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FÜHRER
DUKCH DIE ÖFFENTLICHEN SAMMLUNGEN
KLASSISCHER ALTERTÜMER IN ROM
VON
WOLFGANG HELBIG
DRITTE AUFLAGE
HEBAUSGEGEBEN UNTEB MITWIBKUNG VON «
WALTHER AMELUNG . EMIL RE1SCH • FRITZ WEEGE
ZWEITER BAND
DIE PÄPSTLICHE SAMMLUNG IM LATEBAN • DIB
STAATLICHEN SAMMLUNGEN IM THEBMENMUSEUM
VILLA BOBGHESE, DEM COLLEGIO BOMANO UND DEM
MUSEO DIVILLAPAPA GIULIO . PBIVATSAMMLUNGEN:
PALAZZO SPADA, PALAZZO BABBEBINI, VILLA ALBANI
DRÜCK UND VERLAG VON B.G.TEUBNER LEIPZIG 1913
M
.Hm
COPYRIGHT 1915
BY B. G. TEUBNER IN LEIPZIG.
ALLE RECHTE,
EINSCHLIESSLICH DES OBERSETZUNGSRECHTS, VORBEHALTEN
INHALT.
Seite
Das lateranische Museum l
Das Thermenmuseum:
Der Hof 66
Museo Boncompagni-Ludovisi 75
Oberes Stockwerk 111
Antiquarium romanum . 210
Thermensäle 221
Villa Borghese:
Erdgeschoß 229
Oberes Stockwerk 263
Das Kirchersche und prähistorische Museum im
Collegio Romano . 254
Das Museum der Villa Papa Oiulio:
Sammlung Barberini 312
Erdgeschoß 330
Oberes Stockwerk 356
Palazzo Spada 382
Palazzo Barberini 393
Villa Albani:
Vorhalle des Hauptgebäudes 398
Das Innere des Hauptgebäudes 403
Der Hauptsaal 426
Die an das Hauptgebäude anstoßende Halle 435
Zimmer nach der Halle 436
Garten 446
Bigliardo 449
Kaffeehaus 449
Galleria del Canopo 456
Nachträge 466
Vergleichende Tabelle der Nummern in der
zweiten und dritten Auflage 483
Namen- und Sachregister 489
Chronologisches Register 528
O
53427
VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN.
18 Fig. 30 nach Overbeck Geschichte d.griech. Plastik I* p. 269
Fig. 73 c.
18 „ 31 nach Overbeck a.a.O. I4 p. 269 Fig. 73d.
26 „ 32 nach einem Exemplare der Sammlung Martinetti.
85 „ 33 nach einem Exemplare der Sammlung Martinetti.
96 „ 34 nach Monum. dell* Instituto IV T. 48.
„ 134 „ 35 nach Wulff Alexander mit der Lanze T. II.
„ 166 „ 36, 37 nach Klein Praxiteles p.404f. Fig. 83, 84.
174 „ 38 Faksimile der Inschrift auf n. 1405.
„ 402 „ 39 nach Michaelis ancient marbles in Great-Br itain,
Tafel zu p. 242 n. 1.
„ 447 „ 40 nach Monum. ant. pubbl. per cura dell' Accad. dei
Lincei I 1892 n. 1 auf der Tafel zu p. 673 ff.
„ 461 „ 41 nach Monum. ant. pubbl. per cura dell' Accad. dei
Lincei VIII 1898 T. XII.
Das lateranisclie Museum.
Da die auf die Denkmäler dieses Museums bezügliche Literatur, Boweit sie i. J.
1867 vorlag, in dem Kataloge von Benndorf und Schöne „die antiken Bildwerke des
lateranischen Museums" (Leipzig 1867) zusammengestellt ist, so verzichte ich darauf
sie unter den einzelnen Nummern anzuführen. Vielmehr verweise ich dafür einfach
auf den genannten Katalog, den ich durch die Abkürzung B. S. p. . . n. . . bezeichne,
und zitiere außerdem nur das, was seit dem Jahre 1867 hinzugekommen ist. Eine
Ausnahme von dieser Regel wird nur gemacht, wenn ein Denkmal in einem leicht
zugänglichen Werke Veröffentlichung gefunden hat. In diesen Fällen füge ich, um
das Nachschlagen zu erleichtern, das Zitat des betreffenden Werkes bei, auch wenn
es bereits in der Literaturangabe von Benndorf und Schöne enthalten ist.
«
Erstes Zimmer.
In der Mitte dieses Zimmers ist ein Mosaik eingelassen, das zu
dem großen, 1824 in den Thermen des Caracalla entdeckten und
gegenwärtig in dem oberen Stockwerke des lateranischen Palastes
aufbewahrten Mosaikfußboden (n. 1240) gehörte. Man sieht darauf
drei stehende Athleten, von denen einer durch die mit dem Oaestus
umgebenen Hände als Faustkampfer kenntlich ist. Vgl. n. 1350.
B. S. p. 36 n. 55. Nogara I mosaici ant. conserv. nei pal. pontef . del. Vatic. e del
Later. T. IV. piff.
1141 (8) Relief, die Entführung der Helena.
Vielleicht gefunden in der Villa Palombara; vormals in den Apparta-
menti Borgia des Vatikans.
Paris sitzt in dem Schiffe und streckt mit freudiger Hast beide
Arme nach Helena aus, um ihr beim Einsteigen behilflich zu sein.
Die Gattin des Menelaos wird in dem entscheidenden Momente
schwankend, ob sie ihrem Verführer folgen soll; sie hemmt ihren
Schritt und blickt nachdenklich vor sich hin. Ein Begleiter des
Paris gibt der Bewunderung, die ihm die Schönheit der Helena
einflößt, durch seinen erstaunten Blick wie durch die Bewegung der
r. Hand Ausdruck. Die Gefühle, denen die drei Personen unter-
liegen, sind mit geringen Mitteln auf das treffendste vergegenwärtigt.
Die Arbeit ist nur dekorativ aber doch wohl griechisch. Leider hat
die Oberfläche stark durch Feuchtigkeit gelitten«
Ann. dell' Inst. 1860 Tav. d'agg. C p. 121—128. — B. S. p. 4 n. 8.
1142 (10) Grabrelief.
Gefunden, wie es scheint, an der Via Flaminia, unweit des Monte
Pincio, dann im Falazzo Kuspoli, später in den Appartamenti Borgia.
Ergänzt die r. Vorderarme der beiden Hauptfiguren, an der männlichen
auch das r. Knie, außerdem ein Teil des Speeres. Die Köpfe der beiden
Hauptfiguren sind antik, aber nicht zugehörig. Der Kopf, den man
der männlichen Figur aufgesetzt hat (ergänzt der Helmbusch), ist der
einer Pallas.
Heibig: Führer. II. 3 Aufl 1
2 DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1143-1146
Der Tote ist nach griechischer Weise als Heros neben seinem
Hengste dargestellt. Er reicht seiner vor ihm sitzenden Frau die Hand,
während neben ihm ein Diener steht, der den Speer seines Herren
hält. L. oben hängen der Schild und das Schwert des Helden. R.
erhebt sich ein Lorbeerbaum, um dessen Stamm sich eine Schlange
windet und auf dem ein Vogel mit geöffnetem Schnabel sitzt. Die
Schlange ist hier, wie es scheint, als ein heiliges, die Heroisierung
des Toten andeutendes Tier aufzufassen. Das Belief erinnert in der
Weise seiner Komposition auffällig an eine gewisse Gattung von
Grabreliefs, die in den beiden letzten Jahrhunderten v. Chr. nament-
lich auf den Inseln des ägäischen Meeres beliebt war und die man
demnach als die Gattung des Inselstiles zu bezeichnen pflegt. Jeden-
falls lassen die Auffassung wie der Charakter der Ausführung darauf
schließen, daß das Relief vor der Kaiserzeit und im östlichen Be-
reiche des Mittelmeergebietes gearbeitet ist.
B. 8. p. 5 ii. 10. Vgl. Friederichs-Wolters Bausteine n. 1818. Furtwängler Samm-
lang Sabouroff I Einleitung zu den. Skulpturen p. 47. Über die Schlange: Deneken
de Theoxeniis (Berolini 1881) p. 51. Koscher Lexikon I 2 p. 2466 ff., p. 2582. Über
den sog. Inselstil: Archaol.-epigr. Mitteilungen aus Österreich XI p. 171.
1143 (6) Kopflose weibliche Statuette.
Die Statuette ist mit glatter Sorgfalt nach dem Vorbilde eines
pheidiasischen Götterbildes in der Art der Athena Parthenos ge-
arbeitet. Selbst die eigenartigen, für eine Kolossalstatue not-
wendigen Proportionen — die Verkürzung der unteren Teile im
Verhältnis zu den oberen — sind festgehalten; dagegen konnte die
Gewandung natürlich nur in den allgemeinsten charakteristischen
Zügen wiedergegeben werden. Es fehlt jeder Anhalt, die Statuette
auf ein überliefertes Götterbild zu beziehen.
B. S. p. 3 n. 6. Neue Jahrbücher f. d. klase. Altertum XXV (1910) p. 620 mit
Tafel.
1144 (11) Brunnenrelief.
Gefunden 1822 unter den Ruinen von Falerii, vormals in den Apparta-
menti Borgia. Ergänzt an der Figur des Mannes der untere Teil des
herabfallenden Mantelstückes, Splitter an der 1. Hand, dem 1. Arme,
dem Kantharos und dem Trinknorne, am Knaben der obere Teil des
Schädels, die Nase, die r. Hand nebst dem angrenzenden Stücke des
Armes, das r. Bein, außerdem der obere Teil des Schädels der Taube
und verschiedene Stücke des Reliefgrundes.
Ein bärtiger Mann, der in dem Typus wie in der Tracht an den
bärtigen Dionysos erinnert, steht da, in der R. ein Trinkhorn, in
der L. einen Kantharos haltend, und blickt abwärts nach einem
nackten Knaben, der, vor ihm auf dem Felsboden sitzend, die R.
emporstreckt, als ob er nach dem Hörne oder dem Kantharos ver-
lange. Die Öffnungen beider Gefäße sind durchbohrt, um Wasser-
strahlen Durchgang zu gestatten. L. ragt ein Felsen hervor, auf
dessen oberer Fläche sich ein Eichbaum erhebt und eine Taube
ERSTES ZIMMER 3
sitzt. Die Darstellung stimmt zu der arkadischen Überlieferung,
der zufolge der ausgesetzte Asklepiosknabe von Trygon (Turtel-
taube) ernährt und von dem Sohne des Arkas, Autolaos, aufgefunden
wurde. Was an dem Relief besonders auffällt, ist die merkwürdige
Stilmischung. Während die flache Behandlung des Mannes an das
Relief der Blütezeit erinnert und das Auge dieser Figur, obwohl sie
im Profil dargestellt ist, nach altem Kunstgebrauche in der Vorder-
ansicht wiedergegeben ist, setzt die Knabenfigur sowohl in der
Behandlung des Reliefs wie in der naturalistischen Durchbildung
des Kinderkörpers Kunstrichtungen voraus, die erst in der helle-
nistisch-römischen Zeit zur Ausbildung kamen; die Art, wie das land-
schaftliche Beiwerk behandelt ist, verweist die Entstehung des Reliefs
in die spätere Kaiserzeit.
B. S. p. 6 n. 11. Schreiber die hellenistischen Reliefbilder T. XIV. Vgl. Arch.
Zeitung XXXVIII (1880) p. 153—154. Schreiber die Wiener Brunnenreliefs aus
Pal. Grimani p. 10. Papers of the Brit. school at Borne V 1010 p. 193.
1145 (13) Hochrelief mit zwei Faustkämpfern.
Da der jugendliche Faustkämpfer eine moderne Überarbeitung
erfahren hat, läßt es sich nicht mit Sicherheit feststellen, inwieweit er
antik ist. An dem bärtigen Kämpfer könnte der r. Oberschenkel modern
sein.
Dieses Relief, das sich vormals in der Villa Aldobrandini befand,
war bereits zur Zeit Rafaels bekannt, der davon eine Zeichnung
entwarf. Es scheint nach seinem Stile unter Trajan gearbeitet.
B. S. p. 8 n. 13. Baumeister Denkmäler des kl. Altertums I p. 524 Fig. 566.
Jüthner über antike Turngeräte (Abhandl. des archäol.-epigr. Seminars der Universität
Wien XII, 1896) p. 85 Fig. 68.
1146 (20) Relief fragment, Kaiser und Liktoren.
Die Überlieferung, daß dieses Fragment zusammen mit den drei
Friesfragmenten n. 1148 — 1150 unter Clemens VIII. Aldobrandini unweit
des Trajansforums, als man den Grund für die Kirche S. Eufemia grub,
gefunden sei, ist ungenügend bezeugt. Die vier Stücke befanden sich
bis 1812 in der Villa Aldobrandini, wurden in diesem Jahre von Camuccini
erworben und gingen aus dessen Besitz um 1825 in die Appartamenti
Borgia Über. Ergänzt der Kopf und die r. Hand der zweiten Figur von
r., der Kopf der zweiten Figur von 1.
Der Ergänzer, der kein anderer als Thorwaldsen gewesen sein
soll, hielt die Überlieferung, daß dieses Fragment aus der Umgegend
des Traiansforums stamme, für gesichert und gab daher der zweiten
Figur von r. den Kopf des Traian. Vgl. dagegen die Bemerkungen
zu n. 1412, einem im Thermen -Museum befindlichen Fragment, das
zu derselben Platte gehörte wie das lateranische und auf dem sich
der obere Teil eines Tempels erhalten hat. Die Zusammengehörig-
keit der beiden Fragmente ergibt sich deutlich daraus, daß die auf
ihnen vorhandenen Säulenteile genau aufeinander passen, daß die
Quaderwände des Tempels hier wie dort in der gleichen Weise be-
handelt sind und die hier geschulterten Fasces der Liktoren dort ihre
Fortsetzung finden.
1*
4 DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1147— 1H9.
B. S. p. 13 n. 20. Römische Mitteilungen X (1895) T. V p. 244—251. Petersen
vom alten Rom* p. 86 f. Abb. 54. Courbaud le bas-relief romain p. 177 f. Neuere
Literatur 8. unter n. 1412.
1147 (26) Brunnenrelief.
Anfänglich im Palazzo Giustiniani, dann im Besitze von Luciano
Bonaparte, principe di Canino, von dem es Plus VII. erwarb. Ergänzt
die 1. obere Ecke der Platte, die Nasenspitze und die 1. Ferse der Nymphe,
an dem Satyrknaben die Nasenspitze, die 1. Schulter, der 1. Arm vom
, ■ Biceps bis zur Handwurzel, die untere Hälfte des 1. Unterschenkels,
1 an dem Panisken die Nasenspitze, der 1. Vorderarm, beinahe sämtliche
Finger, das Pedum abgesehen von einem kleinen über dem Ellenbogen
anhaftenden Stücke, der 1. Unterschenkel mit Ausnahme des Hufes,
der größte Teil der Syrinx, außerdem der Band des Hornes, der r. Flügel
des Adlers, allerlei Stücke an den Köpfen der beiden Ziegen, beinahe
sämtliche Köpfe der Raben, der Kopf und der Hals der Schlange.
Dargestellt ist eine Nymphe, die einem vor ihr auf einem Felsen
sitzenden Satyrknaben (vgl. n. 376) aus einem großen Hörne zu
trinken reicht. Das in dem Hörne angebrachte Loch diente zur
Einfügung des Rohres, aus dem der Wasserstrahl heraussprudelte.
Hinter dem Satyrknaben steht innerhalb einer Öffnung des Felsens
ein Panisk, der die Syrinx bläst und in der L. ein Pedum hält.
Vorn sieht man eine liegende und eine grasende Ziege, auf dem Felsen
einen Adler, der einen Hasen zerfleischt. Hinter dem Felsen ragt
ein wilder Feigenbaum hervor, auf dem sich ein Nest mit vier jungen
Eaben befindet. Eine Schlange windet sich an dem Stamme empor
und richtet den Kopf begehrlich nach dem Neste, während die
beiden alten Vögel mit ausgebreiteten Flügeln von den nahen Ästen
aus ihre Brut verteidigen. Die Darstellung ist von der idyllischen
Stimmung durchdrungen, die sich so häufig in der hellenistisch-
römischen Kunst ausspricht. Diese Richtung erstreckt sich auch auf
das Beiwerk, in dem sich das Naturleben in der Umgebung der Haupt -
handlung mit Zügen friedlichen Behagens und wilden Kampfes dar-
stellt. Man hat vermutet, daß auf diesem Relief nicht die Pflege eines
gewöhnlichen Satyrknaben, sondern nach arkadischer Überlieferung
die des Pan dargestellt sei, und daß der Künstler diesem Diopan
einen bocksbeinigen Gefährten (Aigipan) beigegeben habe. Aber
der menschlich gestaltete Pan ist stets durch kleine, über der Stirn
emporsprießende Bockshörner bezeichnet. Wir haben also in dem
getränkten Kinde einfach ein Satyrknäblein zu erkennen. Die ele-
gante, aber leblose Ausführung beweist, daß dieses Relief keine helle-
nistische Arbeit ist» sondern aus der römischen Kaiserzeit stammt.
Kürzlich hat man seine Entstehung nach der charakteristischen Be-
handlung des Baumschlages und des Felsens in die aurelianisohe
Periode datiert. Doch scheint ein älteres Original zugrunde zu
liegen. Im Vatikan befinden sich zwei Fragmente von leicht variierten
Wiederholungen der gleichen Komposition (n. 178, 376); von ihnen
hat man das eine (n. 178) in die gleiche Periode, wie das lateranische
Relief datiert, das andere in hadrianische Zeit. Ferner beachte man
ZWEITES ZIMMER. 5
die Art, wie auf dem lateranischen Relief die Haare der Ziegen und
die an den Bocksbeinen des Pan stilisiert sind; sie entspricht der
sauberen zeichnerischen Gepflogenheit der augusteischen Kunst,
ebenso wie die elegante, aber etwas magere, lineare Gewandbehand-
lung an der Figur der Nymphe. So scheint das Original der verschie-
denen Repliken in der ersten Kaiserzeit entstanden zu sein.
B. S. p. 16 n. 24. Schreiber die hellenistischen Reliefbilder T. XXI. Boscher
mythol. Lexikon s. v. Pan p. 1451 f. Fig. 20. Löwy griech. Plastik p. 127 T. 160. Vgl.
von Wilamowitz-Moellendorff Isyllos p. 88 Anm. 63. Aren. Zeitung XXXVIII (1880)
p. 153 — 154. Schreiber die Wiener Brunnenreliefs aus Pal. Grimani p. 10. Philologus
LIII (n. F. 7) p. 363 ff. Hartel-Wickhoff die Wiener Genesis p. 24 Anm. 2 = Wickhoff
Schriften III p. 43 Anm. Papers of the British school at Borne V 1910 p. 192 f. — Zu
der Haarbehandlung vgl. die Wiener Brunnenreliefs (zuletzt publiziert bei Bruira-
Bruckmann Denkmäler n. 621) und augusteische männliche Porträts.
Man beachte ferner rechts von dem Durchgange ins zweite Zim-
mer n. 45 einen jugendlichen männlichen Torso, eine vorzügliche
Wiederholung der Figur des Stephanos in Villa Albani (B. s. p. 29 n. 46;
vgl. unsere n. 1846, für den Kopf des Typus hierselbst n. 1158), und weiter rechts
n. 51 den Oberleib einer Artemisstatue (B. s. p. 34 n. 52; die Göttin trug
ein Beh auf dem 1. Unterarme); das Fragment stammt von der Replik einer
Statue, die sich ebenfalls in Villa Albani befindet (unsere n. 1933; vgl.
auch n. 1293N; auch in diesem Falle ist die Arbeit der lateranischen
Replik weit besser als die der vollständiger erhaltenen in Villa Albani,
so viel besser, daß man gemeint hat, hier einen Rest des Originales
erkennen ZU dürfen (Brunn-Bruckmann Denkmäler Text zu n. 606 Fig. 2, 3).
Zweites Zimmer.
Der Inhalt dieses Zimmers besteht vorwiegend aus Architektur- und Ornament-
stücken, unter denen ich nur drei angeblich vom Trajansforum stammende Exemplare
(n. 1148 — 1150; über die Provenienz vgl. n, 1146) hervorhebe. Man vergleiche das
schöne Werk von P. Gusman l'art decoratif de Borne, in dem verschiedene von den
hier aufbewahrten Architektlirfragmenten abgebildet sind.
1148, 1149 (86, 168) Zwei Friesfragmente.
Die beiden Fragmente ergänzen sich gegenseitig, da offenbar
die auf n. 86 dargestellten Eroten wie auf n. 168 mit Greifen ge-
paart waren und der Eros auf n. 168 zu einem Motive gehörte, wie es
auf n. 86 ersichtlich ist. Der Fries, von dem die beiden Fragmente
herrühren, zeigte demnach eine Reihe von je zwei Eroten, die von
den Hüften an in Bankenwerk ausliefen und von denen jeder
einen Greifen tränkte. Die Eroten erscheinen durch die Stilisie-
rung der Körper wie der Flügel dem dekorativen Ganzen ein-
geordnet. Auf n. 86 ist zwischen den beiden Eroten eine Amphora
angebracht, auf deren Behälter man drei Relieffiguren, einen
Satyr und zwei Bacchantinnen, wahrnimmt.
B.S.p.38 n. 59, 68. Vgl. Hauser die neu-attischen Reliefs p. 43, p. 107.
6 DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1150 1154.
1150 (130) Fragment eines Frieses mit Blätter- und Blumen -
Ornamenten.
Die Ornamente machen trotz ihrer üppigen Fülle einen ebenso
klaren wie großartigen Eindruck.
B. S. p. 43 n. 64 b.
Interessant ist es, die in diesem Zimmer befindlichen antiken
Dekorationsstücke zu vergleichen mit einer Kaminplatte aus dem
Ende des 15. oder dem Anfange des 16. Jahrhunderts rechts vom
Ausgange (Museumsnummer 178).
Der Mittelpunkt des Frieses wird durch einen aus Blumen und
Früchten zusammengesetzten Kranz gebildet, während die Felder
zu beiden Seiten des Kranzes mit Arabesken und je zwei um eine
szenische Maske und ein Fruchtgefäß gruppierten Greifen verziert
sind. Die Ausführung ist sorgfältiger und feiner als an den antiken
Arbeiten. Während an den letzteren das Wesentliche nachdrücklich
hervorgehoben, das Nebensächliche weggelassen oder nur ange-
deutet ist, hat der Renaissancebildhauer sämtliche Motive bis zu
den geringfügigsten Einzelheiten in gleichmäßiger Weise durch-
gebildet und hiermit vielfach die Grenzen der Märmortechnik über-
schritten. Infolgedessen machen seine Ornamente einen weniger
klaren und ruhigen Eindruck als die antiken.
Pistolesi il Vaticano descritto ed illustrato III 24 (unten) p. 76.
1151 (199) Weiblicher Kopf.
Ergänzt Büste und Nase.
Gute Kopie eines strengen Typus der argivischen Kunst aas der
Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. Vgl. über den zugehörigen Statu-
entypus n. 1287.
B. S. p. 45 f. n. 70.
Drittes Zimmer.
1152 (256) Statue des Antinoos.
Gefunden 1798 zu Ostia bei Tor Bovacciana, bis 1863 im Vatikan.
Ergänzt der Kopf, der Hals, sämtliche Finger, abgesehen vom r. Daumen,
entweder ganz oder zum Teil, beinahe der ganze mit Blumen gefüllte
Gewandbausch, der jedoch durch ein von dem hinteren Teil noch er-
haltenes schmales Fragment gesichert ist.
Daß die Statue richtig als Antinoos ergänzt ist, beweisen die
für den Liebling des Hadrian charakteristischen Körperformen,
vornehmlich der hoch gewölbte Brustkasten. Wie es scheint, ist
Antinoos hier als Vertumnus dargestellt, ein ursprünglich etrus-
kischer Gott, der den Wechsel und die verschiedenen Gaben der
Jahreszeiten vertrat und dessen Kultus in früher Zeit auch in Rom
Eingang fand. Der Gewandbausch wird nicht nur Blumen, sondern
auch die für die einzelnen Jahreszeiten bezeichnenden Früchte ent-
halten haben.
B. S. p. 51 n. 79. Dietrichson Antinoos T. IV 11 p. 187 n. 20.
VIERTES ZIMMER. 7
1153 (258) Kindersarkophag mit athletischen Darstellungen.
Vormals in der Sakristei von S. Stefano in Piacinola.
Rechts sieht man die Schlußszene eines Faustkampfes. Der
Überwundene sitzt auf dem Boden, während der daneben stehende
Sieger von dem Kampfordner als Preis einen Kranz empfängt.
Der besiegte Faustkämpfer hält in jeder Hand einen zylinder-
förmigen, offenbar metallenen Boxer, der die Wirkung der Schläge
in furchtbarer Weise steigern mußte und nur auf wenigen, der
vorgerückten Kaiserzeit angehörigen Denkmälern nachweisbar ist.
Es folgt weiter links eine Gruppe von zwei Athleten, die unter
der Aufsicht eines Kampfordners ringen. Zwischen ihnen liegt
das den Sandboden der Palästra bezeichnende Gefäß (vgl. 330 — 332,
1907). Der Kampfordner hält in der L. den Siegespreis, einen Palmen-
zweig, und erhebt die R., wie um irgendwelche Anweisung zu geben.
An die Gruppe der Ringer schließt sich die zweier Prankatiasten
an, auch diese beaufsichtigt von einem' Kampf ordner, der einen
Palmenzweig hält. Beide stehen fest auf dem r. Fuße, haben das
1. Bein erhoben, um dem Gegner damit einen Stoß zu versetzen,
und liegen, während jeder die eine Hand seines Gegners angefaßt
hält, mit der anderen Hand zum Angriff aus. Rechts ist die Be-
kränzung eines siegreichen Athleten dargestellt. Der Sieger hält
in der L. einen Palmenzweig und greift mit der R. nach dem Kranze,
den ihm der neben ihm stehende Aufseher auf den Kopf setzt. Der
Aufseher hält in der L. einen zweiten Kranz. Links vom Sieger
steht ein bärtiger Mann, der zur Verkündung des Sieges die Tuba
bläst.
B. S. p. 54 n. 81. Jüthner über antike Turngeräte p. 92 Fig. 73.
Viertes Zimmer.
1154 (278) Attisches Relief, Medeia und die Pel laden.
Gefunden 1814 im Hofe der alten französischen Akademie (Palazzo
Simonetti) am Corso.
Um sich an Pelias zu rächen, redete Medeia seinen Töchtern
ein, daß sie ihren Vater verjüngen könnten, wenn sie ihn zerstücken
und in einem Kessel aufkochen würden. Die verblendeten Mädchen
schenkten ihr Glauben und richteten ihren Vater jämmerlich zu-
grunde. Das Belief vergegenwärtigt die Vorbereitungen zu der
verhängnisvollen Kur. Die eine der Peliaden ist beschäftigt den
Dreifuß hinzustellen, in dessen Kessel Pelias aufgekocht werden
soll. Die andere Schwester erscheint in trübes Nachdenken ver-
sunken, ob wirklich das schreckliche Unternehmen den von Medeia
verheißenen Erfolg haben wird; sie stützt den Kopf auf die erhobene
R., in der sie das zur Zerstückung des Pelias bestimmte Schwert,
und den r. Ellenbogen auf die 1. Hand, in der sie die Schwertscheide
8 DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1155-1158.
hält. Ihr gegenüber steht Medeia, kenntlich durch die asiatische
Tracht, ein Gefäß mit Zaubermitteln in den Händen. Sie lüftet
den Deckel, um den Inhalt des Gefäßes in den Kessel zu werfen,
und richtet dabei ihren Blick fest auf die zaudernde Peliade. Der
Stil deutet auf die an Pheidias anknüpfende attische Kunst, und auch
die Ausführung ist so frisch, daß man in diesem Belief recht wohl
eine griechische Arbeit erkennen kann, wenn auch nicht das Original
aus jener Zeit, weil die ganze Zeichnung etwas schief, nach links'
hängend, auf die Tafel gebracht ist. Da von den Sandalen nur die
Sohlen, nicht aber die Kiemen plastisch ausgedrückt sind und die
von der Mütze der Medeia unter dem Kinne herabfallende Lasche
nur ganz leicht mit dem Meißel umrissen ist, so müssen wir annehmen,
daß das Relief an mehreren Stellen bemalt war. Es steht hinsicht-
lich der Komposition, der Auffassung, des Stiles und der Dimen-
sionen in enger Beziehung zu Reliefs, die Orpheus und Eurydike
(vgl. n. 1883), und anderen, die Theseus und Peirithoos in der Unter-
welt (vgl. n. 1908) darstellen. Der Versuch, diese Exemplare, be-
ziehungsweise ihre Originale, für Grabreliefs zu erklären, ist bedenk-
lich, weil mythische Szenen auf den sicher beglaubigten Grabreliefs
der attischen Blütezeit nicht nachweisbar sind. Ein Gelehrter hat
demnach die Frage aufgeworfen, ob nicht die Originale dieser Re-
liefs Weihgeschenke waren, die von Choregen oder Dichtern zum
Andenken an die bei dramatischen Aufführungen gewonnenen Preise
dargebracht wurden. Die Darstellung würde unter dieser Voraus-
setzung auf die preisgekrönte Tragödie hinweisen und deren Stoff
in unserem Falle der Mythos der Peliaden gewesen sein, ein Mythos,
den Euripides in einer gleichnamigen Tragödie behandelte. Be-
finden wir uns aber bei dieser Annahme schon auf dem schwankenden
Boden der Hypothese, so wird dieser ganz unsicher bei einem neuer-
dings gemachten Vorschlage, nach dem die drei Reliefs ein En-
semble in architektonischem Rahmen gebildet hätten in Anspielung
auf die drei Dramen einer Trilogie, und das Ganze ein Werk des
Panainos, des Bruders des Pheidias, gewesen wäre.
B. S. p. 61 n. 92. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 341b. Bullet, della com-
missione archeologica comunale XXV (1897) T. III, IV E. p. 42 — 50. Petersen, ein
Werk des Panainos Abb. la, p. 15 ff.; ders. Vom alten Born4 p. 154 f. Abb. 120. Mo-
derner Cicerone Born I p. 333 ff. Buesch Ouida illustrata del Museo di Napoli p. 47
Fig. 14. Vgl. FriederichB-Wolters Bausteine n. 1200. Sitzungsberichte der bayr. Aka-
demie 1881, II, phil.-hist. XI. p. 95 ff. Jahrbuch des arch. Instituts III (1888) p. 68 ff.,
p. 225 ff.; XII (1897) p. 96 ff., arch. Anzeiger p. 137. Abhandl. des arch.-epigr. Semi-
nares in Wien VIII (1890) p. 130 ff. Boscher mythol. Lexikon II p. 2506. Bloch,
griech. Wandschmuck p. 48ff. Xekule v. Stradonitz griech. Xunst p. 174.
1155 (291) Statue des Germanicus (?).
Gefunden 1819 in Veji. Ergänzt das 1. Ohr, Stücke am r. Ohr, der
r. Arm, der 1. Arm vom Biceps abwärts nebst dem darüber fallenden
Stücke des Gewandes und dem Stabe, der 1. Unterschenkel, die untere
Hälfte des r. Unterschenkels mit dem Stamme, die Füße, die Plinthe
VIERTES ZIMMER. 9
Die Figur ist nach griechisch -heroischer Weise dargestellt mit
einem um die Oberschenkel und den 1. Arm geschlagenen Hima-
tion. Offenbar war sie redend gedacht; doch ist die Geherde des
Redners weniger lebhaft als bei den Statuen n. 6 und 1166. Die
L. wird einen Speer oder ein Schwert gehalten haben, die R., un-
gefähr wie sie der Ergänzer wiedergegeben hat, etwas zur Seite
gestreckt gewesen sein. Der Kopf zeigt in der Vorderansicht eine
auffällige Ähnlichkeit mit dem am besten beglaubigten Porträt
des Germanicus, der bekannten zu Gabii gefundenen Statue, wogegen
das Profil durch die stark gebogene Nase von dem des Germanicus
abweicht und an die Porträts des jüngeren Drusus, Sohnes des
Tiberiua, erinnert.
1156 (319) Männliche Statue mit Kopf des Ares.
Vormals Im Museum Hamilton, spater zu Fraseati In der Samm-
lung Marcolli. Ergaijat an dem Bntiken, aber nicht zu dem Kttrper ge-
hörigen Kopfe der Helm buach, die Hase, die Lippen; an dem Körper
beide Arme, die I. Schulter nebst dem darauf liegenden QewandstOcfce,
der die Brust bedeckende Teil des Gewandes mit der aal der r. Schulter
angebrachten Spange, auQerdem mehrere andere unbedeutende Stücke;
die Bänder der Plintne.
Die Formen des Kopfes erinnern an den polykletischen Typus,
zeigen jedoch eine weichere Formengebung. An dem Helme wie an
dem Haare haben sich Reste einer rötlichen Bemalung erhalten, die
vielleicht einer Vergoldung als Unterlage diente. Da das Motiv des
Körpers an einer in Lansdownhouse befindlichen Figur des jungen
Marc Aurel wiederkehrt und die lateranische Statue nach dem Cha-
rakter ihrer Ausführung recht wohl zur Zeit der Antonine gearbeitet
sein kann, so liegt der Gedanke nahe, daß anch sie ein Mitglied
dieses Kaiserhauses darstellte. Die Körperbildung läßt zu wünschen
übrig. Der Oberleib erscheint im Verhältnis zu den Beinen zu lang,
während die Unterschenkel im Vergleich mit den Oberachenkeln
zu kurz ausgefallen sind.
B. S. p. 78 n. 127. Reinach repertoire de la etat. II 1 p. 178 n. 2. Vgl. Jahrbuch
des Vereins von Altertumafreunden im Bheinlande LII1 (1873) p. 29d. FurtwAngler
Meisterwerke p. 124—128.
1157 (352) Porträtkopf eines Claudlers.
Ergänzt die Nase, die oberen Rander der Ohren, die Huste.
Die Benennung dieses fein ausgeführten Kopfes schwankte
ehemals zwischen Octavianus und Tiberius. Doch ist weder der
eine noch der andere dargestellt. Der physiognomische Typus
deutet auf einen dem julischen Kaiserhause Angehörigen Clandier.
B. S. p. 94 n. 153. Bernoulll römische Ikonographie II 1 p. 170 n. 8, p. 171 Fig. 25.
Auf der darüber angebrachten Konsole:
1158 (356) Kopf eines griechischen Athleten.
Ergänzt der grOBte Teil der Nase, Hals und Büste.
10 DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1169—1162.
Der Kopf gehörte zu einer recht gut gearbeiteten Wiederholung
des Athletentypus, den wir durch die in der Villa Albani befindliche
Statue des Stephanos (n. 1846) kennen.
B. S. p. 05 ii. 157. Furtw&ngler Meisterwerke p. 405 Fig. 62, p. 404.
1159 (371) Fragment einer Marmorvase.
Es zeigt die vortrefflich ausgeführten Figuren eines gehörnten
und geschwänzten, aber sonst menschlich gebildeten Pans (vgl.
n, 377) und eines jugendlichen Satyrs, die unter lebhaften Be-
wegungen nach rechts tanzen. Pan, über dessen 1. Arm ein Panther-
fell herabfallt, schlägt die Becken; der Satyr faßt mit beiden Händen
das ihn umflatternde Pantherfell und hält in der erhobenen L. zugleich
einen Thyrsos.
B. S. p. 99 n. 167. Ann. dell* Inst. 1877 p. 212 not. 1. Hauser die neu-attischen
Reliefs p. 51 n. 08.
Fünftes Zimmer.
1160, 1161 (396, 405) Männliche und weibliche Herme.
Angeblich gefunden bei Nettuno. Ergänzt an der männlichen Herme
der größte Teil der Hörner und der Ohren, das auf die 1. Schulter herab-
reichende Band, der 1. Arm mit der Traube vom Biceps abwärts, der
Oberkörper und der r. Unterschenkel des Knaben, der Schaft von dem
Ende des Gewandes an und andere unbedeutende Stücke, an der anderen
Herme der Kopf, der Hals, die 1. Hand, der r. Arm vom Biceps abwärts
mit der Fruchtschwinge, der untere Teil des Hermenschaftes mit einem
Stücke des Gewandes; von dem auf der 1. Schulter sitzenden Kinde
sind nur der Ansatz des Gesäßes und ein Stück des 1. Fußes antik.
Die beiden Hermen sind entschieden von derselben Hand und
als Gegenstücke gearbeitet. Ihre Schäfte zeigen die schlanke, ele-
gant geschweifte und sich unten etwas verjüngende Form, die als
Erfindung der hellenistischen Kunst nachgewiesen worden ist.
Während die eine Herme in unzweideutiger Weise männliches
Gesohlecht bekundet, scheint die andere nach dem mit geschlitzten
Ärmeln versehenen Chiton und nach den runden, weichen Formen
des erhaltenen 1. Vorderarmes ein weibliches Wesen darzustellen.
Das auf der Schulter jeder der beiden Hermen sitzende Kind, die
sicher antike Fruchtschwinge auf der R. der männlichen Figur und
die Fruchtschnur, die an dem Gegenstücke, von der 1. Schulter
herabreichend, in der Hüftengegend aus dem Gewände hervortritt,
alles dies deutet auf ein Götterpaar, dem der Kinder- und Frucht-
segen oblag. Der erhaltene Kopf der männlichen Herme zeigt eine
orientalisierende Physiognomie, die unter den sicher bestimmten
Göttertypen am meisten an den des Priapos erinnert. Doch wird
die Deutung auf Priap durch die diesem Gotte -fremden Hörner
wie durch das weibliche Gegenstück ausgeschlossen. Der Versuch,
die beiden Hermen einfach für Pan und Paniska zu erklären, stößt
auf die Schwierigkeit, daß der erhaltene Kopf keine Ähnlichkeit
mit irgendwelchem sicher beglaubigten Panstypus erkennen läßt.
FÜNFTES ZIMMER. H
Immerhin könnte man doch mit der Möglichkeit rechnen, daß ein
Künstler hier einmal einen eigenen neuen Panstypus geschaffen
habe. Vielleicht aber haben wir auch in diesem Falle (vgl. n. 351)
anzunehmen, daß italische Gottheiten unter griechischen Formen
dargestellt sind. Der Künstler, der den Typus des italischen Gottes
gestaltete, legte den des Priapos zugrunde, stattete ihn jedoch mit
den für Pan bezeichnenden Hörnern aus — ein Verfahren, das
z. B. nahe genug lag, wenn es galt, einen für den altlatinischen Feld-
gott Faunus geeigneten Typus zu schaffen. Erklären wir die männ-
liche Herme für Faunus, dann würde die andere Herme auf sein
weibliches Pendant, Fauna, zu deuten sein.
Reinach repertoire II 2 p. 525 n. 7, 8. Die männl. Herme: Annual of the British
school at Athens X (1903—1904) p. 146 Fig. 3. B. S. p. 105 n. 181, 188. Über die
hellenistische Hermenform: Abhandlungen der philol.-hist. Kl. der sächs. Ges. der
Wissenschaften XIV (1894) p. 452 Anm. 71.
1162 (408) Aschenkiste.
Sie wurde 1825 in der Vigna Ammendola an der Via Appia gefunden
und stammt vermutlich aus dem in dieser Gegend gelegenen Grabmale
der Volusier.
Der Steinmetz hat diese Aschenkiste auf Vorrat gearbeitet;
denn die zur Aufnahme der Inschrift bestimmte Tafel ist nur mit
den ständigen Anfangsbuchstaben der lateinischen Grabschriften
D(is) * M(anibus) bezeichnet und sonst leer. In Übereinstimmung
mit den in dem Grabe der Volusier gefundenen Inschriften deutet
der geschmackvoll angeordnete und sorgfältig ausgeführte Relief-
schmuck auf das erste Jahrhundert der Kaiserzeit. Er besteht nicht
nur aus ornamentalen, sondern auch aus figürlichen Motiven. Auf
der Vorderseite ist unter der Fruchtgirlande der Abschluß eines
Hahnenkampfes dargestellt. Ein Knabe, dessen Hahn den Sieg
davongetragen, hat seinen Vogel fröhlich zu einem Tische geleitet,
auf dem sich die Siegespreise, Kränze und Palmenzweige, befinden.
Der Hahn hält bereits in der 1. Kralle einen Kranz, den er offenbar
von dem Tische weggenommen hat. Links sieht man einen anderen
Knaben, der seinen in dem Kampfe getöteten Hahn weinend davon-
trägt. Auf jeder der beiden Seitenflächen ist über der Fruchtgir-
lande ein Nest junger Haben angebracht. Auf der r. Seite füttert
einer der alten Vögel die kleinen, während der andere gegen eine
Schlange kämpft, die sich um seine Beine und seinen Leib geringelt
hat. Das entsprechende Relief der 1. Seite scheint ähnlich gewesen
zu sein, ist aber zu sehr verstümmelt, um die Einzelheiten deutlich
erkennen zu lassen. Unter der Girlande sind auf der 1. Seitenfläche
zwei Eroten dargestellt, die ein Pantherweibchen quälen, auf der r.
die Gruppe eines trunken einher taumelnden Knaben, der von
einem anderen Knaben gestützt wird.
B. S. p. 110 n. 189. — Zu dem Columbarium der Volusier vgl. zuletzt Altmann
die röm. Grabaltäre d. Kaiserzeit p. 49 ff.
12 DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1163-1166.
1163 (391) Mithrasgruppe.
Gefunden kurz vor 1853 an der Scala santa.
Mithras war ein alt -arischer Lichtgott, der besonders in Persi«
verehrt wurde. Im Zusammenhange mit der religiösen Gärui
und Göttermischung, die in den hellenistischen Reichen stat
fanden, nahm sein Kultus allmählich einen mystischen Gharakfe
an. Auf italischem Boden sind seine ältesten Spuren unter Domitia
nachweisbar. Zu den Zeiten Hadrians und der Antonine tritt <
bedeutsam hervor und seit Septimius Severus begegnen wir ihi
unter den Kulten der Domus Augusta. Im Gefolge der Legione
verbreitete er sich allmählich über alle von den Römern beherrschte
Länder. Die in der römischen Zeit übliche Verkörperung de
Gottes ist durch eine häufig wiederkehrende griechische Kom
Position bestimmt, die eine Siegesgöttin darstellt, wie sie eine]
Stier opfert. Unsere Gruppe zeichnet sich vor den anderen in de]
römischen Museen befindlichen Wiederholungen durch ihre vortreff
liehe Erhaltung aus. Mithras ist, wie gewöhnlich, dargestellt al
asiatisch gekleideter Jüngling, der einen Stier niederstößt. „Ei
scheint sicher, daß diese Darstellung des stiertötenden Mithras ii
Beziehung zu den kosmogouischen Sagen der alten Perser steht
Nach diesen Überlieferungen ist der Stier das erste lebende Wesen
das Ahura - Mazda bildete, und der Tod dieses Urstieres der Ursprung
der ganzen Schöpfung: verschiedene Teile seines Körpers wurden
zu den verschiedenen Pflanzenarten (s. die Ähren, in die der Schweii
endigt), während sein durch Luna gereinigter Samen den Tieren
das Dasein verlieh. Der Geist des Bösen sucht die wohltätigen
Wirkungen dieses wunderbaren Todes zu verhindern: darum sehen
wir den Skorpion, das heilige Tier Ahrimans, die Hoden des schöpfe-
rischen Stieres verzehren. Die Schlange, die das rieselnde Blut
trinkt, ist das Sinnbild der Erde, die durch diese heilige Flüssigkeit
befruchtet wird. Der Hund, der gegen die Wunde springt, muß ohne
Zweifel im Einklang mit den iranischen Vorstellungen die Seele
des Stieres auffangen, die zu neuen und sonderbaren Bestimmungen
berufen ist." (Cumont bei Röscher mythol. Lexikon unter Mithras.)
B. S. p. 117 n. 109. Cumont textes et monument* figores rel. ans mysteres de
Mithra II p. 206 n. 20. — Vgl. Cumont Die Mysterien des Mithras (übers, von G. Gehrich),
die betreffenden Kapitel in dem Buch des gleichen Verfassers: „Die orientalichen Reli-
gionen im römischen Heidentum" (übers, von Gehrich) und Dieterich Kleine Schriften
p. 252ff. und 504 ff.
1164 (399) Hirsch aus Basalt.
Gefunden 1822 oder 1823 vor Porta Portese in der Vigna dei Signori
della Missione, also im Bereiche der Gärten des Caesar. Ergänzt das
Geweih, beide Ohren, die aus bemaltem Gipse eingesetzten Augen, die
Schnauze, ein Stück des Schwanzes, das ganze 1. Vorderbein, von den
übrigen Beinen die Unterschenkel. Doch sind der r. Vorderfuß und
die unter dem 1. Vorderfuß angebrachte Stütze antik. Von der Plinthe
hat sich nur der vordere Teil erbalten, an dem dieser Vorderfuß und
diese^Stütze haften.
SECHSTES ZIMMER. 13
Ein an der r. Seite des Leibes angebrachtes viereckiges Loch
und ein darunter vorstehendes Stück beweisen, daß der Hirsch
an dieser Stelle mit einer anderen Figur verbunden war. Man hat
deshalb vermutet, daß er zu der Kolossalstatue einer Gottheit,
etwa des Apoll oder der Artemis, gehört habe. Doch widerspricht
dieser Vermutung die Plinthe, deren ursprüngliche Form und
Breitenausdehnung durch den erhaltenen vorderen Teil angezeigt
sind und die nur für den Hirsch, nicht aber für eine neben ihm stehende
Figur Raum bot. Hingegen lassen sich jene Ansatzspuren und die
Beschaffenheit der Plinthe auf das beste in Einklang bringen, wenn
wir voraussetzen, daß auf dem Rücken des Hirsches eine Figur
saß, etwa Artemis, die bisweilen (vgl. z. B. n. 5) seitwärts auf einem
Hirsche reitend dargestellt ist.
B. S. p. 118 n. 200. Reinach repertoire de lastat. II 2 p. 754 n. 6. Über Artemis
auf dem Hirsche reitend: Stephani Compte-rendu pour 1868 p. 6 — 7.
Sechstes Zimmer.
Sämtliche in diesem Zimmer aufgestellte Skulpturen wurden in den Jahren 1840
und 1840 zu Cervetri (Caere) im Bereiche des dortigen Theaters gefunden, eines Ge-
bäudes, das, soweit die Beobachtung der Bautrümmer einen Schluß gestattet, in
der ersten Kaiserzeit aufgeführt zu sein scheint. Die zugehörigen Statuen (n. 1166 — 1171,
1174) müssen, da sie auf der Bückseite durchgängig flüchtig bearbeitet sind, in Nischen
oder an Wänden gestanden haben. Vielleicht diente ein Teil von ihnen zur Dekoration
der Bühnenwand. Vgl. B. S. p. 121—122.
1165 (428) Kolossalkopf des Augustus.
Ergänzt die Nasenspitze, ein Stück am Hinterkopfe, die Büste.
Der Kopf war, wie sich aus der runden Bearbeitung des unteren
Halsabsohnittes ergibt, dazu bestimmt, in eine Statue eingelassen zu
werden. Die etwas gedrungenen Verhältnisse, die er im Vergleich
mit anderen Porträts desselben Kaisers zeigt, erklären sich hin-
länglich daraus, daß er darauf berechnet war, aus größerer Ferne
gesehen zu werden.
B. S. p. 124 n. 203. Bernoulli II 1 p. Sl n. 20.
1166 (433) Geharnischte Statue.
Ergänzt aus Gips der Kopf, der die Züge des Germanicus zeigt,,
der r. Arm, das obere Ende des Schwertgriffes, ein großer Teil des Ge-
wandes, Splitter an den Panzerklappen, die große Zehe des r. Fußes,
der größte Teil der Plinthe.
Da die meisten der in dem Bereiche des oaeretaner Theaters
gefundenen Statuen Porträts von Mitgliedern des julischen Kaiser-
hauses sind und der Stil der Statue wie die Anordnung des Panzers
und seines Reliefschmuckes auf den Anfang der Kaiserzeit hinweisen,
wird auch diese Statue, deren Kopf abhanden gekommen ist, eine
dem julischen Geschlechte angehörige Persönlichkeit dargestellt
haben. Der Mann war, wie Augustus in der Statue aus der Villa
ad Gallinas (n. 5), die Truppen anredend gedacht. Die 1. Hand hält
den Griff des unter dem Mantel verborgenen Schwertes; der r. Arm
14 DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1167-1173.
war in der Höhe der Schulter nach links vorgestreckt, eine B
wegung, der diese ganze Seite des Körpers folgt. Der Reliefschmu<
des Panzers zeigt oben den Sonnengott, wie er mit seinem Viergespar
aus dem Meere emportaucht, weiter unten zwei kniende, asiatisc
gekleidete Barbaren, die zwei Greifen aus einer Schale zu trinke
geben. Die Anlage und die Ausführung der Figur sind gleich vo
trefflich.
B. S. p. 124 n. 204. Bonner Stadien (Berlin 1890) T. I 2 p. 10.
1167 (435) Kolossalstatue des Tiberius.
Ergänzt die Nase.
Das Motiv entspricht dem der Statue des gleichen Kaisers vo:
Piperno (n. 90). Doch umgibt den Kopf die aus Eichenlaub ge
flochtene Bürgerkrone (corona civica), wie an einer vejenter Statut
des Tiberius (n. 84); auch ist der ganze Rücken vom Mantel bedeckt
B. S. p. 126 n. 206. Bemoulli II 1 p. 148 n. 8. Reinach repertoire de la stat. IIS
p. 584 n. 1.
1168 (436) Mutmaßliche Statue der Jüngeren Oetavia (f 62 n. Chr.)
Tochter des Claudius.
Ergänzt die Nase, das 1. Ohr, beide Vorderarme mit Zepter und
Schale, Stücke am Gewände.
Da die Statue zugleich mit Bildnissen von Mitgliedern des julisch-
claudischen Kaiserhauses gefunden wurde, ihr Gesicht an den
Familientypus der Claudier erinnert und das Profil wie die Anordnung
des Haares mit einem wiewohl nur mittelmäßig ausgeführten Münz-
porträt der jüngeren Oetavia übereinstimmt, so hat man sie nicht
ohne Wahrscheinlichkeit auf diese durch Tugend wie durch Be-
scheidenheit ausgezeichnete Prinzessin gedeutet, deren durch ihren
Gemahl Nero herbeigeführter Tod in Rom allgemeines Bedauern
erregte. Sie ist durch die wollene, perlenartig abgeschnürte Kopf-
binde als Priesterin bezeichnet, sei es der gens Iulia im allgemeinen,
sei es im besonderen des Divus Iulius. Die Ergänzung der Arme
mit Zepter und Schale scheint richtig. Die Ausführung ist ungleich
geringer als die der meisten anderen an derselben Stelle gefundenen
Statuen von Mitgliedern des kaiserlichen Hauses.
B. S. p. 127 n. 207. Bemoulli römische Ikonographie II 1 T. XIX p. 183 n. 10.
p. 366—367. Vgl. Römische Mitteilungen VII (1892) p. 237—238.
1169 (437) Kolossalstatue des Claudius.
Der Kaiser ist unter dem Typus der sitzenden Zeusbilder und
mit dem Eichenkranze (corona civica) dargestellt. Sein Kopf zeigt
eine ähnlich stark idealisierende Auffassung wie der Kolossalkopf
von Otricoli (n. 300). Der vom 1. Schulterblatt senkrecht herab-
reichende unausgeführte Streifen und die dahinter angebrachte
Eintiefung scheinen dadurch veranlaßt, daß der Körper an dieser
Stelle von der Lehne des Thronsessels (vgl. n. 1173) berührt war.
B. S. p. 128 n. 208. Bemoulli II 1 p. 333 n. 7.
SECBSTES ZIMMER. 15
1170 (438) Togastatue.
Ergänzt die Nispnspltip, Stücke an beiden Ohren, die L Hand mit
der Rolle (diese wohl richtig), der r. Vorderarm, der r. FuB, der vordere
Teil des 1. Fußes, ein Stück am unteren Gewandsaume, die Plinthe.
Die Deutung auf den älteren Drusus ist unbegründet.
B. S, p. vm n. 20«.
1171 (439) Geharnischte Statue des älteren Drusus «der Ger-
maniens.
Krglnzt die Nase, das 1. Ohr, der r. Arm, der 1. Vorderarm mit Ge-
wand und Schwert, ein Stück auf der Innenseite der i. Wade, der 1. Fu8
nebst einem Stücke des Unterschenkels., der Stamm, die Plinthe.
Der Mann ist redend gedacht und mit ähnlicher Haltung der
Arme wiedergegeben wie n. 1155. Der edle Kopf, dessen Formen
und Ausdruck auf Intelligenz wie auf Tatkraft schließen lassen,
erinnert an die Münzporträte des älteren Drusus wie an diejenigen
seines Sohnes Germanicus. Welcher von beiden dargestellt sei,
wage ich bei der großen Ähnlichkeit zwischen Vater und Sohn
nicht zu entscheiden. Die geläufige Deutung anf den jüngeren
Drusus ist unbegründet.
B. S. p. 129 n. 210. Bemoulll II 1 T. XIII p. 170 n. 0, p. 205— BOB, p. 214, p. 230.
Aradt-Bruckmann griech. u. rem. Porträt« n. 81. Belnach repertoire de la »tat. II
2 p. 5TB n. S. Bonner Studien (Berlin 1890) p. 10. Rom. Mitteilungen V (1801) p. 314.
1172 (444) Männliche Porträtbüste.
Ergänzt die Sasenspitse und Stücke an den Ohren.
Die geläufige Benennung auf Caligula ist unbegründet Der
Kopf unterscheidet sich in der Form des Schädels, in der Linie
des Profils wie im Haarschnitt ebenso wesentlich von den bisher,
wie von den neuerdings auf diesen Kaiser bezogenen Bildnissen.
B. 8. p. ISO n. 211. Bemoulll II 1 p. 805 n. i Fig. 46, p. 318. — Vgl. Aren. Anzeiger
XXV 1910 p. 532i.
Erhalten sind die Vertreter dreier Städte, alle drei durch Unter-
schriften bezeichnet. Der Vertreter von Tarquinii erscheint als
ein bärtiger Mann, der, wie es beim Opfer vorgeschrieben war,
die Toga über den Hinterkopf gezogen hat. Er wird mit größter
Wahrscheinlichkeit auf Tarchon gedeutet, den tarquinischen Heros,
dem die Etrusker die Begründung ihrer Religion und Kultur zu-
schrieben. Es folgt die Schutzgöttin von Vulci, auf einem Throne
sitzend und in der vorgestreckten R. eine Blume haltend, eine
Figur, die ein Römer Venus, ein Etrusker Turan benannt haben
würde. Vetnlonia ist durch einen kräftigen Mann vertreten, der in
der L, ein Ruder hält und hinter dem sich eine Pinie erhebt. Noch
heutzutage sind die Abhänge des Berges, auf dem Vetulonia lag (bei
Colonna a mare), auf der Seeseite reichlich mit Pinienwäldern be-
16 DAS LATERANISCHE MÜSEÜM. 1174-1178.
deckt. Da auch auf der Rückseite der Platte ein Belief angebrac
ist, das ein auf einem Altar oder einer Basis stehendes Schwc
darzustellen scheint, so muß auch diese Seite teilweise sichtb
gewesen sein. Doch läßt sich die ursprüngliche Anordnung nicht ir
Sicherheit feststellen. Man hat vermutet, daß das Relief von einem vie
eckigen Sitze herrühre, auf dessen drei Außenseiten je vier etruskiscJ
Städte dargestellt gewesen wären, und daß dieser Sitz zu der b
derselben Ausgrabung gefundenen Statue des Claudius (n. 1161
gehört habe. Da sich dieser Kaiser vielfach um Etrurien verdiei
gemacht und auch eine etruskische Geschichte in griechischer Sprach
geschrieben hatte, so würde ein derartig verzierter Sitz für ihn rech
wohl passen. Nach einer anderen Vermutung hätte das Relie
zur Dekoration eines Sockels oder Altars gehört, der auf zwei ent
gegengesetzten Seiten mit parastadenartigen Vorsprüngen ver
sehen war, und zwar wäre es an einem dieser Vorsprünge angebrach
gewesen.
Ann. dell' Inst. 1842 Tav. d'agg. 0 p. 37 — 40. Strong roman sculpture p. 96 PI
XXXII. B. S. p. 130 n. 212. Vgl. Archäol.-epigr. Mitteilungen aus Österreich XI
(1887) p. 104ft\, p. 124—125. Sordini Vetulonia (Spoleto 1894) p. 13—15. Hartel-
Wickhoff die Wiener Genesis p. 41 = Wickhoff Schriften III p. 81.
1174 (445) Weibliehe Porträtstatue.
Ergänzt der r. Vorderarm und die Ränder der Plinthe. Der Kopf
(erg. die Nasenspitze) ist antik, aber nicht zugehörig.
Da gleichzeitig und an derselben Stelle eine auf Drusilla be-
zügliche Inschrift gefunden wurde, so scheint die Statue diese Tochter
des Germanicus und Schwester des Caligula dargestellt zu haben.
Die Weihrauchbüchse (acerra), die sie in der L. hält, könnte an die
vestalischen Rechte erinnern, die Caligula seinen Schwestern zu-
erkannt hatte. Der antike aber nicht zugehörige Kopf wurde früher
ohne Grund auf Li via gedeutet; er gibt vielmehr einen hohlen Ideal-
typus späten Ursprungs wieder, für den sich keine bestimmte Be-
nennung vorschlagen läßt, da ihn die griechisch-römische Kunst zur
Darstellung verschiedener Göttinnen und Personifikationen ver-
wendete.
B. S. p. 132 n. 213. Bernoulli II 1 p. 326. Reinach repertoire de lastat. II 2 p.
655 n. 8. Über die Porträts der Li via vgl. n. 241.
1175, 1176 (447, 450) Zwei Silene auf ihren Schläuchen schla-
fend.
Ergänzt an n. 447 die Nase, das 1. Ohr, die vordere Hälfte des 1.
Fußes, an n. 450 die Nase, das r. Ohr, der r. Fuß abgesehen von der Ferse.
außerdem Stücke der Plinthe.
Die in den Schläuchen angebrachten Öffnungen beweisen, daß
die beiden Statuen als Brunnenfiguren dienten. Im Begriff, einen
Rausch auszuschlafen, haben die Silene ihre Schläuche als Kopf-
kissen untergelegt, dabei aber vergessen, daß die Mündungen nicht
zugebunden sind. Infolgedessen wird die Flüssigkeit unter dem
SIEBENTES ZIMMER. 17
Drucke der Köpfe aus den Schläuchen herausgetrieben. Je ein
Paar ähnlicher Brunnenfiguren hat sich auch unter den Ruinen
des Theaters von Arles und desjenigen von Civita Castellana (colonia
Iunonia Faliscorum) gefunden. Die Ausführung unserer Exemplare
ist nur dekorativ. Vgl. n. 340 u. 942.
B. S. p. 133 n. 214, 215. Reinach repertoire de la stat. II 1 p. 62 n. 5.
1177 (448) Ära des Manlius.
Sie ist nach der auf der Vorderseite angebrachten Inschrift
dem Censor perpetuus Gaius Manlius von seinen Klienten geweiht.
Unter der die Inschrift umgebenden Girlande sieht man die Dar-
stellung eines Stieropfers, die uns über mancherlei Einzelheiten der
römischen Sakralaltertümer belehrt. Der Römer, der das Opfer
darbringt, steht rechts von dem Altar, im Begriffe aus einer Schale
zu libieren. Neben ihm steht ein Camillus (vgl. n. 957), in der R.
einen Krug, über der 1. Schulter ein mit Fransen versehenes Tuch
(mappa). Links von dem Altar wird der Stier von zwei knienden,
nur mit einem Schurze (limus) bekleideten Jünglingen (cultrarii)
an dem Kopfe niedergehalten. Ein ebenfalls nur mit einem Schurze
bekleideter Mann (popa) holt mit dem Beile aus, um gegen den Kopf
des Tieres den tödlichen Schlag zu führen. Hinter dem Stiere sieht
man einen zweiten Popa, der mit der R. eine .Opferkeule (malleus)
schultert und auf der L. eine, wie es scheint, mit Blumen und Früch-
ten gefüllte Schüssel hält, vor ihm den Flötenspieler, der mit seiner
Musik die heilige Handlung begleitet. Auf jeder der beiden Neben-
seiten ist ein Lar mit Rhyton und Schale dargestellt (vgl. n. 1003).
Die Rückseite zeigt eine thronende Göttin, umgeben von drei männ-
lichen und drei weiblichen Figuren, von denen die weiblichen ihre
Hände anbetend erheben. Das Füllhorn, das sie in der L., und die
Schale, die sie in der R. hält, bezeichnen diese Göttin als Fortuna,
die hier wohl in engerem Sinne als Stadtgöttin von Caere aufzu-
fassen ist. Ihr gilt offenbar das auf der Vorderseite dargestellte
Stieropfer.
Mon. dell' Inst. VI 13; Ann. 1858 p. 1— 17, L'arte II 1899 p. 66 K. Fig. 32 (auf
p. 49). Altmann die röm. Grabaltäre p. 177 f. n. 235 Fig. 143. B. S. p. 134 n. 216.
CIL XI 3616. Hartel-Wickhoff die Wiener Genesis p. 41 = Wickhoff Schriften III
p. 81. Für den Popa vgl. Babelon et Blanchet bronzes de la bibliotheque nationale
n. 883—886.
Siebentes Zimmer.
1178 (460) Fragment einer Belief gruppe.
Die Größe der Figuren beweist, daß es sich um das Fragment
eines öffentlichen Monumentes handelt. Das Kostüm der stehenden
Figur ist römisch. Dem Stil seiner außerordentlich wirksamen Aus-
führung nach zu urteilen, ist das Relief in trajanischer oder hadriani-
scher Zeit gearbeitet worden.
B. S. p. 140 n. 223. Papers of the British school at Äome IV (1907) p. 244f. Fig.2.
Heibig: Führer. II. 3. Aufl. 2
IS DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1179.
1179 (462) Marsyaastatue, nach Myron.
Gefunden im April 1SS3 in einer antiken BlldhauerwerHstatte a
äem Esqullin in der Via dei Qusttro Canluni n. 46—48. Ergünit <
Ohren, beide Arme, der i. UntOTBClimltcl. .11.- vordre Halft* des r. Fun
mit der entsprechenden Ecke der Pllnthe, die im übrigen, bis auf bb
kleine Flicken rechte vorne, samt dem Stamme antik ist; nur war sie
drei Stocke gebrochen.
Während die Flöte dereinst zu Athen ein allgemein beliebt«
Instrument war, das auch in dem musikalischen Unterrichte de
Jugend zur Anwendung kam, wurde in der auf die Perserkrie^
folgenden Periode eine entschiedene Antipathie gegen Flötenmusi
rege, die im beson
deren dadurch Steige
rung empfing, daß mai
die Flöte für das na-
tionale Instrument dei
verhaßten böotischei
Nachbarvolkes hielt.
Diese Auffassung lag
auch einer Bronze -
gruppe des Myron zu
gründe, iu der die
Hauptgotthait Atti-
kas, Athena, demSilen
Marsyaa gegenüber
ihrer Verachtung der
Flöte Ausdruck gab
und von der Nach-
bildungen auf drei at-
F1«-M tischen Denkmälern,
einer mit Reliefs verzierten Marmorvase, einem rotfigurigen Kruge
(Fig. 30) und einem Münzstempel (Fig. 31) erhalten sind, Athen»
scheint soeben die ihr liesicht entstellenden Flöten unwillig von sich
geworfen zu haben; Marsyas, der neugierig herangeschlichen war,
um den unbekannten Tönen zu lauschen, prallt
vor der heftigen und unerwarteten Bewegung der
Gottin erschreckt zurück, fährt jedoch fort, seinen
i Bliek begehrlieh auf die Flöten EU richten. Unsere
1 | Statue isteineKopie nach dieser Figur des Marsyas.
Der Ergänzer hat die Arme fälschlich mit Klapper-
blechen (xpötBlß) ausgestattet. Ohne ein Attribut
, zu halten, drückten sie vielmehr, in Übereinstim-
mung mit der Bewegung des Körpers, die Be-
stürzung aus, die das Gebaren der Göttin dem Marsyas einflößt.
Der r. Arm war steil emporgestreckt, der 1. zur Seite bewegt. Wie
der Diskobol desselben Künstlers (vgl. n. 1363) fixierte auch der
SIEBENTES ZIMMER. 19
Marsyas die menschliche Gestalt in dem prägnantesten Momente
einer alle Körperteile beherrschenden Bewegung. Da er aus Bronze
ausgeführt war, so hat man sich den Baumstamm und die unter
den Füßen angebrachten Stützen hinweg zu denken, die in der
Marmorfigur den Eindruck der lebhaften Bewegung empfindlich
beeinträchtigen. Die Durchführung unserer Statue stimmt vor-
trefflich zu den Nachrichten, die uns über die Kunstweise des
Myron vorliegen. Die Körperformen sind, wenn auch in herber
Weise, doch mit wunderbarer Klarheit und Bestimmtheit wieder-
gegeben, wogegen der Ausdruck des Gesichtes noch einen starren
Charakter zeigt und die Behandlung des Haares recht eigentlich
als archaisch bezeichnet werden darf (vgl. n. 1104).
Vor kurzem ist es nun gelungen, auch verschiedene Kopien
der Athena nachzuweisen, die mit dem Marsyas eLie Gruppe bildete,
darunter eine mit dem besonders gearbeiteten, aber zugehörigen
Kopfe. Die Göttin ist als ganz junges Mädchen dargestellt, im ein-
fachen Peplos, mit dem korinthischen Helm auf dem Haupte. Die
erhaltene R. umfaßt ein stabartiges Attribut, von dem nur ein Stück
in der Hand übrig geblieben ist. Man hat es zunächst als Lanze er-
gänzt, ohne damit zu einer ganz befriedigenden Lösung zu gelangen.
Jetzt wird eine neue Ergänzung versucht, in der man den Rest zu
einer der beiden Flöten ausgestalten will. Die 1. Hand war jeden-
falls seitlich abwärts gestreckt und in der gleichen Richtung wendet
und neigt sich der Kopf, während der Körper augenscheinlich so ge-
stellt war, daß man den Eindruck gewann, die Göttin habe soeben
den ersten Schritt gemacht, um davonzueilen, halte nun aber inne,
da sie den Marsyas bemerkt. Wir erkennen, daß nur die Münzbilder
uns ein verhältnismäßig treues Bild der Gruppe überliefern, die in
ihrer ganzen Konzeption und Durchführung durchaus der künstle-
rischen Eigenart des Myron entspricht. Wenn es schwer hält, in
den Einzelformen der beiden Figuren Beziehungen zu dem einzigen
weiteren, sicher beglaubigten Werke des Myron, dem Diskobolen
(n. 1363), zu entdecken, 'so wird der Grund darin zu suchen sein,
daß dieser Künstler seiner ganzen Anlage nach weniger als andere
darauf bedacht war, typische Formen zu suchen und festzuhalten,
vielmehr in jedem einzelnen Falle dem neuen Inhalt neue Formen
gab. Ganz aber fehlen jene Beziehungen auch hier nicht. Die Gruppe
war zweifellos in Bronze ausgeführt und aller Wahrscheinlichkeit
nach eben die, von der uns Pausanias (I 24, 1) berichtet, daß sie auf
der athenischen Akropolis stand. Dagegen hat man ohne überzeu-
gende Gründe die Existenz von zwei verschiedenen Gruppen an-
nehmen wollen, von denen uns die eine durch die erhaltenen Fi-
guren, die andere durch die Münzbilder und die Beschreibung des
Pausanias überliefert' wäre.
2*
20 DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1180-1182.
B.S. p. 141 n. 225. Bayet monuments derart antique I pl.33. Overbeck Gtoschicl:
der griechischen Plastik I4 p. 269 a, p. 268—271, 209 Anm. 1. Baumeister Denkmal
d. kl .Altertums II p. 1002 Fig. 1210. Collignon hiat. de la sculpture grecque. I p. 467 — 4
Fig. 234. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 208. Beinach repertoire de la stat.
1 p. 15 n. 6. Petersen vom alten Born4 p. 145 f. Abb. 109. Löwy griech. Plastik p. li
T. 131 Abb. 227. Bulle der schöne Mensch (2. Aufl.) T. 95 u. 119 p. 243ff. Vgl. Fri
derichs- Wolters Bausteine n. 454. Gazette archeologique XI (1896) p. 304 ff. Sau
die Anfänge der statuarischen Gruppe p. 68 ff. Melanges d'archebl. et d'histoire put
par l'ßcole francaise de Borne X (1890) p. 1 18 — 122. Boschermythol. Lexikon II p. 2445 i
Furtwängler Meisterwerke p. 357 — 359. — Über die Figur der Athena und die Grupi
s. Wochenschrift f. klass. Philologie XXIV (1907) n. 45 Sp. 1240—46. Jahrbuch <
arch. Instituts XXIII (1908) p. 125 ff. T. 3—4. Ebenda p. 342 f. mit Beilage. Bulleti
de la soc. des antiquaires de la France 1908 p. 335 ff. Jahreshefte des österr. Institut
Xn (1909) p. 154 ff T. II— V. Ebenda Beiblatt Sp. 221—22. Neue Jahrbücher f. c
klass. Altertum 1909 p. 381 ff. Löwy a. a. O. T. 131 ; 228. Bulle a. a. O. T. 119 u. Abb. 55
Neue Jahrb. f. d. kl. Altert. 1911 p. 551 ff. T. I— II. Kunstwart XXV 1911 p. 210 fi
mit Tafel (es würde zu weit führen, die verschiedenen bisher veröffentlichten Bestau
rationsversuche der Gruppe hier zu kritisieren; befriedigend ist keine von ihnen; vgl
übrigens den Nachtrag zu«. 364 im II. Bande). Antike Denkmäler III T. 9 p. 8ff. Abb
1 — 3. — Eine sehr schöne Wiederholung des Athena-Xopfes in Dresden s. bei Brunn
Bruckmann Denkmäler n. 591. Zu dem Kopfe des Marsyas vgl. Museo Barracco n. 1104
1180 (476) Statue des Sophokles*
Gefunden zu Terracina und 1839 von der Familie Antonelli dem
Papste Gregor XVI. geschenkt. Ergänzt von Tenerani die über der r.
Seite der Stirn befindliche Haarpartie, der größte Teil der Augenknochen,
die Nase, ein großer Teil der r. Backe, die untere Hälfte des r. Schnui r-
bartes, Splitter am Backenbarte, beinahe die ganze r. Hand (doch ist
ein Teil der Handfläche bis zum Ansatz des Daumens antik), das Gewand
auf der Bückseite bis zur halben Höhe der Unterschenkel, die Füße,
das Scrinium, die Plinthe.
„Die Statue an sich macht völlig den Eindruck eines Originals;
sie scheint durchaus für das Material gedacht, in dem sie ausgeführt
ist, und das Werk eines freien griechischen Meißels" (B. S. p. 159).
Größere Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß sie das bronzene
Standbild des Sophokles wiedergibt, das auf den Vorschlag des
Lykurgos zwischen 350 und 330 v. Chr. im athenischen Dionysos -
theater aufgestellt wurde; denn sie trägt „den entschiedenen
Charakter eines öffentlichen Monuments" und erinnert in der
Auffassung wie in dem Stile an die Kunstweise der damals tätigen
attischen Bildhauer (vgl. n. 1129). Ein Künstler, der mehr
als fünfzig Jahre nach dem Tode des Sophokles ein Porträt des
großen Dichters bildete, konnte dabei die Statue, die der Sohn
des Sophokles, Iophon, seinem Vater unmittelbar nach dessen Tode
errichtet hatte, und ein Gemälde in der Poikile benutzen, auf dem
Sophokles die Kithara spielend dargestellt war. Jedenfalls gibt
die Statue ein in allem Wesentlichen richtiges und erschöpfendes
Bild der dargestellten Persönlichkeit. Sophokles steht vor unö in
der Blüte der Mannes jähre, mit dem ungezwungenen Anstände
des harmonisch durchgebildeten Atheners, eine in jeder Hinsicht
vornehme Erscheinung. Der eingestemmte 1. Arm und die leichte
Fülle des Unterleibes sind in einer Weise behandelt, die den Charak-
ter ruhiger Würde nur zu steigern vermag. Das Gesicht vereinigt
in unvergleichlicher Weise den Ausdruck von Intelligenz, phantasie-
SIEBENTES ZIMMER. 21
vollem Ernst und Liebenswürdigkeit. Ein wahres Meisterstück
ist das Gewand, das allenthalben die Formen des darunter befind-
lichen Körpers auf das klarste erkennen läßt und sich dabei in
zugleich ungezwungener wie den künstlerischen Anforderungen
entsprechender Weise entwickelt. Die Feinheit, mit der der Künstler
den Gang der Falten abgewogen hat, erhellt im besonderen aus dem
Überschlage, den er das Gewand über der 1. Hand bilden läßt.
Hierdurch wird der verworrene Eindruck, den die vielen auf einen
Punkt zusammenlaufenden Linien hervorrufen würden, auf das
glücklichste vermieden. Ein dem Geiste des 5. Jahrhunderts und
somit dem Wesen des Sophokles zuwiderlaufendes Element kann
man höchstens darin erkennen, daß die Statue einen leichten Anflug
von der dandyhaften Richtung zeigt, die während des 4. Jahr-
hunderts in den vornehmen athenischen Kreisen herrschte und viel-
fach auch die plastische Darstellung bestimmte (vgl. n. 261, 262).
Diese Richtung äußert sich in der nicht ganz ungekünstelten Haltung
des Kopfes, wie in der Anordnung des Bartes, die man mit Recht
als beinahe zierlieh bezeichnet hat. (Vgl. n. 1129 u. 1401).
B. 8. T. XXIV p. IS* d. 237. Baumeister Denkm. d, kl. Altertums III p. 1B86
Fig. 1767. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 427. Amdt-Bruckmann griech. u.
röm. Portrtts n. 118—116. Collignon hiatolre de ia sculpture grecque II p. 349 flu.
179. Petersen vom alten Kom' p. 170 Abb. 133. Lötry griech. Plastik p. 01 T. 117.
Vgl. Fricderichs-Vt'oltere Bausteine n. isuj. Alben. Mii-tcilungm X HUBS) p, 1«),
Jahrbuch des arch. Instituts V (1890) P- 158 — 180, XI (1896) p. 170fl. Studniczba
da» Blldn. d. Arbtotda p. 18. Memorie della B. Accademia iel Llnoei XIV (1910)
3er. 9 (Cl. delle scienze mor., stor. e filol.) p. 279 [hier wird die Statue ohne zu-
reichende Gründe mit dem Kreise den Skopas In Beziehung gesetzt).
Rechts von der Statue des Sophokles an der Wand:
1181 (475) Kopt eines Dlsdochen.
Ergänzt die Büste, die Nase, die Oberlippe, ein Teil der Unterlippe.
Der Kopf, der an seinen individuellen Zügen als Forträt, an der
Königsbinde als hellenistischer Herrscher kenntlich ist, stellt, wie
der künstlerisch überlegene Kopf im Vatikan n. 245, einen Diadochen
als „neuen Dionysos" mit kurzen Stierhörnern dar (vgl. n. 406).
Man hat beide Köpfe kaum mit Recht für Porträts derselben Persön-
lichkeit erklärt, in der man Demetrios Poliorketes hat erkennen
wollen. Vgl. auch das Porträtrelief in diesem Zimmer n. 479.
B. 8. p. 153 n. 2S8. Amdt-B ruck mann griech. u. rom. Portrats n. 351. 352. V.l.
Bureiana Jahresberichte CXI1901) III p. 139.
seh. XXI 11903) p. 88 n. 28. Journal o( n<
PortratrelieE s. bei Arndt-Bruckra&nn a. a.
Neben der Ausgangstür:
1182 (465) Kopf eines Jünglings.
Ergänzt die Sasenspitic, ein Teil der Unterlippe, Büste und Haie.
Der Kopf wiederholt in harter Arbeit ein schönes Bronze -Original
aus der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr. Er ist mit dem
22 DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1183.
Kopf des sog. Phaon der bekannten Madrider Doppelbüste un<
einem ähnlichen Knabenkopfe dergleichen Epoche zeitlich und typiscl
verwandt, aber nicht identisch, auch stilistisch von beiden ver
schieden.
B. S. p. 143 n. 228 T. IX 2. — Die Madrider Doppelbüste s. bei Furtwftnglei
Meisterwerke p. 98 ff. Fig. 11, 12, den anderen Typus bei Arndt collection Ny-Carlsberg
p. 33 ff. T. 23, 24 Fig. 14, 15.
Achtes Zimmer.
1183 (487) Belief bild, Menander und die Personifikation der
Komoedie (?).
Ehemals im Pal. Rondanini; für den Vatikan erworben am 21. Juli
1838 (Atti del Camerlengato Tit. IV fasc. 213; nach Mitteilung von
Th. Ashby). Ergänzt die Nase der männlichen Figur.
Ein Mann reifen Alters mit sehr individuell gebildetem, voll-
ständig rasiertem Gesichte sitzt vor einem Tische, auf dem zwei
komische Masken und eine halb aufgewickelte wollene Binde liegen
(keine Schriftrolle, wie man früher erklärte), deren eines Ende
über den Tisohrand niederhängt. Eine dritte, ebenfalls der Komoedie
angehörige Maske, die er soeben von dem Tische weggenommen
zu haben scheint, hält der Mann auf der erhobenen L. Hinter dem
Tische sieht man von einer hohen Stütze getragen eine Tafel, auf
der eine geöffnete Pergamentrolle befestigt, ist. Die r. Seite der
Tafel ist abgebrochen und die Bruchstelle von moderner Hand
verglättet. Augenscheinlich ist ein Lesepult dargestellt, nach Art
unserer Notenpulte, wie es ähnlich gelegentlich auf Nebenseiten
von Sarkophagen vorkommt, auf denen, wie auf dem lateranen-
sischem Relief Szenen aus dem Leben literarisch - tätiger Männer
wiedergegeben sind (vgl. im Museo Chiaramonti Museumsnummer
661 u. 663). Den Hintergrund bildet eine girlandengeschmückte
Mauer, auf der oben Gefäße und runde Scheiben aufgestellt sind;
r. ein reichverzierter Torbau. Vor diesem steht, dem Manne zu-
gewendet, eine vollständig bekleidete weibliche Figur, deren
erhobene B. abgestoßen ist. Den älteren Abbildungen zufolge
war diese Hand einstmals mit einer Rolle oder einem Stäbchen
ergänzt. Man hat früher diese Ergänzung als berechtigt zugegeben
und in dem Attribute einen Griffel erkennen wollen, mit dem die
Gestalt sich anschicke, die auf dem Pulte ausgebreitete Rolle zu
beschriften. Man berief sich dabei auf ein zu Herculanum gefundenes
Wandgemälde, auf dem die Weihung einer szenischen Maske dar-
gestellt ist: neben dem siegreichen Schauspieler kniet dort ein weib-
liches Wesen, das eine Inschrift auf eine unter der Maske angebrachte
Tafel schreibt. Dort aber ist von einer Schriftrolle keine Spur zu
sehen; ja, es ist ganz unwahrscheinlich, daß man je ein so vergäng-
liches Material zur Trägerin einer Weihinschrift bestimmt hätte.
Anderseits wäre es unbegreiflich, weshalb der Künstler des Reliefs
ACHTES ZIMMER. 23
nicht Figur und Bolle in sichtbare Beziehung zueinander gesetzt
hätte. Zudem hat vor einigen Jahren ein Gelehrter darauf hin*
gewiesen, daß sich- rings um die Bruchstelle der Hand ein kreis-
förmiger Ansatz erkennen läßt; wenn er allerdings vermutete, die
Hand habe eine Maske mit dem Gesichte dem Manne zugekehrt
gehalten; so werden wir ihm darin nicht folgen können; miß-
verständlich hielt der gleiche Gelehrte, einer ehedem verbreiteten
Annahme folgend, den Torbau für einen Schrank, aus dem die
Frau eine Maske nach der andern hervorhole, um sie dem Manne
zu reichen. Aber abgesehen davon, daß diese Handlung viel zu
bedeutungslos wäre, als daß man sie als Gegenstand des Reliefs gelten
lassen könnte, hätten von der Maske zweifellos sichtbarere Spuren
bleiben müssen. Auch würde die Komposition an jener Stelle zu
überfüllt und die Maske zudem gerade so zu stehen kommen, daß
sie den Blick der Frau, der dem Gesichte des Mannes gilt, be-
hindern müßte. Man hat deshalb mit größerer Wahrscheinlichkeit
einen Kranz an Stelle der Maske vermutet, wird aber, falls nicht
eine Replik einmal weiterhilft, kaum je zu einem sicheren Schlüsse
gelangen. Der ganze Habitus der Frau ist so würdevoll, so statuarisch
in sich abgeschlossen, daß man mit Recht in ihr eine Erscheinung
aus dem Kreise der Unsterblichen vermutet hat; eine menschliche
Vertraute des Mannes, an die von Andern gedacht wurde, hätte der
Künstler sicher in lebendigerer Bewegung gebildet. Bei dem Manne
schwankte man früher, ob er einen Dichter oder Schauspieler darstelle,
nur der Bezug zur Komoedie war durch den Charakter der Masken
sichergestellt. Nachdem wir nun das Porträt des Menander kennen
gelernt haben, kann wohl kein Zweifel sein, daß auch dieser kleine
Kopf das Bild des hervorragendsten Vertreters der jüngeren attischen
Komoedie in den hauptsächlichsten seiner charakteristischen Züge
wiedergeben soll. Der Dichter sitzt und betrachtet mit prüfendem
Blicke die Masken einer neuen Komoedie; da tritt die Erscheinung
— am ehesten dürfen wir sie wohl die Personifikation der Ko-
moedie nennen — mit verheißungsvoller Gebärde zu ihm ein und
bringt ihm die Sicherheit des Sieges. Wenn man früher annahm,
die Szene gehe in dem Arbeitszimmer des Dichters vor sich, so
übersah man, daß der Boden zum Teil deutlich als Felsboden
charakterisiert ist. Ferner hat man mit Recht darauf hingewiesen,
daß eine derartige Mauer mit ebensolchen runden Scheiben und
einem entsprechenden Torbau auf einem anderen antiken Relief als
Begrenzung eines heiligen Bezirkes wiederkehrt. In einer russischen
Privatsammlung (ehemals in Rom) befindet sich das Fragment einer
Replik des lateranensisohen Reliefs mit der Figur des Dichters; den
Hintergrund bildet wiederum eine Mauer, die allerdings etwas anders
gestaltet ist als auf unserm Exemplare. Das legt den Verdacht nahe,
24 DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1184-1188.
daß uns auch in diesem nicht die originale Fassung erhalten sein könntf
Jedenfalls aber sind wir zu einer Erklärung der Komposition, wl
sie uns vorliegt, verpflichtet, und da scheint sich ein erträgliche*
Sinn nur zu ergeben, wenn wir annehmen, der Bildhauer habe, eine«
verbreiteten Vorstellung folgend, einen Vorgang aus dem Leben dei
Verstorbenen mit all seinem Zubehör in dessen heiligen Grabbezirl*
versetzt. Wir hätten demnach anzunehmen, die Komposition sei füi
ein Weihgesohenk an den heroisierten Dichter geschaffen worden, für
dessen Figur sehr wohl, wie man angenommen hat, seine Porträt»!
statue im Dionysos-Theater zu Athen, das Werk der Söhne des
Praxiteles, als Vorbild gedient haben könnte. Das lateranensische
Relief ist vielleicht noch eine hellenistische Arbeit aus dem 1. Jahr-
hundert v. Chr. Die Ausführung ist ebenso fein wie charaktervoll
und unterscheidet sich in ihrer flotten, hie und da etwas nachlassigen
Frische wesentlich von der glatten sauberen Eleganz augusteischer
Reliefs. — S. die Nachträge.
B. 8. p. 163 n. 245. Die älteste Abbildung bei Bellori illustrium philoeophoram,
poetarum, rhetorum et oratorum imaglnes (Romae 1685) T. 69. Schreiber die helle-
nistischen Reliefbilder T. 84; die Wiener Brunnenreliefs aus Palazzo Grimani p. 8
Fig. 3, 4 (vgl. p. 67 Anm. 25). Reisen griech. Weihgeschenke p. 54. Hartel-
Wickhoff die Wiener Genesis p. 25 = Wickhoff Schriften 111 p. 44. Rom. Mitteil. XIX
(1904) p. 38 — 40. Bernoulli griech. Ikonographie II p. 114ff. n. 25 T. XV. Birt
die Buchrolle in der Kunst p. 178 f. Abb. 113 (B. nimmt an, das Pult sei zum An-
hängen eingerichtet gewesen, da sich die Mittelstatze nicht bis zum Boden
fortsetzt; diese Fortsetzung aber konnte sehr wohl durch Malerei angedeutet
sein, wenn der Künstler das überhaupt für notwendig hielt, denn der ganze
Raum unterhalb der Tischplatte war ursprünglich nicht so offen sichtbar wie jetzt).
Jahrbuch d. arch. Inst. XX (1905) p. 153. Neue Jahrbücher f. d. klass. Altert. 1905
p. 126. Gultrera saggi dell'arte ellenistica I p. 219. Klein Gesch. d. griech. Kunst III
p. 144. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 626 a (Text von Sieveking). Petersen Vom
alten Rom4 p. 172f. Abb. 136. Revue des etudes anciennes (Bordeaux) XIII 1911
p. 152 f. mit Abb. Robert 25. Hallisches Winkelmannsprogramm p. 77 ff. Fig. 96 (vgl.
p. 4 Fig. 5 u. 6; p. 44 Fig. 78). Vgl. Benndorf Beiträge zur Kenntnis des attischen
Tneaters p. 36. Abhandlungen des arch.-epigr. Seminars in Wien VI11 (1890) p. 54 n.,
p. 149. Berliner philol. Wochenschrift 1895 p. 1627. Dieterich Pulcinella p. 50. Athen.
Mitteil. XXVI (1901) p. 137. J. W. Clark the care of books (1901) p. 36. Journal
of hell, studies XXIII (1903) p. 359. Watzinger das Relief d. Archelaos v. Priene
(63. Berl. Winckelmannsprogramm) p. 8, p. 16. Hock griech. Weihegebräuche p. 105.
Jahrbuch d. arch. Inst. XXIV (1909) p. 59. Rom. Mitteil. XXVT 1911 p. 225 Anm.
Über das Porträt des Menander vgl. Bernoulli a. a. O. p. 111, zu dem Motiv des Be-
trachtens einer Maske Vatikan-Katalog I p. 312 n. 3 mit der dort angeführten Literatur
Journal of hell, studies a. a. O. p. 358 f. T. XIII und Robert a. a. O. — Die Replik s.
bei Brunn-Bruckmann n. 626 b. Zu der Form der Mauer und des Torbaues vgl. das
Bauernrelief in München (Furtwaengler Glyptothek n. 455). Das Wandgemälde: Heibig
Wandgemälde der vom Vesuv verschütteten Städte Kampaniens n. 1460 u. Baumeister
Denkm. d. kl. Altertums III p. 1574 Abb. 1634.
1184 (496) Statuenfragment einer schlafenden Nymphe.
Ergänzt die Nasenspitze und der Hinterkopf.
Die Statue, von der dieses Fragment herrührt, gehörte zu einer
Gattung von Figuren, die von den antiken Kunstkritikern als „die
Ruhenden" (&vccitav6psvai) bezeichnet wurden. Ihr ursprüngliches
Motiv ergibt sich aus vollständiger erhaltenen Wiederholungen,
die als Brunnenfiguren kenntlich sind. Die Nymphe ruhte aus-
, ACHTES ZIMMER. 25
gestreokt auf dem Boden, indem sie sich auf den 1. Ellenbogen stützte
und den im Schlaf geneigten Kopf auf der über die 1. Schulter ge-
legten r. Hand ruhen ließ. Unter ihrem 1. Arm war ein Gefäß an*
gebracht, das als Brunnenmündung diente. Die Ausführung ist
fein, aber etwas ungleich. Vgl. n. 1355.
B. S. p. 169 n. 262. Über die Wiederholungen: B. S. p. 247—248. Über die
Itvanavöfxevat: Rheinisches Museum XXV (1870) p. 153 — 155.
1185 (520) Kopf einer Satyriskin.
Ergänzt ein Stück an der 1. Wange, das Kinn, die Büste.
Die Benennung wird dadurch gerechtfertigt, daß der Kopf
spitze Ohren und über der Stirn zwei kleine Hörner, aber dabei
entschieden weibliche Formen und auf dem Scheitel einen Zopf
zeigt. Das Haar ist durch ein Band zusammengehalten und von
einem Pinienkranze umgeben. Die Bohrlöcher in dem Kranze
scheinen zur Befestigung von Pinienbüscheln aus Bronze gedient zu
haben. Der Mund ist zu herzlichem Lachen geöffnet und läßt
beide Zahnreihen sehen.
B. S. p. 177 n. 273.
1186, 1187 (502, 515) Zwei Fragmente eines Hochreliefs.
Auf beiden Fragmenten, die, nach der Qualität des Marmors,
Reliefhöhe, Stil und Größenverhältnissen zu urteilen, von dem
gleichen Monumente stammen, ist je ein männlicher Kopf er-
halten, der eine mit einem kurzen Spitzbart, der andere, künst-
lerisch weit bedeutendere, bartlos. Beide Physionomien sind römisch.
Die des Bartlosen kehrt sehr ähnlich auf verschiedenen unter
den Rundreliefs am Konstantinsbogen wieder, über deren genaue
Datierung man sich bisher noch nicht hat einigen können. Man hat
bei den einzelnen Stücken zwischen flavischer, trajanischer und hadri-
anischer Zeit geschwankt, letzthin aber doch die ganze Reihe mit
größter Wahrscheinlichkeit der Zeit des Hadrian zugeschrieben.
Mit vier anderen Fragmenten römischer Reliefs im nächsten Zimmer
(n. 544, 545, 549, 558) haben diese beiden nichts zu tun; jene haben
andere Verhältnisse und stammen aus früherer Zeit.
B. S. p. 170 n. 258. 266. Papers of the British school at Rome III (1905) p. 250
und 285 f. n. A, B, PI. XXX 1, 2. Born. Mitteil. XII (1907) p. 357; XXVI (1911) p. 218.
Vgl. über die Bundreliefs am Konstantinsbogen zuletzt: Revue archeologique XV
(1910, 1) p. 118ff. T. I— XVII. Rom. Mitteil. XXVI (1911) p. 214ff. T. XIV.
1188 (534) Kolossale Poseidonstatue.
Gefunden 1824 in Porto im Bereiche eines größeren Gebäudes, in
dem man eine Thermenanlage erkennen will. Ergänzt die Nase, der ganze
1. Arm mit dem Dreizack, die vordere Hälfte des r. Unterarmes mit dem
Aplustre, beide Unterschenkel, Splitter am Bart und Haupthaar, das
Schiff, der Delphin, die Plinthe.
Die Statue gibt einen Typus wieder, der in der zweiten Hälfte des
4. Jahrhunderts v. Chr. seine Ausgestaltung erhalten hat und von
26
DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1139—1190
der späteren Kunst unter mancherlei Modifikationen reproduzie
wurde. Poseidon setzt das rechtwinklig gebogene r. Bein auf d;
Vorderteil eines Schiffes oder einen Felsen, lehnt den r. Ellenboge
auf den r. Schenkel und stützt sich mit der L. auf seinen Dreizacl
Die lässig bequeme Stellung und der Ausdruck des Gesichts, der eir
gewisse Abgespanntheit erkennen läßt, erwecken den Eindruck, als o
der Gott nach einer vorhergehenden Anstrengung ausruhe. Der Typu
des Kopfes steht dem Zeusideal näher als in n. 106, wiewohl auch hie
das Haar von Meeresfeuchte durchdrungen scheint. Der Körper i&
untersetzter als der des Bruders. Die Schärfe, mit der die Hauptum
risse des Kopfes durch Unterarbeitung hervorgehoben sind, und de
stark abwärts gerichtete Blick deuten auf eine hohe Aufstellung. D;
das von der B. gehaltene Aplustre den einfach schönen Fluß der Um
risse beeinträchtigt, so scheint es vomErgän
zer irrtümlich beigefügt und die r. Hand ohne
Attribut längs des Schenkels herabgehanger
zu haben, wie auf Münzbildern, die densel
ben Poseidontvpus wiedergeben. Als Beispiel
diene diebeifolgend (Fig. 32) abgebildete Münze
des Demetrios Poliorketes. Ob der r. Schenkel
gerade durch einen Delphin gestützt war, bleibt
zweifelhaft; alle sonstigen Ergänzungen sind
durch besser erhaltene Wiederholungen hin-
länglich gerechtfertigt. Man hat lange Zeit geglaubt, das bronzene
Kultbild des Poseidon in dem Tempel des Gottes auf dem korin-
thischen Isthmos, eine Schöpf ung desLysippos, sei in diesem Typus
gebildet gewesen, und die lateranische Statue geradezu für eine
Kopie nach jenem Werke erklärt. Kürzlich aber hat man mit Recht
darauf hingewiesen, wie unpassend Motiv und Gestaltung für ein im
Tempel eingeschlossenes, nur von einer Seite sichtbares Bild gewesen
wäre, und daß die Formen der lateranischen Statue keine Spur
lysippischen Stiles tragen. Anderseits ist es sicher, daß ein Bild
dieses Typus auf dem Isthmos, aber augenscheinlich im Freien
aufgestellt war; das wird denn auch das Vorbild unserer Statue
gewesen sein, deren Formen auf einen Meister raten lassen, der viel-
mehr dem Bryaxis (vgl. n. 237, 288, 770 u. 1919), als dem Lysippos
nahestand.
B. S. p. 182 n. 287. Overbeck Kunstmythologie III p. 251, p. 255, p. 259 n. 2,
p. 279 n. 1, p. 280; Atlas XI 1, 2, XII 29. Baumeister Denkm. d. kl. Altertums III
p. 1392 Fig. 1540. Brunn -Bruckmann Denkmäler n. 248. Collignon histoire de la
sculpture grecque II p. 419 Fig. 219. Reinach repertoire de la statuatre II 1 p. 27
n. 1. Boscher mythol. Lexikon III 2 p. 2888ff. Abb. 18. Löwy griech. Plastik p. 105
T. 127; 219. Bulle der schöne Mensch (2. Aufl.) T.73. Vgl. Lange das Motiv des auf-
gestützten Fußes p. 31 ff. Löwy Lysipp und seine Stellung in der griech. Plastik p. 10.
Memorie della B. Accademia dei Lincei XIV (1910) Ser. 5 (Cl. delle scienze mor., stör.
e filol.) p. 239 f.
Fig. 38.
NEUNTES ZIMMER. 27
Neuntes Zimmer.
1189 (579) Behelmter hellenistischer Porträtkopl.
Ergänzt der vordere Teil der Nase und Stücke am 1. Ohre.
Der Kopf kann nicht, wie gewöhnlich angenommen wird, ein
römisches Porträt sein; denn wir würden ihn in diesem Falle, da
er mit einem schwachen Vollbarte versehen ist, frühestens der
Zeit Hadrians zuzuschreiben haben. Hiergegen sprechen jedoch
der Stil und die sorgfältige» aber zugleich von jeglicher Prätention
freie Ausführung, die vielmehr auf die hellenistische Zeit deuten.
Dem melancholischen Ausdruck, der dem Kopfe eigen ist, begegnen
wir bei zahlreichen Porträts aus dieser Zeit. Daß man damals
bisweilen Vollbarte trug, beweisen die Münzbilder der makedonischen
Könige Philippos V. und Perseus, die der Seleukiden Antiochos III.,
Demetrios II. und III., die der beiden Prusias von Bithynien und
anderer hellenistischer Herrscher. Nach der Auffassung eines Ge-
lehrten hätte der Künstler die darzustellende Persönlichkeit dadurch
zu idealisieren versucht, daß er ihre Gesichtszüge mit denen
eines bekannten Arestypus vermischte.
B. S. p. 193 n. 304. Furtwängler über Statuenkopien im Altertum I p. 43 Anm. 1.
— Über den Bart in der hellenistischen Epoche: Rom. Mitt. IX (1894) p. 113.
An der Ausgangswand:
1190 (625) Pfeilerfüllung.
Erhalten sind zwei Fragmente, die wahrscheinlich einst ein
Ganzes bildeten und zur Dekoration eines Pfeilers bestimmt waren.
Links und rechts sind sie von Ornamentleisten eingefaßt. Im Felde
ist unten eine mit Weinranken bedeckte Urne dargestellt, aus der
eine Rebe emporwächst, die mit ihren Zweigen den ganzen Raum
erfüllt. Zu beiden Seiten der Urne und in den Ranken ist allerlei
Getier dargestellt. Auf dem einen Fragment ragt eine Leiter empor;
man bemerkt noch, daß einst auf den Sprossen ein Putto mit einem
Korbe emporstieg. Man hat ihn weggemeißelt, ebenso wie zwei
kelternde Putti auf dem anderen Fragmente. Beide Stücke sind
künstlerisch interessant als besonders schöne Zeugen einer eigenen
Richtung in der römischen dekorativen Kunst, die im Beginn des
3. Jahrhunderts allgemein wird, aber schon früher einsetzt: die
Flächen werden ganz mit Ornament übersponnen, das, ebenfalls
flächig gehalten, wie ein reichdurchbrochenes Gitterwerk gestaltet
wird, so daß es licht auf dunklem Schatten steht, und alle Konturen
in außerordentlich scharfer Zeichnung zur Geltung kommen. Vgl.
dagegen n. 1198.
B. 8. p. 199 f. n. 320, 320 a. Hartel-Wickhoff die Wiener Genesis p. 38, 41
Fig. 11 = Wickhoff Schriften III p. 74 Fig. 11. Riegl spätrömische Kunstindustrie
P. 71 f. Fig. 10.
28 DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1191.
In der Mitte:
1191 (656) Dreiseitige Basis.
Gefunde.i 1844 auf dem Forum zwischen dem Saturntempel und
der Phocassaule. Man darf den ursprünglichen Aufstellungsort am wahr-
scheinlichsten auf dem Treppenvorbau des Saturntempels vermuten.
Da die stark nach einwärts geschwungenen Seitenflächen eine
Analogie nur an den Basen der Dreifüße finden, die von athenischen.
Choregen im Namen siegreicher Phylenchöre geweiht wurden, da
ferner die lateranische Basis mit einem zu Athen befindlichen Exem -
plare dieser Art in den Maßen übereinstimmt, ihre Reliefs dadurch,
daß sie dionysische Festfreude vergegenwärtigen einen für ein
derartiges Denkmal geeigneten Schmuck abgeben und endlich
auch die Ausführung einen entschieden attischen Charakter zeigt,
so dürfen wir dieses Marmorwerk jenen Dreifußbasen zurechnen
und annehmen, daß es in Athen gearbeitet und von dort nach Rom
übertragen worden ist. Ja es scheint fast, als habe es seinen Weg
erst über Pergamon genommen, durch die Sammlungen der kunst-
sinnigen Attaliden, aus denen es dann mit der ganzen übrigen perga-
menischen Erbschaft nach Rom gelangt sein könnte; hat sich doch
gerade in der Nähe von Pergamon eine Reliefplatte mit der äußerst
sorgfältig ausgeführten Wiederholung einer Figur der lateranischen
Basis — des Mädchens mit der Lyra — gefunden, augenscheinlich
eine Arbeit aus der Zeit der Blüte pergamenischer Kunst. Da nun
verschiedene von den Figuren der Basis auf dekorativen Reliefs
der römischen Zeit wiederkehren, glaubte man früher auch in der
Basis selber eines jener sogenannten neu -attischen Machwerke
zu besitzen. Während aber die einzelnen Motive dort mechanisch,
ohne innere Beziehung, nebeneinandergestellt werden und dadurch
äußerliche Nachahmung und Kombination verraten, erscheinen
sie hier in der lebendigen Verbindung der einheitlich ge-
schlossenen Gruppen wohl begründet. Zudem ist die Ausführung,
soweit sie nicht durch die Eingriffe eines antiken Restaurators ver-
dorben ist, von einer solchen Frische und Feinheit, so weit entfernt
von der eleganten Glätte jener späteren Skulpturen, daß man jetzt
wohl allgemein übereingekommen ist, in dieser Basis ein Werk des
4. Jahrhunderts v. Chr. und eines der Originale zu erkennen, aus
denen die neu -attischen Bildhauer je nach Bedürfnis ihre Vorlagen
entnahmen. Sehr bedeutsam ist es, daß sich die älteste Wiederholung
einer der neun Figuren gerade bei Pergamon gefunden hat; damit
bestätigt sich eine bereits in früherer Zeit als Hypothese geäußerte
Ansicht, daß jene neu -attische Richtung zunächst in Pergamon,
begünstigt durch die kunsthistorischen Studien am Attaliden - Hofe,
aufgekommen sei. Ursprünglich hat auf der lateranischen Basis
natürlich ein bronzener Dreifuß gestanden, eben der Siegespreis
des Choregen, von dem die Weihung ausging. Es wäre möglich,
NEUNTES ZIMMER. 29
daß mau in Born an Stelle des bronzenen einen marmornen Dreifuß
gesetzt habe, von dem sich Beste imTabularium befinden, und der eben-
falls von dem Forum stammt und in seinen Maßen zu der Basis
passen würde.
Auf der einen Seite sieht man in der Mitte eine weibliche Figur,
die mit den Fingern und dem Plektron eine sechssaitige Lyra rührt.
Sie ist umgeben von zwei Mädchen, von denen ihr das eine mit
leichtschwebenden Schritten folgt, indem sie mit den Fingern der
L. den wehenden Mantelzipfel der mittleren faßt. Das andere Mädchen
tanzt den beiden augenscheinlich rückwärts voraus, indem sie große
Krotalen schwingt, von denen sich nur die in der r. Hand deutlich
erhalten haben. Die rechts folgende Seite zeigt drei Mädchen in
wirbelndem Tanze. Der Kopf der Mittelfigur war im Altertum
restauriert worden, wie das an seiner Stelle angebrachte Loch be-
weist; auch sonst sind hie und da Eingriffe eines antiken Restaurators
bemerkbar (z. B. an dem 1. Oberarm der r. Figur). Die Reliefs der
dritten Seite stellen einen tanzenden Satyr zwischen einem in wil-
dester Erregung tanzenden und einem ruhig stehenden Mädchen
dar, das jetzt mit der vom Gewände bedeckten 1. Hand irgendetwas
vor der Brust zu halten scheint; auch hier ist jener Bestaura tor
verständnislos vorgegangen. Andere Wiederholungen der Figur
belehren uns, daß das Mädchen ursprünglich die Doppelflöte zu dem
Tanze der beiden anderen blies. Auch bei der Herstellung der be-
schädigten Figur des Satyrs hat der antike Bestaurator einen Fehler
begangen. Wie sich nämlich aus dem Falle der Nebris und der
Stellung des Thyrsos und außerdem aus mehrfachen Wiederholungen
der Figur ergibt, müßte dieser Satyr mit der zurückgreifenden L.
wie mit der vorgestreckten B. das längs seiner Schenkel ausge-
breitete Pantherfell, mit der R. zugleich den Thyrsos fassen. Sein
1. Ann und sein r. Vorderarm sind auf der Basis entweder beinahe
vollständig weggemeißelt oder nur skizziert. Doch lassen die vor-
handenen Spuren deutlich erkennen, daß der r. Vorderarm eine
falsche Richtung erhalten hat; denn er ist nach oben gerichtet,
ohne das Fell und den Thyrsos zu berühren, die infolgedessen voll-
ständig in der Luft schweben. In den Darstellungen der drei Seiten
sind deutlich drei verschiedene Arten des dionysischen Tanzes
wiedergegeben: der ruhige feierliche reigenartige Tanz zum Klange
der Lyra, das Wirbeln und Sich-Heben und -Werfen in der höchsten
Erregung, aber noch in tiefster Verhüllung, endlich das sinnliche
Gegeneinandertanzen von Satyr und Mänade zum aufreizenden
Klange der Flöten.
Die Art der Gewandbehandlung erinnert an den eigentümlichen
Stil der Nike-Ballustrade in Athen mit ihren florartig durchscheinen-
den, lebhaft flatternden Gewändern, einen Stil, wie er im 4. Jahr-
30 DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1192
hundert hauptsächlich von dem attischen Bildhauer Timothec
weiter entwickelt wurde. Anderseits erinnern einige Figuren de
Basis lebhaft an einzelne Gestalten auf den Reliefplatten vor
Mausoleum zu Halikarnaß, die man kürzlich mit überzeugende:
Gründen dem Leochares zugeschrieben hat. Der Künstler der Basi
wird ein Zeitgenosse beider gewesen sein, Anregungen hierher um
dorther empfangen haben. Aus dem gleichen Atelier sind äugen
scheinlich die Originale der beiden Reliefs hervorgegangen, die wi
unter n. J10 — 111 besprochen haben.
Revue des 6t. gr. 1900 p. 11 (mit Umrißzeichnung). Bullettino comunale XXO
(1901) p. 219 ff. Fig. 2 (Abbildung der an erster Stelle beschriebenen Seite). Brunn
Brackmann Denkmäler n. 599 (mit Text von Hauser). Vgl. B. S. p. 201 n. 323. Hausei
die neu-attischen Reliefs p. 25 n. 33, p. 146 — 147, p. 179. Abhandlungen des arch.-epigr
Seminars in Wien VIII (1890) p. 92 — 94. Über den Mausoleumsfries vgl. zuletzt Jahr
buch d. arch. Inst. XXIV 1909 p. 171ff.
Zehntes Zimmer.
Besondere Beachtung verdient in diesem Saale eine Reihe von
Skulpturen, die im J. 1 848 drei Miglien vor Porta Maggiore an der Via
Labicana nicht weit vonCentocelle gefunden wurden (n. 1192— 1197).
Der Inhalt der Darstellungen läßt darauf schließen, daß diese
Skulpturen zur Dekoration eines Prachtgrabes dienten, das nach
zwei an derselben Stelle entdeckten Inschriften einem Zweige der
Haterier gehört haben muß, einer Familie, die während der ersten
Kaiserzeit eine nicht unbedeutende Rolle spielte. Der Stil der
meisten Reliefs und die Buchstabenformen der Inschriften deuten
auf das vorgerückte 1. Jahrhundert n. Chr., doch hat man augen-
scheinlich auch im folgenden Jahrhundert noch manche Teile der
Dekoration hinzugefügt. Wir beginnen unsere Betrachtung mit
drei Reliefs, die den Pomp eines vornehmen römischen Leichen-
begängnisses veranschaulichen.
Vgl. Hartel und Wickhoff die Wiener Genesis p. 30 = Wickhoff Schriften III
p. 56 ff. Altmann die römischen Grabaltäre p. 24 — 27.
Den Fenstern gegenüber:
1192 (691) Relief, Ausstellung eines Leichnams.
War ein Römer oder eine Römerin aus den wohlhabenden Ständen
gestorben, so wurde die Leiche zunächst von dem Pollinctor ge-
badet, gesalbt und so hergerichtet, daß sie einen möglichst würdigen
Eindruck machte. Dann stellte man sie im Atrium des Hauses
auf einem Paradebette (lectus funebris) aus. Das Relief vergegen-
wärtigt eine derartige feierliche Ausstellung (collocatio). Die Ver-
storbene liegt steif ausgestreckt auf dem Paradebette. Die vier
zu ihren Füßen übereinander gelegten tafelförmigen Gegenstände
scheinen Schreibtafeln (pugillares) zu sein, von denen wir vielleicht an-
ZEHNTES ZIMMER. 31
nehmen dürfen, daß sie das Testament der Verstorbenen enthalten.
Über das Kopfkissen hängt ein Tuch in Form einer breiten, um-
säumten und gefransten. Schärpe (wohl das orarium, sudarium oder
mappa genannte Tuch, wie es sich auch in der Ausstattung der
Camilli findet; vgl. n. 1 177). Hinter dem Bette sieht man zwei Klage-
weiber (praeficae) mit aufgelöstem Haare, die mit den Händen auf
ihre Brüste schlagen, und einen Mann, vielleicht den Pollinctor, der
im Begriff ist, die Leiche oder das Paradebett mit einer Girlande zu
schmücken. Links wie rechts brennende Kandelaber und Lampen.
Links unten sitzt vor dem Bette eine Flötenspielerin, die mit ihrer
Musik den Jammer der Klageweiber begleitet. Hinter ihr steht eine
andere Frau, die, ihre Hände faltend, zu der Verstorbenen emporblickt.
Rechts vor dem Bette sitzen drei trauernde Frauen, jede mit einer
steifen spitzen Mütze auf dem Kopfe. Da eine derartige Mütze (pileus)
bei den Römern für das Symbol der Freiheit galt und sie bei dem
Akte der Freilassung den Sklaven aufgesetzt wurde, so haben wir
vielleicht in den drei Figuren Sklavinnen zu erkennen, die durch
testamentarische Verfügung der Verstorbenen freigelassen worden
sind. Die vier Figuren, zwei Männer und zwei Frauen, die, ihre
Hände auf die Brust legend, vor dem Unterbau des Paradebettes
stehen, scheinen Verwandte der Toten zu sein. Außerdem sieht man
unterhalb des Unterbaues zwei Gefäße, in denen Räucherwerk brennt,
und rechts einen Mann, der einen rundlichen Gegenstand (einen Weih-
rauchklumpen ? ) heranträgt.
Mon. dell* Inst. V 6, Ann. 1849 p. 365 — 370. Brunn kleine Schriften I p. 72—76
Abb. 25. Baumeister Denkmäler des kl. Altertums I p. 239 Fig. 218. L'arte II 1899
p. 61 f. Fig. 31 (auf p. 48). Blümner die röm. Privataltertümer (J. Müller Handbuch
d klass. Altertumswissenschaft IV 2, 2) p. 485 f. Fig. 75. Vgl. B. S. p. 221 n. 348.
Altmann die röm. Grabaltäre p. 25.
Nachdem die Leiche eine gewisse Zeit, gewöhnlich drei Tage, im
Atrium des Hauses ausgestellt gewesen war, wurde sie in feierlichem
Zuge zunächst nach dem Forum gebracht. Der Zug zeigte einen
besonders bedeutungsvollen Charakter, wenn der Tote einer Familie
angehörte, deren Mitglieder curulische Ämter bekleidet hatten. Dann
schritten der Bahre Personen voran, die Porträtmasken jener Ahnen
vor das Gesicht gebunden hatten und die betreffende Amtstracht
trugen. Die Bahre wurde auf dem Forum vor der Rednerbühne
niedergesetzt; die als Ahnen maskierten Personen nahmen auf
curulischen Sesseln Platz; ein Verwandter hielt die Leichenrede.
Hierauf wurde die Leiche, je nachdem sie verbrannt oder beigesetzt
werden sollte, entweder nach dem für die Verbrennung bestimmten
Platz oder direkt in das Familiengrab gebracht. Der Weg, den der
Leichenzug der Haterier vom Forum aus durch die Via sacra ein-
schlug, wird durch ein Relief vergegenwärtigt, das an der Ausgangs -
wand des Zimmers aufgestellt ist.
i
32 DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1193—1194.
1193 (719) Belief, einen Teil der Via saera darstellend«
Fünf Gebäude folgen von rechts nach links so aufeinande
1. Ein Tempel, innerhalb dessen ein Sitzbild des Juppiter mit Donne
keil und Zepter aufgestellt ist. 2. Ein Triumphbogen, den die a
der oberen Attica angebrachte Inschrift bezeichnet als „Bogen an
dem höchsten Punkte der sacra Via". Innerhalb des Durchgange
sitzt die Dea Borna, zu deren Füßen allerlei Rüstungsstücke liegen
3. Ein Janus, gekrönt von einer Quadriga, die im Profil nach link
gerichtet dargestellt ist; innerhalb des Durchganges auf einer Trepp
die Mater magna, umgeben von ihren Löwen; vor ihr ein Altar
dessen Feuer von einem kuppeiförmigen Schirmdache überspann
ist. 4. Eine verkürzte Darstellung des Kolosseums. 5. Ein Triumph
bogen, den die auf der Attica angebrachte Inschrift als neben eineni
Heiligtume der Isis gelegen bezeichnet. Im mittelsten Durchgang
eine Statue der Minerva, in den beiden anderen nicht deutlich aus-
gearbeitete Figuren (Sarapis? Isis? Aion?).
Da das Kolosseum bestimmt erkennbar ist und der auf der
höchsten Stelle der sacra Via gelegene Bogen nur der Titusbogen
sein kann, so haben wir in dem Belief eine allerdings freie und viel-
fach verkürzte Darstellung der wichtigsten Gebäude zu erkennen,
die an dem östlichen Teile der sacra Via standen. Hiernach ist der
Juppitertempel der vor dem Palatin gelegene Tempel des Juppiter
Stator. Die Inschrift des dritten Bogens, die ein Isisheiligtum nam-
haft macht, kann sich auf den Tempel der Isis und des Serapis be-
ziehen, der unweit der Thermen des Titus bei der Kirche S. Pietro e
Marcellino lag und nach dem die dritte Begion der Stadt Born be-
nannt wurde. Wenn der Bildhauer innerhalb der Bögen Götterbilder
angebracht hat, so wollte er offenbar auf die Gottheiten hinweisen,
deren Tempel dem betreffenden Teile der sacra Via benachbart
waren. Diese Gottheiten sind aus ihren Tempeln zu der Straße
herabgestiegen und erweisen dem Haterius oder der Hateria, deren
Leichenzug vorbeigeht, die letzte Ehre. So nimmt man an, die Dea
Borna habe zu diesem Zwecke den dem Titusbogen benachbarten
Tempel der Venus und Borna verlassen und unter dem Bogen Platz
genommen. Wenn man von anderer Seite dagegen eingewendet hat, das
Belief müsse vor der Erbauung jenes Tempels gearbeitet worden sein, so
bleibt bei dieser Annahme die Anwesenheit der Göttin gerade an diesem
Orte schwer zu erklären. Eine Kapelle der Mater magna, auf deren
Nähe die unter dem zweiten Bogen angebrachte Figur schließen
läßt, ist an der Stelle nachgewiesen, wo der Clivus Palatinus von der
sacra Via abbog. Ein Heiligtum der Minerva, deren Figur wir unter
dem zweiten Triumphbogen wahrnehmen, lag hinter dem Kolosseum
nach dem Lateran zu in der Nähe der Kirche SS. Quattro Coronati.
Mon. dell' Inst. V 7, Ann. 1849 p. 370—382. Brunn kleine Schriften I p. 77—84
Abb. 26. B. S. p. 230 n. 358. Atti dell' Accademia di archeol. di Napoli XXIV (1906)
ZEHNTES ZIMMER. 33
p. 227ff. mit Tafel (in dieser Arbeit wird die frühere Datierung des Reliefs verfochten
und die Anschauung vertreten, nicht eine mit kindlicher Naivität aufgerollte Reihe
von Gebäuden längs der Straße sei dargestellt, sondern eine bestimmte bildmäßige
Ansicht von einem Standpunkte aus. Doch sind, um zu diesem Schlüsse zu gelangen,
verschiedene Voraussetzungen notwendig, die jedes Fundamentes entbehren, und,
wenn wir auch zugeben müssen, daß mit der oben befolgten Erklärung nicht
alle Bätsei gelöst werden, bleiben deren doch weniger bei ihrer Annahme, als bei
der neuen Deutung). Vgl. Jordan Topographie der Stadt Rom I 2 p. 277. Hermes
XX p. 418 ff. Altmann die röm. Grabaltäre p. 25. — Über den Tempel der Isis und des
Serapis bei S. Pietro e Marcellino: Notizie degli scavi 1888 p. 626. — Über die Kapelle
der Mater magna: Römische Mitteilungen X (1895) p. 27.
Durch das dritte Relief, das an der Eingangswand rechts von
der Tür aufgestellt ist, wird das Endziel des Leichenzuges vergegen-
wärtigt, das Grab, in dem das verstorbene Mitglied der Familie
Hateria seine letzte Ruhestätte fand.
1194 (676) Relief mit Darstellung eines Grabes.
Das reichgeschmückte tempelartige Grab, das auf diesem Belief
dargestellt ist, eignet sich vortrefflich dazu, die ursprüngliche Aus-
stattung mancher an den römischen Heerstraßen gelegenen Gräber
zu veranschaulichen, deren Marmor- oder Stuckbekleidung verloren
gegangen ist und von denen sich nur die aus Ziegeln oder Quader-
steinen aufgeführten Mauern erhalten haben. Der auf der Vorder-
seite mit einer Treppe versehene Unterbau diente als Grabkammer,
der sich darüber erhebende, vermöge der Treppe zugängliche korin-
thische Tempel als Lokal für den Totenkultus. Von der als Quader-
werk charakterisierten Treppenwange springt ein Bau vor, der auf'
der Vorderseite sechs in geringen Zwischenräumen nebeneinander
gestellte Pfeiler erkennen läßt, eine Vorrichtung, die den Zweck ge-
habt zu haben scheint, der im Unterbau befindlichen Grabkammer
Luft zuzuführen. Auf diesem Bau steht ein Altar, auf dem ein Opfer
brennt und der mit einem kuppeiförmigen geschuppten Schirmdache
überspannt ist (vgl. n. 1193, 3). Daß die Stelle, an der der Bildhauer
den Altar angebracht hat, der Wirklichkeit entspreche, ist unwahr-
scheinlich. Vielmehr haben wir nach allen Analogien anzunehmen,
daß sich der Altar vor der Treppe in der Achse des Grabtempels .
befand. Das ganze Gebäude ist reich mit Skulpturen verziert. In
dem Giebel des Tempels sieht man eine weibliche Büste, wohl das
Porträt einer in dem Grabmale beigesetzten Hateria, an der. Vorder-
wand drei Reliefs, auf denen Knabenfiguren mit Attributen der
Jahreszeiten dargestellt sind. Die Seitenwand des Tempels zeigt drei
in Muscheln eingesetzte Büsten von Haterierkindem, weiter unten
Reliefs mit den Figuren der drei Parzen. An dem Unterbau ist links
von der Tür eine kleine Tempelfront und innerhalb deren eine
Figur des Hercules angebracht, der auf einem umgestürzten Korbe
sitzt. Die Attribute des Heros, Skyphos, Bogen und Keule, füllen
•den Giebel und die darüber befindlichen dreieckigen Felder.
H eibig: Führer. II. 3. Aufl. 3
i
34 DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1195-1197.
Sehr schwierig zu erklären sind die auf dem Dache des Tempe
angebrachten Darstellungen. Man sieht daselbst eine auf eine:
Pfühle gelagerte Frau, die in der R. einen Vogel hält, vor dem Pf üh
eine Gruppe von drei spielenden Kindern und eine Alte, die in d<
L. eine Schale (thymiaterion?) hält und beschäftigt ist, mit der I
irgend etwas (Weihrauchkörner?) in das Feuer eines kleinen vor il:
stehenden Altars zu werfen. Links von dem Pfühle ein großer brenner
der Kandelaber, rechts ein nach Art der einfachen Triumphböge
angeordneter Bau, dessen Mitte eine Nische mit einer nackten weib
liehen Figur einnimmt und auf dem drei von dem Bildhauer nu
skizzierte Masken stehen. Eine befriedigende Erklärung ist fü
diesen Bau noch nicht gefunden. Hingegen scheint die auf den
Pfühle gelagerte Frau eine in der Grabkammer beigesetzte Hateri*
darzustellen. Da es dem Bildhauer unmöglich war, diese Figur aL
im Inneren der Kammer befindlich wiederzugeben, hat er sie auf das
Dach des Gebäudes versetzt. Von hier aus begrüßt sie die Mitglied ei
ihrer Familie, die herangebracht werden, um in demselben odei
einem anderen benachbarten Grabe ihre Ruhestätte zu finden,
Links von dem Grabmonumente sieht man eine zur Hebung von
Lasten bestimmte Maschine, die durch ein Tretrad in Bewegung
gesetzt wird. Es bleibt unklar, weshalb der Bildhauer diese Maschine
neben dem Grabe dargestellt hat. Eine Beziehung zwischen ihr und
dem Gebäude ist nicht erkennbar. Außerdem erscheint dieses bereits
vollendet, und man begreift auch nicht, wozu bei einem Bau von
mäßigen Dimensionen, wie wir uns diesen Grabtempel zu denken
haben, eine so gewaltige Maschine Verwendung fand.
Man. dell' Inst. V 8, Ann. 1849 p. 382—407. Brunn kleine Sehr. I p. 84—99
Abb. 27. Springer-Michaelia Handbuch d. Kunstgesch. I p. 445 Abb. 837. P. Gusman
l'art d&oratif de Rome I pl. 27. Vgl. B. S. p. 211 n. 344. Altmann die röm. Grabaltäre
p. 26 — 26. Die Hebemaschine: Bltimner Technologie und Terminologie der Gewerbe
III Fig. 11 p. 118 ff.
Daneben:
1195, 1196 (675, 677) Porträtbüsten eines Römers und einer
Römerin.
Die beiden Büsten, in denen wir offenbar die Porträts eines
Haterius und einer Hateria zu erkennen haben — nach der Form der
Büsten und dem Stile der Ausführung zu urteilen haben beide zur
Zeit der Flavier oder im Beginn der Regierung Trajans gelebt — ,
sind beachtenswert, weil sie uns einen Begriff von der Aufstellung
der römischen Ahnenbilder geben. Die aus Wachs geformten Ahnen-
bilder wurden nach der Angabe des Polybios (VI 53, 4) in hölzernen
Tempelchen (£vlwcc vatdia) aufbewahrt. Die Gehäuse, die unsere
Büsten umgeben, entsprechen vollständig dieser Bezeichnung. Die
Schlange, die sich um die männliche Büste ringelt, hat man daraus
erklären wollen, daß dieser Haterius ein Arzt gewesen sei. Doch
ZEHNTES Z1MMEB. 35
wird sie wohl wie auf n. 1142 als ein Symbol der Heroisierung des
Toten aufzufassen sein.
Mon. dell" Inst. V 7, Ann. 184B p. 407—408. Bruno kl. Solu. I p. 101, Abb. 31),
auf p. 100. Amdt-Bruckmann grlech. u. rSm. Porträts n. 747, !48. Strong roman sculpture
p. 365 Fl. CXIV. Die weibliche Büste auch bei Baumeister Denkmäler des kl. Alter-
tums I p. 28 Flg. 29. Vgl. B. 8. p. 208 n. 343, 315. Journal Ol hell. Btudies XX (1900)
p, 38. AitmanndlE *ö'». Qrabaltarep, 23. — Kürzlich hat man in einem Grabe an der
Via Osticnsis vor den Toren von Ostia die Bunte eines bärtigen, bekr&niten Manne«
mit einer Schlange auf der r. Bruat gefunden (Hot, d. sc, 1810 p. 22 n. 8 Flg. 8); auch
in diesem Falle hat die Schlange augenscheinlich ohthonischc Bedeutung,
An der Ausgangswand:
1197 4721) Hochrelief mit den Brustbildern von vier Gottheiten.
Der links dargestellte Gott ist, obwohl sein Kopf fehlt, durch
den Caduceus als Merkur kenntlich. Neben ihm sieht man eine
jugendliche Gottin, die im Bausche ihres Gewandes Früchte hält;
eine Blütengirlande reicht von ihrer r. Schulter über die Brust
herab. Es folgt ein bärtiger Gott mit dem Zepter und schließlich
eine Göttin, die ihre B. mit einem Ährenbüschel auf die Schulter
des Gottes legt und mit der L. eine brennende Fackel aufstützt.
Dies Attribut könnte für Proserpina oder Ceres passen; das Ahien-
biischel entscheidet für die Mutter. Der Gott mit dem Zeus -ähnlichen
Kopfe und dem Gewände kann in dieser Umgebung nur Pluton sein.
Dann aber bleibt für die jüngere Göttin mit Blumen und Früchten nur
der Name der Proserpina, so seltsam es ist, daß nicht sie, sondern Ceres
mit dem Unterweltsgott in nähere Beziehung gesetzt ist. Deshalb
nahm der erste Herausgeber des Denkmals an, die Hand mit den
Ähren gehöre nicht zu der Göttin mit der Fackel, sondern zu einer
fünften verlorenen Büste der Ceres, die ihre Tochter umarme; jene
Göttin mit Blumen und Früchten aber sei die Höre, unter deren
Auspizien Proserpina von Merkur geleitet wieder an die Oberwelt
steige. Aber das Belief ist zweifellos vollständig erhalten und die
Hand mit den Ähren gehört, so ungeschickt auch ihre Bewegung
wiedergegeben ist, dennoch der Göttin mit der Fackel. Neuerdings
hat ein Gelehrter eine ganz abweichende Meinung aufgestellt, ohne
sie doch mit durchschlagenden Gründen beweisen zu können: die
Dargestellten seien die vier Hauptgötter der samothrakischen My-
sterien, die in ihrer Bedeutung übrigens denen entsprechen, die man
bisher auf dem Relief zu erkennen gemeint hat: Axieros (Ceres),
Axiokersos (Pluto), Aziokersa (Proserpina), Kadmilos (Mercurius).
Da die Unterflache des Marmors mit Ornament verziert ist (Ähren
und Mohn), hat man mit großer Wahrscheinlichkeit angenommen,
das Ganze habe als Querbalken Über einer Grabtüre gelegen, so daß
auch seine Unterseite sichtbar war. Seinem Stile nach dürfte das
Relief erst aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. stammen. Man hat in
den etwas mißglückten Köpfen kaum mit Recht Porträtzüge er-
kennen wollen.
36 DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1198—1201.
Mon. dell* Inst. V 7, Ann. 1849 p. 405—407. Brunn kl. 8chr. I p. 99—101, Abb. £
Boscher Lexikon II p. 1371 — 1372 n. 18. Ov erb eck Kunstmythologie III p. 510 n. 2
Atlas XIV 15. Ausonia III (1908) p. 79 ff. mit Abb. Vgl. B. S. p. 2S6 n. 350. Altmai
die röm. Grabaltäre p. 25.
Rechte neben der Ausgangstür:
1198 (722) Fragment einer Reliefpiatte mit Fruchtzweigren.
Das Fragment stammt von einer großen rechteckigen Marmor
platte mit ornamentiertem Rahmen. In dem Felde sind Zweige mi
Zitronen und Quitten dargestellt, alles in einem Stile voller Emp
findung für den lebendigen Organismus der Pflanzen und die Reiz«
ihrer natürlichen Erscheinung. Die Anordnung ist scheinbar dem
Zufall überlassen, tatsächlich das Resultat feinster künstlerischei
Berechnung. Das Fragment vertritt die gleiche Richtung römischei
dekorativer Kunst, wie die folgende Nummer, in etwas weiterer Ent-
wiokelung zu größerem Naturalismus und lebhafterem malerischen
Effekt.
Hartel-Wickhoff die Wiener Genesis n. 28 Fig. 8 p. 38 = Wickhoff Schriften III
p. 52 Fig. 9; p. 73. F. Gusman l'art. decoratif de Borne I pl. 41.
Zwischen Tür und Fenster:
1199 (686) Dreiseitiger Pfeiler.
Die Zugehörigkeit dieses Pfeilers zu den Funden aus dem Haterier-
grabe läßt sich nicht mit absoluter Sicherheit» aber mit größter Wahr-
scheinlichkeit behaupten.
Auf zwei Seiten dieses Pfeilers ist in Relief je ein von Rosen um-
rankter Kandelaber dargestellt, auf dem oben zwei Vögel mit langen,
am Ende aufgebogenen Schwanzfedern sitzen. Außerordentlich
schön wirkt der Kontrast des massigen Kandelabers und der zarten
Rosenranken, die mit einer selten feinen Empfindung und frappieren-
der Naturwahrheit dargestellt 'sind. Die beiden Reliefs gehören zu
den vollendetsten Beispielen jener illusionistischen Richtung der
römischen Plastik, die sich zur Zeit der flavischen Dynastie ent-
wickelt hat. Vgl. die Ornamente an n. 1195, 1196.
Hartel-Wickhoff die Wiener Genesis p. 31 ff. Fig. 9, 10 = Wickhoff Schriften III
p. 58 ff. Fig. 10. P. Gusman l'art decoratif de Korne I pl. 15. Strong roman sculpture
p. 124 PI. XXXV. Vgl. B. S. p. 220. n. 346. Altmann die röm. Grabaltäre p. 24.
Elftes Zimmer.
Die drei Sarkophage n. 1200, 1202 u. 1203 stammen aus dem an der Ostseite der
Via Latina gelegenen, noch heute zugänglichen Grabe, dessen Hauptgemach reich
mit Stuckreliefs und Wandgemälden ausgeschmückt ist (B. S. p. 244).
1200 (751) Sarkophag, Dionysos und Ariadne;
In der Mitte der auf dem .Behälter angebrachten Reliefs sind
zwei Satyrn dargestellt, die einen vermutlich zur Aufnahme der
Inschrift bestimmten Rundschiljl halten. Links davon sehen wir
Dionysos, auf einen Satyr gestützt, rechts Ariadne; beide stehen
ELFTES ZIMMER. 87
auf Wagen, deren jeder von zwei Kentauren gezogen witd. Der
vordere von den beiden an dem Wagen des Gottes angespannten
Kentauren spielt die Kithara, der entsprechende am Wagen der
Aiiadne die Doppelflöte. Auf dem Bücken des Kentanren mit der
Kithara steht ein Eros, auf dessen Kopf eine Pansmaske liegt ; er hält
in der K. ein l'edum und berührt mit der L. die Schulter des Kentau-
ren, als ob er ihn auf irgend etwas aufmerksam machen wolle. Ein
anderer Eros, der in der L. ein Pedum hält, kniet auf dem Rücken des
Kentauren mit den Flöten und greift mit der R. nach einer Silenmaske,
die ihm Ariadne reicht. Der Deckel ist mit einem bakchischen Ge-
lage verziert, dessen Mittelpunkt von den einander küssenden Figuren
des Dionysos und der Ariadne gebildet wird. Am 1. Ende sieht man
einen mit einem Lendenschurz umgürteten Satyr, der vor einem
kleinen Ofen kniet. Auf dem Ofen, aus dem Feuer herausschlägt,
steht ein Kessel. Der Satyr ist im Begriff, ein Scheit Holz in den
Ofen nachzulegen und bläst dabei, wie sich aus seinen aufgeblähten
Backen und der Bewegung des Mundes ergibt, das Feuer an. Viel-
leicht haben wir in dieser Darstellung eine hellenistische Umbildung
des von Lykios, dem Sohne des Myron, in Erz gearbeiteten, feuer-
anblasenden Knaben zu erkennen.
B, S. p. 251 d. 373. Strang roman sculpture p. 203. über den FeueranbUser
Rhein. Mus. XXXIX (1884) p. 82fl.
1201 (761) Herme des bärtigen Hermes.
wabrechslullcn einer Villa, in nächst« Nähe i ..........
genannten Grabes an der ViaLatina (B. B. p. 241t.). Auf den Ziegeln
und Bleiröhren des Hebendes landen sich Stempel von der Zelt Domltians
bis gegen Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. Die Ausführung der Herme
ist »weilellos in die früheste Zelt dieser Bauperiode iu daueren.
Der Kopf der Herme gibt in vorzüglicher Ausführung einen oft
wiederholten Typus des bärtigen Hermes wieder (vgl. in dem-
selben Zimmer Museumsnummer 752 und in unserem Führer n. 402).
Die edlen, ernsten Züge des Gesichtes, die wundervolle Form des
Kopfes tragen durchaus den Stempel der späteren pheidiasischen
Kunst, und damit steht der Charakter der Haartracht, in der die
schlichten Wellen der langen Strähnen mit dem kunstvollen Reich-
tum der krausen Locken einen schönen Kontrast bilden, in vollstem
Einklänge. Die ganze Erscheinung erinnert an den Kopf des Zeus
zu Olympia, wie wir ihn auf elischen Münzen abgebildet sehen
(Bd. I. Fig. 13), nur daß dort vor allem die Locken neben den Schläfen
einfacher gehalten waren, die Stirn weniger hoch emporstieg. Ander-
seits erinnern jene Locken an die entsprechende Partie eines Aphro-
ditetypus, den man mit Grund dem Pheidias zugeschrieben hat
(n. 1544). So dürfen wir mit Sicherheit ein Vorbild jener Zeit für
unaera Kopf voraussetzen, ein Vorbild, das augenscheinlich in Bronze
38 DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1202-1203.
gegossen war; haben sich doch an den Marmorkopien, und besondei
an dieser, in den Locken neben den Schläfen und den geringelte;
Endungen der Bartsträhnen die Eigentümlichkeiten der Bronze techniJ
unverkennbar erhalten. Man möchte deshalb annehmen, das Vor
bild sei eher eine Statue als eine Herme gewesen.
B. S. p. 256 n. 380. — Vgl. Moderner Cicerone Born I p. 350, Ausonla II (1907
p. 42 f. und Altertümer v. Pergamon VII p. 55 f. n. 31, 32.
1202(769) Sarkonhag: Adonilmythos; Sarkophagdeckel: Szenex
aus dem Oidipusmythos.
Auf der Vorderseite des Behälters sind drei Szenen aus dem
Adonismythos dargestellt. Links sieht man Adonis, wie er von
Aphrodite Abschied nimmt, um zu der verhängnisvollen Jagd auf-
zubrechen. Die Göttin sucht, von trüben Ahnungen befallen, den
scheidenden Jüngling zurückzuhalten. Adonis hält in der auf dem
Sohoße der Göttin ruhenden R. einen Zweig, dessen Bedeutung
sich schwer feststellen läßt. Man will darin das Mittel erkennen, das
den Jüngling in den Stand setzen wird, nachdem er dem Tode ver-
fallen ist, die Pforten des Hades zu erschließen und wiederum auf
die Oberwelt zurückzukehren. Hinter Aphrodite schwebt ein Eros,
der, wie es scheint liebkosend und tröstend, das r. Händchen an
ihr Haar legt. Ein anderer Eros, der neben dem Sessel der Göttin
steht, blickt besorgt zu dem Paar empor und deutet, indem er nach
der Weise des Thanatos die Arme auf eine umgedrehte Fackel stützt
(vgl. n. 318, 381, 1203), darauf hin, daß der Tod die Liebenden baldigst
trennen wird. Logischerweise müßte auf diese Szene die Darstellung
der Jagd folgen. Doch hat der Bildhauer daran vielmehr die Pflege
des verwundeten Adonis angeschlossen, weil ihm dies Gelegenheit
gab, die Figuren des Adonis und der Aphrodite, deren Köpfe die
Porträtzüge des in dem Sarkophage beigesetzten Paares zeigen, zu
einer Gruppe vereinigt, in der Mitte des Reliefs anzubringen. Der
am r. Oberschenkel verwundete Adonis und Aphrodite sitzen neben-
einander, er den 1. Arm um den Nacken der Göttin schlingend
und das verwundete Bein über ein Becken haltend. Ein Diener oder
ein Arzt drückt einen Schwamm an die Wunde, während ein auf dem
Boden kniender Eros beschäftigt ist, das über die Wade herab-
riaselnde Blut abzuwaschen. Es folgt die Darstellung der Jagd.
Adonis ist vor dem aus einer Höhle hervorbrechenden Eber auf das
r. Knie zusammengesunken. Ein über ihm schwebender Eros er-
hebt die R., wie um das Tier zurückzuscheuchen. Aphrodite eilt
mit dem Ausdrucke der Angst zu dem bedrohten Liebling. Rechts
im Hintergrunde ein Berggott, der die R. mit einer Geberde des
Schreckens an die Stirne legt.
Der Deckel, der dem Sarkophag aufgesetzt ist, kann nioht für
diesen gearbeitet sein, da beide weder der Länge noch der Tiefe nach
ELFTES ZIMMER. 39
zu einander passen. Die Reliefs des Deckels stellen, beinah durchweg
im Anschluß an die Phoinissen des Euripides, sieben Szenen aus dem
Mythos des Laios und Oidipus dar. Die erste Szene von links: Der
junge Laios, begleitet von einem Diener mit Opfergaben, bittet den
delphischen Apoll um Nachkommenschaft. Die zweite Szene: Laios,
der gegen die Mahnung xdes Gottes ein Kind, den Oidipus, gezeugt
hat, sitzt, über das drohende Unheil nachsinnend, einsam auf einem
Felsen. Die dritte Szene: Der kleine Oidipus wird auf dem Kithairon
ausgesetzt. Die vierte Szene: Oidipus verläßt Korinth, nachdem er
erfahren hat, daß er nicht der Sohn des dortigen Königs Polybos ist;
ein bärtiger Mann, vermutlich der korinthische Hirt, der ihn auf
dem Kithairon gefunden, sucht ihn zurückzuhalten. Jenseits des
neben der letzten Gruppe angebrachten Pilasters laufen die Szenen
nicht mehr von links nach rechts, sondern in entgegengesetzter
Richtung. Die erste Szene von rechts: Oidipus tötet den Laios. Die
zweite Szene: Oidipus vor der Sphinx. Die dritte: Oidipus verhört
den thebanischen Hirten, der ihn ausgesetzt hat, eine Unterredung,
die ihn über seine Herkunft aufklärt und die Katastrophe herbeiführt»
Der Behälter: Robert die antiken Sarkophagreliefs III T. V n. 21 — 21b p. 22 — 24;
z. T. abgeb. bei Riegl spätröui. Kunstindustrie p. 77 Fig. 15. Der Deckel: Robert a. a.
O. II T. LX 183 p. 191; HI p. 22. B. S. p. 261 n. 387.
1203 (777) Hippolytossarkophag.
Rechts ist Hippolytos dargestellt, wie er seiner Lieblings-
beschäftigung, der Jagd, obliegt. Er stößt, zu Pferde sitzend, mit
dem Speere gegen einen aus einer Höhle hervorbrechenden Eber.
Die ihn begleitende amazonenartige Gestalt ist die Göttin der männ-
lichen Tüchtigkeit, Virtus (vgl. n. 895). Darüber sitzt ein jugend-
licher Berggott, einen Pinienzweig in der L. Die 1. Seite der Dar-
stellung zeigt Phaidra, in Liebesschmerz versenkt, und Hippolytos,
wie er den Antrag, den ihm die Amme der Phaidra im Namen ihrer
Herrin macht, entrüstet zurückweist. Die Gedanken, denen sich
Phaidra hingibt, werden durch die neben ihrem Sessel angebrachte
Gruppe des Eros und der Psyche, die sich gegenseitig umarmen,
verdeutlicht, während der vor Phaidra stehende, sich auf eine um-
gekehrte Fackel stützende Eros (vgl. n. 318, 381, 1202) auf die tod-
bringenden Folgen ihrer Leidenschaft hinweist. Auf der 1. Seiten-
fläche: Hippolytos bringt der Artemis ein Spendeopfer dar. Auf
der r. Seitenfläche: ein Reiter, den man offenbar zu der auf der
Vorderseite dargestellten Jagdszene in Beziehung zu setzen hat.
Auf dem fragmentierten' Deckel sind Reste von Jagdszenen erhalten.
Hon. dell' Inst. VIII 38, Ann. 1867 p. 109 ff. Robert die antiken S&rkophagreliefs
III 2 T. LIV n. 167— 167b p. 208f. Vgl. B. S. p. 269. n. 394. Puntoni le rappresentanze
relative al mito di Ippolito (Pisa 1882) p. 10 D. Arch. Zeitung XLI (1883) p. 65 Anm.
81 H. Strong roman sculpture p. 263.
40 DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1204-1207.
1204 (783) Griechisches Belief.
Die ebenso einfache wie fein empfundene Komposition zei
einen bärtigen Mann, der in der R. einen Speer hält, vor ihm ein«
in kleineren Dimensionen dargestellten Jüngling, der die R. mit cL
beim Gebete üblichen Geberde zu dem Bärtigen erhebt, und hint*
dem Jünglinge einen unbärtigen Mann, dessen Dimensionen dene
der bärtigen Figur entsprechen und der in der R. ebenfalls eine;
Speer zu halten scheint. Wir werden demnach in diesem Denkma
ein Votivrelief zu erkennen und die beiden in größeren Dimensionei
dargestellten Figuren für Heroen, den betenden Jüngling für dei
Dedikanten zu erklären haben. Am Gesichte des Jünglings ist eine
Korrektur bemerkbar; der Kopf dieser Figur war in der Anlage
zu breit geraten und der Bildhauer hat, um diesen Fehler zu ver-
bessern, das Profil eingerückt. Der Marmor ist griechisch; der Stil
deutet auf das Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. Da sich ein hin-
sichtlich der Anlage wie hinsichtlich des Stils verwandtes Relief
bei Syrakus gefunden hat, so liegt der Gedanke nahe, daß das late-
ranische Exemplar in einem sikeliotischen Atelier gearbeitet ist.
B. S. p. 273 n. 399. Arndt • Amelung photographische Einzelaufnahmen
Serie III p. 31 n. 757.
1205 (785) Fragment einer Gruppe, Eros und Psyche.
Vormals im Besitze des Bildhauers Canova.
Die Gruppe stellte Eros dar im Begriffe, Psyche zu quälen.
Diese liegt am Boden, die R. erhebend und die L. auf einen Blumen-
kranz legend. Von dem in beträchtlich größeren Dimensionen ge-
bildeten Eros hat sich nur der 1. Unterschenkel erhalten, der auf
den Leib der Psyche tritt.
Müller- Wieseler Denkm. d. alten Kunst II 54, 686. Reinach repertoire de la
stat. II 2 p. 461 n. 3. B. S. p. 274 n. 401. Vgl. Stephani Compte-rendu pour 1877
p. 210.
1206 (792) Sarkophag, Triumph des Dionysos.
Gefunden auf der Westseite der Via Latina in einer kleinen, von
der Straße ziemlich weit entfernten Grabkammer (B. S. p. 243).
Der Mythos, der Dionysos das ferne Indien erobern läßt, ent-
stand und empfing seine poetische Ausschmückung unter dem Ein-
drucke der Expedition, die der große Alexander nach jener Gegend
unternommen hatte. Die Reliefs unseres Sarkophages stellen den
Triumph des siegreich heimkehrenden Gottes dar. Dionysos steht
auf einem von zwei Elefanten gezogenen Wagen, in der R. den
Thyrsos, in der L. einen umgedrehten Kantharos, zu dem die
unter den Elefanten hervorkriechende Päntherin lüstern empor-
blickt. Neben ihm steht Nike, die einen Kranz über dem Kopfe der
Siegers hält. Auf dem Rücken der Elefanten sitzen als Lenker
indische Jünglinge, während ein am Buge des vorderen Tieres ange-
ZWÖLFTES ZIMMER. 41
bundener Elefantenzahn auf das bei dem Feldzuge erbeutete Elfen-
bein hinweist. Zwischen den beiden Tieren schreitet ein Lowe vor-
wärts, vor dem sich ein am Boden liegender Knabe erschreckt ab-
wendet. Der Thiasos bewegt sich in buntem Gemisch vor dem
Wagen des Gottes. Silen schwankt trunken einher. Über ihm ragt
eine Giraffe hervor, offenbar wiederum ein Beutestück. Vor ihm
sprengt ein Kentaur, der die Lyra rührt und auf dessen Rücken ein
auf der Querflöte blasender Satyr sitzt. Unter dem Kentauren
lagert ein kleiner Pan und öffnet mit der L. den Deckel einer Cista, aus
der eine Schlange hervorkriecht. Ganz rechts sieht man einen Satyr,
der einem auf den Fußspitzen stehenden Satyrknaben aus einem
Krater zu trinken gibt, während ein Ziegenbock spielend an dem
Knaben emporspringt. Der weibliche Teil des Thiasos wird durch
die Figuren von drei musizierenden Bakohantinnen und einer
Satyriskin vergegenwärtigt, die mit einer Fackel in der R. unweit
des r. Endes der Darstellung sichtbar ist. Paare tanzender Satyrn
und Bakchantinnen sind auf den Seitenflächen dargestellt.
Mon. dell' Inst. VI 80, 1; Ann. 1863 p. 372 ff. B. S. p. 280 n. 408. Graef de Bacchi
expeditione indica (Berolini 1886) p. 29 n. 14, p. 23. Jahrbuch d. arch. Instituts XV
1900) p. 217 n. 21.
Zwölftes Zimmer.
Die drei in diesem Zimmer aufgestellten Sarkophage n. 1207 — 1209 stammen aus
einem Grabmale, das im Januar 1839 in der Vigna Lozano-Argoli unweit der Porta
Viminalis entdeckt wurde. Unter den Ziegeln, aus denen dieses Grabmal aufgebaut
war, befanden sich zwei mit Stempeln, von denen der eine auf das Jahr 134, der andere
auf die Zeit nach 132 n. Chr. hinweist. Hiernach scheint das Grabmal unter Hadrian
errichtet.
1207 (799) Orestessarkophag.
Er ruht auf zwei Marmorbalken, deren jeder auf der Vorderseite
mit dem Relief eines bärtigen Atlanten verziert ist. Beide Atlanten
umfassen mit den erhobenen Händen runde Gegenstände, die, wie
es scheint, Köpfe von Tragstangen darstellen sollen. Die Reliefs der
Hauptseite stimmen im wesentlichen mit denen des vatikanischen
Sarkophages n. 338 überein. Während jedoch der Bildhauer dort
sich darauf beschränkt hat, am 1. Ende den von schlafenden Erinyen
umgebenen Grabhügel des Agamemnon darzustellen, sehen wir hier
Orestes und Pylades, wie sie an diesem Grabe beten, eine Szene, die
offenbar dureh die Choephoren des Aisohylos bestimmt ist. Unter
dem Torbogen der Grabkammer steht, in das Leichentuch gehüllt,
der Schatten des Agamemnon. Auf ihn zu schreitet Orestes, der,
wie gerührt, beide Arme ausbreitet, hinter Orestes Pylades, der die
R. mit der bei dem Gebete üblichen Geberde erhebt. Auf der r.
Seitenfläche ist unter einer Pinie eine Erinys gelagert, die mit der
R. eine brennende Fackel aufstützt und die L. auf eine sich neben
ihr emporbäumende Schlange legt, eine Figur, die offenbar in Zu-
sammenhang mit der benachbarten Szene der Vorderseite steht.
i
42 DAL LATERANISCHE MUSEUM. 1208-1210.
Auf der 1. Seitenfläche: die Schatten des Aigisthos und der Kly-
taimnestra treten, in Leichentücher gehüllt, an den Nachen, des
Charon heran. Das Relief des Deckels bezieht sich auf die späteren
Schicksale des Orestes im Lande der Taurier. Die erste Szene links
zeigt das Heiligtum der taurischen Artemis und davor Iphigeneia,
wie sie ihren mit Pylades an sie herantretenden Bruder erkennt.
Die dabei gegenwärtige skythische Wache ist wohl nur einer Ge-
dankenlosigkeit des ausführenden Steinmetzen. zuzuschreiben. Die
zweite Szene stellt den Gang zum Meere dar, der angeblich um das
Götterbild zu reinigen, in Wahrheit um es zu entführen, unter-
nommen wurde. Voran schreitet Iphigeneia mit dem Artemisidole;
ihr folgen Orestes und Pylades, gefesselt und begleitet von einem
skythischen Wächter. Die dritte Szene: der Kampf am Meeresufer
vor der Abfahrt; Iphigeneia befindet sich bereits in dem Schiffe,
in ein weites Gewand gehüllt, das Götterbild in der R.
B. S. p. 286 n. 415. Robert die antiken Sarkophagreliefs II T. LIV 155 p. 168.
Strong roman sculpture p. 256 f. PI. LXXVIII. Röscher mythol. Lexikon III 1 p.
974, 1001 B.
1208 (806) Sarkophag mit Fruchtgirlanden und Oorgonen-
masken.
Die Vorderseite des Behälters zeigt zwei reiche Fruchtgirlanden,
die an den beiden Ecken von zwei Eroten, in der Mitte von einem
Satyr mit einer Syrinx getragen werden, während jedes der beiden
Felder über den Einsenkungen der Girlanden durch eine Medusen-
maske ausgefüllt ist. Auf den beiden Nebenseiten sieht man zwei
um einen brennenden Kandelaber gruppierte Greife, auf der Vorder-
seite des Deckels ein ebenso lebendig wie anmutig komponiertes
Wettrennen von acht Knaben auf allerlei wilden und zahmen Tieren.
Der erste Knabe von links reitet auf einem Bären. Das fc Tier des
zweiten, ein Stier, ist auf die Kniee gestürzt und der Reiter sucht es
am Schwänze wieder in die Höhe zu ziehen. Der dritte reitet auf
einem Rehkalbe. Der vierte ist von seinem auf die Hinterbeine zu-
sammengebrochenen Pferde abgeworfen worden. Der fünfte gleitet
seitwärts von einem Panther herab. Der sechste sprengt auf einem
Esel einher, der siebente, der allein durch Beifügung der Flügel als
Eros charakterisiert ist, auf einer Löwin, der achte, der mit der R.
einen Palmenzweig schwingt und dadurch als Sieger bezeichnet ist,
auf einem Löwen.
B. S. p. 293 n. 421. Strong roman sculpture p. 264.
1209 (813) Niobidensarkophag.
An den beiden Enden des Deckels sieht man Apoll und Artemis
im Begriffe, Pfeile nach unten abzuschießen. Der Zweck und die
Wirkung ihrer Handlung werden durch die Reliefs des Behälters
ersichtlich, die den Untergang der Niobiden darstellen und ähnliche
ZWÖLFTES ZIMMER. 43
Eigentümlichkeiten aufweisen wie die des vatikanischen Sarko-
phages n. 382. Die Anordnung der Komposition wie ihrer Beetand-
teile läßt auch hier auf die Benutzimg malerischer Vorbilder schließen.
Da die Söhne der Niobe größtenteils beritten sind, bo dürfen wir
annehmen, daß eines dieser Vorbilder ein Gemälde war, das darstellte,
wie die Jünglinge, auf der Jagd begriffen, vom Verderben ereilt
werden. Doch sind die Söhne nicht von den Töchtern geschieden,
sondern beide bunt durcheinander gemischt. Die Töchter sind meist
mit nacktem Oberkörper wiedergegeben, ein sinnlich reizender Zug,
der uns schon in einer Niobidengruppe des 5. Jahrhunderts v. Chr.
begegnet. Am r. Ende sieht man Niobe, wie sie ihre beiden jüngsten
Töchter, um sie zu schützen, an sich zieht, eine Darstellung, für
die der Steinmetz eine malerische Umbildung der bekannten plasti-
schen Gruppe benutzt hat. Am 1. Ende steht Amphion ge-
harnischt, den Schild erhebend und mit der R. den jüngsten
Sohn unterstützend, der tödlich verwundet vor ihm niedersinkt.
Von besonderer Schönheit ist die in der Mitte angebrachte Gruppe
eines Jünglings, der, am Unterleib verwundet, von seinem sich
hoch aufbäumenden Pferde herabgesunken ist und mit der R.
den Pfeil aus der Wunde zu ziehen sucht. Die r. Nebenseite zeigt
Niobe, wie sie, in ein weites Gewand gehüllt, trauernd neben dem
Grabmale ihrer Kinder sitzt. Der links stehende bärtige Mann wird
mit größerer Wahrscheinüchkeit für den Pädagogen der Niobiden
als für den Berggott Sipylos erklärt. Auf der 1. Nebenseite sitzt rechte
unten ein jugendlicher Hirt, vor dem zwei Rinder lagern und den
man für den jugendlichen Amphion erklärt hat; wahrscheinlicher
aber ist er namenlos zu belassen und in der Darstellung nur der
Schauplatz der Haupthandlung, das thebaniscbe Gefilde, angedeutet.
Er erhebt die R., wie im Gespäche, zu einer Bergnymphe, die im
Hintergrunde auf einem erhöhten Terrain liegt und mit der R. den
Ast eines hinter ihr befindlichen Baumes erfaßt. Auf der 1. Neben-
seite des Deokels sind Attribute dos Apoll, ein Rabe, der an einer
Kithara pickt, ein Bogen, ein Köcher und ein Diskos dargestellt,
auf der rechten die der Artemis, ein Bogen, ein Köcher, zwei Spieße,
ein Diadem mit Zacken, ein Reh und ein Hund. Der Sarkophag
steht auf zwei Marmorbalken, die ähnlich verziert sind wie an
n. 1207 (799).
B, 8. p. 2ufl n. 427. Stark Niobe T. XIX 2. Strang »man sculpturc p. 25Sf.
W. LXXIX. Dl« 1. Nebenseite auch bei Eoachci Lexikon II 2 p. 21261. n. 1 Abb. 8.
— Über die niobidengruppe des 5. Jahrhunderts vgl. Hdets Bttaiugabertdite d.
kgl. bsyer. Akad. d. Wisseusch. phllos.-phllol. Klasse 1907 p. 2079. mit 2 Tafeln.
1210 (831) Runde Basis.
Gefunden in Vejl In den Jahren 1811—1».
Sie trug nach der darauf angebrachten Insohrift einen der Pietas
geweihten Gegenstand. Der Reliefschmuck, der vie
44 DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1211—1218.
Kitharn, zwischen ihnen eine rings um die Basis laufende Frucht
girlande und unter dieser vier Attribute des Vulcan, Ambos
Hammer, Zange und Pileus (vgl. n. 86) zeigt, stimmt mit de]
Dekoration des Puteal Libonis überein, das auf dem römischer
Forum aufgestellt war und uns durch Münzbilder bekannt ist. Dieses
Puteal muß nach der Bedeutung, die das betreffende Substantiv
in der lateinischen Sprache hat, entweder ein eingefriedigter Brunner
oder ein eingefriedigter heiliger Ort gewesen sein. Wie man darauJ
verfiel, die Motive seiner Dekoration auf eine massive Basis zu über-
tragen, die zur Aufnahme eines der Pietas dargebrachten Weih.-
geschenkes bestimmt war, ist noch nicht befriedigend erklärt worden.
Die Verwandtschaft der Dekorationsweise mit Motiven in der Deko-
ration der Ära Pacis (n. 1276) berechtigt uns, auch die Ausführung
dieser Basis der ersten Kaiserzeit zuzuschreiben.
Mon. dell' Inst. IV 36; Ann. 1846 p. 244 ff. Koscher mythol. Lexikon III 2 p.
2506 Abb. 6. Vgl. B. S. p. 807 n. 440. Jordan Topographie der Stadt Born II 2 p.
403 — 404. Jahrbuch des arch. Inst. VI (1891), arch. Anzeiger p. 15. Köm. Mittel 1
XXIII (1908) p. 135b.
Dreizehntes Zimmer.
1211 (842) Friesfragment mit Gigantenkampf.
Der Gigant fällt heftig aus gegen einen Gott, den wir uns auf der
nächstfolgenden Friesplatte dargestellt zu denken haben. Der
zurückgestreckte r. Arm macht den Eindruck, als sei er im Begriff,
einen Gegenstand, etwa einen Steinblock, zu schleudern. Die Be-
wegung des vorgestreckten 1. Armes, über den ein Tierfell herab-
hängt, bleibt unklar. Man hat angenommen, daß er den Baum-
stamm geschwungen habe, der den oberen Teil des Feldes durch-
schneidet. Doch ergibt sich hierbei die Schwierigkeit, daß der Gigant
den Stamm in unnatürlicher Weise an einem daraus hervorragenden
Aste angefaßt haben würde. Vielleicht war der 1. Arm einfach vor-
gestreckt, um zu parieren, und wurde der Baumstamm von einem
anderen vor unserer Figur dargestellten Giganten gehandhabt. Vgl.
die Ausführungen zu n. 138 und n. 1013, 1014.
B. S. p. 316 n. 450, T. VIII 2. Overbeck Kunstmythologie II p. 381 A; Atlas
V 2b. Rom. Mitteil. XX (1905) p. 123 T. V. Vgl. Mayer die Giganten und Titanen
p. 364 n. 9, p. 386.
1212 (868) Belief, Orestes und Pylades.
Vormals im Falazzo Eondanini, 1824 erworben. Ergänzt an der
Figur des Orest die Nase, beide Vorderarme, das 1. Knie nebst dem be- I
nachbarten Stücke des Oberschenkels, die Unterschenkel bis beinahe
zu den Fußknöcheln, an der des Pylades die Nasenspitze, außerdem
das Stück Felsen, auf dem der r. Fuß des Pylades steht, der größte Teil
des Reliefgrundes, mancherlei Stücke an den Rändern der Platte.
Dargestellt ist, wie Orestes im Lande der Taurier nach wahn-
sinnigem Basen ohnmächtig zusammensinkt und ihn sein Freund
DREIZEHNTES ZIMMER. 45
Pylades, um ihn zu stützen, mit beiden Armen umfaßt. Die Kom-
position scheint erfunden für die Darstellung eines Niobiden, der
einen verwundeten Bruder mit den Armen auffängt (vgl. n. 383),
und erat später auf Orestes und Pylades übertragen. War die Gruppe
in dei ursprünglichen Bedeutung verwendet, so blickte die stehende
Figur naturgemäßerweise empor nach der Gegend, aus der die tät-
lichen Geschosse herabfliegen. Dieses Motiv hatte bei der Darstellung
des Pylades keinen Sinn und wurde demnach dahin abgeändert,
daß der Jüngling den Kopf abwärts neigt zu dem Freund, um den
er sich sorglich bemüht.
1213—1217 (851, 853, 854, 856, 858) Fünf Fragmente kolossaler
Porphyrs tatuen,
Torao n. 1216 (85*), der nach Aj
logegeben wird, daB ei
bei ilnr BesUuntiOD d
deckt wurde.
Museumsnummer 851: Die obere Hälfte des Torso einer Toga-
statue. Wie die Höhlung und das Zapfenloch beweisen, die zwischen
den Schultern angebracht sind, waren der Kopf und der Hals aus
einem besonderen Stücke gearbeitet und in den Körper eingelassen.
— 853: Brustfragment einer Togastatue. — 854: Torso einer Panzer-
statue; er zeigt ähnliche zum Einlassen eines Kopfes dienende Vor-
richtungen wie n. 851 . — 856 : Mittelstück einer Togastatue mit
vorgesetztem r. Beine. — 858: Gewandfragment. — Die Fragmente
gehören zu den besten und demnach wohl ältesten Skulpturen aus
Porphyr, die uns die griechisch-römische Kunst hinterlassen hat
(vgl. n. 228). Die Bildhauer haben dem spröden Stoffe dadurch
Rechnung getragen, daß sie auf die Wiedergabe nebensächlicher
Motive verzichteten und nur die Hauptformen, aber diese mit großer
Energie zum Ausdrucke brachten.
B. S. p. 321 d. 467— 403.
In der Mitte auf einem ovalen Sarkophage:
1218 (885) Dreiseitige Kandelaberbasis.
Die Basis trug ursprünglich einen marmornen Schaft, auf dessen
oberstem tetlerartig verbreiterten Teile die Pfanne mit dem Brenn-
stoff ruhte (vgl. n. 334, 335 ). Die Dekoration ist an diesem Exemplare
besonders fein. Zur Füllung der Seitenflachen hat der Bildhauer drei
Götterfiguren verwendet, die neben anderen auch auf einem Fries-
Fragmente wiederkehren, das sich früher in* Villa Albani befand:
Poseidon mit hochauf gestütztem 1. Fuß und Dreizack (von dem hier
nur das untere Ende erhalten ist), Pluton mit Füllhorn (deutlicher
46 DAS LATERANIÖCHE MUSEUM. 1219-1227.
erhalten auf dem anderen Belief) und einem stabartigen Attribute
das hier eingesetzt war, vielleicht einem Schlüssel, mit dem Kolotes
ein Schüler des Pheidias, den Gott an dem Goldelfenbeintisch in
Zeustempel zu Olympia dargestellt hatte (Paus. V 20, 1), und ein«
Göttin ohne bestimmten Charakter, die man Persephone ode
Amphitrite nennen könnte; doch ist nach dem Zusammenhang, ii
dem die Figur auf dem Friese erscheint, die erste dieser Benennunger
die gegebene. Nach Formen, Motiven und Gewandbehandlun^
zu urteilen, liegt beiden Monumenten ein Original von der Wende
des 5. zum 4. Jahrhundert v. Chr. zugrunde, das wir uns zweifellos
auch als Fries zu denken haben. Dargestellt waren voraussichtlich
zwölf Götter. Daß unter diesen hier auch Pluton und Persephone
erscheinen, hat nichts Befremdliches, waren doch die Künstler in dei
Auswahl der zwölf Gestalten an keinen Kanon gebunden.
B. S. p. 324 n. 460*. Der Fries ist abgeb. bei Zoega bassirilievi 1 1, Welcker ant.
Denkmäler II T. IV 7 (p. 85) und Müller-Wieseler Denkm. d. a. Kunst II 7, 76.
Vierzehntes Zimmer.
1219 (887) Relief fragment.
Der aufgesetzte Kopf ist antik, aber nicht zugehörig.
Erhalten ist die r. untere Ecke eines mäßig großen Reliefs. Eine
weibliche Gestalt lehnt sich mit dem 1. Ellenbogen auf den Modius
einer weiblichen Herme. Wir können sie nicht benennen. Das
Fragment ist deshalb bemerkenswert, weil es von einer griechischen
Originalarbeit stammt, wahrscheinlich einem Votivrelief.
B. S. p. 842 n. 482*.
1220 (891) Kopf eines Jünglings.
Ergänzt die Nasenspitze, Hals und Büste.
Der Kopf stammt von einer Figur, von der eine bis auf die Arme
vollständig erhaltene Wiederholung im britischen Museum steht.
Dargestellt ist wahrscheinlich ein junger Heros. Der feste aufrechte
Stand und die harten strengen Formen lassen ein bronzenes Vor-
bild aus dem dritten Viertel des 5. Jahrhunderts v. Chr. erkennen,
das Werk eines attischen Künstlers, dessen Muster augenscheinlich
der sog. Omphalos-Apollon war (vgl. n. 859). Man beachte an dem
Kopfe die strenge Stilisierung der Lippen, Augen und Haare.
B. S. p. 344 n. 485. Furtw&ngler Meisterwerke p. 517 Anm.
1221 (900) Fragment eines römischen Reliefs.
Der untere Teil ist aus Gips ergänzt.
Links ist ein StücJ^des Randes erhalten. Im Hintergrunde sind
Reste von zwei Togati kenntlich; vor ihnen zwei Camilli, deren
Kopf mit einer geknoteten Wollbinde umwunden ist. Der linke trägt
mit der R. eine kleine Larenstatuette auf viereckiger Basis; das
VIERZEHNTES ZIMMER. 47
Gegenstück befand sich zweifellos in den Händen des andern Camillus.
Die Darstellung muß sich auf irgendeinen feierlichen Akt in dem
von Augustus neubelebten Kult der lares compitales bezogen haben
(vgl. n. 901), und so werden wir in den Togati Vicomagistri zu sehen
haben, denen die Sorge für diesen Kultus anvertraut war. Das Relief
muß in der ersten Kaiserzeit entstanden sein.
B. S. p. 344 n. 486* T. XIII 1. Röscher mythol. Lexikon II 2 p. 1896 E. — Vgl.
das Fragment einer entsprechenden Darstellung, das man früher mit Unrecht zu den
Resten der Ära Pacis zählte: Petersen Ära Pacis Augustae p. 101 f. T. VI n. XVIII b.
Jahreshefte d. österr. Instituts X (1907) p. 179 ff. Abhandl. d. kgl. sächs. Ges. d.
Wissensch. (phüol.-hist. Klasse) XXVI (1909) p. 9 u. 23 T. I 1.
1222 (902) Kolossalstatue eines Barbaren.
Gefunden 1841 in der Via dei Coronari n. 211 nicht weit von S. Sal-
vatore in Lauro, einer .Gegend, in der während der Kaiserzeit Bildhauer-
werkstätten lagen. Ergänzt der r. Fuß, der vordere Teil des 1. Fußes, der
vordere Teil der Plinthe.
Der Barbar, der durch Tracht und Gesichtstypus als Dacier
kenntlich ist, steht da mit resigniertem Ausdrucke, die r. Hand über
das 1. Handgelenk legend. Da die Statue im Stile wie in der Anord-
nung mit den von einem traianischen Monument an den Konstantins-
bogen versetzten Barbarenfiguren übereinstimmt, war sie offenbar
dazu bestimmt, ein unter Traian errichtetes öffentliches Gebäude
zu schmücken. Doch blieb sie unvollendet. Zwischen der Plinthe
und dem unteren Bande des Mantels ist der Marmorgrund gar nicht,
zwischen der 1. Hand und dem Körper nur zum Teil weggearbeitet.
Die Kopierpunkte sind stehen geblieben.
B. S. p. 349 n. 492.
1223 (909) Torso einer geharnischten Porphyrstatue.
Vormals in den Appartamenti Borgia.
Die Arbeit ist vortrefflich angelegt, aber unvollendet. Auch hier
sind die Kopierpunkte stehen geblieben. Der Kopf sollte aus einem
besonderen Stücke gearbeitet und in den Körper eingelassen werden
(vgl. n. 1213—1217).
B. S. p. 352 n. 496.
Früher befanden sich in diesem Räume zwei Säulen aus phrygi-
sche n Marmor (ponazzetto), die 1844 auf der Marmorata am Tiber-
ufer gefunden wurden und auf den horizontalen Flachen der Schäfte
mit Inschriften versehen waren. Papst Leo XIII. ließ die Scheiben,
auf denen die Inschriften stehen, absägen (n. 1224—1227), und die
Schäfte zur Dekoration eines Altars verwenden, der in dt>r Kirche
S. Andrea della Valle nach dem Plane des Architekten Raffaele
Francis! aufgeführt und dem S. Andrea Avellino geweiht wurde.
1224—1227 (886, 889, 899, 903) Vier Säulenscheiben mit Inschriften.
Die Inschriften sind für den Geschäftsgang wichtig, der in der
Kaiserzeit bei der Lieferung ausländischen Marmors beobachtet
wurde. Wir erfahren daraus, daß diese Säulen unter dem Konsulate
des Lucius Aelius Veras und Publius Caelius Balbinus Vibullius Pius
48 DAS LATERANISCHR MUSEUM. 1228-1231.
(137 n. Chr.), also zur Zeit Hadrians, der Kommission geliefert wurden
die mit der Leitung der städtischen Bauten beauftragt war. Als
Empfänger wird der Exekutivbeamte dieser Kommission, der Pro
kurator Irenaeus, namhaft gemacht, als Vorsteher des Steinbruches
und Absender der Säulen der Centurio Tullius Satuminus, außerdem
noch die Werkstätte des Steinmetzen, dem die Vollendung der Säulen
übertragen war, und die Stelle des Landungsplatzes, an der die
Säulen lagerten.
B. S. p. 35a— 355. Ann. dell* Inst. 1870 p. 190—191 n. 258, 259.
1228 (845) Sarkophag mit abboz zierten Reliefs.
Gefunden um 1828 bei Gasal rotondo an der Via Appia.
In den Reliefs sind um die Figur des Verstorbenen Szenen des
täglichen Lebens dargestellt: Pflügen, "Lockern der Erde, Ernte;
Wagentransport, Mahlen, Backen. Die Inschrift enthält den Namen
des Verstorbenen und ein Distichon, die lateinische Übersetzung
eines griechischen Epigrammes, folgenden Inhalts: „Ich bin ent-
ronnen; Hoffnung und Glück, lebt wohl! Nichts habe ich mehr mit
euch zu schaffen; treibt jetzt euer Spiel mit andern!"
B. S. p. 345 n. 488*. Blümner, .Technologie der Gewerbe, 2. Aufl., T Fig. 9.
Auf dem Sarkophage:
1229 (898) Hermenbüste des Dionysos«
Ergänzt die Nase, die Lippen, Stücke an den Bändern und an dem
Schafte.
Der Kopf ist eine geringe, schlecht erhaltene Wiederholung des
Typus, den wir unter n. 406 eingehend besprochen haben. Die be-
schädigten Hörner hat der Ergänzer zu kleinen Efeutrauben umge-
wandelt, trotzdem kein Kranz vorhanden ist. Wenn die Formen des
Gesichtes hier etwas länglicher und schmächtiger, die Augen weniger
geöffnet sind und der Ausdruck statt der Hebenswürdigen Schelmerei
jenes Kopfes etwas Sentimentales hat, so sind diese Abweichungen
nur der Laune des unbedeutenden Kopisten zuzuschreiben, nicht
etwa, wie früher geschehen, auf ein anderes Original zurückzuführen.
B. S. p. 348 n. 489. Ann. dell* Inst. 1875 p. 39. Boscher Lexikon I 1 p. 1131.
Jahrbuch der Kunstsammlungen des Allerh. Kaiserhauses II (Wien 1883) p. 49, 50.
Amelung Florentiner Antiken p. 21 — 23 (abgebildet p. 22). Furt* ftngler Meisterwerke
p. 590. Klein Praxiteles p. 415 Anm.
1230 (896) Ephebenherme.
Ergänzt die Nasenspitze, der über dem r. Ohr befindliche Teil des
Reifens, Splitter am Hinterkopfe und an den Bändern, die unterste
Schicht des Schaftes.
Der flau gearbeitete und schlecht erhaltene Kopf zeigt einen
Typus, der dem des polykletischen Doryphoros (vgl. n. 45) nahe ver-
wandt ist. Wir haben eine Statuette mit einem Kopfe des gleichen
Typus im Museo Barracco (n. 1100) kennen gelernt (vgl. auch n. 1021
VIERZEHNTES ZIMMER. 49
u. 1343). Der Haarschmuck besteht aus einem Reifen, um den ein Band
gewunden ist. Über dem 1. Ohre bemerken wir eine kleine Blume;
eine ähnliche Blume haben wir offenbar an dem entsprechenden
ergänzten Teile über dem r. Ohre anzunehmen. Man glaubte früher,
an solch einem Schmucke sei Herakles zu erkennen; doch ist
diese Meinung hinfällig geworden durch den Kachweis, daß
sowohl in dem vorliegenden Falle wie auch in anderen Fällen
Wiederholungen des gleichen Typus mit oder ohne diesen Kopf-
schmuck erhalten sind. Demnach ist darin lediglich eine Zutat der
Kopisten zu sehen, und es ist bezeichnend, daß diese das Bild des
Originals, wie es scheint, nur dann damit bereicherten, wenn sie den
betreffenden Kopftypus zur Herstellung einer Herme benutzten:
der Keifen gab dem Oberkopfe größere Fülle, während die. beiden
symmetrisch auf die Schultern niederfallenden Bänder den Vorteil
boten, daß sie die Masse der Halspartie vergrößerten, die Vorder-
ansicht betonten und formell zu der breiten Vorderfläche der Büste
überleiteten.
B. S. p. 349 n. 491. Furtw&ngler Meisterwerke p. 429 Anm. 1. Brunn-Bruck-
mann Denkmäler griech. u. röm. Skulptur Text zu n. 545 Fig. 6. Jahrbuch des arch.
Inst. XXIII (1908) p. 204 Anm. 12 unter n. 13/4. Vgl. Revue des 6tudes anciennes XII
1910 p. lff.
1231 (892) Stücke eines Mosaikfußbodens.
Der Fußboden, von dem diese Fragmente herrühren, stammt
aus einem Gemache, vielleicht dem Speisesaale, eines umfangreichen
antiken Gebäudes, von dem ein Teil zu Anfang d. J. 1833 in der
Vigna Lupi auf dem Aventin ausgegraben wurde und das man zu
den in jener Gegend gelegenen Horti Serviliani in Beziehung gesetzt
hat. Der Fundbericht beschreibt die Anordnung der Dekoration in
folgender WeiBe: »In der Mitte des Fußbodens war ein von erhöhten
Marmorleisten umgebenes Mosaikbild eingelassen, das vollständig
zerstört vorgefunden wurde, da eine in späterer Zeit durch den Saal
gezogene Mauer gerade auf dieses Bild aufsetzte. Um das zerstörte
Mittelbild liefen vier schmale Mosaikbilder herum, die auf schwarzem
Grunde das Treiben der Tiere im Nilstrome darstellten und an den
vier Ecken durch Telamone ägyptischen Stils voneinander getrennt
waren.« Erhalten haben sich hiervon nur die sechs gegenwärtig auf
dem Fußboden stehenden Fragmente. An diese Tierlandschaften
schloß sich dann auf allen Seiten das weiße, mit Speiseresten be-
deckte Feld an. Die Reste bestehen namentlich aus Vögelknochen,
Fischgräten, Teilen von Krebsen, Seeigeln, Sepien, aus Muscheln und
Schnecken der verschiedensten Art, wie aus Schalen von Äpfeln und
Nüssen, abgenagten Weintrauben, endlich aus mancherlei Gemüsen,
unter denen Lattichblätter deutlich erkennbar sind. Um Leben in
die Darstellung zu bringen, hat der Künstler ein Mäuschen beigefügt,
Heibig: Fahrer. II. S. Aufl. 4
50 DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1232-1236.
das an einer Nuß nagt. Ein anderer Teil des Mosaiks, der neben einer
der* Wände angebracht war, zeigt sechs szenische Masken und zwischen
diesen allerlei Vasen wie andere Geräte. Eine derartige dekorative
Zusammenstellung von Masken scheint von der alexandrinischexi
Kunst erfunden zu sein, die vielleicht damit auf bestimmte Dramen
hinwies. Man liest auf diesem Teile eine Inschrift, die einen gewissen
Heraklitos als Verfertiger des Mosaiks namhaft macht. Seine Wieder-
gabe des mit Speiseresten bedeckten Fußbodens war, wie es scheint,
durch das berühmte Mosaik des Sosos bestimmt, das den ungefegten
Boden eines Speisesaales darstellte, das verloren gegangene Mittel-
stück vielleicht eine Kopie nach dem Taubenbilde, das Sosos in diesen
Fußboden eingefügt hatte (vgl. n. 793). Die Ausführung ist sehr
sorgfältig. Die teils aus farbigen Steinen, teils aus Glasfluß gearbeiteten
Stifte sind feiner als die bei dem tiburtiner Taubenmosaik n. 793
verwendeten.
Nogara I moaaici ant. conserv. nei pal. pontef. del Vatic. e del Later. T. V — VII
p. 3 ff. Vgl. Bull, dell' Inst. 1833 p. 81 ff. Corpus inscr. gr. III n. 6153. Braun Ruinen
und Museen p. 750 n. 22. Brunn Geschichte der griech. Künstler II p. 311 f. Aren.
Zeitung XXIV 1866 p. 229. Overbeck Schriftquellen n. 2158—2160. Schreiber
die Wiener Brunnenreliefs aus Pal. Grimani p. 78 Anm. 69. Jahrbuch d. arch. Inst.
XXVI 1911 p. 8 Anm. 7. Über die dekorative Zusammenstellung szenischer Masken:
Abhandlungen der pkilol.-hist. Cl. der Bachs. Gesellschaft der Wissenschaften XIV
(1894) p. 451. Die Literatur über den Künstlernamen s. Rom. Mitteil. XVII (1902)
p. 127 n. 3.
Fünfzehntes Zimmer.
Die in diesem und dem folgenden Zimmer vereinigten Monumente stammen
alle aus den in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Ostia veranstalteten Ausgrabungen.
■
An der Südwand:
1232 (970) Kopf des Hermesknaben.
Gefunden 1862. Ergänzt der ganze Band des Petasos, die Nasen-
spitze, die Lippen.
Der Charakter des mutwilligen Jungen ist vortrefflich wieder-
gegeben. Der Mund ist zu einem verschmitzten Lächeln geöffnet und
läßt beide Zahnreihen sichtbar werden. Die Ausführung ist flüchtig,
aber voll Leben.
B. S. p. 379 n. 539. Vgl. Archaol. Zeitung XLIII (1885) T. 9 p. 151—152.
1233 (972) Kopf des Attis.
Gefunden 1861 im Heiligtume der Mater magna unweit des Altares.
Ergänzt die in die phrygische Mütze eingelassenen Strahlen.
Der Fundort, die phrygische Mütze, der Strahlenkranz, dessen
Beifügung durch die an dem unteren Bande der Mütze angebrachten
Bohrlöcher bezeugt ist, der schmerzlich bewegte Ausdruck des Ge-
sichtes (vgl. n. 1236) — alles dies beweist, daß der Kopf den von der
Göttermutter geliebten Attis darstellt. Der Typus des Gesichtes
scheint aus einem nachlysippischen Heliosideal abgeleitet.
Mon. dell' Inst. VIII 60, 4; Ann. 1868 p. 411—412. Der Kopf ist hier ohne Mütze
publiziert. Die aus einem besonderen Stücke gearbeitete Mütze wurde einer Mittei-
lung C. L. Viscontis zufolge nachtraglich gefunden und an den Kopf angefügt.
SECHZEHNTES ZIMMER. 51
1234 (975) Mädchenkopf.
Gefunden 1862 in einem antiken Gebäude, aus dem Ziegelstempel
zutage kamen, die auf die Jahre 117 und 143 n. Chr. hinweisen. Er-
gänzt die Nasenspitze und das Kinn.
Dieser höchst anmutige, vortrefflich ausgeführte Kopf erhält
einen besonderen Beiz durch den goldig warmen Ton des Marmors,
in dem er gearbeitet ist. Da die starke Biegung des Halses beweist,
daß er von einer bewegten Figur herrührt und der leise geöffnete
Mund den Ausdruck eines feinen Lächelns zeigt, so liegt es nahe,
anzunehmen, daß der Kopf von einer Mädchenfigur herrührt, die
zu einer erotischen Gruppe gehörte.
B. S. p. 381 n. 544.
An der Ostwand:
1235 (1006) Nische mit Silvanmosaik.
Gefanden 1861 in einem an das Mithraeum anstoßenden Baume.
Silvanus ist wie gewöhnlich dargestellt, in der L. einen Pinien-
zweig, in der B. ein sichelförmiges Messer. Seinen Kopf umgibt ein
bläulicher Nimbus, ein Symbol, das in der christlichen Kunst zum
Heiligenschein wurde. Links von dem Gotte sitzt sein Hund; rechts
steht ein brennender Altar. Die Ausführung ist roh.
Ann. deir Inst. 1864 Tav. d'agg. LM 3 p. 174 ff. Nogara I mosaici antichi oonserv.
nei pal. pontet del Vatic. e del Later. T. LXVII p. 32. B. S. p. 384 n. 551.
Sechzehntes Zimmer.
1236 (1061) Statue des Attis.
Gefunden im Winter 1867 — 1868 in der vor dem Heiligtum der
Mater magna gelegenen Halle. Ergänzt die fünf in den Eopf eingelassenen
Strahlen, die jedoch durch fünf in dem Marmor angebrachte Bohrlöcher
gesichert sind.
Die Statue ist nach der auf der Plinthe angebrachten Inschrift
dem Attis auf Antrieb der Göttin (d. i. der Mater magna) von Gaius
Cartilhis Euplus geweiht. Die Buchstabenformen der Inschrift wie
die Ausführung der Statue deuten auf hadrianische Zeit. Der Körper
zeigt zarte, an das Weibliche erinnernde Formen; der Ausdruck
erscheint nicht schmerzvoll wie bei n. 1233, sondern melancholisch
resigniert. Der Geliebte der Kybele ist als All-Gott dargestellt. Die
Sonnenstrahlen, die sein Haupt umgeben, bezeichnen ihn als Sonnen-
gott, der Kranzaus Pinienzapfen, Granatäpfeln und anderen Früohten
auf seinem Kopfe, der Strauß aus Ähren und Früohten, den
er in der R. hält, und die von der Spitze der phrygisohen Mütze empor-
ragenden Ähren symbolisieren seine Beziehung zur Vegetation. Die
anter den Ähren angebrachte Mondsichel ist ursprünglich das Attri-
but des Men, eines in Kleinasien verehrten Mond- und Unterwelts-
gottes, den man später mit Attis identifizierte. Die bärtige Büste, auf
die sich der Jüngling stützt, scheint den idäischen Zeus darzustellen,
dessen Gebiet der Ausgangs- und Mittelpunkt des Kybele kultus war,
52 DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1237—1240.
Am Mantel und an der Mütze haben sich Spuren roter Farbe, an
den Haaren, der Mondsichel und den Ähren Beste einer ehemaligen
Vergoldung erhalten.
Mon. dell' Inst. IX 8a, 2; Ann. 1869 p. 224 ff. Boscher Lexikon 1 1 p. 727. Darem-
berg et Saglio dictionnaire I 2 p. 1688 Fig. 2248. Beinach repertoire de la stat. II 2
p. 472 n. 6. Corpus inscr. lat XIV n. 38. Cumont die oriental. Religionen im röm.
Heidentum (übers, von Gebrich) p. 75. 84.
Die drei in diesem Zimmer befindlichen Wandgemälde n. 1237 — 1239 (Museums-
nummern 1063 — 1065) stammen aus zwei Gräbern, die 1865 an der von Ostia nach
Laurentum fahrenden Straße entdeckt wurden (Nogara Le nozze Aldobr., i paesaggi
dell' Od. ed altre pitture mur. ant. conservati nella bibliot. Vatic. e nei Musei Pontef.
p. 63«.).
1237 (1064) Orpheus und Eurydike.
Das Grab, in dem dies Gemälde angebracht war, gehört nach seiner
Bauweise wie nach den ältesten darin gefundenen Inschriften dem ersten
Jahrhundert n. Chr. an und auch das Gemälde scheint nach seiner Kunst-
weise noch aus demselben Jahrhundert zu stammen.
Da beinah alle Figuren durch Inschriften bezeichnet sind, so
kann über die Deutung kein Zweifel obwalten. Dargestellt ist der
Moment, wie sich Orpheus, im Begriff Eurydike auf die Oberwelt
zu führen, nach seiner Gattin umsieht und diese dadurch für immer
verliert (vgl. n. 1883). Links sieht man das Tor der Unterwelt, davor
den dreiköpfigen Kerberos und den jünglingshaft gebildeten Wächter
des Tores (IANITOB), rechts Oknos, dessen Binsenseil von einer
Eselin aufgenagt wird (vgl. n. 359), darüber Reste einer Gruppe des
Pluto und der Proserpina.
Mon. dell'Inst. VIII 28, 1; Ann. 1866 p. 203. B. S. p. 401 n. 500. Boscher mythol.
Lexikon m p. 1176f. Abb. 1. Nogara T. XLIII p. 68. Eine ähnliche Darstellung auf
einem im Gebiete von Tunis gefundenen Belief: Gomptes rendus de l'Acad. des In-
scripUons XXII (1804) p. 470.
Die Wandgemälde n. 1238 (1065) und 1230 (1063) waren an der Rückwand des
anderen zwischen Ostia und Laurentum gelegenen Grabes angebracht, rechts n. 1238
links n. 1230. Da ihre Ausführung beträchtlich geringer ist als die von n. 1237 (1064),
so scheinen sie einer späteren Zeit, etwa der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderte
anzugehören.
1238 {1065) Raub der Proserpina.
Die Deutung scheint durch die Symbole der Proserpina, einen
Granatapfel und einen Mohnkopf, die links auf dem Boden liegen,
hinlänglich gesichert. Wenn der Maler den Wagen des Pluto und die
mythischen Figuren, die sonst bei dem Raube der Proserpina gegen-
wärtig zu sein pflegen, ausgelassen und sich auf die Darstellung des
Pluto und der Proserpina beschränkt hat, so wird dies daraus zu
erklären sein, daß die göttliche Jungfrau nach seiner Auffassung
die Verstorbene symbolisierte und er diese Beziehung nicht durch
weitere Zutaten verdunkeln wollte.
Mon. dell' Inst. VIII 28, 2; Ann. 1866 p. 300 ff. B. S. p. 401 n. 501. O verbeck
Kunstmythologie III p. 655a, Atlas XVIII 6. Boscher Lexikon II p. 1375. Nogara T.
XLIV A p. 60 ff.
1239 (1063) Szene aus einer Tragödie.
Sie ist als solche kenntlich durch den Onkos (vgl. n. 267), mit
dem der in der Mitte sitzende bärtige Mann und die auf ihn zueilende
3
OBERES STOCKWERK. 53
Frau ausgestattet sind. Vielleicht handelt es sich um die Erkennung
des Knaben, der vor dem in der Mitte sitzenden Manne auf das 1.
Knie gesunken ist und den dieser, heftig bewegt, mit beiden Händen
anfaßt. Die Gebärde der heraneilenden Frau und die Aufmerksam-
keit, mit der der Mann oberhalb des Knaben ihrer Rede zuhört,
würden recht wohl zu der Annahme stimmen, daß jene über-
raschende Mitteilungen macht, die den Knaben betreffen. In
dem gelben undeutlichen Gegenstand, den sie mit beiden Händen
vorhält, konnte man ein Zeichen erkennen, das über den Ursprung
des Knaben Aufschluß gibt.
Mon. dell' Inst. VIII 28, 3; Ann. 1866 p. 312 ff. Boscher Lexikon II p. 1570 Fig. 8.
B. S. p. 400 n. 589. Nogara T. XLV A p. 69 ff. Vgl. Berichte der Sachs. Gesellschaft
der Wissenschaften 1878 p. 124.
In dem oberen Stockwerke.
1240 Athletenmosaik.
Die Bilder, aus denen dieses Mosaik zusammengesetzt ist, wurden
1824 bei Gelegenheit einer von dem Grafen Velo unternommenen
Ausgrabung in den Caracallathermen entdeckt. Sie dienten daselbst
mit anderen Bildern, die zerstört vorgefunden wurden, als Fuß-
bodenschmuck in den beiden halbkreisförmigen Anbauten des
großen Mittelsaales. Die erhaltenen Stücke wurden auf Befehl
Gregors XVI. in den Lateran gebracht und daselbst aneinander
gefügt. Der hiermit beauftragte Mosaicist nahm von der Anord-
nung der Bilder in den Caracallathermen Abstand und ging bei
der Zusammensetzung lediglich darauf aus, einen vollständigen
Fußboden herzustellen, der den Dimensionen des gegebenen Baumes
entsprach. Zwei Stücke, die dieser Absicht zuwiderliefen, wurden in
dem ersten Zimmer des lateranischen Museums untergebracht (oben
Seite 1). Mehrere unter den Namen, die den dargestellten Figuren
beigefügt sind, und die Orthographie der Beischriften lassen darauf
schließen, daß das Mosaik nicht zur Zeit des Caracalla, sondern
erst im 4. Jahrhundert n. Chr. ausgeführt wurde. Die meisten der
Bilder zeigen Athleten, die sich damals in Rom überhaupt oder im
besonderen auf den mit den Thermen des Caracalla verbundenen
Übungsplätzen hervorgetan hatten. Zwanzig Athleten sind in ganzer
Figur dargestellt, sechsundzwanzig in Brustbildern. Jene halten
größtenteils Siegespreise, Palmenzweige und Kränze, in den Händen;
einzelne sind mit den für ihre Kampfart bezeichnenden Attributen
ausgestattet, vier Faustkämpfer mit dem Caestus, zwei Diskoswerfer
mit dem Diskos; ein Speerwerfer mit drei Speeren. An einem der
Faustkämpfer (in der vorletzten Reihe oben) erscheint der Caestus
durch ein ähnliches Boxinstrument verstärkt, wie wir ihm auf n. 1153
begegneten. Während die in ganzer Figur abgebildeten Athleten
durchweg als junge, bartlose Männer charakterisiert sind, bekunden
54 DAS LATERANISCHE MUSEUM. 1240.
die zum Teil bärtigen Brustbilder ein reiferes Alter und scheinen somit
Porträts von berühmten Veteranen der Palästra zu sein. Außerdem
sind, ebenfalls in ganzer Figur, acht Gymnasiarchen dargestellt, die
sich offenbar um die Ausbildung der Athleten und um die Leitung
ihrer Kämpfe besondere Verdienste erworben hatten. Man erkennt
sie daran, daß sie im Gegensatze zu den nackten Athleten mehr oder
minder bekleidet und als Greise oder dem Greisenalter nahestehende
Männer charakterisiert sind. Andere quadratförmige Bilder ent-
halten Gegenstände, die für die Palästra bezeichnend waren, eine
Herme (vgl. n. 1294), eine Striegel (vgl. n. 23), ein ölfläschchen
(Lekythos), Sprunggewichte (Halteres), Disken, einen Kranz und
Palmenzweige, wie sie als Preise verliehen wurden, ein zweihenkliges
Gefäß, das zu dem gleichen Zwecke oder zur Aufnahme des feinen
Sandes diente, mit dem sich die Ringkämpfer einrieben (vgl. n. 23).
Die Athleten scheinen nach ihren Typen größtenteils barbarischer
Herkunft. Sie haben ebenso häßliche wie gemeine Gesichter und
einen Ausdruck, den man, geradezu als einen viehischen bezeichnen
darf. Die Ausführung ist roh. Doch läßt sich dem Mosaicisten das
Verdienst nicht absprechen, daß er die Entwicklung des Muskel -
Systems, auf der die Stärke der einzelnen Athleten beruhte, in natur-
wahrer Weise vergegenwärtigt hat.
Secchi 11 musaico Antonlniano rappr. la scuola degli atleti, Borna 1843. Blouet
restauration des thermes de Caracalla pl. IV, V, XIV. Iwanoff architektonische
Studien III Taf. T V (vgl. dazu die Erläuterung von Huelsen p. 73 — 75). Nogara I
mosaici ant. conserv. nei pal. pontef. del Vatic c del Later. T. I — IV p. 1 ff. Ein
Stück des Mosaiks bei Baumeister Denkm. d. kl. Altertums I p. 223 Fig. 174. Der
Caestus mit dem Boxinstrument: Jüthner über antike Turngeräte p. 93 Fig. 74. Vgl.
Braun Ruinen und Museen p. 753 n. 23. Friedender Darstellungen aus der Sitten-
geschichte Borns II3 p. 452. Jahrbuch d. arch. Inst. XXVI 1911 p. 8 Anm. 7. Es
ist interessant, mit den Athleten unseres Mosaiks die Urteile zu vergleichen, die
verschiedene Schriftsteller der Eaiserzeit über diese Berufsklasse fallen: Friedländer
a. a. O. II5 p. 448—449.
In einem anderen Saale des oberen Stockwerkes sind die Ab-
güsse der sämtlichen Belief s der Trajanssäule ausgestellt, die auf
Napoleons I. Befehl ausgeführt wurden. Man kann die Darstellungen
hier bequemer studieren, als auf dem Trajansforum vor dem Originale.
Es würde den Rahmen unseres Führers weit überschreiten, wollten
wir auf all die Fragen antiquarischer und historischer Art eingehen,
die sich an die einzelnen Bilder knüpfen. Wer sich näher orientieren
will, sei vor allem auf die vollständige Publikation dieser Reliefs von
Cichorius verwiesen (die Reliefs der Trajanssäule; Berlin 1896 und
1900), auf das Buch von E. Petersen Trajans dakische Kriege nach
dem Säulenrelief erzählt (Leipzig 1899 u. 1903) und auf E. Strong
Roman sculpture p. 166 — 213 PI. LI — LXII (vegl. auch Kekule von
Stradonitz die griech. Skulptur2 p. 357 ff.).
Das Thermenmnsenm.
B. Musoo nationale romano.
Sie tau Jahre 1911 erschienene Gulda del Museo nationale romano tob Bob.Parlbeni
iat bereits mit Rücksicht auf die Neuordnung des Museums vertäut, soweit sie bis mm
' — loch beabsichtigt man, der Sammlung Ludovisi neue
von der Mostra arcbeologlca okkupierten Teilen der
Der Hof.
tt den längs der linken Seitenwand aufgestellten Skulp-
1241 (77) Kopflose Statue eines Athleten.
Ostiensis. Erganz
i darunter befindlii
■Die Statue scheint, soweit ihre geringe Ausführung ein Urteil g(
stattet, ein Bronze original aus dem letzten Viertel des fünften Jahi
hunderte v. Chr., das Werk eines Künstlers aus der Schule des Polj
klet wiederzugeben. Sie läßt sieh in ungezwungener Weise nach Bild-
werken ergänzen, die siegreiche Athleten darstellen im Begriffe, sich
mit der r. Hand einen Kranz aufzusetzen (vgl. n. 1 083). Die auf der r.
Schulter sichtbare Ansatzspur würde dann von dem Bande (lemniscus)
herrühren, mit dem Siegeskränze häufig verziert waren. Die L. hat
jedenfalls auch irgendein Attribut gehalten, schwerlich, wie in der
2. Auflage dieses Führers vermutet worden ist, einen Palmenzweig, da
dieser auch, wenn er in Bronze gearbeitet war, Spuren am Arme
oder an der Schulter hinterlassen haben müßte.
Vgl. ESm. Mittelt. VI 1801 p. 30* n. S. — Vgl. auch I monnm. del museoTotloula
rinrod. In (ototipla n. 470 = 8. Relnach repert. de la etat. TT 2 p. 518 n. 1.
1242 (12) Statue eines sitzenden Mädchens.
Gefunden 1SÖ5 oder 18ÖÖ in dem sogenannten Stadium des Palatin
(Catalogo dclgi oggetti trov. 1™ 11 4 sett. 1866 ed il 5 glugno 1866 al
Palatino n. 132). Die abweichende Angabe in der vorigen Auflage unseres
FUhren beruht auf einer Verwechselung mit dem auf. dem Palatin ver-
bliebenen Gegenstück. Ergänzt ein Stück des 1. Oberannes,
Ein Mädchen sitzt in lässiger Haltung auf einem Felsen, mit über-
einander geschlagenen Beinen, die 1. Hand auf den Felsen stützend.
Die Figur gleicht in dem Motive ihrer Körperhaltung und in allen
wesentlichen Gewandmotiven einem Statuenfragmente- im Vatikan
n. 127. Die Unterschiede bestehen darin, daß die Dargestellte dort
auf einem Sessel sitzt, daß sie unter dem Mantel einen Chiton ans
leichtem Stoffe und Sandalen an den FüQen trägt. Die gleiohe Ge-
56 DAS THERMENMUSEUM. 1242—1247.
stalt begegnet uns noch einmal in den Uffizien zu Florenz; dort ent
spricht sie in ihrer äußeren Erscheinung der Statue im Thermen
Museum, nur sitzt sie nicht auf einem Felsen, sondern auf den
Schwanzwindungen eines seltsam geformten Seepferdes. Daß aber
dies nicht das Ursprüngliche war, errät man daraus, daß die
Falten des Mantels außen neben den Beinen rechtwinklig geknickt
sind, wie es nur durch die Kante eines Sitzes motiviert sein kann ; der
Bildhauer hat sich gar nicht die Mühe gegeben, die Schwanzwindungen
des Tieres bis unter diese Stellen zu führen und mit ihnen die fehlende
Kante des Sitzes zu ersetzen. Dadurch ergibt sioh klar, daß wir es
dort mit einer späten gedankenlosen Variation zu tun haben* Aber
auch die Fassung des Typus, wie wir sie hier vor uns sehen, kann nicht
die ursprüngliche gewesen sein. Der Mantelzipfel außen neben dem
r. Bein, der nur hier, nicht an den beiden anderen Exemplaren vor-
handen ist und dessen Zusammenhang mit dem übrigen Mantel man
sich umsonst klarzumachen sucht, ist so viel schlechter als das übrige
Gewand und in einem so abweichenden Stile gearbeitet, daß wir in
ihm ohne Mühe eine Zutat des späten Kopisten erkennen, einzig dazu
bestimmt, die Masse des Felsensitzes zu beleben. Nicht anders steht
es mit den lang herabhängenden Zipfeln auf der andern Seite. Daraus
scheint sich zu ergeben, daß nur das Fragment im Vatikan das Ori-
ginal unverändert reproduziert, daß in den beiden andern Fällen aber
dieses Original zu dekorativen Zwecken umgewandelt wurde. Für die
hiesige Figur können wir die Veranlassung zu einer derartigen Um-
wandelung daraus entnehmen, daß in derselben Gegend des Palatin
i. J. 1893 eine andere Statue entdeckt wurde, die ebensfalls ein weib-
liches Wesen auf einem Felsen sitzend darstellt. Man hat darin die ge-
naue Replik einer in mehreren Kopien erhaltenen Figur erkannt, die
man früher für Ariadne, neuerdings überzeugend für eine Muse erklärt
hat. Augenscheinlich handelte es sich nur darum, für diese Statue
ein entsprechendes Gegenstück zu schaffen, und der römische Bild-
hauer, dem die Arbeit in Auftrag gegeben war, half sich in seinem
Mangel an eigener Erfindung oder besseren Vorbildern durch eine
Anleihe bei einem ihm sonst bekannten hellenistischen Werke aus.
Möglich, daß er dabei auch diese Figur durch ein Attribut in ihrer R.
zur Muse stempelte, möglich auch, daß beide an ihrem Standort auf
dem Palatin nur allgemein als Nymphen gelten sollten.
Monum. dei Lincei V 1895 p. 77 ff . Fig. 34 (p. 82 b). S. Reinach repert. de la stat.
II 2 P. 690 n. 6. Jahreshefte d. österr. arch. Inst. XIII 1910 p. 133 Fig. 66, p. 135
(die Ähnlichkeit mit der Andromeda des verglichenen Wandbildes ist zu allgemein,
als daß sie uns nötigte, an Abhängigkeit des Malers von dem Tpyus der palatinischen
Statue zu glauben). Vgl. Bull, dell* Inst. 1866 p. 162. Matz-Duhn zerstr. Bildw. in
Born I n. 835. Amelung Führer durch die Ant. in Florenz n. 108. Gultrera saggi sull'
arte ellenistica e greco-rom. p. 166ff. — Das mutmaßliche Gegenstück: Mon. dei Lincei
a. a. O. p. 75 ff. Fig. 33 (p. 81a). Beinach a. a. O. p. 690 n. 5. Vgl. Hörn. Mitteil. VHI
1893 p. 96 n. 8. Über die Deutung der Gestalt als Muse: Rom. Mitteil. XVII 1902
p. 173 ff. T. VI (vgl. auch Jahreshefte d. österr. arch. Inst. X 1907 p. 318).
DER HOF. 57
1248 (16) Statue einer Yestalin (vgl. n. 1528 Anm.).
Die Dargestellte ist als Vestalin kenntlich an der Binde (infula),
die das Haar in fünf Windungen umgibt. Näheres über die Tracht
der Vestalinnen s. in den Vorbemerkungen zu n. 1357 — 1361.
Jordan der Tempel der Vesta u. das Haus der Vestalinnen T. VIII 3 p. 44. g. Bei-
nach r6pertoire de la stat. II 2 p. 660 n. 10. Vgl. Notizie d. scavi 1883 p. 434. Americ.
Journal of archaeol. 1008 p. 336.
1244 (20) Torso einer Statuette des Diomedes*
Gefunden an dem Palatin. Ergänzt ein Teil des 1. Oberarms.
Die Statuette war eine sauber gearbeitete verkleinerte Wieder-
holung eines besonders durch eine Münchener Statue bekannten
Typus, der Diomedes darstellte im Begriffe, das Paladium aus
Troia fortzutragen. Köpfe des Typus sind besprochen unter n. 1027
und 1275.
Furtw&ngler Meisterwerke p. 316. — Über die Münchner Statue: Furtwängler-
Wolters Bildw. d. Glyptothek n. 304.
1245 (25) Statue eines Jünglings.
Ergänzt die Nase, kleine Flicken in den Lippen, der vordere Teil des
Halses mit dem unteren Teile des Hinterkopfes, der r. Fuß mit dem
daran ansetzenden Stücke des Stammes und dem darunter liegenden
Teil der Plinthe, der obere Teil des 1. Fußes und ein Teil des 1. Unter-
schenkels da, wo er gebrochen war.
Der Körper wurde in dem Tablinum der unterhalb Marino ge-
legenen Villa des Quintus Voconius Pollio, der Kopf an einer mehrere
Meter von dem Tablinum entfernten Stelle derselben Villa gefunden.
Doch scheinen sie zasammenzagehören, da die beiden Brüche auf
der Bückseite des Halses genau aufeinander passen und auch die
Ausführung sowie die Qualität des Marmors hier wie dort gleichartig
erscheint. Das Gesicht erinnert an bekannte Apollontypen. Man
wird in dem Dargestellten einen Genius erkennen dürfen.
Bullettino comunale XII 1884 T. XVn— XIX 11 p. 158, p. 215 n. 11. Vgl. Notizie
d. scavi 1884 p. 107, p. 159. Rom. Mitteilungen VII 1802 p. 337. ,
1246 (29) Kopflose Statue des Herakles.
Gefunden in der Villa des Voconius Pollio (vgl. n. 1245). Erg&nzt
der ganze r. Fuß, der 1. abgesehen von dem hinteren Teile, beinah die
ganze Plinthe.
Die Statue erinnert in ihrem Motive an die kolossale vatikanische
Bronzestatue n. 293; doch ist ihr Körper etwas schlanker. Daß sie
auf ein Bronzeoriginal zurückgeht, beweist im besonderen die starke
Herausarbeitung der Löwenhaut.
Monum. dei Lincei XIV 1910 p. 183 ff. Fig. 2. Vgl. Notizie degli scavi 1884 p. 107.
Bullettino comunale XII 1884 p. 158. Köm. Mitteilungen VII 1892 p. 337.
1247 (38) Statue des Apollon.
Gefunden in der Villa des Voconius Pollio (vgl. n. 1245). Erg&nzt
ein Stück am Schädel.
Der Gott ist in ruhig gesammelter Haltung dargestellt, sinnend
den Blick ins Weite gerichtet. Seine Kithara war in die Vertiefung
58 DAS THERMENMUSEÜM. 1248—1263.
eingesetzt, die man in dem Gewandstücke auf dem Kessel des T>n
fußes wahrnimmt. Wie der erhaltene Best der Oberarmes beweis
war der 1. Arm vorgestreckt; seine Hand ruhte lassig auf de:
Stege oder hielt eines der Hörner gefaßt; dooh könnten die Fing*
auch spielend in die Saiten gegriffen haben. Die Hand des abwärt
hängenden r. Armes hielt vermutlich das Plektron. In stilistischer Hir
sieht scheinen sich in der Figur verschiedene Richtungen zu kreuzet
Körper und Gewand sind nicht vor der Mitte des 4. Jahrhundert
v. Chr. denkbar, während der Kopf mit seinen ernsten großen Zügei
vielmehr. Werken des 5. Jahrhunderts entspricht. Deshalb läßt siel
vorläufig ein sicheres Urteil über die Datierung des Originals diese)
technisch geschickt, aber ohne Geist gearbeiteten Kopie nicht fällen
Das aber läßt sich auch aus dieser Wiederholung erkennen, da£
es dem Schöpfer des Originales nicht so sehr auf Verkörperung see-
lischen Gehaltes als auf äußerlich vollendete Erscheinung ankam.
Die Stilisierung der Haare wie der Falten und die freie Herausarbei-
tung der Dreifußstützen mit der mannigfach gewundenen Schlange
lassen darauf schließen, daß jenes Original in Bronze gegossen war.
Bullettino comunale XII 1884 T. XVII— XIX n. 10 p. 158, p. 215 n. 10. Vgi.
Notizie d. seavi 1884 p. 107. Overbeck Kunstmythologie IV p. 102 n. 7. Rom. Mit-
teilungen VII 1892 p. 337.
1248 (52400) Torso einer Knabenstatue. ,
Gefunden im Hochsommer 1002 in Via Tasso.
Der Torso stammt von einer lebendig gearbeiteten Wiederholung
jener polykletischen Siegerstatue, deren vollständigste Kopie im
Dresdner Museum erhalten ist; Vgl. n. 56 (einen Torso der gleichen
Figur in härterer, schematischer Ausführung), 93 und 1112 (zwei
Köpfe des gleichen Typus).
Bullettino comunale XXXIV 1006 T. II p. 11 ff.
1249 (51) Kopflose Statue der Hera (vgl. n. 1528 Anm.).
Gefunden 1878 in dem sogenannten Stadium des Palatin.
Die Statue ist eine Wiederholung der mit der Hera Barberini
(n. 295) nächstverwandten Hera Borghese- Jacobson (vgl. n. 26).
Aber die Gewandmotive sind hier in einer effektvollen Weise und
mit einem technischen Raffinement vorgetragen, wie es erst seit
der Begierungszeit des Hadrian und vor allem zur Zeit der Anto-
nine ausgebildet wurde (vgl. n. 930 — 932). In jener Zeit also muß
diese Kopie gearbeitet sein. Auf beiden Schultern haben sich Beste
von Locken erhalten; entweder hatte der Bildhauer mit ihnen die
einfache Frisur des Originales bereichert oder sein Werk mit einem
im Typus abweichenden Kopfe, vielleicht mit einem Porträtkopfe
ausgestattet.
Notizie d. seavi 1870 T. I 2 p. 40 (vgl. 1878 p. 03). Vgl. Matz-Duhn zentreute
Bildw. fn Roml n. 583. Furtwängler Meisterwerke p. 117. Monum. deiLinceiV 1895
p. 77 ff. Klein Praxiteles p. 64 n. 5. Arndt la glyptotheque Ny-Carlsberg p. 92.
DER HOF. 59
1250 (105) Mädchenstatue als Brunnenfigur«
Gefunden 1889 innerhalb der Ruinen . eines umfangreichen, antiken
Gebäudes, die auf den Prati di Gastello zwischen Ponte Cavour und der
Engelsburg zutage kamen.
Das Mädchen hat sich in einen weiten faltenreichen Mantel ge-
hüllt, der über den Hinterkopf gezogen ist and die Arme vollständig
bedeckt. In dem Kruge neben dem 1. Beine war die Leitung des
Wassers angebracht. Das anmutige Motiv ist von der Kunst des
4. Jahrhunderts v. Chr. geschaffen worden. Die Oberfläche hat reich-
liche Spuren der ursprünglichen Polychromie bewahrt. Man erkennt,
daß Blau die Grundfarbe des Chitons war. Die Borten dieses Ge-
wandes und des Mantels sind dunkelrot. An den Haaren, den Schuhen
und dem Kruge haben sich Reste gelber Farbe erhalten.
Notizie d. scavi 1880 p. 188 f. — Man vergleiche die ebenfalls gut erhaltenen
Beste der Bemalung an der Aphroditestatue im nächsten Gange mit der Museums-
nummer 125.
1251 (66) Kopflose Statuette der Siegesgöttin.
Früher im Museo Kircheriano.
Als Nike war dieses in seiner Einfachheit so reizvolle Figürchen
durch die Flügel bezeichnet, deren Ansatzspuren sich im Bücken
erhalten haben. Das Werkohen — zweifellos ein griechisches Origi-
nal — stammt aus der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr.
1252 (68) Statue einer Adorantin.
Früher im Palazzo Sciarra. Ergänzt die Nase, der Hals mit den ent-
sprechenden Teilen des Himation, beide Unterarme, die Füße und die
Plinthe.
Die Figur gibt in harter sorgfältiger Arbeit den gleichen Typus
wieder, über den wir bereits unter n. 241 u. 1038 gehandelt haben.
Die Hände müßten erhoben und mit der Innenfläche dem Beschauer
zugewendet sein. Der Kopf gehört nicht zu der Statue; er ist ein
Porträt der Lucüla, der Gemahlin des Lucius Veras. Ursprünglich
war an der Statue der Mantel über den Hinterkopf gezogen.
Matz-Duhn zerstreute Bildw. in Born I n. 1421.
1253 (237) Kopflose Statuette der Hygieia,
Sie war mitten durchgebrochen. Am Bruch ist allerlei geflickt.
Die Statuette gibt einen Typus der Heilgöttin wieder, der unter
dem Namen der Hygieia Hope bekannt ist. Näheres über ihn s.
unter n. 1341.
Jahrbuch d. arch. Inst. XIX 1904 p. 66.
Nordwestwand (Ala II).
In dieser Wand öffnen sich sechs Türen auf ehemalige Wohn-
ungen der Karthäusermönche. Von diesen wird die erste (A) die
Münzsammlung des Museums beherbergen, die zweite, fünfte und
sechste (B, E, F) Sammlungen von gestempelten Bleiröhren, Ge-
60 DAS THERMENMUSEUM. 1264—1256.
wichten und Tonstempeln; doch sind diese Abteilungen zurzeit noch
nicht dem Publikum geöffnet. Die dritte und vierte Wohnung
(C, D) enthalten interessante Inschriften, vor allem die Fragmente
der Arvalakten, d. h. der Protokolle, die im Auftrage der Arval-
brüderschaft über die von ihr vorgenommenen sakralen Funktionen
aufgenommen wurden (vgl. n. 1528 Anm.). Der Mittelpunkt dieser
Brüderschaft war der von einem Haine umgebene Tempel einer Acker-
göttin, der Dea Dia, der auf dem rechten Tiberufer an der Westgrenze der
römischen Feldmark fünf Miglien vor der Porta Portuensis lag. Das
dreitägige Fest der Göttin fiel in den Monat Mai. Eine besonders bedeu-
tungsvolle Handlung fand an dem zweiten Tage statt, nämlich ein Tanz,
den die Arvalen in dem für das Volk verschlossenen Tempel der
Göttin aufführten. Sie schürtzen ihre Toga praetexta auf (vgl. n. 388),
nahmen Textbücher (libelli) zur Hand und skandierten, im Drei-
schritt stampfend (tripodaverunt), das in den Textbüchern enthaltene
uralte Lied, das uns in einem Protokolle aus dem Jahre 218 n. Chr.
(in dem ersten der in der Behausung D zugänglichen Zimmer) er-
halten ist und dessen Sinn für die Arvalen der Kaiserzeit gewiß ebenso
unverständlich war, wie er es für die modernen Philologen ist. Ur-
sprünglich scheint die Brüderschaft, vermutlich im Zusammenhange
mit dem Feste der Dea Dia, auch den sühnenden Umgang um die
römisohe Feldmark (lustratio agri), die Ambarvalia, vorgenommen
zu haben. Dem Charakter der Korporation entsprechend war das
Attribut ihrer Mitglieder der Ährenkranz (corona spicea. Vgl. n. 217).
Das hohe Alter der Brüderschaft ergibt sich nicht nur aas der Sprache
des Arvallieddb, sondern auoh aus anderen Tatsachen, von denen ich
nur zwei besonders schlagende anführe. Wir erfahren aus den Proto-
kollen, daß, wenn es nötig wurde, ein eisernes Instrument in den der
Dea Dia geheiligten Bezirk einzuführen, dies durch besondere Opfer
(piacula) gesühnt werden mußte. Ferner sind die Tongefäße, die
bei den Aasgrabungen in diesem Bezirke gefunden wurden und offen-
bar zu dem Kultusapparate der Arvalen gehörten, entweder einfach
mit der Hand oder unter Beihilfe eines ganz primitiven Surrogates
für die Drehsoheibe gearbeitet. Wir dürfen hieraus den Schluß ziehen,
daß die Stiftung der Brüderschaft in eine Periode hinaufreicht, wäh-
rend deren der Gebrauch eiserner Instrumente wie der Drehscheibe
den Latinern noch unbekannt war.
Da die Literatur vor der Zeit des Augustus über die Arvalen
schweigt, so scheint es, daß die Brüderschaft während der letzten Zeit
der Bepublik entweder vollständig eingegangen war oder jegliche Be-
deutung verloren hatte. Unter der Regierung des Augustus erwachte sie
zu neuem Leben. Der Kaiser wurde selbst Arval und wirkte dahin,
daß Mitglieder seiner eigenen wie überhaupt der vornehmen römischen
Familien kooptiert wurden» Infolgedessen besorgte die Brüderschaft
DER HOF. 61
nicht mehr ausschließlich den Kultus der Dea Dia, sondern wurde
zugleich ein Organ des Kaiserkultus. Sie feierte die Geburtstage der
Herrscher, legte Gelübde für deren Wohl ab, pflegte den Kultus der
vergötterten Kaiser, deren Zahl im Jahre 183 sechzehn, 218 zwanzig
betrug, und verrichtete mancherlei andere Funktionen ähnlicher Art.
Außerdem ließen die Arvalen seit der Zeit des Augustus ihre Proto-
kolle auf Marmorplatten einmeißeln und diese an oder in dem Tempel
der Dea Dia anbringen. Die meisten erhaltenen Stücke wurden in der
fünf MigÜen vor der Porta Portese gelegenen Vigna Ceocarelli, die
den größten Teil des Bezirkes der Dea Dia umfaßt, einige, die ver-
schleppt worden waren, an verschiedenen anderen Stellen gefunden.
Das älteste Stück datiert aus der Zeit des Augustus, dem Jahre
21 v. Chr. (in dem ersten Zimmer der Behausung 0 die erste Tafel
an der L Wand oben), das jüngste aus der Zeit des Gordianus III.,
dem Jahre 241 n. Chr. (im ersten Zimmer der Behausung D). Die
Protokolle sind so ausführlich, daß wir die Funktionen der Arvalen
genauer kennen als die irgendwelcher anderen religiösen Körperschaft.
Der zylinderförmige, von einem kuppeKÖrmigen Aufsatze ge-
krönte Gegenstand aus Travertin, der in dem ersten Zimmer der
Behausung C aufgestellt ist, stammt aus der Vigna Ceccarelli und
lag daselbst lange unbeachtet auf dem Hügel, der sich im Haine der
Dea Dia erhob. Sein Reliefschmuck besteht unten aus Bukranien,
die durch Girlanden verbunden sind, oben aus einer Schlange, die
sich um die Kuppel des Aufsatzes windet. Die geläufige Annahme,
daß dieser Gegenstand als Altar gedient habe, ist unzulässig, da ein
Altar notwendig eine horizontale Oberfläche haben mußte. Viel-
mehr haben wir darin ein Kultusmal des durch die Schlange sym-
bolisierten Genius loci zu erkennen, dem von den Arvalen, wie die
Protokolle berichten, bisweilen Schafe geopfert wurden.
Henzen acta Arvalium quae supersunt, Berol. 1874. CIL VI n. 2033 —
2119, n. 82838—32308. Ephemeris epigrafica VIII 1892 p. 316—350. Weiteres bei
Mommsen Beden und Aufsätze p. 270 ff., Boscher Lexikon d. gr. u. röm. Mythologie 1 1
p. 964ff. und Pauly-Wissowa Real-Encyclopädie IV p. 1463 ff. Der angebliche Altar:
Henzen scavi nel bosco eacro dei fratelli Arvali T. V 5 p. IX, p. 106.
In dem größeren Nebenraum der Behausung D befinden sich
noch einige besonders interessante Inschriften:
1254 (£43) Travertinplatte (gefunden beim Bau des Finanzministeriums)
mit einer Inschrift aus dem Jahre 115 v. Chr. (Arbeitsvertrag über
Wiederherstellung der Via Caecilia, einer südöstlichen Zweigstraße
der Via Salaria, verdungen durch den Censor L. Caecilius Metellus).
ffotizie d. scavi 1896 p. 87ff. mit Abb. CJL VI 3824 u. 31603. Pauly-Wissowa
Beal-Encyklopadie IH p. 1213 n. 93 Z. 52ff.
1255 (445) Ehreninschrift des L. Iulfus Vehillus Gratus Iulfanug,
der zur Zeit des Kaisers Commodus nach glänzend absolvierter Lauf-
bahn im Zivil- und Militärdienste und, nachdem er sich in Kriegen
62 DAS THERMENMUSEUM. 1256-1263.
gegen die Parther, die Germanen und die Briten ausgezeichnet
hatte, Prätorianerpräfeet geworden war, aber kurze Zeit, nachdem er
diese Stellung angetreten hatte, im Jahre 189 n. Chr. auf Befehl des
Kaisers ermordet wurde. Damals muß man sein Ehrendenkmal zer-
stört und in den Tiber geworfen haben, aus dem die Inschrift L J. 1 887
. wieder herausgefischt worden ist. Sie berichtet unter anderm von
Kämpfen gegen die Kostoboker (in der Inschrift sind sie Castabocae
genannt). Den Einfall dieser barbarischen Völkerschaft in Griechen-
land erwähnt Pausanias im 10. Buche seiner Periegese (34, 5) als zu
seiner Zeit geschehen. Daraus ergibt sich ein terminus post quem
für die Zeit, in der Pausanias sein Werk vollendete; allerdings wird
jener Einfall von einem Gelehrten in das Jahr 169, von einem anderen
in die Zeit kurz nach 175, von einem dritten in das Jahr 178/179
datiert.
Notizie d. acavi 1887 p. 536 ff. Archflol.-epigr. Mitteil, aus Österreich XIII 1890
p. 186 ff. Jahrbücher für Fhilol. 1890 p. 375. Hitzig- Blümner Pausanias III p. 818 f.
Robert Pausanias als Schriftsteller p. 269.
1256 — 1258 Drei Säulchen aus Peperin (vom Paiatin), auf deren
einer des Fertor Erresius, Königs der Aequicoli, gedacht wird,
dem die Legende die Institution des Ius fetiale zuschrieb; auf den
beiden anderen werden Gottheiten genannt — Anabestae und Remu-
reina — , deren Namen uns nur hier begegnen.
Pauly-Wissowa Real-Encyclopadie I p. 597, 60 ff. p. 2015, 47 ff. VI p. 2222, 29 ff.
p. 2259, 44 ff. Boscher mythol. Lexikon I p. 329, 64 ff. IV p. 74, 36ff.
1259 Marmorplatte in Form der Schmalwand einer Truhe
für Brot und Mehl, wie sie heute noch bei der Landbevölkerung
Italiens in Gebrauch sind. Die Platte stammt von dem Grabgebäude
des Bäckermeisters C. Vergilius Eurysaces (dicht vor Porta Maggiore),
für dessen Frau Atistia der Inschrift zufolge dieses seltsame Grab-
mal bestimmt war.
CJL I p. 222. Vgl. E. Caetaui-Lovatelli passeggiate nella Borna antica p. 169.
In dem Gange:
1260 (12789) Statue einer sitzenden Göttin.
Früher im Palazzo Giustiniani. Ergänzt das r. Schienbein, die Füße
und Kleinigkeiten. Der Kopf und beide Arme waren besonders gearbeitet
und eingesetzt.
Auf einem Stuhle, dessen Beine abgebrochen sind, sitzt eine weib-
liche Gestalt mit vollen matronalen Formen, umhüllt mit Peplos und
Mantel. Auffallend ist das Bestreben des Bildhauers, die Körper-
formen, besonders die der Brust, durch die etwas überreich und kraus
behandelte Gewandung sichtbar werden zu lassen. Die Art, wie das
geschehen ist, und der monumentale Wuchs der Gestalt lassen uns
auf ein attisches Original aus dem Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr.
schließen.
DER HOP.
63
Galleria Giustiniani I T. 4. Clarac 468, 882. Bullettino comunale XXXII 1904
p. 50 ff. Fig. 9—10. Vgl. Matz-Duhn zerstr. Bildwerk, in Rom I n. 607 (der Kopf, den
die Statue früher trog, ist jetzt links neben ihr aufgestellt, da er von einem anderen
Werke stammt).
1261 (103) Kopf des jugendlichen Asklepios.
Gefunden auf dem Falatin (die Angabe in der Guida, daß der Kopf
aus' dem Kircherianum stammt, ist irrtümlich; er ist auf einer alten
Photographie des kleinen Museums auf dem Palatin deutlich zu er-
kennen).
Der Kopf ist als Asklepios an* der starken Bolle kenntlich, die
den üppigen Lockenkranz des Vorderkopfes und des Nackens von
den strenggescheitelten Haaren des Hinterkopfes sondert. Das Ge-
sicht ist mit lebendigem Ausdruck leicht zur r. Schulter gewendet.
Augenscheinlich liegt ein nicht reizloses Bronzeoriginal des 4. Jahr-
hunderts v. Chr. zugrunde, interessant schon wegen der Seltenheit
jugendlicher Asklepios typen, zumal aus einer Zeit, in der, wie uns
überliefert ist, Skopas und Timotheos den Gott un bärtig gebildet
haben, auch Kaiamis, wenn wir annehmen, daß es einen jüngeren
Künstler dieses Namens gegeben hat (vgl. n. 6). Unser Interesse
wächst, wenn wir erfahren, daß unter den römischen Antiken außer
einer Wiederholung (im 15. Zimmer des lateranischen Museums) auch
ein verwandter Typus in drei Exemplaren vertreten ist, deren bestes
sich in Villa Albani befindet (n. 1822), zumal es nicht unwahrscheinlich
ist, daß wir auoh in diesem Typus einen jugendlichen Asklepios zu
erkennen haben. Freilich gibt sich die Verwandschaft nur in der sehr
eigenartigen Haarbehandlung — hie und da stimmen Locke für
Locke überein — und der charakteristischen dreieckigen Form der
Stirn zu erkennen, während die Gesichtszüge beider Typen stark
voneinander abweichen. Spätere Studien werden vielleicht dazu
gelangen, dieses seltsame Verhältnis zwischen beiden Schöpfungen
zu erklären. Zu ihnen hat sich seit kurzem auoh das Oberteil einer
Statue gesellt, abermals einer Darstellung des jugendlichen Asklepios,
das bei den englischen Ausgrabungen in Sparta zutage trat; leider han-
delt es sich auch dort nur um eine ziemlich späte Kopie römischer Zeit.
Jahreshefte d. Osten*, arch. Inst. XI 1908 p. 111 ff. Abb. 16, 17 (ebenda Abb. 18
die Kopie im Lateran). Vgl. Ausonia III 1908 p. 114. Das Statuenfragment in
Sparta: Annual of the Brit. school at Athens XII 1905 — 6 p. 435 f. Fig. 2.
1262 (112) Kopf der Athena.
Vormals im Museo Eircheriano. Ergänzt die Spitzen des Helmvisiers,
die Nase, Splitter an der Lippe.
Der Kopf ist eine hart gearbeitete Wiederholung des Kopfes
der Minerva Giustiniani (n. 38 und 782).
Furtwängler Meisterwerke p. 593 Anm. 2.
1263 (114) Fragment eines Marmorgebälks«
Gefunden im sog. Stadium auf dem Falatin.
Der Fries ist mit einer tragischen Maske, Lorbeerzweigen und einem
Vogel in Hochrelief verziert. Aus der leichten Biegung im horizon-
64 DAS THERMENMUSEUM. 1264-1267.
talen Sinne erkennt man, daß das Gebälk von einem Gebäude mit
gerundetem Grundriß stammen muß. Auf einem anderen Fragmente
gleicher Provenienz, das bereits im 16. Jahrhundert zutage ge-
kommen war; ist an Stelle der Maske eine Lyra dargestellt. Augen-
scheinlich haben beide Fragmente zu einem kleinen Bundbau gehört,
den eine Ausgrabung um 1545 inmitten des Peristyls des Flavier-
palastes bloßgelegt hatte. Natürlich kann es sich da in keinem Falle
um den Tempel des Apollon gehandelt haben, wie die ersten Aus-
graber nach den Ornamenten des Frieses geschlossen hatten, eben-
sowenig um das Sacellum der Vesta auf dem Palatin oder seinen
Saulenhof . Die Auswahl der Ornamente erklärt sich leicht bei einem
Gebäude, das mit dem Palaste des Augustus in Verbindung stand ;
war doch Apollo der Schutzgott der Kaiserwohnung.
Monum. d. Lincei V p. 70. Fig. 35. Vgl. Bullettino comunale XI 1883 p. 201 f.
T. XVn/XVIII 4. Rom. Mittel. X 1895 p. 28ff. Jordan-Hülsen Togographie d. Stadt
Rom I 3 p. 76 Anm490.
1264 (520) Marmorwerk, eine antike Bühne (Skene) darstellend.
Das eigenartige Marmorwerk — vielleicht ein Baumodell, das
als Anathem des Architekten geweiht war, — stellt eine Bühnen-
wand mit den drei obligaten Türen dar und deutet den vor ihr liegen-
den Platz, auf dem sich die Schauspieler bewegten, durch die unten
vortretende Leiste an. Die viereckigen Nischen zwischen den Türen
werden bestimmt gewesen sein, mit gemalten Tafeln gefüllt zu
werden. Das kleine Denkmal gibt uns einen Begriff von der spät*
hellenistischen und früh-römischen Bühne. Vgl. n. 1481.
Notizie d. scavi 1896 p. 67 ff. Dörpfeld-Reisch das griechische Theater p. 333 f.
Fig. 84. Jahreshefte d. österr. arch. Inst. V 1902 p. 188 ff. Fig. 53—55.
Man beachte und vergleiche die beiden Torsen Museumsnummer
652, 653; der eine stammt von einer Wiederholung der Statue, die
uns durch die Kopie des Stephanos in Villa Albani (n. 1846) am
bekanntesten ist, der andere von einer polykletischen Knabenstatue,
1265 (47808) Vorderseite eines Altars der Lares August}.
Gefunden auf der Tiber-Jnsel.
Vgl. n. 901, 1040 und 1528 Anm.
CIL VI 446.
1266 (1023) Pfeiler mit Inschrift
Die Fragmente, aus denen dieser Pfeiler wieder zusammengesetzt
werden konnte, wurden, in eine Mauer verbaut, am äußersten Bande des
Marsfeldes bei S. Giovanni dei Fiorentini gefunden, in der Gegend, die im
Altertum Tarentum hieß.
Die Inschrift gibt den Rechenschaftsbericht über die Sakular-
feier der Stadt Born wieder, die der Kaiser Augustus i. J. 17 v, Chr.
abgehalten hatte. Der Pfeiler, in den die Inschrift eingegraben ist, war
an ebendem Orte, an dem die Fragmente gefunden wurden, aufgestellt,
DEÄ HOF.
60
da in diesem Teil des Marsfeldes die mit der genannten Feier verbun*
denen Spiele stattgefunden hatten. Das Aktenstück, so trümmerhaft
es überliefert ist, wirft ein interessantes SchJaghoht auf die Weise, in
der Augustus unter möglichster Schonung der republikanischen
Formen jenes Fest dazu benutzte, um der von ihm neu eingeführten
Staatsordnung eine religiöse Weihe zu geben. Die Feier wurde von
dem Kollegium der quindecimviri saoris faoiundis geleitet. Da Au-
gustus und sein Reichsverweser Agrjppa Mitglieder dieses Kollegiums
waren, so hatte es züchte Anstößiges, wenn sie bei der Feier allenthalben
in den Vordergrund traten. Gewisse Gebete, die zum Teil von Augustus
vorgesprochen wurden, erinnern auffällig an die von den modernen
Monarchien vorgeschriebenen Barchengebete. Man betete für das Wohl
des römischen Volkes, für dessen Legionen — offenbar eine von dem
nunmehrigen obersten Kriegsherrn eingeführte Neuerung — , für die
quindecimviri, unter denen Augustus einbegriffen war, für deren
Verwandte und Diener. Selbst ein ganz kurze* Auszug aus dem
Festprogramme würde zu weit führen. Es sei hier, nur darauf hin-
gewiesen, daß darin auch des Carmen saeculare gedacht wird, das
Horaz für die Feier verfaßte. Es wurde am dritten Tage des Festes,
am 3. Juni des Jahres 17 v, Chr., auf dem Palatin, nachdem daselbst
dem Apoll und der Diana ein unblutiges Opfer dargebracht worden
war, von siebenundzwanzig Knaben und siebenundzwanzig Mädchen
gesungen und danach auf dem Kapitol wiederholt. Man liest in der
zwanzigsten Zeile von unten
Carmen composuit Q. Horatius Flaccus.
Die Fragmente des anderen Pfeilers, der an der rechts an-
stoßenden Wand wieder aufgebaut worden ist, wurden gleichzeitig
und an derselben Stelle gefunden wie die augusteischen. Die Inschrif-
ten dieses Pfeilers enthalten das Programm des unter Septimius Seve-
rus 2Q4 n. Chr. gefeierten Säkularfestes.
Monumenti pubbl. dalla r. Acc. dei Lincei I fasc. 3 (1801) p. 617—672. Ephe-
meris epigraphica VIII 1892 p. 225—309. Diehl inscr. latinae n. 9, 10. Vgl.
Mommsen in der Wochenschrift „Die Nation" 1891 p. 161—163.
1267 (171) Mosaik, Nillandsehaft.
Gefunden 1858 auf dem Aventin bei S. Saba in der Vigna Macca-
rani, heute Torlonia. Vormals im Museo Kircheriano.
Es sind Anzeichen vorhanden, daß sich in Ägypten unter der
Herrschaft der Ptolemaer eine Landschaftsmalerei entwickelte, die
den Nil und seine Umgebungen darstellte und Pygmäen als Staffage-
figaren verwendete. Mit den zahlreichen ILultureinflussen, die
Alexandreia nach dem Westen ausstrahlte, fand diese Kunstgattung
auch in Italien Eingang. Das Interesse, das man ihr in Born ent-
gegenbrachte, mag im besonderen dadurch gefördert worden sein,
daß das alte Wunderland Ägypten, seitdem es durch die Siege des
H e 1 b i g : Führer. II. 3. Aufl. 5
\
66 DAS THERMENMUSEUM. 1268—1269.
Ootavian dem römischen Reiche einverleibt worden war, ein beliebtes
Reiseziel der gebildeten Römer wurde. So begegnen wir seit dem
Beginn der Kaiserzeit in den römischen Häusern häufig Wandge-
mälden und Mosaikfußboden, die Nillandschaften darstellen.
Unser Mosaik zeigt links im Hintergrunde eine Mauer, über die
eine Palme und zwei hohe viereckige Türme emporragen. Vielleicht
soD hierdurch eine von einer Mauer umgebene Villenanlage vergegen-
wärtigt werden; denn wir wissen,* daß während der Kaiserzeit in den
Villen vielfach Türme angebracht wurden, die eine weite Aussicht
gewährten. Rechts liegt, von Palmen beschattet, ein Gartenhaus
ägyptisch-hellenistischen Suis. Vor diesen Gebäuden fließt der Nil,
aus dessen Gewässer Schilf Stengel, Papyrusstaaden und Lotuspf laneen
emporragen. Ein Hippopotamos schreitet darin auf einen Nachen
los, in dem sich zwei Pygmäenweibohen befinden, während von oben
zwei Pygmäen mit gesohwungenen Speeren auf das Ungeheuer zu-
eilen. Ein dritter Pygmäe schreitet unterhalb des Hippopotamos ein-
her, auch dieser mit einem Speer in der Rechten. Anstatt der Schilde
bedienen sich diese drei Pygmäen der Oberstüoke tönerner Ampho- ,
ren, durch die sie die 1. Arme durchgesteckt haben. Rechts unten
sieht man ein zweites Hippopotamos und links ihm gegenüber ein
Krokodil mit aufgesperrtem Rachen, das bereit scheint, mit jenem
den Kampf zu beginnen. Oberhalb des Hippopotamos schreitet ein
Pygmäe, der in jeder Hand zwei gelbe Stäbchen hält, nach rechts,
eine Figur, deren Beziehung zu den übrigen nicht mit der er-
wünschten Klarheit hervortritt. Über der Landschaft sohweben zahl-
reiche Vögel. Die Felder, in die der Rahmen des Bildes eingeteilt ist,
-sind mit Gruppen von szenischen Masken und Vögeln ausgefüllt.
Bull, dell' Inst. 1870 p. 80. De Buggiero Catalogo del Museo Kircheriano I (Borna
1878) p. 265 n. 1. Römische Mitteilungen VII 1892 p. 337. Jahrbuoh d. arch. Inst.
XXVI 1911 p. 8 Anm. 7. Über die ägyptische Landschaftsmalerei: Heibig Unter-
suchungen über die campanische Wandmalerei p. 101, p. 302 — 308. Lumhroso FEgitto
al tempo dei Oreci e dei Bomani 2. ed. p. 11 ff. Rom. Mitteü. XXVI 1911 p. 55 ff.
p. 78 ff. p. 127 ff. (Rostowzew). Über die Reisen nach Ägypten: Friedländer Dar-
stellungen aus d. Sittengeschichte Roms II p. 92 f., p. 124 ff. Über die in den römisches
Villen angebrachten Türme: Heibig a. a. O. p. 107. Man vergleiche die Masken] in
der Umrahmung des Mosaikbodens im Lateran n. 1231.
Nordostwand (Ala III).
Auf der Brüstung nach dem Garten zu:
1268 (656) Statuenfragment.
Gefunden auf dem Palatin»
Erhalten ist das r. Bein einer Jünglingsfigur, daneben ein Stamm,
an dem ein Köcher aufgehängt ist. Das Fragment stammt von einer
guten Wiederholung des sog. Apollon auf dem Omphalos und ist
insofern wiohtig, als durch den Köcher, eine Zutat des Kopisten, die
i
i
DER HOF. 67
Bedeutung der Statue als Apollon gegen abweichende Erklärungen be-
stätigt wird.
Journal of hell. stud. XXVI 1906 p. 278«. Abhandl. d. phil.-hist. Klasse d. sachs.
Gesellach. d. Wiss. XXV, IV 1907 p. 66.
An der Wand:
1269 (907) Medeiasarkophag.
Er war bereits gegen Ende des .16. Jahrhunderts in Rom bekannt.
Hierüber und über seine weiteren Schicksale vgl. Robert die ant. Sarko-
phagreliefs II p. 215.
Links sieht man, wie die Kinder des Iason und der Medeia der
Braut des Iason, Glauke oder Kreusa, die verhängnisvollen Geschenke
darbringen, die den Tod der Jungfrau zur Folge hatten. Die Szene
erscheint ähnlich behandelt wie auf dem vatikanischen Fragmente
n. 318. Doch ist am 1. Ende der Platte die Figur des Iason beigefügt,
der die Knaben offenbar seiner Braut zugeführt hat. Die rechts fol-
gende Szene zeigt die todbringende Wirkung jener Geschenke. Von
wildem Schmerze gepeinigt, springt die Braut von einer A't Podium
herab, hinter dem eine Kline steht (gemeint ist vielleicht das Ehe-
lager). Ihr Vater Kreon blickt ihr verzweifelt nach, mit der R. in
seinen Haaren wühlend und den 1. Arm vorstreckend. Hinter ihm
stehen zwei Trabanten; vor dem linken liegt auf dem Boden sein
Helm. Es folgt eine Szene, die darstellt, wie sich Medeia zum Morde
ihrer Kinder anschickt. Die zugehörigen Figuren haben stark ge-
litten, lassen sich aber mit Hilfe anderer besser erhaltener Sarkophag-
reliefs ergänzen. Medeia hält in der R. das blanke Schwert, in der L.
die Scheide. Die vor ihr befindlichen Knaben sind sich der Gefahr,
die ihnen droht, nicht bewußt, sondern streiten sich arglos um einen
Ball. Der vordere Knabe springt, um seinem ihn verfolgenden Bru-
der zu entgehen, über eine jener Walzen, deren sich die Alten zur Ebe-
nung des Bodens bedienten (vgl. n. 1924), und hält den Ball mit beiden
Händen weit von sich ab, während der andere beide Hände auf die
Schultern des Bruders legt, um ihn festzuhalten. Am r. Ende der
Platte sieht man Medeia, wie sie ihren Drachenwagen besteigt, um dar-
auf das Weite za suchen. Sie hat den einen der getöteten Knaben
über die Schulter geworfen; die andere Leiche, von der nur das 1. Bein
und der r. Fuß sichtbar sind, liegt im Wagenkasten. Vor dem Ge-
spann ist die Personifikation der Erde (Gaia, Tellus) gelagert, die ihre
R. mit einer bedauernden Geberde erhebt. Die 1. Schmalseite ist mit
zwei Figuren verziert, die in verständnisloser Weise aus einer auf
einem anderen Sarkophage angebrachten, die Hochzeit des Iason mit
Glauke oder Kreusa darstellenden Komposition herausgelöst sind.
