabhängigen Veränderlichen nicht vor. Ihre
Einführung würde andere Formen des vollständigen Differentials
eigeben. Diese vier Gleichungen sind einander äquivalent Aus
jeder von ihnen folgen die drei anderen durch Hinzufügen oder
Abziehen der Differentiale von ts oder pv. Daher sind auch
die vier Gleichungen einander äquivalent, welche ausdrücken,
daß die vier Ausdrücke vollständige Differentiale sind.
m m. - - mi
m (Hi- {ZI
Der Index der Klammer bezeichnet dabei jedes Mal die andere
onabbftngige Veriknderliche. Die Gleichungen (I) bis (IV] gehen
in sich über, wenn man t und p und gleichzeitig s und v ver-
tauscht
Neben diese Relationen (I) bis (IV) treten nun eine Reihe
von anderen Gleichungen zwischen den Differentialquotienten
der Großen e, t,p, v. Sie ergeben sich daraus, daß man je zwei
dieser ChrOßen als unabhängige Vei^nderliche auffassen kann.
Im ganzen hat man 24 Differentialquotienten erster Ordnung.
Denn jede der vier Größen kann nach jeder der drei übrigen
in doppelter Weise differentiiert werden, je nachdem man die
262 C. Runge,
eine oder die andere der beiden übrigen Größen als zweite
unabhängige Veränderliche wählt
Wenn man zunächst von den Relationen (I) bis (IV] ab-
sieht und nur von der Annahme ausgeht, daß von den vier
Größen je zwei Funktionen der anderen beiden sind, so zeigt
sich sogleich, daß von den 24 Differentialquotienten nicht mehr
als vier voneinander unabhängig sind, durch die man die übrigen
rational ausdrücken kann. Denn wenn z. B. s und t7 als un-
abhängige Veränderliche gewählt werden, so ist
Aus diesen Gleichungen kann man irgend zwei Differentiale
dsy dv, de, dp, durch die anderen beiden ausdrücken. So kann
man z. B. ds und dv durch dt und dp ausdrücken und findet
wenn D die Determinante bezeichnet
Mithin ist
Oder wenn man dt und ds durch dp und dv ausdrückt:
^'-(iT)y(if)/^-v(j-f)/"
und daher
•) (H). - v(if ). . " mr-m.m.'
Die thermodynamisdien Beziehungen. 263
Auf diese Weise kann man also durch die vier Diiferential-
quotienten
U«").' [ji]: vöt).' \dv),
die übrigen 20 Differentialquotienten rational ausdrücken.
Dasselbe gilt von den vier Differentialquotienten^ die man
erh<, wenn man statt s und t; irgend eine andere der sechs
möglichen Kombinationen nimmt Jede Kombination liefert
20 Gleichungen. Im ganzen erhält man also 120 Gleichungen.
Es ist aber unnötig sie alle hinzuschreiben, da sie aus den
oben abgeleiteten Gleichungen a) bis h] durch Vertauschung
der Buchstaben hervorgehen.
Diese 120 Gleichungen sind lediglich aus der Annahme
entwickelt, daß je zwei von den vier Größen t^s^py v Funktionen
der anderen beiden sind. Sie hängen also nicht von den acht
Gleichungen (I) bis (IV) ab, welche die mathematische Formu-
lierung des zweiten Hauptsatzes enthalten.
Wenn man nun aber eine dieser Gleichungen (I) bis (IV)
dadurch umformt, daß man die Differentialquotienten durch
die in den 120 Gleichungen enthaltenen Ausdrücke ersetzt,
oder wenn man umgekehrt eine der 120 Gleichungen durch
die Gleichungen (I) bis (IV) umformt, so entstehen andere
Formulierungen des zweiten Hauptsatzes, und durch Kom-
bination solcher Gleichungen können natürlich eine unbe-
schränkte Anzahl neuer abgeleitet werden.
Werden z. B. s und t7 als unabhängige Veränderliche be-
trachtety so zeigt sich, daß von den vier Differentialquotienten
von i und p nach s und v infolge der Gleichung (1) nur drei von-
einander unabhängig sind. Denn die Gleichung (1) besagt, dass
(dr). " (dsiv'
EJb sind demnach, sobald man die Gleichung ,1) bis (IV) zu
Hilfe nimmt^ die 24 Differentialquotienteu durch drei von ihnen
rational ausdrückbar.
Wenn man die Gleichungen a), b), c), d) für den Fall bildet,
daß t und s als unabhängige Veränderliche gewählt sind und
nun di und dM durch dp und dv ausdrückt, so wird
264 C. Runge.
c
wo
0 m.—W'- ^ mr mj^'
^^ [dtlAdsJt [dsltldt)/
Wenn man hier die Gleichung c) mit der Gleichung (I)
kombiniert und bedenkt, daß nach der Gleichung e) und der
analogen Gleichung
ist, 80 ergibt sich J = 1. Für J = 1 sind eben die Glei-
chungen a), b), c), d) nur andere Formen der Gleichungen (I)
bis (IV).
In derselben Weise ergibt sich auch
" \d~p)v\dv)p ■" \dvjp[jp)v ■"
Es sind dabei nur t und p und gleichzeitig s und v miteinander
vertauscht, wobei, wie schon oben bemerkt, die Gleichungen (I)
bis (IV) ineinander übergehen.
Man kann die Gleichungen zJ = J' = 1 auch als Formu-
lierungen des zweiten Hauptsatzes auffassen; denn wenn man
die Annahme hinzufügt, daß von den vier Größen t, s, p, v zwei
als Funktionen der anderen beiden angesehen werden können,
so folgen aus der Gleichung J = 1 oder J' = 1 die Glei-
chungen (I) bis (IV).
Wenn man s und v als unabhängige Veränderliche wählt,
so ist
du = tds — pdv
und daher
Nun ist
d^u = dids -^ dpdv ,
""-(^).'"+(k),'"'.
und da nach 11
[dv), [dtjv'
80 wird
Die thermodynamischen Beziehungen. 265
Solange also
m. "' - m.
{lositiv sind, ist d* u notwendig positiv. Oder geometrisch aus-
gedrückt, wenn man s und v als Koordinaten in einer hori-
zontalen Ebene und den Wert von u als dritte Koordinate
nach oben aufträgt, so ist die entstehende Fläche nach unten
konvex soweit
m. -°^ - m.
positiv sind.
Werden p und t als unabhängige Veränderliche genommen,
so ist
dyi = ^sdt + vdp
und daher
rf»W - - dsdt + dvdp = - (l'^ldt^ + [^l^dvK
Unter der Voraussetzung, daß
m. - - m.
positiv sind, wird also «P92 notwendig negativ sein. Oder
geometrisch gesprochen, wenn man t und p als horizontale
Koordinaten und 9t als vertikale Koordinate aufträgt, so wird
die Fläche nach oben konvex.
Analog ergibt sich wenn t und v die beiden unabhängigen
Veränderlichen sind
d«gi - - d.dt -dpd.^- (I^lds' - (llldv^
und wenn s und p die beiden unabhängigen Veränderlichen sind
d»Z - dtds + dvdp^ [llld.' + ['/^Idv^.
(Eingegangeu 22. Augast 1908.)
266
35. Znr Geometrie der gewöhnlichen Differential-
gleichungen.
Von E. Caaber in Wien.
Die geometrische Betrachtungsweise der Differentialglei-
chungen hat darch Sophus Lie die mächtigste Förderung
erfahren und hat auch auf die Ausbildung der analytischen
Methoden zur Integration befruchtend eingewirkt.
Die folgenden Zeilen sollen einen Beitrag nach dieser
Bichtung Uefem durch Beibringung einiger Bemerkungen, be-
treffend die geometrische Verwertung der Clairautschen Diffe-
rentialgleichung und die Geometrie der gewöhnlichen Differential-
gleichungen zweiter Ordnung.
I.
1. Zu jeder ebenen Kurve gehört eine Clairautsche
Differentialgleichung, als deren singulare Lösung die Kurve
erscheint, nämlich die Differentialgleichung des Systems ihrer
Tangenten.
Ist
(1) F[X, 7) = 0
die Gleichung der Kurve , so kommt die Bildung ihrer
Clairautschen Gleichung darauf zurück, den Abschnitt der
Tangente auf der Ordinatenachse, der in der eben erwähnten
Gleichung:
y^xy+ fif}
durch /'(y') vertreten ist, als Funktion des Richtungskoeffi-
zienten y' der Tangente darzustellen. Aus der Tangenten-
gleichung des allgemeinen Punktes X, Y:
ergibt sich durch die Differentiation in bezug auf x:
(2) y = r
Geometrie der gewohntiehen Uiffereiitialgleichungen, 267
und der Tangentenabschnitt drückt sich hieruach durch
Y- Xy
aus; setzt man hierin fbr X, Y diejenigen Werte, welche sich
aus dem Gleichungspaar (1), (2), d. i. aus
(3) /'(X,7)-o, i;' + /;'y = o
dall&r ergeben, so erhält man die für die Clairautsche Gleichung
charakteristische Funktion f{y').
Für die Parabel
(4) Y^^2pX
findet sich auf diese Weise die Clairautsche Diiferential-
gleichung :
(5) y-'y'+aV'
f&r den Kreis
(6) X^+ 7»-2*} +a*=»0
die Clairautsche Gleichung:
(7) yxy' + b+ /(*=«"- 'a^{\+Y^ ,
wo die Quadratwurzel in ihrer vollständigen Bedeutung zu
nehmen ist
Bei jeder algebraischen Kurve ist f[y') eine algebraische
Funktion von y.
Wenn die Kurve parametrisch gegeben ist, etwa:
dann ist mittels der Gleichung
y ^ 9' iu) '
v als Funktion von y und hiermit Y — -Y // in gleicher Weise
darzustellen, um f{tf) zu erhalten.
Bei der Zykloide
(8) X « a (tt — sin m), }' = a (1 — cos ?/)
hat man beispielsweise zur Bildung von fiy') den Ausatz:
sinu /
1 — cos I* • '
mit dessen Hilfe
Y — Xy = a [1 — cos w — (w — sin u)y]
in y' auszudrücken ist; zu diesem Zwecke ermittelt man:
268 E, Czuber.
(9) sinw = YTT^' 1 - cos« = y^j^, « = Arcsin ^^,
und findet hiermit die Glairautsche Gleichung dieser Kurve:
(10) i^ = ory + a [2 - y' Are sin -^-^] .
2. Hat man die Glairautsche Gleichung einer Kurve auf-
gestellt, so findet die Aufgabe, an sie durch einen Punkt Xq/i/^
Tangenten zu legen, ihre Lösung in dem Ansätze:
yo = ^oy' + /'(y');
jede Wurzel y' = m dieser Gleichung führt zu einer Tangente,
deren Gleichung, in den laufenden Koordinaten |, rj geschrieben,
lautet:
es ist also der Grad der Clairautschen Gleichung in bezug
auf y übereinstimmend mit der Klasse der Kurve.
Die Glairautsche Gleichung der Parabel (4), in ganzer
Form geschrieben, führt zu
«
und liefert für y' die beiden Werte:
2a?o
hiermit ergeben sich die Gleichungen der Tangenten aus x^ jy^ :
Durch Einsetzung eines speziellen Wertes m für y erhält
man aus der Glairautschen Gleichung unmittelbar die Glei-
chungen der Tangenten von der durch m gekennzeichneten
Richtung, deren Anzahl durch die Wertigkeit von /'(y') be-
stimmt ist.
So ist bei der Parabel
einwertig, daher
P
y = mx + 7;^—
die Gleichung der einzigen Tangente von der Richtung m; bei
dem Kreise (6) ist
Geometrie der gewöhnlichen Differentialgleichungen. 269
zweiwertig, und somit sind
die Gleichungen der beiden Tangenten dieser Bicbtung.
3. EIrsetzt man in der Clairautscben Gleicbung der
Kurve F:
(11) y=^y + /W
y durcb — 1/y', so erbJÜt man in
(12) ,= -;.+/•(-;.)
die Gleichung einer zweiten Tangente, die auf der ersten
normal steht; läßt man beide Gleichungen zugleich bestehen,
so bestimmen sie in or, y den Scheitel eines der Kurve um-
schriebenen rechten Winkels, und die Elimination von y zwi-
schen (11) und (12) führt zu dem Ort dieser Scheitel.
Bei der Parabel (4) hat man zur Erledigung dieses
Problems das Gleichungspaar:
V- y' 2 '
durch Subtraktion ergibt sich daraus
• - H 'i) ' v ■■
der genannte Ort besteht also aus der Geraden jt = —p/^
und aus jenem Punkte, durch welchen die Tangenten absoluter
Richtung gehen, nämlich dem Brennpunkt
Nimmt man zu der Gleichung (10):
g^xg +a 2 -y Are sin - ^^^,,
die nach der Vorschrift (12) gebildete
y - - ~ + a
2+^,Arcsin ^^j;,j
hinxQ, die sich auch in der Form:
2+^{(2A + l)« + Arc8mj'/^,/|]
Iftßt^ 80 liefert die Auflösung nach x, y:
— ^- + «
270 E. Czuber.
(2L- + 1)71 . . . 2y'
^ L 1 + y '
mit Beachtung der Qleichungen (9) schreiben sich demnach die
Gleichungen des Scheitelortes der der Zykloide umschriebenen
rechten Winkel in demselben Parameter u wie diese:
*= -|-[(2Ä;- 1)^(1 -cosw) + 2m],
y=|-[(2Ä + 2);r8int/ + 4];
darin bedeutet k eine beliebige ganze Zahl.
4. Der Gleichung (12) kommt auch eine selbständige Be-
deutung zu. Sie geht nämlich aus der Gleichung (11) durch
die Transformation:
Vi
hervor; diese Transformation bedeutet aber eine Drehung der
in (11) enthaltenen Linienelemente um ihre Punkte durch einen
rechten Winkel; folglich stellt (12) ein System von oo^ Linien-
elementen vor, welche durch dieselben Punkte gehend auf den
Linienelemcnten von (11) senkrecht stehen; ein Elementverein
aus (12) ist hiemach eine Evolvente der Kurve, zu welcher die
Gleichung (1 1) gehört, mit anderen Worten: (12) ist die Diffe-
rentialgleichung der Evolventen dieser Kurve.
5. Sei
(13) ;i^(X,r,y) = 0
die Differentialgleichung eines einfach -unendlichen Kurven-
systems; die Clairautsche Gleichung seiner Einhüllenden
läßt sich in der Weise ableiten, daß man aus (13) und
X, ¥ als Funktionen von y berechnet und hiermit den Aus-
druck T— Xy als Funktion von y bildet; diese ist dann die
zur Herstellung der Clairautschen Gleichung erforderliche
Funktion f{i/y
Aus der Differentialgleichung
2 7»y2 ^ 2 X jy + J» + 72 _ ^2 ^ 0,
Geometrie der gewöhnlichen Differentialgleichungen. 271
welche den Kreisen zukommt, die man über den zur :r-Achse
senkrechten Sehnen des Kreises
als Durchmessern beschreibt, und aus der daraus durch Ab-
leitung nach y herrorgehenden Gleichung
ergibt sich auf dem angegebenen Wege
als Clairantsche Gleichung der jene Kreise einhüllenden
Ellipse.
6. Die Clairautschen Differentialgleichungen zweier
Kurven F{X, }') = 0, G[X, i^) = 0 :
y^xy + fiy')
y=-^y+ff(yl
gestatten die Lösung yerschiedener , die beiden Kurven be-
treffenden Probleme, vor allem die des Problems der gemein-
samen Tangenten, dessen Lösung aus dem Ansätze:
(14) fV)=ff(lf')
hervorgeht; jede Wurzel dieser Gleichung filhrt zu einer ge-
meinschaftlichen Tangente, so daß der Grad dieser Gleichung::
die Anzahl der gemeinsamen Tangenten bestimmt.
Die Clairautschen Gleichungen zweier Kreise mit den
Mittelpunkten f^^lßi, o^lßi ^^^ ^^^ Radien r^ r,:
y = ^y + »-1 yi + .'/* + /^, - «,//
geben zur Bestimmung der gemeinsamen Tangenten den Ansatz:
»•i yi + y'*" + ,^i - «. y' - r, >'l + y* + /?,-«, //' ,
oder in rationaler Form das folgende Paar quadratischer
Gleichungen:
[(«, - «,)» - (r, ± r,)»]y'« - 2 («^ - «,) ß, - ,^,) 1/
+ 0^1 - ßt)* - ('•. ± »■*)* = » •
and die Diskriminanten dieser:
[(«, - «,)• + (/?,- ./?,)* - (r, ± r,)»] (r, ± r,)»
liefern die vollständige Analyse des Prolilems.
272
E. Czttber.
(15)
7. Da die Gleichungen
X
y = -j,'+^
(-^-)
bei jedem Werte von y zueinander senkrechte Tangenten je
einer der beiden Kurven F^ 6 bestimmen, so gehören x, y,
aus diesem Gleichungspaar gerechnet, dem Scheitel eines rechten
Winkels zu, dessen Schenkel die beiden Kurven in je einem
Punkte berühren. Die Elimination von y zwischen den Glei-
chungen (15) gibt somit den geometrischen Ort der Scheitel
der dem Kurvenpaar in der Weise umschriebenen rechten
Winkel, daß jeder Schenkel eine andere Kurve berührt.
Zu den beiden Parabeln
gehören die Clair au t sehen DiiTerentialgleichungen:
ersetzt man in einer, z. B. der zweiten, y durch — 1/y', so
erhält man zur Ableitung des Rechtwinkelortes die Gleichungen :
2xy*-2yy'+p = 0,
py^-'2yy '-2x = 0;
daraus ergibt sich seine Gleichung:
2x
_2y
P
0
0
2x
-2y
P
P
_2.y
-2x
0
0
P
-2y
-2x
= 0,
oder ausgeführt:
der betreflfende Ort ist also eine zirkuläre Kurve vierter Ord-
nung, welche außer den Kreisasymptoten die zur Ordinaten-
achse parallelen Asymptoten x= ±.pj2 besitzt.
n.
1. Eine Differentialgleichung zweiter Ordnung in den Varia-
bein X, y\
Geometrie der gewöhnlichen Differentialgleichungen, 273
(1) />,y,yy") = o
defioieri ein System von cx^' Krümmungselementen ^ d. h. jede
dieser Gleichung genügende Wertverbindring x,y^y\y" bestimmt
einen Punkt xjy und einen durch ihn gehenden Kreis vom Mittel-
punkte
Der Begriff des Krümmungselementes ist die naturgemäße
Fortbildung des Begriffes des Lifnenelementes, den Lie mit so
großem Erfolg in die Theorie der Differentialgleichungen rrster
Ordnung eingef&hrt hat.
Jedem Linienelement der Ebene ist vermöge der Glei-
chung (1) ein Erümmungselement zugeordnet, indem durch
die Koordinaten x, y, y des Linienelementes aus (1) sich y'
und hiermit der Mittelpunkt 1/?; des zugehörigen Krümmuugs-
elementes ergibt.
Man kann auf unendlich viele Arten Scharen von on^
Krümmungselementen aus (1) zusammenfassen, indem man
einen Punktort o){xyy)=zO beliebig annimmt, jedem seiner
Punkte ein Linienelement nach irgend einem Gesetze zuordnet
und das diesem Linienelement vermöge (1) korrespondierende
Krümmungselement bestimmt. Insbesondere kann man die
Linienelemente des Punktortes ro {x, y) = 0 selbst hierzu ver-*
wenden; die zu diesen Linienelementen gehörigen Kreise bc
rühren dann den Punktort
Eine Schar von oo^ KrUmmungselementen, deren Punktort
▼on den zu seinen Linienelementen gehörigen Kreisen oskuliert
wird, soll als Ferein von Krümmungselementen definiert werden;
der Punktort selbst heißt eine Integralkurve der Differential-
gleichung (1).
um die analytischen Bedingungen zu finden, welche die
Koordinaten x, y, y\ y" der Schar genügen müssen, damit sie
einen Verein bilde, benutzt man den Gedanken, daß die in-
finitesimale Bewegung längs des Puuktortes der Schar zu-
sammeDfallen muß mit derjenigen längs des zugehörigen Kreises,
soweit die zwei ersten Differentialquotienten dabei in Betracht
kommen.
-FiBrtMhrift. Iti
274 E. Czuber.
Bezeichnet man den Radius des zum Erümmungseläment
x\y\y\i/" gehörigen Kreises mit q, so schreibt sich des letz-
teren G-leichung:
da fbr die Bewegung l&ngs dieses Kreises |, tj, q konstant
bleiben, so gilt für die Wegkomponenten die Beziehung:
(3) (^-|)^^ + (y-^)rfy = 0,
woraus mit Rücksicht auf (2) die Gleichung
entspringt, aus der die Schlußfolgerung
(4) dy-^y'dx^{)
zu ziehen ist. Vermöge dieser verwandelt sich (3) in
^ — I + (y - ^)y = 0
und neuerliche Differentiation längs des Kreises gibt
dx +y dy -{-{y — ii)dy = 0,
was sich mit Rücksicht auf (2) und (3) verwandelt in
^-^{y"dx-^dy^^O
und zur Folge hat die Beziehung:
(5) dy' ^y"dx^O.
ffiemach ergibt sich der Satz:
„Eine Schar von co^ Krümmungselementen ^\y\y'\y"
bildet einen Verein^ ihr Punktort eine Integralkurve nur dann,
wenn die Koordinaten den beiden Differentialgleichungen
dy ^ y rfa: = 0
genügen.^'
2. Der Vorgang der Integration der Gleichung (1) stellt
sich hiemach geometrisch wie folgt dar.
Von einem beliebig angenommenen Linienelement ^olyol^o'
ausgehend bewege man sich längs des ihm durch die gegebene
Gleichung zugeordneten Krümmungselementes ar^l^ol^o l^o' '^^
dessen benachbartem Linienelement
Geometrie der gewöhnlichen Differentialgleichungen. 275
JTj = JTj, + dx
bestimme mittels (1) das zugehörige Krümmuugselemeut
'i !yi lyi'lyi "» 8^^® *^f diesem zum benachbarten Linien-
element etc. Auf diese Weise erhält man einen aus Ereis-
bogenstücken zusammengesetzten Linienzug, einen Korbbogen,
dessen Grenzform f&r ein gegen Null abnehmendes dx eine
Integralkurre von (1) ist
3. Aus den Gleichungen (2) folgt:
f y' = -- *.
(7 - y)*
diese Werte in (1) eingesetzt ergeben eine Gleichung zwischen
'f y» fe n-
(7) ^(ar,y,|,i7) = 0.
Diese läBt folgende Auffassung zu: Bei festem x, y in den
▼eriüiderlichen Koordinaten |, 7/ geschrieben stellt sie den
Ort der Mittelpunkte' jener Krümmungselemente dar, deren
Ponktort xjy ist; bei festem |, r; bestimmt sie den Punkt-
ort jener Krümmungselemente, deren gemeinsamer Mittel-
punkt {/17 ist
Um Beispiele anzuführen, ergibt sich aus der Differential-
gleichung
y" + ay = 0
durch die Substitution (6):
(I - x)> + [n-y? + ay[n-yf = 0,
so daß der Ort der Mittelpunkte 1/?/ zu einem Punkt xjy
eine Kurve dritter, hingegen der Ort der Punkte xjy zu einem
Mittelpunkt f/i; eine Kurve vierter Ordnung ist
Aus der Differentialgleichung
i+y'* = Äyy".
welche Kurven definiert, deren Krümmungsradius der Normale
proportional ist, folgt
so dafi beiderlei Orte zur ^r-Achse parallele Gerade sind.
lö*
276 E, Czuber, Oeometrie der ffew. Differentialgleichungen.
Die Differentialgleichung
(1 + yy = a^y\
welche Kurven von konstantem Krümmungshalbmesser zu-
kommt, führt auf die Gleichung:
beiderlei Orte sind also Kreise vom Kadius a, woraus leicht
zu schließen ist, daß die letzte Gleichung bei willkürlichem |, 17
schon die Integralgleichung darstellt
Wie aus der Form der Substitution (6) zu ersehen, hängt
die Gleichung (7), sobald die vorgelegte Differentialgleichung (1)
weder x noch y enthält, lediglich von den Differenzen | — jt,
ri — y ab; dies hat zur Folge, daß sie den Translationen der
Ebene gegenüber invariant bleibt; das gilt dann auch von
dem durch die Differentialgleichung dargestellten System von
Krümmungselementen und schließlich von dem allgemeinen
Integral, das hiernach die Form tf)(a: + C^, y + (^,) = 0 be-
sitzen muß. Enthält die Differentialgleichung nur eine der
beiden Variabein, so bleibt die Invarianz gegenüber den Trans-
lationen parallel zu der durch die fehlende Variable gekenn-
zeichneten Achse aufrecht, so daß also Differentialgleichungen
Von den Formen /*(ar, y\ y") = 0, /'(y, y\ y") = 0 Integral-
gleichungen von der Struktur <P{x,y + C^, C^) = 0, beziehungs-
weise *(a: + C;, y, Q = 0 haben. 1)
1) £. Czuber, Sifzungsber. d. Akad. d. Wissensch. zu Wien 102«
IIa. p. H41— 1187. 1893; 103. IIa. p. 295— 316. 1894.
(Eingegangen 25. August 1908.)
277
36. Über eine Beziehnng zwischen dem Lösnngsdrnck
nnd der lonisationswänne der Metalle.
Von A. Korn nnd SS. Strauss in München.
An das Problem der Dissoziation der Gase ist Boltz-
mann^ als der erste mit exakten mechanischen Vorstellungen
herangetreten. Die Methoden^ welche er zur Behandlung dieses
Problems angewandt hat, sind Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen
über die chemische Bindung eines Atomes mit einem gleich-
artigen, unter Annahme einer zwischen den Atomen tätigen
anziehenden Ejraft, auf deren rein mechanische Erklärung zu-
nächst kein Gewicht gelegt wird. Der Versuch, solche zwischen
den Atomen tätige Kräfte in speziellen Fällen mechanisch zu
erklären, hat Anlaß zu den Untersuchungen gegeben, die zu
einem recht einfachen, den Gegenstand der vorliegenden kleinen
Abhandlung bildenden Resultate über den Lösungsdruck der
Metalle geführt haben.
Sicherlich können ganz allgemein die chemischen Wechsel-
wiriningen nicht lediglich Funktionen der Entfernungen der
Mittelpunkte der Atome sein^, aber in besonders einfachen
Fällen wird es sich doch st«ts empfehlen, zuzusehen, ob
nicht die Voraussetzung einer Anziehungs- bez. Abstoßungskrafb
zwischen zwei Atomen oder Atomgruppen von der Form:
M, MJ[T)
[M^ und M^ Massen der Atome bez. Atomgruppen, /'(r) Funktion
ihiier EIntfemung r) zu Resultaten Aihrt, die mit der Erlahrung
gut in Einklang stehen.*) Für Anhänger der rein mechanisch-
1) L. Boltsmann, Vorlesungen über Gastheorie 2. p. 177 — 217.
Leipsig 1898; hier findet sich eine zn£iammeufassende Darstelhing seiner
frftlieran Aibeiton über den Gegenstand.
%) VgL fj. Boltsmann, 1. c. p. 177.
8) Man vg^. W. Vaubel, Liehrbuch der theoretischen Chemie 1.
p. n^llS. Beriin 1908.
278 Ä, Korn und E. Strauss.
materialistischen Theorien ergibt sich bei solchen Wechsel-
wirkungsgesetzen der Vorteil, daß sich die betreflfenden Kräfte
mechanisch, z. B. als Folge von universellen Schwingungen ^) der
Atome interpretieren lassen.
Wir haben nun versucht, uns auf diesem Wege eine
mechanische Interpretation des Lösungsvorganges zu ver-
schaffen. Es erhob sich hier zunächst die prinzipielle Frage:
Haben wir, abgesehen von den elektrostatischen Ejräften,
zwischen Metall und Lösungsmittel anziehende Kräfte oder
zwischen den einzelnen Metallteilchen abstoßende Kräfte an-
zunehmen? Die erfahrungsmäßige Unabhängigkeit des sogen.
Lösungsdruckes, welcher die Fähigkeit des Metalles, in Lösung
zu gehen, mißt, von der Beschaffenheit des Lösungsmittels,
spricht für die zweite Alternative, und man kann sich die
folgende Vorstellung bilden: Den Abstoßungskräften zwischen
den Metallteilchen wird durch die elektrischen Anziehungs-
kräfte zwischen positiven und negativen Teilchen, welche
größere Gruppen zusammenhalten, entgegengearbeitet; wenn
sich nun das Lösungsmittel mit seiner verhältnismäßig großen
Dielektrizitätskonstante als Dielektrikum einschiebt % gewinnen
die Abstoßungskräfte zwischen den Metallteilchen die Oberhand,
und es gehen Metallteilchen in Lösung, bis der den gelösten
Teilchen entsprechende osmotische Druck einen gewissen für
das Metall charakteristischen Wert, den Lösungsdruck, er-
reicht hat.
Wenn wir diese Vorstellung zugrunde legen und an-
1) Wenn man die ponderablen Teilchen als schwach kompressible Teil-
chen auffaßt, die in einem (empirisch) inkompressibeln Äther schwimmen,
80 ergibt die mathematische Analyse die Möglichkeit einer unendlichen
Zahl von Eigenschwingungen des Systems, und jeder Eigenschwingung
gehören gewisse scheinbare Femkräfte zwischen den ponderablen Teilchen
zu, der Grundschwingung die Gravitation, der ersten Oberschwingung
die Mazwel Ischen Abstoßungskräfte etc., allgemeine Ejrftfte von der
Form:
zwischen zwei Gruppen von den resp. Massen M^ und If,, wenn in
kleinen Räumen im Mittel keine Richtung bevorzugt ist und die Ab-
stände der beiden Gruppen groß gegen die Entfernungen innerhalb der
einzelnen Gruppen sind.
2) Man vgl. W. Nernst, Theoretische Chemie 2. p.865. Stuttgart 1898.
Lonmgidruck und Tonisationswärme. 279
•
nehmen, daB vor der Lösung die Metallteilchen zu Gruppen
▼ereinigt sind, die um so mehr Teilchen umfassen, je größere
Elektrizitätsmengen in einem Atom enthalten sind, und für
deren Anzahl in der Volumeneinheit der Avogad rösche
Satz^) gilt, so ist die den Abstoßungskräften der einzelnen
Gruppen entsprechende innere Energie der Volumeneinheit
löslicher Metallteilchen:
(1) £^ =a^n».m»,
wo a' eine Eonstante vorstellt^ die für alle Metalle denselben
Wert haty m das Atomgewicht, n die Valenz des betreffenden
Metalles bezeichnet Wir wollen dabei voraussetzen, daß wir
stets bei ein and derselben konstanten Temperatur arbeiten.
Nun bestehen aber noch zwischen den einzelnen Teilchen
jeder Omppe, welche durch die elektrostatischen Ejräfte zu-
sammengehalten werden, Anziehuugs- oder Abstoßungskräfte,
die sich als negative oder positive lonisationswärme bei dem
Lösungsforgang bemerklich machen; die diesen Kräften ent-
sprechende innere Energie ist pro Volumen einheit:
(2) JS^^bKQ + c,
wo b^ and c Eonstanten sind, die für alle Metalle denselben
Wert haben, and Q die lonisationswärme, d. h. die Wärmenge
vorstellt, die bei dem Übergang in den lonenzustand fi^ei wird.
Die Summe
(8) E^ + E^^ a^n^m^ + 41^^^
wird offenbar ein Maß fUr das Bestreben des Metalles sein,
Ionen in die Lösung zu senden, d. h. die lieihe der Lösungs-
drmeke muß mä der Beihe der Größen:
(4) V'-Q + a'n^TW«
parallel gehen, wobei a* eine Konstante ist
Wir haben auf Grundlage dieser einfachen Betrachtung
versacht, ob man nicht eine Zahl a so finden kann, daß
dieses Gesetz durch das vorliegende Beobachtungsmaterial
verifiziert wird, and es hat sich in der Tat gezeigt: Wenn
1) Dieselben können ja, wie Gasteilchen, die Zwischenräume zwiäclicn
das feste Metall bildenden größeren Komplexen erfüllen.
280 A. Korn und E, Strauss.
wir für die Q die von Ostwald ^) angegebenen Werte (ge-
messen in lOOg-caL^ zugrunde legen und
(5) a^ ^
80
setzen ; ordnen sich alle bisher untersuchten Metalle dem
obigen Gesetze unter, mit Ausnahme des Bleis, das ja auch in
so vielen anderen Beziehungen eine Ausnahmestellung ein-
nimmt. Schon bei ziemlich geringer Veränderung von a geht
der Parallelismus der \p mit der Reihe der Lösungsdrucke
verloren.
Zur Verifikation unseres Gesetzes stellen wir die Reihe
der Lösungsdrucke jener Metalle voran, für welche die loni-
sationswärme bekannt ist:
Mg, Zn, Cd, Fe<«), Tl, Co, Ni, Cu^^), Hg«», Ag
(für Mg ist der Lösungsdruck am größten, für Ag am kleinsten),
und wir wollen durch die folgenden Zahlen zeigen, daß die
t/;-Reihe dieselbe ist.
1. Mg: Q = + 1067, n = 2, m = 24,36;
1/; = 1070.
2. Zn: Q=+326, n = 2, tw = 65,4;
rf) = 345.
3. Cd: Q= + 162, n = 2, »1 = 112,4;
xp = 218,2.
4. Fe^*» : Q = + 200, n = 2, m = 56;
%fj = 213,9.
5. Tl: Q = + 10, w = 2, m = 204,1 ;
\f}^ 195,1.
6. Co: Q=+146, 71 = 2, tw = 59,0;
1/;=: 161,5.
7. Ni: Q= + 135, n = 2, 7n = 58,7;
1/; = 150,3.
1) W. Ostwald, Zeitschr. f. phys. Chem. 11. p. 501. 1893. Die
Abweichungen der Zahlen anderer Forscher sind nicht groß genug, um
auch eine Abweichung von dem obigen Gesetz erkennen zu lassen.
2) Wenn man eine andere Einheit zugrunde legt, ändert sich
natürlich n entsprechend.
Loitmgsdruck und lonisationitwärme, 281
8. Cu**>: Q= - 175^), n = 2, tu = 63,6;
t// = - 157,0.
9. Hg<<»: Q = - 205, »=»1, m = 200,3;
t/; = - 160,4.
10. Ag: Q = - 262, w = 1, m = 107,9;
t/; = - 249,1.
Für Blei ordnet sich der t/;-Wert nicht, wie es sein sollte,
zwischen die t//-Werte von Nickel und Kupfer ein. Bei diesem
Metall mQBten daher die einfachen Grund Vorstellungen, von
denen wir ausgingen, eine Modifikation erfahren.
München, Juli 1903.
1) Nach anderen Autoren ist für Kupfer {— Q) etwas kleiner, etwa
160, wodurch sich der ^-Wert (— 142) etwas weiter von dem ^-Wert von
Hg«>) entfernen würde.
(Eingegangen 28. August 1903.)
282
37. A Pecnliar Class of Wayes.')
By Ch. E. Curry in München.
y. Helmholtz examined briefly in bis ,, Vorlesungen über
die elektromagnetiscbe Tbeorie des Lichts'' the electromagnetic
waves represented by the functions
dx dy
where (p denotes any purely spherical waye-function, that is^
a spherical wave-function of the distance r from the centre of
disturbance and of the time t only; these quantities U, F, W
are connected with the component electric moments Xy Y, Z
by the differential equations
-X dW
D dy
dV
dx
Y du
dW
D ~ dx
dx
Z dV
du
m
D dx dy
where B denotes the electric inductive capacity of the medium.
The waves represented by these component moments are now
the Hertzian waves^ the analytic expressions for the same
being identical to those theoretically established by Hertz
himsell y. Helmholtz has now obseryed in bis lectures aboye
cited that the electric oscillations of these wayes take place
at right angles to their direction of propagation only at con-
siderable distance from the centre of disturbance or^ more
exactly, at such distances from the same that the terms of
the higher Orders of magnitude in 1/r in the expressions for
1) Eztract from my „Electromagnetic Theory of Light'* (in print)
MacmUlan & Co., London.
2) Vgl. y. Helmholtz*s lectures.
Ä peculiar Class of ff'aves. 283
the component moments may be rejected when compared with
those of the first order. Aside from a certain analog}' between
electromagnetic wayes of this class and inducted currents, let
uBi for breyity at least, designate here the waves or motions
represented by the terms of the first order of magnitude in 1/r
as y^primary'' and the others or those represented by the terms
of higher Orders than the first^ as ^^secondary^' waves. The oscil-
lations of the former will now be found to take place always
at right angles to their direction of propagation, whereas those
of the latter will make an entirely arbitrary angle with that
direction. The primary and secondary waves are, in generale
dependent on one another, that is^ the presence of the one
demands that of the other or, in other words, neither can exist
alone; this follows, since the analytical expressions for either
wa?e singly are not particular integrals of our fundamental
differential equations (Maxwell's equations), whereas the sums
of the expressions for both waves are such. Besides the above
class of electromagnetic waves, a primary disturbance accom-
panied by a secondaiy one, we can of course have simple
electromagnetic disturbances or primary waves, if we may
then term them such, that are unaccompanied by secondary
ones. Electromagnetic waves of this latter class are represented
by purely spherical wave-functions <p and not by their deri-
vatives; their behaviour is one and the same along all vectors.
On the otherhand, an irregulär distribution of intensity over
any sphere with centre at source of disturbance evidently
indicates the presence of secondary waves in the medium.
The object of the present paper is a brief examination of
the socalled i^secondary" waves; they will be found to exhibit
most peculiar properties. For the present purpose we shall
examine the more general problem instead of the above parti-
cular one, the Hertzian waves; we concieve namely the latter
as particular case of the general one
^ ' dy dx dx dx dx dy *
where fPitVvVt ^^^^^ purely spherical wave-functions, that
is, ibnctions of the form
Vi = lf\ir±vt) etc.
284 C. ß. Curry.
These yalues (2) for U, F, W satisfy the conditional equaüon
du dV dW _ ^.
dx ^ dy '^ dx "■" J'
which must hold between these quantities.
Oq the assumption that the fanctions f^ff^^fz ^^re giyen
in the form
fi=^(ii sin — ^ {vt ^ r) etc.,
we find, by formulae (2), the following expressions for the
functions U, F, W:
t/ = -^(a, y - «3 /?) cos w + -^(03^-03/?) sin ö>
and analogous expressions for F and Wy and then, by formulae
(1), the following for the component electric moments
X 4 71*
(3)
D X*r
[«1 (/S^ + y^ - a (o, /9 + «3 r)] sin m
+ i^v [2«! - 3a, 092 + y^) + Sa(a^ß + a^r)] cosco
and analogous expressions for Y and Z, where a, ß, y denote
the direction-cosines of the vector, along which we are exami-
ning these oscillations or waves, and
Q? = —7— (t? ^ — r) .
The first terms of these expressions for the component
electric moments represent the primary and the second (and
third) terms the secondary wave. It is evident that for light
waves proper or waves of wave length X that is small com-
pared with measurable distances from the source of disturbance
— A of the dimensions 10"~^mm — the second and third terms
of these expressions for the moments will be very small com-
pared with the first, so that they may thus be rejected not only
at Short distances from the source but also in its immediate
proximity; in other words, we may conceive all light waves
proper as unaccompartied by secondary disturbances. For electric
waves, as the Hertzian, the second and third terms of the
1) Vgl. y. Helmholtz's lectures.
Ä pecfdiar Claim of H'aves, 285
giren expressions will vanish when compared with the fir8t
only at greater distances from the source; the primari/ electric
tcave will, therefore, be accompanied by a secondary electric one
to a oonsiderable distance from its source, the intensitiy of the
latter remaining of the same order of magnitude as that of the
former in the immediate proximity of the source, but decreasing
somewhat more rapidly thau that of the primary wave^ as we
recede from the same. On the otherhand, the secondarv wave
will evidently be represented approximately by the second terms
alone of the giyen expressions^ except in the very next proxi-
mity of the source; we shall, therefore, refer to the secondary
wave as that represented by the terms of the second order of
magnitude in Ijr, unless otherwise specitied.
It is now easy to confirm the general law ,,the total
resultant electric oscillations take place at right angles to the
total resultant magnetic ones that are accompanying them'^
for the given waves. It is also easy to show that both the
primary electric oscillations and the magnetic ones are taking
place here at right angles to their direction of propagation.
On the otherhand, the secondary oscillations will be found to
make arbitrary angles with their direction of propagation: the
angle they make with that direction along any given vector r
will eridently be
cos (/;, r) = cos (/;, x)a + cos {/;, f/)ß + cos (/;, z) y ;
if we replace here these cosines by the quotients of the niomcnts
in question from formulae (3), we find
V a,» + o,« + (ij' + 3 (o, o + (I, (? + o, ;-)'
It is evident from this formula that the secondary elec-
tric waves will be longitudinal along the vectoi*s
Along these vectors the primär}' waves will now vanisli,
and also the magnetic ones^ by which the primär}* and
secondary waves are otherwise accompanied. We can state
this resolt in the general form: ,Jn ever}' System of electro-
magnetic waves, in which secondary waves appear, there is
always a vector, along which the secondary wave is propa-
286 C. E. Curry. Ä peculiar Class of Waves,
gated as a longitudinal wave; in which case it is then accom-
panied (along that vector) neither by a primary (electric) nor
by a magnetic disturbance/'
The more thorough examination of the above and similar
Systems of wayes leads to the following general reanlta:
1. Along those vectors, where the primary (electric) and
the magnetic waves do not appear^ the secondary wave is
either longitudinal or it does not appear at alL
2. Along those vectors^ where the secondary (electric) wave
is transverse^ its amplitude is independent of the direction-
cosines and, conversely, in those regions^ where the ampli-
tude of the secondary (electric) wave is independent of the
direction-cosines^ the wave itself is transverse.
3. The transverse secondary wave is accompanied by a
primary electric and a magnetic wave^ whose amplitudes are
independent of the direction-cosines, and, conversely, along
those vectors^ where the amplitudes of the primary (electric)
and magnetic waves are independent of the direction-cosines,
the secondary (electric) wave is transverse.
4. The electric oscillations represented by the terms of
the third order of magnitude in 1/r make the same angle of
oscillation with their direction of propagation as the secon-
dary oscillations proper.
5. The electric and magnetic waves represented by terms
not only of the same but also of dififerent Orders of magnitude
in 1/r take place at right angles to each other; it would,
therefore, be impossible to separate or pair off electric and
magnetic waves of the same order by means of the property
that they are taking place at right angles to one another.
6. Both the primary and the secondary waves obey the
same laws of reflection and refraction as ordinary plane waves;
whereas their amplitudes after reflection and refraction are
determined by similar expressions to those for the amplitudes
of reflected and refracted plane waves.
Beute^ Ammersee.
(Eingegangen 30. Aogust 1903.)
287
38. Das Yaknnm als Isolator.
Von O. Lehmann in Karlsruhe.
John WaUh (1778), William Morgan (1785), Davy
(1822) und Plücker (1859) glaubten durch ihre Versuche fest-
gestellt za haben, das vollkommene Vakuum lasse die Elek-
trizit&t nicht durch. Im Gegensatz hierzu ergaben Versuche
Ton Hittorf (1868), daß der groBe Widerstand sogenannter
absoluter Vakuumröhren lediglich auf ihren geringen Dimeo-
sionen beruht, durch welche die freie Ausbildung des nega-
tiren Olimmlichts und des Eathodendunkelraums beeinträchtigt
wird. Unter Verwendung der größten technisch herstellbaren
Bezipienten gelang es mir in der Tat bei Drucken, bei wel-
chen in einer gleichzeitig an die Pumpe angeschlossenen Röntgen-
röhre Röntgenstrahlen auftraten, Entladungen schon mittels
ganz mäßiger Spannungen (400—500 Volt) zu erhalten. Bei
noch höherem Vakuum, in welchem der Eathodendunkelraum
den ganzen Bezipienten (von ca. 60 — 70 cm Länge und 30 cm
Weite) aasfüllte, gingen auch hier Entladungen selbst dann
nicht mehr hindurch, wenn an einer Parallelfunkenstrecke die
Schlagweite 16 cm betrug. Wäre es möglich, noch größere
Bezipienten zu beschaffen, so wäre es sicher möglich, auch bei
diesen minimalen Drucken — Anwendung hinreichend großer
Elektroden vorausgesetzt — Entladungen oder Ströme selbst
mittek der oben genannten sehr mäßigen Spannung zu er-
halten, da nach Warburg (1887) der normale Eathodenfall
unabhängig ist vom Druck des Gases.
Die Enge der Gefäße ist es auch, welche es unmöglich
macht» mit gewöhnlichen elektrodenlosen Röhren oder kleinen
erakoierten Kugeln den Entladungsgradienten dadurch zu be-
stimmen, daß man sie plötzlich einem gcladenon Konduktor
siliert oder davon entfernt, vorausgesetzt, daß die Verdünnung
288 0, Lehmann,
soweit getrieben ist, daß sich Donkelraum und Glimmlicht,
welche hier ebenso entstehen wie in Röhren mit Elektroden,
nicht mehr frei ausbilden können. Solche Röhren pflegen neu
hergestellt nicht ^^anzusprechen'S wohl aber, wenn einmal durch
Anwendung eines übermäßig hohen Spannungsgefälles Ent-
ladung hervorgerufen und dadurch das Vakuum verschlechtert,
somit die Dicke des Dunkelraumes vermindert wurde. Bei
Anwendung großer elektrodenloser Rezipienten, welchen ein an
Seidenschnur aufgehängter geladener großer Konduktor sich
pendelnd nähert und entfernt, kann man deutlich erkennen,
daß auch hier gelber Saum, Dunkelraum und blaues Glimm-
licht ungefähr in gleichen Dimensionen auftreten, wie in
Rezipienten mit Elektroden. Läßt man den Konduktor fest-
stehen (oder verwendet äußere Elektroden) und bewirkt die
Spannungsänderungen dadurch, daß man ihn an eine Wechsel-
stromquelle, speziell einen Hochfrequenztransformator anschließt,
so wird die Dicke des Dunkelraumes mit steigender Frequenz
geringer, wie auch in Röhren mit Elektroden, die Elntladungen
erfolgen deshalb leichter, d. h. bei geringerem Spannungsgefälle,
die dielektrische Festigkeit des Gases scheint vermindert.
Gleiches gilt für die Hittorf'sche „Ringentladung'S welche
entsteht, wenn durch eine das Vakuumgefäß umgebende Draht-
spirale oder auch einfach einen Drahtring Hochfrequenzstrom
hindurchgeleitet wird. Ebenso wie der pendelnde Konduktor
bewirkt die in dem Ringe pendelnde Elektrizität das Auftreten
von Entladungen, welche scheinbar in sich zurücklaufen und
durch das Hin- und Herschießen magnetischer Kraftlinien be-
dingt sind, in Wirklichkeit aber, wie man bei Anwendung
großer Rezipienten deutlich erkennen kann, von der Glaswand
ins Innere gehen und ebenso wie gewöhnliche Entladungen
mit der Bildung von gelbem Saum, Dunkelraum und blauem
Glimmlicht verbunden sind, wobei der Dunkelraum nur deshalb
eine geringe Dicke besitzt, weil die Wechselzahl der ange-
wandten Ströme eine sehr große ist Aus diesem Grunde ist
auch der Spannungsabfall, bei welchem die Entladungen er-
folgen, ebenso wie bei Röhren mit äußeren Elektroden ein ge-
ringerer, wodurch sich die Beobachtungen von Plücker (1858)
und Hittorf (1884) erklären, daß durch „äußere" Elektroden
oder „induzierende'' Drabtspulen auch in Röhren, welche keinen
Das Vakuum ah Isolator.
Strom zwischeo den „iDDem" Elektroden bindurchlassen, Eut-
ladimg hervorgerufen werden kann. ')
Nach Faradaya disruptiver Theorie der Eiitladung soll
diese eintreten, wenn das Spannungsgefälle die dielektrische
Festigkeit des Gases übertrifft. Daß nun den genannten Ver-
«achen zufolge 'die dielektrische Festigkeit scheinbar von den
Dimensionen des tiefüßes abhängt, erscheint nur verständlich
unter Beiziebimg der Hypothese, daß bereits vor Eintritt der
leuchtenden disruptiven Entladung eine lichtlose elektrische
Strömung im 'Tase eintritt, welche durch Bildung elektrischer
Luftfichifliten, speziell einer positiven Schicht jin der Kathode,
das elektrische Feld ändert oder, falls man die Faraday-
Kchen Voratellungen fallen läßt und durch diejenigen der
etektroly tischen Entladungstheorie ersetzt (der einzigen, welche
bisher neben der disruptiven Theorie zur Erklärung der Gb-
samtbeit der Erscheinungen verwendet wurde], die Beschaffen-
heit des Gases, indem die wenigen ursprünglich vorhandenen
Ionen, welche den hchtlosen Strom vermitteln, so starke Be-
weRungsantriehe durch das Spannungsgefälle erhalten, daß sie
durch ihre StoBwirkung die Bildung neuer Ionen veranlassen
und hierdurch die Leitungafähigkeit des Gases rasch ins ün-
gemessene steigern.
Die disruptive Theorie soll unzureichend sein, weil die
Kraft des Feldes nicht imstande ist, die elektrische An-
xiehnng der zu neutralen Molekülen verbundenen Ionen (rich-
tiger Elektronen, da Entladung auch in einatomigen Gasen
stattfindet) zu überwinden. Indes nimmt die elektrolytische .
Theorie an, daß schon durch die StoBwirkung der Wärme-
bevegong einzelne Ionen gebildet werden , somit wird dies
•ach möglich sein, wenn noch die Kraft des Feldes hinzukommt,
ttnd die bei dieser Spaltung der Moleküle oder Atome auf-
tretenden Strahlungen werden bewirken, daß sofort neue Mole-
kole in solchen Zustand versetzt werden, daB sie durch Wir-
I) Bei hochBvalinterteo groSen KeEipi«nt«ii beobachtete ieh, dafi die
RiDgentlftdungon den Gasdruck lohr Btaric erniedrigen, bei
Mark evakaierleii , daS eiuo ErhShang eintritt, so dsB dnnn in-
'fclge der Vermindenuig der Dicke des Diinkelrauines die Entladung
wieder leiobtoT bindorcfageht.
^
290 0. Lehmann.
kung des Feldes zerfallen. Jedenfalls haben beide Theorien
das gemeinsam^ daß sie die Existenz eines der leuchtenden
Entladung vorhergehenden lichtlosen Stromes annehmen, es
muß also möglich sein, mag die eine oder andere Theorie zu-
treffen^ diesen experimentell nachzuweisen.
Die bereits vorliegenden Versuche mit Vakuümelektroskopen
(Dessaignes 1814, Davy 1822, Hittorf 1879, Worthington
1885, Pflaum 1900, 0. Lehmann 1902) ließen erkennen,
daß, wenn ein solcher Strom existiert, seine Stärke so gering
sein muß, daß die Anwendung eines Galvanometers aussichts-
los erscheint, ebenso auch die Verwendung der gebräuchlichen
engen Vakuumröhren mit kleinen Elektroden. Ich benutzte
deshalb als Vakuumgefäß ein elektrisches Ei von ca. 70 cm
Höhe und 30 cm Weite, bestehend aus zwei in vertikaler
Stellung aufeinander gekitteten tubulierten Luftpumpenrezi«
pienten. In den oberen Tubulus war eine Elektrode eingesetzt,
bestehend aus einer Aluminiumkugel (Ä') von 7 cm Durch-
messer, in den unteren eind durch Barometerverschluß ver-
schiebbare Sonde (5), bestehend aus einer auf ihrer unteren
Hälfte mit Glas bedeckten Messingkugel von 2 cm Durch-
messer. Die Zuleitungen beider Kugeln waren in Glasröhren
eingeschlossen. Der größte Teil der inneren Wandung des
elektrischen Eies war mit Drahtnetz [N] bedeckt, welches im
allgemeinen (eventuell unter Zwischenschaltung eines Galvano-
meters oder Entladungselektrometers) zur Erde abgeleitet oder
mit einem Elektrometer verbunden war. Zur Erzeugung eines
axialen Magnetfeldes konnten über das Ei zwei Draht-
rollen [RS) von je 1100 Windungen geschoben werden.
Zur Messung der Spannungen dienten Braun sehe Elektro-
meter, derart abgeändert, daß sie kein Residuum mehr zeigten,
welches bei diesen Versuchen sehr störend gewesen wäre.
I. Ladungsteilung.
Das einfachste Verfahren zur Erkennung des hypothe-
tischen lichtlosen Stromes schien die Ladungsteilung zwischen
einem geladenen kugelförmigen Konduktor K' und der Kugel K,
Haben beide gleichen Durchmesser und finden keine Ladungs-
verluste durch mangelhafte Isolation . statt, so muß nach der
Das Vakuum als Isolator, 201
ftblichen Auffassung die Spannung, falls sie in Verbindung
gesetzt werden, auf die Hälfte sinken. Dies würde auch zu-
treffen, falls die Verbindung ohne Energieverlust durch Funken-
bildung hergestellt werden könnte. Tatsächlich erhielt ich,
wenn K' auf 1000 Volt geladen war, in Lutl von gewöhnlicher
Dichte nur eine resultierende Spannung von ca. 300 Volt. Ganz
dasselbe Elrgebnis wurde erhalten, wenn das Ei auf 0,00 15 mm
Druck ausgepumpt war und zwar gleichgültig, ob positive oder
negative Ladung verwendet wurde.
Bei der Spannung von 300 Volt tinden also sicher keine
Ladungsverluste durch lichtlose Ströme statt, ebensowenig er-
folgt Bildung einer Doppelschicht an der Kathode. Allerdings
ist diese Spannung noch erheblich verschieden von der Ent-
ladungsspannung, so daß immerhin die Möglichkeit bestände,
daß unmittelbar vor der leuchtenden Entladung solche un-
sichtbare Ströme autlräten. Indes zeigte sich auch hei Drucken
von 0,0034—0,008 mm und Spannungen von 20()0--23()0 Volt,
welche der Entladungsspannung sehr nahe waren, bei der
LaduDgsteilung ein Rückgang der Spannung im gleichen Ver-
hältnis auf 700—800 Volt (V, der anfanglichen Spannung). >)
II. Zerstreuung.
Wurde nach der Ladungsteilung die Kugel A' wieder auf
die Anfangsspannung gebracht und dann abermals mit der nun
geladenen Kugel A' fbr einen Moment verbunden, so nahm
natürlich, infolge abermaliger Ladungsteilung, die Spannung
von A' einen etwas höheren Wert an. Man konnte so schritt-
weise die Spannung von A' auf immer höheren Wert bringen
und untersuchen, ob etwa hierdurch die Zerstreuung der Elek-
trizität anomal wurde, d. h. größer als in gewöhnlicher Luft.
Dies war aber nicht der Fall, selbst wenn die Spannun«; bis
zum Entladungswerte gesteigert wurde. Auch hieraus kanik
1) FortMtiang der Versuche zu noch höhereu Spaimuii^cii (bei
0,001 mm Druck konnten bei positiver Ladung solche von mehr als
12 000 Volt dauernd erhalten werden) schien zwecklos, da durch die b«'i
der Ladangttellung entstehenden Funken unkoiitrolliorbarc Spannungs-
•ehwankongen bedingt sein konnten, außerdem aber die Vorluste durch
mugelhalle Isolmtion während der Dauer der Schwingungen der Elektro-
nwCemadel störend wurden.
292 0, Lehmann,
man also schließen^ daß der Entladung kein lichtloser Strom
vorangeht. Wurde die Entladungsspannung erreicht, so fiel
die Spannung plötzlich^ oft erst nach einiger Zeit („ Verzöge-
rung'^, bis zu einem Rest, welcher die Entladungsspannung bei
Stromdurchgang darstellt. Derselbe war bei negativer Ladung
erheblich größer als bei positiver. Die äußersten Spannungen,
bis zu welchen K geladen werden konnte, waren natürlich
vom Drucke abhängig, da bei niedrigen Drucken der dunkle
Eathodenraum sich nicht mehr frei ausbilden konnte.
Bei 0,04 mm betrug diese Grenzspannung, falls das Draht-
netz abgeleitet war, ca. 500 Volt; bei 0,023 mm 610 Volt; bei
0,02 mm 1100 Volt; bei 0,008 mm 2200 Volt; bei 0,003 mm
3800 Volt; bei 0,0005 mm 8500 Volt Meist waren die Grenz-
spannungen für positive und negative Ladung gleich, doch
zeigten sich auch erhebliche Unterschiede und zwar war dann
stets die positive Entladungsspannung größer. Überhaupt
waren die beobachteten Grenzwerte keineswegs konstant; z. B.
wurde bei 0,001 mm Druck und positiver Ladung einmal die
Grenze 4 700 Volt beobachtet, ein andermal 10000 Volt, in einem
dritten Falle trat die Entladung auch bei 12000 Volt noch
nicht ein. Auch die Werte der Verzögerung schwankten in
weiten Grenzen.
III. Einfluß magnetiaoher Kräfte.
Wurden die eben beschriebenen Versuche wiederholt, wenn
die erwähnten Magnetisierungsspulen R R (oder mindestens die
obere derselben) vom Strom durchflössen waren, so ergab sich
bei niedrigen Drucken eine bedeutende Änderung der Grenz-
spannung, während die Zerstreuung ungeändert blieb. Bei
dem Druck 0,04 mm erniedrigte sich die Grenzspannung bei
etwa 1 Amp. Magnetisierungsstrom auf ca. 470 Volt (sowohl
für positive wie fiir negative Ladung); bei 0,018 mm auf 520 Volt;
bei 0,01 mm auf ca. 1000 Volt; bei 0,008 und 0,002 mm
ebenso, doch wurden auch noch niedrigere Werte bis herunter
zu 400 Volt (bei positiver Ladung) und 900 Volt (bei negativer
Ladung) beobachtet Bei diesen sehr niedrigen Drucken kann
man also die Ladung der Eugel durch Erregen des Magnet-
feldes sofort bis auf einen (fiir positive Elektrizität kleinen,
für negative großen) Rest zum Verschwinden bringen.
Diu Fakuum als Isolator,
293
Da sich diese Wirkung des Magnetismus erst dann in
aoflUliger Weise geltend macht, wenn der Dunkelraum durch
die Gef&Bwände eingeschränkt wird, ein Dunkelraum aber vor
Beginn der Entladung nicht sichtbar ist, so sprechen diese
Versache im Gegensatz zu den vorigen für das Vorhandensein
eines lichÜosen Stromes vor Beginn der Entladung.
Mit ELrhöhung der Stromstärke J in den Magnetisierunf^s-
roUen wächst in manchen Fällen die Erniedrigung der Greuz-
spannung E^), doch sinkt diese nicht unter die angegebenen,
dem herrschenden Drucke p entsprechenden Werte; in andern
Fällen wirkt das Magnetfeld gerade umgekehrt und erschwert
die Elntladang. Femer wird der zurückbleibende Spannungsrest
e mit steigender Magnetisierungsstärke im allgemeinen kleiner.
Beispielsweise wui*den folgende zusammenhängende Worte
beobachtet; wobei JB die anfängliche Spannung bedeutet:
0,040 mm
jK*« -i-
500 Volt J =« 1
Amp.
e = 400 Volt
0,018 „
—
500 ,
1
470
0,018 „
—
810 ,
6
}V
710
0,008 „
—
2000 ,
1
1500
0,008 „
—
1700 ,
1
1350
0,008 „
—
1500 ,
1
1150
0,008 „
-
1500 ,
» ^
980
0,008 „
—
1500 ,
15
900
0,008 „
—
1500 ,
25
880
0,008 „
—
1300 ,
, 1
1020
0,008 „
—
1200 ,
1
1050
0,008 ,.
—
1050 ,
1
1000
0,008 „
—
1000 ,
7
900
0,008 „
—
980 ,
15
900
0,008 „
+
420 ,
1
350
Wird die Kugel K dauernd mit einer Stromciuelle (Akku-
mulator, Batterie Leydener Flaschen mit eingeschaltetem
Widerstand) von -BVolt Spannung verbunden, so bewirkt Kr-
hOhong der Stärke des Magnetisierungsstromes / Krhöhun«; der
Stärke des EIntladangsstromcs i bis zu einem Maximum und
sodann Verminderung derselben. Beispielsweise wurde <;efuii(len :
1) Zuweilen ruckweise. Vgl. 0. Lehmann, Die elektrischen Lirht-
andieünu^en oder Entladungen p. 160 a. 386. HhIIc 18»8.
0. Lehmann.
0,0820 mm
E« +
520 Volt
J = 1 Amp.
i = 0,0080 A
0,0320 „
-
520 „
1 ..
0,0007 „
0,0180 „
+
620 „
1 >•
0,0070 „
0,0180 „
+
520 „
* »
0,0096 „
0,0180 „
+
520 „
1 »
0,0101
0,0180 „
+
520 „
12 „
0.1080
0,0180 „
-
520 „
1 >.
0,0004
0,0180 „
-
520 „
7 „
0,0000
0,0100 .,
+
610 „
11 ..
0,000080 „
0,0100 „
+
810 „
25 „
0,000 055 „
0,0100 „
-
BIO „
25 „
0
0,0100 „
+
eeo „
B ..
0,000115 „
0,0100 „
+
660 „
16 „
0,000 080 „
0,0100 „
+
S60 „
25 „
0,000 oeo ,.
0,0100 „
-
860 „
25 „
0 »
0,0100 „
+
760 „
1 ..
0,000 121 „
0,0I0O „
—
750 „
6 „
0,0001*3 „
0,0100 „
+
750 „
6 ..
0
0,0100 „
■1-
»00 „
1 <i
0,000 220 „
0,0100 „
+
900 „
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0,000 176 „
0,0100 „
+
»00 „
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0,000203 „
0,0100 „
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900 „
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0,000 15» „
0,0100 „
_
»00 „
* r<
0,000110 „
0,0100 „
-
900 „
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0,000025 „
0,0100 „
-
»00 „
12 „
0,000 015 „
0,0100 „
+ 1050 „
1 „
0,0008
0,0100 „
-
1050 „
1 t.
0,0003
0,0080 „
+ ;2250 „
1 „
0
0.0080 „
-
2250 „
1 „
0,0008
0,0080 „
-
2250 „
* „
0,0005
0,0080 „
-
2250 „
10 „
0.0018
»+470 Volt /•■lAmp. 1 = 0,0090 Äinp. i'b — 0,0061 Amp,
+ 520 „ l „ 0,0180 „ 0.0080 ..
Mit BeBeiti^ung des Magnetisiemngaetromes verschwand
auch der Entladungsstrom (in der Regel) oder es blieb ein
Rest ^ z. B. tar
p - 0,0400 m
0,0100 ,
0,0400 „ -520 „ 1 „ 0,0009 „ 0,0000 „
Dieses Verhalten entepricht ganz dem Einfiuß des Mag-
oetismos auf schon vorhandene Entladung. Beispielsweise war
bei p = 0,04 mm und E = — 470 Volt, die Slrumstärke ohne
magnetisches Feld =0,00015 Amp., die Dicke des Dunkel-
Das Vakunm als Isolator, 295
ranmes =10 cm; bei J^l Amp., i = 0,0006 Amp. iDiiukol-
raum 4 cm) uud bei / = 8 Amp. erlosch die Entladung, nach-
dem der Dunkelranm auf 2,5 cm zusammengeschrumpft war.
Während sich nun unschwer Hypothesen ersinnen lassen,
welche diesen £inHuß des Magnetismus während des Ent-
ladungsprozesses erklären, erscheint der Einfluß auf den Ein-
tritt desselben völlig rätselhaft^ wenn, wie die erst besprochenen
Versuche ergaben, eine Uchtlose Strömung vor der Entladung
nicht vorhanden ist Wie soll man sich z. B. deuten, daß ein
Konduktor, welcher auf + 1300 Volt geladen, seine Ladung
dauernd behält, sie sofort verliert, wenn ein schwaches Magnet-
feld erregt wird, dessen Kraftlinien mit denen des elektrischen
Feldes zusammenfallen und daß er in diesem Magnetfeld nicht
einmal eine Ladung bis zu 420 Volt zu behalten vermag?
Man könnte wohl daran denken, daß durch das Magnetfeld
etwa die Struktur des Äthers und damit die dielektrische
Festigkeit geändert wird, indes dem widerspricht die Tatsache,
daß sich der merkwürdige Einfluß des Magnetismus nur dann
geltend macht, wenn die freie Ausbildung des Kathodendun kel-
raumes und des Glimmlichtes durch die GeHißwändo beein-
trächtigt wird.
Man wird also durch diese Ergebnisse dahin gcfllhrt, daß
sich doch vor Eintritt der Entladung unsichtbare Strömungen
vollziehen müssen, worauf unter anderem namentlich auch die
Verzögerungserscheinungen hinweisen.
IV. Influemwirkungen.
Im Hinblick auf diese Bedenken habe ich eine weitere
Reihe von Versuchen ausgeführt, welche bezweckten, dio In-
fluenzwirkungen im Vakuum zu studiereu. Würde z. H. die
Kathode vor der Entladung infolge einer lichtlosen Ent-
ladung mit einer positiven Luftschicht umgeben, so müßte ihre
Influenzwirkung auf einen isolierten Leiter natürlich geringer
oder geradezu gleich Null sein, während die Anode mit vor-
doppelter Kraft wirken müßte, da sie nicht nur direkte In-
fluenzwirkung ausübt, sondern auch indirekt durch Entsendung
einer positiven Luftwolke an das negative Ende des intlueii-
zierten I^eiters. Versuche dieser Art, bei welchen die Sr)iide .V
296 0. Lehmann.
als influenzierter Leiter diente, die Kugel K als elektrischer
Konduktor und das zur Erde abgeleitete Drahtnetz N als
Schutzhülle gegen etwaige Ladungen der Gefäßwände, ergaben
ein durchaus negatiyes Resultat. Die Angaben des mit der
Sonde 8 verbundenen Elektrometers blieben dieselben^ mochte
die Kugel K positiv oder negativ sein und waren hinsichtlich
ihrer Größe bei verschiedenen Abständen von 8 und K un-
gefähr dieselben wie in Luft von gewöhnlicher Dichte, aller-
dings meist merklich kleiner. Die Versuche wurden sowohl in der
Art ausgeführt, daß der konstant geladenen Kugel die Sonde
aus größerer Entfernung genähert wurde oder so, daß sie in
bestimmten Abstand gebracht und dann erst der Kugel Ladung
mitgeteilt wurde, oder auch so, daß sie während der Influenz-
wirkung abgeleitet und der nach Zurückfbhrung in die An-
fangslage oder Entladung nach der Kugel entstehende Aus-
schlag gemessen wurde. Femer wurden auch Kugel und Sonde
vertauscht oder das Netz als influenziereuder Körper gewählt
Auch der Fall wurde untersucht, daß der influenzierten Sonde
schon von Anfang an eine gleichartige oder entgegengesetzte
Ladung mitgeteilt war.
Auf Mitteilung der Resultate im einzelnen muß verzichtet
werden, da sich eine Menge von Komplikationen ergaben, in
erster Linie deshalb, weil beim Verschieben der Sonde durch
Reibung ihrer Glasumhüllung an dem absperrenden Queck-
silber störende Ladungen (zugleich mit Rückstandsbildung) auf-
traten, sodann weil bei der geringen Größe der influenzierten
Kugel kleine Mängel der Isolation von großem Einfluß wurden.
Auch diese Versuche sprechen also gegen die Existenz
lichtloser Ströme vor der Elntladung.
BohluB.
Das tatsächliche Ergebnis der dargelegten Untersuchungen
kann dahin ausgesprochen werden, daß, soweit die Empfind-
lichkeit der benutzten Apparate ein urteil gestattet, bei Er-
höhung der Spannung bis unmittelbar vor Eintritt der leuch-
tenden Entladung auch das unvollkommene Vakuum sich als
vollkommener Isolator erweist, daß keine auch nur schwache,
dauernde, lichtlose Strömung eintritt, auch keine vorüber-
Dat Vakuum als Isolator. 297
gehende, welche etwa zur Bildung eiuer positiven Luft wölke
am die Kathode ftüiren würde. Damit ist aber nicht aus-
geschlossen, daß eine solche Strömung zugleich mit Beginn der
EnUadung eintreten könnte, sowie daß Anhäufung positiv elek-
trischer Luft während der Entladung an der Kathode statt-
fände. Die Versuche sprechen also in dieser Hinsicht weder
gegen die disruptive, noch gegen die elektrolytische Theorie.
Schwer läßt sich aber nach letzterer das weitere Ergebnis
verstehen, daß bei Ableitung der einen Elektrode die Ent-
ladnngsspannung häufig bei positiver und negativer Ladung
der anderen dieselbe ist und nichtsdestoweniger die positiven
und negativen Lichterscheinungen ebenso grundsätzlich von-
einander verschieden sind wie in anderen Fällen; daß sich
an der Anode keine Kanalstrahlen und kein dunkler Raum
von gleicher Art wie an der Kathode zeigen, daß die negativen
Glimmstrahlen sich parallel den magnetischen Kraftlinien stellen,
das positive Glimmlicht dagegen senkrecht zu denselben angeord-
net escheint und dergleichen mehr. ^) Direkt zu widersprechen
scheint der Theorie auch die Abnahme der Dicke des Dunkel-
raomes mit wachsender Frequenz bei Wechselströmen und die
geringe Verschiedenheit bei Ausbildung des Dunkelraumes an
metallischen Elektroden und an Glaswänden. Da die Theorie
die Entstehung des Dunkelraumes dadurch erklärt, daß derselbe
von den Ionen (entsprechend der geradlinigen Fortpflanzung
der Eoithodenstrahlen) frei durchlaufen wird, also wohl sehr
viel weniger Gas enthält als der übrige Elntladungsraum, so
habe ich versucht, diese hypothetischen Dichtigkeitsänderungen
der Gasmasse dadurch nachzuweisen, daß ich das eine von
zwei hoch evakuierten großen elektrischen Eiern von Strom
dorchfliefien ließ und dann plötzlich auch durch das andere
1) Derselbe Unterschied der Lichterscheinungen zeigt sich in freier
Luft bei der Glimmentladung an einer Spitze gegen eine weit abstehende
große sur Erde abgeleitete Platte, wobei nicht der Einwand erhoben
werden kann, daß nur f&r einen kurzen Moment die Verschiedenheit be-
steht and dann in Folge der wachsenden Zahl von Ionen die weiten*
lonenbildung nur noch an der Kathode erfolgt. Allerdings ist hier die
pontiTe Spannong erheblich größer als die negative, doch zeigt sich
in der Beschaffenheit der positiven Lichterscheinungen auch nicht eine
Annihening an die der negativen.
298 0. Lehmann, Das Vakuum ah Isolator.
Strom leitete. Bei der großen Empfindlichkeit der Entladungen
gegen geringe Druckänderungen bei hohem Vakuum hätte sich
die Verdrängung des Oases aus dem zweiten EH durch den
mehr als die Hälfte des Inhalts einnehmenden Dunkelraum
deutlich bemerkbar machen müssen. Dies war indes nicht
der Fall.
Karlsruhe, 29. August 1903.
(Eingegangen 31. August 1908.)
Zusätze bei der Korrektur,
1. Während des Druckes erschien in der physikalischen Zeitschrift 4.
p. 811 eine Abhandlung von Lech er (vom 12. Oktober), welche die
Seite 288 dargelegte Auffassung über das Wesen der vermeintlichen
Ringentladung bestätigt (Vgl. auch 0. Lehmann, Wied. Ann. 47. p. 483.
1892; Elektrizität und Licht p. 299. Braunschweig 1895; Elektrische
Lichterscheinungen p. 49. Halle 1898; Elektrische Entladungen in
Meyers Konversationslexikon. 6. Aufl. 1903.)
2. Während des Druckes veröffentlichte G. C. Schmidt (Ann. d.
Phys. 12. p. 622. 1903) eine Abänderung der elektroly tischen Theorie,
auf welche das Seite 297 Gesagte nur zum Teil zutrifft. Gegenftber der
bisherigen (vgl. J. Stark, Die Elektrizität in Gasen, Leipzig 1902) hat
die neue Theorie den Nachteil, daß sie im Wesentlichen nur den großen
Widerstand des Kathodendunkelraumes (durch Mangel an Ionen) erklärt
Ein Vergleich des genannten Werkes mit meinem Buche über Ent-
ladungen und den ergänzenden Abhandlungen in Wied. Ann. 63. p. 285.
1897; Ann. d. Phys. 6. p. 661. 1901; 7. p. 1. 1902 u. Verh. d. Karls-
ruher Nat-Ver. 15. p. 33. 1902 läßt übrigens erkennen, daß auch die
firühere elektrolytische Theorie noch keineswegs auf alle Erscheinungen
angewendet wurde.
299
39. Ober sogenannte Heiligenscheine nnd andere
gleichen Ursachen entspringende Erscheinungen.
Von A. V. Obermayer id Wien.
Im Jabelbande der Poggendor ff sehen Annalen definiert
EX Lommel in einer Abhandlung: ,,Über den Lichtschein um
den Schatten des Kopfes'' die bezügliche Erscheinung mit den
folgenden Worten: ,,Wenn man bei hellem Sonnenscheine seinen
Schatten im Grase, auf einem Getreide- oder Stoppelfelde, auf ge-
ackertem Erdreiche, überhaupt auf rauher Fläche betrachtet, so
sieht man, besonders deutlich bei niedrigem Stande der Sonne,
den Schatten des Kopfes umgeben von einem schwachen Licht-
scheine, welcher sich gewöhnlich über dem Scheitel weiter er-
streckt als zu beiden Seiten. Diese Erscheinung, welche
Heiligenschein genannt worden ist, verschwindet, wenn der
Schatten eine ganz ebene Fläche trifft. Einen sehr hellen
Lichtschein beobachtet man, wenn der Kopfschatten auf be-
tautes Gras ftUt Jeder Beobachter sieht nur seinen eigenen
Schatten mit dieser Glorie geschmückt, nicht aber denjenigen
seiner Begleiter. Hieraus folgt, daß man es mit zwei ver-
schiedenen Erscheinungen zu tun hat, nämlich erstens mit dem
schwachen Lichtscheine auf trockenen, rauhen Flächen, und
zweitens mit dem viel helleren, welcher auf betauten Wiesen
wahrgenommen wird und als Wirkung der Tautropfen zu der
Torigen hinzukommt.'* ^)
Mqor Ton Winterfeld zu Niden in der Uckermark ^ hat
1) Alle FUle, bei welchen um den Schmtten des Kopfes, wie beim
■ogenannten Brockengespenst, farbige Ringe auftreten, sind nicht als
HeÜigenscheine sa beieichnen. So z. h. sind in einer Ablaiidlung von
Tait: Glories Haloes Coronae seen from Ben Nevis Observator}-. Pro-
oeedingi of the Royal Soc. of Edinburgh 14. p. 314 u. ff. mit Plate XII.
bis auf Fig. 8, durchwegs Beugungserscheinungen angeführt und iiidit
Heiligenscheine, wie nach dem Titel des Referates in den Beiblättern 16.
8. ISS SU Tennuten wAre.
2) V. Winterfeld, Gilberts Ann. IS. p. hl. lso4.
300 Ä. V. Obermayer.
sich^ anknüpfend an den Aufsatz eines Beisenden im Deutschen
Merkur vom März 1783, mit dieser Erscheinung beschäftigt,
yerschiedene von anderen versuchte Erklärungen angeführt und
endlich selbst eine Erklärung gegeben, welcher Lommel zu-
stimmte, welcher aber von Brandes ^) entgegengetreten wurde.
In allen den vorUegenden Publikationen ist nur der lichte
Schein um den Schatten des Kopfes erwähnt. Tatsächlich tritt
aber dieser lichte Schein stets in Begleitung eines dunklen Saumes
am inneren Schattenrande auf, und dieser gehört ebenso zum
Wesen der Erscheinung, wie der erstere. Auf betauten Wiesen
kommt der durch die Tautropfen gebildete lichte Schein, wo-
für Lommel eine sehr zutreffende Erklärung gegeben hat, hinzu.
Das Auftreten des lichten und dunklen Saumes an der
Schattengrenze ist indessen, wie eine einfache Beobachtung bei
gutem Sonnenschein lehrt, nicht an die Rauhigkeit der Fläche
gebunden. Man sieht diese Säume auch auf ganz ebenen
Böden, auf Asphaltböden, ja selbst auf Papierflächen, und zwar
bei jedem Stande der Sonne, auch zur Mittagszeit Diese
Säume umziehen nicht nur die Kontur des eigenen Schattens,
sondern auch jene des Schattens eines Begleiters, sie lassen
sich an den Schatten von Hauskanten oder anderer feststehen-
der Gegenstände verfolgen. Bei längere Zeit fortgesetzter Be-
trachtung der Schattengrenze werden diese Säume deutlicher,
und insbesondere scheint sich der helle Saum mit der Dauer
der Beobachtung zu verbreitem.
Auch die scharf begrenzten Schatten, welche das elektrische
Bogenlicht auf Wandäächen erzeugt, zeigen diese Säume in
Gestalt feiner, die Kontur begleitender Linien.
Geradezu überraschend treten solche Säume längs der
Kontur eines Gebirgszuges nach Sonnenuntergang auf. Der
lichte Saum ist am deutlichsten dort ausgeprägt, wo die Sonne
hinter dem Gebirge verschwand. Der dunkle Saum zieht sich
breit zu beiden Seiten, fast merkbarer als der begleitende
lichte Saum hin; das tiefe Schwarzblau desselben hebt sich
vom dunklen Blau der Berge deutlich ab. Minder schön, aber
auch deutlich sichtbar sind diese Säume an Dach- und Häuser-
1) Brandes, Gilberts Ann. 19. S. 366, und Gehler, Phys. Wörter-
buch 5. p. 439.
Heiligenscheine und venoamlte Erschehiungeiu 301
kanten, insbesondere wenn dieselben längere gerade Linien
bilden.
Endlich sieht man die Konturen fett gedruckter schwarzer
Bachstaben oder dicker schwarzer Striche auf lichtem Grunde
▼on diesen Säumen eingefaßt, besonders deutlich bei schlechter
Akkommodation des Auges und starker Belichtung.
In dem letzteren Fall kann man sich durch Abdecken des
Randes sofort überzeugen, daß es sich um eine subjektive Er-
scheinung handelt. Schiebt man ein schwarzes Papier von der
hellen Seite, mit der Kante parallel zum Saume, ein, so daß
der helle Rand gerade verdeckt wird, so verschwindet der
dunkle Saum längs der Papierkante, bleibt aber am nicht ab-
gedeckten Rande bestehen.
U. Seeliger') in München findet in einer naturgetreuen
zeichnerischen Darstellung des teilweise verfinsterten Mondes
von L. Weinek ein dunkles Band in der Nähe der Trennungs-
linie, welches sich durch Abdecken als subjektiv erweist.
Im vorigen Sommer habe ich mit einem Stcreoskoj)-
apparate den Schatten desselben und des bedienenden Beob-
achters auf betautem Grase aufgenommen. Die Säume um-
ziehen die Konturen der Schatten des Apparates und des
Beobachters, sie sind subjektiv. Der vom Tau herrührende
Schein umgibt bloß den Schatten des Apparates, nicht jenen
des Beobachters, er ist eine Reflexerscheinung der Sonne in
den Tautropfen.
Ich habe im E der sehen Jahrbuche ttlr 1900 angeführt,
daß die in Rede stehende Erscheinung die Folge eines von
£. Mach^ mittels rotierender Scheiben nachgewiesenen physio-
logischen Gesetzes sei, welches dieser Forscher in folgender
Form ausgesprochen hat:
überall dort, wo die lAchtkurve einen Knick hat, rrschcint
die Stelle heller oder dunkler als die Umgebung. Heller ist die
SieHOf wenn die Knickung gegen die Abszissenachse konkav, dunkler,
wenn die Knickung gegen die Abszissenachse konvex ist.
1) H. Seeliger, Abhandl. d. k^;!. bayr. Akad. d. Wisscnscli. in
Manchen. IL Kl. 19. II. Abt. p. :tos.
2) E. Mach, Sitzungabcr. d. k. Akad. d. Wis^senscli. in Wien '»2*
p. 303. 1866.
302 A, V, Obermayer.
Mach bat für die Stärke e der subjektiyen Empfindung,
welche hier der simultanen Kontrastwirkung entspringt, bei
einer Beliohtungsintensität i den folgenden Ausdruck angegeben:
tf = alog\^ ±k
worin a und b die sogenannten Fe ebner sehen Eonstanten,
k eine von Mach hinzugefügte Konstante ist. Das obere
Zeichen ist bei konkaver Krümmung, das untere bei konvexer
Krümmung zu nehmen. Hiemach ist der zweite Differential-
quotient der Belichtungsintensität nach der Koordinate für die
Stärke der subjektiven Empfindung an der betreffenden Stelle
entscheidend. Zu demselben Resultate gelangte, von Mach ganz
unabhängig, H. Seeliger ^) in seinen Untersuchungen über die
Vergrößerung des Erdschattens bei Mondfinsternissen, welche
hiemach ein physiologisches Phänomen ist
Da die Lichtkurve beim Übergänge vom Kernschatten
zum Halbschatten konvex, und bei jenem vom Halbschatten
zur vollbeleuchteten Fläche konkav ist, treten an diesen Stellen
beziehungsweise dunkle und lichte Säume auf. Die Lehre vom
Schatten wäre zwechmäßigerweise in diesem Sinne zu ergänzen.
An der Schattenerscheinung eines von einer Gasflamme
beleuchteten Lineals, welches gegen einen weißen Grund schief
gestellt ist, lassen sich diese Säume aufzeigen. Sie lassen sich
selbstverständlich fixieren, wenn der Schatten auf eine photo-
graphische Platte geworfen wird.*)
Auch Seeliger hat (1. c. p. 398) auf diese Säume an der
Grenze von Kern- und Halbschatten hingewiesen, und die so-
genannten F cm m sehen Streifen, die bei Versuchen, die
Röntgenstrahlen zu beugen, erhalten wurden, gehören hierher.
Das Auftreten der Säume an der Kontur breiter dunkler
Striche (Fig. 1) auf hellem Gmnde ist eine Folge der Lra-
diation, die selbst bei genauester Akkommodation zufolge der
Farbenzerstreuung und des Astigmatismus des Auges eintritt
und durch Zerstreuungskreise auf der Netzhaut entsteht Das
1) H. Seeliger, Abhandl. d. kgl. bayr. Akad. d. Wissensch. in
München, ü. Kl. 19. II. Abt p. 397.
2) J. M. Edera Jahrbuch 1900. p. 146. Fig. 38.
Ileäiffetucheine itnd vtnrantlle Srtrhrintauirn
303
Licht breitet sich dabei vod der bellen Fläche aber deu
danklen Grund ans, während dns Dunkle sieb über den Rand
in das Helle hinein verbreitert Statt einer Lichtknire adch
(Fig. 2]. welche senkrecht zain Rande c der hellen bläcbe ntc
abfallt, erhält man eine Kurve ofb'), die ia der Nähe Ton n,
konkav gebogen, zu einem hellen Streifen, in der Nähe Ton b,
konvex gebogen, zu einem dunklen Streifen Veranlassung gibt
Bei usTollkommener Akkommodation, wie dieselbe bei groBer
Fig. 1.
Fig. 2.
Annäherung des Auges eintritt, erscheint der Rand verwaschen
und wie der Halbschatten von den beiden Säumen eingefaßt.
Große Helligkeit der Beleuchtung ist der Erscheiming günstig.
Im Gderachca Jabrbuche 1900 habe ich nachgewiesen,
daß die lichten Säume um die positiven Bilder dunklur Gegen-
stände anf hellem Hintergrunde, die mitunter als niechanische
Halation, von den Franzosen als Silhouettage bezeichnet wer-
den, subjektive und keine Eutwickelungserscheinungen sind.
Besonders deutlich erhielt ich die Silhouettage bei der Auf-
nahme von Personen, die gut erleuchtet waren, mit Nebel als
Hintergrund, auf dem Hohen Sonnblick. Es ist nicht un-
möglich, daß unter solchen Umständen auch um den Kopf
einer Person ein solcher lichter Schein gesehen werden kann. In
der Literatur konnte ich hierüber nur eine Bemerkung in einem
Konversationslexikon ohne Quellenangabe finden, worin unter
dem Stichwort „Heiligenschein" eine solche Erscheinung mit
der Bemerkung erwähnt wird, daß dieselbe subjektiver Natur sei.
Zum Schlüsse möchte ich noch darauf hinweisen, daß das
Auge zufolge der Kontrastwirkung bei vielen andern Gelegen-
heiten die Helligkeit unrichtig schätzt. So erscheint ') der
I) H.
mholtE, Physiologisclie Optik ^ i:i. p.
ri Jahrbuch p. 20&. IMI.
804 Ä, V, Obermayer, Heiligenscheine etc.
von schwarzen Strichen durchzogene Schatten einer Stricknadel,
welche von einer parallelen Spalte beleuchtet ist, beiderseits
von sehr hellen Säumen umgeben, die gegen die außerhalb
verlaufenden Beugungsfransen an Helligkeit zuzunehmen schei-
nen. Durch Abdecken der Fransen in einem Positiv der photo-
graphierten Erscheinung verschwindet die Abtönung und macht
einer gleichförmigen Erleuchtung Platz. Ich habe die Positive
von Kollodiumnegativen abgenommen, welche ich im Jahre 1868
im physikalischen Institute der Wiener Universität unter der
Direktion Stefans aufnahm, als Ludwig Boltzmann dort
Assistent war, und welche ich als ein Andenken an jene Zeit
aufbewahrt habe.
(Eingegangen 31. August 1908.)
305
40. De Terandering van de grootheid h der toestands-
yergeiyking als qnasi-yerkleining yan het moleknnl.
Door J. D. van der Waala in Amsterdam.
In het yerslag der koninklijke Akademie van Amsterdam
heb ik in een mededeeling, getiteld: y^De vloeistoftoestand en
de toestandsvergelijking'' (Juni 1903), trachten aan te toonen,
dat de groote yerschillen, die tasschen experiment en theorie
bestaan in den gang der isothermen van een stof^ grootendeels
wegrallen als men de grootheid b met het volume yariabel
stelt Ik heb daarin doen opmerken dat men die verkleining
Tan b met kleiner-wordend volume op tweeerlei wijzen zou
kunnen opvatten, n. 1. 1^ als een werkelijke yolume-yermin-
deringy door samendrukking ten gevolge van de botsiogen met
de omringende molekulen en 2^ als een quasi-verkleining door
het elkander bedekken der afstandssferen. Daar ik in de
genoemde mededeeling voomameUjk ben uitgegaan van het
denkbeeld eener reeele verkleining, zal ik in deze körte mede-
deeling als tegenhanger uitgaan van het denkbeeld eener
quasi-verkleining.
Voorloopig schijnt het mij niet mogelijk te bcsUssen, welke
der tweeerlei beschouwings wijzen voor de oorzaak dczer varia-
biliteit van b de wäre is. Misschien werken zij beide sanien.
Een nauwkeurig experimenteel onderzoek van een ö^n-atoniige
stof zal hierover voorzeker veel licht kunnen doen opgaan.
yoomamel\jk door de onderzoekingen van Boltzmann
Bchynt het zeker dat zulk een quasi-verkleining bestaat. Ik
schreef daarover in bovengenoemde mededeeling een enkel
woord, dat ik mij veroorloof hier aan te halcn.
,3oltzmann zieh in zijn Vorlesungen baseerende o]) de
onderstelling dat de toestand van evenwicht, dus van maximum-
entropie, samenvalt met den waarschijnlijksten toestand, heeft
Ȇ moeten in acht nemen de kans van samenvallon van
-FMrtMhrift. *2ü
306 J. B. van der Waali.
de afstandssferen: en door de uitdrukkisg welke h\j voor de
maxünnm-entropie op deze wijze vond te yergel\jken met
(de entropie in den evenwichtstoestand yolgens de toestands-
yergelijking) was hij in Staat gesteld de waarden te bepalen
yan enkele coefGci^nten in de uitdrukking:
*=*.{! -«(4'-) +/^B'TH-
Deze metbode is een indirekte. Ik zelf bad beproefd
deze coefficienteu te bepalen door recbtstreeks den inyloed
yan bet samenyallen der afstandssferen op de grootte yan den
druk na te gaan. De waarden der coefficienten, welke yolgens
deze twee yerscbillende metboden geyonden werden, yer-
scbilden. Later beeft mijn zoon ^) aangetoond, dat ook yolgens
de recbtstreekscbe metbode de waarde yan a, als men den
inyloed op den druk anders opyat, dan ik gcdaan bad, gelijk
aan die yan Boltzmann geyonden wordt. En sedert ben ik
geneigd de coefficienten yolgens Boltzmann's berekening als
juist aan te nemen."
Nu is mijn doel in de yolgende bladzijden aan de eigen-
scbappen yan bet kritiscb punt de waarde der grootbeden
cc en ß door berekening te ontleenen. Voor zooyer dit namelijk
mogelijk is.
Voor zcer groote waarden yan r kan men als benadering
stellen:
(1) * = Ä,(l-a^).
De waarde der grootbeden a, ß enz neemt yolgens de
afleiding zeker af en waarscbijnlijk sneL Zoolang mib Iv <^ 1
zuUen wij ons yoor de berekening yan b met weinig termen
kunnen yergenoegen, en als b jv een kleine breuk is, zal dat
aantal zoo beperkt kunnen zijn dat (1) de waarde yan b nauw-
keurig genoeg wedergeeft. Nu weten wij ecbter niet yooraf
boe groot h^jv yoor bet kritiscb punt is, en wij zijn dus
ook niet zener dat als wij deze waarde yan h aannemen, de
1) J. D. yan der Waals Jr., Verslag Kon. Akad. yan Weten-
Bchappen 11. p. 640. 1902.
De verandering van de ffrootheid b. 807
waarde van u uit de eigenschappen van dat punt bcrekciid^
dicht genoeg bij de wäre waarde liggen zal. En strikt ge-
nomen zal de aldus berekende waarde het niet tot voUedige
bealisBiBg kannen brengen of bijvoorbeeld a = 3/8 is^ zooals
uit Boltzmann's berekening volgt of gelijk aan ^^/j,, zooals
oit mijn berekeningen yolgde. Dit zou evenmin het geval zijn,
als wij meer termen in de reeks yoor b behouden haddcn.
Daar de opTolgende termen echter afwisselend positief en
negatief zijn laat het zieh verwachten dat de wäre waarde
▼an a zal liggen tusschen die^ welke men door berekening
Tindt, als men een vorm voor b aanneemt^ waarin allecn a voor-
komt, en een waarin a en ß beide yoorkomen.
Stellen w\j dus eerst:
dan is
en
«fb „ ( b,\i
Daar in het kritisch punt
gelqk 0 zijn, heeft men de drie yergemkiugen
- ^_^ «_ *
A_ _\ dv2_2a
en
rfft V — b ""»*
Stelt men b Iv =s x, dan vindt men ter berekening van
M^ (de waarde ran ax^ ^u stellende)
1 + 6 tt - 3 M*
** "" 3-1«
20'
808 J. D. van der Waals.
Wij kunnen een tweede yergelijkmg tusschen x^ en t£
yinden^ als wij de waarde van pv j BT voor het kritisch punt
bekend stellen. Voor vele stofifen is de waarde yan dat produkt
circa 0,275 = \l gevonden. Voorloopig stellen wij ze voor
door het teeken k, Wij hebben dan:
. V a
r - 6 2 \v " b) \ dv)
Hieruit volgt de yergelijking:
2 *(1 - Xjfc + ti)* = 1 - 2 x^ + 3 tt,
welke met
**"■ s-t*
dienen kan om x^ en u te berekencn.
Een stel waarden, n. 1. 2£ = 1 en x, = 2 yoldoet aan beide
yergelijkingen, maar yoor x = 2 is de yoor b gekozen appro-
ximatieye waarde zeker niet meer als een benadering te be-
schouwen. Dit stel van waarden moet dus yerworpen worden.^)
Van het stel dat overblijft levert de yergelijking:
8Ä(1 -w)» = (3-ti) (1 -3ti)
de waarde yoor u,
Deze waarde hangt dus yan de grootheid h af. Mocht
A = 8/8 zijn, dan is u = 0. Dit is de bekende waarde yan
(pv I RT)^ als b invariabel genomen wordt, Voor u == 0,2
wordt de waarde yan h gelijk aan 0,2785; dus zoo dicht bij
de waameming dat wij deze waarde yan u = 0,2 als juist
kunnen aannemen; was u = 0 dan zou x^ = Ys ^\J^ gevonden.
Met u = 0,2 vinden wij
x^ == 0,748.
1) Dit stel beantwoordt aan
r = 0 en ,— = 1 .
dv
Dß verandering van de ffrootheid b, 809
Dit u ^ axj^ ^Qfi vinden wij xian a = 0,361, dus zeer
dicht bij de door Boltzmann berekcnde waarde van 3/8.^)
Mit deze waarde van
x^ = 0,743 en u^ax^^ 0,2,
Tinden wij
(-H = 0,548, Ä2; = 0,283-J = -''gl--£-
en
p, - 0,04203 . ». = ^3^- l .
Voor bj^ Tinden w\j dan:
, AT» 0,042 ^ . . Ä 7»
** = — - Äö^ öf Circa Ä. =5 - * .
* p» 0,283 * Ipt
Hadden wij b niet yariabel gesteld dan geldt voor b de
waarde RT^j^p^, Maar is b inderdaad variabel, dan is de
uit RT^jlb^ berekende waarde niet de waarde van b , dus
de waarde van b yoor zeer verdunde gassen. Deze kan dan
berekend worden nit
**-= 1~ÄX^ = 0,731.
Miasohien ligt hierin eeu yingerwijzing voor de verklaring van
hat meermalen ppgemerkte, dat de a en 6 uit de kritische
grootheden berekend niet volkomen aau de samendrukbaarheid
der gassen beantwoorden.
AI het bovenstaande zou eveuzeer gelden als a en & tem-
peratuurfunctiSn zouden zijn. Om te zien in hoever het
noodig is ze afhankelijk van de temperatuur te stellen, makeu
wq gebmik van het kenmerk, dat bij de kritische temperatuur
de waarde van dpjdT voor de verzadigde dampen gelijk is
[dpIdT)^ Wij vinden voor {ßpjdT\ de waarde:
en dos
Tdp __BT 9
11 r t
BT (db \ _ '^ (^^\
pdT p9 V — b p
1) SS« o. a. AzeL NtorL Ser. II. 8. p. 285.
310 /. J9. van der fFaaU,
Sclirijven wij voor deze laatste vergelijking:
T dp _ i
+ d.
p dT k V - b
Wij kunnen nu nagaan of .
,T dp
^Jd~f
grooter of kleiner is dan (v / 1> — b)j^. Volgens de hierboven
gegeyen waarde van
(9. = 0,543, is (-^) = 2,188.
Met k = 0,2735, zou als J gelijk 0 was de waarde van
T dp
p dT
gelijk aan 8 gevonden worden. Stellen wij dat het experiment
daarvoor de waarde 7 heeft geleverd, dan moet dus J negatief
zijn; wat als a niet van T afhangt voor [db fd 1\ een negatieve
waarde zou eischen. Is b niet van T afhankelijk, iets wat
volgens het denkbecld van quasi-verkleining te wachten is, dan
zou a met T moeten toenemen. En dit laatste is zeker zeer
onwaarschijnlijk en tegen ieders verwachting. Deze moeielijkheid
blijft bestaan ook als men voor b een meer benaderde waarde
aanneemt dan hierboven geschied is.
Stellen wij nu:
h-6
dan is
1
1 - — = 1 -x + ÄX«-/Sx3
-^ = ax2-.2/9x»
dv ^
dv* ^
Dan wordt de vergelijking, welke ter bepaling van het kritisch
volume dient, de volgende:
3x - 1 - 5ax2 + Ißx^ = (2crx2- 6/9 x»)^^^" '*'"/,''* .
' ^ * ' 1 - aie* -h 2/?x*
iJe veranderinff van de f/rootheid 6. 311
Voor {pv I XI\^ k vindt men dan:
2*(1 -x + ax*-/?;r»)»= 1 -2x + 3ax»- 4/Sx^
Nemen wy weder ax^ ^ u, en stellen wij ßx^ = w, dan
können wij deze twee vergelijkingen de volgcnde gedaaute
geven:
(1 - lltg - 8tr*) + u(e + 9w) - 8««
* 3-1*
en
2*(1 -Xj + tt-ii7)2=.(l _4ii7 + 3tt-2x^).
Wij kunnen nu rekenen drie onbekendcn te hebben, n. 1.
Xj^, H en tr. Deze twee vergelijkingen ziju dus niet voldoende
om ze te berekenen. Wij zouden uit de door het experiment
geleverde waarde van
T dp
p äT
een derde vergelijking kunnen bijvoegeu. Maar alleeu als
wy a en 6 van T onafhankelijk zoaden mögen stellen. En
daar wy daarvan niet zeker zijn, zollen wij deze denle ver-
gelijking moeten ontberen. Wij zuUen dan ook voorloopig ir
als bekend aannemen. Er is weder een stel van waarden van
j^ en »9 dat aan beide vergelijkingen voldoet, maar verwerten
moet worden, n. L
M a 1 + 2to en Xj = 2 + tr.
Na eliminatie van dat stel, vindt men ter berekening van ?/ :
S"'^" (1 - M + 2fr)*
Voor kleine waarden van w, en die moeten wij aannemen,
neemt by de zelfde waarde van k, de grootheid u met w toe.
Wq zollen dos ic iets grooter dan vroeger moeten vinden.
Voor t0 a 0,01 wordt:
0,8892 + 6,09 K - 3u>
'3 (1,02 "üf "" '
312 «7. J9. van der Waals. De verandering van de grooiheid b,
Aan deze vergelijking voldoet voor dezelfde waarde van
k van vroeger u =s 0,23 en daaruit volgt Xj^ = 0,77, en a = 0,38.
Berekenden wij uit to == 0,01 de waarde van ß, dan zouden
wy slechts circa Ys ^^ V4 ^^^den van de theoretische waarde.
Dat wij minder moeten vinden, is uit het weglaten van nog
verwaarloosde termen in de waarde van b vooraf af te leiden.
Voor de waarde van (» / o — Ä)^ vinden wij een nog iets grootere
waarde dan vroeger n. 1.
i =2,22.
Zouden wij dit op koolzuur mögen toepassen dan vinden
wij met Vj = 0,0042, bj^ = 0,0023. Maar deze waarde van b
is dan zeer veel kleiner dan b , welke volgens de hierboven
gevonden betrekking, ^j^/ä =0,731, circa 0,00315 zou be-
dragen.
(Eingegangen 9. September 1908.)
313
41. Über die Verteilung einer nicht dissoziierenden
Substanz zwischen zwei Lösungsmitteln.
Von O. Jäger iu Wien.
In der Abhandlung: ,^J9i> Hypothese varCt Hoffs über den
osmotischen Druck vom Standpunkte der kinetischen Gastheorie'^ ^)
hat Herr L. Boltzmann gezeigt, daß sich für den osmotischen
Druck in analoger Weise eine kinetische Theorie geben läßt,
wie f&r den Druck eines Gases. Desgleichen können wir llQr
die Molekeln einer Substanz in flüssiger Lösung das Maxwell-
sehe Ferteüungsgesetz der Geschwindigkeiten voraussetzen, unter
diesen Annahmen wollen wir im folgenden nach der kinetischen
jl%eorie die Verteilung einer nicht dissoziierenden Stibstanz zwischen
zwei ebuxnder berührenden Losungsmitteln geben, welche sich
gegenseitig nur sehr wenig losen.
Wie die Molekeln einer Flüssigkeit aufeinander Anziehungs-
kräfte ausüben, durch welche allein deren Zusammenhalt vor-
steUbar wird, so müssen auch zwischen den Molekeln des
Lösungsmittels und der gelösten Substanz Anziehungskräfte
bestehen, da sich letztere sonst aus der Flüssigkeit vollständig
verflüchtigen würde. Ln Linem des Lösungsmittels halten sich
diese Kräfte nach allen Richtungen des Raumes im Gleich-
gewicht Die Molekeln der gelösten Substanz bewegen sich
also gerade so, als würden auf sie gar keine Kräfte wirken.
An der Oberfläche der Lösung hingegen erfährt die gelöste
Substanz einen Zug gegen das Innere. Um eine Molekel der
gelösten Substanz aus der Lösung zu entfernen, ist daher ein
bestimmter Arbeitsaufwand nötig, welcher der Verdampfungs-
wärme analog ist, die notwendig ist, um eine Flüssigkeitsmolekel
in Dampf zu verwandeln. Bringen wir eine Molekel der ge-
lösten Substanz in die Lösung, so wird die entsprechende
wiedergewonnen.
1) Zeitsehr. f. phjs. Chem. 6. p. 474. 1890. Nachtrag 1. c. 7.
p. 88. 1891.
814 G. Jäger.
Grenzen zwei Lösungsmittel, die sich nur wenig mischen,
aneinander, so können die Molekeln der gelösten Substanz
nach beiden Richtungen die Trennungsfläche durchsetzen. Im
allgemeinen wird dabei nach der einen Richtung eine Arbeit
aufgewendet werden mtlssen, die in entgegengesetzter immer
wieder gewonnen wird.
Wir denken uns eine horizontale Trennungsfläche. Es wird
dann zwischen den beiden Lösungen Gleichgewicht herrschen,
wenn in der Zeiteinheit durch die Einheit der Trennungsfläche
gleichviel Molekeln der gelösten Substanz von oben nach unten
und von unten nach oben wandern. Von der gelösten Substanz,
auf die sich im weiteren alle Angaben beziehen, seien in der
Yolumeneinheit der unteren Lösung N Molekeln, in jener der
oberen N' vorhanden. Die Zahl der Molekeln, welche in der
Zeiteinheit durch die Flächeneinheit von oben nach unten
passieren können, ist dann
(D '^,
wobei ü den Mittelwert der positiven Geschwindigkeitskompo-
nenten der Molekeln senkrecht zur Trennungsebene vorstellt.
In entgegengesetzter Richtung wandern entsprechend
oo
•Ja
ue du =s — -
2yn
(II) al/S"/ "'^ ^^ 2Vn ^
ma*
2a
m
Molekeln.^) Wir akzeptieren also das Mazwellsche Ver-
teilungsgesetz der G«sch¥rindigkeiten und bezeichnen mit a jene
Arbeit, welche zur Überwindung der Molekularkräfte notwendig
ist, wenn eine Molekel durch die Trennungsebene von unten
nach oben geht
Für das Gleichge¥richt muß nun I = II, d. h.
2a
(^) N' = Ne -"•
sein, da a = aj^n ist.
1) Vgl. z. B. G. Jäger, Add. d. Phys. 11. p. 1073 ff. 1908.
Loslichheü in einamler berührenden Flüssigkeiten, 315
Setzen wir
2a rJ ,.
80 haben ym anter r die Differenz der Lösungswärmen in den
beiden verschiedenen Lösungsmitteln zu verstehen^ wenn die
Lösungen so verdünnt sind, daß bei weiterer Verdünnung keine
Wärmetönung mehr stattfindet. J ist das mechanische Wärme-
äquivalent, R die Gaskonstante.
Aus (1) erhalten wir
(2) -^«eÄr
Unter der Voraussetzung entsprechend verdünnter Lösungen
ist r von der Konzentration unabhängig. Es ist daher bei
konstanter Temperatur T e***^/^^ eine von der Konzentration
der Lösung unabhängige Größe, und wir erhalten den Xernst^
sehen SatZj daß für nicht dissoziierende Substanzen das Ver^
häUnis der Konzentrationen in den beiden Lösungsmitteln unab^
hängig von der Menge der gelösten Substanz ist. Gleichzeitig
erfahren wir, in welcher Weise sich dieses Verhältnis mit der
Temperatur ändert, vorausgesetzt, daß die Lösungswärmen als
Funktionen der Temperatur bekannt sind. Wir erkennen uuch,
daß der Satz, wie es tatsächlich der Fall ist, nur für ver-
dünnte Lösungen gilt
1) L c. p. lOSO.
(Eingegangen 10. September 1V)03.)
316
42. Über die spezifische Wärme im flüssigen Zustande
bei niedrigen Temperataren.
Von J. J. van Laar in Amsterdam.
Bekanntlich hat Prof. van der Waals^), ausgehend von
der Theorie der zyklischen Bewegung, einen Ausdruck her-
geleitet, welcher bei zusammengesetzten Molekülen die Ver-
änderlichkeit der Größe b seiner Zustandsgieichung mit dem
Volumen angibt Beschränken wir uns auf den Fall zweU
atomiger Moleküle, so ergab sich für die ^^Zustandsgleichung des
Moleküls":
wo die Größe b^ das Volumen des Moleküls ist, wenn die
beiden Atome sich bei ihrer Bewegung einander so nah wie
möglich gekommen sind. Dabei wurde vorausgesetzt, daß die
Atome sich in der Richtung ihrer Verbindungslinie — also
radial — hin und her bewegen, und nicht, daß dieselben sich
in kreisender Bewegung, wie die einzelnen Sterne eines Doppel-
stemes z. B., um einander herum bewegen.
Dieser Umstand ist wichtig, denn er führt zu dem Er-
gebnis, daß die kinetische Energie der Atome L^ das Drittel
ist von derjenigen der Moleküle L^, und das spiegelt sich
wiederum ab in dem Ausdruck für die Entropie, für welche
(bis auf eine Konstante) gefunden wird:
fl = Ä[log [v - b)TI* + log [b - b,)ri*i
sodaß der Exponent von T im zweiten logarithmischen Gliede
nicht ^/j, sondern ^2 ^rd.
Man findet dann weiter für die spezifische Wärme bei
konstantem Volumen aus (7^= T[drjldT)^:
1)J. D. van derWaals, Versl. Kon. Akad. van Wetenschappen,
Amsterdam, März, April und Mai 1901; Arch. Ne^rl. (Livre jabUaire
offert k J. BoBscha), p. 47 ff.
8pex. Warme im flüssigen Zustande b. niedr. Temperaturen. 317
(2) C^^BT
1 ldh\ 1 /rf(6-6o)V
v-b\dTj..'^ h-b^y dT ),
Es ist jetzt die Frage inwiefern b and vielleicht auch ^^ ^^^'
/i^aterfanktionen sind.
Setzen wir mit van der Waals den Ausdruck dP^^ldb,
welcher offenbar mit den Kräften zusammenhängt, welche die
Atome im Molekül zusammenhalten, proportional b — b^. Diese
Annahme besagt bei radialer Bewegung der Atome, wodurch
das Molekül die Gestalt eines Doppelzylinders bekommt, daß
die Atomkräfte proportional der Amplitude r — r^^ wirken. Es
wird also gesetzt:
und daher kann statt (1) geschrieben werden:
i
?+",+«(*- *o)
Bei unendlich großem Volumen wird dieses offenbar:
(8) a{b^-b,)'=RT,
so daß — wenn a keine Temperaturfunktion ist, und die
Herleitung der Formel (1) aus der Theorie der zyklischen Be-
wegung fordert, daß P^ keine direkte Temperaturfunktion sei
— die Größe b — b^ notwendig proportional YT sein muß.
Nun denkt sich van der Waals b^ unveränderlich; dann muß
aber b in der angegebenen Weise von 2' abhängig sein. Nach
einer Bemerkung von D. Berthelot liefert jedoch die Er-
Cüirung für das Verhältnis zwischen der Temperatur, wobei
ein Gas in äußerst verdünntem Zustande dem Boyleschen
Gesetze folgt, und der kritischen Temperatur, den Wert 2,93
bis 2,98. Das aber fordert b^ zwischen diesen weit auseinander
liegenden Temperaturen = konstant, welche Annahme theo-
retisch für den Wert dieses Verhältnisses 2,9 liefert. Es kann
somit b keine Temperaturfunktion sein, und es bleibt nichts
anderes übrig, als daß b^ eine solche ist
Bei Wasserstoff, wo ich die neue van der Waals sehe
Gleichung für b an den Ergebnissen der Amagatschen Ver-
Sache prüfte ^)y fand ich denn auch nur dann eine gute Uber-
1) J. D. van der Waals, Versl. Kon. Akad. van Wotenscliappen,
AnsCerdam, April 1903.
318 /. e/. van Lcuir.
eiustimmung, wenn b = konstant ist^ und b^ genau in der
nach (3) geforderten Weise von T abhängig angenommen wird.
Und es ist der Zweck dieses Aufsatzes, noch einen weiteren
Beweis beizubringen, daß in der Tat b^ in dieser Weise von
T abhängt
Daß b^ mit der Temperatur veränderlich ist, und zwar
bei niedrigen Temperaturen größer ist als bei höheren, kann
so gedeutet werden, daß die Atome sich einander bei höherer
Temperatur näher kommen können, als bei niedrigerer.
Bei höheren Temperaturen scheint die größere Geschwindig-
keit der Atome die AtherhüUe stärker zu komprimieren, als
bei niedrigeren Temperaturen. Auch wird vielleicht bei nied-
rigeren Temperaturen diese die Atome umgebende Ätherhülle
dichter sein, als bei hohen Temperatren.
Daß b^ mit der Temperatur veränderlich ist, hat auch
schon van der Waals bei COj gefunden^); und in seiner
letzten Abhandlung^ weist dieser Gelehrte darauf hin, daß die
Tatsache, daß [dpjdT]^ nicht vollkommen konstant ist, diese
Annahme rechtfertigt.
Setzen wir (3) in die Gleichimg (1) ein, so wird dieselbe:
:^ + ^' + ^^(V^](*-*») = ^^'
oder mit
, a RT
/^ + ;« = vitt;
Und das ist die von van der Waals hergeleitete Gleichung,
welche bei zweiatomigen Molekülen die Abhängigkeit der Größe b
von Vy b und b^ angibt Da b^ eine Temperaturf nnktion ist,
so wird auch b von T abhängig sein.
n.
Wir wollen jetzt weiter gehen und den Ausdruck (2) für
C näher betrachten.
V
1) J. D. van der Waals, Arch. Ne^rl. (2) 4. p. 267.
2) J. D. van der Waals, De vloeistoftoestand en de toestands-
vergelijking, Versl. Kon. Akad. van Wetenschappen, Amsterdam, Jali 1903.
Bpez. Warme im flüssigen Zustande b. niedr, Temperaturen. 319
Bei t> = 00 wird
und es wird daher:
(5) ^'- = ^[2 + i;VV
Setzt man nun nach (3):
(3») *,-*« = ]/?2'=l^.
80 wird
T rf(6,_-*o)_,
b,-b^ df ""*'
und ?mr bekommen:
(6) C..«=Ä(2 + i)-|Ä,
in TÖlliger Ubereinstimmang mit der Erfahrung bei zwei-
atomigen Yerdünnten Gasen.
Man sieht hierbei deutlich, daß nur die Annahme, daß
6 — 6^ in der angegebenen Weise von T abhängt, zu dem
richtigen Ergebnis Cp „ qd = 5 führt ^) Nur bleibt dabei un-
entschieden, ob b oder b^ eine Temperaturfunktion ist
Bei sehr kleinen Volumen [FlÜMtigkeüen unweit des Er-
starrungspunktes) nähert sich nach (4) b ^ b^fv ^ b der Ein-
heit» und die Gleichung (2) wird in diesem Falle:
(7) ^.-»-^[2- J,;¥fl-
Und hierin liegt der oben erwähnte weitere Beweis, daß b^
eine Temperaturfunktion sein muß, und nicht b^ Denn wäre
b^ konstant, so wäre auch C^ bei Flüssigkeiten konstant = 4,
während die Erfahrung lehrt, daß C^ unweit des Erstarrungs-
punktes bei zweiatomigen Stoffen etwas größer als 2 x 6 = 1 2 ist
[Wir erinnern daran, daß das Dulong-Neumannsche
Gesetz ftbr den festen Zustand fast genau den Wert 12 fordert]
1) J. D. van der Waals hat bei CO, statt (6^ - b^f die Größe n
propoitiopal Tangenommen, damit die Größe Tj p. dp jdT hei der kritischen
Temperatur mit dem experimentell gefundenen Wert übeinstimme. Dann
aber wird ^p — ^ nnabhiDgig von Ty und es gibt die Formel (2) nicht
■ehr den richtigen Wert für Cv = ao, es wäre denn, daß andere Voraoa-
■eCmigen Aber die Atombewegung gemacht worden.
320 J. J. van Laar.
Nach (Sa) wird nun, wenn b^ = konstant:
(3b) _y^ = |(*^_Ä,),
und daher:
(8) ^.- = ä(2 + +*M-$) = ä(2 + ^).
wenn wir
Og — »0
setzen.
Nun geht für den flüssigen Zustand die Zustandsgieichung
über in
oder da angenähert
;;,[v-b) = RT,
7> 7? 8 a
m
hgip - 6) _ 8 T
p« "" 27 Ti *
Aus (a) geht hervor:
* = *, = (*,-*«)^.
und da nach (4)
1 — »■
somit mit Vernachlässigung höherer Potenzen von z ange-
nähert V — b ^ b — Öq ist, so wird auch
V'-b^(b^-b^)z,
und
v=^b^ + 2(b^^b,)z.
Wir bekommen also:
8 T bg(bg-bo)x
van der Waals nahm nun in seiner letzten, schon oben
zitierten Abhandlung an, daß die Größe b^ im Flüssigkeits-
zustande in der Nähe des Erstarrungspunktes nicht weit von
58 g
ST 2x
^b entfernt ist. Dadurch wird, wenigstens angenähert:
(9)
27 r» (1 +'2«)« ■
Spex. Wärme im füssigen Zustande b. niedr, Temperaturen. 321
H&tte man nicht 1^ = 21^^ sondern allgemein b^ = nb^
gesetzt, 80 wäre statt (9) gekommen:
8 T n(n - 1)«
(9a)
27 Tk (1 + 2(fi-l)*)»*
Nun liegt der Schmelzpunkt T^ hei zweiatomigen Sub-
stanzen in der Nähe von \i T^, Der Wert von z ist alsdann = ^.
Die Relation (8) ergibt nunmehr mit diesem Wert für z:
(10) C,.j = 72(2 + 4J) = 6^5,
in guter Übereinstimmung mit der EIrfahrung.
So wurde bei flüssigem H^ der Wert 2 x 6,4 = 12,8 ge-
funden. Und auch bei flüssiger Luft fand man das nämliche.
Wir weisen nochmals darauf hin, daß nach (7) nur die
Annahme, daß b^ in der durch (3 b) angegebenen Weise von T
abhängt, in Verbindung mit b^ = 2(^Jr»ro und T^ = ^7]^, zu
diesem richtigen Ergebnis führt
Die spezifische Wärme von zweiatomigen Flüssigkeiten
(Assoziation und dergleichen ausgeschlossen) ändert sich somit
bei abnehmender Temperatur und Volumen von + 2^ R bei
der kritischen Temperatur bis zu ± ^\ R in der Nähe des
Erstarrungspunktes.
Wir bemerken noch, daß die Difi^ereuz b ^ b^ wegen der
VergrOßenmg von b^ mit sinkender Temperatur schneller ab-
nimmt, als wenn b^ keine Temperaturfunktion wäre.
Jetzt werden wir den allgemeinen Ausdruck für C^ herleiten.
Wenn wir die Gleichung (4) in der Gestalt
1 ^ 1 _ b --60
v-b b^bo (b," 60)«
nach T differenzieren, so bekommt man:
dT[(v- b)* ^ (6 - 6,)« ^ (6, - 6.)«
dT[[b- *,)«
+
2(6 - 6.) d(b, - 6.)
"^(*,-6.)' ■ dt'
(6, - *o)'J
oder nach Multiplizierang der beiden Glieder mit T(b — b^)*,
und mit Bdckaicht auf (4) und (a):
Die Olaiduing (2) geht dadurch Über in
21
322
J. J. van Laar.
d. h. in
C, = Ä
i^ +
x^ U + ^ji^y + 2* ./• ^y
6-6«
2 - *« + *^
6-6o dr
2 + ^'-=!^
rf(6, - 6o) _ Ij^
6 - 6o dT
Nun ist jedenfalls nach (3 a]:
80 daß ganz allgemein:
(11)
C,= Ä
2 +
1 -1** + ^**
Für » = oo(z = 1) wird dieses C^ = 2\By und bei sehr
kleinen Volumen nähert sich (11] mit Rücksicht auf (3 b) zu
1 -*«
C^R
i** +
wenn wir höhere Potenzen von z vernachlässigen.
Ich weise bei dieser Gelegenheit darauf hin, daß die
Gleichung (4] die Zustandsgieichung eines Körpers bei niedrigen
Temperaturen (in flüssigem Zustande] transformiert in
(p + ^){v-b,) = JiT{2-z'),
80 daß bei z = 0 das zweite Glied = 2IiT wird. Wie schon
van der Waals bemerkte^ kann das so gedeutet werden, daß
die Atome im Molekül sich als einzelne Moleküle verhalten.
Dabei muß jedoch ins Auge gefaßt werden, daß die Größe C^
sich nicht dem Werte 6, wie bei dissoziierten Gasen, nähert;
viel weniger dem Werte 12, wie das Dulong-Petitsche Gesetz
erfordert, sondern wie ¥rir oben sahen, sich dem Werte 4
nähert, wenn dh^fäT ^0, und dem Werte 13, wenn db^fäT
der Beziehung (3 b] gehorcht.
m.
Daß in der Tat die spezifische Wärme im flüssigen Zu-
stande bei dem Erstarrungspunkte immer etwas größer gefanden
Spex. Wärme im flüssigen Zustande b, niedr. Temperaturen. 823
wird als im festen Zustande, geht aus folgenden Beispielen^
welche leicht zu vermehren wären^ genügend hervor.
flnwig
fest
Quecksilber
6,7
6,4
SUber
8,1
6,0 - 8,1
Zinn
7,8
6,7
Blei
8,2
7,0
Brom
8,6
6,7
Schwefel
7,5
5,4
Phosphor
6,4
5,4
Die spezifischen Wärmen sind für 1 Atom berechnet
In der jetzt folgenden Tabelle ist der Quotient T^ j 7]^ bei
mehreren Körpern verzeichnet
Zweiatomige Körper.
7i - 273
r, - 273
^0
Tu
H.
-242«
- 252,5 •
0,54
N,
-146
-209
0,50
ci.
145
-102
0,41
Br,
802
-7
0,46
HCl
52
-114
0,49
NO
- 98,5
-167
0,59
CO
-140
-203
0,52
Wie man sieht, nähert sich das Verhältnis zwischen der Er-
starrangstemperatur und der kritischen Temperatur in der Tat
0^. Nur Ol, ist etwas zu niedrig, NO etwas zu hoch.
Bei drei" und m^Aratomigen Körpern sind die Abweichungen
größer.
1
tk
1
7i
0,56
/*
^0
- 75*
T,
1l
N,0
36*
-100«'
NH,
130,5 0
0,49
00,
81
- 57 ;
0,71
PCI,
285,5
-112
0,2t>
CS,
275
-113 '
0,29
♦AflCl,
356
- 18
0,41
80,
157
- 78
0,45
CH,
-89
-186
0,47
H,0
865
—
0,43
CCl,
284
- 25
0,45
H,8
100
- 89
0,49
CHCl,
260
- 70
0,38
H,8e
187
- 68
0,50
•8iBr,
383
- 14
0,39
SdCU
319
- 33
0,41
Oy,
124
- 34
0,60
21
324
J, «/. van haar.
Besonders CO^, CS^, PCI3 weichen bedeutend ab. AofEallend
ist es jedoch, daß aach bei vielen drei-, vier- und fünfatomigen
Körpern das Verhältnis T^\T^ so oft zwischen 0,4 und 0,5
liegt (Bei ASCI3 und SiBr^ ist T^ nicht durch direkte Be-
obachtung, sondern durch Berechnung gefunden).
Verzeichnen wir noch die folgenden Körper.
7;
U
u
0
NA
171
- 15
0,47
C,H,
11
-175
0,35
•CjH^Br,
365
9
0,44
(C,H,),0
196
-117
0,33
CH, . COOH
322
17
0,49
CeH,
290
4
0,49
C,H,C1
361
- 40
0,37
Auch hier gibt es Körper, welche für das Verhältnis
T^\Ty^ nahezu 0,5 ergeben. (Bei CgH^Br^ ist T^ ¥riederum durch
Berechnung gefunden.)
Nimmt man für J^ und O3 den Wert 0,50 an, so würde
t^ beim Jod, da ^^, = 114®, etwa 500** C. betragen. Für Sauer-
stoff, wo ^^= — 118®, würde der Erstarrungspunkt bei un-
gefähr — 193® C. gefunden werden müssen.
IV.
Wir haben gesehen, daß der Ausdruck (8) für Cp = j den
Wert ^\B liefert, wenn 2 = Ve? ^0 = i^*' unter Annahme
von ^= 2(Ä^)r=ro-
Wäre nun aber die Gleichung (4) noch gültig für Tempe-
raturen unterhalb T^^ wo der Körper in den festen Zustand
übergegangen ist, so würde auch (8) gültig bleiben, und dann
näherte sich C^ bei sehr niedrigen Temperaturen, da r = 0
wird, zu c».
Das widerstreitet jedoch der Eh-fahrung, daß erstens
in dem festen Zustand C^ immer etwas niedriger ist als im
Flüssigkeitszustande, und zweitens, daß C^ bei abnehmender
Temperatur nahezu konstant bleibt, z. B. =2x6 bei zwei-
atomigen festen Körpern. Wohl ist oft eine geringe Abnahme
Spez. Warme im flüssigen Zustande b, niedr, Temperaturen. 325
zu konstatieren y aber niemals eine Zunahme, wie doch die
Formel (8) unbedingt fordern würde. Es sind sogar bedeutende
Abnahmen bekannt^ wie beim Kohlenstoff, Bor, Silizium u. A.,
wo das aber auf eine weitgehende Eomplexbildung bei nied-
rigeren Temperaturen hindeutet^)
Wir kommen also zu der Überzeugung, daß für den festen
Zustand eine ganz andere Zustandsgieichung gilt, als fOr den
flüssigen und gasförmigen Zustand. In der Nähe von T=\Tj^,
wo C^ im flüssigen Zustande dem Werte im festen Zustande
so nahe kommt — wenigstens bei zweiatomigen Körpern
— scheint somit mit der Molekül- und Atombewegung etwas
ganz besonderes zu geschehen. Der ungeordnete Zustand
des flüssig-gasförmigen Aggregatzustandes (geordnet nur in
siaästischem Sinne) geht über in den geordneten Zustand
des kristalUnisch'feBten Aggregatzustandes, im Gregensatz zu
dem fflasaräff'teBten Zustande, welcher als eine (metastabile)
Fortsetzung, nur mit sehr großer Viskosität, des flüssigen Zu-
standes gedacht werden muß.
Wie sich aber die Zustandsgieichung des festen Zustande»
gestaltet, ist eine Frage, auf welche jetzt nicht näher einge-
•
gangen werden kann. Elin klares Bild von der Bewegung der
z. B. zwei) Atome im Molekül, und von der Anordnung und
Bewegung der Moleküle im kristallinischen Körper wird dabei
jeden&lls unerläßlich sein.
1) Auch die Tatsache, daß die spezifische Wärme des Eises för 18 g
sieht B 8 X 6 ■■ 18, sondern nur >■ 9 ist, weist darauf hin, daß das ge-
wdhnliehe, bei 0* G. aas Wasser entstandene Eis wahrscheinlich ganz
ans Doppelmolekfilen besteht
(Eingelangt 12. September 1903).
326
43. Über eine Methode, das spezifische Gewicht sehr
yerdfinnter Losungen zu bestimmen.
Von OuBtav Mie in Greifswald.
1. Das spezifische Gewicht sehr verdünnter wässeriger
Lösungen von Elektrolyten ist sicher eine Größe ^ die man
möglichst genau kennen muß, wenn man die Eigenschaften
der Ionen näher studieren will. Denn aus ihr kann man (bis
auf eine ftir alle Ionen gleiche additive Konstante, die zu-
nächst noch unbekannt bleibt), das scheinbare Volumen be-
rechnen, das ein Grammäquivalent des Ions im ganzen ein-
nimmt. Unter dem scheinbaren Volumen verstehe ich die
Summe aus dem wirklichen Volumen der Ionen und der (nega-
tiven] Volumenänderung, die das Wasser durch Elektrostriktion
in ihrem elektrischen Felde erleidet Es ist wohl als sicher
zu erwarten, daß diese Größe mit dem elektrischen Leit-
vermögen des betreffenden Ions in einem engen Zusammen-
hang steht
F. Kohlrausch ^) hat gezeigt, daß bei den einwertigen
einatomigen Ionen der Temperaturkoeffizient eine Funktion des
Leitvermögens selber ist. Es ist zu erwarten, daß ähnliches
ftir das scheinbare Volumen gilt, und daß man damit An-
knüpfungspunkte für eine kinetische Theorie der elektrolytischen
Lösungen gewinnt. Ich faßte daher die Absicht, das Äqui-
valentvolumen der einwertigen, einatomigen Ionen bei ver-
schiedenen Temperaturen zu bestimmen.
F. Kohlrausch und Hallwachs ^ haben gezeigt, daß
man das spezifische Gewicht sehr verdünnter Lösungen am ge-
nauesten nach der Methode des Auftriebes bestimmen kann.
Um eine gleichmäßige Benetzung des Aufhängefadens zu er-
1)F. Kohlransch, Sitzongsber. d. Berliner Akad. d. WissenBch.
p. 572. 1902.
2) F. Kohlransch n. Hallwachs, Wied. Ann. 50. p. 118. 1893;
53. p. 15. 1894.
Spez, Gewicht sehr verdünnter Losungen. 327
reichen, nimmt man am besten einen Platinfaden, der erst
plaüniert und dann ausgeglüht ist^) Man mußte aber bei
Benutzung eines Glühkörpers wegen der großen Unterschiede
der Ausdehnungskoeffizienten von Glas und Wasser die Tem-
peratur auf Vi 000^ ^* genau ablesen und alle Wägungen, die
natürlich bei sehr abweichenden Temperaturen gemacht werden
mußten 9 auf eine Temperatur reduzieren. Um sehr genaue
W&gungen mit einem sehr großen Schwimmkörper zu machen,
mußte Eohlrausch ^) sich sogar auf Temperaturen in der
Gegend von 6^ C. beschränken, wo die Ausdehnung von Glas
und Wasser wenig voneinander abweichen.
Man vermeidet diese Schwierigkeit, wenn man als Schwimm-
körper einfach reines Wasser nimmt, dessen Ausdehnungs-
koeffizient als identisch angesehen werden
darf mit dem der verdünnten Lösung. Mein
Schwimmkörper hatte die Form der neben-
stehenden Figur. Es war ein fläschchen
aus Jenaer Glas, dessen Hals in eine sehr
feine Kapillare ausgezogen war. Dieses
Fl&schchen wurde mit ganz reinem Wasser
gef&llt und an dem Platinfaden aufgehängt.
Durch die lange feine Kapillare wird die
Difiusion von Lösung in das Innere des
Fl&8ohchens so gut wie ganz verhindert,
und doch muß bei Temperaturveränderungen durch sie Wasser
aas- oder Lösung eintreten.
2. Das ganze Volumen v dieses Schwimmkörpers besteht
aus zwei Summanden: dem großen Volumen des Wassers v^
und dem kleinen Volumen der Glaswand v^. Ebenso können
wir das scheinbare Gewicht p des in der Lösung hängenden
Körpers in zwei entsprechende Summanden p^ und p, zerlegen
W&re nun das Fläschchen immer mit vollkommen reinem
Wasser gefftllt, das schon vor dem Eintauchen genau die gleiche
Temperatur hat, wie die umgebende Lösung, so ändert sich p^
mit der Temperatur nur wenig. Denn wenn s das spezitische
Gewicht der Lösung und w das des Wassers im Schwimm-
körper ist, so ist: p^ = r^ . (ir — s), eine kleine negative Zahl,
1) F. Kohlrausch, Wied. Ann. 56. p. 185. 1895.
828 G. Me.
die sich bei Temperaturändeningen von 1 ^ C. jedenfalls nnr nm
einige Zehntel Promille ändert. War die Lösnng etwas kälter
wie das Wasser^ so tritt beim Temperatnransgleich ein wenig
Lösang in das Gefäß und bewirkt eine ganz kleine Yergrößerong
von w, so daß {s — w) und demnach auch p^ einen ganz kleinen
Fehler bekommt, der aber bei Temperaturänderongen von 1^ C.
höchstens einige Zehntel Promille beträgt. Im umgekehrten
Fall gilt dasselbe, nur daß dann durch Austreten von Wasser
aus dem Fläschchen s ein klein wenig heruntergesetzt wird.
Bei Temperaturänderungen bis zu 1^ C, kann man p^ als
konstant betrachten^ ohne daß dabei die gesuchte Größe (s-^w)
einen Fehler von mehr als einigen Zehntel Promille bekommt
Von p^ gilt nicht dasselbe. Ist g das spezifische Gewicht
des Glases, so ist p^ = »^ (o* — $\ Ist femer a der Ausdeh-
nungskoeffizient des Wassers, ß der des Glases und idt s
nahezu 1, so ist die Zunahme 8 von p^ &i£ \^ C:
Es wird nun der Schwimmkörper zuerst in reinem Wasser i)
abgewogen p. Wir wollen, um ganz exakt zu verfahren, im
folgenden die — jedenfalls sehr wenig voneinander verschie-
denen — spezifischen Gewichte des Wassers außerhalb und
innerhalb des Fläschchens unterscheiden als w und w. Weiter
wird dann von einer Lösung bekannter Konzentration, <ler
„Originallösung'', eine abgewogene Menge ^ zugesetzt, tüchtig
umgerührt, und wieder gewogen: p^ Das spezifische Gewicht
der durch die Mischung erhaltenen verdünnten Lösung heiße s^.
Später werden noch mehrmals kleine abgewogene Mengen der
Originallösung zugesetzt Die Gewichte des Schwimmkörpers
in den so erhalteneu, etwas gehaltreicheren, verdünnten
Lösungen seien f,, . . ■, die spezifischen Gewichte «,,... Die
Temperaturen bei den verschiedenen Wägungen seien i9-, d-^,
&^, . . . Alles werde auf eine Temperatur 0-^ reduziert, die
reduzierten Größen bezeichne ich durch einen Index 0:
p^, s^^, etc.
1) Jedesmal wird das Wasser erst unter der Luftpumpenglocke
luftfrei gemacht.
2) Mit einer Pipette , die zuerst mit der Füllung und dann , nach-
dem diese abgegeben ist, leer gewogen wird.
Spez. Oewieht sehr verdünnter Lösungen. 829
Eb ist nun:
P OB »j . (W'— tr) + 17, . (o" — W)y
reduziert:
(2) p^ = v^^.[w'^ - ir<^ + V-(^*^ - *^^J = -Po - «'*^-»^*^
- ü, .(tr' - w) + r, .(7 - r, .U7[l + (/9 -a)(t9',, - i^)],
(8) p»-p + 5.(i9-o-*)-
Ebenso ist:
In Formel (2) und (3) bezeichnet P^ das absolute Gewicht
des Schwimmkörpers bei der Temperatur i^^. Man bekommt
durch Subtraktion von (2) und (4):
(6) 5« - iflO = ^"iJ^- .
E^ sei das Gtewicht des Schwimmkörpers bei der Tem-
peratur &^ in Luft: P. Daraus können wir berechnen:
(7) »•= ^-^--
w^ - 0,0012
Das absolute Gewicht des Schwimmkörpers ist:
(8) Po = P+ü«. 0,0012.
Wir wollen nun aus den Wägungen direkt das scheinbare
Volumen w von 1 Grammäquivalent des ionisierten Salzes
berechnen. Es sei M das Aqoivalentgewicht, n, die Zahl der
gelösten Grammäquivalente in 1 g der verdünnten Lösung.
Eine leichte Rechnung gibt:
^ fr« \ 5i«.n, ;
oder, in den direkt gemessenen Größen ausgedrückt:
3. Ich beobachtete mit einer Bunge sehen Wage, die
einen Ausschlag von 4,5 fbr 1 mg gab, und zwar meistens
den Punkte wo der Zeiger schließlich stehen blieb. Daß eine
derartige W&gung etwas lange dauert (2 — 3 Minuten) war kein
330 G. Mie.
Nachteil, da ich doch während einiger Zeit (10 — 20 Minuten)
beobachten mußte, ob die Einstellung konstant blieb. Das
war erst dann der Fall, wenn keine Strömungen mehr yom Um-
rühren vorhanden waren und wenn sich die Temperatur im
Fläschchen mit derjenigen außen ganz ausgeglichen hatte.
Bevor ich den Schwimmkörper aufhing, prüfte ich den
Platinfaden. Schon mit dem Auge konnte man sehen, daß
der umgebende Wassermeniskus beim Herausziehen und beim
Hineinschieben des Fadens in das Wasser derselbe blieb. Ein
Faden wurde auch so geprüft, daß ich ein Stückchen Platin-
draht an ihm aufhing und erst in Luft, dann in Wasser abwog.
Der Auftrieb ergab sich zu 1,4 mg kleiner, als das Gewicht
des verdrängten Wassers. Der Faden war 0,06 mm dick
Rechnet man die Oberflächenspannung des Wassers zu 7,5,
so ergibt sich wirklich das Gewicht des Meniskus bei voll-
kommener Benetzung zu 1,4 mg.
Trotzdem konnte ich, nachdem der Schwimmkörper an-
gehängt war, keine konstante Einstellung bekommen. Stunden-
lang konnte man verfolgen, wie der Zeiger immer weiter kroch
in dem Sinne, daß der Schwimmkörper immer leichter wurde.
Rührte man dann mit ihm das Wasser um, so ging der Zeiger
plötzlich um ein beträchtliches Stück zurück. Erst nachdem
der Körper in verdünnter Salpetersäure, Natronlauge und
Alkohol längere Zeit bei höherer Temperatur (60 — 80^ ab-
gewaschen war und darauf eine Nacht in reinem Wasser gelegen
hatte, zeigte sich stets eine durchaus befriedigende Eonstanz.
Vor jeder Beobachtung wurde mit dem Thermometer oder
auch mit dem Schwimmkörper selbst tüchtig gerührt Das
Thermometer war aus Borosilikatglas und in ^/j^° geteilt
4. Die Temperaturkorrektion S ergibt sich aus (1) wie folgt
Bei !?•() = 20^ ist der Ausdehnungskoeffizient des Wassers
0,000 207, der des Jenaer Geräteglases i) ist 0,0 000177, also
rund a — /9 = 0,00 019. Das Gewicht des Schwimmkörpers
in Wasser ist: ;?^,= 13,49 g, femer das spezifische Gewicht des
Glases ^) rr = 2,73. Man bekommt daraus
üg = p^j[a — 1) = 7,8 cbcm.
1) Diese Zahlen verdanke ich einer freondlichen Mitteilung der
Firma Schott & Gen.
Spez. Getncht sehr verdünnter LÖsunr/en. 831
Die Temperaturkorrektion berechnet sich nun:
^= l,5mg/öC. bei 20«.
Der Schwimmkörper hatte ^ in Luft gewogen, das Ge-
wicht P - 1 34,28 g. Nach Formel (7) erhält man i? = 1 2 1 , 1 5 cbcm.
Das Volumen der Wand einer Hohlkugel von diesem Raum-
inhalt und von der Wandstärke 0,7 mm ist t;^ = 8 cbcm.
Die Abhängigkeit des Auftriebes von der Temperatur be-
obachtete ich direkt in reinem Wasser. Es ergab sich flir die
beiden Temperaturen 21,58« und 20,83« ein Unterschied von
1,3 mg. Nun ist bei 21«, da hier der Ausdehnungskoeffizient
des Wassers ca. 0,000 217 beträgt: d=l,6. Danach würde
sich f&r den Temperaturunterschied 0,75« berechnen: 1,2 mg.
5. Es sei ein Beispiel fär die Methode angeführt Die
Originallösung war eine 0,0536 proz. Lösung von KCl. Sie
enthielt also 719. 10~^ Grammmoleküle des Salzes in 1 g Lösung.
Raines Wasser 697,5g 19,94* 21,188 g Einstellung 14,0
21,190 „ „ 4,9
p - 21,188 87 />° = 21,188 96 (^o = 20»)
Eingefüllt 4,97 g 20,08 <^ 21,161 g Einstellung 6,6
nj = 5,12.10-« 21,100 „ „ 11,0
Pi - 21,1602:^ ;?,• = 21,16018 {»^ = 20«)
Eingefüllt 5,09 g 20,09 <» 21,130g Einstellung 11,9
fi, - 10,29 . 10-ß 21,131 „ „ 7,r>
p, = 21,18042 ;?,° = 21,13028 (i^o - -O«)
Eingefüllt 10,48 g 20,ir>« 21,070 g Einstellung 12,6
w, - 20,71 . 10-6 *^1,071„ „ 7,1»
p, - 21,07056 ps« = 21,07033 {^^ = 20«l
Wenn der Schwimmkörper abgehängt war, so brachten
7,69935 g den Zeiger auf 10. Diese Zahl ist also von den
eben alsf^«, ft^> • • . hingeschriebenen Größen noch abzuziehen.
Richtig ist z. B. /?« = 18,48 961. In Luft wog der Schwimm-
körper P« 134,28 g. Also ist: P^ = 134,32. Nun berechnet
sich ff nach Formel (9):
n - 5,12 . 10-6
10,29 . 10-6
20,71-''>
9 » 28,1
27,5
27,3
Das Molekularvolumen von ionisiertem KCl ist also bei
20® C. ungefähr 27,5. Ks wurde u. a. noch bestimmt RhCl
und GsGL
332 G. Jüße, Spez, Gewicht sehr verdünnter Losungen,
NaCl KCl RbCl CsCl
16,5») 27,5 33,9 41,0
Man sieht: Die Molekularyolumina nehmen mit dem Atom-
gewicht des Metalls zu.
Bei der Bestimmung dieser Zahlen wurde aber nur darauf
Wert gelegt^ die Methode zu prüfen. Die Konzentrationen der
Originallösungen dagegen sind nicht so genau bestimmt, als
es nötig wäre^ um genügende Werte von (p zu bekommen.
Da nun die Einzelbestimmungen, wie man auch an dem ge-
nauer hingeschriebenen Beispiel (KCl) sieht, unter sich stets
gut stimmen, so beabsichtige ich mit einem Schwimmkörper,
der bei einer viel geringeren Wandstärke ein größeres Volumen
hat, als der bisher benutzte, an die Lösung der in der Ein-
leitung genannten Aufgaben zu gehen.
1) Nach Kohlransch.
(Eingegangen 12. September 1903.)
333
44. Magnetization and resistance in Nickel at high
temperatures.
Bj C. a. Knott in Edinburgh.
1. Professor Tait's discovery in 1873 of the peculiar
changes at certain critical temperatures in the fundamental
thermoelectric constants of iron and nickel has suggested to
me firom time to time various other lines of research in the
hope of establishing other properties at these critical tempe-
ratures. In the case of nickel the first change in the sign
of the Thomson E^ect occurs about the temperature of
200® C.y and the second change about 350^ C. My investi-
gations on the change of electrica! resistance of nickel at these
high temperatures^) brought out other relations; and these
were corroborated by W. Kohlrausch*), who extended the
inyestigation to the case of iron^ and established completely
that there was a close relation between the march of resistance
with temperature and the loss of magnetic permeability. The
natnre of the relation in the case of nickel may be indicated
by giying the law of resistance change with temperature of
the nickel wire which is the subject of the present note. The
resistance temperature graph is roughly speaking a long sloping
S-form of cnrye and can be represented for interpolation pur-
poses Tsry approzimately by three straight lines. Thus to
redace the measured resistance (r) of the wire (3 ohms at 15^
to temperatures, the formulae were
t = 66,7 r - 163,3 from 15^ to 200^
^ = 33,9r- 22,7 „ 200« „ 350 «
^ = 96,8 r - 692,5 „ 350« „ 400«
Temperature 200® corresponds to Tait's first bend in the
tiiermoelectric line for nickel, and 350« to the second bend;
1) C. G. Knott, Trans. Roy. Edinburgh .%!. p. 187. 1886.
8) W. Kohlrauseh, Wied. Ann. 33. p. 42. 1888.
334 C, G. Knott,
and it is at 350^ that nickel ceases to be magnetic in the
ordinary sense.
2. The enquiry as to the effect of temperature upon the
change of resistance due to magnetization in the case of the
magnetic metals was one of the lines of research suggested;
and the broad nature of certain results obtained for nickel
is given below.
Two nickel wires of nearly the same length were coiled
in two flat circular coils about 18 cm in diameter, the con-
tiguons parts of eax^h wire being insulated with asbestos sheei
Round each anchor-ring so formed two layers of copper wire
were coiled, so as to form a magnetizing coil of the usual
anchor-ring transformer pattern. The two layers, carefnlly
insulated throughout with asbestos, were separately wound so
that their ends could be joined in different ways, thus making
it possible to pass a streng current through the coils in
succession, and yet have no magnetizing force within the core.
By suitably interchanging the ends I could at a moment's
notice obtain a strong field within the core. By this means,
and by using two exactly similarly constructed coils, I reduced
to a minimum the disturbing effects due to heating in the
magnetizing coils. The nickel wires, L and M, in these coils
were then made two of the branches of a Wheatstone Bridge,
the opposite conductors X and /i being also made of nickel
wire so as to prevent thermoelectric electromotive forces being
set up when the coils L and M were heated to high temperatures.
The resistance changes due to magnetization were
measured by deflections on a delicate galvanometer after the
Bridge was approximately balanced, a steady current being
supplied from a secondary cell in the battery brauch. The
galvanometer deflection was calibrated in the foUowing simple
way. For any particular condition the current, i, through the
galvanometer is given by the formula
(1) D.i = [L^-MX)e
where e is the electromotive force in the circuit, and L the
well-known determinant involving the resistances of the six
conductors making up the Wheatstone Bridge.
Magnetizaiion and resistance in Nickel. 335
Let now a known slight chaDge rf A be made in thc A
branch, then the corresponding change di is given with
aofficient accnracy by the expression
(2) D.di= -MedX.
When the magnetic field is establisbed around L, there results
a change dL with a corresponding change St in the cnrrent,
namely,
(8) D,3i = fiedZ.
Diyiding (3) by (2) we get
II d L di
lidl '^ " di'
Since at the beginning the Wheatstone Bridge is almost
accurately bahmced, we may write fijM^llL and con-
sequently
,A. dL dX öl
(*) L = - i • di
dildi is the ratio of the Galvanometer deflectiuns diie to thc
changes in (2) and (3), and dkl?, is known; hcnce dLjL and
therefore dLy can at once be calculak'd. The quantity L is
the resistance of the whole branch inchiding the nickel wire
which is the subject of experiment. Let L^ be the resistance
of the nickel wire which is being roagnetized within the anchor
ring core; then dLIL^ will be the reqiiired change in iinit
resistance dae to the applied field at the cxisting teniperature.
The wires L and M wcre heated \\\) to various teni-
peratures in a porcelain vessel packed with asbestos wool; and
the temperature of L was obtained from its resistance which
was measnred accurately immediately after each ex])eriment.
The relation between temperature and resistance was obtained
from an independent experiment, in which a piece of the sanie
nickel wire was used. The results have already been given
in§ 1.
3. When the coils L and 3/ had reached a stendy tem-
peratare, the experiment of equation (2) was mado. The
reästaBce A (= 3,2413 ohms) was altered by inserting 30 ohms
386
C. G. Knott.
as a Shunt on a pari of X whose resistance was 0,5125. The
resistance of X became then
Ä + £f i = Ä - 0,5125 + ^^on ^fÜ^^^ = '^ - 0,008603 .
80,0 1a5
dXJX^ -0,002655.
In a particular experiment, taken at random to illustrate
the procesB, the resistance L was 6,04, corresponding to a
temperature of 179,1^ C; the magnetizing corrent was 4,29
amperes corresponding to a field of 32,2 G.G.S. anits; the
ratio of the galvanometer deflections due to the magnetic
change of resistance dL and the imposed change of resistance
was 1,629; hence dL= - 1,629 x LdX\X = 0,02615. Now
the resistance of the magnetized part of L was 5,80; hence
d-LJ Lq =■ 0,00451, the measure of the increase of unit resistance
of nickel at 179^ due to the application of a longitudinal field
of 32,2 Units. A great many similar observations were made
in various fields and at various temperatures. The results
were plotted in a large scale, small corrections applied so as
to obtain isotherm.al curves at the temperatures heading the
columns in the table below, and the values read oflF for fields
2, 4, 6 etc. up to 34. Ä selection of these will be found in
the Table.
Table showing resistanoe ohanges per 100,000 ohms of niokel ¥7ire
in various longitudinal fields and at various temperature«.
MM^etic
field
34
2S
24
20
16
12
10
8
6
4
2
15
65
1040
825
682
548
411
268
192
119
53
17
3
816
679
579
479
379
255
187
124
63
23
5
Temperatures
125« I 180« I 240« ' 280»
300» 328» I 342«
621
529
463
892
317
231
181
123
65
21
5
475
401
350
298
242
186
158
121
70
23
5
258
226
205
179
151
112
108
85
56
27
5+
141
128
119
106
93
75
64
52
38
27
5
86
79
73
66
57
48
42
37
30
19
4
45
41
35
29
18
9
4
3
2
1
5
3,8
2,6
1,8
1,5
1,2
1
Ucyneiization and remtance in Nickel, 337
4. Prom these numbers we may construct two sets of
graphSy namely, the isothermals showing the relation between
magnetizing force and resistance change at the various tem-
peratures, and the isodynamics, showing the relation between
the resistance change and the temperature in tlie varions
fields.
The first obvions result is the diminutiou of the resistance
change in the higher fields as the temperature rises. Thus
the effect in varions fields at temperature 15^ is from 200 to
300 times the effect at temperature 342^. So rapid is the
final drop above 300^ that we may safely regard the efiect
as practically nonexistent at temperature 350 ^ It is just at
this temperature that nickel loses its streng magnetic properties,
the permeability being practically unity. Thus we learn that
the change of resistance due to longitudinal magnetization in
nickel is mainly a function of the magnetization or induction
and not of the magnetizing force.
In fields below 10, there is first increase of the resistance
change as the temperature rises. In fact all the isothermals
np to 300^ begin above the isothermal of 15^, and then cross
it as the field increases. This is particularly well marked in
the case of the isothermals 65 ^ 125^^ and 180^ This pheno-
menon may be connected with the fact that the induction
conre for nickel rises more abruptly and reaches its y,Wende-
pnnkt^ in lower fields the higher the temperature. In other
words the first effect of rise of temperature is to increase the
permeability in lower fields, probably because of the greater
ease with which the molecular groupings assume new con-
figorations. But anything which tends to increase the per-
meability most tend to increase the magnetization on which
the resistance effect mainly depends.
The isodynamic curves indicate the existence of a further
peculiarity which declares itself at or near the temperature
180® by a kind of cusp-like peak in the graphs of the higher
fields. This peculiarity is also well brouglit out by calculating
the differences between the resistance changes corresponding
to the successive temperatures in the preceding table, and
difiding these by the change of temperature. These avorage
differences per degree will correspond to the mean of the
BoltauBB-FMtMlurUt 22
338
a G, Knott
extreme temperatures; and their values Ibr five of the fields
are given in the foUowing subsidiary table.
Table of Differenoes per Defipree oalenlated firom the former Table.
Magnetic
field
40'
Differences per Degree at Temperatures
95 <> 152,6<>l 210<> I 260« 1 290« | 314'
885
34
28
20
10
6
*fi
3,3
2,7
3,7
2,8
2,7
1,5
2,9
2,5
2,3
2,9
2,5
2,6
1.4
1,3
1,5
1,7
2,0
1,8
2,0
1,8
0,01
0,01
0,4
0,9
1,0
1.1
1.4
-0,02
-0,003
-0,09
+ 0,07
0,45
0,4
0,4
2,9
2,6
1,4
0,2
From these few examples we see tbat tbere is at or near
the temperature 200^' a peculiarity which shows itself by an
increase in the rate per unit rise of temperature, at which
the resistance change in a given field is diminishing. And
this is the temperature at which occurs the first bend in the
thermoelectric line of nickel as discovered by Tait, and also
the temperature at which the resistance of nickel begins to
grow rapidly with rise of temperature as established by my
own and Eohlrausch's experiments.
5. In Order to investigate the effects at high temperatures
of a iransverse magnetic iield on the resistance of nickel wire,
I prepared two helical coils carefully wound on porcelain
cylinders and set them within and coaxial with the longer
cylinders on which four layers of copper wire were wound with
asbestos insulation as usual. With this form of apparatus,
however, it was impossible up to the highest fields at my dis-
posal to get any results. Apparently there was no effect on
the resistance. In fact the field was not powerful enough to
establish a sufficiently strong induction across the thin wire. ^)
I therefore made a short compact coil which could be inserted
axially in the air gap of a strong electro-magnet^ and proceeded
to study the effect in much the same way in which Kelvin,
Goldhammer, and others have done. The broad results may
be briefly stated.
Up to field 1500 the effect on the resistance was very
small, sometimes indicating increase of resistance, sometimes
1) Beetz encoantered the same difificalty when ti'ying to measure
the effect on iron wire.
Moffnetizatitm and resistance in XickeL 830
decrease. This increase in the lower tields may be due to
the presence of a Umgiiudinal efiei-t^ for it was impossible to
make a coil of the kmd required without giving it a certain
pitch, 80 that there was necessarily a small component of
magnetizing force along the wire. Above Aeld 1500 the
redstance was always diminished, and the diminution grew
rapidly with the field. Increase of temperature had the same
general effect as in the previous case. The quantitative results
were, however, a litüe uncertain in their details; but here also
there can be no doubt that the change of resistance is chiefly
due to the induction in the wire, vanishing almost entirely at
350^ C. In these experiments the nickel coil was heated by
means of an enclosing coil of German-silver wire through which
a strong current was kept steadily tiowing^ and the temperature
was measured by the resistance of the nickel.
6. In trying to coordinate these results along the lines
of modern theory, we have to consider (1) the ionic whirls
which constitute the paramagnetic quality of the nickel, (21 the
ionic displacements which constitute the current through the
conduetor, and (3) the various eifects on these of magnetic
force and heat
If we suppose that the negative and positive ions which
build up a neutral molecule are whirling round one another
in approzimately circular orbits, and that the effect ive forces
depend on the charges and their distance apart, it may be
easily shown that the magnetic molecule is at once accountcd
for if the masses associated with the negative and positive
ions are very different. Its magnetic moment depends on the
difference of these ionic masses, on the number of whirls in
Unit volume, and on some function of the distance separating
the connected ions.
Whatever be the mechanism by which the extenial magnetic
orce affects the orientation or the intermolecular grou])inf; ot*
the ionic whirls, the effect is to produce with in the motal a
condition in which the ionic orbits on the avcra^e tcii<l to set
themselves perpendicular to the magnetic force. Tlu* inter-
molecular regions are traversed by lines of magnetic forcr
whose density is great in the region betwoen the ()])posit('
aspects of contiguous molecular whirls. The dissociated elcctric
840 C. G. Knott. MagneÜzation and resistanee in NicheL
corpuscles which convey any current along the wire are driven
towards the intermolecular Spaces where the lines of force are
less dense. The more closely the magnetic condition of the
metal approaches to Saturation in the direction of the
applied electromotive force, the more pronounced will be this
drift of the corpuscles from the denser to the less dense parts
of the lines of force in the intermolecular Spaces. There will
be aggregation of the corpuscles in the regions of minimum
density of the magnetic lines of force. This, according to
J. J. Thomson's mode of looking at the phenomenon, will
produce a smaller average free path of the helically moving
corpuscles and a coiTesponding increase of resistanee.
As regards the effect of heating, it is probable that rise of
temperature increases the rate of dissociation of the molecules.
But this means a decrease in the number of the neutral
molecules among which are to be reckoned the molecular
whirls described above. Hence with rise of temperature the
number of these molecular whirls per unit volume is di-
minished, and the permeability is decreased, at least in moderate
and high tields. In low fields there is an increase in perme-
ability when the temperature is raised; but this average in-
crease of permeability may be the result of a diminished
mutual action between the whirls in a given region, so that
they are able to respond more quickly to the small extemal
magnetic force.
But any diminution in magnetization means less inequality
in the densities of the lines of force in regions of maximum
and minimum densities. Hence in accordance with the views
stated above, there will be proportionally less aggregation of
the corpuscles and proportionally less change of resistanee at
the higher temperature when a particular üeld is applied, so
long at any rate as this field has not too low a value.
As regards the undoubted molecular change which occurs
in nickel at a temperature of about 200^, it is impossible to
come to any clear conclusion. When the investigation has
been extended to the cases of iron and cobalt, it may be found
possible to coordinate all the phenomena in terms of a less
crude theory of molecular groupings.
(Eingegangen 12. September 1903.)
341
45. Intorno ad nn
igrometro-bilancia ad indicazioni assolate e continae.
Di Q. Qnglielmo a Cagliari.
Si puö detenninare agevolmente il peso o la tensione del
Tapor acqueo contenuto in un noto volume d'aria^ senza prima
farlo assorbire dall' acido solforico (come si fa colF igrometro
chimico e con quelli di Schwackhöfer e di EdeliDann)
dedacendoli dalla spinta aerostatica che un corpo di gran
Tolome e piccolo peso^ (p. es. una sfera o cilindro cavi ed a
parete sottile) subisce nell' aria; questa spinta varia di circa
0,6 mgr per ogni dm^ del corpo suddetto quando la teuHione
del Tapore yaria di 1 mm ed usando un corpo di volume non
grandissimo si puö tuttavia ottenere una grande sensibilita
nelle indicazioni.
Per CTitare che questo corpo appeso ad un piatto della
bilancia ed equilibrato, funzioni da baroscopio ed indichi, oltre
alle piccole variazioni della density dell' aria ambiente causate
dalle variazioni della proporzione di vapor acqueo, anche quelle
molto maggiori causate dalle variazioni della pressione e della
temperatura, si possono usare varie disposizioni.
La disposizione teoricamente piü semplice c quella di
appendere ai due piatti d^una bilancia di precisione, all' esterno
della yetrina, ed equilibrare due palloni chiusi, di ugual volume,
uno dei quali si trovi immerso costantementc neir aria per-
fettamente secca e Taltro nell' aria di cui si cerca il grado
d'omiditä. Inizialmente, e poi quando lo si creda necessario
ad intenralli piü o meno lunghi, a seconda delle circostanze,
si determina o verifica la differenza di peso dei due palloni
quando entrambi sono immersi nell' aria comune o entrambi
neu* aria secca, oppure anche si scambiano i palloni che si
troyano uno nell' aria secca Taltro nelF aria comune.
Siano 6 e C i singoli pesi, che non occorre conoscere,
dei due palloni nel vuoto, sia p la diiferenza nota di ({uesti
342 G. Guglielmo.
pesi che Don dipende dal mezzo in cui sono immersi entrambi
i palloni^ sia V il yolume di ciascuno di questi, H la pressione
atmosferica, T la temperatura assoluta ambiente^ T^ quella del
ghiaccio fondente, h la tensione cercata del vapor acqueo nell'
aria, a il peso di 1 cm' d'aria secca a 0^ e 760 mni; 8 la
densitä di vapore riferita all' aria del vapor acqueo, p' il peso
che bisogna aggiungere p. es. a sinistra per ottenere l'equi-
librio quando il pallone di sinistra si trova nell' aria perfetta-
mente secca e qnello di destra nell' aria comane. Per l'equi-
librio dovrä essere:
p + G- FaETjlQOT^ G^'- ra{H'-h)TJ7601 -- FaShTJlßOT
ossia:
h'Vail -•ä)TJ760T^p + G- & =^ p + p'
Ä = (;?+/) 760(1 +at)jra{\ - S)=^(p + p'){\ +at)AlF
indicando con Ä la costante 760/a (1 — S).
Affinchö questa relazione sia rigorosamente applicabile
occorre che i due palloni siano esattamente alla stessa tempe-
ratura, nonostante le condizioni un po' diverse nelle quali essi
si trovano, una dififerenza di 0^,1 darebbe origine ad una
dififerenza nelle spinte che essi subiscono di circa 0,4 mgr per
dm» corrispondente ad un errore di circa 0,7 mm nella ten-
sione di vapore cercata. Non mi pare tuttavia difficile di otte-
nere la rigorosa eguaglianza di temperatura dei due palloni
contigui, sia evitando di coUocare l'apparecchio in modo che
finestre, o stufe o correnti d'aria o altre cause possano agire
piü da un lato che dagli altri, sia proteggendo Tapparecchio
con opportuni schermi o scatole, semplici o multiple.
Gioverebbe anche per scoprire e correggere questa causa
d'errore Tuso di palloni provvisti di manometro nel modo con-
siderato in seguito.
Bisogna anche aver cnra che l'aria secca in cui fe immerso
uno dei palloni sia perfettamente secca. Ora siccome il reci-
piente che la contiene e necessariamente prowisto d'un foro
alla parte superiore pel quäle passa il filo di sospensione del
pallone, awiene che quando la temperatura s'abbassa o la
pressione cresce, un poco d'aria estema penetra nel recipiente
suddetto portandovi del vapore che solo molto lentamente
viene assorbito dalla sostanza essicante.
Intomo ad un iffrometro^hünncia, 343
Per elitäre ci6, io sospesi il pallone nelP intonio irun
grande recipiente cilindrico coli' orlo piano, contenente sul
fondo un po' d'acido solforico ed un treppiede basso di vetro
che impediTa al pallone di venir a contatto coli' acido ; qucsto
recipiente era chiuso da un disco di vetro piano, con foro
centrale per il passaggio del filo di sospensione; sul quäl disco
attomo al foro collocai vari vasetti con acido solforico Qicr
mancanza d'uno con tubo centrale) che ricoprii con una
campana con foro in cima per il passaggio del filo suddetto.
Inoltre al collo della campana era adattato un largo tubo di vetro
lungo circa 20 cm che ritardava ancora la diifusione del va-
pore verso Facido solforico, e faceva s{ che Taria penetrante
nel modo suddetto nella campana era gia parzialmente secca
e quella del recipiente sottostante lo era completamente.
ün altro modo per evitare Tinfluenza delle variazioni della
pressione e della temperatura sulF equilibrio del pallone, prati-
camente piü semplice del precedente perche richiede un solo
pallone e non richiede Tuso continuo di un gran recipiente
con aria perfettamente secca, consiste nel porre T interne del
pallone, in comunicazione coli' estemo mediante un tubo con-
▼enientemente lungo e capillare. Questo pallone vienc appcso
ad uno dei piatti della bilancia, all' estemo della vetrina cio6
nell' aria comune, e viene equilibrato con pesi collocati sul-
l'altro piatto; inizialmente ed in seguito quando lo si crede
opportuno si determina il peso del pallone immerso nell' aria
perfettamente secca, oppure di nota umiditTi.
Sia G il peso nel vuoto e r il volume delle pareti del
pallone, V la capacitä di questo, P e P — p i pesi occorrenti
ad equilibrarlo nell' aria comune e nell' aria secca, h q k \q
tensioni del vapor acqueo all' estemo e nell' interne del pal-
lone, (1— <t) il fattore, che poi verra trascurato, per la corro-
zione dei pesi numerati nell' aria; per l'equilibrio nell' aria
doTTä essere:
P{i -«•)== (;+ f'a[H-k)TjimT+ raturjimr
- Fa{i/ - h) Tjim r- raAh 7;,/7(;() r
- ü fl (// - /i) 7;/760 T^vnSh rjim t
= G + ra(l - fS)[h - k] TJimT
344 G. Guglielmo,
Se la pesata nell' aria secca si fa immediatamente prima
o dopo di quella nell' aria comune dimodoche si possa ammet-
tere che T e k non abbiano variato nell' intervallo si avra
similmente:
(P«.p)(l «ö-)= (?- Fa{l -S)kTJ7eOT'-vaHTJ760T
quindi:
p=.h{F+v)a{l -d)yj760y
Ä=p(l +cct)7ßOI{F+v)a{\ -dO = p(l +at)Al{V+v)
Affinchö questa relazione possa valere anche quando la
pesata nell' aria secca si e fatta una volta per sempre o si
fa a lunghi intervalli e si possa quindi, con una sola pesata
neir aria comune, ricavare la tensione del vapor acqueo in
quest' aria, occorre far sl, che la tensione del vapore nell'
intemo del pallone sia costante, oppure nota, o meglio nulla;
in quest' ultimo caso, qualunque sia la temperatura alla quäle
si fa la pesata nell' aria secca, l'aria del pallone non ha peso
apparente, la spinta sulle pareti ^ all' incirca uguale a quella
sui pesi, e l'equilibrio non 6 punto infiuenzato dalle variazioni
di temperatura.
Molti modi si possono usare per far sf, che k sia con
sufficiente approssimazione, costante, o noto, o nuUo. ün modo
molto semplice e facile ad usarsi e quelle di teuer ben tappato
il tubo capillare quando l'apparecchio non si usa; la variazione
di k durante la pesata fe certo minima, e solo potrebbe aversi
una variazione apprezzabile nello stappare il tubo suddetto.
Se inoltre nell' intemo del pallone fosse im po' d'acqua o di
nota soluzione d'acido solforico, o un poco d'acido solforico
concentrato oppure d'anidride fosforica, la tensione del vapore
neir intemo sarebbe nota o nulla.
ün altro mezzo per far si, che k sia nullo, mezzo valevole
anche quando l'apparecchio debba funzionare continuamente, h
quelle di riempire anzitutto il pallone con aria secca, e di
usare il tubo capillare (di comunicazione coli' estemo) spor-
gente alquanto dal pallone, ripiegato all' ingiü, che penetri e
termini entro una boccetta contenente sul fondo un po' d'acido
solforico. fj chiaro che esso tubo non deve mai venire a con-
tatto coli' acido solforico che vi aderirebbe e farebbe crescere
il peso complessivo del pallone, e che durante le pesate lo
Intonio ad un if/rometro'öiiancia. 345
stesso tubo Don deve toccare in nessun punto il coUo della
boccetta affinchö i moTimenti del giogo si possaiio prodnrre
senaui ostacoli. D'altxonde quando l'apparecchio non viene
nsato gioverä chiadere allo stesso tempo pallone e boccetta
mediante an tappe scorrevole attraversato dal tubo capillare
saddetto per evitare che l'acido si diloisca inutilmente.
E utile Stabilire approssimativamente la grandezza delle
poBsibili yariazioni di k quando l'intemo del pallone comunica
oontinuamente coli' aria comune mediante un tubo capillare.
Esse possono prodnrsi in due modi cio^ per diffusione del
Tapore da o yerso l'estemo e per effetto delle successive con-
trazioni e dilatazioni delF aria interna in corrispondenza delle
yariazioni della pressione e della temperatura.
Le yariazioni di k per diffusione sono molto piccole; di-
fatti dalle mie determinazioni del coefficiente di diffusione del
yapore acqueo nell' aria ^] si deduce che per un tubo capillare
lango 20 cm e di 0,10 mm' di sezione quando la differenza
costante di tensione agli estremi ö di 5 mm escono o pene-
trano 0,011 mgr di yapore in 24 ore, sostituenti o sostituiti
da un ugual yolume d'aria, dimodoche la variazione di peso
del pallone che ne risulterebbe sarebbe di circa 0,004 mgr ed
occorrerebbe circa 1 mese perchö tale effetto fosse appena
apprezzabile. Siccome perö la tensione del yapore estemo
varia oontinuamente sarä or maggiore or minore di quella del
yapore intemo, la diffusione ayyerrä in sensi opposti e Vefietto
totale sarä praticamente nuUo.
Inyece per un aumento di temperatura di 1^ uscini dal
pallone un yolume F/T d'aria con vapore di tensione k che
yerrä sostituito con aria e yapore di tensione h quando av-
yehga la corrispondente diminuzione di T' della temperatura,
e quindi la tensione del yapore nelF interne ayrä cambiato di
(A — Ä)/r. Se inyece V oscillazione della temperatura fosse,
come i possibile, di 10^ e la differenza A — A fosse 10 mm e
fosse T » 300® ne risulterebbe una yariazione di 0,3 mm nella
tensione k, ripetentesi con lieve diminuzione ad ogni successiva
ed oguale oscillazione.
1) Atti ddl* Aee. delle Scienxe, di Torino. 1882.
346 G. Gufflielmo,
Uti altro grave errore derivante dalla presenza del vapore
iieir intemo del pallone; e che occorre assolutamente evitare,
si presenta quando rabbassamento di temperaiiara sia tale che
esso vapore si condensi in parte sulle pareti interne^ facendo
variare il peso G del palloDe d'una quantitä incognita.
