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Full text of "Fische, Fischerei und Fischzucht in Ost- und Westpreussen. Auf Grund eigener Anschauung gemeinfasslich dargestellt von Berthold Benecke"

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OF 

COMPARATIVE    ZOÖLOGY, 

AT  HARVARD  COLLEGE,  CAMBRIDGE,  MASS. 
JFountoeti  bv  ptflmte  subscrfptfon,  fix  1861. 

Depositedby  ALEX.  AGASSIZ. 
No.  3Vd,S^. 


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Dem 


Vorsitzenden  des  Deutschen  Fischereivereins, 


Herrn  Kammerherrn  von  Belir  auf  Sckoldow, 


hochachtungsvoll  gewidmet 


vom 


Verfasser. 


±Jer  verdienstvollen  Thätigkeit  des  deutsehen  Fischereivereins  und 
seines  unermüdlichen  Vorsitzenden  ist  es  vornehmlich  zu  danken,  wenn 
das  Interesse  für  die  Fischereiangelegenheiten  unseres  Vaterlandes  all- 
mählich in  weitere  Kreise  dringt  und  die  Ueberzeugung  sich  Bahn  bricht, 
wie  die  noch  immer  in  primitivster  Weise  betriebene  Raubfischerei  einer 
rationellen  Bewirthschaftung  der  Gewässer  Platz  machen  muss. 

Die  glänzenden  Erfolge,  welche  durch  eine  solche  bereits  an  vielen 
Orten  erzielt  worden  sind,  berechtigen  zu  der  Hoffnung,  dass  es  dem 
vereinteu  Streben  der  Praktiker  und  Gelehrten  gelingen  werde,  auch  bei 
uns  den  Ertrag  der  Gewässer  in  ähnlicher  "Weise  zu  erhöhen,  wie  durch 
die  Fortschritte  der  Landwirthschaft  die  Productionsfähigkeit  des  Acker- 
landes gesteigert  ist, 

Die  Hebung  unserer  Fischereien  erscheint  um  so  wünschen swerther, 
als  die  in  den  Gewässern  vorhandenen  Nahrungsstoffe  nur  von  den 
Fischen  so  verwerthet  werden,  dass  sie  dem  menschlichen  Haushalte  zu 
Gute  kommen  und  eine  billige  und  gesunde  Volksnahrung  gewähren. 

In  Folge  der  vermehrten  Theilnahme  des  Publicums  an  den  ge- 
meinnützigen Bestrebungen  der  Fischereivereine  wiederholt  zu  Vorträgen 
in  landwirtschaftlichen  und  anderen  Versammlungen  veranlasst,  hielt  ich 
es  für  zweckmässig,  die  seit  langer  Zeit  gesammelten  Erfahrungen  über  die 
Fische  und  Fischereiverhältnisse  unserer  Provinzen  zu  veröffentlichen. 
Von  Kindheit  an  mit  Fischen  und  Fischern  des  Drausensees,  des  frischen 
Haffes  und  der  frischen  Nehrung  vertraut,  später  vielfach  mit  zoologischen 
und  embryologischen  Studien  an  Fischen  beschäftigt  und  mit  den  meisten 
Gewässern  Ost-  und  Westpreussens  durch  häufige  und  längere  Be- 
reisungen der  Provinzen  bekannt,  glaubte  ich  die  vorliegende  Arbeit 
auf  die  ehemalige  Provinz  Preussen  beschränken  zu  sollen,  um  über  alle 
Verhältnisse  möglichst  aus  eigener  Anschauung  berichten  zu  können. 

Allerdings  umfasst  unsere  Fischfauna  fast  alle  Fische  Nord-  und 
Mitteldeutschlands,  aber  erschien  es,  schon  um  präcisere  Angaben  über  ihre 


Färbung,  Grösse,  Wanderungen  und  Laichzeiten  machen  zu  können,  räthlicher, 
nur  einen  kleineren  Bezirk  zu  bearbeiten,  so  würde  eine  eingehendere  Be- 
sprechung der  Fischereien  etwa  des  ganzen  preussischen  Staates,  oder 
gar  Deutschlands,  aus  eigener  Anschauung  zu  liefern  zur  Zeit  wol  Nie- 
mandem gelingen. 

Selbst  bei  der  Beschränkung  auf  unsere  Provinzen  wäre  es  mir 
nicht  möglich  gewesen,  Geschichte  und  Praxis  der  Fischerei  mit  an- 
nähernder Ausführlichkeit  zu  behandeln,  wenn  ich  mich  nicht  des  bereit- 
willigsten Entgegenkommens  von  Behörden  und  zahlreichen  Privatper- 
sonen zu  erfreuen  gehabt  hätte.  Den  Herren  Fischereidecernenten  der 
Königlichen  Regierungen  bin  ich  für  vielfache  Auskunft  zu  aufrichtigem 
Danke  verpflichtet,  die  Herren  Oberfischmeister,  Fischmeister,  viele  Be- 
sitzer, Aerzte,  Lehrer  und  einige  intelligente  Fischer  haben  mich  durch 
Zusendung  von  Fischen,  Netzen,  Localbeschreibuugen,  Skizzen  der  Fische- 
reien in  zuvorkommendster  Weise  unterstützt  und  durch  Revision  ein- 
zelner Abschnitte  meines  Manuscriptes  manche  Ungenauigkeiten  be- 
richtigt. Bei  Bearbeitung  des  historischen  Theiles  sind  mir  die  Herren 
Director  Toeppen  in  Marienwerder  und  Staatsarchivar  Philippi  äusserst 
förderlich  gewesen,  namentlich  hat  mir  Letzterer  die  Auffindung  und  Be- 
nutzung der  auf  Fischereiverhältnisse  bezüglichen  Urkunden  des  hiesigen 
Königl.  Staatsarchivs  ungemein  erleichtert  und  mich  auf  zahlreiche  mir 
nicht  bekannte  Quellen  hingewiesen. 

Besondere  Sorgfalt  glaubte  ich  auf  eine  möglichst  vollständige  Er- 
mittelung der  in  unseren  Provinzen  gebräuchlichen  Localnamen  der 
Fische  verwenden  zu  sollen,  um  weitere  Nachforschungen  hinsichtlich  des 
Yorkommens  der  verschiedenen  Arten  in  unseren  Gewässern  zu  er- 
leichtern. 

Die  Abbildungen  der  Fische  sind  von  Herrn  Maler  Braune  mit 
vorzüglicher  Sorgfalt  nach  der  Natur  aufgenommen,  die  Skizzen  der 
Fischereien  verdanke  ich  der  Freundlichkeit  des  mit  den  Fischerfahr- 
zeugen des  kurischen  Haffes  besonders  vertrauten  Herrn  Malers  Gleich. 
Die  Yerlagshandlung  hat  den  Preis  des  Buches  so  niedrig  bemessen,  wie 
es  bei  der  trefflichen  Ausstattung  nur  möglich  war,  um  ihm  eine  möglichst 
weite  Verbreitung  zu  sichern. 

Möchte  denn  die  Schrift  zur  Ausbreitung  nützlicher  Kenntnisse  bei- 
tragen und  anregen  zur  Ausfüllung  so  mancher  Lücken,  die  sie  selber 
auszufüllen  noch  nicht  im  Stande  gewesen  ist. 

Dr,  B.  Benecke. 


Inhaltsverzeichiiiss. 


Erstes  Buch.    Die  Fische  von  Ost-  und  Westpreussen. 

r  Seile 

Vom  Bau  und  den  Verrichtungen  des  Fischkörpers 3 

Systematische  Uebersicht  der  Fische  von  Ost-  und  Westpreussen 45 

Beschreibung  der  preussischen  Fische 60 

Tabellarische  Uebersicht  der  Laichzeit  der  Fische,  in  Ost-  und  Westpreussen 200 

Die  Feinde  der  Fische 204 

Zweites  Buch.    Die  Fischerei  in  Ost-  und  Westpreussen. 

Unsere  Gewässer 219 

Die  Geschichte  der  Fischerei  in  Ost-  und  Westpreussen 265 

Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost  und  Westpreussen 332 

Die  volkswirtschaftliche  Bedeutung    unserer  Fischerei,    die  Ursachen    ihres   Rück- 
ganges und  die  Mittel  zu  ihrer  Hebung 412 

Drittes  Buch.    Die  Fischzucht  in  Ost-  und  Westpreussen. 

Die  künstliche  Fischzucht 449 

Die  Teichwirtschaft 490 

Die  rationelle  Bewirtschaftung  der  Seen 505 

Die  wirtschaftliche  Behandlung  der  Flüsse 508 

Fisch wirthschaft  im  Meere 509 

Alphabetisches  Verzeichniss  der  in  Ost-  und  Westpreussen  gebräuchlichen  Fisch- 
namen    511 


Zusätze  und   Druckfehler. 

Zu  Seite  179.  Männliche  Thiere  sind  neuerdings  in  erheblicher 
Menge  von  Dr.  Hermes  unter  den  in  verschiedenen  Theilen  der  Ostsee 
gefangenen  Aalen  gefunden  worden. 

Zu  Seite  197.  Weitere  Beobachtungen  in  den  Wintern  1879/80 
und  1880/81  haben  unsere  Vermuthung  bestätigt,  dass  die  Flussneun- 
augen im  unausgewachsenen  Zustande  nach  der  See  wandern;  die  Me- 
tamorphose der  Querder  beginnt,  wenn  sie  eine  Länge  von  15 — 18  cm 
erreicht  haben,  und  in  der  Verwandlung  begriffen,  die  in  kurzer  Zeit 
vollendet  wird,  gehen  sie  im  Winter  und  ersten  Frühjahre  stromabwärts. 
Aus  der  Deime  und  den  Memelmündungen  haben  wir  hunderte  solcher 
Flussneunaugen  in  allen  Stadien  der  Verwandlung  erhalten.  Wahr- 
scheinlich verweilen  sie  dann  mehrere  Jahre  in  der  See,  ehe  sie  zum 
Laichen  in  die  Flüsse  zurückkehren. 

Seite    66  Z.     6  v.  u.  lies  0,40  statt  0,75. 

Fischzüchters  statt  Fischhändlers. 

grypus  statt  grypdus. 

Maduesee  statt,  Madunsee. 

von  statt  vor. 

Die  statt  Das. 

Tibberangel  statt  Tiberangel. 


188  Z. 

15  v. 

0. 

205  Z. 

15  v. 

u. 

264  Z. 

14  v. 

11. 

270  Z. 

1  v. 

0. 

390  Z. 

15  v. 

0. 

405  Z. 

5  v. 

u. 

Fische.  Fischerei  und  Fischzucht 


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Ost-  und  Westpreussen. 


Von 

Dr.  Bertliold  Benecke, 

Professor  an  der  Universität  Königsberg. 


Mit  zahlreichen  Abbildungen  von  H.  Braune. 


Erste  Lieferung. 


■*•••► 


Königsberg  in  Pr. 

Hartungsche   Verlags druckerei. 
1880. 


Erstes  Buch. 
Die  Fisehe  von  Ost-  und  Westpreussen. 


Vom  Bau  und  den  Verrichtungen  des  Fischkörpers. 


Die  Fische  sind  kaltblütige,  zeitlebens  durch  Kiemen  athmende 
Thiere,  deren  Körperform  in  vorzüglicher  Weise  für  den  dauernden  Auf- 
enthalt und  die  Bewegung  im  Wasser  geeignet  ist.  Die  grosse  Mehrzahl 
erscheint  spindelförmig,  seitlich  mehr  oder  weniger  zusammengedrückt; 
viele,  namentlich  am  Grunde  der  Gewässer  lebende  Arten  sind  von 
cylindrischer  Gestalt. 

Eine  Gliederung  des  Körpers  in  verschiedene  Abschnitte  ist  nicht 
wahrnehmbar,  der  Leib  bildet  vielmehr  ein  ungetheiltes  Ganzes,  an  dem 
nur  die  in  Flossenform  entwickelten  Enden  der  Gliedmassen  hervorragen. 

Die  äussere  Bedeckung  des  Körpers  ist  die  Haut,  an  welcher  man 
zwei  Schichten,  die  Oberhaut  und  die  Lederhaut,  unterscheidet.  Erstere 
ist  bei  allen  Fischen  sehr  weich,  namentlich  an  der  äussersten  Oberfläche 
schleimig  oder  gallertartig,  farblos  und  durchscheinend.  Bei  rauher  Be- 
rührung wird  sie  leicht  verletzt  oder  stellenweis  ganz  abgestreift.  Die 
Lederhaut  ist  derb,  elastisch,  meistens  mit  Schuppen  bedeckt,  selten  ganz 
schuppenlos.  Die  Schuppen  sind  farblose,  dünne,  hornartige  Plättchen 
von  verschiedener  Form  und  Grösse,  die,  gewöhnlich  in  regelmässigen  Längs- 
oder Querreihen  angeordnet,  in  eigenen  „Schuppentaschen"  der  Lederhaut 
stecken.  Meistens  decken  sie  sich  dachziegelförmig,  bei  manchen  Fischen 
berühren  sie  sich  nur  mit  den  Bändern,  oder  sind  auch  durch  kleinere 
oder  grössere  nackte  Zwischenräume  von  einander  getrennt.  Mitunter  fehlen 
sie  bei  übrigens  regelmässig  beschuppten  Fischen  an  gewissen  Stellen  des 
Rückens,  des  Bauches  oder  der  Seiten,  häufig  ist  ihre  Grösse  und  Form 
an  verschiedenen  Körperstellen  desselben  Thieres  sehr  ungleich.  Gewöhn- 
lich  sind    die  Schuppen   rundlich,    oval  oder  abgerundet  viereckig,    mei- 

1* 


Tom  Bau  der  Fische. 


stens  concentrisch,  häufig-  auch  radiär  'gestreift.     Ihr  Rand   ist  entweder 
glatt  oder  doch   nur  wenig  gekerbt   (Rund-  oder  Oykloidsclmppen),  oder 


Quappe. 


Fig.  1.     Rundschuppen. 

Uckloi.  Butterfisch. 


Schlammpeitzker. 


an   der    hinteren,    dem    Schwänze    zugekehrten  Seite  gezahnt,    oder    mit 
mehreren   Reihen    von  Stacheln    besetzt    (Kamm-    oder  Ktenoidschuppen). 

.      ■■  ■ ... 


Zander. 


Fig.  2.     Kammsehuppen. 
Kaulbarsch. 


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Schwarzgrundel. 


Längs  der  Seiten  des  Körpers  bemerkt  man  bei  den  meisten  Fischen  eine 
einfache    Reihe    schräge    durchbohrter   Schuppen,    die    bald    gerade,   bald 


Hecht. 


Fig.  3.     Schuppen  der  Seitenlinie. 
Rothauge.  Kaulbarsch. 


Hornhecht. 


im  Bogen  verläuft  und  häufig  durch  die  Färbung  der  in  ihren  Hoffnungen 
liegenden   Kanäle    besonders    deutlich    hervortritt.      Diese    bei    manchen 


Haut.     Schuppen 


Fischen  stellenweis  unterbrochene,  oder  auf  eine  kleine  Anzahl  von  Schup- 
pen beschränkte  Reihe  von  Durchbohrungen  nennt  man  die  Seitenlinie, 
von  den  sie  durchbohrenden  Kanälen  wird  bei  den  Sinnesorganen  die 
lüde  sein.  Auf  der  Bauenkante  mancher  Fische  findet  man  winklig  ge- 
bnickte Schuppen  wie  die  Firststeine  eines  Daches  befestigt,  ihre  Kante 
ist  mitunter  kielartig  verdickt,  an  den  beiden  Flächen  tragen  sie  bisweilen 


Fig.  4.     Schuppen  der  Bauclikante. 
Kothauge.  Hering. 

stabartige,  den  Seiten  des  Fischkörpers  anliegende  Fortsätze.  Die  Kiele 
dieser  „Kielschuppen"  bilden  am  Bauch  eine  schneidende  oder  säge- 
zahnartige  Kante. 

Die  innere,  dem  Körper  anliegende  Fläche  der  Fischschuppen  ist 
von  einer  dünnen,  stark  silberglänzenden  Schicht  überzogen,  die  aus 
äusserst  kleinen,  langgestreckten,  sechseckigen  Kiystallen,  einer  Ver- 
bindung von  Kalk  und  Gruanin  (Voit),  bestellt  und  durch  Reibung  sehr 
Leicht    abgelöst  und   in   ihre   Bestandteile   zerlegt   werden  kann.     Wenn 


Fig.  5.     Krystalle  der  Silberschicht  Fig.  0.     Chroinatophoren  in  verschiedenem 

einer  Fischschuppe.  600/1.  Ausdelmuiigszustande.  50  1. 

diese    Silberschicht    fehlt    (Stint),    erseheinen    die   Schuppen   glanzlos    und 
durchsichtig. 

Die  Farbe  der  Fische  ist  nur  theil weise  durch  eine  gleichförmige 
Grundfärbung  der  Lederhaut  bedingt,  sie  wird  wesentlich  beeinflusst  durch 
eine  grosse  Anzahl  kleiner,  mit  schwarzem,  rotliem  oder  gelbem  Farbstoff 
erfüllter  Zellen,  der  Chromatophoren  oder  FarbenzelLen,  die  theils  in  der 
Lederhaut,  theils   auch   in   den   tiefsten  Schichten   der  Oberhaut  zerstreut 


6 


Vom  Bau  der  Fische. 


liegen.  Die  Chromatophoren  besitzen  die  Fähigkeit,  unter  dem  Einfluss 
gewisser  Eeize  (Druck,  Reibung,  Temperaturschwankungen,  Licht)  ihre 
Form  schnell  zu  verändern,  so  dass  sie  bald  als  kleine,  unregelmässig 
rundliche  Flecke,  bald  als  weit  verzweigte  Körper  mit  langen  Fortsätzen 
erscheinen.  Verschiedene  Ausdehnungszustände  dieser  Zellen,  in  Folge 
deren  ihr  Inhalt  bald  in  die  Tiefe  zurückgedrängt  wird,  bald  an  der 
Oberfläche  sich  weithin  ausbreitet,  erklären  den  häufig  zu  beobachtenden 
Farbenwechsel  von  Fischen,  die  plötzlich  aus  kaltem  in  warmes  "Wasser, 
aus  dem  Dunkeln  ins  Sonnenlicht  gebracht  werden,  die  sich  bei  ihren 
Kämpfen  um  die  Weibchen  lebhaft  bewegen  und  stossen,  oder  sich  den 
Händen  des  Fischers  zu  entwinden  suchen.  Auch  die  im  Allgemeinen 
lebhaftere  Färbung  der  Fische  in  der  Laichzeit,  sowie  das  Verblassen 
derselben  nach  dem  Tode  beruht  auf  Veränderungen  der  Farbenzellen. 
Sehr  auffallend  und  noch  wenig  verständlich  ist  die  Fähigkeit  mancher 
am  Grunde  lebender  Fische  (Flundern,  Grundein  etc.),  ihre  Farbe  ent- 
sprechend derjenigen  des  Bodens  zu  ändern.  So  kann  man  leicht  be- 
obachten, wie  die  in  Aquarien  unschwer  zu  haltenden  kleinen  Flundern 
auf  hellem  Sandgrunde  hell,  auf  dunkelem  dunkel  werden,  und  wie  solche 
Aenderungen  sich  in  sehr  kurzer  Zeit  vollziehen. 


Störschuppe. 


Fig.  7. 
Schiene  des  Seestichlings.      Knocheiikürper  vom  Kniirrhahn. 


Statt   gewöhnlicher   Schuppen   finden    sich   auf    der   Haut   mancher 
Fische  Knochenschienen  oder  Platten,  oder  unregelmässig  geformte  Knochen- 


Fig.  8.     Knorpliges  Skelett  des  Störes. 

körper.     Unter  unseren   Fischen  sind  die  Störe   durch  grosse,   in  Längs- 
reihen, geordnete,  rhombische  Knochentafeln  (Ganoidschuppen)  ausgezeichnet. 


Haut.    Schuppen.    Skelett.  7 

Die  feste  Grundlage  des  föschkörpers  bildet  das  Gerippe  «»cU-l-  Skelett, 
welches  entweder  knöchern   (Knochenfische)  oder  knorplig  (Knorpelfische) 


Fig.  9.     Knöchernes  Skelett  des  Barsches. 


sein  kann  und  in  den  Schädel,  die  Wirbelsäule  mit  ihren  Anhängen  und 
die  Gliedmassen  zerfällt. 

Der  Schädel  besteht  bei  den  Knochenfischen,  zu  denen  mit  Aus- 
nahme der  Störe  und  Neunaugen  unsere  sämmtlichen  heimischen  Fische 
gehören,  aus  einer  Anzahl  flacher,  schuppenartiger  Knochen,  deren  Form 
und  Anordnung  in  verschiedenen  Familien  sehr  verschieden  ist.  Bei 
vielen  Fischen  bleiben  gewisse  Theile  des  Schädels,  namentlich  in  der 
unmittelbaren  Umgebung  des  Gehirns,  zeitlebens  knorplig.  Man  unter- 
scheidet den  Hirn schädel,  welcher  Gehirn,  Auge,  Gehörorgan  und  Nase 


Fig.  10.     Hirnschädel  des  Dorsches. 

einschliesst,  von  dem  Gesichtsschädel,  dessen  wesentlichste  Theile  die 
Stützen  der  Mund-  und  Kiemenhöhle  bilden.  Die  Knochen  des  Hirn- 
schädels können  hier  übergangen  werden,    während  wir  die  bei  der  Be- 


8 


Vuin  Bau  der  Fische. 


sprechung  der  einzelnen  Gattungen  und  Arten  häufig  zu  erwähnenden 
Theile  des  Gesichtsschädels  nicht  unberücksichtigt  lassen  dürfen. 

Vor  dem  Gesichtsschädel  des  Menschen  und  der  Säugethiere  zeichnet 
sich  derjenige  der  Fische  namentlich  dadurch  aus,  dass  die  Mehrzahl 
seiner  Knochen  beweglich  mit  einander  verbunden  ist,  wodurch  unter 
anderen  eine  sehr  bedeutende  Erweiterung  der  Mundöfi'nung  ermöglicht  wird. 

Die  Decke  der  Mundhöhle  wird  in   der  Mittellinie  von  der  Grund- 


Fig.  11.     Knochen  des  Mundliühlendaclies  vom  Dorsch. 
1.  Pflugschaarbein.      2.  Zwischehkiefer.     3.  Oberkiefer.     4.  Gaumenbein.     5.  Fliigelbein. 

fläche  des  Hirnschädels  und  dem  flachen,  ihren  vorderen  Theil  in  grösserer 
oder  geringerer  Ausdehnung  bedeckenden  Pflugschaarbein  gebildet.  Am 
Rande  liegen  die  mit  der  »Spitze  des  Letzteren  beweglich  verbundenen 
Zwischenkiefer,  denen  sich  nach  hinten  hin  die  gleichfalls  beweglichen 
Oberkiefer  anschliessen.  Durch  beträchtliche  Verlängerung  der  Zwischen- 
kiefer nach  hinten  werden  die  Oberkiefer  bei  manchen  Fischen  ganz  nach 
innen  gedrängt,  so  dass  sie  zur  Begrenzung  der  Mundspalte  gar  nicht 
beitragen.  Bei  manchen  Fischen  kommt  auch  eine  schnabelförmige  Ver- 
längerung der  Zwischenkiefer  nach  vorne  vor  (Schwertfisch,  Hornhecht). 
Hinter  Zwischen-  und  Oberkiefern  schliesst  sich  noch  ein  aus  demGaumen- 
und  Flügelbein  bestehender  Knochenbogen  an  das  Pflugschaarbein  an.  um 
zur  Bildung  des  Mundhöhlendaches  beizutragen. 

Umschlossen  von  dem  hufeisenförmigen  Unterkiefer  liegen  am 
Boden  der  Mundhöhle  das  Zungenbein-«,  die  Kiemenbögen  und  die 
unteren  Schluudknochen.  Der  Unterkiefer  besteht  aus  zwei  am  Kinn 
meistens  nur  durch  sehnige  Bandmassen  beweglich  verbundenen  Hälften, 
deren  hintere  Enden  in  Gelenken  mit  einigen  am  Hirnschüdel  beweglich 


Skelett.     Schädel.     Mundhöhle. 


9 


befestigten  Zwischenstücken  in  Verbindung  stehen.  Jede  Seitenhällte  <\v* 
Zungenbeins  besteht  aus  3—4  beweglich  verbundener!  flachen  Knochen- 
stücken,  von  denen  das  vordere  sich  mit  dem  entsprechenden  der  anderen 
Seite  entweder  unmittelbar  oder  durch  ein  mittleres  unpaariges  Stück, 
den  Zungenkiel,  verbindet.  Der  mittlere  Tlieil  jeder  Zungenbeinhälfte 
trägt   an  seinem  hinteren  Rande   eine   bei    verschiedenen  Gattungen  sehr 


Fig.  12.   Zungenbein  mit  deu  Kienienhautstrahlen  und  dem  ersten  Kiernenbogen  vom  Dorsch. 

1.  Erster  Kiemenbögen  mit  oberem  Schlundknochen  (2.). 

4.  Kiemeuhautstrahlen. 


.  Zungenbein. 


verschiedene  Anzahl  flacher,  nach  hinten  gerichteter  Knochenstäbe  (Kiemen- 
hautstrahlen),  die  der  unteren  Fläche  der  Kiemenbögen  anliegen  und  der 
Kiemenhaut  zur  Stütze  dienen.  Das  letzte  Stück  jeder  Zungenbeinhälfte 
ist  nach  oben  gewandt  und  mit  dem  Schädel  beweglich  verbunden. 

Hinter  dem  Zungenbein  folgen  vier  Paar  Kiemenbögen,  die  in 
der  Mittellinie  gewöhnlich  an  unpaarige  Zwischenstücke  befestigt  sind. 
Jeder  Kiemenbögen  besteht  aus  3 — 4  beweglich  verbundenen  Knochen- 
stücken,  von  denen  die  äussersten  nach  oben  gewandt  und  als  „obere 
Srlilundknoehen"  am  Schädel  befestigt  sind.  Nicht  selten  sind  diese 
oberen  Schlundknochen  unter  einander  zu  grösseren  Platten  verschmolzen. 
Auf  der  äusseren  gewölbten  Kante  tragen  die  Kiemenbögen  eine  tiefe 
Furche  zur  Aufnahme  der  Kiemengefässe,  den  Bändern  dieser  Furche 
sitzen  die  Kiernenblättchen  auf.  Die  innere,  der  Mundhöhle  zugekehrte 
Kante  der  Kiemenbögen  ist  mit  horizontal  gerichteten  Zähnen  oder  Stacheln 
besetzt,  welche  bei  vielen  Fischen  ein  ausserordentlich  dichtes  Gitter 
zum  Verschluss  der  zwischen  den  Kiemenbögen  gelegenen  inneren  Kiemen- 
spalten bilden. 


10 


Vom  Bau  der  Fische. 


An  das  vierte  Kiemenbogenpaar  schliessen  sieh  die  unteren  Schlund- 
knochen an,  die  meistens  beweglich  mit  einander  verbunden,  nur 
selten    zu    einem  Knochenstück  verschmolzen  sind.      Bei  vielen  Fischen 


Fig.  13.     Zungenbein  und  Kiemenbögen  des  Dorsches  von  der  unteren  Seite  gesehen. 

1.  Zungenbein.     2.,  3.,  4.,  5.  Kiemenbögen.     6.  Untere  Sehliindknochcn. 

Der  Deutlichkeit  halber  sind  die  Kiemenhautstralüen  nur  auf  der  rechten,    die  oberen 

Schlundknochen  nur  auf  der  linken  Seite  der  Figur  gezeichnet. 


Fig.  14.     Untere  Schluudknochen. 


Hornhecht. 


Dorsch. 


Scholle. 


sS>     ^/- 


Sehleihe. 


sind  sie  durch  seitlich  nach  oben  gewandte  Fortsätze  mit  dem  Schädel 
lose  verbunden.  Zungenbein,  Kiemenbögen  und  untere  Schlundknochen 
bilden  also  durch  ihre  Anlagerung  an  die  untere  Schädeliläche  einen 
knöchernen,  cylindrischen  oder  kegelförmigen  Zugang  zum  Schlünde. 
Sämmtliche  zur  Begrenzung  der  Mundhöhle  beitragende  Knochen,  Pflug- 


Schädel.     Knochen  der  Mundhöhle. 


11 


sckaarbein,   Zwischen-  und  Oberkiefer,   Graumen-  und  Flügelbein,   Unter- 
kiefer,   Kienienbögen,   obere   und   untere  Schlundknochen,   können  Zähne 


Flg.  15.   Weit  geöffneter  lüichen  des  Lachses.     Der  Oberkopf  ist  hinter  den  Augen  quer 
abgeschnitten.     Unterkiefer.     Zunge.     Kiemenbögen  und  Kiemenspalten.     Schlund. 


Fig.    16.     Verschiedene    Formen    der  Fischzälme.     Unterkiefer    des    Hechtes    und    des 
Dorsches.     Untere  Schlundknochen  vom  Kaufen  (links)  und  Karpfen  (rechts).     Schlund- 
zähne der  Karausche,  des  Bitterlings,  Gründlings  und  Rothauges. 

tragen,  indessen  ist  es  selten,  dass  alle  gleichzeitig  bezahnt  sind,  bei  den 


12 


Vom  Bau  der  Fische. 


meisten  Fischen  haben  nur  mehr  oder  weniger  von  diesen  Knochen  eine  Be- 
zahnung.    Bei  den  Karpfenarten  beschränken  sieh  die  Zähne  ausschliesslich 

auf  die  unteren  Schlundknochen.  Die  Zähne  der  Fische  sind  entweder  nur  auf 
der  Mundschleimhaut  befestigt,  oder  mit  den  unterliegenden  Knochen 
verwachsen,  ohne  wie  bei  den  Säugethieren  in  Zahnhöhlen  zu  stecken. 
Sie  sind  entweder  derb,  kegelförmig  wie  beim  Hecht  (Fangzähne),  oder 
kleiner,  schlanker  und  dann  meistens  in  mehrfachen  Reihen  angeordnet 
(Hechel-,  Borsten-  oder  Bürstenzähne),  oder  so  fein  und  zart,  dass  sie 
nur  sehr  wenig  aus  der  Schleimhaut  des  Mundes  hervorragen  und  leichter 
durch  das  Gefühl,  als  mit  dem  Auge  entdeckt  werden  (Sammetzähne). 
Eigenthümliche,  sehr  verschieden  geformte  Zähne  finden  sich  auf  den 
unteren  Schlundknochen  der  Karpfenarten. 

Zum  Schutze  der  an  ihnen  befestigten  Kiemenblättchen  liegt  den 
Kiemenbögen  nach  aussen  hin  eine  Reihe  flacher,  mit  dem  Schädel,  dem 
Unterkiefer  und  der  Kiemenhaut  verbundener  Knochen  auf,  der  Kiemen- 
deckelapparat,  an  dem  meistens  vier  Stücke,  der  Deckel,  Vordeckel, 
Unter-  und  Zwischendeckel,  zu  unterscheiden  sind,  und  dessen  hinterer 
freier  Rand  die  Begrenzung  der  äusseren  Kiemenspalte  bildet.  Xov  dem 
Kiemendeckelapparat  liegt  eine  Anzahl  kleiner,  tafelförmiger  Knochen, 
welche   den  unteren  Rand   des  Auges  umgeben,   die  Unteraugenknochen. 


Fig.  17.    Schädel  des  Dorsches. 

1.  Pflugschaarbein.     2.  Zwischenkiefer.     3.  Oberkiefer.     4.  Gaumenbein.     5.  Flügelbein. 

G.  7.  Zwischenstücke.     S.  Deckel.     9.  Vordeckel.    10.  Unterdeckel.     11.  Zwischendeckel. 

12.  Unterkiefer.    Kiemenapparat  und  Unteraugenknochen  sind  fortgelassen. 


Beim  Stör  besteht  der  ganze  Hirnschädel  aus  einer  mit  den  ersten 
Halswirbeln  fest  verschmolzenen  Knorpelmasse,  die  vorne  in  einen  schnabel- 


Schädel. 


13 


förmigen   Portsatz  ausgezogen  ist,   und   an    der   sieh  einzelne  Stücke  gar 
nicht  unterscheiden  hissen.     Am   Gesichtsschädel  sind  Ober-  und  Unter- 


Fig.  IS.     Schädel  des  Störes. 
1.  Oberkiefer.     2.  Unterkiefer.     3.  Kieferstiel.     4.  Kiemenbögen  und  untere  Schlund- 
.  knochen.     5.  Nasengrube.     Der  Kiemendeckel  ist  entfernt. 

kiefer,  beide  nebst  dem  Zungenbein  mit  dem  Hirnschädel  durch  den 
Kieferstiel  verbunden,  vier  Kiemenbogenpaare,  ein  Paar  unterer  Schlund- 
knochen und  der  einfache  Kiemendeckel"  zu  erwähnen.  Oberflächlich  ist 
der  Schädel  wie  der  ganze  Körper  mit  grossen  Knochenplatten  gepanzert. 
Ganz  abweichend  ist  der  Schädel  der  Neunaugen  gebildet.  An  dem 
äusserst  kleinen,  knorplig-häutigen  Hirnschädel  sind  vorne  einige  knorplige 
Platten   und  ein  Bing  zur  Stütze  dos  kreisförmigen  Mundes  angefügt,  der 


Fig.  19.    Schädel  des  Neunauges. 

1.  Schädelkapsel.     2.  Gehörkapsel.     3.  Nasengrube.     4.  5.  G.  Stützknorpel  der  Lippe. 

7.  Zungenknorpel. 

mit  Hornzähnen  bewaffnet  ist.  An  Stelle  des  Kiemen-  und  Kiemen- 
deckelajpparates  findet  sich  ein  korbartiges,  vorne  am  Schädel,  mit  seinem 
hintern  Theile  an  der  Wirbelsäule  befestigtes  Knorpelgerüst,  von  welchem 
bei  der  Besprechung  der  Kiemen  die  Rede  sein  wird. 

Die  Wirbelsäule   der  Knochenfische  besteht  aus  einer  grössern  An- 
zahl   beweglich    aneinandergefügter,     derber    Knochenstücke    von    etwa 


14 


Vom  Bau  der  Fische. 


cylinclrischer  Gestalt,  die  man  als  Wirbelkörper  bezeichnet.     Die  vordere 
und  hintere  Fläche  derselben  ist  nicht  eben,  sondern  kegelförmig  vertieft, 


Fig.  20.     Wirbelkörper  des  Heclites. 
Seitenansicht,  Längsschnitt,  Ansicht  von  vorne. 

die  Vertiefungen  sind  mit  einer  weichen,  gallertartigen  Masse  erfüllt. 
Mitunter  ist  der  Wirbelkörper  der  Länge  nach  von  einem  engen  Kanal 
durchbohrt,  der  die  Spitzen  der  beiden  Hohlkegel  verbindet,  so  dass  ein 
Längsschnitt  des  "Wirbelkörpers  einen  sanduhrförmigen  Hohlraum  zeigt. 
An  der  Rücken-  und  Bauchseite  tragen  die  Wirbelkörper  knöcherne  Fort- 
sätze, Rücken-  und  Bauchstrahlen.  Erstere,  an  sämmtlichen  Wirbeln  ziemlich 
gleich  gebildet,  entspringen  von  dem  Wirbelkörper  mit  zwei  Schenkeln, 
welche  den  zur  Aufnahme  des  Rückenmarkes  dienenden  Kanal  umfassen 


Fig.  21.     Wirbel  mit  ihren  Fortsätzen.  Fig.  22.     Querschnitt  eines  Fischrumpfes. 

1.  vom  Rumpfe.  2.  vom  Anfange  des  Schwan-     1.  Rückenstrahl.    2.  Bauchstrahl.    3.  Seiten- 
strahl. 4.  Oberer,  5.  unterer  schiefer  Strahl. 


zes.  3.  Schwanzwirbel.  4.  Fleischgräthe. 


und  sich  oberhalb  desselben  zu  einem  starken  Dorn  vereinigen.  Bei 
einigen  Fischen  verbinden  sich  die  beiden  Schenkel  oberhalb  des  Rücken- 
markes nicht,  sondern  es  verlaufen  zwei  dünne  Strahlen  neben  einander, 
getrennt  bis  zur  Spitze.  Die  Bauchstrahlen  sind  im  Schwanztheil  der 
Wirbelsäule  den    Rücken  strahlen  ganz  gleich  gebildet,  ihre  Schenkel  um- 


Wirbelsäule. 


15 


schliessen  hier  grosso  Blutgefässe.  Im  Rumpftheil  dagegen  bleiben  sie 
von  ihrem  Ursprung  bis  zur  Spitze  getrennt  und  umfassen  als  Rippen 
die  Leibeshöhle.  Nur  bei  wenigen  Fischen  fehlen  die  Rippen  ganz 
(Seenadeln).  Bei  manchen  Fischen  tragen  die  Wirbelkörper  auch  kleine 
quere,  seitliche  Fortsätze,  Seitenstrahlen.  An  die  Rücken-  und  Bauch- 
strahlen schliessen  sich  bei  vielen  Fischen  dünne  gabelförmige  Gräthen, 
Fleischgräthen,  oder  schiefe  Rücken-  und  schiefe  Bauchstrahlen  an,  die  in  den 


Fig.  23. 
Diphycerker  Schwanz  des  Aales. 


Fischschwänze. 

Homocerker  Schwanz  vom  Barsch. 


später  zu  erwähnenden  Zwischenmuskelbändern  liegen.  Sie  sind  es, 
deren  Vorkommen  das  Fleisch  mancher  Fische  (Karpfen arten)  so  viel 
gräthenreicher  macht,  als  das  Fleisch  anderer.  Das  Schwänzende  der 
Wirbelsäule  bietet  hinsichtlich  der  Entwickelung  der  Rücken-  und  Bauch- 
strahlen wesentliche  Verschiedenheiten.  Bei  solchen  Fischen,  die  keine  eigene 
Schwanzflosse  besitzen,  nehmen  die  Wirbel  derSchwanzgegend  von  vorne  nach 
hinten  an  Grösse  allmälig  ab,  und  der  letzte  Wirbel  endet  mit  einer  kegel- 
förmigen Spitze.  Rücken-  und  Bauchstrahlen  verlieren  ebenso  allmälig  an 
Länge.  Die  obere  und  untere  Hälfte  des  Schwanzes  sind  ganz  gleichgebil- 
det. Solche  Schwänze  nennt  man  diphycerke.  Bei  den  Fischen  mit 
stärker  entwickelter  Schwanzflosse  ist  das  letzte  Ende  der  Wirbelsäule 
im  stumpfen  Winkel  nach  aufwärts  gebogen.  In  diesem  Falle  ver- 
kümmern die  Rückenstrahlen  des  oder  der  letzten  Schwanzwirbel, 
während  die  Bauchstrahlen  sich  in  breite  Knochenplatten,  die  Unter- 
schwanzknochen, verwandeln,  die  mitunter  zu  einer  einzigen,  mit  dem 
letzten  Wirbelkörper  zusammenhängenden  Platte  verschmelzen.  An  die 
Knochen  des  Schwanzendes  fügen  sich  nun  eigene  gegliederte  und  nach 
dem  Ende  hin  mehrfach  gespaltene  Knochenstäbe,  die  Flossenstrahlen,  an, 


16 


Vom  Bau  der  Fische. 


die  entweder  an  der  Rücken-  und  Bauchseite  symmetrisch  (homocerker 
Schwanz)  oder  einerseits  von  bedeutenderer  Länge  sind  und  so  eine 
unsymmetrische  Form  dos   Schwanzes  bedingen    (heterocerker  Schwanz). 


Fig.  24.     Homocerker  Schwanz  vom  Lachs. 

Bei  allen  Fischembryonen  sind  übrigens  die  Schwänze  ursprünglich 
diphycerk. 

In  der  Mittellinie  des  Rückens  und  Bauches  befindet  sich  eine 
unpaarige  Flosse,  die  Rücken-  und  Afterflosse,  deren  jede  auch  in 
zwei  oder  mehrere  getrennte  Abschnitte  zerfallen  kann.  Diese  unpaarigen 
Flossen  werden  ähnlich  wie  die  Schwanzflosse  von  Flossenstrahlen  s:e- 
stützt,  die  entweder  spitze,  ungetheilte  Dornen  (Stachelstrahlen)  oder 
gegliederte  und  gegen  das  Ende  hin  zertheilte  Knochenstäbe  (Glieder- 
strahlen) sind  und  auf  eigenen  derben,  zwischen  die  Rücken-  resp. 
Bauchstrahlen  der  Wirbel  eingreifenden  ,.Flossenträgernu  beweglich  be- 
festigt sind,  so  dass  sie  aufgerichtet  und  nach  hinten  niedergelegt 
werden  können.  Ton  diesen  durch  Knochen  gestützten  Flossen  ist  die 
bei  den  Lachsen  hinter  der  Rückenflosse  gelegene,  nur  aus  Haut  ge- 
bildete ^Fettflosse"  zu  unterscheiden,  die  keinerlei  feste  Grundlage  besitzt. 

Die  Gliedinassen  der  Fische  sind  entsprechend  ihrer  Bewegungs- 
weise im  "Wasser  eigenthümlich  gebaut.  Es  ragt  nur  der  der  Hand 
resp.  dem  Fuss  entsprechende  Theil  über  die  allgemeine  Körperbedeckung 
hervor  in  Form  von  paarigen  Flossen,   und  man    bezeichnet  die  vordere, 


Schwanz.     Flossen. 


17 


unserem    Arm    entsprechende    Grliedmasse  als   Brust-,    die   hintere,   dem 
Beine    entsprechende,    als    Bauchflosse.      Die    Brustflosse    ist    bei    allen 


Fig.  25.     Flossenstrahlen. 
Stachelstrahlen  des  Barsches  und  Gliederstrahlen  vom  Brassen  mit  ihren  Flossenträgern. 

Fischen    seitlich    dicht    hinter    dem  Kiemendeckel   angebracht,    sie   fehlt 
nur  sehr  selten.     Die  Bauchflossen  können  an  sehr  verschiedener  Stelle 


Fig.  26.    Vordere  und  hintere  Extremität  vom  Brassen. 

sitzen,  bald  ganz  vorne  am  Halse  (kehlständig,  Aalmutter),  bald,  zwischen 
den  Brustflossen  (brustständig,  Barsch),  bald  weiter  vorne  oder  hinten 
am  Bauch  (bauchständig,  Karpfenarten)  oder  fehlen  (Aal).  Die  Grundlage 
der  vorderen  Extremität  bildet  der  Schultergürtel,    dessen    obere  Enden 


18 


Vom  Bau  der  Fische. 


jederseits  am  Schädel  befestigt  sind,  während  die  unteren  sich  in  der 
Mittellinie  des  Bauches  mit  einander  verbinden.  Jede  Hälfte  besteht 
aus  mehreren  Knochen,  an  die  sich  die  Flossenstrahlen  anschliessen. 
Die  Grundlage  der  Bauchflosse  bildet  der  lose  in  der  Bauchmusculatur 
gelegene,  meist  nur  aus  einem  spitzen  Knochen  jederseits  gebildete 
Beckengürtel,  dem  die  Flossenstrahlen  aufsitzen. 

Bei  den  Stören  finden  wir  an  Stelle  knöcherner,  abgegliederter 
Wirbelkörper  ein  ungegliedertes  Knorpelrohr,  von  einer  gallertigen  Masse, 
der  Chorda  clorsalis  oder  "Wirbelsaite,  der  Länge  nach  durchzogen.  An 
der  oberen  Seite  sitzen  demselben  knorplige  Kückenstrahlen  auf,  mit 
ihren  Schenkeln  den  Rückgratskanal  umfassend.  Die  Bauchstrahlen  ver- 
halten sich  im  Schwauztheil  ebenso  und  umschliessen  die  grossen  Ge- 
fässe,  während  sie  im  Rumpftheil  kleine  knorplige  Rippen  bilden. 

Bei  den  Neunaugen  finden  wir  ebenfalls  eine  gallertige,  von  einer 
festen  Scheide  umschlossene  Chorda  an  Stelle  der  Wirbelkörper.  Die 
Rückenstrahlen  sind  zu  einem  knorpligen  Rohre  verschmolzen,  welches 
das  Rückenmark  umschliesst.  Ebenso  sind  die  Bauchstrahlen  im 
Schwanztheil  zu  einem  Knorpelrohr  verwachsen,  welches  die  grossen 
Gefässe  umfasst,  während  sie  vorne  zu  zwei  knorpligen  Leisten 
verschmelzen,  die  neben  den  Gefässen  liegen.  Rippen  sind  bei  den 
Neunaugen  nicht  vorhanden.  Die  Extremitäten  sind  beim  Stör  in  ganz 
ähnlicher  Weise  wie  bei  den  Knochenfischen  gebaut,  der  Schwanz  ist 
stark  unsymmetrisch,  heterocerk. 


Fig.  27.    Heterocerker  Schwanz  vom  Stör. 

Bei  den  Neunaugen  fehlen  die  paarigen  Flossen  ganz,  die  Schwanz- 
flosse ist  symmetrisch  gebildet. 


M  usciilatur. 


L9 


Die  Musculatur  der  Fische  ist  in  Folge  ihrer  eigenthümlichen  Bau- 
art und  Bewegungsweise  äusserst  einfach.  Abgesehen  von  den  kleinen, 
zu  den  Kaubewegungen,  der  Bewegung  der  Kiemen  und  der  Flossen 
dienenden  Muskeln  besteht  die  ganze  Muskelmasse  unserer  Fische  jeder- 
seits  aus  einer  grossen,  vom  Kopf  bis  zur  Schwanzflosse  reichenden 
Muskelplatte,  dem  Seitenmuskel.  Eine  mittlere  Längsfurche  theilt  ihn  ge- 
wöhnlich, entsprechend  dem  Abgange  der  Seitenstrahlen  von  den  Wirbel- 
körpern, in  eine  obere  und  untere  Portion,  die  sich  im  Schwanztheil 
vollkommen  gleichen,  während  die  untere  Portion  im  Rumpftheil  wegen 
der  Ausbreitung  auf  den  die  Bauchhöhle  umschliessenden  Rippen 
erheblich  dünner  ist.  An  der  Oberfläche  des  Seitenmuskels  sieht  man 
nach  Entfernung  der  Haut,  besonders  deutlieh  auch  bei  gekochten  oder 
geräucherten  Fischen,  zahlreiche  parallele  Streifen  verlaufen,  die  in  der 
oberen  Hälfte  des  Muskels  schräge  nach  vorne  und  unten,  in  der  un- 
teren schräge  nach  vorne  und  oben  gerichtet  sind  und  sich  in  der  Längs- 
furehe  unter  spitzen  "Winkeln  schneiden.  Entsprechend  diesen  Streifen 
lässt    sich,  namentlich  leicht  an  gekochten  Fischen,   der  Seitenmuskel  in 


Fig.  28.     Musculatur  der  Fische. 

1.  Seitenmuskel  des  Aales.    2.  Ungetheilter  Seitenmuskel  des  Neunauges. 

3.   Horizontalschnitt  des  Neunauges,  Muskelplatten.     4.  Querschnitt  des  Aalsclrwanzes. 

5.  Querschnitt  des  Neunaugenschwanzes. 

eine    grosse  Anzahl   flacher   Muskelplatten    zerlegen,  die  sich   schuppen- 
artig   decken,     und     deren    Verlauf    man    auch    an   Horizontalschnitten 

durch  die  Mitte  der  Wirbelsäule  eines  Fisches  sehr  deutlich  beobachten  kann. 

2* 


20  Vom  Bau  der  Fische. 

Wegen  des  sehr  schrägen  Verlaufes  der  Muskelplatten  wird  natürlich  auf 
Querschnitten  eines  Fisches  eine  grosse  Anzahl  derselben  zugleich  ge- 
troffen, wodurch  sich  die  eigenthümliche,  concentrische  Zeichnung  des 
Querschnittes  erklärt.  Die  Muskelplatten  sind  von  einander  durch  dünne 
Häutchen  getrennt,  die,  von  der  Mitte  jedes  Wirbelkörpers  entspringend, 
schräge  nach  hinten  verlaufen,  und  deren  Rand  eben  die  an  der  Ober- 
fläche des  Muskels  sichtbaren  Streifen  sind.  Beim  Kochen  werden 
diese  Häutchen  in  Leim  verwandelt  und  aufgelöst,  weshalb  dann  die  ein- 
zelnen Muskelplatten  aus  einander  fallen.  In  diesen  Zwischenmuskel- 
bändern  verlaufen  die  Blutgefässe  und  Nerven  des  Muskels,  und  in  ihnen 
liegen  auch  die  schiefen  Bauch-  und  Bückenstrahlen  oder  Fleischgräthen 
bei  den  Fischen,  welche  solche  besitzen.  Die  Seitenmuskeln  sind  der 
eigentliche  Bewegungsapparat  der  Fische,  indem  die  abwechselnde 
Zusammenziehung  des  rechten  und  linken  Muskels  den  Fisch  vor- 
wärts treibt.  Ausserdem  bewirken  sie,  indem  sie  die  Schwanz- 
flosse rechts  oder  links  stellen,  das  Abweichen  von  der  geraden 
Richtung.  Mit  welcher  Kraft  dieser  gewaltige  Muskel  mit  Hilfe  der 
Schwanzflosse  arbeitet,  ist  aus  der  Schnelligkeit  ersichtlich,  mit  der  viele 
Fische  mühelos  lange  Zeit  sich  fortbewegen;  so  legt  ein  Lachs  in  der 
Secunde  leicht  7 — 8  m  zurück  und  ist  im  Stande,  Sprünge  von  3  m 
Höhe  und  5 — 6  m  Länge  auszuführen.  Sehr  wesentlich  wird  die 
Fortbewegung  der  Fische  dadurch  erleichtert,  dass  ihr  Körper  fast  das- 
selbe specifische  Gewicht  besitzt  wie  das  Wasser,  zur  Bewegung  des- 
selben also  eine  ungleich  geringere  Kraft  erforderlich  ist,  als  sie  andere 
Thiere  zur  Fortbewegung  auf  der  Erde  gebrauchen,  die  dabei  ihr 
volles  Gewicht  zu  tragen  haben.  Die  paarigen  und  unpaarigen  Flossen 
dienen  vorzugsweise  nur  zur  Steuerung,  obwohl  sie  beim  Verlust 
der  Schwanzflosse  auch  die  Fortbewegung  des  Körpers  bewirken  kön- 
nen. Schneidet  man  Fischen  die  Rücken-  und  Afterflosse  ab,  so  sind 
sie  nicht  mehr  im  Stande,  sich  in  gerader  Linie  vorwärts  zu  bewegen, 
sondern  schwimmen  in  einer  Zickzacklinie.  Schneidet  man  ihnen  ein- 
seitig die  Brust-  oder  Bauchflosse,  oder  beide  ab,  oder  befestigt  dieselben 
auch  nur  durch  einen  Faden  unbeweglich  am  Leibe,  so  fallen  sie,  ohne  sich 
aufrecht  erhalten  zu  können,  auf  die  verletzte  Seite.  Bei  Entfernung 
beider  Brustflossen  sinkt  der  Kopf  herab,  und  durch  die  manigfaltigen 
Stellungen  der  verschiedenen  Flossen  lassen  sich  die  zahlreichen  Be- 
wegungen der  Fische  beim  Steigen,  Fallen  und  Wenden  leicht  ausführen. 
Die  Musculatur  der  meisten  Fische  ist  weiss,  nur  bei  manchen  Arten 
erscheint  sie  mehr  oder  weniger  roth  gefärbt  (Lachs,  Forelle). 

Das  Nervensystem  der  Fische  besteht  wie  bei  den  übrigen  Wirbel- 


Musculatur.     Nervensystem.  21 

thieren  aus  dem  Gehirn,  dein  Rückenmark  und  den  Nerven  mit  ihren 
Endapparaten,  den  Sinnesorganen.  Das  Gehirn  ist  verhältnissniässig 
Behr  klein  und  füllt  die  Schädelhöhle  durchaus  nicht  vollständig  aus. 
vielmehr  befindet  sich  neben  ihm  eine  grosse  Menge  von  Fett  und 
Gallertgewebe  in  derselben.  Man  unterscheidet  am  Gehirn  drei  hinter  ein- 
ander liegende  Abschnitte,  das  Yorderhirn,  Mittelhirn  und  Hinterhirn, 
von  denen  die  beiden  vorderen  paarig  sind,  während  der  hintere  aus 
einem  unpaarigen  Stücke  besteht,  an  welches  sich  das  Rückenmark 
anschliesst.  Tom  Yorderhirn  entspringen  die  meistens  sehr  starken 
Riechnerven,  vom  Mittelhirn  die  Sehnerven,  dahinter  mehrere  andere  zu 
den  Theilen  des  Kopfes  verlaufende  Nerven  und  der  unter  der  ganzen 
Seitenlinie  entlang  ziehende  Seitennerv,  von  dem  weiterhin  noch  die 
Rede  sein  wird.  Das  Rückenmark  zieht  sich  in  Form  eines  dünnen,  bei 
den  Neunaugen   flach   gedrückten  Stranges    durch   den   an    der   Rüeken- 


Fis;.  29.     Gehirn  und  Rückenmark  der  Plötze. 


*~ 


seite  der  Wirbelkörper  gelegenen  Rückgratskanal  hin  und  giebt  zwischen 
je  zwei  Wirbeln  jederseits  einen  Nervenstamm  ab,  der  in  den  Zwischen- 
muskelbändern  verläuft  und  sich  an  den  Muskeln  und  in  der  Haut 
verästelt.  Mau  unterscheidet  Bewegungsnerven,  durch  welche  vom 
Gehirn  aus  die  Muskeln  zu  Zusammenziehungen  angeregt  werden,  und 
Empfindungsnerven,  welche  die  Gefühlsempfindungen  zum  Bewusstsein 
bringen. 

Die  Sinnesorgane  bilden  die  Endapparate  der  sogenannten  höheren 
oder  Sinnesnerven.  Ausser  dem  Gesicht,  Geruch,  Gehör,  Geschmack  und 
dem  Tastgefühl  besitzen  die  Fische  noch  einen  sechsten  Sinn,  dessen 
Organ  die  Seitenlinie  ist. 

Das  Auge  der  Fische  ist  gewöhnlich  gross  und  etwas  flachgedrückt, 
stimmt  übrigens  in  seinem  Bau  mit  dem  der  anderen  Wirbelthiere  über- 
ein. Die  Regenbogenhaut  glänzt  meist  lebhaft  in  metallischen  Farben, 
die  Linse  ist  gross  und  kugelrund  und  fällt  bei  gekochten  Fischen  leicht 
als  eine  weisse,  linsen-  bis  erbsengrosse  Kugel  aus  dem  zerfallenen  Auge 
heraus.  Die  Pupille  ist  weit,  meistens  ganz  rund,  die  Hornhaut  sehr 
flach.  Die  Augen  sind  bei  verschiedenen  Fischen  mehr  oder  weniger 
beweglich.  Augenlider  fehlen,  nur  bei  manchen  Fischen  verdecken 
durchsichtige,  unbewegliche  halbmondförmige  Hautfalten  vorne  und  hin- 
ten einen  Theil  des  Auges.  Beim  Querder  (der  Larve  des  Neunauges) 
sind  die  Augen  unter  einer  dicken  Lage  der  Körperhaut  verborgen  und 


22 


Vom  Bau  der  Fische. 


wenig  ausgebildet,   sie   erreichen  erst  ihre  volle  Entwickelung,   wenn   sie 
hei    der  Metamorphose  an  die  Oberfläche  treten. 


Fig.  30.  Längsschnitt  des  Dorschauges. 


Fig.  31.  Geöffnete  Nasengrube  eines  Fisches. 


Die  Nase  unserer  Fische  besteht  aus  zwei  getrennten,  vor  den  Augen 
gelegenen  Gruben,  die  mit  einer  faltigen  Schleimhaut  ausgekleidet  sind, 
in  der  sich  die  Geruchsnerven  verzweigen.  Die  Nasengruben  haben  bald 
eine,  bald  zwei,  bisweilen  durch  einen  ziemlich  grossen  Zwischenraum 
getrennte  engere  oder  weitere  Oeffnungen,  welche  mitunter  die  Form  kurzer 
Röhrchen  haben.  Mit  der  Mundhöhle  stehen  die  Nasengruben  nie  in 
Verbindung.  Bei  den  Neunaugen  ist  nur  eine,  in  der  Mitte  vor  den  Augen 
gelegene  Nasengrube  vorhanden  mit  einfacher,  röhrenförmiger  Oeffnung. 

Das  Gehörorgan  der  Fische  ist  sehr  viel  einfacher  .gebaut  als  das 
der  übrigen  Wirbelthiere.  Ein  äusseres  Ohr  fehlt  ihnen  gänzlich,  und 
das  innere  Ohr  besteht  nur  aus  einigen  häutigen,  mit  Flüssigkeit  erfüllten 


Fig.  33. 


Gehörstein  vom  Dorsch. 


Fig.  32.  Gehörorgan  des  Aales. 

Säckchen  und  Kanälen,  die  neben  der  Schädelhöhle  in  den  Knochen-  oder 
Knorpelmassen  des  Schädels  eingebettet  sind.  In  diesen  Säckchen  findet 
man  meistens  kleinere  oder  grössere,  sehr  verschieden  gestaltete,  porcellan- 
artig  aussehende  Körper,  die  sogenannten  Gehörsteine,  die  namentlich 
vom  Dorsch  sehr  bekannt  sind  und  früher  in  der  Mcdicin  vielfach  an- 
gewandt wurden. 


Sinnesorgane. 


28 


Der  Geschmack  der  Fische  scheint  wenig  entwickelt  zu  sein.  Die 
Zunge  ist  bei  vielen  ganz  hart,  und  mehr  als  sie  dürften  weiche  Theile  des 
Gaumens  als  Sitz  der  Geschmacksempfindung  anzusehen  sein.  Dass  aber 
eine  solche  wirklich  vorhanden  ist,  sieht  man  deutlich,  wenn  man 
Fischen  verschiedenartige  Dinge  zum  Fressen  vorwirft.  Sie  schnappen 
nach  Allem,  werfen  aber  das  ihrem  Geschmack  nicht  Zusagende  augen- 
blicklich aus  dem  Munde. 

Das  Tastgefühl  kommt,  wie  bei  allen  Thieren  der  ganzen  Haut  zu, 
scheint  aber  an  den  Barteln  und  den  fleischigen  Lippen  mancher  Fische 
besonders  entwickelt  zu  sein. 

Den  Sitz  eines  sechsten,  uns  noch  nicht  verständlichen  Sinnes  bil- 
den die  Seitenkanäle  und  die  Kopfporen-  Wir- haben  schon  früher  von 
der  Seitenlinie  gesprochen,  unter  welcher  der  starke  Seitennerv  verläuft, 
und  in  der  meistens  sämmtliche  Schuppen  von  dickeren  oder  dünneren 
Kanälen   schräge    durchbohrt  sind.      Diese  mitunter   verzweigten  Kanäle, 


Fig.  34.  Seitenlinie  des  Uckelei. 
die  auch  auf  dem  Kopfe  in  mehreren  Keinen  von  sogenannten  Kopfporen 
vorkommen,  wurden  früher  für  schleimabsondernde  Organe  angesehen, 
enthalten  aber  eigentümliche  Bildungen,  sogenannte  Nervenknöpfe,  die 
den  Nervenenden  in  den  anderen  Sinnesorganen  sehr  ähnlich  gebildet 
sind. 


Fig.  35.  Kopfporen  des  Hechtes. 
Ob  in  dem  Gehirnleben  der  Fische  ein  so  eiheblicher  Wechsel 
von  Thätigkeit  und  Ruhe  vorkommt  wie  bei  den  meisten  anderen  Wirbel- 
thieren,  ob  die  Fische  schlafen,  ist  noch  keines weges  sicher  festge- 
stellt. Allerdings  wird  von  Fischen  berichtet,  die  man  in  grosser  Menge 
Nachts  auf  der  Seite   liegend   an  der  Oberfläche   des  Wassers  gefunden 


24 


Vom  Bau  der  Fische. 


hat,  und  die  bei  der  geringsten  Störung-  sich  aufrichteten  und  munter 
fortschwammen.  Auch  sieht  man  gefangene  Fische  in  Aquarien  biswei- 
len längere  Zeit  auf  Wasserpflanzen  oder  auf  den  Grund  gestützt  ohne 
Bewegung  irgend  einer  Flosse  ruhen,  ob  aber  solche  Erscheinungen  un- 
serem Schlafe  zu  vergleichen  sind,  ist  noch  nicht  ausgemacht. 

Ein  Winterschlaf  scheint  bei  manchen  unserer  karpfenartigen  Fische 
und  vielleicht  auch  bei  anderen  vorzukommen.  So  sollen  die  Karpfen, 
Schleihen  und  andere  gesellschaftlich  mit  den  Köpfen  in  den  Schlamm- 
grund eingewühlt  überwintern,  während  andere  Fische  auch  den  ganzen 
Winter  hindurch  wach  und  in  Bewegung  bleiben.  Jedenfalls  findet  bei 
den  Winterschlaf eri  den  Fischen  während  der  kalten  Jahreszeit  nur  eine 
äusserst  geringe  Thätigkeit  statt,  woraus  es  sich  erklärt,  dass  sie  ohne 
Nahrung  zu  sich  zu  nehmen  doch  nur  sehr  wenig  an  Gewicht  verlieren. 

Die  Verdauungswerkzeuge  beginnen  mit  einer  Mundöffnung  von  sehr 
wechselnder  Grösse,  Form  und  Stellung.  Die  Knochen  der  Mundhöhle 
können,  wie  schon  früher  erwähnt  wurde,  in  sehr  verschiedener  Weise 
bezahnt  sein.  Die  Zähne,  auch  die  Schlundzähne  der  Karpfenarten,  sind 
einem  fortwährenden  Wechsel  unterworfen,  indem  die  alten  —  bei  den 
Karpfenarten  in  der  Laichzeit  —  ausfallen  und  neue  an  ihre  Stelle  tre- 
ten.    Die  Zähne  dienen  mehr  zum  Festhalten  der  Nahrung,  die  sonst  bei 


Schwarzgrundel. 


Fig.  36.     Magen  und  Darm  verschiedener  Fische. 
Aalmutter. 


Schmerle. 


Schniipel. 

den  Athembewegungen   leicht  aus  dem  Munde  herausgleiten  würde,  als 

Ausserdem    verhindern    die,    eine    mehr    oder 


zu    ihrer  Zerkleinerung 


Dannkanal.    Leber.    Bauchspeicheldrüse.  25 

vreniger  enge  Reuse  bildenden  Zähne  der  Kiemenbögeh  das   Entweichen 
kleinerer  Thiere   durch   die   inneren   Kiemenspalten  und   das  Eindringen 
fremder  Körper   aus   der  Mundhöhle  zwischen  die   Kiemen.     Die  Zunge 
ist,  wie  schon  erwähnt,  meistens    hart,   häufig   bezahnt,    nur    selten    dick 
und  fleischig.     Der  Schlund  ist  bei  den  meisten  Fischen  sehr  weit,  längs- 
gefaltet,  an  ihn   schliesst  sich  meistens  ohne  Uebergang  der  Magen   an, 
der    oft    nur    wenig    spindelförmig    erweitert    ist,    bei    manchen   Fischen 
aber  eine  stärkere,  selbst  kugelförmige  Anschwellung  darstellt  oder  einen 
Blindsack  besitzt.      In  den  Schlund  oder  Magen  führt  von   der  Kücken- 
seite  her,   wenn  überhaupt  vorhanden,  der  Ausführungsgang  der  später 
zu  besprechenden  Schwimmblase.     Auf  der  oft  nur  hieran   erkennbaren 
Grenze    zwischen  Magen    und   Darm   mündet    der   Ausfuhrungsgang   der 
Gallenblase  und  der  Bauchspeicheldrüse  ein.     An   derselben  Stelle  sitzen 
bei  vielen  Fischen  mehr  oder  weniger  Blinddärme   oder  Pfötneranhänge, 
die    einen    eigenthümlichen   Yerdauungssaft    absondern    und   häufig    der 
Sitz    zahlreicher   Eingeweidewürmer    sind.     Den    Karpfenarten,    Hechten 
Aalen  und  anderen  Fischen  fehlen  diese  Blinddärme  gänzlich,  beim  Sandaal 
kommt  einer  vor,  beim  Steinbutt  und  der  Aalmutter  2,  beim  Barsch  und 
Kaulbarsch  3,  bei  den  Flundern  4 — 5,  bei  den  Lachsen  19 — 150,  bei  der 
Markrele  hat  Stannius   191    gezählt.      Wo  sie  in  grosser  Zahl  vorhanden 
sind,  bilden  sie  gewöhnlich  eine  Reihe  von  Ringen  um  den  Darm.     Sind 
nur  wenige  vorhanden,  so  mündet  jeder  für  sich,^ während,   wenn  ihrer 
viele  sind,  meistens   mehrere    einen  gemeinschaftlichen  Ausführungsgang 
besitzen.     Beim  Schwertfisch  sind  sie  zahlreich   und  durch  Bindegewebe 
zu  einem  drüsenartigen  Haufen  verbunden.     Der  Darm  ist  bei  den  eigent- 
lichen Raubfischen   meistens    kurz,  bei  den  auch  von  Pflanzenkost  sich 
nährenden  länger  und  mehrfach  gewunden.     Bei  manchen  Fischen   stellt 
das  ganze  Nahrungsrohr  vom  Munde  bis  zum  After  einen  ziemlich  gleich- 
massig  weiten,  geraden  Kanal  vor  (Neunauge).     Der  After    liegt   bei   den 
meisten  Fischen   etwa  an  der  Grenze  des  hintern  Drittheils   der  Körper- 
länge, ist  jedoch  bei  manchen  Arten  (Flunder,  Petermännchen)  sehr  viel  wei- 
ter nach  vorne  gerückt. 

Die  Leber  ist  gewöhnlich  ziemlich  gross,  gelb,  rothbraun,  braun 
oder  schwärzlich  gefärbt,  sehr  fett  und  besitzt  meistens  eine  rundliche 
oder  ovale  Gallenblase,  deren  Inhalt  grün  oder  braun  ist  und  sich 
durch  den  Gallengang  an  der  Grenze  des  Magens  in  den  Darm  ergiesst. 
Sie  ist  bei  den  meisten  Fischen  in  zwei  oder  mehrere  Lappen  getheilt. 

Die  Bauchspeicheldrüse  ist  ein  wenig  in  die  Augen  fallendes,  in 
der  Nähe  des  Magens  befestigtes  Organ,  dessen  Ausführungsgang  neben 
dem  Gallengang  in  den  Darm  mündet. 


26  Vom  Bau  der  Fische. 

Die  Milz  ist  von  ziemlich  wechselnder  Grösse  und  Form,  bräunlich- 
roth,  gewöhnlich  nur  klein  und  in  der  Nähe  des  Magens  oder  zwischen 
den  Schlingen  des  Darmes  befestigt. 

Die  Innenfläche  der  Bauchhöhle  ist  von  dem  Bauchfell,  einer  glatten 
Haut,  ausgekleidet,  die  meistens  lebhaften  Silberglanz  zeigt,  der,  ebenso 
wie  bei  den  Schuppen,  durch  kleine,  plättchenförmige  Kry  stalle  bedingt 
wird.  Bei  manchen  Fischen  erscheint  es  dagegen  durch  Pigmentzellen 
ganz  oder  theilweise  schwarz  gefärbt  (Nase). 

Die  Nahrung  der  Fische  besteht  hauptsächlich  aus  thierischen  Steifen, 
die  sogenannten  pflanzenfressenden  Fische  leben  keineswegs  ausschliesslich 
von  Pflanzenkost,  sondern  verschmähen  kleinere  Thiere,  wie  Insecten, 
Würmer  und  dergl.  durchaus  nicht,  Im  Allgemeinen  fressen  die  Fische 
alle  Thiere,  die  sie  bewältigen  können,  vom  Zwergstichling  und  der  See- 
nadel, die  sich  natürlich  mit  kleinem  Baube  begnügen  müssen,  bis  zum 
Wels,  der  gelegentlich  Enten  und  Hunde  verschluckt,  ohne  der  aus- 
ländischen Fische  zu  gedenken,  die  wie  die  Haie  auch  Menschen  ver- 
schlingen. Unter  sich  führen  die  Fische  einen  förmlichen  Vernichtungs- 
krieg, indem  nicht  nur  die  sogenannten  Raubfische  alle  schwächeren  und 
kleineren  fressen ,  sondern  auch  die  friedfertigsten  Pflanzenfresser 
Fischlaich  und  eben  ausgeschlüpfte  Fischchen  gierig  verzehren.  Die 
Fische  sind  im  Allgemeinen  nicht  im  Stande,  ihre  Nahrung  zu  zer- 
kleinern, indessen  erlaubt  ihnen  die  Beweglichkeit  der  die  Mundhöhle 
umgebenden  Knochen  und  die  grosse  Weite  des  Schlundes,  Thiere  zu 
verschlingen,  die  wenig  kleiner  sind  als  sie  selber.  So  sieht  man  häufig 
Hechte,  Quappen  und  Dorsche  einen  von  ihresgleichen  herunterwürgen,  der 
ihnen  zur  Hälfte  aus  dem  Maule  hervorragt,  während  die  kräftige  Ver- 
dauungsthätigkeit  des  Magens  den  vorangeschluckten  Kopf  bereits  völlig- 
gelöst  und  selbst  die  Knochen  schon  stark  zersetzt  hat.  Die  Verdauung 
geht  so  schnell  vor  sich,  dass  solche  Fische,  deren  Kopf  in  einem 
Hechtmagen  schon  verdaut  ist,  in  ihrem  aus  dem  Maule  des  Hechtes 
hervorragenden  Theile  noch  so  frisch  sind,  dass  sie  von  den  Fischern  un- 
bedenklich gegessen  werden.  Bei  dieser  grossen  Verdauungsfähigkeit 
sind  denn  die  Fische  immer  auf  der  Jagd  nach  neuer  Nahrung  und 
wachsen  auch,  wenn  sie  ihren  Appetit  befriedigen  können,  ausserordentlich 
schnell,  während  sie  allerdings  auch  mit  spärlichem  Futter  auskommen 
und  selbst  lange  Zeit  hungern  können  (so  fressen  die  Wanderfische  auf 
dem  Zuge  zu  den  Laichplätzen  viele  Wochen  lang  fast  gar  nicht),  dabei 
aber  auch  nur  sehr  unbedeutend  an  Grösse  zunehmen. 

Den  Verdauungsorganen  schliesst  sich  ein  Organ  an,  das  nur  den 
Fischen  allein  eigenthümlich  ist,  obgleich  sie  es  keinesweges  alle  besitzen: 


Verdauungsorgane,    Schwimmblase, 


27 


die  Schwüiiniblasei  Sie  fehlt  fast  einem  Drittel  aller  Fische,  namentlich  vie- 
len Seefischen,  ohne  dass  dieselben  sich  in  ihrer  Beweglichkeit  von  den 
mit  einer  Blase  versehenen  irgendwie  unterschieden.  Die  Schwimmblase 
liegt,  wo  sie  vorhanden  ist,  unmittelbar  unter  der  Wirbelsäule  und  er- 
streckt sieh  bald  durch  die  ganze  Länge  der  Bauchhöhle,  bald  ist  sie 
kürzer.  Sie  ist  spindelförmig,  oval,  oder  rundlich,  entweder  ganz  ge- 
schlossen oder  mit  dem  Schlund  oder  Magen  durch  einen  Kanal  von  ver- 
schiedener Länge  und  Weite,  den  Luftgang,  verbunden.  Ihre  Wand 
besteht  aus  einer  äusseren  elastischen,  mit  Muskelfasern  durchzogenen 
und  einer  inneren  schleimhautähnlichen  Lage.  Beim  Stör  und  Wels 
ist  sie  sehr  dickwandig,  beim  Hering,  Lachs  u.  a.  sehr  zart,  beim  Dorsch 
an  verschiedenen  Stellen  von  ungleicher  Dicke.  Unter  unseren  Fischen 
fehlt  die  Schwimmblase  den  Plattfischen,  dem  Sandaal,  den  Grundeln, 
dem  Butterfisch,  den  Neunaugen  etc.  Geschlossene  Blasen  ohne  Luft- 
gang finden  sich  beim  Dorsch,  der  Quappe,  dem  Barsch,  Stichling,  Kaul- 
barsch, Lump,  Schwertfisch  und  anderen. 


Fig.  37.     Schwimmblasen. 
Dorsch.  Hering.  Brassen.  Schnäpel. 

Die  Dorschblase  tragt  vorne  ein  paar  blinde  Fortsatze.     An  den   anderen  sieht  man  den 
Luftgang  und  seine  Einmündung  in  den  Nahruiigskanal. 

Die  mit  einem  Luftgang  versehenen  Schwimmblasen  sind  entweder 
einfach,  oder  durch  eine  enge  Einschnürung  in  eine  kleinere  vordere 
und    grössere  hintere  Abtheilung   getheilt.     Bei   den    einfachen  geht  der 


28  Vom  Bau  der  Fische. 

Luftgang  vom  vordem  Ende  (Hecht,  Lachs)  oder  von  der  Mitte  ab  (Aal, 
Hering).  Bei  den  getheilten  (Karpfen)  ist  die  "Wand  der  vorderen  Ab- 
theilung  sehr  viel  dicker  und  elastischer,  und  der  Luftgang  entspringt 
aus  dem  vorderen  Ende  der  hinteren  Abtheilung.  Ausser  durch  die  in 
ihrer  Wand  eingelagerten  Muskelfasern  kann  die  Schwimmblase  bei 
vielen  Fischen  noch  durch  eigene,  von  den  Wirbeln  oder  Rippen  an  sie 
herantretende  Muskeln  zusammengedrückt  werden. 

Da  das  speciüsche  Gewicht  des  Fischkörpers  dem  des  Wassers  fast 
ganz  gleich  ist,  das  Wasser  selbst  aber  wegen  seiner  äusserst  geringen 
Zusammendrückbarkeit  auch  in  grosser  Tiefe  nicht  sehr  viel  dichter  ist, 
als  an  der  Oberfläche,  so  genügt  schon  eine  geringe  Compression  der 
Blase,  wie  sie  ohne  die  geringste  Anstrengung  ausgeführt  werden  kann, 
um  den  Fischkörper  ohne  weitere  Arbeit  sinken  zu  lassen,  während  er 
beim  Nachlassen  der  Compression  ebenso  mühelos  wieder  aufsteigt.  Ein 
stärkerer  Druck  auf  den  vorderen  Theil  der  Blase  lässt  den  Kopf  sich 
senken,  während  stärkerer  Druck  auf  den  hinteren  Theil  ihn  hebt,  ohne 
dass  der  Fisch  dabei  seine  Flossen  zu  Hilfe  zu  nehmen .  brauchte. 
Während  so  einerseits  der  Besitz  einer  Schwimmblase  das  Steigen  und 
Fallen  im  Wasser  wesentlich  erleichtert,  ist  derselbe  andererseits,  nament- 
lich wenn  die  Blase  geschlossen  ist,  ein  Hinderniss  für  plötzliche,  sehr 
bedeutende  Nievauveränderungen.  So  sieht  man  denn  auch  an  plötzlich 
aus  grosser  Tiefe  mit  der  Angel  oder  dem  Netze  heraufgezogenen  Fischen 
(namentlich  bekannt  von  den  Barschen  des  Boden-,  Genfer-  und  Madue- 
sees)  die  Blase  durch  das  plötzliche  Nachlassen  des  von  aussen  auf  sie 
einwirkenden  Wasserdruckes  springen,  worauf  die  in  der  Bauchhöhle  sich 
ausbreitende  Luft  den  Magen  aus  dem  Munde  hervorstülpt.  Bei  Blasen  mit 
einem  Luftgange  ist  diese  Gefahr  natürlich  nicht  vorhanden,  da  die  Luft 
bei  übermässigem  Druck  nach  dem  Schlünde  entweichen  kann.  Sticht  man 
einem  mit  Schwimmblase  versehenen  Fische  die  Blase  an  und  lässt  die  darin 
enthaltene  Luft  entweichen,  so  sinkt  er  zu  Boden  und  ist  nicht  eher  im 
Stande,  sich  ohne  kräftige  Arbeit  der  Flossen  zu  erheben,  bis  die  Blase  sich 
wieder  mit  Luft  gefüllt  hat,  die  von  ihren  Blutgefässen  ausgeschieden  wird. 

Das- Herz  der  Fische  liegt,  von  einem  häutigen  Sacke,  dem  Herz- 
beutel, umschlossen,  unmittelbar  hinter  den  Kiemenbögen  am  Halse.  Es 
besteht  aus  zwei  durch  ein  Klappenventil  getrennten  Abtheilungen,  dem 
Vorhof  und  der  Herzkammer;  ersterer  hat  eine  dünnere  und  weniger 
musculöse  Wand  als  letztere.  Aus  der  Herzkammer  entspringt  mit  einer 
zwiebelartigen  Erweiterung  die  grosse  Kiemenschlagader.  durch  welche 
bei  der  Zusammenziehung  der  Herzkammer  das  Blut  in  die  Kiemen 
getrieben  wird.     In    die   Vorkammer   mündet   die  Blutader  ein,    die   das 


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Schwimmblase  u.  Blutkreislauf. 


29 


durch  seinen  Kreislauf  im  Körper  verdorbene  Blut  nach  dem  Her- 
zen zurückführt,  damit  es  in  die  Kiemen  geschafft  und  dort  zur 
Ernährung  des  Körpers  wieder  tauglich  gemacht  werde.  Die  grosse 
Kiemenschlagader  giebt  für  jeden  Kiemenbogen  einen  Ast  ab,  der  in  der 
Furche  an  der  Aussenseite  <h>*  Bogens  verläuft  und  sich  in  Zweige  für  jedes 
Kiemenblättchen  auflöst.  In  den  Kiemenblättchen  verzweigen  sich  diese 
ideinen  Schlagadern  zu  haarfeinen  Gefässen,  die  allmälig  wieder  zu  grösseren 


Fig.  39.     Kreislauf  in  einem  Kiemenblättchen  eines  Fisches. 
1.  Kiemenschlagader.     2.  Kiemenblutader.     3.  Querschnitt  des  knöchernen  Kiemenbogens. 

Blutadern  zusammenfliessen,  welche  neben  den  Schlagadern  liegen  und 
sich  endlich  zu  einem  gemeinsamen  Stamme,  der  grossen  Körperschlag- 
ader, vereinigen.  Diese  verläuft  unter  der  ganzen  Wirbelsäule  bis  zum 
Schwänze  hin,  verzweigt  sich  an  den  Eingeweiden  und  giebt,  ent- 
sprechend dem  Zwischenraum  zwischen  je  zwei  Wirbeln,  jederseits  einen 
Ast  ab,  der  sich  in  den  Zwischenmuskelbändern,  den  Muskeln  und 
der  Haut  verästelt.  Alle  diese  Zweige  zerfallen  in  derselben  Weise  wie 
in  den  Kiemen  zu  haarfeinen  Gefässen,  aus  denen  sich  kleinere  und 
allmälig  grössere  Stämme  zusammensetzen,  die  allmälig  alle  in  die  neben 
der  Körperschlagader  unter  der  Wirbelsäule  gelegenen  grossen  Blutadern 
einmünden.  Die  Eingeweideblutadern  müssen  vor  ihrem  Eintritt  in  die 
Körperblutadern  sich  erst  noch  einmal  in  der  Leber  verzweigen  und 
wieder  zu  einem  grossen  Aste,  der  Pfortader,  zusammenfliessen. 
Endlich  treten  sämmliche  Blutadern  zu  einem  starken,  in  die  Vorkammer 
einmündenden  Stamm  zusammen.  Es  muss  also  alles  Blut,  das  von  der 
Herzkammer  aus  durch  die  grosse  Kiemenschlagader  in  die  Kiemen  ge- 
trieben ist,  nachdem  es  auf  unzähligen  kleinen  Bahnen  den  ganzen  Körper 
durchlaufen  und  ernährt  hat,  endlich  durch  die  Blutader  wieder  nach  der 
Vorkammer  und  der  Herzkammer  zurückkehren.  Dieser  Kreislauf  des 
Blutes  wird  durch  die  Bewegungen  des  Herzens  unterhalten,  indem  sich 
immer  abwechselnd  die  Herzkammer  und  Vorkammer  zusammenzieht 
und  wieder  ausdehnt.  An  der  Einmündungsstelle  der  Körperblutader 
in  die  Vorkammer  und  dem  Ursprung  der  Körperschlagader  aus  der 
Herzkammer  sind  Klappen  angebracht,  die  ebenso  wie  die  Klappe  zwischen 
Herz-  und  Vorkammer  das  Blut  nur  in  einer  Richtung  hindurchlassen 
und  sich  schliessen,  sobald  es  rückwärts  zu  strömen  versucht.     Eine  erste 


30 


Vom  Ban  der  Fische. 