Iason libiert über einen brennenden Altar in Gegenwart eines Opfer-
dieners (camillus. Vgl. n. 957), der eine Mulde mit Opfergaben hält.
Das Relief der r. Schmalseite zeigt zwei in einer Unterredung begrif-
68 DAS THERMENMÜSEÜM. 1270—1273.
fene Jünglinge, eine Szene, für die eine befriedigende Erklärung noch
nicht gefunden ist und die man versuchsweise auf eine Episode aus dem
Argonautenmythos bezogen hat.
Bobert die antiken Sarkophag-Reliefs II T. LXV 201— 201b p. 215 f. Röscher
mythologisches Lexikon II p. 2508 n. 2. — Links von dem eben beschriebenen Sarko-
phage steht ein anderer mit einer nur in Einzelheiten abweichenden Darstellung des
gleichen Mythus (Museumsnummer 222; ehemals in dem Hofe der Regia Calcografia).
Zu bemerken ist die Reliefdarstellung auf dem Podium, auf das Kreon den 1. Faß ge-
setzt hat; da sehen wir Jason, wie er zwei der feuerschnaubenden Stiere bändigt; in
der Szene des Kindermordes steht neben Medeia die Wärterin der Kinder (Robert a. a. 0.
n. 109; Röscher a. a. O. n. 4).
1270 Deckel eines Sarkophages in Form einer KHne.
Ehemals im Palazzo Rondinini. Die Köpfe des Mannes und der
Büste, sowie die L. des Mannes und Teile des Lagers waren abgebrochen.
Ergänzt die Nase des Mannes, das Kinn der Büste (ihre Nase war ergänzt),
Stücke am Halse des Mannes und der Büste, Kleinigkeiten am Lager.
Der Verstorbene ruht auf der Kline und hält im Schoß eine kleine
weibliche Büste, auf die er mit ernsten Mienen niederbückt. Zweifel-
los ist es die Büste seiner Gattin und derselben Julia Attica, deren
Asche in der urnenartigen Höhlung des hochgeführten Teiles der
Bückenlehne geborgen war, wie uns die Inschrift auf ihrem Deckel
meldet, während der Gatte selbst un verbrannt in dem Sarkophage bei-
gesetzt war. Das Monument ist also ein interessanter Zeuge für das
gleichberechtigte Nebeneinanderbestehen beider Begräbnisarten. Die
Büste ist augenscheinlich aus leichtem Stoffe gedacht; wir haben in
ihr eine jener Wachsbüsten zu erkennen, die nach dem Ableben einer
Person gefertigt und in eigenen hölzernen Tempelchen im römischen
Hause aufbewahrt wurden (vgl. n. 1495, 1196 und 1862). Nach der
Frisur der Büste und ihrer Form zu schließen, ist der Sarkophagdeckel
in der Zeit der Flavier gearbeitet -worden.
CLL VI 20383.
1271 (203) Vorderseite eines Sarkophages«
Gefunden an der Via Appia.
Vier spiralförmig kanellierte Säulen teilen die Fläche. In dem mitt-
leren Interoolumnium wird ein römisches Ehepaar von der Juno Pro-
nuba im Beisein des kleinen Hymen aeus kopuliert. B. and 1. stürmen
die Dioskaren nach vorne, der 1. über den ruhenden Oceanus, der r.
über die gelagerte Tellus. Sie erscheinen auf römischen Sarkophagen
oft als Symbole der Liebe, die der Tod nicht brechen kann, und des ewi-
gen Wechsels zwischen Leben und Sterben. Man wählte sie wohl auch
deshalb gerne, weil sie die Schutzgötter der römischen Ritterschaft
waren. Im Verein mit Oceanus und Tellus repräsentieren sie außer-
dem hier den ganzen Umkreis der Natur: Himmel, Meer und Erde.
Der Sarkophag stammt aus antoninischer Zeit; in handwerksmäßiger
Ausführung gibt er ein Beispiel der gleichen Stilentwickelung, wie wir
sie in höchster technischer Bravour an n. 1249 gefunden haben. Zu der
DER HOF. 69
architektonischen Gliederung der Platte vgl. n. 146 und 150, die beide
einer spateren Zeit angehören.
Rom. Mitteilungen XV 1906 p. 323ff. Fig. 1. Vgl. Furtwängler Meisterwerke
p. 136 Anm. 1.
1272 (184) Sarkophag mit griechischer Inschrift
Gefunden in Ostia.
Wie die Inschrift meldet, hat ein Ehepaar, Lucius Atilius Artemas
und Claudia Apphias, diesen Sarkophag seinem Freunde Titus Fabius
Trophimas gestiftet, mit dem es das ganze Leben geteilt hatte. Das 1.
Relief zeigt uns die beiden Männer an der Arbeit: der eine ist da-
mit beschäftigt, einen Schuh zu fertigen, der andere einen Faden aus
einem aufgehängten Ballen zu ziehen und um ein spindelartiges Stäb-
chen zu wickeln. Neben dem Schuster steht ein Schrank, auf dem wir
oben zwei Paar Leisten oder fertige Stiefel bemerken. Das r. Relief
zeigt beide Freunde — augenscheinlich sind doch dieselben gemeint —
tanzend zum Klange eines Tamburins, das der eine von ihnen schlägt,
während der andere — er ist zum Unterschiede von dem ersten, der
eine lose hängende Tunika trägt, nur mit einem Schurz umgürtet —
in jeder Hand ein Paar Doppelfloten hält; zwischen ihnen hegt auf
einem würfelförmigen Untersatz ein länglicher Gegenstand von der
Gestalt eines Kastens und darauf wieder eine Flöte. Man hat aus
der gemessenen Bewegungsart der Beiden Wohl mit Recht geschlossen,
daß sie einen religiösen Tanz aufführen.
Kaibel inscr. gr. Sic. et Italiae n. 929. — Man vergleiche Kaibel n. 930, eine eben-
falls in Ostia gefundene Inschrift, die augenscheinlich von dem gleichen Lucius Atilius
Artamas zum Andenken an sein Weib Claudia Apphias und eine andere Frau, vielleicht
seine Mutter, gestiftet ist. Sie ist noch überschwenglicher als die des Sarkophages
und höchst ergötzlich durch ihren ganz konfusen, planlos zusammengelesenen Inhalt.
1273 (40799) Sarkophag eines hohen Beamten der Annona.
Gefunden i. J. 1877 in der Vigna Aquari vor Porta Latina. Der obere
Band ist stark beschädigt, und der Deckel war sehr roh mit Eisenklammern
befestigt, die verschiedene Löcher in den Köpfen der Figuren hinter-
lassen haben. . Beides läßt darauf schließen, daß der Sarkophag zweimal
verwendet wurde.
In der Mitte sehen wir, wie auf n. 1271, ein Ehepaar von der Juno
Pronuba verbunden; Mann und Frau reichen einander die Rechte
(dextrarum iunctio). Zu Füßen des Mannes, der an der Art seiner
Stiefel als Angehöriger des Ritterstandes kenntlich ist, hegt im Hinter-
grunde ein Bündel Schriftrollen, mit dem man wohl auf seine amt-
lichen Würden anspielen wollte (für den Ehe vertrag hätte eine Rolle
genügt) ; außerdem ist er durch einen bärtigen Begleiter ausgezeichnet,
der zwar ebenfalls die Toga trägt, dessen Kopf aber nicht porträthaft
gestaltet ist. In ihm haben wir wahrscheinlich eine Personifikation
des Senatus zu erkennen, die uns über den hohen Rang der Haupt-
person aufklären soll (vgl. n. 146). R. und 1. von dieser Gruppe stehen
je zwei weibliche Figuren, von denen die am meisten rechts befindliche
70 DAS THERMENMÜSEUM. 1274.
durch die Elefantenexu vien auf ihrem Kopfe deutlich als Africa charak-
terisiert ist; sie hält einen Strauß von Ähren über einen schon gefüllten
Getreidescheffel zum Zeichen dafür, daß sie es ist, die den Inhalt
des Scheffels spendet. Augenscheinlich war sie am oberen Bande auch
inschriftlich bezeichnet; man erkennt jetzt noch deutlich ein A, wäh-
rend man in früheren Zeiten weiter links auch noch ein F hat konsta-
tieren können. In der Figur links von ihr mit den Attributen der
Fortuna hat man eine Personifikation der Insel Sizilien, mit größerem
Rechte aber die der Annona erkannt, jener Einrichtung, die Born und
das Beich mit ausreichenden Getreidesendungen zu versehen hatte.
Am 1. Ende sehen wir eine Figur, die durch ein Schiff, das hinter ihr
auf Wellen angegeben ist, und den Leuchtturm auf ihrer Rechten
deutlich als Hafenstadt charakterisiert ist. Man hat in ihr eine Per-
sonifikation des Portus Traiani, neuerdings Alexandreia oder eine
Personifikation der Insel Pharos erkennen wollen, aber die Beste der
Inschrift am oberen Bande — ein B und rechts davon der oberste Teil
eines T, weiter links eine Spur von dem senkrechten Striche eines P —
zwingen uns, an der früher gegebenen Deutung festzuhalten. Für
die an der Turmkrone kenntliche Stadtgöttin neben Portus, die eben-
falls mit Schiffahrt zu tun hat, wie uns das Buder in ihrem 1. Arme
lehrt, können demnach nur zwei Namen in Frage kommen, die man
beide für die vorgeschlagen hat: Puteoli oder Ostia. Die Form des
Buders dürfte kaum dafür ausreichen, uns für Ostia zu entscheiden —
man hatte gemeint, es sei ein Buder, das nur für die Flußschiffahrt
tauglich sei — , eher dürfte man geneigt sein, wegen des Täfelohens,
das die Figur so bedeutungsvoll mit der Bechten erhebt, Ostia den
Vorzug zu geben. Es ist eine Rechentafel und läßt darauf schließen,
daß in dieser Stadt eine Behörde ihren Sitz hatte, die über die finan-
zielle Seite der Annona zu wachen hatte; eine solche Einrichtung
die ratio Annonae, ist uns aber nur für Ostia bekannt (vgl. auch
CIL VI 8450). Zu beachten ist, daß sich auf einer Münze des Anto-
ninus Pius eine Figur der Annona findet, die mit der eben betrachte-
ten auf dem Sarkophage vollkommen übereinstimmt; nur fehlt ihr
die Turmkrone, die für die Figur auf dem Sarkophage jede andere
Deutung als die auf eine Stadtgöttin ausschließt, und sie hält im
1. Arme ein Steuerruder; neben sich hat sie Schiff und Scheffel und
einen Leuchtturm, der mit dem auf der Hand des Portus vollkommen
übereinstimmt. Man sieht, aus welchem Kreise die Typen des Sar-
kophagarbeiters stammen, und daß man seine Arbeit mit Unrecht
dem griechischen Osten hat zuschreiben wollen. Der Sarkophag
stammt, nach der Frisur der Frau, der Togatracht und dem Porträt-
typus des Mannes aus der Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr. Man
beachte die vielen Spuren lebhafter Bemalung; das ganze Parapetas-
ma, das sich im Hintergrunde ausbreitet, war golden gefärbt und
DER HOF. 71
muß eine ähnliche Wirkung gehabt haben wie der Goldgrund später
Mosaiken.
BuUettino comunale V 1877 T. XVIII p. 150ff. Bull. d. Inst. 1878 p. 66t. Matz-
Duhn zerstr. Bildw. in Bom II n. 3095. Brunn kl. Schriften I p. 53 ff. Abb. 19 (Sitzungs-
ber. d. bayer. Akad. d. Wissensch., philos.-hist. Klasse, 1861 II p. 119 ff.). Roseber
mythol. Lexikon I p. 361, 47 ff. Jahreshefte d. österr. arch. Inst. V 1902 p. 181 f. Fig. 52.
Thiersch Pharos p. 17 Abb. 14. Bollettino d'arte III 1909 VIII p. 8ff. Fig. 3 (Fig. 5
reproduziert die oben angeführte Münze des Antonmus Plus). — Für die Gestalt des
Leuchtturms von Ostia vgl. die bei Thiersch a. a. O, übersehenen BleitesBeren: Bostow-
zew tesserarum urbis Romae et suburbi plumb. sylloge n. 60 ff. Fig. 1, 2. Notizie d.
seavi 1910 p. 553 Fig. 2. — Über den Annona-Tyus s. zuletzt W. Köhler Personifika-
tionen abstrakter Begriffe auf röm. Münzen (Königsberg i. Pr. 1910) p. 43 ff. Über
die Stiefel der Bitter vgl. Petersen Ära Pacis Augustae (Sonderschriften d. österr. arch.
Inst. II) p. 85ff,
Auf der Brüstung nach dem Garten zu:
1274 (662) Marmorwerk mit sieben Nischen auf der Torderseite
und einer Inschrift auf der Bückseite.
Gefunden im September 1867 an der Piazza S. Silvestro.
Das Monument isffier Inschrift zufolge — sie ist abgesehen von
der Namensangabe des Weihenden in Hexametern verfaßt — eine
Stiftung des Tamesius Augentius Olympius. Sein Großvater Nonius
Victor Olympius hatte dem Sonnengott einen Tempel geweiht; der
Neffe richtete ihm heilige Grotten ein, und die Inschrift betont dabei,
daß er diese Leistung einzig mit seinem Privatvermögen ermöglicht
habe,. ohne die öffentlichen Mittel des Staates dafür in Anspruch zu
nehmen. Wir kennen diesen Großvater, aus anderen Inschriften, die
an demselben Ort zutage kamen, und wissen, daß er unter den Mithras-
gläubigenden Bang des pater patrum eingenommen hat. Augenschein-
lich war also der Sonnengott, dem er denTempel geweiht und dem sodann
der Stifter unseres Monumentes Grotten eingerichtet, kein anderer
als der Sol invictus Mithras, der ein Heiligtum gerade in der Gegend,
in der die Inschriften zutage kämen, im Anschluß an den Aure-
lianischen Tempel des Sol besessen hat. Nonius Victor bekleidete
die Würde des pater patrum in den Jahren 357 — 362 n. Chr. Damals
wird er den Tempel geweiht haben, der aller Wahrscheinlichkeit nach
i. J. 377 auf Betreiben des Stadtpräfekten Gracchus zerstört wurde.
Danach, jedenfalls aber erst nach 388, dem Jahre, in dem auf Ver-
anlassung des Gratianus Augustus den heidnischen Kulten die Staats-
subventionen entzogen wurden, und vor den Jahren 391 und 392,
in denen die heidnischen Kulte endgültig beseitigt wurden, muß
Tamesius Augentius jene Grotten eingerichtet und auch unser Mo-
nument gestiftet haben. In den Nischen der Vorderseite, die nicht
alle gleich gestaltet sind und unter denen sich die mittelste als die
weiträumigste auszeichnet, haben Statuetten gestanden, wie wir aus
den Zapfenlöchern im Boden schließen können. Man hat gemeint,
diese Statuetten hätten sich auf die sieben Grade der Mithrasweihe
bezogen. Wahrscheinlicher aber ist es, daß hier die sieben Planeten-
72 DAS THERMENMUSEUM. 1276-1280.
götter dargestellt waren und daß in der mittelsten Hauptnische der
Sonnengott stand, zumal in der Inschrift hervorgehoben wird, daß
Nonius Victor caelo devotus et astris gewesen sei. Es scheint bis
jetzt übersehen zu sein, daß auf der rechten Nebenseite ein dt auf
der linken ein nach links gerichtetes c eingegraben ist.
Bullettino d. Inst. 1808 p. 90ff. CIL VI 754. Cumont textes et monnm. relatifs
auz myst. de Mithra I p. 354 n. 17; II p. 94 n. 13; p. 196 n. 9. Vgl. Kiepert-Hülsen
Forma TJrbis Bomae p. 66.
1275 (52397) Fragmentierter Kopf des Diomedes.
Der Kopf stammt von einer sehr guten Replik des Diomedes-
typus, den wir unter n. 1027 und 1244 besprochen haben.
Am Ende des Ganges sind einige altchristliche Sarkophage
aufgestellt, darunter der figurenreiche eines Marcus Claudianus vir
perfectissimus (Museumsnummer 455). Es ist interessant, wie stark die
jugendlichen Typen der Köpfe hier noch an die eines erheblich älteren
heidnischen Sarkophages erinnern, der weiter links aufgestellt ist (Mu-
seumsn. 407; Dionysos und Genien der Jahreszeiten). Auf dem zwischen
diesen beiden stehenden Sarkophage (Museumsn. 23893) beachte man
die Figur der Orans mit dem Gestus, wie wir ihn bei der Statue
n. 1252 und den entsprechenden Figuren vorausgesetzt haben.
1276 Ctroßes Fragment von der Umfassungsmauer der Ära
Pacis Augustae.
Vgl. die Ausführungen zu n. 1523.
Kotizie d. scavi 1903 p. 566 f. Fig. 12.
Südostwand (Ala IV).
1277 Weibliche Kolossalstatue.
Ehemals im Palazzo Sciarra.
Die Statue ist ein technisch geschicktes Werk des 2. nachchrist-
lichen Jahrhunderts, dem ein hellenistisches Vorbild zugrunde
liegt. Das Profil der Plinthe kehrt bei n. 1308 wieder.
1278 (129) Kopflose weibliche Statue.
Ehemals im Castel S. Angelo.
Trotz der schlechten Erhaltung erkennt man deutlich eine ori-
ginale griechische Arbeit. Die Figur repräsentiert für uns den ältesten
Versuch, ein weibliches Wesen im schlichten Peplos darzustellen, wie
es dem strengen Geiste der griechischen Kunst im zweiten Viertel des
5. Jahrhunderts v. Chr. entsprach, recht im Gegensatze zu der über-
mäßig zierlichen Art, mit der weibliche Wesen bis zur Epoche der
Perserkriege in der mannigfaltigen ionischen Gewandung dargestellt
wurden. Augenscheinlich ist dieser Typus von peloponnesischen
Künstlern geschaffen worden (die nächsten Verwandten dieser Mar*
DER HOF. 73
morfigur sind zwei Bronzestatuetten aus Kalavryta und Tegea, und
einige Terrakottafiguren aus dem Heraion von Tiryns). Eine
sehr verwandte, leider auch kopflose und noch mehr zerstörte Statue,
die in der Nähe des Castello gefunden wurde, befindet sich in den
Magazinen des Museums. Vgl. n. 1287.
Borgatti Castel S. Angelo T. 34 Fig. 61 unten. Vgl. Bullettino comunale XXIX
1901 p. 79 ff. — Die beiden Bronzestatuetten sind abgebildet bei S. Beinach repert. de la
etat. II 2 p. 643 n. 2 und 8 (dort weitere Zitate), die Terrakottafiguren in dem
von dem deutsch, arch. Institut herausgegebenen Werke Tiryns (Athen 1912) I T. X.
1279 Männlicher Kopf«
Gefunden in Tivoli in den Ruinen eines Quadriporticus, der zu dem
Tempel des Hercules Victor gehört haben muß.
Der schöne Kopf geht augenscheinlich auf ein Original der früh-
hellenistischen Zeit zurück. Sehr eigentümlich sind die Haare be-
handelt: über die kurzen Locken, die den ganzen Schädel bedecken,
fallen von der Höhe des Scheitels einige lange, dicke, wollige Strähnen.
Eine Erklärung oder Parallele dafür hat sich bisher nicht finden
lassen. In den Haaren bemerkt man zudem eine doppelte Reihe von
Löchern für die Stifte eines starken metallenen Kranzes. Da man
an der gleichen Stelle eine Ehrenbasis des berühmten Pantomimen
L. Aurelius Apolaustus Memphius aus der Zeit des Commodus ge-
funden hatte, glaubte man in dem Kopfe seiner seltsamen Haartracht
wegen zunächst ein Porträt dieses Bühnenhelden zu besitzen (die
Basis ist in dem Garten auf dieser Seite an der 1. Ecke der Monu-
mentenreihe dem Eingang gegenüber aufgestellt). Eine Widerlegung
dieser Hypothese ist überflüssig; aber auch die an sich wahrschein-
liche Ansicht, daß der Kopf von einer Statue des Herakles stamme,
muß für unsicher gelten, solange es nicht gelungen ist, eine Erklärung
für die ungewöhnliche Haartracht zu finden,
1280 Überlebensgroße Statue eines Togatus.
Ehemals im Falazzo Poli. Ergänzt die Käse, Teile des Halses und
die 1. Hand.
Die Statue verdient unsere Aufmerksamkeit nur wegen des
Nebenwerkes. Als Stütze des r. Beines fungiert ein Kasten für
Schriftrollen (capsa), auf dessen Deckel ein Bündel von vier solchen
Rollen liegt. Auf Bollen und Kasten ist folgende Inschrift ange-
bracht: constitutiones corporis munimenta. Der Dargestellte war
also mit der Verwaltung einer Sozietät (corpus) betraut, und in
den Bollen haben wir uns die Akten dieser Gesellschaft vorzustellen.
Das Fragment einer entsprechenden Figur — capsa mit Bollen und
gleicher Inschrift — ist 1. neben der Statue aufgestellt.
Zeitschrift d. Savignystiftung f. Rechtsgeschichte röm. Abt. XII 1891 p. HG f.
m. Abb. Birt die Buchrolle i. d. Kunst p. 260 Abb. 169. Vgl. Matz-Duhn zerstr. Bildw.
in Born I n. 1263. CIL VI 29814.
74 DAS THERMENMUSEUM. 1281—1286.
1281 (291) Kopf des Ares.
Gefunden bei den Tiberarbeiten. Ergänzt die Augenbrauen, die
oberen Augenlider, der größte Teil der Nase, die Lippen, ein Stück am
Kinne.
Der gutgearbeitete Kopf rührt von einer Wiederholung des
sog. Ares Borghese im Louvre her. Das Original war jedenfalls
eine Bronzestatue und eine Schöpfung aus der zweiten Hälfte des
5. Jahrhunderts v. Chr. Die Bückführung auf den Ares des Alkamenes
hat sich, nachdem man eine signierte Kopie nach dem Hermes Pro-
pylaios dieses Künstlers gefunden hat, als unhaltbar erwiesen.
Rom. Mitteil. VI 1891 p. 239. Über den Typus vgl. besonders Furtwängler Meister-
werke p. 121 f. Abbandl. d. bayer. Akad. d. Wissenach. I Cl. XX. Bd. III Abt. p. 566 ff.
Robert Votivgemälde eines Apobaten p. 21 ff. Collignon bistoire de la sculpt. grecque
II p. 124 ff. Vgl. über Alkamenes n. 64 u. 86.
1282, 1283 (294, 296) Zwei Kapitelle, deren architektonische Form
vollkommen unter der Umhüllung eines Löwenfells ver-
schwindet.
Gefunden neben dem Ponte S. Angelo beim Abbruch des teatro
Apollo.
Sie stammen von einem kleinen Bundbau, der augenscheinlich
dem Hercules geweiht war. Ein drittes befand sich früher in den
vatikanischen Gärten und ist jetzt in der Galleria dei candelabri
auf einer mit n. 100 bezeichneten Säule aufgestellt. Vgl. n. 1465.
Bullettino comunale XX 1892 p. 175 f. T. IX. Gusman l'art decoratif de Home I
pl. 30. Das dritte Exemplar: Arndt- Amelung Einzelaufnahmen n. 783b.
1284 (318) Kolossalkopf eines Römers*
Vormals auf dem Palatin. Ergänzt die Nase, das r. Ohr, die Unter-
lippe.
Die Weise, wie der untere Abschnitt des Halses zugehauen ist,
beweist, daß der Kopf in eine Statue eingelassen war. Die kolossalen
Dimensionen und der Umstand, daß noch ein zweites Exemplar be-
kannt ist (Ende der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts bei
Francesco Martinetti), lassen darauf schließen, daß es sich um einen
Mann von Bedeutung handelt. Der Stil und der Haarschnitt deuten
auf den Anfang der Kaiserzeit. Bezeichnend für den Charakter des
Mannes sind der scharf beobachtende Blick und der sarkastische
Zug, der den Mund umspielt.
1285 (48133) Torso der knidischen Aphrodite«
Stammt aus den Caracalla-Thermen.
Vgl. n. 310. Die Formen sind augenscheinlich etwas vergröbert,
aber die Ausführung entbehrt nicht einer gewissen Größe und leben-
digen Gefühls.
MUSEO BONCOMPAGNI-LUDOVJSJ. 75
Museo Boncompagni-Ludovisi.
Die Sammlung, die sich ehemals in der Villa Ludovisi, dann in dem Falazzo Piom-
bino befand, ist jetzt provisorisch in einigen Zimmern untergebracht, die an dem eben
beschriebenen Gange liegen. Spater soll sie in die neuhergerichteten Räume der Dio-
kletiansthermen westlich von dem Eingangskorridor überführt werden. Da bei Th.
Schreiber die antiken Bildwerke der Villa Ludovisi (Leipzig 1880) die Literatur, die bis
zum Jahre 1880 über die in der Sammlung enthaltenen Skulpturen vorlag, auf das
genaueste zusammengestellt ist, so schlagen wir in den Literaturangaben hinsichtlich
dieses Buches dasselbe Verfahren ein, wie bei Besprechung des vatikanischen, kapito-
inischen und lateranischen Museums hinsichtlich der seither erschienenen wissenschaft-
lichen Kataloge dieser Sammlungen. Das Schreibersche Buch wird durch Seh. be-
zeichnet, worauf die betreffende Kummer folgt.
Erstes Zimmer.
1286 Dreiseitiges Marmorwerk, sog. Thron der Aphrodite.
Gefunden im Sommer 1887 in der vormaligen Villa Ludovisi, inner-
halb der Zone, die gegenwärtig von der Via Boncompagni, Abbruzzi und
Fiemonte begrenzt wird. An der Innenseite der r. Schmalwand ist etwas
oberhalb der Mitte eine längliche Vertiefung von rechteckigem Durch-
schnitt (h. 0,07 m, br. 0,04 m, t. 0,16 m) eingehauen, augenscheinlich eine
Zapfenbahn. Auf der schmalen Oberfläche der 1. Seitenwand ist der
Buchstabe D eingegraben, Wahrscheinlich ein Merkzeichen für die Auf-
stellung in Bo.m.
Das Denkmal zeigt eine umfangreichere, giebelförmig zugespitzte
Hauptwand und zwei kürzere, rechtwinklig an sie ansetzende Neben-
wände, die sich längs des offenen Teiles senken. An jedem Ende der
Kante, die den oberen Teil der Hauptwand abschließt, ist ein verti-
kales Bohrloch angebracht, das zur Befestigung eines metallenen
Zierates gedient zu haben scheint. Ein ähnlicher Zierat würde, falls
diese Annahme richtig ist, auf dem verloren gegangenen, giebel-
förmigen Auslaufe derselben Wand anzunehmen sein. In die drei-
eckigen Eintiefungen, die wir an den unteren Ecken wahrnehmen,
war augenscheinlich nicht, wie man früher vermutet hat, Metallblech
eingelegt, dessen Befestigung andersartige Spuren hinterlassen haben
würde, sondern je eine dünne, mit Ornament bedeckte Marmorplatte,
für die wir eine etwas stärkere Relieferhebung annehmen müssen,
als sie die Figurendarstellungen zeigen. Jede der drei Außenseiten ist
mit Reliefs fortgeschrittenen archaischen Stiles verziert, die hinsicht-
lich der Anlage wie der Ausführung ein sehr feines Kunstgefühl be-
kunden. Auf der Hauptseite sind zwei weibliche Figuren um eine
zwischen ihnen befindliche junge Frau beschäftigt. Sie stützen diese,
indem sie die eine Hand an ihr Schulterblatt anlegen, während sie
mit der anderen Hand ein vertikal herabreichendes, viereckiges Stück
Zeug erheben, das den Unterleib der Mittelfigur bedeckt. Diese
scheint, da ihr Kopf nur bis zur Schulterhöhe der Gefährtinnen em-
porreicht, mit den Unterschenkeln in dem Boden zu stecken. Sie
richtet das Gesioht zu der rechts von ihr befindlichen Figur empor
und hält beide Arme ausgebreitet. Vermutlich haben wir uns ihre
76 DAS THERMENMUSEUM. 1286.
r. Hand an den r. Oberarm der rechts von ihr, die 1. Hand an den 1.
Oberarm der links von ihr stehenden Gefährtin angelegt zu denken.
Auf der einen Nebenwand ist eine naokte Flötenspielerin, auf der
anderen eine junge, züchtig gekleidete Frau dargestellt, die ein Weih-
rauchopfer darbringt. An der 1. Hand jener wie an der r. der zweiten
Figur sieht man die Spuren einer im Altertum vorgenommenen
Restauration.
Der Stil deutet auf eine griechische Originalarbeit aus den ersten
Jahrzehnten des fünften Jahrhunderts v. Chr. Er zeigt mancherlei
Berührungspunkte namentlich mit dem Stüe rotfiguriger attischer
Vasenbilder, die jener Zeit angehören. Gewisse Teile, wie der nackte
Körper der Flötenspielerin und die Kissen, auf denen die auf den
Nebenseiten dargestellten Figuren sitzen, sind mit großer Weichheit
durchgebildet. Die Behandlung der Profile erscheint auffällig indivi-
duell. In mehr als einer Hinsicht erinnert das Werk an die nord-
griechischen Skulpturen der gleichen Epoche, wenn es auch an Fein-
heit alles übertrifft, was uns aus jenem Kreise erhalten ist. Sehr viel
stilistische Ähnlichkeiten verbinden es ferner mit den neuerdings
gefundenen Terracottareliefs aus dem epizephyrischen Lokroi. Da-
mit ist im allgemeinen die Richtung gegeben, in der wir nach dem
Künstler des Werkes zu suchen haben. Augenscheinlich handelt es
sich um eine Schöpfung der ionischen Kunst, die der argivisch-siky-
onischen Kunst jener Zeit an strenger Bestimmtheit, der attischen
an vollsaftiger Gesundheit und Kraft nachsteht, beide aber durch
größere Zartheit und feinere -Empfindung überflügelt, einer Kunst,
die ihre Spuren in Klein- Asien, auf den Kykladen, in Nord- und West-
griechenland, wie in Unteritalien und Sizilien hinterlassen hat; aus
ihren Kreisen ist die alles Verwandte überragende Persönlichkeit
des Polygnot hervorgegangen und ihre späteste bedeutendste Leistung
auf plastischem Gebiete steht uns wahrscheinlich noch in den Skulp-
turen des Zeustempels zu Olympia vor Augen.
Soweit unsere Kenntnis der Denkmäler reicht, entspricht die auf
der Hauptseite angebrachte Szene, was die dargestellte Handlung be-
trifft, am meisten schwarz- wie rotfigurigen attischen Vasenbildern,
deren Erklärung noch schwankt und die von einigen Archäologen
auf die Anodos der Kora, d. i. das Wiederersoheinen der Göttin auf
der Oberwelt, von anderen auf das Zutagetreten einer Quellnymphe,
von anderen auf die Erdgöttin Ge oder Gaia gedeutet werden, wie
sie aus dem Boden emportaucht. Doch stoßen die Versuche, die
Mittelfigur unseres Reliefs mit der einen oder der anderen dieser
Göttinnen zu identifizieren, besonders auf zweierlei Schwierigkeiten. *
Erstens sind die Figuren, die auf jenen Vasenbildern die auftauchende
Frau umgeben, andere und in anderer Handlung begriffen, als auf
dem Relief. Zweitens läßt sich für das Stück Zeug, mit dem der Unter-
MUSEO BONCOMPAGNI-LÜDOVISI. 77
leib der Mittelfigur verdeckt wird, mag man diese auf Kora, eine Quell-
nymphe oder Gaia deuten, keine einigermaßen befriedigende Er-
klärung ausfindig machen.
Ein Forseher hat vermutet, daß auf dem Belief die neugeborene
Aphrodite dargestellt sei, wie sie, unterstützt von den Hören, aus
dem Meere emportaucht, und daß jenes Stück Zeug, das die beiden
helfenden Mädchen halten, dazu diene, den Unterleib der Göttin
zu verhüllen, weil der feine, vom Wasser durchdrungene Chiton
die Formen durohschimmern lasse. Die Beliefs der beiden Seiten-
wände bezieht derselbe Gelehrte auf den Kultus der neu geborenen
Göttin; die züchtig gekleidete weibliche Figur sei eine Braut, die für
ihre bevorstehende Hochzeit der Aphrodite ein Weihrauchopfer
darbringt, die nackte Figur eine Hierodule, die zu Ehren der Göttin
eine Flötenweise vorträgt. Gegen die Erklärung des Motives der
Verhüllung mit jenem Stück Zeuge an der Hauptseite ist mit Grund
eingewendet worden, sie entspreche wohl christlichem Züchtigkeite-
bedürfnis, aber nicht antikem Empfinden, und die Deutung der
Verhüllten als Braut wird dadurch erschüttert, daß der Künstler
die Haare der Figur bis auf den Lockenkranz, der Stirn und Schläfen
umrahmt, in einer Haube geborgen hat. Dagegen ist ein dritter Ein-
wand, daß der Künstler das Meer, aus dem auftauchend wir die Mittel-
figur der Hauptseite zu denken hätten, nicht angedeutet habe, mit
Reoht als unwesentlich abgewiesen worden, hat der Künstler doeh
durch eine sehr auffällige besondere Charakterisierung des Bodens,
auf dem die beiden helfenden Mädchen stehen, deutlioh kundge-
geben, daß es sich nur um einen Vorgang handeln kann, der an einem
Uferrande stattfindet. Beiderseits ist der Boden mit breiten flaohen
Steinen bedeckt, wie sie sich nur infolge der abschleifenden Wirkung
des bewegten Wassers, vor allem an der Seeküste bilden; beiderseits
senkt sich der Boden nach der Mitte zu, wo ein breiter Streifen frei-
bleibt, um anzudeuten, daß hier der Boden nicht in gleicher Weise
zur Erscheinung kommt. Es entspricht nun durchaus dem andeuten-
den Charakter dieser Kunst, wenn an dieser Stelle die Oberfläche des
Wassers nicht auch noch plastisch wiedergegeben wird. Das Motiv
jenes Stück Zeuges ist aber kürzlich recht ansprechend so erklärt
worden, daß es sich nioht um ein besonderes Tuch, sondern um den
unteren Teil des Chitons der Auftauchenden handelt, den die Mädchen,
weil er schwer von Wasser durchtränkt ist, heben, um der Mittelfigur
dadurch das Emporsteigen zu erleichtern. Der Künstler hat das
Motiv augenscheinlich gewählt, um die Linien der beiden herab-
reichenden Arme der Mädchen zu verbinden, wie um der Mitte
seiner Komposition eine breite Basis und damit das nötige Vo-
lumen im Verhältnis zu den geschlossenen Massen der Neben-
figuren zu geben.
78 DAS THERMENMUSEUM. 1286.
Demnach ist die Deutung der Hauptseite auf die Geburt der
Aphrodite im Beisein der beiden Hören immer noch die weitaus
wahrscheinlichste von allen bisher vorgeschlagenen; jedenfalls aber ist
eine von verschiedenen Gelehrten geäußerte Ansicht, nach der das
Belief vielmehr eine Niederkunft darstellen sollte, kürzlich mit so
entscheidenden Gründen widerlegt worden, daß wir sie weiter nicht
in Betracht zu ziehen brauchen.
Der Gelehrte, der die Beziehung der Reliefs auf Aphrodite zuerst
vertreten hat, glaubte in dem ganzen Werke die Lehne eines Thrones
zu erkennen, die auf einem würfelförmigen, zum Sitz bestimmten
Untersatz geruht habe. Er vermutete ferner, daß der Thron zu der
mutmaßlich akrolithen Statue gehört habe, von der n. 1288, der
rechts aufgestellte Kolossalkopf, herrührt. Diese Statue sei als Kultus-
bild für den auf dem Eryx gelegenen Tempel der Aphrodite gearbeitet,
von dort nach Rom übertragen und hier in dem 181 v. Chr. der Venus
Eruoina geweihten Tempel aufgestellt worden, der vor der Porta
Collina, also etwa 300 m von der Fundstelle unseres Marmors entfernt
lag. Doch sind demselben Gelehrten auch die Schwierigkeiten nicht
entgangen, die seiner Kombination entgegenstehen. Da die Pro-
venienz des Kolossalkopfes nicht überliefert ist, so bleibt es ungewiß,
ob er aus derselben Gegend wie die angebliche Thronlehne oder anders-
woher stammt. Außerdem sind die beiden Stücke in verschiedenem
Marmor ausgeführt, und zwar ist für den Kopf trotz seiner derberen
Formengebung eine feinkörnigere Gattung zur Anwendung gekom-
men als für das mit Reliefs verzierte Stück, ein Verfahren, das in
hohem Grade befremden müßte, falls es sich am Bestandteile eines
und desselben Sitzbildes handelte. Allerdings deutet der Stil hier
wie dort auf dieselbe Periode, erscheint jedoch in den Reliefs fort-
geschrittener und vor allen Dingen in seinen Grundeigentümlichkeiten
verschieden von dem des Kopfes (vgl. n. 1288). Man müßte demnach,
um die in Rede stehende Vermutung aufrecht zu erhalten, annehmen,
die Statue der Göttin sei von einem älteren, der Thron von einem
jüngeren Bildhauer gearbeitet worden, den wir zudem einer anderen
Schule als seinen älteren Genossen zuweisen müßten. Mag man dies
auch als möglich zugeben, so haben wir bei der Kombination von
Kopf und Reliefs schließlich doch mit zuviel Imponderabilien zu
rechnen, als daß wir sie auch nur als wahrscheinlich weiter in Er-
wägung ziehen dürften. Etwas anderes ist es mit der ersten Annahme
jenes Gelehrten, daß unsre Reliefs von einem Throne stammen. Man
hat freilich auch dagegen die verschiedensten Einwände erhoben und
abweichende Erklärungen aufgestellt, weniger deshalb, weil sich
keine ganz entsprechende Form eines Thrones im Altertum nach-
weisen Heß, als in Rücksicht auf ein Gegenstück unseres Denkmals,
das in der gleichen Gegend wie dieses gefunden wurde und sich jetzt
MUSEO BONCOMPAGN1-LUDOVISI. 79
im Bostoner Museum befindet. Es stimmt in den Maßen nicht genau
mit dem hiesigen Werke überein, aber doch in der allgemeinen Form
und technischen Zurichtung so weit, daß man, vollends angesichts der
künstlerischen Übereinstimmung der Reliefe, an der Tatsache des
engsten Zusammenhanges beider Stücke nicht zweifeln kann. Anderer-
seits sind die Abweichungen in den Maßen und im Zuschnitt der Seiten-
wände doch so stark, daß dadurch jede Verwendung beider Stücke
in genauer tektonisoher Entsprechung an einem einzigen Monumente
ausgeschlossen wird, und das trifft sowohl auf frühere Vorschläge
zu, nach denen uns hier Teile eines Sarkophages erhalten wären oder
Bettlehnen — man dachte an ein monumentales Lager, das als Weih-
geschenk für die Gottheit in einem Tempel gestanden hätte, —
wie auf die letzthin vorgebrachte Vermutung, nach der wir in beiden
Werken Aufsätze auf die schmalen Enden ^ines langgestreckten
rechteckigen Altares zu erkennen hätten.
Zudem müssen sich die beiden Stücke noch in einer anderen
Hinsicht erheblieh voneinander unterschieden haben. An dem
Bostoner Exemplar sind die Teile an den unteren Außenecken, die
an dem römischen Stück angesetzt waren, jetzt aber verloren sind,
mit dem Übrigen aus dem gleichen Blocke gearbeitet und erhalten :
jederseits stoßen zwei lang aasgezogene, an beiden Enden zu Voluten
aufgerollte, flache Rinnen mit den größeren Voluten aneinander;
über dem Treffpunkt entfaltet sich je eine fächerartige Palmette,
die beiderseits die Kante umschließt und gegen die sich die Figuren
des Reliefs lehnen. Daß sich ein im allgemeinen entsprechendes
Ornament auch an dem römischen Exemplare befunden hat, er-
kennt man an dem Umriß der Einbettangen für die besonders ge-
arbeiteten dünnen Platten; aber die am Gipsabguß ausgeführte Über-
tragung des Bostoner Ornaments auf das römische Stück — unter-
drückt wurden nur die kleineren Voluten — hat zu einem unannehm-
baren Resultat geführt. Die Ornamente, die dort mit den daran-
lehnenden Teilen der Figuren einen geschlossenen Umriß bilden,
ragen hier wie Hörner unvermittelt aus dem Ganzen heraus, und
das Relief der Figur schließt sich nirgends, wie an dem Bostoner
Exemplar überall und wie es zweifellos sein müßte, unmittelbar an
das Ornament an. Wir müssen also an unserem Stück ein analog
komponiertes, im einzelnen aber anders ausgeführtes Ornament
voraussetzen, und es ist klar, daß damit die zu tektonisoher Ent-
sprechung notwendige Übereinstimmung beider Teile aufgehoben
wird.
Ferner ist an dem Bostoner Pendant die linke Seitenwand weniger
breit als die rechte, eine Ungleichheit, die von vornherein gegen die
Bestimmung des Werkes spricht, als Bestandteil eines tektoni-
achen Zusammenhanges für sich allein oder als Gegenstück
80 DAS THERMENMUSEUM. 1287.
eines mit gleichen Seitenwänden ausgestatteten Teiles zu dienen, die
sich aber unter der Voraussetzung, daß auch das Bostoner Exemplar
zu einem Throne gehörte, immerhin erklären ließe. Man müßte an-
nehmen, daß ein Gewandteil der darauf sitzenden Gestalt die Ver-
kümmerung dieser Nebenlehne veranlaßt hätte, und daß hier tatsäch-
lich ein Gegenstand angestoßen haben muß, scheint ein viereckiges
Zapfenloch zu beweisen, das der Zapfenbahn an der r. Nebenseite
des römisohen Stückes entspricht. In beiden Fällen kann es sich
aber nicht um eine Verlängerung der Platte gehandelt haben,
denn an dem Exemplare in Born greift das Belief des herabhängenden
Thymiateriondeckels auf die Nebenseite über, während sich an dem
in Boston auf der entsprechenden Schmalseite ein großer Teil eines
in Belief dargestellten [Gegenstandes befand, den man in römischer
Zeit abgemeißelt hat.
Noch etwas ist für die ehemalige Art der Aufstellung dieser Mo-
numente zu beachten. Der Körper der Flötenspielerin ist mit feiner
Empfindung für Erscheinung und Organismus des nackten Körpers
wiedergegeben; desto befremdlicher ist es, daß der r. Oberschenkel
vollkommen falsch an den Leib angesetzt ist. Dieser „Fehler" ver-
ßoh windet, sobald wir das Belief über Augenhöhe bringen, und mag
sich so erklären, daß der Künstler fürchtete, der Oberschenkel werde
bei organisch -richtigem Ansatz allzuweit für den aus großer Nähe
aufwärts geriohteten Bliok verschwinden. Auch das würde der An-
nahme jener Thronhypothese wenigstens nicht widersprechen.
Auf der Hauptseite des Bostoner Exemplares ist in der Mitte ein
stehender Knabe mit mächtigen Flügeln dargestellt, wie er auf einer
großen Wage zwei kleine männliche Figürchen gegeneinander abwägt
im Beisein von zwei sitzenden Frauen, von denen die linke das Sinken
der Wagsohale auf ihrer Seite mit einem Gestus der Freude be-
gleitet, während die andere dem Steigen der andern Schale mit dem
Ausdruck tiefster Trauer zusieht. Auf der r. Nebenseite sitzt auf
einem Kissen ein Knabe, der eine Lyra spielt; auf der andern hockt
ein altes Weib, das mit der r. Hand den oberen Teil jenes abgemeißelten
Gegenstandes dem Gesichte entgegenbiegt. Es ist unmöglich, hier auf
die verschiedenen Deutungen dieses Belief s einzugehen; nach der
Meinung des Verfassers hat es keine von ihnen bisher zu einer über-
zeugenden Lösung des Rätsels gebracht, doch weiß er sie durch keine
bessere zu ersetzen. Nach der zuletzt ausführlich dargelegten
Annahme wäre der Wägende Eros, von den Frauen die heitere
Aphrodite, die traurige Persephone; auf der Wage aber seien die
beiden ungleichen Jahresanteile, die beiden Göttinnen an Adonis zu-
kamen, durch die kleinen männlichen Figuren vertreten. Adonis
selbst soll der Leierspieler sein; ihm entspräche die Trophos der
Myrrha mit dem Mutterbaum des Umworbenen. Auf dem römisohen
MÜSEO BONCOMPAGNI-LUDOVISJ. 81
Werke sei dann die Meeresgeburt der Aphrodite dargestellt, auf den
Nebenseiten nicht, wie man früher annahm, je eine irdische Verehrerin
der Göttin, sondern beidemal die Göttin selbst, einmal als junges fröh-
liches Weib, das andre Mal als trauernde Witwe. Besonders bedenk-
lich ist dabei die gesonderte Darstellung der Jahresanteile und ihre
Personifizierung durch zwei kleine Adonisfiguren, die Deutung des
Leierspielers auf Adonis — der Unterschied seiner Haartracht von der
seiner kleinen ei'd&la auf der Wage ist doch zu auffallend — und die
Verdreifachung der Aphrodite auf dem römischen Exemplare. Sicher-
lich als Gegenstücke sind gedacht die nackte Flötenspielerin und der
nackte Leierspieler. Dann liegt es natürlich nahe, auch die beiden
andern Nebenseiten in Beziehung zueinander zu setzen und, da die
Verhüllte Weihrauch verbrennt und der abgemeißelte Gegenstand, den
die Alte hält, ein Bäumchen gewesen zu sein scheint, hier an den
Myrrhenbaum zu denken. Aber die Art, wie die Alte mit dem Ge-
wächse umgeht, sieht nicht gerade nach rücksichtsvoller Pflege aus.
Die Prüfung der stilistischen Eigenart des Bostoner Pendants be-
stätigt unsere oben skizzierten Resultate. Von bekannten Skulpturen
eignet sich zum Vergleiche in mehr als einer Hinsicht das Relief der
„Penelope", von dem wir ein Fragment wahrscheinlich des Originales
im Vatikan gesehen haben (n. 89; wenn das Fragment in hymettischem
Marmor ausgeführt ist, so beweist dies nur, daß sein Künstler
in Athen gearbeitet hat, nicht, daß er ein Athener war). Vgl. auch
die Stele im Konservatoren-Palaste n. 974, die aber ein älteres
strengeres Stadium der Entwickelung repräsentiert, während die
Wettläuferin im Vatikan (n. 364) unseren Reliefs künstlerisch und
zeitlich durchaus entspricht. Die gleiche Richtung in einer etwas
fortgeschritteneren Phase der Entwickelung vertritt endlich ein weib-
licher Kopf in englischem Privatbesitz, den man mit Recht in die
nächste Beziehung zu dem Kopfe der Emportauchenden gebracht
hat; auch er unterscheidet sich wesentlich von allen gleichzeitigen
Werken der attischen und argivischen Kunst.
Bull, comunale XV 1887 T. XV, XVI p. 267ff. Ant. Denkmäler herausgeg. vom
arch. Institut II 1801—92 T. 6—7 p» 3. Römische Mitteilungen VII 1892 T. II p. 32ff.
Die ganze übrige Literatur ist verzeichnet von Studniczka im Jahrbuch d. arch. Inst.
XXVI 1911 p. 50 ff. T. I. Danach: Annales de la faculte des lettres de Bordeaux
XXXIV, revue des etudes anciennes XIV 1912 p. 51 ff. mit Abb. Vgl. Ant. Denk-
maler III 1909 — 11 p. 5ff. mit T. 7—8. — Verwandte Thronformen s. in den Rom.
Mitteil. XXII 1907 p. 410 f. Fig. 25. — Über die. Vasenbilder mit der auftauchenden
Göttin vgl. Robert archaeol. Märchen p. 179 ff. und Furtwängler im Jahrbuch d.
arch. Inst. VI 1891 p. 112 ff. — Den oben erwähnten Kopf im engl. Privatbesitze s.
Journ. of hell, studies XIV 1894 T. 5 p. 198 ff.; Gazette des beaux-arts 1895 II p. 149 f. ;
1909 I p. 52 ff.; Burlington Club CataA. of anc. greek art 1904 T. 3, 4 n. 2; Brunn-
Bruckmann Denkmäler n. 581; S. Reinach tetes antiques p. 21 f. Fig. 3; Klein Ge*
schichte d. gr. Kunst I p. 394 f. Studniczka a. a. O. p. 189 Anm. 1.
1287 Weibliche Figur im Peplos*
Die früheren Marmor-Ergänzungen sind jetzt abgenommen; ebenso
der antike, aber nicht zugehörige Kopf, den die Statue früher trug (er
Heibig: Führer. II. 3. Aufl. ß
82 DAS THERMENMUSEUM. i288.
ist rechte von der Figur aufgestellt.). Der jetzige Kopf ist ein Gipsabguß
eines antiken Kopfes im lateranischen Museum (n. 1151). Die Figur ist
in parischem Marmor gearbeitet.
Die Dargestellte trägt den wollenen, einfach gegürteten Peplos mit
langem Apoptygma. Während dieses Gewand ursprünglich an der
einen Seite des Körpers — meist an der rechten — vollkommen offen
getragen und nur durch den Gürtel zusammengehalten wurde, ist es
hier längs des r.Beines von oben bis unten durch eine Naht geschlossen,
die der Künstler mit Sorgfalt wiedergegeben hat. Das Loch auf dem
1. Schulterstücke diente nicht, wie früher behauptet wurde, zum Ein-
setzen einer metallenen Nadel; es befindet sich gar nicht an der Stelle,
an der man das Gewand auf den Schultern zusammenzustecken
pflegte, und ist augenscheinlich nichts als eine Verletzung des Mar-
mors, ebenso wie das kleinere Loch dicht darunter; auch suchen wir
auf der r. Schulter vergeblich nach einem entsprechenden Loche, das
nicht fehlen dürfte. Die Ausführung ist ganz vorzüglich — man be-
achte außer der wundervollen Wiedergabe des wollenen Stoffes die
eigentümliche Schärfe, mit der die Zehen behandelt sind — und es
kann niemand zweifelhaft bleiben, daß wir auch hier ein griechisches
Original vor Augen haben. Die Schärfe der Stilisierung erklärt sich
nicht durch die Annahme, daß sich der Meister dieser Figur noch
nicht von dem Einfluß der archaischen Bronzetechnik freigemacht
hatte, sondern einzig durch die künstlerische Eigenart des Künstlers
und seiner Schule, deren Blüte wir mit Sicherheit in das zweite Viertel
des 5. Jahrhunderts v. Chr. datieren können« Der Typus unserer Figur
steht in dieser Zeit nicht vereinzelt. Man vgl. n. 1032, 1278, 1338, 1 555
und auch 761 . Sehr mit Unrecht hat man diese scharfkantigen, harten,
bestimmten Gebilde mit den stehenden Frauengestalten vom. Zeus-
tempel in Olympia auf eine Linie stellen wollen; gerade, da sie das
gleiche Gewand wie jene tragen und der gleichen Periode entstammen,
ist die genaue Beobachtung der stilistischen Unterschiede zwischen
beiden Gruppen so lehrreich. In Olympia ist gegenüber diesen Figuren
alles rundlich, weich und unbestimmt; die Bedeutung der dortigen
Skulpturen liegt vielmehr in der allgemein-monumentalen, auf weite
Fernwirkung vorzüglich berechneten Formengebung, die weit mehr
auf eine malerische Belebung der Oberfläche als auf plastische Durch-
bildung ausgeht. Die Gruppe unserer* Statue und ihrer verwandten
hat sich mit Wahrscheinlichkeit der argiviseh-sikyonisohen Schule
zuteilen lassen. Über den Kunstkreis der Skulpturen von Olympia
vgl. die Bemerkungen zu n. 1286.
In dem Museum des Syllogos zu Candia befindet sioh eine mäßige
Wiederholung unserer Statue, deren besonderer Wert darin besteht,
daß sie mit dem Kopfe erhalten ist. Danach war es möglich zu er-
kennen, daß wir in unseren Museen verschiedene Wiederholungen die-
ses Kopftypus besitzen, daß man in römischer Zeit das Original der
MÜSEO BONCOMPAtfNI-LüDOVISI. 83
Statue also hochgeschätzt und öfters kopiert bat. Ein Gipsabguß ei-
ner besonders guten Replik des Kopfes im lateranischen Museum
(n. 1151) wurde deshalb der Statue im Tharmen-Museum aufgesetzt.
Diesen Kopftypus hatte man bereits früher der gleichen Periode und
dem gleiohen Kunstkreise, wie den Körper, zugeschrieben. Dafür
charakteristisch ist die schmale schlichte Form des Kopfes und das
Herbe, Abweisende im Ausdruck der scharfgeprägten Gesichtszüge.
In der drahtartigen Wiedergabe der Haare könnte man hier eher, als
in der Stilisierung des Gewandes, noch die Eigenheiten der Bronze-
technik zu erkennen berechtigt sein. Auch der Kopf ist in stilistischer
Hinsicht von denen der Skulpturen des Zeustempels in Olympia
grundsätzlich verschieden.
Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 357. Bullett. comunale XXV 1897 T. XII B
p. 175 ff. Fig. 6. S. Beinach repertoire de la stat. II 1 p. 307 n. 4. Löwy griech.
Plastik T. 29 Abb. 61 p. 19. Vgl. Seh. n. 29. Rom. Mitteilungen II 1887 p. 55, p. 102;
XII 1897 p. 87; XV 1900 p. 188 Anm. 3. Furtwängler. Körte, Milchhöfer archaeol.
Studien Brunn dargebracht p. 81 Anm. 62. Arndt-Amelung Einzel-Aufnahmen I 2
p. 17. Arndt la glyptotheque Ny-Carlsberg p. 49 ff. Bull, comunale XXIX 1901 p.
72ff. Lennann altgriech. Plastik p. 164 (wo die verschiedenen Typen der Peplos-lTiguren
nicht genügend geschieden sind).
1 288 (33) Archaischer Kolossalkopf einer Göttin.
Feinkristallinischer griechischer Marmor, dem aber die charakteri-
stischen Eigenheiten des pentelischen Marmors fehlen. Der angesetzte
vordere Teil der Nase scheint nicht von einer modernen, sondern von
einer antiken Restauration herzurühren.
Die nach unten zu abgearbeiteten Bänder des Halsabschnittes
beweisen, daß der Kopf in eine Statue eingesetzt war. Da der senk-
rechte Abschnitt nur eine Höhe von 3 bis 4 % cm erreicht, seine Aus-
führung wenig präzis ist und der spitze Winkel, unter dem die Fort-
setzung ansetzen mußte, schwerlich eine Verbindung mit Stein zu-
ließ, so scheint jene Statue ein Akrolith gewesen zu sein d. h. eine
Figur, an der nur die nackten Teile, Kopf, Arme und Füße, aus Mar-
mor gearbeitet waren, die bekleideten Teile hingegen aus einem mit
Metallblech überzogenem Holzkerne bestanden. Vermutlich ist auf
der gegenwärtig verborgenen Unterfläche des Halsabschnittes ein
Zapfenloch vorhanden, in das ein hölzerner Dübel eingriff, um den
marmornen Kopf mit dem hölzernen Körper zu verb'nd3n.
Mancherlei Bestandteile des Kopfes waren besonders gearbeitet
und sind verloren gegangen. Am oberen Bande der Stirn, un-
mittelbar unter den daselbst beginnenden Locken, zieht sich eine
Reihe von sechzehn kleinen Löchern hin, von denen die meisten
noch Beste von Bronzestiften enthalten. Offenbar waren in diese
Löcher sechzehn aus Bronze hergestellte Löckchen eingefügt, die
sich den aus dem Marmor herausgearbeiteten anschlössen. Eben-
so scheinen zwei größere Löcher, die auf jeder Seite in der über den
Nacken herabfallenden Haarmasse angebracht sind, zur Befestigung
von ein oder zwei stärkeren und längeren Locken gedient zu haben,
6*
i
g4 DAS THERMENMUSEUM. 1289.
die links wie rechts längs des Halses herabreichten. In die durch-
bohrten Ohrläppchen waren selbstverständlich metallene Ohrringe
eingefügt, während zwei am Halse angebrachte Löcher auf die Bei-
fügung zweier metallener Halsbänder schließen lassen. Außerdem
scheint über den Kopf ein aus Metallblech gearbeiteter Mantel ge-
zogen gewesen zu sein. Während nämlich der Bildhauer die Locken,
die sich auf der Vorderseite hinziehen, in sehr eingehender Weise be-
handelt hat, sind die vom Schädel herabfallenden Haarmassen nur
durch eingerissene Rillen nuanciert. Sie scheinen demnach im Alter-
tum unsichtbar, d. h. durch den aus Metallbleob gearbeiteten Mantel
bedeckt gewesen zu sein. Ferner ist in der obersten Lookenreihe ein
Streifen weggemeißelt, dessen Länge ungefähr der zwischen den bei-
den äußeren Augenwinkeln vorhandenen Entfernung entspricht, und
in dem oberen Rande des Haarbandes sind auf der rechten, nicht aber
auf der linken Seite zwei größere Löcher eingebohrt: alles Tatsachen, die
sich auf das natürlichste unter der Voraussetzung eines über den Hin-
terkopf gezogenen Mantels erklären. Jene Abmeißelung wurde vor-
genommen, damit der vordere Teil des Mantels nicht abstehe, sondern
sich an den Kopf anschmiege. Die auf der linken Seite angebrachten
Löcher dienten zur Einfügung von Stiften, die den senkrecht herab-
fallenden Teil des Stoffes festigten. Es würde sich hiermit eine ähn-
liche Anordnung des Mantels ergeben wie bei der sogenannten Pene-
lope (n. 89) und bei der Opfernden auf dem unter n. 1286 besproche-
nen Marmorwerke. Wenn nur auf der rechten, nicht aber auf der linken
Seite für die Befestigung des Gewandes gesorgt ist, so liegt der Ge-
danke nahe, daß die linke Hand der Statue den Mantel nach archa-
ischer Weise vor die Wange gezogen hielt und ihm hiermit auf dieser
Seite einen genügenden Stützpunkt gewährte. Die zahlreichen me-
tallenen Zutaten, die uns die technische Zurichtung des Kopfes vor-
aussetzen läßt, würden eine schreiende Dissonanz dargeboten haben,
wenn die marmornen Teile weiß belassen worden wären. Wir dürfen
demnach annehmen, daß Augen und Lippen jedenfalls eine mehr oder
minder der Natur entsprechende Bemalung zeigten und auch die Haare
entweder bemalt oder vergoldet waren.
Alle Gelehrten stimmen darin überein, daß dieser Kopf für eine
griechische Originalarbeit aus dem ersten Viertel des 5. Jahrhunderts
v. Chr. zu erklären ist. Die nächste stilistische Verwandtschaft
verbindet ihn mit dem Kopfe des Neapler Harmodios, und es wider-
spricht dieser Beobachtung nicht, wenn man bemerkt hat, daß er auch
an gewisse Typen der sizilischen Kunst erinnert, wie z. B. an den
Kopf einer Göttin auf der hierneben abgebildeten Münze von Syra-
kus (Fig. 33); stehen doch diese Typen wieder in unleugbarem Zu-
sammenhange mit dem des Harmodios, also mit der Kunst des Kritios
und Nesiotes. Über den Versuch, den Kopf geradezu für den Rest
küSBO BONCOMPAGNI-LUDOVI8I. 86
eines sizilisohen Kultbildes zu erklären und mit dem Marmorwerk
n. 1286 zu verbinden, vgl. die Bemerkungen zu diesem. Da die Be-
ziehungen des Kopfes zu dem des Harmodios zweifellos stärker sind,
als die zu den erwähnten sizilischen Typen, wird es nicht zu gewagt
sein, wenn wir in ihm ein kost-
bares Spezimen einer Hauptrich-
tung der attischen Kunst aus der
Zeit der Perserkriege erkennen,
entspricht er doch mit seiner voll-
saftigen derben Formengebung,
seinem Ausdruck strahlender j
Lebensfreude und gesunder Energie
dem Charakter gerade dieser Kunst
vorzüglich. Man vergleiche auch
dazu die Bemerkungen zu n. 1286.
Eine bestimmte Benennung des
Kopfes ist schwierig, da die Kunst,
die ihn schuf, noch nicht fähig war,
den verschiedenen Götteridealen *
einen vollwertigen Ausdruck zu B'
verleihen. Infolgedessen haben die Deutungen zwischen Aphrodite,
Hera und Artemis geschwankt. Doch dürfte die erste dieser Benen-
nungen die wahrscheinlichste sein. Auf die Liebesgöttin passen die
zierliche Anordnung des Haares und der reiche Schmuck, sowie der
freundlich lächelnde Ausdruck besonders gut.
Man. dell' Inet. XI, ADD. IST* p. 38ff. Baumeister Denkmäler des kl. Alter-
tums 1 p. 337 Fig. 352. Brunn-Brurkmaon DenkmSler n. 223. Joubin la sculpture
grecque entre Jen guertes med. et l'ipoquc de P SricleB p. 1510. Fig. 40, 50. 8. Beinach
tetes antiques pl. 20, 21 p. 17f. Peteraeo vom alten Rom* p. litt. Abb. 107. Vgl.
Scb. n. 23. Atlieo. Mit.tciiunufTi VII liwB p. 117; XV 18»0 p. 11, p. 13. Rom. Mitteil.
VII 1892 p. «20. Furtwangler Meisterwerke p. 76 Ann, 8. Pateoni la scultura «rcoa
'" ■ ic. de Hapoli il \t "'--
1289 (42) Fragment einer ägyptischen Statue ans Granit.
Die Statue, von der das Fragment stammt, ist, nach ihrem Stile wie
nach ihrem Materiale, ägyptischem Granit, zu urteilen, sicher im Niltale
ausgeführt worden. DochkannsiekeinenAgypterdarstellen. Vielmehr
weisen der Gesichtstypus, die rasierte Oberlippe und die Anordnung des
Haares wie des Kinnbartes auf einen Fremden hin. An den unteren
Enden der schraubenförmig geriefelten Locken, die über die Schultern
und den Bücken herabfallen, erkennt man metallene Spiralen, mittels
deren diese Locken zusammengehalten wurden, eine Mode, die bei
verschiedenen vorderasiatischen Völkern und während der archaischen
Periode auch bei den Hellenen nachweisbar ist. Die kolossalen Dimen-
sionen lassen darauf schließen, daß die Statue einen Herrscher dar-
86 DAS THERMENMUSEUM. 1290-1291.
stellte. Da die Schnittfläche der Brust glatt zugehauen ist, scheint der
fehlende, untere Teil aus einem besonderen Blocke gearbeitet ge-
wesen zu sein. Die Ansichten der Ägyptologen schwanken hinsicht-
lich der Zeit, der die Ausführung der Statue, wie hinsichtlich der
Nationalität, die der dargestellten Person zuzuschreiben ist. Einige
Forscher haben die Statue zu den Hyksos in Beziehung gesetzt und
vermutet, daß sie einen König dieses Hirtenvolkes darstelle, das gegen
Ende des 3. Jahrtausends aus Syrien in Ägypten einfiel und daselbst
bis ungefähr zum 17. Jahrhundert die Oberherrschaft behauptete.
Andere haben angenommen, daß sie erst aus der Zeit der 21. Dynastie
(um 1000 v. Chr.) stamme. In der Tat trägt die Doppelgruppe eines
Königs aus Tanis im Museum zu Kairo, deren Köpfe mit dem des
Fragmentes außerordentlich genau übereinstimmen, eine Inschrift des
Königs Psusennes aus der 21. Dynastie. Demnach hätte auch die Sta-
tue, von der unser Fragment stammt, einen Herrscher aus der Dyna-
stie der Tarnten dargestellt (1100 — 663 v. Chr.); doch ist es nicht
ganz ausgeschlossen, daß man jene Inschrift erst nachträglich auf die
Gruppe von Tanis gesetzt habe.
Bulletino communale V 1877 T. IX p. 104 ff. v. Bissing-Bruckmann Denkmäler
ägypt. Skulptur Text zu T. 56 mit Abbildung. Vgl. Seh. n. 99. Archäologischer An-
zeiger VIII 1893 p. 66. Jahrbuch d. arch. Inst. XI 1896 p. 287 f.
1290—1296 sechs Hermen.
Die rechts und links von dem r. Durchgang aufgestellten Hermen und vier andere,
die sich in den Ecken des hier anstoßenden Zimmers befinden, müssen notwendig im
Zusammenhange besprochen werden, da die gleiche Gattung pentelischen Marmors,
in der sie gearbeitet sind, die Übereinstimmung in den Maßen und in der Art, wie sich
die Körperformen aus dem Hermenschafte entwickeln, darauf schließen lassen, daß
diese sechs Hermen demselben Zyklus angehörten. Der Übergang des menschlichen
Körpers in den Schaft, dessen Höhe derjenigen der Beine entspricht, ist meisterhaft
vermittelt (vgl. zu dieser Form Altertümer von Fergamon VII p. 219 ff. Beiblatt 26
n. 255). Alle sind vortreffliche Kopien nach Originalen, von denen eines (n. 1295) noch
in der ersten Hälfte, ein zweites (n. 1291) in der Mitte, drei (n. 1292, 1293, 1294) in der
zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts geschaffen sind, das späteste (n. 1290) aus dem 4. Jahr-
hundert v. Chr. stammt. Keinesfalls kann es sich also um eine von vornherein beab-
sichtigte Vereinigung dieser Hermen handeln. Um nun die Art der Ausführung richtig
zu würdigen, muß man die Teile betrachten, die von den Einflüssen der Witterung und
den Eingriffen der Restauratoren verschont geblieben sind. Diese Teile zeigen eine
ebenso energisch wie fein gefühlte Durchbildung der Formen und unterscheiden sich
hierdurch in so günstiger Weise von dem Durchschnitt der Kopien, die wir dem Ende
der Bepublik oder dem Anfang der Kaiserzeit zuschreiben dürfen, daß man geneigt
gewesen ist, die Ausführung der Hermen in einer früheren Zeit, ja bereits am Ende
des 4. Jahrhunderts v. Chr. anzunehmen. Nachdem aber ein Gelehrter geglaubt hat,
an n. 1291, der besten von ihnen, Meßpunkte zu erkennen, die auf ein mechanisches
Kopieren schließen lassen, wie es augenscheinlich erst durch Pasiteles eingeführt wurde,
ist man davon zurückgekommen, die Ausführung dieser Hermen so früh zu datieren.
Leider hat der Gelehrte, der die Beobachtung jener Meßpunkte gemacht hat, nicht
angegeben, wo er sie zu sehen gemeint hat. Dem Verfasser ist es nicht gelungen, sie
wiederzufinden; trotzdem neigt auch er zu der Ansicht, in den Hermen Kopien, aller
dings hervorragend gute zu erkennen. — Wir werden unter den Hermen Herakles
undHermes treffen ; eine dritte ist von mehreren Gelehrten auf Theseus gedeutet worden.
Da es nun überliefert ist, daß die Alten Bilder des Herakles, Theseus und Hermes
in den Gymnasien aufzustellen pflegten, hat man vermutet, daß unsere Hermen zum
Schmucke eines Gymnasiums oder eines ähnlichen Gebäudes gedient hätten. Dazu
würde auch die Darstellung der fünften Herme (n. 1295) passen, deren Figur von einer
MÜSEO BONCOMPAGNI-LÜDOVISr. 87
Diskobolenstatue entlehnt ist. Für diese ist damit die Frage, ob wir uns auch die
Originale als Hermen vorzustellen haben, in negativem Sinne entschieden. Zweifelhaft
können wir in betreff der andern Hermen bleiben.
1290 (46) Herakles, bärtig mit über den Kopf gezogener Löwen-
haut; die R. stützt eine Keule auf; die L. hält das Symbol des Landes-
segens, ein Füllhorn. Der Stil des Kopfes deutet auf Athen und die
Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr. ; doch ist die senkrechte Furchung
der Stirn über der Nasenwurzel ein Zug, den wir sonst zuerst an ly-
sippischen Werken finden. Hingegen macht der Körper den Ein-
druck, als sei er nach einem Originale des 5. Jahrhunderts kopiert.
Frühestens hellenistisch endlich ist die Form des Hornes und die Art,
wie die Trauben und Blätter seiner Füllung dargestellt sind. So finden
wir in dieser Herme eine Mischung verschiedener Stilelemente, die wir
nur einem Kopisten römischer Zeit zutrauen können. Auf einer athe-
nischen Kupfermünze ist eine in den Hauptzügen übereinstimmende
Herme abgebildet. Das beweist die Existenz eines derartigen Typus
in Athen. Der Versuch, dies Münzbild auf den Herakles Alexikakos
des Hageladas zu beziehen und das Original der römischen Herme dem
Euphranor zuzuschreiben, der sich die Schöpfung des älteren Kunst*
lers zum Vorbild genommen hätte, ist ganz unzureichend begründet.
Hon. dell' Inst. X T. 56, 1; Ann. 1878 p. 210 ff. Brunn-Bruckmann Denkmäler
n. 329 C. Arndt-Amelung Einzel- Aufnahmen n. 252, 253. S. Reinach räpertoire de la
«tat. II 2 p. 624 n. 4. Vgl. Seh. n. 62. Hartwig Herakles mit dem Füllhorn p. 3 n. 1,
p. 49 ff., p. 56. Boscher mythol. Lexikon I 2 p. 2157 ff. (mit Abb. der athenischen
Münze). Brunn kleine Schriften II p. 346. Furtwängler Meisterwerke p. 591. Arndt-
Amelung Emzel- Aufnahmen Text zu n. 643, 644.
1291 (62) Herakles oder Theseus, den jugendlichen Kopf nach
der 1. Schulter gewendet. Die R. schultert eine Keule ; der in der L.
befindliche Gegenstand, von dem sich nur der Griff erhalten hat, war
offenbar die Striegel, mit der sich die Alten vom Staub und öl der
Palaistra reinigten (vgl. n. 23). Die Bildung des Körpers erinnert an
polykletische Kunstweise, wogegen der Typus des Kopfes entschieden
attisch ist (am ehesten wäre der Kopf des sog. Theseus vom Ostgiebel
des Parthenon zu vergleichen). Die Behandlung des Haares zeigt
noch starke Reminiszenzen an den archaischen Stil, Die Herme wird
von einem Gelehrten auf Herakles gedeutet, und es ist zweifellos mög-
lich, daß der Typus ursprünglich für diesen Heros erfunden wurde.
Doch muß er hier, wenn die Herme, wie es doch den Anschein hat,
mit den übrigen zu demselben Zyklus gehörte, notwendig eine andere
Bedeutung gehabt haben, da Herakles bereits in n. 1290 vertreten ist.
Wir müssen n. 1291 dann wegen seiner Verwandtschaft mit dem He-
raklestypus für Theseus erklären, den die Alten vielfach als „anderen
Herakles" bezeichneten. Für ihn dürfte auch die Striegel als Attribut
besser passen, als für sein urwüchsigeres Vorbild. Kürzlich ist der Ver-
such gemacht worden, auch den Typus dieser Herme mit dem Herakles
Alexikakos des Hageladas, d. h. des jüngeren Künstlers dieses Namens
88 DAS THERMENMUSEUM. 1292—1295.
in Verbindung zu bringen. Da jene Statue nach der Überlieferung in
Athen erst nach der großen Pest (430 — 426) errichtet wurde, konnte
das Original der Herme für sie nur als ziemlich entferntes Vorbild
in Betracht kommen, denn es läßt sich nicht später als in die Mitte
des 5. Jahrhunderts datieren.
Mon. dell' Inst. X T. LVIT 2, 2a; Ann. 1878 p. 2101!. Brunn-Brockmann Denk-
mäler n. 929 A. Arndt-Ameltmg Einzel-Aufnahmen n. 243, 244. S. Reinach repertoire
de la stat. II 2 p. 522 n. 2. Vgl. Seh. n. }. Brunn kleine Schriften II p. 346. Furt-
wängler Meisterwerke p. 430 f., 518. Den. über Statuenkopien im Altertum (Abhandl.
d. bayer. Akad. d. Wisa. I Kl. XX. Bd. III. Abth. 1896 p. 545) p. 21 Anm. 4. Athen.
Mitteilungen XXIX 1904 p. 237 ff. Jahrbuch d. arch. Inst. XXVI 1911 p. 31 n. 1.
Pauly-Wlssowa Realenzyklopädie VII 2 p. 2195 f. — Zu der Art der Haarbehandlung
vgl. einen Kopf vom Weatgiebel des Zeustempels in Olympia (01ympiaIIIT.XXIX2, 3;
Löwy griech. Plastik T. 38 Abb. 76) und den Kopf einer Jünglingsstatue in Kopen-
hagen (Brunn-B ruckmann a. a. O. n. 596, 597).
Zweites Zimmer.
1292 (76) Hermes« Die Benennung ist hinlänglich gerechtfertigt,
da die Körperbildung auf Hermes deutet und sicher beglaubigte Dar-
stellungen den Gott in der gleichen Stellung und mit einer ähnlichen
Anordnung des Gewandes zeigen. Der untere Teil des Körpers ist
von einem Mantel bedeckt, der, von hinten um den 1. Vorderarm ge-
schlagen, von der auf die Hüfte gestützten 1. Hand festgehalten wird.
Das tief in den r. Vorderarm hineingearbeitete Zapfenloch läßt darauf
schließen, daß die angesetzte Hand ein verhältnismäßig schweres
Attribut hielt, das eine solide Befestigung erforderte, also offenbar
das aus Bronze gearbeitete Kerykeion. Man hat geschwankt, ob
das Original dem 5. oder dem 4. Jahrhundert zuzuschreiben sei in
Rücksicht auf die Behandlung des Gewandes, dessen allgemeiner
Wurf dem Stile des 5. Jahrhunderts entspricht, während allerlei ein-
zelne Motive der späteren Entwickelung im 4. Jahrhundert angehören.
Die Mischung wird auch hier dem Kopisten, das Vorbild dem 5. Jahr-
hundert zuzuerkennen sein.
Mon. dell' Inst. X T. LVI 4; Ann. 1878 p. 210 ff. Brunn-Bruckmann Denkm.
n. 330 C. S. Reinach repertoire de la stat. II 2 p. 525 n. 4. Vgl. Seh. n. 55. Brunn, kl.
Schriften II p. 346. Arndt-Amelung Einzel- Aufn. Text zu n. 243, 244.
1293 (56) Athena.
Ergänzt der r. Vorderarm, die 1. Hand mit einem Stücke des Unter-
armes und dem größten Teile des Helmes; doch sind der mit dem Ober-
arme zusammenhängende Busch und ein Stück des Bügels antik.
Die Göttin trägt einen Peplos, dessen Überschlag bis zum Schöße
herabreicht, und eine altertümlich geformte Aigis, die den Bücken
bis zum unteren Bande des Überschlages bedeckt. Peplos und Aigis
sind oberhalb der Hüften von einem vorn geknoteten Schlangengürtel
umgeben. Die vorgestreckte L. hielt einen Helm. Das Attribut der B.
kann ein Speer gewesen sein, dessen Schaft vielleicht unweit der r.
Schulter, wo ein Marmorstück ausgebrochen ist, an dem Körper an-
lag. Die Ausführung dieser Herme ist nicht geringer, als die der
MU8E0 BONCOMPAGNI-LÜDOVISI. 89
andern, wie man. behauptet hat. Recht ähnlieh ist eine Artemisstatue
in Villa Albani ru 1933; die Originale beider Figuren sind in der Zeit
der Athena Parthenos entstanden.
Mon. dell* Inst. X T. LVI 3; Ann. 1878 p. 2100. Brunn-Bruckmann Denkmäler
n. 330 B. S. Hernach repertoire de la stat. II 2 p. 526 n. 11. Vgl. Seh. n. 60. Brunn
kleine Schriften II p. 846. Arndt- Amelung Einzel- Aufnahmen Text zu n. 243, 244.
1294 (52) Dionysos.
Ergänzt die vordere Hälfte des r. Unterarms. Fast die ganze Figur
ist von moderner Hand stark überarbeitet.
Die Figur, über deren männliches Gesohlecht kein Zweifel obwalten
kann, ist mit einem langen Chiton und einem weiten Mantel bekleidet.
Eine solche Tracht wurde unter den Göttern zu allen Zeiten nur dem
bärtigen Dionysos gegeben (vgl. n. 320). Nach den erhaltenen Teilen der
Arme zu schließen, waren die Hände einander genähert und scheinen
beide einen und denselben Gegenstand, etwa einen zweischenkligen
Becher (Kantharos) gehalten zu haben. Der Stil entspricht dem der
fortgeschrittensten Teile des Parthenonfrieses.
Mon. dell' Inst. X T. LVI 2; Ann. 1878 p. 210 ff. Brunn-Bruckmann Denkm.
n. 330 A. S. Beinach repertoire de la stat. II 2 p. 526 n. 12. Vgl. Seh. n. 3. Brunn
kleine Schriften II p. 346. Arndt- Amelung Einzel-Aufnahmen Text zu n. 243, 244.
1295 (74) Athletenhenne.
Die breite, stark bewegte Brust, an der die Muskeln scharf her-
vortreten, läßt darauf schließen, daß der Jüngling eine Handlung voll-
zog, die einen großen Kraftaufwand erfordert. Die Arme waren, wie
die erhaltenen Ansätze beweisen, nach der 1. Seite gestreckt und er-
hoben, wobei der r. Arm etwas höher emporreichte als der 1. und der
nach der r. Schulter gewendete Kopf über den r. Oberarm in die Ferne
blickte. Die Hände müssen einander benachbart gewesen sein. Nach
alledem ist es die wahrscheinlichste Annahme, daß der Jüngling mit
beiden Armen einen Diskos zum Schwünge erhob und dabei das zu
erreichende Ziel ins Auge faßte (vgl. die Nachträge im I. Bande zu
n. 324). Der Bildhauer hat damit, daß er eine derartige Handlung,
die auch die Beine in starke Mitleidenschaft ziehen mußte, zum Motiv
einer Hermenfigur benutzte, entschieden einen Mißgriff begangen,
da hierbei die lebhafte Bewegung des Oberkörpers in schroffstem
Gegensatze zu dem tektonisohen Prinzipe des Schaftes steht. Der
Übergang des Körpers in den Schaft ist hier nicht etwa, wie man
behauptet hat, weniger geschickt vermittelt als an den andern
Hermen. Der Unterschied liegt nur darin, daß hier die Oberschenkel
nicht, wie dort, ruhig nebeneinander stehen, sondern notwendiger
weise an der Bewegung des Rumpfes teilnehmen. Der Stil deutet auf
ein Bronze-Original und zeigt deutlich Beste archaischer Formenge-
bung, namentlich in der Behandlung des Kopfhaares, den zu hoch
stehenden Ohren und der Wiedergabe der Schamhaare. In der Galle-
ria geografjoa des Vatikans befindet sich eine besser erhaltene Wieder-
90 DAS THERMENMÜSEUM. 1296-1297.
holung des Kopfes (n. 396), an der die Haarmasse wie eine anliegende
Kappe gebildet ist, auf der es dem Maler überlassen blieb, die ein-
zelnen Haarbüschel anzugeben : eine Technik, die wir als echt-archaisch
an verschiedenen Köpfen vom Zeus-Tempel in Olympia kennen ge-
lernt haben und die der Bildhauer jenes Kopfes augenscheinlich im
Anschluß an entsprechende, ihm bekannte Originalskulpturen in An-
wendung gebracht hat, um den Eindruck des ganz flächenhaft be-
handelten, nur schwach ziselierten Haares an dem Bronze-Originale
wiederzugeben. Wir dürfen daraus eine Bestätigung entnehmen da-
für, daß sich der Bildhauer unserer Herme in der flächigen Wieder-
gabe der Haare, deren Büschel nur schwach in die Fläche eingezeich-
net sind, genau an das Original angeschlossen hat. An dem Disko-
bolen des Myron (n. 1363) ist das Belief der Haare schon etwas weiter
entwickelt.
Unseren Diskobolen verbinden die nächsten stilistischen Analogien
mit den Lapithen- Gestalten der ältesten Parthenon-Metopen. Wir
dürfen das Original wohl der Schule des Kritios und Nesiotes
zuschreiben, die augenscheinlich ähnliche Tendenzen verfolgt hat,
wie in gleicher Zeit Myron und, der schriftlichen Überlieferung nach,
Pythagoras.
Mon. dell* lost. X T. LVII 1, la; Ann. 1878 p. 216 ff. Brann-Bruckmann Denk-
mäler n. 329 B. Arndt-Amelung Einzel-Aufnahmen n. 245, 246. S. Beinach rlper-
toire de la stat.II 2 p. 522 n. 1. Vgl. Seh. n. 8. Rom. Mitteilungen II 1887 p. 106.
Sauer Theseion p. 223 f. Neue Jahrbücher f. d. klage. Altertum III 1000 p. 12 f. Vgl.
auch n. 1025 (dieser Torso ist fälschlich als der eines Verwundeten bezeichnet; es ist
der eines Kämpfers).
1296 (38) Ruhender Jüngling.
Ergänzt der 1. Vorderarm, an der r. Hand der Daumen, Zeigefinger,
Mittelfinger und der größte Teil des Goldfingers, das Schwert abgesehen
von dem zwischen dem Ballen der r. Hand und dem 1. Unterschenkel be-
findlichen Fragment, ein Stück an der r. Seite des Brustkastens und an
der r. Hüfte, der ganze 1. Fuß, der r. außer der Ferse, ein großes Stück an
der r. Vorderseite der Plinthe. Der aus anderem Marmor gearbeitete
Kopf (erg. die Nase und der größte Teil der Oberlippe) ist antik, aber nicht
zugehörig. Der Zusammenhang der beiden Halsstücke ist dadurch erzielt,
daß der moderne Ergänzer das zu dem Kopfe gehörige Stück hinten und
auf beiden Seiten verdünnt hat. Die abgearbeiteten Stellen sind durch
die weiße Farbe des Marmors kenntlich, der sonst einen bräunlichen Ton
zeigt.
Ein kräftiger Jüngling sitzt in lässiger Haltung auf dem Boden.
Er hat das 1. Bein über das r. geschlagen und die Arme gekreuzt,
wobei der 1. Ellenbogen auf dem 1. Knie und die r. Hand, die ein in
der Scheide steckendes Schwert hält, auf dem 1. Unterschenkel ruht.
Die Statue ist nur darauf berechnet, von ihrer 1. Seite aus und etwas
vod links her gesehen zu werden. Wenn man sich vor den Durch-
gang zum ersten Zimmer stellt, wird die nachlassig ausgeführte untere
Seite desl. Oberschenkels und die nur angelegte Gewandpartie zwischen
den Beinen sowie an der Außenseite des r. Oberschenkels dem Blicke
entzogen, und die Vollendung, mit der alle übrigen Teile des Körpers
MU8E0 BONCOMPAGNI-LUDOVISI. 91
durchgebildet sind, kommt zu nachdrücklicher Geltung. Falsch war
es, wenn man behauptet hat, die Figur müsse von oben gesehen wer-
den; bei dieser Ansicht können die Gewandpartien zwischen den
Beinen, die kaum skizziert sind, also nicht gesehen werden sollten,
dem Blicke nicht entgehen. Man hat angenommen, daß diese Statue
und eine andere ihr entsprechende als ideale Wächter vor einem Ein-
gange aufgestellt waren. Die Proportionen des im Vergleiche mit den
Armen und Beinen etwas schmächtig gebildeten Rumpfes erinnern
an diejenigen, die in der Überlieferung dem Euphranor zugeschrieben
werden, einem Meister, dessen Tätigkeit ungefähr zwischen 370 und
330 v. Chr. fiel (vgl. n. 186). Doch scheint für diese Zeit die starke
Kreuzung der Motive und die räumliche Entwickelung der Kompo-
sition zu weit zu gehen. Der dem Körper aufgesetzte Kopf ist eine
sohlechte, frühestens zur Zeit der Antonine gearbeitete Wiederholung
des unter n. 128 besprochenen Meleagrostypus.
S. Reinach repertoire de la etat. II 1 p. 193 n. 1. Vgl. Seh. n. 118. Friederichs-
Wolters Bausteinen. 1269. Der Kopf: Arndt-Amelung Einzelaufnahmen n. 277, 278.
Vgl. Römische Mitteilungen IV 1889 p. 221 n. 17.
1297 (37) Sitzender Ares.
Gefunden zwischen Palazzo Santa Croce und Campitelli. Ergänzt
am Ares die Nase abgesehen vom r. Flügel, die r. Hand außer dem am
1. Knie anliegenden Stücke, die Spitzen des 1. Daumens und 1. Zeigefingers
mit dem Schwertgriffe und einem Stücke der Scheide, der r. Fuß abgesehen
von der Ferse; am Eros der Kopf, der 1. Arm mit dem Köcher — doch
scheint der Köcher durch die Form der Bruchfläche gesichert — , der r.
Vorderarm mit dem Bogen, der r. Fuß mit einem Teile des Unterschenkels.
Es sind Spuren vorhanden, daß das Werk auf der 1. Seite der Haupt-
figur unvollständig ist. Quer über die 1. Schulter des Ares erstreckt sich
der Best eines länglichen, nach der Mitte zu breiter werdenden Ansatzes,
in dem auf der Höhe der Schulter in schräger Richtung ein kreisrundes
Zapfenloch eingebohrt ist. Ferner bemerkt man unter der 1. Achsel einen
mehr als fingerbreiten Einschnitt, der nach dem auf der Schulter be-
findlichen Ansatz emporreicht, hinter dem Schwertende, unmittelbar
unter dem Gewände, den Rest einer viereckigen Stütze und unter diesem
Reste am Felsen eine Bruchstelle. Das Gewand des Ares ist oberhalb
dieser Bruchstelle stark übergangen, während Spuren einer oberfläch-
licheren Überarbeitung auch an dem unter der Bruchstelle befindlichen
Teile des Felsens sichtbar sind und der Rand der Flinthe darunter in ent-
sprechender Ausdehnung von moderner Hand glatt zugehauen scheint.
Die Figuren sind stark geputzt, wodurch ihre Oberfläche jeden Charakter
verloren hat.
Ares sitzt in lässiger Haltung auf einem Felsen, indem er das
r. Bein vorstreckt und das zurückgezogene 1. Bein auf den unterhalb
des Felsensitzes stehenden Helm setzt. Die Hände sind auf dem 1.
Knie übereinandergelegt; die L. hält das in der Scheide steckende
Schwert. Der leicht nach der r. Schulter geneigte Kopf zeigt einen
nachdenklich-träumerischen Ausdruck. Die Ursache, die den Kriegs-
gott in eine solche Stimmung versetzt, wird durch den kleinen Eros
verdeutlicht, der hinter dem r. Beine des Ares wie in einem Versteck
auf dem Boden sitzt. Ob dieser Eros, wie der Ergänzer angenommen
hat, in der R. einen Bogen hielt, ist fraglich. Vielleicht berührte
92 DAS THERMENMUSEUM. 1298.
er mit dieser Hand, ohne ein Attribut zu halten, leise den r. Unter-
schenkel der Hauptfigur, um dem Gotte seine Gegenwart bemerk -
lieh zu machen. Der Stil empfiehlt die Annahme eines bronzenen Ori-
ginals. Während man den Kopf des Ares früher, getäuscht durch die
von dem Restaurator durch starkes Putzen verweichlichten Formen
des hiesigen Exemplares, neben den unter n. 128 besprochenen Mele-
agros gestellt und deshalb zu Skopas in Beziehung gesetzt hat, ist in
den Formen und den Motiven des Körpers die am Apoxyomenos
(n. 23) kenntliche Kunstweise des Lysippos nie verkannt worden.
Diese kommt noch weit klarer zur Erscheinung an einer wundervollen
Wiederholung des Torso im Neapler Museum und nicht minder deut-
lich an einer sehr viel schärfer gearbeiteten und in den antiken Teilen
besser erhaltenen Wiederholung des Kopfes in der Münchener Glypto-
thek. Zudem ist kürzlich nachgewiesen worden» daß der Kopf einer
in Atalanti gefundenen Hermesstatue im Athener National-Museum,
die man stets übereinstimmend für durchaus lysippisch erklärt hatte,
nichts anderes ist, als eine grobe Wiederholung des Ares-Kopfes. Wir
dürfen deshalb jetzt mit Zuversicht auch in dem Originale des Ares
eine Schöpfung des Lysippos erkennen und die anderen Annahmen,
die jenes Original mit einer Kolossalstatue des Skopas in dem beim
Circus Flaminius gelegenen Tempel des Brutus Gallaecus oder mit
einem Werke des Piston im Tempel der Concordia identifizieren
wollten, ohne weiteres beiseite lassen.
Je sicherer wir nun aber das Werk einem der großen Künstler des
4. Jahrhunderts zuschreiben können, um so befremdlicher muß uns
der kleine, allzu hellenistisch anmutende Eros zu Füßen des Gottes
erscheinen, und es taucht die Frage auf, ob wir in ihm nicht eine Zu-
tat des Kopisten zu erkennen haben, zumal wir durch Vergleich mit
dem Torso im Neapeler Museum zu dem gleichen Resultate in betreff
der Erweiterung der Gruppe an der 1. Seite des Gottes gelangen. Man
hat vermutet, daß hier ein mit der Spitze nach unten gerichteter
Speer an die 1. Schulter gelehnt und der an dem Schafte angebrachte
Wurfriemen (dy%vX7i) um die Achsel gelegt gewesen sei. Ist nun auch
nicht zu leugnen, daß sich der unter der 1. Achsel vorhandene Ein-
schnitt aus einem an dieser Stelle anliegenden Metallstreifen erklären
ließe, so scheint es doch ganz unglaublich, daß der Bildhauer, um
einen leichten Gegenstand, wie einen Speerschaft, zu stützen, auf der
Schulter den Ansatz und weiter unten den Felsvorsprung angebracht
habe. Nach einer anderen Ansicht hätte auf dem abgebrochenen Teil
dieses Vorsprungs ein zweiter Eros gestanden, der seine r. Hand auf
die 1. Schulter des Ares legte ( vgl. n. 1321). Doch würde sich für diesen
Eros bei der Stelle, an der jener Vorsprung des Felsens angebracht ist,
eine eigentümlich schräge und gezwungene Haltung ergeben. Auch
erscheint der auf der Schulter des Gottes vorhandene Ansatz für ein
MUSEO BONCOMPAGNI-LüDOVISI. 93
Kinderhändohen viel zu groß. Endlich ist auch die Vermutung aus-
gesprochen worden, zur Seite des Ares habe Aphrodite gestanden, und
diese Annahme ist zweifellos die weitaus wahrscheinlichste. Man hätte
dann anzunehmen, daß die Göttin die 1. Schulter ihres Geliebten mit
dem r. Arme, der Hand oder dem Fächer berührte. Wenn man dagegen
eingewendet hat, daß Ares der Göttin nicht die geringste Aufmerk-
samkeit schenke, so hat man verkannt, daß dieses innerlich-unruhige
Hinausträumen des Kriegsgottes, der dabei selbst der Annäherung
der Geliebten nioht achtet, gerade recht charakteristisch wirken
mußte. Der andere Einwand, daß der schöne Linienfluß, den die Ge-
stalt des Ares darbietet, von welcher Seite man sie auch betrachten
mag, durch die Beifügung einer zweiten Figur empfindlich gestört
werden müsse, ist durchaus berechtigt, trifft aber den Bildhauer dieses
Exemplares in jedem Falle; selbst der angelehnte Speer der ersten
Annahme hätte den Linienfluß durchbrochen und beeinträchtigt. Daß
es sich eben nur um eine willkürliche Erweiterung der Komposition
seitens dieses einen Kopisten handelte, beweist uns ja, wie gesagt,
der Torso in Neapel, und so werden wir dem gleichen Bedürfnis nach
Bereicherung des Bildes, die nur darauf berechnet war, die ober-
flächliche Freude des Publikums an einem gefälligen Inhalt zu be-
friedigen, auch die Entstehung des formell nur störenden, jedenfalls
gänzlich überflüssigen Eros zu Füßen des Gottes zuschreiben dürfen,
vielleicht auch die den Sitz umlagernden Waffen, den Helm nicht
ausgeschlossen, sodaß der Fuß nur mit der Ferse an der Vorderseite
des Sitzes eine Stütze gehabt hätte. Die Ausführung der Kopie ist
mittelmäßig und erscheint an dem Beiwerke, namentlich an den
Beinschienen geradezu ungeschickt.
Altere Publikationen s. bei Seh. n. 63. Baumeister Denkmäler des kl. Altertums
I p. 121 Fig. 126. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 388. Collignon histoire de la sculp-
ture grecque II p. 247 Fig. 124. Springer-Michaelis Handbuch d. Kunstgeschichte
I' p. 386 Abb. 601. Winter Kunstgeschichte in Bildern I T. 66 n. 6. v. Sybel Welt-
geschichte d. Kunst1 p.341 mit Abb. Bulle der schöne Mensch (2. Aufl.) T. 165.
Furtwängler-Urlichs Denkmäler gr. u. röm. Skulptur, Handausgabe (2. Aufl.) T. 23
p. 72ff. Löwy griechische Plastik T. 125, 126 Abb. 217a— d p. 104, 106, 107. Della Seta
religione e arte figurata p. 153 Fig. 08. Bruckmann Wandbilder alter Plastik VI
(mit erläuterndem Texte von Buschor). Der Kopf: Arndt-Amelung Einzelaufnahmen
n. 254, 255. Furtwängler-Urlichs a. a. O. Fig. 20. Vgl. Athen. MitteilungenVI 1881
p. 121. Archäol. Anzeiger IV 1880 p. 41. Verhandlungen der 41. Versammlung
deutscher Philologen in München p. 244 f. Boscher mythol. Lexikon I 1 p. 490 f.
Furtwängler Meisterwerke p. 525 ff. p. 645. Böm. Mitteilungen XX 1905 p. 150.
Journal of hell. Studie* XXV 1905 p. 257. Klein Geschichte der griech. Kunst II
p. 278. — Der Torso in Neapel: Arndt-Amelung Binzelaufnahmen n. 832, 833. S. Bei-
nach repertoire de la stat. II 1 p. 192 n. 5. Buesch guida illustrata del museo di
Napoli p. 95 f. n. 293. Der Kopf in der Münchener Glyptothek: Furtwängler- Wolters
Beschreibung d. Glyptothek p. 296 n. 272. Jahrbuch d. arch. Inst. XXVI 1911 p.276f.
Abb. 8a, b (hier die Zusammenstellung mit dem Kopfe des Hermes von Atalanti).
1298 (10) Porträtkopf des Aristoteles.
Ergänzt fast die ganze Nase und die Büste.
Die richtige Benennung des bezeichneten Kopfes wurde ermög-
licht durch den Vergleich mit zwei Zeichnungen einer Büste, die sich
94 DAS THERMENMÜSEUM. 1299—1301.
Ende des 16. Jahrhunderts im Besitze des Fulvio Orsini befunden hatte
und seit der Zeit des Rubens, von dem die eine der beiden Zeich-
nungen stammt, verschollen ist. Danach haben sich elf sichere Kopien
des gleichen Typus nachweisen lassen, dem sich noch einige zweifel-
hafte anschließen. Das Porträt gehört in stilistischer Hinsicht zweifel-
los in die spätere Lebenszeit des Aristoteles und entspricht auch im
allgemeinen den überlieferten Zügen seiner Erscheinung. Das hiesige
Exemplar gibt nicht alle charakteristischen Eigenheiten in der gleichen
Schärfe wieder, wie einige von den anderen Wiederholungen, zeichnet
sich aber vor allen übrigen durch die feine Sorgfalt seiner Ausführung
besonders in Bart und Haaren aus. Sehr schön ist der eigenartige
Bau der Stirn und des Schädels wiedergegeben.
Aradt-Bruckmann griech. u. röm. Porträt» n. 365, 366. Studniczka das Bildnis
des Aristoteles (Leipzig 1908) T. III 5, 6 p. 24 H. Hekler Bildniskunst d. Griech.
u. Äöm. p. XXIV T. 83. Vgl. Seh. n. 93. Bernoulli griech. Ikonographie I p. 96 n. 2.
Drittes Zimmer.
1299 (59) Statue des Hermes.
Ergänzt von Algardi die Spitze und der r. Flügel der Nase, der größte
Teil der Hutkrempe, der r. Arm abgesehen von dem der Schulter benach-
barten Stücke, der von der 1. Hand umschlossene Stab, die Füße, die
Plinthe.
Der r. Arm ist falsch ergänzt. Die Haltung, die der Restaurator
dem Arme gegeben hat, bringt in die Figur einen Zug zu starker Be-
wegung, der mit der sonstigen Körperhaltung und dem Gesichtsaus -
druck in-Widerspruch steht. Wie die hinsichtlich des Motives über-
einstimmende, sogenannte Statue des Germanicus im Louvre beweist,
war der r. Arm nach dem Kopfe erhoben und stand die Hand mit
zusammengelegten Daumen und Zeigefinger in der Höhe und unweit
der Schläfe. Die L. senkte ursprünglich ein bronzenes Kerykeion.
Hiernach war Hermes in dieser Statue als Gott der Beredsamkeit
(Xoyiog) aufgefaßt. Er steht da in gesammelter Haltung, neigt den
Kopf, dessen Gesicht einen ernst sinnenden Ausdruck zeigt, zu seinen
Zuhörern und bewegt dabei die R. in einer Weise, die für ruhig-logische
Darlegung bezeichnend ist. Während er spricht, gleitet ihm das Ge-
wand von dem Oberarm herab. Dieses Motiv soll offenbar den Ein-
druck der Konzentration steigern, mit der Hermes in seine Rede ver-
tieft ist. Doch hat der Bildhauer hierbei die Schwierigkeiten, die sich
bei der plastischen Fixierung eines in Bewegung begriffenen Stoffes
ergeben, nicht zu überwinden verstanden; denn das Gewand sieht
nicht aus, als ob es herabgleite, sondern als ob es in künstlicher Weise
an dem Oberarme befestigt sei. Wir dürfen die Entstehung des zweifel-
los bronzenen Originales um die Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr.
annehmen. Der Kopf erinnert in manchen Zügen noch an den wahr-
scheinlich alt-peloponnesischen Typus, der in der Figur des Stephanos
wiedergegeben ist (n. 1 846). Doch zeigt die Statue in der Koptbildung
MüSEO BONCOMPAGNI-LÜDOVISI. 95
noch deutlichere Berührungspunkte mit myronischer Kunst, während
der Körper mit seiner vornehmen, aber etwas matten Formengebung
sich an keine der gleichzeitigen, bekannten Kunstrichtungen mit über-
zeugenden Gründen hat angliedern lassen. Häufiger begegnen wir
in jener Epoche dem auch hier auffallenden Mißverhältnis zwischen
den kräftigen Formen der Oberschenkel und den schwach entwickelten
Unterschenkeln. Man hat diese Erscheinung mit der in jener Zeit
häufigen Herstellung von Kolossal-Bildern erklären wollen; die Bild-
hauer hätten die bei der Arbeit in Biesen-Dimensionen notwendige Ver-
änderung der Proportionen — kleinere Bildung der dem Auge des Be-
schauers näherliegenden Teile — ohne weiteres auch auf Bilder ge-
ringeren Formates übertragen. So richtig die Voraussetzungen aber
sind, so bedenklich ist die daraus gezogene Folgerung. Die Ver-
suche, das Original Pheidias oder einem „phokäischen" Bildhauer
Telephanes zuzuschreiben, sind unzureichend begründet.
Ältere Publikationen 8. bei Seh. n. 94. Rayet monuments de l'art antique II Text
zu pl. 70 p. 5. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 413. Winter-Seemann Kunstgeschichte
in Bildern I T. 42, 6. Bulle der schöne Mensch (2. Aufl.) T. 44. Kekuie von Stradonitz
die griech. Skulptur (2. Aufl.) Abb. auf p. 349 (auf p. 348 der sogen. Oermanicus).
Löwy griech. Plastik T. 94 Abb. 176a p. 80. Altertümer von Pergamon VII p. 22 f.
Abb. 22g (die hier vertretene Behauptung eines engen Zusammenhanges zwischen dem
Hermes, und der in Pergamon gefundenen, helmlosen Athena scheint uns nicht ge-
nügend begründet). Der Kopf: Arndt-Amelung Einzelaufnahmen n. 270, 271. Löwy
a. a. O. Abb. 176b. Vgl. 0 verbeck Geschichte d. griech. Plastik II4 p. 446, p. 456 An . .
4. Friedericha-Woltere Bausteine n. 1680. Aus der Anomia (Berlin 1890) p. 62, p. 69.
50. Berliner Winckelmannsprogramm p. 152. Furtwangler Meisterwerke p. 86, p. 742.
Arndt-Amelung a. a. O. Text zu n. 1127. Klein Geschichte der griech. Kunst II p. 66 ff.
1300 (54) Wiederholung der knidisehen Aphrodite (vgl. n. 310).
Antik sind nur der Rumpf mit den Schultern, den Oberschenkeln und dem 1. Knie.
Doch sind auch die antiken Teile von moderner Hand stark abgeglättet, um ihren
Unterschied von den restaurierten auszugleichen. Der Kopf sitzt nicht, wie man be-
hauptet hat, mit Bruch, sondern mit Schnitt auf, und ist zweifellos modern. Seh. n. 97.
Journal of hellenic studies VIII 1887 p.385 J. Furtwangler Meisterwerke p. 551 Anm.
2 n. 6. Klein Praxiteles p. 251 n. 6.
Viertes Zimmer.
1301 (86) Fragment eines Hochreliefs, Kopf einer schlafenden
Erinys.
Pentelischer Marmor. Ergänzt beinahe die ganze Nase, die r. Hälfte
der Unterlippe, die unter dem Kinne herabreichende Locke abgesehen von
dem oberen Ansätze. An dem rückwärtigen Teile des Hinterkopfes ist
eine andere Behandlung der Haare kenntlich als an den vorderen Teilen;
außerdem fehlt dort jegliche Spur von Verwitterung. Augenscheinlich
hat der moderne Restaurator einen an jener Stelle ansetzenden Gegen-
stand abgemeißelt und in die abgemeißelte Stelle Haare eingearbeitet.
Der schön gearbeitete Kopf scheint, nach Auffassung und Stil zu
urteilen, ein hervorragendes Original der jüngeren hellenistischen Zeit
wiederzugeben! Man hielt ihn früher für eine Originalarbeit, doch
widerspricht dieser Annahme die allzu grobe Verwendung des
Bohrers in der Wiedergabe der Haare. Das Antlitz zeigt einen ebenso
ernsten wie strengen Ausdruck und in der vorgeschobenen Unterlippe
96 DAS THERMENMUSEUM, 1803.
einen unwilligen Zug. Die Augen sind geschlossen. Doch beweisen
das leise, nach der 1. Schulter geneigte Haupt, die Augensterne, die
unter den geschlossenen Lidern nach oben gerichtet sind, und der ge-
öffnete Mond, der offenbar in ruhigen regelmäßigen Zügen die Luft
einatmet, daß nicht eine Sterbende öder Tote sondern eine Schlafende
dargestellt ist. Der Deutung auf Medusa widerspricht der Typus, der
sich wesentlich von den sioher
beglaubigten Gorgonenbildun-
gen unterscheidet. Hingegen
stimmt der Kopf in allem We-
sentlichen mit einem Typus
überein, der auf verschiedenen
Denkmälern den Erinyen, z. B.
auf dem hier abgebildeten unter -
italischen Vasenbilde (Fig. 34)
gegeben ist. Er scheint dem-
nacheine schlafende Erinys dar-
zustellen. Die vom Winde durch-
einander geworfenen Haare und
die über die Wange herab-
hängenden Locken, die von
Schweiß durchdrungen schei-
nen, weisen auf die heftige Be-
wegung zurück, der sich die
Erinys beider Verfolgung eines Frevlers unterzog. Jetzt ist sie einge-
schlafen, bewahrt aber noch im Schlafe ihren strengen Ausdruck und
den Groll gegen den Verbrecher. Ein Gelehrter hat vermutet, daß der
Kopf zu einer Komposition gehörte, in der zwei schlafende Erinyen dar-
gestellt waren, einer Gruppe, die wir uns durch das abgebildete Vasen-
bild vergegenwärtigen könnten. Jedenfalls müßten wir annehmen,
daß diese Gruppe zu einer großen Reliefkomposition gehört habe, da
sich unter dem Kinn der Erinys ein ganz kleines Stückchen Relief-
grund erhalten hat. Auch die Art, wie die oberen Teile des Kopfes
mit höherem Relief aus der Flache herausragen, als die unteren, kehrt
ganz, übereinstimmend auf anderen großen Reliefdarstellungen wieder
(vgl. den Kopf des Endymion auf n. 807 und den der Nymphe auf n.
1147). Der Künstler konnte zu einer derartigen Komposition un-
mittelbar durch die Szene, mit der die Eumeniden des Aischylos be-
ginnen, oder durch berühmte Gemälde angeregt werden, von denen
das eine dieselbe Szene, ein anderes die Erinyen neben dem Grab-
hügel des Agamemnon schlafend darstellte (vgl. n. 338 u. 1207).
Hon. dell' Tritt. VIII T. 38, Ann. 1ST1 Tav, d'agg. ST p. 21211, Baumeister Denk-
mäler dea klaaB. Altertums II p. 911 Fig. 886. Koscher mytbol. Lexikon I p. 172«.
Brunn-Bmckmariii Denkmäler n. 238. Brunn griech. Gotterldeale T. V p. 53fl. Col-
lignon hiatoire de U sculpt. grecque II p. 587 Flg. 304. Winter Kunstgeschichte In
MÜSEO BONCOMPAGNI-LÜDOV1SI. 97
Bildern I T. 70, 1. Petersen Vom alten Äom* p. 17611. Abb. 141. Löwy griech. Plastik
T. 150 Abb. 261 p. 123. Vgl. Seh. n. 110. Friedericiis- Wolters Bausteine n. 1419. Six
de Gorgone p. 65. Journal of hell, stndies XI 1890 p. 197 f., p. 201 f. Eendioonti della
r. Accademia dei Lincei, classe di scienze morali VI 1890 p. 342 ff. Born. Mitteilungen
VII 1892 p. 106 f. Hartel-Wickhoff die Wiener Genesis p. 24 = Wickhoff Schriften III
p. 43 f. Ausonia II 1907 p. 85 Ann. 4.
1302 (43) Kolossalgruppe, Gallier und sein Weib.
Ergänzt an dem Manne die vordere Hälfte der Nase, der r. Arm mit
dem Schwertgriffe und dem freistehenden Teile der Klinge, der 1. Vorder-
arm bis zur Handwurzel, der 1. Zeigefinger und das freiflatternde Stück
des Mantels mit der Stütze, die aber durch die auf dem Gesäß vorhandene
Spur ihres Ansatzes gesichert ist; an der Frau die Nase, der 1. Arm abge- '
sehen von dem der Schulter benachbarten Stücke, der untere Teil des r.
Vorderarmes nebst der Hand, vier Zehen am r. Fuße, allerlei Stücke am
Mantel. Von den beiden Stützen zwischen den Figuren ist die vordere
antik, aber mehrfach gebrochen, die hintere modern, aber durch antike
Ansätze gesichert. Beide Figuren haben durch rücksichtsloses Abputzen,
teilweise auch durch Überarbeitung gelitten, namentlich die der Frau auf
der Vorderseite. Über den Marmor s. n. 884.
Der Gallier hat, während ihm die Feinde auf den Fersen sind, eben
noch Zeit gefunden, seinem Weibe unter der 1. Achselhöhle den Todes-
stoß zu versetzen und trifft sich nunmehr selbst an unfehlbar tödlicher
Stelle, indem er sein Schwert hinter dem 1. Schlüsselbein in die große
Schlagader stößt. Mit der L. stützt er noch die zusammenbrechende
Gefährtin. Sein Antlitz, das sich nach den Verfolgern rückwärts
wendet, bekundet eine trotzige Genugtuung darüber, daß er seinen
Feinden nicht lebendig in die Hände fallen wird. Offenbar ist ein
gallischer Häuptling dargestellt. Das Gesicht unterscheidet sich durch
seine markanten vornehmen Züge wesentlich von den andern Gallier-
typen, die zu demselben Statuenzyklus wie die Gruppe gehören (n. 98
u. 884).
Der r. Arm des Galliers und der 1. Arm der Frau sind falsch er-
gänzt. Der r. Oberarm des Mannes war nach dem erhaltenen An-
sätze des Deltamuskels mit dem Ellenbogen weniger gehoben und
abgestreckt, und die Faust hatte den Schwertgriff in umgekehrter
Weise gefaßt, also mit dem Handrücken nach vorne und so, daß nicht
der kleine Finger, sondern der Daumen zu oberst stand. Dadurch
erhielt der Vorderarm eine steilere Stellung. Trotzdem das Schwert
natürlich sonst im Kampfe von der Hand mit der Haltung gefaßt
wurde, die ihr der Ergänzer gegeben hat, leuchtet es ein, daß der Arm
nur in der von uns angenommenen Haltung den in diesem Falle notwen-
digen Stoß mit dem erwünschten Nachdruck führen kann. Anderer-
seits war hierbei das Gesicht weniger bedeckt und konnte der Be-
trachter, wenn er in der Verlängerung des vorgesetzten 1. Beines, also
mehr nach der Seite der Frau zu Stellung nahm, das Profil des Galliers
sehen. Den 1. Vorderarm der Frau hat man sich weniger gestreckt und
schlaffer herabhängend zu denken. Vermutlich bildete diese Gruppe den
Mittelpunkt eines Statuenzyklus, dessen r. Eckstück der sterbende
Gallier des kapitolinischen Museums (n. 884) war. Wie diese Statue
Hei big: Führer. II. 3. Aufl. .7
98 DAS THERMENMUSEÜM. 1303- 1804.
scheint auch die Gruppe eine von einem pergamenischen Bildhauer
gearbeitete Marmorkopie naoh einem pergamenischen Bronzeoriginal
aus der Zeit des ersten Attalos zu sein, einem Originale, das wahrschein-
lich zu dem von diesem König auf der Akropolis seiner Residenz errich-
teten Siegesdenkmal gehörte. Auf Bronze deuten der linke, vollständig
in der Luft schwebende Arm der Frau, die beiden Stützen, die den
Körper der Frau mit dem des Mannes verbinden, und eine dritte
Stütze, die dem hinter dem Rücken des Mannes flatternden Mantel
festen Halt gibt. Wäre die Gruppe für die Ausführung in Marmor
berechnet gewesen, so sähe man namentlich nicht ein, weshalb der
Bildhauer diesen auf der Rückseite der Figur befindlichen Mantel,
der für die künstlerische Wirkung der Gruppe von ganz untergeordne-
ter Bedeutung ist, in einer derartigen, den Bedingungen seiner Technik
zuwiderlaufenden Weise unterarbeitet hätte. Über, die Vermutung,
daß die Gruppe in späterer Zeit und auf römischem Boden gearbeitet
sei, vergleiche man die Bemerkungen zu n. 884. An der Figur der
Frau treffen die beiden Enden des Mäntelchens unter dem Halse nicht
zusammen, offenbar deshalb, weil der Bildhauer an dieser durch das
Kinn versteckten Stelle auf eine genaue Durchbildung verzichtete.
Einer der üblichen römischen Kopisten würde eine derartige Behand-
lungsweise voraussichtlich als einen Fehler empfunden und verbessert
haben.
Die älteren Publikationen s. bei Seh. n. 92. Baumeister Denkm. des kl. Altertums
II p. 1237 f. Abb. 1410, p. 1241. Revue archeol. XII 1888 p. 273 Fig. 1, p. 281 ff.
Löwy Lysipp und seine Stellung in der griech. Plastik p. 29 Fig. 14. Brunn-Bruckmann
Denkmäler n. 422. Collignon histoire de la sculpture grecque II p. 505 Fig. 250. Das
Museum IV 1899 T. 6. Winter Kunstgeschichte in Bildern I T. 70, 4. Springer-Michaelis
Handbuch9 p. 399 Abb. 738. v. Sybel Weltgeschichte der Kunst' p. 348 f. mit Abb.
Petersen vom alten Born4 p. 174 ff. Abb. 138. v. Bienkowski die Darstellungen der
Gallier in der hellenistischen Kunst T. I p. 6ff. Fig. 9 — 11 (v. B. schlägt hier vor, den
Ellenbogen des r. Armes an dem Gallier tiefer zu stellen, die Handhaltung aber so zu
belassen, wie sie der Ergänzer gegeben hat; nur ein erneuerter praktischer Ergänzungs-
versuch mit Hilfe eines passenden Modells dürfte diese Streitfrage zur Losung bringen).
Löwy griech. Plastik T. 144 Abb. 246 p. 119, 122, 135. Der Kopf des Galliens: Römi-
sche Mitteilungen X 1895 T. II L p. 129—131. Petersen a. a. O. Abb. 139. v. Bien-
kowski a. a. O. p. 7 Fig. 6, 7; p. 145 Fig. 155. Löwy a. a. O. T. 147 Abb. 253 p. 122,
124. Vgl. Bie Kampfgruppe und Kämpfertypen p. 127 ff. Klein/ Geschichte der griech.
Kunst III p. 60 f.
Fünftes Zimmer.
1303 (31) Eolossalbüste der Demeter mit Stephane und Sehleier.
Ergänzt die Nasenspitze und ein Stück am Halse unter dem r. Ohre.
Das schöne Gesicht zeigt einen überaus müden Ausdruck, der in
dem sanften Blicke der verhältnismäßig schmalen Augen gipfelt; der
Mund ist zu einem freundlichen Lächeln geöffnet. All diese Eigen-
tümlichkeiten widersprechen der früher geläufigen Deutung der Büste
als Hera, stimmen vielmehr in jeder Hinsicht zu dem Wesen der
Demeter. Zweifellos ist die Büste naoh dem Oberteil einer Statue
kopiert. Eine Bronzestatuette, deren Kopf in den typischen Zügen
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MUSEO BONCOMPAGNI-LUDOVISI. 99
dem der Büste entspricht, befindet sieh im Münz- und Antikenkabi-
nett in Wien, doch ist der Kopf der Statuette nach der r, Schulter
gewendet. Es kann sich also nicht um eine Verkleinerung des gleichen
Originales handeln, wohl aber um die verkleinerte Kopie eines Werkes
des gleichen oder eines verwandten Meisters.
Dem Stil nach gehört die Figur in die erste Hälfte des 4. Jahrhunderts
und der gleichen Zeit dürfen wir auch das Original der Büste zu-
schreiben, deren Kopf mit dem der Eirene des Kephisodot nahe
verwandt ist. Die mit feiner Empfindung, aber nicht sehr sorg-
fältig ausgeführte Büste ist, nach dem Zuschnitt des Bruststücks zu
urteilen, eine Arbeit aus dem Beginne der hadrianischen Zeit.
Overbeck Kunstmythologie III p. 95 n. 15, Atlas T. IX 12. Koscher mythol. Le-
xikon 1 2 p. 2122, p. 2126 (Abb.) ; II 1 p. 1360. Arndt- Amelung Einzelaufnahmen n. 264.
Vgl. Scb. n. 78. Friederichs- Wolters Bausteine n. 1515. — Die Wiener Bronzestatuette:
v. Sacken Bronzen des k. k. Münz- u. Antikenkabinetts in Wien T. V 1. Overbeck a. a. O.
T. I 1. Boscher a. a. O. I 2 p. 2116 mit Abb. S. Beinach repertoire de la stat. II 1
p. 240 n. 3. — Über Büstenformen vgl. Anzeiger d. Krakauer Akademie d. Wissensch.
XXIV 1895 p. 127ff. T. I, II. Vgl. n. 1311.
1304 (57) Wiederholung der Athena Parthenos <fes Pheidias.
Ergänzt der Helmbusch, die. Nasenspitze, ein Stück der Unterlippe,
beide Arme mit den auf den Schultern aufliegenden Stücken des Aigis-
randes, die aus den Knoten hervorgehenden Enden des Schlangengürtels,
mancherlei an den Falten, vor allem die steilen Falten, die auf den r. Fuß
und zwischen den Beinen niederfallen. Der Restaurator hat den Nasen-
rücken Überarbeitet und zahlreiche Falten» besonders an dem Überschlage
des Peplos, deren Ergänzung ihm Schwierigkeiten verursachte, einfach
abgemeißelt; so auch die Steilfalte, die vom 1. Knie niederhing.
Die Statue ist eine der größten und zugleich eine der getreusten
Nachbildungen, die sich von der Athena Parthenos des Pheidias er-
halten haben (vgl. n. 906, 1530). Doch wird ihr Eindruck durch die
falschen Ergänzungen und durch die an einzelnen Stellen vorgenom-
menen modernen Über- und Abarbeitungen getrübt. An dem Helme
stört der ergänzte Busch, der zu kleinlich geraten, an dem Gesichte
die Nase, deren Spitze schlecht ergänzt und deren Rücken überar-
beitet ist. Der Überschlag des Peplos sieht wie zerlumpt aus, da der
Restaurator, namentlich an dem unteren Rande, viele Faltenbrüche
abgemeißelt hat. Die Arme sind zu massig ausgefallen und falsch
gerichtet. Der rechte war vorgestreckt und hielt eine Siegesgöttin,
während der linke abwärts reichte und die Hand auf dem Rande des
Schildes ruhen ließ. Die Statue wirkt am besten, wenn man sie in der
r. Profilansicht betrachtet, da die Falten auf dieser Seite weniger be-
schädigt sind und die Gesamtwirkung der Figur hier im wesentlichen
nur durch den falsch restaurierten r. Arm beeinträchtigt wird. Der
Bildhauer scheint sein Vorbild nicht nur in den Hauptmotiven, son-
dern auch in mancherlei Einzelheiten getreu wiedergegeben zu haben;
immerhin muß man sich gegenwärtig halten, daß er in Anbetracht
der Riesengroße des Originals, dessen Höhe man auf 10 m berechnet
- j . . ; . • , . 7*
100 DAS THERMENMUSEUM. 1305.
hat, nur eine Auswahl aus den Motiven seines Vorbildes wieder-
geben konnte. Den Helm der Parthenos schmückten geflügelte
Tierfiguren. Daß auch der Helm unserer Statue mit Emblemen ver-
sehen war, beweisen die an der Kappe sichtbaren, von moderner Hand
abgearbeiteten Stellen (vgl. die Wiedergabe der von Aspasios geschnit-
tenen Gemme auf dem Einbände unseres Führers). Pheidias
hatte die Fleischteile der Parthenos aus Elfenbein, alles übrige
aus Gold gearbeitet, das an einzelnen Stellen durch Email
nuanciert war. Die Weise, in der an unserer Statue die kleinen
über die Wangen und die langen über die Schultern herab-
fallenden Locken behandelt sind, erinnert an ziselierten Metall-
guß, die eckige Einkniokung der Falten an Metall, das durch
die Gußform oder durch Treiben mit dem Hammer scharfe Kanten
erhalten hat. Der Schuppenbesatz der Aigis, den der große atheni-
sche Meister vermutlich durch emailliertes Gold wiedergegeben
hatte, war an unserer Statue offenbar durch Malerei ausgedrückt.
Auf dem neben dem r. Fuße herabhängende Gewandzipfel hat der
Bildhauer seine« Namen angebracht, von dem wir, da die ersten bei-
den Buchstaben fehlen, nicht wissen, ob er Antiochos oder Metiochos
lautete. Die Formen der Buchstaben deuten auf das letzte Jahrhun-
dert der Republik oder den Anfang der Kaiserzeit. Der Bildhauer
bezeichnet sioh als Athener, gehört also in die Reihe jener spätat-
tischen Künstler, die sich darauf beschränkten, Meisterwerke der älte-
ren Kunst mehr oder minder getreu nachzubilden. Seine Figur gibt
einen zum mindesten annähernden Begriff von einer der bedeutend-
sten Schöpfungen der hellenischen Kunst. Pheidias brachte in der
Athena Parthenos die Anschauungen, die sich die gebildeten Athener
unter der glänzenden Verwaltung des Perikles von der Schutzgöttin
ihrer Stadt bilden mochten, in ebenso großartiger wie erschöpfender
Weise zum Ausdruck. Während der Helm, die Aigis und der unter-
setzte Körper die wehrhafte Jungfrau erkennen lassen, die den athe-
nischen Staat beschützt und seine Macht erweitert, erscheint Athena
zugleich als friedliche Göttin. Klar und ruhig blicken ihre Augen aus
dem jugendlichen Gesicht. Ihrer Kraft bewußt, hat sie den Schild
auf den Boden gestellt und hält dem Besucher ihres Tempels das
Symbol ihres Wirkens, die Sieg und Heil bringende Nike, entgegen.
Seh. n. 114. Abhandlungen der phü.-hist. Cl. d. sächs. Gesellschaft der Wissen-
schaften VIII 1883 T. II B 1, 2 p. 556 ff. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 258. S. Rei-
nach repertoire de la etat. II 1 p. 279 n. 7. Winter Kunstgeschichte in Bildern I T. 78, 6.
Löwy griech. Plastik T. 43 Abb. 82 p. 35 ff. Winter Altertümer von Pergamon VII T.
VIII p. 33 ff. Der Kopf: Arndt- Amelung Einzelaufnahmen n. 274, 275. Löwy a. a. 0.
T. 48 Abb. 90 p. 39. Vgl. Löwy Inschriften griechischer Bildhauer n. 342. Aren. Zeitung
XLI 1883 p. 207. Jahrbuch des arch. Instituts V 1890 p. 101 ff. Jahreshefte d. Osten.
Inst. IV 1901 p. 146 Anm. 2 n. 3. Über den Kopf und Helm der Parthenos: Festschrift
zum fünfzigjährigen Jubiläum des Vereins von Altertumsfreunden im Rheinland (Bonn
1891) p. lff. Furtwängler Meisterwerke p. 21 Anm. 1. Jahreshefte d. österr. Inst,
a. a. O. p. 144 ff. T. IV.
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MUSEO BONCOMPAGNI-LÜDOVISI. 101
1305 (66) Kologsalkopf der Hera (Iuno Ludovisi).
Er ist vermutlich identisch mit dem weiblichen Kolossalkopfe, den
der Kardinal Ludovico Ludovisi 1622 aus der Villa Cesi erwarb. Ergänzt
die Nasenspitze, ein Stück des r. Nasenflügels, die an der r. Seite des Halses
herabhängende Locke abgesehen von einem kleinen Stücke des oberen hin-
teren Endes. Die Oberfläche hat durch Korrosion und rücksichtslose
Reinigung stark gelitten.
Aus der Art, wie der untere Band des Halses zugehauen ist, er-
gibt sich, daß dieser Kopf zum Einsetzen in eine Kolossalstatue be
stimmt, also für eine Wirkung aus ansehnlicher Höhe berechnet war
Bekannt unter dem Namen der Iuno Ludovisi, gehört er zu den be
rühm testen Denkmälern des Altertums. Männer, wieHerder, Winckel
mann, Goethe, Schiller, Wilhelm von Humboldt, haben den tiefen Ein
druck, den diese Schöpfung auf sie machte, in beredten Worten geäußert
Da der Typus des Kopfes zweifellos in einer Zeit vorgeschrittener
und reich entwickelter Kultur entstanden ist, in einer Zeit, in der
die Hellenen das Ideal der Hausfrau in einer milderen und unseren
Anschauungen näher stehenden Weise auffaßten, als es noch im
5. Jahrhundert der Fall war, so mutet unter allen Heratypen dieser
den modernen Beschauer am meisten an. Er zeigt nicht nur die
physische Vollkommenheit, sondern, indem er in harmonischer Weise
Erhabenheit und Milde vereinigt, auch die Charaktereigenschaften,
die nach der Auffassung der damaligen Griechen der Göttin des Zeus
zukamen. Die von einem Gelehrten ausgesprochene Vermutung, daß
die Iuno Ludovisi das idealisierte Porträt einer Dame aus dem iulisch-
claudischen Kaiserhause sei, scheint uns unzulässig. Wir müßten
dabei einen Grad der Idealisierung voraussetzen, der jeden indivi-
duellen Zug verwischt und für den man vergeblich nach irgendwelcher
Analogie sucht. Jene Vermutung gründet sich zudem auf die Be-
hauptung, daß zwei Eigentümlichkeiten des Kopfes, der oben um-
schnürte, kleine Nackenschopf und die das Diadem umgebende Wol-
lenbinde, die im Aussehen einer Perlenkette gleioht, bei keiner Dar-
stellung eines göttlichen Wesens nachweisbar seien. Diese Behaup-
tung hat sich als unrichtig herausgestellt. Der Nackenschopf gibt
uns nur die Möglichkeit, die Ausführung des Kopfes in die erste Kaiser-
zeit zu datieren; damals haben die Bildhauer öfters diese im Leben
übliche Modetracht auf Köpfe mit idealen Zügen übertragen.
In eben jener Zeit mußte in Born eine starke Nachfrage nach kolossa-
len Götterbildern sein, um mit ihnen die neu erstehenden Pracht-
tempel zu bevölkern. Den Rest eines derartigen Götterbildes haben
wir augenscheinlich auch in der Juno Ludovisi vor uns, die wir dem-
nach mit großer Wahrscheinlichkeit einem der Schüler des Pasiteles
zuschreiben dürfen. Dieser hatte sich zweifellos eine Schöpfung der
zweiten attischen Schule zum Vorbild genommen. Man erinnere sich
an n. 291 und 295, zwei Typen, die Originale des 5. Jahrhunderts
wiederholen. Dagegen zeigt die Behandlung des Fleisches hier, so-
102 DAS THERMENMÜSEUM. 1806— 1 S08.
weit sie sich bei dem gegenwärtigen Zustande der Oberflache beur-
teilen läßt, eine Weichheit und einen fein empfundenen Naturalis-
mus, wie er durchaus dem Stile der Meister zur Zeit Alexanders des
Großen entspricht.
Ältere Publikationen s. bei Seh. n. 104. Baumeister Denkmäler d. klass. Alter-
tums III p. 1352 Fig. 1505. Boscher mythol. Lexikon I 2 p. 2120, 2122 f. Brunn griech.
Götterideale p. Off. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 889. v. Sybel Weltgeschichte
d. Kunst* p. 402. Della Seta religione e arte figurata p. 153 Fig. 92. Vgl. Fnrtwängler
Meisterwerke p. 557 f. Köm. Mitteilungen X 1895 p. 189 ff. — Wegen des Schopfes an
Idealköpfen vgl. Arndt-Amelung Binzelaufnahmen Text zu n. 1121, 1122 und Hekler
Münchener archäol. Studien dem And. Furtwänglers gewidmet (München 1909) p. 156,
wegen der Wollenschnur n. 1923 und Heibig Wandgemälde der vom Vesuv verschütteten
Städten. 176.
1306 (35) Kolossalkopf einer Göttin.
Ergänzt die Nasenspitze mit dem r. und einem Teile des 1. Nasen-
flügels. Ausgebrochen ist der Hinterkopf und ein Stück der Unterlippe;
bestofien sind einzelne Haarlocken und der Schopf. Von den Zacken des
Diadems ist nur die erste der r. Seite erhalten.
Auch dieser Kopf war zum Einsetzen in eine Statue bestimmt.
Eine bessere Wiederholung besitzt das Museum in Neapel. Die Züge
des Gesiohtes machen zunächst einen Eindruck, als handele es sich um
die ausdruckslose Kopie eines Typus des 5. Jahrhunderts v. Chr.
Dem widerspricht aber der etwas gedunsene Charakter der Formen
und vor allem die Haarbehandlung mifc den an den Seiten aufgerollten
Strähnen (einfacher finden wir das gleiche schon an n. 1303). Des-
halb hat man den Typus letrfun einer klaesizistischen Richtung der
pergamenischen Kunst zugeschrieben, deren Interesse für die Schöpf-
ungen des 5. Jahrhunderts uns bekannt ist.
Overbeck Kunstmythologie III p. 89 n. 6; Atlas T. IX 6. Arndt- Amelung Einzel-
aufnahmen n. 248, 249. Mahler Polyklet p. 126 f. Fig. 38. Vgl. Seh. n. 85. Rom. Mit-
teilungen XVIII 1903 p. 11. — Der Kopf in Neapel: Kuesch guida illustrata del Museo
d Napoli p. 160 f. n. 506.
1307 (61) Statue der Athena.
Sie wurde zu Donatis Zeit (t 1640) im Bereiche des Collegio Romano
|_ innerhalb der Absis einer antiken Aedicula neben ihrer Basis gefunden
(Donatus Roma vetus ac recens III 16, Romae 1725 p. 387). Ergänzt der
I Kopf mit dem Halse, die vorderen Hälften der Unterarme, der ganze untere
Teil der Statue vom r. Knie und der Mitte des 1. Unterschenkels abwärts,
der entsprechende Teil des Stammes und der Schlange; an dieser auch
Kopf und Hals; endlich die Plinthe.
Das antike Fragment stimmt abgesehen von Aigis und Schlange
mit dem entsprechenden Teile einer Hera-Statue des 5. Jahrhunderts
v. Chr. überein (vgl. n. 26 u. 1539). Ein römischer Bildhauer, der eine
Athenastatue zu liefern hatte und einmal etwas Neues schaffen wollte,
aber aus eigener Kraft nicht leisten konnte, hat sich sehr einfach
geholfen, indem er jenen Hera-Typus mit den Attributen derPallas
ausstattete, sowie einer seiner Kollegen den gleichen Typus zur Dar-
stellung der Hygieia verwendet hat. Die Umwandlung zur Athena
• . • •
•2 -• • • • •*• • •
• V * • t • • •
MÜSEO BONCOMPAGNI-LUDOVISI. 103
ist besonders sinnlos, da die leichte gefällige Gewandung jenes Hera-
Typus dem Wesen der Kriegsgöttin geradezu widerspricht.
Sch. n. 65. Arndt- Amelung Einzelaufnahmen n. 257. — Die Statue der Hygieia
befindet sich in Kassel: Bouillon Musee d'ant. I T. 52. Boscher mythol. Lexikon I 2
p. 2789 f. mit Abb. S. Beinach repertoire de la stat. II 1 p. 208 n. 1.
Sechstes Zimmer.
1308 (32) Einschenkender Satyrjüngling.
Ergänzt der erhobene r. Arm mit einem benachbarten Stücke der
Brust, der 1. Vorderarm mit fast dem ganzen Trinkhorne, der r. Unter-
schenkel — doch ist der Fuß antik — , ein Stück an dem Stamme und an
dem hinteren Bande der Flinthe. Der Ansatz mit spiralförmig gedrehter
Biefelung, der sich am 1. Oberschenkel erhalten hat und von dem Ergänzer
zu einem Tiinkhorn vervollständigt wurde, ist vielmehr der Best einer
Stütze für die 1. Handwurzel.
Die Figur muß im Altertum sehr beliebt gewesen sein» da sich
von ihr zahlreiche Wiederholungen erhalten haben. Ihre Stilisierung
deutet auf ein Bronzeoriginal. Dargestellt ist ein Satyrjüngling von
edelster Bildung, an dem nur die zugespitzten Ohren und das zottel-
artig gelockte Haar leise auf die tierische Natur hinweisen. Der Er-
gänzer hat ihm fälschlich eine Traube in die erhobene B. gegeben.
Wie Wiederholungen beweisen, an denen das Attribut vollständig
oder teilweise erhalten ist, faßte die R. vielmehr einen Krug und goß
daraus Wein in ein von der L. gehaltenes, kleines Trinkhorn oder
eine Sohale (der Teil eines Hornes hat sich an einer Replik im Ber-
liner Museum erhalten; eine Schale hielt den Resten zufolge die L.
der Replik im Museum zu Palermo). Die leiohte Stellung und
" die Bewegung der Arme sind von unvergleichlicher Anmut.
Daß dieser Typus in naher Beziehung zu der Kunst des Praxiteles
steht, ist unzweifelhaft. Doch läßt er sich mit keiner der über-
lieferten Satyrfiguren dieses Meisters identifizieren. Der Kopist
hat die ganze Statue mit großer Sauberkeit ausgeführt und auoh
das an dem Originale selbstverständlich fehlende Beiwerk, das über
den Baumstamm gelegte Ziegenfell, das an dem Stamme angelehnte
Pedum und die von einem Aste herabhängende Syrinx, mit peinlicher
Sorgfalt behandelt. Er gibt sich darin als Zeitgenosse der späteren
antoninischen Kaiser zu erkennen (vgl. n. 930 u. 1249).
Sch. n. 71. Bullettino comunale XX 1892 T. XI— XII 1 p. 237 ff. Brunn-Bruck-
mann Denkmäler n. 376. Collignon histoire de la sculpture grecque II p. 265 Fig. 131.
Klein Praxiteles p. 191 Fig. 29, p. 192 n. 6. S. Beinach repertoire de la stat. II 1 p. 139
n. 7. Vgl. Kekule über den Kopf des praxitelischen Hermes p. 31. Friederichs- Wolters
Bausteine n. 1217. Arch. Zeitung XLIII 1885 p. 82 ff. Furtwängler Meisterwerke
p. 535 ff. Journal of hell, studies XXIX 1909 p. 251 ff. (die in dieser Arbeit ausge-
sprochene Annahme , der Satyr habe im Original mit seiner L. einen Kantharos an
dem einen Henkel gehalten, den anderen Henkel habe eine Figur des Dionysos ge-
faßt, ist gut kritisiert in dem nächstfolgend zitierten Aufsatze). Bullettino com-
munale XXXVIII 1910 p.. 161 ff. (die Verfasserin versucht den Typus Praxiteles
abzusprechen und einem unbekannten Künstler zuzuschreiben, in dessen Stil sich
Elemente der polykletischen und der attischen Kunst des 5. Jahrhunderts mischen.
Unserem Empfinden nach sind in dem Satyr neben diesen Elementen diejenigen des
ausgesprochen praxitelischen Stiles so stark, daß wir keinen Grund sehen, von der
bisher allgemein anerkannten Zuteilung abzuweichen).
104 DAS THERMENMUSEUM. 1309-1312.
1309 (79) Statue des Dionysos«
Ergänzt die Nase, der Hals, der r. Arm, der 1. Unterarm vom Ge-
wand an und das 1. Knie mit einem Teile des Unterschenkels, an der Pan-
therin die Schnauze. Die Falten sind mehrfach geflickt. Abgestoßen sind
einzelne Blatter des Kranzes, verschiedene Locken, an dem Tier die Ohren
und die r. Vordertatze. Die Beine und das Gewand sind mehrfach ge-
brochen und bestoßen. Das Gesicht ist überarbeitet, der Körper von mo-
derner Hand geglättet. Der am Scheitel und Hinterhaupt unvollendete
Kopf ist antik, aber nicht zugehörig.
Der jugendliche Gott steht aufrecht. Der r. Arm war auch ur-
sprünglich hoch erhoben; seine Hand ruhte zweifellos auf dem Scheitel.
Der 1. Arm war seitlich vorgestreckt; ein Mantel hängt mit reichem
Faltenspiel über Schulter und Oberarm. Außerordentlich zierliche
Sandalen bekleiden die- Füße; auf dem Oberleder ist als Schmuck-
stück ein Kinderköpfchen über zwei kleinen Flügeln in Belief ge-
bildet. Ein Pantherweibchen richtet sich, unter dem Mantel auf und
blickt zu seinem Herrn und Meister empor. Die gleiche Figur kehrt
auf einem der Stuokreliefs in dem kleineren der an der Via Latina
gelegenen Gräber wieder und zwar als Gegenstück zu einem Hermes,
der sich ebenfalls als Nachbildung eines statuarischen Typus nach-
weisen läßt. Dort hält die 1. Hand des Dionysos den Thyrsos, der
sich mit dem oberen Teile gegen den Oberarm lehnt; der Kopf wendet
sich zur r. Schulter. Das Pantherweibchen fehlt; wir haben also mit
der Möglichkeit zu rechnen, daß es an der Statue lediglich ein ge-
schickter Zusatz des Kopisten sei und daß wir uns das Original der
Figur in Bronze gearbeitet zu denken haben.
Die Motive des Körpers sind echt prazitelisch; ebenso die zier-
liche Form der Sandalen und vor allem die von dem Kopisten in
dekorativ andeutender Weise nicht ungeschickt wiedergegebene Be-
handlung der Falten an dem etwas absichtlich arrangierten Mantel.
Man hat deshalb das Original mit Recht dem Praxiteles selbst zu-
geschrieben. Die Wiederholung an der Decke jenes Grabes bezeugt,
daß die Figur im 2. Jahrhundert n. Chr. in Rom bekannt und beliebt
war; wir werden die Kopie im Thermen-Museum eher noch dem
1. Jahrhundert zuschreiben dürfen.
Ältere Publikationen s. bei Seh. n. 90. Arndt-Amelung Einzelaufnahmen n. 269.
— Das Stuckrelief in dem Grabe s. Mon. dell* Inst. VI 1861 T. 50 (vgl. Ann.
1861 p. 240) und besser bei Gusman l'art decoratif de Borne pl. 84. — Über den oben-
genannten Hermestypus vgl. Furtwängler Meisterwerke p. 572 ff. Fig. 107 (wo sein
Original ebenfalls dem Praxiteles zugeschrieben wird) und Amelung Führer durch d.
Ant. in Florenz p. 32 ff. n. 43 (wo das Original vielmehr dem Kreise des Skopas zuge-
teilt wird; ein Vergleich mit dem Dionysos ist sehr lehrreich und läßt die tief-
greifenden stilistischen Unterschiede zwischen beiden nicht verkennen, nach denen es
jedenfalls ausgeschlossen scheint, daß beide auf Originale eines und desselben Meisters
zurückgeführt werden könnten).
1310 (36) Knabentorso, ergänzt als Fackelträger.
Antik ist nur der Torso mit den Oberschenkeln.
Der Torso ist von hervorragend schöner Arbeit, und es wäre
dringend zu wünschen, daß man ihn von den abscheulichen modernen
'MUSEO BONCOMPAGNI-LUDOVISI. 105
Ergänzungen befreite. Die flüssige Wiedergabe des komplizierten
Bewegungsmotives und die weiche, aber vornehme Behandlung der
Körperformen lassen keinen Zweifel darüber, daß wir hier die Kopie
eines Werkes aus der Mitte des 4. Jahrhunderts vor Augen haben.
Man vergleiche z. B. den Ganymed des Leochares (n. 386) und ihm
verwandte Gestalten.
Sch. n. 9, Arndt-Amelung Einzelaufnahmen n. 247.
Siebentes Zimmer.
1311 (20) Kolossalbüste des Attis.
Ergänzt die Spitze der Mütze, die Nase, Stücke an den Lippen, das
Kinn, das Piedestal.
Die Büste hat eine Form, wie sie erst unter Hadrian allgemein
üblich wurde (vgl. n. 1303); in die gleiche Zeit wird sie durch die Art
ihrer Ausführung verwiesen. Die Deutung wird durch Bildwerke ge-
rechtfertigt, die Attis in ganzer Figur und mit seinen Attributen aus«
gestattet darstellen (vgl* n. 1236). Daß wir ein männliches Wesen
vor uns haben, beweist die Bildung der Brust (an dem Bruststück
von n. 1303 ist das Geschlecht schwach, aber doch unverkennbar
deutlich gemacht). Dagegen zeigen Gesicht und Hals schwellende
weibliche Formen, und auch das Haar ist nach weiblicher Weise ge-
ordnet. Die phrygische Mütze läuft auf beiden Seiten und hinten
in drei breite, am zugespitzten Ende mit einer Kugel beschwerte
Bänder aus, die auf den Schultern und auf dem Nacken aufliegen.
Der Geliebte der Kybele ist zudem durch den träumerisch-melan-
cholischen Ausdruck des Gesichtes charakterisiert.
Das Original des Kopfes scheint bereits im Beginne des 4. Jahr-
hunderts v. Chr. geschaffen zu sein» Er hat charakteristische Züge
gemein mit der Aphroditebüste in Arles und den Tänzerinnen der
Akanthos-Säule in Delphi. Auffällig, nicht nur im Vergleich mit
diesen Köpfen, ist die zehr hohe Bildung der Stirne, die man aus hoher
Aufstellung der Büste hat erklären wollen. Die frühe Datierung des
Originales ist nicht bedenklich, da wir wissen, daß der Kult der Kybele
bereits im 4. Jahrhundert v. Chr. in Athen Eingang gefunden hat.
Doch könnte es sich natürlich auch um spätere Adaptierung eines
früheren Typus handeln.
Sch. n. 76. Arndt-Amelung Einzelaufnahmen n. 263. — Die Aphroditebüste in
Arles: Friederichs-Wolters Bausteine n. 457. Klein Praxiteles p. 344 Fig. 64. S. Rei-
nach tdtes antiques pl. 135, 136. Die T&nzerinnen in Delphi : Fouilles de Delphes IV
pl. LX— LXII.
1312 (29) Statue des sitzenden Apollon.
Ergänzt Kopf und Hals, der r. Ann mit der Schulter und einem an-
grenzenden Stück der Brust, der 1. Arm mit Schulter und Leier, der 1.
Unterschenkel mit Knie und einem Teile der Ferse, das vom 1. Oberschen-
kel niederhängende Mantelende (es hätte den Ansatzspuren auf dem Felsen
zufolge bis auf den Boden herabreichen müssen). Flicken in der Brust,
links vom Nabel und im r. Oberschenkel.
Sch. n. 65. Arndt-Amelung Einzelaufnahmen n. 256. Vgl. Overbeck Kunstmy-
thologie IV p. 202 n. 1.
106 DAS THERMENMUSEUM. 1313— 13U\
1313 (25) Statue des sitzenden Apollon.
Sicher antik ist nur der Rumpf mit dem r. Beine, dem halben 1. Ober-
schenkel, dem Gewände und einem Teile des Felsensitzes, an dem aber der
Teil mit dem Fedum ergänzt ist. Sicher modern ist auch der Kopf.
Die Statue gibt das gleiche Original wieder, wie n. 1312, nur ist
dort die Knickung des Körpers an der r. Hüfte etwas starker; auch
stimmen die an beiden Repliken erhaltenen Teile des Mantels nicht
durchaus überein. Der Ergänzer von n. 1312 hat darin, daß er den
Gott sein Instrument auf den 1. Oberschenkel stützen ließ, augen-
scheinlich nicht das Richtige getroffen, da die Falten weder dort noch
an n. 1313 irgendwie unterbrochen sind. Das Instrument, ursprüng-
lich gewiß die Kithara, mußte neben dem Beine auf dem Felsen
stehen. Die R. war vermutlich mit dem Plektron ruhig gesenkt.
Das Motiv scheint abgeleitet von einem attischen Apollontypus, den
wir durch eine Relieffigur auf dem athenischen Zwölfgotteraltare ken-
nen. Die Ausführung beider Repliken ist auch abgesehen von der
zerstörenden Wirkung der Restauratoren sehr gering. Die Riemen der
Sandalen waren nur durch Malerei angegeben.
Seh. n. 116. Overbeck Kunstmythologie IV p. 202 n. 2; Atlas XXII 38. Arndt-
Amelung Einzelaufnahmen n. 276. — Der athenische Altar: Athen. Mitteilungen IV
1879 T. XX p. 340 ff. SvoronoB das Athener Nationalmuseum I T. XXVI n. 1731
p. 158 ff. n. 14 Abb. 110.
1314 (39) Gruppe des Menelaos.
Ergänzt an dem Jünglinge die Nasenspitze, ein Stück am Schädel
und am Gewände, der r. Arm vom Biceps abwärts, an der Hand die
Hälfte des Daumens, der Zeigefinger und ein Stück des kleinen Fingers,
der vordere Teil des r. Fußes, an der Frau die Nasenspitze, der vordere
Teil des Schädels vom Haaransätze bis zum Scheitel, der 1. Vorderarm,
soweit er aus dem Gewände heraustritt, die Hälfte des Daumens, der Zeige-
finger und der kleine Finger der r. Hand und andere unbedeutende Stücke.
An beiden Figuren sind die Gewänder stark abgeputzt und teilweise, die
Fleischteile durchweg übergangen und geglättet, ein Verfahren, durch das
im besonderen der Kopf der Frau gelitten hat. Das diesem Kopfe aufge-
setzte Schädelstück ist augenscheinlich zu hoch ausgefallen.
Menelaos, der Schüler des Stephanos, den die an der Stütze an-
gebrachte Inschrift als Bildhauer namhaft macht, gehörte zu der
Schule, die, soweit unser Wissen reicht, mit Pasiteles, dem Lehrer des
Stephanos (vgl. n. 1846), begann. Demnach muß seine Tätigkeit, da
Pasiteles ein Zeitgenosse des Pompeius war, etwa in die Zeit des
Tiberius gefallen sein, eine Annahme, mit der auch die Buchstaben-
formen der Künstlerinschrift übereinstimmen. Nach allem, was wir
von der Schule des Pasiteles wissen, ist es von Haus aus unwahrschein-
lich, daß Menelaos die Gruppe frei erfunden habe. Die Körperformen,
Gesichtstypen und Gewandmotive erinnern denn auoh in der auf-
fälligsten Weise an diejenigen der Kunstwerke des 4. Jahrhunderts
v. Chr. ; die Art der Komposition ist derjenigen einiger großen Grab-
reliefs verwandt. Doch geht die Entsprechung nicht so weit, daß man
berechtigt wäre, anzunehmen, Menelaos habe eine Gruppe der älteren
Kunst kopiert oder eine Reliefkomposition in Bundskulptur über-
MÜSEO BONCOMPAGNI-LUDOVISI. 107
tragen. Von der stilistischen Eigenart des Menelaos gibt uns eine im
Palazzo Doria befindliche weibliche Statue, die augenscheinlich aus
einer analogen Gruppe stammt, einen deutlicheren und immerhin er-
freulicheren Eindruck, da sie mit Ausnahme ihres Gesichtes von der
gewissenlosen Überarbeitung und Glättung verschont geblieben ist,
die der hiesigen Gruppe ihren abscheulich-wächsernen, gänzlich in-
haltsleeren Charakter gegeben haben. Die Komposition ist geschickt,
aber man hat Menelaos zuviel Ehre angetan, wenn man in seiner
Gruppe und den verwandten Leistungen „Formlösungen ersten
Ranges" hat erkennen wollen. Kluge Berechnung und feiner Ge-
schmack ist das Einzige, was von dem Reichtum der vergangenen
Generationen diesen Epigonen geblieben ist. Man hat geschwankt, ob
der Jüngling und die Frau einander begegnen oder auseinander gehen
oder, um es schärfer auszudrücken, ob ein Wiedersehen oder ein Ab-
schied dargestellt sei. Doch ist es zweifelhaft, ob der Künstler eins
von beiden und nicht nur ein liebevolles Beisammensein hat dar-
stellen wollen. Wir können ihm in keinem Falle den Vorwurf der
Unklarheit ersparen. Der Jüngling hält im Vorschreiten inne und
blickt zu der vor ihm stehenden Frau empor, die durch die höhere
Statur als die ältere und durch das kurzgeschnittene Haar als Trauern-
de bezeichnet ist; sie umfängt ihn liebevoll und blickt ihrerseits zu
ihm herab ; der Ausdruck beider zeigt einen leisen Anflug von Weh-
mut, gleich als ob sie von schmerzlichen Erinnerungen ergriffen wür-
den. Wenn die beiden Figuren in weniger entschiedener Weise, als
es bei einer derartigen Szene natürlich wäre, einander zugewendet
sind, so ist dies offenbar daraus zu erklären, daß der Bildhauer dem
Betrachter möglichst viel von ihrer Vorderansicht zeigen wollte. Da-
durch aber erhält die Aktion etwas Theatralisch- Gezwungenes. In
'ahnlicher Weise pflegen sich noch heutzutage auf der Bühne Schau-
spieler und Sänger zu begegnen.
Von den Deutungen auf einen mythischen Vorgang ist diejenige auf
Merope, wie sie ihren Sohn Kresphontes wieder erkennt, gegen den
sie soeben das Beil geschwungen, längst widerlegt worden. Die ein-
zigannehmbare Erklärung dieser Art wurde bereits von Winckelmann
gegeben. Die Gruppe würde demnach Orestes und Elektra darstellen,
wie sie einander am Grabe des Agamemnon wiedererkennen. Unter
dieser Voraussetzung würden die Typen und der Ausdruck der
beiden Figuren in jeder Hinsicht angemessen erscheinen. Elektra
trug auf der griechischen Bühne eine Maske mit kurzgeschnittenem
Haare (die Maske der kovqiilos itccQ&Evog), wodurch sie als Trauernde
bezeichnet wurde. Wenn die am 1. Beine des Jünglings angebrachte
Stütze die Form einer Stele hat, so könnte dies auf das Lokal der
Handlung, das Grab des Agamemnon, hinweisen. Immerhin würde es
etwas befremdlich wirken, wenn der Bildhauer seine Signatur gerade
108 DAS THERMENMUSEUM. 1315-1317.
an diesem Teile seiner Komposition angebracht hätte, und es ist
schließlich doch die Frage, ob wir die Gruppe überhaupt auf einen
mythischen Vorgang zu deuten brauchen. Die schon genannte
Figur im Palazzo Doria zeugt von einer ganz entsprechenden
Gruppe, in der an Stelle des Jünglings ein weibliches Wesen,
wieder mit kurzen Locken dargestellt war. Daraus scheint sich zu
ergeben , daß es sich hier um ein Kompositions - Schema für einen
allgemeinen Inhalt handelt, in dem die Bollen beliebig vertauscht
werden konnten, und es dürft? sich demnach empfehlen, daß wir zu
dem ebenfalls bereits geäußerten Vorschlage zurückkehren, in der
Gruppe einfach den Schmuck eines Grabes zu erkennen.
Ältere Publikationen bei Seh. n. 60 und p. 265 (Zusatz au p. 02). Baumeistex Denk-
mäler d. klass. Altertums II p. 1103 Fig. 1303. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 309.
Collignon hiatoire de la sculpt. gr. II p. 665 Fig. 340. Winter Kunstgeschichte in Bildern
I T. 70, 0. v. Sybel Weltgeschichte d. Kunst1 p. 401 f. Petersen vom alten Rom* p. 183
Abb. 147. Furtwangler-TJrlichs Denkmaler griech. und röm. Skulptur, Handausgabe1
T. 44 p. 146 ff. Die Köpfe: Arndt- Amelung n. 258 — 261. Emporium, Agosto 1007
p. 16ff. Vgl. Löwy Inschriften griech. Bildhauer n. 375. Friederichs-Wolters Bausteine
n. 1560. Furtwängler Sammlung Sabouroff I Einleitung p. 50 f. Hauser die neuatti-
schen Beliefs p. 187. Hartel-Wickhoff die Wiener Genesis p. 27 = Wickhoff Schriften
III p. 50. Jahrb. d. arch. Instituts XIX 1004 p. 60. Klein Geschichte d. griech.
Kunst III p. 358 ff. — Die Statue im Palazzo Doria ist zuletzt publiziert bei Brunn-
Bruckmann Denkm. n. 633, 634. In den vorigen Auflagen unseres Führers ist
eine Wiederholung der weiblichen Figur unserer Gruppe mit verschiedenem Kopfe im
Museo Torlonia erwähnt; in anbetracht des zweifelhaften Zustandes der Skulpturen in
jenem Museum schien es angemessen, die Notiz aus dem Texte zu entfernen, bis eine
erneute Untersuchung der betreffenden Statue stattgefunden hat.
1315 (75) Sitzende Porträtstatue.
Ergänzt die Nasenspitze, Stücke an beiden Ohren wie an der Stirn,
die r. Hälfte des Kinnes, der 1. Vorderarm mit der Bolle, der r. Ann vom
Gewand an, die vordere Hälfte des r. Fußes, der ganze 1. Fuß nebst dem
darüber befindlichen Stücke des Gewandes, die vordere Hälfte der Plinthe.
Der Kopf ist aus anderem Marmor, als der Körper; er ist antik, aber nicht
i zugehörig.
Nach der auf dem Zipfel des Mantels angebrachten Inschrift, deren
Buchstabenformen frühestens auf das 2. Jadrhundert n. Chr. hin-
weisen, ist die Statue ein Werk des Zenon, Sohnes des Attinas, aus
Aphrodisias (in Karien). Wie Aristeas, Papias (n. 861, 862) und
andere aus derselben Stadt gebürtige Bildhauer, hat auoh Zenon das
Motiv seiner Statue nicht selbständig erfunden, sondern von einem
Vorbild aus der älteren Kunst entlehnt. Ein im kapitolinischen Mu-
seum befindliches Sitzbild (n. 843), in dem man die leicht modifizierte
Nachbildung einer Statue des Tragikers Moschion erkannt hat,
zeigt im wesentlichen dieselbe Anordnung wie unsere Statue, deren
abschüssige Sitzfläche auf eine hohe Aufstellung schließen läßt
(vgl. 297 u. 1059). Der Fußbekleidung hat erst der Ergänzer eine
Form gegebeu, die von derjenigen griechischer Sandalen abweicht
(anders bei n. 195, 196). Der Kopf ist ein unbedeutendes römisches
Porträt aus der Zeit des Übergangs von der Bepublik zur Monarchie.
Seh. n.16. Löwy Inschriften griech. Bildhauer n. 365. S. Remach repertoire de la
stat. II 2 p. 630 n. 3. Bernoulli griech. Ikonographie II p. 56. Arndt la glyptotheque
Ny-Carlßberg p. 224.
MUSEO BONCOMPAGNI-LUDOVISL 109
Achtes Zimmer.
1316 (73) Porträtkopf einer Römerin (sog. Julia Titi).
Ergänzt die Hälfte der Nase, beide Lippen, die oberen Augenlider,
das r. Ohr, Flicken im Haarputz, Büste und Büstenfuß.
Die Güte der Arbeit und der überlebensgroße Maßstab sichern
diesem Kopfe einen hervorragenden Platz auf dem Gebiete der rö-
mischen Ikonographie, seine physiognomische Eigenart und die cha-
rakteristische Haartracht insbesondere unter den Köpfen, die zur Be-
stimmung des Porträts der Tochter des Titus in Frage kommen. Man
( vergleiche indessen den Kopf der Statue n. 36.
Sch. n. 14. Bernoulli röm. Ikonographie II 2 p. 47 f. Fig. 4. Hekler Bildniskunst
der Griechen u. Römer p. XL T. 238a.
1317 (7) Sarkophag, Barbarenschlacht.
Die außerordentlich lebhaft komponierten und wirkungsvoll aus-
geführten Reliefs der Hauptseite zeigen in der oberen Reihe das sieg-
reiche Vordringen der meist berittenen Römer, in der unteren Reihe
die durch den Angriff über den Haufen geworfenen Barbaren, die
teils von den Pferden herabstürzen, teils mit ihren Tieren zusammen-
brechen. Der römische Feldherr sprengt in der Mitte der Seinigen
vorwärts. Ein nur mit einem Mantel bekleideter Barbar, der zu Fuß
in der oberen Reihe dargestellt ist, holt mit einem krummen Schwerte
zum Hiebe gegen ihn aus. In die obere Reihe und mitten unter die
römischen Reiter ist ein zweiter vollständig nackter Barbar einge-
fügt, der, offenbar fliehend, nach rechts sprengt. Die Behandlung
seiner r. Hand ist unklar, und es fällt schwer zu entscheiden, ob er
mit dieser Hand ein kurzes Schwert an den Leib gedrückt hält oder
ein Geschoß, das seine Brust durchbohrt hat, herauszieht. Manche
von den Figuren scheinen auf malerische Vorbilder zurückzuweisen,
so namentlich der erste römische Reiter von links, der verkürzt in
der Vorderansicht wiedergegeben ist. Das Motiv des zweiten Bar-
baren von rechts in der unteren Reihe, der, dem Betrachter den
Rücken zukehrend, vom Pferde herabgleitet, kehrt ganz übereinstim-
mend an einem Sarkophage im kapitolinischen Museum (n. 772) wie-
der, an dessen Figuren einige Anklänge an Motive der Gruppe des
Galherkampfes kenntlich sind, die König Attalos von Pergamon mit
anderen Gruppen auf die Akropolis von Athen geweiht hatte. So
scheinen sich in dem Relief des hiesigen Sarkophages verschiedene
Reminiszenzen zu kreuzen. Die Darstellung der Hauptseite ist an jeder
Ecke eingerahmt durch eine Siegesgöttin, die einen Palmenzweig hält,
und einen gefesselten Barbaren, der unter ihr kauert. Links setzt die
Siegesgöttin die Spitze des 1. Fußes auf den Nacken, rechts ihren r.
Fuß auf den Kopf des Barbaren.
Sch. n. 188. r. Bienkowski Darstellung der Gallier in der heilenist. Kunst T. Via.
HO DAS THERMENMÖSEÜM. 1318—1321.
1318 (83) Statue des Anton inus Pius.
Ergänzt die untere Hälfte des Gesichtes von dem Nasenknochen an,
das r. Ohr, einzelne Locken, beinahe der ganze r. Ann, der 1. Vorderarm.
Der Kopf ist aufgesetzt, scheint aber zu dem Körper zu gehören.
Der Kaiser erscheint im Begriffe die Truppen anzureden. Während
die römischen Feldherren, wenn sie in dieser Handlung dargestellt
werden, in der Regel, der Wirklichkeit entsprechend mit der Rüstung
ausgestattet sind (vgl. n. 5, 1166), ist Antoninus Pius hier nach grie-
chisch-heroischer Weise nur mit der Chlamys bekleidet. Die Rüstung
ist durch das Beiwerk vergegenwärtigt. Auf der Plinthe steht ein
korinthischer Helm ; über den Baumstamm, der dem r. Bein als Stütze
dient, ist ein augenscheinlich lederner Panzer mit einem Troddelgurt
gelegt.
Seh. n. 87. Bernoulli röm. Ikonographie II 2 p. 141 n. 3; p. 150. Arndt-Amelung
Einzelaufnanahmen n. 266. S. Bemach repertoire de la stat. II 2 p. 573 n.4.
1319 (67) Bronzekopf eines ältlichen Römers.
Aus der Villa Cesi 1622 vom Kardinal Ludovisi erworben. Modern
die Büste.
Der höchst lebendig behandelte Kopf, der nach seinem physiogno-
nischen Typus wie nach seinem Stile aus der Übergangszeit von der
Republik zu der Monarchie stammen muß, zeigt das Porträt eines
ältlichen Römers mit scharf markiertem, verfallenem Gesicht und
nachdenklich-verdrießlichem Ausdruck. Dieser Römer scheint zu den
bekannten Männern seiner Zeit gehört zu haben, da sioh von seinem
Porträt noch mindestens eine antike Wiederholung erhalten hat. Die
früher geläufige Deutung auf Julius Caesar ist ebenso unbegründet,
wie der Verdacht, der gegen den antiken Ursprung unseres Exemplares
geäußert worden ist.
Seh. n. 91. Bernoulli röm. Ikonographie I p. 177 Fig. 25; p. 37 Anm. S; p. 157;
165; 175 f. Arndt-Bruckmann griech. u. röm. Fortrats n. 269, 270.
1320 (10) Kolossaler Sarkophag, Barbarenschlacht.
Gefunden 1621 vor Porta S. Lorenzo in der Vigna Bernusconi. Die
Reliefs sind im ganzen vortrefflich erhalten. Doch scheinen die Köpfe meh-
rerer Bömer scharf abgeputzt, wo nicht gar überarbeitet, denn sie zeigen
keine Spur von Korrosion und eine hellere Farbe als die sonstigen Teile.
Der Kopf des in der Mitte der oberen Beine dargestellten Feldherrn ist
augenscheinlich intakt. Als der Sarkophag entdeckt wurde, waren an ein-
zelnen Teilen, besonders an der Figur des Feldherrn und an den Zäumen
der Pferde, Spuren von Vergoldung erhalten.
Die Komposition der Hauptseite ist übermäßig gehäuft und macht
deshalb einen verworrenen Eindruck. Sie stellt den für die Bömer
siegreichen Ausgang einer Schlacht gegen Barbaren dar. Wir sehen
in der oberen Reihe den entscheidenden Angriff der römischen Reiter
und in der Mitte der Reiter den Feldherrn, der mit erhobenem r.
Arme die Seinigen zum Angriff anfeuert, in der unteren Reihe Bar-
baren, die größtenteils schon kampfunfähig sind und von denen nur
wenige noch einen schwachen Widerstand wagen. Der Kopf des rö-
MUSEO BONCOMPAGNI-LUDOVISL Hl
mischen Feldherrn ähnelt unter den bekannten Kaiserporträts am
meisten dem des Volusianus (f 254 n. Chr.). Die Darstellung enthält
mancherlei für die Kriegsaltertümer beachtenswerte Einzelheiten, u. a.
hinter dem Feldherrn ein Drachenbanner. Der Entwurf der meisten
Figuren ist plump, die technische Ausführung sorgfältig.
Scb. n. 186. Strong roman sculpture pl. G p. 321 f. Della Seta religione e arte figu-
rata p. 202 Fig. 165 (es ist doch die Frage, ob die Darstellung nichts mit dem im Sar-
kophage Beigesetzten zu tun hatte, wie Della Seta behauptet, wenn der Bildhauer die
Komposition auch mit Elementen älterer Kunstwerke zustande gebracht hat; die in-
dividuelle Bildung des Kopfes der Hauptfigur spricht entschieden gegen diese Be-
hauptung).
1321 Hochrelief, Urteil des Paris.
Die Ergänzungen sind jetzt entfernt.
Das sorgfältig gearbeitete Belief, das nicht von einem Sarkophage
herrührt, sondern als Wandsohmuok diente, stellt Hermes dar, wie
er dem Paris die drei Göttinnen vorführt, über deren Schönheit er
richten soll. Den Mittelpunkt der Komposition nimmt der phrygisch
gekleidete Paris ein. Er sitzt da, umgeben von seiner Herde, und
lauscht auf die Worte, die der an ihn gelehnte Eros ihm zugunsten
der Aphrodite ins Ohr flüstert. Die vor ihm stehende junge Frau
scheint seine Gattin Oinone. Offenbar hat sie die Syrinx, die sie in der
R. hält, soeben vom Munde abgesetzt und beobachtet aufmerksam
das Einvernehmen, das sioh zwischen Paris und Eros vorbereitet.
Links von dieser Mittelgruppe sieht man Aphrodite, die sioh bereits
dem Paris nähert, und Hermes, der die beiden anderen Göttinnen
auf den Jüngling hinweist. Die rechts von der Mittelgruppe im Hinter-
grunde dargestellten Figuren bezeichnen das Lokal der Handlung.
Neben einer mächtigen Eiche sitzt der Berggott des Ida; links von
ihm ragt über den Felsen eine Nymphe hervor, die in der R. ein
Pedum hält; die Fauna des Gebirges ist durch ein hinter ihr stehendes
Rehkalb angedeutet. Das Relief ist eine hervorragend gut gelungene
Arbeit aus dem Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. (vgl. n. 140 u. 930),
komponiert zweifellos im Anschluß an griechische, wahrscheinlich
malerische Darstellungen des gleichen Gegenstandes.
Seh. n. 106. Baumeister Denkmäler d. klass. Altertums II p. 1168 Fig. 1359. Robert
die ant. Sarkophagreliefs II p. 17 f. Melanges Nicole p. 655.
Oberes Stockwerk.
Korridor I.
Gleich rechts sind rechts und links von dem Durchgang zum Anti-
quarium romanum zwei Fragmente römischer Wandinkru-
stationen angebracht. Da diese Platten bei den von Napoleon III.
unternommenen Ausgrabungen auf dem Palatin gefunden wurden,
dürfen wir voraussetzen, daß sie zur Dekoration der dortigen Kaiser-
paläste gehörten. Sie geben un» einen anschaulichen Begriff von der
112 BAS THERMENMUSEUM. 1322—1324.
Pracht, die in diesen Gebäuden herrschte. Wir haben anzunehmen,
daß die Wände, von denen jetzt nur noch die aus Ziegeln aufgeführten
Kerne erhalten sind, wenigstens zum Teil mit solchen bunten, glänzend
polierten Platten überzogen waren. Das Intarsiaverfahren, das hierbei
zur Anwendung kam — es entspricht dem modernen Florentiner
Mosaik — wurde, soweit unsere Kenntnis reicht, in Born unter der
Regierung des Kaisers Claudius ausgebildet (vgl. n. 171, Bd. I S. 577 und
n. 991, 992; rheinisches Museum XXV 1870 p. 397 f.).
1322 (449) Große, bronzene Inschriftentafel, die uns einen Be-
griff gibt, wie die zwölf Tafeln und überhaupt umfangreichere, rö-
mische Urkunden aussahen. Sie wurde im Gebiete von Benevent am
1. Ufer des Tamaro bei Circello gefunden, also in der Gegend, in der
die Ligures Baebiani und Corneliani wohnten. Die Vorfahren dieser
Ligurer waren auf den apuanischen Alpen ansässig und machten von
hier aus lange Zeit durch ihre Plünderungszüge das benachbarte Tief-
land unsicher, bis sie 181 v» Chr. von den Konsuln P. Cornelius Cethe-
gus und M. Baebius Tamphilus zur Übergabe genötigt und zwangs-
weise in das beneventaner Gebiet übergesiedelt wurden. Sie bildeten
daselbst ein aus mehreren Gauen (pagi) bestehendes Gemeinwesen.
Ihre Bomanisierung scheint rasch von statten gegangen zu sein. Die
vorliegende Urkunde ist 101 n. Chr., unter der Regierung des Traian,
abgefaßt und bezieht sich auf Unterstützungen, die bedürftigen Kna-
ben und Mädchen des ligurischen Gemeinwesens gewährt wurder (vgl.
n. 1841 — 42). Der Stiftungsfonds war in Hypotheken auf Grundstücke
angelegt. Die Inschrift zählt diese Grundstücke unter genauer Be-
zeichnung ihrer Grenzen auf, gibt deren Wert an, macht die Personen
namhaft, die darauf Geld geliehen hatten, und verzeichnet die Höhe
•der Leihsumme, die im Durchschnitt einem Zehntel vom Werte des
hypothekierten Grundstückes entsprach, wie den Betrag der Zinsen,
der sich auf 2 % Prozent für das Semester belief.
CIL IX 1455. Diehl inscr. lat. n. 27.
1323 (14791) Vier hohe Marmortafeln mit den Fasti Praenestini.
Der weitaus größte Teil der Fragmente wurde kurz vor 1774 in einer
le quadrelle genannten örtlichkeit außerhalb von Palestrina an der mo-
dernen Straße nach Valmontone entdeckt, nachdem ein kleines Fragment
bereits im 16. Jahrhundert gefunden und publiziert worden war. An eben
jener Stelle kamen noch weitere kleine Fragmente am Ende des 19. und
im Beginne des 20. Jahrhunderts zutage. Man muß annehmen, daß die
Inschriftplatten von ihrem ursprünglichen Standorte, d. h. von dem Fo-
rum der antiken Stadt, an den Fundort verschleppt und hier als Bau-
material bei der Errichtung einer altchristlichen Basilika des Hlg. Aga-
pitus verwendet waren. Ehe die Fragmente in das Thermenmuseum
kamen, wurden sie im Palazzo Stoppani an der Via del Sudario aufbe-
wahrt. Vgl. Marucchi guida archeologica doli' ant. Freneste p. 99 f. T. 1.
Die Platten stammen von einem kommentierten Kalender, den
der Grammatiker M. Verrius Flaccus, der Lehrer der Neffen des Au-
gustus, auf dem Forum von Praeneste in die Wände eines Hemi-
OBERES STOCKWERK. 113
cyclium eisgraben ließ (Suet. gramm. 17). Fast ganz erhalten sind
die Angaben über Januar, März, April und Dezember; die neuge-
fundenen "Fragmente enthalten einiges über Februar und August» Die
Inschriften sind in vier senkrechte Kolumnen geteilt. Die erst Ko-
lumne links enthält in stetiger Wiederholung die Buohstaben von A
bis H zur Bezeichnung der acht römischen Wochentage. In der zweiten
Kolumne werden die Tage im Verlauf eines Monats durchgezählt mit
den drei festen Daten der Kaienden, Nonen und Iden. Die dritte Ko-
lumne enhält die Angaben des rechtlichen Charakters der einzelnen
Tage, d. h. darüber, ob ein Tag ganz oder nur zum Teil zur Erledigung
von allerlei Geschäften geeignet oder das Gegenteil der Fall ist und
der Tag also als Feiertag zu gelten hat; ferner über die Tage, an
denen Comitien gehalten werden können (F = dies fasti ; N = dies ne-
fasti; C = dies comitiales; EN = dies endoteroisi [intercisi]; N? für
die nef asten feriae publicae); endlich die Note für einen der drei fissi
dies am24.März (QRC-F = quando rex comitiavit fas). Die vierte
Kolumne bringt in kleinerer Schrift den Kommentar des M. Verrius
Flaccus zur Erklärung der einzelnen Bezeichnungen und vor allem
zur Bedeutung der Feste.
CIL I* p. 230ff.n. XI. Notirie d scavi 1807 p. 421 ff. 1904 p. 393 ff. Dessau inscr.
lat. sei. 8844 a. Diehl inscr. latinae n. 11. Vgl. Pauly-Wissowa Bealencyklopadie VI
p. 2015 ff. p. 2405 f. Daremberg-Saglio dictionn. d. ant. II p. 1042 ff. Wissowa Religion
u.Kultus der Römer (2. Aufl.) p. 2 ff., p. 432 ff.
In der Mitte:
1324 Marmorner Krater.
Gefunden in der tiburtiner Villa des Hadrian unweit des sogenannten
Teatro marittimo (Winnefeld die Villa des Hadrian p. 156).
Auf der einen Seite sieht man zwei Reiher, von denen jeder mit dem
Schnabel eine Schlange gepackt hält, während ein dritter ruhig da-
beisteht und das Schauspiel betrachtet. Die links (vom Beschauer)
dargestellte Schlange war, als sie von dem Reiher angegriffen wurde,
im Begriff, ein kleines Tier zu verschlingen, das noch zum Teile aus
ihrem Munde herausragt (der Bildhauer hat es so undeutlich ange-
geben, daß wir zweifeln können, ob eine Heuschrecke oder ein Vogel
gemeint sei). Die Reliefs der andern Seite zeigen zwei Reiher, die sich
eine Eideohse streitig machen, und einen dritten, der mit einer Schlan-
ge kämpft. Beide Seiten sind durch zwei Bocksmasken geschieden.
Die Darstellungen sind außerordentlich delikat ausgeführt und zeugen
von aufmerksamer Beobachtung des Lebens und Treibens der Tiere.
Man hat sie ohne zureichende Gründe mit den Leistungen der ale-
xandrinischen Toreutik in Zusammenhang bringen wollen. Vgl.
n. 181, das Fragment eines ähnlichen Marmorgefäßes, das am glei-
chen Ort gefunden wurde.
Notizie d. scavi 1881 p. 138.
Heibig : Führer. II. 8. Aufl. 8
114 DAS THERMENMUSEUM. 1326.
1325 (1302) Aschenurne, Einweihung des Herakles in die eleu-
sinisehen Mysterien,
Aus dem sehr unbestimmten Fundberichte ergibt sich nur soviel,
daß die Urne auf dem Esquilin unweit der für die Freigelassenen und Skla-
ven der Statuier erbauten Kolumbarien in einem Grabe gefunden wurde.
Vormals im Museo Kircheriano (De Buggiero Ouida del Museo Klrche-
riano p. 3 n. 1.
Die Reliefs zerfallen in drei Szenen. Die eine zeigt einen mit einer
Löwenhaut bekleideten jungen Mann im Begriff, ein Ferkel über einen
niedrigen, mit einer Girlande geschmückten Altar zu halten, wäh-
rend ein bärtiger Priester aus einem Kruge eine Flüssigkeit auf den
Kopf des Ferkels gießt. Die beiden Gegenstände, die der Jüng-
ling in seiner L. hält, werden am wahrscheinlichsten für f laohe Brote
erklärt. Der Priester trägt auf der vorgestreckten L. eine Sohüssel, in
der drei Mohnköpfe liegen. Die folgende Szene bezieht sioh offenbar
auf eine Zeremonie, die bei der Einweihung in die Mysterien statt-
fand. Der Einzuweihende sitzt, eine Fackel im 1. Arme, mit verhüll-
tem Haupte auf einem Sessel, über den eine Löwenhaut gebreitet ist,
während eine hinter ihm stehende Frau über seinem Haupte das
Symbol der Läuterung, die Schwinge (XUvop), hält (vgl. n. 1329,
1330). Das zwischen den Füßen der sitzenden Figur sichtbare Widder-
horn deutet auf ein vorhergehendes Widderopfer, wie es bei den eleu-
sinischen Mysterien unter Mitwirkung des Daduohos, eines der Haupt-
priester, dargebracht wurde; das Fell des Widders wurde, wie Pole-
mon (fragm. hist. graec. III 143) überliefert, unter die Füße der Einzu-
weihenden gebreitet. Die dritte Szene zeigt die beiden Göttinnen von
Eleusis, Demeter sitzend — über ihrem Sitz hängt wieder ein Widder-
fell— , links von ihr Köre stehend; jede von ihnen hält eine große Fackel
mit der L., Demeter zudem in der R. einen Strauß von Ähren. Ihr zuge-
wendet steht ein Jüngling, der mit einem langen gefransten Chiton,
Nebris und Mantel bekleidet ist, sich auf einen keulenartigen Gegen-
stand mit schuppenartig gelegten Blättern stützt und eine Schlange
liebkost, die sioh aus dem Schöße der Göttin erhebt.
Handelt es sich in der Mittelszene um die Weihung des verhüllten
Neophyten, so kann in der ersten Szene nur das einleitende Opfer eines
Ferkels, des im Kulte der Demeter üblichen Opfertieres, gemeint sein.
Weiter ist es klar, daß wir in den beiden amtierenden Priesterge-
stalten Oberpriester und Oberpriesterin des eleusinisohen Kultes zu
erkennen haben, endlich, daß der Opfernde und der Verhüllte die
gleiche Person darstellen, da sie beide am Löwenfell kenntlich, sind.
Daraus und aus dem besonders kräftigen Bau der Glieder, die der
Künstler ihnen gegeben, ergibt sich klar, daß beide als Herakles zu
deuten sind. Demnach können wir den Oberpriester Eumolpos nennen,
von dem es überliefert ist, daß er den Sohn der Alkmene in die eleu-
sinisohen Mysterien eingeweiht hat (über eine abweichende Deu-
OBERES STOCKWERK. 115
tung der Figur vgl. die Literaturangaben) ; in der Oberpriesterin aber
haben wir die mythische Ahne der Hierophantinnen zu erkennen, die
aus dem Gesohlechte der Eumolpiden stammten. Nun hat man
früher gemeint, den neugeweihten Mysten auch in dem Jüngling sehen
zu dürfen, der vertraulich mit der Schlange der Demeter spielt; in
dieser dritten Szene sei der höchste Grad der Weihe vergegenwärtigt,
der Myste zu dem Anblick der Göttinnen selbst zugelassen. Aber
dieser Jüngling unterscheidet sich in der Bildung seines Kopfes und
Körpers wesentlich von dem Herakles rechts; er trägt kein Löwenfell,
sondern die Nebriß, und das Attribut, auf das er sich lehnt, ist keine
rohgeschnitzte Keule; sondern das stabartige Myrthenbündel der
eleusinischen Mysten (vgl. n. 1024). In der Lässigkeit seiner Hal-
tung und der Vertraulichkeit des Verkehrs mit dem heiligen Tiere
ist deutlich ausgesprochen, daß dieser Jüngling mit den beiden Göt-
tinnen auf gleicher Stufe zu denken ist. Es kann sich nur um Jakohos
handeln; dargestellt ist die göttliche Trias des eleusinischen Kultes.
Wiederholungen (n. 1511) und Variationen dieser Darstellungen
beweisen, daß ihnen ein weitberühmtes Original zugrunde liegt, und
zwar können wir aus bestimmten Anzeichen schließen, daß die Form,
in der wir die Gruppen hier vor uns sehen, der ursprünglichen Schöp-
fung entspricht. Auf den Variationen ist die Hierophantin fortgelassen,
Köre und Jakohos haben ihre Plätze vertauscht und sind durch an-
dere Typen vertreten. Auf einem Monumente ist auch der opfernde
Herakles ausgefallen und durch einen dem Dionysos verwandten
Typus ersetzt; dieser und der Priester gießen ihre Spenden auf einen
höheren Altar mit lodernder Flamme. Das Sinnlose dieser Kreuzung
der Motive läßt uns nicht im Zweifel darüber, daß die einfache, sinn-
volle Darstellung, wie wir sie auf der Urne sehen, dem Original ent-
spricht. Das Monument, von dem die Rede war, ist ein spater Sar-
kophag, und wer weiß, ob sein Bildhauer sich noch über die Bedeutung
der einzelnen Typen und Gruppierungen Rechenschaft gegeben hat.
Unmotiviert wirkt in der variierten Darstellung der Göttertrias das
Emporzüngeln der Schlange, da sich Kora, die nun auf dieser Seite
steht, nicht, wie hier Jakchos, mit dem Tiere beschäftigt. Sie hält
zwei große Fackeln seitlich gesenkt und bringt dadurch deren Flam-
men in bedenkliche Nähe des Verhüllten. Man hat vergeblich ver-
sucht, auch dafür eine Erklärung aus dem Kulte (Lustrationsritus)
zu finden. Vielmehr verraten uns drei späte, schlecht gearbeitete
Taurobolien-Altäre in Athen, woher die verantwortlichen Redakteure
dieser Varianten die beiden Typen der Köre und des Jakchos ent-
lehnt haben. Da sehen wir beide Figuren, trotz der elenden Arbeit
an den Motiven deutlich zu erkennen, rechts und links von den thro-
nenden Gestalten der Demeter und der Kybele, und, da sie an einem
der Altäre auf besonderen Basen stehen, dürfen wir schließen, daß
8»
116 DAS THERMENMUSEUM. 1326—1327.
Statuen dieser Art in einem der athenisch-eleusinisohen Heiligtümer
standen, zumal sie auch auf athenischen Münzen wiederkehren. Die
Reliefs der Urne haben uns also unverfälscht die originale Fassung
der Komposition erhalten. Zweifellos war diese ein Werk der helle-
nistischen Zeit. Man hat aus einzelnen Anzeichen auf alexandrinischen
Ursprung sollließen wollen. Stichhaltig schien von den Gründen die-
ser Ansicht nur einer: Die senkrechtstehenden drei Ähren über dem
Scheitel der Demeter sind auf keinem Denkmale ans reinhellenischem
Kulturkreise nachweisbar, begegnen uns aber an einer kleinen goldenen
Demeterbüste, mit der ein Goldring ägyptischer Provenienz verziert
ist, und bisweilen an hellenistischen Isistypen (vgl. auch n. 1458).
Werfen wir aber einen Blick auf n. 1511, eine Wiederholung der Dar-
stellung auf dekorativen Terrakottaplatten der ersten Kaiserzeit, so
zahlen wir dort sechs Ähren, die so gestellt sind, daß wir sie ohne
Zweifel für die beiden sich begegnenden Spitzen eines Kranzes zu halten
haben (auf dem schon erwähnten Sarkophage ist dieser Ährenkranz
durch einen Myrthenkranz ersetzt). In diesem Punkte, wie auch in
anderem, geben also die Terrakottareliefs, ein noch getreueres Abbild
des Originals als die Urne, deren Verfertiger die Erscheinung der
Demeter in dieser Einzelheit derjenigen der Isis-Ceres angeglichen
hat. Wir brauchen deshalb auch nicht an die Mysterienfeiern in der
Eleusis genannten Vorstadt von Alexandria zu denken. Die Reliefs
enthalten eine authentische Darstellung von zwei Hauptakten der
Mysterienfeiern im attischen Eleusis und sind somit in religionsge-
sohichtlicher Hinsicht von außerordentlichem Interesse. Naoh all-
gemein üblichem Brauche hat man nicht die Weihe eines gewöhn-
lichen Sterblichen dargestellt, sondern die eines mythischen Mysten,
des Herakles. Zweifellos war in der Urne die Asche eines Mannes bei-
gesetzt, der die tröstlichen Hoffnungen der eleusinischen Weihen als
zuversichtliche Gewißheit mit ins Grab genommen hatte. . In dem
mythischen Vorbilde des Herakles sahen die Überlebenden ihn und
sein Schicksal verklärt und erhoben.
Bullettino comunale VII 1897 T. II— III p. 5ff. = Ersilia Caetani-Lovatelli an-
tichi monumenti illustrati T. II— -III p. 25 ff. Köm. Mitteilungen XXV 1910 T. VII
(die erste zuverlässige Abbildung des Reliefs) p. 130 Fig. 9 und passim. Ephimeria
archaeol. 1911 p. 44 Abb. 3. Vgl. Dieterich de hymnis Orphicis p. 12. Rhein. Museum
XLVIII 1893 p. 275 ff. Preller-Robert griech. Mythologie I p. 790 f. Anm. 5. Hock
griech. Weihegebräuche p. 126 ff. Pringsheim archäolog. Beiträge zur Geschichte des
eleus. Kultes p. 9 ff. Weiteres in den röm. Mitteilungen a. a. O. p. 136 Anm. 2. Ben
oben erwähnten Sarkophag s. ebenda T. II — V p. 89ff., Ephim. arch. a. a. O. p. 43 f.
Abb. 2 und Svoronos das athen. Nationalmuseum p. 483 Abb. 229. Vgl. dazu in dem
gleichen Bande der röm. Mitteil. p. 287 (hier ist der bärtige Priester Triptolemos ge-
nannt, da der Verfasser auf Grund eines Vasenfragmentes Eumolpos in dem Knaben
links von Demeter erkennen zu dürfen glaubt; die Deutung dieses Knaben als Jakchos
wird aber, wiepben ausgeführt, durch die drei athenischen Taurobolien- Altäre gesichert;
es gab eben auch für die unseren Augen so verschwommene Gestalt des Jakchos ver-
schiedene Typen, und es ist garnicht unmöglich, daß die dem Dionysos ähnliche Figur
mit Fackel, Nebris, Kantharos und kurzlockigem Haupte, die der Sarkophagarbeiter
so ungeschickt an Stelle des Herakles in sein Relief eingeflickt hat, ursprünglich nie-
mand anders als ebenfalls Jakchos darstellen sollte; vgl. n. 406). Die Taurobolien-
OBERES STOCKWERK. 117
AltÄre in Athen sind publiziert bei Svoronos a.a. O. T. LXXX p. 474 ff. Abb. 227,
228, (dort vollständige Bibliographie), die obengenannten athenischen Münzen ebenda
p. 484 Abb. 230 11. Ephim. arch. a. a. O. p. 50 Abb. 7. — Der ägyptische Goldring:
Abhandl. d. phil.-histor. Kl. d. sächs. Ges. d. Wisscnsch. XIV 1804 p. 807 Fig. 80.
— Über die Tracht des Priesters und der Priesterin: Pauly-WisBowa Bealenzyklopädie
VI p. 2212. Pringsheim a. a. O. p. lff. Köm. Mitteil. XX 1005 p. 205 ff. XXV 1010
p. 131 u. 156ff.
1326 (1100) Statuette, Satyr sein Schwänzchen betrachtend.
Vormals auf dem Palatin. Ergänzt der größte Teil des r.Obersohenkels,
der r. Fuß, der Stamm mit dem darüber hängenden Tierfelle, der 1. Unter-
schenkel (mit dem Fuße). Die Plinthe ist antik und offenbar zu der Sta-
tuette gehörig.
Die vortrefflich ausgeführte Statuette gibt das gleiche Bronze-
original wie n. 357 wieder. Die Eigentümlichkeiten des Metallstiles
sind an ihr mit besonderer Treue gewahrt.
Bulle der schöne Mensch* p. 140 Abb. 81. Vgl. Rom. Mitteilungen VII 1802 p.
337 n. 4. Klein Praxiteles p. 218 n. 5. — Vgl. Klein Geschichte d. griech. Kunst III
P- 168 ff. (der Versuch, die Schöpfung des Originales der Statuette dem spftthellenistischen
Künstler Polykles zuzuschreiben, beruht auf der vermeintlichen stilistischen Überein-
stimmung des Weckes mit einem Hermaphroditentypus, den aber seine weit strengeren
Formen in erheblich frühere Zeit verweisen; er ist abgebildet im Album des Mus6es
de province T. 46/47, bei Oonse les chefs-d'oeuvre des musees de France (sculpt., des-
sins et obj. d'art) p. 180 ff. (mit Tafel und Abb.) und als Abb. 4 u. 5 im Texte zu Brunn-
Bruckmann Denkmäler T. 578).
Hier ist jetzt provisorisch auch n. 1450 aufgestellt An den
Wänden:
1327—1332 Beste von drei Deckenwölbungen mit Stuckreliefs.
Sie stammen ebenso, wie die in den Räumen V und XVII— XXII ausgestellten
Wandmalereien, aus einem 1878 in dem Garten der Farnesina und dessen Nachbar-
schaft ausgegrabenen römischen Gebäude, das den Charakter eines vornehmen Stadt-
hauses mit dem einer Villa vereinigte. Sein Plan ist in den Notizie d. scavi 1888 T. TV
(vgl. p. 127 u. 138f.) gegeben und hier links von dem Fenster aufgehängt. Das De-
korationssystem, das in dem Gebäude zur Anwendung kam, ist nicht auf italischem
Boden, sondern im hellenistischen Osten entstanden. Man hat dabei in erster Linie
den mächtigsten Mittelpunkt des Hellenismus, Alezandreia, ins Auge zu fassen, doch
kommen daneben zweifelsohne auch Kleinasien mit Pergamon sowie Antiochien in Be-
tracht (Bonner Jahrbücher XOVI, XCVII 1895 p. 67 ff., Festschrift für O. Hirschfeld
p. 417 ff., Ippel der dritte pompejanische Stil p. 48 und sonst). Der Annahme, daß die
in Rom tätigen Dekorateure in allen Fällen eine bestimmte hellenistische Vorlage skla-
visch kopiert hätten, widerspricht der Eindruck der unmittelbaren Frische, den ihre
Arbeiten auf den Beschauer machen. Hiernach scheint es vielmehr, daß sie mit den
überlieferten Motiven in mehr oder minder freier Weise schalteten und zum minde-
sten in deren Zusammensetzung selbständig verfuhren. Die Vermutung, daß die meisten
von ihnen eingewanderte Griechen waren, ist an und für sich wahrscheinlich und wird
, ,. C€A€YK0C
durch die Inschrift cnr\c\ bestätigt, die auf der Wand n. 1467 eingeritzt ist und
beweist, daß bei der Dekoration der Wände in dem betreffenden Gebäude ein vermut-
lich aus Syrien stammender Grieche namens Seleukos tätig war (Notizie d. scavi 1880
p. 139 n. 4. Festschrift für Hirschfeld a. a. O. p. 419 Anm. 4). Die Wandmalereien
dieses Hanses gehören dem sogenannten zweiten Stile an (vgl. n. 414), zeigen ihn aber
zum Teil schon in der Umbildung begriffen, die den Übergang zu einer besonderen Ab-
art des dritten Stiles, dem sogenannten Kandelaberstil, vorbereitet (Mau Geschichte
d. dekorativen Wandmalerei in Pompei p. 215 ff.). Demnach ist die Ausführung der
ganzen Dekoration, da der zweite Stil während der ersten Dezennien des letzten Jahr-
hundert« v.Chr. nach Italien übertragen und daselbst zu Anfang des ersten n.Chr. durch
den dritten Stil verdrängt wurde, in der Übergangszeit von der Bepublik zum Kaiser-
tume anzunehmen. Hiermit stimmt es, daß auf einem der Figurenbilder ein Artemis-
tdol fortgeschrittenen archaischen Stiles dargestellt ist, das in Born zur Zeit des Augu-
118. DAS THERMENMUSEUM. 1827—1330.
stus ein besonderes Interesse erregte (Hon. dell' Inst. XII 29 n. 1. Böm. Mitteilungen
III 1888 p. 292. Dieses Bild mußte, da es gegenwartig ganz zerstört ist, bei der fol-
genden Besprechung unberücksichtigt bleiben). Ein Gelehrter hat kürzlich ans dem
alexandrinischen Charakter der Ausschmückung und des Grundrisses schließen wollen,
Caesar habe das Gebäude für Xleopatra einrichten lassen, als er sie in Rom empfing
(Ippela. a. O. p. 41.)
Die Stuckreliefs dienten als Beckenschmuck in drei Schlafzimmern. Sie gehören
zu den hervorragendsten Leistungen, die uns die dekorative Kunst der griechisch-
römischen Periode hinterlassen hat. Die Ausführung ist überaus frisch und voll von
Leben. Sie verliert sich nirgends ins Kleinliche, sondern gibt mit flotten Strichen des
Modellierholzes das Wesentliche in charaktervoller Weise wieder. Wenn an derselben
Decke gewisse Motive im Vergleich mit anderen auffällig scharf betont sind, so ist diese
Ungleichheit gewiß nicht durch Ungeschick oder Nachlässigkeit, sondern durch die ver-
schiedene Beleuchtung veranlaßt. An den schwächer beleuchteten Teilen der Decke muß •
ten die figürlichen und ornamentalen Motive nachdrücklieb hervorgehoben werden» wenn
sie überhaupt zur Geltung kommen sollten. An Stellen, wo das Belief abgesplittert ist,
erkennt man den Gang der technischen Herstellung. Zunächst wurde die Wölbung in
voller Rundung ausgeführt und geglättet; dann wurde in den noch feuchten Stuck
eine leichte Vorzeichnung eingeritzt und dieser folgend dann das Relief aufgesetzt und
aus freier Hand mit dem Stecken durchmodelliert. Über das Material vgl. Pauly-
Wissowa Realenzyklopädie VII p. 2094 f.
1327 (D reohts, 1037). In die ornamentale Dekoration sind drei
umrahmte Reliefbilder eingefügt. Das Mittelbild zeigt eine Land-
schaft mit allerlei ländlichen Gebäuden und verschiedenen Staffage -
figuren, deren Handlung nicht recht deutlich ist. Auf dem links an-
gebrachten Bilde sind drei Frauen im Begriffe, vor einer Priapherme
ein unblutiges Opfer darzubringen. Auf dem Bilde reohts entzündet
eine Bakchantin mit zwei Fackeln Feuer auf einem Altare, während
hinter ihr ein Satyr die heilige Handlung mit dem Spiele der Doppel-
flöte begleitet. Links von dem Altar sieht man Silen, offenbar schwer
betrunken, wie er sich in schwankender Stellung mit dem r. Ellen-
bogen auf eine viereckige Basis stützt, über die eine tief verhüllte
Frau emporragt, und wie er mit der L. den Thyrsos vorstreckt. Aus
dem gleichen Zimmer stammen die Wandmalereien n. 1466 — 1469.
Monum. dell' Inst, supplemento T. 34 unten = Lessing-Man Wand- und Decken -
schmuck eines römischen Hauses aus der Zeit des Augustus T. 14 unten. Die drei Re-
liefbilder auch in der Revue de l'art 1 1897 p. 104, Tafel nach p. 104, p. 129.
1328 (D links, 1041). Von den drei in die ornamentale Dekoration
eingefügten Relief bildern sind das mittlere — eine Landschaft — und
das linke, auf dem Frauen ein unblutiges Opfer vorbereiten, stark frag-
mentiert. Das besser erhaltene rechte Bild scheint sich auf die Wei-
hung eines Tafelbildes zu beziehen. Eine Frau steht neben einer vier-
eckigen Basis, über die Binden und Girlanden gelegt sind, und hält
ein Triptychon, dessen Seitenflügel geöffnet sind, mit beiden Händen
empor. Offenbar zeigt sie ein auf dem Triptychon gemaltes Bild den
beiden links befindlichen Frauen, von denen die eine sitzend, die an-
dere stehend die geöffnete Bildtafel aufmerksam betrachtet. Viel-
leicht soll das Gemälde dann auf der bereits geschmückten Säule neben
der reohts stehenden Frau als Weihgeschenk seinen endgültigen Platz
finden.
Monum. d. I. suppl. T. 34 oben = LcRsing-Mau T. 14 oben. Vgl. Hock Weihe-
gebr&uche p. 105.
OBERES STOCKWERK. 1]9
1329 (B rechts). In der Mitte eine Landschaft, deren Zentrum von
einem sakralen Gebäudekomplex gebildet wird (eine kreisförmige
Mauer umschließt eine Säule, die ein Gefäß trägt; an die Mauer
schließt sich ein Propylon und ein Podium; dahinter ein Baum). Das
links davon angebrachte Figurenbild scheint eine Einweihung in bak-
chisohe Mysterien darzustellen. Der Einzuweihende, der kleinere
Dimensionen zeigt als die übrigen Figuren und dessen Gesicht miteinem
über den Kopf gezogenen Mantel verhüllt ist (vgl. n. 1325), wird, einen
Thyrsos in der R. haltend, von einer vollständig bekleideten Frau
würdevollen Aussehens zu Silen geführt, der die mit einem Tuche be-
deckte Schwinge (Xlxvov) hält (vgl. n. 1330). Unter dem Tuche
ttaben wir offenbar die Gegenstände vorauszusetzen, deren Ent-
küllung einen Hauptakt der Einweihung bildete. Hinter der Frau,
die den Einzuweihenden geleitet, steht auf einer niedrigen Basis eine
mystische Cista und schreitet eine Bakchantin vorwärts, in der ge-
senkten L. ein Tympanon. Auf der 1. Seite wird das Bild durch einen
hohen, viereckigen Pfeiler abgeschlossen, neben dem ein heiliger Baum
steht. Der am Fuße des Pfeilers liegende Bockskopf scheint auf ein
der Zeremonie vorhergehendes Bocksopfer hinzuweisen (vgl. n. 1533).
Auf dem rechts angebrachten Figurenbilde sieht man in der Mitte
einen sitzenden Satyr, der mit der erhobenen R. den Zweig eines hohen
Weinstockes abwärts biegt, vor ihm einen stehenden Satyr, der aus
einem Schlauche Wein in einen Krater gießt. In der kleinen nackten
Figur, die, einen Thyrsos in der R., hinter dem sitzenden Satyr steht,
haben wir vielleicht einen frisch Eingeweihten zu erkennen, dem es
nunmehr gestattet sein wird, an den Freuden des Thiasos teilzu-
nehmen, und die eigentümlich befangene Haltung des kleinen Mannes
daraus zu erklären, daß er sich in die neue Lage noch nicht recht zu
finden weiß. Hinter ihm steht eine Bakchantin, die auf der R. eine
Schale zu halten scheint. Aus demselben Zimmer stammen die Wand-
malereien n. 1477—1479.
Mon. d. I. suppl. T. 35 unten = Lessing-Mau T. 15 unten. Gusman l'art decoratif
de Rome pl. 72 — 74. Das Landschaftsbild auch Revue de l'art I 1897 p. 208 u. Rom.
Mitteilungen XXVI 1911 p. 35 f. Abb. 11 (Rostowzew). Das Figurenbild links davon:
CoUignon hist. de la sculpt. grecque II p. 681 Fig. 356. Bevue de l'art I p. 106. Vgl.
Hock griech. Weihegebräuche p. 131. — Zu der kindlichen Kleinheit der Mysten vgl.
Amelung Führer durch d. Ant. in Florenz p. 241. Archiv für Religionswissenschaft
VIII 1905 p. 46 f. = Dieterich Mutter Erde p. 55.
1330 (B links, 1071). In der Mitte eine Landschaft: rechts ein
ländliches Heiligtum — Säule mit Gefäß und Baum umgeben von
einer dreiseitigen Umfriedung mit drei Säulen und geschweiftem Ge-
bälk — , vor dem zwei Frauen ein Opfer darbringen; links eine Gruppe
von Gebäuden, neben denen ein Palmenbaum steht. Das Figuren-
bild rechts von der Landschaft bezieht sich auf das Treiben des
bakchischen Thiasos. Ungefähr in der Mitte steht Silen und blickt
zu einer Bakohantin herab, die, vor ihm-kauernd, mit einem Panther
120 DAS THERMENMUSEUM. 1881-1334.
tändelt; hinter Süen liegt ein offenbar betrunkener Satyr, auf dem
Boden; eine neben ihm stehende Bakchantin faßt ihn mit der L. am
Kinne, während der Satyr seine 1. Hand an ihren 1. Unterarm legt.
Das andere, links von der Landschaft befindliche Figurenbild, das
stark gelitten hat, scheint die Vorbereitung zu einer bakohisohen Zere-
monie, etwa einer Einweihung, darzustellen. Man erkennt in den
Händen der weiblichen Figur, deren unterer Teil sich auf der 1. Seite
des Bildes erhalten hat, deutlich die aus Korbwerk geflochtene Schwin-
ge (XUvov), die in dem mystischen Kultus des Dionysos wie der De-
meter eine hervorragende Rolle spielte (vgl. n. 1325, 1329).
Mon. d. I. suppl. 35 oben = Lessing-Mau T. 15 oben. Die Landschaft und das
Figurenbild rechts von ihr auch in der Revue de l'art 1 1897, Tafeln nach p. 204 und p.
105; die Landschaft: Köm. Mitteilungen XXVI 1911 p.36f. Abb. 13,14(Kostowzew) und
Bulle der schöne Mensch (2. Aufl.) T. 298.
1331 (E rechts, 1074). Auf dem figürliohen Mittelbilde erkennt
man, obwohl es stark gelitten hat, deutlich zwei weibliche Figuren,
von denen die eine damit beschäftigt ist, einen Wagenkasten auf eine
mit Badern versehene Achse zu setzen, während die andere einen
Zügel hält, außerdem Beste von vier Pferden, Man hat dieses Bild
offenbar mit Becht auf die Hören gedeutet, wie sie den Wagen des
Sonnengottes zur Abfahrt vorbereiten. Die Dekoration, die sich rechts
und links davon entwickelt, besteht aus zwei Landschaftsbildern, deren
jedes von zwei hallenartigen Gebäuden umgeben ist. Die Haupt-
architrave der beiden Hallen auf der 1. Seite werden jeder von einer
Figur des Hermes, die auf der anderen Seite von je einer weiblichen
Figur getragen, die ein Ährenbüschel hält und die wir demnach
Demeter benennen dürfen. Zu dem Schmucke des gleichen Zimmers
gehörten die Wandmalereien n. 1471 — 1475.
Mon. d. I. suppl. T. 32 *= Lessing-Mau T. 18. Notizie d.scavi 1895 p. 42 f. Fig. 1;
2. Die von den Hennesfiguren flankierte Landschaft: Köm. Mitteilungen XXVI 1911
p. 36 Abb. 12 (Rostowzew). Der obere Teil: Gusman l'art däcoratif de Korne pl. 36.
Vgl. Köm. Mitteilungen X 1895 p. 70 f.
1332 (E links, 1069). Man hat das mittlere Figurenbild über-
zeugend auf eine Szene aus dem Mythus des Phaethon gedeutet.
Der in der Mitte stehende Jüngling ist Phaethon, der rechts sitzende,
der sich durch höheren Wuchs vor den beiden anderen Figuren aus-
zeichnet, Helios, eine Benennung, die dadurch gesichert wird, daß sich
an der Stephane, die den Kopf des sitzenden Jünglings umgibt, Reste
eines Strahlenkranzes erhalten haben. Den ältlichen Begleiter des
Phaethon dürfen wir vielleicht Kyknos benennen. Phaethon richtet
an Helios die Bitte, ihm für einen Tag die Lenkung des Sonnenwagens
anzuvertrauen; Helios beteuert mit erhobener Rechten, daß er ihm
seine Bitte gewähren wird. Diese Deutung erscheint um so gerecht-
fertigter, als auch das auf n. 1331 dargestellte Gegenstück eine Er-
klärung aus dem Phaethonmythus zuläßt. Rechts wie links von dem
Mittelbilde ist wie auf n. 1331 ein hallenartiges Gebäude dargestellt.
OBERES STOCKWERK. 121
Nur das links befindliche hat sich einigermaßen vollständig erhalten.
Der Hauptarchitrav wird gekrönt von der Figur eines bärtigen Andro-
sphinx, einem Lieblingsmotive alexandrinischer Dekoration, und ge-
stützt von einer Figur des Zeus, die den Stil des 5. Jahrhunderts y.
Chr. nachahmt. Auf dem Bücken der leicht vorgestreckten R. sitzt
der Adler; die gesenkte L. hält einen Kranz. Dieser hallenartige Bau
öffnet sich auf eine Landschaft, in der wir vorne einen Fluß erkennen,
an dessen Ufern eine Herde weidet» im Hintergrunde einen Komplex
von villenartigen Gebäuden. Ein ähnlicher Bau war auf der 1. Seite
der Landschaft angebracht. Doch ist von ihm nur ein Fragment der
Zeusfigur erhalten, die den Adler auf dem Rücken der vorgestreckten
L. balanciert. Die Reliefs, die sich rechts von dem Phaethonbilde
entwickelten, sind, abgesehen von Resten des unmittelbar an dieses
Bild ansetzenden Gebäudes, vollständig zerstört. Da es ah und
für sich wahrscheinlich ist, daß sie hinsichtlich des Inhaltes wie in
ihrer Anordnung den Reliefs links von dem Mittelbilde entsprachen
und diese Annahme durch das Gegenstück n. 1331 bestätigt wird,
so dürfen wir auf dem verlorenen Teile eine ähnliche Landschaft und
rechts von ihr einen ähnlichen Bau voraussetzen wie auf der 1. Seite.
Mon. d. I. suppl. T. 93 = Lessing-Mau T. 12. Gusman 1'axt decoratif de Rome
pl. 72. Das Phaethonbild: Gazette archeologique X 1885 pl. 10 p. 87 ff. Rom. Mit.
teilungen X 1895 p. 67—73 (abgebildet p. 67). Notizie degli scavi 1806 p. 42—43.
Revue de l'art 1 1897 p. 103.
Zimmer IL
1333 (1115) Kopf des Asklepios.
Vormals auf dem Palatin. Ergänzt das 1. Auge, Stücke an der Stirn
und den Kinnbacken, der vordere Teil der Nase, der Schnurbart mit einem
Teil der Oberlippe.
Der Typus, der sich durch einen ebenso würdevollen, wie milden
Charakter auszeichnet, stammt seinem Stile nach von der Wende
des 5. zum 4. Jahrhundert v. Chr. Im Louvre befindet sich eine
Koplik des Kopfes, die mit dem zugehörigen Körper erhalten ist. Da
nun im Magazine des Thermen-Museums das Unterteil einer ent-
sprechenden Statue aufbewahrt wird, das wie der Kopf vom Palatin
stammt, haben augenscheinlich beide Teile ursprünglich zueinander
gehört. Eine weitere freie Replik des Kopfes ist in Kopenhagen. Kürz-
lich hat man die Schöpfung des Typus einem älteren Schulgenossen
des Timotheos zugeschrieben (vgl. n. 804).
Matz-Duhn zerstr. Bildw. in Born I n. 63, 64. Röscher mythol. Lexikon I p. 637.
Furtwängler Meisterwerke p. 121 Anm. 3. Arndt la glyptotheque Ny-Carlsberg p. 99
(ebendort Fig. 53 eine Abbildung der Statue im Louvre und pl. 62 Abbildungen des
Kopfes in Kopenhagen). Ausonia III 1908 p. 112 f. — Die Statue in Paris auch bei
Clarac 293, 1148.
1334 (607) Kopflose weibliche Statue.
Gefunden auf dem Palatin oberhalb der Kirche S. Anastasia (Bull,
dell' Inst. 1862 p. 233).
Der Typus der vortrefflich ausgeführten Statue ist aus dem der
Aphroditefigur abgeleitet, die wir unter n. 1539 besprechen werden.
122 DAS THERMENMUSEUM. 1386—1836.
Stil und Gewandanordnung stimmen hier wie dort im wesentlichen
überein. Auch die Statue des Thermen-Museums zog mit der einen
Hand den Mantel über die Schulter empor. Hingegen hielt sie in der
anderen Hand kein Attribut. Aus dem hinter dem r. Beine sichtbaren
Bruche des Mantels ergibt sich aufs deutlichste — was übrigens auch
durch das Zeugnis einer Statuettenreplik im Museum von Neapel be-
stätigt wird — , daß sie mit der herabhängenden R. einen Zipfel ihres
Mantels gefaßt hielt. Zwei Ansätze, der eine auf der L Schulter, der
andere auf dem r. Schulterblatte, beweisen, daß auf jeder Seite des
Halses eine Locke auf die Schulter niederfiel, und daß der Kopf,
dem Rhythmus der Bewegung folgend, der den Körper der Figur be-
herrscht, nach der r. Schulter gewendet war. Ein Gelehrter hat für
unsere Statue, die sich durch ihre mädchenhaften Formen von der
vollerblühten Gestalt der Aphrodite unterscheidet, die ansprechende
Deutung auf Charis vorgeschlagen.
Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 474. S. Reinach repertoire de la stat. II 1 p. 332
n. 3. Bulle der schöne Mensch* T. 125. Vgl. Bernoullli Aphrodite p. 86 n. 2. Matz-
Duhn zerstr. Bildw. in Rom I p. 189 n. 717. Furtwänger Meisterwerke p. 117 Anm. 8.
Klein Praxiteles p. 60. — Die Replik in Neapel: Arndt- Amelung Einzelaufnahmen
n. 408 (Text der Serie II p. 40). Amelung moderner Cicerone Rom I p. 459.
1335 (605) Überlebensgroßer Kopf der Aphrodite.
Gefunden bei der Tiber-Regulierung. Ergänzt die Nasenspitze.
Aphrodite ist kenntlich an dem zu leisem Lächeln geöffneten
Munde und an dem sehnsüchtigen Ausdrucke der mandelförmigen,
nicht vollständig aufgeschlagenen Augen. Da das Gesicht eine ge-
wisse Verwandtschaft mit dem der kindischen Aphrodite zeigt (vgl.
n. 310), so dürfen wir als Original die Schöpfung eines dem Praxiteles
nahestehenden Künstlers, wohl eines etwas älteren Zeitgenossen des
Meisters, annehmen» Wie die längs des Schädels angebrachten Ein-
tiefungen beweisen, war das Haar von einer metallenen Stephane um-
geben, die, am Hinterkopfe sehr schmal, nach der Stirn zu breiter
wurde. Sie griff hinten in die dem Zopfe eingebohrten Löcher ein und
war mit ihrem schmalen Teile in die Rille eingelegt, die sich durch das
zurückgestrichene Haar hinzieht. Zwei auf jeder Seite des Halses an-
gebrachte Löcher dienten offenbar zur Befestigung je einer auf die
Schultern herabhängenden Locke. Durch die oberen Teile beider
Locken wurden die Stellen bedeckt, die der Bildhauer hinter den
Ohren unbearbeitet gelassen hatte.
Monumenti antichi pubbl. dall' Accademia dei Lincei VIII 1898 p. 83 ff. Fig. 1, 2.
1336 (608) Kolossalstatue des Apollon.
Die antiken Teile wurden zu verschiedenen Zeiten im Tiber zwischen
dem Ponte Palatino und den Bagni di Donna Olimpia gefunden (Notizie
degli scavi 1891 p. 287 — 288). Ergänzt der ganze r. und die untere Hälfte
des 1. Unterschenkels, das unterste Drittel des Stammes, die Plinthe.
Wiewohl die Oberfläche stark durch die Feuchtigkeit gelitten hat,
erkennt man deutlich, daß die Statue ein hoohbedeutendes bronzenes
OBERES STOCKWERK 123
Original aus der Mitte des 5. Jahrhundertf v. Chr. in stilgetreuer
Ausführung reproduziert. Die besser erhaltene Rückseite gibt von
der großartigen Formengebung einen klareren Begriff als die Vorder-
seite. Der Gott läßt den Körper auf dem 1. Fuße ruhen, während der
r. mit gebogenem Knie etwas vor und zur Seite gesetzt ist. Der ober-
halb des r. Kniees sichtbare Ansatz beweist, daß der abwärts ge-
streckte r. Arm ein Attribut hielt. Man hat vermutet, daß dieses
Attribut ein Bogen gewesen sei, dagegen aber eingewendet» ein der-
artig langer und dünner Gegenstand wäre vielmehr für sieh gear-
beitet und dann in die Hand eingefügt worden. Jedenfalls ist es
ausgeschlossen, daß wir den Bogen vielmehr in der erhobenen L.
vorauszusetzen hätten, wie in der vorigen Auflage unseres Führers
angenommen wurde. Das natürliche Attribut für die L. ist einzig das
schlanke, zepterartige, oben leicht verästelte Lorbeerstämmchen. Da
sich nun in den Händen des Apollon als Gegenstück zu diesem Attri-
bute überaus häufig gerade der Bogen findet (vgl. n. 157), so ist
es äußerst wahrscheinlich, daß wir diese Verbindung, durch die man
auf das doppelseitige Wesen des Gottes, des Ferntreffenden und des
sühnenden Paian, deuten wollte, auch hier, mit Sicherheit wenigstens
für das Original der Statue, voraussetzen dürfen. Diese Folgerung
wird bestätigt durch das Zeugnis zweier Bronzestatuetten in Wien
und Paris, die zweifelsohne in engstem Zusammenhange mit dem
Originale der Statue im Thermen-Museum stehen; zwar sind auch bei
ihnen die Attribute nicht erhalten, aber ihr einstiges Vorhandensein
ist aus der Haltung der Hände mit Sicherheit zu erschließen. Nur
scheinbar widerspricht unserer Annahme eine Wiederholung der
Statue, die i. J. 1910 zu Cherchel entdeckt worden ist. Da er-
hebt sich außen neben dem 1. Beine ein knorriger Lorbeerstamm,
in dessen Krone die erhobene L. greift; um den Stamm ist unten die
Schlange gewunden; auf einem Aste sitzt ein Vogel, doch wohl der
Rabe des Apollon. Das erinnert uns an den ganz entsprechenden
Lorbeerstamm neben dem Apollon von Mantua und an den Ölbaum
neben einer Replik der Minerva Giustiniani im Museo Torlonia. In
beiden Fällen verdankt der Baum seine Entstehung der Willkür des
Kopisten, die sich einzig durch das Bestreben entschuldigen läßt,
bei der Übertragung der bronzenen Originale in Marmor dem Stein-
materiale technisch und künstlerisch Rechnung zu tragen; wir wissen,
daß der Stamm in jenem Falle an Stelle der Lyra getreten ist, in
diesem. an Stelle des Speeres. So hindert uns denn auch nichts da-
ran, ihn an unserem Apollon mit dem einzig wahrscheinlichen Attri-
but, dem zepterartigen Lorbeerstämmchen, zu ersetzen. Dem Stamm
entsprechend steht in der neugefundenen Wiederholung auf der an-
deren Seite der Köcher am Boden, mit dem oberen Teile nach vorne ge-
neigt; also zweifellos hielt ihn die gesenkte R. am Riemen. Wiederum
124 DAS THERMENMUSEUM. 1337.
das gleiche war bei dem, Apoll von Mantua der Fall; auch kehrt das-
selbe Motiv bei einer Wiederholung des Apollon im Gabinetto delle
masohere (n. 254) wieder; in beiden Fällen aber können wir mittels
sorgfältiger Kritik der Repliken konstatieren, daß auch der Köcher dem
Originale fremd war. Dort hielt die B. das Plektron, hier aller Wahr-
scheinlichkeit nach denBogen. Wer sich nun nicht entschließen mag,
den marmornen Bogen an der Statue im Thermen-Museum vorauszu-
setzen, kann auch hier einen Köcher ergänzen und den Ansatz am Ober-
schenkel mit dem Köcherbande in Verbindung bringen. An dem bron-
zenen Originale sind wir trotzdem berechtigt, für den schleppenden
Köcher den freigehaltenen Bogen einzusetzen. Das Gesicht des Gottes
ist, der Richtung des seitwärts gestreokten 1. Armes folgend, etwas
geneigt und bildet mit seinem mild-freundlichen Ausdruck einen reiz-
vollen Gegensatz zu der imponierenden Gestalt. Verschiedene Eigen-
tümlichkeiten finden in Typen des Pheidias Analogien. Der Kopf hat
mit dem des Zeus in Olympia (vgl. n. 288 Fig. 13) die auf die Schultern
herabfallenden Locken, mit der Parthenos (vgl. n. 1304) die Bildung
der neben den Schläfen niederfallenden Locken und die rundliche
Bildung des Gesichtes, mit beiden den Charakter des Ausdrucks ge-
mein. Die großartige Stilisierung der Körperformen erinnert bereits
an Gestalten, wie den sog. Theseus aus dem Ostgiebel des Parthenon
und die besten männlichen Körper auf dem Parthenonfriese. Eine
gewisse Befangenheit in der Bildung des Gesichtes mag sich dabei
aus der früheren Entstehungszeit des Originales erklären, zum Teil
auch der beschränkten Fähigkeit des Kopisten zuzuschreiben sein,
der in der Ausführung des Körpers ungleich Besseres geleistet hat,
als in der des Kopfes. Aber der Abstand, der sich dadurch von anderen
Werken ergibt, nach denen wir uns eine Vorstellung von der Kunst
des Pheidias zu bilden gewohnt sind, ist immerhin so groß, daß er einen
Gelehrten bewogen hat, das Original vielmehr dem Kaiamis zuzu-
schreiben, dem Meister der %ocQig und Xs7tr6tris. Ein anderer Ge-
lehrter hat vermutet, das Original habe zu einer Gruppe bronzener
Statuen gehört, einem Werke des Pheidias, das die Athener als
Zehnten der marathonischen Beute nach Delphi weihten und zu dem
nach der leider sehr unzureichenden Beschreibung des Pausanias auch
Figuren der Athena, des Apollon und des Miltiades gehörten. Aber
mag es auch sehr wahrscheinlich sein, was in der vorigen Auflage
unseres Buches mit Unrecht bestritten wurde, daß die beiden Gott-
heiten mit Miltiades die Mitte des ganzen Statuenzyklus einnahmen,
und daß der Held zwischen Apollon und Athena stand, so fehlt für
die Behauptung, daß gerade unsere Statue den Apoll dieser Gruppe
wiedergebe, denn doch jeder greifbare Anhalt, und man kann ihr
bestenfalls nur den Wert einer vagen Möglichkeit zugestehen. Jeden-
falls ist die Statue als einzelstehende Figur vollkommen verständlich
OBERES STOCKWERK. 125
Weder der Rhythmus der Bewegung noch die Neigung des Hauptes
verlangen ihre Einordnung in eine Gruppe; in ihnen äußert sich ledig-
lich das Bestreben des Künstlers, das starre Schema der älteren Göt-
terbilder zu' beleben, die Erscheinung des Gottes dem menschlichen
Empfinden näher zu bringen. Vielleicht können wir daraus schließen,
daß die Originalfigur nicht dazu bestimmt war, in einem Tempel als
Kultbild verehrt zu werden, sondern als Weihgeschenk in einem Hei-
ligtum zu stehen. Aber es fehlen uns zur Entscheidung einer solchen
Frage bisher noch die Grundlagen. Das Bedeutende unserer Statue
beruht darin, daß ihr Typus ebenbürtig, aber charakteristisch ver-
schieden als Schöpfung einer neuen Zeit neben den beiden älteren
Typen des Omphalos-Apollon (n. 859) und des Casseler Apollon
(n. 1108) steht. In jenen hat die herbe Kraft der spätesten archaischen
Kunst ihr Größtes geleistet; in dem Thermen- Apollon tritt das neue
Ethos und die reife Kunst der höchsten Blütezeit in die Schranken.
Notizie degli scavi 1891 p. 287—268, p. 337. Komische Mitteilungen VI 1891
T. X— XII p. 303—304, p. 377—379; XV 1900 p. 145 ff. Fig. 1. O verbeck Geschichte
der griech. Plastik I4 p. 347 Fig. 91. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 462. Winter
Kunstgeschichte inBildernIT.38,8. S. Reinach repertoire de la stat. II 1 p. 98 n. 1.
Petersen vom alten Rom4 p. 149 Abb. 113, 114. Müller-Wieseler Denkmäler d. alten
Kunst (3. Aufl. von Wernicke-Gräf) I p. 285 n. 4. Lechat Phidias p. 75 Fig. 15. Löwy
griech. Plastik p. 43 f. p. 80 Abb. 94 a— c. Abhandl. d. phil.-hist. Kl. d. sächs. G eselisch.
d. Wissensch. XXV n. 1 V T. 1 1 p. 95 ff. (ebenda T. 10 b Abb. der Wiener Bronzestatuette ;
diese auch bei B. von Schneider Album d. Antiken-Samml. d. a.-h. Kaiserhauses T. 27).
Saggi di storia e di archeologia (Festschrift für Beloch; Koma 1910) p. 185 ff. Fig. 1
(der in dieser Arbeit begründete Vorschlag, die Statue mit Striegel und Keule auszu-
statten, erledigt sich angesichts der in Cherchel gefundenen Wiederholung) . Der Kopf im
Profil bei S. Beinach totes antiques PI. 80. Vgl. Furt wängler Meisterwerke p. 77 — 79 ; über
Statuenkopien im Altertum I p. 57 (ebendort T. XI Abbildung der Bronzestatuette in
Paris). Klein Geschichte der griech. Kunst n p. 36ff. — Eine Photographie der in
Gherchel gefundenen Wiederholung lag dem Verfasser dank der Güte des Herrn B. Bath-
gen in Straßburg i. E. vor. Vgl. Revue archeologique 1911 II p. 369. Über den
Apoll von Mantua vgl. Dütschke zerstr. Bildw. in Oberitalien IV p. 379 ff. n. 872.
Brunn-Bruckmann Denkmäler T. 303. Zu der Replik der Athena Giustiniani im
Museo Torlonia s. Furtwängler Meisterwerke p. 593 Anm. 2, zu den Repliken des Apoll
im Gab. d. masch. Amelung Vatikan-Katalog II p.720. — Über die delphische Gruppe:
Furtwängler Meisterwerke p. 55 — 57. Robert die Marathonschlacht in der Poikile
(Halle 1895) p. 5—6 Anm. Studi italiani di filologia classica V 1896 p. 33—38. Rom.
Mitteilungen XV 1900 p.144 ff., p. 286 f. Archäol. Anzeiger XVII 1902 p. 82ff. — Die
Bronzestatuette eines Jünglings in englischem Privatbesitz — Abbildungen bei Klein
Praxiteles p. 52 Fig 2; Burlington fine arts Club, expos. of anc. gr. art (1904) p. 51 f.
B. 56 T. LIV — ist dem Apoll in der Haltung, dem Rhythmus der Bewegung und
dem Stile so verwandt, daß zwischen ihr und dem Original unserer Statue zweifellos eine
nahe Beziehung bestanden hat (vgl. dagegen Berl. philol. Wochenschrift 1898 p. 306).
Dem gleichen Kreise gehörte augenscheinlich auch das Original der Antinous-Statue
im Hofe der Banca nazionale in Born an (Bullettino comunale 1886 p. 209 ff. T. VII;
Arndt-Amelung Einzelaufnahmen n. 1174)#
1337 (11615) Jünglinggkopf.
Gefunden Anfang April 1901 mit n. 1340 in der Galerie unter dem
Boden des Tepidariums der Garacalla-Thermen. Ergänzt die Nase.
Der Kopf gibt in eleganter, für die antoninische Zeit charakteristi-
scher Ausführung (vgl. n. 1249) einen reizvollen zarten Typus des
4. Jahrhunderts v. Chr. wieder, der in der allgemeinen Anlage an
den sog. Eubuleus aus Eleusis erinnert (vgl. n. 808).
Notizie d. scavi 1901 p. 250 ff. Fig. 2. Böm. Mitteilungen XVI 1901 T. XV p. 380 f.
126 DAS THERMENMUSEUM. 1338—1340.
1338 (669) Kopflose Statue der Pallas. ,
Gefunden 1886 bei der Kirche S. Salvatore a Ponte rotto. Parischer
Marmor.
Die Statue macht den Eindruck einer griechischen Originalarbeit
etwa aus der Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. Sie vertritt ein ver-
hältnismäßig altes Stadium der Kunstentwicklung, der die unter
n. 1032, 1278, 1287 und 1555 besprochenen Typen angehören. Die
Göttin ist dargestellt mit einer geschuppten Aigis, die, auf der r.
Schulter zusammengeknüpft, schräg nach der 1. Seite herabreicht.
Der Kopf, der r. Arm und die 1. Hand waren besonders gearbeitet.
Zur Befestigung der beiden Extremitäten dienten die Bohrlöcher und
die eisernen Zapfen, die man in der Schnittfläche der r. Schulter wie
, des 1. Vorderarmes wahrnimmt. In die kleineren, an dem Bande der
Aigis angebrachten Bohrlöcher waren offenbar aus besonderen Stücken
gefertigte Schlangenleiber eingesetzt. Der gesenkte r. Arm kann auf
einen Schild gestützt gewesen sein, die vorgestreckte 1. Hand einen
Helm oder eine Eule gehalten haben.
Bulletino comunale XXV 1897 T. XIV E, p. 192 Fig. 12, 13. S. Remach repertoire
de la stat. II 2 p. 800 n. 7. Vgl. Notizie degli scavi 1886 p. 123. Komische Mitteilungen
VI 1891 p. 239. Furtwängler Meisterwerke p. 27, p. 38 Anm. 1. Jahreshefte d. österr.
archaol. Inst. I 1898 p. 66.
1339 (56207) Kopf eines schutzflehenden Mädchens.
Der Kopf stammt von einer guten Kopie der Schutzflehenden im
Pal. Barberini (n. 1820). Der Vergleioh mit dem Kopfe dieser Statue
lehrt schneller und deuthoher als alle Worte, wie weit selbst ein guter
Kopist hinter seinem Originale zurückbleibt.
1340 (11614) Kolossalkopf des Asklepios.
Über den Fundort vgl. n. 1337. Ergänzt die Nase, Teile der Lippen
und sonstige Kleinigkeiten. Die Augen fehlen; sie waren besonders ge-
arbeitet und eingesetzt.
Der Kopf, der an der turbanartigen Kopf binde als Asklepios kennt-
lich ist, sich aber in sehr eigentümlicher Weise von allen, sonst
bekannten Typen des Heilgottes unterscheidet, stammt von einer Sta-
tue, über deren Hauptzüge uns eine Statuette im Antiquarium comu-
nale n. 1015 Aufschluß gibt. Danach stand der Gott mit bloßen
Füßen aufrecht, mit der r. Achsel auf den schlangenumwundenen
Wanderstab gelehnt; das Himation war in der üblichen Weise der
meisten übrigen Asklepiosstatuen*um den Körper geschlungen und
wurde durch den in die Hüfte gestützen 1. Arm gehalten; der Kopf
wendete sich leicht naoh der r. Schulter. Die gleiche Haltung läßt
sioh für den Kolossalkopf daraus entnehmen, daß die Bartlocken an
der r. Wange nicht vollständig fertig gearbeitet sind; diese Seite blieb
also durch die Wendung des Kopfes den Blicken der Beschauer ent-
zogen. Zahlreiche Wiederholungen zeugen davon, daß der Typus in
weiten Kreisen bekannt war. Der Kolossalkopf ist, ebenso wie
OBERES STOCKWERK. 127
n. 1337, an der Art seiner Ausführung als eine Arbeit der antoni-
nischen Zeit kenntlich; augenscheinlich war die Statue, von der er
stammt, eben für die Ausschmückung der Caracalla-Thermen her-
gestellt worden. An der Art, wie die Haare und die Bartlocken stili-
siert sind, und an Spuren ehemaliger vollständiger Vergoldung er-
kennen wir, daß es sich um eine Kopie nach einem Bronzeoriginale
handelt, einem Originale, das wir zunächst versucht sind unter dem
Eindruck der strengen Formengebung am Kopfe für eine Schöpfung
aus der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts v.Chr.zu erklären. Andre Be-
obachtungen aber scheinen in eine weit entlegene Richtung zu weisen.
Der gleiche Typus begegnet uns auf einem aus Pergamon stammen-
den Terrakottarelief in St. Petersburg und auf pergamenischen Mün-
zen der Kaiserzeit, auf denen er allerdings außer am allgemeinen Habi-
tus, der an sich nichts beweisen würde, nur an der Wiedergabe der
breit ausladenden Haarvoluten durch übereinandergelagerte kleine
Erhöhungen kenntlich ist; ferner hat die Plinthe einer in Argos ge-
fundenen Statuettenreplik unseres Typus ein charakteristisches per-
gamenisohes Profil. Daraus ergibt sich, daß augenscheinlich in der
Kaiserzeit ein bedeutendes Bild dieser Art in Pergamon gestanden hat.
Ein Gelehrter hat nun weiter geschlossen, dieses Bild sei der berühm-
te Asklepios des Phyromaohos im Nikephorion gewesen, und der
strenge Stil des Kopfes erkläre sich aus der neben der barocken
Hauptströmung verfolgbaren klassizistischen Richtung der perga-
menischen Kunst. Dagegen hat ein anderer Gelehrter geltend
gemacht, daß auf dem pergamenischen Königsgelde, und gerade
unter Eumenes II., zu dessen Zeit der Asklepiostempel erbaut wurde,
der Heilgott sitzend dargestellt werde, daß auf dem autonomen städti-
schen Gelde Pergamons zwar bereits ein stehender Asklepios vor-
komme, den man aber keinen Anlaß habe, mit dem späteren auf den
Münzen der Kaiserzeit zu identifizieren; es sei also wahrscheinlicher,
daß Phyromachos den Asklepios sitzend dargestellt habe, daß aber
später an Stelle dieses von Prusias geraubten Bildes, von dessen
Rückerstattung die Überlieferung bekanntlich schweigt, einstehen-
der Asklepios unseres Typus getreten sei. Diese Ansicht scheint in
der Tat in Rücksicht auf das uns vorliegende numismatische Material
vor jener anderen den Vorzug zu verdienen. Daß wir gerade in den
Thermen des Caraoalla den Kopf einer so großen Wiederholung dieses
späteren pergamenischen Asklepios gefunden haben, ist nicht zufällig;
wissen wir doch, mit welohen Hoffnungen dieser Kaiser gerade jenes
Heiligtum im Nikephorion bei Pergamon aufgesucht hat.
Der sehr eigenartige Typus ist augenscheinlich von der attischen
Kunst in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts geschaffen worden.
Ein sehr ähnliches Köpfchen hat sich im Amphiareion von Oropos
gefunden; auch kehren seine Züge auf einem griechischen Totenmahl-
128 DAS THERMENMUSEUM. 1341
relief aus dem Ende des 5. Jahrhunderts in Mantua wieder. In spät-
römischer Zeit erscheint der gleiche Typus dann in Numidien auf einem
Votivrelief, auf dem er zur Verkörperung des mit Saturnus gleich-
gesetzten Baalsamim der Karthager verwendet worden ist.
Notixie d. acavi 1*01 p. 248 ff. Fig. 1. Böm. Mitteilungen XVT 1901 T. XIV p.
372 ff. XVIII 1903 p. lff. y. Fritze Nomisma II p. 22 ff. Ders. die Münzen von Perga-
mon (Anhang zu den Abhandl. d. Kgl. preuß. Akad. d. Wissensch. 1910) p. 47 f. — Bas
Köpfchen aus Oropos: Festschrift für Benndorf p. 147. Das Totenmahlrelief in Man-
tua: Dütschke ant. Bildw. in Oberitalien IV n. 682. Bas Votivrelief aus Numidien:
Delamare exploration scientifique de l'Algerie, Archäologie pl. 93, 2; Clarac 161 C n. 9;
Fröhner notice de la sculpt. ant. p. 467 n. 514.
1341 (1085) Kopf der Hygieia.
Gefunden 1893 in dem sog. Stadium des Palatins.
Alle früheren Deutungen des Kopfes auf eine Muse oder Dichterin
sind hinfällig geworden, seitdem auf Grund des Zeugnisses verschie-
dener Repliken nachgewiesen werden konnte, daß der Kopf von einer
Darstellung der Hygieia, der Tochter des Asklepios, stammt. Eine
Statuettenreplik des Körpers haben wir im Hofe des hier beschriebenen
Museums gesehen (n. 1253) ; doch ist an ihr das Hauptmotiv des Originals
insofern geändert, als die Schlange, die dort über die 1. Schulter der Göt-
tin gelegt ist, hier, wie noch an einer anderen Wiederholung, vom Körper
getrennt, wahrscheinlich amBoden zusammengeringelt, dargestellt war.
Die beste Vorstellung der ursprünglichen Komposition gibt eine Statue
in englischem Privatbesitz, nach der man den Typus allgemein den der
Hygieia Hope zu nennen pflegt ; die Ergänzung der Hände, die dort ver-
fehlt ist, läßt sioh mit Hilfe zweier Statuettenrepliken korrigieren. Die
Göttin stand aufrecht, bekleidet mit Schuhen und Chiton, den Mantel
dicht um den Oberkörper gesohlungen. Der 1. Arm hing ruhig ab-
wärts, eine Büchse oder ein Schälchen in der Hand, auch der r. Ober-
arm war gesenkt, der Unterarm leicht nach vorne bewegt, wo die
Hand wahrscheinlich liebkosend den Hals des heiligen Tieres faßte,
dessen Körper sich, den Faltenlinien des Mantels folgend, von der 1.
Schulter zur r. Hüfte abwärts schlängelte (diese Ergänzung ist wahr-
scheinlicher als die mit der Schale in der B., da bei ihr die gleichmäßige
Beschäftigung beider Hände vermieden wird). Der Kopf aber neigt
sich mit außerordentlich liebenswürdiger Wendung nach der r. Schul-
ter, und eine genauere Beobachtung kann uns lehren, daß die ganze
Anlage der Formen, in der uns bei der aufrechten Stellung des
Kopfes manches Verschobene befremden mag, auf diese Haltung
berechnet ist. Das Ganze war ein Bild bescheiden in sioh geschlossener
Anmut. Dabei ist trotz aller gesunden Sinnlichkeit jeglicher Anflug
aphrodisischen Wesens vermieden. Die Formen sind mit großer Be-
stimmtheit, ja mit einer gewissen Schwere wiedergegeben; nur die
zarte Feinheit des schmalen Streifens der Haare um Stirn und
Schläfen und die schwellenden Lippen des Mundes machen davon
OBERES STOCKWERK. 129
eine Ausnahme und wirken doppelt durch den Kontrast mit ihrer
Umgebung. An anderen Repliken sind diese Teile in den üblichen sorg-
sam-leblosen Kopienstil übertragen, und durch nichts anderes kann
man sich besser von der Bedeutung dieser Einzelheiten überzeugen,
als durch den Vergleich des hier besprochenen Kopfes mit derartigen
Repliken. Das Werk ist eines der schönsten Erzeugnisse aus der
Übergangszeit vom 5. zum 4. Jahrhundert v. Chr. Man hat gemeint,
in dem Kopfe des Thermen-Museums sei uns ein Fragment des Ori-
ginales erhalten. Das ist, nach der Güte der Arbeit zu urteilen, sehr
wohl möglich; auch macht die Komposition der ganzen Figur in
ihrer Geschlossenheit den Eindruck, daß sie für Ausführung in
Marmor geschaffen sei. Das Material des Kopfes ist der an den großen
leuchtenden Kristallen kenntliche, beste Marmor der Insel Paros. Wenn
die Formen des Gesichtes für eine Originalarbeit Manchem zu straff -
gespannt, zu wenig individuell-belebt scheinen mögen, so könnte diese
Formengebung doch gerade für den Künstler des Werkes charakteri-
stisch gewesen sein. Die Frage muß zunächst subjektivem Ermessen
anheimgestellt bleiben, solange es nicht gelungen ist, andere Werke
des gleichen Meisters in guten Kopien oder gar in zweifellos originaler
Ausführung nachzuweisen. Unter den Repliken des Kopfes ziemt der
hier besprochenen zweifellos weitaus der erste Platz.
Man hat in der Statue ein Werk des Skopas sehen wollen auf
Grund des Vergleiches mit einem Kopfe, der bei dem Tempel der
Athena Alea zu Tegea gefunden wurde und von dem man glaubte,
er habe zu den Giebelgruppen des Skopas gehört; doch hat sich
diese Annahme jetzt infolge genauerer Untersuchungen als irrtüm-
lich herausgestellt. Mit den sicher skopadischen Köpfen hat der
der Hygieia nichts gemein. Bei der Frage nach dem Künstler ist zu be-
achten, daß wir, selbst wenn wir den hiesigen Kopf nur für eine KoJ)ie
halten wollen, aus der Anzahl der auf italischem Boden gefundenen
Repliken schließen können, daß sich das Original jedenfalls zur Kaiser-
zeit in Rom befunden hat. Früher hätte man auf die Hygieia des
Atheners Nikeratos im Tempel der Concordia raten dürfen (Plin. n.h.
34, 80), da man diesen Künstler eben in jene Übergangszeit vom 5. zum
4. Jahrhundert datierte. Aber neuere Inschriftenfunde haben es nahe-
gelegt, ihn vielmehr mit dem hellenistischen Künstler gleichen Na-
mens zu identifizieren, der in Pergamon unter Eumenes IL tätig war.
Monum. dei Lincei V 1895 p. 71 f. Fig. 31, 32; p. 78 f. Jahrbuch d. arch. Inst.
XIX 1904 T. II p. 55 ff. Bulle der schöne Mensch (2. Aufl.) T. 125. Vgl. Notizie d.
scavi 1893 p. 162a. Böm. Mitteilungen VIII 1893 p. 95 n. 6. Arndt- Anielung Einzel-
aufnahmen III p. 20 n. 647 — 649 (als n. 718 ist ebendort einAsklepiostorso publiziert,
der mit dem Torso einer Replik der Hygieia in Athen gefunden wurde). — Über den
weiblichen Kopf von Tegea vgl. Praktika 1909 p. 320 ff. und Revue de l'art. anc. et
mod. 1911 p. 13ff. Über Nikeratos: Inschr. aus Pergamon 132, IGB 118; 147; 496
und Jahrbuch d. arch. Inst. XX 1905 p. 26 ff.