Errori non trascurabili possono derivare altresi, da una
piccola differenza fra la temperatura del pallone e quella am-
biente, quäle si presenta certamente ogni qualvolta la tempe-
ratura estema varia. Per evitare questa causa d*errore con-
verrä anzitutto eseguire le pesate quando la temperatura
estema e costante; gioverä inoltre che il pallone abbia la
superficie estema annerita (per quanto ciö e possibile senza
che il pallone sia soggetto a cambiar di peso ad ogni mi-
nimo contatto) affinch^ a dififerenza di ciö che si richiede nei
calorimetri siano facili gli scambi di calore coli' ambiente.
Cosi pure sara utile che la scatola o inviluppo che e necessario
per difendere il pallone dalle correnti d'aria sia metallicOy
annerito intemamente, levigato invece esternamente afBnch^ esso
riceva lentamente il calore dall' estemo e lo trasmetta rapida-
mente al pallone. Finalmente gioverä molto l'agitare (non
troppo) l'aria interna del pallone^ ciö che si ottiene facilmente
come indicai in altra Nota fissando nel suo interne alcune
Palette inclinate rispetto alla verticale e facendo ruotare il
pallone rapidamente torcendo alternativamente in sensi opposti
il filo di sospensione. —
Una terza disposizione che non impedisce che il peso
occorrente ad equilibrare il pallone varii grandemente quando
variano la pressione e la temperatura, ma che da, modo di
correggere facilmente ed esattamente il peso suddetto in modo
che le sue variazioni residue dipendano solo dal variare della
proporzione di vapore nell' aria, consiste nel separare l'aria
interna del pallone dall' estema mediante un tubo ad U con-
venientemente lungo e contenente un liquido che non abbia
tensione di vapore apprezzabile come olio d'oliva o di vaseUna,
0 chinolina ecc; la possibile lenta evaporazione di questo
liquido si puö rendere praticamente nulla mediante an
tappo di cotone collocato sull' estremita libera del tubo ad
U, Questo inoltre dev' essere prowisto di due graduazioni,
una millimetrica ed una volumetrica sulle quali si possano
Intomo ad un igrometro'bilancia, 347
misurare le yariazioni di pressione c di volumc dell' aria
interna.
Questo manometro che non si puö praticamente usare di
sezione grandissima pone un grande ostacolo alle variazioni
di volume dell' aria del pallone, e le rende molto piccole in
confronto di quelle dell' aria libera, a paritä della altre con-
dizioni^ quindi il pallone col manometro appeso ad un piatto
della bilancia ed equilibrato risente le variazioni della densitä
dell' aria ambiente in misura quasi uguale come un pallone
chiuso. Presenta perö su questo il vantaggio che formando
esso stesso un termo-baroscopio sensibilissimo, ofifre modo di
correggere molto esattamente l'effetto di queste variazioni.
Difatti se r fe la capacitä, del pallone, u il volume dell'
aria interna contenuta nel manometro, H la pressione estema,
H + K quella interna, essende h' indicato dal manometro, po-
tremo porre:
{r+u)[H+h')^[r+u')H
e calcolare con molta esaltezza il volume V + u che avrebbe
l'aria interna se la sua pressione fosse uguale a quella estema,
e la variazione della spinta p che sarebbe prodotto da questa
variazione di volume u — u,
Se P e il peso che fa equilibrio al pallone quando tro-
vasi nell' aria comune con vapor acqueo di tensione A, G il
peso vero del pallone col manometro e coli' aria contenutavi,
V il volume delle pareti e del liquide, per l'equilibrio dovrä
essere:
P^G-- {F+ u)aETJ7Q0T+(F+ u)a{\ - S)hTJ160T
- vaHTJUQT--' va[\ - S)hTJ160T
oppure anche:
P+;, = G - {F+ u)aHTJ160T+{F + u')a{l - d)hTJ7ßOT
- vaHTJlQOT+ va{l - S)hTJ160T
Similmente per l'equilibrio nelF aria secca se P' e il peso
occorrente per requilibrio, H' e T' la pressione e la tempera-
tora ambienti, u" il volume dell' aria che trovasi nel mano-
metro, tt'" questo volume quando la pressione interna fosse
resa uguale all' estema, p' la variazione della spinta causata
dalla variazione di volume m"' — m", dovrä essere
348 G. Guglielmo,
F =.0-^ [r+ u')aH'TJ760r - vaE'TJUOT
oppure anche:
P' +/ = (? - {F+ u")aH'll60T - vaH'TjlßOr
^0- {r+ u')aH/WOT^ vaH' TJUOT
ossia trascurando l'effetto della yariazione di T ed H sulla
spinta subita da o, compensato in parte da nn simile effetto
sui pesi numerati si ha:
P-F +P--P' =^h{F+u +v)a{l'-S)TJ760T
h^iP-^F+p-- p'){l + at)Äl[r +u + v).
II possibile errore derivante da una differenza di tempe-
ratura fra il pallone e rambiente viene coli' attuale disposizione
piü facilmente scorto e corretto poiche questa differenza sarä
proporzionale alla quantita di calore che il pallone riceve o
perde nelU unitä di tempo, ossia alla velocitä della variazione
della pressione indicata dal manometro; osservando la velocita
prodotta da una nota differenza di temperatura si poträ in
seguito da una osservata velocita. di questa variazione dedurre
la differenza di temperatura fra il pallone e l'aria che lo cir-
conda e calcolare Terrore che essa produce nel peso apparente
cercato del pallone stesso.
Ho eseguito con questi apparecchi molte esperienze^ non
ancora complete ma sufficienti per convincermi dell' utilitä dei
medesimi e scorgere le varie cause d'errore alle quali ho accen-
nato. I palloni di cui mi sono servito erano cilindrici^ di 20^5 cm
di altezza^ 16,7 cm di diametro, circa 4,5 dm^ di yolnme, di
lamina sottile di packfong, pesanti circa 180 g. I valori tro-
vati con essi per la tensione del vapor acqueo nell' aria libera
furono d'accordo con quelli trovati con altri igrometri, quelli
trovati pel vapore emesso dalla soluzione SO^H, + 17H,0
durante vari giorni furono d'accordo con quelli dati da Re-
gnault alle varie temperature.
Ho anche osservato la yariazione di peso che subivano
grandi lamine di packfong, o di latta, o di yetro da ffnestre
quando erano immerse nelF aria secca oppure nell' aria umi-
dissima prodotta dalla soluzione precedente allungata con un
ugual yolume d'acqua, [d = 1,076 a 26^4). Queste variazioni
furono minime pel packfong e la latta, maggiori (2,5 mgr per
Intomo ad un igrometro'bilancia. 349
16 dm*) pel vetro nudo ma sarebbero pure riuscite miiiiine
pel vetro vemiciato. Neil* aria assolutamente satura di vapore
0 molto proBsima al punto di saturazione gli apparecchi ora
descritti non possono servire sia perchfe, come ha osservato
Shaw^) 11 ?apore comincia a condensarsi sul solido un p6
prima della saturazione^ sia perche questa coudensazione pu6
essere causata da un leggero raffreddamento; gli stessi appa-
recchi altresl non possono dare buone indicazioni in preseuza
di vapori o gaz che alterino la densitii deir aria.
Settembre 1903.
1) Philosophical Transactions. 1888.
(Eingegangen 12. September 1903.)
360
46. Einige Bedenken betreffend die Theorie der
Entropieyermehrung durch Diffusion der Gase bei
einander gleichen Anfangsspannungen der letzteren.
Von N. SohUler in Charkow.
Die Behauptung; daß die Entropie zweier ineinander
diflfundierender Gase sich vergrößere, wird gewöhnlich dadurch
begründet, daß zwei beliebige ungleichartige Gasmengen, die
zwei gleiche und voneinander getrennte Volumenräume v und
V einnehmen, ohne jegliche Arbeitsleistung und ohne Energie-
vermehrung in den gemeinschaftlichen Volumenraum v auf um-
kehrbarem Wege hineingebracht und folglich darin miteinander
vermischt werden können. Es wird dabei als selbstverständ-
lich angenommen, daß die Entropie der beiden Gase beim
erwähnten Verfahren unverändert bleibt, und zwar gleich der
Summe der Entropiegrößen, die den Gasen in ihrem getrennten
Zustand zukommen. Betrachtet man nun zwei Gasmengen,
die zuerst die respektiven Volumenräume v^ und «, einnehmen
und die gleichen Spannungen p besitzen, so muß das gemein-
schaftliche Volumen der beiden Gase gleich v^ + t;, werden,
nachdem der Diflfusionsprozeß unter dem unveränderten Druck p
vollendet ist. Es kann aber andererseits jedes der beiden Gase
sich zuerst auf umkehrbarem Wege bis zum Volumen v^ + v^
isothermisch ausdehnen, wobei die entsprechende Entropie sich
vergrößern muß; darauf können die beiden Gase, schon bei
unverändert bleibender Entropie in den gemeinschaftlichen
Volumenraum v^ + v^ hineingebracht werden. Auf diese Weise
kommen die Gase zu demselben Endzustand, wie am Ende
eines direkten Diffusionsprozesses. Da aber die Gase auf dem
zuletzt beschriebenen Wege mit vergrößerter Entropie zum
Endzustand kommen, so pflegt man daraus zu schließen, daß
bei direktem Diffusionsprozeß auch eine Entropievermehrung
stattfinde.
Bedenken betreffend die Theorie der Entropievermehrung, 351
Bezeichnet man also mit m die Mansenmenge eines Guses^
durch V dessen Volumen, durch c dessen spezitische Wärme-
kapazität bei konstantem Volumen, durch p dessen Spannung
und durch 0 die entsprechende absolute Temperatur, so hat
man bekanntlich
(1) pv = mRO,
und die Entropie S der betrachteten Oasmenge läßt sich in
der Form darstellen:
(2) S^mclgO + mJ^g''^^ +mk,
• Im
wobei die Konstante k so gewählt ist, daB sie von m unab-
hängig bleibt. Sind mehrere Gase vorhanden, so ist die
EIntropiesumme der nebeneinander gestellten Gasvolumen gleich
Nach dem vollendeten DiffusionsprozeB nehmen die sämt-
lichen Gase den gemeinschaftlichen Volumenraum ^t7. ein,
and die entsprechende Entropie S wird unter der Voraus-
setzung berechnet, daß sie dieselbe Größe haben soll, wie in
dem Falle, wo jede Gasart das Volumen ^'w. flir sich ein-
nimmt, und die Gase unvermischt nebeneinander gebracht
werden. Demgemäß hat man also zu setzen:
(4) 5=lgÖ.2'".^« + ^>|Ä,lg2n|+^„.A.,
woraus folgt, daß
Da aber vor der Diffusion dieselbe Spannung p für jedes
der Oase gilt, so ist
und es ergibt sich demzufolge.
Den eben erhaltenen Ausdruck (7) püegt man als den
durch die Diffusion hervor^cnifenen Kntropiozuwaclis zu l)e-
trachteu.
852 N. ScktUer.
Führt man die Bezeichnungen n^, n^ , . , n^ fUr die Mole-
kularzahlen der verschiedenen Gasarten ein und berücksichtigt
man, daß
(8) wij R, = n^ Ry
wobei R für alle Gase denselben Wert hat, so erhält man
aus (7):
(9) «-2«i = 2J«.Äig-^)').
Es entsteht nun die Frage, ob zwei chemisch gleichartige
Gasmengen, die zwei gleiche voneinander getrennte Volumen-
räume ausfüllen, auf dieselbe Weise in einen gemeinschaft-
lichen Volumenraum ohne äußere Arbeitsleistung hineingebracht
werden können , wie dies für chemisch verschiedene Gase der
Fall ist. Die Möglichkeit eines arbeitsleistungslosen Inein-
anderschiebens zweier Gasvolumina wird dadurch begründet,
daß man sich immer eine halbdurchdringliche Wand vorstellen
darf, die nur eine Gasart durchläßt, während sie ftir die an-
deren Gasarten undurchdringlich bleibt. Ist aber solch eine
Wand logisch denkbar, so scheint ja kein Grund gegen die
Möglichkeit der Existenz einer Wand zu sprechen, die von
allen chemisch gleichartigen Molekülen einer bestimmten Oas-
sorte nur diejenigen durchläßt, die man auf irgend eine Weise
von den übrigen zu unterscheiden weiß. Der genannte Unter-
schied könnte entweder in der räumlichen Lage der Moleküle
bestehen, oder in der Größe ihrer Geschwindigkeit, wie bei
dem Maxwellschen Dämonenspiel, oder in irgend welchen
den willkürlich gewählten Molekülen zugedachten Merkmalen.
Übrigens läßt sich die Möglichkeit der von der partiellen
Durchdringlichkeit abhängigen Erscheinungen nicht aus den
besonderen chemischen Eigenschaften materieller Wände ab-
leiten, sondern sie wird durch die Tatsache begründet, daß
das Vorhandensein gegebener Massenmengen auch alle denk-
baren auf diese Massen wirkenden Kräfte zuläßt. Eine halb-
durchdringliche Wand ist nur als eine zufällige Realisation
der auf bestimmte Weise wirkenden Kräfte zu betrachten,
und keine praktisch sich erweisende Unmöglichkeit, solch eine
1) Vgl. auch Planck, Vorles. über Thermod. p. 203. 1897.
Bedenken betreffend die Theorie der Entropievermehrung, 353
Wand zu konstruieren, darf die theoretischen Schlüsse ab-
ändern ^ die aus den Gesetzen der Kraftwirkungen sich ab-
leiten lassen.
Breitet sich zum Beispiel ein gelöster Stoff mitten in
einem Lösungsmittel aus, so sind immer solche äußere Kräfte
denkbar, die die Bewegung des gelösten Stoffs zu hemmen
und den letzteren ins Gleichgewicht zu bringen vermögen, un-
abhängig vom umgebenden Lösungsmittel. Sind die kine-
matischen Eigenschaften des beweglichen gelösten Stoffs die-
selben, wie die der Gase oder der Flüssigkeiten, so läßt sich
das Gleichgewicht durch die Kräfte herstellen, die nur auf die
Oberflächenschicht des gelösten Stoffes wirken, wodurch alle
diejenigen Verrückungen der Massenteilchen des letzteren auf-
gehoben werden, die irgend eine Ändenmg des Volumen-
inhalts oder der Volumengcstalt zur Folge haben könnten.
Nun bietet aber die oben erwähnte Kräfteverteilung auf der
Oberflächenschicht alle Eigenschaften einer halbdurchdring-
liehen Wand, da nur die Beweglichkeit des gelösten Stoffs da-
durch gehemmt wird, während die Bewegung des umgeben-
den Mediums unverhindert bleibt. Es kann also jedes Gas
wie auch jede Flüssigkeit in gegebenem Volumenraume auf
dreierlei Weise im Gleichgewicht gehalten werden: entweder
durch Abgrenzung des Raumes mittels absolut undurchdring-
licher fester Wände, oder durch unmittelbar auf die (Trenz-
Bchicht wirkende Kräfte, oder durch feste, aber nur für das
abgeschlossene Gas undurchdringliche Wände. Wird der ge-
gebene Volumenraum von mehreren verschiedenartigen Gasen,
resp. Flüssigkeiten, eingenommen, so kann in demselben jedes
einzelne Gas, resp. jede Flüssigkeit, unabhängig von den übrigen
mittels der passenden auf die entsprechenden Grenzschichten
wirkenden Kräfte oder mittels der liir die entsprechende Gasart
undurchdringlichen Wände im Gleichgewicht gehalten werden.
FaBt man umgekehrt eine homogene Gasmasse ins Auge, die
das Volumen v ausfüllt und unter dem äußeren Druck p in
Buhe bleibt^ so darf man dabei den Druck p als aus n Partial-
drQcken pjn zusammengesetzt betrachten, wobei jeder Partial-
drack p/n je den entsprechenden n**^ Teil der Ge8amtmass<}
auf solche Weise im Gleichgewicht hält, daß der genannte
MMsenteily unabhängig von den übrigen, den ganzen Volumen«
23
354 N. Schiller,
räum ausfüllt. Soll nun der äußere Druck p auf seinen n-ten
Teil reduziert werden , so kann dies auf zweierlei Weise ge-
schehen und auch zweierlei Erscheinungen zur Folge haben.
Man kann nämlich entweder jeden der n Partialdrücke auf
seinen n^° Teil reduzieren, oder man kann nur den einzigen
Yon allen Partialdrücken weiter bestehen lassen und die übrigen
einfach aufheben. Bleibt dabei die Temperatur des Gases
immerfort konstant, so hat das erstere Verfahren zur Folge,
daß der vom Gas eingenommene Volumenraum sich erweitert
und n-mal größer wird. Infolge des zweiten Verfahrens ver-
flüchtigen sich aus dem Volumenraum v diejenigen Massenteile
des Gases, denen die äußeren Partialdrücke entzogen worden
sind, so daß nur der n^ Teil der Gasmasse im Volumenraume v
unter dem Druck pfn übrig bleibt. Man ersieht also, daß
beliebig große Gasmassen aus dem gegebenen Volumen ent-
fernt oder in dasselbe hineingebracht werden können, ohne
dadurch das Gleichgewicht der anderen in demselben Volumen-
raume eingeschlossenen Gasmengen zu stören. Die Grenzober-
fläche des im Gleichgewicht gehaltenen Gasteils zeigt dabei
alle Eigenschaften einer nur für diesen Gasteil undurchdring-
lichen Wand. Die mögliche Ebcistenz einer partiell durchdring-
lichen Wand für besondere Teile einer homogenen Gasmasse
kann somit als festgestellt betrachtet werden. Demgemäß wird
es auch einleuchtend, daß die vorher gestellte Frage über die
denkbare Möglichkeit eines arbeitsleistungslosen Zusammen-
schrumpfens zweier gleicher und gleichartiger Gasvolumina nur
bejahend zu beantworten ist. Das genannte Verfahren kann aber
nur bei einer besonderen Verteilung der auf das Gas wirkenden
und dessen Gleichgewicht haltenden äußeren Kräfte angewandt
werden. Soll zum Beispiel das gegebene Gasvolumen v ohne
äußere Arbeitsleistung zum n**° Teil seiner Größe reduziert wer-
den, so muß dasselbe zuerst in ji gleiche aneinandergrenzende
Abteilungen von der Größe r/n geteilt werden, jede Ab-
teilung r/w^ist hierauf, unabhängig von den übrigen, mittels
äußerer Oberflächenkräfte im Gleichgewicht zu halten. Bei
der auf die beschriebene Weise erfolgten Kraftverteilung können
alle n aneinanderliegenden Volumenteile entweder auf beliebige
Entfernung voneinander gebracht werden, ohne daß dadurch
ihr Gleichgewicht gestört wird, oder sie können ohne jeglichen
Bedenken beireffend die Theorie der Entropievermehrung. 355
Widerstand und ohne jegliche Arbeitsleistung so weit zu-
sammengeschoben werden^ bis sie den gemeinschaftlichen
Volumenraum vjn unabhängig voneinander einnehmen. Es
liegt also kein Grund vor, den unterschied zwischen den
chemisch gleichartigen und ungleichartigen Gasen in bezug
auf die Möglichkeit des arbeitsleistungslosen Zusammenschiebens
derselben aufrecht zu halten. Somit fällt auch der Unterschied
zwischen den genannten Gasarten hinsichtlich ihrer Entropie-
änderungen weg. Darauf erweist sich aber auch sogleich die
Unzulässigkeit derjenigen Betrachtungsweise, der gemäß die
Elntropie eines zusammenschiebbaren Gassystems mit derselben
solch eines Gttsvolumens verglichen wird, dessen Zusammen-
schrumpfen durch passend angebrachte Druckkräfte verhindert
bleibt Vom Standpunkte der genannten Betrachtungsweise
aus könnte man nämlich jeder gegebenen Gasmenge beliebige
Entropiegrößen unabhängig vom eingenommenen Volumenraum
zuschreiben. Man denke sich zum Beispiel das Gasvolumen v
in n gleiche nebeneinander bestehende Teile von der Größe v/rt
geteilt; man lasse jeden Volumenteil vjn bis auf die Volumen-
gröBe V sich nicht umkehrbar ausdehnen, wobei die ent-
sprechende Temperatur unverändert bleibt, die Spannung ra-mal
kleiner wird und die gesamte Ehtropie sich vergrößert, man
lasse darauf alle n erhaltenen Gtisvolumina sich ohne äußere
Arbeitsleistung in den gemeinschaftlichen Volumenraum v zu-
sammenschieben. Man kommt auf diese Weise zum anfäng-
lichen Gasvolumen mit derselben Temperatur und derselben
Spannung, aber mit der vergrößerten Entropie zurück.
Um aus den oben angedeuteten Widersprüchen heraus-
zukommen, ist zuerst zu beachten, daß die Definitionen, die
bei der Herstellung des EntropiebegrifiTs den entsprechenden
Betrachtungen zu Grunde gelegt werden, kaum zu dem
Schluß f&hren können, daß die Entropie eines zusammen-
gesetzten thermischen Eörpersystems der Summe der Entropie-
gröBen gesamter Teile des Systems bedingungslos gleich ge-
setzt werden müßte. Es ist nämlich einleuchtend, daß der
eben erwähnte Schluß sich nur auf die Größe der Eutropie-
änderung anwenden läßt und zwar auf folgende Weise. Sind
d8^, d8^, . t die Ektropieänderungen einzelner Teile eines
lengesetzten Systems und ist dS die entsprechende
23'
356 • N. Schüler.
Gesamtäuderung der Entropie des letzteren, so hat man stets,
wenn die Temperatur d für alle Teile dieselbe bleibt:
(10) ddS = ddS^ + ddS^ + .. .,
weil die dem System zugeftthrte Gesamtwärmemenge der Summe
der von den einzelnen Teilen aufgenommenen Wärmequantit'äten
unbedingt gleicli zu setzen ist. Es folgt aber aus (10), daß
(11) S = (Sj + «2 + . . . + Konst.,
und man ersieht daraus, daß die Gesamtentropie sich von der
Entropiesumme um eine Konstante unterscheidet, die je nach
Umständen wohl als von Null verschieden ausfallen kann.
Außerdem muß man in den Fällen, wo es auf die Entropie-
größe ankommt, wohl darauf achten, daß es sich nicht um die
Entropie der Gasmengen, sondern um die Entropie der aus
den Gasen unter Mitwirkung verschiedenartiger äußerer Kräfte
zusammengestellten thermischen Systeme handelt. Dement-
sprechend kann die Entropiegröße nicht als die jeder gegebenen
Gasmenge zugemessene Quantität, wie etwa die Wärmemenge,
betrachtet werden, sondern die genannte Größe erweist sich
als der Wert einer durch den Ausdruck der äußeren Arbeit
bestimmten stetigen Funktion der sich umkehrbar ändernden
thermischen Parameter.
Faßt man zum Beispiel zwei gleiche und chemisch iden-
tische Gasmengen ins Auge, die die gleichen Volumenräume v
einnehmen und die gleichen Spannungen p besitzen, so darf
man doch nicht die beiden Gase als zwei identische thermi-
sche Körpersysteme bedingungslos betrachten, denen etwa gleiche
Entropiegrößen immer zuzuschreiben wären. Es kann nämlich
dabei der Unterschied zwischen den beiden Gasen darin be-
stehen, daß die entsprechenden, das Gleichgewicht haltenden
äußeren Kräfte die beiden Systeme in verschiedener Weise an-
greifen. Das eine System sei zum Beispiel durch den äußeren
Druck im Gleichgewicht gehalten, der nur auf die äußere
Grenzoberfläche des Volumens v wirkt. Das andere System
sei in n gleiche aneinander anliegende Teile von der Größe r/n
geteilt und der äußere Druck p sei auf den n Grenzoberflächen
der letzteren angebracht. Dadurch wird für das erstere System
Bedenken betreffend die Theorie der Entropievermehrung. 357
die Möglichkeit eines arbeitslosen Zusammenschiebens aus-
geschlossen. Was aber das zweite System betrifl't, so ist für
dasselbe kein Hindernis vorhanden^ sein Gesamtvolumen v in
das it-mal kleinere Volumen o/n zu verwandeln. Die iso-
thermische Verkleinerung des Gesamtvolumens o ist für das
erstere System mit der Entropieverminderung unbedingt ver-
bunden. Die Entropie des zweiten Systems bleibt dagegen
unverändert, während das Volumen v des letzteren mittels
arbeitsleistungslosen Zusammenschiebens auf die Größe vjn
reduziert wird. Sollte die Entropie des zweiten Systems bei
der erfolgten Verminderung des Gesamtvolumens auch ver-
kleinert werden, so könnte dies nur durch die Verkleinerung
jedes Partialvolumens vjn erreicht werden, wodurch das ganze
System nicht zusammengeschoben, sondern zusammengedrückt
wird. Eb leuchtet nun auch weiter ein, daß dieselbe Größe
des Gesamtvolumens v den verschiedenen Entropiegrößen des
zusammenschiebbaren Gassystems entsprechen kann, da der
thermische Zustand des letzteren von v ganz unabhängig bleibt
und da die Größe v nicht zu den thermischen Parametern des
betrachteten Systems zu zählen ist. Sollte also die Entropie
eines zusammenschiebbaren Systems mit der eines unzusammen-
schiebbaren verglichen werden, so müßten die beiden Entropie-
größen als Funktionen des Partialvolumens vjn dargestellt
werden, bei dessen gleichen Werten auch die zu vergleichen-
den Entropiegrößen einander gleich bleiben, abgesehen davon,
daß die Werte des Gesamtvolumens dabei verschieden aus-
fallen können.
Bei den Betrachtungen, die zum Schluß über die Eutropie-
vermehrung der Gase durch DitTusion führen, scheint der Ge-
dankenfehler gerade darin zu bestehen, daß dabei die thermi-
schen Änderungen zweier ungleichartiger Gassystenie mitein-
ander verwechselt werden. Das System der unter demselben
gemeinschaftlichen Druck ineinander diifundierenden Gase ist
entschieden als unzusammenschiebbar zu bezeichnen. Um auf
ihre Entropieänderung zu schließen, pHegt man nun ein an-
deres und zwar zusammenschiebbares System ins Auge zu
fassen, dessen Änderungen von den Parametern des ersteren
nicht abhängen und somit nicht in Betracht ge/ogen wer-
den können.
358 N. Schiller.
Übrigens ist noch zu beachten, daß die Änderungen der
beiden obengenannten ungleichartigen Systeme auch so kom-
biniert werden können, daß man zum Endzustand des Di£fusions-
prozesses ohne jegliche Entropievermehrung oder sogar mit
einer Entropieyerminderung kommt um die durch dieDi£Pusion
angeblich hervorgebrachte Entropievergrößerung auszurechnen,
pflegt man nämlich die Volumina v^, Wj . • • «?„ der ineinander
zu diffundierenden Gasmengen sich erst bis auf die einander
gleichen Volumengrößen JSv. mit Entropievermehrung aus-
dehnen und nachher sich in den gemeinschaftlichen Volumen-
raum ^^v. zusammenschieben zu lassen. Nun kann man aber
das isothermische Ausdehnen der Gasvolumina v^, v^^ , . . v^
sich auch ohne jegliche äußere Arbeitsleistung und somit ohne
jegliche Entropieänderung denken: man braucht nur dazu, wie
dies schon vorher auseinandergesetzt worden ist, sich die ent-
sprechende Druckverteilung auf den Grenzen der voneinander
abgesonderten Teile jedes Volumens vorzustellen, wodurch
jedem Volumen die Eigenschaft der Zusammenschiebbarkeit er-
teilt wird. Sind nun darauf die auf die genannte Weise er-
weiterten Gasvolumina miteinander arbeitsleistungslos zu-
sammengeschoben, so kommt man zum Endzustand des
Diffusionsprozesses mit der unveränderten Entropiegröße. An-
dererseits kann man auch die vorläufige arbeitsleistungslose Er-
weiterung der einzelnen Volumina üj, ü,, . . . r^ noch weiter
als bis auf die Größe \2v^ hinauftreiben und dieselben wieder
auf die Größe -5'ü., aber mit Entropieverminderung, redu-
zieren. In diesem Falle kommt man nach dem nachher er-
folgten arbeitsleistungslosen Zusammenschieben der einzelnen
Volumina zum Endzustand des Diffusionsprozesses sogar mit
der verminderten Entropie.
Um aus den eben besprochenen Widersprüchen herauszu-
kommen muß man entweder die Möglichkeit eines arbeitsleistungs-
losen Zusammenschiebens gleichartiger Gasvolumina verneinen,
wozu eigentlich kein genügender Grund vorhanden ist, oder
die oben angeführten einander widersprechenden Schlußfolge-
rungen verwerfen und nach der richtigen Betrachtungsweise
suchen.
Um den richtigen Weg zur Beantwortung der Frage über
die Entropieänderung durch Difixision zu finden, muß zuerst
Bedenken betreffend die Theorie der Entropievermehning, 859
festgestellt werden, in welchem Sinne die Entropiegroße als
geändert zu betrachten sei. Da die Entropie ihrer Definition
gem&B sich nur als eine stetige und eindeutige Funktion der
sich umkehrbar ändernden thermischen Parameter darstellen
läBt, so kann dieselbe nur dann voneinander verschiedene
Werte annehmen, wenn die thermischen Parameter geändert
werden. Unter den thermischen Parametern sind aber außer
der Temperatur diejenigen Größen zu verstehen, deren unend-
lieh kleine Änderungen zur Bildung des Ausdrucks für die von
den äußeren Kräften auf umkehrbarem Wege geleistete Arbeit
beitragen. Außerdem ist zu beachten, daß die Ermittelung
der Entropiefunktion nur dann möglich ist^ wenn der genannte
Ausdruck im voraus gegeben ist Sind nämlich o^ , a, . . . a^
die thermischen Parameter und wird die äußere Arbeit rfi/ in
der Form
(12) -rfi=;?irfai +ftrfa,+ . "P^da^
gegeben, so lassen sich die Ableitungen von der Entropie-
funktion 8 durch die Gleichungen
Mox ^S __ dpi dS _ dp^ ,
bestimmen, wobei 6 die absolute Temperatur bezeichnet. Ist
außerdem auch c, die Wärmekapazität des betrachteten ther-
mischen Systems, gegeben, so hat man dazu
(14) c=öjf.
Die additive Eonstante, die in die durch die Gleichungen (13)
und (14) bestimmte Entropiefunktion hineinkommt, bleibt natür-
lich von den Größen 0, a^, a^ . , . a^ unabhängig und kann
nichts zur Entropieänderung beitragen. Es kann wohl der
Fall vorkommen, wo die Entropiefunktion sich etwa in der
Form
(15) 5 r= /j (aj, a,, . . . flk) + /•, (a^+i, . . . o«) + Konst
darstellen läßt Zieht man dabei nur diejenigen Zustands-
änderungen des genannten thermischen Systems in Betracht,
die bloß von der Parametergruppe a^, a^, . . . «* abhangen, so
bleibt die Funktion /j|(afc^.iy... /In) unverändert und die Summe
360 N. Schiller.
f^ + KoDst. spielt einstweilen die Bolle einer neuen additiven
Konstanten. Kommt es nun nachher darauf an, auch die
Änderungen der übrigen Parameter a^+ir* • ^ i^s Auge zu
fassen, so kann es den Anschein haben, als ob die ent-
sprechende Entropieänderung durch die Änderung der addi-
tiven Konstante hervorgebracht würde. Es darf aber nicht
vergessen werden, daß in diesem Falle der als eine additive
Konstante betrachtete Ausdruck f^ + Konst. jedenfalls als
Funktion der Parameter 0^+1,... a, schon dargestellt ist, was
sich nur dann als möglich erweist, wenn die genannten Para-
meter in den Ausdruck der von den äußeren Kräften umkehr-
bar verrichteten Arbeit hineinkommen. Die mehrmals vorher
angeführte übliche Betrachtungsweise scheint auch zum Schluß
zu führen, daß die additive Konstante der Entropiefunktion
durch den erfolgten Diffusionsprozeß um die Größe (9) wachsen
muß, die von der Anzahl der ineinander diffundierenden Gras-
moleküle abhängt. Dabei vermag man selbstverständlich auf
keinen Ausdruck hinzuweisen, der die von den unendlich kleinen
Änderungen der Molekülanzahl abhängige, von den äußeren
Kräften umkehrbar verrichtete Arbeit, darstellen könnte. Die
angeblich hergestellte Abhängigkeit der additiven Konstante
von der Molekülanzahl wäre aber nicht anders zu ermitteln,
als aus den Koeffizienten des differentiellen Arbeitspolynoms
mittels der Gleichungen (13).
Es bleibt also nur ein Weg, die dem Diffusionsprozeß ent-
sprechende Entropiefunktion zu finden, nämlich mit Hilfe des
entsprechenden differentiellen Arbeitsausdrucks. Das thermi-
sche System der ineinander diffundierenden Gase, welches aus
den verschiedenartigen einander berührenden Gasvolumina
Vj, Vj, . . . ü^ zusammengestellt ist und mittels des auf die
äußere Grenzoberfläche des Gesamtvolumens 21 v^ wirkenden
Drucks p im Gleichgewicht gehalten wird, kann nicht ohne
äußere Arbeitsleistung zusammengeschoben werden. Ebenso-
gut bleibt das System nach dem vollendeten Diffusionsprozeß
unzusammenschiebbar, während die verschiedenartigen Gase
bei ihren Partialspannungen ;?, , p^j - ' ' Pn ^®^ gemeinschaft-
lichen Volumenraum v = 21v^ einnehmen. Die äußere Ar-
beit dL wird vor und nach der Diffusion resp. durch die
folgenden Ausdrücke dargestellt:
Bedenken betreffend die Theorie der Entropievermehrung, 361
(16)
und
d L = p[dv^ + dv^ + . , . dv^ =s pdv
dL = {p^+ p^+ . . .pjdv =^pdv,
die, wie man sieht, einander gleich ausfallen. Da man außer-
dem Tor dem DiffusionsprozeB
(17) pv^ = wij B^d, pv^ = rn^B^d, . . ,pv^^ ^n^n^
und nach demselben
(18) p^v^m^B^d, PiV^m^B^dj .. .p^v^m^B^O
hat, wobei d die absolute Temperatur und m^^ , . . m^ die ent-
sprechenden Massenmengen bezeichnen, so ergibt sich für die
beiden Fälle:
(19)
woraus folgt:
(20)
d JS ^ dp ^ JSmtRi
S^{:Sm,B,)lgv+f(6).
i-
m.
^2
\prP^
Da aber weder die Temperatur d, noch das Volumen v
durch die Diffusion geändert werden, so kann man daraus
nur den einzigen Schluß ziehen^ daß die
Entropie S auch dabei unverändert bleibt.
Um sich das Wesen des Diffusions-
prozesses anschaulich zu machen, stelle man
sich zwei chemisch identische Gasmengen
m, und m, vor, welche die einander frei
berührenden Volumenteile v^ und v^ eines <
zylindrischen Behälters ausfüllen und dabei
die verschiedenen Spannungen p^ und p^ be-
sitzen, so daß p^ > p^ ist Der Behälter sei
Ton außen durch zwei bewegliche undurch- "
dringliche Kolben aa und bh abgeschlossen
(▼gL die beistehende Figur). Die beiden
Oasmengen bleiben im Gleichgewicht, wenn
auf jede Flächeneinheit der Grenzoberiiächen
der Volumenräume o^ und v, die äußeren Druckkräfte p^
and p^ entsprechend wirken. Die erforderliche Druckverteilung
kann dadurch erreicht werden, daß man die Druckkräfte
ntt
p,
Fig. 1.
362 K Schüler.
p^ und p^ entsprechend auf die beweglichen Kolben wirken
läßt und außerdem einen äußeren Druck />j -^ P% ^^^ j^d^
Flächeneinheit der freien Trennungsoberfläche zwischen den
Volumenräumen v^ und r, anbringt, und zwar in der Richtung
von »2 nach t;^. Nun bestehen zwischen den Größen p^, p^,
^if ^2' ^if ^2 ^^^ ^®^' Temperatur d die Beziehungen:
(21) p^v^ ^ m^ Rd , p^v^ = m^Rd ,
woraus man ersieht, daß bei den konstant gehaltenen Span-
nungen p^ und p^ die Volumenveränderungen nur dann zustande
kommen können, wenn dabei auch die Massenmengen m^ und
TU, sich ändern, das heißt, wenn ein Massenübergang von einem
Volumenraum zum anderen durch die Trennungsoberfläche
von statten geht, was durch die passende Abwechselung der
Angriffspunkte des Trennungsoberflächendrucks p^ — p^ immer
zu erreichen ist. Die bei den eben beschriebenen unendlich
kleinen Volumenänderungen dv^ und dv^ von den äußeren
Kräften geleistete Arbeit d L läßt sich in der Form darstellen
(22) — dL = pj dv^ + p^ dv^ .
Da aber die Gleichungen (21) bei konstant gehaltenem p^
und p^
(23) Pi^^i + p^dv^^ R6[dm^ + dm^)
ergeben und da
dm^ + dm^ = 0
ist, so kommt man zum Schluß, daß c/Z = 0. Da nun weiter
p^ und pj^ während des ganzen Vorgangs konstant und von
der Temperatur d unabhängig bleiben sollen^ so ergibt sich
was auf die entsprechende Unveränderlichkeit der Entropie-
größe hinweist.
Wird das Volumen ü, und somit die Massenmenge m^
unendlich klein, so nimmt die übrige von der Größe
Bedenken betreffend die Theorie der Entropievermehrung, 363
unendlich wenig sich unterscheidende Gasmasse das Vohimen V^
ein, das durch die Gleichung
(25) p^r^=^MRe
bestimmt wird. Wird dagegen v^ unendlich klein, so läßt sich
das Ton der übrigen Gasmenge eingenommene Volumen V^
aus der Gleichung
(26) p^F^^MRd
berechnen. Man ersieht also, daß die Gasmenge M auf die
angedeutete Weise vom Volumen F^ und von der Spannung p^
ohne Entropieänderung und ohne äußere Arbeitsleistung zum
Volumen V^ und zur Spannung p^ auf umkehrbarem Wege
hinübergefQhrt werden kann. Sollten die Volumenänderungen
und die mit ihnen verbundene Gasmassenüberführung mit einer
gewissen von außen mitgeteilten Geschwindigkeit vor sich gehen,
Bo würde dadurch dem ganzen Vorgang eine bestimmte Rich-
tung vorgeschrieben und dessen Umkehrung bei der bestehen-
den Geschwindigkeit unmöglich gemacht. Man darf aber des-
halb nicht einem solchen Vorgang die Eigenschaften einer
umkehrbaren Zustandsänderung absprechen, da die entstande-
nen Geschwindigkeiten nicht von den in den Arbeitsausdruck d L
hineinkommenden Eräften herrühren und da die letztgenannten
Kräfte nichtsdestoweniger immerfort das Gleichgewicht halten.
Das eben betrachtete Gassystem kann nun noch kom-
plizierter vorgestellt werden, damit es sich an die ineinander
di£Eundierenden Gasmengen mehr anpasse. Man kann nämlich
den äußeren auf die Trennungsoberfläche wirkenden Druck
p^ — /i, sich dadurch verwirklicht denken, daß die Massen-
menge m^ irgend eines verschiedenartigen Gases dem im
Volumenraum o, sich befindenden Gas beigemischt wird, und
xwar auf die Weise, daß die Partialspannung des hinein-
gepreßten Gases bis auf die Größe p^ — p^ hinaufsteige. Dabei
fordern die Gleichgewichtsbedingungen, daß noch der äußere
Druck p^ — /?, zu der auf den Kolben b b wirkenden Druck-
kraft p^ hinzugefügt^ werde. Dementsprechend nimmt der
ganze den genannten Kolben angreifende äußere Druck die
Ghröße p^ an. Dieser äußere Druck p^ kann wieder dadurch
verwirklicht werden, daß man die den Baum t?, ausfüllende
364
N. Schüler.
l
TJV,
Gasmischang mit der neuen Gasmenge m^' in Berührung bringt,
die die Spannung p^ besitzt, den entsprechenden Volumen-
raum v^' einnimmt und mit dem in den Volumenraum r, zu-
vor hinzugeführten Gas chemisch identisch ist Soll das eben
neu hinzugebrachte Gasvolumen v^' mittels eines beweglichen
Kolbens vom äußeren Raum abgeschlossen werden, so muß
der äußere Druck p^ auf jede Flächeneinheit des Kolbens
wirken, damit das Gleichgewicht des ganzen Systems erhalten
bleibe. Auf diese Weise kommt man zu der durch die bei-
stehende Figur daiigestellten Anordnung der Gasmassen.
Die in dem zylindrischen Behälter eingeschlossenen Gas-
massen sind von außen durch zwei bewegliche Kolben a a und
dd abgegrenzt. Die einander gleichen
äußeren Druckkräfte p^ halten die beiden
Kolben im Gleichgewicht. Die Volumen-
l räume v^ und v^' sind mit zwei chemisch
verschiedenen Gasmengen m^ und m^' aus-
gefüllt, die die gleichen Spannungen p^
besitzen. Das Volumen r, enthält die
Mischung der beiden Gasarten, von denen
der einen die Masse m^ und die Spannung
Pg, der anderen dagegen die Masse m^' und
die Spannung p^ — p^ zukommen. Die
^ Druckwirkung der einen der beiden Gas-
ai*ten auf die andere ist dieselbe, wie die
der von außen angebrachten Kräfte. Das
erste Gas übt nämlich den Druck p^ auf die
untere Trennungsoberfläche cc und den
Druck p^ auf die obere b b aus. Das zweite Gas drückt mit
der Kraft p^ auf die obere Trennungsoberfläche bb und
mit der Kraft p^ — p^ auf die untere c c. Die Arbeitsleistung
dL' der vom ersten Gas herrührenden Druckkräfte wird durch
(27) -dL'^p,dv^ + [p^^p,)dv^
dargestellt Da aber
(28) p^v^' = m^'Rd, (/?! -p;jv^ = m^'R'd
und da p^ und p^ konstant bleiben, so ergibt sieh
(29) p, dv{ + {p^+p^)dv^ = Rd[dm^' + dm^) = 0
und somit dL ^ 0,
cu
TTL,
Tth,
7TL,
t>
Fig. 2.
Bedenken betreffend die Theorie der Entropievermehrung. 865
Die Arbeitsleistung dL der vom zweiten neu zugefügten
Gtas herrührenden Kräfte ist schon durch die Formel (22) an-
gegeben und fällt ebenso gleich Null aus.
Das eben beschriebene Anfügen des zweiten Oases als
einer aufdas erste Gas wirkenden äußeren Kraftquelle erteilt aber
dem neu umgestalteten Gassystem eine besondere Eigenschaft
Da nämlich die Gasmolekülc ihre eigenen immerfort bestehen-
den Geschwindigkeiten besitzen, die auch das beständige Ein-
dringen verschiedener Teile derselben Gasmasse ineinander
hervorrufen, so hat der genannte umstand zur Folge, daß die
Volomenänderungen c/v^, dv^ und dv^ nur in der bestimmten
Richtung und mit der von Anfaüg an bestimmten Geschwindig-
keit von statten gehen können , ohne dabei , wie dies schon
oben auseinandergesetzt wurde, die Eigenschaft der umkehr-
baren Änderungen zu verlieren. Der oben erwähnten an-
gestoßenen Geschwindigkeitsrichtung gemäß ändern sich die
Volumina »j, r/ und v^ auf die Weise, daß die beiden ersteren
sich bis zur Null vermindern und das letztere sich bis auf die
Größe r, vergrößert, die durch jede der Gleichungen
(29) {
' , (7^1 - Pt) = '»^' /^' ö, /; p, = M n ö,
sich bestimmen läßt Am Ende des Vorgangs vermischen sich
die beiden Gase im Volumenraum V^ miteinander und be-
sitzen dabei entsprechend die Partialspannungen p^ und p^ — p^.
Was nun die den beiden Gasen zukommenden Entropiegrößen
betrifft, so müssen dieselben nach dem Vorhergesagten als un-
verändert betrachtet werden. Man sieht aber, daß die eben
beschriebene Zustandsänderung des betrachteten zusammen-
gesetzten Gassystems dem Diffusionsvorgang genau entspricht,
und daß f&r den letzteren die vorher abgeleiteten Schlußfolge-
rungen auch als geltend angenommen werden müssen.
Faßt man endlich jede beliebige durch die äußeren Kräfte
im Gleichgewicht gehaltene chemisch homogene Gasmenge ins
Auge, 80 muß man zugeben, daß in solchem, ins Gleichgewicht
gesetzten Massensystem innere Molekularbewogungen dennoch
fortwährend vor sich gehen und darin nämlich bestehen, daß
jede zwei benachbarte Volumenteile der betrachteten Gasmenge
366 N. Schäler, Bedenken betreffend die Theorie etc.
ihre Moleküle gegeneinander umtauschen. Solche Bewegungen
sind aber der Art^ daß sie jedenfalls als Diffusionsprozeß der
gleichartigen Gasmassen ineinander angesehen werden müssen.
Wollte man also bei der Annahme der Entropievermehrung
durch Diffusion bleiben^ so müßte man auch anerkennen, daß
die genannten Molekularbewegungen die fortdauernde Entropie-
zunahme bis ins Unendliche zur Folge haben.
Franzensbad, August 1903.
(Eingegangen 12. September 1908.)
367
47. Über die Größe der Kristallmolekflle.
Von Rad. Wegsoheider in Wien.
In den Naturwissenschaften ist jede Betrachtungsweise
erlaubt; die aus klar festgelegten Voraussetzungen mit Hilfe
logisch (mathematisch) richtiger Schlüsse zu Folgerungen führte
die mit der Erfahrung verglichen werden können. So mag
es wohl auch gestattet sein, aus Anlaß der Feier eines Mannes,
dessen glänzende Forschungen zum großen Teile auf den ein-
fachsten Annahmen über die Beschaffenheit der Moleküle
fußen, eine Lanze für die Annahme recht komplizierter Mole-
küle zu brechen.
Van't Hoff ^) hat darauf aufiuerksam gemacht, daß man
die Molekulargewichte fester Körper aus Gleichgewichten ab-
leiten könne, an denen feste Lösungen beteiligt sind. Ins-
besondere hat auch der Nernstsche Verteilungssatz ^ für solche
Schlüsse Verwendung gefunden. Wenn die so erhaltenen
Molekulargewichte sich auch zunächst auf den in der festen
Lösung in kleiner Menge enthaltenen Bestandteil beziehen, so
ist es doch bei isomorphen Mischungen sehr wahrscheinlich,
daß dieselben Molekulargewichte auch den reinen Körpern zu-
kommen, welche dieselbe Form haben wie die Mischkristalle
und die Endpunkte der Mischungsreihe bilden.^
Als Ergebnis der diesbezüglichen Untersuchungen be-
trachtet man den Satz^), „daß der feste Zustand sich nicht
durch einen komplizierten Molekularbau auszeichnet, sondern
daß auch bei fest gelösten Körpern die Moleküle häutig der
auf Grund chemischer Tatsachen denkbar einfachsten Molekular-
größe entsprechen und höchstens den doppelten Wert haben''.
1) J. H. vanH Hoff, ZeiUchr. f. phys. Chem. 5. p. B36. 1890.
2) W. Nernst, Zeitschr. f. phys. Chem. 8. p. 110. 1891 ; 9. p. 137. 1892.
8) J. H. van't Hoff, Zeitschr. f. phys. Chem. r>. p. 386. 1890.
4) J. H. van*t Hoff, Vorlesungen über theor. u. phys. Chem.,
2. Heft, 2. Aofl. p. 65; vgl. auch V. Rothmund in Dammers Uandb.
d. anorg. Cbem. 4» p. 26.
368 S. Wegscheider.
Für die Verteilung eines Stoflfs X zwischen einen Misch-
kristÄÜ und eine zweite Phase (etwa eine Lösung) fordert diese
Auffassung folgendes. Seien die Konzentrationen von X im Misch-
kristall und in der zweiten Phase x und c, so soll in der
Regel x/c, ausnahmsweise a:/c* bei gegebener Temperatur
konstant sein.
Das Zutreffen dieser Beziehungen beweist nicht unbedingt
die Einfachheit der Eristallmoleküle; denn sie bleiben auch
noch gültig, wenn X in E'orm von Molekülen XY^ bez. X^Y^
auftritt \ wo Y den Hauptbestandteil des Mischkristalles be-
deutet Die Verteidigung komplizierterer Kristallmoleküle braucht
sich aber gar nicht hierauf zu berufen. Denn in der Regel
ist weder x/c, noch xjc^ konstant.
Zwar hat Nernst*) die Konstanz von xjc für KCIO, bei
der Löslichkeit seiner Mischkristalle mit TICIO3 angenommen,
aber wesentUch nur, weil die Verhältnisse x^fc und :r/f^ noch
viel weniger konstant sind. Roozeboom^, dem wir die ein-
schlägigen Beobachtungen verdanken, hebt hervor, daß x/r nicht
konstant ist; es ist in der Tat unverkennbai*, daß die Werte
dieses Verhältnisses einen regelmäßigen Gang zeigen.
Im Sinne der Konstanz von xjc^ hat Küster*) seine
Versuche über die Mischkristalle aus Naphtalin und /?-Naphtol
gedeutet. Indes hat Bodländer^) mit Recht hervorgehoben,
daß die Konstanz gerade dort aufhört, wo sie am besten zu-
treffen sollte, nämlich bei kleinem x.
Eine umfassende Zusammenstellung eigener und fremder
Versuche über die LösHchkeit von Mischkristallen hat Fock®)
gegeben. Unter 29 Beispielen zeigt keines konstantes xfc^
und nur vier (oder wenn man zwei Fälle hinzurechnet, in denen
cfx von Fock, trotz des deutlichen Ganges, als ausreichend
konstant betrachtet wurde, sechs) konstantes xjc (I.Gruppe). In
1) W. Ostwald, Lehrb. d. allg. Chem. 2. Aufl. II«. p. 592; G. Bod-
1 an der. Neues Jahrb. f. Mineralogie XII. ßeilageband p. 78. 1899.
2) W. Nernst, Zeitschr. f. phys. Chem. 9. p. 141. 1892.
3) B. Roozeboom, Zeitschr. f. phys. Chem. 8. p. 535. 1891.
4) F. W. Küster, Zeitschr. f. phys. Chem. 17. p. 357. 1895.
5) G. Bodl ander. Neues Jahrb. f. Mineralogie XII. Beilagebd.
p. 108. 1899.
6) A. Fock, 2^itschr. f. Kristallograph. 28. p. 337. 1897.
Große der Krisfalhnoleküle, 369
der Regel (18 Fälle, 2. Gruppe) tritt mit steigendem x Fallen
von cl X und Steigen von c/j/x ein. In drei Fällen (3. Grappe)
steigen sowohl c/x als c/j/jr, in 4 (allerdings weniger beweis-
kräftigen) Fällen (4. Gruppe) sinken beide Quotienten. Be-
schränkt man sich auf binäre Elektrolyte und scheidet außer-
dem die Fälle aus, bei denen es an Beobachtungen mit kleinem x
mangelt, so ändert sich das Bild nicht wesentlich. Unter
zehn Fällen gehören zur ersten Gruppe zwei (vier?), zur
zweiten sechs, zur dritten zwei Fälle, zur vierten keiner.
Die Annahme zusammengesetzter Kristallmoleküle .Y^ ge-
nügt für sich allein nicht, um die Beobachtungen darzustellen.
Setzt man c"/x konstant, so wUrde in den letzten drei Gruppen
der Reihe nach l<ii<2, n<l, n > 2 sein. Die An-
schauung, daß der gelöste Stoff im Mischkristall Moleküle X,
(oder höhere), in der Lösung Moleküle X^ bilde, reicht also
vielleicht zur Deutung der 4. Gruppe, aber nicht der 2. und
3. Gruppe aus. Letztere erfordern gebrochene Werte von n,
die keine theoretische Bedeutung haben. Fock nimmt in der
erwähnten Abhandlung einfache Kristallmoleküle an, aber auf
Grund irriger theoretischer Betrachtungen. *)
Man könnte nun versuchen , das Verhalten der 2. und
3. Gruppe auf Störungen durch Nebeneinflüsse zurückzuführen.
bline bei der Berechnung nicht berücksichtigte Störung bildet
die elektrolytische Dissoziation in der wässerigen Lösung. In
der besprochenen Abhandlung-) war Fock (wohl mit Recht)
der Ansicht, daß die Berücksichtigung der Dissoziation die
Inkonstanz von cjx quantitativ nicht erklären könne. Später^
hat er allerdings die Dissoziation für die Inkonstanz verant-
wortlich gemacht; dabei muß er aber die unwahrscheinliche
und durch keine andere Tatsache gestützte Annahme machen,
daß bei einer Konzentrationserhöhung von 23 Proz. der Disso-
ziationsgrad fast auf die Hälfte herabgeht. Daß die Dissoziation
die Inkonstanz von cjx nicht allein verschuldet, geht mit
großer Wahrscheinlichkeit aus den erwähnten Roozeboom-
1) Vgl. W. Oatwald, Zeitschr. f. phys. Chem. 24. p. :>\M\. 1897;
A. Pock, 1. c. 26. p. 74. 1898; G. Bodländer, N. .Jahrb. f. Mineral.
XU. Beilageband p. 111.
2) p. 854, 356, 361.
3) A. Fock, Zeitschr. f. phys. Chem. 25. p. 77. 1898.
Boltuuuw-FMMfarlfL *^^
37 R, Wtgscheider,
sehen Versuchen mit KCIO3 in TICIO3 hervor; denn bei diesen
war xjc nicht konstant, obwohl die Dissoziation auf Grund
guter Beobachtungen und ziemlich unbedenklicher theoretischer
Anschauungen rechnerisch berücksichtigt wurde.
Wenngleich die Versuche noch anderen Bedenken {ins-
besondere wegen der geringen Diffusionsgeschwindigkeit in
festen Körpern) ausgesetzt sind, so erwecken sie doch im ganzen
den Eindruck, daß x/c" (wo n eine ganze Zahl) in der Begel
nicht konstant ist, und daß daher die theoretischen An-
schauungen unzutreffend sind, welche diese Konstanz erwarten
lassen. In der Tat läßt sich eine Theorie der isomorphen
Mischungen ableiten, welche mit den Beobachtungen über
die Löslichkeit der Mischkristalle besser im Einklang steht
Neue Theorie der isomorphen MiBohkristalle.
Ich behalte folgende zwei Voraussetzungen bei:
1. Isomorphe Mischungen sind feste Losungen,^)
2. Sämiliche Moleküle eines Mischkristalles sind ähnlich zU'
sammengesetzt
Ich nehme ferner zusammengesetzte Kristallmoleküle und
in Mischkristallen Verbindungen der Bestandteile an. Zu-
sammen mit der zweiten Voraussetzung führt das zu folgender
Anschauung :
Es seien X und Y die analog gewählten gewöhnlichen
chemischen Formeln der Bestandteile des Mischkristalles ent-
sprechend den in einer zweiten Phase (Lösung oder Gas) auf-
tretenden Molekülen. ¥ sei im Mischkristall das Lösungsmittel
und habe darin die Molekülformel Y^, wo n eine ganze ZahL
Dann hat nach Voraussetzung 2 auch X im Mischkristall die
Formel X^; die Verbindungen von X und Y entsprechen der
allgemeinen Formel X« Jr„__a, wo für a alle ganzen Zahlen
zwischen Null und n möglich sind. Ich mache also die Voraus-
setzung:
1) G. Bodländer hat sich gegen diesen Satz ausgesprochen, weil
sich die Mischkristalle den Lösungsgesetzen nicht zu fügen scheinen
(Neues Jahrb. f. Mineral. XII. Beilageband p. 114. 1899). Dagegen be-
trachten Bruni (Chem. Centralbl. 1899. IL p. 1088.), Roozeboom
(Zeitsch. f. phys. Chem. 30. p. 393. 1899) und Sommerfeldt (Chem.
Centralbl. 1901. I. p. 759.) die Mischkristalle als feste Lösungen.
Größe der Kristallmoleküle. 371
3. Der Mischkristall besteht aus den Molekülen X„, A',4_il', ...,
i^Yf^fu • • •> ^ ^n—\} ini zwischen denen sich Gleichgewichte
einstellen.
Die mathematische Entwickelang dieser Theorie bean-
sprucht za viel Baum, als daß ich sie an dieser Stelle ver-
öffentlichen könnte. Hier sei nur erwähnt^ daß die Theorie
je nach den Werten der Gleichgewichtskonstanten steigendes,
fallendes oder konstantes xjc vorhersehen läßt; auch konstantes
x/c ist also mit komplizierten Kristallmolekülen verträglich.
xje* soll für kleine x jedenfalls fallen; da aber schon bei n = 3
Kurven mit einem Minimum und einem Maximum möglich
sind^ bietet die Theorie auch Raum für das Ansteigen von x/c',
Somit ist diese Theorie imstande, die Beobachtungen über die
Löslichkeit der Mischkristalle darzustellen. Wir kommen da-
her zu dem Schluß:
Die Annahme zusammengesetzter Kristallmoleküle entspricht
den Tatsachen besser als die Annahme einfacher Moleküle.
Man könnte vielleicht meinen, daß dieser Satz den Beob-
achtungen über die Änderung des Umwandlungspunktes poly-
morpher Formen durch isomor{)he Beimengungen widerspricht
Das ist aber nicht der Fall. Denn Rothmund ^) konnte aus
seinen diesbezüglichen Versuchen nur den Schluß ziehen, daß
das Molekulargewicht des fest gelösten CCl^ in monoklinem und
regulärem CBr^ dasselbe ist.'-^ Reinders^ schließt allerdings,
daß HgBr, in HgJ, die einfache Formel habe. Aber die
Annahme, daß im wesentlichen die Moleküle (HgBr^) (Hg J^jn-i
fest gelöst sind, ist ebenfalls möglich und würde sogar die
bei Beinders nicht besonders befriedigende Übereinstimmung
zwischen gefundenen und berechneten Zahlen verbessern. Zur
Annahme komplizierter Kristallmoleküle führt eine Arbeit von
W. Müller.^) Dieser hat aus Beobachtungen über die Um-
wandlung von KNOj-haltigem NH^NO, bei 30« den Schluß
gezogen, daß das Molekulargewicht des KNO3 ^^ ^^^ unterhalb
1) V. Bothmund, Zeitschr. f. phys. Chein. 24. p. TO.'). 1897.
8) Vgl. übrigens hierzu G. Bodländer, Neues Jahrb. f. Mineral.
XIL Beilageband p. 100.
8) W. Reinders, Zeitschr. f. phys. Chem. 32. p. :)32. 1900.
4) W. Müller, Zeitschr. f. phys. Chem. 31. p. 358. 1899.
24*
872 R. Wegseheider, Große der Kristallmoleküle.
30^ stabilen Modifikation ^/^ des in der oberhalb stabilen
Form ist Daraus ergeben sich als einfachste Formeln (KNOj)^
und (003)3.
Auf die Bildung von zusammengesetzten Molekülen in
festen Körpern deuten ferner die Dampfspannungsmessungen
Hollmanns ^) au Mischkristallen aus Vitriolen und aus
Alaunen hin. Ob gerade die von Hollmann angenommenen
Verbindungen auftreten, lasse ich vorerst dahingestellt
Zum Schlüsse sei noch darauf hingewiesen, daß die Lös-
lichkeit der Mischkristalle mit dem Oleichgewicht zwischen
Farbstoffen und B^'asem *) manche Ähnlichkeit hat Wenn auch
für den letzteren Fall eine ausschlaggebende Rolle der Ober-
flächenspannung ^ in erster Reihe in Betracht kommt, so
könnten die Erscheinungen doch vielleicht auch durch die An-
nahme beschrieben werden, daß die Faser mit dem Farb-
stoff Verbindungen in mehreren Verhältnissen bildet, die mit-
einander (und vielleicht auch mit der Faser) eine feste Lösung
geben. Die chemische Beschaffenheit der Faserstoffe ist dieser
Annahme nicht ungünstig.
1) R. Hollmann, Zeitschr. f. phys. Chem. 37. p. 203, 212; 40.
p. 577. 1901.
2) Vgl. die Arbeiten von Walker und Appleyard, sowie von
Y. Georgievics, Monatsh. f. Chem. 21. p. 845. 1900 (mit Springer),
Zeitschr. f. Farben- u. Textilchem. 2. Heft 13. 1903 u. a.
3) F. Kaufler, Wiener. Sitz.-Ber. Ua. 111. p. 935. 1902.
(Eingegangen 13. September 1903.)
373
48. The Principle of Dynamical Similarity
in Molecular Physics.
By William Satherland in Melboarne.
The most important kind of dynamical similarity is that
in which the similar Systems have their kinetic and potential
energies in the same ratio. A single varying System will be
always dynamically similar to itself if its kinetic energy bears
a fixed ratio to its potential energy. Since motion and position
are porely relative, the quantities of kinetic and potential
energy ascribed to a System depend on the arbitrary deiinitions
of zero kinetic and zero potential energy. In applying the
principle of dynamical similarity to molecular physics the
kinetic energy may be taken to be the same as that in-
vestigated in the kinetic theory of gases, and the potential
energy as the work required to separate the molecules to an
infinite distance apart without changing their total kinetic
energy. These are the two most important dynamical (juan-
tities which appear in the kinetic theory of gases, when
cohesional forces are taken into account.
The fundamental importance of their ratio is indicated by
the prominent part it plays in Boltzmann's Law of Distri-
bution. That law gives for the chance that a System of
molecules in dynamical eqailibrium shall have its coordinates
between x^ . . . and x^ + dx^ . , , the expression
(1) Äe^^^^dx^ . . . dy^ . . . dz^
in which h is inversely proportional to the mean kinetic energy
of a molecule, and / is proportional to the mean potential
energy of a molecule.
In molecular investigations the principle of dynamical
similarity must be used along with other principles. Of these
the principle of kinematical similarity in molecular motions
374 JT. Sutherland.
is a usefui one. In kinematical similarity we may include
strict geometrical similarity between molecular orbits, and a
more general similarity of the following nature. Consider the
motion of planets and comets round the sun. There are the
two main classes of orbit, the ellipse with its finite ränge and
the hyperbola with its infinite ränge open at infinity. Between
these lies the transition case of the parabola of infinite ränge
but closed at infinity. The planetary orbit is elliptic, parabolic,
or hyperbolic according as the kinetic energy of the planet at
any place is less than, equal to, or greater than that which
would have been acquired by it in falling to that place &om
a Position of rest at an infinite distance irom the sun. But
this latter is an appropriate measure of the potential energy
of the planet; so that kinematical similarity is connected with
dynamical through the ratio of potential to kinetic energy.
In molecular physics the relative orbits of neighbour mole-
cules can be divided into the two main classes^ those of finite,
and those of infinite ränge, with a transition case in which
kinetic energy is always equal to potential Kinematically we
may define a vapor or gas as a collection of molecules in
which the average relative orbit of two neighbours is portion
of a curve of infinite ränge. In a liquid the relative orbit of
two neighbours, while they are under one another's infiuence,
is portion of an orbit of finite ränge.
At the critical point the average relative orbit is portion
of a curve of infinite ränge on the verge of changing into one
of finite ränge. The average kinetic energy is equal to the
average potential energy. Moreover at the critical point the
actual orbits do not Cluster about two different types. In a
paper on The Electric Origin of Molecular Attraction ^), I have
shown that the valency charges of electricity belonging to the
atoms of a molecule form electric doublets, which attract and
repel one another as magnets do, with a force varying inver-
sely as the fourth power of the distance between them. The
attractive forces and the repulsive acting on a molecule neu-
tralise ' one another on the average, except in the case of
neighbours. For example two molecules, which are about to
1) Phil. Mag. (6) 4. p. 625. 1902.
Uie principle of dynamical similarity, 375
pasB close to one another, exert a stronger force on one another
than any other molecale exerts on either of them. If the force
is attractive, it tends to increase itself by drawing the two
molecales nearer to one another; if repulsive, it tends to de-
crease itself. Thas the attractive forces preponderate, and we
have the phenomena of cohesion. Thus, although the ränge
of the electric forces is infinite, the total effect is the same
as if remote molecules had no action on one another. Cohesion
is almost entirely due to the attractions of molecules which
are close neighbours of one another. In other words the ränge
of molecalar attraction is practically of the order of magnitude
of the distance between neighbour molecules.
In The Molecular Constitution of Water ^). I have shown
tbat the surface film in water has an effective thickness not
greater than ten times the distance between neighbour mole-
cules. In molecular physics then the mutual actions of
immediate neighbours are of preponderating importance, and
the relative orbits of neighbours become an essential part of
the field of investigation. For example by the consideration
of molecular orbits it was possible') to account for the effect
of molecular attraction on the viscosity of gases. To illustrate
the usefulness of the principles of dynamical and kinematical
similarity I shall apply them to the investigation of the two
foUowing subjects
1. van der Waals' Principle of Corresponding States,
2. a Dynamical Theory of Capillarity with special Refereuce
to the Law of Eötvös.
1. The Principle of Corresponding States is a most valuable
one in comparative physics, and yet van der Waals was led
to it by means of his equation
(2) lp„ = |Äe + |Äö-*-^-«.|
which fails to represent the behaviour of ordinary substances
even in the gaseous State. It does not even roughly represent
the behaviour of liquids, although some of the most important
1) Phil. Mag. (5) 50. p. 460. 1900.
2) Phil. Mag. (5) 35. p. 211. 1893.
376 W. Sutherland.
cases of Corresponding States relate to liqmds. This paradoxical
result of the discovery of broad generalisations by means of au
equation incapable of representing tbe facta of a Single average
substance is due to the one conspicuous merit of the equation
of van der Waals, that it was of the right dynamical form
through being founded on the equation of the virial of Clau-
sius. The Principle of Corresponding States was discovered,
because the equation of van der Waals involved the principle
of dynamical similarity. In the equation as written above the
term on the left band is the virial of the pressure, the first
on the right band is the translatory kinetic energy, the second
is the virial of the forces that act during molecular collisions,
and the third is the virial of the molecular attractions. Ac-
cording to the law of the inverse fourth power while 3//2o
is the virial of the molecular attractions, / / r is their potential
energy. In any case a virial term is in effect an energy term,
so the equation of van der Waals gives a relation amongst
the ratios of three energies to the translatory kinetic energy.
It happened that the equation contained also only three Para-
meters R, b and /. The equation and the two conditions
dp I dv = 0, d^p I dv^ = 0 for the critical point give for the
critical pressure, volume, and temperature the values
(3) p^ = ll21b\ r, = 3^, 0^=8Z/27^JR.
By means of these R, b and / can be eliminated from the
original equation, with the well known result, that if for each
substance p, v and 0 are measured in terms of /?^, v^ and 0^,
then one and the same equation holds for all substances.
This result is the basis on which van der Waals' deduction
of the Principle of Corresponding States rests, but it is not the
correct dynamical basis. The simplest way of proving this last
Statement is to bring forward the contrast between the equation
for element gases and Compounds demonstrated in the laws of
moleculare force.^) From the splendid experimental material
of Amagat it was shown that the equation of van der
Waals applies to the element gases //j, 0^, A'^ and also to
CH^ to below the critical volume, but for Compounds such as
C Oj and [C^ H^)^ 0 the dosest representation of their behaviour
5) Phil. Mag. (5) 35. p. 211. 1S93.
The principle of dynanäcal simUariiy. 377
in the gaseous State with an equation of three parameters is
given by the form
(4) y;"'=:^0+|^0-.V*-2f!-*-
In the virial of the collisional forces instead of the
Ä/(» — i) of van der Waals we find 2kj{v + h), The van
der Waals' relation v^=^'6b has thus no application to Com-
pound substances, and his demonstration of the Principle of
Gorresponding States has no direct validity. Recent attempts
have been made to improve the term bl{v — b) of van der
Waals by higher theoretical approximations, as for instance
by 6. Jäger, Boltzmann, Eeinganum and van der Waals
himself, but it seems to me that the contrast between (2) for
elements and (4) for Compounds indicates that, while the
collision of molecules in the elements and CH^ can be treated
as dynamically similar to the collision of elastic spheres, the
collision in Compound gases is dynamically of a totally different
nature. In the case of C\ If^ we have an intermediate type
of equation. It is to be noticed that in (4) the Ijv oi (2) is
replaced by //(» + k) which I take to stand for Ijv — lkjv[v'\' A),
80 that the virial of the attractive forces in Compounds is com*
plicated by the same cause as changes the theoretical v —b
into V + k, The dynamical dissimilarity between elements and
Compounds emphasises the importance of the two types of
similarity with transition cases such as that of C^H^.
From the point of view of simple mathematical illustration
of continuity between the vaporous and liquid states the
equation of van der Waals has the advantage of giving only
one real value of v for a given pressure at temperatures
above the critical, and three real values at temperatures below
the critical, so that it is possible in Maxwell's method to
apply James Thomson's ideas to the calculation of Saturation
pressures. But from the physical point of view this mathe-
matical property of the e<|uation has nothing to recommend
it^ as it is quite improbable that any single simple algebraic
expression can represent at the same time the behaviour of
a collection of molecules whose orbits are of infinite ränge
and of molecules of finite orbit The ec^uation (4) being only
378 W. Sutherland.
a (luadratic in v cannot give the critical point by means of
the conditions dp j dv ^ 0, d^p f dv^ ^ 0, bat that fact does
not constitate a defect in it
Beturning to the expressions (3) we have for the element
gases
(5) ±^l..l^R0
an equation which asserts that at the critical point the potential
energy of the molecules is equal to 3/4 of their translatory
kinetic energy. By our kinematical definition of the critical
point we expect the potential energy to be equal to the
kinetic. But if, just as we take l/v to be the potential energy
associated with the internal attractional virial 3//2v, we
assume that /? v is a störe of potential energy associated with
the external virial 3/?v/2, then since by (3)
p V = —' ^ Be
the total potential energy would become
and in this interpretation we have potential energy equal to
kinetic energy, just as in our kinematic condition for the
critical point. Thus then the condition on which we can apply
our principles of dynamical and kinematical similarity and re-
present the behaviourof anumber of molecules forminga natural
gas by means of the behaviour of a representative free pair, like
the t wo components of abinary staris asfoUows: — supposethe
attraction between the two increased in the proportion
1 + Pc^el ^- Dynamically we can treat 3 /? v / 2 as part of the
attractional virial, as is indeed obvious from Clausius'
original equation of the virial.
While the equation for van der Waals makes Ä0^ =
2,667 />^o^, it has been proved from experimental data^) that
for 26 Compounds of regulär behaviour 72 0^ = 3,82/?^»^ on
the average, the coefficient ranging from 3,670 for CCl^ to
3,949 for ethyl acetate. The difference between 2,667 and
1) Vgl. S. Young, Phil. Mag. (5) 50. p. 291. 1900.
The principle of dynamiccU simäarify, 379
3,82 briDgs out the dynamical dissimilarity between the element
gases with methane on the one band and ordinary Compounds
OD the other. The parameter k in (4) is nearly equal to the
critical Yolume, so that in Compounds at the critical volume
we have l l^^c"^ Pc^c i^^arly equal to
that is, to 4/3 of tho translatory kinetic energy. On the prin-
ciple of dynamical similarity with the usual assumptions as to
molecular collisions the last coefiicient ought to be l instead
of 4/3. Thus the usual assumptions as to the nature of
molecular collisions seem not to apply to Compounds. The
Chief assumption is that the collision is an instantaneous act
and that the relative orbit after collision is the image of that
before collision. The causes then which give for Compounds
the form of equation (4) instead of (2) seem to spring from
atomic entanglement of molecules during collision, so that the
relative orbits cannot be described as consisting solely of arcs
of orbits described under pure attraction, but consist of such
arcs separated by a more complicated motion during the ßnite
time of a collision.
The result js that if vee wish to treat the molecules of
Compounds as elastic spheres vee must suppose them to have
only about 3/4 of their total equivalent potential energy.
The Principle of Gorresponding States for Compounds
amounts then to this: — there is a certain density at which the
average potential energy per molecule is equal to (or in a
fixed ratio to) the average kinetic energy, this is the critical
density. If then for any other State of a number of molecules
the kinetic and potential energies are expressed in terms of
the critical values, an equation is obtained which contains no
specific Parameters, but only absolute constauts expressing the
ÜACt that kinematical similarity is the consequence of dynamical.
The kinematical account of the process of liqnefaction is
simple. At the critical density the average orbit is just
passing firom infinite ränge to finite ränge. There are pairs of
molecules vrith finite ränge and pairs with infinite ränge, but
these pairs are mixed in such proportions that the average
380 W. Sutherland.
orbit is just passing from infinite to finite ränge. Suppose the
temperature lowered without yariation of volume, then the
average orbit is now of finite ränge, tbough tbere are still pairs
wbose relative- orbit is of infinite ränge. The pairs of finite
ränge being in a majority now have more tendency to cohere
than to separate, and so a number condense as liquid, until
the number escaping at the liquid surface is equal to the
number captured.
A further example of the principles of dynamical and
kinematical similarity is the formula for the rigidity n of a
metal at absolute temperature Q, the absolute melting point
being T^) namely
^ = 1 - ( .^v
here the melting point has a similar dynamical significance to
that of the critical point in fluids.
2. A Dynamical Theory of Capillarity with special Beference
to the Law of EÖtvÖs,
In the classical theory of capillarity as expounded by
Laplace, Young and Gauss ouly statical considerations are
used. The kinetics of molecules are entirely disregarded. Yet
only by kinetic considerations can we bring the classical theory
into harmony with those modern experiment&l investigations
which culminated in the discovery of Eötvös that the surface
tensions of liquids fumish a beautiful instance of the principle
of dynamical similarity. For the surface tension of a liquid
of uniform density (>j in contact with its vapor of uniform
density q^ the principles of Laplace give the expression
« = (Pi-C,)*/^V(ö«^f
where i/;(Ö is connected with the law of molecular attraction
by certain relations. This expression agrees with experimental
results in only one particular, namely that it makes the sur-
face tension vanish at the critical point, where q^=q^,
At temperatures below the critical surface tension is not
1) A Kinetic Theory ofSolids. Phil Mag. (5) 32. p. 215 and 524. 1891.
The principle of dynamical mnüarity, 381
proportional to [q^ — ()j)*. Yet in other respects the statical
theory leads correctly to useful resalts; for example 1 Iiave
found^) that the surface tension of a mixtare of p parta by
weight of a liquid 1 with l — p parte of a liquid 2 can be
obtained from their surface tensions and densities by the
relation
(6) «l9* = \p «/'• / P, + (1 - /») «,'^' Ip, }••
This relation embodies the important principle that if the
attraction between two molecules of the liquid 1 is 3<^^'/r^,
and between two molecules of 2 is Sa^^jr^, then the at-
traction between a molecule of 1 and a molecule of 2 at the
same distance r is Sa^a^l r*. This has been veritied by
Obermayer's measurements of the rate of Variation of the
diffusion of gases with temperature. There is need therefore
and encouragement to bring the classical theory into harmony
with the later Idnetic theory of matter.
The argument of Eötvös^ is a pure applicatiou of the
principle of dynamical similarity. The origin of surface tension
is not considered, but^ accepted as a fact, it is shown by
means of corresponding states to be subject to the general
law that
d{a{mlgf^*\ldt
is the same for all liquids. A dynamical theory of capillarity
must establish the connection between this experimentally
yerified law and the sound parts of the classical statical theory.
To accomplish this we must investigate the dynamics of
the transition layer between liquid and vapor with the aid of
the principles of molecular orbits. Consider a volume F^ of
liquid of density g^ in contact with a volume F, of its saturated
vapor of density p, over a surface S. The rest of the surface
of Fl and V^ will be ignored as foreign to this discussion. Ou
the liquid aide of S there is a region of variable liquid den-
sity, and on the vapor side a region of variable vapor density.
Let US imagine these replaced by a layer of thickness ^ and
density g^, and a layer of thickness t^ and density o^, and let
1) Phil. Mag. (5) :)8. p. 1 and 188. 1894.
2) R. Eötvös, Wied. Ann. 27. p. 448. 1886.
882 F: Sutherland.
Q^ be an average density of all the matter in the two layers
when made into a Single homogeneous layer of thickness
^ + ^. Then on the principles of Laplace and Gauss the
Potential energy of unit mass of the liquid may be written
Kq^, of the yapor Kg^, and for that of the transition layer
we will write ^Q2' Thus we localise potential energy with
the matter with which it is associated^ a proceeding which is
justified if the ränge of molecular attraction is restricted in
the manner suggested in the Electric Origin of Molecular
Attraction. This localisation of potential energy is similar to
MaxwelTs localisation of energy in electric and magnetic
ßelds of force. For the whole potential energy then we write
I K e,' {V, - st,) + K Q,\v, - st,) + K e,* s {t, + 1,)
^ J \=Kg,*r, + Kq,» r, + Ks\t, ie,' -e,') + t, ((»,* - p,«)} .
Laplace' s K is identical with / in (2) and (4). His symbol is
introduced on account of its historical associations.
Now according to the principle of the restricted ränge of
molecular attraction a molecule of vapor must act on as many
neighbours as a molecule of liquid does. Therefore by simi-
larity the layer of variable density in the vapor must contain
as many molecules and have the same mass as the layer of
variable density in the liquid, and so
(8) (>l^l=(>3^3 = (^2(^l+^3)/2.
From (7) the energy per unit surface or the surface
tension is
(9) a^K\t, ({,,« -(.,») + ^ ((.% - (.,»)} .
To bring this to the Laplacian form the necessary con-
ditions are
t^ = ^3 and 2 (^2 = (>i + (>3 •
On the other band with our condition g^ t^ = q^ t^ and
denoting each of these by g where 2 (7 is the mass of variable
density per unit surface we get
(10) a = KG[2Q2^Q,^Q^).
Thus the parting of the ways between the theory of La-
place and the present one lies in the important condition that
The principle of dynamical shnilarity. 388
there is not a definite ränge to molecular attraction, but that
the ränge is of the order of the distance between a moleciüe
and its immediate neighbour.
The B or
2nfCtp(0dC
of Laplace's theory does not appear, because we Iiave located
surface energy in the sarface by the expression Ko^. When
we compare different liquids, this condition makes t^ pro-
portional to {mlgj!*, where m is the mass of a molecule.
Thus (T is proportional to m'l*Q^*l*, and therefore we have
the surface energy per molecale a(ml(j^fl* proportional to
We have now to investigate more closely the meaning of
p,. The two transition layers of liquid and vapor represent
a region where the orbit of infinite ränge of the vapor mole-
cale passes into the orbit of finite ränge of the liijuid molecule.
The transition region must have a good deal the character of
the critical density, but the molecular kinetic energy has not
the critical value. The orbit in the transition layer is not the
same as the critical orbit, but may be conceived in the
following way.
Suppose the liquid to be cooled without change of density
from the critical point, and to be artificially kept homogeneous,
then its state would correspond to that detined by the average
density (j^ which is the same as the critical density g^y with
this distinction that the average orbit is one of large tinite
ränge instead of the orbit just of infinite ränge which
characterises the critical state. But at the critical temperature
the molecular potential energy is equal or in a tixed ratio to
the molecular kinetic energy, and therefore g^ is proportional
to 6^. Again Km [o^ + g^)l2 is the mean potential energy of
a molecule in the liquid and in the vapor. This ought to be
the same as the potential energy of a molecule if the liquid
and vapor were made into a homogeneous mixture at the
Saturation pressure. But by the principle of dynamical
similarity this potential energy ought to stand to the potential
energy at the critical density as the molecular kinetic energy
384 W. SuAerland.
of liquid or vapor to the molecular kinetic energy at the
critical temperature.
Thus then Km(2Q^ — q^^ — q^) is proportional to ö^ — ö,
and the constant of proportionality must be the same for all
substances.
Thus we have the law of Eötvös
a (m / (,)•/• = a (Ö. - ö)
where the mean value found for a by Eötvös with surface
tension in dynes per cm is 2,23. From the study of 36 normal
Compounds Ramsay and Shields^) obtain a mean value
2,121, the individual values ranging from 1,923 for ethyl
thiocyanate to 2,433 for quinoline. Grunmach has found
that for 6^ 0^ and NJ/^ ^ a = 2,27. From bis measurements
for C/j it appears that a = 1,91. From bis measurements
of the surface tension of liquid air^, I have calculated that at
— 190^0. the surface tension of oxygen and nitrogen are 13,0
and 10,6 dynes per cm, and their densities are 1,167 and
0,850. These give for a the values 1,66 and 1,53. Here again
the Clement gases show themselves dissimilar to the Compound.
The reasoning by which I have passed from the form
Km(2{}2 — (>i — (>8) to a{0^ — 6) is not as clear and rigorous
as is to be wished.
But it is strengthened by the fact that the law of
Cailletet and Mathias*) makes the mean density (()j +^3)/ 2
a linear function of the temperature, so that
S. Young has shown^) that a small term in (ö^* — ö*) must
be introduced to make this formula fit the experimental facts.
According to the principle of corresponding states cö^/(>^ = 1,
S. Young has found values ranging from 0,932 for fiuorbenzene
to 1,061 for ethyl formate. For C^ H^ the value rises to 1,30,
and for N^O to 1,49. For C/, it faUs to 0,7675.
1) W. Ramsay and J. Shields, Journ. Chem. Soc. 63.
2) L. Grunmach, Ann. der Phys. (4) 4. p. 367. 1901.
3) L. Grunmach, Ann. der Phys. (4) 6. p. 559. 1901.
4) L. Cailletet and £. Mathias, Compt Rend. 102. p. 1202. 1886.
5) 8. Young, Phil. Mag. (5) 50. p. 291. 1900.
The principlt of dynamical svmüarity. 885
These numbers show how the principle of dynamical
similarity is affected by dynamical dissimilarity, which originated
parüy in the mechanical dissimilarity of different atoms.
Howeyer it is clear that the laws of Eötvös and of Cailletet
and Mathias are different expressions of the same principle,
energy being expressed kinetically in the one case and poten-
tially in the other. IncidentaUy we have found this to be the
law regulating the Separation of fluid into liquid and saturated
▼apor, that the mean potential energy of a molecule in the
liquid and in the vapor bears the same ratio to the kinetic
energy of a molecule as at the critical point potential energy
bears to kinetic.
The ratio hx of Boltzmann's theorem is the Controlling
factor in change of State from vapor to liquid.
Melbourne (Australia), August 1903.
(Eingegangen 18. September 1903.)
25
886
49. Znr Theorie der Lagrangeschen ßewegnngs-
gleichnngen.
Von W. Pr. Meyer in Königsberg i. P.
Ist ein materieller Punkt [x, y, z), auf den eine Kraft wirke,
gezwungen, sich auf einer vorgegebenen Fläche zu bewegen,
und besitzen überdies die drei Eraftkomponenten nach den
Koordinatenrichtungen eine Kräftefunktion, so hat bekanntlich
Lagrange die von ihm aufgestellten Bewegungsgleichungen
dadurch in eine, für manche Untersuchungen geeignetere Form
gebracht, daß er die Koordinaten eines variabeln Flächen-
punktes durch zwei unabhängige Parameter ausdrückt.
Im Sinne der Flächentheorie bedeutet dies Verfahren von
Lagrange nichts anderes als die systematische Einführung
der ersten Gauss sehen Flächenform (und von deren Ab-
leitungen) in die Bewegungsgleichungen (§ 1].
Es liegt daher nahe, nach einem entsprechenden Zusammen-
hange der BewegungsgleichuDgen mit der zweiten Gauss sehen
Flächenform zu fragen (§ 2). Hierbei soll jedoch über die auf
den Punkt wirkende Kraft keinerlei Voraussetzung gemacht
werden.
Als mechanisches Ergebnis erscheint eine einfache Relation
zwischen der in Rede stehenden Kraft, der zugehörigen
Huyghensschen Normalkraft, und der sogenannten Druck-
kraft.
Es sei zugleich betont, daß es keinerlei prinzipielle
Schwierigkeit bietet, die Entwickelungen der §§ 1, 2 auf den
n-fach ausgedehnten Raum zu übertragen.
§ 1.
Der deutlicheren XJbersicht halber sei das Eingreifen der
ersten Gaussschen Flächenform in das Lagrangesche Trans-
formationsverfahren kurz dargelegt, wenn sich auch sachUch
dabei nichts wesentlich Neues ergeben dürfte.
Theorie der Lagrangeschen Bewegung sgleichungen. 387
Um die erforderlichen analytischen Hifsformeln voran-
zustellen, so werde die Gleichung der gegebenen Fläche F in
rechtwinkligen Cartesischen Koordinaten :
(1) F{x,y,z)^0
ersetzt durch drei Gleichungen von der Form:
(2) x^x{u,v), y ^tj[u,v), 2==2{u,v),
wo Uj V zwei unabhängige Parameter sind.
Partielle Differentiationen nach u, v mögen durch die In-
dices 1, 2 angegeben werden, wie z. B.
dx _^* __ö*x ^ d*x .
femer Ausdrücke, die sich symmetrisch auf alle drei
Koordinaten x, y, z beziehen, durch ein Summenzeichen,
also z. B.
2:rj* = Xj* + yi* + Zj* etc.
Dann sind die drei Gauss sehen Fundamentalgrößen erster
Art £> Fy 0 definiert durch:
(3) ^ = 2'iV ^=2^i^a^ G^ = 2V-
Es ergibt sich:
.^ ji^i- 2*1*11 > ^i = 2*2*ii+i^i' iöj =2*2*11^
U^i = 2*i*ia> ^a = 2*1*18 + 1 ^\' i^'a = 2*a*22'
also umgekehrt^)
(6)
12*1*11 =i^l' 2*1*12 =i^a> 2*1*22 = ^2-1^1
12*1*11 =^l-i^2> 2*2*12 = i''A» 2*2*22 =-2^2-
1) Die entsprechenden Formeln im n-fach ausgedehnten Räume,
auf den dann der Inhalt des § 1 ausgedehnt werden kann, lauten, wenn
da« Analogen xu (14) ist:
— . \ d Eu ^ \ dE,u ^ { dEu
25
«
388 IT. Fr. Meyer.
Ein Punkt F beschreibe eine Kurve auf der Fläche, in-
dem u, V als Funktionen eines Parameters t angesetzt werden :
(6) u^u{i), v^v{t),
wodurch die Gleichungen (2) übergehen mögen in:
(7) x^x{t), y^y[t), z^z{t).
Werden Differentiationen nach t durch Accente bezeichnet»
so gilt:
(8) X ^x^u + x^ V, y ^ y^u + y, »', / = r^ ii' + z, v\
(9) W =^E^u +E^v', F ^ F^u +F^v\ ff = G^u + 6^v,
( x" = aTj u + x^ v' + Xjj tt* + 2 jTj j u V + x^^ v^ ,
l Z s=
(10) ; y" = y, tt" + y, r" + y,^ «'> + 2y„ «' c' + y„ »'» ,
z" = r, m" + 2, »" + z,j m'* + 2 Zj, m' »' + z„ »'» .
(11)
Multipliziert man die Gleichungen (10) mit x^, y^, z, resp.
Xg, tfj, z,, und addiert, so kommt mit Rücksicht auf (3) und (5):
?,x,x" = {Ett" + Fv") + \u^E, + uvE^ + t>'»(J, - ^Ö^)}
Die Aggregate Eu" + ^t?", ^tt" + Gv" treten auf, wenn
man die Ausdrücke Eu + Fv, Fu + Gv nach t differenziert:
{Eu + Fv') = [Eu" + Fv") + [u'E' + vF'),
(Fu + Gv) = [Fu" + Gv") + (tt'i^' + v' G'),
oder auch, wenn man noch (9) berücksichtigt:
Eu" + Fv" = {Eu + Fv) - jtt'» ^1 + u'v\B^ + F,) + v'*F^},
,Fu" + Gv" = (Fu + Gv) - {u'^F^ + u'v'(F^ + G^) + 1;'»©,}.
Setzt man diese Werte für Eu" + Fv", Fu" + Gv" in (11)
ein, so kommt:
j^x^x" ^(Eu' + Fvy -- Hm'«^i +2uvF^ +v*G^),
Damit ist der Zusammenhang der Summen ^x^x", ^x^x"
mit der ersten Gauss sehen Flächenform (p(u,v^ hergestellt.
Bedeutet nämlich s den (von einem beliebigen Anfangspunkt
aus gerechneten) Bogen der Flächenkurve (7), so ist infolge
von (3) und (8):
(12)
Theorie der Lagrangeeehen BewetpaufSfleiekunffen. 389
(14) * • - * • + y'« + z* - jP«'« + 2Fu' •' + G •'» - 0 («', «") ,
so daß die Gleichmigeii (13) die Oestah annehmen:
(15)
wo die partiellen Differentiationen von 0 nach u\ v so zu
▼oUziehen sind, als ob letztere Größen ron k, v ganz unab-
hängig wären.
Diese Relationen (15^ bilden den Kern der Lagrange-
schen Transformationsmethode. Denn die dynamischen Glei-
chungen des materiellen Punktes [x, y, z) mit der Masse m^
wenn eine Eräftefunktion U existiert, und zugleich der Punkt
an die Fläche F (1) gebunden ist. indem der Parameter t
die Zeit bedeutet^ lauten in der ursprünglichen Lagrangeschen,
sogenannten ^.ersten Form'':
,ißv ,. du . . BF ., du , . dF
;16) mx = -= hA-^ — , my = -= h^-^ — ,
du , . BF
unter 2, der „Druckkraft*', eine unbekannte Funktion der
Xf jfj z Torstanden (die, nebst x, y, z, als Funktion von t, durch
(16) im Verein mit (1), bestimmt ist).
Setrt man die Werte der x, y, z aus (7) in die Flächen-
gleichung (l) ein, so wird letztere identisch in / erftdlt, also
auch die nach t differenzierte Gleichung, somit gilt mit Bück-
sieht auf (8):
. IdF , BF , BF \
^ , (BF ^ BF , dF \ ^
oder, da das Verhältnis u : v ein ganz willkürliches ist, einzeln :
fBF ^ BF ^BF ,,
^^^^ \BF ^ BF ^BF ^
'ox * oy** Bx '
Multipliziert man daher die Gleichungen (16) mit x^ y^ z^
390 AT. Fr. Meyer.
resp. oTj, ;/2, t^, und addiert, so fallen die mit A. behafteten
Glieder wegen (17) heraus, und man erhält:
(18) rn^x,x'=^Ü^, rn^x^ x" = U^ .
Trägt man hier die rechten Seiten von (15) ein, und führt, wie
üblich, die Funktion T\
(19) T^\mV^^\m^x^^^\mit>,
wo unter V die Geschwindigkeit des Punktes zu verstehen ist,
als die lebendige Kraft des Punktes ein, so entstehen die
Lagrangeschen Bewegungsglcichungen in der sogenannten
„zweiten" Form:
^ ' dt \du I du ' dt \dv ) dv
§ 2.
Nunmehr wurde die zweite Gausssche Flächenform
H^ [u, v') herangezogen. Es sollen wiederum die erforderlichen
Hilfsformeln aus der Flächentheorie vorausgeschickt werden.
Da die partiellen Ableitungen
dF BF dF
dx ' dy ' dx
der Flächenform F (1) den Kosinus der Winkel v^^ v , p^
proportional sind (s. auch weiter unten), die die positive Nor-
male V der Fläche im Punkte {x, y, z) mit den positiven
Koordinatenrichtungen bildet, so ergibt sich durch Auflösung
der Gleichungen (17) nach den
dF dF dF
dx ' dy ^ dx '
<7 cos f^^ = yi Z2 -.Va^i' ^^cost^y = z^x^ - ^t^u
aQO%v^ = x^y^ - x^y^y
wo sich der Faktor a durch Quadrieren und Addieren be-
stimmt :
(22) (T = )/(5^i Zj - ^2 Zj)« + (^1 ^, -Zjarj)2 + (jr,y2-.r2yi)2,
oder mit Einführung der Fundamentalgrößen (3):
(22') a^-^ EG^F^.^)
(21)
1) Als positive Richtung der Flftchennormale v wird diejenige fest-
gesetxt, die dem positiven Vorzeichen der Quadratwurzel entspricht
Thetnii der LagraMffe$chen Bewe^mtgspleieAtinfien. 891
man daher die Gleichungen (10^ resp. mit
cos 9^ cos IT . cos 9^, nnd addiert^ so fallen anf Grand von (21)
die mit u" nnd r ' behafteten Glieder heraus, und es ergibt
sich, unter Berücksichtigung von (22']:
Sx'-cosy. « «'»^^^i^^^^;^*^^
, Ott'.,' 2*it^yi«t-»i*i) 1 ^1 2'«(yi«t -yi<i>
Hier ist die rechte Seite nichts anderes als die ,»zweite
Gauss sehe Flächenform W{u\vJ'; bezeichnet man, wie üblich,
die Koeffizienten von u*, 2uv, v* — die Fundamentalgrößen
zweiter Art — mit £, Mj N\
(24) *(«',»') =- itt'« + 2Muv' + Nv\
so nimmt (23] die Gestalt an:
(25) 2''co8^= ^(«>0.
Andererseits ziehe man die bekannte Formel für den
Krümmungsradius (Radius der ersten Krümmung) q der Raum-
kurre (7) im Punkte (x, y, z) heran.
Bedeutet wiederum s den Kurvenbogen, so ist, unter
9»» ^9* 9a ^'® Winkel von g (d. i. genauer der vom Kurvenpunkt
nach dem Krümmungsmittelpunkt hin gerichteten (,.positiven'^
Kunrennormale) mit den (positiven) Koordinatenrichtungen ver-
standen :
(2«) e JTT = COSp,, ^ =COSPy, Qj^ = cosp,.
W&hlt man jetzt ftlr den Augenblick in (25) im besondem
als Parameter t den Bogen s, so entsteht:
(260 2rf^co8,..= V(^-. -^-).
Setzt man hier die Werte von
d«» ' da*' d's^
ans (26) ein, und beachtet, daß:
27) coB^^cosv^ + coso cosv + cosp^cosr^ = cos((), r),
892 r. Fr. Meyer.
wo {q^ v) den Winkel zwischen positiver Kairennonnale und
positiver Flächennormale bedeutet, so erhält man:
(28) -|^=.^(4^, 4^).
Um (28) mit (25) zu kombinieren, führe man auf der
rechten Seite von (28) rückwärts wieder den alten, beliebig ge-
wählten Parameter t ein.
Da
du _^ du da u' dv _ r'
"57 dT ' ~dT " T"' "5T"7^'
und die Form W homogen und quadratisch in ihren beiden
Argumenten ist, so wird:
w *(4^ . 4f ) - ^^'.
oder gemäß (14):
Damit geht (28) über in:
/qiN C08 JQ, v) _ W(u\ ff)
^^^^ Q ~ "" 0(u\vr
d. i. die bekannte Fundamentalformel für den Krümmungsradius
Q einer Flächenkurve (7).
Die Substitution von (31) in (25) liefert somit:
(32) 2ar" C0S1/, = cos (p,v)-^^?^. *
Endlich werde davon Gebrauch gemacht, worauf schon zu
Beginn dieses § hingewiesen wurde, daß sich die Bichtung
der Flächennormale v im Punkte (x, y, z) auch durch die
Formeln bestimmt:
(33) T cos » = -5 — , T cos » = -^— , T cos V, = -^ — ,
wo sich der Faktor r wieder durch Quadrieren und Addieren
bestimmt :
<»*) '-)/(¥F(¥H¥[''
WO das Vorzeichen der Quadratwurzel so zu wählen ist, daß
die oben festgesetzte positive Richtung der Flächennormale
resultiert
Theorie der La^angeschen Bewegungsgleiehingen. 398
IEa erweist sich indessen f&r das Folgende als zweck-
mäßig, diesen Faktor r so zu normieren, daß er den Wert der
Einheit annimmt; zn dem Behuf normieren wir die Flächen-
gleichong (1):
so, daß mit jenem Faktor dividiert wird^):
■ /(4f )■+ (4f )■+'(¥)■■
Dadurch verein Fachen sich die Gleichungen (33) zu:
(33 j cosr. = -5 — , cosv, «=-3— , cos» =-5—.
Es wirke nunmehr auf einen materiellen Punkt (x, y, z)
mit der Masse m, der gezwungen sei, sich auf der Fläche (1')
zu bewegen, eine beliebige Kraft P, deren Richtung mit den
positiven Koordinatenachsen die Winkel n^, n^, n^ bilde, dann
lauten die dynamischen Gleichungen Lagranges in der ersten
Form :
riiix" = Pcos». + i4^, my «Pcosä, + ä^^ ,
mz « P cos Ji. + A -^ — ,
wo sich die zweiten Ableitungen der x, y, z wieder auf die
Zeit t beziehen.
Der gemäß der NormieruDg {l*) der Flächengleichung
völlig bestimmte Faktor k werde die „normierte Druckkraft'
genannt
1) Dm hierbei noch willkürliche Voneichen von /' resp. 0 wird so
gewählt, daß die Richtung der Flächennormale die positive wird.
Für den einfachsten Fall, daß die Fläche F == 0 eine Ebene ist,
Allt die Nonniemng des Textes mit der bekannten, nach Hesse be-
nannten, losammen. £s sei noch erwähnt, daß sich die Form ^ (24)
mittels (10 in die Gestalt
«■i^.. .*;«_„.. .1%..
d «• ö y' B x^
Bxdy Bxdx oxdx
bringen llBl*
394 JT. Fr. Meyer.
Multipliziert man die Gleichungen (35) resp. mit cos v^^,
cos V , cos v^y und addiert, so ergibt sich auf Grund der Re-
lationen (25), (32) und (33 0:
f m5;2r"c08v = m V(tt',r') = 11^^^^ C08(p,ir)
(36) l ^ ' 9
1 = Pcos {nyv) + X,
wo der Faktor cos {n, v), der Kosinus des Winkels zwischen
der Richtung der Kraft P und der der positiven Flächennormale
aus der zu (37) analogen Formel entsteht:
(37) cos 7t g^ cos v^ + cos Tty cos V + cos n^ cos v^ = cos {n, v) .
Gemäß (19) ist 0 {u, v") das Quadrat der Geschwindigkeit
F des Punktes, so daß der für die Mechanik in Betracht
kommende Teil von (36) die Gestalt annimmt:
(I) A = I 1 COS {q, v) — P cos (;r, v) .
Hier besitzt der Faktor mF^j g von cos (p, v) eine be-
kannte mechanische Bedeutung. Zerlegt man nämlich nach
dem Huyghensschen Prinzip^) die auf einen Punkt (x, y, z)
von der Masse m wirkende Gesamtkraftj die ihn zwingt, sich
auf der Bahn (7) zu bewegen, in zwei Komponenten, die Tangen-
tialkraft und die Normalkraft, von denen die erstere in die
.Richtung der Kurven tangente, die letztere in die der Kurven-
normale fällt, so wird die Noimalkraft der Stärke nach durch
fnF*lQ angegeben. Bezeichnet man dieselbe mit N, ihre in
1) Es sei kurz auf deu Beweis dieser Zerlegung hingewiesen. Bei
den obigen Bezeichnungen ist
X =
da ds ds
da femer s = F, ^'»p (Beschleunigung des Punktes).
dx
d 8
= cos Tg ,
unter r« den Winkel der Tangente mit der a;Achse verstanden, so kommt
gemäß (26)
tnx — mp cos x, H cos ^x ,
nebst den beiden entsprechenden Formeln. Die auf den Punkt wirkende
G^esamtkraft ist damit zerlegt in die Tangentialkraft mp und die Normal-
kraft m V^lq.
Theorie der Lagrangeschen Bewegungsgleichungen, 395
die RichtuDg der Flächennormale v fallende Komponente mit
N^, und entsprechend die in eben diese Richtung fallende Kom-
ponente der Kraft P mit P,, so lautet die Gleichung (I) einfacher:
(IT A = a; - p^.
Damit sind wir zu dem in der Einleitung angedeuteten
Satz gelangt:
1 . ,fBildet man einmal die Komponente Ny der Normalhraft
N nach der Richtung der (positiven) Fiächennormale v, anderer^
seits die Komponente P^ der auf den an die Fläche [{') ge-
bundenen Punkt wirkenden Kraft P nach derselben Sichtung^ so
drückt sich die in dieser Richtung wirkende normierte Druckkraft
X ihrer Intensität nach gemäß (L') aus durch die Differenz jener
beiden Komponenten.**
Es sei noch auf drei interessante SpezialläUe der
Formel (I') hingewiesen.
Wenn erstens [A) cos [q, v) längs der ganzen Ausdehnung
der Bahnkurve (7) den Wert der positiven resp. negativen
Einheit besitzt, so ist die Kurve (7) eine geodätische Linie der
Fläche (1'), da dann stets die Schmiegungsebene der Kurve
die Flächennormale enthält.^)
1) Analytisch sieht man dies so ein. Die bekannte Differential-
gleichung der geodfttischen Linien ist:
dx d*x
~~d8~ ~d~8^
dy d^y
— i-i- cos V.
da
dx
ds
d^x
da*
cos Vf
cos y«
= 0.
Quadriert man, so kommt nach dem Multiplikationssatz der De-
terminanten, da
^/rfxy_^ ^ dx d^x
^[da ) ~ ' ^ da da*
0.
2dx
-7--C0B K
da
in der Tat:
x = 0, 2(^)*--V [gemäß (26)],
2'-^iC0s...^(^,^) [gemäß (25')],
^ [da* da) Q* "'
oder aber, infolge (2S): cos (^, y) « ± 1 .
396 /r. Pr, Meyer.
Dann gilt also:
(la) A-iJV^-A.
und umgekehrt bedingt diese Relation, daß cos (o, i^) ± 1, daß
also die Bahnkurve (7) des Punktes eine geodätische Linie der
Fl&che (10 ist:
la. j^Die mechanische Relation (la) ist die notwendige und
hinreichende Bedingung für eine geodätische Bahnkurve auf der
Fläche.''
Gewöhnlich beschränkt man sich auf den Fall, wo eine
Kraft P gar nicht auftritt; dann fällt die auf den Punkt
wirkende Gesamtkraft mit X zusammen, und die Formel (la)
wird zu der trivialen A = ± JV.
Zweitens (B) sei längs der ganzen Ausdehnung der Bahn-
kurve (7) cos {q, f') = 0; dann fällt die Schmiegungsebene der
Kurve stets mit der Tangentialebene der FJäche (1 ') zusammen,
die Kurve (7) wird zu einer Haupttangentenkurve der Fläche;
gemäß (31) ist dann stets V{u\v)=^ 0, und umgekehrt
Es gilt also dann:
Ib) i= — Pcos (ä, p):
Ib. „Die mechanische Relation (Ib) ist die notwendige und
hinreichende Bedingung dafur^ daß die Bahnkurve des Punktes
eine Haupttangentenkurve der Hache ist/'
Drittens (C) werde der Fall untersucht, wo die Druck-
kraft X verschwindet, so daß sich (I') spezialisiert zu:
(Ic) N^ = P^ i. e. N cos (p, v) = P cos {n, v) .
Jetzt ist P die auf den Punkt wirkende Gesamtkraft, und
somit deren Zentripetalkraft N:
(38) iV=Pcos(w, p),
wodurch (Ic) die Gestalt annimmt:
(Ic') cos {n, q) cos {o, v) = cos {n, v).
Das ist aber die bekannte trigonometrische Relation
zwischen den drei Kantenwinkeln [n, p), [q, v), [n, v) eines Drei-
kants {n,(),v), die aussagt^ daß das Dreikant ein rechtwinkliges
ist, d. h. daß die Ebenen [n, (>) und [q, v) aufeinander senkrecht
stehen.
Umgekehrt sei jetzt die Relation (Ic') erfüllt Man nehme
zunächst an, daß X von Null verschieden sei. Dann setzen sich
Theorie der Lagrangeschen Bewegungsgleiehungen. 397
die beiden auf den Punkt P wirkenden Kräfte F und X zu einer
G^samtkraft B zusammen, deren Richtung durch die Winkel
R^j R , R^ gegen die Achsen angegeben sei.
Dann |^t bekanntlich:
(89) R cos R^ =^ P cos n^ + l cos v^,
nebst den beiden entsprechenden Formeln. Durch Multipli-
kation mit cos Q^, cos Q^, cos q^ und Addition kommt:
(40) Rcos{R,q)^ P cos {n, q) + k cos {v, p),
wenn (R,p) der Winkel der Richtungen £, (> ist Die linke
Seite Ton (40) ist aber nach obigem die Normalkraft N, so daB
sich aus (40) ergibt:
(41) JV— P cos («,(>) = A cos (p, v).
Setzt man dies in die aus (I') und der Annahme (Ic')
folgende Relation:
(42) X = cos {q, v){N-' Pcos {n, q)}
ein> so gelangt man zu:
(48) Ä-icos«(e,^).
Diese Beziehung ist nur erfüllbar, wenn entweder X^ 0,
oder aber cos {q, v) -> ± 1 wird. Der letztere Fall fällt mit (la)
zusammen, und umgekehrt ist bei (la) auch die Relation (Ic')
▼on selbst erfUlt^)
Somit gilt der Satz^:
Ic. f^ür das Ferschurinden der Druckkraft X ist die Re-
lation (Ic') notwendig j und^ wenn man den Fall (la) ausschließt^
auch hinreichend.*^
Hierauf gestützt kann man die mechanisch -geometrische
Bedeutung von (Ic') noch einen Schritt weiter verfolgen.
Für 2 = 0 fällt die Kraft P mit der Oesamtkraft R zu-
sammen, fäUt also nach dem Huyghensschen Prinzip in die
1) Aneh die geometriBche BedeutoDg von (leO bleibt dann, wenn
aueb nur in nneigentlichem Sinne, erbalten. Denn da die Ebene (^, v)
jetrt unbestimmt wird, so kann die Ebene (ti, q) als aof ihr senkrecht
stehend angefehen werden.
2) Aus dem Satze Ic geht hervor, daß die übliche AusdrucksweiBe,
die Dmckkiaft l „zwinge" den Punkt, auf der Fliehe in bleiben, nicht
gaas koffekt ist
898 W, Fr. Meyer, Theorie der Lagrangeschen BetoegungsgL
Schmiegrungsebene der Bahnkurve, d. h. die Ebene {n, q) stimmt
mit letzterer Ebene überein. Daß diese Ebene mit der Ebene
{(}, v) einen rechten Winkel bildet^ ist flächentheoretisch selbst-
verständlich, denn das Lot der Schmieguogsebene ist die Bi-
normale der Kurve, das Lot der Ebene {o, v) die Tangente der
Kurve. Tangente und Binormale stehen aber senkrecht auf-
einander.
Damit ist die erste Hälfte des Satzes Ic auch anschaulich
bewiesen. Aber auch die zweite Hälfte dieses Satzes, sowie
auch die Sätze I, I' lassen sich aus elementaren mechanisch-
geometrischen Prinzipien herleiten, wie ich das an anderer
Stelle näher ausgeführt habe.^)
Altenau (Harz), September 1903.
1) Jahresbericht der deutschen Math. VereiniguDg. 12. Oktober-
heft 1908.
(Eingelangt 18. September 1903.)
399
50. Elektrischer Massentransport in Gasen, Drnck-
erhöhnng an der Kathode.
Von J. Stark in Göttingen.
I. Zur Theorie des elektrisohen Transportes von Masse in
elementaren Oasen.
§ 1. ifasse der Ionen in Gasen und ihr Verhalten an den
Elektroden. — In der Größe der elektrischen Ladung sind die
einwertigen Ionen in einem elementaren Gase einander äquiva-
lent; hinsichtlich ihrer Masse können sie voneinander ver-
schieden sein. Hinsichtlich der Masse sind in einem elementaren
Gase drei Arten von Ionen möglich. Bei der Ionisierung
eines neutralen Gasatoms wird ein negatives Elektron von dem
positiv zurückbleibenden übrigen Teil des Atoms getrennt.
Bleibt das negative Elektron für sich allein, lagert es sich
nicht an neutrale Gasmoleküle an, so hat man ein negatives
Elektronton. Lagern sich an das positive Restatom nicht neu-
trale Moleküle an, so ist es ein positives Atomion. Wenn sich
an das negative Elektronion oder das positive Atomion noch
neutrale Gasmoleküle anlagern, so verwandeln sie sich damit
in Motionen.
Die Masse des negativen Elektronions beträgt 0,51 Tausend-
stel derjenigen des Wasserstoffatoms. Die Eathodenstrahlen
sind negative Elektronionen von großer Geschwindigkeit Im
Glimmstrom sind besonders bei niedrigem Gasdruck die meisten
negativen Ionen Elektronionen, nicht bloß in der negativen
Glimmschicht, sondern auch in der positiven Lichtsäule. Die
Masse des positiven Atomions ist praktisch gleich derjenigen
des neutralen Atoms. Ein Teil der Kanalstrahlen besteht nach
den Untersuchungen W. Wiens ^) aus positiven Atomionen.
Die Masse der . positiven und negativen Molionen ist ein Viel-
fiushes der Masse des neutralen Atoms des fraglichen Gases.
1) W. Wien, Ann. cL Phys. 9. p. 660. 1902.
400 /. Stark.
Nach E. Riecke^) ist bei sekundärer lonisieruDg in atmo-
sphärischer Luft die Masse des negativen Ions zweimal, die-
jenige des positiven dreimal so groß wie diejenige des neutralen
Luftmoleküls. In einem ionisierten Gase ist die Zahl der
negativen Molionen nicht größer, als diejenige der positiven;
darum ist in einem ionisierten Gase an die positiven Tonen immer
mehr Masse gebunden, als an die negativen Ionen,
Im elektrischen Strome wird die positive Elektrizität nach
der Kathode zu, die negative nach der Anode zu verschoben;
gleichzeitig mit ihr wird die an sie gebundene Masse ver-
schoben. Können die Ionen nicht aus dem Gas in die Elektroden
übertreten und in diesen weiterwandem, so können sie an den
Elektroden nicht als geladene Teilchen sich ansammeln, son-
dern müssen sich in neutrale Teilchen verwandeln. Die
negativen Elektronionen treten in die Anode ein und wandern
in ihr weiter; die negativen Molionen geben an die Anode ihr
negatives Elektron ab, während die an dieses gebundene neu-
trale Masse in der Grenzfläche von Elektrode und Gas zurück-
bleibt Das positive Atom- und Molion tritt in die Grenzfläche
von Gas und Kathode, entnimmt dieser ein negatives Elektron
und verwandelt sich so in neutrale Masse.
Die Massenteilchen, welche vom elektrischen Strome an
der Kathode oder Anode in einem elementaren Gase als Ionen
abgeschieden werden, werden hier nicht festgehalten, sondern
diffundieren als neutrale Gasmoleküle wieder in den Gasraum
zurück; da demnach in einem elementaren Gas eine An-
reicherung der elektrisch abgeschiedenen Ionen in einer festen
Schicht ausgeschlossen ist, so kann die elektrische Abscheidung
von Masse in diesem Falle nicht so leicht nachgewiesen werden
wie in einem Elektrolyten.
§ 2. Druckerhöhung an der Kathode durch elektrischen
Massentransport — Wir betrachten denjenigen Qaerschnitt des
durchströmten Gases, welcher gerade in der Mitte zwischen
den Elektroden liegt Er teilt den durchströmten Gasraum
in zwei Hälften, eine kathodische und eine anodische. Aus
der kathodischen Hälfte führt der elektrische Strom beständig
negative Ionen weg in die anodische Hälfte, gleichzeitig führt
1) £. Blecke, Ann. d. Phys. 12. p. 74. 1908.
Elektr. Mainentrawtport in Gasen. 401
er aas dieser in jene positive Ionen. Ist I^ die Stromstärke
der positiven, 1^ diejenige der negativen Ionen in dem be-
trachteten Querschnitt, so gewinnt die kathodisclie Hälfte in
der Zeiteinheit /^/« positive und verliert IJ% negative Ionen.
Umgekehrt verliert die anodische Hälfte IJb positive und ge-
winnt IJb negative Ionen. E^n positives Ion liefere bei der
Neutralisation an der Kathode n gewöhnliche Gasmoleküle,
ein negatives an der Anode v gewöhnliche Moleküle. Ist v
bez. v^ die spezifische Geschwindigkeit, n die spezifische lonen-
zahl, H die Kraft in dem betrachteten Querschnitt, so gilt
I^ss n.t,v^.If bez. I^^ n.t.v^, H. Der Gesamtgewinn der
kathodischen Seite an gewöhnlichen Gasmolekülen beträgt dem-
nach für die Zeiteinheit (n.v^^ v.vJn.H, derjenige der
anodischen Hälfte {v.v^ — n.v^n.H.
Bei Ermittelung des Vorzeichens von (n ,v^^ p.vj sind
zwei extreme Fälle zu unterscheiden. Erstens mögen sämt-
liche positiven und negativen Ionen Molionen sein. Im Falle
der Luft ist n = 3, v = 2 , r^ = 1,37 . v^; die Differenz
(« . r^ — V . t?J n . -ff = 0,26 .n.v^.H hat darum positives Vor-
zeichen. Ähnliches gilt für die übrigen elementaren Gase,
Sind also in einem elementaren Gase sämtliche Ionen Motionen^
so wird durch die elektrische Strömung auf der kathodischen Seite
des Gases die Zahl der Moleküle und damit der Gasdruck ver~
größert
Der zweite extreme Fall besteht darin, daß sämtliche
negativen Ionen Elektron-, sämtliche positive Atomionen sind.
In diesem Falle ist für die zweiatomigen Gase n » 0,5,
r s 0, v^ ist ungefähr das zehnfache von v^. Die Differenz
{n.v^^ v.vJn.H =s 0j5.n,v^.H ist immer positiv. Auch in
diesem FaUe vermehrt die elektrische Strömung die Molekülzahl
und den Gasdruck auf der kathodischen Seite und vermindert
beide Großen auf der anodischen Seite des durchströmten Gases.
Da die zwei besprochenen extremen Fälle alle übrigen Arten
von Ionisation in einem elementaren Gase zwischen sich
schließen, so gilt der vorstehende Satz allgemein für die
elektrische Strömung in einem elementaren Gase.
Der Überdruck, welchen die elektrische Strömung in einem
dementaren Oase auf der kathodischen Seite herstellt, kann
kaiiiaii großen Wert annehmen; denn unter seiner Wirkung
-FwtMhrift. 26
402 J. Stark.
strömen neutrale Gasmoleküle von der kathodischen Seite be-
sl&ndig wieder zurück nach der anodischen Seite. Je mehr dieses
Rückströmen^ beispielsweise durch einen kleinen Querschnitt,
erschwert wird^ desto größer kann jener Überdruck werden.
Um über die Größe des nach dem Vorhergehenden zu
erwartenden Überdruckes eine Vorstellung zu gewinnen^ sei
folgende Näherungsrechnung ausgeführt. Das Volumen der
kathodischen Seite sei 5.10^ cm', das Rückströmen nach der
anodischen Seite erfolge sehr langsam; die positive Strom-
stärke in dem mittleren Querschnitt betrage 1.10-^ Milliampere.
Berechnet sei die Druckzunahme in Prozent^ wenn während
10 Sek. kein Rückströmen erfolgt, sondern nur die elektrische
Strömung wirki^am ist
Ist V die Zahl der Moleküle in der Volumeneinheit bei
0^ und 760 mm Druck, so ist beim Druck p die spezitische
Molekülzahl n^ = 1.3. 10-^. p.p. 0,1 Milliampere transportiert
in 10 Sek. dem Volumen nach 2,32. 10-* cm' einwertige Ionen
bei 0® und 760 mm durch den Querschnitt; die entsprechende
Anzahl von Ionen ist 2,32 . 10"* «ir. Da sich diese auf S.lO^cm'
verteilen, so ist die Zunahme der Molekülzahl (Molekül zwei-
atomig) in 1 cm' auf der kathodischen Seite während der be-
trachteten 10 Sek. gleich
Die prozentuale Zunahme der spezifischen Molekülzahl oder
des Druckes beträgt darum 1,7 . lO-"^.;?""^ Bei 0,01 mm Druck
beträgt also die Zunahme des Druckes gerade 1,7 Proz.
Um demnach die Druckerhöhung an der Kathode infolge
des elektrischen Massentransportes nachweisen zu können, hat
man einerseits die Stromstärke möglichst groß, andererseits
den Gasdruck möglichst klein zu wählen. Es kann aus diesem
Grunde für den vorliegenden Zweck lediglich der Glimmstrom
in Betracht kommen, da diesem allein bei niedrigem Druck
eine Stromstärke von der Ordnung 1 Milliampere gegeben
werden kann.
II. Bruokerhöhtmg an der Kathode des Glimmstromes.
§ 3. Grundgedanke, VergnchxrÖhre und Schaltung. — Wenn
die elektrische Strömung auf der kathodischen Seite eine Druck-
£lekir. Massentransport in Chuen.
408
erböhang bewirkt, so muß diese um so größer ausfallen, je
mehr ein Rückströmen nach der anodischen Seite erschwert
wird. Aus diesem Grunde wurde zwischen die anodische und
kathodische Hälfte eine längere Kapillare eingeschaltet. Läßt
man die kathodische Hälfte durch eine weite Öflhung mit
einem OeAß kommunizieren^ so muß auch in dieses die Druck-
erhöhung sich fortpflanzen. In diesem Gefäß kann dann die
Dmckerhöhung mit einer entsprechend empfindlichen Methode
nachgewiesen werden.
Figur 1 (Yio natürl. Größe) stellt die verwendete Kehre
dar. K ist die 1|5 mm weite Verbindungskapillare zwischen
^^Pumpe
Fig. 1.
den zwei H&Iften H^ und H^ des durchströmten Gases, 0^ das
Gefäß, in dem die Druckveränderung der Hälfte H^ unter-
sucht werden sollte; &, ist ein kugelförmiges Gefäß, das ebenso
groß ist wie O^ und zum Zweck symmetrischer Versuchs-
bedingungen an H^ angeschlossen ist E^ und E^ sind zwei
kongruente Elektroden, es sind hohle Messingzylinder (Fig. 2).
Die Yordere Seite ist zentral mit einer kreisförmigen 5 mm
weiten Öffnung versehen; um die Zerstäubung zu verhüten, ist
auf sie eine Aluminiumscheibe aufgesetzt Die hintere p — ■
Seite trägt in der Nähe des Bandes sechs 5 mm weite | J
symmetrisch angeordnete kreisförmige Löcher (in der ÜJ
Figur sind nur zwei zu sehen); auf sie ist eine Hart- p|g. 2.
gummischeibe aufgekittet, die so durchlocht ist, daß
sie den Band der Löcher in dem Messingdeckel gerade um
1 mm überragt D^ und D^ sind zwei gleichartige Diaphragmen,
es sind hohle Messingzylinder, deren Deckel ebenso wie die
BHokseite der Elektroden mit sechs Löchern und einer über
diese 1 mm weit greifenden Hartgummischeibe versehen sind.
Diese Diaphragmen sollen zwar nicht die Strömung des Gases
26 ♦
404 /. Stark.
in der einen oder anderen Richtung aufhalten, di^egen sollen
sie ein Überspringen der elektrischen Strömung aus J7^ und
H^ nach G^ und G^ verhindern. Das Ge&B G^ besitzt zwei
stiftförmige Aluminiumelektroden; die eine A dient als Anode,
sie ragt nur wenig aus einem Ansatzrohr in das OefäB hinein;
die andere C dient als Kathode, sie steckt bis auf 2 cm in
einem Glasröhrchen und dringt bis zur Mitte von G^ vor.
Die Elektroden £^ und Ji^ wurden mit den Polen eines
großen Ruhmkorffschen Induktoriums (Spule 21,6 cm dick,
öO,ö cm lang) verbunden. Dieses stellte zwischen JB^ und £^
in H^ und H^ den Glimmstrom her, der an seiner E[athode
eine Druckerhöhung, an seiner Anode eine Druckemiedrigung
bewirken sollte.
Zum Nachweis einer Veränderung des Druckes in G^ und
damit in J7^ wurde von folgender Ehrscheinung Gebrauch ge-
macht Der KathodenfalPj K des Glimmstromes folgt inner-
halb weiter Grenzen der Formel
wo K der normale Eathodenfall, p der Gasdruck, t die Strom-
stärke, f die von Glimmlicht bedeckte Kathodenoberfläche, k
und X eine Eonstante ist. Fehlt die positive Lichtsäule des
Glimmstromes, so darf man den Kathodenfall gleich der
Elektrodenspannung setzen, unter Anwendung des Ohm sehen
Gesetzes auf den außerhalb des Gases liegenden Widerstand
r darf man setzen d F =^ dK ^ ^r.di. Eine Abnahme des
Gasdruckes hat eine Zunahme von K und damit eine Abnahme
von i zur Folge. Der Kathodenfall K ändert sich dann am
empfindlichsten mit dem Gasdruck p, wenn der äußere Wider-
stand groß ist; die Stromstärke dagegen ist dann ein empfindliches
Reagens auf eine Druckänderung, wenn r klein ist. Da das
Mikroamp^remeter, das mir zur Messung der Stromstärke zur
Verfügung stand, sehr empfindlich war und sich ohne Kriechen
und Schwingen momentan einstellte, so benutzte ich die Stärke
eines Glimmstromes in G^ zur Eontrolle einer Änderung des
Gasdruckes in G^ und 1/^. Zu diesem Zweck wurde die
Elektrode A unter Zwischenschaltung eines kleinen Wider-
1) J. Stark, Ann. d. Phys. 12. p. 1. 1908.
Elehtr. IttasaeTUrantport in Oaien.
Standes r an den positiven Pol einer Hochspannungstiatterie
Ton ungerähr 20UU Volt elektromotorischer Kraft gelegt, die
Elektrode C war durch das Mikroiimperemeter mit dem negativen
Pol verbunden; dieser war geerdet
Der aus dem Induktorium fließende Glimmstrom in ^f^ //,
sollte also in //j und damit in O^ eine Druckänderung liervor-
bringen; der Glimmstrom in (j\ sollte zum Nachweis dieser
Druckänderung dienen.
§ 4. lomichttmalSregeln, BvuhaditungfTtmUaU: — Es wurde
festgestellt, daß die Diaphragmen />, und D^ ihren Zweck er-
füllen, daß die Gliuiuientladung in //,//, nicht nach G, und
Gj hinübergreift. Das Induktorium wurde so weit von der
Versuchsröhre und dem Mikroamperemeter entfernt, daß sein
Hagnetfeld weder den Glimmstrom in G, noch den Ausschlag
des Amp^remeters beeinflußte.
Obwohl ich in Luft im wesentlichen dieselben Resultat«
wie in Stickstoff erhielt, so schien mir doch das Gasgemisch
keine sichere Grundlage fOr reine Resultate zu !«ein; ich lllhrte
daher die Untersuchung an Stickstofi' aus. Die Röhre wurde
erst leer gepumpt, dann wurde sie zweimal mit Stickstoff aus-
gespült, nachdem beim jedesmaligen Leerpumpen die Elektroden
My, E^ und C längere Zeit unter Strom gehalten waren. Darauf
wurde Stickstoff neu eingefüllt und mit den Beobachtungen
begonnen.
Diese wurden für einen jeden Gasdruck in folgender Weise
ausgeführt. Zunächst wurde der Glimmstrom in G, geschlossen
und solange gewartet, bis seine Stärke konstant wurde, bis
also der Ausschlag des Mikroamperemeters sich nicht mehr
änderte. Dann wurde das Induktorium in Tätigkeit gesetzt,
also ein Glimmstrom in einer bestimmten Richtung durch
//j H^ gesandt und gleichzeitig wurde der Ausschlag des Mikro-
ampferemeters beobachtet. Dann worde der Glimmstrom in
y/j //, unterbrochen und der Ausschlag weiter beobachtet.
Nach einer halben oder ganzen Minute wurde der Glimmstrom
in //, 7/, von neuem in der gleichen Richtung wie zuvor ge-
schlossen und dasselbe wie zuvor gemacht. So erhielt ich
eine Beobachtung für den Fall, daß die Kathode des Glimm-
Stromes in //, H^ beim Schließen kalt war. und für den Fall,
datt sie beim Schließen bereits von der vorausgehenden
fl
406 J, Stark.
Schließungsdauer her erwärmt war. Dies alles geschah erst
ftlr die eine Richtung des Glimmstromes in ü^ H^ , darauf fbr
die entgegengesetzte^ darauf wieder für die erste Bichtung.
Nach dem vorstehenden Verfahren wurden folgende Be-
obachtungsresultate erhalten. Solange der Gasdruck über
0^9 mm lag, änderte sich beim Schließen des Glimmstromes
in H^ B^ der Ausschlag des Stromes in 0^ nicht; zwischen 0,9
und 0,09 mm brachte der Glimmstrom H^ H^ eine dauernde
Zunahme des Ausschlages hervor; diese Zunahme war unab-
hängig von der Stromrichtung in H^ H^ und um so größer,
je kleiner der Gasdruck war. Der dauernden Zunahme der
Stromstärke in G^ entspricht eine dauernde Zunahme des
Gasdruckes in G^ und H^ U^ Diese rührt offenbar her von
einer Gasentwicklung aus der erhitzten Kathode des Glimm-
stromes in H^H^-
Von 0,09 mm Druck abwärts zeigte der Ausschlag des
GUmmstromes in G^ ein anderes Verhalten, das um so aus-
geprägter hervortrat, je weiter der Druck erniedrigt wurde.
Von da ab war nämlich die Änderung des Ausschlages ver-
schieden je nach der Stromrichtung in H^H^. War H^^ also
die G^ zunächst liegende Hälfte kathodisch, liefen also die
positiven Ionen nach JS^, so nahm der Ausschlag sofort nach
Schließen des Glimmstromes in H^ H^ zu, und zwar erst
schneller, dann langsamer; beim Unterbrechen ging der Aus-
schlag erst schneller, dann langsamer wieder zurück, blieb
aber immer größer, als er zuvor war.
War dagegen H^ anodische Hälfte, liefen also die positiven
Ionen von G^ und J7, fort, so erfolgte beim Schließen des
Glimmstromes in H^ U^ zunächst eine kleine Abnahme des
Ausschlages oder er blieb wenigstens unverändert, darauf nahm
er langsam zu und beim Unterbrechen nahm er weiter, aber
noch schneller zu. Die anfängliche Abnahme war um so
größer, je stärker der Glimmstrom in ^^ i^ war; seine Stärke
lag bei diesen Versuchen zwischen 10 und 0,5 Milliampere.
In der nachstehenden Tabelle ist ein Beispiel zweier Be-
obachtungsreihen mitgeteilt. Die Stärke des Glimmstromes in
0^ ist in einer willkürlichen Einheit angegeben, die Stärke
des Glimmstromes in H^ H^ schwankte zwischen 1 und 2 Milli-
ampere, der Gasdruck war ungefähr 0,03 mm.
EUktr. Mtusentransport in Oasen.
407
E^ Kathode.
Zeit in
Sek.
Aoflschlag
Be-
merkungen
0
15
710
710
Offen
80
740
\
45
60
760
770
1 Ge-
/ schlössen
75
780
)
90
773
105
120
770
767
Offen
-Ej Anode.
Zeit in
Sek.
Ausschlag
Be-
merkungen
0
15
810
810
Offen
30
805
45
60
75
803
805
808
Ge-
schlossen
90
811
105
825
120
830
Offen
135
885
In Figur 8 und 4 sind die vorstehenden Zahlen graphisch
aufgetragen. Die unsymmetrische Wirkung, welche der Qlimm-
strom in J7^ i^ für seine zwei Richtungen auf den Gasdruck
in H^ und 0^ ausübt, erklärt sich auf folgende Weise.
Der Glimmstrom in H^ H^ bringt zwei Wirkungen hervor,
welche den Gasdruck in H^ verändern. Die erste ist unab-
hängig von seiner Richtung, die zweite kehrt ihr Vorzeichen
mit seiner Richtung um. Die erste besteht darin, daß aus
der erwärmten Kathode Gas entbunden wird, woraus eine
dauernde Elrhöhung des Gasdruckes folgt. Die zweite besteht
lediglich in einer Verschiebung des vorhandenen Gases; es
wird der Druck in der kathodischen Hälfte erhöht, in der
anodischen Hälfte erniedrigt; nach dem Offnen verteilt sich
das Gas wieder in gleichmäßigem Druck, p sei der Druck in
B^f Po ^^^ anfängliche Druck, t die Zeit, /' und (p seien un-
bekannte Funktionen positiven Wertes, t sei positiv, wenn
seine positiven Ionen von E^ nach E^ strömen. Man kann dann
für die Schließungsdauer setzen p ^ p^ + i^-Lf^ i.t.cp. Der
Differenüalquotienty
dp
dt
i^.f+ i.(p,
kum Null werden, wenn t negativ ist; hieraus erklärt sich das
MinimiiTin in der Kurve der Figur 4.
Wie nach dem Vorstehenden zu erwarten ist und wie
■ioh aus ihm erklärt^ war die Abnahme des Ausschlages, im
408
J. Stark.
Falle Hj anodische Hftlfte war, größer, weon die Kathode kalt,
als wenn sie infolge längeren StromBchlusBes bereits vor-
gewärmt war. Im zweiten Falle ging nämlich die Gasentbindung
aus der Kathode trUher vor sich.
§ 5. ßeutunff de» BeobaihtungsTendtatet. — Darch den
eben beschriebenen Yereuch ist die Erscheinung aufgefunden.
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Pig. 4.
daß der Glimmstrom in einem elementaren Gate bei niedrigem
Druck merkbar vor der Kathode den Gatdruck erhöht, vor der
Anode erniedrigt, indem er von hier nach dort Gasmoleküie treibt.
Ich Bebe zwei Ursachen, welche diese Wirkung erklären können.
Die erste ist die oben theoretisch behandelte Überillhrung von
Uasse durch den elektrischen Strom. Die zweite besteht in
folgendem.
Wie A, Wehnelt') festgestellt hat, befindet sich vor der
Kathode des Glimm ström es im Dunkelraume eine positive
Mektr. Massentransport in Gasen, 400
LaduDg. Deren Tonen werden von der elektrischen Kraft nach
der Kathode getrieben; ist Reibung zwischen ihnen und den
neutralen Gasmolekülen vorhanden, so treiben sie diese mit
sich fort^ es entsteht ein gegen die Kathode gerichteter
elektrischer Wind; durch diesen wird vor der Kathode der
Gktsdruck erhöht, vor der Anode erniedrigt. *
Es erhebt sich die Frage, welcher von diesen beiden Ur-
sachen die oben beschriebene Erscheinung in erster Linie zu-
zuschreiben ist Nach meiner Ansicht ist dies die erste, die
elektrische Überführung. Die Wirkung tritt nämlich erst bei
demjenigen Druck auf, bei dem sie nach der Theorie für die
erste Ursache bemerkbar zu werden vermag; die zweite Ur-
sache: der elektrische Wind müßte auch bei höherem Druck
die Wirkung hervorbringen, wenn er sie überhaupt hervor-
zubringen vermag. Mit sinkendem Gasdruck muß er nämlich
immer schwächer werden, da die Reibung zwischen den positiven
Ionen und den neutralen Gasmolekülen immer kleiner wird.
Bei dem niedrigen Druck von ungefähr 0,03 mm bewegen sich
die positiven Ionen wahrscheinlich durch den Dunkelraum an die
Kathode^ ohne erheblich viel neutrale Moleküle zu treffen,
ohne also einen elektrischen Wind hervorzubringen.
Göttingen, Sommer 1903.
1) A. Wehnelt, Ann. d. Phys. 10. p. 542. 1908.
(Eingegangen 18. September 1908.)
410
51. über die Natar der flfissigen Laft.
Von B. A« Goldhammer in Kasan.
Obgleich dio flüssige Luft schon seit mehreren Jahren
der Untersuchung zugänglich gemacht worden ist und auch viel-
fach von verschiedenen Seiten studiert wurde^ scheinen doch die
Hm. Fischer und Alt^] die ersten gewesen zu sein, die die
Meinung ausgesprochen hatten, die füssige Luft sei eine Lösung
von Sauerstoff in Stickstoff.
Diese Ansicht über die Natur der flüssigen Luft haben
die Verfasser dadurch zu begründen gesucht^ daß sie die von
Baly^ beobachteten Änderungen der Siedetemperatur normal
siedender Gemische von Sauerstoff und Stickstoff mit den nach
der allgemeinen van't Hoff sehen Formel berechneten zu-
sammenstellten.
Die Übereinstimmung der Theorie mit der Erfahrung
ergab sich dabei ^^überraschend gut''. ^ Dem gegenüber ist
aber zu bemerken, daß erstens die Formel von van't Hoff
auf die Lösungen flüchtiger Stoffe nicht anzuwenden ist und
daß zweitens diese Übereinstimmung nur mit Hilfe einer ganz
schwach begründeten Annahme gewonnen wurde, es wäre dem
von Baly als rein bezeichneten Stickstoff 2,4 Proz. Sauerstoff
beigemischt.
Freilich haben die Verfasser auch die Vermutung aus-
gesprochen, es könne die Differenz zwischen der von Baly
ermittelten Siedetemperatur des Stickstoffs (77,5 — 77,54 abs.)
und der von Fischer und Alt gefundenen (77,33, wenn man
als absoluten Nullpunkt einfach — 278 setzt) auch einen an-
deren Grund haben ^]: in einem solchen Falle bleibt aber die
ganze Frage über die Luft als Lösung ohne Antwort
1) K. T. Piflcher und H. Alt, Ann. d. Phya. 9. p. 1182. 1902.
2) £. C. C. Baly, Phil. Mag. 49. p. 521. 1900.
8) K. T. Fischer und H. Alt, 1. c p. 1188.
4) 1. c. p. 1184.
Natur der fGusigen Luft. 411
Wir wollen daher versuchen diese Ansicht über die Natur
der Luft einer neuen Prüfung zu unterwerfen.
Es seien P^, p die Spannungen des gesättigten Stickstoff-
dampfes bei den absoluten Temperaturen T, T^\ töor eine Lö-
sung irgend eines Stoffes in Stickstoff mit der Siedetemperatur T
und der Dampfspannung p muß sein ^)
i>,-;' = (2'-^'o)(4^),„,.
wenn nur T -- T^ nicht all zu groß ausfällt.
Nach Baly siedete die Lösung yon 8,1 Proz. Sauerstoff
unter normalem Druck (/i =» 760 mm) bei T^ 78,0. Der reine
Stickstoff gab T^ = 77,50, P. » 806; femer fanden Fischer
und Alt in der Nähe des Siedepunktes des Stickstoffs
\ dT JT^T.
910.
Wir bekommen daraus T - T^ = 0,50 (beob.), T-^T^^ 0,505
(her.), indem mit der Zahl von Fischer und Alt 7{) = 77,83
würde folgen T - T^ = 0*6' (beob.).
Wie wir sehen, ist die Differenz zweier von Baly ge-
gebenen Temperaturen jedenfalls angenähert richtig: es ent-
steht aber die Frage, wovon rührt der Unterschied der Siede-
punkte des reinen Sauerstoffs nach den Beobachtungen von
Baly und Fischer und Alt her. Die Antwort lautet einfach:
F&r aUe von Baly angeführten absoluten Temperaturen utt ein
anderer absoluter Nullpunkt angenommen y als derselbe von
j^ischer und Alt
Diesen Grund haben schon Fischer und Alt selbst als
wahrscheinlich angegeben: derselbe tritt aber vollkommen
klar auf, wenn wir in folgender Weise verfahren.
Wir entnehmen aus der Tabelle der Dampfspannungen
des chemischen Stickstoffs von Fischer und Alt folgende
Zahlen
Pn 715 780 750 760
T 76,88 77,00 77,23 77,88
und aus der entsprechenden Tabelle von Baly ebenso für den
ehemischen Stickstoff
1) W. Nernit, Zeitschr. f. phys. Chem. 8. p. 128. 1891
412 L. Ä, Goldhammer.
Pn 760 806 856
T 77,5 78,0 78,5
und zeichnen beide Dampfdruckkurven in genügend großem
Maßstabe auf (z. B. 1 mm Hg = 2 mm, 1 ^ = 100 mm). Aus
der Zeichnung ersieht man zunächst, daß die Zahl 77,23 etwa
um 0,01^ zu groß ist: tatsächlich finden wir in der anderen
Dampfspannungstabelle der Verfasser (I. c. p. 1173) flir 750 mm
f =- 195,78« C, also y= 77,22. Femer ergibt sich die
ganze Kurve von Baly stark gegen dieselbe von Fischer und
Alt verschoben. Verkleinern wir aber alle Temperaturen von
Baly um 77,50 — 77,33 = 0,17, so fällt diese neue Kurve
ganz merkwürdig in die Fortsetzung der Kurve von Fischer
und Alt
Damit steht auch in Übereinstimmung, daß einer Tem-
peraturdifferenz von 0,5° in der Nähe von 760 mm ein Druck-
unterschied nach Fischer und Alt 760 — 715 = 45, nach
Baly 806 — 760 = 46 mm entspricht, so daß die Dampfdruck-
kurve des Stickstoffs zwischen 715 und 806 mm sehr nahe
geradlinig verläuft.
Somit ist als bewiesen zu betrachten , daß mit der an-
gebrachten Korrektion die Beobachtungen von Baly und
Fischer und Alt sehr gut miteinander übereinstimmen.
Baly hat auch die Dampfdrucktabelle für den „atmo-
sphärischen^' Sauerstoff gegeben: bei denselben Temperaturen
sind aber hier alle Drucke kleiner, als für den chemischen Stick-
stoff; nach dem Verhalten der Lösungen ist daraus zu schließen,
daß der atmosphärische Stickstoff etwas unrein war. «
Es bestehe nun 100 g flüssige Mischung aus m^ g Sauer-
stoff und m^ g Stickstoff; die entsprechenden Zahlen fbr Dampf
seien m^', m^; bedeuten ferner Af^, M^ die Molekulargewichte
der beiden Stoffe im flüssigen Zustande, M^^, M^ im Dampf-
zustände^ so sind die »^Konzentrationen^' in der Flüssigkeit
Cn. = ¥5 : iT- » C_ =
und im Dampfe
'0
Natur der fKuiigen Luft. 413
Sind eDdlich p^^ p^ die Teildmcke der beiden Stoffe im
Damp^ 80 haben wir bekanntlich
P^Po+Pn
(Dalton'sches Gesetz); femer für verdünnte Lösungen
p ^ P c
(nach yan't Hoff) und
(nach Nernst).
Daraus folgt für die Dampfspannungsemiedrigung
Nach dieser Formel sind die Zahlen berechnet, die in
den letzten zwei Kolumnen der Tabelle I zusammengestellt sind.
Dabei sind alle von Baly angeführten Temperaturen um 0,17®
korrigiert und M^ « M^ = 32, A/^ = M^ = 28 gesetzt.
Tabelle I.
Stickstoff als Lösongsmittel bei 760 mm I>rack.
•Wf
m.
T
n
Pn
On'
8,1
2,18
77,88
806
0,057
0,058
15,25
4,88
78,88
856
0,112
0,101
21,60
6,80
78,83
906
0,161
0,148
27,67
9,83
79,88
959
0,208
0,188
Wir sehen, daß die Übereinstimmung der Beobachtung
mit der Rechnung keine sehr gute ist; es liegt aber die Ver-
mutung nahe, diesen Umstand vielleicht auf Rechnung der zu
großen Konzentration der Lösungen setzen zu dürfen. In der
Tat zeichnen wir die Kurven m^ = / (T), m^ « F[T) im großen
Maßstabe auf (1% « *®/3 mm, i<^ = 100 mm), so können wir
zu viel kleineren Konzentrationen übergehen. In dieser Weise
wurde gefunden
Tabelle IL
Stickstoff als Lösungsmittel bei 760 mm Druck.
m.
WIq
T
Pn
0,900
0,218
77,88
764,6
0,0060
0,(K)60
1,747
0,486
77,48
769,2
0,0120
0,0119
8,875
0,872
77,53
778,4
0,0286
0 0222
5,025
1,808
77,63
787,6
0.0350
0,0882
6,568 1)744 77,78 796,8 0,0462 0,0488
414 D. Ä. Ooldhammer.
und diese Tabelle zeigt, daß von m^ » 1,747 ab (was einer
Konzentration von etwa 0,5 Orammmolekül pro Liter Lösung
entspricht) die Übereinstimmung der Beobachtung mit der
Rechnung nichts zu wünschen übrig läßt
Man kann ganz analog auch für Lösungen von Stickstoff
in Sauerstoff verfahren. Die Beobachtungen von Baly geben
dazu alles nötige Material. Bedeute P^ die Dampfspannung
des reinen Sauerstoffs bei verschiedenen Temperaturen, so
muB jetzt
Po V
sein. Korrigieren wir wieder alle von Baly angeftLhrten Tem-
peraturen um 0,17, 80 folgt die Siedetemperatur des reinen
Sauerstoffs unter normalem Druck T^ = 90,79.
Tabelle IH.
Sauerstoff als Lösungsmittel bei 760 mm Druck.
m.
m*'
T
Po
r - V
Po
V
1,84
4,90
90,88
725,5
0,048
0,087
3,85
10,20
89,88
687,5
0,105
0,080
5,91
15,45
89,88
658,6
0,168
0,128
8,02
20,55
88,88
621,5
0,228
0,178
1048
25,68
88,88
590,0
0,288
0,288
12,40
80,42
87,88
560,0
0,857
0,291
14,69
85,15
87,88
580,5
0,438
0,858
Hier haben wir wieder mit den gewöhnlichen Molekular-
gewichten gerechnet.
Wie man sieht, sind jetzt die Differenzen der Zahlen der
beiden letzten Kolumnen der Tabelle zu groß um von der Über-
einstimmung der Beobachtung mit der Rechnung überhaupt
reden zu können.
Man konnte auch hier glauben ein besseres Resultat bei
verdünnteren Lösungen zu erhalten; dem ist aber nicht so. Die
Kurven m^^f(T), m;^F[T), Pq = (p[T) sind für kleinere Kon-
zentrationen sehr nahe gerade Linien und man bekommt fol-
gende Tabelle.
iMfl
A\h
11^ IT.
{UM
1.M
L.€Sf>
£,T7(
US»
fK.>.4Ü
CUI06(>
cnim
b.QKS
ii.miBf
0.0 Id4
closof.
Dfs* Gaimd der Div^rp^ii? oer Bebfaftcdaimg inil der
licfl &bp nidit in dem Einfiusse der Kauemiaxioii.
Efi lag nun die Tiäimuiuag nabe« maii habe es hier mh
FiS der XiÜBmäEQaD zu um. ^aoft «^ aber wirkHcfa
M vfirde maxi imstasde bbiiu f&r amßena v^ardSanat li&-
X. B. ftr « = l,M.l(r-r, - ^ 4.». Kr-«
^--P,
und
e»-«»
» f ,1 .»■ ( l) ■ -'
dnitii die Annahme bzanpea:
1 Jf
4 JH
K
64;
64:
°82
cSS
82.
82:
14:
14:
2*>;
jr
14
14
14
14
Dm
gdinft aber nicfa.
Wir kfRmmeD alao zu dem Scfalofi, daß die tod BalT
kieineii Scidacuifi'kaiiBBinrationeii mit eibebbcbeB
bebafiet sind. Die Moehcbkeat aolcber Fehler uft
zu cradien. da£ Balj nicht direkt m^^ m^ bestunmen
■ondern frc^ Zahlen m^ i= KKi — m^. m^ slOd—if, ,
mm ^itm Zahlen etva 1 ProsL zn pnß ermäixelt, so ire>
das TdUkommen um die Beobacfatim|r und Sarbnnnir
gute übereüiBtimmimE zu brinffen. In der Tat bemezto
a» der Knrre w/s F T toh Balx ^^ daß man dit^lbe
anch merididi etwas anders ziehen konnte, als es bei Balr
Snd
Bigt
Es vire also irfinBchencwert die Eonzenrntionen der in
Betraobt kommenden L5siingen einer nenen Untersnchnni: m
1) £. C C Baly, L c p. 51S.
416 D. A. Ooldhafnmer.
unterwerfen. Was aber die flüssige Luft anbetrifiFt, so kann
man als bewiesen betrachtenj daß man es hier mit einer Lösung
zu tun hat
Nun bietet die Frage über die Natur der flüssigen Luft
auch ein anderes Interesse dar.
Die Erdatmosphäre beflndet sich nach Lord Kelvin (1862)
in dem Zustande des sog. ^,konvektiven Gleichgewichts'^ d. h.
es entspricht die Abnahme der Temperatur der Atmosphäre
mit der Höhe dem Gesetze der adiabatischen Ausdehnung der
Luft. Während der seit dem Jahre 1862 verflossenen vierzig
Jahre hat diese Ansicht eine allgemeine Anerkennung er-
worben: damit stehen im Einklang, sowohl die Beobachtungen
in freier Luft, als auch die speziell angestellten Versuche in
einer „künstlichen" Atmosphäre. ^)
Ganz unabhängig von Lord Kelvin und wie es scheint
ohne seine Arbeit zu kennen, hat dieselbe Theorie A. Ritter *)
sechzehn Jahre später veröfi'entlicht und sie zum Ausgangs-
punkt einer Reihe sehr interessanter Betrachtungen gemacht ^
Schreibt man der Luft die Eigenschaften eines idealen Gases
bei allen Temperaturen und Drucken zu^ so läßt sich mit
A. Ritter die Höhe der Erdatmosphäre zu 28,7 km berechnen.
Für eine Atmosphäre aus reinem Wasserdampfe, auf der Erd-
oberfläche bei 0^ C. gesättigt, ergibt sich diese Höhe zu
349 km. Für die feuchte Luft berechnet sich die Atmosphären-
höhe nur einige Kilometer höher, als 28,7 km.
Da nach den Sternschnuppenbeobachtungen Schiaparelli
diese Höhe zu 200 km berechnet hat (und da femer die Be-
obachtungen über die Polarlichter u. a. Erscheinungen dieselbe
über 70 km ergeben), so schloß Ritter, daß wahrscheinlich auch
für die wirkliche Erdatmosphäre diese Höhe sich über 200 km
ergeben würde, wenn man die nötigen latenten Wärmen der
Luft kennte, was zu Ritters Zeit nicht der Fall war.
Leider fehlen auch jetzt diese Daten. Bemerkt man aber,
daß die physikalischen Konstanten der gasförmigen resp. der
flüssigen Luft denselben des Stickstofi's sehr nahe kommen,
1) F. Ricbarz, Ann. d. Phys. 10. p. 862. 1908.
2) A. Ritter, Wied. Ann. 5. p. 405. 1878.
3) A. Ritter, Wied. Ann. 6. 7f 8 und mehrere folgende.
Natur eUr flüstiffen Luft, 417
80 scheint es interessant, die Höhe der Erdatmosphäre aus
reinem Stickstoff zu berechnen.
Dabei legen wir folgende Annahme zu Grunde. Das Gas
habe auf der Erdoberfläche die absolute Temperatur T^ = 290
und den Druck p^ = mo mm; an der Grenze der Atmo-
sphäre sei 7 == 0, /? 8x 0. Bis zur Sättigung betrachten wir das
Gas als ein ideales. Die spezifischen Wärmen des Stickstoffs
in allen Zuständen seien von Temperatur und Druck unab-
hängig. Bedeuten dann v das Volumen von 1 kg Gewicht
Stoff, 17 die Entropie, so berechnet sich die Höhe der Atmo-
sphäre nach der Formel
-I-m
dT.
Wir führen femer die Bezeichnungen ein:
^pf ^v ^^6 beiden spezifischen Wärmen des gasförmigen
Stickstoffs in kg-cal; y = ^pl^p-
c, c die spezifischen Wärmen des flüssigen bezw. des festen
N, bei konstanter Dampfmenge.
T^ , p^ Temperatur und Druck der Verflüssigung des sich
adiabatisch ausdehnenden Stickstoffs.
T^, p^ Temperatur und Druck des Erstarrungspunktes.
r^ die latente Verdampfungswärme bei T^
(>2 die latente Schmelzwärme bei T^.
J = 424 kg-m das mechanische Wärmeäquivalent
Dann nimmt das Integral die folgende Form an
Ä = «^{^,(^0 - ^i) + ^(^1 - ^2) + cT, + r^+ (>,} Meter.
Ist die Gleichung der Dampfdruckkurve p = f{I), so wird
Tj durch den Schnittpunkt dieser Kurve gegeben mit der
Adiabate T^ = p^~^^ x konst ; schneiden sich beide Kurven
nicht, so muß T^ =■ T^ sein und diese Temperatur wird durch
den Schnittpunkt der Gasadiabate mit der Sublimationsdruck-
kurve p « F{T) gegeben. Da nun für den Stickstoff c^ = 0,244,
7^ B 1,41 ist, so lautet die Gleichung der Adiabate
T^ap^, lg a = 1,62466 , m = 0,2908
and aus den Beobachtungen von Fischer und Alt ist leicht
BolUnuuui-Festsobrift. 27
418 L. Ä. Ooldhammer.
zu ersehen, daß diese Eorve mit der Dampfdruckkurre des
Stickstoffs keinen Schnittpunkt gibt Dann haben wir T^ « T^
Nach De war beträgt die Atom wärme des flüssigen Stick-
stoffs etwa 6 ; nehmen wir für den festen Stickstoff diese Wärme
zu 6,3 und bemerken, daß angenähert c durch C^ (ftir den
festen JV,) ersetzt werden kann, so berechnen wir
C =M = o,45.
Es bleibt uns nun T^, r^, g^ zu bestimmen. Fischer und
Alt haben zwei Punkte der Öublimationskurve des Stickstoffs
ermittelt
p = 62,
r= 61,35,
p = 86 ± 4,
T = 62,48,
indem Olszewski^) fand
p^60,
2"= 69,
P= 4,
7=48.
Trägt man diese vier Zahlenpaare auf das Eoordinaten-
papier auf, so bemerkt man sogleich, daß der erste Punkt
Olszewskis mit den Beobachtungen von Fischer und Alt
unverträglich ist
Da die neueren Beobachtungen sicherer zu sein scheinen,
so könnten wir folgende Zahlen zugrunde fernerer Betrach-
tungen wählen
p^86, r=62,5,
;? = 62, r=61,4,
;>= 4, r= 48.
Schreiben wir aber die Gleichung der Sublimationskurve
in der bekannten Hertz sehen Form
lg;? = a- y +clgT,
so berechnet sich b negativ, was offenbar unmöglich ist, da bei
1) K. Olszewski, Winkelmanns Physik 2. 2. p. 765 u. 692. 1896.
Natur der fStnigen Luft 419
p wKtQ aach 7 es 0 sein muß und h den Grenzwert der Sab-
limationswärme bei T^O bedeutet
E^ die Gleichung Yon der Form
p^T{a + bT+cT^
folgt wieder ft < 0 und die Kurve zeigt zwischen T = 48 und
2 SB 0 zweimal dp/dT^ 0, was dem bekannten Verlaufen der
SubUmationskurren widerspricht
Wir halten daher nur an den Ergebnissen Ton Fischer
und Alt fest und benutzen die Formel Yon Zeuner
Dann folgt für
;, = 86, T= 62,48,
p^62, T= 61,85,
n = 0,05 578, lg*= 1,68 783
und zur Bestimmung Ton p^, T^ haben wir zwei Gleichungen
lgr=lg* + nlg;?,
Ig2'=lga + mlg;>,
deren Lösung gibt
;i, = l,9, 2; = 50,4.
Die Sublimationswärme des Stickstoffs läßt sich in üb-
licher Weise nach der bekannten Formel
berechnen, worin der Differentialquotient aus der Sublimations*
kurve entnommen werden muß.
Wir haben nun
T^kp""
und folglich
das gibt einfach
dT " n r '
r + e =^, n = 0,05 578.
VfSüc T^ B 50,4 berechnen wir daraus
r^ + Qt^ 64,5
27
420 2>. A. Ooldhamm^r.
und f&r den Elntarrangspankt des Stickstoffs, T « 62,48, folgt
r + p«80,0.
Daß diese Zahlen ziemlich genan sind, läßt sich auf folgende
Weise zeigen.
De Forcrand ^) hat folgenden Satz aufgestellt: Die mole*
kulare Sublimationsw&rme eines Gases bei 760 mm Drack ist
seiner absoluten Siedetemperatur unter diesem Druck pro-
portional.
Der Proportionalitätsfaktor schwankt dabei zwischen 28
und 82, also beträgt im Mittel 30. ^ Wie wir sahen, fanden
Fischer und Alt die Erstarrungstemperatur von N, zu 62,48
bei 86 mm Druck; da aber der Einfluß des Druckes auf die
E^rstarrungstemperatur im allgemeinen nicht groß ist, so muß
auch die Erstarrungstemperatur des Stickstoffs bei 760 mm
nur wenig von 62,48 yerschieden sein; mit der normalen Siede-
temperatur dieses Stoffes 77,33 haben wir also
77,83
und daraus
r + (> = 82,9 bei 62,48,
welche Zahl nur etwa 3,5 Proz. größer ist, als die auf ganz
anderem Wege ermittelte Zahl 80,0. Jetzt haben wir
. Ä « 424 {0,244 . 239,6 + 0,450 . 50,4 + 64,5} Meter
also rund
A r=r 62 km.
Die Sublimationswärme des Sauerstoffs unter 760 mm
Druck berechnet sich nach der Formel von de Forcrand zu
Da auch die spezifischen Wärmen des Sauerstoffs nicht weit
von denselben des Stickstoffs verschieden sind, so schließen
wir, daß die Höhe der Erdatmosphäre aus reinem Sauerstoff
etwa 70 — 75 km betragen muß.
Beachten wir femer, daß die Anwesenheit des Wasser-
dampfes h höchstens um 1 — 2 km vergrößern kann, so er-
1) de Forcrand, Compt. rend. p. 879. 1901; Beibl. 25. p. 501. 1901.
2) So berechnen wir für Wasser bei 0^ C. r + ^ » 622 anstatt 6S0.
Natur der flüssigen. Luft 421
gibt sich die Höhe der Ebrdatmosphäre aus Luft niekt viel großer
als 70 km. Diese Zahl stimmt mit der Polarlichtbeobachtung
ganz gut überein ^ nicht aber mit den Stemschnuppenbeob-
achtungen.
Wir können diese Höhe über 200 km nur dann erhalten,
wenn wir annehmen, daß die beim Aus frieren des Stickstoffs
frei werdende £ntmisekungp-(LösungS')Harme mehrere Hunderte
Ktdarien betrage. Ob das wirklich der Fall ist, müssen die
zukünftigen Untersuchungen entscheiden.
Kasan, im Juli 1903.
(Eingegangen 14. September 1908.)
422
52. Über die allgemeinen Differentialgleichnngen
der Kristalloptik nach der elektromagnetischen Theorie
des Lichtes.
Von E. Kobald in Leoben.
Schon Maxwell, der Schöpfer der elektromagnetischen
Theorie des Lichtes, hat in der Abhandlung^) „A dynamical
theory of the electromagnetic field'' und in seinem Treatise
Differentialgleichungen für die Fortpflanzung des Lichtes in
zweiachsigen Kristallen entwickelt Hertz ^ hat in engem
Anschlüsse an die von ihm gegebene Modifikation der Maxwell-
schen Gleichungen für isotrope Medien allgemeinere Differential-
gleichungen für anisotrope Medien, gestützt auf gewisse
Analogien, jedoch ohne einen eigentlichen Beweis, aufgestellt.
Der Grundgedanke der Hertz sehen Darstellungsweise sowie
das Ton ihm angegebene System von Gleichungen findet sich
auch bei den späteren Bearbeitern^ dieses Gegenstandes
wieder. Lisolange nun die Anisotropie sowohl flir den elek-
trischen als auch für den magnetischen Zustand zum Aus-
drucke kommen soll, stimmt der Bau der vorerwähnten
Gleichungen von Hertz mit dem jener Gleichungen, welche
aus der Elastizitätstheorie des Lichtes hergeleitet und von
Lame*) sowie auch von Kirchhoff*) in so eleganter Weise
dargestellt wurden^ nicht übereiu. Später gelangte Kirchhoff
auch in seinen Vorlesungen über Elektrizität und Magnetismus^
zu Gleichungen von dem L am Aschen Typus, indem er von der
alten Femwirkungstheorie ausgehend durch Einführung di-
1) J. C. Maxwell, Scient Pap. 1. p. 588.
2) H. Hertz, Ges. Werke 2. p. 217. Gl. 5a n. 5b.
8) Handbnch der Physik von Winkelmann 2. Abt 1. p. 669ff.;
P. Drnde, Lehrb. d. Optik p. 286 ff.; Oohn, Das elektromagnetische
Feld p. 555.
4) G. Lam6, Theorie math^matique de T^lasticit^. 2* id, p. 281.
5) G. Kirchhof f, G^. Abhandlungen p. 864 ff.
6) Herausgegeben von M. Planck p. 228.
Bifferentialgleichunffen der Kristalloptik. 423
elektrischer Polarisationen den Übergang zu der ,^yon Maxwell
angestellten elektrischen Theorie des Lichtes'' machte. Im
Nachstehenden soll nnn gezeigt werden, daß man auch dann,
wenn man Yon der Maxwellschen Theorie ausgeht, zu analogen
Gleichungen sowohl f&r den elektrischen als auch für den
magnetischen Zustand gelangt
Um die Herleitung der Gleichungen auf eine möglichst
sichere Grundlage zu stellen, soll das von Helmholtz^) in
die Elektrodynamik so erfolgreich eingeführte „Prinzip der
kleinsten Wirkung'' zur Anwendung gebracht werden.
Das hierbei zu variierende „elektrokinetische Patential",
welches mit 0 bezeichnet werde, setzt sich aus der elektrischen
Eiuergie 0^ der magnetischen Energie <2>^ und einem dritten
erst später zu bezeichnenden Teile, der mit 0g bezeichnet
werde, zusammen. Dann hat man:
(1) 0^0^+0^+ 0^.
Aus Zweckmäßigkeitsgründen mögen statt des in den Hertz-
sehen Gleichungen vorkommenden Vektors der elektrischen*
und der magnetischen Kraft die Komponenten der dielektrischen
Polarisation^ (/*, p, h) und jene der magnetischen Polarisation')
{a, bj c) eingeführt werden. Bezeichnet man die in der
Volumeneinheit enthaltene elektrische und magnetische Energie
beziehungsweise mit F und T, so kann nach Maxwell und
Hertz in dem gedachten allgemeinen Falle gesetzt werden:
Bezfiglich der Konstanten Äj.^ . . ., ju^,, . . . ist zu be-
merken, dafi, wenn im Falle der Isotropie gesetzt wird:
^1.» = ^».8 = ^8.1 = ^.2 = fS.f = M8,l =- 0
(8)
-^.1 ■" ^«»a =■ -^,8 "^ X
1
[ ftfl ■* A*li» ~" M8»8 "" 4ii,j'
1) H. Helmhol tz, Wissenschaftliche Abhandlungen 8. p. 476 ff.
2) Im Boltsmann, Vorlesungen über Maxwells Theorie 1. § 85.
8) EL Harte i.e. p. 228 und 824. Daselbst sind (a, 6, e) mit
(ftS, V9R, «9{) beMichnet.
424 E. Kobold,
die Größe K die Dielektrizitätskonstante und fi die Magneti-
sierungszahl — Permeabilität — bedeutet
Wird das Baumelement mit dr bezeichnet^ so sind die
elektrische und magnetische Energie dargestellt mittels der
Gleichungen :
(4) •;
Hierin kann man sich die Integrationen über den ganzen un-
endlichen Raum erstreckt denken.
Die magnetische Polarisation {a, b, c) möge nun durch
einen neuen Vektor [F, G, H), welcher von MaxwelP) als das
elektrokinetische, von Poincarö^ und von Boltzmann^ als
das elektromagnetische Moment bezeichnet wird und mit dem
von Heaviside und Hertz aus der Maxwellschen Theorie
hinausgeschafften Vektorpotential im Falle der Isotropie
identisch ist, mittels der Gleichungen dargestellt werden:
dB
dy
dQ
d%
. dF
dH
dx
d 0
dF
(5)
dx dy
Der Teil des elektrokinetischen Potentials^ welcher oben
mit <2>^ bezeichnet, aber noch nicht definiert wurde, sei durch
das über den ganzen unendlichen Raum erstreckte Integral,
in welchem t die Zeit bedeutet, dargestellt:
(«)
*.--/('--K + «-lf+*4T)'"-
Die Wahl von 0, ist derart getroffen, daß für jene Werte
der Variablen, für welche:
(7) 8j0.dtmxO
ist, ^
1) J. C. Maxwell, Treatise 2. § 590; Scient Pap. 1. p. 55.
2) J. Poincare, ilectridt^ et Optiqae 1. § 180 et § 167.
3) L. Boltzmann, VorleBongen 1. Art 88.
Differentialffleichungen der Krütalloptik, 425
also auch
(7 a) 0=0.-0^
wird.
Faßt man also die elektrische und magnetische Energie
beziehungsweise als potentielle Energie und lebendige Kraft
wägbarer Massen auf^ so ist für den gedachten besonderen
Fall das aus (7a) sich ergebende^ zu Tariierende Integral
identisch mit Hamiltons Prinzipalfunktion.
Denkt man sich zunächst die in (7) angedeutete Variation
nach [Fj 6, H) als unabhängigen Variablen ausgeführt, so
ergibt sich:
oder nach (5)
(7b)| '^\db * dx de ' dy )'^\de' dx da' dx )
ldT_ dÖH dT dorn
■*" [da' dy dh' dx )'
k f.
k h
Man wende nunmehr in den Raumintegralen, welche nach
(7 b) die Ableitungen von [SF, SG, SH) nach (ar, y, z) ent-
halten, die teilweise Integration an und erwäge, daß im Un-
endlichen die Variationen der unabhängigen Veränderlichen
als verschwindend angesehen werden dürfen. Setzt man so-
dann die in den Raumintegralen vorkommenden Faktoren von
{SFj SOf SH) einzeln gleich Null, so ergibt sich das erste
System der gesuchten Gleichungen:
(8)
df ^ d dl
d i d y de
d
dx
dg _ d dT
d
di ~ dx da
dx
dh d dT
d
dl
dh
dl
de
dT^
Bt'^daBb dy d a '
426
E. Kobold.
Variiert man das Integral (7) nunmehr nach den Va-
riabein if, ff, h)j 80 wird z. B. bei der Variation nach der
unabhängigen Variabein f:
k k
Integriert man in dem zweiten Teile dieses Integrals
partiell nach t^ so erhält man die drei weiteren Gleichungen:
(9)
dF
dV
dt
~ ^f
dO
d V
dt
~ dg
dH
d V
dt
dh
dieselben sind offenbar die ^^Dielektrisierangsgleichungen*'^) für
ein anisotropes Medium, wenn keine äußeren elektromotorischen
Kräfte wirken. Durch Kombination derselben mit den Gleichun-
gen (5] ergibt sich das zweite System der gesuchten Gleichungen:
(10)
da
d
dt
^ dx
dh
d
dt
"" dx
de
d
~d t
~ dy
d V
dg
d V
dh
d V
d
d
dx
d
d^V
dh
dV
d'f
d V
dx dg
Führt man in die Gleichungen (8), (9), (10) die Funktion
ein, so nehmen dieselben die übersichtliche Form an:
Jf ^ _d_ d^ d d^
(8a) ' ^'^ ^
dt
d y de
dx db
dF __ d^
(9a)
dt
df
(10a)
da
d
«e
d
a©
dt
•
•
9y
• •
dh
• •
dx
• •
dg
• •
1) L. Boltsmann, YorL üb. Max welle Theorie etc. L Teil p. 79.
Differentialgleichungen der KristaUoptUu 427
Charakteristisch f&r die gefundenen Gleichungen ist das
Auftreten von genau transversalen Wellen, sowohl wenn ftir
den Lichtvektor jener des elektrischen Zustandes (/*, g^ h) als
auch wenn jener des magnetischen Zustandes (a, b, c) gewählt
wird.
Nachträglich soll noch gezeigt werden, daß, wenn die aus
dem Minimalprinzip hervorgehenden Gleichungen (8) erfüllt
sind, tatsächlich, wie schon früher behauptet wurde,
0,« -20.
wird.
Unter der vorerwähnten Voraussetzung wird nämlich:
* Jl Uy de d% dh)^^\dx da dtde)
[dt db ~dy da)]
Durch Anwendung der teilweisen Integration auf der rechten
Seite dieser Gleichung erhält man mit Bücksicht auf (5):
-<".
/(«4^+»4f+'4f)<"-2/"'.
d. L 0^=-20..
Die Gleichungen (8) erhält man auch, wenn man nach
Boltzmann') der Prinzipalfunktion von vornherein die
Hamiltonsche Form erteilt, wobei bezüglich der Bolle, welche
den Energiewerten 0^ und 0. zufällt, die früher gemachte
Bemerkung gilt Bei Annahme dieser Form des Minimal-
prinzips müssen die Dielektrisierungsgleichungen (9) a priori
als gegeben vorausgesetzt werden.