Zusammenziehung  der  Vorkammer  schafft  also  das  in  ihr  enthaltene 
Blut  in  die  Herzkammer,  und  während  sich  nun  die  Vorkammer  wieder 
erweitert,  um  neues  Blut  aus  der  Blutader  aufzunehmen,  schliesst  sich 
die  Klappe  zwischen  Yor-  und  Herzkammer,  und  zieht  sich  die  Herz- 
kammer zusammen,  um  ihren  Inhalt  in  die  Kiemen  Schlagader  zu  treiben. 
Nach  ihrer  Entleerung  erweitert  sie  sich  wieder,  um  neues  Blut  aus  der 
Vorkammer  zu  empfangen,  während  die  Klappe  am  Ursprung  der 
Kiemenschlagader  das  in  sie  hineingepresste  Blut  hindert,  in  die  sich 
erweiternde  Herzkammer  zurückzuströmen.  So  wird  also  die  ganze 
Blutmasse  des  Körpers  durch  die  Thätigkeit  des  Herzens  ruckweise 
weitergeschoben.  Man  kann  dieses  Verhältniss  an  eben  aus  dem  Ei 
geschlüpften  Fischchen,  die  noch  ganz  durchsichtig  sind,  und  deren  Ein- 
geweide noch  einen  äusserst  einfachen  Bau  zeigen,  vorzüglich  übersehen. 

Das  Blut  der  Fische  ist  roth,  aber  kalt,  d.  h.  immer  nur  um  sehr 
wenig  wärmer  als  das  "Wasser,  in  dem  sie  leben.  Eine  bedeutende  Ab- 
kühlung ertragen  die  meisten  Fische  sehr  gut,  manche  Arten  sollen  sogar 
im  Eise  einfrieren  können,  ohne  zu  sterben,  und  wenn  sie  langsam 
wieder  aufgethaut  werden,  unbeschädigt  weiter  leben. 

Die  Athnmng  der  Fische  geschieht  durch  die  Kiemen.  Sie  besteht, 
wie  bei  allen  Thieren  in  der  Aufnahme  von  Sauerstoff  und  der  Abgabe 
von  Kohlensäure.  Die  Kiemen  der  Knochenfische  und  Störe  bestehen 
aus  häutigen  Blättchen  oder  Büscheln,  die  dem  convexen  Bande  der 
knöchernen  oder  knorpligen  Kiemenbögen  in  grosser  Anzahl  aufsitzen, 
und  in  denen  sich,   dicht  unter  der  Oberfläche,    die  haarfeinen  Kiemen- 


Fig.  40.     Kammförmige  Kiemen  eines  Knochenfisches. 

1.  Ein  Kiemenbögen  mit  Kiemenblättchen  nnd  Kiemenbogenzälmen. 

2.  Querschnittdes  Kiemenbogens  mit  ansitzenden  Kiemenblättchen. 

gefässe  verbreiten.     Nach  der  Form  der  Kiemenblätter  unterscheidet  man 
kämm-  und  büschelförmige  Kiemen.     Bei  ersteren  stehen  dünne  Blättchen 


Kiemen. 


31 


in  grosser  Zahl,  wie  die  Zähne  eines  Kammes  nebeneinander,  während 
bei  den  büschelförmigen  Kiemen  die  Blättchen  zu  dickeren  Körpern  um- 
gewandelt sind  und  nur  in  geringer  Zahl  auf  jedem  Kiemenbogen  stehen. 
Die  Fische  athmen,  indem  sie  den  Mund  voll  Wasser  nehmen  und  dieses 
zwischen  den  inneren  Kiemenspalton  hindurch  in  die  Kiemenhöhle 
pressen,  wo  es  zwischen  den  Kiemen  hindurchtritt  und  nachdem  es  diese 
umspült  hat,  aus  der  äussern  Kiemenspalte  wieder  ins  Freie  gelangt.  Das 
zarte  Gewebe  der  Haargefässe  und  der  Kiemenblättchen  ist  für  Gase 
sehr  leicht  durchgängig,  es  findet  deshalb  fortwährend  ein  lebhafter  Aus- 
tausch der  im  Blute  gelösten  Kohlensäure  und  des  Sauerstoffs  der  im 
AVasser  gelösten  Luft  statt,    und  durch   diesen  Austausch  wird   das  Blut 


Fig.  41.     Büschelförmige  Kiemen  der  Seenadel. 
1.  Ein  Kiemenbogen  mit  Kiemenblättchen.       2.  Querschnitt  desselben. 

fähig,  alle  Theile  des  Körpers  zu  ernähren,  indem  es  ihnen  Sauerstoff 
abgiebt  und  aus  ihnen  die  überall  in  Folge  der  Lebensvorgänge  gebildete 
Kohlensäure  aufnimmt,  die  es  dann  in  den  Kiemen  wieder  gegen  Sauerstoff 
austauscht.     Die  Fische  sind  nicht  etwa  im  Stande,  mit  ihren  Kiemen  das 


Fig.  42.    Längsschnitt  der  Kiemenhöhle  eines  Fisches. 

Kiemenbogen  mit  ansitzenden  Kiemenblättchen,  dazwischen  die  Kiemenspalten,  dahinter 

(rechts;  die  unteren  Schlundknochen  und  der  Schlund. 

Wasser  in  Sauerstoff  und  Wasserstoff  zu  zersetzen  und  den  frei  werdenden 


32 


Vom  Bau  der  Fische. 


Sauerstoff  sich  anzueignen,  sie  können  nur  den  Sauerstoff  der  im  Wasser  gelö- 
sten Luft  aufnehmen  und  müssen  deshalb  in  luftarmem  Wasser,  das  entweder 
noch  wenig  Luft  aufgenommen  hat  (unmittelbar  an  tiefen  Quellen),  oder  in 
Folge  von  Erwärmung  den  grössten  Theil  seiner  Luft  verloren  hat,  Athem- 
noth  leiden,  weshalb  sie  in  solchem  Wasser  häufig  an  die  Oberflächr 
kommen,  um  Luft  zu  schnappen  und  diese  direct  mit  den  Kiemen  in  Berüh- 
rung zu  bringen.  In  ausgekochtem,  also  ganz  von  Luft  befreitem  Wasser, 
wenn  es  auch  wieder  vollkommen  erkaltet  ist,  müssen  die  Fische 
ebenso  schnell  ersticken,  wie  die  luftathmenden  Thiere  in  sauerstoffarmer 
Luft.  Dass  die  Fische  in  der  Luft,  die  sehr  viel,  sauerstoffhaltiger  ist 
als  lufthaltiges  Wasser,  sterben,  hegt  daran,  dass  ihre  Kiemen  an  der 
Luft  vertrocknen,  und  das  Blut  in  den  Gefässen  derselben  gerinnt.  Die- 
jenigen Fische,  welche  sehr  enge  Kiemenspalten  haben'  können  längere 
Zeit  an  der  Luft  leben,  so  lange  bis  alles  in  der  Kiemenhöhle  zurück- 
gehaltene WTasser  verdunstet  ist,  und  das  Vertrocknen  der  Kiemen  eintritt. 
Von  den  Kiemen  der  übrigen  Fische  weichen  diejenigen  der  Neun- 
augen in  ihrem  Bau  wesentlich  ab.  Kiemenbögen  sind  nicht  vorhanden, 
und  innerhalb  des  schon  früher  erwähnten  knorpligen  Kiemenkorbes 
liegen  jederseits    sieben    häutige   Beutel,    die    Kiemenbeutel,    deren   jeder 

2 


Fig.  43.     Kiemen  des  Neunauges. 
1.  Horizontalsclmitt  des  unpaarigen  Kiementanals  und  der  Kiemenbeutel. 
2.   Querschnitt  der  Kiemenbeutel,   die   vielfach  gefaltete   Schleimhaut   zeigend. 

an  der  Seite  des  Halses  eine  eigene  Kiemenöffnung  besitzt,  innen  aber 
in  einen  mittleren,  unterhalb  des  Speiserohres  gelegenen  Kanal  ein- 
mündet, der  hinten  geschlossen  ist,  vorne  in  die  Mundhöhle  führt.  Auf  den 
vielfachen  Längsfalten,  welche  die  Schleimhaut  der  Kiemenbeutel  bildet, 
verzweigen  sich  die  haarfeinen  Kiemengefässe,  die  aus  dem  durch  die 
Kiemenbeutel  hindurchströmenden  Wasser  den  erforderlichen  Sauerstoff 
aufnehmen. 

Während  die  Ausscheidung  der  festen  Auswurfsstoffe  durch  den  Darm, 
die  der  gasförmigen  (Kohlensäure)  durch  die  Kiemen  erfolgt,  werden  die 
flüssigen  von  den  Harnorganen  beseitigt.     Die  Nieren"  der  Fische  sind  zwei 


Harn-1  nml  Geschlechtswerltzeuge. 


33 


lange,  jederseits  dicht  neben  der  Wirbelsäule  gelegene  Organe,   meistens 
lappig  und  von  bräunlicher  oder  braunrother  Farbe.    Aus  ihren  einzelnen 

Lappen  entspringen  feine  Kanälchen,  die  den  dort  abgesonderten  Harn  in 
die  an  der  Innenseite  der  Nieren  gelegenen  Harnleiter  führen.  Beide 
Harnleiter  vereinigen  sieh  weiterhin  zu  einem  unpaarigen  Harngange,  der 
sieh  gewöhnhell  vor  seinem  Ende  zu  einer  Harnblase  von 
verschiedener  Gestalt  und  Grösse  erweitert.  Aus  der  Harn- 
blase führt  eine  meistens  kurze  Harnröhre  hinter  dem 
After  nach  aussen. 

Sehr  gewöhnlich  nehmen  die  Harnleiter  oder  die  Harn- 
röhre  die  Ausführungsgänge  der  Geschlechtsorgane  auf,  die 
aber  auch  zwischen  After  und  Harnröhre  mit  eigener 
Oeffnung  münden  können.  Häufig  liegt  die  Harnröhren- 
öffnung an  der  Spitze  einer  zapf enf orangen  Hervorragung, 
in  diesem  Falle  münden  die  Geschlechtsorgane  entweder 
schon  in  die  Harnröhre  ein,  oder  sie  öffnen  sich  am  vordem 
Bande  der  Papille.  Bei  manchen  Fischen  umfasst  eine  ge- 
meinsame, aus  zwei  Längsfalten  gebildete  Umwallung  After, 
Harn-  und  Gesclüechtsöffnung,  bei  anderen  ist  der  After 
von  den  gemeinschaftlich  von  Falten  umschlossenen  Oeffnun- 
gen  der  Harn-  und  Geschlechtsorgane  getrennt. 

Mit    Ausnahme    weniger,    nur    in    wärmeren    Meeren 
heimischer    Gattungen    sind    alle    Fische    getrennten     Ge- 
Fjn-  44         schlechtes,    in    vielen    Arten    lassen    sich    Männchen    und 
Harnwerkzeuge.  Weibchen  schon  an  äusserlichen    Form-    und  Farbenunter- 
schieden erkennen. 
Die  Fortpflanzungsorgane  beider  Geschlechter  sind  einander  in  Ge- 
stalt und  Lage  meistens  sehr  ähnlich,  so  dass  es  ausserhalb  der  Laichzeit 
oft  einer  genauen  Untersuchung  ihres  Inhalts  bedarf,  um  zu  unterscheiden, 
ob  man  Hoden    oder  Eierstöcke  vor    sich  habe.     Während  eines  Theiles 
des  Jahres    liegen    sie  klein  und  unscheinbar  jederseits   der  Wirbelsäule 
vor  den  Nieren,  schwellen  aber  schon  längere  Zeit  vor  dem  Laichen  durch 
Entwickelung  des  männlichen  Samens  (Milch)  oder  der  Eier  (Bogen)    all- 
mälig  so  bedeutend  an,    dass  sie  die  übrigen  Eingeweide  ganz  bei  Seite 
drängen  und  den  Bauch  der  Thiere  beträchtlich  ausdehnen. 

Bei  den  meisten  Fischen  haben  Hoden  und  Eierstöcke  die  Form 
hohler«  am  hinteren  Ende  in  enge,  cylindrische  Samen-  oder  Eileiter 
übergehender  Schläuche,  an  deren  Innenwand  Milch  oder  Bogen  sich 
bildet,  um  bei  erlangter  Beife  sich  abzulösen  und  durch  die  beiden  sich 
vereinigenden  Ausführungsgänge    nach    der   hinter   dem  After  gelegenen 

3 


34 


Vom  Bau  der  Fische 


Geschlechtsöffmmg  geführt  zu  werden.  Bei  vielen  Fischen  verbindet  sich 
der  Geschlechtskanal  mit  der  Harnröhre  oder  schon  vorher  mit  dem  Harn- 
leiter, so  dass  beide  eine  gemeinschaftliche  Mündung  besitzen  ;  wo  das  nicht 
der  Fall  ist,  liegt  die  Geschlechtsöffnung  zwischen  After  und  Harnröhre. 
Bei  anderen  Fischen  bilden  die  Geschlechtsorgane  vielfach  gefaltete 
Platten,  an  deren  Oberfläche  Milch  und  Bogen  sich  entwickelt.  Dir  reiten 
Geschlechtsproducte    fallen    dann    in   die  Bauchhöhle    und   gelangen    ent- 


Fig.  45.     Geschleehtstlieile  verschiedener  Fische. 
1.  Hoden  der  Flunder.    2.  Eierstock  vom  Karpfen,  beide  mit  Ausfühmngsgang.     3.  Eier- 
stock des  Neunauges.    4.  Stück  vom  Eierstock  des  Lachses  nach  Ablösung  der  reifen  Eier. 

weder  durch  zwei  kurze,  trichterförmige  Kanäle  in  die  Harnleiter  oder 
durch  eine  einfache,  dicht  hinter  dem  After  gelegene  Oeffnung  nach  aussen. 

Nicht  selten  kommen  unter  Lachsen  und  Karpfenarten  unfruchtbare 
Individuen  vor,  deren  männliche  oder  weibliche  Geschlechtsorgane  zwar 
vorhanden,  aber  nur  unvollkommen  entwickelt  sind  und  niemals  zur 
völligen  Beife  gelangen.  Im  Allgemeinen  sind  solche  sterile  Fische  ge- 
wöhnlich dicker,  fleischiger  als  fruchtbare,  fallen  jedoch  durch  erhebliche 
Schmächtigkeit  in  der  Aftergegend  leicht  auf.  Andererseits  sind  ausnahms- 
weise in  Karpfen  gleichzeitig  männliche  und  weibliche  Organe  beobachtet 
w<  irden.     (Zwitterbildung.) 

Die  Milch,  '1.  h.  der  männliche  Same  der  Fische,  erscheint  vor  der 


( teschlechtswerkzeuge.     Eier. 


35 


völligen  Reife  als  eine  weisse,  gallertartige  Masse,  löst  sich  aber  später 
zu  einer  rahmigen  Flüssigkeit  auf,  die  unzählige  Millionen  von  äusserst 
kleinen  ..Samenfaden"  enthält.  Diese  haben  etwa  die  Gestalt  von  Steck- 
nadeln mit  kugligem,  cylindrischem  oder  fingerhutförmigem  Kopf  und 
dünnem  Schwanzfaden,  dessen  fortwährende  schlängelnde  Bewegungen 
das  ganze  Körperchen  vorwärts  treiben.  31  i t  der  Bewegung  des  Schwanz- 
fadens erlischt  ihr  Lehen  und  ihre  Befruchtungsfähigkeit.  Die  Länge  dm- 
Samenfäden  beträgt  heim  Barsch  0,02,  heim  Lachs  0,06,  heim  Hering  0,07. 
heim   Neunauge  0,15  mm. 


^^IIE^ 


üP^ 


Fig.  46.     Samenfäden. 
250mal  vergrössert. 


Fig.  47.     Fischeier. 


1.  Hering.     2,  Stichling.     3.  Barsch.     4.  Kleine  Grandel. 
10 — 20mal  vergrössert. 


Die  Eier  sind  nach  ihrer  Ablösung  von  der  Wand  des  Eierstockes 
meistens  kugelig,  seltener  elliptisch  oder  birnförmig,  und  bestehen  aus 
dem    Dotter  und    der   ihn    eng   umschliessenden,   festen  und  elastischen, 


1. 


3. 


Fig.  48.    Eihaut  und  Mikropyle  von  Fischeiern. 

1.  Eihaut  des  Stichlingseies  mit  Mikropyle.     2.  Dickenschnitt  durch  Eihaut  und  Mikropyle 

des  Forellencies.     3.  Dickenschnitt  aus  der  Eihaut  des  Barsches.     4.  Flächenansicht 

derselben  Eihaut  mit  weiten  und  feinen  Poren.     Vergrösserung  50— lOOmal. 

oder    zarten,    und    in    diesem   Falle    häufig   von    einem    eigenthümlielien 
Klebstoff  überzogenen  Eihaut.     Dieselbe   ist  von  zahllosen  feinen  Kanal- 


36  Vom  Bau  der  Fische. 

clien  durchzogen  und  besitzt  ausserdem  eine  grössere,  trichterförmige 
Oeffnung,  die  Mikropyle.  Bei  manchen  Fischeiern  besteht  sie  aus  zwei 
Schichten  von  ungleicher  Dicke  (Barsch.)  Der  Dotter  ist  nur  bei  wenigen 
Fischen  (Stör,  Neunauge)  undurchsichtig,  bei  der  grossen  Mehrzahl  mehr 
oder  weniger  durchscheinend  und  wasserhell,  gelblich,  orange,  röthlich, 
bläulich  oder  grünlich  gefärbt.  Er  besteht  aus  einer  eiweissartigen,  zäh- 
flüssigen Masse  und  Fett,  welches  darin  entweder  in  Form  feinster 
Tröpfchen  ziemlich  gleichmässig  vertheilt  ist  (Hering),  oder  eine  Anzahl 
grösserer,  meisten s  in  Form  einer  Scheibe  zusammengelagerter  Tropfen 
(Stichling,  Lachs),  oder  eine  einzige  grosse  Kugel  (Barsch,  Kaulbarsch) 
bildet. 

Die  Grösse  der  Eier  ist  sehr  verschieden,  sie  beträgt  z.  B.  beim 
Hering  1,  bei  der  Maräne  3,  der  Forelle  5,  dem  Lachs  (3  mm. 

Ihre  Zahl  schwankt  innerhalb  sehr  weiter  Grenzen.  Während  man 
beim  Stichling  nur  60 — 80  zählt,  kommen  bei  der  Aalmutter  300,  der 
Forelle  500  —  1000,  dem  Lachs  10000,  dem  Hering  40000,  dem  Hecht 
100000,  den  Karpfenarten  3  —  700000,  bei  Stören,  Aalen,  Steinbutten 
und  Dorschen  mehrere  Millionen  zur  gleichzeitigen  Entleerung. 

Die  meisten  Fische  laichen  nicht  an  ihren  gewöhnlichen  Aufenthalts- 
orten, sondern-  unternehmen,  um  geeignete  Laichplätze  aufzusuchen, 
grössere  oder  kleinere  "Wanderungen,  wobei  sie  gewöhnlich  grössere 
Schwärme  bilden,  in  denen  häufig  die  Weibchen  vorangehen.  So  ziehen 
die  Heringe,  Maränen,  die  Karpfenarten  aus  der  Tiefe  der  Gewässer  an 
flache  Ufer,  wandern  die  Lachse  aus  dem  Meere  weit  hinauf  bis  in  die 
Quellbäche  der  Ströme,  steigen  die  Aale  aus  den  Flüssen  und  Seen  zum 
Meere  hinab.  Alle  Fische,  die  aus  süssem  in  salziges  Wasser  wandern, 
oder  umgekehrt,  halten  sich  längere  Zeit  in  dem  Brackwasser  der  Fluss- 
münclungen  oder  Haffe  auf,  da  ein  plötzlicher  Wechsel  des  Wassers  ihnen 
schädlich  oder  selbst  tödtlich  sein  würde.  In  der  Nähe  ihres  Zieles  sind 
die  Zugfische  vom  Wandertriebe  so  vollkommen  in  Anspruch  genommen, 
dass  sie  ihre  gewöhnliche  Scheu  und  Vorsicht  ganz  verlieren,  nur  ge- 
legentlich etwas  Nahrung  zu  sich  nehmen  und  blindlings  in  Netze  aller 
Art  hineinlaufen.  Viele  Fische  werden  daher  gerade  in  der  Nähe  ihrer 
Laichplätze  in  besonders  grosser  Menge  gefangen  (Lachse,  Maränen,  He- 
ringe, Dorsche).  Gleichzeitig  mit  der  Keifimg  der  Geschlechtsproducte 
legen  viele  Fische  ein  von  ihrer  gewöhnlichen  Färbung  sehr  abweichen- 
des Hochzeitskleid  an.  welches  häufig  die  auffallendsten  und  pracht- 
vollsten Farben  zeigt,  oder  es  entstehen  auf  Kopf,  Bücken  und  Seiten, 
namentlich  der  Männchen,  zahlreiche  halbkugelige  oder  kegelförmige 
Knötchen    von  weisser  Farbe   (Karpfenarten).     Bei  Lachsen  und  Forellen 


Eier.     Laichzeit.  37 

entwickelt  sich  eine  schwartige  Verdickung  der  Haut  an  den  »Seiten  des 
Schwanzes,  bei  den  Neunaugen  sclrwillt  die  Basis  der  Kücken-  und  After- 
flosse und  bei  allen  Fischen  die  Geschlechtsöftnung  und  ihre  Umgebung 
beträchtlich  an.  Alle  diese  Veränderungen  gehen  nach  Beendigung  des 
Laichgeschäftes  wieder  vollständig  verloren. 

Die  Laichzeit  fällt  bei  den  meisten  lachsartigen  Fischen  in  den 
Spätherbst  und  Winter,  bei  den  meisten  Karpfen  arten  in  den  Frühling 
und  Vorsommer,  indessen  giebt  es  keinen  Monat  im  Jahre,  in  dem  nicht 
eine  oder  die  andere  Art  unserer  Fische  laichte,  zumal  die  Reifung  der 
Geschlechtsproducte  von  der  Temperatur  der  Luft  und  des  Wassers  sehr 
erheblich  beeinflusst  wird. 

Auch  die  Ablage  des  schon  völlig  reifen  Laiches  ist  noch  von  der 
Witterung  sehr  abhängig,  indem  heftige  Schwankungen  der  Temperatur, 
Gewitter,  kaltes,  nasses  und  stürmisches  AVetter  die  Fische  in  die  Tiefe 
scheucht  und  das  Laichen  stört,  und  bei  längerer  Dauer  selbst  vollständig 
verhindert,  so  dass  der  Laich  unabgelegt  verdirbt  und  nicht  selten  den 
Tod  der  Fische  verursacht. 

Eine  Angabe  der  Laichzeit  nach  Kalendermonaten  oder  Tagen 
(Johannis,  Jacobi,  Martini)  ist  daher  häufig  ganz  unzutreffend.  Sehr  viel 
zweckmässiger  ist  es,  diese  Zeit  nach  anderen  gleichzeitig  auftretenden 
Naturerscheinungen  zii  bestimmen,  die  leicht  zu  beobachten  sind,  wie 
der  Aufgang  des  Eises,  die  Blüthe  der  Ellern  oder  Schlehen,  das  Erschei- 
nen der  ersten  Laubblätter  gewisser  Bäume  etc.  Indessen  müssen  um 
solchen  Angaben  die  erforderliche  Sicherheit  zu  geben  noch  eingehende 
Beobachtungen  an  den  verschiedenen  Gewässern  gemacht  werden.  Im 
Allgemeinen  dauert  die  Laichzeit  jeder  Fischart  mehrere  Wochen,  indem 
gewöhnlich  die  jüngeren  Thiere  zu  anderer  Zeit  laichen  als  die  älteren, 
die  meisten  Fische  auch  ihren  Laich  nicht  auf  einmal,  sondern  nach 
und    nach  in  kleineren  Portionen  absetzen. 

Getrennt  in  Gefangenschaft  gehaltene  Fische  lassen  den  Laich  nicht 
fahren,  auch  wenn  er  vollkommen  reif  ist  und  beim  geringsten  Druck  auf 
den  Bauch  abfliesst.  Dagegen  laichen  die  Fische,  wenn  sie  in  grösserer 
Zahl  in  den  Netzen  gefangen  sind  oder  in  Behältern  autbewahrt  werden, 
sehr  häufig,  so  dass  also  zur  freiwilligen  Ablage  des  Laiches  ein  An- 
reiz durch  die  Anwesenheit  des  andern  Geschlechtes  erforderlich  zu 
sein  scheint. 

Das  Laichgeschäft  ist  bei  vielen  Fischen  leicht  zu  beobachten.  Die 
Schwärme  der  Lachse  lösen  sich  auf  den  Laichplätzen  in  kleine  Gruppen 
auf.  Ein  Weibchen,  von  mehreren  Männchen  begleitet,  die  sich  gegen- 
seitig  hitzig  bekämpfen    und    zu    verdrängen    suchen,    bildet    an    einer 


38  "Vom  Bau  der  Fische. 

flachen  Stelle  des  Baches  mit  Kies-  oder  Steingrund  durch  heftige  Schwanz- 
bewegungen eine  seichte  Grube,  in  die  es  einen  Theil  seiner  Eier  ablegt, 
die  von  einem  Männchen  durch  Abgabe  von  etwas  Milch  sofort  be- 
fruchtet werden.  Durch  die  Schwanzbewegungen  der  Eltern  und  die 
Strömung  des  Wassers  werden  sie  theil  weise  mit  Kies  und  kleinen  Stein- 
chen bedeckt.  Die  Hechte  ziehen  paarweise,  sich  häufig  an  einander 
reibend,  in  flaches  Wasser,  um  unter  heftigen  Schwanzbewegungen  ihren 
Laichin  fielen  kleinen  Portionen  abzusetzen.  Die  Gründlinge  laichen  in 
möglichst  flachem,  über  Kiesgrund  strömendem  Wasser,  schiessen  schaaren- 
weis,  sich  am  Kiese  reibend,  über  den  Grund  hin.  schlagen  dabei  heftig  mit 
den  Schwänzen  und  wiederholen  das  so  lange,  bis  aller  Laich  entleert  ist. 
Die  meisten  Karpfen  arten  laichen  in  grossen  Sehaaren  au  flachen  Ufern 
über  Wasserpflanzen,  an  denen  ihre  klebenden  Eier  sich  befestigen.  Sie 
wühlen  und  plätschern  dabei  auf  das  Lebhafteste,  so  dass  man  solche 
Laichplätze  schon  von  Weitem  leicht  bemerkt.  Aelmlich  verhalten  sich 
die  Heringe,  die  in  so  grosser  Anzahl  gleichzeitig  den  Laich  absetzen, 
dass  das  Wasser  in  weiter  Ausdehnung  durch  die  Milch  getrübt  wird 
und  einen  eigentümlichen  süsslichen  Geruch  annimmt,  den  der  Wind 
oft  weithin  führt.  Die  Neunaugen  versammeln  sich  sum  Laichen  in 
flachem,  über  Kiesgrund  schnell  hinströmendem  Wasser  in  Gesellschaften 
von  10  bis  50  Stück,  saugen  sich  dicht  nebeneinander  am  Grunde  fest 
und  werden  vom  Strome  fortwährend  in  schlängelnder  Bewegung  erhalten. 
Ab  und  zu  sieht  man  die  an  einer  langen  Geschlechtswarze  leicht  kennt- 
lichen Männchen  ein  Weibchen  mit  dun  Saugmunde  dicht  bJ  tei  dem 
Kopfe  erfassen  und  sich  daran  festsaugen.  Beide  Thiere  entleeien  dann 
unter  heftigem,  ruckweisem  Schütteln,  und  während  das  Männchen  mit 
einer  halben  Wendung  des  Leibes  seine  Geschlechtsöffnung  der  des 
Weibchens  nähert,  einen  Theil  ihres  Laiches,  und  dieser  Vorgang  wieder- 
holt sich  so  oft,  dass  die  Weibchen,  wenn  sie  allen  Rogen  abgesetzt 
haben,  im  Genick  einen  hellen,  halb  geschundenen  Flecken  erkennen  lassen. 
Viele  Fische  lassen,  indem  Männchen  und  Weibchen  gleichzeitig  miteinander 
zugekehrtem  Bauch  oder  Seite  an  Seite  aus  dem  Wasser  aufspringen 
Milch  und  Rogen  fahren,  und  bei  der  Nase  scheint  die  Befruchtung  der 
Eier  gar  nicht  anders  erfolgen  zu  können,  als  wenn  sie  zuerst  ausser- 
halb des  Wassers  mit  der  Milch  in  Berührung  kommen.  Bei  der  leben- 
dige Junge  gebärenden  Aalmutter  müssen  die  Eier  natürlich  innerhalb 
des  Leibes  befruchtet  werden,  es  ist  aber  noch  nicht  beobachtet  worden, 
in  welcher  Weise  die  Befruchtung  vor  sich  geht. 

Die  meisten  Fische  kümmern  sich  nach  dem  Laichen  um  ihre  Eier 
gar  nicht,  nur  bei  wenigen  Arten  werden    dieselben  vom  Männchen  be- 


Laioh.gesohäft.    Befruolitung.  39 

wacht.  80  hütet  der  Kaulkopf  die  zwischen  Steinen,  der  Lump  die  in 
selbstgewühlten  Graben  abgelegten  Eier,  die  männlichen  Stichlinge  bauen 
sogar  aus  Pflanzenfasern  und  ähnlichen  Stoffen  Nester,  die  entweder 
in  weichem  Schlamme  eingebettet  oder  auch  zwischen  Wasserpflanzen 
schwebend  angebracht  sind.  Das  Männchen  bewacht  dann  die  in 
das  Nest  abgelegten  und  von  ihm  befruchteten  Eier  auf  das  Sorg- 
fältigste, führt  ihnen  durch  fortwährendes  Fächeln  mit  den  Brust- 
flossen beständig  frisches,  sauerstoffreiches  Wasser  zu,  hält  sich  fort- 
während dicht  bei  dem  Neste  auf,  bessert  es  gelegentlich  aus  und 
vertheidigt  es  gegen  Feinde  aller  Art,  ja  selbst  gegen  den  Menschen 
mit  dem  e-rössten  Muthe.  Sobald  man  die  Hand  einem  der  im  Mai 
und  Juni  an  flachen  Grabenrändern  häufig  zu  findenden  Stichlings- 
nester nähert,  wird  man  von  dem  kleinen  Wächter  unaufhörlich  ge- 
stossen  und  gebissen,  man  kann  ihn  mit  der  grössten  Leichtigkeit 
fangen,  ohne  dass  er,  freigelassen,  von  seinen  Angriffen  abstände.  Mit 
seinem  Neste  vorsichtig  in  ein  Aquarium  übertragen,  bildet  der  Stichling 
eines  der  interessantesten  Beobachtungsobjecte.  Die  weiblichen  Seenadeln 
setzen  ihre  Eier  in  eigene  Bruttaschen  an  der  Bauchseite  des  Schwanzes 
der  Männchen  ab  oder,  wo  solche  Taschen  fehlen,  kleben  die  Eier  der 
Haut  an  und  werden  bis  zum  Ausschlüpfen  vom  Männchen  herumge- 
tragen. Der  männliche  Lump  behütet  seine  Jungen  auch  noch  nachdem  sie 
das  Ei  verlassen  haben,  bei  drohender  Gefahr  flüchten  sie  sich  auf  seinen 
Körper,  wo  sie  sich  mit  ihren  Saugscheiben  befestigen,  um  sich  von  dem 
schnelleren  und  kräftigeren  Vater  in  Sicherheit  bringen  zu  lassen. 

Die  meisten  Fische  laichen  jährlich,  die  Neunaugen  und  Aale  jedoch 
scheinen  in  ihrem  ganzen  Leben  nur  einmal  ihren  gesammten  Laichvorrath 
abzusetzen  und  dann  zu  sterben.  TJeberhaupt  werden  alle  Fische  durch 
das  Laichen  ausserordentlich  angegriffen,  und  während  sie  unmittelbar 
vorher  im  besten  Stande  sind,  erscheinen  sie  nachher  welk  und  abgezehrt, 
sterben  auch  wohl  in  grösserer  Anzahl  ab. 

Die  Befruchtung  der  Eier  lässt  sich  unter  dem  Mikroskop  bei 
massiger  Yergrö sserang  leicht  beobachten.  Bei  ihrem  Austritt  aus  dem 
Mutterleibe  erscheinen  sie,  ausserhalb  des  Wassers  aufgefangen,  welk 
und  schlaff.  Prall  und  rund  werden  sie  erst  durch  die  Aufnahme  von 
Wasser,  welches  die  Eihaut  ausdehnt  und  von  dem  Dotter  abhebt.  Es 
bildet  sich  dadurch  ein  mit  Flüssigkeit  erfüllter  Eiraum,  in  welchem  der 
Dotter  frei  schwimmt.  Diese  Aufnahme  von  Wasser  erfolgt  bei  manchen 
Eiern  (Hecht)  ohne  Weiteres,  bei  anderen  (Hering)  nur  bei  gleichzeitiger 
Anwesenheit  lebender  Samenfäden  im  Wasser.  Heringseier,  die  in  be- 
samtem  Wasser    in    ca.   fünfzehn  Minuten  sich   prall   füllen,   können    in 


40  "Vom  Bau  der  Fische. 

unbesamtem  Wasser  vierundzwanzig  Stunden  lang  und  länger  aufbewahrt 
werden,  ohne  Wasser  aufzunehmen.  Nachdem  der  Eiraum  einmal  mit 
Wasser  erfüllt  ist,  gelingt  es  auch  lebhaft  sich  bewegenden  Samenfäden 
nicht  leicht,  durch  die  Eihaut  hindurchzudringen,  während  sie,  so  lange 
die  Eier  noch  nicht  prall  sind,  sehr  leicht  hineingelangen.  In  unbesamtem 
Wasser  gequollene  Eier  sind  deshalb  später  durch  Zuthun  lebender 
Samenfäden  nicht  mehr  zu  befruchten,  während  die  nur  bei  Gegenwart 
lebenden  Samens  Wasser  aufnehmenden  Eier,  auch  wenn  sie  vorher 
schon  Stunden  lang  in  unbesamtem  Wasser  gelegen  haben,  durch  Zusatz 
beweglicher  Samenfäden  sehr  wohl  befruchtet  werden  können.  Das  Ein- 
dringen der  Samenfäden  in  den  Eiraum  und  Dotter  ist  bei  vielen  Fisch- 
eiern direct  beobachtet  worden,  und  man  hat  dabei  erkannt,  dass  nicht, 
wie  man  früher  annahm,  die  Mikropyle  der  einzige  Weg  ist,  auf  dem 
sie  durch  die  Eihaut  hindurchgehen  können,  vielmehr  sieht  man  sie  bei 
den  Eiern  vieler  Fische  (Hering)  an  beliebigen  Stellen  hindurchtreten 
und  findet,  kurze  Zeit  nachdem  Milch  den  Eiern  zugesetzt  worden 
ist,  selbst  wenn  die  Mikropyle  zufällig  durch  fremde  Körper  fest 
verschlossen  ist,  oft  schon  grosse  Massen  von  Samenfäden  im  Eiraum. 
Durch  Eindringen  eines  oder  mehrerer  Samenfäden  in  den  Dotter  (beim 
Hering  sind  viele  hunderte  darin  beobachtet)  wird  die  Befruchtung  voll- 
zogen und  der  Anstoss  zu  den  nun  folgenden  Vorgängen  gegeben.  Der 
Dotter  zieht  sich  zunächst  etwas  zusammen,  wobei  gleichzeitig  etwas  von 
seiner  Substanz  in  dem  Wasser  des  Eiraums  gelöst  werden  mag,  da  sich 
diese  Flüssigkeit  nachmals  von  reinem  Wasser  unterscheidet. 

Die  Eier  der  Knochenfische  entwickeln  sich  in  ziemlich  überein- 
stimmender Art.  Nur  ein  Theil  des  Dotters  wird  zum  Aufbau  des  Em- 
bryo verwandt  (Bildungsdotter),  während  der  Best  (Nahrungsdotter)  nur 
mittelbar  dazu  beiträgt,  indem  er  allmälig  gelöst  und  von  den  Elementen 
des  Bildungsdotters  aufgesogen  wird.  Der  Bildungsdotter  umgiebt  in 
einer  dünnen  Schicht  den  ganzen  Nahrungsdotter  und  bildet  an  dem 
einen  Pole  desselben  eine  dünnere  oder  dickere  linsenförmige  Scheibe, 
den  Keimhügel,  der  einige  Zeit  nach  der  Befruchtung  durch  eine  allmälig  tie- 
fer einschneidende  Furche  in  zwei  gleiche  Hälften  getheilt  wird.  Es  bildet  sich 
dann  eine  zweite  Furche,  senkrecht  zur  ersten,  der  Keim  zerfällt  weiterhin  in 
8,  16,  32  Theilstücke  und  zerklüftet  sich  allmälig  in  eine  Unzahl  kleinster 
Kügelchen,  che  Bausteine,  aus  welchen  der  Körper  des  Fischchens  entstehen 
soll.  Auf  Kosten  des  allmälig  in  Lösung  übergehenden  Nahrungsdotters 
vergrössert  sich  der  Keim  und  breitet  sich  kappenförmig  über  den 
Nahrungsdotter  aus,  den  er  schliesslich  ganz  umschliesst.  Ehe  er  noch 
den  Nahrungsdotter  zur  Hälfte  uniwachsen  hat,   bemerkt   man    die    erste 


Entwicklung  des  Knocheufischeies. 


41 


Fig.  49.  Elitwickelung  des  Knochenfischeies. 
1—10,  13, 14  nacli  Photogrammen  vom  Stichling.  11, 12, 15  vom  Scknäpel.  16.  vom  Hering. 
1.  Frisch  gelegtes  Ei.  2.  Der  Keim  hat  sich  gebildet.  3  —  6.  Furchung.  7.  Der  Keim 
fängt  an  sich  auszubreiten,  links  ist  die  verdickte  Anlage  des  Fischchens  sichtbar, 
welches  in  8  und  9  schon  länger  erscheint.  10.  Der  Nahrungsdotter  ist  vollständig 
vom  Keime  umwachsen.  An  dem  Fischchen  ist  schon  Auge,  Ohr,  Herz,  und  im  Schwänze 
eine  kleine  Blase  (Allantois)  sichtbar.  11,  12.  Kopf  und  Schwanz  entwickeln  sich  stärker. 
13,  14.  Köpfe  zweier  Fischchen  von  oben  gesehen.  15,  16.  Das  Fischchen  ist  zum  Aus- 
schlüpfen reif,    der  Best  des  Nahrungsdotters  hängt  als  Dottersack  am  Halse. 


iL' 


Vom  Bau  der  Fische. 


Anlüge  des  Fischchens  in  Form  eines  verdickten,  vom  Rande  des  Keimes 
ausgehenden  Streifens,  der  sich  allinäiig  verlängert  und  an  seinem  vor- 
deren Ende  bald  die  Augen  erkennen  lässt.  Neben  dem  mittleren,  das 
Rückenmark  darstellenden  Streifen  legen  sich  beiderseits  in  zunehmender 
Anzahl  die  Urwirbel  an,  Hirn  und  Auge  vergrüssern  sich,  während 
dicht  dahinter  das  Herz,  zunächst  in  Form  eines  gekrümmten  Schlauches 
auftritt  und  bald  zu  pulsiren  beginnt.  Kopf  und  Schwanzende  des  Em- 
bryo ragen  bald  weit  über  den  Nahrungsdotter  hervor,  der  nun  als  eine 
kuglige  oder  birnförmige  Anschwellung,  von  grossen  Blutgefässen  um- 
sponnen, an  der  Bauchseite  des  sich  um  ihn  spiralig  aufrollenden  Fisch- 
chens liegt  und  als  Dottersack  bezeichnet  wird.  Schon  ehe  das  Fisch- 
chen im  Ei  bis  zur  Hälfte  der  Entwicklung  gelangt  ist,  lassen  sich 
seine  unverhältnissmässig  grossen  schwarzen  Augen  leicht  erkennen. 
Ehe  noch  der  Nahrungsdotter  vollständig  aufgesogen  ist,  sprengen  die 
Fischchen  durch  immer  lebhafter  werdende  Bewegungen  die  verdünnte  Eihaut 
und  treten  als  fast  durchsichtige  dickköpfige  Thierchen,  noch  mit  einem 
grösseren  oder  kleineren  Dottersack  versehen,  hervor.  Die  Dauer  der 
bis  zum  Ausschlüpfen  der  Jungen  verstreichende  Brutzeit  ist  bei  ver- 
schiedenen Fischen  sehr  ungleich;  unser  Hering  verlässt  das  Ei  in  6 — 8 
Tagen,  die  meisten  Karpfenarten  kriechen  nach  8 — 14  Tagen,  die  Lachse 
erst  nach  6 — 8  Wochen  aus.  So  lange  sie  noch  einen  Rest  des  Dotter- 
sackes tragen,  was  bei  den  Sommerlaichfischen  wenige  Tage,  bei  den 
Lachsen  dagegen  noch  4 — 6  "Wochen  dauert,  sind  die  Fischchen  unbehilf- 
lich, liegen  meistens  am  Boden  und  bedürfen  noch  keiner  Nahrung. 
Nachdem  der  Inhalt  des  Sackes  aufgezehrt  ist,  schwimmen  sie  bald 
munter  umher,  suchen  nach  Nahrung  und  bekommen  in  kurzer  Zeit 
eine  regelmässige  Fischgestalt. 


3.  i\ 


Fig.  50.     Junge  Fische  nach  dem  Ausschlüpfen  aus  dem  Ei. 
1.  Hering.     2.  Lachs.    3.  Flunder.     4.  Gieben.     5.  Hecht.     6.  Kaulbarsch. 

Auch  nachdem  sie  diese  erlangt  haben  sind  sie  in  ihren  Körper- 
verhältnissen, in  der  relativen  Grösse  des  Kopfes,  der  Stellung  der 
Flossen  etc.  den  ausgewachsenen  Thieren  mitunter  noch  lange  unähnlich. 


Entwicklung  der  Knoohenfische  und  Neunaugen. 


i:; 


worauf  bei  der  Bestimmung  junger    Fische    wohl  geachtel  werden    muss. 
In  abweichender  Weise  entwickeln    sich  die   Eier   unserer  Knorpelfische, 


Fig.  51.     Entwicklung  des  Neunaugeneies. 
1.  Frisch  gelegtes  Ei.     2.  3.  4.  5.  Furchung  desselben.     6.  Der  Dotter   plattet    sich    ab. 
7.  8.  9.  Hervorwachsen  des  Kopfes.      10.   Das  Fischchen   ist   ziemlich  reif  zum   Aus- 
schlüpfen.    11.  Dasselbe  aus  dem  Ei  befreit. 

der  Störe  und  Neunaugen.    Bei  ihnen  kommt  eine  Scheidung  von  Bildungs- 
und  Nahrungsdotter    nicht  vor.     In   Folge    der   Befruchtung   hebt    sich, 


44  Vom  Bau  der  Fische. 

wie  bei  den  Eiern  der  Knochenfische,  die  Eihaut  vom  Dotter  ab,  und 
durch  Bildung  einer  allmälig  immer  tiefer  einschneidenden  Kreisfurche 
zerfällt  der  ganze  Dotter  in  zwei  Halbkugeln,  die  bald  durch  eine 
zweite,  zur  ersten  senkrechte  Furche  getheilt  werden.  Eine  zu  diesen 
beiden  meridionalen  Furchen  senkrechte,  äquatoreale  theilt  nun  die 
Dottermasse  in  acht  gleiche  Stücke,  die  dann  in  weniger  regelmässiger 
Weise  allmälig  in  kleinere  und  kleinere  Kügelchen  zerfallen.  Beim 
Neunauge  nimmt  dann  der  ganze  Dotter  eine  birnförmige  Gestalt  an, 
der  Kopf  wächst  in  Form  eines  Zapfens  hervor,  der  sich  mehr  und 
mehr  verlängert  und  am  sechsten  oder  siebenten  Tage  verlassen  die 
Jungen  das  Ei  in  eigenthümlicher  retortenförmiger  Gestalt,  werden  all- 
mälig schlanker  und  länger  und  wühlen  sich  in  den  Schlamm  ein,  in 
dem  sie  als  Larven  (Qu erder)  mehrere  Jahre  verweilen,  ehe  sie  durch 
eine  Metamorphose,  die  sonst  bei  keinem  anderen  Fische  beobachtet  ist, 
sich  in  Neunaugen  verwandeln. 

Die  kleinen  Störe  erreichen  schon  im  Ei  ihre  normale  Gestalt  und 
sollen  bereits  am  fünften  Tage  nach  der  Befruchtung  ausschlüpfen. 

Alle  Fischeier  ohne  Ausnahme  bedürfen  zu  ihrer  Entwickelung 
einer  genügenden  Menge  lufthaltigen  Wassers,  da  sie  ebenso  wie  die 
Fische  selber  Kohlensäure  ausscheiden  und  Sauerstoff  aufnehmen  müssen, 
um  zii  leben  und  zu  gedeihen.  Die  günstigste  Temperatur  des  Wassers 
für  die  Entwickelung  der  Winterlaichfische  ist  1/2 — 5°  C,  während  die 
Eier  der  karpfenartigen  Fische  eine  Temperatur  von  12 — 15°  C.  ver- 
langen, aber  auch  höhere  Wärmegrade  gut  ertragen.  Durch  vergleichende 
Versuche  ist  übrigens  nachgewiesen,  dass  die  Eier  des  Herings  sich 
gleich  gut  bei  allen  Temperaturen  zwischen  3,5  und  16°C.  entwickeln,  wo- 
zu sie  denn  allerdings  im  ersteren  Falle  40  Tage,  im  letzteren  nur  6  bis 
8  Tage  gebrauchen,  und  dass  ihnen  ziemlich  heftige  Temperaturschwan- 
kungen durchaus  nicht  so  schädlich  sind  als  man  sonst  wohl  angenom- 
men hat. 

Nach  dem  Verlassen  des  Eies  halten  sich  die  jungen  Fischchen  noch 
längere  Zeit  schaarenweis  auf  den  für  ihre  erste  Ernähr nng  meistens  sehr 
günstig  gelegenen  Laichplätzen  auf  und  trennen  sich  erst  später,  wenn 
das  Bedürfniss  nach  mehr  und  grösserer  Nahrung  sie  dazu  zwingt. 


45 


Systematische  Uebersicht  der  Fische 
von  Ost-  und  Westpreussen. 


Bei  Aufstellung'  der  Ordnungs-,  Familien-  und  Gattüngseharaktefe 
sind  alle  nicht  bei  uns  einheimischen  Fische  vollkommen  unberücksichtigt 
gelassen,  so  dass  diese  Uebersicht  nur  zur  Bestimmung  der  Fische  unserer 
Fauna  verwendbar  ist. 

I.  Teleostei,  Knochenfische. 
Skelett  knöchern.     Haut  beschuppt,  seltener  nackt  oder  mit  Knochen- 
schildern   gepanzert.      Kiemen    kämm-    oder    büschelförmig,    mit 
Kiemendeckel  und  einfacher  äusserer  Kiemenspalte. 

I.  Ordnung  Acanthopteri,  Stachelflosser. 

Kiemen  kammförmig.  Vordere  Strahlen  der  R,  A.  und  B.*)  hart, 
einfach,  stachlig,  nur  in  wenigen  Familien  weich  und  einfach. 
Schwimmblase,  wenn  vorhanden,  ohne  Luftgang. 

1,  Familie  Percoidei,  Barsche, 
Yordeckel,    oft   auch    der   Deckel,   gezähnt   oder   bedornt.      Fast   alle 
Knochen    der    Mundhöhle    mit    Hechelzähnen    besetzt.      Körper 
mit  festsitzenden  harten  Kammschuppen. 

I.  Gattung  Perca  L. 

Tordeckel  gezähnelt,  Deckel  mit  einem  Dorn.  Nur  Hechelzähne  im 
Maule.     Zwei  getrennte  Rückenflossen. 


*)  R.,  Br.,  B.,  A.,  S.  bezeichnen  die  Rücken-,  Brust-,  Bauch-,  After-  und  Schwanz- 
flosse. Sind  mehrere  Bücken-  oder  Afterflossen  vorhanden,  so  sind  dieselben  mit  Kl., 
B2.,  B.3.,  oder  AI.,  A2.  bezeichnet. 


46  Systematische  Uebersicht  der  Fische. 

1.  P.  flnviatilis  L.  Barsch. 

Kopf  kurz,  Körper  vorne  viel  höher  als  hinten,  mit  schwärzlichen 
Querbinden.  Auf  dem  Ende  der  ersten  R.  ein  schwarzer  Augen- 
fleck.    Mittlere  Grösse  20  bis  30  cm. 

2.  Gattung  Lucioperca  Cuv. 

Nur  derYordeckel  gezähnelt.  Zwischen  den  Hechelzähnen  des  Maules 
auch   grössere  kegelförmige.     Zwei  getrennte  Rückenflossen. 

2.  L.  sandra    Cuv.    Zander. 

Kopf  und  Körper  gestreckt,  letzterer  vorne  nur  wenig  höher  als 
hinten,  mit  dunkleren  Querbinden.  Auf  dem  Ende  der  ersten 
R.  ein  dunkler  Fleck.     Mittlere  Grösse  40  bis  50  cm. 

3.  Gattung  Acerina  Cuv. 

Vordeckel   und   Deckel   bedornt.     Nur  Hechelzähne  im  Maule.     Eine 
lange,   ungetheilte    Rückenflosse.      Kopfknochen,    namentlich   der 
Unterkiefer  mit  grossen,  flachen  Gruben. 
.'!.  A.  cerniia.  L.  Kaulbarsch. 

Kopf  und  Körper  gedrungen,  Schnauze  stumpf,  gewölbt,  Stachel- 
strahlen der  R.  viel  zahlreicher  als  die  Gliederstrahlen.  Mittlere 
Grösse  15  cm. 

2,  Familie  Trachinidi,  Drachenfische. 

Körper  seitlich  stark  zusammengedrückt,  niedrig,  mit  kleinen  Rund- 
schuppen. Augen  hoch  auf  dem  Kopfe.  Zwei  getrennte  Rücken- 
flossen.    Schwimmblase  fehlt. 

Gattung  Trachinus  L. 

Mnndspalte    gross,     fast    senkrecht.       Nur    Hechelzähne    im    Maule. 

Kiemendeckel  mit  einem  starken  Dorn.     B.  kehl  ständig, 
f.  T.  draco  L.  Petermännchen. 

Körper    sehr    gestreckt,     5mal    länger    als    hoch.      R 1.   mit    starken 

Dornen,  nur  sehr  kurz.     R  2.  und  A.  sehr  lang.     Mittlere  Grösse 

20  cm. 

3.  Familie  Scleroparei,  Panzerwangen. 
Unteraugenknochen    stark    nach     abwärts    verbreitert    und   mit   dem 

Yordeckel  zu   einem  Wangenpanzer   verwachsen.    Schwimmblase 
vorhanden. 

I.  Gattung  Cottus  Art. 

Kopf  gross,  bedornt,  Kiefer  und  Pflugschaarbein  mit  feinen  Hechel- 
zähnen.  Körper  schuppenlos,  Br.  gross.  B.  kehlständig.  Zwei 
Rückenflossen. 


Aöanthopteri.  47 

5.  C.  gobio   L.      Iva  u  1  köpf. 

Am   ffinterrande    des  Yordeckels   ein    kleiner   gekrümmter  Dorn,    ein 
noch  kleinerer  am  Unterdeclud.    Mundspalte  klein.    Mittlere  Grösse 
10  cm. 
i>.  C.  scorpius  L.     Seescorpion. 

Deckel   und  Yordeckel  mit  grossen  spitzen  Dornen.     Auf  dem  Scheitel 
vier  spitze  Höcker.     Mittlere  Grösse  20  bis  25  cm. 
2.  Gattung  Agonus  Bloch. 
Körper   ganz    mit    Knochentafeln   gepanzert.      Kopf  gross,    breit    mit 
zahlreichen  bartelartigen  Fäden  an  der  Unterseite. 
7.  A.  cataphractus  L.     Steinpicker. 

Auf  der  verlängerten  Schnauze  4  Dornen.  Körper  vorne  dick,  acht- 
kantig, hinten  viel  dünner,  sechskantig.  Mittlere  Grösse  10  bis 
15  cm. 

4,  Familie  Gasterosteidei,  Stichlinge. 
Yor  der  R,    eine  Anzahl  freier,  nicht  durch  Flossenhant  verbundener 
Stacheln.      Die   B.    besteht   nur    aus    einem    starken  Stachel    mit 
kleinem  Anhang.     Schwimmblase  vorhanden. 
Gattung  Gasterosteus  L. 
Körper   schlippenlos,   mehr    oder   weniger   mit  Knochenschildern  oder 
Schienen  gedeckt.    Stacheln  mit  Sperrgelenken.     Nur  Hechelzähne. 
S.  G.  aculeatus  L.     Gemeiner  Stichling. 

3  bis  4  Stacheln  vor  der  R.  Mittlere  Grösse  6  bis  7  cm. 

9.  G.  pungitius  L.     Kleiner  Stichling. 

9  bis  11  Stacheln  vor  der  R     Mittlere  Grösse  4  bis  5  cm. 

10.  G.  spinachia  L.     Meerstichling. 

15  Stacheln  vor  der  R,  Kopf  und  Körper  sehr  gestreckt.  Mittlere 
Grösse  10  bis  12  cm. 

5,  Familie  Scomberoidei,  Makrelen, 
Kiemendeckel    ungezähnelt,    fest    anschliessend.      Haut    stark    silber- 
glänzend,   mit    ganz    kleinen,    zarten   Rundschuppen,    stellenweis 
nackt.     An  den  Seiten  des  Schwanzes  eine  erhabene  Längsleiste. 
Meerfische. 

I.  Gattung  Scomber  L. 
Körper  gestreckt,  2  R.,    hinter   der  letzten    eine  Reihe    kleiner  Flöss- 
chen,  ebenso  hinter  der  A.     Bauchflossen  vorhanden. 

11.  S.  scombrus  L.  Makrele. 

Kopf  länger  als  die  Körperhöhe,  mit  spitzer  Schnauze,  Br.  klein,  an  den 
Schwanzseiten  eine  schwache  Hautleiste.     Mittlere  Grösse  .10  cm. 


45  Systematische  Uebersicht  der  Fische. 

2.  Gattung  Xiphias  L. 

Obere    Kinnlade    zu    einem    langen    schwertförmigen   Fortsatz    ausge- 
zogen.    B.  fehlen. 
12.  X.  gladius  L.  Schwertfisch. 

R.  sehr  lang,  nur  bei  Jungen  vollständig-,  später  in  der  Mitte  mehr  oder 

weniger  weit  unterbrochen.     Schwanzseiten  mit  starker  knorpelig- 
häutiger  Längsleiste.     Mittlere  Grösse  2  bis  3  m. 

6.  Familie  Blennioidei,  Schleimfische. 

Körper  lang  gestreckt,  niedrig,  B.  und  A.  sehr  lang,  ihre  vorderen 
Strahlen  einfach,  aber  biegsam.  B.  kehlständig.  Haut  nackt 
oder  mit  kleinen  Bundschuppen,  schleimig.     Meerfische. 

1.  Gattung  Zoarces  Cuv. 

Mund  gross,  horizontal.  Körper  vorne  rundlich,  hinten  zusammen- 
gedrückt. B.  und  A.  stossen  am  spitzen  Schwänzende  zusammen. 
1.3.  Z.  viviparus  L.     Aalmutter. 

B.  dicht  vor  dem  Schwänzende  mit  einer  sehr  niedrigen  Stelle.  B. 
nur  aus  2  bis  3  Strahlen  bestehend.  Lebendig  gebärend.  Mittlere 
Grösse  30  bis  40  cm. 

2.  Gattung  Centronotus  Bl.  Sehn. 

Mund  klein,  fast  senkrecht.     Körper  seitlich  stark  zusammengedrückt. 

R.  und  A.  von  der  Schwanzflosse  abgesetzt. 
14.  C.  gunellus  Seh.     Butterfisch. 

Körper    9mal   länger    als   hoch.      B.  niedrig,    dicht   hinter   dem  Kopfe 

beginnend,  an  der  Basis  mit  einer  Beihe  schwarzer  Flecken. 

7.  Familie    Gobioidei,  Meergrundeln. 

Alle  Strahlen  der  B.  und  A.  biegsam.  B.  kehl-  oder  brustständig, 
an  der  Wurzel  oder  der  ganzen  Länge  nach  zu  einem  Trichter 
verwachsen.     Beschuppt.    Meerfische. 

Gattung  Gobius  L. 

Kopf  rundlich,  die  verschmolzenen  B.  bilden  einen  schief  abgeschnittenen 
Trichter.     Schwimmblase  fehlt, 
lö.  G.  niger  L.     Schwarzgrundel. 

Bl.    mit    6  Strahlen.      Körper    nach   hinten   hin    stark   keilförmig  zu- 
sammengedrückt.    Zwischen  den  einander  sehr  genäherten  Augen 
zwei  kleine  Gruben.     Mittlere  Grösse  10 — 12  cm. 
Iß.  G.  minutus  L.     Kleine  Grundel. 

Bl.  mit  6  Strahlen.  Körper  hinten  weniger  verschmälert,  Kopf  breiter 
als  hoch.     Mittlere  Grösse  0  cm. 


Acanthopteri,     Anacanthini.  |<i 

17.  G.  Ruthen  sparri  Euphr. 

El.  mit  7  Strahlen.  Augen  einander  sehr  genähert.  Mittlere  Grösse 
6  cm. 

8.  Familie  Discoboli,  Scheibenbäuche, 
Körper   dick,  keulenförmig,  Haut  schuppenlos.     Br.  sehr  gross,  vorne 
fast  zusammenhängend,    beide  B.   zu   einer  runden    Saugscheibe 
verwachsen.     Meerfische. 

Gattung  Cyclopterus  L. 
Skelett  nur  unvollkommen  verknöchert.     Lippen  dick,  fleischig,   ohne 
Barteln.     Br.  kehlständig.     2  Rückenflossen. 

18.  C.  lumpus  L.     Lump,  Seehase. 

Körper  fünfkantig-,  jederseits  mit  3  Längsreihen  kegelförmiger 
Knochenhöcker,  dazwischen  mit  vielen  kleinen  Knochenkörnchen. 
R.  ganz  in  dicker  Haut  verborgen.     Mittlere  Grösse  20  bis  25  cm. 

2.  Ordnung  Anacanthini,  Weichflosser. 

Kiemen  kammförmig.  Alle  Flossenstrahlen  weich,  gegliedert,  gegen 
die  Spitze  hin  zertheilt.  Bauchflossen  kehlständig,  selten  brust- 
ständig.   Schwimmblase,  wenn  vorhanden,  ohne  Luftgang. 

1.  Familie  Gadoidei,  Schellfische, 
Körper  gestreckt,  rundlich.    Mundöffnung  gross.     2 — 3  Rückenflossen. 
B.  kehlständig.    Kleine  Rundschuppen.     Schwimmblase  vorhanden. 

1.  Gattung  Gadus  L. 

3  Rücken-,  2  Bauchflossen,  Meerfische. 

19.  G.  morrhua  L.  Dorsch. 

Eine  Bartel  am  Kinn.  A.  beginnt  unter  dem  Anfang  von  R  2.  Mittlere 
Grösse  40  cm. 

20.  G.  merlangus  L.     Merlan. 

Keine  Bartel.  AI.  doppelt  so  lang  als  A  2.,  beginnt  unter  der  Mitte 
von  R  2.     Mittlere  Grösse  40  cm. 

2.  Gattung  Lota  Cuv. 

2  Rücken-,  eine  Afterflosse. 

21.  L.  vulgaris   Cuv.  Quappe. 

Eine  Bartel  am  Kinn,  je  eine  kleine  an  jedem  Nasenloch.  Mittlere 
Grösse  30 — 50  cm. 

2.  Familie  Pleuronectidi,  Schollen. 
Körper    stark    flachgedrückt,    Kopf  unsymmetrisch,   beide  Augen    auf 
derselben  Seite.    B.  kehlständig.     Schwimmblase  fehlt.     Meerfische. 

4 


50  Systematische  Uebersicht  der  Fische. 

1.  Gattung  Rhombus  Cuv. 

Körper  sehr  hoch  und  kurz,  Augen  auf  der  linken  Seite.  Pflugschaai- 
bein  und  Kiefer  mit  schmalen  Binden  von  Hechelzähnen.  K. 
beginnt  auf  der  Schnauze,  schon  vor  dem  Auge,  ihre  Strahlen 
sind  meist  zertheilt. 

22.  Rh.  maximus  L.  Steinbutt. 

Körper  schuppenlos,  meist  mit  stumpfen  Knochenwarzen  bedeckt.  S. 
stark  gerundet.  Die  Seitenlinie  umgeht  die  Br.  in  weitem  Bogen. 
Mittlere  Grösse  30  cm. 

2.  Gattung  Pleuronectes  L. 

Körper  weniger  hoch  und  kurz  als  bei  Rhombus.  Augen  rechts, 
nur  ausnahmsweise  links.  Zähne  der  augenlosen  Seite  viel 
stärker  als  die  der  anderen.  R.  beginnt  über  dem  Auge,  ihre 
Strahlen  sind   vorwiegend  ungetheilt. 

23.  PL  limanda  L.  Kliesche. 

Körper  mit  dichtstehenden  kleinen  Kammschuppen  bedeckt,  etw;i> 
rauh.  Die  Seitenlinie  umgeht  die  Br.  in  einem  starken  Bogen. 
Mittlere  Grösse  20—30  cm. 

24.  PL  platessa  L.  Scholle,  Goldbutt, 

Körper  nur  mit  gJatten  Rundschuppen  bedeckt,  ohne  Rauhigkeiten.  Am 
Scheitel  auf  der  Augenseite  4 — 7  Knochenhöcker.  Seitenlinie 
an  der  Br.  nur  schwach  gebogen.     Mittlere   Grösse  20—30  cm. 

25.  PL  flesus  L.  Flunder. 

Körper  mit  tiefliegenden  kleinen  Rundschuppen  und  Dornwarzen, 
namentlich  längs  der  Seitenlinie  und  am  Grunde  jedes  Strahles  der 
R.  und  A.  Augen  rechts,  nur  ausnahmsweise  links  (Yar. passer)  Seiten- 
linie an  der  Br.  nur  sehr  schwach  gebogen.  Mittlere  Grösse  20 — 30  cm. 

3.  Familie  Arnmodytidi  Sandaale. 
Körper  lang   gestreckt,   rundlich   mit  spitzem  Kopf.     R.  und  A.  sehr 
lang.     B.  fehlen.     Schwimmblase  fehlt. 

Gattung  Ammodytes  L. 

Unterkiefer  zugespitzt,  weit  vorragend.  Kiefer  zahnlos.  Sehr  kleine 
Rundschuppen.     Meerfische. 

26.  A.  lanceolatus  Sauv.  Suter. 

An  der  Spitze  des  Pflugschaarbeins  2  spitze  Zähne.  Zwischenkiefer 
wenig  vorstreckbar.  Körperhöhe  geringer  als  die  Länge  des  Unter- 
kiefers.    Mittlere  Grösse  20 — 25  cm. 

27.  A.  tobianus  Sauv.     Tobiasfisch. 

Pflugschaarbein  zahnlos.  Zwischenkiefer  sehr  weit  vorstreckbar.  Körper- 
höhe grösser  als  tue  Länge  des  Unterkiefers.  Mittlere  Grösse  15  cm. 


Anacanthini .      Physostomi.  51 

4,  Familie   Scoinberesocidi,  Makrelenliechte. 
I  ntere  Schlundknochen  fest   verbunden.     Körper  mit  Rundschuppen. 
Jederseits  in  der  Seitenlinie  eine  Reihe  von  auflallend  grösseren 
Schuppen.  B.  bauchständig.  Schwimmblase  vorhanden.    Meerfische 
Gattung  Belone  Cuv. 
Beide  Kinnladen    schnabelartig    verlängert    mit    einreihigen,    ziemlich 
langen  Zähnen. 

28.  B.  vulgaris  Flem.     Hornhecht. 

Unterkiefer  länger  als  die  obere  Kinnlade.  R.,  A.  und  B.  ganz  weit 
nach  hinten  gerückt.  Schuppen  klein,  leicht  abfallend.  Knochen 
grün.     Mittlere  Grösse  40  cm. 

3.  Ordnung  Physostomi,  Schwimmbläser. 

Kiemen  kammförmig.  Alle  Flossenstrahlen  mit  Ausnahme  des  ersten 
der  B.  und  Br.  und  einer  verschiedenen,  meist  geringen  Anzahl 
am  vorderen  Ende  der  R.  und  A.  stehenden  weich,  gegliedert 
und  zertheilt.  B.  bauchständig,  selten  fehlend.  Schwimmblase 
mit  dem  Magen  oder  der  Speiseröhre  durch  einen  Luftgang  ver- 
bunden. 

1.  Familie  Siluroidei,  Welse. 
Haut  schuppenlos.     Der  erste  Brustflossenstrahl  sehr  stark. 
Gattung  Silurus  L. 

Hechelzähne  in  mehrfachen  Reihen.  R.  sehr  klein,  A.  sehr  lang. 
Schwimmblase  dick,  gross,  durch  eine  Längsscheidewand  in  eine 
rechte  und  linke  Hälfte  getheilt. 

29.  S.  glanis  L.     Wels. 

Kopf  gross,  flach,  ebenso  breit  als  lang,  mit  2  langen  Barteln  am 
oberen,  4  kürzeren  am  unteren  Rande  des  grossen  Mundes. 
Mittlere  Grösse  50—80  cm. 

2,  Familie  Oyprinoidei,  Karpfen- 
Alle  Mundhöhlenknochen  zahnlos  mit  Ausnahme  der  unteren  Schlund- 
knochen.   Mund  meistens  klein,  oft  mit  Barteln.     Körper  gewöhn- 
lich hoch  und  schmal,  mit  Rundschuppen  bedeckt.     Keine  Blind- 
därme. 

I.  Gattung  Cyprinus  L. 
Mund  mit  4  Barteln.     Schlundzähne  1.  1.  3.  —  3.  1.  1*) 


*)  d.h.  auf  den  unteren  Schlundknochen  stehen  jederseits  3  Reihen  von  Schlund- 
zähnen, und  zwar  in  der  der  Mittellinie  des  Körpers  zunächst  gelegenen  Reihe  3  Zähne,  in 
den  heiden  folgenden  Reihen  je  einer. 

4* 


52  Systematische  Uebersicht  der  Fische. 

30.  C.  carpio  L.     Karpfe. 

Barteln  lang  und  dick.  Körper  rundlich.  Schwanzflosse  tief  aus- 
geschnitten.    Mittlere  Grösse  30 — 40  cm. 

2.  Gattung  Carassius  Nilss. 
Keine  Barteln.     Schlundzähne  4.  —  4. 

31.  C.  vulgaris  Xilss.     Karausche. 

Kücken  sehr  hoch,  Schnauze  stumpf,  Schwanzflosse  schwach  ausge- 
schnitten.    Mittlere  Grösse  20  cm. 

3.  Gattung  Tinea  Cuv. 

2  Barteln  in  den  Mundwinkeln.  Schlundz.  5.  —  4.  Schuppen  klein,  länger 
als  hoch,  in  sehr  tiefen  Taschen  steckend,  sich  stark  deckend. 

32.  T.  vulgaris  Cuv.     Schleihe. 

Barteln  sehr  kurz.  Alle  Flossen  gerundet.  Körper  sehr  glatt  und 
schleimig.     Mittlere  Grösse  20 — 25  cm. 

4.  Gattung  Barbus  Cuv. 

4  Barteln.     Schlundzähne  2.  3.  5.  —  5.  3.  2. 

33.  B.  fluviatilis  Agass.     Barbe. 

Barteln  dick,  miissig  lang,  2  am  Mundwinkel,  2  an  der  Schnauzen- 
spitze.  Lippen  sehr  wulstig.  Körper  ziemlich  cylindrisch. 
Mittlere  Grösse  40  cm. 

5.  Gattung  Gobio  Cuv. 

2  Barteln,  Schlundzähne  2.  5.  —  5.  2.  oder  3.  5.  —  5.  3.  R.  und  A.  kurz. 

34.  G.  fluviatilis  Cuv.     Gründling. 

Barteln  sehr  kurz,  Körper  rundlich,  nur  im  Schwanztheil  zusammen- 
gedrückt.    Mittlere  Grösse  10  cm. 

6.  Gattung  Rhodeus  Agass. 

Keine  Barteln.  Körper  hoch,  stark  zusammengedrückt.  Schlundzähne 
5.  —  5.     A.  und  R.  massig  lang. 

35.  Rh.  amarus  Bl.     Bitterling. 

Seitenlinie  auf  die  ersten  5  —  6  Schuppen  beschränkt.  Mittlere 
Grösse  5 — 6  cm. 

7.  Gattung  Abramis  Cuv. 

Keine    Barteln.     Schlundzähne  5.  —  5.   R.    kurz,   A.  lang.     Schuppen 
des    Yorderrückens   gescheitelt,    d.    h.    durch   eine    schuppenlose 
Mittellinie   getrennt,    auch    die  Bauchkante   zwischen  B.   und  A. 
schuppenlos. 
.:<).  A.  brama  L.  Brassen. 

Mund  halb  unterständig.  Körper  hoch.  A.  mit  23—28  Strahlen. 
Alle   Flossen  grau.     Mittlere  Grösse  40  cm. 


Physostomi.  53 

37.  A.  vimba  L.     Zärthe. 

Mund  nnterständig.  Schnauze  vorspringend,  konisch.  Körper  gestreckt. 
A.  mit  18—20  Strahlen.     Mittlere  Grösse  20—25  cm. 

38.  A.  ballerus  L.     Zope. 

Mund  endständig'  mit  schräge  aufwärts  gewandter  Spalte.  A.  mit 
36—38  Strahlen,  sehr  lang.     Mittlere  Grösse  25 — 30  cm. 

8.  Gattung  Blicca  Heck. 

Keine  Barteln.  Schlundzähne  2.  5.  —  5.  2.  oder  3.  5.  -  5.  3.  R.  kurz, 
A.  lane\  Br.  B.  A.,  mitunter  auch  S.  mit  röthlicher  Basis. 
Vorderrücken  gescheitelt. 

39.  B.  björkna  L.  Gieben. 

Mund  halb  unterständig  mit  stumpfer  Schnauze.  Mittlere  Grösse  1 5 — 20  cm. 

9.  Gattung  Pelecus  Agass. 

Keine  Barteln.  Schlundzähne  2.  5.  —  5.  2.  Körper  niedrig,  gestreckt, 
stark  zusammengedrückt,  vom  Kopf  bis  zum  Schwanz  mit  scharfer 
Bauchkante.      Seitenlinie  auffallend  gebogen  verlaufend. 

40.  P.  eultratus  L.  Ziege. 

Mundspalt  fast  senkrecht.  Rücken  ganz  gerade.  Br.  sehr  lang, 
säbelförmig. 

10.  Gattung  Alburnus  Rond. 

Keine  Barteln.  Schlundzähne  2.  5.  —  5.  2.  oder  2.  5.  —  4.  2.  Die  Spitze 
des  Unterkiefers  greift  in  einen  Ausschnitt  am  Zwischenkiefer  ein. 
Der  Bauch  zwischen  B.  und  A.  scharfkantig,  R.  kurz,  A.  lang. 

41.  A.  lucidus  Heck.     TJckelei. 

Mundöffnung  stark  nach  aufwärts  gerichtet  mit  etwas  vorstehendem 
Unterkiefer.  A.  beginnt  unter  dem  Ende  der  R.  Schlund- 
zähne deutlich  gekerbt.     Mittlere  Grösse  10  cm. 

42.  A.  bipunctatus  Heck. 

Mundöffnung  ziemlich  horizontal.  A.  beginnt  hinter  dem  Ende  der  R. 
Schlundzähne  glatt.     Mittlere  Grösse  10  cm. 

11.  Gattung  Aspius  Agass. 

Mund  gross,  verdicktes  Kinn  in  einen  Ausschnitt  des  Zwischen- 
kiefers eingreifend.  Schlundzähne  3.  5.  -  -  5.  3.  glatt.  Körper 
gestreckt,  wenig  zusammengedrückt. 

43.  A.  rapax  Agass.     Rapfen. 

Mundspalte  horizontal,  Rücken-  und  Bauchkante  ganz  gerundet. 
Mittlere  Grösse  40  cm. 

12.  Gattung  Leucaspius  Heck. 

Mund  endständig,  Spalte  stark  nach  aufwärts  gerichtet.  Schlundzähne 
in  1  oder  2  Reihen,  sehr  unregelmässig  an  Zahl.    Bauch  zwischen 


54  Systematische  Uebersicht  der  Fische. 

B.    und   A.    scharfkantig.     A.  beginnt  gegenüber  dem  Ende  der 
kurzen  E. 

44.  L.  delineatus  Sieb.  Moderliesehen. 

Seitenlinie  nur  auf  den  ersten  8 — 12  Schuppen.  Mittlere  Grösse 
6  bis  8  cm. 

13.  Gattung  idus  Heck. 

Mund  klein,  Schlundzähne  3.  5. — 5.  3.  glatt.  E.  und  A.  kurz.  Bauch- 
kante gerundet. 

45.  I.  melanotus  Heck.  Kühling. 

Mund  endständig,  schief  aufwärts  gerichtet.  Körper  gestreckt,  massig 
zusammengedrückt.  A.  beginnt  hinter  dem  Ende  der  E.  Mittlere 
Grösse  30  bis  40  cm. 

14.  Gattung  Scardinius.    Bonap. 

Mund  endständig,  schief  nach  aufwärts  gerichtet.  A.  und  E.  kurz. 
Schlundzähne  3.  5. — 5.  3.,  tief  gekerbt. 

46.  S.  erythrophthalmus  L.  Eothflosser. 

Körper  kurz,  hoch.    Bauch  zwischen  B.  und  A.  scharfkantig.    Mittlere 
Grösse  15  bis  20  cm. 

15.  Gattung  Leuciscus  Rond. 

Mund  endständig,  wenig  schräg  gestellt.  A.  und  E.  kurz.  Schlund- 
zähne  6. — 5.  oder  5. — 5. 

47.  L.  rutilus  L.  Plötze. 

Körper  massig  gestreckt.  Bauch  zwischen  B.  und  A.  gerundet. 
A.  beginnt  hinter  dem  Ende  der  E.     Mittlere  Grösse  15  bis  20  cm. 

16.  Gattung  Squalius  Bonap. 

Mund  eudständig,  Körper  rundlich,  Bauch  ohne  Kante.  E.  und  A.  kurz. 
Schlundzähne  2.  5. — 5.  2. 

48.  S.  cephalus  L.  Döbel. 

Kopf  sehr  breit,  etwas  niedergedrückt,  Mund  endständig,  ziemlich  gross. 
Nasenlöcher  den  Augen  näher  als  der  Schnauzenspitze.  Afterflosse 
gerundet.     Mittlere  Grösse  30  bis  40  cm. 

49.  S.  leuciscus  L.  Häsling. 

Kopf  und  Körper  schlank,  Nasenlöcher  in  der  Mitte  zwischen  Augen 
und  Schnauzenspitze.  Mund  halb  unterständig,  A.  mit  ausge- 
schnittenem Eande.     Mittlere  Grösse  30  bis  35  cm. 

17.  Gattung  Phoxinus  Agass. 

Mund  endständig.  Schlundzähne  2.  5. — 4.  2.  oder  2.  4. — 4.  2.  E.  und 
A.  kurz.    Schuppen  sehr  klein,  wenig  deckend.    Körper  cylindrisch. 

50.  Ph.  laevis  Agass.  Ellritze. 

Stirn    breit,    Schnauze    stumpf    gewölbt.      Bücken    und    Bauch    mit 


Physostomi.  55 

schuppenloser,   gerundeter  Kante.      Seitenlinie  oft  unvollständig. 
Mittlere  Grösse  10  cm. 

18.  Gattung  Chondrostoma  Agass. 

Mund   unterständig,  Lippen  mit  knorpelharten,  schneidenden  Rändern, 
Schlundzähne  6. — 6.,  seltene)'  7. — 7.     R.  und  A.  kurz. 

51.  Ch.  nasus  L.     Nase. 

Schnauze  stark  vorragend,  gewölbt,  Mundspalt  fast  ganz  geradlinig. 
Bauchfell  schwarz.     Mittlere  Grösse  30  cm. 

3.  Familie  Acanthopsides,  Schmerlen. 
Kopf  bis  zum  Rande  des  Kiemendeckels  mit  einer  zusammenhängen- 
den weichen  Haut  überzogen.  Unter  dem  Auge  ein  oder  zwei 
bewegliche  Dornen.  Schwimmblase  theilweise  von  einer  mit  den 
"Wirbeln  zusammenhängenden  Knochenkapsel  umschlossen,  durch 
eine  senkrechte  Längsscheidewand  getheilt,  mit  Luftgang. 

Gattung  Cobitis  L. 

Kopf  klein,  mit  enger  Kiemenspalte.  Mund  mit  Barteln.  Leib  lang 
gestreckt,  rundlich,  mit  kleinen  Rundschuppen  bedeckt. 

52.  C.  fossilis  L.     Schlammpeitzker. 

Mund  mit  10  grossen  Barteln.  12  bis  1 4  Schlundzähne.  Augen  dorn  in 
einer  Hautfalte  versteckt.  Körper  cylindrisch,  hinten  etwas  zu- 
sammengedrückt.    Mittlere  Grösse  25  cm. 

53.  C.  barbatula  L.     Schmerle. 

Mund  mit  6  langen  Barteln.  8  bis  10  Schlundzähne.  Augendorn 
verdeckt.  Körper  vorne  cylindrisch,  hinten  zusammengedrückt. 
Mittlere  Grösse  10—12  bm. 

54.  C.  taenia  L.     Steinbeisser. 

Mund  mit  6  äusserst  kurzen  Barteln.  8  bis  10  Schlundzähne. 
Augenstachel  stark,  gabelig,  aus  einer  Hautfalte  frei  vorstreck- 
bar. Kopf  und  Körper  seitlich  stark  zusammengedrückt.  Mittlere 
Grösse  10  cm. 

4.  Familie  Salmonidei,  Lachse. 
Hinter  der  R.  eine  strahlenlose  Fettflosse.     Körper  mit  Rundschuppen 
bedeckt.    Schwimmblase  einfach,  mit  Luftgang.     Am  Magen  zahl- 
reiche Blinddärme. 

I.  Gattung  Coregonus  Art. 
Mund  klein,    mit  ganz   feinen    oder  gar    keinen   Zähnen.     Zunge  mit 
zarten  Hechelzähnen.     R.  beginnt  dicht  vor  der  B.,  ihr  Vorder- 
rand ist  viel  länger  als  ihre  Basis. 


56  Systematische  Uebersickt  der  Fische. 

55.  C.  lavaretus  L.  Ostseeschuäpel. 

Schnauze  massig  zugespitzt,  schräge  abgestutzt.  Unterkiefer  etwas 
zurückstehend.     Mittlere  Grösse  35 — 40  cm. 

56.  C.  maraena  Bl.     Grosse  Maräne. 

Schnauze  dick,  schräge  abgestutzt.  Unterkiefer  etwas  zurückstehend. 
Mittlere  Grösse  40 — 50  cm. 

57.  C.  albula  L.     Kleine  Maräne. 

Schnauze  zugespitzt,  Unterkiefer  vorragend,  mit  verdickter  Spitze  in 
einen  Ausschnitt  des  Zwischenkiefers  eingreifend. 

2.  Gattung  Thymallus.  Cuv. 

Mund  mit  feinen  Zähnen.  Zunge  zahnlos.  R,  sehr  lang  und  hoch, 
weit  vor  den  B.  beginnend. 

58.  Th.  vulgaris  Nilss.     Aesche. 

Der  Unterkiefer  steht  etwas  zurück.  Der  Vorderrücken  bildet  eine 
scharfe  Kante.     R.  zweimal  länger  als  A. 

3.  Gattung  Osmerus  Art. 

Zwischen-  und  Überkiefer  mit  einer  einfachen  Reihe  sehr  feiner  Zähne. 
Im  Unterkiefer  eine  äussere  Reihe  grösserer  und  eine  innere 
Reihe  kleinerer  Zähne ,  am  Pilugschaarbein  einige  grössere 
Sämmtliclie  Mundknochen,  auch  die  Flügelbeine,  bezahnt. 

59.  0.  eperlanus  L.     Stint. 

Unterkiefer  vorstehend,  Zähne  des  Pilugschaarbeins  und  der  Zunge 
am  längsten.  Schuppen  ohne  Silberglanz.  Körper  durchscheinend. 
Seitenlinie  nur  auf  den  ersten  8  bis  10  Schuppen.  Mittlere 
Grösse  8  cm,  der  grossen  Yarietät  (Seestint)  15 — 20  cm. 

4.  Gattung  Trutta  Niiss. 

Alle  Mundknochen  mit  Ausnahme  der  Flügelbeine  bezahnt.  Pflug- 
schaarbein sehr  lang,  aus  einer  kleinen  vorderen  Platte  und 
einem  langen  hinteren  Stiel  bestehend. 