Heibig: Führer. IL 3. Aufl. 9
130 DAS THERMENMUSEUM. 1842—1344.
1342 (622) Statue des Dionysos«
Gefunden 1881 in der sog. griechischen Bibliothek der tiburtinor
Villa des Hadrian (Notizie degli scavi 1881 p. 105—106. Winnefeld die
Villa des Hadrian p. 151). Ergänzt der vordere Teil der Nase, ein Stück
am Kinne, die freistehenden Pfotenteile der Nebris, der Daumen, der
Zeigefinger und Stücke an den übrigen Fingern der 1. Hand, der 1. Unter-
schenkel, der Stamm mit Ausnahme des obersten an dem Schenkel an-
liegenden Endes, das unter dem 1. Beine und das unter dem Stamme be-
findliche Stück der Plinthe. Der 1. Unterschenkel ist falsch ergänzt. Er
war, wie man aus den Umrissen der Kniebeugung ersieht, mit voller Sohle
seitwärts aufgesetzt.
Daß Dionysos dargestellt ist, beweist die um die Brust gelegte
Nebris wie die Bildung des Körpers, der zwar einen kräftigen Bau,
aber allenthalben eine weiche Fleischdecke zeigt und in der Behand-
lung des Halses, des Rückens wie des Gesäßes geradezu an weibliche
Formen erinnert. Doch sind die Übergänge von den entschieden männ-
lichen zu den in das Weibliche hinüberspielenden Teilen noch un-
vollkommen vermittelt, und das Original unserer Statue wird dem-
nach zu den ältesten Versuchen gehört haben, den Typen jugend-
licher Götter durch eine derartige Charakteristik einen neuen Beiz
zu verleihen (vgl. n. 321, 880). Das Attribut der fehlenden B. war
zweifellos ein großer zweihenkeliger Becher (Kantharos); von ihm
rühren die Ansatzspuren her, die man an dem oberen Ende des r.
Oberschenkels wahrnimmt. Die Ausführung deutet auf hadrianische
Zeit. Sie ist nicht überall vollständig zu Ende gebracht, wie nament-
lich die fünf kleinen Kopierpunkte beweisen, die der Bildhauer am
Kopfe stehen gelassen hat. Daß das Original eine Bronzefigur war,
ergibt sich aus der Unterhöhlung der Nebris wie aus der an Ziselier-
technik erinnernden Weise, in der die Haare des Gottes und die der
Nebris wiedergegeben sind. Unter der Voraussetzung eines Bronze-
originals erklärt es sich auch, daß der Bildhauer in der Behandlung
der Augen von der zu seiner Zeit bei Idealtypen üblichen Formen-
gebung abwich und die Iris durch einen scharf eingerissenen Kreis,
die Pupille durch eine starke rundliche Vertiefung ausdrückte. Offen-
bar wollte er hierdurch die aus verschiedenen Materialen gearbeiteten
Augen einer Bronzestatue (vgl. n. 1349) möglichst getreu wiedergeben.
An dem Originale fehlte selbstverständlich der an dem r. Beine der
Marmorkopie angebrachte Stamm, der den Fluß der Linien auf das
empfindlichste beeinträchtigt, wenn man die Statue von der r. Seite
betrachtet. Die zunächst nach der Entdeckung der Statue ausge-
sprochene Annahme, daß sie nach einer Figur des Myron kopiert sei,
ist vollständig haltlos. Die weiterhin vorgebrachte Vermutung, daß
es sich um einen von Polyklet oder von einem seiner unmittelbaren
Schüler geschaffenen Dionysostypus handele, beruht insofern auf
einer richtigen Beobachtung, als in dem Kopfe Züge polykletischer
Eigenart unverkennbar bewahrt sind. Der eigentümliche Charakter
der Statue beruht aber im besonderen darauf, daß sie mit richtig er-
OBERES STOCKWERK. 131
gänztem 1. Unterschenkel das in der vorpolykletischen Entwickelung
der peloponnesischen Plastik übliche Standmotiv (vgL n. 254), dabei
aber eine Formengebung aufweist, die nicht vor der Mitte des 4. Jahr-
hunderts y. Chr. zur Anwendung kam. Man betrachte z. B. den an-
tiken rechten Fuß und wird finden, daß sich seine Behandlung nicht
wesentlich von der unterscheidet, die den Füßen praxitelisoher Figu-
ren eigen ist. Der Kunstcharakter der Statue würde nach alledem
recht wohl auf Euphranor passen, der, geboren in Korinth, ein Schüler
des Argivers Aristeides war, aber auch für Athen arbeitete und dessen
Tätigkeit ungefähr zwischen 375 und 330 v. Chr. fiel. Infolgedessen
hat ein Forscher als Original eine Dionysosstatue des Euphranor an-
genommen, von der sich nach einer auf dem Aventin entdeckten In-
schrift eine Kopie in Rom befan/i. Doch vermissen wir an unserer
Statue die Proportionen, die von der Überlieferung als bezeichnend
für die Figuren des Euphranor hervorgehoben werden (vgl. n. 38).
Deshalb könnte man geneigt sein, einer anderen Zuteilung des Origi-
nales, der an den argivischen Künstler Phradmon, den Vorzug zu
geben, wenn nicht auch sie auf allzu unsicherer Grundlage ruhte.
Mon. dell' Infit. XI T. 51, 51 a; Ann. d. J. 1883 p. 136 ff. Röscher mythol. Lexikon
1 1 p. 1137 f. Fig. 17. Collignon histoire de la sculpt. grecque II p. 354 Fig. 180. S. Rei-
nach repertoire de la etat. II 1 p. 117 n. 4. Mahler Polyklet p. 105 Fig. 29, 30. B. Strong
roman sculpture pl. LXXVI p. 248. Vgl. Arch&ol. Zeitung XL 1882 p. 173. Friederichs-
Wolters Bausteine n. 520. Furtwängler Sammlung Sabourotf I Text zu T. VIII — XI.
Museo ital. di antlch. class. II p. 761, p. 777 ff., p. 783. Rom. Mitteilungen VI 1891 p.
238 f. Furtwängler Meisterwerke p. 581 ff. Arndt- Amelung Einzelaufnahmen Text
zu n. 1168. Klein Gesch. d. griech. Kunst II p. 541 f. — Über Euphranor vgl. auch
n. 186 und neuerdings Jahrbuch d. arch. Inst. XXV 1910 p. 159 ff., über Phradmon
außer Mahler und Klein a. a. O. Jahreshefte d. österr. arch. Inst. VI 1903 p. 200 ff.
1343 (11616) Männlicher Torso.
Gefunden 1869 in den Thermen des Caracalla.
Der Torso stammt von einer polykle tischen Jünglings-Statue, über
deren Typus die Bemerkungen zu n. 1100 zu vergleichen sind.
Bull, dell' Inst. 1869 p. 236. Matz-Duhn zerstr. Bildw. in BomI n. 1013. Furt-
wängler Meisterwerke p. 434 Anm. 2.
1344 (610) Überlebensgroßer weiblicher Kopf.
Vormals auf dem Palatin.
Dieser Kopf unterliegt ähnlichen Gesichtspunkten wie n. 1338.
Obwohl die Oberfläche durch Feuer gelitten hat, läßt er doch alle
Eigentümlichkeiten einer griechischen Originalarbeit erkennen und
zeigt einen Stil, wie er in der Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. vor
allem in der Peloponnes herrschend war. Im Museo Barracco (n. 1086)
ist das schön gearbeitete Fragment einer Kopie erhalten, in der aber
die harten, spät-archaischen Züge des Originales merklich gemildert
sind. Das gescheitelte Haar umgibt die Stirn in einer wellenförmigen
Linie und ist hinten in einen weit von dem Schädel abstehenden
Schopf zusammengefaßt, der von einem breiten, um die Mitte des
9*
132 DAS THERMENMUSEUM. 1846-1347.
Kopfes gelegten Bande getragen wird. Da eine ähnliche Haartracht
auf einer rotfigurigen attischen Schale, deren Ausführung wir in dem
dritten Viertel des 5. Jahrhunderts annehmen dürfen, einigen unter den
Musen gegeben ist, hat ein Gelehrter auch für den Marmorkopf die
Deutung auf eine Muse vorgeschlagen. Dagegen ist zu bemerken, daß
man die gleiche Haartracht auch an dem Kopfe derNiobide aus den
sallustianischen Gärten (jetzt in Mailand) findet und ohne das Band an
einem Kopfe der Nike auf einer Münze von Metapont; beide Köpfe
stehen dem hiesigen auch stilistisch nahe. Vgl. n. 81.
Arndt la glyptotheque Ny-Carlsberg p. 50 fig. 27. Vgl. Böm. Mitteilungen VII
1892 p. 337 f. Notizie d. sc&vi 1906 p. 439. Ausonia II 1907 p. 7. — Die attische Schale:
Gerhard auserl. Vasenbilder IV 305. Der Kopf der Niobide: Ausonia a. a. O. T. II.
Die Münze von Metopont: Imhoof-Blumer monnaies grecques PI. A 3 p. 4 n. 20. Vgl.
auch einen Marmorkopf, der ehemals in Gatajo war (Arndt-Amelung Einzelaufnahmen
n. 36, 37; dazu Furtwängler Meisterwerke)). 736), die kleinere der beiden in Per-
gamon gefundenen Statuen der Athena (Altertümer von Pergamon VII p. 15 f.) und
eine Bronzestatuette, die ein Mädchen im Peplos darstellt (Burlington fine arte Club,
expos. of greek art 1904 p. 41 A 20 T. XLVIII).
Zimmer III.
1345 (464, 1050 ff.) Fragmente bronzener Kolossalstatuen (zwi-
schen den Fenstern und im r. hinteren Winkel des Zimmers).
Gefunden 1878 bei Gelegenheit der Tiber-Regulierung beim Ponte
Sisto, dem ehemaligen Pons Valentinianus. Die Fragmente des Kaiser-
kopfes waren seinerzeit ebendort gefunden worden, aber zunächst in
Privatbesitz gelangt, aus dem sie im J. 1910 durch Schenkung in den Be-
sitz des Thermenmuseums übergingen.
Die eine der beiden Statuen — in dem linken hinteren Winkel
des Zimmers — hat sich aus den Fragmenten zum größten Teile
wieder zusammensetzen lassen : es ist die Figur eines Togatus im Habitus
des 1. Jahrh. n. Chr. Leider war eine Rekonstruktion des Kopfes — es
ist der mit dem Perlendiadem geschmückte — ganz unmöglich. Zu
der anderen Statue gehörten vielleicht die Füße mit den reich
verzierten Stiefeln, das Fragment eines Mantels, der um die
Hüften geschlagen war, und ein Kopf, der nach Boston gelangt
ist. An derselben Stelle wurden gefunden: der ebenfalls hier
ausgestellte Flügel einer Victoria und ein Bronzehelm (n. 1499).
Während der Kopf in Boston augenscheinlich aus dem Anfange
des 3. Jahrhunderts n. Chr. stammt, hat man den hiesigen Kopf
mit Recht in das 4. Jahrhundert datiert und mit Wahrscheinlichkeit
für ein Porträt des Valens (364—378) oder Valentinian I. (364—375)
erklärt. Aus bestimmten technischen Anzeichen und aus dem stili-
stischen Gegensatze zwischen Kopf und Körper des Togatus, hat man
ferner mit Recht geschlossen, daß hier eine ältere Figur mit Verände-
rung des Kopfes benutzt worden sei, und zwar eine Figur des 1. Jahr-
hunderts n. Chr. All diese Bronzen scheinen nicht zum Schmucke
der Brücke gehört zu haben, sondern zu dem des Triumphbogens,
der den Zugang zur Brücke bildete. Das höhere Alter des Bostoner
OBERES STOCKWERK. 133
Kopfes kann sich daraus erklären, daß der Pons Valentinianus keine
Neuschöpfung war, sondern die Wiederherstellung des Pons Aurelius
oder Pons Antonini, dessen mutmaßlicher Erbauer Garacalla war.
Böm. Mitteilungen XXVI 1911 p. 238«. T. XII— XIII. Vgl. Notizie d. scavi
1878 p. 344; 1891 p. 287. Bullettino comunale VI 1878 p. 241«. T. XX— XXI. CIL VI
p. 3096. — Der Kopf in Boston: Äöm. Mitteilungen a. a. O. p. 253 f. Fig. 10 a und b.
Ebenfalls zwischen den Fenstern:
1346 (1064) Große bronzene Platte mit Votivhand.
Gefunden 1886 im Tiber bei der Marmorata.
Die Platte ist mit Löchern und Stiften versehen, um auf eine
Wand angeheftet zu werden; die Hand gibt sich durch ihre zarten
Formen wie durch das Schlangenarmband, das ihr Gelenk'umschließt,
als eine weibliche Hand zu erkennen. Man hat früher angenommen,
die Platte sei von einer römischen Dame einer Heilgottheit mit der
Bitte um Heilung von irgendwelchem Handschaden oder als Dank
für die vollzogene Genesung dargebracht worden, und im Zusammen-
hang damit die Frage aufgeworfen, ob nicht die Schlangenform des
Armbandes und des Ringes am Goldfinger absichtlich gewählt sei, um
auf die Heilgottheiten hinzudeuten, zu deren Symbolen bekanntlich
die Schlange gehörte. Doch ist die Schlangenform für Armbänder und
Ringe zu allgemein gebräuchlich, als daß man ihr in diesem Falle,
die Bestimmung der Platte als Weihgeschenk zugegeben, eine beson-
dere Bedeutung beimessen dürfte. Der ursprüngliche Sinn dieser Form
für Armband und Ring war augenscheinlich der, Arm und Finger
außer durch die feste Umschließung auoh durch die apotropaeische
Kraft der Schlange zu schützen. Jetzt ist man nach dem Funde einer
Platte mit ähnlicher Darstellung unter den Resten der beiden
Schiffe im See von Nemi (n. 1522 g) eher geneigt anzunehmen, daß
auch diese Platte einst zum Zwecke apotropaeisoher Wirkung an eine
Schiffswand befestigt gewesen sei.
Monum. ant. pubbl. dell' acc. dei Lincei I p. 170 ff. Ausonia 1 1906 p. 105 Anm. 2.
— Vgl. Pauly-WisBowa Bealenzyklopädie II p. 1180 (Armbänder). Hock griceb.
Weihegebräuche p. 12 und sonst. Für die apotropaeische Kraft der Schlange vgl. n. 997.
1347 Bronzestatue eines hellenistischen Herrschers.
Gefunden 1884 beim Bau des Teatro Kazionale neben dem Garten
des Palazzo Golonna. Ergänzt der vordere Teil des 1. Zeige- und des r.
Mittelfingers, der Stab, ein Stück am l. Oberschenkel (oberhalb des Knies)
die Plinthe.
Die Statue gibt das Porträt eines kräftigen Mannes von ungefähr
dreißig Jahren wieder, dessen Wange, Kinn und Oberlippe mit dünnen
Bartlocken bedeckt sind. Das Motiv scheint einer berühmten Bronze-
statue des Lysippos nachgebildet zu sein, die Alexander den Großen
mit einer Lanze darstellte und von der wir vielleicht eine kleine
Wiederholung in einer Bronzestatuette der Sammlung Nelidoff
(Fig. 35) besitzen. Allerdings sind gegen die Rückführung dieser Figur
134 DAS THEBMENMTJSEUM. 13*8—1348.
auf jenes berühmte Werk de» Lysipp sehr erwägenswerte Einwände
gemacht worden. Wir können aber jedenfalls annehmen, daß sich
auch der hier dargestellte Mann mit der hoch emporgreifen den L.
auf eise Lanze stützte. Da es überliefert ist, daß sich die Herrscher
der hellenistischen Periode vielfach dem Eroberer Asiens zu assimilieren
trachteten, so spricht von Haus aus
alle Wahrscheinlichkeit dafür, daß
k ein Mann, der sich mit dem Attri-
I but einer berühmten Alex anders ta tue
I und im Hauptmotive dieser Statue
r entsprechend porträtieren ließ, ein
hellenistischer Herrscher war. Außer-
dem deutet der Stil der Statue
wie der Charakter ihres Gesichten auf
die damalige Zeit und sind auch der
Haarschnitt — was ein Gelehrter
fälschlich in Abrede gestellt hat —
und die Barttracht an hellenistischen
Porträts nachweisbar. Man bat an
die makedonischen Könige Philipp V.
und Perseus, wie an Alexander Balas
gedacht, der 149 v. Chr. den Thron
der Seleukiden usurpierte. Aber die
Ähnlichkeit, die der Kopf unserer
Statue mit den Münzporträts aller
dieser Fürsten darbietet, ist nur
eine oberflächliche. Eine andere
*8' Annahme, nach der Antiochos IL
Theos (261 — 246 v. Chr.) dargestellt wäre, beruht einzig auf einer
vermeintlichen physiogno mischen Ähnlichkeit des Kopfes mit n.216,
dessen Beziehung auf Antiochos Soter, den Vater jenes Antiochos Theos,
jedoch mit Recht in Zweifel gezogen worden ist. Die Ausführung der
Statue ist ungleich. Während der Kopf eine scharfe und eingehende
Durchführung zeigt, sind die Formen des Körpers in etwas flauer Weise
behandelt. Zwischen dem Brustkasten und dem Kabel liest man eine
nach dem Gusse einpunktierte Inschrift, die ähnlich wie auf n. 955
den Ort angibt (L. ¥1 = loco sexto), an dem die Statue aufgestellt
war; für die auf die Ortsangabe folgenden Zeichen ist eine befrie-
digende Erklärung noch nicht gefunden. Auf dem r, Oberschenkel sind
die drei ineinander geschobenen Buchstaben MAR ein punktiert.
Ant. Denkmäler hernusgeg. vom nrch. Init. I 1886 T. 5. Gaiette des beaux-arts
188« I p. VI. Lancianl Meiert Home Tafel zu p. 303. Mumy handbook of gr. arebeo-
logy p. 3061. Fig. 100. Brunn- Bmckmann Denkmaler n. 248. Collignon hiatoire de la
•eulpt. gr. II p. 163 rig. 257. 9. Reinach rfpertüiro dola etat. 11 2 p. 548 n. 7. Arndt-
Braokmann Rriech. n. röm. Porträt* T. 358— 390. UJIalvy le typa d'AJexandre le Gr.
p. 110 Fig. 34. Bulle der schöne Mensch' T. 75 p. IMS. Fig. 27. Hekler Btldniakunst
OBERES STOCKWERK. 135
d. Griech. u. Rom. p. XXII T. 82— 84. Vgl.Notizied. scavi 1885 p. 42. Arch&ol. Anzeiger
VI 1891p. 69. Rom. Mitteilungen VI 1891p. 238; XIII 1898 p. 77 f. Furt wängler Meister-
werke p. 597 Anm. 3. Numism. Ghronicle XVI 1896 p. 38. Wulff Alexanderm. d. Lanze
(Berlin 1898) p. 8 ff. (wo T. I, II die Nelidorfsche Bronze abgebildet ist). Journal of
hell, ßtudies XXV 1905 p. 88 n. 2. Klein Geschichte d. griech. Kunst III p. 43 f. — Bei-
spiele hellenistischer Münzporträts mit der im obigen berührten Anordnung des Haares:
Imhoof-Blumer Portratköpfe auf Münzen hellenischer u. hellenistischer Völker T. I, 6,
III 24, V 21, VI 29, 31. Über bärtige Porträts hellenistischer Herrscher vgl. unsere
n. 1189. — Über die Alexanderstatue und ihre vermeintlichen Repliken s. zuletzt:
Abhandl. d. sächs. Gesellsch. d. Wissensch. XXI 1903 III p. 100 ff. und Bernoulli das
Bildnis Alexanders d. Gr. p. 107. — Das eigenartige Stellungsmotiv mit der auswärts
gedrehten Ferse des Spielbeines kehrt übereinstimmend wieder an einer aus Byblos
stammenden bronzenen Heraklesstatue im britischen Museum, die auch im Übrigen
stilistisch zu vergleichen ist: Catalogue of bronzes n. 827 ; Springer-Michaelis Handbuch 9
p. 395 Fig. 730.
1348 (48135) Überlebensgroßer Porträtkopf des L. Cornelias
Pusio.
Gefunden im Beginn des Jahres 1891 bei Gelegenheit der Fundamen-
tierung des Pal. Gampanari an Via Nazionale. Ergänzt der Nasenrücken,
das Kinn und der untere Teil des Nackens. Der Kopf war in mehrere
Stücke zerbrochen und hat bei der Zusammensetzung im Feuer leider
seine schöne Patina verloren.
Mit dem Kopfe wurde eine fein-umrahmte Bronzetafel gefunden,
die jetzt unter dem Kopfe an der Wand befestigt ist. Augenschein-
lich hat sie ursprünglich die Basis der Statue geschmückt, deren ein-
ziger Best uns in dem Kopfe erhalten ist. Ihre Inschrift meldet von der
Stiftung eines M. Vibrius Maroellus zu Ehren des L. Cornelius L. F.
Gal(eria) Pusio, dessen bürgerliche und militärische Amter in langer
Liste aufgezählt werden. Beide standen zur Zeit der Stiftung in der
XVI. Legion, die von Vespasian aufgelöst wurde, Maroellus als Cen-
turio, Pusio als Legat. Nach seiner Haartracht ist der Kopf in die
Zeit der claudischen Kaiser zu datieren. Die XVI. Legion lag damals
in Germanien.
Rom. Mitteilungen VII 1892 T. VI p. 197 ff. Vgl. CIL VI 31706. Pauly -Wissowa
Realenzyklop&die IV p. 1421 n. 296.
1349 (1060) Bronzestatue des Dionysos.
Die Statue wurde am 20. September 1885 im Tiber zwischen der
Farnesina und dem Ponte Garibaldi entdeckt. Sie ist so gut wie ganz
frei von modernen Zutaten. Der Thyrsos war zerbrochen, konnte jedoch
mit Hilfe weniger unbedeutender Einsatzstücke wieder zusammengefügt
werden.
Dionysos steht da, in der L. einen Thyrsos haltend, dessen Schaft
mit sohuppenf örmigen Verzierungen überzogen ist. Das Attribut der
gesenkten B. war vermutlich ein zweihenkliger Becher (Kantharos).
Obwohl die. Statue einen hellenischen Dionysostypus freien Stiles
wiedergibt, zeigt sie doch in der Behandlung des Nackten eine eigentüm-
liche Befangenheit. Man erkennt deutlich', daß der Künstler, der sie
modellierte, von der Beschaffenheit des menschlichen Körpers keine
eingehende Kenntnis besaß und sich infolgedessen in der Durch-
bildung der Formen einer gewissen Zurückhaltung befleißigte. Sein
Verfahren pteht in entschiedenstem Gegensatze zu der Routine, die
136 DAS THERMENMUSEUM. 1360.
wir selbst an Steinmetzenarbeiten aus der Kaiserzeit wahrzunehmen
gewohnt sind. Soweit unsere Monumentenkenntnis reicht, zeigt die
Statue die nächste Verwandtschaft mit Tonfiguren und -reliefs, die
im 3. Jahrhundert v. Chr. in Campanien gearbeitet und mit der Zeit
auch in anderen italischen Fabriken nachgeahmt wurden. Es fragt
sich somit, ob wir nicht in ihr ein campanisches oder ein durch cam-
panische Einflüsse bestimmtes römisches Werk aus dem 3. oder 2.
Jahrhundert v. Chr. zu erkennen haben. Die Statue gibt einen an-
schaulichen Begriff von der verschiedenartigen Weise, in der die an-
tike Metalltechnik koloristische Abwechslung in den Bronzegrund zu
bringen verstand. Die strahlenförmigen Ornamente, die das Diadem
verzieren, sind abwechselnd aus Silber oder Kupfer, die Augen aus
weißem Marmor gearbeitet; die verloren gegangene Iris haben wir
uns aus einem dunkleren Materiale hergestellt zu denken; die Lippen
sind mit rotem Kupfer überzogen, und aus demselben Metalle be-
stehen die aus besonderen Stücken gearbeiteten Brustwarzen. Auf
der Außenseite des 1. Unterschenkels bemerkt man den Abdruck
einer in das Ton- oder Wachsmodell eingedrückten Münze, deren
Durchmesser (M. 0,022) eher dem eines griechischen Didrachmon als
eines römischen Aureus oder Denars entspricht. Auch diese Erschei-
nung erinnert an Campanien, da die dortige Tonindustrie häufig Ab-
drücke griechischer Didrachmen als ornamentale Motive wie als Fa-
brikstempel verwendete.
Lanciani Ancient Borne, Heliotypie zu p. 308. S. Beinach repertoire de la etat. II 1
p. 118 n. 10. Vgl. Notizie degli scavi 1885 p. 342— 343. Rom. Mitteilungen VI 1891
p. 238.
1350 (1055) Bronzestatue eines Faustkämpfers.
Gefunden an derselben Stelle und fast gleichzeitig mit n. 1346. Er-
gänzt die Spitze des 1. Daumens, ein Stück am r. Oberschenkel, der
Felsensitz.
Der Faustkämpfer sitzt da mit vorgebeugtem Oberkörper, die
Unterarme auf die Oberschenkel stützend und den etwas erhobenen
Kopf mit stupid-brutalem Ausdruck nach rechts gewandt. Auf dem
Gesichte hat die Beschäftigung des Mannes reichliche Spuren hinter-
lassen. Die Ohren sind durch wiederholte Faustschläge breit gedrückt.
Da die Oberlippe im Vergleiche mit der Unterlippe etwas zurücksteht,
scheint es, daß die oberen Vorderzähne, wenigstens zum Teil, aus-
geschlagen sind. Während diese Verstümmelungen augenscheinlich
durch verschiedene, früher bestandene Kämpfe veranlaßt sind, deuten
andere Anzeichen auf einen eben ausgefoohtenen Strauß. An jedem
Ohre sind zwei Hautritze angegeben; am rechten entquellen jedem
der beiden Kitze zwei in flachem Relief wiedergegebene Blutstropfen;
ein ähnlicher Tropf en ist am linken Ohr unterhalb des oberen Ritzes
bemerkbar. Während ferner die 1. Augenhöhle eine normale Bildung
zeigt, ist die r. untere derartig angeschwollen, daß das Lid und die
OBERES STOCKWERK. 137
Wange in eine unförmliche Masse zusammenlaufen. Die Annahme,
daß diese Geschwulst von einem frisch empfangenen Faustschlag her-
rührt, scheint um so gerechtfertigter, als man gerade unter dem 1.
Auge eine Gruppe von Hautritzen, hier jedoch ohne Blutstropfen,
wahrnimmt. Daß wir uns die Hase innerlich verschwollen und mit
geronnenem Blut gefüllt zu denken haben, ergibt sich aus der Weise,
wie der Mund geöffnet und die untere Kinnlade vorgeschoben ist.
Offenbar kann der Mann durch die Nasenlöcher den Lungen nur wenig
oder gar keine Luft mehr zuführen; er atmet infolgedessen durch
den geöffneten Mund. Die Haare des Schnurrbartes sind teils auf-
gesträubt, teils in Klümpchen geballt, wie sie sich bilden, wenn Haar
von Blut durchdrungen und das Blut geronnen ist.
Die Schlagriemen (caestus) und die dazu gehörigen Vorrichtungen
sind an dieser Statue mit großer Deutlichkeit wiedergegeben. Jeder
der beiden Vorderarme ist mit einem Handschuh bedeckt, der
die vordersten Glieder der Finger frei läßt und auf dessen Rücken,
um das Herabrutsohen des Schlagriemens zu verhindern, ein Wulst
aufgenäht ist. Der Schlagriemen besteht aus einem ovalen Ringe,
der sich aus drei dicken Lederschichten mit scharf abfallenden Kanten
(ipa? 6£vg) zusammensetzt und durch den die Finger, abgesehen
vom Daumen, durchgreifen. Die drei Lederschichten werden durch
schmale, doppelte Querriemen zusammengehalten. Andere Riemen
von gleicher Breite, die an dem Schlagriemen befestigt, die Hand-
wurzel wie den Unterarm umgeben, halten den Schlagriemen stets
in der gleichen Lage. Da durch dieses Riemengefüge die freie Be-
wegung des Handgelenkes aufgehoben wurde, kann unser Faustkämp-
fer die Hände nicht ungezwungen herabfallen lassen, sondern hält sie
steif vorwärts gestreckt. Wie häufig an Athletenfiguren ist auch an
dieser das Glied emporgebunden (vgl. n. 1564). Ein langer tiefer Ritz
auf der r. Schulter und ein ähnlicher auf dem r. Vorderarme scheinen
Gußfehler. Sie waren vermutlich mit Bronzestreifen ausgefüllt (vgl.
n. 954), die verloren gegangen sind. Das Wirbelstück des Hinter-
kopfes, das sich durch die rohe Ausführung des Haares auffällig von
den übrigen Teilen unterscheidet, rührt offenbar von einer schlechten,
im Altertum vorgenommenen Restauration her. Wir dürfen daraus
den Schluß ziehen, daß das ursprüngliche, verloren gegangene Stück
besonders gearbeitet und nachträglich an den Schädel angesetzt war.
Bevor das geschah, bot die auf der Rückseite vorhandene Öffnung
dem Künstler eine bequeme Möglichkeit, die aus anderem Material
gearbeiteten Augen und vielleicht auch einige Zähne in den Kopf
einzufügen.
Ein Gelehrter hat den Versuch gemacht, die Statue zu einem Vor-
falle, den wir ungefähr in das Jahr 200 v. Chr. datieren können, in
Beziehung zu setzen. Es handelt sich um einen Faustkampf in Olym-
138 DAS THERMENMUSEUM. 1351—1362.
pia zwischen dem berühmten thebanischen Athleten Kleitomaohos und
dem in Ägypten geborenen Aristonikos, den Ptolemaios IV Philopa-
tor zu den Festspielen gesandt hatte (Polybios XXVII 9). Die Menge
erwies sich anfangs dem Ägypter günstig, bis sie in einer Pause durch
Kleitomaohos, der an ihre patriotischen Gefühle appellierte, um-
gestimmt wurde und Aristonikos vielmehr der feindseligen Stimmung
der Zuschauer als seinem Gegner erlag. Unsere Statue soll nun den
Kleitomaohos darstellen, wie er seine Bede an die olympische Fest-
versammlung richtet. Hat man aber bereits mit .Recht darauf hin-
gewiesen, daß der Dargestellte gar nicht daran denke oder auch nur
denken könne zu reden, und daß sein stumpfsinnig-brutales Wesen
schlecht zu dem schlauen Vorgehen des Kleitomaohos stimme, so wird
die Beziehung auf jenen Vorgang dadurch vollkommen ausgeschlos-
sen, daß man ihre Entstehung unmöglich in so späte Zeit versetzen
kann. Ja, man ist mit der Datierung des Werkes augenscheinlich noch
zuweit herabgegangen, wenn man die Statue unter Hinweis auf den
Herakleskoloß zu Tarent der Schule des Lysippos zugeschrieben hat.
Sokraßrealistisch auch der widerliche Geselle geschildert ist, so deutlich'
wir die Freude des Künstlers am Brutalen, am Häßlichen empfinden,
die Art, wie die Komposition im ganzen und im einzelnen Gestalt
gewonnen hat, unterscheidet sich durchaus von der in der hellenistischen
Kunst üblichen und weist vielmehr auf die Zeit des Überganges
vom 5. zum 4. Jahrhundert. Dafür ist ebensowohl das feste Gefüge der
großzügigen Formen charakteristisch, die noch verhältnismäßig wenig
Relief haben, wie die strenge Stilisierung der Kopfhaare, des Bartes, der
noch in einer geschlossenen Masse zusammengehalten ist, und des
auf der Brust durch Ziselierung angegebenen Haarwuchses. Man
vergleiche hinsichtlich all dieser Einzelheiten die zweifellos helle-
nistische Statue des Herrschers n. 1347, auch n. 23 und 1297. Die
Figur kann nicht später entstanden sein, als im 4. Jahrhundert v.
Chr.; ja, man wird geneigt sein, die Zeit ihres Künstlers eher in dem
Beginn, als in der Mitte dieses Jahrhunderts anzunehmen. Es war
deshalb vollkommen richtig, wenn man die Statue dazu verwendete,
uns von der Eigenart eines Künstlers aus der Wende des 5. zum 4.
Jahrhundert eine Vorstellung zu geben, eines Künstlers, in dessen
Werken augenscheinlich eine rücksichtslos realistische Gegenströ-
mung gegen den Schönheitskultus der Schulen des Pheidias, Polyklet
undKresilas zum Durchbruch kam: des Demetrios von Alopeke. Auch
vergleiche man eine Silbermünze von Phaistos aus der Zeit zwischen
431 u. 300 v. Chr., auf der Herakles dem Faustkämpfer im Motive merk-
würdig genau entsprechend dargestellt ist (Catalogue of greekooins in
the Brit. Mus. Crete and Aeg. islands pl. XV 7 p. 63). Ein Gelehrter hat
auf Grund des Vergleiches mit einigen spartanischen Münzen und etrus-
kischen Spiegelzeichnungen die Ansicht ausgesprochen, die Statue
OBERES STOCKWERK. 139
stelle keinen gewöhnlichen Faustkämpfer dar, sondern den König der
Bebryker Amykos, der von Polydeukes besiegt wurde (vgl. n. 1752).
Mag aber auch die Ähnlichkeit mit jenen Darstellungen zugegeben
werden, so ist es doch kaum erfindlich, wie ein Künstler auf den Ge-
danken hätte verfallen können, Amykos in einer Pause des Kampfes
zu verkörpern, d. h. in einem Augenblicke, der für das Schicksal
dieses Königs und seinen Mythus bedeutungslos war. Die Analogie
der poetisohen Darstellung, auf die man verwiesen hat, beweist
in diesem Punkte nichts. Wenn in einer derartigen Schilderung
der Kampf durch eine £ause unterbrochen wird, so bezweckt
der Dichter damit, die Spannung des Hörers oder Lesers auf
die endgültige Entscheidung zu steigern. Es handelt sich dabei
um ein Kunstmittel, das nur in einer Dichtung berechtigt ist und
Wirkung erreichen kann. Dagegen ist auf dem Gebiete der Plastik
die Wahl jenes Augenblickes, in dem der rohe Patron, bereits übel
zugerichtet, ausschnauft, um für neue Taten Kraft zu schöpfen,
bei der Darstellung eines beliebigen Faustkämpfers wohlverständlich.
Ant. Denkmäler herausgeg. vom arch. Inst. 1 1886 T. IV. Gazette des beaux-arts
1886 I p. 427. Lanciani ancient Borne, Tafel vor dem Titel, p. 306. Murray handbook
of gr. archaeology p. 304 Fig. 99, p. 366. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 248. Col-
lignon bist, de la aculpt. grecque II p. 492 Fig. 256. Winter über die griech. Forträt-
kunst (Berlin 1894) p. 12 ff. mit Abb» S. Reinach repertoire de la stat. II 2 p. 550 n. 10.
Sybel Weltgesch. d. Kunst* p. 346 mit Abb. Springer-Michaelis Handbuch d. Kunst-
geschichte9 p. 401 Abb. 748. Petersen vom alten Rom* p. 1731. Abb. 137. Jahresh.
d. österr. archäol. Inst. XI 1908 p. 225 Abb. 98. Bulle der schöne Mensch* T. 167.
Hekler Bildniskunst d. Griech. u. Rom. p.XXII T. 85, 86. Vgl. Notizie d. scavi 1885
p. 223. Jahrbuch des arch. Inst. II 1887 p. 192. Rom. Mitteilungen IV 1889 p. 175 ff.;
XIII 1898 p. 93 ff. Abhandl. d. archäol. -epigr. Seminars d. Univ. Wien VIII 1890 p. 41 ;
XII 1896 p. 77 ff. Fig. 62. PhilologusLVII p. lff. u. 64911. Verhandl. d. 44. Philologen-
versamml. zu Dresden p. 87. Festschrift für Benndorf p. 148 ff. Bernoulli griech. Ikono-
graphie II p. 179. Sitzungsber. d. phil.-hist. Cl. d. bayer. Akad. d. Wissensch. 1902
p. 442. Klein Geschichte der griech. Kunst II p. 371, III p. 44 f. (ebenda II p. 244 f. über
Demetrios von Alopeke; vgl. über diesen auch Arndt-Bruckmann griech u. röm.
Porträts Text zu n. 165—166 und Röm. Mitteil. XXVII 1912p.75ff.T.II. III).
1351 (1061) Bronzene Doppelhenne des Dionysos.
Gefunden im Tiber.
Der Verfertiger dieser Herme hat sich durch eine Anleihe bei einem
Größeren die Arbeit leicht gemacht. Er hat sich darauf beschrän kt,
den Kopf des Apollon Sauroktonos (n. 191) mit einem Efeukranze
zu versehen und zweimal wiederholt zu einer Doppelherme zu
koppeln. Vgl. n. 1567.
Zimmer IV.
1352 (50170) Statue eines Mädchens.
In den letzten Dezembertagen d. J. 1878 lockerten sich infolge eines
heftigen Sturmes die Schutthalden zwischen Porto d'Anzio und dem Arco
muto, und ein Teil von ihnen stürzte in die Brandung. Dadurch wurde
die Bückwand einer weitausgedehnten Terrasse mit zwei großen Nischen
und einem Durchgang in einen rückwärts anstoßenden Saal freigelegt. In
jeder der beiden Nischen befand sich eine Statue; aus der nördlichen fiel
unsere Figur von einer Ziegelbasis zu Boden. Zuerst wurden einigeFischer auf
140 DAS THERMENMÜSEUM. 1362.
sie aufmerksam, die denXopf mit der Büste, der sich aus dem Verbände mit
dem Körper gelöst hatte, entwendeten und erst nach längeren Unterhand-
lungen wieder heraus gaben. Da das Terrain, auf dem die Statue zutage ge-
kommen war, der Familie Chigi gehörte, wurde sie zunächst in die bei Anzio
gelegene Villa Sarsina, ein Besitztum der Chigi, verbracht. Dort blieb sie bis
zum Jahre 1909, in dem sie vom italienischen Staate erworben und ins Ther-
men-Museum überführt wurde. In ihrer Nische stand die Statue nicht ein-
fach auf der Ziegelbasis, sondern sie war mit ihrer Plinthe in eine kufenartig
vertiefte Marmorbasis eingelassen. Diese ist mit der Figur ins Museum
gekommen, jetzt aber unauffindbar. Der Körper ist aus einem großen
Block weißen griechischen Marmors gemeißelt, aus einem Marmor mit
größeren Kristallen, augenscheinlich parischem Marmor, die Büste mit
dem Kopfe; aus demselben Material war der r. Arm gearbeitet, von dem aber
nur ein Fragment des Oberarmes erhalten ist. Büste u. r. Arm waren ange-
setzt; dabei hat der Bildhauer sich in dem Zuschnitt der Büste verrechnet.
Wird sie vorne in den Gewandrand eingepaßt, so ragt sie an der
Bückseite der 1. Schulter etwa um 2 cm über diesen Band empor. Der Bild
hauer hat sich dabei beruhigt, ohne den Fehler zu korrigieren, da dieser in
der Vorderansicht der Statue, auf die er sein Werk berechnet hatte, den
Blicken entgeht. Das Fragment des r. Armes ist nicht wieder angesetzt
worden; auch konnten einige andere kleine Fragmente, die unten zu
erwähnen sind, bei der Aufstellung der Statue keine Verwendung finden.
Ein außerordentlich kräftig gebautes, hochgewachsenes Mädchen
mit noch unentwickelter Brust steht scharf nach ihrer Linken ge-
wendet. Sie scheint in einem weiten feierlichen Schritte innezuhalten
und senkt den Blick aufmerksam auf einen großen runden Teller,
den sie auf dem 1. Unterarme trug und von dem nur ein kleiner Teil
erhalten ist, während der r. Arm vor der r. Brust vorbei nach dem
Teller gerichtet war. Der 1. Ellenbogen ist dabei fest an den Körper
gedrückt und wird von der herausgedrängten Hüfte des Standbeines
unterstützt. Über den Band des Tellers hängt das Ende einer breiten
Bolle, die man zunächst unrichtig als Pergamentrolle, dann aber rich-
tig als Zeugrolle erklärt hat; es handelt sich um eine jener breiten
wollenen Binden, die man zum Schmucke heiliger Gegenstände ver-
wendete. Auf dem erhaltenen Teile des Tellers hegt ein Lorbeerzweig.
Man hat die Blätter dieses Zweiges und die besser erhaltenen eines
marmornen Kranzes, von dem noch die Bede sein wird, für Blätter
des Ölbaumes erklären wollen. Diese aber sind länglich-schmal und
haben eine kaum markierte Längsrippe sowie eine wenig akzentuierte
Spitze; auch sind sie in der Mitte nicht eingesenkt, wie die des Lor-
beers, denen die marmornen Blätter in ihrer verhältnismäßigen Breite,
der markierten Längsrippe und scharfen Spitze durchaus entsprechen;
auch überragen die mit den Blättern dargestellten Früchte an Größe
keineswegs das übliche Maß gut entwickelter Lorbeerfrüchte. Auf
dem Tellerfragmente hat sich ferner ein kleiner Löwenfuß auf einer
besonderen kleinen quadratischen Plinthe und in einiger Entfernung
davon ein entsprechendes Loch in der Oberfläche erhalten. Man er-
kennt, daß hier ein Gerät dargestellt war, dessen Beine unten in
Löwentatzen endigten, und zwar spricht eine genaue Berechnung da-
für, daß dieses Gerät nicht vier — wie man behauptet hat — , sondern
drei Beine hatte, daß es sich also um einen kleinen Dreifuß, wahr-
OBERES STOCKWERK. 141
scheinlich ein niedriges Thymiaterion handelte. Wenn man die Run-
dung desTellers ergänzt, so erkennt man, daß sich von diesem Attribute
nur ein kleiner Teil zusammenhängend erhalten hat. Leider geben uns
die geringen Überreste des anderen größeren Teiles keinen sicheren Auf-
schluß darüber, welche Gegenstände außer den schon beschriebenen auf
dem Teller lagen oder standen (so erweist sich die von einem Gelehrten
vorgeschlagene Ergänzung eines stabartigen, etwas geschwungenen
Fragmentes zu einem kleinen Lituus angesichts des Fragmentes selbst
als unmöglich). Von der 1. Hand haben sich augenscheinlich der kleine
und der Gold- oder Zeigefinger erhalten. Man hat sie zuerst für Reste
der r. Hand gehalten, aber die Qualität des Marmors und die Form
der Finger sprechen vielmehr für die Zugehörigkeit zur Linken; auch
hat man diese Finger wegen einiger kleiner Ansätze sehr übereilt
mit dem Fragmente eines Kranzes, von dem bereits die Rede war,
in Zusammenhang bringen wollen, so zuletzt durch die Annahme,
die Linke habe den Kranz unter dem Teller gehalten. Wahrschein*
lioh hat der Kranz zu den auf dem Teller liegenden Gegenständen ge-
hört. Die Rechte muß sich einem der Dinge auf dem Teller genähert
haben, doch kann sie mit keinem von ihnen unmittelbar in Zusammen-
hang gestanden haben, da der ganze r. Arm mit seiner Hand besonders
gearbeitet und angesetzt war. Der Kopf der Statue ist niemals be-
kränzt gewesen, wie man behauptet hat, irregeführt durch vier ganz
seichte Vertiefungen im Marmor, Spuren einer Unterarbeitung mittels
des Bohrers an der Stelle, an der das (vom Beschauer aus) linke Ende
der Haarschleife lag; man hat diese Vertiefungen irrtümlich für
Bohrlöcher zur Befestigung eines bronzenen Kranzes gehalten. Die
Haare sind gescheitelt, dann beiderseits vom Nacken her aufgenommen
und auf dem Scheitel über der Stirne verknotet.
Das Mädchen trägt den hochgegürteten Linnenchiton und darüber
ein weites Himation aus leichtem Wollenstoff. Der Chiton ist an der
1. Hüfte aufgenommen, um den Schritt an dieser Seite, an der Auge
und Hand durch den Teller gehindert sind, frei zu machen, und gleitet
während der Bewegung von der r. Schulter nieder. Es ist unbegreif-
lich, daß man in diesen Motiven, die sich aus der Aktion der Figur
ohne weiteres erklären, bei deren Verwendung aber natürlich in erster
Linie rein-künstlerische Gesichtspunkte maßgebend waren, eine ab-
sichtliche oder unabsichtliche Vernachlässigung der Dargestellten in
ihrer äußeren Erscheinung hat erkennen wollen. In der Tat steht die
Anordnung der Gewandung im engsten Zusammenhange mit der
Komposition der ganzen Figur, die vollkommen beherrscht wird
durch den Gegensatz zwischen der festen Senkrechten rechts und der
wundervoll-einheitlich aufsteigenden, zweifach-geschwungenen Kurve
der anderen Körperseite. Die Bewegung des r. Armes brachte zu
diesen beiden Motiven einst ein drittes, und stärker als jetzt muß
142 DAS THERMENMUSEUM. 1362.
durch die Richtung des Armes der Teller als Angelpunkt des
Ganzen hervorgetreten sein. Jenen Kontrast finden wir effektvoll
gesteigert auch in der Anlage der Gewandung wieder. Während sich
rechts stark-vortretende, von tiefen Schatten getrennte, senkrechte
Falten drängen, schmiegt sich links der Stoff glatt an das Be'n an,
dessen Bewegung so in voller Deutlichkeit sichtbar wird, rechtshin
abgeschlossen von einer tiefen Falte, die eben diese Bewegung mit
bedeutender Wirkung wiederholt. Dabei genügte dem Künstler
nicht mehr das gleichmäßige Nebeneinander gerader Steilfalten, wie es
an älteren Werken einen so monumentalen Eindruck macht: er hat
das Gewand an der 1. Hüfte, wie schon gesagt, emporgerafft, so daß
sich ein mannigfaltigeres Durcheinander von Motiven bildet, in
dem aber doch die Senkrechte dominiert. Zudem legt sich oben ein
Teil des Stoffes eng an die Hüfte an und läßt dadurch diesen
Angelpunkt der Bewegung klar zur Geltung kommen. Endlich
wird durch die Hebung des Gewandes der Zug des Auges nach
oben, d. h. nach jenem Punkte verstärkt, zu dem alle Motive konver-
gieren, zu dem Teller. Daß sich nebenbei als Gewinn noch die reizen-
de Enthüllung des Fußes ergibt, hat nur nebensächliche Bedeutung.
Wundervoll ist auch der Abschluß, den das Gewand unten durch die
mannigfach bewegte Linie des Saumes erhält; „mit großem Genüsse
folgt das Auge dieser verschlungenen, bald auf-, bald absteigenden,
aus- und einbuchtenden Linie, deren bedeutende Wirkung durch einen
ähnlich wechselnden Rhythmus erzielt wird, wie wenn auf lange Ka-
denzen kurze Betonungen folgen" (Altmann). Die Bewegungslinie
des r. Beines wird nahe der r. Hüfte aufgenommen, zugleich aber
nach der 1. Hüfte abgelenkt von reichlichen Faltenzügen des
Mantels; sehr fein ist es dabei, wie diese Variation vorbereitet
wird durch die zwei leicht gehobenen Falten des Chiton, die über den
r. Oberschenkel schräg nach oben ziehen. All diese Ausstrahlungen
des einen Motives werden nun aufgefangen von dem stark gedrehten
Wulst des Mantels, der mit entgegengesetzt geführter Faltenlage das
Auge wieder zur 1. Hüfte zieht. Oberhalb dieses Walles ist jene all-
gemeine Richtung nach oben außer in der Nackenlinie am deutlichsten
noch in dem Verlauf des oberen Chitonsaumes gegeben, während sie
hier von dem r. Arme mit seiner Bewegung überschnitten wird, die in-
dessen das Auge wiederum zu jenem Zentrum leitet, auf das auch
die Faltenmasse des Mantels von der 1. Schulter abwärts führt und
auf das sich mit dem gesenkten Blicke die ganze Aufmerksamkeit
der Dargestellten konzentriert.
Angesichts dieser ganz einzigen, in ihrer planvollen Durchführung
wie ein vollkommener Organismus wirkenden Komposition erscheint
es uns als ein seltsames Verkennen, daß man behaupten konnte, Kopf
und Körper seien nicht von einem Künstler geschaffen, der Körper sei
OBERES STOCKWERK. 143
nachträglich von einem römischen Bildhauer zu dem allein aus Grie-
chenland importierten Kopfe hinzugearbeitet worden. Man mag zwei-
feln, ob beide Teile von einer und derselben Hand gemeißelt seien —
wirklich macht ja die Arbeit am Kopfe einen feineren Eindruck als
am Körper — , niemals aber hätte man bestreiten sollen, daß eins
für das andere geschaffen sei, niemals auch die Arbeit am Körper
mit der Ausführung römischer Skulpturen der Kaiserzeit gleichsetzen
sollen. Sicherlich ist die Art der Gewandbehandlung derjenigen der
besten Zeiten, wie wir sie aus den wenigen erhaltenen Originalskulp-
turen vom Ende des 5. und aus dem 4. Jahrhundert kennen lernen,
weder an Großzügigkeit noch an Delikatesse ebenbürtig; aber ebenso
zweifellos ist sie allen Gewandstatuen der Kaiserzeit an lebendiger
Bewegtheit auch in den Einzelheiten und an sicherer Verve in der
Beherrschung aller Effekte weit überlegen. Die nächsten Parallelen
aber finden sich unter hellenistischen Werken, unter denen unsere
Statue nun wieder einen der Vornehmsten Plätze behauptet. Man
denke vor allem an die berühmte Nike und die Giebelskulpturen von
Samothrake, an die Ariadne im Vatikan (n. 208) und die Musengruppe,
in der man ein Werk des rhodischen Künstlers Philiskos erkannt hat
(vgl. auch n. 8 u. 194). Charakteristisch ist es auch, daß die Figur
augenscheinlich auf eine bestimmte Beleuchtung berechnet ist (im
Museum ist sie falsch beleuchtet; die Hauptlichtquelle müßte auf der
r. Seite der Statue sein; bei der jetzigen Aufstellung werden die am
wenigsten fein ausgeführten Teile des Chiton auf dem r. Beine am
stärksten beleuchtet, die außerordentlich wirkungsvollen Schatten-
züge neben dem r. Beine aufgehoben, dagegen das Gesicht fast voll-
kommen in Schatten gestellt). Gegen die Originalität der Arbeit hat
man auch die Politur der Füße geltend gemacht, obwohl wir am Hermes
des Praxiteles in Olympia gesehen haben, wie weit man mit diesem
Verfahren schon in den besten Zeiten gegangen ist. Auch wäre es
möglich, daß der Künstler versucht hätte, auf diese Weise den
leuchtenden Glanz des kostbareren Marmors, in dem die Büste und
der r. Arm gearbeitet sind, an dem geringeren Materiale zu ersetzen.
Die Plinthe der Figur ist ringsum unregelmäßig zugeschnitten und
mit rauher Anschlußfläohe unten und glatter Stoßkante oben ver-
sehen, woraus wir schließen können, daß sie ursprünglich in eine
größere Basis eingesetzt war, deren Oberfläche zweifellos parallel
zu der Vorderkante der Plinthe verlief. Es ist nun die Frage aufge-
taucht, ob die Figur auf dieser Basis allein gestanden habe. Die aus-
gesprochene Bewegung der Dargestellten auf ein Ziel zu ihrer Linken
hin, das Reliefmäßige der Komposition wäre in hellenistischer Zeit bei
einer Einzelfigur ein Unikum. Die Statue ist durchaus auf ihre Vor-
deransicht berechnet. Einzig in dieser verschwindet der Fehler im An-
schluß der Büste an das Gewand auf der 1. Schulter; die ganze Rück-
144 DAS THERMENMUSEUM. 1362.
seite der Figur ist nur angelegt, der Rücken so unnatürlich gewölbt,
daß die beiden Profilansiohten der Statue häßlich wirken. Auch der 1.
Oberarm sollte augenscheinlich nicht allzu deutlich sichtbar werden.
Ergänzt man nun ferner den 1. Unterarm mit dem Teller, so ergibt sich
unter diesem stark und recht unvermittelt ausladenden Teile der
Komposition eine bedenkliche Leere, ein Umstand, der zu der An-
nahme führt, daß einstmals irgendein Gegenstand diese Lücke ausge-
füllt haben müsse. Beobachtet man endlich die Arbeit an dem 1. Fuße
genau, so bemerkt man, daß hinter seiner Ferse der Marmor in einer
Breite von 1 cm stehen gelassen ist. Technische Schwierigkeiten
können an der Entfernung dieses Stückes nicht gehindert haben; der
Künstler wird es vielmehr haben stehen lassen, weil es in der Haupt-
ansicht der Statue nicht gesehen wurde. Nun verschwindet es den
Augen aber erst, wenn der Betrachter etwas rechtehin tritt, d. h. sich
gerade vor den Punkt stellt, wo wir den verlorenen Gegenstand unter
dem Teller angenommen haben. Die Frage danach, was für ein Gegen-
stand dies gewesen sein könne, hängt mit der Deutung der Figur zu-
sammen.
Mädchen mit derartigen Tellern oder Schüsseln, auf denen wir im-
mer neben Zweigen allerlei Opfergeräte, wie hier, bemerken, finden
wir oft in Darstellungen heiliger Handlungen; sie ministrieren neben
Priester oder Priesterin (man vgl. hierselbst n. 1461). Ein derartiges
Mädchen haben wir auch hier vor uns: Sie gehört dem dienenden Stande
an; daher der kräftige Wuchs des Landmädchens, daher fehlt ihr auch
der Kranz. Hiernach dürfen wir es als möglich annehmen, daß sich
unterhalb des Tellers ein Altar oder Opfertisch befunden habe; auch
könnten sonstige Figuren die Darstellung rechtshin fortgesetzt haben.
Aber zu einem irgendwie sicheren Schlüsse fehlt jeglicher Anhalt.
Es würde zu weit führen, wenn wir an dieser Stelle auf alle ab-
weichenden Deutungen der Statue eingehen wollten. Unerwähnt aber
darf nicht bleiben, daß namhafte Gelehrte und Künstler die Figur für
männlich erklärt haben, hauptsächlich in Rücksicht auf den außer-
ordentlich kräftigen hohen Wuchs des Körpers, die flache Bildung der
Brust und die in gewissen Ansichten des Kopfes knabenhaft wirken-
den Züge des Gesichtes. Mögen wir auch all diese Beobachtungen als
zutreffend anerkenren, so ist dagegen die durchaus weibliche Breite
der Hüften geltend zu machen, die Bildung des Halses mit dem Venus-
kollier und die für das weibliche Geschlecht charakteristische weich-
liche Form des Fußgelenkes im Gegensatze zu dem schlankeren, seh-
nigeren, beweglicheren Fußgelenk der Knaben und Jünglinge. Es
gibt gewiß auch männliche Gestalten mit breiten Hüften und einer
weiblich vollen Bildung des Halses, aber es dürfte sich in solchen
Fällen meist um Ausnahmstypen handeln, deren Wuchs dann auch im
allgemeinen die Anzeichen eff emulierter Weichlichkeit tragen wird,
OBERES STOCKWERK. »145
wahrend sich an weiblichen Individuen, auch wenn ihr Körper un-
gewöhnlich kräftig ausgebildet wird, diese Eigentümlichkeiten nicht zu
verlieren ptlegen, dagegen eine schwach entwickelte Brust gerade bei so
jungen Wesen, wie dem Mädchen von Anzio, nichts Ungewöhnliches dar-
stellt. Man hat auf einige antike Kultgebräuche hingewiesen, denen
zufolge Knaben als Mädchen verkleidet bei heiligen Handlungen
funktionierten, und zwei Vasenbilder herangezogen, auf denen solche
Knaben gemalt sind. Da erkennt man nun, was im Grunde selbstver-
ständlich ist, daß die Knaben Perücken trugen und sehr vollständig
vermummt waren. Beides trifft auf unsere Statue nicht zu, bei der
zudem, wie letzthin ein Gelehrter mit Reoht betont hat, die knaben-
haften Elemente nur in den Ansichten hervortreten, auf die der
Künstler seine Komposition nicht berechnet hatte.
Die Figur ist — abgesehen von den Urteilen, nach denen sie
ganz oder teilweise eine Arbeit der römischen Kaiserzeit wäre, — dem
Leochares, dem Praxiteles, einem Schüler des Lysippos oder einem
Meister der beginnenden hellenistischen Epoche zugeschrieben worden.
Von diesen Zuteilungen beruhte die an Leochares auf sehr unvollkom-
mener Kenntnis der Statue und sehr allgemeinen Gesichtspunkten;
sie läßt sich angesichts der Werke, die wir mit Wahrscheinlichkeit dem
Leochares zuschreiben können (n. 157; 386; 986), nicht festhalten.
Praxitelische Züge sind in der Stirn- und Augenbildung wie in der ef-
fektvollen Wiedergabe der Gewandmotive unverkennbar; ebenso ent-
schieden aber widersprechen die etwas massiveForm des Untergesichtes
und der lebhafte Rhythmus, der die ganze Darstellung beherrscht, der
Rückführung auf Praxiteles selbst, dessen Gebüde sich augenscheinlich
bis in die spätesten Zeiten seines Lebens durch größere Zartheit und
ruhigere Haltung ausgezeichnet haben. Der Vorschlag, die Figur mit
der epithyusa des Phanis, eines Schülers des Lysippos, zu identifi-
zieren, läßt sich nur unter der bedenklichen Vorraussetzung halten,
daß die erhaltene Statue eine Kopie naoh Bronze sei, denn jenes Werk
des Phanis ist im 34. Buche des Plinius überliefert, in dem ausschließ-
lich von der Kunst der Bronzebildner gehandelt wird. Aber in dem
Übergreifendes r. Armes, in dem feinen Naturalismus, den die Bildung
der 1. Schulter verrät, und in dem weiten beweglichen Standmotiv
hat man sicher mit Recht Spuren lysippischer Kunst gefunden.
Von allen Werken, die man bisher mit dem Mädchen von Anzio
in Beziehung gesetzt hat, sind nur zwei schlagend ähnlich: vor allem
der bogenspannende Eros (n. 776), dann der Satyr mit der Querflöte
(n. 12; 1389; 1390). An beiden vergleiche man die Gesichtszüge,
am Eros auch die Haarbehandlung, das Motiv des Übergreifens und
die Bildung der Schulter, sowie die Stellung, an dem Satyr noch
die entblößte Schulter mit dem umgebenden Fell. Sehr ähnUoh sind in
den Gesichtszügen auch der Apollon von Kyrene in London (vgl. n.
Heibig: Führer. II. 3. Aufl. 10
146 DAS THERMENMUSEUM. 1353
860), bei dem auch die untere Saumlinie des Mantels zu vergleichen
ist, und der Dionysos aus Tralles in Konstantinopel. Für das Motiv
des Übergreifens hat man außer an den Eros an die Venus von Capua
erinnert (vgl. n. 1918), bei der auch das Motiv des einen entblößten
Fußes und die charakteristische Schwingung der unteren Saumlinie
am Mantel wiederkehrt. Andrerseits sind die Gesichtszüge der
Venus von denen jener anderen Werke verschieden ; aber es ist doch
klar, daß wir uns hier vor einer Reihe von Schöpfungen befinden, die in
engem Schulzusammenhange entstanden sind. Man erinnere sich nun
unserer Bemerkungen zu n. 776 und 1063 — 66. Danach wäre es nicht
unmöglich, daß wir als Meister dieser Gruppe die Söhne des Praxiteles,
Timarchos und Kephisodotos, erkennen dürften, in deren Werken
sich die Erbschaft der väterlichen Kunst mit lysippisohen Einflüssen
gekreuzt hätte.
Notizie d. scavi 1870 T. I p. 16; 116. 8. Reinach repertoire de la etat. II 2 p. 660
n. 4; III p. 193 n. 6. Klein praxitelische Studien p. 39 ff. Fig. 12, 13. Jahreshefte d.
österr. arch. Instituts IV 1903 T. VII p. 186 ff. (Altmann). Brunn-Bruckmann Denk-
mäler n. 683, 684 (Text von Amelung). Bollettino d'arte I n. 6, Maggio 1907 p. 113 ff.
mit Abb. (Della Seta). Emporium XXVI, Agosto 1907 p. 87 ff. mit Abb. CLöwy).
Münchener Jahrbach 1907 II p. 1 ff. mit 2 Tafeln u. 4 Abb. (Furtwängler). Kunstwart
XXIII 5 (München 1909) p. 356 ff. mit 2 Tafeln (Klein). Bullettino comunale XXXVH
1909 T. VIII— XI p. 167 ff. (Mariani). Die Woche XII, 15. Januar 1910 p. 85 ff. mit
Abb. (Hartwig). Fregni la fanciulta d'Anzio (Modena 1910) p. 1 ff. (mit 1 Tafel). Journal
international d'archeol. numismatique XII 1909—10 T. III— XIII p. 209 ff. mit voll-
standiger Bibliographie (auch alle Aufsätze in Tageszeitungen sind zitiert) auf p. 210 ff.
(Svoronos). The Burlington Magazine XVIII, November 1910 p. 71 ff. mit Abb. (Strong);
XIX 1911 p. 13 ff. mit Abb. (Löwy). Bruckmann Wandbilder alter Plastik XV
(erläuternder Text von E. Buschor). Petersen von alten Born4 p. 166 ff. Abb.
131. Bulle der schöne Mensch. (2. Aufl.) T. 186. Vgl. Revue des gtudes grecques
1905 p. 119. Sitzungsber. d. Kgl. bayer. Akad. d. Wissensch. pbil.-bist. Kl. 1906
p. 388 Anm. 1. Bevue archeologique 1907 II p. 349. Ausonia III 1909 p. 133. Lan-
ciani wandering in the roman campagna p. 333 f. Bevue de( lart anc. et mod. 1909 p
451 ff. Gazette des beaux arts 1910 I p. 84 ff. Bollettino d'arte IV n. 2, Febbraio
1910 p. 41 ff. Ausonia IV 1910 p. 113 ff. Comptes rendus de l'Acad. des inscript.
et belles-lettres 1910 p. 40 ff. — Die Giebelfiguren von Samothrake: Conze-Hauser-
Niemann Untersuchungen auf Samothrake I T. 35 — 40 p. 24. Vollständige Abbil-
dung des Dionysos von Tralles bei Winter Kunstgeschichte in Bildern I T. 73, 6.
Zimmer V (an den Korridor I anstoßend).
1353 Kopflose Statue eines nackten Epheben.
Gefunden 1884 in der Villa des Nero bei Subiaco. Der r. Oberarm
war gebrochen. Der Vermutung, daß eine bei derselben Ausgrabung ge-
fundene 1. Hand, die einen riemen- oder bindenartigen Gegenstand halt,
zu unserer Statue gehört habe, widerspricht die Verschiedenheit der Aus-
führung. An dieser Hand sind die Baspelstriche stehen geblieben, die
der Bildhauer an dem Körper durchweg getilgt hat.
Das Motiv der Statue ist in der Hauptsache klar: Der Jüngling
hemmt die Bewegung nach vorwärts, in der er bisher begriffen war, in-
dem er die r. Sohle fest auf den Boden setzt. Auf das 1. Knie nieder-
stürzend, aber dabei in der Schwebe verharrend, macht er mit dem
ganzen Oberkörper eine Drehung nach seiner Rechten. Von den Ar-
men ist der r. erhoben, aber ohne irgendwelche Anspannung der Mus-
keln, die auf eine Anstrengung schließen ließe. Das erhaltene Schulter-
OBERES STOCKWERK. 147
stück beweist, daß der 1. Arm abwärts reichte. Vermutlich war er ge-
bogen und unweit des Handgelenkes durch eine Stütze, deren Bruch-
stelle auf der inneren Seite des r. Knies sichtbar ist, mit dem r. Beine
verbunden. Der Kopf war, nach dem erhaltenen Ansätze des Halses
zu schließen, nach derselben Seite wie der Oberkörper, aber noch stär-
ker als dieser gedreht und emporgewendet» Augenscheinlich folgte
also der Blick der Richtung des r» Armes» In der unebenen Oberfläche
der Plinthe hat man die vom Winde gekräuselte Oberfläche einer
Quelle erkennen wollen. Doch entspricht diese Behandlung vielmehr
dem Charakter /eines lockeren sandigen Bodens, dem heftiger Wind
oder vielfaches Begehen jene wellige Oberfläche gegeben hat. Auch
ist zu beachten, daß der Bildhauer die Stütze des r* Beines so gestaltet
hat, daß wir darin einen Baumstamm erkennen dürfen» obwohl sie als
solcher nicht durch Ast oder Rinde realistisch charakterisiert ist.
Die Statue ist für einen Kiobiden erklärt worden, für einen Wett-
läufer, der in dem archaischen Schema des sogenannten Knielaufes
dargestellt sei, für einen Jüngling» der eine Schleuder oder eine
Wurfsohlinge (Lasso) handhabe —* beide Vermutungen ausgehend
von der Vorraussetzung, daß die an derselben Stelle gefundene L
Hand zu dem Körper gehöre — ', für Hylas, der, um Wasser zu
schöpfen, den Krug am 1. Knie halte und sich erschreckt aufrichte»
als er sich der Anziehungskraft des verräterischen Elementes bewußt
wird, für einen Ballspieler, endlich für Ganymed, der dem drohend
niederstürzenden Adler auszuweichen suche. Doch stoßen alle diese
Deutungen auf Schwierigkeiten. Zu dem erhaltenen Tatbestande der
Statue stimmt vielleicht am besten die Vermutung, nach der ein
Ballspieler dargestellt wäre, der einem ihm zugeschleuderten Ball nach-
gelaufen* ist und ihn mit der erhobenen Rechten auffängt. Dabei
würde sieh auch die starke Hebung des Kopfes und die Drehung des
r. Armes erklären, die wir aus der Stellung des Ellenbogens entneh-
men müssen» Aber zu anderem als au einer Möglichkeit der richtigen
Lösung gelangen wir auch bei dieser Annahme nicht. Die Deutung auf
Ganymed muß damit rechnen» daß es dem Beschauer überlassen blieb»
den Adler in seiner Phantasie bu ergänzen; auch scheint es unmög-
lich, der Rechten bei der starken Drehung des Armes den Gestus der
Abwehr zu geben.
Daß die Oberfläche der Plinthe nicht als Wasserfläche zu verstehen
ist, wurde schon erwähnt; auf dieser Annahme aber beruht die Deut-
ung auf Hylas, dessen Füße doch auch in das Wasser einsinken müß-
ten. Zudem richtet sich die ganzeBswegung der Figur einer von oben
wirkenden Ursache entgegen, während Hylas von den Nymphen des
Wassers niedergezogen wird. Die Erklärung, daß der Jüngling ein Nio-
bide sei, hat man vor einigen Jahren aufs neue durch eine Zusammen-
stellung mit der Niobide im Vatikan (n. 13) zu stützen gesucht. Auch
10*
148 DAS THERMENMUSEUM. 1368.
bei dieser Deutung wäre es notwendig, die erhobene R. mit abwehren-
der Gebärde zu ergänzen. Jedenfalls ist aber ein stilistischer Zusam-
menhang der Statue mitder Florentiner Niobidengruppe und deren Ori-
ginal vollkommen ausgeschlossen. Was den Gliedern dieser Gruppe
ihr eigentümliches Gepräge gibt, ist das prinzipielle Vermeiden aller
Motive mit komplizierter Drehung und Wendung, auf die es dem
Künstler der Jünglingsstatue augenscheinlich vor allem ankam, und
im Gegensatze zu dieser mit ihrer weichen Fülle eine magere Trocken-
heit der Formen.
Wer in dem Jüngling einen Niobiden sehen will, muß annehmen,
daß sich ein Kunstkenner — in diesem Falle also Nero — die Figur
nach einem ursprünglich in den Verband einer großen Gruppe einge-
gliederten Originale habe kopieren lassen, denn mit ihrer ringsum pro-
filierten Plinthe konnte die Statue natürlich nicht mit anderen grup-
piert werden. Wir hätten denselben Fall anzunehmen, wie für die va-
tikanische Niobide, die übrigens auch wegen des besonderen vorsprin-
genden Sockels für den einen Fuß zu vergleichen ist. Jedenfalls also
hat für diese Erklärung die Frage, ob Kopie oder Original, entscheidende
Wichtigkeit, während sie für die vorher erwogenen Deutungen gleich-
gültig ist. So frisch und zart nun auch die Ausführung der Statue ist,
bestimmte Anzeichen sind dafür beweisend, daß wir in ihr kein Ori-
ginal vor uns haben, sondern ein Werk, das uns allerdings eine über-
raschende Vorstellung davon gibt, bis zu welchem Grade der Vortreff-
lichkeit sich gelegentlich auch ein Kopist aufzuschwingen vermochte
(vgl. n. 23 u. 1341). Schon die Profilierung der Plinthe spricht gegen
original-griechische Arbeit (das Profil stimmt nicht mit demjenigen
überein, das man an einigen pergamenisohen Skulpturen findet, die
aber auch nur Kopien sind; vgl. n. 166), und nicht das geringste An-
zeichen läßt darauf schließen, daß man das Profil etwa nachträglich
aus dem Rande der Plinthe herausgemeißelt hätte. Ferner machen die
beiden Stützen den Eindruck der üblichen Kopistenbehelfe; zudem
sieht man deutlich, daß der Stamm erst zu dick geraten war und, nach-
dem man die ganze Statue sohon poliert hatte, nachträglich noch ver-
schmälert worden ist, wobei man sich nicht die Mühe gab, die Politur
— nicht einmal am Boden — nachzuholen. Gewisse Flauheiten in der
Bildung des Bauches und der Hautfalten dürften auoh eher für Ko-
pistenarbeit, als etwa für die Entstehungszeit des Originals bezeichnend
sein. Denkt man nun die beiden Stützen fort, so erkennt man sofort,
daß die Komposition augenscheinlich nicht für die Ausführung in Mar-
mor, sondern für Bronze geschaffen ist. Auch das ist zunächst be-
fremdlich, da an der Statue, wie sie hier vor uns steht, gerade die
Wirkung des Materiales so außerordentlich stark ist. Aber es fehlt nicht
an antiken Bronzen oder sicheren Kopien nach Bronzestatuen, an denen
die Körperformen ebenso weich und seh wellend gebildet sind wie hier;
OBERES STOCKWERK. 149
man erinnere sich vor allem des Hypnos. Aach auf ein Bronzeoriginal,
aber auf ein Werk des 5. Jahrhunderts v. Chr., eine Schöpf ungdes Pytha-
goras von Rhegion, ist die Statue von dem Gelehrten zurückgeführt
worden, der in ihr einen Wettläufer erblicken wollte und behauptete,
in dem eigenartigen Motive der Figur sei das archaische Schema des
sogenannten Knielaufes in seiner jüngsten Form zu erkennen. Man
hat diese Ansicht mit vollem Rechte abgewiesen; ein Künstler des 5,
Jahrhunderts hätte dem Oberkörper niemals diese komplizierte, die
Flächen auflösende Drehung gegeben, ganz abgesehen davon, daß wir
eine durchgreifende Umstüisierung der einzelnen Formen im Sinne der
frühhellenistischen Zeit annehmen müßten, Das Motiv der Statue
recht zu verstehen, kann uns freilich der Vergleich mit einer Schöp-
fung des 5. Jahrhunderts dienen — auch in diesem Falle handelt es
sich um ein Unterbrechen des Laufes durch plötzliches Einknicken der
Beine — , der Vergleich mit der Niobide in Mailand, aber man wird auch
die fundamentale Verschiedenheit in der Art, wie das Motiv in beiden
Fällen gefaßt ist, nicht verkennen. Der Eindruck des Archaischen
kann überhaupt nur bestehen, solange man die Figur einzig im Profil
von links betrachtet. Es ist aber sehr die Frage, ob der Künstler sie in
erster Linie für diese Ansicht berechnet hat, bei der nicht nur die große
viereckige Leere zwischen den Beinen, der parallele Verlauf der Linien
im unteren Teile der Komposition, die ungleiche Länge der Beine und
die lange, gerade in dieser Ansicht ausdruckslose Bückenlinie uner-
freulich wirken, zumal diese Ansicht auch darin stiefmütterlich behan-
delt war, daß sioh der Kopf entschieden nach der entgegengesetzten
Seite wendete. Ebensowenig konnte die andere Profilansicht die
Hauptansicht sein. All diese Mängel aber verschwinden, wenn man
die Statue von der vorderen Schmalseite aus betrachtet. Von hier
aus stellt sich die Komposition geschlossen, ausgefüllt und von wunder-
vollen Konturen umgeben dar, und der Anblick des Gesichtes war
von hier aus fast unverkürzt.
Antike Denkmäler herausg. vom arch. Institut I T. 56. Brunn-Bruckmann Denk-
mäler n. 249. Winter Kunstgeschichte in Bildern I T. LX 2. Jahrbuch d. arch. Inst.
X 1805 T. 1 p. 46 ff. Fig. 1. Collignon histoire de la sculpture grecque II p. 361 Fig. 184.
Revue archeologique, 3. serie, tome XXXI 1897 p. 265 — 290 (Abbildung auf p. 281).
S. Reinach repertoire de la stat. II 2 p. 419 n. 7. Neue Jahrbücher f. Philologie IX
1902 I T. I p. 427 ff. Ausonia 1 1906 p. 21 ff. Fig. 1. Petersen vom alten Rom4 p. 164 ff.
Abb. 130. Bulle der schöne Mensch* T. 92, 93 p. 180 ff. Löwy griech. Plastik T. 108,
195 p. 88 f., 117. Vgl. Notizie degli scavi 1884 p. 426—427. Romische Mitteilungen VI
1891 p. 238. Jahrbuch d. arch. Inst. XI 1896 p. 11 ff., p. 197 (die zugleich mit der Sta-
tue gefundene 1. Hand ist hier p. 207 Fig. 1 abgebildet). Hermes XXXV 1900 p. 31
Anm. 3. Revue archeologique 4. sene I 1903 p. 76 f. Jahreshefte d. österr. arch. Inst.
IX 1906 p. 273 f. Vgl. die Literaturangabe in der Revue archeologique XXXI 1897
p. 265 note 5. — Über das sogen. Knielaufschema vgl. zuletzt Münchener archäol.
Studien dem And. Ad. Furtwänglers dargebr. (München 1909) p. 249 ff. (insbes. p. 257).
— Eine Bronzefigur mit ebenso weicher Formengebung wie der Jüngl. v. Subiaco ist
der Hypnos in Berlin: Kekule von Stradonitz die griech. Skulptur p. 266 ff. mit Abb.
150 DAS THEBMENMUSEÜM. .1364— 1366.
1354 (603) SUtuenfragment, Kopf eines sterbenden Persers.
Gefunden um 1867 auf dem Palatin.
Da die auf dem Hinterkopfe vorhandenen Ansatzspuren nur von
einer Plinthe herrühren können, haben wir anzunehmen, daß dieser
Kopf zu einer Figur gehörte, die liegend dargestellt war. Und in der
Tat wirkt er viel nachdrücklicher, wenn man ihn in eine horizontale
Richtung bringt und von oben betrachtet. Der Gesichtstypus und die
das Haupt bedeckende Tiara deuten auf einen Perser. Der Prozeß des
Sterbens ist in meisterhafter Weise vergegenwärtigt. Die Augen sind
bereits halb geschlossen und die Stirnmuskeln konvulsivisch verzogen;
der geöffnete Mund scheint soeben den letzten Odem auszuhauchen.
Der Marmor ist derjenige, dessen sich die pergamenischen Bildhauer
bedienten (vgl. n. 884). In der Auffassung und in dem Stile, be-
sonders in der Behandlungsweise der Haare, bekundet der Kopf eine
enge Verwandtschaft mit den von diesen Bildhauern geschaffenen
Barbarentypen (n. 98, 884, 1302). Hiernach spricht alle Wahrschein-
lichkeit dafür, daß die Figur, von der dieser Kopf herrührt, in einem
pergamenischen Atelier gearbeitet ist. Wir hätten eine große Darstel-
lung des Kampfes der Athener mit den Persern, den großen Gruppen
des Gallierkampfes entsprechend, anzunehmen, ebenso wie in dem
Weihgeschenke des Attalos auf der athenischen Akropolis beide Käm-
pfe in kleinen Figuren nebeneinander dargestellt waren (vgl. n. 372).
Winter Kunstgeschichte in Bildern I T. 70, 2. Vgl. Bull. dell'Inst. 1867 p. 140.
Ann. dell' Inst. 1871 p. 238 not. 31. Matz-Duhn zerstr. Bildw. in Born I p. 349 n. 1190.
Berl. philol. Wochenschrift 1896 p. 945.
1355 (1194) Kop! eines schlafenden Mädchens.
Gefunden in der Villa des Nero bei Subiaco in demselben Räume
wie n. 1353.
Die Statue, von der dieser vortrefflich ausgeführte Kopf herrührt,
gehörte zu der Gattung von bildlichen Darstellungen, die von den an-
tiken Kunstkritikern als die „Ruhenden" {dva7tav6(ievai) bezeich-
net wurden (vgl. n. 1184). Der Stil deutet auf ein Vorbild ungefähr
aus der Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr. Die Vertiefung, die der an-
tike Bildhauer an der r. Seite des Kopfes angebracht hat, war augen-
scheinlich zur Anfügung der r. Hand bestimmt, die das Mädchen, wie
es häufig bei derartigen ruhenden Figuren der Fall ist, auf den Kopf
gelegt hielt und die der Künstler zusammen mit dem Arme aus einem
besonderen Stück Marmor gearbeitet hatte. Da keine bezeichnenden
Attribute vorhanden sind, müssen wir auf eine bestimmte Deutung
verzichten, doch scheint die das Haar umgebende Binde eher auf eine
mythische als auf eine Genrefigur hinzuweisen (Nymphe, Ariadne ?).
Die Vermutung, daß wir es mit einer Kopie nach der sterbenden lo-
kaste des Silanion zu tun hätten, ist abzulehnen (vgl. n. 261, 272). Man
OBERES STOCKWERK. 151
erkennt deutlich, daß der Bildhauer keine Sterbende, sondern eine
Schlafende darstellen wollte.
Notizie d. scavi 1884 p. 427. Jahrbuch d. arch. Inst. V 1889 p. 167 Anm. 77.
1356 (1080) Stüeke Ton Wanddekorationen.
Sie stammen aus einem oblongen Saale des bei der Farnesina ent-
deckten Hauses (vgl. die Vorbemerkungen zu n. 1327 — 1332; der Saal
ist auf dem Plane des Hauses mit 3 bezeichnet). Über die ursprüngliche
Anordnung: Bendiconti delT acc. dei Lincei VI 1897 p. 44 f.
Auf den schwarzen Feldern des unteren Teiles der Wand waren
mit vorwiegend gelber Farbe flüchtig ausgeführte Landschaften ägyp-
tisch-hellenistischen Stiles gemalt, die jetzt fast vollständig verblichen
sind. Jßesser erhalten ist der Fries, der sich am oberen Rande der
Wand entlang zieht und eine Reihe von Gerichtsszenen darstellt. Der
Richter erscheint jedesmal als ein Mann könighohen Aussehens, der
ein Zepter in Händen auf einem erhöhten Sessel sitzt und neben dem
ein oder mehrere Trabanten stehen, während sich vor ihm die Ange-
klagten oder die streitenden Parteien bewegen. Da mancherlei an den
Trachten der Figuren einen entschieden ägyptisohen Charakter zeigt,
die Statue, einer liegenden Sphinx, der eine Mauer als Basis dient, auf
das Niltal hinweist und die charaktervolle Häßlichkeit, mit der die
Typen der gemeinen Leute wiedergegeben sind, einer bezeichnenden
Richtung der alexandrinischen Kunst entspricht, so dürfen wir an-
nehmen, daß dieser Zyklus in Alexandria erfunden ist. Wie bei den
Hebräern der weise Salomo, galt bei den Ägyptern der König Bok-
choris (735 — 728 v. Chr.) für das Ideal eines klugen Richters; er blieb
bis tief in die römische Kaiserzeit hinein eine populäre Figur und wur-
de noch zur Zeit Hadrians von einem alexandrinischen Dichter Pan-
krates durch ein Epos verherrlicht. Hiernach scheint die Vermutung
nicht zu kühn, daß der in Rede stehende Fries eine Reihe von berühm-
ten Rechtssprüchen illustriert, die von der Überlieferung dem Bok-
choris zugeschrieben wurden. Da die antiken Künstler keine archäo-
logischen Studien machten, ist es nicht zu verwundern, daß der alex-
andrinische Maler, der diese Bilder komponierte, nicht das Lokal-
kolorit des 8. Jahrhunderts v. Chr., sondern das seiner eigenen, d. i. der
hellenistischen Zeit zur Darstellung brachte. Einer abweichenden An-
nahme, nach der wir in den Szenen des Frieses vielmehr Illustrationen
der einzelnen Begebnisse eines Romans zu erkennen hätten, ist mit
Recht widersprochen worden. Auch der Versuoh, den Stil der Dar-
stellungen für charakteristisch römisch im Gegensatz zu griechischer
Eigenart zu erklären, hat sich als unhaltbar erwiesen.
Mon. dell' Inst. XI 44 (Ann. 1882 p. 301 ff.) = Lessing-Mau Wand- u. Decken-
schmuck eines röm. Hauses T. 9. Der Fries: Mon. dell' Inst. XI 45—48 (Ann. 1882
p. 309 ff.). Rendiconti dell' acc. dei Lincei VI 1897 T. I, II p. 27 ff. Vgl. Archaol. An-
zeiger XIII 1898 p. 49 f. Hermes XXXVI 1901 p. 364 ff. Festschrift für O. Hirschfeld
p. 259 n. 2 Fig. 2; p. 41 7 ff. Fig. 1. Abhandl. d. phil.-hist. Klasse d. sachs. Gesellach. d.
Wiasensch. XXII 1904 n. IV p. 32 Anm. 44; p. 65 Anm. 144. Eodenwaldt die Kompo-
152 DAS THERMENMUSEUM. 1367—1361.
sition d. pompej. Wandgemälde p. 32 f. Ippel der dritte pompe janische Stil p. 40 ff
Götting. gelehrte Anzeigen 1910 p. 815 f. Rom. Mitteilungen XXVI 1911 p. 98. —
Vgl. auch Hermes XXXIX 1904 p. 146 ff. .
Zimmer VI (vgl. n. 1528 Anm.).
Die in diesem Zimmer aufgestellten Skulpturen — fünf Porträts von Vesta-
linnen — stammen aus dem Atrium Vestae am Nordabhange des Palatins, d. i. aus
dem Hause, das wenige Schritte östlich von dem Rundtempel der Göttin lag und in
dem die sechs Vestalinnen wohnten. Die Konstruktion des Hauses, in dem die Vesta-
linnen wohnten, scheint nach den mit Stempeln versehenen Ziegeln, die dabei zur
Anwendung gekommen sind, wie nach der Baumschrift der daran angebauten Aedi-
cula im wesentlichen der Zeit des Hadrian anzugehören. In dem Hause wurden zahl-
reiche Basen gefunden, deren Inschriften bezeugen, daß darauf Statuen von Vesta-
linnen aufgestellt waren. Keine dieser Inschriften bezieht sich auf eine einfache virgo
vestalis. Vielmehr sind alle Oberinnen (virgo vestaüs maxima) gewidmet. Hiernach
dürfen wir annehmen, daß auch die in demselben Hause entdeckten Statuen und
ursprünglich zu Statuen gehörigen Köpfe von Vestalinnen durchweg Portrats von
Oberinnen waren (vgl. Jordan der Tempel der Vesta und das Haus der Vestalinnen
p. 47; Rheinisches Museum n. F. LI 1896 p. 283. Americ. Journal of archaeology XII
1908 p. 324 ff). Leider sind wir außer stände, die einzelnen Exemplare zu bestimmten
Basen in Beziehung zu setzen. Von den Basen gehören nach den darauf angebrachten
Inschriften nur zwei der früheren Kaiserzeit, alle übrigen dem dritten und vierten
Jahrhundert n. Ohr. an. Hiermit stimmt auch der Stil der Vestalinnenportr&ts, der
fast durchweg auf die Zeit des Septimins Severus oder Garacalla hinweist. Eine sichere
Ausnahme hiervon bildet nur der Kopf n. 1360, der des plastischen Ausdruckes der
Augensterne wie der Brauen entbehrt. Er unterscheidet sich von den sonstigen Vesta-
linnenporträts auch dadurch, daß die den Schädel umgebende Binde über der Stirn
stark emporgezogen ist und somit in der Vorderansicht ein Motiv zeigt, das an ein
aufrechtstehendes Dreieck erinnert. Wir begegnen einer ähnlichen Anordnung des
Haares an einer in Florenz befindlichen Vestalinnenbüste, die man, nach Büstenform
und Arbeit, hadrianischer Zeit zuschreiben kann (Amelung Führer p. 36 n. 50). Außer-
dem scheint die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß die Statue n. 1357 noch in
die Zeit der Antonine hinaufreicht. Nach alledem dürfen wir vermuten, daß der Ge-
brauch, die Oberinnen der Vestalinnen durch Statuen zu ehren, erst unter der Regie-
rung des Septimius Severus häufiger wurde, eine Tatsache, die vermutlich mit dem
damals unternommenen Neubau des Vestatempels in Zusammenhang stand. Diese
Oberinnen erscheinen in ihren Porträts als übellaunige alte Jungfern, die in den vier-
ziger oder fünfziger Jahren stehen. Die verschiedenen Nuancen Ihres Gesichtsaus-
druckes finden reichliche Analogien in den Physiognomien moderner Nonnen, die einer
strengen Klausur unterliegen. Die Hände wie deren Attribute sind an sämtlichen
Statuen verloren. Da wir in der Regel wahrnehmen, daß der 1. Vorderarm vorgestreckt
war, so muß die 1. Hand einen Gegenstand, vermutlich eine Weihrauchschachtel
(acerra), gehalten haben. Wo der r. Arm gesenkt ist, liegt es nahe, als Attribut der
Hand eine Schale anzunehmen. Wie es scheint, war die Amtstracht der Vestalinnen
ursprünglich dieselbe wie die Hochzeitstracht der Bräute während einer primitiven
Phase der römischen Entwicklung. Doch zeigen die erhaltenen Statuen nur wenige
der Eigentümlichkeiten, die von den Schriftstellern als bezeichnend für die Tracht
der Vestalinnen erwähnt werden — - eine Tatsache, die daraus zu erklären ist, daß die
damalige Plastik sich bei derartigen Aufgaben zu sehr an die Nachahmung griechischer
Muster gebunden hielt.
Die Köpfe der Vestalinnen sind durchweg mit einer, wie es scheint, aus Wolle ge-
arbeiteten Binde ausgestattet, die in der Regel sechs- und nur ausnahmsweise fünf-
(n. 1243) oder viermal um den Schädel gewunden ist und deren lose Enden auf die
Schultern herabhängen. Da die Zahl der Windungen fast durchweg sechs beträgt-,
hat ein Gelehrter diese Binde zu den sechs Haarsträhnen (sex crines) in Beziehung
gesetzt, die für die altrömischen Bräute wie für die Vestalinnen vorgeschrieben waren,
und vermutet, daß im Laufe der Zeit die altertümliche Anordnung des Haares durch
einen ihr in dekorativer Hinsicht entsprechenden Bindenschmuck ersetzt worden sei
(Jordan in den Aufsätzen Ernst Curtius gewidmet p. 218 ff.; der Tempel der Vesta
p. 47 ff.; hiergegen Rheinisches Museum n. F. LI 1896 p. 286 — 288). Doch haben
wir in dieser Binde vielmehr die infula zu erkennen, die ein ständiges Abzeichen prie-
sterlicher Personen war und demnach notwendig zu den Insignien der Vestalinnen ge-
hörte (vgl. Marquardt-Wissowa römische Staatsverwaltung III p. 180 Anm. 3; Jor-
dan der Tempel der Vesta p. 49). Die sex crines werden dagegen an den erhaltenen
OBERES STOCKWERK. 153
Porträts nur am Hinterkopfe, halb unter den Windungen der infula versteckt, sicht-
bar (Amer. Journ. of arch. a. a. O. p. 341 f.).
Zu der Tracht der Vestalinnen, wenn sie opferten, gehörte ferner das Suffibulum,
ein viereckiges, weißes Tuch mit purpurnem Bande, das, über den Hinterkopf gelegt,
auf die Schultern herabreichte und auf der Brust durch eine Agraffe (fibula) zusam-
mengehalten wurde. Wir begegnen diesemKleidungsstücke in einer der Überlieferung
genau entsprechenden Anordnung an der Statue n. 1357 (vgl. auch Atti deir accad.
pontif. romana di archeologia 1001 p. 67 ff.)- Über die Fußbekleidung der Vesta-
linnen vgl. Archaol. Anzeiger XIX 1904 p. 187.
1357 (639) Der obere Teil der Statue einer Vestalin. '
Das Fragment zeichnet sieh vor allen anderen Darstellungen der
Vestalinnen durch imposante Würde und vornehme Erscheinung aus.
Per verdrießliche Ausdruck, der für die andern Porträts dieser heili-
gen Jungfrauen charakteristisch ist, erscheint hier durch einen Zug
schwermütigen Ernstes gemildert. Über den Hinterkopf fällt das
suffibulum herab. S. oben.
Jordan In den histor. u. philol. AufBatzen Ernst Curtius gewidmet, Vignette zu
p. 211; der Tempel der Vesta T. IX 10 p. 44 f., p. 54. Rhein. Museum n. F. LI 1896
p. 283 Fig. 2. S. Beinach repertoire de la stat. II 2 p. 001 n. 1. Rom. Quartalschrift
XVI (1902) p. 239ff. mit Abb. Americ. Journal of archaeol. XII 1908 p. 340 Fig. 15,
p. 339 u. sonst. Petersen vom alten Rom4 p. 02 Abb. 37. Über den Knoten des Gür-
tels vgl. Wolters zu griechischen Agonen (Würzburg 1901) p. 8.
1358 Kopf einer ältlichen Vestalin.
Ergänzt der vordere Teil der Nase.
Der Ausdruck des Gesichtes bekundet ein eigentümliches Gemisch
von Resignation und übler Laune. Die Binde ist sechsmal um den
Kopf gewunden.
Notizie d. scavi 1883 T. XVni 1, 3 p. 401.
1359 Büste einer Vestalin.
Ergänzt die Nase, das r. Auge, ein Stück der Unterlippe, das Kinn.
Der Kopf war gebrochen.
Die Büste ist besonders wichtig, weü an ihr die Endungen der
infula auf den Schultern und unter diesem Schmuck am Hinterkopfe
die sex crines deutlich zu erkennen sind.
Notizie d. scavi 1883 T. XVIII 10 p. 462. Americ. Journal of archeol. XII 1908
p. 324.
1360 (634) Kopf einer Vestalin.
Ergänzt ein Stück an der Stirn, die Nase, der größte Teil des Kinns
der Hals.
Es ist das älteste Exemplar unter den in diesem Zimmer befind-
lichen Vestalinnenporträts (s. die einleitenden Bemerkungen). Die
Gesichtebildung deutet auf hervorragende Dummheit.
Notizie degli scavi 1883 T. XVIII 2 p. 461. Jordan der Tempel der Vesta T.
XII p. 44, p. 47.
1361 Kopf einer ältlichen Veatalln.
Ergänzt die Käse.
154 DAS THERMENMÜSEÜM. 1862—1868.
Zimmer VII.
1362 (1087) Statu e eines schlafenden Hennaphroditen«
Sie wurde 1879, als man den Grund des Teatro Costanzi grab, in dem
Peristole eines umfangreichen, antiken Privathauses gefunden, dessen
Bauweise auf die Zeit der Antonine deutete und das seitweise dem Gatten
der Julia Maesa und Großvater des Elagabal, Gaius Julius Avitus, gehört
zu haben scheint.
% Der Hermaphrodit ist wollüstig träumend dargestellt. An voll-
ständiger erhaltenen Wiederholungen sehen wir, daß er auf Felsen ge-
bettet lag, über die er unter dem weiten Tuohe, auf dem er ruht,
ein großes Pantherfell gebreitet hatte. Der Künstler dachte ihn sich
also im Bergwalde als Teilnehmer des bakohischen Thiasos nach
üppig durchtobter Festnacht in Schlaf gesunken, nicht auf sohwellen
der Matratze, wie sie der moderne Bildhauer an der Wiederholung in
Villa Borghese (n. 1552) ergänzt hat. Das Haar ist mit einer Agraffe
geschmückt, deren rauh belassene Höhlung offenbar mit Glasfluß ge-
füllt war. Wundervoll ist das Problem der komplizierten und doch
von allen Seiten durchaus klaren und übersichtlichen Komposition
gelöst, bei der jede Einzelheit, so überlegt sie ist, doch nur dem spon-
tanen Ausdruck des Motives zu dienen scheint, wundervoll das Spiel
der begrenzenden Linien. Um den verführerischen Eindruck zu
steigern, ist in der Körperbildung fast ausschließlich das weibliche
Element betont und das zarte Fleisch des Kückens wie des Gefäßes
mit besonderem Raffinement behandelt. Nach all diesen Anzeichen
kann das Original, dem die hiesige Kopie in der empfundenen Bil-
dung selbst nebensächlicher Züge zweiffellos sehr nahe kommt, nicht
vor der hellenistischen Zeit geschaffen sein. Wenn man als solches den
von Plinius (n. h. 34, 80) erwähnten berühmten Hermaphroditen eines
Künstlers Polykles angenommen hat, so scheitert diese Vermutung
daran, daß dieses Werk in Bronze gearbeitet war, während unsere
Figur zweifellos für die Ausführung in Marmor berechnet ist. Man
hat die überlieferte Statue deshalb mit größerem Rechte in einem
stehenden Hermaphroditentypus wieder erkennen, ihren Meister mit
einem an anderer Stelle bei Plinius (34,50) genannten Polykles, einem
Zeitgenossen des älteren Kephisodot, identifizieren wollen. Der Ver-
such, den ein Gelehrter kürzlich gemacht hat, den liegenden Herma-
phroditen trotzdem für einen der beiden hellenistischen Künstler jenes
Namens, von denen wir Kunde haben, in Anspruch zu nehmen und
daraus weitere Schlüsse zu ziehen, schwebt vollkommen in der Luft
(vgl. n. 1326).
Mon. dell' Inst. XI 43 (Ann. 1882 p. 24511.). Brunn-Bruckmann Denkmäler
n. 505. Amelung Führer durch d. Ant. in Florenz p. 92 Abb. 23. S. Beinach repertoire
de la stat. II 1 p. 177 n. 9. Bulle der schöne Mensch (2. Aufl.) T. 179. Vgl. Ko-
scher mythol. Lexikon I 2 p. 2321 f., 2330 ff. Abhandl. d. bayer. Akad. d. Wissensch.
I. Cl. XX B III. Abt. p. 582 ff. Amelung a. a. O. n. 256 Revue aroheologique 1898 I
p. 323 ff. Klein Qeschichte d. griech. Kunst III p. 165 ff. — Augenscheinlich hat
diese Figur des Hermaphroditen dem Haler vorgeschwebt, der im Hause der Vettier
OBERES STOCKWERK. 155
zu Pompei das Bild von der Auffindung der Ariadne zu malen hatte; die Figur der
schlafenden Ariadne entspricht der des Hermaphroditen in den hauptsächlichsten
Zügen (Jahreshefte d. Osten, arch. Inst. XIII 1910 p. 144 Abb. 76).
Man durchschreitet den Korridor VIII und gelangt durch Zimmer
XXII rechts in das
Zimmer IX»
1363 (56039) Fragmentierte Wiederholung deg myronisehen
Diskobolen (vgl. n. 1528 Anm.).
Gefunden im April 1906 auf dem Krongut von Gastel Porziano, dem
Boden des alten Laurentum, unter den Besten einer Villa der römischen
Kaiserzeit. Eine Treppe führte auf der Südseite der Villa in einen kleinen
Garten, in dem nicht weit von der Treppe die Statue aufs Meer hinaus-
blickend auf einer Basis stand, deren erhaltener Kern 42 cm in der Höhe
mißt. Der Kern war mit weißen, 4 cm dicken Marmorplatten verkleidet
(Notizie d. scavi 1906 p. 403 f.). Im Juli 1906 schenkte der König die
Fragmente dem Museum, wo sie zusammengefügt wurden. Ein Frag'
ment des r. Unterschenkels fand sich erst nachträglich und gelangte mit
zwei anderen unbedeutenden Stückchen im Jahre 1910 ebenfalls durch
Schenkung ins Museum. Es konnte den bereits zusammengesetzten Teilen
nicht mehr eingefügt werden, bestätigte aber die Richtigkeit der Zusam-
mensetzung.
In demselben Zimmer findet man einen Abguß vom Kopfe der voll-
ständigsten Kopie des Diskobolen im Palazzo Lancelotti und den Abguß
eines vorzüglich gearbeiteten i\ Armes mit Diskos in der Casa Buona-
rotti zu Florenz. Mit Hilfe dieser Teile und einet Abgusses der Füße,
wie sie sich an einer Eeplik im britischen Museum erhalten haben, wurde
ein Abguß des neugefundenen Fragmentes ergänzt. Um dem Eindruck
des Originales noch näher zu kommen, hat man den Stamm, der nur zur
Stütze des Marmors notwendig ist, entfernt und die Oberfläche bronziert.
Dieser Abguß ist in dem gleichen Zimmer dem Marmor gegenüber auf-
gestellt.
Myron, ein älterer Zeitgenosse des Pheidias, war geboren in der
attisch-boiotischen Grenzstadt Eleutherai, aber den größten Teil seines
Lebens in Athen tatig. Er ging vorzüglioh darauf aus, die menschliche
Gestalt in Momenten zu fixieren, in denen alle Kräfte auf einen
Punkt konzentriert und die Bewegungen aller Körperteile durch diese
Konzentration bestimmt sind. Das Motiv des Diskobolen gibt einen
anschaulichen Begriff von dieser Richtung, die wesentlich dazu bei-
trug, die Gebundenheit des archaischen Stiles zu lösen. Die ganze Be-
wegung des Körpers ist dadurch bedingt, daß der Jüngling den Dis-
kos bis zu dem Punkte zurückgeschwungen hat, von dem aus sofort
der Wurf erfolgen wird. Die Wucht der Scheibe hat den r. Arm auf
das äußerste gestreckt und den ganzen Oberkörper mit dem Kopfe wie
den 1. Arm nach sich gezogen. Da das r. Bein allein das Gewicht des
Körpers trägt, stemmt es sich mit ganzer Sohle und eingekrallten
Zehen fest auf den Boden auf. Noch ein Augenblick — und der r.
Arm beschreibt einen Bogen nach vorn, der Diskos saust dahin und
die Anspannung, die bisher den ganzen Körper beherrschte, schlägt
in das Gegenteil um. Man vergleiche die Ausführungen zu n. 1179.
Von dem Stile des Myron gibt uns das Fragment aus Castel Porziano
eine höhere und reinere Vorstellung, als wir sie bisher aus irgendeiner
156 DAS THERMENMUSEUM. 1364.
der anderen Wiederholungen des Werkes gewinnen konnten (vgl. n.
326). In Übereinstimmung mit den Angaben antiker Schriftsteller
und mit Kopien anderer myronischer Werke (vgl. n. 211 u. 1179) ge-
wahren wir auch an diesem Fragmente neben der hohen Vollendung
und Kraft in der Wiedergabe aller Hauptsachen noch mancherlei
Elemente archaischer Formengebung. Der Kopf der Lancelottischen
Statue einen feinen, aber wenig individualisierten attischen Typus.
Die Statue, von der das neugefundene Fragment stammt, ist im
Altertum einmal restauriert worden. Man erkennt, daß sie an der
statisch am meisten gefährdeten Stelle gebrochen war und daß man
nur einen Teil der ursprünglichen Plinthe, auf dem die Füße fest ge-
blieben waren, beibehielt und diesen in eine neue Plinthe — die jetzt
erhaltene — einließ, mit der man auch das untere Ende des Palm-
stammes ergänzte. Daß diese Plinthe später zugefügt ist, erkennt
man auch an der geringeren Art ihrer Ausführung, die sich von der des
Übrigen wesentlich unterscheidet. Die Untersuchung der Baureste
hat ergeben, daß die Villa, in der die Figur aufgestellt war, in augu-
steischer Zeit erbaut und im 2. Jahrhundert restauriert worden ist. Die
gleichen Daten können wir unbedenklich für Entstehung und Restau-
rierung der Statue annehmen. Man hat darauf hingewiesen, daß die
Wiederholung im Pal. Lancelotti etwas anders ponderiert ist, aber
eine erneute Untersuchung hat ergeben, daß das antike Stück der
Plinthe dort in eine moderne Plinthe eingelassen ist, daß also die Mög-
licHkeit eines Irrtums seitens des modernen Restaurators vorliegt,
während die Statue von Castel Porziano auoh vor der antiken Restau-
ration nicht anders gestanden haben kann, als wie sie jetzt nach der
Zusammensetzung der Fragmente vor uns steht. Es ist demnach an-
gezeigt, ihr und demnach auch der Rekonstruktion in diesem Punkte
volles Vertrauen zu schenken.
Bollettino d'arte 1 1907 I T. I— III p. lff. Zeitschrift f. bild. Kunst 1907 p. 185 ff.
Bulletin des musees royaux ä Bruxelles VI 1907 n. 13 p. 1 ff. Kekule von Stradonitz
die griech. Skulptur* p. 125 f. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 031, 032 (Text von
Bizzo). Bulle der schöne Mensch* T. 97, 98 p. 180 ff. Der Kopf der Statue Lance-
lotti: Brunn-Bruckmann n. 507 (Text von L. Curtius). — Über die Stellung beim
Diskoswurf vgl. zuletzt Jahrbuch d. arch. Inst. XXIII 1908 p. 100.
1364 (1059) Knabenstatue aus Basalt.
Gefunden auf dem Palatin in einem neben dem Tempel des Juppiter
Victor gelegenen Souterrain (Bull, dell' Inst. 1809 p. 07).
Die Figur stellt einen etwa fünfzehnjährigen Knaben dar, dessen
Kopf von einem Reifen umgeben ist. An dem oberen Teile des r.
Oberschenkels ist der Ansatz einer Stütze erhalten, die offenbar dem '
abwärts reichenden r. Arme festen Halt gab. Zwischen der 1. Schulter
und der 1. Brustwarze bemerkt man eine Bruchstelle, deren Band sich
auf der r. Seite über das Fleisch erhebt. Man hat angenommen, sie
rühre von einem Speere her, den der Knabe in der 1. Hand gehalten
OBERES STOCKWERK. 157
habe. Aber sie wäre zu breit für einen so schmalen Gegenstand, den
man zudem bei einer Arbeit in derartig sprödem Materiale zweifellos
aus Holz oder Metall gefertigt haben würde. Besser erklärt sich der
Tatbestand unter der Voraussetzung, daß die Statue einen
jugendlichen Faustkämpfer (nals %vxtr\$) dargestellt habe. Der L
Unterarm wäre zur Parade erhoben gewesen, und der fragliche Bruch
würde von der unmittelbar vor der Brust stehenden Linken herrühren.
Den r. Arm hätten wir uns leicht gebogen und zum Schlage bereit zu den-
ken, so daß die Stütze etwas oberhalb des Handgelenkes in ihn einge-
griffen hätte. Beide Hände wären natürlich mit Schlagriemen (oae-
stus) bewehrt gewesen. Aber es kann nicht geleugnet werden, daß ein
derartiges Motiv, das eine starke innere Spannung bei dem Darge-
stellten voraussetzt, mit dem Eindruck absoluter Ruhe, den wir von
der Figur, so wie sie erhalten ist, empfangen, in unlösbaremWiderspruch
zu stehen scheint. Der Kopist ging darauf aus, ein bronzenes Vorbild
möglichst getreu wiederzugeben. Dieses Streben macht sioh mit beson-
derer Schärfe in der Behandlung der Locken bemerklich, deren Enden
mit stumpfen Spitzen aus der Oberfläche hervortreten und wie ge-
gossen und ziseliert aussehen. Hierdurch war auch die Wahl des Ma-
teriales bestimmt, denn die Farbe des Basaltes erinnert an die einer
schön patinierten Bronze. Jedoch nötigte der spröde Stein den Bild-
hauer dazu, nur die Hauptformen seines Vorbildes wiederzugeben.
Wollen wir einen deutlichen Begriff von dem Kunstcharakter des Typus
gewinnen, den unsere Statue vertritt, so müssen wir einen Bronzekopf
in der Münchener Glyptothek zu Rate ziehen, der durchaus den Ein-
druck einer griechischen Originalarbeit macht und mit demjenigen der
Basaltstatue so eng verwandt ist, daß wir die Schöpfung beider Typen
demselben Künstler oder wenigstens derselben Schule zuschreiben dür-
fen. Der Stil des Münchener Kopfes deutet auf das Ende des 5. Jahr-
hunderts v. Chr. und stellt eine unmittelbare Entwicklung aus dem
polykletischen Stile dar. Ein Gelehrter hat in der Basaltstatue eine
Kopie nach einem Werke des Kallikles von Megara (Paus. VI 7, 9) er-
kennen wollen. Aber wir wissen nicht, ob Kallikles sich dem Kreise
des Polyklet angeschlossen hat; auch wäre er, nach der Ansicht eines
anderen Gelehrten, bereits im Jahre 464 tätig gewesen, also für die
hier behandelten Werke zu alt, der Sikyonier Daidalos, an den man
ebenfalls gedacht hat, dagegen zu jung. Vgl. die folgende Nummer.
Römische Mitteilungen X 1895 T. I p. 97 ff. S. Bemach repertoire de la stat. II
2 p. 550 n. 7. Jahreshefte d. österr. arch. Inst. XIV 1911 p. 731. Abb. 79. Vgl. Matz-
Duhn zerstr. Bildw. in Born I n. 981. Furtwängler Meisterwerke p. 507. Bullettinö
comunale XXXVIII 1910 p. 46 f. — Der Münchener Kopf: Brunn-Bruckmann Denk-
mäler n. 8. Furtwängler 100 Tafeln aus d. Glyptothek p. 95. Furtwängler -Wolters
Beschreibung d. Glyptothek n. 457. Jehreshefte d. österr. arch. Inst. a. a. O. p. 73 f.
Abb. 80, 81. — Über Kallikles: Hermes XXXV 1900 p. 194 f. Hitzig-Blünmer Pau-
sanias II 2 p. 567.
158 DAS THERMENMUSEUM. 1365—1368.
1365 (49598) Kopf eines Knaben ans Basalt.
Der Kopf ist dem der eben beschriebenen Statue stilistisch so ver-
wandt, daß wir sein Original zuversichtlich dem gleichen Künstler
oder doch dem gleichen Atelier zuschreiben dürfen. Auch hier handelt
es sich um eine Kopie nach Bronze, deren Färbung der Kopist mit der
Wahl des Materiales Rechnung getragen hat. Der Dargestellte ist an
den zum Kranz gewundenen Zweigen des wilden Ölbaums als ölvu-
itiovixrig kenntlich.
Bullettino comunale XXXVIII 1910 T. III— IV p. 42ff. Jahreshefte d. österr.
arch. Inst. XIV 19 .1 p. 72 f. Abb. 75, 76 in dieser Arbeit wird der Kopf irrtümlich für
die Wiederholung eines „pheidiasischen," Typus erklärt; die Vergleich ung der Abbil
düngen auf p. 72 genügt, um die Unterschiede beider Typen zu konstatieren). — Über
verwandte Köpfe vgl. Amelung Vatikan-Katalog I p. 624 f. n. 475, II p. 620 n. 407 und
Benndorf-Schöne die Bildw. d. lateran. Museums p. 169 n. 253 (in der Corona tortilis
stecken keine Büschel von Efeublättern, sondern von länglichen schmalen Blättern mit
starker Mittelrippe).
1366 Kopf des Apollon.
Ehemals in den Magazinen des Klosters S. Francesca Romana. Er-
gänzt der Hals.
Der Kopf ist eine leidliche, in der Wiedergabe der Haare recht
sorgfältige Wiederholung des Typus, den wir unter n. 859. besprochen
haben (bekannt unter dem Namen des Omphalos-Apollon).
Bullettino comunale XXXII 1904 T. X p. 309 f.
Fensterwand:
1367 (55051) Kolossalkopf der Athena.
Ehemals in Villa Garpegna an der Via Aurelia. Ergänzt die Nasen-
spitze, ein Teil der Unterlippe, ein großes Stück des Nackenschutzes
und des Haarschopfes auf der 1. Kopfseite. Die Mitte des Stirnschutzes
ist bis auf einen Best am oberen Bande abgemeißelt; doch erkennt man
noch, daß der untere Band in seiner Mitte eine in die Stirne gesenkte
Spitze bildete. Auch hinter beiden Ohren ist ein Stück der Helmkappe
weggemeißelt worden. Stark beschädigt sind die Lider, die Ohren und
die Bänder des Helmes. Die Augen waren besonders gearbeitet und ein-
gesetzt; ebenso die Haare, für deren Befestigung jederseits 6 kleine Löcher
dienten. Die Kleinheit der Löcher spricht dafür, daß die Haare in Metall
gebildet waren; die Augen haben wir uns in verschiedenfarbigen Stein-
materialien, in metallene Wimpern gebettet, vorzustellen. Besonders ge-
arbeitet war auch der obere Teil des Helmes, der mit einem Falz in die
entsprechende Bahn auf der oberen Anschlußfläche eingeschoben und
mittels eines Zapfens befestigt war, der in ein Loch in der Mitte jener
Bahn eingriff. Dieser Teil des Helmes war entweder aus Marmor oder aus
Holz gearbeitet und mit einer Metallhülle bedeckt, auf der dann die drei
großen Helmbüsche befestigt waren; den mittleren werden wir uns in Ver-
bindung mit jenem sichernden Zapfen denken dürfen.
Vgl. über den Typus die Bemerkungen zu n. 70. Unter den Wie-
derholungen des Kopfes nimmt die hiesige eine hervorragende Stelle
ein, da sie am wenigsten glatt gearbeitet ist und ihre Modellierung
nichts durch moderne Überarbeitung an Frische eingebüßt hat. Da sie
zudem fast unergänzt gelassen ist, können wir an ihr die technische
Zurichtung, die augenscheinlich an den anderen Wiederholungen ebenso
vorhanden war, aber fast ganz unter den Ergänzungen versohwunden
OBERES STOCKWERK. 159
ist, ungehindert studieren. In der ersten Publikation des Kopfes
wurde versäumt, auf eine interessante Parallele dieser Zurichtung an
einem Kopfe des athenischen Nationalmuseums hinzuweisen, der al-
len Anzeichen nach von der Kopie eines Goldelfenbeinbildes stammt
(s. unten). Auch für die Athena sprechen viele Anzeichen dafür, daß
ihr Original ein Bild aus Gold und Elfenbein oder doch ein Akrolith
gewesen ist. Wenn man dagegen in letzter Zeit abermals, wie schon
früher, nachzuweisen gesucht hat, das Original sei die bronzene Athena
Promachos auf der Akropolis zu Athen gewesen, so scheitert dieser
Versuch vor allem an der Unmöglichkeit, bei dieser Annahme die be-
sondere und jedesmal gleiche technische Herrichtung der Kopien zu
erklären. Von der Mehrzahl der Gelehrten ist der ausgesprochen phei-
diasische Charakter der Schöpfung anerkannt worden; man vergleiche
den Kopf mit dem von n. 1304 und n. 1922. Nur hat man eingewendet,
der Stil des Köopers entspreche dem der Parthenongiebel, den man
nicht mehr für Pheidias selbst in Anspruch nehmen dürfe ; aber neueste
Forschungen sind doch wieder mit gewichtigen Gründen dafür ein-
getreten, daß der Meister die Vollendung des Parthenon in Athen noch
miterlebt hat, daß wir also durchaus nicht berechtigt sind,' ihn von
der Entwicklung des Stiles auszuschließen, die sich von der Zeit der
Arbeit am Tempelfriese bis zu der Fertigstellung der Giebel vollzogen
hat. Und müßten wir auch die Athena einem Schüler des Pheidias zu-
schreiben, so dürften wir doch über dieses Werk nicht anders urteilen,
als z. B. über den Strategenkopf n. 1033. Auch dort gaben wir die Be-
rechtigung eines Zweifels zu, ob das Original noch von Kresilas selber -
geschaffen sei, betonten aber, daß wir es andernfalls nur einem Schü-
ler zuschreiben könnten, der nichts getan hätte, als auf der Bahn des .
Lehrers diesem ebenbürtig fortzuschreiten.
Jahreshefte des österr. arch. Inst. XI 1908 p. 169 ff. Abb. 58 — 61. Außer der zu i
n. 70 angeführten Literatur: Sprawozdan Akad. Umiejetnosci Wydziatu filol. za mies.
Kwiecien 1911 p. 6 ff. Jahreshefte d. österr. arch. Inst. XIV 1911 p. 38 ff. — Der
athenische Kopf: KaSßaöiag i&vtxbv /uovoeiov p. 153 f. n. 177 u. Stais marbres et
bronces du musee national I p. 24 n. 177 (dem Gesicht ist ein milchiger Ton gegeben, .
um Elfenbein nachzuahmen; die Haare waren vergoldet; die Wimpern sind aus Bronze, .
die Augen aus Knochen, in den eine Iris aus farbigem Stoffe eingesetzt war; der obere
Teil des Kopfes war aufgesetzt; in die erhaltene Anschlußfläche ist eine rechtwinklig
gebrochene Bahn eingehauen; gefunden im Theater des Herodes Atticus). — Über
Pheidias u. Parthenon vgl. zuletzt Köm. Mitteilungen XXIV 1910 p. 271 ff. u. Annales
de la faculte" des lettres de Bordeaux I Ve s6rie, XXXIII 1911, revue des 6tudes anciennes
XIII 2 p. 77 ff. Jahreshefte d. österr. arch. Inst. XIV 1911 p. 35 ff. (der Herausgeber
dieser Auflage des Führers sieht sich gezwungen, dagegen zu protestieren, daß in dieser
Arbeit behauptet wird, er habe den oben besprochenen Typus mit der Lemma des •
Pheidias identifizieren wollen).
1368 (30067) Weiblieber Torso.
Gefunden in Castel Porziano (vgl. n. 1363).
Der Torso stammt von einer griechischen Originalstatue. Über
den Typus vgl. n. 975.
Bollettino d'arte 1907 VII p 17.
160 DAS THERMENMUSEUM. 1869—1374.
1369 (52573) Kopf einer Karyatide.
Gefunden i. J. 1910 an der Piazza dei Cerchi bei S. Maria in Cos-
medin. Die 1. Kopfseite ist vom Wasser abgespült.
Der leider stark verstümmelte Kopf ist deshalb besonders inter-
essant, weil er uns ein neues Zeugnis für das lebhafte Studium gibt, das
man im kaiserlichen Rom den Karyatiden am Erechtheion auf der
athenischen Akropolis gewidmet hat. Er lehrt uns zu gleicher Zeit, wie
man in Rom die griechischen Vorbilder nicht nur kopierte, sondern
auch mehr oder minder frei variierte. Genaue Kopien der Erechtheion-
karyatiden haben wir unter n. 1 u. 107 kennen gelernt. Auch der
Bildhauer der hier besprochenen Skulptur hat von jenen nicht nur
das Motiv genommen; er hat den Kopf nach demjenigen der Karya-
tide, die am Erechtheion in der vorderen Reihe zu dritt von links
gerechnet steht, mit leichter Umsetzung der Gesichtsformen in etwas
jüngeren Stil kopiert, aber den Aufsatz, auf dem das Gebälk ruhte, ver-
ändert. Statt des flachen kapitellartigen Trägers dort sehen wir hier
einen hohen Korb, wie wir ihn sonst in dieser Verwendung nur an
einer männlichen Stützfigur kennen, die von Winckelmann publiziert
wurde, seither aber verschollen ist. Über den Korb ist mit dekora-
tivem Geschick ein Tuch geworfen. Links hinten hat sich ein Ansatz
des Gebälkes erhalten. Die Ausführung ist für eine dekorative Skulp-
tur recht gut und dürfte noch aus der ersten Kaiserzeit stammen.
Bollettino d'arte IV 1910 VIU p. 12 f. Fig. 8. — Die männliche Stützfigur mit
Korb: Winckelmann monum. inediti n. 205; Clarac 438 H, 807 B. — Es ist seltsam,
daß sowohl die beiden unter n. 107 besprochenen Köpfe, wie der hiesige nach der
gleichen Figur am Erechtheion kopiert sind; ja es gibt in Rom noch eine dritte Replik
des gleichen Kopfes, die dem Verfasser erst während des Druckes dieser Auflage des
Führers bekannt geworden ist (in dem der Königin Margherita gehörigen Beste der
Villa Ludovisi: Schreiber die ant. Bildw. der V. L. p. 164). Endlich hat sich bei näherer
Untersuchung herausgestellt, daß auch der Kopf im Giardino Corsini zu Florenz, den
man früher für nächstverwandt mit dem Apoll von Cassel erklärt hat (Arndt-
Amelung Einzel - Aufnahmen n. 320 — 322), nichts anderes als eine etwas
vereinfachte Kopie nach dem Kopfe einer Erechtheion-Karyatide ist, und zwar aber-
mals nach dem Vorbild der anderen Köpfe, so daß wir entweder mit einem sonder-
baren Zufall rechnen müssen, der uns nur die Kopien des Kopfes dieser Karyatide
erhalten hätte, oder anzunehmen haben, daß gerade sie von den Bildhauern der Kaiser-
zeit aus irgendeinem Grunde vor ihren Schwestern bevorzugt worden sei. Übrigens ist es
nicht sicher, ob der Florentiner Kopf selbst Jemals zu einer Karyatide gehört hat;
der Bildhauer hat ihm eine Wendung nach der r. Schulter gegeben (kenntlich am Hals-
ansatz und dem Haarschopf im Nacken) und auf dem Oberkopf ist keine Spur einer
Abarbeitung zu bemerken.
Zimmer X.
1370 Männlicher Torso.
Gefunden in der Via S. Tommaso in Parione.
Der Torso wurde zusammen mit n. 1373 gefunden. Ein Gelehrter
hat deshalb vermutet, beide seien verbunden gewesen in einer Gruppe,
die den Kampf des Theseus mit dem Minotauros dargestellt habe.
Aber die Fragmente sind stilistisch voneinander verschieden; der Mino-
tauros ist erheblich früher zu datieren als der Torso, und dieser Ab-
stand ist nicht etwa damit zu entschuldigen, daß der Künstler dem
OBERES STOCKWERK. 161
Tiermenschen starrere, archaischere Formen gegeben habe als dem He-
ros; das wäre vielleicht in später Zeit bei einem eklektischen Künstler
möglich, aber nicht in der kräftig emporstrebenden Kunst der Zeiten,
denen wir die Originale beider Fragmente zuschreiben müssen, d.h.
etwa Beginn und Ende der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr.
Der Torso ist leicht vornübergebeugt. Man hat in ihm einen Wagen-
lenker oder Ringer vermutet, dies jedenfalls wahrscheinlicher als jenes.
Die Arbeit ist breit und lebendig.
Monum. pubbl. dell* accad. dei Lincei VII 1897 T. XII p. 37? ff.
1371 Knabentorso.
Der gut gearbeitete Torso stammt von einer Statue des polykle -
tischen Typus, über den wir unter n. 1083 gesprochen haben. Vgl.
n. 1248 u. 1376.
1372 (442) Statue des Heimes.
Vormals auf dem Palatin.
Die Statue ist, abgesehen von dem Kopfe, ein recht unerfreuliches
^--^iukt seltsamer Stilmischung. Man hat ihr zu viel Ehre angetan,
lern man sie für ein Jugendwerk des Skopas erklärte, aus dem man
se verschiedenen Richtungen, denen der junge Parier gefolgt sei,
wie in einem Rechenexempel herausdividieren könnte: etwas Atheis-
mus, etwas polykle tischen Stil, in der Bildung des Schamhaares so-
gar noch etwas Archaismus und im voraus etwas lysippische Manier
in der beweglichen schwebenden- Stellung. Eine so äußerliche Kom-
bination bringt kein Genie zustande, mag es noch so jugendlich-
unfertig sein, wohl aber ein unselbständiger und deshalb eklektischer
Nachtreter. Das Original wird eher im 4. Jahrhundert v. Chr., als
in den Kreisen der „Neu-Attiker" entstanden sein.
Matz-Duhn zerstr. Bildw. in Born I n. 1046. Furtwängler Meisterwerke p. 520 ff.
Fig. 96. Ausonia II 1907 T. XIV, XV p. 224«. — Der in den Einzel- Aufnahmen von
Arndt-Amelung n. 52, 53 publizierte Kopf ist fälschlich für eine Replik des Kopfes
der Statue erklärt worden.
1373 Oberteil einer Statue des Minotauros.
Fundort wie bei n. 1370.
Vgl. die Bemerkungen zu dem Fragment einer geringeren Replik
im Vatikan n. 180 und zu n. 1370.
Monum. ant. pubbl. dall* accad. dei Lincei VII 1897 T. X, XI p. 377«.
Fensterwand:
1374 (579) Kopf eiaea Diadumenes.
Der Kopf gibt ein reizvolles Werk aus der zweiten Hälfte des
5. Jahrhunderts v. Ohr. wieder. Er entspricht weder dem polykle -
tischen, noch dem pheidiasischen Typus des Diadumenos. Eine
schlechte Replik ist zur Ergänzung der einen Penelope im Vatikan
verwendet worden (n. 189).
Heibig: Führer. IL 8. Aufl. 11
162 DAS THEBMENMÜSEÜM. 1376—1382.
1375 (39166) Kopf des Hermes.
Gefunden bei Santa Susanns an der Via XX Settembre.
Der schlecht-gearbeitete Kopf ist nur deshalb bemerkenswert, we
er uns lehrt, wie vorsichtig wir gelegentlich mit Kopistenlaunen zu
rechnen haben. In diesem Falle ist der Omphalos-Apollon (n. 13661
durch Verkappung mit dem Petasos in einen Hermes verwandelt wor
den (vgl. n. 1351).
1376 Fragment einer Statue des jugendlichen Fan.
Gefunden im Hochsommer 1902 unter dem Hause n. 84 der Via Tasso
Das Fragment stammt von einer nicht sehr sorgfältig, aber frisch
gearbeiteten Replik des Typus, den wir unter n. 377 besprochen und
dem Kresilas zugeschrieben haben. In der Haltung des r. Armes
weicht das Fragment von der vatikanischen Wiederholung und der
in Leyden ab; auch der 1. Arm scheint hier anders bewegt zu sein als
— nach der Abbildung — an der Figur in Leyden, an der beide Arme
antik sein sollen. Eine erneute Untersuchung wäre erwünscht; bei
der Replik im Vatikan könnte die gesenkte Haltung des r. Armes
durch die Rücksicht auf das Gefäß, das als Brunnenmündung dienen
sollte, bedingt sein. Individueller wirkt zweifellos die Haltung der
Arme an dem hiesigen Fragmente.
Bullettino comunale XXXIV 1906 T. I p. 3ff. — Die Replik in Leyden: Fun-
wängler Meisterwerke p. 480 f. Fig. 83.
1377 (466) Kopf der Athena.
Gefunden auf dem Monte Melone bei Monte Porzio.
Der Kopf gibt in flotter Arbeit einen sehr feinen attischen Typus
aus der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr. wieder.
1378 (580) Kopf der Penelope (?).
Angeblich gefunden bei den Arbeiten der Tiber-Begulierung. Ergänzt
beide Augen nebst den benachbarten Teilen der Stirn und der Wangen,
die Nase, das Kinn, der Hals.
Über den Typus vgl. n. 89. Die wenigen antiken Teile zeigen,
obwohl stark verscheuert, eine vortreffliche Ausführung, die man
einem griechischen Meißel zutrauen möchte.
Collignon les statues funeraires p. 120 Fig. 62.
Zimmer XL
1379 (1022) Fragment einer Gruppe, Entführungggzene.
Gefunden bei den Arbeiten der Tiber-Regulierung.
Erhalten sind der Torso eines jungen Mädchens und eine männ-
liche linke Hand von sehr kräftigen Formen, die das Mädchen an der
1. Seite anfaßt. Offenbar rührt dieses Fragment von einer Gruppe
her, die eine Entführung darstellte. Man erkennt deutlich, wie das
OBERES STOCKWERK. 163
Mädchen sich sträubt. Es windet seinen Körper, um sieh dem Griffe
seines Entführers zu entziehen; der r. Arm war empor-, der 1. zur
Seite gestreckt. Da wir es nur mit einem geringen Bruchstücke der
Gruppe zu tun haben, so scheint es bedenklich, für die beiden dar-
gestellten Personen bestimmte Namen vorzuschlagen. Doch könnte
man beispielshalber an die Entführung der Persephone durch Pluton,
der Oreithyia durch Boreas oder eines Griechenmädchens durch einen
Kentauren denken. Die bäurische Derbheit der männlichen Hand
scheint aber die erste dieser Deutungen auszuschließen. Der Stil, im
besonderen die naturalistische Durchbildung der männlichen Hand,
weisen auf die frühe hellenistische Zeit. Die Ausführung ist so vor-
züglich, daß nichts dagegen spricht, die Gruppe für eine Originalarbeit
zu erklären.
Römische Mitteilungen VI 1801 p. 240.
1380 (402) Kopf des Hermes.
Gefunden bei den Arbeiten der Tiber-Regulierung.
Der Kopf Ist eine mäßige Replik des praxitelischen Hermes typus,
der unter dem Namen „Antinous vom Belvedere" bekannt ist (n. 142).
1380 (1245) Kopf eines Athleten.
Man hat kürzlich nachgewiesen, daß dieser außerordentlich aus-
drucksvolle, schön gearbeitete Kopf nach dem gleichen Originale ko-
piert ist, wie der ungebrochene Kopf einer jugendlichen Athleten-
Statue im Berliner Museum (Beschreibung n. 471), einer Statue, die
man unter allgemeiner Zustimmung in die nächste Beziehung zu
Lysippos gebracht hatte, während der römische Kopf viel-
mehr ein Spezimen der skopadischen Richtung zu sein schien. Doch
ist dieser scheinbare .Widerspruch wohl zu erklären. Das Original
der Berliner Statue kann nur in der ersten Zeit des lysippischen Wir-
kens entstanden sein. Man hat an den lysippischen Typen dieser
Epoche aber bereits hie und da Spuren eines engeren stilistischen
Zusammenhanges mit den Schöpfungen des Meisters von Paros auf-
decken können.
Jahrbuch d. arch. Inst. XXVI 1911 p. 278 Anm. 1. Vgl. Rom. Mitteil. XX 1905
p. 147 ff. Abb. 6 — 7 und Arndt la glyptothöque Ny-Carlsberg p. 181 Anm. 10. —
Zwei weitere Regliken des Kopfes befinden sich im Museo Torlonia: I marmi del
M. T. riprod. in fototipia T. XIV 53 und XV 57.
1382 (40) Kopf eines Athleten.
Gefunden bei der Piazza Nicosia.
Nach dem stark vorgestreckten Halse liegt ee nahe, anzunehmen,
daß dieser sorgfältig ausgeführte Kopf von der Statue eines Läufers
oder von der eines Bingers stammt, der auf den geeigneten Moment paßt,
einen Gegner in möglichst vorteilhafter Weise anzufassen (vgl. n. 322).
Die Bildung des Gesichtes erinnert an attische Typen des 4. Jahr-
11*
164 DAS THERMENMUSEUM. 1888—1888
hunderte. Kürzlich hat man den gewagten Versuch gemacht, das
Original des Kopfes für ein Werk aus dem Kreise des Euphranor zu
erklären.
Memorie della R. Acc. dei Linoei XIV 1910 p. 270 ff. Fig. 23. Jahrbuch d. arch.
Inst. XXV 1910 T. 7 p. 171 f. Vgl. Römische Mitteilungen VI 1891 p. 304 n. 2. Furt-
wangler Meisterwerke p. 515 Anm. 4.
1383 (99) Kopf des Meleagros.
Vormals auf dem Falatin. Ergänzt der vordere Teil der Nase, die
Unterlippe, ein Stück am Kinn.
Der Kopf gibt den unter n. 128 besprochenen Typus wieder. Er
ist hinsichtlich der Ausführung dem der vatikanischen Statue über-
legen, steht aber beträchtlich hinter dem herrlichen Kopfe in der Villa
Medici (vgl. n. 128) zurück.
Rom. Mitteilungen IV 1889 p. 220 n. 14.
1384 (201) Kopf des Dionysos.
Vormals im Museo Kircheriano.
In den Haaren des Vorderkopfes bemerken wir zwei runde Ver-
tiefungen. Es genügt, auf unsere n. 245 und 406 hinzuweisen, um
zu erkennen, daß hier kurze Stierhörner eingesetzt waren, die den
Dargestellten als Dionysos charakterisieren sollten. Vergleichen wir
den Kopf mit n. 1383 und seinen Repliken, so muß uns die genaue
Übereinstimmung in der Anlage der Haare, besonders um Stirn und
Schläfen, auffallen. Die Übereinstimmung geht so weit, daß wir
zweifeln können, ob dem Bildhauer des Kopfes ein Original aus der
Zeit und Schule des Skopas vorgelegen hat oder ob die Zurichtung
des Kopfes zum Dionysos nicht vielmehr sein Werk gewesen ist. Vgl.
n. 1351 u. 1375.
1385 (10) Kopf der Artemis.
Gefunden bei den Arbeiten am Viktor-Emanuel-Denkmal. Ergänzt
beide Brauen, Teile der Augen, die Nase, die Lippen, das Kinn, ein Teil
der 1. Wange, die Ohren fast ganz. Der aufgebundene Lockenschopf am
Hinterkopfe fehlt.
Der mäßig gearbeitete Kopf ist eine Wiederholung des Kopfes
der Artemis von Versailles, in der man allgemein und mit Recht ein
dem Apoll vom Belvedere nächst- verwandtes Werk erkannt hat (vgl.
n. 157).
Revue archeologique 1904 II p. 2ff. Fig. 2.
Fensterwand:
1386 (127) Kopf eines hellenistischen Kriegers.
Gefunden bei den Arbeiten der Tiber-Begulierung.
Man erkennt, daß der Helm, obwohl der aus einem besonderen
Stücke gearbeitete, obere Teil abhanden gekommen ist, eine der phry-
gischen Mütze entsprechende Form hatte. Ein derartiger Helm
OBERES STOCKWERK. 165
würde bei einem Römer befremden ; in Griechenland begegnet uns diese
Form vereinzelt bereits im 5. Jahrhundert v. Chr. (n. 1089), häufiger
im 4. Jahrhundert, insbesondere nach den Kriegen Alexanders d. Gr.
Das scharf geschnittene Gesicht und der emphatische Ausdruck finden
unter hellenistischen Porträts zahlreiche Analogien.
Journal of hellenic gtudies XXV 1905 p. 94 n. 3.
1387 (543) Kopf des Apollon.
Gefunden in dem sogen. Stadium des Palatin.
Der elegant gearbeitete Kopf stammt von einer Apollonstatue des
Typus, den wir unter n. 984 besprochen haben. Er repräsentiert in
diesem Zimmer mit n. 1380 — 1385 die Hauptrichtungen der Kunst
im 4. Jahrhundert v. Chr.
Zimmer XII.
1388 (552) Fragment einer Gruppe, Dionysosknabe.
Gefunden 1864 auf dem Palatin.
Der Knabe ist als Dionysos kenntlich an dem EpheukraDz, der
das Köpfchen umgibt. Er sitzt auf einer 1. Hand, die nach der zarten
Behandlung des Fleisches nicht etwa dem greisen Silen (vgl. n. 4),
sondern nur einem Jüngling gehört haben kann, und blickt mit lieb-
lichem Lächeln zu seinem Pfleger empor, das r. Armchen erhoben,
das 1. vorgestreckt. Ein Gelehrter hat versucht, die ganze Gruppe
mittels eines alten Kupferstiches (Fig. 36) und einer Jünglingsstatue
des Madrider Museums (Fig. 37) zu rekonstruieren. Auf dem Stiche
ist eine gegenwärtig verschollene Gruppe abgebildet, die sich vormals
im Palazzo Farnese befand. Sie zeigt einen Jüngling, der sich mit
dem r. Unterarm auf eine bärtige Herme stützt, und auf der r. Hand
einen Knaben hält. Zweifellos entspricht nun die genannte Statue in
Madrid dem Jüngling auf dem Stiche, abgesehen davon, daß die Seiten
vertauscht sind, so genau — besonders charakteristisch sind die Motive
des Mantels, der über die Herme geworfen ist, — , daß wir dem Schlüsse,
der Stich gebe die Gruppe im Spiegelbilde wieder, diese aber und
die Madrider Statue seien Kopien des gleichen Originales, ohne Be-
denken zustimmen können. Da nun das Knäbchen auf dem Stiche
ähnlich bewegt ist, wie das Fragment im hiesigen Museum, er-
gab sich der weitere Schluß, daß auch dieses von einer Kopie jenes
Originales stamme, ein Schluß, der zunächst allgemeine Zustimmung
gefunden hat. Als aber die Wiedervereinigung beider Teile
mittels Gipsabgüssen versucht wurde, stellte sich heraus, daß beide
in verschiedenem Maßstabe gearbeitet sind. Die Madrider Statue ist
lebensgroß, während die Hand, auf der das Kind im Thermen-Museum
sitzt, auf eine etwas überlebensgroße Figur hinweist, die in den Ma-
ßen ungefähr dem Silen mit dem Dionysoskinde (n. 4) und dem
166 DAS THEBMENMU8EUM. »89-1391.
Hermes des Praxiteles in Olympia entsprochen haben maß. Der Ge-
lehrte, der zuerst die Zusammengehörigkeit beider Teile vertreten
hatte, sucht diese Schwierigkeit damit zu heben, daß er annimmt, es
hatten zwei in verschiedenen Hauen angefertigte Kopien des gleichen
Originales existiert; von der einen habe sieh der Jüngling, von der an
dem nur das Kind erhalten — gewiß eine bedenkliche Aueflucht. So-
weit unsere Kenntnis der Kopistenpraxis reicht, hat man in der Regel
nur Kopien gleicher Größe gearbeitet; -wollt» man die Maße ändern,
wurde die Vorlage stark verkleinert oder ins Kolossale vergrößert. Der-
selbe Gelehrte hat nun durch einen Bildhauer das Kind bis auf das
Größenmaß der Madrider Statue verkleinern und eine Rekonstruktion
der Gruppe versuchen lassen; aber man kann unmöglich zugeben, daß
diese Lösung einen überzeugenden Eindruck macht. Das Kind ist so-
weit gedreht, daß sein Gesicht dem Beschauer fast vollständig ver-
schwindet; dies ist weder bei der Eirene des Kephisodot der Fall, noch
bei dem Hermes in Olympia, und konnte sicher nicht in der Intention
des antikenKünstlers liegen. DieKechtedeakleinenPlutosunddieLinke
des kleinen Dionysos in Olympia haben bestimmte Ziele; index rekon-
struierten Gruppe greift das Kind unbestimmt ins Leere, Außerdem
erscheint es ganz unverständlich, wie ein Zeichner nach dieser
Gruppe das Bild hätte entwerfen können, das der Stich des Cavalleri
wiedergibt, und es wird demnach doch nichts anderes übrigbleiben,
als die Annahme der Zusammengehörigkeit von Kind und Jüngling
OBERES STOCKWERK. 167
wieder aufzugeben; scheinen sich doch zwischen beiden bei erneuter
Prüfung auch stilistische Widerspruche herauszustellen. Der Ge-
lehrte, der die Gruppe rekonstruiert hat, vermutet in ihrem Originale
das Werk eines Schülers des Praxiteles. Wenn dieser Ansatz für das
Kind diskutabel erscheint, so dürften wenige Fachgenossen geneigt
sein, dem gleichen Ansatz für den Jüngling zuzustimmen. Die ganze
Frage bedarf einer erneuten eingehenden Prüfung. Die sicherste Lösung
freilich brächte das Wiederauftauchen der verschollenen farnesischen
Gruppe.
Klein Praxiteles p. 401 ff. Fig. 81, 82. S. Bemach repertoire de la ßtat. II 2 p. 788
n. 2. Jahreshefte des österr. archäol. Instituts XIV 1911 p. 98 ff. Fig. 105. Vgl. Matz-
Duhn zerstr. Bildw. in Rom I n. 365. Rom. Mitteilungen VIII 1893 p. 258. Berliner
philol. Wochenschrift XVIII 1898 p. 311. Klein praxitelische Studien p. 57 ff. Berliner
philol. Wochenschrift XX 1900 p. 027 f. Amelung moderner Cicerone Rom I p. 433 ff.
Jahrbuch d. arch. Inst. XIX 1904 p. 24 Anm. 1. Klein Geschichte d. griech. Kunst
II p. 396 ff. Arndt-Amelung Einzel* Aufnahmen Text zu n. 1585 — 1587 (Auf-
nahmen der Madrider Statue).
1389 (551) Der obere Teil einer Satyrstatuette.
Er wurde in eine antike Mauer verbaut an der Via Labicana nahe
der Torre Pignattara gefunden.
Die Statuette gab den unter n. 12 besprochenen Typus des Satyr-
knaben mit der Querflöte wieder. An beinahe allen Wiederholungen,
die sich von diesem Typus erhalten haben, ist das Instrument ver-
loren gegangen. Hier hat sich unterhalb des Mundes noch ein Stück
davon erhalten, aus dem sich deutlich erkennen läßt, daß der Satyr
die Querflöte blies. Der Kopf ist mit dem des bogenspannenden Eros
(n. 776) und des Mädchens von Anzio (n. 1352) nahe verwandt; mit
der Statue von Anzio ist auch die charakteristische Entblößung der
einen Schulter zu vergleichen.
Notizie d. scavi 1884 p. 224a. Klein Praxiteles p. 212 n. 16.
1390 (550) Kopflose Statuette des gleichen Typus.
Gefunden an der Ecke der Via XX Settembre und der Via Firenze
bei der Grundlegung der dortigen Methodistenkirche. Ergänzt der größte
Teil des r. Armes — doch ist die Hand antik — , der untere Teil des Fan-
therfelles, der Stamm und das zugehörige Stück der Flinthe.
Die Ausführung ist glatt und elegant, wohl aus der Zeit Hadrians.
Es hat sich hier in der r. Hand ein Stück der Querflöte erhalten.
American Journal of archaeology IX 1894 pl. 18 p. 452, p. 533 ff. S. Reinach
repertoire de la stat. II 1 p. 137 n. 1. Vgl. Notizie d. scavi 1898 p. 357 f. Klein Praxi-
teles p. 212 n. 7.
Zimmer XIII.
1391 (490) Relief, Pentheus und die Mainaden.
Gefunden an der Via Portuense in einem kleinen Columbarium, das
der englische Botschafter Sir Savile Lumley 1887 in der Vigna Jacobini
ausgraben ließ. Es war in die Hinterwand dieses Columbariums zwischen
zwei zur Aufnahme von Aschenurnen hergerichteten Nischen eingemauert.
Der Jüngling verteidigt sich mit dem Schwerte gegen zwei Frauen,
die von links und von rechts auf ihn einstürmen. Beide strecken ihm
168 DAS THERMENMUSEUM. 1892—1894.
mit dem 1. Arme eine Schlange entgegen und schwingen mit der r.
Hand jede einen lanzenartigen Thyrsus gegen sein Haupt. Das Relief
hat drei verschiedene Deutungen erfahren, auf Orestes, den die Eu-
meniden verfolgen, auf den thrakischen König Lykurgoe, der gegen
den bakchisohen Thiasos wütet, und auf Pentheus, der von den Mai-
naden angegriffen wird. Aber Thyrsen gehören nicht zu den Attri-
buten der Eumeniden, und der angebliche Lykurgoe greift nicht an.
sondern wehrt sich; auch ist der thrakische König niemals unbärtig
dargestellt worden. Dagegen fallen alle Schwierigkeiten bei der dritten
Deutung weg. Die Darstellung weist so befremdliche Seltsamkeiten
auf, daß es nicht zu verwundern ist, wenn an dem antiken Ursprung
des Reliefs gezweifelt werden konnte. Doch scheinen die Fundbe-
richte und die Existenz einer photographischen Aufnahme, die das
Belief noch an Ort und Stelle zeigt, jeden Zweifel auszuschließen.
Bullettino comunale XV 1887 T. XIII p. 215 ff. Vgl. Notizie d. scavi 1887 p. 186 f.
Jahrbuch d. arch. Inst. VII 1892 p. 154 Anm. 4. Röscher mythol. Lexikon III 2
p. 1939.
1392 (8549) Fragment eines Frieses.
Der Fries — zweifellos originale griechische Arbeit — stellte ein Pferde •
rennen dar. Der letzte Reiter auf dem erhaltenenFragmente ist gestürzt
und wird von seinem Pferde an den Zügeln geschleift. Die ganze sorg-
fältig-frische Ausführung, die den vollen Reiz einer feinen Zeichnung
hat, und der schlank gebaute Typus der Pferde läßt uns keinen Zweifel
darüber, daß wir ein Werk aus der ersten Hälfte des 5, Jahrhunderts
v. Chr. vor Augen haben. Den Ort zu bestimmen, an dem es gearbeitet
wurde, ist zurzeit unmöglich, doch scheinen die Städte des griechi-
schen Festlandes nicht in Frage zu kommen.
Über den Pferdetypus vgl. Amelung Nachwort zu Cherbuliez athen. Plaudereien
üb. ein Pferd d. Phidias (übers, v. J. Riedißser) p. 257 ff.
1393 (130) Behelmter bärtiger Eopf.
Gefunden in der Nahe von Porta Maggiore bei dem Grabe der Sklaven
und Freigelassenen der Statuier. Ergänzt die Nase und je ein kleines Stück
in der Stirn und der rechten Schnurrbarthälfte.
Der Kopf stammt, wie wir aus seiner lebhaften Wendung nach
der r. Schulter schließen können, von einer heftig bewegten Statue.
Der kegelförmige Lederhelm mit langem Nackenschutz und schmalen
Baokenlaschen, die aufgerollt und untergesteckt sind, verrät uns, daß
es sich um einen Krieger handelt, augenscheinlich um einen Heros,
denn die Gesichtszüge sind ideal gehalten. Was ihnen ihr besonderes
Gepräge gibt — die längliche Form des Ganzen, die Form der Augen
und insbesondere der Lider, die Form des Mundes mit der breiten
vollen Unterlippe, die Art, wie die Haarlocken stilisiert sind — , stimmt
mit all dem überein, was sich an dem Porträt des Perikles (n. 276)
und stilistisch verwandten Skulpturen (n. 377, 852, 1027, 1028, 1033,
OBERES STOCKWERK. 169
1275, 1376) als Eigenart des Kresilas, eines jüngeren Zeitgenossen
des Pheidias und Polyklet, herausgestellt hat. Zweifellos hat die Sta-
tue, von der dieser Kopf stammt, zu einer Gruppe gehört; ihre starke
Bewegung muß durch eine andere Figur motiviert gewesen sein. Dies,
die Kegelform des Helmes, die an manche Darstellungen des Odysseus
erinnert, und die Tatsache, daß man auch von dem Diomedes, der
gleichfalls dem Kresilas zugeschrieben wird, vermutet hatte, er habe
ursprünglich zu einer Gruppe gehört, veranlaßten einen Gelehrten,
den Kopf als Odysseus zu deuten und ihn für ein Fragment eben der
!Pigur zu erklären, die mit dem Diomedes jene Gruppe gebildet hätte.
Diese sei unter anderem auf dem Relief n. 1815, in jüngere Formen
übersetzt, zu erkennen: die Helden kehren vom Raube des Palladion
heim; Odysseus will sich des glücklicheren Genossen entledigen und
zieht dasSchwert ; das hat Diomedes wahrgenommen ; stolz und verächt-
lich wendet er nur den Kopf zu dem hinterlistigen Schlaukopf um, der
scheu zur Seite weicht. So gut das alles zu klappen scheint, es bleiben
doch einige Schwierigkeiten. Der Helm des hier besprochenen Kopfes
entspricht in seiner Form nicht dem pilos -artigen Helme, wie man
ihn auf einer attischen Vase, deren Bild den glffohen Mythos dar-
stellt, zu erkennen meint. Sehr auffällig wäre für den beweglichen
Odysseus, besonders in dieser Situation, die Masse langer Haare, die
breit und voll unter dem Naokenschirme sichtbar wird und augen-
scheinlich noch weit über den Rücken herabhing. Die Figur des Dio-
medes ist nicht so stark bewegt, daß sie notwendig zu einer Gruppe
gehört haben müßte. Wenn sie auf einer Vase und dem Relief n,
1815 mit anderen Gestalten gruppiert ist, so genügt es, dagegen auf
das Beispiel der sog. Penelope (n. 89) hinzuweisen. Wir werden
demnach besser tun, bei dem Kopfe zunächst auf eine bestimmte
Deutung zu verzichten; jeder weitere Versuch wird aber vor allem
auf die beiden besonders auffallenden Äußerlichkeiten in seiner
Charakteristik Rücksicht nehmen müssen: auf den eigenartigen Helm
und die langwallenden Haupthaare. In der Entwicklung des kresiläi-
schen Stiles findet der Kopf etwa in der Mitte zwischen dem Porträt
des Perikles und dem des Strategen im Antiquarium communale
(n. 1033) seinen Platz. Die Arbeit der Kopie ist sorgfältig, aber flau.
Brizio pitture e sepolcreti scop. soll' Esquilino T. III 10 p. 122 ü. 134. Rom.
Mitteilungen XVI 1901 T. III p. 33 ff.
1394 (503) Relief, Prometheus vom Adler zerfleischt«
§ Gefunden bei den Arbeiten der Tiber-Regulierang.
Die pathetische Emphase, mit der die kühn herausgearbeitete
Figur des Prometheus behandelt ist, die nahe Verwandtschaft, die
zwischen der Anlage dieser Figur und der des Laokoon (n. 151) ob-
waltet, endlich auch die naturalistische Wiedergabe des Felsenhinter -
170 DAS THERMENMUSEUM. 1895—1400.
grundes beweisen, daß wir es mit einer Erfindung der spät-helleni-
stischen Kunst zu tun haben. Die Ausführung ist etwas trocken, aber
dabei charaktervoll.
Schreiber die hellenistischen Reliefbilder T. XXIX. MilaniStudi e materialiUI 1905
p. 208 f. Fig. 9. Vgl. Gultiera saggi sull' arte ellenistica e greco-romana I p. 99 ff.
Altertümer v. Pergamon VII T. XXXVII p. 17511.
1395 (31) Kopf eines hellenistischen Dichters.
Ehemals im Palazzo del Commercio, von wo er im Jahre 1872 auf
den Palatin gebracht wurde (Sülle acoperte archeol. della cittä e prov.
di Koma negli anni 1871 — 1872. Matz-Duhn zeretr. Bildw. in Born III
p. 309). Vom Palatin kam er mit der übrigen Skulpturensammlung ins
Thermen-Museum. Ergänzt der vordere Teil der Nase.
Er gibt den unter n. 814 besprochenen Typus wieder, ist aber
mit Epheu bekränzt, was uns berechtigt, in diesem häufig vorkommen-
den Porträt — vgl. hierselbst Museumsnummer 612 — einen Dichter
zu erkennen.
Ann. dell' Inst. 1873 Tav. d'agg. L p. 98 ff. Comparetti-De Petra la villa ercola-
nense dei Pisoni T. IV 1, 2 p. 36ff. Bernoulli griech. Ikonographie II T. XXIII a
p. 163 n. 13, p. 168 u. 171. Hekler Bildni&kunst der Griechen u. Körner p. XXVI T. 118 b.
Vgl. Bull, dell' Inst. 1872 p. 36. Matz-Duhn zerstr. Bildw. in Korn I n. 1770. Ber-
noulli röm. Ikonographie I p. 278.
1396 (1236) Eopf^es Sokrates.
Gefunden 1892 bei der Fundamentierung des Denkmals für Vittorio
Emanuele. Ergänzt der vordere Teil der Nase, zwei Stücke an der Stirn
oberhalb der Augen, das 1. obere Augenlid.
Der Kopf gibt den gleichen Typus wie das kapitolinische Exemplar
n. 809, jedoch in besserer Ausführung wieder.
Abh. d. preuß. Ak. d. Wissensch. 1908 (Kekule von Stradonitz die Bildnisse des
Sokrates) p. 23 u. 47 n. 3 Abb. 26. Hekler Bildniskunst d. Griech. u. Köm. p. XIII T. 20.
Vgl. Notizie d. scavi 1892 p. 345 n. 6. Bernoulli griech. Ikonographie I p. 187 n. 10.
1397 Teil eines zylinderförmigen Reliefs mit drei Figuren tanzen-
der Mainaden.
Ehemals in der Sammlung Sciarra.
Die Mainaden gehören zu dem Figuren-Zyklus, den wir unter n. 946
besprochen haben. Vgl. auch n. 1521. Das Relief kann eine Basis
oder einen Altar geschmückt haben. Die Arbeit ist einfach, aber matt.
1398 (502) Fragmentiertes Belief, drei Frauengestalten.
Vormals auf dem Palatin.
Das nachlässig ausgeführte Relief erinnert in der Anlage wie in
dem Stile an die Medeia-, Orpheus- und Peirithoosreliefs, über die
wir unter n. 1154, 1883 und 1908 gesprochen haben, und scheint wie
diese auf ein in dem Kreise des Fheidias geschaffenes Original zurück-
zugehen. Ein Forscher nimmt an, daß sich die Erfinder aller dieser
Reliefkompositionen durch Motive der polygnotisohen Malerei be-
stimmen ließen, und versucht den Einfluß des malerischen Vorbildes,
das er auch für das auf dem Palatin gefundene Relief voraussetzt,
noch auf einem anderen Denkmale nachzuweisen, nämlich auf der in
OBERES STOCKWERK. 171
Herculaneum gefundenen marmornen Bildplatte, die den Künstler-
namen des Atheners Alexandros trägt. Allerdings zeigen die drei
Hauptfiguren des Bildes, die durch die beigeschriebenen Inschriften
als Leto, Niobe und Phoibe bezeichnet sind, eine gewisse Verwandt-
schaft mit den drei Frauengestalten unseres Reliefs. Doch ist diese
Verwandtschaft nur eine oberflächliche und keineswegs ausreichend,
um die Zurückf ührung beider Werke auf dasselbe Original zu recht-
fertigen. Ein anderer Gelehrter hat ein im vatikanischen Museum be-
findliches Fragment (n. 119a) als zu unserem Relief gehörig nachge-
wiesen. Es hat sich darauf der obere Teil der in der Mitte dargestellten
Frauenfigur erhalten, deren mit einem Diadem geschmückter Kopf
der rechts stehenden Frau zugewendet ist. Ein Gipsabguß dieses
Fragmentes ist in das Relief des Thermenmuseums eingefügt worden.
Bullettino comunale XXV 1897 T. V p. 73 ff. Robert die Knöchelspielerinnen
des Alexandras (Halle 1897) p. 4ff. (Abbildung auf p. 4). Rom. Mitteilungen XIV
1899 T. I p. 3 ff. Zeitschrift f. bild. Kunst N. F. XIII 1902 p. 1531 Abb. 5.
1399 (508) Relieffragment, Hermes.
Gefunden auf dem Palatin.
Das Fragment rührt von einer Wiederholung der unter n. 1883
besprochenen Reliefkomposition her, die Hermes darstellt im Be-
griff, Eurydike von Orpheus wieder zu trennen. Erhalten ist hier
nur der obere Teil der Hermes und auch dieser stark bestoßen. Die
Ausführung ist stilgetreuer, aber weniger sorgfältig als an dem alba-
nischen Exemplare.
Bloch griechischer Wandschmuck p. 7. Bullettino comunale XXV 1897 p. 76
Fig. 1. Vgl. Matz-Duhn zerstr. Bildw. in Rom III n. 3730. Friederichs-Wolters Bau-
steine n. 1199.
1400 (479) Fragment eines hellenistischen Reliefs.
Erhalten sind von dem vortrefflich ausgeführten Relief nur der in
Dreiviertelansicht wiedergegebene obere Teil eines bärtigen Kriegers
und der Profilkopf wie die r. Hand eines Jünglings. Die Blicke beider
Figuren sind mit dem Ausdrucke gespannter Aufmerksamkeit nach
links gerichtet, als stehe von dort her die Ankunft eines Feindes bevor.
Der Jüngling redet seinem Gefährten eifrig zu und gestikuliert dabei
mit der erhobenen R., deren Daumen und Zeigefinger leicht vorge-
streckt sind. * Der bärtige Krieger trägt auf dem Rücken Bogen und
Köcher und hält in der R. ein in der Scheide geborgenes Schwert,
während seine L. in den Bügel des Schildes greift; sein Visierhelm
ist mit zwei zahnf örmigen Aufsätzen versehen. Die Deutung auf Odys-
seus und Diomedes, wie sie des herannahenden Dolon gewahr werden,
wird bestätigt durch ein ebenfalls fragmentiertes Relief, von dem sich
aber außer der Gruppe der beiden Griechen links von einem Baum
mit dichter Krone der Oberkörper des Dolon erhalten hat. Die beiden
Reliefs stimmen zwar nicht soweit überein, daß man sagen könnte, sie
172 DAS THERMENMUSEUM. 1401-1405.
seien nach demselben Modell gearbeitet, sind sich aber doch so ähnlich,
daß es wohl erlaubt ist, beide auf den gleichen Gegenstand zu deuten,
und diesem Schlüsse dürfte auch die Beobachtung nicht widersprechen,
daß bei der Darstellung des gleichen Abenteuers in der Dias (X 260 ff.)
Odysseus, nicht Diomedes als beratender Spreoher eingeführt wird.
Das Fragment stammt augenscheinlich von einem originalen helle-
nistischen Relief etwa des 3. Jahrhunderts v. Chr.
Ausonia II 1907 p. lf. Fig. 1. — Das entsprechende Belief: Schreiber die helle-
nistischen Reliefbüder T. XLV. Ein drittes Exemplar soll sich im Hofmuseum in
Wien befinden.
1401 (140) Eopf des Sophokles.
Gefunden bei den Arbeiten der Tiber-Begulierung. Ergänzt die Nase
und die Lippen.
Der Kopf gehört einer Gruppe von Bildnissen an, die augenschein-
lich alle mit größerer oder geringerer Freiheit nach dem gleiohen
Originale gearbeitet sind. Dieses Original muß an der Wende des 5.
zum 4. Jahrhundert v. Chr. entstanden sein. Physiognomische Ähn-
lichkeit und die Gleichheit der Anlage in den Haarpartien, die Stirn
und Schläfen umgeben, läßt uns darin das Vorbild erkennen, nach
dem der Künstler des Originals der lateranensischen Sophokles-Statue
(n. 1180) mittels Übertragung in den reicheren effektvolleren Stil
der späteren Zeit sein stark idealisiertes Bild des Tragikers geschaffen
hat. Man hat dieser Kombination mit Unrecht widersprochen; die
übereinstimmenden Züge beider Köpfe überwiegen entschieden die
Abweichungen, die sich alle aus jener Übertragung und der ideali-
sierenden Tendenz des jüngeren Werkes erklären. Als Kunstwerk
macht der ältere Typus keinen bedeutenden Eindruck, doch scheint
er schlicht und treu das Bild der Wirklichkeit wiederzugeben. Aller-
dings könnte auch er nicht unmittelbar nach dem lebenden Modell ge-
arbeitet sein, denn Sophokles war zu der Zeit, in die wir die Entstehung
dieses Bildnisses datieren müssen, ein Greis oder bereits verstorben.
Wir haben also auch für diesen Typus noch ein älteres Vorbild vor-
auszusetzen, das den Dichter darstellte etwa zur Zeit, da erden „König
Oidipus" geschaffen. Vgl. n. 149.
Bernoulli griech. Ikonographie I p. 142 n. 3. Vgl. Jahrbuch d. arch. Inst. V 1890
p. 160 ff.; XI 1896 p. 170 ff. und die bei Bernoulli verzeichnete Literatur.
1402 (515) Fragment eines Reliefs mit dem Oberkörper des
Apollon.
Der Gott ist übereinstimmend mit dem Typus der Statue n. 258
dargestellt. Auf dem Schallkasten der Kithara bemerken wir zwei
Raben in flachem Relief, die heiligen Vogel des Gottes.
1403 (39113) Relief mit Barstellung einer Landschaft.
Gefunden i. J. 1906 beim Bau des Palazzo Mengarini auf dem Qui-
rinal (oberhalb des südlichsten Teiles des Giardino Colonna). Das Belief
ist rechts unvollständig und in den erhaltenen Teilen sehr bestofien.
OBERES STOCKWERK. 173
Unter überhängenden Felsen, aus denen links eine Quelle nieder-
sprudelt, steht eine Herde von Rindern, Schafen und Ziegen gedrängt.
Der Wächterhund blickt von der Höhe der Felsen abwärts; er steht
neben einer Platane, deren kümmerlich belaubte Äste sich in weitem
Bogen reohtshin erstrecken. Unter ihnen hookt auf dem Gipfel der
Felsen eine kleine Gestalt, die wir an dem einen erhaltenen Booksfuß und
der Syrinz in der gesenkten R. als Pan erkennen. Rechts von ihm steht
ein offenes Kapellchen, dessen Giebeldach baldaohinartig von vier
korinthischen Säulen getragen wird. Im Innern der Kapelle, zu der
rechts sechs Stufen emporführen, ist auf niedriger Basis ein Bild der
laufenden, schießenden Artemis aufgestellt, im Giebel Aktaion gebildet,
wie er von zwei Hunden angefallen wird. Rechts von den Stufen
ein bekränzter Altar mit wehender Flamme; ein Zicklein ist empor-
gestiegen und frißt von den Blumengewinden. Auf dem fehlenden Teile
war vielleicht der Hirt der Herde dargestellt; aber auch ohne ihn wäre
die Komposition verständlich; man braucht nur an die Mosaikbilder
n. 164 u. Bd. I p. 159 unten zu erinnern. Nach einem Gemälde dieser Art
mag auch das Relief gearbeitet sein. Der Bildhauer hat sich mit
äußerlioh-dekorativer Wirkung begnügt und dabei den Bohrer so häu-
fig verwendet, daß man seine Arbeit mit Recht in die späte Kaiserzeit
datiert hat. Ganz liederlich ist die Perspektive behandelt.
Bollettino d'arte II 1908 VII p. 241 ff. mit Tafel. Vgl. Notizie d. scavi 1906 p. 246 ff.
— Zu der Figur der Artemis vgl. Glarac 564 0 1218 0 (Bronzestatuette in Neapel),
zu dem Giebelrelief Amelung Fuhrer durch d. Ant. in Florenz p. 188, zu dem Typus
idyllischer Sakral-Landschaft Bom. Mitteilungen XXVI 1911 p. 82 ff.
Fensterwand:
1404 (1239) Griechischer Porträtkopf.
Der vorzüglich gearbeitete Kopf gibt ein Original aus der zweiten
Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. wieder. Vgl. n. 240 u. 1138.
Vgl. Aber einen ähnlichen Typus Ausonia II 1907 p. 285 ff.
1405 (488) Yotivrelief, dem Zeus Xenios geweiht.
Das Fragment befand sich, unmittelbar bevor es in das Thermen-
Museum Abertragen wurde, in dem Antikenkabinett der römischen Uni-
versität, vorher in dem Hause eines Signor d'Este, wo es der damalige
Direktor der vatikanischen Bibliothek, Qirolamo Amati (f 1834), be-
schrieb und die darauf angebrachte Inschrift kopierte (Amati Vat. 9754 f.
83).
Die unter der Darstellung eingegrabene Inschrift gibt an, daß
eine Person, deren Name fehlt und von deren Vatersnamen nur die
zweite Hälfte erhalten ist, dieses Belief infolge eines Traumes dem
Zeus Xenios weihte, cL i. dem Zeus, der das Gastrecht wahrt. Diesen
Gott haben wir offenbar in der Hauptfigur des Reliefs zu erkennen.
Ersitzt, einen knorrigen Stab in der L. haltend, anfeinem Pfühle, über
den ein Teppich ausgebreitet ist, und streckt den r. Arm nach einer
Figur aus, von der sich nur ein Gewandrest unmittelbar neben dem
links herabreichenden Bruche erhalten hat und die vermutlich den
DAS THERMENMUSEUM. 1406—1408.
Dedikanten darstellte: der untere Teil des Gottes bi;
zn den Knien ist von eisern Himation Ixwleckt; unter- I
halb des 1. Vorderarmes sitet auf dem Pfühle der
Adler. Die bildliche Darstellung wie die Inschri f t, von
der das beistehende Faksimile einen Begriff gibt
(Fig. 38), zeichnet sieh durch mancherlei Absonder-
lichkeiten aus. Der knorrige Stab dürfte als Attribut
des Zeus einzig in seiner Art sein. Der Adler ist in
streng typischer, man möchte beinahe sagen heral-
discher Weise stilisiert. Bei der Wiedergabe der
Schmalseite des Pfühles hat der Bildhauer, wie es
vielfach in der archaischen Kunst geschieht, von der
Perspektive Abstand genommen. Die Weise, im der
die Falten des Himations charakterisiert sind, erinnert
an eine im 5. Jahrhundert v. Chr. übliche Gewand'
behandlung, unterscheidet sich aber von ihr durch
eine ganz unmotivierte Unruhe, die den Eindruck er-
weckt, als werde der Stoff durch den Wind gekräuselt.
Anden Beinen des Gottes fällt die eigentümlichstumpfe
Modellierung auf. Die Inschrift einhält eine gramma-
tische Monstrosität: Jiri statt dU. Der Buchstabe
N zeigt eine archaische, das A hingegen eine junge
Form: N, A. Die Striche der Buchstaben laufen viel-
fach in die Schwänzchen aus, denen wir erst in spat,
hellenistischer Zeit begegnen. Nach dem ersten Ein-
drucke könnte man geneigt sein, dieses Fragment für
ein modernes Machwerk zu erklären. Doch wider-
spricht dieser Auffassung die Tatsache, daß seine
Existenz sich mindestens bis zum Anfange der
dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück -
verfolgen läßt, also bis in eine Zeit, in der die archäo-
logische und epigraphische Kenntnis zu wenig fort-
geschritten war, als daß sie die für eine so gelehrte
Fälschung erforderlichen Mittel hätte darbieten
können. Außerdem sind neuerdings auf dem Egquilin
zwei Fragmente eines Reliefs gefunden worden, die
ähnliche stilistische Eigentümlichkeiten aufweisen und
deren antiker Ursprung über allen Zweifel erhaben
ist. Wir haben demnach diese Reliefs einer eigen-
tümlichen archaisierenden Richtung zuzuschreiben,
einer Richtung, die sich in demExemplare desThermen-
museums nicht nur auf die bildliche Darstellung
sondern auch auf den Buchstabe noharakter der In-
schrift erstreckt. Leider bietet die Inschrift keine
OBERES STOCKWERK. 175
festen Anhaltspunkte für eine bestimmtere Datierung dar; denn nach
dem Urteil eines bewährten Epigraphikers läßt sie einen sehr weiten
Spielraum offen, etwa zwischen dem Anfang des 1. Jahrhunderts
v. Chr. .und dem vorgerückten 2. Jahrhundert n. Chr.
Arndt la glyptotbeque Ny-Carlsberg p. 64 Fig. 34. Vgl. Inscr. graecae Sic. et It.
ed. Kaibel n. 990.
Vor dem 1. Fenster:
1406 (498) Fragment eines Reliefs mit dem Kopf einer Moire.
Ehemals im Museo Kircheriano.
Der außerordentlich, fast gemmenartig-fein geschnittene Kopf
stammt von einer Darstellung der drei Schicksalsgöttinnen (Moiren),
die der Geburt der Athena beiwohnen, einer Darstellung, die wir
durch zwei vollständige Wiederholungen kennen. Zwei von den
Göttinnen stehen, die dritte sitzt; von den stehenden hält die eine
Lostafeln in der L., die andere eine geöffnete Rolle; die sitzende
spinnt. Zu einer Replik dieser Figur gehörte der hier erhaltene Kopf.
Das Vorbild muß ein Künstler des 4. Jahrhunderts v. Chr. aus
praxitelischem Kreise geschaffen haben. Vgl. 110, 111.
Jahreshefte d. östarr. arch. Inst. VI 1903 p. 101 Fig. 49. — Die Darstellung der
Moiren ist ganz erhalten auf einem Belief in Tegel (Jahresh. a. a. O. p. 99 Fig. 48;
moderner Cicerone Rom I p. 480) und auf dem Madrider Puteal (B. von Schneider
die Geburt der Athena, Abhandl. d. arch.-epigr. Seminars in Wien 1880 T. I; Arne-
lung die Basis d. Praxiteles in Mantinea p. 13 Abb. 1; Arndt-Amelung Einzel- Auf-
nahmen n. 1726 — 1728).
Reohts von dem Fenster:
1407 (1248) Porträtkopf eines hellenistischen Herrschers.
Ehemals auf dem Falatin.
Der Stil dieses interessanten, bedeutenden Kopfes deutet auf die
hellenistische Zeit, die das Haupt umgebende Binde auf einen Herr-
scher. Wenn die Züge des Kopfes an manche Satyrtypen erinnern,
so wird der Grund dieser Bildung ganz individueller Art gewesen sein.
Ein Gelehrter hat in dem Kopfe ein Porträt Antiochos VI. erkennen
wollen, doch bieten die Münzen mit dem Bilde dieses Königs keine
Möglichkeit, eine derartige Annahme zu begründen.
Journal of hell, studies XXV 1905 T. IX 1 p. 97 f. Fig. 1. Hekler Bildniskunst
d. Griech. u. Rom. T. 124a. Vgl. Gatal. of greek coins in the Brit. Mus. The Seleucid
kings of Syria pl. XIX. Altertümer von Pergamon VII p. 1441. T. XXXII.
Vor dem rechten Fenster:
1408 (506) Relieffragment, Anaximandros.
Es wurde, in eine Mauer verbaut, an der Via delle sette sale bei
der Grundlegung des Klosters der Soeurs de Cluny gefunden.
. Erhalten ist der obere Teil eines offenbar sitzenden, bärtigen Man-
nes mit stark durchfurchtem Gesicht und spärlichem Haupthaare,
der, in Nachdenken versunken, die 1. Hand an die Wange gelegt hält.
Die Formengebung entspricht der naturalistischen Riohtung der hei-
176 DAS THERMENMÜSEUM. 1409—1412.
lenistischen Kunst. Über dem Kopfe des Mannes ist der Name [A Jnaxi
mandros eingemeißelt. Die früher geäußerten Ansichten, nach denen
damit der Künstler des Reliefs oder ein Verstorbener namhaft ge-
macht wäre, dessen Grab das Relief geschmückt habe, können wir
als erledigt betrachten, nachdem sich das Fragment eines stilistisch
und in den Größenverhältnissen vollkommen entsprechenden Reliefs
gefunden hat, auf dem ein ebenfalls sitzender Mann durch eine in den
gleichen Schriftformen gehaltene Inschrift am Sitze als Eudoxos be-
zeichnet ist. Augenscheinlich stellte also dieses Relief den berühmten
Mathematiker, Naturforscher und Philosophen Eudoxos aus dem 4.
Jahrhundert v. Chr. dar, unser Relief den ionischen Naturphilosophen
Anaximandros. Da seine Tätigkeit in das 6. Jahrhundert v. Chr. fiel,
kann es sich nicht um ein ikonisches, sondern nur um ein frei erfunde-
nes Porträt handeln, wie es in denen der sieben Weisen (n. 274, 275,
393) eine Analogie findet.
Bernoulli griech. Ikonographie I p. 73 f. Abb. 13. Vgl. Bullettlno comunale XIV
1886 p. 286, p. 320 n. 10. Das Faksimile der Inschrift daselbst T. XI, XII n. 10. —
Das Eudoxos-Belief befindet sich heute im Kunsthistorischen Landesmuseum zu
Budapest. Über Eudoxos s. Pauly-Wissowa Bealenzyklop&die VI 1 p. 930 n. 8.
1409 (13130) Relief-Fragment, Kopf eines Pferdes und Arm
eines Kriegers mit Schild (jetzt vor dem 1. Fenster).
Gefunden bei den Arbeiten der Tiber-Regulierung.
Das Relief, von dem dieses hervorragend fein ausgeführte Frag-
ment stammt, war augenscheinlich eine Arbeit der ersten Kaiserzeit.
Der Schild hat eine oblonge Form.
Zimmer XIII.
1410 (625) Männlicher Kolossalkopf, Clodius Albinus (?).
Vormals auf dem Palatin.
Der Stil und die Anordnung des Haares wie des Bartes deuten auf
den Übergang vom 2. zum 3. Jahrhundert n. Chr. Der Kopf erinnert
an die Porträts des Clodius Albinus (vgl. n. 182). Wenn diese eine
etwas klobigere Nasenspitze und einen etwas kürzeren Bart zeigen,
ist es doch zweifelhaft, ob wir deshalb berechtigt sind, dem hiesigen
Kopfe die gleiche Benennung abzustreiten.
1411 (9173) Dreiec kige Reliefplatte mit Darstellung der Isis.
Ehemals im Museo Kircheriano.
Das Belief war augenscheinlich bestimmt, das Giebelfeld einer
kleinen Aedicula zu schmücken. Die Göttin, kenntlich andern Sistrum
in der erhobenen B., sitzt auf einem großen laufenden Hunde. Es ist
Isis Sothis, die Herrin des Himmels, auf dem Siriushunde. In dem
Grunde bemerken wir unregelmäßig verteilte Locher; offenbar waren
darin metallene Sterne eingesetzt, und die ganze Darstellung ent-
OBERES STOCKWERK. 177
sprach also dem Schmucke des Tympanon an der Fassade des Iseum
Campense (Cassius Dio LXIX 10; Sitzungsberichte d. Berl. Akademie
1909 p. 640 ff. T. IV; Sitzungsberichte d. Heidelberger Akad. 1910 VII
p. 10 f. Taf. n. 4). Das schlecht gearbeitete Relief stammt ans spät-
römischer Zeit.
Vgl. Koscher mythol. Lexikon H 1 p. 434.
1412 (165) Relief, Prozession von Togati vor der Front eines
Tempels.
Nur der obere Teil besteht aus Marmor; er befand sich, ehe er in das Mu-
seum gelangte, in dem Atelier des Bildhauers Viti. Über die früheren
Schicksale des Fragmentes vgl. Matz-Duhn zerstr. Bildw. in Born III
p. 35. Der untere Teil ist ein Gipsabguß des zugehörigen Fragmentes
im lateranischen Museum n. 1146.
Das obere Fragment zeigt die Vorderseite eines Tempels römisch-
korinthischer Ordnung. Obwohl davon nur etwas mehr als die Hälfte
erhalten ist, genügt dies, um zu erkennen, daß der Tempel zehn Säulen
in der Front hatte, was mit Unrecht bestritten worden ist. Der
Giebelschmuck bezieht sich auf die Gründimgssage der Stadt Rom.
Genau in der Mitte ist Rhea Silvia gelagert; die beiden Beine und die
eine Hand mit der Lanze, die sich rechts von ihr erhalten haben, rüh-
ren von Mars her, der zu der Jungfrau herabschwebt; links von ihr
sieht man die Wölfin, die Romulus und Remus säugt, und zwei Hirten,
die sich ihr unter Gebärden der Verwunderung nähern; in der 1. Ecke
des Giebels lagern einSchaf und ein Widder . Zwei in ganz flachem Relief
wiedergegebene Rutenbündel (fasces), die man innerhalb der Säulen-
halle, das eine zwischen der ersten und der zweiten, das andere zwischen
der vierten und fünften Säule (von links) wahrnimmt, beweisen, daß
auf dem unteren fehlenden Stücke des Reliefs eine Handlung darge-
stellt war, bei der Liktoren auftraten. Ein Gelehrter hat diesen feh-
lenden Teil in dem unter n. 1146 besprochenen Fragmente des late-
ranisohen Museums nachgewiesen. Ein Abguß dieses Stückes ist hier
mit dem oberen Teile vereinigt. Derselbe Gelehrte glaubte ferner, das
Gebäude, das auf dem Bruohstücke dargestellt ist, mit Sicherheit für
den Tempel erklären zu können, den Hadrian an der sacra Via der Ve-
nus und Roma erbaute, und demnach die Hauptfigur des lateranischen
Reliefs auf denselben Kaiser beziehen zu dürfen. Tatsächlich war auch
der Doppeltempel des Hadrian ein Dekastylos, und der Schmuck des
Giebelfeldes würde vortrefflich für die der Roma geweihte Seite pas-
sen. Aber die ganze Kombination scheitert an zwei Beobachtungen.
Der Stil des Reliefs, vor allem der erhaltenen Köpfe, ist weder hadria-
nisch, noch, wie man auch behauptet hat, spät-trajanisch; er entpricht
durchaus dem Stil der iulisch-claudisohen Epoche. Ferner wird auf
späteren Reliefs der Kaiser, der Genius des Senats und die eine oder
andere Persönlichkeit im Gefolge wohl noch mitdem Umwurf der Toga
dargestellt, wie er in der ersten Kaiserzeit üblich war, die Mehrzahl der
Heibig: Führer. II. 8. Aufl. 12
178 DAS THERMENMUSEUM. 1413-1418.
Figuren aber folgt der jeweiligen späteren Mode. Auf unserem Relief
tragen die vier Männer, deren Tracht sich erkennen läßt, die Toga ins-
gesamt nach jener älteren Weise, und es ist mit Recht behauptet
worden, daß die Figur, die Thorwaldsen mit dem Trajanskopfe ausge-
stattet hat, nicht den Kaiser habe darstellen können, daß wir diesen
vielmehr weiter rechts vorauszusetzen haben. Wir haben den Tem-
pel also unter den Gebäuden der augusteischen Zeit zu suchen; seine
Bestimmung bleibt ferneren Studien vorbehalten. Die dargestellte
Prozession kann weder zu einem Triumph in Beziehung gestanden,
noch religiösen Charakter gehabt haben, da alle Beteiligten unbe-
kränzt sind.
Raoul-Rochette monuments in&lits pl. VIII 1 p. 35. Ganina architettura an-
tica, sezione III, T. XXXIII 1. Römische Mitteilungen X 1895 T. V p. 244 — 251.
Zeitschrift f. bild. Kunst N. F. XIII 1902 p. 152 f. Abb. 4. Moderner Cicerone Born I
p. 329 mit Abb. Petersen vom alten Born4 p. 86f . Weitere altere Literatur bei Matz-
Duhn III n. 3519. Neuerdings vgl. Papers of the British school at Eome IV p. 247 fl.
(bes. p. 248 Anm. 4). Berliner philol. Wochenschrift 1911 p. 1239 f.
1413 (1222) Büste der Sabina, der Gattin des Hadrian.
Gefunden an der Via Appia. — Bollettlno d'arte III 1900 VIII T.
I p. 288. Hekler Bildniakunst d. Griech. u. Böm. p. XLI T. 257a.
1414 (644) Kopf des Gallien us.
Gefunden im Haus der Vestalinnen (vgl. Bd. II p. 152 f.).
Die Ausführung des Kopfes ist für seine Zeit verhältnismäßig
Sehr fein. Hekler a. a. O. p. XLVI T. 298.
1415 (629) Kopl der Sabina.
Gefunden bei dem Bau des Monumentes für Vittorio Bmanuele. Er-
gänzt der vordere Teil der Nase.
An dem Teile des Mantels, der über den Kopf gezogen ist, haben
sich Beste roter Farbe erhalten. Vgl. n. 1413. Hekler p. XLI T. 257 b.
1416 (162) Kopf der Jüngeren Faustina oder Lucilla.
Gefunden im Haus der Vestalinnen (vgl. Bd. II p. 152 f.). Bernoulli
röm. Ikonographie. II 2 p. 194 n. 6. Arndt-Bruckmann griech. u. röm.
Portrats n. 766, 757. Hekler p. XLIV T. 284 b.
1417 (1219) Vortreffliche Büste des Antoninus Pias.
Gefunden auf dem Palatin, in dem nördlichen Teile der Halle, die
das sogen. Stadium umgibt. — Monumenti pubbl. dalT accad. dei Lin-
cei V 1895 p. 81 fl. Flg. 36. Notiaie d. scavi 1898 p. 168 b. Hekler T. 264 b.
1418 Fragmente eines historischen Reliefs.
Gefunden Ende des vorigen Jahrhunderts beim Bau des halbrunden
Palastes an der Nordseite der Piazza dell' Esedra.
Erhalten sind neun Fragmente. Fünf von ihnen stammen von
einer Darstellung in teilweise sehr hohem, teilweise flacherem Relief.
Diese war augenscheinlieh von einer reichen Architektur umrahmt*
zu der die vier übrigen Fragmente gehörten. Wir sehen zwei ver-
OBERES STOCKWERK. 179
kröpfte Gebälkstücke mit Zahnschnitten, Perlsohnüren, Blattreihen
und einem außerordentlich zart gearbeiteten Friesstreifen mit Greifen,
die paarweise einem Kandelaber zugewendet sind. Das Gebälk wurde
nicht von Säulen, sondern von naturalistisch gebildeten Palmen getra-
gen, von denen sieh an diesen Fragmenten nur die Blattkronen erhalten
haben. Einen Palmenstamm bemerken wir im Rücken des Frag-
mentes eines bekleideten Jünglings, der demnach an eine der Palmen
lehnend dargestellt war. Der Rücken des in der Größe entsprechenden
nackten Jünglingstorso ist abgesplittert; wir werden annehmen dürfen,
daß er ebenfalls gegen einen der Palmenstamme lehnte. Das Motiv
der Palmen an Stelle der Säulen kehrt an keiner anderen antiken Ar-
chitektur wieder, findet sich aber an gemalten Architekturen pompe-
janisoher Wände vierten Stiles. Wegen des Motives von Figuren, die
vor Säulen gestellt sind, vergleiche man drei spätrömische Fundstücke
aus Korinth — zwei orientalisch gekleidete Jünglinge und eine weib-
liche Gestalt, die vor Pfeilern mit korinthischen Kapitellen stehen.
Auf dem größten der Relief fragmente sehen wir den Kopf eines
Flamen — kenntlich an seiner helmartigen Kappe (vgl. n. 893) — vor
der Fassade eines Tempels tuskanischer Ordnung mit dorischem
Gebälk, aber ohne Triglyphen. Hinter den Säulen, die unkanelliert
sind und deren Hals von zwei Ringen umschlossen wird, ist das Tür-
gewände und links von der Stirn des Flamen ein halbgeöffneter Tür-
flügel sichtbar. In dem Giebelrelief hat man eine Darstellung des Au-
spiciumerkennen wollen, das die erste Anlage Roms auf dem Palatin, der
Wahl des Romulus entsprechend, sanktionierte. Man hat die Figuren
— von rechts nach links — so gedeutet: Remus mit dem Hirtenstabe
sitzend und zur Mitte emporschauend; Dea Murcia ( ?) als Vertreterin
des Aventin, den Remus für die Gründung der Stadt auserkoren
hatte; Silvanus; Faustulus im Hintergrunde; Mercurius; Victoria;
Mars im Hintergrunde; Iuppiter mit dem Adler (über der 1. Türe);
Pales als Vertreterin des Palatin; Romulus mit dem Füllhorn, das
wir aber mit größerem Rechte der vermeintlichen Pales zuschreiben
dürfen. Die drei Türen sollen auf das Gehege der ersten Ansiedelung
deuten; über der mittleren erschiene der Schwärm der 12 Geier, der
für Romulus und den Palatin entscheidet. Das Bedenklichste an
dieser Deutung ist die Erklärung der drei Türen, zumal das Gehege der
ersten Ansiedelung in dem angenommenen Augenblicke ja noch gar
nicht vorhanden war. Andere Bedenken hat sich der Gelehrte,
der die Deutung ausgesprochen hat, selbst nicht verhehlt. Die end-
gültige Losung des Rätsels bleibt noch zu finden. Für jeden, der sich
jener Erklärung anschließt, ist die Frage, welcher Tempel hier darge-
stellt sei, entschieden; es könnte nur der unter Augustus erneuerte
Tempel des Quirinus auf dem Quirinal in Frage kommen, der nach
Vitruv (III 2) ein dorischer Dipteros mit acht Säulen in der Front
12*
180 DAS THBRMENMÜSEÜM. 1419-1424.
war. Die acht Säulen hätte der Künstler des Reliefs allerdings um
zwei vermindert, denn mehr als sechs Säulen kann die Fassade auf dem
Belief nicht besessen haben (vgL den. viersäuligen Tempel des Iup-
piter Capitolmus auf dem Relief n. 893). Ein Teil einer Säule hat sich
auch auf dem Grunde des Fragmentes mit einem kurzbärtigen be-
helmten Kriegerkopfe erhalten. Die Ornamente des Helmes sind eben-
so zart und lebendig gearbeitet, wie die Greife am Fries des Gebalkes.
Weiter ist ein bekränzter weiblicher Kopf mit idealen Zügen, ein
Jünglingskopf und der Kopf eines zum Opfer geschmückten Stieres
erhalten. Augenscheinlich wurde also vor dem Tempel ein feierliches
Opfer im Beisein von Vertretern des Heeres vorbereitet; der weib-
liche Kopf könnte einer Victoria gehört haben. In den Zügen des be-
helmten Kopfes hat man Ähnlichkeit mit dem Porträt des Garaealla
entdecken wollen und danach die ganze Arbeit in die Zeit dieses Kai-
sers datiert. Einem so späten Ansätze aber widerspricht durchaus der
Stil der Fragmente und vor allem die Tatsache, daß an keinem der
Köpfe die Augensterne markie/t sind. Der üppige Reichtum der ar-
chitektonischen Ornamente, die duftige Zartheit, mit der die Ornamente
an Fries und Helm wiedergegeben sind (vgl. n. 1199 und die Pfeiler
an n. 1195, 1196), auch die lebendige weiohe Arbeit an den Köpfen —
all das findet ebensowenig in der Zeit des Oaraoalla, wie in der des Ha-
drian, an die man auoh gedacht hat, sondern nur in der Zeit der f la-
vischen Kaiser Parallelen. Daran brauchen uns auoh die Barte des
Flamen und des Kriegers nicht irre zu machen; war doch die Bart-
tracht der Kaiser nie soweit für die allgemeine Volkssitte bindend,
daß sich nicht in jeder Periode Abweichungen von ihr feststellen
ließen. Zudem ist uns bekannt, daß gerade von den flavisohen Kaisern
auf dem Quirinal eine großartige Bautätigkeit entfaltet worden ist,
deren Anlagen sioh sehr wohl bis zu dem Fundort der Fragmente aus-
gedehnt haben können.
Rom. Mitteilungen XIX 1004 T. III, IV p. 28 ff. E. Strong roman sculpture pl.
XCIII p.302. Melanges d'archeol. et d'hist. XXVI 1906 p. 403 f. — Die Funde in
Korinth: Americ. Journal of arch. VI 1002 pl. 4 p. 7 ff. S. Reinach repertoire de la
stat. III p. 137 n. 1, 3. — Zu den Palmensaulen auf pompejanischen Wanden: Ab-
handl. d. pbU.-hist. Kl. d. sächs. Gesellsch. d. Wissensch. XXII 1004 IV p. 60 Fig. 36;
zu flavischer Ornamentik: ebenda p. 73 Fig. 38 a, b. Zu den Palmensaulen vgl. auch
Vatikan-Katalog II p. 217 n. 80 u. Altmann die röm. Grabaltäre p. 122 n. 130 Fig. 08.
— Zur Barttracht: Pauly-Wissowa Realenzyklopädie III 1 p. 33 f.
1419 (638) Kopf des greisen Marc Aurel.
Gefunden im Haus der Vestalinnen. Ergänzt die Nase. Die Büste
ist zum Teil antik, aber schwerlich zugehörig. — Bernoulli röm. Ikono-
graphie II 2 p. 168 n. 20.
1420 (616) Kopf des dritten Drusus, des älteren Bruders des Ca-
ligula (?).
Vormals auf dem Palatin. Ergänzt die Nasenspitze, Splitter an den
Lippen und die längs der Wangen wie die über den Hals herabreichenden
Teile des Mantels.
OBERES STOCKWERK 181
Man hat den Kopf auf den jüngeren Drusus wie auf Caligula ge-
deutet, letzthin die oben gegebene Benennung vorgeschlagen.
Matz-Duhn zerstr. BUdw. in Born I n. 1830. Bemoulli röm. Ikonographie II 1
p. 170 n. 10. Archaol. Anzeiger XXV 1910 p. 534. Hekler Bildniskunst d. G riech,
u. Böm. p. XXXVI T. 181.
1421 (627) Kopf des Antoninus Pins.
Gefunden in Formiae. Ergänzt die Nasenspitze.
Der Kopf gehört zu den besten Porträts des Antoninus Pius, die
sich erhalten haben.
Hekler Bildniskunst d. Griech. u. Böm. T. 264 a.
Fensterwand:
1422 (329) Kolossaler Porträtkopf eines Knaben.
Der Kopf befand sich mit n. 1428 u. 1430, als die italienische Regie-
rung den Kirchenstaat okkupierte, zu Ostia in einem Magazine, das zur
provisorischen Aufbewahrung der bei dortigen Ausgrabungen entdeckten
Antiken diente.
Man hat in dem Kopfe, der von einer Statue herrührt, ein Porträt
des Alexander Severus vermutet. Um die Stirn herum erstreckt
sich ein Streifen, auf dem die Haare abgemeißelt sind. Wie es scheint,
diente die so gewonnene Vertiefung als Lager für einen metallenen
Kranz, mit dem man den Kopf umgab, als er bereits fertig ge-
arbeitet war.
1423 (88) Büste des jugendlichen Caracalla.
Gefunden bei dem Bau des Finanzministeriums. Ergänzt die Nase,
die Unterlippe, der größte Teil des Kinnes. Die Zugehörigkeit der sicher
antiken Büste scheint nicht über allem Zweifel erhaben.
Man hat den Kopf früher mit Unrecht für Geta erklärt.
Bemoulli röm. Ikonographie II 8 p. 71 n. 6.
1424 (496) Relief, Affe auf Kamelbiga.
Ein langschwänziger, zottiger Affe, der der Gattung der Paviane
(papio, cynocephalus) anzugehören scheint, sitzt auf einem zweirä-
drigen Rennwagen, der von zwei galoppierenden, einhöckerigen Ka-
melen gezogen wird, und hält mit beiden Händen die Zügel. Derar-
tige Darstellungen werden in der Regel für scherzhafte Erfindungen
der Künstlerphantasie erklärt. Man darf aber nicht vergessen, daß
die Ablichtung der Tiere im Altertum, besonders in Alexandreia, mit >
nicht minderer Virtuosität betrieben wurde, als heutzutage. Daß Affen
zum Kutschieren dressiert wurden, ist ausdrücklich bezeugt. An-
dererseite erfahren wir, daß Nero und Elagabal Quadrigen von Ka-
melen im Zirkus um die Wette rennen ließen. Hiernach scheint es
recht wohl möglich, daß unser Relief ein Schauspiel darstellt, wie es
das Publikum in Alexandreia und Rom bei öffentlichen Festen zu
bewundern Gelegenheit hatte.
182 DAS THERMENMUSEUM. 1426—1437.
Über die Dressur der Tiere im Altertum: Lumbroso l'Egitto dei Greci e dei Roman i
2. ed. p. 115. Friedländer Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms II* p. 402 ff.
Keller Tiere des klass. Altertums, besonders p. 3 ff. Die obigen Angaben gründen sich
hauptsächlich auf Aelian. de natura animalium V 26; Sueton. Nero 11; Lampridius
Antoninus Heliogabalus 23. Als T. Vedius in Laodicea dem Cicero entgegenkam,
befand sich in seinem Gefolge ein cynocephalus in essedo (Cic. ad Att. VI 1, 25).
1425 (641) Büste des jugendlichen Caraoalla.
Gefunden im Haus der Vestalinnen (vgl. p. 152 t). Ergänzt die
Nasenspitze.
Auch diese Büßte wurde früher, wie n. 1423, für Geta erklärt.
Bernoulli röm. Ikonographie II 2 p. 201 n. 3, p. 202 f.
1426 (648) Büste des Caracalla.
Gefunden auf dem Esquilin beim Bau des Finansministeriums. Vor-
mals im Museo Kircheriano. Ergänzt die Nase.
Die Büste gibt das augenscheinlich offiziell anerkannte Porträt
des Kaisers wieder. Vgl. Band I n. 221 u. p. 454 n. 53, die beide sorg-
fältiger gearbeitet sind, als die hiesige Büste.
De Ruggiero guida dei Museo Kircheriano (Bomae 1879) p. 1 n. 5.
1427 (618) Kopf des Nero.
Vormals auf dem Palatin. Ergänzt der größere Teil des Hinterkopfes,
die Nasenspitze, ein großes Stück auf der r. Seite des Halses. Splitter an
den Ohren und am Kinn.
Der Kopf ist das beste Marmorporträt des Nero in Rom.
Matz-Duhn zerstr. Bildw. in Rom I n. 1829. Bernoulli röm. Ikonographie II 1
p. 393 n. 7, p. 397 Fig. 57, p. 402, p. 408. Hekler Bildniskunst der Griechen u. Römer
p. XXXVI T. 183.
1428 (326) Kolossalkopf des Gordianus III. (f 241 n. Chr.).
Herkunft wie bei n. 1423.
Die Benennung ist durch die schlagende Ähnlichkeit mit den
Münzporträts dieses Kaisers gesichert. Der Keil, den das unter dem
Halse ansetzende Stück bildet, beweist, daß der Kopf in eine Statue
eingelassen war. Die verlorenen Ohren waren angestückt.
Atti dell' Accad. Pontif. romana di archeol. Serie II, X 2, 1912 p. 78 Fig. 15.
Hekler Bildniskunst der Griechen u. Römer p. XLV T. 292.
1429 Relieffragment mit Darstellung einer Göttertrias.
Erhalten ist nur der obere Teil der drei Figuren. Wir erkennen in
der Mitte den Iuppiter Heliopolitanus, rechts von ihm eine weib-
liche Gottheit mit Kalathos und Schleier, eine Blüte und zwei Ähren
(?) in der Linken. Wir werden sie Atargatus nennen können; mit ihr
war der Iuppiter Heliopolitanus in Hierapolis am Euphrat verbunden.
Dunkel bleibt die Bedeutung der dritten Gottheit links, die eber falls
weiblich und in Hermenform dargestellt ist; sie trägt einen Kala-
thos, wie die beiden anderen, und eine Art Torques um den Hals, wie
der Iuppiter. An dem Hermenschafte ist vorn eine Reliefdarstellung
angedeutet; man erkennt links einen nach rechts blickenden mensch-
lichen Kopf, rechts davon einen Adler mit ausgebreiteten Flügeln und
über diesem einen Halbmond mit runder Erhebung in der Mitte.
OBERES STOCKWERK. 183
Vgl. Röscher mythol. Lexikon I 2 p. 1987 ff. und zu der Gestalt, die wir Atargatis
genannt haben, die Kybele eines Votivreliefs in Berlin (Archaol. Zeitung 1880 T. IV 4;
Baumeister Denkmäler d. klass. Altertums II p. 799 Abb. 863), sowie eine Statue in
Kairo (Edgar Musee de Caire, greek sculpture n. 27469 p. 17 pl. VIII; S. Reinach
repert. de la stat. IV p. 139 n. 1).
1430 (330) Kopf des Vespaslan.
Herkunft wie bei n. 1423.
Der charaktervoll ausgeführte und vortrefflich erhaltene Kopf un-
terscheidet sich von den sonst bekannten Porträts dieses Kaisers da-
durch, daß er den kritischen Zug in dem Gesichtsausdruck mit grö-
ßerer Schärfe hervorhebt.
Atti delT Accad. Pontif. romana di archeol. Serie II, X2, 1912 p.76 Fig. 14. Hekler
Bildniskunst der ariechen u, Römer p. XXXVIII T. 218a.
Zimmer XIV.
1431 — 1437 Sieben Porträthennen von Zirkuskutschern.
Gefunden vor Porta Portese unweit der Eisenbahnstation von Tra&te-
vere, im Gebiet der Gärten des Caesar. Sie waren hier alle sieben neben-
einander auf einem mit Muscheln verzierten Sockel aufgestellt. In dem-
selben Räume fand man eine Statuette des Herkules aus Tuff, die den Heros
liegend und schmausend darstellt. Augenscheinlich handelt es sich also
um das Heiligtum, nach dem ein Teil jener Region ad Herculem cubantem
genannt wurde. Die Wagenlenker hatten ihre Hermen als Weihgaben in
dem Heiligtum ihres Patrons aufgestellt (vgl. die Bemerkungen über
den Fundort von n. 293).
Diese sieben Hermen sind zwar von verschiedenen Bildhauern ge-
arbeitet, scheinen aber nach Stil und Haarsohnitt alle derselben Zeit
und zwar der Zeit des iulischen Kaiserhauses anzugehören. Vier von
ihnen (Museumsnummern 22, 24, 34, 38) sind durch die um die Brust
verschnürten Riemen (vgL n. 327, 1438) als Porträts von Zirkuskut-
schern (agitatores circenses) charakterisiert, und wir dürfen Porträts
von solchen auoh in den drei anderen Exemplaren erkennen, die dieses
Attributes entbehren (Mn. 16, 18» 30), da es sicher ißt, daß die sieben
Hermen eine zusammengehörige Gruppe bildeten. Die Betrachtung der
Köpfe lehrt, was für verschiedenartige Individuen jener während der
Kaiserzeit hochgefeierten Berufsklasse angehörten. Die Herme Mu-
seurnsnummer 22 ist augenscheinlich das Porträt eines Vollblutita-
likers. Sie zeigt eine Philisterphysiognomie, wie wir ihr häufig auf
gleichzeitigen römischen Grabsteinen begegnen, und die großen häß-
lichen Ohren, die für den altrömischen Typus bezeichnend waren (vgl.
n. 953). In schroffstem Gegensatz zu diesem Porträt steht das unter
den sieben Hermen am besten ausgeführte Exemplar Mn. 18. Das
feine Gesicht läßt darauf schließen, daß dieser junge Mann einem von
alter Kultur durchdrungenen Volke entsprossen und etwa aus dem
hellenistischen Osten nach Born gekommen war. Die offenbar mit dem
Brenneisen (calamistrum) gedrehten Löckchen, die, in parallele Strei-
fen angeordnet, den Schädel bedecken, kennzeichnen ihn als einen
vollendeten Stutzer. An Mn. 24 fällt der bornierte Ausdruck, an Mn.
38 die gemeine Gesichtsbildung auf.
1
184 DAS THERMENMUSEUM. 1488-1440.
H ekler Bildnlskunst der Griechen u. Römer T. 194 a, 284, 249. Vgl. Notizie
degli scavi 1889 p. 243, p. 246 n. 21—27. Römische Mitteilungen VI 1891
p. 237 — 238, VII 1893 p. 331. Über die gebrannten Locken: Marqnardt-Mau das
Privatleben der Kömer p. 147 Anm. 7, p. 601, p. 605 Anm. 7. Über die Statuette des
Hercules cubans s. Notizie d. scavi a. a. O. p. 245 b mit Abb. Bullettino comunale XVIII
1890 p. 9. Böm. Mitteilungen XII 1897 p. 67.
1438 Tier Mosaikbilder, die Factiones clreenses.
Das leidenschaftliche Interesse, mit dem das römische Publikum
während der Kaiserzeit den Verlauf der Zirkusrennen verfolgte, wurde
dadurch gesteigert, daß sich das bei den Rennen beteiligte Personal
in verschiedene Parteien gespalten hatte. Diese unterschieden
sich durch die Farbe, die in der Tracht der Lenker wie in dem
Schmucke der Wagen vorherrschte. Sehen wir von einigen Parteien
ab, die nur einen vorübergehenden Bestand hatten, so gab es in der
Kaiserzeit deren vier: die Roten (factio russata), die Weißen
(f. albata), die Grünen (f. prasina) und die Blauen (f. veneta).
Unsere Mosaike vergegenwärtigen jede dieser Parteien durch die Figur
eines Wagenlenkers, der in der einen Hand eine Peitsche, mit der
anderen ein Pferd am Zügel hält. In den Pferden haben wir wahr-
scheinlich die sinistri funales zu erkennen, d. i. die an den qua-
drigae am weitesten links angespannten Pferde, die beim Rennen die
Bahn an der gefährlichsten Stelle, in der unmittelbaren Nähe der
metae (vgl. n. 330 — 332), zurückzulegen hatten. Rechts oben der
Vertreter der faotio russata in roter, links oben derjenige der fac-
tio prasina in grüner, unten der der veneta in blauer und der der
a 1 b a t a in weißer Tunika. Alle vier tragen unter der Tunika ein trikot-
artiges Untergewand mit langen Ärmeln. Der Thorax ist wie an der
vatikanischen Statue n. 327 und an mehreren der Hermen n. 1431 —
1437 mit Riemen umgeben, in denen wir nicht, wie man früher annahm,
die Zügel zu erkennen haben; die korsettartige Umschnürung sollte
dem Leib bei den heftigen Erschütterungen des Rennens Festig-
keit und Widerstandskraft geben. Der Vertreter der factio russata
hat mit jener Statue auch die Riemen gemein, mit denen die Ober-
schenkel umschnürt sind; der Vertreter der albata ist über den en-
gen Hosen mit Beinschienen ausgestattet. Der Mosaicist hat die heim-
förmige Kopfbedeckung bei dreien der Lenker mit blauer, bei dem
Vertreter der russata mit grauer Farbe wiedergegeben. Hiernach
scheint es, daß wir uns diese Kopfbedeckungen nicht, wie es sonst viel-
fach der Fall war, aus Leder sondern aus Stahl gearbeitet zu denken
haben.
Ersilia Caetani-Lovatelli antichi monumenti illustrati t. XIII. XIII bis p.143 — 163
( = Atti dell' Acc. dei Lincei, serie terza, memorie della cl. delle sciesze morali vol. VII
1881 p. 149—156).
OBERES STOCKWERK. 185
Zimmer XV.
1439 (489) Fragment eines Reliefs mit Darstellung zweier Ca-
rolin.
Vormals im Museo Klrcheriano.
Der vollständig erhaltene von den beiden Camilli trägt die ge-
gürtete Tunica und über die 1. Schulter gelegt ein augenscheinlich
zusammengefaltetes Tuoh, die mappa (vgl. n. 1177), die unter dem
Namen stola in den Kult der katholischen Kirche überging. Die
Haare des Knaben sind kurzgelockt, abweichend von dem sonst
kenntlichen Usus, die Haare der Camilli lang wachsen zu lassen
und besonders fein, manchmal der weiblichen Mode entsprechend, zu
frisieren (vgl. n. 957 u. 1523). Die R. hält ein Kannchen, die L. eine
gestielte Schale (vgl. wiederum n. 957). Von einem zweiten Camillus
haben sich nur Teile erhalten. Er ist gekleidet wie der erste und trägt
auf der L. einen Teller, auf dem ein Weihrauchbüohschen steht (vgl.
n. 152), während die R. eine sehr zierliche Bewegung macht, als wolle
sie eins der Weihrauchkörner irgendwohin streuen. Die Arbeit ist ein-
fach und sehr fein und stammt gewiß noch aus den ersten Jahrzehn-
ten der Kaiserzeit.
L' arte II 1890 p. 60 f. Fig. 36 (auf p. 53). Strong roman sculpture p. 98 Anm.
L. G. Spaulding the „Camillus"-type in sculpture (Lancaster PA 1911) p. 30 f.
Zu den beiden Reliefköpfen von Vestalinnen (vormals auf dem Palatm)
vgl. die Bemerkungen zu n. 1357 — 1361.. Die Gesichter sind nicht
individuell gestaltet (vgl. Americ. Journal of archaeol. XII 1908 p. 324; ebenda
wird auf p. 325 ein dritter Kopf des gleichen Reliefs erwähnt, der sich jetzt in Amerika
befindet; er wurde im Hause der Vestalinnen gefunden).
1440 (1241) Platte mit Mosaikbildern.
Diese und die übrigen in diesem Zimmer aufbewahrten Mosaike stam-
men bis auf n. 1446 aus einer an der Via Cassia zwischen dem sechzehnten
und siebzehnten Meilenstein gelegenen antiken Villa, die 1878 ausgegraben
wurde. Bin Teil der Baulichkeiten in jener Gegend hieß in der vorgerückten
Kaiserzeit Praetorium Fusci. Wie es scheint, hatte er dem Annius
Fuscus, dem Vater des Pescennlus Niger, gehört und ging, als die Güter des
letztgenannten konfisziert wurden, in den Besitz des Septimius Severus
über. Es ist ausdrücklich bezeugt, daß Caracalla, der Sohn des Septimius
Severus, in der angegebenen Gegend bauen ließ, und das Gleiche ist, wie
es scheint, für seinen Bruder Geta anzunehmen (De Bossi Bull, di archeo-
logia cristiana, 2. serie, VI 1875 p. 148—150). Bei der Ausgrabung jener
Villa fand sich eine gegenwärtig verlorene Bleiröhre, deren Inschrift
C. SEPTIMI GETA gelesen wurde (Lanciani i commentarii di Frontino
intorno le acque e gli aquedotti p. 254 n. 300). Der Gedanke liegt
nahe, daß statt C vielmehr P(ublius) zu lesen und die Inschrift auf
den Bruder des Caracalla zu beziehen ist. Der jener Villa zunächst
befindliche, bekanntere Punkt ist die am einundzwanzigsten Meilensteine
der Via Cassia gelegene Statio ad Baocanaa oder Vaccanas, heute
Baccano, weshalb die Mosaike in der Kegel als die Mosaike von Baccano
bezeichnet werden. Ihr Stil deutet auf die Zeit des Septimius Severus oder
seiner unmittelbaren Nachfolger, während die rohen Restaurationen, die
man an den meisten Exemplaren wahrnimmt, offenbar der späteren Ver-
fallszeit angehören. Die Mosaike waren, bevor sie in das Thermenmuseum
gebracht wurden, im Museo Klrcheriano aufgestellt.
186 DAS THERMENMÜSEÜM. 1441—1443.
Das in dem oberen Teil der Platte rechts eingesetzte Mosaik stellt
wie es seheint» eine mythische Szene dar (Marsyas und Olympos ?).
Vor einem Felsenhintergrunde sitzt links auf dem Boden ein riesiger
nackter Mann, der an einen hellenistischen Typus des Polyphemos er-
innert. Sein bärtiges Haupt ist von einem Laubkranze umgeben und
um seinen r. Arm ein Tierfell geschlungen, während an seiner 1. Seite,
befestigt an einem über die r. Schulter reichenden Bande, eine Syrüu
herabhängt. Vor dem sitzenden Manne steht ein phrygisch gekleideter
Jüngling, der die 1. Hand auf eine mit einer roten Binde geschmückte
Basis — oder einen Altar — stützt. Der Mann, der sein Gesicht dem
Jüngling zuwendet und den 1. Arm nach ihm ausstreckt, scheint ihm
eine eindringliche Bede zu halten und der Jüngling ihm aufmerksam
zuzuhören.
Ball. delV Inst. 1873 p. 132. De Ruggiero cstalogo del Museo Kircheriano I
p. 276 n. 22.
Links oben: Ganymed ist auf der Flucht vor dem Adler auf ein
Knie gestürzt und sucht sich gegen die Umklammerung des Tieres zu
wehren. Die Komposition geht augenscheinlich auf ein bekanntes
Original zurück, da sie sich auf einem weiteren Mosaik und anderen
Monumenten wiederfindet.
Neue Jahrbücher für Philologie IX 1902 T. II 1 p. 431. Vgl. Bull, dell' Inst.
1873 p. 131. De Ruggiero p. 274 n. 17. Jahreshefte d. österr. arch. Inst. IX 1906
p. 276 (hier und in den Neuen Jahrb. a. a. O. sind die weiteren Wiederholungen der
Komposition behandelt).
Rechts unten: Eine bukolische Szene. Ein mit einer Nebris be-
kleideter Hirte sitzt auf einem Felsblock, im Begriff, mit einem Stab-
chen die Röhren seiner Syrinx zu reinigen. Neben ihm liegen auf dem
Boden ein Pedum und ein gelber Leder( ?)sack. Vor ihm steht eine
Ziege. Rechts im Hintergrunde sieht man einen kleinen Tempel und
den dazugehörigen heiligen Baum. Links ragt oberhalb der Ziege über
eine Terrainerhöhung die Figur eines zweiten Hirten hervor, der den
r. Arm nach links streckt und aus dem Bilde herausblickt.
Bull, dell' Inst. 1873 p. 134. De Kuggiero p. 276 n. 22.
Links unten: Der geblendete Polyphem sitzt vor seiner Höhle auf
dem Felsblocke, der bis vor kurzem dieser Höhle als Verschluß diente,
und betastet mit beiden Händen den Rücken eines Widders, an dessen
Bauchflies sich Odysseus angeklammert hält. Der Held ist mit dem
Pileus ausgestattet und im Vergleich mit dem riesigen Kyklopen in
sehr kleinen Dimensionen wiedergegeben.
Bull, dell' Inst. 1873 p. 132. De Ruggiero p. 277 n. 23.
1441 (215) Porträtkopf eines Jungen Römers.
Gefunden bei den Arbeiten der Tiberregulierung. Ergänzt ein Stück
an der Stirn, der obere Teil des 1. Auges, beinahe die ganze Nase.
Der Kopf stellt die gleiche Person dar, wie n. 872 im kapitolinischen
Museum. Vgl. das dort Bemerkte.
OBERES STOCKWERK. 187
>
1442 (350) Römischer Porträtkopf mit hohem diademartigen
Aufsatz.
Gefanden in Ostia.
Es ist noch nicht gelungen, die Bedeutung des diademartigen Auf-
satzes und demnach die der dargestelltenPereönlichkeit überzeugend zu
erklären. Die künstlerische Ausführung des Kopfes ist von hervor-
ragender Schönheit; man beachte vor allem die feine Modellierung der
Wangen. Dabei ist eine gewisse akademische Kälte und Glätte un-
verkennbar. Man kann dieses Porträt zu den besten Erzeugnissen
früh - hadrianischer Kunst rechnen.
In der letzterschienenen Guida des Museums p. 103 wird die Meinung ausge-
sprochen, der Dargestellte sei vielleicht Eunuch oder Angehöriger eines orientalischen
Kultes gewesen.
1443 (1242) Platte mit Mosaikbildern.
Herkunft wie bei n. 1440.
Oben rechts: Eine bereits im Altertum roh restaurierte und gegen-
wärtig stark zerstörte Figur einer Muse.
Bull, deir Inst. 187S p. 180. De Buggiero catalogo del Mueeo Kü-cheriano I p. 280
n. 31.
Oben links: Eine jugendliche Frauengestalt, deren Haupt mit einer
Stephane geschmückt und deren nackter Körper nur wenig von dem
umflatternden Mantel verhüllt ist, legt die R. an den Schnabel eines
vor ihr schreitenden Vogels. Man hat an Leda mit dem Schwan ge-
dacht. Doch weisen die Formen des Vogels, soweit sie sich erhalten
haben, die braune Farbe des Gefieders und das Fehlen der Schwimm-
häute zwischen den Krallen vielmehr auf einen Adler hin. Einer
anderen Deutung auf Hebe, die mit dem Adler des Zeus tändelt,
dürfte dagegen der Habitus der weiblichen Figur widersprechen.
Bull. 1873 p. 131. De Buggiero p. 279 n. 29.
Unten rechts: Die Strafe des Marsyas. Links sieht man Marsyas,
den statuarischen Typen (n. 951, 1925) entsprechend mit den Armen
an einem Baume aufgehängt, während ein Sklave beschäftigt ist, die
Füße des Verurteilten an den Stamm des Baumes festzubinden. Da-
vor liegen auf dem Boden die beiden Flöten des Marsyas. Rechts
sitzt Apoll, die Kithara in der L., gleichgültig vor sich hin blickend.
Vor ihm kniet der jugendliche Olympos, eine phrygische Mütze auf dem
Haupte, und fleht den Gott an, seines Meisters zu schonen. Rechts
von Apoll steht Artemis mit Bogen und Köcher, das Haupt ge-
schmückt mit der Zackenkrone, die ihr besonders häufig in der kam-
panischen Wandmalerei gegeben ist. Hinter dem Gotte sieht man den
oberen Teil einer Frauengestalt, vermutlich einer Nike, die einen
Kranz nach Apoll ausstreckt.
Bull. 1873 p. 128f De Buggiero p. 276 n. 21.
Unten links: Ein bärtiger Mann braunen Kolorite, mit Schilf be-
kränzt, sitzt auf dem Boden und stützt mit der R. ein Füllhorn auf, in
188 DAS TflERMENMüSEUM. 1444—1448.
dessen Öffnung Früchte — deutlich erkennbar sind Feigen und Gra-
natäpfel — und Kräuter gehäuft sind, während er in der L. einen
Zweig (Olivenzweig ?) hält; die Beine sind mit einem grünen Mantei
bedeckt. Die Lage der Figur und der Sohilfkranz deuten auf einex
Flußgott, für den auch das Füllhorn paßt.
Bull. 1878 p. 135. De Ruggiero p. 280 n. 33.
1444 (42133—42135, 52301) Tier Köpfe eines römischen Hoch-
reliefs.
Die drei Köpfe Museümsn. 42133 — 42135 befanden sich seit langer Zeit
in der Villa Patrizi vor Porta Pia, wo man sie in ein modernes Relief mit
den Oberkörpern dreier Liktoren eingesetzt hatte. Über die Herkunft
der Köpfe war nichts bekannt. Da nun der vierte Kopf n. 52301 i. J.
1910 bei dem Abbrach der Villa gefunden wurde, dürfen wir schließen,
daß jene drei aller Wahrscheinlichkeit nach im Beginne des 18. Jahr-
hunderts bei Gelegenheit der Anlage der Villa zutage gekommen sind.
Augenscheinlich stammen die vier vortrefflich gearbeiteten Köpfe
von dem gleichen Hoohrelief . Sie sind alle vier bekränzt mit Lorbeer.
Das Belief wird also eine Prozession dargestellt haben, wie der Fries
der Ära Pacis (n. 1523), und scheint, nach der stilistischen Eigenart
der Köpfe zu schließen, ein Werk der claudischen Zeit gewesen zu
sein.
Bollettino d'arte in 1909 VIII p. 15«. Fig. 9—11. Vgl. Matz-Buhn zerstr. Bildw.
in Born III n. 3530. — Über claudische Reliefs s. Jahreshefte d. österr. arch. Inst. I
1907 p. 175 ff.
Fensterwand:
1445 (478) Belief, Larenopfer.
Wer Pompei besucht hat, wird sich entsinnen, in den dortigen
Häusern Wandgemälde gesehen zu haben, die den Genius (vgl. n. 304)
des Hausherrn ( Genius f amüiaris) darstellen, wie er den Laren oder den
Laren und Penaten opfert. Unsere Platte zeigt ein derartiges Bild in
Relief übertragen. Man sieht am 1. Ende der Platte eine Laren-
statue auf runder Basis, daneben den mit einem Schurze (limus) be-
kleideten Sohlächter (popa), der das zum Opfer bestimmte Schwein
nach rechts schiebt, hierauf einen mit der Toga bekleideten Mann, der
die Doppelflöte spielt, vor ihm einen mit Opfergaben belegten Altar
und darüber eine r. Hand, die eine Schale hält. Diese Hand rührt von
dem Genius familiaris her, der auf der verlorenen, rechten Seite der
Platte, über dem Altar libierend, dargestellt war und mit dem Flöten-
spieler die Mittelgruppe der Komposition bildete. Offenbar fand das
Belief am r. Ende seinen Abschluß in einer zweiten Larenstatue, die
der am 1. Ende angebrachten entsprach. Unmittelbar hinter dem
Genius war vermutlich noch eine andere an dem Opfer teilnehmende
Figur, etwa ein Camillus (vgl. n. 1439), beigefügt und hiermit zwischen
den Figuren zu beiden Seiten der Mittelgruppe das richtige Gleich-
gewicht erzielt.
OBERES STOCKWERK. 189
1446 Platte mit MesaikbiMern»
Oben rechts: Ein Eros, der auf einer Meerziege reitet und eine Pal-
me in der R. hält; darunter ein Delphin.
Herkunft wie bei n. 1440. — Bull, dell' Inst. 1873 p. 134. De Ruggiero catalogo
lel Museo Kircheriano I p. 280 n. 32.
Oben links: Der bakchische Thiasos im Kampfe gegen die Inder.
Gefunden 1741 in der bei Tusculum ausgegrabenen Villa, aus der auch
unsere n. 314 u. 1480 stammen (zwischen Tusculum und der heutigen
Villa 'Bufinella; vgl. Grossi-Gondi il Tuscolano nell' eta classica p. 148).
Da es von moderner Hand stark restauriert ist, fällt es schwer, den ur-
sprünglichen Tatbestand festzustellen Ehemals Jm Museo Kircheriano.
Wir sehen am Ufer eines Flusses einen dichtbekränzten Satyr, der
sin Pedum gegen einen mit Tierfell bekleideten Krieger schwingt, und
sine Bakchantin, die mit einem undeutlichen, vermutlich vom Restau-
rator mißverstandenen Gegenstande (ursprünglich dooh wohl einem
Thyrsos) einem anscheinend verwundet auf dem Boden sitzenden
Jüngling zu Leibe geht. Die beiden Gegner des Satyrs und der Mae-
nade sind als Inder durch ihre dunkelbraune Färbung, der des Satyrs
auch durch die Stumpfnase (nach antiker Vorstellung) und das tur-
banartige Kopftuch charakterisiert; auch kommt der kleine runde
Schild auf anderen Darstellungen in der Hand kämpfender Inder vor.
Daß auf dem Mosaik beiden Indern deutlich erkennbare Angriffs-
waffen fehlen, ist wohl nur der sohleohten Erhaltung des Mosaiks zu-
zuschreiben.
Picturae antiquae cryptarum delineatae a P. S. Bartoli, illustratae a J. P. Bel-
lorio et M. A. Causseo (Romae 1750) Appendix II T. XI. Ann. dell' Inst. 1879 tav. d'
agg. G. p. 66 ff. Jahrbuch d. arch. Inst. ZV 190Q p. 197 f. Fig. 1, p. 205, 209. Vgl.
De Buggiero p. 270 n. 11.
Freistehend:
1447 (1119) Römischer Mädchenkopf.
Vormals auf dem Palatin.
Der Kopf stammt aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. und ist nicht
nur für diese späte Zeit eine ganz hervorragend feine Leistung.
E. Strong roman sculpture pl. CXVIII p. 371. Hekler Bildniskunst der Griechen
u. Römer p. XLIV T. 282.
1448 (353) Porträtkopf eines alten Mannes.
Gefunden in Ostia.
Der Kopf war in eine Statue eingesetzt, das Gewand augenschein-
lich über den Hinterkopf gezogen. Wir können uns demnach die
Figur wie den Togatus in der'Sala della biga (n. 323) vorstellen.
Der Kopf ist eine ganz eminente Leistung römischer Porträtkunst aus
dem Ende der republikanischen Zeit oder dem Beginne der Kaiserzeit,
gleich vollendet in Auffassung und Ausführung.
Moderner Cicerone Born I p. 429 m. Abb. Hekler Bildniskunst der Griechen
u. Bömer p. XXX T. 189.
190 DAS THERMENMUSEUM. 1449—1461.
1449 (1043) Römisches Mädchenportrftt (vgL in diesem Bande
p. 117).
Gefunden in dem Grabe des Sulpicius Platorinus und der Sulpicu
Piatorina (vgl. n. 1524).
Der sehr fein modellierte Kopf stellt ein Madchen von etwa K
Jahren dar, vielleicht eine gewisse Minatia Polla, deren inschxif tlicfc
bezeichnete Aschenurne in demselben Grabe gefunden wurde. Die
Haartracht, der Stil und der sehr schmale Brustabschnitt deuten auf
die erste Kaiserzeit. Die Weise, in der die untere Seite behandelt ist,
kommt öfters bei Porträtbüsten vor, die gegen das Ende der Republik
oder zu Anfang der Kaiserzeit gearbeitet sind. Die untere Seite bil-
dete nämlich eine nach vorn abfallende glatte Fläche und zeigt keine
Spur eines Dübels, der erforderlich gewesen wäre, wenn die Büste auf
einem der üblichen steinernen Untersätze befestigt werden sollte . Auch
hat sich weder in diesem, noch in anderen Gräbern, die derartig zuge-
richtete Büsten enthielten, einer jener Untersatze gefunden. Hier-
nach scheint es, daß diese Büsten in hölzerne Basen eingelassen waren,
die im Laufe der Zeit zugrunde gingen und daher keine Spur von sich
hinterlassen haben.
Notizie d. scavi 1880 T. V 2 p. 133. Bayet Monuments de T art antique II pl. 73.
Altmann die römischen Grabaltare p. 46ff. Fig. 88. Arndt-Bmckmann griech. n. rom.
Porträts n. 715. E. Strong roman sculpture pl. CXI p. 360. Hekler Bildniskunst der
Griechen u. Römer p. XXXVII T. 211. Vgl. Bernoulli röm. Ikonographie II 1 p. 186
Anm. 21. — Über Büstenformen vgl. die Literatiirangabe zu n. 31.
1450 (1252) Mosaik, weibliche Büste.
Herkunft wie bei n. 1440.
Die Büste hat üppige Formen und ist mit einem aus Blättern und
Blumen geflochtenen Kranze gesohmückt. Unter den Blumen sind
Veilchen deutlich erkennbar. Da uns der Zusammenhang unbekannt
ist, in den diese Büste eingefügt war, fällt es schwer, eine Benennung
für sie vorzuschlagen. Vielleicht gehörte sie zu einem Zyklus der Jah-
reszeiten und stellte darin die Personifikation des Frühlings dar.
Bull, dell' Inst. 1873 p. 134 f. De Euggiero catalogo del Museo Kircheriano I
p. 281 n. 34.
Zimmer XVII.
1451—1454 Wandmalereien mit Darstellungen italischer Sagen.
Unter den Wandmalereien, die das Zimmer enthält, verdient besondere Beachtung
an der Längs wand eine Beihe von zusammengehörigen, länglichen Kompositionen, die mit
den Nummern 19, 20, 21, 22 bezeichnet sind. Biese Wandgemälde stammen aus einem
Kolumbarium, das 1875 auf dem Esquilin in der Nachbarschaft der für die Freige
lassenen und Sklaven der Statuier erbauten Kolumbarien ausgegraben wurde, — der Plan
bei Brizio pitture e sepolcri scoperti sull' Esquilino T. I d sowie im CIL VI 2 p. 982 L —
und zwar bildeten sie darin einen Fries, der sich über die oberste Beihe der zur Auf-
nahme der Aschenurnen bestimmten Nischen hinzog. Wie die Konstruktion des
Kolumbariums auf das Ende der Bepublik oder den Anfang der Kaiserzeit hinweist,
dürfen wir auch die Herstellung seiner ältesten Dekoration derselben Zeit zu-
schreiben. Der Bilderzyklus bezog sich auf drei Städtegründungen, die von der
Sage in den engsten Zusammenhang gesetzt wurden, auf die Gründung von Lavinium,
Alba longa und Born, und stellte die mythischen Szenen nach Überlieferungen dar,
OBERES STOCKWERK. 191
die von der Aeneis des Vergü noch unbeeinflußt geblieben sind. Man erkennt deut-
lich, daß die Schilderung übernatürlicher Vorgänge möglichst vermieden ist. Die Über-
raschung des Ehea Silvia durch Mars (n. 1453) durfte nicht übergangen werden, da
sie einen Angelpunkt der Sage bildete. Aber es muß doch in hohem Grade auffallen,
daß der Maler von der Darstellung der Wölfin mit den Zwillingen Abstand genommen
hat, einer Darstellung, die bereits seit geraumer Zeit, wenigstens in gewissen Kreisen,
Etls ein Wahrzeichen der Stadt Born aufgefaßt wurde. Da eine derartige rationa-
listische Richtung für die jüngeren römischen Annalenschriftsteller bezeichnend war,
dürfen wir es von Haus aus als wahrscheinlich betrachten, daß der Maler vorwiegend
den Versionen folgte, unter denen die betreffenden Sagen von diesen Schriftstellern
srzählt wurden.
Die einzelnen Szenen sind nicht scharf voneinander geschieden, sondern ohne äußere
Trennungszeichen aneinander gereiht. Dieses Verfahren ist durch die Staffagen der
hellenistischen Landschaftsmalerei (vgl. n. 414) vorbereitet, scheint jedoch auf das
Figurenbild und auf das Belief erst in römischer Zeit übertragen worden zu sein; denn
wir begegnen ihm zum ersten Male auf den in Rede stehenden Wandbildern, spater auf
den römischen Cochlearsäulen und Sarkophagen.
Die Bilder hatten bereits im Altertum stark gelitten. Als im dritten Jahrhundert
n. Chr. die Beisetzung der Leichen über die bisher vorherrschende Verbrennung die
Oberhand gewann, wurde das Kolumbarium für die Aufnahme unverbrannter Leichen
hergerichtet und zugleich eine Restauration seines malerischen Schmuckes in Angriff
genommen, jedoch nicht zu Ende geführt. Hierdurch wurden die Bilder der Ostwand
(n. 1453) und die auf den benachbarten Teilen der Süd- und Nordwand (n. 1452, 1454),
schwer beschädigt, da man mit dem Meißel Ritze hineinschlug, die zur Befestigung eines
neuen Freskogrundes dienen sollten. Als das Kolumbarium entdeckt wurde, lag der
ursprüngliche Freskogrund, auf dem der Anfang und das Ende der Bilderserie gemalt
waren, auf dem Boden des Grabes in so kleine Fragmente zersplittert, daß eine Zu-
sammensetzung desselben unmöglich schien. Seitdem haben sich noch andere Stücke
abgelöst. Ferner waren* bis zum Anfange der achtziger Jahre des vergangenen Jahr-
hunderts unter mehreren Szenen noch Reste von kurzen, mit schwarzer Farbe
aufgemalten Inschriften erhalten, die zur Erläuterung der dargestellten Handlungen
dienten. Heutzutage sind von diesen Inschriften nur einzelne Buchstaben mit
Mühe erkennbar. Endlich sind auch auf dem ganzen Friese die Umrisse wie die
Farben der Figuren stark verblaßt. Wer sich daher einen eingehenderen Begriff
von diesen Wandgemälden verschaffen will, muß notwendig die Zeichnungen zu
Rate ziehen, die unmittelbar nach Entdeckung des Kolumbariums ausgeführt
wurden, als der Fries noch besser erhalten war. Besonders geeignet sind für diesen
Zweck die kolorierten Faksimili, die im Konservatorenpalast aufbewahrt werden.
Im folgenden beschränke ich mich darauf, den Inhalt der einzelnen Bilder an-
zugeben und, wo eine einigermaßen wahrscheinliche Deutung zulässig ist, diese in
möglichster Kürze darzulegen. Wenn mancherlei dunkel bleibt, so ist dies nicht zu
verwundern, da die verschiedenen Sagenversionen, die für die Erklärung in Betracht
kommen, in trümmerhafter Weise überliefert sind und der Maler, der die Bilder aus-
führte, kein Künstler, sondern ein Anstreicher war, von dem wir keineswegs zu ge-
wärtigen haben, daß er dem darzustellenden Stoffe einen klaren und den ästhetischen
Anforderungen entsprechenden Ausdruck verlieh. Die Bilder werden nicht nach der
willkürlichen Anordnung besprochen, die ihnen im Museum zuteil geworden ist, son-
dern nach derjenigen, die ihnen im Kolumbarium gegeben war, eine Anordnung, die
der in den Sagen überlieferten Aufeinanderfolge der Vorgänge entsprach.
1451 (22) Gemälde der Westwand (im Museum am weitesten links
angebracht).
Man sah rechts, als der Fries noch besser erhalten war, Arbeiter
im Begriff, aus Quadersteinen eine Stadtmauer aufzuführen, die nach
dem Inhalte des ganzen Zyklus nur die von Lavinium sein kann. Hie-
ran schließt sich links die Darstellung einer Schlacht zwischen den ver-
bündeten Latinern und Troern und den Butulern. Die Latiner und
Troer erscheinen als die Zivilisierteren fast durchweg mit Helmen,
Panzern und ovalen Schilden gewappnet, während ihre Feinde, mit
Ausnahme des auf der Südwand dargestellten Führers, mehr oder
192 DAS THERMENMUSEUM. 1462.
minder nackt dargestellt sind und ihre (hölzernen?) Schilde eine vier-
eckige Form haben.
1452 (21) Gemälde der Südwand (rechts von der vorigen Nummer,
Die Darstellung der Schlacht setzt sich rechts auf dieser Wand
fort. Der Vermutung, daß die auf der Westwand gemalte Kampf-
szene auf eine andere, vorhergehende Sohlacht hinweise, widerspricht
die Überlegung, daß der Maler doch unmöglich diese besondere
Schlacht durch eine Gruppe von nur fünf Figuren andeuten, konnte.
Ist es aber ausgemacht, daß sämtliche Kampfszenen ein und dieselbe
Schlacht darstellen, dann kann es sich nur um die Entscheidungs-
sohlacht am Flusse Numicus oder Numicius handeln, eine Annahme,
die dadurch bestätigt wird, daß am 1. Ende des Schlachtbildes ein
Flußgott beigefügt ist, der, einen Schilfstengel in der L., auf dem
Boden sitzt, und daß die unter dem Bilde angebrachte Inschrift den
Namen Numicus (Ann. delT Inst. 1878 p. 250, p. 275 n. 1) enthielt.
Die Notizen der jüngeren Annalistik, die über diese Schlacht erhalten
sind, lassen darauf schließen, daß die Latiner und Troer den Sieg da-
vontrugen. Der Führer der Rutuler, Turnus, fiel in dem Kampfe.
Wer ihn tötete, wird nirgends angegeben. Doch spricht alle Wahr-
scheinlichkeit für die Annahme, daß es Aeneas war. Über dessen
Schicksal liegen drei verschiedene Versionen vor. Nach der einen
wurde er von dem Könige von Caere, Mezentius, getötet, dessen Heer
auf Seiten der Rutuler an dem Kampfe teilnahm. Eine andere Version
läßt ihn in den Fluß Numicus stürzen und darin ertrinken. Nach der
dritten verschwand er während der Schlacht, da ihn die Götter in ihre
Mitte erhoben. Die meisten Erklärer sind von der Szene ausgegangen,
die auf dem unmittelbar an die Westwand anstoßenden Teil der Süd-
wand dargestellt ist. Man sieht hier einen Krieger, der nach seiner
Ausrüstung dem troisch-latinischen Heere angehört, auf Victoria zu-
stürmen, die ihm mit der R. einen Kranz entgegenstreckt, während
zu seinen Füßen der nackte Leichnam eines unbärtigen Feindes liegt
Die Erklärer deuteten nun den vorwärts eilenden Krieger auf Aeneas,
den Leichnam auf den soeben von ihm getöteten Turnus und nahmen
an, daß Victoria im Begriff stehe, dem siegreichen Aeneas den Kranz
darzubringen. Man muß zugeben, daß diese Erklärung die nächst-
liegende ist, kann aber nicht umhin, darauf hinzuweisen, daß die da-
bei vorausgesetzte Handlung von dem Maler in recht sonderbarer und
unklarer Weise dargestellt wäre. Erstens vermißt man jeglichen
Hinweis darauf, daß zwischen den beiden Kriegern soeben ein Kampf
stattgefunden hat. Vielmehr empfängt man den Eindruck, als eile
der angebliehe Aeneas an einem von anderer Hand gefällten und seiner
Waffen beraubten Feinde vorbei, dessen Leiche an der betreffenden
Stelle des Schlachtfeldes liegt. Zweitens müßte es befremden, daß der
OBERES STOCKWERK. 193
für Turnus erklärte Tote» der doch eine Hauptfigur des Bildes sein
würde, unter auffällig kleinen Dimensionen und ohne jegliches Ab-
zeichen seiner Feldherrenwürde dargestellt ist. Endlich würde sich
der auf Aeneas gedeutete Krieger in sehr unpassender Weise gegen-
über der ihn bekränzenden Victoria benehmen; denn dieser Krieger
nimmt nicht die geringste Notiz von dem ehrenvollen Entgegen-
kommen der Siegesgöttin, sondern stürmt vorwärts, als wolle er sie
vielmehr angreifen. Nach alledem scheint die Frage berechtigt,
ob wir nicht die beiden Kriegerfiguren unbenannt zu belassen und in
unmittelbare Beziehung zu der auf dem benachbarten Teile der West-
wand angebrachten Kampfszene zu setzen haben. Die den Kranz dar-
bringende Victoria würde dann nicht speziell den gegen sie anstür-
menden Krieger als Sieger bezeichnen, sondern im allgemeinen auf
den Erfolg des Heeres hinweisen, dem dieser Krieger angehört. Fassen
wir die Szene in dieser Weise auf, dann hätte der Maler allerdings einen
Mißgriff begangen, indem er die Siegesgöttin an einer Stelle einfügte,
wo sie den Zusammenhang der Darstellung unterbricht. Doch fragt
es sich, ob nioht dieser Mißgriff verzeihlicher ist, als die Ungereimt-
heiten, die sich herausstellen, wenn die Szene auf den Sieg des Aeneas
über Turnus gedeutet wird. Wie dem aber auch sei, jedenfalls haben
wir Aeneas in dem am 1. Ende des Schlachtbildes vorschreitenden
Krieger zu erkennen, der durch seine hohe Gestalt wie den gewal-
tigen Helmbusch als Hauptfigur charakterisiert ist. Wenn ihn der
Maler in unmittelbarer Nähe des Flußgottes dargestellt hat, so läßt
dies darauf schließen, daß er der Version folgte, nach der Aeneas im
Numicus unterging. Hiernach wäre, will man an der Erklärung des
vor der Siegesgöttin befindlichen Kriegers für Aeneas festhalten, an-
zunehmen, daß der troische Held auf demselben Bilde zweimal dar-
gestellt ist, was an und für sich keineswegs als unmöglich betrachtet
werden darf. Vor dem am Ufer des Numicus vordringenden Aeneas
weioht ein Feind zurück, in dem wir, da er im Gegensatz zu seinen
Mannschaften durch Sturmhaube und Tunika ausgezeichnet ist, einen
Führer zu erkennen haben. Ein Gelehrter deutet ihn auf Mezentius
und bezieht die Szene auf die Version, nach der Aeneas in der Sohlacht
am Numicus von dem EtruskerkÖnig getötet wurde. Wenn sich der
angebliche Mezentius augenblicklich im Nachteile befände, so schlösse
dies keineswegs die Möglichkeit aus, daß er im weiteren Verlaufe des
Kampfes Gelegenheit gefunden habe, seinem Gegner einen tödlichen
Streich zu versetzen. Mögen wir aber auch das Kunstvermögen des
Malers sehr gering veranschlagen, so dürfen wir ihm doch keineswegs
das Ungeschick zutrauen, den darzustellenden Vorgang in derartig
widersinniger Weise zu verdunkeln. Außerdem spricht gegen die in
Rede stehende Erklärung noch ein anderer Umstand. Der Mann,
der in der unmittelbar auf das Schlachtbild folgenden Szene mit dem
Hei big: Führer. II. 3. Aufl. 13
194 DAS THERMENMUSEÜM. 1463.
Führer der Troer und Latiner den Friedensvertrag abschließt, wird,
wie wir im weiteren sehen werden, mit größter Wahrscheinlichkeit
auf Mezentius gedeutet. Er erscheint aber anders charakterisiert, als
der zurückweichende Krieger des Schlachtbildes, für den man diesen
Namen vorgeschlagen hat; denn er trägt eine Epomis, während jener
Krieger mit einer Tunika bekleidet ist. Am nächsten dürfte doch an-
gesichts eines feindlichen Führers, der gegen Aeneas kämpft und
diesem augenscheinlich unterliegen wird, der Gedanke an Turnus
liegen. Nehmen wir diese Benennung an, dann würde einerseits die
Beziehung der an erster Stelle besprochenen Gruppe auf den Sieg des
Aeneas über Turnus ausgeschlossen und sich anderseits ergeben, daß
der Maler einer Version folgte, nach der der troische Held unmittelbar
nach seinem Kampfe mit Turnus in den Fluß geriet.
Links von dem Schlachtbilde sind die Führer der beiden Heere dar-
gestellt, wie sie den Friedensvertrag abschließen. Der mit der Epomis
bekleidete Führer, über dessen Bücken ein oblonger Schild herab-
hängt, wird mit Recht auf Mezentius gedeutet, da sich dieser Namen
ungezwungen aus Buchstabenresten ergibt, die in der die Handlung er-
läuternden Inschrift erhalten waren, und alle Wahrscheinlichkeit da-
für spricht, daß die jüngere Annalistik, die bei der Erklärung unserer
Bilder in erster Linie in Betracht kommt, den König von Caere wäh-
rend der Schlacht am Numicus wie nach derselben als Oberfeldherrn
der verbündeten Etrusker und Rutuler auftreten ließ. Den Führer
der Latiner und Troer dürfen wir vielleicht Ascanius benennen. Auf-
fällig ist, daß kein dem mutmaßlichen Mezentius entsprechender
Krieger an der vorhergehenden Schlacht teilnimmt. Ob wir daraus
den Schluß ziehen dürfen, daß der Maler einer Version folgte, nach der
Mezentius erst nach der Schlacht am Numious zu den Butulern stieß,
wage ich nicht zu entscheiden.
Auf die Szene, die den Friedensschluß darstellt, folgt wiederum links
die Erbauung einer Stadtmauer. Die an und für sich wahrscheinliche
Annahme, daß es sich um die Gründung von Alba longa handelt, wird
dadurch bestätigt, daß die auf diese Szene bezüghohe Inschrift den
Namen Alba enthielt. Mit einer in der antiken Kunst nicht seltenen
Prolepsis hat der Maler vor der noch unvollendeten Mauer die Göttin
der neu erstehenden Stadt dargestellt, wie sie, mit einer Mauerkrone
geschmückt, auf einem Steinwürfel sitzt.