Diese Voraussetzung ist mit der Max well sehen Theorie
eines anisotropen Dielektrikums in voller Übereinstimmung.
ESnerseits sind nämlich im vorliegenden Falle die Komponenten
der elektromotorischen Kraft der Induktion die Ableitungen
\ ,dt\ dt' dt)'
während dieselben andererseits, wie im 1. Bande des Treatise*)
1) Lb Boltsmann, Vorlesangen über MaxwelU Theorie der
Elektrisitit und des Lichtes. IL TeU p. 7.
8) § 101 e and 101 f.
428 E. Kobold.
ausgeführt ist, lineare Funktionen der dielektrischen Ver-
schiebungen (f, ff, h) sind, welche unter der Form
/ d V d V dJV^\
[ df ' dg ' dh )
darstellbar sind. In der Gleichung:
(11) öfdtf{T^ r)dT = sfdtJ^dT = ü
h k
ist nach dem Bemerkten f&r F zu setzen :
(12) _2r-/-.-y^+^4? +A^^
dt ' ^ dt ' dt '
die Variationen in Gleichung (11) sind so zu bilden, dafi hierbei
{F, G, H) als unabhängige Yariabeln anzusehen sind. Aus
(12) ergibt sich zunächst
-(A^.^+4f.,+ 4f.A),ih.
(18) -Sr^f'-^+g-^^ + h-^.
Für die Variation 8 T ist der Wert aus (7 b) zu entnehmen.
Nachdem man die bezüglichen Werte in (11) eingesetzt hat,
ist in den Integralen, welche die Ableitungen der Variationen
[8F, SO, SB) nach den Koordinaten bez. nach der Zeit ent-
halten, die teilweise Integration ausgeführt zu denken. Be-
achtet man das Verschwinden der Variationen der unab-
hängigen Veränderlichen im Unendlichen, so ergeben sich
durch Nullsetzung der Faktoren von [SF, SG, iE) in den
Baumintegralen abermals die Gleichungen (8).
Es mag noch die Bemerkung Platz finden, daß sich auch
die entsprechende Verallgemeinerung des Poynting sehen
Theorems leicht beweisen läßt Multipliziert man nämlich die
Gleichungen (8) bez. mit
/ d V dV dV\
[ df ' dg ' dh )
und addiert sie sodann zueinander und ftlhrt man dieselbe
Operation mit
/ dT dT d T \
[ da ' db ' de )
E. Kobold. DiffertniuügkkhMngmi der KrutaUapOL 429
in bezug auf die Gleichimgen (10) aus, so erhält man zunächst
BiV-^- T) _ \db* dk de ' dg) [de * df da ' dkf
dt " dx ■*■ ay "
/ÖT dV^_d.T dr\
^[vd'dg db* df)
Multipliziert man beide Seiten dieser Gleichung mit dem
Raumelement dr und integriert in bezug auf den ganzen
betrachteten Baum, so wird, indem die Raumintegrale rechter
Hand des Gleichheitszeichens sich in Oberflächenintegrale
umsetzen:
(14X
d {0e + ^J
dt
j\ \db dk de dg)
in dieser Gleichung bedeutet dm das Oberflächenelement und
{l, m, n) sind die Kosinusse der Winkel, welche die Normale
mit den Koordinatenachsen einschließt
(Eingegangen 15. September 190b.)
480
53. Über den Baum der Atome nnd Molekflle.
Von J. Traube in Berlin.
Seit einer Beihe von Jahren mit Arbeiten über den
Baum der Atome ^) beschäftigt, erscheint es mir wünschens-
wert, den wesentlichsten Inhalt dieser Arbeiten in einer kurzen
MitteiluDg zusammenzufassen.
Indem ich nach Kopps Methode die für gewöhnliche Tem-
peratur berechneten Molekularvolumina (Molekulargewicht :
Dichte) solcher Verbindungen miteinander verglich, welche sich
um eine bestimmte Differenz der Zusammensetzung unter-
schieden, gelang es mir die Atomvolumina zu berechnen, und
für das Molekularvolumen F^ den folgenden Ausdruck zu
finden:
2F^ ist die Summe der Atomvolumina, Q> eine Größe,
welche von mir als molekulares Eovolumen bezeichnet und
als der Raum gedeutet wurde, welcher den Atomen zu ihrer
fortschreitenden Bewegung zur Verfügung steht (Baam für den
freien Äther).
Die Bedeutung dieser Gleichung wurde sogleich ersicht-
lich, als ich van der Waals Zustandsgieichung in den Kreis
der Betrachtungen hineinzog. Es ergab sich, daß die Werte F^
identisch^ waren mit van der Waals Größen 6, sobald diese
Größen nach van der Waals Gleichung durch Einsetzung
der Volumenwerte für den flüssigen Zustand für zwei be-
nachbarte Temperaturen berechnet werden. 0 war somit
nichts anderes als die Größe v — & von van der Waals, und
1) Vgl. die ZuBammenstellung: J. Traube, Über den Raam der
Atome, F. B. Ahrens Samml. ehem. n. chem.-techn. Vort, Enke, Statt-
gart 1S99; femer Ann. d. Phys. 5. p. 548. 1901 n. 8. p. 267. 1902;
Zeitschr. f. anorg. Chem. 34. p. 418 und 37. p. 225. 1903; Physik. Zeitschr.
4. p. 569. 1908.
2) J. Traube, Ann. d. Phjs. 5. p. 552. 1901.
Itaum der Atome und Moleküle, 481
obige Oleichong ging in yoUer Übereinstimmung mit van der
Waals Theorie über in die Gleichung
ü =s i + (t> — i).
H. Kopp hatte vor mir die Molekularräume von Ver-
bindungen bei ihren Siedepunkten verglichen und er war zu
der Gleichung gelangt:
Dieser Widerspruch von Kopps Gleichung und der-
jenigen von mir wird leicht beseitigt, wenn man bedenkt,
daB die normalen Siedepunkte annähernd übereinstimmende
Temperaturen sind, und für solche Temperaturen sind die
Werte b und v^-b einander proportional Kopp hat aus
diesem Grunde die Größe 0 = ü — & übersehen.
Wir wollen nunmehr die Größen 2V^^b und (p^v^b
gesondert betrachten und die wichtigsten Ergebnisse meiner
Arbeiten hinsichüich dieser Größen zusammenfassen.
Die Atomr&ome UV^^b und das Kemvolumen, die
n* + 2 d
Nach Tan der Waals ist die Größe b Tiermal so groß
als derjenige Raum, welchen ich als das Eemvolumen be-
zeichnet habe, d. h. der Raum, welcher von der ponderablen
Materie als solcher eingenommen wird, b ist nach Glausius
gleich jenem Eemvolumen vermehrt um die UüUe von ge-
bundenem Äther, in welche kein anderes Atom eindringen
kann. Nach der Theorie von Clausius-Mosotti-Exner ist
in roher Annäherung ein Maß jenes Kemvolumens die Größe
n«- 1 1
~j~ 9
wenn wir ftr die Dielektrizitätskonstante aus noch nicht ge-
nügend aufgeklärten Gründen besser den optischen Brechungs-
index substituieren.
Es wurde nun von mir gezeigt^), daß in der Tat, soweit
die Theorie dies erwarten läßt, in roher Annäherung
n«- 1 1
b^4
fi«+ 2 d
1) J. Traube, Ann. d. Phjs. 5. p. 652. 1901.
432 J: Trmbt.
ist, und damit wurde eine Bestätigung der Ansichten Ton
van der Waals einerseits, der Annahmen von Clausius-
Mosotti-Exner andererseits erbracht Voraussetzung ist in
dessen, daß die Größe b aus dem Verhalten des flüssigen Zustan-
des abgeleitet wurde. Berechnete man dieselbe aus dem Verhalten
der Gase, so wurde aus dem Faktor 4 der Faktor 4y2.^)
Es wurde nun femer ^ von mir gezeigt, daß die Größe b,
sowie dieselbe beispielsweise nach Kopps Methode berechnet
wurde, nur einen Mittelwert darstellte. Der fiaum der Atome,
die Größe b, erwies sich als veränderlich, und zwar von Ver-
bindung zu Verbindung. Es ließ sich der später auch von
Richards bestätigte Satz^ aufstellen, daß der Baum eines
Atoms [b) um so kleiner ist, je größer die Affinität zu den
benachbarten Atomen ist Dieser Satz besagt eigentlich nichts
anderes, als daß die von jeher als kompressibel angesehenen
Atome durch den Affinitätsdruck im Verhältnis zu der GröBe
desselben verkleinert werden. Damit wird die Kontraktion der
Atome ein wichtiges Maß der Affinität, und der von mir *) be-
reits erwähnte, von Richards^ weiter erbrachte Nachweis,
daß jene Kontraktion der Atome in nächster Beziehung steht
zur Bildungswärme der Verbindungen, ist von größter Be-
deutung.
Der umstand, daß infolge einer verschiedenen Affinität der
Raum eines Atoms oft wesentlich verändert wird durch die
Nachbarschaft anderer Atome, ermöglichte in chemischer Hin-
sich nicht unwichtige Schlüsse auf die Konstitution und Kon-
figuration von Verbindungen. So ist beispielsweise mit dem Ring-
schluß zum Benzolring eine erhebliche Verkleinerung des Volu-
mens der Kohlenstoff- und Wasserstoffatome verbunden, und es ist
möglich, auf volumetrischem Wege die Zahl und Qualität der
Ringe, ja selbst der Ringspannungen ^ vorauszusagen. Von
Interesse f&r die Atomistik war es, die auf diesem Wege ge-
1) J. Traube, Ann. d. Phys. 5. p. 560. 1901.
2) Raum der Atome 1. c. p. 22 u. Ann. d. Phys. 1. c. p. 550. 1901.
3) Th. W. Richards, Zeitschr. f. phys. Chem. 40. p. 172 u. 184. 1902.
4) J. Traube, Zeitschr. f. anorg. Chem. S. p. 23. 1892.
5) Th. W. Richards, Zeitschr. f. phys. Chem. 40. p. 171 u. 547. 1902.
6) J. Traube, Raum der Atome L c p. 26.
Baum der Atome und Moleküle, 483
fondenen Volumenschwankungen der Größen b za vergleichen
mit der Variabilität der Größe
n* - 1 1
n« +"2 d '
welche als rohes Maß des Kernvolumens angesehen werden
darf. Wie Landolts und Brühls Arbeiten gezeigt haben,
wird auch dieses Kemvolumen der Atome durch den meist
viele Tausende von Atmosphären betragenden Afiinitätsdruck
beeinflußt, wenn auch die Kontraktionen der dreimal so großen
„Ätherhülle'' naturgemäß weit erheblicher sind, als diejenigen
des inneren Kernes der Atome.
Man kann die Größen b auch, wie ich gezeigt^) habe,
ans dem Verhalten der Lösungen feststellen, mit Hilfe der
von mir als Lösungsvolumen bezeichneten Größe, d. h. das
Volumen der Lösung vermindert um das wirkliche oder schein-
bare Volumen des Lösungsmittels. Auch dieses Lösungs-
volumen setzt sich zusammen aus den Atomräumen, den
Größen &, und einem molekularen Kovolumen v — b. Die auf
diesem Wege namentlich für verdünnte wäßrige Lösungen
nach Kopps Methode berechneten ^-Werte stimmten im Mittel
mit den aus homogenen Flüssigkeiten berechneten 3 -Werten
überein, zeigten indessen wegen Wegfalls mancher Störungen
wesentlich geringere Schwankungen als jene, wenngleich auch
hier die konstitutiven Einflüsse sich geltend machten.
Zu vielfach auffallenden Zahlenverhältnissen wurde ich ge-
flihrt \ als ich die auf diesem Wege gefundenen Atomvolumina
verwandten Elemente miteinander verglich. Die gesetzmäßigen
Beziehungen der kiomräume verwandter Elemente sind noch
zahlreicher als diejenigen der Atomffewichte, und ich habe den
Gedanken ^ ausgesprochen , daß wir vermutlich zu einer weit
vollendeteren Systematik der Elemente gelangen, wenn wir an
Stelle des auf zu einseitigem Prinzip beruhenden und mit
großen Mängeln behafteten periodischen Systems ein System
wählen, in welchen Elemente und Verbindungen in einer Reihe
DAtOrlicher Familien eingeordnet sind, bei deren Aufstellung
1) J. Traube, Baum der Atome p. 1 u. f.
Q L 0. p. 9 Q. f.
8) L e. p. 12.
28
484 J. Traube.
die räumlichen Beziehungen der Atome ebenso ausschlag-
gebend wären, wie diejenigen der Masse. Es zeigte sich
namentlich, daß die Eigenschaftsänderung eines Elementes beim
Übergang aus dem elementaren Zustande, in den Zustand
einer Verbindungsstufe, und aus dieser wieder in eine andere
Verbindungsstufe, namentlich also auch der Valenzwechsel,
und damit auch die elektrochemischen Beziehungen in inniger ,
wenn auch bei weitem noch nicht genügend untersuchter Be-
Ziehung zu den räumlichen Änderungen der Atome stehen.
Die Größe b ist ebensowenig wie die Größe
n* - 1 1
w« + 2 d'
das Eemvolumen eine Funktion der Temperatur ^), aber beide
Größen sind Funktionen des Druckes, die Atome sind kom-
pressibel, und darauf ist es zurückzuführen, daß auch die
Größe b im gasförmigen Zustande wesentlich größer ist, als
im festen und flüssigen Zustande.*)
Auf p. 431 und 482 wurde darauf hingewiesen, daß
4 41/2 4^ i-
ist, während
sich berechnet, sofern man von den assoziierten Flüssigkeiten
absieht Da das Eemvolumen, die Größe
w» + 2 d
nach Brühls u. a. Berechnungen vom Aggregatzustande unab-
hängig ist, so folgt, daß b f&r den Gaszustand größer ist als
für den Flüssigkeitszustand. Auch die Anwendung von van
der Waals Gleichung auf Gase und Flüssigkeiten führt zu
dem gleichen Ergebnis.
Der Grund liegt, wie erwähnt, in der Kompressibilität
der Atome. Wie nach p. 8 der Affinitätsdruck eine Kon-
traktion der Größen b herbeiführt, so läßt sich auch nach-
1) Ann. d. Phys. 8. p. 267. 1902; Zeitschr. f. anorg. Chem. 84«
p. 418. 1903; Phys. Zeitschr. 4. p. 569. 1908.
2) 1. c.
Baum der Atome und Moleküle. 435
weisen^), daß durch äußeren Druck die Atome komprimiert
werden, und es ist danach zu erwarten, daß der unter ge-
wöhnlichen Verhältnissen ca. 1000 Atm. betragende innere
Druck afv^ auch eine erhebliche Verkleinerung der Größe b
hervorbringt. Wird der innere Druck aufgehoben, wie bei der
Verdampfung, so wird h wesentlich größer, und ich habe be-
rechnet *), daß ufäer den Bedinffungen, welche die Verdampfungs-
erscheinungen im geschlossenen Rohre in der Nähe der kri"
tischen Temperatur darbieten. hg„ gleich etwa 2 b^ ist, d. i. das
Volumen beim absoluten Nullpunkte. Ein Gason ist unter
obigen Bedingungen zweimal so groß als ein Fiuidon. Indessen
ist es sehr wahrscheinlich, daß der Maximalwert eines Gasons
wesentlich größer ist. ^ Es ist sehr bemerkenswert , daß
van der Waals sich jenen Anschauungen Ton mir in neuester
Zeit^) voll und ganz anschließt, selbst bis auf die Gleichung
^fu "■ 2&o* I)i® Priorität für jene Annahme darf indessen ich
mir wohl zuschreiben, da ich zuerst jene Hypothese ener-
gisch verfochten, und auf ihre zweifellos sehr weitgehen-
den Folgerungen ^) hingewiesen habe. Wieweit die Anwen-
dung dieser Hypothese von räumlich verschiedenen Gas- und
FlüssigkeitsmolekUlen die Theorie des kritischen Zustandes be-
einflußt^ soll hier nicht weiter erörtert werden, auch scheint
mir die Frage, ob Gasonen und Fluidonen in der flüssigen
und Gasphase in einem von der Temperatur abhängigen Ver-
hältnisse ineinander löslich sind \ aus einigen Gründen wahr-
scheinlich, indessen noch nicht hinreichend sicher gestellt.
Fast scheint es, als ob der Übergang der Fluidonen in Gasonen
ein langsam verlaufender Vorgang ist.
1) Zeitschr. f. anorg. Chem. 1. c. p. 425.
2) J. Traube, Aon. d. Phys. 8. p. 295. 1902.
8) J. Traube, Phys. Zeitschr. 1. c. und Zeitschr. auorg. Chem. 37.
p. 226. 1908.
4) Van der Waals, Akad. Wet. Amsterdam, 23. Juli 1903.
5) J. Traube Ann. d. Phys. 5. p. 560. 1901; ferner 8. p. 267.
1002 and Phys. Zeitschr. 1. c; vgl. dagegen van der Waals, Zeitschr.
f. phys. Chem. 88. p. 257. 1901.
6) 1. c. Vgl. auch demnächst 1904 erscheinende Mitteilungen von
Teiohner in den Ann. d. Phys. und von mir Zeitschr. anorg. Chemie.
7)L e.
28»
436 /. Traube.
Während der Übergang vom flüssigen in den gasförmigen
Zustand mit einer Änderung der Größe b verbunden ist^),
die in der Berechnung der Verdampfungswärme^ der spezifi-
schen Wärmen^ der Aufstellung und Deutung der Isothermen
ihren Einfluß geltend macht, bleibt beim Übergang vom
flüssigen in den festen Zustand die Größe des Fluidons un-
geänderty wie ich unter Anwendung von Kopps Methode, so-
wie von van der Waals Gleichung^ nachgewiesen habe.
Bemerkenswert ist, daß für die nach 10000 Atm. zählenden
Affinitätsdrucke, sich ein Einfluß nicht nur auf die Konstante b,
sondern auch auf das Kemvolumen
n« - 1 1
nachweisen ließ, während der wesentlich kleinere innere
Druck ajv^ nur die Bäume der Atomhüllen
b — ^*"" ^ ^
w« + 2 d
und nicht diejenigen der Atomkerne
n« - 1 1
w»4- 2 d
ZU beeinflussen scheint.
Das molekulare Kovolumen v — b.
Das molekulare Kovolumen ist im Gegensatz zum Kern-
volumen und der Größe b nicht nur eine Funktion des Druckes,
sondern auch der Temperatur.
Was die Funktion des Druckes betrifil, so folgt dasselbe
streng in allen drei Aggregatzuständen dem Gesetze von Boyle-
van der Waals, in bezug auf die Temperatur ebenso streng
dem Gesetze von Charles-Gay-Lussac-Dalton. Auch gilt
namentlich für den flüssigen Zustand in roher Annäherung
das Gesetz von Avogadro^, insofern bei gleicher und ge-
wöhnlicher Temperatur für die meisten Flüssigkeiten sich die
inneren Drucke a/v^ als nicht sehr verschieden erwiesen haben.
1) 1. c.
2) J. Traube, Raum der Atome, 1. c. p. 34 u. Zeitschr. f. auorg.
Chem. L c.
3) J. Traube, Ann. d. Phys. 5« p. 553. 1901 und Raum der
Atome L c.
Baum der Atome und Moleküle. 437
Die Berechnung des Eovolumens für Flüssigkeiten wie
auch feste Stoffe erfolgt weniger genau nach Kopps Methode,
genauer nach van der Waals Gleichung, insofern diese Glei-
chung sich auch auf den festen'^) Zustand als anwendbar er»
wiesen hat. Für den flüssigen Zustand berechnete ich für
die meisten normalen, d. L nicht assoziierten Flüssigkeiten,
das Kovolumen pro Grammmolekül bei 0^ und 76 cm zu
ca. 25 ccm. Da das molekulare Kovolumen der Gase unter den-
selben Bedingungen gleich ca. 22 400 ccm ist, so berechnet
sich der innere Druck ajv^ der meisten Flüssigkeiten im Mittel
22 400
26
= ca. 900 Atm. ,
eine Zahl, welche mit anderen Berechnungen übereinstimmte.
Für assozierte Flüssigkeiten, wie Hydroxylverbindungen etc.
waren die molekularen Kovolumina ihrem Assoziationsgrade
entsprechend mehr oder weniger kleiner als 25 ccm und man
konnte auf diesem Wege unter der allerdings nur in roher
Weise zulässigen Anwendung des Gesetzes von Avogadro
eine rohe Berechnung des Assoziationsfaktors herbeiführen \
die bei dem Mangel besserer Methoden zurzeit nicht ohne Be-
deutung ist. Ebenso hat die von mir auf die Anwendung des
Satzes von Avogadro begründete Methode zur Berechnung
des einfachen Molekulargewichts ^ trotz der rohen Voraus-
setzungen auch jetzt noch ihre Bedeutung. Namentlich gilt
dies f&r Stoffe, welche in wäßriger Lösung sich befinden. Ich
habe gezeigt, daB hier in verdünnter Lösung^] für die Nicht-
leiter das molekulare Lösungsvolumen gleich ist der Summe
der Atomräume und einem molekularen Kovolumen, dessen
OröBe nur geringen Schwankungen unterworfen ist und bei
gewöhnlicher Temperatur gleich etwa 12,4 ccm ist Der Satz
Ton Avogadro gilt hier jedenfalls wesentlich genauer als für
homogene Flüssigkeiten, und die Gleichheit des molekularen
Eorolumens ermöglicht eine einfache Methode der Molekular-
gewichtsbestimmung. Da das molekulare Kovolumen einer
1) J. Traube, Zeitschr. f. anorg. Chem. 1. c.
8) J. Traube, Raum der Atome p. 40.
8) L e. p. SS.
4) L e. p. 86.
438 /. Traube.
homogenen nicht assoziierten Flüssigkeit meist von 25 com
nicht sehr verschieden ist, in wäßriger Lösung gleich ca. 12,4 ccm
beträgt^ so folgt, daß auch die Kontraktion beim Lösen eines
Grammmoleküls keine großen Schwankungen zeigt, und im
Mittel gleich 25 — 12,4 ccm ist
Es ist bemerkenswert, daß mit der Spaltung in Ionen
pro Grammion eine etwa ebenso große Kontraktion ^) verbun-
den ist
Die Berechnung der molekularen Kovolumina fester Nicht-
leiter nach Kopps Methode^ führte zu Zahlen, welche meist
nicht viel größer als halb so groß waren wie die molekularen
Kovolumina homogener Flüssigkeiten. Indessen da bei man-
chen derartigen Verbindungen, beispielsweise der racemischen
Traubensäure etc. die doppelte Molekulargröße außer Zweifel
stand, hier aber zu einem doppelt so großen Kovolumen wie bei
den anderen festen Verbindungen führte, so war die Annahme
nicht zu kühn, daß allgemein die scheinbare Halbierung des
Kovolumens beim Übergang vom flüssigen in den festen Zustand
auf eine Verdoppelung des Molekulargewichts zurückzuführen
wäre; eine Annahme, welche durch die Proportionalität*) der
Volumenvergrößerung beim Übergänge vom flüssigen in den
festen Zustand mit abnehmendem Assoziationsgrade der Flüssig-
keit gestützt wurde. Es ist dies die erste und einzige Me-
thode zur Bestimmung des Molekulargewichts fester homogener
Stoffe.
Die Kovolumina fester Elemente*) nach van der Waals
Gleichung haben sich als sehr klein erwiesen, besonders die-
jenigen der Metalle. Die mit Hilfe derselben berechneten
inneren Drucke erwiesen sich danach als sehr groß, beispiels-
weise berechnete sich ajv^ für Gold gleich 176 000 Atm., für
Diamant gleich 5 458 000 Atm.
Diese Werte waren für die dem Gesetze von Dulong
und Petit folgenden Elemente^) gerade dreimal so groß
als die Werte C[dtjdv), wenn C die Atom wärme und dvfdt
1) J. Traube, Raum der Atome p. 47.
2) J. Traube, Raum der Atome p. 35.
3) 1. c. p. 34.
4) J. Traube, Zeitschr. f. anorg. Chem. 1. c. p. 414.
5) 1. c. p. 416.
Baum der Atome und Moleküle. 439
die Anderang des Volumens mit der Temperatur bezeichnet.
Sie gingen bei den Metallen parallel den Härten und Elasti-
zitätsmoduln« ^]
DaB van der Waals Gleichung auch auf den festen
Zustand anwendbar war, wurde insbesondere dadurch erwiesen,
daß mit Hilfe der gewöhnlichen Ausdehnungskoeffizienten die
Werte
v'-b dt'
d. h. die Änderung der Volumeneinheit des Kovolumens, die Aus^
dehnungtkoeffizienten des Kovolumens berechnet wurden.^ Dieser
Ausdehnungskoeffizient war (abgesehen von den Halogenen) all-
gemein sehr angenähert gleich Y^ts* Wird daher einem festen
Element Wärme zugeführt^ so erfolgt keine Ausdehnung der
Eonstante b, sondern nur eine solche des Kovolumens v — b.
In dieser Abhängigkeit von der Temperatur liegt der wesentliche
Unterschied der Volumengrößen
n«- 1 1
und b einerseits, der Größe v — b andrerseits. Zu denken geben
schließlich die multiplen Beziehungen, welche fbr b und
n*- 1 1
n« + 2 d
im allgemeinen sowie ftlr b und v — b im besonderen für
übereinstimmende Temperaturen, also für die drei Größen be-
Btehen, welche nach dieser Theorie das Volumen zusammen-
setzen. Bedenkt man, daß es sich hier um das Materie-
Tolnmen, und um den Raum des ,,gebundenen'' und „freien
Äthers'' handelt, so möchte man glauben, daß die Volumen-
chemie berufen ist, über sehr wichtige fundamentale Fragen,
welche das Wesen der Materie berühren, und voraussicht-
lich über noch zahlreiche nicht minder bedeutsame andere
Fragen, wie über das Wesen der Affinität und Valenz, in ent-
scheidendem Sinne mitzureden.
1) J. Traube, Zeitschr. anorg. Chem. I. c. p. 420.
S) L 0. p. 414.
440 J. Traube. Raum der Atome und Moleküle.
Von besonderer Bedeutung dürfte es sein, wenn es ge-
lingen sollte, die neue Elektronenlehre mit der Yolumen-
theorie in Beziehung zu setzen.
Es liegt hier ein überaus fruchtbares Feld vor, welches ver-
dient, weit mehr beachtet zu werden, als dies bisher geschehen
ist Mir scheint, man braucht kein Prophet zu sein, um zu
behaupten, daß eine eingehende experimentelle Bearbeitung
dieses Gebietes, wie sie mir leider in meiner gegenwärtigen
Stellung nicht möglich ist, so befruchtend auf die verschieden-
sten Gebiete der physikalischen Chemie einwirken würde, wie
wohl kaum ein zweites Forschungsgebiet.
Charlottenburg, Techn. Hochschule.
(Eingegangen 17. September 1903).
441
54. Objektive Darstellung
der Interferenz des polarisierten Lichtes.
Von Ernst Mach in Wien.
Bei Gelegenheit seiner mit Arago angestellen Versuche
über Interferenz des polarisierten Lichtes erkannte Fresnel
schon, daß das unpolarisierte (^^natürliche''] Licht in zwei gegen-
einander senkrechte linear polarisierte, nicht sichtbar inter-
ferierende (yyinkohärente^') Komponenten gleicher Intensität sich
zerlegen läßt Aus dieser Tatsache folgt schon die Zerlegbar-
keit des anpolarisierten Lichtes in zwei gleich intensive in-
kohärente entgegengesetzt zirkulär, oder entgegengesetzt ellip-
tisch polarisierte Komponenten. Doch wurde diese weitere Ein-
sicht erst durch die Arbeiten von Stokes, Airy, Lippich
und Verdet gewonnen, und sie geht auch aus der richtigen
Interpretation der schönen von Stefan zum Beleg einer anderen
Meinung über das unpolarisierte Licht ausgeführten Versuche
hervor.
Vt^egen der fundamentalen Wichtigkeit der Fresn eischen
Elzperimente habe ich seinerzeit mitmeinem damaligen Assistenten
Rosicky^) versucht, dieselben für den Unterricht in eine klare,
übersichtliche, jede Täuschung ausschließende Form zu bringen.
Bei Revision des Manuskriptes meiner Vorlesungen über Optik
fiel mir ein Mangel dieser älteren Experimente auf, der darin
besteht^ daß sie sich nur zur subjektiven Einzelbeobachtung und
nicht zur Projektion eignen. Es ist mir nun gelungen, zwei
Versuchsformen zu finden, welche von diesem Mangel frei sind.^
1) EL Mach und W. Rosicky, Sitzungsber. d. k. Akademie der
WiMenaeh. lu Wien 72. II. Abt. p. 197. 1875.
2) Ich maBte mich bei meinem Leiden, welches mir unmöglich
macht, selbst ca experimentieren, darauf beschränken, den Plan der Ver-
mehe su entwerfen. Mein ältester Sohn, Dr. med. Ludwig Mach, hat
die Experimente im Detail sorgfältig ausgeführt, während ich die Auf-
•taUang imd die EigebuiBse kontrolliert habe.
442
E. Mach.
Zur Spaltung des unpolarisierten Lichtes in linear polari-
sierte Komponenten verwende ich nicht Gips, dessen sich
Fresnel bedient hat, und auch nicht Turmalin, der später
oft benutzt worden ist, sondern^ wegen seiner optischen Rein-
heit und Vollkommenheit, Quarz. Mit Turmalin vereinfachen
sich zwar die Versuche, werden aber sehr lichtschwach und
leicht sehr unrein. Eine planparallele, achsenparallele Quarz-
platte von etwa 1 mm Dicke wird senkrecht zur Achse durch-
schnitten, das eine Stück wird in seiner Ebene um 90^ ge-
dreht und an das andere genau angefügt Beide so neben-
einander liegende, durch eine scharfe
Grenze getrennte Stücke werden zum
Ausgleich der Un Vollkommenheiten des
Kristallschliflfes zwischen gute Plan-
gläser mit Canadabalsam eingekittet.
In Figur 1 bedeute / eine Quarz-
platte mit vertikaler, // eine gleich
dicke mit horizontaler Achse. Das un-
polarisierte Licht, welches die Quarz-
platten, vom Beschauer ausgehend,
durchsetzt, wird in die vertikal polari-
sierten Komponenten v^ v^ und in die
horizontal polarisierten Komponenten Aj, h^ gespalten. In 1
wird Äj ebensoviel verzögert als v^ in 77, wie dies die
Zeichnimg andeutet. Führt man nun die beiden interferieren-
den Bündel irgend eines Interferenz Versuches durch je eine
der Quarzplatten, so sieht man zunächst nur die Inter-
ferenz von üj und v^y sowie jene von Aj und Äg. Beide im
allgemeinen verschiedene Interferenzbilder überdecken sich, ohne
sich zu stören, und können durch ein vor die Lichtquelle oder
vor den Schirm gesetztes Nicol getrennt und einzeln zur Be-
obachtung gebracht werden. An dieser Erscheinung wird nichts
geändert, wenn man ein Nicol, dessen Polarisationsebene unter
45^ gegen den Horizont steht, vor die Lichtquelle oder vor
den Schirm setzt. Erst durch Einschaltung eines Nicols unter
45^ zwischen Lichtquelle und Quarz werden sämtliche vier
Bündel kohärent und gleich intensiv, und gelangen, durch ein
zweites Nicol zwischen Quarz und Schirm auf eine Polarisations-
ebene reduziert, zur sichtbaren Interferenz. In diesem letz-
Fig. 1.
IiUerferenz de» polarisierten Lichtet. 443
teren Falle ist die Interfereozerscheinung am einfachsten ver-
st&ndlich, wann man berücksichtigt, daß der Quarz zwischen \
und Vj keinen Gangunterschied setzt, ebensowenig zwischen o,
und /^. Dies gilt insbesondere bei parallel orientierten Nicols.
Da aber nnn alle vier BUndel kohärent sind, so macht sich
der Oangunteischied zwischen V, , k^ und A^, v, im Interferenz*
bilde bemerklich. Setzt man gekreuzte Nicola an die Stelle
der parallelen, so tritt zwischen h^ und v,, ebenso zwischen v^
und A, ein Phasenunterschied von einer halben Periodenlänge
auf, der sich zu allen sonst gegebenen Gangunterschieden hin-
zufügt, und die Vertauschung aller Maxima und Minima be-
dingt Dies vorausgeschickt, werden die folgenden Versuchs-
formen leicht verständlich sein.
1. Betrachten wir zuerst eine Yersuchsform , bei welcher
man große und intensive Projektionsbilder erzielt. Man leitet
Sonnenlicht durch eine vertikale Spalte S unter nahe senk-
rechter Inzidenz auf eine etwa 5 cm dicke, an der RuckHäche
versilberte Jaminscbe Platte </,, so daß nur eine geringe
Trennung des an der Vorderfläche reflektierten fiflndels I von
dem an der Bttckääche retiektierten BUodel II eintritt Beide
BUndel fallen dann auf eine zweite gleiche und gleich orientierte
Jaminsche Platte /,. Das nun »n der Vorderiläche von /,
reflektierte Bündel II vereinigt sich mit dem hier an der
B&ckHäche reflektierten Bündel I, und beide geben ineinander
verlaufend die bekannten Interferenzerscheinuiigen. Man läßt
DOD die beiden vereinigten BUndel I und II bei Abbiendung
aller übrigen Lichter auf eine
achromatische Linse von etwa
1 m Brennweite fallen, nud
bildet durch dieselbe die Spalte '
S auf einem Schirm ab. Die
Jaminschen Platten reguliert
man so, daß das Spaltenbild Fig- ^^
vonnicht zu breiten horizontalen
Interferenzstreifen quer dnrcfazogen erscheint, wobei mnii den
mittleren weißen Streifen, der dem GangunterschiGd Null ent-
spricht, die Länge der Spalte halbieren läßt, Ein Spektral-
piiflma, hinter die Projektionslinse gesetzt, löst das Spaltenbild
in ein horizontales Spektrum auf, dessen zur Disperaionsrichtung
♦ ♦ ♦ ♦ 4
♦ ♦ ♦ ♦
♦ ♦ ♦ ♦ <
444 S. Mach.
nahe parallele Interferenzstreifen im Violett etwas koHvergiereD.
Fttgt mao nun des Doppelquarz so eio, daß von den beiden
von t/j abgehenden Bündeln je «ne« durch eiwn Quarz paseiert,
so erhält man den überraschenden '} Anblick zweier schiefer,
sich netzfQrmig im Spektrum durchkreuzender Streifensysteme
(Fig. 2). Das eine gehört dem vertikal, das andere dem hori-
zontal polarisierten Licht an, wie ein vor ü gesetztes Nicol
sofort zeigt. Bei Einfügung eines Kompensators, oder Drehung
der Jaminschen Platten, verschieben sich beide Systeme in
entgegengesetztem Sinne, wobei das eine System breiter, das
andere schmäler wird. Setzt man ein Nicol vor S, ein zweilet
Nicol etwa vor die Projektionslinse unter 45**, so erscheint auf
dem Schirm sofort nur ein vertikales Streifensystem, welches man
als identisch mit jenem eines 1 mm dicken achsenparallelen,
zwischen zwei Nicols gesetzten Quarzes erkennt. Dasselbe ist
noch durchzogen von den nahe
horizontalen Streifen, aufweiche
man den Jaminschen Apparat
Ä einge8tellthat(Fig.3). Wechselt
man zwischen Parallelstellung
und Kreuzung der Nicols, so
tauseben alle Maxima mit den
Minimis ihre Plätze.
Die sich durchkreuzenden Streifensyeteme versteht man
durch folgende Überlegung. Der Phasenunterschied der inter-
ferierenden Lichter wächst im Spektralbilde in der horizontalen
Dispersionsricbtung von Rot gegen Violett, insofern derselbe
vom Quarz herrührt, hingegen z. B. in vei-tikaler Richtung auf-
wärts, insofern er durch die Jaminschen Platten bedingt ist.
I) Die Lehre von der Interferenz hatte ganz wohl eiue hohe Eat-
Wickelung erreichen könaen, ohne die geringste Kenntnie der Doppel-
brechuDg und Puluriiation. Hätte nun irgend ein hiatorlBcher Zufall,
wie deren tatsächlich viele eingetreten sind, zu eiuer Anordnung ähn-
lich der im Text beachricbenen geführt, so hätte man unter sehr rätsel-
haften Umständen xxeitrlei Licbtarten im Quarz kennen gelernt, von
deueu jede filr sich interferiert, welche aber aufeinander nicht reagieren.
Die Entdeckung der Zirkularpolarisation hStte ebenfalls jener der linearen
vorftnsgeben können. Ea \A sehr lehrreich, sich die Polgen hiervon m
ve^egenwärtigea.
Interferenz des polarisierten Lichtes, 445
Durch geometrische Zusammensetzung (Summation) ergeben sich
schiefe Linien gleichen Phasenunterschiedes. Die Neigung ist
aber f&r das vertikal und horizontal polarisierte Licht ent-
gegensetzt, weil der durch die Quarze bedingte Phasenunter-
schied für die betreffenden Lichter von entgegengesetztem
Zeichen ist.
Bewirkt man Kohärenz des vertikal und des horizontal
polarisierten Lichtes, so denke man sich zunächst (Fig. 1)
Ai mit v^ und v^ mit h^ kombiniert Beide geben nur die
Interferenz der J am in sehen Platten, welche letztere aber um
eine halbe Schwingung alteriert wird, wenn man gekreuzte
Nicolfl statt paralleler anwendet. Bei Kombination des ge-
samten Lichtes tritt nun erst der Einfluß des Gangunter-
schiedes im Quarz hervor, der bei Nicolkreuzung ebenfalls um
eine halbe Schwingung alteriert wird. Hiermit sind alle Ver-
bältnisse dieses Versuches klargelegt. Auch die quantitative
Behandlung derselben unterliegt keiner Schwierigkeit.
2. Ich will nun noch ein zweites Verfahren beschreiben,
welches den älteren Versuchsformen näher liegt Dasselbe ist
mit sehr bescheidenen Mitteln ausführbar und liefert kleinere
Projektionsbilder, die aber einem engeren Kreis von Zuhörern
noch recht gut demonstriert werden können. Selbstverständ-
lidi sind alle optischen Bilder Beugungsmaxima, so auch in
dem zuvor behandelten Fall. Soll aber der jetzt zu beschrei-
bende Versuch vollkommen verstanden werden, so sind immer-
hin einige vorausgeschickte Detailausführungen über Beugung,
die hier natürlich wegbleiben können, unerläßlich. Darin be-
steht ein Mangel des Versuches, der auch den Fresnelschen
Formen anhaftet.
Das Sonnenlicht passiert eine vertikale Spalte /', deren
Länge durch eine unmittelbar folgende horizontale Spalte H
beliebig beschränkt werden kann, und täUt dann auf das Ob-
jektiv O eines Femrohres, dessen Okular ein scharfes reelles
Bild von V und U auf einem matten, durchscheinenden Schirm
von Qlas oder Zelluloid entwirft Setzt man ein feineres Ruß-
gitter ff^) mit vertikalen Stäben vor 0, so erscheinen rechts
1) Nar ein Gitter mit undurchsichtigen Stfiben ist zu dem Versuch
Terwendbar. Ein auf Glas radiertes Gitter liefert zu viel zerstreutes
446 E. Mach.
und links zu beiden Seiten des Spaltbildes symmetrisch an-
geordnet die bekannten Spektren, welche das Violett dem
Spaltenbilde zukehren. Bei genügender Abkürzung der Spalte V
reduzieren sich diese Spektren auf schmale horizotale Streifen
oder Linien, welche von innen und außen, mit Violett be-
ginnend, zum äußersten Rot übergehen. Einschränkung der
Höhe des Gitters durch eine vor dasselbe gesetzte horizontale
Spalte S verbreitert diese Spektren wieder desto mehr, je
enger S wird. Das Spektrum verwandelt sich in das Beugungs-
bild einer horizontalen Spalte, dessen Farbe in jeder Vertikalen
homogen ist, während die Wellenlänge und dieser entsprechend
die Bildbreite von innen nach außen zunimmt. Wir setzen
nun den Doppelquarz so vor die horizonte Spalte 5, daß die
Grenze zwischen dem oberen, etwa horizontalachsigen, und
dem unteren, vertikalachsigen Quarz die Mittellinie der Spalte S
bildet, und daß das vertikal polarisierte Licht in der oberen,
das horizontal polarisierte Licht in der unteren Spaltenhälfte
gleich viel verzögert wird. Wie das Experiment und die
Theorie der Beugung lehrt, wiederholen sich dann die
sub 1 beschriebenen Erscheinungen mit geringen Modifika-
tionen. ^) Man erblickt die netzförmig sich durchkreuzenden
beiden Streifensysteme, die man durch Anwendung eines Nicols
vor V^ H voneinander isolieren, durch einen Ja min sehen
Eompensator mit horizontaler Trennungslinie vor S in ent-
gegengesetztem Sinne verschieben kann etc. Es verhält sich
alles so, als ob zwei Spalten von der halben Breite von S un-
mittelbar nebeneinander lägen, und deren Beugungsbilder sich
überdecken würden. Die schiefen Systeme sind durch die
Interferenz der Lichter beider Spalten bedingt. Sie verschwinden
sofort, wenn man die obere oder untere Hälfte von S mit einem
undurchsichtigen Schirm deckt. Macht man aber durch An-
wendung zweier paralleler Nicols unter 45® alle Lichter kohärent,
und betrachtet zunächst das verzögerte Paar für sich, das be-
schleunigte Paar für sich, so hat man jetzt eine Spalte von
der ganzen Breite, durch welche gleichphasiges Licht eindringt.
1) In der Tat können die schematischen Figuren 1 bis 3 auch zur Er-
läuterung dieses Versuches dienen. Man hat sich nur vorzustellen, daß
die Spektren in diesem Falle am violetten Ende schmäler sind, und
daß die Längsstreifen im Spektrum hier exakt gerade ausfallen müssen.
Interferenz des polarisierten Lichtes, 447
Nun müssen die symmetrischen längs der Spaltenlänge ver-
laufenden Minima den halben Abstand haben, wie zuvor. Es
müssen also solche neue Minima auftreten. Bei Kreuzung der
Nicols tauschen diese mit den Maximis ihren Platz. Außer-
dem bringt die Verzögerung des einen Lichterpaares gegen das
andere die vertikalen^ dem Quarz entsprechenden Querstreifen
in den Beugungsspektren hervor, die beim Wechsel von Kreu-
zung und Parallelstellung der Nicols ebenfalls alternieren.
E^ ist nicht nötig, die Zerlegbarkeit des unpolarisierten
Lichtes in entgegengesetzt zirkulär oder elliptisch polarisierte
inkohärente Komponenten von gleicher Intensität besonders
experimentell nachzuweisen. Will man aber solche Versuche
ausführen, so unterliegt dies keiner Schwierigkeit, und man
kann bei den hier beschriebenen Versuchsformen dieselben
Mittel verwenden, welche in der eingangs erwähnten^ von mir
mit Rosicky publizierten Arbeit benutzt worden sind.
(Eingegangen 18. September 1908.)
448
55. Wirkung der anomalen Dispersion von
Metalldämpfen.
Von Hermann Ebert in München.
Mit der Eigenschaft selektiver Absorption eines Mediums
ist seine Fähigkeit, auf die dem Bereiche seiner maximalen
Absorption benachbarten Strahlengebiete anomal dispergierend
zu wirken, aufs engste verknüpft. Und zwar verteilt sich diese
Wirkung ausnahmslos in der Weise, daß die nach dem Rot
zu gelegenen Strahlenarten, also akustisch gesprochen, die
tieferen Schwingungen stärker, die nach dem Violett folgenden
Strahlen höherer Schwingungszahl aber weniger abgelenkt werden.
Bei großer Dichte und Ausdehnung des anomal brechenden
Mediums können diese Ablenkungen selbst in Spektralgebieten
sich noch bemerklich machen, die weit von denen der Eigen-
schwingungen des Mediums selbst entfernt liegen. Dagegen
erfahren Strahlen, die außerhalb dieser Gebiete liegen, keine
Änderung ihrer Fortpflanzungsgeschwindigkeit mehr.
Es konnte von vornherein erwartet werden, daß die
Metalldämpfe, bei denen den scharfen Emissionslinien nach
dem Kirchhoffschen Gesetze unter umständen sehr ausge-
sprochene Absorptionsmaxima entsprechen, in hervorragender
Weise diese Eigenschaft überall dort aufweisen würden, wo
sie bei genügender Absorption zugleich als brechende Medien
wirken. Diese Vermutung hat sich bestätigt.^) In der Tat
kann bei Metalldämpfen die anomale Dispersion ihre Wirkung
über sehr ausgedehnte, sich von den Metallabsorptionslinien
nach beiden Seiten hin weit in das Spektrum erstreckende
Bereiche hin geltend machen. ^) Es tritt hier sogar der eigen-
1) Vgl. H. Ebert, Physikal. Zeitschr. 4, p. 478—476. 1908.
2) Vgl. z. B. die Wirkung des Natriumdampfes bei R. W. Wood,
Proc B07.S0C. 69. p. 157—171. 1901 und phjs. Zeitschr. 8. p. 280—288.
1902.
fKirhufiff der anomalen Dispersion. 449
tOmliche Fall ein^ daß die brechende Kraft ftLr die höheren
dem Absorptionsgebiete unmittelbar benachbarten Lichtschwin-
guDgen kleiner als die des Vakuums ist, so daß Brechungs-
exponenten kleiner als eins erhalten werden^ was mit den be-
sonderen elektrischen und magnetischen Eigenschaften dieser
Medien zusammenhängen wird. So fand BecquereP) bei
Natrium dampf 1^0009 als Brechungsindex für die von D^ nach
dem Bot zu gelegenen Schwingungen^ 0^99865 f&r die von D^
nach dem Violett zu gelegenen Spektralbezirke. Diese Brechungs-
indizes beziehen sich auf heiße Flammengase als umgebendes
Medium^ denen Becquerel den Index 1^0001 gegenüber dem
Vakuum zuschreibt Die auf das Vakuum umgerechneten
Brechungsexponenten sind demnach für Natriumdampf 1^0010
bez. 0,99875.
Wood, der mit viel dichterem Natriumdampfe arbeitete,
tindet*) 1,0024 bez, 0,9969 relativ zu heißem Wasserstoifgase,
dessen Exponent wir ebenfalls zu 1,0001 annehmen können,
so daß ftlr Natriumdampf 1,0025 bez. 0,9979 in bezug auf den
leeren Baum resultiert.
Ich selbst finde für Kaliumdampf, und zwar ftlr dessen
Absorptionslinie im Bot, 1,00176 bez. 0,99844 auf Vakuum
bezogen. Die durch diese Zahlen zum Ausdruck gebrachten
brechenden Kräfte sind ganz erhebliche; ist doch der Brechungs-
exponent für Luft z. B. nur 1,0003; die brechende Kraft ist
daher für Kaliumdampf in der bei den Experimenten ver-
wendeten Dichte ca. sechsmal, ftLr Natriumdampf ca. achtmal
größer als f&r Luft von Atmosphärendruck.
Es kann daher nicht wundernehmen, daß überall dort,
wo sich Metalldämpfe außer durch ihre Absorption auch durch
ihre lichtbrechende Kraft au dem Zustandekommen der Licht-
erscheinangen beteiligen, sich in dem resultierenden Spektrum
eigentümliche, durch die Verteilung der Brechungsexponenten
in der Umgebung der Metallinien bedingte Anomalien ein-
stellen müssen. Ich möchte hier nur auf den Fall eigentüm-
tieher HelUgheitsverteilungen in dem Spektrum hinweisen, die da-
durch bedüigt werden, daß das Licht einer ein kontinuierliches
1) H. Beeqaerel, Gompt. rend. 126. I, 1. p. 145—151. 1899.
f) R. W. Wood, a. a. 0. p. 166 oben.
FMlMhilft. ^^
Spektnim liefernden Strahlenquelle auf der einen Seite einer
Metallabsorptionslinie durch die brechende Wirkung davor
liegender Dampfschichteo zu dem Beobachter hin abgelenkt
wird, w&hrend die auf der entgegengesetzten Seite der Linie
zu erwartenden Strahlenkomplexe auBbleiben, weil sie vermöge
der Brechungen, die sie in den Dämpfen erfahren, den Apparat
nicht erreichen. Wird z. B. ein hoher, etwa '/^ Liter fassender
Graphittiegel G G, Fig. I, wie er zu Schmelzelektroljseo ver-
Wirkung der anomalen Dispersion. 451
wendet wird, gut leitend^) an den negativen Pol einer aus-
giebigen Stromquelle angeschlossen und in diesen als Anode
ein dicker Eohlestab KK eingeführt^ so erhält man eine Heiz-
Yorrichtung, in der man sehr bequem Metalle verdampfen, und
über einer weißglühenden Unterlage ziemlich regelmäßig ge-
schichtete dichte Dampfmassen anhäufen kann. Hat man
durch Berühren von Anode und Kathode den Bogen entzündet^
und sind beide Elektroden genügend heiß geworden, so kann
man das Metall einführen und dann mit der Spannung all-
mählich weit herabgehen (bis auf etwa 30 Volt bei 110 Am-
peres), ohne ein Abreißen des Bogens befürchten zu müssen;
gerade in der Verwendung solch niedriger Spannungen liegt
eine wesentliche Bedingung für ein ruhiges gleichmäßiges Ver-
dampfen. Die Oxydation der aufsteigenden Metalldämpfe hält
man durch Einführen von Eohlenoxyd (das man gleich im
Tiegel selbst mit entwickeln kann) oder von Ammoniakgas
nach Möglichkeit zurück Bringt man dann einen schmalen
ebenen Spiegel dicht neben der Anodenkohle genügend weit
oberhalb des Tiegels an, von dem die vertikal emporsteigenden
Strahlen nach der Seite durch eine Linse hindurch auf den
Spalt eines Spektralapparates geworfen werden, so siebt man
in diesem an den Linien des verdampfenden Metalles, nament-
lich an den leicht umkehrbaren, eine Erscheinung, wie sie
unter anderem für die Spektra der „Neuen Sterne'' charakte-
ristiBch ist: Neben den dunklen Absorptionslinien ist die
Helligkeit des kontinuierlichen Hintergrundes nach dem Rot
zu stark erhöht, die dunklen Absorptionslinien dagegen er-
scheinen nach dem Fiolett zu erheblich verbreitert Wie diese
Erscheinung durch die anomale Brechung in den Dampf-
schichten zustande kommt, möge Fig. 1 erläutern. In dieser
stelle aa, bb den Voltabogen dar; um diesen legen sich die
Dampfhüllen, die unten am Boden des Tiegels am dichtesten
sind und deren Schichtung ungefähr durch den Verlauf der
▼on K nach G auf beiden Seiten hinüberziehenden Querlinien
tu charakterisieren sein dürfte. In diese Schichten ist links
I) Vgl. hierüber die Arbeit von W. Mutbmanu, H. Hof er und
Lb Weist, Ann. d. Gbemie 320. p. 231— 269. 1901, namentlich p. 262
29»
452 H. Ebert
in Fig. 1 a, der Verlauf jener Strahlen eingezeichnet, für
welche der Brechungsexponent größer als eins ist und mit zu-
nehmender Dampfdichte wächst; für diese Strahlen werden
die tieferen Schichten daher auch optisch immer dichter; denken
wir uns Lichtstrahlen senkrecht von oben hereinfallend, so
werden diese überall den Einfallsloten zu gebrochen; nach dem
Prinzip der ümkehrbarkeit der Lichtwege nehmen sie den
gleichen Verlauf wie die von ihren Auftrefi'punkten aus-
gehenden und aus dem Gefäße nach oben hin austretenden
Strahlen, welche in der Figur gezeichnet sind. Diese Strahlen
bringen hiemach das von dem heißen Kohleende und dem
Tiegelboden ausgehende Licht in den Spektralapparat; die
ihnen entsprechenden Teile des kontinuierlichen Spektrums
müssen heller erscheinen als die entfernteren Spektralteile,
für welche dieses Umbiegen der Strahlen in der Tiefe nach
den Oberflächenpartien maximaler Emission zu nicht stattfindet;
die Helligkeit im Spektrum muß vom Rot her gegen die Ab-
sorptionslinie etwa in der Art ansteigen, wie die Dispersions-
kurve daselbst anwächst, vgl. Fig. 2, welche die Helligkeits-
verteilung im Spektrum an der Stelle einer Metallabsorptions-
linie Ä darstellt, welche beispielsweise in dem Teile des
Spektrums gelegen gedacht ist, in welchem die Emissiouskurve
der glühenden festen oder geschmolzenen Körper im gleich-
mäßigen Sinken begriffen ist. Ein helles, gegen das Gebiet A
der maximalen Absorption allmählich immer intensiveres Band
erscheint dem kontinuierlichen Spektrum aufgelagert. Ganz
anders verhält sich die Helligkeitsverteilung für die von der
Absorptionslinie Ä nach dem Violett zu gelegenen Strahlen,
für welche der Brechungsindex in den Metalldampfhüllen < 1
ist und sich von Schicht zu Schicht nach unten hin immer
mehr von der Einheit entfernt Für diese Strahlen zeigt
Fig. 1 b den Verlauf; sie bringen also nach oben nur das von
den viel kühlereu Tiegelwänden emittierte Licht, die ihnen
entsprechenden Spektralgebiete müssen daher viel dunkler er-
scheinen als die entfernteren Teile, für deren Wellenlängen
die Brechungsanomalie nicht mehr besteht. Das Absorptions-
gebiet A, Fig. 2 erscheint also nach dieser Seite hin fortgesetzt,
die Absorptionslinie nach dem Violett zu stark verbreitert,
über dem Spektrum scheint hier also ein dunkler Schatten zu
Ifirhung der anomalen Dispersion.
453
lagern von yiel größerer Ausdehnung, als ihn die Absorption
jemals allein hervorbringen könnte.
Die hellste Kante des hellen Bandes liegt fast am nor-
malen Linienorte; die Mitte des dunklen Bandes ist stark
nach dem Violett zu verschoben ; gegen dasselbe setzt die helle
Linie scharf ab, während nach außen hin sich sowohl helle
wie dunkle Linien ganz allmählich in die helle Umgebung
hinein verlieren.
Freilich wird die Schichtung der Dampfmassen in dem
Tiegel nicht immer eine so regelmäßige sein, wie es in Fig. 1
Fig. 2.
angenommen ist Demzufolge ist das Bild im Spektrum an
den einzelnen Linien ein fortwährend wechselndes; es kehrt
aber immer wieder zu dem geschilderten Typus zurück. Bei
völlig ruhig brennendem Bogen ist der Charakter der Linien-
verdoppelung, Verschiebung und Helligkeitsverteilung immer
der gleiche; die einzelnen Erscheinungen unterscheiden sich
nur dem Grade ihrer Ausbildung nach. Bei photographischer
Au&ahme würden sich aber sehr verschiedenwertige Bilder
übereinander lagern.
Die geschilderte Anordnung^) eignet sich auch sehr gut
1) Aaf dieselbe bezieht sich die Anmerkung in meinem Aufsatze
in der Phyaikal. Zeitschr. 4. p. 478. 1903, in dem ich für die anomale
DiqMisioii ab einer allgemeinen Eigenschaft aller Metalldämpfe eintrat
454 H. Ebert Wirkung der anomalen Digpertion.
dazu, um sich you der Existenz der anomalen Dispersion der
Metalldämpfe überhaupt zu überzeugen in Fällen , in denen
die Anordnung der gekreuzten Spektra zunächst noch unüber-
steigliche Hindemisse bereitet Letztere verdient natürlich
überall dort den Vorzug, wo es sich um Messungen der brechen-
den Kräfte von Metalldämpfen handelt.
München, Physikal. Institut der Technischen Hochschule.
(Eingegangen 19. September 1908.)
456
56. Elektrostatische, magnetische
nnd hydrodynamische Grenzflächenbedingnngen.
Von V. 3]erkne8 in Stockholm.
1. An der Grenzfläche von zwei Medien verschiedener
elektrischer beziehungsweise magnetischer Polarisierbarkeit tritt
bekanntlich eine charakteristische Brechung der Kraftlinien ein.
Dieser Brechung liegt das folgende einfache Verhalten der
Vektorgroßen des elektridchen oder des magnetischen Feldes
zugrunde:
Die Feldintensität geht mit stetiger Tangentialkomponente^
die Polarisation (Induktion) mit stetiger Normalhomponente durch
die Grenzfläche hindurch.
Aus diesem Gesetze schließt man gleich auf die ünstetig-
keit der Normalkomponente der Feldintensität und der Tan-
gentialkomponente der Polarisation, und man wird auf das
bekannte Brechungsgesetz
geführt, wo h und K die Polarisierbarkeiten der betreffenden
Medien, d und 6 die Winkel sind, welche die Tangenten der
Kraftlinie mit der Normalen der Ghrenzfläche bilden.
2. In dem hydrodynamischen Bilde der elektrostatischen
oder der magnetischen Erscheinungen, welches aus den ünter-
snchungen meines verstorbenen Vaters, C. A. Bjerknes, her-
vorgegangen ist, entspricht „hydrodynamische Feldintensität''
(d. h. das Produkt von Geschwindigkeit und Dichte) dem gleich-
benannten elektrischen und magnetischen Vektor, die Ge-
Bchwindigkeit entspricht der Polarisation^ imd die reziproke
Dichte oder die ^Beweglichkeit'' der Flüssigkeit spielt dieselbe
Bolle, wie die elektrische oder magnetische Polarisierbarkeit
des Mediums.^)
1) y. Bjerknea: Vorlesaniren über hydrodynamische Femkrfifte
a«eh C. A. Bjerknea* Theorie. & p. 287. Leipsig 1902.
466 r. Bjerknes.
Dieses Bild ist jedoch bis jetzt nur für den Fall aus-
gearbeitet, daß die Körper Eugelform haben. Dabei ist der
Nachweis, daß sich die hydrodynamischen Vektorgrößen an
einer Grenzfläche wie die elektrischen oder magnetischen
verhalten, nur für den Fall geführt, das die Grenzfläche Kugel-
form hat, und daß der äußere Strom ein einfacher Parallel-
Strom ist. Wer sich aber die charakteristische Übereinstim-
mung der betreffenden hydrodynamischen Stromfelder mit den
entsprechenden elektrischen oder magnetischen Kraftfeldern
vergegenwärtigt \ und diese Übereinstimmung als ein Glied in
der merkwürdigen Reihe von Übereinstimmungen zvriischen
hydrodynamischen und elektrisch-magnetischen Erscheinungen
sieht, wird jedoch hinter dem partikulären Resultate über
Kugeln Prinzipien großer Allgemeinheit vermuten. Die Auf-
suchung dieser Prinzipien erfordert aber die EntvrickeluDg ganz
anderer Untersuchungsmethoden als die, durch welche C. A.
Bjerknes seine Resultate gefunden hat, und welche in der
expliziten Lösung partikulärer Probleme bestand. Auf diese
allgemeinen Untersuchungsmethoden, und auf die Resultate,
die man durch sie erreicht, werde ich bei späteren Gelegen-
heiten ausführlich zurückkommen. Als erste Andeutung
über ihre Art, sowie über die Resultate, welche sie geben,
werde ich die folgenden Bemerkungen über das Verhalten der
hydrodynamischen Vektorgrößen an der Grenzfläche zweier
Flüssigkeiten verschiedener Dichte und also verschiedener ,3©-
weglichkeit" machen. Wie ich hinzufügen will, kann jedoch
die Frage hier nicht vollständig erledigt werden, da dieses zur
Lösung der Aufgabe über die hydrodynamische Analogie in
ihrer vollen Allgemeinheit führen würde.
3. Ich bemerke zunächst, daß das Verhalten der Nonnal-
komponenten der hydrodynamischen Vektorgrößen schon durch
die ersten Prinzipien der Hydrodynamik gegeben ist. Wenn
man die Bedingung der Kontinuität festhält, so geht die
Normalkomponente der Geschwindigkeit durch jede Grenz-
fläche stetig hindurch. Die Normalkomponente der Geschwindig-
keit verhält sich also genau wie die Normalkomponente der
Polarisation, ein Prinzip, welches schon längst vielfach benutzt
1) y. Bjerknes, 1. c. Fig. 56—60. p. 256—870.
Grenzflächenbedingungen, 457
worden ist bei dem beiläufigen Vergleich elektrischer oder
magnetischer Felder mit hydrodynamischen Stromfeldem.
Aus der Kontinuität der Normalkomponente der Ge-
schwindigkeit folgt gleich die Diskontinuität der Normal-
komponente der Feldintensität Die Normalkomponenten dieses
Vektors werden sich direkt wie die Dichtigkeiten und also um-
gekehrt wie die Beweglichkeiten der Flüssigkeiten auf den
beiden Seiten der Grenzfläche verhalten.
4. Die Hauptfrage wird das Verhalten der Tangential-
komponenten der hydrodynamischen Vektorgrößen betreffen,
und zu der Beantwortung derselben muß man auf die hydro-
dynamischen Bewegungsgleichungen zurückgreifen.
Es sei ti mit den Komponenten ti^, ti^, u^ die Geschwindig-
keit der Flüssigkeit auf der einen, U mit den Komponenten U^,
U 9 U^ auf der anderen Seite der Grenzfläche, weiter p und g
Ihnck und Dichtigkeit auf der ersten, P und Q auf der zweiten
Seite. Ich lege das Koordinatensystem so, daß die xy-Ebene
die Grenzfläche berührt und betrachte die Bewegungskom-
ponenten längs X, welche zwei einander gegenüberliegende
Punkte der zwei Flüssigkeiten haben. Für die Bewegung des
einen Punktes hat man dann
dur __ dp
^ dt dx'
und für die Bewegung des anderen
^dU. __ _dP
^ dt " dx'
Jetzt muß nach dem Prinzipe von der gleichen Wirkung
und Gegenwirkung der Druck beiderseits der Grenzfläche
gleich groß sein:
P^p.
Da dieses in allen Punkten der Grenzfläche gilt, können wir
nach der zu der Grenzfläche tangentiellen Richtung x diffe-
renzieren
dP ^dp
d X dx
und wenn wir dieses in den obigen Bewegungsgleichungen be-
nntieni so ergibt sich
458 f. Bjerknes.
Eine ganz ähnliche Gleichung erhält man für die y-Achsey
und das hydrodynamische Prinzip für die Bewegung tangentiell
zu der Grenzfläche wird das folgende:
Das Produkt von Dichte und Beschleunigung geht mit stetiger
Tangentialhomponente durch die Grenzfläche hindurch,
5. Aus diesem dynamischen Gesetze darf man nicht gleich
schließen^ daß auch das Produkt von Dichte und Geschwindig-
keit, d. h. die hydrodynamische Feldintensität mit stetiger
Tangentialkomponente hindurchgeht. Da nämlich die Punkte,
welche einander zu einer beliebigen Zeit gegenüberliegen, immer
yerschiedene Beschleunigungen haben, werden sie nicht ein-
ander gegenüber bleiben. Um die Untersuchung des Verhaltens
der hydrodynamischen Feldintensität an der Grenzfläche yoU-
ständig zu erledigen, muß man also notwendig auf den Wechsel
der Partikelchen Rücksicht nehmen, und diese Berücksich-
tigung führt in der Tat zu der Aufnahme der Frage von der
hydrodynamischen Analogie in ihrer vollen Ausdehnung. Ich
teile jedoch das folgende Resultat mit, welches ich bei einer
späteren Gelegenheit beweisen werde:
Wenn man als eine Partialbewegung für sich diejenige
ausscheidet, welche als das Resultat der Wirkung der hydro-
dynamischen Femkräfte oder beUebiger fremder Kräfte an-
gesehen werden kann, so wird die zurückbleibende Bewegung
eine solche sein, bei der die hydrodynamische Feldintensität
mit stetiger Tangentialkomponente durch die Grenzfläche
hindurchgeht
6. Wenn man aber auf die Erledigung der Frage in voller
Allgemeinheit verzichtet, so lassen sich leicht besondere Fälle
angeben, wo sich die Antwort ganz von selbst ergibt.
Der vriichtigste Fall dieser Art ist der, wo die Flüssigkeits-
bewegung schwingender Natur ist, so daß die einzelnen
Flüssigkeitspartikelchen periodische Bewegungen mit kleinen
Amplituden um feste Mittellagen ausführen. Wenn nämlich
die Schwingungsamplituden hinlänglich klein sind, so kann man,
von unendlich kleinen Größen absehend, die einander einmal
gegenüberliegenden Punkte als immer einander gegenüber-
liegend betrachten. Wenn man dann die Gleichung 4^ (a) unter
Benutzung der Anfangsbedingungen ^=0, u^ = 0, ^^ = 0
integriert, so ergibt sich
Grenzfläehenbedaigungen. 459
w ?«. = « V,'
Eine ähnliche Gleichnng findet man ftb* die y-Achse und es
ergibt sich also, daß bei dieser besonderen Bewegongsform die
hydrodynamische Feldintensität mit stetiger Tangentialkom-
ponente durch die Grenzfläche hindurchgeht Wir kommen
mit anderen Worten auf das folgende Resultat:
Im Falle schwingender ßetoegungen verhalten sieh die hydro-
dynamisehen Fehtorgrößen an der Grenzfläche zweier Flüssig^
ieiien genau wie die elehtrisehen oder magnetischen Fektorgrbßen
an der Grenzfläche zweier elektrischer oder magnetischer Medien.
Die Siramiinien werden an der Grenzfläche der zwei Flüssig"
keifen nach dem Gesetz /, (a) gebrochen^ wenn man unter h und K
die Bewegliehkeiten der zwei Flüssigkeiten versteht
Stellt man sich aber die ergänzende Frage, unter welchen
dynamischen Bedingungen die vorausgesetzte Bewegung schwin-
gender Natur möglich ist, so kommt man wieder auf die all-
gemeine Aufgabe zurück, deren £h-ledigung auch die yoU-
ständige Bestimmung der hydrodynamischen Femkräfte Tor-
anasetzt
(Eingegangen 21. September 1908.)
460
57. über den Einfluß der Zähigkeit anf die Kapillar
konstanten bei Essigsänre-Wassermischungen.
Von Leo Qrunmaoh in Berlin.
Die im folgenden mitzuteilende Untersuchung wurde an-
geregt durch die Diskussion, welche sich an meinen auf der
vorjährigen Naturforscher-Versammlung zu Karlsbad gehaltenen
Vortrag „Neue experimentelle Bestimmungen der Oberflächen-
spannung Yon Flüssigkeiten durch Messung der Wellenlänge
der auf ihnen erzeugten Kapillarwellen" knüpfte.^) Hr. Planck
steUte die Frage, welchen Einfluß die Zähigkeit einer Flüssig-
keit auf die Wellenlänge und auf die Oberflächenspannung
habe, insbesondere, wie sich die Oberflächenspannungen zweier
Flüssigkeiten verhalten, welche dieselbe Dichte und dieselbe
Schwingungszahl, aber verschiedene Zähigkeit besitzen.
In der Kelvin sehen Formel
welche die Oberflächenspannung a in Funktion der Schwingungs-
zahl w, der Wellenlänge i, der Dichte (t und der Erdbeschleu-
nigung g darstellt, ist die Reibung zwar nicht enthalten, nach
der Theorie müßte aber die zähere Flüssigkeit eine kleinere
Wellenlänge liefern, da infolge der größeren Reibung, bei be-
stimmter, durch die erregende Stimmgabel gegebener Schvriin-
gungszahl, die Fortpflanzungsgeschwindigkeit und also die
Wellenlänge verringert wird.
Direkte Versuche über den Einfluß der Zähigkeit auf die
Größe der Oberflächenspannung hatte ich bisher nicht ange-
stellt, wohl aber hatte ich bei meinen Versuchen an wässerigen
Zuckerlösungen, sowie an Schwefelsäure- und Glycerin-Wasser-
mischungen gefunden, daß das Entstehen und Fortbestehen
der Kapillarwellen durch die Zähigkeit stark beeinflußt wird.
1) L. Grunmach, Physik.' Zeitschr. 4. p. 31. 1902. Vgl. femer
L. Grunmach, Wissenschaftl. Abhandl. d. Kais. Normal -Aichungs-
kommission 8. p. 101—198. 1902; Ann. d. Phys. 4. p. 1268. 1902; Ver-
handl. d. Deutschen Physik. Gesellsch. 4. p. 279. 1902.
Einfluß der Zähigkeit auf Kapillarhonstanten, 461
daß die erregten Kapillarwellen um so stärker gedämpft und
am so schneller vernichtet werden^ je zäher die Flüssigkeit
ist, und weiter, daß je zäher die Flüssigkeit ist, die erregende
Stimmgabel um so größere Dimensionen und um so kleinere
Schwingungszahl (tieferen Ton) besitzen muß, um durch ihre
Schwingungen auf der B^'lüssigkeit sicher meßbare Kapillar-
wellen erzeugen zu können. Auf stark konzentrierten Glycerin-
Wassermischungen, z. B. auf einer Mischung von 60 Proz.
Glycerin und 40 Proz. Wasser, konnten mit einer Stimmgabel
von 253 Schwingungen in der Sekunde Kapillarwellen über-
haupt niclit mehr erzeugt werden, dies gelang erst bei An-
wendung einer Königschen Stimmgabel von 192 Schwingungen,
und bei 86 proz. Glycerin-Wassermischung erst mit einer sol-
chen von 128 Schwingungen. Es wäre von großem wissen-
schaftlichen wie praktischen Interesse, diese Verhältnisse quan-
titativ genauer zu untersuchen, also festzustellen, welche Ton-
höhe eine Stimmgabel haben müßte, um auf einer Flüssigkeit
von gegebener Zähigkeit Kapillarwellen noch sicher erregen
zu können, weil man auf diesem Wege zu einer strengeren
Definition und zu einem schärferen Maß für die Zähigkeit und
so vielleicht zu einer praktisch wichtigen Zähigkeitsskala ge-
langen könnte, etwa die Flüssigkeiten derart nach dem Grade
ihrer Zähigkeit zu ordnen, als sio durch Normalstimmgabeln
bestimmter Tonhöhe zu Kapillarwellen erregt werden können.
Die vorhin erwähnte Fragestellung von Hm. Planck ist
insofern nicht genügend bestimmt, als zwei Flüssigkeiten,
welche gleiche Dichte und gleiche Schwingungszahl, aber ver-
schiedene Zähigkeit besitzen, im allgemeinen ihrer Natur nach
verschieden sein werden. Wenn sich daher ftlr zwei solche
Flüssigkeiten verschiedene Oberflächenspannungen ergeben soll-
ten, so brauchte die Verschiedenheit der Oberfiächenspanming
durchaus nicht eine Folge der verschiedenen Zähigkeit zu sein,
sondern würde in erster liiuie schon in der Verschiedenheit
der Natur der beiden Flüssigkeiten begründet sein. Zur Lösung
der angeregten Frage dürften daher nicht heterogene Flüssig-
keiten zur vergleichenden Untersuchung gewählt werden, son-
dern in qualitativer Hinsicht gleiche Flüssigkeiten in Zustünden,
in denen die Zähigkeit gewissermaßen als einzige Variable auf-
gefiifit werden könnte.
462 L. Orunmach.
Besonders geeignet für diesen Zweck schienen mir nun
Essigsäure- Wassermischungen zu sein, welche bekanntlich ein
merkwürdiges anormales Verhalten zwischen Konzentration und
Dichte zeigen. Essigsäure (C^H^O^) mischt sich in allen Ver-
hältnissen mit Wasser. EQerbei findet anfänglich eine Kon-
traktion statte die Dichte der Mischung nimmt deshalb an-
fänglich bei Zusatz von Wasser beständig zu, erreicht ihr
Maximum bei einer Mischung von etwa 78 Proz. G^H^O,, bei
welcher ihre Zusammensetzung dem Hydrate
C,H,0, + H,0(=CH,.C(OH),)
entspricht, um dann bei weiterer Verdünnung wieder beständig
abzunehmen, und zwar beträgt nach den Versuchen von A. C.
Oudemans^) der Wert der Dichte
(Tuy f&r 100 proz. EasigBäore 1,0558
„* „ 78 „ „ 1,0748
„ „ 0 „ „ 0,9992.
Zwischen den Dichten 1,0558 und 1,0748 entsprechen
demnach je einem und demselben Dichtewerte stets zwei ver-
schiedene Werte des Prozentgehalts an Essigsäure, z. B.
der Dichte 1,0558 die beiden Werte 100 Proz. und 43,1 Proz.,
„ 1,0607 „ „ 97,9 „ „ 49 „ ,
und so bieten sich unserer Untersuchung je zwei ihrer Natur
nach gleichartige Flüssigkeiten von gleicher Dichte und gleicher
Schwingungszahl, aber verschiedener Zähigkeit dar. da die
Zähigkeit verschieden ist bei verschiedenem Prozentgehalte an
Essigsäure.
Demgemäß wurden je zwei bezüglich ihres Prozentgehalts
an Essigsäure möglichst weit auseinanderliegende, derselben
Dichte entsprechende Mischungen, deren Zähigkeitsverhältnis
andererseits bestimmt worden war, ausgewählt und deren Ober-
flächenspannungen nach der Kapillarwellenmethode bestimmt.
Die Mischungen waren in großen Mengen aus reinster
Essigsäure und reinem destillierten Wasser hergestellt worden
von Hm. Dr. E. Fischer, welcher auch die Dichtebestim-
mungen, sovrie die Bestimmungen des Gehalts an Essigsäure
auf chemischem Wege auszufahren die Gefälligkeit hatte. Der
1) A. C. Oudemans, Das spezifische Gre wicht der Essigsäure p. 46.
Bonn 1866.
Einfluß der Zähigkeit avf KapiUarkonstanten. 468
benatzte Eisessig war in der Fabrik von C. A. F. Kahlbaum
dargestellt worden, sein Gehalt an Essigsäure betrug 99,7 Proz.;
er war noch besonders von Hm. Fischer bezüglich seiner
Beinheit geprüft worden mit dem Ergebnis, daß er weder Chlor
noch Schwefelsäure enthielt, und daß in ihm weder eine Spur
Yon Metallen, noch von empyreumatischen Stoffen, noch von
freien Mineralsäuren oder von festen organischen Säuren nach-
gewiesen werden konnte.
Die quantitativen Bestimmungen wurden ausgeführt durch
Titnrong mit einer Genauigkeit der chemischen Analyse von
etwa ± 0,1 Proz., die Dichtebestimmungen mittels des Pykno-
meters mit einer Genauigkeit von etwa ± 0,0002.
Der Untersuchung unterworfen wurden nun zunächst fol-
gende Paare korrespondierender Lösungen, welche bezüglich
ihrer Konzentration und Dichte vor und nach Ausführung der
Messungen ihrer Oberflächenspannungen titriert und pykno-
metrisch bestimmt wurden:
97,5 proz. Lösung mit der Dichte Cu/ »1,0616)
50,22 „ „ „ „ „ „ * - 1,0616 J
^*fi n w n n n w " 1,0728 \
^7,8 „ „ „ „ ,) ,1 = 1,0725 J
sowie die dem Kontraktionsmaximum entsprechende Lösung von
78,08 Pros, mit der Dichte (r»^ « 1,0748.
Ee m^ besonders hervorgehoben werden, daß bei den
L^ysongen Während der ganzen, ziemlich langen Dauer der
Kapillarilfttsmessungen Dichteändenmgen infolge von Ver-
dunstung oder Yon Absorption des Wasserdampfes der Luft
nicht wahrgenommen wurden. Für die Dichte der 97,5 proz.
LOrang ergab sich z. B. nach Beendigung der Kapillaritäts-
measungen, welche etwa drei Wochen lang dauerten, der Wert
1,0616, welcher genau mit dem vor Beginn der Messungen
bestimmten Werte (1,0616) übereinstimmte; ebenso fielen für
die anderen Lösungen die Abweichungen der Dichtebestimmungen
vor und nach Ausführung der Kapillaritätsmessungen innerhalb
der Oenanigkeitsgrenzen der Dichtebestimmungen selbst Eine
solche Konstanz der Dichte während eines längeren Zeitinter-
ralls bei wechselndem Feuchtigkeitsgehalt der Luft habe ich
bei anderen Lösungen bisher niemals beobachtet.
Bezüglich der Versuchsanordnuug, der Einrichtung der
464
L. Orunmoeh,
einzelnen Apparate, besonders des zur Wellenlängenmessung
der Eapillarwellen dienenden Mikrometermikroskops, sowie des
DoppeltrichterapparatSy welcher es ermöglicht, in jedem Zeit-
moment eine reine, frische Flüssigkeitsoberfläche zur Bestim-
mung der Kapillaritätskonstante herzustellen wd bei beständig
sich erneuernder Oberfläche die Beobachtungii^a auszuführen,
gestatte ich mir, auf meine früheren Publikationen ^] über diesen
Gegenstand hinzuweisen.
Von jeder der fünf untersuchten Lösungen wurden je sechs
unabhängige Beobachtungsreihen, deren jede wieder aus zehn
gut untereinander übereinstimmenden Einzelbeobachtungen be-
stand, ausgeführt. Sie werden in extenso an anderer Stelle
mitgeteilt werden. Hier sollen nur die erhaltenen Mittelwerte
ihre Berücksichtigung finden. Unter Annahme des bei meinen
früheren Untersuchungen^ für die Oberflächenspannung des
reinen destillierten Wassers gefundenen Wertes 0,0767 g/cm
bei 19,1^ C. erhält man dann folgende tabellarische Zusam-
menstellung der spezifischen Kohäsionen und der Oberflächen-
spannungen ftkr die nach wachsendem Prozentgehalt an Essig-
säure geordneten Essigsäure- Wassermischungen:
Prozentgehalt
an Essigsäure
(C,H,0,)
Dichte
Halbe spezif.
Kobftsion
« _i
- cm
0"
Oberflächen-
spannung
a g/cm
Temperatur
in »C.
0
0,9991
0,0768
0,0767
19,1
50,22
1,0616
0,0357
0,0379
19,4
67,8
1,0725
OO82I5
0,0345
18,6
78,03
1,0748
0,0288
0,0809e
17,0
87,6
1,0728
0,02754
0,02955
19,0
97,5
1,0616
0,0255
0,0270*
19,5
In Fig. 1 sind die Kapillarkonstaiiten in Abhängigkeit vom
Prozentgehalt an Essigsäure graphisch dargestellt, und zwar
geben die Abscissen den Prozentgehalt an Essigsäure, die Ordi-
naten I und 11 die Oberflächenspannungen und die spezifischen
1) L. Grunmach 1. c.
2) L. Granmach, Wissensch. Abhandl. d. Kais. Normal- Aichungs-
kommiflaion 8. p. 152. 1902.
Einfluß der Zähigkeit auf KapiUarkotutoTiten.
465
Eoh&sionen, reduziert anf die Temperatur + 20'^ C, unter An-
nahme der Werte -0,00015, bez. - 0,000Ü8 für die Temperatur-
koeffizienten der speziüscben Eohäsion, bez. der Oberflächen-
spannang der EssigBäure.'} Man sieht ans der Tabelle und aus
den Eurreo, daß die OherfläehempannungeH ebenso wie die spe-
sifitehmi Kokäsionen mit eteigendem Prozentgehalt an Esaipsäure
&e$tätuSff abne/imen, und daß von zwei Eseigsäure-Wasser-
nÜBchnngen, welche gleiche Dichte, aber versehiedeTten Prozent-
gehalt an Essigsänre besitzen, diejenige mit höherem Prozent-
gehalt die kleinere Ober-
fläehenspamamg und klei-
nere tpexifltche Kokä$ion
besitzt. In der Nähe
des EontraktioDsmazi-
rnnrnB findet plötzlidi
eine kleine Senkung der
Eture itatt
Es fragt sich nun,
in welchem Zusammen-
hange Zähigkeit und Kon-
zenlration der Essigsäure-
einsnder stehen. WUrde
mit wachsendem Prozent-
geludt an Essigsäure aach
die Zähigkeit der Hi-
Bchung beständig zonehmea, so würden wir aus den Versuchen
schließen können, daß in der zäheren von zwei Mischungen
gleicher Dichte und gleicher Schwingungszahl die Wellenliinge
der Eapillarwellen und folglich auch spezitische Eohäsion und
Oberflächenspannung eine geringere sein müßte. Dies würde
der darch die Theorie begründeten Auffassung entsprechen,
daß in der zäheren Flüssigkeit infolge ihrer größeren inneren
Beibang die Fortpflanzungsgeschwindigkeit und demgemäß, da
die Schwingungszahl durch die erregende Stimmgabel gegeben
ist, auch Welleolänge und EapiUarkonstante verkleinert würde.
1) Rob. Schiff, Degli eqiÜTslenti eapiUui dei corpi nmplid.
p. IB. UM. QtMtta ohemiM-lMlift U. p. B»8. ISB4.
466 X. Orunmack.
Solch einfacher Zusammenhang zwischen Konzentration
und Zähigkeit besteht indessen nicht bei den Essigsäure-
Wassermischungen, wohl allgemein nicht bei Mischungen, welche
ein scharf ausgeprägtes Kontraktionsmaximum zeigen. Rud-
berg^) hat wohl zuerst die Vermutung ausgesprochen, daB
flüssigkeiten, welche ein Kontraktionsmaximum zeigen, auch
ein Zähigkeitsmaximum besitzen, welches in inniger Beziehung
zu jenem steht, eine Vermutung, deren Richtigkeit später f&r
Alkohol-Wassermischungen ihre experimentelle Bestätigung ge-
funden hat durch Poiseuille^, indem er mittels der Methode
des AusflieBens durch Kapillarröhren nachwies, daß der Mischung
G^HqO + SH3O ein Maximum der Ausflußzeit, d. h. ein Maxi-
mum der Zähigkeit entspricht» femer durch Graham^, welcher
ebenfalls für Mischungen zeigte, daß Maximalwerte der Rei-
bung für bestimmt charakterisierte Hydrate derselben existieren.
über die Zähigkeit von Essigsäure -Wassermischungen in
Abhängigkeit von Konzentration und Temperatur liegen nun
ausgedehnte Untersuchungen vor von K. Noack*) und von
R. F. D'Arcy^), von letzterem allerdings nur fiir das Konzen-
trationsgebiet 62,5 bis 99 Proz., aus denen sich ergibt, daß
von 62,5 Proz. an die Zähigkeit mit steigendem Prozent-
gehalt an Essigsäure bis zu einem Maximum, das etwa bei
80 Proz., also in der Nähe des Kontraktionsmaximums liegt,
zunimmt, und daß dann die Zähigkeit bei Zusatz von Essig-
säure zur Mischung anfänglich langsam, dann aber sehr rasch
abnimmt.
In ziemlich guter Übereinstimmung mit den D'Arcyschen
Resultaten sind die Ergebnisse der Untersuchungen von Noack,
welche ein größeres Konzentrationsgebiet umfassen und, so-
weit sie für unseren Zweck in Frage kommen, in Fig. 2
graphisch dargestellt sind. Die Abscissen geben die Prozente
an reiner Essigsäure, die Ordinaten die Werte der Fluidität für
die beiden Temperaturen 15 und 80 ®C. Man erkennt leicht.
1) F. Radberg, Pogg. Ann. 13. p. 496. 1828.
2) J. L. M. Poiseuille, Compt Rend. 15. p. 1167. 1842.
8) Th. Graham, Phil. Trans. 151. I. p. 273. 1861. Vgl. auch
W.König, Wied. Ann. 25. p. 622. 1885.
4) K. Noack, Wied. Ann. 28. p. 666. 1886.
5) R. F. D*Arc7, Phil. Mag. V. 28. p. 221. 1889.
Emfhtß der Zähiffheit auf Kapiilarkoiutantm.
467
dafi das Minimum der Fluidität (Maximum der Zähigkeit) bei
einer Konzentration von etwa 77 Proz., entsprechend der
Formel C,H^O, + H,0, stattfindet, und daß eine merkbare
Verschiebang desselben beim
Ube^isiig von einer Eurre be- '^
stimmter Temperatur zu einer
Eorre anderer Temperatur nicht ^^
eintritt. Merkwürdig ist hier ,
wieder das rasche Wachsen der ^
Fluidität (die rasche Abnahme ;
der Zfthigkeit] von dieser Kon- ,
lentration an bei Zusatz Ton ;
EntgaLnre znr Mischung. i
Literpoliert man aus den ;
Werten Ton D'Arcy and TOn ■
Noftck für die Zähigkeit and
die Flaidität benachbarter Kon-
lentntioneQ und Temperaturen
die entsprechenden Werte für die von mir untersuchten Kon-
lentrationen bei der Temperatur von 20''G.>), so erhält man
folgende Zusammenstellang:
T\g. 2.
PtOMnt-
gelultmn
rriB«
Dicbte
VükositOt
nach
D'Atey, bet
FlniditSt
nmcbNoack,
bez. auf
Halbe Bpeiif
Kobftaion
Ober-
flficheu-
E«i«-
"■•/.
«af WBwer
WaM«r von
dltin
vonaO'C. =
«0« C. - 100
0
0,»»1
1 1,00
j 100,0
0.0761
0,018«
60,M
1,0616
—
46.1
0,0358.
0,OS18.
«7,8
1,0125
2,55
39.4
0.0320.
0.0344
78,03
1,0748
, 2,63
' S6,4
0,02ö6
0.0301
87.6
1,0786
E,44
38,4
0.0215
0,0295
»7,6
1,0616
1,44
64,6
0,0254j
0.0270
Ein gesetzmilßiger Zusammenhang zwischen Zähigkeit und
spezifischer Kohäsion oder Oberüächenspannang ist aus den
1) Die Interpolation iet natürlich mit einer gewiBsen Uiuii'herbeit
bihaftet, einmal wegen des EinflusBes der Temperatur auf die Zähigkeit
ud nreitow, weil vosa Konientrationsmaiimum an die rasche Abnahme
dn ZdUgkdt bei Ziuati von Etaigaore stattfindet
W
468 L. Orunmach. Einfluß der Zähigkeit auf KapHlarkanstavteru
Yorliegenden Ergebnissen nicht ersichtlich. Während die Zähiff^
keit mit wachsendem Prozentgehalt an Essigsäure bis in die Nähe
des Kontraktionsmaximums zunimmt, um von dort ab bei weiteren}
Zusatz von Essigsäure zur Mischung wieder und zwar sehr stark
abzunehmen, nehmen spezifische Kohäsion und Oberflächenspan-
nung mit wachsendem Oehalt an Essigsäure beständig ab. Von
zwei Essigsäure-Wassermischungen gleicher Dichte und Schwin-
gungszahl, aber verschiedener Zähigkeit, hat diejenige yon
höherem Prozentgehalte an Essigsäure die kleinere Oberflächen-
spannung und kleinere spezifische Kohäsion. In der Nähe
des Kontraktionsmaximums, das nahezu mit dem Zähigkeits-
maximum zusammenfällt, tritt allerdings der aus der Theorie
gefolgerte Einfluß der Zähigkeit auf die Wellenlänge deutlicher
hervor, denn dort findet, wie aus Fig. 1 p. 465 ersichtlich ist,
eine plötzliche Abnahme der Kapillarkonstanten statt. Der
betreffende Punkt fällt scheinbar aus der Kurve heraus. Mehr-
fach wiederholte Bestimmungen des Prozentgehalts, der Dichte
und der Kapillarkonstanten derselben Mischung haben indessen
die Richtigkeit seiner Lage bestätigt. Da aber ein und die-
selbe Dichte 1,0748 zu einem größeren Konzentrationsgebiete,
nämlich zu den Mischungen von 80, 79, 78 bis zu 77 Proz. ge-
hört, so werden zur Aufklärung jener ünstetigkeit noch einige
dieser Mischungen zu untersuchen sein.
(Eingegangen 21. September 1908.)
469
58. Sn la teoria dell' analisi spettrale.
Di A. Oarbasso in Genova.
Neben der allgemeineii theo-
retisohen Phjiik sind die Bilder
der mechanisehen Phjslk lowohl
um neuee sa flnden, als auch um
die Ideen su ordnen, Qbenicbt-
Uch danoBtellen und im GedAeht-
nie m behalten, IniSent nQtilich
und noeh heate fortsupflegen.
Boltamann.
1. Ho dato receutemente la soluzione del problema piü
generale, relativo alle scariche dei condensatori^), il quale
problema si puö enunciare in questo modo:
,,fi candtittori campkssi sono posti in presenza e il v^esimo
di €ssi eanäene c^ capadtä e f^ fiÜ; H astegnano le cariche e
U earrefiH dl tempo xero e si domanda di calcolare cariche e
earrenä per un istante qualunqueJ*
Ho üettto yedere che in tale caso generalissimo ognuna
delle qnantitik incognite soddisfa ad un'eqoazione dififerenziale
lineare ed omogenea» a coefficienti costanti, dell' ordine:
1
Qnesto teorema si pn6 mettere sotto una forma piü
Bemplice; basterä osservare infatti che, se il o-esimo conduttore
fosse isolato Tordine della sua equazione dififerenziale sarebbe:
y» = ^• + /'»— ^f
Tiene dnnqne:
E* una proposizione, che ha manifestamente an' impor-
tanxa considereyole per la teoria dell' analisi spettrale; Tallarga-
1) A. Garbasso, Memorie della R. Accademia delle Scienze di
ToffiBO (8) M. p. 127. 1908.
470
Ä. Oarbasso,
mento delle righe^ l'esistenza di spettri caratteristici per le
combinazioDi, come delle serie di doublets e triplets, derivano
da essa in un modo semplice e naturale.
Mi propongo di dame un esempio con l'esame di alcuni
casi pacücolari^ e spingerö il calcolo fino alle ultime con-
seguenze numeriche.
2. Consideriamo all'uopo un conduttore costituito da tre
capacitä uguali (Fig. 1 e 3) riunite da due fili uguali^ rettilinei
e artogonali; e supponiamo i fili cosi lunghi che le azioni
elettrostatiche fra capacitä e capacitä risultino trascurabilL
n calcolo di questa disposizione non presenta nessuna diffi-
coltä. Chiamando B ed Z Ia resistenza e il coefficiente di
autoinduzione di ciascun filo, K il coefficiente di potenziale
(che sarebbe nel caso nostro il reciproco della capacitä), ^ e
^ le correnti del primo e del secondo filo^ e ponendo per
comodo di scrittura:
S:=:{li+ LD)1) + 2K,
d
D
ayremo infatti:
e quindi:
dt'
K S
i^ =0. A = 1,2.
La caratteristica dell' equazione dififerenziale si ottiene
ponendo a zero il determinante^ e considerando il D come
un' incognita, sarä dunque:
8- K
= (5* - ä:*) = (s - is:)(Ä + Z) = 0.
(a)
^K S
Dal quäle resaltato si deduce immediatamente che il
conduttore proposso emette uno spettro di due righe coi periodi:
(«)
Tearia delt andÜn spetirale. 471
3. Adesso yogliamo supporre che due conduttori del tipo
di quello studiato innanzi si trovino in presenza (Fig. 2 e 4);
ma, par rendere meno pesanti i calcoU materiaU, ammetteremo
che i quattro fili siano tutti uguali^ e la posizione relativa sia
tale che il primo filo del primo conduttore agisca solamente
sol primo filo del secondo e il secondo filo sul secondo filo,
e i coefficienti di induzione relativi alle due coppie siano
identici^ appimto come appare dalle figure.
Snpporremo ancora che le capacitä yariino da an con-
dattore all' altro; come prima non vi saranno azioni, fra cariche
libere in imo stesso conduttore; vi saranno bensi fra cariche
dell* ono e dell' altro. Per semplificare ammettiamo che la
prima capadtä agisca su la prima^ la seconda su la seconda,
la terza su la terza e i coefficienti di potenziale relativi alle
tre coppie siano uguali.
Indicheremo con M il coefficiente di induzione mutua,
con Z<^, K^^ e A i coefficienti di potenziale, con i^^\ ^<^, ^^*
e i^^ le coirenti e porremo:
Verrä senz' altro:
- IT» ij<^> + Ä<i> V^ - A t^<» +*!,<» =0
' h*^ - A ^<»> + Ä<» ij<» - Z« 4<» = 0
- A ^«i> +s i^^^ - Z<» i^'^ + S<» 4*» =0,
e qnindi:
5/^>-/C<^> * -A I
— Ä^d) Ä(D «_ A M ' 1—12
' : h<^^ = 0. '
, - A iS<» - ä:<» ; fi = 1,2
- A * - ^<» S'^
La caratteristica dell' equazione difi'erenziale si ottiene
Mme prima ponendo a zero il determinante e considerando
il D come im' incognita; essa i dunque:
f
I
472
A. Oarbeuio.
(b)
^<« - Z"» * -h
_ Z«« 5<" - A t
s -h 5<» -r«
= (5'" 5« + JS:<i» K** -
-h 8 -X'» 5«
_ ,» _ Ai)> _ (Z'« iS« + Z« 5<" - 2 A *)»= (5"> 5<» + JT"' iT* -
,» _ A2 _ Jfd) 5(» _ ^<» 5'w + 2 A *) (S<" S<» + Jf«» Jf« -
_,»_*» + ^(D^c» + X's-S'» - 2A») = 0.
Segue di qui che il sistema proposto emette ano spettro
di qnattro righe coi periodi:
(/J)
TT*
7? ♦♦
^1 ""
= '"]/,
2 (L« - Jf «)
- 2Ä Af]« - i'cÄ-"» Z»> - Ä*)(L« - Jf*)
?;%^2** = 2^ |/1
2 (L« - Jf «)
- 2Äir|« - 4(iC<i>Ä'<« - Ä«)(L« - Jtf«).
4. Queste formole disgraziatamente sono troppo complesse
perch6 se ne possa yedere chiaramente il significato. In alcuni
casi particolari si prestano ad ogui modo ad una interpre-
tazione semplice. Supponiamo anzitutto che K^^ e K^^ siano
assai divers! e che le quantitä
« = -,
M
a<^ =
a«» =
siano piccole^ cosi piccole che si possano giä trasoorare le
potenze superiori alla seconda (Fig. 2).
Vena:
M
7»**
7? *
^2
-^2
=2«|/;
J^(t)
SÄ-t»
= 2-]/^
(«)
2 (K^^ - iC«)
[ 2 (iCW - iC<«).
[ 2 (iC<" - iCt«)
[2 (A'<«> - A'"<«)
sotto altra forma, se si chiamano 7/^, T^^^, ?;<» 7,<» i periodi
relativi ai due conduttori isolaä e si pone ancora:
Tearia deW analiti spettrale.
478
(9(1)
ö<»
lisulterä:
i;** = i;« (1 - ö<»)
7/ = r/« (1 - ö<»o
y,** = r/» (1 - ö<») .
I periodi del sistema composto si ottengono danque molti-
plicando per certe costanti gli spettri dei conduttori componenti.
Questo risultato trova an riscontro nelle osserrazioni del
sig. Grünwald su lo spettro del vapor d'acqua^ e sul modo nel
qaale lo si puö dedurre da quelli dell' idrogeno e dell' ossigeno.
5. ün altro caso semplice 6 quello in cui i due conduttori
sono rigorosamente uguali (Fig. 4)^ caso che si traduce nella
condizione ^^^ ^ ^,^ ^ ^
Le formole {ß) fomiscono allora:
w
2\*
L+M
K+'h
L+M
K+k'
▼■le a dire, se si snppongono piccoli daccapo i rapporti:
U h
V-2«/f(l-'-^-^)
2;' =2«
9 —
1 -
« — a
~~2
)
'.--2-i/i^(>+---;-^)-
474
A. Oarbasso.
Chiamando T^ e T^, come al paragrafo 2, i periodi relativ!
a ciascun conduttore isolato, e ponendo ancora:
ö
— a
1
^
9 9
2
<i^
3
s.
9 9
4
yiene dunque:
T*
2i (1 - ö)
7i (1 + Ö)
y, (1 - ö)
2; a<+ ö)-
learia deV anaUsi spettrale.
476
E perö il sistema composto ha ano spettro, nel quäle le
righe relaÜTe ai conduttori componenti sodo sostituite da al-
trettanti doubleU.
6. Allo stesso risoltato si puö arrivare per una via piü
elegante, senza nemmeno svolgere I'equazione caratteristica (b).
Nel caso attuale codesta equazione ha infatti la forma:
- Ä 8 -K S
= 0;
86 ora si somina la terza con la prima e la qaarta con la
seconda orizzontale risulta:
= 0,
S + 8 -{K + h) S + 8 --{K+h)
- (A + Ä) S + 8 --{K + h) S + 8
8 ^h S -K
-A 8 -Z S
osaia, sottraendo la prima dalla terza e la seconda dalla qaarta
Tertioale:
5 + ,«(JE' + Ä) 0 0
-(Z + A) 8 + 8 0 0
, _A 5-*-(i:-A)
-A jr-{i:-A) Ä-*
S + 8 ^{K + h)
- (A + A) S + 8
S^8 - (Z - A)
- (A - A) S-s
= 0.
Basta confrontare quest' ultima condizione con la (a) per
yedere come dalle (a) seguano immediatamente le (d).
7. Per calcolare gli spettri riprodotti nelle figure ho
supposto che i fili fossero lunghi 30 cm e spessi 0,03; le
capadtik sono palline di 3 cm di diametro nel conduttore
ddla figora 1 e palline di 4 cm nel conduttore della figura 3.
n sistema della tigura 2 risulta dalla riunione di un con-
duttore (1) con un conduttore (3), e il sistema della figura 4
6 una coppia di conduttori (3). La distanza fra i tili paralleli
neue figure 2 e 4 6 di 10 cnou
476 A Garbasso, Teoria delP analisi speUrale,
Le lunghezze d'onda, che si calcolano con questi dati^
sono le segaenti:
1. 76,9 133,2
2. 76,1 89,3 131,9 154,7
3. 88.8 153,8
4. 87,8 89,4 152,1 154,8
Conduttori e spettri furono disegnati in vera grandezza e
poi fotografati; siccome le lunghezze d'onda variano come le
dimensioni lineari dei sistemi che le emettono^ la rappresen-
tazione continua a valere.
Genova, Istituto Fisico della R. Universitä, 15, Set-
tembre 1903.
(Eingegangen 21. September 1903.)
477
59. Über die elektrische Dispersion der Kristalle.
Von Ii. QrsetB in München.
Seitdem Boltzmann in einer seiner frühesten Arbeiten^)
zam erstenmal die dielektrischen Eigenschaften der Kristalle
untersucht und sie mit den Forderungen der elektromagne-
tischen Lichttheorie übereinstimmend gefunden hatte, ist das
experimentelle Material lange Zeit, bis zum vorigen Jahre,
nicht wesentlich ausgedehnt worden. Das Resultat der Boltz-
mannschen Untersuchung des rhombischen Schwefels ergab
hauptsächlich die zwei Tatsachen, 1. die Achsen des größten,
mittleren und kleinsten optischen Brechungsindex sind zugleich
auch die Achsen der größten, mittleren und kleinsten Dielek-
trizitätskonstante; 2. das Quadrat des Brechungsindex für jede
dieser drei Achsen ist im wesentlichen gleich der betreffenden
Dielektrizitätskonstante. Die Erweiterung des experimentellen
Materials, die seitdem stattgefunden hat, hat in keinem Falle
mehr das zweite der obigen Resultate ergeben. Bei aUen
untersuchten Kristallen war die Dielektrizitätskonstante 6 größer
als das Quadrat des Brechungsindex n, bez. der Konstante der
Caoehyschen Formel Auch bei den allermeisten isotropen
Körpern findet dieselbe Abweichung statt, die bekanntlich auf
Absorptionen im Bereich der langen Wellen schließen läßt
Dagegen fand sich das erste der obigen Resultate, welches
man kurz so aussprechen kann, daß die Reihenfolge der Achsen
fbr die optischen und die elektrischen Bewegungen dieselbe
igt, zunächst bei allen untersuchten Kristallen, zu denen optisch
einachsige und optisch zweiachsige rhombische und klinorhom-
bische gehörten, wieder.
Indes auch dieser Satz gilt nicht allgemein. In einer
Untenachong, die Fellinger^ auf meine Veranlassung und
1) K Boltsmann, Wien. Ber. (2) 68. p. 81. 1878. 70. p. 807.
1874. POgg. Ann. 168. p. 525. 1874.
S) B. Fellinger. Ann. d. Phjs. 7. p. 888. 1902.
478 L. Graetz.
nach einer von Graetz und Fomm angegebenen Methode
ausführte, ergab sich zum ersten Male eine Abweichung von
demselben, eine unerwartete Vertauschung der Achsen, und
zwar beim Baryt Für diesen ist die Ebene der optischen
Achsen die Ebene {010}, wenn die Ebene größter Spaltbarkeit
zu {001}, die prismatische zu {110} genommen wird. Wird die
Achse senkrecht zu {010} als ^ -Achse genommen, die erste
und die zweite Mittellinie als c bez. a so sind die Brechungs-
exponenten für den Baryt
a ß r
für die Linie C 1,6336 1,6348 1,6452
„ „ „ D 1,6363 1,6375 1,6480
„ „ „ E 1,6397 1,6409 1,6517
Die Werte von ß haben also, wie es sein muß, den mitt-
leren Wert und a und y weichen erheblich voneinander ab.
Im Gegensatz dazu zeigte sich die Dielektrizitätskonstante
gerade in der Richtung senkrecht zu {010} als die größte. Es
war nämlich für dieselben drei Eichtungen
«1 = 6,9739 «3 = 10,0876 «3 = 6,9964.
Auch ein zweiter Barjrt, filr den bloß c^ und €3 gemessen
wurde, ergab c, viel größer als «j, nämlich
«1 == 7,133 «, = 11,911.
Dieses Resultat ist sehr auffallend, und Beckenkamp ^)
vermutete, daß die Beobachtung am Baryt infolge von Pyro-
elektrizität gefälscht sei, was an sich bei der angewandten
Methode möglich gewesen wäre, wenn nicht, wie es der Fall
war, gerade dieser Fehlerquelle besondere Aufmerksamkeit
geschenkt worden wäre. Inzwischen ist nun das Resultat
von Fellinger am Baryt durch eine nach ganz anderer
Methode ausgeführte Untersuchung von W. Schmidt*) durch-
aus bestätigt worden. Dieser fand nämlich bei zwei Baryt-
kristallen bei derselben Bezeichnung der Achsen im Mittel:
I «, = 7,62 e, = 12,25 «, = 7,62
II fij = 7,69 fi, = 11,00 8g = 7,70.
1)J. Beckenkamp, Zeitschr. f. Kristallogr. u. Min. 35. p. 184.
1901.
2) W. Schmidt, Ann. d. Phys. 9. p. 988. 1902.
Elektr. Düpernan der Kristalle. 479
Also auch hier ist a^ viel größer als a^ und 83, und die
letzteren beiden Werte sind wie beiFellinger nahezu einander
gleich. Schmidt fand zugleich noch bei einem zweiten Kristall,
Cölestin, der ebenfalls rhombisch ist, dasselbe Verhalten. (Baryt
ist schwefelsaures Baryum, Cölestin schwefelsaures Strontium.)
Für den Cölestin sind bei derselben Bezeichnung der Eristall-
achsen die optischen Brechungsindizes
a ß f
f&r die Linie D 1,62198 1,62867 1,63092,
w&hrend die Dielektrizitätskonstanten sich bei zwei Kristallen
im Mittel ergaben:
I 0i -= 8,20 «, « 18,15 Bg rs 8,00
II 0i » 8,80 «, » 18,50 «, -= 7,70.
Hier ist also e, verhältnismäßig noch bedeutend mehr ge-
wachsen wie beim Baryt
Die Tatsache selbst ist also durch diese zwei nach ver-
schiedenen Methoden angestellten Untersuchungen sicherge-
stellt Aus dieser Tatsache folgt aber sofort folgendes: Da
die optischen Achsen eines zweiachsigen Kristalls immer in der-
jenigen Ebene liegen, welche senkrecht steht auf der Richtung
des mittleren Brechungsexponenten und da ebenso die elek-
trischen Achsen, d. h. diejenigen Achsen, in welchen die elek-
trischen Bewegungen gleiche Fortpflanzungsgeschwindigkeit im
Kristall haben, senkrecht stehen auf der Richtung der mitt-
leren Dielektrizitätskonstante, so folgt, daß für den Baryt und
den Cölestin die Ebene der elektrischen Achsen senkrecht
steht auf der Ebene der optischen Achsen. Während < das
Licht die Ebene a c die Achsenebene ist, ist es für die Elek-
trizit&t die Ebene ba bez. bc, je nachdem e^^«, ist. Wir
haben es also mit gekreuzter Stellung der Achsenebenen für
die rmechen Lichtbewegungen und die langsamen elektrischen
Bewegungen zu tun. Aus dem optischen Verhalten kann man
fbr diese bei langen Wellen eintretende Kreuzung nicht ein-
mal einen Anhaltspunkt finden. Ein solcher wäre vorhanden,
wenn der optische Achsenwinkel mit wachsender Wellenlänge
im sichtbaren Teil des Spektrums bedeutend kleiner würde.
Aber gerade das Gegenteil ist für den Baryt der Fall Für
480 L. Oraetz.
diesen berechnet sich der wahre Achsenwinkel 2 Fbei 20^ f&r
die Linien
C zu 35M0' D zu 34<>47' F zu U^%b\
Für den Cölestin ergibt sich wohl eine kleine Abnahme
für C rechnerisch, doch scheinen die Zahlen f&r die Brechungs-
exponenten nicht genügend sicher zu sein. Für den Cölestin
wird 2r
bei C 50^28' 2) 52M' F 51^30'.
Eine solche Kreuzung der Ebenen der optischen Achsen
für Wellen verschiedener Länge ist übrigens auch für das
Licht keine unbekannte, wenn auch eine seltene Erschei-
nung. Es gibt einige Kristalle, und der Brookit (Titanoxyd)
ist das Hauptbeispiel dafür, welche in dem Bereich des sicht-
baren Spektrums eine derartige Dispersion zeigen, daß die
Ebene der optischen Achsen für Rot und Gelb senkrecht steht
auf derjenigen für Grün und Blau.^) Die merkwürdigen Bilder,
welche eine Platte aus solchem Kristall in konvergentem weißen
Lichte zeigt, sind in dem angeführten Werke von Groth ab-
gebildet. Wenn man nun nicht nur das Gebiet der sichtbaren
Wellen, sondern das gesamte Gebiet der Wellen bis zu den
elektrischen in Betracht zieht, so mag diese Erscheinung, wie
Baryt und Cölestin es zeigen, eine viel allgemeinere sein. Ein
zweiachsiger Ejistall, der in gewissen Gebieten der Wellen-
längen eine Kreuzimg der optischen Achsenebenen zeigt, muß
notwendig für eine dazwischenliegende Wellenlänge sich wie
ein einachsiger Kristall verhalten. Das Analogen dafür ist bei
einachsigen Kristallen eine solche Dispersion, daß der Kristall
aus einem optisch positiven zu einem optisch negativen wird,
wobei er notwendig für eine dazwischenliegende Wellenlänge
isotrop erscheint Auch dafCir zeigen die von Schmidt an-
gegebenen Zahlen ein oder zwei Beispiele. Der Eisenspat
ist nach der Angabe von Groth ^ stark negativ doppelbrechend,
d. h. n II Achse ist größer als n j. Achse. Ln Gegensatz dazu
1) P. Groth, PhysikaÜBche KriBtallographie. 8. Aufl. p. 109 o.
390. 1895. Leider scheinen gerade für solche Kristalle keine genauen
Messungen der Brechungsindizes vorzoliegen, obwohl sie hier besonderes
Interesse h&tten.
2) P. Groth 1. c. p. 470.
iat die Dielektrizitätskonstante t^ im Mittel 6,85, a^ im Mittel
7^6, also ist der Kristall für diese Wellen positiv. Beim
Zirkon, der optisch negativ ist, geben die Zahlen s^ = 12,6,
e^ = 12,8 Kwar positive Doppelbrechung, doch so geringe, in
die Fehlergrenzen fallende Differenzen, daß man den Eristall
(ttr diese Wellen sogar als regulär ansehen kann. Diese Ver-
änderungen im Charakter der Doppelbrechung fär verschiedene
Wellen sind natürlich zu unterscheiden von denen, die durch
die Wärme hervorgebracht werden, da die molekulare Kristall-
atruktur ja dabei dieselbe bleibt.
Die Ursache für die Erscheinungen beim Baryt und Cö-
lestin beruhen offenbar auf anomaler Dispersion in dem Ge-
biet üwischen den Lichtwellen und den elektrischen, und lassen
sich also zurückfuhren anf Absorptionen im Ultrarot. Wenn
man die Helmholtzsche Theorie des mit lonenpaaren he-
iasteten Äthers zugrunde legt, so sind es also die durch Rei-
bung gedämpften Eigenschwingungen der Ionen, welche die
Absorption und den anomalen Verlauf der Dispersion ver-
anlassen. Die Helmhültzsche Theorie ist zwar nur für isotrope
Medien in Gleichungen gefaßt, es hat aber keine Schwierigkeit,
die entsprechenden Gleichungen für einen doppeltbrechenden
Kristall mit fester Achsenrichtung (rhombischen) hinzuschreiben,
bei denen man außer den 3 Dielektrizitätskonstanten £, >, a,
noch die Konstanten a* und k der Helmholtzachen Theorie
nach den drei Achsenrichtungen verschieden annehmen muß.
Anch hat es keine Schwierigkeit, aus dem Ansatz für ebene
Wellen eine Gleichung zu erhalten, welche formell der Fres-
nelecben Gleichung für die Fortpflanzungsgeschwindigkeit F
analog ist, nor daß an Stelle dieser Größe hier eine komplexe
Größe auftritt, deren reeller Teil allein die Fortpflanzungs-
geschwindigkeit ist. Die Trennung aber der erwähnten Glei-
chung in einen reellen und imaginären, den Absorptionsverlauf
darstellenden Teil, führt im allgemeinen zu unübersichtlichen
Formeln, wie schon ftir allgemeinere Dispersionstheorien von
Drude') gezeigt wurde. Man kann aber ohne spezielle Rech-
nung aus den elektrischen Erscheinungen am Baryt und Cölestin
doch gewisse Schlüsse auf deren Kohäsion und Spaltbarkeit
1) P. Dtnde, Wi«U i
lolumuiii. FoachrLA.
L 40. p. SS&. 1890.
482 L. Oraetz. Elektr, Ditpersion der Kristalle.
nach bestimmten Richtungen ziehen. Da die starke Veränderung
der Dielektrizitätskonstante in der Bichtung der ^Achse^ welche
in diesen Kristallen die Makroachse ist, stattfindet, so muß sie
hervorgebracht sein durch Eigenschwingungen der Ionen« welche
senkrecht zu dieser, also in der Ebene {010} stattfinden. Da
nun diese Schwingungen der Ionen Absorptionen im Ultrarot
erzeugen sollen, so müssen sie verhältnismäßig langsame sein,
während diejenigen Schwingungen, die die Dispersion im sicht-
baren Spektrum hervorbringen und die Absorptionen im Ultra-
violett ausüben, viel raschere sind. Es folgt also für die Kräfte,
von denen die lonenpaare angegriffen werden, daß diese in
der Ebene {010} geringere sein müssen, als in den senkrecht
dazu stehenden Ebenen. Denkt man sich diese Kräfte als
durch gegenseitige Anziehungswirkung verursacht, so folgt,
daß in der Ebene {010} die Dichtigkeit, in welcher dort die
lonenpaare vorhanden sind, geringer ist als in den senkrecht
dazu stehenden Ebenen. Nun ergibt sich aus allgemeinen
kristallographischen Überlegungen^), daß die Ebenen vollkom-
menster Spaltbarkeit diejenigen sind, welche die größte Flächen-
dichtigkeit besitzen. Daraus und aus den obigen Betrachtungen
würde sich also ergeben, daß nach der Ebene {010} die Spalt-
barkeit der in Bede stehenden Kristalle gering sein muß. In
der Tat ist die Spaltbarkeit nach {001} vollkommen, nach {110}
ziemlich vollkommen, nach {010} und {111} nur noch deutlich.^
Ob diese Schluß weise, die jedenfalls mit Vorsicht gebraucht
werden muß, auch in weiteren Fällen einen richtigen Zusam-
menhang zwischen elektrischer Dispersion und Spaltbarkeit
gibt, läßt sich bisher aus Mangel an dielektrisch untersuchten
Kristallen nicht entscheiden. Es erscheint daher wichtig, noch
möglichst viele rhombische Kristalle auf ihre Dielektrizitäts-
konstanten zu untersuchen.
München, September 1903.
1) L. Sohncke, Zeitschr. f. Rristallogr. u. Min. 13. p. 209. 1888;
P. Groth 1. c. p. 251.
2) P. Groth l. c. p. 397.
(Eingegangen 22. September 1903.)
488
60. Zar Theorie der Destillation von Gemischen.
Von J. P. Kuenen in Dimdee.
Es werde ein Gemisch beliebig vieler Stoffe in einer
Kochflasche^ welche mit einem aufsteigenden Rückflußrohr ver-
sehen sei, zum Sieden gebracht. Die Erwärmung werde so
reguHert, daß keine Flüssigkeit abdestilliert^ und bleibe durch-
aus konstant erhalten. Es wird dann der Zustand nach
einiger Zeit, sowohl in der Flüssigkeit selbst , wie im Rohr^
vollkommen stationär.
Der Vorgang im Rohr besteht darin, daß Dampf in dem-
selben aufsteigt, sich dort beim Aufsteigen allmählich konden-
siert and als Flüssigkeit nach dem Kochgefäß zurückfließt.
Man kann also in jedem Durchschnitt des Rohres einen auf-
steigenden Dampfstrom und hinabfließenden Flüssigkeitsstrom
unterscheiden. Die wirklichen Bewegungen des Gemisches
sind sehr verwickelt und finden nicht ausschließlich parallel
der Böhrenachse statt: die gerade in der Kondensation be-
griffenen Teile des Gemisches bewegen sich sogar hauptsäch-
Uch dem Röhrendurchschnitte parallel; doch kann man jeden-
falls die sich durch einen Durchschnitt in einem bestimmten
Zeitelemente nach oben bewegenden Massen als Dampfstrom,
die durch denselben hinabgehenden als Flüssigkeitsstrom zu-
tammenfassen.
Es läßt sich nun leicht ein einfaches Gtesetz über das Ver-
hiltnis dieser beiden Ströme herleiten : da nämlich der Zustand
stationär ist, so muß in einer bestimmten Zeit genau dieselbe
Menge nach oben wie nach unten gehen. Daraus geht hervor:
In jedem Durchschnitte sind der mtf steigende Dampfstrom
wnd der khutbfUeßende Flüssigkeitsstrom gleich stark.
Da sich aber die Gleichheit dieser Ströme nicht nur auf
die Gesamtmenge, sondern auch auf alle Komponenten der-
selben bezieht, so erfolgt weiter das nachfolgende Gesetz:
Die m jedem Durchschnitte nebeneinander bestehenden Dampf
wsd IKungkeit haben genau die gleiche Zusammensetzung,
81*
484 J, P. Kuenen,
Der Umstand, daß die Flüssigkeit auf jeder Höhe die
nämliche Zusammensetzung, wie der mit ihr in Berührung
stehende Dampf aufweist, könnte unroittelhar erklärt werden,
falls der Dampf immer als Ganzes in Flüssigkeit umgesetzt
würde. Man könnte sich die Ahkühlung und Kondensation
im Bückäußrohr wohl derart denken, daß dabei immer kleinere
oder größere Mengen Dampf ohne Fraktionierung verflüssigt
würden, aber gewöhnlich, wenn nicht immer (ausgenommen
mit Maximum- und Minimumgemischen] findet bei der Kon-
densation eine gewisse Fraktionierung statt; es ändert sich
dadurch der Gehalt des Dampfes beim Aufsteigen fortwährend
in einer bestimmten Richtung, nämlich in der Richtung einer
größeren Flüchtigkeit Ähnliches gilt für die Flüssigkeit, da
dieselbe beim Hinabfließen fortwährend die sich kondensieren-
den Dampfmengen aufnimmt. Überdies hat die Fraktionierung
zur Folge, daß sich auf bestimmter Höhe im Rohr nicht nur
ein Gemisch von bestimmter Zusammensetzung, sondern eine
Reihe von Gemischen, teils dampfförmig, teils flüssig, befindet,
welche einen kontinuierlichen Übergang zwischen dem innersten
Dampf- und dem äußersten Flüssigkeitsgemisch bilden. Das
oben hergeleitete Gesetz gilt jedoch auch im allgemeinen Falle,
wenn man unter Zusammensetzung die mittlere Zusammen-
setzung der beiden Ströme versteht
Nimmt man, wie oben geschehen ist, an, daß bei der
Kondensation immer Fraktionierung stattfindet, so ändert sich,
wie schon bemerkt, der Dampfgehalt fortwährend in einer be-
stimmten Richtung, und der Endzustand, d. h. der Zustand
am äußersten Oberende der kondensierenden Dampfsäule im
Rohr, muß notwendig eine der Komponenten im reinen Zustande
(oder casu quo ein Maximumgemisch) sein. Die Menge der-
selben kann aber natürlich äußerst gering sein.
Vergleichen wir jetzt den Zustand in einem kurzen Kon-
densationsrohr mit energischer Kühlung mit demjenigen in
einem effektiven Fraktionierrohr oder Dephlegmator, immer
ohne Destillation. In beiden Röhren ändert sich der Dampf-
gehalt allmählich zwischen einem bestimmten Wert am Unten-
ende und der einen reinen Komponente am Obenende, und ist
der Flüssigkeitsgehalt auf jeder Höhe derselbe wie der Dampf-
gehalt. Der Unterschied der zwei Röhren besteht also nur
Destillation von Gemischen. 485
in der Ausdehnung des Phänomens: im Dephlegmator sind die
Phasen^ speziell diejenigen nahe dem Obenende, auf eine größere
Strecke ausgedehnt; dadurch wird eine viel vollkommenere Schei-
dung der Komponenten ermöglicht, wenn man die oberste
Phase abzudestillieren erlaubt.
Aus dem obigen geht hervor, daß an keiner Stelle eines
Destillationsrohrs die dampfförmigen und flüssigen Phasen in
thermodynamischem Oleichgewicht sich betinden können, aus-
genommen gerade am Obenende, wo die eine Substanz im
reinen Zustande oder ein Gemisch von konstanter Siedetem-
peratur sich vorfindet Es haben nämlich koexistierende Phasen
im allgemeinen eine verschiedene Zusammensetzung und um-
gekehrt kann bei gleicher Zusammensetzung kein Oleichgewicht
bestehen. Am Untenende des Eondensationsrohrs , wo die
Phasen weit vom Oleichgewicht sich entfernen, muß also un-
mittelbar eine starke Kondensation und Auswechslung von
Komponenten anfangen und ändert sich also der Dampfgehalt
— und deshalb auch der Flüssigkeitsgehalt — nach oben
relativ schnell; bei der NäheruDg zum Obenende nimmt die
Tendenz zur Einwirkung der Phasen bis Null ab und dort
besteht also nur eine langsame Änderung des Oehaltes nach
oben zu: die Phasen sind deshalb am Obenende des Fraktionier-
rokres am meisten auseijiandergeschoben. Man hat bekanntlich
in speziellen Fällen mit Erfolg versucht, die Scheidung der
Komponenten durch Anwendung eines auf konstanter Tem-
peratur erhaltenen Kondensationsrohres zu befördern ; offenbar
kann die Wirkung eines derartigen Rohres ebenfalls als eine
Ausdehnung der auffolgenden Phasen aufgefaßt werden.
Wir haben im obigen noch immer angenommen, daß kein
Pampf abgeführt wird; sobald das geschieht, hören die obigen
Oeaetse auf zu gelten. Je langsamer die Destillation vor
aich geht, d. L je kleiner die Menge der abgeHlhrten, im Ver-
hältnis nur nach der Kochtlasche zurückfließenden Substanz
iat| am desto weniger werden die Verhältnisse von den oben
betrachteten abweichen. Betrachten wir einfach shalber den
Fall eines binären Gemisches und nehmen wir an, daß das
Destillat aus der einen Komponente in angenähert reinem Zu-
stande besteht; es hat dann die Destillation offenbar zur Folge,
daß die zorücklließende Flüssigkeit weniger von dieser tlüch-
486 /• P. Kuenen. Destälaiion von Oemischen.
tigen Substanz enthält und^ anstatt die nämliche Zusammen-
setzung wie der Dampf, eine etwas andere weniger flüchtige
aufweist und deshalb auch näher mit dem Dampf im Gleich-
gewicht sich befindet. Gewöhnlich wird jedoch der Zustand
noch weit von demjenigen verschieden sein, in dem die sich
berührenden Phasen thermodynamisch miteinander koexistieren^
und diese Abweichung muß am Untenende des Rohres am
größten sein. Es ist also ungenau anzunehmen, wie man es
wohl getan hat, daß bei langsamem Betrieb einer Fraktionie-
rung die Phasen sich auf jeder Höhe des Rückflußrohres an«
genähert in Gleichgewicht einsetzen werden; dasselbe ist nur
im oberen Teile des Rohres der Fall.
Das obige soll natürlich nicht als eine vollständige Theorie
der fraktionierten Destillation, sondern nur als ein Beitrag zu
derselben in einer, so viel ich weiß^ vernachlässigten Richtung
betrachtet werden. An anderer Stelle hoffe ich die Theorie
vollständiger darzustellen.
Dundee, University College.
(Eingegangen 22. September 1908.)
487
61. Eine einfache Anwendung der Vektorrechnung
auf die Theorie der veränderlichen Ströme.
Von B. Jahnke in Berlin.
!• Einleitung, — Bei einer Einrilhrung in die Vektor-
rechnung ist es wünschenswert^ schon im Beginn, nachdem die
einfachsten Begriffe und Definitionen vorgetragen worden sind,
einfache Anwendungen YorfUhren zu können, sei es zur Ein-
übung des neuen Algorithmus, sei es, um die Fruchtbarkeit
der neuen Methode zu erweisen. Während nun an Beispielen
•«
und Übungen aus Geometrie und Mechanik kein Mangel ist,
kommt man bei der Frage nach einfachen Anwendungen aus
der mathematischen Physik in einige Verlegenheit.
Bei der Suche nach solchen Anwendungen bin ich vor
kurzem ^) auf eine elementare Herleitung derjenigen Formeln
gestoßen, welche Fresnel und F. Neu mann für die Intensi-
täten des partieU reflektierten und gebrochenen Lichtes aufge-
stellt haben, in dem Fall, daß die Schwingungsebene senkrecht
zur E^faUsebene verläuft.^ Diese Herleitung ist dadurch be-
merkenswert, daß sie keine Differentialgleichung benötigt. An
die SteUe der üblichen Voraussetzung, daß die elektromagne-
tische WeUe die Form einer Sinusschwingung besitze, tritt die
allgemeinere, daß sich die elektromagnetische Welle durch einen
Vektor darstellen lasse, dessen Länge durch die Schwingungs-
amplitude gemessen und dessen Richtung und Richtungssinn
durch die Fortschreitungsrichtung der Welle bestimmt werden.
Im nachstehenden erlaube ich mir, eine andere Anwen-
dung mitzuteilen, die sich auf die Theorie der veränderlichen
Ströme bezieht, nämlich eine elementare Herleitung des 0hm-
schen Gesetzes für den Wechselstrom in dem Fall, daß Wider-
stand, Selbstinduktion und Ka])azität als konstant voraus-
gesetzt werden.
1) Vgl. Sitzongsber. d. Berl. Math. GeselUch., 2. p. 53— f)r>. 1903.
8) Wie hieraus die Formeln des Falles hervorgehen, wo das Licht
pariHel wax Einfallsebene schwingt, zeigt eine Arbeit des VerfaoserSf die
it^mpJH^tt im Arch. d. Math. u. Phys. erscheinen wird.
488 E. Jahnke.
2. Voraussetzungen aus der Vektorrechnung, — Bei dieser
Herleitung mache ich Gebrauch von dem Begrifif des Vektors
der Ebene als einer Strecke von bestimmter Länge, bestimmter
Richtung und bestimmtem Eichtungssinn , sowie von dem
äußeren und dem inneren Produkt zweier Vektoren a, b der
Ebene^ die ich nach Graßmann^ wie folgt, definiere:
[ah'] = ab sin (a, ft), [a | ft] = a ^ cos (a, ft).
Dabei bedeuten a, b die numerischen Längen der beiden
Vektoren. Diese Definitionen liefern ohne weiteres die charak-
teristischen Eigenschaften des äußeren und des inneren Pro-
duktes, nämlich
[6 a] = — [a 6] , [a a] = 0;
[6 1 a] = [a I ft] , [a\a\ = a^.
Außer diesen Begriffen und Definitionen benutze ich noch
den Satz, daß zwischen drei Vektoren der Ebene a, b, c stets
eine lineare Identität der Form
(1) aa + ßb + rc=^0
besteht, ^990 a, ß, y beliebige Zahlen bedeuten, d. h. daß es
stets möglich ist, von drei beliebigen Vektoren der Ebene
solche Vielfache zu nehmen, daß dieselben sich zu einem
Dreieck zusammenschließen.
Was den beim inneren Produkt auftretenden vertikalen
Strich angeht, den von Graßmann eingeführten Ergänzimgs-
strich, so bedeutet ^) | b den Vektor, in welchen der Vektor b
übergeht, wenn er im positiven Sinn um 90^ gedreht wird,
so daß
|6= -6
wird. Das innere Produkt wird durch Einführung des Ergänzungs-
begriffs auf das äußere zurückgeführt, und umgekehrt kann das
innere stets in Form eines äußeren dargestellt werden. Daher ist
[a6]= -[«||ft]=-[«|(|6)].
Noch eine Bemerkung über die mechanische Deutung
des Vektors und des inneren Produktes zweier Vektoren. Es
ist bekannt, daß sich die eben definierten Vektoren^ in der
1) Sprich: Ergftnzong des Vektors b.
2) Es sind die sogenannten freien Vektoren gemeint, denen die
hier nicht zur Verwendung kommenden gebundenen gegenüberstehen.
Anwendunff der Vektorreehnung, 489
terscfaiedensten Weise deuten lassen; insbesondere als Kräfte,
welche in einem und demselben Punkt angreifen, oder allgemeiner
als Kräfte, deren Wirkung als unabhängig von der Lage im
Baum angesehen werden darf. Deute ich nun a als eine
solche Kraft und b als den Weg, welchen der Angriffspunkt
der Kraft in der Zeiteinheit zurückgelegt hat, so stellt das innere
Produkt [a | V] gemäß obiger Definition die Arbeit dar, welche
die Kraft geleistet hat, indem ihr Angriffspunkt in der Zeit-
einheit die Verrückung b erfahren hat
3. Physikalische Foraussetznrtffen. — Ich komme zu den
physikalischen Voraussetzimgen. Li einem Stromkreise herrsche
eine elektromotorische Kraft imd bringe einen Wechselstrom
hervor. Nun nehmen unter den veränderlichen Strömen die-
jenigen eine ausgezeichnete Stellung ein, welche sich nur durch
Amplitude, Phase und EVequenz unterscheiden. Ich beschränke
die Betrachtung auf diese, harmonisch genannten Wechsel-
ströme. Alsdann können sich Spannung und Strom eines und
desselben Wechselstroms nur noch durch Amplitude und Phase
unterscheiden. Ich kann daher die Spannung eines solchen
Wechselstroms als einen Vektor auffassen, dessen Länge ein
Maß der Spannungsamplitude gibt, und dessen Richtung die
Phase der Wechselstromspannung bestimmt. Dieser Vektor
heiße Spannungsvektor*
Ebenso läßt sich der Strom als Vektor darstellen, wenn
ich seine Länge zur Stromamplitude und seine Richtung zur
Phase des Stroms in Beziehung setze. Dieser Vektor heiße
Stramvektor.
Indem ich Widerstand, Selbstinduktion und Kapazität als
konstant voraussetze, erhalte ich ein Wechselstromfeld, dessen
physikalischer Zustand durch jene beiden Vektoren vollständig
charakterisiert ist.
Noch einen Vektor führe ich ein, der dem Strom vektor
nm 90^ in seiner Richtung, d. i. Phase, vorauseilt, dessen
Linge aber mit derjenigen des Stromvektors übereinstimmt,
nnd nenne ihn den magnetischen oder wattlosen Vektor.
Endlich entnehme ich der Physik die Tatsache, daß die
Arbeit, welche die elektromotorische Kraft in der Zeiteinheit
teiltet, aioh einmal aus dem Jouleschen Effekt, d. i. der in
Wlnne umgesetzten Energie^ zusammensetzt und zweitens aus
490 B. Jahnke.
der inneren Stromenergie oder magnetischen Energie. Die erstere
wird aufgewendet, um den Stromvektor, die letztere, um den
dazu senkrechten, magnetischen Vektor hervorzubringen. Jene
ist gleich ßj^, diese gleich
(^---jo)«^*'
wo B den Ohm sehen Widerstand, L die Selbstinduktion, (7 die
Elapazität, (o die Frequenz und / die Intensität des Wechsel-
stroms bedeuten.
4. Herleitung des Ohmnehen Gesetzes, — Nenne ich den
Spannungsvektor e und den Stromvektor i, so läßt sich durch
diese beiden gemäß (1) jeder andere Vektor derselben Ebene
linear darstellen. Derselben Ebene gehört aber der wattlose
Vektor an, welcher, unter Benutzung des Graßmannschen Er-
gänzungsstriches, mit \i bezeichnet werden darf. Demnach
kann ich ansetzen:
(2) e^xi + y\i.
Um die Koeffizienten x, y zu bestimmen, multipliziere ich
die Gleichung zunächst äußerlich mit |i:
[C|«] = x[<|<]+y[i< |<]
und finde, da [|i |i] gemäß der Definition verschwindet,
\e\i\
X =s
Ebenso liefert die äußere Multiplikation mit i:
woraus, da [ii] verschwindet,
\ie\
y \i\iV
Die Amplituden von Strom und Spannung seien / bzw. i?,
dann ist zunächst der gemeinsame Nenner
Um die Zähler auszuwerten, erinnere ich an die oben
mitgeteilte mechanische Deutung, welche das innere Produkt
aus Kraft- und Wegvektor zuläßt. Die entsprechende Deutung
fLLr die Theorie der veränderlichen Ströme ergibt sich, wenn
ich an die Stelle des Ejraftvektors den Vektor, der die elektro-
motorische Kraft darstellt, und an die Stelle des Wegvektors
Änweiulung der Vektorrechnung. 491
den Stromyektor setze. Daher wird das innere Produkt [e\{]
den Yon der elektromotorischen Ejraft des Wechselstroms in
der Zeiteinheit geleisteten Joul eschen Ei£Pekt darstellen, d.h.
(3) [6|i] = Ä/«.
Was endlich das äußere Produkt [i e\ angeht, so läßt sich
dasselbe als inneres Produkt aus e und \i aufiiassen; nämlich
[ie]--[e<] = [e-i]-[e|(|i)].
weil ja ||i B — i. Demnach bedeutet \ie\ die Arbeit, welche
die elektromotorische Kraft des Wechselstroms in der Zeiteinheit
leistet, indem sie das magnetische Feld hervorbringt Also
kann ich setzen
(4) \ie\^[L^-^y.
Hiemach nimmt die Identität (2) folgende Form an:
(6) e = Ä<+(2;«,- J^)|<.
Um Yon den Vektorgrößen zu den Skalaren überzugehen,
nehme ich yon der Gleichung (5) die Elrgänzung:
und mnltipliziere (5) und (S*) äußerlich miteinander, so entsteht
oder
und das ist das Ohm sehe Gesetz für den Wechselstrom, wenn
Ohmscher Widerstand, Induktanz und Kapazität als konstant
angesehen werden dürfen.^)
6« Sehbißbemerkunffen. — Ich mache zunächst darauf auf-
merksam, daß die Torstehende Herleitung an die Stelle der
üblichen Voraussetzung von sinoldalen Wechselströmen die
1) V^ s. B. G. Ferraris, WiBsenschiftliche Gknndlagen der Elektro-
p. S64. 1908. Leipsig, B. G. Tenbner.
492 E. Jahnke. Anwendung der Fektorrechnunff,
andere setzt, daß sich der Wechselstrom als Vektor darstellen
läßt^] Dadurch erklärt sich das Fehlen des DififerentialbegrifiFs.
Weiter möchte ich auf den Unterschied hinweisen, welcher
zwischen den hier benutzten Vektoren und denen besteht, die
ich bei der Herleitung Ton Fresnels und F. Neumanns
Intensitätsformeln verwandt habe. Während diesen physika-
lische Bedeutung zukommt, sind jene nur als graphische Vek-
toren, im Gegensatz zu den physikalischen Vektoren, anzu-
sprechen.
Endlich hebe ich hervor, daß ich in den Anwendungen
auf Optik und Elektrizität, von der einfachen Identität Ge-
brauch machte, die zwischen drei Vektoren der Ebene besteht
Dieselbe leistet noch bei manchen anderen Anwendungen gute
Dienste. Ich begnüge mich an dieser Stelle auf die Verein-
fachung hinzuweisen, welche durch sie gerade die analytische
und graphische Behandlung von Wechselstromerscheinungen er-
fährt.«)
1) Die Herleitung erinnert übrigens an diejenige, welche Hr.
P. Steinmetz in seinem Werk: Theorie und Berechnung der Wechsel-
stromerscheinungen, p. 472, unter Benutzung der Theorie der komplexen
Größen gibt
2) Vgl. z. B. Fr. Punga, Zeitschr. f. Elektrotechnik, 19. (42, 43.)
1901. Diese Darstellung hätte an Einfachheit erheblich gewonnen, wenn
der Verfasser die oben genannte Identität an die Spitze der Entwick-
lung gestellt hätte.
(Eingegangen 23. September 1908.)
493
62. The Expansion-Work of a Dissociating Gas.
By J. B. TrsTor in Ith«ka U. S. A.
Suppose a gas subject to binary dissociation of the tjpe
represented by
N,0.^i=»i2N0„
both of tlie cbnstituents, e. g. NgO^ and NO,, being assumed
to exhibit the behavior of ideal gases. In Qihbs' theory,
the molecular potential of the j-th constituent in the reacting
mixture is (Gibbs' equation 268),
(1) A^- Äeiog § - c,^(eiog e- ö) ^svoj + ^op
where 0 is the absolute temperature, ß the molecular gas-
constant» p, the partial pressure and C^ . the molecular heat-
capadty at constant pressure of the constituent, and E^, and
fi^j the molecular energy and entropy constants of the con-
stituent According to the Gibbsian theory, these molecular
Potentials of the constituents are subject to the relation
(2) X, - 2Ä,.
New we haye
RS RS
where v is the Tolume of the.ga8-mixture; whence, on addition,
by Dalton's law,
(3) > = («, + «,)*/,
p denoting the total pressure of the gas in dissociation equili-
brium. In consequence,
P ♦H + 'h
(4) Pj^C^P-
The qoantity C. may be termed the molecular concentration
of the j-th constituent This equation (4) serves to eliminate
494 J. E. Trevor.
the partial pressures from (2), whereupon we obtain the equation
for disBociation equilibrium in the fonn
log-^ = log— + ^^^'"^^Mog e - Jl9i^.3^}^L^!b^^lloA
RS
Noting that 2C^, — C^^ =s R^ and setting
this equation may be written
(5) log ^= log ^^^ ^"
(7i "■ ^ p RS'
where Ä and Q^ are constants.
I propose, now, to utilize this relation for the calculation
of the isothermal expansion-work of the gas between given
limits of the degree of its dissociation, and for the calculation
of the expansion-work when the temperature is changed under
the condition of a constant degree of dissociation being main-
tained.
Denoting by a the degree of dissociation n^H^n^ + 'S)'
and by JV^ the number of molecular weights when the entire
mass is reckoned as composed solely of the first constituent,
the isothermal expansion-work in question is to be obtained
by effecting the indicated integration in
Ol
(6) - {^,t)e. N, = fp («, 0) • /„ V («, 0, N,)dcc.
We require first to find the forms of the functions p and dvjda,
The first of these is found as follows. The equations
may be written
whence
(7)
q =
«l
2wi + n, '
«1 + »»« '
3n
C7,=
1
•
n» " 1 - a '
1 + n,/ni '
• ^i
s
1 - et
l+o •
Expanrionwork of a dUsociatmg gas. 495
Fnrther, since C^
= 1 -
Cj, we have
(8)
n 2a
and 80
C\ 4 a«
This in (5) yields
log
whence
4 a*
1 -o«
, ARB
(9)
V^
1 - a» ARB
4 a« <,«,/«« '
0- .
RS '
which giyes the desired fonn of the function fifty 0).
To find the form of da/dv, we proceed as foUows.
Equation (3),
may be written
iV,(l -ha). RS
P
whereupon elimination of p between this and (9) yields
(10) v^^' /"* -««./Ä^;
* ' A l — a
whence
(11) 4^--^^ .*«.(?-«)., Vi»«.
^ ' da ^ (l — o)»
Sabstituting (9) and (11) in equation (6), and reducing,
we find
(12)
a, a,
-iViÄ0 {2 log (5--^;-:- ;.)+(«, -«,)},
which 18 the answer to our first problem.
Onr second problem consists in efi^ecting the integration in
(18) -(»'i.Uir. =/;>(«, ö)-3Vt;(a,e,jv,)rfe.
496 «/. K Tr€0€T. Bbcpansiamaork of a dissociaihiff jfos.
By differentiation of (10) we find
^**^ dB " A l-a Bß^ ' '
and, on substituting (9) and (14) in (18), and reducing,
- (^'i,)«. i^. = - J^i (1 + «) «. frf log e
(15) I e,
= ^;(l + «)e.log-|-:
This is the answer to the second problem.
Cornell University. Ithaca, N. Y., September 1903.
(Eingegangen 23. September 1903.)
497
63. Über einen Versuch der Ausmessung von Stern-
spektrogrammen nach der objektiven Methode der
Wellenlängenbestlmmnng.
Von Eduard Hasohek and Karl Kostersita in Wien.
Die großen Vorteile der objektiven Methode der Aus-
messong Ton Spektrogrammen, welche von F. Exner und
EL Hasch ek angegeben^) wurde und über welche einer von
uns bereits im Astrophysical Journal berichtet hat*), ließen
es uns Yon Interesse erscheinen, einen Versuch der Anwendung
dieser Methode auch auf AusmessuDg von Sternspektrogrammen
zu machen, da die bisher allgemein übliche Methode der Aus-
messung mit dem Mikroskop unverhältnismäßig viel Zeit und
Mühe, sowohl für die Einstellungen und Ablesungen am Mi-
krodcop, als auch für die daran sich anschließenden Rech-
nungen, erfordert und die Augen übermäßig anstrengt Es
war daher für uns von außerordentlich großem Wert, daß uns
durch die besondere Qüte der Herren Geheimrat Prof. Dr.
H. C. Vogel, Direktor des Astrophysikalischen Observatoriums
in Potsdam, und Prof. Dr. W. W. Campbell, Direktor des
Lick-Observatory auf Mount- Hamilton, einige Stemspektro-
gramme für unseren Zweck zur Verfügung gestellt wurden,
und wir möchten es nicht unterlassen, vor allem den beiden
genannten Herren auch an dieser Stelle unseren allerwärmsten
Dank für das uns erwiesene liebenswürdige Entgegenkommen
hiennit auszusprechen. Von Hrn. Geheimrat Vogel erhielten
wir zwei Kopien eines Spektrogrammes von /-Cygni; Direktor
Campbell sandte uns drei Originalspektrogramme von a-Canis
minoris, «-Leonis und «-Pegasi.
1) F. Ezner and £. Haschek, Wien. Ber. 104» p. 909. 1895.
S) Karl Kostersiti, „On a new objective Method for the Mea-
■uBiint of flpeetrogrmmi'*, Astroph. Joum. 16. p. 268. 1902.
82
498 E, Hasehek und K. Kostersitz.
Eine eingehende Berichterstattang über unsere Arbeit und
deren Ergebnisse würde den uns hier zur Verfügung stehen-
den Raum weit überschreiten ; wir beschranken uns daher jetzt
auf eine kurze Torläufige Mitteilung und behalten uns vor^ an
anderem Orte ausführlichen Bericht zu geben.
Das von uns ausgemessene Spektrogramm von y-CygDi
ist eine Reproduktion (Diapositiv) einer von G. Eberhard mit
dem Spektrograph IV des Potsdamer Astrophysikal. Observa-
toriums am 8. November 1902 um 6 ühr 48 Min. mitteleuro-
päischer Zeit gemachten Aufiiahme. Dieses reproduzierte
Spektrogramm wurde zunächst mit einem Projektionsapparat
auf einem Schirm mit einer willkürlichen linearen Skala in
27facher Vergrößerung entworfen. Die Stellung der Linien
auf der Skala wurde in fünf voneinander unabhängigen Ab-
lesungen bestimmt und die erhaltenen Mittelwerte mit Hilfe
der J. Hartm an n sehen Formel (unter Benutzung von 3 Kon-
stanten) auf Wellenlängen umgerechnet (Vergleichsspektrum Fe).
Wie bei der Ausmessung mit dem Mikroskop hatten wir
also bei diesem ersten Versuche auch noch die nachträgliche
Reduktion der Ablesungen auf W^ ellenlangen rechnerisch aus-
zuführen. Nichtsdestoweniger war der Zeitgewinn auch bei
diesem Vorgange schon ein sehr bedeutender infolge der Mög-
lichkeit einer sehr raschen und sicheren Ablesung der ein-
zelnen Linien, nicht z\i reden von der großen Bequemlichkeit
der Ablesearbeit und dem durch das projizierte Bild gegebenen
schönea Überblick über das ganze Spektrum.
In ihem vollen Umfange, also mit direkter Ablesung
der Wellenlängen auf dem Projektionsschirm, brachten wir
hingegen die objektive Methode der Ausmessung bei den
Spektrogrammen des Lick-Observatory (Originalnegative, auf-
genommen mit dem Mills -Spektrograph am 36" Refraktor des
Lick-Observatory, Vergleichsspektrum Fe) zur Anwendung, in-
dem wir uns für diese Spektrogramme zunächst eine für die
Dispersion des Mills-Spektrograph gerechnete Skala anfertigten,
an welcher wir bei richtiger Justierung des Apparates unmittel-
bar die Wellenlängen der einzelnen Linien ablesen konnten«
Auch diese Ausmessung erfolgte in fünf voneinander un-
abhängigen Lesungen, und zwar unter Verwendung einer
88 7i fachen Vergrößerung. Selbstverständlich mußte diese Art
Ausmetsunff von Sterntpektrogramnusn, 499
der Ablesung unTerhältnismäßig rascher und einfacher zum
Ziele führen, da ja jede weitere Rechnung (abgesehen von der
Mittelbildung) entfiel.
Als wahrscheinliche Fehler unserer Messungen ergaben
sich folgende Werte (in Ä.-E.), welche wir aus einer kleineren
Anzahl von willkürlich herausgegriffenen Linien abgeleitet
haben:
Für die
Für das
einzelne Ablesung
Resultat
y-Cygni ± 0,026
± 0,008
a-Can. min. ± 0,082
± 0,017
Nach diesem außerordentlich günstigen Ergebnisse in be-
zng auf die Meßgenauigkeit hielten wir uns für berechtigt,
die gemessenen Wellenlängen mit Linien der bekannten Ele-
mente zu identifizieren und benutzten dazu die von F. Exner
und E. Haschek herausgegebenen Tabellen der Funken- und
Bogenspektra der Elemente.^) Detaillierte Angaben unter Mit-
teilung von ausführlichen Tabellen für die gemessenen Spektro-
gramme behalten wir uns für unseren ausführlichen Bericlit
Tor und wollen hier nur kurz folgende allgemeine Resultate
erwähnen, wobei wir uns auf die Sterne ^^-Cygni und of-Canis
minoris beschränken.
In dem Spektrogramm von ;' Cygni (Spektralklasse IIa
nach Vogel) haben wir im ganzen 139 gut bestimmbare
Linien gemessen (unter Weglassung einer Anzahl von schlecht
definierten, unbestimmten Linien). Nur zwei von diesen Linien
waren in den Tabellen von Exner und Haschek nicht auf-
zufinden; an den übrigen 137 Linien konnten Identifikationen
mit den Spektren von 38 Elementen ausgeführt werden. Als
sicher yorhanden wurden nachgewiesen: Fe, Cr, Ca, H, Ti, Va
and die 14 Elemente aus der Gruppe der seltenen Erden.
Femer scheint noch C in der Atmosphäre von ^'-Cygni, und
zwar in einem solchen Zustande vorhanden zu sein, daß das
Linienspektrum dieses Elementes sichtbar wird. Die übrigen
Identifikationen lassen nur auf das Vorhandensein von Spuren
der identifizierten Elemente schließen.
1) Wien, Verlag von Deuticke, 1902 und 1904.
32*
500 E. Hasehek u. K, Kosterntz, Ausmessung etc.
Das Spektrogramm von a-Canis mivoris ^) (Spektralklasse Ia3
nach Vogel] ergab bei Messung von 195 gut bestimmbaren
Linien, von welchen 10 in den Tabellen von F. Exner und
E. Hasehek nicht aufzufinden waren, Identifikationen mit
24 Elementen. Als sicher vorhanden können die folgenden
16 Elemente angenommen werden: Fe, Cr, Mn; Ca, Sr, Mg;
Ti, Va, Zr; Ce, La, Pr, Nd, Sa, Y, Sc.
Aus dem allgemeinen Aussehen der von uns untersuchten
Stemspektra sowie aus gewissen speziellen Erscheinungen
glauben wir noch eine Reihe von Schlüssen auf die Konstitu-
tion der Sterne ziehen zu können ; wir haben die Absicht, auch
hierauf noch in unserer späteren Publikation ausführlich zurück-
zukommen.
Sowohl das Spektrogramm von y-Cygni, wie auch jenes
von eir-Can. min. zeigen Linienverschiebungen nach dem Doppler-
schen Prinzip, aus welchen sich fllr die Geschwindigkeit der
beiden Sterne im Visionsradius zur Zeit der gemachten Auf-
nahmen folgende Werte bestimmen ließen:
relat lur Erde relat. zur Sonne
f-Cygni +21,1 +4,9 km pro Sekunde
a-Can. min. — 34,4 — 7,4 „ „ „
Als eine nicht zu übersehende Bemerkung fügen wir
schließlich noch folgendes bei: Unsere Ausmessungen wurden
nur mit Hilfe einer provisorischen Anordnung des Apparates aus-
geführt und wollen nur als ein erster Versuch betrachtet sein;
es unterliegt also auch gar keinem Zweifel, daß die mit der
objektiven Meßmethode bei Ausmessung von Sternspektro-
grammen zu erzielende Genauigkeit noch einer sehr erheb-
lichen Steigerung fähig ist, wenn die Messungen mit einer
definitiven und mechanisch präziseren instrumentellen Anord-
nung ausgeftihrt werden, als sie uns f&r unseren Versuch zur
Verfügung stand.
Wien, n. Physik Inst, der Universität.
1) Aufgenommen am 26. Septbr. 1899, um 7 Uhr 34,1 Min. Mount
Hamilton.
(Eingegangen 24. September 1908.)
601
64. Sulla dispersione elettrica dei raggi X ottenuti
mediante le scariche dei condensatori.
Di Fietro Cardani in Parma.
L'emissione dei raggi X da parte di un tubo Röntgen
▼iene> come h noto, profondamente moditicata inserendo nel
circoito di scarica deirapparecchio d'indnzione, di cui il tubo
Ca parte, un tratto di scintilla. I raggi Röntgen prendono
origine a pressioni molto piü eleyate di quelle alle quali di
solito se ne avrerte l'esistenza, mentre, se si opera con
pressioni piü basse, viene sensibilmente cambiata ia natura dei
raggi medesimi, i quali diyentano piü penetranti e quindi
piü difficile il loro assorbimento da parte dei mezzi che
attrayersano.
Lo studio di questo fenomeno h stato fatto da vari
sperimentatori e con molta larghezza dal Winkelmann:
nessuno perö si k occupato di esamiuare quali modificazioni
yenissero apportate all'emissione dei raggi Röntgen, cam-
biando gli elementi della scarica a cui i raggi medesimi sono
doTuti.
Sotto questo punto di yista mi parve che doTesse pre-
sentare un particolare interesse Tuso delle scariche dei conden-
satori caricati da una ordinaria macchina elettrica. Anche in
questo caso si ayeya nel circuito ed in serie con il tubo un tratto
di sdntilla, ma mi sembrava che il fenomeno, per la stabilita
che presentano alcuni degli elementi da cui dipendono le correnti
formte dai condensatori, dovesse presentarsi necessariamente
meglio definito.
Con l'aso degli apparecchi di induzione il tratto di scin-
tilla non rappresenta infatti che un fattore secondario della
scarica che si manda attraverso al tubo; invece con Tuso dei
condensatore caricato da una macchina elettrostatica, esso ne
diventa il fattore principale, perche da esso solo dipende la
differenza di Potenziale che si deve stabilire tra le armature
a£Bnch6 la scarica si produca.
S02 P. Cardani.
Oltre di ciö Toso del condensatore permette, con oppor-
tune modificazioni della sua capacitä, di poter, con una mede-
sima differenza di potenziale tra le armatnre, impegnare nella
scaiica quantitä di elettricitä le quali sono tra loro in rapporti
ben deiiniti e costanti.
Ho per queste considerazioni intrapreso una serie di
ricerche sui raggi Röntgen ottenuti mediante le scariche dei
condensatori : ed in questa nota riferirö intanto i risultati ai
quali sono pervenuto relativi alla dispersione elettriea che i
raggi medesimi possono determinare nelle yarie condizioni in
cui si compie la scarica da cui prendono origine.
La disposizione sperimentale adoperata 6 facile a com-
prendersi: due batterie, ciascuna di 10 condensatori cilindrici
di grande modello e tra loro eguali, erano disposte in cascata
con le armature esteme riunite tra loro. Le armature interne
comunicavano da una parte con i poli di una macchina
elettrostatica Holtz-Voss e dalUaltra con il circuito di scarica.
La capacitä delle batterie poteva regolarsi facilmente col
numero dei condensatori che prendevano parte alla scarica.
Nel circuito che riuniva le armature interne si trovava lo
spinterometro principale (che indicherö con la lettera S) ed il
tubo da cui partivano i raggi X: in derivazione agli elettrodi
del tubo un secondo spinterometro (che indicherö con la
lettera *) ed un tubo sottile di vetro ripiegato ad ?7 e con-
tenente delFacqua.
E chiaro che con tale disposizione il potenziale di scarica
era quelle dovuto alla distanza esplosiva dello spinterometro S,
mentre la dififerenza di potenziale massima, che si raggiungeva
tra gli elettrodi del tubo, poteva misurarsi dalla scintilla laterale
equivalente che si osservava nello spinterometro s. Per modi-
ficare la distanza esplosiva in s, e per ciö la differenza di
Potenziale agli elettrodi del tubo, bastava modificare la
distanza esplosiva in S\ ma nel confrontare i risultati io ho
naturalmente tenuto conto principalmente della scintilla dello
spinterometro a. Del resto, dentro i limiti, nei quali furono
contenute le presenti ricerche, le due scintille in «S ed in 5
risultarono sempre sensibilmente eguali.
Dispersione- eUttrica dei raggi X, 508
Per la misara della dispersioae elettrica prodotta dai
raggi X ho adoperato un elettrometro del Hascart, chiuso in
ona cassetta di legno foderata di lastra di piombo di circa
3 mm. di spessore. Nella stessa cassetta uuito con l'ago del-
relettrometro si troyaTa an disco di rame disposto yerticalmente
ed accuratamente isolato che doveva essere esposto alPazione
dei raggi X\ e yi si trovava ancora una pila di 5 elementi
Volta che serviva per dare al disco ed all'ago deir elettrometro
la canca iniziale.
Le pile di carica dei qaadranti dell* elettrometro erano
invece al di fuori della cassetta foderata di piombo: ma per
evitare qualsiasi azione elettrostatica esterna, tauto la cassetta
con l'elettrometro qnanto le pile di carica dei quadranti, erano
rinchiuse dentro una grande cassa di legno tutta tappezzata di
grossa stagnola. Opportune aperture circolari praticate nei due
inyolucri permettevano da una parte di poter fare le letture
delle deviazioni dell'ago con cannocchiale e scala e dalFaltra
di far giungere sul disco di rame i raggi X emessi dal tubo.
L'apertura della cassa estema prospiciente il tubo era chiusa
da una lamina sottile di alluminio.
La comunicazione dell* ago dell' elettrometro, e per ciö
anche del disco di rame, o con la pila di carica contenuta
nella cassetta o con la terra, si operava dair estemo con un
congegno fiftcile ad immaginarsi.
L'isolamento dell' ago e del disco di rame era in cosi
eccellenti condizioni da esser necessario qualche minuto per
poter osservare una perdita della carica corrispondente ad una
dinsione della scala: la deviazione iniziale doYuta ai 5 Cle-
ment! Volta si aggirö sempre intomo alle 150 divisioni.
I risultati che riferiro in seguito sono stati ottenuti ado-
perando due ottimi tubi focus di foi-ma sferica di circa 14 cm.
di diametro: del resto anche altri tubi di minore capacitii non
banne dimostrato comportamcnto dissimile. La macclüna
elettrica yenne poi sempre caricata in modo che Tarmatura
negatiya delle batterie fosse dalla parte del catodo ; lo spintero-
metro S troTavasi inserito in (juesto tratto del circuito.
504 P. Cardam.
Prima di procedere ad esperienze definitiye ho Toluto
naturalmente risolvere la questione, che puö considerarsi come
fondamentale riguardo al metodo adoperato in queste ricerche:
esaminare^ cio^, se la dispersione prodotta dalle scariche
successiye che attrayersano il tuho si mantenesse, per ona data
condizione di cose, suf&cientemente costante: poteya infiatti sor-
gere il dubbio che in un fenomeno sotto tanti aspetti muteTole,
come quello della scarica nei gas rarefatti, ciö non ayvenisse^
tanto piü essende noto che i tubi Röntgen si modificano per
il continuato passaggio delle scariche.
La proporzionalitä. tra la dispersione elettrica ed il numero
delle scintille che^ lasciando immutati tutti gli altri elementi
del circuito, si mandavano attraverso al tabo, k stata sempre
verificata dall' esperienza meglio di quanto potevasi pre-
supporre; non solo, ma la dispersione elettrica riprese il mede-
simo valore anche quando^ dopo una serie di misure nelle
quali i vari elementi della scarica erano stati cambiati, si
ritornava alle condizioni iniziali.
Nei seguenti prospetti sono riassunti i risultati di due
delle tante serie di esperienze fatte: ogni numero rappresenta
la media di almeno tre misure: i valori ottenuti sono stati
sempre molto concordanti tra loro. Di solito in ogni serie si
cominciava dalla distanza esplosiva di 5 mm. nello spintero-
metro principale 5 e si proseguiva di mezzo in mezzo centi-
metro sino alla maggiore distanza esplosiva che si poteva
raggiungere: dopo di che si ripetevauo le misure in ordine in-
verso per vedere se le condizioni del tubo fossero rimaste
immutate. Indi si modificava la capacitä e si ricominciava da
capo. Dopo ogni misura Telettrometro veniva ricaricato.
Ad ogüi distanza esplosiva di S ho misurato inoltre quella
in s: fino a 3 o 4 cm. qneste due distanze esplosive si man-
tennero, come ho detto piü sopra, sensibilmente eguali: per
distanze esplosive maggiori (delle quali pero molto raramente
mi sono servito], la lunghezza della scintilla .« aumentava molto
meno rapidamente di quella in S,
Nella prima colonua verticale e indicato il numero iV delle
bottiglie di ciascuna batteria a cui la scarica era dovuta: nelle
Dispersione eUttrica dei raggi X,
505
altre ooloime le dispersioni oBseirate all' elettrometro e ri-
ferite ad una aola scarica. In testa alle colonne medesime
BODO riportati i yalori della longhezza della scintilla s.
Tubo FoooB No. 1.
(Distmza dell' anticatodo dal disco di rame m. 0,50)
N
mm. 5
mm. 10 ! mm. 15
mm. 20
mm. 25
mm. 80
mm. 85
— r
1
0,0
1,5
5,8 14,0
26,0
39,0
51,5
2
0,0
3,0
10,5
25,0
42,0
70,0(?)
4 -
0,0
5,8 • 18,0
87,0
60,0(?)
6
0,0
7,8 22,8 ' 47,5
8
0,0
9,6 1 26,8
50,0
10 :
0,0
10,7 29,1
51,0
Tubo FoooB No.
2.
(Diatai
iza dell' anticatodo dal di8c<
> di rame
m. 1,25)
N
mm. 5
1
mm. 10 mm. 15
1
mm. 20
1
1
mm. 25
mm. 80
81,0
mm. 85
1
0,0
1,3 ! 5,5
12,5
19,5
(7)
2
0,0
2,7
11,5
24,0
85,0
(?)
(?)
4
0,0
M
19,0 89,8
53,7
(?)
(?)
6 .
. 0,0
6,8 26,5
49,0
69,0
ro
8
0,0
8,0 83,0
56,5
10 .
0,0
9,0 38,0 60,0
1
Dai precedenti prospetti possono trarsi facilmente alcune
interessanti conseguenze.
Dali' esame dei yalori riportati nelle colonne verticali
appare anzitutto manifeste che la dispersione elettrica cresce
da prindpio in modo sensibilmente proporzionale alla capacitii
dei condensatore a cui la scarica e dovnta, specialmente se si
opera con piccole distanze esplosive: indi, con il crescere della
quantitä di elettricita che prende parte al fenomeno, la di-
spersione elettrica prodotta dai raggi ^ cresce mono rapidamente
di quanto Torrebbe la legge di proporzionalitä e teode verso
un valore massimo che dipende dalla distanza esplosiva.
Qaesto risnltato merita particolare attenzione specialmente
86 ri tiene conto che invece esiste, come si disse, una rigorosa
proporzionalitJt tra la dispersione elettrica ed il numero delle
■cariche che nelle stesse condizioni dei circnito attraversano il
506 P. Cardani.
tuboi Si pa6 dunque concludere che gli eSetti relatiTi alla
dispersione eleittrica per mezzo dei raggi X non sono i mede-
simi, quando la stessa quantitä di elettricitä con la stessa
differenza di Potenziale agli elettrodi attraversi il tubo in un
certo numero di scariche separate ovvero in una scarica sola,
come apparentemente k quella che si compie nel tempo
brevissimo in cui dura una scintilla.
Ciö molto probabilmente dipende da quel processo di
ricostituzione spontanea degli elementi neutri da parte dei joni
esistenti neir aria jonizzata, processo che, come e noto, cresce
con il quadrato dei numero dei joni di una data specie che
si trovano in un determinato volume. Le scariche dei conden-
satori per la loro brevissima durata dänno origine ad una
emissione di raggi X quasi istantanea e ad una analoga pro-
duzione di joni. H numero di questi Ultimi cresce pro-
porzionalmente alla quantitä di elettricitä che prende parte
alla scarica, quando, ben si intende, rimangano inyariate tutte
le altre condizioni: ma la dispersione elettrica non yaria pro-
porzionalmente al numero totale dei joni prodotti ma bensi
alla differenza tra questo numero e quello dei joni che spon-
taneameute si ricombinano nell' intervallo di tempo in cui la
jonizzazione dal valore massimo raggiunto nell'atto della scarica
si riduce sensibilmente a zero. Finchä questo processo di
ricombinazione spontanea si mantiene trascurabile, ciö che ha
luogo se le scariche producono un numero di joni relativamente
piccolo e quindi se si adoperano piccole capacitä, e piccole
distanze esplosive, la dispersione elettrica risulta proporzionale
al numero dei joni prodotti e per ciö anche alla quantltä di
elettricitä che attrayersa il tubo: ma se il processo di ricom-
binazione diyenta rileyante, ciö che ha luogo se le scariche
producono un numero di joni relatiyamente grande e quindi
se si adoperano grandi capacitä e grandi distanze esplosiye,
l'incremento della dispersione elettrica con il crescere della
quantitä di elettricitä. deve rendersi sempre meno sensibile,
cosi che la dispersione deve tendere verso un valore limite,
come appunto viene dimostrato dall' esperienza.
Se invece si mettono tra loro a confronto i valori che si
trovano su ciascuna linea orizzontale dei prospetü piü sopra
riportati, si vede che la dispersioiie elettrica cresce molto
»pidamente con la distanza esplosiva e quindi anche con la
differenza di Potenziale agli elottrodi: anzi si pu6 dire che, se
si opera con piccole capacitü, la dispersione cresce molto
äensibilmeotc con il quadrato della distaoza esplosira, purch6
qtiesta distasza si conti da «^uel valore (nel caso dei tubi
adoperati 5 mm) al disotto del quäle, noQ pasaando pin la
scarica attraverso al tabo, cessa anche remissione dei ra^ T.
Se la difi'ereaza di potenziale agli elettrodi crescesse
proporzi OD ahn eilte alla distaoza esplosiva, si potrebbe qtiludi
coQcludere che, almeuo coii l'uso di piccok capacitA, U dis-
persione elettrica aumeoterebbe proporzionalmente all' energia
diaponibile tra gli eiettrodi del tubo: ma, come e Doto, la
differetiza di Potenziale cresce molto meao rapidamente della
distanza eeplosiva, cnsi che la legge che lega la dispersione
elettrica e IVnergia dispouibile di?enta molto piü complessa.
In generale si puo aseerire che la dispersione elettrica
cresce con t'energia disponibile piji rapidamfnte di quel che
Torrebbe la le^e di proporzionalJtfi ; la quäl cosa significa che
coD l'aumentaxe della diöerenza di potonziale agli elettrodi,
« quindi con l'aumentare della velocitii dei raggi catodici, va
pure aumentandu sempre piü qiiella parte dell' energia dis-
ponibile che viene trasportata cod i raggi del Röntgen e
detennina la dispersione elettrica.
Oltre dei due elementi linora considerati, iin terzo ele-
mento della scarica esercitu nna notevole influenza suUa dis-
persione elettrica ed e la sua forma. L'inserzione di nn tnho
Röntgen in un circuito di scarica di nn condensatore rende
la sciutilla sibilaiite, pocn lumino^a e pocu rumorosa, cio^ di
natura analuga il quelle che si ottengono inserendo nel cir-
cuito medesimo nna forte resistenza. E noto che in tali
condizioni la scintilla e intennittente, costituita ciue da un
iiumero pifi o meno grande di scintille parziali, a cui uppunto
ki devc il corattere sibilante della scarica.
Ma per ogni tnbo sembra che vi eia uua distanza
esplosiva critica, oltre la quäle la scarica abbandona i|uasi
bntsciunente questi caratten per presentarsi sotto Taspetto
ordioaiio: dal rumure prodotto essa sembra imica b diTenla
508 P. Cardani.
nello stesso tempo molto piü rumorosa e luminosa. Nel tabo
Focus No. 2 questa distanza critica era di circa 32 mm. Ora,
per distanze esplosiye minori di 32 mm. i valori della dis-
persione elettrica si mostrarono tra loro concordantissimi per
ogni scarica e sono quelli giä riportati: ma per distanze
esplosive superiori, quando cio6 la trasformazione della scarica
era ayvenuta, i risultati si presentarono invece molto yariabili
(e per questo ho posto nel prospetto dei punti interrogativi),
ma molto minori dei precedenti : per es., con la distanza esplo-
siya di 35 mm. la dispersione elettrica, che si osseryava,
era di pochissime divisioni, di solito meno di 15. AUa
distanza esplosiva critica i yalori dipendevano dalla forma che
accidentalmente prendeva la scarica, e mentre talvolta si ave-
vano deviazioni deir ago delF elettrometro di piü che 35 di-
visioniy altre volte si ayeyano deviazioni di 4 o 5 divisioni: e
dal romore della scarica si poteva dire a priori quali erano
le scintille piü attive e quali le meno attive.
Questo risultato io credo debba attribuirsi, piuttosto che
air emissione di raggi piü penetranti (e quindi meno atti alla
jonizzazione dell' aria ed alla conseguente dispersione elettrica)
alla grande differenza che nei due casi deve aversi nell'in-
tensitä massima raggiunta dalla corrente. E noto infatti che,
crescendo l'intensitä, della corrente che attraversa il tubo, si
ottiene un effetto analoge a quello che si ayrebbe con un
aumento nella pressione dei gas: or bene, quando la scintilla
si presenta come unica, e cioä molto luminosa e rumorosa, si
vede comparire nel tubo una luce bianchiccia, come cioä se il
tubo fosse ricondotto in uno stadio meno inoltrato della
radiazione catodica, per il quäle dovrebbe esser minore la
quantitä dei raggi X emessi e per ciö anche minore la di-
spersione elettrica.