60.  T.  salar  L.     Lachs. 

Schnauze  gestreckt.  Vordere  Platte  des  Pilugschaarbeins  fünfeckig, 
nie  bezahnt.  Stiel  mit  schwacher  Längsleiste  und  einfacher  Reihe 
schwacher  Zähne.     Mittlere  Grösse  1  m. 

61.  T.  trutta  L.     Meerforelle. 

Schnauze  kurz.  Vordere  Platte  des  Pilugschaarbeins  dreieckig,  an 
der  nach  hinten  gewandten  Basis  querüber  mit  3  bis  4  Zähnen, 
Stiel  mit  hoher  Längsleiste  und  einfacher  Reihe  starker  Zähne. 
Mittlere  Grösse  70—80  cm. 

62.  T.  fario  L.     Bachforelle. 

Schnauze    sehr  kurz   und    stumpf.      Vordere  Platte    des   Pflugschaar- 


l'liysostomi.  57 

beins  dreieckig,  an  der  hinten  gelegenen  Basis  querüber  mit 
3  bis  4  Zähnen  besetzt,  Stiel  flach  gehöhlt  mit  2  Längsreihen 
starker  Zähne.     Mittlere  Grösse  20  cm. 

5.  Familie  Esocini,  Hechte. 
Unterkiefer  mit  grossen,  kegelförmigen  Zähnen.     Alle  anderen  Mund- 
knochen mit  Hechelzähnen.     Schwimmblase  einfach  mit  Luftgang. 
Keine  Blinddärme. 

Gattung  Esox  L 
Körper   gestreckt,    wenig  zusammengedrückt.     R.    und  A.   weit    nach 
hinten  gerückt,  gegenständig. 
(33.  E.  lucius  L.     Hecht. 

Schnauze  stark  niedergedrückt,  entenschnabelähnlich.  Mund  sehr  weit. 
Unterkiefer  vorstehend.     Mittlere  Grösse  40  cm. 

6.  Familie  Olupeoidei,  Heringe. 
Leib  gestreckt,  zusammengedrückt,  mit  scharfer  oder  sägezähniger  Bauch- 
kante, grossen,  leicht  abfallenden  Rundschuppen.  Schwimmblase  ein- 
fach, schlank,  mit  Luftgang.    Magen  mit  Blindsack  und  Pförtneran- 
hängen.  Meerfische,  die  jedoch  theilweise  auch  in  die  Flüsse  aufsteigen. 

1.  Gattung  Alosa  Cuv. 

Nur  im  Oberkiefer   und    dem   zur  Aufnahme    des  Kinnes  tief  ausge- 
schnittenen Zwischenkiefer  sehr  feine  Zähne.      Bauchkante  säge- 
zähnig  mit  derben  Kiclsclmppen. 
64.  A.  finta  Cuv.     Perpel. 

Körper  gedrungen,  Schwanzflosse  zum  grossen  Theil  mit  kleinen 
länglichen  Schuppen  bedeckt,  an  ihrer  Basis  jederseits  2  auffallend 
grosse  längliche  Schuppen.     Mittlere  Grösse  30  cm. 

2.  Gattung  Clupea  L. 

Körper    stark  zusammengedrückt.     Unterkiefer  vorragend.     Zwischen- 
kiefer   nicht    ausgeschnitten.      Kleine  Zähne  in  den  Kiefern  und 
am  Gaumen. 
•  »."">.  C.  harengus  L.     Hering. 

Bauchkante  nur  schwach  gesägt,  nicht  scharf.     B.  unter  der  Mitte  der  R. 
AmPflugschaarbein  ein  bezahnter  Fleck.  Mittlere  Grösse  20 — 25  cm. 
66.  C.  spi\  ttus  L.     Sprotte. 

Bauchkante    scharf   sägezähnig.     B.    unter    dem   Anfang    der   R. 
Pflugschaarbein  zahnlos.     Mittlere  Grösse.  10  cm. 

7.  Familie  Muraenoidei,  Aale. 
Körper    lang   gestreckt,  schlangenförmig.      In  der  dicken  Haut  liegen 


58  Systematische  Uebersicht  der  Fische. 

die  kleinen  zarten  Schuppen  in  Zickzackreihen.  B.  fehlen. 
Schwimmblase  einfach  mit  Luftgang.  Magen  mit  Blindsack,  ohne 
Pförtneranhänge. 

Gattung  Anguilla  Thunb. 
Aeussere    Kiemenspalte    eng,    K.    und    A.    gehen    in    die    zugespitzte 
Schwanzflosse  über. 

67.  A.  vulgaris  Flem.     Aal. 

Unterkiefer  vorstehend.  Nasenlöcher  weit  vor  den  Augen.  E.  weit 
vom  Kopfe  entfernt  beginnend.  Körper  cylindrisch,  nur  der 
Schwanz  zusammengedrückt.     Mittlere  Grösse  50  bis  60  cm. 

4.  Ordnung  Lophobranchii,  Büschelkiemer. 

Kiemen  büschelförmig,  Kiemendeckel  einfach,  Kiemenspalte  ein  enges 
Loch.  Körper  lang  gestreckt,  mit  Knochenschildern  gedeckt.  Mund 
zahnlos.  B.  fehlt  immer,  Br.  klein  oder  fehlend,  A.  und  S.  häufig 
fehlend,  nur  B.  immer  vorhanden. 

Familie  Syngnathidi,  Seenadeln. 

Kopf  schnabelförmig  mit  kleiner  Mundöffnung.  Körper  cylindrisch 
oder  kantig. 

Gattung  Syngnathus  L. 

Schwanz  nicht  einrollbar.  Die  Männchen  tragen  die  befruchteten 
Eier  in  einer  Bruttasche  oder  reihenweis  befestigt  am  Schwänze. 

68.  S.  typhle  L.     Grosse  Seenadel. 

Körper  mit  7  Längsleisten,  von  denen  2  am  Kücken,  je  2  seitlich, 
1  am  Bauch.  Auf  den  Schwanz  gehen  nur  die  4  seitlichen 
über.     Br.  und  S.  vorhanden.     Mittlere  Grösse  20  cm. 

69.  S.  ophidion  L.     Kleine  Seenadel. 

Körper  rundlich,  ohne  Leisten.  Nur  die  K.  vorhanden.  Mittlere 
Grösse  20  cm. 

II.  Ganoidei,  Schmelzsehupper. 
Skelett    knorpelig.      Kiemen    kammförmig    mit    einfachem    Deckel- 
apparat und  Kiemenspalt.     Keine  Kiernenhautstrahlen.    Haut  un- 
beschuppt,    mit    Knochen  schildern    gedeckt.      Schwimmblase    mit 
Luftgang. 

Familie  Accipenserini,  Störe. 
Maul  unterständig,   klein,    zahnlos,    Körper  mit  5  Längsreihen  von 
Knochenschildern. 

Gattung  Accipenser  L. 
Kopf  ganz  von  Knochentafeln  gepanzert,  an  der  Unterseite  zwischen 
Mund     und     Schnauzenspitze     querüber    eine     Reihe    von     4    Barteln. 


Lophobranchii.     Gauoidci.     Cyclostcmii.  59 

70.  A.  sturio  L.     Stör. 

In  jeder  Längsreihe  26 — 30,  in  der  Mitte  dickere  KnochenschUder. 
Zwischen  den  Schildern  ist  die  Haut  mit  Knochenkörnchen 
chagrinartig  besetzt.  Unterlippe  wulstig,  in  der  Mitte  tief  ein- 
gekerbt.    Mittlere  Grösse  100  bis  150  cm. 

III.  Cyelostomi,  Rundmäuler. 
Skelett  knorpelig,  Kiemen  beuteiförmig,  eine  jede  mit  eigener  äusserer 
Oeffnung,  ohne  Deckelapparat.     Nur  1  Nasenloch  in  der  Mittel- 
linie.   Körper  schlangenförmig  mit  nackter  Haut.    Paarige  Flossen 
fehlen.     Rippen  nicht  vorhanden.     Keine  Schwimmblase. 

Familie  Petromyzontini,  Neunaugen. 
Jederseits  7  Kiemenlöcher,  Mund  eine  kreisförmige  Saugscheibe,   die 
Lippen  zu  einer  Längsspalte  zusammenlegbar. 
Gattung  Petromyzon  L. 
Die    Kiemenbeutel    münden    in    einen    in    der    Mittellinie    gelegenen 
Kanal,  der,  hinten  blind  endigend,  vorne  in  die  Mundhöhle  führt. 
Die  Kiefer  sind  durch  Knorpelplatten  vertreten,  welche  dreikantige 
bräunliche  Hornzähne  tragen.     Solche  befinden  sich  auch  anf  der 
Zunge.     2  Rückenflossen. 

71.  P.  marinns  L.     Meernennange. 

Obere  Zahnplatte  mit  2  dicht  beisammenstehenden  spitzen  Horn- 
z ahnen,  untere  mit  7 — 8  im  Halbkreise  geordneten.  Im  Um- 
kreise derselben  ist  die  ganze  Saugscheibe  mit  mehreren 
concentrischen  Reihen  kleinerer  und  grösserer  Hornzähne  besetzt, 

72.  P.  fluviatilis  L.     Flussneunauge. 

Die  beiden  Zähne  der  oberen  Zahnplatte  spitz,  weit  von  einander 
getrennt,  die  der  unteren  spitz,  dicht  neben  einander  im  Halb- 
kreise gestellt.  Im  Umkreise  der  beiden  Zahnplatten  nur  eine 
Reihe  kleiner  Hornzähne  auf  der  Saugscheibe.  Die  erste  Rücken- 
flosse ist  von  der  zweiten  ziemlich  weit  entfernt.     Gallenblase  fehlt. 

73.  P.  Planeri  L.     Bachneunauge. 

Die  Zähne  der  beiden  Zahnplatten  in  derselben  Stellung  wie  bei 
P.  fluviatilis,  aber  ganz  stumpf,  wie  abgeschliffen,  im  Umkreise 
derselben  auf  der  Saugscheibe  nur  eine  Reihe  kleiner  Hornzähne. 
Die  erste  Rückenflosse  ist  von  der  zweiten  gar  nicht  oder  nur 
sehr  wenig  getrennt.     Gallenblase  vorhanden. 


60 


Beschreibung  der  preussischen  Fische. 


Die  Knochenfische,  Teleostei, 

besitzen  ein  knöchernes  Skelett;  ihre  Haut  ist  meistens  mit  Schuppen 
bedeckt,  seltener  nackt  oder  mit  Knochenschildern  gepanzert.  Die 
Kiemen  sind  kämm-  oder  büschelförmig,  durch  einen  Kiemendeckel- 
apparat  geschützt,  an  dessen  hinterem  Rande  die  einfache  äussere  Kiemen- 
spalte liegt. 

Ordnung  der  Stachelfi osser. 
Acanthopteri. 

Die  vorderen  Strahlen  der  Rücken-,  After-  und  Bauchflosse  •  sind 
immer  einfach,  ungegliedert,  mit  zugespitztem  Ende,  meistens  hart, 
nur  in  wenigen  Fällen  biegsam.  Die  Kiemen  sind  kammförmig.  Die 
Schwimmblase  hat,  wenn  vorhanden,  keine  Verbindung  mit  dem  Nahrungs- 
kanal. 

Familie  der  Barsche,  Percoidei, 

Der  hintere  Rand  eines  oder  mehrerer  Stücke  des  Kiemencleckel- 
apparates  ist  gezähnelt  oder  mit  Domen  versehen,  fast  alle  Knochen  der 
Mundhöhle  tragen  feine  Hechelzähne.  In  der  Kiemenhaut  jederseits 
7  Strahlen.  Der  Körper  ist  mit  festsitzenden  harten  Kammschuppen 
bedeckt.     Schwimmblase  vorhanden. 

Gattung  Perca  L. 

Der  Hinterrand  des  Vordeckels  ist  gezähnelt,  der  des  Deckels  mit 
einem  grossen  und  1 — 2  kleinen  Dornen  versehen.  ZAvei  getrennte 
Rückenflossen. 


Stach 'lflosser.    Barseh. 


61 


1.  D«»r  Barsch.     Percsi  fluviatilis   L. 

Barsch,  Barsch,  Börsch,  Bars,  Bors,  Berschke,  Pörschfce,  Perschke. 

altpr.:  assegis;  lit. :  cszcrys;  kur.:  assaris,  byerszkis,  boerschk; 

mas. :  okim;  kass.:  okunek,  okon.*) 

K.   7.     Rl.  13—15.     R2.  1/14—15.     Br.  14.     B.  1/5.     A.  2/8—9. 

S.  17.     Seil.  7— 9/60— 68/13— 15.**) 

Der  Körper    ist   massig   zusammengedrückt,    vorne   viel   höher    als 

hinten,    die   grösste   Höhe    V4  bis   i/s   der  Länge.      Der   Mund   ist    end- 


ständig,   bis 


Fig.  52.     Der  Barsch  nebst  Querschnitt  und  Schuppe, 
unter    das   Auge    gespalten,    beide  Kiefer   gleich 


lang. 


mit 


zahlreichen  kleinen  Bürstenzähnen  besetzt.     Die  Zunge  ist  dick,  fleischig 


*)  Die  litauischen  Namen  sind  die  an  der  litauischen  Seite  des  kurischen 
Haffes  gebräuchlichen,  die  kurischen,  namentlich  in  Nidden  üblichen  sind  theils  lettisch, 
theils  deutsch.  Die  masurischen  und  kassubischen  Namen  sind  wesentlich  polnisch, 
die  kassubischen  theilweise  dem  Deutschen  entlehnt. 

**)  In  dieser  Formel  bezeichnet  K.  die  Kiemenhautstrahlen,  B.,  Br.,  R.,  A.,  S.  die 
Flossen,  Seh.  die  Schuppen.  R2.  1/14 — 15  bedeutet,  dass  die  zweite  Rückenflosse  einen 
halten  und  14—15  weiche  (Glieder-)  Strahlen  besitzt,  die  Zahl  vor  dem  Bruchstrich  in  den 
Flossenformeln  bezieht  sich  immer  auf  harte  oder  Stachelstrahlen.  Die  Schuppenformel 
7 — 9/60—68/13 — 14  zeigt  an,  dass  längs  der  Seitenlinie  60 — 68  Schuppen  stehen  und  an  der 
höchsten  Stelle  des  Körpers  oberhalb  der  Seitenlinie  7—9,  unterhalb  13 — 14  Schuppenreihen. 


g2  Die  preussischen  Fische.     Stachelilosser. 

und  zahnlos.  7  Kiemenhautstrahlen.  Der  Yordeckel  ist  an  den  Rändern 
fein  gezähnt,  der  theilweise  mit  feinen  Schuppen  besetzte  Deckel  trägt 
hinten  einen  starken  Dorn  und  1 — 2  kleine  Dornen.  Das  Auge  ist  gross 
mit  goldbrauner,  metallisch  glänzender  Regenbogenhaut,  dicht  davor  lie- 
gen, die  doppelten  Nasenöffnungen.  Mit  Ausnahme  des  Oberkopfes  ist 
der  ganze  Körper  mit  rauhen,  harten,  festsitzenden  Kammschuppen  be- 
deckt, die  sich  auch  bis  auf  die  Schwanzflossenwurzel  fortsetzen.  Die 
Stacheln  der  ersten  Rückenflosse  sind  stark  und  scharf,  der  fünfte  am 
längsten,  die  zweite  Rückenflosse  ist  von  der  ersten  gewöhnlich  durch 
einen  kleinen  Zwischenraum  getrennt,  nur  seltener  durch  einen  niederen 
Hautsaum  mit  ihr  verbunden.  Die  Bauchflossen  stehen  dicht  hinter  den 
Brustflossen,  die  Afterflosse  unter  der  Mitte  der  zweiten  Rückenflosse. 

Die  Grundfarbe  des  Körpers  ist  messinggelb  oder  ein  gelbliches 
Grün  von  sehr  wechselnder  Tiefe.  Der  Rücken  und  Oberkopf  ist 
schwarzgrün,  die  Seiten  heller,  der  Bauch  rein  weiss.  Auf  den  Seiten 
bemerkt  man  5 — 9  schwärzliche  Querbinden,  die  sich  vom  Rücken  aus 
verschieden  tief  hinabziehen,  aber  auch  durch  eine  wolkige  dunklere 
Färbung  ersetzt  sein  oder  ganz  fehlen  können.  Die  erste  Rückenflosse 
ist  grauviolett,  am  hinteren  Ende,  auf  den  2 — 3  letzten  Strahlen,  mit 
einem  grossen  schwarzen  Augenfleck  gezeichnet,  die  zweite  Rückenflosse 
graulich  gelb.  Brust-,  Bauch-  und  Afterflosse  gelbröthlich  bis  zinnober- 
roth,  die  Schwanzflosse  grünlich,  mehr  oder  weniger  röthlich  angelaufen. 
Der  Darm  ist  kurz,  mit  3 — 6  kleinen  Pförtneranhängen  versehen,  der 
Eierstock  unpaarig,  die  Hoden  paarig.  Der  Barsch  ist  in  allen  unseren 
Gewässern  ein  häufiger  Fisch,  auch  in  der  Ostsee.  Er  liebt  ein  klares, 
fischreiches  "Wasser  mit  festem  Grunde  und  nicht  zu  starker  Strömung, 
wo  er  gern  zwischen  Pflanzen  versteckt  in  einer  Tiefe  von  etwa  1  m  auf 
Beute  lauert.  Er  ist  einer  der  gefrässigsten  Raubfische  und  nährt  sich 
von  kleinen  Fischen,  namentlich  scheint  er  den  Uckelei  zu  bevorzugen, 
nimmt  aber  auch  mit  Würmern,  Insecten  etc.  vorlieb.  Bei  uns  wird 
er  selten  grösser  als  20—30  cm  und  wiegt  %  bis  1  Pfund,  soll 
aber  bis  60  cm  Länge  und  2  kg  Gewicht  erreichen  können.  Im 
Allgemeinen  ist  er  in  den  Haffen  grösser  als  in  kleineren  Gewässern. 
Er  laicht  je  nach  der  Witterung  vom  März  bis  Mai  im  flacheren  Wasser, 
auf  Steinen  oder  an  Wasserpflanzen.  Der  Laich  hängt  in  Form  eines 
netzartig  durchbrochenen  Schlauches  von  etwa  3  cm  Weite  und 
1—2  m  Länge  zusammen  und  enthält  2—300000  Eier  von  2—2,5  mm 
Durchmesser  mit  dicker  doppelter  Eihaut.  Er  kann  daher  leicht  gesammelt 
und  zur  Aufzucht  in  Teiche  übertragen  werden,  entweder  um  die  jungen 
Barsche  mit  der  Brut  werthloser  Weissfische  zu  mästen,  oder  um  sie  in 


Barsch.     Zander. 


63 


Forellenteichen  als  Futter  für  diese  Fisehe  zu  verwenden.  Der  Barsch 
wird  mit  Netzen  aller  Art  gefangen,  beisst  auch  leicht  an  die  Angel. 
Beim  Heraufziehen  aus  grosser  Tiefe  platzt  ihm  häufig  die  Schwimmblase 


Fig.  53.     Barschlaich  2mal  vergrössert. 

in  Folge  des  verminderten  äusseren  Druckes  und  treibt  dann  den  umge- 
stülpten Magen  in  Form  einer  Blase  zum  Munde  heraus.  Ausser  in 
bairischen,  pommerschen  und  schweizer  Seen  kommt  dies  bei  uns  nament- 
lich im  Kreise  Lyck  vor.  Der  Barsch  kann  in  feuchtem  Kraut  lebend 
weit  verschickt  werden.  Wegen  seines  festen  weissen  Fleisches  wird  er 
sehr  geschätzt.  Aus  der  Haut  kann  ein  der  Hausenblase  gleichwerthiger 
Leim  bereitet  werden,  die  festen,  zierlichen  Schuppen  werden  an  manchen 
Orten  zur  Fabrikation  künstlicher  Blumen  und  ähnlicher  Gegenstände 
benutzt. 

Gattung  Lucioperca  Cuv. 
Nur  der  Vordeckel  ist  am  hinteren  Rande  gez ähnelt.    Zwischen  den 
Bürstenzähnen   finden    sich    in  den  Kiefern  einige   grössere  kegelförmige 
Zähne.     Zwei  getrennte  Bückenflossen. 

2.  Der  Zander.     JLucioperca  sandra  Cuv. 

Zant,  Zander,  Sandat,  Sannat. 

altpr.:  starkis;   lit. :  sterkas;   kur. :  sterks,  starkis;   mas.   kass.:  sendaez. 

K.  7.     ßl.  14.     R2.  1/20—22.     Br.  15.     B.  1/5.     A.  2/11.     S.  17. 

Seh.  12—14/75—90/16—20. 
Der  Körper  ist  wenig  zusammengedrückt,  5 — 6mal  länger  als  hoch, 
der  Kopf  zugespitzt,  die  obere  Kinnlade  ein  wenig  vorragend.  Die 
weite  Mundspalte  reicht  wenigstens  bis  unter  die  Mitte  des  Auges.  In 
den  Kiefern  stehen  zwischen  kleinen  Bürstenzähnen  auch  einzelne  grössere 
kegelförmige.     Die    Zunge    ist    unbezahnt.     7    Kiemenhautstrahlen.     Der 


64 


Die  preussischen  Fische.     Stach elflosser. 


Rand  des  Yordeckels  ist  gesägt,  der  Deckel  hat  hinten  einen  stumpfen 
Winkel.  Die  kleinen  doppelten  Nasenöffnungen  stehen  dicht  vor  dem 
leicht  getrübten,  mit  brauner,  goldgiänzender  Regenbogenhaut  versehenen 
Auge.  Mit  Ausnahme  des  Oberkopfes  und  des  grössten  Theiles  des 
Deckelapparates  ist  der  ganze  Körper  mit  kleinen  Kammschuppen  be- 
setzt. Der  vierte  bis  sechste  Strahl  der  ersten  Rückenflosse  am  längsten. 
Die  erste  Rückenflosse  ist  mit  der  zweiten  oft  durch  einen  niedrigen 
Hautsaum  verbunden.  Die  Bauchflossen  stehen  zwischen  oder  wenig 
hinter  den  Brustflossen,  die  Afterflosse  unter  dem  Anfange  der  zweiten 
Rückenflosse.  Die  Schwanzflosse  massig  ausgebuchtet,  gleichlappig.  Die 
Grundfarbe  des  Körpers   ist   bleigrau,    gelblich-    oder  grünlichgrau,   oben 


Fig.  54.     Der  Zander  mit  Querschnitt  und  Schuppe. 

dunkler,  der  Bauch  weiss.  Yom  Rücken  ziehen  sich  mitunter  8 — 9 
dunklere,  undeutlich  wolkige  Querbinden  an  den  Seiten  herab.  Rücken- 
und  Schwanzflosse  zwischen  den  Strahlen  dunkler  gefleckt  auf  graulichem 
Grunde,  die  andern  Flossen  gelblichgrau.  Auf  dem  hinteren  Ende  der 
ersten  Rückenflosse  häufig  ein  grösserer  dunkler  Fleck.  Am  Magen  4 — 8 
ziemlich  lange  Blinddärme.  Der  Zander  liebt  reines  "Wasser  mit 
Kies-  oder  Lehmgrund,  vermeidet  Stellen  mit  starker  Strömung  und 
findet  sich  ziemlich  häufig  in  der  See ,  den  Haffen ,  Flüssen  und  Seen. 
Er  hält  sich  gewöhnlich  in  der  Tiefe,  nährt  sich  als  sehr  gefrässiger  Räuber 
von  kleinen  Fischen  und  wirbellosen  Thieren  und  kommt  im  April  bis  Juni 
zum  Laichen  an  die  flacheren  Stellen,  wo  er  an  Steinen  oder  Wasserpflanzen 


Zander.    Kaulbarsch.  65 

2—300000  kleine,  leicht  gelbliche  Eier  von  nur  1—1,5  mm  Grösse  absetzt.  Er 
wird  gewöhnlich  nicht  mehr  als  40—50  cm  lang  und  1—3  Pfund  schwer, 
kann  aber  eine  Länge  von  1,20  m  und  ein  Gewicht  von  15  kg  erreichen. 
Er  wird  mit  Netzen  aller  Art  gefangen,  stirbt  sehr  leicht  ab  und  kann 
nur  in  häufig  gewechseltem  Wasser  am  Leben  erhalten  werden.  Im 
kurischen  Haff  war  er  früher  so  häufig,  dass  man  ihn  allgemein  zum 
Wintervorrath  trocknete  oder  einsalzte  und  von  den  'Köpfen  Thran 
kochte.  Er  wächst  schnell,  hat  ein  festes,  wohlschmeckendes  Fleisch 
und  ist  in  grösseren,  tiefen  und  kalten  Teichen  mit  hartem  Boden  und 
ohne  viel  Pflanzenwuchs,  namentlich  wenn  sie  Zu-  und  Abfluss  haben, 
sehr  vorteilhaft  zu  züchten,  wenn  darin  werthlose  "Weissfische  in  der 
genügenden  Menge  vorhanden  sind. 

Gattung  Acerina  Cuv. 

Yordeckel  und  Deckel  sind  am  hinteren  Rande  gezähnt.  Im  Munde 
nur  Bürstenzähne.  Die  Kopfknochen,  namentlich  diejenigen  der  unteren 
Seite  tragen  zahlreiche  tiefe  Gruben.     Nur  eine  Rückenflosse. 

:s.  Der  Kaulbarsch.     Acerina  cernua  I,. 

Kulbersch,  Kulberschke;  lit.:  pükys;  kur.:  pukis;  masur.:  jesgarz; 
kass.:  jasgar,  jadzdzie,  kulbiersz. 

K.  7.     R.  12—14/11—14.     Br.  13.     B.  1/5.     A.  2/5—6.     S.  17. 

geh.  6—7/37—40/10—12. 
Der  Körper  ist  rundlich,  gedrungen,  4mal  länger  als  hoch,  der 
Kopf  dick,  mit  stumpfer,  gewölbter  Schnauze,  gleich  langen  Kinnladen, 
dicken,  fleischigen  Lippen  und  nicht  bis  an  das  Auge  reichender  Mund- 
spalte. Alle  Zähne  sind  Bürstenzähne.  Die  Augen  sind  gross,  stehen 
dem  Scheitel  nahe,  die  Iris  ist  braun  mit  Goldglanz.  Die  Nasengrube 
hat  eine  doppelte  Oeffnung.  7  Kiemenhautstrahlen.  An  den  Kopfseiten, 
namentlich  am  Unterkiefer  grosse,  schleimgefüllte  Gruben.  Der  Yordeckel 
ist  am  Rande  fein  gezähnt  und  mit  einigen  stärkeren  Dornen  besetzt, 
der  Deckel  trägt  hinten  unten  einen  starken  Stachel.  Der  Körper  ist  bis 
auf  einige  mehr  oder  weniger  grosse  schuppenlose  Stellen  an  Brust  und 
Bauch  mit  festen  Kammschuppen  bedeckt  und  ausserordentlich  schleimig. 
Die  Rückenflosse  ist  ungetheilt,  sie  beginnt  hinter  der  Spitze  des  Deckels,  der 
vierte  bis  sechste  Stachelstrahl  ist  am  längsten,  die  letzten  Stachelstrahlen 
sind  viel  kürzer,  darauf  folgen  die  viel  längeren  Gliederstrahlen.  Die 
Bauchflossen  stehen  unter  den  Brustflossen.  Der  Körper  ist  gelbgrünlich 
gefärbt,  am  Rücken  dunkler,  Rücken  und  Seiten  mit  vielen  unregel- 
mässigen schwarzen  Punkten,  der  Bauch  weiss.  Rückenflosse  und 
Schwanzflosse    mit    4 — 5  schwärzlichen  Punktreihen  auf  grünlichgelbem 


66 


Die  preussischen  Fische.     Stachelflosser. 


Grunde,  die  übrigen  Flossen  gelblich.     Die  Schwimmblase  ist  gross,  cylin- 
drisch,  der  Magen  kuglig,  mit  drei  Blinddärmen.    Der  Kaulbarsch  bewohnt 


Fig.  55.     Der  Kaulbarsch  mit  Querschnitt,  Schuppe  und  Seitenlinienschuppe. 

die  Haffe,  tiefe  Seen  und  Flüsse,  liebt  Sandgrund  und  hält  sich  meistens  in 
der  Tiefe.  Er  frisst  Fischlaich,  junge  Fische,  wirbellose  Thiere,  vielleicht 
auch  Schlamm,  lebt  in  der  Laichzeit  gesellig  und  laicht  zwischen  März 
und  Mai  auf  Steinen  oder  Sandbänken.  Die  Zahl  der  Eier  beträgt 
50—100  000,  sie  sind  0,8—1  mm  gross.  Die  in  Seen  lebenden  Kaul- 
barsche gehen  häufig  im  Frühjahr  in  die  damit  zusammenhängenden 
Flüsse,  um  im  Herbst  zurückzukehren.  Der  Kaulbarsch  wird  gewöhnlich 
nicht  über  15  cm  gross  gefangen,  im  kurischen  Haff  wird  er  niemals 
grösser,  während  im  frischen  Haff  nicht  gar  selten  Exemplare  von 
20—25  cm  und  bis  0,75  kg  Gewicht  vorkommen.  Er  wird  in  Netzen 
verschiedener  Art,  namentlich  in  eigenen  Kaulbarschnetzen,  auch  im 
Winter  unter  dem  Eise  gefischt,  wobei  man  seine  Eigenthümlichkeit, 
ungewohntem  Geräusch  neugierig  nachzugehen,  benutzt,  um  ihn  durch 
sogenanntes  Klappern  und  Pumpen  in  die  Netze  zu  locken.  Das  Fleisch 
ist  sehr  gut,  namentlich  bereitet  man  eine  vorzügliche  Suppe  daraus. 


Kaulbarsch.     Petermännchen. 


67 


Familie  der  Drachenfische,  Trachinidi. 

Der  Körper  ist  seitlich  stark  zusammengedrückt,  niedrig,  mit  kleinen 
Rundschuppen   bedeckt.     Die  Augen    stehen    dem  Scheitel    nahe.      Keine 
Schwimmblase.      Zwei   Rückenflossen. 
Rfeerfische. 


Die  Augen    stehen    dem  Scheitel    nahe. 

After   weit   nach    vorne   gerückt. 


Gattung  Trachinus  L. 
Der  Kiemendeckel  trägt  am  hinteren  Rande  einen  starken  Dorn.     Im 
Munde  nur  Hechelzähne.      In    der  Kiemenhaut  6  Strahlen.      Die  Bauch- 
flossen  sind  kehl  stand  ig. 

4.  Das  Petermäimcheii.     Trachinus  draco   I.. 

K.  6.   Rl.  6.  R2.  30.   Br.  16.  B.  1/6.   A.  1/30.  S.  15.  Seh.  10—12/80/28—30. 

Der  Körper  ist   ziemlich   zusammengedrückt,  6mal  länger  als  hoch, 
der  Kopf  kurz,    mit    sehr   schief   stehender,   grosser  Mundspalte,   Hechel- 


Fig.  56.  Petermännchen  mit  Querschnitt  und  Schuppe. 

zahnen,  vorstehendem  Unterkiefer.  Kopf  und  Körper  sind  mit  kleinen, 
ziemlich  festen  Rundschuppen  bedeckt.  6  Kiemenhautstrahlen.  Ueber  dem 
vorderen  Augenrande  stehen  2  kleine  Dornen,  am  Kiemendeckel  hinten 
ein  sehr  starker  Stachel.  Die  Kiemenöffnung  ist  sehr  gross.  Die  Augen 
sind  dem  Scheitel  sehr  nahe,  die  Iris  schwarz  und  gelb  gefleckt.  Der 
Rücken  ist  fast  gerade,  die  erste  Rückenflosse  bandförmig,  mit  sehr  starken 
Stacholi).    kann    in   eine  Furche    nach  hinten    niedergelegt   werden.      Die 

5* 


68  Die  preussisehen  Fische.    Stachelflossor. 

Schwanzflosse  ist  fast  quer  abgeschnitten,  die  Bauchflossen  stehen  kehl- 
ständig vor  den  breiten  Brustflossen.  Afterflosse  und  zweite  Rückenflosse 
sehr  lang.  Der  Rücken  ist  grauröthlich  mit  dunkleren  Flecken,  die 
Seiten  auf  silbergrauem  Grunde  abwechselnd  blau  und  gelb  gestreift 
und  dunkler  gefleckt.  Die  auffallende  Färbung  verschwindet  nach  dem 
Tode.  Die  erste  Rückenflosse  ist  ganz  schwarz,  oder  grau  mit  einem 
grossen  schwarzen  Fleck,  die  zweite  Rücken-  und  die  Afterflosse  weisslich, 
blau  und  gelb  gestreift  und  gebändert,  die  Schwanzflosse  braun,  gelb 
gefleckt,  Brust-  und  Bauchflosse  gelblichgrau.  Magen  weit,  mit  6 — 8 
dicken  Pförtneranhängen.  Schwimmblase  fehlt.  Das  Petermännchen  ist 
ein  Meerfisch,  der  bei  uns  nur  selten  vorkommt,  eine  Länge  von  ca. 
30  cm  erreicht,  sich  meistens  in  der  Tiefe  hält,  wo  er  in  Schlamm 
oder  Sand  eingewühlt,  auf  kleine  Fische  und  andere  Thiere,  namentlich 
auf  Garneelen  lauert.  Im  Juni  und  Juli  kommt  er  zum  Laichen  ans  Ufer. 
Er  wird  gelegentlich  mit  anderen  Fischen  zusammen  gefangen,  hat  ein 
sehr  zähes  Leben  und  wird  von  den  Fischern  sehr  gefürchtet,  weil  er. 
wenn  man  ihn  unvorsichtig  anfasst,  durch  plötzliches  Aufrichten  der  stark- 
stachligen  ersten  Rückenflosse  tiefe  Stichwunden  beibringt,  die  sehr 
schmerzhaft  sind  und  von  den  Fischern  irrthümlich  für  vergiftet  gehalten 
werden.  Das  Fleisch  ist  ganz  wohlschmeckend,  doch  kommt  das  Peter- 
männchen bei  uns  viel  zu  selten  vor,  um  praktisch  verwerthet  zu  werden. 

Familie  der  Panzerwangen,  Scleroparei. 
Die  XJnteraugenknochen    sind   stark   verbreitert   und  mit  dem  Vor- 
deckel zu  einem  "Wangenpanzer  verschmolzen. 

Gattung  Cottus  L. 

Der  Kopf  ist  gross,  der  Kiemendeckelapparat  mit  Dornen  bewaffnet, 
im  Munde  kleine  Hechelzähne,  6  Kiemenhautstrahlen,  2  getrennte  Rücken- 
flossen. Die  Brustflossen  sind  sehr  gross,  die  Bauchflossen  kehlständig. 
Schwimmblase  vorhanden. 

5.  Der  Kaulkopf.     Cottus  gobio  I,. 

Mühlkoppe,  Müllerkoppe. 
K.  6.    Rl.  6— 9.    R2.  15— 18.     Br.  13— 14.     B.  1/4.     A.  12— 13.     S.  13. 

Der  Körper  ist  keulenförmig,  hinten  stark  zusammengedrückt,  der 
Kopf  breiter  als  der  Körper,  niedergedrückt,  fast  1/3  der  Körperlänge,  mit 
breiter,  aber  doch  nur  bis  zum  Yorderrande  des  Auges  reichender  Mund- 
spalte,  gleich  langen,  mit  mehreren  Reihen  von  Hechelzähnen  besetzten 
Kinnladen  und  breiter,  zahnloser  Zunge.  Am  Rande  des  Yordeckels  ein 
starker   Dorn,    ein   kleinerer   am    Unterdecke].      Die    Augen    stehen    dem 


Petermännchen.     Kaulkopf. 


69 


Scheitel  nahe,  davor  die  Nasenöffiiungen,  von  denen  die  vorderen  röhren- 
förmig sind.  Iris  gelbroth.  6  Kiemenhautstrahlen.  Der  ganze  Körper  ist 
schuppenlos,  mit  einer  weichen,  sehr  schleimigen  Haut  bedeckt,  die  zahl- 
reiche, kleine  warzige  Erhebungen  zeigt.  In  der  Seitenlinie  stehen 
26 — 28  Röhrchen,  auch  auf  dem  Kopf,  namentlich  am  Unterkiefer  sind 
die  Poren  deutlich  sichtbar.  Die  erste  Rückenflosse  ist  sehr  niedrig, 
hängt  mit  der  zweiten  gewöhnlich  durch  einen  niedrigen  Haut- 
sanm  zusammen.     Die  Brustflossen    sind  sehr    gross,    fächerförmig,    von 


Fig.  57.  Kaulkopf  mit  Ansicht  von  oben  und  Querschnitt, 
ein  Viertel  der  Körperlänge,  die  Bauchflossen  klein,  kehlständig,  die 
Schwanzflosse  abgerundet,  allein  mit  getheilten  Strahlen.  Die  Ober- 
seite des  Körpers  ist  graubräunlich  mit  dunkleren  Binden  und  "Wol- 
kenflecken .  die  Unterseite  grauweiss,  beim  Männchen  mit  bräun- 
lichen Flecken ,  beim  Weibchen  ungefleckt.  Die  erste  Rückenflosse 
ist  graubraun,  dunkler  gefleckt  und  röthlich  gesäumt;  die  übrigen 
Flossen  sind    bald  heller,   bald    dunkler  grau    oder   braun,   ihre  Strahlen 


70  Die  preussisclien  Fische.     Stachelflosser. 

meistens  noch  dunkler  gestreift  oder  gefleckt.  Keine  Schwimmblase. 
Der  Magen  ist  weit,  mit  3 — 4  ziemlich  weiten  Blinddärmen.  Das  Bauch- 
fell ganz  schwarz.  Der  Kaulkopf  lebt  in  Seen,  besonders  aber  in  Bächen 
mit  klarem  Wasser  und  steinigem  oder  Kiesgrund,  wo  er  fest  am  Grunde 
liegend  und  nur  ruckweise  mit  grosser  Schnelligkeit  von  einer  Stelle  zur 
andern  schiessend,  oft  unter  Steinen  versteckt,  auf  Beute  lauert.  Er  frisst 
allerlei  kleine  Thiere  und  ist  ein  grosser  Laichräuber,  namentlich  in  Forellen- 
bächen. Er  laicht  im  März  oder  April,  und  zwar  wühlen  die  Männchen  mit 
dem  Schwänze  eine  Grube  im  Kies,  oder  wählen  einen  Schlupfwinkel 
zwischen  Steinen,  den  sie  gegen  andere  Männchen  lebhaft  vertheidigen. 
Hier  legt  das  in  der  Laichzeit  ausserordentlich  dicke  Weibchen  seine 
röthlich  gelben  Eier  in  Klumpen  von  100 — 1000  Stück  ab,  die  fest  zu- 
sammenkleben und  vom  Männchen  bis  zum  Ausschlüpfen  bewacht  werden. 
Der  Kaulkopf  wird  10  —  15,  selten  20  cm  lang,  hat  ein  an  manchen 
Orten  sehr  geschätztes,  beim  Kochen  lachsartig  roth  werdendes  Fleisch 
und  wird  in  kleinen  Netzen,  in  versenkten  Reisigbündeln,  in  denen  er 
sich  gerne  versteckt,  in  Reusen  leicht  gefangen.  Auch  machen  sich  an 
vielen  Orten  die  Kinder  das  Vergnügen,  ihn,  wo  er  in  flachem  klaren 
Wasser  am  Grunde  liegt,  mit  Gabeln  zu  stechen. 

6.  Der  Seehaliu.     Cottus  seorpius  L.. 

Knurrhahn,  Seebull,  Donnerkröte, 
lit.:  juros  bullis;  kur. :  juras  pukis,  juras  bullis;  kass.:  kurr. 
K.  6.  Rl.  10.  R2.  14—16.  Br.  17.  B.  3.  A.  11—12.  S.  18. 
Der  Körper  ist  keulenförmig,  hinten  stark  zusammengedrückt,  der 
Kopf  sehr  gross,  etwas  niedergedrückt,  mit  weitem,  bis  hinter  das 
Auge  reichenden  Mundspalt,  etwas  vorstehender  Oberkinnlade.  Hechel- 
zähne  in  den  Kiefern  und  am  Pflugs* -haarbein.  Zunge  kurz,  hart,  dick 
und  zahnlos.  Die  Augen  sind  gross,  hoch  auf  dem  Kopfe,  mit  gelblich- 
weisser,  bräunlich  gefleckter  Iris.  Auf  dem  Scheitel  stehen  4  spitzige 
Höcker,  der  Yordeckel  ist  mit  drei  kleinen,  der  Deckel  mit  einem  grösseren 
Dorn  bewaffnet.  Die  Nasenlöcher  sind  einfach,  röhrenförmig,  stehen  in 
der  Mitte  zwischen  dem  Auge  und  dem  Mundrande.  Der  ganze  Körper 
ist  unbeschuppt,  in  der  dicken  weichen  Haut  sitzen  vereinzelte,  stachlige, 
mit  den  Spitzen  hervorragende  und  nach  hinten  gerichtete  Knochen- 
körperchen  in  Avenigen  unregelmässigen  Reihen.  Die  beiden  Rückenflossen 
sind  mitunter  durch  einen  niedrigen  Saum  verbunden,  die  Brustflossen 
sehr  gross,  die  kleinen  Bauchtlossen  kehlständig.  Die  Oberseite  ist  dun- 
kelbraun, schwärzlich  oder  dunkelolivgrün,  unregelmässig  mit  grau  ge- 
mischt oder  gefleckt,  die  Seiten  unten  auf  grauschwarzem  Grunde  unregel- 


Kaulkopf.    Seehahn. 


71 


massig  weiss  marmorirt,  der  Bauch  beim  Männchen  gelblich,  beim  Weibchen 

weiss.  Die  beiden  Rückenflossen  und  die  Afterflosse  sind  abwechselnd  mit 
breiten  schwatzen  und  hellgrauen  Bändern  gezeichnet,  die  übrigen  Flossen 
abwechselnd    schwarz,    grau   und   orange   gestreift.     Alle  Flossen  haben 


Fig.  58.  Seehahn,  Ansicht  von  oben,  von  "unten,  Querschnitt  und  Knochenkörper  aits 

der  Haut. 

ungetheilte  Strahlen  mit  Ausnahme  der  Schwanzflosse.  Die  Brust- 
flossen des  Männchens  sind  grösser  als  die  des  Weibchens.  Die  Leber  ist 
sehr  gross,  fleischroth,  der  Magen  besitzt  4  Blinddärme.  Der  Seehahn 
lebt  meistens  in  der  Tiefe  des  Meeres,  laicht  im  December  und  Januar 
zwischen  Seetang,  die  Eier  sind  roth  orange,  1  mm  gross,  mit  dicker  buckliger 


72 


Die  preussischen  Fische.     Stachelflosser. 


Eihaut.  Im  Sommer  kommt  er  an  die  Küste  und  wird  gelegentlich  in 
grosser  Anzahl  gefangen.  Das  Fleisch  wird  nicht  geachtet,  doch  soll  die 
Leber  wohlschmeckend  sein.  Wo  er  massenhaft  vorkommt,  wird  er  auch  zum 
Thrankochen  benutzt.  Er  erreicht  bei  uns  eine  Grösse  von  20 — 30  cm,  wird 
aber  in  der  Nordsee  bis  gegen  1  m  lang.  Er  ist  äusserst  gefrässig  und 
vertilgt  viel  Fischlaich,  junge  Fische  und  kleine  Seethiere  aller  Art,  nament- 
lich auch  grössere  Crustaceen.  Beim  Fange  giebt  er  einen  knurrenden  Ton 
von  sich  und  spreizt  alle  Flossen. 

Gattung  Agonus     Bloch. 

Der  ganze  Körper  ist  mit  Knochentafeln  gepanzert,  der  Kopf  gross, 
mit  zahlreichen  Barteln  an  der  Unterseite  versehen.     6  Kiemenhaiitstrahlen. 

7.  Der  Steiupicker.     Agonus  cataphractns  L<. 

K.  6.     Rl.  5.     R2.  7.     Br.  15.     B.  1/2.     A.  7.     S.  11. 
Der  Körper   ist   keulenförmig,   ganz    mit  Knochenplatten  gepanzert, 
die  dicht  aneinander  schliessen,  vorne  acht-,  hinten  sechskantig.    Der  Kopf 
ist   sehr   breit,    niedergedrückt,    mit    etwas    verlängerter   Schnauze,    der 


Fig.  59.  Steinpicker,  Ansicht  von  oben,  Schiene,  Querschnitte. 

Oberkiefer  stark  vorstehend,  der  Mund  unterständig,  halbmondförmig,  klein, 
mit  feinen  Bürstenzähnen.      Auf  der   oberen  Seite   der  Schnauze   stehen 


Steinpioker.    Stiohling.  73 

•1  Kuochenhöcker.  Die  Augen  liegen  hoch  auf  dem  Kopfe,  die  Iris  ist 
gelb.  Nasenlöcher  einfach,  röhrenförmig.  An  den  Mundwinkeln,  dem 
Kinn  und  der  Kiemenhaut  stehen  zahlreiche  kleine  Bartfäden.  Beide 
Rückenflossen  sind  klein,  nicht  mit  einander  zusammenhängend,  und 
stehen,  wie  die  Afterflosse  weit  vor  dem  Schwänze,  die^  Schwanzflosse 
ist  gerundet,  die  Brustflosse  gross,  die  Bauchflosse  klein  und  kehl- 
ständig, alle  mit  einfachen  Strahlen.  Der  Körper  ist  oben  dunkel- 
graubraun, an  den  Seiten  heller,  am  Bauch  weiss,  über  Rücken  und 
Seiten  ziehen  sich  4  schwarze  oder  dunkelbraune  Querbinden  hin.  Die 
Flossen  sind  lichtbraun,  dunkler  geneckt  oder  gebändert.  Der  Steinpicker 
bewohnt  die  Küste  der  Ostsee,  wo  er  namentlich  zwischen  Steinen  sich 
aufhält  und  von  kleinen  Wasserinsecten  und  Crustaceen  lebt,  Er  kommt 
bei  uns  sehr  selten  vor,  wird  nur  10 — 15  cm  lang,  und  laicht  im  Mai 
oder  Juni  zwischen  Steinen.  Die  Zahl  der  Eier  soll  300  betragen. 
Er  wird  nur  gelegentlich  gefangen  und  nicht  verwerthet. 

Familie  der  Stichlinge,  Gasterosteidei. 
Vor  der   Rückenflosse  eine    Anzahl  freier,  nicht  durch   Flossenhaut 
verbundener   Stacheln.     An    Stelle   der    Bauchflosse    nur    1    Stachel    mit 
kleinem  Anhange. 

Gattung  Gasterosteus  L. 

Der  Körper  ist  schuppenlos,  mehr  oder  weniger  mit  Knochenschienen 
oder  Schildern  bedeckt,  die  Stachelstrahlen  der  Rücken-  und  Bauchflosse 
sind  mit  Sperrgelenken  versehen.  Im  Munde  nur  Hechelzähne.  3  Kie- 
menhautstrahlen.     Schwimmblase  vorhanden. 

8.  Der  gemeine   Stichliiig.     Ciasterostens   actileatus  L.. 

Stachelbauch,  Stachlinski,  Stichlinski,  Stichbeutel,  Stechbüttel,  Steckbüdel, 

Steckbedel,  Stechert,  Stecherling,  Steigbügel. 

lit,  kur.:  stegis,  stregis;  mas. :  stacklack,  katt;  kass.:  stekbydel. 

K.  3.  R.  3/10—12.  Br.  10.  B.  1/1.  A.  1/8.  S.  12. 
Der  Körper  ist  massig  zusammengedrückt,  der  Kopf  zugespitzt 
mit  etwas  vorstehendem  Unterkiefer,  wenig  schief  gestellter  Mundspalte 
und  kleinen  Bürstenzähnen.  Der  Kiemendeckel  ist  senkrecht  fein  ge- 
strichelt. Die  Augen  sind  gross,  mit  gold-  oder  silberglänzender  Iris,  die 
Nasenöffnung  ist  doppelt.  Der  Körper  ist  ganz  unbeschuppt,  doch  sind  die 
Seiten  oft  mit  länglichen  Knochenschienen  gepanzert  (Var.  trachurus).  Eine 
ganz  nackte  Varietät  (Yar.  leiurus)  kommt  bei  uns  nur  selten  vor.  Vor  der 
Rückenflosse  stehen  3  starke,  niederlegbare  freie  Stacheln;  die  dem 
zweiten,  längsten,  gegenüberstehende  Bauchflosse  besteht  nur  aus  einem 
harten    und   einem   weichen  Strahl.     Zwischen  beiden  Bauchtlossen   liegt 


74 


Die  jireussischen  Fische.     Stachelflossor. 


ein    grosses    breites  Knochenschild. 


Die    Schwanzflosse    ist    quer   abge- 


schnitten. Die  Färbung  ist  ausserordentlich  verschieden,  am  Kücken 
bald  dunkler,  bald  heller  olivengrün  oder  blau  schwarz,  während  Bauch 
und  Seiten  silberglänzend  erscheinen.  In  der  Laichzeit  sind  beim  Männ- 
chen Seiten,  Brust  und  Bauch  blut-  oder  karminroth,  der  Rücken  leb- 
hafter grün  gefärbt,  die  Iris  häufig  hell  himmelblau.  Die  Flossen 
sind  graugrünlich.  Die  ganz  jungen  Thiere  sind  häufig  mit  vielen  dunkeln 
Querbinden  gezeichnet,  an  manchen  Localitäten  erhält  sich  diese  Zeichnung 
auch  im  Alter.  Der  Stichling  hält  sich  gewöhnlich  in  der  Nähe  der  Ufer 
auf,  schwimmt  schnell,  mit  heftigen,  ruckweisen  Bewegungen,  frisst  kleine 


Fig.  GO.  Gemeiner  Stichling  mit  Schiene,  Querschnitt  und  Nest. 

Thiere  aller  Art,  und  ist  trotz  seiner  geringen  Grösse  von  nur  6 — 8  cm 
einer  der  gefährlichsten  Laichräuber,  der  in  geschlossenen  kleineren  Ge- 
wässern die  Fortpflanzung  anderer  Fische  vollständig  unmöglich  machen 
kann.  Die  Laichzeit  hegt  zwischen  April  und  Juni.  Das  Männchen 
baut  dann  entweder  am  Grunde  an  flachen  Ufern  aus  Pflanzenfasern  und 
andern  geeigneten  Stoffen  ein  kugliges  Nest,  das  halb  im  Schlamm  oder 
Sand  verborgen  ist,  oder  legt  ein  solches  zwischen  den  Stengeln  von  Wasser- 
pflanzen an,  erspart  sich  aber  diese  Arbeit,  wenn  sich  in  dichtem  Pflanzen- 
gewirr,  ins  Wasser  gefallenen  Körben,  oder  anderweitig  ein  passender  Ort 
für  die  Ablage  der  Eier  findet.  Nachdem  ein  oder  mehrere  Weibchen  ihren 
Laich  in  das  Nest  oder  die  sonst  gewählte  Stelle  gelegt  haben,  befruchtet 
ihn  das  Männchen  und  bewacht  nun  die  60—100  Eier  mit  grossem  Eifer. 


Gemeiner  Stichling.    ZwergsticMing.  ,  5 

Wer  zu  sehen  versteht,  kann  im  Frühjahr  an  flachen  Fluss-,  Graben-  oder 
Seerändern  hunderte  von  Stiehlingsnestern  unmittelbar  am  Ufer  finden,  die 
von  den  männlichen  Stichlingen  bewacht  werden.  Sie  sind  von  der 
Grösse  einer  starken  Wallnuss  und  an  der  etwas  seitlich  gelegenen,  meistens 
dem  freien  Wasser  zugekehrten,  runden  Oeffnung  leicht  zu  erkennen,  durch 
die  häutig-  einige  der  wasserhellen,  gelblichen  oder  röthlichen,  zu  einem 
Klumpen  verklebten  Eier  sichtbar  sind.  Dieselben  messen  1,5  mm.  Un- 
geübte können  sich  die  Nester  vom  Männchen  selber  zeigen  lassen.  Be- 
wegt man  ein  Stöckchen  oder  die  Hand  im  Wasser,  so  folgt  der  Stichling, 
dessen  Neste  man  sich  nähert,  aufmerksam  allen  Bewegungen  und  rennt 
heftig  gegen  Stock  oder  Hand  an,  sobald  man  das  Nest  berührt.  Er 
wiederholt  seine  Angriffe  fortwährend  mit  grosser  Heftigkeit  und  lässt 
selbst  dann  nicht  davon  ab,  wenn  man  ihn  mehrmals  ergriffen  und 
wieder  freigelassen  hat.  Setzt  man  ihn  mit  dem  Neste  in  ein  Aquarium, 
so  fährt  er  dort  im  Bewachen  und  Ausbessern  des  Nestes  ungestört  fort 
bis  die  jungen  Eischchen  ausgekrochen  sind  und  selber  ihrer  Nahrung 
nachgehen  können.  Man  findet  den  Stichling  in  Gewässern  aller  Art, 
von  der  Ostsee  bis  zum  kleinsten  Bach,  der  unbedeutendsten  Pfütze. 
Stellenweise  vermehrt  er  sich  sehr  stark.  So  wird  er  bei  Pillau  und  in 
manchen  Seen  im  Herbst  in  ungeheuren  Mengen  mit  engmaschigen 
Käsehern  aus  dem  Wasser  geschöpft,  mit  kleinen  Zuggarnen  etc.  gefangen 
und  zum  Thrankochen  oder  als  Dünger  gebraucht.  Eine  möglichste  Ver- 
folgung des  Stichlings  wäre  sehr  wünschensweith,  indessen  fangen  die  Fischer 
nur  zu  oft  unter  dem  Vorwande  des  Stichlingsfisehens  mit  engmaschigen 
Garnen  auch  die  Brut  anderer  Nutzfische  unverständiger  und  frevelhafter 
Weise  fort,  um  sie  als  Schweinefutter  oder  Angelköder  zu  verwenden.  Ton 
einem  Bandwurm,  der  oft  in  4 — 5  Exemplaren  im  unentwickelten  Zustande 
in  seiner  Bauchhöhle  lebt,  wird  der  Stichling  ausserordentlich  häufig  heimge- 
sucht, aufs  äusserste  aufgebläht  und  schliesslich  zum  Platzen  gebracht 
und  getödtet.  Die  Würmer  fallen  dann  zu  Boden  und  erreichen  nur 
wenn  sie  das  Glück  haben  von  einer  Ente  oder  Möve  gefressen  zu 
werden,  in  deren  Darm  ihre  vollkommene  Entwicklung  und  Geschlechts- 
reife. Auffallend  häufig  findet  man  im  frischen  Haff  Stichlinge  nach 
der  Laichzeit  mit  verdorbenem,  nicht  abgesetztem  Laich. 


9.  Der  Zwergstichling.    Gasterostens  i»migitius  !-. 

Krauser  Stichling. 
K.  3.     R.  9—11/11.     Br.  9—10.     B.  1/1.     A.  1/9—11.     S.  13. 
Der  Körper  ist  sehr  viel   gestreckter   als    beim   gemeinen  Stichling, 
fünfmal  länger  als  hoch,  massig  zusammengedrückt,   ohne  Schienen,  nur 


76 


Die  preussischen  Fische. 


am  Schwänze  mitunter  jederseits  mit  einer  Längsreihe  von  10 — 11  Kiel- 
schuppen. Vor  der  Kückenflosse  stehen  9 — 11  niederlegbare,  Meine,  freie 
Stacheln.  Rücken-  und  Afterflosse  sind  niedrig,  die  Bauchflosse  besteht 
nur  aus  einem  Stachel  und  einem  weichen  Strahl.  Die  Oberseite  ist 
g-rün-  oder  blauschwärzlich  gefärbt,  mitunter  mit  dunkleren  Querbinden 
gezeichnet,   Bauch    und    Seiten    silberglänzend.      Das    Männchen    ist   im 


Fig.  61.  Zwergsticbling  mit  Querschnitt. 


Sommer  unten  uft  tief  schwarz  gefärbt.  Der  Zwergsticbling  wird  nicht 
über  5  cm  lang  und  ist  unser  kleinster  Fisch.  Er  bewohnt  die  Küsten 
der  See,  die  Haffe,  Flussmündungen  und  Seen,  findet  sich  aber  auch  in 
kleinen  Bächen  tief  im  Lande.  Er  gleicht  in  Nahrung  und  Lebensweise 
dem  vorigen  und  laicht  im  April  bis  Juni.  Wegen  seiner  Kleinheit  wird  er, 
selbst  wo  er  häufig  vorkommt,  nur  selten  gefangen  und  nicht  verwerthet. 


10.  Der  McerKtichliug.     Gasterosteus  spinachia  Ii. 

Dornfisch. 
K.  3.     R  15/6—7.     Br.  10.     B.  1/1.     A.  1/6.     S.  12. 

Der  Körper  ist  sehr  gestreckt,  die  Schwanz wurzel  ausserordentlich 
lang  und  dünn,  der  Kopf  sehr  schlank,  zugespitzt,  mit  kleinem,  fein 
bezahntem  Munde.     Der  Unterkiefer  steht  etwas  vor,   das  Auge  ist  gross 


Fig.  G2.  Meerstichling  mit  Querschnitt  und  Schiene. 

mit  silberglänzender  Iris,  die  doppelte  Nasenöffhung  liegt  in  der  Mitte 
zwischen  ihm  und  dem  Mundrande.  Der  Körper  ist  fünfkantig,  der 
Schwanzstiel  vierkantig.  In  der  Seitenlinie  liegen  jederseits  41  starke 
gekielte  Knochenschilder.     Die  Rückenstacheln   sind   nach   hinten  etwas 


Zwerg-  und  Meerstichling.     Makrele.  77 

hakig  gekrümmt  und  in  eine  Kinne  niederlegbar.  Die  Rückenflosse 
ist  kurz  und  hoch  und  steht  ziemlich  in  der  Mitte  des  Körpers,  ihr 
gegenüber  die  ganz  gleiche  Afterflosse.  Die  Schwanzflosse  ist  stark  abge- 
rundet. Der  Meerstichling  wird  15 — 18  cm  lang,  ist  schmutzig  olivgrün,  an 
Kehle  und  Bauch  weisslich.  Die  Flossen  sind  durchscheinend  graulich, 
der  vordere  Rand  der  Rücken-  und  Afterflosse  dunkelschwarz.  Er  bewohnt 
die  Küste  der  Ostsee,  nährt  sich  wie  seine  Verwandten,  baut  zierliche  Nester  aus 
Algen,  legt  ca.  180  Eier  und  wird  bei  uns  nur  so  selten  gefangen,  dass 
die  meisten  Fischer  ihn  gar  nicht  kennen.  Wo  er  in  grösserer  Menge 
vorkommt,  wird  er  als  Dünger,  zum  Thrankochen  oder  als  Schweinefutter 
verwerthet. 

Familie  der  Makrelen,  Scomberoidei. 
Der  Kiemendeckel  ist  ungezähnelt,    sehr   fest  anliegend.     Die  Haut 
ist  mit  ganz  kleinen  Rundschuppen  besetzt,  stellenweise  nackt.     An  den 
Seiten  des  Schwanzes  erhabene  Leisten. 

Gattung  Scomber  L. 

Der  Körper  ist  gestreckt,  wenig  zusammengedrückt.  Zwei  getrennte 
Rückenflossen,  hinter  der  zweiten  eine  Reihe  kleiner,  aus  wenigen  Strah- 
len bestehender  Flössehen.  Solche  finden  sich  auch  hinter  der  After- 
flosse.    Schwimmblase  fehlt.     Bauchflossen  brustständig. 

11.  Die  Makrele.     Scomber  scombrus  L. 

K.  7.     Rl.  10—12.     R2.  1/11—12.     Br.  19.      B.  1/6.     A.  1/11—12. 

S.  20—23. 

Der  Körper  ist  stark  gestreckt,  massig  zusammengedrückt,  der  Kopf 
lang  und  stumpf  zugespitzt,  der  Unterkiefer  etwas  vorstehend,  der  Mund- 
spalt weit,  bis  unter  die  Augen  reichend.  Die  kleinen  kegelförmigen 
Zähne  stehen  in  einfacher  Reihe  in  den  Kiefern.  Die  Zunge  ist  glatt,  zahn- 
los, das  Auge  gross  mit  silberglänzender  Iris,  die  Nasenöffnungen  läng- 
lich, doppelt,  dem  Auge  nahe  stehend.  Der  Körper  ist  mit  sehr  zarten  und  klei- 
nen Rundschuppen  bedeckt.  Hinter  der  zweiten  Rücken-  und  der  Afterflosse 
stehen  je  5  kleine,  nur  wenige  Strahlen  enthaltende  Flösschen.  Die  Schwanz- 
flosse ist  gross,  tief  gabelig,  an  den  Seiten  des  Schwanz stieles  ein  schwacher 
Hautkiel.  Die  Makrele  ist  auf  dem  Rücken  dunkel  stahlblau  mit  gold- 
grünem Glanz,  und  mit  zahlreichen  schmalen  schwarzblauen  Wellenstreifen 
gezeichnet.  Bauch  und  Seiten  sind  silberglänzend,  die  Flossen  grünlich. 
Die  Seitenlinie  liegt  dem  Rücken  nahe,  unter  ihr  eine  ihr  gleichlaufende 
Reihe  schwärzlicher  Längsflecken.  Die  Makrele  lebt  gesellig  in  der  Tiefe 
des  Meeres  und  kommt  im  Juni  und  Juli  um  zu  laichen    an   die   Küste, 


78 


Die  preussischen  Fische. 


wobei  sie  anderwärts  in  ungeheuren  Mengen  gefangen  wird.  Die  Zahl 
der  Eier  beträgt  ca.  500000,  sie  sollen  2  Meilen  vom  Ufer  entfernt  ab- 
gelegt werden   und  an   der  Oberfläche    schwimmen.     Die  Schwimmblase 


fehlt,  der  Magen  hat  an  200  Blinddärme. 


Die  Makrele  ist  ein   sehr  ge- 


Fig.  63.  Makrele  mit  Querschnitt  und  Schuppe. 

frässiger  Raubfisch,  der  Alles  frisst,  was  er  bewältigen  kann.  Sie  erreicht 
eine  Grösse  von  20 — 40  cm,  bleibt  aber  an  unserer  Küste,  wo  sie  überhaupt 
nur  selten  vorkommt,  meistens  klein.  Ihr  Fleisch  ist  vorzüglich,  verdirbt 
aber  sehr  schnell.  Bei  uns  wird  sie  nur  selten  einmal  mit  den  Heringen 
gefangen. 

Gattung  Xiphias  L. 
Die    obere   Kinnlade    ist    schwertförmig    verlängert.      Bauchflossen 
fehlen. 

12.  Der  Schwertfisch.     Xiphias  glatfius  I.. 

Hornfisch. 
K.  7.  R.  3/40.  Br.  16.  A.  2/15.  S.  17. 
Der  Körper  ist  gestreckt,  fast  cylindrisch,  der  Kopf  zugespitzt.  Die 
obere  Kinnlade  ist  zu  einem  schwertförmigen,  von  oben  nach  unten  flach- 
gedrückten  Fortsatz  von  etwa  l/s  der  Körperlänge  verlängert,  der  Unter- 
kiefer sehr  viel  kürzer,  scharf  zugespitzt.  Der  Mund  ist  bis  weit  hinter 
die  Augen  gespalten,  zahnlos,  die  Knochenmasse  des  Schwertes  von 
vielen    zusammenhängenden   Höhlen    durchzogen.      Das    Auge    ist    gross, 


die     Iris     silberglänzend,      die      harte 


Augenhaut 


zu      einer     festen 


Knochenschale    verknöchert.       Die    Nasenöffrmng    ist    doppelt    und    liegt 
ziemlich   nahe  vor   dem  Auge.     Die  Haut  des  ganzen    Körpers,  mit  Aus- 


Makrele.     Seh  wertf  isch . 


79 


nähme  des  Kopfes  und  der  Flossen,  fühlt  sieh  chagrinartig  rauh  an  und 
enthält,  eine  Menge  eingelagerter  formloser  Kälkkörnchen.  Am  Bauch 
finden  sieh  zahlreiche  kleine  kalkige  Platten,  etwa  in  der  Form  von  Muschel- 
schalen in  die  Haut  eingebettet.  Die  Seitenlinie  ist  dem  Kücken  nahe  ge- 
legen, schwach  sichtbar,  mitunter  durch  eine  Reihe  schwärzlicher  Flecken 
ausgezeichnet.  An  den  Seiten  des  Schwanzstieles  findet  sich  jederseits  eine 
knorplighäutige  Leiste.  Die  Rückenflosse  ist  vorne  sehr  viel  höher  als  hinten, 
nur  bei  jungen  Thieren  vollständig,  während  bei  älteren  regelmässig  der 


Fig.  64.  Schwertfisch  mit  Querschnitt  und  Kalkplatte  aus  der  Bauchhaut, 
mittlere  Theil  verloren  geht,  so  dass  nur  vorne  eine  hohe  sichelförmige  Portion 


von  ca.  25,  hinten  eine  kleinere  von  3- 


5  Strahlen  übrig  bleibt.    Aelmlich 


verhält  sich  bei  Jungen  und  Alten  die  Afterflosse.  Die  Brustflosse  ist 
lang  und  sichelförmig,  die  Schwanzflosse  tief  ausgeschnitten,  halbmond- 
förmig. Bauchflossen  fehlen.  Der  Schwertfisch  ist  oben  dunkel  stahl- 
blau, unten  silberweiss.  Er  erreicht  eine  Grösse  von  mehr  als  3  m,  lebt 
in  der  Tiefe  des  Meeres  und  kommt  im  Juni  und  Juli,  angeblich  paar- 
weise zum  Laichen  an  die  Küste.  Er  wird  bei  uns  nur  vereinzelt  angetroffen, 
doch  werden  fast  jährlich  einige  an  der  Küste  gefangen.  Das  Fleisch  ist 
schmackhaft  und  wird  im  Mittelmeer,  wo  er  häufig  ist,  wie  das  des 
Thunfisches  behandelt  und  geschätzt. 


Familie  der  Schleimfische,  Blennioidei. 
Der  Körper  ist  lang  gestreckt,  niedrig,  Rücken-  und  Afterflosse  sehr 
lang,  die  vorderen  Strahlen  derselben  einfach  aber  biegsam,  die  Bauch- 
flossen sind  kehlständig.     Die  Haut  ist  nackt  oder  mit  sehr  kleinen  Rund- 
schuppen bedeckt,  sehr  schleimig.     Die  Schwimmblase  fehlt. 


80 


Die  preussischen  Fische. 


Gattung  Zoarces  Cuv. 

Der  Mund  ist  gross,  die  Mund  spalte  horizontal,  6  Kiemenhaut- 
strahlen.  Der  Körper  ist  vorne  rundlich,  hinten  seitlich  zusammenge- 
drückt. Rücken-  und  Afterflosse  stossen  an  dem  zugespitzten  Schwanz- 
ende zusammen.     Schwanz  diphycerk. 

IS.  I>ie  Aalmutter.     Zoarces  viviparus  I*. 

Aalquappe,  Seequappe;  lit.  kur. :  juros  kwapa,  suttis  mate,  wegele,  wedsele. 
K.  6.     B,  109.     Br.  18.     B.  3.     A.  80—86.     S.  8—10. 

Der  Körper  ist  gestreckt,  vorne  wenig,  hinten  stärker  zusammen- 
gedrückt, 9 mal  länger  als  hoch.  Der  Mund  ist  gross,  reicht  bis  zur  Mitte 
des  Auges  und  ist  von  dicken  fleischigen  Lippen  umgeben.  In  beiden 
Kinnladen  eine  Reihe  kegelförmiger  Zähne,  hinter  denen  in  der  Mitte 
noch  eine  kürzere  Reihe  ähnlicher  steht.  Der  Gaumen  und  die  kurze, 
dicke,  fast  halbkugelige  Zunge  ist  zahnlos.  Ton  den  Nasenöffnungen  liegt 
die  hintere,  sehr  feine  dem  Auge  ziemlich  nahe,  die  vordere  röhrenförmige 


Fig.  65.  Aalmutter  mit  Querschnitt  und  Schuppe. 

etwa  auf  der  Mitte  zwischen  Auge  und  Mundrand.  Der  Körper  ist  mit 
einer  weichen  Haut  bekleidet,  in  der  die  sehr  kleinen  ovalen,  ganz 
weichen  Schuppen  liegen,  die  sich  nur  mit  den  Rändern  berühren.  Die 
Rückenflosse  beginnt  dicht  hinter  dem  Kopfe  und  hängt  mit  der  zuge- 
spitzten Schwanzflosse  durch  einen  niedrigen  Hautsaum  zusammen, 
während  die  ebenfalls  sehr  lange  Afterflosse  ohne  Grenze  in  die  Schwanz- 
flosse übergeht.  Die  Brustflosse  ist  sehr  gross  und  gerundet,  die  Bauch- 
flosse klein,  kehlständig.  Die  Grundfarbe  des  Körpers  ist  ein  röthliches, 
gelbliches  oder  bräunliches  Grau,  die  Oberseite  und  Rückenflosse  sind 
mit  etAva  10  grossen,  unregelmässigen,  dunkleren  Wolkenflecken  gezeich- 
net,  kleinere  Flecken   ziehen  sich    längs   der  Seiten  hin.     Die  Unterseite 


Aalmutter.     Butterfisch. 


81 


und  die  Bauch-  und  Afterflosse  sind  gelblich  angelaufen,  beim  Weibchen 
während  der  Laichzeit  glänzend  orange.  Hinter  dem  After  bei  beiden  Ge- 
schlechtern eine  grosse  Genitalpapille.  Keine  Schwimmblase.  Die  Aal- 
mutter ist  unser  einziger  lebendig  gebärender  Fisch.  Die  Art  der  inneren 
Befruchtung  ist  noch  nicht  beobachtet,  sie  muss  aber  im  April  oder 
Mai  stattfinden.  Die  Eier  sind  gross  und  roth,  weichschalig,  etwa  300 
an  Zahl.  Die  Embryonen  entwickeln  sich  im  Mutterleibe  bis  zu  4 — 5  cm 
Länge  und  werden  im  August  oder  noch  später  zwischen  Seekraut  abge- 
setzt, wo  sie  gleich  munter  herumschwimmen.  Die  Gräthen  Averden  beim 
Kochen  grün.  Die  Aalmutter  kommt  in  der  Ostsee  nicht  gerade  selten 
vor,  wird  aber  bei  uns  nicht  oft  gefangen,  am  häufigsten  noch  bei 
Memel  an  Dorschangeln;  sie  erreicht  eine  Grösse  von  25  bis  selten  40  cm, 
hält  sich  auf  steinigem  Grunde  zwischen  Wasserpflanzen  verborgen,  lebt 
von  kleinen' Fischen,  namentlich  jungen  Heringen,  Würmern  und  Muscheln. 
Das  Fleisch  wird  wenig  geachtet,  obgleich  es  recht  gut  sein  soll.  Von 
den  grossen  Tauchern  (Mergus  mergauser)  wird  sie  sehr  verfolgt. 

Gattung  Centronotus  Bl.  Sehn. 

Der  Mund  ist  klein,  die  Mundspalte  fast  senkrecht,  5  Kiemenhaut- 
strahlen.  Der  Körper  ist  der  ganzen  Länge  nach  seitlich  stark  zusammen- 
gedrückt, Rücken-  und  Afterflosse   sind  von   der  Schwanzflosse  getrennt. 

14.   Der  Butterfisch.     Centronotus   gunellus   Sehn. 

K.  5.     R.  78.     Br.  11.     B.  1.     A.  2/39—44.  S.  15. 
Der   Körper    ist    gestreckt   und    ziemlich   stark    zusammengedrückt, 
9  mal  länger  als  hoch,  2mal  höher   als  breit.     Der  Kopf  ist  klein  mit  nur 


Fig.  66.  Butterfisch  mit  Querschnitt  und  Schuppe. 

bis  zum  Y orderrande  des  Auges  reichendem,  endständigem,  sehr  schiefem 
Munde  mit  weichen  fleischigen  Lippen.    In  jeder  Kinnlade  eine  Reihe  kleiner 


82  Die  preussischen  Fisr-he.     Stactelflosser. 

Kegelzähne,  oben  noch  eine  zweite  kürzere  Reihe  in  der  Mitte  hinter  der 
ersten.  Zunge  und  Gaumen  von  derben  Warzen  rauh.  Auge  gold- 
glänzend. Der  Körper  ist  sehr  glatt,  mit  ganz  kleinen  weichen  Rund- 
schuppen bedeckt.  Die  Rücken-  und  Afterflosse  sind  niedrig,  beide  sehr 
lang,  von  der  Schwanzflosse  abgesetzt,  die  Schwanz-,  Brust-  und  Bauch- 
flossen  klein,  die  Bauchflossen  brustständig.  Die  Seitenlinie  ist  nur 
sehr  schwach  sichtbar.  Der  Körper  ist  bräunlichroth  oder  gelbbraun 
gefärbt,  mit  unregelmässigen  graulichen  Wolkenflecken ,  die  Unterseite 
heller.  Längs  des  Rückens  liegen  10  schwarze,  weiss  eingefasste, 
runde  Flecken,  die  sich  zum  Theil  auf  die  Rückenflosse  erstrecken. 
Afterflosse  auf  braungrauem  Grunde,  mit  12 — 13  schrägen  braunen  Streifen 
gezeichnet.  Darm  einfach,  gerade,  ohne  Pförtneranhänge.  Schwimmblase  fehlt. 
Der  Butterfisch  lebt  auf  steinigem  Grunde  der  See  zwischen  Tang,  wo  er 
sich  von  kleinen  Crustaceen,  Würmern  und  Fischen  nährt.  Er  wird 
15 — 30  cm  lang,  schwimmt  wenig,  aber  geschickt  und  wird  von  See- 
vögeln und  Fischen  viel  gefressen.  Das  Fleisch  wird  nicht  gegessen,  man 
benutzt  ihn  nur  als  Köder.     Bei  uns  kommt  er  nur  selten  vor. 

Familie  der  Meergrundeln,  Gobioidei. 
Der   Körper   ist   mit    Kammschuppen   bedeckt.     Alle   Strahlen    der 
Rücken-    und  Afterflosse    sind  biegsam.      Die  kehl-    oder  brustständigen 
Bauchflossen  sind  zu  einem  Trichter  verwachsen. 

Gattung  Gobius  L. 

Der  Kopf  ist  rundlich,  breiter  als  der  Körper.     Schwimmblase  fehlt. 

15.  Die  Schwarzgrundel.     Gobius  niger  L. 

K.  5.     Rl.  6.     R2.  17.     Br.  17.     B.  6.     A.  12.     S.  13. 

Der  Körper  ist  gestreckt,  vorne  kaum,  hinten  stark  comprimirt.  An 
den  Brustflossen  ist  die  Höhe  und  ebenso  die  Breite  gleich  1/6  der  Körper- 
länge. Der  Kopf  ist  niedergedrückt,  etwas  breiter  als  hoch,  mit  gewölbten 
Wangen,  gleich  langen  Kiefern,  mehreren  Reihen  feiner  Sammetzähne, 
vor  denen  eine  Reihe  längerer  konischer  Zähne  steht.  Der  Gaumen  und 
die  Zunge  sind  unbezahnt.  Der  etwas  schiefe  Mundspalt  reicht  bis  zur 
Mitte  des  Auges.  Das  Auge  ist  gross,  etwas  oval,  sehr  hoch  gestellt. 
Die  vordere,  etwas  röhrige  Nasenöffnung  hegt  in  der  Mitte  zwischen 
Auge  und  Mundrand,  die  hintere  dem  Auge  näher,  beide  sind  klein. 
Zwischen  den  Augen  liegen  hinter  einander  2  Poren,  die  man  früher  mit  den 
Nasenlöchern  verwechselt  hat.  Der  ganze  Körper  ist  mit  ziemlich  grossen 
und  festen  Kammschuppen  bekleidet,  sehr  schleimig  und  glatt.  Die  erste 
Rückenflosse  enthält  einfache,  aber  biegsame  Strahlen  und  endigt  un- 
mittelbar vor  der  zweiten,   deren  Strahlen  getheilt  sind.     Die  Afterflosse 


Schwarzgrundel. 


83 


beginnt  hinter  dem  Anfange  der  zweiten  Kückenflosse.  Die  Brustflosse 
ist  gross,  "gerundet,  die  ersten  6 — 7  Strahlen  kurz,  oft  bis  zur  Hälfte 
aus  der  Flossenhaut  vorragend,  sehr  fein.  Die  Bauchflossen  sind  zu  einer 
ovalen  Saugscheibe  vereinigt,  die  genau  zwischen  den  Brustflossen  liegt. 
Die  Schwanzflosse  ist  gerundet.  Hinter  dem  After  eine  Papille.  Körper 
und  Flossen  sind  auf  graubraunem  oder  braunolivgrünem  Grunde  tief 
braun   marmorirt,    der   Bauch    heller  graubraun  oder    graugelb,  übrigens 


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Fig.  67.  Schwarzgrundel  mit  Ansicht  von  ohen  und  unten,  Querschnitt  und  Schuppe. 

ist  die  Farbe  sehr  variirend.  Schwimmblase  fehlt.  Die  Leber  ist  sehr  gross. 
Die  Schwarzgrundel  ist  an  unserer  Küste  ziemlich  häufig,  sie  wird  8 — 10  cm 
gross,  nährt  sich,  am  Grunde  der  See  lebend,  von  kleinen  Crustaceen, 
"Würmern,  Fischen  und  Fischlaich,  wühlt  sich  im  "Winter  Gänge  in  den 
Schlamm  und  kommt  im  Mai  und  Juni  zum  Laichen  an  die  Küste,  wo 
sie  ihre  lang  elliptischen  Eier  in  einem  aus  Seegras  und  Tang  gebauten 
Neste  oder  an  Muscheln,  Holz  etc.  absetzt  und  vom  Männchen  bewachen 
lässt.  Das  Fleisch  ist  wohlschmeckend,  namentlich  die  grosse  Leber, 
wird  aber  bei  uns  kaum  benutzt. 

6* 


84 


Die  preussischen  Fische.     Stachelflosser. 


K.  5. 


16.   Die   kleine  Grundel.     Gobiiis  miiiiif um  I,. 

El.  6.  R2.  10—12.  Br.  17.     B.  6.     A.  10—11.  S.  15. 


Der  Körper  ist  ziemlich  gestreckt,  rundlich,  auch  im  hinteren  Theile 
wenig-  zusammengedrückt.  Der  Kopf  ist  fast  breiter  als  hoch,  die  Augen 
stehen  dem  Scheitel  nahe.  Die  Färbung  ist  ein  gelbliches  Sandgrau  mit 
unregelmässigen  dunkleren  Flecken  an  der  Oberseite.     In   Lebensweise, 


Fig.  68.  Kleine  Grundel  mit  Ansicht  von  oben,  Querschnitt,  Ei  und  Schuppe, 

Yorkommen  etc.  dem  vorigen  sehr  ähnlich,  erreicht  die  kleine  Grandel 
eine  Grösse  von  5 — 7  cm.  Ihre  Eier  sind  spindol-  oder  birnförmig.  und 
werden  einzeln  an  Wasserpflanzen,  Muscheln  etc.  angeheftet. 

17.   Riitheiisparres  Grnmlel.      Gobins  Riitheusparri  Euphr. 

K.  5.     Rl.  7.     R2.  11.     Br.  15—17.     B.  6.     A.  12.     S.  15. 

Der  vorigen  sehr  ähnlich,  indessen  durch  die  7  Strahlen  der  ersten 


Fig.  69.  Buthensparres  Grandel  mit  Ansicht  von  oben,  Querschnitt  und  Schuppe. 

Rückenflosse    sicher   zu    unterscheiden.      In    Lebensweise,    Fortpflanzung 
und  Yorkommen  den  vorigen  gleichend.     Sie  wird  selten  über  5  cm  lang. 

Familie  der  Scheibenbäuche,  Discoboli. 
Der   Körper  ist   dick,    keulenförmig,    die    Haut    schuppenlos.      Die 
Brustflossen   sind  sehr  gross,   in  der  Mittellinie  fast  zusammenhängend, 
die  Bauchflossen  zu  einer  runden  Saugscheibe  verschmolzen. 


Lump. 


85 


Gattung  Cyclopterus  L. 

Das  Skelett  ist  nur  wenig  verknöchert,  die  Haut  sehr*  dick  und 
stellenweise  mit  Knochenschüdern  bedeckt.  2  Rückenflossen,  von  denen 
die  eiste  nur  von  Haut  gebildet  ist.     Schwimmblase  vorhanden. 

l.s.  I>er  1 .  11  in i».     l'ycloptei-us  ltniijHis   f.. 