Die Szene, die den Fries auf der 1. Seite der Südwand abschloß,
bereitet der Erklärung große Schwierigkeiten, da sie bereits, als das
Kolumbarium entdeckt wurde, stark verblichen war und zahlreiche
Einzelheiten nicht mehr deutlich erkennen ließ. Ich möchte sie auf
das Zerwürfnis beziehen, das nach dem Tode des Aeneas zwischen
Ascanius und seiner Schwiegermutter Lavinia ausbrach und dadurch
beigelegt wurde, daß Ascanius nach der Gründung von Alba longa
OBERES STOCKWERK. 195
diese Stadt zu seiner Residenz erkor, seiner Stiefmutter hingegen den
Besitz von Lavinium überließ. Hiernach wären die vier auf dem vor-
dersten Plane dargestellten Hauptfiguren folgendermaßen zu deuten:
In der zweiten weiblichen Figur von rechts, die, mit einer Tunika be-
kleidet, traurig dasitzt, hätten wir Lavinia zu erkennen. Die vor ihr
sitzende weibliche Figur, deren Oberkörper nackt ist, wird von allen
Gelehrten mit Recht für eine Lokalgöttin erklärt. Sollte das Lokal der
Handlung die Gegend von Lavinium sein, dann wurde es nahe liegen,
an eine daselbst heimische Nymphe, etwa Anna Perennis, zu denken.
Sie sucht zwischen Stiefmutter und Stiefsohn, d. i. dem vor ihr stehen-
den Jüngling, zu vermitteln, indem sie, die R. erhebend, an diesen eine
Rede richtet. Doch wird der Jüngling durch die Rede in unangeneh-
mer Weise berührt, denn er wendet den Kopf von der Göttin ab und
macht mit der L. eine ablehnende Gebärde. Die am r. Ende der Szene
dargestellte Stadtgöttin, die, den r. Arm vorstreckend, lebhaft an der
Unterredung teilnimmt, wäre die Göttin von Alba longa, die ver-
kündet, daß Ascanius infolge der Gründung von Alba longa über eine
neue Stadt verfügt und infolgedessen in bestem Einvernehmen von
seiner Stiefmutter scheiden kann.
Brizio pitture e sepolcri scoperti sull' Esquilino T. 2, parete ouest, parete aud, p. 11,
12, 15—18. Mon. dell' Inst. X 60, parete I, II a b; Ann. 1878 p. 240 ff. Stark redu-
zierte Abbildungen bei Boscher Lexikon II 2 p. 2947, 2948 n. 1—3. Vgl. Jahrbücher
für klass. Philologie XV, Supplementband (1887) p. 137—142. Boscher Lexikon II 2
p. 1913 — 1914, p. 2946 — 2948. Der Verfasser des letztgenannten Artikels bezieht das
Schlachtbild auf einen Kampf, den die Überlieferung nach dem Tode des Aeneas zwi-
schen den von Ascanius geführten Troern und dem Heere des Mezentius stattfinden
ließ (Dionys. Hai. I 65), einen Kampf, in dem Ascanius den Sohn des Mezentius,
Lausus tötete, und deutet den vordringenden Führer der Troer auf Ascanius, den vor
ihm zurückweichenden Krieger auf Lausus. Doch widerspricht dieser Auffassung der
Umstand, daß dann Aeneas, der doch die Hauptfigur der Sage war, in dem Friese voll-
ständig übergangen wäre. Außerdem leuchtet es ein, daß das gleichzeitige römische
Publikum angesichts eines Sehlachtbüdes, auf dem der Numicua beigefügt war, an die
Schlacht denken mußte, in der dieser Fluß in besonders bedeutsamer Weise hervortrat
und die nach ihm benannt wurde. Rom. Mitteilungen XIV 1899 p. 216 ff.
1453 (20) Gemälde der Ostwand«
Die Gemälde dieser Wand haben derartig gelitten, daß sie zum
Teil nur mit großer Mühe, zum Teil gar nicht zu erkennen sind. Man
hat vermutet, daß die erste Szene rechts Bhea Silvia darstellt, wie sie
von ihrem Oheime, dem König Amulius von Alba longa, genötigt wird,
Vestalin zu werden. Nach dieser Deutung wären die Hauptfiguren
folgendermaßen zu benennen: Der auf einem Sessel sitzende und die L.
auf ein Szepter stützende Mann wäre Amulius, der neben ihm ste-
hende Numitor, der den über seine Tochter verhängten Beschluß
rückgängig zu machen sucht, das Mädchen, das unmittelbar hinter der
stehenden Figur, offenbar tief betrübt, dasitzt, Bhea Silvia; in der
Matrone, die dem Mädchen die r. Hand auf die Schulter legt, könnte
man die Gattin des Amulius erkennen, die ihrer Nichte zuredet, sich
dem Willen des Königs zu fügen; die anderen bei der Handlung gegen-
18*
196 DAS THERMENMUSEUM. 1464— 1456.
wärtigen Mädchen wären einfach Gespielinnen der Rhea Silvia. Die
Bedeutung der links folgenden Szene ist klar: Mars überrascht Rhea
Silvia, als sie Wasser holt; Victoria schwebt herab, um dem Gotte bei
seinem Unternehmen behilflich zu sein; rechts fliehen zwei Landleute,
durch das Erscheinen der Gottheiten erschreckt. Hinter Mars sieht
man einen Flußgott mit einem Schilfstengel in der L. und eine weib-
liche Lokalgottheit, die in der L. ein Füllhorn hält und mit der R. auf
Mars und Rhea hinweist. . Die dritte Szene wird nicht ohne Wahr-
scheinlichkeit auf Amulius bezogen, wie er in Gegenwart des Kumitoi
das Verdammungsurteil über die von Mars geschwängerte Vestalin
ausspricht.
Brizio T. 2, parete est, p. 12—13, p. 18—20. Mon. dell' Inst. X 60, parete
III; Ann. 1878 p. 260 ff.
1454 (19) Gemälde der Nordwand.
Von der ersten Szene rechts war bereits bei der Entdeckung des
Kolumbariums zu wenig erhalten, als daß sich eine Deutung versuchen
ließe. Die links folgende Szene stellt dar, wie Romulus und Bemus am
Tiber ausgesetzt werden ; am Ufer sitzt der Flußgott, ein Ruder in der B.
Die dritte Szene vergegenwärtigt das Leben, das die beiden Zwillings-
brüder bei den Hirten führten. Auf dem letzten verlorenen Teile des
Frieses war offenbar das Ereignis, das den Bilderzyklus abschloß, die
Gründung der Stadt Born, dargestellt.
Brizio T. 2, parete nord, p. 13 — 14, p. 21 ff. Mon. X 60, parete IV; Ann. 1878
p. 275—278.
1455 (441) Römischer Kindersarkophag.
Gefunden 1884 in dem Grabmal der Galpurnier an der Via Salarä
(Bull, deir Inst. 1885 p. 9 ff.).
Der Sarkophag gehört zu der Klasse der sogenannten Girlanden-
Sarkophage. Drei Putten halten mit Anstrengung auf ihren Schul-
tern die Enden von zwei schweren, bogenförmig niederhängenden
Girlanden, von denen die eine aus Herbstfrüohten gewunden ist, die
andere aus Ähren und einer großen Blume in der Mitte. In den
von ihnen begrenzten halbkreisförmigen Abschnitten der Vorder-
wand liegen auf Felsgrund je zwei komische Masken, links zwei
männliche, rechts eine männliche und eine weibliche. Diese stellt
eine alte runzliche Frau dar mit voller Haarrolle um Stirn und
Wangen (ötscpdvri). In dem Maskenkataloge des Pollux (IV 150 ff.)
würde ihr am ehesten das Xv%alviov entsprechen. Ihr zugekehrt
liegt eine alte männliche Maske mit kurzgeschnittenem gesträubten
Bart rings um die Lippen, glatt anliegendem länglichen Haupthaar,
stumpfer Käse und ziemlich trübseligem Ausdruck. Eine in den äu-
ßeren Eigentümlichkeiten ganz entsprechende Maske scheint sich
nur noch einmal auf einem pompejanisohen Maskenbilde neben der
eines Bürgermädchens zu finden, doch ist der Ausdruck hier ein
OBERES STOCKWERK. 197
anderer. In dem Kataloge des Pollux (IV 143 ff.) läßt sie sich
nicht nachweisen. Alter Mann und alte Frau sind mit deutlicher Ab-
sicht hier nebeneinander gestellt, sie mit heftig agressivem, er mit
resigniertem Ausdruck. Ein Gegensatz ist auch in dem anderen Mas-
kenpaare fühlbar: die eine — sie liegt auf einem Korbe, der offen-
bar für die dargestellte Rolle bezeichnend war — mit satyresken
Zügen, wild gesträubtem Haar und Vollbart, die andere mit
gesträhltem Bart rings um die Lippen und fein in Streifen frisiertem
Haupthaar; beide sind alt und stumpfnasig. Zweifellos stellt jene
einen ungehobelten, heftigen Landmann dar, zu dem auch der Korb
passen würde; man könnte sie dem Xvxotiridsiog des Pollux gleich-
setzen, doch sucht man in ihr den Ausdruck der ito%vitQccyiio6'6*ri
vergebens. Die andere Maske läßt sich in der Liste des Pollux nicht
identifizieren. Die eigentümliche Frisur, die der sogenannten Melonen-
frisur zu entsprechen scheint, hat ein Gelehrter kürzlich durch die
Annahme erklären wollen, es sei ein Sklave dargestellt, der sich im Ver-
laufe einer Komödie als junge Frau habe verkleiden müssen. Aber
eine Anspielung auf eine derartige Vermummung wäre an einem Sar-
kophage, an dem die Masken nur dekorative Bedeutung haben, sehr
befremdlich. Zudem findet sich eine ganz analoge Frisur an zwei
bärtigen Masken im Museum von Neapel, die als Stirnziegel verwendet
waren und bei denen eine versteckte Anspielung auf eine Verkleidung
ganz ausgeschlossen ist. Sie unterscheiden sich von der Maske, die wir
hier betrachten, nur dadurch, daß bei ihnen auch die Bartlocken in
Rollen gebrannt sind. Es ist an dem Sarkophage also doch wohl der
übermäßig verfeinerte Städter dem ungebildetenNaturmenschen gegen-
übergestellt. Auf der r. Nebenseite reitet ein Putto mit Petasos und
Kerykeion auf einem Meerwidder über die Wellen (Hermes mit seinem
heiligen Tier; vgl. n. 206); ihm entspricht auf der anderen Seite ein
Erot mit Dreizack auf einem Meerdrachen. Am Deckel sehen wir
jagende Putten. Die Arbeit des Sarkophages ist sehr sorgfältig
und dürfte aus der Zeit Hadrians stammen.
Melanges d'archeologie et d'histoire V 1885 pl. X p. 318f. Robert XXV. Hal-
lisches Winckelmannsprogramm Flg. 1 (auf p. 1), p. 84 f. Fig. 106 (ebendort ist p. 40
Fig. 69 das obengenannte pompejanische Maskenbild, p. 82 Fig. 101 der eine der beiden
Stirnziegel in Neapel abgebildet). Vgl. Strena Helbigiana p. 5 Anm. 4. Zu dem Putto
als Hermes vgl. Berlin, Beschreibung der Skulpturen n. 906.
In der Mitte:
1456 (52694) Grabmonument einer Atta Iucunda.
Vormals in der Villa Del Drago an der Via Tiburtina. Im J. 1910
für das Museum erworben.
Die Formen der Aedicula und der Ära sind in seltsamer Weise
verbunden. Den unteren Teil bildet die Aedicula, die mit einer eisernen
Doppeltür geschlossen war (Spuren der Türe haben sich beiderseits
erhalten). Darüber ein Giebel, in dessen Feld die Büste der Verstor-
198 DAS THERMENMUSEUM. 1467—1469.
benen von zwei schwebenden Eroten getragen wird. Auf dem Giebel
ruht der oberste Teil einer Ära, in dessen Oberfläche eine viereckige
Vertiefung für Opfergaben eingehauen ist. Die Inschrift befindet sich
an seiner Vorderseite- Im Innern der Aedicula ist der Boden nach hinten
hin vertieft und durchbohrt, wohl um Opferspenden in den Boden
fließen zu lassen. Hier stand jedenfalls die Urne mit der Asche
der Verstorbenen. An den Nebenseiten und der Rückseite sind
Zweige von Platane, Lorbeer und Weinreben in Relief dargestellt. Eine
Tür erscheint an der gleichen -Stelle an Grabaren Öfters nachgebildet
(auch an Sarkophagen), hie und da flankiert von Genien, die den. Ein-
gang zum Grabe, zum Reich des Todes, bewachen. Das Monument
stammt, nach der Form der Büste und ihrer Frisur zu schließen,
aus der Zeit der flavischen Kaiser.
Bollettino d' arte IV 1910 VIII p. 317 Fig. 13. Vgl. Matz-Duhn zentr. Bildw.in
Rom III n. 3855. CIL VI 12688. Zu der Bedeutung der Tür vgl. Altmann die röm.
Grabaltare p. 13 ff. Memorie della R. Accad. di Napoli 1908 p. 65. Zu dem Aufbau
vgl. Altmann a. a. 0. p. 214 n. 276 Fig. 173.
1457 Sarkophag, Unterwerfung besiegter Barbaren.
Gefunden i. J. 1908 an der Via Collatina.
An der Hauptseite ist dargestellt, wie unterworfene Barbaren ge-
fesselt vor einen jugendlichen Feldherrn geschleppt werden, der sie
mit gnädiger Geste empfängt. Da die Sieger nicht nach römischer
Weise gewaffnet sind und einzelne Figuren in heroischer Nacktheit er-
scheinen, handelt es sich nicht um die realistische Wiedergabe eines
bestimmten Ereignisses, sondern um eine generelle Darstellung in An-
lehnung an griechische Vorbilder. Sehr seltsam sind die Reliefs der
Nebenseiten: links einsprengender Pegasus; rechts scheint ein Krieger
einem starr am Boden liegenden Barbaren einen Speer aus blutender
Wunde zu ziehen. Am Deckel wird das bärtige Porträt des Verstor
benen inmitten von gefangenen Barbaren durch schwebende Victo-
rien in einer Muschel getragen; die Ausführung des Porträts ist so
flüchtig, daß es sich mit keinem der Köpfe in der Darstellung der
Hauptseite identifizieren läßt. In dem Sarkophage fand man ein
Skelett, ein kleines Glasgefäß und in dem Schädel zwei Stücke eines
unter Titus geprägten Silberdenars; augenscheinlich war diese Münze
der Obolus, den man dem Toten in den Mund gelegt hatte. Sie gibt
keinen Anhalt zur Datierung des Sarkophages, der seinem Stile nach aus
dem Beginn der antoninischen Epoche stammt.
Notizie d. scavi 1908 p. 234 ff. Fig. 5—11.
1458 Grabara einer Isispriesterin Cantinea Procia.
Gefunden 1898 an der Via Ostiensis.
Auf der Vorderseite ist die Verstorbene über der Inschrift darge-
stellt. Sie ist bekleidet mit Sandalen, der Tunica, einem Mantel,
— dem Pallium — , einer schärpenartig zusammengefalteten Palla
OBERES STOCKWERK. 199
— das eine Ende wird zwischen den Knien unter dem Rande des
Pallium sichtbar — und einem Sehleier, der von dem Kopfe wehend
niederhängt. Über dem Scheitel erhebt sich eine Uräussohlange zwi-
schen zwei Ähren; die gesenkte L. hält eine Situla, die erhobene R.
hielt das Sistrum. Die Attribute der Hände und den Kopfschmuck
hat die Priesterin mit ihrer Göttin Isis gemein. Auf den Schmal-
seiten ist je eine Ciste abgebildet, aus deren Innern eine Uräussehlange
hervorkrieoht. Ciste und Ähren sind der Isis nach ihrer Identi-
fikation mit der griechischen Demeter zugeteilt worden.
Notizie d. scavi 1808 p. 187 f. n. 6. L' arte II 180» I p. 101 f. Fig. 60 (auf p. 09).
Altmann die röm. Grabaltäre p. 236f. Fig. 190. CIL VI 34776. Vgl. die Bemerkungen
über Isis-Demeter zu n. 1325.
Fensterwand:
3 459 Aschenkiste, das Urteil über die Waffen des Achill.
Gefunden bei Ostia. Vormals im Besitze der Familie Facca.
Das Relief läßt trotz seiner geringen Ausführung auf ein bedeuten-
des Original schließen, das die Charaktere wie die Empfindungen der
an der Handlung beteiligten Personen in der treffendsten Weise ver-
gegenwärtigte. Der in der Mitte auf einem Throne sitzende Richter,
in dem wir vermutlich Agamemnon zu erkennen haben, ladet, nach-
dem er soeben das verhängnisvolle Urteil abgegeben, den Sohn des
Laertes ein, die streitigen Waffen in Besitz zu nehmen. Während
Odysseus, kenntlich durch den Pileus, freudig die r. Hand nach dem
Helme ausstreckt, den ihm ein Jüngling von rechts her reicht, schicken
sich zwei heftig erregte Gestalten, nach denen sich der eben genannte
Jüngling aufschreckend umblickt, an, den Schauplatz der Handlung
zu verlassen. Die größere von beiden ist bartlos, die kleinere vollbärtig ;
man hat in der bärtigen Aias, in der bartlosen Tekmessa erkennen
wollen. Doch widerspricht dieser Deutung die kurze Kleidung der grö-
ßeren Gestalt, deren Brust zudem keine weiblichen Formen zeigt. Auch
würde es antiker Empfindung widersprechen, Tekmessa bei diesem
Schiedsgericht gegenwärtig zu denken; endlich hatte der Künstler eine
Nebenfigur gewiß nicht mit einem stärkeren Gestus dargestellt, als die
Hauptperson. Deshalb ist die andere Deutung vorzuziehen, die in der
bartlosen Gestalt Aias, in dem Bärtigen, der ihn voller Besorgnis weg-
drängt, seinen Halbbruder Teukros erkennt. Aias ist der Schilderung
Homers entsprechend von überragender Größe dargestellt; seine
f hegenden Haare und hoch emporgeworfenen Arme sind deutliche An-
zeichen des ausbrechenden Wahnsinns. Drei junge Männer, die hinter
Odysseus gruppiert sind, blicken besorgt dem fortstürzenden Helden
nach. Da sich in dem Relief zahlreiche Motive kreuzen und die Figuren,
besonders auf der r. Seite, eng zusammengedrängt sind, dürfen wir ein
Gemälde als Original annehmen. Und zwar lassen verschiedene Merk-
male darauf schließen, daß dieses Gemälde einer verhältnismäßig frühen
200 DAS THEBMENMÜSEÜM. 1460-1463.
Zeit angehörte. Hierfür spricht erstens die strenge Gliederung der
Komposition. Zweitens zeigen die Haare auf dem Belief eine eigentüm-
lich typische Stilisierung. Man beachte besonders, wie der Bildhauer
die Barte des Aias und des Odysseus und die den Vorderkopf be-
deckenden Haarmassen an diesen beiden Figuren sowie an dem un-
mittelbar hinter Odysseus stehenden Achäer behandelt hat. Endlich
muß es auffallen, daß das Auge des Aias, des Teukros und des am
1. Ende des Reliefs angebrachten Aohäers, obwohl die Köpfe im Profil
dargestellt sind, nichtsdestoweniger in der Vorderansicht wiederge-
geben ist. Hiernach kann das Gemälde, das der Bildhauer der Aschen
kiste als Vorlage benutzte, recht wohl um das Ende des 5. Jahrhun-
derts v. Chr. geschaffen sein. In diese Zeit fiel die Tätigkeit des
großen Malers Timanthes. Die Überlieferung berichtet, daß er durch
ein Bild, das eben das Urteil über die Waffen des Achill darstellte,
den Preis bei einer Konkurrenz mit Parrhasios davon trug (Overbeek
Sq. 1699 — 1700). Die antiken Kunstkritikei rühmten an seinen Schöp-
. fungen im besonderen die Tiefe der Auffassung und die ergreifende
Gewalt der Darstellung. Da sich die Beliefkompositibn der Aschen-
kiste durch die gleiohen Vorzüge auszeichnet, dürfen wir uns recht
wohl die Frage vorlegen, ob uns nicht in ihr ein Auszug aus dem be-
rühmten Bilde des Timanthes erhalten sei.
Mon. dell* Inst. II 21, Ann. 1836 p. 22 ff. Overbeek Gallerie heroischer Bildwerke
T. XXIII 3 p. 563 n. 3. Baumeister Denkmäler d. klass. Altert. I p. 30 Abb. 31. Vgl.
Jahrbücher für klass. Philologie XIII 1867 p. 672. — Über Timanthes vgl. Amelung
Führer d. d. Ant. in Florenz p. 55 f. u. Rom. Mitteilungen XX 1905 p. 306 ff.
Zimmer XVIII.
Schon im vorigen Zimmer waren an den Wänden kleine Fragmente
von Wandmalereien aus dem bei der Farnesina ausgegrabenen Hause an-
gebracht (vgl. die Bemerkungen zu n. 1327 — 1333). Größere Reste be-
finden sich in diesem und den nächsten vier Zimmern (vgl. besonders die
einleitenden Bemerkungen zu den Bildern im Zimmer XXII). Die hier
aufbewahrten n. 1460 — 1462 stammen aus der auf dem Plane mit n. 1
bezeichneten Kryptoporticus.
1460 (12) Die figürlichen Bilder sind fast vollständig verblaßt.
Der bärtige Androsphinx und die weibliche Sphinx, die einander gegen-
über auf den beiden oben vorspringenden Vestibülen gelagert sind,
deuten auf Alexandreia, wo der Stil, der bei der Dekoration dieses
Hauses zur Anwendung kam, seine Ausbildung erhielt.
Mon. dell' Inst. XII 28 (Ann. d. J. 1885 p. 316ff.). Lessing-Mau Wand- und
Deckenschmuck eines römischen Hauses aus der Zeit des August us T. I. Boden waldt
die Komposition der pompej. Wandgemälde p. 13 ff.
1461 (15) Eine mit dorischem Chiton bekleidete Priesterin wandelt
langsam vorwärts, mit beiden Händen einen großen Tempelschlüssel
haltend. Vor ihr schreitet ein halbwüchsiges Mädchen, das in der ge-
senkten R. einen Zweig hält und mit der L. einen flachen, mit Früch-
ten und Kräutern belegten Teller stützt, den sie auf dem Kopfe trägt.
Vgl. n. 1352.
Mon. XII T. 34 n. 3 (Ann. 1885 p. 318).
OBERES STOCKWERK. 201
1462 (16) Ein bärtiger, mit Chiton, Mantel und Schuhen bekleide-
ter Mann, augenscheinlich ein Bauer, der auf dem Rücken einen großen
Sack und an einem über die 1. Schulter reichenden Riemen eine vier-
eckige Kiste trägt, schreitet vorwärts, die R. auf einen Stab stützend,
und wendet den Kopf um nach einem Mädchen, das ihm folgt und
eine runde Kiste auf dem Haupte trägt. Vielleicht handelt es sioh
um die Vorbereitung zu einem ländlichen Opfer.
Mon. XII T. 34 n. 1 (Ann. 1885 p. 318).
Die beiden Bilder n. 1461 u. 1462 stehen wie mehrere andere, die
wir wegen ihrer schlechten Erhaltung übergehen, hinsichtlich der Aus-
führung hinter den sonstigen Teilen der Dekoration zurück. Offenbar
sind sie in späterer Zeit ausgeführt, als die Bilder gelitten hatten,
die sioh ursprünglich an dieser Stelle befanden.
1463 (324) Vierseitiger Altar.
Gefunden im Januar 1881 zu Ostia in einer Kammer, die zu der Por-
ticus hinter der Bühne des Theaters gehörte.
Die reiche ornamentale und bildliche Dekoration ist sehr sorg-
fältig ausgeführt. Die Relief bilder stellen die Beziehungen des Mars
zu Venus und die Entdeckung der von der Wölfin gesäugten Zwillinge
nach der Auffassung dar, die unter dem iulischen Kaiserhause zu
offizieller Anerkennung gelangte. Auf der Hauptseite sehen wir Mars
und Venus, die ein schwebender Amor einander zu nähern sucht.
Mars trägt den Helm auf dem Kopfe, das Schwert im 1. Arm und
muß mit der erhobenen R. die Lanze aufgestützt haben. Ein Schwert-
band hat auch Venus umgegürtet. Auf dem Boden sitzt zwischen den
beiden Gottheiten ein Schwan, der heilige Vogel der Venus. Rechts
neben der Göttin steht ein Knabe mit leichtem Mantel auf der 1. Schulter
und einem länglichen Attribut im 1. Arm, das nach dem erhaltenen
Rest nur als Fackel ergänzt werden kann (oben hat sich der Ansatz
der Flamme am Grunde erhalten). Damit ist die Deutung gegeben :
der Knabe ist Hymenaios, der Hochzeitsgott. Von Flügeln hat sich
keine Spur erhalten (was man dafür gehalten hat, sind die Enden des
flatternden Bandes, die im Rücken des Knaben niederhängen). In
der gesenkten R. hielt der Knabe ehemals einen dreieckigen Gegen-
stand, der am ehesten einem Triangel mit einer etwas verdickten
Ecke glich. Man hat dafür die verschiedensten Erklärungen vorge-
schlagen, von denen die meisten schon dadurch hinfällig sind, daß
sie sich nicht mit der durch den Fackelrest gesicherten Deutung des
Knaben vertragen. Die einfachste Lösung ist scheinbar die, nach der
jener dreieckige Gegenstand ein Zipfel des Mantels gewesen wäre;
aber es fehlt jegliche Verbindung mit dem Teile des Mantels auf der
andern Seite (unmöglich kann eine solche Verbindung in bedeutungs-
losen Linien links hinter dem r. Arme erkannt werden). Die rechte Seite
des Altars zeigt Amoren, die mit dem zweispännigen Kriegswagen, die
202 DAS THERMENMUSEUM. 1464—1468.
linke Amoren, die mit den Waffen des Mars spielen. Auf der Rück
seite ist links unten die Wölfin mit Romulus und Remus und vor ihi
der Tiber dargestellt. Darüber erhebt sich der Palatin, auf dessen
Gipfel der Berggott sitzt. Der Bildhauer hat die Fauna der Gegend
in der die Handlung stattfindet, ausführlich wiedergegeben und un-
mittelbar unter dem Berggotte einen sitzenden Adler, weiter unten
eine Fledermaus, eine Eidechse, einen Hasen und eine Schlange dar-
gestellt. Auf dem Abhänge des Berges schreiten zwei Hirten vorwärts,
von denen der eine mit der abwärts gestreckten B. auf die unter ihm
befindliche Wölfin mit den Zwillingen hinweist. Der Stand der beiden
Hirten wird durch eine vor dem vorderen lagernde Ziege bezeichnet.
Aus der auf dem Altar angebrachten Inschrift ergibt sich, daß dieser
unter dem Konsulate des Manius Acilius Glabrio und des Gaius Bellica*
Torquatus an den Kaienden des Oktobers — d. i. am 1. Oktober d. J.
124 n. Chr. — von einem Freigelassenen Publius Aelius Syneros und
seinen Söhnen dem Silvanus geweiht wurde. Die Inschrift ist gegen den
sonst üblichen Gebrauch auf verschiedene Stellen des Altars verteilt
und die drei ersten Zeilen mit den Namen der Dedikanten sind auf
der Hauptseite in den knappen Baum eingezwängt, der zwischen der
bildlichen Darstellung und der Krönung des Altars frei lag. Wir dür-
fen hieraus den Schluß ziehen, daß der Altar nicht von Haus aus für
die Aufnahme dieser Inschrift berechnet war; dadurch erklärt sieb
auch, daß seine Bildwerke zu Silvanus in keinerlei Beziehung stehen.
Doch können wir die Entstehung des Altars nicht weit über das Jahr
der Weihung zurückdatieren.
Notizie d. seavi 1881 T. II p. 112 f. Melanges d'archeol. et d'histoire XXVI 1906
pl. XII p. 483 ff. B. Strong roman sculpture PL LXXIII, LXXIV p. 240 ff. Della Set*
religione e arte figurata Fig. 150 p. 191. Atti dell' Accademia Pontif. rom. di
archeol. Seriell, X2. 1012 p. 142 Fig. 23, p. 155. Vgl. Böm. Mitteilungen XIV
1899 p. 220 Anm.; XVI 1901 p. 395 f. CIL XIV 51.
Zimmer XIX.
1464 Wandmalereien aus einem halbkreisförmigen Korridore des bei
der Farnesina entdeckten Hauses (n. 6 auf dem Plane).
Der Fries ist abwechselnd mit Landschaften und mit Gruppen
von szenischen Masken verziert, denen bisweilen andere auf das The-
ater oder den Kultus des Dionysos bezügliche Dinge beigefügt sind.
Einer der Wandabschnitte: Mon. dell' Inst. XII T. 5 (Ann. d. J. 1884 p. 307).
Lessing-Mau Wand- und Deckenschmuck T. 11. Rom. Mitteilungen XXVI 1911
T. IV (zwei Landschaften) p. 12 u. 22 ff.
1465 (147) Altar.
Gefunden an der Stelle des ehemaligen Teatro Apollo neben dem
Ponte S. Angelo.
Der Altar gehört zu den feinsten Erzeugnissen augusteischer Kunst.
Die Zartheit der Modellierung erinnert an die Stuckdecken des Farne-
sina-Hauses (n. 1327 — 1332). Auf jeder Seite sehen wir ein Bukranion
J
OBERES STOCKWERK. 203
und gekreuzte Zweige der Weißpappel (vgl. n. 405). Die Wahl dieses
Laubes zur Dekoration des Altars läßt uns vermuten, daß dieser zu
dem Kulte des Herakles in Beziehung stand und demnach augenschein-
lich zu dem Heiligtum des Heros gehörte, dessen Reste an der gleichen
Stelle gefunden wurden (vgl. n. 1282, 1283).
Hartel-Wickhoff die Wiener Genesis p. 21 u. 27 Fig. 7 «= Wickhoff Schriften III
p. 39 Fig. 6. E. Strong roman sculpture Fl. XXI p. 68.
1466 (1221) Fragmentierte Frauenstatuette aus grauem Marmor*
Gefunden im Tiber bei dem Ponte Cestio.
Eine mit Chiton und Mantel bekleidete Frau, deren Haare auf-
gelöst niederhängen, sitzt auf einem reichverzierten Sessel und stützt
den 1. Arm auf das Sitzbrett. Der r. Ellenbogen ruht auf dem Schenkel,
-während die r. Hand einen Zipfel des Mantels über die Schulter nach
vorne zog. Die den Bronzestil nachahmende Ausführung ist fein, aber
trocken. Die Art, wie die Dekoration des Sessels mit Reihen einge-
bohrter kleiner Löcher wiedergegeben ist, findet sich häufig auf Relief -
bildern und an Helmen auf den historischen Reliefs der trajanischen
Zeit.
Köm. Mitteilungen VI 1891 p. 239. Notizie d. scavi 1892 p. 267 e (wo die Statuette
fälschlich als aus weißem Marmor gearbeitet bezeichnet ist).
Zimmer XX.
♦
Die in diesem Zimmer befindlichen Wandmalereien stammen aus
einem der Schlafzimmer in dem bei der Farnesina entdeckten Hause
(n. 4 auf dem Plane).
1467 (1) Dieser Wandabschnitt zeigt durchweg Bilder hellenisti-
schen Stiles.' Ganz links oben ist auf dunkelviolettem Grunde ein
Mädchen gemalt, das neben einer Herme auf einer Bank sitzt, mit der
R. den Mantel über der Schulter emporzieht und mit nachdenklichem
Ausdruck abwärts blickt. Ein weiter rechts angebrachtes Bild stellt
einen jungen Mann und eine junge Frau, vermutlich eine Hetäre, dar,
die, einander küssend, auf einem Bette sitzen, während das Dienst-
personal beschäftigt ist, den Nachttrunk vorzubereiten. Auf einem
Tische zu Füßen des Bettes stehen ein Kantharos und ein hohes
zylinderförmiges Gefäß, neben dem Tische ein halbwüchsiger Sklave,
der in der R. eine Schöpfkelle (simpulum) zu halten scheint. Eine
Sklavin, die wegen der Nachtkühle ihren Mantel über den Hinterkopf
gezogen hat, schreitet auf den Tisch zu, ein zweites zylinderförmiges
Gefäß herbeitragend.
Die Bilder: Mon. dell' Inst. XII T. 7 a n. 3, T. 8 n. 3, Ann. 1884 p. 321.
1468 (2) Die Wand ist mit vier vestibülartigen Architekturen ver-
ziert. Das stark verblaßte große Bild, das in die dritte dieser Architek-
turen (von links) eingesetzt ist, zeigt eine schöne Frau, die auf einem
Lehnsessel sitzt und die L. vorstreckt, um aus der erhobenen R. eines
204 DAS THERMENMUSEUM. 1469—1473.
halbwüchsigen Mädchens, das vor ihr auf den Fußspitzen steht, e
gegenwärtig unkenntlichen Gegenstand in Empfang zu nehmen.
Vordergrunde sieht man einen weidenden Rehbock. Nach dem ideal
Charakter der sitzenden Frauengestalt wird man geneigt sein, in
eine Göttin und demnach in dem Mädchen eine*Sterbliohe zu erkennt
die ihr irgendwelche Gabe darbringt. Während der Stil dieses
mäldes an den der weißgrundigen attischen Lekythoi aus der
gangszeit vom 5. zum 4. Jahrhundert v. Chr. erinnert — nur der
bock scheint zu den beiden ganz relief mäßig in eine Raumschicht
rückten Frauenfiguren hinzugefügt zu sein — , zeigen die vier kleine:
Bilder, die an den oberen Teilen derselben Wand angebracht sind,
gewöhnliche hellenistische Kunstweise. Zwei von ihnen (rechts
links von den Säulen, die das große Bild einfassen) stellen beide a
dunkelviolettem Grunde ein Mädchen dar, das vor einer Herme a
einem Steine sitzt und mit einem Hasen tändelt, die anderen zw
je ein Liebespaar, das auf den beiden Bildern verschieden oharakte
siert ist. Auf dem einen (innerhalb des oberen viereckigen Teiles d
zweiten vestibülartigen Architektur von links) handelt es sich offen
bar um ein junges Ehepaar beim Beginne der Brautnacht; die darauf
dargestellte weibliche Figur, die züohtig abwärts blickt, erinnert an
die Braut der aldobrandinischen Hochzeit (n. 416). Hingegen scheint
das auf dem Gegenstück (an der entsprechenden Stelle der dritten
Architektur von links) dargestellte Mädchen eine Hetäre; die beiden
Liebenden liegen hier auf einem Bette und küssen einander in Gegen-
wart eines Sklaven und einer Sklavin. Auf der Säule, die sich links von
diesem Bilde erhebt, ist die oben S. 117 erwähnte Künstlerinschrift
eingeritzt.
Die ganze Dekoration: Mon. dell' Inst. XII 5a; Ann. 1884 p. 300 ff. Leasing-Mao
T. 5. Rom. Mitteilungen XVIII 1903 p. 229 f. Fig. 20. Ippel der dritte pompej. Stil
p. 8ff. Abb. 1. Das Hauptbild: Mon. XII 6 n. 2; Ann. 1884 p. 319; Rom. Mitteilungen
XVII 1902 p. 206 u. 227 Fig. 15 (vgl. Bodenwaldt die Komposition d. pompej. Wand-
gemälde p. 40 und das in den Rom. Mitteil. IV 1889 p. 110 n. 6 beschriebene pompe-
ianische Wandgemälde). Die kleineren Bilder: Mon. XII 7a n. 1, 2; Ann. 1884 p. 321
bis 322.
1469 (3) Das beinah vollständig unkenntlich gewordene Haupt-
bild zeigt drei schöne Frauengestalten, die vor einem weiblichen Idol
stehen und sich, wie es scheint, anschicken, ein Opfer darzubringen.
Die ganze Dekoration: Mon. XII 17; Ann. 1885 p. 302. Lessing-Mau T. 6.
Das Hauptbild: Mon. XII 6 n. 1; Ann. 1884 p. 319; Rom. Mitteil. XVII 1902 p. 229 f.
Fig. 17.
1470 (4) Man sieht auf diesem Fragmente eine stehende Figur des
Zeus, die nach einem auch in Statuen, Statuetten und Relief wieder-
holten Originale gemalt ist. Der Gott hält in der gesenkten R. einen
Blitz und stützt mit der L. ein Zepter auf, dessen Spitze mit einem
undeutlich gemalten, rundlichen Gegenstande bekrönt ist. Vgl. n. 206.
Gazette archeologique VIII 1883 pl. 15 p. 99. Mon. XII 7 n. 5: Ann. 1884 p. 320;
Amelung Florentiner Antiken p. 8.
OBERES STOCKWERK. 205
Die in der Mitte dieses Zimmers aufgestellte, mit n. 670 bezeichnete
kulptur hat einer Statuette der ephesischen Artemis als Basis ge-
ient (vgl. n. 797).
Zimmer XXI.
Die Wandmalereien in diesem Zimmer stammen aus einem anderen Schlafzimmer
es bei der Farnesina entdeckten Hauses (auf dem Plane n. 5).
1471 (2) Die Landschaft in der Mitte hat zu sehr gelitten, als daß
ie sich beschreiben ließe. Von den beiden mit Schutzklappen (vgl.
l. 1328) versehenen Bildern, die den Fries verzieren, stellt das eine
rechts) eine ältliche, feiste Frau dar, die, einen Becher in der R., auf
:inem Sessel sitzt und den Kopf einer neben ihr stehenden jungen
BYau zuwendet, die in eindringlicher Weise mit ihr spricht; auf der
tnderen Seite der Alten steht eine jugendliche Sklavin und neben
lieser ein Tisch, der einen kleinen Krater trägt. Auf dem Gegenstücke
üeht man einen jungen Mann und eine junge Frau, die Beben ein-
ander auf einem Bette sitzen und sich küssen; die Frau hält in der
L. eine Schale; vor dem Bette steht ein Tisch mit Trinkgefäßen. Da
die junge Frau auf beiden Bildern in der gleichen Weise charakteri-
siert ist, so liegt der Gedanke nahe, daß es sich hier wie dort um die-
selbe Person handelt. Wenn diese Voraussetzung richtig ist, könnte
man das an erster Stelle beschriebene Bild etwa folgendermaßen er-
klären: Die junge Frau, die eine Kupplerin zu sich beschieden hat,
damit sie durch deren Vermittelung eine Passion, die sie für einen
jungen Mann gefaßt, befriedige, traktiert die Alte mit Wein und setzt
ihr dabei ihr Verlangen auseinander. Das Gegenstück würde dieselbe
Dame darstellen, wie sie das Ziel ihrer Wünsche erreicht hat und mit
ihrem Geliebten vereinigt ist. Es wären dies Situationen, wie sie
namentlich in den Mimiamben des Herondas mancherlei Analogien
finden.
Die ganze Dekoration: Hon. deir Inst. XII 23 (Ann. 1885 p. 313ff.). Lessing-
Mau Wand- und Deckenschmuck T. 3. Köm. Mitteilungen XVII 1902 p. 220 ff. Fig. 13.
Ippel der dritte pompej. Stil p. 8-fl. Abb. 2. Die kleineren Bilder: Mon. XII 27
n. 2, 5 (Ann. 1885 p. 316). Vgl. Köm, Mitteilungen XXV 1911 p. 261.
1472 (5) Ich übergehe dieses Stück, da sich auf ihm nur die Archi-
tekturmalerei einigermaßen erhalten hat, die figürlichen Darstellungen
hingegen beinah vollständig verblaßt sind. Wer sich dafür interessiert,
muß die Publikationen einsehen.
Mon. dell' Inst. XII 24 (Ann. 1885 p. 313 ff.). Lessing-Mau T. 4. Rom. Mitteil.
XVII 1902 p. 209ff. Fig. 9.
1473 (6) Die Figur ist aus einem weißen Wandfelde herausge-
schnitten, in dessen Mitte sie angebracht war, eine Anordnung, die
durch n. 1474 vergegenwärtigt wird. Sie stellt ein auf einem Sessel
sitzendes Mädchen da, das mit der R. seinen Mantel in zierlicher Weise
nach vorwärts zieht, und erinnert hinsichtlich des Stiles wie des Kolo-
rites an das Hauptbild von n. 1479. Die Anlage ist von wunderbarer
206 DAS THERMENMUSEUM. 1474—1477.
Anmut und die Ausführung fein gefühlt. Alles dies gilt auch für di
Gegenstücke n. 1474 und 1475.
Mon. dell' Inst. XII 26 n. 6 (Ann. 1886 p. 316). Robert die Knöchelßpielerinm
des Alexandras (Halle a. S. 1897), Vignette auf p. 1, p. 7 — 8.
1474 (8) Die Malereien sind stark verblaßt. In der Mitte de;
beiden weißen Wandfelder sieht man je ein stehendes Mädchen, von
denen das eine mit beiden Händen einen Kasten hält.
Hon. dell' Inst. XII 25 links (Ann. 1885 p. 313 ff.). Lessing-Mau T. 2. Die Figur
mit dem Elasten: Mon. XII 27 n. 6. Robert a. a. O. Vignette p. 1, p. 7f.
1475 (9) Ein Mädchen gießt aus einem bauchigen Flaschchen (Air
bailos) öl in eine schlanke Lekythos. Es erinnert in der Anlage auf
fällig an eine in ähnlicher Handlung begriffene Mädchengestalt au:
einer weißgrundigen attischen Lekythos.
Gazette archeologique VIII 1883 pl. 16 p. 100. Mon. dell' Inst. XII 26 n. :
(Ann. 1885 p. 316). Die attische Lekythos: Murray-Smith white athenian vases ?j
XXIa.
1476 (40004) Fragment eines reich -verzierten Untersatzes«
Gefunden 1908 bei Gelegenheit der Demolierung der Villa Patiu
an der Via Nomentana. Zusammengesetzt aus einer großen Anzahl vor.
Fragmenten; nicht für alle ließ sich der ursprüngliche Platz wiedti
feststellen. Einige Lücken sind mit Gips ausgefüllt. Hier und da sisi
Brandspuren zu erkennen.
Erhalten hat sich etwa die Hälfte einer kreisförmigen Basis, aus
deren Mitte sich ein Schaft erhebt. Dieser hat zweifellos einen Aufsatz
getragen, dessen weit ausladender Körper wahrscheinlich außerdem
von einer Statuette gestützt wurde, deren untere Hälfte man rechts auf
der Basis bemerkt. Die Statuette stellte einKnäbchen dar, das sich auf
die Zehen beider Füße erhoben hat. Es läßt sicherwarten, daß ihr ein
Gegenstück nicht gefehlt hat, von dem sich denn auch Beste gefunden
haben. Ja, man hat noch einen dritten Torso einer in den Maßen überein-
stimmenden Statuette aus Fragmenten zusammensetzen können. An
dem Mittelschafte fallen breite weiche Akanthusblätter mit Blumen
nieder, die sich auf der Basis ausbreiten und auf denen allerlei kleine
Putten, Wassertiere und Schnecken herumkrabbeln. Auf einem der
Blätter stehen auch die Füße der Statuette, deren Unterteil sich
erhalten hat. Unter ihr springt über die Peripherie der Basis eine
Sphinx vor, der es gewiß ebensowenig an einem oder mehreren
Gegenstücken gefehlt hat. Im übrigen ist die Außenseite der Basis
in breite pfeilerartige Vorsprünge und Nischen geteilt; vor jedem
Vorsprung schießt ein Delphin abwärts, in jeder Nische ist eine
Nereide dargestellt. All das ist in einem sehr flotten und frischen
Stile ausgeführt, hie und da nur skizzenhaft angedeutet. Wir
finden schlagende Parallelen an Werken der flavischen Aera (vgl.
die Skulpturen aus dem Grabe der Haterier im 10. Zimmer des latera-
nischen Museums und n. 1418). Die Putten und Tiere erinnern uns an
OBERES STOCKWERK. 207
Lie Statue des Nil im Vatikan (n. 34), und wir dürfen in diesem Zu-
sammenhange darauf hinweisen, daß gerade einer der flavisohen
Kaiser, Domitian, das i. J. 79 n. Chr. durch Brand zerstörte Iseum
tampense, in dessen Bereich der Nil gefunden wurde, zu neuer größerer
Pracht wiedererstehen ließ,
Notizie d. scavi 1908 p. 180 Fig. 2, 3. Ausonia III 1008 T. VI— Vin p. 285 ff.
Tig. 1—10.
Zimmer XXTT.
Die in diesem Zimmer befindlichen Wandmalereien stammen aus einem dritten
chlafzimmer in dem bei der Farnesina entdeckten Hanse (auf dem Plane n. 2).
Wir haben bereits bemerkt, daß die Wanddekorationen dieses Hauses den letzten
leiten des sogenannten zweiten Stiles angehören. Der eigentümliche Charakter des
weiten Dekorationsstiles beruht darauf, daß die Wände mit Darstellungen architek-
onischer Art bemalt und in diese an geeigneten Stellen landschaftliche oder figürliche
Kompositionen eingesetzt sind. Dies Verfahren ist offenbar durch den von altersher
Iblichen Gebrauch, wirkliche Tafelbilder in die Wände einzulassen oder daran anzu-
leiten, bestimmt. Vielfach bezeichneten die hellenistischen Wandmaler kleinere Ge-
nälde, die sie in die Dekoration einfügten, dadurch, daß sie ihnen Rahmen und Schutz-
dappen gaben, deutlich als Reproduktionen von Tafelbildern. Weniger klar ist auf den
ersten Blick die Charakteristik bei umfangreicheren Kompositionen. Diese sind in der
ELegel von einer pavülon- oder vestibülartigen Architektur umgeben, die sich auf einem
iockel erhebt und aus zwei Säulen besteht, die einen Giebel stützen; hinter den Säulen
bemerkt man zwei Pfeiler, die an dem Aiftaa nach innen vortreten und meist einen
Bogen oder auch ein giebelartiges Gebilde tragen. Man hat nun vermutet, die Wand«
maier hätten sich die zwischen den Säulen oder Pfeilern liegende Wand als geöffnet
und die dargestellte Handlung als jenseits der Wand im Freien vorgehend gedacht.
Daß es sich aber auch hier um Wiedergabe von Tafelbildern, nur von solchen großen
Formates, handelt, haben die Maler selbst dadurch angedeutet, daß sie fast überall
die Darstellung, innerhalb dieses architektonischen Rahmens noch mit einem zweiten
Rahmen umgaben, den sie sich augenscheinlich aus einfachen Holzleisten bestehend
dachten. Entscheidend für diese Auffassung ist die Zusammenstellung der Bilder
in diesem Zimmer, da wir hier in dem einen der großen Mittelbilder zweifellos ein
Gemälde älteren Stiles zu erkennen haben (n. 1479). Es ist nicht nachzuweisen,
aber keineswegs unwahrscheinlich, daß es in hellenistischer Zeit tatsächlich derartig
architektonisch ausgestattete Bildträger gegeben habe. Das Motiv der Säulen mit
Gebälk, die zwei bogentragende Pfeiler einschließen, ist zwar erst in Rom zu weit-
gehender Verwendung gekommen, aber bereits in hellenistischer Zeit geschaffen und,
was besonders wichtig ist, auch zur Umrahmung von Reliefe benutzt worden:
Springer-Michaelis Handbuch P p. 300 Abb. 665; vgl. auch ein Grabrelief aus
Athen im Museum von Grenoble: Catalogue (1901) p. 266 n. 125 mit Tafel. Endlich
mag auf die Parallelen aus byzantinischer Kunst, Mittelalter und Renaissance
hingewiesen werden. Vgl. über diese Frage, die verschiedenen Auffassungen der
gemalten Architekturen im Garnen (Wandschirm oder Scherwand), die Herkunft
dieses Stiles und sein Verhältnis zu den anderen Stilen der Wandmalerei: Mau
Geschichte der dekorativen Wandmalerei p. 16911. Rom. Mitteilungen IX 1894
p. 217 Anm. 2. Robert Votivgemälde eines Apobaten p. 6 ff. Petersen Ära Pacis Au-
gustae p. 143 ff. Rom. Mitteilungen XVII 1902 p. 179 ff. XVIII 1903 p. 87 ff. p. 222 ff.
Rodenwaldt# die Komposition d. pompej. Wandgemälde p. 85 f., p. 124 Anm. 1. Ippel
Der dritte pompej. Stil. p. 8 ff. u. sonst.
1477 (1118) Das große in der Mitte angebrachte Gemälde bezieht
sich auf die Pflege des Dionysosknaben. Man sieht im Vordergründe
eine auf einem Felsblocke sitzende Bakchantin, die beschäftigt ist,
dem Kleinen einen Kranz aufzusetzen, und neben der ein Thyrsos
lehnt. Hinter ihr erhebt sich ein Tor, auf dem die Statue eines liegen-
den Satyrs angebracht ist, und, an das Tor anstoßend, eine Mauer,
Motive, die beweisen, daß die Handlung vor dem Peribolos eines bak-
chischen Heiligtums stattfindet. Von dem Arohitrave des Tores ist
208 DAS THERMENMÜSEÜM. 1478—1479.
nach der Mauer ein hellvioletter Vorhang gesogen, der offenbar, wenn
man ihn vertikal herabfallen ließ, die Toröffnung schloß. Neben dem
Tore stehen zwei würdig bekleidete Frauen, von denen die eine in der R
einen Thyrsos, die andere einen Fächer in der L. halt; beide blicken au:
die im Vordergründe dargestellte Gruppe. Während dieses Gemälde
offenbar auf ein hellenistisches Original zurückgeht, zeigen die beidei
kleineren Bilder, die den roten Wandfeldern als Mittelpunkt dienen,
einen älteren Stil, den man der Übergangszeit vom 5. zum 4. Jahrhundert
v. Chr. zuschreiben möchte und der in den Malereien weißgrundiger.
attischer Lekythoi Analogie findet (vgl. n. 1468, 1473—75 u. 14791.
Das links angebrachte Bild: Eine auf einem lehnelosen Sessel sitzende
Frau rührt mit der L. die Saiten eines harfenartigen Instrumentes unc
streckt die B. nach einem vor ihr stehenden Mädchen aus, das iL*
einen kleinen Vierfüßler, wie es scheint ein Eiohhörnchen, darbietet.
Das Bild rechts: Eine sitzende Frau rührt, das Plektron in der B..
mit der L. die Saiten einer Kithara, während ein vor ihr stehendes
Mädchen ihr mit der R. einen Blütenzweig entgegenstreckt.
Das Ensemble der Wanddekoration: Mon.dell' Inst. XII 18 (Ann. 1885 p. 304 ff.
Lessing-Mau Wand- und Deckenschmuck T. 8. Rom. Mitteilungen XVTI 1902 p. 217:.
Fig. 12. Das große Bild: Mon. dell* Inst. XII| 20 (Ann. 1885 p. 310 — 311). K:
beiden kleineren Bilder: Mon. XII 22 n. 4, 5 (Ann. 1885 p. 313). Das rechts an-
gebrachte kleinere Bild auch bei Robert die Knöchelspielerinnen des Alexandras p. *
(vgl. p. 7 — 8). Über die Anordnung der beiden Bilder: Robert Votivgemälde eine
Apobaten p. 7; ders. die Masken der neueren attischen Komödie p. 107 Fig. 125.
1478 (1117) Beachtung verdient in dieser Dekoration die als Tela-
mon verwendete, archaisierende Figur des Zeus Ammon, eine Figur
die wiederum auf den ägyptischen Hellenismus zurückweist.
Mon. dell' Inst. XII 25 (rechts), Ann. 1885 p. 304. Lessing-Mau T. 2.
1479 (1128) Das Hauptbild erinnert wiederum an die Dekoration
der weißgrundigen Lekythoi (vgl. n. 1468, 1473—1475 u. 1477). Es
zeigt eine ebenso ernste wie zarte Charakteristik, die in der attischen
Kunst der perikleischen Zeit mancherlei Analogien findet. Man sieht
darauf Aphrodite, wie sie, eine Blume in Tier R., auf einem reich ver-
zierten Throne sitzt, und hinter ihr eine jugendliche Frauengestalt
Peitho oder eine der Chariten, die sich mit dem feinen, von dem Polos
der Göttin herabreichenden Schleier zu sohaffen macht. Vor. Aphro-
dite steht Eros, das Zepter .seiner Mutter haltend. Das Bild gehört zu
den schönsten Besten antiker Wandmalerei. Man hat darin die Dar-
stellung einer griechischen Gruppe ans Gold und Elfenbein sehen wollen
im Zusammenhange mit der Auffassung, nach der all diese Mittelbilder
der Wände als realistisch gedachte Durchblicke gemeint wären. Aber
es ist mit Recht dagegen eingewendet worden, daß der altertümliche
Eindruck des Bildes nicht durch den Gegenstand, sondern einzig durch
die Art der Darstellung bedingt int. Ein Maler der augusteischen Zeit
hätte auch eine stilistisch noch strengere Skulptur mit anderen, seinem
OBERES STOCKWERK. 209
Können entsprechenden Mitteln wiedergegeben. Zweifellos hat der
Künstler vielmehr hier, wie auf n. 14^7, ein Tafelbild großen Formates
als in den Bildträger eingelassen darstellen wollen, dort ein Bild helle-
nistischen Stiles, hier ein Bild, das wir selbst oder dessen Vorbild wir
in die Übergangszeit vom 5. zum 4. Jahrhundert v. Ohr. datieren
müssen. In mehr als einer Hinsicht verwandt ist die Komposition,
die wir unter n. 144 besprochen haben: Paris vor Helena (man ver-
gleiche die sitzenden Figuren und die Gestalten des Eros mit ihren
hochragenden Flügeln); auch dort wurden wir zur Annahme eines
malerischen Vorbüdes der gleichen Zeit geführt.
Der Stil der vier kleineren Büder, die den Fries verzieren, ist der
gewöhnliche hellenistische. Zwei von ihnen, die, einander entspre-
chend unmittelbar neben dem das Hauptbild überwölbenden Bogen
angebracht sind, vergegenwärtigen das Treiben szenischer Künstler.
Auf dem Bilde links vom Bogen sieht man einen mit Efeu bekränz-
ten Dichter oder Schauspieler, der auf einem Sessel sitzt und die L.
über eine auf dem 1. Oberschenkel ruhende komische Maske gelegt
hält; vor ihm stehen zwei Frauen, von denen die eine die Maske auf-
merksam betrachtet. Augenscheinlich hat der Mann bei einer sze-
nischen Aufführung den Preis in einer Rolle gewonnen, in der er die
Maske getragen hat. Das entsprechende Büd zeigt einen Schauspieler,
dessen Kopf mit einer tragischen Maske bedeokt ist, im Begriff zu
rezitieren. Hinter ihm sitzt der Dichter oder Regisseur, den Text
nachlesend, während eine hinter dem Sessel stehende Frau die Rezi-
tation mit dem Spiel einer Kithara bekleidet. Die anderen beiden
Büder — sie sind mit Schutzklappen versehen — scheinen ein und
dasselbe Liebespaar in zwei verschiedenen Situationen ihres Verkehrs
darzustellen. Auf dem linken Bude sitzen die beiden Liebenden auf
dem Bette, umgeben von drei Sklavinnen, deren eine Wein oder Was-
ser aus einer Spitz- Amphora in einen Napf gießt. Es ist kürzlich ge-
lungen, die gleiche Komposition mit geringen Abweichungen auf einem
in Wien befindlichen, aus OentoceUe stammenden Mosaik geringer
Arbeit nachzuweisen; damit ist erwiesen, daß der Wandmaler hier
ein Original wiedergegeben hat, das in weiteren Kreisen bekannt
war. Das entsprechende Gegenstück, das jetzt zerstört ist, zeigte
die Liebenden ohne die störende Gegenwart der Dienerinnen einander
näher gerückt.
Die ganze Dekoration: Mon. dell' Inst. XII 19, (Ann. 1885 p. 304 ff.). Lessing'
Mau T. 7. Petersen Ära Pacis Augustae p. 146 Fig. 47. Rom. Mitteilungen XVII 1902
p. 228f. Pig. 16. — Das Hauptbild: Mon. XII T. 21, Ann. 1885 p. 311f. Boscher mythol.
Lexikon III 2 p. 1803f. Abb. 5. Vgl. Rom. Mitteilungen VII 1892 p. 60. Robert Votiv-
gemälde eines Apobaten p. 7 Anm. 1. Rodenwaldt die Komposition d. pompej. Wand-
gemälde p. 39 f. — Die vier kleineren Bilder: Mon. XII 8 n. 4, 5; 22 n. 2, 3; (Ann.
1884 p.309; 1885 p.312f.). Das linke Triptychon und das Wiener Mosaik: Rom. Mitteil.
XXV 1911 p. 257 ff. Abb. 2.
Zurück durch Zimmer VIII, V und I in das
Heibig: Führer. II. 3. Aufl. 14
210 DAS THERMENMUSEUM. 1480—1482.
Antiquarium romanum.
Links von dem Eintretenden:
1480 Platte mit Mosaikfragmenten«
Die in diese Platte eingesetzten Mosaike stammen aus der 1741 be.
TiiBculum ausgegrabenen Villa. Die Angabe, daß sie zu dem Schmucke
desselben Fußbodens gehört hätten, dessen Mittelpunkt durch das Mo
saik n. 314 gebildet war, ist ungenügend bezeugt. Vormals im Mus«c
Kircheriano.
Man sieht auf den Fragmenten vier szenische Masken und drei
schwebende Siegesgöttinnen. Die in der Mitte angebrachte Nike hält
mit beiden Händen den ihren nackten Körper umflatternden Mantel,
an dem das Stück, das den Schoß bedeckt, moderne Restauration
zu sein scheint. Die zweite trägt ein Tropaion, die dritte ein auf
einen Seesieg hinweisendes Steuerruder.
Canina descrizione dell' antico Tuscolo T. 45 p. 158. Vgl. Visconti Mus. Pio-Cl.
VII p. 231 — 232 nota. De Ruggiero catalogo del Museo Kircheriano I p. 268 n. 4 — 10.
Auf der andern Seite des EüngangB:
1481 (34355) Rekonstruktion einer Grab-Aedikula.
Gefunden im J. 1904 in dem unteren Stockwerk eines Kolumbarium
innerhalb einer Begräbnisstätte kurz vor Porta Salaria westlich von der
Via Salaria bei Gelegenheit der Anlage des heutigen Gorso di Porta Pin-
ciana. Antik sind außer der Reliefplatte aus Terrakotta die beiden Ziegel
rechts und links von dem Relief, die marmorne Deckplatte darüber, die
Säulen (aus Terrakotta), der Architrav, die Giebelgeisa und die leere
Tabella (alles aus Marmor). Die Richtigkeit des Aufbaues ist vollkommen
gesichert.
Die Aedikula nahm die Hauptwand einer kleinen Grabkammer
(2,50 X 1,76 m) ein. Das Tongefäß mit den Aschenresten war in der mit
einer Peperinplatte verschlossenen Basis beigesetzt. Darüber ist das
Belief eingemauert, rechts und links befestigt mittels der übergreifen-
den Ränder von zwei rechtwinklig anstoßenden Ziegeln. Den Unter-
bau deckt oben eine Marmorplatte, über der sich eine Nische mit
architektonischer Umrahmung erhebt. Die Terrakottaplatte gehört
zu den sogenannten Campana-Reliefs, die ursprünglich zu friesartiger
Dekoration von Wohnräumen bestimmt waren, öfters aber, wie hier,
zur Ausschmückung von Grabstätten verwendet wurden. Selten hat
sich die Bemalung so frisch erhalten wie in diesem Falle; an einigen
Stellen bemerkt man unter der abgeblätterten Farbenschicht Beste
einer früheren Färbung, die an den Architekturteilen mit der spä-
teren nicht ganz übereinstimmt; augenscheinlich war also einmal eine
Erneuerung der Bemalung notwendig geworden. Dargestellt ist eine
Tragödienszene, die sich vor der in allen Teilen deutlich wiederge-
gebenen Bückwand der Bühne abspielt Wir sehen die drei Türen,
von denen sich die mittelste durch ihre Größe und dadurch, daß sie
von einer plastischen Gruppe bekrönt ist, vor den beiden Nebentüren
ANTIQÜAR1UM ROMANUM. 211
auszeichnet. Es ist wahrscheinlich, daß wir hier das Proskenion des
hellenistischen, nicht die scenae frons des römischen Theaters zu er-
kennen haben. Auffallend ist die schräge Stellung der beiden Eok-
pilaster, die wohl richtig so erklärt worden ist, daß hier die beiden
Parodoi schräg an die Rückwand der Bühne anstießen. In hellenistische
Zeit werden wir auch durch das Kostüm der Schauspieler gewiesen.
Man hat die Hauptfiguren augenscheinlich mit Recht als Andromache
mit dem kleinen Astyanax und Odysseus gedeutet, der als Krieger mit
dem Schwert bewaffnet ist. Dieser wäre an Stelle des Herolds
Talthybios dargestellt, der bei Euripides (Troad. v. 709 ss.) der
Andromache den Besohluß der Griechen meldet, Astyanax, den Sohn
Hektors, zu töten. Zweifellos naht die Gestalt sich ja der Mittelfigur
mit einem Ansinnen, das den Knaben betrifft und deren Unwillen er-
regt; deshalb wendet die Frau sich von dem Sprechenden ab und packt
den zur Seite weichenden Kleinen heftig am Arme. Das Beängsti-
gende der Situation malt sich auch in den beiden Hebenfiguren, die
ebensowenig, wie der Knabe, Maske und Theaterkostüm tragen. Des-
halb können es keine Choreuten, aber auch keine von den einzelnen,
imDrama agierenden stummen Personen sein, sondern einzig Statisten,
die bei den griechischen Theateraufführungen neben dem Chor nicht
gefehlt haben.
Das Kolumbarium, in dem die Aedikula entdeckt wurde, gehörte,
wie uns ebendort gefundene Inschriften lehren, einem P. Numitorius
Hilarus; seine Asche war in der Basis der Aedikula beigesetzt. Die
Wahl der Reliefplatte zur Verzierung hat kaum einen tieferen Sinn
(etwa Hinweis auf besondere Schicksale oder Beschäftigungen des Ver-
storbenen). Die ganzen Funde jenes Begräbnisplatzes stammen aus
der letzten republikanischen Zeit oder dem Beginn des Kaiserreiches.
In die gleiche Epoche ist die Aedikula zu datieren.
Notizie d. soavi 1904 p. 43611. 1905 p. 19 ff. Jahreshefte des österr. arch. Inst.
VIII 1905 p. 203 ff. T. V. Bieber, das Dresdner Schauspielerrelief p. 61 f. Abb. 14.
von Uohden Winnefeld architekt. röm. Tonreliefs (die ant. Terrakotten IV) T. LXXXI
p. 280.
Wir wenden uns von hier aus links in die
1. Abteilung.
In den Schränken der Bückwand:
1482 Goldschmuck verschiedener Herkunft, meist aus dem Tiber.
Zu beachten zwei Stücke Golddraht, die so gebogen sind, daß sie dem
Umriß von zwei Ohren gleichen (gefunden an der Via XX Settembre beim
Bau des Ministero d' Agricoltura; Notizie d. scavi 1908 p. 128 Fig. 1), wahrschein-
lich Weihgeschenke eines Ohrenkranken an eine Heilgottheit (vgl. in-
des über die Bedeutung derartiger Votive zuletzt Athen. Mitteilungen XXXVII
1912 p. 46 ff.).
14*
212 DAS THERMENMÜSEÜM. 1483— 1499.
1483 Grabfund aus Vetralla (Süd-Etrurien). Augenscheinlich war
in dem Grabe eine junge Aristokratin beigesetzt. Man beachte be-
sonders die große Anzahl von Gegenständen aus Bernstein, darunter
ein Riechfläschchen in Form einer Dattel (Not. d. sc. 1887 p. 62 f.).
1484 Sammlung römischer Lampen (die.ältesten ohne figürlichen Schmuck,
schwarzgefirnißt oder rot, die späteren mit mannigfaltigem Reliefschmuck auf da
oberen Fläche; häufig findet man auf der Unterseite die Inschrift des Fabrikanten).
Vgl. CIL XV p. 782ff.
1485 Römische Sparbüchse mit einer Reliefdarstellung des Mer-
CUT in einer Aedikula (der obere Teil ist gebrochen; gefunden in dem Kolum-
barium der Freigelassenen und Sklaven der Statuier vor Porta Maggiore. Brizio
pitture e sepolcri dell* Esquilino p. 135. Vgl. Jahrbuch d.arch. Inst. XVI 1001 p. 160ff.)
1486 — 1489 Glasgefäße« Man beachte vor allem eine Schale aus
sog. Mülefiori-Glas (gefunden bei Montefiascone), eine Schale mit Gold-
grund (Darstellung einer Jagd; gefunden bei Treailico in Kalabrien), ein Gefäß-
chen in Form einer Gans mit sehr dünner Wandung (gefunden zusam-
men mit einer Münze des Domitian in einem Kindergrabe bei Bondissone in Piemont;
Notizied.sc. 1896 p. 501 f. mit Abb.) und eine Anzahl wundervoll farbiger
Fragmente von Glas und Email. Vgl. über die technischen und chronolo-
gischen Fragen zuletzt Pauly-Wissowa, Eealenzyklopädie VII 1 p. 1382 ff. (Blümner).
1490 Terrakottavotive, Darstellungen einzelner Körperteile.
Da sie im Tiber in der Umgebung der Tiberinsel gefunden wurden,
liegt es nahe anzunehmen, daß sie aus dem dort gelegenen Heiligtum
des Aesculap stammen. Stieda, anatomisch-archäologische Studien (Bonnet-
Merkels anatomische Hefte XV/XVI 1091) p. 123f. T. III— IV 12, 18, 16, 17. Vgl.
im I. Bande n. 226, 227.
In der Mitte ein freistehender Schrank mit
1491 Terrakottareliefs. Wir sind derartigen Reliefs schon öf-
ters begegnet (vgl. zuletzt n. 1481). Sie stammen meist aus dem letz-
ten Jahrhundert v. Chr. und repräsentieren in ihrer stilistischen Eigen-
art vorzüglich die epigonenhaft-retrospektive, akademisch-geschmack-
volle, aber innerlich leere Richtung der sog. neu - attischen Kunst,
die für den Bedarf des unter griechischem Einfluß verfeinerten,
römischen Luxus arbeitete. Die Darstellungen der Reliefs in diesem
Schranke sind meist streng symmetrisch geordnet, sehr geschickt der
tektonischen Bestimmung der Platten entsprechend. Die gleiche
Rücksicht hat zur häufigen Verwendung von Figuren archaischen
oder doch strengen Stiles geführt. Vgl. den IV. Band des Werkes über die
antiken Terrakotten, herausgegeben durch von Bonden und Winnefeld: architek-
tonische römische Tonreliefs.
In dem Mittelschrank:
1492 Bronzestatuette eines Knaben. (Gefunden im Tiber. Der Knabe
ist heftig emporgereckt und rückwärts gebogen. Da er mit den Füßen
den Boden nicht berührt und an seinem Rücken keine Ansätze von
ANTIQÜARIÜM ROMANÜM. 213
Flügeln vorhanden sind, hat man ihn als Ganymed erklären wollen,
wie er vom Adler geraubt wird (vgl. n. 386). Man müßte allerdings
annehmen, daß er sich mit beiden hooherhobenen Händen an den
Adler geklammert hätte.
1493 Bronzestatuette eines Laren* Die abgebrochene erhobene
R. hielt ein Rhyton, die vorgestreckte L. eine Schale. Vgl. n. 1003.
Die Ausführung ist sauber, aber trocken.
1494 (8064) Bleistatuette des Vertumnus, eines altitalischen
Gottes des Ackersegens (gefunden im Tiber). Er trägt eine kurze
Tunica und einen krummen Hirtenstab in der L. Vgl. Ameiung, Führer
durch d. Ant. in Florenz n. 250.
1495 Tessera hospitalis aus Bronze in Form eines halbierten
Widderkopfes (gefunden bei Trasacco in der Provins Aquila). Derartige
tesserae galten als Erkennungszeichen der Gastfreundschaft zwischen
zwei Familien. Auf der glatten Fläche sind die beiden Kamen T. Man-
lius T. f. und T. Staiodius N. f. und zwischen beiden das Wort hospes
eingegraben. Notizie d. scavi 1895 p. 85 ff. Fig. l, 2.
1496 Archaische Bronzestatuette eines Mädchens« Die Sta-
tuette — wohl ein besonders gut gelungenes, etruskisches Werk —
gibt den ionischen Typus der reichgekleideten', zierlich bewegten
Mädchenfigur wieder, wie wir ihn am besten durch die Mädchen-
statuen auf der Akropolis von Athen repräsentiert sehen (vgl. n. 975).
Die Haare sind in einer hohen kegelförmigen Haube geborgen, die mit
der ionischen Mode nach Etrurien übertragen wurde (tutulus).
1497 Bronzene Striegeln (vgl. n. 23), Gefäße und Lampen.
1498 (56032) Bronzestatuette des Anubis. Der ägyptische
Totengott mit dem Schakalskopfe ist hier in kriegerischer Rüstung dar-
gestellt, wohl in Erinnerung an den Anteil, den er an dem Kampfe des
Osiris gegen Seth genommen. Doch erscheint er auch in der gleichen
Gestalt mit seinem Bruder Makedon als Grabwächter in dem Haupt-
grabe der tfekropole von Kom-esch-Schukafa bei Alexandrien. (Expe-
dition E. Sieglin I p. 142 f.)
1499 Helm aus gegossener Bronze (gefunden 1891 unter dem Ponte
Sisto). Er ist für ein zum kriegerischen Gebrauch bestimmtes Rüstungs-
stück zu schwer und wird demnach zu einer Statue gehört haben.
Die Blume, die jederseits aus einer Ranke herauswächst, ist mit
einem tiefen Loche versehen, offenbar um darin einen Busch ein-
zusetzen. Von dem Träger des mittleren Busches ist nur ein
Teil auf dem Scheitel des Helmes erhalten. Die horizontalen
Röhrchen am unteren Rande der Kappe dienten zur Befestigung
der Wangensohirme. Weitere Bronzefunde beim Ponte Sisto sind
214 DAS THERMENMUSEUM. 1500-1506.
unter n. 1345 besprochen. Unter ihnen sind die meisten mit dem
Helme gleichzeitig, d. h. ins 1. Jahrhundert n. Chr. zu datieren, dar-
unter auch ein Flügel, der wahrscheinlich von einer Victoria stammt;
mit dieser hat man den Helm in Verbindung bringen wollen, inden.
man annahm, die Göttin habe nach Art der Victoria von Brescia den
einen Fuß darauf gesetzt. Doch würde man dazu kaum einen Helm
mit ragender Spitze und zwei Büschen gewählt haben. Eher läßt siel
annehmen, die Göttin sei mit einem Tropaeum beschäftigt gewesen
das der Helm bekrönte.
Nottrie d. seavi 1891 p. 286 ff. mit Abb. Rom. Mitteilungen XXVI 1911 p. 2518
Fig. 9.
1500 Fuß und Hand einer Statuette aus Ebenholz (gefunden bei der
Zerstörung der Villa Patrizi vor Porta Pia).
1501 Bronzene Isisklappern (seiatra; gefunden im Tiber). Dieses
Instrument spielte in dem Kultus der Isis eine hervorragende
Bolle (vgl. n. 143). Wenn sich derartige Klappern wie andere auf die
ägyptischen Kulte bezügliche Gegenstände häufig im Tiber gefunden
haben, so hängt das offenbar mit den Verboten zusammen, die zu
wiederholten Malen von der römischen Regierung gegen die Aus
Übung jener Kulte innerhalb des Stadtgebietes erlassen wurden und
zur Folge hatten, daß der in ihnen zur Verwendung kommende Appa
rat in den Fluß geworfen wurde. Berichtet doch Iosephus (antiqu.
iud. XVIII 3, 4), daß infolge eines solchen unter Tiberius ergangenen
Verbotes das gleiche Schicksal einem Isisbilde zuteil wurde, vermut
lieh der Statue, die in dem Hauptheiligtume der Göttin (in der Gegend
von S. Maria sopra Minerva) den Mittelpunkt des Kultus bildete.
Im nächsten freistehenden Schranke:
1502 Terrakottareliefs der unter n. 1491 besprochenen Art mit
Darstellungen der stiertötenden Nike (von Robden-Winnefeld a. a. 0. T.
XXXVII p. 82 ff. u. 257 f.). Vgl. über die Geschichte der Typen Röscher.
mythol. Lexikon III p. 346f. (Bulle).
In den Schränken und Pulten der Fensterwand: Löffel und Gabeln
aus Silber und Bronze (meist im Tiber gefunden. Das Alter der einzelnen Stück
läßt sich natürlich nicht feststellen, zumal es nicht nachweisbar ist, daß man im Alter-
tum bereits Gabeln gekannt hat; vgl. Bulletino comunale II 1874 p. 116 ff. T. II;
Memorie dell' Accad. dei Lincei Ser. III vol. X 1881—1882 p, 141 f.). Drei Militär-
diplome aus der Zeit des Titus, des Caracalla sowie des Elagabal und
Alexander Severus (Böm. Mitteilungen XXII 1907 p. 434«. X. XV; CIL in r
891 u. 1908). Eine doppelseitig beschriebene Bronzetafel (tabula ansäte
mit zwei Inschriften je eines Freigelassenen des Trajan, der mit der Ver-
waltung eines kaiserlichen Praetorium zu beiden Seiten des Tiber in der
Gegend von Fidenae und Primaporta betraut war; augenscheinlich
war einer dem andern in diesem Amte gefolgt und ist dadurch die
ANTIQUARIUM ROMANUM. 215
doppelseitige Beschriftung zu erklären (gefunden im Tiber; Notizie d.
scavi 1909 p. 433 ff. Fig. l, 2). Ein bronzenes Votivtäfelohen mit der
Weihung eines L. Kareius Vitalis an Arausio, den Genius der gleich-
namigen Stadt, des heutigen Orange im Rhonetal (Bulletino co-
munale XIX 1891 p. 245 ff. T. IX; Pauly-Wißsowa Beal-Enzyklopadie II 1 p. 402).
Verschiedene Bronzesiegel, Schlüssel, Messer und Fibeln.
2. Abteilung.
In dem ersten Schrank an der Rückwand sind Funde aus Norba
in den Volskerbergen vereinigt. Besonders zu beachten:
1503 Bronzestatuette einer weiblichen Figur, die eine Taube
mit der L. hält (gefunden an der Stelle des Tempels der Inno Lucina). Wahr-
scheinlich war sie der Gottheitdarge bracht als Bild einer Weihenden.
Zugrunde liegt ein griechischer Typus des 5. Jahrhunderts v. Chr., der
vielleicht Aphrodite dargestellt hat. Notizie d. scavi 1903 p. 242 f. u. 252 ff.
Fig. 22; S. Beinach repertoire de la stat. IV p. 407, 2 (vgl. ebenda III p. 188, 8).
Weitere Funde aus Norba befinden sich in dem letzten Schranke
der gleichen Wand, darunter seltsame primitive Votivf iguren, die aus
dünnen Bronzebleohen geschnitten sind, Weihinschriften an die Iuno
Lucina (Not. p. 242f. u. 265 mit zwei Abb.) und
1504 Bronzestatuette einer weiblichen Figur mit einer Schale
in der R. (gefunden an der gleichen Stelle wie n. 1503); in der L. ist augen-
scheinlich ein Strauß, nicht, wie man angenommen hat, eine Fackel,
das Attribut der Iuno Lucina selbst, zu ergänzen. Die Formen ent-
sprechen denen griechischer Typen aus dem 4. Jahrhundert v. Chr.
Notizie a. a. O. p. 242 f. u. 254f. Fig. 23; S. Beinach, repert. de la stat. IV p. 138, 5.
In den nächsten beiden Schränken rechts und links befinden sich
Votive, die in Veji gefunden wurden, in dem mittelsten Wandschrank
Funde aus Ostia; man beachte die Reste von Bronzeverzierungen
und -beschlagen — z. T. mit Silber -eingelegt (vgl. n. 962, 963) — , da-
runter einen schönen Hundekopf, im Typus der Marmorhunde im
Belvedere des Vatikan (n. 147, 148), und vor allem
1505 Fragment einer rotfigurigen Tase strengen Stiles, das
einzige Fundstück aus so alter Zeit, das in Ostia zutage gekommen ist.
Dargestellt ist wahrscheinlich Orpheus ebenso wie auf einer besser er-
haltenen Vase gleichen Stiles, deren Bild auf einer neben dem Frag-
ment aufgestellten Tafel wiedergegeben ist (sie stammt aus Gela, befindet
sich beute in Berlin und ist publiziert im 50. Berliner Winckelmannsprogramm p.
30Ö.T. II; vgl. Boscher, mythol. Lexikon III 1 p. 1170 ff. Abb. 4).
In den freistehenden Schränken:
1506 Fragmente von Terrakottareliefs (vgl. n. 1491). Man be-
achte darunter ein sehr schönes (Museumsn, 4539), das den Beginn
216 DAS THERMENMUSEUM. 1507-1515.
eines Wettlaufes zwischen nackten Epheben darstellt (von B,ohd?D
Winnefeld a. a. O. T. XLVIII p. 15* u. 262) und (Mn. 4391) verschiedene
Fragmente mit Darstellungen einer Portioua, in deren Intercolumnien
Athletenstatuen, Gefäße und Hermen aufgestellt sind; demnach habet
wir uns die Porticus als Teil einer Palaestra vorzustellen (vgl. Jahresheft«
d. österr. arch. Inst. VI 1903 p. 16 ff. T. II— in; von Rohden- Winnefeld a. a. O. T.
CXLIII 2, 3 p. 144 ff. u. 307).
1507 Kopf einer weiblichen archaischen Statue aus Terrakotta
im ionischen Stile des 6. Jahrhunderts v. Chr., aber wohl zweifellos
etruskischer Arbeit. Vgl. n. 1009.
1508 (4344—4349) Fragmente von Terrakottareliefs die zu
Friesen aneinandergereiht werden sollten (n. 4344 u. 4345 stammen von
Palatin ans der Nähe des Hauses der Li via; die anderen sind aus dem Kunsthandel
erworben). Dargestellt sind Wagenzüge und Bankettszenen. Vgl. n.
976 und 1514 — 1515. Milani Studi e materiali I p. 106 (Pellegrini). Nachod,
der Rennwagen bei den Italikern p. 53 n. 39 c und 40 b.
1509 Archaischer Stirnziegel in Form einer Silensmaske mit
lebhafter, gut erhaltener Bemalung. Vgl. n. 1010.
1510 Fragment eines archaischen Akroterion aus Terra-
kotta mit einer Gruppe von Silen und Maenade, die fest umschlungen
dahinlaufen. Gefunden im Tiber in der Nähe der Insel, so daß es nahe liegt, zu
vermuten, das Akroter habe zur Ausstattung des Äsculaptempels gehört ; doch ist
der Stil für einen Bau aus dem Beginn des 3. vorchristlichen Jahrhunderts su alter-
tümlich. Notizied. scavi 1896 p. 38f. Fig. 13. Bullettino comunale XXXVIII 19U'
p. 56. Vgl. in unserem Bande n. 1779 e— g, 1780 g und 1786.
3 Abteilung.
Rechts vom Eintretenden:
1511 (4358) Zwei Terrakottareliefs gefunden auf dem Palatin.
Die Darstellung entspricht vollkommen dem Relief auf der Rundung
der Marmorurne n. 1325. Vgl. alles Nähere dort. Rom. Mitteilungen xxv
1910 p. 132 ff. Fig. 11 T. VI; vgl. auch ebenda XX 1905 p. 295 f. Fig. 2. von Rohden-
Winnefeld a. a. O. T. XLV, XLVI p. 7f. u. 261 f.
In dem ersten Wandschrank:
1512 Funde aus Palestrina (Praeneste). Besonders zu beachten
sind zwei Stirnziegel mit jugendlichen Satyrköpfen in hellenistischem
Typus.
Im nächsten Wandschrank:
1513 Funde aus dem Heiligtume der Diana am See von Nemi.
Außer einer Anzahl anmutiger Terrakottastatuetten, unter denen
eine Darstellung der Göttin hervorragt — sie lehnt sich lässig auf einen
Pfeiler — , sind allerlei Fragmente aus vergoldeter Bronze beachtens-
wert. Man nimmt mit Recht an, daß sie zur Dekoration an dem Ge-
bälk des Tempels verwendet waren. Erhalten ist der^untere Oma-
ANTIQÜARIÜM ROMANUM 217
mentrand eines großen Bronze -Ziegels mit Motiven, wie wir sie ganz
übereinstimmend auch an tönernen Verkleidungsziegeln finden,
dann ein Fragment einer Platte mit dem unteren Teile eines aufrecht-
stehenden Köchers in Relief. Nottaie d.scavi 1885 p.42&f.; 1895 p. 431 ff.
Fig. 6. Bull. dell* Inst. 1885 p. 232. Verhandl. d. Philologenvereammlung in Görlitz
1889 p. 163. Monum. dei Lincei XIII 1903 p. 318 ff. Fig. 7.
In dem mittelsten Wandschrank:
1514, 1515 Fragmente der plastischen Dekoration eines
Tempels*) (gefunden an einer Colombella genannten örtlichkeit bei Palestrina).
Erhalten sind zwei Friesplatten und drei Jünglingsköpfe aus
Terrakotta. Man nimmt an, daß die drei Köpfe von der Giebelgruppe
herrühren — der eine (rechts) hing mit dem Grunde zusammen, der
mit den kurzgelockten Haaren war mittels eines Bronzestiftes da-
ran befestigt — , während die Reliefplatten zweifellos vom Friese
stammen. Auffallend ist der weite stilistische Abstand zwischen Fries
und Köpfen, der sich nur dadurch erklären ließe, daß man bei Ge-
legenheit einer Restauration des Tempels für die Herstellung des
Frieses absichtlich altere Formen verwendet hätte. Während dieser
nach seinem Stile in das 5. vorchristliche Jahrhundert zu datieren
wäre, können die Köpfe nicht vor dem 4. Jahrhundert entstanden
sein. An dem rechts aufgestellten Kopfe bemerkt man in der Rolle,
mit der die Haare umgeben sind, eine Reihe Löcher, die keinesfalls,
wie vermutet worden ist, zur Aufnahme metallener Strahlen gedient
haben können. Der Fries stellt einen Zug dar : voran geht ein Krieger
mit einem Blasinstrument (?) in der gesenkten L.; sein erhobener r.
Unterarm ist nur auf dem r. Relief erhalten (das 1. Relief ist an dieser
Stelle abgebrochen) ; ihm folgt ein Wagen, den eine Frau lenkt und drei
geflügelte Rosse ziehen; unter ihnen ein Hund mit gesenktem Kopfe;
ein Krieger ist eben im Begriff, denWagen zu besteigen ; an diese Gruppe
schließt sich ein Wagen mit zwei ungeflügelten Pferden, den ein Krie-
ger lenkt und ein Augur mit dem gekrümmten Ldtuus begleitet. Das
Nebeneinander von geflügelten und ungeflügelten Rossen fanden wir
auch auf dem Terrakottafriese n. 976. So nahe es Hegt, in der Beflüge-
lung der Rosse einen Hinweis darauf zu sehen, daß es sich hier um eine
Fahrt ins Jenseits, in das Sonnenland handelt (Röm.Mitteil. XXVI 1912
p. 11 f.), so muß uns doch gerade die Nebeneinanderstellung mit dem
ungeflügelten Gespanne an dieser Deutung irre machen. Eine Ent-
scheidung und eventuell eine andere Erklärung ließe sich erst geben,
wenn das einschlägige Material vollständig gesammelt wäre. Das
Dreigespann findet sioh auf gleichzeitigen italischen Denkmälern
•) Diese sind wahrend des Druckes unseres Führers in das Museo di Villa
Papa Giulio Überfuhrt worden. An ihrer Statt füllen den Schrank allerlei
Schnitzereien in Knochen; darunter sind besonders zu beachten unten in der
Mitte 15 Wirbel eines harfenartigen Saiten-Instrumentes, die in einem Grabe an
der vu Tiburtina gefunden wurden.
218 DAS THERMENMÜSEUM. 1616-1618.
häufig. Sehr beachtenswert ist die grelle Bemalung, die in den sel-
tensten Fällen so gut erhalten ist. Auf der Bückseite der weniger
zerstörten Platte ist am oberen Bande links die Zahl V, rechts VI mit
roter Farbe aufgemalt; offenbar dienten diese Zeichen zur Orientierung
der Arbeiter beim Aneinanderreihen der einzelnen Platten. Notizie d.
scavi 1905 p. 124 ff. Fig. 1 — i. Nachod, der Rennwagen der Italiker p. 62 f. n. 77.
Über die ganze Klasse derartiger Friesreliefs Tgl. die zu n. 1608 zitierte Arbeit vot
Pellegrini.
In dem nächsten Wandschrank weitere Funde aus Nemi, im letz-
ten über allerlei Weihgeschenken aus Palestrina:
1516 Kleine bleierne Weihgaben aus dem Tempel der Venus
Obsequens bei Terracina (gefunden' 1894 auf dem Monte S. Angelo bei
Terracina teils in dem Schutte, der sich um die Trümmer des Tempels aufgehäuft
hatte, teils in einer benachbarten Grube [favissa]). Offenbar haben wir in ihnen
Weihgeschenke zu erkennen, die zum Teil bei der Zerstörung des Heilig
tumes unter den Schutt des Gebäudes gerieten, zum Teil bereits aus
dem Tempel entfernt und in einer Grube geborgen waren, um für neue
Gaben Platz zu schaffen. Man glaubte früher in dem Tempel den des
Iuppiter Anxurus wiedergefunden zu haben und daraus, daß Iuppiter
dort als Knabe verehrt worden sei, erklären zu können, daß die Weih-
geschenke beinahe durchweg den Charakter von Spielzeug haben:
Tische, Sessel, Leuchter, Küchen- und Tafelgeräte, die Figur eines
Sklaven, der eine zum Auftragen der Gerichte dienende Hatte (fercu-
lum) hält, — alles von minimalen Dimensionen. Aber der Fund einer
Inschrift (Not. d. sc. 1894 p. 102 f.) hat außer Frage gestellt, daß e*
sich vielmehr um den Tempel der Venus Obsequens (der Gnädigen)
handelt; auoh wurde der Iuppiter Anxurus nioht als Kind, sondern
als Jüngling verehrt. Wir haben uns wohl vorzustellen, daß die Mäd-
chen von Anxur der Venus vor der Hochzeit ihr Kinderspielzeug
weihten. Notizie d. scavi 1894 p. 96 ff., 102f., 105 ff. Über Iuppiter Anxurus vgl.
Röscher, mythol. Lexikon II 1 p. 640 und Pauly-Wissowa, Realenzyklopädie I 2
p. 2653.
Rechts vom Ausgang:
1517 (4395) Fragment eines Terrakottagiebels (gefunden im
Tiber). Erhalten ist die 1. Ecke des Giebels mit der Darstellung eines
kleinen Amor, der sich mit der Keule und dem Löwenfell des Hercules
beladen hat. Die Figur ist mit bewundernswerter Bravour fast ganz
frei herausgearbeitet. Man darf behaupten, daß uns in diesem Frag-
mente eines der glänzendsten Beispiele hellenistisch-römischer Ton-
plastik aus dem Beginn der Kaiserzeit erhalten ist, ein Fragment, vor
dem man sich wohl eines Künstlers wie Arkesilaos erinnern darf.
Vgl. über Tonplastik zuletzt Münchener Jahrbuch 1911 I p. lff., über Arkesilaos
Pauly-Wissowa Realeucyklopadie II 1 p. 1168 n. 21 u. Thieme-Becker Künstler-
Lexikon II p. 109 n. II.
ANTIQUARIUM ROMANÜM. 219
In den freistehenden Mittelschränken wieder viele dekorative
Terrakottareliefs, deren Gegenstande leicht verständlich sind (Raub
der Leukippiden; Orestes am Omphalos, verfolgt von den Erinyen;
Omphale; Daidalos und Pasiphae; Amazonenkämpfe; Herakles im
Thiasos ; Einweihung in die dionysischen Mysterien (vgl. n. 1329, ferner
zu all diesen Reliefs den mehrfach zitierten, durch von Rohden u.
Winnefeld herausgegebenen IV. Band des Werkes über die antiken
Terrakotten, insbesondere T. XIX p. 117 u. 248, p. 56ff., 113ff.
u. 117, Anm. 1). /Besondere Beachtung verdient eine Platte:
1518 Enthüllung der „mystischen" Schwinge. Im Beisein ver-
schiedener Mitglieder des bakchisohen Thiasos kniet eine Bakohantin
am Boden und hebt das verhüllende Tuoh von einem jener Körbe,
die ursprünglich zum Worfeln des Getreides, dann aber auch bei ver-
schiedenen Mysterienfeiern Verwendung fanden (n. 1325, 1329, 1511).
Er enthält Fruchte und einen aufrechtstehenden Phallos, das Symbol
der Fruchtbarkeit. In den Lüften schwebt eine weibliche Figur mit
großen Flügeln davon, die sich mit heftiger Geberde von dem An-
blick des enthüllten Korbes abwendet. Man hat die Figur Aidos, die
Schamhaf tigkeit* genannt und damit den Sinn der Darstellung richtig
getroffen. Diese verdient jetzt unser erhöhtes Interesse, seitdem eine
ganz entsprechende Szene auf den großen Wandbildern in der neu-
entdeckten Villa Item bei Pompei bekannt geworden ist. Dort sehen
wir ebenfalls die kniende Bakchantin, die eben beschäftigt ist, das
Tuch zu lüften; sie blickt empor zu einem stehenden Mädchen mit
großen Adlerflügeln, die mit der L. das abgewendete Gesicht bedeckt
und mit einer Gerte in der R. zu einem heftigen Schlage nach der
Knienden ausholt. Auch dort spielt sich der Vorgang im Beisein
des Thiasos ab. Es ist keine Frage, wo die Darstellung lebendiger und
bedeutender gefaßt ist. Der Sinn ist beidemal derselbe: ein himm-
lisches Wesen ist durch irgendeine Veranlassung in den bakchischen
Kreis geführt worden und wendet sich nun voll Abscheu von dem hei-
ligen Symbole des bakchisohen Kultes ab. Zweifellos konnte eine der-
artige Vorstellung erst in einer Zeit geschaffen werden, in der sich der
naive Glauben an die Heiligkeit jenes Symbols bereits verloren hatte.
Für die Geflügelte läßt sich die alte Deutung angesichts des Wand-
gemäldes nicht aufrechterhalten; dort ist die Figur ganz jugendlich
und nur von einem losen Tuch umflattert. So erscheint in späten Bild-
werken Nike (vgl. n. 1480). Aber was soll sie in diesem Zusammen-
hange? Näher liegt es, an Iris zu denken, zu der auch die Gerte eher
passen würde, und man könnte wohl an die im 5. Jahrhundert im Satyr -
spiel wie in Vasenbildern auftauchende Vorstellung erinnern, nach der
Iris einst in recht gefährliche Berührung mit dem Schwärme der lüster-
nen Satyrn geraten wäre, und zwar im Beisein des Dionysos; aber dort
220 DAS THERMENMUSEÜM. 1619—1523.
1
fehlt noch der Gegensatz zwischen der reinen Bewohnerin der Lüfte und
der erdgebundenen Sinnlichkeit des dionysischen Kreises, wie er dock
augenscheinlich in den Darstellungen des Wandbildes und der Terra-
kottaplatte verkörpert ist. Vgl. von Rohden-Winnefeld a. a. o. p. 52 ff.
Dm neuentdeckte Wandbild: Notixde d. soavi 1910 T. XVI. Vgl. dazu Neue Freie
Presse 1910 n. 16486; Berl. philol. Wochenschrift 1911 p. 599 f., 757 ff. Über los
s. Boscher, mythol. Lexikon II 1 p. 343 ff.
1519 Bronzener Deekel einer Cista aus Paiestnna*). Den Griff
bildet eine Gruppe von zwei Kriegern, die einen Gefallenen tragen.
Auf die Oberfläche sind sehr schön gezeichnete Kampfszenen und
Ornamente eingraviert« Vgl. die Ausführungen au n. 1762.
An der Fensterwand rechts:
1520 Fragment eines bronzenen Gefäßes mit archaischer In-
schrift (aus dem Diana-Heiligtum am Nemi-See). Die Inschrift — Diana
af luoco — würde in späterer Zeit gelautet haben: Diana ab luco;
dabei wäre ab luco gleioh ad luoum zu verstehen. Bull, comunale XXXV
1079 p. 102 ff. Fig. 1, 2.
Links von dem Ausgang:
1521 Fragmente eines großen Terrakottafrieses mit Wieder-
holungen der Maenadengestalten, über die wir unter n. 946 gehandelt
haben. Gefunden in der Villa des Q. Voconius Pollio unterhalb Marino (vgl. d.
1245, 1247 und von Bonden -Winnefeld a. a. O: p. 86 f.).
4. Abteilung.
1522 Funde aus dem See YOn Neml. Seit dem Altertum war eine
Überlieferung, daß im See von Nemi ein Schiff von fabelhafter Pracht ver-
sunken läge, lebendig erhalten worden durch Berichte von Fischern und Tauchern.
Gegen Mitte des 15. Jahrhunderts unternahm Leon Battista Alberti im Auftrage
des Kardinals Prospero Colonna einen Versuch, die ganzen Beste auf einmal
mittels eines Systems von leeren Fässern an die Oberfläche zu heben. Aber der
Versuch hatte nur einen mäßigen Erfolg, da das Vorderteil des Schiffes während
der Arbeiten in Trümmer fiel. Seitdem hatte man sich darauf beschränkt, gelegent-
lich einzelne Teile von Holz oder Bronze loszureißen (ein Balken im Museo
Kircheriano, einzelne Bronzeteile im Museo Gregoriano), bis dann i. J. 1895 erst
Eliseo Borghi, dann im Auftrage des Ministeriums der Oberst Malfatti systema-
tische Untersuchungen und Bergungsarbeiten unternahmen. Alle in diesem Zimmer
ausgestellten Beste wurden damals zutage gefördert; zugleich ergab sich, daß es sieb
nicht um ein Schiff, sondern um zwei Schiffe handelt. Der Fundort liegt in
der Westecke des Sees, da wo der Weg,' der um das nordwestliche Ufer von Nemi nach
Genzano führt, zu steigen beginnt. Die beiden Schiffe oder vielmehr schiffsartig ge-
stalteten, schwimmenden Pavillons, die augenscheinlich mit großer Fracht ausgestattet
waren — man beachte die Emaillewürfel in dem einen Wandschrank, die von Mosaik -
böden stammen — , waren kaiserliches Eigentum. Volkstümliche Überlieferung nannte
als Erbauer Tiberius, aber die Insscriften auf den Bleiröhren der Wasserleitung be-
ziehen sich auf Galigula. Jedenfalls stammen die Bronzen ihrem Stile nach aus der
ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. Alle dienten dazu, Balkenköpfe zu verkleiden,
von denen sich Reste erhalten haben: a (33782) war bestimmt, den Kopf eines
kreisrunden, aufrechtstehenden Pfostens zu überdecken; ander einen
*) Auch dieser Deckel soll demnächst, wie n 1514, 1515 in das Museo di Villa
Papa Giulio Überführt werden.
ANTIQUARIUM ROMANUM. 221
Seite der Rundung ein prächtig gearbeiteter Löwenkopf, der einen
Ring im Maule trägt. Der Pfosten muß auf Deck gestanden haben,
b, c, d, e, f waren bestimmt, die Köpfe horizontal liegender Quer-
balken, die an dem oberen Rande des Bordes zutage traten, zu ver-
kleiden; b und o sind mit Löwenköpfen, d und e mit Wolf sköpfen,
f ist mit einem Gorgoneion verziert. Es muß auffallen, daß die Köpfe
nicht alle senkrecht zu den oberen und unteren Begrenzungslinien des kasten-
förmigen Teiles stehen, der über den Balken gestülpt wurde; dies erklärt sich
daraus, daß die Balken in ihrer Lagerung der geschwungenen Linie des Schiffs-
bordes folgen mußten, wahrend man die Köpfe senkrecht zur Oberfläche des
Wassers stellen wollte. Auch diese Löwen- und die Wolfsköpfe tragen Ringe in ihren
Mäulern. Sie können ebensowenig, wie der von a, jemals zur Befestigung von Tauen oder
Ketten gedient haben. £s hat sich herausgestellt, daß die Köpfe und an diesen wieder
die Unterkiefer für sich gegossen sind; man hat die Köpfe auf die kastenförmigen Teile
mit Nägeln befestigt und aufgelötet, dann die Unterkiefer angesetzt, nachdem man die
Ringe lose eingefügt hatte. Diese wären also bei starker Anspannung oder Belastung
zweifellos ausgebrochen, zeigen außerdem durchaus keine Spuren von Benutzung. End-
lich waren die kastenförmigen Teile von b — f niemals mit Nägeln auf ihren Balken be-
festigt. Die Wolfsköpfe und das Gorgoneion sind dem Löwenkopfe von
a in künstlerischer Hinsicht ganz ebenbürtig; wenig gelungen sind die
Löwenköpfe von b und o. Von dem zweiten Schiffe stammt einzig:
g (33788) Verkleidung eines Balkenkopfes mit der Reliefdarstellung
eines r. Vorderarmes mit Hand, die wahrscheinlich apotropäische
Bedeutung hatte (vgl. n. 1347).
Notlzie d. scavi 1895 p. 361 ff. mit 26 Abb., 461 ff. mit 1 Abb. 1896 p. 188 ff. Malfatti,
le na vi romane del lago di Nemi (Roma 1905). Ausonia 1 1906 p. 103 ff. Fig. 1 bis 5.
Gusman, l'art decoratif de Borne pl. 37, 38.
Die Gegenstände, die in dem anderen Flügel des Antiquarium — Antiquario
medievale — ausgestellt sind, gehören nicht in den Rahmen dieses Führers. Sie
stammen zum größten Teil aus zwei Nekropolen, von denen die eine bei Nocera Umbra,
die andere bei Castel Trosino im Gebiete von Ascoli Piceno entdeckt wurde, und die
beide von Angehörigen der nördlichen Völker angelegt waren, die das weströmische
Reich über den Haufen warfen, und zwar läßt sich die von Castel Trosino mit Sicher-
heit den Longobarden zuschreiben. Wenn sich aus den Funden der andern Nekropole
ein im ganzen etwas roherer Kulturzustand erkennen läßt, so berechtigt das noch nicht
auf ein anderes Volk (die Goten) zu schließen. Einen chronologischen Anhaltspunkt
bieten unter den weiblichen Schmuckstücken goldene Halsbänder dar, in die Gold-
münzen oströmischer Kaiser von Anastasius I. (491 — 618 n. Chr.) bis Mauritius Tibe-
rius (582 — 602) eingefügt sind. Die sorgfältiger ausgeführten Mannfakten zeigen byzan-
tinischen oder einen dem byzantinischen verwandten Stil, wie er ähnlich in jener
Epoche im ganzen nordwestlichen Europa von Ungarn bis Spanien geherrscht hat.
Kotizied. scavi 1895 p. 35 ff. Monum. dei Lincei XII 1902 p. 145 ff.
In dem Zimmer mit den Funden aus Castel Trosino ist außerdem ein Münzfund
ausgestellt, der i. J. 1893 im Atrium des Hauses der Vestalinnen entdeckt wurde und
dort, wie sich aus einer initgefundenen Mantelschnalle mit der Inschrift Domno Marino
Papa ergibt, zur Zeit des Papstes Marinus II. (942 — 946) wahrscheinlich von einen
Beamten des päpstlichen Hofes vergraben worden war. Der kleine Schatz besteht fast
vollständig aus angelsächsischen Silbermünzen mit Geprägen Alfreds d. Großen (871
—900), Eduards I. (900—924), Athelstans (924—940), Edmunds I. (940—946), Si-
triks und Anlafs von Nortumbria (914 — 944) und des Erzbischofs Plegmund von
Cantorbery (889 — 923). Das Geld war zweifellos als Peterspfennig — zur Erhaltung
des Hospitals und der Kirche der Sachsen (d. h. Engländer; südwestlich vom Peters-
platz beim Borgo S. Spirito) und für die Apostelkirchen — nach Born gekommen.
Notizie d. scavi 1883 p. 487 ff.
In einem der großen Thermens&le sind aufgestellt:
1523 Fragmente und eine partielle Rekonstruktion der Ära
PaciS AugU8tae* Die Fragmente wurden zu verschiedenen Zeiten an Stelle des
222 DAS THERMENMUSEUM. 1623.
heutigen Palazzo Almagia (früher Ottoboni-Fiano) am Coreo Umberto I gefanden. D*
letzte Grabung i. J. 1903, bei der ungeheuere technische Schwierigkeiten zu bewältig«
waren, hat noch nicht zur endgültigen Lösung der Aufgabe geführt; noch liegt eine Ar
sahl von Reliefplatten unter dem Boden der Via in Lucina, die dem genannten Paks
benachbart ist, den zerstörenden Einflüssen des Grundwassers ausgesetzt. Immerhin ha'
diese Grabung das Material an erhaltenen Fragmenten erheblich vermehrt und KlartK
über den Unterbau und Grundriß der ganzen Anlage und damit auch fibd
die Verteilung des Reliefechmuckes an Vorder- und Bückwand gebracht« Dem-
nach bestand das Heiligtum, das Augustos nach seiner Rück-
kehr aus Gallien und Spanien im Jahre 13 v. Chr. gründete und vier
Jahre später einweihte, aus einem fast quadratischen Hofe ; die Ost-
und Westseiten maßen je 11,60 m, die Süd- und Nordseiten 10,60 &
oder 40 und 36 römische Fuß. Dieser Hof war umschlossen von einer
3,68 m hohen relief geschmückten Marmormauer und mit Marmor ge-
pflastert. Auf der Ost- und Westseite war die Mauer je durch eise
hohe Tür unterbrochen, und zwar gelangte man auf der Ostseite, wie
es scheint — die Ausgrabung hat darüber noch keine |parheit ge-
bracht — , nur über eine mäßig hohe Schwelle ins Innere, während zu
der westlichen Türe sicher eine Treppe von wenigen Stufen empor-
führte. Im Innern des Hofes erhob sich der Altar, um den allseitig ein
Umgang von 1,10 m frei blieb. Der Aufbau des Altars war so
beschaffen, daß man zunächst über vier ringsumlaufende Stufen
auf eine Plattform gelangte, dann, wie es scheint, über vier weitere
Stufen, die in den eigentlichen Altar auf der Hauptseite einge-
schnitten waren, bis zur Oberfläche. Man nimmt an, die Seiten des
Altars seien mit Reliefs geschmückt gewesen, da sich bei der letzten
Ausgrabung einige figürliche Fragmente gefunden haben sollen, deren
kleine Dimensionen eine Einordnung in den äußeren großen Figuren-
fries verbieten. Den Aufbau der Umfassungsmauer vergegenwärtigt
die Rekonstruktion; der Altar hat sich etwa bis zur Höhe des Orna-
mentbandes erhoben, das die oberen Friese von den unteren scheidet
Die Darstellungen der feierlichen Prozession befanden sich auf der
Nord- und Südseite; die beiden Züge stießen also niemals, wie in der
Rekonstruktion, an einer Ecke aneinander (das Original der hier ver-
wendeten Platte, auf der die Figuren nach links gerichtet sind, be-
findet sich in den Uffizien in Florenz, das der anderen Platte im Va-
tikan; s. n. 152). Hier kann nicht auf die schwierigen Fragen einge-
gangen werden, die sioh an die Benennung der einzelnen Figuren
knüpfen; nur das sei erwähnt, daß Augustus selbst, die Toga über den
Kopf gezogen und bekränzt, mit Recht auf einem leider sehr zerstör-
ten Fragmente erkannt worden ist, das bei der letzten Ausgrabung zu-
tage kam. Der Kaiser war, umgeben von einer großen Anzahl Liktoren,
im Habitus des Pontifex maximus mit gebietender Gebärde an der
Spitze des Zuges auf der Südseite dargestellt. Auf der Ostseite befand
sich links von der Tür das heute in Florenz befindliche Tellusrelief
(die Erdgöttin zwischen einer Nereide und einer Aura, Vertreterinnen
THERMEN-SÄLE. 223
ler Elemente des Wassers und der Luft), rechts wahrscheinlich
sine Darstellung der sitzenden Dea Koma (zwei Fragmente wurden
1903 gefunden) im Beisein anderer Gottheiten (darunter der Genius
Populi Romani oder Honos — jugendlicher Kopf im Thermenmuseum
mit Resten eines Füllhorns). Links von der westlichen Türe war offen-
bar die Entdeckung der Wölfin mit den Zwillingen unter der Ficus
R-uminalis durch Faustulus und wahrscheinlich im Beisein des Mars
iargestellt (Fragmente im Thermenmuseum und — der Kopf des
Mars — in Wien). Diesem Relief entsprach ein fast vollständig er-
haltenes, dessen linker Teil schon seit 1859 bekannt war, während die
rechte Hälfte erst 1903 entdeckt wurde. Dargestellt ist die Vorbereit-
ung eines Opfers auf einem Felsaltar. Das Opfer gilt zwei Gottheiten,
die in einem hochgelegenen Sacellum nebeneinander sitzen; offenbar
sind es die Penaten, denen Aeneaseine trächtige Sau zum Opfer bringt
(Dion. Hai. I 605 f.). Er ist der bekränzte Bärtige im griechischen
Himation, das er aber nach römischem Opferbrauche über den Kopf
gezogen hat (Plut. aet. rom. X, XI). Hinter ihm werden Teile eines
Mannes in orientalischer Kleidung sichtbar, eines seiner troischen
Begleiter (vielleicht des fidus Achates). Außer dem Popa funk-
tioniert bei dem Opfer seltsamerweise auch einechtrömisoher Camillus
(vgl. n. 957), kenntlich an dem zierlich aufgesteckten Zöpfchen am
Hinterkopfe, der Mappa, Kanne und Schale. So war also die Türe
auf dieser Seite umgeben von Darstellungen aus der römischen Sagen-
welt (den Ahnen des „alter Romulus", Aeneas und Mars), auf der
andern Seite von gnädig waltenden Gottheiten.
Für die architektonische Form der Anlage hat man auf helleni-
stische Analogien verweisen können. Der Entwurf und die Arbeit der
Ornamentik und der figürlichen Reliefs ist in jeder Hinsicht charak-
teristisch für die vornehme, geschmackvolle, aber kühle Art der augu-
steischen Kunst. In den figürlichen Reliefs kommt am stärksten der
klassizistisch-akademische Charakter jener Epoche zum Ausdruck;
auch der Teil mit den Akanthusranken bringt nichts prinzipiell Neues,
ist aber doch so wundervoll erfunden und ausgeführt (wenn auch
nicht an allen Teilen gleich gut), daß er sich ebenbürtig neben
seine griechischen Vorbüder stellen darf. Das eigentlich römische
Empfinden äußert sich, abgesehen von Einzelheiten auf den Reliefs mit
landschaftlichem Beiwerk, am ehesten in dem feinen Naturalismus der
Girlanden auf der Innenseite.
Abbandl. d. philol.-histor. Klasse d. Sachs. Gesellsch. d. Wissensch. XXVII 1009
n. XXVI (in dieser Arbeit hat Studniczka auf p. 902 f. die ganze ältere Literatur ver-
zeichnet). Danach: Berliner philol. Wochenschrift 1910 p. 690 ff. Journal of roman
studiesl 1911 p. 6 ff. Einzelnes bei Gusman, l'art decoratif de Korne pl. 1, 25, 31, 99.
Kekule von Stradonitz die griech. Skulptur (2. Aufl.) p. 351. Über die Camilll:
L. Cl. S paulding the „Camillus"-Type in sculpture (Lancaster PA 1911) p. 24 ff. mit
Abb. der Platte mit dem Sau-Opfer.
224 DAS THERMENMUSEUM. 1624—1626.
1524 Rekonstruktion des Grabes der Sulplela Platorina und
de» Gftiug Sulpieius PlatOrinUS. Das Grab wurde i. J. 1880 beide-
Regulierung des Tiber in Trastevere unweit des Ponte Sisto unmittelbar neben de i
aurelianischen Stadtmauer aufgedeckt. In der Mitte der Gella fand man die beide:
Statuen, die hier an der Außenseite r. und 1. vom Eingang aufgestellt sind, aa
Boden liegend. An der männlichen Statue sind ergänzt: die untere Hälfte des Ge-
sichtes von der Nase abwärts, Stücke an den Fingern der r. Hand, der 1. Unterarm
mit dem benachbarten Teile des Schwertes — doch ist die 1. Hand, abgesehen tu j
dem Zeigefinger und kleinen Stücken der andern Finger, antik — , der Schwer
griff bis auf das Mittelstück der Parierstange und die Zehen des r. Fußes. Die er-
hobene R. hat man sich auf einen Speer gestützt zu denken. Wahrscheinlich
hat man in den beiden unbedeutenden Statuen C. Sulpicius Pia
torinus und eine Sulpicia Platorina zu erkennen, die in der be
sonders stattlichen, jetzt über dem Zugang eingemauerten In
schrift genannt sind. Der Stil der Statuen, der Haarschnitt der
männlichen und die Coiffüre der weiblichen Figur deuten auf die iu
lisch-claudische Epoche. Vgl. auch n. 1450, eine Madchenbüste, die in
demselben Grabe gefunden wurde (hier ist ein Gipsabguß der Büste
aufgestellt). In die gleiche Periode weist uns auoh die Architektur
und Dekoration des Grabes. In unserer Besprechung der Büste haben
wir bereits die inschriftlich bezeichnete Aschenurne einer Minatia Polla
erwähnt, die ebendort entdeckt wurde; wir finden sie hier neben
anderen, jede an dem Platze, an dem sie ursprünglich gestanden hatte.
Während aber die Urne der Minatia Polla die ganz schlichte Form
eines gewöhnlichen Ossuars hat, zeigen die meisten anderen einen
überreichen Schmuck, der vorwiegend aus Bukranien wie aus Frucht-
und Blumengirlanden besteht und in hohem Relief herausgearbeite:
ist. Gegenüber der Feinheit und Sparsamkeit der Motive an der Ära
Pacis ist hier bereits das Bestreben, die Fläche vollkommen auszu-
füllen, bis zur Überladung gesteigert.
Notizie d. seavi 1880 p. 127 ff. (die weibl. Statue ebenda T. V 1); 1883 p. 372
CIL VI 31761 — 31768a. Lanciani paganian Borne p. 268. Altmann die röm. Grab-
altare p. 44 ff. Fig. 31—38. S. Reinach r6pert. de la stat. II 2 p. 668 n. 5 (weibl. StJ
Gusman l'art decoratif de Eome pl. 75 (3 Urnen).
1525 Zylindrisches Marmorwerk. Die sieben Platten — die fehlende
achte hätte den Kreis geschlossen — wurden *. J. 1908 an der Via Prenestiiu
gefunden. Wahrscheinlich waren sie bestimmt, die Basis eines
riesigen Dreifußes zu verkleiden, und, wenn den weibliohen Fi-
guren, die wir hier in einem Reigen dargestellt sehen, auch alle bak-
chischen Attribute fehlen, dürfen wir sie doch dem weiteren Kreise
der Bakchantinnen zurechnen und, wie man vorgeschlagen hat>
Thyiaden nennen. Das Ganze ist ein höchst unerfreuliches Machwerk
der sogen, neu-attisohen Kunst. Die Figuren sind übermäßig lang-
gestreckt, steif und leblos, so bewegt sie scheinen; was sich als Anmut
geben möchte, wirkt nur als eckige Gespreiztheit. Ganz schematisch und
äußerlich ist auch die Behandlung der Gewänder. Dabei hat der Stil
nichts von dem übermäßig Geleckten oder der allgemeinen Leerheit der
THERMEN -SÄLE. 225
meisten „neu-attischen" Skulpturen; das Werk nimmt also immerhin
innerhalb dieser Klasse eine eigene Stellung ein. Am besten gelungen
sind die Banken im Ornamentstreifen, aber auch sie wirken mager,
und die Akanthuskelohe haben ein trockenes, stachliges Aussehen;
beides findet sich ähnlich an n. 238. In Pergamon wurden in der Nähe
eines Heiligtums des Dionysos Fragmente einer Replik gefunden, die
in der Ausführung der römischen soweit überlegen sind, daß man sie
für Reste des Originals erklärt hat. Fast vollständig erhalten ist dort
eine Platte mit der zweiten Figur links von der hier fehlenden, weniger
gut eine Wiederholung der nächsten Figur links; das Unterteil einer
dritten stimmt mit keiner unter den hiesigen überein, wird also der feh-
lenden entsprochen haben. Die erstgenannte Figur findet sich außerdem
in anderer Umgebung auf einem neu-attischen Puteal im Louvre, und
es ist auffallend, daß sie dort in gewissen Zügen, in denen die pergame-
nische Replik von der römischen abweicht, mit jener übereinstimmt.
Der nächsthegende Schluß wäre der, daß die zweimal beglaubigte
Version die ursprüngliche sei, der römische Bildhauer absiohtlieh oder
aus Nachlässigkeit geändert habe, und diese Annahme wäre umso ein-
leuchtender, wenn wir in den pergamenischen Platten wirklich Reste
des Originales erkennen dürften. Da aber dem von verschiedenen
Seiten mit guten Gründen widersprochen worden ist und wir einerseits
wissen, daß man in der Glanzzeit der pergamenischen Kunst, aus der
jene Platten sicher stammen, nooh nicht mit der Gewissenhaftigkeit
kopierte, wie später in Rom, andrerseits, daß durch die retrospektive
Tendenz des damaligen künstlerischen Interesses die ersten Regungen
jener „neu-attischen11 Richtung ins Leben gerufen wurden, ließen sich
die Abweichungen zwischen den verschiedenen Exemplaren so erklären,
daß der römische Bildhauer das Original genau kopiert, der pergame-
nische stilistisch und auch in Einzelheiten umgewandelt, der Verfer-
tiger des Pariser Puteal wiederum nach der so entstandenen Variation
kopiert habe. Aber die ganze Frage über Herkunft und Zusammen-
hang dieser Art von Skulpturen verlangt eine neue Untersuchung.
Wenn in unserem Falle ein älteres Original zugrunde liegt, kann es
kaum zu einer andern Zeit, als in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts
v. Chr. entstanden sein. In diese Zeit werden wir durch die schlanken
Proportionen der Figuren, die Kopf typen, die hohe Gürtung und den
mannigfaltigen Wurf der Mäntel gewiesen, während in der Art, wie die
Untergewänder gebildet sind — man beachte besonders die wellen-
artig aufgeworfenen Ränder über den vorgesetzten Füßen — , noch
die Eigenart einer gewissen Schule aus dem 5. Jahrhundert nach-
klingt (vgl. n. 946 und über Nachwirkungen dieser Sohule im 4. Jahr-
hundert n. 110, 111).
Notizie d. scavi 1908 p. 445 ff. Fig. 1 — 8. Journal of roman studies I 1911 p. 46.
— Die pergamenischen Fragmente: Ant. Denkmäler II T. 35 p. 15 ff. Pontremoli-
Collignon Pergame p. 223 ff. Archaol. Anzeiger XIII 1898 p. 199f. Altertümer von
Heibig: Führer. II. 3. Aufl. 15
226 DAS THEEMENMUSEÜM. 1626—1627.
Pergamon VII p. 272ff. n. 344 T. XXXVHI (Winter). Das Puteal in Paris: Clara.
139, 141. Hanser neu-attische Reliefs p. 50 n. 60. Brnnn-Bruckmann Denkmale:
grieeb. u. röm. Skulptur Text zu n. 690 p. 0.
In einem andern Saal der Thermen:
1526 Rekonstruktion der Fassade eines Grabmonumentes in
Tempelform. Die Fragmente wurden in den Jahren 1886 bis 1888 in der Um-
gegend von Ghieti bei einer kleinen Kirche S. Maria Calvona gefunden: das Giebel-
relief, ein Stück des linken Giebelgeison, der Fries, Teile des Plafonds im Pronaos,
die große Inschrift über der Tür und sonstige kleinere Stücke. Auch kamen an der
gleichen Stelle noch weitere Inschriften und eine männliche Portratbüste zutage.
Das Grab hatte der Inschrift zufolge ein C. Lusius Storax für sich und
seine drei coniuges, in zweiter Linie auoh für die sooii monimenti er-
richten lassen, deren Namen auf besonderen Insohrif tplatten verzeich-
net waren (sie sind bis auf eine nicht ins Museum gelangt). Er war
sevir augustalis und hatte als solcher außer für den Kaiserkult für
Organisation öffentlicher Spiele zu sorgen, diese eventuell auf eigene
Kosten zu veranstalten. Eine derartige Veranstaltung, ein munus
gladiatorium, ist nun in Giebel und Fries dargestellt, auf dem Friese
die Kämpfe der Gladiatoren, die wir hier nicht im einzelnen bespre-
chen können, im Giebel die Zuschauer und Musikanten, rechts vier
cornicines, links vier tibicines. In der Mitte der Zuschauer sitzt, durch
besonders würdige Erscheinung ausgezeichnet der editor, umgeben
von den quattuorviri iure dicundo (?), zwei tunicati (apparitores ?).
zwei Liktoren (der eine rechts^oben; von dem andern links unten ist
fast nichts erhalten) und einem Manne mit langem Stab (unter dem r.
Liktoren, wahrscheinlich der lanista). In der zweiten Reihe sind zehn
weitere Togati dargestellt und mit wirkungsvoller Abwechslung geord-
net. An den äußersten rechts tritt ein Mann mit einem Kästchen heran,
aus dem er wie jener etwas herausnimmt; augenscheinlich nandelt es
sioh um die Verteilung der missilia, der Geschenke an die Anwesenden,
Links unten sitzen auf einer besonderen Bank drei Knaben mit locki-
gen Haaren zwischen dem einen Liktor und den tibicines. Darüber ist
durch wenige Figuren, die durch geringe Kleidung und lebhafte Gesten
ausgezeichnet sind, das zuschauende Volk vertreten; oben breitet eine
Frau in höchster Aufregung ihre beiden Arme aus. Die ganze Versamm-
lung befindet sioh vor einem Gebäude, von dem oben sechs dorische
Säulen sichtbar werden; keinesfalls handelt es sich um ein Amphi-
theater. Die Spiele fanden in älterer Zeit sehr häufig, auoh in Born, an
irgendeinem geeigneten Platze der Stadt und meist vor öffentlichen
Gebäuden statt, deren Stufen für die Sitze der Zuschauer benutzt
wurden. Die Figuren sind in dem dreieckigen Giebelfelde recht ge-
schickt verteilt; nur in einem Punkte verlangt der Bildhaue: ein
weitgehendes Zugeständnis von der Vorstellungsfähigkeit des Be-
trachters : die Musikanten sollen wir uns natürlich nicht mit den Rük-
THERMEN -SÄLE. 227
ken gegen die Arena gewendet denken, sondern auf senkrecht aus dem
Grunde vorspringenden Bänken. Der Stil der Skulpturen und der
Schriftcharakter der Inschriften gestatten uns, die Errichtung des
Grabmals in die iulisch-claudische Periode zu datieren. Der gleichen
Zeit gehört die Porträtbüste an, und es ist deshalb sehr wohl möglich,
daß sie keinen anderen als C.Lusius Storax darstellt (bemerkenswert
ist an ihr der kurzgeschnittene Vollbart). Die Reliefs repräsentieren
in sehr guten Beispielen die von der großen akademischen Strömung
der augusteischen Kunst fast unberührte, provinzielle Kunst, und
zwar kommt deren schlicht-realistischer Grundzug in dem Giebelrelief
stärker zum Ausdruck, als in dem Friese, in dessen Komposition
und Einzelmotiven Reminiszenzen an griechische Werke unverkenn-
bar zutage treten. Aber auch hier ist echt-italisch die genaue Wieder-
gabe aller äußeren Details.
Notizie d. scavi 1886 p. 169; 1887 p. 158 f., 297 ff.; 1888 p. 745 ff. Bullettino co-
munale XXIII 1895 p. 267. E. Caetani-Lovatelli scritti varii p. 88. Monum. ant.
pubbl, per com della B. Accademia dei Lincei XIX 1909 p. 542 ff. T. I — III. Journal
of roman. studies I 1911 p. 48.
In einem kleinen Kreuzgang, wo in den Jahren 1911 — 1912 die
mostra greca aufgestellt war, ist der Boden bedeckt mit den Resten
eines großen Mosaiks aus weißen und schwarzen Steinchen, das in
den Thermen des Vicus Augustanus Laurentium (Plin. iun. ep. II
17) entdeckt wurde und Darstellungen von Land- und Meertieren,
sowie Jagdszenen enthält (Journal of roman studies I 1911 p. 48 Fig. 9, 10).
In einem der großen Höfe:
1527 Reste der Ustrlna Antonlnorum ( ?), Gefunden in den Jahren
1907 — 1910 bei demErweiterungsbau des Parlamentspalastes an der Nordseite von Monte-
citorio. Augenscheinlich gehörten sie zu einer großen Anlage, wie man
eine ähnliche gegen Ende des 18. Jahrhunderts in der Nähe des Mauso-
leum Augusti gefunden hat (vgl. n. 213), d. h. einem ausgedehnten mit
Travertinpf osten und Gittern umhegten Platze, einem Rundbau und
einem Bau von polygonalem Grundriß aus karrarischem Marmor. Wie
man dort das bustum Caesarum, den Verbrennungsplatz der Kaiser aus
iulischem Hause erkannt hat, so vei mutet man hier mit Wahrschein-
lichkeit die ustrina der Kaiser aus dem 2. Jahrhundert. Dem würde
der Stil der Reste entsprechen. Man beachte außer dem Fragment
einer Inschrift den Rest eines Reliefs mit einem Barbarenkopfe und
zwei übermäßig reiche Eck-Akrotere.
Notizie d. scavi 1907 p. 435; 525 ff.; 651; 681; 1908 p. 19; 46 f.; 234; 438; 1909
p. 10 f.; 429; 1910 p. 285. Bullettino comunale 1907 p. 326; 1908 p. 86; 1909 p. 113.
Bollettino d'arte 1910 p. 315 f. Fig. 11.
In einem Saale links vom Eingang in das Museum ist aufgestellt
worden:
16*
228 DAS THERMENMUSEÜN. 1628.
1528 Statue des Kaisers Augustus*).
Gefunden Anfang Juni des Jahres 1910 bei Gelegenheit einer Funda-
mentverst&rkung in einem Hause an der Ecke der Via Mecenate und Via
Labicana. Die Statue lag auf dem Bücken, als wäre sie mit Sorgfalt
niedergelegt worden. Der Körper ist aus kanarischem Marmor, der Kopf
aus einem griechischen Marmor mit feinen Kristallen gearbeitet. Die
Verschiedenheit der Marmortöne war an der Gewandung durch Bemalung
ausgeglichen. An der Rückseite des Kopfes fehlt ein Teil, der einst zweifel-
los angestückt war. Außerdem fehlen beide Hände, von denen die 1.
eingesetzt war, die r. abgebrochen ist.
Der Kaiser ist in vorgerücktem Alter als Togatus dargestellt, die
Toga über den Kopf gezogen. Danach ist er in der Ausübung eines
Gottesdienstes begriffen gedacht und mit einer Schale in der R..
vielleicht einem priesterlichen Attribute in der L. zu ergänzen. Die
Ausführung des Kopfes ist hervorragend schön. Die eindrucksvolle
Wiedergabe des Alters und des zehrenden Leidens ist gemildert, man
möchte sagen, verklärt durch einen ungewöhnlich hohen Grad kühler
Vornehmheit, wie er nur einem augusteischen Künstler erreichbar
war. Dabei ist der Marmor zart behandelt und nicht zu stark geglättet.
In auffallendem Kontraste dazu steht die Arbeit des Körpers, deren
geringe Qualität den Gedanken nahelegt, daß wir es hier mit dem
schlechten Ersätze eines gleichartigen Körpers zu tun haben, der auf
irgendeine Weise Schaden gelitten hatte. In der Nähe der Statue
wurden geringe Beste eines Gebäudes (ionische Säule mit Epistyl)
aus Travertin mit Stuckverkleidung gefunden, doch fehlt jeder Anhalt
zu seiner Benennung oder auch nur zur Bestimmung, ob es sich
um ein privates oder öffentliches Gebäude handelt.
Notizie d. scavi 1910 p. 223 ff. T. I— III. Journal of roman studies I 1911 p. 6
pl. III. Hekler Bildniskunst der Griechen u. Römer p. XXXV T. 172, 173.
*) In den gleichen Saal sind jetzt die Inschriften der Arval-Brüderschaft über-
führt worden, die wir auf p. 60—61 dieses Bandes besprochen haben. Ebendort
sollen voraussichtlich auch die von uns unter n. 1249 besprochene Statue, die
Vorderseite eines Larenaltares n. 1265 und die Porträts der Vestalinnen n. 1243 u.
1357—1361 aufgestellt werden. In dem Zimmer VI, in dem bisher die letztgenannten
Porträts der Vestalinnen untergebracht waren, soll dann die Wiederholung des my-
ronischen Diskobolen aus Castel Porziano n. 1363 mit dem ergänzten Gipsabguß der
Statue sowie den Abgüssen des Diskobolen-Kopfes aus dem Pal. Lancelotti und de«
Diskobolen- Armes in der Casa Buonarotti zu Florenz ihren Platz finden.
Villa Borghese.
Der neueste Katalog: Venturi il Museo e la Galleria Borghese, Roma 1893.
Vorhalle.
1529 Brei Fragmente großer Reliefs.
Das eine (n. 23) ist oben in die r., das andere gegenüber in die 1.
Wand eingemauert; das dritte (n. 29) steht links vor der Hinterwand
auf dem Fußboden.
Die Reliefs, von denen die drei Fragmente herrühren, sollten, wie
man bis vor kurzem einer allgemein gebilligten Hypothese folgend
angenommen hatte, einen antiken Bogen verziert haben, dessen Ru-
inen noeh im 15. Jahrhundert auf der Piazza Seiarra standen. Wie
sieh aus der 1641 daselbst aufgefundenen Weihinschrift ergab, war
dieser Bogen im 11. Jahre der Regierung des Claudius (51 — 52 n. Chr.)
vom Senat und vom römischen Volke zur Erinnerung an die unter
diesem Kaiser in Britannien erfoehtenen Siege errichtet. In der mit
Panzer, Mantel und reich verzierten Stiefeln ausgestatteten Figur,
die in der Mitte des links eingemauerten Reliefs sichtbar ist, glaubte
man demnach den Kaiser Claudius zu erkennen, umgeben von drei
Offizieren, unbedeckten Hauptes wie der Kaiser. Neuesten For-
schungen zufolge ist es indessen sehr viel wahrscheinlicher, daß diese
Fragmente vom Trajansforum und demnach aus der Zeit des Trajan
stammen. Auf dem bereits erwähnten Fragmente ragen oben, in zwei
Reihen übereinander geordnet, die behelmten Köpfe mehrerer Sol-
daten hervor. Die Stäbe, die hinter den Köpfen der oberen Reihe
emporreichen, scheinen Schäfte von Feldzeichen, die wir uns von den
Mannschaften geschultert zu denken haben. Auf dem gegenüber einge-
mauerten Relief, dessen Figuren etwas größere Dimensionen zeigen
als die des soeben besprochenen, sieht man zwei Soldaten, von denen
jeder in der 1. Hand ein Feldzeichen hält. Das Feldzeichen des zur
Linken dargestellten Soldaten endet in einen Adler, der auf einem
Bündel von Blitzen sitzt. An dem Schafte des Feldzeichens, das der
rechtsstehende Soldat trägt, sind zwei runde Porträtbilder (imagines
clipeatae) befestigt, von denen das obere früher für ein Porträt des
Claudius erklärt, das untere auf den bekannten Freigelassenen dieses
Kaisers, Narcissus, gedeutet wurde. Die Krönung des Schaftes ist
unkenntlich. Ein drittes Feldzeichen, dessen Träger verloren ge-
gangen ist, hat sich an dem 1. Rande des Reliefs erhalten. Es ist
230 VILLA BORGHESE. 1580.
von einer offenen Hand gekrönt, während der Schaft wiederum mit
einem Bundbilde geschmückt ist. Da mit derartigen Rundbildern
geschmückte Feldzeichen für die Prätorianer bezeichnend waren, haben
wir in ihren Trägern Angehörige dieser Truppe zu erkennen. Hinter
den Fahnenträgern sieht man die unbedeckten Köpfe zweier Offiziere,
darunter die behelmten Köpfe dreier Soldaten, von denen zwei, da
die Backenschirme ihrer Helme mit Donnerkeilen verziert sind, viel-
leicht der 12. Legion (fulminatrix) angehören. Auf dem dritten an
Boden stehenden Fragmente haben sich nur zwei unbehelmte und
vier behelmte Köpfe, eine Standarte (vexillum) und unbedeutende
Reste anderer Feldzeichen erhalten. Auffällig ist es, daß die Augen
der im Profil dargestellten Köpfe fast durchweg mehr oder minder
in der Vorderansicht wiedergegeben sind.
Abhandl. der phil.-hist. Klasse der Bachs. Ges. d. Wissenschaften VI (1872) T
I. p. 271ff. Mon. dell* Inst. X T. XXI 1—3, Ann. 1875 p. 42—48. Brunn-Bruck
mann Denkmäler n. 403. S. fteinach repertoire de rel. grecs et rom. I p. 881. Das an
zweiter Stelle besprochene Belief auch bei Schneider das alte Born T. X 8. Die daraul
dargestellten Feldzeichen mit den imagines clipeatae: Abhandlungen des archäol-
epigraph. Seminars der Universität Wien V (1885) p. 63 Fig. 79a, b. Papera of the
British school at Borne III 1905 p. 215. Supplem. papera of the Americ. achool in
Borne II 1908 p. 47. — Über den Bogen des Claudius: Bullettino comunale TI
1878 p. 15 ff., p. 20.
In der 1. Ecke:
1530 (7) Pallastorso.
Dieser Torso rührt von einer Nachbildung der Athena Parthenon
des Pheidias her. Die Ausführung ist sorgfältig und auf der Rück-
seite beinahe ebenso eingehend wie auf der Vorderseite. Die zwischen
der großen und der folgenden Zehe angebrachten Vertiefungen schei-
nen zur Befestigung von Sandalenriemen aus Metallblech gedient zu
haben. Vgl. n. 906, 1304.
Abhandlungen der phil.-hist. Klasse der sächs. Ges. d. Wissenschaften VIII
1883 T. IV H. p. 527. S. Beinach repertoire de la stat. II 1 p. 294 n. 4. Vgl. Aich
Zeitung XLI 1883 p. 210.
Der Hauptsaal.
Die in den Fußboden dieses Saales eingelassenen Bruchstücke
eines großen Mosaiks stammen aus einer Ausgrabung, die der Fürst
Borghese 1834 in der unterhalb des Hügels von Tusculum gelegenen
Tenuta di Torre nuova vornehmen ließ. Man stieß dabei auf die
Ruinen einer umfangreichen antiken Villa, die nach der Ansicht der
römischen Topographen der Familie der Pupinii gehörte.*) Das Mo-
saik, von dem diese Bruchstücke herrühren, schmückte den Fußboden
einer der Hallen, die das Peristyl der Villa umgaben. Es stellte ein
großes, mit Tierhetzen (venationes) verbundenes Gladiatorenschau-
1) Nibby analisi III p. 238 ff.
ERDGESCHOSS. 231
spiel (munus gladiatorium) dar, vermutlich ein Schauspiel, das der
Besitzer der Villa veranstaltet hatte. Die dabei auftretenden Kampfer
waren nach den Typen, die wir auf den erhaltenen Fragmenten wahr-
nehmen, durchweg barbarischer Herkunft, wie auch die ihnen bei-
geschriebenen Namen entweder auf Barbaren oder auf Sklaven hin-
weisen. Die Ausführung ist roh, vergegenwärtigt aber in treffender
Weise die Ausrüstung der verschiedenen Kampfer, ihre Auslagen, ihre
Angriffs- und Deckungsweise — kurz alles das, was den dem Gladia-
torensport ergebenen Römer besonders interessierte. Die Buchstaben-
formen und die Orthographie der Beischriften deuten auf die Zeit
Diocletians oder Constantins des Großen, eine Datierung, der auch
der Kunstcharakter der Bilder in keiner Weise zuwiderlauft. Leider
ging der Restaurator, der die Fragmente für den Saal der Villa Bor-
ghese zusammensetzte, vorwiegend auf eine dekorative Wirkung aus
und hat infolgedessen bisweilen nicht zusammengehörige Stücke an-
einander gefügt.
Die dem Eingange zunächst in der Mitte des Saales eingelassene
Tafel gibt einen Begriff von den verschiedenartigen Tieren, die für
die venationes aus den verschiedensten Weltgegenden nach Rom ge-
bracht wurden. Wir sehen darauf, um nur auf die Tiere hinzuweisen,
deren Species deutlich erkennbar ist, einen Löwen und einen Strauß,
Tiere afrikanischer Herkunft, neben einem aus den germanischen
Wäldern stammenden Elentier. Die Kämpfer (bestiarii) sind mit
kurzen, an einzelnen Stellen durch Stickerei verzierten Röcken be-
kleidet und an jeder Schulter mit einer Schutzscheibe aus Leder oder
Metall ausgestattet; die Festigkeit ihrer Hand-, Knie- und Fußge-
lenke ist durch umgelegte Riemen verstärkt. Einer der Kämpfer stößt
den Speer in die Brust eines gegen ihn anspringenden Löwen, ein
anderer in die Brust eines anstürmenden Stieres. Weiter links sieht
man einen dritten Kämpfer, der einen Stier bei den Hörnern gepackt
hat, und um ihn herum eine Gruppe von toten oder verwundeten
Kameraden.
Eine andere Episode aus der Tierhetze ist auf einer der weiter
hinten in zweiter Reihe eingelassenen Platten dargestellt. Zwei Pan-
ther werden im Ansprunge von zwei Kämpfern mit Jagdspießen durch-
bohrt, während vier Tiere derselben Gattung bereits getötet am
Boden liegen und zwei andere in der Arena herumwandeln. Offen-
bar gehörte zu dieser Darstellung auch ein Fragment, auf dem sich
zwei weitere mit Panthern kämpfende Männer erhalten haben, das
jedoch von dem Restaurator fälschlich mit der links unterhalb des
kolossalen Satyrs n. 1531 (XXXVI) eingelassenen Platte verbunden
worden ist.
Diese letztgenannte Platte zeigt in der Mitte die Sohlußszene eines
Gefechtes zwisohen einem leicht gerüsteten, mit Netz, Dreizack (tri-
232 VILLA BORÖHESE. 1681a- 1532.
dens, fuscina) und kurzem Schwerte kämpfenden Gladiator (retiarius
namens Alumnus und einem schwerer gerüsteten, mit einem Visier
helme ausgestatteten Gegner (seoutor), dessen Name Mazicinus lau
tet. Alumnus, den die Beisohrift VIC(tor) als Sieger bezeichnet, hält
das blutige Schwert, mit dem er seinem Gegner den Todesstoß ver-
setzt hat, triumphierend in die Höhe, während zu seinen Füßen, be
deckt von einem großen viereckigen Schilde, die Leiche des Mazicinus
liegt. Der Dreizack, den der Retiarier, da er seiner bei dementsohei
denden Nahkampf nicht mehr bedarf, auf den Boden geworfen hat,
ist von dem modernen Restaurator irrtümlich in eine Stange ver-
wandelt worden. Von zwei anderen Kampferpaaren hat sich, nur je
ein behelmter Gladiator erhalten, beide durch die Beischrift VIC(tor
als Sieger bezeichnet, der eine den Angriff eines Retiarius erwartend,
der andere seinen fliehenden Gegner verfolgend. Zu einem dritten Paare
gehörte Callimorf us, der oben schwer verwundet am Boden liegt. Der
im Hintergrunde dargestellt Mann, der mit der erhobenen R. ein
Fähnchen oder eine Peitsche schwingt, ist ein Kampf wart (lanista
oder einer der lorarii, denen es oblag, die säumigen Gladiatoren mit
Peitschenhieben zum Kampfe zu nötigen.
Auf dem hinter dem mittleren Mosaik eingelassenen Fragmente
haben sich die drei Kämpferpaare vollständig erhalten. Der behelmte
Gladiator Bellerefons ist im Begriff, dem vor ihm Hegenden Retiarier
Cupido das Schwert in die Gurgel zu stoßen. Das dem Namen des
Retiariers beigeschriebene Theta, der Anfangsbuchstabe des Wortes
ftavarog (Tod), bezeichnet Cupido als dem Tode verfallen. Ein anderer
Retiarier, Aurius, ist seinem Gegner Talamonius erlegen, der neben
der Leiche steht und, wie es scheint, irgendwelchem Befehle ent-
gegensieht. Die dritte Gruppe zeigt den Retiarier Meleager, wie er.
auf das 1. Knie gestützt, sein blutiges Schwert emporhebt. Vermut-
lich erwartet er von den Zuschauern Bescheid, ob er seinem hinter
ihm hegenden schwer verwundeten Gegner den Todesstoß versetzen
soll. Im Hintergrunde über dem Verwundeten sieht man einen Mann
und ein Pferd, das dazu bestimmt scheint, die gefallenen Gladiatoren
aus der Arena zu schaffen. Rechts hat sich die Figur eines schwer
bewaffneten Gladiators, Pampineus, erhalten.
Auf der letzten in zweiter Reihe rechts befindlichen Tafel sieht
man drei Kämpfe, in denen durchweg der Retiarius die Oberhand
hat. Licentiosus, der durch einen Dreizackstoß den Purpureus nieder-
gestreckt hat, geht, nachdem er den Dreizack weggeworfen, seinem
vor ihm liegenden Gegner mit dem kurzen Schwerte zu Leibe. Ein
anderer Retiarier, Entinus, stößt dem vor ihm fliehenden Baccibus
das Schwert in den Rücken. Astaoius stürzt mit gezücktem Schwert
auf den gefallenen Astivus los, dessen bevorstehender Tod durch das
beigefügte Theta angedeutet ist. Von einer vierten Gruppe hat sich
ERDGESCHOSS. 233
nur die ebenfalls von dem Theta begleitete Figur eines Retiarius Ro-
danus erhalten. Links unten ist die Figur eines lanista oder lorarius
beigefügt. Zwei ähnliche Figuren sieht man oben im Hintergrunde.
Henzen explicatio musivi in Villa Burghesiana asservati, Bomae 1845 (auch
in den Dissertation! della pontef. Accademia romana XII p. 73 ff.)- Vgl. Braun Ruinen
und Museen p. 521 n. 1. Jahrbuch d. arch. Inst. XXVI 1911 p. 8 Anm. 7. CIL
VI 2 n. 10206. Eine Übersicht über die hinsichtlich der römischen Gladiatoren ge-
wonnenen Resultate: P. J. Meier, de gladiatura romana, Bonnae 1881. Vgl. n. 1060.
Die Betrachtung der Skulpturen beginnt an der 1. Seitenwand.
1530a (XXXV) Kolossaikopf der Isis (?).
Ergänzt die Lotosblume, die Augenknochen, der vordere Teil der
Nase, die Unterlippe, das untere Stück des Halses, die unteren Hälf-
ten der beiden längs des Halses herabfallenden Locken.
Die Benennung gründet sich auf eine über der Stirn vorhandene
Ansatzspur, die recht wohl von einer an dieser Stelle angebrachten
Lotosblume herrühren kann. Wenn hiernach der Kopf mit Recht
auf Isis gedeutet worden ist, so zeigt er einen hellenistisch-römischen
Typus, der jeder Eigenart ägyptischen Stiles entkleidet worden ist.
Nibby T. 7 p. 40.
1531 (XXXVI) Kolossaler Satyr.
Vormals in PaUzso Gevoli (jetzt Sacchetti) an der Via Oiulia. Er-
gänzt der Kopf, der r. Arm mit dem Pedum, der 1. mit dem ihn um-
gebenden Teile der Nebris, die Beine, der Stamm, die Plinthe.
Der heftig bewegte Torso zeigt eine vortreffliche, von Leben sprü-
hende Ausführung. Die Ergänzung ist nach Bronzefiguren hergestellt,
deren Rumpf in der gleichen Weise bewegt ist wie der Torso der Ko-
lossalstatue, und scheint im ganzen richtig. Der Satyr scherzt mit
einem Panther, der auf der Plinthe beigefügt war oder den sich der
Betrachter hinzuzudenken hatte, und bedroht das Tier mit erhobenem
Pedum. Man vergleiche zwei kolossale Satyrtorsen in Neapel und
Florenz, beide hellenistisch, der zweite pergamenisch, einen kolossalen
Satyrkopf (n. 232), dessen Original man nicht ohne Grund dem
Damophon zugeschrieben hat, und zwei ebenfalls kolossale Satyr-
köpfe, nach hellenistischen Vorbildern kopiert, in Venedig.
Antiquarum statuarum urbis Bomae icones (Bomae 1621) II T. 75. Nibby T.'
8 p. 41. Clarao 717, 1714. Vgl. Beschreibung Borns III 3 p. 235 n. 4. Braun Ruinen
und Museen p. 524 n. 2. Jahrbuch des arch. Inst. VI 1801 p. 170 e (wo weitere ältere
Literatur angeführt ist). — Der Satyrtorso in Neapel: Buesch guida del museo naz.
di Napoli n. 287 ; der in Florenz : Amelung Führer d. d. Ant. in Florenz n. 153 ; die beiden
Satyrköpfe in Venedig: S. Beinach totes antiques T. 263, 264 p. 214 f.
Über das in die Basis dieser Statue eingelassene Relief s. n. 1533.
1532 (XL) Statue des Meleagros.
Ergänzt der Kopf mit dem Halse und dem über die Chlamys her-
vorragenden Stücke der Brust, der r. Arm, die Finger der 1. Hand, ein
Stück der flatternden Chlamys, das r. Bein zum größten Teil, am Speere
die Spitze und der untere Teil des Schaftes (von der 1. Hand abwärts),
an dem Hunde der Kopf, der Hals, beide Vorderpfoten, außerdem der
vordere Teil der Plinthe.
234 VILLA BORGHESE. 1533—1686.
Die Statue geht auf dasselbe Bronzeoriginal zurück wie die va:
kanische n. 128, doch ist an dem borghesischen Exemplare der L Am
dem Körper näher gerückt, um die Ausführung im Marmor ohnr
Nbtbeheff zu ermöglichen; aus demselben Grunde steht der flatternd:
Teil der Chlamys weniger weit von diesem Arme ab. Außerdem zeig:
der ganze Körper gedrungenere Formen. Welches der beiden Exem
plare hinsichtlich der Körperbildung die Originalfigur genauer wieder
gibt, ist nicht schwer zu entscheiden. Zweifellos hat der Charakter
elastischer Kraft, der vortrefflich auf den rüstigen Jäger paßt und in
der vatikanischen Statue, wie auch in anderen besseren Wiederhc-
hingen auf das nachdrücklichste zum Ausdruck gebracht ist, in der
borghesischen Wiederholung beträchtliche Einbuße erfahren.
Nibby p. 43 n. 8. Ann. dell' Inst. 1843 Tav. d'agg. I p. 258— -260. 8. Reinacl
repertoire de la etat. II 2 p. 555 n. 1. Komische Mitteilungen IV 1889 p. 220 n. :
Furtwftngler Meisterwerke p. 362 Anm. 1. Amelung Vatikan-Katalog II p. 34.
Über der in der Hinterwand angebrachten Türe:
1533 (VIIL) Friesplatte, bakchische Darstellung.
Die vortrefflich gearbeiteten Belief s zeigen links einen Jugend
liehen Satyr, der, die Syrinx blasend, auf einem mit einer Nebri>
bedeckten Felsen sitzt, während ein bärtiger Genosse, der mit der L
eine Handpauke (Tympanon) erhebt, auf ihn zueilt. Rechts sind eh
Satyr und eine Bakchantin beschäftigt, eine mit einem langen Chiton
und einem knappen Mantel bekleidete Statue des bärtigen Dionysos
zu reinigen. Der Satyr gießt aus einem topfartigen Gefäße Wasser
in einen Behälter; die Bakchantin hält über diesem mit der gesenkten
R. einen Schwamm und legt die L. an die Wange der Statue. Die
Platte gehörte zu einem größeren Fries, der bakchische Szenen dar
stellte. Es haben sich davon noch mehrere andere Fragmente erhalten,
die von dem modernen Restaurator, wie sich aus alten Handzeich-
nungen ergibt, in willkürlicher Weise zusammengesetzt worden sind.
Die betreffenden Stücke sind eingelassen in die Basis des Satyr*
n. 1531 (XXXVI) die des Dionysos n. IL; ein drittes ist über dem
Sarkophage n. 1542 (VC) im zweiten Zimmer gegen die Wand gelehnt.
Nibby T. 9 p. 41, p. 51. Boscher mythol. Lexikon III p. 1463 f. Fig. 23. Römische
Mitteilungen XXIV 1910 T. V p. 181 ff. Vgl. Braun Ruinen und Museen p. 525 n. 3.
— Handzeichnungen nach den Reliefs befinden sich in dem Skizzenbuche zu Wind-
sor, in den Uffizien zu Florenz, im Codex Coburgensis — sie sind Rom. Mitteil.
a. a. O. Abb. 4—6 publiziert — und, wie dem Bearbeiter Herr Prof. Hülsen mit-
teilt, im Codex Berolinensis fol. 14 n. 36. Aus diesen Blättern scheint sich zu
ergeben, daß die oben beschriebene Platte mit der 1. Hälfte des Reliefs, das in die
Basis von n. 1531 eingelassen ist, ursprünglich ein Ganzes bildete, und zwar so,
daß jene Hälfte rechts an n. 1533 anstieß. In ganz entsprechender Weise hätte
die 1. Hälfte des Reliefs, das die Basis des Dionysos n. IL schmückt, mit der Platte,
die über n. 1 542 gegen die Wand gelehnt ist, in Zusammenhang gestanden. Es würden
sich demnach zwei längere und zwei kürzere Reliefstreifen ergeben, diese wie jene
je von gleichem Umfang, ein Resultat, das zweifellos die von Herrn Prof. Hülsen
geäußerte Vermutung nahelegt, die Reliefs seien ursprünglich bestimmt gewesen.
die Seiten einer Basis von rechteckigem Grundriß zu verkleiden.
ERDGESCHOSS. 235
m
Unter der weiblichen Statue n. VIL (vgl. Mtinchener archäol. Studien
dem Andenken Furtwänglers gewidm. p. 203f. n. 1 Fig. 24):
1534 Grabara einer Fetronia Musa.
Diese Petronia hat, nach der Frisur ihres Porträts und dem Stile
der Ausführung zu urteilen, in trajanischer Zeit gelebt. Zwei griechi-
sche Epigramme, die auf der Vorderseite eingemeißelt sind, beklagen
ihren Tod auf das lebhafteste und nennen sie Muse, Sirene, Nachti-
gall. Demnach war Petronia selbst Dichterin und trug ihren Bei-
namen Musa nicht zu Unrecht. Auf ihre Tätigkeit spielen auch die
Darstellungen der Nebenseiten an: links eine Kithara mit elf, rechts
eine Lyra seltsamerweise nur mit drei Saiten. Die Wiedergabe der
Instrumente ist recht ungenau — so stehen die Saiten bei keinem
von beiden mit dem Schallkasten in Verbindung — ; deshalb werden
wir auch aus der Anzahl der Lyrasaiten keine besonderen Schlüsse
ziehen dürfen (zu der elf saitigen Kithara vgl. Ion von Chios: Hiller
Anthologia lyrica p. 126 n. 3). Die Arbeit ist im übrigen sehr sorg-
fältig. Für die Bewunderung, die man der Petronia gezollt hat,
zeugt die Tatsache, die wir dem einen der beiden Epigramme ent-
nehmen können, daß ihr die Errichtung dieses Grabmonumentes
aus Staatsmitteln zuerkannt worden ist.
Bullettino comunale XXV 1902 T. XI—XII p. 264 ff. Vgl. CIL VI 24042. Kaibel
inscr. gr. ital. n. 1942.
1535 (L) Kolossalkopf des Antoninus Pius.
Vormals im Falazzo Borghese.
Die starke Glättung der Gesichtsteile dieses vortrefflich erhaltenen
Kopfes ist nicht, wie man früher angenommen hatte, moderner Über-
arbeitung zuzuschreiben, sondern gehört zu den Eigentümlichkeiten
antoninischen Stiles.
Nibby T. 12 p. 51. Vgl. Visconti Mus. Pio-Cl. VI p. 203. Bernoulli röm. Ik. II 2
p. 142 n. 21, p. 149.
Das erste Zimmer rechts vom Saale.
1536 (LXXI) Relief, Artemis Kurotrophos ( ?).
Gefunden zu Anfang 1760 in der Tenuta Torre Nuova (vgl. in
unserem Bande S. 230). Ergänzt ein dreieckiges Stück des Relief grundes
hinter dem Nacken der sitzenden Figur, die Nasenspitzen der beiden
Frauen, die Schnauze des Tieres, die beiden freistehenden Stuhlbeine,
das untere Stück der 1. Eahmenleiste.
Eine jungfräuliche Gestalt sitzt auf einem lehnelosen Sessel, unter
dem eine Hirschkuh oder ein Reh liegt, und nimmt aus den Händen
einer vor ihr stehenden Frau ein Wickelkind in Empfang. Das Relief
erweckt den Eindruck, als liege ihm eine um das Ende des 5. oder
den Anfang des 4. Jahrhunderts v. Chr. erfundene, griechische Kom-
position zugrunde, als sei diese jedoch im Sinne des römischen Ge-
236 VILLA BORGHESE. 1637—1639.
*r
sohmaokes umgearbeitet. Die elegante, leblose Ausführung der nack-
ten Teile und die ebenso kleinliche wie unruhige Behandlung der
Falten deuten frühestens auf hadrianische Zeit. Da über den Chiton
der sitzenden Figur von der r. Schulter nach der 1. Seite hinab ein
schmales Band läuft, so hat man hierin ein Köcherband erkannt und
die Figur auf Artemis gedeutet, die in mehreren Kulten als eine der
Kinderpflege beflissene Göttin (Kurotrophos) verehrt wurde. Hier-
nach wäre das Vorbild ein Votivrelief gewesen, das eine Mutter dar-
stellte im Begriff, ihr neugeborenes Kind der Artemis Kurotrophos
zu übergeben, und die Komposition wäre später, mehr oder minder
modifiziert, lediglich in dekorativem Sinne reproduziert worden.
Winckelmann mon. ant. in ed. II T. 71 p. 96. Visconti illustrazioni dei monu-
menti scelti Borghesiani II 9 p. 27. Nibby T. 18 p. 63. Ann. dell* Inst. 1830 Tav.
d'agg. G. p. 154 — 157. Vgl. Braun Ruinen und Museen p. 530 n. 6. Weiteies in den
Römischen Mitteilungen VI 1891 p. 177—182. Zu der Vorstellung einer Artemis
Kurotrophos vgl. Rendiconti dei Lincei Ser. 5 IV p. 246 u. Notizie d. scavi 1895 p. 435 f.
Über die beiden Kinder-Statuetten n. LXV u. LXIX, die in der
vorigen Auflage unseres Führers fälschlich als Darstellungen von
Straßenjungen gedeutet waren, vgl. Amelung Vatikan-Katalog I
p. 605 u. 448 B; p. 916 f und II p. 750.
1537 (LXIV) Relief, Aias und Kassandra.
Ergänzt die Nasenspitze und die 1. Schulter des Aias, die Nase der
Kassandra, außerdem ein Streifen an der oberen 1. Seite der hinter Aias
befindlichen Säule.
Die großartige Komposition stellt Aias dar, wie er Kassandra von
dem Standbilde der Pallas, das sie schutzflehend umfaßt hat, ge-
waltsam wegreißt. Die starre Buhe des altertümlichen Götterbildes
und die heftige Bewegung, in der die Figuren des Jünglings wie der
Jungfrau wiedergegeben sind, bilden einen höchst effektvollen Gegen-
satz. Die Weise, wie der Bildhauer die fliegenden Haare der Kassandra
und die Gewänder behandelt hat, läßt auf ein malerisches Vorbild
schließen, und es wäre möglich, dabei an die Kassandra des Theon
zu denken, eines Malers, dessen Kompositionen sich wie diejenige
unseres Reliefs durch die packende Kraft der Darstellung auszeichne-
ten (vgl. n. 338). Das Belief wirkt bei seiner derben Ausführung am
besten, wenn man es aus größerer Entfernung betrachtet. Es scheint
demnach für eine hohe Stelle, etwa für einen Fries, berechnet gewesen
zu sein. Die Frage, ob die in den Grund eingemeißelten Buchstaben
SA von antiker oder moderner Hand herrühren und ob sie Beste des
Namens CASSANDBA sind, bedarf noch der Entscheidung seitens
der Epigraphiker.
Nibby T. 16 p. 61. Gerhard antike Bildwerke T. 27, Prodromus p. 272. Over-
beck Galerie T. 27, 5 p. 651 n. 138. Vgl. Beschreibung Borns III 3 p. 240 n. 12. Braun
Ruinen und Museen p. 532 n. 7.
1538 (LXI) Seitenfläche eines Sarkophages.
Ergänzt an der Figur des Eros der Kopf und der Palmenzweig —
das ursprüngliche Attribut scheint ein Bogen gewesen zu sein — , au
dem Manne und an der Frau die Nasenspitze.
ERDGESCHOSS. 237
Eine Zeichnung in der Berliner Kupferstichsammlung beweist,
daß diese Platte die rechte Seitenfläche des vormals in der Villa
Borghese, gegenwärtig im Louvre befindlichen Pasiphae-Sarkophages
bildete. Vor einem Tempel stehen ein vollständig bekleideter bärtiger
Mann, der betend die B. erhebt, und eine alte Frau, die mit beiden
Händen eine Fruchtschale hält. Der Tempel scheint einer Seegott-
heit geweiht, da innerhalb seines Giebels ein Triton angebracht ist,
der in eine Trompete stößt. Wie sich aus Zeichnungen ergibt, die
ausgeführt wurden, als das Relief noch besser erhalten war, hatte
der Bildhauer vor den Säulen zwei Erotenfiguren dargestellt, während
gegenwärtig nur eine erhalten ist. Ob er sich diese Eroten als vor
den Säulen stehende Statuen oder auf den Säulen angebrachte
Relieffiguren dachte, wage ich nicht zu entscheiden. Da auf der
Haupteeite des Sarkophages der Pasiphaemythos dargestellt war, so
hat man auf dieser Nebenseite den Gemahl der Pasiphae, Minos,
erkannt, wie er in Begleitung einer alten Frau, etwa seiner Mutter
Europa, dem Poseidon ein unblutiges Opfer darbringt, während er
nach dem Gebote des Gottes den Stier hätte opfern sollen, den
dieser gesendet hatte. Die Darstellung ist vielleicht durch die Kreter
des Euripides bestimmt, eine Tragödie, in der Minos als Myste des
idäischen Zeus und als Vegetarianer aufgetreten zu sein scheint.
Nibby T. 16 p. 59. Robert der Pasiphae-Sarkophag, 14. Hallisches Winckel-
mannsprogramm (Halle 1800), T. I, II 3, 3a, T. III, IV 3c p. 14, p. 19 ff.; die antiken
Sarkophag-Reliefs III T. X, XI n. 35 b, 35xb p. 50. S. Reinach l'album de Pierre
Jacques pl. 6 p. 114.
1539 (LVIII) Statue der Aphrodite.
Ergänzt der Kopf, der Hals, diel. Schulter mit der 1. Brust, der 1. Arm
mit dem herabhangenden Teile des Mantels, der r. Arm (in verschiedenen
Stücken) mit der Hand und dem von ihr gehaltenen Zipfel des Mantels, der
an der r. Seite der Figur herabhängende Rand des Mantels, Teile der Kniee
und der umliegenden Gewandpartien, Falten neben dem 1. Beine außen,
die Zehen des 1. Fußes, der r. Fuß und die Plinthe.
Die mittelmäßig ausgeführte und schlecht erhaltene Statue gibt
von dem eigentümlichen Beize des Typus, den sie wiederholt, nur
einen dürftigen Begriff. Aphrodite ist bekleidet mit einem feinen
Chiton, der die 1. Brust unbedeckt läßt und durch den die Formen
des jugendlich schönen Körpers durchscheinen; mit der anmutig er-
hobenen B. zieht sie den Mantel, der, mit einem Ende um den 1. Arm
gewickelt, über den Bücken herabfällt, in zierlicher Weise über die
Schulter empor; die 1. Hand scheint einen Apfel gehalten zu haben.
Da dieser Typus auf römischen Münzen mit der Beischrift Genetrix
erscheint, hat man in ihm die Venus Genetrix erkennen wollen, die
Arkesilaos für das Forum des Caesar ausgeführt hatte (Plin. n. h. 35,
156). Aber mit der gleichen Beischrift kommen auch andere Typen vor
und der hier besprochene wiederum findet sich auch mit andern Bei-
sohriften. Für die Berühmtheit des Originales in Italien spricht jeden-
238 VILLA BORGHESE. 1540—1543.
falls die Fülle seiner Repliken, die man bis auf wenige Ausnahmen alle
in Italien gefunden hat, und die Tatsache, die sich aus einem Relief der
Trajans-Säule erschließen läßt, daß nämlich ein Bild dieser Art in
dem Tempel der Venus auf dem Vorgebirge von Ancona stand. Wäre
es aber auch erwiesen, daß die Genetrix des Arkesilaos in diesem Typus
dargestellt gewesen sei, so würden wir daraus nur ein Argument für
die Unselbständigkeit des Künstlers entnehmen können, denn die
Figur gibt zweifellos ohne irgendwelche Beimischung fremder Züge
ein Werk des 5. Jahrhunderts v. Chr. wieder. Zwar die Vermutung,
daß jenes Original eine berühmte Aphroditestatue des Alkamenes
gewesen sei, läßt sioh kaum noch aufrechterhalten, seitdem uns ein
Werk des Alkamenes, sein Hermes Propylaios, durch eine inschrift-
lich bezeichnete, in Pergamon gefundene Kopie bekannt geworden
ist. Außerdem zeigt die beste Wiederholung, die sich im Louvre be-
findet, einen Stil, der für die Schule des Pheidias zu gebunden scheint
und auf eine frühere Zeit, etwa die Mitte des 5. Jahrhunderts
v. Chr., zurückweist. Eine andere Rückführung auf Kallimaohos
schwebt vollkommen in der Luft. Wir müssen uns vorläufig mit der
sicheren Erkenntnis begnügen, daß uns in der Figur ein Werk jener
eigenartigen nordgriechisch -ionischen Schule erhalten ist, von der in
unserem Führer schon öfters die Rede war (n. 15, 946); lernten wir
diese bisher nur an heftig bewegten Figuren kennen, so tritt uns
hier ein Künstler des gleichen Kreises entgegen, dem es wohl als
einem der ersten gelungen ist, in der ruhigen Anmut dieser Gestalt
den aphrodisischen Reiz des Ewig-Weiblichen zu überzeugender künst-
lerischer Wirkung zu bringen.
Nibby T. 15 p. 58. Braun Vorschule T. 73. S. Reinach repertoire de la stat. II
1 p. 332 n. 1. Weiteres bei Bernoulli Aphrodite p. 87 n. 3. Vgl. Gazette archeo-
logique XII 1887 p. 250 ff., p. 271 ff. Boscher Lexikon der griech. u. röm. Mytho-
logie I p. 412— 413. Athenische Mitteilungen XII 1887 p. 383, XIV 1889 p. 199 ff.
Hämische Mitteilungen IV 1889 p. 72 — 73. Fünfzigstes Programm zum Winckelmanns-
feste der archäologischen Gesellschaft zu Berlin (1890) p. 118 — 121. Eranos
Vindoboneneis (Wien 1893) p. 18 — 20. Revue critique 1899 II p.277. Klein Praxiteles
p. 55 ff. S. Beinach tetes antiques p. 91 (hier die Rückführung auf Kallimachos).
Lechat la sculpt. grecque avant Phidias p. 490. Revue archeologique 1905 I p. 393 ff.
Klein Gesch. d. griech. Kunst II p . 211 ff. Vgl. ferner die zu n. 64 angegebene
Literatur über Alkamenes.
Zweites Zimmer.
1540 (LXXVIII) Pansherme.
Ergänzt die Nasenspitze.
Der Kopf dieser Hernie gibt nicht, wie man früher angenommen
hat, den unter n. 377 besprochenen Typus wieder, in dem wir nahe
Verwandtschaft mit dem Stile des Kresilas festgestellt haben; er re-
präsentiert vielmehr eine etwas ältere Schöpfung der attischen Kunst
mit Anklängen an den Stil der späteren polykletischen Werke. Eine
bessere Wiederholung, die sich in Kopenhagen befindet, ist ziemlich
ERDGESCHOSS. 239
lebhaft nach der 1. Schulter gewendet und geneigt, stammt also augen-
scheinlich von einer Statue. Das Original war zweifellos in Bronze
gearbeitet.
Nibby T. 31, 1 p. 67. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 363. Weiteres bei Friede-
richs-Wolters Bausteine n. 521. Vgl. Ny-Carlsberg Glyptotheks ant. Eunstvaerker T.
XXVHI n. 403. Mahler Polyklet p. 41 Fig. 8 (Abbildung des Kopfes in Kopenhagen
vor seiner Ergänzung).
1541 (LXXIX) Vorderseite und gegenüber 1542 (VC) Rückseite
eines Sarkophage», Heraklestaten.
Die zahlreichen Ergänzungen werden durch eine in einem Berliner
Codex erhaltene Zeichnung verdeutlicht, die den Sarkophag unrestau-
riert wiedergibt (Egbert die antiken Sarkophagreliefs III T. XXXVIII
n. 1271, 1271a). Die Aufzählung aller würde zu weit fuhren. Ich be-
gnüge mich damit, in dem Folgenden die hervorzuheben, in denen das
ursprüngliche Motiv gefälscht ist.
Die beiden erhaltenen Langseiten sind mit einer Dekoration ver-
sehen, die eine korinthische Halle und unter jedem ihrer Bogen eine
Heraklestat wiedergibt. Nach Maßgabe eines analogen, im Museo
Torlonia befindlichen Sarkophages dürfen wir annehmen, daß auch die
Dekoration der beiden Schmalseiten in ähnlicher Weise angeordnet
war. Es hat sich von ihr nur je ein Fuß hinter den beiden die Vorder-
seite abschließenden Ecksäulen erhalten. Die Vorderseite zeigt folgen-
de Taten in der bei dieser Gattung von Sarkophagen üblichen Reihen-
folge: nemeischer Löwe, Hydra, Eber, Hirschkuh, stymphalische Vögel.
Auf der gegenüber aufgestellten Rückenseite sieht man Herakles»
wie er den kretischen Stier bezwingt, seinen Sieg über den Thraker
Diomedes und über die Amazonenkönigin. Hierauf folgen zwei von
dem Ergänzer mißverstandene Gruppen. Sie stellten ursprünglich
das Geryoneus- und das Kerberosabenteuer dar. Jenes ist von dem
Ergänzer in den Kampf des Herakles gegen einen Drachen, das zweite
in den Kampf des Helden gegen einen Kentauren verwandelt worden.
Die beiden fehlenden Taten, die Reinigung des Augiasstalles und das
Hesperidenabenteuer, dürfen wir nach Analogie des Torloniaschen
Sarkophages auf der r. Schmalseite voraussetzen. Das Relief der 1.
Schmalseite wird Herakles in Beziehung zu der in dem Sarkophage
beigesetzten Person dargestellt haben, eine Beziehung, die vielleicht
durch die dem Helden in dem Alkestismythos zugewiesene Rolle
bestimmt war. Der Sockel zeigt Jagdszenen auf felsigem Hinter-
grunde.
Robert die antiken Sarkophag-Reliefs III T. XXXVIII p. 147—143. Gusman
l'art decoratif de Korne I pl. 10 u. 23.
Auf die Sarkophagvorderseite n. 1541 (LXXIX) ist aufgesetzt:
1543 (LXXX) Sarkophagdeckel, die Amazonen in Troja.
Die beiden Eckmasken sind größtenteils antik, aber nicht zuge-
hörig. Daß dieser Deckel nichts mit dem Heraklessarkophag zu tun hat,
beweisen seine Dimensionen, der auf ihm dargestellte Gegenstand und
die verschiedene Weise der Ausführung. Die Reliefs des zugehörigen
242 VILLA ßORGHESE. 1547—1549.
Die rechts sitzende Göttin ist durch den Korb, auf den sie den 1. Unter-
arm stützt, deutlich als Demeter erkennbar. Eileithyia will man bald
in der links sitzenden Göttin, bald in der im Hintergrunde zwischen
den beiden Göttinnen erscheinenden Figur erkennen.
Die Mittelszene scheint die Aufnahme des Apoll und der Artemis
in den Olymp darzustellen, der durch die drei kapitolinischen Gott-
heiten vertreten ist. Der Knabe Apoll lehnt sich mit dem r. Ellen-
bogen auf den Schenkel des thronenden Zeus; die kleine Artemis, die
bereits mit dem für die Jagdgöttin bezeichnenden, kurzen Chiton be-
kleidet ist, steht zwischen dem Göttervater und Pallas; Hera scheint
unmittelbar rechts von Zeus auf dem verloren gegangenen Stücke der
Platte dargestellt gewesen zu sein; die vollständig bekleidete, ein
Szepter in der L. haltende Frau wäre Leto, die ihr Kinder dem Götter-
vater zugeführt hat.
Robert die antiken Sarkophag-Reliefs III T. VI, VII n. 33 p. 39 — 42. Gusman
l'art decoratif de Rome I pl. 48.
Drittes Zimmer.
1547 (CXX) Kolossalkopf.
Ergänzt die Nase, beide Brauen, der größte Teil der L:.pen, das
Kinn, die Haare über der 1. Schläfe bis zum Scheitel hin, der untere Teil
der über den Nacken herabfallenden Locken, die Büste.
Obwohl der Hals weibliche Formen zeigt und der Ergänzer des-
halb eine weibliehe Büste beigefügt hat, scheint der Kopf nach der
Anordnung des Haares männlich zu sein. Er wird demnach einer jener
von der spätgriechisohen Kunst gestalteten Typen wiedergeben, in
denen die jünglingshafte Bildung, um den Eindruck der Zartheit zu
steigern, mit weiblichen Formen durchsetzt war (vgl. n. 321). Die Iris
ist durch einen eingeritzten, vollständig geschlossenen Kreis, die Pupille
duroh eine oben offene elliptische Linie wiedergegeben ; danach stammt
die Arbeit dieses Kopfes aus antoninischer Zeit. Eine Eeplik des gleichen
Typus befindet sich im Neapeler Museum. Beide Köpfe sind, besonders
in der Bildung der Haare, sehr verwandt dem Kopfe einer Erinys auf
dem Friese der Gigantomaohie vom pergamenischen Zeusaltar, und so
werden wir auch das Original der beiden Repliken einem der Künstler
zuschreiben dürfen, die an jenem Biesenrelief tätig waren, sowenig
auch beide den üblichen Vorstellungen pergamenischer Kunst zu ent-
sprechen scheinen. Zweifellos haben sich aber inPergamon zur Zeit des
Eumenes II neben dem meist verbreiteten Stile, der eine barocke Stei-
gerung des skopadisohen Schulstiles darstellt, auch noch andere Rich-
tungen behauptet, ähnlich, wie ebenda in der attalischen Periode die
verschiedensten Stiltendenzen an den Figuren eines Monumentes, des
Denkmals der Gallierschlacht, kenntlich sind.
Die Replik in Neapel: Buesch guida del museo nazionale di Napoli p. 161 n. 510.
— Die Erinys auf dem Belief des Zeusaltars: Beschreibung d. Skulpturen aus Perga-
mon I. Gigantomachie p. 36. — Vgl. in unserem Führer n. 98, 884 und 1802.
DRITTES ZIMMER. 243
1548 (CXVII) Statue des Apollon.
Ergänzt der r. Arm mit dem ihn bedeckenden Ärmel, der r. Faß,
der größte Teil der Plinthe, an dem Greife der Vorderteil mit den Flügeln
— doch ist die r. Vordertatze antik und hat sich von der 1. der Ansatz
erhalten — , außerdem der Schweif, an dem Dreifüße der obere mit Akro-
terien besetzte Reifen, der darunter befindliche Hirsch mit Ausnahme der
Beine, der obere Teil der hinter dem Hirsche angebrachten Lyra, der
größte Teil der horizontalen Gürtel, die Stützen abgesehen von den Klauen -
fußen, der Kopf und der Schwanz der Schlange. Der durch einen mo-
dernen Hals mit der Statue verbundene Kopf ist antik, aber nicht zuge-
hörig (erg. die Nase, Splitter an den Ohren, das Kinn, die längs des Halses
herabreichenden Locken).
Die Statue scheint eine im Sinne der späteren Kunst modifizierte
Kopie nach einem alten Kultbilde des Apollon zu sein. Sie zeigt eine
gewisse Verwandtschaft mit n. 380. Doch ist ihre Formengebung
freier, und der Greif erscheint in noch engere Beziehung zu dem Gotte
gesetzt, da ihn dieser mit dem 1. Arme an sich drückt. Die ursprüng-
liche Stellung des r. Armes und das Attribut, das er gehalten hat,
lassen sich nicht bestimmen. Die Ausführung ist sorgfältg und
fein.
Nibby T. 32 p. 107. Overbeck Kunstmythologie IV p. 177 n. 1; Atlas XXI 28.
Man beachte auf n. CXVI, einer dreiseitigen Basis (Hauser die
neu attischen Reliefs p. 36 n. 48) das „neu- attische" Marmorgefäß,
dessen Figurenfries einen Tanz darstellt, den drei Jünglinge und drei
Mädchen (die dritte fehlt jetzt infolge einer Ergänzung) vor dem Altare des
Pan aufführen; der Gott selber schaut, auf einem Felsen hockend,
der Feier zu. Dabei haben die Jünglinge den bekannten Ty-
pus der tanzenden Korybanten mit Helm, Schild und Schwert (vgl.
n. 285), während die Mädchen bekannten Typen tanzender Nymphen
entsprechen, wie sie uns auf attischen Votivreliefs des 4. Jahrhunderts
v. Chr. begegnen. Das Gefäß gibt uns einen deutlichen Hinweis,
wo wir die Quellen für viele Darstellungen der „neu-attischen11 Künstler
zu suchen haben. Mit dem Waffentanze wird Pan als Krieger gefeiert.
Hauser a. a. O. p. 24 f. n. 32; p. 145 ff. Vgl. Röscher mythol. Lexikon II p. 1388 ff.
1549 (CVHi) Marmorner Gartenschmuck, Leben am Strande.
Ergänzt an der auf dem Felsen sitzenden mannlichen Figur der Kopf,
der r. Unterarm, die vordere Hälfte des 1. Unterarmes, beide Hände nebst
der Muschel. Von den beiden dahinter stehenden männlichen Figuren
haben sich nur Stücke der Füße, von der obersten Ziege nur die Klauen
erhalten. Auch an den anderen Ziegen sind mancherlei Stücke restauriert.
Dieses Marmor werk diente wie n. 170 zur Verzierung eines vermut-
lich in einem Peristyl angebrachten Gärtchens, die ungefähr in der
Mitte der Vorderseite angebrachte Öffnung zur Aufnahme einer Bohre,
aus der sich ein Wasserstrahl ergoß. Die Dekoration zeigt jene Ver-
mischung von plastischen und malerischen Elementen, die von der
hellenistischen Kunst in maßvoller Weise, von der griechisch-römi-
schen mit fortwährend zunehmender Zuchtlosigkeit verwendet wurde.
Der Fels, der den Kern der Darstellung bildet, ist unten umspült von
16*
244 VILLA BÖRGHESE. 1550—1563.
malerisch behandelten Meereswogen, auf denen zwei Nachen, jeder
mit zwei Insassen, einherfahren. Einer der in dem 1. Nachen befind-
lichen Männer stößt mit einem Dreizack nach einem Fische. Über dem-
selben Nachen sitzt eine weibliche Figur, die in der R. ein Ruder hält
und die L. auf einen Seedrachen stützt, entweder die Göttin des
Meeres, Amphitrite, oder die Personifikation des Elementes, Thalatta,
ihr gegenüber oberhalb des r. Nachens ein bärtiger Flußgott, in der R.
einen Schilfzweig, den 1. Ellenbogen auf eine Urne stützend, aus der
sich das Süßwasser ins Meer ergießt. Auf dem Felsen sitzt ein
Fischer, als solcher bezeichnet durch die Geräte neben ihm, eine Angel-
rute und einen mit Seetieren gefüllten Korb. Ob der Ergänzer ihn mit
Recht eine geöffnete Muschel betrachten läßt, scheint zweifelhaft; die
Vermutung ist nicht ausgeschlossen, daß der Mann vielmehr ein aus
dem Meere aufgefischtes Kleinod musterte. Die von hinten an den
Fischer herantretenden Personen sind ebenfalls als Fischer ergänzt,
werden aber vielmehr Hirten gewesen sein, da die auf dem Felsen
herumkletternden Ziegen nicht ohne Wächter gedacht werden können.
Wie das Idyll und das idyllische Epigramm vielfach Hirten und Fi-
scher zu einander in Beziehung setzt, sind jene hier von der
Bergeshöhe herabgekommen, um das Treiben des Fischers zu beob-
achten.
1550 (CVI) Statue eines Knaben mit einer Ente.
Ergänzt die Nase, der Band des r. Ohrs, der 1. Unterarm mit der
Hand und dem Kopfe des Vogels, der 1. Fuß bis auf die Ferse, die Bänder
der Flinthe.
Ein Knäbchen sitzt am Boden und hat eine Ente ungeschickt zärt-
lich an sich gepreßt, augenscheinlich um sie vor einem Spielkameraden
oder einer großen Person, die ihm den Vogel streitig macht, zu sichern.
Dabei richtet sich das Gesicht lachend nach oben. Das hübsche Figur -
chen ist an seinem humoristischen Realismus als Kopie nach einem
hellenistischen Originale kenntlich. Die Ausführung ist gut, an dem
Vogel recht delikat. Zu beachten Jst das Zöpfchen, in das die langen
Haare des Bübchens auf dem Wirbel des Kopfes gewunden sind, und
mit dem der Künstler geschickt den spitzen Winkel zwischen Kopf
und Schulter ausgefüllt hat.
Jahreshefte des österr. arch. Inst. VI 1903 p. 235 Fig. 128. Vgl. Amelung Vatikan-
Katalog I p. 444 n. 194.
Galerie.
Die in der kostbar ausgeschmückten Galerie befindlichen Skulp-
turen aus bunten Steinarten, unter denen besonders die Porphyr-
büsten der elf ersten Kaiser das Auge auf sich ziehen, sind Werke aus
dem Ende des sechzehnten oder der ersten Hälfte des siebzehnten
Jahrhunderts. Die in den Nischen aufgestellten antiken Marmorsta-
tuen haben wenig Interesse, da sie dem Inhalte wie der Ausführung
nach unbedeutend und außerdem fast durchweg stark restauriert sind.
ZIMMER DES HERMAPHRODITEN. 245
Zimmer des Hermaphroditen
1551 (CLXXXI) Weiblicher Kopf archaischen Stiles.
Ergänzt die Nasenspitze. Die Büste ist antik, aber nicht zugehörig. Da
der Kopf nach der Überlieferung der Gustoden aus Anzio stammt, so ist
er wahrscheinlich identisch mit dem im Bull, dell' Inst. 1834 p. 107 er-
wähnten, zwischen Nettuno und Astura gefundenen Exemplare.
Der Kopf macht den Eindruck einer Originalarbeit. Der auffällig
individuelle Charakter des Gesichtes wie der Haaranordnung deutet
auf ein Porträt. Leider fehlt es uns an den Mitteln, den Kopf einer be-
stimmten Schule zuzuweisen. Besonders charakteristisch sind an ihm
die mandelförmig geschlitzten Augen, der leise grinsende Ausdruck
des Mundes und das die Unterlippe durchziehende Grübchen.
Arndt-Bruckmann griech. und röm. Porträts n. 211, 212. Vgl. Berichte der sächs.
Gesellschaft der Wissenschaften 1878 p. 137. Overbeck Geschichte d. griech. Plastik
I4 p. 243.
Die Kopie des Dornausziehers links vom Fenster ist trotz der Er-
gänzung des r. Fußes modern.
1552 (CLXXII) Schlafender Hermaphrodit.
Ergänzt vom Bildhauer Bergondi der Kopf nebst dem Halse, der r.
Ellenbogen, die 1. Hand, der 1. Unterschenkel vom Gewände abwärts
nebst dem 1. Fuße, am r. Fuße die Ferse und die Zehen nebst dem von
ihnen berührten Teile des Bettuches, allerlei Stücke am Bettuche, die
Matratze.
Vgl. über diese Schöpfung die Bemerkungen zu n. 1362.
Visconti illustr. dei mon. sceltil T. 27. Nibby T. 29 p. 99. S. Hernach repertoire
de la stat.II 1 p. 178 n. 1. Vgl. Ann. dell' Inst. 1882 p. 250a. Röscher mythol. Lexikon
I 2 p. 2330.
1553 (CLXIX) Weibliche Statue.
Ergänzt der Kopf, beide Hände mit einigen Falten und den Ähren
in der L., das Vorderteil des 1. Fußes mit der entsprechenden Ecke der
Plinthe.
Die Figur gibt in geschickter, aber lebloser Ausführung ein Original
aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. wieder, ein Ori-
ginal, das augenscheinlich im Anschluß an praxitelische Werke ge-
schaffen war. Bei den Ausgrabungen in Magnesia am Maeander hat
sich eine Replik unserer Statue gefunden, an der die Hauptlinien der
Komposition sehr viel stärker betont, viele kleine Zwischenmotive
ausgelassen sind. Wir werden uns die Erscheinung des Originales aus
beiden Wiederholungen kombinieren müssen. Der kleinasiatische Ko-
pist hat vereinfacht und die Hauptsachen hervorgehoben, der römische
hat verallgemeinert, die Unterschiede ausgeglichen und wohl auch
manche Einzelheit hinzugetan.
Nibby T. 37 p. 123 n. 2. Clarac 432, 784. Kothe-Watzinger Magnesia a. M. p. 206 f.
Abb. 210.
246 VILLA BORGHESE. 1654—1657.
Das folgende Eckzimmer.
1554 (CVC) Statue eines Mädchens mit Porträtkopf.
Ergänzt die Nase, der r. Arm von der Mitte des Oberarmes an, der
1. Unterarm mit der Hand und dem erhobenen Zipfel des Gewandes,
- Flicken an den beiden Nebenseiten, die Ränder der Flinthe.
Die Figur ist augenscheinlich recht getreu nach einem griechischen
Originale des 4. Jahrhunderts v. Chr. kopiert. Nur der Kopf mit sei-
nem pausbäckigen Gesichtchen und den äußerst sorgfältig gearbeiteten
Löokchen muß eine Neuschöpfung des Kopisten sein, der, nach dem
Stile des Kopfes, vor allem der Haarbehandlung zu urteilen, augen-
scheinlich zur Zeit der fla vischen Kaiser gelebt hat. Original und
Kopie werden zum Schmucke eines Grabes bestimmt gewesen sein.
Vgl. Jahreshefte d. österr. Inst. IV 1901 p. 209 ff. Für die Art der Arbeit an den
Locken vgl. besonders n. 1048.
1555 (unter CXC) Würfelförmige Basis.
Ergänzt an der Vorderseite: der obere Band, der Kopf der Victoria
mit dem Halse, aber ohne die Haarschleife, der 1. Arm, beide Oberschenkel
zum größten Teil mit demr. Knie, Teile des Gewandes; an der r. Neben-
seite: die oberen zwei Drittel des 1. Bandes, der r. Oberschenkel des Bar-
baren mit dem Knie und einem Teil des Unterschenkels, der 1. Oberschenkel
mit dem Knie; an der 1. Nebenseite: der ganze obere Band, der Kopf und
fast die ganze Kopfbedeckung des Barbaren, seine r. Schulter, fast das
ganze r. Bein; an der Rückseite: der ganze Band bis auf die 1. Kante und
der größte Teil des Grundes, an dem Barbaren der ganze Oberschädel mit
der Tiara, beide Hände mit dem Kranze, das Vorderteil des 1. Fußes mit
einem TeU des Grundes. Überarbeitungen sind an dem Kopf des Barbaren
auf der r. Nebenseite kenntlich, an dem ganzen 1. Drittel der 1. Nebenseite
und an der unteren Hälfte des Barbaren auf der Rückseite.
Von dem Monumente ist zunächst der Barbar auf der Rück-
seite zu trennen; er ist erst von dem modernen Ergänzer hier ein-
gesetzt worden und stellte ursprünglich den isQoyQaii^ccrevg in einer
Prozession zu Ehren der Isis dar (vgl. n. 143). Wir können nicht wis-
sen,'ob die Bückseite ursprünglich ebenso wie die Nebenseiten mit
einer Figur geschmückt war. Die beiden anderen Barbaren hat man
an ihrer charakteristischen Kleidung und der Art, wie sie die Ge-
schenke mit verhüllten Händen tragen, richtig als Orientalen und
mit großer Wahrscheinlichkeit als Priester orientalischer Gottheiten,
den linken als Priester des Attis erkannt. Beide bringen ihre Ge-
schenke offenbar freiwillig, nicht als Gefangene, der vorwärtseilenden
Victoria dar, die zweifelsohne die siegreiche Macht vertritt» der die
Barbaren huldigen, hier also jedenfalls Rom. Da das Monument aus
dem ersten nachchristlichen Jahrhundert stammt, hat ein Gelehrter
es mit dem Zuge des Partherkönigs Tiridates nach Rom im Jahre
66 n. Chr. in Zusammenhang gebracht — Tiridates kam mit an-
deren orientalischen Prinzen und huldigte Nero auf dem Forum
Romanum — und in ihm das älteste uns erhaltene Vorbild für
die Darstellungen der Anbetung des Jesuskindes durch die Wei-
sen aus dem Morgenlande erkannt, wie man denn bereits die Vermu-
ECKZIMMER. 247
tung ausgesprochen hatte, daß diese biblische Geschichte eben im
Anschluß an jenen eindrucksvollen Vorgang erfunden worden sei.
Eos XVII 1 (1911) T. I— IV p. 45 ff. — Vgl. Dieterich kleine Schriften p. 272 ff.
und 440ff.
1556 (CXIII) Statuette, gefesselter Knabe.
Ergänzt die r. Hand abgesehen von einem Stücke des Zeigefingers
und des Daumens, die untere Hälfte des 1. Vorderarmes nebst der Hand
und dem von ihr gehaltenen Gewandzipfel, das r. Bein von der Mitte
des Oberschenkels abwärts, der 1. Unterschenkel, die Füße, der Stamm,
die Plinthe.
Die antike Kunst stellte öfters Eros dar, wie er zur Strafe für seine
losen Streiche gefesselt und zu harter Arbeit verdammt ist, gab aber
auch sterbliche Knaben in der gleichen Lage wieder. Die Statuette ge-
hört zu dieser Gattung. Die längs des Beines herabreichende Kette
ist oben an einem Gurte befestigt, der den Unterleib umgibt, unten an
einem Hinge über dem Fußknöchel. Der Knabe steht weinend da und
wischt sich mit der B. die Tränen aus den Augen. Die 1. Hand stützte
vielleicht ein Arbeitsgerät, eine Hacke oder Schaufel, auf den Boden.
Visconti illustrazioni dei mon. Borgh. II 30 p. 67. Vgl. Braun Ruinen u. Museen
p. 547 n. 19. Ann. dell' Inst. 1866 p. 85. Birt de Amorum in arte antiqua simulacris
(Marpurgi 1892) p. XXII, p. XXIX.
1557 (CLXXXUI) Pallasstatue.
Ergänzt der r. Arm nebst dem größten Teile des r. Ärmels, der 1.
Arm von der Mitte des Oberarmes abwärts nebst der Hand und dem von
ihr berührten Stücke des Schildes, die vordere Seite des r. Oberschenkels,
die Zehen des r. Fußes mit der darunter befindlichen Ecke der Plinthe,
ein großer Teil des Schildes, der Kopf der Schlange. Der der Statue auf-
gesetzte Kopf ist antik, aber nicht zu dem Körper gehörig.
Offenbar war der r. Arm erhoben. Es ergibt sich dies auf das deut-
lichste aus der Weise, wie das auf der Bückseite erhaltene Stück des r.
Armeis und die Faltenbrechung am Überschlage des Chitons be-
handelt ist, ferner daraus, daß die r. Schuler etwas höher steht als die
1. und die Aigis von der r. Schulter weg bis an den Hals geschoben ist,
endlich aus der Richtung der Stütze, die den r. Arm mit dem Körper
verband. Hiernach kann es keinem Zweifel unterhegen, daß sich die
Göttin mit der erhobenen r. Hand auf einen Speer stützte. Ihre
Tracht besteht aus einem ionischen Chiton mit langem Überschlage
und einer Aigis, die schärpenartig um die Brust gelegt ist. Der Schild
ruht auf einer Akanthosblume. Nach alledem stimmt die Statue in
auffälliger Weise mit dem Originale der Athena überein, die im
I. Bande unter n. 64 besprochen worden ist (vgl. im nächsten
Zimmer n. 1559), einer Schöpfung aus der Schule des Fheidias, die
man dem Alkamenes hat zuschreiben wollen. Die wesentlicheren Un-
terschiede zwischen den beiden Typen beschränken sich darauf, daß
die borghesische Statue eine freiere Behandlung der Falten zeigt und
an ihr das Buhen des Körpers auf dem 1. Beine durch ein weiteres Aus-
biegen der Hüfte stärker betont ist. Man würde also ohne weiteres hier
248 YILLA BORGHESE. 1658—1560.
auf ein etwas jüngeres, von jener älteren Schöpfung abhängiges Ori-
ginal etwa aus der Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr. raten, wenn uns
nicht alle Motive des jüngeren Typus von einer oft wiederholten
Figur der Artemis her vertraut wären, deren einzige mit dem
Kopfe erhaltene Keplik sich im Dresdener Museum befindet; nur liegt
bei der Athena an Stelle des Köcherbandes die schärpenartige Aigis.
Man wird eine derartige äußerliche Übertragung der Motive von
einem Typus auf den andern einem Künstler des 4. Jahrhunderts
kaum zutrauen mögen und demnach in der borghesischen Statue eher
das Machwerk eines späteren Bildhauers römischer Zeit erkennen.
Dabei bleibt die Beziehung auf das Original jenes älteren Typus
natürlich zu Recht bestehen.
Berichte der Sachs. Gesellschaft der Wissenschaften 1861 T. I, II p. 1 — 17, 1866
T. I 1 — 3 p. 40 — 43 Jahreshefte des österr. archäol. Institutes I 1898 p. 74 bis
76 Fig. 36, p. 55. Weiteres in der Arch. Zeitung VII 1867 p. 25—26. Vgl. Eranos
Vindobonensis p. 21. jFurtwängler Meisterwerke p. 556. Amelung die Basis des Praxi-
teles p. 24. Klein Praxiteles p. 310 Anm. — In einem anderen Falle hat man in römi-
scher Zeit den gleichen Artemis-Typus zu einer Darstellung der Ariadne verwendet:
A catalogue of sculpture in the Brit. Mus. III p. 51 n. 1638. Über seine Umbildung
zur Tyche vgl. Furtwängler und Klein a. a. O.
Sogenanntes ägyptisches Zimmer.
1558 (CCXVI) Weibliche Gewandstatue.
Ergänzt der obere Teil der Büste, die 1. Hand und der r. Vorder-
arm, beide mit den benachbarten Gewandteilen, zwei Zehen des r. Fußes.
Der Kopf (ergänzt die beiden längs des Halses herabreichenden Locken)
ist antik aber stark abgeputzt und nicht zugehörig. Er erscheint im
Vergleich mit dem Körper zu klein und ist mit diesem durch ein modernes
Büstenstück verbunden, das vom unteren Ende des Halses bis etwa über
den Halsausschnitt des Chitons herabreicht.
Die Statue zeigt ähnliche Eigentümlichkeiten wie n. 1278 und
scheint wie diese nach einem bronzenen Originale aus der Mitte des
5. Jahrhunderts v. Chr., der Schöpfung eines peloponnesischen Künst-
lers, kopiert zu sein. Eine charakteristische Eigenheit dieser Figur ist
der feste flächenhafte Zusammenschluß der Faltenhöhen. Der eben-
falls archaische Typus des nicht zugehörigen Kopfes, der leider durch
rücksichtsloses Putzen des Ergänzers und vor allem durch die Ver-
kleinerung der Nase entstellt worden ist, erinnert an den Kopf der von
Euthydikos geweihten Köre auf der athenischen Akropolis.
Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 261, 262. Vgl. Beschreibung Borns III 3 p. 254
n. 14. Römische Mitteilungen II 1887 p. 55, XII 1896 p. 87. Arndt la glypto-
theque Ny-Carlsberg p. 10. Bullettino comunale XXIX 1901 p. 79 ff. — Der'Kopf der
von Euthydikos geweihten Köre ist abgebildet bei Collignon histoire de la sculpt.
grecque I T. VI 2 p. 356; Gardner handbook of gr. sculpt. p. 188 Fig. 37; Jahrbuch
d. arch. Inst. II 1887 T. XIV p. 219; Lechat au nmsee de l'Acropole p. 364 ff. Fig. 87;
S. Beinach tetes antiques T. 13 p. 11 f.
1559 (CCXVII) Unterlebensgroße Statue der Athena.
Ergänzt der Kopf mit dem Halse, der r. Arm, die Finger der 1. Hand,
der untere Band der Aigis, allerlei Falten, der r. Fuß und das Vorder-
teil des 1. mit der Plinthe. Der 1. Arm war gebrochen.
ÄGYPTISCHES ZIMMER. 249
Die Figur ist eine an sich nicht sehr wertvolle Wiederholung des
Athenatypus, den man dem Alkamenes hat zuschreiben wollen.
Doch ist ein Vergleich mit der vatikanischen Replik n. 64 und
Fig. 5 und 6 im I. Bande p. 40 zur Beurteilung der verschiedenen
Kopistenmanieren nicht uninteressant. Vgl. n. 1557.
Rom. Mitteilungen V 1890 p. 68. Jahreshefte d. österr. aich. Inst. I 1898 p. 71.
1560 (CC) Brunnengruppe, Satyr auf einem Delphin reitend.
Ergänzt das Unterteil der Nase, Flicken rings um den Hals, der mitt-
lere und der Zeigefinger wie; ein Teil des Ringfingers der 1. Hand, die
R. mit der Schwanzflosse des Delphins, der r. Fuß, der Unterkiefer des
Delphins und die Welle. Der r. Arm war oben, das r. Bein am Knie mehr-
fach gehrochen. Der Kopf ist angesetzt, aber von demselben Marmor
mit leicht kenntlichen und verfolgbaren schwarzen Adern, von der glei-
chen Erhaltung und Arbeit wie der Körper, also zugehörig. Die Ober-
fläche ist an allen Teilen stark unter Anwendung von Säuren geputzt.
Die Gruppe war zum Schmuck einer Brunnenanlage bestimmt;
das Wasser schoß in breitem Strahle aus dem Maul des geängstigten
Delphins. Die Deutung des Ganzen hängt davon ab, ob man den Kopf
des Reiters für zugehörig und antik hält oder nicht. Wir haben unsere
Gründe für die Annahme der Zugehörigkeit und des antiken Ur-
sprunges im obigen dargelegt. Nur die spitzen Ohren verraten uns, daß
wir es mit einem Satyr zu tun haben, der augenscheinlich zum ver-
gnüglichen Bitte durch die Wellen auf dem Delphin Platz genommen
hat. Die Anregung zu dieser Gruppierung mögen einige Sagen von der
menschenfreundlichen Zutulichkeit der Delphine gegeben haben,
eher jedenfalls diese, als uralte, in späterer griechischer Zeit schon
halb vergessene religiöse Beziehungen des Delphins zu Dionysos, dem
Herrn der Satyrn. Auch mag dabei mitgespielt haben, daß man Del-
phinen und Satyrn gern den Namen Simon oder Simos, Stülpnase,
gab. Einige andere Beispiele der gleichen Gruppierung bezeugen,
daß diese hier nicht etwa dem einmaligen Einfall eines Bildhauers
zuzuschreiben ist, sondern einer allgemein verbreiteten Vorstellung
entsprach. Ein Gelehrter glaubt die Motive unserer Gruppe dadurch
erklären zu können, daß er annimmt, der Satyr peinige einen ans
Ufer geschwemmten Delphin. Die Lage des Fisches kann aber nur
erträglich wirken, wenn wir ihn uns im offenen Meere denken; sonst
müßte der Ärmste von seiner Last erbarmungslos zerquetscht
werden.
Wenn die Gruppe nicht in römischer Zeit frei erfunden worden ist,
müßte dem Bildhauer ein späthellenistisohes Original als Vorbild ge-
dient haben. Der durchgeführte Kontrapost in der Bewegung der
Figur hat die Künstler der Renaissance und vor allem die des raffa-
elischen Kreises außerordentlich interessiert. Wir begegnen Nach-
wirkungen des Werkes in d§m Jonas des Lorenzetto in Sta. Maria
del Popolo, an der Fontana delle tartarughe, in den vatikanischen
Loggien und sonst.
250 VILLA BORGHESE. 166 t— 1668.
Clarac 707, 1681. Strena Helbigiana p. lff. Fig. 1. Tb. Hofmann Baffael als
Architekt IV p. 83 Abb. 27. Vgl. Berliner phllol. Wochenschrift 1900 p. 909. Neue
Jahrbücher f. d. klass. Altertmu 1900 p. 504 f. Götting. gel. Anzeigen 1900 p. 728.
Letztes Zimmer.
1561 (OCXLI) Gruppe, ergänzt als Dionysos und Mädehen.
Ergänzt an der sitzenden Figur die Nase mit einem Teil der 1. Braue,
das Kinn mit einem Teil der 1. Wange, Stücke am Kranze, der Hals mit
den beiden auf die Schultern niederfallenden Locken, ein Teil des r. Un-
terarmes, die r. Hand mit Teilen der Falten, die vorn herabhängende
Troddel, Falten außen an der r. Seite der Figur, der r. Fuß und die Zehen
des 1. Fußes mit dem Vorderteil der Plinthe; an dem Mädchen die Nase,
das Kinn, der Hals, der r. Arm, ein Stück der 1. Hand mit dem Zeige-
und Mittelfinger, der Vogel abgesehen von dem Schwänze. Die beiden
Köpfe sind antik, gehören aber nicht zu der Gruppe, da beide in einem
anderen Marmor gearbeitet sind als diese.
Die Ergänzung des sitzenden Mannes mit dem Dionysoskopfe, der
dem bekannten Typus des Bacchus Richelieu entspricht, ist voll-
kommen wilkürlich. Näher wird man dem originalen Zustande der
Gruppe mit der Zuf ügung des individuellen Mädchenkopfes (mit Ähren -
kränz) gekommen sein, denn zweifellos hat diese Figur auch ursprüng-
lich einen Porträtkopf getragen ; das Motiv des Kindes mit seinem lieb -
lingstiere ist durch Grabreliefs und Grabstatuen genugsam bekannt.
Es ist deshalb wahrscheinlich, daß auch die männliche Figur einst
einen Porträtkopf getragen hat, so deutlich es anderseits ist, daß der
Typus des Körpers, der an das Unterteil einer Zeusstatue im Neapeler
Museum erinnert, von einer Idealfigur entlehnt ist; am ehesten wird
man an eine Darstellung des Apollon denken. Unsere Gruppe gibt
sich demnach als ein spätes Pasticcio zu erkennen, das wahrschein-
lich zum Schmucke eines Grabes bestimmt war, in dem wir uns Vater
und Töchterchen oder Bruder und Schwester beigesetzt zu denken
haben. Die Figur des Mädchens ist auf einen besonderen Untersatz
gestellt, um mit seinem Ärmchen den Schoß des Sitzenden erreichen
zu können.
Nibby T. 42 p. 136. S. Beinach repertoire de la stat. II 1 p. 120 n. 4. Vgl. Be-
schreibung Borns III 3 p. 257 n. 20. Braun Ruinen und Museen p. 552 n. 27. — Das
Fragment der Zeusstatue in Neapel ist zuletzt abgebildet und besprochen in der
Ausonia HI 100S p. 120 ff. Fig. 19. Vgl. eine römische Grabgruppe in Ghatsworth
House: Journal of hell, studies XXI 1001 p. Off. T. XV.
1562 (CCXXXVII) Männliches Sitzbild.
Ergänzt die Nase, die 1. Seite des Schnurrbartes, ein Streifen rings
um den Halsansatz, der ganze 1. Arm mit dem Teile des Mantels, der auf
Schulter und Oberarm aufliegt und nach vorne herabhängt, Stücke der
Falten vor dem Unterleib, der größte Teil des r. Armes bis auf die Hand,
die gebrochen war, an dieser ein Stück am Ansatz des kleinen Fingers,
ein Teil des Mantelrandes neben dem r. Oberarm, fast die ganze Partie
des Mantels auf dem Sitze neben dem 1. Oberschenkel, das 1. Knie, Teile
der Falten zwischen den Unterschenkeln, das Vorderteil des 1. Fußes,
der r. Fuß, das Vorderteil der Löwentatze hinter dem r. Fuße, die Plinthe.
Vielfache Brüche. Der Kopf untenftheidet sich von dem Körper durch
die Qualität des Marmors wie durch die Weise der Ausführung, gehört
ihm also nicht ursprünglich an. Der Körper hat durch Wasser erheblich
gelitten.
LETZTES ZIMMER. 251
Man hat in den Zügen des Kopfes früher die des Periander (vgl. n.
274), später die des Thukydides erkennen wollen. Beide Benennungen
entbehren jeglicher Wahrscheinlichkeit. Das Original des Kopfes muß
ein Porträt aus der Mitte des 4. Jahrhunderts gewesen sein. Der Kör-
per ist von besonderem Interesse, da er das Vorbild des früher soge-
nannten Menander im Vatikan (n. 196) in einfacher, aber keineswegs
charakterloser Ausführung wiedergibt. Hier fehlt der Chiton (vgl. den
analogen Fall bei dem sog. Marcellus im Capitol n. 843 und seinem
Vorbild), und die Füße tragen im Einklang mit Schnitt und Wurf des
Mantels griechische Sandalen statt der römischen Stiefel dort. An
Stelle des schöngeformten Lehnstuhls mit weichem Kissen sehen wir
hier einen Steinsitz ohne Lehne; seine Stützen sind vorne mit Löwen-
pranken verziert, die oben mit einem gehörnten Löwenkopf und
Flügeln ausgestattet sind; das Motiv ist seit früh-hellenistischer
Zeit beliebt (der Greif, dessen Umrisse auf der einen Seite von un-
geschickter Hand eingegraben sind, wird die Zutat eines späten
Müßiggängers sein). Da nun der Sitz keine Lehne hat und auch nie
gehabt haben kann — der Mantel ist an der Bückseite ausge-
arbeitet — , so muß die Erhebung des Armes anders motiviert ge-
wesen sein, als an der Statue im Vatikan. Entweder hatte die Hand
einen Stab gefaßt und auf den Boden gestützt oder einen Gegenstand
demonstrativ erhoben (etwa eine Maske?); auch wäre es möglich,
an eine Gruppierung mit einer anderen, stehenden Figur zu denken.
Jedenfalls handelt es sich, nach der in der R. erhaltenen Bolle zu
schließen, um einen Literaten. Der welke Körper und das außer-
ordentlich abwechselungsreich arrangierte Himation sind mit einem
feinen Naturalismus behandelt, der uns auf ein bedeutendes Original
aus dem Ende des 4. Jahrhunderts schließen läßt.
Nibby T. 40 p. 134. Clarac V 848, 2141. Vg . Beschreibung Borns III 3 p. 256
n. 16. Braun Ruinen u. Museen p. 557 n. 32. Bernoulli griech. Ikonographie I p. 183,
Amelung Vatikan-Katalog II p. 580 f.
1563 (CCXXXIII) Statue des Sarapis.
Ergänzt der Kopf — an ihm sind wieder Nase und Oberlippe angestückt
— , der Hals, der r. Vorderarm mit der Schale, der 1. Vorderarm mit dem
Zepter, der vordere Teil des r. Fußes nebst dem darunter befindlichen
Stücke der Plinthe, der größte Teil der Bücklehne des Sessels. Der Kopf
ist trotz seiner Ergänzungen sicher modern.
Die Figur gibt in sohlechter Wiederholung den Sarapistypus wie-
der, den wir unter n. 237 besprochen und dort auf das Kultbild im
Sarapeion zu Alexandrien, ein Werk des Bryaxis, zurückgeführt haben.
Die Kopie hat einen besondern Wert nur deshalb, weil sich an ihr der
eigenartig komponierte Kerberos ganz erhalten hat. Wir erkennen an
ihm drei verschiedenartige Köpfe, in der Mitte einen Löwenkopf, außen
einen erhobenen Wolfskopf, ihm entsprechend einen Hundekopf, der
sich gegen den Schenkel des Gottes schmiegt. Der Schwanz des Un-
252 VILLA BORGHESE. 1564—1565.
geheuers endigt in einem Schlangenkopf, den man an der Außenseite
am Körper. anliegend bemerkt.
Nibby T. 39 p. 127. Braun Vorschule T. 22. Müller-Wieseler Denkmäler der
alten Kunst II 67, 853. Baumeister Denkmäler des kl. Altertums I p. 620 Fig. 690.
Röscher mythol . Lexikon 1 2 p. 1803. S . Beinach repertoire de la stat. II 1 p. 19 n. 3. Micha-
elis drei alte Kroniden p. 5. (hier ist der Kopf als antik publiziert). Vgl. Beschreibung
Borns III 3 p. 256 n. 8. Braun Buinen und Museen p. 556 n. 31. Journal of hellenic
studies VI 1885 p. 294. Revue archeologique 1903 II p. 196. — Ein fast genau über-
einstimmendes Exemplar hat der Architekt Dosio gezeichnet auf einem Blatte, das
sich heute in der Biblioteca Marucelliana zu Florenz befindet; er bemerkt dazu: la
statua del Plutone si e alla vignia di Mco Jaco da Perugia fuori di porta pertusa ed
e corrispondente a quella del Cardinal Puteo, ma e un poco minore (Bollettino d'Arte
V 1911 n. VIII p. 23 T. XX).
1564 (CCXXV) Statue des Marsyas.
Gefunden 1824 auf Monte Calvo (bei Bieti) in der Sabina. Ergänzt
unter Leitung Thorwaldsens die Arme mit den Becken, die untere Hälfte
des r. Unterschenkels — doch ist der vordere Teil des Fußes antik —
und die des Schwanzes, der untere Teil des Stammes mit dem Kopf-
stücke und den anderen an diesem Teile anliegendene Stücken des Felles,
die hintere Seite und die Bänder der Plinthe.
Die Statue ist falsch ergänzt. Wie mehrfache Wiederholungen der
Figur beweisen, schlug der Satyr nicht die Becken, sondern spielte die
Doppelflöte. Nur unter, dieser Voraussetzung erklären sich an un-
serer Statue die aufgeblähten Backen und die Behandlung des Mundes,
die deutlich darauf schließen läßt, daß in jeden der beiden Mund-
winkel eine aus Bronze oder Holz gearbeitete Flöte eingriff. Der Sa-
tyr dreht sich nach seiner Musik um sich selber, indem er seinen Kör-
per reckt und sich auf den Fußspitzen erhebt. Wie häufig bei Athleten,
Schauspielern und Flötenspielern, ist sein Geschlechtsglied emporge-
bunden, ein Verfahren, von dem wir noch nicht mit Sicherheit wissen,
ob es einen medizinischen oder einen ästhetischen Zweck hatte. Daß
die Statue auf ein Bronzeoriginal zurückgeht, ergibt sich aus der kan-
tigen Behandlung des Nackten, aus der Stilisierung der Schamhaare
wie aus den am r. Beine, zwischen den Unterschenkeln und unter den
Füßen angebrachten Stützen, die den Eindruck der Bewegung beein-
trächtigen und deren Beifügung sich nur aus dem Zwange der Mar-
mortechnik erklären läßt. Über die stilistische Eigenart dieser Kopie
und die abweichende des Originales haben wir bereits unter n. 945 ge-
sprochen. Es sei darauf hingewiesen, daß man schon vor dem Be-
kanntwerden jener getreueren Kopie im Konservatorenpalast aus
der „großartigen und noch eine gewisse Stilisierung bekundenden
Formengebung des Körpers" darauf geschlossen hatte, daß der Künst-
ler des Originales in der Behandlung des Nackten auf eine ältere
Kunstweise zurückgegriffen habe. Wenn dabei sogar an Werke aus
der Blütezeit des 5. Jahrhunderts erinnert worden ist, hat man das
in den Formen gewahrte Maß der Strenge doch wohl übertrieben.
Die Wahl des Motives eines derartig um seine Achse gedrehten
Körpers für ein statuarisches Werk ist erst in der späteren Ent-
wickelung der Kunst unter Lysippos denkbar. Dargestellt ist
OBERES STOCKWERK. 253
Marsyas, wie er mit seinem Flötenspiel im Wettstreit den Apollon
zu besiegen trachtet. Vielleicht hat das Original ursprünglich zu
einer Gruppe gehört, in der eben dieser Wettstreit, der bedeutendste
Moment im Mythos des Marsyas, dargestellt war.
Mon. deir Inst. III 59, Abb. 1843 p. 266 ff. Müller-Wieseler Denkmäler der alten
Kunst II 39, 463. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 435. Winter Kunstgeschichte
in Bildern I T. 69, 2. S. Reinach repertoire de la stat. II 1 p. 50 n. 8. Brunn kleine
Schriften III p. 193 ff. Abb. 42. Bulle der schöne Mensch (2. Aufl.) T. 79. Loewy
griech. Plastik Abb. 240 p. 118. Vgl. Bhein. Museum N. F. IV 1846 p. 468 ff. Arch.
Zeitung XLIII 1885 p. 94. Loewy Lysipp und seine Stellung in der griech. Plastik
p. 28. Born. Mitteilungen XVII 1903 p. 177. Weiteres bei Friederichs-Wolters Bau-
steine n. 1427. Über das emporgebundene Glied: Stephani Compte-rendu pour 1869
p. 149ff. Stieda die Inflbulation bei Griechen u. Körnern (anatom. Hefte heraus-
gegeben von Merkel u. Bonnet, Wiesbaden 1902).
In dem oberen Stockwerke, im ersten Zimmer:
1565 (OCXLV) Gruppe, Amazone zwei Krieger überreitend.
Sicher ergänzt sind an der Amazone das Vorderteil des Helmbusches,
die Nasenspitze, die r. Hand mit der Streitaxt, der 1. Arm, an dem Pferde
das r. Ohr, die frei hängenden Teile der Zügel, der Schwanz, an dem
unter dem Pferde liegenden Krieger der r. Arm, die untere Hälfte des 1.
Unterschenkels mit dem Fuße, an dem anderen Krieger der vordere Teil
des Helmbusches, der 1. Arm und der 1. Unterschenkel abgesehen vom
Fuße.
Die Amazone, die soeben den unter ihrem Bosse liegenden Gegner
überritten hat, holt mit der R. zum Hiebe aus gegen einen zweiten
Krieger, der zwischen den Vorderbeinen des Pferdes auf das r. Knie
zusammengebrochen ist. Der 1. Arm der Amazone wie des vorderen
Kriegers war mit einem Schilde bewehrt, den der Krieger, um seinen
Kopf zu decken, emporhielt. Eine eingehende stilistische Unter-
suchung ist unmöglich, da der Ergänzer die antiken Teile durchweg
mit Säuren gereinigt und überarbeitet hat. Doch erinnert die Gruppe
in der ganzen Formengebung wie in den Dimensionen der Figuren auf-
fällig an bekannte Marmorstatuetten, die zu dem von König Attalos I.
den Athenern geschenkten Zyklus in Beziehung stehen (vgl. n. 372).
Wenn man deshalb in dem borghesischen Exemplare schlechthin eine
Kopie nach einer Gruppe aus der zu jenem Zyklus gehörigen Amazo-
nenschlacht erkannt hat, so widersprechen dieser Auffassung die ge-
meinen Gesichter der beiden Krieger wie das Tierfell, mit dem das
Haupt des unter dem Pferdeleibe liegenden bedeckt ist. Ein griechi-
scher Künstler könnte unmöglich Athener, die gegen Amazonen
kämpfen, unter so häßlichen Typen und mit einer barbarischen Kopf-
bedeckung darstellen. Hiernach scheint es vielmehr» daß der Bild-
hauer des borghesischen Exemplars, der jedenfalls der römischen Zeit
angehörte, zwar eine pergamenische Gruppe zugrunde legte, ihr aber
durch Umarbeitung der Nebenfiguren einen anderen Sinn unter-
schob.
Jahrbuch des archäol. Instituts II 1887 T. 7 p. 77 — 85. S. Reinach repertoire
de la stat. II 1 p. 325 n. 7. Vgl. Baumeister Denkmäler d. kl. Altertums I p. 1246.
Revue archeologique XIII 1889 p. 15. Bie Kampfgruppe und Kämpfertypen p. 128.
Habich die Amazonengruppe des attalischen Weihgeschenks (Berlin 1896) p. 67 — 70.
Das Kirchersche und prähistorische Museum
im Collegio Bomano.
Das Museo Kircheriano hat seinen Namen von dem deutsehen
Jesuitenpater Athanasius Kircher (geb. 1601 bei Fulda; gest. 1680),
der ea. 1635 nach Rom kam. und als Lehrer am Collegio Bomano,
von mathematischen sowohl als geschichtlichen Interessen geleitet,
eine Kuriositätensammlung anlegte, in der neben allerlei Naturpro-
dukten und Gegenständen aus allen Gebieten des menschlichen Kunst-
fleißes auch einige wenige und unbedeutende Antiken sich befanden.
Erst im 18. Jahrhundert gewann die Sammlung insbesondere durch
die Bemühungen von Bonanni und Contucci allmählich den
Charakter eines Antikenkabine ttes; damals (nach 1738) ist auch die
Ficoronische Ciste, die Zierde des Museums, hinzugekommen« Wäh-
rend der Periode, da der Jesuitenorden aufgehoben war (1773 — 1823),
trat die Sammlung mehr und mehr hinter den päpstlichen Sammlun-
gen im Vatikan und auf dem Kapitol zurück. In unserm Jahrhundert
hat dann Guiseppe Marchi, der bekannte Altertumsforscher, auch
diesem Museum seine Aufmerksamkeit zugewendet; unter ihm er-
fuhren insbesondere die Abteilung der christlichen Altertümer, die
Sammlung der Schleuderbleie und der Wasserleitungsröhren wesent-
liche Bereicherung; auch der Fund von Vicarello und das berühmte
Graffito des „Spottcruoifixes" sind zu seiner Zeit ins Museum ge-
kommen.
Seitdem im Jahre 1870 das Collegio Romano mit seinen Samm-
lungen in Staatseigentum übergegangen ist, hat das „Museo Kir-
cheriano" eine gründliche Reorganisierung auf wissenschaftlicher
Basis erfahren. Die griechisch-römischen und christlichen Alter-
tümer* wurden durch Ettore de Ruggiero in einer besonderen Samm-
lung vereinigt (in den Zimmern XLIX — LIV). Die ethnographischen
Objekte gingen in das 1876 eröffnete Nationalmuseum für Völker-
kunde und Urgeschichte (Museo nazionale preistorico ed etnograf ico)
über, das unter der Leitung Luigi Pigorinis heute bereits zu einem
Museum ersten Ranges emporgeblüht ist und sich noch stetig er-
weitert.
Bonnani Musaeum Kircherianum (Born 1709). (Contucci) Musei Kirkeriani in Ro-
mano S. I. Collegio Aerea notis illustrata Rom 1763. (Brunati) Musei Kircheriani in-
scriptiones ethnicae et christianae (Mailand 1837). Ett. de Ruggiero Catalogo de
Museo Kircheriano Parte prima (Rom 1878). Ouida del Museo Kircheriano (Rom 1879).
Vgl. Justi, Winckelmann II, 1 S. 128. Luigi Figorini II Museo nazionale preistorico
cd etnografico di Roma 1881. Seconda relazione 1884.
PRÄHISTORISCHES MUSEUM. 255
Bei der gegenwärtigen Anordnung kommt der Besucher zu-
erst (links vom Haupteingang) zu den ethnographischen Sammlungen
(Raum I — XXVI), dann in den anschließenden Abteilungen des süd-
östlichen Flügels zu den prähistorischen Sammlungen (XXVII —
XLTV) und von diesen durch die Zimmer XLV— XLVIII, die amerika-
nische Altertümer enthalten, in das Kirchersche Museum, das die
Zimmer L — LIII und die Korridore XLIX (Skulpturen) und LIV
(Bronzen) rechts vom Haupteingang einnimmt.
Prähistorisches Museum.
In den Zimmern XXVII — XLI sind die Objekte nach den großen
prähistorischen Kulturperioden (Steinzeit, Bronzezeit, sog. erste
Eisenzeit) und innerhalb jeder Zeitgruppe nach den einzelnen Fund-
gebieten angeordnet. Absolute Zeitgrenzen lassen sich für die einzel-
nen Phasen der prähistorischen Kulturentwicklung nicht festsetzen ;
in den verschiedenen Landschaften ist je nach den geographischen
und ethnographischen Verhältnissen der Übergang von einer Kultur-
stufe zur andern zu verschiedener Zeit erfolgt. Die Frage, inwieweit
der jeweilige Zuwachs an Kulturbesitz, der Wechsel von Leichenbe-
stattung und -Verbrennung, die Veränderungen der Gräberformen
aus ökonomischen, handelspolitischen, sozialen oder ethnischen Ver-
schiebungen zu erklären S3i, ist vielumstritten. Es ist bisher noch
nicht gelungen, auch nur annähernd die Zeit festzustellen, zu der die
ältesten auf italischem Boden nachweisbaren „mediterranen" oder
„ibero-ligurischen" Besiedler von den einwandernden „Italikern"
zurückgedrängt und überflutet worden sind. Ebensowenig sind bisher
über die zeitliche Schichtung der neben den „Italikern" nach-
weisbaren^ anderen indogermanischen („illyrischen") Stämme sowie
über den Zeitpunkt und die Art der etruskischen Einwanderung
allgemein anerkannte Ergebnisse gewonnen worden. Auch über
die Bolle, welohe kretisch-mykenischen („ägäischen") und orien-
talischen Einflüssen schon in der prähistorischen Zeit zuzuweisen
ist, gehen die Anschauungen der Gelehrten noch weit auseinander.
Sicher -ist, daß solohe Einflüsse durch den Handelsverkehr und
gelegentliche Zuwanderungen schon lange vor der Zeit der ältesten
griechischen Handelskolonien in Italien (vgl. Bd. I 353 f.) sich teils auf
dem Seeweg über Sizilien, teils von Osten her über die Balkan-
halbinsel und über die Adria geltend gemacht und das einheimische
italische Handwerk befruchtet haben.
Die drei ersten Abteilungen des prähistorischen Museums (XXVII
— XXIX) enthalten Funde der Steinzeit Italiens (paläolithische und
neolithische Periode), die vierte (XXX) neben neolithischen Gegen-
ständen aus Sizilien und Sardinien Funde aus den prähistorischen
256 DAS KIRCHEESCHE UND PRÄHIST. MUSEUM. 1566—1670.
Ansiedelungen (atazioni) der Monti Lessini in der Provinz Verona, in
denen die primitive Kultur der Steinzeit sich noch forterhalten hat
in einer Epoche, in der die Bewohner der Ebene Venetiens schon lange
mit dem Gebrauche der Metalle bekannt waren. In den folgenden
Zimmern (XXXI — XXXIV) ist die Bronzezeit durch Funde aus den
Pfahlbauten und Terramare (hügelartigen Überresten prähistori-
scher Ansiedlungen) der Lombardei, der Emilia und Venetiens reich
vertreten.
Vgl. O. Montelius La civilisation primitive en Italie I. Pigorini Gli abitanti
primitiv! dell' Italia (1010).
In den Wandschränken der Zimmer XXXIV und XXXV sind ver-
schiedene der „Bronzezeit" und der „ersten Eisenzeit" angehörige
Fundstücke aus Ober- und Mittelitalien ausgestellt, unter denen sich
schon gemalte Gefäße mit einfachen geometrischen Mustern finden.
Im Glasschrank in der Mitte des Zimmers XXXV:
1566 Modell eines megalithischen Denkmals von Sardinien.
Das Modell gibt ein Grabmal bei Sammugheo in der Provinz
Cagliari (Sardinien) wieder als Beispiel der sog. Tombe dei Giganti.
Vgl. die Literaturangaben zu n. 1567.
1567 Modell eines sardinischen Nuraghen (Nuraghe Santinu in
*■ - der Provinz Sassari).
Die Bestimmung und Entstehungszeit dieser turmförmigen Bau-
werke, die für die Kultur der vorgeschichtlichen Zeit Sardiniens
charakteristisch sind, ist bis in die neueste Zeit viel umstritten
worden. Einige Forscher haben sie als Grabbauten, andere als
festungsartige Zufluchtsstätten und Wohnbauten erklärt. Die im
letzten Jahrzehnt systematisch betriebenen Ausgrabungen haben,
wie es scheint, entscheidende Argumente für die letztere Auf-
fassung erbracht. Die Beziehungen, die zwischen den Nuraghen
und anderen Bauwerken des zweiten vorgeschichtlichen Jahr-
tausends in den Ländern des Mittelmeeres bestehen, weisen auch
die sardinischen Nuraghen, wenigstens ihrer Hauptmasse nach, in die
nämliche Epoche. Der Name „nuraghe ", den man als dialektische
Nebenform von mwraglie, murazzo zu deuten versucht hat, wird
neuerdings von einem Wortstamm der sardinischen Ursprache (nura)
abgeleitet.
A. de la Marmora Voyage en Sardaigne. Perrot-Chipiez Hist. derart IV 22 f. 44 f.
Gaz. arch6ol.VIIS.311 (Lenormant). Pais La Sardegna prima del dominio romano
(Mem. d. accad. dei Lincei VII). Brunn Griech. Kunstgesch. I S. 17 Monum. ant. dei
Lincei XI S.87f.; 238f. (Pinza) XX S. 230f. (Taramelli). Globus LXXVI (1904) S. 183f.
( A. Mayr). Ausonia III S. 18f . Papers of the Brit. school at Rome VS. 89 f. (Mackenzie).
Pettazzoni Religione primitiva in Sardegna (1912) S. 79 f.; 161 f.
Im Wandschrank 9 — 10 beim Fenster sind die langen dünnen
Schwerter (aus einem Nuraghenbau in der Provinz Sassari) bemer-
kenswert, ferner neben anderen Bronzen aus Sardinien:
PRÄHISTORISCHE SAMMLUNG. 257
1568 Bronzestatuette eines Bardischen Kriegers.
Der Krieger, der mit Tunika, Hosen und Panzer bekleidet ist,
hält in der R. den Rest eines Schwertes, an dem der Griff besonders
angesetzt war, in der L. an eigentümlich geformten, oben und unten
vorragenden Handhaben den Schild; auf dem Kopfe trägt er einen
Helm mit zwei vorspringenden Hörnern. Irrtümlicherweise hat man
früher mit der Figur ein kleines Wagengestell in Verbindung gebracht,
das der Krieger auf dem Rücken getragen hätte, und hat an dessen
Deichsel einen ebenfalls nicht zugehörigen Korb befestigt.
Memoires de l'academie des inscriptions XXVIII 8. 579 (Barthelemy). Winckel-
mann Kunstgeschichte III 4 f 45; Werke II T. 6 in der Ausgabe von Feraow (Atlas I
n. 21 in der Ausgabe von Donaueschingen; Werke II T. 24 in der Hoffmannschen Aus-
gabe). Vgl. Beschreibung Roms III, 3 S. 495. Gazette archeolog. VII (1881) T. 24
S. 133 ff. (Bobiou). Perrot-Chipiez Histoire de l'art IV S. 68. 2 Monum. ant. 4ei
Lincei XI T. XI S. 196f. (Pinza). Über die sardinischen Schwerter vgl. Monum.
ant. dei Lincei XI T. XV 3. 144t Bull, paletnol. ital. XXVIII S. 54.
Im Wandschrank 13:
1569 Zwei sog« Paletten (Aschenschaufeln) aus Bronze.
Vermutlich waren diese kleinen zierlichen Schaufeln dazu be-
stimmt, bei kultlichen Verrichtungen am Opferherd oder beim Auf-
lesen der Totenasche aus dem Scheiterhaufen verwendet zu werden.
Das eine Exemplar (66. 132, früher im Museum vom Parma aufbe-
wahrt), das mit der Figur eines Tieres mit langen geschwungenen
Hörnern geschmückt ist, trägt am rechten Bande oben eingeritzte
Zeichen, ähnlich denen auf venetischen Bronze-Situlen; es gehört
wohl in den Kreis jener altvenetischen Industrie um 500 v. Chi.,
die wir hauptsächlich durch die Funde von Este kennen.
Bullet, paletnol. ital. XXVni T. IV, 1 S. 125. XXXII S. 272 (Ghiiardini).
XXIX S. 28 (Milani).
Im Schranke 7 rechts von der Ausgangstür, im Mittelfach:
1570 Bronzener Diskos mit Tierfiguren in punktierten Linien.
Der Diskos, der vielleicht einen Teil einer Rüstung bildete, ver-
rät in der Wahl und Anordnung des Bildstoffes (drei Paar einander
gegenübergestellter katzenartiger Tiere) schon den Einfluß orienta-
lischer Vorbilder, während er durch die altertümliche Technik der
punktierten Konturen mit der primitiven italischen Metallkurst ver-
bunden ersch int.
Vom Fuciner See (Provinz Aquila). Bull, paletnol. ital. XXXV T. XIV, 4 S. 104 f,
(Colin!). Rom. Mitteil. d. arch. Inst. XXIV S. 331 f. (Pettazzoni).
Zimmer XXXVI— XXXIX.
In den Abteilungen XXXVI— XLI sind die Funde Ober-, Mittel-
und Unteritaliens aus der sog. ersten Eisenzeit (Periode der „Vil-
lanova-Kultur") vereinigt. In der Mitte des Zimmers XXXVI ist in
einer Vitrine ein von Steinplatten umschlossenes Grab aus Gola-
secca (Provinz Mailand) mit seinem Inhalt aufgestellt.
H eibig: Führer. II. 3. Aufl. 17
258 DAS KIECHERSCHE UND PRÄHIST. MUSEUM. 1571.
Besondeis interessant sind die Grabfunde aus den großen Nekropo-
len des westlichen Etnuiens, aus Vetulonia und Corneto,Vulci (Zimmer
XXXVIII), Veii (Zimmer XLI), aus denen ganze Gruppen von Grä-
bern ins Museum übertragen worden sind. Es sind schachtartige Vei -
brennungsgräber (sogen. Brunnengräber, tombe a pozzo) mit einem
plump gebauten Aschengefäß aus schwarzem Ton, dem meist eine
Schale, manchmal auch ein tönerner Helm oder ein Spitzhut (apex)
als Deckel dient, und mit einer sehr einfachen Ausstattung: halb-
mondförmigen Basiermessern, primitiven Fibeln, kleinen Schmuck-
sachen aus Bernstein, Glas oder Bein u. a. Dieser Kulturperiode ge-
hören auch die Aschenurnen in Form von Wohnhäusern an (vgl.
Band I S. 306 n. 481), die durch mehrere Exemplare vertreten sind
(im Mittelschranke des Zimmers XXXVII ein guterhaltenes Exemplar
aus Corneto, in Zimmer XXXIX mehrere aus Grottaferrata).
In ihrer Hauptmasse sind diese Verbrennungsgräber dem 9. bis 7.
Jahrhundert zuzuweisen; sie liegen also der Zeit, in der die griechi-
schen Handelskolonien auf italischem Boden zur Blüte gelangt sind,
noch voraus. Erst in den jüngeren „Brunnengräbern" treten Gegen-
stände des griechischen Importes auf. In den südetruskischen
Gräbern des 7. Jahrhunderts, die eine veränderte Anlage zeigen, da
nunmehr an Stelle der Verbrennung die Bestattung herrschender
Brauch ist (tombe a fossa, a corridojo, a camera), können wir mit
Hilfe der immer zahlreicher verwendeten griechischen Vasen (grie-
chisch-italischen und „protokorinthischen", dann korinthischen und
ionischen) feststellen, wie der griechische Handel allmählich das
Land erobert hat.
Ein lehrreiches Beispiel für den seit dem 7. Jahrhundert immer
fühlbarer werdenden Einfluß aus dem phönikischen und griechischen
Osten gibt in Zimmer XXXVII, Schrank 6
1571 (25786) Ungefirnißte Thonkanne mit eingeritzten Figuren.
Um einen stilisierten Baum gruppieren sich jederseits je ein Flügel-
pferd, ein Kentaur, ein Greif (in phönikischem Typus). Die Ritz-
linien der Graffiti sind rot ausgefüllt.
Aus einer sog. tomba a ziro in Chiusi. Bullet, paletnol. ital. XXVI T. 111 S. 33 f.
(Karo). Montelius a. a. O. T. 216, 8.
Ein besonderes Interesse beanspruchen die Gräberfunde aus Born
und Umgebung (aus dem 7. und 6. Jahrhundert) in Zimmer XXXVIII
(vgl. auch die im Konservatorenpalast aufgestellten Gräber Band I
S. 555. 573). Im Mittelschranke sind die auf dem Castro Pretorio und
dem Esquilin gemachten Funde vereinigt.
Monum. ant. dei Linoei XV S. 208 ff. (Pinea).
GRABFUND VON PRAENESTE. 259
Saal XL.
Grabfund von Praeneste (Grab Bernardini).
Alle die hier ausgestellten Gegenstände bilden die Ausbeute eines
Grabes, das die Gebrüder Bernardini Ende Februar 1876 in Palestrina
(Praeneste) in der Nähe der Kirche von S. Rocco aufgedeckt haben.
Das Grab, dessen Wände mit Tuffsteinplatten belegt waren, hatte
rechteckigen Grundriß (5.45 X 3.92 m). Da die Steindecke wohl schon
im Altertum zusammengebrochen und das Grab von der nachstür-
zenden Erde ausgefüllt war, lassen sich über Decke und Oberbau des
Grabes nur Vermutungen nach Analogie gleichzeitiger Grabbauten
aufstellen. Doch hat sich wenigstens die innere Einrichtung des Gra-
bes, dessen Boden 1.70 m unter dem gegenwärtigen Niveau lag, noch
einigermaßen feststellen lassen. In einer länglichen Eintiefung des
Bodens lagen vermoderte Knochen des hier bestatteten Leich-
nams, der vermutlich auf einer hölzernen Bahre gelegen hatte; an
dieser Stelle wurden auch die goldene Brustplatte n. 1577 und drei
Fibeln gefunden, die sicher zum Schmucke des Leichnams gehörten.
An den Wänden des Grabes scheinen Schilde (vgl. n. 1601) befestigt
gewesen zu sein; auch die übrigen Geräte waren größtenteils in der
Nähe der Wände aufgestellt — sie haben wohl die reiche Ausstattung
eines einzigen Toten aus dem Herrengeschlecht von Praeneste gebildet.
Außer den zwei eisernen Dolchen in silberner Scheide (n. 1586 f.) waren
ihm noch ein eisernes Beil und vier Lanzen (mit eiserner Spitze)
mitgegeben worden. Nachträglichen Ermittelungen zufolge soll aus
dem Bernardinischen Grabe auch die goldene Fibel n. 1572 mit einer
hochaltertümlichen lateinischen Inschrift stammen.
Die Übereinstimmung, die in der Auswahl und in den Formen
der Praenestiner Fundstücke mit dem Inhalte des großen Caeretaner
Grabes Regulini- Galassi (Band I S. 352. 388 f.) herrscht, springt in
die Augen. Unter den Bronzen begegnen wir denselben Geräten, in
ihren Reliefs denselben orientalisierenden Formen; die Gold- und Sil-
bersachen weisen dieselben Typen, dieselbe hochentwickelte Technik
auf» die silbernen Reliefgefäße sind hier wie dort von gleicher Art
(I S. 389). Offenbar hatten die reichen Herren von Praeneste nicht
nur dieselben Lebensgewohnheiten, sondern auch die gleichen Handels-
verbindungen wie die Herrscher von Caere. Demnach können die
beiden Gräber auch zeitlich nur durch wenige Jahrzehnte vonein-
ander getrennt sein, und es ist schwer zu unterscheiden, welches von
beiden das ältere ist; immerhin spricht manches für die Annahme,
daß das Caeretaner etwas früher anzusetzen sei als das Praenestiner.
Vgl. Bull. d. Inatit. 1876 S. 117ff. (Heibig). Annali 1876 8. 197ff.; 1879 8. lff.
(Heibig). Notizie degli scavi di antichita 1876 S. 118 ff. (Conestabile); 1897 S. 256.
Femique £tude sur Preneste (Paris 1880) S. 125 ff., 172 ff. Bull, d.commiss. arch. com.
di Borna 1898 S. 187 f., 205 f. (Piraa). Ball, paletnol. ital. XXIV S. 160 f. 1904 S. 25 f.
17*
260 DAS KIRCHERSCHE U. PRÄHIST. MUSEUM. 1672-1574.
(Karo). Montelius, La civilisation primitive on Italie T. 366 ff. Über analoge Funde,
deren Ausbeute früher im Palazzo Barbermi aufbewahrt wurde und neuerdings in
das Museum in Villa Papa Giulio übertragen wurde, vgl. Archaeologia XU. 1 (London
1867) S. 3 ff. (Garrucci) und unten 8. 313 ff. Über Stil und Herkunft der Stücke
vgl. im allgemeinen die Band I S. 390 aufgeführte Literatur.
Gegenwärtig sind sämtliche Funds tücke des Grabes in einem gro-
ßen Glasschrank und in einer Vitrine am Fenster vereinigt; die An-
ordnung der Stücke stimmt nicht immer mit der Aufeinanderfolge der
Museumsnummern überein.
In der Vitrine am Fenster:
1572 Goldene Fibel mit altlateiniseher Inschrift«
Die Fibel, die angeblich schon 1871 in Palestrina in den Handel
kam, wird — es ist nicht bekannt, auf Grund welcher Ermittelungen
— als ursprünglich zur Ausstattung des Grabes Bernardin i gehörig
angesehen. Sie trägt auf dem Kanäle in hochaltertümlichen Buch-
staben (von rechts nach links) die Inschrift : Manios : med: fhe • fhaked :
Numasioi, d. h. Manios hat mich für Numasius (Numisius, Numerius)
gemacht. Gegen die Echtheit der Inschrift sind wiederholt Zweifel
geäußert worden, die sich neuerdings in verstärktem Maße erhoben
haben. Der Typus der Fibel (fibula ad arco serpeggiante a bastoncello),
der im Grabe Bernardini durch n. 1578 vertreten ist, kehrt in einer
Anzahl von Fibeln aus etruskischen Gräbern des 7. und 6. Jahrhun-
derts wieder; ein besonders schönes jetzt imLouvre befindliches Exem-
plar trägt in feinster Granulier technik eine etruskische Inschrift.
Rom. Mitteil. d. arch. Inst. II S. 40 (Heibig u.Dümmler), S.139 (Llgnana). Bull-
paletnol. IUI. XXIV S. 152. XXX S. 26 (Karo). Monum. ant. dei Linoei XIII S. 231
Pellegrini), XV S. 649 (Pinza). Corpus Insoript. Lat. XIV 4123. Dessau Inscript. Lat.
el. II 8561. Diehl Inscript. Lat. S. VII.
1573 (24) Tiefe vergoldete Silberschale.
Die Innenseite der Schale ist mit zwei Reliefstreifen von Stieren
und Pferden, Vögeln und Bäumen geschmückt.
Monumenti d. Instit. XI T. II, 8. Annali 1879 S. 11.
1574 (25) Flache vergoldete Silberschale mit Reliefs an der In-
nenseite.
In der Mitte sieht man ein medaillonartiges Feld, das von einem
Kreis von Granatäpfeln umrahmt ist; dann folgen zwei Streifen mit
Darstellungen, die außen von einer schuppigen Schlange, dem ägyp-
tischen Symbol der Weltordnung, ringförmig umgeben sind. Das Innen-
bild zeigt links einen nackten langhaarigen Mann, der mit Händen
und Armen an einen Stamm gefesselt ist; vor ihm schreitet ein Krieger
im ägyptischen Kostüm gewaltig aus (in dem Schema, in dem der
siegreiche Ägypterkönig dargestellt zu werden pflegt), indem er mit
der Lanze einen vor ihm entfliehenden Mann zu durchbohren scheint,
der außerdem von einem Schakal an der rechten Ferse gezerrt wird.
In dem kleinen unteren Abschnitte des Kreises sehen wir eine nackte
J
GRABFUND VON PRAENESTE. 261
Figur, die auf dem Boden hinzukriechen scheint und ebenfalls von
einem Schakal (oder einem Hunde) an der linken Ferse gepackt wird.
Man hat den Sieger auf Horus, den Sohn der Isis und Rächer des
Osiris, der die Scharen des Set-Typhon, des Geistes der Finsternis,
besiegt, den Gefesselten auf Typhon selbst, den Schakal auf Anubis
(den treuen Gefährten des Horus), der mit diesem Symbole bezeichnet
zu werden pflegt, gedeutet.