Riassumendo si pu6 dire che, per ottenere con le scariche
dei condensatori la maggiore dispersione elettrica, non con-
vengono le grandi capacitä^ ma conviene suddividere la stessa
quantitä di elettricitä in un gran numero di scariche, mentre
per quanto riguarda la distanza esplosiva non bisogna eccedere
quella distanza critica per la quäle la forma della scintilla
assume quel notevole cambiamento di cui si e piü sopra parlato.
Dispersione elettrica dei raggi X, 509
Le esperienze del Bighi, del Donati, etc. hanno messo
in piena evidenza la proporzionalitä tra gli effetti fotograüci
dei raggi X e la dispersione elettrica. In aocordo con questa
legge sono stati i risultati fotograüci ottenuti producendo con
il tabo Focus No. 2 sulla medesima lastra due radiografie
dello stesso oggetto (an portamonete], Funa con 50 scariche e
25 mm. di distanza esplosiva, Faltro pure con 50 scariche ma
con 35 mm. di distanza esplosiva. La prima immagine ap-
parre incomparabilmente piü intensa deUa seconda.
Si puö dunque affermare che quelle stesse condizioni che
dalle presenti ricerche risultano come le piü favorevoli per la
dispersione elettrica mediante i raggi X ottenuti con le sca-
riche dei condensatori^ lo sono pure per le azioni fotografiche.
Nello studio completo dell' argomento^ che giä ho con-
dotto a buon punto, saranno meglio precisate molte altre cir-
costanze che potranno forse condurre a piü esatte interpretazioni
di molti fenomeni che si osservano nelF uso pratico dei tubi
del Röntgen eccitati dagli ordinari apparecclü d'induzion&
(Eingegangen 24. September 1908.)
510
65. Entropie und innere Reibnng.
Von B. Weinstein in Gharlottenbai|p.
Szily, Clausins nnd Boltzmann haben nachgewiesen,
daß man ans den bekannten Prinzipien der Mechanik für Be-
wegungen, wie wir solche den Molekülen der Körper zu-
schreiben, einen Satz ableiten kann, der unter gewissen Voraus-
setzungen sich als der Carnot-Clausiussche Satz für um-
kehrbare Vorgänge deuten läßt. Sei ob die einem System
während der Änderung semes Bewegongszustandes, der durch
die mittlere lebendige Kraft T bestimmt ist, zugeführte Energie
und i die Dauer dieser Änderung, so hat man
i^- = 2S{log(fi)].
Aus dem Beweise, den ich selbst in meinem Buche über
Thermodynamik ^) für diesen Satz gegeben habe, erhellt die
zweifellose Bedeutung der Größe i als der vorbezeichneten
Dauer. Diese Größe hängt also eigentlich mit der Bewegung
der Teilchen des Systems gar nicht zusammen. Sie muß nur
so beschaflfen sein, daß auch während dieses Überganges die
Teilchen ihre Geschwindigkeiten gehörig ausgleichen, bzw.
jedes Teilchen alle möglichen Geschwindigkeiten annehmen
kann. Dadurch ist die untere Grenze festgesetzt. Bezeichnet
man mit r die mittlere Bewegungsdauer eines Teilchens zwi-
schen zwei Anstößen, oder falls Anstöße nicht stattfinden, die
mittlere Schwingungszeit, so wird man i = vt setzen können.
Da T sehr klein ist, wird v groß sein, und es wird
l^=2 3[log{TvT)].
Üblichen Hypothesen entsprechend setzen wir, wenn die
EJnergiezufuhr als Wärmezufuhr S Q betrachtet, und mit i^- die
absolute Temperatur bezeichnet wird.
1} B. Weinstein, Thermodynamik 1. p. 81 f.
Entropie und innere Reibung, 511
and erhalten für die Entropieändening ö8
(1) SS^^RSWogiRd-vr)].
Diese Gleichung, wenn auch in etwas anderer Fonn, habe
ich in meinem genannten Buche, benutzt um eine Formel f&r
die innere Reibung bei Gasen abzuleiten, welche, wie dort
nachgewiesen worden ist, sich auffallend genau an die Er-
fahrung anschließt \ und namentlich auch die Abhängigkeit von
der Atomzahl und dem Molekulargewicht feststellt. Die Ab-
leitung beruht auf einer Berechnung von v und Ton r. Was die
Ermittelung der ersteren Größe anbetrifit, so weiß ich auch jetzt
keinen neuen Weg hierfür anzugeben. Bezeichnet v das
spezifische Volumen des Systems, so fand sich v proportional
r-'/ifn-*/«, woselbst m die Masse eines Moleküls bedeutet Die
Größe r ist nach den bekannten Formeln für die mittlere Ge-
schwindigkeit der Gasmoleküle abgeleitet. Im zweiten Bande
des gleichen Werkes^ habe ich nun eine Theorie der festen
Körper mitgeteilt, die sich gleichfalls sehr gut an die Er-
fahrung anschließt.^ Die Formelq dieser Theorie sind all-
gemeiner als die benutzten der Theorie der Gase, welche von
ihnen einen Spezialfall bilden, ich will daher diese allgemei-
neren Formeln auch für die obige Berechnung benutzen, teils
um eine Stütze für jene Seibungsformeln zu gewinnen, denen
ich eine größere Bedeutung zuschreiben muß, teils um zu
zeigen, wie sie etwa noch zu korrigieren sein könnten.
Wenn ein Molekül, ohne anzustoßen, eine mittlere Weg-
Ifinge Ä und Bewegungsdauer r , dagegen zwischen zwei An-
stößen eine mittlere Weglänge A und Bewegungsdauer r hat,
80 wird unter der Annahme einfacher Schwingungen, indem
noch N die Zahl der Moleküle in der Masseneinheit angibt
r 4t \ r' 2
1) L c. 1. Abschnitt 82 u. 41.
fl) 1. e. & AbschniU 63.
8) L e. S. AlMchnitt 64.
512 B. WeinsteifL
Von der Größe i^njx'Y ist an gleicher Stelle bewiesen, daß
sie allein als Funktion von vVs dargestellt werden kann, so
daß ist
Die obigen Gleichungen dienen nun zur Berechnung von r.
Setzt man
so daß wird
•^ ^ 1 — cos <p \ g> j
80 gibt die ümkehrung dieser transzendenten Gleichung
Mail
woselbst
Ä^ = 4, Ä^^ 0, A^ = 0,09, A^ = 0,016 . . .
ist Also zufolge des Wertes von r^jn^
(2) .. = 4 2 A^.
K-l *
Hiemach gibt das Entropiepnnzip
(3) SS^^Ri log(Ä'«^»a»t;-V.m-V.4 2^K-^^^^^^)l'
a ist die Proportionalitätkonstante flLr v.
Bekanntlich ist nun bei Gasen
(4) S8^^S\iog[»''^v')'\,
wo c^ und R die übliche Bedeutung haben. Man hätte hier-
nach für Gase
^ ^ ' ^RS [log [r^ &* a» u-V. m-*/. 4 2 ^k i*-^" -) .
Es kommt nun alles auf das Verhalten der Größe R an.
Diese Größe findet sich in der Gleichung für die innere poten-
Entropie und innere Reibung, 518
tielle Eioergie. Nach meiner im dritten Kapitel des genannten
Werkes dargelegten Theorie der Körper überhaupt ist diese
innere potentielle Energie U
woselbst Uq ein Ausgangswert von Uy und F Glieder bedeutet,
die von der Stoßwirkung der Moleküle abhängen. Gilt für
Gase die Boyle-Gay-Lussacsche Gleichung pv^R&y so
wird
Somit haben wir
und wegen
R
S " ^- = J
(6) R^iJc^.
Hiemach wird R' keine Konstante sein. Nehmen wir je-
doch diese Größe als konstant an, so ergibt die Gleichung (5)
woselbst C ein Proportionalitätsfaktor ist. Somit wird
1
1/
**"* ..H ..j«-l n2af
Je R
Wir setzen
i_
R a m- '•
und beachten die Gleichung (6), so wird, indem
ist,
(7) l/2^''-J^-=^*""''"
Nsl
In erster Näherung bleiben wir in der Summe beim ersten
Oliede stehen und erhalten
83
514 B, Weinstein.
also nach der Definition von fjL
6k „ 6*
9
^ 6-8k 9k-5
2A i/^^ = 5i9'-6ir^-6r
]ß
Hierin ist 2 ^ die mittlere Weglänge ; nennen wir diese l,
so wird also
6~3ilc 9k-5
Nun ist nach Ä' = f c^ = f{mc^m~^. Sei mc^^^ c^, also
80 haben wir, da Nm = 1
5m bm
6c ' _6o.
Wir führen noch das Molekularvolumen ^^mv ein, setzen
femer
(9) VW« = (f)~'''(^)^"'''""' ^"^'^ «"-.
woselbst R die Gaskonstante ist und erhalten
5.3k 9k-5 2k~5
(10) 7= (!)''• (Ä)"''>" ö " ^+/'«
6k
m
Das ist genau dieselbe Gleichung für die mittlere Weg-
länge, wie ich sie in meinem genannten Buche auf anderem
Wege abgeleitet habe. ^) Also kehren auch alle für die innere
Keibung dort angegebenen und experimentell geprüften Be-
ziehungen wieder.
In zweiter Näherung ist zu beachten, daß ^ = 0 ist, die
Gleichung (7) gibt also
5-€k 9k- 6^
6 k „6k
1^^+^? = ^*""
1) 1. c. 1. p. 207. GL (16) und (17).
Entropie und innere Reibung. 515
and wir hätten
5-S* 9k-5
'|/^ + t-4? = (^* " '^ ""'
WO
m
2k-5
6fc
(11) (^ = (j)"''(Är''v-^''
ist Die Größe A^jÄ^ beträgt nur etwa 0,02. Die allein von
V abhängen sollende Funktion tp ist nicht bekannt, wir haben
jedoch
.^=,^^„^ (-)■..
Da nun die mittlere lebendige Kraft, wenn die Moleküle
nicht ausschwingen , jedenfalls größer ist als wenn sie aus-
schwingen, so muß im allgemeinen fAxplO- kleiner sein als 1.
Also darf man die Quadratwurzeln entwickeln. Bleibt man
bei den beiden ersten Gliedern stehen, und bezeichnet den
ersten Näherungswert für / mit f, so wäre der zweite /"
(12) ^"'=^~(i-M'^;?)'
fi* ist proportional A^; fuhren wir als ersten Näherungswert f
ein und beachten nur die Abhängigkeit von der Temperatur,
so wäre
/ 10-1211:
(13) r^7\i--i)& ^*
Da k stets größer ist als 1, so fällt das von der Tem-
peratur abhängende Glied mit wachsender Temperatur, und
da femer D positiv ist, nimmt mit wachsender Temperatur f
rascher zu als t.
Gehen wir nun auf den Reibungskoeffizienten über, so
haben wir noch den Wert ü der mittleren Geschwindigkeit
XU berechnen. Dieser ist zunächst 2 Air, also zufolge der
Gleichung (2)
Ä
ü
1/2 ^.'"r.
SS
516 S. Weinstein.
also wegen des Wertes Ton (t
(14) «= ^ '
Ns8
Bezeichnet 2: eine Zahl in der Nähe Ton 0,3 und d die
Dichte, 80 ist bekanntlich der Reibungskoeffizient q
Q SS zd{l)ü,
somit wird, indem wegen (7)
6-3* 9»-6
(15) l=2A= ^^ '
M = 3
ist, der Reibungskoeffizient
6 '8fc-6
(16) ^=*^ ^"*'"
Hiemach haben ¥dr als erste und zweite Näherung
6 8k-ö
6k „' 6Jlc
(17) q' ^zBR»"' V
(18) ," = C (1 - ^ -i-)
oder auch
/ 10^12lc\
wo D nur von v abhängt und positiv ist Jedenfalls wächst
mit steigender Temperatur q'' rascher als q\
Nun ist k eine Zahl zwischen ^/j für einatomige Gase und
1 für unendlichatomige, so daß 5/6 A liegt zwischen ^^ und
^Iq, Die Abhängigkeit des ersten Näherungswerts p' von der
Temperatur liegt also zwischen &^l* und t?*/«. Nach der Max-
wellschen Theorie, der anscheinend auch die Erfahrung zu-
stimmt, soll diese Abhängigkeit proportional & selbst sein,
also würde q stärker variieren als (>'. Dem entspricht, daß
in der Tat (>" stärker variiert als q\ Es ist leicht einzusehen.
Entropie und innere Reibung. 517
daß der dritte Näherungswert noch rascher mit der Temperatur
wächst wie der zweite u. s. f.
Obwohl ich in meinem Buche ^) hinreichende Gründe an-
gegeben zu haben glaube, warum auf eine volle Übereinstim-
mung mit der Erfahrung überhaupt nicht zu rechnen ist,
muß ich die nunmehr dargelegte Theorie als eine Verbesserung
der von mir zuerst gegebenen ansehen, sie muß sich hinsicht-
lich der Abhängigkeit von der Temperatur der Erfahrung besser
anschließen als jene. Hinsichtlich der Abhängigkeit von Druck,
Dichte, Molekulargewicht und Atomzahl entspricht sie jener
Theorie, sie genügt also der Erfahrung so vollkommen, wie
ich es von jener nachgewiesen habe. *)
1) 1. c. 1. p. 330 ff.
2) L c. p. 321—336.
(Eingegangen 25. September 1903.
)
518
66. Über die Ansbreitaog der Wellenbewepngen in
optisch-zweiachsigen elastischen Medien.
Von Josef Orünwald in Wien.
Die hergebrachten Vorstellungen über die Ausbreitung von
Wellenbewegungen in kristallinischen elastischen Medien er-
weisen sich bei einer Überprüfung durch die mathematische
Theorie nicht ohne jede Beschränkung als zutreffend. Schon
bei einachsigen kristallinischen Medien zeigt die Theorie, daß
von einem Erschütterungszentrum aus, das der Einwirkung
äußerer störender Kräfte unterliegt, die Bewegung im Medium
nicht nur auf den beiden Wellenfiächen, der ordinären und
der extraordinären Wellenfläche, sich ausbreitet, sondern daß
auch der zwischen den Wellenflächen eingeschlossene Eaumteil
von Bewegung erfüllt ist; allerdings zeigt die Theorie zugleich,
daß bei periodischen Erschütterungen von hoher Frequenz die
zwischen den Wellenflächen vorhandene Bewegung vernach-
lässigt werden kann, so daß in diesem Falle nur die ordinäre
und die extraordinäre Welle — wie es der gewohnten Auf-
fassung entspricht — übrig bleiben. Geht man zur mathe-
matischen Untersuchung der Wellenbewegungen in optisch-zwei-
achsigen kristallinischen Medien über, und fragt man wiederum
nach der Natur der Bewegung, welche durch periodische stö-
rende Kräfte von hoher Frequenz hervorgerufen wird, so findet
man ein im ersten Augenblick überraschendes, den gewöhn-
lichen Vorstellungen zuwiderlaufendes Resultat: die von den
gestörten Baumelementen des Mediums ausgehenden Elementar-
wellen schreiten zwar — wie zu erwarten — vom Erschütte-
rungszentrum aus auf Fr esn eischen Wellenflächen fort, aber
die Schwingungsphase ist nicht dieselbe für alle Punkte einer
und derselben Wellenfläche, sondern diejenigen Teile der
Wellenfläche, wo letztere ein negatives Gaußsches Krümmnngs-
maß hat, zeigen sich in ihrer Phase um eine Viertelschwingung
zurück gegen den übrigen Teil der Wellenfläche. Daß diese
Ausbreitung der IVellenbewegungen, 519
Eigeiitümlichkeit der Elementarwellen nicht beachtet worden
isty obwohl in der Optik vielfach mit diesen Elementarwellen
in Verbindung mit dem sogenannten Huygens sehen Prinzip
operiert wird, erklärt sich wohl daraus, daß eben das erwähnte
Uuygenssche Prinzip einer exakten mathematischen For-
mulierung in dem Sinne, in welchem Kirchhoff dieselbe in.
die Optik isotroper Medien eingeführt hat, entbehrte.
Im folgenden wird die Untersuchung so aUgemein gefaßt,
daß auch die Möglichkeit von Longitudinalwellen im Medium
nicht von vornherein ausgeschlossen wird; nachträglich kann
man ja, um die Übereinstimmung mit der Optik herzustellen,
die Geschwindigkeit derselben gleich cx) oder 0 setzen. Die
Differentialgleichungen der Bewegung in einem optisch zwei-
achsigen elastischen Medium lauten bei Zugrundelegung des
Greenschen Ausdruckes far das Potential der inneren elasti-
schen Kräfte:
wo die At^ symbolische Bezeichnungen für Diflferentialopera-
tionen sind, und zwar:
^n ^ '^*^. + **^i + 9* bI ' ^«3 ^ ^31 = (^* - «*) a y a *'
Hierin bedeuten {u, v, w) die Komponenten der elastischen
Verschiebung im Punkte (x, y, z) zur Zeit t, {X, Y, Z) die Kom-
ponenten der äußeren störenden Kraft im selben Punkte pro
Ifasseneinheit; a, b, c, g sind konstante, dem Medium eigen-
tflmliche Geschwindigkeiten (insbesondere g die Fortpflanzungs-
geschwindigkeit der Longitudinalwellen).
Es werde angenommen, daß bis zu einem gewissen Zeit-
punkt i^ die elastischen Verschiebungen (ti, t?, tr) und ebenso
520 «T. Grünwald,
die äußeren Kräfte (X, Yy Z) verschwinden (im ganzen unbe-
grenzt gedachten Medium). Von diesem Zeitpunkt an sollen
X| Y, Z bekannte Funktionen von x, y, z, t sein^ welche nebst
ihren ersten und zweiten Ableitungen im allgemeinen stetig
sind. Unter diesen Bedingungen ist das obige System zu in-
tegrieren; dadurch findet man den durch die gegebenen Elräfte
hervorgerufenen Erregungszustand des Mediums.
Mit Hilfe einer Integrationsmethode, welche schon von Fou-
rier, Poisson und Cauchy bei derartigen Aufgaben ange-
wendet worden ist und im wesentlichen auf der Darstellung
willkürlicher Funktionen durch Fouri ersehe Integrale beruht^
findet man nach einigen Reduktionen, deren Einzelheiten an
einer anderen Stelle mitgeteilt werden sollen, folgende Lösung
der gestellten Aufgabe:
+ 00
w(^>y>2r,^) = / / / U ' '^^dx dy dz\
— 00
+ 00
o (x, y, z, <) = /TT ^^^^'l^ dx' dy'dz' ,
— 00
+ 00
w{x,y,z,t)=^ Nz'^'^''^ dxdy'd/,
— 00
wo die Symbole U, fß, SB nachstehende Bedeutung haben:
/y',*',f = ^ + T-
C'm =^ -^7iilpS!-hl^^^i + ^^i + ^'^^i smddddrp,
0 Ö.VCOF,»]
Ausbreitung der H^elUmbeiDegungen, 521
Hierin ist:
Aj, =s cos 1/; sin ö , ^^j = sini/; sin ö , i/^ = cos ö ,
es sind also (A^^ /u^, v^ die Richtkosinus, welche zu der durch
die Winkel [0, t^) bestimmten Richtung gehören.
Die Größen (A^, fi^y v^ und (A,, /u,, i'g) sind definiert als
die Bichtkosinus der Hauptachsenrichtungen jener Ellipse^ in
welcher das Ellipsoid: a^x^ + b^y^. + c^z* = 1, das Neumann-
sche Elastizitätsellipsoid, von einer durch seinen Mittelpunkt
senkrecht zur Richtung {i^, /Uq, Vq) gelegten Ebene geschnitten
wird. Die Größen F^ und F^ sind definiert als die reziproken
Werte der Halbachsen der genannten Ellipse, und zwar ist F^
der reziproke Wert der zur Richtung {X^, (jl^, v^) parallelen
Halbachse derselben, F^ der reziproke Wert der zur Richtung
(A|, jti|, f^i) parallelen Halbachse; F^ ist identisch mit der Kon-
stanten g.
Der Substitutionsstrich
soll anzeigen, daß in den Funktionen X, Y, Z die Argumente
^9 y» ^9 ^ beziehentlich durch
zu ersetzen sind. Die Größe ^ ist gegeben durch:
f =(z « jo*o + (y - y>o + (^ - ^>o
^ (r — *') cos 1/; sin ö + (y — y') sin tp sinö + (z — z') cos fl.
Die Integrationen nach Q und t/; sind über alle jene Werte
TOD 0 und 1^ zu erstrecken, welche den Ungleichungen
0<ö<;i, 0<Y'<2w
und
{J^(r — x')cosi/;sinö + (y — y^8inY'sinö + (z— z^cosö > F^x\
genügen; die so f&r i = 0, 1, 2 sich ergebenden Integrale sind
sodann zu summieren. Bei Ausführung der Integrationen
spielen x, y, z, x\ y\ /, ^, r die Rolle konstanter Parameter.
Die Großen
u-'''''^ »•''^''^ n^^'^'
^ri«f< «^ri«f« ^ff«.«
522 e/. Gri'inwaliL
geben mit dx dy dz multipliziert oflFenbar die Komponenten
desjenigen Teiles der elastischen Verschiebung (ti, v, vo) im
Punkte (ar, y, £) zur Zeit ty welcher durch die Wirkung der im
Volumenelement dx dy' dz bei (^', y', /) wirksamen Kräfte her-
vorgerufen wird. In diesem Sinne geben die genannten Größen
die Wirkung der vom Volumenelement dx dy' dz' ausgehenden
Elementarwellen im Aufpunkt (or, y, z) zur Zeit t\ und die durch
diese Größen charakterisierten Elementarwellen ausschließlich
und allein sollen weiterhin untersucht werden. Die Doppel-
integrale, durch welche die U, S3^ SB sich ausdrücken, kann man
auffassen als Integrale über einen Teil der um den Punkt M
(ar', y, z*) mit dem Radius 1 beschriebenen Kugelfläche; diese
Auffassung hat indes den Nachteil, daß die im Argument
<' = ^ + T — (t/ ^) vorkommende Funktion {^\ F^ auf der Kugel
in einer komplizierten und wenig übersichtlichen Weise variiert
Man wird also versuchen, die betreffenden Doppelintegrale an-
statt auf der Kugel auf anderen zweckmäßig zu wählenden
Flächen zu interpretieren.
Man konstruiere senkrecht zu der durch [6, xp) bestimmten
Richtung (für t = 0, 1, 2) Ebenen im Abstand V^ vom Punkte
M' (wobei die V^ die oben definierten Funktionen von ö, '^
sind); alle diese Ebenen umhüllen bei variablem 6, \p gewisse
Flächen. Dem Index t =» 0 entsprechend erhält man so eine
Kugelfläche Tq mit dem Radius F^, während die Indizes i = l
und i = 2 zusammen die beiden Schalen einer Fresn eischen
Wellenfläche Tj, geben; und zwar sind die Flächen 7J, und T^^
offenbar nichts anderes als die bekannten Wellenflächen der
Longitudinal- und Transversalwellen, welche die Ausbreitung
der Bewegung von AT aus während der Zeiteinheit veran-
schaulichen.
Die reziproken Polarflächen von Tq und T^2 ^ bezug auf
die um M' als Mittelpunkt beschriebene Einheitskugel seien
mit Xq und Ijg bezeichnet Der in der Richtung (ö, tp) durch
At' gelegte Halbstrahl trifft %q in einem Punkte ^^j, Ij^ in
zwei Punkten ^^ und 5ß„ so zwar, daß:
%Q ist natürlich wieder eine Kugelfläche, %^^ als Polar-
fläche einer Fr esnel sehen Wellenfläche ebenfalls eine Fresnel-
Ausbreitung der ßFellenbeweffunffen. 523
sehe Wellenfl&che. Die Pankte ^^ und $, erfüllen bei varia-
blem (0, tff) je eine Schale %^ beziehungsweise X, der Fläche
Zj|. Der Inbegriff der Flächen Zq, %^, %^ sei mit X bezeichnet
Die in den Ausdrücken für U, S3, SB vorkommenden Doppel-
integrale sollen nun je nachdem, ob sie sich auf den Index
0, 1 oder 2 beziehen, auf der Fläche X^,, X^ oder X, darge-
stellt werden, indem man die Integrationsvariablen 0 und tp
jedesmal als krummlinige Koordinaten auf je einer der ge-
nannten Flächen auffaßt. Die Größe F, welche auf der Kugel
drei Werte hatte, entsprechend dem Werte ihres Index t ( = 0, 1, 2),
erscheint bei der neuen Interpretation auf X als eindeutige
Funktion des Ortes; ihr Wert in irgend einem Punkte $ von
X ist gegeben durch (1/3/' $). Auch die Richtung {k, /jl, v) er-
scheint, wofern man zwei gerade entgegengesetzte Richtungen
als eine zählt, auf X im allgemeinen eindeutig bestimmt: für
Pankte von X^ ist sie einfach gegeben durch die Richtung
von M'% für Punkte von Xj, wird sie gefunden als jene Rich-
tung, welche einerseits der Tangentialebene von X^, in dem
betreffenden Punkte $ parallel ist, andererseits auf M'^ senk-
recht steht
Man findet nach kurzer Rechnung folgende Darstellung
der U, 8, SB durch Integrale über X:
1 aU
a)p>
c
r-O
Hierin bedeutet p den Abstand^) des Flächenelementes f/X
oder genauer seines Mittelpunktes $ von jener (festen) Ebene £,
1) Positiv oder negativ gesftlilt, je nachdem ^^^uf derselben Seite
von ß liegt wie M oder auf der entgegengesetsten.
524 c/. Grünwald,
welche durch M' senkrecht zur Verbindungslinie des Punktes M'
mit dem Punkte M {x, y, z) hindurchgelegt werden kann; p
ist gleich der (festen) Entfernung der Punkte M und M\ e ist
der Winkel der nach auBen gezogenen Flächennormalen % in
$ mit M' $. Die Integration ist über die durch die Ungleichung
p > TJQ definierten Segmente von % zu erstrecken.
Die obigen Formeln für U, S3, S3 sind besonders geeignet,
als Grundlage weiterer Diskussionen zu dienen.
Es soll jetzt angenommen werden^ daß die Größen Xj Y, Z
an der Stelle {x', y\ z') bis zu einem gewissen Zeitpunkte ver-
schwinden, von diesem Zeitpunkte an aber durch die Ausdrücke :
J= //sin[*(^-g], F=5sin[Ä(^-g], Z =^ Cwi\k{f-t^
dargestellt seien, wo {A^ B, C) von t unabhängig sind und k
eine sehr große Zahl ist Man kann dann fragen, welchen
Werten die obigen Größen U, S3, S3 in diesem Falle sich
nähern, wenn h über alle Grenzen wächst. Durch Beantwor-
tung dieser Frage gewinnt man eine Vorstellung über die Art
der Elementarwellen, welche durch die angenommenen periodi-
schen störenden Kräfte von hoher Schwingungszahl hervor-
gerufen werden.
Es ist im betrachteten Falle:
\y, t.t^" 2^/ TiJ J /{AX+Bfi+Cv))Lsin[k{t+T^QP^t^)] ^d%
Die Formeln f&r SS und S3 sind analog.
Den angenäherten Wert dieser Ausdrücke für ein hin-
reichend großes k findet man durch Benutzung gewisser Hilfs-
sätze, welche auch sonst in der Optik viel verwendet werden
und hier möglichst im Anschluß an die Kirchhoff sehen Vor-
lesungen über Optik ^) angeführt werden:
I. Hilfssatz: Ist dF{^ld^ in dem Intervalle von f = $;,
bis f = fi eine stetige Funktion von f , so ist für ä = oo :
kJ^Bm(kC+S)d^ [^co8(*f^.^]^
1) Vgl. insbesondere die dritte Vorlesung.
Ausbreitung der Wellenbewegungen. 525
IL Hilfssatz: Ist s ein reguläres Stück einer analytischen
fläche, ^ eine reguläre analytische Funktion auf dieser Fläche
d. L eine Funktion, welche in der Nachbarschaft eines jeden
Punktes von s nach der Taylor sehen Reihe für zwei unab-
hängige Veränderliche entwickelt werden kann, ferner G eine
stetige Funktion auf der Fläche Sj so kann der Wert von
ÄjTcsin [k^ + S)ds fllrÄ = oo
(•)
in nachstehenden Fällen angegeben werden, unter der Voraus-
setzung, daß die Berandung von s kein endliches Stück ent-
hUty auf welchem ^ konstant wäre.
1. Fall: Wenn s keinen Punkt enthält, in welchem die
Funktion ^ stationär wird, d. h. in welchem bei einer unend-
lich kleinen Verschiebung J^=s 0 ist: so ist obiger Ausdruck
gleich Null.
2. Fall: Wenn s einen Punkt Ä enthält, in welchem ^
stationär wird, so denke man den betreffenden Punkt A zum
Ursprung eines rechtwinkligen Koordinatensystems Xy 7, Z ge-
wählty dessen ^Achse zur Fläche s normal stehen soll. Die
Funktion ^, gebildet für den variablen Punkt (x, iy, z) auf der
Fläche s in der Umgebung von A, wird dann in folgender
Weise nach aufsteigenden Potenzen von x, Tf entwickelt werden
können:
?- «0 + (5lii ^* + 29ti,Sy + «„y») + ...
Durch besondere Wahl der Achsen X, Y kann man stets
erreichen, daß diese Entwickelung die Form annimmt:
Sind hier nun die Größen jü^ und Ji^ gicichbezeichnet, so
ist obiger Ausdruck gegeben durch
y."i f*«
wobei das obere oder das untere Zeichen zu nehmen ist, je
nachdem Ji^ und fi^ beide positiv oder beide negativ sind.
Sind hingegen die Größen /J^ und Ji^ entgegengesetzt be-
zeichnet, so wird der obige Ausdruck dargestellt durch:
n
,7=—(G)^ sin (*«, + <>%
526
e/. Griinwald,
Berechnet man mit Hilfe der voranstehenden Hilüssätze
die gesuchten Näherungswerte von U, S3, 93, so läßt sich das
Resultat am einfachsten formulieren, indem man wieder von den
Flächen % (I^, Ij,) zu den ursprttnglichen Flächen T^ und jPj, zu-
rückgeht: Man konstruiere die Fläche T'ij» welche die Ausbreitung
der Transversalwellen t>on AT {x, y\ z') aus während der Zeit-
einheit yeranschaulicht; der von M' gegen M (x, y^ z) gezogene
Halbstrahl treffe T^^ in 8^ und 5^, wobei der Punkt S^ zur
inneren, der Punkt S^ zur äußeren Schale von T^^ gehören
soll Die Länge der Strecken M'S^, M' 8^ sei äj, *,; die Ab-
stände der Tangentialebenen von T^^ in S^ und 8^ vom Punkte
M' seien F{8^) und V{S^). Das Gauss sehe Krümmungsmaß von
Tj, in Sj und 8^ werde mit r{8^) und r{8^) bezeichnet. • Die
Richtkosinus der Strecke Jtf' Jlf seien («o^Aj^o)? ^^*' (^i> Aj^i)
und («2, ß^y y^) mögen die Richtkosinus zweier Strecken be-
zeichnet sein, welche beide zueinander und zur Strecke AT M
senkrecht stehen, und von denen die erste der Tangentialebene
von 2\, in S^^ die zweite der in Ä, parallel ist.
Die Größe r[8^ ist stets positiv; r[8^ hingegen kann
positiv oder auch negativ^) sein. Ist r[8^ positiv, so gelten
fbr hinreichend große k die Näherungsformeln:
U
4 TT ^
y-[Äa, + Bß, + Cr,)a,^m\k{t^t,^^^i
»
», Vi «I <
1
4 71 ^
-L{Ä a, + Bß, + CY,)ß, sin [a [t-t,- ^^
+
SiVr(Si)
fi^{da, + Bß, + Cr,)ß,sm [*(/-'o- j)
1) Negativ wird T{S^)j wenn der Pankt 5, auf einem der trichter-
förmigen Teile der Welienflftche T|, liegt; es sind dies jene Teile der
äußeren Schale, welche von je einem der vier Berührungskreise der sin-
gulären Tangentialebenen von r^ begrenzt werden.
Ausbreitung der H'^ellenbewegungen,
527
S
«'.f'.»'
«i»i«i«
4 n ^
J, (^«, + Bß, + 6>„)y„8m[Ä (<-<„_ j)]
«. yi'w)
f^ {Aa,+Bß, + Cr,)rr sin [* [t-t,- j)]
n
•'.f',«'
•>!>•><
Ist hingegen r{S^) negativ, so müssen diese Formeln,
welche imaginäre Werte liefern würden, durch die folgenden
ersetzt werden:
j,-{A a, + Bß, + C;^,)a,sin \k{t - /, - j)]
4n^
8
»'.f',«'
«.ft».«
1
431 ^
- ._ . ,
-V {Aa, + Bß, + Cy,) ß, sin [* [t-t, + |-)]
+ -'l;;r^f*^-M«. + 5/?i + Cy,)/?,8in[Ä(<-/,-j)]
4)1 (I
-1-M«„ + Bß, + 6>,)y„8in [ä(/ - *„-?-)]
Aas diesem Resultate ersieht man, wie sich vom Punkte
W aas die Elementarwellen ausbreiten: die Longitudinalwellen
auf den Fl&chen QJg ^ const, die Transversal wellen auf den
Fl&chen QJ^^ const. und (^/^^ = const — Dabei zeigt sich
bei den Flächen (>/«, = const die eingangs hervorgehobene
Eigentümlichkeit, daß bei einer solchen Fläche diejenigen Teile,
welche ein negatives Gausssches Krümmungsmaß haben, in
ihrer Phase gegen die übrige Fläche um eine Viertelschwingung
inrttck sind.
Dejwitz bei Prag.
EiDgegangen 25. September 1903.
628
67. Lois de la Propagation anomale
des ondes au voisinage d'on foyer.
Par M. O. Sagnao k Lille.
I. Introduotioii.
M. 6ouy a d^couvert en 1890 un remarqaable ph^nomfene
de propagation anomale des ondes ^): au voisinage d'un foyer
conjugu^ r^el d'un point vibrant, la propagation des ondes,
c'est-ä-dire la propagation de la phase des vibrations, suppos^es
sinusoldales^ ne se fait plus avec la vitesse constante W qui
caractärise la propagation des ondes planes dans le milieu
homogene et isotrope consid^r^.
M. Gouy a d^montr^ par une th^orie cin^matique le
r^sultat suivant. Dans le parcours d'une certaine rögion A FP
de Taxe focal (fig. 1] comprenant le foyer F, les vibrations qui
forment ce foyer ^prouvent une Variation anomale de phase
6gale k une demi-p^riode, c'est-ä-dire un renversement ano-
mal de signe; tout se passe comme si la vitesse de propagation
des ondes 6tait demeur^e la vitesse normale Z^, mais que la
distance AFP füt alt^r^e de la moiti^ de la longueur d'onde
normale A; (si ö est la pöriode des vibrations, X=^ Wd).
Les exp^riences de M. Gouy«), puis de M. Ob. Fabry'),
et enfin de M. P. Zeeman^) ont v^rifi^ ce changement de
signe anomal: dans toutes ces exp^riences, on fait interf<6rer
les vibrations ti, qui produisent le foyer F (fig. 1), avec des
vibrations u^^ qui se propagent le long de Taxe focal AFP
avec la vitesse constante et normale W des ondes planes; si
le centre d'interförence est brillant avant le foyer, il devient
noir au-delä. du foyer; sur Taxe focal, les vibrations u^ et u
synchrones avant le foyer, deviennent de signes oppos^s au-delä
du foyer.
1) Gouy, Ann. de Chim. et de Phys. 6» s^rie. 24. p. 145—218.
2) Gouy, loc. cit p. 197—203.
3) Ch. Fabry, Journ. de Phys. 3« s^rie. 2. p. 22. (20 Juillet 1892.)
4) P. Zeeman, Arch. u^erland. 2« s^rie. 5. p. 318. 1901.
Propaffotion anomale. 629
Dans toutes ces exp^riences, les franges d'interf^reDce
disparaissent au foyer F et dans son voisinage imm^diat.
Qaand le centre d'interförence redevient obseryable, il demenre
inyariable, soit noir, soit brillant solvant qu'on observe d'un
cöt6 du foyer ou de Tautre.
ZZrV
Fig. 1.
Ancune exp^rience n'a permis de pön^trer dans la r^gion
AFP oü doit se produire, suivant une certaine loi^ le ren-
versement du centre d'interf^rence, c'est-ä-dire le changement
de phase d'une demi-p^riode ^prouv^ par les vibrations qui
d^finissent le foyer F.
Gette loi de la propagation anomale dans la r^gion focale
A FP^ on a cm la d^couvrir, par yoie th^orique, en assimilant
le foyer jP k un centre d'öbranlement (Gouy^), V,A. Julius*),
P. Zeeman^
'JT
1
Fig. 2.
Mais je montrerai ici qua cette assimilation n'est pas
JQStifi^
Sous certaines conditions, qui sont couramment r^alis^es
en optique, j'ai 4tabli une throne de la propagation anomale
des ondes sur Taxe d'un instrumenta qui fait intervenir seule-
ment la diffractUm sur Paxe de Pouverture de tinstrument et
1) Ooay, loc. cit p. 182—186.
S) y. A. JuliuB, Arch. n^erland. 1« sörie. 2H. p. 226—285. 1895
^ P. Zeemau , loc. cit
530 G. Sagnac.
s'applique k toute espfece de Vibration. Le diaphragme qui
porte Touverture peut n'etre associ^ ä. aucun instmment
convergent; la propagation anomale subsüte alors mime qi^ä
fiy a plus de foyer,
Les lois de la propagation anomale stabiles par ma
th^orie d^pendent de la forme de Touvertare du diaphragme.
Je ne parlerai ici que des diaphragmes ä ouverture circnlaire.
II. Theorie nouvelle.
1^^ cas, LHnstrument est une ouverture circulaire nue,
Un cas particulier est, en optique, celni de la chambre
noire sans objectif. Nous supposerons que Touverture circulaire
re^oit des ondes sinusoldales^ sensiblement planes et paralleles
an plan de Touverture.
D^composons l'aire A de Touverture BoB" (fig. 2) en
couronnes annulaires telles que bb' de rayon Sy concentriques k
Touverture^ qui ont des aires Egales, infiniment petites dg ou
2nsds, comprises entre un cercle de surface g et de rayon s
et un cercle de rayon {s + ds).
La couronne ^l^mentaire bb' 6met par ses divers points
des vibrations ^l^mentaires d'Huygens-Fresnel. Ces
vibrations sont synchrones au d^part puisque le plan BoB
est un plan d'onde; elles se propagent suivant divers rayons
obliques ögaux tels que bMj b' M pour arriver en un point M
de Taxe öAf de T ouverture, oü elles sont encore synchrones
entre elles ; leur r^sultante en M est une Vibration ^l^mentaire
du qui präsente un certain retard 8 sur la Vibration ä^men-
taire analogue qu'envoie en M suivant la normale oM \m
616ment de surface pris au centre o de l'ouverture Boff,
Quand le point M se d^place dans le sens oM Ae h^
propagation, le retard 8 diminue. Tout se passe alors comme
si la phase de la Vibration du %q propageait le long de o^
avec une vitesse sup^rieure ä la vitesse normale W des ondes
planes incidentes. Teile est Torigine du ph^nom^ne de pro-
pagation anomale que nous allons studier.
Pour faire la throne et la rendre applicable indififiSremment
k toute espöce de Vibration susceptible d'interfärer et de se
difiracter, nous introduirons deux hypoth^ses restrictives:
Propagation anomale.
531
1^ La distance (r = oM) est toujours suppos^e grande par
rapport k la longueur d'onde normale A. II en r^sulte que
les yibrations 6l6inentaire8 d'Huygens-Fresnel ^mises par
les divers points de Touvertare se propagent par ondes
q[iMriqaes dont le rayon est grand vis-ä-vis de X et dont la
Titesse de propagation est, par suite, la meme que la vitesse
W des ondes planes incidentes.
2® La distance (r = c> M) est aussi suppos6e grande par
rapport au rayon [a^oB) de Touverture, de maniöre que
l'obliquitö de ^^ sur la normale oM dM plan de Fouverture
soit petite et ne puisse pas affaibUr sensiblement Tamplitude
des Yibrations ^l^mentaires issues meme du bord de Touverture
BoB. n en r6sulte qu'il n'y a pas k distinguer les yibrations
longitudinales, transversales, m^caniques ou ^lectromagnötiques,
comme il serait n^cessaire si Ton devait tenir compte de
Finfluence de l'obliquit^ de l'^mission. De plus, il est permis
de calculer le retard 8 ^ bM — o ^par l'expression approch^e
2r
2wr '
en nögligeant s^/Ar^ vis-ä-vis de l'unit^.
Soit OX (fig. 3) la direction du vecteur qui permet de re-
prösenter, suivant la methode graphique de Fresnel, la
Vibration 616mentaire
qu'envoie en M le point
0 de l'ouverture. Soit
K Tamplitude des vibra-
tions incidentes, suppos^e
constante sur toute l'^ten-
dne de Fouverture BoB.
On sait, depuis
Fresnel, que la Vibra-
tion dUf issue de Faire
dg de la couronne 6 b'
peat se repr^senter g^om^triquement par un vecteur dl, de
longueur dl ^ Kdgf Ir, faisant avec OX Fangle
Fig. 8.
— >-
a =
2nö
X
ir
34
532 O. Safffutc.
Nous comptons l'angle cc dans le sens inverse des aiguilles
d'une montre, pris, par Convention; comme sens des retards
croissants.
D'apr^s la regle ffeametriqtie de Fresnel, pour trouver la
r^sultante u des vibrations du, il faut porter bout k bout^ k
partir de 0, les vecteurs 6l4mentaires dly qui^ tous d'une meme
longuear dl, fönt chacun avec le pr^c^dent un mSme angle:
da =^ dqjXr , Cette construction d^finit an src 0 U de cir-
conförence, dont le rayon a poor valeur R^dljda^K,
D'aprfes la rögle de Fresnel, la longueur de la corde 0^ de
cet arc a meme mesure q qne Tamplitude de la Vibration u\
l'angle (o qne fait le vecteor 0 U avec OX d^finit, par la formale
le retard de la phase de la Vibration u sar la pbase de la
Vibration que le point o envoie en M. La Vibration ^l^mentaire
issue des bords ^^ de Toavertore est repr^sentöe par an
vecteur dl dirigö snivant la tangente T U k l'extremitÄ de l'arc
0 U] sa phase est en retard^ sor celle de la Vibration origine, de
-^2cö = 2y
poisque XtU=^2(o; son retard göomötrique J = a'/2r
est tel que l'on a
Quand le point M (fig. 2) se d^place dans le sens oMde
la propagation, r = <? if augmente, le retard J = a'/2r di-
minue et l'angle äT ü =^2n Ajl (fig. 3) diminue continuement^
c'est-ä-dire que le point U tourne continuement sur la cir-
con£6rence dans le sens des aiguilles d'une montre qui est
le sens de l'avance.
Pendant que le point U fait ainsi im tour complet de 0
en 0, la direction du vecteur 0 U fait seulement un demi-tour
de OX' en OX et, quand le point 27 passe par le point 0, la
direction de OU se renverse brusquement de OX en OZ' pour
Propagation anomale.
683
reoommencer ensuite une nouvelle oscillation. Ce r^sultat
s'interprite ainsi:
CSonsid^ronB les divers points Jlf,^ (fig. 4) de Taxe o My
tels qne le nombre
de zones de Fresnel (couronnes de surfaces Egales k nrk),
contennes dans l'aire A de Touverture, est un nombre entier
pair 2 p. Qnand le point M passe par Tan des points M^^,
le point U (fig. 3) passe par le point 0, le vecteur 0 U s'annule
et change brusquement de signe, de sorte que la Vibration u
s'annule et change de signe.
La fig. 4 repr^sente la conrbe de Variation de Tamplitude
^ de t< en fonction de l'abscisse r = oM. Aux divers points
Fig. 4.
de cette conrbe, les directions des flaches repr^sentent, pour
les points correspondants de oMy les directions du vecteur 0 U
de la fig. 3.
üne discnssion, que je donnerai dans le Journal de
Physiquey montre que l'influence du diam^tre apparent de la
souroe des vibrations et Tinfluence des irr^gularit^s du contour
de l'ouverture ronde BoB" produisent une diminution du
rayon de oourbure B k mesure que M se rapprocbe de o et
d'autant plus rapidement que le rayon a de Touverture est
plus grand. Par suite les minimums M^^ d'ordre snffisamment
61ev6s ne sont pas nuls (fig. 4) et le vecteur de la Vibration u
j est vertical comme aux maximums lf2|»-i; au voisinage de
068 minimums, le vecteur de la Vibration toume tr^s rapide-
ment de pr68 d'un demi-tour dans le sens du retard, A mesure
qne M se rapprocbe de o, les oscillations du vecteur de la
Vibration s'amortissent de plus en plus, de sorte que si le
534 0, Sagnac,
diam^tre apparent de la source est süffisant ou si le coDtour
de Touverture est assez large et irr^galier^ on arrive k une
r^gion N oix le vecteur de la Vibration a cess6 d'osciller. Ge
vecteur demeure alors constamment vertical. Dans la r6gion N
la propagation se fait donc avec la vitesse constante et nor-
male TT des ondes planes incidentes. Cette zone N de pro-
pagation dite normale ou reguliere est d'aatant plus ^tendue
que les irregularües provenant du diamfetre apparent sensible
de la source yibrante et des d^fauts du contour de Touverture
circulaire sont elles-memes plus importantes. Inyersement la
zone Ä de propagation anomale, qui s'^tend de iV ä l'infini, est
d'autant plus ^tendue que le systöme form^ par la source et
Touverture est plus regulier, c'est-ä-dire se rapproche davantage
du Systeme form^ par un point sans dimensions^ vibrant sinu-
soldalement, situ6 sur Taxe d'une Ouvertüre parfaitement circu-
laire.
Comme dans tous les ph^nomfenes d'interförence ou de
difiraction, la complexit^ du mouvement vibratoire intervient
pour diminuer la visibilit^ des minimums M^^ et des change-
ments rapides de phase qui s'y produisent
Si le point vibrant est situ^ k une distance finie F^ du
centre o de Touverture, il est facile de voir qu'il suffit de
remplacer, dans l'ancienne expression du retard Sy le facteur
1 / r par {\ fr + \ j F^. H en rösulte une modification de la
courbe de Variation de l'amplitude aux divers points M de
oMy parce que le rayon R de la circonf6rence de Fresnel a
maintenant une valeur variable avec r. Mais rien d'essentiel
n'est chang4 en ce qui conceme les lois de Variation de l'ano-
malie y; les points M^^, oü le vecteur de la Vibration se re-
toume, sont toujours d^finis par la condition qu'il y ait un
nombre pair 2p de zones de Fresnel dans 1' Ouvertüre savoir:
-«;(i- + ^)-2p.
2* COS. L'instrument est une ouverture circulaire centree sur
Faxe (Tun Instrument convergent,
Supposons la source vibrante ponctuelle situto sur l'axe
de rinstrument qui en donne une image reelle situ^e en
F (fig. 5) ä. la distance F du diaphragme circulaire.
Propoffation anomale. 535
Le retard ^l^mentaire 8 a ici pour expression
n d^croit le long de oF jusqu'en F, oü il est nul, conform^-
meut k la d^finition du foyer coDJugu^ F dans la th^orie
ondulatoire. Au-delk du foyer F, le retard ^I^mentaire Ö se
change en une ayance qui crolt constamment avec r.
Le vecteur de la Vibration r^sultante en chaque point M
de Taxe se d^finit encore k l'aide d'une circonförence con*
Fig. 5.
stmite d'apr&s la rfegle graphique deFresnel Le rayon S
de la circonförence varie avec la position de Jf et il en r^sulte
des variations d'amplitude de la Vibration r^sultante; la courbe
de la fig. 5 repr^sente ces variations le long de Faxe focal.
Cette Variation du rayon R avec r ne complique en rien la dis-
cassion des variations de l'anomalie (p de la phase; les fl^cbes
de la fig. 5 repr^sentent ces variations le long de Taxe focal.
On voit qu'il n'y a pas de discontinuit^ dans la pro-
pagation de la phase au foyer Fy ni aux divers maximums
d'intensitö. ^) Du minimum U^, ant^rieur au {ojer F, jusqu'au
minimum U^'^ post^rieur au foyer, l'anomalie de la pbase
aoanee continaement d'une demi-p^riode. ün changement de
1) Les mazimams d^inteiiBit^ ne coincident pas exactement avec
les points {7,, Ug, . . . ü^\ Uf,' , , . oü le veeteur de la Vibration est
vwtleal et il n*y a pas de maximum aa voisinage de £/i, ni de U^',
536 G. SoffTUtc. Propagation anomale,
signe anomal en r^sulte pour la Vibration; le vecteur de la
Vibration est dirig^ vers le haut dans la r^gion ant^rieure au
foyer-P (et exactement vertical en ?72p_i); il est, au contraire,
dirigä vers le bas dans la r^gion post^rienre au foyer (et
exactement vertical en ?7'2|,_i). D y a un changement brosque
du signe de la Vibration anx minimums nols U^yU^t • - .\
V^y TJ^y ... les plus voisins du foyer.
Ici encore, ä cause de Tinfluence du diamätre apparent
de l'ouvefture et des irr^gularit^s de l'instrument, ce ren-
versement brusque du sens de la Vibration est en r^alit^ un
retard de präs d'une demi-p6riode, pris, dans le sens de pro-
pagation, dans un espace d'autant plus petit que le diamätre
apparent de la source est plus petit et l'instrument plus
regulier; la vitesse de propagation de la phase est iris voisine
de zero aux minimums les plus voisins du foyer F. Nulle
part eile n'est infinie et Ton trouve ais^ment que ses plus
grandes valeurs d^passent ä peine la vitesse normale W.
Les irr^gularit^s provenant du diam^tre apparent de la
source et des d^fauts du contour de Touverture produisent, en
gto^ral, deux zones de propagation k vitesse normale W^ l'une
en N avant le foyer (oü le vecteur de la Vibration est vertical
et dirig^ vers le haut), l'autre en N\ aprfes le foyer (oü le
vecteur est vertical et dirigä vers le bas). L'opposition de
signe entre les vecteurs de iV^ et de i\^' constitue le r^sultat
döjä ötabli par M. Gouy.
Les autres lois sont nouvelles et n*ont aucune relation
avec les lois de l'^mission par un centre d'öbranlement.
D'aprös les th^ories qui assimilent un foyer k un centre
d'öbranlement, le changement de signe anomal se produirait
au voisinage du foyer dans une r^gion de longueur comparable
k la longueur d'onde h seulement; la vitesse de propagation
de la phase serait infinie au foyer.
J'ai control^ la th^orie rösumöe ici par des exp^riences
optiques d'interförence que je döcrirai dans le Journal de Phy-
sique. J'ai pu observer les franges d'interförence jusqu'au
foyer meme, et les anomalies de la propagation jusqu'ä des
millions de longueurs d'onde du foyer.
(EiDgegangen 25. September 1903.)
537
68. über zwei Sätze der Elektrostatik.
Von W. Feuasner in Marburg i. H.
Bei der Betrachtung der Energieverhältnisse eines be-
liebigen Leitersystems pflegt der Satz abgeleitet zu werden^):
Wenn bei derselben unendlich kleinen Lagenänderung der
Leiter eines beliebigen Systems einmal die Elektrizitätsmenge,
ein andermal das Potential jedes Leiters unverändert gelassen
wird, 80 sind die Änderungen der potentiellen Energie des
Systems in beiden Fällen gleich, aber von entgegengesetztem
Vorzeichen.
In ganz ähnlicher Weise kann man die beiden folgen-
den Sätze erhalten, welche meines Wissens noch nicht aus-
gesprochen worden sind:
I. Wenn bei denselben unendlich kleinen Änderungen der
Potentiale der Leiter eines beliebigen Systems einmal die Elektri'
zitätsmenge, ein andermal die Lage jedes Leiters unverändert
gelassen wird, so ist im zweiten Falle die Änderung der poten^
Hellen Energie des Systems doppelt so groß wie im ersten und
von gleichem Forzeichen,
n. Wenn bei denselben unendlich kleinen Änderungen der
Elektrizitätsmengen der Leiter einmal dcu Potential^ ein andermal
die Lage jedes Leiters unverändert gelassen wird, so ist im zweiten
Falle die Änderung der potentiellen Energie des Systems doppelt
so groß wie im ersten und von gleichem Forzeichen.
Es mögen die Elektrizitätsmengen der einzelnen Leiter
E^, E^, JE^..., ihre Potentiale Fj, V^, F, ... genannt werden,
dann ist die potentielle Energie Q des ganzen Systems:
(1) Q « K^ ^1 + ^1 ^2 + ^8 ^8 + •••).
1) Vf^ I. B. Kirchhoff, Vorlesuogen fiber Elektrizitftt n. Mag-
B0limiii p. 83 o. £
538
H^. Feussner.
Dabei bestehen bekanntlich zwischen den E und V die Glei-
chungen:
(2)
r^i =
■Ej = a.
E.=
«81 ^1 + «32 ^2 + «88 ^8 + • ••
oder auch:
(2 a)
«12 "" «21 ' «18 "" «81 » • • •
( ^l=*ll^l + *12^2 + *13^3+--
^2=*21^1+*22^2+*23^3+--
^3=*31^1+*32^2 + *88^+--
^12 ~ ^21 9 ^18 ~ ^81' • • • >
worin die a und £ Koeffizienten sind, die nur von den räum-
lichen Verhältnissen, der Größe, Gestalt und Lage der Leiter
abhängen.
Demnach ist auch
(3)
ii =
\{a,, V + 2a,, F, V, + 2a,,r,V, + ...
+ a,,r,' +2a^V,r^ + ...
• «33 ^ + • • •
+
= i(*ii ^1 + 2*1, E,E, + 2b,,E,E, + ...
+ ft„^» +...
'33 -"3
Wenn nun bei unveränderten E eine unendlich kleine
Energieänderung dii^ des Systems stattfindet, so ändern sich
im allgemeinen zugleich die a (und damit auch die b) und die
V, und man hat nach (3):
Zwei Sätze der ßlehtrostatik. 539
lS£2,= H^***u + 2^1 E,Sb,, + 2E, E^Sb,^ + ...
+ E,*8b„ +2E^E,Sb,^ + ...
+ 2E,'Sb,^ + ...
+ .)
(4) I +«22 n^F, + a,3(^l*»'8+^8^^»)+--
+ <^8 ^S^^8 +•••
+
+ V^«M +2F,F,5a„ + ...
^SQ^ + SQ„ + >
wenn man mit 8 Q^ den von der Änderung der V, mit SQ^
den von der Änderung der a herrührenden Teil von Sii^ be-
zeichnet Da sich vorausgesetztermaBen die E nicht ändern^
hat man nach (2)
= - {V, da^, + F3 ^a,, + F3 ^«13 + . . .)
Si *^i+ «22*^2 + «13*^8 + •••
= - (^1 *Sl + ^2*S2 + ^8 *«28 + •••)
- - (^1 ^«81 + ^2 *«21 + ^8 *S8 + •••)
Multipliziert man diese Gleichungen der Reihe nach mit
V^, V^, F3... und addiert sie, so erhält man
^) Jfli = -2*fl3,
also ist von den zwei Teilen^ aus welchen S Q^ besteht , der
erste, von der Änderung der F herrührende doppelt so groß
und von entgegengesetztem Vorzeichen^ wie der zweite yon der
Lagen&nderung herrührende. Eis ist das die Folge davon^
daB Q eine homogene Funktion zweiten Grads in den V, aber
ersten Grads in den a ist, während die E homogene Funk-
tionen ersten Grads in den F und a, und zwar die partiellen
Differentialquotienten yon Q nach den F sind.
540 W. Feussner.
Aas (4) und (5) folgt nun
(6) 8n, = 1 5flj = - Sili.
Vergleicht man hiermit diejenige Energieänderung S Q^,
welche bei gleicher Änderung dV^, SV^, SV^... der Poten-
tiale wie eben, aber unveränderter Lage der Leiter eintritt,
wobei natürlich gleichzeitig eine Änderung der E stattfinden
muß, 80 hat man aus (3):
(7) Sii^ = SQ^.
Die Gleichungen (6) und (7) enthalten den ersten der obigen
Sätze (I).
G-anz entsprechend erhält man f&r eine unendlich kleine
Energieänderung S ii^ bei gleichbleibenden V nach (3):
(Sii,=. i(^i*^«i, + 2 F, F, da,, + 2 F, F, Sa,, + ...
+ r,*8a,, +2F,F,J«„ + ...
+ )
= i,i E, SE, + *,2 [E, SE, + E^SE,)
+ l',siE,SE, + E,SE,) + ...
+ *ss ^a^^ + •••
+
+ \{E,^Sb,, + 2E, E^Sb,, + 2E, E,Sb,, + ...
+ V**22 + 2^2^3**23 + •••
+ )
• •
wenn der von der Änderung der E herrührende Teil der
Energieänderung durch ^'^3, der von der Änderung der b
herrührende durch S Si^ bezeichnet wird.
Aus (2 a) folgt dann wegen der Unveränderlichkeit der F:
*!! dE,+b,,SE, + b,,SE, + ...
= - [E, Sb,, + E^ Sb,^ + E, Sb,, + . ..)
b,,SE,+b,,SE^ + b,,8E, + ...
= - (ß, 8b,, + E,Sb,, + £, 8b,, + ...)
Ä31 8 E, + b,,8 E, + b,,8 E, -\- . . .
= - (^1 d*3, + ^2 ^*3, + ^3 ^*33 + • • •)
.8)
ZAoei Sätze der Elektrostatik, 541
und wenn man diese Gleichungen der Reihe nach mit E^, E^,
JE^ . . . multipliziert und addiert
(9) *ß, = - 2sn,,
also
(10) än^^\sn,^^8n,.
Die Energieänderung SQ^^, welche bei gleicher Änderung
9E^, SE^, 3E^,,. der Mektrizitätsmengen wie eben, aber un-
veränderter Lage der Leiter eintritt, ist nach (3):
(11) SSi^^SQ,.
Die Gleichungen (10) und (11) sprechen den zweiten der
obigen Sätze (U) aus.
Bestimmt man noch, daß die Lagenänderung der Leiter
bei SQ^ und SQ^ die gleiche sein soll, so ergibt sich aus (4)
und- (8):
und
also
afl, = *fl„
worin außer unseren zwei Sätzen noch der zuerst erwähnte
enthalten ist
übrigens können, wenn der letztere eingangs erwähnte
Satz als erwiesen angenommen wird, die Sätze (I) und (II)
ohne jede Rechnung aus ihm abgeleitet werden. Man wende
n&mlich jenen Satz auf folgenden Vorgang an: Zunächst
werde dem System eine beliebige unendlich kleine Lagen-
änderung bei gleichbleibenden Elektrizitätemengen erteilt, sodann
dieselbe Lagenänderung rückwärts, so daß sich das System
wieder in der Anfangslage befindet, ausgeführt, diesmal aber
bei gleichbleibenden Potentialen, Daraus ergibt sich Satz (I),
bei entsprechender Vertauschung von Elektrizitätsmengen und
Potentialen Satz (II).
(Eingegangen 25. September 1903.)
542
69. On certain theorems in probability.
By 8. H. Borbury in London.
In this inyestigation li - • • 1^ a^e & sei of variables
concerning which I assume fandamentally that they are very
numerous, and all of the same dimensions^ and that they vary
according to the following law, namely the chance that they
shall lie respectively within the limits li • • • li + ö|j etc. is
proportional to «""^ ö|j . . . ö|^. Here Q is generally a
homogeneous quadratic function of |^ . . . |^ with constant
coefßcients, viz
« = «1 li* + *„li I, + «,!,* + etc.
Let this be called Law P.
2. I propose in part I to consider the probable values of
Ij etc., when a certain linear function of |j . . . |^ namely
is given in value.
Also if there be more than one such linear function,
e. g. u^, u^ etc., the correlation between them arising from their
relations to |j •••!„> and law P.
In part 11 I shall consider the probable yalnes of |j . . . |^
when another quadratic function ^m^^=s2Tis given in
value.
3. Part I. This will be divided into two cases; case A
in which Q has the very exceptional form Q = 2^l*> ®^'
pressing the fact that every | is independent of every other
I, and case B in which the |'s are correlated inter se, and Q
is the complete quadratic function above given. In case A,
let u, V be linear functions of |, •.•!«> *°^ ^® ^^7 suppose
t£ to be formed from v by interchanging the coefQcients.
If for instance v = fx^^^ + fx^^^ + etc., u may be ju^|j +
Certain theorems in probabüity, 543
jbtr+ilg + ®tc.^ 80 that u and v are ihe same function of
Ij . . . 1^ taken from different points of yiew. —
Suppose now that r ia known, but nothing is known con-
cerning li • • • l^y except that
and that Q has the special form e-Z«^*.
What ander these circumstances is the most probable
valne^ and what the mean valne, of any 1^ e. g. of 1^^?
Since
is giyen, we have
(1) ^ö|, + ^-|^-ö|, + etc. = 0,
and for the most probable combination of the |'s, we make
'^a^^ minimum, that is
(2) «1 li ö|i +a^^^d^^ + etc. = 0,
whence
(3) I =;iJ_^, I =. ;i i_ -If etc.,
il being an indeterminate multiplier.
Maltiplying equations (3) in order by rfr/rf|,, rft?/rf|, etc.,
and adding, we get
that is
24-^ - »2^ (If)'
whence
etc. =s etc.
These are the most probable yalues of 1^, |, etc.
and
(6)
544 S. H. Burbury.
5. The mean value of |j is
+ 00 +00
— 00 — 00
subject to the condition that
It is identical with the most probable value above giyen.
6. Now while
dv
let u be another linear function of |j . . . |^ .
Then v having a known yalue, but nothing being known
of ihe l's except that
and the law of probability e-2«^', what is the probable value
of u?
We have, whatever li . • • |^ niay be,
'^^ u du
and therefore
^1 ' • ' in being the meaa values above found. That is:
._ du 1 dv /'s; 1 ( dvy
^'*^ ^ +. ^ .LJ'^/ 2 ^(4fy+ etc.,
that is
^ dtt 1 dr /X? 1 ( dvY
K z^ were given instead of v, the mean value of v would be
"S^ dv i du /x? 1 / rfti V
^ = "2rfy-^rfy/2v(^-J-
These expressions define the correlation between u and v.
Certain thearems in probabüity, 545
7. Let US consider the expression for ü giyen v, —
In the denominator
2i(^r
eyery tenn is positive, and they cannot all be zero^ because
V iß by hypothesis a function of |j . . . |^. — Nevertheless
many of them may be zero or negligible^ provided ihat some
of them are not negligible.
The same is true of dujd^^ . . . dujd^^.
8. In the nnmerator
2 du 1 dv
JilT'dJ
let as suppose that for 1^ ... |^, dujd^ is not negligible,
bat for all the other l's du/d^ is negligible.
Similarly for |„ |, + j ... |, + ,, rf»/rf| is not negligible,
bat for all the others it is negligible.
We might say u has a sphere of influence extending from
li to 1^, and V a isphere of influence extending from |, to |^ + ^.
If 8> r, each of the products ," d~^~ ^^^ ^^ \Q9Ai
one of its factors negligible — the correlation is in-
appreciable. — If on the other band « < r, one at least of
the products -jj- -^j- has both factors appreciable.
The correlation is therefore generally appreciable, though
it may happen in special cases that the terms -^ ^-|- ,
which do not vanish, are of different signs, and in the aggre-
gate cancel each other. We might say generally that the
correlation is appreciable or not, according as the two spheres
of influence do or do not intersect
9. It thus appears that even if the l's vary independently
of each other, the k's derived from them as linear functions
are, if each u is affected by more than one 1, in general corre-
lated. — Suppose for example the |'s define the state of a
mftterial System at an initial instant, and ti^ . . . k^ are the
4)0Retponding yalues after time U Then, the motion of the
BftltfMiim-l^tMfarifi. 35
646 S. H. Burbury.
System being continaous, u^ . . , u^ are determinate functions
of Ij . . . 1^ and t — and however independent li . . - 1, are
of each other, u^ • • • ^n ^^ ^^ general correlated.
10. If the l's, and also the tt's, have positions in space,
we may expect that the sphere of influence of any u will be
limited in space, extending for a certain distance round its
Position. — If that be so the intersection of the spheres of
influence of u^, t<, will in general depend on the distance of
Uj from ttj . — They will be sensibly correlated if near enough
to each other.
11. Gase B. — The |'s are correlated inter se.
Instead of the law e-2*^*, which expresses the mutual
independence of |j . . . |^, we must now use e""^ of art 1.
If V or 2I^^/^I ^® ^^^ given in value, but nothing
eise is known of the l's except the law of probability tf"^,
what is the most probable value of any i, e-ff |j? That is
found by an easy extension of the method of art 4.
Let namely D be the determinant of the coefficients in
Qi ^iz
i? =
2«! ^2 *13
*2i 2aa *28
and let D^ be the minor formed by omitting row p and
column y.
Then, if ü be the most probable value of u, given v,
in which
ü^vQ{uv)IQ{vv),
dv (dvD^, dv^ />„ .
, dv ,
Also Q [u v) is the same expression with each factor
dv/d^ outside of the bracket replaced by the corresponding
dujd^. — Inasmuch as no restriction is here imposed on
Certain theorems in probabüity. 547
Ihe yalues of 1^' etc., it is essential in this case that Q should
be posiüye, that is (see art 13) that L should be positive.
12. Part II. — Instead of a linear fanction of |j . . . |,
being giyen, let next the quadratic function
»»ili' + 'w,|,* + etc. = 2y,
in which the m's are positive constants, be given, and let the law
of diatribution of |i • • • 1« ^® ^"^ ^li • • • ^1« ^ before. — To
find the most probable values of 1^ . . . 1« we now proceed as
foUows.
Since T is given,
Since Q is to be minimnm,
t^erefore
1 2a, I, + *„ I, + 6„ I3 + etc. = 2Aiii,|,
(6) I *ii li + 2a,|, +*„ I3 + etc. = 2 Am,!,
\ etc. = etc.
Then X is giren by the determinantal equation.
2mi 2m| ' '
(7) I 2m,' Vi», ; 2m, • • • =0.
: 2 m, 2 m, V^'H /
If A be any real root of that equation^ its Substitution in
(6) detennines ihe ratios li/l, ^^ —
Again multiplying (6) in order by 1^ . . . |», and adding^
we obtain
from which can now be found the actual values of || . . . ^^,
when Q is maximum or minimum given T.
85*
548 5. H. Burbury.
13. Since the values of |i* etc. are now finite if T is
finite^ it is no longer necessary that Q or ^ should be positive.
Negative roots of (7) are therefore admissible. —
14. Now (7) may be put in the form
(8) F^x^ -B^ ;i«-i + ^2 >l"-2 - . . . ± ^» « 0,
the term B^ having the positive or negative sign prefixed
according as n is even or odd. In this expression Bn is the
complete determinant ß derived from equation (7) abo
B^ is the sum of all the coaxial minors of I) having 2^ con-
stituents, ^3 the same with 3^ constituents^ and so on.
If I) and each of its coaxial minors are positive^ every
B is intrinsically positive — therefore since the terms in F
have altematively the + and — signs prefixed^ there are no
continuations of sign among them^ and therefore by the rule
of signs J^ = 0 has no negative root Every X is positive, and
therefore Q = 2 il T is positive when minimnm. —
15. Now the coefiScients a are assumed to be positive
and invariable, the 6's subject to Variation, and I here confine
myself to the case in which the ^'s are always negative. — As
any b diminishes, (L e. b^ increases) the determinant D, so
long as all its coaxial minors are positive, diminishes, and
approaches zero. — But if B^^ be one of the first coaxial
minors oi B, B <, 2a^B^^ so long as all the coaxial minors are
positive. — It follows that D^j is positive when B = 0.
For the same reason if and when the first coaxial minors
Ai» -^22 ®^^* become zero, the second coaxial minors B^^^^, etc.
derived from them are still positive. The coefficients B in (8),
if they change sign, change sign successively from right
to left. —
16. Again when B — i'eBn — changes sign, there is
one continuation of sign among the terms in (8) and therefore
one negative root — But the changes of sign of ^«-i,
5,»_2 etc. to B^ inclusive, being successive from right to left,
do not introduce any more continuations of sign. — There is
therefore only one negative root of (8).
Certain theorems in probabüity, 549
Again it foUows from the preceding, that if i)' be any
coazial minor of D^ and b any anaxial constituent of it,
diy fdb is positive, that is ly diminishes as b^ being negative,
increases in negative value. Therefore every dBjdb is
positive.
17. Letnow X^ be the Single negative root of (8), F^ the
corresponding value of F, namely
^1 = Äj« - -»1 Aj— 1 + J, Aj— 2 + etc.
then it can be shown that, for any b^ di^jdb is positive.
For
dj^_ _dj\ /dFj,
db db / dly'
in which dF^jdb is taken with \ constant, dF^jdX with b
constant.
But
* — ^'^3«2 d B^ * «—8 _L_ f
~db~'"~db~^ '"~dh~^ "^^^-^
and is therefore (since Xy is negative and every dBjdb
positive), positive if n be even, negative if n be odd.
But if n be even, F is positive when il = — oo. There-
fore dF/dX is negative when the curve F first cuts the axis,
L e. when X=s X^,
If on the other hand n is odd, F is negative when
Ä « — cx) , and dF^ jdX is positive when i = Äj.
Therefore wheÄer n be even or odd, d\jdb is positive,
that is as 6, being negative, increases in absolute value, X^,
being negative, increases in absolute value.
SolutionB of the equation (8).
18. Ejquation (8) is easily solved when all the a coeffi-
dents in Q have the same value a, and all the b coefficients
the same value b, For in that case the determinant
2a i . . .
b 2a . . .
of H constituents is equal to
(2a-*)''-i(2a + r^l*),
550
5. H. Burhury.
and we find
J^«(i-2a-Ä)*-i[i-(2a + n- 1*]),
or F has ti — 1 equal positive roots 2 0 — 6, and one other root
X^2a + n — lb,
19. We can however solve (8) in the more general case
when all the axial constitaents in (7) have the same yalue^
and all the ana3dal constituents in each column of (7) except
the last column have the same value.
Thus in (7) let
and
-^ = ^=:etc. = 2«,
2 9?I| 2^3
'•1
- --^^^=A,
So that
^1« = ^w = etc.
2mi 2 m,
2»in-l
! ß^ etc.
D =
2 «f A A • • • z'« - 1 A
Ä A 2 a . . . /9n - 1 A
A Ä Ä • • • 2 a A - 1 I
A Ä Ä • • • /'n - 1 2 a. ;
We see by inspection that if /9, . i = 2 a the two last
lines are identical^ and therefore jD = 0. It follows that D
contains (2 £3f — /9„ _ i) as a factor. But by supposing /9„_2 = 2a
we can prove in the same way that D contains (2 a — /9, _ 2)
as a factor and so on.
Therefore D contains (2 a - /SJ (2 a - /S^) . . . (2 a - /9, « 1)
as a factor. But jD is a homogeneous function of d^ree n
of 2a, ßif . . ' ßn-i' Therefore the remaining factor of -D
is a linear function of 2 a, ß^ etc. But since JD contains the
term (2 a)", the said linear function must be 2a + gp (/9j . . . /9„ - 1),
where g) denotes a linear function. — But again JD does not
contain (2a)"~^ Therefore
y' (^1 ' ' ' ßn-l) — ßi + ß2+ • • • + ßn--l,
Certain theorems in probabilift/. 551
and
2> = (2£r-/9J(2a-/?3)...(2«-/9».i)(2a + /9,+/92 + ... + /Sn-i).
Now D, or £n9 is the product of the roots of (8), — We
infer that the roots of (8) are
(2«-./9,), (2«-ft), etc.
all positive, and
whioh may be negative. —
Forther by the same reasoning
Ai =* (2« - Ä) • • • (2a - /?«. i)(2« + ft + ... + /?«- i)
and since the last üactor does not contain ß^, D^^ may be +
when 2) is — , but not vice versa. —
The above inference conceming the roots of (8) can be
confirmed by showing that ^^ - 1 ^^ the sum of the products
of the factors of D taken n — 1 together, and that ^« _ 2 etc.
have the corresponding values.
20. If X' be any positive root of (8), the chance of the
distribation given by i^ occurring is to the chance of the
distribution given by Ä' occurring in the ratio «'-(^-^or
Now ^
and A is a very great number. If therefore the mean value of
m^' is not very small, the ratio ^-c^-^or ^jn 1,^ y^^y great.
So that the distribution given by the negative root k^ will be,
not only the most probable, but in fact will represent ap-
prozimately the generally prevailing distribution. —
21. NoW let i^ml' instead of being a constant, be
variable, and let the chance of its being between T and T + dT
be a function of Tfor example e^^^dTj where iC is a positive
constant. Then for each value of T the prevailing distribution
of the {'s is given by e^^^ and therefore the chance of any
set of {'s occurring for which \^fn^^ = T, is denoted by
^-(Xt + jr)r — But y jg now unrestricted in value. Therefore
the law of distribution e"^ in impossible unless (A, + K)Tf
OT ^Q + KT^ is positive. —
552 S, H. Burbury, Certam Aeorems in prohability,
22. I have said elsewhere that if Ij, I2 ^^- ^^ ^®
Yelocities of gas molecules the law e'^ becomes impossible
when Q becomes negative.
That is quite true if |^^ |^ I3, etc. are iinrestricted in yaluCi
as usually assumed in the Mnetic theory of gases. — In fact
although 1^' etc. are ultimately unrestricted, yet for any finite
group of n molecules part of an infinite System, they are subject
to some such restriction as I have here supposed, namely that
the Chance of w»j |j* + m^ l^* + etc. exceeding a very high value
is very small, for instance e ^ ^ ^, and it seems to me that the
limit of the law of distribution e - ^ should be, not Q = 0 but
(2= -2zy.
(Eingegangen 26. September 1903.)
663
70. Note on the Soret Phenomenon,
Bj WUder D. Banoroft in Ithaka (N. T.).
In 1881 Soret ^) published experiments showing that
heating one end of a tube filled with a Solution caused a difiu-
sion of the solute to the colder end of the tube. Six years later
yan't Hoff) offered an explanation based on the analogy
between a dissolved substance and a gas. According to Yan't
Hoff equilibrium should be reached when the osmotic pressure
of the solute is uniform throughout the tube. This explanation
is usually accepted as correct; but it can easily be shown that
this is not the case.
We will consider first a tube filled with a single gas,
the two ends being kept at different but constant temperatures.
A necessary criterion of equilibrium is that there shall be a
uniform pressure throughout the tube and the gas will there-
fore concentrate in the colder portion of the tube. If we
have two gases in the tube both will concentrate in the colder
portion of the tube. If we fill the tube with a mixture of
two liquids^ it will usually not be possible for both to con-
centrate in the colder portion of the tube. Owing to the
relative incompressibility of liquids, the two components will
haye to dijBfuse in opposite directions. In other words, the
relative concentrations will determine whether a giyen com-
ponent will pass to the cold end or the hot end of the tube.
Form giyen pair of temperatures and of components, there
must be a given concentration for which no difiFusion takes
place. Some years ago a few preliminary experiments with
acetone and water were made in my laboratory and this
prediction was confirmed.
1) G. Boret, Ann. de chim. et phys. (5) 22. p. 293. 1881.
a) J. H. ymn*t Hoff, Zeitschr. f. phys. Chem. 1. p. 487. 1887.
554 W. D, Bancroft On the Soret Phenomenon,
Since the direction of the diffusion changes sign with
changing concentration, the criterion of equilibrium cannot be
a uniform osmotic pressure and the explanation of van't
Hoff can hold as a first approximation only for Solutions in
which the volume occupied by the solute may be neglected.
What the real criteria for equilibrium are, is an interesting
problem for which no satisfactory answer has yet been found.
Cornell University.
(Eingegangen 26. September 1908.)
556
71. Über die Bestimmung der thermischen Änderungen
der £lastizitätskonstanten isotroper Körper aus den
Temperaturänderungen bei der Drillung und
der gleichförmigen Biegung.
Von Anton Waasmuth in Grat.
Bei der Deformation yollkommen elastischer Körper treten
Temperataränderungen r auf, die auf Grund der Sätze der
Thermodynamik berechnet werden können. Die Theorie dieser
Vorgänge wurde bekanntlich (1857) von Lord Kelvin begründet,
von Schiller (1879) und Planck (1880) erweitert und von
W. Voigt (1889) nicht allein auf kristallinische Körper, son-
dern auch auf größere Temperaturänderungen ausgededint Die
fbr uns in Betracht kommenden Ergebnisse der allgemeinen
Untersuchungen^) dieses Forschers sind in Kürze folgende:
Es seien u^ v^ w die Verrückungen eines Punktes x, y, z
und die Deformationsgrößeni
du 09 Bw 0 9 , dw ^
dx *!' dy •*«' dx *«' dx ^ By ""**'
dw , du du . d V ^
dx ^ dx *»' dy ^ dx ■"*•'
sowie die i>rttc*Arä/?tf: X.^Zj, T^^X^, ^. = ^8* ^.=^y=^4»
^, = Jf, = J^, X = r^ = j;^,, so daß die elementare Arbeit
der elastischen Kräfte für die Volumseinheit:
odc^ — Xj o Xj — ... — Xq S x^ ^ — ^1 Xj^ S x^
wird. Dann muß, wie W. Voigt zeigt, die freie Energie |
(auch erstes thermodynamisches Potential genannt) für eine
Änderung r der Temperatur T die Form haben:
wo die c^^ die isothermischen Elastizitätskonstanten heißen
und die Indizes h und k wieder von 1 bis 6 gehen. Aus |
findet man die Ekitropie
1) W. Voigt, Thennodynamik I. p. 800. 1903.
556 A. Wassmuik,
Ä= -
den Druck
JE = ^^
und die spezifische Wärme y^ der Volumseinheit bei konstanter
Deformation:
Für isotrope Körper verschwinden eine Reihe der Konstanten
Cj^j^ und es bleiben nur:
Cji =: c, Cj, = Ci und c^^ = i(cii - c^,) = c,
und ebenso wird:
9i = ?2 = ?8 = ? ^<J ?4 = ?6 = ?e =* 0-
Führt man noch die Änderung der Volumseinheit
S ^ x^ + ^2 + ^8 ^^ 9 ®^ ^^^^ ^® ^^^® Energie | für isotrope
Körper gegeben durch:
f 2| = c, J» + c,[2(:r,» + V + ^8*) + V + ^5* + ^eT
wobei:
^ E u
'2 2(1 +fi)' ^ 1 +/U 1 - 2/u
ist und E den gewöhrdich so genannten Elastizitätsmodul, c,
den Torsionsmodul, also jti das Verhältnis der Querkontraktion
zur Längendilatation vorstellt. Es ist in aller Strenge die
Entropie:
öf
d(h X2 I ^öi
Dieser Ausdruck gleich Null gesetzt liefert die Temperatur-
änderung r für eine adiabatische Deformation. An der Hand
dieser Formel hat W. Voigt die Torsion eines Kreiszylinders
behandelt ^]
Die Druckkomponenten erscheinen unter der Form:
1) 1. c p. 331.
Thermische Änderungen der Elcutiizitätskonstanten, 557
Aus der freien Energie | erhält man das sogenannte zweite
ihermodynamische Potential ^ durch die Beziehung: ^ = |
+ (Zj jTi + . . . + -X;, ar^) oder
wobei
le k
ist und die «^^^ Elastizitätsmodule heißen. Die Entropie S er-
gibt sich aus:
femer ist
J^i, = +
dX»
und die spezifische Wärme yx der Volumseinheit bei konstanter
Spannung:
Für isotrope Körper werden die Formeln wieder einfacher;
es wird dann:
r 2 f = - 5, [A-, + JX3 + ^]« - s, [ J (X,» + A,« + A3«)
^^ \ +A,» + V + A3T + 2aT(A, +A3 + A3)- ^-r,
worin a den linearen Ausdehnungskoeffizienten darstellt und
iL — ÜL+if) — 1 - i^
* = *! +i*2 = :g-
ist
Für die Ekitropie 8 gewinnt man den im folgenden aus-
schlieSlich angewandten Ausdruck:
5 =. i {.,' {X,+X, + A3)» + \ ,/ [(A,* + A,» + A3>)
+ 2(A,« + A,* + A,^])-a(A,+A,+A3)+f^T,
wobei der Kürze wegen
(4)
558 A, Wassmuih.
gesetzt ist
Als allgemeineres Beispiel diene der Fall, daß ein iso-
troper Körper unter einen allseitig gleichen Normaldruck p
gebracht werde, so daß Xj=J52 = -Xg=sp, ^^=^ = ^=0
wird, dann ist fQr die adiabatische Kompression:
5=|p«[3V + iV] - 3«p + ^T = 0
oder die Erwärmung x gegeben durch:
d. i.
(5) ^T = 3a7. + |p*
3 1 bE 1 1 de,
E E dT c, c^ dT
Berücksichtigt man nur das erste Glied, so erhält man
die gewöhnliche Formel; nur bei sehr hohen Drucken käme
das zweite Glied in Betracht So ist z. B. für Eisen nahe:
E= 21000 kg/mm», c^ = 7000,
1 dE 2,25 1 öc, 8,035
E dT 10* ' c, ÖT 10* '
also das zweite Glied verschwindend klein.
Von den Formen der elastischen Körper, die überhaupt
in Betracht kommen können, empfehlen sich schon aus prak-
tischen Gründen die von Stäben oder Drähten mit einem Quer-
schnitte, dessen Dimensionen gegen die Länge des Stabes
klein sind, das ist also der Fall des von Saint-Venant be-
handelten Problems. Wir denken uns demnach einen geraden
zylindrischen Körper, auf dessen Grundflächen (Enden) irgend
welche Druckkräfte wirken sollen; die Mantelfläche sei frei
von Druckkräften. Zwischen den einzelnen Längsfasem ist
dann überhaupt kein Druck; sie sind voneinander unabhängig.
Der Einfachheit wegen werde angenommen — die Verall-
gemeinerung ist leicht — , daß der Querschnitt ein Kreis sei
Die Achse des Zylinders sei zur z-Achse gewählt
Dann gelten bekanntlich^), wenn gleich die Voigt sehen Kon-
stanten eingeführt werden, die Formeln: X^ =^ = X^ = 0 und
1) G. Kirchhoff, Mechanik p. 408. 1897.
(6)
Thermische Änderungen der Eiastizitätskonstanten, 559
3<5i+2c, 2 ^
■ * ^2 3ci+2c, 2 ^
"^ 8 8c, +2c,
l^i+.3^(Äl^y2)_^2
Die Konstanten a, a^, a^, b^, b^, c lassen sich leicht aus
den Eomponentensummen und Drehnngsmomenten der Druck-
kräfte^ die auf ein Ende wirken, berechnen. So ist z. B.:
(7) jj[xX,^yX^)dxdy^c.'lR^ etc.
Diese Werte %x X^y X^ und X^ sind demnach in den
Ausdruck für die Entropie:
(8) 5 = ij*'V + V(V+^^5')}-«^+ ?^
einzuführen; durch Nullsetzen der Form 8 erhält man dann
die Temperaturänderung r als Funktion von ir, y, z, die einer
adiabatischen Änderung entspricht. Diesen so für t ge-
wonnenen Wert wird man, da sich nur ein mittleres r eines
Querschnittes q beobachten läßt, noch mit dq ^ dx,dy multi-
plizieren, über den Querschnitt integrieren und durch q
dividieren.
Man sieht aber sofort, daß in dem so erhaltenen Mittel-
werte f im allgemeinen auch die Koordinate z vorkommen
wird, was eben besagt, daß für verschieden gelegene Quer-
schnitte (verschiedene z) ebenfalls verschiedene r und demnach
WarmeiirSmungen auftreten müssen. Es gibt indes FäUe, wo
alle Querschnitte desselben Zylinders gleiche Temperatur-
Snderungen erfahren. Solche spezielle Fälle sind:
L Dehnung. Alle Konstanten außer a sollen verschwinden,
d. L es sei X^ ra A^ = 0, -Xg = a, dann wird:
(9) y.4-«^ + w.-i-(i4l)-
Bleibt man beim ersten Posten rechts stehen, so erhält man
die gewöhnliche Thomsonsche Formel. Ist nämlich P der
560 A. Wasgmuih.
Zug am Querschnitte q, a das spezifische Gewicht, C die
spezifische Wärme der Gewichtseinheit, so wird:
-X3 = --^. y= Ca. 419,10», -^ = - i^rr^J —
^ jr ' '« ^ » /p 419,10*. ga
die bekannte Form, indem q a das Gewicht der Längeneinheit
vorstellt. Für große Zugkräfte käme, falls der Draht auch
da noch vollkommen elastisch bliebe, noch das zweite Glied
in Betracht; bei metallenen Stäben fiele dann, da hier
1 dE
E BT
negativ ist, die Abkühlung bei der Dehnung (bez. Erwärmen
beim Zusammenziehen) kleiner aus.
n. Gleichförmige Biegung, In diesem Falle verschwinden
alle Konstanten bis auf Oj, so daß X^ = a^.x, -X^ = ^ = 0
wird. Die Eonstante a^ bestimmt sich aus dem biegenden
Drehungsmomente M um die y- Achse, indem:
oder
^~ R*q' ^^ R*q ^
ist Hiermit wird:
and für die mittlere Temperaturänderung r erhält man wegen
fxdq = 0 und fx*dq = ^R*
Erfolgt die Drehung vom Momente M^ in das Moment Jl/^, so
ö4
ist wegen
* "" ÖT ""ÖT"" E\E dT )
die Temperaturänderung
Thermische Änderunpen der Elastizitätskonstanten, 56 t
Hat der Querschnitt y eine andere Form als die eines
fijreises^ so muß statt \n^R^ der Ausdruck 2q^x^^ genommen
werden, wo x den Trägheitsradius senkrecht zur Biegungsebene
vorstellt, der Schwerpunkt in der r-Achse liegt und die Haupt-
achsen des q als Achsen der x und y gewählt werden.^) Für
die Metalle ist
1 J^E_ _
E dt ^
negativ, demnach bringt nach (10) eine gleichförmige Biegung
eines Metallstabes eine Abkühlung hervor, was meine Versuche
bestätigten. Die Formel (10), zuerst von W. Voigt aufgestellt,
stellt demnach einen Zusammenhang zwischen der Abkühlung
19*^^ und der Änderung des Elastizitätsmoduls, d. i.:
_ \^ e E
^ "^ E dT '
dar, so daß € an der Hand der Voigtschen Formel, falls i?*^^
sicher gemessen wurde, berechnet werden kann. Diesen Weg,
« auf neue Art zu ermitteln, habe ich eingeschlagen^ und für
zwei verschiedene Stahlstäbe hierfür die Werte 2,62 x 10-*,
2,34 X 10-*, 2,45 X 10-* und 2,23 x 10-* erhalten, deren
Mittel 8,41 X 10-* von dem Mittel 2,29 x 10-*, wie es
die Beobachtungen von Katzenelsohn (2,33 x 10"*) und
Cl. Schäfer (2,25 x 10-*) für Eisen lieferten, um weniger als
5 Proz. abweicht Versuche mit Stäben aus anderem Material
sollen noch folgen.
HL Torsion, Ein weiterer Fall gleichförmiger Temperatur-
änderung bietet sich schließlich dar in der Torsion eines Stabes,
wobei alle Konstanten in 6 bis auf c verschwinden. Es wird:
Durch Multiplizieren mit 2nQdoy integrieren und dividieren
durch R^n findet man hieraus:
1) R. Clebsch, Elastizität p. 108.
8) A. Wassmuth, Wiener Ber. 112 (IIa\ Mai 1908; Ann. d. Phys.
lt. p. 188. 1904.
36
562 A. Wassmuih.
Nun ist das am freien Ende wirkende Drehungsmoment N
SO daß sich schließlich wegen s^^lfc^ ergibt:
Dieser Ausdruck fällt vollständig zusammen mit jenem,
den ich 1889^) fiir die Abkühlung von tordierten Metalldrähten
aufstellte und durch Versuche') bestätigt fand. Nennt man
nämlich to den der Länge / entsprechenden Torsionswinkel^
m das ganze Gewicht des tordierten Zylinders, C die spezifische
Wärme der Gewichtseinheit, so ist:
und es wird:
■"-<-»•» 2 /
(12)
Cm - n
T 4 2
\c, dT J l
die von mir veröfi'entlichte Form.
Für andere, jedoch symmetrische Querschnittsformen treten
auf den rechten Seiten von X^ und X^ noch gewisse Funktionen
von X und y hinzu; der Ausdruck für r wird verwickelter,
doch bleibt r in der ganzen Länge des Stabes konstant
Die Gleichung (11) oder (12), die in anderer Art auch
von W. Voigt abgeleitet wurde, gestattet ebenfalls aus dem
beobachteten r die Änderung des Torsionsmoduls
^^ 2(1 +/u)
mit der Temperatur, d. L
zu ermitteln. Meine Versuche mit tordierten Stahlstäben er-
gaben gute Übereinstimmung zwischen Rechnung und Be-
obachtung, falls fiir rj die von Katzenelsohn gefundene Zahl
3,10, die der neuestens von CL Schaefer gegebenen 3,035
nahe kommt, genommen wurde.
1) A. Wassmuth, Wiener Ber. 98 (IIa), p. 1897. 1889.
2) A. Wassmuth, ibid. und Wiener Ber. lll« Juli 1902.
Thermische Änderungen der Mastizitätskonsfanten, 568
Aus dem in II und III Dargelegten folgt:
Beobachtungen der Temperaturänderungen bei der gleich^
formigen Biegung und der Torsion von Stäben geben somit die
Mittel an die Hand, die thermischen Änderungen des Blastizitäts-
moduls und die des Torsionsmoduls, d. L s und rj und somit
auch dfAJdT — ohne Strukturänderung — zu bestimmen.
Als eine nicht uninteressante Anwendung der dargelegten
Methode möge eine Anzahl von Versuchen dienen, die ich mit
einem zylindrischen Stabe aus Hartgummi vom spezifischen
Gewichte 1,325 und der Dicke von 5,1 mm zur Ermittelung
der Änderung seines Elastizitätsmoduls JE mit der Temperatur
ausf&hrte. Der Stab lag auf zwei festen Schneiden, deren
Distanz 2ti = 14,2 cm betrug, auf und wurde durch gleiche,
an seinen Enden nach abwärts wirkende Zugkräfte p, von denen
jede am Arme von 5,2 cm mit einem Momente M drehte,
gUiehß'rmig nach oben gebogen. Mit Hilfe einer Marke am
Stabe und einer spiegelnden Skala ließ sich die Pfeilhöhe h
bestimmen. Die Biegung wurde in der Art bewirkt^ daß die
Ekiden des Stabes durch Darmsaiten mit einem Winkelhebel,
dessen Drehung an einem Kreisbogen G G markiert wurde, ver-
bunden waren (vgl. die Figur in der zitierten Arbeit). Die
Zugkräfte p wurden dann nachträglich durch direktes Anhängen
▼on Gewichten bestimmt
Den Sinn und die Größe der bei dieser Biegung auf-
tretenden Temperaturänderung wies ein feines, in der Mitte
des Stabes angebrachtes Thermoelement aus Eonstantan und
Eisen, das mit einem, sehr empfindlichen Galvanometer von
Keiser & Schmidt durch dünngewalzte Kupferstreifen
(zur Verhütung der Deformationsströme) in Verbindung stand,
auf; es wurde das Hauptaugenmerk darauf gerichtet, den
Gtosamtwiderstand r (Thermoelement + Galvanometer) recht
klein zu machen; in der Tat war r := 0,4315 Ohm. Die Be-
festigung des Thermoelements geschah in der Art, daß der
Hartgummistab zuerst in ein mit einer seitlichen Öfihung ver-
sehenes Glasrohr gebracht und hierauf in einem Thermostaten
durch mehrere Stunden so lange erwärmt wurde, bis sich das
Thermoelement, dessen beide Drähte durch Atzen verdünnt
und etwas umeinander verdreht waren, leicht durch die Öffnung
des Glasrohres in den Stab einfügen ließ. Auf diese Art blieb
86*
564
A. WassmuÜi,
beim Abkühlen der Hartgummistab gerade und das Thermo-
element steckte ungemein fest in der Mitte. — Mehrere Papp-
deckeln und Watte schützten den Apparat vor Luftströmungen.
Es ließ sich nun zweifellos nachweisen, daß bei diesem
Hartgummistab eine Verstärkung der Biegung mit einer Er-
wärmung und umgekehrt eine Verminderung derselben mit einer
Abkühlung verbunden war.
Wurde z. B. die Mitte des Stabes resp. das Thermoelement mit
einem heißen Eisenstück berührt , so ging die Nadel des Galvanometers
auf dieselbe Seite, wie bei der Belastung der Stabenden ; eine Abkühlung
der Stabmitte brachte einen entgegengesetzten Nadelausschlag in der
Richtung, wie ihn die Entlastung lieferte. Solcher Proben wurden
mehrere durchgeführt; ein zweites, frei eingeschaltetes Thermoelement
bestätigte das Gewonnene.
Bei diesem Hartgummistabe mußte demnach der Elastizitäts-
modul mit der Temperatur zunehmen oder es mußte
1 dE
6 =
E dT
posiäv sein. Nun wurde versucht, auch den Betrag dieser
Größe 6 festzutellen.
Aus den in der folgenden Tabelle wiedergegebenen Ver-
suchen vom 23. Juli 1903 ließen sich zuerst die Temperatur-
änderungen 0- berechnen nach den Formeln:
X, = 0,56 (X, -x,\ X=A^X, und & = ^^ySt'
Zeiger am
Gradbogen
Nr. des
Versuchs
1
Erster
Ausschlag
Ä
Erste Distanz
der Umkehr-
punkte
X - Xq
^0
X
&
160—140
I
15,8
14,7
8,23
7,57
0,001690
H'»— 15,8*
II
12,8
12,5
6,98
5,82
0,001300
160— 13*
ni
24,5
23,6
13,22
11,28
0,00252 0
130—15,30
IV
21,8
19,4
10,86
10,94
0,00245 0
160—120
V
32,8
32,1
17,98 ! 14,82
0,00324 0
120—15,70
VI
26,4
24,0
13,44
12,96
0,002900
160—110
VII
40,8
39,1
21,90
18,90
0,00422 0
110—15,70
VIII
36,8
31,4
17,58 19,22
0,004300
160—100
IX
51,5
50,3
28,17 23,33
0,00521 0
100—15,50
X
40,8
' 35,8
20,05 20,75
0,004640
160— 90
XI
60,3
58,0
32,48
27,82
0,00622 0
90—10,70
XII
50,3
48,5
27,16
23,14
0,000170
Thermische Änderunf/en der Elastizität shonstanten, 665
Es ließ sich ferner aus dem rechts wie links wirkenden
Drehungsmomente üf = p x 981 X 5,2 und der Pfeilhöhe A, da
h
Ar= 2Ena^
(2uf
ist, der Elastizitätsmodul E bestimmen. Mit 2 i? = 5,1 mm
=■ 0,51 cm, 2 tt = 14,2 cm wird
log^ = log^ + 4-0,1196
und es ergab sich:
05
14 •
12»
10«
9«
Pfeilhöhe Ä in
Die rechts
cm über der
wie links
log ^
Horizontaleo
ziehenden
log ;if
log E
durch die ! Gewichte
fixen Punkte
p in gr
E.IQ"
10
0,154
0,240
0,330
0,415
0,450
133,4
5,8329
6,6454
260
6,1227
6,7425
309
6,1977
6,6792
365
6,2700
6,6519
405
6,3152
6,6620
10,5258
10,6229
10,5596
10,5323
10,5424
3,856
4,197
3,627
3,407
3,487
Mittel 3,615
Es fand sich demnach für den Elastizitätsmodul E der
Mittelwert:
E = 3,615 . 10 ^^ C.G.S. = 368,5 kg/mm».
Zur Eontrolle dienten Beobachtungen über die PfeüUefen
h, welche zwei weitere, mit ihren Enden frei aufliegende Hart-
gommist&be derselben Fabrik bei einer Belastung P in der
Mitte aufwiesen. Der Elastizitätsmodul E bestimmte sich
dann nach der bekannten Gleichung:
~ h '
^= T2nf^
Für den ersten Stab war die Länge / = 240 mm und die Dicke
2rB7^44mm und gehörten zu den Gewichten P 0,b, 1,0,
2,0 kg die Pfeiltiefen h 2,'), 6,0, 13,1 mm, woraus sich für
E die Werte 330, 319, 292 kg/mm* ergaben.
Der zweite Stab hatte die gleiche Länge von 240 mm,
eine Dicke 2 r s 6,22 mm und entsprachen den Zugkräften P
▼on 0,6, IjOkg die Pfeil tiefen h: 5,9 und 13,1mm, woraus für
E die Werte 332 und 299 kg/mm^ folgern.
566
Ä. Watsmuth.
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Thermische Änderungen der Elastizitätskenstanten, 567
Um zu sehen^ wie sich andere Hartgummistäbe in dieser
Hinsicht verhielten, untersuchte ich auf gleiche Art noch einige
Stäbe, die ich der Gefälligkeit der ^^ungarischen Gummiwaren-
fabriks-Aktiengesellschaft in Budapest'^ verdankte.
Ein Stab (Qualität HNll) von der Dicke 2a = 4,89 mm,
dem spezifischen Gewichte <7==1,27, dem Elastizitätmodul
312 kg/mm' wies ebenfalls einen positiven Wert der Größe
6 =a
1 dE
E BT
auü Die Temperaturänderungen & bestimmten sich hier aus:
und ergab sich:
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Gradbogen
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schlag
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Erste
Distanz d.
Umkehr-
punkte
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Mittel
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2,4
1,34
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14,5— 16,0 <>
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0,95
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15,3— 11,8 <>
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3,36
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11,8 — 15,3«
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15,0—11,0«
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11,0—15,0*
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4,93
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15,0 — 10,0 <>
9
10,8
9,4
5,26
5,54
0,00330«
10,0— 15,0 •
10
9,4
8,8
4,93
4,47
0,00266«
15,0 — 10,0«
11
12,3
11,7
6,55
5,75
0,00342«
10,0—15,0«
12
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4,45
0,00265«
I
0,00081
7Q 0
0,00173
0,002G2 «
0,00301«
Aus dem bekannten Werte des Elastizitätsmoduls E und
den beobachteten Pfeilhöhen h ließen sich femer die ange-
wandten Drehungsmomente M berechnen und hiermit aus der
Voigtschen Formel a bestimmen. Es wurde erhalten für
die Biegung entsprechend der
Drehung von 16« auf 11,8« « = + 36,4 x 10~*
+ 36,6 X 10-*
+ 33,5 X 10-*
>»
»,
16«
16«
>i
„
11,0«
10,0«
8
c
568 A, WcLSsmuth. Therm. Änderungen d, ElastizitäUhanstanien.
somit fand sich im Mittel für diesen Stab: 6 = +85,5 X 10~*
(die den Biegungen 16 S 11,8«, 11,0^ 1 0,0 <» zugehörigen Werte
der Pfeilhöhen h waren: A = 0,14, 0,33, 0,38, 0,42cm).
Diese zwei Hartgummistäbe verhielten sich demnach
zweifellos auch bei wiederholten Versuchen entgegengesetzt wie
die Metalle, indem für beide 6 positiv ausfiel. Bei einigen
anderen Stäben ergaben sich indes auch negative Werte für
6 und bei einem Stabe war die Änderung des Elastizitäts-
moduls mit der Temperatur fast Null zu setzen. Worin diese
Verschiedenheit begründet ist, läßt sich heute noch nicht er-
orkennen.
(Eingegangen 26. September 1903.)
569
72. The Propagation of Waves through
dispersiye Media.
By Arthur Sohuster in Manchester.
1 . When a group of waves passes over a sheet of water,
the group as a whole is propagated wiih a velocity different
from that of the waves. The subject has been investigated
mathematically, by Osborne Reynolds, Stokes^ and Lord
Rayleigh. The latter drew attention to an important optical
application, and showed that if the velocity of light is de-
termined experimentally in a medium in which different
wavelengths are not all propagated with the same velocity, it
is the ^'group velocity" that is really measured.
Some misunderstanding seems however to exist as to the
real nature of the phenomenon^ which is sometimes spoken
of as if the group moved forward as a whole without change
of shape. It may be of interest therefore to follow out in
detail a particular case in which the whole process of the
wave propagation may be calculated.
2. I imagine a medium in which the wave velocity v, and
the wavelength X ^ 2n j x are connected by the relation
(1) v^u + ßjx
where u and ß are constants.
A displacement t/ = (p(x) may by Fourier's Theorem be
put into the form
OD +00
(p{x) ^ — l d X l d a (p [a) cos x (a: — a) ,
- 00
where the right band side may be considered to be the limit
of a sum of sinusoidal displacements. If these are propagated
with a velocity v, the displacement at time / is
00 + cc
(p(x, t) ^ - l d X l d a (f [a) cos x{x •— a — vt).
0 -X
570 A, Schuster,
If we Substitute | = jr — w ^, v being a constant, the result
of the Integration is seen to be simply (p{x -- vi), which re-
presents the well known law of propagation of a disturbance
in a medium shewing no dispersion. In the case we are
considering now, in which v = u + ß J x the Substitution
I = a: — M ^ gives
00 +00
(p{x, ^ = — j dx jda(p{a)coslx{^ — a) — ßt],
0 +00
Let
OO +00
(2) V (S) = v/'' */'' " f (") "" *(!-«)
0 - 00
the right band side being Fourier's integral, with the
difference that the cosine function is replaced by the sine
function.
The above equation then becomes
(p{x, t) ^ (p{x -- u t) cos ßt + %p{x -^ ut) sin ßt,
This equation gives the law of propagation of any
disturbance, travelling through a medium, in which the law (1)
holds.
After successive intervals of time equal to 2;r//S, be-
ginning with t =^0. the displacement takes periodically the form
(p(x ^ ut)
which gives the original shape shifted through a distance
2nulß,
At these instants of time, the group of waves has the
Position it would occupy if it had moved with a velocity u
without change of shape. But at intermediate times, there is
no such simple displacement of the group. At a time nfß,
the displacement takes the form
— qp (a: — w ^)
which represents a complete reversal. At the time jr/2/9,
the displacement is
\/j{x -^ ut)
and in general, cannot be calculated more definitely unless the
fiinction (p' can be evaluated.
Propagation of waves. 571
I had obtained the above results a good many years ago,
bat did not publish them^ as I hoped to be able to find some
examples wbich could illustrate the mathematical equations.
In this I was unsaccessfal^ until recently my coUeague,
Professor H. Lamb, supplied me with two cases in wbich the
integrals could be found, and wbich fumish interesting
examples of wave propagation.
Ex. 1.
If
the Integration indicated in equation (2) may be performed,
and it is foand that
W [X] = — r- -i- .
£x. 2.
K
(jp (z) = 1 for ar* < t*
= 0 „ x>>r>
it may be shewn that
3. To apply the first example, we consider a displacement
I«
er, writing y ^ x jr
_ 1
The curve of the displacement is represented in Fig. 1,
while the function
is shewn in Fig. 3.
The propagation of the wave shewn in Fig. 1 may now
be followed in detail The displacement is determined by the
equation
T* C08 ßt x{x — ufJBin ßt
{X -Uf)* + T* "^ (05 - t« 0" + T*
or, if
672
A. Schutter.
Fig. 1 to 9 represent a complete cycle illustrating the
change of shape of the wave. To follow its propagaüon, it
/
\
■■■' ■
TTT-;
J
\
^^^
m.1.
9 =
ff
¥
r- \
1
>
\
\
¥
s
!7
J
N
Ji0,2.
>>
r
JfyJ.
J
X
^.v.
"
\
/
^s.
^
/
\
/
i^e.
A
/
-
_^
i
y
Fig,!,
/^
^
-^
r
\
FLff.S,
1
V
/
\
Ftff,9.
mu8t be imagined that successive figores are shifted tfarough
distances corresponding to the group velocity u,
It will be noticed that in Fig. 2 the maximum of the
wave is shifted to the right, and has moved forward therefore
PropagatUm of waves. 573
with a velocity greater than that of tbe group velocity, at the
8ame time a minimum has appeared at / =: — 2,4. This
minimum moves forward until, when cos ßt^^l (Fig. 5), it
occupies the central position. In the mean time, the maximum
has moved away towards the right. with increasing velocity to
iofinity.
Figs. 6 to 9 shew the gradual re-establishment of the
original shape.
4. The condition for the maximum or minimum of the
displacement
C08 ßt •\- f Bin ßt
redaces to
-' 1 + r*
(1 -y»)8in/9^= 2y QO%ßt
or to
(4)
y = tan \ßt for the maximum,
and
= ~ cot \ßt for the minimum.
The abscissa of the maximum is
= W/+ T ian^ßt
and the velocity of propagation of the maximum is therefore
ti + \ß sec* ßt
which is always greater than the group velocity.
The Ordinate of the maximum is obtained by putting the
Talue of y from (4) into (3) which yields
Similarly the minimum is
- TT^r = - sin* J /9 / .
The sum of the height of the maximum and the depth of the
minimum is therefore constant
5. Figs. 10 to 14 illustrate the second example. This
case possesses only mathematical interest. Owing to discon-
tinoity of displacement, the wave rises to infinity at two points,
and these points move forward with the group velocity.
The iigures only shew the first half of the cycle through
which the disturbance passes, the manner in which the original
574
Ä, Schuster*
shape re-establishes itself in the second portion of the cycle
may be seen if the figoros are looked at in the inverted
Position.
Fig.10,
j
/
v_
fig^it
^
J
v^
Itff.t2,
(
^
Fig,13.
^
)
f
Hg,f¥.
6. It has been assumed in the above that the law of
dispersion is that represented by equation (1), but in the
general case, we may still apply the same method, when the
group of waves is made up of elementary waves which are all
of nearly equal length. A new proof of the mathematical
Propagation of waves, 575
expression für the group velocity^ which is more general than
the one usually gi^en, may ihus be ohtained.
Let all waves diifer infinitely little from X = X^, Then
the velocity for tho ränge of wavelengths concemed, may be
expressed by
= (''-^-äi).= ;, + MJl)^ = 4
~\ dljk^x^ »\ du) H^w.'
This agrees with (1) provided that
I) dv
dn '
where on the right band side those values of
^ dv ji dv
X, X. -^-^ and ^^ ,
must be introduced whicb belong to the wavelengths of which
the group is made up.
It foUows that u is determined by
^ dv , dv
dl dx
__ dxv
"■ dx
which gives the well known expression for the group velocity.
(EiDgegangen 26. September 1903.)
576
73. Oü Donble Befraction in Matter moYing through
the Ether.
Bj D. B. Braoe in Nebraska.
The Fitzgerald-Lorentz^) "Contraction" Hypothesis to
explain the negative results of the Michelson-Morley*) ex-
periment of interference between two rays at right angles and
parallel to the earth's motion seems to have been made im-
probable by the negative results ofRayleigh') on the double
refraction of a medium at right angles to the earth's motion.
As his observations give a margin of 50 times for a liquid
and 1^5 times for a solid ^), no extension seems desirable from
this Standpoint.
The Suggestion of the "contraction hypothesis*' by con-
siderations in regard to intermolecular forces analogous to the
interaction, through the mediation of the ether, of electric
and magnetic forces, is certainly plausible enough to Warrant
further examination aside from the insufficient explanation of
the anomaly for which it was first put forward. That the
intermolecular forces are not altered by a factor many times
less than that determined by Bayleigh is found to be the
case in the medium used.
Two arrangements suggest themselves, the one, a System
rotating about a vertical axis, the other a similar System
rotating about a horizontal axis so as to shift the plane of
polarization from a position at 45^ to the earth's orbital motion
through an angle of 90^. In the matter of simplicity, sen-
sibility and stability the latter method would be preferable.
However, the first arrangement was selected for the pur-
1) Fitzgerald -Lorentz, Versuch einer Theorie. Leiden. 1895.
2) MichelsonMorley, Amer. Jour. of Sei. (3) 34. p. 383. 1887.
3) Rayleigh, Phil. Mag. Dec. 1902.
4) The margin as given by Rayleigh is really twice too great,
since he has taken (10-*)« instead of (10-*)V2.
On double refraction.
577
pose of utiliziDg the same mounting for other experiments.
A heavy beam was pivoted between the floor and ceiling so
as to carry a trough with its horizontal axis intersecting tho
pivotal axis. This System could be rotated continously so as
to bring it into any desired position. This trough was 413 cm
long, 15 cm wide and 27 cm deep on the inside and built up
of 6 cm planking in Order to give sufficient stability to the
polarizing and mirror Systems which it carried.
In Order to obtain sufficient intensity through the total
colnmn, 2856 cm of water used, sunlight was so thrown into
the trough as to keep its path the same whatever its position.
The lens 1 (Fig. 1) of about 2 M focus converged the sun's
rays, from a carefiiUy adjusted heliostat, within the nicol 4,
alter reflection from 2 and 3. The diverging beam was then
Buccessively reflected from mirrors 5, 6, and 7 upon the con-
cave mirror 8. The radius of curvature of this latter was
about 15 M and was mounted, as were the other mirrors,
upon brass plates containing adjusting screws fastened to the
ends of the trough. The axis of the reflected cone was dis-
placed in a horizontal plane so that the retum ray passed
through the analyzing System 9 — 11 placed to one side of the
polarizer.
The lens 12 converged the light, which would other wise
haTe come to a focus at a distance of about 2 M beyond, to
the eye 15 at a distance of 25 cm from 9. Thus the eye
could observe 9 directly or by means of the telescope 14.
Both the heliostat mirror and the lens 1 were diaphragmed
down so that the aperture of the cone of rays was slightly less
BottoMDii-FMtoehrifL 87
578 D, B. Brace.
than that of the mirror 8 whose aperture was about 15 cm.
This prevented diffused light from the mirror and the water
reaching the nicol 1 1 to any serious extent and also aided in
the adjustments of the mirrors so as to keep the rays fixed
when the trough was rotated. The total reflecting prism 2
was carried by an universal mounting passing through a rod
forming the Prolongation of the axis about which the System
rotated. By properly shifting 1 and 2 the ray 2 — 3 could bo
brought exacüy in the axis of rotation so that when the trough
was rotated the return ray at 9 remained at a definite point
in the field of view. 3 and 4 were then shifted until the ray
pässed through them symmetrically. Any change in the
direction of the incident ray at 1 would of course cause a
shift but by properly regulating the heliostat this could be
avoided. However, with such a long optical lever slight irre-
gularities might occur after a rotation, but these were always
compensated for before observing the field of view by adjusting
2 until the beam of light occupied the exact position it did
previous to rotation.
The polarizing nicol was either one with ends normal to
the ray or, if of the ordinary type, mounted in a cell with
thin Cover glass ends so as not to affect the ray when the
System was under water. The analyzing nicol was a Glan-
Thompson of 15 mm aperture. The analyzing and polarizing
Systems together with the prism s and lens were mounted within
tubes to prevent access of the water and upon a common
cross-piece fastened to the trough. By adjusting 8 the cone
of rays could be sent into the analyzer symmetrically so as to
tili completely the field of view. The principal planes of the
nicols were crossed and at 45^ to the vertical plane. A
metal diaphragm was placed lengthwise between the entering
and the emerging rays and between the mirror 5 and the
polarizing System so as to prevent scattered light reaching the
analyzer.
A delicate method, a detailed description of which I give
elsewhere, was used for observing the slightest trace of double
refraction. 9 was a thin strip of mica which I will designate
as the sensitive strip of order A/100 = 0,0012 mm thick
cemented with Canada Balsam between two thin cover glasses
Or double refracHoR,
withont double refraction, (he latter being cemented to a brasa
ring csrried hy an arm extending from a coUar slipping over
the brass coutaining tube of the nicol. This collar carried an
arm witb tbe scale divided into some 60 diviaions representing
half degrees. 10 was a similar thin section of mica nf order
A/20 approx,, or 0,000 mm thick, cemented similarly and
coveriog nearly the entire aperture of the nicol 11, This aystem
wbich I will designste aa the "compensator" was mounted
OD a collar slipping over the nicol betweeu the collar aud
Strip of the first aystem. This had an arm for rotating and
also a pointer passing over the acale referred to.
In the adjustmeuta 2 was moved until, when the trough
was rotated completely around, tbe ray as seen on a white
mark did not shift. Water which had been beated to drive
out air and prevent minate bubbles forming in it and upon
tbe mirrors and thna causing ditfuaed ligbt was tben Howed
into the trough until it covered the aualyziog and polarizing
Systems. This usually caused a shift of the raya and 2 was
again adjnsted until the spot of ligbt remained fixed when the
trough was rotated. 8 was then adjusted until the retum
rays paased tbrougb the anaiyzer so as to give a unil'orm tield
of view when examined directly with tbe eye through a small
circular aperture or by means of the telescope 14, The light
ftfter its passage tbruugb this 3U naetera of water nppeared a
beauüful ligbt greea tinL With the mica sections removed
the nicols were adjusted for extinction wbicb was fairly com-
plete. Tbe senaitire strip 9 was then tbrown In and rotated
to extinction and then turned through 45" so as to bring its
principal axis at 45" to tbe principal plane of the anaiyzer.
10 was then placed in position and turned until tbe field on
each side was of tbe name intensity aa that of tbe sensitive
strip. The eye thus aaw tbe fietd of viow illuminated uni-
formly witb greeu light in tbe neighborhood of thia sirip. The
alightest trace of double refraction in the direction desired
wonld at once make itself evident in the relative increase or
diminution of the light from the strip.
Tbe conditions of maximum aensihility in Photometrie
comparisons, namely a vanishing line and a uniform tield, was
tbos attained. Ä small piece of glass compressed vertically
^
580 -D. B, Brace.
to the slightest degree with the fingers placed afber the
polarizer 4 showed a sharp change of intensity at this boun-
ding line. A match could be immediately obtained by rotating
the compensator 10. By noting the position of the pointer
for a match and then shifting the same until such a change
could just be detected, a measure of the sensibility of the
System could be obtained. This angle was found to be 0^2^
under favorable conditions. At each Observation the sensibility
was determined. A match was obtained with^ say the trough
in the meridian at noon, this was then tumed through 90^
into the direction of the earth's orbital motion. The position
of the retum image at the polarizer was noted and if it had
shifted in any way it was brought back by the adjustment of
2 into its initial position and then the iield of view examined.
In no case could a change be observed^ i. e. there was still
a match indicating no double refraction. Various positions
are taken in and at right angles to the meridian with the
same result. Hence, we may conclude that to this order of
sensibility there is no double refraction in the water due to
its motion through the ether. It is evident that a rotation
of the plane of polarization due to the earth's field of force
would not affect this match^ as both portions of the field would
vary in intensity by the same amount To make sure of this
the trough was rotated through 180^ into the meridian so as
to reverse the direction; but no eflfect could be observed. It
is evident that since the rotation due to a magnetic field is
always in a definite direction and independent of the direction
of the ray, that such a rotation of the plane of polarization
would be reversed with respect to an observer moving with
the trough. Hence, this could not mask any effiect due to
double refraction.
A second check was made with a cell of turpentine
1^6 mm thick whose ends were made with thin cover glasses
without double refraction which would give a rotation of about
0,5^, while if we take 0,015** as Verdet's constant for
water and 0,2 as the earth's field and a length of 30 M we
find about 0,15^ for the rotation. On inserting this cell after
the polarizer, no effect could be detected.
In Order to determine the relative retardation which
correBpooda witii a given rotation oi' the compensator, the
polarii^mg and aoalyzing Systems were dismounted and placed
Oll a Support with their optic axis in line. The syatem was
illuminated by an acetyleno tiame the Hjjht from which passed
through green glass or celluloid of about the same tiiit as
tbat ohtained at'ter passage through the water. The sensitivo
atrip, compensator, a quarter wave plate mouuted ou a ver-
tical circle and a vertical strip of glass capable of carrying a
weight, and, in addition, a microineter screw carrying two
horizontal cross wires in front of a horizontal strip of glass
held within a clamp so as to prodtice a flexure, were arranged
to be placed in the path of the light. The order of the micii
quart«!' wave plate was found to be approxiniately Jl/4 for
green light X = 0,0005 mm by comparison in the usual way
with a quartz or aelenite wedge.
With the nicols crossed and the plane of polarizatiou at
45° to the vertical, the circle carrying the quarter waye plate
was adjusted uutil the light was extingutshed and the meau
of its positions for a number of settings noted, The sensitive
Btrip was theu throwu in with its asis at 45" to the plane ot
polarization and after that the conipensator which was set for
a match. By rotating the quarter wave plate this match was
destroyed, but by rotating the conipensator this could again
be obtained. In this way the rutardation of the uompensator
could be at once delermined in terms of that of the quarter
wave plate. Thus, a rotation of 5" of the compensator
corresponds to IB' of that of the quarter wave plate. It was
found that the rotation of the compensator was proportional
to that of the quarter wave plate approximately for these small
sngles.
A farther comparison was made with the vertical crowu
glass Strip. This was 13 mm wide and 2 mm thick. The
qaarter wave plate was removed and this strip iuserted instead
and a setting made with the compensator. Od adding 2U0 gms.
a match was obtained on rotating the compensator through
2,5*", From this can be calculated the relative retardation
produced in glass per unit weight and unit width. Anolher
comparison was made with white light from the acetylene tianie
direct by removing botb strip and compensator and inaerting
582 B. B, Brace.
the micrometer and horizontal glass strip in addition to the
vertical glass strip. When the clamp for producing flexure
was screwed up a horizontal black band appeared between the
two cross wires. For one flexure^ where the band was quite
distinct^ 500 gms. on the vertical glass strip gave a reading
of 36 on the micrometer screw and 200 gms. gave 14 thns
showing the proportionality. A moment of the cross wires,
just sufficient to observe a shift, gave a reading of 12, which
was the sensibility of the System for that flexure. On re-
leasing the screw until the flexure was so far reduced that the
band was barely visible 200 gms. gave a shift of 28 divisions
and 100 gms. gave 11 divisions as near as could be observed,
and this was the smallest weight which could be observed to
produce any double refraction. A direct shift of the cross
wires gave 13 divisions as the sensibility. üsing direct white
light and the sensitive strip and compensator 0,P rotation of
the latter could be detected, thus giving it a sensibility of
^ X 0,1 = 8 gms.
or 12,5 times that of the band under similar conditions of
light intensity and adjustment. ^) With greater intensity and
more careful adjustment higher sensibility could be obtained
by both methods. In fact Bayleigh using lime light and a
black band has been able to detect a weight of 25 gms. on a
vertical glass strip 15 mm wide or a sensibility over four
times as great.
From the above data we may calculate the least change
in the index which could be observed if the water had become
doubly refracting. If ö is the angle which the plane of
polarization makes with one of the principal axis of the mica
then the component vibrations or the principal axis of the
resultant ellipse in the quarter wave plate are in the ratio of
tan d to 1. For small angles then the ratio of the change
of phase to the total or A/4 is proportional to the angle 6.
Thus 1® rotation of the mica gives
45 4 180 '
1) A comparison with a Bravais sensitive tint biplate gave 100 times
the sensibility for the sensitivestrip.
On double refractioii, 583
but 16' of the quarter wave plate was equivalent to 5" of tho
compensator, and as 0,2^ rotation of the latter could be de-
tected, this reduces to
approx. for green. The total patli of the light in the water
was 2856 cm. Taking its index as 1,33, tlie number of
waves is
0,00005 ''^ ^ ^" •
As 6 X 10"^ of a Single wave could be detected the fraction
of the total would be
6x 10-5 X ^1^. X 10-^ = 7,8 X
10
- 13
This represents the greatest di£ference in velocity or in index
between the two components which could exist referred to that
of water ^) for green light, X = 0,00005 cm.
Mascart^ has shown that in the case of water under
compression the increment in the excess of the index above
unity is nearly proportional to the increment of its density.
If in the movement of matter through ether an incrcase in
density in its direction took place, producing a change in the
natural frequency of the molecular Systems similar to that
which occurs in glass say, then to determine how great it might
be from these results, it is necessary to measure the increment
in phase which represents the sensibility of the experiment in
terms of the excess of the index above unity. This excess of
index is 1/3 while the index is 4/3, hence our limit should
be four times larger or 3,1 x 10"**. The greatest change
which could be expected is the difference between unity and
1/
r«
1 - -
where v is orbital velocity and V light velocity or
1) For carbon bisulphide Rayleigh obtained the corrcsponding
limit of 4 X 10-" for yellow light. His retardation was caiculated
firom Wertheim*8 results. This checks with the data obtaiucd above
as 200 gms. gave 2,5°, hence 25 gms. would give 0,31° or Id 13000 in-
staad of Zd/ 12000 which he gives.
2) £. Mascart, Optique T. 3. p. 613.
584 D, B, ßrace, On double refraction,
i^'r = i(10-r = 5xl0-»
or about 1600 times greater than the smallest e£fect which
conld be observed.^)
The efFect of the change of the order t?*/F* in the fre-
quency, on the index of the moving molecular vibrations
relatively to the ether Impulses in the direction of motion,
is far too small to be observed. Thus the index of water for
frequency 5,1 x 10^* is 1,334 and for 6,9 x 10^* is 1,341.
This gives for ä fractional increase in frequency of 4/3 a
fractional increase in index of 0,007 X 4/3. Hence, the
fractional increase in index due to a change of frequency of
Order 10-® is
^^~* X 9 X 10-3 = 7 X 10-25
4/8 X 10»*
while the smallest observable change was 7,8 x 10-^*. The
results of this experiment Warrants the conclusion that either
the ether moves with the imbedded matter or that the efFect
of the relative motion on the intermolecular forces and the
possible consequent relative change in dimensions are excee-
dingly minute.
üniversity of Nebraska Lincoln, Sept. 1903.
1) For carbon bisolphide Rayleigh carried his observations down
to 10 - " or about fifty times and for crown glass 3,3 x 10 - • or one
and a half times smaller than the contraction necessary to account for
the Michelson-Morley experiment
(Eingegangen 26. September 1903.)
585
74. Über die Beziehung zwischen
Barometerschwanknngen nnd Kontinnitätsgleichnng.
Von Max MaiguXeB in Wien.
Wir bezeichnen mit p^ p^ den Luftdruck in zwei Punkten
der Vertikalen am Boden und in der Höhe h, nehmen an,
daB die Differenz in bewegter gleichwie in ruhender Luft ge-
geben ist durch
h
(A) p = Po-rH=ffft^^^*
0
worin fi die Dichte in der Höhe 2 bedeutet Der Kürze wegen
setzen wir die Schwcrebeschleunigung ff konstant (Annahme B)
und betrachten den Boden als Ebene xy (Annahme C).
Aus der Kontinuitätsgleichung
dfi , djfiu) d(fiv) d (}i w) _ ^
dt "^ dx "^ dy "^ ö* ""
(n, V horizontale Geschwindigkeitskomponenten, w vertikale,
t Zeit) erhält man, wenn man den Faktor ff dz beifügt und
über das Höhenintervall 0 bis h integriert ; femer u, t) einftihrt^
durch die Definitionsgleichungen
h *
pU= jfffJLudZj pt)= IfffJLVdz
0 0
die Gleichung fllr die zeitliche Änderung von p
W "öi + -fx + -TT+fff^"^^ = 0.
Dies gilt allgemein ftbr jedes A. Für eine sehr große
Höhe woUen wir die Annahmen einftlhren
(D) Ph^O, (E) ^«r, = 0.
Dann ist p ^ Po der Druck am Boden, u, t) sind die
mittleren horizontalen Geschwindigkeitskomponenten in der
586 M, Margules.
Einheitssäule im Ort xy zur Zeit t Das Mittel ist derart ge-
bildet, daß die u, v jeder Schicht der Säule mit dem Gewicht
derselben Schicht genommen sind. Es folgt
eine Gleichung von derselben Form wie die Eontinuitäts-
gleichung der ebenen Bewegung. Man kann dafiir auch
schreiben, wenn
c die Resultante von u, D ist,
8 eine Kurve, deren Tangente im Sinn des wachsenden
Bogens in jedem Punkte die Richtung des c zur Zeit t
angibt,
Sn das Normalenstück zwischen s und einer bestimmten
Nachbarkurve s' derselben Art
^ ^ dt ön ds
Die zeitliche Änderung des p^ hängt ab von den örtlichen
unterschieden der c, Sn, p^ längs der Linie s. Den Einfluß
jedes einzelnen Faktors kann man leicht angeben:
Wenn längs s örtlich konstant sind
/>, und Sn (2i) ^= ^ Po^^
Po ^^^ c (2,)
^Po PoC ddn
dt ön d s
c und 5« f2,)^=-c^/^.
Nach den Voraussetzungen von (2j) sind die «-Linien
parallel und fallen in der Nähe des Beobachtungsortes mit
den Isobaren am Boden zusammen, oder sie liegen in einem
Gebiet gleichen Druckes. Um den Wert dcjds zu bestimmen,
der bei Druckänderungen nicht zu seltener Art eintritt, postu-
lieren wir, daß das Barometer um 1 mm in der Stunde steigt
und setzen /?^ = 760 mm Hg; dann ist
p- = - ^.— J — = - 10-'.3,65(sec"»)
da ' 760 3600 sec > v /
ds = 10^ m gesetzt gibt c?c = — 0,04 m . sec""^ Wenn die
resultierende Geschwindigkeit in einem Punkte der «-Linie
beständig um 0,04 m/sec größer ist, als in einem 100 km
stromabwärts entfernten Punkt derselben Linie und der Abfall
BarometerschwankuHgen und Kontinuitätsgleichung, 687
gleichmäßig, steigt das Barometer auf der ganzen Strecke um
1 mm in der Stunde.
(In derselben Zeit kann die Geschwindigkeit des Windes von
verschiedener Richtung, in verschiedenen Höhen 0 bis 40 m/sec
betragen. Wie genau müßte man den Zustand kennen, um
aus der Kontinuitätsgleichung anzugeben, ob in der nächsten
Stunde das Barometer steigen oder fallen wird.)
(2,) gibt die zeitliche Druckänderung an, die durch Diver-
genz der «-Linien bei konstantem c in einem Gebiete gleichen
Druckes eintritt. Man kann dafür auch schreiben
1 ^Po __ _ p ^«
Po dt ön '
wenn a den Winkel zwischen einer festen Richtung in der
Ebene und der Tangente an s bezeichnet. Mit dem Postulat
wie oben und mit c b 1 m/sec erhält man für </ n s 1 km,
da ^ ^ 1,26 Minuten.
(23) gilt für parallele «-Linien und längs jeder «konstantes c.
Dabei kann die resultierende Geschwindigkeit eine Funktion
des Parameters der «-Schar sein. Druckänderung tritt ein,
wo die Richtung des c von der Isobare am Boden abweicht;
wegen der Unterschiede von p^ sind die bei Sn, Sn' ein- und
austretenden Luftmassen verschieden. Wenn c zeitlich kon-
stant ist, hat (23) das allgemeine Integral
und wenn noch c im ganzen Gebiet den gleichen Wert hat,
bedeutet das eine Parallelverschiebung des Isobarensystems in
der «-Richtung mit der Geschwindigkeit c. Ähnliche Ver-
schiebungen kommen vor; sie müssen nicht notwendig durch
konstantes c entstehen.
Die zeitliche Drnckänderung am Boden ist vollständig
bestimmt, wenn man p^, u, t) als Funktionen des Ortes kennt;
u, t> sind aber aus p^ und dp^jöt nicht eindeutig abzuleiten.
Zu einer «.-Schar läßt sich das zugehörige c . so wählen, daß
längs jeder Kurve p^^tySn, konstant ist; das gibt keinen
Beitrag zu dp^jöt Man darf, soweit die Eontinuitätsglei-
chung allein gebraucht wird, alle für die zeitliche Druckänderung
unwirksamen Teile von c weglassen. Ein solcher ist bei der
Parallelverschiebung durch konstantes c der Ausdruck {PIpq)Cj
588 M, Margules,
wenn p einen konstanten Drack bezeichnet, sagen wir den
normalen. Dieselbe Ortsveränderung der Isobaren wie zuvor
mit (23) erhält man auch bei parallelen t aus (2*) mit der
resultierenden Geschwindigkeit
. . c (1 - £)
Die Geschwindigkeitsverteilung ist jetzt ähnlich der in einer
fortschreitenden Welle, Bewegung gegen die Fortpflanzungs-
richtung in den Orten niedrigen Druckes mit der Fortpflanzung
in jenen hohen Druckes und c' klein im Vergleich mit der
Geschwindigkeit des Fortschreitens c. — Dieselbe Verschie-
bung des Isobarensystems kann noch auf unendlich viele andere
Arten entstehen.
Man erwartet nicht, daß die Eontinuitätsgleichung allein
weit führt Den Anlaß, diese Erwägungen zusammenzustellen,
geben zwei Publikationen ^), in denen der Versuch gemacht wird,
aus jener Gleichung in Verbindung mit gewissen Hypothesen
die in einem Tage stattfindende Druckänderang bzw. das
im Laufe des Tages eintretende Wetter vorauszusehen. Dabei
kommt es sehr auf die Hypothesen an, die hier nicht diskutiert
werden.
Von den Annahmen, die oben eingeführt wurden, dienen
(B, C) nur zur Bequemlichkeit und sind entbehrlich. (A) ist
so gemeint: Es ist sehr wahrscheinlich \ daß die statische
Druckdiffierenz von dem wahren Wert Pq — p^ um nicht mehr
als 1 mm Hg abweicht, auch bei dem größten Höhenunter-
schied; mindestens nicht andauernd während eines Tages. Die
Änderungen von p^ oder p erreichen nicht selten in der gleichen
Zeit 10 bis 20 mm Hg. Wenn man große Schwankungen be-
trachtet, kann man (A) als angenähert richtig benutzen.
(D) und (E) entfallen, wenn man bei der Gleichung (1)
bleibt. Dann wird aber das Ein- und Ausströmen der Luft
an der oberen Fläche einen großen Teil der Schwankung
von p bewirken können.
1) Felix M. Exner, Sitzungsber. d. k. Akad. d. WisseDsch. zu Wien.
111. p. 707. 1902; W. Trabert, Meteorolog. Zeitechr. 88. p. 231. 1903.
2) A. Sprang, Lehrb. d. Meteorologie p. 160. Hamburg 1885.
Barometerschwankungen und KontinuitäUgleichung, 589
Nimmt man an, daß die Änderung durch die vertikale
Bewegung allein entsteht, so hat man
1 dl)
^h''^^- gdr
für das Steigen von p um 1 mm Hg in der Stunde
--^5^- 3(J)Ö= -0,00378 (kg.m-seO.
In den Höhen von 10, 20, 30 km die Dichte
0,42, 0,089, 0,0067 (kg.m""»)
gesetzt, erhält man für tr^ die Werte
- 0,009 , - 0,042 , - 0.56 (m . sec""^) ,
Geschwindigkeiten abwärts von geringem Betrag.
Große Änderungen von p entstehen durch andauernde
kleine Unterschiede der horizontalen Luftzufuhr und Abfuhr,
auch durch kleine Werte der vertikalen Komponente. Bei
ungeändertem p können die Wirkungen beider sicli auf ver-
schiedene Art aufheben; aus der Kontinuitätsgleichung allein
läßt sich nicht bestimmen, ob eine aufsteigende oder sinkende
Luftbewegung eintritt.
In der Gleichung (1) sind stetig verteilte Quellen und
Senken nur an der oberen Grenztläche angenommen. Wenn
Luft (Dampf) am Boden austritt oder absorbiert wird, hat man
den bezüglichen Ausdruck hinzuzufügen. Findet Kondensation
des Dampfes statt, so gibt es Senken auch im Innern der
Luftmasse, und der Gleichung (1) ist auf der linken Seite ein
Glied anzufügen, welches das Crewicht der in der Zeiteinheit
in der Einheitssäule zwischen 0 und h kondensierten Masse
angibt
(Eingegiingen 26. September 1903.)
590
75. ün the Intensity of the Natural Radiation from
Moving Bodies and its Mechanical Reaction.
By J. Ijarmor in Cambridge.
The subject of the pressure of radiation, which was first
reduced into a definite formula by Maxwell, was placed in
new and most fniitful light when Boltzmann showed, by
foUowing out an idea of Bartoli, that it stood in intimate
relation to the law connecting the radiation of a body with
its temperature. In a recent memoir^) Poynting has based
very remarkable results^ as regards cosmical dynamics, on the
Operation of a retarding force due to the back pressure of its
own radiation when the radiating body is in motion. The main
object of the present note is to treat this aspect of radiation-
pressure by more direct methods, and thereby confirm the ex-
pression for the mechanical reaction against a moving radiating
surface, that has been deduced by Poynting from general
considerations^ naturally somewhat uncertain, relating to flux
of energy.
The pressure exerted by radiation is essentially connected
with opacity to it. From formulae developed on other
occasions *) it appears that in the case of a medium which may
Vary in its properties in any manner along the direction of
propagation x, when it is the seat of electric disturbances of
simple harmonic period 2;r/n, polarised so that the electric
force is (0, Q, 0) and the magnetic (0, 0, y), the dynamical
equations being thus in Maxwell's notation
. dr dQ dr rs K dO
the mechanical force acting on any block or segment of it is
representable by pressures of intensity
1) Roy. Soc. Proc. 1903. Phil. Trans, ibid.
2) Phil. Trans. 1897A; or more fully in *Aether and Matter'. 1900.
pp. 130—3.
Natural radiation from moving bodies, 591
871 y ^ C^iin" dt* I
applied to the two ends of the segment, — these pressures
jüst cancelling each other^ as they ought^ when the segment
consists of free aether without matter. The mean value of
this end- pressure is
where y^ and Q^ represent the amplitudes of y and Q,
When the amplitudes are diminished owing to gradual
absorption as the disturbance travels onward, there is thus
steady mechanical force exerted in the medium in the directiou
of propagation. When the electric disturbance is incident on
a transparent reflector there is no resultant force on the
reflecting surface itself, because y and Q both remain con-
tinnous in crossing it. When however the reflector is nearly
perfectly opaque^ the electric forces in front of it in the in-
cident and reflected disturbances almost cancel each other,
while the magnetic force just outside is doubled by its pre-
sence: there must thus be disturbance of the nature of
altemating electric flux in the skin layer of the reflector such as
will annul this magnetic field in its interior, and it is the
electrodynamic forces acting on this layer of current that
constitute the aggregate electric pressure, which can be shown ^)
to agree with MaxwelFs formula.
From this way of considering the mechanical force, it is
readily verified that when the incidence on the reflector is
oblique, Poynting is right in taking the incident and reflected
wave-trains each to exert their füll oblicpe thrust on the
reflector along their directions of propagation.
For radiation to exert steady non-alternating pressure on
a small body, it must^ be of opaque material. A dielectric
mass constituted of perfectly elastic elementary vibrators should
not be repelied by radiation. In illustration, consider the
simplest type of vibrator, an electric doublet consisting of
charges + e and — e separated by a varying distance /,
i; L. c. p. 133.
2) L. c.
592 /. Larmor,
parallel to ar, so that its moment 3f is el, When it is
subjected to a simple waye-train travelling along x with
electric force (0, 0, Ä cos pt) and therefore inagnetic force
C~^(0, Acosptf 0), the equation of its forced Vibration is
—j7i h K^M= e A cos pt,
so that
and, the vibrator constituting a current element dMjdt, the
magnetic field pushes it along z with a mechanical force
ßdMjdt, which is
P\^-~p* cosy^sin/?^
This electromagnetic force is however purely altemating and
so adds up in time to nothing: the only way to obtain
steady mechanical pressure on the vibrator is to put the forced
Vibration out of phase with the exciting field by the intro-
duction of a frictional term into the equation of Vibration,
which will correspond to opacity.
In the theory of exchanges of radiation it is customary
to represent a perfect reflector as a body of very high electric
conductivity. Any body across which the radiation cannot
penetrate is as already stated subject to a pressure from the
radiation just outside it, determined by MaxwelTs formula.
It is worth while to verify explicitly that the absorbing
quality which must be associated with this pressure does not
act so as to vitiate the perfection of the refiexion by de-
grading the energy. This is of course readily done. The
equations of wave-propagation already formulated lead to
Writing
this gives
p^ = K fiC^^n* + 4n fianc.
Thus if the conductivity <t is largely preponderant we may
write
p = {2nfjLn(T)'l*{\ + i), say = r(l + i).
Natural radiation from moving bodies. 593
Taking the real part^)
Q = Ae^^^e -»"«cos rx
the heat developed per second comes out to be
0
Now if A^ is the coefficient for the waye-train directly
incident from the free aether and A' that for the wave-train
reflected back, the continuity of Q and of fjL-^dQjdx across
the surface gives
to that
and passing again to real parts by taking modali, the am-
plitnde of the incident train is approximately
\(fA-naC)'ltA.
The energy incident per second is thus
-^- C.\fi-naCA^ or ,/' ktr,
of which the part degraded thus forms a negligible fraction
inversely proportional to the Square root of the conductivity o-.
The waves are thus tumed back without sensible loss by
degradation, because for an ideal good conductor the surface
layer is at a node of the electric force. There is superficial
current in the conductor which gives rise to the Maxwellian
repolsion by the agcncy of the magnetic field; while there is
no sensible electric resistance, the small electric force near
the node establishing the necessary current without production
of heat
The conditions which here obtain for very high con-
1) Biit thifl ifl for stationary waves; it shonld haye been for pro-
ve wayes © = -4 e -»• ■ cos (nt -^ rx)j giviog
4r 8
n[(iC) •
Boltunaim-FeBtschrifl. 38
594 /. Larmor,
dactivity and short waves also hold for lower conductivity and
longer waves. For long heat-waves the proportionality of the
absorbing powers of metals to the Square roots of their specific
resistances has, as is well known, been discovered by Hagen
and Rubens, and explained in advance by Drude and afber-
wards by Planck; this obserration carries the interesting
result that the resistance coefficients are nearly the same for
such heat waves as for ordinary steady currents.
Any doubt that may be entertained as to whether radiation
exerts a back pressure on the bodythat emits it, may be
diminished by considerations of the kind here employed. The
emitting body being opaque, the source of the radiation is
vibratory disturbance of electrons in its surface layer; these
constitute a self-damped current sheet which is pushed back
by the magnetic field it produces, precisely as happens for the
corresponding current sheet at a conducting surface on which
radiation is incident as above.
We now proceed to our problem of the radiation from a
moving body. Consider an enclosure, with ideal perfectly re-
flecting walls, at a uniform temperature throughout and thus
pervaded by the steady natural radiation corresponding to that
temperature. The principle of Carnot requires that we cannot
by cycles of slow movement of the bodies in the enclosure,
transform any of this energy at uniform temperature into
mechanical effect through the agency of the pressure of
radiation. There must therefore be a unique state of density
of the total enclosed radiation, independent of the nature of
the surfaces of the bodies in movement; for otherwise direct
movement with one kind of surface combined with the reverse
movement with another kind would constitute a working cyclo.
The steady aggregate density of radiant energy in the en-
closure is therefore not affected by the motion of the bodies;
indeed if this were not so, by opening and closing a window
in the enclosure while it is moving at different speeds, cycles
could be established which would violate Carnot's principle.
Now compare a moving perfectly reflecüng surface, which
reflects back all the incident radiant energy, with the same
moving surface rendered perfectly absorbing; this is allo wähle,
the analogous change from conducting to non-conducting being
Natural radiation from moving bodies, 595
contemplated in elementary thermal reasoning about Carnot's
principle. It foUows from the theory of exchanges, that in the
State of equilibrium the radiation that is retumed must be
the same as regards Constitution and intensity in both cases.
Now the Solution of the electrodynamic problem of reflexion
firom a moving perfect reflector is known^); therefore the law
of the radiation from a perfect radiator in motion is deter-
mined in complete detail. Wlien the reflector is advancing in
a stationary enclosure, the energy-density of the reflected
radiation is greater than that of the incident, and the excess
is a fraction of the latter equal to four times the ratio of the
velodty of the reflector in its direction to the velocity of
light.^ Thus when the enclosure is moving as well as the
reflector, the energy of the incident stream Coming from its
receding walls is in defect by twice the ratio of these velo-
cities and that of the reflected stream is in excess by twice
the same ratio. This latter factor therefore also expresses
the excess in the volume- density of natural radiation Coming
from a perfect radiator that is produced by its own advancing
motion; but in a detailed specification of this radiation the
modification of the wave-lengths in accordance with the
Doppler principle is also to be bome in mind.
A di£ferent and generalised mode of treatment may also
be adopted, based on Lorentz's transformation for passing
frt>m the field of activity of a stationary electrodynamic
material System to that of one moving with uniform velocity
of translation through the aether. If [f, g, h) and (a, bj c)
represent the field of a material System at rest in the aether,
then to the first order of vjC,
«nd
(a, Ä — 4;rüA, c + 4nvff)
1) Gf. Larmor, 'British Association Report' 1900. 'Encyclopedia
Britmimica*; Article <Radiation\ 32. 1908.
2) The Mazwellian formula for the pressure of radiation may be
iMMMd (loc, cit) on this result, in connexion with the conservation of
die energy; or conversely the value of that pressure being assumed on
ofther groonds, this result for the intensity of the reflexion may be based
lipon it
38*
596 /. Larmor,
represent the values of the same vectors, say (/^, g^, h^ and
(a^, Äj, Cj), for a System in motion parallel to x with velocity
v\ and the positions and magnitudes, and therefore relative
velocities, of the electrons which produce these fields in the
surrounding aether in the two cases are identical at each
instant, so that the fields belong to the same material System. ^)
An enclosing material boundary is supposed to form part
of the System, so as to retain the radiant energy at uniform
density. Let us compare the densities E and E^ of energy in
the two cases of rest and translation, as given by Maxwell's
formula
We obtain, neglecting (v/C)* as before,
E^ =E + 2v{gc--hb).
Now the flux of energy in the aether is by Poynting's rule
the vector
— C^{hb—ffc, fc — ha, g a ^ fb),
so that the last term in E^ is 20"^ times the scalar product
of this flux and the translatory velocity of the System.
Thus the density of the radiation that is travelling in the
enclosure in directions inclined towards v is increased; but in
the opposite directions it is diminished by equal amount, so
that the aggregate density is unaltered as already seen.
Taking a particular case, for a plane wave-train represented
by (/*, ff, h) and [a, ä, c), forming part of the steady radiation,
which thus travels in the direction perpendicular to both these
vectors, the flux of energy per unit time is increased for the
moving material System by a fraction of itself equal to twice
the component of v along its direction of propagation divided
by the velocity of light There is diminution in the flux for
waves Coming from the receding parts of the boundary of the
enclosure, and an equal increase for those reflected back,
giving in all the factor four previously obtained for the change
of volume-intensity on reflexion. It may be remarked that
1) Cf. * Aether and Matter*, p. 169. [The change to 4ocal time*
merely introduces the Doppler e£fect]
Nahira} raffh/ion front momng hodies. 597
this mode of aelected orientation of the steady radiation in
the moving eiiclosure ciearly satistiea the neceasary condition
tbat, when an aperture has been made anywhere into an outer
region of steady radiation, the radiation that iasues tbrough
it is the ssrae as bad been previously sent back £rom the wall
at tbat place.
The same results for the change in the energy flux in
any direction may be obtained directly from the Hiix-formula
of Poynting, when the modified valuea of the vectors in the
moving aystem are inserted. The connexion between the two
methods restä od the remark that for a plane progressive wave
the üux per unit time is the density multiptied by tbe velocity
of propagation, when there is no dtspersion.
The Tolume-density of radiation emitted from a perfect
radiator in any direction tiuis involves a factor 1+24 where
k is the ratio of the velocity of the radiator in that direction
to the velocity of light; and the pressure of thia ray, exerted
directly backward, is altered accordingly, witb consequeuces
considered by Poynting in the memoir already referred to.
Tbis result ia in fact what ciearly obtains if on an ultimate
dynamical theory the energies of the vibratory motions of the
radiating sources are not affected by the uniform translation,
but depend only on the temperature or other physical cause,
aa Carnot's principle requires; for the amplitude of the
Vibration communicated to aetber then remains the same, but
owing to the sbortening of tbe wavea, the velocity in thia
TibraÜou is cbanged, and therefore the volunie-denaity of
vibratory energy in the aether is modi&ed as above. And the
Lorentz transformation has shown us what is not so imme-
diately obvious, that also on the electric view which considers
the sourcea to be constituted of vibrating electrons, tbough
tbeir relative motions are not affected by the uniform trans-
lation as again Carnot's principle demand.'i, yet the vibratory
energy emitted from tbem is modiSed in the manner höre
described.
Cambridge, September 21, 1803. ^^^^
(Eingegangen 27. September 1903.) ^^^^^^|
k 2
598 J, Larmör,
[Note added Dec, 26. - — As the intensity of the pressure
of radiation depends on the instantaneous State of the adjacent
medium, it may be expected to remain equal to the energy
per uuit volume^ as above assumed, whether the body that it
acts on is at rest or in motion.
We may verify in detail for a plane-polarised wave-
train with electric force (0, Q, 0) current (0, v, 0) and
magnetic force (0, 0^ /), incident directly on an absorbing^ face
perpendicular to x, Then^] the mechanical force in the ab-
sorber per uuit volume is
where
A dr dQ ( d . d \
and
^ "■ 4 71 C • '
V being the velocity of the material medium, with which the
axes of coordinates travel. Thus
lXdx=— i— — T^r- I y .1 dx,
J Stt«, inO* J ' dt
Let the slice between x^ and x, be an indefinitely thin
one containing the absorbing interface; as Q is continous
across it, dQjdt is very small outside it; thus y being finite,
the last term is negligible, and the mechanical force acting
on the slice is equal to the value of y^jSn, just outside it
where Q is null; thus it is equal to the energy-density just
outside, whether the absorber is in motion or not
From the way of considering the origin of this mecha-
nical force above, as acting on the interfacial current-sheet, it
is not difücult to verify that when the incidence is oblique, the
incident, reflected, and refracted wave-trains exert independenüy
on the reflecting surface their fall oblique thrusts in their own
directions of propagation, as is implied in Prof. Poynting's
calculations referred to at the beginning.
1) *Aether and Matter*. § 65. 1900.
Natural rculiation from movivg hodies. 599
The result here verified, that motion of a material body
does not affect the pressure exerted on it by the ambient
radiation, has been rejected by Prof. Poynting in a later
PostScript added to the memoir above referred to, on the ground
that radiation shot out of a radiator Ä into a moYing absorber
B would, according to it, alter the störe of momentum of the
two bodies. But if the bodies are in thermal eqnilibrium,
other compensating events are at the same time occurring, viz.
the absorber B is also radiating towards Ä, And indeed if
the temperatures of Ä and B are unequal, the aggregate
momentum of both admittedly does change on account of their
radiation.
If the present argument is right, the view which considers
a ray to be a simple carrier of momentum from the one body
to the other cannot therefore be maintained
It may be noticed, in connexion with p. 595 supra, that
for the same amplitude of ionic excursions in the vibrating
molecule, as determined by its maximum electric moment,
and for the same periodic time, it follows from Hertz's
formulae for a simple radiator, and may be generalized by
the theory of dimensions, that the radiation emitted per
Unit time is proportional to the refractive index of the sur-
rounding medium, and therefore the equilibrium-density of the
radiation in that medium is proportional to the Square of the
same index, in accordance with Balfour Sewart's law de-
rived from the doctrine of equilibrium of exchanges between
sources at uniform temperature.]
600
76. Über die Potentialdifferenzen der Metalle in
ionisierten Gasen.
Von Frans lEzner nnd Robert Hofimann in Wien.
Über dieses Thema liegt bereits eine größere Anzahl von
Arbeiten vor. Arrhenius fand schon vor längerer Zeit^),
daß durch Kathodenlicht beleuchtete Luft „elektrolytisch"
leitend werde; er bewies dies dadurch, daß er in derartig
ionisierte Luft eine Zink- und eine Platinelektrode tauchte
und den Ausschlag eines mit den Elektroden verbundenen
Galvanometers beobachtete. Der Ausschlag war in dem
gleichen Sinne, wie wenn die Metalle in angesäuertes Wasser
tauchten. Ähnliche Beobachtungen machte auch später Sto-
letow*), indem er die Luft durch ultraviolettes Licht ionisierte.
Noch eine zweite Arbeit von Arrhenius^ sei erwähnt,
welche die Leitung der Elektrizität durch heiße Salzdämpfe
behandelt. Die elektromotorische Kraft der Kombination
Fe— Salzdampf- Pt betrug 0,51 Volt und von Ni— Salz-
dampf-Pt 0,29 Volt, und zwar ziemlich unabhängig von der
Natur des Salzdampfes. Die Stromrichtung war die gleiche,
wie in einer elektrolytischen Lösung.
Murray*) ionisierte die Luft durch Eöntgenstrahlen und
erhielt für Sn— Zn ähnliche Ausschläge im Elektrometer, wie
wenn sich an Stelle der ionisierten Luft angesäuertes Wasser
befunden hätte.
Diesen Arbeiten folgten eingehendere Untersuchungen von
Winkelmann*), welche den Beweis erbrachten, daß sich in
röntgenisierter Luft die Metalle zu gewissen, von ihrer Natur
abhängigen Potentialen laden. Aus seinen Messungen ergab
1) S. Arrhenius, Wied. Ann. 33. p. 638. 1888.
2) A. G. Stoletow, Phys. Revue 1. p. 723. 1892.
3) S. Arrhenius, Wied. Ann. 42. p. 51. 1891.
4) J. Murray, Proc. Roy. Soc. 59. p. 833. 1896.
5) A. Winkelmann, Wied. Ann. 66. p. 1. 1898.
I ionisierten Gasen. 601
sich eine dem Spannungsgesetze der Metalle aDnähernd ent-
sprechende Beziehung. Auch die Starke der dauernden, wenn
auch sehr schwachen Ströme hat Winkelmann gemessen.
Diese Untersuchungen wurden von HiUers') dahin er^uzt,
daß er den EinHuß des Gasdruckes auf die durch Röntgen-
strahlen hervorgerufenen elektrischen Ströme untersuchte, und
zwar bei Luft, Kohlensäure und Wasserstoff.
Es war dud zu erwarten, daß man denselben Effekt, den
man mit ultravioletten, Kathoden- und Röntgenstrahlen erzielt
hatte, auch mit radioaktiveu Substanzen werde erzielen können.
Ein Versuch Kelvins*), sowie eine Arbeit Rutherfords*) be-
stätigten diese Erwartung.
Weiter sei erwähnt, daß Curie und Sagnac*) die Poten-
tialdifferenzen von Platin und Aluminium in röntgenisierter
Luft bei verschiedenen Drucken untersuchten.
Von einem anderen Gesichtspunkte aus versuchte Wulf *)
die Erscheinung zu betrachten; er prüfte Platinelektroden,
welche mit verschiedenen Gasen beladen worden waren, auf
ihre lichtelektrische Zerstreuung und konnte eiuen Parallelis-
mua mit der Änderung der elektrolytisch gemessenen Spannung
konstatieren. Dieses Ergebnis führte ihn zu der Ansicht, es
könne möglicherweise die Elektrizitäteerreguug zwischen den
Metallen in ionisierter Luft mit einem chemischen Prozesse
verbunden sein. Endlich dürfen wir noch die Versuche von
Simpson*) nicht übergehen, dem es gelang, auch ohne Be-
strahlung in natürlich ionisierter Lutt Potentialdifferenzen
zwischen verschiedenen Metallen nachzuweisen.
Im vorhergehenden erwähnten wir, daß bereits von Kelvin
und seinen Mitarbeitern, sowie von Rutherford das Ver-
halten von Metallen iu Luft untersucht wurde, welche durch
eise radioaktive Substanz ionisiert war. Bei den Versuchen
dieser Forscher kamen jedoch nur Uranpräparat« in Anwen-
1) W. HiUers, Wied. Ann. S8. p. 106. 1899.
2) Lord Kelvin, J.CBeattie d. M.Smoluchowski de SmolnQ,
Philo«. Mag. (5) 4&. p. 277. 189ä.
3) E. Ratherford, Philoe. Mag. <&) 47. p. 15a. 1899.
t) F. Curie u. G. Saguac, Compt read. 130. p. 1014. 1900.
.".) Th. Wnlf, Ann. d. Phya. ». p. 946. 1902.
6) G. C. Simpson, Physik. Zeitschr. 1. p. 4H0. 1903.
602 Fr. Exner und R. Hofmann.
düng und es ist uns nicht bekannt^ daß zu derartigen Unter-
suchungen auch andere radioaktive Substanzen als Ionisatoren
verwendet worden wären. Deshalb schien es uns nicht un-
interessant, zu prüfen, wie sich die Metalle in Luft verhalten
würden, welche durch Polonium- oder Badiumstrahlen ionisiert
ist. Obwohl die bisher in dieser Richtung angestellten Ver-
suche nicht viel wesentlich Neues bringen, so scheint eine vor-
läufige Mitteilung derselben durch die infolge der Verwendung
von Poloniumstrahlen wesentlich vereinfachte Versuchsanord-
nung immerhin gerechtfertigt
VerBuchsanordnung.
Ein Becherglas oder ein anderes zylindrisches Glasgefäß
wurde durch einen Deckel aus Paraffin verschlossen. Durch
eine Oflfnung in der Mitte desselben konnte der Wismuth—
Poloniumstab eingeführt werden, zu beiden Seiten desselben
waren die zu prüfenden Metallbleche einander und dem Polo-
niumstab parallel befestigt. Zu den Elektroden führten kupferne
Zuleitungsdrähte, welche samt den Löt- bez. Nietstellen mit
Paraffin bedeckt waren. Um Ladungsverluste zu verhindern,
mußte das Glasgefäß auf eine Paraffinplatte gestellt werden.
Dieses Gefäß, sowie der Ausschalter befanden sich in einem
mit Stanniol überzogenen, zur Erde abgeleiteten Kasten, von
dem ein Draht in ebenfalls geerdeter Umhüllung zu einem
Thomsonschen Quadrantenelektrometer von der einfachen
Form nach Dolezalek führte.
Die Ablesung erfolgte mit Fernrohr, Spiegel und Skala.
Die Empfindlichkeit betrug bei einem Skalenabstand von 1,88 m
und einer Ladung der Nadel von 100 Volt etwa 0,0067 Volt
pro SkalenteiL Fast bei jeder Messung wurde die Empfind-
lichkeit mittels eines Weston-Normalelementes kontrolliert.
Veraachsergebnisse.
L Nach den Erfahrungen, welche bisher vorlagen, war
nun zu erwarten, daß sich die Elektroden, wenn sie aus ver-
schiedenen Metallen beständen und die Ionisierung durch die
Poloniumstrahlen eine hinreichende wäre, zu einer bestimmten
Potentialdififerenz laden würden; bei Anwendung zweier gleicher
Potentialdifferenzen in ionisierten Gasen, 603
Metalle dürfte kein Ausschlag im Elektrometer wahrzu-
nehmen sein.
Die Versuche bestätigten im großen und ganzen allerdings
diese EIrwartungen: bestanden die Elektroden aus zwei ver-
schiedenen Metallen, so luden sie sich zu numerisch gleichen,
dem Vorzeichen nach entgegengesetzten Potentialen, wenn das
eine oder andere geerdet wurde; bestanden sie dagegen aus
dem gleichen Metalle, so zeigte das Elektrometer nahezu
keinen Ausschlag. Ein Ubelstand jedoch, welcher übrigens
vorauszusehen war, machte sich unangenehm bemerkbar, näm-
lich die Abhängigkeit der Potentialdifferenzen von der Be-
schaffenheit der Oberfläche der Metalle.
So ergaben sich z. B. f&r Cu~Zn die Werte:
friflch geschmirgelt 0,80 Volt
nach längerem Liegen an der Luft . 0,66 „
An verschiedenen Tagen gemessene Werte für dieselbe
Kombination zeigen daher Abweichungen, mitunter bis zu
mehreren Prozenten. So erhielten wir z. B. für Pt-Cu 0,25
bis 0,21, für Pt-Zn 1,03 bis 0,94 und für Graphit- Mg
1,78 bis 1,71 Volt Während einer und derselben Messung
jedoch blieben die Werte meistens recht gut konstant.
Bei der Bestimmung der Potentialdifferenzen der ver-
schiedenen Metalle sachten wir halbwegs vergleichbare Werte
auf die Weise zu erhalten, daß wir die Elektroden vor der
Messung abschmirgelten und hierauf so lange warteten, bis die
Ausschläge eine Zeitlang konstant blieben. Bei vielen Metallen
zeigte sich im ersten Moment ein Herabsinken der Potential-
differenz, während aber z. B. beim Aluminium erst nach etwa
20 Min. der Ausschlag eine gewisse Konstanz erlangte, war
dieselbe bei den meisten übrigen Metallen in weitaus kürzerer
Zeit erreicht
Die verschiedenen Metalle wurden mit demselben Platin-
blech verglichen, demgegenüber sie sich alle negativ geladen
erwiesen; dagegen lud sich ein Stück Graphit (von Ceylon)
noch zu 0.27 Volt positiv gegen das Platinblech. Die Zahlen
der folgenden Tabelle geben die Potentiale der Metalle gegen
diesen Graphit an:
604 Fr. Exner und R. HofmantL
Na
2,88 Volt
Hg
0,58 Volt (?)
Mg
1,71
»»
Ca
0,51 „
AI
1,46
»
Poloniam
0,51 „
Zn
1,29
»>
Ag
0,46 „
Pb
1,05
»
Au (Folie)
0,35 „
Sn
0,99
»
Pt
0,27 „
Bi
0,65
tt
Graphit
0,00 „
Fe
0,64
»
+
Um den Wert für Hg zu bestimmen, überzogen wir den
unteren Teil des Olasgefäßes innen mit Paraffin^ gössen etwas
Quecksilber hinein und fährten zu demselben eine isolierte
Zuleitung. Wenn das Quecksilber zur Erde abgeleitet war,
so ergab sich für Platin eine Ladung von + 0,31 Volt, war
dagegen das Quecksilber mit dem Elektrometer verbunden und
das Platin geerdet, so erhielten wir fast gar keinen Ausschlag.
Wahrscheinlich war bei der schwachen Zuführung der Ladungen
die Isolierung der Hg -Elektrode doch keine genügende; da
dieser Isolationsfehler aber nicht in Betracht kommt, wenn
das Quecksilber zur Erde abgeleitet ist und das Potential des
Platins gemessen wird, so dürfte der in der Tabelle angegebene
Wert doch ziemlich richtig sein.
Der Wert für Polonium wurde in der Weise ermittelt,
daß der Poloniumstab einfach direkt als die zweite Elektrode
benützt wurde ; daß er als solche kein anderes Verhalten zeigte
als die übrigen (nicht radioaktiven) Metalle, stellten wir durch
einen kleinen Versuch fest. Befinden sich nämlich, wie es
bei den übrigen Messungen immer der Fall war, zwei ver-
schiedene Metalle M^ und M^ nebst dem Poloniumstab P in
dem Gefäß, und mißt man die Potentialdifferenzen M^jP, PIM^
und M^jM^, so findet man die Gleichung
wie es das Gesetz der Spannungsreihe fordert, erfüllt.
Es sei an dieser Stelle auch erwähnt, daß die Potential-
differenzen in gewissen Grenzen unabhängig sind von der
gegenseitigen Entfernung der Elektroden, sowie von der Stellung
derselben zueinander und zum Poloniumstab.
U. Nachdem durch die eben geschilderten Versuche fest-
gestellt worden war, daß auch unter dem Einflüsse der Polo-
PotentialiHffeTevzen in iomnierten Gauen.
niumstrahlen eich die Metalle zu gewissen PotentialdifiTerenzen
ladeu und eine aus zwei yerscliiedenen Metallen gebildete Zelle
sich wie ein galvanisches Element verhält, drängte sich die
Frage auf; auf welchem Wege wird die Energie der Strahlung
in die elektrische übergeführt?
Winkelmann') htit durch einen Versticb gezeigt, daß
man es nicht mit Ladungen zu tun habe, welche unmittelbar
durch die Strahlung hervorgerufen werden: er bedeckte die
Metalle mit einer isolierenden, aber für die Röntgenstrahlen
durchlässigen Schicht und erhielt so keine Ladungen mehr.
Dadurch scheint zwar bewiesen, daß die Entladung von Ionen
an der Oberfläche der Metalle eine Bedingung des Vorganges,
nicht aber, daß sie die einzige ist; eine Wirkung der direkten
Bestrahlung, z. B. durch Erregung von Sekundärstrablen wäre
immerhin noch mögUch. Um diese noch oöeustehende Frage
zu entscheiden, suchten wir die direkte Bestrahlung ganz aus-
suBchlieÜen, indem wir Luft, welche zuerst eine den Polonium-
atab enthaltende Glasröhre passieren mußte, durch das Ver-
sncbsgefäB hindurchpumpten. Wälireud beim Durcbblasen nicht
ionisierter Luft keine Ausschläge im Elektrometi'r wahrzunebmen
waren, erhielteu wir beim Durchblasen ionisierter Luft tatsäch-
lich Ausschlage, welche von der Natur der Metalle abhängig
waren; jedoch waren die Ausschläge beim Umschalten nach
der positiven und negativen Seite nicht einander gleich, sondern
die letzteren stets kleinir. Z. B. -f. 83 und — 36 Teilstriche.
Die Luft kommt also wahrscheinlich schon positiv geladen
an die Metalle. Durch Abkürzung des Weges vom Ionisator
bis zu den Elektroden konnte diese Difi'erenz vermindert, nicht
aber beseitigt werden. Da die positive Ladung der Luft da-
von herrühren dürfte, daß die schneller wandernden negativen
Ionen in größerer Anzahl von den (.Tiaswänden abgefangen
werden, als die positiven, so bot die einzige Aussicht, diesem
Übelstande abzuhelfen, eine Verauchsan Ordnung, bei welcher
die ionisierte Luft an die Metallelektroden gelaugt, ohne vor-
her mit anderen Körpern in Berührung gekommen zu sein.
Wir konstruierten daher folgenden Apparat: Vou zwei aus
verschiedenen Metallen augefertigten Zylindern wurde der
1) A. WinkelmitDii, 1. c
D
606 Fr. Exner und R. Hofmann,
kleinere isoliert im Innern des größeren angebracht; im Innen-
raum des kleineren war der Poloniumstab befestigt Indem
nun die Luft vom inneren Zylinder, innerhalb dessen sie ioni-
siert wurde, direkt durch eine Öffnung im Boden desselben in
den Baum zwischen beiden die Elektroden bildenden Zylinder-
mänteln gelangte, war gleichzeitig erreicht, daß die Luft nach
der Ionisierung beinahe nur mehr mit den Elektroden in Be-
rührung kam, und eine Bestrahlung der beiden einander zu-
gekehrten Metalloberflächen ausgeschlossen war (die Bestrahlung
der inneren Oberfläche des kleineren Zylinders kann ja nicht
in Betracht kommen). Die Messungen ergaben nunmehr für
beide Ausschläge beim Umschalten beinahe die gleichen Werte.
Z. B. •
äußerer Zylinder Ca + 0,46 Volt
innerer ,, Zn — 0,48 „
Die auf diese Weise bestimmten Potentialdiflierenzen sind
zwar kleiner als die bei Bestrahlung gefundenen; jedoch dürfte
dieser Unterschied bloß durch die geänderte Yersuchsanordnung
bedingt sein. Es würde uns zu weit führen, die Gründe für
diese Annahme hier zu erörtern.
Aus diesem Versuche scheint also hervorzugehen, daß die
Ladungen der Metalle nur von der Entladung der Gasionen
herrühren. Diese Erklärungsweise wird übrigens noch durch
die obenerwähnten Wahrnehmungen Simpsons^), sowie durch
den folgenden kleinen Versuch gestützt:
Pt-Zn 141 Teilstr.
15 Min. kurzgeschlossen 136 „
erst 15 Min. nach Aufhebung
des Kurzschlusses wieder 141 „
Das Element erschöpft sich also gewissermaßen und
braucht einige Zeit, um seine frühere elektromotorische Kraft
wieder zu erlangen, was nicht zu erklären wäre, wenn die
Ladungen von der Bestrahlung direkt herrühren sollten.
in. Die nächste Aufgabe, die wir uns stellten, war, zu
untersuchen, ob sich ein Temperaturkoeffizient würde nach-
weisen lassen. Eine bestimmte Antwort auf diese Frage läßt
sich nach den bisherigen Versuchen wohl noch nicht geben,
es scheint jedoch, als ob ein Temperaturkoeffizient vorhanden
1) G. C. Simpson, 1. c.