Bauchsanger,  Seehase,  Seekaulbarsch. 
K.  4.     R.   11.     Br.  20.     B.  6.     A.  9.     S.  10. 
Der  Lump  ist    einer  unserer    auffallendsten  Fische,  sowol    was  die 
Körperform,    als    was    die    Färbung    während    der    Laichzeit    anbetrifft. 


Fig.  70.   Lump  mit  Ansicht  von  unten  und  Querschnitt. 

Der    Körper   ist    hoch    und    dick,    siebenkantig-,    am    Bauch    abgeflacht, 
der  Kopf    dick  mit    stumpfer   Schnauze    und  breiter  Stirn.     Die   Mund- 


86  Die  preussischen  Fische.     Weichflosser. 

spalte  reicht  bis  unter  das  Auge.  Lippen  dick,  fleischig.  In  beiden  Kinn- 
laden mehrere  Reihen  Bürstenzähne,  die  Zunge  ist  kurz,  stumpf  und  platt. 
Die  Kiemenspalte  steht  nur  von  der  Spitze  des  Deckels  bis  zur  Höhe 
des  Mundwinkels  offen.  Die  Iris  ist  perlmutterglänzend,  die  röhren- 
förmigen Nasenöfmungen  stehen  nahe  dem  Mundrande.  Der  ganze  Körper 
ist  schuppenlos,  von  einer  dicken,  klebrigen,  zahlreiche  feine  Knochen- 
körnchen enthaltenden  Haut  bekleidet.  Auf  dem  Rücken  steht  eine,  an 
jeder  Seite  drei  Längsreihen  stumpfkegeliger  Knochenplatten.  Die  erste 
Rückenflosse  besteht  aus  einer  dicken  Haut  ohne  Strahlen,  die  Brust- 
flossen sind  breit,  die  Bauchflossen  zu  einer  kreisförmigen  Saugscheibe 
verwachsen,  mit  der  sich  das  Thier  so  kräftig  festsaugen  kann,  dass 
man  bei  dem  Versuch,  dasselbe  aus  einem  mit  "Wasser  gefüllten  Eimer 
herauszunehmen,  an  dessen  Boden  es  angesogen  ist,  den  ganzen  Eimer 
mithebt.  Die  Oberseite  ist  schwärzlichgrau  gefärbt,  die  Seiten  gelblich- 
grau, der  Bauch  gelblichweiss.  In  der  Laichzeit  erscheint  das  Männchen 
lebhaft  roth  und  blau  gefärbt,  mit  orange  Strahlen  in  After-  und  Brust- 
flossen. Das  Skelett  ist  nur  unvollkommen  verknöchert.  Der  Darm 
ist  vielfach  gewunden,  6 — 10  mal  länger  als  der  Körper,  mit  zahl- 
reichen Pförtnerauhängen.  Der  Lump  lebt  am  Grunde  der  See,  schwimmt 
schlecht  und  unbeholfen  und  kommt  im  Mai  und  Juni  in  flaches  "Wasser, 
um  zu  laichen.  Das  Männchen  macht  zwischen  Steinen  Gruben  im 
Sande,  in  welche  das  "Weibchen  laicht,  worauf  das  Männchen  die  Eier 
und  später  die  ausgeschlüpften  Jungen  bewacht,  die  sich  an  seinem  Körper 
ansaugen.  Die  Zahl  der  Eier  soll  2 — 400000  betragen.  Der  Lump  wird  bei 
uns,  wo  er  verhältnissmässig  selten  vorkommt,  ca.  20 — 30  cm  lang,  soll  aber 
an  der  vorpommerschen  Küste  im  Gewichte  von  7  kg  gefangen  sein. 
Er  ist  ein  arger  Raubfisch,  der  namentlich  kleinen  Crustaceen,  Muscheln 
und  Fischlaich  nachgeht.     Das  Fleisch  wird  bei  uns  nicht  verwerthet. 

Ordnung  der  Weichflosser. 
Anacanthini. 

Alle  Flossenstrahlen  sind  weich,  meistens  gegliedert  und  gegen  die 
Spitze  hin  zertheilt.  Die  Bauchflossen  sind  kehl-  oder  brustständig.  Die 
Schwimmblase  ist,  wenn  vorhanden,  ohne  Luftgang. 

Familie  der  Schellfische,  Gadoidei. 
Der  Körper  ist  gestreckt,  rundlich,  mit  grossem  Kopf  und  weitem 
Munde ,     mit    kleinen    Rundschuppen    bedeckt.     7    Kiemenhautstrahlen. 
Schwimmblase  vorhanden. 

Gattung  Gadus  L. 

Drei  Rückenflossen,  zwei  Afterflossen.    Meerfische. 


Dorsch. 


87 


19.  Der  Morsch.     CJadus  morrluia  L.. 

Dorsch,  Dösch,  Pomuchel,  Pamuchel,  Permochel,  Pomochel. 

lit. :  menke;  kur. :  menzas;  kass.:  pomuchel,  pomuchla. 

K.  7.     ßl.  10— 15.     R  2.  16— 22.     R  3.  18— 21.     Br.  17— 20.     B.  6. 

AI.  18—2::.      A2.  17—19.     S.  26. 

Der  Dorsch  ist  nichts  anderes,  als  die  kleine,  in  der  Ostsee  allein 
vorkommende  Varietät  des  Kabliau,  von  dem  er  von  vielen  Schriftstellern 
als  eigene  Art  (Gr.  callarias)  unterschieden  wurde.  Der  Körper  ist  lang- 
gestreckt, vorne  rundlich,  hinten  mehr  zusammengedrückt,  der  Kopf  gross 
und  dick  mit  etwas  überstehendem  Oberkiefer  und  einer  Bartel  am  Kinn. 
Die  Mundspalte  reicht  bis  zum  vorderen  Augenrande,  die  Kiefer  sind 
mit  kleinen  Bürstenzähnen  besetzt,  die  oben  in  mehreren,  unten  in  einer 
Reihe    stehen.     Die  Augen    sind  sehr  gross,   die   Iris    gelblichweiss,!  die 


Fig.  71/Der  Dorsch  mit  Querschnitt,  Schuppe  und  Schluudknochen. 

Nasenlöcher  doppelt.  Der  Körper  ist  mit  kleinen,  weichen,  ovalen  Rund- 
schuppen bedeckt.  Die  Rückenflosse  ist  in  drei,  die  Afterflosse  in  zwei 
Flossen  getheilt,  die  Schwanzflosse  kräftig,  die  kleinen  Bauchflossen 
kehlständig.  Der  Körper  ist  oben  auf  röthlich  grauem  Grunde  braun  ge- 
fleckt, der  Bauch  weiss,  ungefleckt,  Brustflossen  braungelblich,  andere  grau- 
fleckig. Die  breite,  oft  gefleckte  Seitenlinie  macht  an  der  Brustflosse  einen 
flachen  Bogen  und  liegt  hinten  viel  tiefer  als  vorne.     Die  Schwimmblase 


88 


Die  preussischen  Fische.     Weichflosser. 


ist  gross,  buchtig,  an  der  untern  Seite  dickwandig,  die  obere  Seite  sehr 
dünn,  mit  den  Kippen  fest  verwachsen,  der  Magen  weit,  mit  zahlreichen 
Blinddärmen.  Der  Dorsch  lebt  in  der  Tiefe  der  See,  ist  äusserst  gefrässig, 
folgt  den  Heringszügen  und  zieht  zum  Laichen  in  grossen  Schaaren  in  die 
Nähe  der  Küsten.  Er  laicht  im  Januar  bis  März,  der  Laich  schwimmt 
an  der  Oberfläche.  Die  Zahl  der  1  mm  grossen  Eier  beträgt  mehrere 
Millionen.  Er  wird  meistens  nur  30 — 40  cm  lang  und  1  kg  schwer, 
kann  aber  viel  grösser  werden.  Er  wird  hauptsächlich  an  Grundangeln 
gefangen,  bei  uns  meistens  frisch,  weniger  in  geräuchertem  Zustande  ver- 
wendet. Sein  Fleisch  ist  im  frischen  Zustande  sehr  schätzbar,  verdirbt 
aber  ausserordentlich  schnell.  Yen  den  fortgeworfenen  Köpfen  und 
Eingeweiden  könnte  Thran  und  Guano  gemacht  werden.  Die  Leber 
soll  in  ganz  frischem  Zustande  gekocht  oder  anderweitig  zubereitet, 
äusserst  wohlschmeckend  sein. 

30.    Der  Merlau.     Gadus  merlangus  JL. 

"Wittling,  Withing,  Weissling. 
K.  7.     Kl.  16.     R2.  18.     R3.  19.     Br.  20.  B.  6.     AI.  30. 

A2.  20.     S.  31. 
Der  Körper  ist  gestreckt,  rundlich.     Der  Kopf  zugespitzt,  gross,  mit 
vorstehendem  Oberkiefer,  bis  unter  die  Mitte  des  Auges  reichendem  Mund- 


Fig.  72.  Der  Merlan  mit  Querschnitt  and  Schuppe. 

spalt,  mehreren  Keinen  kleiner  kegelförmiger  Zähne  oben,  von  denen    die 
vorderen    am   längsten  sind,  nur   einer  Reihe   in  der"  unteren  Kinnlade. 


Merlan.     Quappe.  89 

Keine  Bartel.  Augen  gross  mit  silberfarbener  Iris,  Nasenlöcher  doppelt, 
dem  Auge  nahe.  Der  ganze  Körper  ist  mit  kleinen,  weichen,  ovalen 
Rundschuppen  bedeckt,  am  Rücken  und  Bauch  gerundet.  Die  Oberseite 
ist  l'öthlichgTau  oder  röthlichbraun,  der  Bauch  weiss,  die  Flossen  mit 
Ausnahme  der  schwärzlich  angeflogenen  Brust-  und  Schwanzflossen  hell, 
am  Anfange  der  Brustflosse  oft  ein  schwarzer  Fleck.  Der  Merlan  findet 
sich  in  der  Ostsee  viel  seltener  als  in  der  Nordsee,  am  meisten  noch  bei 
Heia.  Er  lebt  in  der  Tiefe  von  Fischen,  namentlich  von  Heringen 
und  Sprotten,  kleineren  Crustaceen,  Würmern  u.  dgl.,  und  kommt  in  der 
Laichzeit  vom  December  bis  Februar  bis  auf  eine  halbe  Seemeile  an  die 
Küste.  Er  erreicht  eine  Grösse  von  30 — 40  cm,  selten  mehr,  und  wird 
namentlich  mit  Grundangeln  gefangen,  die  in  Ermangelung  frischer 
Fische  auch  mit  Salzheringen  geködert  sein  können.  Das  Fleisch  wird 
mehr  geschätzt,    als  das  der  übrigen  Schellfische. 

Gattung  Lota  Cuv. 

Zwei  Rückenflossen,  eine  Afterflosse. 

21.  Die  Quappe.     Lota  vulgaris  Cuv. 

Quappe,  Quabbe;   altpr.:  wilnis  (wilms?).  lit. :  kupa,  kwapa;   kur. :  kwape 

mas.  kass. :  nientusz. 
K.  7.     Rl.  12—14.     R2.  68—74.     Br.  18—20.     B.  5-6.     A.  65—70. 

S.  36—40. 

Die  Quappe  ist  der  einzige  Süsswasserbewohner  unter  den  Schell- 
fischen. Der  Körper  ist  gestreckt,  7mal  länger  als  hoch,  vorne  rundlich, 
hinten  zusammengedrückt,  der  Kopf  massig  gross,  etwas  niedergedrückt, 
mit  gleich  langen  Kiefern,  in  denen  zwei  Reihen  von  kleinen  Bürsten- 
zähnen stehen,  während  etwas  stärkere  am  Pflugschaarbein  sitzen.  Der 
Mundspalt  reicht  bis  unter  den  Yorderrand  des  Auges.  Die  Augen  klein 
mit  goldglänzender  Iris.  Die  Nasenlöcher  sind  doppelt,  klein,  rundlich, 
das  vordere,  in  der  Mitte  zwischen  Augen  und  Mundrand  gelegene,  mit 
einer  kleinen  Bartel.  Am  Kinn  eine  Bartel,  mitunter  daneben  noch  eine 
kleinere.  Die  Afterflosse  ist  fast  ebenso  lang  wie  die  zweite  Rücken- 
flosse, von  der  gerundeten  Schwanzflosse  in  gleicher  Weise  getrennt.  Alle 
Flossenstrahlen  sind  sehr  weich,  mit  fast  häutigem  Ende.  Der  Körper  ist 
mit  kleinen,  ovalen,  weichen  Rundschuppen  bedeckt,  die  auch  den 
Scheitel  und  die  Seiten  des  Kopfes,  sowie  den  Grund  der  Flossen  überziehen, 
sich  nur  mit  den  Rändern,  oder  gar  nicht  berühren,  und  tief  in  der  sehr 
schleimigen  Haut  liegen.  Die  Seitenlinie  liegt  vorne  dem  Rücken  näher 
als  hinten  und  hört  oft  im  letzten  Drittel  auf.  Der  Magen  ist  gross  und  weit 
mit  vielen  verzweigten  Blinddärmen.     Schwimmblase  gross,  lang,  vorne  tief 


90 


Die  preussischen  Fische.     Weichflosser. 


eingebuchtet.  Die  Oberseite  ist  heller  oder  dunkler  olivengrün  gefärbt,  braun 
und  schwarz  marmorirt,  die  Unterseite  schmutzig  weiss.  Die  Männchen  sind 
an  dem  breiteren  Kopf  und  Schwanz  und  dem  weniger  dicken  Bauch  von 
den  Weibchen  schon  äusserlich  leicht  zu  unterscheiden.  Die  Quappe  wird 
gewöhnlich  30—50  cm  gross  und  1  kg  schwer,  doch  sind  auch  Exemplare 
von  15  kg  beobachtet.  Sie  liebt  stärker  strömende  Gewässer,  kommt 
aber  auch  in  klaren  tiefen  Seen  und  den  Haffen  vor,  hält  sich 
am  Grunde  unter  Steinen  und  in  Löchern,  ist  äusserst  gefrässig,  lebt 
namentlich  von  kleinen  Thieren,  auch  Fischen,  ist  dem  Fischrogen  sehr 
schädlich,  namentlich  in  Forellenbächen,  und  frisst,  selbst  gefangen  noch  alle 
Mitgefangenen.  Im  December  zieht  sie  in  Schwärmen  zum  Laichen 
flussaufwärts  und  legt  im  December  oder  Januar  etwa  eine  Million  1  mm 
grosser  Eier  ab.  In  grosser  Masse  wird  sie  dann  namentlich  in  der 
Deime    und    den  Ausflüssen    des   Memelstroms,  besonders  im  Kuss-  und 


Fig.  73.  Die  Quappe  mit  Querschnitt  und  Schuppe. 

Skirwiethstrom  in  eigenen  Netzen,  sogenannten  Quappenwarten,  gefangen 
und  etwas  weiter  stromaufwärts  an  der  russischen  Grenze,  wo  sie  an  den 
Ufern  zwischen  Steinen  laichen  soll,  durch  kleine  in  das  Eis  gehauene 
Löcher  mit  Aalspeeren  gestochen,  während  sie  zu  anderen  Zeiten  wegen 
ihrer  versteckten  Lebensweise  nur  sehr  vereinzelt  gefangen  wird.  Siebold 
macht  in  seinem  klassischen  Werke  über  die  Süsswasserfische  von  Mittel- 
europa auf  eine  Notiz  von  Steinbuch*)  aufmerksam,  der  einmal  (in 
welchem  Monat  wird  nicht  gemeldet)  beim  Quappenstechen  mit  dem 
Zweizack  zwei  Quappen  gleichzeitig  durchbohrte,  die  durch  ein  häutiges, 
etwa  fingerbreites,  ringförmiges  Band  Kopf  an  Kopf,  mit  den  Bauchflächen 


*)  Analecten    neuer   Beobachtungen    und    Untersuchungen    für    die    Naturkunde. 
Fürth  1802. 


Quappe.  91 

einander  zugekehrt,-  fest  zusammengehalten  wurden.  Nachdem  er  das 
in  die  weichen  Körper  der  beiden  Thiere  tief  einschneidende  Band  vor- 
sichtig abgestreift  hatte,  fielen  die  Fische  von  einander  und  er  sah  aus 
den  Geschlechtsöffnungen  beider  einen  milchigen  Saft  ausfliessen.  Das 
Band  selber  erschien  in  Farbe,  "Weichheit  und  Schlüpfrigkeit  der  Haut 
der  Quappen  ganz  gleich,  als  ein  in  sich  geschlossener  King  ohne  Spur 
einer  Nath,  innen  und  aussen  glatt,  auch  mit  glatten,  abgerundeten 
Beändern,  und  liess  sich  nicht  ohne  sehr  merklichen  Widerstand  mit  den 
Fingern  zerreissen. 

Steinbuch  glaubte  in  dieser  eigenthümlichen  Verbindung  der 
Quappen  eine  Art  von  Begattung  zu  sehen,  hat  aber  leider  über  etwaige  Beife 
der  Eier  oder  andere  anatomische  Details  keine  weiteren  Beobachtungen 
angestellt.  In  Buss  und  Skirwieth,  wo  doch  jährlich  viele  Tausende  von 
Quappen  kurz  vor  und  gerade  in  der  Laichzeit  gefangen  werden,  wusste 
man  mir  von  ähnliehen  Beobachtungen  Nichts  zu  berichten,  ebenso  wenig 
wie  von  einer,  von  anderer  Seite  behaupteten  Verschlingung  zahlreicher 
laichender  Quappen  zu  grossen  Knäueln,  wozu  sie  übrigens  bei  ihrer 
Schlüpfrigkeit  und  Trägheit  auch  wenig  geeignet  erscheinen. 

Das  Fleisch  der  Quappen  wird  bei  uns,  hauptsächlich  wohl,  weil 
sie  nur  während  eines  Monates,  dann  aber  in  grosser  Masse  und  häufig 
genug  in  wenig  einladendem  Zustande  auf  den  Markt  kommen,  gering 
geschätzt,  ist  aber  im  frischen  Zustande  keineswegs  zu  verachten.  Nament- 
lich gilt  die  ausserordentlich  grosse  und  fette  Leber  für  einen  Leckerbissen. 
Der  Bogen  soll,  wie  bei  manchen  anderen  Fischen,  purgirend  wirken. 

Familie  der  Schollen,  Pleuronectidi. 
Der  Körper  ist  seitlich  stark  zusammengedrückt,  sehr  hoch,  der 
Kopf  unsymmetrisch,  indem  beide  Augen  auf  derselben  Seite  liegen, 
die  verschiedenartig  gefärbt  ist,  während  die  augenlose  Seite  weiss 
erscheint.  Beim  Verlassen  des  Eies  unterscheiden  sich  die  Schollen  noch 
in  keiner  Weise  von  anderen  jungen  Fischen,  namentlich  ist  der  Kopf 
vollkommen  symmetrisch,  auch  schwimmen  sie  ganz  wie  die  anderen 
Fische.  Erst  wenn  der  Körper  eine  Länge  von  1 — V/a  cm  erreicht 
und  die  eigenthümliche  Plattfischform  schon  angenommen  hat,  findet  eine 
Drehung  des  Schädels  um  seine  Längsaxe  statt,  die  man  ähnlich  wie  in 
den  umstehenden  schematischen  Figuren  Schritt  für  Schritt  verfolgen  kann. 
So  wandert  das  Auge  allniälig  über  den  Scheitel  nach  der  anderen 
Seite  herüber.  Besonders  auffallend  ist  diese  Wanderung  bei  denjenigen 
Arten,  deren  Kückenflosse  schon  vor  dem  Auge  auf  der  Schnauze  beginnt, 
indem  bei  ihnen  das  wandernde  Auge  unter  der  Rückenflosse  und  durch 


92 


Die  preussischen  Fische.     Weichflosser. 


die  "Weichtheile  hindurch  wandern  muss,  so  dass  es  zeitweise  an  beiden 
Seiten  unter  der  Bückenflosse  hervorsieht  und  das  Thier  auf  den  ersten 
Blick  drei  äugig  erscheint.  (Fig.  74.  3.)  Nach  Beendigung  dieser  Kopfdrehung 
zeigt  sich  die  Augenseite  des  Körpers  gewölbt,  die  augenlose  fast  flach. 
Rücken-  und  Afterflosse  sind  sehr  lang  und  nehmen  fast  die  ganze  Rücken- 


1. 


Fig.  74.  Schematische  Darstellung  der  Wanderung  des  Auges  bei  den  Schollen.] 

und  Bauchkante  ein.  Die  Schwimmblase  fehlt.  Die  Schollen  leben  gesellig 
in  kleineren  oder  grösseren  Heerden  am  Boden  des  Meeres,  wo  sie,  auf 
der  augenlosen  Seite  liegend,  sich  durch  eine  eigenthümliche  Bewegung 
der  Flossen  mit  Sand  oder  Schlamm  überschütten,  so  dass.  nur  die  sehr 
frei  beweglichen  Augen  hervorragen.  Gewöhnlich  gleiten  sie  beim  Schwim- 
men  nur    dicht   am    Boden    hin,    können    sich   aber   auch  leicht  auf  die 


Schollen.     Steinbutte. 


93 


Bauchkante  stellen  und  mit  grossei  Schnelligkeit  das  Wasser  durch- 
schneiden. Nachdem  sie  die  beabsichtigte  Strecke  zurückgelegt  haben, 
gleiten  sie  auf  der  Seite  in  schräger  Richtung,  wie  auf  einer  schiefen 
Ebene,  auf  den  Boden  nieder,  um   sich  sogleich  wieder  mit  Sand  zu  be- 


Fig.  75.  Schwimmende  und  ruhende  Schollen. 

schütten.  Ganz  besonders  ist  bei  ihnen  die  Fähigkeit  entwickelt,  ihre 
Färbung  derjenigen  des  Grundes  anzupassen,  selbst  wenn  sie  schnell 
nach  einander  auf  Sand  von  sehr  verschiedener  Farbe  gebracht  werden. 
Sie  sind  Raubfische,  die  während  des  Winters  in  grösseren  Tiefen  leben,  im 
ersten  Frühjahr  zum  Laichen  an  die  Ufer  kommen  und  sich  den  Sommer 
hindurch  in  flacherem  Wasser  aufhalten. 

Gattung  Rhombus  L. 

Die  Augen  stehen  auf  der  linken  Seite.  Auf  Kiefern  und  Pflug- 
schaarbein  schmale  Binden  atoii  Hechelzähnen,  die  beiderseits  gleich  lang 
sind.  7  Kiemenhautstrahlen.  Der  Körper  ist  fast  ebenso  hoch  als  lang. 
Die  Rückenflosse  beginnt  vor  dem  Auge  auf  der  Schnauze  und  geht, 
ebenso  wie  die  Afterflosse,  nicht  in  die  Schwanzflosse  über,  ihre  Strahlen 
sind  grösstentheils  verzweigt. 

22.  Die  Steinbutte.    Rhombus  maxiiuus  I,. 

Steenbott;  lit:  atis;  kur.:  ate;  kass.:  skarp,  stenbuta. 
K.  7.     R.  64—67.     Br.  10—12.     B.  6.     A.  46—48.     S.  15. 

Der  Körper  ist  von  rhombischer  Gestalt,  hoch  und  kurz,  der  Kopf 
breit,  mit   grosser,  bis  hinter  die  Augen  reichender,  schiefer  Mundspalte. 


94 


Die  preussischen  Fische.     "Weichflosser. 


Die  Augen  sind  gross  mit  goldbrauner  Iris  und  stehen,  durch  eine  Scheitel- 
leiste getrennt,  nahe  bei  einander  auf  der  linken  Seite.  Die  Augenseite 
ist    mit    zahlreichen    rundlichen,    schüdbuckelähnlichen    Knochenhöckern 


WfMESM 


f.> 


^^» 


Fig.  76.  Die  Steinbutte  mit  Querschnitt  und  Knochenschild. 

bedeckt,  die  jedoch  die  Seitenlinie  frei  lassen.  Auf  dem  Kopfe  befinden 
sich  kleinere  Höckerchen  in  mehrfachen  Reihen.  Schuppen  fehlen  der 
Steinbutte  gänzlich.  Die  Seitenlinie  umgeht  im  weiten  Bogen  die  Brust- 
flosse.    Die  Rückenflosse   beginnt   auf  der  Schnauze  vor  dem  Auge  und 


Steinbutte.    Kliesche.  95 

reicht  bis  zur  Schwanzwurzel,  ebenso  die  unter  dem  hintersten  Theile 
des  Kiemendeckels  beginnende  Afterflosse.  Die  Bauchflossen  sind  kehl- 
st ändig,  im  Bau  der  Afterflosse  sehr  ähnlich,  die  Schwanzflosse  ist  ab- 
gerundet. Die  Färbung  der  Augenseite  ist  bei  verschiedenen  Exem- 
plaren sehr  wechselnd,  bald  ist  sie  lichtgelb  oder  graubraun,  bald 
tief  schwarzbraun,  mitunter  unregelmässig  heller  oder  dunkler  mar- 
morirt.  Die  Flossen  sind  meistens  heller  als  der  Körper,  oft  mit  unregel- 
mässigen, dunkleren  Flecken.  Die  Unterseite  ist  gelblich-  oder  bläulich- 
Aveiss.  Die  Steinbutte  erreicht  in  der  Ostsee  nur  selten  eine  Länge  von 
40  cm  und  ein  Gewicht  von  3 — 4  kg,  während  sie  in  der  Nordsee  sehr 
viel  grösser  wird.  Sie  frisst  Krabben,  kleinere  Fische,  namentlich  Heringe, 
Hornhechte,  Sandaale,  hält  sich  gerne  in  der  Nähe  der  Flussmündungen 
auf  und  geht  auch  wol  in  diese,  wie  in  die  Haffe  hinein.  Die  Laichzeit 
fallt  in  das  Frühjahr,  die  Eier  sind  klein  und  in  der  Zahl  von  mehreren 
Millionen  vorhanden.  Ihr  Fleisch  wird  sehr  geschätzt,  man  fängt  sie 
hauptsächlich  in  den  Sommer-  und  Herbstmonaten  im  flachen  Wasser 
mit  der  Zeese,  im  tieferen  an  Dorschangeln,  doch  ist  sie  hinsichtlich  des 
Köders  sehr  wählerisch  und  nimmt  nur  frische  Fische,  namentlich  Sand- 
aale und  Neunaugen  oder  Krabben  an. 

Gattung  Pleuronectes  L. 

Die  Augen  stehen  auf  der  rechten,  nur  ausnahmsweise  auf  der 
linken  Seite.  Die  kleinen,  kegelförmigen  oder  schneidenden  Zähne  stehen 
in  1  oder  2  Reihen  und  sind  auf  der  augenlosen  Seite  stärker.  In  der 
Kiemenhaut  finden  sich  6  Strahlen.  Die  Rückenflosse  beginnt  über  dem 
Auge,  ihre  Strahlen,  sowie  die  der  Afterflosse,  sind  ungetheilt. 

38.  Die  Kliesche.    Plenronectes  liiuanda  L. 

K.  6.     R.  76.     Br.  11.     B.  6.     A.  1/59.     S.  14. 

Der  Körper  ist  massig  gestreckt,  der  schiefe  Mundspalt  reicht  nur 
bis  unter  den  vorderen  Augenrand.  Die  Augen  stehen  auf  der  rechten 
Seite,  die  Iris  ist  goldbraun.  Zwischen  den  Augen  eine  schwache  Leiste. 
Der  Körper  ist  beiderseits  mit  kleinen,  sich  deckenden  rauhen  Kamm- 
schuppen bedeckt.  Die  Seitenlinie  umgeht  die  Brustflosse  im  weiten 
Bogen.  Rücken-  und  Afterflosse  reichen  bis  zur  Schwanzwurzel,  ihre 
Strahlen  sind  ungetheilt.  Am  vorderen  Rande  der  Afterflosse  steht  ein 
Stachelstrahl.  Die  Färbung  der  Augenseite  ist  ein  helleres  oder  dunk- 
leres Braun,  oft  mit  noch  dunkleren  Flecken,  die  Flossen  sind  etwas 
heller  gefärbt,  die  augenlose  Seite  ist  weiss.  Die  Kliesche  erreicht  eine 
Grösse  von  20 — 30  cm,  lebt  wie  die  übrigen  Schollen  und  ist  an  unseren 


96 


Die  preussischen  Fische.    "Weichflosser. 


Küsten  selten.     Sie  wird  gelegentlich  mit  der  Zeese  gefangen.     Ihr  Fleisch 
ist   feiner   als    das    unserer    anderen   Plattfische,    doch  wird  sie  von  den 


Fig.  77.   Die  Kliesche  mit  Querschnitt  und  Schuppe. 

Fischern    ihres    seltenen   Vortommens   wegen   kaum  von    den    Flundern 
unterschieden. 

-i  l.  Die  Scholle.    Pletironectes  platessa  I,. 

Platteis,  Scholliken,  Glattbutte,  Goldbutte. 
K.  6.     R.  73.     Br.  11.     B.  6.     A.  1/55.     S.  16. 

Der  Körper  ist  etwas  weniger  gestreckt  als  bei  der  Kliesche,  die 
Schnauze  gegen  die  Rückenkante  scharf  abgesetzt,  der  kleine  Mundspalt 
reicht  kaum  bis  zum  vorderen  Augenrande.  Die  Augen  stehen  auf  der 
rechten  Seite,  an  die  sie  trennende  Scheitelleiste  schliessen  sich  hinten 
2 — 7,  meistens  6  Knochenhöcker  an,  die  bis  zum  Hinterrande  des  Kiemen- 
deckels reichen.  Beide  Seiten  sind  mit  weichen,  glatten  Rundschuppen 
bedeckt,  die  sich  nur  mit   den  Rändern    oder  gar  nicht  berühren  und  in 


Scholle. 


97 


Ilachen  Grübchen  liegen.  Die  Seitenlinie  umgebt  die  Brustflosse  in  einem 
sehr  flachen  Bogen.  Die  Körperoberfläche  ist  glatt,  nur  an  der  Seiten- 
linie finden  sich  einige  kleine  Körnchen.  Kücken-  und  Afterflosse,  beide 
mit  ungetheilten  Strahlen,  reichen  bis  zur  Schwanz wurzel.  Der  erste 
Strahl  der  Afterflosse  ist  ein  harter  Dorn.  Die  Augen seite  ist  lichter 
oder  dunkler  braun  gefärbt,  und  — ,  ebenso  wie  die  etwas  helleren  Flossen, 
mit  einigen  brandgelben  oder  hochrothen,  rundlichen  Flecken  gezeichnet, 


-o- 


,1 


Mßi 


Fig.  78.  Die  Scholle  mit  Querschnitt,  Schuppe  und  Schlundknochen. 


die  augenlose  Seite  weiss.  Die  Scholle  ist  an  unserer  Küste  meistens 
nur  30  cm  gross,  erreicht  aber  mitunter  fast  die  doppelte  Grösse.  In 
ihrer  Lebensweise  gleicht  sie  den  anderen  Plattfischen,  kommt  im  Früh- 
jahr zum  Laichen  auf  steinige  oder  pflanz enreiche  flache  Stellen  und  geht 

7 


98 


Die  preussischen  Fische.     Weichflosser. 


häufig  in  die  Flussmündungen.     Sie  wird  wie  die  Flunder  meistens  mit 
der  Zeese  gefangen,  namentlich  von  August  bis  October. 

25.  Die  Flunder.     Pleuronectes  flesns  L,. 

Fluider,  Flinger;  lit.,  kur.:   plekszte;  kass.:  starniew,  starnewka. 
K.  6.     K.  55—57.     Br.  10—11.     B.  6.     A.  1/38—42.     S.  14—18. 

Körperbau  und  Flossen  ähneln  ausserordentlich  denen  der  Scholle. 
Die  Augen  stehen  auf  der  rechten,  ausnahmsweise  auf  der  linken  Seite. 
Beide  Seiten  sind  mit  spärlichen,  tiefliegenden,  kleinen  Kundschuppen  be- 


u'.i-i-    rui- 


Fig.  79.  Die  Flunder  mit  Querschnitt,  Schuppe  und  Dornwarze. 

deckt.     Von  der  Scholle  ist  die  Flunder  bei  der  Berührung  sofort  durch 
ihre   rauhe  Oberfläche   zu   unterscheiden.     An    der    Basis  jedes   Strahles 


Flunder.     Sandaal.  99 

der  Bücken-  und  Afterflosse  steht  ein  vielspitziges  Knochenhöckerehen,  ähn- 
liche von  geringerer  Grösse  fassen  die.  ebenso  wie  bei  der  Scholle  ver- 
laufende Seitenlinie  ein,  und  noch  kleinere  sind  in  sehr  verschiedener  Menge 
über  den  grössten  Theil  der  Oberfläche  der  Augenseite  verstreut,  auch 
die  weis»  veite  erscheint  rauh.  Die  Färbung  ist  eine  braungelbe  von 
wechselnder  Tiefe  mit  noch  dunkleren  Flecken,  die  sich  auch  auf  die 
etwas  helleren  Flossen  erstrecken.  Die  augenlose  Seite  zeigt  auf  gelblich- 
weissem  Grunde  kleine  schwarze  Pünktchen.  Die  Flunder  erreicht  bei  uns 
gewöhnlich  eine  Grösse  von  20 — 30  cm.  lebt  wie  die  anderen  Schollen 
und  verzehrt  namentlich  viel  Muscheln,  deren  Schalen  oft  ihren  ganzen 
Darm  erfüllen.  Sie  ist  in  der  östlichen  Ostsee  viel  häufiger  als  die 
Scholle,  steisrt  in  die  Flüsse  weit  auf  und  lässt  sich  vortheilhaft  in 
Süsswasserteichen  mit  genügender  Nahrungsmenge  halten,  wo  sie  sich 
auch  fortpflanzen  soll.  Sie  wird  hauptsächlich  im  August  bis  October 
mit  der  Zeese  und  dem  Flundernetz  gefangen  und  zum  grössten  Theil  ge- 
räuchert. 

Die  linksäugige.  nicht  gerade  seltene  Varietät  der  Flunder,  die 
Theerbutte  (PI.  passer;,  betrachtete  man  früher  als  besondere  Art.  Grosse 
Massen  ganz  junger  Flundern  von  der  Grösse  eines  Zweimarkstückes 
werden  leider  beim  Krabbenfischen  und  in  den  Haffen  mit  dem  Keitel 
.  :  ,ngen  und  meistens  als  Köder  oder  Schweinefutter  verbraucht,  obwohl 
sie  so  zählebig  sind,  dass  sie  selbst  nach  langem  Aufenthalt  im  Keitel  in 
Freiheit  gesetzt,   sofort  davon  schwimmen. 

Familie  der  Sandaale,  Ammodytidi. 
Die    Sandaale    sind    langgestreckte    Fische  mit  rundlichem,    seitlich 
nur    wenig    zusammengedrücktem    Körper,    spitzem    Kopf,    sehr    langer 
Kückenflosse.     Die  Bauchflossen  fehlen,  ebenso  die  Schwimmblase. 

Gattung  Ammodytes  L. 
Der  spitze  Unterkiefer  ragt  über  die  obere  Kinnlade  weit  vor.  beide 
sind  zahnlos.  7  Kiemenhautstrahlen.  Die  mit  zarten  und  kleinen,  tief- 
liegenden Schuppen  bedeckte  Haut  zeigt  am  Bauch  eine  grosse  Anzahl 
schräger  Felder.  Die  Sandaale  leben  nahe  dem  TTfer  von  kleinen  TVür- 
mern.  Krustenthieren  etc.  und  graben  sich  gerne  und  schnell  in  den  Sand  ein. 

26.  Der  Sandaal.  Aniniodytes  lanceolatns  Sauv. 

Tobies.  Tobieschen.  Suter.  Sutter.  Seepeitzker:  lit.  kur. :  tubis. 

K.  7.     E.  58—60.     Br.  13.     A.  25.     S.  15. 
Der  Körper   ist    aalartig.  schlank,    der   Kopf  stark  zugespitzt     Der 
ischenkiefer   ist  wenig   vorstreckbar,    an  der    Spitze    des  Pflugschaar- 


100 


Die  preu.ssisch.en  Fische.     Weichflosser. 


beins  stehen  2  spitze  Zähne.  Die  Länge  des  Unterkiefers  ist  bedeutend 
grösser  als  die  Körperhöhe.  Das  Auge  ist  klein  mit  silberglänzender  Iris, 
die  doppelten  Nasenlöcher  liegen  in  der  Mitte  zwischen  Auge  und  Lippen- 
rand. Die  Strahlen  der  langen  Rückenflosse  und  der  Afterflosse  sind 
einfach,  die  der  Brust-  und  der  tief  ausgeschnittenen  Schwanzflosse  ge- 
theilt.  Die  Rückenflosse  beginnt  über  oder  hinter  dem  Ende  der  Brust- 
flosse. Der  Rücken  ist  bräunlich  grau  gefärbt,  die  Seiten  und  der  Bauch 
silberfarben,  an  den  Seiten  etwa  170  Felder.     Der  Sandaal  erreicht  eine 


..../MffiM?;.... 


Fig.  80.  Der  Sandaal  mit  Querschnitt,  Schuppe  und  Kopf. . 

Länge  von  30  cm,  laicht  im  Mai  an  der  Küste  und  kommt  in  der  Zeit 
vom  Juli  bis  September  schaarenweis  an  die  Ufer.  Sein  Fleisch  wird  an 
manchen  Orten  sehr  geschätzt,  bei  uns  aber  gewöhnlich  nur  als  Angel- 
köder benutzt.  Er  wird  mit  einem  besondern  Zugnetz,  dem  Tobieschen- 
garn,  in  Menge  gefangen. 

27.  Der  Tobiasfisch.    Aiiiiuodytes  tobianus  Sauv. 

Tobies,  Tobieschen,  Suter,  Sutter;  lit,  kur.:  tubis. 
K.    7.     R.   56—58.     Br.   15.     A.  28.     S.    15—17. 

Der  Tobiasfisch  ist  dem  Sandaal  sehr  ähnlich,  kommt  meistens  in  Ge- 
sellschaft desselben  vor  und  wird  von  unseren  Fischern  nicht  unterschieden, 
doch  ist  er  an  folgenden  Merkmalen  sehr  leicht  erkennbar.  Der  Zwischen- 
kiefer stülpt  sich  bei  der  Oeffnung  des  Maules  aussordentlich  weit  vor, 
am  vorderen  Ende  des  Pflugschaarbeins  steht  an  Stelle  der  2  Zähne  des 
Sandaales  ein  weicher  Höcker.  Die  Länge  des  Unterkiefers  ist  geringer 
als  die  Körperhöhe.  Die  Rückenflosse  beginnt  schon  über  dem  ersten 
Drittheil   der   Brustflosse.     In    der   Bauchhaut    bemerkt    man   nur    circa 


Tobiasfisch.     Hornhecht. 


101 


130  Seitenfelder.     Er  erreicht  nur  eine  Länge  von  15 — 18  cm,  während 
er  in  der  Lebensweise  dem  vorigen  gleicht. 


Fig.  81.  Der  Tobiasfisch  mit  Querschnitt,  Schuppe  uud  Kopf. 

Die  Köpfe  beider  Fische  sind  in  den  Nebenfiguren  dargestellt,  wie 
sie  bei  gewaltsamer  Oeffnung  des  Mundes  durch  Niederdrücken  des 
Unterkiefers  erscheinen. 

Familie  der  Makrelenhechte,  Sconiberesocidi, 
Die  unteren  Schlundknochen  zu  einem  Stücke  verschmolzen.     Körper 
mit  Kundschuppen  bedeckt.     Schwimmblase  ohne  Luftgang. 

Gattung  Belone  Cuv. 

Beide  Kinnladen  sind  schnabelartig  verlängert,  mit  einfacher  Reihe 
längerer  Zähne.     Der  Körper  ist  lang  gestreckt,  wenig  zusammengedrückt. 

28.     Der  Hornhecht.    Belone  rostrata  Fleni. 

GrÜDknochen,  Hornfisch,  Schneffel,  Windfisch,  Nadelfisch,  Windsutter. 
lit,  kur.:  wejzuwis;  kass. :  piskorz.  (?) 
K.  14.     R.  17—20.  Br.  13.     B.  6—7.     A.  21—23.     S.  15—23. 
Der  Körper  ist  lang  gestreckt,    15mal   länger  als   hoch,  die  Seiten 
etwas  eingedrückt,     Der  Kopf  spitzt  sich  allmälig  zu  einem  langen  und 
dünnen  Schnabel   zu,    der   etwa    */5  der  Körperlänge   misst.     Der  Unter- 
kiefer  ist    ein   wenig   länger  als  die  obere  Kinnlade,  in  jeder  steht  eine 
Reihe  kegelförmiger  Zähne.     Die  Rückenflosse  steht  weit  hinten  und  ist 
vorne   beträchtlich   höher   als   im   hinteren  Theile,    die  Afterflosse   gerade 
unter   der  Rückenflosse,   auch    die   Bauchflossen    sind   weit   nach   hinten 
gerückt.     Der  Körper   ist   mit  kleinen,   leicht    abfallenden,    zarten   Rund- 
schuppen  bedeckt.      Die   Seitenlinie   liegt,   abweichend    von   der   anderer 
Fische  der  Bauchkante  sehr  viel  näher  als  der  Rückenkante.     Sie  beginnt 
am  unteren  Theile  des  Kiemendeckels  und  endigt  im  unteren  Theile  der 


102 


Die  preussischen  Fische.     "Weichflosser.     Schwimmbläser. 


Schwanz wurzel,  ihre  Schappen  sind  von  den  übrigen  abweichend  ge- 
formt. Der  Mundspalt  reicht  bis  zu  dem  grossen  Auge,  dessen  Iris 
silberfarben  ist.  Die  runden  Nasenlöcher  liegen  dicht  vor  den  Augen. 
Die  Färbung  des  Kopfes  und  Rückens  ist  schwärzlichgrün,  der  Ober- 
schnabel oft  ganz  schwarz,  die  Seiten  sind  im  oberen  Theile  hellgrün, 
unten,  wie  der  Bauch  silberglänzend,  auch  "Wangen  und  Kiemendeckel 
sind  silberfarben.  Die  Flossen  sind  hell  graugrün,  mitunter  mit  dunklerem 
Saum.     Der  Darm  ist  kurz,   die  Schwimmblase  lang.     Gräthen  hellgrün. 


Fig.  82.  Der  Hornhecht  mit  Querschnitt,  Schuppe,  Seitenlinien-Schuppe  und 
den  verschmolzenen  unteren  Schlundknochen. 

Der  Hornhecht  bewohnt  unsere  Ostseeküsten  nur  in  geringer  An- 
zahl, nach  Westen  hin  wird  er  häufiger.  Er  lebt  von  kleinen  Fischen 
und  soll  namentlich  die  Seestichlinge  verfolgen.  Er  schwimmt,  sich  stark 
schlängelnd,  springt  häufig  aus  dem  Wasser  auf  und  nähert  sich  im 
Frühjahre,  um  zu  laichen,  in  Schaaren  den  Ufern,  kommt  auch  gelegent- 
lich in  die  Haffe.  Er  wird  hier  meistens  nur  50 — 60  cm  lang,  kann 
aber  viel  grösser  werden.  Bei  uns  wird  er  nur  gelegentlich  gefangen 
und  wenig  verwerthet.  Hin  und  wieder  wird  er  geräuchert  oder  gekocht 
genossen,  und  das  Fleisch  soll  weiss  und  schmackhaft  sein. 


Wels.  103 

Ordnung  der  Schwimmbläser. 
Physostomi. 

Alle  Flossenstrahlen  mit  Ausnahme  des  ersten  in  der  Brust-  und 
Bauchflosse  und  einer  verschiedenen,  meist  geringen  Zahl  am  vorderen 
Ende  der  Kücken-  und  Afterflosse  stehender,  sind  weich,  gegliedert  und 
gegen  die  Spitze  hin  zertheilt.  Die  Bauchflossen  sind  bauchständig,  nur 
selten  fehlend.  Die  Schwimmblase  ist  vorhanden  und  mit  der  Speise- 
röhre oder  dem  Magen  durch  einen  Luftgang  verbunden. 

Familie  der  Welse,  Siluroidei. 
Die  Haut  ist  schuppenlos,    der   erste  Brustflossenstrahl   ein    starker 
Knochen.      Um    den  Mund  stehen  Barteln    in  verschiedener  Anzahl   und 
Länge. 

Gattung  Silurus  L. 

Im   Munde   stehen   nur  Hechelzähne    in    mehrfachen   Keihen.     Die 

Rückenflosse  ist  sehr  kurz,  die  Afterflosse  sehr  lang.     Die  Schwimmblase 

dick  und  gross,   durch  eine  Längsscheidewand  in    eine   rechte   und  linke 

Hälfte  getheilt,    mit  den  Wirbeln   und   ihren  Fortsätzen  fest  verwachsen. 

39.  Der  Wels.     Silurus  glanis  L. 

Welz,  Wölz;  altpr.:  kalis;  lit. :  szamas;  kur. :  szams;  mas.  kass.:  szum. 
K.  16.  R  1/4.    Br.  1/14—17.     B.  11—13.     A.  90—92.     S.  17—19. 

Der  Körper  ist  von  kaulquappenähnlicher  Gestalt,  vorne  rund, 
hinten  seitlich  zusammengedrückt,  der  Kopf  breit,  plattgedrückt  und  vorne 
abgerundet,  mit  weitem  Maule,  das  nur  mit  vielen  Beihen  von  Hechel- 
zähnen bewaffnet  ist.  Am  Oberkiefer  stehen  2  lange  Barteln,  die  zurückge- 
legt bis  an  die  Spitze  der  Brustflossen  reichen,  am  Unterkiefer  4  kürzere. 
Die  Augen  sind  unverhältnissmässig  klein  mit  gelblicher  Iris,  vor  und 
zwischen  ihnen  liegen  die  hinteren  Nasenöffnungen,  während  che  vorderen, 
röhrenförmig  verlängerten,  nahe  dem  Rande  der  dickfleischigen  Oberlippe 
stehen.  Der  Unterkiefer  ragt  etwas  vor,  die  kurze,  dicke,  dreieckige 
Zunge  ist  unbezahnt,  die  Kiemenspalte  sehr  weit.  Die  kurze,  aber  ziem- 
lich hohe  Rückenflosse  steht  gerade  in  der  Mitte  zwischen  Brust-  und 
Bauchflosse,  letztere  reicht,  zurückgelegt,  bis  zum  Vorderrande  der  sehr 
langen,  aber  nicht  in  die  kleine  gerundete  Schwanzflosse  übergehenden 
Afterflosse.  Dicht  hinter  und  über  der  Wurzel  der  Brustflosse  befindet 
sich  eine  enge  Oeffnung,  durch  die  man  in  einen  innerhalb  der  Brust- 
muskeln gelegenen  Hohlraum  gelangt.  Hinter  dem  After  liegt  eine  grosse 
Greschlechtswarze.  Die  Seitenlinie  ist  dem  Rücken  viel  näher  als  dem 
Bauche  und  wird  durch  eine  Reihe  feiner  Kanäle  gebildet.  Die  Haut  ist 
ganz  unbeschuppt,  ziemlich  schlüpfrig,  der  Oberkörper  dunkel  olivengrün 


104 


Die  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 


oder  schwärzlich,  mit  hellerer  Marmorirung,  der  Bauch  weisslich.  Der  Wels 
ist  ein  Kaubfisch,  der  meistens  am  Grunde  der  Gewässer  lebt,  wo  er  träge 
unter  Ufervorsprüngen,  versunkenen  Kähnen  u.  dergl.  auf  Beute  lauert. 
Bei  Gewitter  bewegt  er  sich  lebhafter  und  in  der  in  den  Mai  und  Juni 
fallenden  Laichzeit  sollen  die  "Welse  sich  paarweise  dem  Ufer  nähern  um 
an  Wasserpflanzen  zu  laichen.  Die  Zahl  der  Eier  wird  von  Bloch  auf 
nur  17  000    angegeben,    während   ich   bei   einem    ca.    4  Pfund    schweren, 


Fig.  83.  Der  Wels  mit  Querschnitt. 

also  kleinen  Thiere,  über  60000  fand.  Sie  haben  eine  Grösse  von  fast 
3  mm,  sind  leicht  gelblich,  und  die  Jungen  sollen  in  8 — 14  Tagen  aus- 
schlüpfen. Der  Wels  ist  unser  grösster  Süsswasserfisch,  da  er  nicht  selten 
2  bis  3  m  lang  oder  selbst  noch  grösser  wird.  Yon  einem  über  4  m 
langen,  im  Spirdingsee  gefangenen,  berichtet  Schumann  (Pr.  Provinzialbl. 
1864.  p.  458).  Im  Alter  soll  er  mehr  an  Dicke  als  an  Länge  zu- 
nehmen und  oft  so  dick  werden,  dass  er  von  2  Männern  nicht  umspannt 
werden  kann.  Natürlich  sind  so  grosse  Exemplare  selten  und  sollen 
selbst  grosse  Thiere,  wie  Gänse  und  Hunde  verschlingen,  ja  nach  Menschen 
und  Pferden  schnappen.  Auch  kleinere  Exemplare  sind  arge  Räuber 
und  können  bei  der  Weite  ihres  Maules  Fische  von  beträchtlicher 
Grösse    verschlingen.      Obwohl    junge    Welse    von     20    cm    Länge    im 


AVels.     Karpfen.  105 

frischen  Haff  sehr  zahlreich  vorkommen,  findet  man  solche  von  mehr 
als  1  in  Länge  dort  selten,  und  es  kommen  an  Orten  wo  öfter  grosse 
Welse  gefangen  werden,  so  namentlich  in  den  grösseren  Seen,  kleine 
Welse  fast  gar  nicht  zur  Beobachtung.  Bei  seiner  versteckten  Lebens- 
weise  wird  der  Wels  nur  gelegentlich  an  grossen  Angeln  oder  in  Netzen 
gefangen.  Sein  Fleisch  wird  bei  uns  wenig  geschätzt.  Die  dicke 
Schwimmblase  liefert  einen  der  Hausenblase  ähnlichen  Leim.  Der  Wels 
liisst  sich  auch  ausserhalb  des  Wassers  längere  Zeit  lebend  erhalten  und 
daher  leicht  aus  einem  Gewässer  in  andere  übertragen. 

Familie  der  Karpfen,  Oyprinoidei. 
Die  karpfenartigen  Fische,  zu  denen  nicht  nur  in  unseren  Gegenden, 
sondern  fast  überall  die  Mehrzahl  der  Süsswasserfische  gehört,  sind 
meistens  hoch  und  schmal  gebaute,  wenig  gestreckte  Fische  mit  engem, 
häufig  von  Barteln  umgebenem,  gewöhnlich  dicklippigem  Munde,  in  dem 
alle  Knochen  mit  Ausnahme  der  unteren  Schlundknochen  zahnlos  sind. 
Die  Schlundzähne  sind  wenig  zahlreich,  in  1  bis  3  Reihen  stehend,  flach 
und  breit.  Sie  werden  jährlich  in  der  Laichzeit  abgeworfen  und  durch 
neue  ersetzt,  sie  geben  das  beste  Unterscheidungsmerkmal  für  die 
Gattungen.     Es  besitzen 

Einreihige  Schlundzähne: 

Carassius  4. — 4.  x        .  (  5. —  5. 

Tinea  5.-4.  (5.-5.)  LeUC1SCUS  \  6.-5. 

Rhodeus  )    _  ~,      ,  (  6. — 6. 

.     >  5. — 5.  Chondrostoma  {   „ 

Abramis  j  )    L — 7. 

Zweireihige: 
Phoxinus  l     '     '      .'     '         Alburnus 


5.-4.  2.  \  2.  5.-4.  2. 

Pelecus  K      _    _  Gobio  (  2.  5.-5.  2. 

k  2.  5. — 5.  2. 


Squaliusj  Blicca  \   3.  5. — 5.  3. 

Aspius 


Idus 
Scardinius 


Dreireihige: 
Cyprinus  1.  1.  3. — 3.  1.  1. 
Barbus  2.  3.  5.-5.  3.  2. 

Bei  Leucaspius  variirt  die  Zahl  und  Stellung  der  Schlundzähne 
sehr  bedeutend,  sie  sind  bald  in  einer,  bald  in  zwei  Reihen  angeordnet, 
so  dass  sich  eine  feste  Formel  nicht  aufstellen  lässt. 


106  Die  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 

Die  Zunge  ist  mehr  oder  weniger  fleischig  und  zahnlos,  die  Kiemen 
bis  zur  Kehle  gespalten,  die  Kiemenhaut  von  3 — 5  flachen  Strahlen  ge- 
stützt. Mit  Ausnahme  des  nackten  Kopfes  ist  der  ganze  Körper  meistens 
mit  grossen  Rundschuppen  bedeckt,  die  ausser  der  concentrischen  auch 
eine  radiäre  Streifung  zeigen.  In  der  Laichzeit  ist  der  Körper  der  Männ- 
chen, namentlich  am  Kopf,  mit  einem  warzigen  Hautausschlage  bedeckt. 
Die  Schwimmblase  ist  durch  eine  Einschnürung  in  eine  kleine  vordere 
und  grosse  hintere  Abtheilung  getheilt,  welche  letztere  durch  einen  Luft- 
gang mit  dem  Schlünde  in  Verbindung  steht.  Der  Magen  besitzt  keine 
Pförtneranhänge.  Die  Karpfen  sind  gesellige,  zählebige  Friedfische,  die 
von  Yegetabilien,  Würmern  und  Insecten  leben,  sich  meist  in  stehenden 
oder  ruhig  fliessenden  Gewässern  mit  Schlammgrund  aufhalten  und  im 
flachen  Wasser  in  Schaaren  an  Steinen  oder  Wasserpflanzen  laichen.  Sie 
sind  sehr  fruchtbar,  genügsam,  zur  Zucht  geeignet.  Das  Fleisch  ist  zwar 
ziemlich  reich  an  Gräthen,  von  vielen  Arten  aber  sehr  geschätzt. 

Bei  ihrer  Neigung,  in  grossen  Schwärmen  vereinigt  zu  laichen,  ge- 
sellen sich  mitunter  kleine  Haufen  verschiedener  Arten  zusammen,  so 
dass  Bastardbildungen  gerade  unter  den  karpfenartigen  Fischen  häufig 
vorkommen. 

Gattung  Cyprinus  L. 

Der  Mund  ist  von  4  Barteln  umgeben,  die  Schlundzähne  stehen 
in  3  Keinen. 

SO.  Der  Karpfen.    Cyprinus  carpio  L. 

Karp,  Karpe,  Karpf,  Karpfe,  Karpfen. 

altpr. :  sarote;  lit,,  kur.:  karpa;  mas.,  kass. :  karp,  karpie. 

K.  3.     R.  3—4/17—22.     Br.  1/15—16.     B.  2/8—9.     A.  3/5.     S.  17—19. 

Seh.  5—6/35—39/5—6.     Schldz.  1.  1.  3—3.  1.  1. 

Der  Körper  ist  nur  massig  zusammengedrückt,  3mal  länger  als  hoch, 
2mal  höher  als  breit,  variirt  aber  in  der  Form  an  verschiedenen  Orten 
und  je  nach  den  Nahrungsverhältnissen  ausserordentlich.  Der  Kopf  ist 
gross  mit  stumpfer  Schnauze,  grossem,  endständigem  Munde,  der  bis 
unter  die  vordere  Nasenöffnung  reicht,  und  von  dicken,  fleischigen  Lippen 
eingefasst  ist.  Die  wulstige,  muskel-  und  nervenreiche  Gaumenhaut 
(sogenannte  Karpfenzunge)  wird  von  Feinschmeckern  besonders  geschätzt. 
Hinter  ihr  liegt  den  Schlundzähnen  gegenüber  der  Schädelbasis  eine  derbe, 
hornige  Platte,  der  sogenannte  Karpfenstein,  an,  welcher  früher  in  derMedicin 
viel  angewandt  wurde.  Am  Oberkiefer  sitzt  jederseits  eine  kleine,  am 
Mundwinkel  eine  grössere  Bartel.  Die  beiden  Nasenöffnungen  sind  durch 
eine  aufstehende  Hautfalte   getrennt,   die   hintere   hegt   dem  goldbraunen 


Karpfen. 


107 


Auge  sehr  nahe.  Die  Krone  der  Schlundzänne  ist  ursprünglich  rundlich, 
mit  der  Zeit  wird  sie,  ausser  bei  den  vordersten,  abgeschliffen,  mehrfach 
gefurcht  und  vom  Gebrauch  schwarzbraun  gefärbt. 


Fig.  84.  Der  Karpfen  mit  Querschnitt,  Schlundzähnen,  Schuppe,  Karpfenstein, 
gezähntem  Flossenstrahl  und  Spiegelkarpfen. 

Die  Kückenflossse  ist  lang,  ihr  dritter  Knochenstrahl,  sowie  der 
dritte  der  kurzen  Afterflosse  am  hinteren  Kande  stark  gezähnt.  Die 
Schwanzflosse  ist  gleichlappig ,  tief  ausgeschnitten ,  mit  abgerundeten 
Spitzen.  Der  Körper  ist  mit  grossen  starken  Kundschuppen  gleichmässig 
bedeckt  (Edelkarpfe).  Neuerdings  wurden  auch  bei  uns  zwei  in  Böhmen 
viel    gezüchtete    Varietäten,    der   Spiegel-    und   Lederkarpfen,    eingeführt. 


108  Die  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 

Ersterer  hat  gewöhnlich  jederseits  nur  eine  Reihe  sehr  grosser  Schuppen 
vom  Kiemendeckelrande  bis  zum  Schwanz,  während  letzterer  eine  ganz 
nackte  Haut  besitzt  oder  nur  hin  und  wieder,  namentlich  in  der  Gegend 
der  Seitenlinie,  am  Schwanz  oder  in  der  Nähe  der  Flossen  einige  kleine 
Schuppen  trägt,  Beide  Varietäten,  namentlich  die  erstere,  kommen  mit- 
unter auch  in  gewöhnlichen  Karpfenzuchten  vereinzelt  vor.  Die  Seiten- 
linie verläuft  fast  gerade,  Kopfporen  sind  namentlich  auf  den  Unter- 
augenknochen und  dem  Yordeckel  zu  bemerken.  Die  Färbung  der 
Karpfen  ist  sehr  verschieden,  die  Oberseite  pflegt  schwärzlichblau, 
schwärzlichgrün  oder  schwärzlichbraun  zu  sein ,  die  Seiten  zeigen 
eine  messing-  oder  ledergelbe  Farbe,  der  Bauch  und  die  Lippen  sind 
gelblich.  Die  Rückenflosse  ist  schwärzlichgrau,  die  übrigen  Flossen 
röthlich  oder  gelblich,  oder  ins  Violette  spielend.  In  der  Laichzeit  be- 
decken sich  Scheitel,  Wangen,  Kiemendeckel,  die  Seiten  des  Körpers 
und  die  Strahlen  der  Brustflossen  bei  den  Männchen  mit  weissen,  un- 
regelmässig zerstreuten  Hautwarzen,  die  nach  dem  Laichen  wieder  ver- 
schwinden. Ursprünglich  im  Schwarzen  und  Kaspischen  Meere  und  deren 
Zuflüssen  heimisch,  ist  der  Karpfen  schon  durch  die  Römer  in  Südeuropa 
verbreitet  und  allmälig  weiter  nach  Norden  vorgedrungen.  Obwol  er 
bei  uns  auch  in  Flüssen  und  Seen  vorkommt  und  zu  bedeutender 
Grösse  heranwächst,  scheint  er  sich  hier  doch  nur  als  Hausthier  bei 
gehöriger  Pflege  regelrecht  zu  vermehren.  Er  liebt  Teiche  mit  fettem 
Lehm  oder  Schlammgrund  und  flachem,  leicht  zu  erwärmendem  Wasser, 
nährt  sich  von  kleinen  Wasserthieren,  nimmt  jedoch  auch  gerne  Brod, 
Kleien,  gekochte  Kartoffeln,  verrotteten  Mist  und  dergleichen,  und 
verzehrt  die  an  der  Oberfläche  aufgenommene  Nahrung  unter  lautem 
Schmatzen.  Er  laicht  in  der  Zeit  vom  Mai  bis  August,  indem  ei- 
serne 3 — 700  000  Eier  in  Pausen  von  mehreren  Tagen  oder  selbst 
Wochen  an  flachen  Uferstellen  an  Grashalme,  Wasserpflanzen  etc.  ab- 
setzt. Die  Eier  haben  eine  Grösse  von  1,3  mm,  sind  leicht  gelblich 
gefärbt,  und  die  Jungen  schlüpfen  in  ca.  8  Tagen  aus.  Schon  im  dritten 
Jahre  ist  der  Karpfen  fortpflanzungsfähig,  producirt  aber  erst  im  fünften 
ca.  300  000  Eier,  später  mehr,  im  höheren  Alter  weniger  oder  gar  keine. 
Nicht  selten  findet  man  unter  den  Karpfen  unfruchtbare  Exemplare, 
deren  Geschlechtsorgane  sehr  wenig  entwickelt  sind  und  die  sich  durch 
einen  kürzeren  Körper,  dickeren  Kopf  und  fleischigeren  Rücken  aus- 
zeichnen, in  der  Aftergegend  aber  auffallend  dünn  erscheinen.  Dieselben 
werden  als  „güste  Karpfen"  für  besonders  wohlschmeckend  gehalten,  und 
in  England  versuchte  man  im  Anfange  des  18.  Jahrhunderts  durch 
Castration  ähnlich  fleischige  Karpfen  zu  erzielen,  doch  scheint  diese  Opera- 


Karpfen.     Karausche.  109 

tion,  obgleich  leicht  und  ungefährlich,  wieder  aufgegeben  zu  sein.  Der 
Karpfen  kann  eine  Länge  von  1V2  Meter  und  ein  Gewicht  von  20  kg 
und  mehr  erreichen,  wird  aber  im  Gewicht  von  1  bis  3  kg  am  Yortheil- 
haftesten  verwerthet.  In  Teichen  mit  tiefem  Modergrunde  nimmt  er  leicht 
einen  modrigen  Geschmack  an,  den  man  jedoch,  indem  man  ihn  mehrere 
Tage  in  reinem,  namentlich  messendem  Wasser  hält,  vollkommen  besei- 
tigen kann.  Im  Winter  wühlen  sich  die  Karpfen  gesellig  theilweise  in 
den  Schlamm  des  Grundes  ein  und  halten  dort  eine  Art  von  Winter- 
schlaf, in  dem  sie  bis  zum  Frühjahr  nur  sehr  wenig  an  Gewicht  ver- 
lieren. In  Flüssen  und  Seen  wird  der  Karpfen  nur  gelegentlich  in 
Netzen  oder  Keusen,  oder  an  der  Angel  gefangen,  indem  er  gewöhnlich 
unter  den  Netzen  hindurchkriecht  oder  darüber  fortspringt,  in  Teichwirt- 
schaften fängt  man  ihn  nur  bei  dem  im  Frühjahr  oder  Spätherbst  vor- 
genommenen Ablassen  der  Teiche. 

Der  Karauschkarpfen,  Carpio  Collarii  Heck, 
der  nicht  selten  in  Karpfenteichen,  mitunter  aber  auch  in  der  Freiheit  vorkommt,  ist 
ein  Bastard  von  Karpfen  und  Karausche,  variirt  iu  der  Form  zwischen  beiden  Eltern, 
ist  im  Allgemeinen  viel  höher  und  dünner  als  der  Karpfen,  wächst  langsamer,  hat 
kürzere  und  dünnere  Barteln,  die  auch  fehlen  können,  und  dünnere  Lippen.  Seine 
Schlundzähne  sind  gewöhnlich  1.4.— 4.1.,  doch  kommen  mancherlei  Variationen  vor. 
Ueber  seine  Fortpflanzungsfähigkeit  ist  nichts  bekannt.  Bei  der  bedeutend  geringeren 
Qualität  dieses  Fisches  darf  die  Anwesenheit  von  Karauschen  in  Karpfenstreichteichen 
durchaus  nicht  geduldet  werden. 

Gattung  Carassius  Nilss. 

Keine  Barteln  am  Munde.     Die  Schlundzähne  sind  einreihig,  4.-4. 

81.  Die  Karausche.     Carassius  vulgaris  Nilss. 

Karas,  Karus,  Krus,  Karausse,  Karusche,  Karutze. 

lit. :  karosas;  kur.:  karuschis;  mas.,  kass.:  karrasch. 

K.  3.     E.  3/14—21.  Br.  1/12—13.     B.  2/7—8.     A.  3/5—6.     S.  19—20. 

Seh.  7—8/31—35/5—6.     Schldz.  4.-4. 

Der  Körper  ist  sehr  hoch,  seitlich  stark  zusammengedrückt,  variirt 
aber  in  der  Form  sehr  bedeutend.  Man  hat  früher  die  besonders  hochrückige 
Varietät,  die  mitunter  nur  2mal  länger  als  hoch  ist,  und  sich  namentlich 
in  Seen  findet,  von  der  niedrigeren,  in  Teichen  lebenden  Form  als  eigene 
Art  unterschieden.  Indessen  sind  beide  nur  Formen  derselben  Art,  die 
man  zweckmässig  als  See-  und  Teichkarausche  unterscheidet.  Letztere 
führt  an  vielen  Orten  den  Namen  Gibel  (nicht  zu  verwechseln  mit  Gieben). 
Je  höher  der  Körper,  desto  kleiner  erscheint  der  Kopf.  Bei  beiden  For- 
men ist  die  Schnauze  stumpf,  der  endständige  Mund  klein,  die  Lippen 
dünn.     Die  Stirne  ist  breit.      Ton    den  4  Schlundzähnen  ist  der  vordere 


110 


Die  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 


kegelförmig,  die  übrigen  sind  spateiförmig  mit  gefurchter  Oberfläche. 
Kücken-  und  Afterflosse  haben  am  Anfange  einen  feingezähnten  starken 
Knochenstrahl.  Die  Kückenflosse  ist  lang,  die  Afterflosse  kurz;  die 
Bauchflosse  steht  etwas  hinter  dem  Anfange  der  Kückenflosse.  Die 
Schuppen  sind  gross,  ziemlich  dick  und  decken  sich  zur  Hälfte.  Die 
Seitenlinie  ist  oft  unterbrochen,  oder  auf  wenige  Schuppen  beschränkt. 
Der  Rücken  ist  braungrün,  die  Seiten  messinggelb  gefärbt.      Die  Flossen 


Fig.  85.  Die  Karausche  mit  Querschnitt,  Schuppe  und  Schlundzähnen. 

sind  gelblich,  schwärzlich  gesäumt,  mit  häufig  rothangeflogenen  Strahlen, 
der  Bauch  gelblichweiss.  Mitunter  findet  man  ganz  dunkel  gefärbte 
Exemplare. 

Die  Karausche  kommt  in  ruhigen  Gewässern  mit  sumpfigem  Grunde,  in 
Mooren,  Altwassern  etc.  meistens  in  grosser  Zahl  vor,  vermeidet  strömende 


Karausche.     Schleilie.  1 1 1 

Wasser  und  die  Haffe.  In  kleinen  geschlossenen  Gewässern  wird  sie,  da 
wegen  ihrer  starken  Vermehrung  immer  mehr  Individuen  vorhanden 
sind,  als  genügende  Nahrung  finden,  selten  über  12  cm  gross,  bleibt 
häutig  sogar  sehr  viel  kleiner,  erreicht  jedoch  bei  reichlichem  Futter, 
namentlich  in  Teichen  eine  Grösse  von  20 — 30  cm.  Sie  nährt  sich  wie 
der  Karpfen  von  kleineren  Thieren  und  zerfallenden  vegetabilischen  Stoffen, 
lebt  meistens  am  Grunde,  ist  sehr  genügsam  und  daher  zum  Besetzen  von 
Torflöchern,  Mergelgruben  u.  dgl.  Gewässern  sehr  gut  zu  empfehlen. 
Allerdings  wird  sie  darin  nur  klein,  wächst  aber  nach  Ueberführung  in 
bessere  Gewässer  schnell,  während  die  kleinen  Exemplare  als  Futter  für 
edlere  Raubfische  gut  zu  verwerthen  sind.  Sie  laicht  im  Mai  und  Juni 
schaarenweis  unter  lautem  Plätschern  an  Wasserpflanzen  und  setzt  ca. 
100  000  bis  300000  Eier  ab.  Man  fängt  sie  in  Netzen  aller  Art.  Ihr 
Fleisch  wird  bei  uns  nicht  besonders  geachtet,  obgleich  sie  von  dem 
Aufenthalt  in  schmutzigen,  schlammigen  Gewässern  nicht  leicht,  wie  der 
Karpfen,  einen  modrigen  Geschmack  annimmt. 

Gattung  Tinea  Cuv. 

2  Barteln  in  den  Mundwinkeln.  Die  Schlundzähne  sind  einreihig. 
Die  kleinen  länglichen  Schuppen  decken  sich  stark  und  liegen  in  sehr 
tiefen  Schuppentaschen. 

32.  Die  Schlcine.    Tinea  vulgaris  Cuv. 

Schlei,  Schlie,  Sly,  Schley,  Schleie,  Schleihe. 
altpr.:  lfnis;  lit,  kur.:  lynas;  mas.,  kass.:  lien,  lin. 
K.  3.     ß.  4/8—9.     Br.  1/15—17.     B.  2/8—9.     A.  3—4/6—7.     S  19. 
Seh.  30—32/95—100/20.     Schldz.  5.-4.  (5.-5.) 
Der   Körper   ist   gedrungen,    wenig   zusammengedrückt,     das   kleine 
Maul  halb  unterständig  mit  2  kleinen  Barteln  in  den  Mundwinkeln.     Die 
Schlundzähne    sind   keulenförmig.     In    der    Seitenlinie    stehen   zahlreiche 
feine,    sehr   dicht   gedrängte  Poren,    ebenso    am  Kopf,    auf   Yordeckel, 
Unteraugenknochen   und  Unterkiefer.      Der  ganze   Körper   ist   mit  einer 
dicken,    durchsichtigen   und  schleimigen  Oberhautschicht    bedeckt,   unter 
der    die    kleinen  Schuppen    versteckt    liegen.     Alle  Flossen    sind    dick, 
fleischig  und  abgerundet.     Kücken-  und  Afterflosse  sind  kurz.    Der  erste, 
gegliederte,  aber  nicht  getheilte  Strahl  der  Bauchflosse  ist  beim  erwachsenen 
Männchen    stark    verbreitert,    gebogen    und    verdickt.       Der    Körper    ist 
meistens  schwarz-  oder  olivgrün   gefärbt,    am  Bauch    heller,    mit   durch- 
schimmerndem  Gold-    oder   Messingglanz.      Kücken-    und    Schwanzflosse 
sind  dunkelgrün,    dunkelblau    oder   schwarz,    die    anderen  Flossen   mehr 
gelblich  gefärbt.      Mitunter   wird    eine  schöne  Yarietät  (Goldschleihe)  be- 


112 


Die  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 


obachtet,  die  am  ganzen  Körper  einen  hellen  Goldglanz  zeigt,  zarte,  dünne 
häutige  Flossen  und  rosenrothe  Lippen  besitzt,  häufiger  ist  eine  in  der 
Färbung  ganz  dem  Goldfisch  gleichende  Abart.  Lebensart  und  Ver- 
breitung der  Schleihe  ist  der  der  Karausche  sehr  ähnlich.  Sie  lebt  am 
Grunde  ruhiger,  schlammiger  Gewässer,  vermeidet  schnellfliessendes  Wasser 
und   die  Haffe   und   kommt   nur   zur  Laichzeit   vom  Mai   bis  August  in 


Fig.  86.  Die  Schleihe' mit  Querschnitt,  Schlundzähnen  und  Schuppe. 

die  Nähe  der  Ufer,  wesshalb  sie  nur  dann  in  grösserer  Zahl,  hauptsächlich 
in  Keusen  und  Säcken  gefangen  wird.  Sie  laicht  in  grossen  Gesellschaften, 
klebt  ihre  300000  kleinen  gelblichen  Eier  an  Wasserpflanzen,  oder 
lässt  sie  auch  zu  Boden  sinken.  Sie  erreicht  gewöhnlich  nur  eine  Länge 
von  20 — 30  cm,  wird  aber  auch  wohl  50  cm  lang  und  2  bis  5  kg  schwer. 
Ausser  Wasser  lässt  sie  sich  bei  feuchter  Aufbewahrung  lange  am  Leben 
erhalten  und  leicht  verschicken.  Zur  Besetzung  kleinerer,  schlammiger 
Gewässer,  in  denen  sie  sich  schnell  vermehrt,  ist  sie,  namentlich  als 
Futterfisch  sehr  zu   empfehlen.     Im  Winter  hält  sie,  wie  der  Karpfen,  in 


Rchleiho.  Barbe. 


113 


den  Schlamm  eingewühlt  einen  "Winterschlaf,  einen  ähnlichen  lethargischen 
Zustand  hat  Siebold  im  Sommer  an  Schleihen  beobachtet,  die  im  Grunde 
eines  Teiches  tief  im  Schlamme  verborgen  waren,  sich  hervorziehen  Hessen 
ohne  sich  zu  rühren,  und  erst  nach  unsanften  Stössen  erwachten,  um 
davonzuschwimmen  und  sich  wieder  im  Schlamme  zu  verbergen.  Von 
anderer  Seite  scheinen  ähnliche  Beobachtungen  nicht  gemacht  worden  zu  sein. 

Gattung  Barbus  Cuv. 

Am  Munde  stehen  4  Barteln,  die  Schlundzähne  in   3   Reihen. 

33.  Die  Barbe.    Barbus  fluviatilis  Cuv. 

Barbe,  Barbine,  Borbine,  Sauchen  (an  der  Passarge  Aesche). 
K.  5.     R.  3/8—9.     Br.  1/15—17.     B.  2/8.     A.  3/5.     S.  19. 

Seh.  11—12/58—60/7—8.     Schldz.  2.  3.  5.-5.  3.-2. 
Der  Körper  ist  gestreckt,  wenig  zusammengedrückt,  fast  cylindrisch, 
mit    rüsselförmig   verlängerter    Schnauze,    weit    vorstehender,    fleischiger 
Oberlippe    und   stark  gewulsteter  Unterlippe.     Zwei  dicke  Barteln  stehen 


Fig.  87.  Die  Barbe  mit  Querschnitt,  Schlundzähnen  und  Schuppe. 

an  der  Oberlippe,  zwei  etwas  längere  an  den  Mundwinkeln.  Die  horizon- 
tale Mundspalte  reicht  bis  nahe  unter  den  Yorderrand  des  kleinen  hoch- 
stehenden Auges.  Die  Nasenöffnung  ist  doppelt,  die  hintere  durch  einen 
Hautlappen  bedeckt.  Die  Rückenflosse  ist  ziemlich  kurz,  ihr  stärkster 
Knochenstrahl    am    hinteren  Rande   sägezähnig,    die  Afterflosse  ist   kurz, 

8 


114  Die  preussischen  Fische.    Schwimmbläser. 

weit  nach  hinten  gerückt,  die  Schwanzflosse  tief  ausgeschnitten,  gleich- 
lappig. Die  Schlippen  sind  länglich,  ziemlich  klein,  ihr  hinterer, 
vorragender  Theil  stumpfspitzig.  Die  Seitenlinie  verläuft  fast  ganz 
gerade. 

Oberkopf  und  Kücken  sind  grau-  oder  olivgrün  mit  bläulichem 
Schimmer,  die  Seiten  gelblich,  durch  schwarze  Pigmentirung  der  Schlippen- 
taschen häufig  gitterartig  gezeichnet,  der  Bauch  weisslich.  Die  Rücken- 
flosse ist  dunkel  graugrün,  die  Schwanzflosse  graugelblich  mit  grauem 
Saum,  die  anderen  Flossen  gelbröthlich ;  auf  der  Rückenflosse,  bisweilen 
auch  auf  anderen,  findet  sich  mitunter  eine  dunklere  Marmorirung,  auch 
wol  eine  Anzahl  feiner  Punkte  oder  Flecken.  In  der  Laichzeit  erscheinen 
auf  Scheitel  und  Rücken  des  Männchens  zahlreiche  kleine  weisse  Körner, 
die  zu  einer  mittleren  und  zwei  weniger  deutlichen  seitlichen  Längs- 
leisten verschmelzen.  Die  Barbe  erreicht  eine  Länge  von  30 — 50  cm, 
bewohnt  schnell  fliessende,  klare  Gewässer,  auch  Seen,  hält  sich  am  Grunde 
auf  und  nährt  sich  von  Insectenlarven,  "Würmern  und  allerlei  Abfällen. 
Sie  soll  Nachts  lebhafter  sein  als  am  Tage,  lebt  gesellig  und  zieht  im 
Mai  und  Juni  zum  Laichen  in  grossen  Schaaren  flussaufwärts,  um 
(nach  Bloch  ca.  8000?)  hirsegrosse  Eier  zu  legen.  Im  "Winter  soll  sie 
in  Gesellschaften  unter  ausgewaschenen  Ufern  etc.  "Winterschlaf  halten. 
Sie  kommt  bei  uns  nur  an  wenigen  Orten  vor,  so  kenne  ich  sie  nur  aus 
der  Alle,  Passarge  und  dem  Weichselgebiet.  Wegen  ihres  gräthigen 
Fleisches  wird  sie  nicht  sehr  geachtet.  Nach  Berichten  aus  Mittel-  und 
Süddeutschland,  wo  sie  viel  häufiger  ist,  kommen  dort  sehr  oft  in  Folge 
des  Genusses  von  Barbenrogen  Yergiftuugserscheinungen  vor,  aber  obwol 
von  solchen  schon  Gesner  in  seinem  in  der  Mitte  des  16.  Jahrhunderts 
erschienenen  Fischbuch  berichtet,  ist  der  Barbenrogen  noch  niemals  eiuer 
chemischen  Untersuchung  unterzogen  worden. 

Während  des  Druckes  dieser  Zeilen  erhalte  ich  durch  Herren  Kreis- 
physicus  Dr.  Grün  in  Braunsberg  einige  Exemplare  der  Barbe,  welche 
genau  der  Beschreibung  des  Barbus  Petenyi  Heck,  entsprechen,  der  sonst 
nur  in  O esterreich  beobachtet  ist.  Alle  mir  vorliegenden  Exemplare 
sind  weniger  als  20  cm.  lang.  Der  grosse  Stachelstrahl  der  Rückenflosse 
ist  ungezähnt,  die  Afterflosse  ist  sehr  lang  und  reicht  zurückgeschlagen 
bis  zum  Anfange  der  Schwanzflosse.  Indessen  ist  die  Färbung  derjenigen 
unserer  gemeinen  Barbe  ganz  gleich,  während  nach  Heckel  der  Barbus 
Petenyi  oben  mit  braunschwarzen,  oft  in  einanderlaufenden  Flecken  ge- 
zeichnet und  alle  Flossen,  mit  Ausnahme  der  stets  ungefleckten  Bauchflosse, 
ähnlich  marmorirt  sein  sollen.  Es  dürfte  demnach  der  Barbus  Petenyi 
eine  viel  weitere  Verbreitung  haben,  als  man  bisher  angenommen  hat. 


Gründling. 


115 


2.  5. 


Gattung  Gobio  Cuv. 
Am    Munde   stehen   2   Barteln,    die   Schlundzähne  sind  zweireihig, 


-5.  2.  oder  3.  5. — 5. 


Kücken-  und  Afterflosse  sind  kurz. 


34.    Der  Gründling.    Gobio  fluviatilis  Cuv. 

Grründel,  Grandel,  Griugel,  Grelling. 

lit. :  grundulys;  kur.:  grundols;  nias.,  kass.:  kelpg,  kielb,  kielbch. 

K.  8.  E.  3/7.     Br.  1/14—15.     B.  2/8.     A.  3/6.     S.  19.     Seh.  6/40—44/5. 

Schldz.  2.  5.-5.  2  oder  3.  5.-5.  2. 

Der  Körper    ist    gestreckt,    wenig    zusammengedrückt,    mit    dickem 

Kopf,    gewölbter   Stirn   und    stumpf  gewölbter  Schnauze.     Der  Mund    ist 

halb    unterständig,    reicht    nicht    bis  zur  Nasenöffnung,    ist    von    massig 

fleischigen  Lippen  umgeben  und  trägt  in  jedem  Mundwinkel  eine  kurze 


Fig.  88.  Der  Gründling  mit  Querschnitt,  Schlundzähnen  und  Schuppe. 