Die zunächst folgende Zone wird durch acht Pferde ausgefüllt, über
deren jedem zwei Vögel fliegen. Von größerem Interresse ist die zweite
breitere Zone, auf der in einer Reihe von zusammenhängenden Szenen
(in deutlicher Abhängigkeit von Motiven der assyrischen Kunst) die
Erlebnisse eines mythischen Helden dargestellt sind. In der ersten
Szene fährt aus der durch zwei Türme charakterisierten Stadtmauer
ein zweispänniger Wagen, auf dem neben dem Lenker, der vorgebeugt
die Pferde antreibt, ein mit Streitaxt bewehrter Mann im Typus der
assyrischen Könige steht, von einem Sonnenschirm geschützt; an
dem Wagen ist seitlich ein Köcher befestigt. In der zweiten Szene
ist der Lenker allein auf dem Wagen, der Halt gemacht hat; der König
ist abgestiegen, hinter einem Baum kniend zielt er mit seinem Bogen
auf einen Hirsch, der vor ihm auf einem Hügel steht. In der dritten
Szene verfolgt der König auf dem Hügel das tötlich verwundete Tier,
aus dessen Brust Blut niederstiömt. Die vierte Szene spielt in einem
Walde, in dem besonders eine große Palme hervortritt; neben dem
Wagen stehen die ausgespannten Pferde, die vom Lenker aus einer
dreibeinigen Krippe gefüttert werden; der Jäger ist damit beschäftigt,
den an einem Baum aufgehängten Hirsch, dem der Kopf bereits ab-
geschnitten ist, auszuweiden. In der fünften Szene sitzt der König
unter dem Schutze seines Sonnenschirmes auf einem Sessel und
bringt vor dem Mahle ein Opfer dar; vor ihm steht ein Altar, auf dem
ein Mischgefäß und ein Schöpflöffel sichtbar sind, und daneben ein
zweiter größerer Altar, von dem der Rauch eines Brandopfers (eben
von jenem getöteten Hirsche) emporsteigt, oben schweben der Mond
und die geflügelte Sonnenscheibe — die Gottheiten, denen das Opfer
gilt. Links wird das Bild durch einen bewaldeten Hügel begrenzt,
auf dem ein laufender Hase und ein weidender Hirsch sichtbar
sind; in dem untern Teil des Hügels befindet sich eine Höhle, aus deren
Öffnung neben dem Altar der große Kopf eines lauernden Riesenaffen
mit weit vorgestreckter Zunge (?) hervorkommt. In der sechsten
Szene sehen wir den behaarten menschenähnlichen Affen (der uns die
Schilderungen, die die Alten von den monströsen Bewohnern Inner-
afrikas hinterlassen haben, ins Gedächtnis ruft) in drohender Stellung
mit einem Steine in der einen, einem Aste in der anderen Hand; dar-
über aber schwebt eine geflügelte Gottheit — nach Art der ägyptischen
Hathor nur duroh Kopf, Arme und Flügel veranschaulicht — , welche
262 DAS KiaCHERSCHE U. PRÄHIST. MUSEUM. 1576-1676.
den in kleinstem Maßstab dargestellten Wagen mit seinen Insassen
über die staubende Straße emporhebt. Der Zusammenhang ist klar:
bei der Weiterfahrt hatte der Gorilla einen hinterlistigen An-
griff auf den König gemacht, die Gottheit aber hat ihren frommen
Schützling in die Lüfte entrückt. In der siebenten Szene sehen wir
den Wagen wieder auf der Erde; von dem unvorhergesehenen Über-
fall gerettet, jagt nun der König mit gespanntem Bogen dem Ungeheuer
nach, schon haben die Pferde es eingeholt und zu Boden geworfen.
In der achten Szene ist der Jäger, über dem ein Sperber schwebt,
vom Wagen gestiegen und gibt dem Ungeheuer, das sich nicht mehr
zu wehren vermag, mit dem Beile den Todesstreich. In der neunten
Szene kehrt der Held in die Stadt zurück; die turmgekrönte Stadt-
mauer bildet so den Anfangs- und Endpunkt der bildlichen Ge-
schichte. Eine jetzt in New York befindliche Schale mit ganz über-
einstimmenden Darstellungen wurde auf Cypern in Kurion gefunden.
Es wird dadurch wahrscheinlich, daß hier eine bestimmte Legende
aus assyrischem oder phönikisch-kyprischem Kreise vorliegt; ob wir
freilich in dem Helden der Geschichte, wie vermutet wurde, Kinyras,
den mythischen Priesterkönig Cyperns, erkennen dürfen, muß zweifel-
haft bleiben.
Monument! d. Instit. X T. 31, 1. Perrot-Chipiez Histoire de l'art III 8. 769 n. 543.
Vgl. Bullet, d. Instit. 1876 S. 126 ff. Annali 1876 8. 226, 269, 276 ff. (Fabiani). Heibig
Homer. Epos * S. 22 Fig. 1. Clermont-Ganneau Etudes d'archeologie Orientale, l'ima-
ginerie phenicienne et la mythologie iconologique chez les Grecs Paris 1880 (Journal
asiatique 1878 8. 232 ff., 444 ff.). American Journal of Archaeology III 8. 322 ff. (Mar-
quand). Ausonia IV 8. 193 (Pettazzoni).
1575 (26) Fragmentierte flache Silberschale mit Reliefs an der
Innenseite.
In dem Schmucke dieser Schalen tritt die Nachahmung ägyp-
tischer Vorbilder wie in der Wahl der Bilder, so auch besonders deut-
lich in den Hieroglyphenbändern zutage, die als Grundlinie und Um-
fassung des Innen medaillons, sowie als Rahmen des äußeren Frieses
dienen. Wie aber die ägyptischen Kunsttypen vielfach aus ihrem
ursprünglichen Zusammenhang gelöst und verändert sind, so sind
auch die Zeichen der Bilderschrift rein ornamental, ohne Rücksicht
auf ihren Wortsinn, nebeneinandergestellt. Die Formen der Hiero-
glyphen scheinen der zur Zeit der 26. Dynastie (660 — 527) in Ägypten
üblichen Schriftweise entlehnt zu sein.
Das Innenbild zeigt den bekannten Typus des ägyptischen
Pharao, der über seine Feinde triumphiert. Der König (oder Osiris
selbst?), zwischen dessen Beinen ein Löwe schreitet (Zeichen der
Macht), schwingt mit der Rechten das Beil, während er mit der Lin-
ken, die Bogen und Pfeile hält, die vor ihm knienden Feinde (drei
Köpfe sind sichtbar) bei den Haaren gefaßt hat; über ihm schwebt
ein Sperber mit einer Straußenfeder in der Kralle (Symbol der Ge-
GRABFUND VON PRAENESTE. 263
rechtigkeit), der leere Raum der Kreisfläche darüber ist mit Hiero-
glyphenkartuschen ausgefüllt. Rechts steht der sperberköpfige Am-
mon-Ra (Horus), der dem König eine Feder oder Palme als Sieges-
zeichen reicht. Links hinter dem König steht ein bärtiger Mann
( Anubis ?) ; er trägt im rechten Arm einen toten Krieger, mit der Linken,
die eine Art Palmenfächer hält, schleppt er einen zweiten Krieger
herbei. Im Kreisabschnitt unter dem Hieroglyphenstreifen, auf
dem diese Gruppe steht, sieht man eine liegende Figur in zu-
sammengekrümmter Haltung, wohl ein besiegter Feind wie auf
n. 1574.
Rings um das Innenbild läuft ein Fries von Bildern, die der
Osirissage entlehnt sind. Zwischen vier Papyrusbüschen, in deren
Mitte jedesmal die das Horuskind säugende Isis sichtbar ist, schwim-
men vier Kähne, von denen einer nur zum kleinen Teil erhalten ist;
auf dem einen ist Osiris mit Sonnenscheibe und Uräus zwischen
zwei Horusfiguren dargestellt, auf dem andern der von dem heiligen
Scarabäus getragene Sonnendiskus zwischen zwei Figuren des Har-
pokrates (des jugendlichen Horus), der auf einer Lotosblume sitzt,
eine Geißel in Händen hält und nach Art der Kinder an seinem Finger
saugt; ähnliche Gruppen tragen die beiden andern Kähne. Besonders
hervorzuheben ist noch die im Innenbild über dem Flügel des Sper-
bers angebrachte phönikische Inschrift. Eamunjai ben Asto lauten
die winzigen Buchstaben, die den Namen des Verfertigers (oder des
Besitzers?) der Schale nennen. Damit ist der Beweis geliefert, daß
die Schale aus phönikischen Händen in den Besitz des pränestiner
Herrengeschlechtes kam und ein wichtiger Fingerzeig für die Herkunft
der ganzen Klasse gegeben (s. Band I S. 389).
Monument! d. Instit. X T. XXXII, 1. Annali 1876 S. 258. 266 ff. (Fabiani). No-
tizie degli scavi 1876 T. II. Gazette archeologique 1877 T. V (S. 18). Perrot-Chipiez
Histoire de l'art III S. 97 n. 36 (S. 778). Corpus inscript. Semiticarum fasc. III
T. XXXVI n. 164. Vgl. Ann. d. Inst. 1876 S. 203 ff. (Heibig), 266 ff. (Fabiani). Heibig
Homer. Epos1 S. 23. Jahrb. d. d. arch. Inst. XXV S. 193* (v. Bissing). Sehr nahe
verwandt ist eine in Salerno gefundene Schale: Monum. d. Inst. IX T. 44, 1.
1576 (31) Bügeiförmiger Bronzehenkel mit 8 über überzogenen
Reliefs.
An der Außenseite sind in breitem und flüchtigem Stil Löwen
und Menschen in verschiedenen Gruppierungen dargestellt, auch ein
paar aufrecht stehende Pferde, die wappenartig zu beiden Seiten eines
stilisierten assyrischen Baumes einander gegenübergestellt sind. Die
Innenseite dagegen zeigt in der feinen Ausführung der Goldbleche
(n. 1577 f.) in der Mitte eine Reihe von Löwen, außen eine im Rechteck
umlaufende Reihe von Pferden, das Ganze von einem Flechtband ein-
geschlossen. Die Einzelheiten sind durch die starke Oxydierung un-
kenntlich geworden.
Monumenti d. Instit. XI T. II 9. Vgl. Annaü d. Instit. 1871 S. 11. Karo de arte
vasctd. antiquiss. S. 4.
264 DAS KIECHERSCHE ü. PRÄHIST. MUSEUM. 1577—1584.
Glasgehrank.
Im Mittelf ach auf der dem Eingang zugekehrten Seite:
1577 (1) Blech aus Blaßgold (Schmuckplatte).
Das Blech hat die Form eines Parallel ogrammes, das in der Längs-
richtung durch einen vorstehenden Rundstab in zwei gleichartige
Teile zerfällt; anden Breitseiten wird es von ebensolchen mit Mäandern
verzierten Rundstäbchen, die in Löwenköpfe endigen, eingefaßt. Jede
der beiden Abteilungen des Schmuckes trägt vier Beinen von auf-
gelöteten Figürchen (im ganzen 131), die aus zwei aus Stempeln ge-
schlagenen Hälften zusammengesetzt und mit Reihen feiner Gold-
pünktchen verziert sind. In der äußersten Reihe stehen fünfzehn
Vögel mit menschlichen Köpfen, die an die sogenannten Harpyien der
archaischen Kunst Kleinasiens erinnern, in der zweiten vierzehn kleine
Löwen, aus deren Rücken Menschenköpfe hervorkommen (eine ganz
vereinzelte Bildung nach dem Vorbilde der Chimaira oder ähnlicher
Misch wesen), in der dritten zwölf stehende, in der vierten zwölf sitzende
Löwen. Der mittlere Zylinder ist mit neun liegenden Löwen mit zu-
rückgewendetem Kopf verziert, aus deren Rücken Tierköpfe (Ziegen ?)
hervorwachsen, eine Vorstufe oder Parallele des Chimairatvpus. An
den vier Außenrändern sind jederseits vier Pferdchen angebracht.
Das ganze Stück war ursprünglich auf eine Unterlage aufgenäht
und diente als Gewandschmuck (Brust- oder Gürtelschmuck ?). Über
den Stil und seine Herkunft gilt das über ähnliche Schmuckstücke des
Grabes Regulin!- Galassi Band I S. 388 Gesagte.
Monum. d. Inst. X T. XXXIa, 1. Vgl. Bullet, d. Instit. 1876 S. 121. Annali d.
Instit. 1876 S. 250 (Heibig), 1885 S. 46 (Undset). Notirie degli scavi 1876 8. 115. Lang-
behn Flügelgestalten der Ältesten griech. Kunst S. 81. Weicker Der Seelen vogel
S. 95. 103.
1578 (2) Fibel aus Blaßgold (sogenannte fibula serpeggiante a baston-
cello). Vgl. n. 1572.
Monum. d. Inst. X. T. XXXIa, 7. Vgl. Bullettino 1876 S. 122. Rom. Mitteil. d.
d. arch. Inst. II S.37f. (Heibig). Annali d. Inst. 1885 S. 29 (Undset). Montelius Civi-
lisation primitive en Italie T. XIX n. 265.
1579 (3) Platte aus Blaßgold mit fransenartigen silbernen Stäben.
Die Platte ist mit fliegenden Wasser vögeln, Löwen und Sphinxen
geschmückt, die aus Stempeln getrieben und mit Goldkügelchen ver-
ziert sind. Das Bruchstück gehört zu einer Schließe von etwas an-
derer Form als n. 1580.
Monum. d. Inst. X T. XXXI, 2. (Annali 1876 S. 259). Vgl. Monum. ant. d. Lincei
IV Atlante T. XI 22. Monum. ant. d. Lincei XIII S. 238, 1.
1580 (4) Zylinder aus Goldblech.
Das Goldblech ist mit Ornamenten in feinster Granulierarbeit
verziert, an den Seiten sind zwei Reihen von kleinen Löwen angebracht
GRABFUND VON PRAENESTE. 265
die aus je zwei getriebenen Goldbleohstücken zusammengesetzt sind;
das Ganze ist in einem etwas kürzeren Rahmen aus Stäbehen be-
festigt. Ähnliche weniger reich geschmückte Zylinder liegen rechts
(n. 5 u. 6). Wir sehen hier, daß der goldene Zylinder die Hülle eines
mit Holz gefütterten Bronzebleches bildete. Die Stücke gehören zu
Schließen, die an einem Gürtel oder an einem schräg umgelegten
Riemen befestigt gewesen sein werden.
Monum. d. Inst. X T. XXXIa, 4. Vgl. Annali 1876 S. 251. Monum. ant. d. Lincei XIII
S. 235 (Pellegrini). Studi e materiali di archeol. numism I S. 271, III S. 147. Bull,
paletnol. ital. XXX S. 15 (Karo).
An der dem Fenster zugekehrten Seite:
1581 (9) Dünnes Blechband aus Blaßgold.
Die aus Stempeln geschlagenen Reliefs stellen Vogelgestalten mit
Frauenköpfen und ausgebreiteten Flügeln dar. Der Stil ist der gleiche
wie an den vorher erwähnten Schmuckstücken.
Monumenti d. Inst. X T. XXXIa, 5. Vgl. n. 1577.
1582 (16. 17) Zwei silberne Fibeln.
Die beiden Fibeln sind von etwas verwickeltem, aber zweck-
mäßigem Bau. Sie bestehen aus zwei Teilen: der eine trägt nach
auswärts drei griffartige Ansätze, nach einwärts zwei lange Nadeln,
welche durch die beiden zu befestigenden Gewandstücke durchgestoßen
wurden; der andere hat nach auswärts ebenfalls drei gekrümmte Aus-
läufer, von denen die zwei seitlichen hohl sind und dazu dienen, die
beiden Nadeln des andern Teils in sich aufzunehmen. Mittels der an
der untern Seite befindlichen, figürlich geschmückten Ösen und Heftel
werden dann beide Teile fest gebunden. Da die Stücke beim Funde
ein Ganzes bildeten, so blieb ihre Bestimmung anfangs ein Rätsel, bis
eines der Exemplare zufällig zerbrach und so das innere Gefüge klar
wurde. Die Stäbe der Fibel tragen bei dem einen Exemplare die
Bundfiguren geflügelter Sphinxe, bei dem andern Löwen mit doppel-
tem Menschenkopf; diese sind reich mit Goldkügelchen ornamentiert.
Man hat vermutet, daß die in der Odyssee XIX, 225 beschriebene gol-
dene Fibel des Odysseus eine Fibel von eben dieser Art gewesen sei.
Monumenti d. Inst. X T. XXXI, 6 u. 7. Annali 1879. T. 0, 9 S. 15 f. Vgl. Annali
1876 S. 249 f. Heibig Homer. Epos* S. 277 f. Langbehn Flügelgestalten S.82. Foni-
tenay Les bijoux S. 326. Monom, ant. dei Lincei XIII S. 232 (Pellegrini).
1583 (18) Fragmente kleiner Tiere ans Silber.
Vielleicht von einem ähnlichen Schmuckstücke wie n. 1577.
1584 (20) Zweihenkliger Becher aus Blaßgold.
Am oberen Ansatz der Henkel ist je ein Paar kleiner sitzender
Sphinxe aufgelötet.
Monumenti d. Inst. X T. XXXIa, 6. Vgl. Bullet. 1876 S. 124. Monum. ant. dei
Lincei XIII S. 2421 . In dem Grab sind auch noch Fragmente zweier silberner Becher
von gleicher Form gefunden worden.
266 DAS KIECHERSCHE ü. PRÄHIST. MUSEUM. 1586—1590.
1585 (23) Krater aus Silber mit vergoldeter Außenseite.
An dem oberen Bande des Kraters sind sechs Schlangen vorder -
leiber (aus Silber, das mit Goldblech überzogen ist) als Griff benkel
angebracht. Das Gefäß ist an Rumpf und Boden mit Reliefdarstel-
lungen in ägyptisierendem Stil bedeckt. Oben, wo die Griffe ansitzen,
läuft ein Streifen von Gänsen, die nächsten beiden Zonen zeigen Züge
von Fußsoldaten, Reitern und Wagen. Im vierten Streifen sehen wir
Löwenkämpfe und Bilder des Landlebens: ein Mann in ägyptischem
Kostüm bedroht einen aufrecht stehenden Löwen mit dem Schwerte,
gegen den gleichzeitig ein Hund anspringt, eine individualisierende
Veränderung des vorderasiatischen wappenartigen Schemas; zwei
Löwen fallen einen Stier an, während ein hinwegsprengender Reiter
sich auf seinem Pferde umdreht, um Pfeile gegen sie zu senden; eine
Frau pflückt Trauben von einer Rebe, die sich zwischen zwei Palmen
schlingt, ein Mann lockert die Erde rings um den Palmstamm, daneben
weiden ein paar Pferde; ein Jäger bringt auf einem Tragholz seine
Beute heim; links grasen zwischen einer Palme und einem Papyrus-
stengel drei Rinder. Das von diesem Friese eingeschlossene Medaillon
des Bodens zeigt einen Löwen, der triumphierend seine Tatzen auf
den Leib eines Menschen setzt; darüber schwebt ein Sperber. In
der Vereinigung von kriegerischen Szenen mit solchen des Landlebens
hat das Gefäß interessante Berührungspunkte mit dem homerischen
Schild des Achilles, zu dem die verwandten Silberschalen auch sonst
mancherlei Analogien bieten. Die Vermutung, daß an dem Fabriks-
ort dieser Schalen griechischer Einfluß sich geltend gemacht habe
(vgl. Band I S. 389), drängt sich bei diesem Stücke besonders leb-
haft auf.
Monumenti d. Inst. X T. XXXIII. Vgl. Annali 1876 S. 252 f. M. Rosenberg
Gesch. der Goldschmiedekunst auf technischer Grandlage. Niello (1910) 8. 130 f.
1586 (27) Feiner eiserner Dolch.
Der Griff ist mit Bernstein inkrustiert, auf dem ein Schachbrett-
muster aus Silber aufgelegt ist. Daneben liegt die untere Hälfte der
zugehörigen silbernen Soheide.
Monum. d. Inst. X T. 31. 4. Bullet, palet nol. Ital. IX T. 3, 11 S. 101 (Pigorini).
Zeitschr. f. Ethnologie 1890 S. 19 (Undset).
1587 (28) Eiserner Dolch in silberner Scheide (das obere Stück des
Griffes fehlt).
Die silberne Scheide ist beiderseits mit zwei Reihen getriebener
Relieffiguren geschmückt. Auf der einen Saite sind nur wenige Reste
von Tierfiguren erhalten. Auf der andern erkennt man in der oberen
Reihe Pferde (?), Ochsen, einen rücklings niedergesunkenen Mann»
der sich mit dem Schwerte gegen einen Löwen verteidigt, in der un-
teren Reihe Hirsche, auf die ein kniender Bogenschütze Jagd macht,
GRABFUND VON PRAENESTE. 267
ferner einen Kentauren mit menschlichen Vorderbeinen, der im linken
Arm einen Ast schwingt. Auch diese Motive haben ihre nächsten
Parallelen in ostgriechischen Denkmälern.
Monumenti d. Inst. X T. XXXI, 5. Vgl. Bullet. 1876 S. 123. Annali 1876 S. 2.
Monum. ant. d. Lincei XIII S. 255 (Pellegrini).
1588 (38) Sehale aus blauem Glas.
Abgesehen von den bunten Smaltgläsern ist diese Schale, die
sich innerhalb der Silberschale n. 1575 befand, wohl das älteste auf
italischem Boden gefundene Glaßgefäß.
Auf zwei Pulten des Mittelfaches auf der dem Eingang zuge-
kehrten Seite:
1589 (45—53) Belegplatten aus Elfenbein mit Reliefs.
Die Reliefs dieser Platten, die noch Spuren von farbigem Email
und von Vergoldung zeigen, geben fast durchweg ägyptische Motive
in einem breiten, lockeren Stil wieder. Die Kunst, mit Elfenbein zu
inkrustieren, die im semitischen Orient seit den ältesten Zeiten hei-
misch war, ist schon früh nach dem südlichen Kleinasien über-
tragen worden. Es muß daher noch unentschieden bleiben, ob diese
Platten als Werke phönikischer Kunst oder aber als Erzeugnisse
einer unter ägyptischem Einfluß stehenden griechischen Werkstatt
zu gelten haben.
Das Stück n. 45 zeigt eine ägyptische Barke mit je einem Ru-
derer auf dem Vorder- und Hinterteil. In dem Bote sitzt rechtshin
auf polsterbelegtem Sessel ein König oder ein Gott, der mit der B. einen
Becher vorstreckt; vor ihm steht ein niedriger Tisch, dem zwei Frauen
nahen; die erste scheint aus einem Saugheber den Becher zu füllen,
die zweite trägt Napf und Krug. Weiter r. steht auf hohem Unter-
satz ein großer Mischkessel, dahinter eine dritte Frau, die den Mund
an einen in den Krater gesteckten Saugheber hält.
Die Fragmente 46 — 48 zeigen Figuren von Kriegern, Musikanten,
Reitern und Streitwagen. Dazu kommen noch (auf dem Pulte r.)
kleinere Fragmente (n. 53) mit Lotosblüten in ägyptischer Stilisierung,
Volutenfragmente und zwei Flügel mit Resten blauen Emails (n. 51).
Alle diese Platten werden zum Schmuck einer Kassette oder eines
größeren Kastens gedient haben.
Monumenti d. Inst. X T. XXXI, 3. XI T. II 1—6. Vgl. Bull. 1876 S. 124. Annali
1879 8. 6 f. (Heibig). Perrot-Chipiez Histoire de l'art III S. 853. Fernique Etüde sur
Preneste S. 178. Jahrb. d. d. arch. Instit. XIII S. 43 (v. Bissing), XXII S. 171
Studniczka). Graeven, Antike Schnitzereien aus Elfenbein (1907) S. 70 f.
Auf der entgegengesetzten Seite des gleichen Faches:
1590 Bronzebügel mit aufgesetzten Elfenbeinfiguren.
An den Haken des Bügels haften noch die Elfenbeinösen des Ge-
rätes (wohl einer Situla), zu dem der Bügel gehörte. Auf dem Bügel
268 DAS KIRCHERSCHE U. PRÄHIST. MUSEUM. 1591—1699.
sind sechs elfenbeinerne Figuren gelagerter Löwen ( ?) aufgenietet, eine
Verbindung von Bronze und Elfenbein, die in dieser Zeit auch sonst
nachweisbar ist.
Monum. d. Inst. X T. XXXII, 7. Oraeven Antike Schnitzereien S. 74, n. 46.
1591 Fragmente eines elfenbeinernen Gefäßes.
Auf dem unteren Teil der zylindrisoh gebogenen Stücke sind
Reliefs (in der Art von n. 1589) geschnitzt, auf dem oberen Teil waren
mittelst Bronzestiften elfenbeinerne Figürchen von Vierfüßlern und
Greifenköpfe befestigt. Die Bruchstücke mögen von demselben eigen-
artigen Elfenbeingefäß herrühren, zu dem der Bügel n. 1590 und andere
in demselben Pulte ausgelegte Elfenbeinfigürchen gehören.
Oraeven Ant. Schnitzereien S. 74 n. 47. Vgl. Bull, paletnol.ital. XXIV S. 155 (Karo).
An der dem Fenster gegenüberliegenden Seite:
1592 Einige Vasenscherben mit geometrischen Mustern.
Diese Fragmente rühren, wie ihre Technik erweist, von einem
Gefäße ( Skyphos ?) her, das zu der ältesten in italischen Funden nach-
weisbaren (gewöhnlich als „protokorinthisch" bezeichneten) Vasen-
gattung sicher griechischer Herkunft gehört. Sie sind daher von
besonderem Werte für die Zeitbestimmung des Grabes Bernardini.
Wenn auch die Fragmente nicht auf dem Boden des Grabes,
sondern in der darüber befindlichen Schuttschicht gefunden worden
sein sollen, so scheint doch bei der Art, wie dieser Grabschutt
entstanden ist (vgl. S. 259), die Meinung, daß die Scherben
erst in einer späteren Epoche in den Schutt gelangt seien, nicht
stichhaltig.
Vgl. Ann. d. Instit. 1885 S. 311 (Undset). Bull. d. commiss. arch. comun. di Roma
XXVI S. 208 (Pinza).
In dem oberen Fach:
An der Ecke zwischen Fenster und Eingang:
1593 (72) Bronzekessel auf einem Dreifuß aus Bronze und Eisen.
Aus den drei Bronzefüßen (zweispaltigen Hufen mit Afterklaue)
steigen je drei Eisenstäbe (je ein gerader und zwei auswärts gebogene)
empor. Der Bronzekessel ist an die obern Endigungen der geraden
Stäbe angelötet und trägt unten noch die Spur einer jetzt fehlen-
den eisernen Mittelstütze ; vor den Ansatzstellen der geraden Fuß-
stäbe am Kessel ist ein aufrecht stehender Hund aus Bronze, über den
Verbindungspunkten der seitlichen Stäbe eine nackte Menschengestalt
mit langem Haar und Satyrohren angebracht, die die Hände auf den
Kesselrand legt und in das Innere des Gefäßes blickt. Diese
Figuren, die an den Kesseln angenagelt sind, verraten eine durchaus
primitive Kunst; sie sind vielleicht in Mittelitalien selbst, aber zweifel-
los nach ostgriechischem Vorbild gefertigt.
Monum. d. Inst. X T. 31a, 2. Annali 1879 T. C, 8. Vgl. Annali 1876 S. 250; 1879
S. 15 (Heibig). Olympia IV S. 127 (Furtwängler). Monum. ant. dei Lincei VII S. 812
(Savignoni).
GRABFUND YON PRAENESTE. 269
Reohts daneben:
1594 (74) Schalenartiger Bronzekessel.
Die Henkel des Kessels sind in der Mitte mit einer Lotosblüte, an
der Seite mit Ochsenköpfen verziert.
Monumenti d. Instit. X T. XXXII, 4. über ähnliche Henkel vgl. Olympia IV
S. 146 (Furtwängler).
An der dem Fenster gegenüberliegenden Seite links:
1595 (105) Tiefer Bronzenapf.
An der Außenseite sehen wir in getriebener Arbeit zwischen „phö-
nikischen" Palmetten viermal wiederholt einen in Vorderansicht ge-
stellten weiblichen Kopf mit Oberkörper, darunter einen Tierkopf
(abwechselnd Stier- und Löwenkopf).
Annali d. Instit. 1879. T. C, 2. Montelius a. a. O. T. 367, 6. Born. Mitteil. d. Inst.
XXIV T. VI A S. 325 (Pettazzoni).
An der dem Fenster zugekehrten Seite:
1596 Bronzehülsen und Figuren tektonischer Verwendung.
Die zwei übereinstimmenden Bronzehülsen, die innen mit Holz
gefüllt, außen mit primitiven unbekleideten Menschengestalten,
einem Kentauren und Tieren verziert sind, werden Bestandteile
eines hölzernen Bettes (oder eines Wagens?) gebildet haben. Der
eigentümliche Kopfschmuck der Menschenfiguren und des Kentauren
weist auf orientalische Herkunft der Typen. Die daneben liegen-
den Tierprotomen, die ebenfalls mit Holz gefüttert sind, mögen eben-
so wie die Figuren der liegenden Löwen (?) von einem ähnlichen
Gerät herrühren.
Monum. d. Instit. X J. 31a, 8—11 T. 82, 2. Vgl. Bullettino 1876 S. 123 f. 130.
Annali 1876 S. 252.
1597 Zwei bronzene Feuerböcke (Untersätze zum Tragen des
Rostes, craticula).
Annali d. Instit. 1879 T. CD, 4. Daremberg-Saglio Dictionnaire des antiquit6 s
I S. 1557. Mitteil. d. prahlst. Kommission d. Wiener Akademie^ (1893) S. 116 (Hörnes).
Vgl. Band I S. 374 n. 656.
1598 Niederer Kessel auf drei angenieteten streifenartigen Beinen
Annali d. Instit. 1879 T. CD, 7.
In der Mitte:
1599 (81) Untersatz aas Bronzeblech*
Das kegelstumpfartige Bronzeblech ist mit vier auf den Hinter
beinen aufgerichteten, springenden Flügeltieren in orientalisieren
dem Stil verziert. Es trägt als Bekrönung eine Art Blätterkapitell
dessen beckenartig aufgebogene Bänder die Meinung erweckt haben
daß es zur Aufnahme von Brenn- oder Leuchtmaterial gedient habe
Wir haben aber in dem Gerät vielmehr einen Untersatz ähnlich dem
im Museo Gregoriano (Band I S. 368 n. 630) zu erkennen, vielleicht
270 DAS KIRCHERSCHE U. PRÄHIST MUSEUM. 1600—1606.
den Untersatz des im unteren Fach befindlichen Kessels n. 1600.
Solehe „Hypothemata" kennen wir aus asiatischer sowohl wie aus
altgriechischer Kunstübung des 8. und 7. Jahrhunderts; ob das Prä-
nestiner Exemplar importiert oder nach griechischen Vorbildern auf
italischem Boden verfertigt ist, erscheint noch strittig.
Monumenti d. Instit. XI T. 2, 7. Vgl. Annali d. Instit. 1879 S. 9 (Heibig). Ähn-
liche Kapitelle wurden bei Marion (Polis tis Ghrysokou) auf Cypern und bei den deut-
schen Ausgrabungen in Olympia gefunden. Vgl. Olympia IV T. 68, 810 S. 125 (Furt-
wangler). Monum. ant. d. Lincei XIII S. 251 (Pellegrini). Bollet. d'arte III S. 177
(Della Seta).
Im unteren Fach:
1600 Trümmerhafter Kessel aus gehämmerter Bronze.
An zwei gegenüberliegenden Stellen des oberen Bandes ist je ein
menschliches Brustbild (aus gegossener Bronze) mittels Stiften ange-
nagelt, an dem in unorganischer Weise die Flügel und der Schwanz
eines Vogels ansitzen; die Ösen an ihrem Rücken dienten zum Durch-
ziehen von Ketten oder Stricken, an denen der Kessel aufgehängt
werden sollte. Zwischen diesen Büsten saßen ursprünglich sechs Grei-
fenprotomen — fünf sind noch mehr oder weniger vollständig er-
halten — mit nach auswärts gekehrten Köpfen. Sie bestehen aus
Bronzeblech, das über einem Holzmodell gehämmert und dann mit
einer Masse ausgefüllt worden ist, und haben eingesetzte Augen aus
weißem und dunkelblauem Smalt. Die Bildung der Köpfe entspricht
dem ältesten innerhalb des ostgriechischen Kunsthandwerks üb-
lichen Greifentypus. Aber auch für die Kesselform selbst und die
ganze Art der Dekoration sind, wie uns die literarische Überlieferung
und die Fundtatsachen lehren, die Analogien in dem ionischen (und
dem von diesem beeinflußten argivisohen) Kunsthandwerke des sie-
benten und sechsten Jahrhunderts zu'suchen.
Monumenti d. Instit. XI T. 2» 10. Vgl. Annali 1870 S. 12. Ähnliche Flügelbttston
aus Olympia: Archäol. Zeit. 1879 T. 15. Olympia IV T. 44, 183ff. S. 11511. (tfurtwftng-
ler). Ahnliche Greifenköpfe ebenda T. 45, 192 ff. Weicker Der Seelen vogel S. 89.
Ein ähnlicher Kessel mit Untersatz aus einem Orabtumulus von La Oarenne bei Chatillon
sur Seine in Burgund vgl. Olympia IV S. Ii4f., wo die übrige Literatur angegeben ist.
1601 Fragmente eines großen Bronzeschildes«
Der Schild gehört zu derselben Gattung, wie die aus dem Grabe
Regulini- Galassi stammenden (vgl. Band I S. 369 n. 632). Außer den
üblichen geometrischen Ornamenten zeigt er auch eine Reihe primitiv
gezeichneter menschlicher Figuren.
Es wurden außer diesem Schild in dem Grabe noch drei geometrisch verzierte
Schilde gefunden. Vgl. Bulletino d. Instit. 1876 S. 124 u. 130.
1602 (66) Bronzene Schale.
Außen sehen wir in getriebener Arbeit fünfmal wiederholt in Vor-
deransicht gestellte Frauenköpfe, durch ornamentale Bänder getrennt,
die sternartig vom Grunde ausgehen.
Annali d. Instit. 1879 T. C, 1. Montelius a. a. O. T. 366, 10. Rom. Mitteil. d. arch.
Instit. XXIV T. VIB S. 326 (Pettaazoni).
GRABFUND VON PRAENESTE. 271
1603 Eiserne Lanzenspitzen.
Vier solcher Lanzenspitzen wurden in dem Grabe gefunden.
Monteliuß La civilisation primitive en Italic T. 360, 0.
In den Ecken des Zimmers:
1604 Zwei tönerne Kessel auf hohen Untersätzen (aus Cervetri).
Die tönernen Untersätze sind deutlich Vorbildern der Metall-
technik nachgeahmt.
Zimmer XLI.
Im Anschluß an die in den Zimmern XXXVI — XXXIX vereinigten
Fundstücke sind hier einige größere Fundkomplexe aus den Nekro-
polen von Südetrurien und Latium ausgestellt, die die Entwicklung
vom Ende des 8. bis in das 6. Jahrhundert veranschaulichen.
Im Vorderschrank rechts an der Türe und in den Mittelschränken
findet sich die Ausbeute der Grabungen in Veii, die im Jahre 1889
im Auftrag der Kaiserin von Brasilien durchgeführt wurden. Neben
Buccherovasen, italisch-geometrischen, „protokorinthischen" und ko-
rinthischen kleinen Vasen gehören zum Inventar der reicher ausgestat-
teten Gräber mannigfache Bronzeobjekte, Waffen, Pferdetrensen,
Bogenfibeln (mit Bernsteinstücken, die mit goldenen Plättchen
verziert sind, und mit phönizischem Glas), gestanzte Goldbleche,
ein goldener „Lockenring" u. a*
Vgl. Notizie degli scavi 1889 S. 10. 29. 60. 154. Montelius La civilisation primi-
tive en Italie T. 3 48 f.
Im Wandschrank gegenüber der Türwand sind 'die Funde aus der
Nekropole von Capena aufgestellt. Diese Gräber waren besonders
reich an mannigfaltigen Bronzegeräten („Dreifüßen", Schalen usw.),
Waffen (aus Eisen), großen tönernen Kesseln auf hohen Untersätzen,
Buccherogef äßen (mit geometrischen Ornamenten und mit Tierfiguren) .
Nur einzelnes mag noch besonders hervorgehoben werden:
1605 Zweihenkliger Becher aus schwarzem Ton*
Zwischen zwei mißverständlich stilisierten „Löwen" ist eine un-
verhältnismäßig kleine Figur eines behelmten Mannes, der einen Dolch
in der L. hält, eingeritzt; die Tierkörper sind in ihrer ganzen Fläche
aus dem Tone herausgekratzt, eine Technik (al incavo), die sich auf
mehreren anderen gleichartigen Gefäßen aus der Nekropole von Capena
findet.
Aus Capena (Grab XIX). Monom, ant. dei Lincei XVI T. III, 4 S. 300; 469
(Paribeni).
1606 Zwei kleine Barken ans schwarzbraunem Ton.
Die eine der Barken ist mit eigentümlich stilisierten Vogel-
gestalten, die andere mit einem Palmettenband in Graff ito verziert.
Im Hinblick auf die zahlreichen in altetruskischen und latinischen
272 DAS KIRCHERSCHE U. PRÄHIST. MUSEUM. 1607—1615.
Gräbern gefundenen Schiffsnachbildungen in Bronze und Ton wird
man auch diesen Exemplaren eine religiöse Bedeutung zuschreiben
dürfen.
Aus Capena (Grab XVI). Monum. ant. dei Lincei XVI S. 396; 446 (Paribeni).
1607 Kesselartige Bronzeschale mit figürlichem Schmuck.
Das die Schale außen umhüllende Bronzeblech ist in getriebener
Arbeit mit der viermal wiederholten Figur eines mächtigen geflügelten
Löwen verziert, der in den Einzelheiten der Formgebung assyrischen
Vorbildern besonders nahesteht.
Aus Capena (Grab XVI). Monum. ant. dei Lincei XVI T. I S. 295; 417 (Paribeni).
1608 Zwei runde Bronzescheiben mit Tierfiguren.
Die kleinere Scheibe ist mit einem phantastisch stilisierten Vierfüß-
ler, dessen Schweif in einen Tierkopf ausgeht, verziert, die größere
zeigt oben eine aus zwei Tiervorderleibern zusammengesetzte mon-
ströse Gestalt, darunter einen ähnlichen Vierfüßler, wie die kleinere
Scheibe.
Aus Capena (Grab LIV). Monum. ant. dei Lincei XVI T. II 8.332; 410; 468 (Pari-
beni).
Im Schranke links an der Eingangstüre sind Funde aus dem
Abruzzengebiet und den Märchen aufgestellt, darunter
1609 Bronzesitula mit Streifenverzierung.
Zwischen Reihen von Bändern und „Knöpfen" ist oben und unten
ein Streifen mit hirschartigen Tieren angeordnet.
Aus Asooii Piceno. Bullet, paletnol. ital. XXV S. 77, XXVII S. 269.
In der Vitrine unter dem Fenster:
1610 Modelle von megalithischen Monumenten aus der Terra
d'Otranto.
Die Umgebung von Lecce (Terra d'Otranto) ist besonders reich
an vorgeschichtlichen Steindenkmälern und -bauten. Die hier auf-
gestellten Modelle geben eine sog. Pietra ßta (oder menhir), eine sog.
Specckia, einen Dolmen und einen sog. Truddhu wieder.
Gazette archeol. VII (1881) S. 25 f. (Lenormant). Perrot- Chipiez Hist. de l'art
IV S. 51 f. Nicolucci Monumenti megalitici di terra d'Otranto (Atti dell' Accadem.
Pontaniana XXIII) Neapel 1893. Bull, paletnol. ital. XIX S. 347, XXV S. 178 (Pigo-
rini). Mosso Le origini della civilta mediterranea (1910) S. 163; 180.
In dem Mittelschrank neben dem Ausgang:
1611 Leichengrab aus Novilara.
Das Grab stammt aus der Nekropoli Servici bei Novilara (südlich
von Pesaro), die der ersten Eisenzeit angehört, aber in mancher Be-
ziehung eine Sonderstellung einnimmt. Vgl. auch n. 1660.
Vgl. Monum. ant. dei Lincei V S. 162 f. (Brizio). Hörnes Urgeschichte d. bild.
Kunst in Europa S. 4201 Montelius a. a. O. T. 144 f.
ALTKRETISCHE FUNDSTÜCKE. 273
Zimmer XLII— XL1V.
Zur Vergleichung mit den prähistorischen Funden Italiens sind
in den Zimmern XLII — XLVIII in den Wandschränken Fundobjekte
aus den prähistorischen Epochen des übrigen Europas, Afrikas und
Nordamerikas ausgestellt. In den Mittelschränken in Zimmer XLII
— XLIV sind Fundstücke aus den ältesten Kulturepochen
Kretas (zweites Jahrtausend v. Chr.) vereinigt, die größtenteils
aus den von italienischen Archäologen in Phaestos und Hagia Triada
veranstalteten Grabungen stammen.
Über die auf Kreta durch neuere Grabungen aufgedeckten ältesten Kultur-
schichten vgl. im allgemeinen Burrows Discoveries in Crete 1908. Dussaud Leg
civilisations preh£lleniques dans le bassin du Mer Eg6e 19x0. A. Mosso La preistoria I
Escursioni nel Mediterraneo e gli scavi di Greta 1910. v. Lichtenberg Die ägäische
Kultur i9il. Maraghiannis Fernier u. Karo, Antiquitfs Cretoises 2. Aufl. 1912,
wo S XVII die Literatur über die Ausgrabungen in Phaestos und Hagia Triada
verzeichnet ist.
Im Mittelschrank von Zimmer XLII sind Proben von Ton-
gefäßen aus der älteren, unmittelbar an die neolithische Zeit anschlie-
ßenden Kulturperiode Kretas ausgestellt. Im obersten Fache:
1612 Gefäße mit weißer Bemalung auf schwarzem Grunde.
Diese feinen Tongefäße sind charakteristisch für die Keramik der
„vormykenischen Zeit", die man als „Kamares"-Epoche (oder nach
der von dem englischen Archäologen Evans aufgebrachten Termino-
logie) als „mittelminoische" Kulturperiode bezeichnet.
Im zweiten Fach: Schöne Gefäße aus grauem gefleckten und wei-
ßem Stein, ebenda Stücke von verarbeitetem Bergkristall, ferner:
1613 Tonlampen in Formen von Schalen mit einfacher Handhabe.
Im Mittelschrank in Zimmer XLIII sind neben kretischen Ton-
gefäßen in den verschiedenen Techniken der früheren („mittelmino-
isehen") Epochen auch einige durch Besonderheiten der Formen
auffällige rottonige Schüsseln für Küchengebrauch aufgestellt, ferner
im oberen Fach:
1614 Zwei Tontäfelchen mit altkretischen Schriftzeichen.
In der Zeit, da die großen Paläste auf Kreta erbaut wurden, hatte
sich bereits um die Mitte des zweiten Jahrtausends v. Chr. aus älteren
pictographisohen Schriftzeichenein im wesentlichen „lineares" Schrift-
system entwickelt, von dem wir verschiedene Abarten nachweisen
können, ohne daß es bisher gelungen wäre, die Zeichen zu deuten
oder auch nur die Sprache, der sie Ausdruck geben, zu ermitteln.
Evans Scripta Minoa (1009). Vgl. Mosso Escursioni nel mediterraneo S. 304.
1615 Siegelsteine und Siegelabdrücke.
Die schon in der ältesten Epoche beginnenden kretischen Siegel
mit figürlichen Darstellungen (vorwiegend von Tieren), deren wir eine
Heibig: Führer. II. 3. Aufl. 18
274 DAS KIRCHERSCHE ü, PRÄHIST. MUSEUM. 1616—1627.
außerordentlich große Zahl besitzen, sind für die Feststellung der
zeitlichen Entwicklung der kretischen Kunst und der „minoischen"
Schrift ebenso wichtig, wie für die Ermittelung der mythologischen
Vorstellungen der alten Kreter.
Im dritten Fach:
1616 Steinerne Lampenständer (sog. Kandelaber).
Neben den bescheidenen kleinen Tonlampen (n. 1613) sind in den
kretischen Palästen auch „Stehlampen" aus Stein und Ton gefunden
worden, bei denen der Behälter des Brennmaterials auf hohem, säu-
lenartigen Fuße aufruhte. Die steinernen Lampenständer zeigen
oft künstlerisch reich und fein durchgebildete Formen.
Mosso Escursioni nel Mediterraneo S. 245 f. Jahreshefte d. Österreich, arch&ol.
Instit. X S. 68 (Durm).
1617 Große Bügelkanne.
Diese Form ist charakteristisch für die letzte Blütezeit der kretisch -
mykenischen Keramik (letzte „mittelminoische" und „spätminoische
Periode"). Das Gefäß weist nur eine bescheidene Dekoration in
schwarzem Firniß auf hellem Tongrund auf.
1618 Großes Bronzegefäß (im untersten Fach).
Das aus drei Teilen zusammengenietete Gefäß, das der späteren
Periode der altkretischen Kultur („spätminoisch" III) angehört, ist
seiner Form nach ein Vorläufer der griechischen Hydria.
Vgl. Evans The prehistoric tombs of Knossos S. 40
Im Mittelschrank vom Zimmer XLIV:
1619 Bemalte Gefäße der sog. spätminoischen .Epoche.
Die Hauptformen und Dekorationsweisen der Tongefäße in der
späteren kretisch-minoischen Kulturepoche sind hier durch charakte-
ristische Beispiele vertreten.
Vgl. Monum. ant. dei Lincei XIII S. 67.
1620 Votlvfiguren aus Ton.
Bemerkenswert ist zur Veranschaulichung der kretischen Tracht
eine Frauenfigur (deren Kopf abgebrochen ist). Während ihr Ober-
körper anscheinend nackt ist, ist der Unterkörper mit einem rock-
artigen Gewand bekleidet, das die Hüften mit einem Wulste um-
schließt und von den Seiten in Steilfalten herabfällt; ein vorne ge-
knoteter Gurt hält das Gewand um die Hüften fest.
Vgl. die ähnliche Figur Monom, ant. dei Lincei XII S. 125 Fig. 53. Über die ande-
ren Figuren vgl. Monum. ant. XIV S. 739f. Mosso Origini della civilU mediterr. S. 106 f.
1621 Bruchstück einer altkretischen Freskomalerei«
Erhalten ist auf hellblauem Grunde der braungemalte Fuß und
das untere Ende des buntgestreiften Gewandes einer bekleideten Fi-
gur, die der Hautfarbe wegen wohl als männlich anzusehen ist, links
ALTKRETISCHE FUNDSTÜCKE. 275
daneben ist noch das Stück einer ebenso bekleideten Figur sichtbar.
Das Bruchstück bildete einen Teil einer zu einer Prozession oder Kult-
handlung vereinigten Gruppe ähnlicher Art, wie die durch die Wand-
gemälde von Knossos und die Stuckmalereien eines Sarkophags
von Hagia Triada bekannten.
1622 Zwei kretische Kupferbarren,
Im altkretischen Palaste von Hagia Triada bei Phaestos, den die
italienischen Archäologen im Jahre 1902 bloßgelegt haben, sind neun-
zehn solche Barren (im Gewicht zwischen 29 und 30 Kilogramm), von
denen einige auch Schriftzeichen tragen, gefunden worden; davon
sind diese beiden Stücke als Proben dem prähistorischen Museum
überlassen worden.
Ähnliche Barren sind auch an anderen Orten auf Kreta, auf Cypern,
in Mykene und in Sardinien gefunden worden. Die Übereinstimmung
dieser Stücke in Form und Gewicht legen den Gedanken nahe, daß
wir es hier mit bestimmten Gewichtseinheiten der altkretischen
(„minoischen") Kultur, die dann auch Werteinheiten sein könnten,
zu tun haben. Da die Form der Barren einem Typus der Doppelbeile
ähnlich ist, hat man sie mit den bei Homer als Wertmessern erschei-
nenden „Beilen und Halbbeilen" zusammengestellt.
Vgl. Bendiconti d. accad. dei Lincei ser. 5" XII S. 317 f. (Paribeni). Ballet, paletn.
ital. XXX S. 01 f.; 319 (Pigorini). Journ. d'archeol. numlsm. IX S. 161 f. Revue Beige
Neuntem. 1908 8. 292 (Svoronoe). Bvans Corolla Numismatica 1906 S. 386 f. Mosso
Le origini dellacivilta mediterranea S. 223 f.
1623 Bruchstücke tönerner Vorratsgefäße (Pithoi).
Ein Teil der Fragmente zeigt eingeritzte geometrische Muster,
eine andere Gruppe ist mit figürlichen Reliefstreifen (Tierreihen,
Pferdegespannen) verziert.
In der Vitrine am Fenster vom Zimmer XLIV:
1624 Altkretisehe Waffen.
Neben den schmalen Dolchen und Lanzenspitzen sind besonders
die bronzenen Doppelbeile bemerkenswert.
1625 Bronzene Votlvtiere (Binder).
Ans Hagia Triada vgl. Mosso Escorsioni nel Mediterraneo S. 164.
1626 Kopf eines Panthers ( ?) aus getriebenem Bronzeblech.
Der Kopf, der mit Nägeln auf einer Unterlage befestigt war,
schmückte offenbar die Mitte eines Schildes, vgl. n. 1627.
1627 Bronzebleche mit figürlichen Reliefs.
Die Blechstreifen mit weidenden Hirschen und die anderen hier
ausgestellten Bruchstücke, die zusammen mit n. 1626 in einem Tem-
pel auf dem Hügel von Phaestos gefunden wurden, sind offenbar Teile
eines oder mehrerer reichdekorierter Schilde derselben Art, wie die in
18*
276 DAS KIRCHERSCHE U. PRÄHIST. MUSEUM. 1628—1644.
der Zeusgrotte auf dem Ida gefundenen. Sie mögen dem 8. oder
7. Jahrhundert angehören.
Saggi di storia antica (Festschrift f. Beloch) 1910 S. 241 f. (Pernier).
Durch die Zimmer XLV — XLVIII, welche prähistorische Funde
aus Mittel- und Südamerika enthalten, hindurch kommt man zu dem
langen Korridor XLIX, der die antiken Steinskulpturen, Grabsteine,
tönerne und steinerne Aschen urnen und Inschriftsteine enthält.
Korridor XLIX.
Die Beschreibung beginnt mit den Objekten rechts vom Eingang
und endet mit jenen links vom Eingang.
1628 (3940) Köpfe einer Doppelherme des Apollon (mit Lorbeer-
kranz) und des Dionysos (mit Efeukranz).
1629 (3938) Statuette des Aleius Proculus.
Zu Füßen des in Tunika und Toga gekleideten Mannes steht ein
Aktenbündel.
Der Kopf ist aufgesetzt und nicht zugehörig. Ergänzt die Nase, ein Teil des
Halses, beide Hände mit einem Teil der Arme und den Attributen. Die Inschrift
auf der Basis: Corp. Inscr. Lat. VI 1335.
1630 (3963) Etruskische Aschenkiste aus Ton.
Die Vorderseite ist mit der (in dieser Denkmälergattung unzähli-
gemal wiederholten) Darstellung des thebanischen Brudermordes
verziert; vgl. n. 1644. Auf dem Deckel lagert eine Frau — das
Abbild der Verstorbenen — mit einem Blattfächer in Händen. Die
polychrome Bemalung des Kopfes und des Fächers ist gut erhalten.
Vgl. die steinernen Grabkisten Bd. I 8. 272. Über die Darstellungen des theba-
nischen Brudermordes vgl. Brunn-Körte I rilievi delle urne etrusche II S. 32 ff.
1631 Figur eines auf einer Kline gelagerten Mannes, von einem
römischen Grabrelief.
Der Mann hält in der B. einen Kranz mit Tänien, in der L. einen
Trinknapf, der jetzt durchbohrt ist (anläßlich einer späteren Ver-
wendung).
De Ruggiero Catalogo S. 10 n. 20.
1632 (3935) Mädchenkopf.
Der Kopf ist eine Kopie nach einem griechischen Originale des
IV. Jahrhunderts v. Chr. Das Gesicht ist leider stark überarbeitet.
Ergänzt die Nase. Die Büste gehört nicht zu dem Kopf.
1633 (3934) Stehender Knabe mit Häschen.
Der Knabe, dessen Kopf porträthaft gestaltet ist, hält in der L.
ein Häschen, dessen Vorderfüße er festgebunden hat. Wohl eine
Grabstatue aus dem Anfang des 2. Jahrhunderts n. Chr.
Ergänzt der mittlere Teil des 1. Armes, beide Beine bis über die Knie mit
dem Stamm und der Plinthe, der Kopf des Tieres. Die Augensterne sind angegeben.
STEIN- SKULPTUREN. 277
1634 (3933) Porträtbüste eines erwachsenen Knaben mit Bulla und
Praetexta. Etwa aus der ersten Hälfte das 3. Jahrhunderts.
Ergänzt Nase und Büstenfaß. Der Kopf war gebrochen.
1635—37 (3960—62) Drei etruskische Aschenkisten mit Deckel-
figuren.
Alle drei, tragen auf den Vorderseiten Relief darstell ungen eines
mit einer Pflugschar kämpfenden Mannes (des sog. Echetlos). Vgl
unten n. 1871. Die mittlere der drei Kisten ist durch ihre präoh«
tige Polychromie ausgezeichnet. *
1638 (3970) Marmorsarkophag mit Deckelfigur.
Ergänzt ist das 1. Drittel des Deckels, der augenscheinlich nicht zu dem Sarko-
phage gehört.
Auf dem Deckel lagert mit aufgestütztem Kopf eine bekleidete
Figur, deren Kopf nur angelegt ist; neben ihr liegt (in übermäßig
kleinem Maßstab gebildet) ein schlafender Knabe, zu Füßen der
Figur ein Häschen, das an Früchten nagt. Auf der Vorderwand ist
in der Mitte ein jugendlicher Mann dargestellt, mit einer Rolle in
der L., mit Aktenbündel und Rollenbehälter zu seinen Füßen; r. und
1. zwei gleichartige Gruppen, von je 2 Eroten mitkämpfenden Hähnen,
dazwischen auf dreibeinigem Untersatz eine Ciste.
De Buggiero Catalogo S. 29, 114.
1639 (3932) Frauenkopf nach einem Typus der hellenistischen Zeit.
Ergänzt der Oberschädel und die Nase. Von der Büste ist nur die untere
Hälfte antik; vgl. Amelung Führer durch die Antiken in Florenz S. 35 n. 40.
Birt Die Buchrolle in d. Kunst S. 99. 101.
1640 (3931) Statue eines Eros.
Ergänzt sind die Nase, Teile der Locken und der Flügel, beide Arme, das 1.
Bein, der r. Unterschenkel, die Baumstütze und Plinthe.
1641 (3930) Büste des Kaisers Hadrian (?).
Ergänzt Nase und Büstenfuß.
1642 (3939) Etruskische Aschenkiste aus Ton.
Auf dem Deckel, der eine gelagerte Figur trägt, ist eine etruski-
sche Inschrift aufgemalt. Auf der Vorderseite die Darstellung des
n Verstorbenen am Hades-Tor".
1643 (3958) Tönerne Aschenkiste in Form einer Kline.
Auf der Kline, an der alle Einzelheiten (wie die Gliederung der
Beine, die oben mit Maultier- unten mit Pantherköpfen verzierten
Lehnen) sorgfältig nachgebildet sind, lagert ein Mann, während auf
dem Schemel davor zwei nackte Diener stehen.
Rom. Mitteil. d. arch. Inst. XVII S. 271 (Amelung). Ransom Studies in ancient
furniture S. 31.
1644 (3957) Etruskische Aschenkiste.
Die Vorderseite zeigt eine Darstellung des thebanischen Bruder-
mordes wie n. 1630.
278 DAS KIRCHERSCHE U. PRÄHIST. MUSEUM. 1646—1668.
1645 Kindersarkophag aus Marmor mit Beliefdarstellungen.
Die Mitte der Vorderseite nimmt ein Lorbeerbaum ein; links da-
von ist ein Knabe mit einer Gans, rechts ein kleines Knäblein mit
einem Spielwägelchen (vielleicht einer Rädermaschine, um gehen zu
lernen ?) beschäftigt. Rechts sehen wir einen von einem Maultierge-
spann gezogenen geschlossenen Wagen, darin Frau und Mann, erstere
mit einem Wickelkind auf dem Schöße, links einen gleichen Wagen,
in dem ein Elternpaar mit einem Kinde sich befindet, während über
dem Gespanne ein Eros schwebt. Gewiß ist in allen vier Szenen der-
selbe Knabe — eben der, dessen Reste der Sarkophag bergen sollte —
in verschiedenen Situationen seines kurzen Lebens zu erkennen. Ähn-
liche Darstellungen mit fortlaufenden Szenen aus dem Kinderleben
kehren auch sonst auf Kindersärgen der römischen Kaiserzeit wieder.
Gefunden 1723 in Rom. Montfeucon L'antiquitö expl. Supplement V T. 42 ff.
Beschreibung Borns III 3 S. 498. Vgl. De Buggiero Gatalogo S. 53, n. 176. Über ver-
wandte Kindersarkophage vgl. Archftol. Zeit. XLIII 1885 S. 209 ff. (Wernicke).
1646 (3929) Knaben statue.
Ergänzt der Kopf, die r. Schulter mit dem Arme, beide Hände, das 1. Bein
von der Mitte des Oberschenkels an, der r. Unterschenkel, der Stamm, die Plinthe.
Wohl ein Werk der gleichen Art wie n. 1633.
1647 (3927) Kleine Marmorbüste des Caracalla (211—217) in Panzer
und Paludamentum.
Ergänzt die Nase, ein Teil der Unterlippe und die Büste. Vgl. Bernouilli Rom.
Ikonographie II 3 S. 51, 112.
1648 (3926) Mädchenkopf aus griechischem Marmor.
Der außerordentlich anmutige Kopf ist eine gute Kopie eines
Originals spät praxitelischen Stils aus der zweiten Hälfte des 4. Jahr-
hunderts v. Chr.
An der zweiten Längswand:
1649 (3925) Weiblicher Kopf aus schwarzem Marmor.
Der Kopf gibt ein Werk strengeren Stiles in der Art der sog.
SapphoKöpfe wieder.
Zwischen den beiden Türen zu Kabinett 53:
1650 (3952) Hennenköpfchen.
Die Herme gibt den Kopf einer durch andere Repliken bekannten
Knabenstatue aus dem zweiten Drittel des 5. Jahrhunderts wieder.
Vgl. Band I n. 1024.
Ergänzt die Nase und Teile der Locken. Atti dell'accad. pontif. Bomana di
archeol. Ser. II Bd. IX (1907) T. IV S. 120 (Amelung).
1651 (3991) Porträtbüste der Iulia Mamaea, der Mutter und Mit-
regentin des Severus Alexander (222 — 235).
Ergänzt ein Teil der Nase und des Kinnes. Bernouilli Rom. Ikonographie II
3 S. 110, 0.
STEIN -SKULPTUREN. 279
1652 (5152) Porträtbüste der Iulia Domna, der zweiten Gemahlin
des Septimius Severus (193 — 211).
Ergänzt die Nase und das Kinn. Vgl. Bemouilli Born. Ikonographie II 3 S. 40, 10.
1653 (3946) Weiblicher Porträtkopf.
Ergänzt ein Teil der Nase und des Kinnes.
Der Kopf wird für ein Porträt der Antonia, der Enkelin des
Augustus, erklärt, gehört aber erst einer späteren Zeit an.
1654 (3948) Männliche Porträtbüste aus buntem Marmor.
Aus der Zeit der Fla vier, dem Anscheine nach ein mißglücktes
Porträt des Vespasianus.
1655 Kopf eines Hermaphroditen.
Die Haare sind auf dem Wirbel zusammengebunden. Der Kopf
stammt von einer Gruppe ähnlicher Art, wie n. 1063 (Band I S. 601).
Auch hier liegt ein hellenistisches Original zugrunde.
1656 (3945) Büste des Serapis aus rotem Basalt.
Der Kopf auf satz ist abgebrochen, der Gott ist in Chiton und Hi-
mation gekleidet. Vgl. Band I n. 237 und 298, Band II n. 1931.
Bevue archeol. 1903 II S. 193 n. 22 (Amelung).
Zwischen den Köpfen und Statuetten sind zahlreiche marmorne
Aschengefäße verschiedener Größe aufgestellt. Die meisten tragen auf
umrahmter Tafel die Namen der Verstorbenen.
In der Mitte frei aufgestellt:
1657 (55) Grab -Ära aus Marmor mit Reliefs.
Auf der Vorderseite des Steins ist Pluton dargestellt, der die
widerstrebende Proserpina auf den Wagen hebt; ein Amor lenkt die
Zügel des Viergespanns, unter den Vorderfüßen der Pferde ringelt sich
eine Schlange. Das Feld darunter, das zur Aufnahme der Grabin-
schrift bestimmt war, ist leer geblieben. Die Nebenseiten sind mit
Lorbeerzweigen verziert. Der auf der Ära aufliegende, aber nicht zu-
gehörige Deckel, der nach dem Vorbild der Tempeldächer gestaltet
und verziert ist, trägt an den Ecken je einen Adler, im Giebelfelde
einen Kranz mit Tänien.
Bonanni Mus. Kirch. T. XXVI, 116. Montfaucon L'antiquite expliquee I T. 38.
Overbeck Kunstmythologie III S. 644 T. 18, 3. De Buggiero Catalogo S. 43 n.
141, 142. Altmann Die röm. Grabaltäre d. Kaiserzeit S. 159, 195.
1658. Grabplatte aus Fano.
Die unvollständig erhaltene Platte (aus Sandstein) trägt auf der
einen Seite in einem (von Fischgrätenmuster und Spiralenornament)
umrahmten Felde, das oben von einem fünf speichigen Bade (Symbol
der Sonne ?) bekrönt ist, eine Inschrift in etruskischem (oder einem dem
etruskischen nächstverwandten) Alphabet; auf der anderen Seite sind
in drei Reihen übereinander Figuren in überaus unbeholfener Zeich-
280 DAS KIRCHERSCHE ü. PRÄHIST. MUSEUM. 1669—1662.
nung eingeritzt. Oben erkennen wir r. ein Schiff, darunter Fische, 1.
einen Mann, zu dessen Füßen ein Schild steht, vor ihm einen durch
schräge Wellenlinien bezeichneten Fluß, an dessen jenseitigem Ufer ein
Bauwerk steht (nach anderer Deutung wäre in „Schild", „Fluß" und
„Bauwerk" vielmehr ein Wagen mit laufenden Pferden zu erkennen).
Im mittleren Streifen sehen wir r. einen Krieger mit Schild und Helm,
vor ihm drei Krieger mit Lanzen, 1. einen Gefallenen. Im unteren
Streifen erscheint ein stilisierter Baum, auf dem eine Eule sitzt; von
hier aus schreitet ein Löwe nach 1. auf einen sitzenden Mann zu, der viel -
leicht auf der Vogeljagd zu denken ist, da ein oben in der Luft schwe-
bender Vogel von einem Wurfspeer durchbohrt zu sein scheint; die
ganz 1. sichtbaren Dreiecke hat man als Hütten erklärt. Die Grab-
platte gehört zu einer eigenartigen Gruppe von Grabstelen, die uns
durch die Ausgrabungen in der Nekropole von Novilara (in der
Landschaft Picenum) bekannt geworden ist. Vgl. n. 1660.
Rendiconti della r. accad. dei Lincei Ser. V Bd. XVII S. 681 f. (Mariani). Vgl.
Glotta II S. 265 f. (Lattes). Jacobsohn Altital. Inschriften 145.
1659 Mithrasgruppe aus Marmor.
Mithras stößt sein Messer in den Nacken des Stieres; Hund und
Schlange neben der Wunde, der Skorpion unter dem Bauche des
Stieres gehören zu dem üblichen Beiwerk dieser Darstellungen (vgl.
oben n. 1163). Schlechte Arbeit, schwerlich älter als die Mitte des
dritten nachchristlichen Jahrhunderts.
Cumont Textes et monuxn. fig. rel. aus mystöres de Mithra n 8. 217 n. 43.
1660 Grabplatte aus Novilara«
Die vollständig erhaltene, rechteckige Platte (aus weichem Sand-
stein) trägt auf der einen Seite in „etruskischen" Buchstaben (vgl. n.
1658) eine linksläufige 12 .zeilige Inschrift. Das Schriftfeld ist r. u. 1.
zunächst von einem Spiralengeschlinge, am äußeren Bande von
einem Zickzackornament, unten von einem Fischgrätenmuster be-
grenzt» oben ist ein f ünfspeichiges Bad (vgl. n. 1658) zwischen einem
Kreuz und einem rechtwinkligen Dreieck angeordnet.
Auf der Bückseite, die zuoberst wieder ein eingeritztes (vierspei-
chiges) Bad zeigt, sind in zwei Streifen übereinander Figuren in unbe-
holfener Konturenzeichnung eingeritzt. Oben sehen wir fünf Männer,
von denen zwei in einem Zweikampf begriffen sind; auf dem Boden
liegen drei Leichen Gefallener (?). Ein langgestrecktes Tier, einer
übergroßen Eidechse ähnelnd, trennt diese Gruppe von den Figuren
der unteren Reihe. Hier sehen wir 1. einen Mann, der mit einem
Stiere, r. einen Mann, der mit einem Bären kämpft. In der Dekora-
tion dieser wie der anderen picenatischen Stelen (vgl. 1658) beob-
achten wir die eigentümliche Kreuzung einer primitiven einheimischen
Volkskunst, die der geometrischen Darstellungsweise nahesteht, mit
STEIN -SKULPTUREN. 281
der sich auslebenden Ornamentik der spätmykenischen Kunst. Die
Platten werden auf Grund allgemeiner Erwägungen als Arbeiten des
6. Jahrhunderts v. Chr. angesehen. Die ethnische Zugehörigkeit der
in der Nekropole von Novilara Bestatteten ist noch strittig. Doch
scheint kaum mehr bezweifelt werden zu können, daß die Sprache
der Inschriften, ebenso wie die Formen des Alphabetes dem Etruski-
schen nächstverwandt ist. ,
Monum ant. dei Lincei V S. 1731. (Brizio). Monteliua Zivilisation primit.
en Italie T. 143, 4 u. 5 S. 707. Vgl. Neue Heidelberger Jahrb. 1896, 35 (v.Duhn).
Hörnes Urgeschichte d. bild. Kunst S. 637 f. Rendiconti della r. accad. dei Lincei
Serie V, II S. 775. 855. 1017 III S. 25. Hermes XXXI S. 465 XLIII S. 32f. (Lattes).
Bursians Jahresberichte f. Altertumswiss. LXXXVII S. 113 ff. (Deecke). Jacobsohn
Altital. Inschriften n. 144.
1661 (3953) Untersatz eines Marmorkandelabers.
Der dreiseitige Untersatz hat oben eine runde Einarbeitung, in
die der Marmorschaft des Kandelabers oder richtiger desThymiaterions
(vgl. Bandl S. 355) eingezapft und verdübelt war. Die drei Seiten sind
mit Reliefs von Eroten verziert, welche Schwert, Schild und Helm —
nach dem ursprünglichen Sinn der Komposition die Waffen des Ares
— davontragen. Die oberen Ecken sind mit vorspringenden Widder-
köpfen verziert, unten sitzen geflügelte Tierbeine an, zwischen denen,
wie bei den Bronzethymiaterien, Palmetten angebracht sind.
Bonanni Mus. Kircher. T. I 40. Montfaucon L'antiquite" expliquee T .50. Vgl.
Winnefeld Villa des Hadrian bei Tivoli S. 167. Hauser Die neuattischen Eeliefs
S. 109 n. 47a und oben Band I S. 231 n. 360.
Links vom Korridor XLIX liegen die kleinen Zimmer L — LIV.
Zimmer L.
Das Zimmer enthält vorwiegend ohristliche Altertümer.
An den Wänden sind Grabinschriften aus den Katakomben ein-
gemauert. Im Wandschrank ist vor allem die reiche Sammlung alt-
christlicher Lampen aus Ton und Bronze von Bedeutung.
V. Schultze Archäolog. Studien über die altchristl. Monumente S. 280 f. Venturi
toria dell'arte Italiana I S.46-f. 471. 340 II S.64öf.
Man beachte auch die bronzenen Gewichte in Form 4- und 8ecki-
ger Plättchen, die Spangen und Schnallen, sowie ein Bronze -Kruzifix
byzantinischer Arbeit aus San Callisto, ferner
in der dritten Abteilung:
1626 Graviertes Bronzebleeh mit Darstellung einer Eheschließung.
Das Blech, das wohl den Belag eines Kästchens bildete, zeigt
in grober Zeichnung des 4. nachchristl. Jahrhunderts Mann und
Frau, die sich die Hände reichen, zwischen ihnen einen bärtigen,
lorbeerbekränzten Mann, (einen Priester oder den Vater von Bräutigam
oder Braut), der die Hände auf die Schultern der beiden Eheschlie-
ßenden legt.
Bollet. d'arte dei ministero d. p. istruz. III S. 296; 29» (Paribeni).
282 DAS KIRCHERSCHE U. PRÄHIST. MUSEUM. 1668—1670.
1663 Bronzekasserole mit Reliefschmuck.
Im Inneren ist um eine Tritonmaske am Boden ein Figurenfries
angeordnet, in dem zwischen Seetieren zwei Fischer und zwei mit
Schiffern besetzte beladene Kähne erscheinen. Ein alexandrinisches
Erzeugnis, etwa aus der Zeit der flavischen Kaiser.
Garrucd Storia dell'arte cristiana VI T. 461, 1 — 3. Vgl. Bonner Jahrbücher CXVHI
S. 170 (Drexel).
An der Wand:
1664 Emailletafel mit dem Bilde Christi.
Etwa aus dem 12. Jahrhundert.
Gefunden bei S. Maria inTrastevere. Vgl. Venturi Storia dell' arte Italiana II
S. 648.
1665 Große Hängelampe ans Blei, mit Armierung und Ketten aus
Bronze. Etwa aus dem 10. Jahrhundert.
Gefunden in Born.
1666 Zwei Mosaikfragmente mit der Darstellung eines Fisches
und einer Qualle.
Die Stücke gehörten wohl zu einer größeren Meeresdarstellung.
Gefunden bei S. Frisca auf dem Aventin.
Im Glassohrank in der Mitte sind mittelalterliche und neu-
zeitliche Elfenbeinschnitzereien vereinigt, darunter
1667 Elfenbein-Kästchen mit Darstellungen ans dem Leben
Davids.
Auf dem Deckel ist Christus dargestellt, der das Herrscherpaar
segnet, im Streifen darunter das Paar der Donatoren. Darüber ist eine
griechische Inschrift angebracht; eine zweite läuft um den oberen
Band des Kästchens. Hervorragende Arbeit vermutlich noch aus
dem 9. Jahrhundert.
Graeven Frühchristi, u. mittelalterl. Elfenbeinwerke II 57 — 61. Monum. et
m6moires publ. par l'acad. des inacr. Fondation Piot VI S. 1 (101) f. (Schlum-
berger). Venturi Storia dell'arte Italiana II S. 599 f. Dalton Byzantine art and
archaeol. S. 221.
Zimmer LL
Altohristliche und mittelalterliche Denkmäler.
An den Wänden befinden sich Sarkophagplatten aus dem alt-
und neutestamentlichen Bilderkreis, einige auch mit lateinischen und
griechischen Inschriften, sowie mit christlichen Symbolen.
V. Schnitze Archaolog. Studien über altchristl. Monumente S. 257 ff.
In der Mitte:
1668 Stark fragmentierte Yase aus grauem Marmor.
Die Reliefs des oberen Streifens stellen die Anbetung des Christus-
kindes durch die Hirten und den thronenden Christus mit den Apo-
steln dar. Etwa aus dem 5. Jahrhundert n. Chr.
Im Jahre 1845 in Born gefunden. Vgl. V. Schnitze a. a. 0. S. 283 n. 120.
FRÜHCHRISTLICHE DENKMÄLER. 283
Darunter:
1669 (125) Das sogenannte Spottkruzilix.
Im Jahre 1856 worden am südwestlichen Abhang des Mons Pala-
tinos in der ehemaligen Vigna Nussiner eine Anzahl von Räumlich-
keiten freigelegt, die ohne ausreichenden Grund von den einen für ein
Pädagogium (Schule kaiserlicher Pagen), von andern für eine Wacht-
stube erklärt worden sind. In dem mittleren der drei kleinen vier-
eckigen Zimmer, welche sich an die halbkreisförmige Exedra an-
schließen, fand sich in dem Stucco eingegraben dieses Graffito, das aus
der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts herzurühren scheint. Wir
sehen an ein Kreuz geheftet einen mit dem colobium (der kurzen Tuni-
ka der Sklaven und Freigelassenen) und Schenkelbinden bekleideten
Mann mit einem Eselskopfe; links steht ein ähnlich bekleideter un-
bärtiger Mann, der zu dem Gekreuzigten der 1. Arm in der Gebärde der
Anbetung erhebt. Davor steht die Inschrift: kXs£diievog aißsrs deov ,
„Alexamenos betet zu seinem Gott". Man hat Zeichnung und In-
schrift in der Regel dahin verstanden, daß damit ein kaiserlicher Be-
diensteter einen cor istlichen Genossen als Verehrer eines eselköpiigen
Gottes verspotten wollte. Daß den Christen urd Juden bis ins dritte
Jahrhundert hinein der Vorwurf gemacht wurde, ; sie beteten einen
Gott mit einem Eselskopf an, ist durch anderweitige Zeugnisse — z. B.
des Tertullian — bekannt. Eine andere Erklärung geht von der Ver-
mutung aus, daß von gnostischen Sekten tatsächlich Christus mit
Typhon- Seth, der mit einem Eselskopf gebildet wurde, identifiziert
worden sein konnte, so daß das Graffito vielmehr als das Glaubens-
bekenntnis des Alexamenos, der einer solchen Sekte angehörte, auf-
zufassen wäre. Für diese Deutung hat man den Umstand geltend ge-
macht, daß rechts von dem Eselskopfe das Zeichen Y sich befindet,
das als geheimes Kultzeichen auf anderen Dokumenten des Typhon-
Seth-Kultes vorkommt; da es aber zweifelhaft ist, ob jener isolierte
Buchstabe wirklich zu dem Bilde gehört, wird man der älteren Auf-
fassung des „Spottkruzifixes4' den Vorzug geben.
Garrucci H crocifisso graffito in casa dei Cesari 1857. Vgl. Becker Spottcrucifix
(Breslau 1S66). Fr. X. Kraus Spottcrucifix vom Palatin (Freiburg 1872); Bealen-
zyklopadie der christl. Altertümer II S.774f. Garrucci Storia delT arte cristiana VI
S. 138. Daremberg-Saglio Dictionnaire des antiquites S. 1375. Marucchi Clements
d'archeol. chreüenne I S. 30 (deutsche Ausgabe S. 51). Wünsch Sethianische Ver-
flucbungstafeln S. 111. Dieterich Kleine Schriften S. 484. Melanges Boissier S. 803
(Hülsen). Böiger T/d-vg S. 323. Boschers Lex. d. Mythol. IV S. 774 (Boeder).
Zimmer LH.
In den Wandschränken rechts von der Tür:
Erste Abteilung.
1670 (221) Terrakottaplatte, sogenannte persische Artemis.
Die geflügelte Göttin wird durch Löwe und Panther, die an ihr
emporspringen, als Herrscherin des Tierreiches bezeichnet; als solche
284 DAS KIRCHERSCHE U. PRÄHIST. MUSEUM. 1671-1679.
gilt nach der gemeingriechischen Vorstellung in erster Linie Artemis ;
die Bezeichnung „persische" Artemis ist aber durch nichts gerecht-
fertigt. Der hier dekorativ verwendete Typus ist der griechischen
Kunst seit der ältesten Zeit geläufig.
Vgl. Beschreibung Korns II 2 S. 21.
1671 (216) Terrakotta, Beflügelte Göttin.
Diese rot und schwarz bemalte Figur (Kopf und Arm fehlen)
schmückte als Stirnziegel einen Tempel etwa vom Ausgang des sechs-
ten Jahrhunderts v. Chr. Über die nach ionischem Vorbild an den
altitalischen Tempeln üblichen Terrakottaverkleidungen und Akro-
terien vgl. Band I n. 437, 976, 1009 f. Band II n. 1508, 1510,
1514 f.
Vgl. Furtwängler Meisterwerke d. griech. Plastik S. 253. Endt Ionische Vasen
S. 50«.
1672 (804) Archaischer Terrakottafries, Tanzende Satyrn.
Der hochaltertümliche Fries, der in deutlicher Abhängigkeit von
ionischer Kunst steht, stammt wohl von einem mittelitalischen Tem-
pel des sechsten Jahrhundert».
Vgl. Milani Studi e materiali I S. 107. 109 (Fellegrini).
Zweite Abteilung.
Hier sind zahlreiche Terrakottaplatten der Band I S. 275 und
Band II n. 1491 besprochenen Art vereinigt, die teils als Verkleidungs-
platten, teils als Aufsatzplatten (über dem Dachrand), teils als Simse
verwendet waren.
1673 (817) Terrakottaplatte, Büste der Demeter.
Die Göttin ist mit langem wallenden Haar gebildet; sie hält in den
symmetrisch erhobenen Händen ein Büschel von Ähren und Mohn-
blumen; um jeden Arm windet sich eine Schlange.
Vgl. Campana Opere in plastica T. 16. Overbeck Griech. Kunstmythologie III
S. 510, 514 T. 16, 8. V. Rohden u. Winnefeld Architektonische röm. Tonreliefs der
Kaiserzeit (1911) S. 5. Gusman L'art decoratif de Borne II. Serie T. 19.
1674 (843) Terrakottaplatte, Nillandschaft
Zwei auf Pilastern ruhende Bogen umschließen phantastisch ge-
haltene Landschaftsbilder vom Nil zur Zeit der Überschwemmung.
Links sehen wir am Ufer eine runde Hütte, auf der ein Storch steht,
neben ihr auf einer Kline eine gelagerte Frau, im Vordergrund watet
ein Nilpferd in den Fluten des Flusses, während über einer rie-
sigen Wasserpflanze ein Krokodil kauert. Rechts steht im Hinter-
grund eine viereckige Hütte, auf deren Dach zwei Störche stehen, auf
dem Nile fährt ein Boot mit zwei pygmäenhaf t gebildeten Ruderern,
weiter vorne erscheinen ein Krokodil und ein Wasservogel. Ein Bruch-
stück eines ähnlichen Reliefs hat Museumsnummer 904. Im Gesamt -
charakter erinnert die Darstellung lebhaft an andere Nilbilder der
ZIMMER LH (TERRAKOTTAPLATTEN). 285
alexandrinischen Kunst, insbesondere an die Basis der Nilstatue
(Band I n. 34).
Die zahlreichen Repliken zeigen im einzelnen manche Abweichungen. Vgl. das
Fragment im Etruskischen Museum des Vatikans (Bd. I S.278) und das vollständige
Exemplar im Konservatorenpalast (Bd. I S. 576). Vgl. v. Rohden-Winnefeld Archi-
tektonische röm. Tonreliefs S. 18 S. 157, 159.
1675 (839, 840, 929) Terrakottaplatten, Kämpfe zwischen Ama-
zonen und Greifen.
Vgl.CampanaOpere in plastica T. 78 und oben 8. 275. v. Rohden a. a. O. T. XCIII.
1676 (844, 846, 885) Terrakottaplatten, Satyrn bei der Weinlese
und Kelterung.
Campana Opere in plastica T. 39, vgl. T. 40. Gombe Terracottas in the Brit.
Museum T. 33, 67. v. Rohden a. a. 0. T. CXXVf. S. 61, 63 f.
1677 (939) Terrakottaplatte, Schmückung einer Dionysosherme.
Ein Satyr und drei Frauen sind beschäftigt, eine Herme des bär-
tigen Dionysos zu schmücken und die Vorbereitungen zu einem un-
blutigen Opfer zu treffen. Die eine der Frauen (links) trägt eine Hy-
dria auf der Schulter und eine Art Situla (Eimer) in der R., die zweite
hält einen Fruchtkorb, aus dem der Satyr eben eine Traube nimmt,
die dritte (rechts) einen Weinzweig. Ein zweites vollständig erhal-
tenes Exemplar (1006) ist darunter aufgestellt.
Campana Opere in plastica T. 44. v. Rohden a. a. O. T. CXXXIV S. 50. Vgl.
Bull. d. Inst. 1884 S. 159 (P. J. Meier).
1678 (937) Terrakottaplatte, Hierodulen.
Zwei sogen. Hierodulen mit eigentümlichem kalathosartigen Kopf-
putz tanzen zu beiden Seiten eines Palladions. In solcher Tracht pfleg-
ten an den Festen peloponnesischer Städte die Mädchen ihre heiligen
Tänze aufzuführen. Der von der Kunst hierfür geschaffene Typus
erfreute sich großer Beliebtheit und ward auch unter die formelhaft
gewordenen Motive der römischen Dekorationskunst aufgenommen.
Vgl. Campana Opere in plastica T. 4. Müller- Wieseler Denkmäler der alten Kunst'
II, 2T. 20, 214a, S. 151. Hauser Neuattische Reliefs S. 94 f. v. Rohden a. a. O. S. 10 f.
1679 (841) Terrakottaplatte, Tierkämpfe im Zirkus.
Den architektonischen Hintergrund der Szene büden links ein
säulengetragener Bau, aus dessen Fensterbogen (Loge) zwei Zuschauer
mit lebhafter Teilnahme herabsehen, rechts ein von zwei Pfeilern
getragenes Gestell, auf dem 7 eiförmige Gegenstände aufliegen (vgl.
über diese Vorrichtung Bandl S. 219), ferner eine korinthische Säule,
auf der sich eine weibliche Statue erhebt. Zwischen den Säulen des
Untergeschosses des Zuschauerraumes bricht eine Löwin hervor
und springt von rückwärts gegen einen behelmten Gladiator an, wel-
cher, nach der andern Seite gewendet, sich eben mit Schild und
Schwert gegen einen von rechts heranstürmenden Löwen zur Wehr
setzt; ein zweiter Gladiator (mit flachem Hut) eilt hinter diesem her
286 DAS KIRCHERSCHE U. PRÄHIST. MUSEUM. 1680-1686.
und trifft ihn mit der Lanze im Nacken; unter dem Löwen liegt vorn-
über niedergestürzt die nackte Gestalt eines Mannes.
Campana Opere in plastica T. 93 rechts, v. Bonden a. a. O. T. 4 LXXIVS. 140
276. 8. 22*.
1680 (838) Terrakottaplatte, Stieropfernde Niken. Vgl. Museums-
Nr. 938. 896, 880, 882, 877, 878, 1088.
Diese Gruppe, die in mancherlei Varianten und in allen Denkmä-
lergattüngen wiederkehrt, ist hier rein dekorativ verwendet.
v. Rohden av. a. O. T. XCII. CV 8. 67. 285. 291.
1681 (935) Bruchstück einer Terrakottaplatte, Theaterszene
Das Belief stellte eine Komödienszene vor der Dekorations-
wand (Proskenion) des Theaters dar. Erhalten ist nur das 1. Drittel
vollständig, von dem andern Teil die oberen Partien. Die Vorderwand
des Schauspielhauses ist als eine von drei Türen durchbrochene Qua-
derwand gebildet. Korinthische Säulen, die der Wand vorgestellt
sind, tragen ein Gebälk, das über den Säulen zwischen den drei Türen
vorgekröpft erscheint. Über den Türen sitzen kleine Giebel auf, auf
den horizontalen Teilen des Daches stehen Gefäße. Girlanden laufen
von Kapitell zu Kapitell. Auf einem vor der 1. Tür stehenden Altar
sitzt ein Schauspieler in Maske und Kostüm eines Sklaven, der sich
offenbar aus Furcht vor drohender Strafe in den Schutz der geheiligten
Stätte geflüchtet hat. Rechts vor der mittleren und der rechten Türe
standen, wie vollständigere Exemplare dieser Platte zeigen, zwei
Männer in heftiger Streitrede. Vgl. oben n. 1481.
Dörpfeld u. Reisen Das griechische Theater S. 360. Puchstein Die griech. Bühne
S. 27. v. Bohden a. a. O. S. 143.
1682 (933) Terrakottaplatte, Pelops und Hippodameia.
Vgl. Band I S. 278 n. 444.
v. Bohden a. a. O. S. XXIII S. 117f. 260.
1683 (934) Terrakottaplatte, Theseus und Aigeus.
Dieses Belief wurde einst auf Nestor gedeutet, der dem verwun-
deten Machaon einen Labetrunk reicht (Sias X 624 ff . ). Die richtige
Erklärung gibt die Theseussage. Theseus, fern von seiner Heimat in
Trozen aufgewachsen, ist nach Athen zurückgekehrt und lebt uner-
kannt bei seinem Vater Aigeus. Nur dessen zweite Frau, die ränke-
süchtige Medeia, weiß um die Abkunft des Fremdlings und sie veran-
laßt durch allerlei Vorspiegelungen den Aigeus, jenem einen Gifttrank
reichen zu lassen; aber im entscheidenden Augenblick erkennt Aigeus
seinen Sohn an der Soheide des Schwertes, das er selbst in Trozen zu-
rückgelassen hat. Diesen Augenblick führt uns das Bild vor Augen;
schon setzt Theseus, der auf dem Stuhle sitzt, die Schale an den Mund,
da tritt der greise Aigeus eilig auf ihn zu, faßt mit der B. die Schale
ZIMMER LH (TERRAKOTTAPLATTEN). 287
und packt mit der L. den Sohn beim Arme; neben ihm steht aufmerk-
sam zuschauend eine jugendliche Frauengestalt.
Campana Opere in plastica T. 68. Combo Terracottas of the Brit. Museum T.XII,
20 (erweitert), v. Rohden a. a. O. T. LIT S. 100. Vgl. Overbeck Gallerte her. Bild-
werke S. 421. Ann. d. Inst. 1863 S. 459 (Rutgers). Aren. Zeit. XLIII 1885 S. 282 f.
(Michaelis). Baumeister Denkmäler d. klass. Altertums III S. 1794.
1684 (931, 932) Terrakottaplatten, Trauernde Penelope, Odys-
seus' Fußwaschung.
Die beiden Bilder sind offenbar als Gegenstücke komponiert und
gehen in letzter Linie auf Werke der großen Kunst des fünften Jahr-
hunderts zurück. In dem einen Bilde sitzt Penelope auf einem Stuhl,
unter dem der Arbeitskorb steht, trauernd in sich versunken, in der
Haltung der bekannten Relieffigur (Band I S. 55 n. 89) ; hinter ihr steht
die Amme Eurykleia. Auf dem links fehlenden Stücke der Platte
war, wie ein vollständiger erhaltenes Exemplar zeigt, noch eine Grup-
pe von zwei Dienerinnen dargestellt.
Auf der zweiten Tafel ist die Szene, wie Eurykleia bei der Fuß-
waschung ihren Herrn an der Narbe erkennt, mit dramatischer Le-
bendigkeit dargestellt. Die Amme hat in freudigem Schreck das
Waschbecken umgestoßen; aber noch ehe sie aufspringen und rufen
kann, drückt Odysseus sie gewaltsam nieder und hält ihr den Mund
zu, indem er sich gleichzeitig umblickt, sorgend, daß noch jemand den
Vorgang bemerkt und verstanden haben könnte; denn hinter ihm
steht mit Chiton und Ziegenfell angetan der Hirte Eumaios, der in
derL. den Wanderstab, in derR. einen kleinen Napf trägt. Neben dem
Stuhl des Odysseus liegt schlafend ein Hund; ihn hier anzubringen,
wurde der Künstler gewiß durch die Erinnerung an den treuen Argos
veranlaßt, der seinen Herrn zuerst erkannt hat (Od. XVII 291).
Offenbar hat der Erfinder der Komposition, ohne sich genau an die
Erzählungen der Odyssee zu binden, den heimgekehrten Odysseus
umgeben von allen ihm treu gebliebenen Hausgenossen darstellen
wollen.
v. Rohden a. a. O. T. XXVIII S. 110. 252. Vgl. Thiersch Epochen der Kunst»
S. 430, 4. Winckelmann Monum. inediti I T. 161 S. 217 (die Fußwaschung). Gampana
Opere in plastica T.71 und 72 (auf der Platte mit Penelope links noch zwei Dienerinnen).
Baumeister Denkmäler d. klass. Altertums II S. 1048. Ann. d. Instit. 1867 S. 334 (Hei-
big); 1872 S. 203 ff. (Conze). Jahrbuch d. arch. Instit. II S. 171 (DÜmmler).
1685 (927. 928) Terrakottaplatte, Brustbilder von vier Göttern
(ein vollständiges Exemplar und ein fragmentiertes).
Einerseits sind der behelmte Ares und Zeus mit dem Szepter, an-
drerseits Hera (mit Diadem und dem schleierartig über den Hinter-
kopf gezogenen Mantel) und Athena (mit Helm und Aegis) einander
gegenübergestellt.
v. Rohden a. a. O. T. XCIV S. 3. 295.
1686 (863, 873, 879) Bruchstücke von Terrakottaplatten, Säulen-
halle mit Statuen. Vgl. n. 1688.
288 DAS KIRCHERSCHE U. PRÄHIST. MUSEUM. 1687-1696.
Dritte Abteilung,
1687 (1014) Plattenfragment mit Architekturdarstellung.
Über einem Giebel sehen wir auf hohem Sockel eine Statuengruppe
(Victoria neben einem Viergespann), auf dem flachen Dach daneben
eine Reiterstatue. Das Ganze stellte also einen Torbogen mit an-
schließenden Säulenhallen oder einen dreigeteilten Triumphbogen dar.
v. Rohden a. a. O. S. 154. Vgl. Campana Opere in plastica T. 89.
1688 (867, 868, 922) Bruchstücke von Terrakottaplatten, Säulen-
halle mit Statuen.
Die Bruchstücke gehören, ebenso wie die in der anderen Abtei-
lung ausgelegten Stücke (n. 1686), zu zwei in der Hauptsache gleich-
artigen, in Einzelheiten verschiedenen Typen von Terrakottaplatten,
die einen Ausschnitt einer mit Statuen gschmückten korinthischen
Säulenhalle zeigen. Bei dem einen Typus steht im mittleren Inter-
columnium eine Heraklesstatue, bei dem zweiten die Statue eines
Athleten mit Palmzweig. In den übrigen Intercolumnien sehen wir
Amphoren und Hermen sowie Athletenstatuen in verschiedenen Be-
wegungsmotiven, die uns zum Teil durch statuarische Repliken als
Kopien berühmter Originale erkennbar sind. Aus der Auswahl dieser
Statuen ergibt sich, daß die dargestellte Halle als Säulenhalle einer
Palästra anzusehen ist. Vgl. Band II S. 216.
Cainpana Opere in plastica T. 94f. v. Rohden a. a. O. S. 145 f.
In den Schränken rechts von dem Eingange sind in der oberen
Reihe Votivtiere (darunter eine säugende Sau) aufgestellt, ferner
1689 Terrakottastatuetten*
Hervorzuheben sind die Gruppe von Eros und Psyche, Ganymedes
mit dem Adler, eine Athenestatuette.
Eros und Psyche: Winter Die Typen der figürlichen Terrakotten II S. 230 8.
1690 Buccheroschalen mit seitlichen Stützen.
Gefäße, deren Schalenbecken, in Nachahmung der Metalltechnik,
von mehreren streifenartigen oder figürlich , gestalteten Stützen ge-
tragen werden, sind in der Buccherokeramik zahlreich vertreten. An
dem einen der hier aufgestellten Exemplare sind die Stützen als Streifen
gebildet, die mit einem Greifen verziert sind, an einem anderen
dienen weibliche Figuren als Stützen, vgl. Band I S. 335 n. 558.
Vgl. Fottier Catal. des vases du Louvre I S. 850. Walters Hist. of anc. pottery
II S. 303. Rom. Mitteil. d. archäol. Instit. XII T. I S. 26 f. (Petersen).
1691 Calener Omphalos-Schale mit Reliefs.
Rings um den Omphalos sehen wir im Innern der Schale ein von
Niken in schneller Fahrt gelenktes Viergespann, darin Athene, Ares,
Herakles und noch einmal Ares. Vgl. Band I S. 339 n. 566.
Pagenstecher Die calenische Reliefkeramik S. 71.
SAAL LH (TONGEFÄSSE). 289
In den mittleren Reihen des Schrankes stehen Tongefäße ko-
rinthischer und korinthisierender Art, schwarzfigurige Vasen (da-
runter eine Amphora mit dem Kampf des Theseus gegen den Mino-
taurus), ferner
1692 Altertümliches Salbgefäß in Gestalt eines behelmten
Kriegerkopfes.
Das sorgfältig modellierte und bemalte Gefäß wird einer ostgrie-
chischen (rhodischen?) Fabrik aus der Wende des 7. und 6. Jahrhun-
derts v. Chr. entstammen. Gleichartige Stücke sind auf Rhodos
Thera, Kos und an verschiedenen Punkten Italiens zutage gekommen.
Monum.ant. deiLincei XIV S.271 (Faribeni). Vgl. Gaz. archeol. 1880 S. 145, 160.
Bev. archeol. 1883 1 S. 848 (Heuzey). Perrot-Chipiez Hist. de l'art III S. 676. 697. Du-
mont-Chaplain Hist. de la ceram. gr. I S. 198. Köm. Mitteil. d. d. arch. Inst. V S. 320
(Heisch). Pottier Catalogue d. vases du Louvre I S. 151.
1693 Polychromes Salbgefäß in Gestalt eines Achelooskopfes.
Der gehörnte Kopf scheint an einem Stiernacken anzusitzen, so
daß er wohl als das Haupt eines stiergestaltigen Mischwesens nach
Art der Flußgötter anzusehen ist. Das Stück gehört nach Zeit und
Herkunft mit n. 1692 zusammen.
Monum. ant. dei Lincei XIV S. 276 f. (Faribeni).
1694 Rotfiguriger Krater, Artemis Phosphor os(?).
Die mit großen Flügeln ausgestattete Frau auf der Vorderseite,
die mit einer Fackel in der L. durch die Lüfte schwebt und von einem
vor ihr auf dem Boden laufenden Rehkalbe begleitet wird, ist als
Artemis Phosphoros gedeutet worden, obwohl die Beflügelung in der
Zeit, in der die Vase gemalt wurde (um 450 v. Chr.), sonst kaum
für Artemis nachweisbar ist. Auf der Bückseite ist eine fliehende
Frau dargestellt. Das Gefäß war schon im Altertum gebrochen und
mittelst Bronzespangen in grober Weise geflickt worden.
Monum. ant. dei Lincei XIV S. 306 (Paribeni).
1695 Rotfigurige Schale, Szenen aus dem Frauenleben.
Im Innenbilde sehen wir eine sitzende Frau, die einen Spiegel in der
L. hält, und vor ihr einen großen Arbeitskorb. Von den stark zer-
stoßenen Bildern der Außenseite zeigt das besser erhaltene zunächst
links eine Frau, die sich eine ungewöhnlich lange Binde um den Kopf
legt, vor ihr einen Jüngling in heftiger Gestikulation, rechts eine Frau,
die einen Faden vom Spinnrocken zieht. Mitte des 5. Jahrhunderts.
Monom, ant. dei Lincei XIV S. 301, 8 (Faribeni).
1696 (1480) Zwei Schüsseln mit je drei aufgemalten Fischen.
Diese Schüsseln, deren Büder ihre kulinarische Zweckbestimmung
veranschaulichen, gehören der letzten Zeit der unteritalischen Kera-
mik an.
Vgl. Furtwängler Berliner Vasensammlung S. 968 f. Walters History of anc.
pottery I 8. 467, IT S. 186.
H e 1 b i g : Führer. II. 3. Aufl. 1 9
290 DAS KIRCHERSCHE U. PRÄHIST. MUSEUM. 1697-1704.
Unter den mannigfachen Gefäßen mit eingeritzten und aufgemal-
ten Inschriften mögen noch hervorgehoben werden:
1697 Tönerne Urnen mit altlateinischen Aufschriften.
Diese Urnen wurden mit vielen anderen gleichartigen zusammen in
der Vigna S. Cesarioander Via Appia im Jahre 1752 gefunden. Nach den
Angaben des Finders bargen sie nicht die Aschenreste der Toten, son-
dern einzelne abgeschnittene Knochen (ossa resecta). Außen ist auf
jedem Gefäß der Name des Verstorbenen und das Datum seines.Todes
eingeritzt in Buchstaben, die in das 2. oder 1. Jahrhundert v. Chr.
weisen.
De Buggiero Catalogo S. 94 n. 352. Corp. Inscript. Lat. I S. 822 f.; VI 2 S. 1103
n. 8211 ff. Dessau Inscr. Lat. sei. II 7839.
In den unteren Reihen:
1698 Römische Tonlampen.
Darunter mehrere mit interessanten Reliefdarstellungen, einige
mehrdochtige, sowie etliche mit Bleiglasur überzogene Stücke.
1699 Schalenförmige Sparbüchsen aus Ton«
Über die Form dieser Sparbüchsen vgl. Band I S. 338 n. 563.
Eines der hier ausgestellten Exemplare zeigt auf dem Deckel in Relief
eine Victoria mit einem Zweig (in der L.) und einem Rundschild (in
der R.), auf dem in stark verwischten Buchstaben die Aufschrift steht:
annum novum favMum felicem; sie war also bestimmt, als Neujahrs-
gabe verschenkt zu werden. Ein zweites Stück zeigt unterhalb des
Einwurfschlitzes einen Mercur mit Heroldstab und Beutel, ein drittes
Mercur innerhalb eines Tempelchens, das durch vier Säulen mit
einem Giebeldach darüber angedeutet ist. Vgl. oben n. 1485.
Jahrbuch d. archäol. Instit. XVI 1901 S. 178 f. (Graeven).
Mittelschrank.
Im ersten Fache sind unter den mannigfachen Glasgefäßen hervor-
zuheben
1700 (1030) Bruchstücke einer Glasschale mit flachausgeschnit-
tenen Reliefs»
Die Schale, die ein ausgezeichnetes Beispiel des antiken Glas-
schliffes mit Gravierung bildet, wird durch ein fein gearbeitetes
Rahmenwerk in eine Reihe von Bildfeldern geteilt, welche Szenen des
Seelebens (fischende, badende, kahnfahrende Figuren) darstellen.
De Ruggiero Catalogo S. 253 n. 7.
Im zweiten Fache sind Elfenbein- und Bernsteinschnitzereien, so-
wie zahlreiche Spielwürfel vereinigt. Im dritten Fach: korinthische
Alabastra und Aryballoi, Tierfiguren aus Ton, ferner:
1701 (474) Schwarzfigurige Amphora, Herakles als Kitharöde.
Herakles (in der üblichen Ausrüstung mit Löwenfell und Köcher)
besteigt, die Kithara spielend, ein hohes Postament (Bema), zu dessen
SAAL LH (TONGEFÄSSE). 291
»
beiden Seiten auf Klappstühlen links Hermes, rechts vor Herakles
Athene sitzen. Auf der Rückseite sehen wir einen Jüngling, der mit
seinem Pferde vor einen sitzenden Greis (seinen Vater) hingetreten
ist, während hinter ihm eine Frau (wohl die Mutter) in der vorgestreck-
ten R. einen Kranz hält. Man kann zweifeln, ob wir hier ein typisches
Bild eines Epheben, der vom Kampffeld ins Vaterhaus zurückkehrt,
oder die individualisierte Darstellung eines der Dioskuren zu erkennen
haben, deren Heimkehr in ähnlicher Auffassung auf der berühmten
Exekiasvase des Vatikans (Band I S. 304 n. 480) veranschaulicht
wird. Der Art des Exekias steht die Amphora n. 1701 in Form, Orna-
ment und Zeichnung sehr nahe, ohne doch die gleiche technische
Meisterschaft, wie die signierten Stücke dieses Malers, zu erreichen. .
Monum. ant. dei Lincei XIV S. 283 f. (Paribeni).
1702 (486) Rotfigurige Schale, Jünglinge in der Palästra.
Aus der 2. Hälfte des 5. Jahrhunderts.
Monum. ant. dei Lincei XIV S. 305 (Paribeni).
1703 ,Rhodischer< Teller mit Tierfriesen.
Im Innern ist die Mittelrosette zunächst von einem ornamentalen
Streifen, dann von drei Zonen weidender Tiere umgeben; im ersten
und dritten Streifen erkennen wir Wüdziegen, im zweiten Damhirsche.
Die stark zerstörte Außenseite war oben ebenfalls mit einem Streifen
weidender Ziegen, darunter mit einem ornamentalen Streifen ver-
ziert. Der Teller ist ein ausgezeichnetes Erzeugnis einer ostgriechi-
schen Werkstatt des 7. Jahrhunderts und gehört in den Kreis der
Keramik, als deren Ausgangspunkt man Rhodos oder Milet betrachtet.
Monom, ant. dei Lincei XIV T. XXVI S. 279 (Paribeni). Vgl. Perrot-Chipiez
Histoire de l'art IX S. 681.
Saal LI1I.
Im Mittelschranke und in den Vitrinen an der Wand:
1704 Altitalische und altrömische Kupferbarren und Geldstücke.
In der Abteilung I des Mittelschrankes liegen formlose Kupferstücke
(aes rüde), deren Wert jeweilig beim Kauf und Verkauf durch die Wage
bestimmt werden mußte (aestimare, peraesetlibram) ; in der Abteilung II
einige flache „gemarkte Kupferbarren" (aes signatum), die aus vier-
eckigen Formen gegossen und wegen ihrer auf beiden Seiten angebrach-
ten Relief -Embleme (Dreifuß, Flügelpferd, Hermesstab, Schild, Anker)
als staatlich kontrollierte Stücke von Wertmetall angesehen werden
(etwa aus der 2. Hälfte des 4. und dem Anfange des 3. Jahrhunderts); sie
gehören verschiedenen mittelitalischen Städten an, der Barren mit dem
Pegasus trägt die Aufschrift Eomanom. In der Abteilung III und IV
liegen Stücke des sogen, aes grave; die meisten sind mit Wertzeichen
versehen, die römischen sind durch das Schiffsvorderteil auf dem
Revers kenntlich, während auf der Vorderseite bei den verschiedenen
19*
292 DAS KIRCHERSCHE ü. PRÄHIST. MUSEUM. 1706-1711.
Wertgrößen verschiedene Typen erscheinen; sie sind in älterer Zeit
noch gegossen, seit 217 v. Chr. (die kleinsten Nominale schon etwas
früher) geprägt worden. Die Münzeinheit ist der cw, der in zwölf unciae
geteilt wird; sein Gewicht, das anfänglich dem Pfunde (pondo =327%
gr) gleich war, ist im Laufe der beiden folgenden Jahrhunderte
bald allmählich, bald sprunghaft verringert worden (bis zum üncial-
und Semuncial-As). Ein großer Teil des aes rüde und der hier ver-
einigten Geldstücke stammt aus einem Massenfund metallener Weih-
geschenke am Lago di Bracciano (vgl. n. 17571) und liefert uns so den
Beweis, daß die dortigen Bäder schon im dritten Jahrhundert v. Chr.
viel besucht worden sind.
Vgl. Marchi L'aes grave del Museo Kircheriano (Born 1839). Marchi La stipe
tributata alle divinita delle Acque Apollinaii (Rom 1852). Mommsen Geschichte
d. röm. Münzwesens 1860. (Französische Ausgabe von Duc de Blacas 1865 — 75).
R. Garrucci Le monete dell' Italia antica 1885. Babelon Descript. des monnaies de
la Republique rom. 1885. Milani Aes rüde, signatum e grave, Bivista ital. di numismat.
IV 1891 S. 3f. Haeberlin Aes grave, Das Schwergeld Borns und Mittelitaliens 1910.
Willers Geschichte der röm. Kupferpragung 1910 S. I7ff.
In den niedrigen Schaupulten V— JX:
1705 Aes grave etruskiseher, umbrischer und kampanischer
Städte (wohl sämtlich erst aus der Zeit der Oberherr-
schaft Roms).
Die Typen sind verschieden je nach den verschiedenen Wertzeichen
und je nach den verschiedenen Städten und Münzstätten (die noch
nicht alle sicher bestimmt werden konnten).
Vgl. die Literatur zu n. 1704. Pauly-Wissowa Bealenzyklopadie II S. 1499 (Ku-
bitschek).
In dem Schaupulte beim Fenster sind zahlreiche geschnittene
Steine und Glaspasten ausgelegt.
De Buggiero Gatalogo S. 220 ff. 246 ff.
Im Wandschranke zwischen den beiden Türen liegen
im ersten Fach verschiedene Bronzetafeln mit Inschriften.
Im zweiten Fach:
1706 Bleitafel mit Liebesverwünschungen.
Dem Charakter der Kursivschrift nach gehört die Tafel etwa der
Mitte des letzten vorchristlichen Jahrhunderts an. „Wie der Tote,
in dessen Grab das Täfelchen niedergelegt ward", — so ungefähr
lautet der pathetische Erguß der eifersüchtigen Liebhaberin — „nicht
reden noch sprechen kann, so soll Rhodine für M. Licinius Faustus tot
sein, und nicht reden noch sprechen können. So wenig der Tote bei
Göttern noch bei Menschen Zugang erhält, so wenig soll Rhodine bei
M. Licinius Zugang finden; soviel soll sie ihm gelten, wie der Tote, der
hier begraben liegt. Vater Pluton, dir verwünsche ich Rhodine, daß
sie immer verhaßt sei dem M. Licinius Faustus. Dir verwünsche ich
auch den M. Hedius Amphio, den C. Popillius Apollonius, die Vennonia
Hermiona, die Sergia Glycinna."
SAAL LIII. . 293
1852 in einem Qrabe der Vigna Manenti an der Via Latina gefunden. De Buggiero
Catalogo S. 61, n. 105. Vgl. Corp. Inscript. Latin. I n. 818; VI n. 140. Dessau Inscr.
Lat. sei. II 8740. Audollent Defixionum tabellae S. 106 n. 130.
1707 Sechseckiges Bleigewicht mit griechischen Inschriften.
Das sechseckige Bleigewicht (384 Gramm) wird durch die grie-
chische Aufschrift nach der Amtszeit eines Magistrats datiert, dessen
Name und Titulatur anderweitig nicht bekannt ist, so daß die Hei-
mat dieses Gewichtsstückes sich noch nicht genauer bestimmen läßt.
Vgl. n. 1708.
1708 Viereckiges Bleigewicht
Das Gewicht (600 gr statt des Sollgewiohtes von 655 gr) hat die
Aufschriften 'IvccUköv einerseits, Ailuxqov (d. h. italische Bilibra,
Doppelpfund) andrerseits, mit den Namen eines römischen Beamten
(Statthalters?) T. Iu(lius?) Olatius Severus und eines Agoranomen
(Menestheus).
Die Bilibra soll bei den foci deir Astura zwischen Porto d'Anzio und dem Gap
Circeo, das Gewichtsstück n. 1707 in der Nähe des Albaner Sees gefunden worden
sein. Vgl. Secchi Campione d'antica bilibra Romana (Born 1885). De Euggiero Ca-
talogo S. 58 n. 191 f. Annali d. Instit. 1865 S. 191 (Schillbach). Inscriptiones Graecae
XIV n. 2417, 1 u. 2. Cagnat Inscript. Graecae ad res Born, pertin. I 524. Monu-
menti antichi dei Lincei I S. 157 ff. (Gamurrini).
1709 Bronzetafel mit Inschrift in faliskischem Alphabet.
Die Inschrift lautet: Menerva . sacru . La . Öotena . La. f .
preto(r). de . zewatwo . aententiad . vootum . dedet . cuando . datu . rected .
cuncaptum, d. h. etwa: Der Minerva geheiligt. Lars Cutenius, Lars1
Sohn, Praetor, hat auf Senatsbeschluß das Gelübde getan. Wie es
getan war, ist es ordnungsmäßig erfüllt worden ( ?). In der Sprache
der Inschrift scheint eine Vermengung von lateinischer und faliski-
scher Mundart, die dem Lateinischen nächstverwandt ist, vorzuliegen.
Aus Santa Maria de Falerii; die eine Hälfte 1860, die andere zehn Jahre später
gefunden. De Buggiero Catalogo S. 56 n. 188. Zvetaieff Inscript. Italiae mediae
dialecticae (1884) S. 58 n. 68. Corp. inscript. Latin. XI n. 3081. DeeckeDie Falisker
3. 156. Dessau Inscript. Lat. sei. n. 3124. Diehl Altlatein. Inschriften n. 128.
Im dritten Fach:
1710 Magisoher Nagel.
Auf seinemNagel sind mannigfacheTierdarstellungen und Inschriften
gnosti8chen Charakters angebracht, die zeigen, daß der Nagel in dem-
selben Vorstellungskreis wie die Abraxas-Steine entstanden ist.
De Buggiero Catalogo S. 63, 108. Vgl. Bull. d. antiq. de France 1804 S. 202 (Blan-
chet). Wünsch Zaubergerät aus Pergamon S. 43 f.
1711 Buch aus Blei.
Die beiden Deckelflächen tragen in der Mitte eine Büste in Relief,
die vordere die einer Frau mit Schleier, die hintere die eines bärtigen
Mannes. Darinnen befinden sich sieben durch ein Scharnier befestigte
dünne Bleitafeln, welche auf beiden Seiten mit einem unverständ-
lichen Gemenge griechischer, lateinischer und italischer Buchstaben
beschrieben sind und im oberen Drittel jeder Seite je zwei eingeritzte
294 DAS KIRCBERSCHE U. PRÄHIST. MUSEUM. 1712—1716.
menschliche oder tierische Figuren oder Symbole zeigen. Das Stück,
dessen Herkunft nicht aufgeklärt ist, wird als mystisches Buch basi-
lidianischer Gnostiker erklärt. Stil und Schrift zeigen jedoch einen
sehr auffälligen Charakter, so daß man wohl das Ganze als eine Fäl-
schung neuerer Zeit wird ansehen dürfen.
Vgl. De Euggiero Catalogo S. 6a— 70 n. 190.
1712 Eiserner Reif mit Inschriftplättchen.
An dem Eisenreif hängt ein bronzenes Plättchen mit der Auf-
schrift: fugi, tene me, cum revocaveris me dm (domino meo) Zomno,
accipis solidum, d. h. „ich bin entlaufen, halte mich fest, bringst du
mich meinem Herrn wieder, so erhältst du einen Solidus". Daß Reifen
mit ähnlichen Aufschriften bestimmt waren, von Sklaven am Hals
(oder Arm?) getragen zu werden, damit sie im Falle des EnÜaufens
leichter wieder eingebracht werden könnten, ist durch eine Reihe von
Beispielen sichergestellt. Bei dem Exemplar n. 1712 kann man wegen
des kleinen Durchmessers des Reifens und der Geringfügigkeit der
ausgesetzten Summe zweifeln, ob die Inschrift einem flüchtigen
Sklaven oder einem Hunde galt.
De Buggiero Catalogo S. 137 n. 508. Bruns Fontes iuris Romani8 S. 320. Corp.
Inscript. Latin. XV 7194. Dessau Inscr. Latin, sei. II 8731. Vgl. FrÖhner Coli. Dutuit
T. 75 8. 45. Berl. phil. Wochen&chr. 1007 S. 1215.
Im vierten Fach sind verschiedene Stempelmatrizen, im fünften
mannigfache Bleigegenstände ausgelegt, darunter Votivfigürchen der
Athene.
. Inv untersten Fach:
1713 Gußform für Bleifiguren.
Die Form aus Palombinostein (vgl. Bd. I S. 335 n. 564), die das
Negativ für einen von zwei Pferden gezogenen Wagen und drei auf
einer Stange sitzende Figürchen tragt, diente wohl zur Herstellung
eines kleinen Spielzeuges.
De Ruggiero Catalogo S. 210, 10.
Rechts von dem Durchgang in dem Korridor LIV:
1714 (3924) Relief aus mehrfarbigem Marmor.
Vor einem Torbau steht ein Jüngling mit seinem Pferde ; die Figur
des Jünglings und ein Stück des Pferdehinterteils sind aus der grau-
gelben Schicht des Steines gearbeitet, der übrige Teil der Platte ist
rot. Das Belief erinnert an das früher auf Antinous gedeutete Grab-
relief der Villa Albani n. 1877, das wiederum einem argivisohen
Relief mit dem Doryphoros des Polyklet nahesteht. Durch den archi-
tektonischen Hintergrund sowohl wie durch sein Material wird es der
Gattung der seit der hellenistischen Zeit beliebten dekorativen Relief -
bilder zugewiesen. Die Arbeit ist römisch.
Das argivische Relief: Athen. Mitteilungen d- arch. Instit. II T. 13. Friederichs-
Wolters Berliner Gipsabgüsse n. 504.
SAAL LIII. 295
An den Wänden auf Konsolen:
1715 (7873) Marmorstatuette einer kleinasiatisch-griechischen
Naturgöttin.
Ergänzt der Kopf mit dem daraufliegenden Gewand und der Turm-
krone, der Hals und beide Hände; ferner einige Partien an den Belief s
des Gewandes.
Die Figur ist nach der Weise der alten Idole in steifer Haltung
mit enggeschlossenen Füßen und vorgestreckten Unterarmen gebildet.
Vom Kopfe, der mit Kranz oder Diadem geschmückt zu ergänzen ist,
fällt hinten ein langer Mantel bis auf den Boden herab. Über den
Ärmelchiton ist ein schweres Obergewand gelegt, das mit einem breiten
Relief streifen geziert ist; dieser zerfällt in Nachahmung von Sticke-
reien, die an jenen alten Kultbildern wohl in Holzschnitzerei oder
getriebener Arbeit wiedergegeben waren, von oben nach unten in vier
Bildfelder, die in Widerspruch mit dem Gesamtcharakter der Figur
freie Motive einer jüngeren Kunstentwicklung zeigen. Im ersten
Felde sehen wir die Brustbilder einer Frau und eines Jünglings (Selene
und Helios oder Aphrodite und Ares?), im zweiten die drei Chariten
mit verschlungenen Armen in der bekannten Anordnung, im dritten
eine auf einem Seebocke reitende halbentblößte Frau (wohl Aphrodite
als Meerbeherrscherin), deren Sohleier sich bogenförmig über ihrem
Kopfe bauscht; im vierten drei geflügelte Eroten mit nicht deutlich
erkennbaren Attributen. Auch das Belief der Basis (zwei Tauben,
die eine Girlande halten) ist dem Kreis der Aphrodite entlehnt. Die
Reliefbilder des Gewandes sollen offenbar die verschiedenen Reiche
der Welt (Himmel, Erde, Meer) versinnbildlichen, als deren Beherr-
scherin die Göttin gedacht ist. Wir dürfen in der Statuette ein
Bild der im Kulte Vorderasiens heimischen Naturgöttin erblicken, die
an einzelnen Orten zu Aphrodite in Beziehung gesetzt wurde, so, wie
die in ihrem Wesen auf das engste verwandte Göttin von Ephesus von
den Griechen als Artemis bezeichnet wurde; auch der bildliche Typus
selbst ist gewiß beeinflußt von den gräzisierten Idolen jener ephesischen
Artemis (vgl. Band I S.222 n. 337). Da eine unserer Statuette ähnliche
Figur seitder augusteischen Zeitauf Münzen der karischen Stadt Aphro-
disias erscheint, so ist die Vermutung ausgesprochen worden, daß der
Typus der Statuette, der nooh durch eine Anzahl von ähnlichen Figu-
ren vertreten ist, auf ein Tempelbild in Aphrodisias zurückgehe.
Athen. Mitteil. d. d. arch. Instit. XXII T. 12 J. S. 363 f. (Fredrich). Vgl. Denk-
schriften d. Wiener Akad. d. Wissensch. XIX (1870) S. 41 ff. (Jahn, Europa). Berichte
d. sächs. Gesellsch. d. Wissensch. 1868 (Jahn, Codex Pighianua) S. 177 f. Friede-
rich Wolters Berliner Gipsabgüsse n. 1551. Fröhner Collection H. Hoffmann T. 23.
de Bidder Collection de Clercq IV T. 28 f.
1716 (7892) Statuette des Silvanus.
Der bärtige Gott, der einen kurzen gegürteten Chiton und Schuhe
trägt, ist durch den Pinienzweig in der L. und das schräg um den
Oberleib gelegte fruchtgefüllte Gewandstück charakterisiert.
Vgl. Koscher Lex. d. Mythologie IV S. 835 (Peter).
296 DAS KIRCHERSCHE U. FBÄHIST. MUSEUM. 1717-1725.
1717 (7890) Statuette der Athena.
Der Kopf ist antik aber nicht zugehörig. Am Körper sind der r.
Arm, der 1. Unterarm und das ganze untere Drittel ergänzt.
Der Torso der Figur aus italischem Marmor, an dem der Kopf ein-
gelassen, der r. Arm sowie der 1. Unterarm besonders angesetzt waren»
rührt von einer Replik einer künstlerisch hervorragenden Athena -
statue aus der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr. her, die uns be-
sonders durch die jetzt in Paris befindliche Athena Medici bekannt
geworden ist.
Jahreshefte d. österr. archäolog. Instit. XI Abb. 68 S. 185 (Amelung).
1718 Statuette eines Asklepios.
Kopf, Füße und Arme sind ergänzt.
Der Torso ist eine Replik einer durch andere Kopien bekannten
Asklepiosstatue der hellenistischen Zeit. Vgl. n. 1015 u. 1340.
Furtwängler, Masterpieces of gr. art S. 188*. Rom. Mitteil. d. archäol. Instit.
XVIII 8. 4 (Amelung).
Korridor LIV.
Bronzen.
Unter den jetzt im großen Wandschrank an der rechten Wand
aufgestellten Statuetten und Statuenfragmenten findet sich wenig
Bedeutendes; manches aus älterem Besitz stammende Stück ist von
zweifelhafter Echtheit. Die Typen der Beleuchtungsgeräte, Gefäße»
Henkel und Attachen, die hier zahlreich vertreten sind, wird man be-
quemer im Museo Gregoriano studieren. Wir heben aus ölen vielen
Stücken nur einige wenige von eigenartigem Interesse hervor.
Erste Abteilung.
1719 Zwei Kerzenhalter.
Über die Form dieser Kandelaber vgl. Band I S. 355. Der eine
wird von der Figur eines Diskobolen, der andere von der Figur eines
langhaarigen Mannes, der ein kurzes Schwert in der L. hält, bekrönt.
1720 Leuchter.
Der Schaft, an dem eine Taube emporklettert, ruht auf dem Haupte
eines nackten Jünglings, der in der gesenkten R. einen Diskos trägt,
während er die 1. Hand vor die Stirne hält. Der Untersatz wird von
drei menschlichen Beinen mit darüber gelegtem Gewand gebildet;
vgl. Band I S. 360 n. 597.
1721 Leuchter.
Ein Akrobat, der balancierend die Hände ausbreitet, trägt auf
seinem Kopfe den Schaft.
1722 Bronzelampen, darunter eine in Form eines Stierkopfes, mit
einem als Griff dienenden Halbmond zwisohen den Hörnern.
KORRIDOR LIV (BRONZEN). 297
Zweite Abteilung.
1723 Altetruskische Bronzegruppe eines Pflügerg.
Ein mit Hut, Chiton und Tierfell bekleideter Mann geht hinter
einem mit zwei Rindern bespannten Hakenpflug einher; das Joch
liegt auf dem Nacken der Tiere unmittelbar hinter den Hörnern auf.
Die Seile (die jetzt fehlen) gingen durch beide Hände und durch das
Joch. Der Pflug selbst besteht aus einem starken, gekrümmten Stück
(buris), das aus Holz zu denken ist; an seinem unteren hakenförmig
gekrümmten Ende ist mittelst Ringen ein Eisen (oder nur ein Bronze-
schuh) befestigt, der als Pflugschar (vomer) dient; die Sterze (stiva),
welche mit dem Krummholz aus einem Stücke besteht, ist mit einem
Querholze zum Auflegen der Hände versehen.
Man hat früher in der Gruppe Tarchon erkennen wollen, der
nach der etruskischen Sage beim Pflügen den Tages fand (vgl. Band
I n. 702), und hat dann auch die nebenstehende kleine Statuette der
Minerva als zugehörig betrachtet. Doch hat diese offenbar nichts
mit dem Pflüger zu tun. Die etwas schwerfällige aber lebendige Gruppe
des Pflügers ist gewiß das Weihegeschenk eines Ackermannes, der
darin ein Bild seiner Arbeit veranschaulichen wollte.
Aas der Gegend von Arezzo. Gori Museo EtniÄCO I T. 200. Micali Antichi monu-
raenti (Florenz 1810) T. 50, Monumenti per servire alla storia (Florenz 1833) T. 114.
Müller-Deecke Die Etrusker I 8. 218. Baumeister Denkmäler des klass. Altertums I
S. 13. Daremberg-Saglio Dictionnaire des antiquites I S. 355. Martha L'art etrusque
S. 510. Beschreibung Roms III, 3 S. 496. Vgl. den Pflug aus Telamon, Mllani Studi
e materiali di archeol. e numism. I S. 127.
1724 Zwei Statuetten gallischer Krieger.
Die eine Statuette zeigt uns einen lebhaft ausschreitenden Krieger,
der in der erhobenen R. eine (jetzt verlorene) Waffe, vielleicht eine
Axt schwang und mit der L. den Schild vorhält, die andere stellt einen
Krieger in ruhiger Haltung mit Lanze in der L., einen länglichen
Schild in der R. dar. Beide Krieger, die in ein kurzes hemdartiges
Gewand gekleidet sind, tragen an der r. Seite an einem um die Mitte
gelegten Gurt ein Schwert, ihre Helme haben die Form von Sturm-
hauben. Alle diese Eigenarten der Bewaffnung stimmen zu dem Bilde,
das wir nach literarischen Zeugnissen von den Galliern gewinnen, so
daß wir in den Statuetten Darstellungen gallischer Krieger erkennen
dürfen, die ein italischer Künstler gegen Ende des 3. Jahrhunderts
v. Ohr. geschaffen haben wird.
Ausonia II S. 281 f. (Paribeni). Reinach Rupert, de la statuaire IV S. 104, 116.
1725 Taube aus Bronze.
Auf dem r. Flügel ist eine etruskische Inschrift eingeritzt.
Aus Volterra. Bullet, d. Inst. 1845 S. 138. Fabretti Corp. Inscr. Italic n. 347.
Corp. Inscr. Etrusc. n. 53. Torp Etrusk. Beitrage I S. 93. Lattes Correzioni al Corp.
Inscr. Etrusc. S. 36.
298 DAS KIRCHERSCHE ü. PBÄHIST. MUSEUM. 1726-1737.
1726 Pilosartige Sturmhauben und Visierhelm aus Bronze.
Der Helm mit festem Nasen- und Wangensohutz mag ein unter-
italisch-griechisches Erzeugnis sein aus dem 6. oder 5. Jahrh. v. Chr.
Zu den Sturmhauben vgl. Band I n. 611.
1727 Schlendergeschosse (darunter auch einige griechischer Her-
kunft).
Die Griechen und Römer hatten seit alter Zeit Schleuderer im
Heere, deren Geschosse von meist olivenf örmiger Gestalt aus Stein
oder (wie in späterer Zeit gewöhnlich) aus Blei sich an Orten, die ein-
mal eine größere Belagerung durchzumachen hatten, in großer Anzahl
zu finden pflegen. Sie tragen häufig Inschriften, die bald einen Volks -
oder Stadtnamen, bald den Befehlshaber, bald Nummern und Bei-
namen der Legion angeben, endlich auch soldatische Witze und Wün-
sche, drohende oder höhnende Worte, die an den Feind gerichtet sind.
Ein großer Teil der hier ausgestellten Exemplare stammt von den in
Picenum, insbesondere in dem Gebiet von Asculum geführten Kämp-
fen des sogenannten Bundesgenossenkrieges (91 — 88 v. Chr.), ein an-
derer von der Belagerung der von Lucius Antonius verteidigten Stadt
Perusia durch Octavianus (40 v. Chr.). Die Fälschung hat sich dieser
Gattung der Anticaglien in ausgiebiger Weise zugewendet; auch von
gefälschten Schleuderbleien sind einige Proben hier ausgelegt.
Vgl. Corpus inscript. Latin. I S. 188 ff., IX S. 631 ff. Ephem. epigraphica VI
(Zangemeister). Bergk Inschriften römischer Schleudergeschosse (Leipzig 1876).
De Buggiero Gatalogo S. 82 ff.
Dritte Abteilung.
Im mittleren Fach:
1728 Figur eines auf den Händen gehenden Jongleurs.
Micali Antichi monum. T. 56, 1. Vgl. Sitzungsber. d. sachs. Gesellschaft d. Wissensch.
zu Leipzig 1878 S. 132 (Heydemann). Longpärier, Notice des Bronzes du Louvre
n. 613. Babelon-Blanchet Catal. des Bronzes de la Biblioth. nat. S. 426 n. 963.
Zwei weitere Statuetten eines rücklings auf Händen und Füßen
gehenden Jongleurs stehen im mittleren Fach der fünften Abteilung
dieses Wandschrankes.
1729 Obere Hälfte eines kleinen Skelettes.
Kleine Skelette, an denen Arme und Beine beweglich angebracht
waren, gehörten zu den beliebten Nippsachen der Kaiserzeit; wir
wissen, daß sie gelegentlich auch bei Gastmahlen von Hand zu Hand
gegeben wurden, um — nach einer alten Sitte (Herodot II 78) —
den Spruch zu versinnlichen: Oomedamus et bibamus, cras enim
moriemur.
Picoroni Gemm. antiqu. litterat. (Born 1758) T. VIII, 4 8. 96. Vgl. Longperier
Notice de bronzes ant. du Louvre n. 691. Walters Catalogue of bronzes in the Brit.
Museum n. 1682. Monum. ant. dei Lincei V. S. 10 (Lovatelli). Monuments et me-
moires de l'acad. des inscr. Fondation Piot V. S. 225 f. (Heron de Villefosse).
KORRIDOR LIV (BRONZEN). 299
1730 Kleine Bronzegruppe eines Popa und eines Camillus.
Der Popa trägt Opferbeil und Kessel, der Camillus mappa
und Schale. Vgl. n. 957, 1177, 1439, 1523.
L'arte II (1899) S. «9 und Fig. 3fr auf S. 52 (WUpert). S. Eeinach Reper-
toire de la statuaire III S. 146.
1731 Helmzierden in Form von Statuettengruppen.
Die zwei einander entsprechenden archaischen Statuettengruppen
von Kampfern waren als Zierrat eines altitalischen Helmes in der Weise
verwendet, daß zwischen ihnen der Helmbusch befestigt war. Die
in demselben Faobe befindliche Gruppe eines langhaarigen Jünglings,
der ein sich bäumendes Pferd führt, gehört der gleichen Zeit an und
diente in ähnlicher Weise als Helmschmuck.
Vgl. Ann. d. Inst. 1874 S. 46f. (Heibig).
1732 Kopf des Apollon.
Die Bronze gibt einen Typus der nachpraxitelischen Zeit wieder,
in welchem der Gott als anmutiger, schwärmerischer Jüngling aufge-
faßt war. Vgl. Band I n. 878.
Vgl. Wlnckelmarin Gesch. d. Kunst V, 5 § 27; VII, 2 f 20. Overbeck Oriech.
Konstmythologie IV 8. 120 („Apollon mit der Onkosflechte")*
1733 Köpfchen eines bärtigen Gottes aus vergoldeter Bronze.
Kopie nach einem feinen Original des 5. Jahrhunderts v. Chr.
1734 Jünglingskopf ans vergoldeter Bronze (mit einem Reifen im
Haar), in römischer Auffassung wohl ein Genius.
Vgl. Winckelmann Gesch. d. Kunst VII 2 § 20.
Im untersten Fach:
1735 Zwei Paar bronzene Beinschienen.
1736 Schönes Pferde-Kopfgeschirr.
Die Ornamente bezeugen griechischen Ursprung. Das Stück
mag in der späteren hellenistischen Zeit in Kampanien verfertigt wor-
den sein.
Vgl. Perniee Griech. Pferdegeschirr (56. Berliner Winokelmsnnsprogramm 1896)
8. 12. Notizie degli scavi 1897 S. 137 (Pasqui).
Vierte Abteilung.
1737 Bronzener Aufsatz in Gestalt einer Dionysosfigur.
Die Gestalt des jugendlichen Gottes, der mit Traube und Winzer-
messer ausgestattet ist, verschwindet von der Hüfte an in einem vier-
eckige]) Postament, an dem r. und 1. ein Fortsatz in Form eines nach
oben hackenartig eingebogenen Fingers ansitzt. Das Stück bildete,
wie ähnliche mit Besten von Wagen gefundene Exemplare zeigen,
die Bekrönung eines senkrecht eingesteckten Pflockes an der
Deichsel oder an dem Joche, wobei die seitlichen Fortsätze zur Auf-
nahme der Stränge dienten.
Über Stücke gleicher Verwendung vgl. Rev. d. etudes anciennes 1899 S. 167
(Lochst). Annales de la soc. d'archeol. de Bruxelles 1907 S. 293 (Cumont). Memoires
de la societe des antiquaires de France 1909 S. 146 f. 186 f. (Heron de Villefosse). Per-
driset Bronzes grecs d'ßgypte S. 85.
300 DAS KIRCHEBSCHE ü. PRÄHIST. MUSEUM. 1788-1746.
Im mittleren Fach:
1738 Drei Votivhände aus Bronze.
Zwei davon sind am Gelenk mit einer Schlange umwunden.
Von größerem Interesse ist die dritte Hand; sie ist an der Außen -
und Innenfläche, wie an den Fingern mit einer Anzahl von Tier-
gestalten (Schildkröte, Frosch, Eidechse) und anderen Gegen-
standen besetzt, welche apotropäische (prophylaktische) — übel-
abwehrende — Bedeutung haben, hatte also selbst den Charakter
eines Amuletts. Es sind über 30 solcher Hände bekannt; immer
ist die rechte Hand dargestellt, ihre drei ersten Finger sind aus-
gestreckt, die zwei letzten eingeschlagen, eine Gebärde, die wohl
selbst apotropäischen Charakter hat. Alle diese Hände gehören
der späteren römischen Kaiserzeit an. Über ihre religiöse Be-
deutung vgl. Band I S. 373 n. 654; Band II n. 1346 u. 1522.
Bonanni, Mob. Kircher. II 25 S. 88. Elworthy, Harns of honour S. 268, 242.
Vgl. O. Jahn, Aberglauben des bösen Blickes (Ber. d. sftohs. Gesellsch. d. Wissensch.
1855) S. 101. Arch.-epigraph. Mitteil, aus Österreich II S. 44 f. (Dilthey). Monum.
ant. dei Lincei I S. 170 (Lovatelli). Babelon-Blanchet Catal. des bronzes de la Bibl.
nat. n. 1064. Blinkenberg Archaolog. Studien 8. 71, 3; 78, 22; 8fr E 22. Bev. arch. 1905
S. 166 (Dussaud). Compte rendu de l'acad. d. inscr. 1906 8. 70 ff. (Cumont). Archiv
f. Eelig.-Wias. 1911 S. 118 f. (Perdrizet). Weinreich, Heilungswunder S. 16 ff. Boschers
Lex. d. Mytfaol. IT S. 245 ff. (Eiiele).
Im untersten Fache unter anderen Spiegeln:
1739 Birnenförmiger Spiegel mit lateinischen Inschriften.
Die Zeichnung zeigt einen bekränzten bärtigen Silen mit deut-
lichen Schweinsohren (Marsuas), der hüpfend in der B. einen Weih-
wedel schwenkt; r. steht auf hohem Postament ein reichdekorierter
Krater. Links im Hintergrund ahmt ein kleiner booksf üßiger Panisk
(Painsscos lautet die verschriebene Beischrift) possierlich-übertrei-
bend die Bewegung des Silens nach. Neben dem 1. Beine des Marsyas
läuft von oben nach unten die Inschrift: VibisPilipus cailavit, „Vifius
Philippus war der Graveur" — der übrigens hier gewiß nur eine ihm
vorliegende Komposition kopiert bat. Der Spiegel stammt wohl aus
dem 3. Jahrhundert v. Chr. ; vgl. Band I S. 358.
Aus Palestrina. Monum. d. Instit. IX T. 29, 2. Gerhard-Körte Etruskißche
Spiegel V T. 45. Vgl. Bullet, d. Instit. 1867 S. 67 f. (Benndorf). Corpus inscrip. Latin.
XIV n. 4098. Matthies Die pränestin. Spiegel S. 48.
Fünfte Abteilung.
Im mittleren Fache:
1740 Bronzener Eros auf Seepferd.
Die Gruppe bildete wohl den Schmuck eines hölzernen Möbel-
stückes.
Musei Kircheriani Aerea II 8. 59 (Contucci).
1741 Gravierte Ciste, Herakles im Kampfe gegen die Amazonen-
königin.
Vgl. über die gravierten Oisten Band I S. 368 und unten die Be-
merkungen zu n.1752.
KORRIDOR LIY (BRONZEN). 301
1742 Drei ClstenfüQe mit einer nackten weiblichen, auf dem r. Bein
kauernden Fliigelfigur, die ihr Haar ordnet, mit verschiedenen Attri-
buten (Tiermaske, Salbgefäß) zu beiden Seiten.
Vgl. Schumacher Praenestinische Ciste S. 27.
1743 Kleine Ciste.
Ihre Füße werden von den Figuren komischer Schauspieler (in
Maske, mit Korb in der L.) gebildet. Als Deckelgriff dient eine auf dem
Boden sitzende, ganz verhüllte Frauengestalt (im Typus griechischer
Frauen des 4. und 3. Jahrhunderts), die einen Sonnenschirm über
sich halt.
Aus Bolsena. Vgl. Ann. d. Instit. 1866 S. 179 n. 56 (Schöne).
1744 Drei Cistenfüße mit einer Relief gruppe: Poseidon und Gigant.
Der Gott, der einen jugendlich gebildeten Giganten über das
Meei hin verfolgt, hält in der L. den Dreizack, mit der R. faßt er den
Schild des Gegners. Ein Seeungetüm mit phantastisch gebildetem
Kopf beißt diesen in den 1. Schenkel, während ein zweites greifen-
artiges Ungeheuer neben seinem Haupte sich erhebt und mit dem
Schnabel den Rand des Schildes gefaßt hat. Die Gruppe ist eine
italische (etruskische oder latinische) Arbeit etwa aus dem 3. Jahr-
hundert v. Chr.
Aus Palestrina. Gori Mus. Etrusco I T. 124. Inghirami Monum. etruschi III 3
T. 17. Müller-Wieseler-Wernicke Denkm. alter Kunst II T. XVI 1. Vgl. Ann. d.
Inst. 1866 S. 191 (Schöne). Overbeck Griech. Kunstmythologie III S. 333. Mayer
Giganten und Titanen S. 300.
1745 Gewölbte Bundschilde aus Bronze vgl. Band I S. 361 n. 600,
Als Emblem tragen die gewölbten Blechrunde in der Mitte einen
(aus dem Blech getriebenen) Löwenkopf oder einen Widderkopf.
Sechste bis neunte Abteilung.
In diesen Abteilungen ist allerlei Bronzegeschirr vereinigt; in der
siebenten Abteilung ein- und zweiarmige Wagen (vgl. Band IS. 384
n. 696), Gewichte in Form von Büsten, von abgestutzten Kugeln
und flachen Scheiben, eine Sammlung von Schlüsseln , fernerkrumm-
zinkige Bronzegabeln (vgl. Band I S. 369 n. 633), Strigiles, sowie
alle Arten von Schmuckstücken und Toilettengeräten aus Gräberfunden
(zum Teile nicht italischer Herkunft); in der achten Abteilung: Schöpf-
kellen, eine Kasserole mit zugehörigem Siebe, Löffel, Glocken, eiserne
Messer u. a. m.; in der neunten Abteilung:
1746 Wasserleitungsröhren aus Blei.
Die Inschriften, welche auf den Bohren stehen, bezeichnen bald
die Werkstatt, in der die Bohren verfertigt wurden, bald die Be-
sitzer des Leitungswassers«
Ein Teil der Bohren stammt aus Ostia. Vgl. De Euggiero Gatalogo S. 142 ff.
Landau! Le acqne e gli acquedotti (Rom 1880). Corpus Inscript. Lat. XV 2 S. 90611.
302 DAS KIRCHERSCHE ü. PRÄHIST. MUSEUM. 1747—1762.
In der Ecke links:
1747 (7871) Große altertümliche Bronseamphora mit zugehörigem
Deckel und Gestell.
Die Ansatzstücke der horizontalen Henkel haben die Form von
Händen. Am Körper ist als Applique eine Löwenmaske angebracht,
deren Maulöffnung kein Loch in der Wandung des Gefäßes ent-
spricht; da der Löwenkopf auch im Stil unverkennbar von dem
übrigen sich unterscheidet, dürfte es sich um eine moderne oder
antike Zutat aus späterer Zeit handeln. Das Gefäß selbst stammt
etwa aus dem Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr.
1748 Teile einer Kline, die willkürlich zu einem Bronzesessel
rekonstruiert worden sind.
Antik sind die Metallteile der vier Beine, ferner die beiden Seiten-
lehnen (f ulcra), deren eine oben in einen Eselskopf, die andere in einen
Schwanenkopf ausgeht; am unteren Ende der ersteren ist eine be-
kränzte Silensbüste angebracht. Der an dem Sitzbrett umlaufende
Beschlag ist aus mehreren Stücken zusammengesetzt, von denen
einige ein schönes Ornament von Mäander und Rosetten (in einge-
legtem Silber) zeigen. Für die Form der Kline, zu der die Frag-
mente zu ergänzen wären, vgl. n. 1643.
Bansom Studios in ancient furniture S. 83. 100 f. Vgl. die Stücke des willkürlich
zusammengesetzten bronzenen BiseUiums im Konservatorenpalast Bd. I S. 548 n. 962.
Babelon-Blanchet Bronze* de la Biblioth. nat. 1156 u. 1880. Göttinger Nachrichten
1896 S. 76 (Mau). Coli. Dutuit S. 17 f. n. 26—28 (Frohner).
Freistehend an der Wand zwischen Fenster und Tür:
1749(7860) Kleine Bronzestatne des Dionysos.
Der Gott ist jugendlich nackt gebildet, mit Epheukranz im locki-
gen Haar, einer Nebris auf dem 1. Arm und mit Sandalen an den
Füßen; er setzt den 1. Fuß auf einen kleinen Panther, die R. hielt den
Thyrsos, die L. ein Attribut anderer Art. Das Werk gibt einen Typus
hellenistischer Zeit wieder; nach der stumpfen Behandlung der For-
men, die der Ziselierung entbehren, zu urteilen, ist es modern über-
arbeitet oder nur ein moderner Abguß einer antiken Bronzefigur.
Musei Kirkeriani Aerea II T. 22 S. 95 (Contucci). Vgl. Winckelmann Kunstge-
schichte VII 2 § 20. Von Heibig als moderner Nachguß erklärt.
1750 (7868) Figur eines nackten Knaben aus römischer Zeit
Wie die etwas vorgebeugte Haltung anzeigt, war die Figur be-
stimmt, mit den vor- und auseinandergehaltenen Armen ein großes
Becken zu tragen. Die Figur ist eine mittelmäßige dekorative Arbeit,
die in dem Garten einer römischen Villa ihren Platz gehabt haben wird.
Musei Kirkeriani Aerea II T. 20 S. 87 (Contucci).
KORRIDOR LIV (BRONZEN). 303
Davor im Glassohrank:
1751 (67 903) Bronzener Plattenpanzer.
Die Brustplatte ist mit drei im Dreieck angeordneten runden
Buckeln verziert — eine Dekoration, die auf die Verwendung ähn-
lich getragener einzelner Schutzscheiben zurückweist. Durch zwei
Seitenblätter unter den Achseln und zwei kleinere Plättchen über
den Schultern war das Bruststück mit dem Rückenstücke verbunden.
Nach dem Ausweise der Grabfunde und Vasenbilder sind solche
Panzer von den Bewohnern der Landschaften Italiens, vorzugsweise,
wie es scheint, von den Oskern im 4. und 3. Jahrhundert, getragen
worden.
Vgl. Schumacher Bronzen zu Karlsruhe S. 138 n. 713. Rom. Mitteil. d. Instit.
XI S. 266 ZU 8. 123 (Petersen). Jahrbuch d. arch. Inst. XXTV S. 149 (Weege).
Monuments et memoires de l'acad. d. inscr. Fondation Piot XVII (1910) T. XIII f.
S. 125f. (Merlin).
In dem Glasschrank vor dem ersten Fenster:
1752 Ficor (mische Ciste, Die Argonauten im Lande der Bebryker
in Bithynien* (Vgl. die neben dem Glasschrank aufge-
hängten Photographien der Zeichnungen der Ciste.)
Diese des künstlerischen Wertes ihrer Gravierungen wegen mit
Recht berühmte Ciste kann als das ausgezeichnetste Stück der ganzen
Gattung bezeichnet werden; auch durch ihre Größe überragt sie die
andern bisher bekanntgewordenen Cisten, mit denen sie übrigens in
der Form vollkommen übereinstimmt (vgl. Band I S, 358). Das Ge-
fäß ruht auf drei Löwentatzen, welche einen Frosch platt treten (einer
der Füße ist modern). Auf den Ansatzplatten der Füße ist eine
Gruppe von Eros zwischen Herakles und Iolaos angebracht. Wie
schon die unorganische Art, in der die Flügel an dem Bücken der
Mittelfigur ansitzen, vermuten läßt und wie andere Bildwerke be-
stätigen, haben wir es hier mit einer willkürlichen Umänderung
einer älteren Gruppe dreier Männergestalten zu tun, die zuerst in
einem griechischen Relief für die Darstellung von Herakles, Theseus
1 und Peirithoos nachweisbar ist. (Vgl. unten n. 1908.)
Den Deckelgriff bildet eine Gruppe von drei Figuren. In dem
unbärtigen Mann in der Mitte (mit Halsband, an dem die Bulle
hängt, reichgesticktem Mantel und Sandalen), wird man trotz
des Mangels aller charakteristischen Attribute einen Dionysos
im späten italischen Typus erkennen dürfen; er wird von zwei
Satyrn unterstützt, die durch spitze Ohren, Pferdeschwanz, um-
gebundene Felle und die Weingefäße gekennzeichnet sind (in
der jetzt ergänzten Hand des Satyrs rechts vom Beschauer ist
wohl ebenso wie bei dem andern Satyr ein Trinkhorn vorauszu-
setzen). Auf der aufgenieteten Platte, welohe dieser Gruppe als
Basis dient, ist der Vers eingeritzt: Novios Plautios med Botnai fecid,
304 DAS KIRCHERSCHE UND PRÄHIST. MUSEUM. 1752.
Dindia Macolnia fileai dedit, d. h. „N. PL hat mioh" — die Ciste ist
als Sprecherin gedacht — „in Rom verfertigt, Dindia Macolnia" —
eine Pränestinerin, wie der Name zeigt — „hat mich der Tochter ge-
schenkt11. Der Name der Macolnia erscheint nochmals in flüchtiger
Einritzung unter dem einen antiken Fuße wiederholt. Sprach- und
Buchstabenformen weisen die Inschriften in die Zeit vor Mitte des
3. Jahrhunderts; es fehlt aber bisher an einer ausreichenden Zahl
datierbarer lateinischer Urkunden, um genauer bestimmen zu kön-
nen, wie weit die Inschrift etwa noch über diese untere Zeitgrenze
hinaufgerückt werden könnte,
Der Deckel selbst ist reich graviert. Im Innenkreis sind zwei
Löwen und zwei Greife dargestellt, die gegeneinander anspringen -
einmal liegt ein Stierhaupt zwischen ihnen — ; außen herum ist ein
Streif mit Jagddarstellungen gelegt: Männer und Jünglinge (zum
Teil von entschieden italischem Typus) jagen zwei Eber, einen Hirsch
und eine Hindin. Die lebendig bewegte Komposition in ihrer frischen
und sorgfältigen Zeichnung zeigt vielfache Übereinstimmung einer-
seits mit griechischen Vasenbildern desselben Inhalts, andrerseits
mit den Jagddarstellungen auf dem sog. Alexandersarkophag aus
Sidon in Konstantinopel.
Künstlerisch noch bedeutsamer sind die Gravierungen auf dem
Körper der Ciste. Oben und unten sind zunächst breite Ornament-
streifen in der dekorativen Stilisierung der frühhellenistischen Zeit
herumgelegt; zwischen reichentwickelten Blumenmotiven und Pal-
metten sind im oberen Bande Medusenköpfe, im untern Paare von
Sphinxen, die sich wappenartig gegenübersitzen, angebracht. Der
Mittelstreif dazwischen wird von einer figurenreichen Komposition
ausgefüllt, die ihren Stoff der Argonautensage entlehnt.
Als auf der Fahrt naoh Kolchis, dem Lande des goldenen Vließes,
Iason und seine Gefährten an der Küste Bithyniens landen, da wehrt
ihnen Amykos, der König der Bebryker, die Benutzung der Quelle
und fordert die Fremdlinge zum Faustkampf heraus — die Kampf art,
in der er bisher jeden Ankömmling besiegt hat. Aus der Schar der'
Argonauten tritt ihm der Dioskur Polydeukes entgegen und besiegt
durch seine überlegene Kunst den Barbaren. Die Strafe des Unter-
legenen bildet den Mittelpunkt des Bildes. Mit Aufgebot aller Kräfte
schnürt Polydeukes die Arme des Amykos an einen Baumstamm, in-
dem er sich mit dem 1. Arm gegen den Baum stemmt. Beide Gegner
haben Fausthandschuhe, die die Unterarme bedecken und mit Riemen
umwunden sind; zornige Kraftanstrengung sind in dem Gesichte
des einen, Schmerz und Verzagtheit in dem des andern gut zum Aus-
druck gebracht. Rechts neben Amykos sehen wir dessen Mantel und
Schnürschuhe. Unten am. Fuße des Baumes kauert» wie schlafend,
der Sklavenknabe des Polydeukes, er hat den Mantel seines Herrn
KORRIDOR LIV (FICORONISCHE C1STE). 305
übergeworfen und hält dessen Schuhe und Schabeisen; daneben liegt,
an einem Riemen hängend, das ölf läschchen und eine Hacke, die zur
Bezeichnung des Kampfplatzes und zur Auflockerung des Bodens
gedient hat. Rechts steht Athena, die Beschützerin der Griechen
im Kampf gegen den Barbaren, die nur durch die Lanze in der L.
und die mit Medusenmaske und Sternen geschmückte schlangenum-
säumte Aegis als streitbare Göttin gekennzeichnet wird; sie ist reich
gekleidet und geschmückt und trägt im Haare einen goldenen dicht-
geschichteten Blätterkranz, wie deren so viele den italischen Gräbern
entstiegen sind. Über ihr schwebt, kleiner gebildet und fast völlig
entblößt, Nike mit Kranz und Siegerbinde auf Polydeukes zu. An
diese zentraleGruppe schließt sich beiderseits ein Paar von Zuschauern ;
links sitzt auf einer Amphora, mit beiden Armen trotzig seinen Speer
aufstützend, ein bärtiger Mann, in Haartracht und Gesichtszügen
dem Barbarenkönig nicht unähnlich und gewiß selbst ein Bebryker,
also vermutlich Mygdon, des Amykos Bruder und Nachfolger; neben
ihm steht, das Kinn nachdenklich auf den Arm stützend, ein bär-
tiger Mann mit mächtigen Flügeln, in dem wir wohl den im Bebry-
kerland heimisch gedachten Dämon Sosthenes, einen dem Boreas
wesensverwandten Gott, erkennen dürfen, der den Argonauten ihren
Sieg vorher verkündet hatte. Auf der andern Seite sitzt ein grie-
chischer Jüngling, der durch einen Kranz im Haar und ein Armband
italischer Form vor den andern ausgezeichnet ist, offenbar Iason,
der Führer der Argonauten; hinter ihm steht in bequemer Haltung
ein bärtiger Mann (in Rückensicht), den wir wohl Herakles benennen
dürfen, der nach späterer Sage auch an dem Zuge nach Kolohis teil-
genommen hat.
Rechts von diesen Figuren sehen wir das Schiff der Argonauten,
die Argo, die an einer freien Stelle zwischen den Uferfelsen ans Land
gezogen worden ist; von dem Buge des Hinterdeckes flattert eine
Tänie im Winde. Auf dem Verdecke sitzt ein Jüngling, der nach
dem Schauplatz des Kampfes ausblickt. Hinter ihm schläft, rücklings
hingelagert, einer seiner Gefährten; ein anderer ist an einem Vor-
ratssacke beschäftigt: nach dem Siege wird das Mahl gerüstet. Ein
Jüngling steigt eben auf einer an das Schiff gelehnten Leiter vom
Verdecke herab; er trägt eine kleine Henkeltonne und einen Korb,
aus dem ein Gewandstück hervorhängt. Auf dem Boden neben der
Leiter sitzt ein mit Schwert und Speer bewaffneter Jüngling, der an
seinem Schuh die Riemen zu ordnen scheint.
Diese Argonautengruppe, die noch in unmittelbare Beziehung zu
dem Kampfe des Polydeukes gesetzt ist, bildet den Übergang zu der
Szene am Quell, an dessen Wasser sioh die Griechen nun ungestört
erfreuen können. Die Quelle, die hoch aus dem Felsen sprudelt, ist
in ein Löwenmaul gefaßt. Über einer untergestellten Amphora spritzt
Hei big: Führer. II. 3. Aufl. 20
306 DAS KIRCHERSCHE UND PRÄHIST. MUSEUM. 1762.
das Wasser hoch aui, ein Argonaute labt sich eben aus einer großen
Schale, links hängt am Felsen eine ähnliche Schale zum Gebrauche
der Wanderer. Ein dickbäuchiger Silen, in einem Typus, den wir
durch italische Bildwerke kennen, sitzt neben dem Felsenquell,
mit den Fäusten auf seinen Wanst lostrommelnd; wie das derb ver-
gnügte Grinsen zeigt, mit dem er zu dem Jüngling links von ihm
emporblickt, will er mit dieser Gebärde dessen gymnastische Übung
parodieren; der aber läßt sich nicht stören und führt kräftige Schläge
gegen den an einem Baume aufgehängten Sandsack (oder Schlauch)
— eine beliebte Vorübung zum Faustkampf (vgl. Band I S. 387
n. 704). Weiter rechts sehen wir einen andern Genossen, der eine
schon gefüllte Amphora mit ihrer Spitze in dem weichen -Erdreich
festzustellen sucht. Oben auf einem Felsen ruht in anmutiger Hal-
tung der jugendliche Ortsgott, der nach italischer Sitte ein Hals-
band mit Bulla trägt und eine flatternde länie in der R. hält. Weiter
rechte sehen wir zwei junge Argonauten in traulichem Gespräch;
freundschaftlich legt der eine, der bloß mit einem metallbeschlagenen
Gürtel und mit Jagdschuhen bekleidet ist, seinen Arm um den Nacken
des andern, der in lässiger Haltung dasteht und durch seine Schiffer-
mütze wohl als der zweite der Dioskuren, Kastor, gekennzeichnet
werden soll; zwisoher ihnen am Boden hegt eine Amphora. Diese
schone Freundesgruppe hat der Künstler trennend und verbindend
zwischen die Szene am Quell und die Szene von Amykos' Bestra-
fung eingeschoben; daß beide in unmittelbarer Nähe voneinander
anzusetzen sind, zeigt die Amphora, auf welcher einer der Zu-
schauer des Hauptbildes sitzt. Denken wir uns den Bildstreifen in
einer Ebene aufgerollt, so nimmt dieses Hauptbild <iie Mitte ein zwi-
schen den Gruppen am Landungsplatze und den Gruppen an der
Quelle, zu der Amykos den Schiffern den Zugang hatte verwehren
wollen. So schließt sich die Komposition zu einem einheitlichen, wohl
abgewogenen Ganzen zusammen, das ebenso durch die Fülle schöner
Motive wie duroh die sorgfältige Durchführung aller Einzelheiten
immer von neuem erfreut und eingehende Betrachtung verdient und
verlohnt.
Zweifellos geht die Gesamterfindung in letzter Linie auf eine
Schöpfung der griechischen monumentalen Malerei zurück. Der Um-
stand, daß viele einzelne Motive schon in Bildern des Polygnotischen
Kreises sich nachweisen lassen, hat zu der Vermutung geführt, daß
die Komposition in ihrer Gesamtheit ein Wandgemälde Polygnots
wiedergebe. Aber auch wenn wirklich ein Gemälde mit gleichem
Bildstoff aus Polygnotischen Kreisen existiert haben sollte, das für
die Verteilung und Anordnung der Figuren maßgebend blieb, so
geht doch das Graffito der Ciste sowohl in zahlreichen einzelnen
Motiven wie durch die Art der Komposition — man beachte vor al-
KORRIDOR LIV (PICORONISCHE CISTE). 307
lern den Versuch, durch einen einheitlichen landschaftlichen Hinter-
grund das Bild zusammenzuschließen — weit über das hinaus, was
für die Malerei des 5. Jahrhunderts vorausgesetzt werden kann. Die
unmittelbare Anregung dürfte dem wohl aus Ka mpanien stammenden
Künstler der Ciste durch ein von einem griechischen Künstler ge-
fertigtes Gemälde aus der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts geboten wor-
den sein, das sich in Unteritalien, in Kompanien oder gar in Latium
selbst befand. Wenn auf der Ciste nicht nur zahlreiche Einzelheiten
in der Ausrüstung der Personen, in Schmucksachen und Geräten
die in Italien landesüblichen Formen zeigen, sondern auch ganze Fi-
guren, wie die der Athena, der Nike, des Silens, vollständig in der
Typik, die der italisch-griechischen Kunst seit dem ausgehenden
4. Jahrhundert geläufig waren, wiedergegeben sind, so wird das nicht
alles eist auf Rechnurg des Künstlers der Ciste, sondern zum guten
Teil auf die jenes vorbildlichen Gemäldes zu setzen sein, wenn wir
auch nicht imstande sind, festzustellen, bis zu welchem Grade der
Graveur selbständig seine Vorlage verändert hat.
Daß auch die Zeichnungen der Ciste selbst, die kaum vor 300
entstanden sein werden, von einer griechischen Hand herrühren,
scheint die liebevolle Sorgfalt der Ausführung zu beweisen. Sehr viel
geringer ist die Arbeit in den Gruppen der Cistenfüße und der Deckel-
figuren. Da die Inschrift des Plautios auf der Fußplatte der Deckel -
figuren steht, so hat man gemeint, Plautios hätte bloß diese Figuren,
nicht aber die Graffiti verfertigt. Allein zweifellos ist, daß die In-
schrift erst nachVollendung des Ganzen zugefügt worden ist, so daß wir
Kovios Plautios als den Besitzer jener Werkstatt ansehen dürfen, aus
der die Ciste hervorgegangen ist. Der Cistenfabrikant hat vermut-
lich die gegossenen Figuren, welche fabriksmäßig in größerer Zahl
hergestellt wurden — auch von unserer Deckelgruppe ist noch eine
Replik erhalten — , fertig bezogen, die gravierten Bleche aber in der
eigenen Werkstatt gefertigt. Die Ortsangabe „Romai" deutet darauf
hin, daß der Künstler nicht aus Rom selbst stammte, sondern aus
Präneste oder Ka mpanien, wo der Name Novius heimisch scheint,
zugewandert war; wie seiner künstlerischen Erziehung nach, so
könnte er recht wohl auch seiner Abstammung nach Grieche sein.
Wir erinnern uns dabei, daß ein Marcus Plautius, von Geburt ein
kleinasiatischer^Grieche, um dieselbe Zeit oder wenig später durch
seine (ebenfalls von lateinischen Versen begleiteten) Malereien im
Tempel von Ardea großen Ruhm und das Bürgerrecht erwarb.
Im Jahre 1738 in der großen Nekropole von Präneste in der Nähe der Kirche
San Kocco gefunden, einige Jahre später von Ficoroni erworben und dem Collegio
Romano geschenkt ( Justi Winckelmann II 8. 128). Musei Kirkeriani Aerea I T. 1—9.
Gerhard Btruskische Spiegel I T. 2. Marchi La cista atletica del museo Kircheriano
(Rom 1848). Bröndsted Den Ficoroniske Ciste (Kopenhagen 1847). E. Braun Die
ficoronische Ciste (Leipzig 1849). Baumeister Denkmäler d. klass. Altertums I S. 454.
Röscher Lexikon der Mythologie I S. 527. Wiener Vorlegeblätter für archäologische
20*
308 DAS KIRCHERSCHE ü. PRÄHIST. MUSEUM. 1763—1768.
Übungen 1889 T. XII. Martha L'art ttrusque S. 537. Vgl. O. Jahn Die ficoronische
Giste (Leipzig 1852). Ann. d. Instit. 1862 S. 15 ff. (Brunn); 1866 S. 151 ff., 203 (Schöne).
Mommsen Born. Geschichte V 8. 446, 478. Schumacher Pränestin. Giste zu Karls-
ruhe S. 26. Furtwängler Oriech. Meisterwerke S. 152. Wickhoff Die Wiener Genesis
S. 71. (Kleine Schriften III S. 103 u. 150.) Corpus Inscript. Latin. XIV n. 4112 u.
S. 328 ff. Jahreshefte d. österr. arch. Instit. XIII 1910 S. 117. Behn Die ficoronische Cista
1907. Zu der Reliefgruppe an den Füßen vgl. noch Petersen Ein Werk des
Panainos S. 8 f. Furtwängler Ant. Gemmen S. 189.
Hinter der Ficoronischen Ciste im Fenster links:
1763 Fragment einer griechischen Spiegelkapsel mit Relief, Gi-
gantenkampf.*) •
Die vollgerüstete Athena (mit dreifachem Helmbusch) schreitet
in lebhafter Bewegung rechtehin, indem sie mit der (weggebrochenen)
Lanze zum Stoße ausholt gegen einen Giganten (Enkelados), dessen
Kopf jetzt fehlt; er hat (jetzt fast ganz zerstörte) Schulterflügel, seine
Beine gehen vom Knie ab in Schlangenleiber über, während an den
Oberschenkeln die Andeutung tierischer Schuppen sich findet. Um
den 1. Arm hat er ein Fell gewickelt, mit der B. hebt er das Schwert
mehr zur Abwehr als zum Schlag. Das fein gearbeitete Relief erinnert
in der Gestalt des Schlangenfüßlers an die späteren Darstellungen
der Gigantenkämpfe, wie sie der jetzt im Berliner Museum befindliche
Altar von Pergamon vor Augen stellt, doch wissen wir, daß dieser
Typus in der attischen Kunst schon bedeutend früher bekannt war.
Man wird daher das Bronzerelief, das in seiner gehaltenen Art den
Stil der vorpergamenischen Epoche zeigt, noch um die Wende des
4. und 3. Jahrhunderts ansetzen dürfen.
Journal of hellenic studies IV S. 90 (A. H. Smith). Röscher Lexikon der Mytho-
logie I S. 1666 (Kuhnert). Vgl. Berichte d. sachs. Gesellsch. d. Wissensch. 1878 S. 131 f.
(Heydemann). Mayer Giganten und Titanen S. 396. Festschrift f. O. Benndorf S. 72
(Winnefeld). Boilet. d'arte del ministero d. p. istruz. HI S. 196 (Della Set»).
1754 Kleines ausgeschnittenes Bronzerelief eines Herakles.*)
Herakles schreitet rechtehin mit der Keule in der erhobenen R. ;
das Relief gehört vermutlich zu dem Beschlag eines Kastchens. Grie-
chische Arbeit der Zeit um 500 v. Chr.
Vgl. Röscher Lexikon der Mythologie I 8. 2150. Olympia IV S. 108 (Furtwängler).
Rechts:
1755 Fragmente von Bronzestreilen mit archaischen Reliefs in
getriebener Arbeit*)
Diese Reliefstreifen sind aus denselben Stempeln geschlagen, wie
die Reliefs von Bomarzo im Mus. Gregoriano I n. 747, und müssen
gleicher Herkunft wie diese sein; vgl. Band I S. 401.
Vgl. Schumacher Pranestinische Ciste xu Karlsruhe S. 58 f. Matthiet, Die
pränestin. Spiegel S. 22 f.
*) Dieses Stück war zur Zeit der Drucklegung vorläufig von seinem Aufstellunga-
olatze entfernt.
KORRIDOR LIV (BRONZEN). 309
Zwischen dem ersten und zweiten Fenster an der Wand:
1756 Pränestinigeher Spiegel: Polydeukes und Amykos (vgl. die
daneben ausgehängte Zeichnung).
Links steht Pollux (Poloces), der, völlig naokt, nur mit den Faust-
riemen ausgerüstet, seinen Gegner zum Kampfe herauszufordern
scheint ; rechts auf einem zubehauenen Blocke (Altar?) sitzt, ebenfalls
nackt und mit Faustriemen bewehrt, Amykos (Amuces). Hinter
Amykos steht mit Zepter in der L. eine bekleidete Frau; die neben
ihrem Kopf am Grunde angebrachte Mondsichel und die Beisohrift
Losna lehren, daß der Künstler diese Frau als die Mondgöttin Luna
angesehen wissen wollte; ob er selbst erst willkürlich die in andern
Amykosbildern anwesende Minerva (vgl. n. 1752) in solcher Weise
umdeutete, oder ob er einer anderen Vorlage folgte, in der eine als
Mondgöttin deutbare göttliche Vertreterin des Bebrykerlandes eine
Stelle erhalten hatte, mag dahingestellt bleiben. Der Spiegel, der
nach Zeichnung und Ornamentik nicht vor der 1. Hälfte des 3. Jahr-
hunderts verfertigt sein dürfte, soll zusammen mit der Ficoronischen
Ciste n. 1752 gefunden worden sein.
Gerhard Etrusk. Spiegel II T. CLXXI ; III 8. 165. Vgl. Jahn Ficoron. Ciste S. 56 f.
Schumacher Pränestin. Ciste S. 71. Boscher Lex. d. Mythol. II S. 2150. Matthiea
Die pränestin. Spiegel S. 45 f. 71 f.
Im Glasschranke vor dem zweiten Fenster:
Im unteren Fach:
1757 Votlvgefäße aus Silber und Bronze.
Diese Gefäße wurden im Jahre 1852 bei Vicarello am Lago
di Bracciano zusammen mit Tausenden von Münzen (vgl. S. 292)
gefunden. Wie ihre Inschriften beweisen, haben wir es hier mit Weih-
geschenken für Apollon und die Nymphen zu tun, welche die Be-
sucher der seit Alters berühmten Heilthermen am See von Bracciano
als Tribut frommer Dankbarkeit hinterlassen haben, vgl. Band I
S. 378 n. 676. Neben Schalen und Bechern fällt ein fragmentiertes
Silberkännchen in die Augen, auf dem (in Belief) ein Pan mit einem
Korb Trauben in der L., einem Thyrsos in der R. dargestellt ist.
Marchi La stipe tributata alle divinitä delle Acque Apollinari S. 185. De Ruggiero
Catalogo 3.102t Corpus Inscr. Lat. XI 8.496.
Im oberen Fache:
1758 Vier Silbergefäße in Form von Meilensäulen.
Auf diesen ebenfalls in Vicarello gefundenen Gefäßen sind in vier
Kolumnen die Namen und Entfernungen der Tagesstationen auf der
Strecke von Gades (Cadix) nach Born aufgezeichnet; die Gesamt-
summe der einzelnen Distanzen ist auf der Basis angegeben, und
zwar auf zwei Itinerarien mit 1841 Tausend Schritt, während die
beiden andern um weniges abweichen. Die Gefäße, die von unglei-
310 DAS KIRCHERSCHE U. PRÄHIST. MUSEUM. 1769-1765.
eher Größe sind, stammen aus verschiedenen Zeiten (die größeren
aus der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts, das kleinste aus dem 3. Jahr-
hundert n. Chr.) und rühren offenbar von Kurgästen her, die aus
dem südlichen Spanien nach Rom und von dort an den See von Brac-
ciano gereist waren. Die Inschriften sind vermutlich eile von einem
und demselben Stationenverzeichnis, das wohl in Gades auf einem
öffentlichen Denkmal eingetragen war, abgeschrieben; die Silber-
arbeiter, die mehr den dekorativen als den praktischen Zweck im
Auge hatten, haben dabei einzelne Kürzungen vorgenommen, und
im übrigen durch viele unbeabsichtigte Zeilenauslassungen und
Fehler den Urtext in mannigfacher Weise entstellt.
Marchi La stipe tributata alle divinitä delleAcque Apollinari. De Ruggiero Ca-
talogo S. 102 f. n. 402 — 410. Corpus Inscript. Lat. XI 3281—3284. Jahreshefte d.
österr. arch&ol. Instit. V S. 22 f. 54» (Kubitechek).
1759 Kleiner Bronzebecher mit Sllberplattiertmg.
Der feingearbeitete Becher ist mit aufgelöteten Palmetten, Trau-
ben und Blätter verziert und mit Silber plattiert.
De Ruggiero Catalogo 8. 231 n. 22. Zur Technik vgl. Bonner Jahrbücher d.
Altertumsfreunde CXVin S. 202 (Drexel).
Dahinter im Fenster links:
1760 Kopf einer Meduse mit lateinischer Künstlerinschrif t *)
Der Kopf, der den Medusentypus der hellenistischen Zeit zeigt;
ist geflügelt; durch die langen Haare winden sich Schlangen. Auf
dem Halse steht die Inschrift C. Ovio Ouf fec(i)t. Caius Ovius von
der Tribus Oufentina war also der Künstler, der dies Stück gefertigt
hat; er wird etwa um die Mitte des 2. Jahrhunderts, vermutlich in
Latium (Präneste?) tätig gewesen sein.
Vgl. O. Jahn Ficoron. Ciste S. 61. Bitachl Priacae Latinit monum. epigraph.
T. I C. Mommsen Die unter italischen Dialekte S. 305. Corp. Inscr. Lat. I 51. XI
6720, 20.
Darüber:
1761 Bronzeblech mit Münzporträts. *)
Auf dem Blechstücke sind die Gewandbüsten eines älteren, un-
bärtigen lorbeerbekränzten Mannes, eines Kindes und einer Frau
aus Formen geprägt. In dem Manne hat man den Kaiser Traianus
Decius (f 251), in der Frau dessen Gattin Etruscilla, in dem Kinde
den Sohn Herennius erkennen wollen. Die ursprüngliche Bestim-
mung des Bronzebleches, das von mehreren Nagellöchern durch-
brochen ist, bleibt unklar.
Böm. Mitteil. d. arch&ol. Instit. XXI 8. 83 f. (Staehlin).
1762 Bronzene Zierstücke und Attaehen. *)
Hervorzuheben sind verschiedene komische, tragische und Silens-
masken, ferner ein kleiner schlangen würgender Herakles (Applike).
*) Dieses Stück war zur Zeit der Drucklegung vorläufig von seinem Aufstellungs-
platze entfernt.
r
KORRIDOR LIV (BRONZEN). 311
Im Fenster rechts:
1763 Fragmentierte Bronzestreifen mit Tierfiguren.*)
Drei Fragmente horizontaler Streifen sind mit hintereinander
schreitenden Tieren (Löwen, Panther, Eber, Stier) verziert, ein
vertikal gestelltes Stück zeigt einen auf den Hinterbeinen aufgerich-
teten, geflügelten Steinbock. Die Streifen, die noch der 1. Hälfte
des 6. Jahrhunderts angehören dürften, werden von den Belagstücken
eines hölzernen Möbels herrühren.
Vgl. die Stücke im Museo Gregoriano Band I S. 400 n. 746.
In der Ecke:
1764 Rechter Arm einer lebensgroßen Bronzestatue.
1765 (7870) Archaische Bronzeamphora.
Die Henkel der wohl noch dem 6. Jahrhundert angehörenden
Amphora enden einerseits in bärtige, kahlköpfige Tritonen, am
Halse in Pferdeleiber.
Über der Ausgangstüre (aus dem Museum in den Flur) sind Holz-
balken (mit Bronzenägeln) angebracht, die aus dem Nemi-See ge-
fischt wurden, also wahrscheinlich zu einem der dort unterge-
gangenen Schiffe gehörten. Vgl. oben n. 1522.
*) Dieses Stück war zur Zeit der Drucklegung vorläufig von seinem Aufstellungs-
platze entfernt.
Das Museum der Villa Papa Giulio.
Die von Vignola unter Beihilfe von Michelangelo und Vasari für
den Papst Julius III. (1550 — 55) erbaute Villa di Papa Giulio ist seit
1890 als Nationalmuseum eingerichtet worden und soll alle außer-
halb der Stadt gemachten Funde der Provinz, ausgenommen die
Werke der großen Kunst, umfassen. Die oberen Säle enthalten den
älteren, früher in den Diokletiansthermen untergebrachten Bestand
des Museums, die Funde von den Gräberfeldern faliskischer Städte,
besonders dem alten Falerii. Im Untergeschoß sind in topo-
graphischer Anordnung die von den Tempeln in Falerii, Segni,
Conoa stammenden Terrakotten aufgestellt, außerdem geschlossene
Fundgruppen, die über die Kultur des alten Latium und Umbrien
Aufschluß geben. Unter ihnen ragt hervor die in einem eigenen Saale
gleich rechts vom Eingang mustergültig aufgestellte wundervolle
Sammlung Barberini. Der im Erdgeschoß gelegene Teil des Museums,
der in beständigem und raschem Wachsen begriffen ist, wurde im Juni
1912 eingeweiht. Ein wissenschaftlicher Katalog des ganzen
Museums ist in Vorbereitung. Binnen kurzem wird eine von della
Seta verfaßte Beschreibung mit dem Titel Villa Giulia e Museo
bei Danesi in Rom herausgegeben werden.
Über die Sammlungen vgl. Nuova Antologia 1880, 410 — 44 (Brizio), Rom. Mitt. 1801
(VI) 226 ff. (Petersen), Jonrn. of the brit. and am. Society I (1888/80) 150 ff. (Dennis),
Classical Review 180Q, 482 f. Napoleone Bertoglio-Pisani, un nuovo ed un vecchio museo
(Milano 1801). Wegen der Funde von Narce vgl. man das im Vorwort zu Bd. I
S. VI Gesagte; wie skrupellos man bei der Aufstellung dieser Funde verfuhr,
geht z. B. aus dem Memoire« de l'acad. des inscriptions XXXVII 2 S. 61 ff. Note 2 er-
wähnten Fall hervor.
Gleich rechts vom Eingang:
Sammlung Barberini.
Den Inhalt dieser einzigartigen und kostbaren Sammlung bilden Funde, die in
den Jahren 1855, 1859 und 1866 auf einem im Besitze der Barberini befindlichen,
heute „Colombelle" genannten Grundstücke in Palestrina, dem alten Präneste,
gemacht wurden, außerdem einige sporadische Funde, die zwar sicher auch aus
Palestrina stammen, über die jedoch kerne zuverlässigen Fundangaben vorliegen.
Die Sammlung, die sich lange Zeit im Privatbesitz der Barberini in Rom
befand, dann ins Ausland verkauft zu werden drohte, ist seit einigen Jahren vom
Staate erworben und nach sorgfältiger Aufstellung, um die namentlich A. della
Seta verdient ist, 1912 eröffnet worden. Ein wissenschaftlicher Katalog della
Setas ist in Vorbereitung. Vorläufige Beschreibung mit zahlreichen Abbildungen:
Bollettino d'arte III (1909) S. 161 ff. (della Seta). Photographien der meisten
Objekte sind von Alinari, Anderson, Brogi und von dem Unterrichtsministerium
(durch Gargiolli via Miranda 1 Rom) zu beziehen.
SAMMLUNG BARBERINI. 313
Die Gegenstände zerfallen in zwei große Gruppen, die Funde aus
einem archaischen Grabe des 7. Jahrhunderts (Mittelschrank und Ve-
trinen vor und rechts neben dem Fenster der Schmalwand, gegenüber
dem Haupteingang) und Funde aus verschiedenen jüngeren Gräbern,
etwa des 3. bis 2. Jahrhunderts (übrige Schränke).
Daß Funde aus der Zeit des 6. bis 4. Jahrhunderts in der Sammlung
nicht vorhanden und nach den Fundberichten überhaupt nicht zutage
gekommen sind, ist auffallend/ Entweder lag in dieser Zeit eine
Nekropole an einem andern, bisher nicht aufgefundenen Orte bei Pa-
lestrina, was bei den zahlreichen dort gemachten Ausgrabungen nicht
wahrscheinlich ist, oder aus einem uns nicht bekannten Grunde ist
Präneste in dieser Zeit vom griechischen Handel nicht berührt wor-
den, der seine Hauptabsatzgebiete in Kampamen und Etrurien hatte.
Warum wir dann plötzlich vom 3. Jahrhundert ab in Präneste grie-
chische oder doch unter stark griechischem Einfluß stehende Kunst-
produkte antreffen, ist unbekannt. Von der lokalen, vom 6. bis 4.
Jahrhundert in Präneste geübten Industrie fehlt uns jede Spur bis
jetzt. Als Beigabe in Gräbern dieser Epoche wird man eine rohe, lo-
kale Keramik voraussetzen dürfen, die bei den Ausgrabungen in einer
auf geringfügige Topfscherben nicht achtenden Zeit unberücksichtigt
blieb. Wie zeitlich, so auch rituell besteht eine Kluft zwischen den
Funden der älteren und der jüngeren Gruppe von Gräbern. Letztere
bestanden in rohen Steinsarkophagen, die mit den Leichen und Bei-
gaben in den Boden eingegraben waren und über denen als Mal ein
steinerner Pinienzapfen auf einer Plinthe errichtet war. Darauf ein-
gegraben waren nach dem Schriftcharakter dem 3. bis 2. Jahrhundert
zugewiesene Inschriften mit dem Namen des Toten,
Das archaische Grab wurde 1855 aufgefunden, und zwar in
einem Zustande, der die ursprüngliche Anlage nicht klar erkennen
ließ. Die Leichen und Funde lagen unter einem Haufen dicker Steine,
die aber schwerlich, wie manche Gelehrte meinten, in ritueller Absicht
zusammengeschichtet waren, sondern wohl ähnlich wie bei der prä-
nestinischen tomba Bernardini und der caeretaner Regulini- Galassi
als Verkleidungs- und Deckenplatten der Grabkammer gedient hatten
und durch ihren Zusammensturz die Gegenstände zerschlugen und
verschütteten. Über die Zahl und Lage der Leichen, sowie die Vertei-
lung der Beigaben läßt sich aus den ungenauen und lückenhaften Aus-
grabungsberichten nichts Sicheres mehr ermitteln. Der große Bronze -
schild (1767x) scheint, wie in der Tomba Bernardini, an einer Wand des
Grabes gehängt zu haben. Überhaupt müssen wir uns das Grab sehr
ähnlich dem letzteren vorstellen. Für den Stil der Funde und die Ci-
vilisation, von der sie Zeugnis ablegen, gilt daher das S. 259 Gesagte.
Das Regulini- Galassigrab, das Bernardinigrab und das Grab, aus dem
die Funde in der Sammlung Oastellani stammen, gehören der Zeit an,
314 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIULIO. 1766—1767.
in der der phönizische Handel zwar noch im Mittelmeer herrschte, aber
von dem griechischen bereits starke Konkurrenz erfuhr, also der
zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts.
Über die Tomba Barberini vgl/Bull. dell'Ist. 1855 p. XLVff. (Braun), Annali 1855,
74 ff. (Henzen), Archaeologia XLI (1867) 1, S. 200 ff. (Oarrucci), Fernique, 6tude bot
Preneste (Bibl. 6coles franc. XVII) 126ff., bull. comm. 1898, 183f., 198 ff. (Pinza), boll.
d'arte III 161 f. (della Seta) mit vollständiger Liste der Funde. Montelius, civil, prim.
en It. II 864, 365. Über die Gräber der späteren Periode vgl. ann. dell'Ist. 1855, 75 f.
(Henzen), CIL I p. 28 (Mommsen), Fernique a. a. 0. 132, Boll. d'arte III 162.
1766 Funde aus dem archaischen Grabe.
Glasschrank in der Mitte:
a) Kessel aus Bronze mit zwei Panther- und zwei Greifenköpfen
auf dem Rande. Ein 5. Kopf war augenscheinlich in dem weiten
Abstände zwischen einem Panther- und einem Greifenkopf auf-
genietet. Man sieht allerdings keine Spur, aber der Kessel ist an
dieser Stelle geflickt, also wohl modern ergänzt. Vielleicht ge-
hörte er auf den
b) Kesseluntersatz, der unten konisch ist, oben in einen Knauf und
Kelch endigt. In getriebener Arbeit sind auf jeder Seite zwei
• androkephale Löwen mit gebogenen Flügeln und Mitra assy-
rischen Stiles dargestellt (vgl. n. 1599). Zwischen den Flügelwesen
je ein Baum; unter ihnen Rosetten. Unten ein doppelter Kranz
hängender Blätter.
Kessel: Montelius, civil, prim. cn It. 364, 8. Alinari 20213. Untersatz: Boll. d'arte
III 177 Fig. 13. Alinari 20214, 20215. Gargiolli B 2736.
c) Fragmente eines Thrones (vgl. Bd. I n. 746) bestehend aus einer
Anzahl schmaler rings umlaufender Streifen, abwechselnd verziert
mit getriebenen menschlichen Figuren und Rosetten. Unten ein
Streifen mit einem Flechtband. Auf der Rückenlehne außerdem
große radförmige Rosetten.
Alinari 20217.
d) Becken auf drei hohen Füßen mit getriebenen Figuren.
Die Füße mit geometrischer Verzierung sind modern angefügt, ge-
hörten aber wohl ursprünglich dazu. Auf dem Becken sind in Relief
sechs Sirenen in Vorderansicht dargestellt auf Stierköpfen, die eben-
falls von vorn gesehen sind. Die quadratisch gebildeten Köpfe der
Sirenen, deren Gesichter umrahmt sind von in Strähnen geteiltem
Haar, sitzen auf langen, dünnen Hälsen. Mächtige, gebogene Flügel
sind an den auf ein Minimum reduzierten Körpern angebracht. Zwi-
schen den Stierköpfen Blütenornamente.
Boll. d'arte III 175 Fig. 12. Alinari 20216. Garg. E 2737.
e) Zwei Gürtel, dreiteilig, mit Scharnieren und zwei Ösen. Ein-
graviert sind darauf geflügelte Löwen und bärtige Sphinxe 1. und r.
von vegetabilen Ornamenten.
SAMMLUNG BARBERINI. 315
f ) Beste eines Dreifußes aus Eisen und Bronze mit fein ziselierten
Bocksfüßen und primitiv gebildeten Satyrn, die sich am oberen
Gefäßrande festhalten. (Vgl. n. 1593.)
Im unteren Fache:
g) Becken und Kannen aus Bronze, beachtenswert darunter be-
sonders zierliche Skyphoi der „protokorinthischen" Art.
Im Glasschrank am Fenster dem Eingang gegenüber:
1767 Funde aus Gold, Silber und Elfenbein.
Zum Stil des Goldschmuckes vgl. das Bd. I S. 387 ff. zum Goldschmuck des Re-
gulini- Galassi- Grabes Gesagte.
a) Goldene Gürtelschließen.
Auf einer rechteckigen Platte, an deren vier Enden katzenartige
Köpfe so angebracht sind, daß der langgereckte, umgebogene Hals
eine Öse bildet, sind drei Zylinder mit Zickzack- und Mäanderornament
in feiner granulierter Arbeit befestigt, die ebenfalls in aufwärts ge-
bogene katzenartige Köpfe endigen. Die beiden äußeren Zylinder
tragen zwölf in einer Reihe gelagerte geflügelte Sphinxe, sechs nach
der einen, sechs nach der andern Seite gewendet, ebenfalls verziert in
Granuliertechnik. Der mittlere Zylinder zeigt in derselben Weise an-
geordnete Ohimairen. Zwischen den Zylindern zwei Reihen von je 22
Löwenköpfen mit rückwärts gebogenen Hälsen, auf den Längsrändern
der Platte je 25 geflügelte Sphinxe. Das Stück ist sehr ähnlich einem
andern in Palestrina gefundenen (n. 1577), unterscheidet sich von
diesem aber durch die Hinzufügung der Chimaira.
Boll. d'arte m 1900, 161 Fig. 1, Garg. E 2734, Alinari 20219.
Goldene Gürtelschließe mit aufgesetzten kleinen Enten in
Granuliertechnik.
Goldene Gürtelschließe mit vier Reihen aufgesetzter Sphinxe,
6 auf jeder Zone, in Granuliertechnik.
Archaeologia XLI (1867) Taf. VII 3 (Garrucci). Garg. £ 2734. Alin. 20219.
Fragment einer goldenen Gürtelsehließe mit 3 Sirenen und
3 Katzenköpfen auf stark zurückgebogenen Hälsen.
Garg. £ 2734. Alin. 20219.
Zylindrisches Mittelstück einer goldenen Gürtelsehließe
mit geometrischer Verzierung in Granuliertechnik.
Boll. d'arte in 166 Fig. 2. Garg. £ 2734. Alin. 20219.
b) Zwei goldene Fibeln (,serpeggianti con bastoncini').
Garg. E 2735.
Goldene Fibel mit vier aufgesetzten Enten.
Montelius Taf. 364,3. Garg. E 2735.
c) Zwei goldene Nadeln mit Knauf«
Garg. E 2735.
316 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIULIO. 1767.
Silberne Haarnadel mit goldenem Knopf in Form einer ge-
schlossenen Blüte. x
d) Viele dünne Goldplättchen, zum Teil mit geometrischem oder
vegetabilem Ornament, ursprünglich zur Verzierung des Ge-
wandes dienend.
e) Silberschale cyprischen Stiles.
Vgl. Bd. I S. 389f., II S. 260 ff. das über die Silberschalen des Begulini-Galassi-
grabes in Caere und die tomba Bernardini in Praeneste Gesagte.
f) Reste einer silbernen Oinochoe, deren Henkel mittels einer
Palmette aus Elektron befestigt ist.
g) Beste zweier silberner Skyphoi mit Gravierung.
Vor allem zeichnet sich die tomba Barberini vor der tomba
Regulini- Galassi und Bernardini aus durch eine Fülle herrlicher
Elfenbeingegenstände.
h) Rechte menschliehe Unterarme mit Händen ans Elfenbein.
Außer einer Anzahl von Fragmenten drei gut erhaltene Stücke mit
Belief Verzierung in mehreren Zonen. Auf dem Exemplar, dessen Hand
intakt ist, wechseln Streifen mit hängenden verschlungenen Palmet-
ten ab mit Streifen schreitender Panther. Auf den anderen
Exemplaren begegnen Sphinxe, Sirenen, grasende Hirsche, Löwen,
vereinzelt eine Chimära und ein ins Knie gesunkener Kentaur mit
menschlichen Vorderfüßen. Der Stil der Ornamente ist ein durchaus
orientalisierender, unter den vegetabilen Ornamenten kommt die
charakteristische cyprische Palmette vor.
Diese Geräte dienten, wie aus der Höhlung ihrer Enden zu ersehen
ist, als Griffe und zwar waren sie, wie die Anordnung der Verzierungen
zeigt, darauf berechnet, so gehalten zu werden, daß die Spitzen
ihrer Hände nach unten standen. Man wird in ihnen Fächer- oder
Spiegelgriffe zu erkennen haben.
Boll. d'arte in 168 Fig. 3 Taf. I. Montelius Tal 364, 5. Garg. G 3540—52.
Alin. 20220.
i) Gekrümmtes Elfenbeinhorn mit Ambra-Einlage.
Ein breiterer Streifen in der Mitte der zonenförmig angeord-
neten Verzierung zeigt eingeritzt Vierfüßler orientalischen Stiles
neben einer Palmette. Es ist nicht ausgeschlossen, daß das Hörn
als Musikinstrument gedient hat.
Boll. d'arte in 171 Fig. 5. Garg. B 2732.
k) Eine Anzahl weiblicher Figürchen ans Elfenbein.
Sie tragen langen Chiton und zopf artig im Bücken bis zu den Füßen
reichendes Haar. Eine nagelartige Erhöhung auf den Köpfen und die
Abplattung der Fußsohlen verraten die ursprüngliche Bestimmung der
Figürchen. Sie dienten als Stützfiguren von Bechern, um deren Fuß
SAMMLUNG BARBERINI. 317
sie angeordnet waren, und sind, da sie entsprechend an etruskischen
Buccherogefäßen vorkommen, vermutlich als deren Vorbilder zu be-
trachten.
Soll, d'arte III 173 Fig. 0. Garg. E 2738.
1) Bärtige männliche Köpfehen aus Elfenbein, im Stil ganz
orientalisch. Zwei erhaltene Exemplare und Beste eines dritten. Die
Augen waren eingesetzt.
Boll. d'arte III 172 Fig. 8. Garg. E 2733.
m) Weibliehe Köpfchen ans Elfenbein.
Garg. E 2733.
n) Mehrere liegende Löwen ans Elfenbein« Durchbonrungen auf
ihrer Unterseite zeigen, daß sie am Band eines Kastens oder son-
stigen Gerätes mit abwärts über den Band nach unten blickenden
Köpfen angeordnet waren.
Boll. d'arte III 174 Fig. 10. Garg. E 2733.
o) Löwenkopf aus Elfenbein von vorn.
Garg. E 2738.
p) Pantherköpfe ans Elfenbein, deren Augen aus Bernstein ein-
gesetzt waren. Zwei Exemplare und Fragmente eines dritten.
Boll. d'arte III 172. Garg. E 2733.
q) Zwei Ff erdeköpf e mit Gesehirr aus Elfenbein.
Boll. d'arte in 172 Fig. 6. Garg. E 2732.
r) 2 Fußbecher ans Elfenbein mit einer Beine orientalischer Tiere
(Flügellöwe, Boot u. a.) und Palmette orientalischen Stiles.
Deckel eines ähnlichen Elfenbeinbechers«
Archaeologia XII, Taf. VIII 2. Boll. d'arte III 170 Fig. 4. Alin. 20221. Garg.
E 2731.
s) Stück eines konischen Becherfußes aus Elfenbein mit 2 Beinen
von Flügellöwen in Belief.
Archaeologia a. a. 0. VIII 3. Monteltas, civ. prim. enlt. Taf. 364, 6. Garg. E 2732.
t) Geriefelte Situla aus Elfenbein.
u) Beste der Gruppe eines Löwen im Kampf mit Männern.
Der Löwe, dessen Kopf mit geöffnetem Bachen in Vorderansicht
dargestellt ist, hat sich mit dem Vorderteil über einen menschlichen
Körper niedergeduckt, von dem Beste einer Hand und des Haares zu
erkennen sind. Auf dem Bücken des Löwen liegt lang ausgestreckt, mit
gespreizten Beinen, den 1. Fuß im Bachen der Bestie, ein Mann mit über
den Kopf gehobenen, geöffneten Händen und langem Haar, offenbar als
Leichnam gedacht. Der Tote trägteinen Panzer, wohl ausLeder, und ein
zwischen den Beinen durchgezogenes Gewandstüok ähnlicher Form,
wie es auf den mykenisohen Dolchklingen und Bechern vorkommt.
Boll. d'arte III 174 Fig. 11. Archaeologia XLI Taf. V 2 S. 206. Monteliua Taf. 364, 17.
Alin. 20220. Garg. E 2729, 2730.
318 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIULIO. 1768.
Unter den Gold-, Silber- und Elfenbeinfunden aufgestellt ist
wegen seiner besonderen Bedeutung:
v)° Bronzener Skyphos mit Tierreliefs.
Dargestellt sind von 1. beginnend oben: ein Kentaur mit Men-
schenfüßen, Sphinx, Stier, Löwe, Reiter mit Bogen in der L. und
Mitra, Hirsch; unten: brüllender Stier, Gazelle (Chimaira?), Flügel-
greif, zwei Strauße sich anblickend, Panther. Am Fuß Palmetten-
und Lotosgeschlinge.
Archaeologia XLI Taf . VI. Montelius II Tat 364, 7. Ball, comunale XXVI (1898)
S. 199, Fig. 35.
Im unteren Fache:
w) Räucherwagen au! Rädern*
Das Stück ist sehr ähnlich dem aus der Tomba Regulini- Galassi
in Caere stammenden (vgl. n. 606).
Archaeologia XLI Taf. IX. Alin. 20218.
Im Wandschrank, in der Ecke;
x) Flacher Rundschild aus Bronze.
Archaeologia a. a. O. Taf. IX.
y) Bronzegefäß mit hohem konischem Hals und zwei Henkeln (vgl.
Bd. I n. 616).
Montelius II Taf. 364,13. Bull. comm. XXVI (1898) Taf. X.
Die übrigen Gegenstände in diesem Saale gehören alle einer wesent-
lich .jüngeren Zeit an.
1768 Vetrine rechts vor dem Fenster:
a) Große Bronzeciste.
Das Stück kann nach der ficoronischen Ciste (n. 1752) als schönstes
aller uns erhaltenen Exemplare dieser Denkmälerklasse (vgl. Bd. I
S. 358 ff . ) gelten. Der Körper der Ciste ruh t auf drei Füßen in Gestalt von
Löwenklauen, deren jeder sich auf einen Frosch aufstützt. Befestigt
sind die Füße mit Attachen, auf denen in Relief ein geflügelter Genius
dargestellt ist, derauf einem ionischen Säulenkapitellkniet und sich das
lange, gesträubte Haar kämmt. Neben ihm eine Strigilis an einem
wohl zur Aufbewahrung von Salbe bestimmten Gefäß. Ein links
sichtbarer Löwenkopf deutet wahrscheinlich darauf, daß die Toilette
an einer Quelle vorgenommen wird. Als Griff des Deckels dienen
zwei Krieger, bewehrt mit phrygischen Helmen, Bein- und Ober-
schenkelschienen, die eine nackte, tote Frau tragen. Auf dem Deckel
sind Nereiden mit Waffen auf Seepferden eingraviert. Das Gefäß selbst
zeigt ringsumlaufend in vorzüglicher Ausführung eingeritzt drei
Szenen: 1. Parisurteil. Paris in phrygischer Tracht nach l.,dieL. hoch
auf knotigen Stock gestützt, im Gespräch mit Hermes. Neben Paris
ein geflügeltes Mädchen (Nike, Eris?) im Hintergrunde. Hinter Her-
SAMMLUNG BARBERINI. 319
mes die drei Göttinnen: Hera mit dem Zepter in der R., bei ihr ein
Vogel, Athena mit phrygisohem Helm, Stemenaigis, Lanze, neben ihr
das Käuzchen, Aphrodite, deren Gewand wie das der Hera mit Tauben
verziert ist, mit zweien ihrer Lieblingstiere neben sich, zuletzt Eros mit
einer Schale. 2.Laios(?)vorApollo. Apollo mit nacktem Oberkörper
sitzt nach 1. auf einem Sessel mit einem Lorbeerzweig in der L. und
einer Schale in der R., bei ihm ein nackter Jüngling. Vor ihm sieht man
den bindengeschmückten Omphalos, auf dem ein Adler sitzt. Im Ge-
spräch mit Apollo ein stehender bärtiger Krieger. 3. Entführungs-
szene. Ein mit langem Ärmelgewand und Mantel bekleideter Mann
auf einem nach links stürmenden Viergespann hat einen Knaben ge-
raubt, der hilfeflehend die Hände rückwärts streckt nach einem lau-
fenden von zwei Hunden begleiteten Knaben und einem kahlköpfigen,
bärtigen Alten, der in der L. einen Ast hält und mit allen Zeichen des
Entsetzens den Räuber im Laufe verfolgt. Im Hintergrund eine ionische
Säule. In der dargestellten Szene wird der Raub des Chrysippos durch
Laios dargestellt sein.
Gefunden 1859 in Praeneste. Boll. d'arte HI 179 ff. Fig. 15 ff. Alin. 20228—20232
Garg. E 2739—2741. Mon. dell'Ist. VIII (1866) Taf. 29, 30, 31. Annali 1866, 357 ff.
G. Matthies, Die praenest. Spiegel (Straßburg 1912) Abb. 10 S. 71.
b) Ciste mit Kentauren- und Lapithenkampf.
Die Ciste, deren Gravierung mittelmäßig ist, verdient beson-
dere Beachtung durch die hervorragend schönen Deckelfiguren
eines nackten Dionysos in weibischen Formen und weibischer Haar-
tracht, der weintrunken nur mühsam sich auf den Beinen zu halten
vermag und sich schwer auf einen Satyr aufstützt.
Gefunden in Palestrina. Boll. d'arte III 189, 191. Fig. 20, 21. Garg. £ 2746, 2747-
Zur Deckelgruppe vgl. Beinach, Repertoire stat. II 1, S. 131.
c) Ciste mit Ferseus und Medusa.
Perseus, mit Flügelschuhen und geflügelter Kappe {xvv£r\), die ihm
um den Hals hängt, hält in der hocherhobenen R. dem Göttervater
das Gorgonenhaupt entgegen, während er in der gesenkten L. die
Harpe führt. Den Kopf wendet Perseus zurüok, während Zeus, der
mit dem Blitz in der R. auf einem Felsen sitzt, den grausigen Anblick
ruhig aushält. Hinter Zeus ein bärtiger Mann mit der Chlamys
bekleidet, der die R. auf die Hüfte, die L. auf den Oberschenkel
stützt. Von den an Perseus sich anschließenden zahlreichen Figuren
lassen sich die geflügelte Athena mit Peplos, Stemenaigis und
Helm (dieser am Boden) und Hermes erkennen, desgleichen auch
Herakles mit Keule und Löwenfell, vom Rücken gesehen. Die übri-
gen männlichen Figuren sind nicht zu benennen und nur dekorativ.
Die Ciste ruht auf Löwenklauen, die von einem ionischen Kapitell
abgeschlossen werden. Als Attache in Relief ein Jüngling, der einen ins
Knie gesunkenen bärtigen Mann mit dem Schwert durchbohrt. Der
320 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIULIO. 1768.
Deckel, auf dem geflügelte Niken und Seewesen eingraviert sind, hat
als Griff drei Figuren: ein nacktes Weib, das in der R. ein Messer
schwingt, einen nackten Mann mit einem Ring am 1. Oberarme,
zwischen beiden ein zwergnaft gebildeter Mann mit betend vorge-
streckten oder erhobenen Händen.
Garg. B 2742—2744.
d) Vier Zähne mit Goldeinfassung (vgl. S. 371 n. 1799e), längliche
Streifen aus Elfenbein mit feinen, z. T. farbig umrissenen Orna-
menten, Alabastra, Ketten und Knöpfe aus mehrfarbigem Glas.
Im unteren Fache dieses Schrankes Kämme aus Holz, Bein und
Bronze.
Wandschrank zwischen den Fenstern:
Terrakotten aus verschiedenen Gräbern.
Unter ihnen verdienen besondere Beachtung in der 4. und 5. Reihe
von oben:
e) gewölbte dreieckige Tonplatten mit Relief einer Amazone, die
einen Krieger überreitet. Die Platten, die an den Rändern
Löcher haben, sind vermutlich tönerne Surrogate metallener
Pferdenasensohirme mit getriebenen Reliefs.
Garg. B 2768, 2759.
f ) Nackte weibliche Flügelfiguren, mit zum Teil gut erhaltener
Bemalung.
Boll. d'arte m 207 Fig. 83.
g) Kleine Plättchen mit Relieffiguren, darunter Dionysos mit
Thyrsos, auf die Schulter des Silen sich stützend.
Boll. d'arte in S. 204 Fig. 31. Garg. E 2754.
Silen mit Spitzamphora auf der Schulter nach 1.
Garg. B 2754.
Nackte Bakchantin, das Tympanon schlagend.
Boll. d'arte m 8.205 Fig. 82.
Diese Plättchen dienten vermutlich 'dazu, auf Möbeln, Kästen
u. dgl. befestigt zu werden.
h) Feines weibliches Köpfchen im Stil des 4. Jahrhunderts.
Boll. d'arte m S. 201 Fig. 29.
i) Weibliches Köpfchen skopadisoher Stilriohtung.
Boll. d'arte HE 202 Fig. 80.
k) Hnndeköpf chen. Der ungemein lebhafte Ausdruck und die Re-
alistik der Darstellung sind bei diesem Stüoke bewundernswert.
Boll. d'arte m 209 Fig. 34. Garg. B 2756.
l)Drel halbkreisförmige Yerkleidungsstücke mit Reliefver-
zierung.
SAMMLUNG BARBERINI. 321
Zwei sich bäumende Pferdepaare, darunter, zwischen zwei Am-
phoren, Kithara und flöte spielende Eroten. Nur die Pferdeköpfe
sind frei, das übrige ist in Relief ausgeführt.
Rechts davon in der Vetrine vor dem Fenster:
m) Große Bronzeciste.
Wettkampf zwischen Apollo und Marsyas.
Apollo, neben dem Lorbeerbaume sitzend, den Lorbeerkranz im
Haar, hält mit der L. die Kithara hoch aufgestützt. Vor ihm tänzelt
mit um die Schultern geworfenem Felle Marsyas und bläst ausLeibes-
kräften die Doppelflöte. Hinter Apollosteht Artemis mit Bogen,Köcher
und Lanze. Es folgen andere, nicht zu benennende Jünglinge und
Frauen, sitzend und stehend. Die Zeichnung ist sehr nachlässig.
Auf dem Deckel als Griff ein weiblicher und ein männlicher Genius,
beide geflügelt und nackt bis auf die Schuhe. Der männliche hält ein
Salbgefäß. Das Gefäß ruht auf Löwenklauen, die in ionische Voluten
endigen, darauf als Attachen nach 1. schreitende Löwen.
Boll. d'arte HI S. 187, Fig. 10. Fernique, ttude sur Pr6neste Tat II. Alin.
20233« 20234. Oarg. E 2745.
n) Hölzerne Ciste mit Füßen und Reifen aus Bronze.
Im oberen Fache:
o) Rechteckige Bronzeciste.
Auf der einen Langseite zwei beflügelte Mädehen, das r. bekleidet,
das 1. nackt bis auf Schuhe, zu den beiden Seiten eines Waschbeckens
mit säulenartigem Träger. Das unbekleidete (doch wohl ein
Mädchen, trotzdem die Brust nicht entwickelt ist?) hält einen Spiegel
in seiner Linken. Am Fuße des Beckens liegt ein Bärtiger, der seine
R. vor die Scham des tuibekleideten Mädchens legt. An der r.
Schmalseite Hermes zwischen 2 Säulen. Rückseite: ein bekränzter
Jüngling, einen Mantel um die Hüften und Oberschenkel gesohlungen,
sitzt traurig nach r. gewendet auf einem Felsen. Ihm zugewandt steht
eine weibliche, ebenfalls bekränzte Gestalt, die ganz in den Mantel
gehüllt ist. Über dem Kopfe des Sitzenden auf hochliegender
Terrainlinie zwei Vögel, die sich schnäbeln. Rechts schreitet ein
Jüngling, einen Mantel um Hüften, Oberschenkel und 1. Schulter ge-
sohlungen, von dannen . Auf der anderen Schmalseite Herakles zwischen
zwei Säulen.
Die Form dieser Ciste, ein Parallelepipedon, ist ganz singulär.
Auf dem Deckel, dessen Ecken Greifenköpfe zieren, als Griff ein nack-
ter zurückgebogener Jüngling. Das Gefäß ruht auf Booksfüßen mit
zwei Enten darüber.
Gefunden 1866 in Palestrina. Pieralisi, lettera sopra una data prenestina in bronzo
ornata di graffiti (Rom 1867) mit Taf. Alin. 20226, 20227. Garg. E 2748.
Hei big: Führer. IL 3. Aufl. 21
322 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIULIO. 1768.
p) Goldene Halskette mit Anhängsel in Gestalt eines Acheloos-
kopfes.
Das Schmuckstück ist eine etruskisohe Arbeit.
Gefanden 1850 in Palestrina. Ball. Ist. 1859, 26. Boll. d'arte ni S. 178, Fig. 14.
Alin. 20222. Garg. E 2735. Vgl. Marshall, jewellery in the Brit. Mos. 1463.
q) Rest einer Spiegelkapsel (vgl. Bd. I S. 357, S. 380 Nr. 685,
n. 1777a) Grieche und Amazone in Relief.
Der Jüngling, in lebhafter Bewegung naoh r., mit dem schweren
Rundschild in der L., faßt mit der R. eine in heftiger Abwehr sich ge-
gen ihn stemmende Amazone am Haar, deren Bogen am Boden liegt.
Die Figuren sind vorzüglich in das ehemalige Rund hineinkomponiert.
Boll. d'arte III S. 192 Tai. II. Alin. 20223. Garg. B 2738.
r) Best einer Spiegelkapsel mit sitzendem Herakles.
Der Held ist dargestellt auf dem Löwenfell sitzend, die L. auf die
mächtige Keule stützend.
Boll. d'arte III S. 192, Tal II. Alin. 2022S. Garg. B 2738.
Beide Kapseln, zusammen mit einer Reihe von im Stile sehr ähn-
lichen, stammen aus einer griechischen Fabrik, die im 3. oder 2. Jahr-
hundert für den Export arbeitete. Man hat den Fabrikationsort an
der kleinasiatischen Küste vermutet.
s) Bronzene Strigiles mit weiblichen Figuren als Griff.
Alin. 20225.
t) Bronzespiegel (vgl. Bd. I S. 357). Menelaos im Gespräch mit
Aphrodite.
Menelaos (Menle), nackt, bekränzt, lauscht leicht gesenkten Haup-
tes dem Zuflüstern Aphrodites (Turan), während eine bekleidete Frau
r. (Crisitha), ihn vor Aphrodites Worten zu bewahren sucht. R. sitzt
ein Jüngling in phrygisohem Gewände (Tefcrun). Im Hintergrunde
die Köpfe zweier Frauen, die eine mit Beischrift (Irisis). Oben Helios
im Viergespann auffahrend, unten Fische, am Griffe nackte geflügelte
Frau. Obwohl nur der Aphrodite und des Menelaos Namen verständlich
sind, hat man doch aus der Haltung der übrigen Personen zu schließen
geglaubt, daß Menelaos vor der Abreise nach Kreta dargestellt sei.
In der Frau r. von ihm wäre dann Helena zu erkennen, die ihm abrät,
wegzureisen und sie mit dem gefährlichen phrygischen Gastfreunde
allein zu lassen. Die Deutung ist unsicher. Zeichnung und Kompo-
sition sind recht fein.
Etr. Spiegel IV 378. Bali. Ist. 1869 S. 34. Aren. Z. 1860 8. 861.
u) Hölzerne Futterale zur Aufbewahrung von Sohminke u. dgl.
Die Erhaltung dieser Gegenstände ist staunenswert. Sie sind ein
charakteristisches Beispiel dafür, wie das antike Kunsthandwerk
selbst die kleinsten Gebrauchsgegenstände geschmackvoll auszugestal-
SAMMLUNG BARBERINI. 323
ten verstand. Soloher Behälter wurden verschiedene gefunden, drei be-
sonders schöne sind in die Sammlung Barberini gelangt. Eines stellt
eine Taube, ein anderes ein liegendes Kalb, ein drittes einen beschuh-
ten Fuß dar in sehr naturwahrer Bildung. Während an dem letzteren die
Sohle den eigentlichen, in viele Fächer geteilten Behälter darstellt,
sind die beiden anderen horizontal in der Mitte geteilt; die obere, an
einem hölzernen Zapfen drehbare Hälfte dient als Deckel. In den
Fächern Beste von Schminkkörnern u. a. Die Holz-Etuis bildeten zu-
sammen mit den übrigen kleinen Gegenständen den Inhalt einer Ciste.
Vgl. die Ciste Pasinati mit sehr ähnlichem Inhalte (Mon. Ist. VIII
Taf. VIII).
Gefunden 1855, 1859. Ball. Ißt. 1855, p. XLVI, 1859, 26. Boll. d'arte III 8.207 ff.
Fig. 24— 26. Garg. E2760, 2761. Vgl. Mon. Ist. VIII, 8. Annali 1864 S. 372, 1866 S. 185.
v) Verschiedene Toilettegegenstände, u. a. Alabastra aus buntem
Glas, silbernes Ohrlöffelchen, in einen Entenkopf endigend,
Holzbüchschen mit Schwamm.
Auf den Samtbrettern:
w) Täfelchen ans Knochen mit Belief Verzierung.
Schmalseite am Eingang:
Zwei stehende Krieger mit Panzer, Helm, Beinschienen, Schild und
Lanze. Jedes dieser beiden Plättchen ist der Länge nach halbiert.
Boll. d'arte III 199, Fig. 28. Alin. 20224. Garg. E 2753. Fernique, Hude sur
Preneste Tat IV.
Gegenüber:
Zwei sitzende, einander zugekehrte Sphinxe.
Fernique Taf. IY.
Fensterseite, links:
Zwei Krieger und eine Frau in langem Peplos mit Überschlag, in
der gesenkten L. eine Blüte haltend.
Alin. 20224. Garg. E 2752.
rechts:
Zwei Krieger, einer davon mit Helm in Püosform, eine Frau in
Chiton und Mantel mit einem Thyrsosstab, Hermes mit dem Petasos im
Nacken und dem Kerykeion von vorn, Profil nach r.
Garg. E 2752.
Gegenüber auf der Längsseite:
Hermes nach r., Herakles mit Panzer, Fell und Keule, den 1. Fuß
auf eine von vorn gesehene Amphora stützend, bei einer Quelle mit
Löwenspeier, ferner ein Krieger. Eine ursprünglich dazugehörige Platte
mit Athena (Abb. bei Fernique) ist verloren gegangen.
Boll. d'arte in S. 198 Fig. 27. Alin. 20224. Garg. E 2753. Fernique, etude sur
Preneste, Taf. III.
21*
324 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA G1ULT0. 1769-1770.
Diese Plättohen bildeten, zwei und zwei die größeren, vier und
vier die kleineren, den Belag von Kastehen. Sie waren ursprünglich
umrahmt und bemalt. Man hat für diesen Kunstzweig launische Her-
kunft angenommen. Tracht und Bewaffnung nähern sich durchaus
römischer Art.
Gefunden 1866. Fernique, etude wir Preneste S. 208 «f., Taf. III, IV.
hinten:
x) Halsketten aus bunten Glasperlen«
1769 Eingangswand.
Recht 8 vom Eingang sind Funde aufgestellt, die zwar nicht aus
Barberinischem Besitze, aber sicher auch aus Palestrina stammen.
, Linke Schrankhälfte,
oben:
a) Hölzerner Cistendeckel.
Mittelfach:
b) Bronzeeiste« Frau, die einen nach r« stürmenden Wagen mit
zwei Flügelrossen besteigt. Sie ist mit Amazonenschild und
Lanze bewaffnet. Ein nackter Jüngling mit Schild faßt die Pferde
am Zügel. R. Athena mit Lanze und Schild, dann geflügelte Frau
neben Flügelroß. Vielleicht Heras Auszug zum Kampf? Deckel -
figuren: nackter Jüngling und Frau mit Perizoma, sich an-
fassend.
unten:
c) Bronzespiegel. Hermes, der das Dionysoskind trägt«
d) Bronzeeiste mitdurchbrochenem Körper. Auf demDeckel Kampf -
szenen, darunter ein von der geflügelten Athena unterstützter,
nachr. stürmender Krieger mit Hund gegen einen umgesunkenen,
unbewaffneten Mann, den eine geflügelte Frau auffängt. Mene-
laos und Alexandros?
S. Matthies, die pränest. Spiegel, Taf. I S. '37f., Pollak, Auktions-Kat. Gag-
liardi 615 Taf. 6.
Rechte Schrankhälfte.
Mittelfach, rechts:
e) Bronzeeiste. Fesselung des Amykos. Der letztere ist von
Kastor besiegt und an den Baum gebunden, den Sieger bekränzt
Athena. Dabei Jünglinge an einer Quelle mit Ausfluß in Form
eines Löwenkopfes. Von dieser Hauptdarstellung, die dieselben
Motive wie die ficoronische Oiste n. 1752 behandelt, nicht beson-
ders abgetrennt ein Tierfries. Auf dem Deckel Seewesen.
unten (von links):
f ) Bronzespiegel. Dionysos nach r. auf einem von Löwen und Pan-
thern gezogenen Wagen.
SAMMLUNG BARBER1NI. 325
g) Bronzespiegel« Jason nach r. auf von wilden Tieren gezogenem
Wagen. Von oben herab schwebt eine Victoria, um ihn zu krän-
zen. Im Vordergrand stehen Athena und Fortuna. Die Figuren
tragen alle Beischriften (Hiaso, Fortuna, Menerva, Victoria),
h) Bronzeciste mit durchbrochenem Körper. Auf dem Deckel als
Griff zwei behelmte nackte, einen dritten tragende Krieger. Der
Deckel ist verziert mit Amazonenkämpfen in zwei Gruppen, die
durch eine von vorn gesehene Skylla getrennt sind. Unter den
Kämpfenden Herakles mit der Keule.
Alle im folgenden beschriebenen Stücke stammen wieder aus Bar-
berinischem Besitze.
Links vom Eingang
oben links:
i) Bronzespiegel. Gorgoneion mit lang heraushängender Zunge und
Reißzähnen.
Etr. Sp. IV 428, 2. Garg. B 2749.
darunter:
k) Bronzespiegel. Helenas Wochenbett.
Neben der kaum von der Geburt der Hermione genesenen Helena,
die nach 1. auf einer Kline liegt, das Kind am Busen, sitzt in ein Frau-
engewand gehüllt Paris auf einem mit Sirenen verzierten Schemel und
blickt aufmerksam auf die von 1. mit einer Blüte herantretende Aphro-
dite. Links an der Wand hängende Schuhe bezeichnen den Innenraum.
Die herabschwebende Sphinx läßt Unheil ahnen. Unten Schwäne mit
einander abgekehrten Hälsen. Den Figuren sind Insohriften (Elina,
Ermania, Elaohsantre, Turan) beigefügt.
Etr. Spiegel IV Taf. 370. Bull. Ist. 1860 S. 26.
Rechts darüber:
1) Ovaler Cistendeckel mit punktierter Tier- und Pflanzendeko-
ration.
Im Schranke daneben; rechts:
m) Bronzespiegel. Bankettszene*
Auf einer Kline liegen unter einer Epheulaube ein Mann und eine
Frau, er mit Trinkgefäß und Blume, sie mit einer Taube. Vor der
Kline ein Eßtisch, unter dem ein Hund liegt. Von 1. kommt eine Die-
nerin mit einem Krug auf einer Platte.
Etr. Spiegel IV Taf. 410.
1770 Linke Längswand.
Schrank I. Oben links:
a) Bronzespiegel. Eine nackte, auf einer Kline liegende Frau
wird von einem die Syrinx blasenden Satyr und zwei lebhaft er-
regten Papposilenen überfallen.
Etr. Spiegel V Taf. 42.
326 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIULIO. 1770.
Rechts:
b) Bronzespiegel.
Sitzender Mann, auf adlerbekröntes Szepter gestützt, hinter ihm
zwei stehende Frauen. Vor ihm steht 1. ein Satyr. Unten ein großer
Aohelooskopf.
Unten links:
c) Bronzespiegel. Herakles auf einem von zwei Kentauren nach
1. gezogenen Wagen. Er schultert die Keule. Unter dem Wagen
ein Hund.
Unten rechts:
d) Bronzespiegel. Eroten, die einen Löwen bekämpfen. Mit
Bogen, Äxten, Steinblöcken, Lanzen rücken die Kleinen dem
machtigen, wild brüllenden Tier zu Leibe, das einen von ihnen in
eine höchst kritische Situation gebracht hat. Die Erfindung ist
vorzüglich und die Zeichnung sehr flott.
Etr. Spiegel IY Taf. 820. Garg. E 2750. Boll. d'arte in S. 193 Fig. 28.
e) Orale Ciste mit eingravierten Figuren, die Waffen (Beinschie-
nen, Panzer) in den Händen tragen. Das Stück ist interessant da-
durch, daß man zu seiner Herstellung die Hälfte einer früher zu einer
größeren Ciste verwendeten Platte wiederbenutzte, weshalb von
den Figuren nur die Oberkörper sichtbar sind. Ein ähnlich zer-
schnittenes Stüok Mon. Ist. VIH Taf. VIII.
f ) Bunde Ciste mit nacktem Satyr und Mädchen als Deckelfiguren.
Auf dem Deckel ein Triton in Vorderansicht zwisohen Skylla und
Triton in Profil. Als Hauptdarstellung ein Satyr, die Doppelflöte
blasend, ein zweiter, tanzender, ein nacktes Mädchen. Krieger
und nacktes Mädchen gruppiert mit einem Alten und einem
Jüngling in phrygischem Kostüm.
Schrank II.
g) Bronzespiegel. Vor dem nach r. sitzenden Paris in phrygischer
Tracht steht eine nackte und eine bekleidete Frau. Vielleicht
Paris, Oinone und Aphrodite?
h) Bronzespiegel. Nackter Jüngling nach 1., sitzende Frau mit
nacktem Oberkörper nach r. Oben schwebt ein geflügeltes
Mädchen mit einer Fruchtschale.
i) Bronzegefäß in Form eines Alabastron.
Sohrank III.
Oben links:
k) Bronzespiegel Raub der Kassandr a.
Aias reißt die Kassandra vom Altar der Athena, an deren Stand-
bild sie" sich geklammert hält. Die Darstellung ist erst nachträglich
eingraviert an Stelle von einfachen Kreisen.
SAMMLUNG BARBERJNI. . 327
Unten links:
1) BronzespiegeL Ein Knabe im Spiele mit einem stoßenden
Böckehen.
Etr. Spiegel IV 422.
Unten rechts:
m) Bronzespiegel, Bestrafung des Marsyas.
Apoll wetzt in der 1. Hand das Messer zur Schindung des mit ge-
fesselten Händen vor ihm kauernden Marsyas, für dessen Schonung
ein kleiner Satyr fleht, der das r. Bein des Gottes umfaßt. B. eine
Frau (Artemis?), die den Marsyas wie einen Hund an der Leine führt.
Etr. Spiegel IV Taf. 296. Boll. d'arte in 192 Fig. 22. Garg. E 2749.
Schrank IV.
Oben links:
n) BronzespiegeL Bellerophon im Kampfe mit der Ghimaira.
Gefunden 1866. Etr. Spiegel V 73.
nach r.
Oben rechts:
o) BronzespiegeL Dionysos, derThyrsos und Blätterkrone trägt,
zwischen Satyr und Mänade.
Unten links:
p) Bunde Ciste. Flötenblasender Marsyas zwischen zwei Nym-
phen bei einer Quelle. Dabei weitere unbedeutende Figuren, da-
runter ein Jüngling mit Pferd. Auf dem Deckel Skylla und Triton.
Unten Mitte:
q) Bronzegefäß (sogen, ampulla scortea). Ein solches Gefäß ist das
S. 318 n. 1768 a neben dem sich kämmenden Dämon stehende.
Vgl. Amelung, Führer durch die Antiken in Florenz p. 247 und Not. d. sc. 1897
p. 866, Fig. 6.
Schrank V.
Oben links:
r) BronzespiegeL Herakles und Epheben.
Oben rechts:
s) BronzespiegeL Ein Ephebe mit Petasos zwischen zwei be-
kleideten Frauen.
Unten links:
t) Bronzespiegel mit Liebesunterhaltung zwischen einem 1. sitzen-
den Jüngling und einem r. sitzenden Mädchen, zwischen denen
Eros mit dem Pfeile steht.
Unten rechts:
u) BronzespiegeL Athena und Eros vor r. sitzendem Paris.
328 • DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIULIO. 1770-1771.
Schrank VI.
Oben links:
v) Bronzespiegel. Ein bärtiger Mann nach r. im Gespräch mit einer
sitzenden, die Spindel im Schöße haltenden Frau, die die Füße auf
einen Schemel stützt und die R. traulich auf den Schenkel des
Mannes legt. Heben letzterem Schild und Helm. Die Szene ist
auf Odysseus im Gespräche mit Penelope gedeutet worden.
Btr. Spiegel IV 406.
Oben rechts:
w) Bronzespiegel. Eine nackte geflügelte Frau nach r. und eine be-
kleidete mit einem Hunde.
Schmale Fensterwand, gegenüber dem Eingang (links vom Fen-
ster):
Schrank VII.
Mittelfach rechts:
x) Bronzespiegel mit Satyr, der eine nackte, vom Bücken gesehene
Nymphe verfolgt.
Schrank VIII.
Mittelfach links:
y) Bronzespiegel mit Toiletteszene. Frau nach 1. sitzend, vor ihr
Mädchen mit einem Kästchen.
Rechts :
z) Bronzespiegel« Hermes im Gespräch mit einer nach r. thronen-
den Frau, neben der eine nackte Dienerin mit Sonnenschirm steht.
Man hat die Szene als Hermes bei der Kalypso erklärt. Unten
ein fischbeiniger, in der L. einen Fisch haltender Daimon.
Etr. Spiegel IV 404. Garg. E 2751.
Durch die Tür am Ende der 1. Seitenwand in einen kleinen Raum,
dessen Decke mit zierliohen Grotesken in antikem Geschmacke be-
malt ist. Das Zimmer enthält den kostbaren
1771 Grabfund aus Todi.
Die Gegenstände entstammen alle einem Grabe, das man ohne
Grund als Grab einer Priesterin bezeichnet hat. Die Funde, die
darauf schließen lassen, daß die Leiche einer vornehmen Frau bestattet
war, gehören dem 3. Jahrhundert v. Chr. an. Sie sind in ihrer Art
nicht weniger charakteristisch für die italische Kultur dieser Epoche
als z. B. die der tomba Barberini, Bernardini, Regulini- Galassi für das
7. Jahrhundert.
Von dem hölzernen Sarg, in dem die Leiche lag, sind Reste des
Beschlages, kreisrunde Bronzeplättchen, vier eiserne zum Tragen be-
• GRABFUND AUS TODI. 329
stimmte Griffe und sechs Greifenköpfe aus Blei erhalten. Die Leiche
war in ein Gewand gehüllt, das nicht erhalten ist, zu dem aber eine
Reihe sternförmiger Goldornamente gehörte, die aufgenäht waren,
und goldene Wellen, in die kleine springende Delfine tauchen. Letz-
teres Ornament, das besonders in der etruskischen Kunst (Kästchen-
besehlag in der Sammlung Bruschi zu Corneto, Malereien der tomba
Bruschi und tomba del Tifone ebenda) beliebt war, schmückte wahr-
scheinlich den Saum des Gewandes.
Zu dem Gewände gehörten ferner wohl 20 runde, goldene und ge-
wölbte Plättchen, zum Überziehen von Knöpfen bestimmt, einige da-
von mit einem weiblichen, mit Diadem und Halskette geschmückten
Kopfe von vorn in Relief, andere mit Silenskopf oder Rosette. Ein läng-
liohes, goldenes Scheibchen zeigt eine sitzende, nackte Flügelfigur.
Man beachte auch eine Elfenbeinnadel mit einem Widderkopf amEnde.
Unter dem Schmucke der Toten ragen hervor zwei neben dem
Kopf gefundene Garnituren goldenerOhrringe, beachtenswert besonders
ein Paar großer, barocker Ohrgehänge aus Gold. Von einem gewölb-
ten länglichen, mit Filigranornamenten verzierten Schildchen hängt
ein großer, getriebener Frauenkopf freien Stiles herab, an dem eine
Anzahl Bommeln befestigt sind. Der Frauenkopf trägt große Ohrringe
und am Hals eine Kette. Er hängt zwischen Bommeln, die an Kett-
chen befestigt sind. Die Ohrgehänge sind als beste Erzeugnisse
etruski8oher Goldschmiedearbeit des 3. Jahrhunderts zu betrachten.
Von einem sehr ähnlichen Paare, das bei Perugia gefunden wurde, be-
findet sioh das eine Exemplar in Perugia, das andere im Britischen
Museum.
Ferner beachte man zwei goldene Halsketten, eine mit Bommeln,
die andere mit drei großen Medaillons, deren zwei durch einen
Medusenkopf schönen Stiles, eines durch einen ovalen Onyx verziert
ist. Ferner Goldringe, einer mit einem Onyx, ein anderer mit
einem großen Schild aus Blattgold über einem Eisenkern, darauf ein
nackter Jüngling und ein Mädchen mit der etruskischen Beischrift
lasa vecuvia. Die abnorme Weite des Ringes läßt darauf schließen,
daß die Besitzerin ihn am Daumen getragen haben muß, wie man es
bei den gelagerten Deokelfiguren etruskischer Sarkophage gelegentlich
beobachten kann, die derselben Zeit angehören (vgl. Bd. I, S. 272 ff. ).
Unter denBeigabensind außer einem Salbgefäße aus blauem Glase
mit Streifen besonders beachtenswert einige Bronzegeräte, ein Spiegel,
dessen Griff aus Elfenbein besteht, mit schlecht erhaltenen, eingravier -
tenFiguren und etruskischenBuchstaben, eine Schale mitGrif f inGestalt
eines stehenden, bekränzten, nackten Jünglings (vgl. n. 687, 690), ein
Bronzekrug mit Griff in Gestalt eines bärtigen Silens freien Stiles, eine
kleine Eule als Deckelgriff einer in dürftigen Resten erhaltenen Bronze-
ciste, ein ganz barockes Thymiaterion (zur Gattung vgl. Bd. I S.356) : drei
330 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIÜLIO. 1772—1773. »
geflügelte sitzende Frauen tragen auf ihren Bücken eine radf örmige
Scheibe ; auf letzterer ruhtauf besonderer Basiseine Reibschale mit Aus-
guß, worin ein gebückter Satyr mit Reibsteinen arbeitet; er trägt auf
dem Rücken einen Stab, in dessen Mitte eine weibliche Flügelfigur
mit Tunica schwebend angebracht ist. Oben ein flaches Schalchen
mit vier Schwänen auf dem Rand und vier tropfenartigen Anhängern.
Die tönernen Beigaben sind rohe, unteritalische Töpfe.
Gefunden 1886 bei Todi. Not. d. scavi 1886, 358 ff. Böm. Mitt. I (1886) 228ff. (Hei-
big). Bendiconti dei Lincei 1891, p. 328, 597 (Barnabei). Die Ohrringe: Hadaczek, Der
Ohrschmuck d. Gr. und Etr. in Wiener Abhdlgn. 1903, 67 f., Fig. 135, 136. Alin. 27265.
Das entsprechende Paar aus Perugia: Conestabile, Mon. di Perugia, Tal. CVI 2. Mars-
hall, jewellery in the brit. Mus. Nr. 2262, Fig. 72, Tat XLIV.
Zurück durch den vorigen Saal in das Veslibül, dann von die-
sem aus in die halbkreisförmige Portikus. Hier rechts über einige
Treppenstufen in einen länglichen
Vorraum. f
1772 Etruskische Sarkophage.
a) In der Mitte ein steinerner Sarkophag, dessen Deckel fehlt, mit
Darstellungen in Relief auf allen Seiten. Vorn: zwei zu einem Altar
geflüchtete Frauen mit aufgelöstem Haar und nacktem Ober-
körper werden von zwei Männern bedroht. Zwei geflügelte weib-
liche Todesdämonen sind zugegen, wie sie auf j üngeren etruskischen
Denkmälern, etwa vom 3. Jahrhundert ab, häufig bei mytho-
logischen Szenen erscheinen, oft mitten zwischen Figuren aus
der griechischen Sage gestellt. Rechts davon eine Frau auf
einem Steinsitz, auf die ein Alter und eine Frau einreden. Rück-
seite: An einem Altar, hinter dem der Oberkörper eines nackten,
behelmten Mannes und einer nackten Frau (Mars und Venus?)
sichtbar werden, sollen ein hilfeflehendes nacktes Weib und ein
nackter, am Boden sitzender, wehrloser Mann geopfert werden. Die
Frau wird am Haar von einem Mann gerissen, dem ein anderer
mit einem Bündel langer Hölzer folgt; dem Manne nahen zwei
mit mächtigen Felsblöcken bewaffnete. Verbrennung und Steinig-
ung bereiten sich vor. Auf der einen Nebenseite Zweikampf zwi-
schen zwei Männern, von denen einer ins Knie gesunken ist; auf der
andern ein Mann in lebhafter Erregung zwischen einem trauernd
am Boden sitzenden Mann und einer auf einen Altar geflüchte-
ten Frau. Pilaster mit ionischen Kapitalen an den Ecken.
Aus Toscanella. Secondiano Campanari, Tuscania e i suoi monumenti I Tat 8 p. 32.
Phot. Brogi 18677.
b) Steinerne Deckelfigur eines gelagerten Etruskers mit Trinkschale
in der R. Die stark verwitterte Inschrift gibt den Namen und das
Alter (46 Jahre) des Verstorbenen an.
ERSTER SAAL. 331
c) Vorderseite eines Steinsarkophages mit zwei bärtigen Drachen
und etruskisoher Inschrift.
Neben der Eingangstür zum nächsten Saal:
d) Zwei Graboippen aus Peperin mit Darstellung der Türen zur Unter-
welt in Relief. Auf dem Exemplar 1. Spuren von Axthieben und
Sägeschnitten (vgl. n. 1079 und die Nachträge dazu).
Ans Ferento. Vgl. Not. d. sc. 1908, 374 (Abbild.).
Erster Saal.
Dieser Saal enthält in einer Reihe von Glaskästen Funde aus ver-
schiedenen Orten in Latium, Umbrien und Etrurien.
1773 Terrakottasarkophag mit gelagertem Paar, aus etwa 400
Stücken wieder zusammengesetzt.
Aus Cervetri.
Auf einer Kline, deren reichverzierte Beine oben in ionische Voluten
endigen und über deren Matratze ein lang herabhängendes Tuch ge-
breitet ist, liegen ein Mann und eine Frau langausgestreckt hintereinan-
der, beide mit aufgerichtetem Oberkörper. Beide stützen den 1. Ellen-
bogen auf Kissen. Das der Frau ist doppelt zusammengelegt. Der
Mann legt auf die 1. Schulter der Frau traulich die R. Vermutlich hielt
er in ihr ein Trinkgefäß. Mit der L. berührt er sachte ihren Arm. Die Frau
hielt in den vorgestreckten Händen ein kleines Attribut (Blume, Frucht,
Ei oder Salbgefäß). Die fehlenden Gegenstände wird man sich
vielleicht aus kostbarem Metall zu denken haben. Der Mann ist nackt
bis auf einen großen engen Mantel, der ihn unterwärts bedeckt und von
dem ein überaus zierlich gefalteter Zipfel zwischen den Kissen sichtbar
wird, die Frau trägt den langen ionischen Chiton mit kurzen Ärmeln,
dessen feine, höchst sorgfältig gelegten Falten über ihren Füßen sicht-
bar werden unter dem Mantel, der ebenfalls sehr sorgfältig gelegt, ihren
Unterkörper bedeckt. An denFüßen trägt sieSchnürsohuhe aus weichem
Leder mit Spitzen, eine im ionischen Kulturkreis heimische und in
Etrurien angenommeneForm, bekannt durch etruskischeGrabgemälde.
Besonders interessant sind die Köpfe der Figuren mit dem leichten
archaischen Lächeln. Aus der Eigenart des archaischen Stiles, nicht
etwa als Rasseneigentümlichkeit sind auch die etwas schief gestellten
und geschlitzten Augen zu erklären. Der Mann hat spitzen Kinn-
bart, aber rasierte Oberlippe; die Frau trägt eine Spitzhaube (tutulus)
als Kopfbedeckung. Das Haar, in dem der Mann vorn einen Blätter-
kranz trug, hängt in langen Strähnen auf den Rücken; von diesen
fallen bei der Frau einige losgelöste vorn über die Schulter. Reste
von Bemalung erkennt man hier und da, besonders auf den Klinen-
beinen. Die ganze Gruppe besteht aus vier gesondert geformten Teilen,
332 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIÜLIO. 1774—1777.
deren zwei die Kline bilden — ihr Inneres enthielt dieAsohe der Toten — ,
während die Figuren als Deckel dienen. Die besonders fein ausgearbei-
teten Arme und Hände sind allein massiv und angesetzt. Der ungemein
lebendige Ausdruck der Gesichte wurde erhöht durch eingesetzte
Pupillen.
Der Sarkophag hat ein sehr ähnliches Gegenstück desselben Fund-
ortes im Louvre, vor dem er sioh durch die nie an ihm geübte Restau-
rierung besonders auszeichnet, wenn ihm freilich auch die reichere
Bemalung des Pariser Exemplares fehlt. Letzteres ist durch seine Bei-
gaben, darunter korinthische Vasen, ziemlich sicher ins 6. Jahrhun-
dert datiert. Derselben Zeit, wohl der ersten Hälfte des 6. Jahrhun-
derts gehört unser Exemplar an, während ein drittes, Londoner
Exemplar, ebenfalls aus Gervetri, etwas älter sein wird. Das Werk
trägt alle Kennzeichen ionischer Kunst und ist vermutlich von einem
Griechen, vielleicht einem Phokäer, in Etrurien gefertigt.
Mon. antichi dei Lincei VIII 1898, Taf. XIII, XIV S. 521 ff. (Savignoni). Vgl. Deonna,
stat. de terre-cuite S. 184. Collignon, statues funeraires d&ns l'art grec 351, Fig. 221. Mon.
ant. dei Lincei XV (1905) S. 29 ff., Fig. 9 (Pinza). Walters hist, of anc. pottery II 318.
DellaSetaRetigione e arte figurata 185 Fig. 172. Montelius Italie primit.II 309. Pottier
cat. des vaaes antiques II 414. Altmann Archit. u. Ornam. der ant. Sarkoph. 33. Martha
l'art etr. 299. Phot. Garg. G.323 — 25. Exemplar in Louvre: LongpärierMnsee Napoleon,
Taf. 80 (farbig). Mon. dell'Ist. VI Taf. 59. Exemplar im brit. Mus.: Murray, Terra-
cotta Sarcophagi Taf. 9—11.
1774 Baumsarkophag aus öabii.
Der mit der Säge in der Längsrichtung durchschnittene, mit der
Axt ausgehöhlte Eichenstamm, von dem ein Stück bei der Ausgrabung
zerstört wurde, lag in einem Graben, bedeckt mit von feinem Kalk
durchsetzter Erde und Steinen. In ihm lagen das Skelett und bei der Aus-
grabung verschwundene Gegenstände aus Silber, Eisen und Bernstein.
Daneben lagen Vasen, teils aus rotbraunem Ton (impasto italico),
teils aus gebranntem, helleren Ton mit Spuren von Bemalung.
Beachtenswert eine fein gehämmerte Bronzeschale und ein dunkles
tönernes Gefäß mit eingeritzten Pferden, Schlangen und Vögeln. Zur
Form des Grabes vgl. auch n. 1789. Das Grab gehört etwa der Wende
des 8. zum 7. Jahrhunderts an.
Bull. comm. XXXI (1903), Taf. XI, XI J, 352 ff. (Pinza). Vgl. Kot. d. scavi 1S89
S. 83f. Alin. 27266. Über Gabii vgl. Pauly-Wissowa, Realenzyklopädie.
1775 Bronzefunde aus Cagli.
a) Durch Schönheit und gute Erhaltung ragt hervor ein wundervoll
patinierter Kopf eines Jünglings im Stile des 5. Jahrhunderts.
Die Augen waren aus Email eingesetzt, die krausen Haare über
den Ohren, sowie der Helm bis auf den Stirnschutz besonders ge-
gossen und angesetzt (man sieht im Innern des Kopfes deutlich
die Zapfen der Teile mit den krausen Haaren rechts und links).
Das kurze Haar im Nacken und vor den Ohren schließt die
Deutung auf Athena aus.
ERSTER SAAL. ' 333
Phot. Brogi 18673, 18678. A. Mahler, Polyklefc und seine Schule 120 (schlechte Ab-
bild.). Vgl. Not. d. sc. 1878, 11». Bull. dell'Ist. 1878, 74. Zu der Technik der
Stockungen vgl. Jahresb. des österr. arcb. Instituts XI 1908 p. SIS ff. (Pernice).
b) Kleines behelmtes Bronzeköpfchen ebenfalls von sehr feiner
Ausführung.
o) Kleine Statuette eines nackten Mannes, der in der R. die Lanze
schwang, interessant durch die unter den Füßen stehen geblie-
benen Gußzapfen.
Alin. 27263.
d) Marsstatuette.
Die übrigen Figuren zeigen einen nackten und neun bewaffnete Krie-
ger primitiven, lokal-umbrischen Stiles. Die Funde scheinen alle aus
einer am Orte selbst betriebenen Bronzegießerei zu stammen.
1776 Statuen einer sitzenden Frau mit Wickelkindern
aus Tuff.
Die auf mächtigen Thronen sitzenden, sehr roh gearbeiteten Fi-
guren haben gelöstes Haar. Die L. hält vier, die R. ein Wickelkind auf
dem Schoß; die Arme der Kinder sind nach antiker Sitte eng an den
Körper f estgewiokelt. Vermutlich sind diese Statuen, die sich in großer
Menge beim Heiligtum einer Muttergöttin in Oapua fanden, woher wohl
auoh unsere Exemplare stammen, Votive von Müttern zur Erflehung
oder zum Dank für Kindersegen.
Vgl. Rom. Mitt. 1907 Taf. XII ff., S. 474 f. (Koch).
1777 Vetrine.
»
a) Spiegelkapsel mit Belief aus Bronze.
Odysseus steht in Bettlertracht vor Penelope, die die Spindel hält
und sinnend seiner Erzählung lauscht, während der Hund Argos (der
in der homerischen Dichtung gleich bei der Ankunft seines Herrn
verendet) ihn erkennt und mit der r. Pfote sein Bein berührt.
An der Wand ein Bukranion und ein Gorgoneion. Drei außer diesem
noch unveröffentlichten Exemplare seither bekanntgewordene Spiegel-
kapseln mit der gleichen Darstellung (aus Cervetri, Corneto, Ghiusi)
beweisen die Beliebtheit dieses Motivs und die fabrikmäßige Her-
stellung soloher Kapseln in Etrurien offenbar nach griechischen
Mustern. Für die griechischen Vorbilder nimmt ein namhafter Ge-
lehrter eine Fabrik des 4. Jahrhunderts in Korinth an.
Exemplar aus Cervetri : Brlt. Mus. Cat. of bronzes Nr. 731. Mon. dell'Ist. VIII Taf.
47, Nr. 1. Vgl. annali 1867, 826 ff. (Heibig), bull. 1865, 246 (Braun). Sitzungsber.
der bayer. Akad. d.Wissenscb. 1868, 78 ff. (Braun). Boscher, Mythol. Lexikon, Penelope
p. 1917. Sammlung Sabouroff Taf. 147 (Furtwängler). Literatur Aber Beliefe auf
Spiegelkapseln: Sittl, Arcb. d. Kunst 247, 608, 702. Vgl. unter n. 685.
b) Pferdetrense aus Bronze.
t Aus Barbarano.
< - Das wundervoll patinierte Stück ist ein vorzüglich erhaltenes
Beispiel einer italischen Pferdetrense, die, ähnlich wie die römischen.