Potentialdifferenzen in ionisierten Gasen,
607
wäre. Bei diesen Versuchen störende Einflüsse fernzuhalten,
ist ziemlich schwierig, weshalb von mehreren Versuchen bloß
die, deren Resultate im folgenden angeführt werden sollen,
als einigermaßen gelungen betrachtet werden können. Die in
der letzten Kolumne verzeichneten Zahlen bedeuten die Zu-
nahme der elektromotorischen Kraft f&r eine Erwärmung um
1® C, ausgedrückt in Volt
Graphit— Mg
Nr.
Temp.-Intervall Temp.-Koeff.
1
7-22«
2
7—22«
3
22—45 •
4
22— 45»
5
22—45«
j + 0,0038
' + 0,0081
+ 0,0079
+ 0,0078
+ 0,0079
I 1
Auch bei Graphit -Zn war ein Ansteigen der elektro-
motorischen Kraft mit Zunahme der Temperatur zu bemerken ;
der Temperaturkoeffizient würde sich zu 0,0021 berechnen (?).
Bei diesen sowie den folgenden Versuchen kam wieder
die erste Versuchsanordnung (Poloniumstab im Glasgefaß) in
Anwendung.
IV. Von einiger Wichtigkeit schien uns auch die Beant-
wortung der Frage, ob die Potentialdifi'erenzen von der Natur
des zwischen den Elektroden befindlichen Gases abhängig seien.
Um das Glasgefäß mit den verschiedenen Gasen ftülen zu
können, versahen wir es mit zwei Glasröhren, welche durch
Hähne verschließbar waren. Es wurden nun nacheinander
Luft» Kohlensäure und Wasserstofi* je eine Viertelstunde lang
dorchgeleitet; nach dem Abschließen der Hähne blieb der Aus-
schlag im Elektrometer jedesmal konstant
1. Graphit— Mg;
2. Graphit- Mg
in CO, 238 Teilstr.
in H, 244—235
in Luft 285—282,5
in COt 231,5
in Ht 234,5
in Luft 257
in Ht 250
in Luft 247
in CO, 246,5
608 Fr, Exner und R, Hofmann,
Wie man sieht, sind die Ausschläge ftlr die verschiedenen
Gase nicht ganz gleich^ jedoch kommt einem bestimmten Gas
kein bestimmter Ausschlag zu. Es scheint also, daß das
zwischen den Elektroden befindliche Medium als solches keinen
Einfluß auf die Größe der PotentialdifPerenzen ausübt Wir
würden eher zu der Ansicht neigen, daß die von uns wahr-
genommenen Änderungen des Ausschlages durch Absorption
der verschiedenen Gase an der Oberfläche der Metalle bedingt
sein könnten. Daß die Absorption von Gasen an der Ober-
fläche der Elektroden einen bedeutenden Einfluß auf die Poten-
tialdifi'erenzen ausübt, unterliegt keinem Zweifel.
Diese Tatsache wurde schon durch die obenerwähnten
Versuche Wulfs bewiesen; auch ein von uns gemachter Ver-
such lieferte das gleiche Resultat.
Ein Platinblech gab gegen Graphit — 87 Teilstr.
gleich nach Aaskochen in konz. HNO, + 26 „
3 Stunden später +2 „
Ob nun die beim Durchleiten der verschiedenen Gase
wahrgenommenen Änderungen der Potentialdifierenz in der
Absorption der Gase ihren Grund haben oder durch andere
Ursachen bedingt sein mögen, jedenfalls scheint es, daß die
Potentialdifi'erenzen von der Natur des zwischen den Elek-
troden befindlichen Mediums unabhängig sind, was sich aller-
dings mit den Angaben Hillers' ^) nicht deckt.
Manchmal kann es auch eine chemische Eeaktion sein,
welche die Potentialdiff'erenz verändert; einen solchen Fall
dürften wir bei dem folgenden Versuche vor uns gehabt haben.
Wir brachten zwischen eine Cu- und eine Zn- Elektrode ab-
wechselnd Luft, Leuchtgas und Wasserstofi* und erhielten dabei
folgende Ausschläge:
in Laft
99,5 Teilstr.
in Leuchtgas
117,5
>»
in Luft
112
n
in Leuchtgas
118
>i
in Luft
114
»>
in H,
70
»»
(nicht konst)
in Luft
95
ii
>» »
1) W. Hillers, 1. c.
Potentialdifferenzen in ionisierten Geusen. 609
Nach beendetem Versuche zeigte die Cu- Elektrode einen
Überzug, wahrscheinlich von CuS.
Zum Schlüsse sei noch erwähnt, daß wir anch mit Radium-
präparaten ähnliche Ausschläge erhielten, wie mit dem Polo-
niumstabe. Solange die Intensität der Strahlung zur Nach-
lieferung der Gasionen genügt, ist aber jedenfalls die
Verwendung der Poloniumstrahlen wegen ihrer geringeren
Intensität derjenigen der Radiumstrahlen vorzuziehen. Be-
sonders zu Demonstrationszwecken würde sich unsere Versuchs-
anordnung wegen ihrer Einfachheit, die sie vor den bisher
▼erwendeten voraus hat, vorzüglich eignen.
(Eingegangen 27. September 1908.)
BoltaBiAan-FestBchrin. 39
GIO
77. Bestimmung der Dielektrizitätskonstante
Yon Eis in flüssiger Lnft mit schnellen Sckwingongen
nach Drude.
Von U. Behn und F. Kiebita in Frankfurt a. M.
Durch Messen statischer elektrischer Ladungen fanden
Fleming und Dewar^] für die Dielektrizitätskonstante des
flüssigen Sauerstofis den Wert 1^491, der nach der elektro-
magnetischen Lichttheorie in Übereinstimmung steht mit dem
von Liveing und Dewar^ bestimmten optischen Brechungs-
exponenten. Hasenöhrl^ fand mit der Wechselstrommethode
von Gordon*) den Wert 1,465 mit einem möglichen Fehler
von 7 Proz.
Im Gegensatz zu der guten Übereinstimmung zwischen
dem theoretisch und dem experimentell gefundenen Werte für
flüssigen Sauerstofi* weisen die Zahlen, die Fleming und
Dewar*) für Es finden, eine große Unsicherheit au£
Sie wurden ermittelt teils aus Kapazitätsmessungen mit
120 Ladungswechseln pro Sekunde, die durch eine Stimmgabel
hervorgebracht wurden, teils mit dem Apparat von N ernst
Die Unsicherheit der Dielektrizitätskonstanten, die von
78 bis 2,43 abnehmen, wenn die Temperatur von 0** auf — 206®
sinkt, sollte durch elektrische Dispersion erklärt werden.
Ab egg®) stellt diese Erklärung in Frage und kommt
auf Grund seiner gleichfalls mit dem Apparat von N ernst
ausgeführten Studien über das dielektrische Verhalten des
Eises bei — 80^ zu dem Schlüsse, daß beim Gefrieren des
1) J. A. Fleming u. J. De war, Proc. Roy. Soc. 60. p. 364. 1897.
2) G. D. Liveing u. J. Dewar, Phil. Mag. 40. p. 269. Sept 1895.
8) F. Hasenöhrl, Versl. Kon. Akad. v. Wet. Amsterdam, p. 187.
1899/1900.
4) J. E. H. Gordon, Phil. Trans. 170. p. 417. 1879.
5) J. A. Fleming u. J. Dewar, Proc. Roy. Soc. 61. p. 2 u. 316.
1897; 62. p. 250. 1898.
6) R. Abegg, Wied. Ann. 65. p. 229. 1898.
DielehtrizitäUkotuitante von Eix.
611
ri
n
W
nie absolut reinen destillierten Wassers zwischen dem reinen
Eis ein Netzwerk von E!anälen sich ausbildet, das mit ge-
sättigten Lösungen der Verunreinigungen gefüllt ist; diese
Lösungen werden nicht eher fest, als bis ihre kryohydratische
Temperatur erreicht ist.
E^ erschien daher angezeigt, zum Studium der Dielektri-
zitätskonstanten des E^ses einen Apparat zu verwenden, der
es* gestattet, elektrische Absorption
bei der Bestimmung der Dielektri-
zitätskonstanten bequem wahrzu-
nehmen. Ein solcher Apparat ist
der von Drude ^) angegebene.
um ihn mit flüssiger Luft be-
schicken zu können, mußten wir
die Kapazität geeignet anordnen.
Dies geschah in der aus Fig. 1 er-
sichtlichen Weise. In dem auf der
Millimeterteilung des Drude sehen
Apparates verschiebbaren Ebonit-
brettchen, dessen senkrechter Durch-
schnitt durch die punktierte Fläche
wiedergegeben ist, endigen die in
2 cm Abstand parallel laufenden,
1,5 mm starken Messingdrähte der
Drude sehen Anordnung. An
ihre Enden (in der Figur durch
schwarze Punkte gekennzeichnet)
löteten wir zwei senkrecht nach
unten ftihrende, 0,5 mm starke Kupferdrähte an. Diese trugen
in der aus der Figur ersichtlichen Weise den kleinen Konden-
sator — bestehend aus zwei kreisrunden Blättchen von 0,2 mm
starkem Platinblech — an zwei rechtwinklig umgebogenen,
je 2 cm langen und 0,5 mm dicken Platindrähten. Die hori-
zontalen Schenkel dieser Drähte waren in die Enden eines
»kleinen Bügels aus Einschmelzglas (schraffiert gezeichnet) ein-
geschmolzen.
Pig. 1.
1) P. Drude, Wied. Ann. 61. p. 470. 1897; Ann. d. Phys. &
p. 886. 1902.
30 ♦
612 U. Behn und P. Kiebitz.
Es wurde eine Anzahl derartiger Kapazitäten hergestellt
und für jede die Eichkurve mit Hilfe der von Drude an-
gegebenen Benzol-Äceton-Mischungen bestimmt^) Die folgende
Tabelle enthält Näherungswerte von Plattenabstand, Platten-
durchmesser und Länge der vertikalen Eupferdrähte fär vier
Kondensatoren, die zu Messungen verwendet wurden.
mm mm mm mm
Plattenabstand 8,1, 2,6, 1,8, 1,0
Plattendurchmesser 5,0, 5,0, 4,0, 4,0
Eupferdrähte 40, 77, 56, 87
Die Lötstelle zwischen Gu und Pt diente gleichzeitig als
Marke für den Spiegel der in das unversilberte Vakuummantel-
gefäß eingefüllten flüssigen Luft oder der in einem Becher-
glase enthaltenen Eichflüssigkeit
Die mit 200^ Abkühlung verbundene thermische Eontrak-
tion des Eondensators ist belanglos. Den hierdurch bedingten
Fehler kann man nämlich schätzen nach dem Satze von
Abraham % daß die Eigenschwingungsperioden geometrisch
ähnlicher Systeme entsprechenden Strecken proportional sind.
Das Einschmelzglas hat den gleichen Ausdehnungskoeffizienten
wie Platin, also etwa Q.IO""*. Übertreiben wir, indem wir an-
nehmen, das ganze Empfängersystem, nicht nur der Eonden-
sator, nehme an der thermischen Volumenänderung teil, so
ergibt sich eine geometrische Änderung des Empfängersystems
und damit seiner Eigenschwingungsdauer um 0,2 Proz. Seine
Eigenwellenlänge beträgt etwa 60 cm, die Änderung derselben
also 1,2 mm, was einer Änderung der Ablesung von 0,6 mm
entspricht. Dieser übertrieben große Wert liegt noch unter der
Grenze der Genauigkeit, mit der es gelingt, den Apparat ein-
zustellen. In Wirklichkeit wurde nie eine Verschiedenheit der
Einstellungen beobachtet, wenn der Eondensator einmal von
Luft der Zimmertemperatur, dann von der über flüssiger Luft
stagnierenden Atmosphäre von — 180^ umgeben war.
Da zu erwarten und durch Vorversuche auch bestätigt
war, daß sich große Werte für die Dielektrizitätskonstante
1) Benzol thiophenfrei , Aceton ans Aceton -Natrium bisalfdrosam,
beides von Merck, Darmstadt.
2) M. Abraham, Wied. Ann. 66. p. 442. 1898.
Bielektrizüätshonsttante von Eis, 618
nicht ergeben würden, so begnügten wir uns mit Kondensa-
toren, die gestatteten, die Dielektrizitätskonstante 1 bis un-
gefähr 5 einzustellen. Wir eichten demgemäß mit Luft von
20^, Benzol und den ersten drei von Drude angegebenen
Benzol-Aceton-Mischungen.
Die verschiedenen Kondensatoren , mit denen wir maßen,
ergaben in guter Übereinstimmung für füssige Luft Dielektri-
zitätskonstanten zwischen 1,47 und 1,50,
Genauer lassen sich die Angaben darum nicht machen,
weil die gesuchten Werte an einem Ende der Eichkurve, in
ihrem am stärksten gekrümmten Teile und etwa in der Mitte
zwischen zwei weit entfernten Eichpunkten liegen. Der ge-
fundene Wert steht dem von Fleming und De war für Sauerstoff
bestimmten nahe und bestätigt die Regel von W. Schmidt^), daß
die Elemente im allgemeinen dem Maxwell sehen Gesetz folgen.
Die Temperatur der flüssigen Luft wurde dabei nach einer
von uns angegebenen Methode') mit Hilfe von Glasschwimmem
gemessen. Das allmähliche, durch das Abdestillieren von Stick-
stoff bedingte Ansteigen der Temperatur konnte beschleunigt
werden mit Hilfe einer am Boden des Gefäßes liegenden elek-
trisch heizbaren Konstantanspirale. Zwischen - 1 92 und - 1 88,5^
wurde keine Änderung der Dielektrizitätskonstanten erwiesen.
In Fig. 2 stellt die ausgezogene Kurve eine Eichkurve dar;
sie wurde aus vier Punkten gefunden, die durch Kreuze ange-
deutet sind. Die punktierte Linie ergibt die aus der Eanstellung
f&r flüssige Luft folgende Dielektrizitätskonstante derselben.
Die Dielektrizitätskonstante von Eis wurde bestimmt nach
der von Starke^ für den Apparat von Kernst angegebenen
Methode, die von Löwe^) und W. Schmidt^) auch an Drudes
Apparat zur Bestimmung der dielektrischen ^'Eigenschaften von
Gläsern und Kristallen benutzt worden ist
Für einen Kondensator wird die E^chkurve bestimmt.
Darauf wird ein Eisscheibchen zwischen seine Platten gelegt
und nun der Kondensator mit dem E^s in die Eichflüssigkeiten
1) W. Schmidt, Ann. d. Phys. 11. p. 121. 1908.
2) U. Behn und F. Kiebitz, Ann. d. Phys. 12. p. 421. im)S.
8).H. Starke, Wicd. Ann. 60. p. 629. 1897.
4)'k. f. Lowe, Wied. Ann. 66. p. 890 u. 582. 1898.
6) W. Schmidt, Ann. d. Phys. 9. p. 919. 1902; 11. p. 114. 1908.
Ü. Behn und F. Kiebitz.
mit den DielektrizitätskoDatanteD e getauoht. Die am Apparat
abgelesenen KinstellungeB / ei^beo eioe neae Kurve, die sich
\
\
\
\
\
\
\
\
\
\
\
\
V,
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\
\
1 1
1 1
1
\
S| 1
^Suisalla^ i'^n^fparml
mit der ursprÜDglichen in dem Punkte schneidet, in dem es
nichts austragt, ob der Kondensator ganz mit Flüssigkeit von
Dielektrizitätskonstante von Eis. 615
der zugehörigen Dielektrizitätskonstanten erf&Ut ist^ oder zum
Teil mit Eis. Dieser Punkt gibt die Dielektrizitätskonstante
des Eises an.
Bei — 190^ hatten wir nur zwei Eichflüssigkeiten zur
Verfügung, gasförmige und flüssige Luft, für die 8 = 1 oder
e » 1,49 war. Aus den Einstellungen Eff und Ef (Figur 2)
ergeben sich die beiden Eurvenpunkte Eff und E, die beide
unterhalb der Eichkurve liegen.
Daraus ist zunächst nur zu schlieSen, daß die Dielektri-
zitätskonstante von Eis größer ist als 1,76, entsprechend dem
zu Ef gehörenden Eurvenpunkt e^, und daß sie etwa den
Wert «2 hat, insofern die gesuchte, durch Eg und E gehende
Kurve in erster grober Annäherung durch die Grade EgE
dargestellt wird.
Wir können aber noch mehr aussagen, wenn wir uns den
Fall verwirklicht denken, daß unter den Eichflüssigkeiten sich
eine solche mit unendlich großer Dielektrizitätskonstante be-
findet. Diese würde eine unendlich große Kapazität zur Folge
haben, und Resonanz wäre nur möglich, wenn der Konden-
sator in einem Knoten der Potentialschwankung angelegt wird,
also bei der Drude sehen Anordnung an der Brücke. Die
Posaunenverschiebung am Apparat läßt sich soweit nicht ein-
schieben. Die Bügellage würde einer gewissen negativen Ab-
lesung an der Teilung entsprechen, wenn das Experiment aus-
führbar wäre.
In der Figur gedeutet heißt das, eine Parallele zur 8 -Achse,
die durch einen bestimmten endlichen Punkt der negativen
/-Achse geht, ist Asymptote unserer Kurven.
Wir sehen nun, daß die gesuchte Kurve die uns bekann-
ten Eigenschaften (durch Eff und E zu gehen und sich einer
Asymptote der beschriebenen Art stetig zu nähern) nur er-
füllen kann, wenn sie oberhalb von Brechts Yon Ee^ ver-
läuft. Da sie außerdem links von Ee^ liegen muß, so schneidet
sie die Eichkurve in einem zwischen e^ und e^ liegenden Punkte.
Wir haben also in e^ und e^ eine untere und eine obere
Grenze für die gesuchte Dielektrizitätskonstante des Eises.
Um möglichst enge derartige Grenzen e^ und e^ zu er-
halten, ist es notwendig, die Einstellungen Eff und Ef ein-
ander möglichst zu nähern. Dieser Forderung wird um so
616 V. Behn und F. Kiebitz.
vollständiger genügt , je vollkommener das E^sblättchen den
kleinen Kondensator erfüllt
Es ergab sich^ daß die Dielektrizitätskonstante des EiAes
bei — 190^ größer ist als 1J6 und kleiner als 1,88.
Es ist von Interesse zu bemerken^ daß sich ans den in der
Literatur vorhandenen Angaben über die optischen Brechungs-
exponenten und die Dispersion für Wasser und Eis als Brechungs-
exponenten für unendlich große Wellenlängen Werte ergeben,
die zwischen 1,32 und 1,33 liegen. Nach der elektromagne-
tischen Lichttheorie folgt daraus eine Dielektrizitätskonstante
zwischen 1,74 und 1,77.
Große Sorgfalt wurde darauf verwandt, Eisscheiben zu
schleifen und zwischen die Eondensatorplatten einzuführen,
die den Zwischenraum möglichst vollständig ausfüllten, ohne
jedoch durch Verbiegen der Platten die Kapazität zu ändern.
Ließen wir den Kondensator in Eis einfrieren, so vnirde er
unbrauchbar.
Es zeigte sich, daß verschieden hergestelltes Eas nicht
gleiche Resultate ergab. Proben von gewöhnlichem Kunsteis
ließen Absorption erkennen an einer verminderten Leucht-
intensität der Zehnderschen Bohre. Auch fiel die Gerade
Eff E nie steil genug aus, um mit der Eichkurve zum Schnitt
gebracht werden zu können.
Eis aus käuflichem destilliertem Wasser ließ keine Ab-
sorption erkennen und gab enge Grenzen für €.
Ferner wurden Eisproben aus sehr reinem Wasser her-
gestellt, das wir auf folgende Weise erhielten: Es wurden 2 1
käuflichen destillierten Wassers erneut destilliert. Etwa das
erste Drittel des Destillates wurde fortgeschüttet, das zweite
Drittel zurückbehalten und der Best gleichfalls fortgeschüttet
Mit dem aufgefangenen Drittel wiederholten wir denselben
Destillationsprozeß und behielten so etwa 200 cm' zurück.
Aus diesem gereinigten destillierten Wasser stellten wir
Eisproben dar und erhielten zunächst bei tiefen Temperaturen
die gleichen Resultate wie bei dem käuflichen.
Verglichen wir nun aber die Einstellungen bei einem
und demselben Eisscheibchen in einer Luftatmosphäre von
— 180^ und einer von — 2^, so ergab sich zwischen dem aus
käuflichem und dem aus gereinigtem, destilliertem Wasser her-
Dielektrizitätskonstante von Eis, 617
gestellten Eis ein wesentlicher Unterschied, je nachdem es
langsam oder schnell gefroren war.
Das Wasser wurde in Probierröhrchen zum Gefrieren ge-
bracht, die entweder ^^langsam'' gekühlt wurden (mit Äther,
durch den ein Luftstrom geblasen wurde) oder ,,schnell*' (durch
Elintauchen in flüssige Luft oder in einen Brei aus Äther und
Eohlensäureschnee). Aus dem erstarrten Eiszylinder wurden
die zu untersuchenden Scheibchen geschliffen.
Es zeigte sich nun, daß schnell gefrorenes Eis zwischen
— 2^ und — 180^ seine Dielektrizitätskonstante nicht merk-
lich ändert, gleichgültig ob es aus käuflichem oder gereinigtem
destilliertem Wasser gewonnen war.
Desgleichen ergibt langsam gefrorenes Eis keine merk-
liche Änderung, sofern es aus gereinigtem destilliertem Wasser
erhalten war. Hingegen ergab langsam gefrorenes Eis aus
käuflichem destilliertem Wasser bei —2^ eine erheblich größere
Dielektrizitätskonstante als bei — 180^. Als untere Grenze
fanden wir 2,2, eine obere ließ sich nicht konstruieren.
Dieses Ergebnis läßt sich auf Grund der Abeggschen
Auffassung erklären. Bei langsamem Gefrieren können Spuren
von gelösten Salzen Kanäle von Laugen mit tiefem Gefrier-
punkt bilden, welche die Dielektrizitätskonstante des inhomo-
genen Stückes größer erscheinen lassen als die des reinen Eises.
Bei plötzlichem Erstarren gefriert aber dasselbe Wasser
homogen, und es kommt selbst dicht unter 0^ noch nicht zu
Störungen durch ein Netzwerk von Kanälen flüssiger Salz-
lösungen.
Wir können nach diesen Resultaten den Satz aussprechen,
daß in den Grenzen der erreichten Genauigkeit reines Eis bis
zur Temperatur der siedenden Luft kein erhebliches Absorptions'
vermögen für kurze elektrische II eilen besitzt und eine wirklich
konstante, der elektromagneHschen Lichttheorie nicht wider-
sprechende Dielektrizitätskonstante.
Für die uns zur Verfügung gestellte flüssige Luft sind
wir den Höchster Farbwerken zu großem Danke verpflichtet.
Frankfurt a. M., Lab. d. Physik. Vereins, Sept. 1903.
(Eingegangen 27. September 1903.)
018
78. Ober die Abhängigkeit des osmotischen Druckes
nnd der Dampfspannung yon dem Drucke.
Von O. E. Sohiöts in Cliristiania.
In einer Arbeit vom Februar d. J. bespricht M. Planck*)
die Abhängigkeit des osmotischen Druckes von dem Drucke in
der Flüssigkeit und gibt folgende Gleichung zwischen den Druck-
veränderungen auf beiden Seiten einer semipermeablen Wand,
welche eine Lösung von ihrem Lösungsmittel trennt:
(1) vdp^v'dp'.
dp bezeichnet die Druckzunahme in der Lösung, dp in der
reinen Flüssigkeit, v die Volumenzunahme einer großen Menge
der Lösung, wenn sie bei konstanter Temperatur und kon-
stantem Druck mit 1 g des Lösungsmittels verdünnt wird,
V das Volumen von 1 g hiervon.
Im Herbst 1899 gab ich in der Oesellschaft der Wissen-
schaften zu Ghristiania eine Mitteilung davon, wie sich der
osmotische Druck bei dem Druck auf die Flüssigkeit ver-
ändert^ Das Resultat, zu dem ich kam, f&hrt zu einem
ähnlichen Ausdruck wie der obige, nämlich
(2) Vj dp = V dp \
hier bezeichnet jedoch v^ das Volumen der Gewichtseinheit
der Lösung, so daß diese Gleichung eine raschere Veränder-
lichkeit des Druckes p in der Lösung angibt.
Die Gleichung (2) läßt sich auf folgende Weise ableiten.
Es wird angenommeu, daß die Lösung und das Lösungsmittel
dem Einfluß der Schwerkraft unterworfen sind, und daß die
Dampfspannung des aufgelösten Stoffes bei der vorhandenen
Temperatur unmerklich ist Das Lösungsmittel befindet sich
auf dem Boden eines geschlossenen Gefäßes, das übrigens
1) M. Planck, Zeitschr. f. phye. Chemie, 42. p. 587. 1903.
2) Übersicht über die Sitzungen der Gesellschaft der Wissenschaften
im Jahre 1899. p. 22.
OsmoUscher Druck und JJampfspannung. 619
keinen anderen Stoff enthält. Der Raum über der Flüssig-
keit wird dann mit Dampf gefüllt sein, dessen Druck ab-
nehmen wird, je nachdem man aufwärts steigt. An der Ober-
fl&che der Flüssigkeit ist der Druck, P^,, gleich der Spann-
kraft des gesättigten Dampfes bei der gegebenen Temperatur
f&r das reine Lösungsmittel. Ist das Gefäß genügend hoch,
wird man in einer bestimmten Höhe, H, über der Oberfläche
der Flüssigkeit einen Druck, P^, erhalten, welcher gleich ist
dem Drucke des gesättigten Dampfes über der Lösung bei
derselben Temperatur. Denken wir uns deshalb, daß wir ein
Oefäß mit der Lösung in den erwähnten Dampfraum hinein-
bringen und es so aufstellen, daß die Oberfläche der Flüssig-
keit gerade in die Höhe zu liegen kommt, wo der Druck gleich
P^ ist, so wird das Oleichgewicht nicht gestört werden; es
wird auf der Oberfläche der Lösung weder eine Verdampfung
noch eine Kondensation stattfinden. Wird nun das Oefäß mit
der Lösung verlängert, so daß sein Boden unter die Ober-
fläche des Lösungsmittels reicht, während die Oberfläche der
Lösung unverändert in der genannten Höhe erhalten bleibt,
wird das Gleichgewicht auch nicht gestört werden, wenn man
den festen Boden, den wir als horizontal annehmen wollen,
mit einer semipermeablen Membran vertauscht Dies gilt,
in welcher Tiefe die Membrane sich auch unter der freien
Oberfläche des Lösungsmittels befinden möge; der osmotische
Druck muß in jeder Stellung der Membrane so groß sein,
daß er dem hydrostatischen Drucke das Gleichgewicht halten
kann. Wäre nämlich dieser innerhalb der Lösung beispiels-
weise größer als ihn der osmotische Druck aushalten könnte,
80 müßte das Niveau der Flüssigkeit, in dem Gefäße mit der
Lösung sinken, indem ein Teil des Lösungsmittels durch die
Membrane hinausgepreßt werden würde. Der Dampfdruck
über der Lösung würde dadurch größer als derjenige werden,
welcher der Maximalspannung der Lösuug bei der gegebenen
Temperatur entspricht, weshalb ein Teil Dampf sich nieder-
schlagen müßte. Dies würde bewirken, daß das Niveau der
FlflBsigkeit wieder etwas gehoben würde, während die Kon-
xentration gleichzeitig etwas verringert und die Temperatur
an der Oberfläche etwas erhöht würde. Wie leicht einzusehen
ist» ¥rird wegen der I)ifi*usion in der Lösung und der Wärme*
620 0. E. SckiÖtz.
leitnng niemals Euhe in dem betrachteten System eintreten
können, wenn es sich selbst überlassen bleibt Eüs muß eine
Zirkulation des Lösungsmittels stetig durch Verdampfung von
dessen Oberfläche durch einen Niederschlag auf der Ober-
fläche der Lösung und dann durch eine Bückbewegung durch
die Lösung und die semipermeable Membrane erfolgen. Diese
Zirkulation wird von einer Überführung von Wärme von der
Oberfläche des Lösungsmittels zurOberfläche der Lösung begleitet
sein. Wenn der Zustand stationär geworden ist, wird jedoch die
Lösung in der Oberfläche etwas wärmer sein als das Lösungs-
mittel; weshalb die erwähnte Wärmeüberführung gegen den zwei-
ten Hauptsatz in der mechanischen Wärmetheorie streiten wird.
Auf ähnliche Weise wird man einsehen können , daß der
hydrostatische Druck drinnen in der Lösung bei der Membrane
auch nicht geringer sein kann, als notwendig, um dem osmo-
tischen Drucke das Gleichgewicht zu halten.
Wir kommen demnach zu dem Resultat, daß das Gleich-
gewicht nicht gestört wird, wenn der Boden des Gefäßes mit
der Lösung mit einer semipermeablen Membrane vertauscht wird,
falls die Oberfläche der Lösung in der Höhe gehalten wird, wo
der Dampfdruck gleich ist der Maximalspannung der Lösung.
Befindet sich die semipermeable Membrane in einer Tiefe
h unter der Oberfläche des Lösungsmittels und nennt man das
spezitische Gewicht der Lösung und reinen Flüssigkeit bzw.
Sj^ und Sq, so ist der Druck unmittelbar innerhalb der Membane
und unmittelbar außerhalb:
(3) p' = P, + *„A,.
wenn man voraussetzt, daß die Flüssigkeiten imkompressibel sind.
Bezeichnet man den osmotischen Druck mit n, so ist:
p = n +p\
wovon
(4) n = »,B + {s^-s,)h + F,-Po.
Wird die Membrane dh verschoben, während die freie
Oberfläche der Lösung unverändert in demselben Niveau ge-
halten wird, werden die Drucke auf beiden Seiten der Mem-
brane auf folgende Weise verändert werden:
Osmotischer Druck und Dampfspannunff. 621
^5) j dp=^s^dh,
hieraus folgt:
(6a) »o^P^h^P'^
oder, wenn die spezitischen Volumen Wj und v' eingeführt
werden:
Vj dp =: v' dp',
80 wie oben angegeben.
Für den osmotischen Druck erhält man auf ähnliche
Weise aus Gleichung (4) und (6):
dn « hJl^dp' = -^luidp'.
' »■
Planck leitet Gleichung (1) mittels der mechanischen
Wärmetheorie ab, indem er gleich Null setzt die Variation der
äußeren Arbeit, welche von einem System ausgeführt wird,
das von einem Lösungsmittel und einer Lösung gebildet wird,
wenn beide Flüssigkeiten durch eine semipermeable Membrane
getrennt werden, und die Temperatur und der Druck konstant
gehalten werden. Bei Bestimmung der äußeren Arbeit wird
jedoch nur diejenige Arbeit^ pdv + p* dv\ berücksichtigt, welche
Ton den Drucken p und p' auf die freien Oberflächen bedingt
wird. Li der semipermeablen Membrane auf der Grenze
zwischen den beiden Flüssigkeiten wird der Druck einer raschen
Veränderung unterworfen, so daß die Drucke auf beiden Seiten
derselben einen endlichen Unterschied, gleich dem osmotischen
Drucke erhalten. Da die Lösung eine homogene Flüssigkeit ist
sowie das Lösungsmittel, kann man sich diesen Druckunter-
schied nur durch die Annahme erklären, daß die Lösung
eine Erafkwirkung auf das Lösungsmittel in der Membrane
ausübt Diese wird dann den Druck vermehren, wenn man
sich durch die Membrane bewegt, ungefähr so, wie die Schwer-
kraft den Druck vergrößert, wenn man in eine schwere Flüssig-
keit hinuntersteigt. Und gleichwie man bei der Bestimmung
deijenigen Arbeit, welche ausgeführt wird, wenn eine schwere
Flüssigkeit verschoben wird, außer den Druckkräften an der
Oberfläche auch die Schwerkraft berücksichtigen muß, so muß
man in dem vorliegenden Falle zu der oben angegebenen
622 0. E. Schiötz.
Druckarbeit noch die Arbeit der Kraftwirkung in der Membrane
hinzufügen.
Wenn das System in Ruhe ist bei konstanter Temperatur
unter dem Einflüsse der Drucke auf die Oberfläche und des
osmotischen Druckes — die Membrane als fest vorausgesetzt
— muß folglich die Gresamtarbeit A bei einer kleinen Verschie-
bung gleich sein,
pdv + da + p' dv' = A,
wo r/a die Arbeit in der Membrane vorstellt. Der Ausdruck
auf der linken Seite muß also zu variieren sein, wenn man
die Verbindung zwischen den Druckveränderungen dp und dp'
finden will; die Variation von da kann jedoch nicht gleich
Null sein, da der osmotische Druck sich mit dem Drucke ändert,
weshalb sich auch die Arbeit in der Membrane mit diesem
verändern muß. Da man das Gesetz für diese Eraftwirkung
nicht kennt, läßt sich diese Arbeit nicht direkt berechnen.
Da der Druck innerhalb der Lösung bei der semiper-
meablen Membrane rascher wächst, als der Druck außerhalb
in dem Lösungsmittel, muß die Dampfspannung der Lösung,
wie wir weiter unten sehen werden, von demjenigen Drucke
abhängen, welchen eine Gasmasse auf die Flüssigkeit ausübt
Wir wollen annehmen, man hat ein genügend hohes, ge-
schlossenes Gefäß, das einen Teil eines Lösungsmittels enthält;
in diesem steht ein offenes zylindrisches Gefäß mit einer Lösung,
welche von dem Lösungsmittel durch eine horizontale semi-
permeable Membrane getrennt ist. Die Flüssigkeiten sind dem
Einfluß der Schwerkraft unterworfen, und die Lösung steht
in ihrem Gefäß so hoch, daß Gleichgewicht hergestellt ist,
woraus folgt, daß der Dampfdruck in dem Niveau der Ober-
fläche gleich ist der Dampfspannung der Lösung bei der vor-
handenen Temperatur. In dem Räume über der Flüssigkeit
soll sich jedoch außer Dampf auch ein Gas befinden, mit dessen
Hilfe der Druck verändert werden kann.
Benutzt man dieselben Bezeichnungen wie früher und
nennt man den Druck des Gases in der Oberfläche der Lösung
und der reinen Flüssigkeit bzw. q^ und q^, so hat man für
die Drucke auf beiden Seiten der Membrane:
(6) {
/ =» -Po + 7o + *o *•
Osmotischer Druck und Dampfspannung» 623
Wird nun der Gasdruck verändert, so daß der Druck auf
die Oberfläche des Lösungsmittels mit dq^ wächst, so wird der
Druck auf die Oberfläche der Lösung nur mit dq^ wachsen,
wo rfy^ < dq^. Nach dem vorhergehenden soll jedoch p rascher
wachsen als p\ Bei einer Veränderung des Gasdruckes wird
demnach Gleichgewicht nicht eintreten können, ohne daß gleich-
zeitig das Niveau der Lösung verändert wird. In der neuen
Gleichgewichtsstellung, welche auf diese Weise erreicht wird,
muß die Dampfspannung der Lösung noch immer dengenigen
Dampfdrucke gleich sein, welcher in dem Baume über dem
Lösungsmittel in demselben Niveau stattfindet, wie die Ober-
fläche der Lösung. Dies würde natürlich nicht der Fall sein,
wenn die Dampfspannung der Lösung unverändert bliebe. Diese
muß also von dem Gasdrucke abhängen; ist aber dies der
Fall, so muß dasselbe auch von der Dampfspannung des reinen
Lösungsmittels gelten.
Laut Gleichung (6) erhält man dann:
dp = dP^ + dq^ + s^ dll,
dp^dP^ + dq^,
wo nach Gleichung (5a) SQdp = ,?, dp.
Bezeichnet man das spezitische Gewicht des Gases und
des Dampfes bei der vorhandenen Temperatur und dem Drucke k
bzw. mit 6 und <t, so ist
I i'.-fy^".
Aus der ersten dieser Gleichungen erhält man:
/Qx d\gx a dH
wenn x = (P„/Pj.
Berücksichtigt man nur Größen 1. Grades bezüglich der
kleinen Größen a und 6, so kann man in obiger Gleichung in
dem Ausdrucke flir dHldq^ Glieder derselben Ordnung wie a
und 6 außer Betracht lassen. Aus den Gleichungen (7) und (8)
erhält man nun:
(..-:/>.-;,.)^«.(;-j:)^,.-(;:-t)^i'..
m
624 0. E. SckiÖtz.
in der Qleichung (9) kann man demnach setzen:
dB
solange die Flüssigkeit weit von der kritischen Temperatur
entfernt ist, ist nämlich, wie wir später sehen werden, dP^fdq^
von derselben Ordnung wie <t.
Wird dies in die Gleichung (9) hineingesetzt, erhält man
durch Integration
"»' 5(»)--'-fö(Ä)--
• «•
We'o »
Hier bezeichnen P^ und P^ die Dampfspannung der Lösung
und der reinen Flüssigkeit bei der gegebenen Temperatur und
einem Gasdrucke gleich Null, P^ und P^ die entsprechenden
Dampfspannungen unter den Gasdrucken q^ und q^. Man hat
deshalb
Wird dies in die Gleichung (10) eingeführt, und setzt man
p, = p; - (P,' - p,) = p; (1 - vo)
und
erhält man mit denselben Annäherungen wie früher:
^-^0 ^« "" *o * s, k
oder
(11)
Po -Po <r % Pn -Pn <T q,
Po S, k - P: 8, k
Der Ausdruck auf der linken Seite, welcher dem reinen
Lösungsmittel entspricht, verändert sich bei konstanter Tem-
peratur nur mit dem Gasdrucke q^. Man kann demnach
setzen :
P.' - P.
Für ein und dieselbe Lösung muß nun der Ausdruck auf
der rechten Seite der Gleichung (11) auf dieselbe Weise von
dem auf der Flüssigkeit ruhenden Gasdrucke q^ abhängen, wie
Osmotischer Druck und Dampfspannung, 625
die linke Seite von dem entsprechenden Gasdrücke q^ abhängt;
man muß deshalb haben:
Pn — Pn (f Qm^ ft \
WO die Funktion f dieselbe wie oben ist.
Diese Gleichungen können nicht miteinander in Über-
einstimmung gebracht werden, ohne daß:
f[q) = konst = 0.
Gleichung (11) teilt sich also in folgende zwei Gleichungen
(12) I und
Pf! - ^« _ _fL B^ ^ ^i It
p:~ ^ 8,' k K'p.'
indem man die spezifischen Volumen der Flüssigkeiten und
des Dampfes einführt. Mit derselben Genauigkeit, wie früher
angegeben, kann man schließlich setzen für eine reine Flüssigkeit
(18) p; - Po = V '/'
und für eine Lösung
^0
l»l
P' ^ p = * (i
Die erste dieser Gleichungen entspricht ganz der von
Poynting fiiiher gefundenen:
dP _ V
Uq " V '
Für eine reine Flüssigkeit kann man leicht eine genauere
Gleichung als (13) finden, wenn man die Flüssigkeit einen
umkehrbaren Kreisprozeß bei konstanter Temperatur durch-
machen läßt; man findet:
l-^) ■" ^oJ ^'^o 2" 7 " 2' ^'
WO v^ und V, die spezifischen Volumen der Flüssigkeit bei
den Drucken P^^ und P^ + q sind.
(Eingegangen 28. September 1908.)
Dolliminn-FeBtsohrift. ^^
626
79. über Unregelmäßigkeiten in der Verteilnng
Yon Gasmolekfllen und deren Einfluß auf Entropie
und Zustandsgieichung.
Von Harlan v. SmoluohowBki in Lemberg.
§ 1. Während in der Gastheorie den Abweichungen der
einzelnen Molekulargeschwindigkeiten von dem Mittelwerte durch
Berücksichtigung des Verteilungsgesetzes Rechnung getragen
wird, setzt man in bezug auf örtliche Verteilung der Moleküle
meistens Gleichförmigkeit voraus und unterschätzt dabei, wie
mir scheint, mitunter den Einfluß der üngleichmäßigkeiten in
der örtlichen Anordnung. Zur näheren Untersuchung dieses
ümstandes möchte ich im folgenden einige Anregung bringen.
Gehen wir von dem einfachsten Beispiele aus: Voraus-
gesetzt sei ein ideales Gas, also mit Molekülen, deren Wirkungs-
sphäre im Vergleich zum mittleren Abstand verschwindend klein
ist Von dessen Volumen V denken wir uns einen Teil v aus-
geschieden und fragen nach der Wahrscheinlichkeit, daß von
den N Molekülen des Gases gerade die Anzahl n sich in v be-
findet Da der Ort jedes Moleküls ein von den übrigen un-
abhängiges Ereignis darstellt, dessen Wahrscheinlichkeit v\V
beträgt, so ist die Wahrscheinlichkeit für die Anwesenheit be-
stimmter n Moleküle in r, bestimmter {N — n) in (F — t?) ge-
geben durch:
\y] \-v-y
— n
Weil uns aber die Individualität der n Moleküle gleich-
gültig ist, haben wir diesen Ausdruck noch mit der Anzahl
der Kombinationen von 3^ Elementen zur n**° Klasse zu multi-
plizieren, das ist mit
m
(f)=
Verteilung van Gattmolektden. 627
Für große Anzahlen der Moleküle kann man die Fakto-
riellen angenähert entwickeln gemäß:
«! = V2^^ [^)
und erhält, wenn gleichzeitig v als kleiner Teil von F voraas-
gesetat wird, als Wahrscheinlichkeitsquotient:
(') '^-^.-^m^r-ii)
n e"""
}/2n7f'
wo v^^NvjV die normale, d.i. bei gleichmäßiger Verteilung
auf das Volumen v entfallende Anzahl bedeutet
Wenn sich der Zustand nur wenig vom normalen entfernt,
kann man n^iß[\ + S) setzen und log W nach Potenzen von
S entwickeln, was bei Voraussetzung, daß die Verdichtung S
zwar klein, aber immer noch groß sei im Verhältnis zum Werte
1 jVf als Wahrscheinlichkeit einer Verdichtung zwischen S und
S + dS ergibt:
(2) r(J,J + rf5)«l/^<?-V(/a.
Letztere Beschränkung ist bei einigermaßen großen Zahlen
fbr V ganz bedeutungslos; sonst wäre der letztere Ausdruck
noch durch yi + S zu dividieren. Die Summierung über alle
möglichen Werte der Abweichung, d. i. das Integral von (2)
zwischen — oo und + oo ergibt natürlich : Elins.
Die durchschnittliche positive oder negative prozentuelle
Abweichung von der normalen Dichte beträgt:
oo
n
vn
Um eine Vorstellung von den tatsächlichen Verhältnissen
zu gewinnen, nehmen wir mit 0. E. Meyer die Anzahl der
Moleküle für einen Eubikcentimeter Gas zu y» 6. 10^^ an;
dann wird die durchschnittliche Abweichung für 1 cm' nur
^10~^^ der normalen Dichte betragen. Aber schon für mikro-
skopisch kleine Dimensionen wird sie merklich werden; das
in einem Würfel von der kleinsten mikroskopisch auflösbaren
Größe [0. 2 fi]' befindliche Gas, welches immerhin noch 5. lO'Mole-
40*
628 M. V. Smoluchowski.
küle enthält^ muß schon Dichtigkeitsabweichungen von einem
halben Promille aufweisen; und sie werden natürlich um so
größer werden^ je kleiner der betrachtete Baum v ist.
Mittels direkter optischer Interferenzmethoden ließe sich
diese ^^schwarmartige Anordnung^' allerdings kaum nachweisen,
denn die optische Länge eines Strahlenbündels von jenem Quer-
schnitt würde selbst bei Durchlaufen der mittleren Höhe der
Erdatmosphäre nur um einen geringen, dazu ungemein rasch
wechselnden, Bruchteil einer Wellenlänge geändert werden.
§ 2. Bemerkenswert ist auch der Fall, daß der betrachtete
Baum V so klein angenommen wird, daß man n nicht mehr
als große Zahl ansehen darf (wohl aber iV und N -^ n); dann
muß man die Faktorielle n! im Ausdruck (1) behalten und er-
hält so als Wahrscheinlichkeit des Vorkommens von n Molekülen
innerhalb v:
n!
Die Wahrscheinlichkeiten des Vorkommens von keinem,
einem, zwei, drei etc. Molekülen sind also:
y« 6-' r^e -"
(4) e'% ve'% — 2p-, — ^p- etc.,
deren Summe natürlich gleich Eins ist. Ist z. B. der Baum
V so klein, daß ihm durchschnittlich nur ein Molekül zufällt^
so ist die Wahrscheinlichkeit für Null und Eins gleich groß,
nämlich l/e, aber natürlich können darin auch noch mehr
Moleküle vorkommen.
Für noch kleinere Bäume (also kleinere i^) nähert sich
die Wahrscheinlichkeit, daß daselbst nur ein Molekül vorkommt
dem Werte v, d. i. der Wahrscheinlichkeit, daß irgend ein
Molekül vorkommt, bleibt aber davon um Glieder höherer Ord-
nung verschieden.
Beiläufig sei noch erwähnt: Hat der Baum die Gestalt
einer um ein Molekül als Mittelpunkt gelegten Kugel r, so ist
der zweite jener Ausdrücke (4) zugleich die Wahrscheinlich-
keit, daß außerdem noch ein zweites Molekül gleichzeitig darin
vorhanden ist, also daß Konstellationen von zwei Molekülen vor-
kommen, welche einen kleineren Abstand haben als r. Daraus
Verteilung von Gasmolekülen. 629
kann man die Anzahl von Molekülpaaren erhalten, welche sich
in einem Abstände zwischen r und r + dr befinden, nämlich:
§ 3. Von einigem Interesse ist die Modifikation des üb-
lichen Entropiebegriffes, welche durch die hier besprochene
molekulare Struktur des Gases bedingt wird. Würden wir die
^^makroskopische'' Entropieformel 5 = Ä log 1^1* — Blogg (pro
Masseneinheit) dazu benutzen, um die G^samtentropie der
Masseneinheit aus den Entropien der einzelnen Volumenteile
zu berechnen (deren Größe wir zu v ^ vT/N voraussetzen), so
müßten wir berücksichtigen, daß die relative Anzahl solcher
Volumenteile, wo die Dichte q im Verhältnis l + S vergrößert
oder verkleinert ist, durch Formel (1) bestimmt ist, somit:
4- OD
8f =f{l+3)^Rlogrh - RlogQ^-Blog[l+3)
— 00
= 5, ^ ßfil + S)\og{l + 3)|/jL^^rfJ,
somit angenähert:
worin S^ die normale Entropie bedeutet
Die „mikroskopische" Entropie der einzelnen Volumenteile
ist also bald größer, bald kleiner als der Normalwert bei
gleichmäßiger Dichteverteilung; der Mittelwert aber ist kleiner
und dabei wesentlich abhängig von der Größe der zur Sum-
mierung verwendeten Volumenteile (welche für die Molekül-
zahl p maßgebend ist).
§ 4. Vergleichen wir hiermit die Boltzmannsche kine-
tische Definition der Entropie. Ihr zufolge bedeutet den ne-
gativen Wert derselben die Funktion H = fflogfdudvdw,
wo f die Anzahl der Moleküle ist, welche die Geschwindigkeiten
u, V, tr besitzen.^) Wird dieser Ausdruck nach Boltzmanns
1) Z. B. Gastheorie 1. p. 88. 59. Bei zusammengesetzten Molekülen
kommen aach noch die I^ge der Bestandteile und die betreffenden Mo-
mente in Betracht 2. p. 218.
630 M, V. Smoluchowski,
Vorgang für ein größeres Volumen, ohne Eücksicht auf die
Veränderlichkeit der Dichte innerhalb der Volumenteile ge-
bildet^ somit
r- *l/(^)''-
hm<fi
gesetzt, so erhält man die ^^makroskopische'' Entropie; wird
jedoch in f die örtliche Variabilität der Dichte berücksichtigt^
so muß man setzen:
(7) H' =^^JxJyJzff\ogfdudvdw,
worin N durch p{l + S) zu ersetzen ist, und wobei sich die
Summation über sämtliche Raumteile erstreckt Anstatt diese
Operation auszuführen, kann man auch mit dem Wahrschein-
lichkeitsfaktor (2) multiplizieren und integrieren, was zu dem-
selben Resultate führt wie (6), nur daß natürlich H an Stelle
von — S kommt.
Auch folgende Erwägung führt zu demselben Schlüsse:
Die fi-Funktion wurde von Boltzmann als Logarithmus
der Wahrscheinlichkeit der betreffenden Geschwindigkeits-
konstellation erklärt^) Die i? '-Funktion hingegen könnte man
— mit einer geringen Modifikation — auffassen als Logarith-
mus der Wahrscheinlichkeit gleichzeitiger Geschwindigkeits-
und Dichtigkeitsverteilung. Dieser ist gleich der Summe der
Logarithmen dieser zwei Wahrscheinlichkeitsquotienten, und
bezüglich der Dichtigkeit läßt sich dann eine ganz analoge
Betrachtung anstellen, wie betreffs der Geschwindigkeit (1. c),
welche ebenfalls zu dem Zusatzglied in Formel (6) führt
§ 5. Die iT'-Funktion erreicht also nicht den Minimalwert,
welcher einer gleichförmigen Verteilung und der entsprechenden
Ä-Funktion entspricht.
Die Bedeutung dieser „mikroskopischen'^ Entropiefunktion
liegt nun darin, daß das Gas tatsächlich ,,von selbst" eine
Arbeit ^[5^, — Ä^ leisten würde, falls man in einer Maschine
die einzelnen Volumenteile (von der Größe v) bis zu gleich-
förmiger Dichte expandieren bez. komprimieren lassen könnte.
Ein ähnliches Vergehen gegen den zweiten Hauptsatz würde
ein Maxwell scher Dämon begehen, welcher aber in unserem
1) Z. B. Gastheorie 1. p. 39.
Ferteilung von Gasmolekülen. 631
Falle nicht auf Geschwindigkeit^ sondern auf Dichtigkeit der
Molekülschwärme zu achten hätte. Statt dessen könnte man,
wie einst einer meiner Freunde bemerkte, auch ein ideales
einseitig wirkendes Ventil verwenden, und wie oben gezeigt
wurde, brauchte dasselbe nicht einmal so außerordentlich klein
zu sein, um merkliche Dichtigkeitsänderungen zu erzeugen.
Allerdings würden zu dessen Wirkung außerdem auch noch die
hier nicht näher berührten Geschwindigkeitsunterschiede und
zeitliche ünregeknäßigkeiten beitragen.
Diese Überlegungen führen o£fenbar den Gedanken näher
aus, daß der zweite Hauptsatz nur in bezug auf die ünvoU-
kommenheit unserer technischen Mittel definiert ist, ein Ge-
danke, der übrigens nicht der mechanistischen Theorie eigen-
tümlich ist, sondern ebensowohl bei der Entropie der Strahlungs-
erscheinungen auftritt Sie haben somit nur gewissermaßen
theoretische Bedeutung, als kleiner Beitrag zu Boltzmanns
Interpretation der Entropie als eines Wahrscheinlichkeits-
begrififes; im folgenden möchte ich aber zeigen, daß die be-
sprochenen Dichtigkeitsunterschiede in anderer Hinsicht auch,
wie ich glaube, einen greifbaren Elinfluß haben, nämlich in bezug
auf die Zustandsgieichung.
§ 6. Solange wir bei der bisherigen Voraussetzung von
verschwindend kleinen Punktmolekülen bleiben, ist natürlich
der mittlere Druck gleich jenem wie er bei vollkommen gleich-
mäßiger Verteilung ausgeübt würde, was auch unmittelbar
aus der Virialgleichung folgt, da dann das innere Virial ver-
schwindet.
Die Sache ändert sich jedoch, wenn wir die Moleküle als
Eraftzentra auffassen, da dann die Berechnung des inneren
Virials die Kenntnis der durchschnittlichen Molekülverteilung
(in der Umgebung jedes Moleküls) voraussetzt und im allge-
meinen von dieser abhängig ist — weshalb ich auch z. B. die
auf Voraussetzung gleichmäßiger Massenverteilung beruhende
Weinsteinsche Methode der Virialberechnung ^) für unrichtig
halte. -
Zum Zwecke möglichster Allgemeinheit schließen wir uns
der Maxwell sehen Behandlungsweise des Verteilungsproblems
1) Kinetik und Thermodynamik 1. p. 53.
632 M, V, Smoluciiowski,
an, indem wir das Gas als ein allgemeines, durch die fL^S N
rechtwinkligen Koordinaten der N Moleküle und durch die
entsprechenden Geschwindigkeiten definiertes mechanisches
System auffassen.
Die Wahrscheinlichkeit, daß dann — ohne ßücksicht auf
die Geschwindigkeiten — die Koordinaten innerhalb des Be-
reiches /?! + dp^ p, + dp^ ' • •Pfi + dpfj, liegen, ist proportional
dem Ausdrucke^):
.^-1
Pr^[E--U)^ dp^dp^ ...dp
f*>
wo E die unveränderliche Totalenergie, U die der betreflFenden
Konstellation zukommende potentielle Energie bedeutet. Da
das Produkt je dreier Differentiale mit dem Volumenelement
dco, welches dem betreffenden Moleküle als Aufenthaltsort
zugewiesen ist, identisch ist, so können wir hierfür auch
schreiben :
(8) P'^(^-[7)2 d(o^d(o^...d(o^.
Der Proportionalitätsfaktor kann aus der Gesamtsumme
bestimmt werden.
Nebstbei bemerkt, kann man daraus natürlich sofort wieder
Formel (1) gewinnen, indem man [7=0 setzt, die ersten
n Differentiale über den Baum v, die übrigen über F — t? in-
tegriert und die Anzahl der Kombinationen berücksichtigt
Sobald die potentielle Energie U klein ist gegenüber E,
geht diese Formel bekanntlich^ in den berühmten Boltz-
mannschen «-^^-Satz über, welcher von seinem Urheber für
den Fall bewiesen wurde, daß die Zahl der momentan in
Wechselwirkung stehenden Moleküle klein ist gegenüber der
Gesamtzahl, also daß der mittlere Abstand groß ist gegenüber
der Wirkungssphäre.*) Diese Voraussetzung, welche das Unab-
hängigkeitsgesetz der Wahrscheinlichkeitsrechnung anzuwenden
gestattet, ist mit der eben erwähnten ziemlich gleichbedeutend.
1) L. BoltzmanD, Gastb. 2. p. 99 (mit d N^ bezeichnet); Lord
Rayleigh, Phil. Mag. 49. p. 112. 1900; J. C. Maxwell, Papers 2.
p. 713. 1879.
2) J. C. Maxwell, 1. c.;Lord Rayleigh^Phü.Mag. 49.p. 115. 1900.
3) L. Boltzmann, Gasth. 2. p. 106.
Verteilung von Gasmolekülen. 633
Im Gegenfalle wären diese Sätze im allgemeinen nicht
identisch; man könnte zwar aus Maxwells Satz eine Exponen-
tialformel erhalten^ jedoch von komplizierterer Art: Nennt man
9)m das Potential des ersten Moleküls in bezug auf die {m — 1)
vorausgehenden,
das Gesamtpotential der Konfiguration jener m Moleküle, so er-
hält man durch sukzessive Zerlegung nach Art:
^{E^U^^ip'e-^^^^
den Ausdruck:
(9) P*^ <?-(*«?. +»«v.+ ..Ä2^r''i^r)rfa>irf(ö, .. .dcj^f,
worin die Koeffizienten
, 3A" 3iV ,. SN
Ä« = :^7^,-— s^ : von ;r-z=, bis
2(1^]- Um -1) 2£ 2(JS'-C7)
zunehmen; nur wenn sämtliche h gleich sind, also wenn U im
Vergleich zu E verschwindet, geht der Exponent in h U über,
d. i es resultiert der erwähnte Boltz mann sehe Satz.
§ 7. Kehren wir nunmehr zum Virialsatze zurück. Der
mittlere Wert des inneren Virials wird demnach erhalten,
indem man nach Berechnung des Virials Q = ^rF(r) und des
Potentials U als Funktionen der Koordination der N Moleküle
den über den betreifenden Kaum zu erstreckenden Integral-
ausdruck bildet:
(10) «=*^ . ,,_^- --- •"■
Verhältnismäßig leicht ist die Durchführung der Rechnung
in dem erwähnten Spezialfälle einer relativ kleinen Wirkungs-
sphäre (vom Radius &) der Moleküle, indem der dann an
Stelle von
SA"
684 M, V. Smoluckowsku
kommende Ausdruck e-*^ in e-^^m^ie^^^fm etc. zerlegt
und nach den doD integriert wird, wobei zu beachten ist, daß
auch Q sich additiv zusammensetzt aus dem Virial tpif des
JV*«» Moleküls in bezug auf die anderen, und dem Virial Qj^r_i
der übrigen iV^ — 1 Moleküle untereinander^ femer dass Virial
und Potential nur innerhalb der Wirkungssphären a von Null
verschieden sind.
Mit Bücksicht darauf, daß:
a
(11) re-'^9'«rfo,^ = f'-(m-l)f^- A-'*''-4;rr»rfi
0
erhält man so, mit Benutzung der Abkürzungen
a a
0 0
durch sukzessives Integrieren:
/«2.^"'''^rfa>^^©i.-i=^~'''^-M«2^-2[^-(iV-l)a][r-(JV-2)a]
+(A-2)[r-(iV^-l)a]/?+(Ar-l)[r-(i\r-2)a]/9}
etc. und nach analoger Berechnung des Nenners:
.Jg. . ^ "" '^ l r-(A'-l)o "^ 7-(iV-2)a "^ K-(i\r-3)a "*" '"V-^ai
" V\ 2 ■*" 8 r ^" 4 F« +•••/'
welche Formel bei der hier vorausgesetzten Beschränkung auf
eine kleine Wirkungssphäre bez. ein verdünntes Gas durch
Vernachlässigung der höheren Glieder mit der von Boltz-
mann abgeleiteten und auch von Reinganum benutzten^)
identisch wird. Insoweit kommen die räumliche Anordnung der
Moleküle und die hier besprochenen Dichtigkeitsunterschiede
gar nicht in Betracht
1) L. Boltzmann, Gasth. 2. p. 156; M. Reinganum, Wied. Ann. 6*
p. 533 1901.
Verteilung von Gasmolekülen, 635
Will man sich nicht mit dieser Annäherung hegnügen, so
muß man auch die höheren Glieder der Ektwickelung berück-
sichtigen, außerdem aber auch noch bedenken, daß die Aus-
drücke (JV— l)Gf, (iV— \)ß und analoge zu groß geraten sind,
indem die Möglichkeit mehrfachen Durchdringens der Wirkungs-
sphären, also mehrfacher Zusammenstöße in obigen Gleichungen
nicht berücksichtigt wurde. Dies gibt zu Betrachtungen Anlaß,
wie sie von van der Waals, Boltzmann, Jäger, Lorentz,
van Laar u. a. für starre Eugelmoleküle angestellt wurden,
und welche zur Ersetzung des BT/v ^ b in der ursprünglichen
Gleichung van der Waals durch eine Beihe
geführt haben.
§ 8. Hierauf wollen wir an dieser Stelle nicht näher ein-
gehen, sondern den E^infiuß von Eohäsionskräfben mit einer
relativ großen Wirkungssphäre etwas näher betrachten, was also
eine zu § 7 entgegengesetzte Voraussetzung einer großen
Wirkungssphäre der Molekularkräfte bedingt und wichtige An-
wendungen auf die Gleichung van der Waals zuläßt
Boltzmann hat nämlich gezeigt, daß die van der
Waalssche Behauptung, daß die Eohäsionskräfte sich im Innern
überall aufheben und nur einen konstanten „inneren Druck'' a q^
erzeugen, welcher so berechnet wird, als ob die Masse homogen
verteilt wäre, nur bei Voraussetzung einer im Vergleich zu den
mitÜeren Abständen großen Wirkimgssphäre gerechtfertigt ist
Es scheint mir nun, daß die Gültigkeit dieser Methode noch
etwas mehr eingeschränkt werden muß, nämlich auf den Fall,
daß die Anziehungssphäre groß ist im Vergleich zum Räume,
innerhalb dessen noch merkliche Dichtigkeitsunterschiede vor-
kommen, und dies möchte ich im folgenden näher begründen.
Nehmen wir z. B. eine innerhalb des Radius R gleich-
mäßig anziehende Molekularkraft c an (außerhalb desselben
verschwindend klein) und denken wir uns den Raum in lauter
Zellen von der ungefähren Größe dieser Anziehungssphären
zerteilt
Falls auf jede Zelle eine große Anzahl von Molekülen
686 M, V. SmoluchowikL
entfallt, mag man immerhin annehmen, daß in erster An-
näherung die zufällige Gruppierung derselben im Innern ohne
Belang ist, und kann den Wert des Virials angenähert so be-
rechnen, als ob jede Zelle zwar eine gewisse Abweichung von
der Durchschnittszahl aufweisen würde, aber im Innern homogen
wäre. Der betreffende Beitrag zum Gesamtvirial vrird offenbar
die Form haben
wo n die Molekülzahl der betreffenden Zelle, n' je einer an-
stoßenden Nachbarzelle (deren Anzahl fi) bedeutet und Ä, B
Eonstanten sind, die von R und c abhängen. Machen wir
weiter die für Homogenität günstigste Annahme, daß unter den
II (gleich zwölf] Nachbarzellen ungefähr gleich viele mit negativem
wie positivem Überschuß über die Normalzahl v vorhanden sind,
so daß
gesetzt werden kann, so ist doch der aus der Zellenteilung
resultierende mittlere Wert des Virials
+ OD
(13) Q = l/^ f[Än^ + £nv]e'T^dS=^[A + B]v*+Av
- OD
größer als der unter Voraussetzung der Homogenität berech-
nete Wert [A + B] v^. Somit käme zum Drucke a p* noch ein
Korrektionsglied + uq.
§ 9. Nun ist aber noch zu bedenken, daß die hierbei be-
nutzte Formel (2) hier zu kleine Werte geben muß, da infolge
der Anziehungskräfte die Neigung zur „Schwarmbildung''
wachsen muß. Es handelt sich also vorerst darum, den bei
Existenz von derartigen Kohäsionskräften an Stelle von (1) und (2)
zu setzenden Ausdruck fiir die Wahrscheinlichkeit zu finden, daß
n Moleküle sich in einem Räume v befinden, welchem normal-
mäßig bloß die Anzahl p zufallen sollte. Dabei dürfen wir in
Formel (8) nicht mehr U als klein gegenüber H annehmen,
doch können wir dafür die Voraussetzung einführen, daß sich
das Potential U niemals weit vom Normalwerte Uq entfernt,
den es bei gleichförmiger Verteüung besitzen würde. Bei der
\3N
2
^h»U ^^
Verteilung von Oasmolekülen, 637
Integration von (10) über alle möglichen Werte sind allerdings
auch solche Konstellationen inbegrifiPen, wo z. B. sämtliche
Moleküle sich in einer Hälfte von v befinden, die andere ganz
leer ist, wobei also U eine erhebliche Änderung erfährt, aber
die Anzahl solcher !^älle extremer Verdichtung ist so ver-
schwindend gering, daß wir sie hier nicht zu berücksichtigen
brauchen.
Somit setzen wir U gleich dem Normalwert Uq, vermehrt
um eine kleine Größe S U und entwickeln, indem ¥rir die Ab-
kürzung
benutzen:
(14)
Daraus erhalten wir durch Integration, ähnlich wie an
der angeführten Stelle (p. 632), als Wahrscheinlichkeit des
gleichzeitigen Vorkommens von n Molekülen innerhalb v, {N— n)
innerhalb (^ — t;) einen dem Ausdruck
yd*
proportionalen Wert.
um S U zu berechnen, gehen wir von einer im ganzen
Baume F gleichmäßigen Verteilung aus und denken uns dann
sukzessive einzelne Moleküle aus dem großen Baume F — t;
in die Wirkungssphäre v hinein versetzt Die Abnahme — da
die Kräfte anziehende sind — des Potentials des gesamten
Systems ist bei gleichmäßiger Verteilung innerhalb v und inner-
halb r—v ofiPenbar gleich dem gegenseitigen Potentiale der
in V überschüssigen Moleküle, also wenn wir die von B und c
abhängige Konstante C (von der gleichen Dimension wie A)
einführen:
ä £/= - C(n - ff)» = - Cp^S*.
Somit ist die Wahrscheinlichkeit einer gleichförmigen Ver-
dichtung S innerhalb v:
(16) '^=|/-2„--^ - ^*'
638 M. V, Smoluchowski
die ähnlich wie vorher in (13) zu berechnende Vermehmng des
Virials beträgt nun v Al{l ^ 2hCp), so daß nunmehr der innere
Druck zu ersetzen wäre durch:
(16)
ap*
1 + -*'
Bemerkenswert ist hierbei folgendes: Die assoziierende
Neigung zur Schwarmbildung ist oflFenbar vermehrt, da der Ex-
ponent in (15) gegen jenen in (2) verringert ist; wird nun die
Dichte (gegeben durch p) so groß, oder die Temperatur, welche
der Größe h verkehrt proportional ist, so niedrig, daß der Ex-
ponent von (15) positiv wird, so muß eine Diskontinuität eintreten,
denn die Verdichtungen werden dann je größer desto wahrschein-
licher (während zugleich der Proportionalitätsfaktor unbestimmt
wird). Das heißt: die Grenze der Stabilität in bezug auf zu-
fällige Dichteänderungen ist überschritten, uq^ die Relation
zwischen Volumen und Eondensationstemperatur wäre in diesem
einfachen Falle durch eine gleichseitige Hyperbel gegeben.^)
Formel (16) zeigt auch bei Einsetzen von A, B, C, daß wie
vorher erwähnt, „caeteris paribus", nämlich bei gleichem Werte
des Hauptfaktors des inneren Druckes (Ä + B)v^ die hier be-
sprochenen Erscheinungen desto weniger hervortreten und die
van der Waalssche Berechnungsart desto eher gerechtfertigt
ist, je größer v, also je größer die Wirkungssphäre ist.
§ 10. Überlegen wir schließlich noch, inwiefern die räum-
liche Ausdehnung der Moleküle diese Schlüsse modifizieren
müßte.
Den Ausdruck (8) transformieren wir in diesem Falle,
indem wir von U sukzessive für jedes Molekül k das zugehörige
bei direkter Berührung zweier Moleküle wirksame Abstoßungs-
potential ffj^ abspalten und den Rest, welcher noch das be-
treffende Anziehungspotential enthält, ebenso wie vorher, als
von der speziellen Lage des Moleküls innerhalb des Raumes v
bez. {F — v) unabhängig betrachten. Nun integrieren wir die
71 ersten Raumdifferentiale über den kleinen Raum v, die
1) Dies ist übrigens nur eine untere Grenze der Kondensaticns-
temperatur, es bleibt noch zu untersuchen, ob man nicht für eine andere,
inhomogene, Verteilungsart schon früher zu einem Grenzwerte gelangt
Verteilung van Gattmoleküleri, 689
übrigen {N — n) über den beliebig großen Raum V — v, nach
dem Schema:
wobei das letzte Glied in der Klammer die vom Zusammen-
trefiPen dreier Moleküle herrührende Korrektor darstellt. ^ Schließ-
lich erhalten wir {E — CJ,y*/2 als Faktor^ welcher nur mehr die
Anziehungspotentiale enthält und bezüglich dessen dieselbe
XJberlegung Anwendung findet wie in § 9.
So wird die endgültige Wahrscheinlichkeitsformel gegeben
sein durch:
Wenn wir hiervon den Logarithmus nehmen, die Produkte
in Summen auflösen und nach Potenzen von cc entwickeln,
dabei noch bedenken, daß Summanden, welche nur das kon-
stante N enthalten, einflußlos sind und fortgelassen werden
können, so können wir diesen Ausdruck in die Form bringen:
(18) r~.-^[»-v*i"--»-']</5.
Die Abstoßungskräfte haben also, wie zu erwarten war,
einen den Anziehungskräften entgegengesetzten, nämlich ver.
mindernden E^fluß auf die Assoziationsbestrebungen der
Moleküle.
Sonst bleiben dieselben Überlegungen wie bei (13) und (16)
anwendbar, nur in qantitativ veränderter Form : das Glied a q*
ist nunmehr zu ersetzen durch einen Ausdruck von der
Form:
(19) ap*
1 +
9 + e^' + ;^'- 7 %
1) Siehe diesbezQglich eine analoge Rechnung Boltsmanns Gasth.
S. p. 167. 173.
640 M. von Smoluchowski.
und die Kondensation bei Überschreitung der Stabilitätsgrenze
wird nicht wie vorher, zu unendlicher Verdichtung, sondern
nur zu einer bestimmten Grenze fortschreiten«^) Außerdem ist
aber noch zu bemerken, daß auch die höhere Potenzen von
b enthaltenden Glieder der Zustandsgieichung modifiziert
werden, doch schließen wir, ebenso wie vorher, diesen Teil der
Untersuchung aus.
§ 11.^ In den letzten Abschnitten §§ 8 — 10, welche ja
nur eine vorläufige Orientierung über die Wirkung der „Schwarm-
bildung^' von Molekülen bezwecken, haben wir uns allerdings
von Strenge in der Durchführung ziemlich weit entfernt, aber
es scheinen mir diese Überlegungen dennoch die Notwendig-
keit einer derartigen Korrektion des Gliedes ag^ eventuell
auch der ^-Glieder, darzütun.
Es erübrigt aber noch eine Schätzung, inwieweit diese Er-
scheinungen bei den ¥drklichen Gasen von Einfluß sind. Dies
ist allerdings dadurch sehr erschwert, daß wir noch keine ver-
läßlichen Daten über die Wirkungsweite der Molekularkräfte
besitzen. Eine Übereinstimmung ist schon deshalb nicht zu
erwarten, da verschiedene Beobachter diesen terminus in ver-
schiedener Weise interpretieren. Doch müssen wir wohl als
oberste zulässige Grenze den Wert 5. 10"^ cm annehmen,
welchen Plateau und Sohn ke gefunden haben, ebenso Quincke,
dessen Methode der hier verwendeten Bedeutung des Begriffes
Wirkungssphäre vielleicht am besten entspricht Drude,
Reinold und Rücker nehmen aber noch unter ein Fünftel
jenes Wertes liegende Zahlen an. Im ersten Falle könnte man
bei Gasen diesen Bereich vielleicht noch als groß gegenüber
den mittleren Abständen (^.lO^^) gelten lassen, aber durch-
aus nicht als groß gegenüber dem Bereiche von merklichen
Dichtigkeitsunterschieden; desto mehr gilt dies von der zweiten
Schätzung.
1) Während M. Reinganums Gleichung (I.e.) für extrem kleinen
Bereich der Anziehungskräfte gilt.
2) Nach Beendigung des Manuskriptes wurde ich auf eine inter-
essante Arbeit von H. Burbury, Phil. Mag. 2. p. 403. 1901 aufmerksam,
mit welcher die Ausführungen der §§ 6—11 manche Berührungspunkte
aufweisen — freilich nebstbei auch erhebliche Divergenzen. Eine ein-
gehende Besprechung würde hier zu weit führen.
Verteilung von Gasmolekülen. 641
Aus alledem resultiert^ daB die van der Waalssche
Gleichung nur für den Fall extrem großer Wirkungssphären
gültig ist, und daß im allgemeinen bei Ableitung der Zustands-
gieichung die assoziierende Schwarmbildung der Moleküle in
Rechnung zu ziehen ist^ welche bei den wirklichen Gasen
merkliche Korrektionen jenes Gliedes ergeben dürfte.
Auch glaube ich^ daß die damit zusammenhängenden Sta-
bilitätsbetrachtungen eine Lücke der üblichen van der Waals-
schen Überlegungen ausfüllen dürften, in welchen die Tatsache,
daß nicht alle Zustände der van der Wa als sehen Gleichung
möglich sind, und daß es Grenzen für Unterkühlung und Uber-
hitzung geben muß, gar nicht zum Ausdrucke gelangt
Lemberg, Juli 1903.
(Eingegangen 28. September 1903.)
BoUnuuui-Fatlsdurift 41
642
80. Über die Anwendbarkeit der Hamiltonschen
partiellen Differentialgleichnng in der Dynamik kon-
tinuierlich verbreiteter Massen.
Von Frits Hasenohrl in Wien.
Während das Prinzip der stationären Wirkung, das Prinzip
der kleinsten Wirkung, die Lagrangeschen Gleichungen, ob-
wohl anfangs nur für die Mechanik der starren Systeme er-
dacht, schon wiederholt mit Erfolg auf den verschiedensten
Gebieten angewendet wurden, hat die Hamiltonsche partielle
Differentialgleichung meines Wissens bisher nur in ihrem
eigentlichen Gebiete, in der Mechanik starrer Systeme An-
wendung gefunden. Im folgenden habe ich versucht anzudeuten,
wie die Hamiltonsche Differentialgleichung in der Dynamik
kontinuierlich verbreiteter Massen verwendet werden kann.
Da es sich hier nur um die Methode handelt, habe ich mich
auf das einfachste hierher gehörige Problem, auf das Problem
der schwingenden Saite beschränkt; man überblickt dann leicht,
wie auch kompliziertere Probleme der Elastizitätslehre oder
auch Probleme anderer, auf mechanischer Grundlage fußen-
der physikalischer Disziplinen nach der Hamiltonschen Me-
thode behandelt werden könnten. Das Bemerkenswerte ist,
daß man hier zu einer Lösung des Problems gelangt, ohne
auf die „Differentialgleichung der schwingenden Saite'' zu
stoßen, wie ja auch in der gewöhnlichen Mechanik die Auf-
stellung der „Bewegungsgleichungen'' bei der Hamiltonschen
Methode umgangen wird.
Die Hamiltonsche Gleichung lautet bekantlich:
(1) y^ + T+F=o.
Hierin ist die lebendige Kraft T durch die Momente q. aus-
zudrücken und 3 ,„
^ oW
zu setzen; da F nur von den Koordinaten p^ abhängt, liefert
uns (!) W als Funktion der Koordinaten p^ und der Zeit t
Sind 771 Koordinaten p^ vorhanden, so hat das allgemeine Inte-
ffamiltonsche partielle Differentialgleichung. 648
gral von (1), außer einer belanglosen additiven Konstante,
m willkürliche Konstante A^, und die Integralgleichungen sind
dann die m Gleichungen
(2) S = A.
WO die B^ weitere m willkürliche Konstante darstellen. Wenn
der Satz von der Erhaltung der Energie gilt, was auch bei
dem hier behandelten Probleme der Fall ist, kann
(3) -gy- = - a
gesetzt werden, wo a eine Konstante ist^]
Wenden wir uns jetzt dem Problem der schwingenden
Saite (dieselbe sei an den Enden festgehalten und ihre Länge
sei n) zu, so haben wir vor allem den Ausdruck für die kine-
tische Energie zu bilden. Für den Augenblick denken wir
uns die Saite noch aus einer großen, aber endlichen Zahl von
diskreten gleichen Massenpunkten m bestehend, von denen n
auf die Längeneinheit kommen mögen; die ESongation einer
solchen Masse aus der Buhelage bezeichnen wir vorderhand
mit p^\ dann ist die lebendige Ejraft
An Stelle des Inbegriffs der Größen p^ haben wir jetzt
die kontinuierliche Variable y einzuführen. Auf dem Element
dx der Saite befinden sich n^fo: Massen; allen schreiben wir
denselben Wert y der Elongation zu, sie tragen alle in gleicher
Weise zum Wert von W bei; daher hat auch dWjdp^ für
alle denselben Wert, wofür wir jetzt auch dWjdy schreiben
können. Die auf dem Element dx befindlichen Massen liefern
also für den Wert der lebendigen Elraft den Beitrag
ndx IdWy
Führen wir noch die Liniendichte der Saite a ^ nm ein, und
integrieren diesen Ausdruck über die Länge der Saite, so er-
halten wir für die gesamte lebendige Kraft den Ausdruck:
1) Vgl. etwa G. G. Jacobi, VorlestiDgen Aber Dynamik (19. Vor-
lesang) oder 0. Rausenberger, Mechanik. 1. p. 204 ff.
41*
644 F. Hasenohrl.
--5^/-(4f)--i/-(»W)"
0 0
Da die potentielle Energie der Saite bekanntlich
3t
'■=t/-"(Ä)"
0
ist^), so wird die Hamilton sehe Gleichung:
0 0
Hierin ist y sowohl als dependente als anch als in-
dependente Variable enthalten; wir denken uns daher y nach
einer Fouri ersehen Reihe entwickelt^ also
OP
(5) y = ^ Cy sin f/ 3r
1
gesetzt, und wollen in (4) statt y die Cy einführen.
Vor allem erhalten wir leicht:
n n
0 0^ ^
Bei der Transformation von dWIdy haben wir zu beachten,
daß dieser Difierentialquotient so zu verstehen ist, daß er die
Änderung von W gibt, wenn sich die Lage einer einzigen
Masse ändert, während alle anderen an derselben Stelle bleiben.
Nun stellt bekanntlich
— ysmvasmvx
n ^^
eine Funktion dar, welche an allen Stellen zwischen 0 und n
verschwindet und nur im unendlich kleinen Bereich zwischen
ar = a und x = a + J den Wert e annimmt. Wenn also y im
allgemeinen unverändert bleiben soll, jedoch im Bereich von
* bis X + id um Sy vergrößert wird, so muß jeder Koeffizient
Cy der Entwicklung (5) um
1) Vgl. etwa Lord Rayleigh, Theorie des Schalles. Deutsch von
£. Neesen, 1. p. 184.
Uamiltonsche partielle Differentialgleichung, 645
oC^ = — sin V X
n
vermehrt werden; wir können also
%mv X
dy n
setzen. Hierin haben wir noch für J die von einer Masse
okkupierte Länge^ also 1/n einzuführen. Wir erhalten also
00 _ CO
(Der Ausdruck n[dWldy) bleibt also stets endlich, welchen
Wert auch immer n annimmt, was ja von vornherein klar
wir.) Somit wird:
^00 00
/-K.^"-:./-2>i-''(i^)'=:2(L":)
0 0
Wir erhalten also an Stelle von (4):
CO CO
yssl * »'=1
Hierin setzen wir nun
CO
wobei die Äy ganz willkürliche Eonstanten sind, welche nur
der obigen Bedingung genügen, also eine konvergente Zahlen-
folge bilden müssen. Dadurch wird die obige Gleichung:
00
yasl ^
und man erkennt nun leicht, daß sich das Integral dieser
Gleichung als eine Summe von Gliedern darstellen läßt, deren
jedes bloß Funktion eines einzigen C^ ist. Wir erhalten also
(7)
konst
646 F. HasenohrL Uamätansche part Differentialgleichung.
(Das vorletzte Glied ergibt sich aus (3).) Denken wir uns
entsprechend (5) £> durch seinen Wert ersetzt:
Cy = — / i/Binvxdx,
0
so sehen wir, daß JT durch y und t ausgedrückt ist Femer
ist (7) das allgemeine Integral von (6), da es ebensoviel will-
kürliche Eonstanten {A^) enthält, als independente Yariabele
{Cy) vorhanden sind.
Die Integralgleichungen des Problems erhalten wir durch
Bildung von
Ix =ti/I "««i°HVn;)-' = ^"
wo By wieder eine willkürliche Konstante ist. Setzen wir noch
zur Kürze
)/?-«
^ainva.B^ = N„
und
V V in
2_
V
SO läßt sich die letzte Gleichung umformen in
n
2 r .
Cy =^/ ywivxdx=iM^^WLvat'{-N^ cos vat
J (y = 1, 2, 3 ... 00)
0
und zwar stellen uns diese Gleichungen das vollständige Inte-
gralsystem des Problems dar; wir können sie gemäß (5) in
eine Gleichung zusammenfassen:
00
y = 2 sin a: (-J/^ sin V a ^ + J^^cosi^a^)
und dies ist bekanntlich die allgemeinste Lösung unseres
Problems.
(Eingegangen 28. September 1908.)
81. Photographische Abbildungen elektrischer
Schwingungen.
Von B. Walter iu Hamburg.
Bei der groben Bedeutung, welche die elektrischen
Schwingungen sowohl in theoretiecher als auch in praktischer
Hinsiebt besitzen, dürfte die Wiedergabe einiger photograpbischer
UarstelluDgen dieses Phänomens, die von mir mit einem für
audere Zwecke konstruierten Apparate gelegentlich aufgenommen
wurdeu, um so mehr erwUnscht sein, als auüer den klassischen
Abbildungen Fedderseua') bisher kaum irgend welche Bilder
dieser Art veröl^entlicht zu sein scheiuen und als auch jene
Abbildungen selbst nur lithographische Reproduktionen der
Original negative darstellen.
Der Apparat, mit welchem meine Aufnahmen gewonnen
wurden, bestand in der Hauptsache aus einer sehr schnell in
ihrer Ebene rotierenden photographischen Platte, auf deren
Randteilen mit Hilfe eines photograpliiscfaen Objektivs das Bild
desjenigen Funkens entworfen wurde, welcher den Schwingungs-
vorgang zur iJarstellung bringen sollte. Um dabei eine mög-
lichst große Tourenzahl der rotierenden Platte zu erreichen,
war die letztere auf einer besonderen auf Stahlspitzeu laufenden
Achse angebracht, die von einem M<itor durch einen Schnurluuf
mit einem tJhersetzungsverhältnis 1 : 5 angetrieben wurde und
sich bei 16 cm Plattendurchmesser bis auf 15ü Umdrehungen
iu der Sekunde bringen ließ. Diese Geschwindigkeit genügte,
um in der Bandgegend der Platte Schwingungen bis zu ein
dreihunderttausendstel Sekunde Schwingungsdauer oder 1 km
Wellenlänge hinab zu deutlicher Darstellung zu bringen. Ein
zweiter Scbnurlauf verband die Achse mit einem Tachometer,
so daß sich die Zahl der Umläufe derselben unmittelbar ab-
lesen und somit auch aus der Lage und Ausdehnung der auf-
genommen Funkenbilder die Schwingungsdauer berechnen ließ.
L
, Pogg. Ann. 118. p. 1S2. ISSÜ.
r
In den Figg. 1 und 2 sind zwei solche Funkenbilder in 1
resp. 10 und 6'/jfacher linearer Vergrößerung der Original- 1
negative wiedergegeben, und zwar bestand der Schn-ingungs- 1
BBMPHBH^^^H
^^M
^^r^^ ' ' ^ ''^^^^^^^^^^^H
1
Hi^mif^f^^^^^^^^i
ri
kreis
Batte
draht
1
' Fig. 1.
Fig. 2.
in beiden Fällen außer der Funkenstrecke aus je
•ie Leydener Flaschen als Kapazität und je einer K
pule ohne Eisenkern als Seibatinduktion. Die Gr
einer
pfer-
ößen-
Äbbädtmgen alektr. SehtDÖigia^aL
werte der erateren waren schon früher einmul von mir auf
ballistischem Wege zu resp. 2,73 und 1,11.10-" Farad be-
stimmt worden, während die Selbstinduktionakoeffizienten der
benutzten Spulen aus ihren Dimensionen zu resp. 3,41.10"^
und 1,07.10-' Henry berechnet wurden. Die Kombinationen
waren so gewählt, daß da.9 Produkt aus Kapazität und Selbst-
induktion, d. h. also auch die Scbwingungsdauer, in beiden
Fällen angenähert gleich si^in mußte, während im ersten Falle
(Fig. 1) die Kapazität, im zweiten (Fig. 2) die Selbstinduktion
vorwiegen sollte. Tutsächlich ergibt sich aus der Formel
T=2nflC
hei den beiden in Rede stehenden Fällen nach den oben
angegebenen Werten von l und C für T resp. 1 ,92 und
2,16,10-'' Sekunden, während die Ausmessung der Original-
negative resp. 1,86 und 2,12.10-^ Sekunden lieferte.
Die Ladung der Leydener Flaschen wurde in beiden
Fällen dadurch bewerkstelligt, daß dieselben mit den beiden
isolierten Polen der Sekundärspule eines Induktionsapparates
von 30 cm maximaler Scblagweite verlmnden wurden und daß
der auf einen bestimmten Wert gebrachte Primärstrom dieses
Apparates durch einmaliges lierausziehen eines araalgarnJerten
Knpferstiftes aus einem Quecksilbergefaß unterbrochen wurde.
Die Unterbrecbungsetelle selbst lag dabei unter Petroleum und
war außerdem mit einem Parafünpapierkoudeusator von
0,5 Mikrofarad Gleichstromkapazität verbunden.
Die Entladung der Flaachtm ferner geschah unmittelbar
im Anschluß an deren Ladung selbsttätig, indem nämlich die
Länge der Funkenstrecke des Schüeßungskreises von vornherein
80 bemessen, bez. die primäre Stromstärke so einregnliert
wurde, daß die Entladung vor sich geben mußte. Diese Länge
betrug 20 mm bei der Fig. 1 und 34 mm bei der Fig. 2.
Nehmen wir an, daß ilie Spannungen, welche die Flaschen im
Augenblick der Entladung hatten, diesen Funkenlängen pro-
portional gehen, — was allerdings nur annähernd zutrifft — ,
so würde demnach die sich in der Fig. 1 entladende Elek<
trizit&tsmenge
30 . S,T9
.1,11 -l.»-"«!
W
I
Wtäter.
80 groß gewesen Bein wie die der Fig. 2. Tatsächlich macht
denn auch die Entladung der ersten Figur einen viel kräftigeren
Eindruck als die der zweiten und hat auch — nach den Liebt-
erscheinuugen an den Polen der P'unkenstrecke zu schließen —
etwa anderthalb mal so lange gedauert wie diese, nämlich
3,5.10-* gegen 2,3.10-* Sekunden.
Die Pole der Funkenstrecke bestanden aus zwei senkrecht
übereinander stehenden, zugeschärften Platindrähten; und zwar
zeigen die Abbildungen dieselbe Über Kopf, d h. die oberen Be-
grenzungen derselben entsprechendem unteren Pole des Funkens
und umgekehrt. Bei der Entladung der Fig. 1 femer war die
obere, bei der Fig. 2 die untere Elektrode der Funkenstrccke
mit dem positiven Pole des Induktors verbunden. Dies ergibt
sich übrigens auch aus den Figuren eelbat sofort daraus, daß
bei der ersten Halbachwingung dieser Entladungen, die auf der
linken Seite jeder Abbildung zu suchen ist, das hellere nega-
tive (rlimmlicht sich in der Fig. 1 auf der oberen und in der
Fig. 2 auf der unteren Seite des Bildes zeigt. Bei der zweiten
Halbscbwingnng liegt dann dieses Glimmlicht in beiden Figuren
auf der entgegengesetzten Seite der Funkenbabn , bei der
darautfolgeuden wieder auf der ursprünglichen etc., so daß
also dieses Phänomen gleichzeitig den Beweis dailir Hefert, daß
wir es hier wirklich mit einer zwischen den beiden Belägen
der angewandten Kapazitäten hin und her schwingenden B^
wegung der Elektrizität zu tun haben.
Dieses Glimmlicht ist femer — besonders bei der stärkeren
Entladung der Fig. 1 — mit einer jedesmaligen Abschleuderung
von glühenden Metallteilchen verbunden; ja die erwähnte Ab-
bildung läßt uns sogar ohne weiteres die Geschwindigkeiten
dieser Bewegung ermitteln, da der sich in horizontaler Rich-
tung markierende Schwingungsvorgang -die Zeitahszisaen und
die vertikalen Abstände der kometenartigen Schweife von den
Elektroden die zurückgelegten Strecken angeben. Man findet
auf diese Weise, daß jene Geschwindigkeit in der Fig. 1 in
der Nähe der Elektroden etwa 80 m pro Sekunde betragen,
in einigen Millimeter Abstand davon aber schon ganz er-
heblich abgenommen haben muß, wie ja auch aus dem ge-
krümmten Verlaufe jener Schweife hervorgeht. Zu bemerken
ist hierbei noch, daß diese Abschleudeningen nicht gleich zu
Abbildungen elekir. Sohmngunger,
Anfang der Entladang, wo doch die elektrische Str5muDg
zweifellos ihren größten Wert besessen hat, zu erkenneu sind,
sondern erst nach Verlauf von ein bis zwei Schwingungen, ein
Umstand, der wohl darauf zorilckzuMhren ist, daß die ab-
geschleuderten Teilchen erst dann sichtbar werden, wenn sie
von einer glühend gewurdenen Elektrode stammen und alao
selbst glühend sind, und daß ebeo das Glühen der Elektroden
erst allmählich im Verlaufe der Entladung eintritt.
Schließlich möchte ich noch erwähnen, daß der Anfangs-
funke, welcher die ganze Entladung einleitet, nach der Seite
des negativen Poles hin erheblich kräftiger erscheint als auf
der andern, eine Erscheinung, die besonders deutlich bei dem
l&Qgereu Funken der Fig. 2 hervortritt. Dieselbe erklärt sich,
wie ich an einer andern Stelle') austlihrlich dargelegt habe,
aus der Art der Entstehung eines elektrischen Funkens durch
stoßweise auftretende und allmählich immer länger werdende
positive und negative Vorentladungen. Von den letzteren sind
nämlich die positiven erheblich länger als die negativen; und
so kommt es, daß der zuletzt fertig werdende Teil der Funken-
babn dem negativen Pole erheblich näher liegt als dem posi-
tiven. Dieser Teil der Bahn ist nun aber dann, weil er noch
nicht von Vorentladungen durchsetzt ist, auch noch nicht so
gut ionisiert wie die übrigen Teile derselben, besitzt also auch
einen erheblich größeren Widerstand als diese und erhitzt sich
daher auch beim schließlichen Duvchbruch des ÜNinkens in ent
sprechendem Maße mehr als sie, wie dies die Figur zeigt,
Hamburg, Physik. Staatalaboratorium.
1) Jahrboch d. Hunb. Wtssensch. Anstalten. B<l. £0. 1903.
^e, September 1908.)
652
82. Über das sogenannte „Nachschauen" von Bildern.
Von Felix M. Exner in Wien.
Als ich vor kurzem das Glück hattte, in der Sixtinischen
Kapelle in Rom die Deckengemälde Michelangelos zu be-
trachten, wurde ich beim Anblick des Propheten Jonas in
der Wölbung der Stirnwand der Kapelle von neueiü auf eine
Erscheinung aufmerksam, die, ziemlich auffallend und unter
dem Namen des „Nachschauens" besonders bei Porträts be-
kannt, meines Wissens bisher keine genügende Erklärung ge-
funden hat, obwohl letztere sehr naheliegend zu sein scheint
Zweck der folgenden Zeilen ist es, auf die Erscheinung und
ihre Ursache das Augenmerk zu lenken. Es soll sich hier
aber nicht nur um das eigentliche „Nachschauen** des dar-
gestellten Auges, sondern auch um das Nachdrehen verschiedener
anderer Gegenstände handeln.
Wenn man an einem Wandgemälde vorübergeht und im
Gehen dasselbe im Auge behält, so kommt es hilufig vor,
daß man den Eindruck hat, die im Gemälde dargestellte
Person folge einem mit den Augen nach zu jedem Punkte,
nach dem man sich begibt Dieser Eindruck ist oft so auf-
fallend, daß man in Galerien und Museen bei einzelnen Porträts
auf die Erscheinung als eine besondere Sehenswürdigkeit hin-
gewiesen wird. Tatsächlich ist sie bei jedem Porträt, dessen
Augen auf den Beschauer gerichtet sind, vorhanden. Daß sie
aber nicht eine besondere Eigentümlichkeit der Augen allein
ist, ergibt sich bald daraus, daß man sie auch bei Gemälden,
die andere Gegenstände oder Landschaften darstellen, beob-
achten kann, wenn die Verhältnisse dazu günstig sind, wie
dies z. B. bei dem genannten Jonas der Fall ist, den das
Bild sitzend in ganzer Gestalt mit seitlich gewandtem Ge-
sicht zeigt.
Die Bedingungen zum Zustandekommen der Erscheinung
liegen teils in der Farbengebung, zum größeren Teile aber in
der perspektivischen Zeichnung. Die erstere Ursache tritt be-
sonders beim „Nachschauen" der Augen auf, bei dem Teile der
Erscheinung, nach welchem man die ganze wobl benennt. Da-
durch, daß der Maler dem dargestellten Auge Glanzlichter
aufgesetzt bat, die den Eindruck des dem Auge Gegeuüber-
stebena im Beschauer erwecken, wird diese Wirkung in jeder
BUckricbtung erreicht. ') Sie geht aus der Tatsache hervor, daß
beim Bilde -von verschiedenen Standpunkten doch immer die-
selben Teile eines dargestellten Körpers sichtbar sind, uicbt
wie bei der Plastik stets neue. Die für den allgemeineren Teil
der Erscheinung maßgebendeu Bedingungen in der Perspektive
sind die folgenden: Es muß das Bild einen Gegenstand mit
acbeinbar großer Erstreckung in den Hintergrund bei hoher
oder tiefer Lage des Augenpunktes darstellen, was durch ver-
kürzte Zeichnung in der Höhenrichtuug erreicht wird, und
außerdem beiderseits von demselben in derBildHäcbeuuverkürzt
Uegeodfl Gegenstände im Vordergrund, welche diese Fläche
deutlich zum Ausdruck bringen.
Deukt man sich die Bildebene vertikal, so wird dann die
große Erstreckung nach rückwärts durch eine solche in der
vertikalen dargestellt, die Erstreckung im Vordergrunde in oder
parallel zur Bildfläche durch eine horizontale, vorausgesetzt,
daß die Blickrichtung senkrecht auf der Bildtläche steht. Wird
nun die Blickrichtung gedreht, indem man z. B. rechts oder
links am Bilde vorübergeht und zurücksieht, so bleiben bei
der hier stattlindenden Centralprojektion vom Auge aus zwar
alle vertikalen Geraden vertikal, die in der Bildfläche horizon-
talen oder schiefen ändern aber ihre scheinbare Lage. Der
Erfolg ist der, daß die ursprünglich vertikal nach aufwärts ge-
richtete Tiefen erstreckung auch jetzt noch vertikal bleibt und
folglich auch jetzt noch den betredenden Gegenstand zwar
schmäler aber in derselben vom Auge gerade weggericbteten
Erstreckung nach rückwärts zeigt, während die frUher hori-
zontale Erstreckung am entfernteren Bildende jetzt so ver-
schoben ist, daß sie perspektivisch gesehen ihre alte Lage bei-
behalten hat
So ergibt sich, daß der Gegenstand mit Tiefenerstreckang
I) Schon E. Brücke hut djeaes Nitchech&uen darmus erklärt, daB
■ich der Beschauer in der Vontellang vor ine Bild versetzt luach einer
mfindlichen MitteilongL
k
654
F. M. JExner.
sich dem vorüberbewegten Auge des Beobachters nachzudrehen
scheint, während der übrige Teil des Bildes unverändert bleibt
Ein deutliches Beispiel für diese geometrischen Verhältnisse
ist die in Fig. 1 schematisch dargestellte Straßenkreuzung.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 8.
Es ist eine der Bildfläche parallele horizontale Straßenfront im
Vordergrunde gedacht, auf welcher eine nach rückwärts ver-
laufende Straße senkrecht steht Die gedachte Mittellinie der
letzteren verläuft hier vertikal. Bewegt man sich an diesem
Bilde von der Mitte aus nach einer Seite vorbei und betrachtet
Nachschaum von BiltUrn. 655
es uDterdesBen , so scheint die Strafe sicli dem Auge oach-
zudrehen und stets direkt auf dasselbe zuzulaufen, während
die im Vordergrund durch die beiden Eckhäuser angedeutete
Häuserreihe ihre Lage beibehält. Die Figg. 2 und 3 zeigen
nun, wie sich Fig. 1 von der Unken resp. rechten Seite des
Beobachters aus gesehen darstellt. Die Straße verläuft noch
vertikal nach aufwärts, die vordere Front aber hat sich ge-
dreht, so daS sie mit der ersteren auf Fig. 2 an der rechten
BIcke, auf Fig. 3 an der linken einen stumpfen Winkel nicht
nur tatsächlich bildet, sondern auch perspektivisch gesehen zu
bilden scheint. Fig. 2 ist unter einem Winkel von 61°,
Fig. 3 von 57" gegen die senkrechte Blickrichtung auf-
genommen.
Was die Größe der scheinbaren Drehung betrifft, so ist
sie verschieden je nach dem Winkel, den die sich drehende
Linie mit der Vertikalen einschließt.
Nimmt man der Einfachheit halber eine Orthogonal-
projektion an, so ist, wenn et den Winkel bedeutet, um den
sich die Blickrichtung von der anf die BildKäche Normalen
ans gedreht hat, und f/^ die Neigung der betrachteten schiefen
Qeraden zur Vertikalen in der Bildtiäcbe, zunächst ff =(fgCOBa
der Winkel, den diese beiden Geraden in der Projektion mit-
einander bilden. Die scheinbare Drehung ist für eine Hori-
zontale Null, für eine Vertikale aber a, oder gleich der ganzen
Drehung der Blickrichtung, für eine schiefe Gerade sei sie i[r;
dann kann man setzen (f i^ = coe'qr rf«, welche Gleichung ver-
bunden mit der vorhergehenden die Beziehung zwischen Blick-
drehung und Drehung der perspektivischen Linie darstellt.
Bei der Centralprojektion hängen die Beziehungen natür-
lich auch von der Entfernung des Auges ab und sind kom-
plizierter. Hingegen tritt die besprochene Erscheinung bei
einer solchen deswegen deutlicher hervor, weil die horizontalen
Linien in der Projektion nicht horizontal bleiben, sondern durch
ihre projektivische Vei^nderung das Beibehalten der früheren
Bildääche viel deutlicher machen, als dies bei der Orthogonal-
projektion der Fall ist, wo die horizontaleu Linien sich nur
verkürzen und nur durch die Verkürzung jener Eindruck zu-
stande kommen muß.
^^ (Eingegangen 28. f^ptember l»l)3.) ^^^^_
656
83. Was ist eine Funktion?
Von G. Frege in Jena.
Welche Bedeutung das Wort „Funktion" ^) in der Analysis
habe, ist noch nicht über jeden Zweifel erhaben, obwohl es
seit langer Zeit in häufigem Gebrauche steht In den Er-
klärungen finden wir zwei Ausdrücke immer wiederkehrend,
teils miteinander verbunden, teils einzeln, den des Rechnungs-
ausdrucks und den der Veränderlichen. Auch bemerken wir
einen schwankenden Sprachgebrauch, indem bald das, was die
Art der Abhängigkeit bestimmt oder vielleicht die Art der Ab-
hängigkeit selbst, bald die abhängig Veränderliche Funktion
genannt wird.
In neuerer Zeit überwiegt in den Definitionen das Wort
„Veränderliche**. Aber dieses ist selbst der Erklärung sehr
bedürftig. Jede Veränderung geht in der Zeit vor sich. Da-
nach müßte sich die Analysis mit einem zeitlichen Geschehen
beschäftigen, indem sie Veränderliche ihrer Betrachtung unter-
wirft. Nun hat sie aber mit der Zeit nichts zu schaffen ; denn
daß sie auf zeitliche Vorgänge angewendet werden kann, tut
nichts zur Sache. Auch kommen Anwendungen der Analysis
auf Geometrie vor, bei denen die Zeit ganz außer Betracht
bleibt. Dies ist eine Hauptschwierigkeit, auf die wir immer
wieder stoßen, wenn wir an der Hand von Beispielen der
Sache auf den Grund kommen wollen. Denn sobald wir ver-
suchen eine Veränderliche anzugeben, werden wir auf etwas
verfallen, was sich in der Zeit ändert und also der reinen
Analysis nicht angehört. Und doch muß es möglich sein eine
Veränderliche aufzuzeigen, die nichts der Arithmetik Fremdes
mit sich führt, wenn überhaupt Veränderliche Gegenstände
der Analysis sind.
1) Diese Betrachtung soll auf Funktionen mit einem einzigen Argu-
mente beschränkt sein.
H'as ift eine Funhliori? 657
Liegt so schon in der Veränderung eine Schwierigkeit, so
stoßen wir aul' eine neue, wenn wir fragen, was sich veründere.
Man erhält zunächst als Antwort: eine Größe. Suchen wir
ein Beispiel! Wir können einen Stah eine Größe nennen, so-
fern er lang ist. Jede Verändemng des Stabes hinsichtlich
seiner Länge, wie sie z. B. durch Erwärmung erfolgen kann,
geht in der Zeit vor sich; und weder Stäbe noch Längen sind
Gegenstände der reinen Analysis. Dieser Versuch, eine ver-
änderliche GröQe in der Analysis aufzuzeigen mißlingt; und
ebenso müssen viele andere mißliagen; denn weder Längen-
großen, noch Flächengrößen, noch Wiukelgrößen, noch Massen-
großen sind Gegenstände der Arithmetik. Von allen Größen
gehören allein die Zahlen ihr an. und gerade weil diese
Wissenschaft es ganz dahingestellt sein läßt, durch Messung
welcher Größen die Zahlen im einzelnen Falle gewonnen sind,
ist sie der mannigfachsten .\uwendung fähig. Wir fragen also:
Sind die Veränderlichen der Analysis veränderliche Zahlen?
Was soUten sie auch anders sein, wenn sie überhaupt der
Analysis angehören sollen? Wie kommt es aber, daß man
fast nie „vei^derliche Zahl" sagt, dagegen oft „veränderliche
Größe"? Dieser Ausdruck klingt annehmbarer als „veränder-
liche Zahl"; denn es steigt hierbei der Zweifel auf: gibt es
denn veränderliche Zahlen? Behält nicht jede Zahl ihre Eigen-
Schäften unverändert bei? Nun, sagt man wohl, 3 und n sind
selbstverständlich unveränderliche Zahlen, Konstaute; aber es
gibt doch auch veränderliche. Wenn ich z. B. sage „die Zahl,
die in Millimetern die Länge dieses Stabes angibt", so he-
nenne ich eine Zahl, und diese ist veränderlich, da der Stab
nicht immer dieselbe Länge beibehält; also habe ich mit jenem
Ausdrucke eine veränderliche Zahl bezeichnet Vergleichen
wir dies Beispiel mit folgendem! Wenn ich sage „der König
dieses Reiches", so bezeichne ich einen Menschen. Vor zehn
Jahren war der König dieses Kelches ein Greis, jetzt ist der
König dieses Reiches ein Jüngling. Ich habe also mit jenem
Ausdrucke einen Menschen bezeichnet, der ein Greis war und
non ein Jüngling ist Hier muß ein Fehler sein. Der Aus-
druck „der König dieses Reiches'' bezeichnet ohne Zeitangabe
Oberhaupt keinen Menschen; sobald aber eine Zeitangabe hin-
xogefügt wird, kann er einen Menschen unzweideutig bezeichnen;
658 Ö. Irege,
dann ist aber diese Zeitangabe notwendiger Bestandteil des
Ausdrucks y und ¥dr erhalten einen andern Ausdruck, wenn
wir eine andere Zeitangabe machen. Wir haben also in
unsem beiden Sätzen gar nicht dasselbe Subjekt der Aussage.
Ebenso bezeichnet der Ausdruck ,,die Zahl, die in Millimetern
die Länge dieses Stabes angibt'', ohne Zeitangabe gar keine Zahl.
Wenn eine Zeitangabe hinzugefügt wird, kann eine Zahl, z. B.
1000, dadurch bezeichnet werden; diese ist dann aber un-
veränderlich. Bei einer andern Zeitangabe erhalten wir einen
andern Ausdruck, der nun auch eine andere Zahl, z. B. 1001,
bezeichnen kann. Wenn wir sagen: „Vor einer halben Stunde
war die Zahl, die in Millimetern die Länge dieses Stabes an-
gab, eine Kubikzahl; jetzt ist die Zahl, die in Millimetern die
Länge dieses Stabes angibt, keine Kubikzahl'S so haben wir
gar nicht dasselbe Subjekt der Aussage. Die 1000 hat sich
nicht etwa zur 1001 aufgebläht, sondern ist durch sie ersetzt
worden. Oder ist etwa die Zahl 1000 dieselbe wie die
Zahl 1001, nur mit anderem Gesichtsausdrucke? Wenn sich
etwas verändert, so haben wir nacheinander verschiedene Eigen-
schaften, Zustände an demselben Gegenstande. Wäre es nicht
derselbe, so hätten wir gar kein Subjekt, von dem wir die
Veränderung aussagen könnten. Ein Stab dehnt sich durch
Erwärmung aus. Während dies vorgeht, bleibt er derselbe.
Wenn er statt dessen weggenommen und durch einen längeren
ersetzt würde, so könnte man nicht sagen, daß er sich aus-
gedehnt habe. Ein Mensch wird älter; aber wenn wir ihn
nicht trotzdem als denselben anerkennen könnten, hätten wir
nichts, von dem wir das Altern aussagen könnten. Wenden
wir das auf die Zahl an! Was bleibt dasselbe, wenn eine
Zahl sich verändert? Nichts! Folglich verändert sich die
Zahl gar nicht; denn wir haben nichts, von dem wir die Ver-
änderung aussagen könnten. Eine Kubikzahl wird nie zu einer
Primzahl und eine Irrationalzahl wird nie rational.
Es gibt also keine veränderlichen Zahlen und das ¥drd
dadurch bestätigt, daß wir keine Eigennamen für veränder-
liche Zahlen haben. Der Versuch ist uns mißlungen, mit dem
Ausdrucke „die Zahl, die in Millimetern die Länge dieses
Stabes angibt'S eine veränderliche Zahl zu bezeichnen. Aber
bezeichnen wir nicht mit „o:*', „y", „z" veränderliche Zahlen?
Wat ist eine Function? 659
Man gebraucht wohl dieae Redeweise; aber diese Buchstaben
sind nicht Eigennamen veränderlicher ^^ahlen, wie „2" und
„3" Eigennamen konstanter Zahlen sind; denn die Zahlen 2
und 3 unterscheiden sich in angebbarer Weise, wodurch aber
unterscheiden sich die mit „x" und mit „y" augeblich be-
zeichneten Veränderlichen? Das ist nicht zu sagen, Wir
können nicht angehen, welche Eigenschaften x habe, und welche
davon abweichende Eigenschaften y habe. Wenn wir mit den
Buchstaben überhaupt etwas verbinden, so ist es hei beiden
dieselbe verschwommene Vorstellung. Wo scheinbar Unter-
schiede erscheinen, handelt ea sich um Anwendungen; aber von
solchen sprechen wir hier nicht. Da wir nicht vermögen, jede
Veränderhche in ihrer Besonderheit aufzufassen, können wir
den Veränderlichen keine Eigennamen beilegen.
Einige der angeführten Schwierigkeiten hat Ur. K. Gzaber
zu vermeiden gesucht, ') Um die Zeit loszuwerden, erklärt er
die Veränderhche als eine unbestimmte Zahl. Aber gibt es
unbestimmte Zahlen? Sind die Zahlen einzuteilen in be-
stimmte und unbestimmte? Gibt es unbestimmte Menschen?
MuB nicht jeder Gegenstand bestimmt sein? Aber ist nicht die
Zahl n unbestimmt? Die Zahl n kenne ich gar nicht „n" ist
nicht der Eigenname irgend einer Zahl, weder einer bestimm-
ten noch eiuer unbestimmten. Und doch sagt man zuweilen
„die Zahl n". Wie ist das möglich? Solcher Ausdruck muß
im Zusammenhang betrachtet werden. Nehmen wir ein Beispielt
„Wenn die Zahl n gerade ist, so ist co8nn= 1." Hier hat
nur das Ganze einen Sinn, weder der Bedingungssatz für sich
noch der Folgesatz für sich. Die Frage, ob die Zahl n gerade
sei , kann gar nicht beantwortet werden , ebensowenig , ob
C08nn = l sei. Dazu müÜte „n" ein Eigenname einer Zahl
eein, die dann notwendig eine bestimmte wäre. Man schreibt
den Buchstaben ,,7i", um Allgemeinheit zu erzielen. Voraus-
setzung ist dabei, daß wenn man ihn durch den Eigennamen
einer Zahl ersetzt, sowohl der Bedingungssatz als auch der
Folgesatz einen Sinn erhält.
Freilich kann man hier von Unbestimmtheit reden; doch
1) Vorlesungen Über PilTereiitial' und IntegrslreclinuDg. Lvipiig,
Tsabner, 1. g 2.
660 0. Frege.
st ,,anbestimmt'' hier kein Beiwort zu ,^Zahl<', sondern ein
Adverb etwa zu ,,andeuten^'. Man kann nicht sagen, daß „n'^
eine unbestimmte Zahl bezeichne, wohl aber, daß es Zahlen
unbestimmt andeute, und so ist es immer, wo Buchstaben
in der Arithmetik gebraucht werden, mit Ausnahme der wenigen
Fälle (91, e, t), wo sie als Eigennamen auftreten; dann bezeich-
nen sie aber bestimmte, unveränderliche Zahlen. Es gibt also
keine unbestimmte Zahlen, und dieser Versuch des Hm. C zu her
ist mißlungen.
Zweitens sucht er dem Mangel abzuhelfen, daß man keine
Veränderliche von andern unterscheidend fassen kann. Er
nennt die Gesamtheit der Werte, die eine Variable annehmen
kann, den Bereich der Variablen und sagt: „Die Variable x
gUt als definiert, wenn von jeder reellen Zahl, die man be-
zeichnet, festgesetzt werden kann, ob sie dem Bereiche an-
gehört oder nicht*'. Sie gilt als definiert; aber ist sie es auch?
Da es keine unbestimmte Zahlen gibt, ist es unmöglich, irgend-
eine unbestimmte Zahl zu definieren. Der Bereich wird als
das die Variable Kennzeichnende hingestellt. Danach hätten
wir bei demselben Bereiche dieselbe Variable. Folglich wäre
bei der Gleichung „y = ar^* y dieselbe Variable wie ar, wenn
der Bereich von x der der positiven Zahlen ist.
Dieser Versuch muß als gescheitert betrachtet werden,
zumal der Ausdruck „eine Variable nimmt einen Wert an"
ganz unklar ist Eine Variable soll eine unbestimmte Zahl
sein. Wie macht es nun eine unbestimmte Zahl, eine Zahl
anzunehmen; denn der Wert ist offenbar eine Zahl. Nimmt
etwa auch ein unbestimmter Mensch einen bestimmten an?
Sonst sagt man wohl, daß ein Gegenstand eine Eigenschaft
annehme; hier muß die Zahl beide Rollen spielen; als Gegen-
stand wird sie Variable oder veränderliche Größe, als Eigen-
schaft wird sie Wert genannt. Darum also zieht man das
Wort „Größe" dem Worte „Zahl" vor, weil man sich darüber
täuschen muß, daß die veränderliche Größe und der Wert,
den sie angeblich annimmt, im Grunde dasselbe sind, daß
man gar nicht den Fall hat, wo ein Gegenstand nacheinander
verschiedene Eigenschaften annimmtj, daß also von Verände-
rung in keiner Weise die Rede sein kann.
Hinsichtlich der Veränderlichen hat sich uns folgendes
fTax ist t
ergeben. Veränderliche Größen können zwar anerkannt wer-
den, gehören aber nicht der reiüen Analysis an. Veränder-
liche Zahlen gibt es nicht. Das Wort „Veränderliche" hat
mithin in der reinen Änalysis keine Berechtigung.
Wie gelangen wir nun von der Variabein zur Funktion?
Dies wird wohl im wesentlichen immer in derselben Weise
geschehen, und wir folgen dämm der Darstellang des Hm.
Gzuber, er schreibt im % 3:
„Wenn jedem Wert der reellen Variabein x, welcher
ihrem Bereiche angehört, eine bestimmte Zahl ;/ zugeordnet
ist, so ist y im allgemeinen auch als Variable detiniert und
wird eine Funktion der reellen Varialeln x genannt. Man
drückt diesen Sachverhalt durch eine Gleichung von der Form
y = /-(x) aus."
Hier f^llt zunächst auf, daß y eine bestimmte Zahl ge-
nannt wird, während es doch als Variable eine unbestimmte
sein müßte, y ist weder eine bestimmte, noch eine unbestimmte
Zahl ; sondern das Zeichen „y" ist fehlerhafterweise mehreren
Zahlen beigelegt worden, und nachher wird doch so gesprochen,
als ob es nur eine einzige wäre. Einfacher und klarer wäre
der Fall wohl so darzustellen. Jeder Zahl eines x-Bereiches
ist eine Zahl zugeordnet. Die Gesamtheit dieser Zahlen nenne
ich den y-Bereich. Freilich haben wir so zwar einen ^-Bereich,
aber kein y, von dem wir sagen könnten, daß es eine Funktion
der reellen Variabein x sei.
Nun scheint die Abgrenzung der Bereiche für die Frage
nach dem Wesen der Funktion unwesentlich zu sein. Warum
können wir nicht gleich die Gesamtheit der reellen Zahlen
oder die Gesamtheit der komplexen Zahlen mit Einschluß der
reellen als Bereich annehmen? Der Kern der Sache liegt
doch wohl ganz wo anders, nämlich in dem Worte „zugeordnet"
verborgen. Nun, woran merke ich, ob die Zahl 5 der Zahl
4 zugeordnet sei? Die Frage ist unbeantwortbar, wenn sie
sieht irgendwie ergänzt wird. Und doch scheint es nach der
Czuberschen Erklärung so, als ob es f<lr je zwei Zahlen ohne
weiteres bestimmt sei, ob die erste der zweiten zugeordnet
sei oder nicht. Glücklicherweise fügt Hr. Gzuber die Be-
merkung hinzu:
662 0. Freffe.
^^Über das Gesetz der Zuordnung, das in allgemeinster
Weise durch die Charakteristik f angedeutet ist, enthält die
obige Definition keine Aussage ; es kann in der mannigfachsten
Weise festgesetzt sein."
Also die Zuordnung geschieht nach einem Gesetze, und
es sind verschiedene solche Gesetze denkbar. Nun dann hat
der Ausdruck ^^y ist eine Funktion von x^^ keinen Sinn, wenn
er nicht durch die Angabe des Gesetzes ergänzt wird, nach
dem die Zuordnung geschieht. Dies ist ein Fehler der De-
finition. Und ist nicht das Gesetz, das die Erklärung als nicht
vorhanden behandelt, eigentlich die Hauptsache? Wir be-
merken, daß damit die Veränderlichkeit ganz unsern Blicken
entschwunden ist, während die Allgemeinheit in unsern Ge-
sichtskreis tritt; denn auf sie deutet das Wort „Gesetz'^ hin.
Die Unterschiede der Gesetze der Zuordnung werden mit
den unterschieden der Funktionen zusammenhängen, und sie
können nicht mehr als quantitative gefaßt werden. Denken
wir nur einmal an die algebraischen Funktionen, an die
Logarithmusfunktion , an die elliptischen Funktionen, so
überzeugen wir uns sofort, daß es sich hier um qualitative
Unterschiede handelt; ein Grund mehr, die Funktionen nicht
als Veränderliche zu erklären. Wären sie Veränderliche, so
wären die elliptischen Funktionen elliptische Veränderliche.
Im allgemeinen drücken wir ein solches Gesetz der Zu-
ordnung durch eine Gleichung aus, auf deren linker Seite der
Buchstabe „y steht, während rechts ein Hechnungsausdruck
erscheint, bestehend aus Zahlzeichen, Rechnungszeichen und
dem Buchstaben „a:**, wie z. B.
Als solchen Rechnungsausdruck hat man nun die Funk-
tion definiert. In neuerer Zeit ist dieser Begriff zu eng ge-
fänden worden. Indessen wäre dieser Ubelstand durch Ein-
führung neuer Zeichen in die arithmetische Zeichensprache
wohl zu vermeiden. Schwerer wiegt ein anderer Einwand,
daß nämlich der Rechnungsausdruck als Gruppe von Zeichen
gar nicht in die Arithmetik gehört. Die formale Theorie,
welche als Gegenstände dieser Wissenschaft die Zeichen aus-
gibt, kann ich wohl als endgültig abgetan ansehen durch meine
fTas ist eine ^tnktion f
Kritik im zweiten Bande rneiuer Gmndgesetze der Arithmetik.
Zwischea 2^iclien und Bezeichnetem ist nicht immer scharf
UDterBcbieden worden, bo daß man unter einem Redmungs-
aaedrucke [expressio analytica) halb und halb auch dessen Be-
detitUDg verstanden hat. Was bezeichnet nun „x^ + 3j"?
Eigentlich gar nichts, da der Buchstabe „x" Zahlen nur an-
deutet, nicht bezdchnet. Ersetzen wir „x" durch ein Zahl-
zeichen, so erhalten wir einen Ausdruck, der eine Zahl bfr
zeichnet, also nichtB Neues. Wie „x" selbst deutet „x^ + 3:r"
nur an. Dies kann geschehen, um Allgemeinheit auszudrücken,
wie in den Sätzen
„wenn r > 0, so ist x' + 3 j > 0".
Wo bleibt nun aber die Funktion? Weder der Bechnnngs-
ausdruck selbst, noch seine Bedeutung scheint dafUr genom-
men werden zu können. Und doch sind wir wohl nicht gar
zu weit vom Richtigen entfernt. Von den Ausdrucken „sin 0",
„sin I", „sJD 2" bedeutet jeder eine besondere Zahl; aber wir
haben einen gemeinsamen Bestandteil „sin", in dem wir das
eigentliche Wesen der Sinusfunktion bezeichnet finden. Dieses
„«■«" entspricht wohl dem ,/■", von dem Hr. Czuber sagt,
daß es das Gesetz andeute, und zvax ist der Übergang von
„/"" zu „sMi" ähnlich wie der von „a" zu „2" ein Übergang von
einem Zeichen , das andeutet, zu einem Zeichen , das b&-
zeicbnet. Demnach wUrde „sin" ein Gesetz bedeuten. Daa
stimmt freilich nicht ganz. Das Gesetz scheint uns eher in
der Gleichung „y = sinz" ausgedruckt zu sein, von der daa
Zeichen „m>i" nur ein Teil ist, allerdings der die Besonderheit
des Gesetzes kennzeichnende, und haben wir hier nicht das,
was wir suchen, die Funktion? Also wird auch „f"- genau ge-
nommen eine Funktion andeuten. Und hier kommen wir auf
das , wodurch sich die Funktionen von den Zahlen unter-
scheiden. Das „sin" bedarf nämlich einer Ergänzung durch
ein Zahlzeichen, das aber nicht zur Bezeichnung der Funktion
gehört Dies gilt allgemein: das Zeichen einer Funktion ist
ungesättigt, bedarf der Ergänzung durch ein Zahlzeichen, das
wir dann Argumentzeichen nennen. Wir sehen dies auch beim
Wurzelzeichen, beim Logarithmuszeichen. Die Funktionszeichen
664 G. Frege.
können nicht wie die Zahlzeichen auf einer Seite einer Glei-
chung allein vorkommen, sondern nur ergänzt durch ein Zeichen,
das eine Zahl bezeichnet oder andeutet. Was bedeutet nun
eine solche Verbindung aus einem Funktionszeichen und einem
Zahlzeichen, wie „sin 1% „yi", „/l"? Jedesmal eine Zahl.
So erhalten wir Zahlzeichen, die aus zwei ungleichartigen
Teilen zusammengesetzt sind, indem der ungesättigte durch den
andern ergänzt wird.
Man kann diese Ergänzungsbedürftigkeit durch leere
Klammem sichtbar machen, z. B. „sin( Y oder „( )* + 3.( )'*.
Obwohl dies eigentlich das Sachgemäßeste ist und am besten
geeignet, der Verwirrung zu wehren, die dadurch entsteht, daß
man das Argumentzeichen als Teil des Funktionszeichens an-
sieht, wird diese Bezeichnung wohl keine Annahme finden. ^)
Man kann auch einen Buchstaben zu diesem Zwecke verwenden.
Wählen ¥dr als solchen „|", so sind „sin |" und „|* + 3 . |"
Zeichen von Funktionen. Es muß dabei aber festgehalten
werden, daß „|" hier nur die Aufgabe hat, die Stellen kennt-
lich zu machen, wo das ergänzende Zeichen einzutreten hat.
Man wird gut tun, diesen Buchstaben zu keinem anderen
Zwecke zu verwenden, also z. B. nicht statt des „x", das in
unsem Beispielen zum Ausdrucke der Allgemeinheit dient.
Es ist ein Mangel der gebräuchlichen Bezeichnung des
DiflFerentialquotienten, daß der Buchstabe „j:" dabei sowohl
die Argumentstellen kenntlich machen, als auch zum Aus-
drucke der Allgemeinheit dienen soll, wie in der Gleichung
d cos -^ , ,,
sm
„ dx 2 2
Daraus ergibt sich eine Schwierigkeit Nach den allgemeinen
Grundsätzen des Buchstabengebrauchs in der Arithmetik müßte
man auf einen besonderen Fall kommen, wenn man für „j:"
ein Zahlzeichen einsetzt. Aber der Ausdruck
acos —
„ d2
1) Sie ist übrigens nur für den Ausnahmefall gemeint, wo man
eine Funktion ganz isoliert bezeichnen will. In „sin 2*^ bezeichnet
«ffi" allein schon die Funktion.
n
Was ist eine Funktion f 665
ist unverständlich, weil die Funktion nicht erkennbar ist Wir
wissen nicht, ob sie
cos ~ oder cos j-^ oder cos 7^
sei. Dadurch sind wir zu der schleppenden Schreibweise
X - "
dcos —
„ \ dx /«=2
genötigt. Der größere Nachteil ist aber wohl der, daß die
Einsicht in das Wesen der Funktion dadurch erschwert wird.
Der Eigentümlichkeit der Funktionszeichen, die wir Un-
gesättigtkeit genannt haben, entspricht natürlich etwas an den
Funktionen selbst. Auch diese können mi ungesättigt nennen
und kennzeichnen sie dadurch als grundverschieden von den
Zahlen. Freilich ist das keine Definition; aber eine solche
ist hier auch nicht möglich. ^) Ich muß mich darauf be-
schränken, durch einen bildlichen Ausdruck auf das hinzu-
weisen, was ich meine, und bin dabei auf das entgegen-
kommende Verständnis des Lesers angewiesen.
Wird eine Funktion durch eine Zahl zu einer Zahl er-
gänzt, so nennen wir diese den Wert der Funktion f&r jene
als Argument Man hat sich gewöhnt, die Gleichung „^ 3= f{x)"
zu lesen: „y ist eine Funktion von x". Hierin sind zwei Fehler:
erstens übersetzt man das Gleichheitszeichen durch die Kopula;
zweitens verwechselt man die Funktion mit ihrem Werte för
ein Argument Aus diesen Fehlem ist die Meinung entstanden,
die Funktion sei eine Zahl, wenn auch eine veränderliche oder
unbestimmte. Wir haben dagegen gesehen, daß es solche
Zahlen überhaupt nicht gibt und daß die Funktionen von den
Zahlen grundverschieden sind.
Das Streben nach Kürze hat viele ungenaue Ausdrücke
in die mathematische »Sprache eingeführt, und diese haben
rückwirkend die Gedanken getrübt und fehlerhafte Definition
1) Die Definition, die H. Hankel in seinen Untersuchungen über
die anendlich oft oszillierenden und unstetigen Funktionen (Universitftts-
Programm, Tübingen 1870) i:^ 1 gibt, ist wegen eines fehlerhaften Zirkels
unbrauchbar, indem sie den Ausdruck ,/(x)'' enthält, der zu seiner Er-
kliitmg das zu Definierende voraussetzt
666 0. Frege. Was ist eine Funktion?
zuwege gebracht Die Mathematik sollte eigentlich ein
Master von logischer Klarheit sein. In Wirklichkeit wird man
vielleicht in den Schriften keiner Wissenschaft mehr schiefe
Ausdrücke und infolgedessen mehr schiefe G^anken finden,
als in den mathematischen. Niemals sollte man die logische
Richtigkeit der Etirze des Ausdrucks opfern. Deshalb ist es
von großer Wichtigkeit, eine mathematische Sprache zu schaffen,
die mit strengster Genauigkeit möglichste Kürze verbindet
Dazu wird wohl am besten eine Begriffsschrift geeignet sein,
ein Ganzes von Regeln, nach denen man durch geschriebene
oder gedruckte Zeichen ohne Vermittelung des Lautes un-
mittelbar Gedanken auszudrücken vermag.
(Eingegangen 28. September 1998.)
w •
84. Über den Potentialyerlauf bei der
anselbständigen Elektrizitätsleitang durch Gase fBr
den Fall des Sättignngsstromes.
Von H. Starke in Berlin.
Binteilung der Arten anBelbBt&ndiffer Elektrisit&taleitang
in Gasen.
Die uns bekannten Fälle der rein unselbständigen EUek-
trizitätsleitung in Oasen, d. h. derjenigen Leitung^ bei welcher
das Leitungsvermögen des Gases durch äußere Mittel, nicht
durch die Strömung selbst, erzeugt wird, lassen sich, vom
ionentheoretischen Standpunkt aus betrachtet, in zwei Haupt-
gruppen teilen, deren eine dadurch gekennzeichnet ist, daß
lonenerzeugung im ganzen Raum zwischen den Elektroden vor
sich geht, und deren andere die Fälle enthält, in welchen die
lonenerzeugung nur an der Oberfläche einer oder beider Elek-
troden stattfindet.
Je nachdem beide Arten von Ionen, die positiven und
negativen, oder nur die einen derselben vorhanden sind, zer-
fallen diese Hauptgruppen in eine Reihe von Unterabteilungen,
welche durch folgende Arten der lonenerzeugung gegeben sind:
L Volumenionisation. Im ganzen Volumen des Leitungs-
raumes werden gleichmäßig Ionen erzeugt. Spezialfälle:
1. Positive und negative Ionen entstehen in gleicher Zahl
im ganzen Volumen des Leitungsraumes. (Röntgen-, Becquerel-
strahlen, Flammengase, heiße Oase.)
2. Es werden im ganzen Volumen nur Ionen einer Art
erzeugt.
a) Nur positive. (Einblasen von Luft durch ein Rohr,
in welchem sich ein rotglühender, positiv geladener Platindraht
befindet)
b) Nur negative. (Eänblasen von Luft durch ein Rohr,
in welchem sich ein negativ geladener, weißglühender Platin-
draht befindet.)
668 H. Starke.
n. Oberflächenionüation an den Elektroden.
1. An der Anode werden positive^ an der Kathode nega-
tive Ionen frei. (Leitung zwischen zwei glühenden Platindrähten
in Luft, wobei der als Kathode dienende weiß glühen muß).
2. An der Anode werden positive Ionen frei. (Anode ein
rotglühender Draht in Luft.)
3. An der Kathode werden negative Ionen frei. (Kathode
ein glühender Draht in Wasserstoff, weißglühender Draht in
Luft, oder eine ultraviolett bestrahlte, photoelektrisch wirk-
same Elektrode.)
In diese Gruppe II gehören endlich auch noch die Fälle
unsymmetrischer Volumenionisation, bei welchen Erzeugung
beiderlei Ionen nur in unmittelbarer Nähe von beiden Elek-
troden oder einer derselben stattfindet. Dies geschieht, wenn
an zwei gegenüberstehenden Elektrodenplatten bez. an einer
derselben eine Flamme oder ein Bündel Röntgenstrahlen ent-
langstreicht, oder angenähert auch, wenn sich auf den Platten
eine Schicht radioaktiver Substanz befindet, welche stark ab-
sorbierbare a-Strahlen aussendet. Diese Fälle verhalten sich
bezüglich der Leitung ähnlich wie die Fälle 1 bez. 2 oder
3y weil von den an einer Elektrode erzeugten Ionen nur die-
jenigen eines, nämlich des dem Vorzeichen der Elektrode
gleichen Vorzeichens die Leitung von der Elektrode weg über-
nehmen.
Berechnung des FotenÜalverlaofiB and der r¨iohen Dichte
fireier Slektri8it&t in den genannten Fällen von Gkuileitung für
den Fall des SättigangsstromeB.
Präzisierung der Aufgabe. Vereinfachende Annahmen : Fehlen
von Bekombination, Neubildung durch Stoß und Beschleunigung
der Ionen.
Im folgenden soll die Verteilung freier Elektrizität und
der durch sie bedingte Verlauf des Potentialgradienten zwischen
den Elektroden für die eben erwähnten Arten der Elektrizitäts-
leitung berechnet werden. Es soll dabei angenommen werden,
wir hätten eine geradlinige Strömung zwischen zwei einander
gegenüberstehenden großen Elektrodenplatten vor uns, so daß
also das Potential als nur von einer Koordinate, welche senk-
recht auf den Elektrodenplatten ist, abhängig betrachtet werden
darf. Es soll femer der vereinfachte Fall angenommen werden,
Poientiabserlanf hei untelbstSntlitier ElektrizitStileitung.
GS würden alle Ionen znr Stromleitung yerbräucht, d. I
fände keine Rekombination von lonon statt. Diese AnHaUme
gilt dann genau, wenn der Sättigungsstrom erreicht ist. Die
Stroraatärke muß dann auf alle Fälle, sowohl bei Volumen-
wie bei Oherflächenionisation, vollständig unabhängig von der
Potential difTerenz der Elektroden sein, sobald die Ionisation
selbst, d. h. die Zahl der pro sec erzeugten Innen nicht etwa
durch das Feld geändert wird.
Dies findet für sehr hohe Potentiale bekanntlich statt,
indem die Stromstärke bei einer gewissen Feldstärke wieder
zu wachsen beginnt Die Erklärung hierfür ist durch J, J.
Thomson gegeben worden. Der Strom selbst erzeugt im Gas-
volumen neue Ionen beiderlei Vorzeichens, indem die in ihm
bewegten Ionen durch Anprall an Gasmoleküle, wie man sagt
durch „lonenstoß", neue Ionen erzeugt. Dadurch verliert der
Strom aber seinen „unselbständigen" Charakter. In dem Falle
einer lonenerzeugung an der Oberfläche einer Elektrode durch
irgend einen an der Grenze der Elektrode gegen das um-
gebende Gas stattfindenden Vorgang, wie z. B. bei dein Frei-
werden negativer Teilchen aus bestrahltem, photuelektrisch
empändlicbem Metall, kann dieses Freiwerden auch von der
Feldstärke an der Oberfiache abhängen und dadurch eine Ver-
änderlichkeit des Stromes mit der Potentialdifi'erenü der
Elektroden trotz erreichten Sättigungsstromes bewirken. Dies
hat auf die kommenden Betrachtungen keinen iLinflnß. Be-
dingung für dieselben ist nur die Existenz des Sättigungs-
stromes, d. h. das Fehlen einer Wiedervereinigung von Ionen,
und ein rein unselbständiger Charakter der Strömung, d. h. das
Fehlen einer Bildung von neuen Ionen infolge einer erlangten
Grenzgeschwindigkeit bereits bestehender. Femer ist in den
Betrachtungen durchweg das Fehlen einer Beschleunigung der
Ionen, d. h. es ist immer ihre Geschwindigkeit der Feldstärke
proportional angenommen worden, eine Annahme, welche erst
bei niederen Drucken ihre Berechtigung verliert.
/. Fall. Im ganzen Volumen des Leitung graumea zwischen
zioei Platten A und B mit dem Abxtand l werden gleichmäßig
Ionen erzeugt, und zwar pro Sekunde und ccm .\ positive,
fiegative; ihre Ladung sei e, iiire GeBcbwindigkeiteo pro
W
670 H. Starke.
Volt/cm r^, ü^. Dieser allgemeine Fall findet statt, wenn man
irgendwie beliebig ionisirte Luft zwischen die Platten bläst,
80 daß der Raum gleichmäßig erfüllt ist^)
In einem Volumenelement in der Entfernung x von der
Anodenplatte mögen sich + und ^ Ionen von der im statio-
nären Zustand unveränderlichen Dichte n„ und n befinden.
Das Potential an der Stelle des Volumenelementes sei F. Dann
sind die Stromstärken pro qcm i^ und i^, welche durch die
Bewegung der positiven bez. negativen Teilchen an der Stelle
des Volumenelementes entstehen, gegeben durch:
^V Tu-
i = n V e -z — = ßf X e.
p P P dx P '
Es folgt hieraus:
(2)
"^p dV «« dV
r„-T— t?.
dx "" dx
TK N„ l - X V
p
wo {> die räumliche Dichte freier Elektrizität. Diese letztere
ist aber mit der Änderung des Potentialgradienten durch die
Poissonsche Gleichung verbunden, welche sich in diesem Fall
auf die einfache Form reduziert:
d'V .
dx^ ^
Unter Berücksichtigung des ümstandes, daß V in Richtung
der positiven x abnimmt, also dVjdx negativ ist, lassen wir
das negative Vorzeichen fort und schreiben:
(5) ^^, = 4 ;r (> .
Diese Gleichung besagt dann, daß an einer Stelle, wo der ab-
solute Wert des Gefälles mit wachsendem x abnimmt, sich
1) Dieser Fall ist bereits von J. J. Thomson allgemein behandelt
worden. Seine Berechnung ist hier wegen der Gegenüberstellung der
Ergebnisse mit denen des Fall II durchgeführt
Potentialverlauf bei unselbständiger Elektrizitätsleitung, 671
freie negative, wo er zunimmt, freie positive Elektrizität be-
findet
Die Gleichungen (4) und (5) bestimmen das Potentialgefälle
durch die Gleichung:
(5') \dx) ^ %ne[(N,Vn + iV,rp)x ~iV,/rJ ^q^_q^
dx Vp V, '
wo
C=8,.(^ + ^),
C ^%ne ^'^
n
Die Integration der Gleichung (5) ergibt:
Femer ist:
(7) dx
fiPr cx- c .
2r/^a;«- C'x+ C"
Aus den beiden letzten Gleichungen kann man den Verlaui'
des Potentialgradienten und der räumlichen Dichte freier Elek-
trizität direkt ablesen. Gleichung (6) ist diejenige einer
Hyperbel. Die Kurve, welche dVjdx als Funktion des Ortes
darstellt, ist eine Hyperbel, welche ihren Scheitelpunkt an der
Stelle X = C I C hat Es ist die Stelle kleinsten Potential-
gefälles.
An derselben Stelle ist die räumliche Dichte freier Elek-
trizität gleich Null. Für größere x, d. h. von der positiven
Platte aus jenseits des Scheitelpunktes ist die räumliche Dichte
positiv, die positiven Ionen sind im Überschuß.
Für kleinere x gilt dasselbe von den negativen Ionen.
Die Kurve, welche den Verlauf des Potentials zwischen den
Platten darstellt, hat an der Stelle x =^ C j C einen Wende-
punkt
Die Stelle ist gegeben durch:
oder:
X _ y^ Vp
672 H. Starke.
Von vorwiegendem Interesse ist der
erste Spezialfall: Erfolgt die Ionisation zwischen den Platten^
wie im Fall der Röntgenstrahlen, so werden pro ccm gleichviel
negative und positive Ionen erzeugt. Es ist iV^ = i\^^ also:
l — X Vn '
n
d. h. die Abstände des Wendepunktes in der Potentialkurve von
der positiven und negativen Platte verhalten sich wie die Bewege
lichkeiten der positiven und negativen Ionen. Die Lage des
Wendepunktes ist unabhängig von der Stärke N der Ionisierung,
d. h. von der Intensität der Röntgenstrahlen.
Je größer z. B. die Geschwindigkeit der negativen Ionen
ist, desto weiter rückt der Wendepunkt in der Potentialkurve,
d. h. der Scheitelpunkt der den Verlauf des Potentialgradienten
darstellenden Hyperbel, von der Kathode fort, und desto steiler
wird daher der Potentialfall an der Kathode, und desto flacher
derjenige an der Anode.
Die Kurve des Potentialverlaüfs zwischen zwei Platten,
welche sich in röntgenbestrahlter Luft befinden, hat C. D. Child
festgestellt. Der Wendepunkt ist von der negativen Platte
weiter entfernt als von der positiven, der Potentialfall steiler
an der Kathode als an der Anode. Die Geschwindigkeit der
negativen Teilchen ist also die größere.
Von wesentlich geringerer Bedeutung ist der
zweite Spezialfall, daß in jedem ccm des leitenden Raumes
nur Ionen einer Art, N^ oder N^ pro sec an Zahl, neu ge-
schaffen werden. Dies kann nur durch lonenzufuhr von außen
geschehen. Die Stromstärke des im Fall der Zufuhr von nur
positiven Ionen von der Anodenplatte B nach Ä gerichteten
Stromes nimmt dabei von B nach A hin von Null bis zu
dem Wert
I=^N^le
an der Platte A linear zu. ' An einer Stelle, welche die Ent-
fernung X von B hat, ist
d V
und:
I = iV„ ir e = n„ ü„ - , — e
p p p dx
Potentialverlauf bei ufiselbständiffer Elektrizitätsleitung, 673
^ J^\x_ _ l d'V
V dV 4ne dx'^ '
' dx
daher:
(5a) _ U.^_/_ _ ^neN^ ^ _
WO
. — X = Cx,
dx Vp
V
C^8ne—^ .
^P
Es folgt durch Integration:
(6.) i^r-t--^''''
tPV Cx
(7 a) dx' ic ~
2
i/'
Die Gleichungen (5 a) his (7 a) folgen aus den entsprechenden
Gleichungen (5) his (7) des allgemeineren Falles durch Einsetzen
von N^ = 0.
Der Verlauf von dy\dx ist der einer Hyperbel, welche ihren
Scheitelpunkt für x = 0 also an der Anodenplatte hat. C"
ist das Quadrat des Gefälles dicht an der Anode^ also positiv.
An der Anode ist d^Fjäx^ =s 0, also die räumliche Dichte
freier Elektrizität gleich Null. Der Potentialfall ist an der
Kathode am größten^ wie auch die Dichte positiver Ionen.
Die Potentialkurve hat keinen Wendepunkt Dieser ist in die
Anode gerückt.
Den Fall des Vorhandenseins nur negativer Ionen erhält
man durch Einsetzen von ^V^ = 0 in die Gleichungen (5) bis
(7). Auch hier ist der Verlauf der Kurve des Potential-
gradienten eine Hyperbel, welche ihren Scheitelpunkt indessen
in der Kathode hat. Der größte Potentialfall ist an der
Anode, ebenso die größte Dichte negativer Ionen«
//. Fall, Es findet nur an der Oberfläche der Elektroden
Ionisation stati, derart, daß pro qcm und Sekunde aus der
Anode iV^ positive, aus der Kathode N^ negative Ionen erzeugt
werden. Oder es findet in sehr dünner Gasschicht dicht an
den Oberflächen der Elektroden lonenerzeugung statt, so daß
an der Anode N^ positive und negative^ an der Kathode X^
BolUmum-FMttfchrift. 4<5
674 H. Starke.
positive und negative Ionen erzeugt werden. Es gelangen in
diesem Fall in den Baum zwischen den Elektroden nur die
lonen^ welche ein dem Vorzeichen der Elektrode^ an welcher
sie entstehen^ gleiches Vorzeichen haben (s. Einleitung).
Dieser Fall unterscheidet sich prinzipiell von dem vorigen
dadurch, daß es die Kontinuitätsbedingung hier erfordert, daß
im Fall der stationären Strömung sowohl t^ als t^ sich mit
dem Ort nicht verändern, sondern an jeder Stelle zwischen den
Platten gleiche Werte haben. Die positive Stromstärke i^ und
die negative i^ haben nämlich in jedem beliebig gelegenen
Volumenelement die Werte
P P P dx P
t =s n V e — , — = A e.
Es folgt hieraus für die Zahlen n^, n^ der in einem be-
liebig gelegenen Raumelement vorhandenen positiven bez.
negativen Ionen:
(2)
n^ =
N,
P dV
'*»= dV
dx
und für ihr Verhältnis und ihre Diflferenz:
/Q\ ^P _ ^P «'"
W % K - dV \r^ " Vn]" Ane dx^ .
dx
Aus der letzten Gleichung folgt:
(5) "^Ux
d,
und durch Integration:
6, (--)■- c. ^ c:
35 \Vp Vn 1
Pa/cntiafverlanf bei iinselbitandiger EleHrizitäUUihmij. 675
Aus den QleichuQ^^en ist folgendes ersiclitlich :
Im allfjeiiieinaten Fall, da6 eine verscliiedene Anzahl posi-
tiver und negativer Ionen [iroduziert wird, deren Geschwindig-
keiten iiuub verschieden sind, ändert aich das Gefälle zwischen
den Platten mit dem Ort. Die Gleichung, welche das Gefälle
als Funktion des Ortes darstellt, ist die einer Parabel, der
Differeutialquotient
ist eine konstante QrJtße. Er ist positiv, d. h. das Gefälle
nimmt von der Anode aus nach der Kathode hin zu, wenn
iV,, .V.
im entgegengesetzten Fall nimmt das Geßille ab. Im ersteren
Falle ist im ganzen Raum ein Überschuß von positiven, im
letzteren ein solcher von negativaa Ionen.
Im Falle
ist das Gelalle konstant und in jedem Volunienelement gleich
viel positive und negative Ionen.
Man sieht daraus, daß, weon auch gleichviel, oder gar
mehr negative als positive Ionen erzeugt werden, doch überall
zwischen den Elektroden ein Überschuß von positiven Ionen,
nirgends ein solcher der negativen vorhanden sein kann, näm-
lich dann, wenn die Geschwindigkeit der negativen Teilchen
entsprechend größer ist als diejenige der positiven. Der
Potential Verl auf zwischen den Elektroden ist dann so, daß das
größere Gefalle an der Kathode liegt, und das Gefalle all-
mählich nach der Anode hin abnimmt In dem speziellen
Fall, daß an beiden Elektroden gleichviel positive und nega^
tive Teilchen erzeugt werden A = A_, braucht nur f, ^w^zu
sein, um im ganzen Raum die positiven oder negativen Ionen vor-
wiegen zu lassen. Bei gleicher Ion engesch windigkeit sind dann
keine räumlichen Ladungen vorhanden, das Gefälle konstant
Die Gleichungen (2) und (3) zeigen, daß das Verhältnis der
Zahlen positiver und negativer Ionen unter allen Umständen über-
all dasselbe ist, daß aber dasselbe von den Zahlen selbst nur
k
676 H. Starke.
im Fall konstanten Potentialgefälles gilt Sonst nimmt
die Dichtigkeit beider lonenarten nach der Elektrode, an
welcher das Gefälle herrscht, ab. Die Leitfähigkeit ist dort
gering.
Die Besprechung des Potentialverlaufs in den Spezialfällen,
daß nur positive oder nur negative Ionen an einer der Elek-
troden erzeugt werden, ist schnell erledigt Der Charakter
desselben bleibt der gleiche; ein Fehlen von z. B. positiven
Ionen [N^ = 0) bewirkt dasselbe wie eine sehr große Ge-
schwindigkeit derselben. Der Potentialfall liegt an der Anode
(Fall des photoelektrischen Stromes. Versuche, die ich darüber
anstellte, entsprachen dieser Erwartung). Ein Fehlen von nega-
tiven Ionen bewirkt dasselbe wie eine große Geschwindigkeit
derselben (Fall des Potentialverlaufs zwischen einem rot-
glühenden Platindrahtgeflecht als Anode und einer gegenüber-
gestellten Metallplatte als Kathode. Messungen, welche ich über
diesen Fall anstellte, ergaben, daß der Fall an der Kathode liegt.
Ganz derselbe ist der Potentialverlauf bei der unsymme-
trischen Volumenionisation. Für den Fall, daß die einer Platte
benachbarte Schicht mit Röntgen- oder Becquerelstrahlen ioni-
siert wird, hat Hr. E. Rutherford, für den Fall, daß an
einer Platte eine Flamme entlang streicht, Hr. C. D. Child
den Potentialverlauf bestimmt In beiden Fällen nimmt der
Potentialgradient nach der Platte hin, an welcher nicht die
Ionisation stattfindet, zu. Das Hauptgefälle des Potentials liegt
also an der außerhalb des lonisationsherdes befindlichen Elek-
trode.
Von Interesse ist der Fall der Elektrizitätsleitung in
Flammen, weil hier die Meinungen auseinander gehen, ob
Oberflächenionisation an den Elektroden oder Volumendisso-
ziation im ganzen Flammeninueren stattfindet. Jedenfalls ist
die Geschwindigkeit des negativen Ions, welches mit dem Elek-
tron identisch zu sein scheint, unverhältnismäßig größer als
die des positiven Ions. Dann hat aber der Potentialverlauf
Ähnlichkeit in den beiden Fällen, nur verläuft der Potential-
gradient im Falle der Oberflächenionisation bei Sättigungsstrom
parabolisch und im Falle der Volumendissoziation hyperbolisch.
Auch muß im letzteren Falle noch eine geringe Zunahme des
Gefälles an der Anode stattfinden, wenn nicht das Ge-
bei umsMsiamd^er EkktriziiStsleihnf. 677
schwindigkeitsrerfaältius unendlich wird. Meine Anschauungen
über die Natur der FUmmenleitung und die Gründe, welche
nach meiner Ansicht für eine Elrzeugung der Ionen im ge-
samten FlammeuTolumen sprechen, gedenke ich demn&chst an
anderer Stelle mitzuteilen.^
giumTnmenfkfWuic der Hauptpunkte.
Bei der zwei- und einionigen Volumenleitung ist die den
Verlauf des Potentialgradienten zwischen zwei Platten dar-
stellende Kurre eine Hyperbel; bei der Leitung durch Ionen,
welche an der OberÜäche der EUektroden entstehen, eine
Parabel
Eün Wendepunkt der Potentialkurre existiert nur bei der
zweiionigen Volumenionisierung, nie bei Oberfl&chenionisation.
Bei der zweiionigen Leitung durch Ionen, welche an der
Oberfläche der Elektroden entstehen, ist auch bei gleicher er-
zeugter Anzahl derselben im ganzen Leitungsraum ein Über>
schuß der einen Ionen, nämlich derjenigen von kleinerer
Beweglichkeit Torhanden.
Wenn gleichviel positive und negative Ionen erzeugt
werden, und die Beweglichkeiten beider lonenarten die gleichen
sind, so ist der Verlauf des Potentials zwischen den Platten,
bei Oberflächenionisation ein linearer, mithin nirgends ein
Überschuß einer lonenart Bei Volumenionisation hat die
Potentialkurve an beiden Elektroden steile Abfälle und in der
Mitte zwischen den Platten einen Wendepunkt An jeder
Elektrode ist also ein Überschuß der Ionen des demjenigen
der Elektrode entgegengesetzten Vorzeichens.
Diese Resultate gelten unter den am Anfang genannten
Annahmen.
Berlin, PhysiL Institut d. Universität, September 1903.
1) ZosaU bei der Korrektur: Ist inzwischen go.schohen. Siehe
Verb. d. Dentscb. Phjs. Ges. 5, S64, 190S; «, 29, 1904.
(Eingegangen 2S. September 190S.)
678
85. Über die elektromagnetischen Feldgleichnngen
innerhalb bewegter elektrischer Massen.
Von EmU Kohl in Wien.
In einer früheren Arbeit^) hat der Verfasser gezeigt, daß sich
die Gleichungen für das elektromagnetische Feld^ welches von
einem Systeme bewegter elektrischer Massen in einem festen
Punkte [x, y, z) des umgebenden ruhenden Äthers erzeugt wird,
unmittelbar aus jenen Gleichungen gewinnen lassen^ welche
Boltzmann^ in seinem Lehrbuche der Maxwellschen Theorie
entwickelt hat. Bezeichnet man mit P, Q, R die Komponenten
der dielektrischen Yerschiebungskrafb (elektrisierenden Kraft),
mit et, ß, y die Komponenten der magnetischen Kraft im Punkte
**
(ar,y, z), mit 83 die Lichtgeschwindigkeit im freien Äther, so wurde
dort bewiesen, daß man ein den allgemeinen Maxwellschen
Gleichungen genügendes System erhält, wenn man setzt:
(1)
bx '^ dt ' ^"" dy ^ dt
du 1 dH
72 = -
dx ^ dt~
,ox dG dH a ^3 dF dF dO
wobei
(3)
dx d y ' d X dx dy dx
d 0)
d (ü
"^J^r'-^^' ('"='--j)
bedeutet. Hierbei sind unter c^, c. c^ die Geschwindigkeitskompo-
nenten der einzelnen Teilchen mit den elektrischen Dichten <t
verstanden, während r den Abstand jedes Teilchens von dem
festen Punkte (x, y, z) zu jener Zeit bedeutet, innerhalb welcher
1) Ann. d. Phys. 11. p. 515—528. 1903.
2) L. Boltzmann, Vorlesungen über Max wells Theorie der Elek-
trizität and des Lichtes. II. Teil. Leipzig 1893; pag. 17, 18.
über elektramoffiteiische FeUgleiehnnffen* 679
dasselbe in seine Lage zur 2ieit ty die elektromagnetische Be-
wegung aber zum Punkte [x, y, z) fortgeschritten ist; das
Zeichen dfdt wurde an Stelle von djdi gewählt, um anzu-
deuten^ daß die Bifferentiation nach der Zeit bei fixer räum-
licher Lage des Punktes (x, y, z) durchzuftLhren ist Diese
Gleichungen hat zuerst Wiechert^) aus der Elektronentheorie
abgeleitet, sie können aber auch, wie erwähnt, unmittelbar aus
den Boltzmanuschen Ausdrücken mittels der mathematischen
Eigenschaften der Funktionen U, Fy G, H gewonnen wei*den.
Es werde nun ein im freien Äther in beliebiger Bewe-
gung begri£fenes System elektrischer Massen betrachtet und die
Frage nach den Feldgleichungen f&r die Punkte innerhalb
dieser Massen gestellt über die Form, unter welcher man
sich diese Massen zu denken hat, werde keinerlei Voraussetzung
gemacht; man kann sie sich als elektrische Atome, Elek-
tronen vorstellen, oder aber auch als ein den fiaum konti-
nuierlich erfüllendes Fluidum aufifassen.
Zunächst ist zu bemerken, daß zwischen den Funktionen
U, F, G, H die Beziehung
{A\ dF dO dB _ l du
besteht, da dies yon den einzelnen Gliedern in den Integral-
ausdrücken (3) durch unmittelbare Ausrechnung in der be-
zogenen Arbeit nachgewiesen wurde. Femer wurde in einer
späteren Arbeit^ gezeigt, daß
(5) fPdydz + Qdxdz + Rdxdy ^ Ane
0
ist, wobei e die innerhalb der geschlossenen Fläche 0 befind-
liche elektrische Masse darstellt, von welchen übrigens voraus-
gesetzt werden muß, daß sie unzusammendrückbar ist, also
ihre Dichte während der Bewegung nicht ändert Nimmt man als
0 ein unendlich kleines Parallelepiped mit den Seiten ^/x, dy, dz
innerhalb des in Bewegung begriffenen elektrischen Massensystems
an, so ergibt sich unter Berücksichtigung von (4) aus (1)
1) £. Wiechert, Archives N^rlandaises des sciences exactes et
natarelles, s^rie II. &• p. 549—573. 1900.
2) Ann. d. Phys. 12. p. 842-848. 1903.
680 E. Kohl
d 0)^
0"
dt] 1 ö» , ^ • , .
33* dt*
also durch Summierung über den ganzen R^um
(6) jU-^^=-Ano,
da für die außerhalb dieses Parallelepipeds liegenden Teilchen
''dt] 1 ö» r ö^.^Q
ist; diese also keinen Beitrag zur Differenz auf der linken
Seite von (6) liefern.
Weiter wurde in der ersterwähnten Arbeit bewiesen, daß die
Gleichung besteht:
alsO; wenn der Punkt innerhalb des Parallelepipeds liegt^
diese Beziehung liefert durch Summierung über den ganzen
Raum unter Beachtung der bei (6) gemachten Bemerkung für
Teilchen außerhalb des Parallelepipeds:
.^ 1 d^F . <^T A n l d^O . Cy
^"^^^ AN 1 ^'^ A ^'
Die Gleichungen (6) und (7) bilden bei Wiechert als
Definitionsgleichungen den Ausgangspunkt seiner Betrach-
tungen.
Die Gleichungen (1) und (2) liefern unter Berücksichtigung
von (4), (6) und (7) ohne Schwierigkeit die für das Innere des
bewegten elektrischen Massensystems geltenden Formeln
\ dP dß dr A Cx
(8)
^ dt dx dy «
SB 0/ ~ öa; dx SB
^ dt " dy dz ^^^ »
Cher ddkiromutffmgtiscAe FeU^kkkmmpen, 6S1
'^Sd/~ot aa' ^ et ^ cz ox' t5e/""6x cy'
Die Benehnngen [8 sind einer der Ansgmngsponkte der
Ekktronentheorie Ton Lorentz: sie sagen, daß die Kompo-
nenten der Gesamtströmung an der Stelle (x. v, :) des be-
wegten elektrischen Massensjstems ans zwei Teilen bestehen,
ans den Komponenten der Verschiebnngsstr5me an der Stelle
(xy jr, r) des rahenden Mittels, nnd ans einem zweiten Anteil,
welcher in bekannter Art als die Komponenten eines Kon-
Tektionsstromes zn deuten ist Differenziert man in S' der
Beihe nach durch 6x, cjr, dz, addiert sodann und wendet 6'
an, so erhalt man die Kontinuitätsgleichung der elektrischen
Massen in der leicht zu deutenden Gestalt
sie sagt zugleich aus, daß die Gesamtströmung geschlossen ist,
worin ein unterscheidendes Merkmal der Maxwellschen Theorie
gegenüber der t. Helmholtzschen liegt
Die Feldgleichungen (8) und (9) schildern die Vorgänge
an einer und derselben Stelle des ruhenden Äthers, durch
welchen sich das elektrische Massensystem bewegt, und bilden
daher in gewissem Sinne ein Analogen zu den Eulerschen
Gleichungen der Hydrodynamik. Sie sind, wenn es sich um
die Voigange innerhalb bewegter elektrischer Massen handelt,
an Stelle der gewohnlichen Maxwellschen Gleichungen zu
setzen, an welche sie sich, wie Abraham^} betont, aufs engste
ihrer Form nach anschließen.
Nun ist zu erwägen, daß in den Ausdrücken [3] die Ko-
ordinaten (x, y, z) ebenfalls Funktionen der Zeit sind, wenn
man jetzt einen Punkt betrachtet, welcher mit einem be-
stimmten elektrischen Massenteilchen fest verbunden gedacht
wird. Beachtet man die Beziehung
(11) 4? = I7 + f -- ^. + r ^ + f ■ 0 '
^ ' dt dt\ox'd$f9'dx*)
80 ergibt sich hieraus ein zweites System von Feldgleichuugen
in der Grestalt
1) IL Abraham, Aoo. d. Phys. lOi p. 105—179. 1903.
682
E. Kohl.
(12)
M dt ■" d% dy ^^^
JL ^ — iLf ^«
\ dB da dß . c. .l/i
4^(r|
+
+
(13)
J^ da
1 i^
öy
dx^'
dB
dx ^
,djP .dP
'^ dy^y'^Jli^
'^ dy^y"^ d
, dB , dB
.)
■)
dy
dP
dx
dB
c +
y ~
)
SB dt " dx dy"^^ iöa?^*"*" dy ^y"*" ö*^«/
d» dx
da ,
dx •
dx^''^
dn
dx
— — c
Dieses Gleichungssystem beschreibt die Vorgänge in einem
und demselben Punkte des bewegten elektrischen Massen-
systems in ihrer Abhängigkeit von der Zeit ; es entspricht also
den hydrodynamischen Grundgleichungen von Lagrange.
Es handelt sich femer um die Entwickelung der elektro-
magnetischen Energie E des gesamten von dem bewegten elek-
trischen Massensysteme herrührenden Feldes. Betrachtet man den
Zuwachs derselben während des Zeitteilchens dt, so kann er
gemäß den Ausfuhrungen, welche der Verfasser seinerzeit bei
der Besprechung der Stef ansehen Theorie dargelegt hat^), als
aus zwei Teilen bestehend aufgefaßt werden. Der erste Teil dE^
wird durch die Arbeit aller vorhandenen dielektrischen Ver-
schiebungen^ der zweite dE^ durch die negative Arbeit aller
vorhandenen Ströme während der Zeit dt dargestellt Man
hat demnach
(14) dE^dE, + dE^=.J±^^-^P+'^q + '^R)drdt
-f^{i,P+i^q + i,R)dxdt,
worin nach den aus den Gleichungen (8) gezogenen Schlüssen
(15)
4 TT L =
\ dP
53 dt
+ \%(T
A ' ^ ^Q X A
1 dB
SB dt
Cx
_dß
"" dx
dr
dy*
"^ dx
da
dx'
Iß
da
'^ dy
dß
dx
1) Monatsh. f. Math. u. Phys. 12. p. 239—264. 1901.
über elekiromagneti$che FeldgleichungefL 683
zu setzen ist und die t, elektromagnetisch gemessen sind. Es
ergibt sich demnach durch die in der letztbezogenen Arbeit
eingehend durchgeführten Betrachtungen
(140 dE= -f^J4j [(^ + «» + Ä») + (a« + ß' + r')]dTdt.
Berücksichtigt man, daß innerhalb des Integrales djdt
auch dl dt gesetzt werden kann^ da hierdurch nur die Reihen-
folge der einzelnen Addenden, nicht aber der Gesamtbetrag
der Summe geändert wird, so erhält man für jene INinktion,
deren Änderung den Zuwachs an Energie während der Zeit dt
angibt, den bekannten Ausdruck
(16) ^= ^J[(P« +Q^ + Bt) + («« + ß^ + y«)] dr.
Für gewisse Fälle dürfte eine andere Form für den
Energiezuwachs brauchbarer sein, welcher bloß Größen enthält,
die sich auf die bewegten elektrischen Massen beziehen. Man
kann nämlich (14) mit Rücksicht auf (15) auch in der Gestalt
(14") dß=^f<T{Pc^+Qc^+Qc;)dTdt
schreiben, ein Ausdruck, der sich übrigens auch aus (14') durch
partielle Integration der Glieder mit dPjdt, dQjdtj dRjdt
nach ihrer Ersetzung aus (15) leicht gewinnen läßt.
In den vorhergehenden Betrachtungen wurde vorausgesetzt,
daß sich das elektrische Massensystem in dem als ruhend ge-
dachten Äther bewegt. Es soll schließlich noch der Fall kurz
behandelt werden, daß das ruhende Mittel nicht mehr der
Äther, sondern ein beliebiger Nichtleiter mit der Dielektrizitäts-
konstante J) und der Magnetisierungszahl M sei. Dann gehen
die vorher entwickelten Gleichungen gemäß den Ergebnissen
der ersterwähnten Arbeit in folgende über:
i du MB F
(n
D dx » dt'
Ä= -
^■" D dy ^ dt'
1 dJJ _MdH
D dx « d < '
während die Gleichungen (2), (3) und ebenso (4) bestehen
bleiben. Dagegen ändern sich wieder (5), (6) und (7) und sind
durch folgende zu ersetzen:
684 E. Kohl.
(5') fPdydz + Qdxdz + Bdxdy = 4w~
(6') jt^«_l_^=^4^(T.
« « dp
(n.
■
1
dP
--4
, Jö-
1
-4
^Tö"
Jfl^-
1
dp "
- 4W(T^,
(80
worin S3^ die FortpflaDzungsgeschwindigkeit der elektromagneti-
schen Erregungen in dem zugrunde gelegten Mittel (SJ^* = ^^fMJ))
und e die Masse der wahren, e/J) also die Masse der freien
(d. i. femwirkenden) Elektrizität bedeutet
Hieraus folgt ohne weiteres als System der Peldgleichungen
für diesen Fall:
D dP dB df A <^' ^ ^Q ^r da . c-
^ dt dx dy ^"^"^ ^' ^ dt dx dx ^^^»'
^ dt '^ dy dx ^^ » '
^^^ «ö"^'"öy dx' ^dt'^dx dx' ^dt^dx dy
während die Koutinuitätsgleichung (10) ungeändert bleibt und
sowohl für die wahre wie auch für die freie Elektrizität gilt,
Mittels der Beziehung (11) läßt sich sofort das zweite System
der Feldgleichungen (12') und (13') aufschreiben; desgleichen
bietet die Ableitung der geänderten Gleichungen (15') und (16')
keinerlei Schwierigkeit^ aber auch nichts formelles Neues^ so daß
es genügt, auf sie hingewiesen zu haben.
Somit ist gezeigt, daß sich die Gleichungen für das innere
elektromagnetische Feld bewegter elektrischen Massen unmittel-
bar aus den Boltzmann sehen Gleichungen der Maxwell-
schen Theorie entwickeln lassen, wenn man diesen allgemeine
Geltung zuschreibt
Zum Schlüsse möge noch auf eine andere Darstellung der
Gleichungen (1) hingewiesen werden. Man bilde aus (1')
n7^ ^'^_ l d d^U M d d^F
^ ^ dp '^ D dx dp Sßdi dP
und beachte die Beziehungen (6') und (7'); man erhält daraus
nach einigen einfachen Umformungen
über elektromagnetische Feldgleichuiigen. 685
Nun ist
i? -^+ 4 «(Tu, = 4;n3„
worin 83^ die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der elektromag-
netischen Erregungen im Mittel und 4 die X-Komponente der
G^amtströmung in elektrostatischem Maße bedeutet Da der
Elammerausdruck auf der rechten Seite die Kraftkomponente
P darstellt, so folgt nach Ausführung der partiellen Integra-
tion im zweiten Gliede rechts unter Anwendung des Eontinuitäts-
prinzipes^) wegen der Beziehung Jfi)8^*=a8*
dz
D dxj (f ^ «V Q
Ähnlich gestalten sich die Ausdrücke für Q und B. S ist jetzt
die Fortpflanzungsgeschwindigkeit einer Erregung im Äther,
(> ist die Entfernung des Punktes [x, y, z) von den einzelnen elek-
trischen Massen zur Zeit t Berücksichtigt man, daß sich die
Integration über den ganzen unendlichen Raum erstreckt, und
bezeichnet mit F das gewöhnliche elektrostatische Potential
aller vorhandenen Massen, mit Qq die fest bleibenden Ent-
fernungen der einzelnen Raumpunkte von einander, so läßt sich
darstellen, wobei jetzt für a und t^ die an den einzelnen Stellen
jeweilig herrschenden Werte einzusetzen sind.
Aus dieser Gestalt der Komponenten P, Q, B, welche
vollkommen mit jener der Stefanschen^ und Boltzmann-
sehen ^ Fem Wirkungsgleichungen für ruhende elektrische Massen
übereinstimmt^ läßt sich eine bemerkenswerte Folgerung über
die Wirkungsweise eines bewegten elektrischen Teilchens schöpfen.
Wie man sieht, besteht die elektrisierende Kraft aus zwei
Teilen: der erste Teil ist die aus dem gewöhnlichen Coulomb-
sehen elektrostatischen Potentiale durch Ableitung nach der
1) L. Boltzmann, 1. c. p. 8.
2) J. Stefan, Sitzangsber. d. k. Akad. d. Wissensch. zu Wien
70. Abt n., p. 589—644. 1874.
8) L. Boltzmann, 1. c. p. 119.
686 E. Kohl. Über elektromagnetische Peldgleichungen,
Kraftrichtung gewonnene Kraft, während der zweite Teil die
Induktions Wirkung aller vorhandenen Ströme angibt. Ein be-
wegtes elektrisches Teilchen wirkt also so, daß es an und
ftlr sich eine dem gewöhnlichen elektrostatischen Wirkungs-
gesetze folgende Kraft ausübt, andererseits aber durch seine
Bewegung das Auftreten von dielektrischen Verschiebungs-
strömen und eines Konvektionsstromes bedingt, deren Induk-
tionswirkung zur ersteren Kraft hinzukommt Von Interesse
ist hierbei, daß die eigentliche elektrostatische Eraftwirkong
eines bewegten Teilchens dieselbe wie die eines ruhenden ist^
das heißt, wie diese dem Coulomb sehen Gesetze folgt, ohne
daß eine Abhängigkeit von der Fortpflanzungsgeschwindigkeit
der elektromagnetischen Erregung im betreffenden Mittel in
dem Ausdrucke ftlr das Potential auftritt Hierzu kommt — in
gewissem Sinne als sekundäre Wirkung betrachtet — die Induk-
tion der geweckten Gesamtströmung; beide Wirkungen zusammen
liefern dann einen Ausdruck, in welchen diese Fortpflanzungs-
geschwindigkeit in der bekannten Weise eingeht
(Eingegangen 28. September 1908.)
687
86. Beweis eines in der Aknstik verwendbaren
arithmetischen Satzes.