Bartel.  Vordere  und  hintere  Nasenöffnung  liegen  dicht  bei  einander  in 
einer  gemeinsamen  Grube,  durch  eine  Hautfalte  getrennt.  Das  Auge  ist 
goldgelb  oder  gelblich  grau.  Die  Kückenflosse  ist  höher  als  lang,  die 
Afterflosse  steht  weit  hinten,  so  dass  der  After  mitten  zwischen  Bauch- 
und  Afterflosse  liegt.  Die  Schwanzflosse  ist  gabelig  ausgeschnitten,  gleich- 
lappig. Die  Schuppen  sind  ziemlich  gross  und  weich.  Scheitel  und 
Rücken  sind  grau-  oder  gelbgrünlich,  mit  vielen  schwarzen  Flecken  und 
Punkten  gezeichnet,  die  Seiten   silberglänzend  mit  bläulichem  Schimmer 

8* 


116  Die  preussiscken  Fische.     Schwimmbläser. 

und  oft  mit  7 — 11  schwarzen  oder  schwarzblauen,  auf  der  Seitenlinie 
stehenden  Augenflecken  gezeichnet.  Yon  den  Nasenlöchern  zur  Schnauzen- 
spitze zieht  sich  oft  ein  schwärzlicher  Streifen  hin.  Die  Flossen  sind 
graulichgelb ,  die  Rücken-  und  Schwanzflosse  dunkel  gefleckt  oder  ge- 
bändert. In  der  Laichzeit  erscheint  namentlich  das  Männchen  viel  dunkler, 
mit  einem  feinkörnigen  Hautausschlag  bedeckt.  Der  Gründling  bewohnt 
süsse  Gewässer  aller  Art,  ausser  solchen  mit  sehr  schlammigem  oder 
moorigem  Grunde,  er  liebt  Bäche  mit  schnell  fliessendem  Wasser  und 
Sand-  oder  Thongrund,  lebt  gesellig  am  Grunde  von  kleinen  Thieren  und 
faulen  Pflanzenresten,  erreicht  eine  Grösse  von  10 — 15  cm  und  legt  im 
Mai  und  Juni  an  ganz  flachen  Stellen  mit  Steingrund  oder  Pflanzen- 
wuchs unter  lautem  Geplätscher  seine  fast  2  mm  grossen,  ganz  hellbläu- 
lichen Eier  portionsweise  ab.  In  Reusen  und  mit  kleinen  Netzen  ist  er 
leicht  zu  fangen,  sein  Fleisch  wird  an  manchen  Orten  trotz  seiner  Klein- 
heit geschätzt,  übrigens  ist  seine  Zucht  als  Futterfisch  für  Forellen  in 
geeigneten  Bächen  sehr  zu  empfehlen. 

Gattung  Rhodeus  Agass. 

Keine  Barteln  am  Munde.  Schlundzähne  einreihig,  5. —  5.  Der 
Körper  ist  hoch,  seitlich  stark  zusammengedrückt,  die  Rücken-  und 
Afterflosse  massig  lang. 

35.  Der  Bitterling.     Rhodeus  aiuarus  Bl. 

Bitterfisch,     mas.:    rdest   pieprzny,   olszowka. 

K.  4.     R.  3/9—10.     Br.  1/10.     B.  2/6.     A.  3/9.     S.  19. 

Seh.  10—12/34—38/5.     Schldz.  5.-5. 

Der  Körper  ist  hoch,  seitlich  stark  zusammengedrückt,  3mal  länger 
als  hoch,  3mal  höher  als  dick,  in  der  Form  dem  Brassen  ähnlich.  Der 
Mund  ist  klein,  massig  schief,  halb  unterständig.  Die  vorderen  Nasen- 
öffnungen sind  rund,  die  hinteren,  grösseren  oval.  Die  Schlundzähne 
sind  messerförmig,  oben  scharf,  ungekerbt.  Die  Knochenstrahlen  der 
Rücken-  und  Afterflosse  sind  nicht  gesägt,  die  Schwanzflosse  ist  massig 
ausgeschnitten.  Die  Schuppen  sind  glatt,  sehr  gross,  viel  höher  als  lang, 
decken  sich  nur  wenig.  Die  Seitenlinie  beschränkt  sich  auf  die  ersten 
Schuppen.  Männchen  und  Weibchen  sind  ausser  der  Laichzeit  gleich 
gefärbt  und  nur  an  der  ca.  5  mm  hohen  Genitalpapille  des  Weibchens  zu 
unterscheiden.  Der  Rücken  ist  grau-  oder  braungrün.  Die  silberglän- 
zenden, bläulich  schimmernden  Seiten  sind  mit  einem  grünen,  von  der 
Mitte  des  Schwanzes  bis  zur  Körpermitte  horizontal  verlaufenden  Längs- 
streifen geschmückt.  Die  Rückenflosse  und  die  Basis  der  Schwanzflosse 
ist    dunkel   graulich,    die  anderen  Flossen  fleischröthlich.     In   der  Laich- 


Bitterling. 


117 


zeit  ist  dagegen  der  männliche  Bitterling  einer  der  schönsten  Fische 
und  schillert  in  allen  metallischen  Farben,  wobei  namentlich  ein  schönes 
Violett  und  Stahlblau  vorherrscht.  Der  Längsstreif  auf  der  Seite  er- 
scheint dann  dunkel  smaragdgrün,  Brust  und  Bauch  sind  orange  ge- 
färbt, Rücken-  und  Afterflosse  hochroth  mit  schwarzem  Saum.  Jederseits 
an  der  Oberlippe  und  über  dem  Auge  bildet  sich  ein  rundlicher  weisser 
Wulst,  aus  einer  Anzahl  kleiner  Hautwarzen  bestehend,  die  nach  dem 
Ende  der  Laichzeit  einschrumpfen.  Die  Färbung  des  "Weibchens  wird  in 
der  Laichzeit  nur  wenig  lebhafter,  doch  verlängert  sich  die  Geschlechts- 


Fig.  89.  Der  Bitterling,  Männchen  und  Weibchen,  letzteres  mit  langer  Legeröhre, 
Querschnitt,  Schlundzähne  und  Schuppe. 


warze  zu  einer  langen,  sehr  elastischen  Legeröhre  von  rother  oder  orange 
Farbe,  die  oft  weit  über  das  Ende  der  Schwanzflosse  hinausragt.  Die 
Laichzeit  fällt  in  die  Monate  Mai  und  Juni.  Die  wenig  zahlreichen, 
länglichen,  schwefelgelben  Eier  haben  über  3  mm  Länge  und  werden 
merkwürdiger  Weise  in  die  Kiemenhöhle  von  Muscheln,  namentlich  der 
Teichmuschel,  Anodonta  anatina,  gelegt,  innerhalb  deren  sie  zur  Entwicklung 
gelangen.     Der  Darm  ist  sehr  lang  und  macht  5  Windungen. 

Der  Bitterling  findet  sich  ziemlich  häufig  in  schwach  fliessenden  Flüssen, 
wo  er  sich  nahe  dem  Ufer  meistens  in  grossen  Gesellschaften  zwischen  den 
Wasserpflanzen  umhertreibt.     Er  lebt  von    kleinem  Gewürm,  frisst  aber 


118  Die  preussiscken  Fische.     Sclrwimmbläser. 

namentlich  auch  viel  Algen,  mit  denen  sein  Darm  oft  ganz  erfüllt  ist. 
Er  erreicht  eine  Länge  von  6 — 8  cm,  wird  anch  mitunter  über  10  cm 
lang.  Sein  Fleisch  ist  sehr  bitter  und  wird  auch  von  den  meisten  Raub- 
fischen  verschmäht. 

Gattung  Abramis  Cuv. 

Keine  Barteln  am  Munde.  Die  Schlundzähne  stehen  in  einer  Reihe 
zu  5. — 5.  Die  Rückenflosse  ist  kurz,  die  Afterflosse  sehr  lang.  Die  Schuppen 
des  Vorderrückens  sind  gescheitelt,  die  Bauchkante  zwischen  After-  und 
Bauchflossen  ist  von  keinen  Schuppen  bedeckt. 

36.  Der  Brassen.    Abramis  braiiia  L. 

Brassen,  Bressen,  Bressem,  Brassem,  Brachsen,  Brechsen,  Halbfisch,  Blui, 

Blauer,  Bleier,  Schlafike,  Reissfisch. 

altpr.:  locutis;  lit:  karszis;  kur.:  kasza;  mas.,  kass. :  bleye,  brass,  leszcz. 

K.  3.  R.  3/9.     Br.  1/15.     B.  2/8.     A.  3/23—28.'    S.  19. 

Seh.  12—13/51—54/6—7.     Schldz.  5.-5. 

Der  Körper  ist  sehr  hoch,  stark  zusammengedrückt,  3mal  länger 
als  hoch,  3 mal  höher  als  breit,  variirt  indessen  bei  älteren  und  jüngeren 
Thieren  sehr  beträchtlich  in  der  Form,  weshalb  die  Fischer  an  vielen 
Orten  die  kleinen  gestreckten  Exemplare  als  Halbbressen  oder  Blei  von 
den  grossen  Brassen  unterscheiden.  Die  Schnauze  springt  nicht  vor,  der 
Mund  ist  halb  unterständig  und  reicht  bis  zu  der  vorderen  Nasenöffnung. 
Die  unteren  Schlundknochen  sind  schlank  und  dünn,  die  Schlundzähne 
cylindrisch  mit  zusammengedrückten  glatten  Kronen.  Die  Schuppen  sind 
gross  und  festsitzend,  auf  dem  Vorderrücken  gescheitelt,  d.  h.  durch  eine 
schuppenlose  Mittellinie  getrennt,  zwischen  Bauch-  und  Afterflosse  be- 
findet sich  eine  ziemlich  scharfe,  unbeschuppte  Bauchkante.  Die  Rücken- 
flosse steht  hinter  der  Körpermitte,  ist  vorne  4mal  höher  als  hinten, 
die  Afterflosse  sehr  viel  länger,  beginnt  unter  dem  hinteren  Ende  der 
Rückenflosse.  Die  Brustflossen  reichen  zurückgelegt  über  die  "Wurzel 
der  Bauchflossen  fort.  Die  Schwanzflosse  ist  tief  gabelig  ausgeschnitten, 
der  untere  Lappen  viel  länger.  Das  Auge  ist  ziemlich  gross,  mit  gold- 
oder  silberglänzender  Iris,  die  oben  häufig  einen  dunkeln  Fleck  zeigt. 

Die  Färbung  der  jüngeren  Thiere  ist  auf  dem  Rücken  ein  helles 
Graugrün,  an  den  Seiten  sind  sie  silberglänzend,  der  Bauch  ist  schmutzig 
weiss,  ältere  Exemplare  erscheinen  dunkler;  goldbräunlich  oder  mehr 
grau  gefärbt,  auf  dem  Rücken  dunkler;  sämmtliche  Flossen  sind  blaugrau, 
die  Kehle  röthlich  braun,  namentlich  bei  den  Rogenern.  Beim  Männchen 
entwickelt  sich  in  der  Laichzeit  eine  grosse  Menge  stumpf  kegelförmiger, 


Brassen. 


119 


anfangs  weisser,  später  bernsteingelb  werdender  Knötchen,  von  weniger 
als  Stecknadelkopfgrösse  auf  Scheitel,  Schnauze,  Kiemendeckelapparat,  den 
meisten  Schuppen  und  den  Strahlen  der  paarigen  Flossen,  während  die 
Bückenflosse  immer  frei  bleibt.  Die  Thiere  fühlen  sich  dann  äusserst 
rauh  an  und  werden  an  manchen  Orten  als  Dorn-  oder  Steinbrechsen 
bezeichnet  Der  Brassen  erreicht  eine  Grösse  von  50 — 70  cm  und 
10 — 12  Pfund  Gewicht,   kann   unter  Umständen    auch    noch  viel  grösser 


Fig.  90.  Der  Brassen  mit'  Querschnitt,  Schlundzähnen  und  Schuppe. 


werden.  Er  ist  einer  der  Hauptfische  unserer  Haffe  und  Seen  und 
hält  sich  mit  Vorliebe  in  massiger  Tiefe  auf  thonigem  oder  schlammi- 
gem, pflanzenbewachsenem  Grunde  auf.  Durch  sein  Wühlen  in  demselben 
trübt  er  das  Wasser,  reisst  Pflanzen  aus,  die  an  die  Oberfläche  steigen 
und  verräth  sich  so  den  Fischern.    Er  nährt  sich  von  Insecten,  Würmern  und 


120  Die  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 

Pflanz enstoffen,  hält  sich  meistens  in  kleinen  oder  grösseren  Gesellschaften 
zusammen  und  wandert  oft  aus  einem  Gewässer  in  andere  damit  ver- 
bundene. In  der  in  den  Mai  und  Juni  fallenden  Laichzeit  vereinigen 
sich  die  Brassen  zu  grossen  Schaaren,  und  legen  unter  starkem  Geplät- 
scher  zwischen  Wasserpflanzen  ihre  klebenden,  leicht  gelblichen,  ca.  1,5  mm 
grossen  Eier  ab,  deren  Zahl  2 — 300000  beträgt.  Beim  Laichen  werden 
sie  durch  ungünstiges  Wetter,  plötzliches  Geräusch  etc.  leicht  gestört  und 
begeben  sich  dann  wieder  in  die  Tiefe.  Gewöhnlich  laichen  die  Brassen 
in  drei  Terminen,  die  grössten  zuerst,  und  in  Pausen  von  je  8  Tagen 
oder  mehr  folgen  die  beiden  anderen  Gruppen  nach.  Bei  seiner 
scheuen  Lebensart  wird  der  Brassen  bei  trübem  oder  stark  bewegtem 
Wasser  und  bei  Nacht  leichter  gefangen,  als  unter  anderen  Um- 
ständen. Der  Hauptfang  ist  im  Winter  unter  trübem  oder  mit  Schnee 
bedecktem  Eise,  indessen  weicht  er  auch  dann  häufig  den  Netzen  aus, 
so  dass  in  Seen,  die  manchmal  mit  einem  Zuge  100  Tonnen  Brassen 
liefern,  zeitweise  gar  nichts  gefangen  wird.  Eine  beträchtliche  Ver- 
minderung des  Brassenbestandes  ist  in  allen  unseren  Gewässern  zu 
bemerken,  die  Sammlung  und  Ausbrütung  der  Eier  in  geschützten  Ge- 
wässern ist  daher  dringend  wünschenswerth.  Das  Fleisch  der  Brassen 
ist  ziemlich  gräthig.  das  der  grossen  Thiere  jedoch,  namentlich  im  Winter 
und  Frühjahr  sehr  schmackhaft,  und  gute  Brassen  werden  von  vielen 
Fischkennern  den  Karpfen  vorgezogen. 

Junge  Brassen  werden  von  den  Fischern  häufig  mit  dem  Gieben 
verwechselt,  obwohl  der  letztere  an  seinen  röthlichen  Flossen  und  dem 
kleineren  Munde  leicht  zu  erkennen  ist. 

37.    Die  Zärthe.    Abramis  vimba  L. 

Zart,     altpr.:  szabre;  lit. :  szobris;  kur.:  sebre;  kass.:  certa. 

K.  3.  R.  3/8.     Br.  1/15.     B.  2/9—10.     A.  3/17—20.     S.  19. 

Seh.  9—10/58—60/5—6.     Schldz.  5.-5. 

Der  Körper  ist  gestreckt,  ziemlich  zusammengedrückt,  4mal  länger 
als  hoch,  der  Kopf  länglich  mit  gewölbter,  über  den  Unterkiefer  weit 
vorragender,  kegelförmiger  Schnauze.  Der  horizontale  Mundspalt  reicht 
bis  an  den  vorderen  Augenrand.  Die  Schlundknochen  sind  gedrungen, 
die  Schlundzähne  seitlich  zusammengedrückt.  Die  Nasenöffnungen  stehen 
dem  Auge  näher  als  der  Schnauzenspitze.  Die  ziemlich  lange  Afterflosse 
beginnt  hinter  dem  Ende  der  Rückenflosse,  hinter  dieser  zeigt  der  Rücken 
einen  von  einer  Längsleiste  der  Schuppen  in  der  Mittellinie  gebildeten 
Kiel,  während  die  Schuppen  auf  dem  Yorderrücken  gescheitelt  sind. 
Die  zurückgelegten  Brustflossen    erreichen   bei  Weitem    nicht   die  Basis 


Z;iithe. 


121 


der  BaucMossen.     Die  Schwanzflosse  ist  massig  tief  gabelig  ausgeschnitten, 

der  untere  Lappen  nur  wenig  langer  als  der  obere.  Während  gewöhn- 
lich Schnauze,  Kopf  und  Bücken  grünblau  gefärbt  ist,  Seiten  und  Bauch 
silberweiss  erscheinen,  Rücken-  und  Schwanzflosse  eine  graublaue,  Brust-, 
Bauch-  und  Afterflosse  eine  blassgelbe  Färbung  zeigen,  die  bei  der  Brust- 
und  Afterflosse  an  der  Basis  in  ein  dunkleres  Orange  übergeht,  und  an 
der  Afterflosse  schwärzlich  gesäumt  ist,  verändert  sich  das  Aussehen  des 
Fisches  in  der  Laichzeit  sehr  auffallend.  Bei  beiden  Geschlechtern  er- 
scheint  dann  Schnauze,    Kopf  und    die  Oberseite   des   Rumpfes  bis  weit 


Fig.  91.  Zärthe  mit  Querschnitt,  Schlundzcähnen  und  Schuppe. 

unter  die  Seitenlinie  herab  tief  schwarz  gefärbt,  während  die  Lippen  und 
ein  Streifen  an  der  Unterseite  von  der  Kehle  bis  zum  Schwänze  sich  dunkel 
orange  färbt.  Dieselbe  Farbe  zeigen  auch  die  paarigen  Flossen  und 
die  Basis  der  Afterflosse;  Rücken-  und  Schwanzflosse,  der  obere  Rand 
der  Brustflossen  und  der  Saum  der  Afterflosse  sind  schwarz.  Ausserdem 
bemerkt  man  an  den  Männchen  während  der  Laichzeit  einen  aus  winzi- 
gen weisslichen  Körnchen  bestehenden  Hautausschlag  am  Kopf  und  auf 
vielen  Schuppen.  Die  Zärthe  hält  sich  in  der  See  auf  und  zieht  im 
Frühjahr  zum  Laichen  in  die  Flüsse  und  Haffe,  in  welchen  letzteren  sie 
jedoch   in   allen  Jahreszeiten   gefangen  wird.     Ihre  Laichzeit  fällt  in  die 


122 


Die  preussisclien  Fische.    Schwimmbläser. 


Monate  Mai,  Juni  und  Juli,  merkwürdiger  Weise  wird  an  manchen  Orten 
des  kurischen  Haffs  mit  aller  Bestimmtheit  behauptet,  sie  falle  in  den 
October.  Die  Zärthe  setzt  ihre  2 — 300000  Eier  auf  festem  oder  mit  Pflanzen- 
wuchs bedecktem  Boden  unter  lebhaftem  Geplätscher  ab.  Sie  erreicht 
eine  Grösse  von  20 — 30  cm,  hat  zwar  ein  gräthenreiches  Fleisch,  wird  aber 
doch,  im  fetten  Zustande  am  Spiess  gebraten,  als  besonders  wohlschmeckend 
geschätzt.     Sie  wird  in  den  Haffen  mit  verschiedenen  Netzen  gefangen. 

Eine  kurzschnäuzige  Form,  die  in  der  Donau,  in  bayerischen  und 
österreichischen  Seen  vorkommt  und  als  Seerüssling,  Abramis  melanops 
Heck.,  beschrieben  ist,  hat  Siebold  auch  unter  den  Zärthen  unserer 
Provinz  aufgefunden  und  vermuthet,  dass  sie  nur  eine,  vielleicht  nicht 
nach  der  See  wandernde  Varietät  sei. 

38.   Die  Zope.     Abramis  ballerus  Li. 

lit.:  sparis,  sporis;  kur. :  spare. 

K.  3.  K.  3/8.     Br.  1/15.     B.  2/8.     A.  3/36—39.     S.  19. 

Seh.  14—15/69—73/8—9.     Schldz.  5.-5. 


Fig.  92.  Die  Zope  mit  Querschnitt,  Schlundzähnen  und  Schuppe. 

Der  Körper  ist  gestreckt,  stark  zusammengedrückt,  4mal  länger  als 
hoch,  3mal  höher  als  dick;  der  Kopf  klein  mit  zugespitzter  Schnauze, 
endständigem,  sehr  schiefem  Munde  mit  äusserst  schlanken  Schlundknochen. 


Zope.    Gieben.  123 

Das  Auge  ist  gross  mit  silberglänzender,  oben  gelblicher  Iris.  Die  sehr 
lange  Afterflosse  beginnt  in  der  Körpermitte  vor  dem  hinteren  Ende  der 
kurzen,  aber  ziemlieh  hohen  Rückenflosse  und  reicht  bis  zur  Schwanz- 
Wurzel.  Die  zurückgelegten  Brustflossen  reichen  über  die  Basis  der 
Bauchflossen  hinaus.  Die  Schuppen  sind  klein,  auf  dem  Vorderrücken 
nur  in  einer  Länge  von  3 — 6  cm  vor  der  Rückenflosse  gescheitelt. 
Die  Färbung  ist  an  der  Oberseite  bläulich-,  schwärzlich-  oder  bräunlich- 
grün, an  Seiten  und  Bauch  silberglänzend,  an  der  Kehle  mitunter  bräun- 
lichroth  angeflogen.  Die  unpaarigen  Flossen  sind  graulich,  die  paarigen 
gelblich,  alle  mit  schwärzlichem  Saum.  Die  Zope  erreicht  eine  Länge 
von  30  cm,  kommt  in  der  Ostsee  und  den  Haffen  vor,  soll  im  April 
und  Mai  laichen  und  mitunter  hoch  in  die  Flüsse  aufsteigen.  Bei  uns 
wird  sie  häufiger  nur  im  kurischen  Haff  gefangen. 

Gattung  Blicca  Heck. 

Keine  Barteln  am  Munde.  Die  Schlundzähne  sind  zweireihig, 
2.  5. — 5.  2.,  selten  3.  5. — 5.  3.  Die  Rückenflosse  ist  kurz,  die  Afterflosse 
lang,  die  Schuppen  des  Yorderrückens  sind  gescheitelt,  ebenso  diejenigen, 
welche  von  der  Basis  der  Bauchflossen  bis  zum  After  eine  scharfe 
Bauchkante  bilden. 

39.  Der  Gieben.    Blicca  björkna  I>. 

Gieb,  Giester,  Weissfisch,  Halbbressen,  Blei,  Rothfloss,  Rothflossgiester; 

lit:  plakis;  lett. :  plake;  mas.:  krumpg,  gosciory. 

K.  3.  R.  3/8.      Br.  1/14—15.      B.  2/8.      A.  3/19—21.      S.  19. 

Seh.  9—10/45—48/6.     Schldz.  2.  5.-5.  2.  (3.  5.-5.  3.) 

Der  Körper  ist  stark  zusammengedrückt,  3mal  länger  als  hoch, 
3mal  höher  als  dick,  dem  Brassen  ähnlich,  mit  stumpfer  Schnauze. 
Der  Mund  ist  klein,  endständig,  die  schiefe  Mundspalte  reicht  kaum  bis 
unter  die  vorderen  Nasenöffnungen.  Die  schräge  abgeschliffenen  Schlund- 
zähne haben  am  Ende  einen  kleinen  Haken,  die  Schlundknochen  sind 
sehr  gedrungen  gebaut.  Die  Iris  des  grossen  Auges  ist  silberglänzend, 
oben  mit  einem  grünlichen  Fleck.  Die  Schuppen  des  Vorderrückens  sind 
gescheitelt,  die  Rückenflosse  beginnt  in  der  Mitte  der  Körperlänge,  ihrem 
hinteren  Rande  gegenüber  liegt  der  Vorderrand  der  Afterflosse,  die  Bauch- 
flossen stehen  ziemlich  weit  vor  der  Rückenflosse.  Die  Schwanzflosse 
ist  tief  gabelig,  der  untere  Lappen  etwas  länger.  Die  Oberseite  ist  dunkel 
blaugrün  mit  bräunlichem  Schimmer,  die  Seiten  silbern  mit  bläulichem 
oder  röthlichem  Glanz,  der  Bauch  weiss.  Rücken-,  After-  und  Schwanz- 
flosse   sind  graublau,    Brust-    und  Bauchflosse    an    der  Wurzel    röthlich, 


124 


Die  preussischen  Fische.    Schwimmbläser. 


mitunter  auch  ganz  roth.  In  der  Laichzeit  erscheint  bei  beiden  Ge- 
schlechtern die  Oberseite  dunkler,  die  Seiten  des  Leibes  sind  rauchig  ge- 
schwärzt, Brust-  und  Bauchflosse,  sowie  die  Basis  der  Afterflosse  orange, 
die  Basis  der  Bücken-  und  Schwanzflosse  röthlich  durchscheinend.  Beim 
Männchen  tritt  gleichzeitig  ein  Hautausschlag  in  Form  sehr  kleiner 
weisslicher  Körnchen  auf  den  Kiemen  deckein  und  dem  hinteren  Rande 
vieler  Schuppen  auf.     Der  Gieben  erreicht  eine  Grösse  von  20 — 30  cm, 


Fig.  93.  Der  Gieben  mit  Querschnitt,  Schlundzähnen  und  Schuppe. 

ist  in  unseren  Haffen  und  Flüssen  überall  gemein  und  nährt  .sich  von 
Gewürm,  Insecten  etc.  Im  Winter  hält  er  sich  in  tiefem  Wasser,  im 
Mai  und  Juni  laicht  er  in  grossen  Schaaren  an  den  Ufern  zwischen 
Wasserpflanzen  und  verursacht  durch  Springen  und  Plätschern  eine 
starke  Bewegung  des  Wassers,  so  dass  man  die  Laichplätze  bei  Tage 
schon  aus  grosser  Entfernung  sehen  kann.  Schon  in  der  Länge  von 
10 — 12  cm  ist  er  förtpilanzungstähig,  bei  älteren  zählt  man  ca.  100000  Eier 
von  fast  2  mm  Grösse.  Er  wird  mit  Netzen  aller  Art,  im  Winter  unter 
dem  Eise  oft  in  grossen  Massen  gefangen.     Das  gräthenreiche  Fleisch  wird 


Gieben.     Ziege.  125 

wenig  geachtet,  doch  bildet  er,  in  Tonnen  verpackt,  einen  nicht  unbe- 
deutenden Exportartikel  nach  Polen.  Als  Fntterfisch  für  Forellen,  Zander  etc. 
wäre  er  sehr  vorteilhaft  zu  züchten. 

Als  Leiter  oder  Leitfiscli  werden  von  den  Fischern  des  frischen  Haffes  zwei, 
liei  uns  namentlich  in  diesem  Gewässer  mitunter  vereinzelt  vorkommende  Bastarde 
bezeichnet,  die  von  Siebold  als 

Abramidopsis  Leuckartii  Heck. 

K.  3.  R.  3/10.     Br.  1/15.     B.  2/8.     A.  3/15—18.     S.  19. 

Seh.  10—11/45—54/5.     Schldz.  5—5.  oder  6.-5. 

und 
Bliccopsis  abramo-rutilus  Hol. 
K.  3.  E.  3/8.     Br.  1/15.     B.  2/8.     A.  3/14—16.     S.  19. 
Seh.  8/41—46/4.     Schldz.  2.  5.-5.  2.  oder  3.  5.-5.  3. 
ausführlich  besprochen   werden.     Beide    sind    durch    den  Mangel  der  Scheitelung  der 
Vorderrückenschuppen  und  die  geringere  Länge  der  Afterflosse  von  Abramis  und  Blicea 
leicht  zu  unterscheiden.     Bei  Abramidopsis,  der  trotzdem  häufig  mit  dem  Brassen  oder 
Gioben  verwechselt  wird,  ist  der  Körper  gestreckter,  mit  endständigem  Munde,  oben  grau- 
grün, unten  silberglänzend,  Rücken-  und   Afterflosse   schwärzlich,    die   anderen  Flossen 
schmutzig  gelblich  oder  graulich.     Bei  Bliccopsis  ist  der  Körper  höher,  mit  stumpfer, 
geschwollener  Schnauze,   endständigem,   schiefem  Munde.     Der  Bauch  bildet   zwischen 
Bauchflossen  und  After  eine  scharfe  Kante.    Die  Oberseite  ist  olivgrün,  die  Seiten  messing- 
glänzend,  alle  Flossen   grau,   Brust-,   Bauch-   und  Afterflosse   an  der  Basis  röthlich,  die 
Bauchflosse  mitunter  ganz  roth.    Er  wird   gewöhnlich  mit  dem  Rothauge  verwechselt. 
Beide  sind  wol  unzweifelhaft  durch  Kreuzung  von  Abramis  brama  oder  Blicea  björkna 
einerseits  und  Leuciscus  rutilus  oder  Scardinius  erythrophthalmus  andrerseits  entstandene 
Bastarde  und  es  kommen  zwischen  ihnen,  auch  hinsichtlich  der  Zahl  der  Schlundzähne, 
die  verschiedensten  Uebergangsformen  vor.     Natürlich  sind  diese  Thiere  nur  von  wissen- 
schaftlichem Interesse. 

Gattung  Pelecus  Agass. 

Keine  Barteln  am  Munde.  Der  Körper  ist  niedrig,  mit  scharfer 
Bauchkante.     Die  Seitenlinie  zeigt  auffallende  Krümmungen. 

40.  Die  Ziege.     Peleens  eullratiis  \,. 

lit. :  oszka;  kur.:  kaze. 

K.  3.     R.  3/7—8.     Br.  1/15.     B.  2/7.     A.  3/26—29.     S.  19. 

Seh.  14—15/100—108/5—6.     Schldz.  2.  5.-5.  2. 

Die  Ziege  ist  einer  der  am  auffallendsten  gebauten  Fische  unserer 
Gewässer  und  auf  den  ersten  Blick  leicht  zu  erkennen.  Der  Leib  ist 
gestreckt  und  ziemlich  stark  zusammengedrückt,  dem  Hering  nicht  un- 
ähnlich, 4y2 — 5mal  länger  als  hoch,  3mal  höher  als  dick.  Der  rundliche 
Rücken  ist  fast  vollkommen  gerade,  dagegen  die  messerartig  zugeschärfte, 
aber  nicht  harte  Bauchkante  sehr  stark  convex.  Der  Kopf  ist  klein  mit 
fast  senkrechtem  Mundspalt.  Der  Unterkiefer  steht  etwas  vor,  ist  am 
Kinn    verdickt    und    diese    Verdickung    passt    in    einen    Ausschnitt    des 


126 


Die  preussischen  Fisclie.     Schwimmbläser. 


Zwischenkiefers  hinein.  Die  Mundöfi&mng  ist  ziemlich  klein.  Die  Lippen 
sind  schmal  und  dünn,  nur  am  Mundwinkel  fleischig.  Die  Schlund- 
knochen sind  sehr  schlank,  ebenso  die  Schlundzähne.  Die  Rücken- 
musculatnr  setzt  sich  auf  dem  Kopf  bis  über  die  Mitte  des  Auges 
fort.  Das  Auge  ist  gross  mit  silberfarbener  oder  goldschimmern, 
der  Iris,  dicht  davor  stehen  die  weiten  Nasenöffnungen.  Die  kurze 
Rückenflosse  ist  bis  ins  letzte  Dritttheil  der  Körperlänge  nach  hinten 
gerückt,  die  lange  Afterflosse  beginnt  schon  etwas  vorher.  Die  Brust- 
flossen sind  sehr  lang,  sichelförmig,  schmal  und  spitz,  reichen  nicht 
bis    zur  Wurzel    der   Bauchflossen.     Die    Schwanzflosse    ist   tief   gabelig, 


Fig.  94.  Die  Ziege  mit  Querschnitt,  Schlundzähnen  und  Schuppe. 

der  untere  Lappen  merklich  länger.  Die  lose  sitzenden  Schuppen  be- 
decken auch  den  Oberkopf  bis  zum  Auge,  die  kleinsten  liegen  auf  dem 
Kopfe,  die  grössten  an  den  Seiten.  Die  Seitenlinie  hat  einen  ganz  eigen- 
tümlich welligen  Verlauf,  vom  hinteren  Rande  des  Kiemendeckels  zu- 
nächst in  normaler  Richtung  nach  hinten  ziehend  nähert  sie  sich, 
indem  sie  in  einem  grossen  Bogen  die  Brustflosse  umgeht,  ausserordent- 
lich der  Bauchkante,  der  sie  auch  bis  zum  Schwänze  in  einer  unregel- 
mässigen Wellenlinie  nahe  bleibt.  Kopfporen  sind  namentlich  auf  dem 
Unterkiefer  sehr  deutlich  sichtbar.  Die  Oberseite  des  Körpers  ist  stahl- 
blau,  blaugrün  oder  olivengrün  gefärbt,  die  Seiten  silbern  mit  rosa 
Schimmer.  Brust-,  Rücken-  und  Schwanzflosse  sind  graulich,  die  Bauch- 
und    Afterflosse   gelblich   oder   röthlich.     Die  Ziege   bewohnt    die    Ostsee 


Ziege.     Uckelei.  127 

an  unseren  Küsten  von'  Memel  bis  Heia  und  steigt  in  die  Haffe  und 
Flussmündungen  auf.  Sie  nährt  sich,  wie  die  anderen  Cyprinoiden,  von 
Gewürm  etc.,  sonderbarer  Weise  wird  mir  von  dem  frischen  Haff  mitgetheilt, 
dass  sie  Stirhlinge  fresse.  In  grösserer  Menge  wird  sie  nur  im  kurischen 
Haff,  theils  in  allerlei  Netzen,  theils  mit  eigenen  Treibnetzen  (Ziegen- 
netzen) gefangen,  war  jedoch  früher  sehr  viel  häufiger.  Bloch  zählte  bei 
einem  Weibchen  über  100000  Eier.  Sie  soll  in  den  Monaten  Mai 
bis  Juli  im  flacheren  Wasser,  namentlich  auf  Pflanzen  laichen.  Sie  wird 
25 — 35  cm  lang,  selten  grösser.  Ihres  spärlichen,  wreichen  und  gräthigen 
Fleisches  wegen  wird  sie  wenig  geachtet. 

Gattung  Alburnus  Rond. 

Keine  Barteln  am  Munde,  das  verdickte  Kinn  greift  in  einen  Aus- 
schnitt des  Zwischenkiefers  ein.  Die  Rückenflosse  ist  kurz,  die  After- 
flosse lang.  Die  Schlundzähne  stehen  in  zwei  Reihen  zu  2.  5. — 5.  2.  oder 
2.  5. — 4.  2.  ■  Die  Bauchkante   ist   zwischen  Bauchflosse  und  After  scharf. 

41.  Der  Uckelei.    Alburnus  lucidus  Heck. 

Ickeley.     lit,  kur.:   aukszle;  mas.,  kass.:   uckleyka. 

K.  3.  R.  3/8.      Br.  1/15.      B.  2/8.      A.  3/17—20.      S.  19. 

Seh.  8/47—53/3.     Schldz.  2.  5.-5.  2  oder  2.  5.-4.  2. 

Der  Körper  ist  gestreckt,  ziemlich  stark  zusammengedrückt,  41/.,  bis 
5mal  länger  als  hoch,  2y2mal  höher  als  dick.  Die  Mundspalte  steht  sehr 
schief,  reicht  bis  unter  die  grossen  Nasenöffnungen ;  der  Unterkiefer  steht 
ein  wenig  vor,  ist  am  Kinn  verdickt  und  greift  in  eine  Kerbe  des  Zwischen- 
kiefers ein.  Die  Rückenflosse  steht  genau  über  dem  After,  die  längere 
Afterflosse  beginnt  vor  dem  Ende  der  Rückenflosse.  Die  Kronen  der 
Schlundzähne  sind  seitlich  zusammengedrückt,  theüweise  oben  gekerbt, 
am  Ende  hakig.  Die  Schwanzflosse  ist  tief  ausgeschnitten.  Die  Bauch- 
kante bildet  zwischen  Bauchflossen  und  After  eine  scharfe  Schneide.  Die 
dünnen  und  glatten  Schuppen  sitzen  sehr  locker  in  ihren  Taschen.  Die 
Färbung  ist  sehr  wechselnd,  im  Allgemeinen  auf  der  Oberseite  bläulich- 
grün,  die  Seiten  und  der  Bauch  hell  silberglänzend,  die  Rücken-  und 
Schwanzflosse  ist  hellgrau,  die  anderen  Flossen  sind  farblos,  die 
Basis  der  Bauch-  und  Afterflosse  mitunter  orange.  Der  Uckelei  ist  in 
ganz  Mitteleuropa  in  Seen,  Flüssen  und  den  Haffen  sehr  häufig.  Er  lebt 
meistens  in  grösseren  Gesellschaften  zusammen,  hält  sich  dicht  unter  der 
Oberfläche  und  schnellt  sich  sehr  häufig  aus  dem  Wasser  hervor.  Er 
erreicht  eine  Länge  von  10 — 12,  gelegentlich  auch  von  20  cm,  nährt 
sich  von  kleinem  Gewürm,  Insecten  etc.,  und  laicht  in  der  Zeit  von  April 
bis  Juni  schaarenweis  an  Wasserpflanzen  oder  auf  hartem  Grunde.     Zu- 


128 


Die  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 


erst  sollen  die  älteren  Thiere,  später  die  jüngeren  laichen.  Er  ist  mit 
Gezeugen  aller  Art  leicht  zu" fangen,  beisst  auch  an  die  primitivste  Angel- 
vorrichtung, wird  aber  seines  gräthigen  Fleisches  und  seiner  Kleinheit 
wegen,  meistens  nur  als  Köderfisch  verwendet.  Als  Futter  für  Forellen 
ist  er  vorteilhaft  zu  züchten. 

Aus  dem,  durch  Waschen  leicht  ablösbaren  Silberglanz  seiner 
Schuppen,  wird  in  Frankreich  seit  200  Jahren  die  zur  Herstellung  nach- 
gemachter Perlen  erforderliche  Essence  d'Orient  bereitet.  Nach  Siebold 
liefern  50  kg  Fische    2  kg  Schuppen,   und    wären    zur   Herstellung   von 


Fig.  95.  Der  Uckelei  mit  Querschnitt,  Schlundzähnen  und  Schuppe. 

1  Pfund  Silberglanz  18—20  000  Fische  erforderlich.  Nach  Wittmaack 
wird  der  Uckelei  zu  diesem  Zwecke  auch  bei  Cammin  in  Pommern  ge- 
fangen, und  werden  die  abgelösten  Schuppen  gesalzen  in  Blechbüchsen 
nach  Köln  geschickt.  Dort  sollen  50  kg  Fische  nur  1  kg  Schuppen  im 
Werthe  von  16  Mark  geben.  Eine  gleiche  Yerwerthung  der  Schuppen 
dürfte  auch  bei  uns  an  manchen  Orten  leicht  möglich  sein. 

42.  Alburiiiis  bipunctatus  L.. 

Wird  in  Heiisberg'  Strömling  genannt. 

K.  3.    R.  3/7—8.     Br.  1/14.     B.  2/7—8.     A.  3/15—17.     S.  19. 

Seh.  9/47—50/4.     Schldz.  2.  5.-5.  2. 

Der  Körper   ist    weniger   gestreckt   und  höher    als    beim   gemeinen 
Uckelei.    nur    4mal    länger    als   hoch.     Der  Mund    ist   endständig,    etwas 


AI  Im  11  ms  bipunctatos. 


129 


schief,  mit  sehr  wenig  verdicktem  und  kaum  vorstehendem  Kinn,  die 
Schhmdzähne  sind  glatt,  ungekerbt,  ihre  Enden  sind  hakig  gebogen. 
Zwischen  Bauchflossen  und  After  bildet  der  Bauch  eine  scharfe  Kante. 
Die  Kückenflosse  ist  höher  als  lang,  die  Afterflosse  länger  als  hoch,  die 
Schwanzflosse  tief  gabelig.  Die  Oberseite  ist  bräunlichgrün  oder  blau 
gefärbt,  die  Seiten  sind  hell  grünlich  mit  viel  weniger  lebhaftem  Glanz  als 
bei  dem  gemeinen  Uckel ei.  Die  Seitenlinie  ist  beiderseits  von  einem  schmalen 
schwarzen  Streifen  eingefasst,  oberhalb  der  Seitenlinie,  oft  auch  unterhalb 
sind  je  3  Schuppenlängsreihen  dadurch  ausgezeichnet,  dass  jede  ihrer 
Schuppen  einen  dreieckigen  schwarzen  Fleck  trägt,  wodurch  die  Seiten 
schwarzstreifig    erscheinen.      Namentlich    deutlich   in  der   Laichzeit   zeigt 


Fig.  96.  Alburnus  bipunetatus  mit  Querschnitt,  Soblundzäbnen  und  Schuppe. 

sich  noch  eine  schwarzblaue,  etwa  3—4  Schuppen  breite  Binde,  die  gerad- 
linig vom  Kiemendeckel  oberhalb  der  Seitenlinie  zum  Schwänze  verläuft. 
Die  gelbliche  oder  silberglänzende  Iris  ist  oben  schwärzlich  gefleckt.  Die 
Rücken-,  Brust-  und  Schwanzflosse  ist  graulich,  mit  dunklerem  Saum, 
die  Bauch-  und  Afterflosse  gelblich  oder  röthlich,  in  der  Laichzeit  schön 
orange.  Der  Alburnus  bipunetatus  erreicht  eine  Länge  von  9 — 12  cm, 
selten  mehr,  er  hält  sich  vorzugsweise  am  Grunde  klarer,  fliessender  und 
stehender  Gewässer    auf  und  laicht  im  Mai  und   Juni  auf  Kiesgrund  in 

9 


130 


Die  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 


schnell  fliessendem  Wasser.  In  Süd-  und  Westdeutschland  und  in  Livland 
ziemlich  häufig,  scheint  er  bei  uns  wenig  verbreitet,  ist  aber  wohl  an 
vielen  Orten  nur  übersehen.  Siebold  erhielt  ihn  hier  aus  der  Alle  von 
Heilsberg,  aus  der  Memel  von  Tilsit,  ich  habe  ihn  bisher  nur  aus  Heils- 
berg kennen  gelernt,  mit  Hilfe  desselben  Fischers,  der  ihn  vor  Jahren 
für  Siebold  fing. 

Gattung  Aspius  Agass. 

Keine  Barteln  an  dem  grossen,  massig  schrägen  Munde.  Das  ver- 
dickte Kinn  passt  in  einen  Ausschnitt  des  Zwischenkiefers.  Die  zwei- 
reihig angeordneten  Schlundzähne  3.  5. — 5.  3.  sind  ungekerbt.  Der  Körper 
ist  gestreckt,  wenig  zusammengedrückt,  mit  kleinen  Schuppen  bedeckt. 

43.   Der  Rapfeii.    Aspius  rapax  Agass. 

Eaap,  Baape,  Eappe,  Alant,  Salat,  Zalat,  Kohrkarpfen.    altpr.:  rapis; 

lit:  salatis,  celatas,  salote;  kur.:  salate,  rapzur. 

K.  3.     K.  3/8.     Br.  1/16.     B.  2/8—9.     A.  3/14.     S.  19. 

Seh.  11—12/67—70/4—5.     Schldz.  3.  5.-5.  3. 

Der  Körper  ist  gestreckter,  niedriger  und  dicker  als  bei  den  meisten 

anderen    karpfenartigen    Fischen,    omni   länger    als  hoch,    2mal  höher  als 


Fig.  9y.  Der  Rapfen  mit  Querschnitt,  Schlundzähnen  und  Schuppe. 

dick,  Kücken-  und  Bauchkante  sind  in  ganzer  Ausdehnung  stark  gerundet. 
Der  Kopf  ist  schlank,  dem  des  Zanders  nicht  unähnlich,  der  Mund  weit 


Rnpfon.     ModerlinscliPii.  |31 

bis  unter  das  Auge  gespalten,  unter  einem  "Winkel  von  ca.  45°.  Der 
Unterkiefer  ist  etwas  gekrümmt,  am  Kinn  stark  verdickt,  der  Zwischen- 
kiefer entsprechend  ausgeschnitten.  Die  Schlundzähne  sind  glatt,  cylin- 
drisch,  am  Ende  hakig  gebogen.  Das  Auge  ist  klein,  goldglänzend,  die 
grosse  Nasenöffnung  liegt  demselben  viel  näher  als  der  Schnauzenspitze. 
Die  Rückenflosse  ist  vorne  viel  höher  als  hinten,  am  hinteren  Rande  con- 
cav  ausgeschnitten,  ebenso  die  zweispitzige,  etwas  längere  Afterflosse, 
deren  Vorderrand  ziemlich  genau  unter  dem  hinteren  der  Rückenflosse 
liegt.  Der  Scheitel  ist  dunkel  olivgrün,  der  Rücken  blau-  oder  grüngrau, 
die  Seiten  silberglänzend  mit  blauem  Schimmer,  der  Bauch  weiss.  Rücken- 
und  Schwanzflosse  sind  grau,  die  Brustflosse  graurüthlich,  Bauch-  und 
Afterflosse  röthlich.  Beim  Männchen  zeigt  sich  in  der  Laichzeit  auf 
dem  Kopf  und  dem  Hinterrande  der  Brust-,  Rücken-  und  nament- 
lich der  Schwanzschuppen  ein  Ausschlag  von  kleinen,  dichtstehenden, 
halbkugeligen  Körnchen,  der  sich  oft  auch  auf  der  Innenseite  der  Brust- 
flossensfrahlen  findet.  Der  Rapfen  bewohnt  grössere  Seen,  Flüsse  und 
die  Haffe,  lebt  vereinzelt  als  ein  grosser  Räuber,  der  sich  vorwiegend  von 
Fischen,  besonders  von  Uckeleis  nährt.  Zum  Laichen  geht  er  in  die 
Flüsse  mit  nicht  schnell  Messendem  Wasser  hinauf,  wo  er  am  Grunde 
an  Steinen  etc.  seine  80 — 100  000  Eier  absetzen  soll.  Er  wird  nur 
einzeln  in  Netzen  gefangen,  sein  Fleisch  wird  an  manchen  Orten  trotz 
der  zahlreichen  Gräthen  hoch  geschätzt.  Er  erreicht  eine  Grösse  von 
40 — 60 — 80  cm,  ja  vom  Spirdingsee  wird  mir  berichtet,  dass  er  dort 
mitunter  im  Gewicht  von  20—30  kg  gefangen  werde.  Früher  war  er 
in  beiden  Haffen  häufig. 

Gattung  Leucaspius  Heck.  u.  Kn. 
Der  Mund  ist  oberständig,  ohne  Barteln.     Die  Schlundzähne  stehen 
in  1  oder  2  Reihen  in  sehr  wechselnder  Zahl.     Der  Bauch  hat  zwischen 
Bauchflosse  und  After  eine  scharfe  Kante.  Die  Seitenlinie  ist  unvollständig. 

44.  Das  Moderlieschen.     Lencaspins  deliueatus  Sieb. 

Mutlosen,  Mudchen,  Modke,  Mutterloseken,  Malinchen;  altpr.:  blingo. 
K.  3.     R.  3/8.     Br.  1/13.     B.  2/8.     A.  3/11—13.     S.  19. 

Seh.  7—8/48—50/4. 

Der  Körper  ist  gestreckt,  massig  zusammengedrückt,  5mal  länger 
als  hoch,  2mal  höher  als  dick,  der  Rücken  ist  fast  gerade,  stark  gerundet, 
der  Bauch  bildet  nur  zwischen  den  Bauchflossen  und  dem  After  eine 
Kante.  Der  Mund  ist  oberständig,  die  sehr  steile  Mundspalte  reicht  nur 
bis  unter  den  vorderen  Augenrand.  Das  wenig  verdickte  Kinn  greift 
in  einen  flachen  Ausschnitt  des  Zwischenkiefers  ein.     Die  Schlundknochen 

9* 


132 


Die  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 


sind  schlank  und  dünn,  die  Schlundzähne  stehen  bald  in  einfacher,  bald 
in  doppelter  Reihe,  in  der  inneren  gewöhnlich  5. — 4.,  seltener  5. — 5.,  ihre 
Kronen  sind  zusammengedrückt,  oben  sägeartig  gekerbt,  mit  einem 
Haken  endigend.  Die  Schuppen  fallen  sehr  leicht  ab,  die  Seitenlinie  be- 
schränkt sich  auf  die  ersten  8 — 12  Schuppen.  Das  Auge  ist  gross,  silber- 
glänzend, oben  mit  grüngelbem  Fleck.  Hinter  dem  After  liegt  eine  aus 
3  Wülsten  bestehende  G-eschlechtswarze,  die  in  der  Laichzeit  besonders 
deutlich  hervortritt.  Der  Scheitel  ist  olivbraun,  der  Rücken  gelblicholivgrün, 
die  Seiten  stark  silberglänzend  mit  einem,  namentlich  im  Schwanztheil 
stark  ausgeprägten,  stahlblauen  Längsstreifen.  Alle  Flossen  sind  farblos, 
leicht  gelblich  oder  graulich.  Das  Moderlieschen  erreicht  eine  Länge  von 
(j — io  cm,  doch  habe  ich  auch  einige  12  cm  lange  Exemplare  erhalten. 
Es  bewohnt,  häutig  in   Gesellschaft  des    Bitterlinges,  Seen,    Sümpfe  und 


Fig.  98.  Das  Moderlieschen  mit  Querschnitt,  Schlundzähnen  und  Schuppe. 

Flussufer  und  ist  wahrscheinlich  bei  uns  viel  verbreiteter  als  man  an- 
nimmt. Ich  kenne  es  nur  aus  dem  Pregel,  von  verschiedenen  Stellen 
des  kurischen  Haffes,  aus  dem  Spirdingsee,  dem  Heubuder  See  bei  Danzig, 
aus  kleinen  Gewässern  bei  Pr.  Stargard,  Braunsberg  und  Tapiau.  Auf- 
fallend erscheint  es,  dass  sich  schon  in  dem  Holczwescherschen  deutsch- 
preussischen  Lexikon  aus  dem  Anfange  des  15.  Jahrhunderts  die  Ueber- 
setzung  Mut'losen  =  Blingo  vorfindet,  während  das  Moderlieschen  jetzt 
den  Fischern  ziemlich  unbekannt  ist  und  der  Name  an  manchen  Orten 
für  junge  Fische  aller  Art  gebraucht  wird.  Die  Laichzeit  soll  in  den 
April  und  Mai  fallen,  in  welcher  Zeit  ich  keine  Exemplare  erhalten  konnte. 


kühlim 


!:;:; 


Gattung  Idus  Heck. 

Der   Mund    ist   klein,    ohne    Barteln,    die  Schlundzähne    zweireihig, 
3.  5.—  5.  3.,  glatt,  der  Bauch  ohne  scharfe  Kante,  Kücken-  und  Afterflosse  kurz. 

45.  Der  Kübliug.    Idus  melanotus  Heck.  u.  Im. 

Aland,  Gase,  Jesenitz,  Jesen,  Rohrkärpfen,  Topar,  Tapar,  Tabarre,  Tabelle, 
Grisitzer,  Diebel,  Dübel,  Lachstaparre;  lit.,  kur. :  meknys,  topar. 
K.  3.    R.  3/8.     Br.  1/15—16.     B.  2/8.     A.  3/9— 10."     S.  19. 


Schldz.  3.  5. 


-5.  3. 


Seh.  9— 10/54— 59/4.— 5. 

Der  Körper  ist  ziemlich  gestreckt,  massig  zusammengedrückt,  4mal 
länger  als  buch,  2 — 21/2mal  höher  als  dick.  Rücken-  und  Bauch- 
kante sind  überall  gerundet,  Der  Mund  ist  endständig,  klein,  nur  bis 
unter  die  Nasenöffnung  reichend.  Vordere  und  hintere  Nasenöffnung  sind 
nur  durch  eine  schmale  Hautbrücke  getrennt.  Die  Schlundknochen  sind 
sehr  gedrungen,  die  Schlundzähne  mit  glatten,  zusammengedrückten 
Kronen.     Die  Stirn  ist  breit,  das  Auge  goldglänzend,  mit  dunkelem  Fleck 


Fig.  99.  Der  Kühling  mit  Querschnitt,  Schlundzähnen  und  Schuppe. 

oben.  Die  Schwanzflosse  ist  tief  ausgeschnitten,  gleichlappig.  Die  Ober- 
seite ist  schwarzblau  oder  schwarzgrün  gefärbt,  mit  lebhaftem  Messing- 
glanz, der  Kopf  ähnlich  mit  goldenem  Schimmer,  die  Seiten  sind  bläulich 
weiss,  der  Bauch  silberglänzend.  Rücken-  und  Schwanzflosse  sind  grau- 
blauviolett, die  übrigen  Flossen  röthlich. 


134:  Uie  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 

Der  Kühling  lebt  in  der  Ostsee,  den  grösseren  Seen,  Flüssen  und  Haffen 
ziemlich  vereinzelt,  er  ist  schnell  und  scheu,  hält  sich  während  des  Winters 
in  der  Tiefe  und  kommt  im  Mai  um  zu  laichen  an  die  Flussufer.  Er  er- 
reicht eine  Länge  von  30 — 60  cm,  wird  auch  mitunter  noch  viel  grösser. 
Sein  weiches,  gräthiges  Fleisch  wird  beim  Kochen  in  Salzwasser  gelblich 
oder  röthlich,  ähnlich  dem  des  Lachses.  Yon  ihm  sagt  ein  altes  Sprüch- 
wort :*) 

Man  koche  oder  brate  den  Dübel 

So  schmecket  er  allezeit  übel. 
Mit  dem  Döbel  (Squalius  cephalus)  und  dem  Häsling  (Squalius  leu- 
ciscus)  wird  er  von  den  Fischern  vielfach  verwechselt,  auch  die  älteren 
Fischkundigen  haben  diese  Fische  nicht  gehörig  zu  unterscheiden  ge- 
wusst.  Eine  Yarietät  des  Kühlings,  Idus  melanotus  var.  miniatus, 
die  Goldorfe,  von  der  Farbe  des  Goldfisches,  kommt  mitunter  in  der 
Freiheit,  neuerdings  aber  gezüchtet  auch  in  unseren  Provinzen  vor. 
Die  Jungen  sind  schon  im  ersten  Jahre  oben  schön  mennigroth,  am 
Bauche  silberweiss,  während  sie  im  späteren  Alter  oben  eine  schön 
dunkle  orange,  an  Seiten  und  Bauch  eine  etwas  hellere  Färbung 
zeigen.  Auch  die  Flossen  haben  dieselbe  Farbe.  Da  die  Goldorfe  sich 
schaarenweise  an  der  Oberfläche  des  Wassers  hält,  so  ist  sie  als  Zierfisch 
schnell  beliebt  geworden,  zumal  sie  ziemlich  schnell  wächst  und  eine  Grösse 
von  40  cm  in  wenigen  Jahren  erreicht.  Man  hat  früher  die  Goldorfe  auch 
in  unseren  Haffen  zu  finden  geglaubt,  doch  haben  sich  die  von  Sach- 
verständigen untersuchten  Exemplare  als  orange  gefärbte  Plötze  (Leu- 
ciscus  rutilus)  erwiesen. 

Gattung  Scardinius  Bonap. 

Die  kleine  Mundspalte  hat  eine  sehr  schiefe  Stellung.  Die  Schlund- 
zähne sind  zweireihig  3.  5. — 5.  3.,  tief  gesägt.  Am  Bauch  bilden  zwischen 
Bauch-  und  Afterflosse  winklig  geknickte  Schuppen  eine  scharfe  Kante. 
Rücken-  und  Afterflosse  mit  kurzer  Basis. 

46.  Das  Rothauge.     Scardinius  erythrophtlialiuus  I . 

Rodelog,  Roddow,  Rothfeder,  Rothflosser;  lit:  rudakis,  rudawa,  ruduszis, 
kur.:  rudaus,  rudusch,  rudaney;  mas.:  sdrena,  czerwone  oko; 

kass. :  radowka. 

K.  3.     R.  3/8—9.     Br.  1/15—16.     B.  2/8.     A.  3/10—12.     S.  19. 

Seh.  7/40—42/3—4.     Schldz.  3.5.-5.3. 

Der   Körper   ist   mehr   oder   weniger   zusammengedrückt,    meistens 

ziemlich  hoch,  jedoch  in  der  Höhe  sehr  variirend.     Der  Mund  ist  klein. 


*)  "Wulff,  Ichthyologia  cum  Amphibiis  Regni  borussici. 


Rothauge. 


135 


sehr  steil,  die  Iris  goldglänzend,  oben  meistens  mit  einem  rothen  Fleck. 
Die  Bauchkante  zwischen  Bauchflosse  und  After  ist  scharf,  vor  den 
Bauchflossen  gerundet.  Die  Schuppen  sind  gross,  derb  und  festsitzend.  Die 
Färbung  ist  in  verschiedenen  Gewässern  sehr  verschieden,  im  Allgemeinen 
ist  der  Kücken  blau-  oder  braungrüu,  die  Seiten  silberfarben  mit  etwas 
Messingglanz,  der  Bauch  weiss.  Die  Flossen,  namentlich  die  Bauch-, 
After-   und  Schwanzflosse    sind   blutroth,    letztere    häufig  wie  die  Brust- 


flosse   schwärzlich    angeflogen. 


Das  Rothauge   kommt   in   allen   unseren 


Fig.  100.  Das  Eothauge  mit  Querschnitt,  Schlundzähnen,  Schuppe  und  Schuppe  der 

Seitenlinie. 

süssen  Gewässern  sehr  häufig  vor  und  hält  sich  meistens  in  Gesellschaft  von 
Karauschen  und  Schleihen  am  Grunde  auf,  um  aus  demselben  Gewürm 
u.  dgl.  hervorzuholen.  Es  erreicht  eine  Länge  von  20 — 30  cm,  laicht  im 
April  und  Mai  an  den  Uferrändern  an  pflanzenreichen  Stellen  und  setzt 
ca.  100000  Eier  ab.  Die  Männchen  haben  in  der  Laichzeit  einen  Aus- 
schlag von  zahlreichen  kleinen  weissen  Knötchen  am  Scheitel  und  Rücken. 


136 


Die  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 


Das  Fleisch  ist  gräthig  und  von  geringem  Werth,  doch  ist  das  Kothauge 
als  Futterfisch  für  Zander  und  Forellen  vortheilhaft  zu  züchten.  Trotz 
sehr  in  die  Augen  fallender  Unterschiede  wird  es  sehr  häufig  mit  der 
Plötze  verwechselt. 

Gattung  Leuciscus  Rond. 

Die  kleine  Mundspalte  verläuft  ziemlich  horizontal,  die  Schlundzähne 
stehen  nur  einreihig,  6. —  5.  oder  5. — 5.     Der  Bauch  ist  zwischen  Bauch- 


flosse und  After  gerundet. 


Rücken-  und  Afterflosse  mit  kurzer  Basis. 


47.  Die  Plötze.     L.euciscus  rutilus  L. 

Platz,  Pletz,  Pletze;  lit. :  bruiszis,  brunszis;  kur.:  brunscha,  brunsze; 

mas.,  kass.:  plotka,  ploc,  ploczieczka,  plocica, 

K.  3.     R.  3/10—11.     Br.  1/15.     B.  2/8.     A.  3/9—11.     S.  19. 

Seh.  7—8/42—44/3—4.     Sclüdz.  6.-5.  oder  5.-5. 

Der  Körper  ist  massig  gestreckt  und  zusammengedrückt,  in  den 
Formen  sehr  wechselnd,  der  Kopf  kurz,  gedrungen,  mit  endständigem, 
nur  wenig  schrägem  Munde,    der    nur   bis  unter   die,   dem    rothen  Auge 


Kg.  101.  Die  Plötze  mit  Querschnitt,  Schlundzähnen  und  Schuppe. 

nahe   stehenden    Nasenöffnungen    reicht.     Die    Schlundknochen    sind   ge- 
drungen, die  vorderen  Schlundzähne  konisch,    die  hinteren  zusammenge- 


Plötze.    Döbel.  137 

drückt,  etwas  gekerbt,  am  Ende  hakig.  Zwischen  Bauchflossen  und  After 
keine  Kante.  Der  Rücken  ist  blaugrün  oder  graublau,  die  Seiten  silber- 
glänzend, der  Bauch  ist  weiss.  Alle  Flossen  sind  mehr  oder  weniger 
mennigroth,  mitunter  auch  blutroth  gefärbt,  die  Rücken-  und  Schwanz- 
flosse mit  schwärzlichem  Anflug  am  Rande.  Eine  in  der  Färbung  den 
Goldfischen  ähnliche  Varietät,  die  Gelegenheit  zur  Verwechselung  mit 
der  Goldorfe  gegeben  hat,  wird  mitunter  in  der  Weichsel  und  den  Haffen 
beobachtet.  Andererseits  wird  die  Plötze  sehr  gewöhnlich  von  dem 
Rothauge  nicht  unterschieden.  Sie  findet  sich  in  allen  unseren  Gewässern, 
auch  in  der  See,  erreicht  gewöhnlich  nur  eine  Länge  von  20 — 25  cm, 
doch  kommt  sie  im  kurischen  Haff  nicht  selten  in  einer  Grösse  von 
mehr  als  30  cm  vor.  Im  April  und  Mai  zieht  sie  zum  Laichen  schaaren- 
wreise  an  pflanzenreiche  Untiefen  und  verursacht  dabei  lautes  Geräusch. 
Sie  setzt  80 — 100000  Eier  ab  und  verliert  dabei  ihre  gewöhnliche 
Scheu  so  sehr,  dass  sie  leicht  mit  Käschern  gefangen  werden  kann. 
Die  Männchen  zeigen  in  der  Laichzeit  auf  Scheitel  und  Rücken  nur  ver- 
einzelte weisse  Knötchen.  Man  fängt  sie  mit  allerlei  Gezeugen,  im  kuri- 
schen Haff  mit  besonderen  Plötzennetzen,  im  Winter  unter  dem  Eise 
mit  dem  Wintergarn  oft  in  ungeheurer  Menge.  Das  Fleisch  wird  wegen 
der  vielen  Gräthen  gering  geachtet.  Als  Futterfisch  für  Forellen  etc. 
eignet  sie  sich  wegen  ihrer  schnellen  Vermehrung  vorzüglich. 

Gattung  Squalius  Bonap. 

Keine  Barteln  an  dem  nur  wenig  schief  gestellten  Munde.  Die 
Schlundzähne  stehen  zweireihig  2.  5. — 5.  2.  Der  Körper  ist  massig  ge- 
streckt, nur  wenig  zusammengedrückt,  Rücken  und  Bauch  ohne  Kante, 
die  Basis  der  Rücken-  und  Afterflosse  kurz.  Die  Rückenflosse  steht 
gerade  über  der  Bauchflosse. 

48.  Der  Döbel.     Squalius  cephalus  L. 

Debel,  Diebel,  Deibel,  Deivel,  Düvel,'  Dickkopf,  Rohrkarpfen. 

litt:  szapalas,  szapals;  kur.:  sapal;  mas.:  klen. 

K.  3.     R.  3/8.     Br.  1/16—17.     B.  2/8.     A.  3/7—9.     S.  19. 

Seh.  7—8/44—46/3—4.     Schldz.  2.5.-5.2. 

Der  Körper  ist  dick,  wenig  zusammengedrückt,  mit  grossem,  sehr 
breitem  Kopf,  weitem,  endständigem,  etwas  schiefem  und  bis  zum  vor- 
deren Augenrand  reichenden  Munde.  Die  Iris  ist  silberglänzend,  oben 
mit  dunklem  Fleck.  Die  ISTasenöffnungen ,  die  ziemlich  in  der  Mitte 
zwischen  Auge  und  Schnauzenspitze  stehen,  liegen  in  einer  ovalen, 
grossen  Grube;  die  hintere  ist  schlitzförmig  und  durch  eine  Hautfalte 
gedeckt.     Die  Schnauze  ist  etwas  niedergedrückt,    die  Schlundzähne  zu- 


1  38 


Die  preussischen  Fische.    Schwimmbläser. 


sammengedrückt,  mit  hakiger  Spitze.  Bücken-  und  Bauchkante  sind  in 
ganzer  Ausdehnung  gerundet.  Die  Schuppen  sind  gross  und  derb,  die 
Seitenkanäle  und  Kopfporen  sehr  weit,  Die  Rückenflosse  steht  gerade 
über  oder  sehr  wenig  hinter  der  Bauchflosse,  ihr  hinterer  Rand  ist,  wie  der 
der  Afterflosse,  leicht  convex.  Die  Oberseite  ist  schwarzgrün  gefärbt,  die 
Seiten  gelblichgrün,  der  Bauch  heller,  die  meisten  Schuppen  der  Seiten 
sind  von  einem  schwarzen  Rande  umgeben,  wodurch  die  Oberfläche  ein 
netzartiges  Ansehen  bekommt.  Die  Rücken-  und  Schwanzflosse  ist 
schwärzlichgrün,  mitunter  mit  röthlichem  Anflug,  Bauch-  und  Afterflosse 


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Fig.  102.     Der  Döbel  mit  Kopf,  Querschnitt,  Schlundzähnen  und  Schuppe. 

mennigroth,  feuerroth  oder  orange  mit  besonders  intensiv  gefärbten 
Strahlen.  Bei  jungen  Fischen  sind  alle  Flössen  gelblich.  Der  Döbel 
erreicht  eine  Länge  von  40 — 60  cm,  nährt  sich  vorwiegend  von  thierischer 
Kost  und  verschluckt  selbst  Frösche,  Mäuse  und  dergleichen.  Erjaicht 
im  Mai   und  Juni,  und   das  Männchen  zeigt  in   dieser  Zeit    einen  fein- 


Eäsling. 


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körnigen  Hautausschlag.  Er  kommt  in  allen  Gewässern  ziemlich  häutig 
vor,  bevorzugt  namentlich  langsamer  fliessende,  klare  Flüsse.  Sein  Fleisch 
ist  gräthenreich  und  wird  nirgends  sehr  geachtet,  als  Futterfisch  wäre 
er  sehr  zweckmässig  zu  verwerthen.  Trotz  seiner  auffallend  breiten 
Stirn  wird  er  mit  dem  Kühling  und  Häsling  vielfach  verwechselt,  von 
letzterem  auch  wohl  wegen  der  dunkleren  Farbe  seiner  Seiten  als  roth- 
schuppiger Döbel  unterschieden. 

49.  Der  Häsliug.     Squalius  leaeiscus  Ja. 

Weisser  Döbel;  kur.:  balta  szapalas;  mas.:  jasz. 

K.  3.  R  3/7.     Br.  1/16—17.     B.  2/8.     A.  3/8—9.     S.  19. 

geh.  7_8/47—52/4.     Schldz.  2.  5.-5.  2. 

Der  Körper  ist  gestreckter  und  etwas  mehr  zusammengedrückt,  als 
der  des  Döbels,  der  Kopf  schlanker,  das  Maul  klein,  etwas  unterständig, 
nicht  bis  zu  den  Nasenlöchern  reichend,  die  Schnauze  mehr  oder  weniger 


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Fig.  103.  Der  Häsling  mit  Kopf,  Querschnitt,  Schlundzähnen  und  Schuppe. 

gewölbt  oder  quer  abgestutzt.  Die  Augen  sind  klein,  mit  gelblicher  Iris. 
Die  Schlundzähne  kommen  nach  Siebold  mitunter  auch  in  folgenden 
Formeln  vor  3.  5. — 5.  2.  oder  3.  5. — 5.  3.,  jedoch  seltener  als  2.  5. — 5.  2. 
Der  Kücken  und  Scheitel  ist  bräunlich  oder  schwarzblau,  Seiten  und 
Bauch  silberglänzend,  erstere  oft  etwas  gelblich.  Die  Basis  der  mittel- 
grossen Schuppen  ist  mitunter  schwärzlich  pigmentirt.  Rücken-  und 
Schwanzflosse  sind  schwärzlich  grün  oder  graulich  gelb,  die  anderen 
Flossen   gelblich   oder   orange    gefärbt,    der   Yorderrand    der   Brustflosse 


140  Die  preussischen  Fische.    Schwimmbläser.  „ 

rauchig  getrübt.  Der  freie  Band  der  Rücken-  und  Afterflosse  ist  leicht 
concav.  Der  Häsling  ist  in  ganz  Mitteleuropa  weit  verbreitet,  wird  aber 
vielfach  mit  dem  Kühling  und  Döbel  verwechselt,  bei  uns  wird  er  nur 
in  wenigen  Gegenden  als  Häsling  vom  Döbel  unterschieden,  am  kurischen  Haff 
als  weisssehuppiger  Döbel  bezeichnet.  Er  bewohnt  Flüsse  und  Bäche,  aber 
auch  Seen  und  die  Haffe,  laicht  im  April  und  Mai,  wobei  das  Männchen 
einen  sehr  feinkörnigen,  weisslichen  Hautausschlag  auf  dem  ganzen 
Körper  bekommt.  Er  erreicht  eine  Länge  von  20 — -25  cm.  Sein  Fleisch 
wird  wenig  geschätzt.  Wie  der  Döbel  wird  er  im  Gemenge  mit  anderen 
Fischen  zusammen  gefangen.  Als  Futterfisch  für  Forellen,  Zander  etc. 
ist  er  sehr  zu  empfehlen. 

Gattung  Phoxinus  Agass. 

Der  Mund  ist  endständig,  ohne  Barteln,  die  Schlundzähne  zwei- 
reihig, 2.  5.-4.  2.  oder  2.  4. — 4.  2.  Der  Körper  ist  cylindrisch,  die  Schuppen 
sehr  klein  und  zart,  wenig-  deckend.     Rücken-  und  Afterflosse  sind  kurz. 

50.  Die  Ellritze.    Plioxiutis  laevis  Ag. 

K.  3.     R.  3/7.     Br.  1/15.     B.  2/8.     A.  3/7.     S.  19. 
Seh.  8—10/80—90/8—10.     Schldz.  2.  5.-4.  2.  oder  2.  4.-4.  2. 

Der  Körper  ist  rundlich,  fast  cylindrisch,  nur  im  Schwanztheil  zu- 
sammengedrückt, die  Schnauze  stumpf  gewölbt  mit  kleinem,  endständigem 
Munde,  der  nur  bis  unter  die  Nasenöffnung  reicht.  Die  Schlundzähne 
sind  seitlich  zusammengedrückt,  am  Ende  hakig.  Die  kleinen,  zarten 
Schuppen  decken  sich  nicht  überall,  namentlich  bleibt  ein  mittlerer  Längs- 
streif an  der  Rücken-  und  Bauchseite  geAvöhnlich  ganz  schuppenlos. 
Die  Seitenlinie  ist  nur  selten  vollständig,  gewöhnlich  ist  sie  nur  im  Yorder- 
theil  des  Körpers  regelmässig  entwickelt,  hinten  unregelmässig  unter- 
brochen oder  ganz  fehlend.  Die  Rückenflosse  steht  ziemlich  genau  in 
der  Mitte  der  Körperlänge,  gleichzeitig  mitten  zwischen  Bauch-  und  After- 
flosse. Der  Rücken  ist  dunkel,  oft  mit  einem  mittleren  schwarzen  Längs- 
strich, olivengrün,  schwärzlich  marmorirt,  die  Seiten  sind  silberglänzend 
oder  messinggelb,  oberhalb  der  Seitenlinie  mit  einem  goldglänzenden,  aus 
der  Tiefe  durchsschimmernden  Längsstreifen,  der  vom  Kiemendeckel  bis 
zur  Schwanzflosse  reicht,  und  unter  diesem  Streifen  gewöhnlich  mit  einer 
Reihe  kurzer,  dunkler  Querbinden  gezeichnet.  Brust  und  Bauch  sind 
gelblich  oder  weiss,  mitunter  (unabhängig  von  der  Laichzeit)  schön 
purpurroth.  In  stehenden  Gewässern,  z.  B.  bei  Danzig,  kommt  eine  als 
Sumpfellritze  bezeichnete  Varietät  vor,  die  auf  messinggelbem,  auf  dem 
Rücken  dunklerem  Grunde  fein  schwarz  punktirt  ist  (var.  punetatus  Zadd.). 
Die  Grundfarbe  der  Flossen  ist  ein  blasses  Weingelb,   mitunter   sind  sie 


Ellritze. 


141 


ganz    farblos.      Brust-,    After-    und    Schwanzflosse   sind    oft    schwärzlich 

angeflogen,  die  Basis  der  Brust-,  Bauch-  und  Afterflosse  nicht  selten 
purpurroth.  In  der  Laichzeit,  erscheinen  namentlich  die  Männchen 
oft  viel  dunkler  gefärbt,  mitunter  fast  ganz  schwarz,  bei  anderen  tritt 
die  rothe  Farbe  der  Unterseite  deutlich  hervor,  auch  der  Mundwinkel  er- 
scheint oft  purpurroth.  Bei  beiden  Geschlechtern  tritt  ausserdem  ein 
über  den  ganzen  Körper  verbreiteter,  spitzhöckeriger  Hautausschlag  auf. 
Die  Ellritze  bewohnt  klare  Bäche,  Flüsse  auch  Seen  mit  Sand-  oder  Kies- 
grund,  ist  aber  bei  uns  weniger   verbreitet    als   weiter  nach   Westen   hin. 


Fig.  104.  Die  Ellritze  mit  Querschnitt,  Schlundzähnen  und  Schuppe. 


Sie  nährt  sich  von  kleinen  Wasserthierchen,  ist  sehr  scheu  und  schnell, 
und  zieht,  wo  sie,  wie  in  der  Rheingegend,  in  grossen  Mengen  vor- 
kommt, in  ungeheuren  Schwärmen  im  Mai  zum  Laichen  stromaufwärts. 
Während  man  sie  bei  uns  ihrer  geringen  Zahl  wegen  nicht  viel  benutzt, 
wird  sie  dort  in  erheblichen  Mengen  gefangen  und  als  Rümpchen  oder 
Maipiere  abgekocht  oder  marinirt.  Das  Fleisch  ist  schmackhaft,  es  ge- 
schieht aber  mit  dem  Fange  der  Eümpchen  an  den  jungen  Forellen  und 
Lachsen,  die  in  ihren  Zügen  in  Menge  mitgefangen  werden,  grosser 
Schaden.  Die  Ellritze  erreicht  meistens  nur  eine  Länge  von  8 — 10  cm. 
doch  kann  sie  auch  12 — 13  cm  lan°-  werden. 


142 


Die  preussischen  Fische.     Schwimmblase!-. 


Gattung  Chondrostoma  Agass. 
Das  Maul  ist  unterständig  mit  knorpelharten,  geradlinigen,  schneiden- 
den Lippenrändern.    Schlundzähne  einreihig,  6. — 6.,  selten  7.-7.    Rücken- 
und  Afterflosse  sind  kurz. 

51.  Die  Nase.    Chondrostoma  nasns  L.. 

Näsling,  Quermaul,  Erdfisch,  Schwarzbauch,  Aesche  (Heilsberg.)  mas.:  noss. 

K.3.     R.  3/9.     Br.     1/15—16.     B.  2/9.     A.  3/10—11.     S.  19. 

gel!.   8—9/57—62/5—6.     Schldz.  6.-6.,  seltener  7.-7. 

Der  Körper  ist  gestreckt,  massig  zusammengedrückt,  5mal  länger 
als  hoch,  2mal  höher  als  dick,  mit  stark  vorragender  konischer  Schnauze. 
Der  unterständige  Mund  ist  von  ganz  geradlinigen  hornartigen  Lippen- 
rändern begrenzt,  von  denen  namentlich  der  untere  eine  fast  messer- 
artig scharfe  Schneide  bildet.     Die  seitlich  zusammengedrückten  Schlund- 


Fig.  105.  Die  Nase  mit  Querschnitt,  Schlundzähnen,  Schuppe  und  Unterseite  des  Kopfes. 

zahne,  die  mitunter  auch  zu  7. — 6.  oder  6. — 7.  stehen,  zeigen  oben  eine 
angeschliffene  ebene  Fläche.  Die  gold-  oder  silberglänzende  Iris  hat 
oben  häufig  einen  dunkeln  oder  röthlichen  Fleck.  Alle  Flossen  sind 
kurz.  Die  Schuppen  stehen  in  sehr  regelmässigen  Längsreihen.  Die  Ober- 
seite ist  schwärzlich  grün  gefärbt,  Seiten  und  Bauch  sind  silberfarben, 
die  Rückenflosse  ist  graulich,  die  anderen  Flossen  sind  mehr  oder  weniger  röth- 


Nase.  143 

lieh,  die  Schwanzflosse  ist  dunkelgrau,  gesäumt.  In  der  Laichzeitist  die  Färbung 
bei  beiden  Geschlechtern  sehr  viel  lebhafter,  der  Kücken  erscheint  sehr  dunkel, 
auf  den  Seiten  fällt  ein  verschwommener,  schwarzer,  atlasartig  glänzender 
Streif  ins  Auge,  die  Mundwinkel,  die  Käthe  des  Kiemendeckelappartes 
und  die  Gelenke  der  Brustflossen  sind  lebhaft  orange  gefärbt.  Ausserdem 
findet  sich  beim  Männchen  auf  dem  ganzen  Körper,  beim  Weibchen  auf 
Scheitel  und  Schnauze  ein  ans  kleinen  kegelförmigen  oder  halbkugligen 
weisslichen  Knötchen  bestehender  Hautausschlag.  Das  Bauchfell  ist 
immer  ganz  schwarz  gefärbt. 

Die  Nase  erreicht  eine  Länge  von  25 — 40  cm,  wird  auch  mitunter 
noch  grösser.  Sie  lebt  in  reinen,  sclmellfliessenden  Gewässern,  auch  in 
Seen,  wühlt  viel  im  Grunde,  weidet  die  auf  Steinen  etc.  wachsenden 
Algen  ab,  und  nährt  sich  ausserdem  von  allerlei  kleinen  Thieren.  Im 
April  und  Mai  zieht  sie  schaarenweise  nach  schnellfliessendem  Wasser 
mit  Kiesgrund,  um  dort  unter  lebhaften  Bewegungen  zu  laichen.  Bloch 
hat  bei  ihr  nur  8000  Eier  gezählt.  Die  Nase  ist  bei  uns  selten,  mir 
ist  sie  nur  aus  der  Alle  und  ihren  Nebenflüssen,  der  Passarge  und 
Ferse  bekannt,  sie  wird  mir  aber  auch  als  in  der  Umgegend  von  Danzig, 
Elbing  und  den  Gewässern  des  Kreises  Lyck  vorkommend  genannt.  Bei 
Heilsberg  wird  das  Laichen  der  Nase  in  jedem  Frühjahr  im  flachen 
Wasser  beobachtet.  Ihr  Fleisch  ist  weichlich  und  gräthig  und  wird  nur 
von  geringen  Leuten  gegessen. 

Familie  der  Schmerlen,  Acanthopsides. 
Der  Körper  ist  lang  gestreckt,  rundlich,  der  Kopf  bis  zur  Kiemen- 
spalte mit  einer  weichen  Haut  überzogen.  Unter  dem  Auge  stehen  auf 
den  Unteraugenknochen  1  oder  2  bewegliche,  in  eine  Grube  niederleg- 
bare  Dornen.  Die  Schwimmblase  ist  theilweise  von  einer  mit  den  Wirbeln 
zusammenhängenden  Knochenkapsel  umschlossen,  durch  eine  Längsscheide- 
wand getheilt.     Bei  den  Weibchen  findet  sich  nur  ein  Eierstock. 

Gattung  Cobitis  L. 

Der  Kopf  ist  ldein,  der  Mund  mit  Barteln  umgeben,  die  Kiemen- 
spalte eng.  Die  Schlundzähne  stehen  nur  in  einer  Reihe  in  grösserer 
Anzahl  auf  den  Schlundknochen.  Der  Körper  ist  mit  sehr  kleinen  weichen 
Schuppen  bedeckt,  die  Seitenlinie  kaum  sichtbar. 