334 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIULIO. 1778.
eine humanere Form zeigen als die grausamen griechischen mit den
Stacheln und scharfrandigen Scheiben, die den Tieren die Mäuler
blutig rissen. Die im Maul des Tieres liegende Achse besteht aus zwei
gedrehten, ineinander verhäkelten Teilen, die halbmon<|förmJgen
Stücke, zwischen denen der Kopf des Tieres eingepreßt war, tragen
als Ornament schematisch wiedergegebene Vögel an der Stelle, wo
bei anderen italischen Exemplaren, deutlich an die Bestimmung des
Gerätes erinnernd, Pferde zu sehen sind. Fast identisch mit unserem
Exemplar, vermutlich aus derselben Werkstatt, ist ein anderes aus
Rusellae, jetzt in Florenz befindliches.
Not. d. sc. 1897, 137, Fig. 1 u. 8 (Pasqui). Bull, paletn. ital. 1898, 79 mit Abb.
Andre italische Exemplare: Bull, paletn. ital. II (1876), Taf.V. Montelius, civ.prim. en
in It. I Taf. 73, 95, II, Tat 178, 181, 190, 192, 197, 286. Römische: Baet. Limes 32, Taf.
XXI 56 S. 65 (Barthel). Florentiner Exemplar: Kot. sc. 1887. 136. Montelius, civil,
prim. II 376 Nr. 5. Exemplare aus Falerii in unserem Museum: Mon. ant. dei Lincei IV
Atlas Taf. XI 20, 21. Griechische Exemplare: Pernice, Griech. Pferdegeschirr. 56. Berl.
Winckelm. Progr. Vgl. Amelung, Nachwort zu Cherbuliez, athen. Plaudereien über
ein Pferd des Phidias (übers, von J. Biedisser) p. 996 ff.
c) Bronzestreifen mit getriebenen Figuren«
Zum Bankett gelagert, wie häufig auf etruskischen Grabgemälden,
zum Teil in eifriger Unterhaltung, ist eine Gesellschaft. Die Figuren
tragen die von dem Terrokottasarkophag (n. 1 773) uns bekannte Kopf-
bedeckung, den Tutulus. Auf und neben einem Kredenztisch sieht
man mächtige Trinkgefäße stehen, an einem dreibeinigen Kohlen-
becken (vgl. n. 592) einen Sklaven.
Aus Bomano. Über Stil und Herkunft vgl. n. 747.
d) Bronzestreifen mit getriebenen Figuren.
Kampfszenen. Wie c aus der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts. Ver-
mutlich etruskische Arbeit.
Aus Ferento.
e) Beinerne Möbelverzierungen*
L. Bruchstucke von weiblichen Köpfen und von geflügelten Eroten
und Psychen. R. Pferdeköpfe, vielleicht von einem Viergespann, und
Akanthusblätter. Römische Arbeiten etwa der Zeit des 2. Jahrh. vor
bis zum 2. Jahrh. nach Chr.
Aus den Abruzzen (?).
f) Votivstatuetten aus Bronze, darunter ein bärtiger Krieger im
Panzer, unter dessen Füßen die Gußzapfen erhalten sind. R. eine
Frau mit Tutulus und breitem Bronzegürtel, mit Blüte in der R.
Es sind Arbeiten rohen Stiles des 6. bis 5. Jahrhunderts.
1778 Vetrine links vom Ausgange.
Die in der Vetrine aufgestellten Bronzen wurden im römischen
Kunsthandel erworben. Sie zerfallen in vier Gruppen:
a) Ein Helm und zwei Beinschienen, griechischer* Arbeit. Die
Kniestücke der Beinschienen sind als Löwen-Masken gestaltet
ERSTER SAAL. 335
b) Drei rechteckige umrahmte Platten mit Reliefdarstellungen
eines hegenden Löwen und zweier liegender Sphinxe. Sie er-
innern in stilistischer Hinsieht so stark an die berühmten
Bronzebeschläge eines Wagens aus Perugia, daß wir sie dem
gleichen ionisch-italischen Kunstkreise des 6. Jahrhunderts v.
Chr., vielleicht auch dem gleichen Fundorte zuweisen können.
Jedenfalls haben auch sie als Beschläge hölzerner Wandungen
gedient.
Die Bronzen von Perugia: Römische Mitteilungen 1894, 253 ff. und Antik. Denk-
mäler II (1803—94) Taf. 14. 15. (Petersen).
c) Verschiedene Fragmente ?on Platten und Umrahmungen,
die Platten mit Reliefdarstellungen phantastischer Tiere.
Italische Nachahmungen ionischer oder ionisierender Arbeiten.
Wahrscheinlich aus Umbrien.
d) Zwei durchbrochene Belief -Barstellungen eines Mannes, der
zwischen zwei Pferden steht; von rechts und links fliegt auf
die Pferde je ein Vogel nieder (nicht überall erhalten).
Über analoge Darstellungen vgl. Jahresh. d. Osten, arch. Instituts VII 1904 p.
62 ff. Fig. 73 a, b; VIII 1906 p. 73 Fig. 23. Da diese Fundstücke aus Foligno und
Pesaro stammen, vermutet man auch für die römischen Stücke Herkunft aus der
gleichen Gegend.
Im unteren Fache:
e) Schwarzfigurige attische Amphora mit einer Auszugsszene.
Auf der Rückseite Herakles im Kampfe mit dem nemeischen
Löwen. L. dabei Iolaos mit der Keule, r. Hermes mit Flügel-
sobuhen.
f) Botfiguriger Stamnos.
Theseus tötet den Minotauros. Dabei 1. Ariadne, r. ein bärtiger,
auf einen Stab gestützter Mann.
g) Rotfigurige schlanke Amphora mit gedrehten Henkeln.
Mädchen mit einer leeren, liegenden Hydria auf dem Kopfe.
Die beiden nächsten Säle enthalten die Reste von fünf Tempeln des
alten Falerii (heute Civitä Oasteilana), unter denen der Apollotempel,
der Merkurtempel und der berühmte Iunotempel besonders hervor-
ragen. Eine Publikation der betreffenden Ausgrabung sowie der ein-
zelnen Fundobjekte ist seit langer Zeit in Vorbereitung.
Literatur: Merkurtempel: Bull. comm. 1911, S. 62fl. (Meugarelli). Apollo-
tempel: Not. sc. 1887, 137 (Pasqui), 1888, 414ff. (Cozxa). American Journal of arcb.
1887. 464. Iunotempel: Not. sc. 1887, 92 ff. Plan Taf. n 2. Am. Journal of arch.
1887, 461 ff. Vgl. Gott. Gel. Nachr. 1897, 137 ff. (Degering). Eöm. Mitt. 1887, 23 f.
Zweiter Saal.
Der Saal enthält Funde aus Falerii (nahe bei dem heutigen Civitä
Castellana). Die ganze r. Hälfte des Saales von der Eingangs- bis zur
Ausgangstüre wird eingenommen von Funden des sogen. Merkur-
tempels (eontrada „Sassi caduti"). Auf der 1. Saalwand sind zwischen
336 DAS MÜSEÜM DER VILLA PAPA GIÜLIO. 1779.
den Fenstern die Funde des sogen, „großen Tempels14 (oontrada
vignale) aufgestellt, zwischen dem zweiten Fenster und der Ausgangs-
türe Funde vom sogen, „kleinen Tempel" (oontrada vignale), zwi-
schen Eingangstür und erstem Fenster sporadische Funde (oon-
trada vignale und sassi oaduti), unter den beiden Fenstern aus dem
Kunsthandel erworbene Stücke unsicherer Herkunft.
Wir beginnen die Betrachtung mit
1779 Funden von dem Merkurtempel.
Sie sind in chronologischer Anordnung aufgestellt. Wir beginnen
r. von der Ausgangstüre.
a) Bemaltes Giebelakroter mit Zweikämpfern.
Auf einer schmalen Leiste, welche zwei vegetabile Voluten ver-
band, deren linke, wellengesäumte allein teilweise erhalten ist, sieht man
einen ins Knie gesunkenen bärtigen Krieger sich gegen einen r. an-
stürmenden Gegner wehren, dessen obere Hälfte fehlt bis auf Teile
von Arm, Schild und Helmbusch (daneben an der Rückwand des
Schrankes), sich aber leicht ergänzen läßt mit Hilfe eines ähnlichen Re-
liefs aus Conca (n. 1786). Interessant ist die Bewaffnung der Krieger.
Außer dem archaischen griechischen Helm, Panzer, übers Knie reichen-
den Beinschienen und Bundschüd tragen sie Oberschenkelschienen . Ver-
einzelte Exemplare soloher Waffenstücke in Olympia (Olympia IV Taf.
LX) und im Britischen Museum, Darstellungen z.B. auf attischenVasen,
oft unverstanden, klar und ähnlich wie auf diesem Relief auf einer
Amphora des Andokides im Louvre (Furtwängler-Hauser-Reichhold II
Taf. 111 S. 269). Der kniende Krieger trägt außerdem ein kurzes
krummes Schwert wie die Lyker und Karer und später die Samnites
unter den Gladiatoren. Die Figuren sind frei gearbeitet ohne Hinter-
grund, die Rückseite ist nur flüchtig modelliert, aber, weil sichtbar,
bemalt. Auf der Vorderseite allein ist alles im Relief gut durchmodel-
liert; die prächtig erhaltene Malerei hat nur koloristische Bedeu-
tung. Rot ist das Fleisch, schwarz der Bart. Die Gruppe, die
der Wende des 6. zum 5. Jahrhundert angehört, ist eines der wenigen
seither bekannten figürlichen Mittelakrotere, deren vorzüglichstes aus
Ton das bekannte Berliner Stück aus Caere ist mit Eos und Kephalos
(abgeb. Arch. Zeitg. 1882 Taf. 15), aus Stein die Gorgo vom alten Athena-
tempel (Schrader, arch. Marmorskulptur S. 9). Die Vorliebe der Etrus-
ker für figürliche tönerne Antefixe ist uns literarisch bezeugt. Auf
dem capitolinischen Iupitertempel standen nebeneinander der etrus -
kisohe Blitzgott Summanus und eine Quadriga von der Hand des
Künstlers Vulca aus Veji.
Della Seta, religione e arte figurata S. 173, Fig. 129 nach Phot. Brogi 18660. Bull,
cornun. 1910, Taf. XIII, 1911, S. 27 ff. (Bizzo). Vgl. Anh. Ana. 1902, 61 (Petersen).
Osten. Jabreah. IX 116. Rom. Mitt. XXI (1906) 77 Nr. 1. Deonna, leg statues de terre-
culte (1908), S. 137 Nr. 1.
ZWEITER SAAL. 337
B. davon in den Wandschränken dar Langseite: Bemalte Ante! ixe
(Stirnziegel) mit figürlichem Sohmuck im Stile des 6. bis 5. Jahr-
hunderts (vgl. Nr. 437). Beachtenswert darunter
b) Gruppe eines Silens mit einer Mänade, die die Klappern
(orotala) hält.
c) große Silensmaske mit Kranz aus Weinlaub. Schnurrbart und
„Mücke" am Kinn sind rot, der plastisch hervorgehobene Voll-
bart rotbraun bemalt; auf letzterem sind die einzelnen Partien
und Strähnen mit Weiß aufgemalt (vgl. n. 1010).
d) Fragment eines Eekakroteres in Vogelform.
Solche geflügelte Figuren aus Ton, die sich nur in wenigen Exem-
plaren erhalten haben (vgl. das Flügelpferd Nr. 437), auf bildlichen Dar-
stellungen aber nicht selten sind, saßen auf den Enden der schrägen
Giebel. Vgl. die Tempelrekonstruktion im Garten des Museums.
e) Fragmentierte Anteftxe mit Silenen und M&naden.
Die auf einem Brettchen vereinigten Beste dreier Figuren bil-
de tenkeine Gruppe, sondern gehören drei verschiedenen Stirnziegeln an.
L. eine Mänade, der ein Satyr den Arm auf die r. Schulter legt und
die r. ein großes Tympanon hält. Ein Satyr mit einem zugebundenen,
prall angefüllten Schlauch, eine Mänade mit einer Schale in der B. ;
über ihr ein mit dem Kopf nach 1. unten gerichtetes schwarzes
Schwein. Die rote Mähne des Borstentieres zeigt den im ionischen
Kunstkreis für dies Tier charakteristischen Einschnitt in der Mähne
auf dem Rücken.
Zu ähnlichen Antefixen gehörten die davor aufgestellten
f) Köpfehen von Silenen und Mänaden«
^Entere rotbemalt, letztere tongrundig. Die Köpfehen sind von
erstaunlicher Lebenswahrheit. Vorzüglich ist z. B. bei dem am besten
erhaltenen SilenskÖpfchen die tierische Gier ausgedrückt durch den
breiten, halb geöffneten Mund, in dem man die Zähne sieht, und durch
die dicken, fleischigen Lippen. Bei den Mänaden sind die Lippen und
Haare rot gemalt, die Brauen, Pupillen, Lider, wie bei den Silenen,
schwarz. Die Bemalung übt nur koloristische Wirkung aus, da alle Par-
tien, bis zu den Hautfalten auf der Stirn, plastisch durchgearbeitet
sind. Auoh die Haare und Barte sind, im Gegensatz zu der unter c
beschriebenen Silensmaske, in allen Einzelheiten plastisch ausge-
führt.
Im unteren Fache:
g) Anteffxe mit Gruppen von Silenen und Mänaden , darunter
eine Mänade mit einer Blüte, eine andere mit einer Art Wollkranz,
ein Silen mit Löwenfell.
Heibig: Führer. IL 3. Aufl. 22
338 DAS MUSEUM DEE VILLA PAPA GIULIO. 1779.
Den größten Teil der Wand nehmen ein:
h) Architekturstüeke aus Terrakotta.
Von der großen Zahl von Terrakottaplatten mit abwechselnd roter
und schwarzer Bemalung, die zur Dachverkleidung dienten, ist nicht
allen mit Sicherheit ihr genauer Platz am Dache zuzuweisen. Die
in den obersten Borten ausgestellten Stücke stammen ohne Zweifel
von dem Giebelsims, deren obersten Abschluß das schöne, a jour ge-
arbeitete Palmettengeschlinge bildete, das die oben mit einer Rille
oder Zapfenlöchern versehenen Hauptstücke krönte. Diese bestehen
aus einem leicht gehöhlten, plastischen Blattstab mit abwechselnd
roter und schwarzer Bemalung und einer glatten Fläche mit einem
Mäander auf abwechselnd rotem und schwarzem Grunde, der von zwei
horizontalen Bundstaben eingefaßt wird. Nach der Richtung der Or-
namente auf dem oberen Rundstabe läßt sich bestimmen und ist in
der Anordnung im Museum zum Ausdruck gebracht, ob eine Platte
zur 1. oder r. Hälfte des Giebels gehörte.
Brogi 18669, 18672.
Die übrigen, mit hängenden Blüten und Palmetten verzierten
Platten bildeten die Bekleidung vorwiegend des Architraves. Die An-
ordnung der Nagellöcher, die zur Befestigung auf Holz dienten, läßt
in der Regel Schlüsse zu, ob eine Platte ganz auf das Gebälk aufge-
nagelt war oder ob ihr unteres Ende frei in die Luft herabhing.
Brogi 18670.
Eine in eine Blüte zwischen Voluten endigende Platte (r. der Aus-
gangstüre) bildete ein Eckstück. Auf einer Reihe von Platten (untere
Fächer, Mitte) sieht man antike, mit schwarzer Farbe aufgemalte
Kreuze und Zahlen, offenbar die Numerierungszeichen (vgl. n. 1514,
1515). Man beachte auoh (unten 3. Abteilung der Langseite) das
Fragment eines Traufziegels, der, so weit er über das Dach vor-
sprang, bemalt ist mitZiokzackornament, und von unten her gesehen
wurde (vgl. die Rekonstruktion im Garten).
Während alle bisher betrachteten Teile aus dem 6. bis 5. Jahr-
hundert stammen, rühren die folgenden von einem späteren Umbau
des Tempels her,
i) Unterteil einer Merkurstatue aus Terrakotta.
Hinter den Füßen wird ein Baumstamm sichtbar. Vermutlich ist
das Stück als Teil eines Mittelakroteres anzusehen. Seinem Stil nach
gehört es in hellenistische Zeit, etwa um 300. Ein danebenliegender
Arm und ein Stück Körper gehören wohl zu der Statue.
k) Teil eines Reliefs mit nacktem Krieger und Amazone(?).
Der Rand 1. läßt vermuten, daß das Stück zur Verkleidung diente,
entweder des Firstbalkens oder der Mutuli.
ZWEITER SAAL. 339
1) Bemalte Antefixe mit Mänaden- und Satyrköpf en. Der weib-
liche Kopf trägt ein Perlenhalsband, der Satyrkopf steckt im
Löwenfell. Der Stil ist ganz frei. Im Gegensatz zu den archaischen
Silensköpfen ist hier die Farbe (Rosarot und Blau; dieses nur in
Spuren erhalten) nicht eingebrannt, sondern nach dem Brand
aufgetragen und daher leicht abwischbar.
m) Unterteil eines Antefixes.
Stehender nackter Mann und langbekleidete Frau mit Schnür-
stiefeln.
n) Antelix. Jüngling auf einem Seepferd.
o) Ante! Ix* Nereide mit rotem Mantel auf einem Seepferd. Spuren
blauer Farbe auf dessen Körper.
p) Gebälkverkleidungsstücke.
Als Verzierung dieser Platten dienen Blüten und Palmetten, sowie
ein Mäander auf blauem Grunde, der plastisoh gebildet ist, im Gegen-
satze zu den Platten des älteren Tempels, bei denen er aufgemalt war,
denen aber diese Platten im übrigen offenbar nachgebildet sind. Über
dem Mäander ein Palmettenfries, in dem ebenfalls die Tradition der
Stücke des älteren Tempels nachlebt, und kleine Köpfchen, alles mit
reichen Spuren blauer und roter Bemalung.
Der letzten Periode des Tempels, etwa dem 3. bis 2. Jahrhundert,
zuzurechnen sind die
q) Türverkleiduagsplatten mit reichem ornamentalen Schmuck
und mit Besten blauer und roter Bejn&lung. Im Ornament und
in der Wahl der den Gfund und die Füllungen bildenden Far-
ben erinnern diese Stücke sehr an römische Stuckdecken.
Brogi 18667. ,; : <
r) Tonreliefs (vgl. n. H91).
Es begegnen darunter drei Typen:
ein geflügelter Jünfling, der die Doppelflöte bläst,
v. Rohden-Winnefeld architekt. römische Tonreliefs n. 1987. Brogi 18Ö68.
ein Flügelmädchen mit Kithara,
v. Bohden-Winnefeld S. 108 f.
eine stieropfernde Nike.
Vgl. v. Bobden*WUmefeld S. 83t
Neben der Eingangstüre:
s) Votive aus den verschiedenen Perioden des Merkurtempels. Be-
achtenswert die schwarzgefirnißten Schälchen mit faliskischen
Inschriften, unter denen der Name des Merkur häufig wiederkehrt ;
ferner kleine tönerne Altarchen, die meisten konisch, mit Win-
dungen, eines von der durch Funde vom Esquilin (vgl. Bd. I
p. 594 f) bekannten Art. Man beachte auch ein weibliches
. Köpfchen mit Kalathos schönen Stiles,
22*
340 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIUL10. 1780—1782.
Zwischen den Fenstern rechts oben:
1780 Funde vom sogen, „großen Tempel".
a) bemalte Tonplatten von- der Giebelsima.
Darunter beachtenswert zwei Stücke mit der Wurzel zweier
aufsteigenden Voluten, zwischen denen wohl das Giebelakroter saß.
b) Antefixe mit Köpfchen von Silenen und Satyrn. Der Satyr-
kopf entspricht im Stil denen vom Merkurtempel und wird wie
diese der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts zuzurechnen sein.
Unten:
c) Akroter, fragmentiert, in Gestalt eines geflügelten Greifen.
d) Trauf ziegel mit Bemalung.
e) Antefixe mit Harpyen, geflügelt, die Beine hebend in apotro-
päischem Gestus, wie sie auf campanischen Bronzegefäßen als
Deckelfiguren und als Antefixe in Conca vorkommen (n. 1786 1
S. 350).
f) Unterteil einer Gewandstatue, zu der vielleicht der nackte
Oberkörper eines Jünglings (Kentauren) gehörte; beide Figuren
könnten eine Gruppe gebildet haben.
An diese Funde aus einer älteren Periode des Tempels schließen
sich in den folgenden Fächern solche aus dem 4. — 3. Jahrhundert.
g) Antefixe mit Köpfen von Silenen und Mänaden. Sie tragen
im Haar Diademe. Die schwarze und rote Bemalung, die nur zur
Unterstützung der Modellierung dient, ist sehr frisch erhalten
an vielen Köpfen. Der Größenun&rsohied der einzelnen Exem-
plare wird aus ihrer Verwendung an verschiedenen Stellen des
Tempels am leichtesten zu erklären sein. Denkt man sie sich
z. B., wie bei dem Modell eines Daches aus Nemi (Bd. II S. 347)
auf dem horizontalen Giebelrand angebracht, so ist es klar, daß
nach den Ecken zu» wo sich der Giebel senkt, die Köpfe kleiner
werden müssen.
Darunter:
h) Fragment eines Reiters.
i) Merkurköpf chen, mit Petasos, von sehr lebensvollem Ausdruck
im Stil des 4. Jahrhunderts.
k) Beste von Antef ixen mit einem stehenden Krieger und einer
Amazone, die eine Verwundete tragt.
Ferner eine Anzahl von Köpfen meist sehr roher Bildung. Bei einigen
scheint Porträtähnlichkeit angestrebt zu sein. Gliedmaßen, wie Au-
gen, Ohren, Füße, Hände, Finger, Brüste, männliche und weibliche
Gesohlechtsteile, die nach allgemein verbreiteter Sitte der Gottheit
zur Bitte um oder als Dank für die Heilung der erkrankten betreffenden
ZWEITER SAAL. 341
Glieder geweiht wurden (vgl. n. 1490). Beachtenswert besonders ein
Wickelkind, dem in der im Altertum üblichen Weise (vgl. n. 1776) die
Arme fest an den Körper geschnürt sind und das deshalb Grund genug
hat, so unfreundlich in die Welt zu blicken.
Unten:
1) Formen für Antefixe,
Außer solchen, aus denen die Silens- und Mänadenköpfe n. 1779
geformt sind, begegnen Exemplare, von denen sich ausgegossene
Stücke zufällig nicht gefunden haben.
Beachtenswert besonders:
ein stehender Alter neben einer sitzenden Frau mit entblößtem
Busen, ein kolossaler, männlicher Kopf, Gruppe von Satyr und Mä-
nade, Kopf einer Inno Sospita, die den Helm mit Ziegenhörnern trägt.
In den anschließenden Fächern:
m) Votivgaben aus Ton, verschiedenen Zeiten des Tempels (5. bis
3. Jahrhundert) angehörig.
Zwischen Fenster und Ausgang:
1781 Funde vom „kleinen Tempel".
aj" Funde aus der älteren Periode dieses Tempels (5. — 4. Jahrhundert)
sind nur spärlich.
Oben ein Antef ix mit Satyr und Mänade, andere mit einem Satyr-
oder Silenskopf mit Blätterkranz,
b) Funde aus der jüngeren Periode (ca. 4. — 3. Jahrhundert):
Antefixe mit Satyr- und Mänadenköpfen. Herakles im Löwen-
fell, ganz freien, entwickelten Stiles. Dieser Kopf, ebenso wie der
Mänadenkopf, ist in zwei verschiedenen Typen vertreten. Antefixmit
Unterkörper von zwei, wie es scheint singenden Männern. Unten:
ein kolossaler Löwenkopf als Wasserspeier.
In der 1. Ecke beim Eingang:
1782 Sporadische Funde aus Falerii.
a) Terrakottastatue der gefesselten Andromeda,
Andromeda, nackt bis auf einen über die 1. Schulter und das r.
Bein geschlagenen Mantel, am Hals einen Reifen in Art der gallischen
Torques, ist mit einer eisernen Fessel an den Felsen geschmiedet. Die
in freiem Stile gut gearbeitete Figur ist wohl nur der Teil einer Gruppe,
zu der außer Andromeda der Befreier Perseus gehörte oder doch das
Untier, dem die Jungfrau zum Raub ausgesetzt war.
Darunter:
b) Form zu einem Anteflx mit der Darstellung einer Nereide
auf einem Seestier (vgl. n. 1779 o).
342 DAS MUSEUM DER YILLA PAPA GIÜLIO. 1783—1784.
Unter den beiden Fenstern:
1783 Reitende Krieger und Amazonen aus Terrakotta.
L. erkennt man einen Krieger mit Löwenfell, dessen Tatzen er
unter dem Kinn zusammengebunden hat, r. eine Amazone mit Bogen.
Die plastisch ausgeführten Zügel haben knopfartige Verdickungen.
Die Pferde, die abwechselnd blau und rot bemalt sind, in der von
etruskischen Grabmalereien bekannten Vorliebe für Buntheit und Ab-
wechslung, sind teils naoh r., teils nach 1. hin gewendet.
Rechts:
Blaue Pferde mit roter Mähne und roten Hufen, und rote Pferde.
In einem Stile, der von dem der übrigen Reste etwas abweicht und
auch jünger ist, r. oben ein Pferdekopf von vorn, 2 galoppierende
Pferde mit aufgemalten Mähnen und Zügeln sowie geöffneten Mäulern,
in denen die Zähne siohtbar sind, Gorgonenmaske mit mächtigen Eber-
zähnen. Der Belief randzeigt an manchen Stellen dunkle (blaue?) Farbe.
Man hat daran gedacht, diese im Kunsthandel erworbenen Reiterreliefs
seien auf dem oberen Rand der Giebelschrägen als Bekrönung ange-
bracht gewesen. Daraus würden sich die verschiedene Richtung
der Reiter und die zur Verzapfung dienenden Löcher leicht erklären.
Dritter Saal.
Die r. Hälfte dieses Saales von Tür zu Tür ist angefüllt mit den
Funden vom Apollotempel (oontrada „lo Scasato"), die sioh auch auf
der 1. Saalseite zwischen Eingang und Fenster fortsetzen. Unter dem
Fenster und vom Fenster bis zur Ausgangstüre sind die. Funde vom
lunotempel (contrada Celle) aufgestellt. In der Mitte des Saales
sporadische Funde, meist aus der Nähe von Falerii.
1784 Funde vom Apollotempel.
Vorauszuschicken ist, daß von diesem Tempel aus uns nicht näher
bekannten Gründen Funde aus früherer Zeit fehlen. Was hier auf-
gestellt ist, stammt alles aus hellenistischer Zeit, dem 4. — 3. Jahr-
hundert. Der Tempel ist 1886 aufgedeckt. Wir beginnen wieder bei
der Ausgangstüre.
a) Jünglingstorso.
Dieser wundervolle Torso zeigt den bis auf den ganzen r. und den
1. Oberarm wohlerhaltenen Oberkörper eines Jünglings mit leicht nach
r. aufgeworfenem Kopfe und wallendem Haar. Wie der glatte untere
Schnitt zeigt, war der Oberkörper für sich gearbeitet, um aufgesetzt
zu werden auf den vielleicht mit Reliefgrund versehenen Unter-
körper. Die leichte Vorwärtsbeugung des Rumpfes läßt darauf schließen,
daß der Jüngling sitzend dargestellt war, etwa wie der Iupiter im
Giebel von Luni. In dem kräftig gebildeten Jüngling mit dem vollen
DRITTER SAAL. 343
Gesicht und dem strahlenden Ausdruck, den schwellenden» jugend-
frischenLippen, der im Stile sehr an gewisse Alexandertypen erinnert,
hat man wohl mit Recht Apollo erkannt. Die Statue ist stark vom
Stil des Leochares beeinflußt.
Not. d. sc. 1888,419. Bev. arch. 1006 II 405. Bernoulli, Darstellungen Alexanders
des Gr. 51, Deonna, etat, en terre-cuite 116 ff.
b) Jünglingstorso.
Erhalten ist der Oberkörper und Teile des Kopfes, der stark ergänzt ist.
Daß die Ergänzung im Ganzen das Richtige getroffen hat, beweist ein da-
neben liegendes, unlängst hinzugefundenes Stück einer Wange. Ergänzt
auch die Unke Brusthälfte. Vielleicht gehörten einige andere daneben lie-
gende Fragmente zu der Statue.
Wir haben einen Epheben vor uns, der offenbar auf dem 1. Bein
stehend den Kopf leicht seitlich gesenkt hat, etwa in der Haltung des
Eros von Centocelle (Bd. I n. 183) oder der Epheben in der Gruppe
von Hdefonso. Spuren einer Hand auf der 1. Schulter beweisen die
Zugehörigkeit dieser herrlichen Statue zu einer Gruppe. Ob die mit-
gefundenen Beste einer Hand mit einem Schwerte zu dieser Figur
gehörten, ist sehr fraglich.
Kot. d. sc. 1887, 138, 1888, 418 f. American Journal of arch. 1887, 464. Bev. arch.
1906 II 406. Deonna stat. en terre-cuite I27f., Fig. 6.
•c} Unterteil einer Mädchengruppe.
Man sieht links zwei mit Sandalen bekleidete Füße einer weiblichen
Figur, die mit übereinandergesehlagenen Beinen stand und dabei
notwendig, um nicht umzufallen, sich irgendwo aufstützen mußte.
Vermutlich lehnte sie sich auf die Schulter einer Gefährtin, von der
der rechte mit Sandalen bekleidete Fuß und ein Stück Gewand zwi<-
schen den Füßen erhalten ist.
Deonna, stat. en terre-cuite 124 f.
Auf der Seitenwand enthält die erste Hälfte weitere figürliche
Terrakotten. Wir betrachten sie Schrank für Schrank von oben nach
unten.
d) Antefix mit dem Unterteil eines Merkur mit Flügelschuhen.
Garg. G 3785.
e) Jünglingskopf.
Der prachtvolle, nach 1. etwas geneigte und zurückgeworfene Kopf
zeigt eine stark an die Art des Leochares erinnernde Stilrichtung.
Bemerkenswert die vor den Ohren eingravierten Haare.
Kot. sc. 1888, 419, Bev. arch. 1906 II 406. Deonna, stat. en terre-cuite 125 ff . Garg.
C 3781.
f) weiblicher Eopf mit Diadem.
Des Leochares' Stilart macht sich auch in diesem schönen Köpfchen
bemerkbar, das auf Ansicht vom 1. Profil berechnet war.
Deonna, stat. en terre-cuite 121 f. Kot. «c.1887, 138, 1888,418. American Journal
of arch. 1887, 464. Revue archeol. 1906, II 406.
344 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIULIO. 1786.
g) Jünglingskopf, fragmentiert mit Spuren roter Bemalung. Stil
wie bei e und f. Alle drei vermutlich Reste einer Giebel-
gruppe.
h) Antefixe mit Unterteil einer stehenden Frau.
i) Gorgoneion riesenhafter Dimension mit heraushängender Zunge
und Beißzähnen. Lippen, Zunge, Pupille und Haar sind rot
gemalt. Die Größe spricht dafür, daß das Stück ein Akroter
war oder auch die Verkleidung eines Mutulus bildete.
Brogi 18664.
Es folgen Figuren, die namentlich Fragmente von Antefixen bil-
deten und sich durch .besondere Schönheit auszeichnen:
k) weibliche Statuette.
Sie zeigt ein Mädchen in gelbem Chiton mit roten Streifen (clavus)
und breitem roten, das Haar zusammenhaltendem Bande.
Garg. G 3784.
1) Oberkörper eines Jünglings (Satyrs ?) mit auf dem Kopfe
liegender B.
m) Köpfe yon Satyrn und Mänaden, darunter einige von ganz
ausgezeichneter Lebenswabrheit, offenbar stark beeinflußt von
der Stilweise des Leochares. Ein Köpfchen trägt den Pilos.
n) Antefixe mit Satyrn nnd Mänaden, die eine Gruppe bildeten.
o) Antefixe mit Köpfen von Mänaden und Herakles im Löwen-
fell, sehr ähnlioh Nr. 1781 b.
Es folgt:
p) Serie yon Dachziegeln mit antik eingeritzter Numerierung
(vgl. n. 1779 h).
Not. d. sc. 1888, 425.
Oberes Fach:
q) Stirnziegel mit geflügeltem Mann in persischer Tracht, der
zwei Fackeln hält, und der geflügelten persischen Artemis, die zwei
Löwen gepackt hält. Die Stirnziegel haben den für die jüngeren
Exemplare dieser Gattung üblichen Bügel. Sie waren vermutlich
an den Langseiten des Tempels angebracht; ob eine männliche im-
mer mit einer weiblichen Figur abwechselte oder ob die einen
auf der einen, die andern auf der andern Seite angebracht waren,
muß fraglich bleiben.
Kot. d. ßcavi 1888, 426, Fig. 15, 16, 432, Fig. 22.
r) Verkleidungsstücke, die, wie die Nagelspuren beweisen, unten
frei herabhingen. Sie zeigen oben von einem Astragal abgeschlos-
senes Bankenwerk, unten ein Palmettengeschlinge.
ttusman, l'art döcoratif, T*f. 71.
DRITTER SAAL. 345
s) Verkleidnngsstüeke ans Terrakotta für die Basis, Kapital und
Canellierung einer oder mehrerer Säulen. Die Stücke landen sich in
der Gegend des Tempels, können aber nicht zu diesem gehört haben.
Not. d. scavi 1908, 458 f. Fig. 8, 9.
Im Schrank r. vom Eingange:
t) Glebelakroter in Form einer Palmette, von mächtigen Dimen-
sionen.
Not. d. sc. 1888, 419 Fig. 2.
L. vom Fenster oben:
1785 Funde vom Iunotempel.
Schrank r. vom Fenster, oben:
a) Kopf eines Panthers aus Tuff*
Der Kopf, der sehr roh ausgeführt ist, gehört dem 6. Jahrhundert
an. Es ist nicht unmöglich, daß er in Zusammenhang stand mit dem
Kultbilde, von dem sich ein Teil erhalten hat in einem
b) Kopf einer Fran ans Tuff mit Bronzekranz.
Der Kopf zeigt den Stil der ältesten etruskischen Steinskulpturen,
mit niedriger Stirn, vorquellenden, etwas schief gestellten Augen, vor-
springendem Kinn, dicken Lippen, hochsitzenden Ohren. Das Haar
fällt in vier Massen geteilt rückwärts in den Nacken. Über der Stirn
einige Löcher mit Resten von Bronzenägeln, mittels deren ein
gleichzeitig gefundener Bronzestreifen befestigt war. In den Ohrläpp-
chen befindliche Löcher sprechen dafür, daß der Kopf auch Ohrringe
trug. Vermutlich gehörte der Kopf zu dem Götterbilde.
Not. d. scavi 1887, Taf. II 3, 4, S. 95 (Pasqui).
c) Löwe ans Tuff, mit streng stilisierten Flügeln, Stil des
6. Jahrhunderts.
d) Statuette eines kleinen nackten Kriegers aus Bronze im Stil
etwa des 5. Jahrhunderts?
e) Anteflxe mit Silenen und Mänaden verschiedener Typen. Oben
in der Mitte ein bemalter Silenskopf.
f) Kleine Gegenstände aus Terrakotta nnd Bronze, darunter
fünf steinerne Pfeilspitzen und ein Messerohen aus Stein. Diese Ge-
genstände wurden hinter der Basis des Kultbildes in einer Grube
gefunden. Die Verwendung steinerner Geräte läßt auf ein hohes
Alter des Kultes schließen, in dem solche primitiven Gegenstände
mit Vorliebe beibehalten wurden.
Not. d. sc. 1887, 98.
g) Architektonische Terrakotten.
Zur Verkleidung des Tempelgebälkes. Sie sind unbemalt, sonst
ähnlich denen vom Apollotempel.
L. vom Ausgang:
Reste von Figuren, in etwa halber Lebensgröße aus Ton.
346 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIULIO. 1786.
Oben:
h) stellende weibliehe Figur mit Halskette und langem, gelblich
bemalten Chiton, darüber einen prächtigen roten Mantel, auf
dessen Saum auf rotem Grund gelbe Palmetten aufgemalt sind.
Der dunkle Reliefgrund ist teilweise erhalten.
Not. d. bc. 1887, 97. American Journal of arch. 1887, 464. Deoana, stat. en
terre-cuite 134 f. Brogi 18665. Alin. 27259.
Unten:
i) Best eines nach r. bewegten Jünglings.
Die Figur ist ebenso wie die vorige auf schwarzem Reliefgrunde
angebracht.
Not. sc. 1887, 97. Amer. Journal of arch. 1887, 464. Deonna, stat. en terre-cuite 135 f.
Unter dem Fenster:
k) Beste von Malerei aus dem Iunotempel.
Von den ungefähr 50 aufgefundenen Fragmenten weißlicher Terra-
kottaplatten mit figürlicher Malerei, die an den Tempelwänden ange-
bracht waren, ist eine Anzahl hier zusammengesetzt. In einer Um-
rahmung von weißen Palmetten auf dunklem Grunde sieht man die
Reste mehrerer Figuren im Profil, im Stil etwa der späteren etrus-
kischen Gräber (tomba delT Orco bei Corneto u.a.). Nach den
Berichten bildeten die Figuren nicht eine größere Komposition,
sondern waren in einzelne, besonders umrahmte Wandflächen ein-
geordnet.
Über Malerei in Tempeln: Plin. Hist. Nat. 35, 17. Not. d. sc. 1887,. 94.
In dem ersten der beiden Mittelschränke des Saales sind verein-
zelte Funde, die mit den Tempeln selbst nichts zu tun haben, auf-
gestellt worden. Beachtenswert unter ihnen
1) Akroter mit einer sehwebenden Viktoria im Stile des 4. bis
3. Jahrhunderts. •
Aus Fabbrica di Borna. Brogi 18682.
m) Anteils mit Satyrkopf im Stil des 4. bis 3. Jahrhunderts.
Aus Narce.
n) Terrakottasima mit zwei Panthern neben einem Kantharos in
Relief. Darüber die lateinischen Buchstaben B und A.
Vgl. Nr. 1185 und von Rohden-Winnefeld, architekt. röm. Tonreliefs, Taf. I, II
Einleitg. S. 49.
o) Daehverkleidungsstüeke aus Terrakotta mit Satyrköpfen zwi-
schen Palmetten.
Herkunft unbekannt.
In der zweiten Vetrine — sie soll später in den 4. Saal über-
führt werden und an ihre Stelle eine andere mit architektonischen
Terrakotten aus dem f aliskischen Gebiete kommen — beachte man :
In dem Teil des Schrankes, der dem Ausgang zugekehrt ist:
p) Tonmodell eines Tempeldaches.
DRITTER SAAL. 347
Das Stück ist nur der obere Teil eines Modelle», das einen Tempel,
wenn auch nicht genau in allen Einzelheiten, so doch in seiner all-
gemeinen Erscheinung nachbildete, vielleicht den Tempel der Gottheit,
der das Tonmodell geweiht wurde. So unscheinbar das Stück aus-
sieht, so wichtig und einzigartig ist es für unsere Kenntnis des mittel-
italischen und etruskisohen Tempels und seines Vorbildes, des Hauses.
Man erkennt deutlich den Giebel mit den beiden Dachschrägen, dem
Mittelbalken (columen) und den beiden Langhölzern (mutuli), über
die das Dach Vorgriff. Jede Dachhälfte besteht aus vier großen Ziegeln,
deren drei erhaltene gleich lang sind, für dessen vierten, verstümmel-
ten, der vorragte, die gleiche Länge anzunehmen ist, in Übereinstim-
mung mit den vielumstrittenen Worten Vitruvs, die klar genug
sagen, daß der Dachvorsprung ein Drittel des eigentlichen (d. h. des
nicht vorspringenden Teiles des) Daches betragen soll. In dieser
Form haben wir uns also auch das italische Haus vorzustellen, mit
weitausladendem Dache, unter dessen Vorsprung die lares grundules
aufgestellt und die kleinen Kinder begraben wurden. Lehrreich ist
der Giebel mit den plastisch verzierten Kopfenden des First- und
der Seitenbalken; auf ersterem ein schwer erkennbares Relief, wohl
mit einem Dreiverein sitzender Götter. Während auf dem First-
balken auch sonst gelegentlich Reliefs beobachtet worden sind
(z. B. auf einer Aidioula in Vulci und bei n. 1786 n aus Conca), be-
gegnen hier zum ersten Male auch figürliche Verkleidungen der
mutuli. Am auffallendsten ist an diesem Modelle das innerhalb
des Giebels sichtbare flache, mit Ziegeln gedeckte Pach, dessen Stirn-
ziegel die Gestalt weiblicher Köpfe haben, wie sie ähnlich auch auf
einem im Britischen Museum befindlichen Sarkophag aus Bomarzo
vorkommen. Man hat mit Recht in diesem flachen Dach eine Remi-
niszenz an ein ursprüngliches, in Griechenland am olympischen
Heraion vermutetes, am Geloerschatzhaus in Olympia und bei
kleinasiatischen Denkmälern nachgewiesenes Walmdach erblickt,
das später seinen konstruktiven Charakter verlor und als Orna-
ment beibehalten wurde. Da die Unterseite des Tonmodelles keiner-
lei Ansatzspuren von Säulenkapitäl oder Epistyl zeigt, ist der Schluß
berechtigt, daß der Giebel über die Säulen hervorragte, worauf die
Beschreibung des Vitruv ohnehin schon geführt hatte ; nach ihr sollte
dieser Vorsprung ein Viertel der Säulenlänge betragen. Tatsächlich
zeigt ein unter den Votiven von Conca erhaltenes Modell eines
Daches, an dem sich ein Säulenrest erhalten hat, das vorausgesetzte
Verhältnis von Giebelfeld und Säulen. Danach ist die von Cozza
im Garten des Museums versuchte Rekonstruktion eines Normal-
tempels zu verbessern.
Gefunden 1887 bei Nemi. Bull. comm. 1910, Taf. XII, S. 284 ff. (Rizzo). Not. d. sc.
1896, 44. Tomasetti, Campagna Romana II, 266.
348 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA G1ULI0. 1786.
q) Tonmodell eines italischen Hanges.
Das Stück ist ebenfalls wegen der Bildung seinesDaehes bemerkens-
wert. Der Giebel hat noch nioht das horizontale Geison. Im Innern
sieht man zwei Türen, wie bei etrnskischen Gräbern.
Ans Velletri. Bull. comm. 1910, S. 286 Anmerk. 1 (Rtaso).
r) Jünglingskopf aus Terrakotta.
Der prachtige, fast lebensgroße Kopf zeigt den Stil des 4. Jahr-
hunderts.
Ans Antemnae. Not. d. so. 1887, 08.
In der zweiten Reihe:
s) Füße einer lebensgroßen weiblichen Terrakottafigur von treff-
licher Arbeit. An den Füßen Sandalen. Die Bildung der Nagel
und die Hautfältchen lassen auf vorzügliche Naturbeobachtung
schließen.
t) Bemalter Stirnziegel in Gestalt eines Frauenkopfes archaischen
Stiles, des 6. bis 5. Jahrhunderts. Der Kopf, von einem Blätter-
stab und einem ä jour gearbeiteten Geschlinge umgeben, hat
lange, in drei Reihen auf jede Schulter fallende Locken und trägt
im Haar ein Diadem. Dieses Exemplar der zum Schutz der Hohl-
ziegel an einer Seite des Daches angebrachten Stirnziegel verrät
sein hohes Alter außer durch den Stil dadurch, daß er auf der
Rückseite direkt in den Hohlziegel übergeht. Die Stirnziegel jün-
gerer Zeit haben statt dessen hinten einen gebogenen Bügel.
Aus Givitä Lavinia. Abgeb. z. B. Dünn, Bauk.derEtr. und Römer 8.84, Fig. 93.
Alin. 27262.
u) Bemalter Stirnziegel in Gestalt einer löwenwürgenden Artemis.
Seinem Stil und der Bemalung nach, die nioht vor, sondern erst
nach dem Brand aufgetragen scheint, dürfte dieser Stirnziegel eher
der aohaisierenden Stilrichtung angehören, als der archaischen.
Aas Segni. B~ Delbrück, das Oapitolium v. Signia, Tat V 5, B. 9f .
Vor dem Verlassen des Saales versäume man nicht, durch das
Fenster einen Bliok auf die Rekonstruktion des Tempels im Garten
zu werfen, zu dessen Aufbau der Grundriß eines in Alatri gefundenen
Tempels benutzt wurde, während das Dach aus den in den Tempeln
Faleriis, namentlich dem Apollotempel, gefundenen architektonischen
Terrakotten aufgebaut wurde, d. h. sorgfältigen Nachbildungen der in
den Sälen des Museums aufbewahrten Stücken. Auf die Irrtümer der
Rekonstruktion wurde bereits oben hingewiesen (S. 347). Immerhin
trägt sie wesentlich zum Verständnis der einzelnen Bauglieder bei.
Über die Terrakottaverkleidung des Daches: Bomnann, Keramik in der Baukunst
S. 40ff. Durm, Baukunst der Etr. und Bömer 2, 72 ff. Wiegand in der EinleitungsurQlypto-
thek Ny-Carlsberg. Borrmann, Aufs, für Ernst Curtius 171. Not. d. scavi 1888 S. 414ff.
(Oozza). Tempel in Alatri: Not. sc. 1888, 431, 1889, 22. B. Mitt. 1889, 148 ff. (Wlnne-
feld), 1891, 266 (Cozza), 349. Zentralblatt d. Bauverw. 1886, 197—207 (Barrel). Amer.
Journal of arch. 1889, 218. Walters, hist. of anc. pottery IT 315. Borrmann, Gesch. d.
Baukunst 1 184. Deonna, stat. en terre-ouite 118.
DRITTER FÜNFTER SAAL. 349
Vierter Saal.
In diesem Saale sind momentan die Grabfunde von Leprignano
und vonCivltella S.Paolo untergebracht, zwei Grabstätten unbekann-
ter faliskischer Orte. Sie sollen später den sechsten, Vorlauf ig als Maga-
zin dienenden Saal einnehmen und den Funden aus S e g n i Platz machen,
die vorläufig noch magaziniert sind. Letztere bestehen einerseits in
einer Anzahl praehtvoll bemalter, von einem Tempel herrührender
Terrakotten, darunter vielen f igürüohen, die Kampfszenen darstellen,
ganz ähnlichen Stiles wie die von Conca. Andererseits werden die
reichen, bei dem Tempel gemachten Votivfunde zusammen mit solchen
von Conca in dem Saale Platz finden.
Leprignano: Not. d. sc. 1007, 732 ff. Civitella S. Paolo: Not. d. sc. 1905, 301. Mon.ant.
dei Lincei XVI (Paribenl). Segni: Delbrück, das Capitolium von Signia, Taf.VI. Votiv-
funde aus Conca: Not. d. sc. 1806, 23, 167. 1896, 09. Böm. Mitt. 1896, 188. Vgl.
Winter, Typenkatalog I S. CXXIV.
Fünfter Saal.
Der Saal enthält die Funde von einem 1896 bei Conca in Latium,
dem antiken Sa tric um, entdeckten Tempel, dessen Grundriß auf mehr-
maligen Umbau schließen läßt. Eine große Publikation der Funde ist
in Kürze von Mengarelli und Rizzo zu erwarten.
Über Conca: Nissen, Ital. Landesk. II 631. Nibby, Dintorni di Borna 111% 64.
Mengarelli in Atti del congreso internaz. di scienze storiche 1903 (V) 267 ff. Über den
Tempel: Not. d. sc. 1896, 23 ff., 99 ff., 190 ff. Böm. Mitt. 1896, 157 ff. (Petersen).
Melanges d'archeol. et d'histoire 1896, 131 «F. (Graillot), Bull. com. 1911, 37 ff. (Rizzo).
1786 Funde aus Conca.
Die rechte SaalhUfte enthalt, von Tür au Tür reichend, Verkleidungs-
platten aus Terrakotta. Wir beginnen wieder rechts von der Ausgangstür.
a) Beste von Platten mit galoppierenden Reitern.
Man^rkennt reitende Amazonen, darunter einige, die sieh im Sat-
tel rückwärts wenden und nach Partherart im Reiten den Bogen ab-
schießen. Der Pries befindet sich auf Platten mit weit vorspringender
Bedachung, auf der mit schwarzer und roter Farbe ein Schuppenmuster
gemalt war (Reste am oberen Stück). Diese Reliefplatten, die ganz
ionischen Stil verraten, gehören zusammen mit anderen von Poggio
Buco, Tosoanella, Gervetri, Velletri, Rom u. a. O., die PeUegrini zu-
sammenfassend behandelt hat. Er neigt dazu, sie bis ins 7. Jahrhun-
dert hinaufzusetzen, wahrend Petersen wegen der zum Teil kompli-
zierten Motive sie für jünger hält. Sie werden ins 6. Jahrhundert zu
datieren sein und stammen aus einer ionischen Werkstatt.
Not. d. sc. 1896, S. 36, Fig. 7. Böm. Mitt. 1896, 182. Milani, studi e materiali I 95,
Fig. 8a (PeUegrini). Melanges d'archeol. et d'hist. 1896, 143 (Graillot). Qarg. E 1201,
1202, 1205, 1206. Vgl. Furtwängler, Meisterwerke 254.
Unten links:
b) Reste einer Platte. Gorgo, mit Bart und Flügelschuhen, die
im sog. Knielaufschema nach r. eilt. Ohne Bemalung. Der Stil
350 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GllJLIO. 1786.
ist ganz archaisch. Es ist nicht sicher, welchem Zweck die Platte
diente, wegen des Fehlens von Nagellöchern.
Auf der Langwand oben:
c) Simenverkleidungsstücke in Form eines ä jour gearbeiteten,
palmettengekrönten Bandgeschlinges.
Rom. Mitt. XI 175. Garg. E 1189.
Unten:
d) Hängende Yerkleidungsstüeke. Palmetten- und Lotosfries,
darüber einfaches oder verschlungenes Fleohtband und Mäander.
Der Grund war rot gemalt.
Garg. B 1173, 1175, 1185, 1190.
e) 16 Stirnziegel. Weibliche Köpfe archaischen Stiles mit Dia-
demen und Halsketten. Die Augäpfel sind nur schwach modelliert.
Der Farbe fiel hier eine größere Aufgabe zu als bei den Köpfen
der Antefixe von Falerii. Unten sind die Köpfe halbkreisförmig
abgeschnitten. Sie waren also wohl bestimmt, mit ihrem unteren
Teile frei vom Dache herabzuhängen.
Not. d. sc. 1896, Fig. 16. Melanges 1896, Fig. 6, 7, Taf.I. Garg. B 1176, 1177, 1178.
Vgl. Koch, campan. Dachterrakotten VIII 1.
f ) Stirnziegel. Bärtiges ftorgoneion mit herausgestreckter Zunge
und Runzeln auf Stirn, Wangen, Nasenwurzel.
Not. d. sc. 1896, Fig. 9. Garg. E 1191. Vgl. Koch, campan. Dachterrakotten V.
g) Stirnziegel mit hängender Palmette.
Garg. E 1188. Vgl. Koch, Tal. I 3.
h) Stirnziegel mit Kopf der Inno Sospita im Ziegenhelm.
i) Stirnziegel mit Köpfen von Mänaden und Silenen mit Wein-
kränzen im Haar.
Melanges d'archeol. et d'histoire 1896, 157. Garg. E 1169, 1195. •
Bemerkenswert ist, daß die Stirnziegel immer in zwei Formaten vor-
handen sind, was sich aus der Art ihrer Anbringung am Dach erklären
muß (vgl. oben zu n. 1780 g).
In der obersten Reihe nach dem Eingang zu:
k) Stirnziegel mit sehiangerifüßigem Dafmon.
1) Stf mziegel mit Harpy ie, die zwei Flügel aufrecht, zwei andere ge •
senkt hält. Die Beine sind dicht an den eiförmigen Vogelkörper
herangezogen, die Arme vorgebogen mit gegen einander gestreck-
ten Händen.
Rom. Mitt. 1896, 177. Garg. E 1164.
Darunter in der Mittelreihe:
m) Stirnziegel mit Gruppen eines Silens und einer Mänade«
Es ist durch geduldige, sorgfältige Prüfung und Zusammensetzung
von Hunderten von Fragmenten gelungen, eine Anzahl ver-
FÜNFTER SAAL. 351
sohiedener Typen festzustellen, von denen die meisten mehrere Male
vorhanden sind. Die einzelnen, stark fragmentierten Exemplare er-
gänzen sich gegenseitig derart, daß es möglich war, in Gips jeden Ty-
pus zu rekonstruieren. Fragmente, besonders die vorzüglich gearbei-
teten Köpfchen, liegen neben jedem Typus. Die Anordnung ist so,
daß bald die Mänade der aktive Teil ist und einen Silen fortschleppt,
bald der Silen die Mänade mit sich zieht. Zur ersten Reihe gehören
folgende Stirnziegel:
1. Der Silen hält in der B. eine Schlange. Die Mänade hat ihn
am Arm gepackt.
2. Der Silen hebt abwehrend die r. Hand.
3. Der Silen hält mit der R. eine Schlange und folgt zögern-
den Schrittes der Mänade.
4. Fragmente einer vierten Gruppe dieser Reihe, bei der der
Silen mit der R die Schlange hielt, die Mänade beide Arme
gehoben hat.
Der zweiten Reihe gehören an:
1. Der Silen hat eine Mänade, die in der gehobenen R. Castag-
netten hält, um die Taille gefaßt und bemüht sich, sie
fortzuschleppen.
2. Die Mänade hält in der gesenkten L. die Castagnetten, der
Silen legt die 1. Hand an sein Knie.
3. Die Mänade wehrt sich gegen den Silen, der lüstern nach
ihrer r. Brust greift und in der L. eine Schlange hält.
4. Fragmente einer n. 2 ähnlichen Gruppe, doch ohne die an das
Knie gelegte Hand des Silens.
5. Fragmente ähnlich n . 3. Die Mänade wird von dem Silen an der
1. Brust angefaßt und hart in der erhobenen R. die Casta-
' gnetten.
Weitere, vorläufig nicht zusammensetzbare Fragmente von Grup-
pen,, die wenig, aber doch sicher von diesen abweichen, im obersten
Fach 1. von der Tritonenreihe. Zu beachten ist, daß die Höhe der
Gruppen nach r. hin anwächst.
Der Stil dieser Figuren ist von wunderbarer Lebendigkeit. Die
Darstellungen des Silens in den verschiedenen Phasen und Äuße-
rungen des Rausches zeigen viel von dem naiven- derben Humor
ionischer Kunstweise. Ähnliche Gruppen waren namentlich im
chalkidischen Kreise beliebt. Sie begegnen z. B. als Griffe auf Bronze -
eisten in Campanien.
Vgl. Mon. dell'Ist. V 25.Not. d. sc. 1806, Fig. U. Rom. Mitt. 1896, 177. M&anges
d'arch6ol. et d'hist. 1896 Tat II. Oarg. E 1187. Einaelköpfe: Garg. E 1179—81. 1199
Links vom Eingang:
Oben Fitigelreste, vielleicht von den Seitenakroteren,
352 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIÜLIO. 1786.
Darunter:
n) Reliefplatte mit kämpfendem Krieger.
Der Krieger, vollbewaffnet, außerdem bekleidet mit Chlamys und be-
sonderem Schutz vor den Genitalien, schreitet weit nach 1. aus und hebt
die B. mit dem Schwert zum Stoß nach dem Gegner, den wir uns nach
n. 1779a (S. 336) ergänzen müssen. Auf dem Schild als Zeichen gemalt
ein von der Jagd heimkehrender Kentaur. Die Platte, deren 1. Hälfte
ganz, deren unteres Stück größtenteils fehlt, hat nur unten und r. einen
Rahmen. Dies und ihr winkliger Schnitt oben, sowie Nagellöcher be-
weisen, daß sie zur Verkleidung des Columen gehörte.
Rom. Mitt. 1896, 180 (Petersen). Bull. comm. 1911 8-30, Fig. 11, 13, S.48ff.(BiMo).
Die übrigen Fragmente dieses Schranke« gehörten nach Bisxos scharfsinnigen Unter-
suchungen ebenfalls an die Front des Giebels. Sie rühren von großen Kampfszenen her.
o) Pferdeköpfchen nach r. von großer Lebendigkeit. Die Zügel
sind rot gemalt, die Augen waren eingesetzt.
R. Mitt. 1896 S. 179. Garg. B 1183.
*
Beste von Schilden, darunter einer mit einem Gorgoneion; auf
einem andern ist als Schildzeichen ein blitzschwingender Iuppiter
aufgemalt.
Darunter:
Fragmente von Kriegerköpfen. Unter ihnen ragt hervor:
p) Köpfchen eines Kriegers.
Der Kopf war auf Dreiviertel -Ansicht von 1. berechnet. Die
Farbe unterstützt die plastische Modellierung des Köpfchens, dessen
Augen eingesetzt waren. Interessant ist der Helm, dessen Busch
neuerdings hinzugefunden worden ist. Der Helm, gelblich bemalt, hat
keinen Nasenschirm, unbewegliche Seitenklappen, über Stirn und
Ohren eine knopfartige, seitlich sich hörnerartig verkrümmende Ver-
zierung, die man für die Lefzen eines Löwenmaules oder für Tierhörner
gehalten hat. Ein Gelehrter will darin einen besonderen Stirn-
schmuck, nämlich den sog. Korymbos, erkennen. Oben auf dem
Helm Ansätze, wie es scheint von Tierohren. Man wird sich diese aus
Metall gebildet denken müssen, nicht als wirkliche, wie vermutet
wurde, durch die Helmhaube durchgesteckte Ohren einer Fellkappe.
Ein sehr ähnlicher Schmuck über der Stirn kommt bei einem
in Delphi gefundenen, vielleicht zum Phokäerschatzhaus gehörigen
Marmorkopf vor, wodurch die bereits von Savignoni (vgl. n. 1773)
und Furtwängler (Antike Gemmen III 89) ausgesprochene Vermutung
wesentlich bestärkt würde, daß die Phokäer, die um 500 ihre Heimat
verließen, in Italien diese Terrakotten arbeiteten.
Not. d. sc. 1896, 42 f. Fig. 15, 10. Melanges d'archeol. et d'hist. XVI (1806), 14911.,
Taf. IV (Graillot). Rom. Mitt. ZI (1806), 178 (Petersen). Bev. des Stades grecques 1896,
439. Jahreshefte desösterr. arch. Inst. IX (1906) 116, Fig. 44 (Hauser). Bull. comm.
1011, 31, 37 (Blzso). Garg. E 1182.
FÜNFTER SAAL. 353
q) Köpfchen eines Toten.
Der Todesschmerz ist in den tiefen Stirnfalten und der krampf-
haften Verzerrung des Gesichtes mit wunderbarer Realistik wieder-
gegeben.
Bull. comm. 1911, 41. Rom. Mitt. 1806, 178. Garg, B 1188.
Außer diesen besonders ergreifend wirkenden Fragmenten r. Beste
anderer kleiner Köpfe, darunter solcher mit Helmen in Form eines
Löwenkopfes.
Garg. E 1253, 1233.
Im untersten Fache:
s) Beste einer Amazonenschlacht.
Man erkennt Teile von Beinen mit Hosen« andere von Kriegern mit
Beinschienen der gewöhnlichen Art und Oberschenkelschienen mit
Volutenverzierung (vgl. n. 1779a S. 336). , Vermutlich war eine
Sohlacht zwischen Griechen und Amazonen dargestellt.
Garg. B 1224.
Man hat vermutet, daß die unter o — s beschriebenen Fragmente
von Reliefs auf den Giebelschrägen herrührten oder von Stirnciegeln,
die im Giebel saßen. Doch hat eine sorgfaltige Untersuchung der ein-
zelnen Fragmente gezeigt, daß der Reliefgrund gelegentlich trapez-
artig zugeschnitten war, Nagellöcher vorhanden sind und die Zahl der
Stücke für einen großen auf dem Dach sitzenden Sofies nicht ausreichen
würde. Riazo hält daher die Reliefs für Verkleidungen Aar mrtuli wie
an dem Tempelmodell von Nemi.
Im 2. Mittelschranke des Saales:
t) Reste einer Kolossalgruppe von zwei Frauen aus Terrakotta.
Erhalten sind nur die Füße und der Unterteil der Gewänder, im
archaischen Stil des 6. Jahrhunderts. Nur die Plumpheit der
Füße verrät, daß wir keine griechische, sondern eine italische Ar-
beit vor uns haben. Die runde Basis^auf der die' Figuren stehen,
spricht dafür, daß sie nicht in einen' Giebel gehörten, sondern
wohl ein Rest des Kultbildes sind.
Not. d. sc. 1896, 42. Köm. Mitt. 1806,. 181.
Daneben:
u) Fragmente großer Gewandstatuen.
Da» auf den Gewändern gemalte Muster ist so lein, daß man un-
willkürlich an die weiblichen Figuren der athenischen AkropoHs er-
innert wird. Auf einem Fragment ist ein mächtiges Gorgoneion mit
heraushängender Zunge gebildet. Wir haben, also ein Stuck einer
Athenastatue vor uns , die vielleicht mit v) zusammen eine Gruppe
bildete.
Kot. d. so. 1896, 42. Böm. Mitt. 1896, 181. "* > ' •■
H e 1 b i g : Führer II. 3. Aufl. 28
354 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIÜLIO. 1786.
v) Bärtiger männlicher Kopf aus Terrakotta von efoer fast le-
bensgroßen Statue. Der Kopf ist rot bemalt. Die Stellung und
Behandlung der Augen, Ohren, des herabhängenden Schnurr-
bartes und des von einem schmalen Reifen zusammengehaltenen
Haares ist ganz archaisch. Die Locken über der Stirn sind in einer
der ionischen Kunst eigenen Weise stilisiert. Der Kopf gehört der
Wende des 6. zum 5. Jahrhundert an und erinnert im Stil an
einen Bronzekopf im Akropolismuseum. Möglich, daß er auf einer
Iuppiterstatue saß und die daneben hegenden Teile eines Blitzes
in Gestalt einer Blüte zu dieser Figur gehörten. Ein Loch oben im
Kopfe rührt vermutlich von der Anbringung eines Schutzdaches
zur Vogelabwehr her.
Not. d. sc. 1896, 40, Fig. 14. RÖm. Mitt. 1896, 181 f. (Petersen). Melanges d'ar-
cheol.etd'lU8t.l896, 154 (f., Tat V. Bev. des 6tudeggrecqaea 1806, 439. ößterr. Jahiesh.
1906, S. 114, Fig. 43 (Hauser). Deonna, stat. en terre-cuite 108 f. Gaz. desbeauxarts
1896» II 329. Garg. B 1170—72.
Man hat vermutet, daß t, u, v Beste von Giebelfiguren seien, andere
hielten sie für Akroterien. Gegen beide Annahmen sprechen die Große,
die bedeutende Anzahl und die Plinthen der Fragmente, Die Statuen
waren vermutlich Weihgesohenke, die, etwa wie in Thermos, neben
dem Tempel standen. Giebelfiguren sind für den Tempel in Conca
nicht nachweisbar.
Tgl. Butt. QOmm. 1911, 58, 61.
Recht* vom Eingang:
w) Fragmeftte von Trau! Ziegeln mit rotem und schwarzem Zick-
zack-Muster. Die darunter aufgestellten Stücke mit Palmetten -
Verzierungen waren an den Ziegeln mittels Bleiklammern befestigt
und hingen senkrecht vom Dachrande herab.
x) Beste eines Glebelakroteres in Gestalt einer mächtigen Pal-
mette.
Daneben Proben der Steinarchitektur des Tempels.
Unter dem Fenster:
y) Tuffsteinblock mit Besten einer Inschrift, die man so zu er-
gänzen versuchte:
DIVA]E MAT[RI MATVTAE]
CORJNELIVS
DWM]VIRV[M D • D]
Man hat in der Insohrif t die DeöÜkatdon eines Cornelius an die
Mater Matuta von Satricum sehen wollen, was beweisen würde, daß
der Tempel auch nach der Zerstörung der Stadt (346) in römischer
Zeit noch existierte und berühmt war. Nach dem Schriftcharakter ist
die 'Inschrift in das 2.— 1. Jahrhundert v, Chr, zu setzen.
tfat« d. M. 1*9*,. 102, 196 (Baatabej).
In der anderen Vetrine und auf der 1. Seite des Saales haben die
Grabfunde aus Conca Platz gefunden.
OBERES STOCKWERK. 365
Das eine dieser Gräber— sein Inhalt in der Vetrine — war sehr reich
an Bronzen, unter denen man außer den Vasen besonders ein Hörn
mit einer Kette zum Aufhangen beachte; ferner drei Dreifüße — da-
runter einer von komplizierter Form «dt einem Ring zum Einstellen
eines Gefäßes — , den Rest eines bronzenen Untersatzes mit zwei
kugeligen Verdickungen, drei große Bronzekannen mit kleeblatt-
förmigem Ausguß.
Die Dreifüße: Garg. B 1193, 1194.
Das zweite Grab — sein Inhalt an der Fensterwand — war überaus
reich an Bernstein, der zur Verkleidung von Fibelbügeln und nament-
lich als Anhänger an Halsketten verwendet war. Es handelt sich
also offenbar um ein Frauengrab.
In einem dritten Grab beachtenswert vor allem ein falsches Gebiß
mit goldener Fassung (in der Vetrine). Vgl. S. 371e.
Not. d. sc. 1898, 169. Garg. E 5758.
Neben diesen, für eine recht raffinierte Kultur sprechenden Grab-
funden aus den Gräbern, die auf griechischen, von Campamen ver-
mittelten Einfluß schließen lassen, hat sich in den Häusern der Stadt
eine äußerst minderwertige, lokale Keramik aus dunklem italischen
Ton (impasto italico) gefunden, darunter allerdings auch einige feinere
Gefäße griechischer Provenienz (korinthische Schäfchen), diese an der
Fensterwand.
Not. d. sc. 1896, 199. 1898, 166fl. Garg. E 1228.
Oberes Stockwerk.
In einem Vorraum und drei großen Sälen sind die Grabfunde
aus verschiedenen Nekropolen des alten Falerii (Civita Castellana)
aufgestellt. Sie geben ein einzigartiges Gesamtbild von der Kultur
des faliskischen Volkes, eines in Südetrurien zwischen Tiber und Soracte
wohnenden Stammes italischen Ursprunges, der bei der Einwanderung
der Etrusker von diesen unterworfen wurde und von etruskischer
Kultur vieles angenommen hat. Seine Sprache steht der lateinischen
nahe, die Schrift zeigt ein Gemisch lateinischer und etruskischer*
Zeichen. Mit der Eroberung der Stadt Falern durch die Römer und
der zwangsweisen Ansiedelung ihrer Bewohner in Neu-Falerii im
Jahre 241 hat die Zeit der Selbständigkeit der Falisker ihr Ende er-
reicht.
Grabfunde von Falerii.
Montelius, la civilisation primitive en Italic, Tome II 307 — 11. Eine
Publikation oder Katalog fehlt bisher. Vieles abgeb. und besprochen
in den Monumentt antichi pubbl. per cura delT Accademia dei
Linoei IV passim.
Die Sammlung ist nach Möglichkeit chronologisch aufgestellt. Im
Vorraum zunächst die primitivsten Funde aus Schachtgräbern
28*
356 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIÜLIO.
(tombe a pozzo). Letztere biete», von kleinen Verschiedenheiten abge-
sehen, die zwischen den Gräbern auf den Bergen und denen in der
Ebene bestehen, folgendes Bild. In den Boden wird ein senkrechter
kreisrunder oder quadratische**, etwa 2 m tiefer, 1 m breiter Schacht
getrieben, auf dessen Boden die Aschenurne gestellt wird, manchmal
(bei den Grabern in der Ebene) in einer kleineren Vertiefung. Da es
vor allem auf Schützung, „Umhegung" des Aschengefäßes ankommt,
werden die Wände des pozzo bei lockerem Terrain mit kleinen Steinen
verkleidet, gelegentlich auch der Boden damit gepflastert (fast nur
bei den Gräbern auf den Bergen). Das Gefäß fand sich oft mit
Leinwand verhüllt, eine Sitte, die z. B. auch bei den Oskern Cam-
paniens beobachtet wurde. Manchmal wird der Aschentopf in ein
großes tönernes Gefäß oder in ein bronzenes Becken gestellt, gelegent-
. lieh auch in einen mit einem rohen Steine zugedeckten Behälter aus
Stein. Auch das kommt vor, daß das Ossuar in einem Bronzebecken und
dieses wieder in einem steinernen Behälter ruht. Der Aschentopf
besteht aus rohem dunklen Ton, ist mit der Hand gemacht und hat
bauchige Form. Bedeckt ist er mit einer umgestülpten einhenkeligen
Schale aus Bronze oder aus Ton, an deren Stelle manchmal ein
Helm aus Bronze oder seine tönerne Nachbildung tritt. In dem
Aschengefäße hegen meistens die persönlichen Beigaben : Fibeln, Ringe,
Haarnadeln, Gehänge, Spinn wirtel, über dem Aschentopf außer der
Schale die halbmondförmigen sogen. Basiermesser aus Bronze oder
Eisen (s. unten), sowie die Waffen: Bronzeäxte, Dolche, Schwerter,
Lanzen. Manchmal hat ein solches Schachtgrab noch eine kleine
Nebenkammer (loculus), in der rohe Vasen, Pferdetrensen, Wagenteile
liegen. Dieser loculus wurde dann mit Steinen verschlossen und die
ausgehobene Erde wieder eingefüllt, nach oben zu mit Steinen unter-
mischt, die einen kleinen Hügel bilden. Das am Boden des Schachtes
eingesenkte Grübchen mit dem Aschentopf darin ist als Nachahmung
einer kreisrunden, halb in die Erde eingegrabenen Wohnstätte zu be-
frachten. Oft ist die Mündung des Grübchens noch mit einer Stein-
platte in Form eines Daches zugedeckt. Auch oben auf dem Grab-
hügel wurden oft solche bis 2 m im Durohmesser große Steinplatten
in Dachform angebracht (Exemplar aus Falerii am Fenster r. vom
Eingang in dem ersten Saale)« Die Stadt der Toten muß von
weitem einen sehr ähnlichen Eindruck gemacht haben wie eine
bewohnte Ansiedlung von Lebenden.
Diese primitivste Form der Aschenbestattung wurde abgelöst
durch eine Leichenbestattung in länglichen Gräben, (sogen, tombe
a fossa). Die Gründe, die zu dem Übergang führten, sind unserer
Kenntnis entrückt. Daß das Volk, welches seine Toten in tombe a
fossa bestattet, ethnographisch dasselbe ist wie das der Schacht-
gräber, geht aus den Beigaben hervor, die sich nicht veränderten.
OBERES STOCKWERK. 357
In den Gräbern a fossa liegt der anverbrannte Leichnam in einem
Sarge aus Holz oder Nenfro in einem rechteckigen Graben. Auf dem
Boden des Grabes, zu Füßen oder Häupten des Toten stehen die
Beigaben, manchmal auch in einer kleinen Höhlung (loculus) auf der
Langseite, die mit Tuffquadern oder einer gewöhnlichen Stein-
platte geschlossen ist. Es kommt auch vor, daß der loculus außer
den Beigaben den Sarg mit der Leiche enthält. In diesem Falle fanden
sich dann bei Kriegergräbern auf dem Boden des eigentlichen Grabes
Teile des Wagens und des Pferdegeschirres. Manchmal sind auch zwei
loculi vorhanden, die in verschiedener Höhe auf jeder der Lang-
seiten angebracht und verschieden groß sind. Der größere, niedriger
liegende enthält dann meistens die Objekte, die der Tote im ge-
wöhnlichen Leben am Leibe trug, der kleinere die Beigaben. Zu
letzteren gehören in Männergräbern namentlich die Waffen und
das sogen. Rasiermesser, in Frauengräbern das Gerät zum Spinnen,
Sticken u. a. In beiden vertreten sind die zur Kleidung und zum
Schmucke gehörenden Dinge wie Spiralen in Gold und Bronze
für Haar und Ohren (letztere lagen dann neben dem Schädel),
Halsketten, Fibeln, Ringe, Kämme. Die Vasen standen auf dem
nackten Boden neben dem Sarge oder Totenbett oder in einem eigenen
loculus.
Die Gräber a fossa, die etwa bis zum Anfang des 6. Jahrhunderts
herabreichen, werden abgelöst durch Kammer gr aber (a camera),
in den Fels gehöhlte, am Abhang eines Hügels gelegene trapezför-
mige Kammern mit einem Zugang durch einen leioht geneigten Korri-
dor. Aus diesem tritt man meistens nicht unmittelbar in die Grab-
kammern, sondern erst durch einen Vorraum, in dem sioh bei Krieger-
gräbern gelegentlich die Reste des Wagens fanden. In der eigent-
lichen Grabkammer stand der Sarkophag aus Nenfro, in der Form
ein Haus mit schrägem Dach nachbildend, oder die Leiche ruht
auf Steinbetten, in alkovenartigen Nischen oder loculi, die in
die Wände eingehauen sind. Darin lagen wie in einer Schiffskajüte
die Leichen in mehreren Etagen übereinander. Der Name des Toten
stand mit roter Farbe darunter geschrieben. Zahlreiche Grabanlfigen
dieser Art sieht man noch heute bei Civita Gastellana.
Die Grabanlagen dieser Form stammen aus dem 6. bis
3. Jahrhundert. Sie dienten, manchmal mehrere Generationen lang
unbenutzt, als Begräbnis, bis hinab zur Zeit der Römer, die gelegent-
lich diese Familiengräber usurpierten und weiterbenutzten (vgl. S. 381),
ähnlich, wie es z. B. in Corneto zu beobachten ist (tomba del
TTrfone).
Vgl. Bull, paletn. ital. 1898 S. 51tf., llöff. Mon. ant. dei Llncei IV 120 ff.
358 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIULIO. 1787—1788.
Vorraum.
In dem kleinen Zimmer, das man zunächst betritt, ist der Inhalt
der ältesten Gräber von Falerii aus verschiedenen Nekropolen (Celle,
Montarano) aufgestellt. L. vom Eingang zunächst:
1787 Funde aus Brandgräbern (apozzo) bestehend in einem bau-
chigen rohen Topf, gelegentlich mit eingeritzten Ornamenten
(Grab II), in der Regel dabei eine über den Topf gestülpte
Schale mit einem Henkel, die aus rohem Ton, seltener aus
Bronze besteht (IV, VIII).
An Stelle der Schale tritt gelegentlich ein Helm aus Terrakotta
(XI). Manchmal stehen weitere kleine rohe Gefäßohen dabei (IV,
VIII), einmal zwei von je einem Widder getragene tönerne Teller mit
eingeritztem geometrischen Ornament. Bronze ist unter diesen pri-
mitivsten Funden spärlich vertreten. Außer den übergestülpten Scha-
len begegnet einmal eine bauchige Amphora (X) und mehrmals (z. B.
VI, VIII, IX, XII) ein auf einer Seite geschärftes halbmondförmiges,
bronzenes Gerät mit Griff, dessen übliche Erklärung als Rasiermesser
durch eine plausiblere noch nicht ersetzt ist (einmal — in Grab XII
— aus Eisen). Es kommt nur in Männergräbern vor, z. B. in
Grab XIII, wo sonst von Bronze Armringe, Spiralen und eine
Axt beigegeben sind, findet sich in Narce aber einmal klein in
Bernstein nachgebildet als Anhängsel an einer Frauenhalskette und
trägt da entschieden den Charakter eines symbolischen Gegen-
standes. Von Fibeln treten auf die Bogenfibel (ad aroo semplice)
III, die Kahnfibel (a navicella) (XIII, XIV) und die gewundene
Fibel (ad arco serpeggiante) (XIII), letztere aus Eisen. Im ältesten
dieser Gräber (I) sehen wir eine Pfeilspitze aus Feuerstein, die
jüngsten (XIII, XIV) zeigen bereits Gefäße mit rotfarbigem
Überzug, eines dabei mit geometrischer Bemalung. Die Armut an
Gefäßformen läßt übrigens keinen Schluß darauf zu, daß im Leben
andere nicht bekannt und üblich waren, denn die Schachtgräber boten
nur ganz wenig Raum für Beigaben.
Rasiermesser: Gozzadini, scavi fatti dal Sig. Arnoaldi Veli 63 f., Gsell, Vulci 296,
Heibig, homer. Epos 248, Bull, paletn. ital. 1894 6 ff., Taf. I 5 (Pigorini), Spiralen:
Heibig, hom. Epos 242, Bull, paletn. ital. 1898, 119. Kur Italien. Nomenklatur der Fi-
beln: Mon. ant. dei Lincei IV Taf. X (Nr. 5 ,ad aroo semplice' oder »italiche con
diaco a foglia', Nr. 20, 22 ,ad arco rigonlio' oder ,a sanguisuga', Nr. 8 dieselbe Form ,con
appendici', Nr. 12 ,etrusche', Nr. 13 ,a navicella', Nr. 6 ,ad arco serpeggiante', Nr. 11
dieselbe Form ,con bastoncello').
An der Ausgangswand:
1788 Funde aus Bestattungsgräbern mit oder ohne Seitenkammern
(tombe a fossa semplici o con loculi).
Während die bei der vorigen Gruppe der Brandgräber beob-
achteten Formen der Fibeln (ad aroo, a navicella), und das Rasier-
OBERSTOCK. ERSTER SAAL. 359
messer beibehalten sind, treten andere Funde hinzu, die starken Im-
port aus dem Osten bekunden, so die bunten Glasperlen (XIX, XX),
die an die Bogen der Fibeln angereihten durchbohrten Bernstein-
stüokchen (XXIII) und vereinzelte Funde aus Gold, z. B. eine Fibel
(XX), Hinzu treten auch neue Formen von Gefäßen. Die Stelle des
einfachen rohen Aschen topf es haben kompliziertere Typen einge-
nommen, die stark von metallenen Vorbildern beeinflußt sind. Man
beachte besonders eine kleine, bauchige Amphora mit aufgesetzten
bronzenen Knöpfchen, welche die Köpfe von Nietnägeln imitieren.
Erster Saal,
Auf der 1. Seite setzen sich die Funde aus Gräbern des eben be-
trachteten Typus fort. Sie stammen aus dem Grabfeld in contrada
Montarano bei Falerii. Von Metall tritt zu den bisher betrachteten
Formen hinzu eine Fibel (a sanguisuga) mit eingesetzten Stückchen von
Gold oder Bernstein (Grab XXV). Ferner beachte man einen breiten
bronzenen Gürtel mit eingestanzten Kreisen und Buckeln (XXIX),
einen Spinnrocken (XXXVIII), zwei Pferdetrensen und Schwer-
ter (XXXVIII). Auf der Ausgangswand 1. von der Türe in der Mitte
eiserne Stichsohwerter, eines mit Scheide und Griff aus Bronze.
Darunter Kettengehänge, Armspangen und eine bronzene Gürtel-
schließe (XXXV). Bernstein ist verwendet zum Schmuck an Fi-
beln und an Halsketten, an letzteren abwechselnd mit Glasperlen an
Schnüren gereiht (XXV). Gefäße aus Bronze sind nur sehr
wenige gefunden worden. Eine Anzahl von solchen namentlich in
der Mittelvetrine. Man war in Falerii offenbar sparsam mit kost*
baren Metallgefäßen und gab den Toten häufig tönerne Surrogate
mit, die den metallenen Vorbildern ähnlich gestaltet wurden. Die
in den Schränken dieses Saales aufgestellten Gefäße lassen sich
nach ihrer Teohnik in 3 Klassen teilen: Erstens solche aus
dunklem Ton (impasto italico) mit Beimischung von Trachyt-,
Basalt- oder Quarzbestandteilen, denen nach dem Brand mit Wachs
oder Harz ein Überzug gegeben und deren Oberfläche künstlich ge-
glättet ist. Bei ihnen sind die Ornamente in den feuchten Ton vor
dem Brande eingedrückt. Zweitens rottonige Gefäße ohne Bei-
mischung im Ton. Bei ihnen ist dem Überzug Eisenoxyd beigemengt,
wodurch die rote glänzende Oberfläche erzielt ist, offenbar in be-
wußter Nachahmung kupferner Gefäße. Die bei dieser Klasse
nicht häufigen Ornamente sind mit dem Pinsel aufgetragen. Drittens
sieht man Gefäße mit weißem, nach dem Brande hergestellten Über-
zug, auf dem die Ornamente rot aufgemalt sind. Offenbar ist diese
Neuerung in der italischen Keramik gemacht worden in Nach-
ahmung der hellen aus dem Osten importierten Tonwaren.
Vgl. Mon. ant. dei Lincei IV 173 ff., Areh. Jahrb. 1000, 167 ff. .(Bochba).
360 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIULIO. 1789-1792.
Charakteristische Formen sind: ein hoher Untersatz mit trich-
terförmigem Fuße, kugeliger Verdickung und kelohförmigem oberen
Ende, zur Aufnahme eines kugeligen Gefäßes bestimmt. Zwei Exem-
plare großer Dimension stehen 1. und r. von der Ausgangstür des Saales.
Der Untersatz hat meistens dreieckige, seltener runde Schlitze unten,
deren Zweck nicht recht ersichtlich ist. Die Vermutung, daß sie mit
der Feuerung zusammenhingen, ist unhaltbar wegen der Höhe der
Untersätze. Die Vorbilder aus Metall (n. 680 und in der Sammlung
Naroe) haben die Schutze nicht (vgl. Mon. ant. dei Linoei IV S. 246).
Von weiteren charakteristischen Formen sei erwähnt eine bauchige
Kanne mit langem Hals und schnabelförmigem Ausguß (LXI), deren
Ableitung von der natürlichen Form des Kürbis nicht zweifelhaft sein
kann im Hinblick auf ein Stück wie das 1. von der Ausgangstür auf-
gestellte mit dem zurückgebogenen Hals, sowie henkellose Schalen mit
hohem Fuß in verschiedenen Größen und Abarten, bis zur Halbkugel-
form. Dieselbe Form kommt vor mit Henkeln und plastisch aufge-
setzten Greifenköpfen und Pferden. Eimerförmige Gefäße mit senk-
rechten oder leicht geschweiften Wänden und bald höherem, bald
flacherem Bügel. Die Form kommt aus dem Osten. Eine besonders
häufige faliskische Form ist die Amphora mit abgesetztem breitem
Hals und Bandhenkeln in verschiedenen Größen und Proportionen.
Die Bandhenkel sind oft durchbrochen und haben oben plastische
Verzierung mit Tierköpfen (Ausgangswand L), gelegentlich hat der
Bauch Biefelung und sind die Henkel gewunden (1. Wand Schrank 6
oberste Reihe). Ein beliebtes Ornament auf den Exemplaren dieser
Gruppe sind aufgemalte oder eingeritzte Tiere, aber immer sind es
friedliche Grasfresser, Widder oder Pferde. Die Form erinnert be-
sonders stark an Metall. Halbkugelige Schalen ohne Fuß und Henkel
mit vorgreifender Lippe. Ein Bronzeexemplar L an der Ausgangs-
wand. Nachahmung der Nietnägel bei einem roten Tonsohälohen
(Mittelschrank, Fensterseite). Kleine, bauchige Amphoren mit kurzem
konischen Hals und ösenhenkeln (besonders häufig in Narce). Das
Spiralornament auf ihnen ist das übliche.
Über die verschiedenen Formen: Mon. ant. dei Iincei IV 165 ff.
Wir beschreiben kurz die wichtigsten Gegenstände dieses Saales.
L. Seite unten:
1789 Zwei Baumsarkophage (vgl. n. 1774 S. 332) deren Beigaben für
Beziehungen zu Latium sprechen.
Die Vasen sind lokaler Fabrikation, einige ahmen Metallvorbilder
nach. Bemerkenswert besonders zwei Spiralen aus Golddraht.
Montelius, civ. prim. en It. II 308, 16.
R. vom Ausgang:
1790 Inhalt eines reichen Kammergrabes (XLV11).
OBERSTOCK. ERSTER SAAL. 361
Bemerkenswert darunter mächtige bauchige Töpfe mit eingezo-
genem Hals und vier vertikalen, an Lippe und Sohultern ansitzenden
Henkeln. Auf einem sind grasende Damhirsche dargestellt, wie
auf ostgriechischen Vasen.
Mon. ant. dei Lincei IV Fig. 127.
Daneben große tönerne Greifenköpfe von einem Kessel, der bron-
zene Vorbilder nachahmt (vgl. n. 1766 aus Palestrina). In der Mitte
eine prachtvolle Amphora mit eingeritzten rotgefüflten Ornamenten
und zwei weiß aufgemalten Pferden. Neben diesen treten bereite
importierte griechische Vasen auf (Augenschale, „protokorinthische"
u. a.). Schwacher griechischer {mport zeigt sich auch in einem Grabe
(XLVI1I), dessen Inhalt zwischen den Fenstern aufgestellt ist.
1791 Vetrine vor dem dem Eingange gegenüberliegenden Fenster.
Unten: einheimische Vasen der üblichen Form mit eingeritzten
Ornamenten, darunter Fische und Damhirsch.
Im Mittelfach auf der Fensterseite (XL1): Goldspiralen, goldene
Fibel mit aufgesetzter Ente in Granuliertechnik, hohler Armring,
silberne Gürtelschließe (vgl. n. 1767 a).
Auf der anderen Seite: Reste einer Schwertscheide mit Bernstein-
einlagen. Bucchero väschen „protokorinthischer" Form.
L. davon in derselben Vetrine auch Grab LVI:
Faliskische Amphora mit Henkelaufsätzen in Gestalt von Wid-
derköpfen. Auf der Wandung jederseits eingeritzt zwei Pferde,
die aus einer Krippe fressen.
Auf der anderen Seite des gleichen Faches: Schale mit eingeritzter
langer faliskischer Inschrift.
Oben Bronzegeräte, darunter hervorragend eine ä jour gear-
beitete bronzene Gürtelschließe, darauf ein nackter Mann und eine
nackte Frau mit Kind, ferner ein breiter Löffel. Gegenüber Reste
eiserner Waffen, darunter ein sichelförmiges Schwert.
Not. d. scavi 1887 Taf. VI. Montelius, civ. prim. en It. II 309. Milani, studi e ma-
teriali in 144447 Fig. 1 und 7 (Karo) vgl. I 271—72.
1792 Mittelschrank.
a) Aschenurne aus Bronze in Hausform, mit schnabel-
artigem Dachbalken wie an westfälischen Bauernhäusern. Das Stück
ist von einzigartiger Bedeutung für unsere Kenntnis des faliskischen
Hauses.
Not. d. sc. 1910, 217 Fig. 14. Montelius, civil. It. prim. II 308, 8. Taramelli, i
cinerarii antichiss. in forma dl capanna in Bendic. Lincei 1893 423 ff. Alinari 27264.
b) zwei bronzene Gürtel angeblich aus Frauengräbern.
Als Ornament gestanzte Punkte und feine geometrische Gravierung.
Die Vermutung» daß die Gürtel Kriegern angehörten, ist deshalb
362 *>AS MUSEUM DER VILLA PAPA GIULIO. 1793.
zweifelhaft, weil mit ihnen niemals Waffen, dagegen häufig Gerät für
weibliche Arbeit gefunden wurden.
Orei, Biii cinturoni italici della prima eta del ferro (Attie mem. d. storia patria
per le prov. di Romagna III serie Bd. III. Heft I-II) p. 9 Mon. ant. dei Lincei IV
223, 371 f. Montelius, civ. prim. en It. Bd. II Taf. 307 Heibig, les attributs des Ba-
llens (Memoires de l'Acad des Inscr. XXXVII 2 p. 50 ff).
0) Spinnrocken aus Holz und Bronze mit Bernstein verziert.
Montelius II 307, 17. 317, 8.
d) Fibeln. Außer den üblichen aus Bronze zwei aus buntem Glas-
fluß, eine aus glänzendem Bernstein, eine mit Gold überkleidet, silberne
Fibeln mit eingesetzten Bernsteinstückchen.
Montelius Bd. II Taf. 307.
e) Perle aus buntem Glasfluß "mit Augen, an einer Bronze-
nadel.
Mon. ant. dei Lincei IV Fig. 164.
f) Große bunte Perlen aus Glas, Halsketten aus Bernstein und
Gold mit Anhangern.
g) Kämme mit Bernsteineinlage.
h) Silberne rechteckige Plättchen mit gestanzten Punkten. Sie
werden als Einlagen auf Gefäßen in Villanovaform erklärt, jedenfalls
dienten sie als Beschläge irgendwelcher Art.
Montelius, civ. prim. en It. II 316.
i) Scarabaeen. Einer dieser geschnittenen Steine, der aus der
Nekropole von Narce stammt, trägt den Vornamen des Pharao Tut-
mosis III. der 18. Dynastie (XV. Jahrh. v. Ohr.) Der Stein mag also
ein kostbarer alter Familienbeeitz gewesen sein.
Mon. ant. IV Atlas Taf. IX 49 Fig. 175, 176, 170, S. 381.
Zweiter Saal.
Dieser Saal enthält Funde aus Kammergräbern vom 6. und 5.
Jahrhundert. Der griechische Import herrscht vollständig vor, ein-
heimische Produkte sind nur ganz spärlich vertreten. Die schönsten
Stücke sind untergebracht in der
1793 Mittel vetrine.
a) Gefäß in Form eines Knöohels. Unter den wenigen Ge-
fäßen dieser Form, deren bekanntestes das Londoner Exemplar mit
einem Reigentanz von Mädchen ist, ragt dieses durch seine Größe
und gute Erhaltung hervor. Die Bestimmung des Gefäßes ist nicht
sicher. Vielleicht war es kein Trinkgefäß sondern ein Behälter für
Knöchel. Andrerseits ist dieser Auffassung die Öse wenig günstig,
die für eine Schnur zum Auf- oder Umhängen des Gefäßes gedient
haben wird. Dargestellt sind auf dem Gefäß ein Löwe und ein ge-
flügelter Eros. Die Künstlerinschrift lautet:, Zvqlcxos trtoisi.
Außerdem die Lieblingsinschrift Tliia(*%og xaXog.
Alinari 27257, 27258. Londoner Exemplar: Brit. Mus. Catal. E 804. Vgl. Hey de-
mann, die Knöchelspielerin S. 7. Nuova Antol. 1880, 420 (Brizio).
OBERSTOCK. ZWEITER SAAL. 363
b) Rhyton in Form eines Hundekopfes. Der Kopf ist
von großer Lebenswahrheit und vortrefflicher Ausführung. Man be*
achte die Haare an der Schnauze.
c) Stamnos, Herakles und Pholos. Diese Sage hat den
Vasenmalern einen überaus beliebten Stoff geboten (vgl. n. 457).
In der Tat ist sie für ein Trinkgefäß auch besonders geeignet. He-
rakles ist auf dem Weg zur Erlegung des erymanthischen Ebers durstig
bei dem Kentauren Pholos eingekehrt und fordert zu trinken. Dieser
hält in einem mächtigen Fasse, das Gemeingut der Kentauren ist, einen
vorzüglichen Wein verborgen, den ihm Dionysos einst geschenkt hat
mit der Weisung, erst bei Herakles' Ankunft das Faß zu öffnen. Nun
ist der Moment endlich da. Aus gewaltigen Humpen zechen die beiden
so lange, bis durch den Duft des Weins angelockt die übrigen Ken-
tauren eindringen und mit Felsen, Fackeln, Beilen, Fichtenstämmen
dem Herakles zu Leib rücken, der sie alle erlegt. Unsere Vase zeigt
den ersten friedlichen Teil der Sage.
d) Attischer Krater. Reigentanz. Zehn Mädchen bewegen
sich im munteren Tanzschritt nach rechts, indem sie sich teilweise
am Handgelenk fassen. Sie tanzen vermutlich einen Reigen religiösen
Charakters und singen dabei zur Musik einer Flötenspielerin ein
Chorlied. Ein Pfeiler Icheint das Heiligtum zu bezeichnen. Die vor-
derste, verhüllteste ist die Chorführerin. Die Mädchen tragen drei
verschiedene Trachten, die mittelsten den ionischen Linnenchiton mit
Mantel, die 3. und 7. (von r.) den gegürteten dorischen Peplos mit
Überschlag, der durch zwei mächtige Nadeln auf beiden Schultern fest-
gehalten wird und die ganze r. Seite frei läßt, so daß das Bein her-
vortritt beim Schreiten. „Schenkelzeigend" (q>aivoiwiQldeg) hießen
nach dieser Tracht die Spartanerinnen. Zwei Mädchen endlich tragen
den ionischen Chiton und darüber einen wollenen Umhang, der nur
auf der r. Schulter festgesteckt und unter der 1. durchgezogen ist.
Etwas mißlungen sind demMaler die in Vorderansicht wiedergegebenen
Kopfe, durch die er Abwechslung in die Reihe zu bringen suchte.
Die Vase gehört kurz vor die Mitte des 5. Jahrh., in die erste Periode
des freien Stiles. Als Künstler hat man Hermonax vorgeschlagen.
Neuerdings hat ein Gelehrter wegen der minutiösen Ausführung der
Ornamente und der intimen Kenntnis und Freude an der Darstellung
der verschiedenen Trachten und Frisuren auf eine Dame als Künst-
lerin schließen wollen, deren Atelier er noch andere Vasen zu-
schreiben möchte.
Aus Falerii. Furtwängler-Reichhold I 80 ff. Taf. 17, 18. Vgl. II 21, 28, 808.
Pauly-Wissowa, Boalenzyklopadie Suppl. I 289 (Nachtr. zu S. 231S, 28).
e) Amphora. Tereus, Prokne und Philomele. Pandion,
König von Athen, hatte dem Thrakerkönig Tereus zum Lohn für seine
Kriegshilfe seine Tochter Prokne zur Frau gegeben und aus dieser Ehe
364 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIULIO. 1794.
war Itys entsprossen. Aber der lüsterne Barbar begehrt auch Prok-
nes Schwester Philomele zum Weibe, holt sie mitProknes Einverständ-
nis ab und reißt der Unglücklichen, nachdem er sie auf der Reise ge-
schändet, die Zunge heraus, um sich vor Entdeckung zu schützen.
Doch weiß Philomele durch ein kunstreiches Gewand, in das sie die
schändliche Tat einwebt, die Schwester in das Geschehnis einzuweihen
und beide beschließen blutige Rache. Der Knabe Itys wird geschlach-
tet und dem Vater zum Mahle vorgesetzt, der die Tat merkt und die
Schwestern verfolgt, bis alle drei in Vögel verwandelt werden, in Wiede-
hopf, Nachtigall und Schwalbe. Dargestellt ist auf unsrer Vase der
Moment, wo Tereus die gräßliche Tat entdeckt und die Schwestern
fliehen, die Arme schon wie fliegende Vögel regend. Unter dem Tisch
sieht aus einem verdeckten Korb ein Bein des Itys heraus.
Vgl. Nuova antologia 1880, 431 (Brizio).
f) Stamnos. Tod des Priamos. Der auf den Altar geflüchtete
greise König wird von Neoptolemos getötet. Die Rückseite zeigt eine
noch nicht gedeutete Darstellung.
Brizio a. a. O. 432. Gargiolli E 378, 370. Bückseite: Romagnoli, Procio od il
eiclo epico (stud. it. fil. class. IX 1001 103).
g) Attischer Krater, Herakles' Einzug in den Olymp.
Herakles, bekränzt, mit Keule und Löwenfe^, wird von seiner Be-
schützerin Athena dem Zeus vorgestellt, der auf prächtigem Thron-
sessel mit bemalter Rückenlehne sitzend Athenas Fürsprache auf-
merksam lauscht. Hinter Zeus, sichtlich in unwilliger Abwendung,
steht Hera, auf das Zepter gestützt, im Gespräch mit Hermes.
Nike schwebt mit einem Zweig über Zeus. Neben Herakles steht, von
Eros umspielt, ruhig rastend, in prächtigem goldbesticktem Mantel
Hebe, die dem Helden durch den Spruch des Göttervaters zum Lohn
für seine Taten als Gemahlin zuerkannt werden soll. Alle Figuren
außer Hebe haben Beischriften. Rückseite: Satyrn und Mänaden.
Der Krater steht der Art des Meidias nahe, dessen Hauptwerk eine
in London befindliche Hydria ist. Während man den Krater früher
diesem Künstler selbst zuschrieb, der in der letzten Zeit des 5. Jahr-
hunderts (nach andern Anfang des 4. Jahrhunderts )arbeitete, neigt man
neuerdings dazu, ihn nur seinem Atelier oder einem gleichzeitigen
Künstler zuzuweisen und setzt mit guten Gründen die Talosvase in enge
stilistische Beziehung zu der unsrigen, die durch Feinheit der Aus-
führung und psychologische Motivierung der Figuren hervorragt.
Furtwängler-Reichhold. Taf. 20 S. 80, 144. Not. sc. 1887, 315. Brizio a. a. O. 430.
Born. Mitt. 1906, 126 (Ducati). O. Nicole, Meidias S. 96 Taf. VI 8. P. Ducati, vasi
dipinti neilo stile del caramlsta Midia (Hern. Acc. Lincei 1909) 50. Londoner Hydria:
Furtwangler-Beich. Taf. 8. Talosvase: Furtw&ngler-B. Taf. 38, 89.
h) Attischer Psykter. Kentaurenkampf. Das Gefäß, dessen
Hals und Fuß fehlen, gehört zu den eigentümlichen, gewöhnlich als
Psyktere oder Kühlgefäße bezeichneten, die besonders im Anfang des
OBERSTOCK. ZWEITER SAAL. 365
5. Jahrhunderts beliebt waren, dessen erstem Drittel unser Exemplar
angehören wird. Schwergerüstete Krieger im Kampfe mit Kentauren
sieht man. Interessant besonders die zwei Hauptgruppen mit je zwei
Kentauren, die einenGriechen angreifen. In beidenFällen ist der letztere
der Unterliegende. Der eine wird wie Kaineus durch Fels und Baum-
stamm der Gegner in den Boden hineingedrückt, doch kann er gerade
noch dem einen Gegner das Schwert in denHals bohren. Der andere Grie-
che wird von zwei in wildem Lauf heranstürmenden Kentauren ge-
packt, die ihm den Schild wegreißen wollen. Das Motiv des mit den
Hinterbeinen nach dem Schild ausschlagenden Kentauren begegnet
ebenso wie das Kaineusmotiv später auf dem Fries von Fhigaleia und
dem Theseion. In der realistischen Haarbehandlung (Augenwimpern,
Barte) und dei Angabe der Rundung der Kentaurenleiber erkennt
man einen ersten Versuch zu einer Schattenmalerei, die etwa ein halbes
Jahrhundert später von Apollodor ausgebildet wurde.
Fnrtwangler-Reichhold. Tat. 15, S. 72 ff. Vgl. II 132, 817, 319. Bftm. Mitt. 1891,
228 (Petersen).
k) Schale des Hieron. Die Künstlerinsohrift ist auf dem Hen-
kel eingeritzt. Auf jeder Seite drei Paare von Männern und Jünglingen,
die von jenen Liebesgaben empfangen (Hase, Blumen u. dgl.). Der
Erhaltungszustand ist sehr mäßig.
Vgl. Hartwig, Meisterschalen 271 IV. Class. Review 1890, 482. Brizio a. a. 0. 429.
Leonard, Über einige Vasen aus der Werkstatt des Hieron, S. 14 n. 22.
An den Wänden des Saales sind die Funde aus faliskischen
Kammergräbern des 6. — 5. Jahrhunderts aufgestellt, nach Nekropo-
len geordnet und grabweise vereinigt (Abteilung der einzelnen Gräber
durch Holzstäbohen). Die 1. Wand wird eingenommen von Funden
aus contrada Celle, die Ausgangswand von solchen aus contrada le
Colonette und la Penna, die Fensterwand aus la Penna und Valsiarosa.
Rechts vom Eingang:
1794 Inhalt eines reichen Kammergrabes mit Bestattungen aus
verschiedenen Perioden.
Er umfaßt die Fächer 2 — 5 (von oben gezählt) des Schrankes
r. vom Eingang und die ganzen beiden unteren Fächer der 1. Lang-
seite des Saales bis zur Seitentür in der Mitte der Langwand«
a) Reste roher Kalksteinskulpturen: Fuß eines Thrones mit Lö-
wenklaue, Kopf und Oberkörper einer Sphinx mit weitgeöffneten
Augen und über die Schulter fallenden, unten in Voluten endenden
Locken.
Köm. Mitt. 1909, 829 (Fettazzoni).
b) Korinthische Aryballoi, feines dünnwandiges Bucchero-Näpf-
chen, Fußschale aus Bucchero.
c) Attische sehwarzfig. Amphora. Rückkehr vom Bankett.
Je zwei Jünglinge halten sich umschlungen, einer trägt eine Trink-
366 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIULIO. 1795.
schale, vorn schreitet ein Flötenbläser, hinten tänzelt ein Jüngling
mit Trinkhorn; Rückseite obszön.
d) Kylix. Leierspieler auf einer Kline, die Tierbeine hat. Auf
dem Tischchen daneben steht eine Schale und liegen Speisen. Am
Boden ein Böckchen. Ein breiter Zweig aus Weinlaub umrahmt das
schöne Rundbild.
e) Augenschale. Herakles raubt den Dreifuß. (Vgl.n.467,
495.) Theseus ringt mit dem Minotauros.
f) Augenschale. Hahnenkampf. Zwei kniende Jünglinge
lassen Kampfhähne aufeinander los (vgl. n. 529).
g) Bronzebeschlag von einem Dreifuß. Zwei Mäna-
den nach rechts eilend.
Mon. ant. dei Lincei VII (1807) 291, 3» 301, 362 Fig. 27.
h) Goldene Halskette mit acht Kugeln.
Während alle diese Funde von der Benutzung des Grabes im
6. Jahrhundert herrühren, stammen folgende Stücke, die sich angeblich
in demselben Grabe fanden, von Beisetzungen aus dem 4. Jahrhundert.
Das 5. Jahrhundert ist in diesem Kammergrabe überhaupt nicht
vertreten.
Im unteren Fache:
i) Glockenkrater. Szenen aus Trojas Fall. Pyrrhos und
Astyanax. Menelaos trifft Helena. Tod des Phamos. Die Vase, von
guter Technik und Form, ist eine faliskische Arbeit. Die Malerei läßt
stilistisch wie inhaltlich viel zu wünsohen übrig.
GargioUi £ 374—77.
k) Zwei Stamnoi. Ein bekränzter Jüngling mit Keule und Lö-
wenfcll, also wohl Herakles, führt ein Pferd, auf dem eine Frau reitet,
am Zügel einer weiblichen Gestalt zu, die auf dem einender Exemplare
(rechts) auf einem Postamente steht, also wohl ein Kultbild ist.
Eine Säule im Hintergrund deutet, wie es scheint, auf ein Heiligtum.
Auf die Reiterin fliegt ein geflügelter Knabe mit Schild und Kästchen
zu. Die Vasen, als Pendants gedacht, sind einheimische faliskische
Produkte» Die Darstellung ist unklar. Man hat mit der Möglichkeit
zu rechnen, daß der Vasenmaler selbst nicht wußte, welchen griechi-
schen Mythos er darstellte.
1795 Schwarzfigurige Vasen.
a) Amphora. Athena im Gigantenkampf. Die Göttin
fährt auf dem Viergespann, ein Gegner liegt unter den Hufen der
Rosse.
b) Fragment einer panathenäisohen Amphora aus der
2. Hälfte des 6. Jahrhunderts (vgl. n. 477).
c) Amphora. Auszugsszene.
OBERSTOCK. ZWEITER SAAL. 367
d) Zwei Amphoren. Herakles und der nemeisohe Löwe
(vgl. n. 468). Beide Vasen sind als Gegenstücke gearbeitet, mit ganz
geringen Abweichungen in der Haltung der Athena.
e) Augenschale. Herakles und Geryones (vgl. n. 465).
Athena leistet dem Helden gegen den dreileibigen Gegner Beistand.
Sinnlose Beischrif ten und raumfüllende Figuren.
f) Amphora. Herakles im Amazonenkampf.
Von rotfigurigen Vasen aus der Mitte etwa des 5» Jahrhunderts
beachte man
g) Krater. Nächtliche Heimkehr des trunkenen Diony-
sos. Der Gott senkt weinschwer das Haupt und stützt sich mit der L.
auf den Thyrsos, mit der R. auf die Schulter eines mit vollen Backen die
flöte blasenden Satyrknaben. Voraus schreitet eine singende Mänade
mit zwei Fackeln, eine andere mit der Kithara folgt. Den heiteren
Zug schließt ein6atyr, der eine mächtige,, bekränzte Amphora trägt.
UnteritaKsche Vasen; links vom Durchgang:
h) Glockenkrater, unteritalisch. Bellerophon bekämpft
die Chimaira. Rechts von der Türe der Langwand unten weitere
unteritalische Vasen. Beachtenswert wegen ihrer Form (rechts von
der Tür vor dem Humpen mit weiblichem Kopf) :
i) Zwei schwarzgefirnißte Väschen. Ihre Form ist genau
dieselbe wie bei einem Bronzegefäße im Fach darüber. VgJ. ebenda
weiter links eine bronzene Oinochoe mit kleeblattförmigem Ausguß
und daneben eine tönerne attische Oinochoe der gleichen Form. Ein
weiteres Beispiel derartiger Übereinstimmung der Formen zwischen
Ton- und Bronzegefäßen s. an der gleichen Wand rechts in dem
Fache mit dem bronzenen Kerzenhalter.
Rechts von der Türe:
k) Krater. Herakles und der nemeische Löwe. (vgl. d).
Links steht Iolaos, mit der Keule des Helden, rechts Athena, einen
mächtigen, mit Greifen verzierten Rundschild haltend. Der Held
hat mit beiden Armen den Kopf des Löwen umklammert, der mit
der 1. Hintertatze nach Herakles' Kopf krallt. Die Vase ist attisch
und gehört in die erste Hälfte des 5. Jahrhunderts.
1) Stamnos. Opfer an Dionysos. Hinter dem Opfertisch
steht ein Idol des bärtigen Dionysos mit Reben bekränzt. Auf dem
Tische Hegen Brote; daneben stehen zwei mächtige Amphoren, aus
denen zwei Mädchen Becher füllen. Das Mädchen links hält in der
Hand einen Schöpflöffel (simpulum) genau der Form, wie sie bronzene
Exemplare in diesem Saale zeigen. Die Vase gehört in die Mitte etwa
des 5. Jahrhunderts. Sie stammt aus einer Fabrik, die Gefäße mit
derselben, nur leicht variierten Darstellung, offenbar zu Kultzwecken.
368 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIÜL10. 1796—1798
verfertigte. Über diese Vasengnippe wird demnächst besonders
gehandelt werden von einem Gelehrten, dem ich für den Nachweis
dankbar bin.
Vgl. Mon. Ist. VI/viITaf. 65. Abhandlungen der Berl. Ak. 1852 Tat. 1 (P&nofka) .
Hartwig, Meisterschalen S.275 Anm. 1. Hock, griech. Weihegebr.S.54f Frickenhaus,
Beri. Winofcelmannaprogr. 1912.
m) Kylix. Laufender Jüngling mit zwei Schläuchen als
Rundbild.
Rechts unten (XCI):
n) Krater. Zwei jugendliche Reiter, im Motiv an den Par-
thenonfries erinnernd. Ausführung ziemlich mäßig.
1796 Bückwand.
Links:
a) Schale, rotfigurig. Satyrn und Mänaden.
b) Lebes. Schiffe auf dem Meere. Das Gefäß ist außen
schwarz gefirnißt. Auf der Innenlippe vier Schiffe mit tierköpfigem
Vorderteil auf bewegtem Meere. Auf jedem sieht ntan einen Steuer-
mann und Lanzen, Schilde und Ruder seiner Besatzung. Das Motiv
dieser attischen Vase aus der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts ist sehr reiz-
voll (ähnlich Berlin n. 1800). Man muß sich das Gefäß mit Wein ge-
füllt denken, bei dessen Bewegung die Schiffe wie auf wirklicher Flut
zu tanzen schienen.
Unten;
c) Füße einer rohen weiblichen Steinskulptur.
d)Buocherogefäß mit eingeritzter faliskischer Inschrift.
Mon. ant. dei Iincei IV 8. 840. B. Mftt. n, 1887» 611. (Oamorrtni), Not. d. ac.
1887, 175. CIE II, Nr. 8168 (Herbig).
e) Amphora, schwarzfigurig. Dionysos, Satyrn und Mä-
naden. Der Gott, bekränzt, mit Trinkhorn, ist begleitet von zwei
Satyrn, deren jeder eine Mänade auf den Sohultern trägt. Das Gefäß
stammt aus der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts.
Rückwand, rechts:
f) Amphora, schwarzfigurig. Dionysos auf einem Maultier.
Der Gott ist begleitet von zwei Satyrn. An dem Gliede des ityphal-
lischen Tieres hängt ein Trinkgefäß.
g) Krater, schwarzfigurig. Herakles im Am'azonenjcampf.
h) Amphora, schwarzfigurig. Dionysos mit Satyrn, die
Mänaden auf den Schultern tragen.
i) Kylix, schwarzfigurig. Herakles und der nemeiache
Löwe. Als Zuschauende ein Jüngling und ein Mädchen. Sehr fein
ausgeführte Zeichnung.
k) Augenschale. Artemis auf einem Hirsch reitend.
OBEftSTOCK. ZWEITER SAAL. 369
1) Hydria, schwarzfigurig, attisch. Perseus tötet dieMedusa.
Die Darstellung erinnert sehr an die bekannte Metope von Selinunt.
Medusa hält in den Händen eine Schlange, Perseus hat den Kopf weg-
gewendet. Die griechischen Namenbeischriften sind verworren.
Auf der Schulter Fries von Wagenlenkern auf Quadrigen.
m) Krater, schwarzfigurig. Herakles mit dem Eber vor
Eurystheus (vgl. n. 464).
n) Krater, rotfigurig. Satyr und Mänade. Der Satyr, mit hohen
Jagdstiefeln, trägt auf den Schultern eine Mänade, die Thyrsos und
Schlauch hält.
Unten in der Mitte:
o) Krater, rotfigurig.. Jünglinge bei gymnastischen Übun-
gen. Sie halten den Diskos und die Sprunggewichte (alzfjQSs). Ver-
unglückte Bückenansichten.
1797 Fensterwand.
a) Krater, rotfigurig. Jugendlicher Reiter, die Lanze schwin-
gend.
b) Krater, rotfigurig. Liebesunterhaltung. Ein Jüngling,
auf einen Knotenstock gestützt, ist im Gespräch mit einem Mädchen,
neben dem ein Wollkorb steht. Sie hält Blumen in den Händen, er
einen Geldbeutel in der Linken. Am Boden ein Hund. Zwei
Eroten schweben rechts und links, jeder bereit eine der beiden
Hauptpersonen mit einer Tänie zu schmücken.
Bronzegeräte, Fleischhaken (xQictyQcc, vgl.n. 633), Schalen, Kerzen-
halter. Oberes Ende eines Kandelabers mit einer tanzenden Figur.
1798 Eingangswand, links.
Buccherovasen: Fußschalen, Kantharos, Oinochoe mit feiner
Gravierung in zwei Streifen. Dabei feine geschnittene Steine des
6. Jahrhunderts. Zwei Strigiles.
Ganz rechts:
a) Bronzestatuette eines nackten Faustkämpfers.
b) Bronzeschale und bronzene Oinochoe mit wundervoller
Patina.
Oben:
c) Etruskische Vase mit rohen Figuren.
Dritter Saal.
Dieser Saal enthält Funde aus Kammergräbern der Zeit vom
ausgehenden 5. und dem 4. Jahrhundert. Damals muß in Falerii eine
lokale Töpferei bestanden haben, welche die schönen griechischen
Gefäße zu imitieren suchte, die während des 6. und 5. Jahrhunderts
H el b i g : Führer. II. 3. Aufl. 24
370 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIULIO. 1799.
allein den Markt beherrscht hatten. Als Töpfer und Maler haben wir
uns Falisker zu denken. Es gelingt ihnen, die Formen der Gefäße
zwar recht gut nachzuahmen, doch bleiben sie hinsichtlich des Materiales
und der Technik des Brennens weit hinter den griechischen Vorbildern
zurück. Die Malerei ist meist sehr flüchtig, das Darzustellende, meist
griechische Mythen, in der Regel unverstanden. Eine besondere Eigen-
tümlichkeit der f aliskischen Töpfereien war es, für ein Grab zwei fast
gleiche Vasen als Gegenstücke zu arbeiten. Die Funde dieses Saales
gehen herunter bis zur Zerstörung Faleriis, 241 v. Chr.
Die Anordnung ist nach Grabfeldern getroffen. L. Wand: Funde
von contrada Celle. Rückwand links : von le Colonette. Rückwand
rechts und r. Seite: von la Penna. Rechts von der Eingangstür:
von Valsiarosa. Die schönsten Stücke aus verschiedenen Nekropolen
sind wieder vereinigt in der
1799 Mittelvetrine.
In der Mitte
a) Volutenkrater. Entführung des Kephalos. Raub
der Oreithyia.
In einer nach links über das Wasser fahrenden Quadriga steht eine
Frau mit einem Strahlenkranz, die Zügel haltend. Ein Knabe neben
ihr blickt entzückt zu ihr auf und legt einen Arm um ihren Hals.
Zwei der Pferde sind gelb, zwei weiß. Vor dem Gespanne flieht ein ge-
flügeltes Mädchen. Delphine und Hippokampen beleben das Meer.
Sterne und fliegende Schwäne bezeichnen den Himmel. Auf der
Rückseite ein Schrecken erregender Vorgang. Ein nackter Mann mit
barbarischer Gesichtsbildung und struppigem Haare umklammert
ein nacktes Mädchen, das nach dem Bade auf blumiger Wiese gespielt
hat mit zwei Gefährtinnen, die entsetzt enteilen. Die 1. hält ein Käst-
chen, die r. ein Alabastron. Zwei solche Gefäße stecken in einer runden,
im Umfallen begriffenen Ciste. Auf einer Säule mit ionischen Voluten
links liegen die Gewänder der Geraubten. Oben rechts eine große
Wolke mit zwei Röhren, aus denen der Wind bläst. Die Deutungen auf
den Raub des Kephalos und den der Oreithyia durch Boreas sind ein-
leuchtend (vgl. n. 499). Beide Darstellungen bilden hier Pendants wie in
den Akroterien des Tempels in Delos. Auf dem Halse vorn zwei Greifen,
die einen Stier anfallen, hinten zwei Greifen über einem Damhirsch.
Interessant die Ornamente der Vase mit architektonischen Motiven,
Eierstab und Astragal. Am Ansätze der Henkel plastische Rehköpfe.
Brizio, nuova antologia 1889. 434 ff. Brogi 18674.
b) Zwei Stamnoi. Zeus, Athena, Eros und Gany-
medes. Zeus, nackt und bekränzt, mit der hocherhobenen R. auf das
Zepter gestützt, in der gesenkten L. den Blitz, nach rechts sitzend, hinter
.hm ein schöner nackter Jüngling. Im Gespräch mit Zeus rechte die voll-
OBERSTOCK. DRITTER SAAL. 371
bewaffnete Athena. Auf Juppiter zu fliegt Eros mit einem Kranze.
Unten ein grasender Widder und ein Wasservogel. Auf beiden Zeich-
nungen kleine Verschiedenheiten. Auf demeinen Gefäß sind auf dem
Streifen über der Darstellung die Namen beigeschrieben (Canumede,
[Diejspater, Cupico, Menerva). Wegen der lateinischen Inschrift glaubt
man, das Gefäß sei in Rom gefertigt und nach Falerii exportiert. Doch
darf man in der Zeit, aus der es stammt, keine griechischen Töpfer in
Rom voraussetzen. Die Inschrift ist vielmehr eine faliskische und
von einem faliskischen Töpfer etwa des 4. — 3. Jahrhunderts aufge-
schrieben.
Köm. Mitt. 1887 Tal. X 231 ff. ( Gamurrini). Not. d. sc. 1887, 175. Brizio a. a. 0.439.
Zwischen den beiden Stamnoi:
c)Oinochoe. Aktaion wird von den Hunden der Artemis
zerfleischt. Diese Szene ist auf dem Hals gemalt. Auf dem
Bauche: Krieger, reitende Amazone, ihr gegenüber Athena, hinter
ihr ein Mädchen. Pferde, Hunde, Metallteile weiß.
d)Zwei Schalen mit faliskischer Inschrift. Das Innenbild
der beiden fast identischen rotfigurigen Schalen zeigt den jugend-
lichen Dionysos, der sich rückwärts beugt und Semele küßt, eine
durch etruskische Spiegelzeichnungen bekannte Gruppe. Das Motiv
stammt ursprünglich ausderNiobidendarstellung, die Furtwängler dem
Fheidias zugeschrieben hat. In der Umrahmung des prachtvoll kom-
ponierten Rundbildes ist mitf aliskisohen, vor dem Brande schwarz auf -
gemalten Buchstaben geschrieben: foied vino pipafo cra carefo bzw.
f oied vino pafo cra carefo. Die Worte sind faliskisch und würden
lateinisch lauten: hodie vinum bibam cras oarebo („heute will ich
Wein trinken, morgen krieg' ich keinen"). Die Echtheit der Teller
wurde ohne jeden Grund bezweifelt.
Not. sc. 1887, 273. Herbig, tituli Faleriorum veterum 8179f., p. 30 (Abb.) mit
vollständiger Literatur. Innenbüd: Etr. 8p. I Tai 83.
Hechts daneben:
e) Schädel mit künstlichem Gebiß. Zähne mit goldenen
„Brücken41 hat man wie in Gräbern Phönikiens und Griechenlands auch
in Italien gefunden, außer in Falerii z. B. in Conca ( S. 355), Palestrina
(n. 1768 d), Capodimonte und Corneto, wo einmal zwei fehlende Schnei-
dezähne durch einen oben eingekerbten Ochsenzahn ersetzt sind, in-
dem man um die die Lücke begrenzenden heilen Zähne Ösen aus Gold-
blech gelegt hat. Letzteres Verfahren scheint auch hier angewendet
zu sein. Die Sitte, mit Gold die Zähne zu festigen, ist bekanntlich in
Born im 5. Jahrhundert allgemein üblich gewesen und galt nicht als
besonderer Luxus. Im Gesetze der 12 Tafeln sind von dem Verbot, den
Toten Gold mit ins Grab zu geben, ausdrücklich ausgeschlossen die
mit Goldbrücken versehenen Zähne (auro dentes iuncti). Die Sitte
ist vermutlich aus Etrurien in Rom eingedrungen.
24*
t
372 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIULIO. 1800—1803.
Über Zahnprothesen und Goldbrücken vgl. Daremberg-Saglio III 2, 1670. Beneffe,
la prothese dentaire dans l'antiquitö (Anvers 1809). Vgl. auch Rom. Mitt. 1886, 26
(Heibig), Bull. delT Ist. 1877, 641.
In derselben Vetrine befinden sich noch eine Anzahl von Gefäß-
paaren.
f) Kylix. Dionysos hält Ariadne auf dem Schöße. Da-
bei ein Satyr.
* g) Kylix. Poseidon mit einem Fische vor Amphitrite.
Er hat den r. Fuß aufgestützt.
h) Stamnos. Dionysos, Eroten und Mänaden.
i) Stamnos. Badende Frauen an einem großen Becken, in
das aus einem Löwenmaul Wasser fließt; dieses war ursprünglich weiß
gemalt.
k) Ein Paar Stamnoi: Dionysos, Ariadne und Eros.
1800 Linke Saalhälfte.
Links vom Eingang:
a) Qlockenkrater. Darstellung eines Satyrdramas?
Im Hintergrund sieht man eine Bühne auf vier Säulen.
Im selben Grab gefunden wurden zwei schöne bronzene Kasse-
rolen (eine davon geschmückt mit einem bewaffneten Krieger), ein
Schöpflöffel, ein Alabastron aus Glasfluß.
Der Inhalt des 1. Wandschrankes zeigt den rapiden Verfall der Ke-
ramik. Die Vasenmalerei wird abgelöst duroh Belief schmuck, der die
Dekoration kostbarer Metallgefäße nachahmt. Von einer Reliefvase
rührt vermutlich her die
b) Figur einer geflügelten Nike mit Spuren blauer Bema-
lung auf den Flügeln.
c) Serie von Stamnoi und Volutenamphoren aus grauem
Ton. Die Gefäßformen sind sehr elegant und dekorativ, die Henkel
verziert mit Hippokampen, Entenköpfen u. a. Die Ornamente, die
vielfach abgesprungen sind, waren weiß aufgesetzt.
d) Vier calenische Schalen ohne Firnisüberzug.
Pagenstecher, calen. Reliefkeramik n. HS q, r, 8, 133 x.
Unten:
Spiegel, Strigeln aus Bronze, Fische aus Knochen (als Beschlag),
Würfel aus Ton, flache Schälchen mit Inschrift serui.
1801 Bückwand«
a) Tonrelief 8. Es sind Imitationen nach Metallbeschlägen von
Vasen. Sie waren bestimmt, in die Wandungen großer Amphoren
eingesetzt zu werden. Vgl. n. 1803. An vielen ist die Bemalung er-
halten. Unter den aus der Form gepreßten Typen sind bemerkens-
OBERSTOCK. DRITTER SAAL. 373
wert: Reiter auf bäumendem Rosse, Reiter mit Pferd am Zügel,
Medea den Schlangenwagen besteigend, Niobide u. a.
b) Tonziegel mit rot gemalter Inschrift (caliri leveli gilea).
Auf der Rückwand rechts neben lokalen Vasen eine
c)Pelike, rotfigurig, attisch. Hermes überreicht dem Silen
das Dionysoskind.
Unter den faliskischen Imitationen beachtenswert:
d) ein Paar Stamnoi. Löschung eines Scheiterhaufens.
Zwei Mädchen gießen Stamnoi aus über einen Scheiterhaufen, auf
dem ein Brustpanzer liegt. Die Verwendung dieses Vasenpaares bei
der Bestattung eines Kriegers ist damit ohne weiteres gesichert.
1802 Eingangswand, links.
Zwei mächtige Tonvasen mit Figuren in Relief, das
vermittels Stempeln hergestellt ist, auf dem Halse. Die Typen
(Kampfgruppe, Amazonen) sind z. T. von berühmten Vorbildern der
großen Kunst abhängig.
1803 Einzelschrank am r. Fenster.
a) Krater. Bellerophon im Kampf mit der Chimaira.
Dabei ein Skythe.
b) Etruskischer Spiegel. Toilettenszene. Vor einer Frau
ein geflügeltes Mädchen mit einem Spiegel.
Durch die Tür links hinten im Saal in zwei kleine Zimmer mit
weiteren beschrifteten Ziegeln, schönen Fragmenten bronzener
Gefäße und Vasen verschiedener Epochen.
Zurück und durch Saal III rechts in den
Bogenkorridor.
Die Funde sind so aufgestellt, daß in dem kleineren, inneren Halb-
kreis zwischen den Fenstern die aus den Nekropolen von Monte S. Angelo
zu sehen sind. An sie schließen sich auf der Fensterseite in der
r. Hälfte des Korridors die Funde von Narce an, die bis zur r.
Schmalwand reichen und außerdem die ganze Wand des großen Halb-
kreises einnehmen. Nach Eintritt in den Bogenkorridor beginnen wir
die Beschreibung demgemäß an dem 1. Ende der Fensterwand, die wir
ganz abschreiten, worauf wir uns, am r. Ende angelangt, umdrehen
und in entgegengesetzter Richtung vorgehend die Funde auf der
langen Wand betrachten. Die Anordnung ist tunlichst nach Gräbern
und in chronologischer Folge gegeben (vgl. dazu aber das in der Vor-
rede des Führers S. VI und Bd. II S. 312 Bemerkte). Wir zitieren die
Nummern der ausgestellten Gräber.
374 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIULIO. 1804—1806.
1804 Funde ans Monte 8. Angelo (v. linken Ende des Korridors
bis zum mittelsten Fenster).
Töpfe aus schwarzem Ton der Villanova-Form mit übergestülpter
Schale oder Helm aus Terrakotta. Von Beigaben beachte man eine
goldene Fibel und ihre genaue Nachahmung in Bronze (I; vgl. Milani
studi e mat. III Taf. 1 15, 16), bronzene Fibeln mit breitem Blatt
(III) und ein schönes Service großer korinthischer Gefäße, bestehend
in einer Oinochoe, einem Teller, Napf und Becher.
Mon. ant. dei Lincei IV S. 83 ff. Montelius, civ. prim. en It. II 831.
Im Glaspulte vor dem mittelsten Fenster:
1805 Goldschmuck von Narce.
Die in dem Schaukasten vereinigten Schmucksachen geben ein
Bild von der hohen Kultur, die im oberen Tibertale im 8. — 7. Jahrhun-
dert geherrscht hat. Sehr viele Stücke sind identisch mit solchen von
Caere (Cerveteri), Tarquinii (Corneto), Vulci, Palestrina und nament-
lich Veji. Letzteren Ort hat man deshalb als Zentrum angenommen
für den Export dieser wahrscheinlich von Etruskern gearbeiteten
Gegenstande. Die ausgestellten Gegenstände sind nicht als speziell
für den Gräberkult gearbeitete, sondern von den Lebenden getragene
und dann ins Grab mitgegebene Stücke zu betrachten.
Milani, Btudi e materiali in (1905) 148 ff., Tafel I (Karo). Mon. ant. dei Lincei
V 347 ff. Taf. IX— XI. Montelius, civil, primit. en It. II 312—28.
a) Goldene Fibeln der Form a sanguisuga.
Milani, studi e mat. III 145 Fig. 3, 4 (Karo).
b) Zwei runde Goldplatten mit Belief. Auf einem Segment
stehen drei nackte Frauen steif nebeneinander, mit an den Körper ge-
preßten Armen. Das Geschlecht ist deutlich angegeben. Die Pal-
mette über dem Kopf der mittleren läßt vielleicht auf eine Göttin
schließen. Im Felde kleine Enten, Rosetten, konzentrische Kreise.
Der Stil ist sehr primitiv. Die Plättchen dienten vermutlich als
Anhängsel einer Halskette und überzogen einen metallenen oder leder-
nen Kern.
Milani, studi e mat. III 168 Fig. 17. 17a (Karo).
o)Zwei kleine Löwen aus Bernstein mit eingelegten gol-
denen Plättchen. Vermutlich dienten sie ebenfalls als Anhängsel
einer Kette.
Milani, studi e mat. III Taf. I 18, 19 (Karo).
d) Halsketten aus goldenen Perlen in Granulierteohnik
mit Anhängseln in Gestalt weiblicher Figürohen, die mit beiden
Händen ihr in Voluten endendes Haar anfassen. Sie zeigen ganz
etruskisohen Stil.
Milani, studi e mat. III Taf. I 6 (Karo).
OBEBSTOCK. BOGENKORRIDPR. 375
e) Großes silbernes, mit Gold überzogenes Anhang sei inForm
eines elliptischen Ringes mit einer Perle aus Bergkristall zwischen
zwei granulierten Blattkelchen. Im Innern des Ringes springen die
Vorderteile zweier Löwen mit feiner Granulierung vor,
Milani, studi e mat. III Tat. I, 12 (Karo).
f) Zwei goldene Streifen mit kordelartiger Verschnürung in
Filigrantechnik. Sie waren auf Leder oder Stoff aufgenäht und bil-
deten vielleicht die Knüpfbänder einer Haube oder Mütze.
Milani, studi e mat. III 157 (Karo).
Außerdem goldene Ohrringe, Spiralen, Eingerringe.
In der r. Hälfte der Fensterwand beginnen
1806 die Funde aus Narce.
Mon. antichi Lincei IV mit Atlas. Monteüus, [civil, prim. en It. II Taf. 312 — 28.
ÜÖm. Mitt. X, 1805, 75 (Petersen).
Zunächst die aus Falerii bekannten primitiven Funde aus ein-
fachen Schachtgräbern, große bauchige Töpfe, meist aus dunklem
Ton. Vereinzelte Bronzegegenstände, Äxte, Fibeln und »Rasier-
messer'. Interessant rechts am Ende :
Kleine Bronzestatuette einer Frau mit einem Topf
auf dem Kopfe. Sie hielt das Gefäß, das die Form der sogen. Villa-
novatöpfe hat, d. h. bauchig mit scharf abgesetztem, konischen Halse,
mit einer Hand fest. Darüber ausgestellt ein Miniaturgefäß aus Bronze.
Schmalwände:
Jederseits ein großer Rundschild aus Bronze mit kon-
zentrischen Streifen, die mit Flechtbändern, Lotosgeschlinge und un-
verstandenen, zum Ornament gewordenen menschlichen Figürchen
gefüllt sind. In der Mitte, etwas erhaben, eine Rosette. Die ganz
dünnen Schilde dienten nie zu wirklichem Gebrauche, sondern nur zur
Ausstattung des Grabes.
Auf der langen Wand der Türseite betrachten wir nun kurz die
wichtigsten Gegenstände. Nur der Erleichterung beim Finden wegen
zitieren wir sie nach den Nummern der angeschriebenen Gräber.
XXII: Fibeln a navicella mit Bernsteinscheiben. Affe aus Bern-
stein als Anhängsel.
XXTII: Bronzegürtel mit eingepreßten Ornamenten.
XXIV: Halsketten aus Bernsteinperlen mit Anhängsem, darunter
einem Affen und einem halbmondförmigen Rasiermesser in Miniatur,
beides aus Bernstein. Skarabaeus aus Bernstein. Kleine ägyptische
Porzellanfigürchen, kleines Bronzebeil mit einem Vogel als Verzierung.
XXV: Bronzebeschläge mit Hakenkreuzen, zwei Prachtexemplare
von Bernsteinfibeln. Bronzegefäße. Bronzeuntersatz mit kugel-
förmiger Verdickung.
XXVI: Spinnrocken, Frauengürtel aus Bronze.
376 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIULIO. 1806.
XXVII: Bronzener Dreifuß.
XXVIII: Großer, tönerner Dreifuß.
XXIX: Bronzener Dreifuß mit Schale, Lanzenspitzen, Schwert
mit Scheide aus Bronze.
XXXI: Villanova-Topf mit kreidigem Überzug und Bemalung.
XXXII: Stickrahmen aus Bronze. Spindel.
Vgl. Mon. ant. IV S. 387 ff.
Vier ineinanderhängende Bronzefibeln, Hakketten aus Gold und
Bernstein, Anhängsel aus ägyptischem Porzellan.
XXXIII: Kette aus ineinanderhängenden Fibeln.
XXXIV: Tongefäß mit plastischem Schmuck (Schälchen mit
Pferdeköpfen). Omphalos eines Bronzeschildes.
XXXVII: Lange Lanzenspitze. Silberne Gürtelschließe mit Bern-
steineinlage.
Milani, studi e materiali III, 148 (Karo).
Bauchiges Gefäß aus Ton mit einem Manne zwischen zwei Pferden
in Relief.
XXXVIII: Schwert mit Knauf.
XXXIX: Goldspiralen, bronzener Behälter mit 6 Hülsen oben zum
Einstecken von Geräten. Tongefäß (Untersatz und kugeliger Kessel
aus einem Stücke gearbeitet).
XLI: Roter tönerner Kessel mächtiger Dimension mit drei Grei-
fen und kronenförmigem Deckelknopf. Mächtiges Bronzegefäß in
Form der Villanova-Töpfe, mit Fuß. Eine tönerne Nachahmung dieser
Form (weißer Überzug mit roter Bemalung) steht zwei Schränke weiter
nach rechts.
XLII: Silberner Skyphos der „protokorinthischen" Form.
XLIV: Fußschale mit plastisch aufgesetztem Gefäßchen auf dem
Rand, neben dem zwei kleine Pferde stehen.
XL VIII: Ähnliches Gefäß mit einem Manne zwischen zwei Pferden
auf dem Rande. Bronzenes Schwert mit Scheide. Großer flacher
Teller mit weiß gemalten Vögeln und Fischen auf dem Rande. Be-
maltes „protokorinthisches" Näpfchen.
XLIX: Bronzene Haarnadeln. Spindel. — Mächtiger tönerner Un-
tersatz mit Ringen und kugelförmigem, gerippten Kessel. Weißer
Überzug, rote Bemalung.
LI: Tongefäß mit aufgesetzten, aus einer Schale trinkenden Pferd-
chen. Zwei mächtige Villanova-Töpfe aus schwarzem Bucchero mit
eingeritzten Flügelpferden und zerhacktem Mäander.
Mon. ant. dei Lincei IV 290 ff. Fig. 147.
Rechts vom Eingange:
LH: Bauchige Vasen mit weißem Überzug und rot oder braun
aufgemalten Friesen von Vögeln. Zwei Aryballoi aus Fajence.
Mon. ant. IV 312«. Fig. 157.
BOGENKORRIDOR. 377
LIII: Tönerne Schnabelkanne und ihr Vorbild in Bronze.
Mon. ant. dei Lincei IV Fig. 146.
LIV: Fußschälohen, henkellos» mit eingeritzter Inschrift auf dem
Fuß.
Mon. ant. IV 822 Fig. 165, 165a.
LV: Roher Kopf aus Kalkstein.
LVI: Drei Goldperlen mit Granulierung.
Mon. ant. IV 350 Fig. 173, Milani, studi e materiali III, Taf. 1 1 (Karo).
LVII : Schlanker Topf, an Villanova-Form erinnernd, mit grasenden
Tieren.
Mon. ant. IV 283 Fig. 137.
LVlll: Gefäß mit eingeritztem, faliskischen Alphabet.
Mon. ant. IV. 3211. Fig. 165, 166a.
LIX: Teller mit aufgemalten Vögeln.
Mon. ant. IV 285 Fig. 141.
Kanne mit schwarzroter Bemalung.
LX: Krater mit grasenden Vierfüßlern und Vögeln.
Mon. ant. IV Fig. 136.
Kanne mit gemaltem Zickzackmuster.
Mon. ant. IV ¥\g. 138.
Zwei Oinochoen mit kleeblattförmigem Ausguß; auf der linken
sind zwei Inschriften am Halse eingeritzt.
Mon. ant. IV Fig. 167.
Platter Teller mit eingeritzten Buchstaben auf dem Fuße.
Mon. ant. IV Fig. 168.
Hinten: Fragment eines Tellers mit Inschrift.
Mon. ant. TV Fig. 169.
LXI: Kleine Schnabelkanne aus schwarzbraunem Tone mit ver-
tikalen Schlitzen im Bauch. In die Öffnungen der Schlitze war Metall
eingelegt. Wundervolle protokorinthische Skyphoi. Bucchero-Väschen,
darunter eine Lekythos,, pro tokorinthischer" Form. Die Gefäße ahmen
deutlich die griechischen Formen nach. Unter den Bronzen: fahrbarer
Bronzebehälter, dessen Untergestell auf Rädern jetzt fehlt, mächtiger
Bronzeschild, Pferdetrensen, Klinenfüße. Zwei korinthische Ala-
bastra, ein brauner Teller mit eingeritzter Darstellung einer Vase.
LXII: Bronzener Kessel mit Schale und vier Kannen.
LXITT: Schwarzrote Keramik. Kleine „protokorinthische"
Lekythos.
LXIV: Buccherogefäße. Sie ahmen korinthische Oinochoen und
Skyphoi nach, wie sie nebenan zu sehen sind.
LXV — LXVII: Reiche Sammlung korinthischer Gefäße, Näpfe,
schlauchförmige Lekythoi, kugel- und schlauchförmige Aryballoi,
u. a. ein Aryballos in Widderform, Ringkanne. Daneben ein Näpf-
chen mit einer Gesichtsmaske, eine Spielerei, die gelegentlich in
Bucchero imitiert wurde (z. B. in Corneto, vgl. österr. Jahresh. VI
1903 S. 66 ff.).
378 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIULIO. 1807.
LXVIII: Große Oinoohoe.
Mon. ant. dei Lincei IV, Fi£. 138.
Der letzte Schrank zeigt jüngeren korinthischen sowie schwarz-
figurigen und rotfigurigen Import.
LXIX: Großer korinthischer Arybailos mit einem tanzenden Ko-
bold zwischen bärtigen Sirenen.
LXX: Fuß eines Buccherogefäßes mit Inschrift.
Mon. ant. IV 827 Fig. 171.
LXXI und folgende:
Unter den importierten attischen Vasen, deren Zahl im Verhältnis
zur Ausdehnung der Nekropole Faleriis sehr gering ist, ragen hervor:
LXXII: Schwarzfigurige attische Hydria mit Auszug eines Krie-
gers.
LXXI: Kylix mit Quadriga von vorn in kühner Verkürzung; da-
neben eine etruskische Amphora mit dem für diese Gattung charak-
teristischen stumpfen Firniß. Das Thema der Darstellung ist ein etrus-
kischen Künstlern sehr geläufiges (vgl. tomba de' tori in Corneto):
Achill, der am Brunnen dem Troilos auflauert.
LXXIV: Rotfiguriger attischer Stamnos. Peleus, Thetis rau-
bend.
LXXVI: Wundervolle kleine Oinochoe. Ein Kitharist besteigt
das Podium. Vor ihm sitzt auf einer Hydria eine andächtige Zuhö-
rerin. Hinter ihr ein Mädchen, auf jeder Hand eine Schale. Das
Gefäß stammt etwa aus dem letzten Drittel des 5. Jahrhunderts.
LXXXII: Attischer Krater. Jüngling auf einer Quadriga und
schwebende Nike, deren Flügel in eigenartiger Verkürzung von vorn
gesehen sind.
LXXXIII: Attischer Krater: zwei Jünglinge» deren Kopf mit dem
Petasos bedeckt ist, stehen mit Speeren in den Händen neben ihren
Pferden. Stil und Zeit des Parthenonfrieses. Attischer Skyphos: auf
einen Jüngling mit langerLanze eilt eineFrau in freudiger Begrüßung los.
Von lokalen Imitationen des 4. Jahrhunderts, die in Naroe nur
ganz spärlich vertreten sind, erwähnenswert:
ein Paar Stamnoi mit flötenspielendem Satyr und Eros.
Unter den Bronzen dieser letzten Abteilung ein gut erhaltener
Eimer mit Griff, Kannen, ein Kerzenhalter.
In dem anschließenden hinteren Saale:
1807 Funde aus Corchiano.
Die ausgestellten Gegenstände stammen aus verschiedenen Ne-
kropolen einer großen Stadt, in der man ohne genügende Sicherheit
das alte faliskische Fescennium zu erkennen glaubte.
Not. d. sc. 1885, 420. 1886, 152. 1909, 78. Eendic. acc. Lincei 1894, 145. Rom.
Mitt. n (1887) 25 ff. (Buglione conte di Atonale).
FUNDE AUS CORCHIANO. 379
Mittelvetrine.
Stark zerstörte Fragmente von Vasen lokaler Fabrikation (Dar-
stellung der Vorbereitung zum Faustkampfe zwischen Polydeukes
und Amykos; vgl. n. 1752). Der Eingangstür gegenüber beachtenswert
eine goldene Kette mit Anhängseln, Ohrringe, geschnittene Skara-
bäen. XVHI: goldener {eingearbeiteter Kopf einer Nadel, «Halskette
aus Gold und bunten Perlen, Alahastra aus buntem Glasfluß. Auf
der breiten Fensterseite einige etruskisohe Spiegel mit Gravierung.
a) Etruskischer Spiegel. Jüngling nach rechts sitzend, neben
ihyn stehend eine nackte Frau mit einer Zackenkrone. Sine andere
Frau sitzt 1., neben ihr steht ein bekleidetes Madchen. Eine ionische
Säule im Hintergrunde.
b) Etruskischer Spiegel. Eos raubt Kephalos.
Etr. Spiegel Bd. IV, Taf. 344. Gargiolli E 2762.
L. Seitenwand:
c) Unten Baumsärge ohne Deckel mit rohen Beigaben (vgl.
n. 1774, 1789). Darüber Funde aus zwei verschiedenen Nekropolen
(Caprigliano Fach 1 — 7, Vallone 8 — Fenster). Man beachte Grab V:
mächtiger tönerner Untersatz mit anhängenden Ringen und kleinen
Pferden als Verzierung.
IX: Perlen, Bernsteinfibel. XI: geschnittene Steine, silberner
Kamm. Beginn griechischer importierter Vasen. XV: griechischer
Goldschmuck, rotfigurige Vasen, bronzene Strigiles, Spiegel. Aus
einer andern Nekropole (Vallone): einheimische Töpfe und Bronzen,
auf die unvermittelt rotfigurige griechische Vasen, Goldschmuck und
geschnittene Steine des 5. Jahrhunderts folgen. Beste bronzener San-
dalen, ein eisernes Sichelschwert.
L. vom Fenster:
d) Etruskischer Spiegel. Achill und Aias beim Brett-
spiel mit etruskischer Beischrift der Namen (vgl. Bd. I S. 304 n. 480).
Tönerne Strigilis als Surrogat einer bronzenen. Gedacht ist dabei,
daß der Tote zwar alles haben muß, wie die Lebenden ; aber Becht
der letzteren ist es, am Materiale zu sparen. Zwei Väschen mit fa-
liskischer Inschrift.
R. vom Fenster der Schmalwand (Funde aus der Nekropole S.
Antonio): Goldene Ohrringe, geschnittene Steine. Unter den Vasen:
e) Kelchkrater. Aktaions Tod.
Zwischen den Fenstern (Funde von Ponte delle Tavole):
f) Etruskischer Spiegel. Silen mit zwei Thyrsoi.
g) Tönerne Imitationeines Siebes. Das Metallvorbild dazu
im Schranke 1. vom Fenster der Schmalwand.
380 DAS MUSEUM DER VILLA PAPA GIULIO. 1808-1809.
Auf der Eingangs wand:
h) Dachziegel mit etruskischen Inschriften. Die Ziegel
sind so geschnitten, daß ihre erhabenen Seitenränder nach unten diver-
gieren, damit der darunter folgende Ziegel mit seinem oberen Ende in
den über ihm liegenden eingeschoben werden kann.
Auf der entgegengesetzten Seite des Korridors zwei Zimmer mit
Funden aus Bignano Flaminio, Grallese, Fabbrica di Koma, Faleria,
Trevignano, Oampagnano und Nepi. Nur die letztgenannten bilden
einen großen, mannigfaltigen Komplex.
1808 Funde aus Nepi.
Die ausgestellten Gegenstände stammen aus verschiedenen Nekro-
polen bei Nepi, dem etruskischen Nepe oder Nepete, einer südwest-
lich von Falerii auf schroffem Tuff f eisen gelegenen Feste, deren Ge-
schichte im allgemeinen mit der des benachbarten Sutri verknüpft
ist. Zwischen Vejentern und Faliskern gelegen, konnte die Stadt
ihre Selbständigkeit nicht behaupten. Sie wurde 386 v. Chr. etrus-
kisch, 374 latinische Kolonie.
Vgl. Nissen, ital. Landeskunde II 366. CIL XI p. 481. Not. d. sc. 1910, 199 ff.
Auf der Eingangswand primitive Gefäße mit eingeritzten Orna-
menten und bronzene Armbänder, Spiralen, Kettchen mit Anhängseln,
Fibeln, Badnadeln. Beachtenswert einige, Bronze imitierende Ge-
fäße: eine Fußschale mit tönernen Bingen an den Henkeln, eine Scha-
le, die getriebene Metalltechnik nachahmt, eine andere mit Nach-
bildung von Nietnägeln. Aus Bestattungsgräbern des 7. Jahrhunderts.
Auf der 1. Wand Funde aus Gräbern des 6. und ö. Jahrhunderts
mit griechischem Import. Man beachte (von links beginnend) eine
a) attische rotf igurige Kylix. Schulszene.
b) Schwarzfigurige attische Amphora. Priamos vor
Achill. Der Greis, nackt, trägt mächtige Armringe in den Händen
als Sühnegaben. Zwei Begleiter bringen auf den Köpfen Dreifüße
herbei.
c) Schwarzfigurige attische Amphora mit aufgesetztem
Weiß und Violett. Dionysos auf dem Maultier mit einer Bakchantin.
Auf der Bückseite: Dionysos zu Wagen. Eine Mänade führt die Zügel,
eine andere schreitet musizierend nebenher.
d) Schwarzfigurige attische Amphora. Abschiedsszene.
Zwischen zwei Frauen ein vollgerüsteter Krieger und sein Begleiter.
Bückseite: zwei Krieger auf Quadrigen.
e) Aschenurne aus Ton in Hausform. Der Deckel ist deut-
lich einem Dach nachgebildet mit plastisch angegebenem Gerüste.
FUNDE AUS NEPI. 381
Er ist wie der Behälter selbst bemalt mit weißen, sich kreuzenden
Streifen.
f) Attischer Stamnos. Dionysos geleitet Hephaistos
in den Olymp.
g) Säulenkrater. Trunkener Heiakies. Der taumelnde,
Keule und Humpen tragende Held wird geführt von Dionysos und
Hermes. Ein ityphallischer, die Doppelflöte blasender Satyr eröffnet
den komischen Zug.
Unter den unteritalischen Gefäßen des 4.-3. Jahrhunderts rechts
zu beachten:
h) Krater. Athamas und Leagros*.
i) Krater. Athena und Nike auf einem Viergespann, dem Her-
mes vorausfliegt. Hinter dem Wagen ein kleiner Pan mit geschul-
terter Keule.
Aus der römischen Zeit der Stadt stammen
k) Tonlampchen und Schalen aus terra sigillata.
Zum Schlüsse versäume man nicht, im Garten die an der Rückseite
des rekonstruierten Tempels aufgestellten Funde zu betrachten. Es
sind dies einige Steinzylinder aus Schachtgräbern, Beste eines stei-
nernen Löwen als Grabfigur, ein etruskischer Sarkophag mit Deckelfigur
eines liegenden Mannes, dessen Namen und Alter beigeschrieben sind.
Besondere Beachtung verdient eine in die Wand eingemauerte
1809 Römische Inschrift
auf einem Tuffsteinblock. Sie war im Vorräume eines etruskischen
Grabes bei Falerii, das 11 Totenbetten enthielt, an der Innenwand
angebracht. Die Inschrift, in altertümlichem Latein abgefaßt, besagt,
daß einem Lucius Vecilius, Sohn des Vibius und der Pollia Abeles
und einem Vecilius, Sohn des Lucius (also wohl des vorigen Sohne)
und der Plenesta ein Totenbett im Grabe überlassen ist von den
Gebrüdern Levius und daß keine andere Leiche weiter zu ihnen
gelegt werden soll. Auch die Erben der Levius sollen an diese Be-
stimmung gebunden sein. Nach dem Namen und besonders wegen
der den Etruskern eigentümlichen Sitte, den Mutternamen beizufügen,
müssen die so geehrten Vecilii etruskischen Ursprungs sein. Wir
haben also möglicherweise den Fall einer Usurpation eines etrus-
kischen Familiengrabes in römischer Zeit, eine Usurpation, bei der
jedoch den Familienmitgliedern der früheren Besitzer gegenüber mit
großer Bücksicht verfahren wurde. Die Inschrift stammt aus der
Zeit der römischen Bepublik.
Gef. zwischen CivitaCastellana und St. Maria di Fallen. GIB 8384. CIL XI 3160.
Conway, the Italic dialects I g. 381 Nr. 336. Deecke, die Falisker S. 211 f. Nr. 81.
Dennis, dt. and cimenteries of Etr. P 99. W. Schulze, Gesch. d. lat. Eigenn. 250, 445.
Ball, deir Ist. 1844, 129, 162 ff. (HenzenV
Palazzo Spada.
In dem ersten Stockwerke sind in die Wände des langen, nach dem
Hofe gerichteten Saales eingemauert:
1810—1817 Acht Reliefs.
Die Reliefs wurden 1620 bei Gelegenheit einer Restauration entdeckt,
die der Kardinal Verallo in S. Agnese fuori le mura vornehmen ließ. Sie wa-
ren daselbst als Baumaterial bei Herstellung der Treppe benutzt worden.
Vgl. Bellori bei Fea misc. I p. CGL n. 100. Aren. Zeitung XXXVIII 1880
p. 150 Anm. 32, p. 153.
Die Reliefs bildeten, vielleicht mit nooh anderen verloren gegange-
nen, einen zusammengehörigen Zyklus und waren offenbar als Mittel-
stücke der Wandfelder in einem Saale oder einer Halle angebracht.
Da ihre Ausführung beträchtlich hinter der Schönheit der Motive
zurücksteht, können sie jedenfalls keine Originalarbeiten im wahren
Sinne des Wortes sein; ebensowenig aber scheinen sie, wie man früher
angenommen hat, Kopien nach hellenistischen Vorbildern zu sein.
Man mag die Figurenmotive, wo es angängig war, aus Werken älterer
Kunst entlehnt haben, die Einordnung aber in eine mehr oder minder
ausführlich dargestellte, landschaftliche oder architektonische Um-
gebung ist augenscheinlich, wie man heute geneigt ist vorauszusetzen,
erst in derKaiserzeit auf italischemBoden vorgenommen worden. Jeden-
falls haben wir angesichts der hier vereinigten Exemplare mit ihrer rein
äußerlich-geschickten Technik keine Möglichkeit, zu einem sicheren
Rüoksohluß auf ein hellenistisches Original zu gelangen. Über die
Bedeutung einiger Repliken vgl. die Bemerkungen zu den einzelnen
Nummern. Man hat zwei von den Reliefs (n. 1810 u. 1814) einer
späteren Zeit als die andern zugeschrieben, ist aber in der genaueren
Festlegung der verschiedenen Daten nooh nicht zu allgemeiner Über-
einstimmung der Meinungen gelangt. Die sechs älteren hat man dem
Beginn der Kaiserzeit (Wickhoff), der Zeit der olaudischen Kaiser
(Sieveking) oder der des Hadrian oder Antoninus Pius (Wace) zuge-
schrieben, die beiden späteren der tra janischen (Sieveking) oder der
antoninisohen Epoche (Wickhoff, Wace). Man wird auch hier damit
rechnen müssen, daß die erhaltenen Exemplare nach älteren Vor-
bildern gearbeitet sind. Die Technik, vor allem in der Behandlung
der Haare, spricht für späte Ausführung, frühestens in hadrianischer
Zeit, wogegen anderes, wie die Behandlung des Baumschlages oder
einer Girlande und eines flatternden Bandes (auf n. 1813) auf frühere
Entstehung der Vorlagen in der Zeit der Augustus, spätestens der
Claudier zu deuten scheint.
PALAZZO SPADA. 383
In Übereinstimmung mit einer besonderen Richtung der helleni-
stisoh-römischen Dichtung stellt die Mehrzahl der Kompositionen die
mythologischen Gestalten nioht in dramatisch bewegten Handlungen
dar — Ausnahmen bilden n. 1812 u. 1815 — , sondern in genreartigen
Situationen, die von einer sentimentalen oder idyllischen Stimmung
durchdrungen sind. Diese Stimmungselemente werden verstärkt durch
die Wirkung der landschaftlichen Umgebung, die insofern recht ge-
schickt behandelt ist, als sie die figürliche Darstellung nur wie ein
Rahmen umgibt, dergestalt, daß der Eindruck durch das Beiwerk
in keiner Weise beeinträchtigt wird.
Die altere Literatur ist vollständig verzeichnet bei M&tz-Duhn zerstreute antike
Bildwerke in Born unter den verschiedenen, zu den einzelnen Reliefs zitierten Nummern
dieses Werkes. Vgl. Schreiber die Wiener Brunnenreliefs aus PalazzoGrimani besonders p.
»—11. Hartel-Wickhoft die Wiener Genesis p. 23 f. - Fr. Wickhoff Schriften III
(römische Kunst) p. 41 ff. Jahrbuch des arch. Inst. XI 1806 p. 9öf. Brunn-Bruck-
mann Denkmäler Text zu n. 625 (Sieveking). Papers of the British school at Rome
V4 1010 p. 167ff. p. 107f. (Wace).
Links 1810 Paris und Eros.
Ergänzt der ganze 1. Bndstreifen der Platte mit dem Vorderteile der
sich vorwärts beugenden Kuh, die r. obere Ecke mit dem Kopfe des Paris
und dem oberen Teile des Eros (bis etwas unter die Flügel), beide Arme und
das 1. Bein des Paris, der 1. Arm des Eros, der Kopf des Hundes, an dem
liegenden Binde der Kopf abgesehen vom 1. Hörne, der obere Teil des r.
Vorderbeines, das r. Hinterbein, der Schwanz.
Der obere Teil der Darstellung ist aus einer größeren Komposi-
tion herausgelöst, die wir durch ein Belief im Museo Boncompagni
(n. 1321) kennen. Doch hat es der Bildhauer nicht verstanden, das
entlehnte Motiv gehörig dem Baume anzupassen, der auf der 1. Seite
der Platte nur in dürftiger Weise durch ein im Hintergrunde be-
findliches, ländliches Heiligtum und den dazu gehörigen Baum ge-
füllt ist. Paris ist in einem Momente wiedergegeben, der seinem Ur-
teilspruche über die drei Göttinnen unmittelbar vorhergeht. Er wen-
det den Kopf rückwärts nach Eros, der hinter dem Jüngling auf
dem Felsen steht und ihm zuredet, der Aphrodite den Preis der Schön-
heit zuzuerkennen. Der fehlende r. Arm des Paris hielt nicht, wie
ihn der Restaurator ergänzt hat, eine Flöte. Vielmehr war der Vorder-
arm, wie auf n. 1321, ohne ein Attribut zu halten, zurückgebogen
und die Hand leicht an den Kopf gelegt. Der Bildhauer unseres
Beliefs hat, damit die Platte in der Höhenausdehnung den Gegen-
stücken entspräche, unten die Binderherde des Paris beigefügt, und
zwar scheint er auch diese einfach aus jener Komposition entlehnt
zu haben; wenigstens stimmt das Oberteil der stehenden Kuh, das
sich dort allein erhalten hat, ganz mit dem betreffenden Teile auf
dem hiesigen Belief überein. Vgl. die Bemerkungen zu n. 1879
und zu dem Mosaik, das den Raub der Europa darstellt, auf p. 395 f.
M&tz-Duhn III n. 3569. Schreiber die hellenistischen Beliefbilder T. XI. Brnnn-
Bruekmann a. a. O. n. 625 b. Papers of the Br. school a. a. O. T. XXI 2 p. 189 VIII.
Vgl. Rom. Mitteilungen XXVI 1911 p. 106 (russ. Originalausgabe, St. Petersburg 1908,
p. 111).
384 PALAZZO SPADA. 1811—1813.
Gegenüber 1811 Daidalos und Pasiphae.
Ergänzt der gaue 1. Endstreifen dar Platte mit dem größten Teile
des r. Armes — doch ist die vordere Hälfte des Unterarmes antik — , mit
dem r. Beine der Pasiphae und dem hinteren Teile der Kuh (der Brach
zieht sich hinter dem 1. Vorderbeine hin), außerdem an Pasiphae die
Nasenspitze, das Kinn und die 1. Hand, an der Kuh auch der größte Teil
des Kopfes und das r. Vorderbein, an Daidalos der Kopf abgesehen von der
Unterlippe, dem Kinnbarte und einem kleinen Stücke des Hinterkopfes,
die 1. Schulter und der 1. Arm mit dem Griffe der Säge, das 1. Bein, klei-
nere Stücke an den Sesselstützen, größere an dem im Hintergrunde be-
findlichen Gebäude, endlich der ganze unterste Streifen der Platte.
Um den König Minos von Kreta wegen eines nioht erfüllten Ge-
lübdes zu bestrafen (vgl. n. 1538), flößte Poseidon dessen Gattin, Pasi-
phae, eine wahnsinnige Liebe zu einem schönen Stiere ein. Auf Ver-
anlassung der Königin zimmerte Daidalos eine hölzerne Kuh, und
in dieser verborgen befriedigte Pasiphae ihre unnatürliche Leiden-
schaft. Das Relief zeigt Daidalos, wie er sich nach Vollendung des
Kunstwerkes mit seiner Auftraggeberin unterhält. Er sitzt in der
Tracht der Handwerker auf einem niedrigen Sessel, hält in der R.
die Säge, deren er sich bei der Arbeit bedient hat, und scheint, indem
er das Haupt und die r. Hand zu Pasiphae erhebt, der Königin die
Einrichtung seines Werkes auseinanderzusetzen. Vor ihm steht die
hölzerne Kuh, hinter dieser Pasiphae, deren gesenkter Kopf und
trüber Ausdruck deutlich erkennen läßt, daß sie sich der Ungeheuer-
lichkeit ihres Vorhabens bewußt ist.
Mats-Buhn III n. 3567. Koscher mythol. Lexikon 1 1 p. 935 ff. Schreiber die hell.
Reliefbilder T. VIII. Brunn-Bruckmann n. 624 b. Päpers of the Br. school a. a. O.
T. XVIII 1 p. 184f. IL Vgl. Robert der Pasiphae-Sarkophag, 14. HaUesches Winckel-
mannsprogramm p. 19.
Links 1812 Der Tod des Opheltes.
Ergänzt etwa die ganze obere Hälfte des r. Seitenrandes — so
daß von dem rechts befindlichen Krieger nur die r. Schulter und die
r. Hälfte des Körpers antik sind — , an Opheltes der Bauch mit den dar-
auf- liegenden Windungen des Schlangenleibes, die Brust, das Gesicht, an
der Schlange der Kopf nebst dem benachbarten Stücke des Körpers und
die Windungen, soweit sie unmittelbar auf dem Leibe des Knaben liegen,
an dem 1. befindlichen Krieger der r. Vorderarm, der Kopf und der vordere
Teil des r. Fußes, an Hypsipyle die Nase und der r. Vorderarm, außerdem
der ganze unterste Endstreifen der Platte mit dem größten Teile der Hydria.
Hypispyle, die Tochter des Königs Thoas von Lemnos, war von
den Lemnierinnen, die ihr nicht verzeihen konnten, daß sie bei dem
von ihnen unternommenen Männermorde ihren Vater verschont hatte,
an den König von Nemea, Lykurgos, verkauft worden und dieser
hatte sie mit der Pflege seines Söhnchens Opheltes betraut. Als das
Heer der Sieben auf dem Zuge gegen Theben stark durstend nach
Nemea kam, führte Hypsipyle die Helden an eine Quelle und ließ
den ihrer Fürsorge anvertrauten Knaben auf kurze Zeit allein. Wäh-
rend ihrer Abwesenheit wurde Opheltes von einer Sohlange getötet.
Die Helden erschlugen die Schlange, nannten den Knaben, da sie in
seinem Tode ein Vorzeichen des ihnen bevorstehenden Verderbens
PALAZZO SPADA. 385
erkannten, Archemoros, d. i. Vorgänger im Geschick, und stifteten
ihm zu Ehren die nemeischen Spiele. Der Mythos wurde besonders
durch eine Hypsipyle betitelte Tragödie des Euripides populär. Unser
Belief stellt dar, wie die Helden, nachdem sie zu der Stelle gelangt
sind, an der Hypsipyle ihren Pflegling zurückgelassen hatte, die
Leiche des Knaben von der Schlange umwunden vorfinden und sich
anschicken, das Ungetüm zu töten. Der eine, den wir nach der Über-
lieferung Hippomedon benennen dürfen, schreitet mit vorgehaltenem
Schilde auf die Schlange zu; den fehlenden r. Vorderarm hat der Er-
gänzer offenbar richtig mit einem gezückten Speere ausgestattet. Ein
zweiter Krieger, vermutlich Kapaneus, ragt mit dem Oberleibe über
den Felsen empor, vor dem sich die Schlange emporbäumt. Der
Restaurator läßt ihn mit dem beinah vollständig ergänzten r. Arm
einen Speer schwingen. Doch scheint diese Figur mit der r. Hand viel-
mehr einen Stein erhoben zu haben, um ihn gegen die Schlange zu
schleudern. Links weicht Hypsipyle zurück, indem sie entsetzt beide
Hände erhebt und ihren Kopf nach der Schreckensszene umwendet.
Matz-Duhn in n. 3508. Baumeister Denkm. d. kl. Altertums I p. 113 Fig. 49.
Röscher mythol. Lexikon 1 1 p. 473. Schreiber die hell. Reliefbilder T. VI. Brunn-
Bruckmann n. 623 b. Papers a. a. O. T. XIX 1 p. 185 f. III.
Gegenüber 1813 Amphion und Zethos.
Ergänzt an beiden Jünglingsfiguren die Nasenspitze, an der des Am-
phion außerdem der 1. Arm, beinah das ganze über den Bücken herab-
fallende Oewandstück und der Steg der Lyra, an der des Zethos beide
Arme — doch ist ein Stück der an den Kopf gelegten r. Hand antik —
der größte Teil des r. Ober- und die obere Hälfte des r. Unterschenkels,
der 1. Fuß, der ganze r. und beinahe der ganze untere Endstreifen der
Platte.
Euripides hatte in seiner Antiope die Söhne des Zeus und der An-
tiope, Amphion und Zethos, als Vertreter zweier verschiedenen Rich-
tungen einander gegenüber gestellt. Amphion war in dieser Tragödie
als ein Jüngling charakterisiert, der die geistige Bildung und nament-
lich die Musik über alles schätzte, während sein Bruder ausschließ-
lich in körperlichen Übungen und besonders in der Jagd seine Be-
friedigung fand. Die Tragödie wurde durch ein Gespräch der beiden
Brüder eröffnet, in dem jeder mit spitzfindiger Leidenschaft seine
Anschauung verteidigte. Diese Szene, die im Altertum einer großen
Berühmtheit genoß und auf die verschiedene Schriftsteller anspielen,
scheint auch dem Erfinder unserer Reliefkomposition vorgeschwebt
zu haben. Die Handlung geht in einer Gegend vor, in der Zethos,
der Jäger, >zu Hause ist; denn wir sehen im Hintergrunde ein länd-
liches Heiligtum der Artemis mit dem dazu gehörigen Eichbaum und
innerhalb des Heiligtums ein in zierlichem archaisierenden Stile aus-
geführtes Idol der Jagdgöttin. Amphion steht vor dem Bruder, in-
dem er das Symbol seiner Lebensrichtung, die Lyra, in bedeutsamer
Weise auf einen vor ihm befindlichen Pfeiler gestützt hält. Ihm
gegenüber sitzt Zethos in nachlässiger Haltung und blickt den Bruder
H e 1 b i g: Führer. II. 3. Aufl. 26
386 PALAZZO SPADA. 1814. 1815.
mit einem Ausdrucke an, der auf das deutlichste Langeweile bekundet.
Sein neben ihm stehender Jagdhund hebt den Kopf wie verwundert
zu Amphion empor. Die verschiedenen Individualitäten der beiden
Brüder sind in meisterhafter Weise vergegenwärtigt. Die einfach-edle
Stellung des Amphion bildet einen scharfen Gegensatz zu der bäu-
risch-bequemen Haltung des Bruders; das feine Profil und der tiefe
Schädel des ersteren lassen auf einen bedeutenden geistigen Inhalt,
die derberen Züge und der kleine, schmale Kopf des Bruders auf eine
beschränkte Intelligenz schließen; während das Gesicht des Amphion
von langen Locken umwallt wird, ist das Haar des Zethos kurz ge-
schnitten, wie es die der Gymnastik beflissenen Jünglinge zu tragen
pflegten.
Matz-Duhn III n. 3565. Röscher mythol. Lexikon 1 1 p. 311 — 312. Schreiber die
hell. Belief bilder T. III. Bnum-Bruckmaim n. 622a. Papers a. a. 0. T. XX 2 p. 187 f.
VI. Vgl. Rom. Mitteilungen XXVI 1911 p. 106 (russ. Originalausgabe, St. Petersburg
1908) p. 111. — Im Museum von Ravenna befindet sich ein Fragment einer frischer
gearbeiteten Wiederholung unseres Reliefs. Erhalten ist die ganze untere Hälfte. Vor
dem Felsensitze des Zethos sieht man an einer Stelle, die an dem Spadaschen Exem-
plare ergänzt ist, einen gelagerten Hund; abgeb. bei Brunn-Bruckmann im Texte und
Papers a. a. 0.
Links 1814 Paris und Oinone.
Ergänzt der ganze 1. Endstreifen des Reliefs, derartig daß an der
Figur des Paris nur ein Stück der 1. Brust, das Mittelstück des 1. Unter-
arms, das 1. Bein und der r. Fuß antik sind; außerdem sind modern an
der Figur der Oinone der Kopf, die vordere Hälfte des r. Unterarms, die
1. Hand, an dem Flußgotte der größte Teil der r. Hand, die vordere Hälfte
des 1. Unterarmes, der 1. Unterschenkel mit Knie und Gewand, die untere
Hälfte des r. Unterschenkels, beinah die ganze Hydria.
Das Relief zeigt Paris und dessen Gattin Oinone unmittelbar vor
der verhängnisvollen Fahrt, die der erstere, betört durch die Ver-
sprechungen der Aphrodite, nach Griechenland zu unternehmen im
Begriffe steht. Oinone warnt ihren Gemahl vor dem bedenklichen
Unternehmen und weist dabei mit der L. auf das Schiff hin, das,
zum Auslaufen bereit, im Hintergrunde sichtbar ist. Dieses Schiff
zeigt eine Anordnung der Ruder und mancherlei Eigentümlichkeiten
der Konstruktion, die im 3. Jahrhundert v. Chr., also in hellenisti-
scher Zeit, üblich waren. Auf dieselbe Zeit deutet auch die von einem
Pinienzapfen gekrönte Kommandostandarte, die an der vielfach ge-
gliederten Verzierung (Aphlaston) des Schiff hinterteiles angelehnt ist.
Man hat diese Beobachtung dazu benutzen wollen, die Entstehung
der Komposition in hellenistische Zeit zu datieren. Aber man hat
dagegen geltend gemacht, daß ein Bildhauer römischer Zeit diese
Details sehr wohl aus anderen hellenistischen Darstellungen ent-
lehnen und in seine Komposition übertragen konnte. Die Darstellung
geht auf das gleiche Vorbild zurück, wie ein ehemals im Hauptge-
bäude der vormaligen Villa Ludovisi — dem sogenannten Casino
di Sora — befindliches Relief. Doch gibt dieses die Original-
komposition offenbar getreuer wieder als unser Exemplar. Die Be-
PALAZZO SPADA. 387
Ziehungen, die zwischen den beiden dargestellten Personen obwalten,
sind mit größerer Klarheit zum Ausdruck gebracht; die Auffassung
der Oinone ist großartiger; die lässige Haltung des Paris verrät,
daß die Warnung, die seine Gattin an ihn richtet, vergeblich sein
wird. Auf dem Spadaschen Relief ist unter der Gruppe des Ehe-
paares die Figur eines gelagerten Wassergottes, vermutlich des
Skamandros, beigefügt, der den Kopf zu Paris emporrichtet und den
Arm wie warnend erhebt, als wolle auch er den Jüngling von der
Fahrt zurückhalten. Alle Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß
diese Figur nicht in der Originalkomposition vorhanden war, sondern
von dem Bildhauer unseres Exemplares beigefügt ist, um die Dimen-
sionen seiner Platte mit denen der Gegenstücke in Einklang zu bringen .
Die Figur fehlt auf der Ludovisischen Wiederholung; sie zieht die
Aufmerksamkeit von der Hauptgruppe ab und ist in ungeschickter
Weise dem Baume angepaßt.
Matz-Duhn III n. 3570. Baumeister Denkm. d. kl. Altertums III p. 1635 Fig.
1696. Schreiber die hellenistischen Reliefbilder T. X. Jahrbuch d. arch. Inst. IV 1889
p. 94f. Fig. 4. Brunn-Bruckmann n. 625a. Papers a. a. O. T. XXI 1 p. 188f. VII.
Vgl. Archäol. Anzeiger IV 1889 p. 140 f. Rom. Mitteilungen XXVI 1911 p. 106. Das
Ludovisische Relief: Schreiber die antiken Bildwerke der Villa Ludovisi n. 149. Arch.
Zeitung XXXVIII 1880 T. 13 n. 1 p. 145 ff. Baumeister a. a. 0. II p. 1169 Abb. 1360.
Gegenüber ein Gipsabguß des kapitolinischen Endymionreliefs
n. 807.
Links 1815 Der Raub des Palladium«
Ergänzt an dem Tempel ein Stück des Daches, die beiden äußersten
Triglyphen, die Spitze des Giebels, der vordere Teil des 1. Türflügels, an
Odysseus die Nase und die vordere Hälfte des r. Unterarmes, an Diomedes
die Nase, der größte Teil der 1. Schulter, der 1. Arm, beinah die ganze r.
Hand mit dem Schwerte, das 1. Bein, der r. Unterschenkel, außerdem der
basisförmige Gegenstand hinter Diomedes, das unterste Drittel des ersten
Pilasters von links, der ganze unterste Endstreifen der Platte.
Nachdem Odysseus und Diomedes das Palladium, an dem das
Schicksal der Stadt Troia hing, aus dem dortigen Athenatempel ent-
führt hatten, entbrannte ein Streit zwisohen ihnen, da jeder der beiden
Helden sich allein den Ruhm des gelungenen Unternehmens zueignen
wollte. DerVorgang wird in den Auszügen, die uns aus den verschiedenen
auf jenen Mythus bezüglichen Dichtungen erhalten sind, verschieden
erzählt und demnach auch von der bildenden Kunst in verschiedener
Weise behandelt. Jedenfalls stellt auch das Spadasche Belief diesen
Zwist der beiden Helden dar. Im Hintergrunde sieht man einen
Antentempel, der durch den Schmuck des Giebelfeldes — links eine
Schlange., in der Mitte ein mit einem Medusenhaupte verzierter
Schild, rechts ein Helm — als Tempel der Athena kenntlich ist.
Odysseus überschreitet, heftig gestikulierend und den Kopf naoh Dio-
medes umwendend, die Schwelle des Heiligtums. Diomedes steht
außerhalb des Gebäudes und blickt, das blanke Schwert in der R.,
den sich ihm nähernden Helden mit drohendem Ausdruck an. Da
auf allen einigermaßen gut erhaltenen Darstellungen der gleichen
25*
388 PALAZZO SPADA. 1816—1818.
Szene das Streitobjekt, das Palladium, wiedergegeben ist, so wird
es auch auf diesem Belief nicht gefehlt haben, sondern mit dem 1.
Schulterstück und dem 1. Arm des Diomedes verloren gegangen sein.
Wie es scheint, war der 1. Vorderarm abwärts und etwas nach vorn
zu gerichtet und hielt die 1. Hand das untere Ende des Idols, während
das obere Ende an der Schulter anlag. So oder zum mindesten ähn-
lich haben wir uns das ursprüngliche Motiv zu denken; denn bei jeder
anderen Haltung müßte das Palladium Ansatzspuren entweder auf
dem Körper des Diomedes oder auf dem Grunde der Platte hinter-
lassen haben. Die Dichtung, die dem Erfinder unserer Reliefkomposi-
tion vorschwebte, würde also den Mythos etwa folgendermaßen er-
zählt haben: Es ist dem Diomedes gelungen, vor Odysseus in den
Tempel einzudringen und sich des Palladiums zu bemächtigen; der
zu spät eingetroffene Odysseus macht ihm hierüber Vorwürfe und
infolgedessen entbrennt der Streit. Der Gegensatz zwischen den In-
dividualitäten der beiden Helden ist auf unserem Relief in der treffend-
sten Weise vergegenwärtigt. Der unter lebhafter Bewegung vorwärts
schreitende Odysseus zeigt das feine gescheite Gesicht, das für ihn
in der antiken Kunst typisch ist (vgl. n. 117), während sein Körper
mehr gewandt als muskelkräftig erscheint. Wenn er kleiner gebildet
ist, als Diomedes, so hat man dies gewiß nicht nur daraus zu erklären,
daß der Künstler ihn weiter im Hintergrunde dargestellt hat, sondern
auch daraus, daß er sich ihn niedriger an Wuchs als jenen dachte.
In vollständig verschiedener Weise ist Diomedes charakterisiert. Er
zeigt einen verhältnismäßig kleinen Schädel, dessen geringe Tiefe auf
eine beschränkte Entwicklung der geistigen Fähigkeiten schließen
läßt, eine hohe von Kraft strotzende Gestalt und in seiner Haltung
eine trotzige Ruhe.
Matz-Duhn III n. 3566. Koseber mythol. Lexikon I 1 p. 1025 f. Schreiber die
hellenistischen Reliefbilder T. VII. Brunn-Bruckmann n. 624a. Papers a. a. O. T.
XVII 2 p. 184 1. Vgl. namentlich Ann. dell' Inst. 1858 p. 238 f. Arch. Zeitung XVII 1850
p. 93 ff. Sehr ähnlich ist die Szene dargestellt auf einem Kindersarkophag in Athen:
Robert die antiken Sarkophage II T. 50 n. 138 p. 146 ff. Vgl. auch unsere n. 1393.
Links 1816 Adonis verwundet.
Ergänzt der ganze r. Seitenstreifen der Platte mit dem Felsen, dem
Feigenbaum und dem 1. Vorderbeine des rechts dargestellten Hundes, der
größte Teil des an dem Epistyl angebrachten Eberkopfes, an Adonis der
Kopf, ein Stück der 1. Brust, die 1. Schulter, der 1. Arm abgesehen von der
Hand, beinah das ganze über den Bücken herabhängende Stück der Chla-
mys, der größte Teil des 1. Oberschenkels und des 1. Fußes, an den beiden
Hunden die Köpfe — doch sind an dem rechts dargestellten Tiere beide
Ohren, an dem linken das 1. antik — , an dem 1. Hunde auch das 1. Vorder-
bein, endlich die 1. untere Ecke der Platte mit dem unteren Ende und der
Basis des Pfeilers.
Adonis stützt sich, von heftigen Schmerzen gepeinigt, auf seinen
Jagdspieß, den er, um das verwundete r. Bein zu entlasten, mit der
E. dicht unter der Spitze, mit der L. in der Höhe der Brust angefaßt
hat, während sein r. Fuß nur mit dem Ballen den Boden berührt.
Die Wunde ist durch den doppelten Verband angedeutet, der die r.
PALAZZO SPADA. 389
Wade umgibt. Die Hunde nehmen teil an den Leiden ihres Herrn;
der eine senkt traurig den Kopf, während der andere den seinigen
nach der verwundeten Wade umwendet. Den Hintergrund bildet
ein ländliches Heiligtum mit der zugehörigen Platane, das wir uns,
wie der an dem Epistyl festgenagelte Eberkopf beweist, der Artemis
geweiht zu denken haben. Der Betrachter wird hierdurch an die Göt-
tin erinnert, deren Zorn den Untergang des Adonis veranlaßt«.
' Matz-Duhn III n. 3564. Schreiber die hellenistischen Reliefbilder T. IY. Brunn-
Bruckmann n. 622b. Papers a. a. O. T. XIX 2 p. 186 IV. Vgl. Rom. Mitteilungen
XXVI Ion p. 106 (russ. Originalausgabe, St. Petersburg 1908, p. 112).
Gegenüber 1817 Bellerophen den Fegasus tränkend«
Ergänzt ein schmaler Streifen am linken (bis etwa zur Schulterhöhe
des Bellerophon herab), ein breiterer am rechten oberen Ende der Platte
(etwa bis zur Nasenhöhe des Bellerophon), an der Figur des Bellerophon
der Kopf, der r. Vorderarm — doch sind die Finger zum Teil antik — , das
r. Bein abgesehen vom Fuße, der über den Bücken herabfallende Teil der
Ghlamys, am Pegasos das r. Ohr, der größte Teil des r. Hinterhufes, der
Schweif.
Man hat vermutet, daß diese Darstellung durch eine Version be-
stimmt sei, nach der die Auffindung einer Quelle in dem Bellerophon-
mythos eine hervorragende Bolle spielte. Dooh scheint es vielmehr,
daß der Künstler, der die Originalkomposition entwarf, den Helden
und sein Boß einfach in einer genrehaften Situation darstellen wollte.
Auffällig ist der Gegensatz zwischen der idealen Gestalt des Bellero-
phon und der naturalistischen, man mochte geradezu sagen etwas
gemeinen Bildung des Pferdes, die den Eindruck erweckt, als habe
der Künstler ein bestimmtes Pferd von keineswegs vornehmer Basse
getreu kopiert. Die dem trinkenden Tiere gegebene Stellung zeugt
von einer sehr feinen Beobachtung der Natur. Die Anordnung der
Komposition darf als eine musterhafte bezeichnet werden. Die Gruppe
erscheint links von einem Baume, rechts von einem Felsen einge-
rahmt, während der Baum, der oben zwischen den landschaftlichen
Bestandteilen offen lag, auf das passendste durch die Flügel des Pega-
sus ausgefüllt wird.
Matz-Duhn III n. 3563. Baumeister Denkmäler des kl. Altertums I p. 300 Fig.
317. Boscher mythol. Lexikon I 1 p. 761 f. Schreiber die Wiener Brunnenreliefs aus
Pal. Orimani p. 9 Fig. 5; die hellenistischen Reliefbilder T. III. Gollignon histoire de la
sculpture grecque II p. 573 Fig. 296. Brunn-Bruckmann n. 623a. Papers a. a. O. T.
XX 1 p. 186f. V. Vgl. Athenische Hitteilungen II 1877 p. 185. Die Gruppe kehrt
wieder auf dem schon zu n. 1815 erwähnten Kindersarkophage in Athen und auf einem
späten Elfenbeinkästchen aus Veroli im South Kensington Museum (Serta Harte -
liana p. 287 f. m. Abb.; Venturi storia dell'arte italianal p. 408 Fig. 367).
In dem benaohbarten sogenannten Thronsaale:
1818 Angebliche Kolossalstatne des Gnaeus Pompeius Magnus.
Gefunden unter Julius III. (1550 — 1555) in einem Keller in der Via
dei Leutari bei der Cancelleria (Fundbericht des Flaminio Vacca: Berichte
der sächs. Gesellschaft der Wissenschaften 1881 p. 71 n. 57). Ergänzt der
Kopf, der r. Arm, die Finger der 1. Hand außer dem Daumen, der Schwert-
griff.
Der ursprünglich zu der Statue gehörige Kopf war von einem
Kranze oder einer Tänie umgeben; denn es haben sioh an der Schulter-
390 PALAZZO SPADA. 1819.
gegend und zwar links auf dem Wehrgehenk, rechte auf dem Mantel,
hinter der Spange, Reste von einem in ein epheublattförmiges Motiv
auslaufenden Bande erhalten, das von dem Kopfe auf jede der beiden
Schultern herabreichte. Der r. Arm stand, nach der Richtung der
Sohulter zu schließen, vermutlich etwas tiefer und in mehr horizon-
taler Richtung, als der moderne Ergänzer angenommen hat. Jeden-
falls drückte die Bewegung dieses Armes aus, daß der dargestellte
Mann eine Versammlung, die man sich vor ihm zu denken hat, be-
schwichtigt oder ihr Ruhe gebietet. Die vorgestreckte 1. Hand hält
einen Globus, auf dem die Figur einer Siegesgöttin gestanden zu
haben scheint, da in dem Zenit eine viereckige Höhlung angebracht
ist. Hiernach stellte die Statue einen Herrscher oder Feldherrn dar,
dessen Machtsphäre einen bedeutenden Teil des Erdkreises umfaßte.
Die geläufige Deutung wurde, wie es scheint, zunächst dadurch ver-
anlaßt, daß die Statue in der Nähe des Theaters des Pompeius ge-
funden ist. Man nahm darauf hin an, daß sie identisch sei mit der
Statue des Pompeius, die in der jenem Theater benachbarten Curia
Pompei stand und zu deren Füßen Caesar ermordet wurde. Augustus
ließ diese Curia als locus sceleratus vermauern und die Statue vor
dem Theater gegenüber dem Haupttore, das von der Bühne nach
dem Hekatostylon führte, aufstellen, also an einem Punkte, den man
ungefähr hinter dem Chore von S. Andrea della Valle anzunehmen
hat. Die Entfernung von hier bis zu der Via dei Leutari, in der die
Spadasche Statue gefunden wurde, beträgt etwa 300 Meter und ist
demnach zu beträchtlich, als daß der Fundort der Statue allein jene
Identifizierung rechtfertigen könnte. Der Kopf ist eine zweifellos
moderne Wiederholung des Menander- Porträts (z. B. n. 94) in kolossa-
lem Maßstabe; augenscheinlich wurde er für die Statue hergestellt.
An dieser Annahme, die sich auf den unverkennbar modernen Ein-
druck des Kopfes gründet, kann uns auch der recht anekdotenhaft
abgefaßte Fundbericht nicht irre machen, nach dem die Statue unter-
halb der Grenze zweier Terrains, die verschiedenen Besitzern gehörten,
entdeckt worden sei; von diesen zwei Besitzern habe dann der eine
das Eigentumsrecht desLeibes, der andere das des Kopfes beansprucht.
Wollte man unserem Urteil zuwider diesem Berichte Glauben
schenken und den Kopf für antik erklären, so müßte man annehmen,
daß die Statue bereits in römischer Zeit ergänzt worden sei, und, was
ganz unwahrscheinlich ist, daß man zu diesem Zwecke ein Dichter-
porträt, das damals gewiß noch als solches bekannt war, in kolossale
Dimensionen übertragen habe. Nachdem sich einmal in Rücksicht
auf den Fundort der Statue die Überzeugung Bahn gebrochen hatte,
daß Gnaeus Pompeius Magnus dargestellt sei, fand man, daß der
ihr aufgesetzte Kopf dem Porträt dieses Mannes entspreche, wie es
auf Münzen seiner Söhne, Gnaeus und Sextus, wiedergegeben ist.
PALAZZO SPADA. 391
Doch ist es überflüssig, hierüber Worte zu verlieren, nachdem das
Porträt des Pompeius längst in einem durchaus abweichenden Typus
erkannt worden ist. Der Körper zeigt eine gute dekorative Ausführung.
Antiquarum statuarum urbis Bonrae icones (Bomae 1621) II T. 74. Clarac V
pl. 911 n. 2316. Bernoulli römische Ikonographie I T. VII p. 112 ff. Fig. J5. Baumeister
Denkm. d. kl. Altertums III p. 1384 Fig. 1532, p. 1385 Fig. 1533. Weiteres bei Matz-
Duhn I n. 1073 und bei Bernoulli a. a. 0. 1 p. 112 Anm. 3. Die Angaben, die Fea osser-
vazioni mtorno alla celebre statua detta di Pompeo lette il dl 10 settembre nell' Acc.
romana d'archeologia (Borna 1812) p. 6 f. und Notizla degli scavi nell' anfiteatro Flavio
(Borna 1813) p. 31 f. über die Beste der Haarbinde macht, sind in jeder Hinsicht richtig.
Über das sicher beglaubigte Portrat des Pompeius: Römische Mitteilungen I 1886
T. II p. 37 ff. Beinach Mithridate Eupator pl. IV. Bevue archeologique XV 1890 pl.
VIII p. 339f. Baumeister a. a. O. p. 1386 Fig. 1534. Vgl. Jordan-Hülsen Topographie
d. Stadt Born I 3 p. 531 Anm. 67.
In der Bildergalerie:
1819 Angebliche Statue des Aristoteles.
Sie ist vermutlich identisch mit dem kopflosen „Aristide assiso",
den Aldroandi bei Mauro le antichita di Borna p. 256 als „in casa di M.
Francesco di Aspra, presso a S. Macuto" befindlich anführt (Römische
Hitteilungen V 1890 p. 14 Anm. 2). Ergänzt der r. Vorderarm mit dem
Ellenbogen und einem kleinen Stücke des Oberarmes, der 1. Ellenbogen,
ein größeres Stück des Himations auf der Vorderseite, das 1. Bein von der
Mitte des Oberschenkels abwärts mit dem darüberliegenden Gewände.
Der aufgesetzte Kopf (ergänzt die Nase) ist antik, aber nicht zugehörig.
Dargestellt ist ein Mann, der mit vorgebeugtem Oberkörper, in
Nachdenken versunken, dasitzt. Der Kopf ist zwar antik, gehört
aber nicht zu dieser Statue. Wir haben uns den ursprünglichen Kopf
leicht an die Hand des aufgestützten r. Armes gelehnt zu denken.
Die auf der Plinthe angebrachte Inschrift, von der sich die ersten fünf
Buchstaben vollständig, ein Best des nachfolgenden sechsten und
nach einer Lücke, die für vier Buchstaben Baum läßt, der obere
schräge Strich des Endbuchstabens, eines £, erhalten haben, wurde
früher in der Begel API £ TOTE AH £ gelesen und die Statue demnach
auf den großen Philosophen Aristoteles gedeutet. Doch ist das eckige
Omikron, das man bei dieser Lesung annehmen muß, eine späte Form,
die zu dem Charakter der übrigen Buchstaben nicht paßt, und
bietet die in der Inschrift vorhandene Lücke für diesen und die
vier folgenden Buchstaben einen zu beschränkten Baum dar. Die
Ergänzung API^TEIAH^, die schon während des 16. Jahrhunderts
geläufig gewesen zu sein scheint und von einem Gelehrten des 18. Jahr-
hunderts wieder aufgenommen wurde, stimmt zu dem epigraphischen
Tatbestande. Da der Stil der Statue und die Buchstabenformen der
Inschrift auf das letzte Jahrhundert der Bepublik oder spätestens
auf den Anfang der Kaiserzeit hinweisen, so wäre der Gedanke an den
zur Zeit der Antonine blühenden Sophisten Aristeides (vgl. n. 413,
813) ausgeschlossen und die Figur auf den gleichnamigen athenischen
Feldherrn und Staatsmann zu deuten. Aber ein antiker Künstler würde
an einem Porträt dieses Mannes gewiß dessen Eigenschaft als Feld-
herrn hervorgehoben und ihn nimmermehr in einer für einen Philo-
sophen oder Gelehrten bezeichnenden Haltung wiedergegeben haben.
392 PALAZZO SPADA. 1820.
Hingegen fallen alle Schwierigkeiten weg, wenn wir die Inschrift
API I TITTTTO $ lesen und in der Figur eine Porträtstatue des aus der
Schule des Sokrates hervorgegangenen kyrenäischen Philosophen
Aristippos erkennen, der die Lust für das höchste Gut erklärte. Aller-
dings mußten wir annehmen, daß ihm diese Statue — augenscheinlich
ist uns hier das Original erhalten — erst lange Zeit nach seinem Tode er-
richtet worden sei, denn wir können das Werk nicht über das Ende
des 4. Jahrhunderts v. Chr. hinauf datieren. Biese leichte chronolo-
gische Schwierigkeit kommt in Wegfall, wenn wir die Statue vielmehr
auf den gleichnamigen Enkel jenes Aristippos beziehen; doch ist der
ältere Philosoph dieses Namens wegen seiner ungleich größeren Be-
rühmtheit zweifellos vorzuziehen.
Daß der Kopf, den man der Statue aufgesetzt hat, nicht zu ihr
gehört, wird auch ein weniger geübter Beobachter sofort erkennen.
Der Marmor ist von dem des Körpers verschieden. Auf der r. Seite
des Kopfes sucht man vergeblich nach einer Ansatzspur der r. Hand.
Um die beiden Halsstücke in Übereinstimmung zu bringen, hat der
moderne Restaurator die Bruchflächen abgeglättet und das zum Kör-
per gehörige Stück auf der Vorderseite etwas verdünnt. Dagegen
ging er auf der Bückseite weniger sorgfältig zu Werke und es ragt
hier das Halsstück des Kopfes um etwa einen halben Zentimeter über
das des Körpers hervor. Nach dem Stile, dem physiognomischen
Typus und der Anordnung des Haares ist der Kopf ein römisches
Porträt aus dem Ende der Republik oder dem Anfange der Kaiserzeit.
Offenbar entschied sich der Restaurator zu der Beifügung gerade
dieses Kopfes unter der Voraussetzung, daß die Statue Aristoteles
darstellte, denn der Kopf zeigt in der Tat ein feines durchgeistigtes
Gelehrtengesicht, wie man es recht wohl dem großen Stagiriten zu-
schreiben könnte (vgl. das Porträt des Aristoteles n. 1298). Die Frage,
auf welchen Römer der interessante Kopf zu deuten sei, muß un-
beantwortet bleiben. Es gab in der Übergangszeit von der Republik
zur Monarchie mancherlei Männer, die wir uns recht wohl mit einer
derartigen Physiognomie vorstellen können; erinnert sei nur des Bei-
spiels halber an den Altertumsforscher Marous Terentius Varro. Leider
fehlen uns auch sichere Grundlagen, das Porträt des Aristippos zu
bestimmen. Ein Versuch, die Statue unter der Voraussetzung, daß
der ältere Philosoph dieses Namens dargestellt sei, mit einem öfters
wiederholten, zeitgemäßen Kopftypus zu verbinden, hat zu keinem
überzeugenden Resultate geführt.
Visconti iconografia greca T. XXa, b, vol. I p. 228 ff. Baumeister Denkmäler d.
klass. Altertums I p. 120 Fig. 134, 135. Arndt-Bruckmann griech. u. röm. Porträts
n. 378 — 380. Bernoulli griech. Ikonographie II p. 10 ff. Abb. 1. Heuer Bildnis-
kunst der Griechen u. Kömer p. XXVI T. 109 b. Lippold griechische Porträt -
statuen p.57l. Fig. 8. Vgl. Matz-Duhn I p. 343 n. 1147. Arch. Zeitung XXXVIII 1880
p. 107. Röm. Mitteilungen V 1890 p. 12 ff. Festschrift Th. Oomperz dargebracht p.
436 ff. (Winter, der an dieser Stelle versucht, die Statue mit einem in Berlin befind-
PALAZZO BARBERINI. 393
liehen Kopfe — Beschreibung d. ant. Skulpt. n. 317 — in Zusammenhang zu bringen,
behauptet, der r. Unterarm müsse nicht notwendig erhoben, der Kopf demnach nicht
auf die r. Hand gestützt gewesen sein; er nimmt vielmehr an, der Unterarm sei vor-
gestreckt- gewesen. Aber die Spannung der Muskeln am r. Oberarm erklärt sich nur
aus der vom Erganzer angenommenen Haltung des Unterarmes). Studniczka das
Bildnis des Aristoteles p. 5 ff. T. I 1 (Abbildungen der Inschrift).
Palazzo Barberini.
In der Gemälde- Galerie:
1820 Statue der sogenannten Schutzflehenden.
Ergänzt fast der ganze Nasenrücken, das r. Handgelenk, der Zeige-
finger der r. Hand, ein Teil der Falte unterhalb der r. Hand, ein anderer
' Teil der gleichen Falte zwischen den Knien, andere Faltenteile im Schöße,
1 am 1. Oberschenkel außen und unter der 1. Hüfte, der kleine Finger der 1.
Hand, das Vorderteil des 1. Fußes, die viertgrößte Zehe des r. Fußes. Die
r. Hand ist antik, gehört aber nicht zu der Statue; die Qualitäten des
Marmors und der Arbeit sind an beiden verschieden. Die Statue ist in
pentelischem Marmor ausgeführt. Verletzungen haben den Kopf, Ränder
des Gewandes und die 1. Ferse außen beschädigt.
Dargestellt ist ein Mädchen, das auf einer basisartigen Steinplatte
von rechteckigem Grundrisse sitzt. An der Steinplatte ist ein oben
vorspringender Rand vorne und an der r. Nebenseite fast bis zur
hinteren Ecke angegeben, während die Rückseite rauh gelassen ist.
Wir können daraus schließen, daß der Beschauer die Rückseite gar
nicht — auch die Gewandpartien sind hier mit weniger Sorgfalt
ausgeführt als an der Vorderseite — , von der r. Nebenseite wenigstens
das hinterste Viertel nicht sehen sollte, und wir müssen demnach
annehmen, daß die Statue ursprünglich vor einer Wand aufgestellt
war und daß sie rechts unmittelbar an eine architektonische Umrah-
mung oder etwas weiteres Figürliches angestoßen habe, das den rück-
wärtigen Teil der r. Nebenseite den Blicken entzog. Von dem Sitze
ist augenscheinlich nur das Oberteil erhalten; dies wird durch die
Tatsaohe bewiesen, daß links ein Teil des Gewandes tiefer herab-
hängt als die Steinplatte reicht. Man hat diesen Gewandzipfel jetzt
in der Holzbasis des Marmors verschwinden lassen, doch ist er auf
früher gefertigten Photographien und Abbildungen der Statue sicht-
bar. Der untere Teil des Sitzes war also besonders gearbeitet, viel-
leicht aus schlechterem Materiale. Das Mädchen lehnt sich zurück
und stützt sich rückwärts mit dem 1. Arm auf die Sitzfläche. Die
Bewegung ist so heftig, daß die Oberschenkel vom Sitze gehoben
werden. Die Füße hängen anscheinend frei in der Luft; nur der r.
könnte auf einer besonderen Unterlage geruht haben, die aber mit dem
Sitze keinesfalls, etwa als vorgelagerte Stufe, verbunden war. Die
Gewandung des Mädchens besteht aus dem gegürteten Linnenchiton,
der die 1. Schulter freiläßt und am vollständigen Herabgleiten nur
394 PALAZZO BARBERINL 1820.
dadurch gehindert wird, daß er sich unter der 1. Achsel festgeklemmt
hat, und einem wollenen Himation, das die Beine umhüllt und sich
beim Niedersinken auf dem Sitze regellos zu dichten Falten geballt
hat. Der r. Unterarm ist mäßig gehoben und die Hand muß ursprüng-
lich ein Attribut gehalten haben, dessen Ansätze an den höchsten
Falten auf dem r. Oberschenkel abgearbeitet, aber an ihren Spuren
noch heute kenntlich sind.
Der Sitz des Mädchens kann unmöglich eine beliebige Schwelle oder
Basis sein; am wahrscheinlichsten ist es, daß es sich um einen Altar
handelt. Der Ergänzer hat augenscheinlich das gleiche angenommen
und die Dargestellte deshalb und wegen des schmerzliohen Ausdruckes
der emporblickenden Augen für eine Schutzflehende gehalten. In
Bücksicht auf diese Deutung hat er dann die fehlende B. durch eine
antike Hand mit dem Fragment eines Attributes ersetzt, in dem sich
das untere Ende eines Zweiges erkennen läßt. Aber schriftliche und
monumentale Überlieferung lehrt uns, daß Schutzflehende den
obligaten Zweig in der L. trugen. Immerhin muß man zugeben, daß
diese früher geläufige Deutung den übrigen Motiven der Figur durch-
aus gerecht wird. Ganz vernachlässigt sind diese bei der Annahme
eines Gelehrten, der die Statue auf Grund einer unleugbaren Ähn-
lichkeit mit dem Bilde einiger Silbermünzen des epizephyrischenLokroi
als Eirene deuten und mit dem Kerykeion in der B. ergänzen wollte.
Schon früher hatte man eine seltsame Einzelheit an der Statue
beobachtet und die Darstellung daraufhin als Illustration zu einer
Stelle der Aeneis (IV 51 7 ff.) aufgefaßt: das Mädchen trägt nur eine
Sandale und zwar am r. Fuße. An diesem ist die Sohle der Sandale
ganz erhalten — die Bänder waren gemalt (ebenso an n. 198) — ; von
dem 1. Fuße ist nur die Ferse antik, die aber genügt, um zu erkennen,
daß dieser Fuß keine Sandale trug. Nun hat ein Gelehrter kürzlich
nachgewiesen, daß eine derartig einseitige Beschuhung und gerade das
Entblößen des 1. Fußes ein Zug ist, dem wir öfters im Kulte chtho-
nischer Mächte begegnen (vgl. n. 908). Zu einem solchen Kultus
muß also auch unsere Statue in Beziehung gestanden haben. Von
den anderen Erklärungen brauchen wir nur noch eine zu erwägen, die
in der Skulptur den Schmuck eines Grabes sehen will, in der Gestalt
eine Verstorbene, die auf ihrem eigenen Grabaltare, der rgditeZcc,
sitzt; und in der Tat mangelt es für ein derartiges Motiv nicht an
monumentalen Parallelen. Auch für die Stele neben der xqaitsZa
ließe sich zur Not ein Platz an der hinteren Ecke der r. Nebenseite
finden. Aber ein ruhiges Sitzen würde für solch eine Darstellung
zweifellos passender sein, als die erregte Haltung dieses Mädchens;
andererseits ließe sich dafür, daß nur der r. Fuß eine Sandale trägt, bei
einer Verstorbenen keine Begründung geben. Endlich bringt der
klagende Blick der Augen ein Pathos zum Ausdruck, das in der Zeit,
PALAZZO BARBERTNI. 395
dei wir das Werk zuschreiben müssen, bei einer Grabstatue zum
mindesten ganz ungewöhnlich wäre.
So bedauerlich eine derartige Unsicherheit ist, die uns zu keiner
ganz überzeugenden Deutung der Dargestellten gelangen läßt, so
erfreulich ist es, daß uns die Statue in künstlerischer Hinsicht für diese
Enttäuschung vollständig entschädigt. Die Ausführung ist so frisch
empfunden, so sicher und lebendig, wie an ganz wenigen antiken
Skulpturen. Zweifellos haben wir hier ein kostbares Originalwerk, die
Schöpfung eines griechischen Meisters vor uns. Wundervoll kräftig und
breit ist die Behandlung des Gewandes, einfach und herbe die Wieder-
gabe der nackten Form; die Krone von allem aber ist der Kopf, dessen
Mund vielleicht der schönste ist, der uns an einer antiken Skulptur
erhalten blieb; doch man betrachte auch Auge und Ohr und besonders
den unendlich zarten Ansatz der Locken an Stirn und Schläfen. Und
nun vergleiche man für den Körper die Wiederholung im Vatikan
(n. 198), für den Kopf die neue Replik.im Thermen-Museum (n. 1339),
um sich den ungeheuren Abstand zwischen Original und Kopie klar-
zumachen. Zweifellos stammt das Werk von einem attischen Künst-
ler jener Zeit, in der für den Parthenon die entwickeltsten Metopen ge-
schaffen wurden und die Arbeit am Friese begann. Der Kopf hat
manche Züge mit den Köpfen der Doppelherme n. 1094 gemein, aber
seine Formengebung ist reifer und großzügiger; sie trägt den Stempel
einer freieren Persönlichkeit. Am nächsten steht die Figur den Werken,
die man mit Pheidias in Zusammenhang gebracht hat (vgl. n. 70,
1367, 1922), und die Vermutung, daß man sich in der Art dieser
Statue die Arbeiten des jugendlichen Pheidias vorstellen könne, ist
nicht unbegründet. Ganz hypothetisch war der Vorschlag jenes Ge-
lehrten, der in der Dargestellten Eirene erkennen wollte, das Werk dem
Kaiamis zuzuschreiben.
Visconti Museo Pio-Clem. II tav. d'agg. b VI. Clarac 835, 2095. Berichte d. sächs.
Ges. d. Wissensch. 1861 T. Va p. 261. Mon. dell' Inst. IX T. 34 (Ann. 1871 p. 202 ff.).
Bonner Studien T. IV p. 38 ff. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 415. S. Itemach r6-
pertoire de la stat. II 2 p. 690 n. 7. Atti della Pont. Accad. romana di archeol. 1905
p. 121 f. Fig. 1. Gollignon les statues funeraires p. 124 ff. Fig. 66. Der Kopf: Arndt-
Amelung Einzelaufnahmen n. 483, 484. Vgl. Braun Ruinen und Museen Borns p. 342
n. 85. Matz-Duhn zerstr. ant. Bildw. in Born I n. 968. Friederichs -Wolters
Bausteine n. 498. Branos Vindohonensis p. 54. Jahrbuch d. Vereins von Altertumsfr.
im Bheinl. 1897 p. 101 f. Gazette des bcaux arts XXVIII 1902 p. 459. Hörn. Mittei-
lungen XXV 1910 p. 147. Amelung Vatikankatalog II p. 585 ff. — Zu dem Brauche
der Schutzflehenden, einen Zweig in der L. zu tragen, vgl. Aischylos Hiket. v. 181 — 183;
Mon. dell' Inst. V T. XI - Baumeister Denkmäler d. klass. Altertums I p. 739 Fig.
792. — Über tg&rteta vgl. Brückner Form und Ornament d. att. Grabstelen p. Iff.
Watzinger de vasculis pictis Tarentinis p. 5; 18. Hiller v. Gärtringen Thera II p. 106 ff.
(Dragendorff). Conze die attischen Grabreliefs III p. 370. Collignon a. a. O. p. 8;
106 f. Brückner der Friedhof am Bridanos p. 63 u. sonst.
In dem letzten Zimmer der Gemäldesammlung befindet sich ein
antikes Mosaikbild aus Palestrina, das den Raub der Europa
darstellt. Leider haben vielfache Ergänzungen manche Einzelheiten
der Komposition beeinträchtigt. Im oberen Teile des Bildes flüchten
0 #
396 PALAZZO BARBERINI. 1821.
die Gespielinnen der Europa am Meeresstrande zu einem königlichen
Manne, in dem man den Agenor, den Vater der Geraubten, oder ihren
Bruder Kadmos hat erkennen wollen. Unten springt der Stier mit
seiner Beute ins Wasser; zwei Nymphen (?) schauen ihm mit dem
Ausdruck des Erstaunens nach. Es muß auffallen, daß die Gefähr-
tinnen gar nicht nach der Hauptgruppe blicken, sondern vorwärts und
rückwärts, und daß Europa nicht aus ihrer Mitte entführt wird. Alles
würde in Ordnung sein, wenn der Raub links dargestellt wäre. Es
scheint in der Tat, daß der Künstler des Mosaiks eine ursprünglich
langgestreckte Darstellung zerschnitten und die zwei Hälften über-
einander gesetzt hat, um einen ihm gegebenen Raum mit dem vor-
geschriebenen Gegenstande zu füllen (vgl. n. 1810). Die Motive des
oberen Streifens sind hervorragend schön und lebendig, und auch
die Wahl der Farben zeugt in diesem Teile des Bildes von besonders
feinem koloristischen Empfinden. Es lag deshalb nahe, einem berühm-
ten Originale der Darstellung nachzuspüren, und dieses in einem Ge-
mälde des Antiphilos, eines Nebenbuhlers des Apelles, zu vermuten,
einem Gemälde, das sich zu Rom in der Porticus des Pompeius be-
fand, von dem aber nur überliefert ist, daß es Europa und Kadmos
darstellte. Die Rückführung bleibt also durchaus hypothetisch.
Denkschriften d. Wien. Akademie 1870 phil.-hist. Kl. XIX T. II p. 7 ff. Overbeck
Kunstmythologie Atlas T. VII 2 p. 454 n. 41. Röscher niythol. Lexikon I p. 1412 ff.
mit Abb.
In dem Treppenhause links von der Durchfahrt durch den Palast:
1821 Griechisches Grabrelief.
Ergänzt der ganze obere Teil mit dem Kopfe und der 1. Hand der
stehenden Frau, der ganze Baum und unten rechts ein großes dreieckiges
Stück. Der antike Teil des Reliefs war in drei Teile zerbrochen.
Das Relief stellt zwei Frauen in stillem Verkehre miteinander
dar; die sitzende ist mit einer Spindel beschäftigt und blickt, wie
fragend, zu der anderen empor, die ruhig in geschlossener Haltung
dasteht und zweifellos zu der Gefährtin niedersah, das Haupt sinnend
auf die erhobene L. gelehnt. Der Ergänzer hat dieses Motiv richtig
wiedergegeben; aber wieviel weniger fein als der antike Meister
hat er das Problem der Reliefbehandlung gelöst. Die alten Teile der
Darstellung, die zweifellos von einem attischen Grabrelief aus der Zeit
des Parthenonfrieses stammen, gehören zu dem Edelsten, was
griechische Künstler in dieser Gattung geleistet haben, und
sind deshalb besonders wertvoll, weil sie in einer Zeit entstanden
sind, aus der uns, auch auf griechischem Boden, nur wenig Grab-
reliefs erhalten sind. Vgl. n. 246, 971, 1861.
Archäologische Zeitung 1872 T. 53, 2 p. 138 ff. Brunn-Bruckmann Denkmäler
n. 528 links. Vgl. Bull. d.Inst. 1808 p. 38. Annali d.i. 1871 p. 210. Matz-Duhn zerstreute
ant. Bildw. in Born III n. 3729. Pauly-Wissowa Realencyklopadie III 2 p. 2320.
Auf dem oberen Treppenabsatze ist ein Relief eines schrei-
tenden Löwen eingemauert, das angeblich von einem Grabe bei
Tivoli stammen soll (Matz-Duhn III n. 3785; Brunn-Bruckmann
VILLA ALBANI. 397
Denkmäler griech. u. röm. Skulptur n. 645). Man beachte auf dem-
selben Treppenabsatz einen eigenartigen Apollon (M.-D. In. 186)
und einen interessanten Togatus (M.-D. n. 1276). Beide werden
demnächst bei Arndt- Amelung Einzelaufnahmen publiziert werden,
Villa Albani.
Der letzterschienene Katalog: Morcelli, Fea, Visconti description de la Villa Albani,
Borne 1869. — In einer der nächsten Serien der Einzelaufnahmen von Arndt- Amelung
wird eine große Sammlung von Photographien nach den Skulpturen der Villa ausge-
geben und erläutert werden, zur Ergänzung der bereits veröffentlichten Auswahl in
der vierten Serie des gleichen Werkes. Die besonders wichtigen Stücke bleiben den
Denkmälern griech. u. röm. Skulptur von Brunn-Bruckmann (jetzt von Arndt geleitet)
vorbehalten. So werden binnen kurzem alle Skulpturen der Villa mit Ausnahme des
ganz Gleichgültigen in brauchbaren neuen Aufnahmen und mit eingehenden Texten
herausgegeben sein.
In der Halle links von dem Hauptgebäude:
1822 (48) Jünglingskopf.
Ergänzt die Nasenspitze, Stücke an den Locken, die Hermenbüste.
Die großartigen Formen des Gesichtes erinnern an attische Typen
aus der großen Zeit des 5. Jahrhunderts v. Chr., während die freie
Behandlung der Locken, der Umgebung der Augen und des Mundes,
sowie der pathetisch bewegte Ausdruck einer späteren Kunstweise
entsprechen. Vgl. die Bemerkungen zu n. 1261.
Furtwängler Meisterwerke p. 141 Fig. 28. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 592.
Vgl. Wochenschrift für kl. Philologie 1907 p. 1252 f.
1823 (44) Statue eines jugendlichen Athleten«
Ergänzt die Nase, der r. Unterarm mit Ellenbogen, ein Streifen am
[ Bruche des 1. Armes oben, die 1. Hand mit Gelenk, das Glied, der Absatz
des 1. Fußes, die Spitzen beider großen Zehen. Die Füße waren an den
Knöcheln gebrochen, der 1. auch am Ansatz der Zehen mit einem Teil
der Flinthe. Der Rest der antiken Plinthe unter den Füßen ist in eine
moderne Plinthe eingelassen.
Die interessante Figur wirkt zunächst wie eine Umkehrung der
Athletenfigur des Stephanos n. 1846; bei näherem Vergleiche aber
stellen sich bedeutsame Unterschiede heraus. Die Figur des Stephanos
ist in jeder Hinsicht eleganter, schmiegsamer gebildet; ihr gegenüber
wirkt die hier besprochene Statue ungefüge und starr. Es ist aller-
dings die Frage, ob ein Motiv, das zu diesem Eindruck nicht un-
wesentlich beiträgt, nicht erst durch ungeschickte Ergänzung ver-
schuldet wurde : die Art, wie der 1. Arm vom Körper abgestreckt ist,
statt wie dort lose im Schultergelenk zu hängen. Daß wir indessen
aus jenen Unterschieden nicht schließen dürfen, das Original unserer
Statue sei früher entstanden, lehrt uns ein Vergleich der Köpfe. Von
diesen machtderjenige der Stephanos -Figur eher einen altertümlicheren
Eindruck, als sein Partner, an dem wir allerdings nur die allge-
meinen Formen in Betracht ziehen dürfen. Es ist ohne weiteres klar,
daß der Kopist an diesem Kopfe Haare und Augen umstilisiert» d. h,
dem Stile einer späteren Epoche entsprechend gebildet hat. Die Augen
j ■» j-*. -» j .» ** jj
398 VILLA ALBANI. 1823 a— 1827.
«
erinnern in ihrer Form an die Augen kresiläischer Werke, und es ist
merkwürdig, daß auch ein anderer Zug des Kopfes — die langen
flächigen Wangen mit der zu den Ohren steil aufsteigenden, unteren
Begrenzungslinie — ganz ähnlich an Werken wiederkehrt, die wir
auf Kresilas zurückführen dürfen (vgl. n. 276, 295, 1027f., 1033).
Aber wir müssen uns doch wohl hüten, daraus etwa auf irgendeinen
mittelbaren Zusammenhang mit dem Rivalen des Pheidias und
Polyklet zu schließen. Die Kopfform erinnert an die myro-
nischer Werke, die Bildung des Körpers sehr stark an die des
sogenannten Omphalos-Apollon (vgl. n. 859); selbst ein so eigen-
artiges Detail, wie die Bildung des Bauchnabels mit dem lidartig
gesenkten oberen Häutchen, findet sich an beiden Statuen in gleicher
Weise. Nur ist hier alles bäuerischer, unentwickelter. Der Kopist,
der sich nicht enthalten konnte, die Härten des Originals in
der Wiedergabe der Haare am Kopfe und der Pubes, sowie in
der Bildung der Augen zu mildern, war andererseits so gewissen-
haft, dadurch, daß er die Brustwarzen mit einem Kreise umrissen
hat, anzudeuten, . daß sein Vorbild in Bronze gegossen war und
besonders gearbeitete Brustwarzen hatte. Wir können auf Grund
unserer Beobachtungen die Stellung dieses Originales in der Ent-
wicklung der Kunst sehr genau präzisieren. Sein Künstler muß mit
dem der Athletenstatue, nach der Stephanos seine Figur kopiert
hat, ungefähr gleichzeitig gelebt haben, doch gehörte er einer anderen
Schule und wohl auch einer etwas jüngeren Generation an. Die für
jene Zeit — das zweite Viertel des 5. Jahrhunderts v. Chr. — voll-
kommene Bewältigung des Problems, das erst von Polyklet in seinen
kanonischen Gestalten endgültig gelöst wurde, blieb auch für diesen
Künstler bestimmend; aber sein Versuch, dem Vorbilde nachzueifern,
fiel ungeschickt genug aus. Unverkennbar ist es dagegen, daß sich
gerade in den Eigenschaften, die es ihm unmöglich machten, dem Vor-
bilde in seinem wohl abgewogenen Ebenmaß gleichzukommen, eine
eigene kräftigere Natur mit stärkeren Trieben ankündigt. Wir werden
deshalb nicht fehlgehen, wenn wir ihn im Kreise der attischen Kunst,
Myron und dem Meister des Omphalos-Apollon nahestehend, suchen.
Arndt- Amelung Einzelaufnahmen n. 1090 — 1092. Joubin la sculputre grecqne
p. 79 Fig. 9. Vgl. Rom. Mitteilungen II 1887 p. 99 Anm. 28. Furtwängler 50. Ber-
liner Winckelmannsprogramm p. 151. Klein Geschichte d. griech. Kunst I p. 384 f.
Vorhalle des Hauptgebäudes.
1823a (52) Hermenbüste des Heimes.
Ergänzt Nase und Lippen.
Auf dem Schafte sind zwei lateinische und ein griechisches Epi-
gramm angebracht. Während die griechischen Verse den Dedikanten
namhaft machen und den Wunsch aussprechen, daß sich der Gott
diesem und dessen Hause gnädig erweisen möge, zählen die latei-
VORHALLE DES HAUPTGEBÄUDES. 399
nischen Inschriften die Tätigkeiten auf, denen Hermes oblag, und
heben beide hervor, daß er die Palaestra erfunden habe. Diese Auf-
fassung scheint die Bildung des Kopfes bestimmt zu haben, der von
den gewöhnlichen Hermestypen abweicht und durch das breite kräf-
tige Gesicht wie den starken Nacken an Herakles erinnert, und zwar
an den Typus des 4. Jahrhunderts v. Chr.; wie ihn Skopas ausgestal-
tet hatte.
Corpus inscr. gr. III 5953. Braun Ruinen und Museen p. 620 n. 7. Kaibel epi-
grammata graeca ex lapidibus oollecta n. 816. Journal of hell, studies XXI 1001 p. 215.
Archäol. Anzeiger XXI 1006 p. 40.
1824 (57) Hermenbüste des Hermes oder eines Heros.
Ergänzt Nase, Ränder der Ohren, hinterer Teil der r. Schulter.
j^Der Kopf ist eine weicher gearbeitete Replik des Kopfes, den wir
unter n. 1129 besprochen haben. Leider ist die r. Gesichtshälfte sehr
beschädigt.
Arndt-Amelimg Einzelaufnahmen n. 1110 — 1120.
1825 (66) Bunde Basis, Hekate (?) und die Jahreszeiten.
Dargestellt sind die vier Jahreszeiten und eine Göttin, die in
jeder Hand eine Fackel trägt und demnach vermutlich für Hekate
in ihrer Eigenschaft als Mondgöttin zu erklären ist (vgl. n. 1004). Die
unmittelbar hinter ihr schreitende Mädchenfigur, die in der L. einen
Strauß von Ähren und Mohnblumen, in der R. einen Kranz hält,
personifiziert den Sommer. Die folgende Figur, deren Attribute ein
Korb und ein Zicklein sind, muß in diesem Zusammenhange den
Herbst darstellen (man hatte sie einst auf das Frühjahr gedeutet).
Es folgt die mit Jagdbeute beladene Personifikation des Winters,
schließlich die des Frühjahres, deren Gewandbausch wir uns mit
Blumen gefüllt zu denken haben. Da der Beigen der Jahreszeiten
von der Sommerhore eröffnet wird, so scheint diese Komposition in
einer Gegend erfunden zu sein, in der man den Jahresanfang im
Sommer annahm, wie in Attika, wo das Jahr mit dem Hekatombaion
begann, einem Monat, dem die zweite Hälfte des Juli und die erste
des August entsprechen.
Zoega bassi rilievi II 04. Miliin gal. myth. pl. 26, 02. Hirt Götter und Heroen
T. 4, 33. Guigniaut rel. de l'ant. pl. 184, 250r. Conze Heroen- und Göttergestalten
T. 80, 1. Vgl. Ann. dell' Inst. 1861 p. 200—210, 1863 p. 204 ff. Archäol.-epigr. Mit-
teilungen aus Österreich V 1881 p. 43 — 44. Herrmann de Horarum apud veteres figuris
(Berol. 1887) p. 32. Hauser die neu-attischen Reliefs p. 103 n. 36. Boscher mythol.
Lexikon I 2 p. 2733 — 34.
1826 (67) Stark restaurierte Doppelherme.
Sie stellt den unter n. 814 besprochenen Typus (vgl. n. 1395) mit
dem Porträtkopfe des Menandros (n. 94) zusammen.
Comparetti e De Petra la villa Brcolanese dei Pisoni T. IV 3, 4 p. 38 ff. Vgl. Furt-
wangler Sammlung Somzee n. 40.
1827 (74) Puteal, eleusinische Gottheiten (?).
Pentelischer Marmor. Ergänzt der oberste Teil. Daß dieses Denk-
mal nicht als Basis sondern zur Einfriedigung eines Brunnens diente, be-
i*
400 VILLA ALBANI. 1828—1831.
weist eine alte Skizze, die deutlich erkennen läßt, daß es im Innern aus-
gehöhlt war (Jahrbuch des arch. Inst. VI 1891 p. 160 n. 87. Vgl. VII 1892
p. 85 n. 10a, p. 86 n. 13).
Die Reliefs, die den Charakter der neu-attischen Plastik tragen,
werden in der Regel aus dem eleusinisohen Mythos erklärt. In der
Frau und dem Mädchen, das sich an sie anschmiegt, hat man Demeter
und deren Tochter Kora erkennen wollen, in der neben dieser Gruppe
stehenden Figur, die sich mit der R. auf einen von einer Weinrebe
umwundenen Baumstamm stützt, Dionysos oder den mystischen
Bräutigam der Kora, Iakchos, der seiner Braut harre. Nach einer
anderen Ansicht wäre die Wiedervereinigung der aus der Unterwelt
zurückgekehrten Persephone mit Demeter in Gegenwart des Dionysos
dargestellt. Doch stößt jede dieser beiden Vermutungen auf die
Schwierigkeit, daß die an den Stamm gelehnte Figur nach ihren Kör-
performen vielmehr weiblich zu sein scheint und sie in mehreren gut
erhaltenen Wiederholungen deutlich als Frau charakterisiert ist. Die
drei im Tanzschritt herannahenden Mädohen sind für Nymphen oder
Hören zu erklären. Man hat darauf hingewiesen, daß die Gegenwart
der einen wie der andern zu der Natursymbolik des eleusinisohen
Mythos gleioh gut passe.
Zeichnung im Codex Fighianus (Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss. 1868 p. 203 n. 106).
Zoega II 96. Vgl. Arch. Zeitung XXXII 1875 p. 86. Friederichs-Wolters Bausteine
n. 2144. Arch&ol.-epigr. Mitteil, aus Österreich V 1881 p. 54. Overbeck Kunstmytho-
logie III p. 509 n. 13, p. 514 — 515. Hauser die neu-attischen Reliefs p. 32 n. 40, p. 140,
p. 141 n. 3, p. 144 n. 4. Jahrbuch des arch. Instituts IV 1889 p. 259. Boscher mythol.
Lexikon I 2 p. 2731 (vgl. p. 2727). Rom. Hitteilungen XXIV 1910 p. 189 ff.
1828 (79) Stark restauriertes weibliches Sitzbild.
Im Motiv des Körpers entspricht die Figur der unter n. 805
besprochenen Statue des kapitolinischen Museums. Den Würfel, der
dem Sitze als Stütze dient, verzieren drei weibliche Relieffiguren,
die nach bekannten statuarischen Typen kopiert sind. Ber aufge-
setzte Kopf (ergänzt die Nase) ist antik, seine Zugehörigkeit zu dem
Körper aber sehr fraglich. Er gibt nach der Anordnung des Haares
ein Porträt aus der Zeit der julischen Kaiser wieder. Die Deutung
auf die ältere Agrippina ist grundlos.
Clarac V pl. 932 n. 2367A. Vgl. Winckelmann mon. ant. ined. I trattato prelimi-
nare p. 48. Braun Ruinen und Museen p. 618 n. 5. Bernoulli römische Ikonographie
II 1 p. 184 n. 12. Über die Relieffiguren auf dem Würfel: Arndt-Amelung Einzelauf-
nahmen, Serie II p. 40 zu n. 497 (die Figur an der Rückseite des Würfels gibt nicht,
wie dort behauptet wird, eine der Musen des Philiskos wieder, sondern einen Typus,
der uns statuarisch durch zwei römische Porträtfiguren im Palazzo Doria — ehemals
in der Villa Doria-Panfili — bekannt ist: Matz-Duhn zerstr. Bildw. in Rom I p. 418
n. 1452; Clarac 978G 2343).
An der Hinterwand:
1829 (58) Kopf des Ptolemaios, letzten Königs von Numidien
und Mauretanien.
Ergänzt die Xase und die Herme.
Vgl. n. 25.
ßAUM LINKS HINTER DER VORHALLE. 401
Raum links hinter der Vorhalle.
1830 (19) Bakchantin mit dem Kopfe einer Karyatide.
Über die Fandumstände s. n. 16. Der Kopf (ergänzt zwei Stücke an
dem Kalathos, die Nase, das Kinn) ist antik aber nicht zu dem Körper ge-
hörig. Beide sind durch ein modernes Einsatzstück miteinander ver-
bunden, wodurch der Hals eine übermäßige Länge erhalten hat (Eöm.
Mitt. IX 1894 p. 132 Anm. 2). An dem Körper sind modern der r. Arm,
der 1. Vorderarm mit dem Thyrsos, allerlei Stücke an dem Gewände wie
an dem Felle, die Zehen, die äußeren Teile der Plinthe.
Der Kopf rührt von einer Karyatide her, die zu derselben
Serie gehört wie n. 16, 1915 und 1917, einer Serie, über die bereits
unter n. 16 die Bede war. Auf dem an seiner Rückseite angebrachten
Pfeilerstücke ist die Inschrift eingemeißelt, die als Bildhauer die Athe-
ner Kriton und Nikolaos namhaft macht. Die Statue, die der moderne
Restaurator mit diesem Kopfe ausgestattet hat, stellte, wie die um
die Brust gelegte Nebris beweist, ein weibliches Wesen aus bakchi-
schem Kreise dar. Ihr Motiv ist aus dem einer Athenafigur abge-
leitet, die ein Forsoher mit der Athena Lemnia des Pheidias iden-
tifizieren wollte. Die Nebris ist an der Bakchantin in gleicher Weise
umgelegt wie die Aigis an der Athena. Wir haben es also lediglich
mit einer Kopisten-Variante zu tun. Vgl. einen ähnlichen Fall bei
n. 1557 und bei einer männlichen Figur n. 1375.
Gerhard antike Bildwerke T. 94, 3. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 254. Gol-
lignon histoire de la sculpture grecque II p. 637 Fig. 333. Die weitere Literatur bei
Friederichs- Wolters Bausteine n. 1555 und bei Löwy Inschriften griechischer Bildhauer
n. 346. Vgl. Arch. Zeitung XLI 1883 p. 203. Jahrbuch des arch. Instituts V 1890 p. 93.
Römische Mitteilungen IX 1894 p. 134 ff.
1831 (20) Stück eines Friesreliefs, angeblicher Kapaneus.
Ergänzt die Nase und das r. Viertel der Platte mit einem Stücke des
Schildes und dem 1. Unterschenkel, außerdem der Felsboden.
Ein bärtiger Mann würdevollen Aussehens, den die breite Kopf-
binde als König oder Priester bezeichnet, ist auf das r. Knie zusam-
mengebrochen und greift, während er mit der L. einen Schild seit-
wärts streckt, mit der R. nach seinem Nacken, an dem er augenschein-
lich verwundet worden ist. •Die Deutung auf Kapaneus, wie er im
Begriff die Mauern von Theben zu ersteigen von dem Blitze in den
Nacken getroffen wird, ist unhaltbar. Nicht viel besser begründet
ist die Vermutung, daß Salmoneus dargestellt sei, wie er unter dem
Blitzstrahle des Zeus zusammenbricht. Der Stil deutet auf die Mitte
des 5. Jahrhunderts v. Chr., und zwar in den weiten Kreis der ioni-
schen Kunst jener Zeit (vgl. n. 1286) ; man hat auf Ähnlichkeiten mit
Werken der lykischen Plastik, mit tarentinischen Terrakotten und
für das Gewand mit den Skulpturen vom Zeustempel in Olympia
verwiesen.
Zoega I 47. O verbeck Galerie T. V 6 p. 128 n. 45. Baumeister Denkm. d. kl. Alter-
tums III p. 1759 Fig. 1480. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 607a. Vgl. Welcker alte
Denkm. V p. 200. Abhandlungen des arch.-epigr. Seminares der Universität Wien
VIII 1890 p. 141 f. Bie Kampfgruppe und Kämpf ertypeh p. 91. Robert die Marathon
Heibig: Führer. II. 3. Aufl. 28
402 VILLA ALBANI. 1882-1837.
Schlacht In der Poikile (18. Halliscbeti Winckelmannsprogramm) p. 09. Arcl
seiger IX 189+ p. 12 Anm. 11. Jahresbefte d. öaterr. arcb. Inst. VI 1903 Anzei
Anm. 2. — ■ Über die Darstellungen dea Kapanous: Banndorf du Heroon v
bucbl-Tryu p. 193.
w h mit iwei anderen Karyatiden,
die gegenwärtig in dem rechts hinter der Vorhalle liegenden Räume auf-
gestellt sind (a. 1834, 1835|, und mit der vatikanischen »ionysosstatuc
n. 320, wo die FundbericbW angeführt sind. An allen vier Karyatiden
sind ergänzt die auf die Köpfe gastUUten Korbe, die vorderen Teile der
Fülle und die Pllnthen. Nur zwei Eiemplaro n. 1832 (1«) und 1835 (97)
tragen Köfpe, die zweifellos antik sind (ergänzt an n. 1832 die Nase, das
Kinn, Teile der Haare und dos Bruststückes, an n. 1835 die Nasenspitze,
das Kinn und Teile dea Brustutttckesl - aber nur von einem (n. 1836) Ist es
sicher, das der Kopf au dem Körper gehört. Die Arme sind durchweg
modern, abgesehen vom L Arme der Figur n. 1833; an aeiner Rückseite
hat sich oberhalb des Ellenbogen! ein großer Puntcllo erhalten.
Der moderne Restaurator hat die
vier Figuren als frei stehende Korb-
trägerinnen (Kanephoren) ergänzt.
Doch wird diese Auffassung durch den
zu Eleusia gefundenen Oberleib einer
kolossalen Karyatide widerlegt, die
mit ihren verloren gegangenen Gegen-
stücken dem römischen Bildhauer als
Vorbild gedient zu haben soheint
(Fig. 39). Auf dem Haupte dieser Fi-
gur hat eich das runde schaohtelför-
mige Gerät (xietr,), das besonders in
dem Kultus der Demeter eine hervor-
ragende Bolle spielte, und auf diesem
Gerät ein .Fragment eines kalathos-
artigen Motive erhalten, das nur als
Stütze eines Gebälkes gedient haben
kann. Wie an dem eleuainischen Ex-
emplare sind auch an den römisohen
die überschlage der Gewänder mit
Kreuzbändern gegürtet und ist an der
Stelle, an der sich die Bänder kreuzen,
eine mit einer medusenartigen Maske
geschmückte Agraffe angebracht. Die
18 ' architektonische Symmetrie, mit der
die vier Karyatiden behandelt sind, wird durch die verschiedene Stel-
lung der Arme unterbrochen. Drei der Figuren halten beide Arme
empor, während an der vierten n. 1833 (24) der I.Arm gesenkt unrlan
das Gewand gelegt ist. Den Kopftypus, für den nur n. 1836 (97) in
Betracht kommt, hat der römische Bildhauer nicht von dem eleusi-
ni sehen Vorbild entlehnt, sondern mit der Kopie eines anderen Typus
DAS INNERE DES HAUPTGEBÄUDES. 403
ersetzt, der uns duroh mehrere Repliken bekannt ist und auf ein
Original aus der Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. zurückgeht.
N. 1832 (16) bei Oavaceppi raccolta di statue III 28. Gerhard antike Bildwerke
T. 04 (rechts); Prodromus p. 337. Clarac III pl. 442 n. 807 (links). — N. 1833 (24) bei
Gerhard a. a. O. T. 94 (links). Clarac III pl. 438F n. 807 A. S. Beinach repertoire de
la stat. II 2 p. 425 n. 12. Der weiteren bei Friederichs-Wolters Bausteine n. 1558 an-
geführten Literatur sind noch Aren. Zeitung XXXVII 1870 p. 66 n. 390 und Rom. Mit-
teilungen IX 1894 p. 153 beizufügen. Die eleusinische Karyatide: Michaelis ancient
marbles in Great Britain p. 242 n. 1. Vgl. Athen. Mitteilungen XVII 1894 p. 137. Zu
dem Kopftypus der n. 1835 (97) vgl. Revue archeologique 1904 I p. 40 ff. Fig. 1, 2; I
monum. del Museo Torlonia riprod. in fototipia T. CXXVTI n. 496; ein Exemplar be-
findet sich in der Galleria geografica des Vatikan, ein fragmentiertes aus Basalt im Mu-
seum zu Bologna (Revue archeologique 1911 II p. 128 ff. Fig. 1, 2).
Baum rechts hinter der Halle. 4
1834 (91), 1835 (97) Zwei Karyatiden von Monte Porzio.
S. n. 1832, 1833.
N. 1834 (91) bei Clarac III pl. 442 n. 807 (rechts).
Das Innere des Hauptgebäudes.
Links von der Treppe:
1836 (9) Relief, Borna auf Trophäen sitzend.
Ergänzt der 1. Mittel- und Zeigefinger, der obere und untere Teil des
in der L. befindlichen stabartigen Attributes, der r. Arm abgesehen vom
Ellenbogen, das ganze r. Bein nebst dem gequetschten Helme, auf den
der r. Fuß tritt, die r. Schulter und der obere Teil der r. Brust, Flicken an
Gewand und Waffen. Von dem im Hintergrunde angebrachten Bund-
tempel ist nur das mit der Figur der Göttin zusammenhangende Stück
des Unterbaues und eine unter dem Ellenbogen sichtbare Saulenbasis alt.
Der Kopf (ergänzt Nase, Lippen, Haare über den Ohren, Stücke des Hel-
mes) ist von dem Halse gebrochen; beide sind antik aber nicht zu dem
Körper gehörig (der Marmor, aus dem sie gearbeitet sind, ist großkristal-
linisch, der des übrigen BeliefB feinkörnig). Der Kopf ist im Verhältnis
zum Körper zu klein und stimmt in allem Wesentlichen mit dem unter
n. 101 besprochenen Pallastypus überein.
Das Belief rührt offenbar von einem öffentlichen Siegesdenkmal,
etwa aus hadrianisoher Zeit, her. Die Ergänzung der Roma ergibt
sioh aus Münzbüdern. Die Göttin hielt auf der vorgestreckten R.
eine Victoria, in der L. einen Speer.
Zoega 1 31. Braun Ruinen und Museen p. 627 n. 15. Bullettino comunale XXVIII
1900 p. 262. Vgl. n. 123 und Böm. Mitteilungen XX 1906 p. 295 f. T. XIII; XXI 1907
p. 399.
Daneben:
1837 (11) Grabstein des Tiberius Iulius Vitalis.
Der Stein wird von einigen Gelehrten für ein Ladenschild erklärt,
scheint aber nach der Analogie anderer ähnlicher Denkmäler viel-
mehr ein Grabstein gewesen zu sein. Er ist an der r. Seite verstüm-
melt, so daß ursprünglich die Büste des Verstorbenen die Mitte ein-
nahm. Dieser hieß nach der auf dem unteren Büstenabsohnitt an-
gebrachten Inschrift Tiberius Iulius Vitalis und war seines Zeichens
ein Metzger. Er ist links in ganzer Figur dargestellt, wie er mit einem
26*
404 VILLA ALBANI. 1838—1842.
Hackmesser einen Schweinskopf spaltet, während über ihm verschie-
dene andere Teile eines gesohlachteten Schweines aufgehängt sind.
Die in der Mitte der Platte angebrachte Inschrift MARCIO . SEM.
PER . EBRIA d. i. «die immer betrunkene Marcio (Nominativ eines
Frauennamens)» bereitet der Erklärung große Schwierigkeiten. Viel-
leicht hat sie ursprünglich mit dem Relief nichts zu tun, sondern ist
von Jemandem beigefügt, der den Grabstein benutzte, um sich über
ein ihm bekanntes trunksüchtiges Weib lustig zu machen.
Zoega I 28. Berichte der sächs. Ges. d. Wiss. 1851 T. 13, 1 p. 352 ff. Daremberg
et Saglio Dictionnaire des ant. I 2 p. 1159. CIL VI 2 n. 9501. Arch. Anzeiger IV 1889
p. 101—102, p. 156 Anm. 1. Athen. Mitteilungen XVII 1892 p. 202 n. 2.
Auf der Treppe:
1838 (885) Fragment eines Niobidenfrieses.
Ergänzt die ganze 1. Hälfte der Platte und die ganze r. untere Ecke,
außerdem an der Artemis, deren Nase bestoßen ist, der r. Arm, der ganze
1. und der größte Teil des r. Unterschenkels, an dem knienden Niobiden
das Vorderteil des 1. Fußes mit einem Teil des Felsens, das 1. Knie mit dem
Schienbein, der r. Arm fast ganz, die Nase mit den Brauen. Von dem
toten Niobiden ist nur der 1. Unterarm mit der Hand und der r. Ellen-
bogen antik.
Auf dem antiken Teile sind erhalten die Figuren der Artemis im
Begriff, einen Pfeil vom Bogen abzuschießen, und eines verwundeten
Niobiden, der auf das r. Knie zusammengebrochen ist, von Schmerz
durchzuckt den Kopf zurückwirft und mit der K. nach seiner am
Nacken befindlichen Wunde greift, außerdem der r. Ellenbogen und
der 1. Unterarm eines toten Niobiden. Wie sich aus besser erhaltenen
Wiederholungen ergibt, war dieser mit dem mittleren Teile des Kör-
pers über ein Felsstück hingestreckt, während der Kopf und die Arme
von dem Felsen herabhingen. Da die Figuren auffällig an Typen er-
innern, die im Kunstkreise des Pheidias entstanden sind, so scheint
es recht wohl möglich, daß dieses Relief auf die Darstellung des Nio-
bidenmythos zurückgeht, die der große athenische Meister an dem
Throne des olympischen Zeus angebracht hatte.
Zoega II 104. Stark Niobe T. III 8 p. 173—175. Berichte der s&chs. Gesellschaft
der Wissenschaften 1877 T. V 2 p. 76, p. 78 — 81. Baumeister Denkm. d. kL Alter-
tums III p. 1680 Fig. 1760. Vgl. Friederichs-Wolters Bausteine n. 1867 (wo weitere
Literatur angeführt ist). Jahrbuch d. arch. Inst. II 1867 p. 172. Hauser die neu-atti-
schen Reliefs p. 74 n. 105. Furtwängler Meisterwerke p. 68. Hermes XXXVI 1901
p. 383 ff.
1839 (889) Belief, Berggott.
Ergänzt der 1. Arm, abgesehen von der Hand, und die 1. obere Ecke
der Platte mit den oberen Enden der beiden äußeren Baumzweige.
Ein gewaltiger Mann wilden Aussehens sitzt auf einem Felsen, der
durch eine emporkriechende Schlange belebt ist, und legt den L Arm,
dessen Hand auf dem r. Knie ruht, um einen neben dem Felsensitze
emporgewachsenen Baum. Ein Mantel umhüllt die Beine des Mannes,
dessen bäuerischer Kopf mit einem Ausdruck plötzlich erregter Auf-
merksamkeit emporblickt. Man hat die Figur früher auf Sinis, den
Fiohtenbeuger, gedeutet, einen der Riesen, die von Theseus über-
DAS INNERE DES HAUPTGEBÄUDES. 405
wältigt wurden» trotzdem an dem Baume jegliche Andeutung von Fich-
tennadeln fehlt, die Binde vielmehr so gestaltet ist, daß es sich nur
um einen kahlen Laubbaum handeln kann. Auch bliebe die Darstellung
der Schlange bei jener Erklärung vollkommen unmotiviert. Weit
besser läßt sich die Deutung auf einen Berggott begründen, neben
dem auch das Getier des Bergwaldes seinen natürlichen Platz findet.