Von K. Ton Stemeek in Cxeinowitx.
Hr. 6. Jäger legte mir Tor einiger Zeit folgenden arith-
metischen Satz zum Beweise vor, auf den er durch Beobach-
tung der Zahl der Schwebungen zweier Stimmgabeln gekom-
men war und der folgendermaßen lautet:
Multipliziert man die beiden teilerfiremden Zahlen m und
n mit derselben recht großen Zahl X und addiert zu einem
der beiden Produkte eine kleine (positive oder negati?e) Zahl €,
so erhalt man, wenn man das Euklidsche Divisionsverfahren
zur Aufsuchung des größten gemeinsamen Teilers der beiden
Zahlen m N und n N in der Form fortwährender Subtraktionen
auf die beiden Zahlen m y und nX+ a anwendet^ als Rest bei
der letzten Subtraktion den Betrag ±mB. Der entsprechende
akustische Satz lautet: Die Anzahl der Schw^mn^en zweier
Stimmgabeln mit den SchwingungszcMen m JV und n JV + « (wobei
m und n teilerfremd sindj beträgt inc.
Da hier einer der seltenen Fälle vorliegt, daß einem
zahlentheoretischen Satze physikalisch eine Bedeutung zukommt,
so möchte ich mir erlauben, einen Beweis dieses Satzes mit-
zuteilen.
Wir denken uns zu diesem Zwecke unter c nicht eine
ganze Zahl, sondern eine beliebig kleine vorgegebene positive
oder negative Größe. Dann ist es offenbar unwesentlich, die
beiden teilerfremden Zahlen erst mit der Zahl N zu multi-
plizieren und der Satz nimmt die einfachere Form an:
Addiert man zu einer der beiden teilerfremden Zahlen m
und n die beliebig kleine Große 8 und führt dann das Euklid-'
ehe DhnsionsverftAreny das zur Aufsuchung des größten gemein--
Samen Teilers von m und n dienty in der Form fortwährender
Subtraktionen durchs so erhält man als Best bei der letzten Sub-
688 R, von Stcmeck,
traktion ± wi«, wenn b zu n addiert wurde ^ und ± ne, wenn «
zu m addiert wurde.
Es sei m> n\ dann bestehen die Gleichungen:
' m = y n + Hj,
(1)
V nj_i = q^ n^,
wobei die Zahlen n^, n^^ . . . n^ die Bedingung erfüUen:
n> n^> n^> ... >iij^=:l.
Denken wir uns nun zu n die Größe 6 addiert , und auf die
Zahlen m und n + 8 dieselbe Kettendivision angewendet, so
nehmen die Gleichungen (1) die folgende Form an:
« + « = 7i ('»i -!/«) + (^2 + « + '/ 9i «)
die wir, indem wir die darin auftretenden Koeffizienten von c
zunächst unbestimmt lassen, in der symmetrischeren Form
schreiben wollen :
m + pLt =^ q [n + v %) + n^ •\- v^%
n + i; 6 = 7j (n^ + Vj 6) + n^ + ^2 «
allgemein:
Auf Grund der Gleichungen (1) ist
wodurch wir zur Bestimmung der Koeffizienten v^ folgende
Rekursionsformel erhalten:
welche, durch £ gekürzt, die Relation liefert:
Die Größen v^ genügen also derselben Rekursionsformel wie die
Größen w.. Ferner ist ju = 0 und v = 1 ; zur Bestimmung der
Größen v^ haben wir daher die Gleichungen:
Jkusäsch-^rifhmetiseher Satz. 689
(2)
M
SS
9 ^
+
»i«
r
^
Vi"!
+
»»•
• •
•
•
+
•
»3.
• •
•
"t-i
r=
9k-i
"►-1 +
n
»•t-i
=s
%
*k
+
'»
Darin ist fi = 0, r = 1 uud 9, ?i> • * • s^<^ ^^^ <^^r Ketten-
division der Zahlen m und n gegeben.
Der von G. Jäger gefundene Satz besteht nun in der
Aussage, daß
ist
Um dies zu beweisen, gehen wir von den Gleichungen (1)
aus, aus denen man allgemein durch sukzessives Einsetzen n^
in die Form bringen kann:
«« = «i m + /?j n,
wobei a^ und ß^ ganz bestimmte positive oder negative ganze
Zahlen sind; speziell ist also:
iij = a^ »w + /9^ n = 1 ,
weil iij der größte gemeinsame Teiler zwischen den zwei relativ
primen Zahlen m und n ist
Die Zahlen «j^j, ß^^^^ und a^, /9^ sind nichts anderes
als Zähler und Nenner des vorletzten und letzten Näherungs-
bruches der Ketten bruchentwickelnng:
• +
qh-x + —
und erfüllen daher die bekannte Gleichung
«^iÄ-a»/?»_i = ±1.
Vermöge des Gleichungssystems (2) gehen nun aber v^^^
und v^ aus den Großen ju und v genau nach demselben Bil-
dungsgesetze hervor, wie ti,^^ und n^ aus m und n. Es ist
also
i-F«tMlurlft. 44
690 /?. von Sterneck. Akustisch-arithmetischer Satz.
n =«k 'f^ + ßu •«'»
wobei ju = 0 und i/ = 1 zu setzen ist; also
Die letzte Gleichung in (1) liefert
und die letzte Gleichung in (2)
oder, für y^ den Wert eingesetzt,
woraus sich ergibt:
^k+i = /'k-i - ^k-i ft »w - /'k-i Ä '^
= /S,_,(l-Än)-c.,_,/9,7«
= /'fc-i «k'w - «k-i Ä»^ = ± »«.
Hiermit ist der Satz bewiesen.
Ist die Größe e nicht zu n, sondern zur größeren Zahl m
addiert worden, so haben wir ju = 1 und i/ = 0 zu setzen und
erhalten
^k-i = «k-i »
Die letzte Gleichung in (2) lautet dann:
und daraus erhält man:
= a,_i(l - €C^rn) -- aj^^^n
In diesem Falle erhält man also tatsächlich die andere Zahl n,
wie es der Satz verlangt.
(Eingegangen 29. September 190S.)
691
87. über BadinmkollektoreiL
Von Hans Benndorf and Viktor Ckinrsd in Wien.
Bald nach EntdeckuDg der radioaktiveo Substanzen wurde
Ton Terschiedenen Seiten (Pauls en, Exner, Le Cadet u. a.)
der Versuch gemacht, sie zur Konstruktion von Kollektoren
fbr luftelektrische Messungen zu verwenden , qualitativ mit
gutem Erfolg.
Um zu erfahren, welche Fehlerquellen mit der Benutzung
von Radium elektroden verbunden sind, haben wir im Früh-
jahr und Sommer 1902 eine Reihe von Vergleichsmessungen
mit Wasserkollektoren angestellt^ über die wir mit Rücksicht
auf die jüngst erschienene Arbeit von F. Linke ^) kurz be-
richten möchten.
Linke kommt in seiner Arbeit zu dem Schluß: ^yDaß
Radiumkoüektoren je nach ihrer äußeren Form ganz verschie^
dene Besultaie geben , etie in hohem Maße abhängig sind von
Sichtung und Stärke der Zufltbewegung. Erst von einem größeren
Werte der Windgeschwindigkeiten ist eine weitere Steigerung der*
gelben ohne Einfluß/'
So richtig nun der Satz auch an und ftb: sich ist, so ist
er in dieser Fassung ohne die nötige Einschränkung doch
in hohem Grade geeignet Mißverständnisse hervorzurufen und
das ohnehin ziemlich verbreitete Mißtrauen gegen Radium-
kollektoren noch in ungerechtfertigter Weise zu vermehren,
was im Literesse möglichst zahlreicher luftelektrischer Stationen
entschieden zu bedauern wäre.
Wenn man bedenkt, daß gerade die wichtigsten Stationen
immer an isolierten, von menschlichen Ansiedlungen möglichst
entfernten Orten sich befinden werden, Stationen, die eine
tonlichste Vereinfachung des Meßapparates und seiner Be-
dienung erheischen; wenn man femer in Betracht zieht, daß
als nächstes Ziel der Potentialmessungen (von Spezialunter-
1) F. Linke, Pbys. ZeiUchr. 4. p. 661. 1908.
44'
692 //. Benndmf und V. Conrad.
Buchungen abgesehen) eine ungefähre Kenntnis des Verlaufes
der täglichen und jährlichen Schwankung des Potential-
gef^lles an möglichst vielen Funkten der Erdoberfläche anzu-
streben ist, wozu eine Genauigkeit von 10—20 Proz. in den
Hittelwerten vorläufig hinreicht; wenn man dies alles berück-
sichtigt, wird jeder, der aus eigener Praxis die Bequemlichkeit
von Badiumkollektoren gegenüber dem komphzierten Wasser-
apparat kennt, sich für erstere entscheiden, sobald sie den
notwendigen Genauigkeitsgrad Gewähr leisten.
Wir setzten uns daher als Ziel unserer Arbeit, zu-
nächst von rein praktischen Gesichtspunkten aus eine Radium-
kollektortype '), die an mehreren österreichischen Stationen
verwendet wird, auf ihre Brauchbarkeit zu prüfen, indem
wir sie mit einer etwa gleich rasch ladenden Wasserelektrode
vei-glichen.
Mit gütiger Erlaubnis Hm. Hofrat Feruters wurden auf
Datum
inaltipliziert mit 100
Jnni
-.
Mittag
97
1 ,h 2L I 3b 1 4h> j,h
' 92 98 90 96 i 97
e"- 1 7''
99 94
94
9''
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97
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Mn.
V
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4./5. 1 —
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61
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—
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1112 113 105 110 106
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107
107
107
107
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99^ 98 100 98 ' 98
-
-
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106
-
ia./l3. 70
74
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70 70 69 71
7
11
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75
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74
14
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U./I6. -
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-
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15
-
15
83
I9./20. -
-
— 82 79 77 78
76
78
30
80
80
_
_
SS
20./21. |76
78
75 "9 76—80
-
7S
34
105
99
«8
£9
84
21./22. 1 70
62
74 1 72 66 — . 73
64
77
76
76
73
70
71
«
28./28.
|76
80
i ^*
— ^ — 81 1 81
83
84
83
90
87
86
89
«6
8fi
1) A«f einem Kupferteller von 10 cm Durrhme««er wurden ca. 0,2 g
EadiuDibariumchlorid von der Aktivität 240 (auB Paris belogen) aua
wHaseriger Lösung abgedampft; die Salskrielalle haftateu dajm genUgend
über RädhtmJMiekiorem,
698
der k. k. Zentralanstalt fär Meteorologie in Wien zwm mecha-
nisch registrierende feUektrometer ^) anfgesteUt
Beide Apparate waren an dieselbe Uhr geschaltet, so daß
die Eontakte genau gleichzeitig erfolgten: ebenso waren die
Qnadrantenpaare beider Instrumente mit derselben Batterie
(100 Kalomelelemente, Nadelschaltung) verbunden, so daß das
Verhältnis der Empfindlichkeiten beider Elektrometer konstant
bleiben mußte.
Aus diesem Grunde genügte es, die gleichzeitigen Aus-
schlage beider Instrumente direkt miteinander zu vergleichen.
Die Elektrometer markierten alle 10 Minuten.
In den Diagrammen wurden die 10-Minutenordinaten, die
proportional dem angelten Potential sind, mittels eines Meß-
stabes abgemessen und der Quotient der gleichzeitigen Aus-
schlage beider Instrumente berechnet; aus je 7 dieser Einzel-
T4
beider InstnuneDte,
8* 4* 5*
ßk 7b gk 9I1 IQl
OJ
w9 —1
97 96 96
97 97 96 97 97
118 116 115
114 111 112 — —
105 — —
81
66
73
74
61
76
79
68
78
71 77
60 61
64 —
82
64
74 —
86: 75
73 75
84 87
75 75
78, 79
87 84
87
69
88
82
62
87
92
77
7 80
81
S
S o 5 ^
6C w c; N
96 ± 2,3
96 ± 4,3
1 10 ± 4,0
100 ± 4,6
74
68
i i
75
81
83
72
± 3,7
± 5,4
± 5,3
± 3,0
Windriehtang ond
Stärke
(10 teilige Skala)
7^ 2*
9^
0
0
W,
W,
N.
NNE,
W,
± 4,2 NW, WNW, \\\
± 9,1 WNW, \\\ E,
±5,2 W, W, W,
SE,
sw,
s,
N.
0
w.
w,
NNW,
WNW,
WNWj
80 — — — 84 ± 3,5 W, W,
W,
An-
merkniig
■§111
o ** c
tm tg U %
.£ !^ .£ i^
.: S »^ a
leal anf der Ropfeiplatte , die an einer isolierten Bambusstonge mit der
Salsseite nach unten befestigt als Elektrode diente.
1) Vgl. H. Benndorf, Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. n
Wien 1902. p. 487.
694 B, Benndorf und V, Conrad,
werte wurden die Stundenmittel gebildet, deren Hundertfaches
in umstehender Tabelle eingesetzt ist
Von den zahlreichen Beobachtungen, die sich vom April
bis Juli 1902 erstreckten, sei eine Serie vom 4. bis 23. Juni
herausgegriflfen. Die in der Tabelle nicht angeführten Stunden-
mittel sind unbrauchbar zur Vergleichung entweder wegen
Regens, oder so großer Werte des Potentialgefälles, daß sie
mit den Instrumenten nicht mehr meßbar waren, oder so starker
Schwankungen des Gefälles, daß aus den sieben Beobach-
tungen keine genügend sicheren Stundenmittel gebildet wer-
den konnten.
Um zunächst einen Anhaltspunkt zu gewinnen über die
Fehler, die durch die Ablesung der Streifen, femer durch die
ungleiche Schwingungsdauer und Dämpfung beider Instrumente
hervorgebracht werden, wurden die Elektrometer metallisch
miteinander und mit einer Elektrode verbunden, so daß ihre
Nadeln immer zu gleicher Zeit auf gleichem Potential waren.
Die vier Tagesmittclwerte 96, 96, 110, 100, die einander gleich
sein und zugleich das Verhältnis der Empfindlichkeiten geben
sollten, differieren ofi'enbar infolge von Fehlem in der Null-
punktsbestimmung; die nächste Rubrik enthält die mittlere
Abweichung der Stundenmittel vom Gesamtmittel, die durch
das ungleichmäßige „Nachgehen" der Instrumente bedingt
ist. Man sieht aus der Tabelle, daß zwei gleich konstruierte
Elektrometer an dieselbe Elektrode gehängt noch im Stunden-
mittel Abweichungen bis zu 5 Proz. ergeben können.
Vom 12. bis 16. Juni war jedes der Instrumente mit einer
Wasserelektrode verbunden; der eine Kollektor war an der
Westseite, der andere an der Nordseite des Turmes der
meteorologischen Anstalt ca. 1,5 m von der Mauer entfernt
befestigt. Wie man sieht, sind hier die mittleren Abweichungen
der Stundenmittel prozentuell etwas größer.
Vom 19. bis 23. Juni wurde die Wasserelektrode an der
Nordseite des Turmes durch die oben beschriebene Radium-
elektrode ersetzt. Die Zahlen der Tabelle zeigen hier eine
größere Unregelmäßigkeit der einzelnen Quotienten; doch sind
die Angaben der Radiumelektrode verglichen mit der Wasser-
elektrode noch auf 10 Proz. genau.
Ganz windstille Tage standen uns nicht zur Verfügung; es
über RadhimkoUektoren. 695
soll deshalb die Untersuchung fortgeführt und auch auf Ellek-
troden aus anderen radioaktiven Substanzen ausgedehnt werden.
Die vorläurtgen Resultate lassen sich etwa zusammenfassen:
I. Radiumelektroden, wie die oben beschriebenen, lassen sieh
zu luftelektrische tt }fesxun^en ganz gut verwenden, wenn
1. nur relative Messungen damit vorgenommen werden
(die Reduktion auf die Ebene kann mit Flammen- oder
Wasserkollektor vorgenommen werden);
2. die Elektroden so aufgestellt werden, daß der natür-
liche Luftzug Zutritt hat, also nicht an vollkommen
windgeschützten Stellen;
3. wenn man sich mit einer Genauigkeit von 10 — 15 Proz.
zufrieden geben kann, was wohl für die meisten Zwecke
ausreicht
II. Es ist ein Eantluß des Windes auf Ladungsgeschwindig-
keit und Referenzpunkt des Kollektors vorhanden, der sich
aber innerhalb der oben angegebenen Grenzen bewegt
III. Zur Konstruktion radioaktiver Elektroden wird es
vorzuziehen sein, Substanzen zu verwenden, deren Strahlung
von verhältnismäßig dünnen Luftschichten absorbiert wird und
zur Erzielung der nötigen Ladungsgeschwindigkeit lieber große
Flächen mit schwachwirksamen Präparaten zu verwenden.
(EiugegaDgen 29. September 1903.)
696
88. Spezifische Gewichte und Wärmeausdehnung
von Naphtalinlösnngen in verschiedenen organischen
Lösungsmitteln.
Von Carl Foroh in Dannstadt.
Der Zweck der nachstehend wiedergegebenen Messungen
war, weiteres Material zu beschaffen zu unserer Kenntnis der
Volumenverhältnisse in Lösungen, und zwar nach der Richtung
hin, daß das Verhalten eines festen Körpers in verschiedenen
Lösungsmitteln untersucht wurde. Es wurden hierzu Lösungen
von Naph talin in Chloroform, Toluol, Schwefelkohlenstoff und
Athyläther gewählt. Die Substanzen waren von E. Merck-
Darmstadt bezogene „purissima" bez. bei Toluol „purum*'.
Wegen des hohen Dampfdruckes der Lösungsmittel mußte
auf die Methode des Senkkörpers verzichtet und ein Pykno-
meter benutzt werden. Dasselbe war aus Jenaer Glas 16 III
gefertigt und hatte bei 18® 77,5 cm^ Volum. Es bestand aus
einem 13 cm langen, 28 mm weiten Zylinder und hatte folgende
Abweichungen von der Ostwald- Sprenge Ischen Form:
Die beiden oben bez. unten an den Pyknometerkörper an-
geschmolzenen engeren Röhren gingen auf 30 mm in Kapillaren
über und trugen alsdann 30 mm lange erweiterte Stutzen von
8 bez. 6 mm Durchmesser. Die Kapillaren waren in Millimeter
geteilt. Die Stutzen konnten durch eiugeschliffene Glasstöpsel
verschlossen werden. In den einen Stutzen paßte außerdem
ein zylinderförmiger, oben wieder durch einen Schliff ver-
schließbarer Trichter, in den andern ein Rohr mit Schliff;
ersterer diente zum Füllen, letzteres zum Entleeren bez. zur
Verbindung mit einer Wasserstrahlpumpe. Um in dem Pykno-
meter rühren und dadurch einen rascheren Temperaturausgleich
bewirken zu können, stand frei (nicht angeschmolzen) auf dem
Boden desselben ein 40 mm langes, 22 mm breites Platinblech.
Wurde das Pyknometer nun um seine vertikale Achse gedreht,
und zwar mehrere Male in der einen und hierauf in der anderen
Spez, Getmchte und fFärmeausdehnung, 697
Richtung^ so rührte dieses Blech die Flüssigkeit kräftig um. ^)
Daß der Temperataransgleich wirklich ein guter war, ging
aus den Einstellungen der Flüssigkeitsfäden in den Kapillaren
hervor; die beiden Kuppen folgten den kleinsten Temperatar-
schwankungen im Bade, einem Gefäß Ton etwa 8 Liter Inhalt,
in welchem sich das Pyknometer auf einer einfachen aus
Draht und Blechstreifen hergestellten Vorrichtung zum be-
quemen Drehen um seine vertikale Achse befand. Die Tem-
peratur des Bades wurde an einem in ^/j^, ^ geteilten Ein-
schlußthermometerer abgelesen.
Das Volum des Pyknometers sowie seine Wärmeausdehnong
wurden durch Auswägen mit Wasser bei 15, 18 und 23^ be-
stimmt. Zur Umrechnung dienten die Werte des speziüscheu
Gewichtes des Wassers nach Thiesen, Scheel und Dissel-
horst.^ Die Genauigkeit der Messungen ergibt sich aus
folgendem:
t = 17,687 V = 77,5050 cm"
18,072 77,5055
18,086 77,5055
redoz. 77,5056 cm'
auf 77,5054
18 ^ 77,5054
Der Ausdehnungskoeffizient des Pyknometers wurde ge-
funden gleich 22,56 . 10-^, also etwas kleiner als der von
anderer Seite *) ermittelte Koeffizient für das Glas 16 HI.
Nachdem das mit einer Flüssigkeit gefüllte Pyknometer
etwa 10 Minuten unter häufigem Rühren in dem Bade ge-
standen hatte, wurde die Flüssigkeit mit Filtrierpapier aus den
Stutzen und den Kapillaren so weit entfernt, daß sie beider-
seits auf der Teilung der Kapillaren einstand. War dann
fast Temperaturgleichgewicht eingetreten zwischen innen und
außen, so erfolgten rasch die Ablesungen — immer unter ent-
sprechendem Rühren. Es wurden stets mindestens sechs zu-
sammengehörige Volum- und Temperaturablesungen gemacht,
und zwar war hierbei fast immer in drei Fällen die Außen- und
1) Ähnliche Vorrichtungen Eom gleichen Zweck benatxten:
A. Ponsot, Ann. de chim. u. phys. (7) 10. p. 79. 1897; G. Guglielmo,
R. accad. d. Line, vol XI. 2 sem. ser 5. p. 299. 1902; F. Möller, Ann.
d. Phys. (4) 7. p. 260. 1902.
2) Wissenschaftliche Abhandlungen der Physikalisch-Technischen
Reichsanstalt 3. p. 67. Berlin 1903.
8) Thiesen, Scheel u. Seil, Zeitschr. f. Instrkde. l&p.49. 1896.
698 (7. Porch,
in drei Fällen die Innentemperatur die höhere. Die Temperatur-
dififerenz zwischen innen und außen betrug bei der ersten Ab-
lesung selten mehr als 0,015^ und verminderte sich alsdann
durch weiteres Rühren. Die Kapillaren hatten auf 1 mm ein
Volum von je 0,16 mm', es entspricht also einer Verschiebung
um 1 mm in beiden Kapillaren eine Volumänderung von etwa
4.10-^ oder — für einen mittleren Wärmeausdehnungskoeffi-
zienten von 0,0016 — eine Temperaturänderung von Vioo^-
Die Korrektionen, Das benutzte Thermometer hatte für
das enge Intervall von 16 bis 20® keine nennenswerten Kaliber-
fehler. Der absolute Wert der Temperaturskala wurde durch
Vergleich mit einem an die Wasserstoffskala angeschlossenen
Normalthermometer bei 18® bestimmt; da aber die Korrektionen
des letzteren auf Ys ^ abgerundet sind, ist die Temperatur
absolut auch nicht genauer ermittelt. Die Fehler der einzelnen
Temperaturbestimmungen zueinander hingegen dürften über etwa
V400 ^ ^icht hinausgehen.
Die Fehler des Gewichtssatzes wurden auf einer kurz-
armigen Wage auf Yso ™8 bestimmt und sind auf ^lo ™ß
abgerundet eingesetzt. — Da die Beobachtungen in einer Zeit
starker Temperatur- und Luftdruckschwankungen erfolgten,
mußten die hierdurch erfolgenden Änderungen im Auftrieb be-
rücksichtigt werden. Es wurden deshalb Feuchtigkeit und
Temperatur im Waagekasten sowie der Luftdruck bei jeder
einzelnen Wägung bestimmt. — Die Korrektionen, welche zweifel-
los die Versuche am meisten beeinflussen, sind bedingt durch
die Verdampfung der benutzten Flüssigkeiten. Es ergibt sich
dies aus folgender Übersicht der Dampfdrucke bei Zimmer-
temperatur:
Äther CS, Chloroform Toluol
440 mm SOG mm 160 mm etwa 50 mm Hg.
Die Lösungen wurden in der Weise hergestellt, daß in
Flaschen von ca. 250 cm^ Inhalt zu dem gewogenen Naphtalin
die nötige Menge Flüssigkeit zugesetzt wurde, so daß etwa
100 — HO cm^ Lösung entstanden. Das über der Lösung be-
findliche Volum sättigte sich, bis die Lösung hergestellt war,
mit dem Dampf des Lösungsmittels; es mußte mithin hierfür
eine Korrektion an dem ermittelten Gewicht der Lösung an-
Spez. Gewichte und Wärmeofisdehnung. 699
gebracht werden, die je nach dem Dampfdruck imd der Dampf-
dichte 0,04—0,21 g betrag. (Kleinere Flaschen zu nehmen
war unstatthaft, da sonst bei dem Schütteln Lösung an den
Glasstöpsel kam und zu völlig unkontrollierbaren Fehlem
führen konnte.) Eine weitere Korrektion, welche sich bei
besserer Konstruktion des Pyknometers hätte vermeiden lassen,
entstand durch die zu eng gewählten Kapillaren, welche ein
so langsames Einströmen der Flüssigkeit verursachten, daß im
Pyknometer ein geringes Vakuum hergestellt werden mußte.
Sowie dies erreicht war, wurde die Verbindung durch einen
Quetschhahn unterbrochen und erst wieder hergestellt, wenn
die Flüssigkeit infolge des gebildeten Dampfes zu langsam
floß. Es wird so für ein und dasselbe Lösungsmittel bei ver-
schiedenen Konzentrationen merklich der gleiche Fehler ent-
stehen; es wurde angenommen, daß bei Äther eine dem ganzen
Volum des Pyknometers bei Atmosphärendruck entsprechende
Menge verdampft, bei CSg etwa ^/j, bei Chloroform Y2 ^^^
bei Toluol ^e hiervon. Diese Korrektionen betragen 0,03 bis
0,2 g auf das Gewicht von etwa 77 cm' Lösung. — Der Raum
in den Stutzen über der Flüssigkeit bis zu den Stöpseln war
als mit Dampf gesättigt anzusehen. Die Korrektion hierfür
beträgt etwa 0,0002—0,0010 g.
Das Pyknometer wurde, nachdem es aus dem Bade ge-
nommen war, mit kaltem Wasser abgewaschen, mit reinem
Alkohol Übergossen und dann abgetrocknet; man konnte hier-
bei bewirken, daß die Flüssigkeit rasch ungefähr die Tem-
peratur des Wagekastens annahm, indem man beim Abtrocknen
mehr oder weniger erwärmte. Die erste Wägung erfolgte nach
^/j bis '/^ Stunde. Da aber in dieser Zeit Flüssigkeit ver-
dampft war (trotz der Stöpsel], mußte nach dem gleichen Zeit-
raum nochmals gewogen werden. Zuweilen fand nach 3 bez.
14 Stunden eine dritte Wägung statt Indem man die Ver-
dampfung proportional der Zeit annahm, konnte so auf das
Anfangsgewicht extrapoliert werden. — All diese durch die
Eigenart der gewählten Lösungsmittel bedingten Korrektionen
beeinflussen die erreichbare Genauigkeit sehr ungünstig. War
die Temperatur im Wagekasten niedriger, als die der Flüssig-
keit im Bad gewesen war, so war die zuletzt erwähnte
Korrektion, da ja dann die Flüssigkeit während der Wägung etc.
C. Forek.
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C. Forch,
unterhalb der Kapillaren stand, gering; umgekehrt aber konnte
sie für eine Stunde bis zu 2,5 mg ansteigen. Als Beispiel
der erreichten Genauigkeit seien Wägungen an reinem Chloro-
form angefahrt, welche mit einer Ausnahme (21,563^ stets
bei höherer Wagekastentemperatur und als die ersten von allen
Messungen ausgeführt wurden.
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Die auf 18^ reduzierten einzelnen Beobachtungen weichen
von dem Mittelwert 1,479212 im Mittel um ± 15,5.10-^ ab,
oder die Temperaturbestimmungen sind falsch um ± 0,00S®.
Lie Messungen. Die Beobachtungen finden sich TabeUe I
bis IV. Es bedeuten:
p Gewichtsprozente unter Berücksichtigung der oben ge-
nannten Korrektionen und auf Vakuum reduziert;
77118 Molekulargehalt im Liter Lösung bei 18^; das
Molekulargewicht des Naphtalins gleich 128,05 gesetzt;
t^ die Temperatur, bezogen auf die Wasserstoffskala;
*<o/^o das spezifische Gewicht bei t^\ Wasser von 4®
gleich 1;
8u — 8i. A As
As^
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«180/^0 das auf 18® mit dem entsprechenden As reduzierte
spezifische Gewicht;
*i8 — Qis die Differenz der spezifischen Gewichte der
Lösung und des reinen Lösungsmittels.
Bei den Lösungen in Toluol, CSg und Äther nimmt der
Wert {s ^ Q)lm mit zunehmender Verdünnung zu; es besteht
also eine Analogie mit den wässerigen Lösungen. Bei Chloro-
form hingegen findet sich eine merkliche Abnahme mit zu-
nehmender Verdünnung. Gemeinsam ist allen Lösungen, daß
r
Spez. Gtwkkte und f^änmeamsdekmMnff. 705
die beobachteten spezifischen Gewichte ausnahmslos kleiner
und zum Teil bedeutend kleiner sind, als nach dem spezitischen
Oewicht des Lösungsmittels und des festen Xaphtalins > =3 1,14)
sich erwarten ließ: es findet also eine Zunahme der Molekular-
Tolumina statt, wie dies von einer Reihe Ton Mischungen
organischer Flüssigkeiten bekannt ist Wie betrachtlich die
VolumTergrößerung ist. erkennt man z. B. daraus , daß eine
konzentrierte Liösung von Naphtalin in CS, (etwa 32 Proz.)
leichter ist als festes Naphtalin.
Die weitere Bearbeitung der Messungen soll später an
anderer Stelle gemeinsam mit den von anderer Seite schon
vorliegenden Beobachtungen der spezitischen Gewichte orga-
nischer Körper erfolgen.
Darmstadt, Physikalisches Institut der Technischen Hoch-
schule.
(Eingegangen 29. September 1908.)
Boltsauum-FMUchrifl.
45
706
89. Theorie verdünnter Lösungen
ohne Benutzung des osmotischen Druckes.
Von F. SioharB in Marburg i. H.
Helmholtz hat in den Notizen zu seinen Vorlesungen
das Programm einer Theorie der Lösungen hinterlassen, das
ich als Herausgeber des 6. Bandes auszuführen versucht habe.
Seine Notizen enthalten insofern eine Lücke, als die umgekehrte
Proportionalität der Konstante k des Babo-Wüllnerschen Ge-
setzes mit dem Molekulargewicht der gelösten Substanz nur als
durch Raoult experimentell nachgewiesen eingeführt wird,
während eine theoretische Begründung auch nicht einmal ange-
deutet ist. Eine solche ist bekanntlich zuerst von van't Hoff
gegeben worden. Nun betont Helmholtz nachdrücklichst (Vor-
lesungen p. 318 bis 326) seine Auffassung vom osmotischen
Druck als einer, wenn auch zweckmäßigen, Fiktion, und legt
seiner Theorie die freie Energie zugrunde. Es schien mir da-
her angebracht, nach einer solchen Ausfüllung jener Lücke zu
suchen, welche sich an die Helmholtzsche Betrachtungsweise
anschließt; diesen Beweis habe ich in einer Fußnote auf p. 320
der Vorlesungen angedeutet, und möchte ihn an dieser Stelle mit
möglichst scharfer Scheidung der Voraussetzungen ausführen.
§ L Von der Einführung des osmotischen Druckes wird
bei der Beweisführung völlig abgesehen. An Stelle der
van't Hoffschen Herleitung der „osmotischen Arbeit*' tritt
das Resultat des von Kirchhoff zuerst in die Thermodynamik
eingeführten Prozesses,^) den Helmholtz zur Berechnung der
freien Energie einer Salzlösung benutzt (Vorlesungen p. 309 ff.).
Dieser Prozeß ist den Physiko-Chemikern unter dem Namen
der „isothermen DestiDation" bekannt. Die bei ihm geleistete
äußere Arbeit ist für die reversible Zufuhr einer Wassermenge dw
zu einer Lösung gleich dw ,2pdv\ die 2 über alle Teile des
1) Kirchhoff, Vorlesungen über Wärmetheorie, herausgegeben
von M. Planck, p. 109—112. Leipzig 1894.
Theorie verdünnter Lösungen. 707
Prozesses zu erstrecken; p ist die Spann ang des gesättigten
Wasserdampfes, bei einigen Teilen des Prozesses über reinem
Wasser, bei anderen Teilen über der Salzlösung. Indem
Helmholtz diese äußere Arbeitsleistung berechnet, findet er in
OL (92) p. 313 den Ausgangspunkt zur Aufstellung des Wertes
der freien Energie. ^)
§ IL Nachdem er diese Aufstellung in § 73 der Vorlesungen
ausgeführt hat, leitet er in § 74 einen Wert ab für die Arbeit,
die nach außen geleistet werden kann, wenn in einer Lösung,
die an verschiedenen Stellen verschiedene Konzentration hat, Salz
auf reversible Weise von einer konzentrierteren Stelle zu einer
weniger konzentrierten übergeführt wird.*) Dieser Wert liegt
auch schon seiner Theorie der Eonzentrationsströme zugrunde.
In GL (99) a. a. 0. findet Helmholtz zunächst einen
Ausdruck für jene Arbeit bei beliebiger Konzentration; in (99a)
dann weiter für große Verdünnung. Es sei s die Dichtigkeit
des Salzes, allein genommen, an einer Stellung der Lösung,
[s + 8s) an einer anderen; wird dann die Salzmenge 1 in
reversibler Weise von letzterer SteDe zu ersterer übergeführt,
80 ist der Wert der dabei gewonnenen äußeren Arbeit gleich :*)
(A) K^-S»,
wo R^ die auf die Masseneinheit bezogene Gaskonstante des
Wasserdampfes, & die absolute Temperatur, k eine von der
Temperatur und allen anderen Variablen unabhängige spezifische
Eonstante des betreffenden Salzes ist (siehe Helmholtz Vor-
lesungen p. 314 oben).
§ III. Die vorstehende Ableitung des Ausdruckes (A)
macht die Einführung des osmotischen Druckes überflüssig.
Zur vollständigen Ableitung der Gesetze verdünnter Lösungen
muß aber zu (A) noch hinzutreten der Beweis, daß R^ . k gleich
ist der Gaskonstante R des gasförmig gedachten gelösten
Salzes. Diesen Beweis füge ich folgendermaßen hinzu, eben-
üalls ohne Benutzung des osmotischen Druckes, indem ich aber
wie van't Hoff das Henrysche Gesetz für absorbierte Gase
1) Vgl. Sitc-Ber. d. Marburger Gesellsch. Juni 1902. p. 68-72. Gl.V.
2) 1. c. p. 72—75.
8) 1. c Gl. XIII. p. 76.
45 ♦
708 F. Richarz.
anwende. In diesem § III soll dabei noch von einer halb-
durchlässigen Membran Gebrauch gemacht werden; in den
§§ IV und V sollen dann Überlegungen angestellt werden, ob
nicht auch diese entbehit werden kann.
Die Gültigkeit des Wertes (A) für die äußere Arbeit, die
bei reversibler Salztiberführung von der Stelle mit dem Gehalt *
zu einer mit dem Gehalt s + Ss gewonnen werden kann, wird
nicht davon abhängen, ob das Gelöste ein Salz, oder eine Säure,
oder eine Base ist, oder welche chemische Qualität ihm zu-
kommt; sie wird auch nicht davon abhängen, welchen Aggregat-
zustand die gelöste Substanz außerhalb der Lösung in reinem
Zustande annimmt, welcher Aggregatzustand ja doch selbst
für ein und dieselbe Substanz von Druck und Temperatur ab-
hängig ist So kann man z. B. als gelöstes Salz Salmiak, als
gelöste Säure Kohlensäure außerhalb der Lösung bei gar nicht
sehr untereinander und von den gewöhnlichen verschiedenen
Temperaturen jeden der drei Aggregatzustände annehmen;
Chlorwasserstoffsäure, schweflige Säure, Ammoniak u. a. können
vrir außerhalb der Lösung als Flüssigkeiten oder als Gase er-
halten. Wir werden
(A): RJ-Ss
also auch für den Wert der äußeren Arbeit ansehen können,
wenn in der Lösung eines (absorbierten) Gases die Massen -
einheit des Gases von einer Stelle mit dem Gehalte (.? + Ss)
zu einer mit s reversibel übergeführt wird, z. B. in einer Gas-
konzentrationskette. Diese Überführung kann nun aber auch
in einer anderen, bisher noch nicht betrachteten Weise rever-
sibel geschehen. Die Gaslösung von dem Gehalte [s + ds) sei
in einem Zylinder mit Stempel enthalten. Die Lösung fülle
den Raum unterhalb des Stempels nicht aus, sondern oberhalb
der Lösung sei freies Gas mit dem Drucke ^, dem (bei der kon-
stanten Temperatur i9-) das spezifische Volumen ö entspreche,
vorhanden. Der Wert des Gasdruckes ^ über der Lösung ist
dann nach Maßgabe des Absorptionskoeffizienten des Gases
für die Konzentration [s + Ss) gegeben. Zunächst denke man
sich den Dampf des Lösungsmittels von dem Gasraum dadurch
fern gehalten, daß der letztere und die Lösung durch eine nur
für das Gas durchlässige Membran, eine semipermeable Membran,
neorie verdiaaUer Losungen, 709
ToneinaDder getrennt seien. Durch Hochziehen des Stempels
werde die gegenüber der Gesamtmenge kleine Menge ^m des
Gases der Losung isotherm entzogen und vergast Dabei wird
Tom Gase die äußere Arbeit
geleistet Sodann wird von dem freien Gase dicht unter dem
Stempel die Menge S m von der übrigen Gasmenge durch eine
Töllig undurchlässige Scheidewand abgesperrt und diese Gas-
menge ^m ausgedehnt bis auf einen geringeren Druck p,
welcher geringere Druck derjenige sein soll» bei dem das freie
Gras sich im Absorptionsgleichgewicht mit der Lösung Ton der
geringeren Konzentration s befinden würde. Das spezifische
Volumen des Gases beim Druck p (und der Temperatur O)
sei 8; dann ist die Arbeit der Gasmenge ^m bei ihrer Aus-
dehnung vom Druck $ bis zum Druck p, wenn v das Tariable
spezifische Volumen und p den rariablen Druck bedeutet:
^m. I pdv.
»
Nachdem die Gasmenge ^m bis zu dem niedrigeren Druck p
ausgedehnt worden ist, kann sie in einem zweiten Zylinder mit
Stempel in Berührung gebracht werden mit der Lösung tou
der Konzentration «, und durch Niederdrücken des Stempels
in die Lösung hineingetrieben werden. Da das spezifische
Volumen des Gases dabei gleich 8 sein sollte, leistet es dabei
die äußere Arbeit:
— p.S.d'm.
Von diesen drei einzelnen Arbeitsleistungen sind die erste
und letzte entgegengesetzt gleich, da bei gegebener Temperatur
nach dem Boyle-Mariotteschen Gesetz: $.o=»p.8 ist
Bleibt also insgesamt nur die Arbeitsleistung bei dem zweiten
TeilprozeB. Setze ;? = Äi9"/ü, so wird die Arbeit:
8m.Rx9 f^ =din.Ä*log J .
Führe statt der spezifischen Volumina S und o die zu-
gehörigen Dichtigkeiten des freien Gases e und (£ ein, so ist:
85:0 = (1: f.
710 F. Rickarz.
Für die Dichtigkeiten (« + ^a] und 6 des Gases innerhalb
der beiden Lösungen gilt nun nach dem Henry sehen Gesetz
für die Gasabsorption:
(6 + (Jß):« =s (£:c.
Da nach seiner Definition: (5 + #*):« = (g + <?«): «, so
folgt SS : t) = (« + #«):*, und die Arbeit bei der reversiblen
Überfuhrung von ^m:
Srn.R&\og{^^^y
mm
Für kleine Ss, und bezogen auf die Überführung der
Masseneinheit, wird die Arbeit gleich:
Ä • v" . .
8
Dieser Wert gleichgesetzt dem von Helmholtz ab-
geleiteten (A):
R^&.k —
ergibt das Resultat:
(B) B^.k^ R.
Die beiden Gleichungen (A) und (B) genügen zur voll-
ständigen Begründung einer Theorie der verdünnten Lösungen.
Man pflegt eine solche meist in der Form der Analogie des
gelösten Körpers mit dem Gaszustande auszudrücken. In den
Helmholtzschen Vorlesungen ist in Anknüpfung an die dortige
Gleichung (99 a) [unser obiges (A)] gezeigt, wie die Analogie
mit den Gasgesetzen für das fingierte Expansivbestreben p des
Salzes in der Form der dortigen Gleichung (101) aus (A) her-
vorgeht ^)
pv ^ B^,k,&.
Diese Gleichung enthält die Analogie mit Bojle-Mariottes
und Gay-Lussacs Gesetz. Wird in diese Gleichung das
durch (B) ausgedrückte Resultat eingeführt, so ergibt sich auch
das von van't Hoff abgeleitete, dem Avogadroschen analoge
Gesetz der verdünnten Lösungen. Siehe die Konsequenzen
in den Anm. d. Herausgebers im 6. Bande der Helmholtz-
schen Vorlesungen, p. 322 und 323.^
1) Vgl. Marburger Sitz.-Ber. 1. c. p. 77—78.
2) Vgl. 1. c. p. 82.
Theorie verdünnter Lösungen. 711
§ IV. Der Beweis des Torigen Paragraphen schloß den
Dampf des Lösungsmittels von dem Gasraum oberhalb desselben
durch Anbringung einer .semipermeablen Membran aus. Es
firagt sich nun weiter, ob man nicht auch dieser entraten kann.
Das wäre in der Tat möglich, aber auch nur dann möglich,
wenn die Dampfspannung des Gelösten sehr groß ist gegen-
über derjenigen des Lösungsmittels. Man pflegt ja aber in
der Thermodynamik häufig Beweise anzuwenden auch auf Fälle,
bei denen streng genommen die Gültigkeitsbedingungen des
Beweises nicht erfüllt sind, welche Fälle aber prinzipiell in
dieselbe Kategorie gehören mit solchen anderen Fällen, in
denen die Bedingungen als erfüllt angesehen werden können.
Der Prozeß der sogenannten isothermen Destillation, der den
Ableitungen des § 72 der Helmholtzschen Vorlesungen zu-
grunde liegt, könnte ja auch streng genommen nur bei solchen
Lösungen ausgeführt werden, bei denen die Dampfspannung
des Gelösten gleich Null wäre, was ebenfalls nie vollkommen
erfüllt ist Trotzdem könnte man sich aber vielleicht doch
sogar theoretisch eine Lösung denken^ für welche bei einer
sehr extremen Temperatur die Dampfspannung des Gelösten
groß wäre gegenüber derjenigen des Lösungsmittels; bei einer
anderen im entgegengesetzten Sinne extremen Temperatur um-
gekehrt. Wenigstens folgt aus den Messungen von Georg
W. A. Kahlbaum für zahlreiche Substanzen ein Durch-
schneiden ihrer Dampfspannungskurven, und zwar auch für mit-
einander mischbare Substanzen, deren eine in der anderen
lösbar ist, so für Ameisensäure und Wasser^) sowie für eine
Reihe anderer organischer Verbindungen.*)
Mir scheinen daher die Annahmen, die für die Ableitung
der Gleichungen (A) und (B) dann zu machen sind, wenn man
von semipermeablen Membranen absehen will, nicht bedenk-
licher zu sein, als andere in der Thermodynamik geläufige
Annahmen auch.
1) Georg W. A. Kahlbaum, Ztschr. physik. Chem. 18, p. SS.
84; 1894.
2) Georg W. A. Rahlbaum, Zeitschr. phys. Chem. 26. p. 605.
1898. Studien über DampfspanDkraftmessungen, Basel bei Schwabe.
IL Abt 1. Hälfte. 1897. p. 221.
712 F. Richarz.
§ V. Indessen haben mich doch solche Bedenken eines sehr
geschätzten Fachgenossen gegen die Betrachtungen mit Weg-
lassung der semipermeablen Membran veranlaßt, diese dahin zu
verallgemeinern, daß sowohl der Partialdruck n des Gelösten
— nennen wir es auch weiterhin Gas — als auch die Dampf-
spannung n^ des Lösungsmittels — nennen wir es auch weiter-
hin Wasser — berücksichtigt werden.
Wir wollen dann durch einen Prozeß analog dem des § III
eine gewisse Menge des Gases der konzentrierteren Lösung
entnehmen und der verdtinnteren zufuhren. Beim Hochziehen
des Stempels wird jetzt aber der konzentrierteren Lösung zu-
sammen mit der Gasmenge auch eine gewisse Menge Wasser-
dampf entnommen. Dessen Dampfspannung ist kleiner als
diejenige über der verdünnteren Lösung. Ohne weiteres kann
also dieser Wasserdampf nicht reversibel in Gleichgewichts-
berührung mit der verdünnteren Gaslösung gebracht werden.
Vielmehr müßte, soweit es auf den Wasserdampf ankommt, das
feuchte Gas nach Trennung von der konzentrierteren Lösung kom-
primiert werden bis seine Dampfspannung n^ gerade gleich der
höheren über der verdünnteren Lösung ist, ehe es mit dieser
in Berührung gebracht wird. Andererseits wäre dann aber
der Partialdruck des Gases höher, als der verdünnteren
Lösung entspricht, so daß ein reversibles Berühren mit letzterer
in dieser Weise für das Gas unmöglich wäre. Dieser Hinderungs-
grund kann beseitigt werden durch Vornahme eines Zwischen-
prozesses, zu welchem eine Hüfslösung erforderlich ist, in
welcher ein anderes, selbst nicht flüchtiges Lösungsmittel zwar
dasselbe Gas absorbiert, ohnejedoch Wasserdampf aufzunehmen.
Solche Hilfslösungen lassen sich oflenbar fiir viele Fälle ver-
wirklichen; z. B. für Äthylätherdampf in Paraffin. Mit Be-
nutzung einer derartigen Hilfslösung kann das feuchte Gas
auf folgende Weise reversibel aus konzentrierteren in ver-
dünntere Lösung transportiert werden.
Zuerst entnimmt man der konzentrierteren Lösung durch
Hochziehen des Stempels eine kleine Quantität feuchten Gases;
dabei habe das Gas allein den Partialdruck ^. Dann trennt man
die entnommene Menge von der Lösung und dehnt sie bis
zum Partialdruck p des Gases aus. Jetzt bringt man das
feuchte Gas in Berührung mit der Hilfslösung, deren Kon-
Theorie verdünnter Lotungen, 718
zentratioD man so gewählt hat, daß der Partialdruck des
Gases über ihr ebenfalls gleich p ist Nun komprimiert man
das feuchte Gas bis der Wasserdampf diejenige höhere Spannung
erlangt hat, welche der verdünnteren Gaslösung entspricht.
Dabei wird gleichzeitig ein Teil der kleinen Gasquantität in
die Hilfslösung hineingetrieben. Ekidlich trennt man das feuchte
Gas von der Hilfslösung, kann es nun in Gleichgewichtsberübrung
bringen mit der verdünnteren Gaslösung und in diese gleich-
zeitig Gas und Wasserdampf hineintreiben. In solcher Weise
ist der Prozeß reversibel.
Betrachtet man die äußeren Arbeitsleistungen bei diesem
Prozeß, 80 erkennt man, daß die Arbeitswerte für die drei
resultierenden Veränderungen voneinander unabhängig sind.
E^tens ist eine gewisse Wassermenge dto von der einen zur
anderen Lösung übergeftLhrt worden. Die dabei geleistete äußere
Arbeit ist durch den Partialdampfdruck n^ des Wassers als
Sw.2!n^,dv
w
gegeben; sie kann — was Nebensache ist — nach § I berechnet
werden ; sie ist wegen der Unabhängigkeit des Partialdruckes n^
von dem Partialdruck des Gases ebenfalls unabhängig von den
mit letzterem vorgenommenen Prozessen. Zweitens wird eine
gewisse Gasmenge der konzentrierteren Lösung entnommen und
der Hilfslösung zugeführt Diese Gasmenge kann ich als die
letzte durch Hochziehen des Stempels entnommene ansehen,
und die dabei und beim Hineindrücken in die Hilfslösung von
dieser Gasmenge geleistete äußere Arbeit ganz für sich be-
rechnen. [Diesen Teilprozeß kann man auch, wenn man will,
am Schluß des Gesamtprozesses wieder rückgängig machen,
indem man feuchtes Gas der konzentrierteren Gaslösung ent-
nimmt, von dieser trennt, auf den Gaspartialdruck p ausdehnt,
aus der Hilfslösung durch weitere Ausdehnung Gas in unend-
lich kleiner Menge entnimmt, nach Trennung von der Hilfs-
lösung das feuchte Gas komprimiert und schließlich wieder die
vermehrte Gasmenge in die konzentriertere Lösung eintreibt]
Bleibt dann drittens nur noch das Resultat, daß eine gewisse
Gktömenge Sm beim Gaspartialdruck % der konzentrierteren
Lösung entzogen, auf den geringeren Druck p gebracht, und
bei diesem der verdünnteren Lösung zugeführt worden ist Das
714 F, Bicharz. Theorie verdünnter Lösungen,
ist derselbe Prozeß, wie er in § III betrachtet wurde, und fftr
die Arbeitsleistung bei ihm folgen dieselben beiden Werte,
deren Gleichsetzung zur Beziehung {B) führte.
Die in diesem Paragraphen benutzte Hilfslösung hat zwar
ähnliche Eigenschaften wie eine semipermeable Membran, wird
aber in ganz anderer Weise benutzt als bei Einführung des
osmotischen Druckes.
Zum Schluß möge, um Mißverständnissen vorzubeugen,
nochmals ausdrücklich auf die Unabhängigkeit der vorstehenden
Ableitungen bis einschließlich § III von den folgenden Para-
graphen, und auf die Unabhängigkeit dieser beiden Paragraphen
IV und V voneinander hingewiesen werden.
Marburg, i. H., Physikal. Instit. d. Univers.
(Eingegangen 80. September 1903.)
715
90. Der Bau einer besonderen Klasse Yon
Transformationsgrnppen.
VoD Wilhelm Killing in Mflnster i. W.
Wie Lie gezeigt hat^ ist der Bau der Transformations-
gmppen für viele mathematische Fragen von Bedeutung. So
ist zu hoffen^ daß diese Theorie in nicht zu femer Zeit auch
flir physikalische Probleme Bedeutung erlangen wird. Diese
Elrwägung möge es rechtfertigen^ daß ich zum Angebinde für
einen hervorragenden Vertreter der mathematischen Physik die
Resultate über den Bau einer besonderen Klasse von Gruppen
in gedrängter Kürze mitteile. Auf die Beweise einzugehen,
muß ich mir aus mancherlei Gründen versagen.
1. Jede Transformationsgruppe, die von r Parametern ab-
hängt, enthält auch r voneinander unabhängige infinitesimale
Transformationen. Sind i^St, ^^St,,.^^St die unendlich kleinen
Änderungen, welche die Variabelen x^, Tj . . . x^ bei einer
solchen Transformation ^erleiden, so bezeichnet Lie dieselbe
durch das Symbol
Ist
das Symbol einer zweiten inf. Transformation, so kann man
aus beiden eine neue inf. Transformation bilden:
Ein Grundgesetz der Theorie besagt nun, daß jedesmal, wenn
Xf und Yf zwei inf. Transformationen derselben Gruppe sind,
dieser auch die durch ihre Kombination erhaltene Transfor-
mation {XI) angehört Sind demnach
(1) XJ,X^f,...XJ
irgend r voneinander unabhängige inf. Transformationen einer
716 r. KiUhtg.
Gruppe, 80 ist jede andere inf. Transformation derselben Gruppe
in der Form
darstellbar und für je zwei Marken i und x aus der Reihe
1 . . . r besteht die Beziehung:
(2) (X.J.) = 2>.«,J«,
Q
wo sowohl die Koeffizienten e^ wie die c^^g konstante Werte
haben. Außer den Gleichungen
^l H Q "l ^H ig ^^ ^
bestehen zwischen den Koeffizienten c noch weitere Relationen,
welche sich aus den Gleichungen:
(3) (X. (X, X,)) + (X, (X, X.)) + (X, (X. XJ) = 0 ,
den sogenannten Jaco bischen Identitäten, ergeben.
Besonders wichtig ist der Fall, daß die rechte Seite der
Gleichung (2) gleich Null ist, weil in diesem Falle die beiden
inf. Transformationen .Y, und X« eine zweigliedrige Untergruppe
bestimmen, deren Transformationen miteinander vertausch-
bar sind.
Zahlreiche Eigenschaften der Gruppe sind bekannt, sobald
man die in den Gleichungen (2) auftretenden Koeffizienten
kennt. Daher wollen wir sagen, diese Koeffizienten bestimmen
den Bau der Gruppe, oder mit anderen Worten: zwei Gruppen
seien gleich gebaut (von gleicher Zusammensetzung, holoedrisch
isomorph), wenn bei geeigneter Wahl der bestimmenden inf.
Transformationen die Koeffizienten c, «^ in beiden Gruppen
dieselben Werte annehmen.
2. Eine merkwürdige Klasse von Gruppen enthält nur
solche zweigliedrige Untergruppen, deren Transformationen
miteinander vertauschbar sind. Wenn Y^ und Y^ irgend zwei
in einer solchen Gruppe enthaltene inf. Transformationen sind,
und wenn dann gesetzt vdrd:
(7, 7,) = 7„ {¥, 7,) = 7, . . . (7, 7„ _ ,) = l'« .
wobei wir nur voraussetzen, daß keine der angegebenen Kom-
binationen ein verschwindendes Resultat liefert, so sind die
inf. Transformationen
V V V V y
über TraMMfanmaj&nugf uppem, 717
Toneinander unabhängig. Wir wollen im folgenden nur den
Fall betrachten« daB bei geeigneter Wahl Ton t\ und I\ die
Zahl II gleich r werden kann. Alsdann dürfen wir f&r die
Untersuchung der Gruppe Ton den Gleichungen ausgehen:
(4) (1, i^ = 1, . ( j, i;) = j, . . . (jq j, _ ,) = J,, (ix JQ = 0 .
Derartigen Gruppen lege ich wegen der zuerst ange-
gebenen Eigenschaft den Bang XuU und wegen der zweiten
Eigenschaft den Index r'^2 beL
3. Um den Bau der r-gliedrigen Gruppen Tom Range Null
und Tom Index r— 2 zu bestimmen, dürfen wir zu den Glei-
chungen (4] die folgenden hinzufügen:
(5)
(Xr+ 1 -^+ 2) = fl|«,2« + 2-rai.+» + «is»i« + 8-l2i. + S+ •••
(8)
Auf der rechten Seite dieser Gleichungen dürfen natürlich
nur die Transformationen X^ . . *X^ vorkommen ; man muß also
Xg durch Null ersetzen, falls (i > r ist
Die Berechtigung dieser Gleichungen ei^bt sich aus der
Jacobischen Identität für l,a,ßj welche wegen der Gleichungen
(4) die Form annimmt:
(6) ( J, (X^ Xfl)) = (X« jf;,^ 0 + Ä + 1 ^).
indem man die Forderung berücksichtigt, daß jede zweigliedrige
Untergruppe nur vertauschbare Transformationen enth<
Aus den Gleichungen (5) und (6) leiten wir unmittelbar
die weiteren Beziehungen her:
C) {^H + 1X^^.3) = 0^,2 X +2-^2x + 3 + flj«, 2 K + 3X2^ + 4 + • . •
sowie für jedes positive ganzzahlige X die Gleichungen:
(X^ + iX^ + ji + a) = a^^2K + 2 — ( j )öi. + i,2x + 4 + ( 2 lai. + 2,2« + 6
+ (-l)'(^'*"i"'')flK + n2K + , + 2+...]X2. + A^.8
+ ö«,2k + 8 + -- + (— 1)'( "*" y "" '']ö|« + r.2K + r + 3+— X2«^.A + 4
+ ...
718 r. Küling.
In diesen Öleichungen muß man wieder Xg durch Null
ersetzen, falls (> > r ist Zudem hat man in den Gleichungen (8)
dem V jeden ganzzahligen positiven Wert zu geben, der kleiner
ist als ^ (A + 2).
4. Hiernach kommt unsere weitere Aufgabe darauf hinaus,
die Bedingungen zu ermitteln^ denen die in den Gleichungen (5)
auftretenden Koeffizienten genügen müssen. Derartige Be-
ziehungen bestehen nicht, wofern die Gliederzahl r der Gruppe
kleiner ist als sieben: für solche Gruppen können daher in
den Gleichungen (5), (7), (8) die Koeffizienten a^^g ganz will-
kürlich angenommen werden. Dagegen gilt für jedes r > 6
und für jedes x > 1 die Gleichung:
(9) flx,2x + 2 = 0.
Nun kann man aber X^ durch X^ + qX^ ersetzen und dann
q so wählen, daß auch o^ ^ = 0 ist. Bei geeigneter Wahl
von Jj gilt daher die Relation (9) auch für x = l.
5. Weitere Bedingungen brauchen nicht erfüllt zu werden,
falls r = 7 oder = 8 ist Um aber für größere Werte von r
die verschiedenen Möglichkeiten zu übersehen, betrachten wir
die Koeffizienten
und sehen zu, ob sich unter ihnen mindestens ein nicht ver-
schwindender befindet oder ob sie sämtlich gleich Null sind.
Im letzten Falle gehen wir zu den Koeffizienten
«1,6» «2,8 > fl3,10« • •flx,2K + 4
über und machen dieselbe Unterscheidung. Wofern in den
Gleichungen (5) nicht alle Koeftizienten gleich Null sind, gibt
es jedenfalls einen bestimmten Wert von m von der Be«
schafi'enheit, daß für jedes ^ < m die sämtlichen Koeffizienten
verschwinden, während mindestens ein Koeffizient aus der
Reihe
(11) «1,1« + 5 > Öt2, « + 7 . . . a«,2x + WH- 3 • • •
von Null verschieden ist Für m = 0 enthält bereits die Reihe
(10) ein von Null verschiedenes Element; für m = r — 5 ist
nur /ij,^ von Null verschieden. In dem Falle, daß bei der in
4. angegebenen Wahl von X^ in den Gleichungen (5) alle
Ober Tramsfarmatunu^ruppeiL 719
Koeffizienten verschwinden, wollen wir m = r — 4 setzen. Hier-
nach können wir die Gruppen in r — 3 yerschiedene Klassen
einteilen nach dem Werte Ton m, welcher der getroffenen
Festsetzung entspricht
6. Für die bei gegebenem m in (5) yerbleibenden Koeffizienten
bestehen keinerlei Bedingungen, falls 2 m > r — 9 ist. Liegt
aber r zwischen 2m + 9 und 3m +12, so müssen die
Koeffizienten (11) einigen quadratischen Gleichungen genügen,
während die übrigen ganz willkürlich sind. Sobald aber
r^3m + 12 ist, yereinfachen sich die Resultate, und wir er-
balten drei wesentlich Toneinander Terschiedene Möglichkeiten:
A. Die Größen (11) sind sämtlich yon Null yerschieden.
Alsdann stehen sie zueinander in festen Verhältnissen, welche
durch die Gleichungen bestimmt werden:
/ION 2(2x+2fii + 3)
l*^j ö«,2it + « + 3 = ;; a>« + i,2« + « + ö'
B. Von den Koeffizienten (11) ist nur der erste von Null
yerschieden, während aUe übrigen yerschwinden.
C. Die ersten Koeffizienten (11) sind gleich Null und nur
eine gewisse, von r und vom m abhängende Anzahl derselben
kann willkürliche, von Null yerschiedene Werte annehmen, und
diese müssen am Ende der Reihe (11) stehen. Für m » 0 ist
nur der letzte Koeffizient dieser Reihe yon Null yerschieden,
ebenso für m = 1 bei ungeradem r; dagegen bleiben die beiden
letzten Koeffizienten für m = 1 bei geradem r willkürlich.
Allgemein unterliegen für m = 2 n die letzten n + 1 Koeffi-
zienten keiner weiteren Beschränkung als der, daß sie ni<;ht
sämtlich yerschwinden dürfen, während man für m » 2 n + 1
unterscheiden muß, ob die Gliederzahl r ungerade oder gerade
ist: im ersten Falle können die letzten n + 1 , im zweiten
die letzten n + 2 Koeffizienten ganz beliebige Werte erhalten.
7. Ich muß es mir yersagen, für r>3in + 12 auf die
weiteren Koeffizienten einzugehen. Dagegen glaube ich, folgende
Bemerkung beifügen zu sollen.
Die beiden inf. Transformationen X^ und X^, von denen
wir bei der Aufstellung der Gleichungen (4) ausgegangen sind,
können durch zwei andere ersetzt werden, welche ebenfalls
allgemeinen Charakter besitzen; d. h. will man für
720 W, Käling, Über Transformationsgruppen,
(13)
I Y^ ^ e^X^ + e^X^ + . . . + e^X^
\ Y^=:^q^X^+q^X^ + ...+q^X^,
wo e^, . ,e^y Qi' * »q^ bloße Konstante sind, die Transfor-
mationen 7j und Y^ zugrunde legen^ so muß die Determinante
^1 9% "" ^2 7i ^^^ ^yjXL verschieden sein. Alsdann darf man
setzen :
[Y, g = Y„ [Y, Y,) = r,. . .{Y, J,_,) = 7„
und findet:
WO A3, Ä^ . . . von Null verschieden sind. Man kann daher auch
die Kombinationen [Y^ Yß) durch Y^, Y^. . .Y^ darstellen und
erhält dabei Gleichungen, welche ganz den Gleichungen (5),
(7), (8) entsprechen; nur können die Koeffizienten ihre Werte
ändern. Diese Änderungen müssen berücksichtigt werden,
wenn man untersuchen will, ob zwei verschiedene Gruppen
gleich gebaut sind oder nicht In dieser Beziehung gelten
aber die beiden wichtigen Gesetze:
a) Wenn man zur Bestimmung des Baues der Gruppe
irgend zwei andere inf. Transformationen von allgemeinem Cha-
rakter zugrunde legt, so bleibt die oben definierte Zahl m
ungeändert
b) Die Verhältnisse der unter (11) aufgestellten Koeffi-
zienten ändern sich hierbei nicht.
Die obige Einteilung unserer Gruppen sowohl nach der
Zahl 771 als auch für jedes einzelne m in die drei verschiedenen
Klassen A, B, C ist daher von der Wahl der benutzten int
Transformationen X^ und X^ unabhängig und trägt einen in-
varianten Charakter.
Münster i. W., im September 1903.
(Eingegangen 30. September 1903.)
721
91. Bemerkungen zum Vinaltheorem.
Von H. A. liOrentB in Leiden.
I. Der Virialsatz in der GkMtheorie.
§ 1. Bekanntlich wird in der kinetischen Molekulartheorie
für die Ableitung der Zustandsgieichung oft die Ton Claus ius
herrührende Beziehung zwischen dem sogenannten Yirial der
Kräfte und der kinetischen Energie des Molekülsystems be-
nutzt. ^) Zu den Schlüssen^ die sich daraus ergeben, kann
man indes auch auf einem anderen^ und zwar auf einem sehr
naheliegenden Wege gelangen. Da ich diese Methode in der
Literatur nicht erwähnt finde , so erlaube ich mir, dieselbe
hier kurz zu entwickeln^ obgleich Prof. Boltzmann gewiß
nichts Neues darin finden wird.
Bezeichnet man für ein System materieller Punkte die
Massen mit m, die rechtwinkligen Koordinaten mit x, y, z^
die Kraftkomponenten mit J, Yy Z und die kinetische Energie
mit I, so lautet der Virialsatz:
, rf -irp I dx , dy . dx\ . ^^
oder, wenn r die Entfernung eines Punktes vom Koordinaten-
Ursprung bedeutet,
Diese Gleichungen, in welchen die Summen sich über sämt-
liche Punkte des Systems erstrecken, vereinfachen sich, wenn
man es mit einer stationären Bewegung zu tun hat Es ver-
schwindet dann das erste Glied rechts und es wird
(2) ^i'^{xX + t/r+zZ)^%.
1) Vander Waals, Die Continuität des gasförmigen und flüssigen
Zuatandes, Kapitel II; Boltzmann, Vorlesungen über Gastheorie,
Abrohnitt V.
B^^tniuukn-Festschrift. 46
722 E. Ä. Zorentz.
Den Wert des links stehenden Ausdrucks, des Virials, erhält
man am leichtesten, wenn man denselben auffaßt als die mit
— l/2a multplizierte Arbeit der Kräfte bei den Verrtickungen
(a unendlich kleine Konstante), d. h. bei einer in allen Rich-
tungen gleichen Dilatation. Ist z. B. die Oberfläche eines
Körpers vom Volumen v einem normalen Druck ausgesetzt,
der pro Flächeneinheit die an allen Stellen gleiche Größe p hat.
dann hat man die Arbeit dieses Druckes bei einer Yolomen-
zunahme Set? mit —1/26 zu multiplizieren. Das Resultat ist
^pv und es ergibt sich daher, wenn man von den inneren
Säften absieht und fUr die kinetische Energie pro Volumen-
einheit T schreibt, die bekannte Formel
(3) p = iT.
Im allgemeinen sind auch die Wechselwirkungen zwischen den
Teilchen zu berücksichtigen. Wenn z. B. zwischen zwei um r
voneinander entfernten materiellen Punkten längs der Ver-
bindungslinie die gleichen und entgegengesetzten Kräfte B
wirken, wobei eine Abstoßung positiv heißen möge, dann ist
das Virial der inneren Kräfte
Jedes Paar von materiellen Punkten liefert ein Glied zu dieser
Summe.
Es möge noch daran erinnert werden, daß die Gleichung
(2) nicht bloß für ein System materieller Punkte, sondern
auch für ein System beliebig gebauter Teilchen gilt. Nur
hat man in diesem Falle unter x, t/, z die Koordinaten
des Schwerpunktes eines Teilchens zu verstehen, unter X, ¥, Z
die Komponenten der gesamten auf ein Teilchen wirkenden
Kraft, und unter % die kinetische Energie, welche die Teil-
chen wegen der Bewegung ihrer Schwerpunkte besitzen. Ist
ein Körper aus mehratomigen Molekülen zusammengesetzt,
so kann man den Satz in zweierlei Weise anwenden, indem
man entweder die Moleküle oder die einzelnen Atome ins
Auge faßt.
§ 2. Man kommt nun zu denselben Resultaten, wenn man
seine Aufmerksamkeit auf die gesamte Bewegungsgröße der in
Bemerkungen zum ViriaWieorem. 723
einem bestimmten festen Raum liegenden Teilchen richtet.
Diesen Ansdmck ^^gesamte Bewegongsgröße'' wollen wir so
Terstehen, daß f&r jedes Teilchen, dessen Schwerpunkt in dem
Baume liegt, das volle Bewegungsmoment in Rechnung ge-
bracht wird, auch dann, wenn das Teilchen Ton der Grenz-
fläche des Raumes durchschnitten wird. Demgemäß wollen
wir auch sagen, daß die ganze Bewegungsgröße eines Teilchens
durch diese Fläche hindurchgetragen werde, sobald der Schwer-
punkt durch dieselbe hindurchgeht
Offenbar kann sich die in dem betrachteten Räume ent-
haltene Bewegungsgrdße aus zwei Ursachen ändern. Erstens
können auf die Teilchen, deren Schwerpunkte in dem Räume
liegen, Ei^fte wirken, die entweder tou den übrigen Teilchen
des Systems, oder tou fremden Körpern ausgehen. Zweitens
werden infolge der Molekularbewegung eine gewisse Anzahl
Ton Teilchen den Raum yerlassen oder in denselben hinein-
treten, wobei jedes sein Bewegungsmoment mit sich f&hrt
Ist der Zustand stationär, wie das angenommen werden soll,
80 mOssen sich die beiden Änderungsursachen kompensieren.
Wir wollen uns auf Fälle beschränken, wo die Molekular-
bewegung nach allen Seiten hin in derselben Weise stattfindet
Dann gilt ganz allgemein folgender bekannte Satz. Die Differenz
der nach der Richtung der Normale n genommenen Bewegungs-
größen, welche pro Flächeneinheit und pro Zeiteinheit durch
eine beliebige Ebene in dem Körper nach der positiven und
nach der negativen Seite hindurchgetragen werden, beträgt
\ T. Mit der positiven Seite ist hier die gemeint, nach welcher
die Normale zeigt, und T bedeutet die kinetische Energie,
welche in der Volumeneinheit wegen der Bewegung der Schwer-
punkte vorhanden ist
Wir betrachten einen Körper, auf dessen Inneres äußere
Kräfte, wie die Schwerkraft, nicht wirken. Auf der oberen
Seite möge derselbe mit einem horizontalen Kolben in Berüh-
rung sein. In diesem Körper denken wir uns ein recht-
winkliges Parallelepiped, von dem eine Seitenfläche an dem
Kolben liegt Diese Fläche habe die Größe 1 und die gegen-
überstehende in dem Körper liegende Seitenfläche möge mit S
beieichnet werden.
Es soll nun für diesen Teil des Körpers die Gleich-
es •
724 U. A. Lorentz.
gewichtsbedingung , und zwar was die Bewegungsgröße in
vertikaler Richtung betrifift, gesucht werden. Man überzeugt sich
leicht davon, daß man zu diesem Zwecke nur auf den vom
Kolben ausgeübten Druck p, auf die Kräfte, welche an der
Grundfläche zwischen den innerhalb und außerhalb des Parallel^
epipeds liegenden Teilchen wirken, und auf die durch die Grund-
fläche hindurchgehende Bewegungsgröße zu achten hat
§ 8. Sieht man zunächst gänzlich von den Kräften zwischen
den Teilchen ab, so wird das Problem sehr einfach. Der vom
Kolben ausgeübte Druck erteilt dem Inhalte unseres Parallel-
epipeds pro Zeiteinheit die vertikal nach unten gerichtete
Bewegungsgröße p^ und der Zustand kann nur dann stationär
sein, wenn eine gleiche Bewegungsgröße den Raum an der
Unterseite verläßt. Dies führt sofort auf die Gleichung (3).
Um nun weiter auch die Wirkungen zwischen den Teil-
chen zu berücksichtigen, haben wir zu beachten, daß diese
eine vertikale Kraft zur Folge haben, die an der Grund-
fläche von den äußeren auf die inneren Teilchen ausgeübt
wird. Diese Kraft sei A, positiv gerechnet, wenn sie abwärts
gerichtet ist Die Formel (3) ist jetzt durch
(4) p + A = lT
ZU ersetzen. Wären z. B. nur die von van der Waals ange-
nommenen anziehenden Kräfte vorhanden, so wäre A einfach
die resultierende Anziehung zwischen den auf beiden Seiten
einer beliebigen Ebene liegenden Teilen des Körpers. Man
sieht leicht, daß dieselbe dem Quadrat der Dichte proportional
gesetzt werden darf, so flaß // in das Glied ajv^ der van der
Waals sehen Gleichung übergeht Nebenbei möge bemerkt
werden, daß bei dieser Betrachtung nur von der Anziehung im
Innern des Körpers die Rede ist; man erkennt demzufolge
unmittelbar, daß das Resultat unabhängig ist von dem kom-
plizierten Zustande, der vielleicht in der Grenzschicht des
Körpers besteht.
Auch dann, wenn nebst den anziehenden auch abstoßende
Kräfte wirksam sind, gilt die Gleichung (4), vorausgesetzt, daß
man unter A die Resultierende aller Kräfte verstehe. Ist
z. B. ein fester Körper vom luftleeren Raum umgeben, so muß
diese Resultierende genau den Wert |- T haben.
Bemerkungen zum Virialtheorem. 725
Wir wollen jetzt ein System elastischer Kugeln betrachten,
die nur bei den Zusammenstößen aufeinander wirken. Denken
wir uns, daß jeder Stoß eine gewisse Zeit (die wir nachher sich
dem Grenzwerte Null nähern lassen können) in Anspruch nimmt,
dann ist es klar, daß in einem beliebig gewählten Augenblick
eine gewisse Anzahl von Molekülpaaren gerade in dem Akt des
Zusammenstoßens begriffen sind. Unter diesen Paaren gibt es
einige von solcher Lage, daß der Schwerpunkt des einen Teil-
chens oberhalb und der Schwerpunkt des anderen unterhalb
der Grund Hache des Parallelepipeds liegt Die auf die zuerst
genannten Teilchen wirkenden Kräfte setzen sich zu einer auf-
wärts gerichteten Resultierenden B zusammen; und die Glei-
chung für den stationären Zustand nimmt die Gestalt
an. Man gelangt dann weiter zu dem Gliede, das in der
Tan der Wa als sehen Gleichung den Einfluß des Molekular-
Tolumens ausdrückt, wenn man B mittels geeigneter Kunst-
griffe berechnet Darauf braucht hier nicht eingegangen zu
werden, da diese Kunstgriffe dieselben sind, die in Anwendung
kommen müssen, wenn man das Problem mit Hilfe des Virial-
Satzes behandeln wi|l.^)
§ 4. Um uns hiervon zu überzeugen und die Äquivalenz
der beiden Methoden darzutun, gehen wir auf die Annahme
zurück, daß in einem System materieller Punkte die § 1 mit
7? bezeichneten Kräfte wirksam sind. Von allen Punktpaaren
betrachten wir nun diejenigen, für welche die Verbindungslinie r,
und also auch die Kraft B eine bestimmte Richtung und Größe
hat; wir nennen N die Anzahl der in der Volumeneinheit
liegenden Anfangspunkte dieser gleichgerichteten und gleichen
Strecken r und & den spitzen Winkel, welchen letztere mit der
Vertikalen bilden. Die Grundfläche des Parallelepipeds wird
dann von Nr cos & dieser Verbindungslinien geschnitten und die
ausgewählten Punktpaare liefern zu der Earaft B den Anteil
Nr R cos« ».
Man erhält hieraus die volle Abstoßung B mittels einer Sum-
mation, deren Resultat sich auf die Form
1) H. A. Loren tz, Wied. Ann., 12. p. 127. 1881.
726 H. A. Lorentz.
bringen läßt, wo das Zeichen 2 sich auf sämtliche Punktpaare
in der Volumeneinheit bezieht. Die schließlich resultierende
Gleichung
stimmt genau mit derjenigen überein, die aus (2) entsteht,
wenn man für die Viriale des Druckes und der Kräfte R die
§ 1 angegebenen Werte einsetzt.
Es braucht kaum hervorgehoben zu werden, daß man bei
einem mehratomigen Körper die jetzt geschilderte Methode,
ebensogut wie den Virialsatz in zwei verschiedenen Weisen
anwenden kann (§ 1).
IL Bewegung eines Elektrons im Felde eines festen elektrischen
Dipols.
§ 5. Für ein konservatives System, dessen potentielle
Energie wir mit U, und dessen konstante Gesamtenergie wir
mit E bezeichnen, verwandelt sich (1) in die interessante
Gleichung
(5) ^,^mr^^2^[xX + yY+zZ)^^U+AE,
deren rechte Seite nur von der Konfiguration abhängt, und
die sich in einigen Fällen integrieren läßt. Es gelingt das
z. B., wenn man es mit einem einzigen Punkte zu tun hat, der
einer von 0 ausgehenden, von der Entfernung r abhängigen
Kraft R unterworfen ist. Setzt man dann
CO
V=^(Bdr,
r
80 wird die Gleichung:
OD
(6) m^^^ = 2[ri?-2ji
Rdr
+ 4J?,
woraus sich leicht die in der Theorie der Zentralbewegung
auftretende Beziehung zwischen r und t ergibt.
§ 6. Ein zweites Beispiel, worauf hier etwas näher ein-
gegangen werden möge, liefert die Bewegung eines Punktes in
einem Kraftfelde, in dem die potentielle Energie eine homo-
gene Funktion — 2. Grades der Koordinaten ist Da dann
Bemerkungen zum FirialtheorenL 727
80 wird die rechte Seite von (5) UDabhängig von den Koordinaten.
Wir betrachten speziell den Fall, daß die potentielle
Energie gleich xjr^, multipliziert mit einem konstanten Koeffi-
zienten ist. Dieses Problem ist von Interesse fllr die Elek-
tronentheorie, da man auf dasselbe geführt wird, wenn ein
Elektron unter dem Einflüsse eines festen Teilchens steht, das,
in geringer Entfernung voneinander, gleiche positive und nega-
tive Ladung trägt.
Es sei amxjr^ die potentielle Energie, wobei a positiv
sein möge, und E ^ mC^. Aus der Gleichung (5), oder
dt' *^i
folgt dann
(7) ir«=C,^>+C,^+(?,,
mit folgenden Werten der Integrationskonstanten:
^1 = i^'o' + «^3» ^2 = ^0 (57)^ = '•o^'o <508^o> ^'s ^W-
Hier ist u die Geschwindigkeit und & der Winkel, den die
Bewegungsrichtung mit dem verlängerten Radiusvektor ein-
schließt, während der Index 0 die Anfangswerte, f&r / = 0,
anzeigen soll.
Es läßt sich nun sofort entscheiden, ob der Punkt im
Laufe der Bewegung den Ursprung 0 erreichen wird. Natür-
lich ist das nur mögUch, wenn die Größe
C,« - 4 C, (?3 = - r,« V 8in»'*o - 2af?
positiv ist Indem wir nun auf einige spezielle Fälle übergehen,
uns auf positive t beschränken, und, wenn einmal der Ursprung
erreicht ist, den Vorgang nicht weiter verfolgen, können wir
folgendes sagen:
Ist Xq positiv, so entfernt sich der Punkt ins Unendliche,
entweder direkt, oder (falls 0'q> \n) nachdem r ein Minimum
geworden ist.
Es sei zweitens x^ < 0. Dann kommt es auf den Wert
der Anfangsgeschwindigkeit an. Ist diese so klein, daß
C| < 0, so kommt es, welchen Wert d-^ auch haben möge.
728 H. A. Lorentz.
immer zu einem Zusammentreflfen mit 0, und zwar wird r vor-
her ein Maximum, wenn d-^ < J-^. Ist dagegen die AnÜEUigs-
geschwindigkeit so groß, daß C^ > 0, dann kann 0 nur erreicht
werden, wenn 0^q> \n und
Die Werte von If, für welche r Null, oder zu einem Maximum
bezw. Minimum wird, lassen sich in jedem Fall leicht angeben.
§ 7. Dank der Gleichung (7) kann man die Integration
der Bewegungsgleichungen
xy d* X o a; ft
r* ' dt* r*
jetzt vollständig zu Ende führen. Es ist zunächst
d!* X d}y y d^x d*x z
^~di* '~^~dJ* ^7^' ^~dW'^^~dt* " "■ "~r» '
und es ergibt sich weiter, wenn man diese Gleichungen mittels
der Formeln
ar = rcosqp, y = r sin qc cos/, z = rsinqpsin/
auf Polkoordinaten transformiert, und sie zueinander addiert,
nachdem man die erste mit cos/ und die zweite mit sin/
multipliziert hat,
(^) ji ('■'S) - '■' '^° f *^*'' ^ (Ä) ' = ?' '^" f'-
Für die Projektion der Bewegung auf die j/ r-Ebene gilt offen-
bar der Flächensatz, so daß
(9) r» sin* <JP ^ = <?4 .
wo C^ eine neue Eonstante ist Wir substituieren den hieraus
folgenden Wert von dxjdt in (8), multiplizieren diese Gleichung
mit r^, und führen die durch
, _ TflU _ j C dt
bestimmte neue Variabele ein. Die dann entstehende Gleichung
-rf^ = a Sin Qp + C.* -^-T^-
Bemerkungen zum ViruUtheorem. 729
können wir integrieren, wenn wir sie vorher mit dtpjdt' mul-
tiplizieren. Wir erhalten dann schließlich .
(10)
/|/c.-2aco8<p-^;V
Nachdem man in dieser Weise (p als Funktion von t', und
also auch von t, gefunden hat, erhält man x durch Integration
der Gleichung (9). Es ist noch zu bemerken, daß die Inte-
grationskonstante C^ den Wert
hat
Da (10) sich auf ein elliptisches Integral reduziert, so
läßt sich die Diskussion dieser Formeln vollständig durch-
führen.
Lei den y September 1903.
(Eingegangen 80. September 1908.)
780
92. Sul moto dei ioni nel campo elettrico.
Di Augusto Righi in Bologna.
1. Scopo di questo scritto ö il far vedere^ come alcune
mie esperienze ^)^ per la maggior parte pubblicate prima che
sorgesse la teoria degli elettroni^ ricevano da questa una
naturale spiegazione. Tali esperienze sono quelle che chiamai
delle ombre elettriche, e quelle relative ai fenomeni elettrici
provocati dai raggi ultravioletti e dalle radiazioni scoperte dal
Röntgen. Ecco in che consistono le principali di tali es-
perienze, tutte evidentemente dovute ad una convezione di
elettricitä, effettuata da particelle elettrizzate, che si muovono
attraverso Taria ambiente.
a) Se una punta metallica elettrizzata ^ rivolta ad una
lastra metallica avente carica opposta (per esempio tenuta in
comunicazione col suolo), un oggetto interposto arresta in parte
le particelle elettrizzate, che camminano dalla punta verso la
lastra, e cosi si . forma su questa l'ombra elettrica di quel-
l'oggetto. Quest' ombra si mette in evidenza ricorrendo a
speciali artifici, per esempio sovrapponendo alla lastra metallica
una lamina isolante, e proiettando poi su questa il noto
miscuglio di Villari (solfo e minio in polvere).
b) Un filo metallico sottilissimo parallele alla lastra (oppure
uno di qualunque grossezza mantenuto incandescente da una
corrente elettrica) puö essere sostituito alla punta. In questo
caso le linee di forza sono note (archi di cerchio giacenti nei
piani perpendicolari al filo, passanti per esso e normali alla
lastra), ed opportune misure mostrano, che le traiettorie per-
corse dalle particelle elettrizzate coincidono sensibilmente coUe
linee di forza elettrica.
c) II risultato non muta, se alla punta dell' esperienza
tipo a) si sostituisce una piccola fiamma a gas capovolta, od
un breve filo piegato ad angolo acuto ed arroventato.
1) Veggasi // Ntwvo Cimento dal 1888 al 1903.
Sul moto dei ioni. 7S1
d) AI filo rettilineo deir esperienza b) puö essere sosti-
tuito un ciliDdro conduttore parallelo esso pure alla lastra
inetallica, e lango una generatrice del quäle ä teso un filo di
platino arroYontato da una corrente elettrica. L' esperienza
mostra, che la convezione si produce dal filo yerso la lastra,
e che le particelle cariche seguono sensibilmente le linee di
forza passanti pel tilo, le quali linee, come e notorio, sono
ancora archi di cerchio, che giacciono in piani perpendicolari
tanto alle generatrici del cilindro che alla lastra piana, ed
incontrano normalmente i due conduttori.
e) Anzieht ricorrere alla ionizzazione generata coUa
scarica da una punta acuta o da un filo sottile, o a quella
prodotta da un corpo rovente, si puö profittare dell' emissione
di elettricitä prodotta dai raggi ultravioletti, allorchö colpiscono
un conduttore negativo. Anche in tal caso le esperienze
mostrano, che il trasporto deir elettricitä k efiettuato da par-
ticelle elettrizzate (nel caso attuale sempre negatiTamente),
e muoventesi sensibilmente lungo le linee di forza. Una delle
maniere di constatarlo ^ quello di sostituire nelP esperienza d)
un filo o Striscia di zinco ben terso al filo di platino ro-
yente lungo una peneratrice del cilindro (in tal caso yemiciato).
Pomendo a questo elettricitä negativa, e facendo cadere sullo
zinco delle intense radiazioni ultraviolette (arco voltaico fra
carbone e zinco), si constata la solita convezione, approssimativa-
mente lungo le linee di forza passanti per la generatrice
suddetta.
f ) II risultato non niuta essenzialmente sostituendo i raggi
X ai raggi ultravioletti nelle esperienze precedenti. Ma fra gli
efietti delle due specie di raggi si notano due difierenze im-
portanti. Mentre i raggi ultravioletti devono colpire il con-
duttore negativo, onde avvenga la convezione elettrica giä
descritta, quando si adoperano i raggi di Röntgen, e ne-
cessario soltanto, che essi attraversino Taria posta fra i due
conduttori.
In secondo luogo, mentre coi raggi ultravioletti si ha
semplicemente una convezione di elettricitä negativa dal con-
duttore negativo al positive, coi raggi A' si ha una doppia
convezione nelle due direzione opposte, di guisa che un oggetto
732 A, Righi.
])Osto fra i due conduttori produce la propria ombra elettrica
8U entrambi.
g) Nel corso delle mie esperienze sui fenomer.i foto-elet-
trici ebbi la fortuna di scoprire, che un corpo allo stato
naturale si elettrizza positivamente, allorch^ h colpito dai raggi
ultravioletti (o anche quando e colpito dai raggi X nel vuoto,
come recentemente si fe potuto mettere fuori di dubbio). Ora,
questo fenomeno, allorche si compie nelF aria air ordinaria
pressione, obbedisce ad una legge, che puö enunciarsi in varie
maniere, jier esempio nella seguente: la carica positiva
acquistata dal corpo cessa di aumentare, allorche il campo
elettrico dovuto a questa carica raggiunge un determinato
valore, che dipende dalla natura del corpo in esperimento.
Cosicche, se per esempio il detto corpo ha forma piana, ed e
parallele ad una lastra metallica piana comunicante col suolo,
il Potenziale massimo che esso acquista e sensibilmente in pro-
porzione della distanza, che lo separa dalla detta lastra.
2. Eimandando alle antecedenti pubblicazioni chi de-
siderasse conoscere i dettagli sperimentali, mi occuperö di far
vedere, come le esperienze richiamate or ora si spieghino
facilmente adottando la teoria della ionizzazione dei gas.
Lasciando pel momento in disparte la g) occorre dap-
prima rilevare, che le esperienze a), b) . . . f ) hanno un carattere
comune, e precisamente che tutte si debbono ad un trasporto
di elettricitä, eflfettuato da particelle materiali elettrizzate, le
quali percorrono traiettorie sensibilmente coincidenti colle linee
di forza elettrica.
Air epoca, nella quäle le prime mie esperienze furono
compiute, le spiegai supponendo, che dette particelle altro non
fossero che molecole gassose elettrizzate, giacche anche gli
stessi raggi catodici venivano allora generalmente considerati
come costituiti dalle molecole del gas residuo elettrizzate e
respinte dal catodo. Si tratta ora di far vedere, come le
esperienze si spieghino perfettamente ammettendo, che quelle
particelle altro non sieno che ioni.
Consideriamo dapprima le esperienze a) e b), o meglio la
sola a), giacche quanto si dirä rispetto alla scarica da una
punta acuta, varrä per analogia anche per la scarica dalla
superficie d'un esilissimo filo.
Sul moto dei lonL 733
Neir immediata prossimitä d'ana punta elettrizzata ad un
Potenziale abbastanza elevato ayviene la ionizzazione dell' aria,
iniziata dai pochi ioni che sempre l'aria contiene, e conti-
naata dai nuovi ioni, dovuti all' urto di quelli preesistenti (e
dei naovi formatisi) contro le molecole gassosc. Si formano
anzi due regioni di ionizzazione, una A in contatto della
punta, Taltra B ad una piccola distanza da essa. Suppongo
per chiarezza di esposi/.ione che Telettricitä fornita alla punta
sia negativa. I ioni negativi respinti dalla punta arrivano in
£, dopo aver percorso un breve cammino nelU intenso campo
elettrico attiguo ad essa, con tale velocitä, da potere scindere
in ioni delle due specie le molecole d'aria urtate. Dei nuovi
ioni cosi continuamente formati nella regione B, quelli positivi
si muoYono verso la punta, ed arrivano in A con tale velocita
da produrre per ui-to nuova ionizzazione. Intanto i ioni nega-
tivi formatisi in B, insieme a quelli partiti dalla punta, si
muovono verso la lastra posta di fronte alla punta medesima.
E siccome il campo elettrico ha un' intensit^ assai grande in
prossimitä della punta, e generalmente assai debole nello
spazio rimanente, cosi i detti ioni negativi non ne producono
dei nuovi, in quanto che fra un urto e Taltro contro le
molecole neutre non giungono ad acquistare la necessaria
velocita.
Consideriamo appunto uno di questi ioni negativi, che la
forza elettrica fa muovere verso la lastra. Se esso non in-
contrasse sul suo cammino nessun ostacolo, la sua velocita
andrebbe continuamente crescendo, e la traiettoria da esso
descritta sarebbe una linea generalmente diversa dalle linee
di forza. Ma in realtii quel ione non puö percorrere libera-
mente che un brevissimo tratto fra un urto e Taltro contro le
molecole neutre, perdendo ad ogni coUisione buona parte della
velocita da esso acquistata; e ciö appare chiaro, sia che si
ammetta che dopo Turto la molecola rimanga libera, sia che
si supponga che molecola e ione formino dopo Turto un si-
stema unico. L'effetto complessivo degli urti k dunque quello
di mantenere sempre assai piccola la media velocita dei ioni
in moto, e particolarmente la componente di essa perpendico-
lare alla direzione dei campo, di guisa che ad un instante
qualunque essi debbono muoversi press' a poco nella direzione
734 A. Righi.
della forza elettrica, e descrivere quindi sensibilmente una
linea di forza.
Si comprende in tal modo come un ostacolo posto sul
camuiino dei ioni, che si awiano verso la lastra, difenda una
certa regione di questa dal loro bombardamento dando origine
air ombra elettrica, quäle le esperienze mettono con oppor-
tun! Processi in evidenza.
3. ]^ verosimile che le traiettorie dei ioni differiscano piü
0 meno dalle linee di forza a seconda della forma di queste.
Ciö sarebbe evidente, se i ioni non incontrassero molecole sul
loro cammino. Infatti, supponendo dapprima le linee di forza
rettilinee e parallele fra loro (come per esempio lo sono fra
due conduttori piani e paralleli oppostamente elettrizzati) e
chiaro, che i ioni si muoveranno lungo le medesime con meto
accelerato. Supponendo invece linee di forza curve, i ioni si
scosteranno da esse tangenzialmente e percorreranno traiettorie
assai differenti. Ora k naturale il ritenere, che la presenza
delle molecole neutre, che vengono urtate dai ioni in moto,
non muti quella conclusione, e cioä che anche in tal caso le
traiettorie differiscano tanto meno dalle linee di forza, quanto
piü debole k la curvatura di questa.
Checche si pensi di tale asserzione mi prenie di far qui
notare, che alle esperienze dei tipo a) ho dato recentemente
una nuova forma ^), coUa quäle, avendosi in certe regioni linee
di forza a forte curvatura, i ioni si scostano alquanto da esse,
in modo da realizzare, a quanto pare, una riproduzione dei mec-
canismo, al quäle si considerano dovuti i cosi detti raggi-canali.
Alla lastra metallica posta di fronte alla punta e sosti-
tuita una fitta reticella metallica. In tal modo le linee di
forza, che prima incontravano normalmente la lastra, debbono
incurvarsi fortemente in vicinanza della reticella, onde andare
a terminare normalmente sui fili che la formano; ed k appunto
quando giungono in queste porzioni di linee di forza aventi
curvatura grandissima che alcuni ioni possono scostarsene
tanto, in virtü della loro velocitä, da attraversare i vani e por-
tarsi al di \k della reticella.
1) Memor. della R. Accad. di Bologna, 1902. — Physik. Zeitschr.
15. Sept 1908.
Sul moto dei i
La presenza di questi joni k dimostrata coii metodi elettro-
metrici. Inoltre, creando a1 di lä della reticella un duovo
campo elettrico, i ioni, che l'hanao attraversata, prendono a
muoversi aecondo le nuove lioee di forza, e possono cosl gene-
rare ombre eleltriche. che facilmente ai rendouo viaibili,
4. Le esperieDze c) e d) si spiegheranno ora facilmeDte
per analogia con quanto si ti esposto a proposito delle a) e b].
La piccola üamma cootiene ioai delle due specie in gran
numero, e quando ad essa venga fornita elettricitä, i ioni
aventi la carica omoiiiina si allontaDaDO da essa seguendo
sensibilmente le linee di forza elettrica. Dn metallo rovente
elettrizzato emette esso pure dei ioni omonimi, che la forza
elettrica mette in moto, come uel cnso di quelli respinti da
nna punta elettrizzata.
Le esperienze e) diversificano dalle precedenti in quanto
alla maniera nella quäle aouo generati i ioni.
Gerte mie esperienze mi peraaasero, che le particelle
negative emesse da un corpo elettrizzato negativamente col-
pito da raggi ultraviolett!, mentre nell' arla alla pressione
ordinaria seguono sensibilmente le linee di forza, quando
I'aria venga gradatamente rarefatta, esse percorrono traiettorie
di piü in piü difTerenti da quelle linee, in modo che alle
grandi rarefazioni le traiettorie stesae divengono linee rette, e
cioe i raggi catodici. K poich^ questi sono costituiti da elei-
troni negativi liberi, viene naturale U supporre, che l'azione
delle radiazioni consista nel determinare una emiasione di
elettroni negativi dal corpi, che sono da esse colpiti.
Che nel vuoto un raetaUo elettrizzato negativamente e
oolpitfl dai raggi ultraviolett! emetta veri raggi catodici, e
stato, dei resto, direttamente dimostrato dal Lenard.
Neil' aria all' ordinaria pressione i raggi catodici sono
rapidamente assorbiti. In altre parole, gli elettroni emeasi
dal corpo elettrizzato negativamente sono presto arrestati nel
loro movimento per l'incontro di moleeole ueutre dei gas. Se
la velocitä, con cui gli elettroni sono lanciati, k assai grande,
esai ionizzeranno per urto le moleeole, ed i ioni negativi cosi
formati ai mnoveranuo secondo le linee di forza come uei easi
precedentemeute considerati. Se invece quella velocitä fosse
piccola, essi, anziohe ionizsare il gas, si unirebbero a moleeole
r piccoia, e^
736 A. Eighi.
intere, ed insieme a queste si muoverebbero nel campo elet^
trico. In un modo o nelF altro si formerä quella conyezione
ordinata e regolare secondo le linee di forza, che h messa in
evidenza dalle esperienze d'ombra elettrica.
Quanto alle esperienze del tipo f) ecco come se ne rende conto.
I raggi di Röntgen generano continuamente nuovi ioni
delle due specie nella massa gassosa da essi attraversata.
Non h dunque solo dalla punta elettrizzata come nell'
esperienza a), o solo dal iilo sottile come nella b], o dal
corpo elettrizzato negativamente come nella e), che partono
in tal caso i ioni, ma e da ogni punto del gas, che partono
ioni positivi verso una direzione e ioni negativi verso la
direzione opposta. Come nei casi precedenti, e sempre in
virtü della circostanza del rimanere piccola la loro yelocitär
in causa dei loro frequenti incontri coUe molecole, gli uni e
gli altri percorrono traiettorie sensibilmente coincidenti coUe
linee di forza. Di qui la formazione di ombre elettriche su
entrambi i corpi elettrizzati, quando fra essi sia coUocato an
ostacolo materiale.
Le esperienze di ombre elettriche mediante i raggi X
possono assumere forme assai curiose, per conoscere le quali
rimando il lettore ad una precedente pubblicazione.^)
5. Resta a considerarsi Tesperiienza g) ed a spiegare la
legge relativa.
Allorchä certe radiazioni, come le piü rifrangibili ultra-
violette, colpiscono la superficie d'un corpo non elettrizzato, e
particolarmente d'un metallo, ha luogo quella stessa eroissione
di elettroni negativi, che si produce quando il metallo ^ carico
negativamente. Se il metallo ^ isolato, questo fenomeno va
via via afdevolendosi, giacchä la forza elettrica dovuta alla
carica positiva, che il metallo va via via acquistando, tende a
trat teuere gli elettroni, cosiche, in capo a un certo tempo,
praticamente finito, il Potenziale positivo ottenuto cessa di
aumentare.
Se gli elettroni emessi nulla incontrassero sul loro cam-
mino, dopo esserei allontanati dal conduttore per un certo
tratto con moto ritardato, ricadrebbero su di esso con moto
1) Mein, della R. Acc. di Bologna, Bd. 6. 1896.
Sui moto dei ionL 737
accelerato, per effetto della forza elettrica doYuta alla carica
positiya rimasta al conduttore. Se invece a qualche distanza
dal corpo colpito dalle radiazioni esistesse üd conduttore
comunicante col suolo, questo sarebbe dapprima raggiunto dagli
elettroni^ i quali non potrebbero cosi ricadere; ma poi, col
crescere della carica positiva, gli elettroni non arriverebbero
piü tanto lontani, e si avrebbe nno stato di cose permanente.
Orbene, la presenza dell' aria fa si, che qaesto stato finale si
ottenga, anche senza che esista an conduttore comunicante col
suolo posto a distanza abbastanza piccola, perche possa essere
raggiunto dagli elettroni.
Come si e giä. detto l'urto degli elettroni contro le mole-
cole gassose ha per risultato una diminuzione di yelodtä delle
cariche negative in moto, considerate nel loro complesso, sia
che si ammetta la ionizzazione delle molecole stesse per urto,
sia che si ritenga che queste semplicemente sottraggano col-
Turto agli elettroni parte della loro energia cinetica, sia infine
che avvenga una stabile o momentanea unione fra molecola ed
elettrone. E danque naturale il pensare, che le cariche nega-
tive, ormai non piü elettroni isolati ma ioni negativi o molecole
negative, ricadano auticipatamente sul conduttore, e di piü in
piü abbondantemente, man mano cresce Tintensitä del campo
elettrico dovuto alla carica positiva del conduttore stesso.
Raggiunto un certo valore del campo elettrico si avrä com-
penso fra le cariche emesse dal conduttore per effetto delle
radiazioni che lo colpiscono, e quelle ricuperate nel modo
anzidetto, ed il Potenziale positive cesserä d'aumentare.
II valore di questo Potenziale massimo dipende dunque
dair intensitä del campo elettrico o, se si vuole, dalla den-
sitä elettrica superficiale. Se il conduttore costituisce una
delle armature d'un condensatore piano, dovendo quella den-
sity essere costante, il Potenziale varierä in ragione della
distanza fra le armature. £ questa k appunto la legge speri-
mentale da me formulata.
n valore costante della density elettrica o del campo
elettrico nello stato finale permanente h poi diverse secondo
la natura del conduttore e, a quanto risulta da mie recen-
tissime ricerche, anche dalla natura delle radiazioni impiegate.
Bench^ mi sia proposto di non occuparmi in questo
Bottmuum-FMtaebrift ^"^
788 A. RigkL Sul moto dei ioni.
scritto che di fenomeni producentisi neir aria alla pressione
ordinaria, non ml trattengo dal far rileyare, che la spiegazione
precedente rende conto di un altro fatto da me dimostrato,
e ciofe che il Potenziale positive raggiunto da un conduttore
esposto alle radiazioni cresce^ in linea generale, man mano
che si diminuisce la pressione del gas che lo circonda.
Si comprende infatti facilmente, che la progressiva rare-
fazione del gas permetterä, alle cariche negative emesse dal
conduttore di raggiungere in numero di piü in piü grande i
corpi circostanti, e di sottrarsi cosi al ritorno verso il con-
duttore, da cui partirono. Questo dovrä dunque acquistare
una carica positiva di piü in piü grande, prima che lo stato
finale permanente venga raggiunto.
Bologna, settembre 1903.
(Eingegangen 80. September 1903.)
739
93. Ein elektrischer Aberrationsversnch.
Von Ernst Leoher in Prag.
Bisher konnte experimentell noch kein optischer Effekt
im Laboratorium gefanden werden, der Ton einer eventuellen
Erdbewegung gegen den Äther herrührte. Die theoretischen
Darstellungen des einschlägigen Gebietes, speziell der astrono-
mischen Aberration des Lichtes, suchen dieser Tatsache in
Terschiedener Weise gerecht zu werden.
Man kann aber auch daran denken, dieser Frage auf
elektrischem Wege beizukommen. Wenn der Äther an der
Erdbewegung nicht teilnimmt, so geht durch alle unsere Appa-
rate, Leitungen u. dgl. ein Atherwind mit einer Geschwindig-
keit 3. 10^ cm/sec und es erscheint auf den ersten Blick kaum
glaublich, daß eine so große relative Geschwindigkeit des die
elektrischen und magnetischen Wirkungen übertragenden Mittels
sich jeglicher Beobachtung entziehen sollte. Einfache Über-
legungen zeigen jedoch, daß solche „elektrische Aberrations-
versuche" aus verschiedenen Gründen gemeiniglich nicht heran-
gezogen werden dürfen, da die Polarität der Erscheinungen
eine einseitige Wirkung ausschließt Ein elektrischer Strom
z. B. ergibt ja stets eine Kombination zweier entgegengesetzt
gerichteter Strömungsmechanismen und was den einen Teil
schwächt, stärkt den anderen, so daß die Summe ungeändert
bleibt.
Nun sind aber diese beiden Anteile bei Strömen im luft-
leeren Räume sehr ungleicher Natur. Wenn wir in einem
verdünnten und stark ionisierten Gase eine Potentialdifferenz
herstellen, so fliegen die sehr kleinen negativen Elektronen
mit großer Geschwindigkeit nach der einen Richtung, indes die
großen positiven Atomreste langsam nach der entgegengesetzten
Seite wandern. Denken wir uns nun den Äther relativ gegen
41*
740 E. Lecher.
die Elektroden bewegt, so wird, falls Reibung eintritt, die eine
Strömung beschleunigt, die andere verzögert. Für beide Fälle
sind sehr verschieden einerseits die relativen Geschwindigkeiten
gegen den Äther und andererseits die Oberfläche und Masse
der reibenden Körper. Darum erscheint es sehr unwahrschein-
lich, daß auch hier immer eine Kompensation der beiden Stö-
rungen stattfände. Eine solche Auffassung führte zu unwahr-
scheinlichen Konsequenzen.
Es schien mir daher des Versuches nicht unwert, diesen
Fall experimentell anzusehen.
Eine auf etwa 0,4 mm ausgepumpte Glasröhre enthält drei
scheibenförmige Aluminiumelektroden a, h und c. Außen liegen
zwei Metallringe d d
I ^. und ee. Wenn die-
selben mit den Enden
einer sehr energischen
elektrischenSchwingung
verbunden werden, tritt
unter Leuchten kräftige
Ionisierung ein. Ferner ist a mit dem einen Pol einer
Akkumulatorenbatterie (ca. 100 Volt), h und c durch je eine
große Selbstinduktion und die Spule eines Differentialgalvano-
meters ^) hindurch mit dem anderen Pole verbunden. Es fließen
somit im ionisierten Gase zwei ungefähr gleich starke Ströme
von a nach b, bez. c. Die Röhre selbst liegt in der Ekliptik
und gestattet eine beliebige Drehung in dieser Ebene, welche
in Stundenwinkel eingeteilt ist. So kann b, a, c in und gegen
die Richtung der Erdbahn gedreht werden.
Nun erhält man allerdings bei einer solchen Drehung um
180^ stets eine Verschiebung des Nullpunktes im Galvano-
meter. Macht man aber entsprechende Versuchsreihen in
Intervallen von je 12 Stunden, d. h. zu Zeiten, wo die Erd-
bahnrichtung gegen die Laboratoriumsrichtung sich umgekehrt
hat, so heben sich alle Differenzen bis auf die Größenordnung
der Fehler weg. Letztere waren leider noch ziemlich groß, so
1) Dieses ist eigens für ähnliche Zwecke nach dem Typus des
Thomson- Galvanometer konstruiert Doch liegen die beiden Spulen in
einem Olbade und sind durch ein dickes Metallgehäuse vollständig
elektrostatisch beschirmt
Ein elektrischer Aberrationsversuch, 741
daß mir eine Stromesandemng von weniger als 0,005 des
Wertes hätte entgehen können.
Wenn anch diese tastenden Versuche die angeregte Frage
nicht ZOT Entscheidung bringen, so Terdienten dieselben vielleicht
als erster Beginn einer möglichen neuen Betrachtungsweise
kurze Erwähnung. Lassen sich die Fehlergrenzen noch weiter
herunterdrücken, so fthrt die hier in Angriff genommene Me-
thode zum Altemativresultate:
Entweder existiert zwischen Äther und den durchtliegenden
negativen Elektronen resp. positiven Atomresten keinerlei Rei>
bung, oder es haftet der Äther fest an der flrdoberfiäche.
(Eingegangen 30. September ]908>.
742
94. Über die Frage
der gegenseitigen Einwirkung Yon Kathodenstrablen.
Von F. Neesen in Berlin.
Verschiedene Kathodenstrahlen, sowie die einzelnen Teile
desselben Strahlbündels zeigen trotz der negativen Ladungen,
welche mit den Strahlen fortgeführt werden, keine Wirkungen
aufeinander. Den Grund hierfür kann man in der entgegen-
wirkenden elektrodynamischen Wirkung oder darin suchen,
daß die Einwirkungen zu klein sind, um beobachtet zu werden.
Um zu entscheiden, ob das erstere zutriflft, wurden Versuche
mit Kathodenstrahlen angestellt, welche in entgegengesetzter
Richtung aneinander vorbeigehen. Dann müßte die elektro-
dynamische Abstoßung die elektrostatische unterstützen. Nach-
träglich habe ich gefunden, daß ähnliche Versuche mit gleichem
negativen Erfolg schon von Hrn. Bernstein^) angestellt sind.
Ich teile meine Versuchsanordnung aber doch mit, weil bei
derselben die aufeinander wirkenden Strahlen nicht wie Hrn.
Bernsteins etwa 1,5 cm voneinander entfernt oder nur auf
einer kurzen Stelle einander genähert waren, sondern sich in
ihrem ganzen Verlauf unmittelbar nebeneinander befanden oder
sich durchdrangen, so daß die Einwirkung eine viel größere
sein mußte. Ein einfacher rechnerischer Überschlag zeigt,
daß in 1,5 cm Entfernung die Wirkung tatsächlich Null sein
muß. Femer wählte ich zwei ganz unabhängige Entladungen,
während bei den angezogenen Versuchen die beiden Kathoden-
strahlbündel von demselben Induktor in derselben Röhre ge-
bildet wurden. Es hat nun immer seine Schwierigkeit, von einer
Quelle zwei getrennte Entladungen in derselben Röhre zu er-
halten, da die Entladungen sich stören. Man ist also nicht
ganz sicher, ob die beiden Entladungen wirklich zu gleicher
Zeit erfolgen, nicht aufeinander folgende Entladungen dar-
stellen, die natürlich keine Wirkung aufeinander haben werden.
1) Wied. Ann. 62. p. 415. 1897.
Gegenseitiye Einwirkung von KathodenstrahUn. 743
Schließlich bestimmte mich zu dieser Mitteilung noch der
Umstand, daß ich bei den Versuchen eigentümliche Beein-
flussungen zweier Induktorien kennen lernte, die ein gewisses
praktisches Interesse haben.
Die benutzte Entladungsröhre hatte die Gestalt Fig. 1.
Zwischen den beiden Kathoden k und k^, welche jede ihre
zugehörige Anode a bez. a^ in der gezeichneten Lage hatte,
war ein Diaphragma aus vier in der Mitte durchbohrten Glimmer-
scheiben (c, b, Cj, b^) beweglich angeordnet Die Flächen des
Glimmers trugen phosphoreszierendes Pulyer. Die von ver-
schiedenen Quellen den beiden Hälften zugeführten Entladungen
störten sich gegenseitig nicht Auf der linken Fläche von c^
erschien ein kleiner leuchtender Fleck, herrührend von den
Kathodenstrahlen, die k aussandte; auf der rechten Seite von
cb
e
II
Li
TT
JJ
a
t
3
B Bf
^
elf
Fig. 1.
Fig. 2.
b ebenso ein Fleck, herrührend von ky Der Ort dieser Flecke
erfuhr nun keine Lagenänderung, wenn eine der EnÜadungen
ausgesetzt und wieder eingeschaltet wurde. Somit kann die
elektrodynamische Wirkung nicht der Grund sein für das
Nichtauftreten der zu erwartenden elektrostatischen Abstoßung.
Die Anordnung für die beiden Entladungsquellen wählte
ich, um bei Ausschaltung der einen Quelle nicht zu starken
Strom durch die andere zu erhalten, nach Fig. 2. Die beiden
gleich starken Batterien B und B^ sind mit gleichen Polen
gegeneinander und dann mit den beiden Induktoren / und J^
verbunden. V ist ein Unterbrecher. Bei Stromschluß in V
wird jeder der beiden Zweige JB U und J^ B^ U von Strom
durchflössen. Bei Unterbrechung des Schlusses in U ver-
schwinden diese Ströme, durch Ausschalter wird, während der
Unterbrecher weiter arbeitet, der eine oder der andere der
beiden Kreise außer Tätigkeit gesetzt Allerdings ist man
744 F, Neesen, Gegenseitige Einwirkung von Kathodenstrahlen.
auch hier nicht sicher, daß die Stromabfälle in J und J^ ge-
nau synchron verlaufen, wenn die Selbstinduktionskoeffizienten
wesentlich verschieden sind. Da aber die Kondensatoren der
Induktorien abgeschaltet waren, so würde der zeitliche Unter-
schied sich nur auf die Quantität des Stromes beziehen. Außer-
dem ist bei ziemlich gleichen Induktorien ein solcher Zeit-
unterschied nicht vorhanden. Femer wurde der Versuch auch
so kontrolliert, daß an Stelle des einen Induktors eine Elek-
trisiermaschine trat.
In manchen Fällen zeigte sich allerdings eine Beeinflussung
der Lichterscheinung an den phosphoreszierenden Flecken,
wenn die eine Entladung zugefügt wurde. Doch nur in dem
Sinne, daß die Intensität des Leuchtens eine Änderung erfuhr.
Die beiden Induktorien / und J^ beeinflussen sich nämlich bei
der gewählten Schaltung. Der Extrastrom findet ja in dem
geschlossenen Kreis eine gute Leitung, wo er sich ausbilden
kann, auf der anderen Seite wirken die beiden Extraströme
einander entgegen. Das erstere muß eine Schwächung der
Entladung, das zweite eine Verstärkung hervorrufen. So kommt
es, daß, wenn man zwei Induktorien von verschiedener Größe
benutzt, im allgemeinen die Wirkung des größeren schwächer
ist, als wenn derselbe allein arbeitet, des kleineren aber stärker.
Durch geeignete Wahl von nach diesem Schema (Fig. 2) an
Stelle des Induktors J gesetzten Spulen mit Selbstinduktion
läßt sich die Wirkung von J^ um mehr wie das Doppelte
steigern.
(Eingegangen 30. September 1903.)
745
95. Wie ist positive Elektrizität mit negatiyem
Potential und negative Elektrizität mit positivem
Potential leicht dar- und Yorzustellen ?
Von James Moser in Wien.
Jahrelang, mehr als zwei Jahrzehnte, ist Tor mir immer
wieder und wieder die Frage aufgetaucht, wie ich mir positive
Elektrizität mit negativem Potential und negative Elektrizität
mit positivem Potential vorzustellen hätte. Ich habe mit
Physikern und Mathematikern darüber gesprochen und diese
Unterredimgen sind ihnen und anderen Anlaß zu Publikationen
gewesen.
Eine einfache Antwort, die um so mehr selbstverständlich
erscheinen wird, als sie mir schwer zu finden wurde, will ich
in den folgenden Zeilen mitteilen.
Zuerst müssen wir uns bewußt werden, daß die Unklarheit
oder Schwierigkeit der Vorstellung daher rührt, daß hier die
Worte positiv und negativ mit Begriffen dreifach belastet,
also überlastet sind. Denn wir sprechen erstens von positivem
und negativem Strom, zweitens von positiver und negativer
Mektrizität und drittens von positivem und negativem Potential.
Um Klarheit zu schaffen, um die Worte positiv und
negativ zu entlasten, will ich in dieser Auseinandersetzung die
Worte positiv und negativ nur für den Strom beibehalten.
Dagegen werde ich nicht von positiver und negativer Elektrizität,
sondern von anodischer und kathodischer Ladung sprechen.
(Hier kommt es mir jetzt nicht darauf an, zu diskutieren, ob
sich die anodische Elektrizität an der Anode oder an der
Kathode abscheidet; ich könnte auch, wie in der Vorlesung
der Kreide entsprechend, die Worte rot und grün gebrauchen.)
Drittens werde ich beim Potential, indem ich das Potential
der Erde als Nullpotential bezeichne, die Worte Uberpotential
und Unterpotential anwenden. Und zwar hat ein Punkt Uber-
potential, wenn durch eine metallische Leitung — hinzugefügt
746 James Moser,
gedacht^ ohne den Versuch zu stören — von ihm zur Erde
ein positiver Strom abfließen würde. Er hat Erdpotential,
wenn seine metallische Verbindung mit der Erde stromlos bleibt,
ünterpotential hingegen kommt ihm zu, wenn durch die hinzu-
gefügte metallische Erdverbindung ein positiver Strom von der
Erde zu ihm fließen sollte.
Die Experimente will ich mit einem Vorversuch aus dem
Galvanismus beginnen und diesen dann in die Elektrostatik
übersetzen.
In einen parallelepipedischen Trog, mit elektrolytischer
Kupferlösung gefüllt, denke ich mir eine Reihe von vier silbernen
Fig. 0.
Kugeln getaucht, von denen nur die mittleren beiden sich be-
rühren, aber die erste von der zweiten und ebenso die dritte
von der vierten durch den Elektrolyten getrennt sein sollen.
Ein in die erste Kugel eintretender Strom fließt also durch
die Kupferlösung zur zweiten, durch das Metall der Kugeln
zur dritten und von dieser Kugel wieder durch den Elektrolyten
zur vierten. Von der ersten und dritten Kugel wird Silber in
Lösung gehen, an der zweiten und vierten aber sich Kupfer
niederschlagen. Es werden die erste und dritte Kugel zu
Anoden, die zweite und vierte Kugel zu Kathoden.
In der Figur sind die Stromlinien skizziert und auch im
Sinne von Ohms galvanischer Kette ist der Verlauf des
Potentials eingezeichnet. Dieses erleidet einen Abfall nur im
Elektrolyten, bleibt aber auf den gut leitenden, im Vergleich
mit dem Elektrolyten widerstandslosen Kugeln auf konstanter
Höhe.
Ehe ich daran gehe, diesen Versuch ins Elektrostatische
Positive /Elektrizität mit rieffativem Potentiell etc, 747
zu übersetzen^ habe ich mich darüber auszusprechen, wie ich
die Qualität der Ladung und die Höhe des Potentials bestimmen
will. Beides soll durch Elektroskope geschehen, wie ich sie
schon vor mehr als zwanzig Jahren beschrieb, bei denen die
Aluminiumblättchen den Induktor und ein um das Glasgefäß
innen und außen herumgeführter Stanniolstreifen den Inducendus
bilden. Die zur Anwendung kommenden Elektroskope sind
identisch; doch werde ich die Bezeichnung Qualitätselektroskop
und Potentialelektroskop je nach ihrer Bestimmung gebrauchen.
Um die Art der Ladung an einer Stelle zu erkennen,
werden die metallischen Konduktoren, also die Kugeln, mit
einem Probescheibchen oder Probekugel berührt und mit diesen
das Qualitätselektroskop geladen.
Um aber das Potential zu bestimmen, wird ebenso in be-
kannter Weise das entfernt stehende Potentialelektroskop durch
einen langen dünnen Draht mit einem Punkte der vier Kugeln,
insbesondere mit den mittleren beiden leitend verbunden. Kaum
nötig, zu sagen, daß es gleichgültig ist, von welchem Punkte
der mittleren beiden Kugeln aus wir die Verbindung zum
Potentialelektroskop führen. Da beide Kugeln stets in metalli-
schem Kontakt miteinander eine zusammenhängende Niveau-
fläche bildeo, bekommen wir immer denselben Ausschlag.
Jetzt will ich dies ins Elektrostatische übersetzen und
drei Versuche beschreiben, wie ich sie schon seit einigen Jahren
in meinen Vorlesungen ausführe.
Versuch 1,
Vier Metallkugeln auf Isolierstativen. Die erste Kugel
erhält durch Elektrophor oder Elektrisiermaschine anodische,
ErdPoUnäal
Fig. 1,
die vierte kathodische Ladung. Die zweite und dritte Kugel
werden isoliert von der Erde, aber in gegenseitiger Berührung
aufgestellt und durch den langen Draht mit dem entfernt be-
findlichen Potentialelektroskop verbunden. Würde jetzt —
748 James Moser,
ohne von der vierten Kugel Gebrauch zu machen — die erste
Kugel der zweiten genähert, so bekommen die Kugeln 2 und 3
Uberpotential; durch das Potentialelektroskop will ein positiver
Strom zur Erde fließen. Der lange Verbindungsdraht ist —
ohne die Ladung des Elektroskops zu stören — leicht zu ent-
fernen. Das Potentialelektroskop hat anodische Ladung erhalten.
Würde hingegen — ohne von der Kugel 1 Gebrauch zu
machen — allein die vierte Kugel der dritten nahe gebracht,
so erhalten die zweite und die mit ihr verbundene dritte
ünterpotential. Das Potentialelektroskop zeigt kathodische
Ladung an.
Wird aber jetzt sowohl die anodisch geladene Kugel 1,
als auch die kathodisch geladene Kugel 4 so aufgestellt, daß
die Wirkung beider auf die mittleren Kugeln 2 und 3 sich
aufhebt — und diese Anordnung soll im folgenden immer als
Versuch I bezeichnet werden — , so zeigt das Potentialelektro-
skop keinen Ausschlag, mit welchem Punkt auch der Kugeln 2
und 3 es verbunden werde. Die Kugeln 2 und 3 haben Erd-
Potential; ebenso ein oft zwischen sie geschalteter metallischer
Konduktor.
Das mit der Probekugel geladene Ladungselektroskop aber
zeigt, daß auf Kugel 2 kathodische, auf Kugel 3 anodische
Ladung ist.
Wir haben hier also:
auf Kugel 2 kathodische Ladung mit Erdpotential,
auf Kugel 3 anodische Ladung mit Erdpotential.
Bei genau gleicher Stärke der entgegengesetzten Ladungen
von Kugel 1 und 4 wäre die Anordnung vollkommen symmetrisch.
Figur 1.
Versuch IL
Nachdem durch Experiment I auf den Kugeln 2 und 3 Erd-
potential hergestellt ist, wird Kugel 1 näher an 2 herangebracht
Veber PottrUvcLL
Fig. 2.
Wie im vorigen Versuch zeigt das Qualitätselektroskop, daß
Positive Elektrizität mit negativem Potential etc. 749
Kugel 1 anodisch,
Kugel 2 kathodiscb,
Kugel 3 anodisch;
Kugel 4 kathodisch
geladen ist
Jetzt aber haben Kugel 2 und 3 ÜberpotentiaL Durch
das mit ihnen verbundene Potentialelektroskop will ein posi-
tiver Strom zur Erde fließen, es ist anodisch geladen.
Versuch HL
Kehren wir wieder zur Aufstellung des ersten Versuchs
zurück: Kugel 2 und 3 haben Erdpotential, die mit ihnen
UkUr Potential
Fig. S.
verbundenen Blättchen des Potentialelektroskops fallen voll-
ständig zusammen. Bringen wir hierauf Kugel 4 in größere
Nähe zur Kugel 3, so erhält der aus Kugel 2 und 3 gebildete
mittlere Konduktor jetzt UrUerpotential.
Die Qualität der Ladung bleibt dieselbe^ wie durch die
Probekugel am Qaalitätselektroskop nachgewiesen wird.
Es ist wohl überflüssig hinzuzufügen, daß wir beim Über-
gang von Versuch I auf Versuch II statt Kugel 1 der Kugel 2
zu nähern, auch Kugel 4 von Kugel 8 mehr hätten entfernen
können und ebenso hätte bei Versuch III der Annäherung von
Kugel 4 an Kugel 8 die Entfernung der Kugel 1 von Kugel 2
entsprochen. Es wäre auch möglich gewesen, statt der Kugeln 2
und 3 einen einzigen metallischen Konduktor zu wählen. Die
Wahl von vier, also zweimal zwei Kugeln hat aber den Vorteil,
die beiden Anoden-Kathoden- Paare besser hervortreten zu lassen
und femer bietet sich auch so Gelegenheit, die Probekugel zu
vermeiden und mit jeder der vier Kugeln direkt das Qualitäts-
elektroskop zu berühren und zu laden.
750 James Moser,
BesQmiereD wir, so haben wir in allen drei Versuchen auf
Kugel 1 anodische^
Kugel 2 kathodische,
Kugel 3 anodische,
Kugel 4 kathodische Ladung.
In allen drei Versuchen hat
Kugel 1 Überpotential,
Kugel 4 Unterpotential.
Aber sowohl auf Kugel 2, welche immer kathodisch, als
auf Kugel 3, welche bei allen drei Versuchen anodisch ist,
haben wir bei
Versuch I Erdpotential,
Versuch II Uberpotential,
Versuch III ünterpotential.
Wollten wir diese drei Versuche unter Vermeidung des
Wortes Potentials, also in der Sprache von Eiess beschreiben,
so würden wir sagen, daß
auf Kugel 2 bei Versuch I
nur gebundene negative Elektrizität und keine freie,
bei Versuch IT
gebundene negative und freie positive Elektrizität,
bei Versuch III
gebundene negative und freie negative Elektrizität vorhanden
ist, und entsprechend
auf Kugel 3 bei Versuch I
gebundene positive und keine freie Elektrizität,
bei Versuch II
gebundene positive und freie positive Elektrizität,
bei Versuch III
gebundene positive und freie negative Elektrizität sich befindet.
Eliminiere ich jetzt die eingangs eingeführten Worte und
ersetze sie wieder durch positiv und negativ, so haben wir
auf Kugel 2 im Versuch I
negative Elektrizität mit Nullpotential,
im Versuch II
negative Elektrizität mit positivem Potential,
im Versuch III
negative Elektrizität mit negativem Potential
Positive Elektrizität mit negativem Potential etc. 751
und auf Kugel 3 im Versuch I
positive Elektrizität mit NuUpotential,
im Versuch II
positive Elektrizität mit positivem Potential,
im Versuch HI
positive Elektrizität mit negativem Potential.
Damit hätte ich dann absichtlich die beseitigte Unklarheit
wiederhergestellt
Semmering, Herbstferien 1903.
(Eingegangen 80. September 190S.)
752
96. Über die einer allbekannten Kapillar-
erscheinnng analogen fiesnltate eines bestimmten
Problems der Kinematik starrer Körper.
Von Josef Finger in Wien.
Ein starrer Körper rotiere um einen fixen Punkt 0.
Wählt man diesen Drehpunkt zum Anfangspunkte eines recht-
winkligen Achsensystems, ferner die positive Richtung der
der beliebigen Zeit t entsprechenden Achse der momentanen
Winkelgeschwindigkeit o) zur Richtung der z- Achse und die
Achsenrichtung der normalen Komponente der momentanen
Winkelbeschleunigung zur Richtung der x-Achse, so haben,
wenn da den in der zx-Ebene gelegenen Neigungstwinkel zweier
benachbarten^ den Zeiten t und t -\- dt entsprechenden Lagen z
und z der Momentanachse und rp = dtr/dt die angulare
Wechselgeschwindigkeit bedeuten, die axialen Komponenten
der Winkelbeschleunigung die Werte o>.i/;, 0 und o)' =: dcj/dt.
Die Komponenten XYZ der Beschleunigung cp eines be-
liebigen Systempunktes [xyz) zur Zeit t sind:
X = — (ü^x — m' yj Y = — w^y + (o' x — corp .z,
Z == (o ,rp ,y , . .
Damit in der Folge die Winkelgeschwindigkeit o) und die
Wechselgeschwindigkeit t// stets als positiv vorausgesetzt wer-
den können, sei die positive Richtung der y-Achse derart ge-
wählt, daß von Seiten der positiven y aus betrachtet die Drehung
von z nach z um den Winkel drr als eine positive Drehung
erscheint, also dem Sinne nach mit der tatsächlichen Rotation
um die Momentanachse, d. i. mit dem Sinne der kürzesten
Drehung von {+ x) nach (+//) übereinstimmt.
Nicht ohne Interesse sind jene Folgerungen aus den
Gleichungen (1), die sich bei näherer Untersuchung solcher
m
1) Wilh. Schell, Theorie der Bewegung und der Kräfte. 2. Aufl.
1. p. 495. Leipzig 1897.
Zur Kinematik starrer Körper, 753
Systempunkte ergeben, deren in dem Zeitelement dt zurück-
gelegte Bahnen die kleinste Krümmung besitzen und deren
geometrischer Ort eine unverkennbare Analogie mit bestimmten
Eapillarphänomenen tropfbarer schwerer Flüssigkeiten darbietet
Es werde, um dies zu zeigen, die Beschleunigung [XYZ)
des beliebigen Systempunktes il/, dessen konstanter Abstand
vom Drehpunkte R = ]/x^ + y^ + z^ und dessen veränderlicher
Abstand von der Momentanachse r = y^x* + y* ist, in drei
andere orthogonale Komponenten (ps^ cpt und rp^ zerlegt, deren
erstere (fji die Richtung OM des Halbmessers R der Kugel-
fläche hat, in welcher sich der Punkt M bewegt, während tp^
die Richtung der Geschwindigkeit v =s r o? des Punktes besitzt
und (p^ gleichfalls tangential zu dieser Kugelfläche und normal
zur Geschwindigkeit v gerichtet ist.
Da nun
(«■■|'^)'(-fT'»)-ä (-^'-IJ'^/)
die Richtungscosinusse dieser drei Richtungen S, t und n be-
züglich der Achsen xyz sind, so ist der Gleichung (1) zufolge
(2)
w
R.yx* + y^
(:r2 + yV + J(^* + y* + ^*).y.
Jene Systempunkte, für welche die letztere Komponente
(f^ = 0 ist, deren zur tangentialen Beschleunigung <p^ normale
Komponente der Beschleunigung ^, d. i. die zentripetale Be-
schleunigung daher tpj^ ist, also die Richtung gegen den flxen
Drehpunkt 0 besitzt, liegen demgemäß in einer Kegelfläche /"dritter
Ordnung, deren Mittelpunkt 0 ist und deren Gleichung lautet:
(3) (:r> + y^z + J(x2 +y« + z»).y = 0.
Dem obigen Werte
r»
Bdtxinuin-FMlsohrift. 48
754 /. Finger.
der normalen Beschleunigung zufolge ist der konstante Abstand B
dieser Systempunkte vom Drehpunkte 0 zugleich der Krüm-
mungshalbmesser ihrer Bahn demente^ während der Krümmungs-
halbmesser Q der sphärischen Bahnelemente aller anderen
Systempunkte; die auf derselben Kugelfläche, deren Mittel-
punkt 0 und deren Halbmesser R ist, dem Meusnierschen
Satze zufolge q = Rco%[qE)^ also jedenfalls kleiner als B ist
£^ sind nämlich die Krümmungskreise der letzteren Bahn-
elemente Parallelkreise der obenerwähnten Kugelfläche, wäh-
rend die Krümmungskreise der Bahnelemente der Punkte der
Kegelfläche F größte Kugelkreise sind.
Die Kegelfläche F ist sonach der geometrische Ort jener
Punkte, deren in demselben Zeitintervalle dt zurückgelegte
Bahnen am wenigsten gekrümmt sind.
Der Gleichung (3) zufolge ist sowohl die augenblickliche
Drehungsachse z, für welche x = 0 und y = 0 ist, als auch die
Achse X der normalen Winkelbeschleunigungkomponente, für
welche y = 0 und z = 0 ist, eine Erzeup;ende der Kegelfläche F
und die yz-Ebene ist eine Symmetrieebene derselben.
Da laut (3) positiven Werten von y negative Werte von z —
und umgekehrt — entsprechen, so besteht die Fläche F aus
einer Halbkegelfläche F^^ welche in jenem der von der xy-Ebene
und der z x-Ebene begrenzten vier Eaumteile, in welchem y > 0
und z < 0 ist, sich ausbreitet und aus einer zweiten, die erstere
ergänzenden Halbkegelfläche F^, für welche y <[0 und z > 0 ist
Von diesen beiden Flächenteilen sei, damit y stets als
positiv vorausgesetzt werden kann, bloß die Halbkegelfläche F^
hier stets in Betracht gezogen. Diese Fläche F^ und hiermit
auch die Fläche F ist schon durch den nunmehr näher zu
untersuchenden, in irgend einem bestimmten (konstanten) Ab-
stände 00'^ c vom Drehungspunkt 0 zur Momentanachse z senk-
recht geführten ebenen Querschnitt K dieser Fläche F^ bestimmt
für welchen demgemäß z = — c ist und dessen Gleichung
daher, wenn kürzehalber durch c das (stets positive] doppelte
Verhältnis der Wechselgeschwindigkeit t/; zur Drehungs-
geschwindigkeit w
(4) « = 2-^
Zur Kinematik starrer Körper, 755
bezeichnet wird, lautet:
(5) «(x» + y« + c*).y - 2(a:> + y«)c - 0.
Die Ebene dieser Kurve K von dritter Ordnung schneidet die
z-Achse in einem Punkte O'j der zum Anfangspunkte eines
zweiten in der Ebene dieser Kurve gelegenen, mit den früheren
Achsen x^ y gleichgerichteten Achensystems x y' gewählt sei,
für welches dieselbe Gleichung (5) giltig ist. Laut derselben
ist die y- Achse eine Symmetrieachse, die or-Achse eine Tangente
und die zur x'-Achse auf der positiven Seite derselben in dem
Abstände
(6) 0'C=Ä = -?-^ = ^.r-
parallel geführte Gerade a eine Asymptote der Kurve K Die letz •
tere befindet sich in ihrer Gänse in dem vonderjr'-Achse und der
Asymptote a begrenzten Flächenteile der x'^-Ebene und zwar
nimmt laut (6) die Breite h dieses Flächteiles bei gegebener
Wechselgeschwindigkeit t/; mit wachsender Rotationsgeschwindig-
keit (0, also mit abnehmendem Werte von c stetig zu. Die
Fläche F wird von der zor-Ebene längs der r-Achse tangiert,
während jene Ebene, welche die (in der Kegelfläche F gelegene)
JT-Achse und die zu der letzteren parallele Asymptote a ent-
hält und deren Neigungswinkel X gegen die z:r-Ebene durch
tgX =: (ofip bestimmt ist, die Fläche F asymptotisch berührt,
80 daß zwischen diesen beiden sich in der :r-Achse schneidenden
tangierenden Ebenen d. i. innerhalb des dem Winkel X zugehörigen
keilförmigen Raumes die ganze Fläche F eingeschlossen ist.
Für 6 = 00, d. h. für einen vorausgesetzten augenblick-
lichen Ruhezustand, für welchen 6} = 0 ist, reduziert sich die
Fläche F' auf die z x- Ebene und die Kurve K auf die x'- Achse.
Ist dagegen 6> > 0, so bieten bezüglich der eigenartigen
Form der Leitkurve K der Fläche F die sechs einzig möglichen,
nunmehr näher zu untersuchenden speziellen Fälle folgende
charakteristische Unterschiede dar:
/. FaU. oo>«> jVf-
Li diesem Falle hat die Kurve Ä^ die Gestaltung der Fig. 1.
Dieselbe enthält nämlich keinen Punkt M, in welchem die
Kurventangente zur //-Achse parallel wäre, da die Gleichung (5)
48*
ly
756 /. Finger.
fOr dyjdx = 00 zu einer kubischen Gleichnng fllhrt, die in
diesem Falle nur einen einzigen realen Wnrzelwert ftlr y er*
gibt, für welchen, da der-
selbe größer ala A »= 2(c/«)
"^^^ ist, das zugehörige Quadrat
, der Abszisse x negativ wäre
Die Euire K enthält zwei
zury '-Achse symmetrisch ge-
legene Weodepunkte A und
~~"' Ä', für welche, wenn raan mit
Flg. 1. Hilfe von (5) x ab Funktion
von y ausdrückt, sich ergibt:
(7) ^= -TTs^"' — :i-.[«»y*-2«cü» + 2«cV-c*l = 0.
^ ' dy* x'(2c — ty}* '- '' ^ " J
Für diese Wendepunkte muB sonach die biquadratäsche
Gleichung besteheo:
(8) 4»y* - 2 « cyä + 2 6 c'y - c* = 0.
Bedeutet i; das notwendigerweise positive Verhältnis
welches fUr alle Punkte der Kurve K kleiner als 1 ist, so läßt
sieh die Gleichung (8) auch in folgender Form darstellen:
(10) |ei(fl_^)_,3(i_^)=0,
woraus sofort zu ersehen ist, daß für einen Jeden Wert von e
in den beiden Wendepunkten A und £
also in Fig. 1 O B> \.(y C sein muß. Da femer der letzten
Oleichang gemäß
für alle Werte von «* negativ ist, so nimmt für die Wende-
punkte das Verhältnis
Zur Kinematik starrer Körper. 757
mit wachsender Drehungsgeschwindigkeit (o, also mit abnehmen-
dem e stetig zu und zwar laut (10) im eben betrachteten 1. Fall von
y - 1 bis ^ - ^
Von den vier nach der Ferrarischen Methode unschwer
bestimmbaren Wurzeln der Gleichung (8) sind stets zwei
Wurzeln komplexe Größen und eine dritte Wurzel negativ,
während y > 0 sein soll, so daß, wofern 6 > 1 ist, für die
Ordinate y der Wendepunkte A und J' nur folgender Wert
Gültigkeit behält:
- I (/T+T"« -. 1)
(11)
wo
«-j/y «"(«*-!)
ist
Die diesen Punkten A und A' zugehörigen Berührangs-
geraden t und tf der Kurve K sind gegen die or'-Achse unter
einem Richtungswinkel A geneigt, für welchen, da laut (9) und (10)
ist,
sich ergibt.
Für die Abszissen der Wendepunkte A und A' ergeben
sich aus (5), (9) und (10) die nach der Bestimmung von y aus
(11) leicht berechenbaren Werte
Der Formel (7) zufolge ist der Wert des Krümmungs-
halbmessers der Kurve K für den Scheitel ff
— Ä«*ss— C«s=— •
8 4 2 61
derselbe nimmt also mit b im selben Verhältnis ab.
Einfacher gestaltet sich die Gleichung der Fläche F, wenn
man Polarkoordinaten [R <p X) zugrunde legt, femer den Mittel-
758 J. Finger.
punkt 0 der EegelÜäche F zum Pol nnd die Durchschnitts-
kurve dieser Fläche mit einer koDzentrischen Eugelfläche, deren
Halbmesser R etwa c sei, zur Leitlinie wählt. Da dann die
bekannten Transformationsgleichungen
r = c . COB 9; cos A, y = c cos 95 . sin i, x = csrntp
zur Anwendung kommen kSnnen, so nehmen die Polarglei-
chungen der letzteren sphärischen Leitkurre lant (3) und (4)
die einfache Form an:
2f = c, sin2qp + e8inA = 0.
Diese in sich geschlossene sphärische Kurve besitzt bemerkens-
werte Eigenschaften, in deren Erörterung jedoch EUrze halber
nicht eingegangen werden soll
2. FaU. s= J-VJ.
Wenn bei zunehmender Rotationsgescbwindigkeit to das
Verhältnis c = 2{\fijm) bis zu dem Werte c = ^'^^ herabsinkt,
so daß k bis zu dem h = \ Y^ . c ansteigt, so nimmt die
Kurve A' die Form der
Fig. 2 an. Dieselbe ent-
; hält nämlich dann früheren
Gleichungen zufolge zwei
Punkte A und A', filr
welche dxjdy = 0 ist, also
die Tangenten i nnd ( zur
y'-Achse parallel sind (wie
sich dies auch aas den
weiter unten folgenden Glei-
chungen ergibt, aus welchen
cos (P = 1 , </> = 0 und y, = y^ = J A leicht zu folgern ist)
and zwar sind diese beiden Punkte zugleich die Wendepunkte,
da für dieselben laut {?), (9) nnd (10) auch tPxjdy* = <i ist
Es sind dies nämlich jene Punkte A und A', für welche
und
ist
Ä.±L^\.K-^^
Zur Kinematik ttarrer Körper.
759
(13)
3. Fall. J Vf > « > 1 , demnach |V|c < Ä < 2c.
Zufolge (5), (6) und (9) ist
I dx h
8'
— 1y'
1-fi
dy »(l - rj)
-l--v[^-n?
8
Jene Punkte der Kurve A', für welche die Tangente zur
y-Achse parallel^ also dxjdi/ =^ 0 ist, müssen demnach der
Gleichung genügen:
(14) ^(1^,;)2«|,2«0.
Diese Gleichung hat, da 1 < «' < |f vorausgesetzt ist»
drei reelle Wurzeln und zwar sind dieselben
,, - f [l - cos (I- - 1)] ,
wo 0 jenen positiven spitzen Winkel bedeutet, ftlr welchen
cos 0 = I J 6* — 1 ist, so daß y
\^ < cos 0 < 1 , demnach I
46^34' 2,88" > 0>O, folglich ^^'77?7:^r^-:-^
'■'M
t
yp/^
t
I,3ü9 <ri<h\>'h>\
und \>V2 > 0,1909 ist
Dem Wurzelwerte i?
müßte, da derselbe größer
als 1 ist, laut (13) ein
imaginärer Wert von t zu-
gehören, während sich für
7;^ und 1^2 zufolge (13) posi-
tive Werte von x* ergeben.
Die Kurve K enthält dem-
nach in diesem 3. Falle vier Punkte A^ A( A^ A^ (B^g. 3), für
welche die Tangente zur y-Achse parallel ist, nämlich die
Punkte (jT^yi), (- x^, y^ [x^y^\ (- ar„ y,), wo
->X'
(15)
i--(|-+t)]=^A'
cos »/> = gt« - 1, |a > y, > J-A > y, > 0,l9ü9A
760
/. Finger.
(16)
und laut (13) und (14)
1 V = Ä'Va-2i7,) = Ä«(2i7,-3V-iO>
80 daß Xj* < ^i', ar,* < y^* und
V-^i' = Ä*(^i-^2)[3(^i+^2)-2] = 2A«(iy,-t;,)(l-C08|)
und da t}^ > ly^ ist, jedenfalls a:,* > x^* ist
Die Koordinaten (ar, y) und ( — x, y) der zwischen i^^ und
A^^ beziehungsweise zwischen A^ und A^ gelegenen Wende-
punkte A und Ä, für welche yi > y > i Ä > y^ und Xg* > ar* > or^ *
ist, wie auch die Richtungswinkel der zugehörigen Tangenten
sind aus den Gleichungen (8) bis (12) bestimmbar.
Aus dem Gesagten ist sofort ersichtlich, daß die Kurve K
in dem hier betrachteten 3. Falle stets, wie dies Fig. 3 zeigt,
in der Nachbarschaft der Wendepunkte eine Einschnürung
parallel zur x- Achse besitzen muß, die um so größer ist, je
mehr sich der abnehmende Wert von e dem Grenzwerte 1
nähert
4. Fall. 6 = 1.
In diesem Falle erlangt die Gleichung (8) für die Ordinate
der Punkte A und A' die einfache Form (y + c) (y — c)' = 0
und ergibt, da y positiv sein
soll, den einzigen Wurzel-
wert y=c, und da laut (6)
Ä = 2 c ist, so ist y = Ä/2
und 1} = yjh = ^. Da nun
die zugehörige Abszisse laut
(12) ar = 0 ist, so wird in
(7) sowohl der Zähler wie
auch der Nenner Null und
ebenso in dem zagehörigen
Werte (13) von </a:/(/y. Eine
einfache Rechnung lehrt,
daß dann (13) und (7) zu
Fig- 4. folgenden Werten führen
dx
= ± 1 und
d^x 2 4
dy -^ dy* c -^ h
woraus zu entnehmen ist, daß die früheren zwei Wendepunkte A
Zur Kinematik starrer Körper, 761
und Ä nunmehr in einen einzigen Doppelpunkt Ä (Fig. 4).
dessen Koordinaten x=:0, y^hj2 = c sind, tLbergehen und
daß die beiden Zweige der Kurve K sich in diesem singulären
Knotenpunkte rechtwinklig schneiden, indem die beiden Tan-
genten Ä C^ und A G^ dieses Doppelpunktes unter dem Winkel
±,njA gegen die Koordinatenachsen geneigt sind. (Da die
Ejriimmungshalbmesser für diesen Doppelpunkt Ä den Wert
haben, so liegen die beiden zugehörigen Krümmungsmittel-
punkte Cj und Cj in der x -Achse und zwar i8tO'CjS=sO'C,=sA/2.)
Von den beiden Ordinaten y^ und y, der Gleichungen (15)
kommt hier bloß y, in Betracht, da cos 0 := fj^ e' — 1 in diesem
Falle den Wert \\ hat, somit laut (15) und (16) ly^ = J.
yj = J-A, jTj = 0 ist, also A^ und A^' mit dem Doppelpunkte A^
für welchen dxjdy = 0/0 nicht Null, sondern ± 1 ist, zu-
sammenfallen. Die Kurve K enthält daher in unserem Falle
nur zwei Punkte A^ und A^y für welche die Tangeute zur
y-Achse parallel ist und zwar ist f&r dieselben laut (15) und (16)
^ =yi = |*[^ - ^^«(y - t)] = 0,190983. A,
ir,« = 0,022543 A>, x, = ± 0,150142 . A.
5. Fall 1 > « > 0.
Wenn das Verhältnis der Winkelgeschwindigkeit cü zur
Wechselgeschwindigkeit xp derart zugenommen hat^ daß
«=2^<l
6)
wird, so ergeben sich laut (13) imaginäre Werte von x f&r
alle Werte von rj, für welche (6'/4)<iy(l — iy) ist, also für
alle Werte von y, für welche
1 _ }/rir^ ^ 1 + Vi -
6
>
2 -.A<y<---T-^j,- "-.A
ist Für die in der y'- Achse gelegenen Punkte 0^ und 0,
(Fig. 5) der Kurve Kj für welche
1 + >/i-
a
%
und
J. Foyer.
ist, wird laut (13) dxjdy = oo, ao daß in diesen Punkten die
Karre K durch die y'-Achse rechtwinklig durchschoitten wird.
Gs besteht also diese Karre
in diesem 5. Falle ans
zwei getrennten Teükurven
A", und K^, von welchen
die eretere offene Teilkurre
K^ sich zwischen ihrer
Asymptote a und der zu
dieser parallelen, die Kurve
in 0^ tangierenden Gera-
ausbreitet, während die
zweite, in sich geschlossene
eiförmige Teilkurve JT, von
der 4r'-AchBe und der zu
dieser im Abstände
parallelen und die Eorve
im Funkte 0, tangieren-
den Geraden eingeschlos-
sen ist. Die zur y -Achse parallele Breite O^C = O'C — 00^
des Kurventeils K^ ist
dieselbe gleicht somit der Höhe <y 0^ des Kurventeüs £,.
Die Ordinate y der beiden Wendepunkte A und A', die in der
Teilkurve A*, gelegen sind, ist der GleichuDg (8) und früheren
Erörterungen gemäß, wofern e* > J ist, abereinstimmend mit (1 1)
Fig. 5.
+ |(1-V1-2'>)1,
Zur Kinematik starrer Körper, 763
wo
ist
^-n
62 (1 - 6«) = - a
Ist dagegen 0 < 6^ < ^ , so ist
So ist z. B., wenn «* =» f , }, | ist, /9 = 0,45428, 0,5,
0,45428 und y = 0,7977 A, 0,8856 h, 0,9489 A. Die zugehörigen
Werte von x sind mittels Gleichung (12) bestimmbar. — Von
den drei reellen Wurzelwerten der Gleichung (14) ist, da
cos <J> s= ^J 6* — 1 zwischen -J-^ und — 1 gelegen, also
60^> ^> 15<> 31' 20,96"
ist, der erste Wurzelwert 17 > 1 , dieser kommt daher nicht in
Betracht; es ist femer Vi > \ ^^^ ^^ müßte somit rj^ laut (16)
zu einem imaginären Werte von x führen, so daß nur in jenen
zwei Punkten .^^ und A^' der Fig. 5, fttr welche
y, = Är;3= 3A[l-.COs(-3 --)
daher 0 < ^/j < 0,19098 und x,> = A»i7j>(l - 2 ij^) ist, die Tan-
genten zur y-Achse parallel sind, und zwar ist stets x^^ < y^^*
6. Fall. « = 0.
Da die Rotationsgeschwindigkeit co nie unendlich groß
werden kann, so kann dieser Grenzfall der Gleichung (4) ge-
mäß nur dann eintreten , wenn die „angulare'' Wechsel-
geschwindigkeit rp^daldt Null ist, also der Neigungswinkel //er
der beiden der Zeit t und t + dt entsprechenden Lagen z und
z' der Momentanachse entweder fbr alle Zeiten oder zum
mindesten ftkr das Zeitelement dt den Wert Null hat, wenn
demnach die Momentanachse in diesem Zeitelement parallel
zu sich fortschreitet
In diesem Falle bewegen sich alle Punkte des starren
Körpers parallel zu einer bestimmten Ebene, und zwar parallel
zu der auf den Momentanachsen normalen x'y'*Ebene und der
bisher der Betrachtung zugrunde gelegte Durchschnittspunkt 0
764 /. Finger.
der Momentanachsen z und /, d. i. der im Abstände c ^ OCf
von dieser x'y'-Ebene befindliche Drehungsmitlelpunkt rückt in
unendliche Entfernung, so daß für lim i/; = 0 auch lim c = oo
anzunehmen und statt der früheren Eegelfläche F nunmehr
eine zur x'y'-Ebene senkrechte Zylinderfläche F in Betracht zu
ziehen ist
Bedeutet %i-=i ds\dt die Geschwindigkeit, mit welcher der
Punkt 0' der Momentanachse seine Lage in der a:'y'-Ebene
parallel zur x- Achse in dem Zeitelement dt ändert, also die
„lineare'' Wechselgeschwindigkeit, so ist, da o£fenbar stets
ds SS cda ^ also
ds d(T
'' = dt = 'dt = ''f
ist, auch in diesem Falle u =^ Mm {c.yj). Nun nimmt die
Gleichung (5) der Fläche F nach der Substitution von (4) und
Multiplikation. mit tp die Form an
- (X* + y^.ci/; + -J-(ct/;)« + ^(x* + y^.y = 0,
so daß in unserem Falle, d. i. für lim i// = 0 , lim c = cx) und
lim (c.t//) = M dieselbe lautet:
oder da ?/ von Null verschieden ist,
(17) a;«+y»-^y = 0.
Es ist sonach die Fläche F in diesem letzten Falle eine
die Momentanachse als ihre Erzeugende enthaltende Ereis-
zylinderfläche und die Querschnittskurve K dieser Fläche ist
eine Kreislinie, welche die x -Achse, längs welcher das Mo-
mentanzentrum 0' sich in dem Zeitelement dt mit der Ge-
schvöndigkeit u bewegt, in diesem Momentanzentrum ff tangiert
und zwar ist ul2(o der Halbmesser dieser Kreislinie und der
Mittelpunkt derselben hat die Koordinaten a; = 0,ys=f</2a).
Da nun wegen der unendlichen Entfernung des Drehungs-
mittelpunktes 0 der in der Einleitung betrachtete Krümmungs-
halbmesser R = OM des Bahnelements eines jeden Punk-
tes M der Zylinderiläche F in unserem Falle unendlich groß
ist, also die zentripetale Beschleunigung v^jB der Bewegung
Zur Kinematik starrer Körper, 765
aller dieser Punkte Null ist, so ist die hier behandelte Kreis-
linie K jener wohlbekannte, zuerst von Bresse *) näher unter-
suchte geometrische Ort der Systempunkte ohne Normal-
beschleunigung bei einer ebenen Bewegung, welcher nach
Schell*) als Wendekreis des Systems für &, das Momentan-
zentrum, bezeichnet wird.
Betrachtet man die durch die allmähliche Änderung des
Zahlwertes e bedingte Aufeinanderfolge der Fig. 1 — 5, so
fällt unwillkürlich die Analogie mit dem so häufig zu beobachten-
den Vorgang bei einer allgemein bekannten Kapillarerschei-
nung auf. Ist nämlich eine ruhende, ebene, horizontale, etwa
unendlich ausgedehnt gedachte Platte auf ihrer unteren Fläche a
von einer adhärierenden, der eigenen Schwere unterworfenen
Flüssigkeitsschicht benetzt, und befindet sich an irgend einer
Stelle C der Wandfläche a eine nach unten reichende Hervor-
ragung, etwa eine Spitze, so daß die FltLssigkeit von allen
Seiten stetig gegen C hinfließt, so nimmt bekanntlich diese
Flüssigkeit infolge der gleichzeitigen Einwirkung der Mole-
kularkräfte und der Schwere die Form eines Rotations-
körpers an, dessen Achse y vertikal ist und dessen Meridian-
kurve K zunächst der Fig. 1 auflallend ähnlich ist Bei wei-
terem Zuströmen nimmt die Höhe h dieses Rotationskörpers
stetig zu, der Vertikalschnitt K nimmt zunächst eine der Fig. 2
analoge Gestalt an, erfährt hierauf senkrecht zur vertikalen
Symmetrieachse eine deutlich wahrnehmbare Einschnürung
(Fig. B), die sich immer mehr verengt, während gleichzeitig die
Höhe h immer mehr zunimmt, bis es bei weiterem Zufluß zur
Ausbildung eines Doppelpunktes A kommt (Fig. 4), worauf sich
dann schließlich von der adhärierenden Fltlssigkeitsschicht A'^
ein eiförmig gestalteter Tropfen K^ ablöst (Fig. 5), der sich
beim Herabfallen immer mehr der Kugelform nähert
1) J. A. Ch. Bresse, „Sur en theoröme nonveau conccmant les
monvemento plana et sur applications de la cin^matique k la determi-
nation des rayons de courbure^S Journ. de T^cole polytechniqae 20*
p. 104. 1858.
2) Wilh. Schell, 1. c. 1. p. 455. 1879; auch in Schlömilchs
Zeitschr. f. Math. n. Phjs. 19. Jahrg. p. 197. 1874.
(Eingegangen 30. September 1908.)
786
97. Zur Hydrographie von Ahr, Erft und Boer.
Ein Beitrag zur Anfsohließnng der Wasserverhältnisse der
nördliolien Eifel.
Von P. Polis in Aachen.
Hlcna Tafel I.
Der Verfasser gestattet sich zum sechszigsten Geburtstage
mit den verbindlichsten und herzlichsten Glückwünschen dem
Jubilar einen Beitrag zur Hydrographie von Ähr, Erft und
Hoer zu überreichen. Gelegentlich der beiden Naturforscher-
versammlungen zu Düsseldorf 1898 und zu Aachen 1900 war
es Boltzmann vergönnt gewesen, die betreflFenden Gegenden
wenigstens zum Teil aus eigener Anschauung kennen zu lernen,
um so mehr, als verschiedene der damaligen Ausflüge mitten in
diese Gebiete hineinführten. Infolgedessen dürften die nach-
stehenden Ausführungen, welche das Gebiet zwischen der
unteren Maas und dem Rheine, namentlich aber das Venu, in
geographischer und hydrographischer Hinsicht behandeln, beim
Jubilar manche angenehme Erinnerung an die Tagung der
beiden Naturforscherversammlungen an der Westmark des Deut-
schen Reiches und an die gesehenen landschaftlichen Schön-
heiten wachrufen.
«
Orographisches.
Das Bergland zwischen Maas und Rhein wird von der
Mfel^) eingenommen, welche den nordwestlichen Teil des
Rheinischen Schiefergebirges bildet und gegen Norden in die
niederrheinische Ebene übergeht Dieser Gebirgsstock hängt
im Westen unmittelbar mit den Ardennen zusammen, im
Süden trennt ihn die Mosel vom Hunsrück, im Osten der
Rhein vom Westerwald. Der höchste Teil der Eifel setzt sich
1) Der Name „JSV/e^* kommt als Hauptwort zaerst im Jahre 838
(Eifla, 1051 Eif&lavor); er dürfte sich aus Aquila ableiten lassen, indem
sich daraus Afel, Eifel ergab.
Hydrografhie von Ahr, Erft und Roer. 767
wm drei Stücken zusammen, nämlich dem mittleren mit der
Schneifel, dem östlichen oder der Hohen Eifel, und dem nord-
westlichen und westlichen, dem sog. Venu.
Das Fenn\ welches gewissermaßen die Brücke zwischen
den Ardennen und der eigentlichen Eifel bildet, ist eine Hoch-
fläche mit tief eingeschnittenen Tälern. Der höchste und auch
ödeste Teil trägt den Namen das ,,Hohe Venn^', welches sich
nördlich der Warche steil erhebt und dort auch die aus-
geprägtesten Merkmale einer Hochfläche zeigt Das ganze
Venu erstreckt sich in einer Länge Ton 55 km in nordöstlicher
Richtung mit steilem Abfall zum Aachen-D ürener Hügellande.
Ausgedehnte Torfmoore bedecken diesen öden Landstrich,
dessen mittlere Seehöhe etwa 650 m beträgt. An der soge-
nannten Baraque Michel, die auf belgischem Gebiete gelegen
ist, steigt die Hochfläche bis auf 675 m; unweit davon liegt
die preußische Grenze mit einem einsamen Gasthaus, dem
Monte Rigi, an der Eupen-Malmedyer Landstraße, welches
zugleich eine meteorologische Station beherbergt Den höchsten
Punkt bildet die Botrange mit 695 m, westlich der Landstraße
Eupen-Sourbrodt, und ca. 1,5 km vom Monte Rigi entfernt.
Gegen Weser und Maas in nordwestlicher und westlicher Rich-
tung senkt sich die Hochfläche ebenfalls rasch. Die Abhänge
werden von einem ausgedehnten Waldgebiete, dem Hertogen-
wald, eingenommen; weiteren waldreichen Höhenzügen begegnen
wir an dem Indefluß und dem Kalibach, welche unweit Düren
in den flachen Hügeln des Hochwaldes enden. Südöstlich vom
Hohen Venu breitet sich ein großer Waldbestand aus, der
Losheimer Wald, welcher die Verbindung mit der Schneifei
(s Schnee- Eifel) herstellt; er geht nirgends unter 560 m her-
unter und erreicht am sogenannten Weißen Stein mit 691 m
Seehöhe die höchste Erhebung. Dieser Waidstrich wird östlich
Ton der Olef und Urft, nördlich von der Roer« und westlich
Tom Perlenbach begrenzt An der Urftquelle senkt sich der
Losheimer Wald bis auf 556 m und gabelt sich alsdann; der
allmählich abdachende nördliche Flügel breitet sich fächer-
förmig nördlich der Ahr zwischen Roer und Rhein aus, wäh-
rend der westliche Teil, der sogenannte Kermeter, ein pracht-
1) Holländisch „ Veen^\ gotisch „fani*^ -■ Sumpf, Kot
768 P. Polü.
voller Hochwald, von Urft und Roer im Halbkreis umflossen
wird. Tief haben hier Urft und Roer ihre Flußbette in die
Hochfläche eingeschnittoD, wie dies aus folgenden Höhenangaben
hervorgeht: Hochfläche zwischen Dreibom und Wollseifen 593 m,
Einruhr 274 m, Einmündung der Urft in die Roer bei Paulus-
hof 253 m, Gemünd an der Urft und Olef 338 m, Schieiden
355 m, Kermeter (Hellberg) 521 m, so daß der Abfall hier etwa
330 bis 340 m beträgt. Diese Täler gehören zu den landschaft-
lich schönsten der gesamten Eifel, und nicht mit Unrecht trägt
der steile Abhang des Kermeter gegen die Urft den Namen
„Schweizer Berge'*, während die Höhe oberhalb Einruhr mit
prachtvollem Blick auf den Kermeter und das Boertal^ die
sogenannte „Schöne Aussieht'S für den großartigsten und herr-
lichsten Punkt des ganzen Roertales gilt. Vom Kermeter aus
nach Norden sinken die Höhenrücken mehr und mehr ab,
und werden dabei von verschiedenen Bachläufen geschnitten.
An den nordöstlichen Abfall schließt sich ein größeres, zum
Teil mit Torfmooren bedecktes Waldgebiet, aus dem der
Wehebach nach Norden abfließt Urft, Kall und Wehe
scheiden drei größere Bergrücken, die im Aachen- Dürener
Hügellande enden.
Die Ahr bildet die Grenze zwischen dem Venn und der
Hohen E^fel, die bis Walporzheim von steilen Bergketten ein-
geschlossen wird; an diese Gebirgskette schließt sich ein niederer
Höhenzug an, die „Ville" oder das „Vorgebirge", welcher sich
zwischen Rhein und Venn bis oberhalb Köln erstreckt Nörd-
lich der Linie Herzogenrath-Jülich-Bergheim dacht sich das
Gelände noch mehr ab und geht in die rheinische Tiefebene
über, die unmittelbar mit dem großen norddeutschen Flachlande
zusammenhängt, das Erhebungen von nur 30 — 40 m über den
Meeresspiegel besitzt
Der ganze Gebirgsstock, der als nördlichster Ausläufer
dem Rheinischen Schiefer- oder Grauwackegebirge angehört,
ist geologisch außerordentlich verschiedenartig gestaltet Das
Hohe Venn wird hauptsächlich vom Kambrium als dem ältesten
Sedimentgestein eingenommen, woran sich nördlich und südlich
das Devon anschließt Beim Bau der Bahn von Aachen nach
Montjoie hat man unweit Lammersdorf Granit anstehend ge-
funden. Das untere Devon, Quarzite, Grauwacke und Ton-
Hydrographie van Ähr, Erft und Boer, 769
schiefer nimmt den größten Teil ein, während das Mitteldevon^
Mfeler Kalk, sich im Venn im UrfUale oberhalb Schieiden
Torfindet; hieran reiht sich von Kall bis fast nach Düren
ein größeres Gebiet mit Bontsandstein an. Das Oberdevon
bildet den Übergang der nordwestlichen Abdachong des Venns
znm Karbon, welches in ausgedehnten Kohlenmnlden zwischen
Aachen und Lüttich verläuft. Daran schließt sich in der Um*
gebung von Aachen bis ins Holländische hinein ein größeres
Gebiet der oberen Kreide an, die unmittelbar dem Devon
und Karbon auAruht Der Übergang des Gebirges zur Ebene
des Aachen-Dürener Hügellandes endlich ist von tertiären
Ablagerungen, wie Kies, Sand, Ton und Braunkohle einge-
nommen, die sich über die ganze nördliche und nordöstliche
Abdachung bis zur Ahr hin erstrecken. Sie erinnern an das
einstmalige Meer, dessen Ufer von üppigen Urwäldern ein-
genommen wurden; letztere haben das Material zu den Braun-
kohlenflözen, namentlich in der Kölner Bucht, geliefert Allu-
vium treffen wir vor allem im Hohen Venn in den ausgedehnten,
dem Kambrium aufruhenden Mooren, femer als Ablagerungen
der Roer und Erft in den Tälern des Jülich-Dürener Berg-
landes.
Hydrognraphiaohes.
Flußgebiete. Zur weiteren Aufschließung des Grebietes ist
es von der größten Wichtigkeit, sich einmal näher mit den
dortigen Wasserverhältnissen zu befassen, die ja äußerst ver-
vrickelter Natur und zudem bestimmt sind, eine hervorragende
wirtschaftliche Rolle zu spielen. An diesem Orte gelangt
außer der Beschreibung der hier in Betracht kommenden
Flußgebiete noch eine eingehende Bearbeitung von deren jähr-
licher Niederschlagsverteilung zur Darstellung, welche den
Gegenstand einer neuen Untersuchung des Verfassers bildet.
Allerdings sind die Regenverhältnisse dieses Gebietes in
großen Zügen schon mehrfach bearbeitet worden, so in jüngster
Zeit noch durch den Verfasser;*) ferner umfaßt die unlängst
1) P. Polis, „Die Niederschlagsverhältnisse der mittlereD Rhein-
provinz und der Nachbargebiete^'. Forschungen zur deutschen Landes-
und Volkskunde. B. 12. Heft 1. Stuttgart 1899.
BoltsnuBD-Festtchrift 49
770 P. Polü.
erschienene Regenkarte der Provinzen Hessen-Nassau und
Rheinland von Hm. Hellmann ^) auch jenes Gelände.
Zugrunde gelegt ist der hier veröffentlichten Karte die
^yWasserkarte der norddeutschen Stromgebiete'^ welche das
Konigl, Preußische Ministerium für Landwirtschaft^ Domänen und
Forsten^ herausgegeben hat; gezeichnet ist sie im Maßstabe
1:200000 und enthält die Wasserscheiden der Zuflüsse bis
zur VI. Ordnung einschließlich. In die neue Karte wurden
jedoch, um das Bild nicht zu überladen, nur die Grenzwasser-
scheiden der in Frage kommenden drei Hauptflüsse eingetragen,
und von der Wiedergabe der sonstigen Einzelheiten abgesehen.
Aber der vertikale Aufbau des Geländes gelangte in großen
Zügen dadurch zur Darstellung, daß Isohypsen — Linien
gleicher Seehöhe — im Abstände von 100 m bez. 200 m ein-
getragen wurden; letztere fanden dann beim Entwürfe der
Isohyeten — Linien gleicher Niederschlagshöhe — sorgfältigste
Berücksichtigung.
Die Hauptwasserscheiden zwischen Ehein^ Mosel und Maa^
treffen südlich von Schmidtheim zusammen. Infolgedessen
gehört die Roer zur Maas^ während Erft und Ahr Nebenflüsse
des Rheins sind.
Die Roer bildet sich aus den Abflüssen der Torfmoore
bei Sourbrodt; die Quelle der kleinen Roer liegt bei diesem
Orte in 573 m, diejenige der großen nahe der Botrange in
685 m Seehöhe. Von Kalterherberg ab ist sie tief in das
Hochland mit einem engen, sehr häufig gewundenen Felstale
eingeschnitten, nimmt von Süden her den Perlenbach auf,
fließt durch Montjoie und dann mit starkem Gefälle in öst-
licher Richtung bis Hammer; nunmehr wendet sie sich nach
Osten und bildet zwischen Dedenbom und Pleushütte zwei
groß gewundene Schleifen. Von Einruhr an nimmt sie eine
nördliche Richtung, um an der Mündung der ürft, Kermeter
und Venn voneinander zu trennen. Letztere entspringt in
einer tiefen Einsattelung des Gebirges bei Schmidtheim; bei
Gemünd strömt ihr die Olef zu. alsdann windet sie sich in
1) G. Hellmann, ,,Regenkarte der Provinzen Hessen- Nassaa und
Rheinland sowie von Hohenzollem und Oberhessen auf Grund zehn-
jähriger Beobachtungen 1893—1902." Berlin 1903.
2) Berlin 1893.
Hydrographie van Ahr^ Erft und Raer. 771
einem engen Felsentale in scharfen Krümmangen zwischen
dem Eermeter und der Hoch6äche von Wollseifen-Dreiborn,
um bei Paulushof in die Roer zu münden. Bemerkenswert ist
die Urft besonders dadurch, daß durch sie die größte bisher
in Europa errichtete Tedsperre gebildet wird, deren Bau im
Jahre 1904 zur Vollendung gelangen soll; das Projekt hierzu,
wie auch zu den übrigen Talsperren, wurde von dem bekannten
Wasserbautechniker Hm. Greheimrat Prof. Dr. Intze^) aus-
gearbeitet von dessen Ingenieurkunst die zahlreichen Sperr-
bauten, u. a. im bergischen Lande (Wuppergebiet), sowie in
Schlesien und Böhmen beredtes Zeugnis ablegen. Die Tal-
sperre liegt in dem tiefen Taleinschnitte am Heffgesberge
unterhalb Wollseifen, und wird einen See von 45500000 cbm
bis zu dem 8 km weiter zurückgelegenen Malsbenden zurück-
stauen. Die hierdurch aufgespeicherte Energie wird durch einen
quer durch den Eermeter getriebenen Stollen bis nach Heim-
bach geleitet, wo durch Turbinen deren Umsetzung in elek-
trische Kraft erfolgen soll; auf diese Weise sollen jährlich in
7200 Arbeitsstunden je 6400 P. S. elektrischer Ejraft gewonnen
werden. Außerdem sind im Roergebiete noch elf weitere Tal-
sperren^ in Aussicht genommen.