52.  Der  Sshlannmpeitzker.     Cobitis  fossilis  I,. 

Wetterfisch,  Pisker,  Peisker,  Pietzker,  Peitzker,  Schlammpietzker. 
lit,  kur.:  piplys;  mas.,  kass.:  piskorz,  pchieskorz. 
K.  4.     R  3/5—6.*    Br.  1/10.     B.  1/5.     A.  3/5.     S.  16. 
Der  Körper  ist  lang  gestreckt,    aalförmig,  vorne  cylindrisch,  hinten 


144 


Die  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 


seitlich  zusammengedrückt,  mit  kleinem  Kopf,  kleinem,  endständigem,  sehr 
beweglichem  Munde,  weichen  Lippen  und  10  Barteln,  von  denen  6  an  der 
Oberlippe,  4  kleinere  an  der  Unterlippe  sich  befinden.  Die  Haut  ist  weich, 
schleimig,  mit  zahlreichen,  äusserst  kleinen  und  zarten  Schuppen  bedeckt,  die 
nur  beigenauerBesiehtigung  gefunden  werden.  Die  Flossen  sind  ziemlich  klein. 
Die  Rückenflosse  steht  hinter  der  Körpermitte,  darunter  die  schmale  Bauch- 
flosse. Die  gerundete  Schwanzflosse  geht  mit  einer  schmalen  Kante  auf  den 
Rücken  undBauch  über.  Auf  dem  Unteraugenknochen  befindet  sich  ein  derber, 
beweglicher,  mit  der  Spitze  nach  hinten  gerichteter  Stachel,  der  in  einer 
seichten  Längsfurche  der  Haut  verborgen  liegt.  Die  Schlundknochen 
tragen    eine    Reihe    von   12 — 14    seitlich    zusammengedrückten    Schlund- 


Fig.  10G.  Der  Schlainmpoitzkor  mit  Querschnitt  und  Schuppe. 

zahnen.  Rücken  und  Seiten  sind  ledergell)  bis  dunkelbraun  gefärbt,  wie 
•Irr  Kopf  dunkler  gelleckt  oder  marmorirt,  der  Bauch  orange.  An  den 
Seiten  zieht  sich  eine  breite,  schwarzbraune  Binde  von  der  Kiemenspalte 
bis  zur  Schwanzflosse  hin,  darüber  und  darunter  häufig  noch  je  ein 
schmaler,  dunkelbrauner  Längsstreifen.  Ausserdem  befinden  sich  auf  dem 
ganzen  Körper  häufig  viele  unregelmässige,  rundliche  schwarzbraune 
Flecke,  die  oft  auch  auf  Rücken-  und  Schwanzflosse,  seltener  auf  die 
gelben,  paarigen   und  die  Afterflosse  übergehen.      Das  Auge  ist  goldgelb, 


Schlammpoitzkor.    Schmerle.  145 

die  Nasenöfifhungen  stehen  dicht  davor.  Der  Darmkanal  ist  kurz,  ohne  Pfört- 
neranhäuge;  die  der  Länge  nach  in  eine  rechte  und  linke  Hälfte  getheilte 
Schwimmblase  ist  theilweise  von  einer  zweiklappigen,  mit  3 — 4  Wirbeln 
verwachsenen  Knochenkapsel  umschlossen.  Der  Schlammpeitzker  findet 
sich  überall  in  Gewässern  mit  schlammigem  Grunde,  nirgends  in  grösserer 
Menge.  Er  zieht  reines  Wasser  dem  schlammigen  vor,  lebt  am  Grunde 
von  Insecten,  Würmern,  Fischlaich,  vergräbt  sich  Winters  im  Schlamm 
und  kann  in  diesem,  wenn  das  Wasser  im  Sommer  vertrocknet  ist,  lange 
unbeschädigt  leben,  wie  er  auch  ausserhalb  des  Wassers  in  feuchter 
Umgebung  sehr  lange  ausdauert.  Im  April  bis  Juni  setzt  er  circa 
140000  Eier  an  Wasserpflanzen  ab.  Bei  Gewitter  steigt  er  unruhig  vom 
Grunde  des  Wassers  auf,  und  wird  desshalb  häufig  in  kleinen  Gläsern 
als  Wetterprophet  gehalten.  In  schlammigem,  sauerstoffarmem  Wasser 
kommt  er,  wie  seine  Verwandten  häufig  an  die  Oberfläche  um  Luft 
zu  verschlucken,  die  er  später  durch  den  After  wieder  von  sich  giebt. 
Vielfache  Analysen  der  so  durch  den  Darm  hindurchgegangenen 
Luft  haben  nachgewiesen,  dass  dieselbe  ihres  Sauerstoffes  beraubt 
und  mit  Kohlensäure  beladen  ist,  dass  also  der  Darm  dieser  Thiere 
als  ein  accessorisches  Eespirationsorgan  fungirt.  Beim  Ergreifen  geben 
die  Schlammpeitzker  und  ihre  Verwandten  ziemlich  regelmässig  einen 
pfeifenden  Ton  von  sich,  indem  sie  einen  Theil  der  Luft  aus  der 
Schwimmblase  durch  den  Luftgang  auspressen.  Der  Schlammpeitzker  er- 
reicht eine  Länge  von  30  cm  und  mehr.  Sein  Fleisch  hat  in  Folge 
seines  Aufenthalts  in  modrigem  Grunde  einen  unangenehmen  Beigeschmack, 
soll  aber,  wenn  man  ihn  einige  Tage  in  fliessendem  Wasser  hält,  sehr 
wohlschmeckend  werden.  Er  wird  gelegentlich  in  Netzen  gefangen,  geht 
auch  in  Reusen  und  beisst  mitunter  an  die  Angel. 

53.  Die  Schmerle.     Cobitis  barbatula  L.. 

Schmardel,  Schmerling,  Schmarling;  kass.:  wasak. 
K.  3.     R.  3/7.     Br.  1/12.     B.  1/7.     A.  3/5.     S.  18. 

Der  Körper  ist  massig  gestreckt,  vorne  cylindrisch,  hinten  nur 
wenig  zusammengedrückt.  Der  unterständige  kleine  Mund  ist  von  6 
ziemlich  langen  Barteln,  von  denen  4  kürzere  in  der  Mitte  der  Oberlippe, 
2  längere  an  den  Mundwinkeln  stehen,  umgeben.  Die  kleinen  blau- 
grauen Augen  stehen  hoch  auf  dem  Kopfe,  dicht  davor  in  einer  kleinen 
Grube  das  hintere  Nasenloch,  während  das  vordere,  röhrenförmige  weiter 
nach  der  stumpfen  Schnauzenspitze  hin  gerückt  ist.  Der  Augenstachel  ist 
sehr  kurz,  ganz  in  einer  Hautfalte  verborgen.  Auf  den  Schlundknochen 
stehen  jederseits  8 — 10  schlanke  Zähne  in  einfacher  Reihe.     Die  kleinen 

10 


146 


Die  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 


zarten  Schuppen  decken  sich  meistens  nicht,  sondern  berühren  sich  nur 
am  Rande,  Rücken  und  Bauch  sind  unbeschuppt,  ebenso  die  Gegend  der 
Seitenlinie,  am  Schwänze  stehen  die  Schuppen  dichter.  Die  Oberseite  ist 
dunkel  olivgrün  oder  schwärzlich,  der  Bauch  graugelblich,  die  Seiten  mit 
beiden  Farben  unregelmässig  marmorirt.  Die  Rücken-  und  die  gerundete, 
nicht  auf  Rücken  und  Bauch  sich  fortpflanzende  Schwanzflosse  ist  grau- 
lich, die  paarigen  und  die  Afterflosse  schmutziggelb,  alle  mehr  oder 
weniger  schwarz  gefleckt,  Bauch-  und  Afterflosse  häufig  auch  ohne  Hecken. 
Die  Schmerle  erreicht  nur  eine  Länge  von  10 — 12,  selten  15  cm,  sie 
bewohnt  lebhaft  fliessende  Bäche,  kommt  aber  auch  an  den  Ufern  vieler 
Seen  mit  reinem  Wasser  und  in  den  Haffen  vor.  Sie  bevorzugt  kiesigen 
Grund,    wo    sie  zwischen  Steinen  versteckt  auf  Beute  lauert,   pfeilschnell 


Fig.  107.  Die  Schmerle  mit  Querschnitt  und  Schu^x'. 

kurze  Strecken  weit  schwimmt,  sich  aber  immer  wieder  bald  versteckt. 
Sie  ist  sehr  gefrässig,  nährt  sich  von  Insecten,  Gewürm,  Laich  etc.  und 
lässt  sich  auch  mit  Leinkuchen  und  anderen  Pflanzenstoffen  erhalten.  ■  Im 
April  und  Mai  legt  sie  ihre  kleinen  zahlreichen  Eier  in  der  Tiefe  zwischen 
Steinen  oder  in  selbstgemachten  Gruben  ab,  wo  sie  vom  Männchen  be- 
wacht werden  sollen.  In  kleinen  Zugnetzen  ist  sie  leicht  zu  fangen. 
Von  Kindern  wird  sie  auch  mit  Gabeln  gestochen.  Das  vorzüglich 
zarte  und  wohlschmeckende  Fleisch  wird  jetzt  bei  uns  fast  nirgends  ver- 
wendet, obwol  es  zur  Zeit  des  Ordens  hier  sehr  geschätzt  wurde.  In 
anderen   Ländern    werden    die  Schmerlen  in  eigenen  Teichen  mit  durch- 


Schmerle.     Steinbeisser. 


147 


Messendem  "Wasser  oder  in  Gräben  gezüchtet  und  gemästet.  Im  Gegen- 
satz zum  Scblammpeitzker  hat  sie  ein  sehr  zartes  Leben,  stirbt  in  kleinen 
Behältern,  und  wenn  man  sie  aus  dem  Wasser  nimmt,  schnell  ab,  und 
ihr  Fleisch  ist  nur  dann  gut,  wenn  sie  unmittelbar  nach  dem  Fange 
zubereitet  wird. 

54.  Der  Steinbeisser.     Cobitis  taenia  L,. 

Steinbeiss,  Steinpietzker. 
K.  3.     R,  3/7.     Br.  1/6—8.     B.  1/5.     A.  3/5.     S.  15—16. 

Der  Körper  ist  gestreckt,  in  ganzer  Länge  sammt  dem  Kopfe  seitlich 
stark  zusammengedrückt,  fast  2mal  höher  als  dick.  Der  Kopf  ist  spitz, 
mit  unterständigem,  kleinem,  von  6  äusserst  kurzen  Barteln  umgebenem 
Munde.  Der  Augendorn  ist  sehr  beweglich,  gabelig,  und  wird  bei  Be- 
unruhigung des  Thieres  aufgerichtet,  so  dass  er  leicht  fühl-  und  sicht- 
bar wird.      In  Ruhe  liegt  er  rückwärts    gerichtet    in    einer   Hauttasche. 


Fig.  108.  Der  Steinbeisser  mit  Querschnitt  und  Schuppe. 

Die  Augen  stehen  dem  Scheitel  sehr  nahe.  Jederseits  8 — 10  schlanke 
Schlundzähne  in  einer  Reihe.  Der  Körper  ist  vollständig  mit  sehr  kleinen 
runden,  sich  dachziegelförmig  deckenden  Schuppen  besetzt,  die  nur  auf 
der  sehr  kurzen,  nicht  über  die  Spitze  der  Brustflosse  hinaus  zu  ver- 
folgenden Seitenlinie  fehlen.  Die  Flossen  sind  klein,  die  nicht  auf  Rücken 
und  Bauch  fortgesetzte  Schwanzflosse  stark  abgerundet.  Beim  Männchen 
ist  der  zweite  Strahl  der  Brustflosse  stark  verdickt.  Die  Grundfarbe 
des    Körpers    schwankt   zwischen    gelblich  weiss,    ledergelb    und    orange. 

10* 


148  Die  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 

Die  Oberseite  ist  mit  zahlreichen  feinen  schwarzbraunen  Punkten  ge- 
sprenkelt. In  der  Mittellinie  des  Rückens  zieht  sich  eine  aus  grossen 
braunen  Flecken  bestehende  Binde  vom  Kopf  bis  zum  Schwänze  hin, 
eine  ähnliche  aus  12 — 17  grossen  Flecken  bestehende  an  der  Seite  etwa 
in  halber  Höhe  des  Leibes.  Zwischen  beiden  verläuft  gewöhnlich  eine 
ähnliche,  aber  schmälere  Fleckenbinde  nahe  der  ersteren.  Auch  auf  dem 
Kopfe  zeigen  sich  einige  Fleckenreihen  und  vom  Auge  zum  Munde  er- 
streckt sich  gewöhnlich  ein  schräger  schwarzer  Streif.  Die  grauliche 
Rücken-  und  Schwanzflosse  sind  mit  schwärzlichen  Fleckenreihen  gebändert, 
die  übrigen  gelblich  grauen  Flossen  ungefleckt. 

Der  Steinbeisser  lebt  in  fliessenden  und  stehenden  Gewässern,  hält 
sich  häufig  bis  an  den  Kopf  im  Schlamm  oder  Sand  vergraben  und  nährt 
sich,  wie  seine  Verwandten  von  kleinen  Thieren  und  modernden  Pflanzen- 
stoffen. Er  erreicht  gewöhnlich  nur  eine  Länge  von  10  cm,  laicht  im 
April  und  Mai  und  wird,  da  sein  Fleisch  als  zähe  und  mager  nirgends 
geachtet  wird,  wenn  überhaupt,  nur  als  Köderfisch  verwerthet.  Im  Aqua- 
rium unterhält  er  durch  die  Lebhaftigkeit  mit  der  er  den  Grund  nach 
Nahrung  durchwühlt,  wobei  er  Sand  und  Steinchen  haufenweise  durch 
die  Kiemenspalten  auswirft,  und  durch  seine  Gewohnheit  sich  theilweisc 
im  Grunde  zu  verbergen.  Auch  ohne  Nahrung  aufzunehmen  macht  er 
häufig  Kaubewegungen,  die  sehr  an  diejenigen  des  Kaninchens  erinnern. 

Familie  der  Lachse,  Salmonidei. 
Der  Leib  ist  gestreckt,  meistens  nur  wenig  zusammengedrückt,  mit 
Rundschuppen  bedeckt.  Die  Kiemenöffnung  ist  gross,  bis  zur  Kehle 
gespalten,  der  obere  Mundrand  wird  vom  Zwischen-  und  Oberkiefer  ge- 
bildet. Der  Magen  hat  einen  Blindsack  und  sehr  zahlreiche  Pförtneran- 
hänge.  Die  grosse,  einfache  Schwimmblase  steht  durch  einen  Luftgang 
mit  der  Speiseröhre  in  Verbindung.  Hinter  der  Rückenflosse  befindet  sich 
eine  von  keinen  Knochengebilden  gestützte  „Fettflosse".  Die  Lachse  sind 
grösstenteils  "YVanderfische  mit  zartem,  gräthenarmem  Fleisch,  die  grössten- 
teils in  den  Wintermonaten  laichen  und  theilweise  eine  grosse  volks- 
wirtschaftliche Bedeutung  haben. 

Gattung  Coregonus  Art. 

Der  Körper  ist  ziemlich  zusammengedrückt,  ungefleckt.  Die  Mund- 
öffnung ist  sehr  eng,  die  Kiefer  mit  feinen,  leicht  ausfallenden  Zähnen  besetzt 
oder  ganz  zahnlos.  Die  Rückenflosse  steht  dicht  vor  den  Bauchflossen.  Sehr 
zahlreiche  Pförtneranhänge.  In  der  Laichzeit  bilden  sich  auf  den  Schuppen 
der  Kürperseite  kleine  konische  Hautwarzen,  die  3 — 5  Längsreihen  bilden. 


Grosso  Maräne. 


149 


Die  Coregonen  leben  in  der  Tiefe  der  Gewässer  von  kleinen  Insecten, 
Schnecken,  Gewürm  etc.  und  kommen  nur  zum  Laichen  in  flacheres 
Wasser. 

55.  Die  grosse  Maräne.     Coregonus  niaraeiia  151, 

K.  8.     R.  4/10—11.    Br.   1/16—17.     B.   2/9—10.     A.  4/10—12.     S.  19. 

Seh.  9—10/95—98/8—9. 

Der  Körper  ist  gedrungen,  massig  zusammengedrückt,  mit  kurzer, 
dicker,  schräge  abgestutzter  Schnauze,  die  den  schmäleren  und  etwas 
kürzeren  Unterkiefer  bei  geschlossenem  Munde  überragt.  Der  Mund  ist 
klein,  mit  sehr  feinen,  hinfälligen  Zähnen  versehen  oder  ganz  zahnlos. 
Der  Oberkiefer  reicht  nur  bis  unter  den  vorderen  Kancl  des  grossen 
silberglänzenden  Auges.     Die  beiden  kleinen  Nasenöffnungen  liegen  dem 


Fig.  109.  Die  grosse  Maräne  mit  Kopf,  Querschnitt  und  Schuppe. 

Auge  näher  als  der  Schnauzenspitze.  Die  Kückenflosse  steht  etwa  in  der 
Mitte  des  Körpers,  die  Bauchflossen  gerade  darunter,  die  Afterflosse  dem 
Schwänze  näher  als  der  Bauchflosse,  die  kleine  Fettflosse  ziemlich  mitten 
darüber.  Brust-  und  Bauchflossen  sind  zugespitzt,  die  Schwanzflosse  tief 
gabelig.  Der  Körper  ist  mit  grossen,  dünnen,  leicht  abfallenden  Schuppen 
bedeckt.     Der  Rücken  ist  schwarzgrau  gefärbt,    die  Seiten  bläulich ,_cler 


150 


Die  preussisclien  Fische.     Schwimmbläser. 


Bauch  weiss.  Die  Flossen  sind  graulich,  schwarz  gesäumt,  mitunter  an 
der  Basis  violett,  die  Fettflosse  schwärzlich.  Die  grosse  Maräne  hält 
sich  im  Sommer  in  grossen  Tiefen  bis  zu  50  m  auf  und  kommt  nur 
selten,  namentlich  zum  Laichen  schaarenweis  in  flacheres  Wasser.  Die 
Laichzeit  fällt  in  den  November  und  December,  die  20 — 50000  Eier,  die 
eine  Grösse  von  3 — 3,5  mm  haben  und  nicht  kleben,  fallen  auf  den 
Grund.  Die  Maräne  lebt  von  Gewürm,  Insecten  und  kleinen  Muscheln, 
erreicht  eine  Grösse  von  60  cm,  oft  auch  darüber.  Sie  bewohnt  den 
Maduesee  in  Pommern,  den  Ladoga-  und  Peipussee  und  ist  früher  wahr- 
scheinlich auch  in  unseren  Seen  heimisch  gewesen.  Neuerdings  sind 
künstlich  erbrütete  Maränen  in  den  Nariensee  und  einige  andere  preussi- 
sche  Seen  eingesetzt,  auch  sind  vor  Kurzem  in  einigen  an  Russland 
grenzenden  Seen  erwachsene  Exemplare  gefangen  worden,  die  wol  aus 
der  Brutanstalt  in  Suwalki  herstammen,  wo  die  Maräne  seit  Jahren  gezüchtet 
wird.  Einzelne  in  einem  Teiche  erzogene  Exemplare  massen  im  Alter  von 
noch  nicht  einem  Jahre  schon  20  cm.  "Wahrscheinlich  ist  die  grosse 
Maräne  nur  eine  Abänderung  des  Ostseeschnäpels,  die  dadurch  entstanden 
sein  mag,  dass  die  Thiere,  welche  früher  die  See  bewohnten  und  nur 
zum  Laichen  in  die  Haffe  und  Seen  aufstiegen,  in  letzteren  durch 
Aufhören  der  Communication  mit  dem  Meere  zurückgehalten  wurden. 
Das  Fleisch  der  grossen  Maräne  ist  weiss  und  fest  und  wird  sowohl  in 
frischem    als  in  warm  geräuchertem  Zustande  sehr  geschätzt. 

56.  Der  Ostseesclmäpel.     Coregoiras  lavaretus  L*. 

Schnäpel,  Snepel,  Seemaräne. 
lit,  kur. :  sykas;  kass.  brzona,  brzol. 

K.  8.     R,  3/10.     Br.  1/15.     B.  1/10—11.     A.  1/12.     S.  19. 
Seh.  9—11/90—96/9—10. 

Der  Körper  ist  gestreckt,  nur  wenig  zusammengedrückt,  der  Kopf 
zugespitzt,  mit  schräge  abgestutzter  Schnauze,  die  den  Unterkiefer  über- 
ragt. Der  Oberkiefer  reicht  bis  zum  vorderen  Augenrande,  mitunter 
auch  bis  zur  Mitte  des  Auges.  Der  kleine  Mund  ist  gewöhnlich  ganz 
zahnlos.  Die  Nasenöffnungen  stehen  ziemlich  in  der  Mitte  zwischen  dem 
silbergänzenden  Auge  und  der  Schnauzenspitze,  die  hintere  ist  halbmondför- 
mig, die  vordere  liegt  in  einer  kurzen,  die  hintere  etwas  bedeckenden  Haut- 
falte.  Die  Rückenflosse  steht  ziemlich  genau  in  der  Körpermitte,  die  Bauch- 
flosse  mitten  darunter,  die  kleine  Fettflosse  über  dem  hinteren  Theil  der 
Afterflosse.  Die  Schwanzflosse  ist  hinten  tief  ausgeschnitten.  Die  Ober- 
seite des  Körpers  ist  graugrün  gefärbt,  die  Seiten  heller,  unten  wie  der 
Bauch  silberweiss.     Mitunter  erscheinen  die  Ränder  der  Schuppentaschen 


I  istseeschnäpeli 


151 


dunkler   gefärbt 


Der  grau-  oder  schwärzgrüne  Oberkopf  zeigt  häufig 
zahlreiche  kleine  schwarze  Flecken:  Die  abgestutzte  Nasenspitze  ist  mitunter 
ganz  schwarz.  Die  Flossen  erscheinen  graulich,  am  Rande  schwarz  ge- 
säumt, die  Rückenflosse  auch  wohl  schwarz  gebändert.  In  der  Laichzeit 
bilden  sich  beim  Männchen  auf  jeder  Schuppe  zweier  Schuppenreihen 
ober-  und  dreier  unterhalb  der  Seitenlinie  kleine  weisse  längliche 
Knötchen,   ähnliche,  aber  kleinere  auch    auf  den  Schuppen    der   Seiten- 


Fig.  110.  Der  Sclinäpel  mit  Kopf,  Querschnitt  und  Schuppe. 

linie  selber.  Nach  der  Laichzeit  verschwinden  dieselben  wieder.  Der 
Fisch  verbreitet  iu  frischem  Zustand  einen  eigenthümlichen  milden  Gur- 
kengeruch. Der  Ostseeschnäpel  bewohnt  die  Ostsee  und  kommt  im 
October  und  November  zum  Laichen  ins  kurische  Haff  nach  den 
Steinlagern  vor  Rossitten,  Rinderort  und  Steinort,  wo  er  30 — 50000  Eier 
von  2,5 — 3  mm  Grösse  absetzt,  wird  auch  in  der  Danziger  Bucht  ge- 
fangen, ebenso  an  der  pommerschen  und  russischen  Küste.  Er  war 
t'i  über  im  kurischen  Haff,  wo  er  sich  nach  dem  Laichen  bis  zum  Früh- 
jahr  authielt,  ausserordentlich  §  häufig,   wird  jetzt    aber    nur    in    kleinen 


152 


Die  preussischcn  Fische.    Schwimmbläser. 


Schwärmen  beobachtet.  Er  erreicht  eine  Länge  von  40  bis  50  cm  und 
ist  nicht  mit  dem  ebenfalls  in  der  Ostsee,  aber  nicht  an  unseren  Küsten 
vorkommenden  Nordseeschnäpel,  Coregonus  oxyrrhynchus  zu  verwechseln, 
dessen  weiche  Nase  den  Unterkiefer  um  1 — 2  cm  überragt,  und  selbst 
nach  stärkerem  Eintrocknen  von  der  quer  abgestutzten  Schnauze  des 
Ostseeschnäpels  leicht   zu   unterscheiden  ist. 

57.  Die  kleine  Maräuc.     Coregonus  albula  I>. 

mas.,  kass. :  moranka,  muranka,  morynka,  morenki. 
K.  8.    E.  4/8—9.     Br.  1/14—15.     B.  2/10.     A.  4/11—12.     S.  19. 

Seh.  7—9/82—88/8—10. 

Der  Körper  ist  gestreckt,  massig  zusammengedrückt,  6mal  länger 
als  hoch,  mit  zugespitztem  Kopf,  keilförmiger,  nicht  abgestutzter  Schnauze 
und  vorstehendem  Unterkiefer,  der  mit  schwach  verdicktem  Kinn  in 
einen  seichten  Ausschnitt  des  Zwischenkiefers  passt,  und  dem  Kopf  ein, 


Fig.  111.  Die  kleine  Maräne  mit  Kopf,  Querschnitt  und  Schuppe. 

von  dem  der  übrigen  Coregonen  ganz  abweichendes,  den  Heringen  ähn- 
liches Aussehen  giebt.  Der  Mund  ist  gewöhnlich  zahnlos,  nur  auf  der 
Zunge  stehen  mitunter  feine  Zähnchen.  Der  Oberkiefer  reicht  bis  unter 
den  vorderen  Augenrand,  die  kleinen  Nasenöffnungen  liegen  ziemlich 
mitten  zwischen  Auge  und  Schnauzenspitze.    Die  Iris  ist  silberglänzend. 


Kloino  Harune.     Aesche.  153 

Die  Form  und  Stellung  der  Flossen  entspricht  derjenigen  der  vorher  be- 
sprochenen Coregonen.  Die  Seitenlinie  verläuft  vom  Schwänze  bis  zur 
Brustflosse  geradlinig,  steigt  aber  von  dieser  gegen  den  Kiemendeckel 
hin  deutlich  auf.  Die  Färbung  ist  oben  blaugrün,  an  Seiten  und  Bauch 
silberglänzend,  Kücken-,  Fett-  und  Schwanzflosse  sind  grau  gefärbt,  die 
übrigen  Flossen  farblos.  Die  kleine  Maräne  bewohnt  fast  alle  tiefen 
Seen  des  uralobaltischen  Höhenzuges  von  Russland  bis  nach  Mecklenburg. 
Bei  uns  ist  sie  namentlich  in  den  masurischen  und  kassubischen  Seen 
häufig.  Sie  lebt  während  der  grössten  Zeit  des  Jahres  in  der  Tiefe  von 
kleinem  Gewürm  und  kommt  nur  auf  ihrem  Zuge  nach  den  Laichplätzen 
in  flacheres  "Wasser.  Namentlich  sind  die  Wanderungen  bekannt,  die  sie 
in  grossen  Schaaren  im  September  und  October  aus  dem  Mauer-  und 
Löwentin-  in  den  Spirdingsee  unternimmt,  von  avo  sie  im  Frühjahr  zu- 
rückkehrt. Sie  laicht  im  November  und  December  in  einiger  Entfernung 
vom  Ufer,  indem  sie  ihre  ca.  10000  etwa  2  mm  grossen  Eier  einfach 
ins  Wasser  fallen  lässt,  wobei  sie  ein  lebhaftes  Geräusch  macht.  In  den 
meisten  Seen  erreicht  sie  eine  Länge  von  12 — 15  cm,  an  manchen  Orten, 
z.  B.  im  Dadeysee  bei  Bischofsburg  wird  sie  dagegen  30 — 35  cm  lang. 
Wegen  ihres  sehr  feinen  Fleisches  wird  sie  auf  ihren  Wanderungen  mit 
grossen  Netzen   gefangen    und  theils  frisch,  theils  geräuchert  verwerthet. 

Gattung  Thymallus  Cuv. 

Das  Maul  ist  mit  kleinen  Zähnen  ausgerüstet,  die  Zunge  zahnlos, 
die  Rückenflosse  sehr  hoch  und  lang,  weit  vor  den  Bauchflossen  be- 
ginnend. Die  ziemlich  harten  Schuppen  sitzen  sehr  fest  in  ihren 
Taschen.    Am  Magen  nur  wenige  Pförtneranhänge. 

58.  Die  Aesche.    Thyniallus  vulgaris  Miss. 

Asche,  Asch,  kass.:  lipien. 
K.  9—10.     R.  5—7/14—17.     Br.  1/14—15.     B.  1/10.     A.  3—4/9—10. 

S.  19.     Seh.  7—8/86—88/9—12. 

Der  Körper  ist  gestreckt,  massig  zusammengedrückt,  5mal  länger 
als  hoch,  der  Vorderrücken  mit  scharfer  Kante.  Der  Kopf  ist  klein 
mit  enger,  halbunterständiger  Mundöffnung,  die  Schnauze  abgerundet, 
der  Unterkiefer  etwas  zurückstehend.  Sämmtliche  Knochen  der  Mund- 
höhle sind  bezahnt,  nur  die  Zunge  ist  zahnlos  und  abgerundet.  Die 
Ränder  des  Zwischen-,  Ober-  und  Unterkiefers  tragen  eine  einfache 
Reihe  schwacher  und  spitzer  Zähne.  Die  kleinen  Nasenöffnungen 
stehen  dem  Auge  näher  als  der  Schnauzenspitze.  Das  Auge  ist 
gross ,  goldglänzend.  Die  Rückenflosse  ist  ausserordentlich  hoch  und 
lang,    sie    beginnt    weit    vor    der    Mitte    der    Körperlänge    und    reicht 


K>| 


Die  preussischen  Fische.     Schwimmblässer. 


zurückgelegt  bis  zur  Fettflosse.  Bei  jüngeren  Thieren  weniger  stark 
entwickelt ,  erreieht  sie  erst  in  4  bis  5  Jahren  ihre  volle  Grösse. 
Die  Bauchflosse  steht  in  der  Körpermitte,  die  kleine  Fettflosse  dem  Ende 
der  Afterflosse  gegenüber.  Die  kräftige  Schwanzflosse  ist  tief  gabelig 
ausgeschnitten,  an  ihrer  Basis  von  kleinen  länglichen  Schuppen  bedeckt, 
die  auf  den  Strahlen  fast  bis  zur  Mitte  ihrer  Länge  reichen.  Die  festen 
Schuppen  sind  an  den  Seiten  am  grössten,  am  Bücken  kleiner,  an  der 
Unterseite  am  kleinsten.  Der  Kopf  ist  unbeschuppt  und  an  Brust  und 
Kehle  befinden  sich  jederseits  von  der  dicht  beschuppten  Mittellinie 
schuppenlose  Stellen,    die  bei   jüngeren  Thieren   gewöhnlich  grösser  sind 


: 


Fig.  112.  Die  Aesclie  mit  Querschnitt  und  Schuppe. 

als  bei  älteren.  An  den  Seiten  stehen  die  Schuppen  in  sehr  regel- 
mässigen Längsreihen.  Die  Seitenlinie  liegt  vorne  über,  von  der  Körper- 
mitte an  in  der  Mittellinie  der  Seite.  Die  Färbung  der  Aesclie  ist  sehr 
wechselnd.  Der  Kopf  ist  im  Allgemeinen  oben  bräunlich,  an  den  Seiten 
gelblich,  unregelmässig  schwarz  gefleckt.  Der  Bücken  ist  grünlichbraun, 
die  Seiten  heller,  unten  wie  der  Bauch  silberglänzend.  Namentlich  in 
der  vorderen  Hälfte  ist  der  Körper  über  der  Seitenlinie  mit  vielen 
schwarzbraunen  Flecken  und  Punkten  gezeichnet.  Auf  den  Längsreihen 
der  Schuppen  verlaufen  an  den  Seiten  des  Körpers  mehr  oder  weniger 
deutlich  hervortretende  bräunlichgraue  bis  braune  Längsstreifen.  Die 
paarigen  Flossen  sind  schmutzig  gelbroth,    die  unpaarigen  und  die  Fett- 


Ai'Srhr.      Stint.  155 

flösse  violett  oder  bräunüchroth,  dio  Rückenflosse,  besonders  in  der 
Laichzeit,  prächtig  violett  mit  purpurrothem  Spiegel,  immer  von  .">  bis 
4  schwärzlichen  oder  dunkelbraunen  Fleckenbinden  durchzogen.  In  der 
Laichzeit  erscheint  die  Haut  auf  dem  Kücken  und  an  den  Seiten  des 
Schwanzes  schwartig  verdickt.  Die  Schwimmblase  ist  sehr  gross,  der 
Magen  hat  nur  19 — 24  Pförtneranhänge.  Die  Aesche  erreicht  eine  Länge 
von  30 — 40  cm  und  bewohnt  klare,  schneller  fliessende,  schattige  Bäche, 
gewöhnlich  in  Gesellschaft  der  Forelle.  Sie  wechselt  zeitweise  zwischen 
tieferen  schlammigen  Stellen  und  flachem  Wasser  mit  Kiesgrund,  hält 
sich  aber  im  Allgemeinen  an  dem  einmal  gewählten  Standort  dauernd 
auf.  Sie  nährt  sich  von  Gewürm,  Mollusken,  Kerfen,  Fischlaich,  steigt 
nach  auf  das  Wasser  fallenden  Insecten  plötzlich  aus  der  Tiefe  auf, 
springt  auch  wie  die  Forelle,  um  solche  im  Fluge  zu  erhaschen.  Ge- 
wöhnlich einzeln,  lebt  sie  in  der  Laichzeit  paarweise,  legt  im  April 
oder  Mai  in  selbstgemachte  Gruben  auf  Kies  oder  Steinen  ihre  gelb- 
lichen oder  blassorangerothen,  ca.  4  mm  grossen  Eier  ab  und  bedeckt 
sie  theilweise  mit  Kies.  Die  Jungen  schlüpfen  etwa  im  Juni  aus,  ver- 
lieren schnell  ihren  Dottersack  und  sind  etwa  nach  zwei  Jahren  fort- 
pflanzungsfähig. Wegen  ihres  zarten  weissen  und  festen  Fleisches,  das 
im  Herbst  und  Winter  am  besten  ist,  wird  die  Aesche  seit  alten  Zeiten 
sehr  geschätzt  und  mit  Netzen,  Keusen  und  der  Angel  gefangen.  Früher 
in  unseren  Bächen  sehr  häufig,  ist  sie  jetzt  fast  überall  ausgerottet,  ich 
kenne  sie  nur  aus  der  Ferse,  Brahe  und  einigen  anderen  kleinen  Ge- 
Avässern  in  Westpreussen,  in  Ostpreussen  deutet  z.  B.  bei  Johannisburg 
der  Dorfname  Lipiensken  auf  die  ehemalige  Häufigkeit  der  Aesche. 

Gattung  Osmerus  Art. 

Sämmtliche  Knochen  der  Mundhöhle,  auch  die  Flügelbeine  sind  be- 
zahnt, am  vorderen  Ende  des  ganz  kurzen  Pflugschaarbeins  stehen  einige 
grössere  Zähne.  Die  Schuppen  sind  glanzlos,  der  ganze  Körper  sehr 
durchscheinend. 

59.  Der  SJ  in!.     (Knien»,  eperlanus  L. 

altpr. :   malkis;    lii:    stinta   (mazoji   stinta  —  didoji    stinta,   juros    stinta); 

mas.:  stinka;  kass.:  stynt,  mutka. 
K.  7—8.     R  3/7—8.     Br.  1/9—10.     B.  2/7.     A.  3/11—13.     S.  19. 

Der  Körper  ist  lang  gestreckt,  Avenig  zusammengedrückt,  der  Rücken 
ziemlich  gerade.  Der  Mund  ist  bis  unter  den  hinteren  Augenrand  ge- 
spalten, der  Unterkiefer  etwas  vorragend,  mit  einer  äusseren  Reihe 
kleinerer,  einer  inneren  grösserer  Zähne;  die  Zähne  des  Oberkiefers 
sind   klein,    die    am  Pflugschaarbein   und  der  Zungenspitze  am  grössten. 


156 


Die  preussischen  Fische.    Schwimmblüser. 


Die  querovalen,  sehr  zarten  Schuppen  sind  ganz  ohne  Silberglanz  und 
sitzen  sehr  lose  in  den  Schuppentaschen.  Die  Seitenlinie  ist  auf  die 
ersten  8 — 10  Schuppen  beschränkt.  Die  Rückenflosse  steht  gerade  über 
den  Bauchflossen,  die  Fettflosse  über  dem  hinteren  Ende  der  Afterflosse. 
Die  Färbung  ist  am  Rücken  licht  blaugrün,  im  Uebrigen  ist  der 
Fisch  hell  gelblich,  Silberglanz  ist  nur  an  der  Iris,  dem  Unterkiefer  und 
den  Kopfseiten  vorhanden.  An  den  Seiten  bemerkt  man  einen  blau- 
grünen glänzenden  Längsstreif.  Der  Körper  ist  so  durchscheinend,  dass 
man,  namentlich  bei  noch  lebenden  Thieren  die  Wirbel,  Rippen  und  Ein- 
geweide, besonders  auch  vom  Scheitel  her  das  Gehirn  auf  das  Genaueste 
beobachten  kann.     Rücken-,   Schwanz-    und  Brustflosse  sind  leicht  grau- 


Fig.  113.  Der  Stint  mit  Kopf,  Querschnitt  und  Schuppe. 

lieh,  die  anderen  Flossen  farblos.  Der  Stint  variirt  ausserordentlich  in 
Grösse,  Profil  und  Verhältnissen,  eine  häufigere  kleine  Form,  die  meistens 
nur  8 — 12  cm  lang  wird,  bewohnt  namentlich  das  kurische  Haff  und 
eine  Anzahl  unserer  grossen  Landseen  in  ungeheuren  Mengen.  In  ver- 
schiedenen Jahreszeiten  halten  sie  sich  an  verschiedenen  Stellen  auf  und 
bilden  meistens  ausserordentlich  dichte  Schwärme,  denen  sich  selten 
andere  Fische  als  kleine  Kaulbarsche  beigesellen.  Sie  nähren  sich  von 
kleinem  Gewürm  etc.,  und  bilden  die  Hauptnahrung  der  Zander  und 
Barsche.  Bei  Aufgang  des  Eises  ziehen  sie  zum  Laichen  in  die  Fluss- 
mündungen und  werden  auch  dann  in  grosser  Masse  gefangen.  Die 
0,6 — 0,8  mm  grossen  Eier  sind  nicht  sehr  zahlreich,  die  Vermehrung  des 
Stintes  ist  aber  doch  eine  ausserordentliche,  so  dass  trotz  fortwährenden 


Stint.    Lachs.  157 

Fanges  mit  engen  Käsenern,  Netzen,  Keuteln,  der  Benutzung  zu  Vieh- 
futter, Guano,  Thran  etc.  die  Menge  der  Stinte  nirgends  abgenommen 
zu  haben  scheint.  Nur  in  manchen  Seen  sind  sie  ohne  nachweisbare 
Ursache  total  ausgestorben.  Der  widerliche  Geruch  nach  faulen  Gurken,  den 
schon  der  lebende  Stint  hat,  macht  ihn  vorzugsweise  zu  einer  Speise  der 
weniger  bemittelten  Klasse,  die  an  vielen  Orten  des  Haffufers  fast  buch- 
stäblich von  Stint  lebt.  Eine  grössere,  bis  30  cm  lange  Varietät,  der 
grosse,  oder  Seestint,  bewohnt  die  Ostsee  und  steigt  nur  im  Februar  bis 
April  zum  Laichen  in  das  Haff  und  die  Flüsse  auf,  ohne  dieselben  weit 
hinaufzugehen.  Diese  Stinte  haben  einen  weniger  intensiven  Geruch  als 
die  kleinen,  denen  sie  übrigens  in  jeder  Hinsicht  gleichen.  Sie  wurden 
früher  mit  Unrecht  als  eine  eigene  Art  betrachtet  und  als  Osmerus 
eperlano-marinus  oder  spirinchus  bezeichnet. 

Gattung  Trutta  Nilss.  Sieb. 

Grosse,  wenig  zusammengedrückte  Fische  mit  mittelgrossen  Rund- 
schuppen. Mit  Ausnahme  des  Flügelbeines  sind  alle  Mundknochen  be- 
zahnt. Das  Pflugschaarbein  ist  sehr  lang  und  besteht  aus  einer  vorderen 
kleinen  Platte  und  einem  hinteren  langen  Stiel. 

60.  Der  Lachs.     Trutta  salar  f.. 

Silberlachs,  Hakenlachs,  Schwarzlachs,  Strandlachs. 

altpr.:  lasasso;  lit.,  kur.:  laszis;  mas.,  kass.:  losos,  laususz. 

Litauisch  wird  der  Hakenlachs  als  woszis,  der  magere  vom  Laichen 

zurückkehrende  Lachs  als  kargis  bezeichnet,  kleine  Lachse  werden  auch 

wie  die  Meerforelle  trump,  trumpis  genannt. 

K.  11—12.     E.  3—4/9—11.     Br.  1/13.     B.  1/8.     A.  3/7—8.     S.  19. 

Seh.  25—26/120—130/18. 
Der  Körper  ist  gestreckt,  seitlich  wenig  zusammengedrückt,  5y2tnal 
länger  als  hoch,  2mal  höher  als  dick;  der  Kopf  klein,  nicht  länger  als 
die  grösste  Höhe  des  Körpers,  mit  schmächtiger,  gestreckter  Schnauze. 
Ober-,  Zwischen-  und  Unterkiefer  sind  regelmässig  bezahnt,  die  kleine 
vordere  Platte  des  Pflugschaarbeins  ist  fünfeckig  und  immer  zahnlos, 
der  lange  Pflugschaarstiel  trägt  auf  einer  schwachen  Längsleiste  eine 
Reihe  von  10 — 15  ziemlich  schwachen  Zähnen,  nur  am  vorderen  Ende 
der  Reihe  stehen  häufig  zwei  Zähne  neben  einander.  Diese  Zähne 
sind  jedoch  wenig  dauerhaft  und  fallen,  von  hinten  anfangend,  allmälig* 
aus,  so  dass  schon  mitunter  Lachse  von  40 — 50  cm  einen  ganz  zahn- 
losen Vomer  besitzen.  Jederseits  von  dieser  mittleren  Zahnreihe 
steht  auf  den  Gaumenbeinen  eine  gleichlaufende  Reihe  mittelstarker 
Zähne.  Die  kleinen  Nasenöffnungen  liegen  dem  Auge  näher  als  der 
Schnauzenspitze.      Die   Rückenflosse    steht    etwas    vor    der   Körpermitte, 


158 


Die  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 


die  Bauchflosse  ihrem  hinteren  Rande  gegenüber,  die  kleine  Fettflosse 
über  dem  Hinterrande  der  Afterflosse  oder  noch  etwas  weiter  hinten. 
Die  Schwanzflosse  ist  bei  jungen  Thieren  deutlich  zweilappig,  aber  schon 
bei  solchen  von  60  cm  Länge  gewöhnlich  am  Hinterrande  nur  schwach 
concav  oder  ganz  gerade.  Der  ganze  Körper  ist  mit  massig  grossen, 
nicht    sehr    harten  Rundschuppen    bedeckt.     Die  Seitenlinie    ist   ziemlich 


Fig.  114.  Der  Lachs  mit  dem  Kopf  eines  Hakenlachses,  Gaumen,  Pfhigsckaarhein, 

Querschnitt  und  Schuppe. 


gerade.  Die  Färbung  des  Körpers  ist  je  nach  der  Jahreszeit  und  dem 
Aufenthaltsorte  des  Lachses  verschieden.  Die  jungen  Thiere  bis  etwa 
zu  15  cm  Länge  sind  mit  10—12  dunklen  Querbinden  oder  ovalen 
Flecken  gezeichnet,  die  sich  später  verlieren.  Sie  sind  dann  am  Rücken 
graublau  oder  tief  schwarzblau  gefärbt,  an  den  Seiten  wird  die  Farbe 
heller  und  geht  allmälig  in  das  Silberweiss  des  Bauches  über.  Die  Rücken- 
und   Schwanzflosse   sind  dunkelgrau  oder  schwarzblau,  nur  selten  finden 


Lachs.  159 

sich  bei  alten  Männchen  einige  schwarze  Flecken  auf  der  Rückenflosse.    Die 
Flossen    an    der  Bauchseite    sind    bei   jüngeren  Thieren    blass,    erst   bei 
älteren    pigmenti  it.      Die    Oberseite    des    Lachses    ist    auf  Kücken    und 
Seiten  mit  spärlichen  runden  oder  eckigen  Flecken  von  schwarzer  Farbe 
gezeichnet.     Diese    dem  Lachse    während    seines   Aufenthaltes    im  Meere 
zukommende  Färbung    ändert    sieh,    wenn    er    um  zu  laichen  ins  süsse 
Wasser    aufsteigt,    sehr    bedeutend.     Die  Färbung    wird    dann   sehr  viel 
dunkler,  die  Flecken  vermehren   sich  und  häufig  treten  auch  auf  Seiten- 
und  Kiemendeckeln  der  männlichen  Thiere  zahlreiche  rothe  Flecken  auf. 
Bei    alten  Männchen  färbt  sich    der  ganze  Bauch   in  der  Laichzeit  pur- 
purrotl],   die  rothen  Flecke  an  Kopf  und  Seiten  fliessen  mitunter  zu  un- 
regelmässigen Zickzacklinien    zusammen,    und   auch  die  Basis  der  After- 
flosse,   der  Yorderrand    der  Bauchflossen   und  Ober-  und  Unterrand  der 
Schwanzflosse  erhalten  einen  rothen  Anstrich.     Gleichzeitig  verdickt  sich 
die  Haut   des  Kückens  und  der  Flossen   schwartenartig.     An    der  Unter- 
kieferspitze entwickelt  sich  ein  oft  sehr  grosser,  in  höherem  Grade  stark 
gekrümmter  Haken    von    knorpliger  Härte,    der    in    einen    sich   ebenfalls 
erst  bildenden  Ausschnitt  an  der  Spitze  des  Zwischenkiefers  eingreift,  oft 
aber  so  mächtig  wird,  dass  er  den  vollständigen  Sclüuss  des  Mundes  ganz 
unmöglich  macht.    Gleichzeitig  lockern  sich  die  "Nähte  zwischen  den  Knochen 
der  Schnauze,    so   dass  die  Spitze  derselben  gehoben  und  das  Stirnprofil 
leicht  concav  wird.    Alle  diese  Veränderungen  gehen  nach  Beendigung  der 
Laichzeit   wieder   verloren.     Aus    den  Tiefen    der  Ostsee,    wo  er  als  ein 
sehr   gefrässiger  Räuber   von  Allem  sich  nährt,  was  er  bezwingen  kann, 
steigt  der  Lachs  um  zu  laichen  in  unsere  Flüsse  auf,   und  zwar  beginnt 
diese  Bergwanderung  um  so  früher  im  Jahre,  je  länger  der  Weg  ist,  den 
er  bis  zu  den  flachen  Quellbächen  zurückzulegen  hat,  in  denen  er  seine 
Eier  absetzt.     Im  Rhein  steigt  er  bis  Schaffhausen,   in  der  Weichsel  bis 
in    die  Karpathen   auf  und    nimmt   während    dieser   ganzen  Wanderung 
fast  gar  keine  Nahrung  zu  sich.     In  das  kurische  Haff  tritt  er  schon  im 
Mai   ein    und    beginnt,    nachdem  er  sich  einige  Zeit  im  Brackwasser  ge- 
halten hat,  den  Aufstieg  durch  die  Ausflüsse  der  Memel.     Er  überwindet 
auf     seiner   Wanderung    die    grössten   Hindernisse,    überspringt   Wehre 
von  mehreren  Metern  Höhe  und  trifft  auf  seinen  Laichplätzen  mit  reifen 
Geschlechtsproducten  im  October  bis  November  ein.     Mit  den  geschlechts- 
reif en  Lachsen  wandern  jedoch  auch  zahlreiche  jüngere  Thiere  stromauf- 
wärts.    Diese  Wanderungen  werden  ohne  grosse  Eile  ausgeführt,  obwohl 
der  Lachs  nach  Livingston  Stone  an  einem  Tage  20  engl.  Meilen  strom- 
aufwärts zu  schwimmen  vermag.     Wie  man  nach  Beobachtungen  an  den 
Lachswehren,  namentlich  bei  Skirwieth  weiss,  treten  zuerst  die  weiblichen. 


160  Die  preussischen  Fische.    Schwimmbläser. 

heller  gefärbten  und  als  Silberlachse  bezeichneten  Thiere  die  Keise  an,  erst 
später  die  Männchen,  auch  werden  in  der  ersten  Zeit  mehr  kleinere,  erst 
später  die  grossen  Individuen  gefangen.  Auf  den  Laichplätzen  trennen  sich 
die  Züge  der  Lachse,  und  jedes  Weibchen  wird  gewöhnlich  von  einem  er- 
wachsenen und  mehreren  jüngeren  Männchen  begleitet.  In  flachem,  über 
Kies  stark  strömendem  Wasser  wühlt  dann  das  Weibchen  Gruben  von 
erheblicher  Grösse,  in  die  es  einen  Theil  seiner  6  mm  grossen  orange- 
rothen  Eier  ablegt,  die  sogleich  von  dem  Männchen  befruchtet  und  dann 
durch  Schwanzbewegungen  theilweise  mit  Kies  bedeckt  werden.  Nach 
längeren  oder  kürzeren  Pausen  wiederholt  sich  diese  Thätigkeit  bis  alle 
Eier,  ca.  10 — 20000  Stück,  abgesetzt  sind,  worauf  die  Thiere  ganz  ermattet 
und  ausserordentlich  abgemagert  sich  vom  Strome  abwärts  treiben  lassen, 
im  Meere  angelangt  aber  in  kurzer  Zeit  wieder  in  guten  Stand  kommen. 
Bei  einer  amerikanischen  Lachsart,  Salmo  Quinnat,  sterben  sämmt- 
liche  Thiere  nach  dem  Laichen  regelmässig  ab ,  und  auch  unsere 
Lachse  werden  von  dem  Laichgeschäft  so  sehr  angegriffen,  dass  zahl- 
reiche Todesfälle  unter  ihnen  vorkommen.  Die  jungen  Lachse  kriechen 
90 — 140  Tage  nach  der  Ablage  der  Eier  aus,  wachsen  in  einem  Jahre  zu  10  bis 
15  cm  langen  Fischchen  heran  und  wandern  allmälig  ins  Meer  hinab,  wo  sie 
schnell  an  Grösse  zunehmen,  um  nach  1 — 2j  ährigem  Aufenthalt  im  Meere, 
mitunter  auch  erst  später,  die  Wanderung  zu  den  alten  Laichplätzen  anzu- 
treten. Da  der  Lachs  den  grössten  Theil  seines  Lebens  im  Meere  zubringt, 
den  Flussfischen  also  in  ihrem  Nahrungserwerb  keinerlei  Concurrenz 
macht,  und  Nahrungsstoffe  verwerthet  und  in  Lachsfleisch  verwandelt,  die 
uns  sonst  in  keiner  Weise  zu  Gute  kommen  würden,  sein  rothes  Fleisch 
ausserdem  zu  dem  besten  Fischfleisch  gerechnet  wird  und  einen  hohen  Preis 
erzielt,  so  ist  die  Vermehrung  des  Lachses  auf  künstlichem  Wege  dringend 
erwünscht.  Der  Lachs  erreicht  bei  uns  durchschnittlich  eine  Länge  von 
einem  Meter,  ein  Gewicht  von  20 — 40  Pfd.,  doch  werden  mitunter  auch 
Thiere  von  mehr  als  80  Pfund  gefangen,  die  freilich  nur  seltener  vor- 
kommen. Sterile  Lachse,  die  nicht  in  die  Flüsse  aufsteigen,  werden  an 
der  Seeküste  als  Schwarzlachs  oder  Strandlachs  ziemlich  viel  gefangen. 
Sie  ziehen  im  Frühjahr  an  die  Küste,  fliehen  jedoch  das  dann  durch  die 
Tiefe  bei  Pillau  und  Memel  ausströmende  Süsswasser  der  Schneeschmelze. 
Kommt  das  Süsswasser  gleichzeitig  von  Memel  so  weit  südlich,  von 
Pillau  so  weit  nördlich,  dass  dazwischen  nur  ein  kleiner  Zwischenraum 
von  Salzwasser  eingenommen  wird,  so  werden  in  diesem  grosse  Mengen 
von  Strandlachsen  gefangen,  die  jedoch  nicht  das  schöne  rothe  und  fette 
Fleich  haben,  wie  der  auf  hoher  See  oder  im  süssen  Wasser  gefangene 
Lachs.    In  der  offenen  See  fängt  man  den  Lachs  vorzugsweise  an  eigenen 


Meerforelle. 


161 


Lachsangeln,  am  Seestrande  mit  Wadegarnen,  im  Haff  in  besonderen 
Netzen,  den  sogenannten  kleinen  Lachsstellen,  in  den  Flüssen  an /Wehren 
oder  Lachszügen,  von  denen  bei  der  Fischerei  die  Kede  sein  wird. 

61.  Die  Meerforelle.     Trutta  trutta  L.. 

Lachsforelle,  Silberlachs,    lit,  kur. :   tramp,  trumpis. 
K.  11—13.     K.  3/9—11.     Br.  1/12—13.     B.  1/8.     A.  3/8—9.     S.  19. 

Seh.  20—24/120—130/18—20. 
Der  Körper    ist   gestreckt,    wenig  zusammengedrückt,  mit  kleinem 
Kopf,    kurzer,    abgestumpfter    Schnauze,    weitem,    bis   hinter  die   Augen 
reichendem  Munde.     In  der  oberen  und  unteren  Kinnlade    stehen  Zähne 


Fig.  115.  Die'Meerforelle  nüt^Gaumen,  Pflugschaarbeiu,  Querschnitt  und  Schuppe. 

wie  beim  Lachs,  auch  auf  den  Gaumenbeinen.  Die  vordere  Platte  des 
Pflugschaarbeins  ist  dreieckig  mit  nach  vorne  gewandter  Spitze,  auf  der 
Basis  des  Dreiecks  steht  eine  quere  Eeihe  von  3 — 4  starken  Zähnen. 
Der  lange  Stiel  des  Pflugschaarbeins  ist  schwach  gehöhlt,  darauf  steht 
eine  Längsreihe  mittelstarker  Zähne,  die  ihre  Spitzen  bald  nach  der 
einen,  bald  nach  der  andern  Seite  wenden,  stellenweis  stehen  auch  wohl 
zwei  neben  einander.  Auch  bei  der  Meerfürelle  gehen  diese  Zähne,  wie 
beim  Lachs,  schon  ziemlich  früh,  von  hinten  anfangend,  verloren,  so  dass 

11 


1(32  frie  preussischen  Fische.     Hchwimmblaser. 

oft  Individuen  von  30 — 35  cm  nur  noch  die  vorderen  besitzen.  Der 
Körper  ist  viel  gedrungener,  namentlich  die  Schnauze  kürzer  und 
stumpfer  als  heim  Lachs.  Die  Stellung  der  Flossen  ist  dieselbe  wie  bei 
jenem,  die  Schwanzflosse  ist  ursprünglich  tief  gabelig,  aber  schon  bei 
Thieren    von    55 — 60  cm  Länge  oft  ganz  quer  abgeschnitten. 

Der  Rücken  ist  blaugrau,  Seiten  und  Bauch  silberglänzend  mit 
wenigen  schwarzen  Flecken  oder  auch  ganz  ungefleckt  (Silberlachs).  In 
der  Jugend  hat  sie  oft  an  den  Seiten  eine  Anzahl  orange  oder  rothe  Flecken. 
Die  Schwanz-,  Fett-  und  Rückenflosse  ist  grauschwarz,  letztere  mitunter  mit 
einigen  schwarzen  Flecken,  die  paarigen  Flossen  und  die  Afterflosse  sind 
ungefärbt.  Verbreitung,  Lebensweise  und  Fortpflanzung  der  Meerforelle 
ist  der  des  Lachses  sehr  ähnlich.  Im  Allgemeinen  erreicht  sie  meistens 
nur  eine  Länge  Aron  50 — 60,  selten  von  70  cm,  steigt  etwas  später  als 
der  Lachs  in  die  Flüsse  auf,  geht  auch  in  diesen  zum  Laichen  nicht  so 
hoch  hinauf.  Unter  dem  Namen  Lachsforelle  wird  sie  häufig  mit 
rothfleischigen ,  mit  demselben  Namen  bezeichneten  Bachforellen  ver- 
wechselt. Der  sogenannte  Strandlachs,  unechte  Lachs,  der  während  des 
Frühjahrs  an  der  Seeküste  viel  gefangen  wird,  niemals  in  die  Haffe  ein- 
tritt und  nach  der  irrthümlichen  Ansicht  der  Fischer  in  der  See  laicht, 
ist  wohl  eine  sterile  Form  des  Lachses  und  der  Meerforelle.  (Salmo 
Goedenii,  Schiffermülleri.) 

63.  Die  Bachforelle.     Trutta  lario  L. 

lit:  laszworas,  mas.,  kass.:  pstrag. 

K.  9—10.     R.  3—4/9—10.     Br.  1/12.     B.  1/8.     A.  3/7—8.     S.  17—19. 

Seh.  20—24/110—120/20—22. 
Der  Körper  ist  kurz,  plump,  gedrungen,  472nial  länger  als  hoch, 
2mal  höher  als  dick,  mit  dickem  Kopf,  kurzer,  stark  abgestumpfter  Schnauze 
und  vorstehendem  Unterkiefer,  der  jedoch  bei  geschlossenem  Munde  nicht 
vorragt.  Das  Maul  ist  gross,  bis  unter  den  hinteren  Augenrand  gespalten, 
stark  bezahnt,  auch  die  Zunge  mit  6—8  Zähnen  besetzt.  Die  vordere 
Platte  des  Pflugschaarbeins  ist  dreieckig,  mit  der  Spitze  nach  vorne  ge- 
kehrt, auf  der  Basis  stehen  4—5  Zähne  in  querer  Reihe.  Der  Stiel 
des  Pflugschaarbeins  ist  flach  ausgehöhlt  und  trägt  zwei  Längsreihen 
starker  Zähne.  Das  Auge  ist  gross,  gold-  oder  silberglänzend,  die  kleinen 
rundlichen  Nasenöffnungen  stehen  ihm  näher  als  der  Schnauzenspitze. 
Rücken  und  Bauchseite  sind  fast  gleich  gewölbt,  beide  mit  abgerundeter 
Kaute.  Die  Brust-  und  Bauchflossen  sind  gerundet,  ziemlich  breit,  die 
Rückenflosse  steht  etwas  vor,  die  Bauchflossen  ziemlich  genau  in  der  Mitte 
des  Körpers,    die  Afterflosse   etwa  um  Kopflänge   hinter  der  Bauchflosse, 


Bachforelle 


163 


die  kleine  Fettflosse  etwas  hinter  der  Afterflosse.  Die  Schwanzflosse  ist 
in  der  Jugend  gabelig,  später  hinten  gerade  abgeschnitten,  bei  alten  Thieren 
ist  ihr  Rand  mitunter  selbst  convex.  Der  Körper  ist  mit  kleinen,  ziemlich 
kreisrunden,  /arten  Schuppen  besetzt,  die  Seitenlinie  ist  fast  ganz  gerade. 
Die  Färbung1  der  Forelle  wechselt  ausserordentlich  in  verschiedenen  Ge- 
wässern.  Im  Allgemeinen  ist  der  Rücken  blauschwarz  oder  dunkel  olivgrün, 
die  Seiten  mehr  oder  weniger  dunkel  messingglänzend,  der  Bauch  weiss  oder 
gelblich.  Rücken  und  Seiten  sind  meistens  mit  mehr  oder  weniger  grossen 
schwarzen  oder  rothen,  häufig  bläulich  gesäumten  Flecken  bedeckt.     Die 


Fig.  116.  Die  Bachforelle  mit  Gaumen,  Pfhigschaarbein,  Querschnitt  und  Schuppe. 

Zahl,  Grösse  und  Intensität  dieser  Flecken,  sowie  die  Dunkelheit  der  all- 
gemeinen Färbung  ist  den  grössten  Schwankungen  unterworfen.  Im  All- 
gemeinen ist  die  Färbung  in  hellen  und  reinen  Gewässern  am  hellsten, 
in  starkschattigen  Bächen  mit  eisenhaltigem  Wasser  dagegen  oft  fast  ganz 
schwarz.  Brust-,  Bauch-  und  Afterflosse  sind  gelblich  mit  mehr  oder 
weniger  schwärzlichem  Anflug,  Bücken-,  Fett-  und  Schwanzflosse  von  der 
Farbe  des  Rückens,  häufig  auch  schwarz  und  roth  gefleckt.  Die  Jungen 
sind  im  ersten  Jahre  mit  dunkelen  Querbinden  gezeichnet. 

Die  Forelle   bewohnt  Bäche   mit  reinem  "Wasser  und  liebt  nanient- 

11* 


164  Die  preussischen  Fische.     Sehwimmbläser. 

lieh  solche,  in  denen  flache  Stellen  mit  Kiesgrund  und  schnellfliessendem 
Wasser  mit  ruhigen  und  tiefen  Partieen  abwechseln,  in  denen  lehmiger 
Boden,  Pflanzenwuchs  und  grosse  Steine  sich  finden.  Sie  ist  keineswegs 
auf  das  Gebirge  beschränkt,  sondern  kam  früher  in  allen  unseren  reinen 
Bächen  vor,  in  denen  sie  noch  jetzt  vielfach  vereinzelt  gefangen  wird. 
Sie  hält  sich  gerne  unter  den  Uferrändern  zwischen  Ellern  wurzeln  ver- 
borgen, jagt  namentlich  Morgens  und  Abends  nach  Beute,  die  aus  kleinen 
Fischen,  Würmern,  Insecten  aller  Art  besteht,  die  sie  auch  wohl,  hoch 
aus  dem  Wasser  aufspringend,  im  Fluge  erhascht,  Sie  ist  kräftig,  gewandt, 
schwimmt  schnell,  meistens  aber  nur  kurze  Strecken,  und  hält  sich  an 
einmal  gewählten  Standorten  dauernd  auf.  Trotz  ihrer  Schlauheit  und 
Vorsicht  lässt  sie  sich  unter  den  Uferrändern  oft  leicht  mit  den  Händen 
hervorholen.  In  der  in  die  Monate  October  bis  December,  seltener 
noch  in  den  Januar  fallenden  Laichzeit  sucht  sie  seichte  Stellen  mit 
massiger  Strömung  auf,  um  in  Begleitung  einiger  Männchen  in  flache 
selbstgewühlte  Gruben  ihren  Laich  abzusetzen,  den  sie  theilweise  mit 
Kies  bedeckt.  Die  Eier,  deren  Zahl  bei  zweijährigen  gut  genährten 
Thieren  2 — 500,  im  dritten  Jahre  500 — 1000,  im  vierten  bis  fünften 
Jahre  bis  2000  beträgt,  sind  4 — 5  mm  gross,  gelblich  oder  röthlich 
gefärbt  und  werden  in  kleinen  Portionen  in  Pausen  von  mehreren 
Tagen  entleert,  die  Jungen  schlüpfen  erst  im  Frühjahr  aus  und  ziehen 
allmälig  in  tiefere  Partien  der  Bäche.  Die  Männchen,  weniger  die 
Weibchen,  zeigen  in  der  Laichzeit  eine  schwartige  Verdickung  der  Haut 
und  eine  erhebliche  Anschwellung  der  Flossen,  bei  alten  Männchen  bildet 
sich,  wie  bei  den  Lachsen  am  Unterkiefer  ein  Haken.  Sterile  Thiere  von 
kürzerem  Bau,  mit  kleinerem  Kopf  und  Maul  und  schwächeren  Flossen 
kommen  nicht  selten  vor.  Die  Forelle  wird  mit  der  Angel  und  Netzen 
gefangen,  ihr  Fleisch  ist  vorzüglich,  weiss,  röthlich,  auf  torfigem  Boden 
gelblich,  dem  entspricht  die  Farbe  der  Eier.  In  reinen  Teichen,  namentlich 
mit  durchfliessendem  Wasser  ist  sie  mit  Fischen,  Fleisch,  Blut  etc.  vor- 
teilhaft zu  züchten.  In  Bächen  erreicht  sie  gewöhnlich  nur  eine  Länge 
von  20  cm,  wird  aber  in  Teichen  7- — 10  kg  schwer. 

Familie  der  Hechte,  Esoemi. 

D.er  Körper  ist  gestreckt,  wenig  zusammengedrückt,  der  Kopf  vorne 
abgeflacht,  mit  grossem  Maul  und  starken  konischen  Zähnen  in  der 
unteren  Kinnlade.  Alle  übrigen  Knochen  der  Mundhöhle  sind  mit  Hechel- 
zähnen besetzt.  Der  Darm  ist  kurz,  ohne  Blinddärme,  die  Schwimmblase 
einfach,  mit  Luftgang. 


Ilccllt, 


165 


Gattung  Esox  L. 

Die  Schnauze  ist  cntenschnabclähnlich,  der  Unterkiefer  vorstehend. 
Die  Kückenflosse  sehr  weit  nach  hinten  gerückt. 

63.  Der  Hecht.    Esox  Iucius  L. 

altpr.:  lieda;  lit:  lideka;  kur.:  lidaks;  mas.,  kass.:  szczupak, 

schepok,  szczepak,  szezeka,  szczubel. 

K.  12.    K.  7—8/13—15.     Br.  1/13.     B.  1/8.     A.  4—5/12—13.     S.  19. 

Seh.  14/110—130/16—20. 

Der  Körper  ist  gestreckt,  fast  rechteckig,  wenig  zusammengedrückt, 
6mal  länger  als  hoch,  lV2mal  höher  als  dick,  der  Kopf  breit,  vorne 
flachgedrückt,  stumpf,  mit  vorstehendem  Unterkiefer,  bis  unter  die  Augen 
gespaltenem  Maul.  Im  Unterkiefer  stehen  grosse  ungleiche,  mit  den 
Spitzen  nach  hinten  und  innen  gerichtete,  konische  Fangzähne.  Alle 
ührigen  Mundknochen  tragen  Hechelzähne  von  verschiedener  Grösse. 
Der  Körper  ist  mit  kleinen,  länglichen,  sehr  tief  in  ihren  Taschen  stecken- 


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Fig.  117.  Der  Hecht  mit  Querschnitt,  Schuppe  und  Seitenliniensclmppe. 

den  Rundschuppen  bedeckt,  In  der  Seitenlinie  finden  sich  häufige  Unter- 
brechungen, indem  an  vielen  Stellen  1 — 2  Schuppen  nicht  von  Seiten- 
kanälen durchbohrt  sind.  Dagegen  kommen  über  und  unter  der  Seiten- 
linie zahlreiche  kurze  Reihen  durchbohrter,  oder  vielmehr  am  vorderen 
Rande  tief  eingeschnittener  Schuppen  vor,  welche  Seitenkanäle  einschliessen. 
Kleine  zarte  Schuppen  finden  sich  auf  den  Wangen  und  auch  auf  dem  Anfang 
der  Schwanzflosse.  Die  Kopfporen  sind  namentlich  am  Unterkiefer  und  auf 
den  Unteraugenknochen  sehr  deutlich.  Das  Auge  ist  gross,  mit  gold- 
glänzender Iris,  die  Nasenöffnungen  liegen  nahe  vor  dem  Auge,  die  hintere 


16(3  Die  preussi sehen  Fische.     Schwimmblässer. 

ist  kleiner,  die  vordere  grösser  und  rundlich.  Die  Rückenflosse  steht  nur 
wenig  vor  der  Afterflosse,  die  Schwanzflosse  ist  massig  tief  ausgeschnitten. 
Die  Färbung  des  Hechtes  ist  in  verschiedenen  Gewässern  ausserordentlich 
verschieden.  Im  Allgemeinen  ist  er  graugrün  oder  gelblichgrün  gefärbt, 
am  Rücken  dunkler,  bis  grünschwarz,  an  den  Seiten  heller  mit  gelblichen 
oder  goldgelben  Flecken,  am  Bauch  weiss  mit  kleinen  schwarzen  Punkten. 
Die  gelben  Flecken  der  Seiten  laufen  mitunter  zu  unregelmässig 
welligen  queren  Binden  zusammen.  In  der  Laichzeit  tritt  die  grüne 
Grundfarbe  entschiedener  hervor  und  die  gelben  Flecke  werden  glänzend 
goldgelb.  Die  jungen  Hechte  sind  im  ersten  Jahre  oft  ganz  grasgrün 
(Grashechte)  und  behalten  diese  Färbung  mitunter  auch  später,  gewöhnlich 
werden  sie  im  zweiten  Jahre  grau-  oder  gelblichgrün  mit  blassen  Flecken, 
die  allmälig  an  Intensität  zunehmen.  Die  Rückenflosse  ist  bräunlich, 
schwarz  gefleckt,  ebenso  die  After-  und  Schwanzflosse,  welche  letzteren 
mitunter  einen  röthlichen  Anflug  zeigen.  Die  Brust-  und  Bauchflossen  sind 
gelblich  oder  röthlich.  Der  Hecht  bewohnt  unsere  sämmtlichen  Gewässer 
mit  Ausnahme  flacher  und  schnellfliessender  Bäche.  Er  liebt  helles 
ruhiges  Wasser  mit  reinem  Grunde,  ist  namentlich  Nachts  in  Bewegung 
und  lauert  am  Tage,  zwischen  Pflanzen  versteckt,  auf  gelegentliche  Beute, 
die  er  mit  pfeilschneller  Bewegung  erfasst.  Als  äusserst  gefrässiger 
Raubfisch,  der  ausser  Fischen  von  beinahe  seiner  eigenen  Grösse  auch 
Mäuse,  Ratten,  junge  Wasservögel  verschlingt  und  gelegentlich  selbst 
nach  Menschen  und  Pferden  schnappt,  lebt  er  einsiedlerisch,  nur  in  der 
Laichzeit  paarweise.  Die  Paare  ziehen  dann  in  flache  Gräben,  auf  über- 
schwemmte Wiesen,  um,  sich  häufig  an  einander  reibend,  unter  heftigen 
Schwanzschlägen  zu  laichen.  Das  Weibchen  setzt  nach  und  nach 
ca.  100000  gelbliche,  3  mm  grosse  Eier  ab,  aus  denen  in  etwa  14  Tagen 
die  Jungen  mit  sehr  grossem  Dottersack  ausschlüpfen.  Die  Laichzeit 
fällt  in  die  Monate  Februar  bis  April,  mitunter  findet  das  Laichen  der 
ersten  Hechte  noch  vor  dem  Verschwinden  des  Eises  statt.  Bei  guter 
Nahrung  (und  sobald  er  im  Stande  ist,  etwas  grössere  Beute  zu  ver- 
zehren, findet  er  an  den  zahlreichen  Jungen  der  Karpfenarten  uner- 
schöpfliche Futterquellen)  wächst  der  Hecht  sehr  schnell,  erreicht  im 
ersten  Jahre  oft  schon  30  cm,  und  kann  über  2  m  lang  werden.  Nur 
die  jungen,  schnell  gewachsenen  Hechte  haben  ein  gutes  schmackhaftes 
Fleisch,  die  alten  sind  zähe  und  ungeniessbar.  Das  Fleisch  ist  arm 
an    Gräthen,  weiss  und  fest  und  wird   überall  geschätzt. 

Der  Hecht  wird  mit  Netzen  aller  Art  gefangen,  aus  denen  er  sich  mit- 
unter durch  schöne,  sehr  hohe  Bogensprünge  befreit,  und  beisst  auch  leicht 
an    die  Angel,   die  wegen  seiner  heftigen   Bewegungen  in    allen  Theilen 


Perpel.  167 

sehr  stark  sein  muss  und  oberhalb  der  Haken  statt  des  Fadens  besser 
einen  Draht  oder  eine  feine  Kette  trägt,  da  der  Faden  leicht  abgebissen 
wird.  Auch  sticht  oder  schiesst  man  die  im  Herbste  still  an  der 
Oberfläche  stehenden  Hechte,  um  sie  dann  mit  dem  Kaschier  aufzunehmen, 
oder  fängt  sie,  wenn  sie  in  schmalen  Gewässern  unbeweglich  an  der 
Oberfläche  stehen,  mit  Drahtschlingen,  die  man  ihnen  bei  genügender 
Vorsicht  leicht  über  den  Kopf  schieben  kann,  und  die  dann  mit  einem 
plötzlichen  Kuck  zusammengezogen  werden,  der  zugleich  den  Hecht  ans 
Land  wirft. 

Familie  der  Heringe,  Clupeoidei. 
Hie  Heringe  sind  durch  eine  scharfe,  mitunter  sägez ähnige  Bauch- 
kante, grosse,  leicht  abfallende  Rundschuppen  von  grosser  Zartheit,  eine 
einfache,  in  den  Magen  einmündende  Schwimmblase  charakterisirt.  Der 
Magen  ist  mit  Blindsack  und  Pförtneranhängen  versehen.  Sie  sind 
Meerfische,  die  jedoch  th eilweise  auch  ins  süsse  Wasser  gehen. 

Gattung  Alosa  Cuv. 

Nur  im  Oberkiefer  und  dem  zur  Aufnahme  des  verdickten  Kinn- 
winkels tief  ausgeschnittenen  Zwischenkiefer  befinden  sich  sehr  kleine 
Zähne.     Die  Bauchkante  ist  stark  sägezähnig. 

64.  Der  Perpel.     Alosa  finta  Ctiv. 

Parpel;  litt.:  perpels,  perple,  perpele. 
K.  8.     R  4—5/15—16.     Br.   1/14—15.     B.  1/8.     A.  3/20—24. 
S.  19.     Seh.  8—10/48—55/10—12. 

Der  Körper  ist  massig  gestreckt,  vorne  ziemlich  hoch,  der  Kopf 
kurz,  mit  stumpfer  Schnauze  und  grosser,  bis  hinter  die  Augen  reichender, 
schräger  Mundspalte.  Die  Mundränder  sind  schneidend,  nur  der  obere 
trägt  sehr  kleine,  spitze,  leicht  ausfallende  Zähne.  Der  Unterkiefer  ist  am 
Kinnwinkel  stark  verdickt,  mit  etwas  hakiger  Spitze,  die  in  einen  tiefen 
Ausschnitt  der  oberen  Kinnlade  eingreift.  Die  Flossen  sind  verhältniss- 
mässig  klein,  namentlich  die  Brust-  und  Bauchflosse;  die  tief  ausge- 
schnittene Schwanzflosse  ist  gross,  ihr  unterer  Lappen  länger.  Die 
Schuppen  sind  grosse,  zarte  Rundschuppen,  auf  der  Bauchkante  liegt 
eine  Reihe  winklig  geknickter  Kielschuppen  mit  langen,  stabförmigen, 
an  den  Seiten  aufsteigenden  Fortsätzen.  Der  Kiel  dieser  Schuppen  ist 
stark  verdickt,  am  hinteren  Ende  scharf  zugespitzt,  so  dass  die  Bauch- 
kante beim  Ueberstreichen  von  hinten  nach  vorne  scharf  gezähnt  er- 
scheint. .  An  der  Basis  der  Schwanzflosse  stehen  jederseits  zwei  auf- 
fallend grosse,  längliche  Schuppen,  auf  welchen  man    eigenthümlich  ver- 


168 


Die  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 


ästelte  Kanäle  bemerkt,  kleinere  längliche  Schuppen  von  ähnlichem  Bau 
bedecken  den  Anfang  der  Schwanzflosse.  Die  Seitenlinie  ist  nicht 
entwickelt.  Auf  dem  Kiemendeckel  finden  sich  sehr  fein  verzweigte 
Kanäle.  Das  grosse  Auge  wird  vorne  und  hinten  von  einem  halb- 
mondförmigen, glashellen,  unbeweglichen  Augenlide  bedeckt,  so  dass 
es  nur  in  der  Mitte  frei  ist.  Die  Iris  ist  goldglänzend  mit  dunk- 
lerem   Fleck    an    der    oberen    Seite.     Auf   den   Kiemenbögen    sitzen    an 


Fig.  118.  Der  Perpel  mit  Querschnitt,  Schuppe,  flach  ausgebreiteter  Schuppe  der 

Bauchkante  und  Sclnvanzschuppe. 

der  concaven  Innenseite  23 — 43  derbe,  kurze  Portsätze,  und  nament- 
lich durch  dieses  Merkmal  ist  der  Perpel  von  dem  ihm  im  Uebrigen 
sehr  ähnlichen  Maitisch,  Alosa  vulgaris  Tal.,  leicht  zu  unterscheiden, 
der  56 — 118  dünne  und  längere,  kammförmig  gestellte  Fortsätze  auf 
den  Kiemenbögen  besitzt,  übrigens  sehr  viel  grösser  wird  als  der  Perpel 
und  in  der  Ostsee  nur  vereinzelt  vorkommen  soll,  an  unserer  Küste 
jedoch  niemals  beobachtet  ist. 

Der  Perpel  ist  auf  der  Oberseite  dunkel  olivengrün  gefärbt,  an  den 
Seiten  silberfarben  mit  grüngoldenem  Glanz,  am  Bauche  weiss.  Dicht 
hinter  der  Kiemenspalte  befindet  sich  etwas  über  der  Mitte  der  Körper- 
höhe   ein    verwaschener,   runder,    dunkler  Fleck,    hinter    dem    mitunter, 


Porpel.     Hering.  KJ9 

aber  durchaus  nicht  immer,  noch  3 — 8  ähnliche,  aber  kleinere  Flecke 
sich  befinden,  die  in  einer  geraden  Linie  stehen.  Kücken-  und  Brust- 
flosse sind  am  vorderen  Räude  grau,  Bauch-  und  Afterflosse  ziemlich 
farblos,  die  Schwanzflosse  grau  mit  dunklerem  Saum.  Der  Perpel  lebt 
von  kleineren  Thieren,  namentlich  Crustaceen,  erreicht  eine  Länge  von 
35  cm,  ein  Gewicht  von  1  kg,  und  bewohnt  die  Ostsee,  aus  der  er  früher 
in  grossen  Mengen  in  die  Haffe  aufstieg.  Jetzt  ist  er  in  unseren  Ge- 
wässern selten,  wird  aber  gelegentlich  mit  den  Heringen  gefangen.  Auf  dem 
Zuge  soll  er  mit  lautem  Geräusch  an  der  Oberfläche  des  Wassers  sich 
beAvegen.  Sein  Fleisch  ist  zwar  gräthenreich,  aber  wohlschmeckend,  wegen 
seiner  Seltenheit  wird  er  jedoch   kaum  anders  als  im  Gemenge   verkauft. 

Gattung  Clupea  L 

Der  Körper  ist  gestreckt,  stark  zusammengedrückt,  der  Unterkiefer 
vorragend,  ohne  Kinn  Verdickung,  der  Zwischenkiefer  nicht  ausgeschnitten. 
In  den  Kiefern  und  am  Gaumen  stehen  kleine,  leicht  ausfallende  Zähne. 

65.  Der  Hering;.     Clnpea  Iiarengns  Li. 

Strömling;  altpr.:  sylecke;  lit.,  kur.:  silke;  kass.:  sledz,  slec,  sledzik. 
K.  8.     R.  17—19.     Br.  15—17.     B.  9.     A.  16—17.     S.  20—23. 

Seh.  4—5/45—50/6—8. 
Der  Körper  ist  gestreckt,  massig  zusammengedrückt,  öVamal  länger 
als  hoch,  mit  Ausnahme  des  Kopfes  mit  grossen,  zarten,  sehr  leicht  ab- 
fallenden Rundschuppen  bedeckt.  Die  Mundspalte  reicht  kaum  bis  unter 
die  Mitte  des  silberglänzenden  Auges,  die  Kiefer  sind  mit  kleinen,  Pflug- 
schaarbein  und  Zunge  mit  etwas  grösseren  Zähnen  besetzt.  Der  Unter- 
kiefer ragt  etwas  vor,  die  Kiemenspalte  ist  sehr  weit  und  reicht  bis  zur  Kehle 
herab.  Die  Kiemenbögen  sind  ganz  dicht  mit  ltya — 10  mm  langen,  horizontal 
nach  vorne  gerichteten  Zähnen  besetzt,  deren  jeder  wieder  zwei  Reihen 
von  quer  gestellten  Dornen  trägt,  so  dass  dadurch  eine  äusserst  diebte 
Reuse  gebildet  wird,  welche  selbst  die  kleinsten  Gegenstände  vom  Ein- 
dringen in  die  inneren  Kiemenspalten  abhält.  Die  Rückenflosse  steht 
ziemlich  genau  in  der  Mitte  des  Körpers,  ihr  gegenüber  die  Bauchflossen, 
die  Afterflosse  ist  weit  nach  hinten  gerückt,  die  Schwanzflosse  tief  aus- 
geschnitten. Die  Bauchkante  ist  nicht  scharf,  nur  sehr  schwach  säge- 
zähnig  mit  winklig  geknickten  Schuppen  bedeckt.  Der  Rücken  ist 
schwärzlichblau,  grünblau  oder  meergrün  gefärbt,  Seiten  und  Bauch  stark 
silberglänzend,  Rücken-  und  Schwanzflosse  sind  grau,  die  anderen  Flossen 
ziemlich  farblos.  Der  Magen  hat  einen  Blindsack,  dahinter  zahlreiche 
Pförtneranhänge,  die  Schwimmblase  ist  sehr  lang,  spindelförmig,  der 
Luftgang  geht  von  ihrer  Mitte  ab. 