Da der obere Rand der Platte etwas vorgewölbt ist, könnte das Be-
lief sehr wohl von der Nebenseite eines Sarkophages stammen. Die
Aufmerksamkeit des Gottes würde dann den Vorgängen gelten, die
auf der Vorderseite des Sarkophages dargestellt waren. Die Figur
ist vortrefflich komponiert, und ihre nackten Teile sind höchst lebens-
voll ausgeführt; in der Art ihrer Formengebung erinnern sie an den
Torso vom Belvedere (n. 124).
Bömische Mitteilungen I 1886 p. 247 — 252. Eine Übersicht über die einschlägige
Literatur bei Milani il mito di Filottete p. 89 not. 3. Über Darstellungen von Berggöttern :
Boscher mythol. Lexikon II 2 p. 2112ff. Vgl. Kieseritzky Eremitage" p. 74 n. 100.
1840 (891) Relief, Thanatos (?).
Ergänzt der Hals, der 1. Vorderarm mit dem stabförmigen Attribute,
das 1. Bein, der r. Fuß nebst dem darunter befindlichen Felsboden, der
Giebel, der sich über dem mit Vasen und Girlanden geschmückten Friese
erhebt, ein vertikaler Streifen am r. wie am 1. Ende der Platte, derartig,
daß die beiden äußersten Säulen und die beiden auf ihnen ruhenden Stücke
des Frieses modern sind. Der der Figur aufgesetzte, an einen Apollotypus
erinnernde Kopf (erg. die Nase) ist antik, scheint aber nicht zu dem Kör-
per gehörig.
Ein zarter geflügelter Jüngling steht in matter Haltung, das 1.
Bein über das r. schlagend, vor einem mit Pilastern geschmückten
Gebäude. Die nächstliegende Deutung scheint die auf eine Personi-
fikation des Todes (Thanatos). Die L. würde hiernach das für den
Todesgott bezeichnende Attribut, eine gesenkte Fackel, gehalten
(vgl. n. 381) und das Relief die Fassade eines Grabmales verziert
haben. Die Amphora, die auf einem hohen Untersatze neben der
Flügelfigur steht, könnte man zu den dem Toten dargebrachten Spen-
den in Beziehung setzen.
Zoega II 92. Vgl. Beschreibung Borns III 2 p. 511 n. 6.
Auf der Treppe:
1841, 1842 (893) Zwei Reliefs, die puellae Faustinianae.
Nachdem Antoninus Pius, um das Andenken seiner verstorbenen
Gattin Faustina zu ehren, Gelder ausgeworfen hatte, damit alljährlich
Mädchen aus unbemittelten freien Familien Getreide- oder Geld-
unterstützungen erhielten (puellae Faustinianae), gründete Marc Aurel
zwei ähnliche Stiftungen, die eine bei der Hochzeit seiner Tochter
Lucilla mit Lucius Verus (164 n. Chr.), die andere nach dem Tode
seiner Gattin, der jüngeren Faustina (175 n. Chr.). Die beiden Reliefs
scheinen sich auf die erste der beiden Stiftungen des Marc Aurel zu
beziehen. Das eine stellt die Verteilung der Unterstützungen dar.
Die Mädchen nähern sich einer Plattform, auf der die Kaiserin und
406 VILLA ALBAJSI. 1843—1846.
eine andere jugendlichere Frauengestalt stehen. Jene schüttet aus
einem zylinderförmigen Gefäße Getreide in den gebauschten Mantel
des ihr zunächst stehenden Mädchens. Das Profil, soweit es erhalten
ist, und die Anordnung des Haares lassen in ihr die Gattin des Marc
Aurel erkennen. Die neben ihr stehende werbliche Figur, deren Züge
vollständig unkenntlich sind, darf man vielleicht für die Tochter der
Kaiserin, Luoilla, erklären und annehmen, daß Mutter und Tochter
als Ceres und Proserpina zusammengestellt sind. Die andere Platte
zeigt einen Zug von Mädohen, der sich nicht wie auf jener von links
naoh reohts sondern in entgegengesetzter Richtung bewegt. Einige
der Mädchen halten Girlanden.
Zoega I 32, 33. Vgl. Ann. dell' Inst. 1844 p. 20. Braun Ruinen und Museen p.632
n. 21. Damen des kaiserlichen Hauses als Jrj/u^tyjo via: Corp. inscr. gr. I n. 1703,
II n. 2815; als Jtjw verj: III n. 6280B 6. Vgl. Band I n. 16, auch Amelung Vatikan-
katalog II p. 608 n. 400.
1843 (898), 1844 (899) Zwei Reliefs, Tänzerinnen.
Von den beiden Reliefs zeigt das links eingemauerte einen häufig
von den neu-attischen Reliefkünstlern verwendeten Typus, ein Mäd-
ohen, das mit schleifenden Schritten tanzend das Tympanon schlägt;
die R. ist nicht erhoben, um den wehenden Mantel zu fassen, sondern
um mit steif gehaltenen Fingern auf das gespannte Fell des Instru-
mentes geschnellt zu werden. Es ist seltsam, daß die Hand, die das
Tympanon trägt, nicht, wie es natürlich wäre, zum Teil hinter dessen
Rundung verschwindet; da aber der gleiche Zug an einer anderen
großen Replik der Figur in Madrid wiederkehrt, müssen wir annehmen,
daß er auch an dem Originale vorhanden war, und daß man den
Teil der Hand, der hinter dem Tympanon verschwinden müßte,
durch Übermalung den Blicken entzog. Die Beobachtung ist charak-
teristisch für die pedantische Genauigkeit, mit der die Kopisten auch
solche Besonderheiten der Originale wiedergaben, die an der ausgef ühr-
tenKopie gar nicht mehr zur Geltung kommen konnten und durften.
Wenn das auf der anderen Platte dargestellte Mädchen eher zu schwe-
ben als zu tanzen scheint, so trägt die Schuld daran der moderne
Ergänzer, der die ganze untere Randleiste, die wahrscheinlich zum
Teil zerstört war, abgemeißelt hat. Das Mädohen schlägt tatizend
die Becken. Auch hier kann uns nicht entgehen, wie unklar Hände
und Becken miteinander in Verbindung gebracht sind.
Die Tänzerin mit dem Tympanon gehört dem Typus nach zu dem
gleichen Zyklus tanzender Maenaden wie n. 946 (vgl. auch n. 950,
1397, 1521). Von der Figur mit den Becken ist keine weitere
Replik bekannt, und, da sie in stilistischer Hinsicht von den andern
Typen des Zyklus abzuweichen scheint, ist es nioht ausgeschlossen,
daß wir es hier mit einer Füllfigur zu tun haben, die ein römischer
Bildhauer aus irgendeinem Grunde zur Erweiterung jenes Chores
von Tänzerinnen möglichst, im Stile der anderen hinzugeschaffen
DAS INNERE DES HAUPTGEBÄUDES. 407
hat. Die beiden Platten werden ebenso wie n. 946 und die Madrider
Reliefs mit anderen, auf denen weitere Figuren des gleichen Zyklus
dargestellt waren, zur Bekleidung eines Altars oder einer Basis
verwendet gewesen sein; dooh ist der Relief grund hier augen-
scheinlich nicht, wie dort, gewölbt, sondern eben.
Magnan la citta di Borna I T. 67, 68. Zoega I 19. Vgl. Welcker alte Denkmäler
IV p. 152, p. 156 Anm. 16. Häuser die neu-attischen Reliefs p. 13 n. 11. Winter 50.
Berliner Winckelmannsprogramm 1890 p. 117 ff. (die Madrider Reliefs ebendort auf
T. II — III). Arndt- Amelung . Einzelaufnahmen Text zu n. 1683 — 1686 (Photo-
graphien der Madrider Platten).
1845 (902) Belief eines Grabmales.
Es verzierte das turmartige Grabmal, dessen Ruine noch heutzutage
rechts von der nach Tivoli führenden Straße in der Vigna dei Sereni steht.
Ergänzt sämtliche Köpfe der menschlichen wie der Tierfiguren, an dem
Manne links außerdem die 1. Hand und der r. Vorderarm, an dem Jüng-
ling die 1. Hand mit dem größten Teil der Maske und der 1. Fuß, auch das
obere Ende des Thyreo» (von der den Schaft umgebenden Schleife aufwärts)
und andere unbedeutende Stücke.
Da solche Reliefs stets in enger Beziehung zu der Individualität
der in den Grabmälern beigesetzten Personen stehen, so spricht alle
Wahrscheinlichkeit dafür, daß die links von dem Tische befindliche
mit Tunika und Mantel bekleidete Figur auf den Verstorbenen zu
deuten ist. Der ihm gegenüber stehende, nur mit der Tunika be-
kleidete Jüngling, der mit beiden Händen eine große szenische Maske
hält, scheint ein Diener zu sein. Auf einem zwischen den beiden
Figuren befindlichen Tische stehen ein mit Klapperringen versehener
Reifen und ein Vogel, den wir uns, da unter ihm ein viereckiger
Untersatz angebracht ist, wohl nicht lebend sondern figürlich nach-
gebildet zu denken haben. An dem Tische ist ein Thyrsos angelehnt,
während darunter ein Bock und rechts von dem Manne ein Kaninchen
oder ein Hase lagert. Der über diesem Tier im Felde angebrachte
runde Gegenstand scheint ein Diskos zu sein. Mögen sich mancherlei
Einzelheiten in dieser Darstellung nicht mit Sicherheit erklären lassen,
so ist doch die Bedeutung des Ganzen klar. Das Relief vergegen-
wärtigt die Lieblingsneigungen des in dem Grabe beigesetzten Römers.
Der Thyrsos, der Bock und die szenische Maske beweisen, daß er
dem Bakchos nicht nur als ländlichem Gotte sondern auch als dem
Vertreter der dramatischen Kunst huldigte. Reifen und Diskos
deuten auf die gymnastischen Übungen und Spiele, durch die der
Verstorbene seinen Körper kräftigte, das hinter dem Manne lagernde
Tier, falls es ein Hase ist, auf die Jagd, sollte es ein Kaninchen sein,
auf die Zucht dieser Tiere, die schon zu Varros Zeit in Italien nach-
weisbar ist.
Das ganze Grabmal mit dem Relief ist abgebildet bei S. Bartoli antichi sepolcri
T. 48. Das Belief allein: Zoega I 25. Fenna viaggio pittorico della Villa Adriana III 52.
Vgl. Braun Ann. dell' Inst. 1840 p. 135; Ruinen und Museen p. 634 n. 23. Bulgarini
notizie storiche ecc. di Tivoli p. 129. Über den Reifen: O. Jahn zu Persius sat. III 51.
Ber. d. sächs. Gesellschaft d. Wiss. 1854 p. 255 Anm. 51. Über das Kaninchen: Hchii
Kulturpflanzen und Haustiere 4. Aufl. p. 371 ff.
408 VILLA ALBANI. 1846—1848.
Das obere Stockwerk.
Erstes Zimmer.
1846 (906) Statue des Stephanos.
Gefunden 1769 (Anecdota litteraria ex inss. cod. eruta III, Roniae
1774, p. 468). Ergänzt der ganze obere Teil des Schädels mit einem großen
Stücke der Haarbinde, die über die Stirn herabfallenden Löckchen, aus-
genommen je eines über dem 1. Auge und recht« von der 1. Schläfe. Von
den übrigen Locken sind die hinter den Ohren antik; außerdem ein Stück
im Nacken, das deutlich archaische Stilisierung erkennen läßt. Ergänzt
sind ferner die Nasenspitze, der r. Arm, der vordere Teil des 1. Unterarmes
wie des r. Fußes, die Zehen des 1. Fußes abgesehen von der kleinen, ein
großer Teil der Flinthe.
'Die Statue ist durch die an dem Stamm angebrachte Inschrift
bezeichnet als ein Werk des Stephanos, Schülers des Pasiteles. Die
Schule, aus der diese Figur hervorgegangen ist, läßt sich durch drei
Generationen verfolgen. Sie beginnt, soweit unser Wissen reicht, mit
Pasiteles, einem zur Zeit des Pompejus lebenden Künstler, der in
verschiedenen Techniken, in Marmor, Silber, Erz, Gold und Elfen-
bein arbeitete und sich außerdem als Kunstschriftsteller hervortat.
Seinen Schüler Stephanos, dessen Tätigkeit bis in das 1. Jahrhundert
n. Chr. herabgereioht haben wird, kennen wir durch eine flüchtige
Erwähnung des Plinius (n. h. 36, 33) und durch die Albanische Statue,
einen Schüler des Stephanos, Menelaos, durch eine im Thermen-Museum
befindliche Gruppe aus Museo Boncompagni-Ludovisi (n. 1314). Die
Bedeutung und Leistungsfähigkeit dieser Schule sind vielfach über-
schätzt worden. Die ihr angehörigen Künstler waren mehr reprodu-
zierend als produzierend tätig. Sie kopierten Typen aus den ver-
schiedensten Zeiten und verstiegen sich bisweilen zu Mischbildungen
bedenklicher Art, indem sie die von ihnen kopierten Figuren mit frem-
den Köpfen ausstatteten oder zwei ursprünglich voneinander unab-
hängige Figuren in mehr oder minder mechanischer Weise zu einer
Gruppe vereinigten. Die Formengebung, die wir an der Statue des
Stephanos wahrnehmen, der Typus des Kopfes, die Körperbildung, an
der die hochgezogenen Schultern und die übermäßig gewölbte Brust be-
zeichnend sind, das Standmotiv — alles dies erklärt sich auf das natür-
lichste, wenn wir in dieser Statue ein Kopie naoh einem griechischen
Originale aus dem zweiten Drittel des 5. Jahrhunderts erkennen. Will
man dabei dem Stephanos eine gewisse Selbständigkeit zugestehen,
so darf man höchstens annehmen, daß er in seiner Kopie die herbe
Frische, mit der in dem archaischen Vorbilde die Oberfläche behandelt
war, absichtlich oder unabsichtlich etwas verflacht und verglättet hat.
Hie und da, besonders in der Körpermitte, scheint sich im Gegen -
satze zu stilistisch strengeren Repliken (vgl. in unserem Bande p. 5)
ein Durcharbeiten der Figur mit Hilfe des lebenden Modells zu ver-
raten (vgl. die Bemerkungen zu. n. 939). Das Original ist zweifellos
DAS OBERE STOCKWERK. 409
eine Bronzefigur gewesen, wahrscheinlich, die Statue eines siegreichen
Athleten. Die Binde, die das Haupt umgibt, wäre bei einer solchen
Figur ganz angemessen. Die Hände kann man sioh recht wohl mit
den in der Palaistra gebrauchten Geräten, Striegel, Salbfläschchen
und Schwamm, ausgestattet denken. Man hat das Original meist der
vorpolykletischen Entwicklung der argivischen Kunst zugeschrieben,
aber auch unverächtliche Gründe gegen diese Bestimmung geltend
gemacht und als Künstler des Originals vielmehr* Pythagoras von
Rhegion genannt. Vgl. n. 1022, 1158, 1823, 1909, sowie in unserm
Bande p. 5 und 64.
Ann. dell' Inst. 1865 Tav. d'agg. D p. 58 ff. Kekule die Gruppe des Künstlers Me-
nelaos T. II 2 p. 20 ff. Overbeck Geschichte der griech. Plastik II* p. 473a. Baumeister
Denkmäler des kl. Altertums II p. 1101 Fig. 1301. Aren. Zeitung XXXVI 1878 T. 15
p. 123 ff. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 301. Collignon histoire de la sculpture grec-
que II p. 661 Fig. 346. S. Reinach repertoire de la stat. II 2 p. 588 n. 9. Joubin la
sculpture grecque p. 87 Fig. 15. Lennann altgriechische Plastik p. 143 f. Abb. 40.
Löwy griech. Plastik T. 168 Abb. 207 p. 132. Weiteres bei Friederichs-Wolters Bau-
steine n. 225 und bei Löwy Inschriften griech. Bildhauer n. 874. Vgl. Athenische Mit-
teilungen IX 1884 p. 250 ff. Römische Mitteilungen II 1887 p. 081. Furtwangler 50.
Berliner Winckelmannsprogramm 1800 p. 117 f. Kalkmann 53. Berl. Winckelmannspr.
1803 p. 77 ff. Furtwangler Meisterwerke p. 404, p. 683. Klein Geschichte d. griech.
Kunst I p. 383 ff., 405 ff.; III p. 330 ff., 342.
1847 (909) Basis oder Altar, Apollon und seine Attribute.
Der idyllische Eindruck der ländlichen Kapellen und der damit
verbundenen heiligen Bäume gab seit der hellenistischen Zeit der Poe-
sie wie der bildenden Kunst zahlreiche Anregungen. Auf der Vorder-
seite unseres Steines ist ein derartiges Heiligtum des Apoll dargestellt.
Es besteht aus einem von zwei korinthischen Säulen getragenen Archi-
trav und einem darunter befindlichen Lorbeerbaum, dessen Zweige sich
über den Arohitrav erstrecken. Davor steht Apoll, mit der L. die
Saiten seiner Sohildkrötenlyra rührend, in der gesenkten R. das Plek-
tron. Neben ihm leimt sein Köcher, dessen vordere Abteilung den
in einen Greifenkopf auslaufenden Bogen enthält, während die hintere
mit Pfeilen gefüllt ist. Die auf dem Architrav stehende Vase hat man
vermutlich als ein dem Gotte dargebrachtes Weihgeschenk aufzu-
fassen. Die linke Nebenseite zeigt einen reich verzierten Dreifuß,
auf dessen Plinthe der dem Apoll heilige Rabe sitzt, die rechte die
auf derartigen Denkmälern häufig vorkommenden Opfergeräte, einen
Krug und eine Schale. Auf der gegenwärtig unsichtbaren Rückseite
ist ein anderes apollinisches Tier, ein rückwärts blickender Greif, dar-
gestellt. Da der obere Teil des Steines fehlt, läßt es sioh nicht ent-
scheiden, ob wir es mit einer Basis oder einem Altare zu tun haben.
Zoega II 08. Vgl. Braun Ruinen und Museen p. 640 n. 28. Über das ländliche
Heiligtum und den heiligen Baum : Heibig Untersuchungen über die campanische Wand-
malerei p. 207 ff.
In der Mitte des Zimmers:
1848 (905) Sitzbild des Apollon.
Ergänzt von Cavaceppi an der Figur des Gottes die Nase, ein großer
Teil des r. Oberarmes, beide Hände, die Schlange, ein Teil des hornartigeii
410 VILLA ALBANI. 1849—1850.
Gegenstandes hinter dem r. Arm mit einem Stück des Dreifußgriffes, das
r. Knie, der 1. Fuß und die Spitze des r. Fußes, außerdem die Zunge des
Löwen und andere unbedeutende Stücke. In den vorigen Auflagen des
Führers ist der ganze Kopf mit Hals unter den Ergänzungen verzeichnet;
dem Bearbeiter dieser Auflage schien der Kopf antik zu sein (das Gesicht
ist geputzt). Keinesfalls aber kann er zum Körper gehören, da die breite
Haarmasse auf dem Nacken unvereinbar ist mit der Haartracht des Kopfes.
Auch das 1. Knie mit Umgebung ist stark geputzt.
Apoll ist als pythischer Gott dargestellt, auf seinem Dreifuß sitzend
und die Füße auf den delphischen Omphalos wie auf einen Schemel
stützend. In der'R. kann er eine Schale, in der L. einen Lorbeerzweig
gehalten haben. Über den Dreifuß und den Omphalos fällt eine
netzartig aus Wollbinden zusammengeknotete Decke, die an dem
Omphalos von einer breiten Binde mit doppeltem Troddelbesatz
umgeben ist. Der rechts unten zwischen dem Omphalos und
der Dreifußstütze in ganz flachem Belief wiedergegebene Gegen-
stand wird von einigen Gelehrten für ein Lustrationsgefäß erklärt.
Andere erkennen darin ein Vorlegeschloß und nehmen an, daß es zur
Festigung der Hülle gedient habe, mit denen die heiligen Geräte be-
deckt sind. Zwischen den Dreifußstützen hegt ein Löwe. Der König
der Tiere ist, soweit unsere Kenntnis reicht, nur selten zu Apollon
in Beziehung gesetzt worden: in der lykischen Stadt Patara, in der
Umgebung des Dindymaion von Milet und auf der Insel Thera, wo
dem Apollon ein steinerner Löwe von Artemidoros aus Perge in
Pamphylien geweiht war; die Heimat des Stifters wird bestimmend
bei diesem Weihgeschenke mitgewirkt haben, und wir dürfen demnach
wohl mit einigem Grunde annehmen, daß auch das Original der hier
besprochenen Statue zu irgendeinem Apollonkulte im südlichen Klein -
Asien in Beziehung gestanden hat. Auf dem Teile der Decke, der
die Bückseite des Dreifußes überzieht, ist in flachem Belief ein glattes,
parallelogrammförmiges Motiv angebracht, für das man bisher eine
befriedigende Erklärung noch nicht gefunden hat.
Müller-Wieseler Denkmäler der alten Kunst II 12 n. 137. Overbeck Kunstmvtho-
logie IV p. 231 ff.; Atlas XXIII 30. Der von Overbeck angeführten Literatur sind bei-
zufügen Guigniaut rel. de l'ant. pl. 75 n. 280c und Braun Ruinen und Museen p. 609
n. 92. Über den Kult in Patara: Clemens AI. protr. IV 47 p. 41 F. Über die dem Apol-
lon geweihten Löwen beim Dindymaion und auf Thera: Archäol. Anzeiger XIV 1899
p. 183 f., p. 188; Hiller von Gärtringen Thera III p. 57, p. 97 ff. Über Apollon auf dem
Omphalos: Annual of the British school at Athens 1902 — 3 p. 211 ff.
Im fünften Zimmer auf der nach der Gartenmauer gerichteten
Seite:
1849 (960) Relief, männlicher Porträtkopf.
Ergänzt die 1. Seite und der obere Teil des Grundes.
Das Relief gehörte im 16. Jahrhundert dem Kardinal Jacopo Sa-
doleto (f 1547), der darin ein Porträt des Satyrikers Persius erkannte.
Diese Benennung, die bis zur Zeit Winckelmanns allgemeinen Beifall
fand, bedarf kaum einer Widerlegung. Aulus Persius Flaccus starb
62 n. Chr., noch nicht 30 Jahre alt, während unser Porträt offenbar
DAS OBERE STOCKWERK. 411
einen Mann reiferen Alters darstellt. Außerdem wird Persius keinen
Vollbart getragen, sondern sein Gesicht, der damaligen Mode ent-
sprechend, vollständig rasiert haben. Die feine aber trockene Aus-
führung weist auf die Zeit Hadrians oder der Antonine hin. Der das
Haupt umgebende Efeukranz nötigt keineswegs zu der Annahme,
daß ein Dichter dargestellt sei; es kann damit auch irgendeine Be-
ziehung zu bakohischen Kulten angedeutet sein. Das Relief hat nach
dem Erhaltenen auch ursprünglich die Form gehabt, die ihm der Er-
gänzer wiedergegeben hat. Das Ganze wirkt wie eine vergrößerte
Gemme (vgl. über analoge Relief s in noch größerem Maßstaben. 1133).
Die älteste Abbildung bei Fulvius Ursinus imagines p. 46. Bellori illustrium phi-
losophorum poetarum rhetorum et oratorum imagines T. 58. Zoega II 115. Vgl.
Winckelmann Geschichte der Kunst XI 3 § 6. Braun Ruinen und Museen p. 676 n. 60.
1850 (957) Relief aus Palombino (vgl. n. 799).
Wie es scheint schon im sechzehnten Jahrhundert gefunden, im
siebzehnten Jahrhundert im Palazzo Farnese.
Das Relief gehört zu derselben Kategorie und unterliegt den gleichen
Gesichtspunkten wie die Tabulae iliacae (n. 799 — 801). In der oberen
Abteilung ist Herakles dargestellt, den Skyphos in der L., ruhend auf
einer mächtigen Löwenhaut, umgeben von ausgelassenen Satyrn und
Bakchantinnen. Offenbar wird er in seiner Ruhe gestört durch das
ungebührliche Betragen eines hinter ihm befindlichen Satyrs, gegen
dessen Angriffe sich eine Bakchantin mit dem Thyrsos verteidigen
muß. Während sich Herakles schwerfällig und mit verdrießlichem
Ausdruck nach dem Paare umwendet, benutzt ein Satyrjüngling die-
sen günstigen Augenblick, um aus dem Skyphos des Heros einen tüch-
tigen Zug zu tun (vgl. n. 1905). Beinahe alle dargestellten Figuren sind
durch beigeschriebene Inschriften bezeichnet. In der unteren Abtei-
lung sieht man Nike im Begriff, einer vollständig bekleideten Frauen-
gestalt, die in derL. eine Fackel hält, zur Spende einzugießen ; hinter der
Fackelträgerin tritt Herakles heran und streckt mit der R. eine Schale
vor, um sich ebenfalls von der Siegesgöttin einschenken zu lassen.
Vor Nike steht ein brennender Altar, dessen Relief schmuck Apoll die
Kithara spielend und zwei Musen, Chariten oder Hören erkennen läßt.
Also findet die Handlung in einem Heiligtume des Apollon statt und
zwar, wie sich aus der Inschrift der vor Herakles befindlichen Drei-
fußbasis ergibt, in dem thebanischen Heiligtume des ismenischen Apoll,
dessen Priester- {Saq>vaq>6qoq) Herakles als Knabe gewesen war. Ob
die Frau, die als Vermittlerin zwischen Herakles und der Siegesgöttin
auftritt, für dessen Mutter Alkmene oder für eine Priesterin des is-
menischen Apoll zu erklären ist, läßt sich schwer entscheiden. Die in
Prosa abgefaßten Inschriften, die auf den Pfeilern rechts und links
von der unteren Darstellung, und die Hexameter, die auf dem Sockel
eingraviert sind, geben eine Übersicht über die Taten des Herakles.
412 VILLA ALBANI. 1861-1856.
O. Jahn griechische Bilderchroniken T. V p. 6 — 8 (wo die ganze ältere Literatur
angeführt ist), p. 39 ff. und passim. Vgl. GIG XIV 1239. Boscher mythol. Lexikon I
p. 2251. Memorie della R. Accademia dei Lincei Serie 5 a, Classe di scienze mor.,
stör, e ülol. XIV 1911 p. 663. Frickenhaus Tiryns I p. 19 Anm. 4.
1851 (953) Inschriftlich bezeichnete Hermenbüste des Quintus Hor-
tensius.
Gefunden Jim 1767. Vormals in dem bei Frascati gelegenen Camal-
dulenserkloster (CIL VI n. 1309 mit Addenda n. 31595). Ergänzt die
Nase und Splitter an den Ohren, der Oberlippe und dem Kinne. Neuer-
dings sind Zweifel an der Zugehörigkeit des Kopfes zur Hermenbüste
laut geworden; sie schienen dem Bearbeiter dieser Auflage des Führers
nach erneuter Untersuchung des Marmors nicht entscheidend.
Nach der auf der Brust eingemeißelten, von hervorragenden Epi-
graphikern als unverdächtig anerkannten Inschrift stellt diese Herme
Quintus Hortensius (geb. 114, gest. 50 v. Chr.) dar, der in Born vor
dem öffentlichen Auftreten des Cicero für den bedeutendsten Redner
galt und längere Zeit dem Cicero den Vorrang streitig machte. Doch
ist sie leider eine sehr mittelmäßige Arbeit und wird demnach schwer-
lich ein erschöpfendes Bild von der dargestellten Persönlichkeit geben.
Auch handelt es sich, nach der Angabe der Augensterne zu urteilen,
um eine Kopie aus frühantoninischer Zeit.
Bernouüi römische Ikonographie I T. VI p. 98. Ann. delT Inst. 1882 Tav. d'agg.
L p. 61 — 70. Baumeister Denkmäler des kl. Altertums I p. 704 Fig. 762.
1852 (952) Bronzestatuette des Apollon Sauroktonos«
Gefunden in einem unter der Kirche S. Balbina gelegenen Weinberge.
Ergänzt der Baumstamm.
Obwohl die Ausführung zu wünschen übrig läßt und namentlich
die Beine zu kurz wie zu massig ausgefallen sind, verdient die Figur
doch Beachtung, da sie in demselben Materiale ausgeführt ist, wie das
Original, der Apollon Sauroktonos des Praxiteles. Vgl. n. 191.
Bayet mon. de l'art antique II p . 47. Baumeister Denkm. d. kl. Altertums III p.
1400 Fig. 1550. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 234. Collignon histoire de la sculpture
grecque II p. 286 Fig. 146. S. Beinach repertoire de la stat. II 1 p. 100 n. 3. Vgl.
Winckelmann Geschichte der Kunst VII 2 § 21, XI 3 § 17 (mit den Anmerkungen von
Meyer-Schulze); mon. ant. ined. II p. 46. Braun Ruinen und Museen p. 676 n. 61. Frie-
derichs-Wolters Bausteine n. 1214 (wo sich die falsche Angabe findet, daß die Statuette
bei Winckelmann mon. ant. ined. T. 40 und Glarac pl. 486A n. 905E publiziert sei).
Overbeck Kunstmythologie IV p. 235 n. 3. Klein Praxiteles p. 110 III.
1853 (951) Inschriftlich bezeichnete Büste des Isokrates.
Ergänzt die Nasenspitze und die Schulterstücke.
Daß dieses Porträt ursprünglich Büstenform hatte, ergibt sich aus
der von vorspringenden Rändern umgebenen Inschrift- Tafel, die an
keiner antiken Herme nachweisbar ist. Die Hermenform wurde dem
Marmor erst von dem modernen Ergänzer gegeben, der darauf aus-
ging, das Porträt des Isokrates zu einem Gegenstück der Hortensius-
herme (n. 1851) zu machen. Die beiden Porträts haben nichts mit-
einander zu tun. Sowohl der Marmor wie die Weise der Ausführung
ist verschieden. Der Ausdruck des wohlgebildeten Kopfes läßt eine
Eigenschaft des Isokrates (geb. 436, gest. 338 v. Chr.) mit besonderer
OBERES STOCKWERK. 413
Deutlichkeit erkennen, nämlich die große Schüchternheit, die ihn ver-
hinderte als Redner öffentlich aufzutreten und Veranlassung war, daß
er seine Tätigkeit im wesentlichen auf den Unterricht in der Beredsam-
keit wie auf die Abfassung von Prunkreden beschränkte.
Visconti Iconografia greca I T. XXVIIIa 3, 4 p. 324. Baumeister Denkm. d. kl.
Altertums I p. 762 Fig. 813. Arndt-Bruckmann griech. u. röm. Porträts n. 135. Christ
griech. Literaturgeschichte (4. Aufl.), Anhang vonFurtwängler u.Sieveking p. 090 n. 20,
mit Abb. Bernoulli griech. Ikonographie II p. 15 T. III. Hekler Bildniskunst der
Griechen u. Römer p. XV T. 41a. Vgl. Ann. dell' Inst. 1882 p. 61 — 63, p. 68.
1854 (949) Bronzestatuette der Pallas.
Vormals der Königin Christine von Schweden gehörig. Sicher antik
ist nur der Kopf (an der Sphinx fehlt der 1. Flügel; in die Bücken der drei
Tiere sind Löcher für die Büsche gebohrt; ein Ansatz des mittleren
unterhalb der Sphinx). Vielleicht ist auch noch die Vorderseite der
unteren Hälfte mit den Füßen antik. Der Oberkörper ist an der Aigis als
modernes Machwerk kenntlich (barockes Gorgoneion; vorn und hinten sind
lose Schlangen über die Aigis verstreut).
Der Kopf gehört zu den der Athena Parthenos des Pheidias ver-
wandten Typen. Über den Körper läßt sich in Anbetracht seines Er-
haltungszustandes nicht mehr urteilen.
Causeus Bomanum Museum I sect. II T. XVI. Montfaucon l'antique expliquee I
1 p . LXXIX 3 p. 139. Clarac III Fl. 457, 845. F. Lenormant ia Minerve du Parthenon
(extr. de la Gazette des beaux-arte 1860) p. 28. Vgl. Braun Ruinen und Museen p. 677
n. 62. Abhandlungen der philol.-hist. Cl. der sächs. Gesellschaft der Wissenschaften
VIII 1883 p. 576d. Die Angabe, daß die Figur im Codex Pighianus f. 263 (Ber. der
sächs. Ges. d. Wiss. 1868 p. 181 n. 26) gezeichnet sei, ist falsch: Monatsberichte der Ber-
liner Akademie 1871 p. 461 n. 2.
1855 (945) Bronzener Pallaskopf auf einer, wie es scheint, antiken
aber nicht zugehörigen Alabasterfigur.
Ergänzt die Sphinx und die Greife auf dem Helme, die bronzenen Ex-
tremitäten und die Plinthe.
Der schöne Kopf gibt mit geringfügigen Abweichungen einen der
Kunst des Pheidiaa nahestehenden Athenatypus wieder, den wir im
besonderen durch eine Statue der Hopeschen Sammlung kennen.
Clarac 462C n. 902. Vgl. Jahrb. d. a. Inst. XXVII 1912 p. 109ff. Abb. 19, 20.
1856 (942) Statuette des Biogenes.
Ergänzt die Nase, beide Arme vom Biceps abwärts, beinahe das ganze
1. Bein, der r. Unterschenkel, die Füße, der Stamm, der Hund, die Plinthe.
Daß sich die Figur mit der L. auf einen Stab stützte, ergibt sich
aus der ganzen Bewegung des Körpers. Die Benennung als Diogenes
hat alle Wahrscheinlichkeit für sich. Einerseits zeigt die Statuette die
gleiche Körperbildung und eine ähnliche gekrümmte Haltung wie die
auf einem Belief (n. 1894) dargestellte, sioher beglaubigte Figur des
Diogenes, an der allerdings der Kopf von moderner Hand her-
rührt. Außerdem stimmt sie in jeder Hinsicht zu dem Bilde, unter dem
uns dieser Philosoph in der Überlieferung entgegentritt. Der mürrisch-
höhnische Ausdruck, der scharf beobachtende Blick, das ungepflegte
Haupt- und Barthaar, der Körper, dem man es ansieht, daß er schlecht
genährt und gymnastisch nicht ausgebildet ist, alles dies paßt vor-
trefflich auf den Mann, der die Ansicht des Antisthenes (vgl. n. 279),
414 VILLA ALBANI. 1867—1859.
daß die Bedürfnislosigkeit das höchste Gut sei, rückhaltslos im Leben
durchführte, sich über alle öffentlich geltenden Sitten hinwegsetzte
und von Piaton als »ein rasender Sokrates« bezeichnet wurde. Nach
dem raffinierten Naturalismus, mit dem besonders der Körper behan-
delt ist, scheint das Original nicht zu Lebzeiten des Diogenes (f 323
v. Chr.), sondern erst in der Diadochenzeit gestaltet. Diogenes wird
sich nicht nackt, wie ihn die Statuette wiedergibt, sondern wenigstens
mit Lumpen bekleidet in der Öffentlichkeit gezeigt haben. Der Künst-
ler hat ihn nackt dargestellt, um die Individualität des kynischen
Philosophen auch in der Körperbildung zu scharfem Ausdruck zu
bringen.
Friederichs* Wolters Bausteine n. 1323 (hier ältere Literatur). Schuster über dit
erhaltenen Porträts der gr. Philosophen T. I 7, 7a p. 11 n. 7. Berichte der sächs. Ge-
sellschaft der Wissenschaften 1878 p. 136 n. 492. Baumeister Denkmäler des kl.
Altertums I p. 428 Fig. 475, 476. Arndt-Bruckmann griech. u. röm. Porträts n. 321,
322. S. Reinach repertoire de la stat. II 2 p. 569 n. 10. Christ griech. Literaturge-
schichte (4. Aufl.), Anhang von Furtwangler u. Sieveking p. 994 n. 34 mit Abb.
Bernoulli griech. Ikonographie II p. 49 f. T. Vm. H ekler Bildniskunst der Griechen
und Römer p. XXVII T. 113. Lippold griech. Porträtstatuen p. 84f — Sine sehr
ausdrucksvolle Wiederholung des Kopfes der Statuette befindet sich im Museum
zu Aix en Provence: Arndt- Amelung Einzelaufnahmen n. 1407, 1408; Esperandieu
receuil general de basreliefs, statues et bustes de la Gaule rom. III 1 p. 354 f. u.
2494 mit 2 Abb.
1857 (936) Verhüllte Pallasstatuette.
Ergänzt der r. Arm mit dem ihn bedeckenden Gewände und die Falte
zwischen den Beinen.
Die Göttin steht da, indem sie mit der L. den Schild dicht vor die
Brust hält und den r. Arm erhebt, dessen Hand, wie es scheint, einen
Speer faßte. Über sie ist ein mit einem langen Überschlage versehener
Chiton geworfen, der, oben zugenäht, die ganze Figur verhüllt, abge-
sehen von dem r. Vorderarm, der aus dem Seitenschlitze des Gewandes
herausragt. Da das Idol der Athena Polias bei den attischen Plyn-
terien und Kallynterien verhüllt wurde, hat man die Statuette aus
diesem Brauche erklären wollen. Doch widerspricht dieser Auffassung
der Umstand, daß die Göttin ruhig dasteht, während das Idol der
Polias die Lanze sohwang. Die Statuette bleibt vor der Hand ein ar-
chäologisches Rätsel.
Clarac III pl. 457 n. 903. Gerhard ges. akademische Abhandlungen I T. XXIV
3 p. 245, p. 357 n. 3. Vgl. Braun Ruinen und Museen p. 677 n. 63. Bernoulli über
die Minervenstatuen p. 30. — Über die AthenaPolias: Boscher mythol. Lexikon II
p. 687 f. Michaelis altattische Kunst Anm. zu p. 8. Archaol. Anzeiger VIII 1893 p. 145.
Paujy-Wissowa Bealencyklopädie II p. 2009. Göttinger gelehrte Anzeigen 1899 p. 528.
Vgl. Euripides Elektra 1254—1257.
1858 (933) Bronzestatuette des Herakles.
Vormals im Besitze der Giustiniani. Ergänzt der Felsen, auf den die
Keule gestützt ist.
Sie gibt einen ähnlichen Typus wieder wie die unter dem Namen
des Farnesischen Herakles bekannte Kolossalstatue. Doch fehlt ihr
der Ausdruck physischer Ermattung, der in jenem Typus mit großem
Kachdruck hervorgehoben ist. Der Held ruht aus, ohne eine beson-
OBERES STOCKWERK. 415
l. dere Ermüdung zu zeigen. Die R. ist nicht wie an der farnesischen
Statue auf den Rücken gelegt, sondern auf die Hüfte gestützt; der 1.
Unterarm hangt nicht schlaff an der Keule herab, sondern ist leicht
vorgestreckt und scheint ein Attribut, etwa die Hesperidenäpfel, ge-
halten zu haben. Der Stil deutet auf ein Original aus dem vorgerück-
ten 4. Jahrhundert v. Chr. Da eine in Florenz befindliche Wieder-
l holung der farnesischen Statue inschriftlich als ein Werk des Lysippos
: bezeichnet ist, wird die Erfindung dieses Heraklestypus mit Recht
dem Lysippos zugeschrieben, zu dessen Kunst er auch in stilistischer
Hinsicht die nächsten Beziehungen verrät. Dagegen entsprechen Auf-
fassung und Stil der Bronze vielmehr dem Charakter der attischen
Kunst in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. Manche Ei-
gentümlichkeiten in der Bildung des Kopfes — Stirn, Augen, Mund
und Bart — erinnern am ehesten an Werke, die man dem Bryaxis zu-
geschrieben hat, einem Künstler, der augenscheinlicM eine Mittelstel-
lung zwischen Lysippos und Praxiteles eingenommen hat (vgl. n. 237,
' 288, 770, 1188, 1919, 1931). Die Ausführung der Albanischen Figur
ist so vorzüglich, daß nichts dagegen spricht, sie einem hellenistischen
Bronzekünstler zuzuschreiben, der allerdings einige Züge des Originales
— man beachte besonders die kleinliche Bildung des Mundes — über-
trieben zu haben scheint.
Galleria Giustiniana I 13. S. Remach repertoire de la stat. II 1 p. 209 n. 4. Zeit-
schrift d. Münchner Altertums-Vereins XIII 1902 p. 3 Abb. 3. Brunn-Bruckmann
Denkm. d. griech. u. röm. Skulptur n. 554. Vgl. Beschreibung Roms III 2 p. 515
n. 3. Stephan! der ausruhende Herakles p. 162 (414) n. 4. Röscher mythol. Lexikon
I p. 2173. Über die Florentiner Statue Amelung Fuhrer durch die Antiken in Florenz
n. 186 (vgl. daselbst n. 40).
1859 (964) Aisopos.
Ergänzt der vordere Teil der Nase, ein Teil des Hinterkopfes und die
r. Schulter mit dem Armansatz.
. Die Bildnisse des Aisopos beruhen auf keiner ikonischen Grund-
lage, sondern sind, wie die des Homer (vgl. n. 272, 394, 823 — 825,
837—839, 1131) und der sieben Weisen (vgl. n. 274, 275, 393), freie
Erfindungen der Künstlerphantasie. Der Meister, der den vorliegen-
den Typus schuf, hielt an der volkstümlichen Überlieferung fest, daß
Aisopos mißgestaltet gewesen sei, und ging darauf aus, in dem Kopfe
das Wesen der altgriechischen Fabel zu veranschaulichen, einer Dich-
tungsgattung, die unter der Form von witzigen und sinnigen Erzäh-
lungen allerlei Lebenserfahrungen zum Verständnis bringt. Burck-
hardt bezeichnet unsere Figur treffend als einen konzentrierten Ideal-
typus des geistvollen Buckligen. Die wohlgebildete Stirn deutet auf
eine hervorragende Intelligenz, während die feinen Falten, von denen
sie in vertikaler wie in horizontaler Richtung durchzogen ist, die man-
nigfache Bewegung vergegenwärtigen, die durch verschiedenartige
Eindrücke und Stimmungen in der Stirnhaut hervorgerufen wird.
Aufmerksam und beobachtend blicken die klugen Augen in die Welt.
416 VILLA ALBANT. 1860—1861.
Besonders wirksam ist hierbei die Behandlung der Iris und der Pu-
pillen, die nicht, wie es in der späteren Kaiserzeit sonst üblich war, in
schablonenhafter Weise eingearbeitet sondern durch wohlberechnete,
zarte Meißelstriche angedeutet sind. Um den feinen Mund spielt ein
ironischer Zug, der jedoch durch den Ausdruck einer gewissen Gut-
mütigkeit gemildert erscheint. Das Interesse, das der geistvolle Kopf
erregt, versöhnt uns mit dem Wagestück des Künstlers, den verkrüp-
pelten Körper nackt wiederzugeben. Auffassung und Stil beweisen,
daß dieser Typus nicht vor der Zeit Alexanders des Großen entstanden
sein kann. Man hat daraufhin die Frage aufgeworfen, ob er nicht zu
einem der beiden Meister, Lysippos oder dessen Schüler Aristodemos
in Beziehung zu setzen sei, die unsere Überlieferung als Bildner von
Aisopos-Statuen namhaft macht. Der vorgeschrittene Naturalismus un-
serer Figur würde besser auf den jüngeren als auf den älteren der bei-
den Bildhauer passen. Doch ist uns die Künstlerindividualität des
Aristodemos vollständig unbekannt und läßt sich somit die Vermu-
tung, daß er der Schöpfer dieses Aisopostypus gewesen sei, in keiner
Weise begründen. Die virtuose Behandlung des Marmors, die Angabe
der Augensterne und vor allem die reichliche Verwendung des Bohrers
zur Wiedergabe der Haare beweisen, daß wir die Ausführung der Ko-
pie, von der das albanische Fragment stammt, nicht früher, als in die
Zeit der Antonine, datieren dürfen ; doch sehen wir darin keinen Grund
auch die Gestaltung des Originales dieser späten Zeit zuzuschreiben
und in dem Dargestellten einen verkrüppelten Spaßmacher am kaiser-
lichen Hofe zu erkennen, was ein Gelehrter kürzlich im Gegensatze
zu der bisherigen Deutung vorgeschlagen hat. Eine bekannte Persön-
lichkeit aus jener Zeit wäre gewiß nicht nackt gebildet worden.
Visconti Iconografia greca T. XII, vol. I p. 153—160. Mon. dell' Inst, in T. XIV 2,
Ann. 1840 p. 94 — 90. Baumeister Denkmäler des kl. Altertums I p. 35 Fig. 38. S . Reinach
r6pertoire de la stat. n 2 p. 569 n. 11. Christ griech. Literaturgeschichte (4. Aufl.),
Anhang v. Furtwftngler u. Sieveking p. 985 n. 5 mit Abb. Bernoulli griech. Ikono-
graphie I T. VII p. 54 ff. Hekler Bildniskunst der Griechen u. Römer p. XLITI T. 279.
Vgl. Burckhardt der Cicerone I* p. 152g. Friederichs- Wolters Bausteinen. 1824. Jahr-
buch d. arch. Inst. V 1890 p. 164. Lippold griech. Porträtstatuen p. 74
Im zweiten Zimmer auf der nach dem Garten gerichteten Seite:
1860 (991) Zwei Fragmente antiker Reliefs.
Da die beiden Fragmente um 1770 in Tivoli gleichzeitig und an
derselben Stelle gefunden sein sollen, hat sioh der bekannte Kupfer-
stecher Piranesi, der gelegentlich auch als Bildhauer dilettierte, den
Scherz erlaubt, die beiden Stücke, die augenscheinlich nichts mitein-
ander zu tun haben, unter Beifügung eines modernen Grundes zu ei-
nem Ganzen zu vereinigen. Das links eingesetzte Fragment rührt von
einem altgrichischen Relief fortgeschrittenen archaischen Stiles her.
Man sieht darauf eine sitzende Frau, unter deren Sessel ein Hase ge-
lagert ist (modern der obere Teil des Schädels, die Nase, das Kinn, beide Hände mit
ihren Attributen, beide Beine von der Mitte der Oberschenkel abwärts, die Spitze der
OBERES STOCKWERK. 417
Sttaellehne und die vordere Senektütae). Aller Wahrscheinlichkeit naoh war
das Relief , von dem das Fragment herstammt, ein Votivrelief an Aphro-
dite, die thronend dargestellt ist mit dem Hasen, ihrem heiligen Tiere
unter dem Sitze; der Göttin zugewandt wären die Adoranten zu er-
gänzen. Das rechte eingefügte Fragment stammt von einem archai-
sierenden Relief, das eine weibliche Figur, vermutlich Pallas, auf ein
Thymiaterion zuschreitend darstellte. Antik sind nur die untere Hälfte
der Figur (von den Hüften abwärts) mit dem vorderen Stücke der
1. Hand und die unteren zwei Drittel des Thymiaterions; jedoch sind
auch diese Stücke von dem modernen Bildhauer stark übergangen.
Die Platte in ihrem gegenwärtigen Zustande: Raff ei saggio di osservazioni sopra
un bauo-rilievo della Villa Albani, dies. II (Born 1821) p. 21 ff. Forcier et Fontaine
fragments antiques de sculpture pl. 3. Das archaische Fragment: Zoega II 112.
MÜller-Wieseler Denkm. der alten Kunst II 24, 257. Boscher mythol. Lexikon I p. 399,
p. 410. Das archaisierende Fragment (restauriert): Quatremere de Quincy le Jupiter
Olympien pl. 1 1 p. 20. Vgl. Beschreibung Borns III 2 p. 536. Arch. Zeitung XXIX
1872 p. 138 Anm. 6. Kekul6 das akademische Kunstmuseum in Bonn p. 11 n. 39b.
Bernoulli Aphrodite p. 51 n. 49, p. 61. Hauser die neu-attischen Reliefs p. 62 n. 90,
p. 128.
1861 (985) Grabrelief, Kampf eines athenischen Bitters.
Gefunden um 1764 in der unweit des Gallienusbogens gelegenen Vigna
Gaserta. Pentelischer Marmor. Ergänzt — in sehr störender Weise —
die Nase und Unterlippe des ausfallenden Jünglings, ein Teil seines I.Unter-,
armes, das r. Ohr und Auge des Pferdes, sowie das Mittelstück seiner
Schnauze; endlich viele Teile des Belief gründe« unten.
Dieses Denkmal gehört zu den schönsten und größten griechischen
Grabreliefs, die sich erhalten haben. Man begreift, daß es die Begierde
kunstliebender Römer reizte und infolgedessen aus Attika naoh Rom
entführt wurde. Angesichts seiner bedeutenden Dimensionen kann
man schwanken, ob es das Grab eines einzelnen oder ein Massengrab
mehrerer in einer und derselben Schlacht gefallenen, athenischen Rit-
ter verzierte. Das Relief stellt einen jungen Krieger dar, der soeben vom
Pferde herabgesprungen ist, das sich aufbäumende Tier mit der L. am
Zügel hält und mit der R. ausholt, um dem vor ihm niedergefallenen
Feinde, der sich mit dem unter der Chlamys geborgenen 1. Arm zu
decken sucht, den tödlichen Streich zu versetzen. Den Zügel des Pfer-
des und das von dem Jüngling geschwungene Schwert haben wir uns
aus Metall gearbeitet zu denken. Der Kopf des Ritters ist kein iko-
nisohes Porträt, sondern ein attischer Idealtypus. Der Künstler hat
der Wirklichkeit nur insoweit Rechnung getragen, als er die Figur
nicht nackt, sondern mit Chiton und Chlamys bekleidet, also in der
für die athenischen Ritter bezeichnenden Traoht, darstellte. Der Re-
lief grund ist hinter dem Vorderteile des Pferdes stark vertieft. Hier-
durch gewinnt die Bewegung des edlen Tieres an Klarheit wie an Le-
ben und wird zugleich dem für das Relief der Blütezeit maßgebenden
Gesetze genügt, naoh dem die figürlichen Motive nicht über die Ebene
heraustreten, die der ursprünglichen Vorderfläche des geglätteten
Marmorblookes entspricht. Das Relief scheint einemÜbergangsstadium
Heibig: Führer. II. 3. Aufl. 27
418 VILLA ALBANI. 1862—1864.
von der Kunst des Pheidias zu der des vierten Jahrhunderts anzuge-
hören. Das Pathos ist noch sehr maßvoll ausgedruckt. Es äußert sich
nur in den etwas zusammengepreßten Lippen des Bitters und in den
wie zu einer leisen Klage geöffneten seines Feindes. Hingegen erin-
nert der kühne Wurf der den Bitter umflatternden Chlamys bereits
an den Fries des halikarnassischen Mausoleums.
Zoega I 51. Brunn-Bruckmann Denkmäler d. gr. n. röm. Skulptur n. 437. Conze
die attischen Grabreliefs II T. GGXLVII n. 1153 p. 252. Cherbuliez Plaudereien über
ein Pferd des Phidias übers, von J. Riedisser, Nachwort von Amelung p. 270 f. mit
Abb. Weiteres bei Friederichs-Wolters Bausteine n. 1004 (vgl. n. 1122). Tgl. noch
Wilamowitz-Moellendorff aus Kydathen p. 85. Bie Kampfgruppe und Kämpfertypen
p. 105.
1862 (984) Belief des Quintus Lollius Alcamcnes.
Es befand sich im 17. Jahrhundert in dem Hause eines Ippolito Vi-
telleschi (Reinesius syntagma inscript. latinarum p. 465 n. 134).
Man hat diesem vielfach in verschiedenem Sinne erörterten Relief in
letzter Zeit meistens die Deutung gegeben, daß der links sitzende
Mann, den die darüber angebrachte Inschrift als Quintus Lollius Alca-
menes, decurio und duumvir, bezeichnet, die wächserne Büste (vgl.
n. 1195, 1196) eines verstorbenen Sohnes auf der L. hält und mit dem
in seiner B. befindlichen Griffel die Inschrift (titulus, elogium) auf der
Büste anbringen will oder dies soeben getan hat. Die vor Alcamenes
stehende Frau, vermutlich seine Gattin, die in der L. eine Weihrauch-
büchse (acerra) hält und mit der R. ein Weihrauchkorn in die Flamme
des vor ihr befindlichen Thymiaterions wirft (vgl. n. 1192), wäre dieser
Deutung zufolge beschäftigt, zu Ehren des Verstorbenen ein Weih-
rauchopfer darzubringen. Abweichend davon hat neuerdings ein Ge-
lehrter die Darstellung so zu erklären gesucht, daß die Opferhandlung
der Frau vielmehr dem Quintus Lollius Alcamenes selber gelte; die
Art aber, wie dieser mit der Büste hantiere, deute darauf hin, daß er
Künstler gewesen sei. Der erste Teil dieser Erklärung ist ohne wei-
teres als zweifellos anzunehmen. Der Verstorbene, für dessen Grab
das Belief laut der Inschrift bestimmt war und dem. also auch das
Opfer gelten muß, ist der sitzende Mann. Aber die größere Wahr-
scheinlichkeit spricht auch für den zweiten Teil der neuen Deutung.
An der Büste fehlt jeglicher Untersatz, auf dessen Vorderfläche der
titulus hätte Platz finden können. Das Motiv, daß ein Verstorbener
eine leichte, also augenscheinlich wächserne Büste einer ihm, wie wir
voraussetzen dürfen, einstmals besonders teuren Person, auch
mehrere solche Büsten trägt oder hält, kehrt mehrfach wieder, aber
in keinem Falle wird die Büste so gehalten, wie hier, und findet sich
in der anderen Hand ein griffelartiges Attribut, in dem wir also hier
einen Modellierstecken zu erkennen hätten.
Winckelmann monum. med. p. 243. Zoega I 23. Brunn-Bruckmann Denkmäler
d. gr. u. röm. Skulptur Text zu n. 626 (Sieveking) Fig. 5 Anm. 10. Vgl. Braun Ruinen
und Museen p. 668 p. 56. Benndorf und Schöne die antiken Bildwerke des latera-
nischen Museums p. 209. CIL VI 29707. Journal of roman Studie* I 2 1911 ,p. 209.
OBERES STOCKWERK. 419
1863 (980) Sogenanntes Leukotheareliel.
Ergänzt an der ritzenden Frau die Nase, die .Lippen, der Daumen und
Zeigefinger der r. Hand, am Kinde die r. Hand und der 1. Unterarm, an
der vordersten der drei stehenden Frauen Stücke des Gesichts, die 1. Hand
und ein Stuck der von ihr gehaltenen Binde.
Die frühere Deutung auf Leukothea, die beschäftigt sei, den Dio-
nysosknaben zu pflegen, bedarf keiner Widerlegung mehr. Jeder-
mann erkennt heutzutage in diesem Denkmal ein Grabrelief, auf
dem die Verstorbene als glückliehe Mutter dargestellt ist. Auf einem
Sessel sitzend, tändelt sie mit ihrem Töchterchen, während ihr eine
Verwandte oder eine Dienerin eine Binde darreicht, damit sie sich
selbst oder ihr Kind damit schmücke. Die beiden in kleineren Dimen-
sionen gebildeten weiblichen Figuren sind ebenfalls Angehörige des
Hauses, etwa ältere Töchter oder dienende Mädchen; ihre vor-
gestreckten Hände scheinen die freudige Teilnahme auszudrücken,
die das lustige Gebahren der Kleinen bei ihnen erregt. Der unter
dem Sessel angebrachte Wollkorb bezeichnet die Verstorbene als
fleißige Hausfrau.
Das Relief bekundet, obwohl in gebundenem Stile gearbeitet, be-
reits ein wunderbar feines Verständnis für die Natur. Man beachte
namentlich die organische Behandlung des r. Handgelenkes an der
größten der stehenden Figuren. Die Gegend, in der das Denkmal ge-
arbeitet ist, läßt sich nicht mit Sicherheit bestimmen. Sein Stil er-
innert an den arohaischer Reliefs aus ionischem Kulturkreise, dessen
Zeugen sich aber sowohl in Kleinasien, wie in Nordgriechenland,
neuerdings auch in Unteritalien nachweisen lassen (vgl. die Bemer-
kungen zu n. 1286). Der Sessel, der Schemel und der Wollkorb waren
offenbar durch aufgemalte Ornamente belebt; farblos, wie sie gegen-
wärtig erscheinen, bilden sie gegenüber der Ausführlichkeit, mit der
die Plastik die menschlichen Körper, die Haare und die Gewänder
behandelt hat, eine entschiedene Dissonanz.
Müller-Wieseler Denkmaler der alten Kunst I 11, 40. Baumeister Denkm. des
kl. Altertums I p. 383 Fig. 420. Collignon histoire de la sculpture grecque I p. 278
Fig. 141. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 228. Overbeck Gesch. d. griech. Plastik
I* p. 230—231 Fig. 59. Petersen vom alten Born4 p. 141 Abb. 105. Weiteres bei Frie-
derichs-Wolters Bausteine n. 243 und bei Overbeck a. a. O. I4 p. 296 Anm. 164.
Vgl. besonders Sitzungsberichte der bayr. Akademie d. Wissenschaft 1870 II 2 p. 211
bis 212.
1864 (975) Griechische Statue archaischen Stiles«
Ergänzt die Nase, der 1. Arm mit dem von ihm angefaßten Stttoke
des Mantels, der r. Arm, soweit er aus dem Oewande hervortritt, die herab-
hängenden Enden des Mantels, die Füße nebst den benachbarten Teilen
der Waden, die Plinthe. Der Hinterkopf ist Über dem 1. Ohre z. T. ab-
geschlagen.
Die Statue, deren Oberfläche leider durch zu starkes Abputzen
gelitten hat, ist eine griechische Arbeit aus dem Ende des 6. oder
dem Anfang des 5. Jahrhunderts v. Chr. Der Typus, den sie
wiedergibt, wurde von der altgrieohisohen Kunst zur Darstellung von
27*
420 VILLA ALBANI. 1866—1866.
verschiedenen weiblichen Gottheiten wie von VotivÜgoren ver-
wendet (vgl. n. 975). In der vorgestreckten R. haben wir eine Blume
oder Blüte anzunehmen. Die Haare hängen im Kücken bis zur Taille
herab. In den Ohrläppchen bemerkt man Löcher zur Befestigung
eines metallenen Schmuckes; da sie ganz unregelmäßig angebracht
sind, bestand dieser Schmuck augenscheinlich in großen runden Schei-
ben, unter denen die Locher verdeckt blieben, nicht in Gehängen.
Die wulstigen Erhöhungen über den Ohren hat man damit erklären
wollen, daß sie einem verloren gegangenen, metallenen Diadem als
Unterlage gedient hätten; doch ist es nicht recht ersichtlich, wie sie
diesen Zweck erfüllt haben sollten. Anderseits hat es nickt gelingen
wollen, für sie eine andere Bestimmung ausfindig zu machen. Das
vertikal in den Kopf eingebohrte Loch rührt von dem Träger der bron-
zenen Scheibe (tirfviöHog) her, die man über den Köpf en der Statuen
anbrachte, um sie vor der Verunreinigung durch die Vögel zu schützen
(vgl. 195, 196). Die außerordentlich tiefen Unterarbeitungen an der
Statue entsprechen vollkommen der virtuosen Marmortechnik, die wir
an einer ganzen Reihe gleichzeitiger und stilverwandter Skulpturen
kennen gelernt haben, und berechtigen an sich durchaus nicht zu dem
Schlüsse, daß die Statue, wie man früher angenommen hat, für einen
besonders hohen Standort bestimmt gewesen sei. Daß anderseits
Figuren des in Bede stehenden Typus von der archaischen Kunst
auch als Giebelschmuck verwendet wurden, beweisen diejenigen, die
über den Giebeln des aeginetisohen Aphaiatempels als Akroterien
angebracht waren. Ähnlich wie die hier besprochene Statue haben
wir uns die Figuren des Bupalos und seines Bruders Athenis zu denken,
die Augustus auf dem Giebel des palatinisohen Apollotempels und
denen anderer römischer Tempel aufstellen lieJJ (Plin. n. h. 36, 13),
zumal der Kopf typus der Statue am ehesten mit archaischen Typen
der ostgriechischen Kunst zu vergleichen ist (der Marmor ist keines-
falls pentelisoh).
Clarae IV pl. 770 B n. 1922 A. Mon. dell' Inst. IX 8, Ann. 1869 p. p. 104^-129.
Conze Heroen- und Göttergestalten T. 37. Vgl. Bernoulli Aphrodite p. 40 n. 1. Die
Figuren aus Aigina: Furtwängler-Wolters Beschreibung der Glyptothek n. 98, 94. Über
die Kunst des Bupalos: Klein Geschichte d. griech.Kunst I p. 183 f. (vgl. Pauly-Wissowa
Realencyklopädle III p. 1054; Thieme-Becker Künstler-Lexikon V p. 237). über Plin.
n. h. 36, 13: Robert archaeologische Märchen p. 120; Gollignon bistoire de la sculp-
ture grecque I p. 143.
1865 (976) Relief, Eros als Satyrisk.
Ergänzt der r. Arm und beinahe das ganze 1. Bein der Jünglingsfigur,
der vordere Teil des Thyrsos, das r. Vorderbein des Panthers, mancherlei
Stücke an dem Krater und dem Tische, dessen Basis fast ganz, ein schma-
ler Streifen am r. Ende des Vorhanges, ein großes Stück an der r. unteren
Ecke der Platte.
Wenn die Komposition dieses Reliefs, wie es den Anschein hat,
eine hellenistische Erfindung ist, so bietet sie eines der ältesten Bei-
spiele dar für das von der griechisch-römischen Kunst unendlich häufig
OBERES STOCKWERK. 421
eingeschlagene Verfahren, Eroten als Träger der verschiedenartigsten
Handlangen aus mythischem Kreise wie aus dem Alltagsleben zu ver-
wenden. Eros ist auf diesem Relief dem bakohischen Thiasos assimi-
liert. Mit einem Satyrsohwänzchen ausgestattet, neckt er in graziöser
Weise einen Panther, indem er gegen ihn den Thyrsos fällt und den 1.
Fuß vorstreckt, während das Tier auf diesen Fuß, um ihn festzuhalten,
seine r. Vorderpfote legt. Im Hintergrunde sieht man ein von den
hellenistisch-römischen Reliefkünstlern oft verwendetes Motiv, einen
Baum, von dem ein Vorhang herabhängt, und davor einen Krater
auf einem von Löwenfüßen getragenen Tische.
Zoega II 88. Müller- Wieseler Detikm. d. alten Kunst II 40, 479. Schreiber die
hellenistischen Beliefbilder T. LXII. Vgl. Braun Kunstvorstellungen des geflügelten
Dionysos p. 6; Ruinen und Museen p. 668 n. 54. Schreiber die Wiener Brunnenreliefs
aus Pal. Grimani p. 06 n. 52 und in den Abhandlungen der phil.-hist. Ol. der s&chs.
Gesellschaft der Wissenschaften XIV 1894 p. 461.
1866 (970) Pallasstatue.
Gefunden bei Orte (Horta). Ergänzt der Helm, die Nasenspitze, ein
Flicken am Kinne rechts, der Helmbusch, der Vorderrand des Helmes in der
Mitte und links, ein Teil der Schulterlocken und des Helmes an der'Bruch-
stelle des Kopfes, beinahe der ganze r. Arm, der 1. Vorderarm mit Ellen-
bogen, die Unterschenkel, viele der Schlangen an der Aigis, deren unter-
ster Teil vorne, die Flügel des Medusenhauptes, die freihängenden Zipfel
a_ des Überschlages. Vollkommen geputzt und wohl auch überarbeitet.
Die Statue, die Athena nach Art der Palladien mit dem gezückten
Speere in der erhobenen R. darstellte, zeigt im wesentlichen archai-
sche Formen. Doch sind mancherlei Einzelheiten, wie namentlich das
auf der Aigis angebrachte Medusenhaupt, in der Weise der freien
Kunst behandelt, ein Umstand, der die früher geläufige Annahme,
daß die Statue eine archaische griechische Originalarbeit sei, ent-
schieden ausschließt. Zweifeln mag man, ob die Figur für eine unge-
naue und durch Einflüsse des freien Stils in Einzelheiten veränderte
Kopie nach einem archaischen griechischen Werke oder für ein auf der
Grundlage der griechischen Kunst gestaltetes archaisierendes Pro-
dukt zu erklären sei. Wenn die Statue einen auffälligen Gegensatz
zeigt zwischen der wohl gelungenen Wiedergabe der Oberfläche und
der mangelhaften Kenntnis, mit der die Formen und Proportionen
des menschlichen Körpers behandelt sind, so dürfte sich diese Eigentüm-
lichkeit auch bei den beiden bereits erwähnten Vermutungen erklären,
und es wird kaum notwendig sein, zu einer dritten Annahme, die noch
in der vorigen Auflage dieses Buches vertreten wurde, zurückzu-
kehren. Dort war die Frage aufgeworfen, ob wir in der Statue nicht
eine in römischer Zeit gearbeitete Nachbildung einer etruskischen
Bronzefigur zu erkennen hätten. In der an der Südgrenze Etruriens
gelegenen Stadt Horta hätte ja ein von alters her überlieferter Kultus
zu einer solchen Reproduktion1 Veranlassung geben können. Ander-
seits wäre dabei auch das lebhafte Interesse zu berücksichtigen, das die
Römer im letzten Jahrhundert der Republik und im ersten der Kai-
422 VILLA ALBANI. 1867—1869.
serzeit den etruskischen Altertümern entgegenbrachten. Es würde ge-
nügen, daran zu erinnern, daß die Kunstliebhaber zur Zeit des Horaz
mit Vorliebe etruskische Bronzefiguren sammelten. Aber die Statue
hat mit keinem sicher etruskisohen Werke eine so weitgehende Ver-
wandtschaft, daß sich ihre Bückführung auf ein derartiges Original
überzeugend begründen ließe.
Winckelmann mon. ant. ined. T. 17, II p. 18—19. Clarac III pl. 462 D n. 842B.
Müller-Wieseler Denkm. d. alten Kunst 1 9, 34. Vgl. Braun Ruinen und Museen p. 663
n. 47. Bernoulli über die Minervenstatuen p. 6. Bull, dell' Inst. 1870 p. 35 — 36. Frie-
dericha-Wolters Bausteine n. 445. 'Ey^/ut^is leQxaioXoyiy.}'} 1887 p. 137.
1867 (967) Belief, Tänzerinnen.
Ergänzt an der r. befindlichen Figur die 1. Hand, an der anderen beide
Hände, der r. Fuß und die untere Hälfte des 1. Unterschenkels, an beiden
der größte Teil der Kronen — doch beweisen einige erhaltene Stücke, daß
der Ergänzer die ursprüngliche Form der Kronen im ganzen richtig ge-
troffen hat — , alles oberhalb des Gesimses, das r. Drittel des Pfeilers rechts
von der r. Tänzerin und alles weitere rechts, der ganze äußerste 1. Pfeiler
und die Hälfte des Baumes zwischen ihm und dem nächsten Pfeiler rechts,
der Felsboden. Stark geputzt.
Dargestellt sind zwei mit kurzen Chitonen bekleidete Mädchen, die
vor einem mit doppelter Pilasterstellung geschmückten Bau einen
Tanz aufführen. Auf anderen Denkmälern sind solche Tänzerinnen
deutlich mit aufrechtstehenden Sohilfblättern bekränzt. Figuren
dieser Art gehören zu den Lieblingsmotiven der neu-attischen Relief -
künstler. Sie zeigen stets in größerem oder geringerem Grade An-
klänge an den archaischen Stil. Da ihre Köpfe auf einigen Exem-
plaren mit kQrbf örmigen Aufsätzen ausgestattet sind und ein antiker
Tanz Kalathiskos (von xdlccftog Korb) hieß, so nahm man früher in der
Regel an, daß es sich um diesen Tanz handele. Dagegen hat ein Forscher
wahrscheinlich gemacht, daß die Schöpfung derartiger Typen vielmehr
durch die Tänze angeregt sei, die von den spartanischen Jungfrauen
bei dem Feste der Artemis in Karyai aufgeführt wurden. Jedenfalls
entspricht die kurze Bekleidung spartanischer Sitte. Da ferner Plinius
(n. h. 34, 92) unter den Werken des Kallimachos, eines Meisters,
dessen Tätigkeit in das 5. Jahrhundert v. Ohr. fiel, tanzende Lakonie-
rinnen (saltantes Lacaenae) anführt, so liegt der Gedanke nahe, daß
es Kallimachos war, der jene Tänze von Karyai durch ein bedeutendes
Kunstwerk populär machte, und daß die von ihm erfundenen Motive
von den neu-attischen Bildhauern, wenn sie Tänzerinnen der in Rede
stehenden Gattung gestalteten, zugrunde gelegt wurden. Figuren von
Tänzerinnen, die im wesentlichen denen der neu-attischen Reliefs
entsprechen, sind auf Münzen von Abdera nachweisbar, deren Prä-
gung in das 5. Jahrhundert v. Chr. hinaufreicht. Es beweist dies,
daß derartige Typen spätestens schon gegen Ende dieses Jahrhunderts
vorhanden waren. Wir dürfen mit Sicherheit annehmen, daß die
Tänze von Karyai einen streng typischen Charakter hatten und dem-
nach Motive darboten, die sich, plastisch dargestellt, vortrefflich in
OBERES 8TOCKWERK. 423
•
ein tektonisches Ensemble einfügen ließen. Hieraus erklärt es sieh,
daß diese Motive von den antiken Künstlern auch zur Darstellung
weiblicher Figuren verwendet wurden, die als tragende Glieder in die
Architektur eingriffen, und daß die Griechen solche Figuren als Ka-
ryatiden bezeichneten.
Zoega 1 21. Visconti Mus. Pio-Cl. III Tav. b II 4 p. 257. Vgl. Welcker alte Denkm.
II p. 146 ff. Braun Ruinen und Museen p. 668 n. 49, p. 606. Stephani Nimbus und
Strahlenkranz p. (471) 111 Anm. 2; Compte-rendu pour 1865 p. 60 n. 3, p. 63 ff. Hauser
die neu-attischen Reliefs p. 97 n. 21. Arch. Anzeiger VIII 1893 p. 76. Furtw&ngler
Meisterwerke p. 202. Bonner Jahrbücher XCVI, XCVII 1895 p. 60. Ltttzow Zeit-
schrift für bildende Kunst n. F. VI 1895 p. 36—40. Vgl. Ausonia IV 1909 p. 258 f.
Fig. 10. — Die Münzen von Abdera sind zuletzt behandelt in der 'EtpqfttQt; &o/. 1889
T. II 21, 22 p. 99—101.
Da es in Born nur wenige etruskisohe Urnen gibt, mag man noch
einen Blick auf die vier in diesem Zimmer aufgestellten Exemplare
dieser Gattung (n. 1868 — 1871) werfen. Die viereckigen, mit Reliefs
verzierten etruskischen Aschenurnen sind in der zweiten Hälfte
des dritten und im 2. Jahrhundert v. Chr. gearbeitet und, von ver-
einzelten Ausnahmen abgesehen, mehr oder minder untergeordnete
Handwerksprodukte. Die Reliefs der Behälter behandeln vorwiegend
Szenen aus dem hellenischen Mythos. Auch ihre Kompositionen
scheinen in der Hauptsache auf griechische Vorbilder zurückzugehen.
Doch zeigt die Ausführung, besonders in der Wiedergabe der Ge-
sichter und der Tracht, mancherlei nationale Züge und sind in die
griechischen Kompositionen viefach Gestalten aus der etruskischen
Dämonologie eingfügt. Auf den Deckeln sind die Porträtfiguren der
Personen gelagert, deren Reste in den Urnen geborgen waren. Die
Köpfe zeigen häufig eine höchst lebendige Charakteristik und er-
wecken den Eindruck wohl getroffener Porträts, wogegen die Körper
in der Regel vernachlässigt und bisweilen in widerwärtiger Weise ver-
kürzt sind. Die vier in der Villa Albani befindlichen Exemplare
scheinen aus Volterra zu stammen, da sie aus dem Alabaster bestehen,
der in der Umgegend dieser Stadt gebrochen wird.
1868 (9921) Entführung der Helena.
Links das troische Schiff, in dem sich ein phrygisch gekleideter
Matrose befindet. Neben dem Schiffe sitzt auf einem Sessel Paris,
Helena erwartend. Zwei Diener tragen einen aus dem Hause des
Menelaos geraubten Krater nach dem Schiffe. Weiter rechts sieht
man Helena, wie sie, sich sträubend, von zwei Troern dem Paris zu-
geführt wird. Hinter dieser Gruppe schreitet ein anderer Genosse des
Paris, ein Steuerruder in der L.
Brunn i rilievi delle urne etrusche IT. 18, 4.
1869 (981) Kampf zwischen Kentauren nnd Lapithen.
Zoega I p. 182. Braun Ruinen und Museen p. 670. Koerte i rilievi delle urnc
etrusche II p. 162, 26.
424 VILLA ALBANI. 1870—1875.
•
1870 (978) Orestes auf dem delphischen Altare.
Orest, der sich, das gezogene Sehwert in der R., mit dem einen
Knie auf den Altar stützt, wird von fünf teils mit Fackeln, teils mit
Schwertern bewehrten Furien angegriffen. Links neben dem Altare
sieht man Pylades, wie er heftig bewegt vor den andringenden Fu-
rien zurückweicht.
Brunn i rillevi delle urne etnische I T. 83, 17.
1871 (968) Sogenannter Echetlos.
Eine attische Legende berichtete, daß während der Schlacht von
Marathon Echetlos oder Echetlaios, vermutlich ein Heros, der von
alters her in der Tetrapolis verehrt wurde, aus der Erde auftauchte,
mit einer Pflugschar zahlreiche Perser niederschlug und dann ver-
schwand. Nach dieser Legende wurde er von Polygnot, als dieser die
Stoa poikile ausmalte, in das Bild der Marathonschlacht eingefügt.
Da es bewiesen ist, daß die Bildner der etruskischen Urnen vielfach
Motive aus der polygnotischen Malerei entlehnten, so dürfen wir in der
Hauptfigur des Albanischen Exemplares einen Ableger des in der
athenischen Stoa dargestellten Echetlos oder Echetlaios erkennen.
Daß die Etrusker diese Figur in attischem Sinne auffaßten, scheint
wenig glaublich. Vielmehr werden sie darunter einen in ihrem eigenen
Glauben wurzelnden Todesdämon verstanden haben.
Zoega I 40. Ingfairami monum. etruschi I 2 T. XIII. Vgl. Ann. delP Inst. 1837
p. 264 ff. Gerhard Prodromus p. 41 Anm. 112. Robert die Marathonschlacht in der
Poikile (18. Hallisches Winckelmannsprogramm) p. 32 — 35. Die Literatur über Echet-
los: Boscher Lexikon I p. 1212.
Drittes Zimmer nach der Gartenseite:
1872 (994) Fragment eines kolossalen Reliefs, Antinoos.
Gefunden 1735 in der tiburtiner Villa des Hadrian (Ficoroni bei Fea
mlsc. I p. CXXXXIII n. 51). Ergänzt der Daumen, Zeige- und Mittel-
finger der r. Hand, beinahe die ganze 1. Hand mit dem Kranze, der unter*
ste Streifen des vom Gewände bedeckten Körpers und der größte Teil
des Grundes.
Da sich über dem antiken Stücke der 1. Hand ein Band erhalten
hat, scheint der Ergänzer diese Hand richtig mit einem Kranze aus-
gestattet zu haben. Doch ist hiermit für die Erklärung nur wenig ge-
holfen; denn wir wissen nicht einmal, ob Antinoos auf dem Belief
allein dargestellt oder mit einer oder mehreren anderen Figuren grup-
piert war. Das Belief gehört zu den am besten ausgeführten Skulp-
turen, die sich aus hadrianischer Zeit erhalten haben, und offenbart
in der bezeichnendsten Weise die Vorzüge wie die Mängel der damaligen
Plastik. Die Körperformen und der geistige Charakter, die dem
Antinoos zu eigen waren (vgl. n. 289, 294, 1152), sind vortrefflich
wiedergegeben. Die Ausführung ist sorgfältig und elegant, entbehrt
aber, namentlich in der Behandlung des Nackten, der Frische. Um
den Transport zu erleichtern, ist das Relief auf der Bückseite aus-
gehöhlt.
OBERES STOCKWERK. 425
Borioni collectania antiquitatum romanarum (Bomae 1736) T. IX (hier unrestau-
riert). Winckelmann mon. ant. med. T. 180, II p. 236 — 237. Fenna viaggio pittorico
della villa Adrlana III 55. Dietrichson Antinoos pl. V 12, p. 180 n. 21. Baumeister
Denkmäler des kl. Altertums I p. 85 Fig. 89. Brunn-Bruckmann Denkmaler n. 368.
Ausonia III 1908 p. 12ff. Fig. 1. H ekler Bildniskungt der Griechen u. Römer p. XLI
T. 256. Weiteres bei Friederichs-Wolters Bausteine n. 1663.
1873 (997) Statuette einer Paniska.
Ergänzt die .Hörner — die jedoch durch die erhaltenen Ansätze ge-
sichert sind — , die Spitzen der Ohren, der 1. Vorderarm mit Hand 'und
Flöte, die r. Hand, der ganze 1. und der halbe r. Unterschenkel, der untere
Teil des Stammes und die Flinthe. Das Gesicht ist von moderner Hand
leicht übergangen.
Die Statuette scheint ein vortreffliches Original aus hellenistischer
Zeit wiederzugeben. Der Übergang des halbreifen Mädchenkörpers
in die Ziegenbeine ist auf das gelungenste vermittelt und die Stehe,
an der die Verbindung der beiden Formen am schwierigsten war, in
geschickter Weise durch die umgeschlagene Nebris verdeckt. Die
Stellung der Beine wie des Kopfes vergegenwärtigt deutlich die tie-
rische Seite in der Natur der Paniskin. Man sieht es ihr an, daß sie
imstande ist zu bocken und von ihren Hörnern Gebrauch zu machen.
Nach den aufgeblähten Backen hat der Ergänzer die Hände richtig
mit Flöten ausgestattet.
Clarac IV pl. 727 n. 1732. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 391. Boscher mythol.
Lexikon III p. i486 Abb. 15. Weiteres bei Friederichs-Wolters Bausteine n. 1508.
Vgl. auch Ann. dell' Inst. 1846 p. 240.
Der Hauptsaal.
1874 (1019) Männliche Statue als Zeus ergänzt.
Nach Clarac Text III p. 34 gefunden in der tiburtiner Villa des Had-
rian (Winnefeld die Villa des Hadrian p. 162). Ergänzt der r. Arm mit
dem Stabe, die 1. Hand mit dem Blitze, allerlei Stücke an dem Gewände,
der r. Unterschenkel von etwas unter dem Gewände abwärts, der 1. Unter-
schenkel vom Knie an, die Flinthe mit dem Adler und dem unteren Drit-
tel des Stammes. Der Kopf (erg. die Nase und die Mitte der Oberlippe)
ist antik aber nicht zugehörig. Er ist im Vergleich mit dem Körper zu klein.
Die Figur, deren Typus nur äußerst selten zur Darstellung des
Iuppiter, sehr häufig aber für die eines Kaisers oder kaiserlichen
Prinzen verwendet wurde, erinnert in der Anordnung des Gewandes
wie in der Behandlung der Falten an die im Museo Boncompagni-
Ludovisi befindliche Gruppe des Menelaos (n. 1314). Der nicht zu
dem Körper gehörige Kopf zeigt im Vergleich mit anderen von der
griechisch-römischen Kunst reproduzierten Zeustypen (vgl. n. 243,
288) einen sanfteren Ausdruck und einen ruhigeren Fall des Haares.
Clarac III p. 401 n. 678 A. Overbeck Kunstmythologie II p. 141 Fig. 15; vgl. p. 88
n. 21, p. 140 n. 40. Über den Typus des Körpers vgl. zuletzt Pauly-Wissowa Real-
enzyklop&die VII 2 p. 2373 ff.
1875 (1018) Hochrelief, Oetreideverteilung des Antoninus Plus.
Ergänzt an dem Kopfe des Kaisers die Nase und der Hals; von seinem
Körper ist antik nur ein Teil des Oberkörpers, an dem aber wieder viele
Falten ergänzt sind. Ergänzt ferner der Knopf auf der Sesselecke, ein
Bein des Sessels und der Schemel; an der hinter dem Kaiser stehenden
426 VILLA ALBANL 1876—1877.
Göttin der Kopf und das Attribut, das sie in der L. halt, abgesehen von
dem unteren zwischen den Fingern befindlichen Ende, ein Teil dieser Fin-
ger und viele Falten, an der amazonenartigen Figur die Nase, die 1. Hand,
zwei Finger der &., ein Stück des Wehrgehanges; endlich sehr viele Teile
des Reliefgrundes und des Podium, von dem nur rechts ein Stück mit
sieben Knöpfen antik ist. Der Kopf des Kaisers gehört offenbar nicht
ursprünglich zu dem Belief; er hat kleinere Gesichtszüge als der Kopf der
Borna oder Virtus, und die Augensterne sind bei ihm eingegraben, dort nicht .
Die Bedeutung des auf der 1. Seite unvollständigen Reliefs ergibt
sich aus Münzbildern. Ein Kaiser ist dargestellt, wie er, auf einer
Sella eurulis thronend, eine außerordentliche Getreideverteilung (con-
giarium) vornimmt. Die hinter dem Kaiser auf dem Podium stehende
weibliche Figur ist für Abundantia oder Felicitas zu erklären. Der
Ergänzer hat ihr einen Gaduceus in die Hand gegeben in Bücksicht
auf das erhaltene Ende des Attributes in der L., das tatsächlich gerade
ist, nicht gekrümmt, wie in der vorigen Auflage dieses Buches an-
gegeben war; auch spricht das Vorhandensein von zwei getrennten
Ansatzspuren an der 1. Schulter gegen die Annahme, das Attribut sei
vielmehr ein Füllhorn gewesen. Hinter dieser Göttin steht eine ama-
zonenartige Gestalt, die Dea Borna oder Virtus, die Göttin der männ-
lichen Tüchtigkeit (vgl. n. 894, 895). Unbehelmt und im Begriff, ihr
Wehrgehänge von der Schulter abzunehmen, vergegenwärtigt sie die
friedliche Gesinnung des Kaisers. Sie verdeckt mit ihrem Körper zum
Teil einen Dreifuß. Auf der fehlenden 1. Seite der Platte waren die
Empfänger der kaiserlichen Spende dargestellt.
Mon. dell' Inst. IV 4, Ann. 1844 p. 155 — 100. Vgl. Braun Ruinen und Museen
p. 644 n. 31. Purgold Archäolog. Bemerkungen zu Claudian und Sidonius p. 27 Anm. 3.
Bernoulli röm. Ikonographie II 2 p. 146 n. 78.
1876 (1014) Belief, die delischen Gottheiten.
Ergänzt ein Stück des links befindlichen Pfeilers, an der Figur der
Leto die r. Hand, der r. Ellenbogen, der unter dem r. Ellenbogen herab-
fallende Teil des Mantels, ein großes Stück des Unterkörpers von der r.
Hüfte bis zu den Knien, an Artemis einige Finger und die Fackel von der
Hand aufwärts — doch ist die Flamme antik — , an Apoll die Nasen-
spitze, die r. Hand und ein Teil des r. Unterarmes, an Nike die Nasen-
spitze, der größte Teil der 1. Hand und Splitter der Flügel, endlich Stücke
der Basis.
Apoll schreitet vorwärts in KitharÖdentracht, mit der L. die Kithara
rührend, und streckt mit der R. eine Schale nach der vor ihr stehen-
den Nike aus, die ihm aus hoch erhobenem Kruge zur Spende ein-
gießt. Hinter Apoll wandeln seine Schwester Artemis, in der L. eine
Fackel haltend, und seine Mutter Leto, ein Zepter in der L. Neben
der Siegesgöttin steht eine mit den Figuren der drei Hören oder Cha-
riten geschmückte Basis, hinter Leto ein Pfeiler, der einen Drei-
fuß trägt. Der Hintergrund wird von einem über eine Umfassungs-
mauer aufragenden korinthischen Tempel gebildet, auf dessen Fries
ein Wagenrennen dargestellt ist und in dem man nicht ohne Wahr-
scheinlichkeit eine freie Wiedergabe des delphischen Heiligtumes er-
kannt hat. Die zierliche archaische Formengebung, die wir an den
OBERES STOCKWERK. 427
Tier Götterfiguren wahrnehmen, war nicht die dem ausführenden Bild-
hauer geläufige, sondern ist eine künstlich nachgeahmte. In der Be-
handlung des die Artemis umwallenden Mantels ist er unwillkürlich
in einen freieren Stil verfallen. Außerdem zeigt der im Hintergrunde
befindliche Tempel eine korinthische Säulenordnung, die bekannt-
lich erst nach Abschluß der archaischen Periode zur Ausbildung kam.
Die Frage, ob der Bildhauer bei der Darstellung der vier Götter-
figuren ein Original fortgeschrittenen, archaischen Stiles benutzte,
etwa ein Votivrelief, das ein bei den Pythien siegreioherKitharöde in
dem vorgerückten 5. Jahrhundert v. Chr. gestiftet hatte und auf dem
statt des sterblichen Siegers der den Sieg verleihende Gott dargestellt
war, läßt sieh mit den uns gegenwärtig zu Gebote stehenden Mitteln
nicht entscheiden.
Zoega II 99. Schreiberdie hellenistischen Reliefbilder T. XXXIV. Brunn-Bruck-
mann Denkmäler n. 344a. Weiteres bei O. Jahn griechische Bilderchroniken p. 45 — 50,
Stephani compte-rendu pour 1873 p. 218 ff., Overbeck Kunstmythologie IV p. 259 ff.
Vgl. Abhandlungen des arch.-epigr. Seminars in Wien VIII 1890 p. 24 — 27. Barracco
et Heibig la collection Barracco pl. XXXIII a p. 34. Archäol. Anzeiger IX 1894
p. 27. Gollignon histoire de la sculptore grecque II p. 652 — 653. Jahrbuch d. arch.
Inst. XXI 1906 p. 77 ff., XXII 1907 p. 6 ff.
1877 (1013) Hochrelief Jüngling neben Boß.
Ergänzt an dem Jüngling der Kopf, der die Züge des Antinoos zeigt,
der Hals, der r. Arm, der 1. Fuß, an dem Pferde Kopf und Hals, das Knie
des r. Vorderbeines, die untere Hälfte des r. Hinterbeines, außerdem der
ganze architektonische Hintergrund mit Ausnahme eines links unter dem
Hinterteile des Pferdes erhaltenen Stückes und der unteren Hälfte des
rechts befindlichen Pilasters.
Vor einer durch kanneliierte Pfeiler gegliederten Mauer steht ein
junger kräftiger Mann neben seinem Pferde, mit der L. einen Stab
oder einen Speer schulternd ; die vorgestreckte B. scheint den aus Metall
gearbeiteten Zügel gehalten zu haben. Der in flachstem Belief wieder-
gegebene längliche Gegenstand, der in beinahe horizontaler Richt-
ung hinter dem Bücken des Mannes hervorragt, ist das untere Ende
der Schwertscheide. Das Relief diente vermutlich zur Verzierung eines
Grabmales und stellt den Verstorbenen als Heros dar. Die Figur
des jungen Mannes erinnert in der Anlage an den polykletischen
Doryphoros (vgl. n. 45), die Weise, wie sie mit dem Pferde zu-
sammengestellt ist, an eine Gruppe auf einem zu Argos gefundenen
Marmorrelief, sowie auf einer ebenda gefundenen Tonlampe aus römi-
scher Zeit. Ein ähnliches Relief war an einem Grabmonumente an-
gebracht, das an der Via Tiburtina stand und daselbst von Bartoli
gezeichnet wurde. Die Behauptung, daß dieses Belief mit dem
unserigen identisch sei, ist irrtümlich. Der Jüngling und das Pferd
sind darauf anders gerichtet und gestellt. Vgl. auch n. 1714. Die häu-
fige Wiederholung dieser Gruppierung, insbesondere ihr Vorkommen
auf den beiden Monumenten in Argos hat einige Gelehrte zu dem
Schlüsse geführt, auch der Doryphoros des Polyklet, das unverkenn-
428 VILLA ALBANI. 1878—1879.
bäte Vorbild der Jünglings-Figur in den verschiedenen Gruppen, sei
einst mit einem Pferde gruppiert gewesen. Zweifellos aber ist der
Doryphoros in den uns erhaltenen Kopien so in sich abgeschlossen,
daß man unmöglich annehmen kann, er habe jemals im Zusammen-
hange mit einer anderen Gestalt gestanden. Der Zügel des Pferdes
müßte notwendigerweise von der R. gehalten werden; diese aber
würde, wenn sie wirklich damit betraut gewesen wäre, gewiß nicht so
untätig herabhängen, wie an allen Kopien der Statue, vor allem auch
auf der Gemme des Berliner Museums, die wir im I. Bande auf p. 31
als Fig. 3 abgebildet haben. Anzunehmen, daß in all diesen Fällen
das Original zum Zweck der Vereinfachung abgeändert sei, wäre
eine bedenkliche Ausflucht. Man wird der Wahrheit näher kommen,
wenn man voraussetzt, die berühmte Figur des Doryphoros sei in
Argos selbst einmal zu einer Reliefkomposition verwendet worden,
auf der ein Jüngling mit einem Pferde dargestellt werden sollte, am
ehesten wohl für ein Grabrelief (vgl. Paus. I 2, 3), und von diesem
wären alle oben genannten späteren Reliefs abhängig zu denken.
Mahler Polyklet p. 38 ff. Fig. 7. Vgl. Braun Ruinen und Museen p. 643 n. 30.
Friedländer de operibus anaglyphis in mon. sepulcr. graecis p. 43 § 3. Dietrichson
Antinoos p. 192. Furtwängler Sammlung Saboiuoff I Einleitung zu den Skulpturen
p. 36 ff. Jahreshefte d. österr. archäol. Inst. Xtl 1909 p. 109 (ebenda Abb. 61 die
Lampe aus Argos). Fapers of the British school at Borne V 4 (1910) p. 194 F II (das
Belief wird hier verwechselt mit n. 1895a). Bas Grabrelief von Argos: Friederichs- Wol-
ters Bausteine n. 504. Furtwängler Meisterwerke p. 423. Das Grabmonument an
der Via Tiburtina: Bartoli antichi sepolcri T. XL VII. Zu der Darstellung junger
Männer neben ihren Pferden auf Grabmälern vgl. Watzinger de vasculis pictis taren-
tinis p. 26, 11. Pagenstecher unteritalische Grabdenkmäler p. 89 f., p. 97 f.
1878 (1012) Statue der Pallas.
Nach Clarac Text III p. 189 gefunden in der tiburtiner Villa des Had-
rian ( Winnefeld die Villa des Hadrian p. 163). Ergänzt an der Fellmütze
der vordere Teil des Schnauzenstückes, ferner die Nase, die Lippen, der
ganze Hinterkopf bis zum Kappenrande, der r. Arm nebst der r. Schulter,
der 1. Vorderarm, die vorderen Teile des 1. Fußes, allerlei Stücke an der
Aigis und an den Gewändern, der größte Teil der Plinthe.
Der Kopf ist in den Halsausschnitt eingelassen; ein kleiner Spalt,
der ringsum offen blieb, ist mit Gips ausgefüllt worden. Immerhin paßt
jder untere Abschnitt des Halsstückes so gut in den Ausschnitt hinein,
daß die Zugehörigkeit des Kopfes zu dem Körper danach sehr wahr-
scheinlich ist; aber man wird gut tun, sich gegenwärtig zu halten,
daß sie nicht absolut sicher ist, um so mehr als die Halsgrube etwas ver-
schoben über der Brust zu sitzen scheint und Kopf und Körper in
stilistischer Hinsicht nicht ohne weiteres übereinstimmen. Der Körper
findet seine nächsten Parallelen unter attischen Werken aus dem drit-
ten Viertel des 5. Jahrhunderts v. Chr. Niemand wird zweifeln, daß wir
den Meister seines Originals unter den Genossen des Pheidias zu suchen
haben zu der Zeit, als an den entwickeltsten Metopen und dem Friese
des Parthenon gearbeitet wurde, während der Kopf, wie man ihn
auch beurteilen mag, mit Werken dieser Schule unmöglich in Be-
OBERES STOCKWERK. 429
ziehung gebracht werden kann. Man hat diesen Gegensatz auf ver-
schiedene Weise zu erklären gesucht, entweder indem man das Werk
einem unselbständigen Künstler zusohrieb, der verschiedenen Einflüs-
sen unterlag, oder indem man das Original dem jungen Agorakritos zu-
teilte, der erst, nachdem er zu einer gewissen Selbständigkeit gelangt
sei, sich dem Kreise des Pheidias angeschlossen habe. Beide Annahmen
schweben vollkommen in der Luft. Man hat den Kopf mit einigen
Typen zusammengestellt, in denen ein Gelehrter die Richtung des
Kaiamis zu erkennen geglaubt hat (vgl. n. 859). Weit überzeu-
gender erscheint uns die Verwandtschaft des Kopfes mit dem so-
genannten kasseler Apollon und ähnlichen Werken (n. 1108,1029 u. 9).
Der Eindruck der Statue wird dadurch verkümmert, daß der Er-
gänzer den aus dem Gewände hervorgehenden r. Oberarm etwas
zu lang gebildet hat. Der r. Arm war auf einen Speer gestützt; die
L Hand hielt ein anderes Attribut» eine Schale oder eine Eule. Daß
der Kopf nicht, wie früher angenommen wurde, mit den Exuvien eines
Löwen sondern eines Wolfes oder Hundes bedeckt ist, ergibt sioh
daraus, daß der erhaltene Teil des Schnauzenstückes auf einen
spitzen Auslauf schließen läßt« Man hat demnach mit Recht in diesem
Attribute die Hadeskappe (fA'idog xw&q) erkannt, die bisweilen von
der alten Kunst als aus einem Hundsfelle bestehend charakterisiert
wurde, und hieraus gefolgert, daß der uns beschäftigende Typus durch
einen Kultus bestimmt sein müsse, in dem Athena in enger Beziehung
zu Hades stand. Es war dies der Fall in einem alten bei Koroneia
gelegenen Heiligtume, in dem Athena Itonia und Hades nebenein-
ander verehrt wurden. Dieses Heiligtum enthielt Statuen der beiden
Gottheiten, die von Agorakritos, dem bekannten Schüler des Pheidias,
gearbeitet waren. Man ist dadurch auf die nahehegende, aber keines-
wegs bündige Vermutung geführt worden, das Original der Albani-
schen Statue sei die Athena Itonia des Agorakritos gewesen (vgl. das
oben Bemerkte).
Clarac III pl. 472 n. 898 B. Braun Vorschule rar Kunstmythologie T. 70. Bau-
meister Denkmäler des kl. Altertums p. 215 Fig. 169, p. 216 Fig. 170. Koscher mythol.
Lexikon I p. 696—697. Furtwangler Meisterwerke p. 112f. Fig. 19, 20, p. 7S7, p. 742.
Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 220. Der Kopf: Arndt-Amelung Binzelaumahmen
n. 1113, 1114. Vgl. Friederichs-Wolters Bausteine n. 524. Athen. Mitth. XV 1890
p. SO. Amelung Florentiner Antiken p. 9 ff.; Führer durch die Antiken in Floren«
p. 264. Furtwangler Statuenkopien im Altertum p. 54 f.
1879 (1009) Relief, Dafdalos und Ikaros.
Die antiken Bestandteile wurden mit Fragmenten anderer Beliefe, u. a.
mit n. 376, an dem nach dem Circus maximus gerichteten Abhänge des
Palatin gefunden. Offenbar waren diese Reliefs in die Wände eines zu
den Kaiserpalästen gehörigen Baumes eingelassen (Bull, dell' Inst. 1870
p. 65 — 66). Antik sind nur der r. Fuß des Daidalos, das untere Ende der
Stütze seines Arbeitstisches, ein Stück des darunter befindlichen Fuß-
bodens, die Figur des Ikaros vom oberen Ansätze der Stirn bis zur Mitte
des r. Oberschenkels und bis zum 1. Knie — abgesehen von der Nase, dem
1. Auge, dem r. Arme und der 1. Hand — , der dem Körper benachbarte
Teil des 1. Flügels, der obere Teil des Pfeilers, auf den der 1. Ellenbogen
430 VILLA ALBANI. 1880.
des Ikaros gestützt ist, ein Stück des neben ihm auf dem Boden stehen-
den Flügels und der den Hintergrund bildenden Mauer. Doch ist die Er-
gänzung nach einer in derselben Villa befindlichen, besser erhaltenen Wie-
derholung (n. 1892) ausgeführt und demnach im ganzen gewiß richtig.
Das Relief, das auf ein ausgezeichnetes Original schließen läßt,
vergegenwärtigt in der treffendsten Weise die verschiedene Individua-
lität der beiden dargestellten Persönlichkeiten. Daidalos arbeitet an
den Flügeln, die ihn aus seinem Gefängnisse, dem kretischen Laby-
rinth, in sein Vaterland zurücktragen sollen. Einen scharfen Gegen-
satz zu dem Ernste, mit dem er in seine Arbeit vertieft ist, bildet
die Figur seines Sohnes Ikaros, der, bereits mit den Flügeln ausge-
rüstet, vor dem Vater steht und mit der B. den in Arbeit befindlichen
Flügel stützt. Der gleichgültige Ausdruck und die lässige Haltung
des Knaben lassen deutlich erkennen, daß er von der Tragweite des
bevorstehenden Unternehmens keine Ahnung hat. Die aus Quader-
steinen aufgeführte Mauer veranschaulicht in bezeichnender Weise das
Lokal der Handlung und bildet zugleich einen ruhigen, den Bedin-
gungen der Plastik entsprechenden Hintergrund. Man hat die Aus-
führung des Reliefs der Zeit des Domitian zugeschrieben, da dieser
Kaiser den Palast auf dem Palatin nach jener Seite hin ausbauen
ließ, auf der man das Fragment des Reliefs gefunden hat (s. oben).
Auf der Wiederholung des Reliefs in Villa Albani (n. 1892) fehlen
Ikaros die Flügel; dort aber ist der ganze Teil des Grundes ober-
halb der Schultern des Knaben mit dessen Kopf modern. Da nun
auf einigen Fragmenten dekorativer Tonreliefs aus dem Beginne
der Kaiserzeit, die von Wiederholungen der gleichen Darstellung
stammen, Ikaros ebenfalls ungeflügelt erscheint, hat man kürzlich
geschlossen, daß sich n. 1892 in diesem Punkte auch ursprünglich
von n. 1879 unterschieden habe, ohne zu beobachten, daß die
Komposition auf den Tonreliefs nicht genau mit der auf den
beiden Marmorreliefs übereinstimmt. Dort ist sie in Bücksicht
auf den zu füllenden Raum mehr in die Breite als in die Höhe
entwickelt. Der Arbeitstisch des Daidalos ist niedriger und weiter
nach rechts gerückt; zwischen ihm und Ikaros steht der Flügel,
der hier z. T. hinter dem Körper des Knaben verschwindet, voll-
kommen isoliert am Boden, und sein oberes Ende, nicht das des
Flügels, an dem Daidalos arbeitet, wird von der Rechten des
Ikaros gehalten, dessen Kopf fast bis an den oberen Band der Platte
reicht. Der Künstler konnte ihn also nicht mit Flügeln versehen,
da der Raum dafür fehlte, und wir haben die Darstellung dort so
zu verstehen, daß Daidalos an den Flügeln für den Sohn arbeitet,
der die Tragriemen bereits umgelegt hat. Da nun n. 1892 in seinen
erhaltenen Teilen durchaus mit n. 1879 übereinstimmt, haben wir
dort ebenso wie hier die Flügel über den Schultern des Knaben
zu ergänzen. Durch ihr Fehlen entsteht jetzt infolge des hohen
OBERES STOCKWERK. 431
Formates der Platte eine unerträgliche Leere. Wir müssen es unent-
schieden lassen, ob das Breit- oder das Hochformat dem ur-
sprünglichen Zustande der Komposition entspricht.
Winckelmann mon. ant. ined. T. 95, II p. 129—180. Miliin gal. myth. pl. 130,
488. Hirt Götter und Heroen T. 34, 290. Guigniaut rel. de l'ant. pl. 198, 702. Braun
zwölf Basreliefs T. XII. Schreiber die hellenistischen Reliefbilder T. XI. Vgl. Winckel-
mann Gesch. der Kunst VIII 2 § 28. Zoega I p. 207 ff. Ber. d. sächs. Ges. d. Wissen-
schaften 1861 p. 336 Anm. 162. Boscher mythol. Lexikon I 1 p. 937. Fapers of the
British school at Borne V 4 (1910) p. 194 F I. Holland die Sage von Daidalos u. Ikaros
(Abhandl. im Bericht der Thomas-Schule in Leipzig 1902) p. 4 Anm. 2. — Die Frag-
mente der Tonreliefs: von Rohden-Winnefeld Architekt, röm. Tonreliefs d. Kaiserzeit
p. 113 f.
1880 (1008) Relief, Herakles und die Hesperiden.
Es befand sich im 16. Jahrhundert auf dem Monte Giordano, wo es
von Pighius gezeichnet wurde (Berichte der sächs. Gesellschaft der Wissen-
schaften 1868 p. 183 n. 39). Ergänzt der oberste Streifen und das 1. Drittel
der Platte, derartig daß die Krone des Baumes von der Schlangenwin-
dung aufwärts und beinahe die ganze links befindliche Hesperide von mo-
derner Hand herrühren. Antik ist von dieser Figur nur der 1. FuB nebst
dem ihn umgebenden Gewände. Außerdem sind ergänzt an dem Herakles
das ganze Gesicht mit dem Ohr und einem Teil der Haare; an der rechts
stehenden Hesperide die Nase, ein großer Teil der Finger der r. Hand,
die 1. Brust mit den Falten des Mantels daneben und auf dem Unterarm,
ein Falte darunter, Teile der Finger der 1. Hand und das Vorderteil des 1.
Fußes; endlich viele Teile des Felsbodens und ein Streifen rechts von der r.
Hesperide.
t)as vortrefflich komponierte Relief, das auf ein attisches Original
aus dem Ende des 5. oder dem Anfange des 4. Jahrhunderts zurück-
zugehen scheint, stellt eine besonders in Attika geläufige Version des
Hesperidenmythos dar, eine Version, nach der sich Herakles nicht
mit Gewalt, sondern im Einverständnis mit den Töchtern des Atlas
der goldenen Äpfel bemächtigte. Der Held sitzt in bequemer Haltung
auf einem Felsblock, über den sein Löwenfell gebreitet ist, und unter-
hält sich mit der vor ihm stehenden Hesperide. Er stützt dabei die
r. Achsel auf seine Keule, während er mit der L. lässig seinen Köcher
an dem Bande hält. Angesichts der vertraulichen Weise, in der die
Hesperide mit dem Jüngling verkehrt, empfängt man den Eindruck,
daß sie ihm den Apfelzweig, den sie mit dem 1. Arme an sich drückt,
nicht vorenthalten wird. Von der Schlange, die den Baum hütet,
droht dem Helden keine Gefahr; denn sie hängt, vielleicht durch ein
Zaubermittel eingeschläfert, bewegungslos an den Ästen. Wahr-
scheinlich lag der ursprüngliche obere Band des- Reliefs dicht über
dem Schlangenhalse. Das Schema der Komposition mittels dreier
Figuren entspricht demjenigen der Reliefs n. 1154, 1398, 1883
u. 1908, ist hier aber freier behandelt.
Beger Hercules ethnicorum (1705) T. 12 (hier unrestauriert nach der Zeichnung
des Fighius), Zoega II 64. Braun zwölf Basreliefs T. XI. Vgl. Gerhard gesammelte
akad. Abhandlungen I p. 52 n. 5, p. 83. Braun Ruinen und Museen p. 646 n. 35. Ann.
delV Inst. 1871 p. 154. Boscher mythol. Lexikon I p. 2227 — 2228. Abhandl. des arch.-
epigr. Seminars in Wien VIII 1890 p. 1S4 Anm. 1. Rom, Mitteilungen IX 1894 p. 72.
Über ein Mosaikrelief, das nach dem albanischen Exemplare gefälscht zu sein scheint:
Bull, de la sodäte" des antiquaries de France 1894 p. 85.
432 VILLA ALBANI. 1881—1883.
Das folgende Zimmer.
1881 (1034) Herme des Theophrastos.
Nach Ligorio gefunden in der Villa des Cassius bei Tivoli, von wo
sie nach Born in die casa de' Pichi gebracht wurde. Im 16. Jahrhundert
befand sie sich im FalazzoHassimi; später gelangte sie nach England in
den Besitz des Dr. Mead, aus dessen Nachlaß sie vom Kardinal Albani
erworben wurde (Rom. Mitteil. XVI 1901 p. 161 n. 17). Modern nur ein
Splitter am Rande des 1. Ohres.
Nach der auf dem Schafte angebrachten Inschrift ist dargestellt
„Theophrastos der Sohn des Melantas aus Eresos" (auf Lesbos), der
Nachfolger des Aristoteles in der Leitung der peripatetischen Sohule
(t 287 v. Chr.). Wir sehen einen stattlichen Kopf* mit überlegenem
Lächeln, wie er für einen wohlsituierten und selbstbewußten Professor
passen würde. Das Porträt beweist, daß Theophcast sein Gesicht
nicht rasierte, wie es zur Zeit Alexanders des Großen Mode zu werden
anfing, sondern, der älteren Sitte entsprechend, einen Vollbart trug,
eine Tatsache, die bei den Untersuchungen über verschiedene strittige
Porträts der hellenistischen Zeit Beachtung verdient. Die Ausführung
ist fein aber etwas trocken.
Visconti Iconografia greca I T. XXI 1, 2 p. 245. Schuster über die erhaltenen
Porträts der griechischen Philosophen T. III 4 p. 19. Baumeister Denkm. d. kl. Alter-
tums III p. 1764 Fig. 1848. Amdt-Bruckmann griech. u. röm. Porträts n. 231, 232.
Theophrasts Charaktere, Ausgabe d. Philosoph. Gesellschaft Leipzigs (1807) Titel-
bild. Bernoulli griech. Ikonographie II T. XIII p. 99 f. Furtw&ngler-Sieyeking Anhang
zu Christ griech. Literaturgeschichte (4. Aufl.) p. 993 n. 33 mit Abb. Hekler Bildnis-
kunst der Griechen und Bömer p. XXIV T. 96 a. Die ältere Literatur im Corpus
inscr. graec. III n. 6064 und Rom. Mitteil. a. oben a. O. Vgl. Braun Ruinen und
Museen p. 651 n. 39. Berichte der sächs. Ges. d. Wissenschaften 1878 p. 137.
1882 (1033) Angeblicher Kopf der Sappho.
Ergänzt die Nasenspitze, der untere Teil des Haised, die Herme. Die
Oberfläche hat durch rücksichtsloses Abputzen stark gelitten.
Dieser Typus gilt jn der Regel für ein frei erfundenes Porträt
der lesbischen Dichterin Sappho, weil auf Münzen von Mytilene, deren
Prägung wenigstens zum Teil vor die Zeit Alexanders des Großen
fällt, ein ihm in allem Wesentlichen entsprechender Kopf dargestellt
ist, der bis vor kurzem allgemein auf Sappho gedeutet wurde. Diese
Deutung schien um so glaublicher, als der Charakter des Albanischen
Exemplares in der Tat vortrefflich zu dem Bilde stimmt» unter dem uns
die leebische Dichterin in ihren Gedichten wie in der sicher beglaubig-
ten Überlieferung entgegentritt. Der tiefe Schädel und die energischen
Formen des Gesichtes bekunden eine ungewöhnliche Kraft des Füh-
lens, Wollens und Könnens. Der ernste Ausdruck wird durch den
sehnsüchtigen Blick der mandelförmigen Augen gemildert, von denen
das linke etwas weniger geöffnet erscheint als das reohte. Das massige
Kinn und die volle Unterlippe deuten auf eine stark entwickelte Sinn-
lichkeit. Ein Gelehrter versuchte sogar nachzuweisen, daß die Münz-
bilder und der Marmorkopf auf die Sapphostatue des Silanion, eines
im 4. Jahrhundert v. Chr. tätigen attischen Bildhauers zurückgehen.
OBERES STOCKWERK. 433
Doch deutet der Stil des Kopfes noch auf die Übergangszeit vom 5.
zum 4. Jahrhundert, und es fehlen entscheidende Züge künstlerischer
Verwandtschaft zwischen dem Kopfe und dem einzigen Werke, das
wir mit Wahrscheinlichkeit auf Silanion zurückführen können,
dem Porträt des Piaton (n. 261). Anderseits ist die Vermutung,
daß Sappho dargestellt sei, neuerdings durch einen gewichtigen Ein-
wand in Frage gestellt worden. Es fehlt an jeglicher Analogie
dafür, daß auf hellenischen Münzen vor der Alexanderepoche Por-
träts berühmter Personen dargestellt worden seien. Hiernach scheint
es, daß der in Bede stehende Münztypus nicht auf Sappho, sondern in
anderer Weise, etwa auf Aphrodite oder eine ihr verwandte Göttin,
zu deuten sei. Dem Marmorkopfe dagegen hat man den individu-
ellen Charakter mit Unrecht abgestritten.
Jahrbuch des arch. Instituts V 1800 T. 3 p. 151 ff. Arndt-Bruckmann griechische
und römische Porträts n. 147, 148. Overbeck Geschichte der griech. Plastik II4 p. 13
Fig. 186. Gollignon histoire de la sculpture grecque II p. 345 Fig. 170. Bernoulli griech.
Ikonographie I p. 65 Abb. 10, p. 66 ff. Vgl. Furtwangler Meisterwerke p. 103. Bulletin
de corresp. hellenique XX 1896 p. 455 ff. Bevue archeologique XXXIX 1901 p. 301 ff.
Jahrbuch d. arch. Inst XVII 1902 p. 76 Anm 6. — Zwei Wiederholungen des Typus
befinden sieh hiersclbst kn Bigliardo bezeichnet mit n. 332 u. 333. Beide waren ur-
sprünglich rücklings verbunden und bildeten so eine Doppelherme; man hat daraus mit
Unrecht geschlossen, daß zwei verschiendene Personen dargestellt sein müßten vgl.
n. 402 u. 1094).
1883 (1031) Relief, Orpheus und Eurydike.
Ergänzt beide Füße des Orpheus, der r. Fuß der Eurydike, der halbe
r. Vorderarm und die r. Wade des Hermes. Wie sich aus anderen Wieder-
holungen ergibt, an denen die r. Hand des Hermes erhalten ist, hat der
Erganzer das ursprüngliche Motiv dieser Hand richtig getroffen; nur hätte
er sie nach den Gesetzep, die für das Belief der griechischen Blütezeit
maßgebend waren (vgl. n. 1861), beträchtlich flacher behandeln müssen.
Pentelischer Marmor.
Wie die Sage berichtet, stieg Orpheus, nachdem er seine Gattin
Eurydike verloren, in den Hades hinab, rührte die Herrscher der
Unterwelt durch seine Musik und erhielt von ihnen die Erlaubnis,
die Gattin auf die Oberwelt zurückzuführen, jedoch unter der Be-
dingung, daß er sich nicht nach ihr umsehe, bis er die Schwelle des
Hades überschrittten habe. Von Sehnsucht überwältigt, fehlte Or-
pheus gegen diese Bedingung, und hiermit war Eurydike wiederum
den Unterirdischen verfallen. Dieser Moment ist auf dem Belief dar-
gestellt. Orpheus, kenntlich durch die Lyra, die er in der L. hält, und
durch die thrakische Mütze, hat sich soeben umgesehen. Eurydike
legt ihm zärtlich die 1. Hand auf die Schulter, während Orpheus im
Begriff ist, das Antlitz der geliebten Gattin seinen Blicken zu ent-
schleiern. Aber bereits tritt der Seelenführer Hermes heran und legt
seine L. an den r. Arm der Eurydike, um sie wiederum in die Unter-
welt hinabzuführen. In der Komposition waltet durchaus der Geist,
der für die attische Kunst der perikleischen Zeit bezeichnend ist.
Der Affekt ist möglichst gemildert und in den Köpfen kaum an-
gedeutet. Das Verständnis der Handlung wird vorwiegend durch
Heibig: Führer. II. 3. Aufl. 28
434 VILLA ALBANI. 1884—1886.
die ausdrucksvollen Bewegungen vermittelt, die nicht nur den von
dem Künstler gewählten Augenblick auf das klarste vergegenwärtigen,
sondern auch auf die vorhergehende und nachfolgende Handlung hin-
weisen. Daß die Wirkung des Reliefs durch malerische Zutaten ge-
steigert war, ergibt sich besonders aus den von den Stiefeln des Or-
pheus herabfallenden Lappen, die nur mit leisen Meißelstrichen um-
rissen sind und offenbar durch Bemalung einen deutlichen Ausdruck
erhielten; auch das Band, an dem der Hut des Hermes hängt, war
einst gemalt. Das Relief ist keine Originalarbeit. Man bemerkt darin
mehrere Fehler, wie denn die 1. Wade des Hermes verzeichnet, der
r. Daumen der Eurydike zu kurz ausgefallen ist. Größeren Anspruch,
für ein Original erklärt zu werden, hat ein im Neapler Museum be-
findliches Exemplar. Es zeigt eine etwas strengere Formengebung
und eine frischere Ausführung als das Albanische und entspricht in
höherem Grade dem Charakter der durch Pheidias bestimmten, at-
tischen Plastik. Immerhin aber scheint auch unser Exemplar nach dem
pentelischen Marmor, in dem es gearbeitet ist, das Werk eines at-
tischen Bildhauers, wenn dieser auch in erheblich späterer Zeit gelebt
haben muß; die Glätte und Weichlichkeit seiner Arbeit findet ihre
nächsten Parallelen an sogenannten neu-attischen Skulpturen. Zu
den Meinungen, die man über die Bestimmung des Originales dieses
Reliefs und zweier verwandter Darstellungen (n. 1154 u. 1908) ge-
äußert hat, siehe die Bemerkungen zu n. 1154. Vgl. auch n. 1398.
Zoega I 42. Boscher mythol. Lexikon 1 1 p. 1422; III 1 p. 1194 ff. Petersen vom
alten Rom* p. 154t Abb. 121; den. ein Werk des Panainos p. 6 Abb. lb, p. 19 ff.
Weiteres bei Friederichs-Wolters Bausteine n. 1198 und Abhandlungen des arch.-epigr.
Seminars in Wien VIII 1890 p. 130 ff. Vgl. Bloch griechischer Wandschmuck p. 6 ff.
Gollignon histoire de la sculpture grecque II p. 142. Klein Praxiteles p. 95 f. Memoires
de l'acad. des inscr. et belies lettres XXXIV 2 p. 325 ff. Kekule von Stradonitz die
griech. Skulptur (2. Aufl.) p. 176. Buschor erläuternder Text zu Bruckmanns Wand-
bildern alter Plastik p. 27 ff. (der hier geäußerte Zweifel an der Echtheit des Reliefs
ist vollkommen unbegründet). Münchener Jahrbuch 1911 II p. 179.
1884 (1040) Kopf des Sokrates.
Gefunden 1735 in der angeblichen Villa des Cicero bei Tusculum (Bul-
lettino eomunale X 1882 p. 224 n. LXIII). Ergänzt die Herme.
Dieser Kopf ist das bedeutendste Porträt, das sich von Sokrates
erhalten hat. Die hohe geistige und moralische Bedeutung des Mannes
kommt unter den häßlichen Formen vortrefflich zum Ausdruck, und
die kräftige Ausführung sprüht von Leben. Der Stil deutet, vor-
nehmlich in der naturalistischen Behandlung der Haut wie des
Haupt- und Barthaares auf ein Original aus der hellenistischen Zeit.
Vgl. n. 809—811.
Schuster die erhaltenen Porträts der griech. Philosophen T. I 4 p. 8 ff. Baumeister
Denkm. d. klass. Altertums III p. 1683 Fig. 1764. Winter-Seemann Kunstgeschichte
in Bildern I T. 62, 1. Bernoulli griech. Ikonographie I T. XXIII p. 187 n. 8, p. 195 f.
Furtwängler-Sieveking Anhang zu Christ griech. Literaturgeschichte4 p. 992 n. 30.
Abhandl. d. preuß. Akad. d. Wissensch. 1908, Kekule von Stradonitz die Bildnisse des
Sokrates p. 28 ff. Abb. 20, 21; p. 56 n. 22. Hekler Bildniskuast der Griechen und
OBERES STOCKWERK. 435
Römer p. XIII, XV T. 21. Vgl. Welcker alte Denkm. V p. 96. Braun Buinen und
Museen p. 652 n. 40. Beilage 20 zum Jahrgange 1908 d. Münchn. neuest. Nachrichten
p. 5f. (Bulle).
1885 (1036) Kopf des Hippokrates (?).
Ergänzt die Nasenspitze, der ganze Hinterkopf nebst den Ohren, die
Herme.
Die Benennung, die sich auf ein durch koische Münzen bekanntes,
inschriftlich bezeichnetes Porträt des Hippokrates gründet, scheint
hinlänglich gesichert. Der Kopf darf als der Idealtypus eines geist-
vollen und wohlwollenden Arztes betrachtet werden. In hohem Grade
bezeichnend sind der prüfende Blick und die leicht gehobene Ober-
lippe, unter der die Zähne sichtbar werden. Man empfängt den Ein-
druck, als sei der große Arzt beschäftigt, eine Diagnose zu stellen und
gebe mit gespannter Aufmerksamkeit auf die Erscheinung acht, die
ihn auf die richtige Spur bringt . Die Ausführung ist dürftig und scheint
nach den schablonenhaft eingearbeiteten Pupillen frühestens der Zeit
der Antonine anzugehören. Da die Tätigkeit des Hippokrates in die
letzten Jahrzehnte des 5. und die ersten des 4. Jahrhunderts v. Chr.
fiel, der Stil des albanischen Marmors aber ungleich naturalistischer
ersoheint als der in der damaligen Zeit übliche, so haben wir anzu-
nehmen, daß dieser Kopf ein von der späteren Kunst in naturalisti-
schem Sinne umgearbeitetes Porträt oder einen von ihr frei erfunde-
nen Typus wiedergibt. Alle Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß
der Kultus des Hippokrates in hellenistischer Zeit aufkam. Vielleicht
dürfen wir die Gestaltung des in Rede stehenden Porträts zu der
Einführung dieses Kultus in Beziehung setzen.
Der Bearbeiter dieser Auflage unseres Führers gesteht, den vor-
stehenden Sätzen, die unverändert aus der vorigen Auflage wieder-
holt sind, nicht beipflichten zu können. Die Ähnlichkeit des Kopfes
mit dem Münzbilde erscheint ihm viel zu allgemein, als daß er eine
Beziehung beider auf die gleiche Individualität für statthaft halten
könnte.
Baumeister Denkm. d. kl. Altertums I p. 694 Fig. 752. Bernoulli griech. Ikono-
graphie I p. 171 f. Abb. 33. Arndt-Bruckmann griech. u. röm. Porträts n. 231, 232.
H ekler Bildniskunst der Griechen und Bömer T. 96 b. Vgl. Beschreibung Borns III
2 p. 543. Braun Ruinen und Museen p. 653 n. 41. Berichte der sächs. Ges. der Wis-
senschaften 1865 p. 51 — 52. Brunn griechische Götterideale p. 105. Der koische
Stempel: Imhoof-Blumer Fortratköpfe auf Münzen hellen. Völker T. VIII 30 p. 68.
Bernoulli a. a. O. Münztafel II 7, 8. Über den Kultus des Hippokrates: Röscher
mythol. Lexikon I 2 p. 2545.
Die an das Hauptgebäude anstoßende Halle.
1886 (103) Statuette einer tanzenden Bakchantin.
Ergänzt der Hals, die beiden Arme mit den Becken, das Kopfstück
des Tierfelles, der untere Teil des r. Unterschenkels, beinahe die ganze
Flinthe. Der Kopf (ergänzt die Nase) ist antik, gehört aber nicht zu der
Statue.
Die Figur zeichnet sich durch ihre graziöse Bewegung aus und
macht trotz der nachlässigen Ausführung einen sehr anmutigen Ein-
28*
436 VILLA ALBANI 1887—1889.
druck. Wie die Arme zu ergänzen sind, ist zweifelhaft. Vielleicht
war der 1. Arm leicht gekrümmt und über den Kopf erhoben, während
der herabgestreckte r. einen gesenkten Thyrsos hielt. Die Motive
erinnern an den Torso der Atalante aus dem Ostgiebel des Tempels
der Athena Alea zu Tegea, aber dort sind alle Züge großartiger.
Immerhin gibt uns das einen Fingerzeig, in welchem Schulzusammen-
hange wir den Künstler der Bakchantin zu suchen haben. Ein Künst-
ler der römischen Zeit hat das Motiv dieser Figur zur Darstellung
der Victoria verwendet. Er wiederholte fast getreu den Körper im
Gegensinne, veränderte ein wenig die Stellung der Arme, behielt aber
das Pantherfell bei, so wenig es auch zur Siegesgöttin passen mochte.
Clarac IV pl. 694B n. 1656D. Schröder 67. Berliner Winckelmannsprogramm
T. III p. 7f. Vgl. Braun Ruinen und Museen p. 680 n. 66. Die Victoria: Beschreibung
der antiken Skulpturen zu Berlin n. 5, Schröder a. a. O. T. I, II und Kekule von Strado-
nitz griech. Skulptur (2. Aufl.) p. 377. — Das Fragment einer mit der Bakchantin au-
genscheinlich fast ganz übereinstimmenden Figur hat sich im, Jahre 1910 zu Ostia
am Haupttore des Theaters gefunden (Notizie d. scavi 1910 p. 168 Fig. 1).
Erstes Zimmer nach der Halle.
1887 (131) Sarkophag, Hochzeit des Peleus und der Thetis.
Gefunden 1722 in einer nicht weit von dem Grabe der Caecilia Me-
tella gelegenen Vigna.
Peleus und Thetis, diese bräutlich verschleiert, sitzen nebenein-
ander, während sich ihnen verschiedene Gottheiten mit Hochzeits-
geschenken nahen. Unmittelbar vor dem Paare steht Hephaistos,
der in der L. einen Schild hält und mit der R. dem Peleus das sagen-
berühmte Schwert überreicht; die Stellung der Beine läßt den Gott
deutlich als hinkend erkennen. Hinter Hephaistos schreitet Pallas,
die einen korinthischen Helm und einen Speer als Geschenke dar-
bringt, dann die Personifikationen der vier Jahreszeiten, jede mit
den für sie bezeichnenden Gaben in den Händen (vgl. u. 1825). Ihnen
folgt der knabenhaft gebildete Hesperos (der Abendstern), der mit
gesenkter Fackel dem hinter ihm wandelnden Hochzeitsgott Hyme-
naios den Weg beleuchtet. Hymenaios schultert mit der L. die noch
nicht angezündete Hochzeitsfackel und hält in der R. einen Krug, der
vermutlich als Symbol des Brautbades aufzufassen ist. Die warme
Bekleidung des Gottes, die aus einem doppelten Chiton, Mantel, Hosen
und Schuhen besteht, deutet, wie es scheint, auf den Winter, der bei
den Griechen für die zur Eheschließung geeignetste Jahreszeit galt.
Am 1. Ende der Darstellung sieht man einen Eros, der bemüht ist.
eine widerstrebende Göttin von dem Hochzeitszuge fortzudrängen.
Man hat diese schwer zu erklärende Gruppe so gedeutet, daß Hera,
nachdem sie die Ehe geschlossen (Inno pronuba) und den Hochzeits-
zug zum Hause des Bräutigams geleitet hat (interduca), in dem Augen-
blicke, da Hymenaios das Brautgemach betritt, von Eros aus der
Nähe des Brautpaares entfernt wird. Die Reliefs der Schmalseiten
DIE ZIMMER NACH DER HALLE. 437
und des Deckels vergegenwärtigen die Beziehungen, in denen Thetis
als Tochter des Nereus zum Meere steht. Die linke Schmalseite zeigt
einen Eros, der auf einem Delphin reitet und sich dabei mit einem
Sonnenschirm gegen die Strahlen der Sonnen schützt, die rechte Po-
seidon vor einem Meerdraohen stehend, der Deokel eine Okeanos-
maske umgeben von Seeungeheuern. Der Sarkophag gehört zu den
besten, die sich erhalten haben. Die Ausführung ist sehr sorgfältig.
Die Darstellung der Hauptseite zeichnet sich, obwohl sie der Bildhauer
aus entlehnten Motiven zusammengesetzt hat, durch Klarheit der
Anordnung wie durch Harmonie der Raumfüllung aus.
Robert die antiken Sarkophagreliefs II T. Ip. 211. Vgl. Boscher mythol. Lexikon
I 2 p. 2733 ff.; III 2 p. 1838.
Zweites Zimmer.
1888 (144) Kolossalstatue des Dionysos.
Ergänzt der mittlere Teil der Stirnlöckchen, ein Stück der Stirn, die
Käse, der untere Teil des Kinnbartes, beide Vorderarme, Splitter am Haupt-
haare und am Gewände, der größte Teil der Plinthe. Unten mehrfach
gebrochen. In der Kehle ein Loch mit Eisenfüllung (Best eines Stiftes
zur Befestigung des Bartes, der demnach schon im Altertum ergänzt oder
von Anfang an besonders gearbeitet war). Im Schädel und 1. Oberarm
fehlen Stücke. Fentelischcr Marmor.
Die Statue ist eine getreue in römischer Zeit gearbeitete Kopie
naoh einem hellenischen Original archaischen Stiles, das vermutlich
als Kultusbild gedient hat. Wie stets in der altertümlichen Kunst
ist der Gott mit konventionell angeordnetem JHaupt- und Barthaar
und bekleidet mit dem langen Chiton dargestellt; das Haupthaar fällt
an der Bückseite in einem langen Schöpfe fast bis zur Taille herab.
Den Kopf umgibt weder ein Epheukranz noch eine Binde. Die eine
Hand kann beispielshalber einen Kantharos, die andere eine Weinrebe
oder einen gesenkten Thyrsos gehalten haben. An dem r. Oberarm
hat sich rechts und links von der langslauf enden Öffnung des Ärmels
auf den gekräuselten Falten je ein knopf artiger Ansatz erhalten, au-
genscheinlich beidemal der Best einer Stütze zur Befestigung eines
Attributes.
Winckelmann storia delle arti del disegno trad. Fea I T. XIII p. 181 (Geschichte
der Kunst Buch 3 Kap. 2 § 12), III p. 433 f. Quatremere de Quincy le Jupiter Olym-
pien pl. I 4. Clarac IV pl. 770B n. 1907B. Boscher mythol. Lexikon I p. 1102 Fig. 5.
Vgl. Braun Ruinen und Museen p. 683 n. 72.
Drittes Zimmer.
1889 (178) Relief , Artemis und Matrone.
Ergänzt samtliche Ränder bis auf ein kleines Stück des oberen Ab-
laufs über dem Kopfe der Artemis; ergänzt ferner zwei Dreiecke in dem
oberen Teile des Grundes, der 1. Arm der stehenden Figur, ihr r. Fuß, der
1. Fuß der Artemis und das Vorderteil des r., ein Stück des Gewandsaumes
rechts davon. Beide Nasen fehlen. Von der Spitze des zwischen den Fi-
guren im Grunde ergänzten Dreiecks führt ein senkrechter Bruch ab-
wärts; er wird von einem wagrechten Sprunge gekreuzt. Parischer Marmor.
Eine matronale Gestalt steht da, traurig oder nachdenklich, die
erhobene R. an das Schulterstück des Mantels legend. Von ihr weg
438 VILLA ALBANI. 1890—1893.
schreitet Artemis; sie greift mit der R. nach dem über ihren Bücken
herabhängenden Köcher; in der 1. Hand, in der ein Bohrloch ange-
bracht ist, hielt sie einen ans Metall gearbeiteten Bogen (der
von der Hand umschlossene Teil hat sich erhalten; darüber und dar-
unter bemerkt man Spuren von Grünspan). Die Motive erinnern an
attische Typen aus den letzten Jahrzehnten des 5. Jahrhunderts v.T3hr.
Artemis trägt die Haare in einer Haube geborgen; ihr Mantel ist mit
dem ungegürteten Peplos auf den Schultern befestigt. Der Mantel der
andern Figur, die den über dem Apoptygma gegürteten Peplos trägt,
liegt mit einem Bausche auf der 1. Schulter; die B. zieht den andern
Zipfel über die andere Schulter (darüber ist im Grunde ein Loch ein-
gebohrt; seine Bestimmung bleibt unklar). Eine bestimmte Erklä-
rung vorzuschlagen scheint bedenklich, da die Darstellung offenbar
unvollständig ist. Man hat Leto erkennen wollen, wie sie trauernd über
die Beleidigung nachdenkt, die Niobe ihr zugefügt hat, während
Artemis aufbricht, um die Mutter zu rächen.
Braun Ruinen und Museen p. 686 n. 75. Stark Niobe p. 175 Anm. 1.
1890 (174) Relief, Mann von einer Frau gekrönt.
Ergänzt der Kopf des Mannes, ein großer Teil seines 1. Fußes, der 1.
Vorderarm der Frau mit dem Kranze, ihr r. Unterarm mit Hand und
Mantelzipfel, ein großer Teil ihres r. Beines. An dem Felsensitze des Man-
nes ist eine Höhlung modern herausgehauen, und unten ist die ganze Vor-
derseite des Bodens abgearbeitet; ebenso der Grund um den Kopf der
Frau in der Breite eines Zentimeters. Ein Bruch geht längs des r. Ober-
armes des Mannes, dann schräg nach links unten. Über dem r. Oberarm
des Mannes war ein großes Stück des Grundes ausgebrochen. Auch sonst
allerlei Sprünge und Verletzungen. Der Kopf der Frau war gebrochen,
ist aber sicher zugehörig. Das Ganze ist stark geputzt.
Nach der Bewegung, auf die der erhaltene Teil des von der Frau
vorgestreckten Armes hinweist, scheint der Ergänzer mit Recht ange-
nommen zu haben, daß die Frau den Mann bekränzte. Eine genauere
Deutung ist unmöglich, da der Mann der Attribute entbehrt und wir
nicht wissen, ob sein Kopf einen Ideal- oder einen Porträttypus zeigte.
Dürfte man eine Porträtfigur annehmen, so würde es naheliegen in
derDarstellung einen Sterblichen zu erkennen, der wegen irgendwelchen
Verdienstes von der Personifikation einer Stadt oder eines Volkes
bekränzt wird. Der Stil erinnert an die attische Kunst des 4. Jahr-
hunderts. Doch beweist der lunensische Marmor und die trockene
Ausführung, daß das Relief in römischer Zeit gearbeitet ist. Ob der
Bildhauer ein bestimmtes attisches Vorbild kopiert oder nur den at-
tischen Stil nachgeahmt hat, läßt sich nicht entscheiden.
Ann. dell' Inst. 1871 Tav. d'agg. H p. 218 ff. Vgl. Bernoulli Aphrodite p. 91 n. 39.
Fried erichs-Woltere Bausteine n. 1868.
1891 (171) Kolossale Maske eines Wassergottes.
Ergänzt der größte Teil der Büste, Splitter am Kranze, Haupt- und
Barthaar.
Da die Öffnung des Mundes deutlich als Ausgußloch erkennbar ist,
muß diese Maske zur Verzierung eines Wasserwerkes gedient haben.
DIE ZIMMER NACH DER HALLE. 439
Sie zeigt nicht die sonst den Wassergottheiten eigentümliche melan-
cholische Stimmung, sondern einen finsteren, beinahe wilden Aus-
druck. Das Haupt- und Barthaar erscheint von Feuchtigkeit durch-
drungen.
Braun Rainen und Museen p. 684 n. 73.
1892 (164) Belief aus rotem Marmor (rosso antico), Da idalos und
Ikaros*
Gefunden im Königreich Neapel. Ergänzt der obere Teil der Platte mit
der Spitze des auf dem Boden stellenden Flügels, dem Kopfe und der r.
Hand des Ikaros und dem oberen Teile des Flügels, an dem Daidalos ar-
beitet; außerdem fast das ganze 1. Bein des Ikaros. Der Boden mit dem
r. Fuße des Daidalos und dem 1. des Ikaros ist besonders gearbeitet und
angestückt. Dieser Teil ist sicher alt, da auf den Füßen echtes Sinter sitzt;
der Boden selbst ist ebenso wie Tisch, Sessel und Grund modern geglättet.
Vgl. die Bemerkungen zu n. 1879.
Zoega I 44. Röscher mythol. Lexikon I 1 p. 034, p. 937. Papers of the Britsh
school at Borne V 4 1910 p. 194. Alles Weitere bei Friederichs-Wolters Bausteine
n. 1872.
1893 (166) Freskogemälde, Landschaft.
Gefunden bei Borna vecchia an der Via Appia in einer den Quinti-
liern gehörigen Villa (vgl. Ausonia IV 1909 p. 48 ff.).
Links treibt ein Hirt eine Herde von Bindern über eine Brücke,
an deren Aufgang sich ein Tor mit zeltartigem Oberbau erhebt, wäh-
rend weiter links ein schwerbeladener Wandersmann mit langem
Stabe einem Esel folgt, von dem nur noch das Hinterteil im Durch-
gang des Tores sichtbar ist. Weitere Binder, die vorn in und neben
dem Wasser weilen, schicken sich an, der voraufziehenden Herde zu
folgen. Rechts bringen einige Landleute vor einem mit Binden und
Girlanden behangenen heiligen Baum ihre Verehrung dar. Hinter
ihnen steht der zugehörige Altar, aus zwei roh zugehauenen Stein-
platten aufgeführt; an ihm lehnt eine große Fackel. Im Hintergrunde
sieht man Villenanlagen, einen See oder das Meer und darauf zwei
Schiffe. Die Komposition ist von der idyllischen Stimmung durchdrun-
gen, die in der hellenistischen Zeit zur Entwicklung gedieh und in-
folge des allgemeinen hellenistischen Kultureinflusses auch bei den
Römern Anklang fand. In engem Zusammenhange hiermit steht es,
daß der Maler den Arohitrav und den Giebel des Tores als reichlich
mit Sträuohern und Kräutern bewachsen charakterisiert hat. Eine
derartige ,J)arstellung8weise ist durch den romantischen Beiz veran-
laßt, den der Eindruck verfallener Architekturen auf das hellenistische
wie auf das römische Publikum ausübte. Das Bild gehört komposi-
tionell zu einer typischen Gruppe von Architekturlandschaften, wie
sie zuerst im Zusammenhange mit dem sogenannten zweiten dekora-
tiven Stile der römisch-kampanischen Wandmalerei zur Ausbildung
gelangt zu sein scheinen (vgl. die einleitenden Bemerkungen zu
n. 1327 — 1332). Doch könnte das Bild auch in einer späteren Zeit
ausgeführt worden sein.
440 VILLA ALBANI. 1894—1896.
Winckelmann mon. ant. ined T. 208, II p. 281—283. Rom. Mitteilungen XXVI
1911 p. 25, 3 Abb. 5 (russ. Originalausgabe, St. Petersburg 1908, p. 13 f.). Vgl. Winckel-
mann Geschichte der Kunst VII 3 § 10. Braun Ruinen und Museen p. 690 n. 84. Heibig
Untersuchungen über die campanische Wandmalerei p.J 99. Woermann die Landschaft
in der Kunst der alten Völker p. 242.
1894 (161) Relief, Diogenes und Alexander der Große.
Ergänzt der 1. Band der Platte mit dem hinteren Teile des Tempels
wie des Doliums, an der Figur des Diogenes der Kopf, der r. Vorderarm,
der größte Teil des Stabes, an dem Hunde der Kopf und ein Stück des r.
Hinterschenkels. Von der Figur Alexanders ist nur die r. Hand antik,
doch sind ihre Finger ergänzt.
Dargestellt ist die bekannte Anekdote, nach der Diogenes Alexan-
der dem Großen, als dieser ihn fragte, ob er ihm eine Gunst erweisen
könne, antwortete, er wünsche weiter nichts als daß der König ihm
aus der Sonne gehe. Der Überlieferung entsprechend, dient dem
Diogenes als Wohnstätte eines jener großen Tongefäße, in denen die
Alten Wein, öl und Getreide aufzubewahren pflegten. Es wird be-
richtet, daß ein Straßenjunge einen Stein gegen das Faß, in dem Dio-
genes wohnte, geschleudert und dasselbe dadurch beschädigt habe.
Der Bildhauer hat auch diese Geschichte berücksichtigt; denn an dem
Rande der Gefäßöffnung erscheint ein Stüok herausgebrochen und ein
Sprung reicht von der Bruchstelle aus durch den Behälter. Die an
dem Bruche zusammenstoßenden schwalbenschwanzförmigen Gegen-
stände sollen offenbar die bleiernen Spangen ausdrücken, deren sich
die Alten bei der Reparatur derartiger Tongefäße bedienten. Ein
magerer räudiger Hund, der auf dem Gefäße sitzt, weist auf den Na-
men der von Diogenes vertretenen kynischen Philosophie (Hunds-
philosophie) hin.
Winckelmann mon. ant. ined. T. 174, II p. 229. Zoega I 30. Schreiber die helleni-
stischen Beliefbilder T. 94. Vgl. Ann. dell' Inst. 1841 p. 293. Rheinisches Museum IV
1846 p. 611 ff. Schreiber die Wiener Brunnenreliefs aus Pal. Grimani p. 7, p. 63, p. 97
n. 101. Lippold griech. Portr&tstatuen p. 84.
1895 (157) Relief, Polyphemos und Eros.
Ergänzt die Rander der Platte und der ganze untere Teil der Reliei-
darstellung — die Bruchlinie geht in fast horizontaler Richtung durch die
Mitte des r. Unterschenkels des Polyphem und durch die Kniee der Ziege
— , außerdem der r. Vorderarm (mit dem Plektron) des Kyklopen, Stücke
an seiner Lyra mit einzelnen Fingern der 1. Hand, am Eros der Kopf, Hals
und r. Arm, der Kopf der Ziege. Die Ergänzung des Tieres als Ziege
scheint richtig. Gegen die Annahme eines Widders spricht die Behandlung
des Felles.
Die malerisch behandelte Komposition bezieht sich auf die Liebe
des Polyphemos zu der Nereide Galateia. Der ungeschlachte Kyklop
sitzt, eine roh gearbeitete Lyra in der L., auf einem Felsblocke, an dem
seine Keule angelehnt ist, und blickt abwärts in der Richtung, nach
der ein hinter ihm stehender Eros hinweist, jedenfalls nach der schönen
Galateia, die wir uns unten im Meere spielend zu denken haben. Er
schmunzelt angesichts des geliebten Mädchens, erscheint aber zu-
gleich verdrießlich, weil er den Gegenstand seiner Sehnsucht nicht er-
reichen kann. Die Kyklopen hatten nach dem Mythos nur ein Auge.
DIE ZIMMER NACH DER HALLE. 441
Doch stattet sie die alte Kunst, wie es auch hier geschehen ist, beinah
regelmäßig sowohl mit diesem Stirnauge wie mit den beiden mensch-
lichen Augen aus, da sich bei einer der Überlieferung genau entspre-
chenden Bildung ein ungeheuerliches und jeglichen Ausdruckes un-
fähiges Gesicht ergibt. Aus einer in den Felsensitz des Polyphem
eingesprengten Höhlung ragt eine Ziege hervor, die zu ihrem Herrn
emporblickt, wie betroffen über dessen Gebaren.
Zoega II 67. Schreiber die hellenistischen Beliefbilder T. LXV. Sauer der Torso
vom Belvedere T. II p. 70. Vgl. 0. Jahn arch. Beitr. p. 416. Braun Ruinen und Museen
p. 688 n. 22. Symbols philologorum Bonnensium p. 368 — 369. Schreiber die Wiener
Brunnenreliefs aus Pal. Grimani p. 96 n. 56.
1895a (154) Belief, Jäger mit seinem Pf erde im Walde ausruhend*
Ergänzt der obere und die beiden Seitenränder der Platte, an der Fi-
gur des Jägers die Nase, der Hals und der 1. Vorderarm, an dem Pferde
der Kopf nebst dem benachbarten Stücke des Halses, der größte Teil des
r. Vorderbeines und der untere Teil des r. Hinterbeines, an der Herme der
Kopf. Der dem Jäger aufgesetzte Kopf ist antik; es scheint aber zweifel-
haft, ob'er zu dem Körper gehört.
Das Relief ist durch die idyllische Richtung bestimmt, die sich seit
der hellenistischen Zeit in der Poesie wie in der bildenden Kunst gel-
tend machte. Es zeigt einen Jäger, der mitten im Walde von den An-
strengungen des Waidwerkes ausruht. Der Mann steht neben seinem
Pferde, dem ein doppeltes Pantherfell als Decke dient, und stützt die
R. auf den Sattelknopf. Der landschaftliche Hintergrund ist mit
großer Ausführlichkeit behandelt. Wenn die über dem Jäger sicht-
bare Herme nicht gerade steht, sondern rückwärts gesunken scheint,
so entspricht dieses Motiv wiederum (vgl. n. 1893) dem romantischen
Interesse, das hellenistisches wie römisches Publikum dem Ruinen-
haften entgegenbrachte.
Guattani monumenti ant. inediti 1787 Maggio T. 2 p. 41 ff. Zoega I 37. Schreiber
die hellenistischen Beliefbilder T. LXXVI. Vgl. Braun Buinen und Museen p. 687
n. 79. Schreiber die Wiener Brunnenreliefs p. 96 n. 78. Papers of the British school
at Borne V 4 1910 p. 194 (wo das Belief mit n. 1877 verwechselt ist).
1896 (149) Relief, Opferszene.
Vormals im Besitze der Vitelleschi. Ergänzt der obere Band mit dem
sich daselbst hinziehenden Felsengewölbe und das untere Drittel der Platte
mit den unteren Teilen der drei dargestellten Figuren und dem größten
Teile des Altars, dessen r. obere Ecke jedoch antik ist, an der opfernden
Frau auch die Nase, die 1. Braue, das 1. Schläfenhaar und die Finger ihrer
r. Hand, an dem Mädchen mit dem Tympanon zwei Finger der r. Hand,
an der Flötenspielerin ein Stück ihres Rückens.
Eine Alte, deren runzeliges Gesicht in sehr charaktervoller Weise
durchgebildet ist, umwandelt feierlichen Schrittes einen Altar und
scheint aus der vorgestreckten r. Faust Weihrauchkörner in die darauf
brennende Flamme zu werfen. Auf der zurückgestreckten L. hält sie
eine Schüssel mit Früchten, während ein Krug von einem Finger der-
selben Hand herabhängt. Rechts steht ein Mädchen, das die Handpauke
(Tympanon) schlägt; davor sitzt ein zweites Mädchen, beschäftigt
eine gerade und eine krumme Flöte zu blasen. Die Musik, mit der die
heilige Handlung begleitet wird, deutet auf einen Kultus vorderasia-
442 VILLA ALBANI. 1897—1901.
tischen Ursprunges, etwa auf den der Kybele (vgl. n. 798). Die Aus-
führung ist sehr fein. An der Figur der Alten beachte man die merk-
würdige Ärmeltracht (die röhrenförmigen Ärmel scheinen nur unter
der Achsel mit dem übrigen Gewände zusammenzuhängen). Entspre-
chende Beispiele dieser Tracht finden sich auf Darstellungen barba-
rischer Völkerschaften, sowie auf etruskischen und hellenistisch-
römischen Bildwerken. Heute noch werden derartige Ärmel von den
Bäuerinnen Mittelitaliens getragen.
Bartoli Admiranda T. 47. Barbault les plus beaux monuments de Borne pl. 32
p. 52. Zoega II 105. Schreiber die hellenistischen Beliefbilder T. LXVI. Vgl. Bull,
dell' Inst. 1845 p. 7. Ann. dell' Inst. 1847 p. 290. Braun Ruinen und Museen p. 687
n. 80. Schreiber die Wiener Brunnenreliefs aus Pal. Grimanl p. 3, p. 96 n. 79. Bul-
lettino comunale XXV 1897 p. 127. Zu der oben geschilderten Ärmeltracht vgl.
Pauly-Wissowa Real-Enzyklopädie in 2 p. 2220 u. Supplement p. 287, sowie die
Nebenseiten der etruskischen Aschenkiste in Berlin n. 1271.
1897 (146) Attisches Votivrellef.
Ergänzt der obere Teil des Grundes mit den Köpfen aller drei Figuren,
der 1. und r. Band der Platte mit den entsprechenden Teilen des unteren
Bandes, die Brust, der r. Fuß und die 1. Ferse des Adoranten, die 1. Schul-
ter der Frau. Pentelischer Marmor.
Rechts stehen Asklepios und Hygieia, die ihre r. Hand auf die
Schulter des Vaters legt, links ein Adorant, kleiner gebildet als die
beiden Gottheiten. Der Stil und die frische, wenn auch etwas flüch-
tige Ausführung deuten auf das 4. Jahrhundert v. Chr.
Jahrbuch des arch. Instituts II 1887 p. 107.
1898 (147) Attisches Votivrellef.
Ergänzt der r. Band der Platte mit dem darauf befindlichen vier-
eckigen Altare. Pentelischer Marmor.
Da die rechts am unteren Ende des Reliefs erhaltene hügelf örmige
Erhöhung die für den Heroenkult bezeichnende Altarform war, muß
dieses Relief einem Heros geweiht gewesen sein, den wir uns auf der
verloren gegangenen rechten Seite der Platte dargestellt zu denken
haben. Die erhaltene 1. Seite zeigt eine Mädohenfigur, die, eine Schale
in der L., einen Krug in der R., heranschreitet, um dem Heros eine
Spende darzubringen. Der Stil auch dieses Reliefs ist derjenige des
4. Jahrhunderts.
Zoega 1 18. Jahrbuch des arch. Inst. II 1887 p. 109, p. 195. Vgl. Bull, dell' Inst.
1845 p. 4, Ann. 1845 p. 248. Über diel Altarform vgl. Pauly-Wissowa Real-Enzyklopädie
I 2 p. 1665.
Viertes Zimmer.
1899 (185) Statue der Leda mit dem Schwan.
Ergänzt die Nase, Teile beider Lippen, der 1. Arm von der Mitte des
Oberarmes an mit der Hand und einem großen Teile des Mantels, der r.
Arm von der Mitte des Oberarmes an mit der Hand, verschiedene Falten-
ränder, die Spitzen der beiden großen Zehen; an dem Schwane Hals und
Kopf. Die Oberfläche ist sehr stark geputzt.
Vgl. die Bemerkungen zu n. 804, der weitaus besser gearbeiteten
Wiederholung im kapitolinischen Museum.
Beschreibung Roms III 2 p. 515. O. Jahn archaol. Beiträge p. 2 Anm.4P. O ver-
beck Kunstmythologio II p. 491 n. 2.
DIE ZIMMER NACH DER HALLE. 443
Die Plinthe der Statue ist eingelassen in:
1899a eine Basis aus marmo bigio; in ihre Vorderseite ist eine
Inschrift eingegraben, nach der die Basis einst ein Werk des Athano-
doros von Rhodos, des Sohnes eines Agesandros, getragen hat.
Gefunden im Jahre 1717 zu Nettuno in einem großen Gewölbe, das
im Heere versunken lag (Winckelmann Geschichte d. Kunst X 1 § 11 Anm.
Während W. an dieser Stelle und in einem Briefe an Baldoni aus Florenz
vom Jahre 1758 Nettuno als Fundort nennt, macht er als solchen in der
Vorlaufigen Abhandlung von der Kunst d. Zeichnung d. alt. Völker § 133
Porto d'Anzdo namhaft; aber die frühere Angabe verdient jedenfalls
mehr Vertrauen).
In die Basis war, wie sich bei ihrer Entdeckung ergab, „eine Statue
von weißem Marmor eingefüget, von welcher sich ein Stück eines
hängenden männlichen Mantels, welches eine Chlamys war, neben der
Base fand; von der Figur selbst war keine Spur zu finden" (Winckel-
mann Gesch. d. Kunst a. a. O.). Leider ist jenes Chlamysfragment ver-
schollen. Athanadoros und Agesandros sind zwei von den Künstlern
der Laokoongruppe (n. 151; s. dort).
Löwy Inschriften griech. Bildhauer n. 203. Kaibel Inscr. gr. Siciliae et Italiae
n. 1227.
Fünftes Zimmer.
1900 (204) Gruppe, Theseus und Minotaurus.
Gefunden 1740 bei Genzano im Terrain der Cesarini (Fea misc. I
p. GUI n. 70). Ergänzt an der Figur des Theseus die r. Hand mit der
Keule und beide Unterschenkel — doch sind der r. Fuß und die Zehen des
1. Fußes antik — , am Minotaur das 1. Hörn und Ohr» der r. Vorderarm bis
zum Handgelenke, die 1. Ferse. Vielfach gebrochen.
Die Gruppe ist mittelmäßig ausgeführt, steht aber gewiß zu einem
vortrefflichen Originale in Beziehung, das auf attischen Münzen
wiederholt ist, vielleicht zu einer auf der athenischen Akropolis be-
findlichen Gruppe, die den gleichen Gegenstand darstellte. Zu der
mit voller Kraft zuschlagenden Gestalt des Theseus bildet der auf das
1. Knie gesunkene, bereits im Verscheiden begriffene Minotaur einen
höchst wirksamen Gegensatz. In sehr charaktervoller Weise ist der
Stierkopf des Ungeheuers behandelt. Er zeigt einen schmerzlichen
Ausdruck; die Augen fangen an zu erstarren und sich zu schließen;
die Zunge hängt schlaff aus dem Maule heraus. Vgl. n. 180 u. 1373.
Clarac IV pl. 811A n. 2071B. Vgl. Welcker alte Denkmäler II p. 302. O. Jahn
arch. Beitrage p. 266. Braun Ruinen und Museen p. 700 n. 94. Arch. Zeitung XXV
1867 p. 31 — 32. Arndt-Amelung photographische Einzelaufnahmen Serie III n. 704.
Monument! pubbl. per cura della r. Acc. dei Lincei VII 1807 p. 302.
1901, 1902 (208, 215) Zwei Seiten eines Altares der Magna Mater
and des Attis.
Die beiden Marmorplatten bildeten Vorder- und Bückseite eines
Altares, den der Inschrift zufolge ein Augur L. Cornelius Scipio Orei-
tus im Jahre 295 n. Ohr. zum Andenken an ein von ihm dargebrachtes
taurobolium und criobolium der Göttermutter und dem Attis geweiht
hatte (die erste Zeile so zu lesen: Matris deum magnae Idaeae et
444 VILLA ALBANL 1903—1906.
Attinis). Auf Jdem Belief der Hauptseite (mit der Inschrift) sind die
beiden Gottheiten dargestellt: Kybele, kenntlich an Turmkrone und
Tympanon — in der R. hält sie ein Lorbeerzweig, von dem die Enden
einer geknoteten Wollenbinde niederhängen (vgl. n. 157) — , fährt
auf einem Wagen, der von zwei Löwen gezogen wird, nach rechts, wo
gegen eine Pinie gelehnt Attis in dem nur ihm eigentümlichen
Gewände steht; auch er hält mit der L. ein Tympanon und
scheint sich vor der heranfahrenden Göttin zu verbergen. Damit ist
auf die Phase des Mythos hingedeutet, in der Kybele auf der Suche
nach dem Geliebten das Waldgebirge durchirrt. Das Pedum, das At-
tis als Hirten charakterisiert, steht rechts von ihm am Boden. Auf
der Pinie sitzt ein Hahn (Gallus, um auf diesen Namen hinzudeuten,
der von den verschnittenen Dienern des Attis auf den Gott selbst über-
tragen worden war). Auf der Rückseite ist in der Mitte wieder die hei-
lige Pinie dargestellt; in ihren Ästen bemerken wir abermals einen
Hahn, dann zwei kleinere Vögel und einen Falken, den Aelian. H. A.
12, 4 das Spielzeug der Göttermutter nennt. An den Ästen hängen
zwei glockenartige Erzbecken (die Kymbala, aus denen der Attis-
myste trank), die Hirtenflöte des Attis, eine Patera, eine Räucher-
büchse (vielmehr Flötenfutteral ?) und ein Henkelgefäß. Unten stehen
im Opferornate rechts ein Stier, links ein Widder, die heiligen Tiere
der Kybele (Stier) und des Attis (Widder), mit deren Blut bei tauro-
bolium und criobolium die Taufe des Gläubigen vollzogen wurde.
Vgl. n. 798, 987, 1233, 1236.
Zoega I 13, 14. Baumeister Denkm. d. lk. Altertums II p. 800 Abb. 865,. 866.
Boscher mythol. Lexikon II 1 p. 1671 Abb. 6. Vgl. ebenda I 1 p. 721. CIL VI 505.
Pauly-WissowaReal-Enzyklopadie II 2 p. 2250 f.; IV 1 p. 1718 f.; VII 1 p.682. Hepding
Attis, seine Mythen und sein Kult p. 88 n. 34. Cumont die orientalischen Religionen
im römischen Heidentum (übers, von Gehrich) p. 81 ff.
Sechstes Zimmer.
1903 (216) Relief, Hypnos.
Ergänzt die Nase und der untere Teil desJBLÖrpere von dem unteren
Rande des Überwurfes abwärts.
Abweichend vonMer gewöhnlichen jugendlichen Barstellung des
Hypnos erscheint hier der Schlaf als ein vollständig bekleideter Greis,
der, auf einen Stab gelehnt, stehend schläft. Man würde den Alten für
eine Genrefigur halten, wären nicht an seinem Haupte und an seinen
Schultern Flügel angebracht.
Zoega II 93. Hirt Götter und Heroen T. XII 107. Müller-Wieseler Denkm. d. alten
Kunst II 70, 874. Conze Heroen- und Göttergestalten T. 04, 1. Baumeister Denkm.
des kl. Altertums I p. 707 Fig. 770. Vgl. O. Jahn arch. Beiträge p. 208 Anm. 10. Ann.
dell' Inst. 1869 p. 33. Winnefeld Hypnos p. 19f. Boscher mythol. Lexikon I 2 p. 2851.
1904 (217) Griechisches Grabrelief, Palästrit.
Ergänzt die Nase, die r. Hand, beide Füße, sämtliche Ränder der
Platte.
Der Jüngling, dessen Grab dieses Belief schmückte, ist durch die
Striegel (vgl. n. 23) und das Ölfläschohen, die er in der L. hält, als
GARTEN. 445
palastritischen Übungen ergeben bezeichnet (vgl. n. 246). Der Kopf
zeigt kein ikonisches Porträt, sondern einen Idealtypus, der wie der
Charakter der etwas flüchtigen Ausführung auf die attische Kunst des
4. Jahrhunderts hinweist.
Visconti Museo Pio-Clem. III Tav. b III 5 p. 239. Zoega I 29. Vgl. Friedertchs
Wolters Bausteine n. 1018.
In die benachbarte Gartenmauer eingelassen:
1905 (226) Relieffragment, lagernder Herakles.
Das Fragment rührt von einem großen Prachtrelief her, dessen
Komposition von der hellenistischen Kunst erfunden zu sein scheint.
Die Darstellung bietet eine antike Parallele zu Gullivers Abenteuer
bei den Liliputern. Die riesige Gestalt des Herakles liegt auf der Lö-
wenhaut gelagert, den Skyphos in der L. Ein kleiner Mann, sei es ein
Satyr, sei es ein Pygmäe, hat, ohne daß der Held es bemerkt, eine
Leiter an den kolossalen Becher angelegt und schlürft daraus Wein,
indem er sich mit den Fußspitzen auf der obersten Sprosse erhebt.
Vgl. n. 1850.
Zoega II 69. Wiener Vorlegeblätter 8er. III T. XII 4. Schreiber die hellenistischen
Reliefbilder T. XXX. Weiteres bei Stephan! der ausruhende Herakles p. (377) 125 n. 4,
p. (880) 128— (381) 129. Vgl. Rom. Mitteilungen XII 1897 p. 65.
In der zu der Halle des sog. Bigliardo führenden Allee, zwischen
dem 4. und 5. Baume:
1906 (276) Sepulkral-Ara des Quintus Caecilius Ferox.
Ursprünglich in dem Hause eines gewissen „Rigetius" (Righetti?),
der apostolischer Sekretär war. Hierüber und über die weiteren Besitzer
dieses Denkmales s. Corpus inscript. lat. VI 1 n. 2188, 2189; Jahrbuch des
arch. Inst. VI 1891 p. 164 n. 62a.
Die Ära ist, wie die auf der Vorderseite angebrachte Inschrift be-
richtet, dem im Alter von 15 Jahren verstorbenen Quintus Caecilius
Ferox, Huissier des Priesterkollegiums, dem der Kultus des göttlichen
Vespasianus und Titus oblag, gestiftet von seinem Vater Marcus Ga-
vius Gharinus. Hiermit ergibt sich als obere Zeitgrenze für ihre Aus-
führung das Jahr 81 n. Chr., in dem die Konsekration des Titus statt-
fand. Die r. Nebenseite zeigt eine weibliche Figur, die den 1. Fuß auf
das Rad der Nemesis setzt und in der 1. Hand eine Schriftrolle zu hal-
ten scheint. Nach der darüber angebrachten Inschrift FATIS . CAE-
CILIUS . FEROX . FILIUS personifiziert sie das Schicksal. Der hier
namhaft gemachte Ferox ist offenbar identisch mit dem gleichnamigen
Jüngling, dessen Asche innerhalb der Ära geborgen war. Ob er bei
Lebzeiten anordnete, daß sein Grabstein mit einer den Fata gewid-
meten bildlichen Darstellung verziert werde, oder ob sein Vater dem
Sohne nach dessen Tode eine derartige Dedikation unterschob, bleibt
ungewiß. Auf der 1. Nebenseite sieht man unter der Inschrift SOM-
NO . ORESTILLA . FILIA den Schlaf gott, der hier augenscheinlich
als Todesschlaf aufzufassen ist. Der Bildhauer hat ihn dargestellt als
446 VILLA ALBANI. 1907—1908.
einen geflügelten Knaben, der schläft, während er die 1. Achsel auf eine
umgestürzte Fackel stützt. Orestilla war offenbar die Tochter des
Charinus, also die Schwester des Ferox. Ob sie, als der Grabstein ge-
stiftet wurde, noch am Leben oder bereite verstorben war, läßt sich
nicht entscheiden. Die Buchstabenformen wie die Akzente der In-
schrift und der Stil der Reliefs deuten auf vorhadrianische Zeit.
Zeichnung im Codex Pighianus (Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss. 1868 p. 208 n. 135).
Skizze der r. Nebenseite von Heemskerk (Jahrbuch d. arch. Inst. VI p. 164 n. 62a).
Zoega 1 15 (wo p. 63 not. 14 die ältere Literatur zusammengestellt ist). Müller-Wieseler
Denkmaler d. alten Kunst II 73, 941. Vgl. Gerhard Prodromus p. 259 Anm. 64. Stephani
der ausruhende Herakles p. 30 (282). Braun Ruinen und Museen p. 600 n. 03. Ann.
dell* Inst. 1860 p. 38. CIL VI 1 n. 2188, 2180. Über das Priesterkollegium der Flaviales:
Ephem. epigraphica III p. 211 ff.
Links eingemauert:
1907 (291) Erotenfries.
Vormals im Palazzo Giustiniani.
Die Komposition ist in geschickter Weise aus anmutigen, größten-
teils von der hellenistischen Kunst erfundenen Motiven zusammenge-
setzt. In der Mitte sieht man zwei Eroten im Begriff für einen Ring-
kampf Stellung «u nehmen, während hinter ihnen der Kampfrichter
steht. Die Palästra, in der die Handlung vor sich geht, ist durch ein
am Boden liegendes Sandgefäß (vgl. n. 330, 332, 1153) angedeutet.
Fünf andere Eroten sind als Zuschauer des Kampfes gegenwärtig.
Der eine steht links von der Ringergruppe und stützt sich mit beiden
Händen auf einen Pfeiler, auf dem sich eine Amphora und drei Pal-
menzweige befinden, offenbar Gegenstände, die als Kampfpreise die-
nen sollen. Drei Flügelknaben sind rechts von der Mittelgruppe auf
der Basis und dem Rande eines großen Wasserbeckens gruppiert.
Ein anderer steht hinter ihnen und bekundet durch die Bewegung
seiner Hände die gespannte Aufmerksamkeit, mit der er das Vorgehen
der beiden Ringer beobachtet. In dem zweihenkeligen Gefäße, das vor
ihm auf dem Boden, in dem Kruge, der hinter ihm auf einem Tische
steht, und in dem über ihm im Feltfe angebrachten Kranze haben wir
vermutlich wiederum Kampfpreise zu erkennen. Auf der r. Seite
wird das Relief durch eine Herme abgeschlossen, wie sie die Alten auf
den gymnastischen Übungsplätzen aufzustellen pflegten (vgl. n. 1240,
1290—1296). Die 1, Seite des Frieses zerfällt in zwei Darstellungen.
Ein Eros öffnet eine der zu bakchischen Geheimbräuchen dienenden
Gisten und deckt hiermit die darin verborgen gehaltene Schlange auf.
Unmittelbar daneben fällt ein Eros, durch diesen Anblick erschreckt,
auf den Rücken, während zwei andere den Vorgang neugierig aber
vorsichtig betrachten, der eine auf einem kolossalen Fruchtkorbe
kniend, der andere sich niederduckend. Auf seinem Rücken steht ein
fünfter Flügelknabe, der eifrig bemüht ist, so viel Früchte, als er mit
seinen Ärmchen umspannen kann, aus dem Korbe zu nehmen. Ein
zweiter niedrigerer Fruchtkorb dient zur Füllung des Feläes. Die am
«ARTEN. 447
I. Ende des Frieses angebrachte Szene stellt einen Eros dar, der eine
kolossale Silenmaske übergezogen hat und die Hand durch deren Mund-
öffnungsteckt. Vor umsteht ein Gespiele, dem diese Mummerei heftigen
Schrecken einfloßt. Im Hintergründe lehnt eine große, mit Binden
behangene Fackel. Das Motiv des unter der Silenmaske verborgenen
Knaben ist von der antiken Kunst auch statuarisch behandelt worden.
Zeichnung im Codex Pighianus (Bei. d. Räche. Qea. d. Wim. 1888 p. 210 o. IBS).
Gjdlerla Giustiniena II 128. ZoegaII90. Vgl. Beschreibung Borns III 1 p. 5SS. Braun
Ruinen u. Museen p. 700 n. BS. Tb. Holroann R&ffaelals Architekt IV p. 111 (Amelung).
In die Fassade des Bigliardo eingemauert:
1908 (308) Gipsabguß eines llellefs: Herakles, Peirithoos, The-
sen B.
Das Original int In das Mu&eo Torlonia alla Lungara abertragen. Deut-
lich als ergftntt erkennbar sind die Kopfe der mittleren und der rechts
stehenden Figur, ein grflüerta Stück ungefähr in der Mitte der Platte mit
dem 1. Vorderarme des linke stehenden Jünglings, beinahe dem ganzen r.
Anne (vom Bkeps abwarte) der Mittelligur, dem Stücke des Felsens, auf
den eich die Hand dieses Armee stützt, und dem unteren Teile des Küche«,
ferner daa r. Ente der Mittelligur nebst den benachbarten Stücken des
Obor-Und Unterachenkels, au dem rechte stehenden Jüngling der r. Vor-
derarm mit dem oberen Ende des Stabes, das untere Ende des Schwertes
Arch. Zeitung XXXVII 1870 p. 66 n. 287).
Theeeus und Peirithoos wurden, nachdem sie, um Persephone zu
entführen, in die Unterwelt eingedrungen waren, von Pluton auf
einem Felsen festgebannt. Als spater Herakles in den Hades hinab-
stieg, um den Kerberos zu ho-
len, gelang es ihm nach einer
Version beide Helden auf die
Oberwelt zurückzuführen, nach
einer anderen nur Theseus,
während Peirithoos gefangen
blieb. Unser Belief scheint
durch die zweite Version be-
stimmt. Rechts stehtTheeeufl,
schon befreit und zum Auf-
bruche fertig, ein Schwert in der
L., die K. auf einen langenStab
gestützt. Den Typus seines
Kopfes kennen wir durch ein im
Berliner Museum befindliches
Fragment, das von einer bii-
deren Kopie derselben Relief-
kompoBition herrührt (Fig. 40). rig_ 40.
Das Gesicht zeigt den Aus-
druck einer leisen Trauer, offenbar weil der Held vomtussieht, daß
er seinen Freund im Hades zurücklassen muß. Peirithoos sitzt noch
448 VILLA ALBANI. 1909—1911.
an den Felsen gefesselt, wobei der Zwang, dem er unterliegt, durch
die Haltung der Beine angedeutet ist. Sein Gesicht haben wir uns
mit schmerzlichem Ausdruck dem neben ihm stehenden Herakles
zugewendet zu denken. Dieser ist an der Keule kenntlich, die er in
der R. hält, wie an Bogen und Köcher, die zu seinen Füßen liegen.
Da sein 1. Vorderarm restauriert ist, läßt sich die ursprüngliche Be-
wegung dieses Gliedes nicht mit Sicherheit bestimmen. Vielleicht
machte er einen vergeblichen Versuch, auch den Freund des Theseus
zu befreien, indem er mit der 1. Hand den r. Arm des Peirithoos
faßte, um den Gefangenen vom Felsen abzulösen. Man sollte aller-
dings meinen, daß er dann mit der ganzen Figur an dieser Handlung
beteiligt sein müßte, während er augenscheinlich ganz ruhig neben
dem Sitzenden dasteht; auch ist weder in der 1. Schulter, noch in dem
1. Oberarme irgendeine Spur von Anstrengung zu spüren. Deshalb
wird man die Intentionen des Künstlers doch wohl richtiger verstehen,
wenn man annimmt, Herakles und Theseus seien bereits davon unter-
richtet, daß Peirithoos in der Unterwelt bleiben muß; nur dieser hat
noch keine Ahnung von der furchtbaren Entscheidung und der Tren-
nung, die ihm bevorsteht, und wendet sich ungeduldig zu dem Befreier
des Freundes um. Vielleicht berührte Herakles mit den Fingerspitzen
seiner L. tröstend das Kinn des Unglücklichen. Über der Darstellung
lastet, wenn sie so gedeutet wird, eine trübe, schwüle Gewitterstim-
mung, wie über den beiden, auch stilistisch verwandten Reliefs
n. 1154 und 1883. Man vergleiche das zu beiden Nummern und auch
das zu n. 1398 Bemerkte. Daß auch dieses Exemplar bemalt war,
geht daraus hervor, daß an den Füßen der drei Figuren die Sohlen
aber nicht die Riemen der Sandalen plastisch ausgedrückt sind.
Zu dem Schema der Komposition mittels drei Figuren vgl. n. 1888.
Zoega II 103. I monuraenti del Museo Torlonia riprodotti con la fototipia T. XC1II
n. 377. Baumeister Denkm. d. kl. Altertums III p. 1796 Fig. 1880. Monuraenti antichi
pubbl. per cura della r. Accademia dei Lincei 1 1892 p. 673 ff. Tav. n. 2 (wo weitere Lite-
ratur angeführt ist). Bloch griechischer Wandschmuck (Abbildung auf p. 17), p. 16 ff.
(Die hier vorgeschlagene Deutung auf den kranken Fhiloktetes — die Mittelfigur — ,
den Herakles und Odysseus zu überreden suchen, die Insel Lemnos zu verlassen, ist in
der Philolog. Wochenschrift 1896 p. 658 widerlegt). Boscher mythol. Lexikon III 2
p. 1789f. Abb. 15. Zeitschrift für bild. Kunst 1902 p. 154 ff. Abb. 6 (in dieser Abbildung
ist eine Photographie des Berliner Fragmentes in eine Aufnahme des Reliefs ohne den
Unterarm des Herakles und den Kopf des Peirithoos eingefügt worden; die Abb. ist
wiederholt im Mod. Cicerone Born I p. 336). Petersen vom alten Born4 p. 154ff. Abb.
122; ders. ein Werk des Panainos p. 7 ff. Abb. c. Vgl. noch Abhandlungen des arch.
epigr. Seminars in Wien VIII 1890 p. 130 ff. Böm. Mitteilungen VII 1892 p. 110 ff. Ke-
kule von Stradonitz griech. Skulptur* p. 177 mit Abb. des Berliner Fragmentes (man
hat dessen Zugehörigkeit zu der Komposition unseres Reliefs auf Grund der verschie-
denartigen Haarbehandlung an den Köpfen des Theseus und Herakles in Zweifel ge-
zogen, ohne zu beachten, daß beide Spielarten auch an dem Parthenonfriese nebenein-
ander zu beobachten sind; vgl. zu dem Kopfe des Theseus den des Knaben auf der am
weitesten rechts befindlichen Platte des Nordfrieses. Übrigens waren, nach der Pari-
ser Wiederholung des Orpheusreliefs zu urteilen, auf diesem die Haare des Hermes und
des Orpheus ebenso unterschiedlich behandelt).
BIGLIARDO. 449
Bigliardo.
Erstes Zimmer.
1909 (317) Wiederholung der Figur des Stephanos (n. 1846).
Ergänzt die Nase, ein Teil des Obersch&dels und des Halses hinten,
beide Arme von der Mitte der Oberarme an, das r. Bein und der 1. Unter-
schenkel bis zum Knöchel, der Stamm bis auf das unterste Stück, das mit
Plinthe und Füßen antik ist.
Die Ausführung ist etwas flüchtiger und die herbe Frische des
archaischen Stiles in noch höherem Grade verglättet als bei n. 1846.
Arndt-Amelung Einzelaufnahmen n. 1093. Vgl. Ann. dell' Inst. 1865 p. 62. Ke-
kul6 die Gruppe des Künstlers Menelaos p. 25 n. 1.
Zweites Zimmer.
1910 (336) Fragment einer Brunnenmündung oder runden Basis.
Ergänzt die Köpfe der drei Eroten, der des Pan und die zweier Satyrn
— nur an dem in die Amphora hineinlangenden Satyr ist der Kopf antik —
und andere unbedeutende Stücke.
Wir sehen drei Eroten, von denen der eine auf einem Stiere, der
zweite auf einem Bocke, der dritte auf einem Panther reitet. Vor dem
Stiere steht ein bocksbeiniger Pan, der aus einer hohen Amphora das
für dieses Tier bestimmte Getränk schöpft. Der Bock und der Panther
werden jeder von einem Satyr getränkt. Die Symmetrie der Kom-
position nötigt zu der Annahme, daß auf dem verlorenen Teüe des
Marmors ein vierter, ebenfalls berittener Erot dargestellt war. Die
Bedeutung der Darstellung wird durch ein anderes Relief verständlich,
das vier auf Wagen einherfahrende Eroten zeigt, die durch ihre Attri-
bute als Vertreter der Jahreszeiten charakterisiert sind. Der Ver-
treter des Frühlings lenkt ein Zweigespann von Stieren, der des
Sommers eines von Böcken, der Genius des Herbstes einen von
zwei Panthern, der des Winters einen von zwei Ebern gezogenen Wa-
gen. Wir dürfen demnach auch auf dem albanischen Belief den Stier-
reiter zu dem Frühling, den Bocksreiter zu dem Sommer, den Panther-
reiter zu dem Herbste in Beziehung setzen und annehmen, daß der ver-
lorene Erot als Vertreter des Winters einen Eber ritt. Der am 1. Ende
des erhaltenen Teiles dargestellte Satyr, der mit dem r. Arme in eine
Amphora hineinlangt, ist offenbar beschäftigt, das für diesen Eber
bestimmte Getränk zu schöpfen.
Zoega II 89. Brunn kleine Schriften I p. 32 f. Abb. 11. Vgl. Beschreibung Borns
in 2 p. 495 n. 8. Braun Ruinen und Museen p. 702 n. 98. Bull, dell' Inst. 1849 p. 75—76.
Röscher mythol. Lexikon III 1 p. 1461. Amelung Vatikankatalog I p. 578.
Sogenanntes Kaffeehaus.
Die halbkreisförmige Halle.
Links 1911 (594) Gipsabguß, sogen. Kopf des Alkibiades.
Das Original ist in das Museo Torlonia alla Lungara übertragen. Er-
gänzt an dem Originale der 1. Augenknochen, die Nase, die Unterlippe
Stücke an der Oberlippe und den Ohren, die Büste.
H e 1 b i g : Führer. II. 3. Aufl. 2 9
450 VILLA ALBANI. 1912—1918.
Vgl. n. 88.
I monumenti del Museo Torlonia riprodotti con la fototipia T. XVII 67. Vgl.
Ann. dell' Inst. 1866 p. 22» III.
1912 (604) Nackte Kriegerstatue.
Ergänzt beide Vorderarme, der Griff und der untere Teil des Schwertes.
Doch ist das Mittelstück der Waffe antik. Der behelmte Kopf (erg. der
Helmbusch, das Visier, Teile der Locken und der Wangen,, die Nase, die
Lippen) ist vorn durch ein modernes Einsatzstttck mit dem Körper ver-
bunden, hinten aber durch einen glatten Schnitt von dem Halse des Kör -
pers getrennt; er kann also unmöglich zu diesem gehören, trotzdem beide
Teile in Marmor, Ausführung und Größe miteinander übereinstimmen
und auch die Wendung des Kopfes zu der Bewegung des Halses am Kör-
per paßt.
Da die Figur in der Stellung wie in den Maßen genau mit dem po-
lykletisohen Doryphoros (vgl. n. 45) übereinstimmt, ist ihr Motiv
offenbar aus diesem abgeleitet. Die Abänderung beschrankt sich dar-
auf, daß dem Jüngling ein Schwert umgehängt ist und die 1. Hand
nicht einen Speer schultert, sondern den Schwertknauf anfaßt. Der
r. Arm scheint wie am Doryphoros ohne Attribut längs der Seite herab-
gehangen zu haben.
Clarac V pl. 833 C n. 2074A. Arndt-Amelung Einzelaufnahmen n. 1099 — 1101.
Vgl. Bull, dell* Inst. 1873 p. 10. Jahrbücher des Vereins von Altertumsfreunden im
Rheinland LIII 1873 p. 36 Anm. 2. Ann. dell' Inst. 1878 p. 9 not. 3K. Sitzungsberichte
der phil.-hist. Cl. d. bayer. Akademie 1892 p. 674. Furtwängler Meisterwerke p. 423.
Rechts 1913 (609) Gipsabguß, Porträt eines Römers.
Das Original im Museo Torlonia. Ergänzt an dem Originale der vor-
dere Teil der Nase, das Kinn, Splitter an den Ohren, der Hals, die Büste.
Es stellt dieselbe Persönlichkeit dar wie n. 21.
I monumenti del Museo Torlonia T. CXXX 508.
Links 1914 (610) Kopf des Aratos (?).
Ergänzt ein Stück der Stirn, die Nase, Flicken um die 1. Braue, in
der r. Wange und dem Bart unter der 1. Wange, die Spitze des Bartes,
beide Schultern, die Herme. .
Die Benennung dieses schönen, wenn auch nicht fein ausgeführten
Kopfes hängt ab von der Deutung eines mit dem albanischen Kopfe
übereinstimmenden Porträts, das auf Münzen von Soloi-Pompeiopolis
wiedergegeben ist (Band I p. 461 Fig. 19). Man erkannte in diesem
Porträt früher den Stoiker Ghrysippos und benannte daraufhin unser
Exemplar in derselben Weise. Doch scheint jenes Münzporträt und so-
mit auch der albanische Kopf vielmehr den Begründer des astrono-
mischen Epos, Aratos, darzustellen (vgl. n. 282, 822). Wenn sich der
alte Herr wie fröstelnd in seinen Mantel hüllt, so ist dieses Motiv
vielleicht daraus zu erklären, daß der Künstler den sternkundigen
Dichter darstellen wollte, wie er in der Kühle der Nacht über ein astro-
nomisches Problem nachdenkt.
* Visconti iconografia greca I T. XXIIIa 4, 5 p. 246. Baumeister Denkmäler des kl.
Altertums I p. 395 Fig. 426. Bernoulli griech. Ikonographie I Münztafel II 12; II p.
151 f. u. 155 ff. Abb. 16, 17. Hekler Bildniskunst der Griechen und Römer T. 99.
Vgl. Braun Ruinen und Museen p. 704 n. 101. Schuster über die erhaltenen Porträts,
griechischer Philosophen p. 22 n. 12. Achäol. Anzeiger V 1890 p. 66 ff. (die hier p. 57
ausgesprochene Behauptung, daß eine an dem Kinnbart unseres Kopfes vorhandene
KAFFEEHAUS. 451
Bruchstelle auf eine den Bart berührende Hand schließen lasse» ist unrichtig. Der
Kinnbart zeigt keine Bruchstelle. Nur an dem unteren Ende des 1. Schnurrbarts ist
ein Splitter herausgebrochen, der jedoch viel zu klein ist, als daß er sich zu einer da*
selbst anliegenden Hand in Beziehung setzen ließe).
1915 (628) Karyatide.
Gefunden zugleich mit n. 16, 1830, 1917. Ergänzt der vordere Band
des Kalathos, die Nase, die Lippen, Stücke an den Händen wie am Ge-
wände, die Füße mit dem aufliegenden Gewandsaume, die Plinthe.
Vgl. n. 16.
Guattani mon. ant. ined. 1788 Settembre T. I. Glarac III pl. 442 n. 808. BÖm.
Mitteilungen IX 1804 p. 137B Fig. 1. Vgl. Beschreibung Roms III 2 n. 544.. Braun
Ruinen und Museen p. 705 n. 105 . Friederichs-Wolters Bausteine n. 1556. Furtwäng-
ler Meisterwerke p. 570 Anm. 2. Amelung die Basis des Praxiteles aus Mantinea p. 54.
1916 (633) Kopf eines Jungen Römers aus der Zeit des Augustus
mit übergezogener Toga«
Ergänzt der untere Teil der Nase, die Mitte der Oberlippe, Teile der
Toga und die Büste.
Man hat den Kopf früher für Caligula, letzthin mit größerer Wahr-
scheinlichkeit für C. Caesar, einen Sohn des Agrippa und der Iulia,
erklärt.
Bernoulli römische Ikonographie II 1 p. 305 n. 5. Mau statua di Marcello nipote
d'Augusto (Napoli 1890) p. 6. Archäol. Anzeiger XXV 1910 p. 532 f. Vgl. Band I
p. 452 n. 11.
1917 (725) Karyatide,
Gefunden zugleich mit n. 16, 1830, 1915. Ergänzt der vordere Rand
des Kalathos, die Nase, das Sinn, der Rumpf von unterhalb der Büste
bis zu den Knien nebst den daran anliegenden Teilen der Arme, die längs
des r. Unterschenkels herabreichende Faltenmasse, viele Stücke am Ge-
wände, der große Zehen des r. Fußes, die Einlassung der Plinthe.
Vgl. n. 16. Ein Gelehrter hebt mit Recht die auffällige Ver-
wandtschaft hervor, die hinsichtlich der Gewandbehandlung zwischen
dieser Statue und dem unter n. 29 besprochenen Artemistypus ob-
waltet. Der Kopf scheint eine versüßlichte Umbildung desjenigen
der knidischen Aphrodite (vgl. n. 310).
Glarac III pl. 444 n. 814B. Rom. Mitteilungen IX 1894 p. 139 ff. Fig. 2 (besonders
p. 156 u. 159). Furtwängler Meisterwerke p. 570 Anm. 2.
1918 (733) Statue der Aphrodite.
Ergänzt der Hals, beide Arme, die 1. Schulter, ein Stück an der 1.
Brust, das Gesäß, vielerlei am Gewände, besonders die Steilfalte, die vom
1. Knie niederhängt, beide Füße, soweit sie nackt sind, mit dem 1. der 1.
Unterschenkel, soweit er entblößt ist, endlich fast die ganze Plinthe. Die
Zugehörigkeit des Kopfes (erg. die Nase, die Lippen, die 1. Haarschleife,
der Schopf) ist ausgeschlossen.
Die Statue ist falsch ergänzt. Sie gab den bekannten Typus der
Aphrodite wieder, die mit beiden Händen einen Schild gefaßt hält,
um sich darin zu spiegeln. Der Typus, aus dem die Venus von Milo und
die Victoria von Brescia abgeleitet sind, ist am vollständigsten ver-
treten durch die Aphrodite von Capua im Neapeler Museum, doch ist
dieser die hier besprochene Wiederholung in der lebendigen, reichen Be-
handlung des Gewandes weit überlegen. Der Schild war augenschein-
lich aus Bronze gearbeitet; man hatte nicht für nötig gefunden, ihn auf
29*
452 VILLA ALBANI. 1919—1921.
dem 1. Oberschenkel, der vollkommen intakt erhalten ist, irgendwie
zu befestigen, da er zwischen dem Berührungspunkte auf dem
Schenkel und den beiden greifenden Händen mit genügender
Sicherheit ruhte. Ein Gelehrter hat in dem Typus ohne über-
zeugende Gründe eine Schöpfung des Skopas erkennen wollen; an-
dere führen ihn auf Lysippos zurück, dessen Kompositionsart das
Motiv des rechten, den Körper überschneidenden Armes in der Tat
entsprechen würde. Auch fehlt es nicht an Ähnlichkeiten zwischen
einzelnen Gewandmotiven hier und an sicher lysippischen Werken,
wie dem Ares Ludovisi (n. 1297) und dem Hermes Lansdowne (Mi-
chaelis ancient marbles p. 464 ff. n. 85 mit Tafel); aber sie genügen
kaum, um einen sicheren Rückschluß zu gestatten. Der Kopf, den der
Ergänzer der Statue aufgesetzt hat, stammt von einer geringen Wie-
derholung der kapitolinischen Aphrodite (n. 803).
Clarac IV pl. 602 n. 1332A. Valentin die hohe Frau von Milo T. IV 10. 8. Beinach
repertoire de la stat. II 2 p. 803 n. 4, 5. Brunn-Bruckmann Denkmäler Text zu n. 593
p. 4 f. Fig. 5. Vgl. Bernoulli Aphrodite p. 161 n. 2. Furtwängler Meisterwerke p. 638
Anm. 5.
Rechts 1919 (737) Kopf des Poseidon (?).
Ergänzt ein kleiner Flicken in der Nase, der hintere Teil der auf der
r. Seite herabfallenden Haarmasse und die Büste nebst dem Ansätze des
Halses (das r. Schlüsselbein ist alt). Oben im Scheitel ein Loch, in dem
noch ein Eisendübel steckt (zur Befestigung des Meniskos? vgl. n. 195, 196)
Die Rückseite ist unregelmäßig zugeschnitten und leicht gerauht.
Der Kopf wurde früher auf Zeus gedeutet, weil er eine entschiedene
Familienähnlichkeit mit dem Zeus von Otricoli (n. 288) verrät. Die
Verwandtschaft geht aber keineswegs so weit, daß wir annehmen
dürften, beide Köpfe seien nur verschieden ausgeführte Kopien des
gleichen Originales. Der hier besprochene Kopf zeigt eine größere
Unruhe in den Formen wie im Ausdruck, kleinere Augen,
eine leicht gekrümmte Nase, deren Nüstern stark gebläht sind,
einen verworreneren Fall des Haupt- und Barthaares. Da dieselben
oder ähnliche Eigentümlichkeiten an sicher beglaubigten Typen des
Poseidon (vgl. n. 106, 1188) nachweisbar sind, so fragt es sich, ob
wir nicht in dem albanischen Marmor vielmehr ein Bild des
Poseidon zu erkennen haben, das, wie das Original des Zeus von
Otricoli, von einem Künstler. des vorgerückten 4. Jahrhunderts v.
Ohr. geschaffen wurde und aller Wahrscheinlichkeit von dem gleichen
Meister, dem wir dieses Original glaubten zuschreiben zu dürfen, von
Bryaxis. An der Art, wie der Hinterkopf angestückt war, erkennen
wir hier die gleiche Technik, die wir bei n. 288 beobachtet haben
(vgl. dort die Bemerkungen auf p. 190 f.).
Overbeck Kunstmythologie II p. 77 n. 5; Atlas I 14. Brunn-Bruckmann Denk-
mäler n. 605 (Sieveklng). Vgl. Ausonia III 1908 p. 122 f. (Amelung).
1920 (741) Statue des Herakles.
Ergänzt die Nasenspitze, ein Teil der 1. Wange, der Nacken und die
r. Seite des Halses, der r. Arm bis auf den Ansatz, die 1. Hand, der größte
Teil der Keule, deren Mittelsttick jedoch antik ist, das r. Bein von etwas
KAFFEEHAUS. 453
über dein Knie an, der 1. Fuß abgesehen von der Ferse, Stücke am Felle
(besonders die r. Pranke), beinah die ganze Flinthe. Kopf und Körper
bestehen aus verschiedenartigem Marmor; der Kopf kann also nicht su
dem Körper gehören.
Vgl. die Bemerkungen zu n. 108. Da auch der ursprungliche Kopf
des Typus sieh nach der 1. Schulter wendete, kann die Ergänzung des
r. Armes mit der Schale nicht riohtig sein, denn zu dieser müßte der
Held emporblicken. Da aber der r. Arm, seinem Ansatz nach zu ur-
teilen, sicher erhoben war, können wir vielleicht annehmen, daß die
R. damit beschäftigt war, den Kopf mit einem Kranze oder einer geroll-
ten Binde zu schmücken, wie wir sie auf dem Kopfe von n. 108 dar-
gestellt sehen. Ein derartiger Typus kommt auf römischen Medaillons
aus der Zeit des Lucius Verus und des Commodus vor. Das Original
war zweifellos in Bronze gearbeitet, wie wir aus der starken Unter-
höhlung des Felles schließen können; dort kam also die Stütze, die der
Kopist als großen Köcher gestaltet hat, in Wegfall. Der Kopf, den
der Ergänzer dem Körper aufgesetzt hat, gehört zu einer anderen
Darstellung des Heros, deren Original im Beginne des 4. Jahr-
hunderts v. Chr. entstanden sein muß. Auch dieses Werk war augen-
scheinlich in Bronze gearbeitet; die Haupt- und Barthaare sehen wie
ziseliert aus.
Clarac V pl. 804B n. 2007 A . Furtwangler Meisterwerke p. 574 ff. Fig. 108. Brunn-
Brackmann Denkmäler Text zu n. 609 Fig. 1 (Arndt). Vgl. Beschreibung Borns HE 2
p. 549. Braun Ruinen und Museen p. 706 n. 108. Wochenschrift für klass. Philologie
1911 p. 598 f. — Medaillons mit dem Typus des sich kransenden Herakles s. bei Orueber
roman medaillons in the Brit. Mus. Fl. XXX 1; Froehner Medaillons romains p. 123-,
Onecchi medaglioni romani T. 75, 1 ; 77, 1 ; 83, 5 und 6. — Eine Statue des Herakles mit
einem Kopfe des Typus, wie ihn der Ergänzer hier verwendet hat, s. in Ny-Carlsberg
Glyptotheks antike Kunstvaerker T. XVIII n. 250. Vgl. Arndt a. a. O. Anm. 2.
1921 (744) Archaischer Porträtkopf eines Griechen.
Ergänzt die Nasenspitze, ein Stück des 1. Nasenflügels, ein Flicken
an der r. Schlafe, die untere Hälfte des r. Ohres, die Herme.
Die Ausführung zeigt eine solche Frische und Kraft, daß man ge-
neigt sein könnte, den Kopf für eine griechische Originalarbeit etwa
aus der Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. zu erklären. Besonders
wirkungsvoll ist die lebendige Behandlung der geöffneten Lippen.
Aber durch die Verwendung des Bohrers in den Bartlöckchen verrät
sich doch der Kopist. Die Deutung auf Peisistratos, die mit einer
angeblichen Ähnlichkeit zwischen dem Kopfe und dem Porträt des
Perikles (n. 276) sowie damit begründet wurde, daß in unserer Über-
lieferung von einer gewissen Ähnlichkeit zwischen diesen beiden
Männern die Bede ist, bedarf heute keiner Widerlegung mehr. Das
Original des Kopfes, das wir uns augenscheinlich in Bronze vorzu-
stellen haben , ist riohtig als eine Schöpfung des myronisohen Kreises
bezeichnet worden.
Furtwangler Meisterwerke T. XX p. 352. Arndt -Brackmann griech. u. röm.
Porträt« n. 76 1, 762. Hekler Bildniskunst der Griechen u. Römer p. VIII T. 2.
Vgl. Bull, dell' Inst. 1851 p. 87 f. Braun Ruinen und Museen p. 707 n. 110. Lippold
griech. Portrfttstatuen p. 32.
454 VILLA ALBANI. 1922—1924.
1922 (749) Statue der Eora (Persephone).
* Ergänzt an der r. Hand der Zeigefinger, der Daumen und das vorderste
Glied des Mittelfingers, der 1. Arm abgesehen von der inneren Hälfte
des Oberarmes, das dem 1. Ellenbogen benachbarte Stück des herabfal-
lenden Ärmels, die äußeren Teile der Plinthe.
Die Auffassung und der Stil lassen darauf schließen, daß diese
Statue ein Bronzeoriginal aus dem Kreise des Pheidias, wahrscheinlich
ein Werk des Pheidias selbst, wiedergibt. Man hat sie für Demeter er-
klärt, weil sie hinsichtlich der Anordnung der Gewänder mit einer auf
einem eleusinischen Relief dargestellten Figur übereinstimmt, die
von einigen Gelehrten als Demeter gedeutet wurde. Doch ist
die Deutung der Relieffigur auf Kora die weitaus wahrschein-
lichere, und es spricht nichts dagegen, diese auf die albanische
Statue zu übertragen. Die Formen wie der Ausdruck des Kopfes, die
eng anliegende Haube, die von der antiken Kunst häufig göttlichen
wie sterblichen Jungfrauen beigelegt wird, und die kurzen krausen
Locken, die unter der Haube vorquellen, passen besser für eine jung-
fräuliche als für eine matronale Göttin. Die r. Hand kann recht wohl
eines der für Kora geeigneten Attribute, etwa ein aus Metall gearbei-
tetes Blumenbüschel, gehalten haben. Nach dem erhaltenen Teile des
1. Oberarmes ist es wohl möglich, daß die Statue wie die Relieffigur die
gesenkte 1. Hand auf eine lange Fackel legte, die oben an die 1. Schulter
gelehnt und an der Statue nioht aus Marmor, sondern aus einem an-
deren Material, etwa vergoldetem Holze, gearbeitet war. Vgl. n. 989.
Clarac V pl. 936F n. 2264. Overbeck Kunstmythologie III p. 428, p. 446, p. 469
n. 20; Atlas XIV 11. Jahrbuch der Kunstsammlungen des Allerh. Kaiserhauses XII
(Wien 1890) p. 72 Fig. 2. Brunn-Bruckmann Denkmäler n. 255. Jahreshefte d. Österr.
archftol. Instituts XIV 1911 p. 8 ff. Abb. 8, p. 42 Abb. 46, p. 44 f. (zu der Demeterstatue,
die Schrader in dieser Arbeit dem gleichen Künstler zuschreiben will, wie die Kora,
vgl. die Bemerkungen zu n. 1094). Vgl. Boscher mythol. Lexikon ü^p. 1354. Furt-
wangler Meisterwerke p. 100. Kekule von Stradonitz über Kopien einer Frauenstatue
aus der Zeit des Pheidias (Berlin 1897) p. 26 ff., p. 86 Anm. 32. Furtwangler griechi-
sche OriginalBtatuen aus Venedig p. 11 ff. (Abhd. d. bayex. Ak. d. Wiss. I. CT. XXI,
Bd. II. Abt. p. 285 ff'.). Arndt- Amelung Einzelaufnahmen, Serie II p. 39 zu n. 497.
Bonner Jahrbücher Gl 1897 p. 162. Pauly-Wissowa Bealenzyktopadie Supplement
I p. 291 Nachtrag zu 8. 2320, 20. Der Kopf: Arndt-Amelung Einzelaufnahmen n.
1115 — 16. Jahresh. d. österr. arch.Inst. a. a. O. p. 11 Abb. 13, 14. Über das eleusinische
Relief: Friederichs-Wolters Bausteine n. 1182. Boscher mythol. Lexikon II p. 1347 ff.
Athen. Mitteilungen XX 1895 p. 247 ff. Wochenschrift für klass. Philologie 1904 p. 903.
Svoronos das athen. Nationalmuseum I T. XXIV, XXV p. 106 ff. Furtwangler- Urlichs
Denkm. griech. u. röm. Skulptur Handausgabe (3. Aufl.) T. 13 p. 45 ff. Jahresh. d. österr.
arch. Inst. a. a. O. p. 6 ff. Abb. 4.
Durchgang zu der Galleria del Canopo.
Im r. Seitenraum:
1923 (711) Schwebende Mädchenfigur*
Nach Clarac, Texte HI p. 74, gefunden in der tiburtmer Villa des
Hadrian. Ergänzt vonCavaceppi beide Arme, Stücke beider Brüste, der 1.
Unterschenkel mit dem Knie, der halbe r. Fuß, vielerlei am Gewände, der
größte Teil der Plinthe. An dem Kopfe erg. fast die ganze Stephane, die
Nasenspitze, die hinter den Ohren herabfallenden Locken, deren Anaatze
aber erhalten sind, und der Nacken nebst dem Halsansatze; der Kopf ist
antik, gehört aber nicht zu dem Körper.
DURCHGANG ZU DER GALLERIA DEL CANOPO. 455
Dargestellt ist ein herabschwebendes Madchen, dessen Gewänder
durch die Luftströmung gebauscht und in zahlreiche Falten gebrochen
werden. Die Statue geht offenbar auf ein bedeutendes Original zurück.
Das schwierige Motiv des Herabschwebens ist in der glücklichsten
Weise wiedergegeben und macht einen um so natürlicheren Eindruck,
als der Stamm, der die Figur mit der Plinthe verbindet, größtenteils
durch das Gewand und die Füße bedeckt wird. Das Faltenspiel zeich-
net sich durch Reichtum wie durch Klarheit aus. Die für die Statue
vorgeschlagenen Deutungen auf Hera oder Iris brauohen heute nicht
mehr widerlegt zu werden. Vielleicht hatte Cavaceppi recht, wenn er
in der Figur eine Selene vermutete, obwohl er mit der Fackel, die er der
Göttin in die R. gab, keinesfalls das Richtige getroffen haben kann.
Man würde vielmehr an Selene zu denken haben, wie sie zu Endymion
herabschwebt (vgl.n. 18, 795, 807). Der der Statue aufgesetzte Kopf
erinnert an praxitelische Kunstweise, ist aber, wie die Inno Ludovisi,
mit dem Schöpfe der iulisch-claudischen Epoche ausgestattet; auch
hat er mit jenem Werke den Schmuck der geknoteten wollenen Binde
am unteren Rande des Diadems gemein (vgl. n. 1305).
Raffei osservazioni sopra alcuni monumenti esistenti nella villa Albani diss. VII
T. n p. 125ff. Clarac in pl. 415 n. 719, pl. 416 n. 710A. Der Kopf: Arndt-Amelung
Einzelaufnahmen n. 1121, 1122. Vgl. Bull, dell' Inst. 1849 p. 71, Ann. 1652 p. 230.
Braun Ruinen und Museen p. 709 n. 112. Overbeek Kunstmythologie III p. 202 Anm.
65. Furtwängler Meisterwerke p. 558 Anm. 1.
1924 (706) Relief, Theseus und Aithra.
Der Jesuit Vulpius sah dieses Relief 1732 in einer bei Ostia gelegenen
Vigna und veröffentlichte es nach einer ganz ungenauen Zeichnung in
seinem Werke Vetus Latium profanum vol. VI (Bomae 1734) T. 15. Als
Winckelmann 1763 einen Ausflug nach Ostia unternahm, fand er das Re-
lief, wie es scheint, in derselben Vigna wieder (Winckelmann Briefe an
Bianconi § 35, 26. März 1763, Werke Bd. II, Stuttgart 1847, p. 214. Fea
misc. I p. CLXXXXI n. 3) und publizierte es genauer als sein Vorgänger
in den Mon. ant. ined. T. 96, II p. 130. Ergänzt an dem ersten Mädchen
von links der Kopf abgesehen von dem untersten Stücke, die 1. Hand mit
einem Stück des Felsens und der r. Arm, an dem folgenden Mädchen das
halbe Gesicht und ein Stück des Hinterkopfes, an der Figur des Theseus
beinah das ganze Gesicht, der r. Vorderarm — doch ist die r. Hand antik —
und der r. Fuß, an dem rechts von dein Felsen stehenden Mädchen der
Kopf und die r. Hand, an der folgenden Matrone der vordere Teil des
Schädels, die Stirn, die Augen, die Nase, die Lippen, an dem neben ihr
befindlichen Jüngling der obere Teil des Schädels, die Stirn, der 1. Arm
mit der Hand bis auf vier der Finger, der Griff des Schwertes, das 1. Bein
von der Mitte des Oberschenkels abwärts, an dem Grunde die 1. obere
Ecke. Ein Bruch geht durch den Hals der Matrone und dann links von
ihr abwärts durch den Fuß des weiter links stehenden Mädchens. Das
Gesicht des rechts stehenden Jünglings ist ganz überarbeitet. Schlechte
Arbeit.
Ab Aigeus die von ihm schwangere Aithra in Troizene zurückließ,
barg er seine Sohuhe und sein Schwert unter einem Felsblock und be-
fahl seiner Geliebten, falls sie einen Sohn gebäre, diesem nicht eher
mitzuteilen, wer sein Vater sei, als bis der Jüngling sich fähig gezeigt
habe, den Felsblock abzuwälzen; dann solle sie den Sohn nach Athen
schicken und ihm die Schuhe und das Schwert als Erkennungszeichen
456 VILLA ALBANI. 1926—1928.
mitgeben. Auf der 1. Seite der Platte ist Theseus dargestellt, wie er
in Gegenwart zweier troizenisoher Madehen das von seinem Vater
verlangte Probestück vollzieht. Der Kraftaufwand, den er dabei ent-
faltet, ist mit der Gewandtheit und Anmut verbunden, wie sie im be-
sonderen die attische Gymnastik in dem Jünglingskörper entwickelte.
Die rechts dargestellte Szene ist bald auf Aigeus gedeutet worden, der Ai-
thra in Gegenwart von zwei Mädchen, etwa Dienerinnen, über das von
seinem zukünftigen Sohne zu fordernde Probestück unterrichtet,
bald auf Theseus, wie er, im Begriff die Reise nach Athen anzutreten,
von seiner Mutter Abschied nimmt. Diese Erklärung ist die wahr-
scheinlichere, da der neben Aithra stehende Jüngling die größte Ähn-
lichkeit mit dem auf der anderen Seite dargestellten Theseus zeigt.
Der scheibenförmige Gegenstand, auf den er den r. Fuß setzt, ist of-
fenbar identisch mit der häufig auf kampanischen Wandbildern
wiedergegebenen Walze, deren sich die Alten zur Ebenung von Wegen,
Spielplätzen und zu ähnlichen Zwecken bedienten.
Zoega I 48. Miliin gal. myth. pl. 128, 482*. Hirt Götter und Heroen T. 88, S26.
Guigniaut rel. de l'ant. pl. 106, 696. Arndt-Amelung Einzelaufnahmen n. 1126. Vgl.
Braun Ruinen und Museen p. 710 n. 113. Aren. Zeitung XXVII 1869 p. 107.
Im 1, Seitenraume:
1925 (641) Statue des Marsyas.
Ergänzt die Nase, ein Teil der r. Braue, beide Beine von der Mitte der
Oberschenkel abwärts und beide Arme vom Biceps bis unweit der Hand-
wurzeln. Die antiken Teile sind von moderner Hand mehr oder minder
übergangen.
Wie an allen aus weißem Marmor gearbeiteten Marsyas -Statuen
erscheint auch an dieser das pathologische Element weniger scharf
betont und die Charakteristik weniger naturalistisch, als an den Exem-
plaren, die in phrygischem Marmor (paonazzetto) ausgeführt sind.
Vgl. n. 951.
Overbeck Kunstmythologie IYfp. 476 n. 1; Atlas XXVI 26.
Galleria del Canopo.
1926 (698) Büste eines Barbaren.
Ergänzt der Vorderteil der Nase, Stücke an den Ohren, der größte
Teil der Büste, das Schnauzenstück und die Pfoten des Fantherfelles.
Die Büste ist das Porträt eines Barbaren, der nach dem wolligen
Haare, dem breiten, flachen Gesicht und den dicken Lippen eine starke
Beimischung von Negerblut hatte und dessen afrikanische Herkunft
durch das über die 1. Schulter geworfene Pantherfell bestätigt wird.
Der Mann mag sich als Gesandter oder Geißel in Born aufgehalten
und bei dieser Gelegenheit seine Porträtbüste bestellt haben. Die
Weise der Ausführung deutet auf vorhadrianisohe Zeit; die Locken
am Vorderkopfe sind behandelt, wie an den weiblichen Portratköpfen
aus der Zeit der Flavier.
GALLERIA DEL CANOPO. 457
Arndt-Bruckmann griech. u. röm. Portrats n. 729, 730. Vgl. Berichte der sächs.
Gesellschaft der Wissenschaften 1868 p. 130.
1927 (696) Mosaik, Befreiung der Hesione.
Gefunden 1760 in Atina (bei Arpino) im Neapolitanischen.
Telamon geleitet die befreite Hesione von dem Felsen herab, an den
sie angeschmiedet war, um dem Meerungeheuer als Opfer zu dienen.
Dabei steht Herakles, der mit seinen Pfeilen das Tier getötet hat, in
selbstbewußter Haltung, die R. auf die Keule gestützt, seinen Bogen
und zwei Pfeile in der L., während vorn der von einem Geschosse
durchbohrte Kopf des Ungeheuers aus dem Meere hervorragt. Der
viereckige, giebelförmig zugespitzte Gegenstand, der neben Hesione
auf dem Boden steht, ist ein Toilettenkästchen. Wir begegnen einem
solchen auf kampanischen Wandgemälden sowohl neben der ausge-
setzten Hesione wie neben der in gleicher Lage befindlichen Andromeda.
Mit dieser Erklärung stimmt auch der Spiegel, der auf unserem Mosaik
an den hinter Hesione hervorragenden Felsen angelehnt ist, sowie das
Salbfläschchen vor ihr. Es sind dies Gegenstände, mit denen man
Leichen von Mädchen und Frauen im Grabe zu umgeben pflegte, und
ihre Beifügung auf dem Mosaik erklärt sich daraus, daß Hesione wie
Andromeda als dem Tode geweiht galt. Die männlichen Figuren
erinnern in ihrer beweglichen Haltung an lysippische Typen, in den
etwas theatralischen Posen an den Apollon vom Belvedere (n. 157);
die Figur der Hesione ist dem Typus der Venus von Capua (n. 1918)
verwandt. All diese Parallelen weisen in die gleiche Zeit, in die zweite
Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. Augenscheinlich, gibt also das
Mosaik ein Gemälde dieser Epoche wieder. Auffallend ist, wie stark
die perspektivische Verkleinerung der einzelnen Figuren im Verhält-
nis zu ihrer Entfernung vom Beschauer übertrieben ist. Sehr fein
sind in der Komposition die verschiedenen Farben, Licht und Schat-
ten benutzt, um die einzelnen Teile im Gleichgewicht zu erhalten.
In der Zeit, auf die sich das Original des Mosaiks zurückführen läßt,
hat Antiphilos aus Ägypten eine Hesiona nobilis gemalt (Plin. n. h.
XXXV 114); aber es fehlt uns jeder weitere Anhält, das Mosaik mit
dieser Überlieferung in Zusammenhang zu bringen, zumal seine Kom-
position wohl einen gesohickten, aber keineswegs einen bedeutenden
Eindruck macht.
Winokelmann monum. ant. ined. T. 66, II p. 90—92. Miliin gal. myth. pl. 115 n. 443.
Hirt Götter und Heroen T. XXX 266. Guigniaut rel. de l'ant. pl. 282, 663. Vgl. Be-
schreibung Borns III 2 p. 554. Welcker alte Denkm. II p. 302. Braun B-uinen und Mu-
seen p. 718 n. 124. Die Wandgemälde: Heibig Wandgemälde der vom Vesuv verschüt-
teten Städte Campaniens n. 1132 (Altas XIV), 1183, 1187. Vgl. Ann. dell' Inst. 1872
p. 116 ff. Bodenwaldt die Komposition der pompej. Wandgemälde p. 80 f.
1928 (682) Ifeis (?) ans rotem Marmor (rosso antioo).
Ergänzt der Kopf mit der Schlange, der Hals, der Schwanz, der unter
dem Schwänze befindliche Felsen, die Beine, wahrscheinlich auch die
Klauen und die Flinthe.
458 VILLA ALBANI. 1929—1932.
Die Wahl des roten Marmors ist vielleicht durch die Farbe, die
der dargestellte Vogel in der Natur hat, bestimmt, die Ausführung
sehr delikat.
Beschreibung Borns III 2 p. 407 n. 19. Braun Ruinen und Museen p. 715 n. 118.
Araelung Vatikankatalog II p. 380 n. 112.
1929 (684) Atlas den Himmel tragend.
Antik sind nur der obere Teil des Atlas von dem unteren Ende
der Brust an (daran ergänzt Käse und Stirn, der r. Ann mit der Hand, zwei
Finger der l. Hand), das auf seinem Rücken aufliegende Viereck, in
dem Phosphoros und Hesperos (Morgen- und Abendstern) dar-
gestellt sind, und die unmittelbar an dieses Viereck ansetzen-
den Zeichen des Tierkreises, links das der Jungfrau (ergänzt der Kopf
und die vordere Hallte des r. Unterarmes mit dem benachbarten Teile des Gewandes),
rechts das der Wage. Doch genügen die erhaltenen Teile, um zu
erkennen, daß der Himmel nicht als Globus, sondern als eine von
dem Zodiacus umgebene Scheibe gebildet war. Phosphoros und
Hesperos erscheinen als Jünglinge, jeder mit einer Fackel in den
Händen und mit einem Sterne über dem Haupte. Jener schwebt
aufwärts mit emporgerichteter, dieser abwärts mit gesenkter Fackel.
Das Sternbild der Wage ist durch einen Jüngling vergegenwärtigt,
der in der gesenkten R. eine Wage hält (ergänzt die l. Hand und der r.
Arm von etwas über dem Ellenbogen abwärts; doch ist das Attribut antik).
Andere volltändiger erhaltene Darstellungen des Zodiacus haben
als Mittelpunkt entweder einen thronenden Zeus oder einen den
Sonnenwagen lenkenden Helios. Der Ergänzer unseres Marmors hat
sich für das erste dieser beiden Motive entschieden und in das Rund
eine stark ergänzte, nicht zugehörige Zeusfigur eingesetzt.
Guattani mon. ant. ined. per l'anno 1786 Luglio T. III p. 58 — 56. Zoega II 108.
Müller-Wieseler Denkmäler der alten Kunst II 64, 823. S. Beinach repertoire de la stat.
II 2 p. 424 n. 4. Thiele antike Himmelsbilder p. 25 Fig. 3. Vgl. Baoul-Rochette me-
moire sur les representations flgurees du personnage d' Atlas p. 67 f. Braun Ruinen und
Museen p. 712 n. 116. Gerhard gesammelte akademische Abhandlungen I p. 20, p. 43
n. 2. Gaedechens der marmorne Himmelsglobus zu Arolsen p. 8, p. 35 n. 3.
1930 (685) Vierseitige Basis, Ctötterzng.
Die Basis befand sich bereits im sechzehnten Jahrhundert Über der
Erde, da sie im Codex Pighianue gezeichnet ist (Berichte der Sachs. Ges.
der Wissenschaften 1868 T. V 4 p. 193 n. 77). Ergänzt die beiden Unteren
Vorderecken, das Gesicht und der r. Arm des Dionysos, der Kopf und der
r. Arm des Hermes — doch sind zwei Finger und der Caduceus antik — ,
die ganze hinter Hermes schreitende Figur abgesehen von einem Stücke
des 1. Vorderannes. Die Zeichnung des Flghius gibt Hermes mit einem
bärtigen Kopfe wieder. Die Bellete sind an mehreren Stellen von moderner
Hand Überarbeitet, namentlich an der Figur des Dionysos, die in jener
Zeichnung über dem kurzen Chiton nicht mit einem Panzer, sondern mit
einer Nebris bekleidet erscheint.
Die Darstellung wird gewöhnlich auf die Hochzeit des Zeus und
der Hera bezogen. Man vermutet, daß der vor dem L Knie der Arte-
mis erhaltene Gewandzipfel von Apollo herrühre, der, das Hoch-
zeitelied vortragend, den Zug eröffnete, und daß die zwei Fackeln
GALLERIA DEL CANOPO. 459
haltende Artemis als Brautführerin aufzufassen sei. Die hinter Arte-
mis schreitende matronale Göttin, die ein Zepter in der E. hält,
wird auf Leto, Tethys oder Rhea gedeutet. Es folgen Zeus mit Donner-
keil und Vogelzepter, Hera, die den Kopf züchtig neigt und den
über ihren Hinterkopf herabreichenden Mantel in archaischer Weise
mit der L. längs der Wange vorgezogen halt, dann Poseidon mit dem
Dreizack, Demeter mit Zepter und einem Strauße von Mohnblumen
und Ähren, Dionysos mit dem Thyrsos, Hermes mit dem Caduceus.
Die hinter dem Letztgenannten vorschreitende Figur, von der sich
nur ein Stück des 1. Vorderarmes erhalten hat, wird Hestia gewesen
sein, die in ähnlichem Zusammenhange mit Hermes gepaart zu werden
pflegt. Doch ist die Deutung auf den Hochzeitszug des Zeus und der
Hera keineswegs zwingend. Der Bildhauer würde, falls er diesen
Vorgang darstellen wollte, das Brautpaar in sehr ungeschickter Weise
auf zwei Seiten der Basis verteilt haben. Außerdem wissen wir weder,
ob auf der fehlenden vierten Seite eine Weihinschrift oder andere an
dem Zuge teilnehmende Götterfiguren angebracht waren, noch wie-
viel von den beiden dem verlorenen Stücke benachbarten Seiten fehlt.
Unter solchen Umständen scheint es geraten, sich mit der allgemei-
neren Benennung eines Götterzuges zu begnügen. Die Ausführung
ist flau, die Nachahmung des archaischen Stiles stark gekünstelt.
Zoega II 101. Welcker alte Denkmäler II T. 1 p. 14 — 26. Overbeck Kunstmytho-
logie II p. 22 n. 5, III p. 174G (wo weitere Literatur angeführt ist), p.402/tf; Atlas I 4,
X 29. Vgl. Hauser die neu-attischen Reliefs p. 62 n. 91, p. 171.
1931 (676) Kolossalkopf des Sarapis ans grünem Basall.
Ergänzt der obere Band des Modius, Splitter am Haare, die Nasen-
spitze, der 1. Schnurrbart, der untere Teil des Gesichtes vom Munde ab-
wärts, viele Flicken im Hinterkopfe, die Büste.
Das antike Kopffragment stammt von einer vorzüglichen Wieder-
holung des Typus, über den wir unter n. 237 gehandelt haben. Der
Kopist hat für seine Arbeit den dunkelgrünen Basalt gewählt, um
damit die düstere Hauptfarbe des Originales, der kolossalen Sarapis-
statue des Bryaxis im Sarapeion zu Alexandreia, nachzuahmen. Der
Modius ist mit drei Olivenzweigen in Relief verziert. An einer anderen
Wiederholung des gleichen Typus im Garten des Palazzo Barberini
sehen wir an gleicher Stelle ein Bäumchen und zwei Ähren. In beiden
Fällen haben wir augenscheinlich nur Auszüge aus dem reicheren
Schmucke des viel größeren Modius an dem Originale zu erkennen.
Vgl. ferner n. 288, 298, 770, 1919.
Overbeck Kunstmythologie II p. 310, lü; Atlas III 14. Vgl. Bevue archeologique
1903 II p. 192 f. n. 14.
1932 (668) Jünglingstorso.
Der Torso scheint nach der zarten Körperbildung und den auf die
Schulter herabfallenden Locken von einer Apollonstatue herzurühren.
Er zeigt die großartig-einfache, noch eine gewisse Strenge bekundende
460 VILLA ALBANI. 1938—1934.
Formengebung, wie sie der attischen Kunst in der ersten Hälfte des
5. Jahrhunderts zu eigen war. Augenscheinlich haben wir es mit einer
vortrefflichen Kopie nach einem Bronze-Originale jener Zeit zu tun.
Arndt-Amelung Einzelaufnahmen n. 1098. Vgl. Sauer das sogenannte Theseion
p. 219 Anm. 1.
1933 (662) Statue der Artemis.
Ergänzt an der Figur der Göttin der r. Arm, der 1. Zeigefinger und
Daumen, der vordere Teil des r. Fußes, an dem Tiere der Kopf, die Vorder-
beine, die untere Hälfte des 1. Hinterschenkels, außerdem beinahe die ganze
Flinthe. Der der Statue aufgesetzte Kopf (ergänzt die Nase, sowie das
Bruststück mit dem Halse) ist antik, aber nicht zugehörig.
Die Statue, deren einfach-strenger Stil auf ein attisches Original
etwa aus der Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. zurückweist, wird mit
größter Wahrscheinlichkeit für Artemis erklärt. Auf diese Göttin
passen sowohl die jungfräulichen Formen des Körpers wie die Attri-
bute. Der seitwärts gestreckte r. Arm war offenbar auf einen stab-
artigen Gegenstand, einen Speer, ein Zepter oder eine hohe Fackel,
gestützt. Daß man das auf der L. ruhende Tier richtig als Hirschkalb
ergänzt hat, beweisen der schlanke Leib und die erhaltene r. Hinter-
klaue, die gespalten erscheint. Wenn die Göttin das Hirschkalb auf
der Hand hält, so erklärt sich dies einerseits daraus, daß Artemis
nicht ausschließlich als Jägerin sondern auch als Schirmerin der Waldes -
brut verehrt wurde, und anderseits daraus, daß die noch unfreie
griechische Kunst die heiligen Tiere in möglichst enge Beziehung zu
den Gottheiten zu setzen liebte (vgl. n. 1548). Ein Fragment einer
besseren Wiederholung der Figur, vielleicht des Originales, be-
findet sich im lateranischen Museum (vgl. in diesem Bande p. 5).
Der der Statue aufgesetzte, antike aber nicht zugehörige Kopf rührt
von einer Wiederholung des praxitelisohen Sauroktonos her (vgl. n.
191, 1852).
Clarac II pl. 678 F n. 1621 B. Qerhard antike Bildwerke T. 12. Boscher mythol.
Lexikon I 1 p. 596, abgebildet p. 562. Brunn-Bruckmann Denkmäler griech. u. röm.
Skulptur n. 606. Vgl. Winckelmann mon. ant. ined. II p. 84. Beschreibung Roms
I1T 2 p. 551. Gerhard Prodromus p. 179 ff. Stephan! compte-rendu pour 1868 p. 221
Anm. 5. Bull, dell' Inst. 1868 p. 97. Furtwangler Meisterwerke p. 43. Klein Praxi-
teles p. 110 n. 6.
1934 (663) Mosaik, Gelehrtenversammlung.
Gefunden au Sarsina in Umbrien.
Das Mosaikbild, das eine Versammlung von sieben Gelehrten um
einen am Boden stehenden Globus darstellt, geht auf ein ähnliches
Original zurück wie ein besser ausgeführtes und erhaltenes Exem-
plar, das im Jahre 1896 bei Pompei entdeckt wurde und beistehend
unter Auslassung des Rahmens (Fig. 41) abgebildet ist. Die Haupt-
unterschiede, die zwischen den beiden Bildern obwalten, sind fol-
gende: Auf dem albanischen Exemplare erscheinen der erste und der
vierte Gelehrte von links bartlos, wogegen das pompeianisehe alle
sieben mit Vollbärten wiedergibt. Während der am linken Ende
GALLERIA DEL CANOPO. 461
der Gruppe dargestellt« Mann auf dem hiesigen Bilde in der gesenkten
R, eine Schlange hält, streckt er auf jenem die r. Hand halb geöffnet
nach vorwärts; dabei legt er seine 1. Hand auf die r. Schalter des
vor ihm sitzenden Gelehrten.*) Der dritte Mann von links ist auf
dem albanischen Mosaik untätig dasitzend und ohne Attribut dar-
gestellt. Hingegen hält er auf dem pompeianiachen einen abwärts
•) Es scheint eich mischen diesen Beiden und dem Gcgcnti beistehen den «lue
lebhafte Siene abzuspielen, in der die Übrigen nur als ZuHchiuer teilnehmen. Dar
rechte Stehende wendet eich, sie wolle er geben, und blickt dabei au der linken
Gruppe hinüber, in seiner Bewegung liegt etwas Erregtes, Unschlüssiges. Der
Sltionde links deutet mit seiner Rechten iu dem rechts Stehenden hlnBber, wendet
»her seinen Kopf iu dem In seinen Kücken Stehenden um. Dieser blickt abwkru), nicht,
wie man angenommen hat, auf seine recht« Hand, sondern in der Richtung auf den
Globus. Dabei scheint in der Art seiner- Kopfneigung etwu Gezwungenes, ein
storrigea Einsehen eigenen Unrechtes ra liegen. Freilich führen uns diese Beobach-
tungen mnschst nicht weiter, aber es scheint eich doch um eine Darstellung be-
stimmter Widerspräche zwischen euuelnen Philosophen iu handeln.
462 VILLA ALBAN1. 1934.
gerichteten Stab und scheint damit etwas in den Sand zu zeichnen ;
dabei ist sein Blick auf den Globus gerichtet. Der am weitesten rechts
dargestellte Gelehrte deutet auf dem hiesigen Bilde mit einem Stabe,
den er in der R. hält, auf den Globus, wogegen er auf dem pom-
peianischen in der L. eine Schriftrolle hält und deren oberes Ende
mit der R. berührt. Beide Bilder zeigen hinter der dritten Figur
von rechts eine von einer Sank getragene Sonnenuhr. Auf
-dem albanischen ist rechts im Hintergrunde eine Gruppe von Ge-
bäuden, auf dem pompeianischen ein mit Gebäuden bedeckter Hügel
sichtbar. Während sich auf dem hiesigen Mosaik hinter den beiden
am weitesten links dargestellten Figuren ein von zwei Pfeilern ge-
stützter Arohitrav erhebt, auf dem drei weitbauchige, mit Deckeln
versehene Gefäße stehen, erscheint dieses Motiv auf dem pompeia-
nischen Mosaik erweitert und verdeutlicht durch die Beifügung eines
Baumes, von dem aus sich ein gewaltiger Ast in den zwischen den
beiden Pfeilern vorhandenen Raum erstreckt. Es handelt sich dem-
nach um ein ländliches Heiligtum, in dem ein Baum als Kultusobjekt
dient, ein Motiv, das erst von der hellenistischen Kunst, aber von
dieser sehr häufig zur Darstellung gebracht wurde (vgl. n. 1847).
Wenn nun ein intelligenter Mosaikarbeiter, der über die Authentizität
des albanischen Exemplares befragt wurde, den Verdacht geäußert
hat, daß die Dinge, in denen dieses von dem pompeianischen Bilde
abweicht, ihren Ursprung durchweg oder wenigstens zum größten
Teil einer modernen Restauration verdanken könnten, so scheint diese
Annahme doch zu weit zu gehen. Die Abweichungen sind zu erheb-
lich, und nicht alle lassen sich so ohne weiteres, wie die Schlange
in der R. des links stehenden Mannes, dem Unverstand eines moder-
nen Restaurators zur Last legen.*) Vorsichtiger wird es sein, die
beiden Mosaike auf zwei verschiedene Originale verwandter Art zu-
rückzuführen. Auf beiden wäre eine Versammlung von Gelehrten
in der gleichen Umgebung dargestellt gewesen. Jedenfalls aber
müssen wir die Beurteilung beider Denkmäler notwendig auf das pom-
peianische basieren, da wir nur bei diesem sicher sind, daß es durch
keine moderne Restauration modifiziert ist. Zunächst beweist die
individuelle Charakteristik der Figuren, daß das Original in der
hellenistischen oder in der griechisch-römischen Periode gestaltet
ist, eine Annahme, die in dem spezifisch hellenistischen Motive
des heiligen Baumes eine Bestätigung findet. Hinsichtlich der Bedeu-
tung des Bildes sind verschiedene Ansichten dargelegt worden. Einige
Gelehrte erkennen darin eine Komposition, die ähnlich, wie Raphaels
*) Man vergleiche den links Sitzenden mit der Statue des sog. sitzenden De-
mosthenes im Louvre (Clarac 283, 2090 A; BernoulH griecta. Ikonographie II p. 71
n. 15), einer Bronze in Paris (S. Beinach räpertoire de la stat. II 2 p. 620, 0) und
einem Wandgemälde aus Herculanum (Le antichitA di Ercolano II tav. 25 links).
GALLERIA DEL CANOPO. 463
Schule von Athen, die Hauptvertreter der griechischen Philosophie,
ohne Bücksicht auf ihre Zeit und Heimat, zusammenstellt, und
schlagen für die sieben Figuren von links nach rechts folgende Be-
nennungen vor: Zenon (der Stoiker), Aristoteles, Pythagoras, Epi-
kur, Piaton, Sokrates, während hinsichtlich der am r. Ende des Bildes
dargestellten Figur die Deutung zwischen Theophrast, Pyrrhon und
Karneades schwankt. Wir kennen Porträts von dem Stoiker Zenon
(vgl. n, 282), Epikur (n. 283, 831), Piaton (n. 261), Sokrates (n. 809
bis 811, 1884), Theophrast (n. 1881) und vielleicht auch dasjenige des
Karneades (vgl. n. 812). Die Typen des Zenon, Epikur, Sokrates,
Theophrast und Karneades sind aber von denen der Figuren, die man
auf dem Mosaik für diese Philosophen erklären will, durchaus ver-
schieden. Zwischen dem Portrat des Piaton und dem Kopfe der
dritten Figur von links ist allerdings eine gewisse Ähnlichkeit vor-
handen. Doch scheint sie nicht schlagend genug, als daß die Identi-
fizierung für gesichert gelten dürfte. Andere Gelehrte halten an der
Deutung dieser Figur uuf Piaton fest, nehmen jedoch an, daß er
nicht mit den berühmtesten Vertretern der griechischen Philosophie
gruppiert, sondern, umgeben von seinen Schülern und Anhängern,
in der athenischen Akademie dargestellt sei. Da man nun glaubte
annehmen zu dürfen, der vermeintliche Piaton sei damit beschäftigt,
eine geometrische Figur in den Sand zu zeichnen, meinte ein Ge-
lehrter, daß eine derartige Handlung auf den Verfasser desTimaios
recht wohl passen würde. Da aber der Blick des „Piaton" auf den
Globus gerichtet ist, kann es sich nicht um eine einfache geo-
metrische Deduktion handeln, sondern um eine astronomische Unter-
suchung. Auch irrt derselbe Gelehrte, wenn er in dem mit der länd-
lichen Kapelle verbundenen Baume einen der heiligen Ölbäume des
Akademoshaines erkennen will; denn die Stilisierung dieses Baumes
deutet keinesfalls auf einen Ölbaum, sondern eher auf eine Platane.
Der Archaolog, der zunächst das Mosaikbild auf die athenische Aka-
demie bezog, macht mit Becht auf die Ähnlichkeit aufmerksam, die
zwischen dem Kopfe der zweiten Figur von links und dem bekannten
Porträt des Lysias (vgl. n. 842) besteht. Wenn er jedoch jene Figur
daraufhin Lysias benennt, so fällt es schwer, diese Benennung mit
seiner Auffassung der Komposition in Einklang zu bringen; denn
Lysias war in dem Kreise des Piaton übel angesehen und hatte mit
der Akademie nichts zu tun. Jedenfalls beruht der Versuch, das
Mosaikbild auf Piaton und seine Schule zu deuten, auf einer sehr
unsicheren Grundlage, da die Erklärung der Hauptfigur für Piaton
zweifelhaft ist.
Fast alle Forscher, die sich bisher über das pompeianische Mosaik
geäußert, haben es als selbstverständlich betrachtet, daß der im
Hintergrunde befindliche Hügel die athenische Akropolis sei. Aber
464 VILLA ALBANI. 1984.
diese Annahme ist keineswegs zwingend. Vielmehr leuchtet es ein, daß
jedweder mit Gebäuden bedeckte Hügel, wollte man ihn in der an-
deutenden Weise wiedergeben, die auf dem Mosaik zur Anwendung
gekommen ist, unter ähnlichen verkümmerten Formen zur Darstel-
lung gebracht werden mußte, wie es hier geschehen ist. Es kann sich
demnach recht wohl um einen Hügel handeln, der in oder bei der
Residenz einer Diadochendynastie lag. Erwägen wir ferner die Tat-
sache, daß der hellenistische Lokalcharakter durch die Beifügung des
ländlichen Kultusmales betont ist, so scheint die Frage be-
rechtigt, ob nicht die in Rede stehende Komposition eine Versamm-
lung von Gelehrten darstellt, die gleichzeitig an irgendwelchem Dia-
doohenhofe tätig waren. Man könnte beispielshalber an sieben
Mitglieder des alexandrinischen Museums und angesichts jenes
Hügels im Hintergrunde an das Paneion oder das Vorgebirge
Loohias denken. Der Umstand, daß sämtliche Figuren des Mo-
saiks bärtig dargestellt sind, würde der Annahme, daß es sich um
einen Gelehrtenverein aus hellenistischer Zeit handelt, keineswegs zu-
widerlaufen, da wir wissen, daß damals zahlreiche Gelehrte und na-
mentlich Philosophen Vollbarte trugen. Es genügt, um nur einige
sichere Beispiele anzuführen, an Ära tos (n. 1914), den Stoiker Zenon
(vgl. n. 282), Epikur und Metrodor (n. 283, 831) zu erinnern. End-
lich fehlt es auch nicht an Gelehrten, die einer von uns bisher noch
nicht erwähnten Annahme folgen, der Annahme, nach der in den
Figuren der beiden Kompositionen keine Philosophen der helleni-
stischen Zeit, sondern die sieben Weisen dargestellt wären, in dem
Hügel des Hintergrundes also eine Andeutung von Akrokorinth
zu erkennen sei, da in Korinth das legendarisohe Gastmahl der
sieben Weisen spielt. Immerhin wird man zugeben, daß beide
Bilder vielmehr die Vorstellung erwecken, als sollten sie unmittelbare
Eindrücke der Wirklichkeit verkörpern.
L'*jfDie Gruppierung einer Anzahl von Forschenden um einen
Himmelsglobus - scheint vom 4. Jahrhundert an für derartige
Aufgaben typisch geworden zu sein, vielleicht in Anlehnung
an eine berühmte Komposition dieser Art: so war Isokrates auf
der Trapeza seines Grabes mit seinen Lehrern und Dichtern
stehend neben Gorgias dargestellt, der auf einen Himmels-
globus blickte (Plutarch. vitae X orat. 364). Außer auf unseren
Mosaiken findet sich das gleiche Motiv auf einer hellenistischen
Gemme, die in ihrer Anordnung sehr an die Hebdomadendar-
Stellungen in der Wiener Handschrift des Dioskurides erinnert.
Wenn man gewiß nicht ohne Berechtigung einen Zusammenhang
zwischen diesen und den Hebdomades des Varro vermutet hat,
einem großen ikonographischen Werke, das die Porträts in Gruppen
zu sieben anordnete, so wird man vielleicht eine analoge Beziehung
GALLERIA DEL CANOPO. 465
zwisohen ebendiesem Werke des Varro und den beiden Mosaiken vor-
aussetzen dürfen. Kürzlich hat ein Gelehrter das pompeianisohe
Mosaik geradezu für eine Kopie nach jener Darstellung an der
Trapeza des Isokrates erklären wollen. Dieser Versuch scheint
uns daran zu scheitern, daß sich die Einzelheiten des Bildes nicht
mit denen in Einklang bringen lassen, die uns von dem Grabmonu-
ment des Khetors überliefert werden. Isokrates soll auf dem Mo-
saik der rechts stehende Mann sein, der sich von der ganzen übrigen
Gesellschaft entschieden absondert und dadurch einen Zusammen-
hang, wie wir ihn zwischen Schüler und Lehrern doch voraussetzen
müssen, in sehr merkwürdiger Weise zum Ausdruck bringen würde.
Zudem ist sein Kopf mit dem sicher beglaubigten Porträt des Iso-
krates (n. 1853) ganz unvereinbar. Wenig überzeugend ist auch
die Deutung der beiden Figuren links auf Homer und Hesiod, die
man gewiß nicht so unvermittelt in die realistische Wiedergabe
einer Versammlung von Männern des 5. bis 4. Jahrhunderts eingefügt
hätte. Jedenfalls aber gehören alle die genannten Darstellungen
einer geschlossenen Gruppe an. Bei erneuten Versuchen, die einzelnen
Figuren der Mosaike mit Berücksichtigung dieses Zusammenhanges
zu deuten, wird man allerdings in Rechnung ziehen müssen, daß es
sich um kehie beliebigen Vereine von Forschern handeln kann, son»
dem nur um solche, die auch für die römische Welt noch von be-
sonderer Bedeutung waren.
Winckelmann mon. amV. ined. T. 185, II p. 242. Grivaud de la Vincelle arte et
mttiers des anciens pl. VIII 19. Römische Mitteilungen XII 1897 p. 392. Honumenti
pubbl. dall' Acc. dei Lincei Vin 1898 p. 393 f. Fig. 1. Beraoulli grlech. Ikonographie II
p. 34 ff. Abb. 4. Vgl. De Laborde desoripcion de un pavimento en mosayico desc. en
Italica (Paris 1806) p. 90. Beschreibung Borns III 2 p. 551. Abhandlungen der sftchs. Ge-
sellschaft d. Wiss. V 1868 p. 301 Anm. 160. Archiv für Geschichte der Philosophie,
herauflg. von L. Steki XI p. 171, 173. Axch. Anzeiger XIII 1890 p. 120. Furtwängler
die ant. Gemmen in p. 166 (ebenda T. XXXV 35 die oben erwähnte, hellenistische
Gemme). Hermes XXXVII 1902 p. 128 f. von Salis der Altar von Pergamon p.137. —
Das pompeianische Mosaik: Notizie degli scavi 1897 p. 337 ff. Archiv für Gesch. d.
Philosophie XI p. 171 ff. (mit Tafel). Komische Mitt. XII 1897 p. 328 ff. Aren. Am.
XIII 1898 p. 120 ff. Mon. pubbl. dall' Acc. dei Lincei VIII 1898 T. XII p. 389 ff. Bivista
ital. di fflosofia 1898 p. 11 ff. Berl. philol. Wochenschrift 1900 p.274. Bernonlli a.a. 0.
Abb. 3. Birt die Buchrolle i. d. Kunst p. 102 ff. Abb. 59. Böm. Mitt. XXVI 1911
p. 49; XXVII 1912 p. 234 ff. Xippold griech. Portrfttstatuen p. 73 f.
Heibig: Führer. II. 3. Aufl. 30
Nachträge zum I. Bande.
Die vatikanischen Sammlungen.
Braoeio nuoYo: 5 (14) Statue des Augustus. In den Athen.
Mitteilungen XXXVI 1911 p. 361 ff. hat Ippel die Behauptung aus-
gesprochen, der Kopf der Statue gehe auf das gleiche Original zu-
rück, wie der bronzene Augustuskopf , der kürzlich in Meroe gefunden
wurde und in das britische Museum gelangt ist. Eine Nachprüfung
dieser Behauptung war dem Bearbeiter des Führers in Born selbst
ermöglicht, da ein Gipsabguß des neugefundenen Kopfes in der
Mostra archeologioa aufgestellt wurde. Es ergab sich, daß beide
Köpfe nur diejenigen Züge miteinander gemein haben, die dadurch
bedingt sind, daß beide die gleiche Persönlichkeit darstellen. Die
Einzelheiten der Wiedergabe aber weichen so entschieden vonein-
ander ab — von der Auffassung ganz zu schweigen — , daß von einer
Rückführung beider Köpfe auf das gleiche Original nicht die Rede
sein kann. Wir dürfen es uns deshalb ersparen, hier auf die von Ippel
gezogenen Folgerungen einzugehen. — Zu der Literatur wäre hinzu-
zufügen: Bruokmann Wandbilder alter Plastik III (erläuternder Text
von Buschor >. Arndt-Bruokmann griech. u. röm. Porträts n. 701
bis 703. Kekule von Stradonitz griech. Skulptur (2. Aufl.) p. 35 3 ff.
mit Abb. Wickhoff Schriften III p. 32 ff. Hehler Bildniskunst der
Griech. u. Römer p. XXXIVf. T. 170, 171. Lippold griech. Porträt-
statuen p. 104.
10 (26) Statue des Titus. Hekler Bildniskunst d. Griech. u.
Röm. T. 219.
19 (53) Statue eines tragischen Dichters. Hekler T. 7b.
Lippold griech. Porträtstatuen p. 64ff. Fig. 11 (L. billigt die Be-
ziehung der Statue auf Aischylos).
21 (60) Porträtkopf eines Römers. Arndt-Bruokmann
griech. u. röm. Porträts n. 429—430. Hekler p. XXXH T. 151.
22 (62) Statue des Demosthenes. Bruckmann Wandbilder
alter Plastik VIII (erläuternder Text von Buschor). Hekler p. XVI
T. 56, 57. Lippold a. a. O. p. 94.
23 (67) Apoxyomenos nach Lysippos. Kekule von Strado-
nitz griech. Skulptur (2. Aufl.) p. 237 ff. mit Abb.
26 (83) Statue der Hera. Dissertazioni dell' Acoad. Pontif.
rom. di archeol. X 1912 p. 418f. Fig. 125.
^\
NACHTRÄGE ZUM I. BANDE. 467
27 (86) Statue der Fortuna. Dissertazioni dell' Accad. Pontif .
rom. di aroheol. X 1912 p. 152 f. Fig. 26.
31 (97a) Römische männliche Porträtbüste. Hekler
p. XXXIX T. 228.
42 (120) Ausruhender Satyr nach Praxiteles. In dem Ver-
weise ist die Ziffer 875 einzusetzen.
44 (124) Büste des Kaisers Philippus Arabs. Hekler
p. XLV T. 293.