Unterhalb Paulushof umfließt die Roer in zahlreichen
Windungen den Eermeter Wald bis Heimbach und wendet
sich dann, östlich begrenzt von den steilen Schichten des Bund-
sandstein, nach Norden. Westlich von dem historisch be-
rühmten und so malerisch gelegenen Nideggen mündet die Eall,
die im Hohen Venu nahe bei Simmerath entspringt. Bei
Untermaubach nimmt die Roer eine östliche Richtung an,
durchbricht den Buntsandsteinrücken und geht bei Ereuzau in
das Tiefland über. Unterhalb Jülich erhält sie die Inde, die
durch Vereinigung des Münster- und Vichtbaches entsteht; in
die Inde mündet auch der Wehebach ein, der an der Nord-
abdachung des Venns entspringt. Noch ehe die Roer die
holländische Grenze erreicht, strömt ihr die Wurm zu, welche
1) O. Intze, „Entwickelang des TaUperrenbaues in Rheinland o.
Westfalen bis 1902.'' Aachen 1903.
2) 0. Intze, „Gutachten bezöglich der Verbesserung der Waaser-
verhUtnisse der Roer und des zur Verbesserung des Roerbettes auf-
gestellten Regolierongsprojektes". DiUseldorf 1896.
49*
772 P. Polü.
im Aachener Walde ihren Ursprung nimmt und bei Haaren
aus dem Talkessel austritt Bei Roermond, 10 km von der
preußischen Grenze entfernt, mündet die Roer in die Maas.
Ihre ganze Länge beträgt ca. 135 km, wobei sie sich um
(685 m Seehöhe der Quelle, 26 m Mündung) 659 m herabsenkt
Das gesamte Niederschlagsgebiet hat eine Größe von 2298,8 qkm;
Hauptzuflüsse enthält die p. 777 gegebene Zusammenstellung.
Die Erft entspringt im nordöstlichen Teil des Venns
unweit von Tondorf in etwa 540 m Meereshöhe. In Schönau
(352 m] erhält sie mehrere von dem Scheiderücken gegen die
Ahr fließende Bäche, nimmt hinter Münstereifel, wo ihre Höhe
nur noch 275 m beträgt, den Schießbach, sowie den Eschweiler
Bach auf. Nach der Einmündung des letzteren erweitert sich
das Tal, indem die Erft nunmehr in die Sötenicher Kalkmulde
eintritt. Vor Euskirchen bei Rhede erreicht sie das Flach-
land, wo ihr der Veibach und alsdann der Schwistbach zu-
fällt; letzterer ist der bedeutendste rechtsseitige Nebenfluß, der
ebenfalls an dem Scheiderücken der Ahr entspringt Sie fließt
dann in nordwestlicher Richtung in dem von der Ville und
dem Dürener Bergland begrenzten Tieflande weiter, und
nimmt aus dem Buntsandsteingebiete den Rothbach und den
NefiFelbach auf. Bei Harff, unweit Grevenbroich, wendet sie
sich gegen Nordosten, wo sie vor der Mündung in den Rhein
noch den Gyllbach und den Norfbach aufnimmt. Ihre Ein-
mündung in den Rhein erfolgt bei Grimmlinghausen unweit
Neuß. Sie hat eine Länge von ca. 100 km, wobei sie ein Ge-
fälle von (540 m Quelle, 40 m Mündung) 500 m überwindet.
Ihr gesamtes Niederschlagsgebiet beträgt 1908,7 km.
Die Ahr hat ihre Quelle am Südrande der Kalkmulde
unweit von Blankenheim in 463 m Seehöhe. Der Bach wendet
sich zunächst südöstlich, durchläuft das Unter- und Mittel-
devon der Lammersdorfer und Ahrdorfer Mulde. Nach Auf-
nahme von mehreren kleineren Bächen, die ihr alle von rechts
zufallen, erhält die Ahr noch vor ihrem Austritte aus dem
Kalk die an der Wasserscheide gegen die Lieser entspringende
Ah, und wird damit zum Flusse. Nunmehr nimmt sie eine
südöstliche Richtung an, empfängt von Süden her den Trier-
bach und windet sich nun in einem engen, tief eingeschnittenen
Tale, wohl der malerischsten Felsenlandschaft der Eifel, weiter.
Hydrographie von A/ir, Erft und Roer, 773
wo die Schichten fast senkrecht stehen und jähe Abstürze
zum Flusse bilden. Bis Insul durchläuft sie mehrere Schleifen,
wobei sie ihr Bett im Laufe der Zeit mehrfach verlegt
hat, indem sie die die Schleifen bildenden Brücken durch-
brach, so daß ein isolierter Bergkegel, die Burg, in dem Tal-
kessel stehen blieb. Unterhalb Insul erweitert sich das Tal;
hier mündet der Adenauer Bach ein, worauf sie einen nord-
wärts gerichteten Lauf einschlägt. Bei Kreuzberg fallen ihr
der Sauerbach und der Vinkelbach zu, alsdann wendet sie sich
gegen Osten und schlängelt sich bei Altenahr darch senkrecht
aufgerichtete Felswände bis nach Walporzheim. Von da ab
bildet der Fluß ein breites Tal, fließt an Ahrweiler, Neuenahr
vorbei, wobei noch einige kleinere Bäche, der Leimersdorfer-
und Herrbach aufgenommen werden, und mündet dann Linz
gegenüber bei Eripp in den Rhein. Der Fluß besitzt eine
Gesamtlänge von ca. 66 km mit einem Abfall (463 m Quelle,
65 m Mündung) von 398 m, während sein Niederschlagsgebiet
901,3 qkm umfaßt
Sowohl der morphologische, als auch der geologische Auf-
bau spielt in den Wasserverhältnissen eines Geländes eine
bedeutsame Rolle. Im vorliegenden Falle kommt vornehmlich
der Umstand zur Geltung, daß die moorige und nicht ge-
gliederte Hochfläche den Abfluß außerordentlich erschwert,
während die steilen Schieferhänge der Roer und Urft im öst-
lichen Teile des Venns denselben sehr begünstigen. Der
auf dem Kambrium ruhende Moorboden, welcher sich von
Sourbrodt bis etwa nach Lammersdorf in nordöstlicher Rich-
tung in einer Län^e von 21 km und einer mittleren Breite von
5 km erstreckt, wirkt ähnlich einem Schwämme; denn er hält
zuerst alles empfangene Wasser fast vollständig zurück, bringt
dann aber, wenn er sich einmal vollgesogen hat, alles weiter-
hin zufließende Wasser als Überschuß auch ebenso vollständig
direkt wieder zum Abfluß, was für die Roer, Kall und nament-
lich die Weser plötzliche Anschwellungen zur Folge hat.
Nieder schlagsverhältnisse. Die Bearbeitung der Nieder-
schlagsverhältnisse, welche für die drei Flußgebiete Ahr, Erft
und Roer, sowie die angrenzenden Gebiete erfolgte, bezieht
sich auf den zehnjährigen Zeitraum 1893 — 1902. Hieraus
ließ sich vor allem die Menge des atmosphärischen Wassers
774 P. Polis.
für die einzelnen Niederschlagsgebiete ermitteln, zu welcher
der Abfluß in gewissem Verhältnis steht; auf diese Frage aber
näher einzugehen, reichte der zur Verfügung stehende Baum
leider nicht aus.
Dieser Bearbeitung liegen die Beobachtungen von 99 Sta-
tionen zugrunde, von denen 22 den vollen zehnjährigen Zeit-
raum hindurch beobachtet hatten, während bei den übrigen
der Vergleichbarkeit wegen die Reduktionsmethode angewendet
werden mußte. Unter genauer Berücksichtigung der Gelände-
verhältnisse wurde dann eine sehr detaillierte Niederschlags-
karte entworfen, wobei die Isohyeten — Linien gleicher Nieder-
schlagshöhe — von 50 mm zu 50 mm gezogen werden konnten.
Dadurch traten eine Menge von örtlichen Einzelheiten zutage,
die bei den früheren Karten nicht erkennbar waren.
Die Abstufungen wurden durch entsprechende Farbentöne
— gelb ^ 700 mm, > 700 mm blau — kenntlich gemacht
Zur besseren Veranschaulichung des Eartenbildes wurde auch
die Südseite des Hohen Venns, sowie das Trockengebiet des
Maifeldes noch mit hineingezogen; das holländische Grenz-
gebiet *) aber wurde, weil für die Kenntnis der Wasserverhält-
nisse der Koer notwendig, mit berücksichtigt. Die Abweichungen
von derHellmannschen Regenkarte und auch von der früheren
des Verfassers sind größtenteils auf die genaue Würdigung der
topographischen Einzelheiten zu rückzuführen. Die im Ori-
ginal 50 X 58 cm große Karte mußte leider auf das jetzige
kleine Format gebracht werden, wodurch der Maßstab von
1 : 200000 auf 1 : 527000 zurückging.
Die Regenverhältnisse selbst sind dadurch besonders be-
merkenswert, daß in der untersuchten Gegend ein sehr nieder-
schlagsreiches Gebiet mit > 1 200 mm und zwei große Trocken-
gebiete mit < 600 mm jährlicher Regenhöhe vorhanden sind,
die räumlich bis auf 23 km aneinander rücken.
Das regenreichste Gebiet, welches die höchste Erhebung
des Hohen Venns bedeckt, ist das Quellgebiet der Roer; es
wird von der Isohyete von 1350 mm umschlossen. Nach Süden
1) Unmittelbar bei Aachen befindet sich das in letzter Zeit in der
Tagespresse so oft genannte y^Neutrale Oebiei^^ mit dem Hauptort Alten-
berg, das sich in Form eines Dreiecks keilförmig zwischen Belgien,
Holland und Preußen einschiebt.
Hydrographie von Ahrj Erft und Boer. 775
hin, wo das Gebirge steil abfldlt, Terringert sich die Regen-
höhe um > 300 mm bis nach Malmedy, während in östlicher
und nördlicher Richtung die gesamten höheren Elrhebungen
des Venns Ton der 1100 mm-Stufe eingenommen werden. Hier
liegen noch mehrere Insehi, so Tor allem der Mützenicher
Kopf, das Nidrumer Eck, sowie der Höfener Wald, in welchen
die Begenhöhe auf 1200 mm bez. 1250 mm ansteigt Auch
dem Losheimer Wald, in dem sich der sogenannte Weiße Stein
erhebt, dürfte seiner größeren Ejrhebnng (691 m) wegen gleich-
falls eine größere Regenhöhe zukommen. In nordwestiücber
Richtung zieht sich am Fuße des Venns die 900 mm-Isohyete
hin, so daß also die gesamte Abdachung als sehr nieder-
schlagsreich zu betrachten ist Nach Osten hin treffen wir
dagegen wiederholt auf einen sehr starken Abfall der Regen-
höhe, so z. B. von der Hochdäche tou Schmidt bis Abenden
im Roertale einen solchen von > 300 mm. Femer erweist
sich das Tal der Olef als niederschlagsreicher wie die Hoch-
fläche z¥nschen Zingsheim und Frohnrath. Auch die Rand-
gebirge des Aachener Beckens, namentlich der isoliert auf-
steigende Rücken des Aachener Waldes, empfangen, weil an
der Luvseite gelegen, mehr Regen, so daß die Regenhöhe auf
dem E^mme 1000 mm nahezu erreicht
Das eigentliche Trockengebiet mit < 600 mm verläuft dem
Roertale entlang bis nach Jülich, zieht sich sodann am Fuße
des Villegebirges hin, um schließlich bis an den Rhein heran-
zutreten. Inmitten desselben geht bei Euskirchen die Regen-
höhe bis auf 546 mm herunter. Ein zweites Trockengebiet liegt
im Ahrtale, und erstreckt sich der topographischen Verhält-
nisse wegen bis Alten ahr, steht sogar noch mit dem großen
Trockengebiete an der Mosel einschließlich der östlichen E^el
in Zusammenhang. Bei Westum geht die jährliche Regen-
höhe unter 550 mm herunter; femer ließ sich noch um das
Gebiet südlich vom Laacher See eine Isohyete von 550 mm
einzeichnen.
Die Ursache des Regenreichtums der Westabdachung des
Venns und seiner höchsten Erhebungen ist darauf zurück-
zufahren, daß die wasserdampfreichen westlichen Luftströmun-
gen, nachdem sie das belgische Flachland überweht haben,
hier, an der „Zurseite" des Gebirges, zum erstenmal gezwungen
776 P. Polis.
werden emporzusteigen; dabei werden sie unter ihren Sätti-
gungspunkt abgekühlt und somit^ namentlich in der kälteren
Jahreszeit, zur Ausscheidung von Niederschlägen gezwungen.
Sobald aber die Westwinde den Gebirgskamm überschritten
haben, sinken sie an der „ic^seite" als trockene Luftströme
herunter und bedingen dadurch den so krassen Abfall nach
dem Roertal, sowie das Trockengebiet in dem Euskirchen-
Jtilicher Gelände. Auch die Föhnwirkungen ^), welche die
S — N lieh streichende Eifel auf das ßheintal und die nördlichen
Abdachungen ausübt, und die sich beispielsweise für das
Aachener und Neuwieder Becken direkt nachweisen ließen,
sind eine Folge hiervon. Der östliche Stock der Eifel liegt
vollständig im Regenschatten der westlichen Höhenzüge des
Hohen Venns und der angrenzenden Ardennen. Infolgedessen
ist das Ahrgebirge durchaus nicht mehr regenreich zu nennen,
und selbst die höchsten Erhebungen der Eifel, die Hohe Acht,
dürften nicht einmal eine Regensumme von 900 mm erreichen.
Aus demselben Grunde begegnen wir dort dem ausgedehnten
Trockengebiete, welches bis weit in das Ahrtal hineinreicht.
Die Roer mit ihren Zuflüssen gehört, wie aus den früheren
Ausführungen erhellt, in ihrem Oberlaufe dem niederschlags-
reichsten Teile des linksrheinischen Schiefergebirges an, und
tritt dann, kurz ehe sie ins Flachland kommt, in das Trocken-
gebiet bis Jülich über; von da ab nimmt die Regenhöhe wieder
stetig zu, so daß an der Mündung die 700 mm -Stufe nahezu
erreicht wird.
Im Gegensatze zur Roer durchfließen Erft und Ahr fast
in ihrem gesamten Laufe die großen Trockengebiete, und selbst
ihre Quellen sind in regenarmen Gebieten gelegen.
Innerhalb dieser drei Flußgebiete trifft man in der Jahr-
summe folgende Regen Schwankungen an:
Flußgebiet Maximum Minimum Schwankung
Roer Botrange 1367 mm Jülich 606 mm 761mm
Erft Zingsheim 737 mm Euskirchen 546 mm 191 mm
Ahr Dockweiler 736 mm Westum 539 mm 197 mm
1) P. Polis, „Temperaturumkehr und Föhn Wirkung im Hohen
Venn". Meteorologische Zeitschrift 1900. — „Die klimatischen Verhältnisse
der Rheinprovinz**. Verhandl. des Deutschen Geographen tages zu
Köln 1903.
Hydrographie von Ahr, Erft und Soer. 777
NoDmehr seien in nachstebeodem die Mittelwerte der
gefaUenen jährlichen Wat$ermengen in cbm mitgeteilt. Dieselben
sind in der Weise ermittelt worden, daß fllr jedes NiederBchlags-
gebiet die Größe der von den Isohjeten begrenzten FUlchen-
etücke planimetrisch ausgemessen wurde.
JShrllaba Waesermeneen für Ahr, Erft and Roar in obm.
FloBgebiet
Oberflache
OefftUene WAMe)>-
menge in cbm
1. Ahr:
Von den Qaellcn bU tum Ähbach .
Gebiet des Abbaches
Vom Ahbach bis lum Trierbach .
Gebiet des Triijrbaches .....
Vom Trierbach bis zum Adenauer Bach
Vom Adenauer Bikch bis itamFischelbach I
Vom Fischelbach bis eur Mündaag ,
Insgeiamc '
97 01)5 000
65 870 000
&U12S0O
meoooo
71 790 000
184 227 aoO
91 608 700
2. Erft:
VoQ den Qaellen bi« com Veihb4ch
Gebiet des Veihbnchea
Vom Veihbnch bis zum Schwistbach
Gebiet des Scbwistbaehea ....
Vom Scbirisibach bis :
Gebiet des Rottbacbei
Vom Kothbacb bis zun
Gebiet des Neffelbacht
Tom XelFelbnch bis zu
Vom Qjrllbach bia cur
n Botbbach
Dl Gyllbach . .
Mündung . . . |
Insgesamt |
8. Hoar:
Von den Quellen bis tum Schwalrobach 1
Gebiet des ^eliwalmbaches [
Vom Si'hwalmbiith bis mr Urft , . . |
Gebiet der Urft
Von der UiT[ bis «um Kallbach . . . |
Gebiet de* Kallbacbes .
Vom KallbiLtrh bie zum IndefluB ... 1
Gebiet des Indeflussea j
Vom In defluB b. z. Mündung d. alten W arm
Gebiet des WormbacheB {
Von der Wurm bis «ur Mündung . . [
Inageaamt |
146,B
86,6
66,2
266,1
65,3
258,3
29,4
254,7
406,0
329.3
594 323 700
94 053 SOO
56 158 500
37 754 700
161 865 000
89 412 500
157 007 500
18 375 000
136 795 000
247 I3000O
S09 337 500
1908,7 I 11578S4000
66,8 1 82 891600
61,1 69 412 000
118,6 I 16 480 000
875,4 j 324 1-25 000
70 300000
82 510 000
132 840 000
311932 500
175 237 500
322 215 000
146 877.500
1194 821 000
183,8
352,2
286,4
456,1
233.2
778 P. Polis.
Der große Regen- und damit Wasserreichtum im Ober-
laufe der ßoer ermöglicht es^ Talsperren auszuführen. Selbst
die Urft bietet noch vollen Erfolg flir die Einrichtung von
Sammelbecken; denn erfahrungsgemäß gehen 400 — 450 mm
von der jährlichen Regenmenge durch Verdunsten, Ein-
sickern etc. verloren, so daß immerhin noch 350 — 400 mm für
den AbHuß übrig bleiben. Zudem besitzt die Urft ein außer-
ordentlich großes Niederschlagsgebiet von 375 qkm, so daß der
Wasserzufluß auch bei geringer ßegenhöhe ein noch großer ist.
Die übrigen eingangs erwähnten Talsperren liegen in weit
niederschlagsreicheren Gegenden, so daß auch trotz der Klein-
heit ihres Niederschlagsgebietes Staubecken noch erfolgreich
angelegt werden können. Die erste Talsperre der dortigen
Gegend wurde 1878 auf belgischem Boden im Tale der Gi-
leppe errichtet; sie dient bei einem Inhalte von l2000000cbm
zur Wasserversorgung der Stadt Verviers, und gehört der
1050 mm-Niederschlagsstufe an. In Bälde wird eine weitere
Talsperre zwecks Wasserversorgung von Eupen an der Weser
in Angrifif genommen, deren Niederschlagsgebiet gleichfalls
> 1000 mm aufweist. Ahr und Erft jedoch eignen sich für
Sammelbecken nicht.
Derartige Sperrbauten spielen in volkswirtschaftlicher Hin-
sicht eine ganz hervorragende Rolle, indem sie nicht allein,
wie die Gileppe- und Wesertalsperre, zur Trinkwasserlieferung
dienen können, sondern auch eine direkte Ausnutzung der im
Wasser schlummernden Energie zu industriellen Zwecken er-
möglichen. Sie gestatten die durch das starke Gefälle der
Venn- und Eifelflüsse gebotene Wasserkraft anzusammeln und
zu billigem Preise in elektrische Energie umzusetzen; dabei
haben die hervorragenden Fortschritte der Neuzeit auf elektro-
technischem Gebiete die Möglichkeit geschaffen, die elektrische
Kraft auf sehr weite Entfernungen hin ohne nennenswerte Ver-
luste fortzuleiten. Hierdurch wird der Wasserreichtum des
Geländes zu einer Erwerbsquelle ersten Ranges ; denn die Aus-
nutzung der Wasserkräfte kommt den beteiligten Landkreisen,
welche sich zu einer Gesellschaft zusammen geschlossen haben,
direkt zugute.
Auch auf die Bebauungsart und Fruchtbarkeit des Bodens
üben die Niederschläge einen bestimmenden Einfluß aus. Die
Hydrographie von Ahr^ Erft nnd Soer. 779
Hochfläche, welche ja den meisten Regen empflLngt, ist von
weiten Moor- und Torfistrecken eingenommen, und erweist sich
daher als höchst unfruchtbar. In der Winterszeit setzen sich
die Niederschlagsmengen meist in großen Schneemassen ab,
was in Verbindung mit den schweren Weststürmen die eigen-
tümliche Bauart der Venndörfer bedingt. Die offene Front der
Häuser liegt nach Osten oder SQdosten, während auf der West-
seite das Dach bis fast zur Erde herabreicht; zudem sind Haus
und Hof mit einer dichten und hohen lebenden Schutzhecke
umgeben, und je reicher der Bauer, desto höher und größer
die Hecke. Der westliche Hang hat ausgedehnte Wiesen-
flächen, deren Üppigkeit durch den Begenreichtum sehr ge-
fördert wird: infolgedessen trifft man ausgedehnte Viehzucht
im sogenannten ^^Butterländchen'' an der belgisch-holländischen
Grenze. Sowie man aber unter die 700 mm-Begenstufe her-
untergeht, tritt die Viehzucht gegen den Ackerbau zurück, so
daß im Jülich-Dürener Gelände namentlich Buben-, Kartoffel-,
Gemüse- und Obstbau vorherrscht; letzteren, vor allem aber
Kirschen- und Pflaumenzucht, finden wir selbst in den tiefer
eingeschnittenen Boertälem zwischen Einruhr und Heimbach.
Die Weintraube gedeiht schon an den Buntsandsteinhängen
der Nide^ener Gegend, während im Trockengebiete an der
Ahr infolge der reichlichen Besonnung die Botweintraube zur
Ausreife gelangt.
Die vorliegende Untersuchung wurde im Meteorologischen
Observatorium Aachen ausgeführt, welches sich die Aufschließung
der klimatischen Verhältnisse der Bheinprovinz besonders zur
Aufgabe gemacht hat; außer dem Verfasser beteiligte sich
hieran noch der erste Assistent Hr. A. Sieberg.
Aachen, Meteorolog. Observatorium, September 1903.
(Eingegangen SO. September 1903.)
780
98. Magnetische Drehung der Polarisationsebene in
verflüssigten Gasen unter atmosphärischem Drucke.
Messungen mit Stickoxydul.
Von Ij. H. Siertsema in Leiden.
Mitteilung Nr. 90 aus dem physikalischen Institut zu Leiden.
Hiena Taf. II, Fig. 1, 2, 3.
Durch viele theoretische und experimentelle Unter-
suchungen hat in den letzten Jahren die magnetische Drehung
der Polarisationsehene des Lichtes an Bedeutung gewonnen.
Die Elektronentheorie gibt eine Erklärung dieser durch Fa-
raday entdeckten Erscheinung, durch welche es sogar möglich
ist, unter einigen vereinfachenden Annahmen, aus der magne-
tischen Drehung und der gewöhnlichen Dispersion einen an-
genäherten Wert für das Verhältnis <?/m der elektrischen
Ladung und Masse der Elektronen zu finden.^)
Ein auch in theoretischer Hinsicht wichtiger Punkt ist
die Frage, wie die Drehung sich mit dem Druck und der
Temperatur des Mediums ändert. Insbesondere wird die Ände-
rung bei Übergang zu einem anderen Aggregatzustande dabei
von Interesse sein. Es hat dieses mich dazu geführt, meinen
Untersuchungen über die magnetische Drehungsdispersion in
Gasen unter hohem Druck ^ eine solche über verflüssigte Gase
folgen zu lassen. Bei den vielen Hilfsmitteln des hiesigen
Instituts für eine derartige Untersuchung war eine Fortsetzung
in dieser Richtung auch ohne dem angewiesen.
Wenn auch der verflüssigte Sauerstofi" wegen seiner mag-
netischen Eigenschaften und der abweichenden Drehungs-
dispersion für diese Untersuchung vielversprechend war, ist
mit anderen leichter zu verflüssigenden Gasen, CH3CI und NjO,
angefangen, bei welchen es leichter ist, die eigentümlichen
1) L. H. Siertsema, Comm. Phys. Lab. Leiden Nr. 82. 1902.
2) L. H. Siertsema, Comm. Phys. Lab. Leiden Suppl. 1; Arch.
N6erl. (2) 2. p. 291. 1899.
Maffnetische Drehtng der Polarisatumsebeme. 781
SchwierigkeiteD dieser Untersachung zu beseitigen. Auch
werden bei diesen Messungen wegen des Fehlens der Absorp-
tionsbanden im sichtbaren Spektrum die Dispersionskurven ein-
facher sein und dadurch yielleicht einen besseren theoretischen
Anhaltspunkt bieten als die mit verflüssigtem Sauerstoff, in
dessen Spektrum einige breite Absorptionsbanden auftreten.^)
Die Untersuchung mit CHjCl ist bereits veröffentlicht') Es
soll hier über die mit N^O berichtet werden.
Der Apparat, mit welchem die Messungen ausgeftihrt sind,
ist derselbe, der auch für die mit CH,C1 gedient hat Elr ist
in Fig. 1 und 2 abgebildet; eine Vergleichung mit dem früher
abgebildeten Apparat wird einige Verbesserungen anzeigen.
Beschreibung des Apparates.
D VersachsTohr ans GUs, welches durch die Leitung H mit vei^
flüssigtem Gras gefüllt wird und durch planparallele, mit Fischleim auf-
gekittete Glasplatten />, verschlossen ist.
A doppelwandiges Schutzrohr aus Messing, welches durch die Lei-
tung Ax mit flüssigem Stickoxjdnl gefüllt wird. Der Dampf kann durch
die Leitung K entweichen.
F Schwinmier zur Beobachtung der Füllung des Schutzrohres.
J Leitung für den aus dem Versuchsrohr entweichenden Dampf.
L Ringe aus Messing, die mit Siegellack auf dem Versuchsrohr
angekittet sind und welche in Verbindung mit Gummiringen den Dampf-
raum des Versuchsrohrs ahschließen.
Z>, Messingplatten, welche durch Ringe />, gegen die Glasplatten
D, gedrückt werden, damit diese noch besser auf dem Versuchsrohr
haften.
C Nicol, drehbar in Messingröhren, welche durch Ringe, die gegen
die Wand des Schutzrohrs federnd andrücken, festgehalten werden.
A^ Hartgummischeiben mit Gummidichtung 0 und 6 Zugstangen
jV| dienen zum Abschließen des ganzen Schutzrohrs. Nur die Enden
der Zugstangen sind in der Abbildung sichtbar.
Vor dem Verschließen des Schutzrohrs stellt man den Nicol auf
Dunkel ein und dreht dann einen der Nicole durch einen daran be-
festigten Messingdraht um den Winkel, der bei den Beobachtungen als
Drehungswinkel benutzt werden soll.
M Röhrchen durch die Wand der Scheiben AT, durch Gurami-
schlftuche verbunden mit L''- Röhrchen, welche NaOH enthalten. Durch
diese wird der Zutritt von trockner Luft in den abgekühlten Rfiamen
um den Nicol C ermöglicht.
1) Vgl. F. Harms, Physik. Zeitschr. 4. p. 158. 1902.; A. Schmauss,
Münch. Sitzungsber. 32. p. 827. 1902.
2) L.H. Siertsema, Comm. Lab. leiden Nr.57. 1900 u. Nr.80. 1902.
782 L. H. Siertsema.
B Glasplatten in den Scheiben Nj mit Gammidichtung, aafgeschlossen
durch die Hartgummiringe P.
Q Glasplatten, die mit Gummidichtung und mit Hartgummihülsen
R einen Raum abschließen, in welchen sich eine kleine Schale V mit
P^Os befindet.
ü Röhre aus Hartgummi und Glas, in welcher einige Stücke NaOH
angebracht sind und die durch die Glasplatten T mit Hartgummihülsen
geschlossen sind.
üi Ansatzröhren, verbunden mit URöhrchen mit NaOH^ zu dem
gleichen Zwecke wie M.
Der Apparat, wie Fig. 1, wird mit allen abzukühlenden Teilen
(F, Ky J) gut in Wolle verpackt und, mit^ einigen verschlossenen Papier-
hüllen versehen, in der Achse der Drahtspule O (Fig. 2) aufgestellt
D Wasserschirm, A Kollimator, C Bogenlampe, B Qnecksilberbogen-
lampe nach Arons-Lummer, P Prisma, Q Femrohr.
Die wichtigsten Änderungen, die nach der Untersuchung mit CH,C1
angebracht sind, betreffen:
1. Die Verlängerung des äußeren Raumes ü an beiden Seiten mit
Glasröhren, um Wassemiederschlag an den Glasplatten T durch die
kalten Teile J und K zu verhindern.
2. Die Änderung des Rohres A^^ welche früher unten, jetzt oben
angebracht ist, wodurch eine regelmäßigere Wirkung erzielt wird.
3. Die Vergrößerung der Drahtspule Ö, welche früher 1107 Win-
dungen hatte, aber während der jetzigen Untersuchung zu 1644 Win-
dungen vergrößert ist.
4. Die polarisierenden Prismen. Anfangs wurden solche mit
Kanadabalsam oder mit Leinöl gekittet, benutzt. Diese wurden aber
immer nach kurzer Zeit unbrauchbar, da die Kittschicht bei der starken
Abkühlung blättrig und daher undurchsichtig wurde. Die Prismen sind
daher verwechselt mit Foucault sehen Luftprismen, welche sich gut
bewährten. Es stand die Luftschicht durch eine kleine Öffnung mit dem
äußeren Raum in Verbindung.
Die Stromstärke wurde wie früher mit einem d'Arsonval- Galvano-
meter in einer Abzti^eigung des Hauptstroms gemessen. Die Ablesungen
des Galvanometers wurden der Stromstärke proportional gefunden.
Die Füllung mit flüssigem NgO geschah durch eine ein-
fache, an den Leitungen H oder Ay^ verbundene Hebervorrich-
tung aus Vakuumgefäßen, die im kryogenen Laboratorium
gefüllt wurden.^) Der besonders im Anfang sich bildende
Dampf fand einen Ausweg durch die Röhre K oder J, welche
mit einer Leitung verbunden waren, die den Dampf nach dem
1) Vgl. Kamerlingh Onnes, Comm. Phys. Lab. Leiden. Nr. 87. 1904.
Magnetische Drehung der Polarisationsebene. 783
kiyogenen Laboratorium zorQckfuhrte, wo er wieder kompri-
miert ¥nirde. Die Höhe der Flüssigkeit in dem Schutzrohr
wird durch den Schwimmer F angezeigt, in dem Versuchsrohr
ist die Füllung durch direkte Beobachtung zu verfolgen. Es
zeigte sich^ daß wenn zuerst das Schutzrohr gefällt wurde und
dieses mit den inneren Teilen also auf niedrige Temperatur
gebracht war, die Füllung des Versuchsrohrs fast ohne Dampf-
bildung stattfand.
Nach der Füllung wurde einige Zeit gewartet, bis Tem-
peraturgleichgewicht eingetreten war, und dann wurde mit den
Beobachtungen angefangen. Zuerst wurden mit Sonnenlicht
oder, wenn dieses versagte, mit der Quecksilberbogenlampe
einige Punkte im Spektrum zur Kalibrierung eingestellt und
dann mit Sonnen- oder Bogenlicht das schwarze Band im
Spektrum durch eine geeignete Wahl der Stromstärke in der
gewünschten Lage im Spektrum eingestellt Sogleich nach
dieser Einstellung wurde das Galvanometer abgelesen, der
Strom geöffnet und die Lage des Fernrohrs abgelesen. Nach
drei solchen Einstellungen wurde zu einer anderen SteUe
im Spektrum übergegangen. Dann und wann, und jedenfalls
am Ende jeder Messungsreihe, wurden die Ablesungen zur
Kalibrierung des Spektrums wiederholt
E}s zeigte sich oft eine Störung dadurch, daß trotz aller
Vorsorge Eisanschlag auf den inneren Glasplatten entstand,
welche das Fortsetzen der Beobachtungen verhinderte.
Da der Drehungswinkel konstant ist^ wird die Stromstärke,
welche ausreicht, um das schwarze Band auf einer bestimmten
Wellenlänge einzustellen, umgekehrt proportional mit der
Drehungskonstante bei dieser Wellenlänge sein. Diese Kon-
stante ist also proportional zu 1 / n, wenn a den Galvanometer-
ansschlag vorstellt.
Die Messungen umfassen die folgenden Reihen. Die drei
zusammengehörigen Ablesungen sind dabei zu Mittelwerten ver-
einigt Bei jeder Messungsreihe ist angegeben der Winkel a^
auf welchen die Hauptschnitte der polarisierenden Prismen
eingestellt waren, und zur Orientierung die größte und kleinste
Stromstärke il Bei der ersten Messungsreihe hatte die Draht-
spule 1107, bei den späteren 1644 Windungen.
784
L. H. Siertsema.
I.
I]
>.•
in.
et = 5^
« = 6,5«
\
et = 6,50
i = 50-
—70 Amp.
i = 40-
-80 Amp.
i = 35—70 Amp.
;i
- . 10«
a
X
" . 10»
a
;l
.10*
a
528
420
458
555
459
575
566
361
482
504
478
524
579
344
483
502
492
499
617
299
498
463
523
438
[589
332]
516
440
543
407
522
429
575
362
560
376
622
309
607
316
[589
344]
614
306
[589
338]
IV.
V.
VI.
« = 6,50
a = 6,5^
3
a = 8
|0
t = 40-
—70 Amp.
i = 45-
-65 Amp.
t = 55 — 70 Amp.
X
^ .10*
a
;l
- . 10*
a
;l
.10*
a
487
508
527
431
498
431
502
488
564
378
538
375
524
448
599
336
573
326
549
410
642
289
570
376
[589
347]
581
362
589
r^52
595
341
605
331
608
329
632
301
[589
351]
Diese Reihen lassen sich wegen kleiner Änderangen in
der Aufstellung und Empfindlichkeit der Apparate nicht ohne
weiteres zu einer Reihe vereinigen. Es ist darum für jede
der Reihen I bis V graphisch der Wert von 1/ a flir A = 589
festgestellt, welche am Ende jeder Reihe beigefügt ist. Mittels
dieser Werte ist das Verhältnis (> / o Na <ler Drehungskonstante
für die Wellenlänge X zu den für k = 589 berechnet, und
diese Größen in einer Kurve dargestellt, welche in Fig. 4 ver-
kleinert abgebildet ist. In dieser Kurve sind auch die Werte
aus der Reihe VI aufgenommen, bei welcher man den Wert
Magnetische Drehung der Polarisationsebene,
785
fbr A =3 573 aus der Kurve entnommen und daraus die für
die beiden anderen Wellenlängen berechnet hat
In den folgenden Tabellen sind diese Größen angegeben
mit den Werten, welche aus der Kurve abzulesen sind.
IV.
n.
m.
X
^/^Na
Kurve
528
1,266
1,247
566
1,087
1,087
579
1,085
1,036
617
0,902
0,903
458
1,644
1,670
482
1,490
1,491
483
1,487
1,485
498
1,370
1,397
516
1,301
1,303
522
1,270
1,275
560
1,112
1,111
607
0,935
0,936
614
0,905
0,912
459
1,671
1,661
478
1,522
1,517
492
1,450
1,431
523
1,272
1,270
548
1.182
1,182
575
1,051
1,051
622
0,899
0,887
V.
1
?/^Na
Kurve
487
1,446
1,460
502
1,390
1,375
524
1,278
1,265
549
1,168
1,157
570
1,071
1,071
581
1,032
1,028
589
1,008
1,000
595
0,972
0,978
605
0,942
0,942
608
0,937
0,932
632
0,857
0,858
527
1,242
1,252
564
1,090
1,095 *
599
0,967
0,964
642
0,832
0,831
498
1,401
1,397
538
1,218
1,203
VI.
Der Wert der Drehungskonstante für Ä = 589 ist be-
stimmt worden durch Vergleichung mit Wasser. Es wurde
nach den Beobachtungen der Reihe V^ ohne etwas am Apparat
zu ändern^ die Versuchsröhre mit Wasser gefüllt und sodann
wurden einige Einstellungen des schwarzen Bandes ausgeführt
Aus diesen wurde mittels früherer Messungen der Drehungs-
dispersion des Wassers^) berechnet gs^ol 9b/> = 0,425 für
X -s 589, und weiter mit (>h,o = 0',01303 gefunden
(>N.o = 0',00554 für A = 589.
Für das molekulare Drehungsvermögen, das nach der
Definition von Perkin für Stickoxydnlgas 0,616 betrug^,
finden wir hier 0,94, also einen ganz verschiedenen Wert.
1) L. H. Siertsema, Comm. Phys. Lab. Leiden. Nr. 73. 1901.
2) L. H. Siertsema, Comm. Pbjs. Lab. Leiden. Suppl. 1. p. 87.
Boltxnuuiii-FeBtMbrKt. 50
786
L. H. Siertsema,
Aus der Theorie, welche die magnetische Drehung auf
eine Verschiebung der Dispersionskurve für Zirkularstxahlen im
Magnetfelde zurückfährt, wird unter einigen vereinfachenden
Annahmen gefunden:
e X dn
^50
500
WO n den Brechungsindex hei der Wellenlänge X, V die
Lichtgeschwindigkeit und e\m das Verhältnis der Ladung und
der Masse der Elektronen vorstellt.^) Es wird sich lohnen
zu untersuchen, was diese Beziehung für den Übergang vom
dampfförmigen bis zum flüssigen Zustande für uns neues bietet
Man würde dabei die Konstanz von
-f_ — IT PL
in ^ >L " bn
1) L. U. Siertsema, Comm. Phys. Lab. Leiden. Nr. 82.
Magneüsehe Drehumg der Polarisaiwnsebene. 787
Toraossetzen und dann die Gültigkeit der daraus folgenden
Beziehung
Qg_ _ jdndDt
QtL (dnldl)g
untersuchen können. In unserem Falle fehlen aber dazu,
wenigstens für den flüssigen Zustand, die benötigten Disper-
sionsbestimmungen.
Wenn man den von Lorentz^) abgeleiteten Wert
4nVq
n»= 1 +
4n*qm
WO & die Schwingungszeit des Lichtes, iV die Zahl der Mole-
küle pro Volumeinheit, und q eine von & unabhängige Größe
vorstellt, in den obigen Ausdruck für q einführt, findet man
wie auch Lorentz unmittelbar aus seiner Theorie ableitet.^
Man kann jetzt annehmen, daß Ne sich proportional zur
Dichte d ändert, und findet also
gg _ (n*g - l)» n6_ ^
QtL (n»fl - !)• fig dg
Die Vergleichung dieser Beziehung läßt sich für A == 589
durchführen. Die Werte n^ und fif erhält man durch An-
nahme der Konstanz des spezifischen Brechungsvermögens
(n^— l)/(n'+ 2)d, welche auch aus der Loren tzschen Theorie
folgt und durch die Beobachtungen bestätigt wird. Bleek-
rode') fand für flüssiges N^O bei 16^ in Berührung mit seinem
Dampf Hfl = 1,193. Aus den Messungen von Gailletet und
Mathias«) findet man für Iß^ d^ = 0,785, also
(n«ti- \)l[n\ +2)4i = 0,1675.
Für die Dichte des flüssigen N,0 bei atmosphärischem Druck
fand Natterer^] 1,15 und man berechnet aus dem oben ge-
1) U. ALorentz, Theorie ^lectrom. de Maxwell etc., p. 134; Arck.
Ktol. (1) 25. p. 496.
2) H. A Lorentz, Versl. Ak. van Wet p. 97. 1897/9S.
3) L. Bleekrode^ Proc. Roy. Soc. p. 839. 1884.
4) L. Cailletet u. £. Mathias, Journ. de Phys. (2) &. p. 557.
5) J. Natterer, Pogg. Ann. 62. p. 134. 1844.
50*
788 L. H. Siertsema, Magnetische Drehuiug etc.
nannten Wert des spezifischen Brechungsvermögens für den
zugehörigen Brechungsindex
n^fl - 1 = 0,6634, na = 1,2897.
Für gasförmiges NjO bei 30 Atm. und 10,9^ ist gefunden
Pg = 0,000241'.^) Aus dem Gesetz der übereinstimmenden
Zustände findet man für diesen Fall dg = 0,07784 und der
Brechungsindex läßt sich aus dem spezifischen Brechungs-
vermögen berechnen. Wenn man von den Werten
n = 1,0005152 und rf == 1,614 x 0,001293
für 1 Atm. und 0*^ nach Mascart^ und Dalton^ ausgeht,
findet man , . .
und daraus berechnet man
n^g - 1 = 0,03886, Wg = 1,01914.
Mit diesen Werten wird
Qk _ (n'g — 1)* nfl flgfl
^fl ~~ (n*a — !)• ' tig dg
Die Messungen ergaben
^ _ 0,000241 ^
^fl 0,00554 ^
Der Unterschied zwischen diesen Werten würde auf eine
Veränderlichkeit des Verhältnisses ejm hindeuten. Wenn wir
m als elektromagnetische Masse betrachten, welche von dem
Bewegungszustande des Elektrons abhängen kann, würde dieses
möglich sein durch eine Änderung dieses Zustandes mit der
Temperatur. Indessen muß man beachten, daß bei der Ab-
leitung der oben benutzten Beziehung viele vereinfachende An-
nahmen gemacht worden sind. Insbesondere wird die Voraus-
setzung eines einzigen Absorptionsbandes wohl nicht zutreffen.
1) L. H. Siertsema, Comm. Phys. Lab. Leiden. Suppl. 1. p. 86;
Arch. N^erl. (2) 2. p. 376.
2) £. Mascart, Ann. £c. norm. (2) 6. p. 9.
3) J. Dal ton, vgl. Tab. von Landolt u. Bömstein.
4) Die Konstanz des spezifischen Brechungsvermögens beim Über-
gang vom gasformigen zum flüssigen Zustand wird hier besser best&tigt
als bei Bleekrode (1- <^0» welcher ältere Werte für da benutzt.
(Eingegangen 30. September 1903.)
= 0,06415.
789
99. Über Yerdichtang der Gase an der Wand
der Gefäße.
Von G. Melander in Helslngfors.
Aus früheren Untersuchungen über die Ausdehnung der
Oase bei niedrigen Drucken^) habe ich geschlossen, daß das
Oesetz, nach welchem der wahre Ausdehnungskoeffizient der
Oase mit dem Drucke konstant abnimmt, nicht exakt ist. Es
schien mir, als ob dieser Ausdehnungskoeffizient ein Minimum
hätte, welches für verschiedene Gase einem verschiedenen
Drucke entspricht
Bei der Besprechung dieser Untersuchungen hat Prof.
Wüllner^ bemerkt, daß die von mir beobachtete Vergröße-
rung des Ausdehnungskoeffizienten bei niedrigen Drucken viel*
leicht nur eine scheinbare sei, und daß sie die Folge der Ab-
lösung von an der Wand der Gefäße verdichtetem Gase dar-
stelle, um so mehr da ich angebe, daß bei meiner Versuchs-
auordnung ein zweistündiges Erwärmen erforderlich war, um
einen konstanten Zustand zu erhalten.
Wie Wüllner auch angibt, sind nicht diese Beobachtungen
allein, sondern auch die Beobachtungen von Mendelejew und
anderen, nach denen bei abnehmendem Drucke das Produkt
pv wieder abnimmt, wenn man unter den Druck einer Atmo-
sphäre hinabgeht, unvereinbar mit der von van der Waals
gegebenen Zustandsgieichung und mit den Anschauungen der
kinetischen Gastheorie.
Diese Unvereinbarkeit hängt zwar von der Annahme der
Unveränderlichkeit der Moleküle ab. Gibt man aber zu, daß die
Moleküle sich verändern können, so sind sowohl die Abnahme des
Produktes pv bei abnehmendem Drucke, wie meine Beobach-
1) G. Melander, Wied. Ann. 47. p. 135. 1892; De la dilatation
des gaz. Helsingfors 1899; Etudes sur la dilafation de Thydrog^ne. Acta
Soc Scient. Fenn. 19. No. 7. 1891 ; Etndes aar la dilatation de Toiyg^ne.
Acta Soc. Scient. Fenn. 20. No. 9. 1894.
2) A. Wallner, Lehrbuch der Experimentalphysik 2. p. 180. 1896.
790 G. Melander.
tungen über die Ausdehnung der Gase erklärlich. Ich will
zwar den Resultaten meiner Beobachtungen keinen entschei-
denden Wert beimessen^ doch scheint mir diese Bemerkung
nicht allein in bezug auf Untersuchungen über die Ausdehnung
der Gase bei niedrigen Drucken berechtigt.
Die Verdichtung der Gase an der Wand des dieselben
einschließenden Gefäßes kann ja bei allen Studien über die
Gase einen Einfluß haben. Die Größe dieses Einflusses ist
jedoch durch die wenigen bis jetzt ausgeführten Versuche
keineswegs festgestellt worden und bei allen Untersuchungen
über die Zustandsgieichung der Gase ist der Einfluß der Ver-
dichtung der Gase an der Wand des Gefäßes bis jetzt ganz
yemachlässigt worden.
Die Verdichtung der Gase an der Wand des Gefäßes
kann in der Tat durch verschiedene Methoden bestimmt werden.
Die Wirkungen der Verdichtung sind von der Größen-
ordnung der Oberfläche des das Gas einschließenden Gefäßes,
andere Veränderungen, wie z. B. die Ausdehnung, sind von
der Größenordnung des Volumens. Durch eine zweckmäßige
Anordnung muß man also bei Untersuchungen über die Aus-
dehnung der Gase gleichzeitig die Größe der Verdichtung be-
stimmen können. Je räumlich ausgedehnter man das Gefäß
wählt, um so mehr treten im allgemeinen die Wirkungen der
Verdichtung zurück gegen die Größe der Ausdehnung des
Gases. Braucht man also nacheinander verschieden große, aber
übrigens ganz ähnliche Gasbehälter, deren Volumen und innere
Oberfläche bekannt sind, so kann der Einfluß der Verdichtung
berechnet werden. Durch Variation der Form des Gefäßes
"erhielte man noch eine Eontrolle der Berechnungen.
Wenn es aber gilt, hauptsächlich nachzusehen, wie die
Verdichtung verschiedener Gase sich mit dem Drucke ver-
ändert, so empfiehlt sich eine andere Methode.
Anstatt eines einzigen Gasbehälters, der wechselweise auf
0® und 100^ C. gebracht werden kann, verbindet man das
Manometer gleichzeitig mit zwei ganz ähnlichen Gasbehältern,
bei denen aber die inneren Oberflächen verschieden sind.
Der Apparat, den ich für diese Versuche konstruiert habe,
besteht aus drei Hauptteilen: dem Siedeapparat, dem Ver-
gleicher und dem Kompressor.
Der Siedeapparat besteht aus zwei voneinaDdei- gäuz un-
abhaogigea Behältera aus Weißblech, die dem von Begnault
angewandten ähnlich sind. Der obere Teil jedes Behälters ist
also ein Dampfzyünder mit doppelten Wänden, der oben ge-
schlossen und in zwei Hälften horizontal zerschnitten ist Die
obere Hälfte bildet den Deckel des Zylinders. Der Boden der
inneren Teile der Dampfzylinder besteht aus messingenen
Drahtnetzen, welche das zur Erzeugung einer Temperatur von
0" angewandte Eis hindern, in den unteren Teil der Siede-
apparate zu fallen. Bei der Temperatur von 100" dringt der
in diesen Behältern sich entwickelnde Dampf in die Dampf-
zylinder hinein und durchläuft in seiner ganzen Länge die
Zwischenräume zwischen den beiden Wänden der Zylinder.
In die beiden Zylinder sind Glasballons eingeführt. Diese
zwei Ballons sind fast ganz gleich groß und gleichzeitig ge-
blasen, aber der eine Ballon ist inwendig ganz matt mit Fluor-
natriumlösung geätzt. Der andere Ballon dagegen ist glatt
gelassen. Die beiden Ballons sind außerhalb des Siedeappa-
rates untereinander durch Kapitlarröhren verbunden und stehen
mit dem einen Seitenaste des Y-f(irmigen Vergleicbers in Ver-
bindung.
Der zweite Seitenast des Vergleichers ist an den Kom-
pressor angeschlossen. Der vertikal abwärts fahrende Teil des
Vergleichers führt mit Schlauchverbindung zu einem Queck-
ailberbehälter. In jedem der beiden Seitenäste des Vergleichers
befindet sich eine feine Glasspitze. Diese beiden Spitzen sind
in gleicher Höhe eingestellt
Der Kompressor besteht aus einem Glasballon, der unten
an eine geteilte Glasröhre angeschlossen ist. Der untere Teil
dieser Bohre steht einerseits durch einen Kautschukschlauch
mit einem Quecksilberbehälter, andererseits mit der Trocken-
kagel der Quecksilherluftpumpe in Verbindung.
Der Glasballon wird durch schmelzendes Eis auf kon-
stanter Temperatur gehalten. Die Temperaturen der übrigen
Teile wurden aus Thermometer- und Barometerbeobachtungen
berechnet
Vom Siedeapparat bis zur Luftpumpe sind alle Glasteile
aneinander geschmolzen.
k
ä
792 0. Melander. Über Verdichtung der Gase.
Wenn nun z. B. der geätzte Ballon auf 0 ° und der unge-
ätzte auf Siedetemperatur gebracht sind , so stellt man die
Quecksilberkuppen in dem Vergleicher auf die beiden Glas-
spitzen ein. Dies kann man durch Volumenveränderung in dem
Kompressor zuwege bringen. Wenn nun der geätzte Ballon
auf Siedetemperatur und der ungeätzte auf 0^ gebracht werden,
muß die Einstellung des Quecksilbers im Kompressor unver-
ändert bleiben — vorausgesetzt^ daß keine Veränderungen der
Temperatur, der Barometerhöhe oder der Kondensations-
erscheinungen vorgekommen sind. Da man die Wirkungen der
Temperatur- und Barometerhöhenveränderungen bei Kenntnis
der Volumina leicht berechnen kann, so kann der Eintiuß der
Kondensation auch bestimmt werden. Die Ausdehnungs- und
Kompressionskoeffizienten des Glases sind vorher bestimmt.
Die bis jetzt gemachten Versuche schienen wirklich einen
kleinen Einfluß der Verdichtung der Luft an den Wänden des
Gefäßes zu zeigen. Wenn der geätzte Ballon auf Siedetempe-
ratur gebracht wird, so beobachtet man nämlich eine sehr
kleine, aber stetig wiederkommende Vermehrung des Druckes,
die durch Volumen- oder Temperaturveränderungen nicht er-
klärlich scheint.
Fortgesetzte Beobachtungen werden zeigen, wie dieser
Einfluß sich mit dem Drucke verändert.
Helsingfors, 27. September 1903.
(Eingegangen 1. Oktober 1908.)
793
100. Einige Yersnche fiber das Elektrodenpotential Yon
Entladungsrohren.
YoD Otto Berg in Greiftwald.
In einem Stromkreise, der aas Leitern erster Tind zweiter
Klasse besteht, bleibt der stationäre Zustand der Strom-
verteilung ungeanderty wenn man einen Punkt der Leitung
mit der Ek-de verbindet. Das scheint nicht mehr zu gelten,
wenn der Stromkreis eine 6 ei 61 er sehe Röhre enthält. Einige
Beobachtungen derart sollen im folgenden mitgeteilt werden.
Die Versuche wurden an einer Ehitladungsröhre angestellt, die
in der Figur p. 794 skizziert ist: a, b, c sind Aluminiumelektroden ;
b hat die Form eines runden Diaphragmas. Das Rohr war
dauernd mit einer kleinen Töplerschen Pumpe in Verbindung.
Der Strom einer vierplattigen Töplerschen Influenzmaschine
zirkulierte zwischen a und b] die Elektrode e hatte ursprüng-
lich zu Versuchen anderer Art gedient Die Potentialdifferenz
zwischen den Elektroden a und b wurde mit einem Braun-
achen Elektrometer gemessen. B^ kamen drei Instrumente
in Verwendung; Nr. 1 für 0—1500 Volt (lSktL=100 Volt);
Nr. 2 f&r 0—8000 Volt (1 Sktl. « 100 Volt); Nr. 8 för 0 bis
10000 Volt (1 SktL = 500 Volt). Die Instrumente differierten,
soweit die Skalen gemeinsam waren, beträchtlich in ihren An-
gaben. Sie wurden späterhin möglichst gegeneinander ab-
geglichen. Die absoluten Werte wurden nicht kontrolliert.
Man beobachtet nun, daß das Entladungspotential zwi-
schen den Elekti'oden a und b nicht unwesentlich geändert
wird, wenn man eine dieser beiden Elektroden zur Erde ab-
leitet. Zum näheren Studium dieser Erscheinung wurde die
Luft in der Röhre bis zu einem bestimmten Ehitladungs-
794 0. Berg.
Potential yerdünnt und dann die Pumpe außer Tätigkeit ge-
setzt. Das Entladungspotential nahm dann langsam wieder
ab, so daß die Messungen währenddessen angestellt werden
konnten. Aus den zahlreich angestellten Beobachtungen sollen
im folgenden einige angeführt werden, bei denen a Anode,
b Kathode war (s. Figur).
Wenn die Anode (a) zur Erde abgeleitet wird, so erfolgt
bei höheren Entladungspotentialen im allgemeinen eine Er-
höhung des Potentials (bei 4000 Volt etwa 1000 Volt). Dieser
Einfluß wird mit abnehmendem Potential geringer und ver-
schwindet bei etwa 880 Volt gänzlich. Unterhalb von 880 Volt
tritt bei Erdung der Anode eine Erniedrigung des Entladungs-
potentials ein, die 100 Volt betragen kann. Bei etwa 600 Volt
ist der Einfluß der Erdableitung nicht mehr zu merken; eventuell
verschwindet er auch schon bei etwas höheren Potentialen,
nachdem der Strom recht lange Zeit durch die Röhre ge-
' gangen ist
Merkwürdigerweise vollzieht sich der spontane Abfall
des Entladungspotentials fast niemals stetig; vielmehr beob-
achtet man folgenden Verlauf: nachdem es bis auf etwa
700 Volt gefallen ist, steigt es plötzlich ohne erkennbaren
Anlaß bis auf etwa 880, um dann langsam wieder zu sinken.
Dieser Vorgang wiederholt sich mehrmals hintereinander. Nach
jeder spontanen Erhöhung des Potentials ist der Einfluß der
Erdung der Anode besonders stark.
Die Erdung der Anode bewirkt jedoch nicht immer Er-
niedrigung des Entladungspotentials. Dieser Effekt tritt stets
ein, wenn die dritte Elektrode c mit der Kathode b verbunden
wurde. Waren jedoch b und c nicht verbunden, so wurde bei
2500 Volt Erniedrigung des Potentials beobachtet; oberhalb
und unterhalb 2500 Volt fand sich dann je ein Punkt, wo
Erdung ohne Einfluß war.
iTBiiinfwinii lu^iniiTiaf twi EM&aCKmtutsnSkantm. 1'^
1
AfiPihnL öd nrÄ BMihftcLiKuecL xvisdMn Jamb sicli «las Eat*
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Süd «cv:m v^ickielBd: jtedocfa üt Eraiediunamr des Poientuds
£nflmdnng*pof«nti«I« in
Tolf
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leriwnden.
Tabelle 1.
Tmbe
Ile 2m.
Tjkbell
e 2K
Anode
Anode
Anode
■kkt
|ECCftlec
geerdet
nickt
geeidet
1500
geeidet
1600
nickt
iseeidet
1500
ppei>k*t
uoo
5000
160i>
3500
4500
1400
1500
1400
1500
3200
3S00
1300
1390
1300
1400
9000
3500
1200
1280
1200
128i>
2700
9000
1100
1160
1100
1150
2500
2700
1050
1100
1000
1040
2200
2350
1000
1030
900
92l>
2000
2100
970
990
880
850
1800
2000
1650
1400
1300
1180
950
930
880
850
850
970
940
885
850
830
870
840
1500
1300
1200
1100
89l>
850
830
79l>
780
780
860
780
840
770
800
760
770
750
•
880
750
820
760
800
765
-
750
730
796
0, Berg.
Tabelle 8.
Tabelle 4.
Kathode
nicht
geerdet
geerdet
8500
8000
8000
2500
2500
2200
2000
1850
1500
1495
1250
1800
1100
1100
1000
1050
700
1200
1000
950
980
950
850
750
750
700
Kathode
nicht
geerdet
8500
8200
8000
2800
2400
2800
2000
1800
1550
geerdet
2800
2600
2400
2800
2100
2000
1850
1700
1500
Die besprochene Erscheinang wird sich vermutlich durch
elektrostatische Beeinflussung der Gasionen und Elektronen
erklären lassen.^) Jedoch liegt die Vermutung nahe, daß der
Einfluß der Erdleitung auf das Entladungspotential durch
einen Strom zustande kommt, der durch die Ehrdleitung fließt.
um diese Vermutung zu prüfen, wurde in die Erdleitung
ein empfindliches Drehspul-Zeigergalvanometer eingeschaltet
Tatsächlich zeigte sich nun zunächst, daß durch die Erdleitung
ein Strom zur Erde floß, und zwar sowohl von der Anode als
auch von der Kathode. Es mußte also in der Röhre, falls
keine Elektrode zur Erde abgeleitet war, positive Elektrizität
im Überschuß vorhanden sein, was sich auch durch Messung
des Potentials beider Elektroden gegen die Erde bestätigen ließ.
Jedoch dürfte es nicht leicht fallen, diesen Erdstrom mit den
Potentialänderungen an der Röhre in Verbindung zu bringen.
Es ergab sich nämlich, daß dieser Strom lediglich infolge einer
Asymmetrie der erregenden Influenzmaschine zustande kanoL.
Denn statt des von den Elektroden zur Erde fließenden Stromes
1) In Betracht zu ziehen wäre auch die etwa vorhandene Diskon-
tinuität des Stromes.
Ekktrodenpoienäal von Entladungsrohren.
797
konnte man durch künstliches ümpolarisieren der Maschine
(der Strom worde in der Entladungsrohre natürlich wieder
gleichgerichtet) stets einen von der Erde zur Elektrode fließen-
den Strom erhalten.
Im ersten Fall liefert die Influenzmaschine einen XJber-
schuß an positiver, im zweiten einen Überschuß an negativer
Elektrizität.
Tabelle 5.
Anode
nicht
geerdet
geerdet
Strom sor Erde
von der
Anode
Kathode
2500
1900
1500
1800
1000
900
800
800
2600
2050
1650
1400
1050
900
880
750
+ 22
+ 18
+ 16
+ 14
+ 13
+ 12
+ 12
+ 11
+ 3
+ 3,5
+ 4,5
+ 5
+ 5,5
+ 6
+ 6
+ 6
Tabelle 6.
Anode
nicht
geerdet
geerdet
2500
2200
2000
1600
1300
1100
1000
900
860
2600
2300
2100
1700
1400
1120
1010
900
850
Strom von
Anode
Kathode
0
2
8
nicht gemessen
- 20
4
- 20
2
- 14
1
- 8
1
- 7,5
2
- 7,5
2
- 7,5
Es scheint nun, daß die besprochenen Potentialänderungen
von der Richtung des Stromes in der Erdleitung ziemlich
unabhängig sind, so daß der Zusammenhang beider Er-
scheinungen unwahrscheinlich ist. Zur Bestätigung mögen
798 0. Berg. BUfktrodenpotential von Entladungtrohren^
die Tabellen 5 bis 8 dienen, in denen der Ton der abgeleiteten
Elektrode zur Erde fließende Strom in Skalenteilen des Ghdyano-
meterausschlages angegeben ist (1 Skalenteil = 0,00000024
Ampere, der ganze Strom der Maschine hatte eine Stärke von
etwa 0,00008 Ampöre). Zwischen den Messungen der Tabellen
5 und 6 wurde die Maschine umpolarisiert
Tabelle 7.
Tabelle 8.
Elekt
nicht
geerdet
rode c
geerdet
Strom von
Elektrode c
zur Erde
2200
2500
+ 4
1700
2000
+ 4
1450
1750
+ 5
1200
1400
+ 5,5
950
1150
+ 7
900
1100
+ 6
800
950
+ 6
750
800
1 +7
Elektrode e
nicht
geerdet
geerdet
1600
1500
1800
1100
900
800
800
2200
1900
1600
1400
1250
1000
900
Strom von
Elektrode c
zur Erde
- 18
- 18
- 18
- 18
- 17
- 1
- 17
Tabellen 7 und 8 geben den Einfluß der Erdleitung der
Elektrode c auf das Entladungspotential; wie man sieht, sind
die Änderungen größer als bei Ableitung der Elektroden a
und b\ die Richtung des Erdstromes scheint ohne wesentlichen
Einfluß zu sein.
Parallel mit den Änderungen des Entladungspotentials
gehen gewisse nicht leicht zu beschreibende Lichterscheinungen.
(Eingegangen 1. Oktober 190S.)
799
lOL Über die Periode nnd die
Phasendifferenz zwischen Strom nnd Spannung im
singenden Flanunenbogen*
Von O. OranqTlst in üpsalm.
Verbindet man die beiden Ellektroden in einem Licht-
bogen, die eine direkt, die andere durch eine Selbstinduktion
hindurch mit den Belägen eines Kondensators, so wird die
Eondensatorleitung und der Lichtbogen, der dabei einen musi-
kalischen Ton Ton sich gibt, von einem Wechselstrom durch-
flössen, sofern der L&nge des Lichtbogens und der Litensität
des direkten Stroms geeignete Werte gegeben werden. Diese
Wechselströme sind zuerst von Locher^ bei seinen Unter-
suchungen über den yermuteten diskontinuierlichen Charakter
des elektrischen Lichtbogens nachgewiesen worden, später wur-
den sie aufs neue von Duddell *) entdeckt, der das Phänomen
eingehender studiert hat
Die Wechselzahl dieser Wechselströme oder die Schwin-
gungszahl des Tons, den der Lichtbogen Ton sich gibt, läßt
sich nach Duddell und Tissof) aus der Thomsonschen
Formel
i_
"" 2n\~CL
berechnen.
Spätere Untersuchungen von Wertheim*), Ascoli, Man-
zetti^)und Meisel^ haben indessen ergeben, daßdieThom-
sonsche Formel nicht zur Berechnung der Schwingungszahl
verwendet werden kann und daß diese außer von der Kapazität
1) £. Lech er, Wied. Ann. SS. p. 609. 18SS.
2) W. Daddell, Electrician 45. p. 310. 1900.
S) W. Duddell a. C. Tissot, Eclair, ^lectr. SS. p. 354. 1900.
4) Wertheim Salomonson, Versl. Kon. Akad. Wet Amsterdam,
p. 381. 1902.
5) M. Ascoli u. R. Manzetti, Rendiconti de! Lincei 11. p. 11. 1902.
6) S. Meisel, Phjs. Zeitschr. 4. p. 532. 1903.
800 G. Granqvist
und Selbstinduktion auch eine Funktion der Länge des Licht-
bogens und der Intensität des direkten Stroms ist.
Eine Erklärung hierfür ist noch nicht gegeben worden.
Wir wollen daher im folgenden die Faktoren zu bestimmen
suchen, die auf die Wechselzahl Einfluß haben, und femer die
Beziehung, die zwischen ihnen und der Schwingungszahl besteht.
1. Bevor wir zur Behandlung des „musikalisch en^' Licht-
bogens tibergehen, wollen wir zunächst erörtern, wie die Po-
tentialdifferenz zwischen den Elektroden in einem Lichtbogen
sich mit der Stromstärke ändert.
Eine Vermehrung der Stromstärke hat bekanntlich eine
Verminderung der Potentialdifferenz zwischen den Elektroden
zur Folge. So z. B. kann für einen Lichtbogen zwischen
Homogenkohle die Potentialdifferenz T nach Ayrton^) in der
Form
T = 38,88 + 2,074 X + ^^^^^ +^^o>^^^
angesetzt werden, wo X und / die Bogenlänge und die Strom-
stärke bezeichnen.
Lagern wir nun den periodischen Strom asin2^n/, wo
a klein ist, über den konstanten Strom, der einen Lichtbogen
unterhält. Wir erhalten dann eine periodische Änderung der
Potentialdifferenz zwischen den Elektroden, und deren Phase
muß, nach dem oben Angeführten, um einen Winkel n im Ver-
hältnis zum Strom verschoben sein.
Duddell ^ hat indessen nachgewiesen, daß, wenn die
Frequenz des periodischen Stroms groß ist, eine Phasen-
verschiebung zwischen Spannung und Strom erhalten wird,
die größer ist als n und die zunimmt, wenn die Frequenz
wächst.
Die Ursache dieser Zunahme der Phasenverschiebung ist
offenbar die, daß bei schnellen Stromschwankungen die Kohlen
nicht mehr den jeweiligen Strom werten entsprechend brennen
können.
Jede Änderung der Stromintensität bewirkt nämlich eine
1) W. Ayrton, The Electrician 41. p. 720. 1898.
2) W. D. Duddel, Proc. Roy. Soc 68. p. 517. 1901.
Strom und Spannrnny im xingenden FUtmmenbogefL 801
Änderung sowohl der Ansatziiächen und des Querschnitts des
Bogens als aach des Temperaturgefälles l&ngs der Elektroden.
In einem früheren Aufsätze ^) habe ich nachgewiesen, daß die
Ansatzflächen und also auch der Querschnitt des Bogens unter
anderem auch von diesem TemperaturgefäUe abhangig ist
Dieses letztere kann natürlich, besonders bei so schlecht wärme-
leitenden Sto£fen wie Kohle, nicht augenblicklich den Wert
annehmen, der bei stationärem Znstand dem momentanen Wert
der Stromintensitat entspricht Infolgedessen muß der ther-
mische Zustand im Bogen und also auch die Ansatzflächen,
der Querschnitt eta des Bogens eine Phasenverschiebung im
Verhältnis zum Strom erhalten, und diese muß um so größer
werden, je großer die Frequenz des Stroms ist Da nun
femer die Potentialdifferenz zirischen den Elektroden sich ändert,
wenn die Dimensionen des Bogens sich ändern, so muß offen-
bar auch sie eine entsprechende Phasenverschiebung erhalten.
Wenn also über den konstanten Strom, der einen Licht-
bogen unterhält, der variable Strom a sin 2 sr it ^ sich lagert, so
erhalten wir eine Variation o der Spannung, die in der Form
r = ^asin(2^n^— \ff)
angesetzt werden kann.
Bei Duddells Dntersuchungen, die mit sehr geringer
Intensität des Wechselstroms angestellt wurden, stieg xp mit
der Wechselzahl kontinuierlich von n auf 2n bei Homogen-
kohle. Bei einer Wechselzahl von ungefähr 1950 betrug die
Phasenverschiebung 3;r/2 und bei 90000 und darüber 2%.
Bei einer Untersuchung, die ich später veröffentlichen
werde, über die Phasenverschiebung zwischen Strom und Po-
tentialdifferenz im Lichtbogen bei geringerer Wechselzahl und
größerer Intensität des Wechselstroms habe ich in Überein-
stimmung hiermit bei Homogenkohle eine Phasenverschiebung
von 210® bei einer Wechselzahl von 60 gefunden.
Mit aller Wahrscheinlichkeit ist indessen die Phasen-
verschiebung nicht nur eine Funktion der Wechselzahl, sondern
auch der Intensität des direkten Stroms und des W^echselstroms.
Was Dochtkohle betrifft, so geben Duddells Messungen
an die Hand, daß die Phasenverschiebung daselbst zwischen
1) G. Gr&nqvist, Nova Acta Reg. Soc. ups. Serie III. 1903.
51
802 G, Grangvist.
3ji/2 und 2n liegt. Schon für 250 Perioden wurde cos V^=0,67,
also V^=312® erhalten; bei 15 000 und darüber cost/;=l,
also W =i 2n^ Für eine Wechselzahl von 60 habe ich eine
Phasenverschiebung von 340^ erhalten.
Die Größe k in obenstehender Formel wollen wir im
folgenden den Wechselstromwiderstand im Lichtbogen nennen.
Dieser Widerstand, der mit der Bogenlänge wächst, ist ab-
hängig von der Intensität des direkten Stroms, und zwar wird
er geringer, wenn diese letztere zunimmt; er ist außerdem
eine Funktion sowohl der Intensität wie der Frequenz des
Wechselstroms.
Die Energie, die von dem Wechselstrom im Lichtbogen
entwickelt wird, ist dem obigen zufolge
— I ka^si
sin (2 TT n ^ — W)sin2 nnt dt = — — cos xp
0
Liegt t// im dritten Quadranten, so ist cosi/; negativ. In
diesem Falle liefert der Lichtbogen dem Wechselstrom eine
gewisse Menge Energie. Liegt xp dagegen im vierten Qua-
dranten, so absorbiert der Lichtbogen Energie von dem Wechsel-
strom.
2. Untersuchen wir nun das Verhältnis bei dem musi-
kalischen Lichtbogen. 2 und C mögen die Selbstinduktion und
die Kapazität in der Kondensatorleitung und r den Widerstand
daselbst bezeichnen. Mit 77 und Z wollen wir femer den
Widerstand und die Selbstinduktion in der Hauptleitung und
mit U die elektromotorische Kraft daselbst bezeichnen. Be-
zeichnet endlich F den Momentan wert der Potentialdiflferenz
zwischen den Elektroden des Lichtbogens und /, i und j die
momentanen Werte der Stromstärken in der Hauptleitung, der
Kondensatorleitung und im Lichtbogen, so ist
Nehmen wir nun an, es sei der durch den Lichtbogen
gehende Wechselstrom = a sin 2 tt n ^ und a klein gegen J.
Strom und Spannung im singenden Flammenbogen. 803
Die infolgedessen entstandene Änderung der Potentialdifferenz
im Bogen ist dann nach dem, was wir oben gezeigt,
ü = Ä a sin (2 ;rn ^ — W),
Bezeichnen wir nun mit 8J den Momentan wert des
Wechselstroms in der Hauptleitung, so gehen diese Gleichungen
über in
(1) ^ / = I -h a sin 2 ;rn ^;
(2) nSJ+L^ + Äasin(2;rn^- «^ = 0;
(3) ri-h24^ + ^f^^kasin{2nnt-^ m.
dt C
Integriert man die Gleichungen (2) und (3), so erhält
man nach Ausschluß der Glieder
Äe ^ und Be ^ ,
welche nach einiger Zeit verschwinden,
*/= -^C08fl8in(2Än/- ^- fl);
I = -^cos08in(2ww^- ^+ 0),
worin
1^^- Zr ^ 271 n Cr r
Nach Einsetzen der Werte für ^V und i in die Glei-
chung (1) erhalten wir
--^cosßsin(2 7rn^~ V^- Si)
^ -^ cos 0 sin (2 ;r n ^ — V + 0) + a sin 2nnt,
welche Gleichung aufgelöst übergeht in
(4) ^^^"^ cos (^y + fl) + A cos 0COS [W - 0)+ 1 =0;
(5) -^cosßsin(V^+ fl)+ * cos0sin(^- 0) = O.
Wir haben nun oben gesehen, daß der Winkel W ent-
weder im dritten oder vierten Quadranten liegen muß.
Der in. der Eondensatorleitung entstehende Wechselstrom
wird, wie Duddell nachgewiesen hat, dadurch erhalten, daß
51*
804 G, Granqvist
der Lichtbogen selbst einen Umformer bildet, der einen Teil
des Gleichstroms in Wechselstrom umwandelt. Damit dieser
letztere aufrecht erhalten werden könne, muß offenbar der
Bogen Energie abgeben, um die durch die Joule sehe Wärme
Tcrlorene Energie in der Kondensatorleitung zu ersetzen. Dies
kann, nachdem, was wir oben gezeigt, nur geschehen, wenn der
Winkel V im dritten Quadranten liegt. Dochtkohlen, bei
welchen V^ im vierten Quadranten liegt, lassen sich daher
nicht anwenden.
Setzen wir daher
so gehen die Gleichungen (4) und (5) über in
(6) — g— cos(iP'o + ß) + -^r- cos(JP'o - *) = 1
/fT\ COS iß . ,,f|. , r\\ I COS 0 . /,.- -.-V /N
(7) —^— sm {% + H)+ —^ — sm [W^ - *) = 0.
Der Winkel ß liegt immer im ersten Quadranten, das-
selbe ist, wie wir unten sehen werden, der Fall bei 0. Daraus
folgt, daß sin(V^^+ßJ positiv ist. Nach Gleichung (7) muß
dann sin(V^Q — <1>) negativ sein und damit 0 > W^,
Wir wollen nun im folgenden annehmen, es sei so große
Selbstinduktion in der Hauptleitung eingeführt, daß der Wechsel-
strom daselbst vernachlässigt werden kann. Wir können dann
ß approximativ = ;r/2 und damit cos ß = 0 setzen.
Die Gleichungen (7) und (6) gehen über in
(8) %= Oi; Äcos*= r,
welche beiden Gleichungen die Bedingungen angeben, die in
diesem Fall erfüllt sein müssen, damit ein Wechselstrom ent-
stehen und der Lichtbogen so einen Ton von sich geben könne.
Die letzte der Gleichungen (8) hat eine einfache physi-
kalische Bedeutung. Wird 0 = ^^^ eingesetzt und multipliziert
man die Ausdrücke auf beiden Seiten vom Gleichheitszeichen
mit a*/2, so erhält man
COS V^ =
2 — -0 2
WO das linke Glied die Wechselstromenergie bezeichnet, die
vom Bogen abgegeben wird, und das rechte Glied die Joule-
Strom und Spannung im singenden Flammenbogen. 805
sehe Wärme in der KondeDsatorleitung. Die Gleichungen (8)
besagen also als Bedingung fär das Zustandekommen eines
Wechselstroms in der Kondensatorleitung und dem Lichtbogen,
daß die Phasenverschiebung zwischen Potentialdifferenz und
Stromstärke im Lichtbogen so groß sein muß, daß die Energie,
die vom Bogen abgegeben wird, gleich der Joule sehen Wärme
in der Eondensatorleitung ist.
Wir haben oben erwähnt, daß die Gleichungen (8) die
Bedingungen für das Erhalten eines singenden Lichtbogens
enthalten. Wird in diesen Gleichungen der Wert für 0 ein-
gesetzt, so erhalten wir nach einer einfachen Reduktion
(10) tga> = tg»p-„= * *""2
2nnCr r
Nur sofern eine Wechselzahl existiert, die so beschaffen
ist, daß sie diesen beiden Gleichungen genügt, kommt also ein
singender Lichtbogen zustande. In diesem Fall ist der Wechsel-
stromwiderstand im Lichtbogen gleich dem scheinbaren Wider-
stand in der Eondensatorleitung und die Phasenverschiebung
zwischen Spannung und Strom im Lichtbogen um einen
Winkel n größer als die in der Eondensatorleitung.
3. Um auch experimentell die Richtigkeit des obenstehen-
den Satzes zu untersuchen, habe ich einige Bestimmungen
über. den singenden Lichtbogen ausgeführt Da der Raum es
mir hier verbietet, näher auf dieselbe einzugehen^ wiH ich des
Beispiels halber nur über einen dieser Versuche berichten.
Li die Leitung einer Akkumulatorenbatterie von 100 Volt
wurde eine Bogenlampe mit Handregulierung eingeschaltet
Die Eohle in derselben bestand aus Homogenkohle mit einem
Durchmesser von 10 mm.
Li die Leitung war femer eine Drosselspule, Ballast-
widerstand und ein Amp^remeter eingeschaltet Der Wider-
stand in der Leitung mit Ausnahme des Lichtbogens betrug
20 Ohm und die Selbstinduktion der Leitung 18,8. 10® cm.
Parallel mit dem Lichtbogen war ein Glimmerkondensator
eingeschaltet, und hinter diesem eine Selbstinduktion und ein
Dynamometer. Die Eapazität dieser Leitung betrug 1 Mikrof.,
806 G. Granqvitt.
die gesamte Selbstinduktion 3,576 . 10" cm und der Widerstand
daselbst 1,25 Ohm.
Bei einer Stromstärke von 2,25 Amp. nnd einer Bogen-
länge TOD ungefähr 2 mm gab der Lichtbogen einen Ton, der
zwischen d (2376) und du (2475) variierte. Wird die Schwin-
gungszahl nach der Thomeonschen Formel berechnet, so er-
hält man ungeßLhr e (2640).
Wir können nun ii berechnen. Für eine Schwingnngsz^
von 2400 erhält man ß = 86" und cos fl = 0,07. Wir werden
_^ — -_^
w — I ■ — — 2t=-^— i
unten sehen, daß (/) ungefähr 83° beträgt Werden nun diese
Werte für Ü uud *P in die Gleichung (6) eingesetzt und ebenso
die oben angegebenen Werte fUr 77 und t, so beträgt,. wenn
außerdem H'^ approximativ gleich </> gesetzt wird, das erste
Glied hier nur 3 Proz. der übrigen. Wir können ihn daher
vernachlässigen und nehmen also an, daß der Wechselstrom nur
durch die EondeuBatorleitung und den Lichtbogen hindurchgeht.
Wir wollen nun die Gültigkeit der Gleichung (9) unter-
suchen. Bezeichnen wir den induktiven Widerstand in der
KondensEitorleitung mit q, so ist
p = -^^Q- - 2 n n a und tg 0 = -?■ ■
Für verschiedene Werte von o sind nun n und 0 be-
rechnet nnd in das obenstehende Diagramm eingeführt, wo (>
längs der Äbszissenachse und n und 4> längs der Ordinaten-
achse abgetragen sind.
Strom und Spatmunff im nng enden Flammenbogen. 807
Nach Gleichung (9) ist
y^^
Wir können also q berechnen^ wenn wir k bestimmen können.
Nach der Definition f&r k maß dieses gleich dem Ver-
hältnis zwischen der effektiven Spannung des Wechselstroms im
Lichtbogen und der effektiven Stromintensität sein. Die letztere
habe ich mittels des Dynamometers in der Eondensatorleitung
gemessen. Um die effektive Spannung des Wechselstroms zu
erhalten, wurde parallel mit dem Bogen gleichzeitig ein Volt-
meter für Gleichspannung und ein Hitzdrahtvoltmeter ein-
geschaltet. Bezeichnet man den Ausschlag an erstem Instru-
ment mit E^ und an letzterem mit E^^ so ist die effektive
Wechselstromspannung e^ wie Peuckert gezeigt hat,
Untenstehende Tabelle enthält die bei drei verschiedenen
Gelegenheiten erhaltenen Werte für diese Spannungen und die
daraus berechneten Werte für k und q.
e
•
%
k
9
Volt
Amp.
Ohm
Ohm
15,9
1,64
9,7
9,6
18,8
1,64
11,5
11,4
14,4
1,64
8,8
8,7
Werden diese Werte für q in das Diagramm eingesetzt^
so erhält man die aus Gleichung (9) berechneten Schwingungs-
zahlen. Aus dem Diagramm ersehen wir, daß diese Schwingungs-
zahlen zwischen den beobachteten d und dis liegen. Da der
Bogen nicht einen konstanten Ton gibt, ist es unmöglich, die
Schwingungszahl genauer zu bestimmen. Die dieser Schwin-
gungszahl entsprechende Phasenverschiebung liegt zwischen
82 und 84^. Die Phasenverschiebung zwischen Spannung und
Strom im Lichtbogen selbst beträgt also 263®.
Aus Gleichung (9) ersehen wir, daß einer Änderung des
Wechselstromwiderstandes im Bogen eine Änderung der
Schwingungszahl entspricht. Da die Phasenverschiebung,
wenigstens wenn sie einen größeren Wert hat, nur unbedeutend
mit dem Wechselstrom widerstand variiert, wie das aus dem
808 G, Oranqvist Strom und Spannung etc.
Diagramm berrorgeht^ so ist es im allgemeinen möglich , die
SchwinguDgszahl innerhalb gewisser Grenzen zu variieren. Eine
Vermehrung des Wechselstrom Widerstandes, d. b. eine Ver-
mehrung der Bogenlänge, oder eine Verminderung der Strom-
intensität bewirken dann eine Erniedrigung der Schwingungs-
zahl und umgekehrt. Die Ursache dafür, daß ein singender
Lichtbogen keinen konstanten Ton von sich gibt, dürfte haupt-
sächlich eben darin liegen, daß der Wechselstrom widerstand
ständig variiert
Aus dem hier angeführten Versuche ersehen wir also,
daß die Übereinstimmung zwischen der beobachteten Schwin-
gungszahl und der aus oben angeführten Formeln berechneten
ziemlich gut ist Die Gleichungen (9) und (10) geben uns also
die Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit ein ,,singender''
Lichtbogen erhalten werden könne, unter der Voraussetzung,
daß der Wechselstrom von kleiner Amplitude ist und nur
durch die Eondensatorleitung und den Lichtbogen hindurch-
geht, und sie geben uns ein Mittel, sowohl die Schwingungs-
zahl als auch die Phasenverschiebung zwischen Spannung und
Strom im Lichtbogen zu berechnen.
Upsala, Physikalisches Institut.
(Eingegangen 1. Oktober 1903).
809
102. Hysteretische AnwenduDg der BoltzmaDn-
Maxwellschen Verteilungsfunktion.
Von H. du BoiB in Utrecht.
Bezeichnungen.
E, Gyrationsenergie. 5, Feldintensität
JTj, Ky^ Kg, Hauptträgheitsmomente. ?K, Polarisationsmoment.
F, Integralordinate. Oo - ^3f/^, Argument.
X, Abszisse. m, Orientierungskosinus.
y, Differentialordinate. (, rj, Hilfiskoordinaten.
Eine sehr große Anzahl diskreter, längs einer Hauptachse
äquatoreal polarisierter Kreisel, deren stabile feldfreie Gyrations-
hauptachsen die gleiche Richtung haben mögen, sei dem orien-
tierenden Einfluß eines ebenso gerichteten gleichförmigen
Feldes unterworfen. Seine Intensität variiere im Bereiche ± oo
stetig und genügend langsam; dabei sei vorderhand abgesehen
von einer eventuellen gegenseitigen orientierenden Wirkung
der Kreisel; diese seien alle gleich in bezug auf Trägheit und
Polarisation. Was ihre kinetischen Gyrationsenergien betriflft,
80 sollen im folgenden beispielsweise einmal die Konse-
quenzen aus der Annahme hergeleitet werden, daß diese in
der Weise über den Kreiselschwarm verteilt seien, wie es das
Boltzmann-Max well sehe Gesetz zunächst für translatorische
Geschwindigkeitsquadrate fordern würde.
Kürzlich habe ich nachgewiesen^), daß jeder Einzelkreisel
an und für sich hierbei unter Umständen „Orientierungs-
hysterese" zeigen wird, so daß die Funktion
m = funct (o^,)
zum Teil durch eine isokinetische Schleife darzustellen ist,
etwa wie die in Fig. \A gestrichelte. Die dem „Labilitäts-
punkte'' L bez. L' entsprechende Feldintensität beträgt dann
1) H. du Bois, Ann. d. Phys. 13. p. 289. 1904.
810 H. du Boü.
(1) 5i: = § 1 1o U = § funct {Kx, Kr, K^),
sie ist also flir Kreisel mit vorgeschriebenem Trägheitsellipsoid
der Gyrationsenergie direkt, bez. dem Polarisationsmoment
umgekehrt proportional (1. c. § 24).
Die hier in Betracht kommende Verteilungsfunktion wird
bekanntlich dargestellt durch die Gleichung^)
(2) y = ^e-'ilc-
y n
darin ist x = EqJ2 E^, das halbe Verhältnis der tatsächlichen
Gyrationsenergie zu dem am häufigsten vorkommenden Werte E^
und ydx der Bruchteil der Gesamtzahl Kreisel, deren Energie
zwischen 2Ewx und 2E^r{x + dx) liegt. Diese Verteilungs-
funktion wird durch die Kurve 0' M' N' dargestellt, welche fiir
X = 0,5000 ein Maximum aufweist und später asymptotisch
gegen Null konvergiert.
Eine einfache Überlegung zeigt nun, daß der Orientierungs-
vorgang für den ganzen Kreiselschwarm bei passender Wahl der
Koordinatenmaßstäbe einer Schleife & W V 0 W V entspricht
Und zwar derart, daß je einer ihrer gekrümmten Äste, z. B.
(y W V — rechts von der Schleife nochmals mit fünffach
größerem Abscissenmaßstab gezeichnet — identisch ist mit
der aus (2) zu gewinnenden Integralkurve
% X
(3) r= ft/dx = ^Je-'yTxdx,
0 0
Behufs Bestimmung der letzteren setze man ar = |*; es wird
(4) r-^-.J.-tUi;
0
d. h. das Integral der bekannten Funktion
die vergleichshalber durch die Kurve ff MN dargestellt ist.
1) Vgl. L. Boltzmann, Qastheorie 1. p. 50; 2. p. 130. Leipzig 1895.
— L. Boltzmann, Berl. Sitzungsber. p. 1395. 1888. — G. Kirchhoff,
Wärmetheorie, p. 170. Leipzig 1894.
Boit=mamm-yaxKtii*cJu
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:--
!
U'^
\
<!
812 U. du Bois.
Die partielle Integration der Gleichung (4) ergibt
(5) r=-f. f.-^^l-^.-'y^.
0
Nun läßt sich dieses unbestimmte „Wahrscheinlichkeitsintegral"
den Enck eschen Tafeln entnehmen. Es ist bekanntlich das be-
stimmte Integral T^ = 1; und für )/i = 1,0875 = ]/M826
wird 1) Ji,i826 = 0,5000.
Dementsprechend zeigt die gestrichelte 0' //"' P- Kurve
Z=funct {x) zuerst konvexe Krümmung, dann einen sehr
„flachen" Wendepunkt H"' fGiv x =: 0,5000, verläuft femer mit
äußerst schwacher konkaver Krümmung, erreicht den Wert
r= 0,5000 für a: = 1,1826, und nähert sich schließlich asymp-
totisch dem Werte Z= 1. Ihre GraphodiflFerentiation führt
selbstverständlich wieder zur Ausgangskurve UATN'; falls
anderseits eine vollständige Schleife von ähnlichem Typus, aber
von abweichender Form gegeben wäre, und alle sonstigen
Voraussetzungen zuträfen, so könnte aus ihr durch Grapho-
diflFerentiation die entsprechende Verteilungsfunktion hergeleitet
werden. Diese könnte sich zwar mehr oder weniger von der
speziellen exponential - irrationalen Funktion unterscheiden,
welche das Boltzmann-Maxwellsche Gesetz darstellt; die
Kurve müßte aber demselben generellen Typus angehören.
Handelt es sich nicht um einen vollständigen Kreisprozeß,
wobei das Feld im Bereiche ± oo variiert, sondern um einen
unvollständigen, sich zwischen den Grenzwerten ± ^q abspielen-
den, so werden diejenigen Kreisel mit erheblicher Gyrations-
energie, für diegj^ > gö ^^ quasi-reversibeler Weise orientierbar
sein, aber für den irreversibelen Kreisprozeß nicht in Betracht
kommen. Letzterer wird daher dargestellt durch eine Schleife
von geringerem Ordinatenbereich, z.B. o'w'vowv, deren ge-
krümmte Aste übrigens identisch sind mit den betreflfenden An-
fangsstrecken der vollständigen Schleifen äste.
Die bei dem isokinetischen Kreisprozeß vom Felde ge-
leistete, der Dissipation unterhegende Arbeit ist proportional
dem Schleifeninhalt, d. h. dem Integrale
1) Vgl. 0. E. Meyer, Kin. Qastheorie 2. Aufl. II. Abschn. p. 40.
Breslau 1899.
ßoäzmutMM-MaxwrtUseke TerlahmgsfMmkämu 813
Yd,
zwischen passenden Grenzen. Seine Berechnoni; könnte nach
Einsetzen des I ans Gleichung ,5; durch Beihenentwickelung
oder bequemer mittels Graphointegration erfolgen. Nach
letzterem Verfahren ist das Integral als Funktion Ton }' auf-
getragen (Fig. 1 B ; diese transzendente Kurve ähnelt einer
Parabel, wenigstens in ihrem mittleren Verlaufe.
Sofern sich überhaupt im Schwärme Kreisel befinden, die
aus irgend einem Grunde nur in quasi -rerersibeler Weise
orientierbar sind, wird sich die betrefiiende Kurre d^ Schleife
durch Ordinatenaddition superponieren. In der üblichen Aus-
drucksweise werden die Schleifen einer Scherung parallel den
Ordinaten von der geraden Asymptote bez. von der Abszissen-
achse aus bis zu jener quasi-reTersibelen Kurre zu unterziehen
sein; durch diese Operation können sie sich selbstTerständlich
in mannigfacher Weise deformieren.
Etwaige rein translatorische Bewegungen des Massen-
zentrums eines Elreisels spielen bei alledem keine Rolle. Be-
finden sich Ej^isel dauernd oder Torübei^hend so nahe
l^eieinander, daß ihre gegenseitige orientierende Wirkung im
Vergleich mit der des Feldes nicht mehr — wie zunächst Toraus-
gesetzt wurde — zu vernachlässigen ist, dann wird dies eben-
falls eine Deformation der Schleifen zur Folge haben, die sich
schwerlich berechnen lassen dürfte.
Die bisherigen Ausf&hrungen betreffen ein rein fiktives,
verhältnismäßig einfaches Gebilde; das vorliegende statistisch-
dynamische Problem fuhrt dann zu der mitgeteilten Liösung.
Es fragt sieb nun, inwiefern diese Beantwortung einer
ktbistlich vereinfacht gedachten Fragestellung zum Verständnis
des Mechanismus ferromagnetisch-hysteretischer Vorgänge bei-
zutraf^en vermag?
Au Stelle der älteren Anschauungen hat Hr. Ewing
seine bekannte Theorie gesetzt und durch Versuche an Modellen
erhärtet, wobei die „intermagnekulare"' Orientierung die Haupt-
rolle spielt; immerbin erscheint auch hierbei die Annahme
irgendwelcher dissipativer Wirkungen unumgänglicL
814 H, du JBois, Boltzmann-Maxwelkche Ferteilungsfunktion.
Seit der Aufstellung dieser Theorie (1890) haben die Er-
gebnisse der magnetischen Materialprüfung an Vollständigkeit
gewonnen und liegen zuverlässige hysteretische Schleifen für die
allerverschiedensten ferromagnetischen Substanzen vor. Dabei
hat sich ergeben^ daß auch schwächer permeabele Stofie aus-
gesprochen hysteretische Eigenschaften besitzen und Koerzitiv-
felder aufweisen^ die nach hunderten von Gauß zählen. Hierzu
kann schon Wolfram- bez. Molybdänstahl gerechnet werden;
femer gehören hierzu verschiedene Amalgame, Legierungen
und Verbindungen, bei denen die intermagnekulare Orientierung
nur eine geringe sein und in Feldern von der Ordnung 100 Gauß
kaum eine erhebliche Rolle spielen kann. Angesichts der hier
zutage tretenden Schwierigkeit ergibt sich die Notwendigkeit,
nach anderen mögUchen Ursachen der hysteretischen Erschei-
nungen Umschau zu halten.
Es fällt nun auf den ersten Blick auf, daß die im Vorigen
diskutierten Kurven denselben generellen Typus aufweisen wie
die magnetischen Schleifen, wenn man letztere einer Rück-
scherung parallel den Ordinaten von der oberen Randkurve
bis zu einer der Abszissenachse parallelen Geraden unterzieht.
Ein quantitativer Vergleich der Einzelheiten würde den Rahmen
dieser Notiz überschreiten und wäre auch vorderhand zwecklos,
da der tatsächliche Magnekularmechanismus viel komplizierter
sein dürfte als der hier angenommene. Eine Deformation der
Kurvenäste infolge gegenseitiger Orientierung wurde ja auch
im Vorigen bereits als wesentliche — wenn auch nicht als
einzig maßgebende — Nebenwirkung betont.
Utrecht, Universität
(Eingegangen 1. Oktober 1908).
815
103. Vertikalvariometer
fflr erdmagnetische Messungen im Luftballon.
Von M. Th. Edelmann in München.
Bezüglich der Frage über das Zustandekommen der erd-
magnetischen Erscheinung ist kürzlich wiederholt von H. Ebert
auf die VS/'ichtigkeit erdmagnetischer Messungen im Luftballon
hingewiesen worden. Während man nun im Ebert sehen
Ballonvariometer bereits ein für die Bestimmung der Hori-
zontalintensität geeignetes Instrument zur Verfügung hat,
scheint ein Hilfsmittel zur Ausmessung der zugehörigen Ver-
tikalkomponente bis jetzt zu fehlen.
In folgenden Zeilen berichte ich in Kürze über einen dies-
bezüglichen Konstruktionsversuch, der in meiner Werkstätte
zur Ausführung gelangte, wobei die Figur lediglich die wesent-
lichen Bestandteile des „Ballon-Vertikalvariometers" in per-
spektivischer und schematischer Zeichnung zeigt; die Dar-
stellung von Gehäuse, Cardanischer Aufhängung des Ganzen,
sowie Einrichtungen für Temperaturkompensation, Arretierung,
Lagerung der Axen, Dämpfung, Korrektion der Schwer-
punkte etc., die im Hinblick auf Raum- und Gewichtserspamis,
sowie hauptsächlich wegen des unbedingt nötigen exakten und
konstanten Ganges nicht gerade zu den einfachsten Kon-
struktionsaufgaben zu zählen sind, wurden hier weggelassen.
In den Lagerkörper Z, der nach oben in drei Böcke
endigt, sind die drei Achatplatten ABC eingekittet und nach
dem Einkitten auf gemeinschaftliche Ebene fein auspoliert.
Auf diesen Steinen spielen (vermittelst vollkommen exakt
wirkender Paralleinihrungen und Arretierungen auflegbar] die
beiden Iridium schneiden von zwei Wagbalken D und E,
Der eine Wagbalken hat dieselben Ausmaße, dieselbe Ein-
richtung und Temperaturkompensation, wie dies von Wild für
die Lloyd sehe Wage (seiner bekannten Variationsapparate)
angegeben wurde. Der zweite Wagbalken gleicht in der Form
816
M, Th, Edelmann. Fertikalvariometer,
dem ersten vollkommen; bei ihm ist jedoch statt des magne-
tischen Stahlrohres ein gleich schweres Messingrohr eingelegt:
es spielen also eine magnetische und eine unmagnetische Wage
nebeneinander; letztere hat als
Mire zu dienen; damit ist die
C f^ Konstruktionsidee für das In-
strument angegeben.
Auf den Schneiden beider
Wagbalken sitzen dicht neben-
einander zwei Spiegel a und h\
ihr Gang wird vermittelst Fem-
rohr/' und Kollimator G beob-
achtet: in der Brennebene der
Kollimatorlinse liegen die beiden
Glasstreifen c und d (mikro-
metrisch einstellbar], von denen
JE die eine durchsichtig auf schwar-
zem Grunde einen feinen Maß-
stab^ die andere ein eben-
solches Fadenkreuz trägt; die
Spiegel a, h reflektieren derart
in dasFernrohr hinein, daß Skala
und Fadenkreuz sich decken.
Das Ganze ist in ein Ge-
häuse, in das auch Fernrohr und
Kollimator eingefugt sind, ein-
geschlossen, und wird vermittelst Schraubzwinge und Car-
d an i scher Ringe an den Korb befestigt.
Die Empfindlichkeit des Apparates und die Konstanten
werden auf bekannte Weise vermittelst großer herumgelegter
Stromkreise oder Lamontschen Hilfsmagneten eingestellt und
bestimmt. Vorläufige Prüfungen haben die Brauchbarkeit des
Apparates erwiesen; Messungen im Ballon werden nach defi-
nitiver Fertigstellung des Instrumentes vorgenommen werden.
München, September 1903.
(Eingegangen 1. Oktober 1903.)
817
104. Sur la loi de distribution röguliöre de la
composante nord da magn^tisme terrestre, en France,
au 1«^ janvier 1896.
Par E. Mathias k ToolouBe.
§ 1. Dans cette recherche, j'ai pris comme base de mes
calculs le ESseau Magnetique de la France de M. Moureanx^),
dont toutes les mesures sont ramen^es ä la date id^le du
l«' janvier 1896.
Un travail pr^liminaire, qui est consid^rable^ s'impose:
c'est celoi qui consiste k former les [A long.) et les {A lat)
des 617 localit^s en question.^ Aprös quoi il faut, pour
chaque Station, faire la difii6rence entre la composante nord X
indiqu^e par M. Moureaux et la composante nord de l'obser-
vatoire de Toulouse, du memo auteur.
Une difficult^ se präsente pour la composante X qui
n*existe pas pour les 6l6ments i>, // et /; X est un 6l6ment
calcide, non observe,
La relation:
(1) Xr=HcosD
montre que les erreurs de la composante horizontale et de la
d^clinaison se reportent sur X. D^rivons les deux membres
de la formule (1); il vient
(2) dX= cos D ' dH -B sin D'dD
oii dX est Terreur de X correspondant aux erreurs dll et dD
de la composante horizontale et de la d^clinaison. Si nous
remarquons que la valeur moyenne de H est 0,2 et que Ton
a sensiblement en France
1) Th. Moureaux, Annales du Bureau Central M^t^orologiqu«
ponr 1898.
2) £n retranchant de la longitude et de la latitude de la Station en
question la longitude et la latitude de Tobseryatoire de Toulouse, les lon-
gitudes auest ^tant affect^es du signe + et les longitudes est du signe - .
BoltamaDD-Festicbrlft. ^2
818 M. Mathias,
cos i> = cos 15« = 1 sin i> = Z> = 15Jli? fi" = — \ — \ •
1000 V 200000 / '
si Ton a de plus dB ^ ± w', l'erreur dX, exprimöe en onit^s
d^cimales du cinquieme ordre^ est de la forme:
dX^dH± 1,6 n'.
Les erreurs se retranchent si dB et dD sont de meme
signe; eile s'ajoutent s'ils sont de signes contraires. Dans ce
demier cas, une erreur de 30 unitös du cinquieme ordre sur
H et une erreur de 2' sur la döclinaison donnent une erreur
absolue de 33 unitäs du 5* ordre pour X.
Quoi qu'il en soit^ on peut, comme pour la composante
horizontale, admettre la possibilit^ d'un 6cart de 40 unit^s du
5® ordre entre les nombres calculös et observ6s.
Comme on le voit, c'est Terreur relative ä la composante
horizontale qui est pr6pond6rante, ce qui est Evident si Ton
considäre que dans la formule (1) cos D est extremement
voisin de un,
Les nombres de M. Moureaux relatifs k Toulouse aux
annöes 1884 et 1896 sont respectivement 0,21040 et 0,21110;
conform^ment aux r^sultats trouv^s dans le calcul des autres
6l6ments magnötiques, j'ai admis pour la valeur de J ä
Toulouse la moyenne 0,21075 des deux nombres pr^c^dents,
ou mieux 21075 qui sera pour nous la composante nord de
Toulouse au l^'janvier 1896. En retranchant ce nombre des
composantes nord de M. Moureaux exprim^es en unit^s du
5® ordre dreimal, on aura \q A X observ6\ le AX calade sera
donnö par la loi de distribution röguliäre qu'il s'agit de
trouver.
§ 2. J'ai proc6d6 dans cette recherche exactement de la
meme fagon que pour la composante horizontale^), la d6-
clinaison, Tinclinaison ^, la composante verticale^ et la force
1) £. Mathias, Arch. N^erlandaises pour 1900. (Volume jabilaire
du Prof. Lorentz.)
2) £. Mathias, Arch. N^erlandaises pour 1901. (Volume jubilaire
du Prof. Bosscha.)
3) £. Mathias, Congr^s de Montauban. 1902. (Association &an9aise
pour l'avancement des sciences.)
Magnetixime terreMtre em France. 819
totale.^ Des tatonnements r^goliers m'ont permis de passer
de la formale Unfaire
(3) J I (calc.) = - 2 ( J long.) - 7,5 {J lat] ,
yalable dans une aire assez ^tendae autour de Toulouse, a la
formule plus exacte
j JZ(ealc.) = - 2 (Jlong.) - 7,5 ( J lat) - 0,0008 ( Jlong.)* +
'^^^ l + 0,0009 ( J long.) ( J lat) + 0,0009 {J lat)»
applicable dans toute la France, la Corse y compris. Tant
que la diff^rence JX(obs.) — JX(calc.) ne d^passe pas en
Taleur absolue 40 unit^s du 5* ordre, on peut consid^rer la
Station comme reguliere au point de vue de la composante
nord; au dela il j a anomalie.
La formule (4) a permis de cboisir dans les 617 localit6s
Tisit^es par M. Moureaux 445 stations r6guliöres; on a pu
alors ^rire 445 6quations k 6 inconnues de la forme
J X(obs.) =^ X +y{/l long.) + z[(J lat) + ii (J long.)^ +
+ r ( J long.) {J lat) + w{J lat)».
Si Ton pose
y = - 2 + y, r = - 7,5 + r , ii = - 0,0008 + «',
V = 0,0009 +'v\ tr = 0,0009 + w\
et si Ton retranche membre a membre (4) de (5), il yient:
x + i/ ( Jlong.) + 2 (Jlat) + u ( Jlong.)» + v'( Jlong.)( Jlat) +
+ w ( J lat.)» = AX (obs.) - JX (calc.) .
(5) {
(6){
Les 445 6quations du type (6) k 6 inconnues x, y\ z\
u\ v'y w\ ont 6t^ r^solues par la m^thode des moindres carr^s
par le Service des calculateurs de TObservatoire de Toulouse,
sous la haute direction de M. B. Baillaud, directeur de cet
Etablissement A cette occasion je renouvelle k M. Baillaud
Texpression de ma respectueuse gratitude.
Les Equations (ö) ont foumi la Solution suivante:
X = 0,88 , tj = 0,0973 , z = - 0,0520 , u = 0,000 278 3 ,
r' = - 0,0003582 , to = - 0,0000025 .
l) £. Mathias, Congrte d* Angers. 1908. (Association fran^aise pour
ravancement des sciences.)
52*
820
E, Mathias,
La loi de distribution r^guli^re de la composante nord
pour la France enti^re, y compris la Corse^ est par suite
donn^e par la formale:
jj^= 0,88 - l,9027(Jlg.) - 7,552(Jlt.)-0,0005217(Jlg.)2
("^^ 1 + 0,000541 8 (J long.) (Jlat.) + 0,0008975 (Jlatf.
L'extreme faiblesse du terme constant de la formule (7)
montre que la composante nord admise pour Toulouse est bien
exacte et que cette Station est parfaitement r^guli^re pour cet
614ment comme pour tous les autres.
§ 3. Le tableau suivant donne la v6rification de la for-
mule (7) pour 30 d^partements entierement reguliers, c'est-ä-dire
qui donnent pour la diflPörence entre \e AX observö et le AX
calcul^ une valeur absolue qui n'est jamais sup^rieure k 40
unit^s du 5® ordre.
La colonne intitul6e X^^ donne la composante nord de
la Station consid6r6e, d'aprös le Reseau Magnetique de la France
de M. Moureaux et pour la date du 1" janvier 1896; la
signification des autres colonnes est Evidente.
Stations
A long.
iilat.
^9t
AX
(obs.)
AX
(calc.)
(obs.)-
(calc.)
1. Ain
Beliey .
Bourg .
Nantna
2. Basses- Alpes
Barcelonnette .
Digne ....
Forcalquier . .
Sisteron . . .
3. HauieS' Alpes \\
Brian^on I
Embnin I
Gap ;
4. Alpes Maritimes i
Carros
Grasse '
Nice I
Puget-Th^niers . .
Villefranche . . . i
253',45
225,05
249,25
311,75
285,65
259,35
268,75
810,45
801,95
277,75
344,45
328,85
350,55
326,35
351,95
+ 128',75
+ 155,15
+ 152,45
+ 46,35
+ 28,85
+ 20,95
+ 35,15
+ 76,85
+ 56,85
+ 56,95
+ 9,45
+ 3,35
+ 6,35
+ 20,75
+ 5,15
0,2057
0,2032
0,2038
0,2126
0,2134
0,2137
0,2130
0,2101
0,2116
0,2114
0,2156
0,2161
0,2163
0,2150
0,2162
-505
-755
-695
+ 185
+ 265
+ 295
+ 225
- 65
+ 85
+ 65
+ 485
+ 535
+ 555
+ 425
+ 545
-526
-766
-708
+ 187
+ 285
+ 299
+ 204
- 47
+ 93
+ 53
+ 521
+ 544
+ 554
+ 406
+ 567
+ 21
+ 11
+ 18
- 2
-20
- 4
+ 21
-18
- 8
+ 12
-36
- 9
+ 1
+ 19
-22
SttHmu
Jlong.
JUI. X^
JJ«.l».)
JA' (oheV-
fcalc) (celc)
5. Ardieke
. ■' - 198',85
+ 87',25 0,a09l
- 165
- 170
+ 5
S. AMb*
1
Arcü-sOT-Aube
-160,05
+ 295,25 0,1920
-1815
-1885
+ 10
BK^uT-Anbe . .
-195,45
+ 277,85 0,1939
-1685
-1706
+21
. -175,85
+ 270,25 0,1940
-1615
-1681
+ 6
-121,55
+ 893,85 0,1915
-1985
- 1932
+ 7
Bonilly-BUrSeine
-135,75
+293,95 0,1916
-1915
-1914
- 1
SüntJalien. . .
-157,95
+ 219,25 0.1988
-1795
-1774
-81
7. ÄwU
CmrCMMnn« . .
- 54,25
- 28,85 0,8132
+ 245
+ 284
-89
- 39.S5
- 17,85 0,2127
+ 195
+ 192
+ 3
limoax ....
- 45,65
- 33,75 0,2143
+ 365
+ 344^
+ 11
Nkrboniia . . .
- 93,05
- 25,25 0,2141
+ S35
+ 367
-88
Ia NoDTeUe . .
- 94,85
- 35,55 0,2153
+ 456
+ 449
+ 6
8. TtrrÜ. de Bdfa
rt
Beifort (1884) . .
-324.05
+ 242,05 lo,19B6
->*»}-«0
-1328
-38
Belfort (1891) . .
id.
id. 0.1979
-12851
DeUe
. -832,75
+ 234,05 0,1998
-1145
-1183
+88
ne
Aü
. : -238,75
- 4,85 0,2157
+ 495
+ 463
+ 32
Arie«
. i -189,15
+ 3,55 0,2137
+ 295
+ 315
-20
- 246,35
- 18,75,0,8165
+ 515
+ 583
- 8
MuMille. . . .
-236,15
- 18,35,0,2164
+ 565
+ 662
+ 3
10. Cahadoi
C«n
+ 109,65
+ 333,75 0,1849
-2585
-2616:
+ 31
CoonenUe*. . .
+ 115,45
+ 343,05 lo,1887
-8705
-86»0i
-15
FaUUe ....
+ 99,25
+ 316,65:0,1660
-2475
-2475,
0
Lbieiu ....
+ 73,45
+ 331,15 0,1857
-2505
-25311
+ 2«
8''Hoiiorin<:-dii-FA}'
+ 117,05
+ 328,05 0,18.M
-2565
-8590
+ 25
IkoariUe. . . .
+ 82,85
+ 344,65 0,1647
-2605
-8641
+ 36
Vi»
+ 140,05
+ 314,55:0,1852
-2555
-2541
-14
11. Cfuirmts-hfii
j
La Ch^iiu . . .
+ 167,25
+ 134,45 ;0,198l
-1265
-1300
+ 35
Jinne ....
+ 114,45
+ 109,45
0,2007
-1006
-1033,
+28
Hanone* . . .
. +153,55
+ 132,95
0,1979
-1285
-1280
- 5
BMhefort . . .
+ 145,5.'>
+ 140,55
0,1916
-1915
-1320
+ 5
UBoeheUe . .
. 1+158,85
+ 158,25
0,l»84
-1486
-1438!
+ 3
822
E. Mathias.
Royan
S* Jean d'Angely
Saintes ....
12. Cöte dCOr
Beaune ....
Chfttillon-8ur- Seine
Dijon
Is-sur-Tille . . .
Sauliea ....
Semor
13. Doubs
Baume-les-Dames
Besannen . .
Montb^liard . .
Morteaa . . .
S* Hippolyte .
14. Eaui^Öartmn^
Luchon . . .
Muret ....
Saint-Gaadens
Toulouse (1884)
Toulouse (1895)
Villefranche- de-Lau-
ragais ....
+ 148',15
+ 117,45
+ 125,05
-203,75
-186,75
-215,45
-219,95
-167,75
1-173,25
i!
-294,05
il -271,95
-321,25
,1 -309,25
-321,75
I + 52,25
|!+ 7,95
+ 44,05
i 0
'I 0
f - 15',05
15. Uhre
Grenoble . . .
S* Marcellin
La Tour-du-Pin
Vienne . . .
16. Jura
Dole ....
Lons-le-Saulnier
Saint-Claude
256,45
231,65
239,85
204,65
242,15
245,35.
264,45
17. Landes I
Dax +150,55
Mont-de-Marsau . . | +117,85
Morceux +142,95
S' Martin-de-Hinx . +163,55
+ 120',55
+ 139,45
+ 127,65
+ 204,65
+ 255,75
+ 223,75
+234,55
+219,65
+ 232,35
+ 224,25
+ 218,05
+ 234,15
+ 206,95
+ 222,55
- 49,05
0,1991
0,1983
0,1990
0,1993
0,1952
0,1979
0,1974
0,1973
0,1966
0,1992
0,1995
0,1990
0 2007
0,1998
0,2136
9,05 10,2116
29,75 0,2121
0 0,2104
0 |0,2111
- 12',85
0,2122
+ 93,85 0,2082
+ 92,65 0,2078
+ 117,05 0,2060
+ 114,95 0,2054
+ 209,35 0,1992
+ 183,55 0,2016
+ 167,45 0,2030
+ 6,25
+ 16,25
+ 25,25
- 1,75
0,2070
0,2076
0,2061
0,2080
A X (obs.)
AX
(calc)
(obs.)-
(calc.)
-1165
-1181
+ 16
-1245
-1257
+ 12
-1175
-1185
+ 10
-1145
-1165
+20
-1555
-1561
+ 6
-1285
-1285
0
-1335
-1356
+ 21
-1345
-1331
-14
-1415
-1413
- 2
-1155
-1168
+ 13
-1125
-1157
+ 32
-1175
-1201
+ 26
-1005
-1020
+ 15
-1095
-1117
+ 22
+ 285
+ 271
+ 14
+ 85
+ 54
+ 31
+ 135
+ 141
- 6
- 35
+ 1
-36
+ 35
+ 1
+ 34
+ 145
+ 127
+ 18
- 255
- 265
+ 10
- 295
- 295
0
- 475
- 461
-14
- 535
- 501
-84
-1155
-1137
-18
- 915
- 944
+ 29
- 775
- 797
+ 22
- 375
- 345
-80
- 315
- 352
+ 87
- 465
- 470
+ 5
- 275
- 811
+ 86
Magwkdtme ierrestre en France,
828
Statioos
Jloog.
Jlat
^ i -'^<'"^) |(ii)ÄiT
18. Lotr-et'Cher
BloiB (1891) . .
La Motte-BeavTon
Bomorantm . . .
Veodome . . .
19. Loire
Monibriflon . . .
8^ £tieiuie . . .
20. Lot
Gtthon . . . .
Figeac . . . .
Gonrdon ....
21. Lot^'Oaronne
(1884) . .
Agen (1895) . .
liummnde . . .
N^rac
Yflleneave-sur-Lot
22. Lockre
liarvejols . . .
Mende ....
YiUefort ....
23. HauU Marne
Bologne ....
BonrboDoe-lea-Bains
Ghanmont (1884)
Chaumont (1891)
liADgres . . .
S' Dizier . . .
WaMj . . .
24. Mayenne
ChAteau-Ooutier
Laval (1889) .
IlayenDe . . .
25. Oise
Beaavais . . .
QiantUly . . .
Compiögne . .
Sanlis. . . .
+ 8,35 +238'^5 0,1930
-33,55 +238,65 0,1939
- 16,55 +224,45 0,1943
+ 23,45 +250,55 0,1922
-15,615 +119,65 0,2045
-174,95 +110,95 0,2055
+ 0
- 35
+ 4
+ 51
id.
+ 76
+ 67
+ ^5
-109
-121
-148
-220'
-258
-220
id.
-231
-210
-208
+ 128
+ 133
+ 123
- 37
- 61
- 81
- 66
95 + 49,75 0,2071 -
45 + 59,65 0,2071 -
95 + 67,55 0,2055 -
55
95
05
75
85
75
05
35
25
35
95!
65,
I
I
65 I
75
75 1
75 I
65
95
95
+ 35,15 0,2070
id. 0,2071
+ 55,65 0,2055
+ 31,25 0,2071
+ 47,15*0,2065
+ 55,75
+ 54,15
+ 50,05
+ 275,75
+ 260,45
+ 269,55
id.
+ 254,95
+ 302,75
+ 292,95
0,2086
0,2086
0,2093
9,1944
0,1959
0,1947
0,1947
0,1956
0,1925
0,1927
1775
1685
1645
1855
625
525
865
865
525
375
365
525
865
425
215
215
145
1635
1485
1605
1605
1515
1825
1805
-1T62 -13
-1692 + 7
-1620 -25
-1877 +22
I
- 616! - 9
- 520 - 5
- 375; +10
- 382 +17
-516 - 9
)-«.-
)
358 -12
I
549, +24
363 - 2
440 +15
j- 218 + 3
- 186 -29
'- 109 -36
-1653 +18
- 1485 0
-1607 + 2
-1485! -30
-1860, +35
-1794, -11
-253,15 10,1899
+ 268,35 0,1883
+ 281,35 0,1877
+ 348,45! 0,1859 1-2485
0,1875-2325
0,1869 i -2885
0,1875 i- 2325
2085
-2090.
+ 5
2245
-2240
-40
2305
-2277
-28
+ 334,45
+ 348,95
+ 335,75
-2458' -27
-2319' - 6
-2389; + 4
-2320! - 5
JloDg. JUt ' Xm JX(oba.)
26. Pai-de-Catai»
Berck-anrHer . . .
BitbuDG
BoulogD e-anr-Her
Cftlsis
Etaplea
Cap GriH-Nes . . .
Hootre uil-sor-Mer
Saint Omer ....
Saint Pol ....
27. Pyrenita OritntaL
CerbSre
Ciret
Perpignan (1885) . .
Perpignan (1637) . .
Perpignan (lSfl5) . .
Pradet (1895) . . .
28. Sa6ne-ei-Loire
ChAlon-snr-SaÖDe . .
ChmroUes
Lonbans ....
H&con
Tournoa
29. Sarthe . . .
La Fliehe ....
Hamen
Le Hans (188B) . .
Sabl«
8* Calais
SO. Viame
Chätellerault . . .
MoDtmorilloD . .
Poitiere (1834) . . .
Poitiera (1698). . .
J',65 0,1:
7,25 0,1:
1,85 0,1:
5,05 ,0,1:
],*5 0,1'
1,45 0,1:
j, 05 '0,1'
-2715
-2955
-2885
-8045
-2945
-2995
-2895
AK \ahn.)-
(ealc.) (calc.)
-2745
-2915
-28S7
-30SB
-3112
-2950
-9102
-29!I
1-2986
-2639
— 102,9£
- 75,95
- 85,55
70,25
67,05
54,65
-170,05
-203.75
-169,85
-225,45
-20l,i
-206,65
+ 200,85
+ 190,65
0.2179 + 715
0,2174 + 665
0,2165 + 5751
0,2165 + 5751 + 572
0,2164 + 565)
0,2164 + 565
0,1987 -1205
0,2001 -1065
0,2011 - 965
0,2012 - 955
0,2023 - 845
0,2011 - 965
+ 730| -15
+ 656; + 9
I + 76,55
1+103,75
■ 49,55
' 54,05
- 82,55
- 85,85
- 68,55
+ 244,45 0,1912 -1955
+ 264,15 0,1885 -2225
+ 262,45 0,1899 -2085
+ 254,05 0,1902-2055
+ 258,85 0,1909-1985
+ 192,45 0,19591-1545
+ 204,45 0.19481-1645
+ 168,25 0,1973i-1345
+ 177,55 lo,19eO:-14751_
id. |o,l»64i-I485l
- 956 +1
- 860j +16
- 968! _ 7
-2057i + 3
-19121 -18
-IBl»:
-1658;
-180»'
Magnetisme terrestre en France» 825
Outre cette premiöre v^rification trös satisfaisante de la
formule (7), on trouve encore 34 d^partements presque regu-
lierst c'est-ä-dire ne pr^sentant qu'une anomaJie sur une
mojenne de 5 ä 6 stations par d^partement. On consid^re
comme anomales les stations donnant pour la difförence A X
(ob8.--calc.) une valeur absolue supörieure k 40 unit^s du
6* ordre.
Comme les autres ^l^ments magn^tiques, la composante
nard suit une loi de distribution r^guliäre donn^e pour la
France par la formule (7).
II n'est que juste de reconnaltre que le professeur Liznar
a le premier fait usage de formules Unfaires du type (3) pour
essajer de repr^senter la topographie magn^tique de rAutricbe-
Hongrie; mais il n'a pu atteindre h, la pr^cision que ce me-
moire montre une fois de plus parce qu'il ne distinguait
pas, comme je le fiais express^ment, les anomalies et les
stations r^guli^res.
(Eingegangen 1. Oktober 1908.)
826
105. Über Verbindungsspektren.
Von Bilhard Wiedemann in Erlangen.
Die Spektren der Elemente sind in den letzten Jahren
auf das eingehendste untersucht worden, während diejenigen
der Verbindungen nur wenig behandelt wurden. Im folgenden
möchte ich über zwei im Erlanger physikalischen Institute
angestellte Untersuchungen über diesen Gegenstand kurz be-
richten. Die eine rührt von Hrn. Prof Dr. G. C. Schmidt
und mir ') selbst her und ist bisher nur an schwer zugänglicher
Stelle veröffentlicht, die andere ist im vorigen Sommer von
Hm. F. Kap f er aus Bamberg ausgeführt worden; ihre Re-
sultate sollen später ausführlich mitgeteilt werden.
Gelegentlich der Untersuchung der Elektrolumineszenz •)
von organischen Verbindungen haben Hr. Prof Schmidt und
ich selbst auch diejenige der anorganischen verfolgt, und dabei
in vielen Fällen wohl definierte Spektren erhalten. Bei einer
Reihe von Substanzen trat eine eigentümliche Art von Spektren
auf, die schon früher gesehen, aber nicht besonders be-
achtet worden ist Sie bestehen aus einem helleren konti-
nuierlichen Band, über das sich einzelne, relativ dunklere
Streifen überlagern, bez. aus dem sich einzelne hellere Streifen
abheben. Die dunklen wie die hellen Streifen sind breit, nicht
scharf begrenzt. Die Breite und Zahl ist bei verschiedenen
Substanzen verschieden. Sie erinnern an die Interferenzstreifen
bei Kristallplatten in teilweise polarisiertem Licht bei spek-
traler Zerlegung. Man kann sie gestreifte Banden nennen, sie
weichen wesentlich von den kanellierten Banden ab. Ihr be-
sonderer Bau deutet natürlich auf besondere Bewegungen der
Elektronen in den Molekülen hin. Von bekannteren Spektren
gehört hierher das Verbindungsspektrum des Quecksilber-
1) E. Wiedemann u. G. C. Schmidt, Sitzungsber. der phjB.
med. Soc. zu Erlangen. 12. XI. 1895.
2) E. Wiedemannu. G. C. Schmidt, Wied. Ann. 56. p. 88. 1895.
über Verbindungsspektren, 827
Chlorids und -bromids. Ganz analog gebaut ist dasjenige des
Quecksilberjodids, das von Jones ^) eingehend untersucht wurde.
Vorläufig wurden von uns untersucht:
Chlorkadmium : Kontinuierliches Spektrum von 630 bis
in das Blau hinein, zeigt keine Maxima und Minima.
Bromkadmium: Kontinuierliches Spektrum mit viel Grün
und Blau und wenig Rot.
Jodkadmium, hellweiß mit einem Strich ins Blaue: Kon-
tinuierliches Spektrum im Rot, Gelb — Grün, intensiv bis 510,
schwach bis 470 jUjU.
Im Rot tritt aber bei 632 — 620 ein dankler Streifen auf,
im Gelb ist ein schwaches Minimum im kontinuierlichen Spek-
trum. Neben den Banden sah man bei dem Kadmiumjodid
einzelne Kadmiumlinien.
Chlorblei: Leuchtet hell grünblau, zeigt von 575 — 480 ein
Streifenspektrum mit einem Helligkeitsmaximum bei 620.
Jodblei: Kontinuierliches Spektrum intensiv von 575 bis
480, dann schwach bis 455, kein Streifenspektrum.
Bei Chlorblei tritt besonders beim Einschalten von Funken-
strecken, bei Jodblei stets sehr hell eine Linie bei 438 auf.
Zinkchlorid leuchtet hell weiß: Kontinuierliches Spektrum,
wenig Rot und Gelb, sehr hell im Grün, ziemlich hell im Blau.
Bei Einschaltung von Funkenstrecken treten die zuerst nur
schwachen Zinklinien intensiv hervor.
Ich wende mich jetzt zu der zweiten Untersuchung. Der
Grund dafür, daß unsere Kenntnis der Verbindungsspektren
noch so wenig entwickelt ist, dürfte neben sonstigen experi-
mentellen Schwierigkeiten vor allem in der an sich schon ge-
ringen Lichtstärke der auftretenden Banden liegen, die mit
zunehmender Dispersion, da wir es nicht stets mit scharf be-
grenzten Linien zu tun haben, entsprechend weiter abnimmt
Eine gelegentliche Beobachtung über das Spektrum der
Effektbogenlampen ergab, daß wir hier ein charakteristisches
Yerbindungsspektrum vor uns haben. Ich habe Hm. Kapfer
veranlaßt, daran anknüpfend weitere Untersuchungen auszuführen.
Die Effektkohlen wurden im Laboratorium selbst her-
1) A. C. Jones, Wied. Ann. 62. p. SO. 1897. Dort ist aach die
von uns benutzte Versuchsanordnang beschrieben.
828
E. H^iedemann.
gestellt. Eine gewöhnliche Dochtkohle wnrde ausgebohrt und
in den Hohlraum ein Gemisch von dem zu untersuchenden
Salz und Kohlenpulver hineingestopft. Füllungen ohne Zusatz
von Kohlenpulver geben unregelmäßig brennende Flammen-
bogen, untersucht wurden die Haloidverbindungen des Calcium,
Strontium und Barium, sowie deren Oxyde. Im ersten Falle
£a 0
BclCLz
UMHin
BaBrt
Ba Jt
i 7 8
BcLFZi
Fig. 1.
wurde dem Gemische von Kohle und Salz vielfach noch das ent-
sprechende Halogensalz des Ammonium zugesetzt, um den Disso-
ziationsgrad der Metallverbindung möglichst herunterzudrücken.
Bei den Fluorverbindungen ist dies freilich nicht unbedingt nötig.
Die Spektren wurden bei kleinerer und größerer Dis-
persion (Prismen und Gitter) untersucht und zwar entweder
direkt oder mittels photographischer Auiuahmen.
Ther Fer&ijidvnffsspektren.
829
Besultnte:
1. Am leichtesten zu erhalten sind die Spektren der
Fluoride. Ein Zusatz des entsprechenden Ammonium salz es
bewirkt fiir sehr lange Zeit ein konstantes Spektrum. Ähn-
liches Verhalten zeigen die Chloride. Sehr große Schwierig-
keiten bereiten aber die Jodide und Bromide yod Ca nnd Sr.
:iiii|iiiMiii|ini|iiii|iiii|iiii|ii
JÜIIJ
IE
1
IIIIIMI ■
Fig. 2,
Hier macht sieb schon nach einigen Minuten eine teilweise
DarQb erläge mug des Oxyd Spektrums bemerkbar, so daß die
Untersuchungen nur mit frisch gestopften Kohlen auszu-
führen sind.
Ba.T, und BaBr^ sind viel stabiler als Ca-J,, CaBr, und
SrJ,, SrBr,.
2. £ine nach den Beobachtungen bei mäßiger Diepersioa
k
830 E. H^'iedemann.
hergestellte Zeichnung der Verbinduagsspektra geben die Figuren
1 — 3. Den Skalenteilen entsprechen folgende Wellenlängen:
2 = 6920 5 - D-LJDie 8 - 5260
3 ■= 8520 6 = 5642 9 - 5100
4 - 6184 T =■ 5444 10 - 4962
mmn
nun:
Hm
I 11
Fig. 3.
3. Im Flanimenbogen i^eigen die sämtlichen in den Figg. 1,
2 n. 3 aufgeführten Verbindungen neben den stets anftretenden
Uetalllinien besondere Bandengruppen, die der Verbindung zu*
zuschreiben sind, denn es zeigen sowohl die Spektren derHaloid-
verbindungen desselben Metalls als auch dieselben Haloide ver~
schiedener Metalle vollkommen verschiedenen Bau der Banden.
4. Wenigstens in den bis jetzt untersuchten Verbindungen
acheint die Schärfe der Banden sowohl als auch ihre Lichtstärke
über Verbindungsspektren. 831
mit der chemischen Stabilität zu wachsen. Typische Beispiele
hierfür liefern die sehr lichtstarken Spektra der Fluoride und
Chloride der drei Metalle.
Die Spektren der Oxyde zeigen im Gegensatz hierzu mehr
oder weniger helle, gleichmäßige Streifen.
Die Spektren der Bromide und Jodide zeigen ähnlichen
Bau. Abweichend ist das Verhalten von BaJ^ und BaBr^, die
helle, scharfe Banden zeigen.
5. Die Auflösbarkeit der Banden in Linien scheint eben-
falls durch das Haloid mitbestimmt zu werden. Die Banden
der Fluoride von Ba, Ca und Sr zeigten sich im Spektrum
zweiter und dritter Ordnung deutlich aus Linien zusammengesetzt;
bei den übrigen Haloiden konnte mit der bis jetzt angewendeten
auflösenden Kraft ein ähnliches Verhalten nicht konstatiert
werden. Die Oxydbanden scheinen sich in einzelne kleinere
Streifen auflösen zu lassen. Die breite grüne Bande im Spek-
trum CaO (zwischen den Wellenlängen 5568 und 5469) erwies
sich aus Doppellinien und Triplets zusammengesetzt
6. Aus den Untersuchungen der photographisch auf-
genommenen Spektren der Fluoride der drei Metalle ergab
sich, daß die Art der Zusammensetzung der Banden aus ein-
fachen Linien oder Uoppeliinien bez. Triplets nicht an ein be-
stimmtes Halogen gebunden ist So z. B. bestehen sämtliche
Banden im Spektrum von BaFl, aus einzelnen scharfen Linien;
im Spektrum von CaFlj besteht die helle abschattierte grüne
Bande (zwischen den Wellenlängen 5468 und 5294) aus lauter
Doppellinien, alle anderen Banden aus einfachen Linien.
7. Von A. Mitscherlich sind bestimmte Regeln für die
Verschiebung der Banden beim Übergang vom Chlorid zum
Bromid und Jodid desselben Metalls und beim Übergang von
der Halogenverbindung des Ca zur entsprechenden des Ba und
Sr aufgestellt, wegen der von uns angewendeten größeren Dis-
persion und der durch die Temperatur des Bogens bedingten
deutlicheren Sichtbarkeit dürfte sich ein Vergleich erst anstellen
lassen, nachdem die Zusammensetzung der einzelnen Banden
aus Linien genauer festgelegt ist, was in einer demnächst
vorzunehmenden Untersuchung geschehen soll.
Erlangen^ Physik. Listitut, September 1903.
(EingegangeD 1. Oktober 1908.)
832
106. Einige Bemerkungen über die Beziehung zwischen
kflnstlicher Doppelbrechung und Elastizität
Von Walter König in GreifswalcL
1. Ich habe in D rüdes Annalen^] die verschiedenen und
zum Teil verwickelten Formen beschrieben, in denen infolge des
Zusammenwirkens von Zug- oder Druckspannungen und scheren-
den Kräften die künstliche Doppelbrechung in gebogenen G-las-
platten auftritt. Um die Beziehung zwischen der durch Zug-
und der durch Schubspannung hervorgerufenen Doppelbrechung
an einem einfacheren Falle zu prüfen, hatte ich schon früher
eine Reihe von Versuchen an Gelatinelösungen angestellt, über
die ich im folgenden berichten möchte.
Gelatinelösungen sind wegen ihrer geringen Starrheit zu
derartigen Versuchen sehr geeignet Man kann nicht bloß
Dehnungen, sondern auch einfache Schiebungen an Blöcken
aus erstarrter Gelatinelösung in bequem meßbarer Weise her-
vorbringen und die optische Wirkung dieser Deformationen
untersuchen, um bei der Anwendung dieser Gelatinepräparate
den störenden Einfluß der Verdunstung des Lösungswassers
und des allmählichen Eintrocknens des Präparates zu ver-
meiden, habe ich die Gelatine nicht einfach in Wasser auf-
gelöst, sondern in wässeriger Glycerinlösung von solcher
Konzentration, daß die Dampfspannung dieser Lösung etwa
der mittleren absoluten Feuchtigkeit des Beobachtungsraumes
entsprach. Derartige Gelatinepräparate haben außerdem den
Vorteil einer wesentlich größeren Festigkeit. Um femer bei
der optischen Untersuchung den Einfluß der natürlichen
Drehung der Gelatine zu vermeiden, wurde der Lösung der
linksdrehenden Gelatine so viel rechtsdrehender Rohrzucker zu-
gesetzt, daß sich die beiden Drehungen gerade aufhoben, eine
Wirkung, die allerdings nur für eine bestimmte Temperatur
zu erreichen war, da die Temperaturkoeffizienten der beiden
Drehungen sehr verschieden sind. Aus einer in der Wärme
1) W. König, Ann. d. Phys. 11. p. 842—866. 1903.
Doppelbrechung und Elastizität 833
hergestellten Gelatinelösung dieser Zusammensetzung wurden
gleichzeitig zwei flache Klötze gegossen, in Kästen, die, um
allseitig glatte Flächen zu haben, aus Glasplatten zusammen-
gekittet waren.
2. Der eine Klotz, von länglich rechteckiger Gestalt, war
mit seinen kurzen Schmalseiten direkt an Holzklötze von
gleicher Dicke und Breite angeschmolzen. Er wurde nach dem
Erstarren allseitig von den Glasplatten losgelöst und mit Hilfe
des einen Holzklotzes vertikal nach unten hängend befestigt. Der
untere Holzklotz wurde darauf mit einem Halter fest verbunden,
der an einer vertikalen Führung verschiebbar war. Mit seiner
Hilfe konnte der Gelatineklotz zusammengedrückt oder gedehnt
und durch Festklemmen des Halters im deformierten Zustande
festgehalten werden. An diesem Klotze wurde die durch Deh-
nung hervorgerufene Doppelbrechung untersucht und mit der
Größe der Dehnung verglichen. Als Ausgangspunkt für diese
Messungen sollte natürlich derjenige Zustand genommen wer-
den, in dem die Gelatine keinerlei Spannung und entsprechend
keinerlei Doppelbrechung besaß. Die Beobachtung ergab aber,
daß dieser Zustand nicht in dem ganzen Klotz, sondern nur
in einer horizontalen Schicht zu erreichen war. über dieser
Schicht war die Gelatine infolge ihres Eigengewichtes in ge-
dehntem, darunter in zusammengedrücktem Zustande. Es wur-
den nun in der Mitte der dem Beobachter zugewandten breiten
Fläche des Gelatineklotzes zwei feine Marken (kurze Stück-
chen eines sehr dünnen Drahtes) im Abstand weniger Milli-
meter übereinander auf der Oberfläche der Gelatine angebracht
Die Länge des Klotzes wurde bei Beobachtung mit weißem
Licht zwischen gekreuzten Nicols so reguliert, daß der neutrale
schwarze Streifen genau zwischen jenen Marken lag, und als-
dann der Abstand der Marken mit einem horizontalen Mikro-
skop mit Okularskal^ gemessen. Die weiteren Beobachtungen
wurden bei Na-Licht angestellt. Entweder bei gekreuzten oder
bei parallelen Nicols wurde der Klotz so lange gedehnt, bis
abermals ein dunkler Streifen zwischen den Marken lag, und
jedesmal wurde der zugehörige Markenabstand gemessen. Be-
deuten Lq und L die Abstände im neutralen und im gedehnten
Zustande, so ist 1= L — L^jL^ die relative Dehnung, welche
einen Gangunterschied von einer halben oder einer ganzen
Boltzmann-Festacbrift. 58
834 r. König,
Wellenlänge hervorbringt, je nachdem die Beobachtung mit
parallelen oder gekreuzten Nicola gemacht war.
3. Der andere Klotz wurde nur an den vier Schmalseiten
von den Glasplatten befreit. An den breiten Flächen wurden
die Glasplatten als Angriffsflächen für die scherenden Kräfte
belassen. Der Klotz wurde horizontal gelagert; die untere
Glasplatte, auf einer vollkommen festen Unterlage festgekittet,
die obere an einer Schlittenvorrichtung befestigt, die gestattete,
sie mittels einer Mikrometerschraube parallel zur unteren Platte
und zu den längeren Schmalseiten des Klotzes zu verschieben.
Diese Verschiebung rief, wenigstens in der Mitte des Klotzes,
die Erscheinungen einer reinen einfachen Scherung hervor und
dementsprechend eine Doppelbrechung, deren Achsen unter 45®
zur Schiebungsrichtung, bez. zu den Grundflächen des Klotzes
geneigt waren. Um die Größe der Schiebung zu messen,
wurde entweder die Verschiebung einer mit der oberen beweg-
lichen Platte fest verbundenen Marke auf einer mit der unteren
ruhenden Platte fest verbundenen Skala abgelesen, oder es
wurden auch hier auf der dem Beobachter zugewandten Schmal-
seite des Klotzes zwei feine Marken in geringem Abstände
übereinander angebracht und ihr Abstand sowie ihre Ver-
schiebung gegeneinander mit einem horizontalen Mikroskope
gemessen; ist A die Höhe des Klotzes bez. der Abstand der
Marken, S die gemessene Verschiebung, gerechnet von der neu-
tralen Lage aus, so ist Sj Ä = s die Größe der Schiebung.
Besondere Stellschrauben gestatteten die Aufstellung und Be-
festigung des Klotzes so zu regulieren, daß er sich ursprüng-
lich in völlig spannungsfreiem Zustande befand. Die Größe
der Schiebung wurde wieder so gewählt, daß der Gangunter-
schied der Doppelbrechung gerade eine halbe oder eine ganze
Wellenlänge betrug.
4. Ich leite zunächst die Formeln fj^r die beiden Arten
der Doppelbrechung ab, indem ich von den Neu mann sehen
Formeln ausgehe ^)
Oy^v+pa + qß +pr,
v^ = v + pa + pß + qy.
1) Vgl. W. König, Ann. d. Phys. 4. p. 33. 1901.
Doppelbrechung und Elasüzitat 835
Die Z- Achse liege in der Richtung des durchfallenden
Lichtes.
Im Falle der Dehnung sei die X-Achse die Dehnungs-
achse. £^ sei £^ = /. Dann ist ß =s y =i ^ fil^ wenn fi das
Verhältnis der Querkontraktion zur Längsdilatation bedeutet,
also
Ist D^ die Dicke der Platte im neutralen Zustande, so
ist sie bei der Dehnung / ß^ = D^{1 ^ fiiy EndUch ist die
Ghtngdifferenz J^, wenn T die Schwingungsdauer des Lichtes,
Vq die Gresch windigkeit, ^ die Wellenlänge im leeren Raum
und ^f den Brechungsexponenten der Gelatine bedeuten:
^^ = ^(^-i)(i-'*^'
Im Falle der Schiebung werde entsprechend die Richtung
der größten Dehnung als X-Achse, die der größten Zusammen-
drückung als T- Achse genommen. Dann ist a=s^/9=3^«
und ^^ = 0. Folglich
^ - «^« = 2(7? - y)a = (;? - q)s
und wenn D^ die Dicke der Platte für diesen Fall bedeutet,
und J^ die Gangdifferenz, so ist
Bezeichne ich wie früher^) das Verhältnis der durch
eine Dehnung hervorgebrachten Differenz der Brechungs-
exponenten zur relativen Dehnung als spezifische Doppel-
brechung {G), so ergibt sich diese Größe aus den Dehnungs-
versuchen ohne weiteres:
Die Schiebungsversuche dagegen ergeben als Verhältnis
der Differenz der Brechungsexponenten zur Größe der Schie-
bung eine Zahl Gq, welche sich von der Größe G um den
Faktor (1 + ju) unterscheidet:
G^G,{l+fA).
1) 1. c. p. 19.
58»
836 r. König.
5. Ist /Ei bekannt, so läßt sich die Richtigkeit dieser Be-
ziehungen an den^Beobachtungen prüfen. Für erstarrte Gelatine-
lösnngen kann man nach den übereinstimmenden Ergebnissen
verschiedener Forscher ^) /w = 0,5 setzen. Dann muß also
G ^ \0q sein. Ich habe in der oben beschriebenen Weise
an vier Paaren von Gelatinepräparaten verschiedener Kon-
zentration die Größe G^ und G gemessen und folgende Werte
erhalten:
Öo = 0,000 149 Q := 0,000 245 | Öo = 0,000 224 DiflF.: + 21
0,000 157 0,000 229 0,000 235 - 6
0,000 104 0,000 143 0,000 156 - 13
0,000 147 0,000 185 0,000 220 - 35
Abgesehen von der letzten Messungsreihe, die eine größere
Abweichung aufweist, ist die Übereinstimmung der Zahlen eine
befiriedigende und kann wohl als Beweis für die Gültigkeit
der abgeleiteten Beziehungen gelten, zumal die Differenzen teils
positiv, teils negativ sind. Die Unsicherheit der Messungen
liegt vor allem in dem Verhalten der Gelatine, die einerseits
nach dem Gießen ihre Eigenschaften eine Zeitlang ändert,
andrerseits während der Beobachtungen dem Einfluß des
Feuchtigkeitsgehaltes der umgebenden Luft ausgesetzt ist
6. Umgekehrt, gibt man die Ubereiostimmung der Beob-
achtungen zu, so folgt daraus die Richtigkeit des angenommenen
Wertes von ju. So würde im Mittel aus den drei ersten Beob-
achtungsreihen für ju der Wert 0,493 folgen. Wäre es also
möglich, die beiden Werte G^ und G für eine Substanz mit
größerer Genauigkeit zu ermitteln, so wäre damit eine neue
Methode zur Bestimmung der Elastizitätszahl fi gegeben.
Allerdings ist die Kenntnis von /t bereits erforderUch, um die
Größe G zu ermitteln, da die Dicke der durchstrahlten Schicht
wegen der Querkontraktion mit dem Faktor (1 — /i /) zu be-
richtigen ist. Doch kommt ^ hier nur im Korrektionsglied
vor, und es würde genügen einen angenäherten Wert dafür
zu setzen.
7. Die durch Scherung hervorgerufene Doppelbrechung
wird in origineller Weise in der Gelatine selber sichtbar in-
1) E. Wiedemann, Verhandl. d. phys. Gesellsch. z. Berlin p. 45.
1884; R. Maurer, Wied. Ann. 28. p. 628. 1886.
DoppeUtrectmng und Elastizität 837
folge der Eigentümlichkeit der Gelatine, wie ein trübes Mittel
das Licht zu zerstreuen und zu polarisieren. Man läßt zu
diesem Zwecke das starke Strahlenbündel einer elektrischen
Lampe nach dem Durchgange durch ein Nicoisches Prisma
parallel zu den breiten Grundflächen durch den Gelatineklotz
hindurchgehen und betrachtet die Gelatine in der zum ein-
fallenden Lichtstrahl senkrechten Richtung durch eine der
auf den Grundflächen haftenden Glasplatten. Schwingt das
einfallende Licht in der durch den einfallenden Strahl und die
Beobachtungsrichtung gegebene Ebene, so erscheint die Gelatine
im undeformierten Zustande dunkel Verschiebt man nunmehr
die Grundflächen gegeneinander und macht die Gelatine da-
durch doppelbrechend, so erhellt sich die Gelatine und zeigt
die Interferenzfarben der Doppelbrechung in Form von Streifen,
die der vorderen Grenzfläche, durch die das Licht eintritt,
parallel laufen und ihr um so nälier rücken, je größer die
Schiebung ist. Die polarisierende Wirkung der Diffusion des
Lichtes in der Gelatine ersetzt den Analysator in derselben
Weise, wie bei den schönen Versuchen von Lall emand ^), die
kürzlich von Umow^ wiederholt worden sind, und bei der
vor kurzem von Schmauss^ angegebenen Versuchsanordnung.
8. Die elastischen Deformationen isotroper Körper lassen
sich bekanntlich auf zwei Grundformen, auf räumliche Dila-
tationen und auf Schiebungen zurückfahren und dementsprechend
durch die beiden Konstanten k und n, den Kompressionsmodul
und den Starrheitsmodul darstellen. Will man den Einfluß elasti-
scher Deformationen auf das optische Verhalten der Körper
in möglichst einfacher und unmittelbarer Weise charakterisieren,
so empfiehlt es sich, auch dafür die beiden Konstanten so zu
wählen, daß die eine das Verhältnis der durch eine räumliche
Dilatation hervorgerufenen Änderung des Brechungsexponenten
zar Größe der räumlichen Dilatation, die andere das Ver-
hältnis der durch eine Schiebung hervorgerufenen Differenz
der Brechungsexponenten zur Größe der Schiebung darstellt
Die erste Konstante möge mit Ä'^ bezeichnet werden , die
zweite ist die oben bereits eingeführte Konstante G^, die sich
1) C. Lallemand, Compt rend. 69. p. 189—193. 1869.
2) N. ümow, Ann. d. Phjs. 2. p. 75. 1900.
8) A. Schmanss, Ann. d. Phys. 10. p. 658. 1903.
888 H^. König. Doppelbrechung und Elastizität
aus der durch die gewöhnlichen Dehnungsyersuche zu ermitteln-
den Größe der spezifischen Doppelbrechung Q durch Division
mit (1 + /Li) berechnen läßt Diese Eonstanten würden offen-
bar den einfachsten Ausdruck des Tatsächlichen darstellen.
Die Größen p und q des Neu mann sehen Ansatzes würden
sich aus ihnen nach den Formeln
^o=-{-(2;' + ?)^ und G^=^~[p-q)
berechnen lassen. In jüngster Zeit hat W. Voigt^) eine Theorie
der Erscheinungen auf Grund der spezielleren Vorstellungen
der Elektronentheorie zu entwickeln versucht. Die von ihm
eingeführten Eonstanten P und P" würden zu den Größen K^
und Gq in den folgenden Beziehungen stehen:
ir,=.-^'-^VJ^^^^> und G,^I^.
0 2N ö 2N
Greifswald, September 1903.
1) W. Voigt, Ann. d. Phys. ö. p. 467. 1901.
(Eingegangen 1. Oktober 1903.)
839
107. Über die minimale Schichtdicke des katalytisch
wirkenden Quecksilbers.
Von Q. Bredig und J. Weinmayr in Heidelberg.
Seit Th^nard und Schoenbein ist es bekannt» daß ge-
vrisse Metalle, wie Platin, Palladium, Gold, Silber, Quecksilber
eine eigentümliche zerlegende Wirkung auf das Wasserstoff-
superoxyd nach der Gleichung 2H,0, =» 2H,0 + 0, ausüben.
Dabei ist meistens keine dauernde chemische Umsetzung des
betreffenden Metalles mit dem Wasserstoffsuperoxyd nach
Aquivalentgewichten zu bemerken, die Metalle bleiben dabei
häufig scheinbar unverändert, so daß Berzelius und Schoen-
bein diese besondere chemische Wirkung gewisser, selbst
dabei unveränderter Stoffe eine „katalt/tische*^ nannte. Nach
Ostwald ist die Katalyse als Erhöhung der Reaktüms^
geschwindigkeit aufzufassen.
I. Versnohe mit bekannten metallisohen Queokailberoberfläohen.
IJbergießt man eine Quecksilberoberfläche mit reiner
wässeriger 1 ^o Wasserstoffsuperoxydlösung, so kann man bei
25® im Thermostaten die Reaktionsgeschwindigkeit sehr be-
quem messen, indem man von Zeit zu Zeit Proben zieht und das
noch unzersetzte Wasserstoffsuperoxyd mit Kaliumpermanganat
titriert Sorgten wir durch eine geeignete Rührvorrichtung
dafür, daß bei konstanter Grenzfläche zwischen Quecksilber
und H,0, -Lösung letztere immer gut durchgemischt wurde, so
erhielten wir unter Einhaltung gevrisser Kautelen^] unter
gleichen Umständen übereinstimmende Werte der Reaktions-
geschwindigkeit, wie folgende Versuche in Tabelle 1 zeigen,
in welchen bedeuten: 0 die Oberfläche des von der Superoxyd-
lösung bedeckten Quecksilbers in Quadratzentimetem, ^^ die
1) Wegen derselben muß auf die Dimertation des einen von uns:
J. Weinmayr: Die Quecksilberkatalyse des Wasserstoffsuperoxyds,
Heidelberg 1908, verwiesen werden.
840 (?. Bredig und «/. H^eintnat/r.
Beaktionsdauer in Minuten für 50 Proz. chemiBcben Umsatzes
des vorhandenen Wasserstofifsuperozyds :
Tabelle 1.
0
^
Oxtso
60,81 cm'
34'
20,7 . 10«
84
20,7
33
20,1
33
20,1
47,03
45
21,2
44
20,7
44
20,7
43
20,2
34,61
58
20,1
Wie man sieht, ist unter gleichen Bedingungen die Um-
setzungszeit umgekehrt proportional der Oberfiächengröße des
katalytisch wirkenden Quecksilbers. Dieses Qesetz gilt auch
in folgender Reihe der Tabelle 2 mit etwas anderen Umständen
(Vorbehandlungsdauer mit H^O^ etc.). Die Proportionalitäts-
konstante unter diesen neuen Umständen ist zwar auch eine
etwas andere, aber von derselben Größenordnung:
Tabe
ille
2.
0
^50
Oxt,,
60,81
44
26,8 . 10«
47,03
49
49
23,0
23,0
84,61
67
23,2
19,24
120
117
23,1
22,5
In einer dritten Versuchsreihe ging die Eonstante auf
17,7.10* herunter, aber auch hier war die umgekehrte Pro-
portionalität zwischen t^^ und 0 vorhanden.
Wir können aber sagen: Unter gleichen Umständen ist die
Zeitdauer gleichen chemischen Umsatzes für die Beaktion 2 HgOg =
2H2O + Oj der Größe der katalysierenden Hg- Oberfläche um^
gekehrt proportional.
Diesen Satz werden wir nun zur Bestimmung der un-
bekannten Oberfläche äußerst kleiner aber bekannter Queck-
silbermassen in feinster Verteilung benutzen, wie sie in so-
genannten „kolloidcden*' Lösungen vorliegt.
Schichtdicke kataly tisch wirkenden Quecksilbers, 841
n. Wirkung von Qaeckailber in kolloidalen I*5eangen.
Der eine Ton uns bat bereits in Gemeinschaft mit
Reinders und mit Ikeda^) eine eigentümlicbe Art der Queck-
silberkatalyse des HjO, mitgeteilt.
Äußerst verdünnte alkaliscbe HgCl,-Lösungen wirken nur
sehr langsam auf H^O, katalytisch ein, ebenso wie in gewissen
äußersten Verdünnungen alkalische, durch elektrische Zer-
stäubung hergestellte kolloidale Goldlösungen relativ nur
noch ziemlich langsam wirken. Mischt man aber beide, so
tritt eine sehr viel rapidere Katalyse des H^Oj ein. Es hat
sich femer zeigen lassen, daß die bekannte Reduktion von
HgOl, durch alkalisches H^O, zu Quecksilber erheblich be-
schleunigt wird durch den Zusatz von kolloidaler Goldlösung.
So ist die obige Wirkung des Gemisches dadurch erklärlich,
daß erst in Gegenwart des Goldes von dem alkalischen H^O,
metallisches Quecksilber aus der Sublimatlösung niedergeschlagen
wird und nun erst dieses Quecksilber die kolloidalen Goldteilchen
umhülitmd, als intensiver H^O^-zer setzender Katalysator ttirkt^
Beispiel: In 30 ccm Wasser waren gelöst:
im SuUversuch: 0,00003 g Au-Rolloid, 0,013 g NaOH, 0,015 g H,0,
Anfangstitre : 10,90 ccm RMn04-Lö8ang
bei 2b^00 nach 100' Minuten: 7,33 „ „ „
Parallelversuch: + 0,00003 HgOI«, »onst wie im Nullversach.
Anfangstitre: 10,00 ccm KMn04-Lö8aiig
bei 25^00 nach 3' Minuten bereits'alles H,0, zersetzt, Titrc 0.00.
III. Bestimmung der kolloidalen Sohichtdioke durch Meaaang der
katalytisch aktiven Oberfl&chengröBe.
Bestimmen wir also in einer solchen kolloidalen alkalischen
Au-Lösung mit bekanntem Gehalte an Quecksilber die Um-
setzungszeit von darin katalysiertem WasserstoflFsuperoxyd und
stellen wir in einem Parallel versuche andrerseits fest, wie
groß unter gleichen Umständen eine gewöhnliche Oberfläche 0^
metallischen Quecksilbers sein muß, um dieselbe kataly tische
Umsetzungsdauer zu bewirken, so können wir annehmen, daß
1) 6. Bredig u. W. Reinders, Zeitschr. f. phys. Chem. 37. p. 339.
1901. — Derselbe und K. Ikeda^ 1. c. 37. 1. 1901.
2) Anmerkung: Das Sublimat verhält sich also tum Gold wie in
der Fermentchemie Pawlows Trypsinogen zur Enterokinase. VgL
G. Bredig, Anorganische Fermente (2. Aufl.). 1904.
842 G. Bredig und J, IVeinmayr.
das Qaecksilber im kolloidalen Systeme dieselbe Oberfläche 0^
besitzt, wie das gewöhnliche, gleich wirkende Quecksilber, und
wir können somit aus der angewandten Masse des gefällten
kolloidalen Quecksilbers und seiner so ermittelten Oberfläche
0^ einen wenigstens annähernden Schluß auf die Größenordnung
seiner Schichtdicke machen. Nach diesem Prinzip wurden
folgende Vergleichsversuche gemacht:
Die kolloidale Mischung enthielt in 30 ccm Wasser:
HgCl, 0,000027 g, also Hg 0,00002 g, kolloid. Au 0,00003 g,
NaOH 0,00001 g, H^O^ 0,03 g.
Bei 25^ war t^^ = 41'.
Beim Parallelversuch mit metallischem Quecksilber unter
gleichen umständen wurde dieselbe Alkalimenge und eine
Oberfläche 0^^ von 47,03 cm* angewandt.
Bei 25 ® war t^^ = 49'.
Nach dem oben festgestellten Proportionalitätsgesetz haben
wir also:
0..41 = 0^.49 = 47,03.49
0^ = _lLi?_=:56cm2.
Die angewandten 0,00002 g kolloidales Quecksilber haben
also eine kataly tisch wirksame Oberfläche von 56 cm^ Denken
wir uns diese geringe Quecksilbermasse von 2.10""^ g als ebene,
nur einseitig benetzte, dünne, parallelepipedische Schicht oder
Haut ausgebreitet, so hätte sie also eine
Dicke von nur 3.10—® cm, also die so-
genannte molekulare Größenordnung.
Jedoch kann man hier den Einwand
machen, daß ja das Quecksilbermetall
nicht als ebene Schicht, sondern als ein
gekrümmter Kugelmantel Hg (Figur) die
kugelförmig anzunehmenden kolloidalen
Goldkerne Au umhüllt Bezeichnet r den
„äußeren" Gesamtradius der Kugel und r^ den Radius des
inneren Goldkemes, dann ist die Schichtdicke d des Queck-
silbermantels, der die Goldkeme umhüllt,
(1) rf='-„-r,.
Zur Bestimmung von r^ besitzen wir aber folgende
Gleichungen:
Sehichtdicke kataiy tisch wirkenden Q^ecksüberi, 843
(2) 2-=^ + -,
*Hg *Au
(3) ^O^O^^n.^rJn.
2v bedeutet das Gesamtvolumen aller vorhandenen Ooldkugeln
oder „Kerne'S vermehrt um das Volumen des darauf nieder-
geschlagenen Quecksilbers, g^ und «Hg Masse und spezifisches
Gewicht des vorhandenen Quecksilbermetalles, ^Aa ^uid #Aa <li6-
selben Größen für Gold, n die Anzahl der vorhandenen Gold-
keme und damit auch der aus Quecksilbermantel und Gold-
kem gebildeten Kugeln, r^ den mittleren Radius dieser Kugeln,
J^O = 0^ die aus metallischem Quecksilber bestehende Gesamt-
oberfläche dieser Kugeln, die gleichzeitig die katalytisch wirk-
same Oberfläche 0 unseres Versuches ist Durch Eliminieren
TOD n erbalten wir aus Gleichung (2) und (3)
(4) ^ \-i^ + -»
«Au /
, _ . Hg "Au
In dieser Gleichung (4) ist r^ aus lauter im obigen Ver-
sach bekannten Größen berechenbar. Wir erhalten so mit
yng = 2.10-^ g; #Hg = 13,6; g^^ = S.IO-^ g; ^^u = 19,2;
0^ = 56 cm* für den mittleren Radius r^ der kolloidalen Queck-
silbergoldkügelchen
(6) r^= 1,6. 10-7 cm.
Wir können nun noch einen Schritt weiter gehen: Zwar
wird das Quecksilber allmählich in den Goldkem eindringen
und sich damit legieren, jedoch können wir wenigstens wohl
fbr die erste Zeit annehmen, daß der Kugelmantel in der
Figur in der Hauptsache noch aus dem vorhandenen Queck-
silber ^Hg» der Kugelkem aus dem vorhandenen Gold j^Aa be-
stehe. Dann können wir die Dicke d^r^^r^ des Queck-
silbermantels berechnen nach folgenden Gleichungen:
(6) -r^ = ''4"-«''
»Hg »
844 0. Bredig und J. Weinmayr,
Aus Gleichung (6) und (7) ergibt sich:
(8) r. = r, i'/ZSili^ + ,
*Hg
Aus (1) and (8) erhalten wir jfilr die Schichtdicke des
Eugelmantels aas katalytisch wirksamem Quecksilber:
/l_
(9) d = r
i7 fag ■
«Aa
+ 1
\ V yAa-«Hg
Auf der rechten Seite der Gleichung stehen wieder durch
den Versuch bekannte Größen. Setzen wir für r = 1,6. 10-'' cm
nach Gleichung (5), so erhalten wir mit den gleichen Versuchs-
daten ^Hu = 2.10-ög; ^3^=13^6; ^Au = 3.10-0; ^^„=19,2
für die Dicke der wirksamen Quecksilberschicht d = 3,10"^ cm.
Die Quecksilberhaut besitzt also in unserem Versuche auch nach
dieser Berechnung eine Schichtdicke von der Größenordnung der
Molekulardimension ^ wie sie auch für den Durchmesser der
Moleküle aus der kinetischen Gastheorie berechnet worden ist
lY. Bestimniung der kolloidalen Schiohtdicke duroh Beatixnmung
der minimalen aktiven Quecksilbermenge.
Das vorstehende Resultat können wir nun durch einen
unabhängigen Versuch noch auf anderem Wege wenigstens der
Größenordnung nach bestätigen: Vermindert man nämlich die
Quecksilbermenge bei konstanter Gold-, Alkali- und Super-
oxydmenge in parallelen Versuchsreihen unter gleichen Be-
dingungen, so findet man, daß der Quecksilberzusatz, sobald
er unterhalb eines gewissen, experimentell bestimmbaren Wertes
gehalten wird, überhaupt nicht mehr katalytisch merklich ist
Analog den Betrachtungen von Oberbeck ^) über die elektro-
motorische Kraft äußerst dünner Metallschichten, welche ver-
schwindet, sobald die Dicke der Schicht kleiner als der Mole-
kulardurchmesser wird, können wir hier die Hypothese auf-
stellen, daß die ausgefällte Quecksilberschicht dünner als der
Molekulardurchmesser geworden ist, sobald diese Quecksilber schickt
nicht mehr katalytisch wirksam ist Wir haben dann also die
1) A. Oberbeck, Wied. Ann. 31. p. 837. 1887; vgl. hiergegen
aber Nemst, Theoret Ghem. p. 391. 1898.
Schichtdicke katalytisch wirkenden Quecksilbers, 845
Aufgabe, die dünnste Quecksilberschicht zu bestimmen, welche
eben noch katalytisch in unseren Systemen wirksam ist. Diese
Aufgabe kann man in folgenden Versuchen behandelt sehen:
Es wurden bei 25^ gemischt:
Tabelle 3.
SOccm Wasser; 0,00003 g kolloidales Au; 0,015 g H,Oj; 0,013 g NaOH.
in Versuch
b) „ 2.10->g
^—4
c) „ 2.10 'g
d) „ 2.10-»g
e) „ 2.10-«g
f) „ 2.10-'g
»»
1»
♦>
1»
»»
Es war
OD Sublimat
<«>= IM'
n t)
ko = 3,8'
>» »>
<io = 1,«'
>» »>
^0 = 1,0'
>» »
ho - 4,4'
» »
to « 145,5'
In Versuch f) war die Reaktionsdauer t^^ bereits gerade
80 groß wie in Nullversuchen ohne Quecksilberzusatz, die
Katalyse des Quecksilbers also bereits unmerklich geworden.
Wir müssen also annehmen, daß in Versuch e) bereits bei
2.1 0~* (f Quecksilber das Minimum der katalytisch wirksamen
Schichtdicke des Quecksilbers auf den Goldkernen nahezu erreicht
war,^) Auf Grund dieser Hypothese können wir nun folgende
Rechnung aufstellen:
Aus Gleichung (1) und (8) erhält man:
(10)
'' = '•»-'•< = '■.
/ .^H.jjAa_ ^ ^ _ j 1
worin nur noch der Radius r. des Goldkernes unbekannt ist.
Da nämlich die Goldkeme dieser kolloidalen Goldlösungen
erfahrungsgemäß unter den besten Mikroskopen unsichtbar
bleiben und nur mit Hilfe der polarisierten diffusen Licht-
zerstreuung nachweisbar sind, so müssen ihre Durchmesser
kleiner als 10""' cm und ihr mittlerer Radius r. also kleiner
als 0,5 . 1 0""* cm sein. Setzen wir diesen AlaximalweTt fllr r^
in Gleichung (10) ein, so erhalten wir aus den übrigen experi-
mentellen Daten für g^ , ^^^ etc. auch einen A/aximcU^ert
d, und zwar nach Tabelle 3 aus Versuchen über die kleinste
1) Man kann auch den Einwand machen, daß bei der Snblimat-
TerdOnnnng des Versuches f ) überhaupt kein Hg mehr aosge^lt war.
Derselbe läßt sich schwer prüfen.
846 G. Bredig und J, Weinmayr.
noch katalytisch wirksame Quecksilbernia»^e^ ohne daß wir
wie flüher die katalytisch wirksame Quecksilbero6er/?äcAtf zu
bestimmen brauchen.
Wir erhalten also
rf_ = 0,5 . 10-' (^'|P^5r+^ - 1 ) = 1,5 . 10-' cm.
Dieser Wert ist jedenfalls noch etwas zu hoch, da wir
ja auch nur den Maximalwert von r. in die Rechnung ein-
gesetzt haben, während wahrscheinlich der wahre Wert von
r^ erheblich kleiner ist. Nach freundlicher Mitteilung von
Hm. Zsigmondy wurde für die Mehrzahl dieser Goldteilchen
in seinem und Siedentopfs Apparat^) eine mittlere Größe von
20—80 fifjL geschätzt
Wir können also sagen, daß der aus der minimalen
aktiven Quecksilberw^Ti^e gefundene Wert der katalytisch wirk-
samen Schichtdicke der Größenordnung nach genügend über-
einstimmt mit dem aus der katalytisch aktiven Oberflächen"
große berechneten. Das Quecksilber wirkt also noch katalt/tisch
in Schichtdicken von der Ch'Ößenordnung der Molekulardurchmesser.
Dieses Ergebnis steht in gewisser Übereinstimmung mit
anderen älteren Untersuchungeo. So hat Oberbeck (L c.)
eine ähnliche Größenordnung für die dünnste noch elektro-
motorisch wirksame Schicht eines Metalles und 0. Wiener*)
für die dünnste noch sichtbare Metallhaut erhalten. Femer
hat J. Tafel gezeigt*), daß ein Überzug von Platin in
einer Schichtdicke von 2. 10""* cm die sonst an einer Blei-
kathode stattfindenden elektrochemischen Reduktionen gewisser
organischer Stoffe verhindert und dafür Wasserstoffentwicke-
lung eintreten läßt.
Auch die von War bürg und Ihmori*) festgestellte Wasser-
1) Vgl. K. Siedentopf u. Zsigmondy, Drud. Ann. 10. p. 1.
1908; Verhandl. d. d. physik. Gesellsch. (5) 11. p. 209. 1903. VgL da-
gegen F. Ehrenhaft, Drud. Ann. 11. p. 514. 1903.
2) 0. Wiener, Wied. Ann. 31. p. 666. 1887.
3) J.Tafel, Zeitschr. f. physikal. Chem. 34. p. 193. 1900; Bredig,
Anorg. Fermente, p. 51. Leipzig 1903.
4) E. Warburg u. T. Ihmori, Wied. Ann. 27. p. 481. 1886; 31.
p. 1012. 1887.
Schichtdicke katalytisch wirkenden Quecksilbers. 847
haut auf Glas hat dieselbe Größenordnung. G. Quincke^)
und R. H. Weber*) fanden aus Messungen der Oberflächen-
spannung den Radius der molekularen Wirkungssphäre von
der Größenordnung 5 . 10~' cm. Zum Vergleiche der älteren
Bestimmungen^ mit der aus unseren Versuchen berechneten
Größenordnung der minimalen noch katalytisch wirksamen
Schichtdicke des Quecksilbers sei die Mitteilung unserer Ver-
suche gestattet, obwohl bei der Berechnung noch Hypothesen
zu machen waren, die wir an den betrefl'enden Stellen er-
wähnt haben.
y. ZasammenfasBiing.
Die Resultate dieser Mitteilung sind folgende:
1. Die Zeitdauer der katalytischen Zersetzung von ver-
dünnten wässerigen Wasserstoffsuperoxydlösungen durch metal-
lisches Quecksilber ist unter sonst gleichen Umständen der
benetzten Quecksilberoberfläche umgekehrt proportional
2. 2 . 10~* g Quecksilber, welches auf den Goldkemen
einer kolloidalen Goldlösung von 3. 10~*g Goldgehalt in 30ccm
Wasser durch alkalisches H^G, niedergeschlagen war, kata-
lysierte letzteres ebenso schnell wie eine gewöhnliche Queck-
silberoberfläche von 56 cm*.
3. Hieraus wurde unter gewissen Annahmen für die Queck-
silberhaut auf den Goldkemen eine Schichtdicke von 3 . 10""' cm,
also von molekularer Größenordnung, berechnet
4. Die katalytische Wirkung des Quecksilbers war nicht
mehr zu erkennen, sobald weniger als ca. 2.10~*g Queck-
silber zugesetzt wurden. Hieraus berechnet sich unter gewissen
Annahmen ebenfalls ftlr die dünnste noch katalytisch wirksame
Quecksilberhaut im Kolloid ein Höchstwert ihrer Dicke zu
1,5 . 1 ü""' cm.
Heidelberg, Chem. Üniv.-Laboratorium.
1) G. Quincke, Pogg. Ann. 137. p. 413. 1869.
2) R. H. Weber, Drud. Ann. 4. p. 706. 1901.
8) Vgl. auch M. Faraday, Pogg. Ann. 101. p. 318. 1857; W. C.
Roentgen, Wied. Ann. 41. p. 321. 1890; P. Drude, 1. c. 43. p. 158.
1891; A. W. Reinold u. A.W. Rücker, Phil Trans, p. 447. 1881; p. 645.
1883; vgl. auch Nernst, Theoret Chemie p. 390, sowie die Lehrbücher
der kinet Gastheorie.
(Eingegangen 2. Oktober 1908.)
848
108. Eine besondere auschauliche Ableitung des
Gaussischen Felllergesetzes.
Von A. Sommerfeld in Aachen.
Die fundamentale Rolle, welche das Gaussische Fehler-
gesetz in der gesamten Molekularphysik, zumal in den Arbeiten
von L. Boltzmann spielt, rechtfertigt es vielleicht, wenn ich
an dieser Stelle eine Ableitung jenes Gesetzes mitteile, die ich
vor mehreren Jahren in einer Göttinger Vorlesung entwickelt
habe. Die Ableitung geht von der Hypothese der Elementar-
fehler aus und macht über deren Verteilung die denkbar ein-
fachste Annahme. Daß das Resultat der Betrachtung von
dieser besonderen Annahme unabhängig ist, darf auf Grund
allgemeinerer Untersuchungen^) als bekannt gelten.