170 


Die  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 


Während  man  früher  annahm,  class  die  Heimath  särnmtlieher 
Heringssch wärme  das  Eismeer  sei,  von  wo  sie  zum  Laichen  an  die 
Küsten  der  anderen  Meere  herabstiegen,  hat  man  sich  von  der  Un- 
richtigkeit dieser  Annahme  vollkommen  überzeugt.  Die  Heringe  be- 
wohnen während  der  längsten  Zeit  des  Jahres  die  grossen  Tiefen  der 
Meere  und  steigen  zum  Laichen  an  die  flachen  Ufer  auf.  Jedes  Meer, 
jeder  Meerestheil  hat  seine  eigene  Abart  des  Herings,  und  während  man 
früher  meinte,  rücksichtslos  den  allgemeinen  Vorrath  des  Eismeeres  aus- 
beuten zu  dürfen,  weiss  man  jetzt,  dass  durch  unverständiges  Fortfangen 


Fig.  119.  Der  Hering  mit  Querschnitt,  Schuppe  und  Schuppe  der  Bauchkante. 

aller  Heringe  an  den  Küsten  und  Störung  ihres  Laichgeschäftes  nur  der 
locale  Heringsbestand  geschmälert  wird  und  unter  Umständen  vernichtet 
werden  kann.  Der  Hering  lebt  vorzugsweise  von  kleinen  Krebsthierchen, 
Copepoden,  die  er  in  unglaublicher  Menge  verzehrt.  So  fand  Möbius  in 
dem  Magen  eines  einzigen  Ostseeherings  die  Panzer  von  60000  kleinen 
Krustern  (Temora  longicornis).  Dieses  Krebschen,  wie  die  verwandten 
Arten  Dias  longiremis,  Podon  intermedius  und  ähnliche  winzige  Thiere 
bilden  die  Hauptnahrung  des  Herings,  während  grössere  Crustaceen, 
wie  Mysis  etc.  nur  selten  in  seinen  Yerdauungsorganen  gefunden  wer- 
den. Er  frisst  aber  auch  kleine  Fische  u.  dergl.  Zum  Laichen  zieht 
der  Hering  in  ungeheuren  Schwärmen  dichtgedrängt  den  Ufern  zu,  geht 
auch  ins  Brackwasser  und  häuft  sich  dabei  namentlich  in  manchen 
Buchten  so  an,  dass  mit  einem  grossen  Zugnetze  in  kurzer  Zeit  viele 
hundert  Tonnen  Fische  eingeschlossen  werden  können.  Indessen  ge- 
hören  an   unserer  Küste  solche  Vorkommnisse    zu  den  Seltenheiten,  ob- 


Hering.  171 

gleich  in  vielen  Jahren,  z.  B.  bei  Pillan  4 — 5000  Tonnen  Heringe  ge- 
fangen werden.  In  anderen  Jahren  ist  dagegen  ohne  nachweisbare  Ur- 
sache der  Fang  nur  sehr  gering.  Die  Laichzeit  des  Herings  ist  an  ver- 
schiedenen Orten  sehr  verschieden  und  kann  fast  in  alle  Monate  des 
Jahres  fallen.  An  unseren  Küsten  ist  die  Hauptlaichzeit  im  Mai  und 
Juni,  während  andere  Schwärme  im  September  an  der  Nordküste 
des  Samlandes  ihren  Laich  absetzen.  Die  Eier  sind  1  mm  gross, 
und  es  finden  sich  bei  einem  "Weibchen  40 — 70000  Stück.  Sie  kleben 
ausserordentlich  stark  an  allen  Gegenständen,  die  sie  berühren,  und  be- 
decken oft  die  Heringsnetze  in  dicken  Krusten.  Für  ihre  Entwickelung 
ist  es  nothwendig,  dass  sie  sich  an  Wasserpflanzen  befestigen,  der 
Mangel  an  festem  Pflanzenwuchs  an  unserer  Küste  ist  ein  grosses 
Hinderniss  für  die  Vermehrung  des  Herings,  und  in  der  Laichzeit 
sieht  man  nach  jedem  etwas  heftigen  Seewinde  Millionen  an  abge- 
storbenem Seegras,  Tang  etc.  haftende  Heringseier  am  Strande  ausge- 
worfen. Wenn  grosse  Heringsschwärme  zum  Laichen  ans  Ufer  kommen, 
so  trübt  sich  das  Wasser  weithin  durch  ihre  Milch,  und  ein  widrig 
süsslicher  Geruch  macht  sich  bemerklich,  der  vom  Winde  oft  weit  ver- 
breitet wird.  Die  Entwickelung  der  Heringseier  ist  von  der  Temperatur 
des  Wassers  ausserordentlich  abhängig.  Nach  den  schönen  Untersuchungen 
von  H.  A.  Meyer  in  Kiel  entwickelt  sich  das  Heringsei  gleich  gut  bei  -f-  1°  C. 
und  -f-  20°  C,  im  ersteren  Falle  schlüpft  aber  der  junge  Hering  erst  nach  mehr 
als  40,  im  zweiten  schon  am  sechsten  oder  siebenten  Tage  aus,  und  man 
kann  annehmen,  dass  im  Allgemeinen  die  Heringseier  im  Mai  14 — 16,  im 
Juni  6 — 8,  im  Herbst  ca.  20  Tage  zu  ihrer  vollkommenen  Entwickelung 
gebrauchen.  Die  Jungen  wandern,  nachdem  sie  sich  eine  Zeit  lang  im 
flachen  Wasser  aufgehalten  haben,  erst  allmälig  in  die  Tiefe.  Die  in  einer 
Länge  von  5 — 8  mm  ausgeschlüpften  Jungen  aus  den  im  April  und 
Mai  gelegten  Eiern  waren  Anfangs  Juni  schon  25 — 28  mm,  Ende  Juni 
45 — 55  mm,  im  September  60 — 70,  im  December  100  mm,  im  März 
und  April  des  nächsten  Jahres,  also  als  Jährlinge,  135 — 138  mm  lang 
und  sind  schon  in  einer  Länge  von  160 — 175  mm,  also  noch  vor  Ab- 
lauf des  zweiten  Lebensjahres,  fortpflanzungsfähig.  Der  Hering  erreicht 
in  der  Ostsee  gewöhnlich  nur  eine  Grösse  von  20 — 29  cm,  während  er 
in  der  Nordsee  viel  grösser  wird.  Er  wird  mit  grossen  Treib-  und  Zug- 
netzen gefangen,  in  ungleich  grösserer  Menge  aber  von  allen  grösseren 
Seethieren  verzehrt.  Beim  Verlassen  des  Wassers  stirbt  er  sehr  schnell 
ab.  Seine  Verwerthung  ist  bei  uus  noch  sehr  unvollkommen,  eine 
grosse  Menge  wird  frisch  gegessen,  andere  werden  geräuchert  als  Bück- 
linge verkauft.    Obgleich  sich  unser  Hering  seiner  Kleinheit  und  Magerkeit 


172 


Die  preussischen  Fische.     Schwimmblase!-. 


wegen  zum  Einsalzen  nicht  eignet,  dürfte  eine  Präparation  nach  Art  der 
Anchovis,  sowie  die  Herstellung  von  anderweitigen  Conserven  eine 
wesentlich  höhere  Verwerthung  der  Fänge  möglich  machen. 

66.  Die  Sprotte.     Clupea  sprattus  L. 

Breitling,  Bratling,  Brissling;  lit. :  bretlingis;  kass.:  bretling. 
K.  8.     K.  17—18.     Br.  15—19.    B.  6—7.    A.  20—28.    S.  18—25. 

Seh.  4—5/38—42/6—7. 
Der    Körper    ist    massig   gestreckt,   gedrungener   als   beim   Hering, 
4l/2mal    länger    als    hoch,   der  Kopf  ist  verhältnissmässig   kürzer  als  bei 


Fig.  120.  Die  Sprotte  mit  Querschnitt,  Schuppe  und  Schuppe  der  Bauchkante. 

jenem.  Der  Unterkiefer  ragt  etwas  vor,  der  Mundspalt  reicht  nur  bis 
unter  den  vorderen  Augenrand.  Das  Pflugschaarbein  ist  zahnlos,  da- 
gegen der  Gaumen  bezahnt.  Die  Rückenflosse  steht  etwas  hinter  der 
Körpermitte,  die  Bauchflosse  ihrem  vorderen  Rande  gegenüber,  die 
Bauchkante  ist  scharf  sägezähnig.  Der  Rücken  ist  dunkelblau  mit 
grüngoldenem  Schimmer,  Seiten  und  Bauch  stark  silberglänzend,  Rücken- 
und  Schwanzflosse  sind  grau,  die  übrigen  Flossen  farblos.  Die  Sprotte 
erreicht  bei  uns  eine  Länge  von  10  bis  13  cm,  lebt  wie  der  Hering  in 
der  Tiefe  und  unternimmt  mitunter  auch  ausser  der  Laichzeit  grössere 
Züge,  häufig  in  Gesellschaft  junger  Heringe.  Ihre  Hauptlaichzeit  fällt 
an  unseren  Küsten  in  den  Mai,  doch  laichen  manche  Schwärme  auch 
noch  im  September.  Im  Bereich  unserer  Provinzen  kommt  sie  massen- 
haft wohl  nur  in  der  Danziger  Bucht  und  bei  Memel  vor.     Im  Putziger 


Aal.  173 

Wiek    sieht    man    im    Mai    während    der    Laichzeit    zahllose    abgebuchte 
Sprotten  todt  an  der  Oberfläche  treiben. 

Sie  werden  wie  die  Heringe  mit  grossen  Treib-  und  Zngnetzen 
gefangen,  aber  nur  frisch  verkauft,  obgleich  ihre  Qualität  eine  bessere 
Verwerthung  durch  Räuchern  oder  Verarbeitung  zu  sogenannten  russi- 
schen Sardinen  wohl  gestattete. 

Familie  der  Aale,  Muraenoidei. 
Der  schlau genförmige  Körper  ist  mit  einer  dicken,  sehr  schleimigen 
Haut  überzogen,  in  welcher  die  kleinen,  äusserst  zarten  Schuppen  in  Zick- 
zackreihen  vertieft  liegen.     Die   Bauchflossen  fehlen,    die  Schwimmblase 
ist  einfach,  der  Magen  hat  einen  Blindsack,   aber  keine  Pförtneranhänge. 

Gattung  Anguilla  Thunb. 

Die  äussere  Kiemenspalte  ist  eng.  Rücken-  und  Afterflosse  gehen 
in  die  zugespitzte  Schwanzflosse  über. 

67.     Der  Aal.     Angnilla  vulgaris  Fleni. 

altpr.:  angurgis;  lit:  ungurys;  kur.:  suttis;  mas.,  kass.:  wengorz, 

wangorz,  wangusch. 
K.  10.     Br.  19.     R.  S.  u.  A.  1100. 

Der  cylindrische  Körper  ist  nur  im  Schwanztheil  seitlich  zusam- 
mengedrückt, der  Kopf  bald  mehr  bald  weniger  zugespitzt,  mit  vor- 
stehendem Unterkiefer.  In  beiden  Kinnladen  und  auf  dem  Pflugschaarbein 
stehen  mehrere  Reihen  feiner  Hechelzähne.  Die  kleinen  goldglänzenden 
Augen  liegen  über  den  Mundwinkeln,  die  Lippen  sind  dick  und  fleischig,  der 
Oberlippe  sehr  nahe  stehen  die  röhrenförmigen  vorderen  Nasenöffnungen, 
während  die  hinteren,  ovalen  etwa  in  der  Mitte  zwischen  Auge  und  Schnau- 
zenspitze liegen.  Die  enge  äussere  Kiemenspalte  liegt  vor  und  unter  der 
eiförmig  gerundeten  Brustflosse,  die  weiche  Kiemenhaut  wird  von  10  langen, 
dünnen  Kiemenhautstrahlen  gestützt.  Die  sehr  kleinen  und  zarten  Schuppen 
sitzen  tief  in  der  dicken,  weichen,  aber  sehr  festen  Haut,  ohne  sich  zu 
decken,  in  zickzackförmigen  Reihen  geordnet,  auch  der  Kopf  ist  von 
ihnen  bedeckt.  Die  Rückenflosse  beginnt  im  mittleren  Drittheil  der  Körper- 
länge und  geht  ebenso  wie  die,  etwa  eine  Kopflänge  weiter  hinten  an- 
fangende Afterflosse  ohne  Grenze  in  die  abgerundete  Schwanzflosse  über, 
die  Strahlen  dieser  Flossen  sind  fein  und  biegsam,  durch  die  dicke  sie 
überziehende  Haut  vollständig  verdeckt.  Die  Bauchflossen  fehlen.  Längs 
der  Seitenlinie  und  am  Kopf,  namentlich  längs  des  Unterkiefers,  sind 
deutliche  Poren  der  Seitenkanäle  sichtbar. 


174 


Die  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 


In  der  Färbung  variiren  die  Aale  nicht  nur  an  verschiedenen  Loca- 
litäten,  sondern  auch  an  demselben  Orte  ziemlich  bedeutend.  Der  Rücken 
ist  dunkelblau  oder  grün  schwarz,  die  Seiten  heller,  blau  oder  grün,  der 
Bauch  weiss.  Mitunter  ist  auch  der  Rücken  nur  wenig  dunkler  gefärbt  als 
die  Seiten.  Hin  und  wieder  werden  olivgrüne  Exemplare  mit  gold- 
gelbem Rückenstrich,  auch  wohl  ganz  goldgelbe,  selten  ganz  weisse  Aale 
gefangen.  Die  Schwimmblase  ist  cylindrisch,  von  erheblicher  Länge. 
Der  Aal  liebt  tiefes,  nicht  zu  sehr  bewegtes  Wasser  mit  schlammigem 
Grunde,  er  wühlt  sich  Löcher  und  Gänge,  in  denen  er  am  Tage 
ruht,  während  er  Nachts  auf  Nahrung  ausgeht.  Fährt  man  auf  einem 
Dampfer     durch     enge     Flüsse     oder     Kanäle,     so     sieht    man    an    den 


Fig.  121.  Der  Aal  mit  Köpfen  verschiedener  Form,  Querschnitt  und  Schuppe. 

durch  das  Fortschreiten  der  dem  Schiffe  folgenden  Fluthwelle  bloss- 
gelegten  Ufern  zahlreiche  Aale  mit  dem  halben  Körper  aus  ihren 
Schlupfwinkeln  hervorragen.  Der  Aal  lebt  von  allerlei  kleinen  Wasser- 
thieren  und  findet  sich  auf  den  Laichplätzen  anderer  Fische  in  grosser 
Anzahl  ein,  um  sich  an  deren  Laich  zu  mästen.  Namentlich  frisst  er 
auch  Krebse  in  der  Zeit  ihrer  Häutung,  und  hat  an  manchen  Orten  die- 
selben vollständig  vertilgt.  Obwohl  der  Aal  als  gefrässiger  Raubfisch 
allgemein  bekannt  ist,  so  begegnet  man  immer  wieder  Erzählungen  von 
den  Wanderungen,  die  er  in  die  Erbsenfelder  machen  soll,  um  die  jungen 


Aal.  175 

Erbsen  zu  verzehren.  Die  älteste  Angabe  dieser  Art  rührt  avüIiI  von 
Albertus  Magnus  her,  der  in  seinem  Thierbuch  (Frankf.  a.  M.  1545) 
erzählt:  „Der  Aal  soll  auch  ettwan  des  nachts  auss  dem  wasser  schlieffen 
auff  dem  feldt,  da  er  linsen,  erbsen  oder  bonen  gesehet  findet."  Zwar 
widerspricht  dieser  Geschichte  schon  Baldner*)  im  Jahre  1666,  in  dem 
er  von  den  Aalen  sagt:  „Fressen  Fisch,  kommen  nicht  aufs  Land  und 
fressen  nicht  Erbsen,  sondern  bleiben  im  Wasser  und  sind  Nachtthiere." 
Indessen  werden  immer  neue  Beobachtungen  mitgetheilt,  welche  die 
Richtigkeit  der  "Wanderungen  in  die  Erbsenfelder  bestätigen  sollen.  So 
giebt  Bock  in  seiner  wirtschaftlichen  Naturgeschichte  von  dem  Königreich 
Ost-  und  Westpreussen  1784  an,  dass  der  Aal  vielfältig  in  den  Erbsen- 
feldern in  der  Nähe  der  Gewässer  gefangen  werde,  wo  er  die  jungen 
Blätter  (nach  anderen  Angaben  die  Erbsen  selber)  fresse,  und  fährt 
dann  fort:  „Diese  Auswanderung  giebt  den  Aufschluss  von  der  räthsel- 
haften  Wahrheit,  dass  in  Preussen  und  Pommern  auf  trocknem  Lande  und 
mit  dem  Ackerpfluge  Fische  gefangen  werden.  Es  machen  nämlich  die 
Bauern,  wenn  in  warmen  Nächten  die  Aale  nach  den  Erbsen  ziehen, 
gegen  den  Morgen,  wenn  es  noch  nicht  völlig  Tag  ist,  nach  dem  Wasser 
hin  einige  Furchen  mit  der  Pflugschaar,  und  sind  diese  das  Netz,  in 
welchem  sie  gefangen  werden.  Denn  ob  der  Aal  gleich  auf  dem  Grase 
fortschlüpfet,  so  ist  ihm  doch  der  Rückzug  durch  die  aufgeworfenen  Erd- 
schollen verwehret.  Die  Landleute  sehen  es  als  ein  Zeichen  des  nahen 
Ungewitters  an,  wenn  er  aus  dem  Wasser  aufs  Trockene  gehet."  Und 
aus  Lyck  schreibt  man  mir:  „Bei  Gewittern  werfen  sie  sich,  kommen  dann 
in  Erbsenfelder;  bei  dieser  Gelegenheit  streut  man  Sand,  Asche  und  ver- 
hindert dadurch  ihre  Rückkehr."  Aehnliche  Geschichten  sind  gerade  in 
letzter  Zeit  mehrfach  in  den  Tagesblättern  abgedruckt  worden,  ja  einem 
Beobachter  sind  sogar,  während  er  Nachts  in  seinem  Erbsenfelde  spazierte, 
„die  glatthäutigen  Thiere  bei  ihrer  Rückkehr  nach  dem  Wasser  über  die 
Beine  gelaufen."  Die  Enge  seiner  Kiemenspalte  macht  es  dem  Aal  aller- 
dings möglich,  längere  Zeit  ausserhalb  des  Wassers  zu  leben,  und  er  mag 
bei  der  Wanderung  über  überschwemmte  Wiesen  mitunter  sich  auch  auf 
nur  feuchte  Stellen  begeben,  wo  er  an  Schnecken  und  dergl.  reichliche 
Nahrung  findet.  Von  einer  Auswanderung  nach  den  Erbsenfeldern  kann 
aber  gar  nicht  die  Rede  sein,    da  einerseits  der  Aal  keine  Erbsen  frisst 


*)  Recht  natürliche  Beschreibung  und  Abmahlung  der  Wasser-Vögel,  Fischen, 
vierfüssigen  Thier,  Insecten  und  Gewirm,  so  hey  Strassburg  in  den  Wassern  sind,  die 
ich  selber  geschossen  und  die  Fisch  gefangen,  auch  alles  in  meiner  Hand  gehabt. 
Leonhard  Baldner  Fischer  undt  Hagmeister  in  Strassburg  gefertigt  worden  1G66. 
Manuscript.     (Citirt  von  Siebold,  Süsswasserfische  von  Mitteleuropa.     Leipzig  1863.) 


176  Die  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 

(warum  stecken  denn  die  Gläubigen  keine  Erbsen  an  ihre  Aalangeln?) 
und  da  andrerseits  es  sich  in  mehreren  Fällen  herausgestellt  hat,  dass 
die  auf  Feldern  oder  Wiesen  gefundenen  Aale  von  Fischdieben  verloreu 
oder  auf  der  Flucht  fortgeworfen  waren.  Auch  sind  mehrfach  auf  über- 
schwemmt gewesenen  "Wiesen  todte  Aale  gefunden  worden,  denen  es 
trotz  der  Nähe  des  Wassers  nicht  geglückt  war,  in  dasselbe  zurückzu- 
kehren. So  gross  auch  die  Beweglichkeit  und  Wanderfähigkeit  der  jungen 
Aalbrut  ist,  von  der  wir  weiterhin  sprechen  werden,  so  darf  man  doch 
an  eine  Wanderung  erwachsener  Aale  über  grössere  Strecken  Landes 
um  so  weniger  glauben,  als  nach  dem  Zeugnisse  Spallanzani's  (Opere. 
Milano  1821)  in  Comacchio,  wo  seit  Jahrhunderten  der  grossartigste  Aal- 
fang betrieben  wird,  und  diese  Fische  in  grossen  Teichen  und  Lagunen  ge- 
halten werden,  die  Fischer  noch  niemals  einen  Aal  haben  über  Land 
wandern  sehen,  und  dass,  als  einmal  wegen  Yerderbniss  des  Wassers  die 
Aale  zu  vielen  Tausenden  umkamen,  kein  einziger  den  Versuch  gemacht 
hat,  sich  durch  eine  kurze  Landwanderung  in  das  nahe  Meer  oder  den 
benachbarten  Po  zu  retten. 

Der  Aal  findet  sich  in  allen  unsern  Gewässern  mit  Ausnahme  der 
schnell  strömenden  kleinen  Bäche.  Nach  der  verschiedenen  Form  des 
Kopfes,  der  Färbung  und  dem  wechselnden  Längenverhältniss  zwischen 
Rumpf-  und  Schwanztheil  unterscheiden  die  Fischer  gewöhnlich  mehrere 
Arten,  und  auch  die  älteren  Fischkundigen  haben  sich  ohne  genügenden 
Grund  diesem  Vorgange  angeschlossen.  Bei  schnellem  Wachsthum  er- 
reicht der  Aal  eine  Länge  von  60 — 80  cm,  oft  auch  darüber.  Wegen 
seines  fetten,  wohlschmeckenden  und  wenig  gräthigen  Fleisches  wird  er 
allgemein  geschätzt  und  auf  die  verschiedenste  Art  gefangen.  Am  er- 
giebigsten ist  der  Fang  in  den  ständigen  Aalwehren  und  Aalkasten;  in 
Reusen,  mit  dem  Keutelnetz  und  an  Aalangeln  werden  ebenfalls  grosse 
Mengen  gefangen.  Im  Winter  werden  viele  Aale  an  den  flachen  Ufern, 
wo  sie  haufenweis  im  Schlamme  eingegraben  liegen  und  Winterschlaf 
halten,  mit  Aalspeeren  gestochen,  wobei  freilich  oft  mehr  Thiere  ver- 
wundet als  gefangen  und  neben  grossen  Aalen  auch  ganz  kleine  Exem- 
plare in  Menge  gespiesst  werden.  Eine  Gruppe  im  Schlamme  versteckter 
Aale,  wie  man  sie  im  Aquarium  täglich  beobachten  kann,  ist  in  Fig.  122 
dargestellt.  Eben  noch  ganz  frei  auf  dem  Boden  liegend,  graben  sie  sich 
selbst  im  festen  Sandgrund  mit  erstaunlicher  Schnelligkeit  ein  und  ver- 
schwinden bei  der  geringsten  Störung. 

Die  Fortpflanzungsweise  des  Aales  war  seit  Aristoteles  Zeit  ein 
ungelöstes  Räthsel  und  hat  zu  den  wunderbarsten  Annahmen  und  Be- 
hauptungen  Anlass   gegeben.     Abgesehen    davon,    dass   man    die  jungen 


Aal. 


177 


Aalt»  aus  dem  Schlamm,  dem  Maithau,  Pferdehaaren,  dem  Hautschleim 
alter  Aale  entstehen  liess,  oder  sie  von  Schlangen,  der  Aalmutter  oder 
anderen  Fischen  herleitete,  ist  Jahrhunderte  lang  darüber  gestritten  wor- 
den, ob  der  Aal  ein  eierlegendes  oder  lebendig  gebärendes  Thier  sei. 
Obwohl  die  Fischer  an  der  Form  der  Schnauze  Männchen  und  "Weibchen 
unterscheiden  zu  können  glaubten,  hatte  doch  bis  vor  100  Jahren  Nie- 
mand Geschlechtstheile  beim  Aal  gefunden.  Erst  ums  Jahr  1780  ent- 
deckten Mondini  und  0.  F.  Müller  unabhängig  von  einander  die  Eier- 
stöcke, und  ersterer  gab  auch  eine  gute  Abbildung  der  Eier.  Doch  gelang  es 
erst  Rathke  im  Jahre  1838,  die  Existenz  der  kleinen  Eier,  die  man  zu 
jeder  Jahreszeit  in  den  Eierstöcken  jedes  Süsswasseraales  leicht  finden  kann, 
den  Zweitlern  unwiderlegbar  nachzuweisen.  Die  männlichen  Aale  wurden 
erst  1873  von  Syrski  entdeckt  und  kommen  nur  im  Meere  und  Brack- 


Fig.  122.     Im  Grunde  versteckte  Aale. 


wasser  vor.  Die  Eierstöcke  des  Aales  sind  zwei  gelblich-  oder  röthlich- 
weisse,  neben  der  Wirbelsäule  gelegene,  bandartige  Organe  von  Finger- 
breite, die  sich,  in  zahlreiche  quere  Falten  gelegt,  durch  die  ganze 
Länge  des  Eumpfes  hinziehen  und  keine  Ausführungsgänge  besitzen, 
ihren  Inhalt  vielmehr  in  die  Leibeshöhle  und  durch  eine  sehr  enge, 
hinter  dem  After  gelegene  Spalte  nach  aussen  entleeren  müssen.  Die 
beiden  Körper  sind  bei  ihrer  bedeutenden  Grösse  natürlich  gar  nicht  zu 
übersehen,  sie  enthalten  aber  eine  so  grosse  Menge  von  Fettzellen,  und 
die  in  ihnen  gelegenen  Eier  sind  so  klein  und  zart,  dass  man  selbst  bei 
oberflächlicher  mikroskopischer  Untersuchung  glauben  kann,  dass  die 
ganzen  Organe  nur  aus  Fett  bestehen.  "Während  die  Eier  unserer  meisten 
anderen  Fische  zwischen  1  und  3  mm  Durchmesser  schwanken,  theil- 
weise  auch  noch  viel  grösser  sind,  haben  die  Eierstockseier  des  Aales  nur 
einen  Durchmesser  von  durchschnittlich  0,1  mm  und  werden  von  den  sehr 

12 


178 


Die  preussischen  Fische.     Sehwimmbläser. 


viel  schärfer  begrenzten  Fettzellen  so  dicht  umgeben,  dass  es  einiger  Sorg- 
falt bedarf,  um  ein  Präparat  herzustellen,  in  dem  sie  so  deutlich  sichtbar 
sind,  wie  in  der  beistehenden  150mal  vergrösserten  Abbildung.  Indessen 
dürfte  es  jedem  Besitzer  eines  nur  lOOmal  vergrössernden  Mikroskopes, 
bei  Zerzupfung  eines  Stückchens  vom  Eierstock  in  Wasser,  ohne  grosse 
Mühe  gelingen,  sie  zu  finden.  Sehr  viel  leichter  als  bei  erwachsenen 
Aalen  sind  die  Eier  bei  jungen  Thieren  von  20  cm  Länge  zu  finden, 
da  bei  diesen  die  Eierstöcke  und  Eier  zwar  kleiner  sind,  Fettzellen  aber 
im  Ovarium  gar  nicht  vorkommen,  so  dass  in  jedem  Stückchen  desselben 
nur  Eier  unter  dem  Mikroskop  auf  den  ersten  Blick  sichtbar  sind.  Die 
Zahl  derselben  ist  ausserordentlich  gross  und  auf  mehrere  Millionen  zu 
schätzen.  Grössere  Eier,  die  bisweilen  in  grosser  Menge  in  aufge- 
schnittenen Aalen  gefunden  und  für  Aaleier  gehalten  wurden,  haben  sich 
immer  als  von  dem  Aale  verschluckter  und  durch  Anschneiden  seines 
Magens  in  die  Bauchhöhle  gelangter  Laich  anderer  Fische  erwiesen. 


Fig.  123.     Geschlechtsorgane  und  Eier  des  Aales. 
1.  Ein  Theil  des  Hodens.     2.   Ein  Theil  des  Eierstockes.     3.  Ein  Stückchen  desselben 

stark  vergrössert.    4.  Ein  isolirtes  Ei. 


Die  männlichen  Aale,  die  also  nur  im  Meer  und  Brackwasser  sich 
aufhalten,  sind  erheblich  kleiner  als  die  weiblichen  und  überschreiten 
nur  selten  die  Länge  von  40  cm.  Bei  ihnen  finden  sich  an  Stelle  der 
Eierstöcke  che  von  jenen  in  der  Bildung  durchaus  verschiedenen  Hoden. 
Dieselben  bestehen  aus  zwei  durch  die  ganze  Länge  des  Rumpfes  sich 
hinziehenden   Kanälen,    an    deren    von    der  Mittellinie   des   Thieres    ab- 


Aal.  179 

gewandter  Seite  kleine  flache  Bläschen  in  grosser  Anzahl  aufsitzen. 
Reife  Samenfäden  sind  in  diesen  Organen  übrigens  noch  ebensowenig 
nachgewiesen  worden,  als  man  in  den  Eierstöcken  der  Weibchen  lege- 
reife Eier  gefunden  hat.  Nach  mehrfachen  Angaben  sollen  die  männ- 
lichen Aale,  die  später  auch  von  Siebold  in  der  Ostsee  bei  Wismar 
aufgefunden  sind,  sich  von  den  Weibchen  durch  verhältnissmässig  spitzere 
Schnauze,  niedrigere  Rückenflosse,  dunklere  Färbung  des  Rückens, 
stärkeren  Metallglanz  der  Seiten,  rein  weisse  Farbe  des  Bauches  und 
grössere  Augen  unterscheiden. 

Durch  den  Nachweis  beider  Geschlechter  wird  indessen  die  Frage, 
ob  der  Aal  Eier  lege  oder  lebendige  Junge  zur  Welt  bringe,  nicht  ent- 
schieden. Von  jeher  ist  die  Neigung  vorherrschend  gewesen,  die  letztere 
Eventualität  anzunehmen,  und  es  fehlt  auch  jetzt  nicht  an  Leuten,  welche 
der  Geburt  junger  Aale  beigewohnt  oder  in  aufgeschnittenen  Aalen 
grosse  Mengen  junger  Aeichen  gefunden  zu  haben  behaupten.  Immer 
wieder  erhält  man  Berichte  über  Vorkommnisse  dieser  Art.  und  Zu- 
sendungen von  angeblichen  jungen  Aalen  von  3 — 6  cm  Länge,  die  sich 
mitunter  Tage    lang    in    einem    Glase  Wasser    bewegt    haben.     Es    sind 


Fig.  124.     Aalspulwurm  (Ascaris  labiata)  und  junger  Aal. 

dies  Spulwürmer,  (Ascaris  labiata),  die  mitunter  zu  Hunderten  im  Darm- 
kanal des  Aales  vorkommen  und  an  ihrer  weisslichen  Farbe,  den  beiden 
zugespitzten  Enden,  dem  Mangel  jeder  Flosse,  der  Augen  und  des  Maules, 
sowie  an  der  Trägheit  ihrer  Bewegungen  leicht  von  einem  gleich  grossen 
Aal  zu  unterscheiden  sind.  Die  kleinsten  beobachteten  Aale  von  3  cm 
Länge  zeigen  schon  vollkommen  die  Gestalt  ihrer  Eltern,  sie  sind  äusserst 
durchsichtig,  so  dass  man  am  Halse  schon  mit  der  Loupe  das  rothe 
Herz  pulsiren  sieht  und  dahinter  die  braunrothe  Leber  bemerkt;  das 
Maul,  die  Brustflossen,  Rücken-,  After-  und  Schwanzflosse  sind  deut- 
lich erkennbar,  und  die  schwarzen  Augen  sind  unmöglich  zu  über- 
sehen. Ausser  Eingeweidewürmern  geben  gelegentlich  Junge  der  Aal- 
mutter (Zoarces  viviparus)  Unkundigen  Gelegenheit  zu  Entdeckungen. 
So  beschrieb  und  zeichnete  Dr.  Eberhard  in  Nr.  4  der  „Gartenlaube" 
von  1874  einen  „Embryo  des  Aales",  der  mit  fast  tausend  ähnlichen  Em- 
bryonen aus  dem  Bauche  eines  Aales  geschnitten  sein  sollte.  Die  ziemlich 
gute  Abbildung  Hess  auf  den  ersten  Blick  einen  Embryo  der  Aalmutter 
erkennen,    der  fast   zur  Geburt   reif,    nur  noch  einen  kleinen  Dottersack 

12* 


180  Die  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 

besass.  Sieht  man  nun  davon  ab,  dass  aus  dem  winzigen  Ei  des  Aales 
unmöglich  ein  grosser  Embryo  mit  einem  Dotterreste  entstanden  sein 
kann,  der  das  ganze  Ei  an  Grösse  mehrere  hundertmal  übertrifft,  sowie 
davon,  dass  aus  den  2 — 300  Jungen  der  Aalmutter  die  Phantasie  der 
Beobachter  tausend  gemacht  hatte,  so  erscheint  bei  dieser  Geschichte 
das  am  merkwürdigsten,  dass  von  einer  Aalräucherin ,  die  doch  in 
ihrem  Geschäft  Gelegenheit  genug  gehabt  hatte,  Aale  kennen  zu  lernen, 
die  erwachsene  Aalmutter  für  einen  Aal  angesehen  werden  konnte,  wenn 
es  die  Dame  nicht  etwa  auf  eine  Mystifikation  des  Herrn  Doctors  ab- 
gesehen hatte.  Bedauerlicher  Weise  ist  eine  Berichtigung  der  Eber- 
hard sehen  Mittheilung  in  der  „Gartenlaube"  nicht  gebracht  worden,  ob- 
wohl der  Thatbestand  in  kürzester  Zeit  sich  aufklärte. 

Inzwischen  ist  mit  der  grössten  Gewissheit  anzunehmen,  dass  der 
Aal  seine  Eier  wie  die  meisten  anderen  Fische  ablegt  und  zwar  wie  die 
Neunaugen  nur  einmal  laicht,  dann  aber  abstirbt.  Alle  Eier  eines  Aal- 
weibchens zeigen  nämlich  denselben  Reifezustand,  während  sich  bei  den 
jährlich  laichenden  Fischen  ausser  den  grossen  zur  Ablage  in  der  nächsten 
Laichperiode  bestimmten  Eiern  zahlreiche  andere  von  sehr  viel  geringerer 
Grösse  vorfinden,  die  erst  allmälig  heranwachsen  und  in  späteren  Jahren 
gelegt  werden.  Wie  aber  Millionen  junger  Aale,  wenn  sie  nicht  in 
mikroskopischer  Grösse  geboren  würden,  im  Leibe  der  Mutter  Platz 
finden  sollten,  ist  schwer  verständlich.  Von  dem  winzigen  Dotter  kann 
der  Aalembryo  unmöglich  längere  Zeit  leben  und  wachsen,  von  aussen 
her  kann  ihm  aber  nur  Nahrung  kommen,  wenn  er  nicht  mehr  im 
Mutterleibe  eingeschlossen  ist.  Aus  dem  Umstände,  dass  die  männlichen 
Aale  ausschliesslich  im  Meer-  und  Brackwasser  vorkommen,  die  weib- 
lichen Aale  der  Binnengewässer  aber  jährlich  eine  schon  dem  Aristoteles 
bekannte  Wanderung  nach  dem  Meere  unternehmen,  auf  welche  der 
Hauptfang  der  Aale  in  ständigen  Vorrichtungen  gegründet  ist,  sowie 
ferner  aus  dem  regelmässigen  Aufsteigen  der  jungen  Aalbrut  aus  dem 
Meere  in  Flüsse  und  Seen  ist  mit  unzweifelhafter  Sicherheit  zu  ent- 
nehmen, dass  die  Fortpflanzung  der  Aale  nur  im  Meere  stattfindet.  Alle 
Behauptungen  des  Gegentheils  sind  hinfällig,  indem  das  Vorkommen 
junger  Aalbrut  in  geschlossenen  Teichen  sich  sehr  wohl  aus  der  weiter- 
hin zu  besprechenden  Wanderlust  derselben  erklären  lässt,  in  solchen 
Gewässern  aber,  die  vollkommen  isolirt  liegen,  sich  die  eingesetzten  Aale 
zwar  sehr  wohl  befinden  und  schnell  wachsen,  sich  aber  niemals  ver- 
mehren. Ein  noch  zwingenderer  Beweis  dafür  ist  aber  in  dem  Umstände 
zu  finden,  dass  Seen,  die  früher  sehr  viele  Aale  enthielten,  bald  nach 
Anlage  einiger  hohen  Wehre   in    den  ihr  Wasser  zum  Meere  führenden 


Aal.  181 

Flüssen  ihren  Aalreiehthum  einbüssten,  so  dass  nach  Längerer  Zeit  nur 
noch  einzelne  grosse  und  alte  Aale  in  ihnen  gefangen  werden.  Ein 
Beispiel  dieser  Art  bietet  in  Westpreussen  der  im  Kreise  Konitz  gelegene 
Müskendorfer  See,  von  welchem  ich  gelegentlich  der  Wanderungen  der 
Aalbrut  noch  zu  berichten  haben  werde.  Fände  eine  Vermehrung  der 
Aale  auch  im  süssen  Wasser  statt,  so  wären  solche  Erscheinungen 
in  Seen,  deren  physikalische  Verhältnisse  in  keiner  Weise  verändert  sind, 
ganz  unerklärlich. 

Im  oberen  Lauf  längerer  Flüsse  beginnt  die  Thalwanderung  der 
Aale  schon  im  April  oder  Mai,  im  unteren  Lauf  und  in  kürzeren  Flüssen 
später.  In  allen  fliessenden  Gewässern  ist  der  Hauptaalfang  auf  diese 
Wanderung  gegründet.  Die  Aale  ziehen  nicht  ohne  Aufenthalt  stromab- 
wärts, vielmehr  verweilen  sie  unterwegs  hier  und  dort  längere  Zeit,  gehen 
auch  wol  wieder  etwas  stromauf  und  scheinen  namentlich  in  dunkelen 
dächten,  bei  trübem  Wetter  und  Gewitter  stromab  zu  gehen,  weil  sie  in 
solcher  Zeit  am  massenhaftesten  gefangen  werden.  Wahrscheinlich  kehren 
die  Aale,  nachdem  sie  einmal  ins  Meer  gelangt  sind  und  dort  gelaicht 
haben,  nicht  wieder  ins  süsse  Wasser  zurück,  sondern  sterben  dort  ab. 
Es  ist  niemals  ein  massenhaftes  Aufsteigen  erwachsener  Aale  im  Früh- 
jahr oder  Sommer  beobachtet  worden,  und  es  scheint  sicher  zu  sein,  dass 
alle  einmal  in  der  See  angelangten  weiblichen  Aale  dem  Fischer  ver- 
loren sind.  In  No.  8  der  Deutschen  Fischereizeitung  von  1878  theilt 
Dr.  Schoch  einige  ihm  von  Dr.  Jacoby  in  Triest  mitgetheilte  Beobach- 
tungen mit.  Es  heisst  in  seinem  Aufsatz  unter  anderm:  „Nach  dem 
Absetzen  des  Laiches  stirbt  der  weibliche  Aal  einen  physiologischen  Tod; 
man  hat  zeitweise  das  Meer  in  der  Nähe  der  Flussmündungen  mit  todten 
Aalen  bedeckt  gefunden,  deren  Ovarien  leer  waren."  Wann,  wo  und 
von  wem  diese  Beobachtung  gemacht  sei  und  wer  namentlich  die  Leere 
der  Eierstöcke  bei  diesen  Leichen  constatirt  habe,  wird  leider  nicht  berichtet. 
Ein  grosser  Theil  der  Aale  bleibt  während  die  anderen  dem  Meere  zueilen 
in  den  Binnengewässern  zurück,  sei  es,  dass  ihre  Eier  in  dieser  Periode 
noch  nicht  die  genügende  Reife  erlangt  haben,  sei  es,  dass  sie  überhaupt 
steril  bleiben.  Bei  den  wandernden  Aalen  lässt  sich  vom  August  oder 
September  an  eine  Vergrösserung  der  Eier  leicht  constatiren.  Während  sie 
in  den  früheren  Monaten  bei  allen  Aalen  mittlerer  Grösse  einen  Durchmesser 
von  höchstens  0,09  mm  haben,  fand  ich  sie  im  September  v.  J.  (im 
Durchschnitt  aus  zahlreichen  Messungen)  0,10,  im  October  0,16,  im 
November  0,18  bis  0,23  mm  gross,  auch  zeigten  sie  andere  Charaktere 
der  nahenden  Reife,  von  denen  in  früherer  Zeit  nichts  zu  bemerken  war. 
Alle   später  gefangenen  Aale,    die  noch    den  December  und  Januar  hin- 


182  Die  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 

durch  untersucht  wurden,  und  die  theils  aus  Flüssen  und  Haffen,  theils 
aus  dem  Putziger  Wiek  herstammten,  hatten  Eier  von  0,03  bis  0,09  mm, 
nur  ganz  ausnahmsweise  wurden  einige  von  0,16  mm  gefunden,  obwohl 
unter  den  Fischen  Thiere  von  1  m  Länge  sich  befanden. 

Man  darf  aus  diesen  Beobachtungen  wohl  den  Schluss  ziehen,  dass 
die  zum  Laichen  ziehenden  Aale  schon  im  December  die  Binnengewässer 
vollkommen  verlassen  und  tiefere  Stellen  der  See  aufgesucht  haben,  wo 
sie  mit  unseren  gebräuchlichen  Gezeugen  nicht  gefangen  werden  können. 
Nur  systematische  Untersuchungen  geeigneter  Stellen  des  Meeresgrundes 
mit  Schleppnetz  und  Mikroskop  dürften  zum  Auffinden  des  abgelegten 
Aaleies  führen.  Auch  möchte  sich  der  Versuch  empfehlen,  Wanderaale 
in  geeigneten  Behältern  auf  den  Meeresgrund  zu  versenken,  um  zu  con- 
statiren,  ob  unter  diesen  Umständen  ihre  Eier  weiter  reifen.  Bei  Be- 
nutzung grosser  Thiere  zu  diesem  Zwecke  könnte  man  durch  eng- 
maschige Gitter  auch  den  kleinern  männlichen  Aalen  den  Zutritt  in  den 
Behälter  möglich  machen.  Jedenfalls  fällt  nach  allen  Beobachtungen  die 
Laichzeit  des  Aales  in  den  Winter. 

Allerdings  behauptet  in  einem  „Zur  Naturgeschichte  der  Aale"  be- 
titelten Artikel,  der  sich  durch  sechs  Nummern  der  östereichisch-ungari- 
schen  Fischereizeitung  hinzieht,  ein  phantasiereicher  Mitarbeiter  dieses 
Blattes  unter  anderen  wunderbaren  Dingen  auch  das  Laichen  der  Aale 
in  Flüssen  und  Teichen  selber  beobachtet  zu  haben.  Ich  lasse  den  an- 
scheinend höchst  sachverständigen  Herrn  seinen  Sommernachtstraum 
mit  seinen  eigenen  Worten  erzählen,  um  zu  zeigen,  mit  welcher  Sicher- 
heit und  Ausführlichkeit  die  grundlosesten  Fabeln  über  die  Naturge- 
schichte des  Aales  von  jeher  verbreitet  worden  sind.  „Die  Action  des 
Laichens  der  Aale,"  berichtet  der  kühne  Augenzeuge,  „ist  interessant, 
die  Beobachtung  derselben  aber  äusserst  mühsam  und  beschwerlich  und 
überhaupt  nur  möglich,  wenn  die  Laichstellen  nach  der  Erfahrung  schon 
bekannt  sind;  man  muss  viele  Nächte  hindurch  am  Ufer,  hinter  Gebüsch 
versteckt,  mit  gespannter  Aufmerksamkeit  regungslos  lauern,  bis  diese 
nächtlichen  Abenteurer  im  seichten  Wasser  einhergezogen  kommen  und 
ihre  schlangenartigen  Bewegungen  an  der  Oberfläche  deutlich  sichtbar 
werden.  Sobald  sie  an  der  ihnen  geeignet  erscheinenden  Stelle  ver- 
sammelt sind,  geräth  das  Wasser  in  auffallende  Bewegung,  die  in  lange 
Strahlen  ausläuft,  dann  erfolgen  heftige  Schläge,  dass  das  Wasser  in  die 
Höhe  spritzt,  worauf  es  wieder  kleine  Wellen  bildet,  als  würde  sich  ein 
ziemlich  umfangreicher  Gegenstand  im  Wasser  wälzen,  nach  deren  Ver- 
lauf man  abwechselnd  einen  Theil  des  Körpers  der  kämpfenden  Rivalen 
oder    der    vergnügten    Paare    sieht.     Nach    Verlauf  von    beiläufig    einer 


Aal.  183 

Stunde  wird  es  ruhig,  man  sieht  wieder,  dass  das  Wasser  in  ver- 
schiedenen Richtungen  in  schlängelnden  Zuckungen  sich  bewegt,  die 
immer  mehr  und  mehr  dem  Auge  des  Beobachters  entschwinden,  indem 
die  Aale  den  Laichplatz  verlassen  und  entweder  nach  Nahrung  jagen,  oder 
nach  ihren  ruhigen  Wohnplätzen  ziehen.  Kommt  man  am  folgenden 
Tage,  von  der  grössten  Neugierde  geplagt,  zu  der  betreffenden  Stelle,  so 
sieht  man  vorläufig  nichts.  Erst  wenn  man  mit  einer  scharfen  Loupe 
die  Wasserpflanzen  sorgfältig  untersucht,  entdeckt  man  die  kleinen  grün- 
lich weissen  Eier  am  Boden  gebettet,  aus  welchen  die  jungen  Aale  nach 
beiläufig  sechs  Wochen  ausschlüpfen." 

Es  ist  nur  zu  bedauern,  dass  uns  der  ausdauernde  Beobachter  nicht 
die  ganze  Entwicklung  des  Eies  durch  photographische  Wiedergabe 
seiner  Phantasiebilder  illustrirt. 

Eine  andere  wundersame  Geschichte  wird  von  Dallmer  (Fische 
und  Fischerei  im  süssen  Wasser.  Segeberg  1877)  mitgetheilt.  An  der 
Flensburger  Föhrde  erzählte  ihm  ein  Aalräucherer,  wie  er  einmal  im 
April  in  einem  der  Säcke,  in  dem  ihm  Aale  zugeschickt  wurden,  und 
der  nach  seiner  Entleerung  mit  den  andern,  zufällig  wieder  zugebunden, 
ins  Wasser  gelegt  war,  nach  8 — 14  Tagen  Millionen  lebender,  junger 
Aale  von  1 — 2  Zoll  Länge  fand.  Er  meint  also,  dass  befruchteter  Laich 
in  dem  Sacke  gewesen  sei,  der  sich  in  8 — 14  Tagen  zu  Fischen  von 
1 — 2  Zoll  Länge  entwickelt  habe.  Eine  Million  junger  Aale  von 
iy2  Zoll  Länge  nimmt  einen  Baum  von  160  Litern  ein  oder  ca.  1/6  cbm, 
der  Form  des  Sackes  angepasst,  würden  sie  einen  Körper  von  1  m 
Länge  und  25  cm  Dicke  bilden.  Eine  solche  Menge  Fischchen  würde 
schwerlich  in  einem  zugebundenen  Sack  Futter  genug  finden,  um  von 
einer  winzigen  Grösse  (die  Eier  sind  ja  im  Eierstock  nur  0,23  mm  gross 
gefunden,  mögen  aber  abgelegt  0,5  mm  messen)  in  8  Tagen  eine  Länge 
von  1 — 2  Zoll  zu  erreichen;  nehmen  wir  aber  selbst  an,  dass  der 
Aalräucherer  einige  Hundert  Aeichen  mit  eben  so  viel  Millionen  ver- 
wechselt habe,  so  dürfte  man  doch  schwerlich  zugeben,  dass  diese 
Thierchen  in  8 — 14  Tagen  das  160fache  ihres  ursprünglichen  Volumens 
erreicht  hätten.  Sehr  viel  glaublicher  wird  die  Geschichte,  wenn  man 
annimmt,  dass  junge  Aalbrut  auf  der  Wanderung  nach  dem  süssen 
Wasser  in  den  vielleicht  nicht  fest  zugebundenen  Sack  sich  verirrt  habe. 

In  de  la  Blanchere's  Nouveau  Dictionaire  general  des  Peches, 
Paris  1868,  finde  ich  die  folgende  Notiz  ohne  Angabe  einer  Quelle: 
„Chenu  et  Desmarest  n'hesitent  pas  ä  affirmer  que  l'Anguille  fraye  dans 
la  vase  apres  une  sorte  d'accouplement.  Les  oeufs  restent  reunis  en- 
semble   par    une   viscosite    analogue    ä  celle   qui    reunit   les    oeufs   des 


184  Die  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 

Perches  d'eau  douce,  et  forment  de  petits  pelotons  ou  boules  arrondies: 
chaque  femelle,  comrae  ils  ont  pu  l'observer  produit  annuelle- 
nient  plusieurs  de  ces  boules.  Les  petits  eclosent  bientot  et  restent 
pendant  les  preniiers  jours  de  leur  uaissance,  reunis  daus  ces  pelotes; 
quand  ils  ont  atteint  0  m,  04  ou  0,  m  05  de  longueur,  ils  se  debarassent 
des  Kens  qui  les  retenaient  et  bientot  remontent  tous,  en  bancles  serrees 
et  excessivement  nombreuses,  les  fleuves  ou  les  affluents  pres  desquels 
ils  se  trouvent."  Danach  würden  also  die  Eier  in  Schleimklumpen  ab- 
gelegt, innerhalb  deren  die  Jungen  in  einigen  Tagen  ausschlüpfen,  um 
ein  paar  Tage  später  sich  zu  trennen  und  frei  umherzuschwimmeD. 
Wann  und  wo  die  genannten  Forscher  diese  Beobachtungen  gemacht  haben, 
ist  aus  dem  Dictionaire  nicht  ersichtlich.  Jedenfalls  ist  es  schwer  ver- 
ständlich, wie  sie  sich  überzeugt  haben,  dass  dasselbe  Aalweibchen 
jährlich    einige  Eierklumpen  ablegt. 

Die  im  Meere  aus  den  Eiern  geschlüpften  jungen  Aale  leben  ver- 
muthlich  am  Grunde,  um  zunächst  durch  reichliche  Nahrungsaufnahme 
zu  einer  Grösse  von  1 — 3  cm  heranzuwachsen.  In  dieser  Grösse  begeben 
sie  sich  in  ungeheuren  Schaaren  auf  die  Wanderschaft,  um  in  die 
Flüsse  und  Seen  aufzusteigen.  Diese  Wanderung  der  jungen  Aale  ist 
seit  langer  Zeit  bekannt,  namentlich  in  den  Lagunen  von  Comacchio,  in 
welche  sie  meistens  in  einer  Länge  von  nur  6 — 8  mm  einwandern  sollen,  und 
in  Frankreich,  später  sind  sie  auch  in  England,  Dänemark,  Schweden  und 
seit  Kurzem  in  Deutschland  beobachtet  worden. 

Nach  französischen  Berichten  halten  sich  die  dort  schon  im  Winter 
aus  dem  Ei  schlüpfenden  Aale  an  der  Mündung  der  Loire  während  des 
Februars  als  4 — 5  cm  lange  Thierchen  in  ungeheurer  Menge  im  Brack- 
wasser auf,  um  später  flussaufwärts  zu  wandern.  Sie  ziehen  in  ge- 
drängten Schaaren  an  der  Oberfläche  der  Flüsse  dicht  am  Ufer  hin,  und 
kleine  Theile  des  Schwarmes  zweigen  sich  bei  jedem  Nebenflusse  ab,  um  in 
diesen  hinauf  zu  wandern.  Diese  Schwärme  junger  Aale  werden  in  Frankreich 
als  montee,  in  Italien  als  montata  bezeichnet.  Die  Masse  der  jungen  Thiere 
ist  entsprechend  der  Zahl  der  Eierstockseier  des  Aales,  eine  ungeheure. 
Schon  Eedi  erzählt,  dass  von  Ende  Januar  bis  Ende  April  die  Brut  den 
Arno  hinaufwandere  und  im  Jahre  1667  in  fünf  Stunden  über  3  Mill. 
Pfund  derselben  gefangen  seien.  In  die  Lagunen  von  Comacchio  ziehen 
die  Aale  vom  Februar  bis  April  ein,  im  März  und  April  werden  sie  in 
vielen  französischen  Flüssen  beobachtet,  in  welchen  der  Zug  8 — 14  Tage 
lang  dauern  soll.  In  Deutschland  rührt  die  erste  Beobachtung  dieser 
Wanderungen  von  Ehlers  her.  Derselbe  schreibt  darüber  1863  an  Siebold: 
„Es  war  vor  ungefähr  zehn  Jahren,  im  Dorf  Drennhausen,  Amts  .Wiesen, 


Aal.  185 

im  Königreich  Hannover,  als  wir  eines  Morgens,  Ende  Juni  oder  Anfang 
Juli,  auf  den  dort  unmittelbar  an  die  Elbe  stossenden  Deich  tretend, 
sahen,  dass  sich  am  ganzen  Ufer  entlang  ein  dunkler  Streif  fortbewegte. 
Wie  für  die  Bewohner  der  dortigen  Elbmarsch  Alles,  was  sich  auf  und 
in  der  Elbe  ereignet,  von  Interesse  ist,  so  zog  auch  diese  Erscheinung 
sofort  die  Aufmerksamkeit  auf  sich,  und  es  ergab  sich,  dass  dieser  dunkle 
Streif  von  einer  unzähligen  Menge  junger  Aale  gebildet  wurde,  die  dicht 
aneinaudergedrängt  an  der  Oberfläche  des  Flusses  stromaufwärts  zogen 
und  sich  dabei  stets  so  nahe  und  unmittelbar  am  Ufer  hielten,  dass  sie 
alle  Krümmungen  und  Ausbuchtungen  desselben  mitmachten.  Die  Breite 
dieses  aus  Fischen  gebildeten  Streifens  mochte  an  der  Stelle,  wo  er  be- 
obachtet wurde  und  wo  die  Elbe  eine  bedeutende  Tiefe  hatte,  etwa  einen 
Fuss  breit  sein,  wie  gross  die  Mächtigkeit  desselben  nach  unten  sei, 
wurde  nicht  beobachtet.  So  dicht  gedrängt  aber  schwammen  hier  die 
jungen  Aale,  dass  man  bei  jedem  Zuge,  den  man  mit  einem  Gefässe 
durchs  Wasser  that,  eine  grosse  Menge  der  Fische  erhielt,  und  diese  für 
die  Anwohner  der  Elbe  insoweit  lästig  wurden,  als  sie,  so  lange  der 
Zug  der  Fische  dauerte,  kein  Wasser  aus  der  Elbe  schöpfen  konnten, 
das  nicht  von  den  kleinen  Fischen  gefüllt  war.  Die  Grösse  der  einzelnen 
jungen  Aale  betrug  durchschnittlich  wohl  3  bis  4  Zoll,  die  Dicke  der 
Körper  erreichte  ungefähr  die  eines  Gänsekiels.  Vereinzelt  schwammen 
Aale  von  bedeutender  Grösse  dazwischen,  doch  möchte  wohl  keiner  über 
8  Zoll  lang  gewesen  sein.  Alle  Thiere,  auch  die  kleinsten,  waren  völlig 
dunkel  gefärbt.  Dieser  wunderbare  Zug  der  Fische  dauerte  ununter- 
brochen in  gleicher  Stärke  den  ganzen  Tag  hindurch,  an  dem  er  zuerst 
beobachtet  wurde  und  setzte  sich  auch  noch  am  folgenden  fort.  Am 
Morgen  des  dritten  Tages  war  aber  nirgends  mehr  einer  der  jungen  Aale 
zu  sehen.'1 

Aehnliche  Beobachtungen  sind  bei  Wittenberge  an  der  Elbe  ge- 
macht. Kupffer  hat  Mengen  junger  Aale  von  ca.  3  cm  Länge  im 
Brackwasser  der  Eider  bei  Friedrichstadt  beobachtet,  ebenso  v.  Stemann 
bei  Rendsburg.  „Alljährlich,"  berichtet  der  letztere,  „in  der  Zeit  vom  April  bis 
Ende  Juni  erscheinen  in  der  Unter-Eider  bei  Rendsburg  grosse  Massen  junger 
Aale,  welche  in  dichten  Zügen  die  Absperrungen  gegen  die  Ober-Eider  er- 
reichen und  in  jeder  möglichen  Weise  zu  überwinden  suchen.  Im  April 
zeigten  sich  die  ersten  Aale,  jedoch  nur  vereinzelt;  kalte  Witterung  hat  die- 
selben bis  jetzt  offenbar  zurückgehalten,  denn  ein  Aufsteigen  hat  bis  heute 
in  diesem  Jahre  nicht  stattgefunden,  dies  beginnt  erst  beim  Eintreffen  der 
grossen  Schwärme.  Bei  geringerem  Strome  ist  der  Zug  breit,  sobald 
aber    aus   einer    Mühle   den  Aalen    starke   Strömung  entgegentritt,    wird 


136  Die  preussischen  Fische.     Schwimmbläser. 

derselbe  ganz  schmal  und  presst  sich  hart  an  das  Ufer,  um  den  Strom 
zu  überwinden.  Die  Thierchen  schwimmen  rastlos  und  recht  geschwind 
an  den  Ufern  entlang,  bis  sie  einen  Punkt  finden,  an  dem  sie  das  Auf- 
steigen versuchen.  Hier  lagern  sie  sich  zu  grossen  oft  2  dem  hohen 
Haufen  und  scheinen  den  Eintritt  der  Fluth  in  die  Unter-Eider  abzu- 
warten, welche  ihnen  das  Aufsteigen  erleichtert.  Dann  beginnt  die  ganze 
Masse  sich  aufzulösen  und  unaufhaltsam  geht  Aal  neben  Aal  an  einer 
steilen  Felsenmauer  hinauf,  um  verschiedene  kleine  Löcher  in  5 — 6  dem 
Höhe  zu  erreichen,  welche  fast  tropfenweise  etwas  Ober-Eiderwasser  hin- 
durch lassen.  In  diese  Löcher  kriechen  die  Thierchen  hinein  und  müssen 
einen  Weg  unter  der  Strasse  von  15  m  Länge  sich  fortbewegen,  ehe  sie 
die  Ober- Eider  erreichen.  Ein  anderer  Theil  bewegt  sich  nach  den 
Schleusen  und  erklettert  hier  die  Ritzen  im  Holze ;  auch  bei  den  Mühlen 
ist  das  Aufsteigen  stets  zu  beobachten,  vornehmlich  bei  Sonnenaufgang. 
Zum  Versenden  der  Aalbrut  nehme  ich  nur  die  frisch  herumschwimmen- 
den Thierchen,  denn  die  auf  einem  Klumpen  liegenden  sind  nicht  so 
kräftig.  Diese  Letzteren  lasse  ich  zu  grossen  Haufen  in  die  Ober-Eider 
setzen."  Aehnliches  berichtet  Davy  aus  Irland.  „Ich  befand  mich,"  sagt 
er  „gegen  Ende  Juli  zu  Ballyshannon  an  der  Mündung  des  Flusses,  der  die 
ganzen  vorigen  Monate 'sehr  hohes  Wasser  gehabt  hatte.  Wo  er  seinen  Fall 
macht,  war  er  ganz  schwarz  von  Millionen  kleiner,  etwa  fingerlanger 
Aale,  die  fortwährend  den  nassen  Felsen  an  den  Ufern  des  Wasserfalles 
zu  erklimmen  suchten.  Sie  kamen  dabei  zu  Tausenden  um,  aber  ihre 
feuchten,  schlüpfrigen  Körper  dienten  den  übrigen  gleichsam  zur  Leiter, 
um  ihren  Weg  fortzusetzen.  Ihre  Ausdauer  war  so  gross,  dass  sie  doch 
in  ungeheurer  Menge  ihren  Weg  bis  Loch  Erne  erzwangen."  Bei  der 
Versendung  von  Aalbrut  hat  man  häufig  Gelegenheit,  zu  sehen,  wie  die- 
selbe aus  den  Wassergefässen  heraus  und  an  senkrechten  Wänden  weit 
in  die  Höhe  kriecht,  ja,  an  der  Decke  des  Zimmers  entlang  geht.  Dass 
sie  bei  solchem  Wandertriebe  auch  enge  Teiche  verlassen,  um  auf  feuchtem 
Boden  sich  in  benachbarte  Gewässer  zu  begeben,  ist  nicht  wunderbar, 
und  es  wird  dies  bei  der  Besetzung  kleiner  isolirter  Teiche  mit  Aalbrut 
häufig  bemerkt. 

Bei  den  kleinen  aufsteigenden  Aalen  ist  eine  Anlage  von  Ge- 
schlechtsorganen noch  nicht  sichtbar,  es  entwickeln  sich  aber  die  auf- 
steigenden Thiere  im  süssen  Wasser  ausschliesslich  zu  Weibchen.  Eine 
in  neuester  Zeit  von  Dr.  Pauly  in  München  gemachte  Beobachtung 
scheint  dieser  Annahme  allerdings  zu  widersprechen,  indem  der  Genannte 
männliche  Aale  unter  solchen  entdeckte,  die  als  Montee  nach  Hüningen 
gekommen,    dort   zwei   Jahre  in    Teichen   gehalten    und    endlich    in    die 


Aal.  187 

Bassins  des  Hoffischers  Kiiffer  gelangt  waren.  Es  ist  aber  zu  berück- 
sichtigen, dass  die  Montee  an  der  Mündung  französischer  Flüsse  im 
Brackwasser  gewonnen  war,  und  dass  sich  unter  den  zahllosen  ganz 
kleinen  Aalen,  die  sich  im  Brackwasser  tummeln,  immer  auch  viele 
grössere  Exemplare  befinden,  bei  denen  wahrscheinlich  die  männlichen  Ge- 
schlechtsorgane schon  angelegt  sind.  Solche  sind  es  wohl,  die,  schon 
als  Männchen  nach  Hüningen  und  München  transportirt  und  dort  als 
solche  erkannt  sind.  Diese  Yermuthung  würde  nur  widerlegt  werden, 
wenn  man  auch  unter  den  im  oberen  Lauf  von  Flüssen  als  Montee  ge- 
fangenen Aalen  sich  Männchen  entwickeln  sähe. 

Ton  einer  auffälligen  Beobachtung,  die  mit  der  Wanderung  der 
jungen  Aalbrut  zusammenhängt,  erhielt  ich  im  vorigen  Jahre  bei  einer 
Bereisung  der  Gewässer  des  Kreises  Konitz  Kunde.  In  der  Brahe  wurde 
1846 — 1847  bei  Mühlhof  oberhalb  Kittel  ein  hohes  Wehr  erbaut,  um 
durch  Stauung  des  Flusses  einen  grossen  Wiesencomplex  zu  bewässern. 
Unterhalb  des  Wehres  ist  eine  geneigte  Ebene  von  Bohlen  angelegt,  die 
etwa  100  Schritt  lang  ist  und  verhüten  soll,  dass  das  beim  Ziehen  der 
Schleuse  gewaltsam  herabstürzende  Wasser  den  Grund  und  die  Ufer 
abspüle.  Dieser  Bretterboden  bestand  aus  zwei  Lagen,  einer  unteren  von 
zweizölligen  und  einer  oberen  von  dreizölligen  Bohlen.  Die  beträchtliche 
Höhe  des  Mühlhöfer  Wehres  (13  m)  hat  der  aufsteigenden  Aalbrut  den  Ein- 
tritt in  den  Oberlauf  der  Brahe  und  die  damit  zusammenhängenden  Seen 
vollkommen  abgeschnitten,  und  die  Zahl  der  oberhalb  des  Wehres  ge- 
fangenen Aale,  die  früher  sehr  beträchtlich  war,  hat  sich  allmälig  fast 
auf  Null  reducirt.  Im  Jahre  1847  war  der  Bau  des  Wehres  und  der 
geneigten  Ebene  vollendet  worden,  1852  hob  sich  der  obere  Bohlenboden 
der  Ebene  an  verschiedenen  Stellen  in  sehr  unregelmässiger  Weise,  so 
dass  er  behufs  einer  ausgedehnten  Reparatur  aufgerissen  werden  musste. 
Damit  wurde  zugleich  die  Ursache  der  Hebung  entdeckt,  tausende  von 
fingerdicken  Aalen,  in  Folge  des  Lichtmangels  von  äusserst  bleicher 
Färbung  und  grossentheils  mehr  oder  weniger  platt  gedrückt,  erfüllten 
den  Raum  zwischen  beiden  Bohlenlagen,  und  ihrem  vereinten  Drängen 
hatte  der  obere  Boden  weichen  müssen.  Jedenfalls  waren  diese  Aale  als 
Montee  zwischen  beide  Böden  eingedrungen,  hatten  hier  genügende  Nahrung 
gefunden  und  waren  herangewachsen,  bis  die  Zunahme  ihres  Yolumens 
die  Decke  ihres  Gefängnisses  gesprengt  hatte.  Diese  mir  von  einem  alten 
Schleusenarbeiter  mitgetheilte  Thatsache  wird  mir  von  Herrn  Geh.  Reg.- 
Rath  Schmicl  in  Marienwerder,  welcher  damals  die  Bauarbeiten  an  der 
Mühlhöfer  Schleuse  ausführen  liess,  in  vollem  Umfange  bestätigt. 

Aale,    die   im  Mai   in    der  Länge  von  10  cm  in    geeignete    Teiche 


188  Die  preussischen  Fische.     Büschelkiemer. 

gesetzt  werden,  erreichen  bis  Ende  October  eine  Länge  von  25  cm 
und  die  Dicke  eines  kleinen  Fingers,  im  nächsten  Herbst  messen  sie 
schon  50 — 60  cm  und  sind  im  dritten  Jahre  für  die  Küche  reif.  Bei 
diesem  schnellen  Waehsthum  und  ihrer  Genügsamkeit,  indem  sie  sich 
in  Torflöchern  und  ähnlichen  Gewässern  aller  Art  wohl  befinden,  ist 
die  Aufzucht  von  Aalen  ein  sehr  lohnendes  Geschäft.  Die  jungen 
Thiere,  von  denen  bei  ihrem  ersten  Erscheinen  in  den  Flussmündungen 
3000 — 3500  auf  das  Kilo  gehen,  während,  wenn  sie  später  etwas  entfernter 
vom  Meere  gefangen  werden,  schon  7 — 800  Stück  soviel  wiegen,  können 
über  Hüningen  aus  Frankreich,  neuerdings  auch  in  Deutschland  von 
Rendsburg  und  durch  das  Berliner  Aquarium  von  Wittenberge  zu  billigem 
Preise  bezogen  werden  und  lassen  sich,  wenn  die  Lufttemperatur  nicht 
zu  hoch  ist,  in  feuchtem  Kraut  (besonders  geeignet  ist  die  Wasserpest, 
Elodea  canadensis)  durch  ganz  Deutschland  versenden.  Nach  Angabe 
des  bekannten  Pariser  Fischhändlers  Millet  wurden  von  einem  Kilo  im 
Jahre  1840  in  ausgedehnte  Torfstiche  an  der  Aisne  eingesetzter  Montee 
in  5  Jahren  2500  kg  schöner  Aale  gefangen.  Solche  Erfolge  dürften  zur 
Nachahmung  einladen. 

Ordnung  der  Büschelkiemer. 
Lophobranchii. 

Die  Kiemen  sind  büschelförmig.  Die  Schnauze  röhrenartig  ver- 
längert mit  kleinem  zahnlosen  Munde.  Der  Körper  ist  lang  gestreckt,  mit 
Schienen  gedeckt.  Rippen  sind  nicht  vorhanden.  Die  Schwimmblase  ist 
gross,  ohne  Luftgang.  Kleine  Seefische,  die  sich  in  der  Nähe  des  Ufers 
zwischen  Tang  und  Seegras  aufhalten.  Das  Männchen  trägt  die  vom 
Weibchen  an  seinen  Bauch  gehefteten  Eier  bis  zum  Ausschlüpfen  der 
Jungen. 

Familie  der  Nadelfische,  Syngnathini. 
Der  Körper  ist   sehr  lang  gestreckt,   die  Kiemenspalte   bis   auf  ein 
kleines  Loch  von  der  Haut  überzogen.     Die  Bauchflossen   fehlen  immer, 
mitunter  auch  andere. 

Gattung  Syngnathus  L. 

Der  Körper  ist  kantig,  ebenso  breit  als  hoch.  Die  Mundspalte  steht 
fast  senkrecht.  Die  Kiemenöffnung  liegt  hoch  oben,  in  der  Gegend  des 
Nackens,  dicht  dahinter,  wenn  vorhanden,  die  kleine  Brustflosse.  Bei 
den  eben  ausgeschlüpften  Jungen  ist  der  ganze  Schwanz  mit  einer  Sanni- 
flosse  umgeben,  auch  sind  Brustflossen  bei  ihnen  immer  vorhanden,  sie 
schwimmen  anfangs  senkrecht  an  der  Oberfläche  des  Wassers. 


Grosse  Seenadel. 


189 


S.  10. 

Ton  den  sieben  Längs- 
Der  Kopf  ist  oben  flach, 


68.  Die  grosse  Seenadel.     Syiignathus  typhle  r. 

lii,  knr.:  jnros  adata. 
K.  2.  R.  36.  Br.  14.  A.  6. 
Der  Körper  ist  lang  gestreckt,  siebenkantig, 
leisten  gehen  nur  vier  auf  den  Schwanz  über, 
schnabelförmig  verlängert,  der  Schnabel  seitlich  stark  zusammengedrückt. 
Der  Anfang  der  Rückenflosse  liegt  genau  über  dem  After,  die  Brustflosse 
steht  dicht  hinter  der  Kiemenöffnung,  die  Schwanzflosse  ist  klein,  zuge- 
spitzt. Die  Färbung  ist  ein  schmutziges  Graugelb  oder  Olivenbraun  mit 
brauner  Marmorirung,  oder  ein  schmutziges  Grün  mit  gelben  Flecken, 
oft   mit    vielen    kleinen    weisslichen   Punkten    bestreut.      Die    Seenadeln 


— o—  ' 

Q 

Q  2- 


2?*- 


Fig.  125.  Die  grosse  Seenadel  mit  Querschnitt  des  Rumpfes  (1),  des  Schwanzes  (2), 
Bauchseite  (3)  und  Querschnitt  (4)  eines  Männchens  und  Knochenschiene. 

haben  die  Fähigkeit,  ihre  Färbung  sehr  schnell  zu  ändern  und  ihrer 
Umgebung  anzupassen.  Sie  halten  sich  meistens  zwischen  Seegras  auf, 
erscheinen  in  dem  frischen  grün,  im  abgestorbenen  braun.  Sie  leben 
von  kleinen  wirbellosen  Thieren,  die  sie  in  Menge  zwischen  dem  See- 
eras  und  anderem  Kraut  finden.     Das  meistens  kleinere  Männchen  hat  an 

O  m 

der  Bauchseite  eine  vom  After  bis  zum  hinteren  Drittheil  des  Schwanzes 
reichende  Furche,  die  durch  zwei  dünne  häutige  Klappen  geschlossen  wird, 
beim  Herannahen  der  Laichzeit  im  April  oder  Mai  anschwillt  und  die  Eier 
aufnimmt,  die  darin  bis  zum  Ausschlüpfen  der  Jungen  getragen  werden. 
Während  viele  Thiere  schon  im  Mai  laichen,  verzögert  sich  die  Ablage 
der  Eier  bei  anderen  regelmässig  bis  in  den  August  hinein.  Die  grosse 
Seenadel  erreicht  eine  Länge  von  15 — 30  cm,  wird  nur  gelegentlich  ge- 
fangen und  nicht  verwerthet. 


190 


Die  preussischen  Fische.     Büschelkiemer.      Schmelzschupper. 


69.     Die  kleine  Seenadel.     Syngnatlms  ophidion  L.. 

Sturmfiseh. 

lit,  kur.:  juros  adata. 

K.  2.     K.  34—38. 

Der  Körper  ist  äusserst  schlank,  60mal  länger  als  hoch,  rundlich,  nur 
mit  sehr  schwachen  Längsleisten  an  Rücken  und  Bauch.  An  dem  zu  einem 
kurzen  Schnabel  verlängerten  Kopfe  springen  die  Augen  in  der  Mitte  zwischen 
der  Schnauzenspitze  und  der  kleinen  Kiemenöffnung  stark  vor,  die  allein 
vorhandene  Rückenflosse  ist  niedrig,  der  After  liegt  etwa  in  der  Mitte 
des  Körpers.  Die  Grundfarbe  des  Körpers  ist  ein  schmutziges  Gelb-  oder 
Graugrün,  an  den  Seiten  bemerkt  man  oft  einige  blaue  rundliche  Flecke 
und  auf  dem  Kiemendeckel  mehrere  schön  hellblaue  Längsstriche  und 
unterbrochene  Längslinien.     Beim  Weibchen  entwickelt  sich  in  der  vom 


Fig.  126.  Die  kleine  Seenadel  mit  Bauchansicht  des  eiertragenden  Männchens  und 

Querschnitten. 

Mai  bis  Juli  sich  erstreckenden  Laichzeit  eine  schwärzliche  Hautfalte  in 
der  Mittellinie  des  Rückens  und  gleichzeitig  treten  die  opalisirenden 
blauen  Linien  und  Flecken  am  ganzen  Körper  stärker  hervor.  Die  kleinen 
Seenadeln  leben  wie  die  vorige  zwischen  Seepflanzen,  um  welche  sie 
den  sehr  biegsamen  Schwanz  schlingen  und  erreichen  eine  Länge  von 
18 — 25  cm.  Die  ca.  1  mm  grossen  Eier  werden  dem  Männchen,  welches 
keine  Bauchfurche  besitzt,  in  2 — 4  Reihen  an  der  Bauchseite  befestigt, 
man  findet  häufig  gleichzeitig  solche  in  sehr  verschiedenen  Entwickelungs- 
stadien.  Yon  Raubfischen  werden  die  Seenadeln  gemieden,  und  wenn 
sie  ihnen  unversehens  ins  Maul  kommen,  sogleich  wieder  ausgeworfen. 

Die  Schmelzschupper,  Ganoidei. 
Der  Körper  ist  mit  grossen  Knochenschildern  gepanzert.     Die  kamm- 
förmigen  Kiemen  sind  von  einem  einfachen,  nicht  aus  mehreren  Stücken 
bestellenden  Kiemendeckel  bedeckt.     Die  einfache  Schwimmblase  ist  durch 
einen  Luftgang  mit  dem  Nahrungskanal  verbunden. 


Stör.  191 

Familie  der  Störe,  Accipenserini. 
Die  Wirbelsäule  und  der  Schädel  sind  knorpelig-,  erstere  setzt  sich 
bis  in  die  Spitze  des  oberen  Schwanzlappens  fort.  Die  dreieckige  Schnauze 
wird  von  den  über  die  Kiefer  weit  vorragenden  übrigen  Gesichtsknochen 
gebildet.  Der  unterständige  kleine  Mund  ist  sehr  vorstreckbar,  zahnlos. 
Die  Kiernenhaut  enthält  keine  Strahlen.  Am  oberen  Kande  des  Kiemen- 
deckels findet  sich  über  der  Kiemenspalte  eine  kleine  Oefmung,  das  so- 
genannte Spritzloch,  welches  ebenfalls  in  die  Kiemenhöhle  führt. 

Gattung  Accipenser  L. 

Der  Kopf  ist  von  Knochenplatten  vollkommen  gedeckt,  der  gestreckte 
Leib  mit  fünf  Längsreihen  grösserer  und  kleinerer  Knochenschilder  be- 
setzt. Zwischen  der  Schnauzenspitze  und  dem  Munde  stehen  in  einer 
Querreihe  vier  Barteln. 

70.     Der  Stör.     Accipenser  stnrio  L.. 

altpr.:  esketres;    lit:  erszketras,  störe;    kur.:  sture;    niass.,  kass.: 

jesiotr,  jasiotr,  lasioter. 
R  11/29.     Br.  1/38.     B.  11/14.     A.  11/14.     S.  11.   11.  75. 

Der  Körper  ist  gestreckt,  8mal  länger  als  hoch,  namentlich  in  der 
Jugend  scharf  fünf  kantig,  während  er  im  späteren  Alter  durch  allmälige 
Abnutzung  der  spitzen  Buckel  auf  den  Knochenschildern  mehr  rundlich 
erscheint.  In  der  Mittellinie  des  Kückens  liegen  11 — 13  Schilder,  von 
denen  die  mittleren  am  grössten  sind,  die  beiden  oberen  Seitenkanten 
enthalten  je  30 — 33,  die  unteren,  den  Bauch  begrenzenden  je  11 — 13  Kno- 
chenschilder. Die  sämmthchen  Schilder  haben  eine  rhombische  Gestalt, 
sind  an  der  Oberfläche  körnig  und  mit  vielen  kleinen  Grübchen  versehen,  und 
erheben  sich  in  der  Mitte  zu  einer  in  der  Jugend  ganz  scharfen  Spitze,  die 
sich  mit  der  Zeit  in  einen  flachen  Buckel  verwandelt.  Zwischen  den  Kno- 
chenschildern erscheint  die  Körperhaut  durch  zahlreiche  kleine  in  sie  einge- 
lagerte Knochentäfelchen  chagrinartig  rauh.  Die  Schwanzwurzel  und  der 
obere  Lappen  der  Schwanzflosse  ist  mit  kleinen,  rhombischen,  dicht  an  ein- 
ander schliessenden  Knochenplättchen  bedeckt.  An  der  Bauchseite  liegen 
zwei  grosse  Knochenschilder  dicht  hinter  der  Kiemenspalte.  Die  Brustflosse 
beginnt  mit  einem  sehr  starken  Knochen  strahl,  der  kürzer  ist  als  die 
folgenden  gegliederten  Strahlen,  die  Kückenflosse  ist  weit  nach  hinten 
gerückt  und  steht  etwas  vor  der  Afterflosse.  Die  Bauchflossen  sind  klein, 
dem  After  nahe  gerückt.  Die  Schwanzflosse  ist  ungleichlappig,  ihr  oberer 
Lappen  sehr  viel  grösser,  sichelförmig.  Der  Kopf  ist  dreieckig,  die 
Schnauze  pflegt  in  der  Jugend  verhältnissmässig  sehr  viel  länger  und 
spitzer  zu  sein,  doch  findet  man  auch  bei  erwachsenen  Thieren    oft  sehr 


192 


Die  preussischen  Fische.     Schmelzschupper. 


erhebliche  Differenzen  im  Profil  des  Kopfes.  Der  kleine  zahnlose  Mund 
ist  stark  vorstreckbar,  hat  eine  schmale  Oberlippe  und  eine  wulstige,  in 
der  Mitte  getheilte  Unterlippe.  Zwischen  Mund  und  Schnauzenspitze  stehen 
in  einer  Querreihe  vier  runde  glatte  Barteln,  die  zurückgelegt  nicht  bis  zum 
Munde  reichen.  Von  diesem  verläuft  bis  zur  Schnauzenspitze  eine  erhabene, 
vorne  verbreiterte,    mit    rauhen  Knochenschildchen  bedeckte   Mittelleiste. 


Fig.  127.  Der  Stör  mit  Köpfen  im  Profil  und  von  unten,  Querschnitt  und  Knochenschiene. 

Die  Augen  sind  klein,  mit  gelber  Iris  und  stehen  etwas  vor  dem  Munde 
an  den  Seiten  des  Kopfes,  davor  und  etwas  niedriger  die  doppelten  Nasen- 
öffnungen. Die  Färbung  der  Oberseite  schwankt  zwischen  blaugrau  und 
gelbgrau,  die  Seiten  sind  wie  die  Flössen  graulich,  der  Bauch  rein 
weiss.     Der  Magen  ist  fleischig,  der  Darm  kurz,  mit  einer  ihn  der  ganzen 


Stör.  193 

Länge  nach  durchziehenden  Spiralklappe  versehen,  die  Schwimmblase 
gross  und  eiförmig. 

Der  Stör  erreicht  bei  uns  gewöhnlich  nur  eine  Länge  von  2 — 3  m, 
wird  aber  mitunter  bis  6  m  laug.  Er  bewohnt  die  Tiefe  der  Ostsee, 
steigt  im  Frühjahr,  um  zu  laichen,  in  die  Flüsse  hinauf  und  geht 
in  der  Memel  bis  Tilsit,  im  Pregel  bis  Insterburg,  in  der  Weichsel  bis 
Gafizien  aufwärts.  Er  lebt  von  wirbellosen  Thieren,  kleinen  Fischen,  auch 
von  vegetabilischem  Schlamm.  Die  Zahl  der  schwarzen,  ca.  2  mm  grossen 
Eier  beträgt  mehrere  Millionen,  sie  werden  im  Mai  oder  Juni  abgesetzt 
und  die  Jungen  schlüpfen  schon  nach  fünf  Tagen  aus  um  allmälig  dem 
Meere  zuzuwandern.  Der  Stör  war  früher  an  uusern  Küsten  sehr  viel 
häufiger  als  jetzt,  wurde  massenhaft  gefangen  und  zubereitet  weithin  ver- 
schickt. Jetzt  wird  er  in  grösserer  Zahl  nur  noch  bei  Nidden  an  der 
kurischen  Nehrung,  bei  Neufähr  und  in  der  Weichsel  gefangen.  Sein 
Fleisch  wird  mit  Unrecht  gering  geachtet,  es  ist  auf  verschiedene 
Weise  zubereitet  sehr  schmackhaft,  wird  aber  bei  uns  meistens  nur 
in  Stücken  warm  geräuchert.  Der  unreife  Rogen  wird  zu  Caviar 
verarbeitet,  der  ganz  frisch  dem  russischen  Caviar  in  Nichts  nachsteht, 
wegen  mangelhafter  Zubereitung  aber  schnell  verdirbt.  Die  Blase  ist 
zur  Herstellung  eines  feinen  Leimes  der  Hausenblase  gleich werthig.  Eine 
künstliche  Befruchtung  des  Störlaiches,  die  in  Amerika  und  Schleswig- 
Holstein  bereits  mit  bestem  Erfolge  vorgenommen  wurde,  ist  auch  bei 
uns  dringend  zu  empfehlen,  zumal  die  Beaufsichtigung  der  Eier  und  der 
Brut  nur  10 — 14  Tage  dauert  und  die  Jungen,  ohne  unseren  Flussfischen  die 
Nahrung  zu  schmälern,  bald  auswandern  um  im  Meere  heranzuwachsen. 