Galleria lapidaria: Abteilung XXII links ist jetzt die schlecht
gearbeitete, aber inhaltlich bedeutsame Grabgruppe eines Cor-
nutus aufgestellt, die früher in den vatikanischen Gärten stand. Sie
hat der Inschrift zufolge das Grab geschmückt, in dem dieser Cornu-
tus mit seinen acht Kindern bestattet war, und stellt den thronenden
Saturnus dar, zu dessen Seiten links (vom Beschauer aus) ein Knabe
mit einem Füllhorn, rechts ein Mädchen steht mit Früchten in dem
Bausche des von der L. emporgehobenen Mantels. Sein r. Armchen
stützt das Mädchen vertraulich auf den 1. Oberschenkel des Gottes
(vgl. n. 1561 im II. Bande). Die Gruppe ist jetzt gereinigt, und so
erkennt man deutlich, daß der Gott mit der R., die in seinem Schöße
ruht, die Harpe gefaßt hält (sie war früher nicht zu erkennen). Er-
gänzt ist an dem Saturnus die Nase und der kleine Finger der 1. Hand,
an dem Throne in verschiedenen Stücken das Vorderteil der 1. Arm-
lehne, an dem Knaben ein Teil des r. Unterarmes. Es fehlt ein Stück
des Mantels auf dem Kopfe des Saturnus, ein Stück der Harpe, die
Nase des Knaben und zwei Stücke seines Vorderkopfes, der Kopf mit
dem Halse und der r. Unterarm des Mädchens, sowie Teile des Thrones.
Allerlei war gebrochen. Die Figur des Gottes entspricht im Typus
durchaus den sonst bekannten Bildern des Kronos-Saturnus; vgl.
n. 234, 361, 755 u. 864. In dieser Form — mit der Harpe, nicht mit
dem gewindelten Steine (n. 755) — war der Gott in dem römischen
Saturntempel am Forum dargestellt. Der Knabe, dessen Gesicht
Porträtzüge zu tragen scheint, ist an dem charakteristischen Gestus
des r. Zeigefingers als Harpokrates zu erkennen; zweifelhaft bleibt,
ob sein Kopf ursprünglich mit Flügeln oder einem anderen Attribute
an Stelle der jetzt vorhandenen Löcher ausgestattet war. Der Sohn
der Isis ist hier als Fruchtbarkeitsdämon neben den alten Gott der
Aussaat gestellt und trägt als solcher das Füllhorn im 1. Arme (vgl.
n. 855, wo wir demnach in dem Hörne in der L. doch wohl ein Füll-
horn zu erkennen haben). Sein weibliches Gegenbild wird man viel-
leicht Opora nennen dürfen. Die Tatsache, daß eine derartige Gruppe
zum Schmucke eines Grabes bestimmt wurde, kann sich nur daraus
erklären, daß man in dem Kronos-Saturnus den Herrscher des Ely-
sion, der seligen Inseln, sah. Daß man gerade in der späteren Kaiser-
30*
468 NACHTRÄGE ZUM I» BANDE.
zeit, aus der die Gruppe stammt, gern in der Vorstellung dieses Para-
dieses nach dem Tode einen Trost suchte oder doch mit diesem Tröste
spielte, beweist der Reliefschmuck vieler Sarkophage. Kronos ist uns
als Herrscher im Elysion sonst nur durch einen eingeschobenen Vers
der Werke und Tage des Hesiod (v. 169) bezeugt; doch scheint sich
in diesem Sinne auch eine griechische Inschrift aus Philae in Ägypten
erklären zu lassen, und das wäre um so bedeutungsvoller, als wir auch
in unserer Gruppe durch die Figur des Harpokrates auf Zusammen-
hang mit ägyptischem Götterglauben gewiesen werden, Im Nillande
wurde der Kult des Kronos zugleich mit dem des Sarapis eingeführt.
Clarac 805, 660. Arndt - Ametang Eineelaufnabmem n. 801. Die Inschrift:
CIL VI 16483. Vgl. Boscher mythol. Lexikon II p. 1564 d (Mayer). — Über
EronoB bei Hesiod s. Bohde Psyche (2. Aufl.) p. 105. Über Kronos in Ägypten:
Boscher a.a. O.p. 1526, 48. Über Saturnus: Boscher IV p. 427 ff. (Wissowa); auch
Wissowa Beligion u. Kultus d. Bömer (2. Aufl.) p. 204 ff., Über die Fahrt nach d.
sei. Inseln auf röm. Sarkophagen: Bonner Jahrbücher 1902 p. 66 ff. (Schröder).
Museo ChiaramontI: 63 (60E) Grabrelief eines L. Vibius
und seiner Familie. Hekler p. XXIX T. 134.
68 (135) Kopf eines Römers. Hekler p. XXXI T. 137.
76 (263) Weibliche Porträtbüste. Hekler p. XL T. 241a.
85 (401) Kolossalkopf des Augustus. Hekler p. XXXIV
T. 169a.
86 (420) Hermenbüste des Hephaistos. Della Seta religione
e arte figurata p. 153 Fig. 103.
87 (424B) Kopf des Sulla (?). Arndt-Bruokmann griech- u.
röm. Porträts n. 605, 606. Hekler T. 148b.
89 (465) Hochrelief, Penelope ( ?). Jahrbuch d. arch. Instituts
XXVI 1911 p. 124 und passim, Abb. 47 (p. 122). Vgl. Kekule von
Stradonitz griech. Skulptur (2. Aufl.) p. 141 f. mit Abb. des „Pene-
lope "-Kopfes in Berlin. Lippold griech. Porträtstatuen p. 42.
90 (494) Statue des Tiberius. Hekler p. XXXV T. 176.
91 ( 497 )Relief,eineMühle. Blümner, Technologie der Gewerbe
I (2. Aufl.) p. 41ff. Fig. 16.
94 (508) Büste des Menander. Vgl. Lippold griech; Porträt-
statuen p. 89 ff.
96 (512) Männlicher Porträtkopf. Hekler p. XXXI T. 142a.
116 (698) Kopf des Cicero. Hekler p. XXXHI T. 161b.
Belvedere: 125 (2) Peperinsarkophag des Lucius Corne-
lius Soipio Barbatus. Diehl insoriptiones latinae (Lietzmann,
Tabulae in usum soholarum editae 4) T. 4.
127 (7) Der untere Teil eines weiblichen Sitzbildes. S.
den Nachtrag zu Bd. II n. 1242.
p. 78f. Porträtkopf. Arndt-Bruckmann griech. u. röm. Porträts
n. 449, 460.
NACHTRÄGE ZUM I. BANDE. 469
128 (10) Statue des Meleagros. Vgl. Kekule von Stradonitz
griech. Skulptur (2. Aufl.) p. 261 ff. mit Abb, der Wiederholung der
Statue in Berlin und derjenigen des Kopfes in Boston. Lippold
griech. Portratstatuen p. 101.
129 (11) Torso einer Statue des Apollon oder eines
Wahrsagers. Jetzt aufgestellt links von n. 139.
138 (38) Friesfragment, Gigantomaohie. v. Salis der
Altar v. Pergamon p. 79 ff.
143 (55) Belief, Festzug zu Ehren der Isis. Arch. Anzeiger
XXI 1906 p. 139. Perdrizet bronzes greos d'ßgypte de la colleotion
Fouquet p. 48ff. n. 82 mit PI. XXII.
147, 148 (64, 65) Zwei Hunde. Vgl. den stilistisch verwandten
Löwenkopf vom Brunnenhaus auf der Agora zu Magnesia a. M. bei
Kothe-Watzinger Magnesia a. M. p. 136 Abb. 144.
149 Hermenbüste des greisen Sophokles. Lippold griech.
Porträtstatuen p. 51 ff. (L. macht mit Reoht darauf aufmerksam,
daß die Angabe des Fundjahres nur auf n. 257, nicht auf diese
Büste zutrifft. Auf p. 50 derselben Schrift bestreitet L. ferner die
Berechtigung, aus der zitierten Stelle der Vita Sophoolis auf eine
von Iophon errichtete Statue des Dichters bald nach dessen Tode
zu schließen, ohne seine Gründe auszuführen.
154 (44) Die Basis Casali. Boscher myth. Lexikon IV p. 204
n. 6 Abb. 3. Della Seta religione e arte figurata p. 191 Fig. 151.
157 (92) Der Apoll vom Belvedere. Della Seta p. 153 Fig. 99.
v. Salis der Altar v. Pergamon p. 57 ff.
158 (94) Belief, zwei Frauen mit einem Stiere. Kürzlich
ist aus einer Privatsammlung in Neapel ein Relief-Fragment in den
Kunsthandel gelangt, das genau der an dem hier besprochenen Relief
ergänzten 1. Hälfte entspricht und zu der hier erhaltenen r. Hälfte in
den Maßen, der Relieferhebung und der Qualität des Marmors
stimmt. Da zudem das neue Fragment in Neapel erworben wurde,
die antike Hälfte des vatikanischen Reliefs aus der Terra di Lavoro
(zwischen Terraoina und Neapel) stammt, ist es sehr wahrscheinlich,
daß beide ursprünglich ein Ganzes gebüdet haben. Wenn das neue
Fragment einen weitaus besseren Eindruck macht, als unser vatika-
nisches, so dürfte sich das dadurch erklären, daß der Ergänzer dieses
vollkommen überarbeitet hat. In den Uffizien zu Florenz befindet
sich eine Wiederholung der gleichen Darstellung (Collignon histoire
de la soulpture greoque II p. 644), die aber von der auf dem vatika-
nischen und dem neuen Fragment etwas abweicht. Mit der Floren-
tiner Variante stimmte eine dritte Wiederholung überein, von der
sich nur die 1. Hälfte erhalten hat (abgebildet bei Barbault recueil de
divers monuments pl. 78; seitdem verschollen). Diese ist also nicht,
wie man glaubte annehmen zu dürfen, identisch mit dem Neapeler
470 NACHTRÄGE ZUM I. BANDE.
Fragment, das in dem Auktionskataloge der Auoienne collection
Woodyat pL XI p. 37 n. 263 (Pollack) publiziert ist.
Galerie der Statuen: 185 (253) Oberleib eines Triton oder
Seekentauren. Zu der Verwendung derartiger Figuren als Giebel-
akroterien vgl. Macrob. Sat. I 8, 4: illud non omiserim, Tritonas cum
buoinis fastigio Saturni aedis superpositos.
195, 196 (271, 390) Poseidippos und ein anderer Dichter.
Hekler Bildniskunst der Griechen u. Römer p. XXVI T. 110, 111.
Lippold griech. Porträtstatuen p. 88 f.
209 Sarkophag mit dem Gigantenkampfe. Della Seta
religione e arte figurata p. 201 Fig. 163. v. Salis der Altar v. Perga-
mon p. 21, 38, 80 f. Abb. 9.
Das Zimmer der Büsten: 214 (278) Angeblioher Kopf des
Otho. Hekler T. 196a.
216 (275) Kopf eines greisen hellenistischen Herrschers.
Hekler p. XXVII T. 124b (Priester).
218 (273) Kopf des jugendlichen Octavianus. Hekler
p. XXXIV T. 163.
220 (287) Kopf des Commodus. Hekler T. 270b.
230 (388) Bildnisgruppe eines römischen Ehepaares.
Della Seta religione e arte figurata p. 200 Fig. 161. Hekler T. 162.
237 (298) Kolossalbüste des Sarapis. Vgl. Revue archeolo-
gique 1910 II p. 96ff. Archäol. Anzeiger XXVII 1912 p. 150. Rapport
sur la marohe du service du Musee d'Alexandrie 1910 — 11 p. 12 ff.
T. II 4, 5; III 6, 7 (Breccia).
245 (338) Kopf eines Diadochen. Vgl. Lippold griech.
Porträtstatuen p. 101, wo der Kopf mit Unrecht für eine aller-
dings ziemlich freie Replik des Meleager-Typus erklärt wird.
Gabinetto delle maschere: 248 (427) Aphrodite im Bade
kauernd. Das Motiv der Statue des Doidalsas ist bereits reprodu-
ziert auf einem Nymphenrelief aus Tralleis, einer Arbeit des 2. Jahr-
hunderts v. Chr. (Athen. Mitteil. XXXVI 1911 p. 295f. n. 5 Abb. 3).
Der Saal der Musen: 261 (519) Hermenbüste des Piaton.
Hekler p. XIII T. 22. Delbrück ant. Porträts (tabulae in usum
scholarum ed. sub cura Joh. Lietzmann 6) p. XVII, XXXII, T. 15.
Vgl. Lippold griech. Porträtstatuen p. 55 f.
262 (518) Hermenbüste eines Strategen. Hekler p. IX
T. 5.
263 — 270 Apoll und die Musen. Vgl. Arndt-Amelung, Einzel-
aufnahmen Serie VI Text p. 15 ff.; hier wird von Arndt die Rück-
führung der Gruppe auf Praxiteles und ihre Identifizierung mit der
von Cicero und Plinius erwähnten Thespiadengruppe beim Tempel
der Felicitas verteidigt. Es würde uns zu weit führen, auf Einzel-
NACHTRÄGE ZUM I. BANDE. 471
heiten einzugehen. Der Bearbeiter des Führers glaubt, auf seiner
im Texte angedeuteten Meinung beharren zu müssen. Ausführlicher
wird er sieh im 3. Bande des Vatikankataloges äußern können.
270 (512) Kopf des Epimenides (?). Hefcler p. IX T. 9a
(Homer).
274 (531) Herme des Periandros. Hekler p. XXI T. 78.
275 (528) Herme des Blas. Hekler p. XXI T. 77.
276 (525) Herme des Perikles. Hekler p. IX T. 4b. Vgl.
Lippold griech. Porträtstatuen p. 32 ff.
276 (509) Kopf des Hermarchos. Hekler T. 42a.
279 (507) Hermenbüste des Antisthenes. Hekler p. XIV
T. 28.
281 (502) Hermenbüste des Aisohines. Hekler p. XVI
T. 55a. ,
282 (500) Angebliche Hermenbüste des Zenon. Zu dem
im Texte erwähnten, inschriftlich bezeugten Porträt eines Zenon
vgl. Crönert in den Jahresheften des österr. aroh. Instituts X 1907
p. 150 und Lippold a a. O. p. 75 u. 82 f. (beide erkennen in diesem
Porträt statt des Stoikers dieses Namens vielmehr den Epikuraeer
^Mi8 dem Anfange des L Jahrhunderts v. Chr.).
283 (498) Kopf des Epikuros. Hekler p. XXIV T. 101a.
284 (492) Büste des Sophokles. Delbrück antike Porträts
(tabulae in usum seholarum ed. sub cura Joh. Lietzmann 6) p.
XXXIII Abb. 8.
Die Rotunde: 288 (539) Kolossaler Zeuskopf. Della Seta
religione e arte figurata p. 153 Fig. 91.
289 (540) Kolossalstatue des Antinous als Dionysos.
Hekler p. XLI T. 255.
290 (541) Kolossalkopf der älteren Faustina. Hekler
p. XLIV T. 283b.
292 (543) Kolossalkopf des Hadrian. Hekler p. XLI T. 248b.
Delbrück a. a. O. p. L, T. 43 A.
296 (547) Kolossale Hermenbüste, Personifikation
eines Meeresteiles, v. Salis der Altar v. Pergamon p. 157 f.
297 (548) Kolossalstatue des Nerva. Hekler T. 230.
299 (550) Statue des Claudius. Hekler p. XXXVI T. 180.
301 (552) Kolossalstatue der Iuno Sospita. Della Seta
religione e arte figurata p. 190 Fig. 147.
302 (553) Kolossalkopf der Plotina. Hekler p. XL T. 245b.
Sala in forma di croce greoa: 309 (566) Porphyrsarkophag
aus der Kirche der heiligen Oonstantia. Riegl die spätrö-
mische Kunstindustrie p. 86 ff. Fig. 20.
472 NACHTRÄGE ZUM I. BANDE.
312 (589) Porphyrsarkophag der heiligen Helen«. Riegl
p. 90£f. Fig. 22. R. bestreitet, daß der Sarkophag aus der gleichen
Epoche wie n. 309 stammen könne, und erklärt ihn für ein Werk
des 2. Jahrhunderts n. Chr. Man habe für die Mutter des Oonstantin
einen 'alteren Sarkophag benutzt. Weiter auf dieser Bahn geht
Frothingham, der im Amer. Journal of archaeology XIII 1909 p. 59 f.
die Behauptung aufstellt, der Sarkophag habe ursprünglich die Leiche
des Kaisers Marcus Aurelius geborgen, auf dessen Geburt unter dem
Zeichen des Löwen die plastische Verzierung des Deckels mit Löwen
deuten solle. Diese aber lassen sich ohne weiteres als Grabes-
wächter verstehen; das Motiv ist so verbreitet, daß man keine
Beispiele dafür zu geben braucht. Die Annahme der Neubenützung
eines Sarkophages, aus dem man den Leichnam des früheren In-
habers hätte entfernen müssen, ist ganz unwahrscheinlich, zumal
da in diesem Falle die Leiche eines allgemein verehrten Kaisers in
Frage gekommen wäre, und läßt sich mit der Zerstörung früherer
Ehrendenkmäler und Neubenützung der Reliefs solcher Monumente,
wie sie am Konstantinsbogen stattgefunden hat, durchaus nicht auf
eine Linie stellen. Wenn R. fragt, warum man denn den Sarkophag
der Helena mit kriegerischen Szenen geschmückt habe, ist man eben-
so berechtigt, dagegen zu fragen, warum man denn für die Kaiserin
gerade einen Sarkophag mit solchen Szenen unter den älteren aus-
gesucht habe. Mittel und Möglichkeiten zur Herstellung eines eigens
für sie bestimmten Sarkophages fehlten doch nicht, wie n. 309 be-
weist. Wer die Reliefs von n. 312 mit den Nebenseiten von n. 123
vergleicht, wird die Ähnlichkeiten, aber auch die Unterschiede nicht
verkennen können. Die Köpfe an n. 312 wären im 2. Jahrhundert
n. Chr. ebenso beispiellos, wie in der Zeit des Konstantin. Tatsächlich
läßt sich von keinem einzigen sicher behaupten, daß er antik sei, fast
von allen aber, daß sie modern sind. Genaue Angaben über die
Ergänzungen sollen im III. Bande des Vatikankataloges gedruckt
werden. Ebenda weiteres über die Datierungsfrage.
Der Saal der Biga: 323 (612) Opfernder Römer. Hekler
p. XXXII T. 129c.
324 (615) Diskobol, Stellung nehmend. Vgl. zu dem Hermes
Diskonolos zwei Fragmente einer Statuette aus Gips, einen hängenden
Arm mit Diskos und ein leicht gebogenes Bein mit Fußflügeln (Athen.
Mitteü. XXXVII 1912 p. 69f. n. 1 T. 1 1, 2); sie sind beide aus Ägyp-
ten nach München in eine Privatsammlung gelangt, können übrigens
nicht zu einer Replik der vatikanischen Statue gehört haben.
327 (619) Statu© eines Wagenlenkers. Hekler T. 193.
328(620) Angebliohe Statue des Sextus von Ohaironeia.
Vgl. Lippold griech. Porträtstatuen p. 98 Anm. 4.
NACHTRÄGE ZUM I. BANDE. 473
Galerie der Kandelaber: 332 zu ändern in 332a.
358 (177) Statue eines Fisohers. Kürzlich sah der Bearbeiter
des Fahrers bei einem römischen Kunsthändler eine elend gearbei-
tete Statuettenreplik dieser Figur. Neben dem r. Beine außen war ein
Delphin angebracht, in dessen Maul noch das Ende eines dünnen
Bleirohrs erhalten war. Hier sprudelte also ein feiner Strahl in ein
Bassin, an dessen Band die Statuette aufgestellt war. Die r. Hand
war auch hier nicht erhalten; aber aus jener Zurichtung ergibt sich
die Bestätigung der Annahme, daß die R. mit einer Angelrute zu er-
gänzen sei.
362 (184) Stadtgöttin von Antiocheia am Orontes.
Kekule von Stradonitz griech. Skulptur (2. Aufl.) p. 253 mit Abb.
364 (222) Statue einer Wettläuferin. Jahrbuch d. arch. In-
stituts XXVI 1911 p. 172 und passim. Kunstwart XXV 1911 III
p. 213 (hier wird auf Grund einer angeblichen Verwandtschaft des
Kopfes der Wettläuferin mit dem der myronisehen Athena die Statue
dem Kreise desMyron zugeschrieben; vgl. dagegen die Ausführungen
zu n. 1286).
382 (204) Niobidensarkophag. Della Seta religione e arte
figurata p. 201 Kg. 164.
384 (148) Satyr mit einem Knaben auf den Schultern.
Klein, Praxiteles p. 399 f.; Geschichte d. griech. Kunst III p. 230 ff.
Revue archeologique 1911 II p. 143ff. Fig. 8.
386 (118 A) Ganymed vom Adler entführt. Kekule von
Stradonitz griech. Skulptur (2. Aufl.) p. 218f. mit Abb.
Galleria geografiea: 395 (21) Köpf des Antisthenes. Hekler
Bildniskunst d. Griechen u. Römer p. XIV T. 30 a.
Das etruskisohe Museum: 476 (70) Sehlauchf örm. Amphora,
ölhandel. Blümner Technologie u. Terminologie der Gewerbe u.
Künste I (2. Aufl.) p. 335 Fig. 118.
525 Rotf iguriger Krug, Verf olgungHelenas duroh
M e n e 1 a o s. Wiener Studien XXXIV 1912 p. 282 ff. Abb. 1 (Loewy).
655 (202, 203) zu ändern in 656 (202, 203).
673 (257) Vermeintlicher Porträtkopf des Trebonianus
Gallus. Hekler T. 294b.
687 auf p. 382 zu ändern in 692.
Der Kapitolsplatz.
p. 408 Anm. 1 ist zuzufügen: Hekler T. 266.
Das Kapitolinische Museum.
Halle: 759 (40) Kolossalstatue des Ares. Hülsen, Skizzen-
bücher des Märten van Heemskerck I p. 16 f., wo H. die Angabe der
474 NACHTRÄGE ZUM I. BANDE.
Provenienz vom Nerva-Forum verwirft und abermals Zweifel an der
Zusammengehörigkeit von Kopf und Körper begründet werden.
761 (22) Weibliche Statue archaischen Stiles. VgL Ke-
kule von Stradonitz griech. Skulptur (2. Aufl.) p. 1421 Lippold
griech. Porträtstatuen p. 41 f.
Galerie: 785 (42) Statue einer Römerin. Hekler Bildnis-
kunst der Griechen und Römer T. 204 b.
Zimmer der Tauben: 797 (49) Statuette der ephesisohen
Artemis. In n. 33 des Obergermanisch-Rätischen Limes p. 25 hat
Drexel als Parallele für den Aufbau auf dem Modius der Artemis ein
Monument aus dem 3. Mithreum in Heddersheim ausgegeben (Cu-
mont II n. 253 j): „auf einem rechteckigen Sockel steht eine kleine
Aedicula, die sich nach drei Seiten hin öffnet und vorne die Fels-
geburt des Mithras, auf den Nebenseiten die beiden Fackelträger
sehen läßt." Der Vergleich scheint dem Bearbeiter des Führers nicht
zu stimmen. Auf dem Heddersheimer Gippus sind drei Seiten
architektonisch umrahmt; es handelt sich gar nicht um die Darstellung
einer veritablen Architektur. Dort ist zudem der Grundriß einfach
quadratisch, nicht, wie hier, kreuzförmig. — Ein weiteres Exemplar
eines derartigen Modius — der Aufbau ist fast nur in Ansätzen er-
halten — hat sich neuerdings in Ostia gefunden: Notizie degliscavi
1909 p. 235 Fig. 2, 2a. Ferner teilt mir Herr Dr. Drexel mit:
„Auf der Basis von Puteoli im Museum zu Neapel ist neben der
Vertreterin der Stadt Ephesos das Bild der Artemis auf einem Pfeiler
dargestellt; auch hier scheint der Modius jenen Aufbau zu tragen,
aber alle Einzelheiten sind an dieser Stelle zerstört." — Vgl. auch
Imhof-Blumer, Nymphen u. Chariten auf griech. Münzen T. X 33
p. 167 (Münze von Apameia aus der Zeit der Gordiane).. — Der
Modius mit dem Aufbau in Villa Albani — er ist erwähnt in dem
zu n. 797 zitierten Aufsatz in den Osten*. Jahresheften — ist von
Alinari auf seiner Photographie n. 27729 aufgenommen.
799 (83) Die sogenannte Tabula Iliaoa. Die neueste und
zugleich erste ausreichende Publikation der Tabula in den Memorie
della R. Accademia dei Lincei, Ser. 5 a, Olasse di scienze mor., stör,
e filol., vol. XIV p. 662ff. mit Tafel (U. Manouso) hätte in dem Lite-
raturverzeichnis nicht fehlen dürfen.
Zimmer der Kaiserbüsten: 805 (84) Porträtstatue einer
R öme rin . Vgl. zu dem Typus Lippold griech. Porträtstatuen p. 43. —
p. 452 Augustus. Hekler Bildniskunst der Griechen u. Römer
T. 169 b. Delbrück ant. Porträts (tabulae in usum scholarum ed. sub
oura Joh. Lietzmann 6) p. XIX, XLVI f. T. 33. — n. 4 Tiberius.
Hekler T. 178a. — n. 7 Der ältere Drusus(?). Hekler T. 185a.
— n. 10 Agrippina. Hekler p. XXXVH T. 212b.
NACHTRÄGE ZUM I. BANDE. 475
p. 453 n. 23 viell>Iulia. Hekler p. XL T. 244b. Delbrück a. a.
O. p. XLIX f. T. 39 B, 40 (Dame traianisoher Zeit). — n. 25 Do-
mitia. Hekler p. XL T. 239b. — n. 28 Plotina, Gattin des
Traianus. Delbrück p. XX, L Abb. 20 T.42.— n.29Marciana(?).
Hekler p. XLT. 243a. — n. 30 Matidia ( ?). Hekler p. XL T. 240a. — -
n. 37 jugendl. Marcus Aurelius. Hekler p. XLIIT. 265. — n. 39
jung. Faustina. Hekler T. 284a. — n. 41 Lucius Verus. Hekler
p. XLIIIT. 269b. — n. 43 jugendlicher Qommodus. Delbrück
p. XXI, LIV, T. 48, 49. — n. 47 Iulia Mamaea (?). Hekler p.
XLVI T. 302 b.
p. 454 n. 62 Maximinus Thrax. Hekler p. XLVT. 291a. —
n. 63 Maximus. Hekler T. 296a. — n. 64 viell. der alt. Gor-
dianus. Hekler T. 294a. — n. 66 Pupienus. Hekler T. 291b.
p. 455 n. 70 Traianus Decius. Riegl, Die spätrömische Kunst-
industrie p. 70 Fig. 9.
p. 456 n. 83 viell. Valentinianus I. Riegl p. 109f. Fig. 34.
Hekler p. XLVII T. 308 a.
Sogen. Philosophenzimmer: 808 (1) Kopf eines eleusini-
sehen Daimon. Die aus den Not. d. sc. zitierte Abbildung ist jetzt
auch wiederholt in den Dissertazioni dell' Accad. Pontif. rom. di
aroheol. X 1912 p. 275 Fig. 60.
809—811 Kopf des Sokrates. Vgl. Lippold griech. Porträt-
statuen p. 53 f.
813 (9) Kopf des Aelius Aristides (?). Hekler T. 274a.
814 (10) Kopf eines hellenistischen Dichters. Vgl. Lip-
pold a. a. O. p. 90.
816 (21) Sog. Büste des Diogenes. Hekler p. XXVII T. 114a.
822 (38) Kopf des Chrysippos. Lippold a. a. O. p. 75f.
823—825 (44—46) Kopf des Homer. Vgl. Lippold p. 93f.
826 (48) Büste des Gnaeus Domitius Corbulo. Hekler
p. XXXVH T. 199.
829 (59) Büste eines Barbarenjünglings. Hekler p. XLII
T. 280b.
831 (63) Doppelherme des Epikuros und Metrodoros.
Hekler p. XXIV T. 100. Lippold p. 77.
832(68) Behelmter bärtiger Kopf. Vgl. Lippold p. 37.
835 (75) Kopf des Cicero (?). Hekler p. XXXIII T. 160.
836 (76) Männl. Büste mit einer trag. Maske auf d. Schul-
ter. Hekler p. XLV T. 295 a.
837 (77) Mutmaßlicher Kopf des Homer. Vgl. Lippold p. 93.
840 (82) Angebl. Kopf des Aisohylos. Hekler p. XII T. 14.
842 (96) Kopf des Lysias. Hekler p. XIV T. 25.
843 (98) Sitzbild eines Griechen. Lippold p. 62 f. mit Ab-
bildung der Neapeler Statuette (Fig. 10). Im Texte sind die ka-
476 NACHTRÄGE ZUM I. BANDE.
pitolinische Statue und ihre Wiederholungen fälschlich als romanisierte
Umarbeitungen des griechischen Original mit römisoher Tracht
behandelt. Die Tracht ist griechisch, ein Zusatz einzig das Unter-
gewand. Vgl; n. 1315.
Der Hauptsaal: 851 (36) Statue der Pallas, v. Salis der
Altar v. Pergamon p. 46 ff.
855 (28) Statue des Harpokrates. Vgl. den Nachtrag zu
Galleria lapidaria Abteilung XXII in diesem Bande.
Stanza del Gladiatore: 872 (16) Büste eines jungen Rö-
mers. Hekler T. 189b.
874 (12) Sogen. Antinoos. Hekler p. XLI T. 254.
875 (10) Ausruhender Satyr, nach Praxiteles. Boscher, My-
thol. Lexikon IV p. 481 Abb. 8.
877 (8) Angebl. Statue des Stoikers Zenon. Hekler p.
XXVII T. 112 b. Lippold p. 97.
882 (3) Kolossalkopf Alexanders d. Gr. Hekler p. XVIII
T. 62 a.
883 (2) Weibliche Statue, v. Salis der Altar v. Perga-
mon p. 152.
Dar Konservatorenpalast.
Halle: 885 Kolossalstatue des Iulius Caesar (?). Hekler
p. XXXIIf. T. 156 a, 157.
Hof: 887 Kolossalkopf Konstantins d. Gr. Hekler T. 307a.
Delbrück ant. Porträts (tabulae in usum scholarum ed. sub cura
Joh. Lietzmann 6) p. XXII, LVI ff. Abb. 27 T. 55.
Treppe: 893 (44) Das Dankopfer vor dem Tempel des
kapitol. Iuppiters. Della Seta religione e arta figurata p. 195
Fig. 160.
Erstes Stockwerk: 900 Inschriftl. bezeichn. Hermenbüste
des Anakreon. Hekler p. IXT. 6b." Vgl. Lippold griech. Porträt-
statuen p. 35 ff.
Korridor: 909, 910 Zwei Kolossalstatuen römischer Ma-
gistrate. Hekler T. 306. Der jüngere: Riegl, Die spätrömische
Kunstindustrie p. Ulf. Fig. 36. Amer. Journal of archaeol. XV 1911
p. 25ff. Fig. 1. Der ältere: Delbrück a. a. O. p. XXII, LVIII
Abb. 28 T. 56.
918 Grabstein des Schusters Gaius Iulius Helius. Hek-
ler T. 223 b.
922 Fragmentierte Gruppe eines gegen zweiSatyrn
kämpfenden Giganten. Klein Geschichte der griech. Kunst
III p. 127 f. v. Salis der Altar v. Pergamon p. 76 ff«
NACHTRÄGE ZUM I. BANDE; 477
Sala degli orti Lamiani: 925 (36) Kopf eines Kentauren.
Über die Gruppe in den Saepta vgl. Americ. Journal of archaeol. XII
1908 p. 30ff.
930 Büste des Commodus. Hekler T. 270a.
939 Statue, ein Mädchen, eine Binde um das Haupt
windend, die sog. esquilinische Venus. Jahrbuch des arch.
Instituts XX.VI 1911 p. 164 und passim. Zu dem Kopfe vgl. Ausonia
III 1908 p. 215 Fig. 63 (Tonrelief aus Lokroi).
Sala degli orti Mecenaziani: 952 Statuette einer jugend-
lichen Heilgöttin. Berl. . phil. Wochenschrift 1900 p. 625.
Lippold grieoh. Porträtstatuen p. 57.
Saal der Bronzen: 953 Bronzener Porträtkopf. Hekler
p. XXVII, XXX T. 128a.
959 Bronzener Kolossalkopf usw. Riegl, Die spätrömische
Kunstindustrie p. 109 Fig. 33.
Zimmer der arch« Skulpturen: 974 Archaische griech
Grabstele. Jahrbuch d. arch. Institutes XXVI 1911 p. 174 f
Abb. 77. Vgl. unsere Ausführungen zu n. 1286.
976 Fragment eines Terrakottafrieses. Vgl. Auso
nia VI 1911 p. 151 ff.
Zwei Räume mit Mosaiken: 995 Mosaik, Herakles be
Omphale. Röscher, Mythol. Lexikon III 1 p. 889 (Sieveking)
Revue de l'art ancien et moderne 1912 p. 11 f. (Leohat).
Korridor: 1003 Bronzestatuette eines Laren. Della Seta
religione e arte figurata p. 190 Fig. 146.
Das Antiquarium Comunale.
Zweites Zimmer: 1013, 1014 Zwei Fragmente eines
Frieses, Götter gegen Giganten kämpfend. Hermes
XLVI 1911 p. 218f. v. Salisder Altar v. Pergamonp.65 Anm. l,p. 80 ff.
1017 Fragment eines Relief bildes. Am Schluß des Textes
lies 915 statt 815.
Saal: 1020 Sehr zerstörter Kopf einer Athena. Jahrbuch
des arch. Instituts XXVII 1912 p. 109 n. 2 Beil. 4 Abb. 15, 16. Darin,
daß auf dem Helme rechts und links von der Sphinx Greife, nicht
Pegasoi dargestellt sind, stimmt der Kopf mit dem der Athena Hope
überein, nicht mit dem der Athena Farnese.
1025 Torso eines Verwundeten. Die Überschrift zu ändern
in: Torso eines Kriegers.
1033 Kopf eines griech. Strategen. Hekler a. a. O. p. XI
T. 12 a. Vgl. Lippold griech. Porträtstatuen p. 31 Figur 1 (links),
wo eine Gemme abgebildet ist, die den Oberkörper eines Strategen
478 NACHTRÄGE ZUM I. BANDE.
darstellt, augenscheinlich nach dem gleichen Originale, wie der hier
besprochene Kopf. Demnach wäre der Körper der Statue nackt
gewesen.
1036 Kolossaler Torso eines Kriegers, v. Salis der
Altar v. Pergamon p. 73 f.
1037 Kopf einer ägyptischen Königin. Delbrück ant.
Porträts (tabulae in usum scholarum ed. sub cura Joh. Lietzmann 6)
p. XVIII, XLI f. T. 28 (für Berenike II. erklärt).
Fünftes Zimmer: 1048 Fragmentierte Büste des Titus.
Hekler p. XXXVIII T. 220 b (hier wohl mit Recht Domitian genannt).
Museo Barraoco.
Erstes Zimmer: 1079 (201) Aufbau von zwei Grabcippen.
v. Stryk Studien über die etruskischen Kammergräber p. 119ff.
v. Str. sucht die Tatsache der Beschädigung oder Zertrümmerung
dieser Monumente dadurch zu erklären, daß er annimmt, sie hätten
als Kenotaphien, d. h. als provisorisoher Ersatz der wirklichen Gräber
bei irgendeiner Totenfeier vor der endgültigen Beisetzung gedient.
Diese Annahme ruht nicht nur auf unbeweisbaren, höchst unwahr-
scheinlichen Voraussetzungen, sie erklärt vor allen Dingen gar nicht
jene seltsame Praxis des Anschneidens der Ecken. Die Darstellung
der Rückseite des unteren Teiles an dem hiesigen Aufbau deutet v.
Str. auf die Darbringung von Gewändern, die für den Toten be-
stimmt seien, aber weder hier noch in anderen Fällen, in denen die
Darstellung in ähnlicher Form wiederkehrt, scheint sich diese Deu-
tung als notwendig zu ergeben.
1090 (79) Archaischer Porträtkopf eines griechischen
Feldherrn. Lippold griech. Porträtstatuen p. 29 ff. (L. entscheidet
sich im Anschluß an Furtwängler für Miltiadee).
1094 (114) Doppelherme mit zwei gleichen Jünglings-
köpfen. Über die Berliner Demeter-Statue s. auch Kekule von
Stradonitz, Griech. Skulptur (2. Aufl.) p. 149 f. mit Abb.
Zweites Zimmer: 1109 (155) Porträt des Epikur. Lippold
a. a. O. p. 79 Anm. 3 (die Brust ist nicht modern überarbeitet).
1126, 1127 (115, 116) Zwei Statuetten von Hydrophoren.
Vgl. Frickenhaus Tiryns I p. 29.
1129 (160) Büste eines jugendlichen Hermes oder
Heros. Vgl. Lippold a. a. O. p. 101.
1133(191) Reliefkopf eines jungen Römers. Heklera. a. O.
T. 188 a.
1138 (143) Kopf eines alten Mannes. Hekler p. XV T. 49a.
Nachträge zum IL Bande.
Das lateranische Museum.
Erstes Zimmer: 1142 (10) Grabrelief, v. Salis der Altar
v. Pergamon p. 120 f.
Viertes Zimmer: 1157 (352) Porträtkopf eines Claudiers.
Hekler a. a. 0. T. 185 b,
Siebentes Zimmer: 1179 (462) Marsyasstatue nach Myron.
Eine Zeichnung der Ergänzung der Athena mit einer Flöte in jeder
Hand ist seither von Sieveking im Archäol. Anzeiger XXVII 1912
p. lff. publiziert worden. Sie eingehend zu kritisieren ist hier nicht
der Ort; nur auf dasjenige, was S. über das Motiv des Marsyas sagt,
müssen wir kurz eingehen. S. will die Bewegung des Marsyas allein
damit erklären, daß er annimmt, der Silen sei vorsichtig auf den Zehen,
mit den Armen balancierend, herangeschlichen; von einem Zurück-
prallen dürfe nicht gesprochen werden. Diese Auffassung scheint
uns dem künstlerischen Tatbestande nicht nur nicht zu entsprechen,
sondern zu widersprechen. S. will in der Notiz des Plinius über die
Gruppe — Myron fecit satyrum admirantem tibias et Minervam —
Minervam abhängig von admirantem verstanden wissen, nicht von
fecit. Voraussichtlich würde aber Plinius, wenn er etwas Derartiges
hätte ausdrücken wollen, doch wohl Minervam vor tibias gesetzt haben,
wahrscheinlicher noch sich ganz anders ausgedrückt haben. Paßt man
die Worte des Plinius so, wie sie bisher aufgefaßt worden sind, und wie
es unserer Meinung nach das richtige ist, so scheint aus ihnen doch,
wie übrigens auch aus dem entsprechenden Passus des Pausanias,
hervorzugehen, daß wir Flöten und Minerva in der Gruppe trennen
müssen. Jedenfalls aber dürfen wir aus ihnen nur folgern, daß Blick
und Gebärde des Marsyas einzig zu den Flöten in Beziehung stand;
und das bestätigt die Statue im Lateran, deren Kopf weit mehr er-
hoben sein müßte, wenn wir den Eindruck gewinnen sollten, daß die
„admiratio" des Silens der Göttin und nicht allein den Flöten ge-
golten habe, mögen wir diese nun in den Händen der Athena oder
am Boden voraussetzen. — Siehe in dem gleichen Bande des archäol.
Anzeigers p. lOff. einen Ergänzungsvorschlag der Athena von Mat-
thies und p. Ulf. eine kurz zusammenfassende Behandlung der
Frage von Petersen, der das Motiv des Marsyas dadurch erklären
will, daß er annimmt, der Silen habe zu den Klängen der Flöte
480 NACHTRÄGE ZUM IL BANDE.
getanzt. Sollte er sich dabei der Göttin so weit und unbemerkt ge-
nähert haben ? Vgl. auch in dem gleichen Anzeiger p. 144 (Dragendorf f).
1180 (476) Statue des Sophokles. Hekler p. XVI T. 52, 54.
Delbrück ant. Porträts (tabulae in usum scholarum ed. sub oura
Joh. Lietzmann 6) p. XVII, XXXII f. T. 16 b. Vgl. Lippold griech.
Porträtstatuen p. 50 u. 64.
Achtes Zimmer: 1183(487) Relief bild, Menander und die
Personifikation der Komödie. Hekler p. XXV T. 108. Lippold
a. a. 0. p. 89 ff. (L. bestreitet die Beziehung auf Menander). Für die
Zusammenstellung einer Unsterblichen mit Menschen in einer ähn-
lichen Situation vgl. das archaische Belief in Athen, das den Besuch
der Athena bei einem Handwerker darstellt (vgl. Lippold p. 9) und
aus später Zeit das Bild mit der Heuresis in der Wiener Hand-
schrift des Dioskurides: Bernoulli, Griech. Ikonographie II T. XXXI
p. 214f.
Zehntes Zimmer: 1192 (691) Belief, Ausstellung eines
Leichnams, v. Stryk, Studien über die etrusk. Kammergräber
p. 123f.
1195, 1196 (675, 677) Porträtbüsten eines Bömers und
einer Bömerin. Hekler p. XXXIXf. T. 222a, 237a.
Vierzehntes Zimmer: 1228 (845) Sarkophag mit abboz-
zierten Beliefs. In dem Zitat von Blümner, Technologie ist ein-
zufügen p. 25 f.
Fünfzehntes Zimmer: 1233 (972) Kopf des Attis. Disser-
tazioni dell' Accad. Pontif. rom. di aroheol. X 1912 p. 375 Fig. 111
(p. 376).
1235 (1006) Nische mit Silvanmosaik. Bosoher, Mythol.
Lexikon IV p. 837 n. 9. Dissertazioni usw. p. 156 Fig. 27.
Sechzehntes Zimmer: 1236 (1061) Statue des Attis. Disser-
tazioni usw. p. 164 Fig. 31 (p. 163).
1237 (1064) Orpheus und Eurydike. Dissertazioni usw. p. 465
Fig. 152.
1238 (1065) Baub der Proserpina. Dissertazioni usw. p. 469
Fig. 154.
1239 (1063) Szene aus einer Tragödie. Dissertazioni usw.
p. 468f. Fig. 153.
Das Thermenmuseum.
Der Hof: 1242 (12) Statue eines siteenden Mädchens. Ein
Fragment einer vierten Beplik dieses Typus hat sich aus zwei Stücken
zusammensetzen lassen, die in eine Fundamentmauer der Villa Fal-
NACHTRÄGE ZUM IL BANDE. 481
conieri bei Frascati verbaut waren und dort bei Errichtung der
neuen Künstlerateliers zutage kamen. Das Fragment, das jetzt die
Treppe jenes Ateliergebäudes ziert, stammt von dem Unterteil der
Figur: erhalten ist der Schoß, das r. Bein ganz, das 1. nur teilweise
— aber beide Beine ohne die Füße — , ferner ein Teil des Sitzes.
Merkwürdigerweise stimmte diese Replik wieder mit keiner der an-
deren ganz überein. Der Sitz war ein Stuhl mit Kissen; die Figur
war nur mit dem Mantel umhüllt; von der r. Hand hat sich kein An-
satz auf dem r. Oberschenkel erhalten. Die Ausführung war, nach
dem Erhaltenen zu urteilen, der des vatikanischen Fragmentes fast
ebenbürtig.
1266 (1023) Pfeiler mit Inschrift. Diehl inscriptiones latinae
(tabulae in usum soholarum ed. sub cura Joh. Iietzmann 4) T. 9, 10.
1270 Deckel eines Sarkophages in Form einer Kline.
Guattani monum. ant. inedit. Genn. 1788 T. II p. IV. Zoega de ori-
gine et usu obeliscorum p. 363 Anm. 63 und p. 652 ; ders. bassiri-
lievi I p. 123 Anm. 8. Journal of roman studies I 1911 p. 208 f.
1273 (40799) Sarkophag eines hohen Beamten der An-
nona. Amerio. Journal of archaeol. XV 1911 p. 29 ff. Fig. 9.
Museo Bonoompagni-Ludovisi: 1286 Dreiseitiges Marmor-
werk. Bulle, Der schöne Mensch (2. Aufl.) T. 147. Ausonia VI
1911 p. 101 ff. mit Abb. (Kjellberg).
1301 (86) Fragment eines Hochreliefs, Kopf einer schla-
fenden Erinys, Bulle, Der schöne Mensch (2. Aufl.) T. 262.
Oberes Stockwerk: 1344 (610) Überlebensgroßer weib-
licher Kopf. Vgl. Athen. Mitteil. XXXVII 1912 p. 70ff. n. 2 T. I
5 — 8 (zwei Terrakottaköpfchen aus Naukratis).
1347 Bronzestatue eines hellenistischen Herrschers.
Lippold griech. Porträtstatuen p. 102. Delbrück antike Porträts
(tabulae in usum scholarum ed. sub cura Joh. Lietzmann 6) p. XIX,
XLIII ff. Abb. 16 T. 30 (vermutlich Demetrios. I Soter von Syrien
162—150 v. Chr.)
1350 (1055) Bronzestatue eines Faustkämpfers. Über
Demetrios von Alopeke zuletzt Lippold griech. Porträtstatuen p. 47 f.
1352 (50170) Statue eines Mädchens. Die gerollte Binde auf
dem Teller wird manchem für den Dienst einer der üblichen Taenien
zu breit, zu kurz und von zu dickem Stoffe erschienen sein. Vielleicht
können wir Bestimmung und Name dieses Stück Zeuges mit Hilfe
einer Notiz des Pollux (VII 69) erraten: 6q &&ictqv di \ki\Lvrpai
JeivccQZog iv ry rfjg tsQeiccg öoxipaöia ' f<m d' i£ iglov sidruia
CpOlVIXOVV , CO (fCCldQVVOVÖl tcc idr\ x&v d'S&V.
1384 (201) Kopf des Dionysos. Vgl. Lippold a. a. O. p. 101.
wo das Zeugnis des Kopfes doch wohl zu hoch gewertet wird.
Heibig: Führer II. 3. Aufl. 31
482 NACHTRÄGE ZUM IL BANDE. )
1392 (8549) Fragment eines Frieses. Gefunden in der
Nähe von Velletri. Notizie d. soavi 1900 p. 197 mit Abb. Auso-
nia VI 1911 p. 147 ff. T. VII (Moretti).
1401 (140) Kopf des Sophokles. Vgl. zu dem Typus zu-
letzt Lippold p. 38 f. L. bestreitet in Übereinstimmung mit Arndt
die Deutung auf Sophokles und datiert das Original des Typus nicht
weit nach der Mitte des 5. Jahrhunderts.
1408(506) Relieffragment, Anaximandros. Vgl. Lippold
p. 74. Ebenda p. 59 Fig. 9 ist jetzt das Eudoxos-Relief abgebildet.
1414 (644) Kopf des Gallienus. Delbrück ant._ Porträts
(tabulae in usum scholarum ed. sub cura Joh. Lietzmann 6) p. XXI,
LV f. T. 53.
1416 (162) Kopf der jiing&ren Faustina oder Luoilla.
Delbrück a. a. O. p. XXI, Uli f. T. 47 (Faustina).
1427 (618) Kopf des Nero. Delbrück p. XX, XLVIII, T. 35.
1428 (326) Kolossalkopf des Gordianus III. Lies: Herkunft
wie bei n. 1422.
1430 (330) Kopf des Vespasian. Lies: Herkunft wiebein. 1422.
f~" 1463 (324) Vierseitiger Altar. Die Seite mit der Darstellung
der Wölfin abgeb. bei Boscher, Mythol. Lexikon IV p. 203f. n. 5
Abb. 2.
1479 (1128) Das kleine Bild mit dem rezitierenden Schauspieler
und dem nachlesenden Dichter oder Regisseur bei Birt, Die Buch-
rolle in der Kunst p. 141 Abb. 78 (um einen simplen Souffleur — so
nennt B. den Nachlesenden — kann es sich nicht handeln; der Mann
ist bekränzt und wird deshalb den Dichter darstellen).
1508 (4344—4349) Fragmente von Terrakottareliefs
und 1514, 1515 Fragmente der plastischen Dekoration
eines Tempels. Vgl. Ausonia VI 1911 p. 151 ff. (Moretti).
Villa Borghesa
Oberes Stockwerk: 1566 (OCXLV) Gruppe, Amazone zwei
Krieger überreitend, v. Salis der Altar v. Pergamon p. 131.
Das Kirchersche und prähistor. Museum
im Collegio romano.
Korridor LIV; 1753 Fragment einer griechischen
Spiegelkapsel mit Belief, Gigantenkampf, v. Salis
der Altar v. Pergamon p. 50.
Vergleichende Tabelle der Nummern in der
zweiten und dritten Auflage.
2. Aufl.
3. Aufl.
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172
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-~
177
173
233
223
68
65
I 122
114
178, 170
—
234
224
31
484 VERGLEICHENDE T ABELLE DER NUMMERN.
2. Aufl.
3. Aufl.
2. Aufl.
3. Aufl.
2. Aufl.
3. Aufl.
2. Aufl.
3. Aul
285
225
302
289
375
356
442
780
238, 237
226, 227
303
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238
228
304
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244
234
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247
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241
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244
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306, 307
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320
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393
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255
245
321
308
394
376
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796
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322
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395
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257
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323
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258
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250
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277
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484
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270
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271
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285
274
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334, 385
426
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827
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275
353
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492
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(134 A)
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1451 bis
1228
496
1293
535
1089
1446
1165 a
1464
1229
497
1294
539
1090
1400
1166
—
1230
498
1295
548
1091
—
1167
—
1231
499
1296
543
1092
1405
1168
1325
1232
500
1297
542
1093
1391
1169
419» 432,
1233
559
1298
534
1094
1424
433
1234
501
1299
591
1096
1264
1170
418
1235
502
1300
592
1096
1399
1171
420
1236
504
1301
593
1097
1406
1172
481
1237
605
1302
594
1098
1398
1178
423
1238
506
1303
595
1099
1394
1174
424
1239
508
1304
596
1100
1326
1176
427
1240
507
1305
597
1101
1389
1176
429
1241
509
1306
598
1102
1890
1177
431
1242
510
1307
599
1103
1388
1178
434
1243
512
1308
600
1104
1378
1179
485
1244
514
1309
601
1105
1379
1180
436
1245
517
1310
602
1106
—
1181
461
1246
519
1311
604
1107
1327
1182
437
1247
520
1312
605
1108
1328
1183
438
1248
521
1313
606
1109
1450
1184
439
1249
522
13141
1315/
746
1110 bis
1185
440
1250
523
1112
—
1186
441
1251
582
1816
608
1113
1350
1187
442
1252
679
1317
609
1114
1346
1188
443
1253
571
1318
610
1115
—
1189
460
1254
588
1319
611
1116
1364
1190
444
1255
572
1320
612
1117
1348
1191
445
1256
589
1321
613
1118
1347
1192
446
1257
541
1322
614
1119 bis
1329 bis
1193
447
1258
584
1323
616
1122
1332
1194
448
1259
585
1324
617
1123
1324
1195
449
1260
566
1325%
618
1124
1356
1196
450
1261
558
1326
619
1125
1353
1197
451
1262
524
1327
622
1126
1341
1198
452
1263
525
1328
623
1127
1362
1199
453
1264
526
1329
624
1128
1333
1200
454
1265
530
1330
625
1129 bi
1477 bis
1201
456
1266
528
1331
626
1131
1479
1202
457 '
1267
529
1332
627
488 VERGLEICHENDE TABELLE DER NUMMERN.
2. Aufl.
3. Aufl.
2. Aufl.
8. Aufl.
2. Aufl.
3. Aufl.
2. Aufl.
3. Auf!
1388
628
1381
602
1437
760
1486
1760
1334
629
1382
603
1438
751
1486
1720
133S
620
• 1383
604
1430
630
1487
1723
1338
631
1884
606
1440
752
1488
1732
1337
632
1885
605
1441
1674
1480
1784
1338
633 bis
1386
608
1442
1680
1400
1731
635
1387
600
1443
1678
1401
1744
1380
636
1388
700
1444
1670
1402
1742
1340
637
1380
701
1445
1677
1403
1760
1341
638
1300
702
1446
1657
1404
1738
1342
746
1301
703
1447
1645
1405
1743
1343
630
1302
720
1448
1630
1406
1755
1844
640
1303
721
1440
1757
1407
1753
1345
641
1304
722
1450
1768
1408
1754
1346
642
1305
707
1451
1711
1400
—
1347
643
1306
70«
1452
1706
1600
1728
1348
644
1307
—
1453
1707
1501
1720
1349
645 bis
1808
708, 710
1454
1708
1602
1730
652
1300
700
1455
1671
1603
1736
1360
655
1400
710
1466
1684
1504
1752
1351
656
1401
712
1457
1670
1506
1748
1362
657
1402
711
1458
1672
1506
1659
1353
658
1403
713
1459
1673
1507
1668
1354
704
1404
714
1460
1700
1608
1577
1355
650
1405
716
1461
1686
1509
1678
1356
660
1406
717
1462
—
1510
1670
1357
661
1407
723, 738
1463
1715
1611
1680
1358
664
1408
724
1464
1714
1512
1681
1350
665
1409
725
1465
1716
1513
1582
1360
667
1410
726
1466
1681
1514
1683
1361
668
1411
728
1467
1666,
1515
1584
1362
669
1412
730
1688
1516
1585
1363
670
1413
731
1468
1683
1617
1673
1864
671
1414
737
1460
1746
1518
1574
1365
672
1415
740
1470
1727
1510
1675
1366
673
1416
742
1471
1682
1620
1686
1367
676
1417
741
1472
1635 bis
1621
1687
1368
678
1418
743
1637
1622
1576
1369
670
1410
746
1473
1700
1523
1688
1870
681
1420
683
1474
1712
1524
1680
1371
682
1421
687
1475
1676
1526
1602
1372
683
1422
747
1476
1676
1526
1503
1373
684
1423
II p. 404
1477
1661
1527
1604
1374
685
bis 1420
1478
1660
1528
1506
1375
686
1430
421
1470
1602
1520
1507
1376
687
1431
417
1480
1606
1530
1508
1377
688
1432
428
1481
1660
1531
1500
1378
680
1433 bis
—
1482
1532
1600
1370
600
1435
1483
1710
1533
1601
1380
601
1436
740
1484
1740
Namen- und Sachregister.
In der Begel werden die den Denkmälern gegebenen duronlaufenden Nummern
und nur für Teile, die der Nummern entbehren, der Band und die Seitenzahl
zitiert. Die Künstlernamen sind kursiv gedruckt. *
Abundantia 1875 (?)
Acerra 152, 893, 1174, 1862,
II p. 152
Acheloos 1117. Sogen. A, 600,
1693, 1768p, 1770b
Acheron s. Unterwelt
Aohüleus 45 ( ?)
— auf Reliefs 141, 418, 766, 774,
600, 801, 966
— auf Vasen 449, 458, 479,
480, 487, 602, 617, 545, 1807
(LXXI)
— auf Wandbüd 523
— auf Spiegeln 643, 1808d
— sein Schild 800, 801
— Streit um seine Waffen 1459
Adam 792 (?)
Adler 368, 1463
— als Legionszeichen 5, 1529
— Ganymedes raubend 386, 1440
— neben Ganymedes 103, 368
— neben Hebe ( ?) 1443
— neben Zeus 1405, 1329
— neben Porträtstatue 299
— vor Prometheus 534, 792, 1394
— einen Hasen zerfleischend 178,
1147
— Vogel der Sonne 123, 767
— als Schmuckstück 993, 994
Adlerkopf 654 (Tongefäß), 657
( Deichselschmuck)
Adlooutio 5 (I p. 629), 1156,
1166, 1171
Admetos 119
Adonis 201 ( ?), 442 ( ?)
— und Aphrodite 460, 700, 741,
1202, 1286 ( ?)
— verwundet 442, 1816
Adorantin 241, 647, 1038, 1252
Aedioula 924, 988
Aelius Aristides 413, 813 (? II
p. 475)
— Caesar I p. 453 n. 34
P. Aelius Syneros 1463
Aeneas auf Relief 155 ( ?), 1523
— auf Vasen 447, 570
— auf Wandbild 1452
Aes rüde, signatum u. grave I
p. 403; n. 1704, 1705
Aeternitas 990
Aethiopischer Sklave s. Aithio-
pier
Aetion 416 ( ?)
Affe 1424, 1574, II p. 375
Agamemnon 523, 774, 1207, 1459
Agenor II p. 396 (?)
Ageaandros 151 (I p. 630), 1899a
&yxv%y 1297
Aglibolos 988
Agorakritos 291, 765, 907, 1878
Agrauliden 111
kyQf\v6v 6, 129
Agrippa 5, 1266
M. Agrippa Postumus 872 ( ? II
p. 476). Vgl. 1133, 1441
Agrippina d. ä. I p. 452 n. 10
(II p. 474). Vgl. 805, 1828
— ihr Urnenbehälter 889
Ahenobarbus, Cn. Domitius, an-
gebl. 39. Vgl. 102, 898
Ahnenbilder 1195, 1196, 1270.
Vgl. 1862
Aias, Sohn des Oileus, 636 ( ?)
auf Relief 1537
auf Wandbild 523
— Sohn des Telamon, auf Relief
1537
auf Vasen 447, 479, 480, 542
490
NAMEN- UND SACHREGISTER.
Aias, Sohn des Oileus, 636 (?)
auf Wandbüd 523
auf Spiegel 1807 d
Aidos 1518 ( ?)
Aigeus 1683, 1924
Aigina 504
Aigis 38, 782, 927
— mit Sternen 52 (I p. 629),
645, 1768a, c
Aigisthos 338, 1207
Aineas s. Aeneas
Aion 123
Aischines 281 (II p. 471), 830
Aischylos 19 ( ? II p. 466), an-
gebl. 840 (II p. 475)
— Wirkung seiner Dramen in
Kunstwerken 606, 669, 1207
Aisopos 1859. Vasenbild 571
Aithiopier 375, 1926. S. Neger-
kopf
Aithra 1924. Vasenbild 500
Akanthosblätter unter einer
Büste 294
— unter einem Schilde 64, 1557
— um Säulen 378
Akrobat 1721
Akrolith 70, 887, 1288, 1367
Akroterion 1510
'Axtai 414 (p. 262, 263)
Aktaion I p. 272 (n. 86). N.
1403, 1799c, 1807e
Alabaster 213, 426, 553, 930,
1868—1871
Alabastron 1768v, 1770i
Alatri, Tempel II p. 348
Alba longa 1452
Albaner See 794
Aldobrandinische Hochzeit 416
Alexander Balas 1347 (?)
Alexander d. Gr. 882 (II p. 476).
Vgl. 955, 1050, 1110, 1347
— vor Diogenes 1894
Alexandersarkophag sog. 1752
(p. 394)
Alexander Severus 1422 ( ?)
Alexandreia, Fabrikationsort
von Parfümgefäßen 553
Alexandros 1769 d. S. Paris
Älgardi 790, 791
Alkaios 497
Alkamenes 26, 64, 86, 320, 324,
857, 1004, I p. 629, n. 1281,
1539, 1557, 1559
Alkestis 119
Alkiades 549
Alkibiades 273. Angebl. 88, 262,
322, 821, 1911
Alkmene 255, 610, 1850
Alkyoneus 471
Alopeke, Mütze aus Fuchspelz,
494
Alpna 684
Altäre 155, 901, 1040, 1043,
1044, I p. 694f. N. 1177, 1265,
1463 (II p. 482), 1466, 1847 (?),
1896, 1898, 1901, 1902
Alte Bäuerin 935, opfernd 1896,
trunken 778
Althaia 849
Amalasvintha, Dame aus ihrer
Zeit 902
Amaltheia 74 ( ?), 864
Amazonen Statuen 24, 192 (I
p. 630), 852, 881, 980, 1095,
1103
— Köpfe 949, 989 ( ?)
— auf Antefixen 1780k
— u. Greife 1675
— in Troia 1543
Amazonenkampf in Gruppe 1565
(II p. 482)
— auf Marmorreliefs 78, 141,
865, 906
— auf Tonreliefs II p. 219; n.
1768e, 1783, 1786a
— auf Spiegelkapsel 1768q
— auf Cisten 700, 1741, 1769h
— auf Vasen 505, 515, 618,
536, 1795f, 1796g
Amazonenschild 930, 1769b
Amazonius 930
Ambra s. Bernstein
Amme 382, 1209, 1286
Ammon s. Zeus Ammon
Ammon Ra 1575
Amor 1463, 1617. S. Eros
Amphiaraos 523
Amphion 426, 1209, 1813
Amphitrite 1218, 1549 ( ?) 1799g
Amphitryon 255, 256, 510
NAMEN- UND SACHREGISTER.
491
Amphoren I p. 281 f.
— aus Bronze 616, 665, 701,
1747, 1765
— aus Marmor 333
Amulius 154, 1453
Amykos 1360 ( ?), 1752, 1756,
1769e, 1807
Anabestae 1257
Anakreon 900 (II p. 476)
avanavoyLBvai 1184, 1355
Anaximandros 1408 (II p. 482)
Anchises 570
Andokides 1779
Androkrates 549
Andro mache 1481. 1543
Andromachos 549
Andromeda 806, 1782 a
Androsphinx 1329, 1460
Androsthenes 549
Ankaios 895
Anna Perennis 1452 ( 1)
Annona 1273 (II p. 481)
Antakles 549
Antefixe 437, 1009, 1010, 1509,
1512, 1671, 1779, II p. 337ff.,
n. 1786e
Antemnae 1785 r
Anteros 238
Antigonos 884
Antüochos 414 (p. 262)
Antinoos Statuen 289 (II p. 471),
1152. Vgl. 306, 307. Angebl.
874 (H p. 476)
— Büste 294. Vgl. 286, 287
— Relief 1872
Antiocheia 362
An]tiocho8 ( ?) 1304
Antiphates 414 (p. 263)
Antiphilos 244, II p. 396, n. 1927
Antisthenes 279 (II p. 471), 395
(II p. 473)
Antonia Drusi I p. 452 n. 8
Antoninus Pius Statuen 114,
1318. Vgl. 292
— Büsten u. Köpfe I p. 453
n. 35; n. 1417, 1421, 1535
— Reliefs 123, 1875
Anubis 1498, 1575 ( ?)
Apelle8 251
Apex 893, II p. 258 .
Aphrodisias I p. 453 n. 49; n. 861,
862, 1315, 1715
Aphrodite Statuen 139 (mit Por-
trätkopf), 248 (II p. 470; im
Bade kauernd), 251 (nach dem
Bade), 310.(1 p. 631; A. von
Knidos), 761, 763 ( ? bekleidet,
aus der Mitte des 5. Jahrb. v.
Chr.), 803 (kapitol. V.) 1285,
(Torso d. kn. Aphr.), 1300
(knid. Aphr.), 1539 (Ven.
genetr.), 1918 (Ven. v. Capua)
— Statuette 1715 (A. v. Aphro-
disias)
— Köpfe 97 (kapit. V.), 193
(knid. Aphr.), 1288 ( 1 areh.
Kolossalkopf), 1335 (4. Jahrh.
v. Chr.), 1544 ( ? pheidiasischer
Typus)
in Gruppen 79 ( ? mit zwei
Eroten), 1297 (1 mit Ares)
— auf Reliefs 132 ( ? Sarkoph.
mit Darstellung eines Hafens),
144 (Paris vor Helena), 154
(Basis Casali), 207 (barber.
Kandelaber), 460 (mit Adonis),
783 (archaistisch), 966 (Tensa
capit. ), 1 202 (Adonis- Sark. ),
1286 (II p. 481 ; Thron d. Aphr.),
1321 (Urt. d. Paris), 1860 (ar-
chaisch)
— auf Gemälde 416 (aldobr.
Hochzeit), 1479 (Farnesina-
Haus)
— auf Vasen 607, 508, 525
— auf Cisten 700, 1768a
— auf Spiegeln 639, 684, 1768 t,
1769k, 1770g
— auf Goldbulla 741
Apollodoros I p. 288 f.; n. 1793h
Apollon Statuen 15 (Kitharöde),
129 (? I p. 630, II p. 469; mit
&ygriv6vf 157 (I p. 630, II p.
469; Ap. vom Belvedere), 187
(Kitharödos), 191 (Ap. Sau-
roktonos), 200 (Kitharöde, ar-
chaisch), 254 (v. Centocelle),
258 (Kitharöde), 263 (II p.
470; Kitharöde, Teil der Mu-
sengruppe), 380 (archaistisch),
492
NAMEN- UND SACHREGISTER.
854 (Repl. d. Ap. von Kassel),
859 (Omphalos-Ap.), 860 (Wei-
terbilde d. Ap. Lykeios), 878 ( Ap.
Lykeios), 907 (Kitharöde), 984
(4. Jahrh.), 1096 (sitzend über
Felsengrotte mit Omphalos),
1247 (stehend mit Dreifuß u.
Kithara), 1268 (Omphalos-Ap.),
1312, 1313 (sitzend), 1336 (aus
dem Tiber), 1548 (archai-
stisch), II p. 397 (Pal. Bar-
berini), n. 1784 a (Terrakotta
aus Falerii), 1848 (sitzend auf
Dreifuß u. Omphalos), 1852
Bronze, Ap. Sauroktonos), 1932
(arohaisoher Torso)
Apollon Statuetten 755 (Bronze,
sitzend), 982 (Mann., als Kind
auf dem Arm der Leto)
— Köpfe 187, 200 (archaisch),
233, 1052 (Ap. Lykeios), 1108
(Ap. v. Kassel), 1110 (sog.
Alezander), 1120 (Lykeios),
1366 (Omph.-Ap.), 1387, 1628,
1732 (Bronze, Lykeios), 1933
(Sauroktonos)
— auf Reliefe 5 (Panzer), 60 (sit-
zend), 119 (Alkestis-Sark.),
144(ParisvorHelena),335(Kan-
delaber), 363 (KandeL), 365
(Kandel.), 382 (Niobiden-
Sark.), 418 (Niob. - Sark.),
697 (Oistenfuß), 747 (Bronze-
beschläge), 783 (archaistisch),
847 (Ap. m. Muse), 864 (Basis,
Schicks, d. Zeus), 923 (Darst.
d. Marsyas-Sage), 1116 (Votiv-
relief), 1209 (Niobiden-Sark.),
1402 (Kitharöde), 1546 (als
Kind), 1847 (Altar od. Basis),
1850 (ismen. Ap.), 1876 (Kitha-
röde, archaistisch)
— auf Mosaik 1443 (Strafe d.
Marsyas)
— auf Vasen 467, 495, 497, 502,
520, 545, 570, 574
— auf Gisten 1768a, m
— auf Bleitesseren 564
ApoUonio8 288
— Sohn des Nestor 124
Apotheose 121, 122, 123, 155,
309, 990
Apoxyomenos 23 (II p. 466)
Apulische Vasen I p. 290; n. 492,
506, 507, 512, 514
Ära Pacis 152, 1276, 1523
Aratos 1914 ( ?). Vgl. 282
Arausio II p. 215
Archemoros 1812
Archeso 1135
Archigallus 987
Archilochos 394 ( ?) '
Ardea, Tempel 1752
Arduinne 49
Ares Statuen 693 (Mars v. Todi),
759 (I p. 632 f., II p. 473 f.
Mars Ultor), 921 (?), 1166,
1297 (Ar. Ludovisi)
— Statuette 755
— Köpfe 832 ( ? sog. Miltiades),
1281 (Ar. Borghese)
■— auf Reliefs 207 (barber.
Kand.), 783 (archaistisch),
1685 (Terrakotta), 1715 (?
Göttin v. Aphrodisias)
— auf Vasen 463, 475, 566
— auf Spiegel 639
Argonauten 1752
Argos, Hund des Odysseus, 1684,
1777a
Ariadne Statue 208 (schlafend)
— Kopf 866 ( ?)
— auf Reliefs 190 (Kabinetrel.),
210 (schlafend), 966 (Tensa
capit.), I p. 576 (Terrakotta),
1200 (Sarkophag)
— auf Vasen I p. 404; n. 1778f,
1799 f, 1808i
— auf Gemälde 414 (p. 264)
Arimaspen I p. 278
Aristeas 861, 862
Arißtippos 1819 ( ?)
Aristodemos 1859
Aristonothos (?) 965
Aristotelesl298.Angebl.l819,1934
Arkesilaos 179, 996 (H p. 477),
1517, 1539
Armbänder I p. 403; n. 717
Arretinische Vasen I p. 290 f. ; n.
661, 567
NAMEN- UND SACHREGISTER.
493
Artemis Statuen 29 (I p. 629;
langge wandet, eilend), 67 (kurz-
ge wandet, angelehnt), 366
langge wandet, stehend), 1164
(ehemals auf basaltenem Hirsch
sitzend), 1933 (langgewandet,
stehend; vgl. II p. 5, Torso)
— Statuette 982 (als Kind auf
dem Arm der Leto)
— von Ephesos 337, 797 (II p.
474), II p. 205, 1715
— Köpfe 366, J106 ( ? pheidia-
sisch), 1385 (Art. ▼. Ver-
sailles)
— auf Reliefs 5 (Panzer), 138
(Gigantomaohie), 382 (Niobi-
den- Sarkophag), 747 (Bronze-
beschläge), 783 (archaistisch),
923 (Darst. aus der Marsyas-
Sage),1011 u.lll6(Votivreliefs),
1209 (Niobiden - Sarkophag),
1403 (Statue in Kapeüe), 1536
( Votivrelief , Art. Kurotrophos),
1546 (als Kind), 1670 (Terra-
kotta, sog. pers. Art.), 1784 q
und 1785 u (Terr., pers. A.),
1838 (Niobidenfries), 1876 (ar-
chaistisch), 1889 (neben Leto ?),
1930 (archaistisch).
— auf Mosaik 1443 (Strafe d.
Marsyas)
— auf Vasen 418, 506, 626 (pers.
A.), 570, 1796k, 1799c
— auf Ciste 1768 m
— Attribute der Artemis 356,
1513
Arvalen 217, II p. 60f.
Ascanius 1452
Aschenbehälter I p. 272 ; n. 423,
425, 426, 481, I p. 403f., n.
560, 616, 1630, 1635—1637,
1642—1644
— gefäß 213, 779
— kiste 1162, 1459
— urne 1325, 1524, 1868—1871
Asklepiades 818
Asklepios Statuen 6 (jugendl.).
Vgl. 1333
— Statuetten 755 (Br.), 1015 u.
1718 (Mann.)
Asklepios in Gruppen mit Hygieia
203 (jugendl., sitzend). VgL
115 stehend)
— . Köpfe 1261 (jugendl.), 1333 u.
1340 (bärtig)
— auf Reliefs 188, 846 u. 1016
(Votivreliefs); 1144 (als Kind);
1897 (Votivrelief)
Askoliasmos 786
Asopos 504
Aspasia 277
Astarte 988
Astragal als Gefäß 1793
Astyanax 1481, 1543, 17941
Atalante 459, 640, 849, 895, 916,
939
Atargatis 1429
Ate 849 ( ?)
Athamas 1808h
Athene Statuen 38 (Min. Giusti«
niani), 52 (I p. 629; mit Ster-
nenaigis), 64 (I p. 629; Alkame-
nes ?), 765 (Kolossalstatue),
782 (Repl. d. Min. Giust.), 851
(n p. 476; Promachos), 905,
906 (Ath. Parthenos), 1028
(Pallas v. Velletri), 1069 (Ath.
des Kephisodoros ?), 1304 (Ath.
Parth., Kopie d. -tiochos), 1307
(Pasticcio), 1338 (peloponnes.
Original), 1530 (Ath. Parth.),
1567 (Pasticcio), 1559 (Alka-
menes ?), 1866 (archaisch), 1878
(mit d. Wolfshelm)
— Statuetten 645 (I p. 632;
Br. mit Sternenaigis), 1689
(Terrakotta), 1717 (Marm., Ath.
Medici), 1723 (Br. etrusk.),
1854 (Br.), 1857 (Marm., ver-
hüllt)
— Herme 1293
— Köpfe 70 (Ath. Medici), 101
(Ath. m. Sternenaigis), 153
(friedl. Ath.?), 224 (praxite-
lisch), 355 (m. Gorgoneion als
Maske), 400 (archaisch, Akro-
lith), 989 ( ?), 1020 (II p. 477;
Ath. Hope), 1084 (archaisch-
attisch), 1085 (archaischi-io-
nisch), 1089 (pheidiaskeh),
494
NAMEN- UND SACHREGISTER.
1262 (Min. Giustin.), 1367
. (Ath. Medici), 1377 (attisch —
5. Jahrh.), 1854 (Br. Ath.
. Hope), 1855 (Br. pheidia-
sisch)
Athene auf Reliefs 112 (mit Gaiau.
d. kl. Erichthonios), 207 (bar-
berin. Kandelaber), 255 u. 256
(Friese m. Szenen des Herakles-
mythus), 365 (Kandelaber),
783 (archaistisch), 792 (Pro-
metheus-Sarkophag), 864 (Ba-
sis, Schicks, des Zeus), 904
(mit Gorgoneion als Maske),
1042 (Judicium Orestis), 1321
(Urteil d. Paris), 1546 (Sarko-
phagdeckel, Geburt d. Apollon
u. d. Artemis), 1685 (Terra-
kotta), 1753 (II p. 482; Spie-
gelkapsel), 1768w (Knoohen-
relief ), 1860 (archaistisch), 1887
(Sark. m. Hochzeit d. Peleus
u. d. Thetis)
— in Mosaik 314
— auf Vasen I p. 283 u. passim.
N. 1793g, 1795a, d, e, k,
1799b, c
— auf Spiegeln u. Cisten 691,
1752, 1766, 1768a, c, 1769b,
e, g, 1770u
Athenü 1864
Aikenodoroa 151 (I p. 630), 978
(I p. 633f.), 1899a
Athleten (vgl. Diadumenos, Dis-
kobolos, Faustkämpfer, Lau-
fer, Pankratiast, Ringer)
— Statuen 32, 1083, 1241, 1823,
1846, 1909
— Köpfe 769, 1051, 1058, 1158,
1381, 1382
— auf Reliefs 972, 1153
— in Mosaik II p. 1; n. 1240
— auf Vasen 471, 472, 477 und
passim.
Athlothet 472, 488, 616, 529, 704.
Vgl. Epistates
Atia, Iuounda 1456
L. Atilius Artemas 1272
Atistia, Frau des Bäckers G.
Vergüius Eurysaces 1259
Atlas 1929 (Statuette), 534 (Va-
senbild), 686 (Spiegel)
Attalos I. von Pergamon 372,
772, 865, 884, 1317
Attis 132 ( ?), 987, 997, 1233 (II
p. 480), 1236 (II p. 480), 1311,
1901. 1902. Vgl. 369
Aufzüge von Reitern u. Wagen
auf Vasenbildern I p. 281, 286 ;
n. 455, 475, 540
— auf Terrakottafriesen 976,
1508, 1514, 1515
Augenschalen I p. 283; n. 538,
1790, 1794e, f, 1796k
Augur 871, 1514, 1901, 1902
Augustus Statuen 5 (I p. 629,
II p. 466), 304 (Genius des A.),
313, 1528,
— Köpfe 86 (II p. 468), 217, 218
(II p. 470; Octavianus), 409,
I p. 452 (II p. 474), n. 1165
— auf Reliefs 165, 1523
Aura 1523
L. Aurelias Heliodj»rus 988
M. Aurelius Reiterstatue I p. 408
— Büsten u. Köpfe 229, I p. 463
n. 37 (II p. 475), 38; n. 1419
— auf Reliefs 891—893 (II p.
Auriga s. Wagenlenker [476)
Aurora 5
Autolaos 1144
Axieros, Axiokersa, Axiokersos
[1197
Badeszene 1799 i
Bär 1072—1074
Bäuerin 935
Bahre aus Bronze 628
Bakchantinnen (vgl. Mänaden)
— Statuen 1068 ( ?. mit aufge-
stütztem Fuße), 1830 (stehend;
Var. der sog. Athena Lemnia),
1886 (tanzend)
— Kopf 866 ( ?)
— auf Reliefs 158 ( ? II p. 469;
mit Stier), 334, 378 (Kande-
laber), 946 (tanzend m. halb.
Rehzioklein), 950(Rhyton; tan-
zend), 1148 (tanzend auf Am-
phora), 1191 (Dreifußbasis,
tanzend), 1206. (Sarkophag;
NAMEN- UND SACHREGISTER.
495
Thiasos), 1327, 1329, 1330
(Stuckreliefs; bei Opfer und
Mysterien-Weihe), 1518 (Ter-
rakotta; Enthüllung d. myst.
Schwinge), 1525 (tanzend),
1533 (Fries; Thiasos), 1768g
(Terrakotta; m. Tyxnpanon),
1850 (Thiasos m. Herakles)
Bakchantinnen auf Vasen 492,
509, 511, 519
Balbinus 408
Bankett auf Relief 1508, auf
Bronzestreifen 1777 c, auf Spie-
gel 1769 m, auf Vase 1794o
Barbaren Statuen 339 (als Ge-
fäßstütze), 372 (kämpf. Per-
ser), 375 (äthiop. Sklave), 762,
884 (sterb. Gallier), 1222
— Gruppen I p. 409 f. (Trofei di
Mario), 1302 (Gallier u. sein
Weib)
— Büsten u. Köpfe 3, 41 u. 46
(Dacier); 98 (Gallier), 829 (II
p. 475; sog. Armin), 1354 (sterb.
Perser), 1926 (Afrikaner)
— auf Reliefs 5, 212 (I p. 630),
1166 (Panzer), 312 (Sark. <L
Helena), 772 u. 1317 (Sark. m.
Gallierschlacht), 891 (histo-
risches Rel. ),1320 ( Sark. m. Bar-
barenschlacht), 1555 (Basis m»
, Orientalen u. Victoria)
Barberini Palazzo II p. 393 ff.
— Sammlung II p. 312 ff. 328
Basilica Hilariana 997
— des Iunius Bassus 991, 992
— Neptuni 888
Basis 154 (II p. 469; B. Casali),
771 (m. Heraklestaten), 864
(m. Schicksalen d. Zeus), 871
(d. Iuppiter Sol Serapis ge-
weiht), 1191 (eines Dreifußes),
1210 (der Pietas gew.), 1218
(eines Kandelabers), II p. 205
(d. ephes. Artemis), n. 1555 (m.
Orient, u. Victoria), 1825 (m.
Hekate u. Hören)» 1847 ( ? d.
Apollon), 1910 ( ? mit Eroten),
1930 (m. Götterzug)
Bauer 172, 1462 .
Baumkultus 319, 341, 342, 356,
767, 1331, 1332, 1440, 1810,
1813, 1893, 1934
Baumsarkophag 1774, 1789,1807o
Becher aus Gold 1584; aus Silber
676, 1757
Beinschienen 1736, 1778
Beischriften auf Vasen 448, 476,
479 (sinnlos), 480, 496, 521,
541, 547, 569, 1807d
Bellerophon 966, 1770 n, 1795h,
1803a, 1817
Berenike II. II p. 478 n. 1037
Berggott 132, 140, 154, 792,
1321, 1463 (II p. 482), 1546 ( ?),
1839
Bernardini, Grab I p. 390, II p.
259; n. 1572, 1592, II p. 313
u.328
Bernstein 720, 1483, II p. 258,
n. 1586, II p. 271, n. 1700, II
p. 359, 375, n. 1767i, 1792c, d, g
Bes 1080
Beschläge 746, 747
Bestiarii II p. 231
Betende Matrone s. Adorantin
Bett 628, 1596 ( ?). Vgl. Kline,
Lager, lectus
Bias 275 (II p. 471), 393
Biga 319, 976
Bildnisgruppe eines röm. Ehe-
paares 230 (I p. 631, II, p. 470)
Bleimarken I p. 403
— Gußformen für 564
Blepsias 549
Blitz in Form einer Blüte 1786 v
— gräber (bidentalia) 361
Blumenkorb (Mosaik) 315
Bock 1767r, 17701, 1845, 1910
Boethoa 867, 962
Bokchoris 1356
Bomarzo Bronzereliefs I p. 354;
n. 747, 1755, 1777c
— Sarkophag 1785 p
Bonus eventus 808 (II p. 475),
911
Boreas 499, 1379 ( ?), 1752, 1799a
Bracciano, Heilthermen s. Vica-
rello
Brandgräber 1787
496
NAMEN- UND SACHREGISTER.
Braut 416, 1286 (II p. 481)
Brettspiel 1807 d
Briseis 479, 487
Brunnen 120 (mit Thyrsen u.
Pignen), 172. S. Fontänen-
dekoration. Löwenkopf als
Wasserspeier
— figuren 205, 340, 377, 942,
1175, 1176, 1250
— gräber 616, II p. 258
— gruppe 336, 1649, 1560
— mündung 359, 379, 766, 783,
1042 ( ?), 1910 ( ?)
— relief 178, 376, 1144, 1147,
1891
— schacht aus Ton I p. 555
— szenen auf Vasen I p. 254;
n. 473
Brusohi Sammlung I p. 329
Brustschild 710
Brutus L. Iunius angebl. 953
(II p. 477)
— M. Iunius angebl. 872 (II.
p. 476), 1133 (II p. 478), 1441
Bryaxia 126, 187, 237, 288, 770,
1124, 1563, 1858, 1919, 1931
Brygos I p. 288; n. 574, 576, 577
Bucchero 524, 557, 558, I p. 353
u. 404, n. 669,11 p. 271, n. 1690,
II p. 376, 377 u. 378, n. 1791,
1796d, 1798
Buch aus Blei 1711
Bügelkanne 1617
Bühne s. Skene
Bulla 383, 396, 702, 725, 729,
736, 741, 1634, 1752
Bupalos 1864
Busengeschmeide 708
Bustum Caesarum 213, 990
Byblis 415
Q. Caeoilius Ferox 1906
L. Caeoilius Metellus 1254
Caelus 5, 155
Caeretaner Hydrien 471
Caesar s. Iulius Caesar
C. Caesar 5, I p. 452 n. 11; n.
1134, 1916
Caestus II p. 1; n. 1145, 1153,
1240, 1350, 1364 ( ?)
Cagli, Bronzen aus 1775
Calener Schalen I p. 290; n. 566,
662, 663, 1691, 1800d
Caligula I p. 452 n. 11; n. 1172,
1420 ( ?), 1916
Camillus 162, 893 (II p. 476), 957
(I p. 633; Br.), 1177, 1221,
1439, 1523, 1730
Campanische Plastik 1349, Va-
senmalerei I p. 290
Campus Martius 123, 213, 894,
897, 990
Camulus 49
Canova 135—137
Cantinea Procia 1458
Capena, Nekropole II p. 271
Caracalla 221, I p. 454 n. 53; n.
1423, 1425, 1426, 1647. Vgl.
871, 1418
Carinus I p. 455 n. 79 ( ?)
Ceres 1197. S. Demeter
Cerveteri Grab I p. 352; n. 1604
— Sarkophag 1773
Charis 1334 ( ?), 1479 ( ?)
Chariten 80, 416, 844 ( ?), 1715,
1850 ( ?), 1876 ( ?)
Charon auf Reliefs 379, 385, 1207
— auf Vasen 448, 588
— auf Wandbild 523
Cheiron 766, 966. Vgl. 925
Chimaira I p. 388; n. 710, 950,
966, 1577, 1767a, i, 1770n,
1795h, 1803a
Ghiusi, Gräber I p. 351
Ghronika 498
Christus 1664, 1668, 1669
Chrysippos 391, 822 (II p. 475),
1012
— Raub des 1768a
Cicero 116 (II p. 468), 835 ( ? II
p. 475)
P. Cincius ScUvius 120
Cisten I p. 357, 359; n. 700, 704,
964, 1638, 1741, 1743, 1752,
1768a— c, m— o, 1769a, d, e.
Vgl. 1768u
— deckel 1519
— fuße 667, 697, 1742, 1744
Civita Castellana, Grabfunde II
p. 355 ff. #
NAMEN- UND SACHREGISTER
497
Civita Castellana, Tempel 1778 g
Civitella S. Paolo, Grabfunde II
p. 349
Claudia Apphias 1272
— Quinta 798
— Syntyche 798
Claudier, unbekannter 1157 (II
p. 479)
Claudius 7, 40, 299 (II p. 471),
300, 523, 1169
TL Claudius Faventinus 154
— Felix 767
— Pompeianus, Schwiegersohn
des M. Aurelius 891
Clodius Albinus 182, 1410 ( ?)
Cohors XII urbana 641
Collooatio (Ausstellung eines
Leichnams) 1079, 1192
Colobium 1669
Colosseum 1193
Columen 1785p
— Verkleidung 1786 n
Columna rostrata 890
Commodus 2, 139 ( ?), 220 (II
p. 470), I p. 453 n. 43 (II p.
475), n. 930 (II p. 477)
Conoa Grabfunde II p. 354 f
— Tempel II p. 349ff.
Congiarium (Getreide Verteilung),
Conseoratio 123 [1875
Constans, Sohn Constantin des
Gr., 959 ( ? II p. 477)
Constantius Chlorus I p. 455 n. 81
Constantia, Tochter Constantin
d. Gr., 309 (I p. 631, II p. 471)
Constantinus Magnus 312, I p.
411, n. 887 (U p. 476)
Constantinus Caesar I p. 411
Corbulo s. Cn. Bomitius Corbulo
Corchiano, Funde 1807 [768
Cornelia, Mutter der Gracohen
L. Cornelius Atimetus u. L. Cor-
nelius Epaphra 58
L. Cornelius Pusio 1348
L. Cornelius Soipio Barbatus 125
(I p. 629, II p. 468)
L. Cornelius Scipio Orfitus 1901,
1902. Vgl. 871
Corneto, Gräber I p. 351, II
p. 258, 329, 378
Heibig: Führer II. 3. Aufl.
Corneto, Wandbilder II p. 258
Cornutus II p. 467f [1169
Corona civica 84, 297, 299, 300,
Coronae etruscae I p. 396
Craticula 666, 1597
Crepereia Tryphaena 969
C. Crepereius Euhodus 968
Criobolium 1901, 1902
Cultrarü 1177
Cupido s. Eros
Curia Pompei 1818
Dachmodell aus Nemi 1780 g,
1785p, 1786s
Dachverkleidung aus Terrakotta
1779h
Dachziegel 1807h
Dacier 3, 41, 46
Dämon s. Daimon
Daidalos, Vater des Ikaros, II
p. 219; n. 1811, 1879, 1892
Daidalos s. Doidalsas
— v. Sikyon 1364 [p. 475)
Daimon eleusinisoher 808 (II
— etruskischer I p. 272 ; n. 688
— löwenbändigend 710, 717, 752
— schlangenfüßig 1786k
Damhirsch 1790, 1791, 1799a
Damophan 29, 232, 787, 1 p. 633 f.,
n. 1545
Damoxenes 137
Danaiden 359, 414, 928, 929 ( ?)
David 1667
Dea nutrix 74
— Roma 71 (I p. 629), 123, 871,
894, 1193, 1523, 1836, 1875 ( ?)
Deianeira 446
Deidameia, Tochter des Lyko-
medes 774, 776
Deinos 459
Deioneus 486
Demeter Statuen 74 ( ?), 291 ( ?),
775, 857 ( ?). Vgl. 924
— Büste 1303 ( ?)
— auf Reliefs 259 ( ?), 1197, 1325,
1511, 1546 ( ?), 1673, 1930
— auf Vasen 454, 514, 568
— Wagen der Dem. 319
Demetrios v. Alopeke 1033, 1350
(II p. 481)
32
498
NAMEN- UND SACHREGISTER.
Demetrios Poliorketes 1181 ( ?)
— I. Soter von Syrien II p. 481
n. 1347 ( ?)
Demosthenes 22 (U p. 466), 280
Desultores I p. 219
Deukalion 792
Diademe, goldene 724, 732, 734,
I p. 403
Diadoche 216 ( ? II p. 470), 245
(II p. 470), 1181, 1189, 1347
(II p. 481), 1407
Diadumenos s. Pölykleitos
Diana von Nemi 1513, 1520. S.
Artemis
Dichter, Statue eines Tragikers 1 9
— Reliefs 104, 216
— Gemälde 1479 (II p. 482)
Dichterin, ihr Grabstein 1534
Diocletianus angebl. I p. 455 n. 80
Diogenes, der Philosoph 816 ( ? II
p. 475), 1856, 1894
Diogenes 1 [1541
Diomedes, der Thraker 167, 771,
— Sohn des Tydeus, Statue 1027,
1244, 1275. Vgl. 1393
— auf Reliefs 774, 1400, 1815
Dion 448
Dionysios 295
Dionysos Statuen 320 (bärt.,
sog. Sardanapal), 321 (un-
bärtig, weibisch), 1342 (un-
bärt., Villa d. Hadrian), 1349
(unbärt., campanisch?), 1888
(bärtig, archaisch)
— Statuetten (alle aus Bronze)
755 (bärt.), 1749 (unbärt.),
1768b (unbärt.)
— Aufsatz in Form des Oberkör-
pers 1737 (Bronze; unbärt.)
— Hermen u. Hermenbüsten 69
(bärtig), 406 (unbärtig), 1229
(unbärt., gehörnt), 1294 (kopf-
los, langgewandet), 1351 (Bron-
ze, unbärt.), 1628 (unbärt.)
— Köpfe 880 (unbärt.), I p. 577
(Stuck; bärt.), n. 1384 (II p.
481; unbärt.), 1561 (unbärt.)
— Kopf als Schildmaske 600
— auf Marmorreliefs 132 (Sar-
kophag mit Hafendarstellung),
159 (Fries), 190 (Kabinetsrel.),
238 (rechteck. Marmorwerk),
283 (neu-attisch), 1200 u. 1206
(Sarkophage), 1827 ( ? Puteal
m. eleus. Gotth.), 1930 (archa-
istisch)
Dionysos auf Bronzebeschlägen
mit getriebenen Darstellungen
747 (? archaisch -etruskisch),
966 (Tensa oapitolina)
— auf Tonreliefs 1677, 1768 g
— auf Reliefgefäßen 566, 685
— auf Vasen I p. 283, 286; n.
454, 479, 492, 509, 511, 526,
539, 559, 1795g, 1, 1796e, f, h,
1799d, f, 1808c, f, g
— auf Spiegeln 1769f, 1770o
— auf Bleitessera 564
— als Kind 4 (v. Silen gehalten),
259 (Relief; Geburt des D.),
384 (▼. Satyr getragen), 786
(Sarkophag; seine Pflege), 1388
(v. Hermes geh.), 1477 (Ge-
mälde, seine Pflege), 1769 o
(Spiegel, von Hermes geh.),
1801 c (Vase ; von Hermes geh. )
— seine Attribute I p. 159, auf
Porträts übertragen 25, 2849
Dioskuren 371, 435, 480, I p.
408f., n. 895, 916, 1113, 1130,
1271, 1701, 1752, 1756, 1769e,
1807
Diptychon 269, 1006
Dirke 426
Diskobolos Ludovisi 396, 1295
— des Myron 326, 788, 1139, 1363
— des Naukydes ( ?) 324 (I p.
631, II p. 472), 1030
— Bronzestatuetten 649, 1719
( Kandelaberkrönung)
Diskos 1570
Diskosfibel 716
Dius Fidius 351
DoidaUas 248 (II p. 470)
Dolche II p. 259; n. 1586, 1587
— altkretische 1624; mykenisohe
1767 u
Domitia I p. 453 n. 25 (II p. 475).
Vgl. 826 [1048
Domitianus 47 ,11 p. 478, n.
NAMEN- UND SACHREGISTER.
499
Domitianus, seine Siegesdenk-
mäler I p. 41 Öf
Cn. Domitius Corbulo 826 (II
p. 475)
Domitilla 213
Doppelbeile, kretische 1624
Domauszieher 956, 1053
Dorydrepanon 580
Doryphoros s. Polykleitos
Drache 578
Dreifuß aus Eisen I p. 352 f ; n.
629, 694
— aus Eisen u. Bronze 1593
— aus Bronze 620, 626, 1593,
1766 f, II p. 355 u. 376
— aus Marmor 316
— neben Apollon 860, 1247; ihm
als Sitz dienend 1848
— auf Reliefs 1847, 1850, 1875,
— auf Vase 519 [1876
— basis 1191
— beschlag 1794g
— raub 167, 363, 1794e
Dreigespann 1514
Drusilla 1174
Drusus d. Ä. I p. 452 n. 7 ( 1 II
p. 474); n. 1171 ( ?)
— d. J. 1155 ( ?), 1420 ( ?)
— Bruder des Caligula, 1420 ( ?)
Duris I p. 288; n. 497, 502, 503,
545, 569, 578
Eber 173, 411, 773, 943, 1046,
1072—1074, 1910
— auf Vasen 448, 459
— des Adonis 1202
— erymanthischer 167, 271, 464,
1541, 1793c, 1796m
— kalydoniseher 916, 1203
Echetlos 1635—1637, 1871
Efeublätter, goldene 733
Eileithyia 259 ( ?), 1546 ( ?)
Elefant 132, 411, 1 p. 307, n. 1206
Elektra 1314 ( ?)
Elektron 1767f
Elentier II p. 231
Eleusis 808 (II p. 475), 908 (I
p. 633), 1024 (I p. 634), 1325,
1511, 1827 ( ?)
Elfenbeinbüchse 752, 1667
Elfenbeinfiguren 1590, II p. 316f .
— gefäß 1591
— kastchen 753, I p. 353
— relief 1589
— Schnitzereien 1700
Mpenor 415
Email 993, 994, 996, 1008, 1486
bis 1489, 1664. S. Fayence-
und Smaltgefäße
Encrinomenos 324
Endymion 795, 807. Vgl. 18
Enkelados 1753
Ennius angebl. 125
Eos 449, 466, 486, 519, 618, 621,
644, 698, 1779, 1799a, II p.
379. S. Aurora
Ephedrismos 1041
Ephesische Artemis s. Artemis
Epigonos 884
E pikt dos 540
Epikuros 283 (II p. 471), 831
(II p. 475), 1109 (II p. 478).
Vgl. 1934 [1131
Epimenides sog. 272 (II p. 471),
Epistates 858, I p. 631, n. 1153.
S. Athlothet
Equites singulares I p. 37 f.
Erechtheion 1, 107, 1369
Erechtheus 75 ( ?)
Erginos I p. 167
Erichthonios als Kind 112
Erinyen 338, 506, 639, 849, 1013,
1042, 1207, 1301 (II p. 481),
1391, II p. 219, n. 1870
Eris 684
Eros Statuen 183 (v. Centocelle),
776 (Bogen spannend), 921
(angebl.), 947 (Repl. d. E. v.
Centoc.)
— gruppiert mit Aphrodite 139,
1070, mit Ares 1297, mit Ken-
taur 168. Vgl. 861, 862; mit
Nereide 145, mit Psyche 802
(I p. 633), 1205, 1689 (Terra-
kotta), mit Seepferd 1740
(Bronze)
— ^ als Leuchterträger 595, als
Sesselstütze 127
— auf Reliefs 47 (Panzer; auf
Stier), 134 (Sarkophag; auf
32*
500
NAMEN- UND SACHREGISTER.
Panther reitend), 144 (Paris
vor Helena), 173 (m. Eber-
gespann), 210 (jagend), 238
(mit Anteros einen Schmetter-
ling verbrennend), 460 (Stuck;
mit Venus und Adonis), 741
(Goldbuüa; mit Aphr. u. Ado-
nis?) 792 (Prometheus-Sarko-
phag), 1203 (Hippolytos-Sar-
kophag), 1321 (Parisurteil),
1657 (Grabara; Raub d. Pro-
serpina), 1661 (Kandelaber-
basis; m. d. Waffen des Ares),
1752 (Cüstenfuß; m. Herakles
und Iolaos), 1810 (m. Paris),
1865 (als Satyrisk), 1887 (Sar-
kophag; Hochzeit d. Peleus u.
d. Thetis), 1895 (m. Polyphem)
Eros auf Wandbild 1479
— auf Mosaik 1446
— auf Vasen I p. 289; n. 507,
508, 625, 528, 590, 1793, 1799b,
II p. 378
— auf Spiegel 1770t
Eroten I p. 39 (Fries; jagend);
n. 79 (gruppiert m. Mädchen),
179 (gruppiert m. Meerkentaur
u. Nymphe), 309 (Sarkophag
d. hlg. Constantia), 330—332
( Sarkophage ; Wagenrennen),
341 f. und 360 (Kandelaber-
basen), 779 (Aschengefäß), 966
(Tensa oapit.), 978 (Fuß e.
Kolossalstatue), 995 (II p. 477;
Mosaik; Herakles b. Om-
phale), 1148 u. 1149 (Fries ev.
Trajansforum), 1200 (Sarko-
phag; Dion. u. Ariadne), 1202
(Sark.; Adonis), 1203 (Sark.;
Hippolytos), 1455 (Kinder-
sark.; auf Meerdrachen), 1456
(Grabmonument; m. d. Büste
d. Verstorbenen), 1638 (Kin-
dersark. ; m. kampfenden Häh-
nen), 17681 (Tonreliefs), 1770d
(Spiegel), 1777e (bleierne Mö-
belverzierung), 1907 (Fries;
spielend), 1910 (Brunnenmünd.
od. Basis; Vertreter d. Jahres-
zeiten)
Erotenstatue auf Relief 1538
Esel 175, 1208
Eselin 359, 1237
Eselsköpfe an Lehnen 962, 1748
Eteokles auf Reliefs 428, 1630;
auf Wandbild 523
Etrusoilla, Gemahlin des Traia-
nus Decius 1761
Euaion 498
Eubuleus 51. Vgl. 808
Euoherios I p. 578
Eumaios 1684
Eumenes IL von Pergamon 884,
Eumoplos 1325 [1340
Eupatoristen 961
Euphranor 38, 186, 241, 254,
369, 911, 982, 1290, 1296, 1342,
1382
Euphronios I p. 288; n. 487, 670,
Euripides 19 [578
— Wirkung seiner Dramen auf
Kunstwerke 385, I p. 289, n.
849, 1154, 1481, 1538, 1812,
1813
Europa auf Relief 1538 ( ?), auf
Mosaik II p. 395 f. auf Vasen
n. 456, 508, I p. 321
Eurydike 1237 (II p. 480), 1883
Eurykleia 1684
Eurystheus 464, 1796 m
Eurytion 465
Euthykrates 128
Euthymides 496
Eutychides 362
Eva 792 ( ?)
Exekias 480, 1701
Q. Fabius 967
T. Fabius Trophimas 1272.
Fackelträger auf Vasen 579
Factiones circenses 1438
Fadengläser 560
Fächerhalter 615
Falcioni, Sammlung I p. 403
Falerii, Grabfunde II p. 355 ff.
— Tempel II p. 335ff.
Falisker II p. 355
Faliskisohe Inschrift,». Inschriften
M. Fannius 967
Fasti Capitolini I p. 565
'
NAMEN- UND SACHREGISTER.
501
Fasti Praenestini 1323
Fauna 1161 ( ?)
Faunus 1161 (?)
Faustina d. A. 123, 290 (II p.
471), I p. 453 n. 36. Vgl. 16,
1841, 1842
— d. J. 139 ( ?), I p. 463 n. 39
(II p. 475), n. 1416 ( ? II p.
482), 1841
Faustkampfer 704, II p. 1, n.
1145, 1153, 1240, 1350 (II p.
481), 1364 ( ?)
Fayoene, aegyptische I p. 324,
n p. 376
Feldzeichen, römische 1529
— barbarische 5, 317
Felicitas 1875 ( ?)
Fertor Erresius, König der Aequi-
coli 1256
Fescennium s. Oorchiano
Festzug, etruskischer 421
Fettschwanzschaf 163
Feuerzange 703
Fibula 675, 709, 716, 743, II p.
259; n. 1572, 1578, II p. 356,
n. 1767b, 1787, 1792d, 1805a,
II p. 375, 379
Ficoronische Ciste II p. 254; n.
1752. Vgl. 1756, 1768a, 1769e
Filetus 969
Filigranarbeit I p. 388f, 396; n.
1771, 1805f
Fingerringe 230, I p. 403, n. 737,
969,
Fische, Mosaik 352, I p. 570. n.
[1231
Fischer 358 (II p. 473), I p. 462,
n. 850, 934, 1649
Flamen 893 (II p. 476), 1418
Flamingo 181
Flasche aus Bronze 635, 678
Flötenspieler 1177, 1445. S. Ti-
bicines
Flötenspielerin 1192, 1793d, 1896
Flottenführer 886
Fluchtafel I p. 578; n. 1706
Flügelfiguren 450, 558, 710
Flügeltiere 437, 630, 710, 716, 1599
Flußgott Statuen 34 (Nil), 54
(Torso), 311 (sog. Tigris), I p.
412 (Nil u. Tiber), n. 756
(Marforio)
Flußgott in Gruppe 1549 (Leben
am Strande)
— Kopf 9 ( ?), 154 (Tiber),
1463 (II p. 482; Tiber)
— auf Wandbild 1452 (Numi-
cus), 1453, 1454 (Tiber)
— auf Mosaik 1443
Fontänendekoration 950 (Rhy-
ton), 1045 (Schiffsvorderteil)
Forma urbis Romae 941
Fortuna 27 (II p. 467), 441, 563,
1177, 1769g
— Primigenia 74 ( ?)
— von Caere 1177 [1695
Frauengemach, auf Vasen 588,
Frauengürtel s. Gürtel
Fresko, altkretisches 1621
Friesfragment mit Darstellung
eines Pferderennens 1392 (II
p. 482)
Friesfragmente eines Gebäudes
vom Palatin 1263
— eines Neptun-Tempels I p. 470
— v. Trajansforum 1148 — 1150
Friesplatten mit Darstellungen
aus dem Theseus- u. Herakles-
mythus 210, 255, 256
— mit dionysischem Zuge 159
u. Darstellung eines dionysi-
schen Festes 1533
— aus Terrakotta 976 (II p.
477), 1508 (II p. 482), 1514,
1521. Vgl. Relief platten aus
Terrakotta (sog. Campana-
reliefs)
Fuchs 571
Furie, etruskische, Kopf 1076
(?). S. Erinys
Fuß einer Kolossalstatue 958, 978
— einer Reiterstatue 1000
— aus Ebenholz 1500
— aus Holz als Futteral 1768u
Futteral, hölzernes 1768u
Gabeln (pempobola) 633, 1797 b
Vgl. n p. 214
Gabii, Baumsarkophag aus 177
Gades 1758
502
NAMEN- UND SACHREGISTER.
Gaia 112, 792, 871, 1269. S. Tellus
Galba I p. 452 n. 18 (17. Jafarh.)
Galü (Priester) 987, 1901, 1902
Gallia 5
Gallienus 1414 (II p. 482)
Gallienus Conoessus 1006
Gallier 884 (sterb.), 1302 (Gruppe
Ludovisi), 98 (Kopf), 772 u.1317
Sarkophage m. Gallierschlacht)
1724 (Bronzestatuetten)
Gans 867, 148&— 1489
Ganymedes Statuen u. Statuetten
103, 368 ( ?), 369 ( ?), 386 (II
p. 473; G. d. Leochares), 1492
( ? Bronze), 1689 (Terrakotta)
— auf Mosaik 1440
— auf Vasen 601, 1799 b
M. Gavius Charinus 1906
Gazelle 1767 v
Ge s. Gaia
— Kurotrophos 74 ( ?)
Gebälkverkleidung aus Terra-
kotta 1779p
Gebiß mit Goldfassung 1768 d,
II p. 356, n. 1799e
Gefäß aus Basalt I p. 1
— mit archaischer Inschrift 1520
— mit Relief 181, 333, 784,
1042 (?), 1148, 1159, 1324,
II p. 243, n. 1668
— formen I p. 282 f, II p. 360
— trägerin 879, II p. 375
Gelenkpuppe 969
Genius 1245 ( ?), 1734 ( ?)
— von Arausio II p. 215
— des Augustus 304
— exercitus (?) 927
— familiaris 1445
-- Iovialis ( ?) 927
— loci in Schlangengestalt II p.61
— populi Romani 1523
Geometrische Vasen 1592, II p.
Gerichtsszenen 1356 [271
Germania 888, 1155
Germanicus (?) I p. 452 n. 5;
n. 1155, 1171
Gerontia 795 [1795e
Geryoneus 167, 465, 771, 1542,
Geschnittene Sterne 1792i, 1798,
II p. 292 u. 379. S. Scarabaeuß
Gewandstatuen 271, 378, 761
(H p. 474), 763, 883 (II p. 476),
970, 975, 1864
Gewichte 607, 1707, 1708
— in Büstenform 696, 1001, 1002
— in Tiergestalt 670
Giebelakroter 1779, 1784 t, 1786 x
Giebelgruppe 1007, 1054—1058
Giebelrelief 1517. Vgl. 893> 1411,
1412, 1418
Gigantomachie, Gruppe 922 (II
p. 476)
— auf Marmorreliefs 138 (II p.
469), 209 (II p. 470), 1013,
1014 (II p. 477), 1211
— auf Bronzereliefs 747, 1744,
1763 (II p. 482)
— auf Vasen I p. 283; n. 453,
463, 489, 1795a
Giraffe 1206
Gladiatoren 1060, 1526, II p.
230ff., n. 1679
Glasgefäße 553, 560, II p. 258,
n. 1486—1489, 1588, 1700
Glauke 318, 1269
Glykera 1183 ( ?)
Gnathiavasen I p. 404
Gnoatiker 1711
Golaseoca, Grabfunde II p. 257
Goldfassung am Gebiß s. Gebiß
Goldplättohen 1767d
Goldschmuck I p. 353, 387 f.,
n. 708f., I p. 403, n. 1482,
1577—1581, 1768 p, 1771» 1805
Gordianus I (?) I p. 454 n, 64,
(II p. 475)
— II (?) I p. 454 n. 65
— IU 1428 (H p. 482)
Gorgo als Giebelakroter 1779
Gorgoneion als Gesichtsmaske
355, 904
— architektonisch, verwendet aus
Marmor 11, 14, 30, 35, 427,
aus Terrakotta 1783, 1784i,
1786b, f, u
— in Bronze 1522, 1760, 1777a
— auf Bronzespiegel 1769i
— auf Cista 1762
~- an Goldschmuok 726, 728
— an Sarkophagen 443, 1208
NAMEN- UND SACHREGISTER.
503
Gorgoneion auf Terrakottarelief
443
— auf Vasen I p. 289; n. 455,
480, 487, 543
Grab-Aedikula 1481
— Ära 57, 1458, 1534, 1657, 1906
— Cippus 1078, 1079 (II p. 478),
1772 d
— Gebäude 1194, 1524, 1526
— Gruppe 1314 ( ?), 1561 ( ?),
II p. 467
— Mal, Aufsatz 59, in Gestalt
eines Rundtempels 429, Bruch-
stücke I p. 404
— Monument 1456, auf Vasen
I p. 289; n. 492, 508, 514, 589
— Relief, griechisch 240, 246,
971, 974 (II p. 477), 977, 1081,
1115, 1118, 1119, 1135, 1137,
1138 (II p. 478), 1142 (II p.
479), 1821, 1861, 1863, 1904;
römisch 53, 61, 63 (II p.
468), 1631, 1837, 1840 (?),
1845, 1862, 1877
— Statue 8, 805 (II p. 474),
1059, 1091, 1554 (?), 1633,
1820 ( ?)
— Stein 50, Ip.37f., n. 58, 61,
589, 773, 918, 938, 1658, 1837
— Sj^nen auf Vasen 492, 508,
514, 589
— Vasen 1097, 1098
Graffiti 1571, 1606, 1669
Granuliertechnik I p. 388f., n.
716ff., I p. 396f., n. 740f„
1572, 1586, 1767a, 1791,1805d,
e, II p. 377
Gratidia Chrite I p. 631
M. Gratidius Ldbanus I p. 631
Greif 5, 133, I p. 159, n. 380,
I p. 278, n. 492, 562, 630, 710,
716, 878, 1148, 1149, 1548,
1675, 1767v, 1847
— als Akroter 1780c
Greifenkopf aus Blei 1771
— auf Bronzekessel 1766 a
— aus Ton 1790
Gürtel aus Bronze 1766e
— für Frauen 1792,. II p. 375
Gürtelschließen aus Bronze 1791
Gürtelschließen aus Gold 1767 a
— aus Silber 1791, II p. 376
Gußformen für Antefixe 1780 1
— für Bleifiguren 1713
— für Bleimarken 564
Haarnadel, silberne 1767 c
Haartour (abnehmbar) 303, I p.
454 n. 52
Hades s. Pluton
Hadrian Büsten u. Köpfe 292
(II p. 471), I p. 453 n. 31, 32
— auf Reliefs 894, 897, 990
Hafen, dargestellt auf Mosaik 996
— auf Relief 850
— auf Sarkophag 132
Hageladas 1290, 1291, 1846
Hagesandros s. Agesandros
Hagia Triada II p. 273ff.
Hahn 1901, 1902
Hahnenkampf 1162, 1638, 1794f
Hakenkreuz 709, II p. 376
Halsgehänge 726, 727, 735, 739,
744, I p. 403
Halskette, goldene 719
Halsreif 1712
Halteren 1240, 1796o
Hand aus Bronze 960
— aus Ebenholz 1500
— aus Elfenbein 1767 h. S.Votiv-
hände
Harpokrates 855 (II p. 476), II
p. 467
Harpyien 1577
— als Antefixe 1780e, 1786 1
Haruspex 749
Hase 178, 856, 1147, 1463, 1468,
1845 ( ?), 1860
Hateria 1196 (II p. 480)
Haterius 1195 (H p. 480)
Hathor 1574
Haus, ägyptisches 445, italisches
1785p, q, 1792
Hausgerät, etruskisches I p. 351,
— kretisches 1613
Hausurne 1792, 1808e
Hebe 62, 1443 ( ?)
Heilgöttin 952 (II p. 477)
Hekabe I p. 272; n. 521, 1543
Hekate 138, 514, 1004, 1825 ( ?)
504
NAMEN- UND SACHREGISTER.
Hektor 154, 418, 447, 502, 521,
545, 766, 774, 966
Helena, Mutter Constantins, 312
(II p. 472)
— Tochter der Leda 144, I p.
272, n. 466, 507, 525, 1 p. 404,
n. 639, 1130, 1141, 1769k,
1794i, 1868
Helios 516, 643, 644, 657, 792,
882, 1110, 1332, 1715, 1768t.
S. Iuppiter, Sol
Helm, etruskisoher 610, 611, 614,
1726, II p. 356, n. 1787, 1804
— griechischer 682, 1089, 1499,
1778. S. Ares, Athene, Stratege
— italischer m. Hörnern 1786 p
— römischer 641
Helmzierden 1731
Helpidus 139
Hephaistos Statue 64
— Hermenbüste 86 (II p. 468)
— auf Reliefs 112, 154, 725, 783,
792, 864, 1014, 1887
— auf Vase 1808f
— seine Attribute 1210
Hera Statuen 26 (II p. 466),
74 ( ?), 193 ( ?), 291 ( ?), 295
(H. Barberini), 857 ( ?), 1249
— Köpfe 1026, 1305 (H. Ludovisi)
— auf Reliefs 206 (barber. Kan-
delaber), 255, 747 (Bronzebe-
schlag), 783 (archaistisch), 864
(Basis m. Schicks, d. Zeus),
1014 ( ? Gigantomachie), 1321
(Urteil d. Paris), 1685 (Terra-
kottaplatte), 1887 (Sarkophag,
Hochz. d. Peleus u. d. Thetis),
1930 (archaistisch)
— auf Vase 1793g, auf Ciste
1768a, 1769b
Herakles Statuen u. große Grup-
pen 77, 79 (? a Kind), 108
(m. Telephos), 124 (? Torso
v. Belvedere), 293 (vergold.
Bronze),(790 u. 791 (m. Hydra),
863 (a. Kind), 937 (a. Knabe),
948 (kämpfend), 1005 (verg.
Bronze), 1246, 1920
— Statuetten u. kleine Gruppen
166 (m. Löwe), 167 (m. Dio-
medes, Eber, öeryoneus, Ker-
beros), 626 (Dreifußverzie-
rung), 652 (Br., m. Löwe), 755
(sitzend), 1858 (Bronze)
Herakles Hermen u. Hermen-
büsten 405, 919, 926 (skopad.
Typus), 1290 u. 1291 ( ? Ludo-
visi), 1545 (Borghese). Vgl.
930, 1230
— Theatermaske 267
— auf Reliefs 119 (Alkestis-
Sark.), 140 (Sark. m.Omphale),
154 (Basis Casali), 255 u. 256
(Friese mit Darst. aus seiner
Jugend), 363 (Kandel.), 436
(Terrakottarelief), 598 (Hen-
kelattache), 667 u. 698 (Cisten-
füße), 747 (Bronzebeschlag),
771 (Basis m. Darst. seiner
Taten), 783 (archaistisch), 792
(Prometheus-Sark.), I p. 576
(Terrakotta), n. 1114 (Votiv-
relief ),1325 u.l511(eleus.MyBt.),
II p. 219 (Terrakotta), n.
1541 u. 1542 (Sarkophag), 1688
(Terrakotta), 1702 (Applique),
1752 (Fuß der ficor. Ciste),
1754 (Bronzebeschlag), 1768 r
(Spiegelkapsel), 1768w (Kno-
chen), 1850 (Rel. aus Falom-
bino), 1880 (m. zwei Hespe-
riden), 1905 (lagernd), 1908
(m. Theseus u. Peirithoos)
— auf Vasen I p. 283f . ; n. 436,
446, 453, 456ff., 463 ff., 467 ff.,
471, 473, 474, 478, 495f., 503,
505 , 531, 540, 543, 545, 566,
570, 586, 1778e, 1793c, g,
1795d, 1808g
— sein Kopf als Gefäß 532
— auf Ciste 1752, 1768c, o
— auf Spiegel 686, 1769h, 1770c,r
— auf Mosaik 995 (II p. 477 ;
bei Omphale), 1927 (Befr. d.
Hesione)
HeraUüos 1231
Hercules 49
Herennius 1761
Hermaphroditos 1063 — 1066,
1362, 1552, 1655
NAMEN- UND SACHREGISTER.
505
Hermarchos 278 (II p. 471)
Hermen in Gymnasien 1290 bis
1296, 1688, 1907
Hermes Statuen 48, 102 (sog.
Antinons v. Belvedere), 211
(Ingenui), 325 (sog. Phokion),
431 (Terrakotta), 868 ( ?),
874 (sog. Antinoos), 1019,
1022, 1111 (Kriophoros), 1299
(Ludovisi), 1372. Vgl. 324
(II p. 472)
— Hermen, Hermenbüsten, Büste
u. Köpfe, bärtig: 390, 402,
1201; jugendlich: 1129 (II p.
478), 1232, 1292, 1375, 1380,
1823 a, 1824
— auf Reliefs 206 (barber. Kan-
delaber, 259 (Geburt d. Diony-
sos), 385 (Protesilaos-Sark.),
783 (archaistisch), 792 (Pro-
metheus- Sark.), 864 (Basis m.
Darst. d. Schicksale d. Zeus),
1321 (Paris-Urteil), 1331
(Stuckrelief), 1399, 1455 (als
Putto auf Meerwidder), 1699
( auf Sparbüchse ), 1768 w
(Knochen), 1883 (Orpheus-
Relief), 1930 (archaistisch)
— auf Vasen 446, 471, 610, 514,
559, 574, 588, 1701, 1778e,
1793 g, 1801c, 1808 g, i
— auf Ciste 1768 a, c, 1769 c
— auf Spiegel 692, 1770z
Hermione 1769k
Hermonaz 1793d
Herodes Atticus s. Karyatiden
Heroinen von Tor Marancio 415
Heros 770, 832, 1129 ( ? II p.
478), 1142, 1204, 1824 (?)
Hesiodos 394 ( ?), 816 ( ?). Vgl.
1934
— Einfluß seiner Dichtungen auf
die Vasenmalerei 534
Hesione 1927
Hesperiden 771, 1880
Hesperos 1887, 1929
Hestia (?) 783, 1032, 1930
Hetäre 1468
Hierodulen 1286 (II p. 481),
1678
I
Hierogrammateus 143 (I p. 630),
1555
Hieron v. Syrakus 614
Hieron I p. 288; n. 550, 587,
1793g
Hierophant u. Hierophantin
1325, 1511
Hippodameia 329, 444, I p. 576,
n. 1682
Hippokamp 1799a, 1800e
Hippokrates 1885 ( ?)
Hippolyte 543, 771
Hippolytos 916, 1203
Hippomedon 1812
Hippomenes 939
Hipponax 814 ( ? II p. 475)
Hippopotamus 34, 1267, 1674
Hippothoon 725
Hippotoxotes 537
Hirsch 5, 174, 356, 411, 1164,
1574, 1767 h, 1796 k. Vgl.
Damhirsch
Hirschgeweih 356
Hirschkalb 1933
Hirschkuh 411, 771, 1536, 1541
Hirten 170, 238, 1412, 1440,
1454, 1463 (II p. 482), 1549
Hispania 5
Hochzeitsszene 416, 455
Homeros 272 (II p. 471), 394,
823—825 (II p. 475), 837 (II p.
475)— 839, 1131. Vgl. 799 bis
801, 1934
Honos 1523
Hoplitodrom 540
Q. Horatius Hacous 1266
Hören 110, 514, 844 ( ?), 1286,
1331, 1827. S. Personifika-
tionen der Jahreszeiten
Hörn aus Elfenbein 1767i
Horos 74 ( ?), 855, 1674, 1576
Q. Hortensius 1851
Q. Hortensius Cerdo 924
Hostilianus I p. 455 n. 72 (?)
Hündin 1140
Hüttenurnen 481, II p. 258.
S. Hausurne
Hund 5, 147, 148 (II p. 469), 160,
161, 162, 174, 386, 940, 1411,
II p. 215, n. 1768k, 1894.
606
NAMEN- UND SACHREGISTER.
S. Diogenes, Ganymedes, Mi-
thras, Silvanus
Hundekopf als Vase 1793b
Hydna 939 ( ?)
Hydra 436, 667, 771, 791, 1541
Hydria II p. 378; n. 1778g,
17961
Hydrophoren 1126, 1127 (II p.
478)
Hygieia 115, 153, 188, 203, 755,
845, 846, 952, 1263, 1341, 1897
Hyksos ( ?) 1289
Hylas angebl. 1353
Hymenaios 318, 416, 1276, 1463,
1887
Hypnos 795, 1903. S. Somnus
Hypothemata s. Untersatz
Hypsipyle 1812
Jäger 2, 128, 856, 1119, 1895a
Jagd I p. 281; n. 459, 470, 1072
bis 1074, II p. 227, n. 1541,
1585, 1587, 1658, 1660, 1757
Jagdnetze 895, 1072—1074
Jahreszeiten vertreten durch
Eroten 1910. S. Personifika-
tionen von Jahreszeiten
Iakchos 9 (vgl. 841), 74 ( ?), 808,
1325, 1827 ( ?)
Ianitor 1237
Iason 318, I p. 288, n. 578,
1269, 1752, 1769g
Ibis 1928 ( ?)
Ichneumon 34
Idas 371
Igel 470
Ikariosreliefs sogen. 104, 238
Ikaros 1879, 1892
Inder 12 06 (Triumph d. Dionysos),
1446 (Kampf m. d. Thiasos)
Inkrustationen I p. 275, 577,
II p. Ulf.; n. 1589
Inschriften, altkretisohe 1614,
1622
— altlateinische 424, 440, 565,
I p. 358, 403, II p. 215, n.
1520, 1572, 1697, 1752, 1786y,
1809
— christliche II p. 281 f.; n.
1667, 1669
Inschriften, etruskische 417, 423,
429, I p. 353, 389, n. 643, 647,
660f., I p. 404, n. 666, 684,
702, 748, 1572, 1658, 1660,
1725, 1807h
— faliskisohe 1708, 1791, 1796d,
1799b, d, II p. 377, 379
— keltische 424
— phoenikische 1575
— umbrische 693
lokaste 428
Iolaos 467 f., 473, 496, 667, 1752,
1778e, 1795k
Ion 448
Jongleur 1728
Ionische Kunst, Einfluß auf die
etruskische 470, I p. 351, 354,
356, n. 626, 746f., II p. 258,
n. 1593, 1600, 1671, 1773
Iophon 257, II p. 469 n. 149
Iphigeneia I p. 272; n. 428»
1207
Iris 621, 1518 ( ?), 1546
Isis 74 (?), 132 (?), 143 (I p.
630, II p. 469), 438, 574, 755,
978 (I p. 633f.), 1411. Vgl.
1004, 1530a
Isisdienst 939. S. Tempel d. Isis.
Isisklappem 143, 438, 1411, 1458,
1501
Isokrates 1853. Vgl. 1934
Itinerarien (auf Silberbechern)
Itys 1793e [1758
Jüngling m. Pferd 1714, 1877.
Vgl. 1129
— m. Schwertband 921
Jünglingskopf 986, 1035, 1734
Jünglingstorso 1784b, 1932
Iulia Attica 1270
— Domna 303, I p. 454 n. 52,
n. 1652
— Maesa I p. 454 n. 59 ( ?)
— Mamaea I p. 453 n. 47 ( ? I
p. 475), n. 1651 ( ?)
— Titi 36 ( ?), I p. 453 n. 23
( ? II p. 475), n. 1316 ( ?)
Iulianus Apostata angebl. I p.
455 n. 82, n. 833, 834
Iulius Caesar 66, 155 ( ?), 885
(? II p. 476). Vgl. 1075
NAMEN- UND SACHREGISTER.
507
0. Iulius Helius 918 (II p. 476)
L. Iulius Vehilius Gratus Iulia-
nus 1255
Ti. Iulius Vitalis 1837
Iunius Bassus 991, 992
0. Iunius Euhodus 119
Iuno oapitolina 893
— von Falerii 1785b
— interduoa 1887
— italische ( ?) 598, 626, 667
— Lucina 74 ( ?), 1503, 1504
— Pronuba 1271, 1273, 1887
— Sospita 301 (II p. 471), 17801,
1786h
Iuppiter 48, 461 ( ?), 1786 v ( ?)
— capitolinus 893
— Heliopolitanus 1429
— Liber 1126, 1127
— Sol Serapis 871
— Stator 1193
Ixion 385
Kadmilos 1197
Kadmos II p. 369 ( ?)
Kaineus 1793g
Kaiamis 859, 912, 973, 1024,
1108, 1111, 1261, 1820
Kalathiskos-Tänzerinnen 1867
Kalathos 16
Kalb 172, als Futteral 1768 u
Kalchas 642
Kallikles 1364
Kaüimachos 783, 844, 1867
Kallimachos, d3r Dichter, ( ?) 814
(II p. 475), 1395, 1826
Kalliphoibe 464
Kalydonische Eberjagd 459, 895,
916
Kalypso 1770z ( ?)
Kamares-Vasen 1612
Kamel 177, 1424
Kamelreiter I p. 307
Kaminplatte II p. 6
Kammergräber I p. 407, II p. 357
Kampanische Plastik u. Vasen-
malerei s. campan. PL u. V.
Kampfordner s. Atjüothet und
Epistates
Kanachoe 351
Kanake 415
Kandelaber aus Bronze I p. 355;
n. 602, 605, 622, 636, 1719
— aus Marmor 206, 207, 334,
335, 341, 342, 353, 354, 356,
360, 363, 365, 374, 378
Kandelaberbasis 1661
Kaninchen 1845 (?)
Kanne aus Bronze I p. 324; n.
601, 621
— in Gestalt eines Frauenkopfes
604
Kapaneus 730, 1812 ( ?), 1831 ( ?)
Kapitelle m. Löwenfell 1282,
1283
L. Kareius Vitalis II p. 215
Karneades 812 ( ?). Vgl. 1934
Karikaturen auf Vasen s. Phlya-
kenvasen.
— Kopf als Gefäß 532
— Terrakottastatuette I p. 404,
Karyatiden des Herodes Atticus
16, 1830, 1915, 1917
— nach denen des Erechtheion
gearbeitet 1, 107, 1369
— von Monte Porzio 1832 bis
— vgl. 1867 [1835
Kassandra I p. 272; n. 523, 636,
1537, 1770k
Kastor 480, 1752, 1769e
Katagusa des Praxiteles 271
Katze 876
Katzenköpfe 1767 a
Kaukasus, Berggott 792
Keltiberer 5
Kentaur Statuen: bärtig 861,
jugendlich 168, 862
— Gruppe (Frauenraub) 1379 ( ?)
— Köpfe (alle bärtig) 113, 925
(II p. 477), 1125
— auf Marmorreliefs 238, 1200,
1206, 1869
— auf etrusk. Sarkophag aus
Nenfro 418
— auf Bronze- Skyphos m. Re-
lief 1767v
— auf Süberrelief 1587
— auf Bronzehülsen tektonischer
Verwendung 1596
— auf Ciste 1768 b (Kentauren-
kampf)
508
NAMEN- UND SACHREGISTER.
Kentaur auf Spiegel 1770c
— auf Elfenbeingerät 1767 h
— als Schildzeichen gemalt 1 786n
(Terrakotta-Figur)
— auf Vasen 446, 457, 544, 586,
1571 (Graffito), 1793c, g
— auf Mosaik I p. 188
Kentaurin auf Reliefs 159, 238
Kephalos 486, 618, 698, 1779,
1799a, 1807 b
Kephisodoros 1069
Kephisodotos d.iÄ.J183, 262, 320,
1303
— d. J. 110, 111, 775, 1063 bis
1068, 1183 (II p. 480), 1352
Kerberos 119, 167, 478, 771,
1237, 1542, 1563
Kerynitische Hirschkuh 598,
771, 790, 1541
Kessel aus Bronze I p. 352; n.
627, 629, 694, 1593f., 1598,
1600, 1766 a
— aus Ton 1604
Kindersarkophag 1455, 1645
Kinyras 1574
Kircher, Athanas II p. 254
Kirke 414
Kithara mit elf Saiten 1534
Kitharöde auf Vasen 456, 493,
II p. 378 (LXXVI)
Klageweiber 659, 1079, 1192
Kleitomachos 1350 (?)
Kkomenes I p. 172 [849
Kleopatra, Gattin des Meleagros
— Königin v. Ägypten 1037 ( ?
II p. 478)
Kleophrades 496
Kline 1270 (II p. 481). S. Lager
Klytaimnestra 338, 428, 1207
Knabe 1134, 1364, 1634, 1646,
1650, 1750
— gefesselt 1556
— m. Ferkel 908, 1024. Vgl.
I p. 633, 634; n. 1650
— m. Gans ringend 867
— m. Häschen 1633
— m. Nuß werfend 92, 332 a, 930
— sitzend m. Vogel 439, 702,
1550
Knöchel s. Astragal
Kohlenpfanne 592, 625, 702,
Kohlenwender 704 [1777c
Kokytos 414
Kolotes 1218
Kombabos 987
Komödiendarstellung 510, 1681
Komos-Szenen I p. 286 ;n. 495 f.,
540, 546, 573
Konon 1033 ( ?)
Konstantin d. Gr. s. Constantinus
Magnus
Kopfförmige Gefäße 532, 568,
Korax 448 [1692 f
Köre s. Persephone
Korinna angebl. 952
Korinthische Vasen I p. 280 f.;
n. 447f., 452, 455, 556, I p.
353, II p. 271, n. 1691, II p. 378
Korinthisch-attische Vasen I p.
281 f. ; n. 446, 459
Korybanten 864, II p. 243
Korykos 704, 1752
Korymbos 1786 p L646
Kottabos 509, 570, 577, 598,
Kränze aus Goldblättern 723, 738
Krater aus Bronze 598, 961
— aus Marmor 784
— aus Silber 1585
Krebse 352
Kredenz-Szene auf Vase 528
Kreon von Korinth 318, 1269
.Kreaüaa 276, 295, 322, 377,852,
1027, 1028, 1033 (II p. 477),
1244, 1275, 1376, 1393, 1540
Kreta II p. 273
Kretischer Stier 436, 458, 771,
154JL. Vgl. 1114
Kreugas 136
Kreusa s. Glauke
Krieger 235, 1025 (II p. 477),
1036 (II p. 478), 1386, 1519,
1565 (II p. 482), 1768w, 1912
Kritios und Nesiotes 396, 400,
1031, 1288, 1295
KrUon 1830
Krokodil 34, 1267, 1674
Kronos 234, 361 (I p. 631), 765,
767, 864
Kruzifix 'II p. 281. S. Spott-
kruzifix
NAMEN- UND SACHREGISTER.
509
Kuh 165, 172, 1056
Kupferbarren kretische 1622, alt-
römische 1704
Kybele 132 ( ?), 917, 987, 997,
1901, 1902. S. Mater magna
Kyklopen 792. S. Polyphemos
Kyknos 475
Kyllaros, Pferd 480
Kyniskos des Polyklet II p. 64;
n. 1371. Vgl. 1083
Kyprische Silberschalen I p. 389 f ;
n. 711—714, 1574f.
— Plastik I p. .665
Kyrenaeische Vasen I p. 281;
Kythnos 1646 ( ?) [n. 534
Labyrinth 486, 1879
Ladenschild 1837 ( ?)
Ladenschild 1837 (?) [1506
Läufer 322, 913, 914, 1382 ( ?),
Lager 962. S. Kline n. Lectus
Laios 1202, 1768a
Laistrygonen 414
Lampen I p. 576, 595; n. 1484,
1497, 1665, 1698, 1722
Lampenständer, kretischer 1616
Lampenträger I p. 355
Lampros, Pferd 519
Landleben, Relief auf Silber-
becher 1595
Landmann 132
Landschaft in Relief 850, 1327,
1328, 1330, 1403, in Malerei
414, 1356, 1471, 1893, in
Mosaik 164, 166, I p. 159,
n. 411, 1231, 1267
Lanista II p. 231, 232
Laodameia 385
Laokoon 151 (I p. 630). Vgl.
861, 1899 a
Lapithen 418, 457, 586, 1768b,
1869
Laren 72, 155, 755, 901, 1003
(II p. 477), 1040, 1177, 1221,
1265, 1445, 1493. Vgl. 304
Laschenmütze 530, 580
Latiner 1451, 1452
Latinisohe Kunst 1768 w
Lausus 1452
Laurentische Sau 155
Laverna 565
Lavinia 1452
Lavinium 1451, 1452
Leagros 472, 1808k
Lebes m. Schiffen 1796 b
Lectica 963
Lectus Boethiacus 962
— funebris 1192
Leda 414 (p. 264), 480, 804,
1130, 1443 ( ?), 1899
Leinwand II p. 356
Leocharea 157 (I p. 630> II p.
469), 386, 759, 986, 1110*
1784 a, e, f, g, m
Leopard 171, I p. 159
Leprignano, Grabfunde II p. 349
Lethe 379 ( ?)
Leto 138, 923, 982 (Statuette),
1116, 1398 (?), 1546, 1876,
1889 ( ?), 1930
Leuchter aus Bronze I p. 355 ff.;
n. 591, 595—597, 599, 617,
1720f
Leukippiden 371, 435, II p. 219
Leukothea I p. 1
Leukothearelief sog. 1863
Levius 1809
Ldber 132 (?). Vgl. 1126, 1127
Ldbera 132 ( ?), 775 ( ?)
Liebes-Szene auf Spiegel 1770t
— auf Vase 1797 b
Liebesverfolgung auf Vasen 500,
603f., 582
Liebesverwünschung 1706
Lieblingsinschriften I p. 284,
288; n. 453, 472, 480, 498,
573, 1793a
Liegefalten 877, 883
Ligures Baebiani et Corneliani
1322
Xlxvov 574, 1325, 1329, 1330, 1518
Liktoren 152, 892, . 1146, 1412,
1523, 1526
Limus 1177.
Linos 255
Iituus 608
Livilla 213
Lockenhalter 720, 745, I p. 403,
II p. 271
Loculi 563, II p. 366f.
510
NAMEN- UND SACHREGISTER.
Löffel II p. 214
Löwe aus Tuff 1785 c
— in Gruppe mit Pferd 944
— als heiliges Tier des Apollon
1848
— auf Marmorreliefs II p. 396;
n. 1901 (Kybele)
— aus Bernstein 1805 c
— auf Bronzerelief 1778b
— auf Bronzeskyphos 1767 v
— aus Elfenbein 1767n, u
— in Relief auf dem Fuß eines
elfenbeinernen Bechers geflü-
gelt 1767 s
— auf Goldschmuck 710, 1577,
1579, 1580
— in Mosaik 165, 411, 995 (II
p. 477), II p. 231
— in silberüberzogenem Relief
1576, 1587
— auf Silbersohale 1675
— auf Vase 1793
— s. Herakles, Löwenbandigen-
der Dämon, sog. persische .
Artemis
Löwenbändigender Dämon 710,
717, 752
Löwenkopf aus Elfenbein 1767o
— aus Bronze als Griff 631, 694,
als Ringhalter an den Resten
der Schiffe im See von Nemi
1522
— aus Gold an einer Gürtel-
schließe 1767 a
— als Wasserspeier 1768 a, w,
17991
Löwenmaske an Beinschienen
Lokros 956 [1778
Q. Lollius Alcamenes 1862
Lorarii II p. 231, 232
Luoilla 789, 1416 ( ? II p. 482),
Lucius Verus s. Veras [1841
Luna 1756. S. Selene
C. Lusius Storax 1526
Lykios 1200
Lykomedes 766, 774
Lykurgos, d. Thraker, 333, 1391
Lyra mit drei Saiten 1634
Lynkeus 371
Lyrnessos 487
Lysias 815 (angebl.), 842 (II p.
475). Vgl. 1934
Lysippos 4, 23 (II p. 466; Apoxy-
omenos), 77, 106, 776, 955,
1140, 1298, 1347, 1380, 1858,
1859, 1918
Lysis 573
Machaon 188, 1683
Mädchen Statue 873 (sog. Flora),
928, 929, 939 (II p. 477; sog. es-
quil. Venus), 1242 (II p. 480f.),
1250, 1352 (v. Anzio), 1554,
1923 (schwebend)
— Statuette 876 (m. Vogel), 1018
(I p. 634), 1099, 1121, 1496
— in Gruppe mit jugendl. Gott
1561, mit Satyr 1062, Gruppe
von zwei Mädchen 1041 (Ephe-
drismos)
— Kopf 1234, 1355, 1632, 1648
— auf Relief 974 (m. Vogel)
Mänaden 132, 238, 333, 1391,
1397, 1446, 1510, 1770o, 1794 g
1795g, 1796a, n, 1808c, 1843,
1844. S. Bakohantin.
Magistrate, röm. 909, 910 (II
Maia 574 [p. 476)
Mainade s. Mänade
Malachbel 767, 988
Maler-Utensilien I p. 577
Malleus 1177
Malocchio 997
G. Manlius, censor perpetuus
T. Manlius T. f. 1495| [1177
Mantelfiguren I p. 287
Mappa 909, 910, 1192, 1523
Marcellus, Neffe des Augustus,
angebl. 383
Marciana I p. 453 n. 29 ( ? II
Marcio 1837 [p. 475)
Marforio 756
Markomannen 891 ( ?)
Marmorvase 1668
Marmorwerk dreiseitiges 1286 (II
p. 481; sog. Thron d. Aphro-
dite)
— mit sieben Nischen 1274
— rechteckiges m~ Relief 238
— zylindrisches 1526
NAMEN- UND SACHREGISTER.
511
Maronis 778
Mars 1107, 1412, 1453, 1463,
1523, 1775 d
— • gradivus 154
— Ultor 5, 759 (I p. 632f.)
— s. Ares
Marsyas Statuen 124 ( ? Torso v.
Belvedere), 945 (Oberkörper),
951 (rot. Marmor), 1179 (II
p. 479f. d. Myron), 1564 (Bor-
ghese), 1925 (weiß. Mann.)
— Kopf 777, 1104 (d. Myron)
— auf Reliefs 263, 335, 923
— auf Mosaik 1440 ( ?), 1443
— auf Ciste 1768m, 1770p
— auf Spiegel 1739, 1770m
Masken szenische 19, I p. 116,
159, n. 267, 268, 374, 385,
509, 532, 836, 917, 1183, 1231,
1267, 1455, 1464, 1479, 1480,
1481, 1845
— ornamental verwendete 394,
I p. 289, n. 600, 657, 727,
779, 1742, 1748, 1762
Mastarna 523
Mater magna 798 (I p. 633), 987,
1193, 1901, 1902. S. Kybele,
Tempel
Mater Matuta in Satricum 1786y
Matidia I p. 453 n. 29, 30 ( ? II
p. 475)
Maus 1231, 1463
Mausoleum des Augustus 213
Mausoleum Hadriani (Castel. S.
Angelo) 121, 122, 292
Maximinus Thrax I p. 454 n. 62
(II p. 475)
Maximus Caesar I p. 454 n. 63
(II p. 475)
Medeia 318, 581, 1154, 1269,
1683
Medusa 1768c, 1771, 17961.
Vgl. Gorgoneion
Meergptt, Büste 296 (II p. 471)
Megalithisches Denkmal, Modell
1566, 1610
Megarische Vasen 561, I p. 404
Meidiaa 1793g
Meilensäulen I p. 409
— Gefäße in Form von 1768
Meistersignatur auf Vasen I
p. 285, 288; n. 451, 480,
526, 535, 543, 965, 1793g
— auf Reliefgefäß 567
Meleagros Statuen 128 (I p. 630,
II p. 469), 1532
— Kopf 1296, 1383
— auf Reliefs 849, 895, 916
— auf Vase 459
Melikertes I p. 1 ( ?)
Memnon 449, 458, 466
Menandros 94 (II p. 468), 1183
(II p. 480), 1818, 1826
Menelaos, Gemahl der Helena
222, 236, 466, 525, 1768t,
1769d, 17941
Menelaos, Schüler des Steptianos
1314
(irtviaitos 195, 196, 1864. Vgl.
1786v
Menschengestaltige Gefäße 562
Menschenopfer (auf Sarkophag
dargestellt) 1772
Mensor aedificiorum 988
Mercurius 49, 1197, 1485, 1779i,
1780i, 1784d
— Kopf als Gewicht 1001, 1002
— s. Hermes
Messerschmiede 58
Metae im Zirkus I p. 219
Metilia Acte 119
Metyiochoe 1304
Metrodoros 831 (II p. 475)
Mettius Curtius 896
Metzger 1837
Mezentius 1452
Midas 580
Mikon I p. 288; n. 505
Millefiorigläser 560, 1486
Miltiades angebl. 1090 (II p. 478)
Minatia Polla 1449 ( ?), 1524
Minerva Capitolina 393
— s. Athene
Minos 486, 1538 ( ?)
Minotauros 180, 1373, 1691,
1778f, 1794 e, 1900
Mithradates Eupator 961. Vgl.
882
Mithras 750, 1163, 1659. Vgl.
1004, 1274
512
NAMEN- UND SACHREGISTER.
Mitra 1767 v
Möbel aus Bronze I p. 351; n.
628
Möbelbeschläge 746, 1763
Möbelverzierungen, beinerne
1777e
— s. Lectica, Lectus
Moiren 119, 259 ( ?), 379, 792,
849, 1194, 1406. Vgl. 110, 111
Mola iumentaria 91
Mond 314
Monnot 788
Mons s. Berggott
Monte. S. Angelo 1804
Morgenröte 5. S. Aurora, Eos
Morgentau 5. Vgl. 110, 111
Morraspiel 480, 590
Mosaik I, p. 1; n. 164, 165, I
p. 116, 158ff., 187f., n. 314,
315, 352, 411, 412, 483—485,
533, 793, 991, 992, 995 (H p.
477)— 998, 1072—1074, II p.
1, n. 1231, 1240, 1267, 1438,
1440, 1443, 1446, 1450, 1480,
II p. 227, n. 1666, II p. 395f.,
n. 1927, 1934
Moschion, Motiv seiner Statue
843 (II p. 475), 1315
Mühle 91 (II p. 468)
Münzen I p. 569, II p. 59, 221;
n. 1704, 1705. Vgl. 1761
Mütter, Tuffstatuen 1776. Vgl. 74
L. Mummius 130 (I p. 630)
Musen Statuen 194, 264—270
(I p. 631, II p. 470f.), 1067,
1068 ( ?)
— Hermenbüsten 286, 287 ( ?)
— Kopf 1049 ( ?), 1344 ( ?)
— auf Relief 847 ( ?)
— auf Gemälde 416 ( ?)
— auf Mosaik 1443
— auf Vasen 498, 520
— auf Spiegel 685
Musische Wettkämpfe auf Vasen
491, 493, 516
Mutulus, Verkleidung 1779k,
1784i, 1786s
Mygdon 1752
Myron 75 (Erechtheus ?), 199,
211 (Hermes Ingenui), 326
(Diskobol), 769, 778, 788 (Dis-
kobol, Rumpf), 1029 (Perseus
?), 1104 (Marsyas, Kopf),
1108, 1139 (Diskobol, Hand),
1179 (II p. 479f. Marsyas),
1363 (Diskobol), 1921
Myrrha 415
Myrtilos 329
Mysterien dionysische 1329, II
p. 219, n. 1518
— eleusinische 1024, 1325, 1511.
VgL 908
Nadeln, goldene 1767o
L. Naevius Surdinus 896
Narce II p. 373ff.; n. 1805
Narkissos 201 ( ?)
Nasenschirme für Pferde aus Ton
1768c
Naturgöttin 1715
Naukydes 338, 1030
Navisalvia 798
Nearch 535
Neger s. Aithiopier
Negerkopf als Gefäßform 532
Nemeischer Löwe 166, 436, 468,
473, 652, 771, 1541, 1778e,
1795d, k, 1796i
Nemesis 804, 1906. Vgl. 291
Nemi-See 794, 1513, 1522, 1765
Neoptolemos 1793f
Nepi, Funde 1808
Neptunus s. Poseidon
Nereide in Gruppe 145
— auf Relief 1523
— auf Mosaik I p. 1, 188
— auf Vasen 469, 474
— auf Cistendeckel 1768 a
— auf Antefix 1782 b
Nereus 474
Nero 215, 410, I p. 452 n. 16;
n. 1427 (II p. 482)
Nerva 297 (II p. 471), I p. 453
n. 26
Nessos 446
Nestor 449, 523, 774 (?)
Niellotechnik I p. 396
Nietnägel in Ton nachgeahmt
II p. 360, 380
Nike Statue 981
NAMEN- UND SACHREGISTER.
513
Nike Statuetten 355, 1251
— auf Relief 182 ul 212 (Panzer),
865 (Sarkophag), 1502 u. 1680
(Terrakotta) ,1850 (Palombino),
1876 (Kitharödenrel.)
— auf Reliefgefäß 566, von
einem solchen 1800 b ?
— auf Vasen 492, 506, 516,
522, 526, 579, II p. 378, n.
1808i
— auf Cisten 1752, 1768 c
— auf Spiegel 1769g
— s Victoria
Nike-Balustrade 158, 258, 1502,
1680
Nikeratos 203, 1341
Nikias 806
Niholaos 1830
NiJcosthenes I p. 282; n. 451, 526
Nikostratos 453
Nil Statuen 34, I p. 412
Nillandschaft 445, I p. 576, n.
1267, 1674
Nilpferd s. Hippopotamos
Niobe 382, 418, 1209, 1398 ( ?)
Niobiden Statuen 13, 204, 370
1352 (?). Vgl. 1212
— auf Fries 1838
— auf Sarkophagen 382, 418
(etrusk.), 1209
— auf Tonrelief 1801a '
Nisyros, Insel 489
Nopal 414 (p. 263)
Novilara, Grab 1611, 1658, 1666
Numerierung, antike von Dach-
ziegeln 1779h, 1784 p, von
Friesplatten 1514, 1515
Numicius, Numicus 1452
Numitor 1453
P. Numitorius Hilarus 1481
Nuraghen 1567
Nymphe Statuen 247, 260, 1184,
1242
— Kopf 1355
— in Gruppe 179, 1062
— auf Reliefs 178, 786, 844, 920,
1117, 1147, 1321, 1546, II
p. 243, n. 1827
- auf Reliefgefaß 1757
— auf Gemälde 414
Heibig: Führer II. 3. Aufl.
Nymphe auf Vase 559
Nyx 792
Obelisk 330—332
— des Augustus 123
Oberschenkelschienen 1779,
1786s
Oceanus 1271. S. Okeanos
Octavia d. j. 1168 ( ?)
Ootavianus 218 (II p. 470).
Vgl. 886
Odysseelandschaften 414
Odysseus Statuette 117
— Kopf 1393 ( ?)
— auf Reliefs 132 ( ?), 316, 774,
1400, 1459, 1481 (?), 1684
(Terrakotta), 1777a (Spiegel-
kapsel), 1815
— auf Gemälde 414
— auf Mosaik I p. 1; n. 1440
— auf Vasen I p. 404 ( ?), 965
— auf Spiegel 692, 1770v
— vgl. 65, 89
ölhandel, Vasenbild 476
Ogulnii 983
Ohrgehänge 729, 731, 740, I p.
403, n. 1771
Oidipus 428, 569, 1202, 1768a ( ?)
Oineus 395, 446, 522, 849
Oinomaos 329, I p. 272, n. 444
Oinone 507, 1321, 1814, 1770g
Okeanos 792. S. Oceanus
Okeanosmaske 1887
Oknos 359, 1237 (II p. 480)
Olympia, Heraion u. Schatzhaus
d. Geloer 1785 p
Olympiodoros 472
Olympos 335, 1440 ( ?), 1443
Omphale 140, 995 (II p. 477),
II p. 219
Omphalos 6, 1096, 1848, II p.
376, n. 1768 a
Onetorides 480
Onkos 267, 286, 287, 1239
Onyx 1771
Opellius Macrinus 202
Opfergerät 493, 572, 642, 747,
I p. 470, n. 1569, 1574, 1730
Opferszenen, etruskische 747,
griechische I p. 287; n. 572,
33
514
NAMEN- UND SACHREGISTER.
1896; vgl. 1352, phoenikische
(?) 1574, römische 893 (II
p. 476), 901, 1177, II p. 223
Opheltes 1812
Opora II p. 467 ( ?)
Opus sectüe 991, 992, II p. Ulf.
Ora maritima 132 ( ?)
Oreithyia 499, 1379 ( ?), 1799a
Orestes 338, 428, 506, 1207,
1212, 1314 (?), 1391, II p.
219, n. 1870. Vgl. 1042
Orestüla 1906
Orion 414 ( ?)
Orontes 362. Vgl. 54
Orpheus 494, 1039, 1237 (II
p. 480), 1883
ÖQ&wjtTov II p. 481 n. 1352
(Mädchen v. Anzio)
Orthros, Hundename 465
Orvieto, Gräber I p. 351
Osiris 74 (als Kind ?), 1574f
Osker 1751, II p. 356
Ossuar II p. 356
Ostia 132 (Darstellung seines
Hafens?), 1273 (Personifika-
tion)
Otho I p. 453 n. 19; angebl. n.
214 (II p. 470)
Ovaria 330—332
G. Ovius 1760
Paestum, Vasenfabrikation 509
Paidagogium 1669
Paidagogos 382, 418
Paionios 15
Palästra s. Hermen in der P.
Palastritische Szenen auf Vasen
I p. 284, 286; n. 471 f., 477,
488, 526, 528, 533, 539, 551,
585, 1702
— auf Gasten 704, 1752
— s. Amykos
Palaimon I p. 1 ( ?)
Palatinus s. Berggott
Palette, sog. aus Bronze 1569
Palintonon 57
Palladium 182, 525, 1537, 1815.
Vgl. 1027, 1244, 1393
Pallas s. Athene
Pallene, Halbinsel 471
Palme als Säule 1418
Palmenzweig als Siegespreis 364,
1153, 1208, 1240, 1241 ( ?) 1688
Palmette, cyprische 1767 h
Palmyra 767, 988, 1123
Palombino 799, 1850
Pamphaios I p. 288; n. 543, 548
Pan Statuen 757 u. 758 (bärt.),
1376 (jugendl.)
— Statuette 377 (jug.)
— Henna u. Hermenbüste 1160
(? bärt.), 1540 (jug.)
— in Gruppe m. Satyr 336
(bärt.)
— auf Reliefs 140 (b.), 178 u. 844
(j.), 1117 (b.), 1159(j.), 1206(b.),
1403 u.IIp. 243 (b.),n.l910(j.)
— auf Gemälde 414
— auf Vasen 507, 1808i
— s. Panisk
Panainos 1154
Panathenäische Amphoren I p.
282, 284; n. 477, 1795b
Panisk 1147, 1739. S. Eros als P.
Paniska 1161 (?), 1873
Pankratiasten 1153
Pansmaske 1200
Pantheistische Symbole 750
Pantheon 1, 120, 1412 (?)
Panther in Gruppe m. Eber 943
— Kopf aus Elfenbein 1767p,
aus Bronze 1766 a, aus Tuff
1785 a
— auf Reliefs 134, 210, 440,
1 767 v (Bronze- Skyphos), 1910
— auf Mosaik II p. 231
— auf Vase 456
— auf Spiegel 1769f
Pantherweibchen 1309
Panzer 672, 1751. Vgl. 418
Panzerstatuen 5, 47, 99, 114,
182, 212 (I p. 630), 1166, 1171,
1215, 1223
Papias 861, 862
Papposilen 159, 559, 1770a
Paragnathides 610
Parfümgefäß 553
Paris Statue 186, 369 ( ?)
— Wiedererkennung I p. 272
(Aschenurne)
NAMEN- UND SACHREGISTER.
515
Paris u. Oinone 1814, 1770g ( t
Spiegel). Vgl. 1321
— Urteil des 154 u. 1321 (Re-
liefs). Vgl. 1770 u (Spiegel)
— u. Eros 1810 (Relief)
— u. Helena 144 (Relief), 507
(Vase), 1141 (Rel.), 1769k
(Spiegel). Vgl. 639 (Spiegel)
— in Troia ( ?) 1543
Parrhasios, Einwirkung seiner
Werke auf die attische Vasen-
malerei I p. 2 88 f.
Parthenonfries 82, 1795 n. II
p. 378
Parthenonmetopen 525
Parther 5
Parzen s. Moiren
Pasiphae 415, II p. 219, n. 1811
Pasiteles 254, I p. 172, n. 288,
1846
Pasquino 236. Vgl. 756
Patera 629, 666; mit figurenför-
migem Griff 687, 690
Patroklos, in Gruppe m. Mene-
laos 222, 225, 229, 231, 236
— auf der Tensa capitolina 966
— auf etruskischem Wandbild
523
— sein Panzer auf etr. Sarko-
phag 418
Pegasos 1817
Peirithoos 1114, 1908
Peisistratos, sog. 1921
Peitho 144, 392 < ?), 416, 507,
525, 1479
Peleus 474, 504, I p. 321, n.
640, 966, 1887, II p. 378
Peliaden 581, 1154
Pelias 581, 640
Pelike I p. 287
Pelops 329, I p. 272
— u. Hippodameia 444, Lp. 576,
Pempobolon 369 [n. 1682
Penaten 304, 1523. Vgl 165
Penelope 89 (II p. 468), 189,
979, 1378, 1684, 1770v (T),
1777 a. Vgl. 1374
Penthesileia 141, 1543
Pentheus 1391
Periandros 274 (I p. 631, II p. 471)
Perikles 276 (II p. 471), 1082
Persephone Statuen 271 ( ?), 761,
763 ( ?), 912 ( ?), 989, 1922
— Statuette 367 ( ?)
— in Gruppe 1379 ( ?)
— Kopf 37 ( ?)
— auf Reliefs 119, 259 ( ?),
1197, 1218 ( ?), 1286 ( ?), 1325,
1657 1827 ( ?)
— auf Wandbildern 1237, 1238
(II p. 480)
— auf Mosaik 998
— auf Vasen 454, 478, 514,
582, 588
Perser 339 (Gefäßstütze) 372
(Statuette), 1354 (Kopf)
Perserkönig 530 (Vase)
Perseus 135 (v. Canova), 443,
806, 1029, 1768c, 17961
Personifikationen : Abundantia
1875 ( ?), Aetenritas 990, A-
frica s. Provinz, Altis 329,
Annona 1273, Campus Mar-
tius 123, 990, Fata 1906,
Felicitas 1875 ( ?), Jahres-
zeiten 998, 1450, 1825, 1887,
Komödie 1183 (II p. 480),
Meeresteil 296 (II p. 471),
Ora maritima 132 ( ?), Popu-
lus romanus 894, 897, Portus
Traiani 1273, Provinz Afrioa
1273, Senatus 146, 893 (II
p. 476), 894, 1273, Volk 5,
317, I p. 410f., n. 888, Volk
oder Stadt 1890 ( ?). S. Berg-
gott, Stadtgöttin
Pertinax 305, I p. 453 n. 45
Perugia, Bronzebeschlage 1778,
Ohrgehänge 1771
Pesaro, Bronzereliefs 1777 d
Pescennius Mger I p. 453 n. 48
Petersche Ciste 704
Petronia Musa 1534
Pfahlbauten, Funde II p. 256
Pfau 121, 122, 181, 309
Pfeilerfüllung, ornamentale 1190
Pfeilspitzen, steinerne 1785f
Pferd 169, I p. 408, n. 944
(Gruppe m. Löwen), 948, 965
(Bronze), 1113, 1392, 1409,
33*
516
NAMEN- UND SACHREGISTER.
1714, II p. 360, 376 (Ton),
n. 1861, 1877, 1895a. Viel-
fach auf Vasen
Pferd geflügelt 976, 1514
Pferdegeschirr 1735
Pferdeköpfe aus Elfenbein 1767 q
Pferdenamen 519, 998
Pferdetrensen II p. .271, 356,
359, 377; n. 1777 b
Pflüger 1723
Phaestos II p. 273ff.
Phaethon 1332. Vgl. 938
— Pferdename 519
Phaidra 414 (p. 264), 415, 1203
Phanis 1352
Phaon 684
Pheidias u. sein Kreis 69, 70,
(Athene), 78 (Schild d. Athena
Parthenos), 192 (I p. 630,
Amazone), 243, 288, 366, 668,
832, 905, 906 (Ath. Parth.),
978, 1019, 1020, 1089, 1106,
1108, 1126, 1127, I p. 634
(n. 1094), 1143, 1154, 1201,
1299, 1304 (AÖl Parth.), 1336
(Apollon), 1367 (Athene) 1398,
1530(Ath.Parth.)> 1544(Aphro-
dite), 1799d, 1820, 1830, 1838
(Niobidenfries), 1854 u. 1855
(Kopf), 1878
— sein Porträt ( ?) 840, 906
Phemios 684
Phiale 566
Philetas (?) 814 (II p. 476),
1395, 1826
Philippus Arabs 44 (II p. 467)
— Caesar 228, I p. 455 n. 69
— s. Vibius
Philomele 1793e
Phlyakenvasen 610, 533
Phobos 657 ( ?)
Phoeniker im Mittelmeer II p. 314
Phoenissen des Euripides, Dar-
stellungen einzeln. Szenen 428
Phoenizisohe Silberschalen s. ky-
prische Silberschalen
Phoibe 371 (Leukippide), 1398
(«» Artemis ?)
Phoinix 479, 523, 744 (?)
Phokaeer in Italien 1773, 1786p
Phokion sog. 325
Pholos 457, 1793e
Phosphoros 1929
Phroates IV, 5
Phradmon 24, 1342
Phryne 367 ( ?)
Phyromachoe 884, 1340
Pietas 1210
Pigna 120
Pileus als Zeichen der Frei-
lassung 1192
PisUm 1298
Pithoi, kretische 1623
Plan der Stadt Rom 941
Planetengötter 1274
Piaton 261 (H p. 470), 388, 404,
828. Vgl. 1934
PlmUios Novios 1504
Plotina 302 (II p. 471), I p. 453
n. 28 (II p. 475)
Pluton od. Hades 119, 461, 478,
582, 688f., 1197, 1218, 1237,
1238 (II p. 480), 1379 (?),
1667
Plynterien 1857
M\ Poblicius Hilarus 997
Pocolom (Sohale) 565
Podaleirios 188
Pollinotor 1192
Polychromie in der Plastik 4, 5,
9, 10, 89, 91, 192, 195, 196,
208, 230, 351, 421, 437, 760,
806, 866, 903, 974, 1007, 1156,
1236, 1250, 1481, 1509, 1514,
1515, 1773, 1779a— 1786x,
1863, 1883, 1908
Polydeukes 480, 1752, 1756,
II p. 379. S. Dioskuren
Polydoros, Sohn d. Priamoa 1543
Pclydoroaihl (I p. 630)
Polyeuktos 22
Polygnotos 15, I p. 288, n. 498,
559, 584, 946, 1752, 1871
PolyUeitos 24 (Amazone), 32
(Knabe), 45 (Doryphoroe), 56
u. 93 (Dresden, Knabe), 184
u. 197 (Jüngling), 1021 (Typ.
Barracoo), 1034 (Diadumenos),
1051 u. 1092 (Doryph.), 1093
(Diad.), 1095 (Amaz.), H00
NAMEN- UND SACHREGISTER.
517
(I p. 634, Typ. Barr.), 1101
(Diad.), 1102 (Doryph.), 1103
(Am.), 1112 (Dresd,, Knabe),
1230 (Typ. Barr.), 1248
(Dresd. Kn.), II p. 64 (Kynis-
kos), n. 1343 (Typ. Barr.),
1371 (Kyniskos). Vgl. 377, 852,
1083, 1156, 1714, 1877, 1912
Polykkitos Schule des 1364, 1365.
S. Naukydes
PolyUea 295, 1326, 1362
Polyneikes 428, 523, 1630
Polyphemoß 117, 124 ( ?), 316,
448, 760, 965, 1440, 1895
Polystratos 448
Polytimus lib[ertus 856
Polyxena 426, 428, 517, 590
Pompei, Altertümer I p. 385
Pompeius, angebl. 1818
Cn. Pompeius Strabon 999
Poniatowskische Vase 514
Pons Aurelius od. Antonini 1345
Pontifex maximus 155, 313 (?)
Pontios 950
Popa 1177, 1445, 1523, 1730
Popilius, Tppfer 567
Populus romanus s. Personifi-
kation
Porphyr 228, 309, 312, 1213
bis 1217, 1223
Porta Fontinalis 918
— tjriumphalis 892, 894
Porticus einer Palaestra 1506,
1686, 1688
Porträtbüsten (ohne bestimmten
Namen), männliche 31 (II p.
467), 33, 102, I p. 453 n. 49,
p. 455 n. 79; n. 836, 872 (II
p. 476), 898, 899, 1132, 1195
(II p. 480), 1634, 1654, 1926;
weibliche 76 (II p. 468),
1196 (II p. 480)
Porträtköpfe (ohne best. Namen)
männliche 21 (II p. 466), 39,
68 (II p. 468), 88, 95, % (II
p. 468), 105, 1 p. 78 (II p. 468),
n. 216 (II p. 470), 389, 397,
398, 401, I p. 272 f., n. 781,
796, I p. 455 n. 81, n. 813,
814t-816, 821, 953 (II p. 477),
1133 (II p. 478), 1134, 1157,
1189, 1284, 1319, 1404, 1441,
1442, 1448, 1819, 1849, 1913,
1921; weibliche 1047, 1447,
1449, 1653, 1828
Porträtstatuen (ohne bestimm-
ten Namen), griechische 28,
196 (H p. 470), 328 (II p. 472),
843, 877, 1059; römische 637,
785 (II p. 474), 805 (II p. 474),
1277, 1315
Poseidippos, Grabrelief 1115
Poseidippos, der Dichter, 195
(II p. 470)
Poseidon Statuen 199 ( ?), 658,
1124, 1188
— Köpfe 106, 1919
— auf Reliefs 461, 747 (Bronze-
beschlag), 783, 1218, 1546 ( ?),
1744 (Cistenfuß), 1930
— auf Vasen 469, 489, 500,
1799g
— auf Spiegel 461
A. Postumius Albinus 1043
Pothos 853
Praefioae 1192
Praeneste, Grabfunde I p. 358,
II p. 259, 313ff.
Praxiteles* 42 (II p. 467; aus-
ruh. Satyr), 48 (Kopf), 51
(Eubuleus-Inschrift), 108 (He-
rakles), 142 (Hermes, sog. Anti-
nous v. Belvedere), 191 Apollon
Sauroktonos), 193 (Kopf), I
p. 172 (Musen), 271 (Köre ?
Katagusa ?), 310 (I p. 631;
Aphrodite v. Knidos), 320 (Dio-
nysos, Sardanapallos), 406 (ju-
gendl. Dionysos), 875 (II p. 476 ;
ausr. Satyr), 1229 (jug. Dion.),
1285 u. 1300 (Knid. Aphr.),
1308 (einschenk. Satyr), 1309
steh, jugendl. Dionysos), 1852
(Ap. Saurokt.). Vgl. 4, 126,
183, 224, 366, 367, 803, 808,
878, 880, 921, 1129, 1388
Priamos 449, 621, 774, 1543,
1793f, 17941, 1808b
Priapos 920, 962, 1023, 1160 ( ?),
1327
518
NAMEN- UND SACHREGISTER.
Priester des Apollon 363, des
Attis u. eines anderen orien-
talischen Kultes 1555, des
Dionysos od. eines Diadochen
216 (H p. 470), der Isis 827,
saoerd. bidentales 351
Priesterin 1461, der Isis 143
(I p. 630) u. 1458, der Mater
magna 119
Procope 50
Proeulus Aleius 1629
Prokne 1793e
Prometheus 124 ( ?), 534, 792,
Prophet der Isis 143 [1394
Proserpina s. Persephone
Proskenion 1681. Vgl. 1264, 1481
Protesilaos 385
Protogenea 875
Protokorinthische Vasen I p.
353; n. 1592, II p. 271, n.
1790, 1791, II p. 376, 377
Psysche 79, 238, 780 (I p. 633),
792, 802 (I p. 633), 1203,
1205, 1689, 1777 a. S. Eros
Pteryges 693
Ptolemaios v. Numidien 25, 1829
Pudieitia sog. 8 (I p. 629), 59
Puellae Faustinianae 1841, 1842,
Pugillares 1006, 119^
Pupienus 20, I p. 454 n. 66 (II
p. 475)
Puteal Libonis 1210
Pygmaien 34, 1267, 1905 ( ? )
Pylades 338, 1207, 1212, 1870
Pyrrha 792 ( ?)
Pyrrhiche 512
Pyrrhon vgl. 1934
Pyrrhos 153, 206
Pythagoras vgl. 1934
Pythogoma 956, 1108, 1353, 1846
Pythaisten 1116
Pytharatos 549
Pythia 498
Quaden 891 (?)
M. Quartinius Sabinus 49
Quellnymphe 1184, 1355
Rabe 1209, 1847 [1658
Rad, Sonnensymbol (etruskisch)
Räucherpfanne 606 ( ?)
Räucherwagen 1767w
Raffael 156, 1145
Rasiermesser II p. 258, 356 f.;
n. 1806. Vgl. 1787, II p. 375
Regula 16
Regulini - Galassi - Grab 659, I
p. ä52, 387, 389, n. 786, II
p. 259, n. 1602, II p. 313,
Rehbock 160 [328
Rehkalb 1321
Reifen 1845
Reigentanz 1793a, d
Reiher 181, 1324
Reiter 82, 169, 699, 1392, 1714
Reliefbild 104, 172, 178, 190,
850, 915, 920, 1017 (II p. 477),
1144, 1183, 1400, 1403, 1810
bis 1817, 1876, 1879, 1892,
1894, 1895, 1895 a, 1896
Reliefgefäße aus Elfenbein 1591 ;
aus Marmor 181, 333, 1042 ( ?),
1159, 1324; aus Metall 700,
1573ff., 1585, 1595, 1602,
1607; vgl. 1042; aus Ton 561,
563, 566f., I p. 576, II p. 372
Reliefplatten aus Terrakotta, ar-
chaische 437, 976, 1508, 1515,
1 786 ; hellenistisch - römische
(sog. Campana-Reliefs) I p. 275 ;
n. 434—436, 438, 440, 443
bis 445, 1 p. 327 u. 576, n. 1481,
1491, 1502, 1506, 1511, 1518,
1670ff.
Reliefprotome 750
Reliefs aus Knochen 1768w, aus
Ton 1768e, g
Remureina 1258
Remus s. Romulus
Retiarii 1060, II p. 231 f.
Rhea 74 ( ?), 864, 1930 (?)
Rhea Silvia 154, 1412, 1453
Rhinton, Dramatiker 510
„Rhodische" Vasen I p. 280; n.
1692f, 1703
Rhyton 532, 950, 1793b
Ricinium 1177
Rind 991, 992
Ringe 679, 737. S. Fingerringe
Ringer 336, 1153, 1382 ( ?), 1907
NAMEN- UND SACHREGISTER.
519
Ritter, athenischer 1081, 1861
Rolle in der Hand Verstorbener
428, 1638
Roma s. Dea Roma, Virtus
Romulus u. Remus 154, 562,
1412, 1418 (?), 1454, 1463
(II p. 482). Vgl. 1523
Rostra I p. 470; n. 890. Vgl.
897. S. Schiffsschnabel
Rotfiguriger Stil I p. 287 ff.;
n. 486— -522 und passim.
Rüstung etruskische 612, oski-
sche 1751
Rüstungsszenen auf Vasen 468,
576, 584
Rundbau auf dem Palatin 1263
— am Tiber 1282, 1283, Vgl.
1465
Sabazios 750 f.
Sabina, Gattin -Hadrians, I p.
453 n. 33; n. 897, 990, 1413,
1415
Sägespuren an etruskischen Cip-
pen 1079 (II p. 478), 1772 d
Säkularfeier d. Stadt Rom 1266
(II p. 481)
Sänfte 963
Säule des Antoninus Pius 123
— des Traianus II p. 54
Salbgefäße 553, 556, in Form
von Köpfen oder Tieren 554,
555, 1692 f
Sallustia 139
Salmoneus 1831 (?)
Salus 845 (?)
Samische Tongefäße 561
Samnites 1779
Sandale 668, 978, II p. 379
Sappho angeblich 392, 1882
Sarapis 237 (II p. 470), 298,
1563, 1931. S. Serapis
Sardanapallos 320
Sardischer Krieger 1568
Sarkophag, etruskisch 417f., 421,
428, 442, II p. 330
— römisch 119 (Alkestis), 132
(Hafen), 134 (Thiasos), 140
(Thiasos m. Herakles u. Om-
phale), 141 (Achill u. Penthe-
sileia), 146 u. 150 (Ehepaar m.
Nebenpersonen), 209 (II p.
470; Gigantomachie), 309 (I
p. 631, II p. 471; Hlg. Con-
stantia), 312 (II p. 312; Hlg.
Helena), 318 (Medeia), 329
(Pelops u. Oinomaos), 330 bis
332 (Wagenrennen), 338 (Ore-
stes), 371 (Leukippiden), 382
(n p. 473; Niobiden), 385
Protesilaos und Laodameia),
764 (Bakchanal), 772 (Gallier-
schlacht; Amendola),774 (Achil-
leus), 786 (Pflege des Dionysos-
kindes), 792 (Prometheus), 795
(Endymion), 849 (Meleagros),
865 (Amazonomachie), 895
(Meleagros u. Straußenjagd),
916 (Meleagros), 968 u. 969 (m.
Skeletten), 985 (Hadespforte u.
Genien), 1153 (Athleten), 1200
(Dionysos u. Ariadne), 1202
(Adonis), 1203 (Hippolytos),
1206 (Triumph des Dionysos),
1207 (Orestes), 1209 (Niobi-
den), 1228 (II p. 480; Szenen
des Lebens), 1269 (Medeia),
1271 (Ehepaar u. Dioskuren),
1272 (m. griech. Inschrift),
1273 (II p. 481; Beamter d.
Annona), 1317 (Gallierschlacht)
1320 (Barbarenschlacht), 1455
(Masken), 1457 (Unterwerfung
v. Barbaren), 1538 (Pasiphae),
1541 u. 1542 (Heraklestaten),
1638 (Verstorbener u. Eroten
m. Hähnen), 1887 (Hochzeit d.
Peleus u. d. Thetis)
Sarkophagdeckel,etruskisch432f. ;
römisch 1202 (Oidipus), 1270
(II p. 481 ; in Form einer Kline),
1543 (Amazonen in Troia),
1546 (Geburtssage des ApoD
u. d. Artemis)
Satricum s. Conca
Saturnus II p. 467 f. S. Kronos,
Tempel des Saturnus
Satyr Statuen: ausruhend 42
(II p. 467), 875 (II p. 476);
einschenkend 1308; mit der
522
NAMEN- UND SACHREGISTER.
(II p. 474), 1059, 1091, 1242
(II p. 480f.), 1260, 1466,
Skamandros 1814 [1828
Skelett 1729
Skene 1264, 1481, 1681, 1800a
Skeparnos 522
Skiron 124 ( ?)
Skopas 6, 99 (Kopf); 128 (Mele-
agros); 405, 919, 926 (Hera-
kles); 1296 (Kopf); 1383 (Me-
leagros); 1384, 1823a, 1918.
Vgl. 203, 853, 1076, 1261, 1297
1341, 17681
Skylla I p. 1; n. 65, 415, 1769h,
1770f, p
Skyphos, bronzen m. Reliefs
1 767 v ; protokorinthisch 1 766 g,
II p. 377; silbern 1767g,
II p. 376
Skythe 479, 489, 552, 923, 1207.
S. Sohleifer
Smaltgefäße 553, 560
Sokrates 80
Sokrates 387, 399, 403, 809 bis
811 (II p. 475), 1396, 1884.
Vgl. 1934
Sol 5, 154, 155, 657 (?), 767.
S. Helios, Iuppiter
— invictus Mithras 1274
Somation 510
Somnus s. Hypnos
Sonnengot s. Helios, Sol. •
Sonnenschirm 1770z, 1887
Sonnenuhr 1934
Sophokles Statue 1180 (II p. 480)
— Büsten u. Köpfe 28, 149
(II p. 469), 257, 284 (II p.
471), 820, 1046, 1401 (H
p. 482)
— Reliefkopf 817
— vgl. 498
SosiUes 852
80808 793, 1231
Sosthenes 1752
Sparbüchse 563, 1485, 1699
Spargel 352 (Mosaik)
Sparta, Vasenfabrikation 435
Spes 975
Sphinx 5, 34, 210, 421, 438,
664, 746, 962, 1202, 1584, 1752
Sphinx auf Bronzerelief 1767v,
1778b .
— aus Elfenbein 752f., 1767i
— auf Goldschmuck 743, 1579;
auf goldener Gürtelschließe
1767 a
— aus Kalkstein 1794 a
— auf Knochenrelief 1768 w
— auf Spiegel 1769k
— auf Vasen 446, 449, 569
Spiegel aus Bronze I p. 357;
n. 639, 640, 643, 644, 684,
686, 691, 692, 698, 1739, 1756,
n p. 324ff., 379, n. 1768 t
Spiegelkapsel 685, 1763 (II p.
482), 1768q, 1777a
Spiel des Ephedrismos 1041
— mit Nüssen 92, 332, 936
Spielzeug 1516
Spieße 689
Spina im Zirkus I p. 219
Spinngerät II p. 219
Spinngerät II p. 357; n. 1792 c,
II p. 375
Spinnwirtel II p. 356
Spiralbänder, goldene 721
Sporn 192, 1000 ( ?)
Spottcrucifix II p. 254; n. 1669
Stadigöttin 132
— von Alba longa 1452
— von Antiocheia 362 (EL p.
473), 1890 ( ?)
— von Ostia 1273
T. Staiodius N. f. 1495
Stata mater 1040
T. Statüius Aper 773
Statio ad Baccanas 1440
örip^ucrcc 16, 157, 942, 1305,
1328, 1352 (II p. 481), 1923
Stempelmatrizen 1 p. 403
Stempeltechnik I p. 388; n.
710, 1579
Stephanos 1022, II p. 5, 64, n.
1158, 1846, 1909
Sterope 329
Stesichoros 799
Stichrahmen II p. 376
Stier 158 (II p. 469), 165, 954,
1057, 1163, II p. 231, n.
1767v, 1901, 1902, 1910
NAMEN- UND SACHREGISTER.
523
Stierköpfe an Bronzebeoken
1766d
Stillende Göttin 74
Stilus 269, 1006, 1862 (?)
Stirnziegel s. Antefix
Storch 1674
Strahlenkranz 298, 657, .698,
882. Vgl. 1050, 1514
Stratege 262 (II p. 470), 325,
832 (II p. 475), 1033 (II p.
477), 1090 (II p. 478)
Straton 203
Stratonikos- 884
Strauße 895, II p. 231, n.'1767v
Strigilis 23, 246, I p. 358, n.
634, 1497, 1768a, s, 1798, II
p. 372, 379, n. 1904
Stuck 460, 461, I p. 677, n.
1327—1332
Stützfiguren an Buocherogef aßen
1690, an Elfenbeingefäßen
1767k
Stuhl aus rosso antico 252
Sturmhauben 610, 614, 1726
Stymphalische Vögel 771, 1541
Sulla 87 (? II p. 468)
Q Sulpicius Maximus 938
C. Sulpicius Piator inus 1524
Summanus 1779
Suovetaurilia 1007
Sutri 1808
Syllabar, etruskisohes 660
Symplegma 1063—1068
Symposion-Szenen auf Vasen 503,
509, 570, 574, 577
Syrinx 250, 386, 1321, 1403
Syriskos 1793a
Tabulae iliacae 799—801 (II
p. 474)
Tafelbild 1328, II p. 207
Tänzer 421. S. Korybanten,
Waffentanz
Tänzerinnen 451, 1191, 1678,
1843, 1844 S Bakchantin-
nen, Maenaden
Tages 1723
Tamesius Augentius Olympius
1274
Tanaquil Masnia 429
Tantalos 385, 534
Tarchon 702, 1173, 1723 (?)
Tarohu, Tarquinius 523
Taube 365, 793 (Mosaik; vgl.
1231), 974, 1144, 1725, 1768u
Taugöttinnen 5, 111
Taurobolium 871, 1901, 1902
Teiresias 414 (p. 264), 692
Teisikrates 768
Telamon 1927
Telamone 306, 307
TelephdTies 1299
Telephos 108, 428, I p. 576
Tellus 6, 47, 212, 1269, 1271,
1523. S. Gaia
Tempel des Hadrian 888
— des Hercules am Tiber 1282,
1283, 1465
— der Isis u. d. Serapis, Iseum
Campense 34, I p. 414, n. 1411
— der Isis u. d. Serapis i. d.
III. Region 1193
— des Iuppiter capitolinus 893
(II p. 476), I p. 555, 592, n.
1009
— des Iuppiter Stator 1193
— der Minerva i. d. III. Region
1193
— des Neptunus I p. 470
— des Quirinus 1418 ( ?)
— des Sol 1274
— der sacra Urbs 941
— der Venus u. Roma( ?) 11, 14,
30, 35, 1193
Tensa 966
Tereus 1793e
Terrakottareliefs s. Reliefplatten
Terrakottasarkophag 1773
Terrakottastatuen u. -Statuetten
439, 441, 482, I p. 327, n.
651, I p. 404, n. 1689, 1779
u, 1780i, 1782 a, 1784a— c,
e— g, k— m, 1785 r, s, 1786 t
bis v
Terramaren, Funde II p. 256
Terra mater 924. S. Gaia,
Tellus
Terra sigillata I p. 576; n. 1808k
Tertullian 1669
Tessera hospitalis 1495
524
NAMEN- UND SACHREGISTER.
Teukros 1459
Teutares 256
Thalatta 1549 (?)
Thaies 393 < ?)
Thamyris 498
Thanatos 318, 381, 773, 792,
1840 ( ?). Vgl. 183
Theater, Einfluß auf die unter-
italische Vasenmalerei I p.
289; n. 510
Theaterszenen I p. 116; n. 510,
1239 (n p. 480), 1481, 1681,
1800a
Themistokles angebl. 1090 (II
p. 478)
Theodoros 799—801
Theon 819
Theon v. Samos 338, 1537
Theophrastos 1881. Vgl. 1934
Theseus Herme 1291 (?)
— u. Aigeus 1683
— u. Aithra 1924
— im Amazonenkampf 505
— u. Ariadne 2J0, I p. 576 < ?)
— Bezwingung des maratho-
nischen Stieres 544, 1114
— Bezwingung des Minotauros
I p. 284; n. 486, I p. 404, n.
1691, 1778f, 1794e, 1900
— m. Peirithoos u. Herakles
1908. Vgl. 1752
Thetis 449, 474, 504, I p. 321,
n. 691, 766, 966, II p. 378,
n. 1887
Thorax 226
Thraker 494, 498, 505. Vgl. 1506
Thränenfläschchen sog. 553
Thrasos, Pferd 472
Thron 1169, 1173, aus Bronze
1766c
Thyiaden 1525
Thymiaterion 158, I p. 355f.,
n, 594, 623, 664, 672, 1286,
1771, 1860, 1862
Tiber 154, I p. 412, n, 1454,
1463. Vgl. 34
Tiberius Statue 84, 90 (II p.
468), 1167
— Kopf 83, I p. 452 n. 4 (II
p. 474), 5
Tiberius Relief 5 ( ?)
Tiberius Claudius Faventinus 154
Tiberius Gemellus 213
Tibicines I p. 590f. S. Flöten-
spieler
Tiergestaltige Gefäße 554, 562
Tierkämpfe 483—485, II p. 230f„
n. 1679
Tierkreis 337, 930, 1929
Tiger 991» 992
Timanthes 1459
Timarchides 295
Timarchos 94, 776, .1352
Timarchos (Lieblingsinschrift)
1793a
Timetheos 52, 101, 759, 804, 1261.
Vgl. 110, 111
Tiridates 1555
Titus 10 (II p. 466), 1048 (s.
. Domitianus)
Titusbogen 1193
Tityos 414 (p. 265), 534
Tleson 535
Todi, Grabfund 1771
Toga u. Togati 10, 68, 162, 304,
313, 323 (II p. 472), 1170,
1213, 1214, 1216, 1280, 1345,
1412, II p. 397
Toilettenszenen auf Vasen I p.
289
Tombe a camera s. Kammer-
gräber
— fossa II p. 356
— pozzo s, Brunnengraber
Tonlampen, kretische 1613, rö-
mische 1698
Torques 884
Tor Marancio I p. 1; n. 343 bis
350, 415
Totenfeier auf Vasenbild 589
Totenklage 466, 479, 526, 1079
(II p. 478), 1192
Tragoedien-Szenen I p. 116; n.
1239 (II p. 480), 1481
Traianus 17, 131 (I p. 630),
I p. 453 n. 27. Vgl. n. 658
— sein Vater I p. 455 n. 80 ( ?)
— Deeius I p. 455 n. 70 ( ? II
p. 475); n. 1761 (?)
Trapezophor 133 (I p. 630)
NAMEN- UND SACHREGISTER.
525
Traufziegel 1779h, 1780d, 1786 w
Trebonianus Galtas 673 (?)
Tretrad 1194
Trinkspruoh auf Vase I p. 283;
n. 547 1799d
Triptolemos 454, 514, 579, 808
(II p. 475), 911
Triptychon 1328, 1471, 1479
(II p. 482)
Triton I p. 1; n. 47, 55, 185
(I p. 630, II p. 470), I p. 188,
n. 469, 931, 932, 978, 1770f , p
Tritonin 316
TritonmaBke 1663
Trochilus 34
Trofei di Mario, sogen. I p. 409 f.
Troia, Zerstörung 799, 1794 i
Troilos 517, II p. 378
Trompete m. Drachenkopf 5
Trompetenblaser auf Vasenbild
539 575
Tropaion 5 (I p. 629), 212 (I
p. 630), 355, I p. 409f., n.
865, 871
Tropfenglas 660
Trullae 634
Trunkene Alte 778
Trygon 1144
Tuba 608
Türverkleidung aus Terrakotta
1779q
Serv. Tullius 523
Turari 1173
Turm 915, 1267
Turnus 1452
Turteltaube 1144
Tutmosis III. 1792i
Tutulus 1773, 1777c,. f
Tyche v. Antiooheia 362
Tympanon 915, 1768g, 1843
Tjmdareos 480, 1130
Typhon 1574, 1669
Tyrrhenische Amphoren s. Ko-
rinthisch-attische Vasen
Unteritalisohe Vasen I p. 289 f.,
II p. 367
Untersatz aus Bronze 606, 630,
1599, 1766b,
— aus Marmor 1476, 1661
Untersatz aus Ton 459
Unterwelt 359, 379, 385, 414,
* 523, 1237
Uraeusschlange 143, 939, 1575
Urnen, etruskische s. Aschen-
urnen
Ustrinum Antoninorum 123, 1527
Valens 1345
Valentinianus I. I p; 456 n. 83
(n p. 475); n. 1345
Vecilius 1809
G. Vedennius Moderatus 57
Veji, Grabfunde II p. 258; n.
1806
Venatio II p. 230ff.
Venator 128
Venus 132 ( ?), 154, 1173, 1463
— Erucina II p. 78
— Felix 139
— Genetrix 1539
— Obsequens 1516
— sogen, esquilinisohe 939 (II
p. 477)
— s. Aphrodite, Tempel d. V.
u. Roma
Vergilius, sogen. 808, 872
Verminus 1043
M. Verrius Flaccus 1323
Vertumnus 1494
A. Veras als Kind 139 (?)
L. Veras 43, 212, 308, I p. 453
n. 41 (H p. 475)
Vespasianus I p. 453 n. 21; n.
1430 (n p. 482)
Vestalinnen 798, 1243, 1357 bis
1361, II p. 152f.
Vetralla, Grabfund 1483
Vetulonia, Grabfunde II p. 258
Via sacra 1193
— Caeoilia 1254
Vibenna, Caeles 523
Vibis Pilipus 1739
L. Vibius 63 (II p. 468)
Vicarello, Funde II p. 254; n.
1757, 1758
Victoria 146, 212, 871, 1345,
1452, 1555 ,1687, 17851. S.Nike
Vicus Aescletus 901
— Statae matris 1040
526
NAMEN- UND SACHREGISTER.
Vüla ad gallinas 5, 833
Vülanova-Kultur II p. 257 f.;
n. 1792 h, 1804, II p. 376, n.-
1808
Virtus 895, 1203, 1875 (?)
Vitellius I p. 453 n. 20
Vlies, goldenes 578
Volutenamphoren I p. 289
Votive s. Weihgeschenke
Votivreliefs, griechische 188, 249,
699, 844, 846, 972, 1011,
1114, 1116, 1117, 1130, 1204,
1219, 1405, 1860, 1876, 1897,
1898; römische 49, 845
Vulcanus 154, 893, 1210. S.
Hephaistos
Vulci, Gräber I p. 351, II p. 258
— Wandbilder 623, I p. 404
Wachsbüsten der Verstorbenen
bei den Römern 1195, 1196,
1270 (n p. 481), 1862
Waffenläufer 540, 650
Waffentanz 285, II p. 243. Vgl.
n. 864
Wage 696, 1001, 1002, 1929
(Sternbild)
Wagen 319, 657, 966, 976, 1508,
1514
— Bestandteile (?) 1596, 1737
Wagenlenker, griechischer 973,
römischer 327 (H p. 472), 903,
I p. 578. Vgl. n. 5, 976
Wagenrennen 329—332 (p. 218),
1876
Wahrsager 129 (I p. 630, II p.
469)
Wandgemälde 343—350, 414 bis
416, 523, I p. 404, n. 967,
1237—1239 (II p. 480), II
p. 117f., n. 1366, 1461—1464,
1460—1462, 1464, 1467—1476,
1477—1479 (II p. 482), 1785k
— Kopien 523, I p. 404
Wandinkrustation 991, 992, I p.
577, n p. Ulf.
Wasserbecken 933. Vgl. 172,
205
Wassergötter 296 (II p. 471),
794, 1891
Wasserleitungsröhren I p. 403
u. 577, II p. 254; n. 1746
Wasserträgerin 205
Weihgeschenke Statuen 439, 681,
693, 702 u, s
— Statuetten 648, 658, 1503,
1504, 1620 (kretische), 1723,
II p. 341
— Körperteile 226, 227, 1 p. 278,
n. 462, I p. 403, n. 1482, 1490,
1738, II p. 340
— Hände 654, 696, 1346, 1522 g,
II p. 340
— Ohren 1482 ( ?), II p. 340
— Tiere 1625, 1688
— Altäre 1779s. S. Altar
— Gefäße 676, 1757, 1779s,
1780m
— Dreifuß 626
— - Wagen aus Bronze 657, aus
Marmor 319
— Barken aus Ton 1606
— Spielzeug aus Blei 1516
— Reliefs s. Votivreliefs
— Inschriften 676, 693, 702.
II p. 215
Weihrauchständer s. Thymia-
terion
Weinkelter 309, 511
Weinlese 309, 1677
Wettläuferin 364 (I p. 632, II
p. 473)
Wettlauf 1506. S. Läufer
Wickelkind 1776, 1780k
Widder 206, 309, 1022, 1440,
n p. 360, n. 1901, 1902
Wildschwein s. Eber
Windgott 414, 792
Windhunde 161, 162
Wölfin 154, 562, 983 (die capi-
tolinische), 1412, 1463 (H p.
482). Vgl. 1623
Wolfskopf 1622
Würfel H p. 372
Xenios s. Zeus X.
Xenophilos 203
Zähne s. Gebiß
Zenas I p. 453 n. 49
NAMEN- UND SACHREGISTER.
527
Zenon, d. Stoiker, angebl. 282
(II p. 471), 877 (II p. 476).
Vgl. 1934
Zeium 1315
Zethos 426, 1813
Zeus Statuen 199 (?), 243
— Statuette 1929
— Köpfe 288 (II p. 471; Z. v.
Otriooli), 1874
— auf Reliefs 206 ( barber.
Kandelaber), 255 ( ?), 259
(Geburt d. Dionysos), 365
(Kandelaber), 461 (Stuokrelief ),
783 (archaistisch), 864 (Basis
m. Darstellung d. Schicksale
d. Z.), 1329 (Stuokrelief), 1405
(Z. Xenios), 1546 (Sarkophag-
deckel, Geburt d. Apollon u.
d. Artemis), 1685 (Terrakotta-
relief, Brustbild), 1930 (archai-
stisch)
— auf Wandmalerei 1470
Zeus auf Vasen 456, 463, 476,
504, 510, 514, 582, 1793 g,
1799b
— auf Bronzebeschlag 747
— auf Spiegel 691
— auf Goldbulla 730, 741
— als Kind 74 ( ?), 864
— Ammon 69 ( ?), 239, 1478
— Xenios 1405
— idaischer 987, 1236
— s. Iuppiter
Zeustypus bei Portratstatuen 90,
297, 299, 1169, 1874
Zeuxis 1113. Vgl. I p. 288f.
Ziege 164, 1147, 1440
Ziegenhirt 170
Zirkus 330—332, 578, 1424
Zirkuskutscher 903, 1431—1438
Zodiacus s. Tierkreis
Zwölftafelgesetz 1799e
Zypresse, Symbol d. Astarte ( ?),
767, 988
Chronologisches Begister.
Zu der Herstellung des folgenden Registers wurde der Bearbeiter
dieser Auflage des Führers von verschiedenen Seiten angeregt. Da es
sich um einen ersten Versuch handelt und um ein sehr mannigfaltiges
Material, dessen zeitliche Fixierung sich nicht immer mit wünschens-
werter Sicherheit durchführen läßt, abgesehen von den häufig ein-
ander widersprechenden Datierungen der verschiedenen Gelehrten,
so bittet der Verfasser, dieses Register eben nur als einen Versuch beur-
teilen und benutzen zu wollen. Bei seiner Zusammenstellung hat
Herr Dr. Weege vielfach Hilfe geleistet. W. A.
Griechische Kunst.
Kykladen-Kultur.
Statuette einer nackten Frau 1122 (I p. 634)
Kretische Kultur. 2. Jahrtausend v. Chr.
Gefäße, Lampen, Siegelsteine, Figuren, Tiere, Waffen, Fragment einer
Wandmalerei u. a. aus Kreta 1612 — 1625
8. — 7. Jahrhundert v. Chr.
Kopf eines Panthers aus Phaestos 1626
Bronzebleche mit figürl. Reliefs aus Phaestos 1627
7. — 6. Jahrhundert v. Chr.
Zwei ostgriechische („rhodi-
sche" ?) Salbgefäße in Form
von Köpfen 1692, 1693
„Rhodischer" Teller 1703
Ionisches Salbgefäß 555
Caeretaner Hydria 471 (ital.
Nachahmung 470)
Krater des Aristonothos ( ?) 965
Protokorinthische Gefäße 1592,
1790, II p. 376 XLVin, 377
LXIII
Korinthische Gefäße 447, 448,
452, 455, 556, 1794b, II p.
377 f.
6. Jahrhundert bis Anfang des 5. Jahrhunderts v. Chr.
Korinthisch-attische oder tyrr he-
rrische Gefäße 446
„Kyrenäische" Schale 534
Attische Gefäße, schwarzfig. u.
strengrotfig. 449, 450, 451 (Ni-
kosthenes), 453, 454, 456-459,
463—469, 472—479 (476 s.
II p. 473), 480 (Exekias), 526
(Nikosthenes), 527, 532, 535
(Tleson)— 543 (Pamphaios)—
552, 1505, 1701, 1778e, 1794
c, d, e, f, 1795 a, b, c, d, e, f,
1793i (Hieron), 1796 b, e, f,
g, h, i, k, 1, m, II[p.|378, n. 1808
b, o, d
Attische Plastik:
Fragment einer Grabstele 1081
Ionische u. ionisierende Plastik:
Weibliche Statue 1864
Weiblicher Torso 975, 1368
Köpfchen der Athena 1085
Statue der Athena ( ?) 1866
Statue des Dionysos 1888
Aegine tische Plastik (?):
Amazone 980
CHRONOLOGISCHES REGISTER.
529
5. Jahrhundert v. Chr.
Attische rotfig. Gefäße 486 bis
491, 493—505, 511, 515—522,
525 (II p. 473), 528—531,
569—582, 584—587, I p. 404,
n. 1694, 1695, 1702, 1778f, g,
1793 a, b, c, d, e, f, h, 1795
g, k, 1, m, n. 1796 a, n, o, 1797
a, b, 1801c, II p. 378f., n. 1808a
Attischer polychromer Krater 559
Plastikaus der ersten Hälfte
des Jahrhunderts.
Attisch:
Weiblicher Kopf 1558
Kopf der Athena 400, 1084
Kolossalkopf einer Göttin 1288
Kopf eines Strategen (Miltia-
des ?) 1090 (II p. 478)
Torso des Apollon 1932
Chariten des Sokrates 80
Hermes Kriophoros 1111
Kopf des Apollon ( ?) 200
♦Votivrelief an Aphrodite 1860
Aeginetisch:
Jünglingskopf 1088
Weiblicher Kopf 1087
Peloponnesisch :
Weibliche Statuette 1099
Kopflose weibl. Statuen 1278,
1558
Kopflose Statue der Athena
1338
Weibliche Köpfe 81, 1886 (II
p. 481), 1344
Weibliche Statue 1287. Vgl.
1151
Jugendlicher Athlet (Stepha-
nos-Jüngling) 1158, 1846.
II p. 5, 64, n. 1909. Vgl.
n. 1022
Ionisch:
Sog. Leukothea-Relief 1863
Grabstele 974 (II p. 477)
Sog. Penelope 89 (II p. 468),
189,1378. Vgl. 979
Wettläuferin 364 (I p. 632, II
p. 473)
Dornauszieher 956, 1053
Kopf der „esquilinischen Ve-
nus" 939 (II p. 477)
Sog. Thron der Aphrodite
1286 (II p. 481)
Sog. Kapaneus-Relief 1831
Weibliche Statuette 1099
Zweifelhaft:
Friesfragment mit Reitern 1 392
Strenge Werke aus der Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr.
Attisch:
Grabreliefs 246, 971
Jäger 856
Diskobolos Ludovisi 396, 1295
Torso eines Kriegers 1025 (II
p. 477)
Jünglingskopf 1031
Herme des Herakles oder The-
seus 1291
Kopf der friedlichen Athena ( ?)
153
Büste u. Torso des Minotauros
180, 1373
Sog. Alkibiades 322
Statuette der Leto 982
Köpfchen eines bärtigen Got-
tes 1733
Omphalos-Apollon 859, 1268,
1366. Vgl. 1376
Heibig: Führer II. 3. Aufl.
Jugendlicher Athlet 1823
Jünglingskopf 1220
Kasseler Apollon 854, 1108
Kopf des Perseus 1029
Athena mit dem Wolfshelm
1878
Kopf des Iakchos oder eines
Flußgottes 9. Vgl. 841
Wagenbesteigender Jüngling 973
Jünglingskopf 1094 (I p. 634,
II p. 478)
Kopf typus der Karyatiden von
Monte Porzio 1835
Knabe, im eleus. Kult beschäf-
tigt 908 (I p. 633), 1024
(I p. 634), 1650
Körper des sog. Phokion 325
Mädchenstatuette 1018 (I p.
634)
34
530
CHRONOLOGISCHES REGISTER.
Weibliche Gewandstatue (sog.
Aspasia) 761 (II p. 474),
763
Persephone (?) 912
Den Skulpturen des Zeustempels
in Olympia verwandt:
Nike 981
Kopf der Athena oder einer
Amazone 989
Die großen Künstler des 5. Jahrhunderts v. Chr.
Myron:
Diskobolos 326, 788, 1139, 1363
Marsyasll04, 1179 (II p. 479f.)
Hermes Ingenui 211
Mannlicher Torso 43
Bärtiger Kopf 75
Kopf eines Athleten 769
Bärtiger Porträtkopf 1921
Polyklet:
Doryphoros 45, 1092, 1102.
Vgl. 1878
Diadumenos 1034, 1093, 1101
Amazone 24, 1095, 1103
Statue eines Jünglings (G. d.
st.) 184
Typus Barracco 1021, 1100
(I p. 634), 1230, 1343
Kopf eines Athleten 1051
Statue eines Knaben (Dresde-
ner Typus) 56, 93, 1112,
1248
(Kyniskos) II p. 64, n.
1371. Vgl. 1083
(Br. n.) 32
Pheidias *
Athena Parthenos 78, 906,
1304, 1530
Amazone 192 (I p. 630), 88t
Athena (Medici) 70, 1367, 1717
Köre (Albani) 989, 1922
Kopf der Aphrodite 1544
„Schutzflehende" 198, 1339,
1820
Hydrophoren 1126, 1127 (II
p. 478)
Anakreon 900 (II p. 476)
Apollonl336. Vgl. 854
Weibl. Statuette 1143
Artemis II p. 5, n. 1933
Hermen der Athena u. des
Dionysos 1293, 1294
Kolossalstatue der Hera od.
Demeter 291
Köpfe der Athena 1089»
1854
Kopf einer Göttin 242
Weiblicher Idealkopf (Ar-
temis?) 366, 1106
— (sog. Sappho) 392, 1649
Bärtiger Hermes 402, 1201
Behelmter bärtiger Kopf 832
(II p. 475)
Grabrelief 1821, 1861
Böotisches Reiter-Relief 82
Niobiden-Fries 1838
JVTföRll an *
Porträt des Perikles 276 (II p.
471), 1082
Amazone 852, 949
Athena (Velletri) 1028
Diomedes 1027, 1244, 1275
Statuette des Pan 377, 1376
Porträt eines Strategen (Ko-
non?) 1033 (II p.v477f.)
Behelmter bärtiger Kopf 1393
Statue der Hera 295
Paionios- Ionische Kunst: v
Apollon 15
Nymphe 247
Maenadenreliefs 946, 950, 1397,
1521, 1843, 1844
Kalathiskos-Tänzerinnen 1867
Aphrodite 1539
Hera (Borghese) 26 (II p. 466
1026,1249. Vgl. 193,291
Hera od. Demeter 867
Charis 1334
Zweite Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr.
Statuette der Nike 1251
Torso der Athena 905
Statue der Demeter 775
— derAthena64(Ip.629).Vgl.l555:!
CHRONOLOGISCHES REGISTER.
531
Karyatiden von der Via Appia
16, 1830, 1915J
— vom Ereohtheion 1, 107. Vgl.
1369
Sitzende Frau 805 (II p. 474),
1828
Kopf der Athena (Hope) 1020
(II p. 477), 1855
Kopf der Athena 1377
Herme der Aspasia 277
Hermes (Ludovisi) 1299
Unterlebensgroße Statue des Her-
mes 1019. Vgl. 1830
Männlicher Torso 1370
Statue eines Jünglings 921
Herme des Hermes 1292
Köpfe des Apollon 187, 233
Kopf des Ares 1281
Herme des Pan 1540
Kopf eines Diadumenos 189, 1374
Büste des Hephaistos 86 (II p.
468)
Kopf des Asklepios 1340
Bärtiger Hermes 390
Epimenides od. Homer 272 (II
p. 471), 1131
Votivrelief 249
Relief: Artemis u. Leto ( ?) 1889
— eines Reiters 699
Orpheusrelief 1399, 1883
Relief: Medeia u. die Peliaden
1154
— Herakles, Peirithoos, Theseus
1908
— drei Frauen 119a, 1398
— Athena, Gaia, Hephaistos 112
— Iudioium Orestis 1042
Statue der Athena 765
— des Apollon 907
Sitzende Göttin 1260
Weiterbildung der Hera Borg-
hese 193
Torso des Apollon 258 *
Relief: zwei Frauen mit einem
Stier 158 (II p. 469)
Gold-Diadem I p. 403
Übergang vom 5. zum 4. Jahrhundert v. Chr.
Sohule des Polyklet:
Diskobol des Naukydes ( ?)
324 (I p. 631, II p. 472),
1030
Knabenstatue aus Basalt 1364
Kopf eines Knaben aus Basalt
1365
Statue eines Athleten 1241
— des Dionysos 1342
— des Herakles 77
Attische Kunst:
Artemis (Oolonna) 29 (I p. 629)
Athena (Giustiniani) 38, 782,
1262
— (Capitol. M.) 851 (II p. 476)
Hygieia (Hope) 1253, 1341
Weiblicher Torso 109
Adorantin 241, 1038, 1252
Athena des Kephisodoros ( ?)
1069
Statue einer sitzenden Frau
1091
Ideale weibl. Köpfe 223, 593
Büste der Demeter 1303
Kopf der Aphrodite 1335
Kopf der Sappho ( ?) 1882
Statue des Kronos 234, 361
(I p. 632. II p. 467 f.).
Statue des Apollon (Lykeios)
878, 1052, 1120. Vgl. 1732
984, 1387
— eines Läufers 914
Kopf eines Jünglings (jugendl.
Asklepios) 1822
Büste des Attis 1311
Kopf des bärt. Dionysos 69
— des Zeus Ammon 239
— des Asklepios 1334
Porträt des greisen Sophokles
28, 149 (II p. 469), 257,
1046
— des Lysias 842 (II p. 475)
Sog. Aischylos 840 (II p. 475)
Strategenköpfe 262 (II p. 470),
325
Sog. Iulianus Apostata I p. 455
n. 82 ; n. 833, 834
Grabrelief 977
Relief: Herakles u. die Hespe-
riden 1880
34*
532
CHRONOLOGISCHES REGISTER.
Relief figuren einer Kandelaber*
basis 1218
Relief: Paris vor Helena 144
Gemälde: Aphrodite, Peitho,
Eros 1479
Gemälde: 1468, 1477
Demetrios von Alopeke ( ?):
Faustkämpfer 1350 (I I p.
481).
Werke des 4. Jahrhunderts v. Chr.
Grabreliefs 240, 1115, 1135, 1137,
1138 (II p. 478), 1904
Grabvasen 1097, 1098
Votivreliefs 188, 846, 1011, 1016,
1114, 1116, 1117, 1130, 1219,
1897, 1898
Dreifuß-Basis 1191
Reliefs: Hören u. Taugöttinnen
110, 111
Spiegelkapsel: Dionysos, Eros u.
Bakchantin 685
— Athena und Gigant 1753 (II
p. 482*
— Grieche u. Amazone 1768 q
— sitzender Herakles 1768 r
Eros von Centocelle 183, 947
Kopf der Athena 224
Mädchenstatuen 928, 929, 1554
Weibliche Statue 1553
Mädchenkopf 1632
Statue des Hermes 48
— des Apollon 187
— eines Mädchens (sog. Flora) 873
Jünglingskopf 1337
Kopf des jugendl. Asklepios 1261
Eleusinischer Daimon 808
Sog. Alkibiades 88, 821, 1911
Bärtiges Porträt 401, 899
Statue eines Läufers 913
— des Herakles (kämpfend) 948
— des Hermes ( ?) 868
Kopf eines Athleten 1382
Hermes oder Heros 1071, 1129
(II p. 478), 1824
Statue des Sophokles 284 (II p.
471), 820, 1180. Vgl. 817
Porträtstatuen: 19 (II p. 466),
28, 328 (II p. 472), 843 (II p.
475), 1819
Büste des Isokrates 1853
Kopf des Aischines 281 (II p.
471), 830
Porträts:
Sokrates 387, 399, 403, 809 bis
811 (II p. 475), 1396
Epikuros 283 (II p. 471), 831
(H p. 475), 1109 (Hp. 478)
Metrodoros 831 (II p. 475)
Hermarchos 278 (II p. 471)
Antisthenes 279 (II p. 471),
395 (H p. 473)
Aristoteles 1298
Bärtige Portratköpfe 389, 397,
398, 1404
Die großen Künstler des 4. Jahrhunderts ▼. Chr.
Praxiteles:
Apollon Sauroktonos 191, 1852.
1933. Vgl. 1351
Aphrodite von Knidos 193,
310 (I p. 631), 1285, 1300
Einschenkender Satyr 1308
Bärtiger Dionysos 320
Ausruhender Satyr 42 (II p.
467), 875 (II p. 476)
Hermes (Ant. v. Belv.) 48, 142,
1380
Herakles 108, 1920
Jugendlicher Dionysos, Kopf
406, 1229
Jugendlicher Dionysos, Kör-
per 1309
Eubuleus-Inschrift 51
Apollon u. die Musen 263 bis
270 (I p. 631, II p. 470f.),
1067. Vgl. 1068
Aphrodite (Gap. M.) 803
Weibliche Statuette 367
Mädchenkopf 1648
Relief : Kopf einer Moire 1406
Praxitelische Gewandmotive;
Hebe 62
Artemis 366
Athena 1557
CHRONOLOGISCHES REGISTER.
533
Jäger 2. 126
Köre 271
Fortuna 27 (II p. 467)
Hygieia 153
Vgl. 1306 (Hera Lud.), 1917
(Kopf e. Karyatide), 1923
(Kopf einer Göttin)
Skopas:
Meleager 128 (I p. 630, II p.
469), 1383, 1532. Vgl.
1384 (II p. 481)
Herakles 405, 919, 926
Jünglingskopf 99
Hermes 1823a
Asklepios 6
Niobiden 13, 204, 370
Leocharos:
Ganymedes 386 (II p. 473)
Apoll vom Belvedere 157 (I p.
630, II p. 469)
Kopf eines Jünglings 986
— der Artemis (v. Versailles)
1385
Sog. Alexander (Barraoco)
1110
Knabentorso 1310
Timotheos:
Leda 804, 1899
Athena 52 (I p. 629), 101
Silanion :
Piaton 261 (II p. 470), 388, 404,
828
Epimenides od. Homer 272
(II p. 471), 1131
Sog. Sappho 1882
Sog. Aischylos 840
Euphranor: Vgl. Paris 186, 369,
Apollon 264, Triptolemos —
Bonus Eventus 911. Vgl.
808 (II p. 475)
Bryaxis:
Sarapis 237 (II p. 470), 1563
1931, 1656. Vgl. 298
Zeus 289 (II p. 471). Vgl.
1561
Poseidon 1919
Heros 770
Statue d. Poseidon 1188
Statuette d. Poseidon 1124
— d. Herakles 1858
Unterteil einer männl. Fi-
gur mit Gewand 126 (I
p. 630.)
Lysippos:
Apoxyomenos 23 (II p. 466)
Ares (Ludovisi) 1298
Silen mit Dionysoskind 4
Kopf des Poseidon 106
— eines jugendl. Athleten
1380
Marsyas 777
Aphrodite (Venus v. Capua)
1918
Bronzenes Pferd 955
Hündin 1140
Theon von Samos vgl. 338
Antiphilos von Ägypten vgl. II
p. 396, n. 1927 -
Beginn der hellenistischen Zeit: 4. — 8. Jahrhundert v. Chr.
Söhne des Praxiteles:
Porträt des Menandros 94 (II
p. 468), 1818, 1826. Vgl.
1183 (II p. 480)
Bogenspannender Eros 776
Satyr m. Querflöte 12, 1389,
1390
Mädchen v. Anzio 1352 (II
p. 481)
Gruppe v. Satyrn u. Herma-
phrodit 1063—1068
Apollon 860
Gruppe des Asklepios u. der
Hygieia 115
Werke praxitelischer Richtung:
Statue der Selene 18
Jugendliche Heilgöttin 852 (II
p. 477)
Gruppe des Asklepios u. d. Hy-
gieia 203
Statue des Dionysos 321
Statuette der Nike und Kopf
der Athena mit dem Gor-
goneion als Gesichtsmaske
355, 904
Dionysos als Knabe 1388
Kopf der Ariadne ( ?) 866
— des Dionysos 880
534
CHRONOLOGISCHES REGISTER.
Werke skopadischer Richtung:
Gruppe des Menelaos u. Pa-
troklos 236
— des Polyphem u. Odysseus
117, 760
Bakchantin 1886
Kopf eines Diadochen 245 (II
p. 470
Statue der Psyche 780 (I p.
633)
Eutychides, Schüler des Lysip-
pos:
Tyche von Antiooheia 362 (II
p. 473). Vgl. 54
Teisikrates, Enkelschüler des Ly-
sippos:
Basis mit Inschrift 768
Werke lysippischer Richtung:
Statuette der Artemis 67
Statue des Silen 100
Satyr (a. rot. M.) 250, 870
Eros u. Psyche 802 (I p. 633)
Herakles als Knabe 937
Marsyas angelehnt 945
Hängender Marsyas 1925
Bronzene Statue d. Herakles
1005
Kopf eines Diadochen 1347
(II p. 481)
— Alexanders d. Gr. 882 (II
p. 476)
Kopf eines kämpfenden Jüng-
lings 1035
— eines Kriegers 1386
— eines jungen Mannes 1279
Werke unbestimmter Riohtung:
Sitzende Frau 1059
Sitzende weibl. Gestalt 127 (I
p. 630), 1242 (II p. 480f.)
Spielende Mädchen 1041
Kopf der Persephone (?) 37
Jüngling v. Subiaco 1353
Pothos 853
Satyr m. Dionysosknaben a. d.
Schulter 384 (II p. 473)
Kolossale Satyrstatue 1531
Fragment der Gruppe einer
Entführung 1379
Satyr sein Schwänzchen be-
trachtend 118, 357
— u. Mädchen 1062
Kopf eines Hermaphroditen
1655
— mit flatternden Haaren 1050
Paniska 1873
Relief: eleusin. Mysterien 1325,
1511
— Apoll u. Muse 847
— Anaximandros 1408 (II p.
482)
Polyeuktos:
Statue des Demosthenes 22
(II p. 466), 280
Porträts:
Theophrastos 1881
Aratos (?) 1914
Statue des Poseidippos 195 (II
p. 470)
Statuette des Diogenes 1856
Aisopos 1859
.KaUimachos ( ?) 814 (II p. 475),
1395, 1826
Statue des sog. Zenon 877 (II
p. 476)
Sitzender Dichter 196 (II
p. 470), 1562
Diadochen 1181, 1189, 1407
Doidalsas von Bithynien:
Kauernde Aphrodite 248 (II
p. 470)
Rhodische Kunst:
Sog. Pudioitia 8 (I p. 629)
Fuß der Isis Athenodoria ( ?)
978 (I p. 633f.)
Alexandrinische Kunst:
Porträt einer Königin 1037 (II
p. 477)
Statue des Nil 34
Gefäßträgerin 879
Weiblicher Kopf 1049
3.-2. Jahrhundert ▼. Chr.
Pergamenische Kunst:
Sterbender Gallier 884
Gallier u. sein Weib 1302
Gallierkopf 98
Kriegertorso 1036 (II p. 477)
Kopf eines Kriegers 235
CHRONOLOGISCHES REGISTER.
535
Kopf eines sterbenden Persers
1354
Kämpfender Perser 372
Gruppe eines Giganten mit
zwei Satyrn 922 (II p. 476)
Amazone mit zwei Kriegern
1565 (II p. 482)
Vgl. Sarkophag mit Giganto-
machie 209(IIp. 470), Ama-
zonenschlacht 865 und
Gallierschlacht 772, 1317
Statue eines Fischers 358 (II
p. 473), I p. 462
Statue des hängenden Mar-
syas 951'
Kopf eines Kentauren 925 (II
p. 477)
Torso u. Oberkörper zweier
Tritonen oder Seekentau-
ren 55, 185 (I p. 630, II
p. 470)
Herakles mit dem Löwen 166
Zwei Hunde 147, 148 (II p. 215,
469)
Weibliche Statue 883 (II
p. 476)
Löwe und Pferd 944
Weiblicher Kolossalkopfll28
MännlicherKolossalkopfl547
Statue des Asklepios 1015,
1340, 1717
Kopf einer Göttin 1306
Herakles mit Telephos 108
Mosaike des Sosos 793, 1231
Boethos von Chalkedon:
Knabe m. d. Gans 867
Knabe m. Silensmaske 869
— m. Ente 1550
Mädchen m. Vogel 876
Lectus 962
Goldner Schmuck 740, 742
Wahrscheinlich klein-asiatisch:
Statue der schlaf. Ariadne 208
Sitzende Muse 194
Trunkene Alte 778
Sitzende Nymphe 260
Schlafender Hermaphrodit
1362, 1552
Relieffragment, Erinys 1301
(II p. 481)
Relief bilden Ikarios-Rel. 104,
Bauer mit Kuh 172? Rät-
seih, bakch. Barstellung
848, 920, Odysseus u.
Diomedes 1400, die de-
lischen Gottheiten 1876
Porträtkopf eines Priesters ( ?)
216 (II p. 470) [p. 475)
Kopf des Homer (?) 837 (II
Damophon von Messene:
Kopf einer Göttin 787
Kopf eines Satyrn 232
Herme d. Herakles 1545
Porträts:
Sokrates 1884 [1012
Chrysippos 391, 822 (II p. 475),
Karneades ( ?) 812
Sog. Diogenes 816 (II p. 475)
2. — 1. Jahrhundert v. Chr.
Rhodisohe Kunst:
Laokoon- Gruppe 151 (I p. 630).
Vgl. 1899a
Skylla- Gruppe 65
Kentaur bärt. 113, 861, 1125
— jung 168, 862
Kopf des Homer 394, 823 bis
825 (II p. 475)
Fischer 934
Bäuerin 935
Bronzekrater der Eupatoristen
Reliefbüder: [961
Dionysos, Ariadne u. Silen 190,
Mauer mit Baum 915,
Platane u. Tempel 1017
(II p. 477), Menandros u.
die Personifikation der
Komoedie 1183 (II p. 480),
Eros als Satyrisk 1865,
Diogenes u. Alexander d.
Gr. 1894, Polyphem u.
Eros 1895, Jäger u. Pferd
1895 a, Opfer 1896, Pro-
metheus mit dem Adler
1394. Vgl. Fries mit Dar-
stellung der Marsyas-Sage
923, Grabrelief 1142 (H
p. 479)
536
CHRONOLOGISCHES REGISTER.
t»
Neu-attische" Kunst.
Dionysios u. Polykles vgl. 295
(Hera)
Arkesilaos vgl. 179 (Seekentaur
u. Nymphe), 1517 (Terrakot-
tagiebel)
Pasiteles vgl. 254 (Apojlon), Ca-
millus 957 (I p. 633), sog.
esquil. Venus 939 (II p. 476)
Stephanos, Schüler d. Pasiteles,
s. unter Augustus
Menelaos, Schüler d. Stephanos,
s. unter Tiberius
Apollonios v. Athen, Sohn d.
Nestor:
Torso v. Belvedere 124. Vgl.
1839 (Relief, Berggott)
Pontios von Athen:
Rhyton 950
Antiochos.od. Metiochos:
Kopie der Athena Parthenos
1304
Statue des Hermes 1372
Votivreliefs 972, 1405
Zylindrisches Marmorwerk 1525
„Neu-attische" Reliefs:
Dionysos m. Satyr u. Silen 253
Geburt d. Dionysos 259.
Amphora mit Darst. des
Lykurgos-Mythus 333
Vase mit Pan u. Satvr
1159, Kandelaberbasis
1218, Gefäß m. Pan, Ko-
rybanten u. Nymphen II
p. 243, runde Basis m.
Hekate u. Hören 1825,
Puteal m. eleusin. Gott-
heiten 1827, Kalathiskos-
Tänzerinnen 1867
Sog. Campana-Reliefs I p. 275,
576; n. 435, 436, 438, 440,
443—445, 1481, 1491, 1502,
1506, 1518, 1670, 1671, 1673
bis 1688, 1779r
Terrakotta-Fries mit Mänaden
1521
Gemälde der aldobrandinischen
Hochzeit 416
Umwandelung älterer Typen:
Apollon — Hermes 1375
Athena — Bakchantin 1830
Doryphoros — Krieger 1912
Hera Borghese — Athena 1307
(ebenda erwähnt Hera B.
— Hygieia)
Karyatide 1369, 1835
Eros — Thanatos 381
Apollon Sauroktonos — Dio-
nysos 1351
Artemis (Dresden) — Athena
1557 (ebenda erwähnt
Athena — Ariadne)
Meleager-Dionysos 1384 (II
p. 481).
Bakchantin — Victoria 1886
Archaistische Skulpturen (vgl. 3. — 2. Jahrhundert Relief bilden 1876).
Zwei Statuen des Apollon 380,1548
Statue des Priapos 1023
Relief des Kallimachos, Pan u.
Nymphen 844
Brunnenmündung mit Götter-
zug 783
Basis mit Götterzug 1930
Italische Kunst.
Steinzeit (vgl. 1610), Bronzezeit, erste Eisenzeit (Villanova-Kultur)
9.-7, Jahrhundert v. Chr. II p. 255 ff.
Schachtgräber in Falerii, Monjbe S. Angelo, Narce, Nepi 1787, 1804
1806, II p. 375, n. 1808
CHRONOLOGISCHES REGISTER.
537
8. — 6. Jahrhundert v. Chr.
Gräberfunde aus Rom und Um-
gebung I p. 555 (Rom), 573
(Albano), n. 1774 (Gabii).
Vgl. I p. 592 f., II p. 258, n.
481 (Hüttenurnen), 482 (Buc-
cherofiguren)
Grabfunde aus Capena 1605 bis
1608
Grabfund aus Aseoli-Pieeno 1609.
Novülara 1611
Grabsteine aus Fano und Novü-
lara 1658, 1660
tombe a fossa in Falerii 1788,1789
Grab Bernardini aus Praeneste
' II p. 259ff., n. 1572—1604
— Barberini aus Praeneste II
p. 313f., n. 1766, 1767
Giste mit Silberbeschlag aus
Praeneste 964
Bronzediskos 1570
6.-5. Jahrhundert v. Chr.
Wölfin ( ?) 983
Falerii, Iunotempel, Tuffskulp-
turen 1785 a — c
— Merkurtempel 1779 a — h
— Großer Tempel 1780 a— -f
Conca, Funde aus dem Tempel
der Mater Matuta 1786
Terrakottafriese 976 (II p. 477),
1392 (II p. 482), 1508 (II
p. 482), 1514 (II p. 482), 1672,
1786a
Stirnziegel 1009, 1010,1509,1785 u
Akroterien 1510
Ziegelplatte I p. 592
Amphora aus Bronze 1747
Sturmhaube und Helm 1726,
1731
Bronzereliefs 1778 b, c, d
Umbrische Bronzen 1775
Votivstatuetten 1777f
Asohensohaufel (venetische In-
dustrie?) 1569
Unteritalische Amphora 513
Sizilisches (?) Votivrelief 1204
4. — 3. Jahrhundert v. Chr,
Köpfe aus Terrakotta (Palae-
strina) 1515
Cisten aus Palaestrina I p. 358,
n. 704, 1519, 1741—1744,
1752 (ficoronische), 1768a, b,
c, m, n, o, 1769 a, b, d, e, h,
1» 1770e, f, p.
Spiegel mit lateinischer Inschrift
1739 (graviert von Vibius
Philippus)
Bronzehelm 682
Unteritalische Vasen (Krater 508,
510, Krug 533, Amphora und
zwei Schüsseln mit aufgemal-
ten Figuren 590, 1696, Apu-
lische Amphoren 492, 506,
512, 514, Krater aus Paestum
509), aus Falerii 1795 h, 1803 a
Unteritalisches ( ?) Relieffrag-
ment mit Reitern 1113;
Aes rüde, signatum und grave
1704, 1705
Falerii, Terrakotten aus dem
Apollotempel 1784
— Terrakotten aus dem großen
Tempel 1780g~fc
— Terrakotten aus dem kleinen
Tempel J781'b
— Malereien aus dem Iunotem-
pel 1785k
Jünglingskopf (Terrakotta) aus
Antemnae 1785r
Tuffstatuen sitzender Frauen
1776
Faustische Vasen 1794i, k. 1799a
b, c, d, f— k, 1801 d, II p. 378
3. Jahrhundert v. Chr.
Fries mit dionysischem Zuge 159
Statue des Dionysos aus Bronze
(eampanisch ?) 1349
Bronzestatuetten zweier
scher Krieger 1724
galli-
538
CHRONOLOGISCHES REGISTER.
Falerii, Funde aus dem Merkur-
tempel 1779i — p
— Terrakottastatue d. Andro-
meda 1782 a
Oskischer Panzer 1751
Pferdegeschirr 1736
3.-2. Jahrhundert v. Chr.
Kopf der Medusa, Werk eines C.
Ovius 1760
Terrakotten aus Praeneste 1768e
bis 1 . [u, v.
Toilettegerät aus Praeneste 1768 s,
Stirnziegel aus Palaestrina 1512
Weißbemalte Schalen (vermut-
lich aus Latium) 565
Calenerschalen 566, 662, 663,
1691, 1800d
Reliefvasen 567, 1800c, 1802
Schmuck aus Praeneste 1768 p, x
Knochenreliefs aus Praeneste
1768w
Falerii, Funde aus dem Merkur-
tempel 1779q, r
1. Jahrhundert v. Chr. und später.
Aretinische Gefäße 561
Möbelverzierungen aus Knochen
1777e
Etruskische Kunst
9. — 7. Jahrhundert v. Chr. Sog. erste Eisenzeit.
Gefäße 603, 610, 629, 635, 665, 669
8.-6. Jahrhundert v. Chr.
Funde aus Veji II p. 271 | Schmuck aus Narce 1805
Mitte oder 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts v. Chr.
Grabfund Regulini- Galassi aus
Cerveteri:
Gold 708—710, 716—722
Silber 705—707, 711—715
Bronze 606, 624, 628, 630,
632, 683, 694, 746
Elfenbein 751, 753. Vgl. 754
Bucoherostatuetten 659
Ungefirnißte Tonkanne ausChiu-
si 1571
Buccherogefäße 1690, 1791, II
p. 376 f.
6. Jahrhundert bis zum Anfang des 5. Jahrhunderts v. Chr.
Antefixe und Simen 437
Goldenes Ohrgehänge 731
Terrakottasarkophag aus Cerve-
teri 1773
Dreifuß 620, 626
Bronzebeschläge 747, 1777c, d
Kohlenbecken 625, 703
Krater 598
Spitzamphora * 701
Buccherogefäße 557, 558, 1794 b,
1796d, 1798, II p. 378
Ionische Kunst in Etrurien u.
ihr Einfluß auf die etruski-
sche 470, I p. 351, 354, 356,
n. 626, 746f., II p. 258, n.
1593, 1600, 1671, 1773
5. Jahrhundert ▼. Chr.
Krieger aus Todi 693 [1496
Bronzestatuette eines Mädchens
Bronzegruppe eines Pflügers 1723
Weiblicher Kopf aus Terrakotta
1507
Grabcippen 1078, 1079 (II p. 478),
Kandelaber 602, 605, 622
Leuchter 591, 595—597, 599
Thymiaterien 594, 623, 664, 672
Cistenfüße 667
Helm 614 ,
Schilde 600. 619. 674. 1745
CHRONOLOGISCHES REGISTER.
539
4.-3. Jahrhundert ?. Chr.
Bronzestatuette eines Knaben
681, 702
Forträtköpfe aus Terrakotta und
Nenfro I p. 272 f.
Wandgemälde (Kopien) 523
Spiegelkapsel 685. 1777a
Spiegel 639, 640, 642—644, 684,
686, 691, 692, 698, 1768t,
1769c, f, g, i, k, m, 1770a bis
d, g, h, k— o, r— z, 1807
a, d, f
Kandelaber 636
Bronzekanne 601
Patera 687, 690
Rüstungen 612, 613
Stamnos 588
Hydria 589
Fund aus Todi 1771
3.-2. Jahrhundert ?. Chr.
Weiblicher Kopf aus Orvieto 1077
aus Bolsena 1076
422
Kolossaler Medusenkopf 427
Statuette einer sitzenden Frau430
Zwei Pferdeköpfe 420
Sarkophage 417, 418, 421, 428
Sarkophag aus Terrakotta (Ado-
nis) 442
Urnen aus Alabaster, Marmor u.
Sandstein 423, 425, 426, J 868
bis 1871
Aschenkisten aus Ton 1630-
1635—1637, 1642—1644
Fries mit Ranken, Köpfen und
Eroten aus Ton 434
Bronzestatuette 638
Gold- und Silbergefäße 676
Bronzeciste mit Reliefs 700
Bronzekannen 601, 604
Bronzeflaschen 678
Aes grave 1705
Schale 583
2. — 1. Jahrhundert v. Chr.
Bruchstücke von Statuen 441
Steinerne Sarkophage 1772
Sarkophagdeckel mit gelagerten
Figuren 419, 432, 433
Goldene Kapseln 725, 741
Halsgehänge 726
Römische Kunst
7.-5. Jahrhundert v. Chr.
Funde aus den Nekropolen vom
Esqiilin u. Quirinal I p. 555,
573. Vgl. I p. 592 f.
Stirnziegel 1009, 1010
Ziegelplatte mit Ornament I
p. 592
4. Jahrhundert v. Chr.
Aes signatum (mit der Aufschrift Romanom) 1704
3.-2. Jahrhundert v. Chr.
Columna rostrata 890
Relief des Mettius Curtius 896
Fragmente einer Giebelgruppe
aus Ton 1007
Tonaltare mit Lampen I p. 594 f.
Wandmalerei 967
Sarkophag des L. Cornelius Sei-
pio Barbatus 125 (I p. 629,
II p. 468)
Porträtkopf des sog. Ennius I
p. 78 fT (II p. 468)
Brutus 953 (II p. 477)
Porträtkopf des sog. Sulla 87 (II
p. 468)
Grabmal der Tibioines I p. 590 f.
n. 1039
Altar des Verminus 1053
540
CHRONOLOGISCHES REGISTER
Inschrift des Mummius 130 (I
p. 630)
Basis einer Statue der Cornelia,
Mutter der Gracchen 768
Travertinplatte mit Inschrift auf
die Via Caecilia bezüglich
1254
2.— 1. Jahrhundert v. Chr.
Tönerne Urnen mit Inschriften 1697
Zweite Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. (Übergang von der Republik
zum Kaisertum).
Statue einer Römerin 785 (II
p. 474)
Bildnisgruppe eines Ehepaares
230 (I p. 631, II p. 470)
Porträtkppfe 21 (II p. 466), 1913,
39, 68 (II p. 468), 95, 96 (II
p. 468), 105, 898, 1319, 1448,
1819
Porträt des Cicero 116 (II p. 468),
835 ( ? II p. 475)
— des Caesar 66
— desOctavianus218 (II p. 470)
Grabreliefs 53, 61, 63 (II p. 468)
Grab-Aedicula 1481
Odyssee-Landschaften 414
Wandmalereien mit Darstellun-
gen italischer Mythen 1451
bis 1454
Bronzeplatte mit Inschrift 999
Marmorplatte vom Grabe der
Atistia, der Frau des Bäckers
Eurvsaces 1259
Schleudergeschosse 1727
Bleitafel mit Liebesverwün-
schung 1706
Zeit der iulisch-claudischen Dynastie.
Augustus (30 v. Chr. — 14 n. Chr.) :
Statuen 5 (I p. 629, II p. 466),
304, 313, 1528; Büsten u.
Köpfe 85 (H p. 468), 217,
409, 1 p.452 (II p. 474), n. 1165
C. Caesar 5, 1 p. 452 n. 11, n.
1134, 1916
Drusus d. Ä. I p. 452 n. 7 (II
p. 474); n. 1171 (?)
Antonia, Gemahlin Drusus ' des
Ä. I p. 452 n. 8
Adorantin aus Otricoli 241
Knabe aus d. iul. Geschlechte
383
Sog. Brutus (Vergil, M. Agrip-
, pa Postumus ?) 872 (II
p. 476), 1133, 1441
Porträtköpfchen einer Röme-
rin 1047
Knabenbüste 1132
Kolossalkopf eines Römers
1828
Ära Pacis Augustae 152, 1276,
1523
Altar des Augustus 155
Altäre der Lares Augusti 901,
1040, 1265
Typus des Mars Ultor 759 (I
p. 632f., II p. 473f.)
Panzerstatuen 212 (I p. 630),
1166
Pigna des P. Cincius Salvius
120
Tabula Iliaca u. Schild des
Aohilleus von Theodoros
79&-801 (n p. 474)
Relief aus Palombino (Hera-
kles, Thiasos usw.) 1850
Statue des Stephanos, eines
Schülers des Pasiteles
1846. Vgl. 1022
Rechteckiges Marmorwerk 238
(I p. 631)
Wagen der Demeter 319
Marmorner Krater 784
Wasserbecken 933
Ornamentale Bekrönungen
1061
Basis der Pietas 1210
Marmorgebälk 1263
CHRONOLOGISCHES REGISTER.
541
Altar des Herakles 1465
Stuckreliefs u. Wandmalereien
aus» dem Farnesina-Hause
1327—1332, 1356, 1451
bis 1454, 1460—1462,
1464, 1467—1475, 1477
bis 1479 (II p. 482)
Landschaft 1893
Pfeiler mit Inschrift (Bericht
über die ludi saeculares)
1266 (II p. 481)
Fasti Praenestini 1323
Tiberius (14-^37 n. Chr.) Sta-
tuen 84, 90 (II p. 468), 1167;
Köpfe 83, I p. 452 n. 4 (II
p. 474)
Germanicus (?) I p. 452 n. 5;
n. 1155, 1171
Agrippina, Gemahlin des Ger-
manicus I p. 452 n. 10 (II
p. 474)
Behälter ihrer Aschenurne 889
Drusus d. j. ( ?) 1155, 1420
Kopf eines Claudiers 1157 (II
* p. 479)
Ptolemaios, Sohn Jubas II. 25,
1829
Gruppe des Menelaos, eines
Schülers des Stephanos
1314
Caligula (37—41 n. Chr.) 1420 ( ?)
Drusus, Bruder des Caligula
1420 ( ?)
Drusilla, Schwester des Cali-
gula 1174
Reste der Schiffe auf dem See
von Nemi 1522
Claudius (41—54 n. Chr.), Sta-
- tuen 299 (II p. 471), 1169;
Büsten u. Köpfe 7, 40, 300
Octavia, Tochter des Claudius
1168 ( ?)
Relief mit einer Darstellung
der Gottheiten etruski-
scher Städte 1173
Ära des Manlius 1177
Aschengefäß der Livilla, der
Tochter des Germanicus
213
Nero (54—68 n. Chr.). Köpfe
215, 410, I p. 452 n. 16, n.
1427 (II p. 482)
Cn. Domitius Corbulo 826 (II
p. 475)
L. Cornelius Pusio 1348
Würfelförmige Basis 1555
Fragmente einer Bronzestatue
637
Historisches Relief, Prozession
vor einem Tempel 1146,
1412
Fragmente eines histor. Reliefs
1444
Relieffragmente mit Camilli 1221
1439
Grab des C. Sulpicius Platorinus
u. seiner Familie 1449,
1524
Weibliche Gewandstatue 373
Weiblicher Porträtkopf 1828
Grabrelief des Q. Lollius Alca-
menes 1862
Aschenkiste 1162
Hera Ludovisi 1305
Kopf einer Göttin 1923
Köpfchen aus Email 1008
Kopf einer Karyatide 1369
Wandmalerei, Orpheus u. Eury-
dike 1237
Lager 962
Sänfte 963
Inschriften aus dem bustum Cae-
sarum auf dem' Marsfelde
213
Provinzielle Kunst: Grab des C.
Lusius Storax 1526
I p. 453 n. 19
I p. 453 n. 20
Otho (69 n. Chr.)
ViteUius (69 n.Chr.)
542
CHRONOLOGISCHES REGISTER.
Zeit der flavischen Dynastie.
Vespasianus (69 — 79 n. Chr.)
Köpfe Ip. 453 n. 21; n. 1430
(II p. 482), 1654 ( ?)
Meilensäule I p. 409
Titus (79—81 n. Chr.). Statue
10 (H p. 466)
Iulia, Tochter des Titus ( ?)
36. I p. 453 n. 23 (II
p. 475), n. 1316
Militärdiplom II p. 214
Domitianus (81—96 n. Chr.)
Büste 1048 (II p. 478), Kopf
47
Domitia, Gattin des Domitia-
nus I p. 453 n. 25 (II
p. 475)
„Trofei di Mario" I p. 409f.
Statue des Nil 34. Vgl. 1476
Skulpturen aus dem Grabe der
Haterier 1192, 1194—1196
(II p. 480), 1198, 1199
Fragmente eines historischen Re-
liefs 1418
Flavische Porträtbüste 31 (II
p. 467)
Mädchenstatue 1554
Büste eines Isispriesters 827
— eines Barbaren 1926
Sarkophagdeckel in Form einer
Kline 1270 (II p. 481)
Grabara eines Kriegsbaumeisters
57
— zweier Messerschmiede 58
— des T. Statilius Aper 773
— des Schusters U. Iulius Helius
918 (II p. 476)
— des Q. Sulpicius Maximus
938
— des Q. Caecilius Ferox 1906
— mit Darstellung des Raubes
der Proserpina 1657
Grabmonument der Atia Iucun-
da 1456
Panzerstatue 182
Untersatz aus Marmor 1476
Flußgott (Marforio) 756
Bärtiger Hermes 1201
Relief bilder:
Perseus u. Andromeda 806^
Endymion 807, Daidalos
u. Ikaros 1879
Bronzene Kasserole 1663
Inschrift aus dem bustum Cae-
sarum auf dem Marsfelde 213
Nerva (96—98 n. Chr.)
Statue 297 (II p. 471), | Meilensäule I p. 409
Trajan (98—117 n. Chr.)
Büsten 17. I p. 453 n. 27; Kopf
131 (I p. 630)
M. Ulpius Traianus, Vater des
Kaisers I p. 455 n. 80
Plotina, Gemahlin des Kaisers
302 (II p. 471), I p. 453
n. 28 (II p. 475)
Marciana, Schwester des Kai-
sers, oder deren Tochter
Matidia I p. 453 n. 29, 30
(II p. 475)
Theon von Smyrna 819
Dacier 3, 41, 46
Abbozzierter Barbar 1222.
Fragmente historischer Reliefs
vom Tra jansforum 1529
Drei ornamentale Friesfrag-
mente vom Forum 1148
bis 1150
Abgüsse der Reliefs an der
Traians- Säule II p. 54
Statue des Iulius Caesar ( ?)
885 (II p. 476)
Torso einer Statue der Dea
Roma 71 (I p. 629)
Fragmente einer Bronzestatue
des Neptun 658
Kopf des Mars 1107
CHRONOLOGISCHES REGISTER.
543
Giebelgruppe 1054—1058
Relief mit zwei Faustkämpfern
1145
Traianische männliche Forträt-
büste 33, 102
Traianische weibliche Porträt-
büste 76 (II p. 468)
Grabara d. Petronia Musa 1534
Bronzetafeln mit Inschriften
1322, II p. 214
Hadrian (117—138 n. Chr.)
Büste I p. 453 n. 31, 32 ; n. 1641
(?); Kopf 292 (II p. 471)
Sabina, Gemahlin des Kaisers
I p. 453 n. 33; n. 1413,
1415
Aelius Veras Caesar I p. 453
n. 34
Antinous 289 (II p. 471), 294,
1152, 1872. Vgl. 286, 287,
306, 307, 874 (II p. 476)
Portratbüste, ausgef. von Ze-
nas (von Aphrodisias ?)
I p. 453 n. 49
Historische Reliefs 894, 897, 990
Fragmente historischer Relief s
1178, 1186, 1187
Funde aus der Villa des Kaisers
bei Tivoli:
Satyr aus rotem Marmor
250, 870
Hermenbüsten 286, 287
Hermes ( ?) 858
Kentauren des Aristeas u.
Papias 861, 862
Mädchen (sog. Flora) 873
Ausruhender Satyr 875
Gefäße mit Relief 181, 1324
Die barberinischen Kande-
laber 206, 207
Ägyptisierende Telamone
306, 307
Harpokrates 855 (II p. 476)
Gefäßträgerin 879
Ägyptisierendes Gefäß I
p. 414
Ephesische Artemis 337
Zeit der antoninischen Dynastie.
Friesfragmente mit jagen-
den Eroten I p. 39
Maske der Kybele 917
Mosaikbilder I p. 158ff. ; n.
164, 165. 412, 793
Zwei Pfauen vom Mausoleum
des Hadrian 121, 122
Statue des Attis 1236 (II
p. 480)
Büste des Attis 1311
— der Demeter 1303
Kopf einer Vestalin 1360
Porträtkopf in Relief 1849
Fragment eines Brunnenreliefs
376
Votivrelief (an Hygieia od. Sa-
lus) 845
Altar des Silvanus 1463 (II
p. 482)
Relief mit Darstellung der
Sacra Via aus dem Grabe
der Haterier 1193
Sarkophage:
Selene u. Endymion 795, Ores-
tes-Mythus 1207, Gir-
landen u. Gorgoneia 1208,
Untergang d. Niobiden
1209, Girlanden u. Mas-
ken 1455, Hochzeit des
Peleus u. der Thetis 1887
Gorgoneia, angebl. vom Tem-
pel der Venus u. Roma 11,
14, 30, 35
Säulenscheiben mit Inschrift
1224—1227
Antoninus Pius (138 — 161 n.
Chr.): Statue 114, 1318;
Büsten u. Köpfe I p. 453
n. 35; n. 1417, 1421, 1535,
Faustina d. ä. 290 (II p. 471),
I p. 453 n. 36
Relief, Getreideverteilung 1875
Reliefs, Provinzen, wahrschein-
lich vom Tempel des Ha-
drian 888
Reste der Ustrina Antonino-
rum 1527
Dtttek vofl B. G. Teubner In Dftfsden,