Das mathematische Hilfsmittel der vorliegenden Ableitung
bilden bei n Elementarfehlem Betrachtungen im n-dimen-
sionalen Raum; das Gaussische Fehlergesetz selbst erscheint
dabei als eine Aussage über die Stereometrie im Räume von
unendlich vielen Dimensionen. Wenn ich solche mehrdimen-
sionalen Betrachtungen hier als „anschaulich" bezeichne, so
soll damit gesagt sein, daß sie sich als Verallgemeinerungen
von elementaren Betrachtungen im dreidimensionalen Räume
unmittelbar darbieten.
1. Ein Elementar fehler und sein Verteilung sge setz. Wenn
wir eine Beobachtuugsgröße abrundend durch ein ganzes Viel-
faches einer passend gewählten Maßeinheit ausdrücken, so
begehen wir einen Felder ar, welcher jeden Wert zwischen
+ 1/2 mit gleicher Wahrscheinlichkeit besitzen kann. Nennen
wir i/dx die Wahrscheinlichkeit, daß dieser Fehler zwischen
X und X -\- dx enthalten ist, so wird die „Fehlerdichte** y
1) F.W. Bessel, Astron. Nachr. 15. 1838. Weitere Literatur bei
Czuber, Die Entwickeluiig der Wahrscheiulichkeitstheorie, Jahresbericht
der deutschen Mathematiker-Vereinigung. 7. Nr. 56. Vergl. auch Haus-
dorff, Sitzungsber. d. k. sächs. Gesellsch. d. Wissensch. zu Leipzig.
Mai 1901. p. 166.
Anschauliche Ableitung des Gaussischen Fehlergeseizes, 849
innerhalb des Fehlerbereiches von ar= — 1/2 bis ar= + 1/2
gleich 1, außerhalb desselben gleich NulL Wir können daher das
Vertoilungsgesetz dieses „Abmndungsfehlers" durch die Figur 1
auf p. 856 darstellen. Der Wert 1 der y-Koordinate ergibt
sich daraus, daß der von der „Fehlerkurve" und der Fehler-
achse begrenzte Flächeninhalt (gleich der WahrscheinlichkiBit,
daß überhaupt irgend ein Fehler begangen wird) die Flächen-
einheit sein muß.
Wir werden im folgenden annehmen, daß die zu be-
trachtenden Elementarfehler sämtlich nach diesem einfachsten
Gesetz des Abmndungsfehlers verteilt sind, ohne übrigens da-
mit sagen zu wollen, daß sie irgendwie durch Abrundung einer
Beobachtungszahl entstanden sein müßten.
2. Zwei Elementar fehler. Die Messung irgend einer Größe
werde durch zwei voneinander unabhängige Fehlerquellen be-
einflußt; der resultierende Fehlerer setze sich aus den beiden
Elementarfehlern Xq und x^ additiv zusammen:
JT =s Xq -f" ^1 •
ydx sei die Wahrscheinlichkeit, daß der resultierende Fehler
zwischen x und x + dx liege.
Welches ist das Gesetz von yf
Wir tragen x^ und x^ nach zwei rechtwinkligen Achsen
auf und markieren als Fehlerbereich das dem Punkte 0 um-
schriebene Quadrat von der Seitenlänge 1 (vgl Fig. a). Die-
jenigen Kombinationen der Einzelfehler x^, ar^, welche zu dem-
selben Gesamtfehler x Anlaß geben, werden durch die Punkte
einer Geraden g dargestellt^ welche von den beiden Koordi-
natenachsen dasselbe (positiv oder negativ zu rechnende) Stück
X abschneiden. Zwei benachbarte, zu den Werten x und
X + dx gehörende Gerade g schneiden aus dem Quadrat einen
Streifen heraus, dessen Inhalt die Wahrscheinlichkeit ydx
veranschaulicht Da die Breite des Streifens dxj^^ so wird
S
wenn wir mit S die „Größe der Schnittfigur", d. h. die Länge
des innerhalb des Quadrates gelegenen Stückes von g be-
zeichnen.
um S zu berechnen, ist es (namentlich in den späteren
allgemeineren Fällen) bequem, eine der beiden Uilfsgrößen
Boltsmaiin-Festschrift. 54
850
Ä. Sommerfeld,
Jät
zu benutzen, u bedeutet (vgl. Fig. a) dasjenige Stück, welches
die Gerade g auf den durch den Punkt f/ (ar^, = ar^ = — 1 / 2)
gehenden Quadratseiten abschneidet Die entsprechende Be-
deutung hat V hinsichtlich
der durch den Punkt V{xq =
oTj = + 1/2) gehenden Qua-
dratseiten. Es ist nun, so-
lange u <\y d. h. solange g
die durch U gehenden Qua-
dratseiten selbst trifft, er-
sichtlich 5 = M y2 ; wird aber
M > 1, indem g, von U
kommend , den Mittelpunkt
des Quadrates überschreitet
und die Verlängerung der
genannten Quadratseiten trifft,
so haben wir von der Länge
wy2 zwei Stücke in Abzug
zu bringen, welche (vgl. Fig. a) ersichtlich die Länge (u — l)"|/2
haben. In diesem Falle wird S = {m — 2(m — l)}]^* Dagegen
haben wir natürlich 5 = 0, wenn m < 0 oder « > 2 ist
Man erhält daher für y die folgende Darstellung:
w<0, 0<M<1, 1<M<2, 2<M,
y = 0, y = M, y = t£-2(M— 1), y = 0.
Damit gleichbedeutend ist die folgende Darstellung:
t?>2, 2>t7>l, l>v>0, 0>t?,
y = 0, y=:t;-2(v-l), y = v, y = 0.
Li Figur 2 auf p. 856 ist dieser Verlauf von y durch einen
Linienzug über der Abszisse x dargestellt; die Maßeinheit auf
der 2r-Achse ist dabei nach einem später zu begründenden
Gesetz gegenüber Figur 1 verkürzt
3. Brei Elementarfehler. Der Gesamtfehler x möge sich
jetzt aus den drei unabhängigen Elementarfehlern ar^, ar^, x^
nach der Formel
Fig. a.
a: = Xq + OTj +
'2
zusammensetzen.
Anschauliche AbUüung das Gaussischen Fehlergesetzes. 851
Wir deuten ar^, x^, x^ nach drei rechtwinkligen Achsen
im Räume und erhalten als Fehlerbereich einen Würfel von
der Kantenlänge 1 (vgl.
Fig. b). Der Ort desselben «
Gesamtfehlers x ist eine
Ebene E^ welche von den
drei Koordinatenachsen das
gleiche Stück x abschneidet
Zwei benachbarte Ebenen
E, welche zu den Fehlern
x und X + dx gehören,
schneiden aus dem Würfel
eine Schicht heraus, deren
Rauminhalt die Wahrschein-
lichkeit ydx darstellt. Da
die Dicke dieser Schicht dxj^*6 ist, so wird
S
y =
Fig. b.
-— j
1/3
wenn wir mit 8 wieder die „Größe der Schnittfigur", d. h. die
Fläche des innerhalb unseres Würfels gelegenen Teiles von
E bezeichnen.
Wir setzen jetzt
w = -2~ "^ ^ '
V =
8
2
— X
SO daß u (und äholich v) die Abschnitte der Ebene E auf den
durch den Punkt U (x^ = ar^ = x^ = — 1/^) gehenden Würfel-
kanten bedeutet (vgl. Fig. b). Die Schnitttigur S ist ein gleich-
seitiges Dreieck von der Seite m)/2 und dem Inhalt M*y3/2,
solange ii < 1 . Überschreitet aber die Ebene Ey von U kom-
mend, die Ecken P des Würfels, d. h. wird ti > 1, so geht
S in ein Sechseck über, indem sich die Dreiecksecken ab-
stumpfen (vgl. Fig. b oder c). Der Inhalt von S ergibt sich
jetzt dadurch; daß wir von dem ursprünglichen drei gleich-
seitige Dreiecke von der Seitenlänge [n — l)y2 fortnehmen. Es
wird daher jetzt 5 = {w^ - 3(7i - \f\f6l2. Indem E weiter
fortschreitet, nehmen die Abstumpfungen zu; wenn E den Mittel-
punkt des Würfels überschreitet, wird das Sechseck regulär.
Weiterhin überdecken sich die Abstumpfungen gegenseitig, wenn
E auch über die Würfelecken Q hinübergegangen, d. h. wenn
Fig. .
862 A. Sommerfeld.
u > 2 geworden ist, und das SechBeck geht wieder in ein Drei-
eck über. Wir haben dann bei der Berechnung von S, um
bei Abzug der Äb-
, _ , , , s . »tumpfungen nicht zu
viel fortzunehmen, die
von den Abstumpfungen
doppelt Überdeckten
', Teile einmal hinzuzu-
'■ tilgen. E^ sind dieses
drei gleichseitige Drei-
ecke TOD der Seitenlänge
(« - 2) yä. Mithin wird
jetzt S=\u*—^u~Yf
+ 3(«-2)*(y3/2. Da-
gegen wird mitQrlich
S = 0, wenn die Kbene
E den Würfel über-
haupt nicht trifft, d. b. wenn « < 0 oder w > 3,
Wir erhalten von da ans ftlr y die folgende Darstellung:
w<0, 0<«<1, l<w<2,
y = 0, y = ^u\ y = ^(„»-3(«-lf),
2 < H < 3 , 3 < «
y = i(«»-3(«-l)^-H3(«-2)>), y = 0.
Hiermit gleichbedeutend sind die Formeln;
p > 3, 3 > w>2,
y-O, y.i(.'-3(.-l)' + 3(r-2)'),
2>v>\, l>t>>0, 0>v,
,-i{»'-3(.-l)>), y-iv', s-a.
Figur 3 auf p. 856 veranschaulicht diesen Verlauf von y. Die
dort verzeichnete Fehlerkurre besteht aus drei Parabelbögen,
welche sieb aneinander and an die anschüeßendeD Stücke der x-
Achse stetig und mit stetigen Tangenten anlegen. Die Horizontat-
erstreckung jedes der drei Parabelbögen ist gleich der (in der
Figur abermals passend verkürzten) Maßeinheit.
4. Vier EZementarfekler, Wir haben jetzt in den Raum*)
1) Wir meinen einen in Qbliober Weise definierten EnklidiicheDRantii.
Anschauliche Ableitung des Gaussischen Fehlergesetzes. 853
von vier Dimensionen zu geben und nach den rechtwinkligen
Achsen der Elementarfehler x^, Xj, x^, x^ einen „Uberwürfel"
zu konstruieren. Dieser ist mit der „überebene"
^ = ^0 + ^1 + ^2 + ^8
ZU schneiden, d. h. mit einem dreidimensionalen Raum, welcher
von den vier Koordinatenachsen das gleiche Stück x ab-
schneidet Bewegt sich die überebene von außen her auf den
Überwürfel zu, so schneidet sie zunächst ein reguläres drei-
dimensionales Tetraeder aus, dessen Ecken den Schnittpimkten
der überebene mit den vier von einer Ecke des Überwürfels
ausgehenden Kanten entsprechen. Lassen wir die überebene
sich nach dem Mittelpunkte des Überwürfels hin bewegen, so
überschreitet sie zunächst vier Ecken des Überwürfels, wobei sich
in der Schnittfigur die vier Ecken des Tetraeders abstumpfen,
so daß das Tetraeder in ein allgemeines Oktaeder übergeht
Dasselbe wird zum regulären Oktaeder, wenn die Überebene
gerade durch den Mittelpunkt des Überwürfels hindurchgeht,
wobei sie sechs weitere Eicken des Überwürfels überschreitet
Gleichzeitig beginnen dann die Abstumpfungen sich in den
Mitten der sechs Kanten des ursprünglichen Tetraeders zu über-
decken, so daß bei der Berechnung der Schnittfigur nach Abzug
der Abstumpfungen sechs neue Tetraeder hinzuzufügen sind. Die
Schnittfigur bleibt jetzt ein allgemeines Oktaeder, bis sie durch
weiteres Wachsen der Abstumpfungen wieder in ein reguläres
Tetraeder übergeht Dieses schrumpft allmählich zu Null zu-
sammen.
Die zugehörige Fehlerkurve (Fig. 4 auf p. 856) besteht
jetzt aus vier kubischen Parabelbögen, welche sich nicht nur
mit ihren Tangenten, sondern auch mit ihren Krümmungen
stetig aneinander und an die äußeren Stücke der x- Achse an-
legen und welche von ar=— 2 bis x=+2 reichen. Die
genauen Formeln zur Konstruktion dieser Fehlerkurve ent-
wickeln wir sogleich für den allgemeinen Fall von
5. n + / Elemeiitarfehlem, Es handelt sich jetzt um einen
Überwürfel im Räume von n + 1 Dimensionen und um eine
n-dimensionale überebene, welche von den Koordinatenachsen
der Xq. Xj , . . . x^ das gleiche Stück x ^ x^ + x^ + . , , x^ ab-
schneidet Zwei zu den Werten x und x + </x gehörige solche
854 A. Sommerfeld,
Uberebenen bestimmen innerhalb des Überwürfels eine (n + 1)
dimensionale Schicht, deren Höhe dx/'^ n + 1 beträgt und
deren Basis wir mit S bezeichnen. Die Fehlerdichte wird
alsdann
Mit U bezeichnen wir die Ecke x^ = x^ = . . . x^ = — 1/2
des Überwürfels, mit F die gegenüberliegende Ecke x^ =
^1 =
• •
x^ = + 1 /2 . Wir setzen
n + 1 , w + 1
M = — ^ — +:r, v= X.
Liegt unsere überebene der Ecke U hinreichend nahe, ist
nämlich ti < 1 , so besteht die Schnittfigur aus einem n-dimen-
sionalen regulären „(n + l)Zell", der Verallgemeinerung des
regulären Tetraeders. Der Inhalt desselben beträgt bei der
Eantenlänge a, wie man ohne Schwierigkeit nachweist:
= ^Vl.S.5...(2n-l).
Da in unserem Falle diese Eantenlänge gleich uy2 zu setzen
ist, so ergibt sich als Fehlerdichte für 0 < m < 1 :
mit der Abkürzung
j^ _ 1 /l . 3. 5 ...(2 fr- 1)2«
Wird u = 1, so überschreitet unsere Uberebene die n+ 1
der Ecke U benachbarten Ecken des Überwürfels; gleichzeitig
stumpfen sich in der Schnittfigur S die Ecken unseres
(n + 1) Zells ab, indem an jeder Ecke desselben ein
(n + 1) Zell von der Kantenlänge (m - 1) ]/2 in Fortfall
kommt Es wird daher für 1 < ti < 2 :
y = JVr(ti« — (n + l)(tt — lY).
Wird tt = 2, so triflFt unsere Uberebene alle diejenigen
Ecken des Überwürfels, in denen zwei der Koordinaten
Xq, . . . Xn+i den Wert + 1/2, die übrigen den Wert — 1/2
haben. Ihre Anzahl ist gleich dem Binomialkoeffizienten
Anschauliche Ableitung des Oaussischen Fehlergesetzes, 855
y ] . Dies ist zugleich die Anzahl derjenigen Gebiete,
(n + 1) Zelle von der Kantenlänge (u — 2) y2^ in denen sich
die Abstumpfungen gegenseitig überdecken. Es wird daher für
2 < M < 3:
Hiemach ist das allgemeine Gesetz klar. Bedeutet k eine
ganze Zahl < n, so haben wir fllrÄ<ti<Ä+l:
Dieselbe Abhängigkeit können wir auch durch die Hilfsgröße
V ausdrücken, wenn wir n — k^ l setzen ; es wird dann für
/ + 1 > ü > / gleichzeitig:
(2)
(3)
y = A' («»-(" + ')(.-!)- + C + >)(«-2)-- ...
Für u (bez. v) < 0 oder > n + 1 wird natürlich y = 0.
Wir können jetzt folgende allgemeine Angaben machen:
Die Dispersion des Gesamtfehlers wird mit jedem hinzu-
kommenden Elementarfehler eine breitere. Der Fehlerbereich
auf der x-Achse beträgt nämlich bei n + 1 Blementarfehlem
71 -f 1 Einheiten.
Die Fehlerkurve wird mit jedem hinzukommenden Elementar-
fehler je um einen Grad stetiger. Sie besteht nämlich bei n + 1
Elementarfehlem aus n + 1 Parabelästen von der n*^ Ordnung,
welche sich an den Übergangsstellen mit ihren (n — 1) ersten
Differentialquotienten stetig aneinander anschließen. In der Tat
unterscheidet sich an der Übergangsstelle ii = A der Ausdruck
des (Ä + 1)**° Parabelbogens von dem des A**"* nach Glei-
chung (2) nur um ein Glied mit dem Faktor (m — A)", welches
ftlr z£ = A erst nach n-maliger Differentiation einen von
Null verschiedenen Betrag gibt Man vergleiche daraufhin
die Figg. 1, 2, 3,... auf der folgenden Seite, von denen
856
Ä, Sommerfeld.
Fig. 1.
-h
+ -^
Figur 1 einen Sprung in den Ordinalen, Fig. 2 einen solchen
in den Tangenten, Fig. 3 erst in den Krümmungen etc. aufweist
In der Grenze für
71 = 00 werden wir dem-
entsprechend eine Feh-
lerkurve zu erwarten
haben, die sich nach
beiden Seiten hin ins
Unendliche erstreckt
und die mit ihren sämt-
lichen Differentialquo-
tienten stetig verläuft.
Eine solche Kurve ist
das Gaussische Fehler-
gesetz.
6. Unendlich viele
Elementar fehler. Für die
Ausführung des Grenz-
überganges 74 = cx) ist
die vorstehende explizite
Form der Fehlerdichte
y (Gl. 2 oder 3) nicht be-
quem; vielmehr emp-
fiehlt sich für diesen
Zweck eine Integraldar-
stellung, welche 1. c.
F. Hausdorff angibt
Außerdem wird es nötig,
damit überhaupt ein.
endlicher Grenzwert re-
sultiert, den Fehlerbe-
reich des einzelnen Eile-
mentarfehlers , welcher
bisher gleich der Ein-
heit genommen wurde,
in dem Maße zusammen-
schrumpfen zu lassen,
als n wächst Wir
setzen daher für jeden
Fig. 3.
-2 -2
-»-i
+ 2
Anschauliche Ableitung des Gaussischen Feldergesetzes. 857
der Elementarfehler die äußersten Fehlerbetrage nicht mehr gleich
±1/2, sondern gleich + h und dementsprechend die Fehlerdichte
innerhalb dieser äußersten Werte nicht mehr gleich 1, sondern
gleich 1/2A, wobei wir uns vorbehalten, h mit wachsendem n
passend abnehmen zu lassen.
Um zunächst das Gesetz des einzelnen Elementarfehlers
(y = 0 fiir X > Ä, y = 1 /2 A für x < /<) durch eine einheit-
liche Formel darzustellen, benutze man die Theorie des
Fourier sehen Integrals. Diese liefert:
y = 2^^ \ dl \ daQO%X[x'-a)\
0 -A
f&hrt man das Integral nach a aus und substituiert die neue
Integrations variable fi =^ kh, so erhält man bequemer:
(4)
1 r ux Binu t
0
Um eine ähnliche Darstellung bei n + 1 Elementarfehlem
zu gewinnen, gehen wir von der Gleichung (1) aus, die mit
Bücksicht auf die gegen früher abgeänderte Fehlerdichte der
Elementarfehler folgendermaßen zu modifizieren ist:
(^) y i/fTTi (2Ä)«+i*
Es bedeutet nun S/]fn+l die Projektion der Schnittfigur S
auf eine der Eoordinatenebenen, z. B. auf die Überebene ir^ = 0.
Diese Projektion kann berechnet werden als ein n-faches In-
tegral nach den Koordinaten x^, x^, . . . x^. Das Integrations-
gebiet erstreckt sich für jede Koordinate von — A bis +ä;
außerdem aber ist zu beachten, daß nur solche Kombinationen
der x^ , . , x^ in Betracht zu ziehen sind, zu denen sich ein
I Xq I < Ä finden läßt derart, daß x^ + x^ •{- . . . x^ = x. Das
Integrationsgebiet der Variabein ir^ , x, , . . . x^ ist daher durch
die weitere Bedingung zu beschränken:
(6) I X -— Xj — Xj — . . . — a:^ I < Ä.
Nach dem Vorgange von Dirichlet berücksichtigen wir
diese Bedingung dadurch, daß wir unter dem Integral einen
,,Di8kontinuitätsfaktor*' hinzufügen, der für alle der Un-
858 A. Sommerfeld.
gleichuDg (6) genügenden Werte von x^ , . . . x^ gleich 1 , für
alle ihr nicht genügenden Werte gleich 0 ist. Einen solchen
Faktor stellt nach Multiplikation mit 2 h gerade der in (4) ge-
fundene Ausdruck dar, wenn wir darin x ersetzen durch
j: — Xj — Xg — ... — ^„. Die Integraldarstellung von y lautet
daher:
OD + A + Ä + Ä
y= ^^Äw/'^''/'' ''»/'''«•••/'''- *'*'''*~^r^"''7^'
0 - Ä -Ä -Ä
oder, wenn wir die Integrationen nach x^, arg , . . . ar^ in nahe-
liegender Weise ausführen:
00
(7) y = iyrf^co8^(«^p\
0
Unsere früheren Formeln (2) und (3) können als Aus-
wertungen dieses Integrales gelten, welches seinerseits die fiüher
für die verschiedenen Intervalle gefundenen verschiedenen
Formeln einheitlich zusammenfaßt.
In Gleichung (7) kann man nun bequem zur Grenze n = oo
übergehen. Wegen der strengen Durchführung des Grenzüber-
ganges verweise ich auf L. Maurer^] und begnüge mich hier
im Interesse der Kürze mit dem folgenden unstrengen Über-
schlag.
Der Quotient sin ju/ju ist für alle Werte ju > 0 ein echter
Bruch und wird in der Nähe von ju = 0 näherungsweise gleich
1— jU^/6. Deshalb ist die (n + 1)*® Potenz desselben bei
großem n für ju > 0 verschwindend klein, während in der Nähe
von /i = 0 gilt, wenn wir ju^ = (ü^l[ii+ 1) setzen:
lim (^'i)" ^ ' =
6
Hält man nun bei wachsendem n das Produkt h yn+T
konstant, indem man z. B., was bequem ist
(8) A/^r+T=]/||
macht und unter k eine Eonstante versteht, so ergibt sich
aus (7)
1) L. Maurer, Math. Ann. 47. p. 267. 1896.
Anschauliche Ableitung des Gaussischen Fehlergesetzes, 859
® 1 -
k - *•«"
e
0
Wir finden also in der Grenze für n = oo genau das Gaussi-'
sehe Fehlergesetz. Die vorstehende Formel desselben können
wir nach den vorangehenden Erörterungen deuten als Größe
der Schnittfigur durch einen Überwürfel im Räume von un-
endlich vielen Dimensionen.^)
Zum Vergleich mit der Serie der Figuren 1, 2, S, 4 ist das
Gaussische Fehlergesetz in Figur 5 auf p. 856 dargestellt Dabei
war die Größe k so zu wählen, daß sich ein stetiger Anschluß an
die vorangehenden Figuren ergab. In diesen haben wir den
Fehlerbereich 2A des einzelnen Elementarfehlers mit wach-
sendem n so abnehmen lassen, daß 2A)/n + 1 einen konstanten
Wert, nämlich in der Maßeinheit der Figur 1 den Wert 1 hat
Aus Gleichung (8) ergibt sich danach für k als zugehöriger
Wert /i = y6.
Da in Wirklichkeit die Anzahl der eine Beobachtung be-
einflussenden Elementarfehler nicht unendlich groß sein dürfte,
da femer sehr große Gesamtfehler im allgemeinen nicht nur
sehr unwahrscheinlich, sondern überhaupt unmöglich sind, so
dürfte im allgemeinen eine unserer Fehlerkurven für ein end-
liches n der Wirklichkeit besser entsprechen, als ihr Grenzfall,
das Gaussi sehe Fehlergesetz. Letzteres empfiehlt sich gegen-
über jenen lediglich durch die größere Einfachheit seiner ana-
lytischen Darstellung sowie dadurch, daß es von dem meist
unbekannten Gesetz der Elementarfehler unabhängig ist,
während unsere Fehlerkurven bei endlichem w von der be-
sonderen Form dieses Gesetzes abhängen.
l) Es sei erwähnt, daß sich der Raum vod unendlich vielen Dimen-
sionen in einer kürzlich erschienenen Arbeit von Minkowski (Math.
Ann. 57. p. 447. 1908) als ein wichtiges analytisches Hilfsmittel erweist
(Eingegangen 2. Oktober 1908.)
860
109. Die Anwendung der physikalischen Chemie auf
die serumtherapeutischen Fragen.
Von Svante Arrhenius in Stockholm.
In einer vor einem Jahre erschienenen Abhandlung^) haben
Madsen und ich nachgewiesen^ daß die Neutralisation von
Tetanolysin und seinem Antikörper dem Guldberg-Waage-
schcn Gleichgewichtsgesetz folgt, indem:
(Menge Toxin) (Menge Antitoxin) = Konst. (Menge Verbindung).
Es verbinden sich also Gift und Gegengilt, ein Moleköl
von jedem, zu zwei Molekülen.
Von Hm. Geheimrat Ehrlich in Frankfurt wurde ich
danach eingeladen, in Frankfurt die physikalisch-chemischen
Verhältnisse der Hämolysine zu studieren. Die Hämolysine
werden auf die Weise erhalten, daß man die roten Blut-
körperchen von einem Tier, z. B. einem Ochsen, in die Blut-
masse eines anderen Tieres, z. B. eines Kaninchens, einspritzt.
Diese Blutmasse reagiert daraufhin so, daß in ihr ein Körper,
das Hämolysin, auftritt, welcher rote Blutkörperchen von dem
erstgenannten Tier zerstört, so daß ihr roter Farbstoff in die
umgebende Lösung austritt. Dieser Prozeß ist vollkommen
analog der Bildung von dem Antikörper eines Giftes, z. B.
Tetanolysin, nach Einspritzung dieses Giftes in die Blutmasse
eines geeigneten Tieres.
Die Hämolysine haben eine Eigentümlichkeit, woraus man
geschlossen hat, daß sie aus zwei Körpern zusammengesetzt
sind, die von Ehrlich mit den Namen Amboceptor und Kom-
plement bezeichnet werden. Es zeigt sich nämlich, daß nach
Erhitzung auf r)5" während einer nicht allzu langen Zeit das
Hämolysin seine Fähigkeit verliert, die entsprechenden Blut-
körperchen zu zersetzen. Das Komplement ist bei der Er-
wärmung zerstört worden. Wenn man nun zu dem übrig ge-
1) Festschrift zur Einweihung des staatl. Seruminstitutes zu Kopen-
hagen am 8. Sept. 1902. Zeitschr. f. phys. Chem. 44« p. 8. 1903.
Äntcendung der physikalischen Chemie, 861
bliebenen Amboceptor einen an und für sich für die Blut-
körperchen unschädlichen (oder nahezu unschädlichen) Körper,
z. B. das normale Blutserum eines Tieres zusetzt, so bildet
sich neues Hämolysin, d. h. das normale Serum enthält ein
Komplement, das sich mit dem Amboceptor zu Amboceptor-
komplement, d. h. Hämolysin, verbindet
Die Wirkung dieser Hämolysine erinnert sehr stark an
diejenige des Tetanolysins. Ebenso wie dieses Gift an die
Blutkörperchen gebunden wird, ebenso geschieht es mit dem
Hämolysin. Diese Aufnahme des Hämolysins von den Blut-
körperchen macht sich eigentlich bei dem Amboceptor geltend,
von welcher Eigenschaft dieser Körper seinen Namen erhalten
hat, indem man nach Ehrlich sich vorstellt, daß er zwei
AngrifTspunkte besitzt, mit welchen er an der einen Seite das
Blutkörperchen, an der anderen Seite das Komplement an sich
fesselt.
Diese Vereinigung von Amboceptor und Blutkörperchen
erinnert in hohem Grade an diejenige von Bakterienzellen und
Agglutininen, Körper, welche im Blut eines lebenden Tieres
auftreten, nachdem die betreflFenden Bakterienzellen in die Blut-
masse eingespritzt worden sind. Diese ist wiederum in sehr
eingehender Weise von Hm. Eisenberg und Volk untersucht
worden. Ich habe deshalb die Messungen dieser Forscher
einer Berechnung unterworfen, und gefunden, daß ihre Resul-
tate durch eine sehr einfache Gleichung dargestellt werden
können.^)
Bezeichnet A die Konzentration des in den Bakterien-
leibern befindlichen Agglutinins, und B diejenige des in der
umgebenden Flüssigkeit aufgelösten, so gilt:
Ä = Konst 5V..
Diese Gleichung führt zu der einfachen Deutung, daß die
Bakterienleiber und das umgebende Wasser (eigentlich die
physiologische Kochsalzlösung) sich wie zwei Lösungsmittel ver-
halten, zwischen welchen das Agglutinin sich verteilt, und zwar
ist das mittlere Molekulargewicht des Agglutinins in der Wasser-
lösung anderthalb mal größer als im Bakterienleib. Natürlich
1) Vgl. eine von mir verfaßte, in der Zeitschrift fUr physikalische
Chemie, Ostwaldband, erschienene Abhandlung.
862 & Ärrhenius.
kann im Bakterienleib eine Verbindung zwischen dem Agglu-
tinin und einem Bestandteil des Bakterieninhaltes stattfinden,
dieser Bestandteil muß dann in solcher Menge vorkommen,
daß er nicht von den benutzten, relativ sehr großen, Agglu-
tininmengen in merklichem Grade verbraucht wird. Nicht allzu
große Agglutininm engen werden innerhalb der Versuchsfehler
vollkommen von den Bakterien aufgenommen.
Genau dasselbe gilt, soviel wir wissen, von der Absorption
der Amboceptoren durch die Blutkörperchen. Da es nun natür-
lich ist, daß die Blutkörperchen von Substanzen angegriffen
werden, die in sie eindringen, und da fast die ganze Masse des
Amboceptors in die Blutkörperchen aufgenommen wird, so kann
man das Problem der Hämolysine ohne nennenswerten Fehler
so behandeln, daß man die Reaktionen, die außerhalb des
Blutkörperchens vor sich gehen, vernachlässigt. »
Ich habe nun das Hämolysin bei verschiedenem Zusatz
von Amboceptor und Komplement untersucht und finde, daß
dasselbe geregelt wird durch folgende Formel:
(Amboceptor)« (Komplement) = Konst (Hämolysin).
Die Klammern bedeuten wie üblich Konzentrationen von
den betreflfenden Körpern. Der Exponent a nimmt gewöhnlich
den Wert 1 oder ^/j, seltener ^s ^^* Dieses Vorkommen von
Exponenten mit den ZiflFem zwei und drei in diesem Falle wie
bei den Agglutininen deutet an, daß wir hier mit Körpern zu
tun haben, die sich leicht zu Doppelmolekülen bez. dreifachen
Molekülen vereinigen, wie dies ja in der organischen Chemie
nicht selten vorkommt.
Fast die ganze Menge des Amboceptors ist im Blut-
körperchen vorhanden. Dagegen ist die Hauptmasse des
Komplements nach den bisherigen Erfahrungen in der um-
gebenden physiologischen Salzlösung verteilt. Ein Teil davon
dringt jedoch in die Blutkörperchen hinein und zwar ist es
das einfachste, denselben Molekularzustaud dieses in den Blut-
körperchen aufgelösten Teiles und des in der Lösung befind-
lichen anzunehmen.^) Nach dieser Annahme vereinigen sich
1) Diese Annahme ist natürlich nicht notwendig. Es ist leicht ein-
zusehen, dan keine Änderungen im folgenden bei einem eventuellen Ver-
lassen dieser Annahme zu machen sind.
Anwendung der physikalischen Chemie, 863
a Moleküle des Amboceptors mit einem Molekül des Kom-
plementes und bilden ein Molekül der Verbindung, d. L des
Hämolysins. Diese letzte Zabl kann nicht mit großer Ge-
nauigkeit festgestellt werden, weil diese Menge zufolge der
Yersuchstechnik nicht sehr großen Veränderungen unterworfen
werden kann. — Eine ähnliche Bemerkung kann man übrigens
betreffs der Molekularanzahl der reagierenden Toxinmoleküle
aus gleichen Gründen machen. — Die Molekülzahl, welche
hier in Betracht kommt^ ist diejenige, welche dem Zustande
zukommt, welcher der vorherrschende ist, also gilt filr den
Amboceptor und das Hämolysin der in den Blutkörperchen
herrschende Molekularzustand, für das Komplement dagegen
der in der umgebenden Lösung vorwaltende.
Nach diesem fällt es ja auch höchstwahrscheinlich vor,
daß das Tetanolysin die Blutkörperchen in der Weise angreift,
daß es, wie die Hämolysine, in diese Körperchen eindringt,
ihre Eiweißstoffe verändert und auf diese Weise sie zerstört
Die Wirkung dieser Gifte wäre demnach derjenigen der ge-
wöhnlichen Gifte analog z. B. der Metallgifte, die die Albu-
minstoffe gewisser Körperzellen koagulieren, oder noch mehr
des Kohlenmonoxyds, welches von den Blutkörperchen aufge-
nommen wird und sie in ihren Funktionen stört Früher
stellte man sich gewöhnlich, gemäß der herrschenden Ehrlich-
schen Seitenkettentheorie, vor, daß die Toxine sich an der
Außenseite, an den „Seitenketten" der angegriffenen Zellen
„verankerten" und sie von außen gewissermaßen bearbeiteten,
bis sie zerstört wurden.
Die Hämolysine können nun in ihren Wirkungen gehemmt
werden durch verschiedene Antikörper, die man Antikom-
plemente nennt. Diesen Namen erhielten die betreffenden
Körper, weil sie nach Einspritzung von dem komplementhal-
tigen natürlichen Serum in die Blutmasse fremder Tiere ge-
bildet wurden. Ehrlich und Morgenroth*) haben auch einen
Versuch angestellt, um zu zeigen, daß das Antikomplement
nicht die giftige Seite (die toxophore Gruppe) des Komplements
angreift, sondern vielmehr dasselbe bindet, so daß es nicht
mehr an den Amboceptor gebunden werden kann. Diese Autoren
1) Ehrlich u. Morgenroth, Berl. kl. WochenBchr. 81. 1900
864 S. Ärrhenius,
scheinen aber nicht eine andere Möglichkeit in Betracht ge-
zogen zu haben, welche aus meinen Versuchen, wenigstens für
gewisse Fälle, mit großer Deutlichkeit hervortritt. Es zeigt
sich nämlich, daß eine bestimmte Menge Antikomplement stark
hemmend wirkt, sowohl wenn die Amboceptormenge gering,
dagegen die Komplementmenge groß, als im Fall, daß jene
groß und diese gering ist, dagegen schwächer, wenn diese
beiden Mengen mäßig sind. In den erstgenannten beiden
Fällen wird der Körper, welcher in geringer Menge vorhanden
ist, fast vollkommen gebunden und zu Hämolysin verwandelt
Dasselbe wird vom Antikomplement wieder neutralisiert in
seiner Blutkörperchen zerstörenden Wirksamkeit. Bei mäßigen
Mengen wird nur ein Teil, sowohl vom Amboceptor wie vom
Komplement, zu Hämolysin gebunden, ein großer Teil bleibt
wegen der Dissoziation in der Lösung frei. Hat man nun
gleich viel Hämolysin wie im vorhin erwähnten Fall und ebenso-
viel Antikomplement zugesetzt, so bindet dies wohl einen ebenso-
großen Bruchteil des fertigen Hämolysins in den beiden Fällen.
Der letzte Fall unterscheidet sich aber von dem früher er-
wähnten dadurch, daß freier Amboceptor und freies Kom-
plement in bedeutender Menge in der Flüssigkeit vorhanden
sind, welche zu neuem Hämolysin zusammentreten können,
während im erstgenannten Fall der eine oder der andere der
beiden Hämolysinbildner fehlt (eigentlich nur in [sehr ge-
ringer Menge vorhanden ist).
Nach dieser Erfahrung ist es wahrscheinlich der normale
Fall, daß das Antikomplement das fertige Hämolysin bindet
und nicht das freie Komplement. Es verhält sich demnach
das Antikomplement zum Hämolysin genau wie das Anti-
tetanolysin zum Tetanolysin. Das Antikomplement sollte dem-
nach Namen ändern und Antihämolysin genannt werden. Nun
ist es aber allgemein, daß ein Antikörper nicht gebildet wird^
falls nicht der betreffende Körper eingespritzt wird. Es muß
also zur Bildung des Antihämolysins ein Hämolysin injiziert
worden sein und nicht nur ein Komplement. Es ist aber eine
alte Erfahrung, daß die natürlichen Sera außer Komplementen
auch verschiedene Amboceptoren enthalten und folglich auch
Hämolysine — sie wirken auch häutig zietnlich stark hämolytiscL
Es ist demnach sehr wohl möglich, daß nach der Einspritzung
Anwendung der physikalischen Chemie. 865
YOD einem natürlichen Serum ein Antihämolysin entsteht, be-
sonders da die Hämolysine (wie die Amboceptoren) viel größere
Yerbindungsfähigkeit zu den Blutkörperchen besitzen als die
verbundenen Komplemente. Damit nämlich ein Antikörper
gegen einen eingespritzten Eiweißkörper entsteht, muß dieser
von im Blut oder in den vom Blut bespülten Geweben befind-
lichen Körpern (hier den Blutkörperchen) gebimden („verankert")
werdeu.
Die Reaktion zwischen Hämolysinen und Antikomplementen
ist wegen der vielen Dissoziationsprodukte die komplizierteste,
welche bisher in der Serumtherapie untersucht worden ist.
Sie folgt jedoch demselben Neutralisationsgesetze wie die
anderen oben erwähnten Körper mit ihren Antikörpern.
Madsen hat neuerdings das Diphtheriegift in bezug auf
seine Neutralisation durch sein Antitoxin untersucht Er
kommt zu dem Schluß, daß in nicht ganz frischem Diphtherie-
gift zwei verschiedene Antitoxin bindende Körper sich befinden.^)
Stockholm, September 1903.
1) Zentralblatt für Bakteriologie p. 630. 1908. Vgl. auch „Fest-
schrift" 1. c. p. 72.
Nach späteren (Jan. 1904) Untersuchmigen von Madsen und mir,
die bald im Zentralblatt für Bakteriologie erscheinen werden, besteht ein
Oleichgewicht zwischen den Reaktionsprodokten nach der Gleichung:
(Toxin) (Antitoxin) - Konst (Toxinan) (Titoxin). Dieselbe Gleichung mit
derselben Konstante gilt für das ungiftige Umwandlungsprodukt des
Diphtheriegiftes, das Toxoid von Ehrlich. Die Anwesenheit von Proto-
toxoiden und Toxonen im Diphtheriegift, welche Körper nach Ehrlich
stärkere bez. schwächere Bindungsfähigkeit als das Hanptgift in bezug
auf Antitoxin besitzen sollen, wurde nicht durch unsere Versuche be-
stätigt. (Anm. bei der Korrektur.)
(Eingegangen 2. Oktober 1903.)
Boltzmann- Festschrift. 55
866
HO. On the Mechanical Efficiency of the Production
of Sound.
By Arthur Gordon Webster in Worcester, Mass.
There has just come into my band the September number
öf the Philosophical Magazine, containing a very interesting
article by Lord Rayleigh: On the Production and Distribution
of Sound. In it he raises the question whether the power
used in actuating fog-signals is really utilized for the production
of sound, and states the power consumed by variouB sources
of sound, but does not give data for determining the amount
of sound emitted, so that the efficiency can not be determined.
Inasmuch as I can contribute some data toward such a deter-
mination, I am led to communicate them here, believing them
to be new, feeling that it will be the more appropriate since
the results vere obtained by a method similar in principle to
one used many years ago by Professor Boltzmann, in a
beautiful research performed in conjunction with Toepler.*)
The method consists in utilizing the formulae of Helm-
holtz giving the amount of sound issuing from the opening in
an Organ -pipe in terms of the motion within the pipe. In
the work of Toepler and Boltzmann the motion within the
pipe is investigated by examining the condensation of the air
within by an optical method involving interference fringes. In
the work here described the method is more simple, and in-
volves the periodic introduction to a resonator of a measured
quantity of air, the sound emitted at the orifice of the reso-
nator being calculated by the formula ofHelmholtz, as in the
work of Toepler and Boltzmann. (I may state that my work
was done before I knew of their method.) This method I
have utilized for the construction of a convenient Standard
of sound, by which any required amount of a pure tone may
1) Über eine neue optische Methode, die Schwingungen tönender
Luftsäulen zu analysieren. Pogg. Ann. 141, p. 321, 1870.
Miehanieal effkieney of production of tötend. 86T
be emitted, tbe amoant of emission of enei^ in unit time
beiiig known in absolute meaaure. The apparatua is portable,
aod has beeo naed in many places, indoors and ont, during
the last five ^ears. The instrument, wfaicb I shall refer to
for brevity as the „phmu", was bronght nearly to itfl present
form after a series of experiements by Mr. B. F. Sharpe, made
onder the direction of the writer. It consiets of a globnlar
metal resonator G, moonted npon a bronze ring B, which is
Bcrewed into a rigid Standard S formii^ part of the cast-iron
base B. The back of tbe globe is cut off, and closed b; a
-^Hf
diaphragm D of ferrotype irou, tightly clamped between bronze
rings. This diaphragm is set in Vibration by a stiff wire V
soldered and riveted to its center, and clamped to a tuoing-
fork F screwed tightly to the base B. This fork is actuated
by an electromagaet M, carrying an interrupted corrent giTeti
by an electrically -maintained tuning-fork which remains in
one place od a solid support, covered by a box, to prevent
its emitting any aound, while the phona, connected with it by
a wire cable, can be moved abont. The base Stands on
three soft rnbber cushions, so that practicaUy all the sound is
emitted from the month 0. The amplitude of the excursioii
of the diaphragm D is read by a micrometer microscope m,
bearing on tbe end of the wire //, the field of which is illu-
minated by a amall electric lamp. The screw T permita of
the coDTenient adjustment of tbe microscope, so that the fixed
hair of tbe micrometer shall be exactly on the end of tbe
868 A. G, Webster.
wire when the fork is at rest. By careAil construction of the
auxiliary fork, using a mercury break covered with alcohol,
and driving by a storage cell, such a degree of constancy has
been obtained that under favorable circumstances the ampli-
tude of the Vibration of the phone fork remains constant for
an hour with an accuracy of one or two per cent. The tone
emitted is remarkably pure, and not to be distinguished from
that emitted by a tuning-fork Struck and mounted on a reso-
nator in the ordinary manner, except by the constancy of
the sound.
In Order to calculate the sound emitted, foUowing the
methods explained in Rayleighs Theory of Sound, Vol. 2,
P. 194 — 195 (2. ed.), we proceed as follows. If X denote the
volume of air introduced into the resonator of volume F, the
Potential energy stored is
1 QO" j2
2 V
where q is the density of the air, a the velocity of sound.
The kinetic energy of the current of air through the orifice is
2 c \dt)
where c is the diameter of the circular orifice. The dissipation
function, due to the loss of energy from the mouthpiece, is
2 2na[di) '
where n is 2;i x frequency. The diflPerential equation for the
motion of the air in a resonator left to itself is accordingly
Q d* X Qn* dX ga^ y ^
If now the quantity of air X^ is introduced into the reso-
nator but not through the mouth the diflPerential equation
will be
Q <^X Qn^ dX Qa^ .y y^_n.
In our case X^ is a harmonic function of the time, and
if weput
we easily find for the absolute value of A,
Meehameal effieiency of production of souncL 86 Ü
^ ^ V \\nV ea*) ^ 4ji«aM
which is the strength of the source formed by the onfice,
that is the maximam rate of emission of Yolome of air per
Unit of time.
For Fq is taken the volume displaced by a flexible plate
clamped at the edges, with the tangent plane at its center
parallel to the plane of the edge^ and by adopting the „eqaili-
briom theoiy^' of such a plate I find this volame to be one-
third the area of the plate S multiplied by the displacement
of its center. The values for my instmment are,
frequency = 256 pro sec,
F= 1,685 cm»,
n= 1,608 sec-S
c =. 3,85 cm,
8 = 47,78 cm«.
The mean rate of emission of energy firom such a
source is
(2) W = ?^ Ä^
whene k = n/a, and o^ is the solid angle of the cone through
which the sound is emitted, 4;v when the source is in free space,
2n when it is next to an infinite plane, such as the ground
in out door experiments. The compression produced at a dis-
tance r is
(3) 5=— A.
The object of the experiments here described is to deter-
mine the mechanical effieiency, that is the ratio of the energy
emitted as sound to the energy input, of as many forms of
sound-producers as possible. (All the sources were of pitch 256.)
Apparently no previous data for this purpose are at band.
A paper by Barton in the Philosophical Magazine for 1892
concems itself with a great number of determinations of the
pressure used in playing wind Instruments, but as nothing is
Said about the volume, even the input of energy is not knovm.
Lord Rayleigh, in the paper referred to, determines the
input for several musical Instruments, and for several fog-
Signals, but no data are fumished to enable one to estimate
870 A. 0. Webster.
the ontput of soond. The method used by me to determine
the 8oand Output was to compare the compression produced
at a point B by the instrument placed at a point A whith that
produced at the same point B by the phone when emittiDg
an observed amount of energy, the phone being placed at the
same point A as the orifice of the sound-producer. This is
very necessary when experimenting indoor, as owing to the
nodes and loops in a room a slight displacement may lead
to very great diflFerences in the intensity of the sound received.
The comparison of compressions was made by an instrument
to be described elsewhere, depending on measuring the ex-
cursion of a diaphragm by an interferential method. This
instrument which I call a Phonometer, is also susceptible of
absolute measurements, but is here used only to obtain the
ratio of two compressions.
The instruments used began with a wooden organ-pipe,
picked up from a number of old pipes. The input of energy
was measured by measuring the pressure in the pipe by a
small water-manometer, and the rate of air-supply by the
falling of a cylindrical gasometer. The result gave the effi-
«iency of 0,0013, showing, as suspected by Lord Rayleigh
that nearly all the energy is wasted. An improved pipe was
then constructed, all of metal, with a symmetrical lip, as in
the steam-whistle, so that every factor could be regulated,
including the width of the lip, and the thickness of the stream
of air, regulated by a cone which changes the width of the
ring through which air is blown. The efficiency now increased
to 0,0038, although it is not certain that this was the greatest
attainable. I have good reason to suppose that this is the
Order of efficiency attained by steam-whistles, as will be shown
presently. The Output of this improved pipe was 1,215 ergs/sec,
when blown with a pressure of 1,1 cm of water. When blown
with a pressure of the order of half an atmosphere it could
be heard half a mile away, the lip being then much wider open.
The next experiments were upon several wind- instruments
played by professional musicians belonging to Sig. Creatones
Italian Band. The pressure was measured by a water gauge
introduced into the comer of the mouth while blowing, to
which even the players of reed-instruments soon accustomed
Mechanical effidency of producHon of sound. 87 1
themselves. This method, as I afterwards ascertaiDed, was the
same as that used by Barton and Lord Bayleigh.
To measure the yolume, the mnsician was invited to expel
all the air from bis lungs, inspire from the gasometer, and
after blowing for a convenient period, to retam the remaining
Contents of bis lungs to the gasometer, the difiference represen-
ting bis consumption. Three observers acted, one at the Phono-
meter, wbo decided when the sound was steady, a second who
took the time of starting and stopping and a third who read
the steady gaugepressure. The results are given below, and
the ioput may be compared with Lord Rayleighs on the
hom, which is of the same order, 2 x 10^ erg/sec.
For a stringed instrument the violin was chosen, being
champed horizontally. and played mechanically by a bow drawn
over it by a cord fastened to a weight by which a good tone
was obtained. From the tension of the cord and the velocity
the inpat was measured. Being very anxious to obtain some
data on the human voice, and appreciating the difüculty of
obtaining the input on accoont of the impossibility of intro-
ducing a pressore-gauge below the larynx, I proceeded in the
following rough and ready manner. I found that on singing
steadily, and then suddenly closing the Ups on a gauge, while
maintaining the same estimated stress on the lungs, tolerably
regulär results were obtained for the pressure. The Tolume
was obtained as before.
Considering the results, the striking ÜEict is the ver}- small
efficiency of all musical instruments, none of them being of
an Order greater than that already found for the pipe. The
number for the bombardino is probably too large, but the
apparent ease of playing this instrument was very noticeable
at the time of the observations. It is also noticeable, if the
observations have any value, that the efficiency of the voice
is greater than that of any instrument, with the possible
excertion of the bombardino. The efficiency of the stringed
instruments apears less than that of the wind. No stress is
to be laid on the results for the oboe, on account of the large
admixture of overtones, which were not taken into account by
the Phonometer.
872
A. G. Webster.
Pres-
sure
Vol./time
Energy
input
Sound
Output
Effi-
ciency
;{
Comet
13 cm
2M'^'
1
6,7X10»*'*! 7,7X10«*'*
0,0011
French Hom
18,2
70,0
12,5
47,3
0,0038
CQ
iBombardino
17
i 58,1
3,2
128,1
0,0127
|-
Saxophone soprano
22
; 102,5
22,0
19,7
0,0009
Clarinet
16
46,7
7,3 I 30,7
0,0042
loboe
25
24,0
5,9 ; 0,3
0,00005
Voice
6
199,0
11,6 110,0
0,0095
Violin
1
t
4,8
2,5
0,00052
Perhaps the best summing up of the results is contained
in the Statement that it would require the blowing of aboat
ten million comets to emit a horse-power. The fntility of the
proposals sometimes made to extract power from sonnd is
made apparent. The above experiments were made in
November, 1902.
In Order to obtain some data for conclusions as to the
perform ence of fog-signals, I shall give an account of some
experiments made in the summer of 1901 on the andibility
of sound, a subject investigated first by Toepler and Boltz-
mann, then by Lord Rayleigh and Max Wien. The method
of work was to set the phone in Operation with a constant
intensity, while an observer went to a sufficient distance and
listened. The observer at the phone covered and uncovered
the oritice, so as to stop and Start the sound at instants
unknown to the listener, who signaled by raising the arm when
he heard the sound. As the distance increased, the difficulty
of making a judgment as to wether the sound was heard or
not increased, which was indicated to the observer at the phone
by the length of time taken by the listener to raise his arm
after the sound was started. When there were as many right
judgments as wrong ones, the limit of audibility was assumed
to have been reached. This method obviates the fatigue of
the ear due to prolonged attention, as the Stimulus is con-
tinually renewed, and the results showed a tolerably good
agreement between different observers and between the results
for the same observer at diflFerent times.
Mechanical efficiency of production of sound, 873
The experiments were carried on on the smoothly cropped
lawn at Clark University, and at Mount Desert, Maine, where
the phone could be placed over a large expanse of smooth
sea-water in the harbor, as I had found from measurements
with the Phonometer that it was very important to take into
account the nature of the reflecting surface over which the
sound is propagated. Experiments were made either at night,
at Worcester, or at about sun-down, at Mt Desert on evenings
when the sea was of a glassy smoothness and there where no
disturbing sounds. An observer was sent out in a boat, some-
times to a distance of half a mile, and the distance determined
by a Sextant and a surveyors transit The phone was placed
at the end of a wooden pier extending some distance over the
water. The shores were not of sufQcient height to produce
echoes of any importance, and the water was quite clear of
obstructions. A variety of observers were made use of ,,men,
women^ and children'^ of all degrees of skill in Observation.
Since by 1. the strength of the sound is proportional to the
amplitude of the excursion of the diaphragm, and by 3. the
distance for a given compression to the strength of the source,
the ratio of the micrometer-deäection to the distance of vani-
shing audibility should be constant for observers of equally
acute hearing. These ratios, in arbitrary units, were as foliows,
over water and over grass respectively.
Water. Grass.
Obeerver.
Date.
Observer.
Date.
E. W. »)
Aug. 24
144
A.W.»)
Aug. 31
504
B.S.»)
V »
188
H.C.«)
>» »>
666
E.S.«)
« »
187
P.K.
„ 20
295
P.K.*)
„ 20
166
E.W.
Sept 3
514
E.W.
Sept. 8
101
A.W.
July 21
382
E.W.
>» »»
148
mean.
472
E.W.
„ 5
95
E.W.
>» »»
mean.
141
146
The striking thing about the figures is that the result for
grass is more than three times as great as for water, corre-
1) Woman. 2) Sailor. 8) Non-musical philologUt 4) Physician.
6) Phyncist 6) Two childien.
874 A. 6. Webster.
sponding with the wellknown fact that sounds are heard a
long way over water. If however, we consider the water to
be a perfect reflector, the eflFective strength of the sonrce would
be doubled, while if we consider the graas to be non-reflecting,
or acoustically a ,^black body*' we should expect the soand
to be audible just twice as far over water but not three times.
It accordingly would seem that the grass not only does not
reflect the sound, but actually destroys some of it, probably
by friction of the tangential component of the motion, by ab-
sorption^ or in some hitherto not considered manner. This
point I am now investigating. I mention this point in order
to show that experiments made over grass to determine mini-
mum audibility will require some correction.
Reducing the values for water to absolute measure, con-
sidering the water as a perfect reflector, I find for frequency
256 the compression
Ä = 8.88 X 10-9.
This agrees rather unexpectedly well with the value 6 x 10— ^
obtained byLordRayleigh over grass whereas if my results for
grass are used my value will be over three tiraes larger. It is
of course possible that the air over the water was so much
more homogeneous than over the land that my results are
illusory, still I feel that the result deserves attention.
I shall now make use of these results in order to obtain
some information regarding fog-signals. I have not yet had
the opportunity of testing the input of any actual signals, but
I feel sure that there are no signals in the United States
consuming the 130 and 600 horse-power attributed by Lord
Rayleigh to the St. Catherines and Scottish signals. In the
Report on Log-signal Experiments in the Report of the ü. S.
Light-house Boards 1894, by Major William R. Livermore,
there is contained information as to the coal-consumption of
a large number of signals. When reduced to continuous blo-
wing, it is found that the average consumption for eighteen
ten-inch whistles is 0,298 tons per hour.
It is impossible to teil how much coal the boiler uses
per horse-power-hour, but if we assume about twenty pounds
the boiler would be of about thirty-three horse-power. In
A. G. Webster. Mechanical efficiency etc. 875
fact tbe keeper of the Duck Island Light Las informed me
that the boiler was called a thirtyhorse-power boiler. This
whistle, which is one of those for which the above figures are
given, I have often heard plainlj at a distance of nine miles.
Tbe audible distance given by Major Livermore for such a
whisüe is twenty miles in favorable weather. I am informed
that the Duck Island whistle has been heard at a distance of
twenty-four miles, but this is probably extraordinary. Taking
then twenty miles as the distance of extreme audibility^ and
using my value for s by 2. and 3. we find the sound emitted
to be
r=p^r2,«= 1,26 X 10«?Si
giving an efficiency of 0,00056. Thus the efficiency would be
of the Order, but less, than that of an organ pipe^ as was to
be expected. This is less than the efficiency attributed by Lord
Rayleigh to a siren, by making two assumptions.
Finally consider the phone described above. I find
that with a current of 14 amperes, and a voltage of
0,12 Yolts at the terminals of the coil M, there is an Output
of 1,396 X lO^erg/sec giving an efficiency of 0,083. If we
consider the whole voltage of the storage cell which is more
than enough to drive the phone and auxiliary fork, we still
have the efficiency 0,005. I therefore feel justified in belle ving
that the phone described above is the most efficient sound
producer known, and to assert that the best way to produce
sound is not by blowing air or steam through orifices, where
most of it is blown through without effect, but by actual push
and pull of air into a resonator, probably by electrical means.
I am now having constructed a large apparatus on this prin-
ciple, to be driven by a dynamo, with which I hope to obtain
still better results. I present the foregoing figures with reserve,
hoping to improve upon them hereafter.
(EiDgegangen 3. Oktober 1908.)
876
111. Über den Yon Wirkungssphären freien Banm
in einer Flflssigkeit und Aber das Gesetz der relativen
Dampfdrnckerniedrignng.
Von Max Beinganum in Münster i. W.
Eine von Boltzmann gegebene, im folgenden voran-
gestellte Beziehung für die Koexistenz yon Flüssigkeit und
Dampft) soll zu einigen Schlüssen benützt werden.
Gegeben seien die Volumeneinheiten einer Flüssigkeit und
des mit ihr in Berührung stehenden Dampfes. Für ein be-
liebiges Molekül des Systems verhält sich die Wahrscheinlich-
keit, daß es sich in der Flüssigkeit, zu derjenigen, daß es
sich im Dampfe befindet, wie der für dasselbe verfügbare
Baum l — Bf in der ersten zu dem verfügbaren Räume 1 ^ B^
in der zweiten Phase, multipliziert mit ^^x/mc«^ j^ letzterer
Funktion bedeutet x ^i^ Arbeit, welche beim Übergang eines
Moleküls von der Flüssigkeit in den Dampfraum geleistet
werden muß. Sie ist gleich 2mU zu setzen*), wenn m die
Masse eines Moleküls und U die Verdampfungswärme der
Masseneinheit abzüglich der äußeren Arbeit bezeichnet, c* ist
das Mittel aus den Quadraten der molekularen Geschwindig-
keiten.
Wir führen femer die Molekülzahlen N und v in der
Flüssigkeit und im Dampfe ein. Dieselben verhalten sich wie
die bezeichneten Wahrscheinlichkeiten des Vorkommens eines
Moleküls in einer der Phasen. Daher lautet der schon aus-
gesprochene Satz:
ll
Die Molekülzahlen in der Volumeneinheit verhalten sich wie
1) L. Boltzmann, Gastheorie 2. p. 167. Leipzig 189S.
2) 1. c. p. 168.
Ton Wirkungssphären freier Raum einer Flüssigkeit 877
die Dichten Qf und q^ der Flüssigkeit und des Dampfes. Be*
rücksichtigen wir femer die bekannte Beziehung
in welcher R die allgemeine Gaskonstante, T die absolute
Temperatur und M das Molekulargewicht bedeutet, so ergiebt
sich mit Rücksicht auf den Wert für x'
Setzt man in (3) für U den Wert a [Qf — q^ und für B die
theoretische Volumenfunktion ein, so gelangt man zu der 1. c,
p. 1 69 mitgeteilten Gleichung. Obwohl dieselbe zu interessanten
Beziehungen zu der zugrunde gelegten Zustandsgleicbung
führt, kann dieselbe praktisch nicht verwendet werden, da
erstens die Annahme über die Form der inneren Verdampfungs-
wärme zu begrenzt ist^], und zweitens B als Funktion des
Volumens nur bis zu Gliedern solcher Ordnung bisher bekannt
ist, daß die Eigenschaften von Flüssigkeiten mit Hülfe der-
selben noch nicht dargestellt werden können. Es scheint mir
daher nützlich zu sein, auf die allgemeinere Gleichung (3)
zurückzugehen und aus dieser die Größe 1 — Bf, die der theo-
retischen Berechnung so große Schwierigkeiten entgegensetzt,
empirisch zu bestimmen.
Die Bedeutung von 1 — JS^ ist folgende. Denken wir uns
um den Mittelpunkt eines jeden Moleküls eine Kugel be-
schrieben, deren Radius gleich dem Molekulardurchmesser g ist,
so ist ein Teil des Raumes von diesen Kugeln erfüllt, der
in der Volumeneinheit frei bleibeode Raum, der also einem
punktförmigen Moleküle zur Verfügung stehen würde, ist gleich
der Größe 1 — Bf. Dabei ist schon in Rücksicht gezogen,
daß die gedachten Kugeln sich zum Teil ein oder mehrfach
überdecken. B ist von der in die Zustandsgleicbung eintreten-
den Größe b zu unterscheiden. Während der Grenzwert von
B für große Volumina gleich dem achtfachen Volumen der
1) Vgl. M. Reingan um, Theorie und Aufstellung einer Zustande-
gleichuijg p. 30—37, 79—85 etc.; Inaug.-Diss. Göttingen 1899.
878 M. Reinganum.
Moleküle ist, beträgt der Grenzwert von b nur das Vierfache
des von den Molekülen eingenommenen Baumes.
Wir formen Gleichung (3) um, indem wir uns auf Tem-
peraturen beschränken, bei welchen die Dichte des Dampfes
so gering ist, daß wir B^ neben der Volumeneinheit vernach-
lässigen können, und erhalten als Gleichung für die innere
Verdampfungswärme :
(4) UM^^
9^
Nach Griffiths und MarshaP) beträgt die molekulare
Verdampfungswärme des Benzols bei 20^ C. 8103 cal. und bei
50® C. 7743 cal. UM ist durch Subtraktion von RT zu er-
halten, wenn R gleich 1,991 gesetzt wird. Ferner folgt nach
einer Formel von Luginin^ für den Ausdehnungskoeffizienten
des Benzols Qf^ = 0,8800 und Qfw* = 0,8473. Der Dampf-
druck p betrügt bei 20 *> 75,0 mm und bei 50® 272,0 mm
Quecksilber. Die Dichte des Dampfes berechnet sich aus der
Formel:
p.M
Q. =
9 62400. r
Einsetzen der Werte in (4) ergibt:
1 - Bf2^ = 1,766 . 10-8 ccm ,
1 - Bf^ = 2,070 . 10 -7 ccm .
Für den Siedepunkt ergibt sich mit dem Werte 7367 für
die molekulare Verdampfungswärme und mit der Dichte 0,8127:
1 - Bf^;29 = 1,807 . lO-ö ccm .
Die Genauigkeit dieser Werte hängt natürlich davon ab,
wie weit die Bedingungen der Theorie an der zugrunde ge-
legten Flüssigkeit, und bei Flüssigkeiten überhaupt, erfüllt sind.
Da Benzol sich in bezug auf das Gesetz der übereinstimmen-
den Zustände normal verhält, so ist zu erwarten, daß die be-
rechneten Werte wenigstens die Größenordnung richtig wieder-
geben. Heben sich die Kräfte im Innern nicht ganz auf, eine
1) C. H. Griffiths u. J. T. Marshall, Phil. Mag. 41. p. 1. 1896.
2) Luginin, Ann. d. Chim. (4) 11. p. 453. 1867.
Van Wirkungssphären freier Rawm einer FGissigkeiL 879
früher TOD mir emgefthrte Annahme^ so würden die nume-
rischen Werte Ton denen Terschieden sem, welche die Theorie
rein elastischer Engeln ergeben würde, jedoch ihre physika-
lische Bedeutung behalten.
Der Ton Wiriningssphären nicht überdeckte Baum ist also
bei Flüssigkeiten unterhalb ihres Siedepunktes ein äußerst ge-
ringer Bruchteil des Gesamtraumes.
Er ist femer eine starke Funktion der Temperatur bez.
des Volumens. Während er bei 20^ ungefähr gleich einem
Kubus Ton ^/j^ mm Kantenlänge ist, beträgt er bei 50^ schon
mehr als das Zehnfache, bei 80® das Hundertfache dieses
Wertes.
Auf sehr kleine Werte f&r den freien Baum deuten auch
die äußerst kleinen mittleren Weglängen hin, die Hr. Biecke^)
aus der Diffusion wässrig^* Lösungen berechnet hat
Eis wäre von Interesse, die Weglängen / in Benzol oder
anderen normalen Flüssigkeiten aus der Bieckeschen Gleichung
zu bestimmen, durch Messung der Diffusion solcher Stoffe, welche
sich in bezug auf das Molekulargewicht und die Konstitution
möglichst ähnlich wie das Lfösrmgsmittel verhalten. Man kann
dann annehmen, gleichzeitig die Weglängen des letzteren an-
genähert zu erhalten. Aus der Beziehung tou Clausius^^
._ 2,8285 . (1 - Bf)
läßt sich dann die Oberfläche Q, der Baumsumme 1 — ^^ be-
stimmen, und es würden die Daten Torliegen, um auch in
bezug auf die in die Zustandsgieichung eintretende Größe b
noch weiter yorzudringen.
Gleichung (1) gestattet femer eine Anwendung auf die
Theorie der Lösungen. E^ sei die Terdünnte Lösung eines
nicht flüchtigen Stoffes gegeben. Das Lösungsmittel sei im
Überschuß vorhanden, so daß bei Kouzentrationsänderungen die
Zahl der um ein gelöstes Molekül gelagerten und etwa in ihrer
Konstitution beeinflußten Moleküle konstant bleibe und klein
1) £. Riecke, Zeitschr. f. phys. Chem. 6. p. 564. 18dO.
2) R. ClausiuB) Mechan. Wärmetheorie III. 2. Aafl. p. 54 u. 65.
Braonschweig 1889—1891.
880 M, Beinganum.
sei gegen den unverändert bleibenden Teil des Lösungsmittels.
Damit ist gegeben, daß der Ton den inneren Kräften herrührende
Potentialunterschied x ungeändert bleibt, die innere Ver-
dampfungswärme also die des reinen Losungsmittels ist Li
Gleichung (1) tritt dann zu x ^ü© l>ei ^i©™ Verdampfen eines
Moleküls zur Zurückdrängung des gelösten Stoffes zu leistende
Arbeit; dieselbe ist aus rein kinetischen Gründen aus den
Gasgesetzen zu berechnen.^) Da mJQf der von dem Moleküle
in der Flüssigkeit eingenommene Raum ist, so ist bei der
Verdampfung die Arbeit P.mJQf zu leisten, wenn P den Druck
des gelösten Körpers bezeichnet.
Wir wenden Gleichung (1) auf die Volumeneinheit des
ungeändert bleibenden Teiles der Flüssigkeit an. Es bleiben
dann N und \^ Bf unverändert. Wir erhalten daher, wenn wir
die Größen, welche sich bei einer Lösung verändern können,
mit gestrichenen Buchstaben bezeichnen:
(5) A = l--?^.^('^-v).
Division durch (1) ergibt unter Vernachlässigung der Größen B
für den Dampf:
mP
(6) f = *''-
Bezeichnet M das Molekulargewicht des gelösten Stoffs und (>
die in der Volumeneinheit enthaltene Menge desselben, so ist
der Druck des gelösten Stoffes:
Qf/M ist gleich der Zahl iV der Gramm-Moleküle des Lösungs-
mittels pro Volumeneinheit, Q^IM bedeutet die auf dasselbe
Volumen fallende Zahl n gelöster Moleküle, v und v sind pro-
portional den Dampfdrucken p und p der reinen Flüssigkeit
und der Lösung.
1) Vgl. W. Nernst, Theoret. Chemie, 3. Aufl., p. 241—242. Stutt-
gart 1900. Speziellere Beweise haben L. Boltzmann, H. A. Lorentz.
und E. Riecke gegeben.
Von IVirkungssphären freier Raum einer Flüssigkeit, 881
Durch Beachtung dieser Beziehungen erhalten wir daher
aus (6):
p N
d, h, das Gesetz von Raoult ist erfüllt
Dasselbe folgt also aus dem zugrunde gelegten all-
gemeinen Satz. Da dieser trotz seiner mehrfachen Beziehungen
zur Thermodynamik kinetischer Natur ist, so kann daher das
Gesetz von Raoult ebenfalls als aus der kinetischen Theorie
abgeleitet betrachtet werden«
(Eingegangen 2. Oktober 1908.)
BoItsmADD-FestAchrift. 5&
882
112. Über mögliche Größe der optischen Resonatoren.
Von J. KoBBonogofT in Kiew.
In einigen Mitteilungen ^) habe ich gezeigt, daß die selek-
tive optische Reflexion von der Mikrostruktur der reflektierenden
Oberfläche quantitativ abhängt. Aus meinen Untersuchungen
ergab sich: 1. daß die Eömer der Oberfläche eines farbigen
Körpers die Rolle der Resonatoren für Lichtwellen spielen*),
2. daß diese Kömer in untersuchten Fällen (Schuppen der
Schmetterlingsflügel, farbige Metallschichten, Films von den
Anilinfarben] eine annähernd kugelförmige Gestalt haben, und
3. daß die von einer solchen Fläche reflektierenden Wellen-
längen den Durchmessern der Kömchen fast gleich oder zwei-
mal so groß sind.
Es hat sich auch erwiesen, daß 1. auf ein und die-
selbe Lichtwelle die Körner von demselben Stoffe resonieren
können, die die eine oder die andere oben genannte Be-
dingung befriedigen, und daß 2. umgekehrt ein Kömchen
nicht nur auf eine einzige Lichtwelle, sondern auf eine Reihe
von Wellen resonieren kann, deren Längen im Verhältnisse
1:2:3... zueinander stehen. (Mindestens ist das für zwei
Wellen bewiesen.) Auf solche Weise ist das Vorhandensein
und die Möglichkeit der multiplen (sui generis) optischen Re-
sonanz bewiesen.^ Um eine Vorstellung über diesen Gegen-
stand zu geben, wollen wir ein Beispiel anführen:
1) I. KosBonogoff, Phys. Zeitschr. 4. p. 208, 258, 518. 1903.
2) Dieselbe Ansicht ist von Hrn. R. Wood (Phil. Mag. April 1902
p. 396, Oktober 1902 p. 425) etwas früher auf Grund qualitativer Unter-
suchungen ausgesagt. Vgl. Phys. Zeitschr. 4. p. 518. 1903.
3) Ahnliches ist von Hm. H. Rubens u. £. Nichols (Wied. Ann.
60. p. 456. 1897) für Wellen von 23,7 /u Lfinge bewiesen. Vgl. auch
Du Bois (Wied. Ann. 46. p. 548. 1992; 48. p. 546. 1893); Du Bois u.
H. Rubens (Wied. Ann. 49. p. 593. 1893).
Große der optischen Resonatoren. 888
Silberschicht c2 » 459 /u/u A = 480 /u/u
„ (^= 429 /i/u ;i=»440fi/u
„ d = 314 im ;i = 610 fi/u
Neuviktoriagrün») d = 363 /u/u A - 621 /u/u
„ d = 363 /u/u A < 467 nii^)
Hier bedeutet rf den mittleren Durchmesser der Köm-
chen und X die mittlere reflektierte oder absorbierte Wellen-
länge.
Jetzt vergleichen wir die von mir erzielten experimentellen
Resultate mit den theoretischen Forderungen. Die Theorie
gibt') für die Schwingungsdauer einer leitenden Kugel
2nd
und für die von der Kugel ausgestrahlte Wellenlänge
. 2nd
wenn die Kugel in ein Mittel von der Dielektrizitätskonstante
D = 1 eingebettet ist. Diese Wellenlänge entspricht dem, so-
zusagen, optischen „Grundton" der KugeL Wenn wir aber
die Möglichkeit der multiplen Resonanz in Anspruch nehmen,
so können wir erwarten, daß ein Kömchen von einem Durch-
messer d auf eine Reihe von Wellen resonieren kann, welche
die Größen
. 2nd ./ nd y, nd .
yj ys 2VT
haben. Dies gibt für diese Reihe von Wellen annähernd die
Größen :
k = 3,6 rf, A'= 1,8 d, r = 0,9 d etc.
Nun wollen wir sehen, inwieweit solch eine theoretische
Forderung mit den experimentellen Angaben zusammenfällt.
1) ADÜinfarbe von der Badischen Anilin- und Sodafabrik in Lud-
wigshafen a. Rh.
2) Das zweite Absorptionsband in der Schicht von Viktoriagrün be-
ginnt bei X «■ 467 fifi und reicht über den ultravioletten Teil des Spektrums
hinaus ; da ich aber kein l/e/^nstrument für Untersuchungen auf diesem
Gebiet hatte, so konnte ich keine genaue Mittelwellenlänge bestimmen.
3) J. J. Thomsen, Recent Researches in Electr. p. 870;
H, Poincar6, Oscill. Electr. p. 91. 1894; A. Lampa, Sitzungsber. d.
k. Akad. d. Wissensch. zu Wien 112. (IIa) p. 51. 1903.
Ö6»
884
/. Kossonogoff.
In der nachfolgenden Tabelle sind diese Angaben folgender-
maßen zusammengestellt: in der ersten horizontalen Kolumne
sind die experimentell gefundenen Durchmesser d der Körnchen
gegeben, in der zweiten die mittleren Wellenlängen X des von
der untersuchten farbigen Schicht reflektierten (oder absor-
bierten) Strahlenkomplexes, in der dritten die nach dem ge-
fundenen d berechneten Wellenlängen X oder V und schließlich
in der vierten Kolumne die Größen
1 — 1' 1 — 1"
-^-T-^ 100 oder ^-A 100.
A. Sohuppen der Sohmetterlingsflüg^el.
r=0,9d
-^100
Xfifi
r= 0,9 rf
^"—100
687
660
618
+ 6
573
560
516
+ 8
dfifi 440
kfifi I 460
r= 0,9 d' 396
1-A"
100
+ 14
dfifi
r = 1,8 d
-^100
dfifi
kfifi
r = 1,8 d
; 100
672
655
605
666
632
599
+ 8+5
562
556
506
+ 9
426
435
383
+ 12
548
550
493
+ 10
664 ! 610 608
650
628
545
598
557
547
+ 8
+ 11
0
548
538
535
577
537
557
493
484
482
+ 15
+ 10
+ 13
607
632
546
+ 12
534
532
481
605
576
545
+ 5
526
526
473
+ 10
603
627
543
+ 13
515
500
464
+ 7
601 570
545 j 556
!54l!513
+ 1 +8
483
475
435
+ 8
478
465
426
+ 8
B. Farbige MetaUaohiohten.
389
385
630
630
700
693
-11
-10
264
244
490
500*
475
439*
- 3
1
+ 12*
335
326 1 318
314
300
291
250
298
625
681* 620
610
595
570*
585*
575
603
587*' 572: 565
540
524*
450*
536
+ 4
+ 15* + 8
1+*^
+ 9
+ 8*
+ 23*
+ 7
283
530')
509
+ 4
240
482*
221
490*
432*1 398*
+ 10*! + 19*
* Die Römer sind in Kollodiom oder Gelatine eingebettet
1) Diese mittlere Wellenlänge (für eine Platinschicht) konnte nicht
mit Sicherheit bestimmt werden.
Größe der optischen Resanatoreru 885
C. Anilinfkrbexisohichte.
■*^»
dfifA
363
334
326
325
308
307
298
288
kfifi
621
571
566?
603
590
535
514
571
;' = 1,8 d
653
601
587
585
554
552
522
518
-^,«
-5
-5
-2?
+ 3
+ 6
-3
-2
+ 9
Indem wir die angefiihrte Tabelle betrachten, bemerken
wir, daß die experimentellen Angaben den theoretischen Forde-
rungen sehr nahe entsprechen und hierin können wir eine Be-
stätigung der Theorie sehen. Die Abweichungen
(—^ 100 oder Aj^ loo) ,
welche hier statt haben, stammen von zwei Ursachen her.
Die erste von ihnen ist eine subjektive und besteht darin,
daß die Grenzen des von einer Schicht reflektierten Strahlen-
bündels nicht mit voller Sicherheit^) gefunden werden konnten;
dadurch muß ich einen Fehler von ca. 10 Proz. für die gefundenen
Wellenlängen k (bei Lepidoptera und Metallen) als möglich
halten. Bei Anilinfarben war X nach der Beobachtung der
Äbsorptionsstreifen gefunden; hier ist obiger subjektiver Fehler
viel kleiner und erreicht etwa 1 Proz,
Die zweite Ursache der Fehler liegt in der Natur der
Erscheinung selbst und ist aus folgender Überlegung leicht
verständlich. Beobachten wir Absorptionsstreifen in den Lö-
sungen von einer Anilinfarbe, so finden wir folgendes: je mehr
wir die Lösungen verdünnen, desto enger wird das Absorptions-
band und umgekehrt Daraus schließen wir, daß je dichter
die Resonatoren in einem Lösungsmittel gelagert sind, d. h. je
mehr ihre gegenseitige Induktion stattfindet, desto breiter werden
die Absorptionsbänder, ^ Dies hat eine wichtige Bedeutung bei
der Qualifikation der Angaben, die die Anilinfarben betreffen.
Für die Untersuchung der Absorptionsbänder der Anilinfarben
nahm ich verhältnismäßig dicke (etwa 5 fi), auf eine besondere
Weise präparierte Spiegelschichten von diesen Stoffen; dadurch
1) Ich hatte kein Afe/Sinstrament dazu und arbeitete bloß mit dem
Spektroskop and dem Auge.
2) Dies steht im Einklang mit der theoretischen Forderung (J. J.
Thomson, 1. c. p. 583).
886 /. Kossonogoff,
waren günstige Bedingungen dafür gegeben, daß die gegenseitige
Induktion der Körnchen eine bedeutende Rolle spielen könne.
Als Folge dieses ümstandes erschien die Verbreiterung des
beobachteten Absorptionsbandes gegen jene Dimension^ die es
im Falle möglichst voller Beseitigung der gegenseitigen Induk-
tion haben mußte^ und die wir als ^^normale'' bezeichnen
dürfen. Die Verbreiterung der Absorptionsbänder beim Ver-
dichten der Lösung erfolgt aber asymmetrisch; wenn dem jedoch
so ist, so kann die mittlere Wellenlänge des verbreiterten Ab-
sorptionsbandes mit der des normalen Bandes nicht zusammen-
fallen.
Die quantitativen Angaben^ welche ich aus meinen Unter-
suchungen erzielt habe, zeigen, daß die Verschiebung der Mitte
eines Absorptionsbandes beim Übergang von einer sehr ver-
dünnten Lösung (ca. 0,005 Proz.) zu einer dickeren (ca. 0,1 Proz).
etwa 6 — 8 Proz. erreicht, d. h. um solch einen Teil seiner
Größe ändert sich der Wert der mittleren Wellenlänge Ä des von
der Schicht absorbierten Strahlenkomplexes. Zum Beispiel habe
ich gefunden: I. Lösung 1 g Methylviolett in 1000 ccm Alkohol:
Absorption von \ = 653jiifi bis A, = 467fifi; mittlere absor-
bierte Wellenlänge A = 571fi]U. II. Lösung 1 g Methylviolett
in 32000 ccm Alkohol: Absorption von Äj'=597jUfi bis
Aj"=589]Ufi; mittlere absorbierte Wellenlänge A'=593jUjii;
^.100 = + 5,6V
Dieser Umstand zwingt uns zuzulassen, daß im Falle von
Anilinfarben die nach der Untersuchung einer dicken trockenen
Schicht gefundene mittlere Wellenlänge des Absorptionsbandes
ähnlicherweise bis ca. 8 Proz. von der „normalen" Absorptions-
wellenlänge verschieden sein kann.
Für die Metallschichten und Schuppen von Lepidoptera
spielt diese Ursache keine wichtige Rolle, da in diesen die
Körner ziemlich voneinander entfernt sind, so daß man den Ein-
fluß der gegenseitigen Induktion für ziemlich klein halten kann.
1) Eiogehende Untersuchung über diesen Gegenstand ist auf
meine Anregung von Hm. Bjalobjewski unternommen und jetzt er-
gänzt. Er hat in allen von ihm untersuchten Fällen denselben Verlauf
der Erscheinung gefunden.
Größe der optischen Resonatoren. 887
Auf solche Weise spielt bei dem Aufsuchen der wahren
Größe X, welche dem Durchmesser der Kömchen entspricht,
für die Metallschichten und Lepidopteraschuppen die erste
Fehlerursache und für die Anilinfarben die zweite eine wich-
tige Rolle. Der Einfluß dieser beiden Ursachen ist aber recht
verschieden, wie aus folgendem leicht ersichtlich ist Die
Größe der Wellenlänge A für Metallschichten und Lepidoptera-
schuppen war größtenteils nach dem Vergleichen der Farbe*)
der zu untersuchenden Schicht mit den Farben eines objek-
tiven Spektrums gefunden, das auf eine kalibrierte Skala ent-
worfen war. Das Auge orientiert sich immer leichter im linken
(zum Rot näheren) helleren Teile des Spektrums; indem wir
die Reflexion von einer Schicht (z. B. von einer Schuppe) beob-
achten, bemerken wir die reflektierten Strahlen im linken Teile
des Spektrums leichter als im rechten (violetten) und dadurch
begrenzen wir unwillkürlich den reflektierten Strahlenkomplex
mit längeren Wellen, als es in der Tat sein sollte. Auf solche
Weise finden wir die mittlere Wellenlänge dieses Komplexes
immer etwas größer, als sie wirklich ist.
Bei den Anilinfarben spielt die zweite Ursache die
Hauptrolle, und zwar im recht entgegengesetzten Sinne:
wegen der Asymmetrie der Verbreiterung des Absorptions-
bandes gegen die „normale'' Dimension verschiebt sich die Mitte
des Bandes in den dicken Schichten, wie oben gesagt ist, und
zwar immer (in von mir untersuchten Farben) zum violetten
Ende des Spektrums (also zu den geringeren Wellenlängen)
hin. Dadurch müssen wir für Metalle und Lepidoptera-
schuppen im allgemeinen positive Werte von
1 —V 1 — 1"
^—f- 100 oder ^—f- 100
erhalten, für Anilinfarben dagegen — negative^ was sich auch
als tatsächlich ergibt, wie man aus der oben angeführten Ta-
belle ersehen kann.
Weiter können wir aus der Tabelle auch den Elinfluß des
die Kömer umfassenden Mediums sehen: bei den Zahlen, welche
mit dem Zeichen * versehen sind, erblickt man die größten Ab-
weichungen der experimentellen Angaben von den theoretischen.
1) Vgl meine erste MitteiluDg, Phys. Zeitsehr. 4. p. 209. 1903.
888 /• Kossonogoff.
Diese großen Abweichungen werden jedoch leicht erklärbar,
wenn man in Betracht zieht, daß diese f^älle sich auf die
in Kollodium oder Gelatine eingebetteten Resonatoren (ge-
wöhnliche photographische oder Lipp mann sehe Films] be-
ziehen. Dieses Resultat entspricht sehr gut einer Schluß-
folgerung der theoretischen Untersuchung von Hm. A. Lampa,
welche den Fall betrifft, wenn die Resonatoren von einer
dünnen Schicht von Dielektrikum [D >\) umkleidet sind: die
Yon einem Resonator in die Lufb ausgestrahlte Wellenlänge
ist in diesem Falle etwas größer j,dX% die Wellenlänge der
Yon der Kugel allein ausgehenden Strahlung'^^]
Was die Genauigkeit der Messungen der Kömchendurch-
messer betrifft, so war diese sehr groß: der Messungsfehler
war in jeder Messungsreihe nicht größer als Qiuiu für ein
Kömchen; doch sind die Kömer seihst etwas ungleich: bei den
Schuppen z. B. erreichen die mittleren Abweichungen der
Durchmesser der Kömchen an verschiedenen Stellen ca. 8
bis 9 Proz.
Wenn wir nun alles Obenerwähnte in Betracht ziehen, so
werden die Abweichungen zwischen den experimentellen An-
gaben und denen der Theorie leicht verständlich.
Auf Grund der Angaben der oben angeführten Tabelle
können wir, so scheint es mir, sagen:
1. Die selektive optische Reflexion hängt von der Mikro-
struktur der das Licht reflektierenden Oberfläche qtianti-
taäv ab.
2. Die Körner, aus welchen die reflektierende Schicht
zusammengestellt ist, können als Resonatoren für optische
Schwingungen in demselben Sinne aufgefaßt werden, wie die
Leiter als Resonatoren für Hertzsche Schwingungen. Dabei
ist auch multiple optische Resonanz möglich.
3. Das Verhältnis zwischen den linearen Dimensionen
der optischen Resonatoren und den von ihnen reflektierten
Wellenlängen entspricht der Theorie.
4. Die von uns gefundenen Resonatorengrößen sind nicht
die einzigen, sondern nur einige von den möglichen. Es ist
unzweifelhaft, daß auch kleinere Resonatoren möglich sind,
1) A. Lampa, 1. c. p. 65.
Größe der optischen Resonatoreru 889
die zu den von uns untersuchten im einfachen Verhältnisse
stehen.
5. Die Resonatorenkömer in einer farbigen Schicht sind
nicht von genau identischer Größe, diese letztere variiert etwas;
die herrschende (mittlere) Größe der Resonatoren bedingt die
Farbe der Schicht
6. Bei dem Vorhandensein in einem Räume ziemlich dicht
eingelagerter Resonatoren übt ihre gegenseitige Induktion einen
Einßuß auf ihre Schwingungsdauer aus, wie es schon von Hm.
Dr. F. Kirchner für Lippmannsche photographische Films
bei deren Aufquellen beobachtet ist^) Bei seiner Untersuchung
konnte aber auch das neue Dielektrikumwasser (außer Gela-
tine) auf die Elrscheinung einen Mnfluß ausüben.
7. Die Vergrößerung der gegenseitigen Induktion bedingt
(in von mir untersuchten Anilinfarbenlösungen — Neuviktoria-
grün, Kristallviolett, Cerise, Corallin, Methylviolett, £k)sin bläulich,
Phloxin, Fuchsin) immer die Verkleinerung der mittleren Wellen-
länge vom absorbierten Strahlenkomplexe.
8. Das die optischen Resonatoren umgebende Mittel beein-
flußt ihre Schwingungsdauer im Sinne der elektromagnetischen
Theorie, wie es für Hertz sehe Resonatoren von den Herren
K Aschkinass und Cl. Schaeffer^ bewiesen ist.
Kiew, Phys. Laboratorium d. k. Universität.
1) F. Kirchner, Sitzangsber. d. k. sächs. GesellBch. d. Wissensch.
zu Leipzig 30. Juni 1902.
2) £. Aschkinass u. CI. Schaeffer, Ann. d. Phys. &• p. 489. 1901.
(Eingegangen 8. Oktober 1908.)
890
113. The Inflaence of Low Temperatures upon Certain
Color Indicators.
By £• L« Niohols and Emest Merritt in Ithaka N. Y.
In the course of some recent experiments upon the optical
behavior of organic bodies at low temperatnre, certain striking
color changes were observed in bodies of the class used in
chemistry as indicators when these were subjected to cooling
under the influence of liquid air. It is the purpose of the
present paper to describe the phenomena observed, particularly
in the case of two typical substances, phenol-phthalein and
cyanine, and to consider the bearing of the color chatiges
shown by Solutions of these indicators upon the accepted
theory of this subject.
Experiments with phenol-phthalein.
1. A normal Solution of sodium carbonate (Na^COj), 53 g
per liter, was saturated with phenol-phthalein at 15® C. This
liquid, of the usual intense reddish purple, was placed in a
test tube, the lower end of which was submerged in liquid air.
Ice formed rapidly in the bottom of the tube, extending gra-
duaUy upwards until the entire Solution was frozen. The ice
was slightly translucent and very faintly pink in color, but
changed, upon warming, to a deep red before the melting
point was reached. The color of the ice after this transfor-
mation appears to be a purer red than that of the unfrozen
Solution, as though a portion of the violet component of the
color of the liquid had been suppressed.
When the tube of red ice, previously formed, was mounted
within a cylindrical Dewar bulb, the bottom of the test tube
being just above the surface of the liquid air, the restoration
of the pale pink color began at the bottom of the tube cree-
ping upward as cooling progressed. The line of demarcation
was very sharp and it was evident that the change of color
occurred suddenly and at a definite temperature. With more
Inpuence of low temperatures upon indicators, 891
dilute Solutions the ice was snow white when cold, showiDg
no trace of color^ and became red as before upon warming.
The column of ice from the test tube, when in the red State,
was hard and when broken it was found that the color ex-
tended throughout the mass. There was no perceptible lack
of homogeneity. When, however, pieces of the red ice were
suspended in warm air it was noticed that, in process of mel-
ting a stronglj colored red liquid drained away, leaving a clear
colorless ice behind.
Similar results were consistentlj obtained with yarious
strengths of the Phenolphthalein Solution irrespective of the
alkali employed ; and Solutions made by adding a few drops of
the alcoholic Solution of phenol-phthalein to water gave the
same result
2. In Order to compare the phenomena just described with
those occurring in an alcoholic Solution of phenol-phthalein,
from which water had been so far as possible excluded, a
suitable amount of that indicator was dissolved in absolute
alcohol which had been previously made alkaline by the Im-
mersion of a stick of dry sodium hydroxid (NaOH). The
Solution contained a sufficient amount of phenol-phthalein to
give strong coloration to the liquid. When it was placed in
a test tube and cooled by liquid air, in the manner previously
described, a gelatinous mass distinctly pink (pale reddish purple)
in color formed at the bottom of the tube and the lower por-
tions of this jelly were subsequently converted into hard ice
of the same color. Above the surface of the purple jelly the
Solution was entirely colorless and clear for a distance which
depended upon the steepness of the temperature gradient
through the liquid. The upper portion of the Solution retained
its original reddish purple color until a certain temperature was
reached at which its color became lost In this case it is to
be noted that the loss of color occurs at a temperature above
that at which alcohol begins to assnme a solid form. The
relative positions of these various zones or layers in the course
of the experiment is shown in Fig. 1.
The color of the frozen alcoholic Solution was observed
to diminish appreciably with falling temperature; being more
intense at the top of the hard ice than below. Upon the re-
892 L. NiciioU und E. Merritt.
Petition of these obserrations with the alcoholic solutioo diluted
by an equal bulk of water it was found that the purple aolation
retained its color, although with slightly diminisbiog intensities,
down to the zoue in which the ge-
latinous ice was formiug. The latter
however was clear with a distinct
greenish yellow color, which waa cod-
verted, at a still lower temperatnre,
rpu lupad.- into an opaque mass of pale reddish
purple or pink ice.
'arUitUipaA. It "^8 uotod that odIj thoae
j j portious of the ice asaumed the pink
^P_ .-fm^utt. color which, owing to their prozimity
to the liquid air, had been rapidly
frozen. In parts of the tube above
the snrface of the liquid air the
Fig. 1. yellowiah green jelly retained its color
even when convert^d into solid form.
Upon repeating the freezing of this Solution in a tube the bottom
of which did not reacli the surface of the liquid air onlj
yellow ice was formed and this, when subsequently submet^ed,
did not tum purple. It appears therefore that tbe purple
color is a result of sudden freeziog.
3. To determine the temperatures at which these striking
color changes occur, a ring shaped coil of No. 40 copper wire
(diameter 0,0078 cm) with silk insulation was made. The
diameter of the coil was 1,6 cm. The body of wire consti-
tuting the ring was approximately cylindrical and ahout 0,2 cm
in diameter. Qy means of a framework of light glass tubing
this ring was supported in a horizontal position within a test
tube of diameter just sufficient to freely admit ii Wires of
beavier copper were attached to tbe terminals of the coil and
were carried vertically upward within the glass tubes which
supported ii The resistance of the coil at room temperature
(18,45") was 14,90 ohms. The resistance of the insulation
when the coil was submerged in aqueous Solutions at room
temperature was found to be about 100000 ohms.
This coil, the resistance of which was to be used for the
measurement of temperatures, was calibrated by submergence
Ivfiuence of low temperatures upon indicators, 893
successively in melting ice, in a thick pasty mixture of carbon
dioxide and ether (the temperature of which according to care-
ful determinations by Olszewski, is —79,80% and in freshly
prepared liquid air, the temperature of which probably varied
but little from — 192®. The calibration curves of coils pre-
pared from modern commercial copper wires diflfer so little
from straight lines between — 1 95® and 0®, that one may for
most purposes content himself with the determination of the
three points just mentioned. Measurements of the coil at room
temperature feil accurately upon the Prolongation of the
straight line joining the Observation points at 0® and at
— 79,8®. It is believed that for temperatures lying between
these points the error of determination of the temperature of
the coil nowbere exceeds 0,1® C. By means of this coil it was
found that the temperature at which the white ice, formed by
the freezing of the normal Solution of sodium carbonate satu-
rated with phenol-phthalein, begins to assume a red color, is
— 2 8® C. The melting point of the red ice thus formed is
-2,1® C.
The temperature at which the undiluted alcoholic Solution
described above loses its color is — 76,5®. The temperature
of transition into jelly, and from jelly into ice, is more difficult
of determination. These temperatures are however approxi-
mately —98® (formation of jelly) and —165® (production of
hard ice). In the case of the 50 proc. Solution, where the color
change corresponds to the transition from liquid to jelly, the
whole of the liquid being pink and the whole of the solid
yellow, the temperature of transition was found to be — 50®.
4. In Order to determine conclusively whether the red
ice of the aqueous Solution of phenol-phthalein is a homogeneous
solid or whether, as the observations already described had
led US to suspect, the color was due to an intensely red liquid
permeating the mass of colorless ice, the following experiment
was tried. An alkaline aqueous Solution of the indicator was
introduced into a thick walled glass of small bore. This was
then sealed off at one end, and was connected with a
Cailletet pump. The Solution was frozen to white ice by the
application of cold brine, into which a small amount of liquid
air had been stirred. The tube, still surrounded by the brine,
894
i. MchoU und E, Merritt,
was then allowed to rise in temperature until near the point
of color change, when pressures up to about 200 atmospheres
were applied by means of the pump. The ice column turned
red, and upon release from pressure returned to its white form.
This striking change of color could be observed at every stroke
of the pump, the color disappearing as the pressure ran down
by leakage between the strokes. It is evident that the red
color of the ice is due to included particles of a liquid which
has a slightly lower freezing point and which in this experi-
ment is melted by pressure.
Experiments with Cyanine.
5. Crystals of cyanine were dissolved in alcohol and a
few drops of the alcoholic Solution were added to water. The
Solution was rendered colorless by the addition of sulphuric
acid. When a test tube filled with the acidulated Solution
was placed over liquid air, in the manner already described,
white ice formed in the bottom of the tube. To the upper
portion, which was still liquid, sodium
hydroxid was added until the Solution
had a streng blue color. This portion
when frozen was still blue with a sug-
- -blue utficüL. gestion of purple at the top.
6. Water to which enough of the
alcoholic Solution of cyanine had been ad-
ded to give a streng blue color was frozen
from below. The ice was purple at li-
quid air temperatures, a brilliant blue in
the layers lying some distance above the
surface of the liquid air and possessing
a somewhat higher temperature, and purple
in the still warmer regions near the top.
The lines of demarcation were quite sharp
The relation of these zones as observed
in the course of the experiment is indicated in Fig. 2.
7. Blue Solutions of cyanine were very carefuUy decolo-
rized by the addition of dilute aqueous Solutions of various
acids, great care being taken to add only the precise amount
purplt ice..
blue ice.
purple ice.
Fig. 2.
Influence of low temperatures upon indicators. 895
of acid necessary to e£fect tbe destruction of color. The acids
used for this purpose were respectiyelj oxalic, acetic, citric,
and sulphuric. Upon freezing tbese carefdllj balanced Solutions,
in the manner already described, ice was produced wbicb
possessed in eacb case tbe remarkable display of colors ob-
tained by freezing blue Solutions of cyanine. Tbe ice column
was purple at very low temperatures, witb a blue ring or band
covering tbe region of intermediate temperatures, and purple
in tbe still warmer portions at tbe top of tbe tube. We bave
bere tbe remarkable pbenomenon of colored ice produced by
the solidification of a liquid devoid of color, For purpose of
comparison a Solution of pbenol-pbtbalein was largely diluted
witb water. To tbis the largest amount of sodium hydroxid
was added wbicb the pbenol-pbtbalein Solution would take
without tnrning red; wben frozen, tbe product was a color-
less ice.
8. To determine tbe temperature at wbicb the purple ice
produced by the freezing of cyanine Solutions changed to blue,
and the lower temperature at wbicb the restoration to purple
took place, tbe copper coil was inserted in the test tube as in
the temperature measurements already described. Blue Solutions
of cyanine, and Solutions wbicb bad been bronght to the point
of decolorization by means of sulphuric acid and of acetic
acid respectively were tested in tum. The process, as before,
consisted in cooling the test tube from below witb liquid air
and measuring the resistance of tbe coil wben its position
coincided witb the upper and lower edge of the blue ring. It
was not found possible to determine the temperatures at wbicb
tbese color changes took place witb the same accuracy as in
the case of tbe ice from tbe pbenol-pbtbalein Solution, but the
temperatures are believed to be accurate witbin two or three
degrees. The results obtained in three characteristic cases are
shown in the foUowing table:
Table
Pnrpletoblue Blue to purple
Dilute aqueous Solution (alkaline) — 30,0® - 91,5**
Dilute aqueous Solution (with sulphuric acid) — 31,5® — 91,0®
Dilute aqueous Solution (with acetic acid) — 83,5® — 94,5®.
896 L. Nichoh und E. Merritt.
The freezing point of an aqueous Solution, which con-
tained about 1 ccm of the strong alcoholic Solution of cyanine
to 250 cm of water, was — 2,7 ^
9. A Solution of cyanine in absolute alcohol was frozen
by the gradual application of liquid air from below. Perfectiy
clear ice was formed at a temperature of — 155^ When
viewed by transmitted light this ice showed a blue color almost
identical with that of the liquid. By reflected light it was
however a deep red. The test tube containing this alcoholic
ice was subsequently observed when illuminated by the light
of the spectrum. The color by reflection was found to be due
to a fluorescence, which was excited most strongly by the
yellow and green rays and disappeared when exposed to the
blue or violet.
Experiments with other indicators.
In addition to the experiments with phenol-phthalein and
cyanine the foUowing observations were made of the effects of
freezing Solutions of other substances capable of being used
as indicators.
10. Methyl orange was dissolved in the proportion of one
gram to the liter of water and a few drops of this Solution
were added to 10 ccm of water in a test tube. The pale
yellow alkaline Solution freezes to an ice faintly tinged with
yellow at the temperature of liquid air. On warming, it tuma
to a bright yellow just before the melting point is reached.
The acid (red) Solution freezes to a dark reddish brown ice.
11. Tropaeolin. The alkaline Solution freezes to a yellow
ice of a paler color than the liquid. The color increasea
greatly in intensity on approaching the melting point. The
acid Solution (red) freezes to a dark brownish purple ice.
12. Para-nitro-phenol. The alkaline Solution freezes to a
white ice, which becomes greenish yellow just before melting.
The colorless acid Solution freezes to a white ice.
13. Corallin. The red aqueous Solution yields a reddish
salmon colored ice which retains its color at liquid air tem-
peratures. The yellow acid Solution yields a pale yellow ice.
14. Phenacetolin. The red alkaline Solution yields a pink
ice which retains its color at liquid air temperatures. The
Imfimemee ef hm ttmptruiMrts mpam mdkmänrs, 897
jeDow seid Solution gires a white ice which changes to yelloir
before melting.
15. Canninic add. Hie purple alkaline Solution jields
a puple ice, the acid Solution an ice of much lighter color
(nearlj white). Both colors become stronger upon approaching
to the melting point.
The generallj accepted theoiy of the color changes of
indicators assumes that the color of such Solutions is due
either to the presence of firee ions, in which case it appears
upon dissodation; or that the color is due to the molecules
of the indicator, in which case it disappears upon dissodation.
In the case of the aqueous Solutions the obserrations recorded
aboTe are in harmony with this theoiy, and the following con-
clusions may be reached:
a) The red color of alkaline phenol-phthalein is ionic,
since it disappears upon fireezing. The faint pink observed in
the ice of the stronger Solutions is probably a molecular color,
which. in the liquid, is masked by the stronger red doe to
the firee ions.
b) The color of the blue Solutions of cyanine is chiefly
molecular. but the redder purple of the ice as compared with
the blue of the liquid saggests that one component of the
color of the Solution is soppressed by freezing. We know of
no existing theon- to account for the suppression of the red
component at —30^ and its restoration at —91®. The fact
that upon freezing the dissociated colorless Solution, carefully
brought to a balance by the addition of acid, the same purple
and blue varieties of ice are produced as when an alkaline
Solution is firozen, suggests that, when dissociatdon ceases, the
molecular Compounds formed correspond to some extent at
least to those existing in the alkaline Solution.
c) Methyl-oraoge appears, from the color of the ice, to
possess a faint yellow molecular color superimposed upon an
intense yellow due to free ions. The acid Solution possesses
a brownish red color of molecular origin, which in the liquid
is probably also modified by the yellow color due to the ions.
BoItziiuinD.Fest8chrin. &7
898 L. Nichols und E. Merritt. Influenre of lote etc.
Upon freezing the stronger ionic yellow is suppressed, leaving
a pale yellow ice and a brown ice respectively.
d) The Salt formed from tropaeolin^ when that indicator
is rendered alkaline appears to possess a pale molecular yellow
in addition to the strong yellow due to the ions. The acid
Solution shows a similar combination of ionic yellow and of
dark brownish purple due to the molecules.
e) The rose color of the alkaline Solution of phenol-ace-
tolin appears to be molecular in character; where as the yellow
of the acid Solution is ionic.
f) Both colors of the carminic acid Solutions appear
to be chiefly molecular, although the increased coloration of
the ice upon warming may indicate that in partly dissociated
Solutions ionic color is superimposed upon that due to the
molecules.
g) The color of the alkaline Solution of para-nitro-phenol
appears to be purely ionic.
In the case of the alcoholic Solutions tested a satisfactory
explanation of the observed" color changes is more difficult
The greater complexity of the phenomena of Solution in alcohol
and the fact that the ice formed is amorphous are doubtless
reasons for expecting more complicated color changes than
those observed in aqueous solutions. We are of the opinion
that a more extended experimental study of the phenomena
is necessary before a satisfactory Interpretation of these re-
sults can be reached.
Certain interesting phenomena of fluorescence which were
observed in the course of this investigation and of which all
mention has been omitted here, we propose to consider in a
forthcoming paper.
Physical Laboratory of Comell University, Sept 1903.
fEingegangen 8. Oktober 1903.)
899
114. The Van der Waals a in Alcohol and in Ether.
B7 Edwin H. HaU in Cambridge Mass. U. S. A.
If we make the two assumptions:
1. that the pressnre due to molecolar attraction within a
fluid is afv^y where v is the specific volame and a is some
constant;
2. that the energy per molecule, aside from the potential
energy due to the attraction jagt mentioned, is a fonction of
temperatnre only, so that it remains constant dnring any iso-
thermal change of State;
we can find the valne of a by means of Üie well known
eqnation ^)
where a s the internal work of evaporation,
Vj = the specific volame of the liquid ander Üie pressure
of its saturated vapor;
v^ = the specific volume of the saturated vapor.
The value of a thus obtained will hereinafter be referred
to as a\
If we apply assumption 2 in the case of isothermal
changes of volume occuring in the liquid State, without eva-
poratioD, we get
(2) a=[^T-py,
where p is the extemal pressure,
17 is the specific volume,
T is the absolute temperature,
e is the coeff. of expansion, (5^)"'
k is the coeff. of compressibility — (^)~*
If, by using equations (1) and (2) with a given fluid at
1) See, for example, W. Xernst, Theoret Chem. 4. p. 241. 190S.
57*
900 E. H. Hall.
various temperatures and pressures, we get always the same yaJue
of a, and if this value is the same as that given by a study of the
same fluid in the vapor State ^ we find ourselves justified in hol-
ding both of our assumptions. But if, in our investigation, we
find that a, as calculated by means of equations (1) and (2),
shows variations which cannot be explained by mere errors of
Observation or caiculation, we must conclude that one, at least,
of our assumptions is untenable.
It is to be observed that such an investigation does not
undertake to test the applicability of the van der Waals
continuity equation to the liquid state, for it has nothing to
do with the b of that equation.
A brief study ^) of the behavior of water has shown the
value of Uj from the data of the liquid state, to be much less
than the value of a, from the evaporation data, both at 15^ C.
and at 50^ C, though the discrepancy is far less at the higher
temperature than at the lower.
A study of the data given by Amagat*) for k and for e
in the case of ethyl alcohol and ethyl ether, supplemented by
the evaporation data of these substances, has given the results
tabulated below.
As Amagat does not give the values of the needed coeffi-
cients at definite temperatures and pressures, but only the
mean values of k through considerable intervals of pressure at
particular temperatures and the mean values of e through con-
siderable intervals of temperature at particular pressures, it has
been necessary to get the particular values of k and e by
means of curves plotted from the data given by Amagat. In
this process and in various others, some inaccuracies have
doubtless entered^ but, in the opinion of the writer, none which
seriously affect the general character of the results reached.
The observations of Amagat extended from 1 to 1000 atmo-
spheres and from 0^ to 198® C. with each of the liquids
examined; but it has appeared hazardous to try to get from
the data which he gives values of both k and e for particular
conditions below 20® in temperature and 50 atmospheres in
1) See the Physical Review 17. p. 122. Aug. 1903.
2) Comp. reud. 115. p. 689 and 919. 1892.
The Fan der WuaU a. 901
pressure. An attempt has been made, however, to get values
of these coefficients for particalar conditions np to the highest
pressure and, in the case of ether, up to the highest tem-
perature. With alcohol Amagat had no stopping place bet-
ween 100^ and 198^, and it has not seemed to the writer
advisable to try for particular values of h and e at points
above 100^ in the case of this liquid.
In the foUowing tables all values except those of P (the
extemal pressure in atmospheres) are given in terms of the
C. G. S. System, the dyne being taken as the unit of force.
The numbers in brackets, to the right of each a column,
are the result of an attempt to establish a regulär gradient
of a, with varying pressure, corresponding in a general way
to the indications of the a column.
Alcohol.
20 <» C.
40» C.
60« C.
p
a' =
1197x10'
a'-
1197x10'
a'-
1164x10'
(atm.)
V
axlO-'
V
a X 10-'
V
a X 10-'
50
1,269
458 (465)
1,285
478 (479)
1,815
488 (496)
100
1,258
458 (468)
1,276
471 (477)
1,806
486 (494)
200
1,242
460 (458)
1,262
476 (472)
1,291
491 (491)
300
1,281
457 (458)
1,250
470 (467)
1,276
494 (487)
400
1,222
449 (448)
1,289
465 (468)
1,265
492 (484)
ÖOO
1,214
448 (448)
1,280
459 (459)
1,258
486 (481)
600
1,205
489 (538)
1,222
455 (454)
1,245
479 (477)
700
1,197
422 (483)
1,218
450 (450)
1,286
476 (474)
800
1,189
422 (429)
1,205
444 (446)
1,227
472 (471)
900
1,181
426 (424)
1,197
445 (442)
1,219
464 (468)
1000
1,175
484 (420)
1,189
488 (438)
1,211
466 (465)
80^
» c.
lOO
1« C.
P
a' - 1112x10'
a' = 1072 X 10'
(atm.)
V
axlO-'
V
axlO-'
50
—
.— —
—
— -_
100
1,840
581 (583)
1,371
567 (570)
200
1,821
524 (527)
1,850
560 (564)
300
1,306
519 (522)
1,«80
556 (559)
400
1,291
521 (517)
1,815
568 (558)
500
1.276
518 (512)
1,800
551 (548)
600
1,265
513 (507)
1,288
588 (542)
700
1,256
506 (502)
1,276
526 (587)
800
1,247
490 (497)
1,268
588 (582)
900
1,289
486 (493)
1,259
521 (527)
1000
1,280
494 (488)
1,250
541 (522)
902
ä
E. U. HaU.
Ether
•
20 • C.
60 • C.
100 • c.
p
a'-
495 X 10'
a' =
491 X 10'
a' =
482 X 10'
(atm.)
V
a X 10-'
V
a X 10-'
V
a X 10-'
50
1,411
545 (588)
—
— —
—
— —
100
1,400
582 (535)
1,498
515 (527)
1,608
504 (511)
200
1,880
588 (528)
1,462
522 (522)
1,552
506 (508)
800
1,362
509 (521)
1,485
519 (517)
1,514
504 (504)
400
1,847
514 (514)
1,418
518 (512)
1,486
511 (501)
600
1,888
507 (507)
1,393
512 (507)
1,462
508 (498)
600
1,821
504 (500)
1,377
506 (506)
1,489
487 (494)
700
1,809
499 (498)
1,365
501 (497)
1,419
485 (491)
800
1,299
587 (486)
1,852
500 (492)
1,408
485 (488)
900
1,289
475 (497)
1,840
475 (487)
1,887
486 (485)
1000
1,280
472 (473)
1,330
481 (488)
1,374 .
490 (482)
188
« C.
198
• c.
P
a'
-?
a'
-?
(atm.)
V
axlO-'
V axlO-'
50
—
— —
—
— —
100
—
— —
—
— —
200
1,656
510 (509)
—
— —
300
1,600
506 (505)
1,766
491 (500)
400
1,560
502 (501)
1,699
484 (496)
500
1,528
493 (497)
1,648
497 (493)
600
1,500
490 (492)
1,607
506 (490)
700
1,476
484 (488)
1,574
511 (486)
800
1,455
484 (484)
1,545
493 (483)
900
1,485
481 (480)
1,521
465 (480)
1000
1,419
480 (476)
1,500
457 (477)
Inspection of these tables, made with the use of assump-
tion 2, indicates that, if asmmption 2 is correct, the following
propositions hold:
1. a is not a constant but, in each of the liquids exa-
mined, a fanction of both p and T.
2. In each liquid at constant temperature a'increases
with increase of volume.
3. In alcohol a is much less than a at low temperatures;
but with rise of temperature the difference diminishes, a growing
larger and a growing smaller.
4. In ether a, at moderate pressures, is somewhat larger
than a; and both a and a diminish slowly with rise of tem-
perature, apparently approaching equality.
The Van der Waals a. 903
If, on the otber hand, assumption 1 is correct, it is plain
that assumption 2 does not hold and that isothermal change
of Tolume in the liquid State is accompanied by change of the
internal energy, aside from the potential energy due to mole-
cular attraction, the rate of this change with change of Tolume
being a function of both volume and temperature.
Further discussion of this matter must be postponed.
(Eingegangen 3. Oktober 1903.)
904
115. Chemisches Gleichgewicht nnd Temperatnrgefftlle.
Von W. Nemst in GtöttiDgeD.
Bekanntlich hat die Behandlung homogener chemischer
Gleichgewichte zu der Anschauung geführt, daß ein solches ein-
deutig durch seine Temperatur und Eonzentrationsbedingungen
bestimmt ist
Im folgenden möchte ich zeigen, daß dieser Satz für jeden
Punkt nur dann gilt, wenn die Temperatur nicht gar zu rasch
variiert und daß im allgemeinen das Gleichgewicht eines
chemischen Systems auch von der Stärke des Temperatur-
gefälles abhängt.
1. Betrachten wir ein gasförmiges System, in welchem sich
bezüglich der Reaktion:
(1) Wj ^j + Tig -4j . . . = rij' A^ + n, J,' . . .
(n Molekülzahl, A Molekülgattung) Gleichgewicht herstellen und
längs der jr- Achse des Gemisches, das sich in einem Zylinder vom
Querschnitte q befindet, ein Temperaturgefälle herrschen möge. In
einem chemisch inaktiven Gasgemische stellt sich bekanntlich,
nachdem das Diffusionsgleichgewichteingetreten, für jede Molekül-
gattung der gleiche Partialdruck her; tritt aber außerdem ein
chemisches Gleichgewicht ein, so wird im allgemeinen der
Partialdruck jeder Molekülgattung von Punkt zu Punkt längs
der ZyUnderachse variieren, und wir erhalten einen fort-
dauernden Diffusionsvorgang, der das System im stationären
Zustande vom chemischen Gleichgewicht entfernt Es wird
offenbar, weil die Diffusion eben ausgleichend wirkt, die
Änderung der Partialdrucke mit der Temperatur weniger rasch
erfolgen, als es die Formeln für das chemische Gleichgewicht
verlangen.
Nehmen wir an, um die Begriffe zu fixieren, die Reaktion
gehe im Sinne von Unks nach rechts (bei konstant erhaltenem
Druck) unter Wärmeabsorption vor sich; dann folgt bekanntlich
aus dem zweiten Hauptsatze, daß die Partialdrucke p der
Chemisches GleichgewidU und Temperaturgefalle. 905
Moleküle Ä mit wachsender Temperatur sinken, diejenigen p'
der Moleküle Ä' ansteigen; es werden also die Molekul-
gattongen Ä dem TemperatargefiQle entgegen, die Molekül-
gattongen A' im Sinne desselben wandern. D sei der Diffusions-
koeffizient der Molekülgattong A\ ein Qaerschnittselement an
der Stelle x von der Dicke dz mnß im stationären Zustande
von jeder Molekülgattung eine konstante Konzentration be-
halten; da nun in der Zeit dz von jeder Molekülgattung Ä
die Menge
^Dq!^dz
hineinwandert, und
herauswanderty so verbleibt ein Überschuß von
+ I)q-P^dxdz
und entsprechend von jeder Molekülgattung A' ein solcher im
Betrage von
-'D'q^dxdz;
damit jede einzelne Konzentration konstant bleibt, muß offen-
bar einerseits
sein ; andererseits muß in dem betrachteten Querschnittselement
fortwährend eine chemische Umsetzung erfolgen, welche die
Molekülgattungen A in diejenige A' überführt, wenn
ist und eine Reaktion im entgegengesetzten Sinne, wenn
ist Damit die Reaktion nach der Gleichung (1) stattfinden
kann, muß femer
und analog
"^^-"^^ ■'■■<■■■■■
906 W. Nemst
sein. Der chemische Umsatz (bezogen auf die Moleküle Ä^)
in dem betrachteten Querschnittselement beträgt nun aber
qdxdz{kc\^c^^*. . . — A' c[^' cj"«' . . .) Mole,
die einer Abnahme des Partialdruckes der Moleküle A^ im
Betrage von
entsprechen; es diffundieren hinzu B^ -j^ dx dz Moleküle
derselben Gattung und somit wird schließlich unter Fortlassung
des gemeinschaftlichen Faktors qdxdz:
(2) J),^ + RT{kc^e^...- k-c[->'c'<.. .) = 0.
Für die dem Gleichgewichte entsprechenden Konzen-
trationen C gilt bekanntlich
(3) Ä Cf> c,»»« . . . - Ä' c;< (?;»».'. . . = 0 ;
wir sehen also, daß die gewöhnliche Gleichgewichtsbedingung
nur dann gilt, wenn der erste Ausdruck der Gleichung (2) ver-
schwindend klein wird, weil nur dann die C- und c- Werte ein-
ander gleich werden. Wenn andererseits die Reaktions-
geschwindigkeit und damit der zweite Ausdruck der Gleichung (2)
verschwindet, so haben wir ein chemisch inaktives Gasgemisch
und es wird natürlich dann (wie auch leicht aus obigen Glei-
chungen abzuleiten) für alle Molekülgattungen der Partialdruck
im ganzen Zylinder konstant.
Denken wir uns z. B. ein Temperaturgefäile von sehr hohen
bis zu gewöhnlichen Temperaturen in Wasserdampf hergestellt,
so findet bekanntlich bei sehr hohen Temperaturen (oberhalb
2000^ eine weitgehende Dissoziation statt; andererseits aber
ist die Reaktionsgeschwindigkeit so ungeheuer groß, daß der
erste Ausdruck der Gleichung (2) nicht merklich werden kann;
bei mittleren Temperaturen (etwa in der Nähe von 1500^ ist
die Dissoziation zwar nur gering, aber die Reaktionsgeschwindig-
keit wird hier bereits so gesunken sein, daß die beiden Aus-
drücke der Gleichung (2) kommensurabel werden, und der
Effekt wird sein, daß infolge von Diffusion bei starkem Tem-
peraturgefälle die kälteren Schichten mehr Knallgas erhalten,
als ihrer Temperatur entspricht. Da schließlich bei tieferen
Temperaturen (unterhalb ca. 400 — 500^ die sehr stark ab-
Chemisches Gleichgewicht und Temperaliirz/r/alle. 907
falleode ReaktioDSgesch windigkeit verschwindend klein gegen
die Diffusionsgeachwindigkeit wird, welch letztere sich bei Gasen
mit der Temperatur immerhin nur relativ langsam ändert, so
bekommen auch die kalten Schichten merkliche Mengen freien
Knallgases.
Wir erkennen also, daß Gleichung (2) gleichzeitig die
quantitative Theorie der bekannten Devilleschan Versuche
enthält, bei denen mittels des kalt-warmen Eohrea aas Wasser-
dampf Knallgas erhalteu wurde.
Setzen wir für den betrachteten Querschnitt
dT=adx,
ao wird Gleichung (2)
(4) U, a^^ + Ä2(A ei-.? ... - A'c.'Vci'H'. . .) = 0.
Wir sehen dann sofort, daß die Wirkung des Wärme-
gefUlles auf das Gleichgewicht mit der DifTusionsfähigkeit, dem
Temperaturgefälle und der Beschleunigung mit der das Gleich-
gewicht mit der Temjieratur sich verschiebt, ansteigt. Bei
mäßigem Temperaturgef^lle und daher nur kleinen Ver-
achiebungen des Gleichgewichtes können wir die Werte von
tPpjjäl'* aus der Wärmelönung berechnen und finden so, daß
dieser Ausdruck mit wachsender Temperatur anfänglich negative
Beträge annimmt, dann durch N'ull geht, um hierauf positive
Werte anzunehmen und bei sehr hohen Temperaturen wiederum
zu verschwinden, wodurch gleichzeitig der Sinn der Abweichung
vom gewöhuiicheu Gleichgewichte sich ergibt.
Von einer weiteren Diskussion der Formeln (2) und [i]
sei hier Abstand genommen und nur noch bemerkt, daß bei
Flammen, Funkenentladungen, Geisale rächen Röhren und
dergl. der Einfluß der großen Temperaturdifferenzen in nahe
benachbarten Punkten, z.B. auch bei spektralanalytischen Unter-
suchungen, sich zuweilen bemerklich machen dürile.
Ähnliche Betrachtungen sind natürlich auch auf wässerige
Lösungen anwendbar, doch durften hier im allgemeinen wegen
der geringeren Di ffusionsgesch windigkeit gelöster Stoffe im
Vergleich zu den Gasen die besprochenen Erscheinungen
schwieriger nachweisbar sein; Versuche, die Hr. Th. Wulf
vor einiger Zeit auf meinen Vorschlag angestellt hat und welche
908 W. Jftemst.
die Prüfung der Frage bezweckten, ob die Leitfähigkeit von
Säuren, bei denen ein Dissoziationsgleichgewidit sich herstellt,
oder von Chlor, das hydrolysiert wird, durch ein starkes Tem-
peraturgefälle beeinflußt wird, gaben ein negatives Resultat.
2. Die obigen Betrachtungen sind aber auf einem wesentlich
anderen Wege einer experimentellen Prüfung zugänglich. Da
nämlich nach den angestellten Erwägungen fortwährend Moleküle
der Gattung A entgegen dem Wärmegefälle und solche der
Gattung A' im Sinne desselben wandern, femer eine Energie-
differenz zwischen ihnen besteht, so wird entsprechend eine
gewisse Wärmemenge fortdauernd durch den Querschnitt wandern ;
das bedeutet aber, daß über die gewöhnliche Wärmeleitung des
Oasgemisches noch eine neuartige sich superponiert, deren Betrag
wir berechnen können.
Wir wollen die Rechnung gleich für das einzige in dieser
Richtung bisher quantitativ untersuchte Beispiel durchfuhren,
nämlich fftr Stickstoffdioxyd. Hier wird Gleichung (1)
(6) N,0, = 2N0,;
es wandert von kälteren nach wärmeren Schichten die Menge
^ dx ' *
[p gleich Partialdruck des NgOj oder mit Berücksichtigung von
p^cRT,
die Menge
welche die Wärmemenge
^ RT^ dx "*.e^*^
von den wärmeren Schichten nach den kälteren transportieren;
darin bedeutet also Q die Dissoziationswärme bei konstantem
Druck. Ist die gewöhnliche Wärmeleitung des Gasgemisches,
d. h. diejenige, die wir ohne den chemischen Umsatz erhalten
würden und dem von den Molekülen transportierten Energie-
inhalte entspricht, x^, so wird die gesamte Wärmemenge
dT j dT j <l^ n ^P ^
Chemisches Gleichgewiehi umd TemperaiwrgefaUe, 909
und somit betiikgt die W&nneleituDg x
Bedeutet P den im gesamten Oasraume konstanten Druck
und a den Dissoziationsgrad, so wird^)
worin
(i^ = q-RT
die von der Temperatur praktisch unabhängige Dissoziations-
wärme bei konstantem Volumen bedeutet
1E& wird
und
lda\ _ a-a*( <?o , M
[dTJp" 2 [BT* ^ tI'
so daß wir schließlich unter Berücksichtigung von (6) erhalten :
Der Diffusionskoeffizient D der N,0^- gegen die NO,-
Moleküle läßt sich direkt natürlich nicht bestimmen; er läßt
sich aber mit ziemlicher Sicherheit schätzen. Eine Betrach-
tung der vorhandenen Beobachtungen lehrt nämlich, daß der
Diffusionskoeffizient verschiedener Gase z. B. gegen Kohlen-
säure um so kleiner wird, je größer das Molekulargewicht M
und je größer die Zahl der Atome n in dem Moleküle des
betreffenden Gases ist. Setzen wir
80 resultiert folgende Tabelle; unter L, H. und III. befinden
1) Vgl. z. B. W. Nernst, Theoret Chemie, IV. Aufl. p. 641. 1908.
Daß wir p aus der Formel för das Gleichgewicht berechnen, wird dadurch
gerechtfertigt, daß die weiter unten zu besprechenden Messungen auch
bei niederen Temperaturen kein Anwachsen der Wärmeleitung mit ab-
nehmendem Temperaturgefalle erkennen lassen, daß also eine merkliche
Beeinflussung des Gleichgewichtes durch das Temperaturgef&lle bei der
betreffenden Versuchsanordnnng nicht auftrat
910
IT. Nernst
sich die Messungen von Loschmidt, Obermayer und
Winkelmann.^)
Gas
D her.
D beob.
I.
IL
IIL
H,
0,550
0,556
0,534
^—
CH^
0,123
0,159
0,146
—
0.
0,137
0,141
0,136
—
CO
0,147
0,141
0,131
—
C.H,
0,085
—
0,101
—
N,0
0,096
0,098
0,092
—
H,0
0,150
—
—
0,131
CS,
0,073
—
0,068
CH,0
0,080
—
—
0,088
C,HeO
0,054
—
—
0,069
C«He
0,036
—
—
0,058
Luft
0,142
0,142
0,134
Mit Ausnahme einiger komplizierterer Verbindungen gibt
unsere empirische Formel die Beobachtungen wohl ziemlich
innerhalb der Genauigkeit der Messungen wieder; wir be-
rechnen also wohl mit genügender Sicherheit für den Diflfusions-
koefQzienten
NA|CO„
und entsprechend für
NAINO3,
1) = 0,047
i) = 0,046.
Diese Zahlen gelten für r= 273 und wachsen dem Qua-
drat von T proportional.
Nun ist allerdings zu beachten, daB im Gegensatze zur
gewöhnlichen Diffusion, wo bekanntlich durch jeden Querschnitt
stets gleichviel Moleküle der beiden Gase in entgegengesetzter
Richtung hindurchwandern, in unserem Falle offenbar stets
doppelt soviel NO3- Moleküle als NgÜ^ -Moleküle den Quer-
schnitt passieren müssen, damit der Gesamtdruck der gleiche
bleibt. Vielleicht haben wir hier Verhältnisse vor uns, deren
weitere Verfolgung für die Theorie der Gasdiffusion über-
haupt aufklärend wirken'dürfte. Wahrscheinlich wird der
obige Wert von 1) nur flir den Fall, daß die Zahl der NO^-
I) Vgl. A. Winkelmann, Handbuch der Physik 1. p. 648 ff. 1891.
Chemdsckes Glekkgewieht umd TemperatwryefaUe, 911
diejenigen der N,0^ - Moleküle merklich übersteigt, genauer
zutreffen, und in anderem Falle etwas abnehmen. Da übrigens
bei den später zu besprechenden Beobachtungen in der Tat
fast durdigangig obige Bedingung erfiült ist, so scheint die
Benutzung des in der ang^ebenen Weise berechneten Wertes
ziemlich einwandfirei und kann wohl kaum erhebliche Fehler
Terursachen.
Für die numerische Ausrechnung können wir hinreichend
genau JR = 2,00 setzen; es beträgt femer
^=12900 und «=: 12900 + 2T g-caL
P, der Gesamtdruck des Glases, war bei den unten zu be-
sprechenden Messungen 1 AtuL, worauf sich auch der Wert
Ton D bezieht; die Einheit des Druckes ist aber, weil bei J)j
wie auch bei den weiter unten zu besprechenden Absolutwerten
der Wärmeleitung als Längeneinheit der cm gilt, derjenige,
der aus der Gleichung
P^cBT
folgt, wenn wir darin J? = 2,00, c == 1 Mol pro cm' und T^ 1
setzen, d. h. es wird für P == 1 Atm.
2.273
22420
(22420 » Volum eines Moleküls bei 1 Atm. und T » 273).
Wir erhalten so aus Gleichung (7)
(8) X- X. +*,-«, +0,9692. 10- («^ + 2 + J^)^..
Die Wärmeleitung des Stickstoffdioxyds ist TonMagnanini
gemessen worden; Veranlassung gaben hierzu qualitative Er-
wägungen ähnlicher Art, wie oben, die mein verehrter Freund
Magnanini und ich gemeinsam anstellten^), und bald darauf
entdeckte Magnanini im Verein mit Malagnini (L c) die
überraschend große Wärmeleitung des im Dissoziationszustande
befindlichen Stickstoffdioxyds. In einer späteren Arbeit er-
brachten dann Magnanini und Zunino^ noch weiteres Be-
obachtungsmaterial.
1) Vergl. Rendic. Accad. dei Lincei vom vierten Juli 1897. p. 22.
2) Gazz. chim. 30. p. 405 1900.
912 W. Nermt
Da eine quantitatiTe Theorie damals nicht vorlag, so b^
gnügte sich Magnanini mit mehr orientierenden Beob-
achtungen und gab keine absoluten Werte der Wärmeleitungs-
fähigkeit Da er aber bei seinen Messungen der Abkühhings-
geschwindigkeit auch stets Wasserstoff, Luft und Kohlensaure
in den gleichen Gefäßen untersuchte, so sind wenigstens einige
seiner Messungsreihen zur nachträglichen Ermittelung der ab-
soluten Wärmeleitung brauchbar.
Die absoluten Wärmeleitungskoeffizienten der obigen drei
Gase sind in neuerer Zeit von Winkelmann und Ton Graetz
gemessen worden^); außerdem hat 0. K Meyer eine theore-
tische Formel gegeben, die sich den Beobachtungen gut an-
schließt und zwischen die Werte der beiden obigen Beobachter
fällt Als zur Zeit wahrscheinlichste Werte möchte ich das
Mittel aus diesen drei Zahlenreihen ansehen und wir setzen
daher
für Wasserstoff x = 3,5 (1 + 0,0024 i). lO""*,
„ Luft X = 0,51 (1 + 0,0025 0. 10 "*,
„ Kohlensäure x = 0,32 (1 + 0,0050 1), 10"~*.
Bei der Ähnlichkeit der Konstitution von CO, und NO,
und der geringen Verschiedenheit ihrer Molekulargewichte
(44 und 46] können wir die Wärmeleitung beider Gase gleich
gross annehmen^ was auch in Übereinstimmung mit den oben
erwähnten Messungen an völlig dissoziierten NO, sich befindet,
und auch x^ der Formel (8), das sich auf das Gemisch der
NO, und NjO^ - Moleküle bezieht, wird nur so wenig davon
verschieden sein^ daß wir^ zumal es bei niederen Temperaturen
nur die Rolle einer Eorrektionsgröße spielt, dafür den Wert
für Kohlensäure einsetzen können.
Von den Messungen Magnaninis zeigen diejenigen der
ersten Arbeit den regelmäßigsten Verlauf und sind offenbar
erheblich genauer, als die zahlreichen, mehr zur allgemeinen
Orientierung angestellten Versuche der zweiten Abhandlung.
Aus den beobachteten logarithmischen Dekrementen (vgl. unten
Kolumne 2 — 4) ergeben sich folgende Werte für die Wärme-
leitung des Stickstoffdioxyds:
l) Vergl. darüber 0. E. Meyer, Kinetische Theorie. 2. Aufl.
p. 294. 1899.
Chemisches Gleichgetoicht und Temperaturgefalle, 913
40«
70«
110«
0,175
0,179
0,183
0,56
0,56
0,56
0,59
0,56
0,256
4,1
1,29
8,90
4,05
1,18
In der letzten Eolumne sind die nach Gleichung (8) be-
rechneten Werte verzeichnet, die mit den Beobachtungen Mag-
naninis befriedigend übereinstimmen. Im besonderen fand
Magnanini, daß die Wärmeleitung im mittleren Dissoziations-
zustande die des Wasserstofifs erreicht; unsere Formel gibt in
der Tat eine so gewaltige Vergrößerung der Leitfähigkeit und
es ist wohl bemerkenswert, daß sich die überraschend große
Wärmeleitung des Stickstoffdioxyds im absoluten Maße aus
der Dissoziationswärme und den Dissoziationsgesetzen mit Hilfe
der Anschauungen der kinetischen Gastheorie berechnen läßt.
Setzen wir nach den bekannten Formeln die Wärme-
leitung eines Gases einfach der spezifischen Wärme bei kon-
stantem Volumen^) proportional, so würde, da die innere
Reibung mit dem Dissoziationszustande relativ wenig variieren
dürfte, eine Vergrößerung der Wärmeleitung auf das 14 fache
infolge der Dissoziation erfolgen müssen. Für 70^ würde sich
so 0,6, also ein merklich zu hoher Wert ergeben. Selbst-
verständlich aber sind die bisherigen Formeln auf im Disso-
ziationszustand befindliche Gase nicht ohne weiteres anwendbar.
Die in der zweiten Arbeit Magnaninis mitgeteilten loga-
rithmischen Dekremente weisen große Schwankungen auf;
indem ich die Elndtemperatur des Thermometers nicht, wie
Magnanini, der (bei den verschiedenen Versuchen wohl nicht
hinreichend konstant erhaltenen] Badtemperatur gleichsetzte,
sondern aus den direkten Thermometerablesungen extrapolierte,
konnte ich zum Teil regelmäßigere Zahlen erhalten. Unter
Fortlassung einiger Beobachtungsreihen, bei denen z. B. Kohlen-
säure größere Dekremente lieferte, als Luft, und die offen-
bar durch Störungen entstellt sind, berechnete ich folgende
Zahlen:
1) Für Stick Btoffdioxjd berechnet von A. J. Swart, Zeitschr. f. phys.
Chemie 7. p. 120. 1891.
Boltzinuin-Fwtschrift. 58
914
W. fernst.
Apparat Nr.
I II III
X
beob.
a
*i
^
X
ber.
40 •
3,3
4,1
^_
4,1
0,295
0,38
3,52
3,90
50 •
2,3
3,7
—
4,0
0,404
0,40
8,65
4,05
60 •
—
4,0
3.9
0,526
0,42
8,39
3,81
70«
1,0
8,0
8,7
0,656
0,43
2,75
8,18
80«
3,6
—
3,4
0,760
0,45
2,04
2,49
110«
—
—
—
1,4
0,922
0,50
0,68
1,18
130«
—
—
1,6
la
—
0,33
0,87
160«
—
0,8
0,7
0,985
0,58
0,18
0,76
190«
—
—
0,62
0,62
0,998
0,62
0,015
0,685
Indem ich schließlich sämtliche Beobachtungen graphisch
auftrug und denjenigen der ersten Arbeit etwa das doppelte
Gewicht beilegte, erhielt ich durch graphische Interpolation
die in der vierten Kolumne unter x beob. yerzeichneten Mittel-
werte.
In den folgenden Kolumnen befinden sich die Disso-
ziationsgrade a bei Atmosphären druck ^), die nach Gleichung (8)
berechneten (mit 10* multiplizierten Werte) von x^ und x,, die
die Beteiligung der Dissoziation an der Wärmeleitung des Gases
bei den verschiedenen Temperaturen illustiieren, und schließlich
die theoretischen Werte von x. Größere DiflFerenzen, als den
Unsicherheiten der Messungen entspricht, treten nirgends
zwischen Rechnung und Versuch auf, wie ein Vergleich der
Zahlen x beob. und x ber. lehrt
In der Untersuchung der Wärmeleitung von Gasen besitzen
wir also nicht nur einen qualitativen Nachweis der Dissoziation,
wie schon B. Goldschmidt^ hat nachweisen können, sondern
dieselbe dürfte auch zur quantitativen Untersuchung dieses
Phänomens in einzelnen Fällen sich eignen. Von besonderer
Bedeutung würde die Methode ofienbar werden, wenn sie auch
auf Flüssigkeiten sich übertragen ließe.
Bekanntlich führen nach Williamson, Clausius, Guld-
berg u. a. die kinetischen Anschauungen, die in ihrer Anwen-
dung auf chemische Vorgänge sich bereits wiederholt so frucht-
1) Vgl. darüber A. J. Swart I.e. u. K. Schreber ibid. 24. p. 651. 1897.
2) Th^se, Brüssel 1902.
Chemisches Gleichgeuncht und Temperaturgefälle. 915
bar erwiesen haben, zu dem Resultat, daß auch im Gleich-
gewicht fortwährend ein chemischer Umsatz Ton gleichem,
aber entgegengesetzten Betrage sich abspielt, dessen Größe ich
bereits früher berechnet habe ^); wie mir scheint, hat die obige
Theorie der Wärmeleitung des Stickstoffdiozyds, die ja eine
fortwährende Trennung und Wiedervereinigung der NO,-Mole-
küle annehmen muß, zu einer direkteren Prüfung und Bestäti-
gung jener Anschauung geführt, als es bisher möglich war.
Insofern darf ich die vorliegende Notiz vielleicht als einen be-
scheidenen Beitrag zur Verwirklichung der von Boltzmann^
ausgesprochenen Hoffnung ansehen, daß auch 'die Erkenntnis
der Tatsachen der Chemie durch die mechanischen Bilder
der kinetischen Gastheorie sich wird fördern lassen.
1) Theoret Chem. IV. Aufl. p. 575.
2) Vorlesongen über Gktftheorie 2* p. 206. 1898.
(Eingegangen 3. Oktober 1908).
58'
916
116. Mechanische Analogien der Beziehungen
zwischen Torsion nnd Magnetismns.
Von H. Nagaoka in Tokyo.
Die merkwürdigen Wechselbeziehungen zwischen Torsion
und Magnetismus wurden von G. Wiedemann ') auf Grund
der drehbaren Moleküle erklärt, während Maxwell ^ die Torsion
eines stromtragenden Eisendrahtes durch Magnetisierung auf
den wohlbekannten Versuch von Joule über die Längen-
änderung durch Magnetisierung zurückgeführt hat. Die Theorie
von Kirchhoff ^ über Magnetostriktion kann derart erweitert
werden, daß die Wechselwirkung zwischen Torsion und Magne-
tismus leicht aus seinen Gleichungen hergeleitet werden, wie dies
zum Teil von Voigt*), Drude ^) und mir®) entwickelt worden
ist. Nach J. J. Thomson '^) kann man einen magnetisierten
Draht als ein mechanisches System auffassen und somit die
verschiedenen diesbezüglichen Fragen beantworten. Im folgen-
den werde ich erst beweisen, daß ein stromdurchflossener
magnetisierter Draht als ein unecht bizyklisches System be-
trachtet werden kann, und dann die mechanischen Analogien
der verschiedenen Erscheinungen der Magnetostriktion durch
Anwendung des Hamilton sehen Prinzips erläutern.
Die zyklischen Koordinaten eines poly zyklischen Systems
seien gegeben durch p, p^, . . . p^\ die Geschwindigkeit der
Äten Masse rnP^^ wird gegeben durch
(h) ih) . . t(h) . . , ,(A) .
V ' = a 'p + ö/p^+ ... + by'py,
1) G. Wiedemann, Elektricität. 3. p. 767. 1895.
2) J. C. Maxwell, Electricity and Magnetism. 2. Nr. 447.
3) G. Kirch hoff, Berlin. Mon. Ber. p. 139. 1884.
4) W. Voigt, Compendium d. theoretischen Physik, 2. p. 202. 1896.
5) P. Drude, Wied. Ann. 53. p. 69. 1897.
6) H. Nagaoka and K. Honda, Phil. Mag. 4. p. 66. 1902.
7) J. J. Thomson, Applications of Dynamics to Physics a. Chemistry^
p. 47. 1888.
Torsion utid Magnetismus. 917
worin die Koeffizienten a^, *(*> bloß Funktionen der Para*
meter sind. Die kinetische Energie des Systems läßt sich
dann schreiben
Wenn die Anzahl der zyklischen Koordinaten p^ sehr groß
ist, so kann man annäherungsweise
gm<*>a'*>i<i>^. = CA.
setzen, wo p^ die mittlere zyklische Geschwindigkeit bezeichnet.
Folglich erhält man
Die so abgeleitete kinetische Energie kann als diejenige eines
unecht bizyklischen Systems angesehen werden.
Offenbar können p und p^^ den elektrischen Strömen
analog betrachtet werden Nimmt man an, daß die Magne-
tisierung durch spezielle Anordnung einer großen Anzahl von
Molekularströmen p^ bedingt ist, so wurde der Ausdruck ftü*
die kinetische Energie eines magnetisierten Drahtes, durch den
elektrischer Strom von der Stärke p hindurchfließe, angepaßt
Um die Konfiguration dieser Molekularströme anzugeben, denken
wir uns p^^ immer mit einer Größe er assoziiert, so daß das
Produkt Gp^ J das Moment eines Solenoides von der Strom-
stärke p^ darstellt; dadurch ist die Größe / der Magneti-
sierung äquivalent. Durch Einführung dieser Größen läßt sich
der Ausdruck für die kinetische Energie folgendermaßen
schreiben:
y=4^*+4«TV+cp<Tp„
wobei B ^ha^y C ^ ca gesetzt sind. Es wird weiter voraus-
gesetzt, daß Ä und die mittlere Stärke der Molekularströme p^
durchaus konstant bleiben, und &, c und <t tou einem Para-
meter, der mit r bezeichnet wurde, abhängig sind.
918 H. Nagaoka.
Damit das Problem der Torsion eines magnetisierten
Drahtes entspricht, wurde die potentielle Energie des Systems
gleich ^jttr* gesetzt, wobei jt/t die Torsionskonstante und r den
Torsionswinkel bezeichnen. Folglich erhalten wir für das
kinetische Potential H den Ausdruck
Die Kraft, welche p zu vergrößern strebt, ist gegeben durch
d
7 (4f)=--Ä(^^ + ''•')'
wenn p nicht vorhanden ist, so wird
Diese Kraft ist der elektromotorischen Kraft äquivalent,
die durch Torsion eines longitudinal magnetisierten Drahtes
entsteht. Experimentell mißt man den vorübergehenden Strom,
dessen Gesamtstärke durch
gegeben ist
Als Parameterkraft tritt
Für j9 s 0 ist diese Kraft gleich
(2) ^.-i/;
und für / = 0 ist sie gleich
(8) ^.^cp.
$m ^^ ^^ magnetisierende Kraft, die durch Torsion eines
longitudinal magnetisierten Drahtes entsteht, und ^^ diejenige
Kraft, welche durch Torsion eines stromflihrenden Drahtes
hervorgerufen ist
Die Kraft
besteht aus drei Teilen P, P„ und P.
Torntm und Magnetismus. 919
mißt die Kraft, mit welcher der Draht im unmagnetisierten
Zustande dem tordierenden Eräftepaar entgegenwirkt;
mißt die Torsionskraft, die durch Magnetisierung des ferro-
magnetischen Drahtes hervorgemfen wird; fließt der Strom p
durch den Draht, so entsteht noch ein anderes Kraftepaar
(5) F,^-^(eJ)p.
Zwischen 11 und P^ besteht die Reziprozität, die durch
dr dp
gegeben ist.
Die mechanischen Analogien, die hier abgeleitet worden
sind, zeigen die Ebdstenz von ftlnf Großen /7, $^, $^, P^ und P^j
die miteinander verkettet zusammentreten. Zur Bestätigung
dieser Größen im ferromagnetischen Draht liegen verschiedene
experimentelle Untersuchungen vor. Leider ist unsere Kenntnis
des magnetischen Verhaltens von Kobalt noch etwas mangelhaft,
aber für Elisen und Nickel haben wir reiche Materialien für
die Diskussion der fligenschaft^n dieser Größen, wie es unten
angedeutet wird.
E^ ist eine wohlbekannte Tatsache, daß bei der Torsion
eines magnetisierten Eisendrahtes ein elektrischer Strom er-
zeugt wird, der so lange andauert, als die Torsion sich ändert^);
dies erklärt offenbar die EIxistenz der elektromotorischen Kraft;,
welche durch 77 = — d~^^'^'~dt ^^'^^^tellt ist Dagegen
wurde ein magnetisierter Draht tordiert durch HindurchUießen
eines elektrischen Stromes^; diese Torsionskraft bleibt so lange
bestehen, als der Strom andauert Bekanntlich ist diese Kralt
g^eben durch P, == ^— (c/)-^. Wegen der Reziprozität
zwischen 77 und P^ wird der Verlauf der Kurven, welche die
1) C. Matheucci, Ann. d. Chim. et d. Phjs. &S. p. 885. 1858.
2) G. Wiedemann, Pogg. Ann. lOS. p. 571. 1858; 10«. p. 161.
1859; C. G. Kuott, Trans. Roy. Soc. Edinb. S2. p. 198. 1888; Sä.
p. 877. 1889.
920 H. Nagaoka.
Torsion durch F^ bezw. die elektromotorische Kraft 77 dar-
stellen, miteinander ähnlich sein. Im Eisen ist die Torsion
und auch die elektromotorische Kraft im entgegengesetzten
Sinne wie im Nickel.^) Femer erweisen die Kurven für die
elektromotorische Kraft und die Torsion ein Maximum in den
beiden ferromagnetischen Metallen. Mit starker Magnetisierung
wird die Richtung der elektromotorischen Kraft im Eisen um-
gekehrt, was auch mit der Torsion der Fall ist.*) Somit ist
die mechanische Analogie für die beiden Ej-äfte 77 und P^ für
Eisen und Nickel erwiesen. Femer ist es auch klar, daß c
Terschiedenen Charakter im Eisen und Nickel besitzt.
Experimentell wurde es gefunden, daß ein stromführender
ferromagnetischer Draht durch Torsion longitudinal magnetisiert
wurde; diese Kraft hat ihre Analogie in ^^ = cp, ^ Wie oben
erwähnt wurde, ist das Verhalten des c entgegengesetzt im
Eisen und Nickel; so wurden für gleichgerichteten Strom und
Torsion im gleichen Sinne, die Drähte der beiden Metalle ent-
gegengesetzt magnetisiert, wie durch Beobachtung bestätigt
worden ist.
Bei der Torsion eines magnetisierten Drahtes wurde die
Magnetisierung auch geändert, wie durch das Vorhandensein
des §^ = Ä / erklärt wurde. Ahnlicherweise ist die Torsion
eines gedrillten Drahtes geändert durch Magnetisierung, wobei
die, Torsionskonstante eine scheinbare Änderung erfährt*); diese
Wirkung würde auf das Vorhandensein der Kraft
zurückzufuhren sein. Beim konstanten / ist
daher wird die mechanische Analogie bestätigt, wenn die Torsions-
änderung durch Magnetisierung und die Änderung der Magne-
1) L. Zehnder, Wied. Ann. 38. p. 68. 1889; H. Nagaoka, Phil.
Mag. 29. p. 128. 1890.
2) S. Bidwell, Phil. Mag. 22. p. 258. 1886; C. G. Knott, Trans.
Roy. Soc. Edinb. 35. p. 877. 1899; H. Nagaoka a. R. Honda, Phil. Mag.
4. p. 60. 1902.
3) G. Wiedemann, Wied. Ann. 27. p. 383. 1886.
4j R. Honda u. a., Phil. Mag. 4. p. 537. 1902.
Torsion und Mctgnetismus. 921
tisieruDgskraft durch Torsion miteinander sich ähnlich verhalten.
Bei der Torsion eines Eisendrahtes im schwachen Felde steigt
die Magnetisierung erst und nimmt dann alhnählich ab'); in
starken Feldern findet beständige Abnahme der Magnetisierung
statt; bei der Magnetisierung eines tordierten Elisendrahtes ist
das Verhalten der Torsion analog wie für die Magnetisierung.
Beim Nickel^ ist die Wirkung der Torsion auf die Magneti-
sierung wieder gerade entgegengesetzt vde im Eisen; gleiches
gilt auch Ton der Wirkung der Magnetisierung auf die Torsion.
In starken Feldern dagegen verhält sich der Nickeldraht gleich
wie Eisendraht; man beobachtet beständige Abnahme der Magne-
tisierung durch Torsion bez. der Torsion durch Magnetisierung.
Kobalt verhielt sich wie Eisen und Nickel in starken Feldern.')
Dabei haben wir die Ähnlichkeit zwischen der Torsionskraft und
der Magnetisierungskraft durch Torsion bestätigt und somit
auch deren mechanische Analogien in P^ und ^^ gewonnen.
Um das Verhalten eines gedehnten Drahtes zu studieren,
setzen wir den Parameter gleich 8 und die kinetische Energie
Eine ähnliche Betrachtung wie für den tordierten Draht zeigt
das Vorhandensein der fünf Größen; nämlich
welche dieselbe Bedeutung für den gedehnten Draht haben,
wie oben flir den tordierten Draht angedeutet worden ist
Beim Eisen ist die Magnetisierungskrafb $.(^> welche
durch Dehnung eines magnetischen Drahtes entsteht, von der
Magnetisierung abhängig, für schwache Magnetisierung wächst
sie bis zu einem Maximum und nimmt dann allmählich
ab^); beim Nickel ist das Verhalten einfach und der Magneti-
1) Lord Kelvin, Phil. Trans, fdr 1879. p. 72.
2) H. Nagaoka, Joorn. Coli. Sei., Tokyo 2. p. 288. 1888; 3.
p. 189. 1890.
8) K. Honda u. a, Phil. Mag. 4. p. 587. 1902.
4) E. Villari, Pogg. Ann. 126. p. 67. 1868; J. A. Ewing, Phil
Trans. 176. 1885.
922 H. Nagaoka. Torsion und MagnetUmus,
sierung entgegengesetzt, ohne ein Maximum zu erreichen^);
beim Kobalt ist das Verhalten dem Eisen gerade entgegen-
gesetzt^ Untersucht man die scheinbare Änderung der Deh-
nungskonstante durch Magnetisierung, so zeigen Eisen, Nickel
und Kobalt ähnliches Verhalten wie für die Magnetisierungs-
kraft durch Dehnung^; diese Analogien ersieht man im Aus-
druck für P^[S) und $)^(d>
Beim Msen und Nickel hat man auch einen äußerst kleinen
Wert für die Dehnungskraft durch Hindurchfließen eines elek-
trischen Stromes gefunden*), welche ihre Analogie in P,[S)
besitzt, aber unsere experimentelle Kenntnis der Größen 77 (^
und ^,[S) ist noch mangelhaft Man braucht kaum zu sagen,
daß diese elektromotorischen und Magnetisierungskräfte, wenn
sie überhaupt existieren, sehr klein und ziemlich schwer von
Störungen zu trennen sein müssen.
Diese verschiedenen Beziehungen sind meistenteils nur in
qualitativer Hinsicht bestätigt worden ; genau gesprochen müssen
wir stets die Hysterese, die diese Erscheinungen begleitet, be-
rücksichtigen; die wirklich beobachteten Erscheinungen sind
daher viel komplizierter, als man mit Hilfe eines einfachen
bizyklischen Systems erläutern kann.
Tokyo, Phys. Institut der Universität
1) J. A. Ewing u. G.G. Cowan, Phil. Trans. 189. p. 825. 838. 1888.
2) C. Chree, Phil. Trans. 181A. p. 329. 1890; H. Nagaoka o.
K. Honda, Phil. Mag. 4. p. 54. 1902.
8) K. Honda u. a., Phil. Mag. 4. p. 459. 1902.
4) A. Righi, Anm. di Bologna, 4. 1879; S. Bidwell, Proc. Roy.
Soc. 51. p. 495. London 1892; K. Honda, Joom. Coli. Sei. 13. p. 77.
Tokyo 1900.
(Eingegangen 4. Oktober 1908.)
923
117. Akustische ßestimmnng der Dichte von Gasen
nnd Dämpfen.
Von B. Waohsmuth in Rostock.
Die Schwingungen tönender Luftsäulen sind vor Jahren
ein Gegenstand des Studiums für den Jubilar^) gewesen; so
mag Hr. Boltzmann ein kleines Interesse vielleicht auch der
nachfolgenden Verwertung solcher Schwingungen entgegen-
bringen. Es soll gezeigt werden, daß sich Dichtebestimmungen
in einfacher Weise durch die Änderung der Tonhöhe ein und
derselben kleinen Labialpfeife ausführen lassen, wenn man diese
nacheinander von Terschiedenen Gasen oder Dämpfen durch-
strömen läßt
Diese E^cheinung hat man wiederholt zur Bestimmung
der Schallgeschwindigkeit v benutzt^ indem man die Schwin-
gungszahl n der Pfeife und die Wellenlänge X, also
ü =s An
ermittelte. Andererseits ist diese Geschwindigkeit unter guter
Übereinstimmung mit dem Experiment auch aus der bekannten
Dichte d und dem Druck p eines Gases berechnet worden.
Es gilt die Gleichung
-/■■
xp(l + a 0
wobei X das Verhältnis der spezifischen Wärmen bedeutet
Durch Kombination beider Gleichungen kommt man zu einem
Ausdruck für die Dichte, welcher ihre Bestimmung auf experi-
mentellem Wege gestattet. Wenn man die Dichten auf Luft
bezieht, also ^^ » 1 setzt, so erhält man für ein beliebiges Gas :
^^ xp(l 'hat)Xlnl
xo Po (1 + ff A,) A" n* '
Hier beziehen sich sämtliche mit Index 0 versehene Größen
1) A. Toepler u. L. Boltzmann, Pogg. Ann. 141. p. 821. 1870.
924 R. IFachsmutli.
auf LufL Bläst man nun dieselbe Pfeife mit zwei verschiedenen
Gasen an, so ist die Wellenlänge konstant und nur die Ton-
höhe verändert sich, entsprechend dem wechselnden v. Es
* bleibt also als endgültige Formel:
Xo Po (1 + X L) «• '
Ist der Wert von x bekannt, so kann man hiermit unmittelbar
die Dichte bestimmen.
Legt man — wie dies bei Molekulargewichtsbestimmungen
meist der Fall — nicht Wert auf absolut genaue Resultate,
sondern begnügt sich mit einer Ungenauigkeit von maximal
10 Proz., so lassen sich weitere Abkürzungen anbringen, die
durch die experimentelle Erfahrung gegeben sind. Zunächst
für Gase : Hier wird man Luft wie Gas bei derselben Zimmer-
temperatur benutzen können, die Temperaturkorrektion also
fortlassen dürfen. Dagegen wird eine Unkenntnis des Verhält-
nisses der spezifischen Wärmen in der Tat einen Fehler be-
dingen, wenn x von 1,4 wesentlich abweicht. Bei bekannter
Dichte läßt sich hier der Wert von x bequem ermitteln.
Sonst setzt man näherungsweise x = x^. — Der Druck fällt aus
der Gleichung heraus, weil der zum Ansprechen der Versuchs-
pfeife notwendige Überdruck stets klein ist gegenüber dem
Druck der Atmosphäre.
Für Dämpfe tritt als Erleichterung hinzu, daß hier x für
hochmolekulare Verbindungen nur wenig von 1,1 abweicht.
Benutzt man Dampf von 100^ und vergleicht mit Luft von
Zimmertemperatur, so fallen die x-Werte und die Temperatur-
korrektionen fort, weil sich die Quotienten gegenseitig ziemlich
genau aufheben. Es bleibt dann
nl
(/ =
n«
Li der Folge sollen zuerst die Apparate beschrieben und
sodann für einige Gase und Dämpfe die erzielten Resultate
als Proben für die Methode mitgeteilt werden.
Die Apparate bestehen im wesentlichen aus einer mit
einigen Schutzhüllen versehenen Versuchspfeife, die mit dem
Gasometer oder dem Verdampfungsapparat verbunden wird,
und einer als Vergleichspfeife dienenden regulierbaren Stimm-
pfeife.
Akustische Bestimmung der Dichte.
925
Fig. 1.
Aus einer 10 cm langen und 1,1 cm weiten, dünnwandigen
Messingröhre wnrde eine kleine offene Labialpfeife mit gerader
Lippe angefertigt Der Fuß der Pfeife ist 8,3 cm lang, die
Maol weite betragt 0,3 cm.
Derartig kleine Pfeifen er-
halten im Handel stets einen ge-
krümmten Hand der Lippe (vgl
Fig. la). Das hat den Vorteil,
daß der Grundton nicht so leicht
in die Obertöne umspringt, viel-
mehr wegen der verschiedenen
Länge der Luftlamelle auch hei
etwas verändertem Druck ein
Resonanzton zustande kommt. Jedoch hängt die Höhe dieses
Tones in ziemlich weiten Grenzen von der Stärke des An-
blasens ab, wie man sich leicht an jeder kleinen derartigen
Pfeife überzeugen kann. Wenn das für gewöhnlich nicht
störend ins Gewicht fällt, so liegt es an der zumeist ziemlich
eng begrenzten Stärke des verwendeten Winddruckes. Anders
eine gerade Lippe (Fig. Ib). Hier hält sich die Höhe des
Grundtones fast ganz unverändert, freilich springt aber der Ton
viel leichter in die Oktave. Diese Gefahr liegt jedoch bei den
schwachen, hier verwendeten Drucken (ca. 10 — 20 cm Wasser)
nicht vor, während es wichtig ist, die Höhe von dem Druck
unabhängig zu machen. — Kleine Maulweiten bedingen leich-
teres Ansprechen.
Die Pfeife erhielt einen Ansatzschlauch und wurde durch
einen Kork in eine 3 cm weite und 20 cm lange Glasröhre
eingeführt (vgl. Fig. 2), damit eine Gas- oder Dampfhülle von
gleicher Art wie der Blasestrom gesichert ist. Ein vielfach
ausgezackter Kork hält die Versuchspfeife leicht in axialer
Lage, ein Verschlußkork mit kleiner Durchbohrung läßt am
anderen Ende der Glasröhre nur so viel Dampf austreten, als
in die Pfeife eintritt Auch diese Öffnung muß für den An-
fang nahezu verschlossen werden, damit sich zuerst ein Über-
druck einstellt und die vorhandene Luft verdrängt wird.
Durch die umhüllende Röhre sinkt die Tonhöhe der Pfeife.
Die Schwingungszahl muß also auch für Luft in dieser Hülle
neu bestimmt werden.
926 S. WaehimuUi.
Handelt es sicli um ein Gas tod Zimmertemperatur, so
ist der Apparat damit fertig. Für Oase, die leichter eiod als
Laft, richtet maü die Pfeife nach unten, soost erhält sie eine
nach oben gerichtete Lage. Man wird dann die Pfeife mit
dem Schlauchansatz an das betreffende
Gasometer anBchließen. Ist der Druck
hier zu gering, so kann man eine
Drucksteigerung durch Zwischen-
schaltung einer Gummiballvorlage er-
zielen , wie solche für Wasaerzer-
sUinber in Gebrauch sind.
Die Hauptverwendung wird diese
Methode aber fUr Bestimmung der
Dichte von Dämpfen haben. Hier
liefert eine Glaskugel mit Änsatz-
rohr, wie sie für die Dampfdichte-
bestimmung nach Dumas gebraucht
wird, den nötigen Damp£ Die Füllung
mit Flüssigkeit geschieht in der Üb-
lichen Weise durch Ansaugen. Man
verwendet etwas mehr Substanz, als
für die Dumassche Methode nötig,
um den Yerdampfungsprozeß länger
auszudehnen. Die Verdampfung er-
folgt in einem Bade von konstanter
Temperatur. Dampf derselben Tempe-
ratur wird durch einen Heizmantel geschickt. Zu diesem Zweck
erhielt das Glaarohr, welches mit Dampf erfllllt werden soll,
noch einen koaxialen Mantel von 6 cm Durchmesser und 14 cm
liänge (TgL Fig. 2) mit Zuleitung und Ableitung fllr den durch-
strömenden Dampf. Ich habe bei meinen Versuchen siedendes
Wasser als Bad und Wasserdampf als Anheizung des Zylinders
benutzt. Die Pfeife und ihre Umhüllungen waren an einem
eisernen Stativ befestigt, ebenso ein Halter, der die Glaskogel
unter Wasser hielt. ^)
Nachdem das Bad in starkes Sieden gekommen und auch
Fig.«.
1) Der Apparat ^
Eaehler & Martini i
Ird iD verheuerter Oestalt durch die
Berlin geliefert.
Akutliiche Bestimmung der Sichte. 927
der Mantel durch deo durchströmenden Dampf hinlänglich er-
wärmt ist, kann der Versuch beginnen.
Der Versuch selbst gestaltet sich äußerst ein&ch. Man
schiebt den Glasballon in das untere Schlauchende der Pfeife
bis an den Halter, hebt das Stativ mit dem ganzen Apparat
in die Höhe und senkt diesen in das Bad. Sofort oder inner-
halb einer halben Minute (je nach der Höhe des Siedepunktes
der Substanz) fängt die Pfeife an zu tönen und hält die fast
sofort erreichte Tonhöhe, bis die Flüssigkeit in dem Ballon
verdampft ist Die Tonhöhe aber bestimmt man mit Hilfe
einer Stimmpfeife. Die Einstellung läßt sich leicht auf I mm
genau machen. Die Dichte bestimmt man dann nach dem
oben Gesagten als d=nljn'.
Die Berechnung der Schwingungszahl der Stimmpfeife
aus den Dimensionen gestaltet eich auch bei Anwendung der
Cavalier-Colschen Formel ziemlich fehlerhaft, sobald die Tiefe
der Pfeife groß wird gegen ihre Länge. Ich habe daher meine
Stimmpfeife mit einer willkürlichen Millimeterskala versehen
und die Höhe der eingestellten Töne auf einem Monochord
ermittelt. Als solches war bequem ein 1 m langer Eisendraht
von 0,1 mm Dicke, der mit einem Gewicht von l'/j kg gespannt
war. Für ganz hohe Töne [Wasserstoff) empfiehlt sich die
Anwendung der Galtonpfeife. Sind die Schwingungszahlen
einmal ermittelt, so würde man praktischerweise diese oder
auch gleich [wenn man immer dieselbe hohe Temperatur be-
nutzt) die Dichten auf dem Stempel der Stimnipfeife an-
bringen. Es wird dann jede Rechnung überflüssig. Aber auch
so erfordert eine Dampfdichtebestimmung nur noch wenige
Minuten.
Über den Grad der erreichten Genauigkeit werden am
besten einige Resultate ein Urteil gewähren. Dabei ist hervor-
zuheben, daß eine Wiederholung des Experimentes stets genau
dieselben Gin Stellungen der Vergleichspfeife ergab, die Be-
stimmung der Tonhöhe der Vergleichspfeife am Monochord
dagegen wegen der verschiedenen Klangfarbe Fehlern aus-
gesetzt war und mehrfach wiederholt werden mußte. Gerade
diese aber läßt sich dauernd festlegen.
Von Gasen wurden mit dem deänitiven Apparat, aber
unter Benutzung eines weiteren Rohres nur Leuchtgas und
i
i
928 R. Waehnmah. Akustische Bestinammg der DiekU.
Kohlensäure nntersacht Die Tonhohe der Pfeife betrog fnr
Luft 1720 Schwingungen. Die Rechnungen gestalten sich
immer gleich: Bestimmung der Schwingungszahl durch Be-
ziehen auf die Länge der Monochordsaite für o^ == 435, Bil-
dung des Quotienten der Schwingungszahlen und Quadrierung.
Für die Ausrechnung genügt der Rechenschieber. Für Kohlen-
säure ist die Rechnung unten durchgeführt
Für Leuchtgas pflegen Bestimmungen auf der Wage Werte
zwischen 0,38 und 0,40 zu geben. Die akustische Methode
ergab ohne Korrektion 0,395.
Für Kohlensäure {d = 1,519) wurde das Resultat mit xjx^
d.h. 1,3/1,4 multipliziert und die Dichte zu 1,50 gefunden,
nämlich:
-JJ-|l435=1352. . (J^y = M2 I 1,62 j|?-= 1,50.
Für Dämpfe war das übergeschobene Glasrohr so eng,
daß die wesentliche Erniedrigung der Tonhöhe auf 1615 Schwin-
gungen eintrat Die Resultate sind folgende:
Benxol: d » 2,73 woraus Molekulargewicht 79 statt 78
Äthylbromidi d = 3,8 „ „ 110 „ 109
Chhroformi rf = 4,09 „ „ 118 „ 119
Tetrachlorkofilenstoff: d = 5,38 „ „ 156 „ 154
Die Brauchbarkeit dieser Resultate zeigt die Berechtigung
der erwähnten Vernachlässigungen. — Es wäre gewiß inter-
essant, nach der vorliegenden Methode die Dichte von disso-
ziierten Dämpfen zu untersuchen, doch ist das aus Mangel an
Zeit unterblieben.
(Eingegangen 4. Oktober 1903.)
NamenTeizeicfanis der Hitarbeiter.
Abraham, M B5
Ändrade, J 51
ArrheniuB, S 860
Backland, A. T 224
BaocToft, W. D 669
Bares, C 204
Bahn, U eiO
Benndorf, H 691
Berg, 0 793
BjOTkneu, V 466
da BoiB, U 809
BorgmaDD, J 76
Brace, D. B 576
Bredig, G 839
Brunn, H 94
Bryan, G. H. 128
Burbury, 8. H 542
Cardani, P 50!
CbwolMD, 0 28
Conrad, V 691
Carry, Ch. E 282
Ciennak, P 80
Czuber, E 266
Dahem, P 13
Ebert, H 448
Edelmann, M. Tb 815
Einer, Fr. 600
Einer, F. M 652
Feowner, W 537
Finger, J 762
BolUi
Forcb, C 696
Prege, G 6M
Frischauf, J I
äarbasso, A. 46«
Goldbuinier, D. A. . . . . 410
Oraets, L. 477
Granqvist, (i 7B9
GrÜDwald, J 618
Granmacb, L. leo
Goglielmo, O. 841
Hall, E 89«
Hascbek, E 497
Haseoührt, F 642
de Hei-n, P 48
Hej'dtvciller, A. 4
vao't Hoff, J. H. .... 288
HoffiDUn, R. 600
Honllerigue, L. 62
Jiger, G. S18
Jabnke, £ 4B7
Jones, U. C 106
Eayscr, H 38
Kiebite, F 610
KUUog, W TIS
KDOtt, CG 383
. Kobald, E 422
': König, W 838
; Kobl, E 678
. Korn, Ä 277
KossoDOgoff, J. 882
j KostermU, K 497
I Kuenen, J. P 483
IfamenverzeicAnis der Mitarbeit.
; J. J.
Sie
Lunp«, A. ue
Lsinpe, E £15
Larnor, J 590
La Ulaoc, M 168
Lecher, E 739
Lehmann, 0 287
LeH, M. G 188
Lorentz, H. A. 721
Mach, E 441
Hache, H 187
Har^lea, M &85
MathiM E 817
MattbiOMeD, L Ul
Uelander, Q 789
Merritt, E 890
Meyer, St 66
Mejer, W. Fr. 88«
Mie, Q. 826
Hoser, J 745
Riecke. E 168
Bigbi, A 730
Runge, C 260
Sagnac, G E>2e
Schüler, N 350
SchiölE, 0. E 618
Schuster, A 569
Siertsema, L. H 780
von Smolucbowaki, H. . . . 626
Sommerfeld, A 848
Stark, J 89B
Starke, H 687
von Sterneck, B. 687
Stranss, E 277
Streintz, F. 196
Sutherlaod, W 873
Traabe, J .430
Trevor, J. E 493
Magaoka, H 916 van der Wasle, J. D. . . . 805
Neeeen, F 742 j Wachgmuth, R 928
Kernst, W 904
Menmann, G. . .
NichoU, E. L. . .
TOD Obennayer, A 299
Pellat, H 150
Pfoundler, L 71
Planck, M 113
Polifl, P 766
Reingannm, H 876
Richarz, F 706 ' Zindler, K. .
Walker, G. W.
Walter, B 647
Wassmuth, A. 5&5
Webster, Ä. G 866
W^Bcheider, B 3B7
Wehnelt, A 160
Weinmayr, F 839
Weinstein, B. 510
Wiedemann, E 826
Wien, W 174
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STANFORD. CALIFORNIA
(415| 723-149
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