Die  Rundmäuler,  Cyelostomi, 

haben  einen  cylindrischen  Körper  ohne  Brust-  und  Bauchflossen.  Ihr 
Skelett  ist  knorpelig,  der  Mund  ohne  eigentliche  Kiefer,  kreisförmig, 
fleischig,  zum  Ansaugen  geeignet.  Die  Kiemen  sind  festgewachsen,  von 
keinem  Deckelapparat  geschützt.  Die  unpaarige  Nasenöffnung  hegt  vor 
den  Augen  in  der  Mittellinie  des  Kopfes. 

Familie  der  Neunaugen,  Petromyzontini. 
Die  Nasenöffnung  führt  in  eine  nicht  mit  der  Mundhöhle  zusammen- 
hängende Nasengrube.  Die  Kiemen  sind  beuteiförmig,  jederseits  7  an 
Zahl.  Sie  münden  aussen  mit  freien  Oeffnungen  (Kiemenlöchern),  innen 
führen  sie  alle  in  einen  gemeinsamen,  vorne  mit  der  Mundhöhle  zu- 
sammenhängenden Kiemengang.     Die  Rücken-,  After-  und  Schwanzflosse 

13 


194  Die  preussischen  Fische.     Rundmäuler. 

ist  von  zahlreichen  feinen  knorpeligen  Strahlen  gestützt.  Der  Darm  ver- 
läuft von  dem  Saugmunde  bis  zum  After  als  ein  gerader  Kanal,  an 
dem  sich  besondere  Abschnitte  nicht  unterscheiden  lassen. 

Gattung  Petromyzon  L. 

Die  runde  Saugscheibe  ist  mit  einer  verschiedenen  Zahl  in  con- 
centrischen  Kreisen  angeordneter  horniger  Zähne  besetzt.  Wenn  die 
Thiere  nicht  angesogen  sind,  legen  sich  die  Ränder  des  Mundes  zu 
einer  Längsspalte  zusammen.  Die  Haut  ist  glatt,  schlüpfrig,  ohne 
Schuppen,  auch  ohne  Seitenlinie.  Auf  dem  Kopfe  sind  verschiedene 
Eeihen  von  Poren  erkennbar.  Es  sind  2  Rückenflossen  vorhanden, 
von  denen  die  hintere  in  die  kleine  Schwanzflosse  übergeht.  Die 
Schwimmblase  fehlt,  Hoden  und  Eierstock  sind  unpaarig,  ohne  Aus- 
führungsgang. Beim  Männchen  steht  hinter  dem  After  eine  lange  Pa- 
pille, an  deren  Spitze  die  Oeffnung  für  den  Austritt  der  Milch  liegt. 
Die  Neunaugen  legen  Eier,  aus  denen  wurmähnliche  im  Schlamm-  oder 
Lehmboden  der  Flüsse  lebende  Larven  (Querder)  entstehen,  die  viel  kleinere 
Flossen,  sehr  schwach  entwickelte  und  unter  der  Haut  versteckte  Augen 
und  ein  halbmondförmiges,  nicht  zum  Saugen  geeignetes  Maul  besitzen.  Nach 
Aug.  Müller's  Entdeckung  verwandeln  sich  diese  Querder  in  der  Zeit 
von  August  bis  Februar  in  vollkommene  Neunaugen,  laichen  im  März 
oder  April  und  sterben  dann  ab.  In  ihrer  entwickelten  Form  fressen 
die  Neunaugen  todte  Thiere,  Insecten,  Würmer,  bohren  auch  lebende 
Fische  an,  während  die  Querder  hauptsächlich  von  den  in  feinem  Schlamm 
vorhandenen  kleinsten  Organismen  leben.  Allen  Angehörigen  dieser 
Gattung  ist  ein  eigenthümlicher  scharfer  Geruch  gemeinsam,  welchen 
selbst  ganz  alte  Spiritusexemplare  noch  sehr  deutlich  erkennen  lassen. 

71.  Das  Meerneunauge.     Petromyzoii  mariuus  Fi. 

Der  Körper  ist  cylindrisch,  nur  im  hinteren  Ende  seitlich  zu- 
sammengedrückt. Der  grosse  scheibenförmige  Saugmund  reicht  bis  fast 
unter  das  Auge  und  ist  von  zahlreichen  verästelten  Zotten  umgeben. 
Im  Centrum  der  Saugscheibe  liegt  die  mit  3  starken  braunen  Horn- 
zähnen  bewaffnete  Zungenspitze,  davor  an  Stelle  des  Oberkiefers  eine 
kleine,  mit  2  dicht  nebeneinanderstehenden  kegelförmigen  Spitzen  ver- 
sehene Zahnplatte,  dahinter  eine  grössere  halbmondförmige  Platte  mit 
7 — 8  etwas  kleineren  Hornzähnen.  Im  Umkreise  dieser  Bildungen 
stehen  mehrere  concen frische  Reihen  kleinerer  ein-  und  zweispitziger 
Zähne  derselben  Art,  alle  sind  horngelb  oder  bräunlich  gefärbt.  Das 
kleine  schwarze  Auge  steht  dem  vordersten  Kiemenloche  ziemlich  nahe. 
Einige    Seitenkanäle     sind    über    den    Kiemenöffnungen,    Kopfporen    in 


Meerneunauge. 


1 95 


Zahl    sichtbar. 


grosserer 

trennt,    die    vordere    beginnt    hinter 


Die  beiden  Rückenflossen  sind  deutlich  ge- 
der  Körpermitte,  die  zweite,  viel 
längere  etwas  vor  dem  After  und  geht  in  die  abgerundete  Schwanzflosse 
über,  eine  Afterflosse  ist  nicht  vorhanden.  In  der  Laichzeit  soll  jedoch 
am  Kücken  eine  vom  Nacken  bis  zur  ersten  Rückenflosse  und  am  Bauch 
eine  vom  After  bis  zum  »Schwänze  reichende  gequollene  Hautfalte,  ähn- 
lich der  Kammbildung  der  Wassersalamander,  sich  entwickeln.  Der  Körper 
ist  schuppenlos,  sehr  schleimig,  aufgelblichweissem  oder  bleigrauem  Grunde 
am  Rücken  und  den  Seiten  schwarzbraun  oder  dunkel  olivengrün  mar- 
morirt,  am  Bauche  ungefleckt.  Das  Meerneunauge  erreicht  eine  Länge 
von    70 — 90  cm    und    darüber,    ein  Gewicht   von    lx/2  kg.     Ueber    seine 


Fig.  128.    Das  Meemeunauge  mit  Querschnitt  und  Ansicht  des  Saugnmndes. 

Lebensart  im  Meere  wissen  wir  nichts,  als  dass  es  auch  grössere  Fische 
verzehrt  und  gelegentlich  an  Lachsen  angesogen  gefunden  wird.  Es 
schwimmt  mit  schlängelnder  Bewegung  des  ganzen  Körpers  und  lässt 
sich  vielleicht,  wenn  es  zum  Laichen  im  Frühjahr  in  die  Flüsse  auf- 
steigt, bei  weiteren  Wanderungen  von  andern,  geschickter  schwimmenden 

13* 


196 


Die  preussischen  Fische.    Rundmäuler. 


Fischen  transportiren.  Ueber  das  Laichen  berichtet  Baldner  in  seinem 
Manuscript:  „Kommen  im  Merzen  das  "Wasser  (den  Rhein)  herauf,  sind 
dann  am  besten  und  voll  Rogen.  Laichen  im  April  im  strengen  Wasser 
auf  Steinboden.  Machen  Gruben,  tragen  mit  den  Mäulern  zweipfündige 
Stein  um  die  Gruben  herum."  Im  Laichen  begriffene  Meerneunaugen 
sind  später  nur  von  Panizza  im  Po  bei  Pavia  beobachtet,  nach  dem 
Laichen  sollen  sie  todt  den  Fluss  hinabtreiben.  Ihre  Querder  sind  noch 
nicht  bekannt.  Bei  uns  wird  das  Meerneunauge  nur  selten  einmal  ge- 
fangen und  dann  nur  als  Merkwürdigkeit  verkauft. 


72.     Das  Flussiieunauge.     Petroiuyzon  lluviaf ilis  L. 

Negenooge,  Pricke,  lit. :  nege,  dewinakis;  kur.:  negis;  mas.,  kass.:  minoga. 
Der  Körper  ist  cylindrisch,  hinten  seitlich  zusammengedrückt.     Vor 
der  bezahnten  Zunge  stehen   zwei  spitze,    durch    eine  scharfe,  halbmond- 
förmige Platte   getrennte  Hornzähne   an  Stelle    des  Oberkiefers,  dahinter 


Fig.  129.     Das  Flussneunauge  mit  Querschnitt  und  Saugmund. 

eine  grössere  Hornplatte  mit  sieben  scharfen  Zähnen  an  Stelle  des 
Unterkiefers.  Im  Umkreise  dieser  grossen  Zähne  steht  eine  Reihe 
kleinerer  auf  der  Innenfläche  der  Saugscheibe,  deren  Rand  mit  einem 
Kranze  verästelter  Zotten  umgeben  ist.  Das  Auge  ist  mittelgross  mit 
gelber,  dunkler  gefleckter  Iris.  Kopfporen  sind  deutlich  sichtbar,  nament- 
lich hinter  und  über  dem  Auge.  Die  beiden  Rückenflossen  sind  von 
einander  durch  einen  Zwischenraum   von   verschiedener  Länge    getrennt, 


Flussneunauge.     Bachneunaugo.  197 

die  zweite,  höhere  geht  in  die  kleine  Schwanzflosse  über.  Die  Afterflosse 
wird  durch  eine  schwache  Hautfalte  vertreten.  Die  Färbung  ist  an  der 
oberen  Seite  ein  dunkles  Olivgrün  oder  Olivbraun,  die  Seiten  sind  grau- 
lich oder  schmutzig  gelb  mit  hellem  Silberglanz,  der  Bauch  rein  weiss. 
Die  Neunaugen  fressen  kleinere  Thiere,  doch  auch  Fische;  in  einem  in 
der  See  gefangenen  Exemplare  fand  ich  den  Darm  mit  frischem  Fisch- 
rogen und  Fischfleisch  strotzend  gefüllt.  Ueber  die  Lebensweise  der 
Neunaugen  im  Meere  wissen  wir  nichts;  sie  treten  im  Sommer  aus  der 
Ostsee  in  die  beiden  Haffe  und  fangen  gegen  Ende  September  an,  in  den 
Flüssen  stromaufwärts  zu  gehen,  wobei  sie  in  grosser  Anzahl  in  Reusen 
und  Säcken  gefangen  werden.  Der  Zug  dauert  bis  in  den  Januar  hin- 
ein fort  und  es  werden  z.  B.  bei  Skirwieth  durchschnittlich  jährlich 
4000  Schock  gefangen.  Im  oberen  Lauf  der  Flüsse  kommen  sie  erst  im  Früh- 
jahr an  und  laichen  im  April  und  Mai  an  flachen  Stellen,  wo  das  Wasser 
schnell  über  Steingrund  fliesst,  in  kleinen  Gesellschaften.  Bei  uns  ist 
der  Laichvorgang  in  der  Passarge  an  den  Brücken  von  Braunsberg  in 
jedem  Jahre  zu  beobachten.  Nach  dem  Ablegen  der  1  mm  grossen 
graugelblichen  und  ganz  undurchscheinenden  Eier,  was  in  kleinen  Por- 
tionen geschieht,  sterben  die  Neunaugen  ab.  Das  Laichen  und  das 
Gedeihen  des  Laiches  ist  von  der  "Witterung  ausserordentlich  ab- 
hängig, so  dass  in  manchen  Jahren  nur  sehr  wenig  Brut  aufkommt. 
Die  Querder  des  Flussneunauges,  die  von  denen  des  Bachneunauges 
nur  wenig  verschieden  sind,  hat  Aug.  Müller  in  der  Oder  und  der 
Alle  gefunden;  bei  der  Trockenlegung  eines  Armes  der  Alle  an  der 
Pinnauer  Mühle  sind  sie  in  jedem  Frühjahr  leicht  zu  Hunderten  aus  dem 
Schlamm  auszugraben.  Man  findet  sie  nie  ausgewachsen,  und  muss 
annehmen,  dass  sie  nach  der  See  wandern,  um  dort  ihre  volle  Grösse  zu 
erlangen  und  sich  in  Neunaugen  verwandeln,  die  dann  wieder  in  die 
Flüsse  zurückkehren.  Das  Flussneunauge  erreicht  eine  Länge  von 
30 — 40  cm,  doch  werden  in  den  Memelarmen  auch  Exemplare  von 
45 — 50  cm  Länge  gefangen.  Auch  in  der  Weichsel  und  Nogat  ist  der 
Neunaugenfang  beträchtlich. 

73.     Das  Bachiieunauge.     Petrouiyzon  Planeri  Bl. 

Der  Körper  ist  cylindrisch,  hinten  seitlich  zusammengedrückt,  ge- 
drungener als  beim  Flussneunauge.  Der  Saugmund  ist  dem  des  Flussneun- 
auges ähnlich,  doch  sind  die  Zähne  der  an  Stelle  des  Ober-  und  Unterkiefers  ge- 
legenen Zahnplatten  stumpf,  wie  abgeschliffen,  und  die  kleinen  im  Umkreise 
derselben  auf  der  Saugscheibe  befindlichen  Zähne  sehr  klein  und  gering  an 
Zahl.   Die  Rückenflossen  hängen  durch  einen  niederen  Hautsaum  zusammen, 


198 


Die  preussischen  Fische.     Rundmäuler. 


die  Afterflosse  ist  beim  Männchen  nur  eine  unbedeutende  Kante,  beim 
Weibchen  grösser  und  dicht  am  After  am  höchsten.  Die  Färbung-  ist 
derjenigen  des  Flussneunauges  ganz  ähnlich.  Die  Bachneunaugen  leben 
wie  ihre  Verwandten  von  Meinen  Thieren,  finden  sich  in  den  meisten 
klaren  Bächen    und    scheinen   nicht    nach    der  See   zu  wandern,   obwohl 


Fig.  130.     Das  Bachneunauge  (Männchen)  mit  Querschnitt  und  Saugmuml. 

Yarrel  sie  in  derselben  gefunden  haben  will.  Die  hellgrauen  oder 
graugelblichen  Eier  von  1  mm  Grösse  werden  im  März  oder  April  in  der 
auf  S.  38  besprochenen  Art  und  Weise  abgelegt.  Die  ausschlüpfenden  kleinen 
Querder  wühlen  sich  sogleich  in  den  Schlamm  ein  und  brauchen  4 — 5  Jahre, 


Fig.  131.     Der  Querder  des  Bachneunauges   mit  Köpfen  aus  verschiedenen  Stadien 
der  Metamorphose  von  der  Seite  und  von  unten. 

um  die  Grösse  von  ca.  20  cm  zu  erreichen.     Sie  sind  schmutziggelb,  ohne 
jede  Spur  von  Silberglanz,  mit  halbmondförmigem,  nicht  zum  Saugen  geeig- 


Bachneunauge.  199 

netom,  zahnlosem  und  mit  verästelten  Zotten  besetztem  Munde  verschen.  Das 
kleine  Auge  ist  tief  unter  dicker  Haut  versteckt  und  äusserlich  fast  nicht 
sichtbar.  Die  Kiemenlöcher  liegen  in  einer  Längsfurche.  Der  Kopf  ist 
klein,  zugespitzt,  die  Flossen  gehen  alle  in  einander  über.  Die  Meta- 
morphose beginnt  im  August  des  vierten  oder  fünften  Lebensjahres  und 
ist  etwa  im  Januar  vollendet.  Die  Querder  des  Bach-  und  Flussneun- 
auges werden  in  unseren  Provinzen  als  Uhle,  Angeritze,  Vingille  be- 
zeichnet und  sind  im  Allgemeinen  viel  bekannter,  als  das  kleine  Bach- 
neunauge selber,  welches  in  einer  grossen  Anzahl  geeigneter  Bäche  vor- 
kommt. Sie  werden  an  manchen  Orten  gegessen,  meistens  aber  nur  als 
Angelköder  angewandt.  Früher  betrachtete  man  den  Querder  als  eine 
eigene  Art,  Ammocoetes  branchialis  Cuv.,  bis  Ang.  Müller  1856  die 
merk  würdige  Metamorphose  bekannt  machte,  deren  verschiedene  Stadien 
er  schon  damals  direct  beobachtet  hatte,  wie  er  denn  auch  aus  den  künst- 
lich befruchteten  Neunaugeneiern  Querder  erzogen  und  jahrelang  am 
Leben  erhalten  hat.  Uebrigens  kannte,  wie  wir  von  Siebold  erfahren, 
schon  Baldner  die  hauptsächlichen  Thatsachen  ans  der  Geschichte  der 
Neunaugen,  indem  er  das  Laichen  der  Flussneunaugen  beobachtet  hat  und 
bemerkt:  „Yon  August  bis  den  letzten  Christmonat,  so  werden  dieser 
Gattung  (sehende  Neunaugen)  nicht  viel  gesehen  oder  gar  wenig  gefangen, 
aber  der  Blind  Neunhocken  gibt  es  ein  ganzes  Jahr  genung.  Die  ge- 
sellenden und  blinden  sind  sonst  einerley  Art,  dann  die  Jungen  von 
anfang  alle  blind  sein,  und  verschlieffen  sich  gleich  in  den  Muhr,  sobald 
Sie  vom  Rogen  lebendig  werden.  Die  Blinden  bekommen  keinen  Bogen 
biss  Sie  gesehendt  werden."  Eierstöcke  mit  sehr  klaren  und  ganz  durch- 
sichtigen Eiern  sind  allerdings  auch  bei  den  Querdern  schon  vorhanden, 
von  den  grossen,  mit  undurchsichtigen  Eiern  erfüllten  Eierstöcken  der 
entwickelten  Neunaugen  aber  sehr  verschieden,  und  mit  blossem  Auge 
leicht  zu  übersehen. 


200 


Tabellarische  Uebersicht  der  Laichzeit  der  Fische 
in  Ost-  und  Westpreussen. 


Namen  der  Fische. 


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1.  Perca  fluviatilis  L 

Barsch. 

2.  Lucioperca  Sandra  Cuv.  . . 

Zander. 

3.  Acerina  cernua  L 

Kaulbarsch. 

4.  Traehinus  draco  L 

Petermännchen. 

5.  Cottus  gobio  L 

Kaulkopf. 

6.  C.  scorpius  L 

Seehahn. 

7.  Agonus  cataphractus  L.  . . 

Steinpicker. 

8.  Gasterosteus  aculeatus  L. 

Gemeiner  Stichling. 

9.  G.  pungitius  L 

Zwergstichling. 

10.  G.  spinacliia  L 

Meerstichling. 

11.  Scomber  scombrus  L 

Makrele. 

12.  Xiphias  gladius  L 

Schwertfisch. 

13.  Zoarces  viviparus  L , 

Aalmutter. 


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Tabellarische  Uobcrsicht  der  Laichzeiten. 


201 


Namen  der  Fische. 


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14.  Centronotus  gunellus  Sehn.  . 

Butterfisch. 

15.  Gobius  niger  L 

Selnvarzgnmdel. 

16.  G.  minutus  L 

Kleine  Grandel. 

17.  G.  Rnthensparri  Euphr 

R.  Grundel. 

18.  Cyclopterus  lumpus  L 

Lump. 

19.  Gadus  morrlma  L 

Dorsch. 

20.  G.  merlangus  L 

Merlan. 

21.  Lota  vulgaris  Cuv 

Quappe. 

22.  Rhombus  maximus  L 

Steinbutte. 

23.  Pleuronectes  limanda  L 

Kliesche. 

24.  PL  platessa  L 

Scholle. 

25.  PL  flesus  L 

Flunder. 

26.  Ammodytes  lanceolatus  Sauv 

Sandaal. 

27.  A.  tobianus  Sauv 

Tobiasfisch. 

28.  Belone  rostrata  Flem 

Hornliecht. 

29.  Silurus  glanis  L 

Wels. 

30.  Cyprinus  carpio  L 

Karpfen. 

31.  Carassius  vulgaris  Miss 

Karausche. 

32.  Tinea  vulgaris  Cuv 

Schleihe. 

33.  Barbus  fluviatilis  Agass 

Barbe. 

34.  Gobio  fluviatilis  Cuv 

Gründling. 


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202 


Tabellarische  Uebersicht  der  Laichzeiten, 


Namen  der  Fische. 


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35.  Rhodeus  amarus  Bl 

Bitterling. 

36.  Abramis  bfama  L 

Brassen. 

37.  A.  vimba  L 

Zärthe. 

38.  A.  ballerus  L 

Zope. 

39.  Blicca  björkna  L 

(Heben. 

40.  Pelecus  cultratus  L 

Ziege. 

41.  Albnrnus  lucidus  L 

Uckelei. 

42.  A.  bipunctatus  L 

43.  Aspius  rapax  Agass 

Rapfen. 

44.  Leucaspms  delineatus  Sieb.  . . . 

Moderlieschen. 

45.  Idns  melanotns  Heck 

Kühling. 

46.  Scardinius  erythrophthalnins  L 

Rothauge. 

47.  Leuciscns  rntilus  L 

Plötze. 

48.  Squalius  cephalus  L 

Döbel. 

49.  Sq.  leuciscus  L 

Häsling. 

50.  Phoxinns  laevis  Agass 

Ellritze. 

51.  Chondrostoma  nasus  L 

Nase. 

52.  Cobitis  fossilis  L 

Schlammpeitzker. 

53.  C.  barbatula  L 

Schmerle. 

54.  C.  taenia  L 

Steinbeisser. 

55.  Coregonus  maraena  Bl 

Grosse  Maräne. 


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Tabellarische  CoUorsiohi  der  Laichzeiten 


203 


Namen  der  Fische. 


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56.  C.  lavaretus  L 

Ostseeschnäpel. 

57.  C.  albula  L 

Kleine  Maräne. 

58.  Thymallus  vulgaris  Miss 

Aesche. 

59.  Osmerus  eperlanus  L 

Stint. 

60.  Trutta  salar  L 

Lachs. 

61.  Tr.  trutta  L 

Meerforelle. 

62.  Tr.  fario  L 

Bachforelle. 

63.  Esox  lucius  L 

Hecht. 

64.  Alosa  finta  Cuv 

Perpel. 

65.  Clupea  harengus  L 

Hering. 

66.  Cl.  sprattus  L 

Sprotte. 

67.  Anguilla  vulgaris  Flem 

Aal. 

68.  Syngnathus  typhle  L 

Grosse  Seenadel. 

69.  S.  ophidion  L 

Kleine  Seenadel. 

70.  Accipenser  sturio  L 

Stör. 

71.  Petromyzon  marinus  L 

Meerneunauge. 

72.  P.  fluviatilis  Bl 

Flussneunauge. 

73.  P.  Planeri  L 

Bachneunauge. 


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204 


Die  Feinde  der  Fische. 


Von  ihrer  Entstehung  im  Ei  bis  zu  ihrem  Lebensende  werden  die 
Fische  von  zahlreichen  Feinden  bedroht  und  geplagt,  Feinden,  die  nicht 
nur  allen  Abtheilungen  des  Thierreiches ,  sondern  auch  den  niederen 
Klassen  des  Pflanzenreiches  angehören. 

Von  den  bei  uns  heimischen  Säugethieren  sind  es  namentlich  die 
Wasserspitzmäuse,  die  Fischotter  und  der  Nörz,  die  Seehunde  und  Del- 
phine, welche  den  Fischen  mehr  oder  weniger  erfolgreich  nachstellen. 

Die  Wasserspitzmaus  (Grossopus  fodiens),  ein  zierliches  Thierchen 
von  11  cm  Länge,  wovon  5  cm  auf  den  Schwanz  kommen,  hat  einen  ausser- 
ordentlich dichten,  weichen  Pelz,  der  an  der  Oberseite  schwarz,  unten 
weisslich  oder  graulich  gefärbt  ist.  Die  Schnauze  ist  rüsselartig  stark  verlän- 
gert, die  Ohrmuschel  klein,  mit  einem  Deckel  zum  Schliessen  des  Ohres 
beim  Untertauchen  versehen.  Die  Füsse  sind  ringsum  mit  einer  Reihe 
steifer  Schwimmborsten  besetzt,  die  im  Wasser  ausgebreitet  Averden  und 
ein  gutes  Ruder  bilden.  Unter  dem  Schwänze  steht  eine  kielförmige  Reihe 
langer  Haare.  An  den  Gewässern  von  fast  ganz  Europa  häufig  vorkom- 
mend, bewohnt  die  Wasserspitzmaus  Mauselöcher  oder  selbstgegrabene 
Gänge  mit  mehreren  Oeffnungen,  von  denen  eine  allemal  unter  das  Wasser 
führt.  Sie  schwimmt  und  taucht  vortrefflich,  nährt  sich  von  Insecten, 
Würmern,  Schnecken,  Krebsen,  Fröschen  und  Fischen,  überhaupt  von  allen 
Thieren,  die  sie  bezwingen  kann.  Bei  ihrer  unglaublichen  Gefrässigkeit 
ist  sie  dem  Fischlaich  und  den  jungen  Fischen  ausserordentlich  schädlich, 
greift  aber  selbst  grosse  Fische  an,  auf  denen  sie  sich  festsetzt,  um  ihnen 
Gehirn  und  Augen  auszufressen. 

Die  Fischotter  (Lutra  vulgaris),  eine  plump  gebaute  Marderart 
mit  niedrigen  Beinen,  plattem,  stumpfschnäuzigem  Kopf,  kurzen  runden 
Ohren  und  Schwimmhäuten  zwischen  allen  Zehen,  erreicht  eine  Länge  von 


Spitzmaus.     Fischotter.     Nerz.     Seehund.     Delphin.  205 

mehr  als  1  m,  wovon  40  cm  auf  den  Schwanz  kommen.  Der  äusserst 
dichte  und  glatt  anliegende  Pelz  ist  dunkelbraun,  an  der  Unterseite  ins 
Graulichbraune  spielend,  am  Kinn  mitunter  mit  einigen  weisslichen  Flecken. 
Sie  findet  sich  in  ganz  Europa  an  Flüssen  und  Seen,  namentlich  wenn 
deren  Ufer  mit  Wald  oder  Buschwerk  bedeckt  sind,  und  bewohnt  unter- 
irdische Gänge,  deren  Eingang  in  einiger  Tiefe  unter  dem  Wasser  liegt. 
Sie  schwimmt  und  taucht  vorzüglich,  nährt  sich  vorzugsweise  von  Fischen 
und  thut  an  ihnen  grossen  Schaden. 

Der  Nörz  (Putorius  lutreola),  dem  Iltis  nahe  verwandt,  wird  50  cm 
lang,  wovon  14  cm  auf  den  Schwanz  kommen.  Der  Leib  ist  schlank,  aber 
kurzbeinig,  die  Zehen  durch  Schwimmhäute  verbunden.  Der  glänzende 
Pelz  ist  oben  dunkelbraun,  unten  graubraun,  Ober-  und  Unterlippe  sind 
vorne  weiss  gefärbt.  Der  Nörz  lebt  im  östlichen  Europa,  ist  bei  uns  über- 
all nur  vereinzelt  anzutreffen  und  bewohnt  die  sumpfigen,  schilfreichen 
Ufer  von  Seen  und  Flüssen,  wo  er  seinen  Bau  zwischen  Baumwurzeln 
anlegt.  Er  lebt  vorzugsweise  von  Fischen,  Fröschen,  Krebsen  und  dergl. 
und  kann  namentlich  in  Teichen  viel  Schaden  anrichten. 

Ungleich  bedeutender  ist  aber  der  Nachtheil,  den  die  in  grösserer 
Anzahl  vorkommenden  Seehunde  und  Delphine   den  Seefischen  bringen. 

Der  gemeine  Seehund  (Phoca  vitulina),  iy2  m  lang,  mit  rund- 
lichem Kopf,  kurzer  Schnauze,  grossen  Augen,  fehlender  Ohrmuschel,  ganz 
nach  hinten  gerichteten  Hinterbeinen  und  Schwimmhäuten  zwischen  allen 
Zehen,  ist  gelblichgrau  gefärbt,  bräunlich  oder  schwarz  gefleckt.  Er  bewohnt 
alle  nördlichen  Meere  und  findet  sich  auch  zahlreich  in  der  Ostsee,  in 
der  auch  eine  nahe  verwandte  Art,  Ph.  annellata,  und  seltener  der  sehr 
viel  grössere  Halichoerus  grypdus  vorkommt.  Die  Nahrung  der  Seehunde 
besteht  fast  ausschliesslich  aus  Fischen,  die  sie  mit  Vorliebe  von  stehenden 
Angelvorrichtungen  abfressen,  so  class  die  Lachsfischer  häufig  nur  die 
Köpfe  der  Lachse  an  ihren  Schnüren  finden  und  zeitweise  die  Lachs- 
fischerei ganz  aufgeben  müssen.  Da  der  Seehund  täglich  durchschnittlich 
zehn  Pfund  Fische  frisst,  so  verzehren  1000  dieser  Thiere,  die  wrol  sicher 
an  unserer  Küste  leben,  jährlich  3  Millionen  Pfund. 

Der  kleine  Delphin  oder  das  Meerschwein  (Phocaena  communis) 
1,5  bis  2  m  lang,  oben  schwarz,  unten  rein  weiss  gefärbt  mit  abgerundeter 
Schnauze,  kleinem  Auge  und  grosser  horizontaler  Schwanzflosse,  kommt 
an  unserer  Küste  nur  in  geringer  Zahl  vor  und  scheint  sich  in  letzter 
Zeit  vermindert  zu  haben.  Während  ich  mich  erinnere,  vor  20 — 25  Jahren 
in  einem  Dorf  der  frischen  Nehrung  während  eines  jährlichen  vierwöchent- 
lichen Aufenthaltes  durchschnittlich  in  jedem  Jahre  5 — 6  Meerschweine  ge- 
sehen   zu    haben,   die  in  den   Stör-  und   Flundernetzen    gefangen  waren, 


20(i  Die  Feinde  der  Fische. 

ist  jetzt  der  Fang-  eines  solchen  Thieres  an  unserer  Küste  ein  seltenes 
Vorkommniss.  Der  Nahrungsverbrauch  des  Meerschweines,  das  sich  aus- 
schliesslich von  Fischen  nährt,  ist  ein  sehr  beträchtlicher,  monatlich  gewiss 
auf  200  Pfund  zu  veranschlagen. 

Yon  unseren  Raubvögeln  stellen  nur  der  See-  und  Fischadler,  der 
braune  Milan  und  die  Rohrweihe  gewolmheitsmässig  den  Fischen  nach, 
wenn  gleich  andere  Verwandte  gelegentlich  ebenfalls  einen  Fisch  er- 
beuten mögen. 

Der  Seeadler  (Haliaetos  albicilla)  erreicht  eine  Länge  von  80  bis 
90  cm  und  klaftert  2 — 2l/2  m.  Er  ist  fahl  graugelb  gefärbt,  Rücken  und 
Flügel  dunkel  erdbraun,  der  Schwanz  weiss,  Schnabel  und  Füsse  gelb. 
Er  lebt  an  den  Secküsten  Europas,  folgt  jedoch  auch  den  grossen  Strömen 
und    hält  sich   mitunter   an  grösseren  Binnengewässern  auf. 

Der  Fischadler  (Fandion  haliaetos)  wird  zwar  nur  50 — 60  cm  lang 
und  klaftert  ca.  150  cm,  lebt  aber  fast  ausschliesslich  von  Fischen,  und  ist 
bei  seiner  grösseren  Verbreitung  an  Gewässern  aller  Art  der  Fischerei  sehr 
schädlich,  zumal  er  von  den  gefangenen  Fischen  nur  die  besten  Theile  frisst, 
und  daher  zu  seiner  Sättigung  einer  grösseren  Anzahl  von  Fischen  be- 
darf. Er  ist  im  Allgemeinen  braun  gefärbt,  an  der  Unterseite  gelblich- 
weiss,  Kopf  und  Nacken  auf  gelblichweissem  Grunde  braun  längsgestreift. 
Ein  schwarzer  Streif  zieht  sich  vom  Schnabel  über  das  Auge  bis  zum 
Halse  hin.     Der  Schnabel  ist   schwarz,  Wachshaut  und   Füsse   bleigrau. 

Der  braune  Milan  (Milvus  ater),  ca.  55  cm  lang,  180  cm  klafternd,  ist 
im  Ganzen  dunkelerdbraun  gefärbt,  an  Kopf  und  Hals  auf  graulichem 
Grunde  mit  braunen  Längsstreifen  gezeichnet,  an  Brust  und  Bauch  rost- 
farben mit  schwarzen  Längsstricheln;  der  Schnabel  ist  schwarz,  Wachs- 
haut und  Fuss  gelb  oder  orange.  Er  lebt  nicht  allein  von  Fischen,  son- 
dern jagt  auch  kleine  Säugethiere  und  Frösche,  zieht  Fische  aber  an- 
derer Nahrung  vor. 

Die  Sumpf-,  Wiesen-  oder  Rohrweihe  (Circus  aeruginosus),  55  cm 
lang,  130  cm  klafternd,  ist  je  nach  Alter  und  Geschlecht  ziemlich  ver- 
schieden gefärbt,  im  Allgemeinen  kaffeebraun,  an  Hals  und  Brust  gelb- 
braun, am  Bauch  rostfarben,  Schnabel  und  Füsse  grünlichgelb.  Obgleich 
sie  vorzugsweise  von  Sumpf-  und  Schwimmvögeln  lebt,  erbeutet  sie  doch 
gelegentlich  auch  Fische,  die  sich  an  der  Oberfläche  des  Wassers  auf- 
halten. 

Als  einer  der  schädlichsten  Yögel  für  den  rationellen  Betrieb  der  Fische- 
rei muss  der  Eisvogel  (Alcedo  ispida)  angesehen  werden,  ein  ca.  17  cm 
langer,  prächtig  gefärbter  Yogel  mit  langem,  geradem,  scharf  zugespitztem 
Schnabel.     Oberkopf  undNacken  sind  auf  dunkelgrauschwarzem  Grunde 


Raubvögel.     Bisvogel.     Stelzengänger.  207 

mit  vielen  schmalen  meerblauen  Querbinden  gezeichnet,  Schultern  und 
Flügeldecken  dunkel  meergrün,  der  Rücken  schön  blau.  Vom  Auge  bis 
zur  Schulter  zieht  ein  zimmtbraunes  Längsband,  die  Kehle  ist  rostgelblich. 
Der  Schnabel  ist  schwarz,  die  Basis  des  Unterschnabels  und  die  Fasse  lack- 
roth.  Der  Eisvogel  lebt  vereinzelt  an  Bächen  und  Flüssen,  sitzt  gewöhnlich 
dauernd  an  derselben  Stelle  nahe  über  dem  Wasserspiegel  und  lauert  auf 
Fische,  die  er  herabstossend  unter  Wasser  mit  dem  Schnabel  ergreift.  Er 
bedarf  täglich  mindestens  10 — 12  tingerlanger  Fischchen,  ist  deshalb  an 
Forellenbächen  mit  junger  Brut  äusserst  schädlich.  Auch  frisst  er  kleine 
Krebse  und  zur  Noth  grössere  Wasserinsecten.  Das  Nest  ist  eine  an 
senkrechten  Uferabfällen  hergestellte  Höhlung  von  ca.  y2  m  Länge  und 
5  cm  Durchmesser,  der  eigentliche  Brütraum  ist  8 — 10  cm  hoch,  10  bis 
13  cm  breit  und  mit  Fischgräten  vollständig  ausgelegt,  Die  6 — 7  Eier 
sind  gross  und  fast  rundlich. 

Der  weisse  Storch  (Ciconia  alba)  nimmt  wohl  nur  gelegentlich 
Fische  weg,  was  der  seltenere  schwarze  Storch  (Ciconia  nigra)  viel 
gewöhnlicher  thut;  dagegen  sind  ihre  Verwandten,  der  graue  Reiher  und 
die  Rohrdommel,  ausserordentliche  Fischliebhaber. 

Der  graue  Reiher,  Ardea  cinerea,  hat  eine  Länge  von  100,  eine  Flug- 
breite von  170  cm,  ist  aschgrau  gefärbt  mit  weisser  Stirn,  graulichem  Halse, 
schwarzen  Bauchseiten.  Ein  vom  Auge  bis  zum  Hinterhalse  verlaufender 
Streifen,  drei  lange  Schopffedern,  eine  dreifache  Fleckenreihe  am  Vorderhalse 
und  die  grossen  Schwingen  sind  schwarz,  der  Schnabel  strohgelb  und  die 
Beine  bräunlich  schwarz.  Er  hält  sich  in  der  Umgebung  seichter  Gewässer 
aller  Art  vom  Meere  bis  zur  kleinsten  Lache  auf,  ruht  und  nistet  auf 
hohen  Bäumen,  gerne  in  grossen  Gesellschaften.  Er  ist  sehr  scheu  und 
yorsichtig,  fischt  bei  Tage  und  in  hellen  Nächten  im  Wasser  stehend 
und  consumirt  eine  beträchtliche  Menge  von  Fischen  bis  zu  20  cm  Länge, 
.frisst  übrigens  auch  Frösche,  Nattern,  kleine  Vögel  und  Säugethiere. 

Auch  die  Rohrdommel,  Ardea  stellaris,  dickhalsiger  und  plumper 
gebaut  und  kurzbeiniger  als  der  Reiher,  70  cm  lang,  120  cm  klafternd, 
stellt  eifrig  den  Fischen  nach.  Sie  ist  auf  rostgelbem  Grunde  fein 
schwarz-  und  rostbraun  gestrichelt,  der  Oberkopf  ist  schwarz,  der  Nacken 
grauschwarz  mit  gelb  gemischt,  die  Füsse  sind  hellgrün,  der  Oberschnabel 
bräunlich,  der  Unterschnabel  grünlich.  Sie  lebt  vorzugsweise  an  Seen, 
Teichen  und  Brüchen,  die  mit  hohem  Rohre  bestanden  sind.  Durch  ihr 
berüchtigtes  Gebrüll,  das  sie  nur  in  der  Paarungszeit  mit  halb  ins  Wasser 
gestecktem  Schnabel  ausstösst,  wird  ihre  Anwesenheit  leicht  erkannt. 
Sie  lebt  vorzugsweise  von  Fischen,  frisst  jedoch  auch  andere  kleine 
Thiere. 


208  Die  Feinde  der  Fische. 

Schwäne  und  Enten  aller  Art  sind,  wenn  sie  auch  meistens  nur 
wenige  und  kleine  Fischchen  verzehren  mögen,  jedenfalls  dem  Fischlaich 
ausserordentlich  gefährlich. 

Die  Sägetaucher  (Mergus  serrator,  merganser  und  albellus)  sind  der 
Fischerei  noch  schädlicher,  da  sie  tauchend  auf  die  Fische  Jagd  machen 
und  natürlich  den  Laich  auch  nicht  schonen.  Von  den  Enten  sind  sie 
leicht  durch  den  Federbusch  am  Hinterkopf  und  den  langen,  schmalen, 
scharfkantigen,  mit  einem  kräftigen  Haken  endenden  Schnabel  zu  unter- 
scheiden. 

Noch  verderblicher,  weil  in  grossen  Schaaren  vorkommend,  sind  die 
Möwen  (Larus)  und  Seeschwalben  (Sterna)  für  die  Fischerei.  An  der 
Meeresküste,  auf  den  Haffen  und  grossen  Seen  kommen  sie  in  unglaub- 
licher Anzahl  vor,  und  es  sind  Schwärme  von  10  bis  50000  Möwen 
nicht  gar  selten  zu  beobachten.  Fische  sind  ihre  Lieblingsnahrung,  und 
nimmt  man  an,  dass  jeder  dieser  gefrässigen  Vögel  neben  anderer  Nahrung 
täglich  nur  */4  Pfund  Fische  vertilgt,  so  vernichtet  ein  kleiner  Schwärm 
von  1000  Stück  täglich  nicht  weniger  als  250,  monatlich  7500  Pfund. 
Der  Kormoran  oder  Wasserrabe  (Carbo  cormoranus)  ist  einer  der 
ärgsten  Fischräuber,  80 — 90  cm  lang,  klaftert  er  130 — 150  cm,  ist 
im  Ganzen  glänzend  schwarzgrün  gefärbt,  mit  bräunlichem  Vorder- 
rücken und  Flügeln,  schwarzen  Schwingen  und  Schwanzfedern.  An 
der  Kehle  befindet  sich  ein  weisser  Fleck.  Der  lange,  mit  einem 
kräftigen  Haken  endende  Schnabel  ist  schwarz,  an  der  Wurzel  gelb- 
lich, die  nackte  Haut  vor  dem  Auge  gelb,  das  Auge  meergrün,  der 
Fuss,  dessen  sämmtliche  vier  Zehen  durch  Schwimmhaut  verbunden 
sind  (Ruderfuss) ,  schwarz.  Der  Kormoran  lebt  meistens  gesellig 
in  der  Nähe  grösserer  Gewässer,  nistet  schaarenweis  auf  hohen 
Bäumen,  oft  in  Gesellschaft  der  Reiher,  schwimmt  und  taucht  vorzüg- 
lich und  vertilgt  unglaubliche  Mengen  von  Fischen,  namentlich  Aale. 
Brehm  sah  einen  gefangenen  Kormoran  am  Vormittage  26,  Nachmittags 
17  durchschnittlich  20  cm  lange  Plötzen  verzehren.  Er  brütet  jährlich 
zweimal,  vermehrt  sich  also  sehr  schnell  und  ist  deshalb  äusserst  schädlich. 
Grössere  Ansiedelungen  von  Kormoranen  finden  sich  bei  uns  auf  der 
kurischen  Nehrung  bei  Schwarzort,  auf  der  frischen  Nehrung  bei 
Proebbernau,  ausserdem  in  der  Nähe  von  Alt-Christburg. 

Auch  die  Steissfüsse  und  die  bei  uns  nur  selten  einmal  vorkommenden 
Seetaucher  (Colymbus)  sind  arge  Feinde  der  Fische.  Der  Haubensteissfuss, 
Podiceps  cristatus,  wird  95  cm  lang,  ist  oben  glänzend  schwarzbraun, 
an  Brust  und  Bauch  rein  weiss,  an  den  Seiten  rostfarben  und  grau- 
lich gefleckt,  Wangen,  Kehle  und  ein  Spiegel  auf  dem  Flügel  sind  weiss. 


Schwimmvögel.     Reptilien.     Amphibien.     Fische.     Insecten.  209 

Der  Schnabel  ist  blassroth,  das  Auge  roth,  der  Fuss  bornfarben.  Im 
Hochzeitskieide  trägt  der  Hals  einen  aus  zerschlissenen  Federn  bestehen- 
den Kragen,  der  Kopf  zwei  aufrichtbare  Federbüschel. 

Der  Zwergsteissfuss  (Podiceps  minor)  wird  nur  25  cm  lang,  ist  oben 
glänzend  schwarzbraun,  unten  graulich  mit  dunkeln  Wolken.  Die  Kehle  ist 
schwärzlich,  Kopf,  Halsseiten  und  Yorderhals  braunroth,  das  Auge  röth- 
lichbraun,  Schnabelwurzel  gelbgrün,  Schnabelspitze  schwarz,  der  Fuss 
aussen  schwärzlich,  innen  bornfarben.  Er  ist  bei  uns  häufiger,  als  der 
vorige,  schwimmt  und  taucht  vorzüglich  und  hält  sich  vorzugsweise  auf 
mit  Schilf  und  Rohr  bestandenen  Teichen  auf,  wo  er  sich  stark  ver- 
mehrt und  der  Fischbrut  sehr  schädlich  ist,  obwohl  er  auch  Insecten 
frisst.  Namentlich  auf  Streichteichen  muss  er  unbedingt  ausgerottet 
werden. 

Unter  den  Reptilien  unserer  Provinzen  stellen  nur  die  Sumpf- 
schildkröte (Emys  europaea)  und  die  Ringelnatter  (Tropidonotus  natrix) 
den  Fischen  nach,  doch  sind  beide  zu  wenig  zahlreich,  um  merklichen 
Schaden  anzurichten,  zumal  da  die  häufigere  Natter  vorzugsweise  von 
Fröschen  lebt. 

Unter  den  Amphibien  ist  namentlich  der  grosse  Wasserfrosch  (Rana 
esculenta)  als  Fischräuber  zu  nennen;  man  hat  in  seinem  Magen  häufig 
junge  Forellen,  Karpfen  u.  dergl.  gefunden,  und  bei  seinem  gewöhnlich 
massenhaften  Vorkommen  ist  er  daher  in  Fischteichen,  die  zur  Zucht 
angelegt  sind,  nicht  zu  dulden.  Auch  die  übrigen  Froscharten  und  die 
Molche  (Triton)  mögen  Laich  und  junge  Fischchen  verzehren,  was 
jedoch  bei  ihrer  geringeren  Grösse  und  Anzahl  weniger  bemerklich  wird. 

Zu  den  grössten  Feinden  der  Fische  gehören  die  Fische  selber,  in- 
dem nicht  nur  die  sogenannten  Raubfische,  wie  Hecht,  Barsch,  Wels, 
Dorsch,  Zander  etc.  grössere  Fische  in  Menge  verzehren,  sondern  Laich 
und  ganz  junge  Brut  von  allen  Fischen  ohne  Ausnahme,  selbst  von  den 
friedfertigsten  Karpfen,  als  Leckerbissen  geschätzt  wird.  Den  Aal  findet 
man  in  Menge  auf  Laichplätzen,  um  sich  an  den  Fischeiern  zu  mästen, 
und  mindestens  ebenso  schädlich  ist  der  Stichling,  der,  wo  er  in  grösserer 
Anzahl  vorkommt,  durch  regelmässiges  Fortfressen  des  Laichs  das  Auf- 
kommen jedes  anderen  Fisches  vollkommen  verhindern  kann. 

Auch  unter  den  Insecten  giebt  es  viele,  die  sich  von  Fischlaich 
und  jungen  Fischchen  nähren.  Die  schlimmsten  unter  ihnen  sind  die 
Wasserkäfer  und  ihre  Larven,  namentlich  der  grosse  gesäumte  Faden- 
schwimmkäfer  (Dytiscus  marginalis)  und  der  gefurchte  Fadenschwimmer 
(Acilius  sulcatus),  die  selbst  mehrzöllige  Fischchen  angreifen  und  tödten, 
um   sie   zu  verzehren.     Auch   die  Larven  der  Wasserjungfern  (Libellula, 

14 


210 


Die  Feinde  der  Fische. 


Agrion  etc.)  mit  ihren  vorschnellbaren  „Fangmasken",  und  diejenigen  der 
Köckerfliegen  oder  Phryganiden,  ausgezeichnet  durch  die  verschieden- 
artigen selbst  gebauten  Gehäuse,  die  sie  bewohnen  und  mit  sich  tragen, 
mögen  manches  Ei  und  manches  Fischchen  verzehren,  während  sie  selber 
grösseren  Fichen  zum  vortrefflichen  Futter  dienen. 

Gross  ist  die  Zahl  der  Crustaceen  oder  krebsartigen  Thiere,  welche 
zwar  nicht  Fische  fressen,  aber  als  Schmarotzer  auf  ihnen  leben  und  sie 
mehr  oder  weniger   plagen  mögen.     So    sind   junge  Fischchen    mitunter 


Fig.  132.  Schinarotzerkrebse  von  Fischen.  Karpfenlaus  (Argnhis  foliaceus)  und  Lemaeocera 

eyprinacea,  letztere  mit  Eiersäcken. 

fast  ganz  bedeckt  von  den  sogenannten  Karpfenläusen  (Argulus  foliaceus), 
auf  Haut  und  Kiemen  vieler  Fische  findet  man  die  verschiedenartigst 
geformten  Schmarotzerkrebse  oft  in  grosser  Anzahl. 

Noch  viel  zahlreicher  sind  die  Würmer,  die  auf  und  in  Fischen  schma- 
rotzen. Nach  La  Valette  St.  George  besässe  der  Aal  25,  der  Barsch  23, 
der  Hecht  21  dieser  lästigen  Parasiten,  die  oft  von  bedeutender  Grösse  sind 


Fig.  133.  Bandwürmer  von  Fischen.     Bothriocephalus  und  Schistocephalus. 
Stichling  von  Schistocephalen  aufgetrieben. 

und  in  grosser  Menge  vorkommen  können.  Bandwürmer  verschiedener  Art 
kommen  iheils  im  geschlechtsreifen  Zustande  im  Darm,  namentlich  in  den 
Blinddärmen  der  Fische  vor,  die  davon  häufig  strotzend  erfüllt  sind,  theils 


Schmarotzerkrebse.    "Würmei . 


211 


in  einem  noch  nicht  geschlechtlich  entwickelten  Zustande  ausserhalb  des 
Darmes  in  der  Bauchhöhle,  so  namentlich  der  sogenannte  E-iemenwurm 
oder  die  Ligula  im  Hecht,  Barsch,  Bressen  und  andern  Fischen,  und  der 
Scllistocepkalus,  von  dem  häufig  bis  5  und  mehr  Exemplare  die  Bauch- 
höhle des  Stichlings  unförmig  erweitern  und  endlich  zum  Platzen  bringen. 


t  J 


Fig.  134.  Saugwürmer  von  Fischen.     Distoma.     Diplozoon.    Gyrodactylus. 

Saugwürmer  aller  Art  bewohnen  theils  die  Haut  und  die  Kiemen,  theils 
den  Darm  vieler  Fische,  kommen  aber  auch  eingekapselt  in  den  ver- 
schiedensten innern  Organen,  in  grossen  Schaaren  selbst  im  Auge  vor. 
Kratzer,  cylindrisehe  Würmer  mit  einem  cylindrischen,  mit  Haken  ringsum 
besetzten  Haftapparat  ausgerüstet,  finden  sich  im  Darm  fast  aller  Fische. 


Fig.  135.  Kratzer  (Echinorrchynchus)  und  Spulwurm  (Ascaris  labiata). 

Rundwürmer  (Nematoden)  meistens  von  geringer  Grösse,  wird  man  selten 
in  dem  Darm  eines  Fisches  vergeblich  suchen.  Zu  diesen  Thieren  ge- 
hören auch  die  gefangenen  Aalen  häufig  in  grosser  Anzahl  aus  dem  After 
kriechenden  Spulwürmer  (Ascaris  labiata),  die  bisweilen  tagelang  im  Wasser 
herumschwimmen  und  immer  wieder  als  junge  Aale  angesehen  werden. 
Schädlicher  als  diese  sind  den  Fischen  manche  Riiigelwürnier,  nament- 
lich die  Fischegel  (Piseicola),  die  sich  besonders  in  Teichen  mitunter 
massenhaft  vermehren,  auf  der  ganzen  Oberfläche  der  Fische  vorkommen, 

14* 


212 


Die  Feinde  der  Fische. 


und  namentlich  die  Karpfen   durch  Blutsaugen  quälen,   so   dass  man   sie 
sich  häufig  an  dem  rauhen  Kiese  des  Grundes   scheuern  sieht. 

Nach  Livingston  Stone  sollen  Infusorien  nicht  näher  bezeich- 
neter Art  in  der  Oberhaut  von  Forellen  schmarotzen,  weisse  Flecken 
in  der  Haut  verursachen  (Fleckenkrankheit)  und  die  Thiere  tödten. 


Fig.  13G.  Der  Fischegel  (Piscicola  geomotra)  ausgestreckt  und  kriechend. 

Besser  sind  wir  über  die  Psorosperinien  unterrichtet;  rundliche  oder 
ovale,  häufig  geschwänzte  Körperchen  von  nur  0,01  mm  Durchmesser,  die 
in  ungeheurer  Menge  in  den  verschiedensten  Theilen  der  Fische  vor- 
kommen   und    die  Bildung    grosser  Beulen    veranlassen,    die    schliesslich 


Fig.  137.  Psorosperinien  und  eine  von  demselben  heimgesuchte  junge  Plötze. 

aufbrechen  und  den  Tod  der  Fische  veranlassen.  Bei  den  Dorschen 
scheinen  diese  Parasiten  besonders  häufig  aufzutreten,  und  es  soll  ihr 
Vorhandensein  zuerst  an  einer  auffälligen  Abmagerung  des  Schwanzes 
zu  erkennen  sein. 

Aus  dem  Pflanzenreich  sind  es  nur  einige  Pilze  und  Algen,  welche 
den  Fischen  direct  schädlich  zu  sein  scheinen.  Die  Saprolegnien  (Sapro- 
legnia,  Achlyau.  a.)  sind  farblose,  fadenförmige  Schmarotzerpilze,  die  meistens 
in  dichten,  nach  allen  Seiten  hin  gleichmässig  ausstrahlenden  Rasen  im 
Wasser  liegende  todte  Thiere,  namentlich  Insecten,  bedecken.  Die  einzelnen 
Pflänzchen  sind  ungegliederte  lange  Schläuche,  deren  Wurzelfäden  sieh 
tief  verbreiten,  und  auf  deren  freien  verzweigten  Enden  sich  die  Sporen, 
d.  h.   die   Fortpflanz ungsorgane,    bilden.     Diese   zerstreuen    sich    bei    der 


Infusorien.     Psorospennien.     Pilze. 


213 


Reife  im  Wasser  und  keimen  bald  auf  geeigneten  Unterlagen.  Auf  ab- 
gestorbeneu, an  ihrer  weissen  Farbe  leicht  kenntlichen  Fischeiern  finden 
die  Saprolegnien  einen  sehr  geeigneten  Keimboden,  und  überziehen  diese 
Eier  bald  mit  einem  dichten  Basen,  dem  Byssus  der  Fisch  Züchter.  Die 
Sporen  keimen  aber  auch  auf  den  benachbarten  gesunden  Eiern,  die  sie, 
indem  ihre  Wurzelfäden  durch  die  Eihaut  in  den  Dotter  eindringen, 
schnell  und  häufig  in  grosser  Masse  tödten.  Auch  auf  wunden  Stellen 
lebender  Fische,  namentlich  auch  auf  den  Kiemen,  siedelt  sich  die  Sapro- 
legnia  häufig  an  und  bildet  weissliche  Ueberzüge    der  stark  gequollenen 


Fig.  138.  Saprolegniaceen.     1.  Ein  von  Saprolegnia  befallenes  Laehsei. 

2.  Ein  Pilzpfläuzchen  vergrössert.     3.  Pilzfaden  mit  männlichen  und  weiblichen 

Organen.      4.    Ein  Behälter   mit    geschlechtlich   erzeugten  Sporen.      5.    Geschlechtslose 

Fortpflanzungsorgane.     6.  Die  in  denselben  entstandenen  beweglichen  Sporen. 


Unterlage.  Gewöhnlich  gehen  die  von  diesen  Pilzen  befallenen  Fische 
schnell  zu  Grunde.  Namentlich  bei  gefangen  gehaltenen  Fischen  ent- 
wickelt sich  die  Pilzkrankheit  sehr  gewöhnlich.     Durch  Bestreichen   der 


214 


Die  Feinde  der  Fische. 


kranken    Fische     mit     starker    Kochsalzlösung    soll     häufig    vollständige 
Heilung  erzielt  werden. 

Ob  auch  eine  in  der  vorigen  Brutperiode  auf  Hüninger  Lachseiern 
von  mir  aufgefundene  Sphäriacee  (Anixia  Beneckii  Casp.)  den  Eiern 
nachtheilig  ist,  hat  noch  nicht  ermittelt  werden  können.  Sie  bildet  braune 
Fruchtkörper  von  1 — 3  mm  Durchmesser,  die  mit  feinen  Fäden  an  den 
Eiern  fest  angeheftet  sind  und  im  Innern  in  langen  Schläuchen  die 
Sporen  enthalten. 

Das  massenhafte  Auftreten  der  die  sogenannte  Wasserblüthe  bil- 
denden Algen  scheint  den  Fischen  tödtlich  zu  sein,  wenigstens  wird 
zeitweise  an  den  verschiedensten  Orten  gleichzeitig  mit  dem  Auf- 
treten der  Wasserblüthe  ein  massenhaftes  Absterben  der  Fische  be- 
obachtet. Bald  ist  es  nur  eine  Fischart,  die  in  einem  Gewässer  unter 
gleichzeitigem  Auftreten  der  AVasserblüthe  zu  Grunde  geht,    bald  sterben 


^sCXXXX2XX> 


Kg.  130.  Anixia  Beneckii.     1.  Ein  Lachsei  mit  aufsitzenden  Fruchtkörpern. 

2.    Ein  Stück  der  Eischaalc  mit  Mycelium  und  Fruchtkörpern.      3.    Ein  geplatzter 

Fruchtkorper  mit  Pavaphyscn  und  Sporenschläuchen.     4.  Eine  Parapkyse. 

5.  Ein  Sporenschlauch  mit  reifen  Sporen. 

alle  Fische  in  dem  betreffenden  Gewässer  aus,  während  andererseits 
häufig  die  "Wasserblüthe  beobachtet  wird,  ohne  einen  nachtheiligen  Ein- 
fluss  auf  die  Fische  auszuüben.  Durch  das  Auftreten  zahlloser,  sich  mit 
grosser  Schnelligkeit  vermehrender  Algen  aus  der  Abtheilung  der  Nosto- 
caeeen,  Oscillarien  und  Chroococcaceen  wird  das  Wasser  mitunter  in  eine 
ölfarbenartige    blaue    oder   grüne    Masse    verwandelt,    die   nicht   nur    die 


Wasserblüthe.  215 

Fische,  sondern  auch  davon  geniessende  Enten  und  Gänse  tödtet  und 
bei  Menschen  einen  Ausschlag  verursacht,  wenn  sie  nur  mit  der  Haut 
in  Berührung  kommt.  Bisher  sind  exaete  Versuche  noch  nicht  ange- 
stellt worden,  um  zu  ermitteln,  welchen  von  den  verschiedenen,  die 
Wasserblüthe  verursachenden  Algen  eine   schädliche  Wirkung  zukommt. 

Andere  Krankheiten,  welche  bald  einzelne  Fische,  bald  epidemisch 
ganze  Fischbestände  befallen  und  die  als  Wassersucht,  Pockenkrankheit, 
Bläue,  Starrsucht  etc.  bezeichnet  werden,  sind  sowohl  ihrer  Ursache 
nach,  als  in  ihren  Erscheinungen  viel  zu  wenig  bekannt,  als  dass  es 
möglich  wäre,  Genaueres  über  sie  zu  berichten. 

Jedenfalls  sieht  man  aber  aus  dem  Vorstehenden,  dass  das  alte 
Sprichwort  „Gesund  wie  ein  Fisch  im  Wasser"  durchaus  keinen  idealen 
Zustand  bezeichnet  und  wir  keinen  Grund  haben,  die  von  unzähligen 
Schmarotzern  heimgesuchten  Fische  zu  beneiden. 

Ueber  das  Alter,  welches  die  einzelnen  Fischarten  erreichen  kön- 
nen, sind  wir  im  Ganzen  noch  wenig  unterrichtet.  Der  Fisch  wächst, 
so  lange  er  lebt,  aber  er  wächst  bei  reichlicher  Nahrung  unendlich  viel 
schneller,  als  bei  unzureichendem  Futter.  Man  kann  deshalb  grössere  Fische 
derselben  Art  nicht  ohne  Weiteres  für  älter  ansehen,  wie  kleinere,  und  würde 
unrecht  thun,  wenn  man  Fische,  die  in  kurzer  Zeit  eine  bedeutende 
Grösse  erlangten,  hinsichtlich  ihres  Werthes  für  die  Küche  solchen  gleich- 
stellen wollte,  die  erst  in  höherem  Alter  zu  derselben  Länge  herange- 
wachsen sind.  Die  Erzählungen  von  2 — 300jährigen  Karpfen  und  Hechten 
dürften  wohl  als  Mythen  anzusehen  sein,  und  brauchbare  Versuche  über 
die  Lebensdauer  verschiedener  Fischarten  sind  bisher  noch  von  Niemanden 
angestellt  worden. 


Zweites  Buch. 

Die  Fischerei  in  Ost-  und  Westpreussen. 


Unsere  Gewässer. 


Die  Provinzen  Ost-  und  Westpreussen,  namentlich  die  erstere,  ge- 
hören zu  den  wasserreichsten  Gegenden  Deutschlands  und  schon  Hennen- 
berger1)  rühmt  unsere  Heimath  als  „für  vielen  andern  Ländern  /  mit 
vielen  herrlichen  /  nutzbarlichen  /  fischreichen  /  fliessern  /  strömen  /  und 
Seen  gezieret  /  und  begäbet."  Und  später  sagt  Bock2):  „Unter  den  vielen 
Wohlthaten  mit  welchen  Ost-  und  Westpreussen  vor  vielen  Ländern  von 
der  Vorsehung  überhäuffet  worden,  muss  man  auch  die  beträchtliche 
Menge  der  Fische  von  so  verschiedenen  Geschlechtern  und  Arten  zählen, 
so  dass  kaum  ein  Land  sich  dieses  Vorzuges  in  solchem  Umfange  wird 
rühmen  können.  Die  Ostsee,  beyde  Haffe,  viele  hundert  Landseen,  die 
Ströme,  Bäche  und  Teiche  welche  durch  das  ganze  Land  vortheilet  sind 
enthalten  eine  grosse  Mannigfaltigkeit  essbarer  und  schmackhafter  Fische." 

Die  Ostsee 

bespült  die  ganze  nördliche  Grenze  unserer  Provinzen  in  einer  Längen- 
ausdehnunEf  von  ca.  450  Kilometern  und  nimmt  unmittelbar  oder  durch 
Vermittelung  der  Haffe  unsere  sämmtlichen  fliessenden  Gewässer  auf. 
Die  Küste  der  Ostsee  wird  in  unseren  Provinzen  zum  grössten  Theil 
von  Sanddünen,  in  beschränkter  Ausdehnung  von  hohen  Steilufern  ge- 
bildet, welche  sich  bis  zu  einer  Höhe  von  50 — 60  m  erheben.  Die 
Wassertiefe  ist  an  der  ganzen  Küste  nur  sehr  gering  und  nimmt  mit  der 


1)  Erclermig  der  Preussischen  grossem  Landtaffel  oder  Mappen  durch.  Casparum 
Ileimenbergerum,  des  fürstliehen  Hospitals  Königsberg  Löbenicht  Pfarhern.  Gedruckt 
zu  Königsperg  in  Preusseu.     Bey  Georgen  Osterbergern  Anno  MDXCV. 

2i  Versuch  einer  wirthschaftlichen  Naturgeschichte  von  dem  Königreich  Ost- 
und  Westpreussen  von  Fr.  S.  Bock  kgl.  ostpr.  Consistorialrath,  der  heil.  Schrift  Doctor 
und  der  griechischen  Literatur  Professor  auf  der  Königsberger  Akademie,  der  philosoph. 
Facultät  Senior.     Dessau  4  Band.     1784. 


220  Unsere  Gewässer. 

Entfernung-  vom  Lande  so  allmälig  ab,  dass  man  an  vielen  Orten 
1  —  200  Schritt  weit  in  die  See  hineingehen  kann.  Ueberhaupt  ist  die 
Ostsee  ein  seichtes  Meer,  häufig  findet  die  Sonde  schon  bei  16 — 30  m 
Grund,  und  Tiefen  von  mehr  als  100  m  kommen  ausser  in  der  Nähe  von 
Gotland  selten  vor. 

Längs  unserer  Küste  besteht  der  Meeresgrund  fast  ausschliesslich 
aus  mehr  oder  weniger  grobem  Sande,  nur  in  weiterer  Entfernung  vom 
Ufer  kommt  hin  und  wieder  Schlamm  oder  Schlick  vor.  Grössere  Stein- 
lager befinden  sich  in  der  Danziger  Bucht  und  an  der  Nordküste  des 
Samlandes,  namentlich  bei  Brüsterort,  doch  sind  und  werden  sie  zum 
Zwecke  der  Molenbauten  etc.  fortdauernd  stark  verkleinert. 

Bei  der  Enge  und  Seichtheit  der  Wasserstrassen,  welche  die  Ost- 
see mit  der  Nordsee  verbinden,  des  Sundes  und  der  beiden  Belte,  ist 
der  Einfluss  von  Flut  und  Ebbe  des  Weltmeeres  in  der  Ostsee  nur 
äusserst  gering  und  für  die  Praxis  ohne  jede  Bedeutung. 

Die  Farbe  des  Ostseewassers  ist  im  Allgemeinen  grünlich,  bei 
manchen  Beleuchtungen  mehr  oder  weniger  tief  blau,  im  aufgeregten 
Zustande  schmutzig  lehmgelb. 

Der  Salzgehalt  des  Wassers  ist,  namentlich  in  dem  östlichen  Becken 
der  Ostsee,  in  welches  zahlreiche  Ströme  ihr  Wasser  ergiessen,  ein  sehr 
geringer.  Während  der  Salzgehalt  des  Nordseewassers  3 — 3,5%  beträgt, 
enthält  das  Ostseewasser  bei  Kiel  nur  1,6%,  bei  Heia,  Brüsterort  und 
Memel  dagegen  nur  0,7%  Salz.  Die  Hauptmasse  des  im  Meerwasser 
gelösten  Salzes  ist  Chlornatrium  (Kochsalz),  dem  nur  geringe  Mengen 
von  schwefelsaurer  Magnesia  (Bittersalz)  Chlormagnesium,  sowie  von 
schwefelsaurem  und  kohlensaurem  Kalk  beigemischt  sind.  An  Gasen 
finden  sich  im  Seewasser  Sauerstoff,  Stickstoff  und  Kohlensäure  in  ziem- 
licher Menge.  In  Folge  seiner  geringeren  speeifischen  Schwere  breitet 
sich  das  dem  Meere  zuströmende  süsse  Flusswasser  natürlich  an  der 
Oberfläche  aus,  so  dass  namentlich  im  Frühjahr,  wenn  nach  dem 
Schmelzen  von  Schnee  und  Eis  besonders  grosse  Wassermassen  die 
Ströme  herabflicssen,  das  Oberflächen wasser  der  See  in  der  Nähe  der 
Flussmündungen  fast  ganz  süss  ist.  Die  Mischung  mit  dem  schweren 
Salzwasser,  Avelches  in  der  Tiefe  lagert ,  geht  nur  allmälig  vor  sich.  In 
allen  Meeren  nimmt  mit  der  Tiefe  der  Salzgehalt  des  Wassers  zu,  so 
betrug  er  z.  B.  im  Jahre  1876  im  Jahresmittel  bei  Heia  an  der  Ober- 
fläche 0,75%,  in  einer  Tiefe  von  22  m  0,76%,  bei  Neufahrwasser  an  der 
Oberfläche  0,68%,  bei  5,5  m  Tiefe  aber  0,86%. 

Wo  Meere  von  ungleichem  Salzgehalt  mit  einander  in  Verbindung 
stehen,   findet   ein    fortwährender  Wasseraustausch  zwischen   ihnen    statt, 


Die  Ostsee.  221 

indem  das  Wasser  des  salzarmeren  Gewässers  an  der  Oberfläche  zu  dem 
salzigeren  hinströmt,  während  in  der  Tiefe  das  salzhaltigste  "Wasser  des 
stärker  gesalzenen  Meeres  nach  dem  salzarmem  abfliesst.  Bei  dem  er- 
heblichen  Zufluss  süssen  Wassers  zur  Ostsee  und  der  Seichtheit  des  Sundes 
und  der  Belte  ist  die  Strömung  des  Oberflächen wassers  der  Ostsee  zur 
Nordsee  bedeutender  als  der  salzreichere  von  der  Nord-  zur  Ostsee  ge- 
richtete Unterstrom.  Und  während  derselbe  im  westlichen  Thoile  der 
Ostsee  noch  sehr  merklich  ist,  wird  er  durch  die  zwischen  Rügen  und 
Bornholm  gelegenen  Untiefen  von  weiterem  Vordringen  an  unsere  Küsten 
abgehalten  und  vielmehr  in  den  zwischen  Bornholm  und  Schweden  be- 
findlichen  Tiefen  gegen  den  finnischen  Meerbusen  hingedrängt.  Ueber 
Stärke  und  Richtung  der  Strömungen  an  unseren  Küsten  ist,  so  wichtig 
dieselben  für  die  Fischerei  auch  sein  mögen,  bisher  nichts  Genaueres 
bekannt  geworden. 

Die  Temperatur  des  Ostseewassers  ist  wegen  der  geringen  Tiefe 
und  der  engen  Communication  mit  dem  warmen  Ocean  von  der  Luft- 
temperatur sehr  viel  abhängiger  als  z.  B.  die  Temperatur  des  Nordsee- 
wassers. Am  grössten  sind  die  Temperaturschwankungen  natürlich  an 
der  Oberfläche. 

Das  Seewasser  kann  wegen  seines  Salzgehaltes  unter  0°  abgekühlt 
werden,  ohne  zu  gefrieren,  sein  Gefrierpunkt  liegt  um  so  tiefer,  je  salz- 
haltiger es  ist;  bei  3%  Salzgehalt  z.  B.  erst  bei  —2,27°  C.  Beim  Ge- 
frieren des  Seewassers  wird  das  Salz  in  das  sich  bildende  Eis  nicht  mit 
aufgenommen,  dasselbe  liefert  vielmehr  aufgethaut,  süsses  Wasser.  In 
strengen  Wintern  friert  die  Ostsee  an  unserer  Küste  nicht  selten  in  er- 
heblicher Ausdehnung  zu,  ja  in  manchen  Jahren  ist  bei  anhaltender  Kälte 
die  ganze  Ostsee  so  fest  zugefroren,  dass  man  Schlittenfahrten  nach  Lübeck, 
Reval,  Schweden  unternommen  und  auf  dem  Eise  selbst  Herbergen  er- 
baut hat.  Als  solche  Winter  werden  von  Preuss1)  die  der  Jahre  1269, 
1307,  1322,  1381,  1423,  1459,  1554,  1G43,  1G67,  1670,  1674,  1678,  1686 
genannt,  im  Jahre  1709  fuhr  man  noch  im  Mai  10  Meilen  weit  über  See. 

Die  Wellen  der  Ostsee  sind  kurz  und  hoch,  für  die  Schifffahrt  und 
ganz  besonders  für  die  Fischerei  ungünstig,  zumal  da  wir  an  unserer 
ganzen  Küste  ausser  Pillau  und  Memel  keine  Zufluchtshäfen  für  die 
Fischerböte  besitzen. 

Flora  und  Fauna  unseres  östlichen  Ostseobeckens  sind  wegen  des 
geringeren  Salzgehaltes  und  des  Mangels  an  festem,  steinigem  Grunde  weit 
ärmer  als  die  des  westlichen  Beckens,  z.  B.  bei  Kiel.     Es  mag  hierzu  auch 


1)  Preussisehe  Landes-  und  Volkslcuude  von  A.  E.  Preuss,  Königsberg,  1835. 


222  Unsere  Gewässer. 

die  Armuth  des  Meeresbodens  an  kohlensaurem  Kalk  beitragen,  der  z.  B. 
im  Kattegat  in  10,  im  Skager  Rack  in  20mal  grösserer  Menge  sich  findet. 

Von  wirbellosen  Thieren  sind  bisher  im  westlichen  Becken  der 
Ostsee  216,    bei  uns  nur  69  Arten  gefunden  worden. 

Die  Zahl  der  eigentlichen  Seefische,  welche  an  unsern  Küsten  vor- 
kommen, beträgt  30,  es  gehen  aber  wegen  des  geringen  Salzgehaltes  auch 
viele  unserer  Süsswasserfische  zeitweise  in  die  See. 

Das  kurische  Haff 

hat  ungefähr  die  Form   eines    rechtwinkligen  Dreiecks  und    bildet    eine 

Wasserfläche  von  1612,99  qkm. 

Davon    liegen    im    Reg.-Bez.    Königsberg 1140,10 

und  zwar  im  Landkreis  Königsberg 152,52 

Kreis  Fischhausen 427,27 

Kreis  Labiau 314,94 

Kreis  Memel 245,37 

im  Reg.-Bez.  Gumbinnen 472,89 

und  zwar  im  Kreis  Heydekrug 239,50 

Kreis  Niederung 233,39 

Summa  1612,99 
Das  kurische  Haff  ist  also  bei  Weitem  der  grösste  der  an  der 
deutschen  Ostseeküste  gelegenen  Brackwasserseen.  Bei  der  grossen  Zahl 
und  der  Mächtigkeit  der  in  das  Haff  einmündenden  Ströme  ist  sein  Wasser 
ganz  süss,  nur  bei  heftigen  und  lange  anhaltenden  Stauwinden  dringt 
das  Ostseewasser  in  erheblicherer  Menge  durch  das  enge  Memeler  Tief 
ein.  Die  grösste  Länge  des  Haffs  beträgt  in  der  Richtung  NS.  90  km, 
seine  grösste  Breite  im  südlichen  Theile  45  km.  Bis  zur  Hälfte  seiner 
Länge,  d.  h.  bis  zur  Einmündung  des  Athmathstromes  verschmälert  sich 
das  kurische  Haff  allmälig  bis  auf  ca.  15  km,  wird  dann  durch  die  weit 
vorspringende  Windenburger  Ecke  bis  auf  8,5  km  verengt  und  nimmt 
bis  zu  dem  Memler  Tief  hin  ganz  allmälig  an  Breite  ab.  An  der  Stadt 
Memel  hat  es  noch  eine  Breite  von  700  m  am  Leuchthurm  ist  das  Tief 
500  m  breit. 

Im  W.  oder  NW.  wird  das  kurische  Haff  von  der  Ostsee  durch  die 
schmale  kurische  Nehrung  getrennt,  die  grösstentheils  aus  fliegendem 
Sande  besteht,  und  deren  Dünenketten  sich  durchschnittlich  zu  30  m,  im 
Maximum  bis  zu  60  m  Höhe  erheben.  Das  östliche  oder  littauische  Ufer 
wird  zum  grössten  Theile  von  dem  breiten  Memehlelta  gebildet,  welches 
so  niedrig  ist,  dass  es  bei  anhaltenden  Stauwinden  und  bei  dem  Frühlings- 
hochwasser  oft  meilenweit  überschwemmt  wird.     Nur  zwischen  Winden- 


Die  Ostsee.     Das  kurische  Haff.  223 

bürg  und  Memel  ist  das  das  östliche  Ufer  stellenweise  erheblich  höher. 
Die  südliche  Begrenzung  des  Haffes  wird  von  dem  sanft  abgedachten 
Plateau  des  Samlandes  gebildet. 

Der  Boden  des  Haffes  besteht  im  nördlichen  Theile  fast  ausschliess- 
lich aus  Sand,  während  im  südlichen  Theile  thoniger  Schluff  sehr  ver- 
breitet ist.  Steinlager  von  erheblicher  Ausdehnung  finden  sich  am 
litauischen  Ufer  zwischen  Feilcnhof  und  der  Windenburger  Ecke,  südlich 
der  letzteren  liegt  eine  grosse  Steinbank,  Akmen  oder  die  Stadt  genannt, 
auch  an  der  samländischen  Küste  sind  Steinlager  bei  Stambeck,  Paters- 
ort, Willmanns,  Strahlsecke,  und  zwischen  Rinderort  und  Agilla.  Nörd- 
lich von  Rinderort  liegt  in  grösserer  Entfernung  vom  Ufer  die  Steinbank 
Lebaergarsch.    An  der  Nehrungsseite  kommen  Steine  nur  bei  Rossitten  vor. 

Die  Tiefe  des  kurischen  Haffes  ist  sehr  ungleichmässig;  im  nörd- 
lichen Theile  im  Allgemeinen  und  namentlich  auf  den  zahlreichen  Sand- 
bänken sehr  viel  geringer  als  im  südlichen.  Während  sie  hier  durch- 
schnittlich 4 — 5  m  beträgt,  übersteigt  sie  im  nördlichen  Theil  selten  1 — 2  m, 
ist  aber  vielfach  erheblich  geringer.  Nur  in  der  Nähe  der  Nehrung  zieht 
sich  eine  schmale,  vielfach  gekrümmte  Rinne,  die  „Rönne"  hin,  deren 
Tiefe  zwar  vielfachem  Wechsel  unterworfen  ist,  im  Allgemeinen  aber 
3 — 4  m,  stellenweise  selbst  9—11  m  beträgt.  Im  Allgemeinen  nimmt 
die  Wassertiefe  besonders  auf  der  litauischen  Seite  vom  Ufer  an  nur 
sehr  allmälig  zu  und  erreicht  oft  erst  1 — 2  km  von  demselben  den  Be- 
trag von  iy2  m,  um  dann  plötzlich  zu  einer  Tiefe  von  21/2 — 3  m  ab- 
zufallen. Die  flachen  Stellen  nennen  die  Fischer  Flächen,  seke,  die 
Büsehungslinio  die  Packrant,  zwischen  Memel  und  der  Windenburger 
Ecke  auch  krantas,  d.  h.  Rand,  Ufer.  Und  in  der  That  ist  dieselbe  das 
ehemalige  Haffufer,  und  es  lassen  sich  bis  zu  dieser  Grenze  zahllose 
Ellern-  und  andere  Baumwurzeln  im  Grunde  finden.  Im  südlichen  Theile 
des  Haffes  ist  diese  alte  Uferlinie  weniger  deutlich.  Ein  der  Böschungs- 
linie zunächst  liegender  Streifen  der  Fläche  wird  in  einer  Breite  von 
ca.  8 — 12  m  die  oder  der  Schaar  genannt,  auf  der  Schaar  fängt  der  feste 
sandige  Grund  der  Flächen  an,  sich  mit  dem  weichen  muddigen  Grund 
der  Tiefe,  des  Bodens  oder  Boddens,  zu  mischen,  man  unterscheidet  da- 
her auch  harte  und  weiche  Schaar.  Wesentlich  für  die  Schaar  ist  der 
plötzliche  Abfall  des  Grundes,  wo  ein  solcher  nicht  vorhanden  ist, 
giebt  es  keine  Schaar.  An  vielen  Stellen  erstrecken  sich  lange  schmale 
Untiefen,  sogenannte  Haken,  weit  in  das  Haff  hinein,  sie  und  die  zahl- 
reichen Sandbänke  bedingen  es,  dass  hier  alle  Fischerfahrzeuge  nur  mit 
ganz  flachem  Boden  und  äusserst  geringem  Tiefgang  gebaut  werden, 
trotzdem  segeln  sie  vortrefflich  und  sind  ganz  besonders  in  der  auf  dem 


224  Unsere  Gewässer. 

kurischen  Haffe  sehr  gewöhnlichen  kurzen  Rollung  und  zum  Aufkreuzen 
gegen  schweren  Wind  äusserst  tüchtig. 

Das  frische  Haff 

erstreckt   sich  in  Gestalt  eines  langen   schmalen  Rechteckes  im  Wesent- 
lichen von  SW.  nach  NO.     Sein  Flächeninhalt  beträgt  861,54  qkm. 

Davon   liegen   im    Reg.-Bez.    Königsberg 579,63 

und  zwar  im  Landkreis  Königsberg 32,49 

Kreis  Fischhausen 281,81 

Kreis  Braunsberg 35,73 

Kreis  Heiligenbeil 229,60 

im  Reg.-Bez.  Danzig 281,91 

und  zwar  im  Kreis  Elbing 149,21 

Landkreis  Danzig   132,70 

Summa  861,54 
Die  grösste  Länge  des  frischen  Haffes  beträgt  80  km,  die  grösste 
Breite  30,  die  geringste  7,5  km.  Bei  Pillau  steht  das  Haff  durch  das 
500  m  breite  Tief  mit  der  Ostsee  in  Verbindung.  Aus-  und  eingehender 
Strom  wechseln  hier  ausserordentlich,  oft  mehrmals  an  demselben  Tage. 
Bei  starkem  Stauwinde  dringt  Seewasser  in  den  Pregel  nicht  selten  bis 
oberhalb  Königsberg  ein.  Im  NW.  wird  das  frische  Haff  gegen  die  Ost- 
see durch  die  schmale  frische  Nehrung  abgegrenzt,  deren  Dünen  nicht 
so  hoch  und  stärker  bewaldet  sind,  als  die  der  kurischen  Nehrung.  Im 
Norden  bildet  die  flache  samländische  Küste,  im  SO.  das  hohe  und  frucht- 
bare Ermland  und  Natangen,  im  SW.  das  flache  Land  an  den  Mün- 
dungen der  Nogat  und  der  Elbinger  Weichsel  seine  Begrenzung.  Der 
Boden  des  Haffes  besteht  an  den  Rändern  aus  Sand-,  in  der  Mitte  aus 
Schlick-  und  Thongrund,  vor  den  Weichsel-  und  Nogatmündungen  aus  Lehm. 
Die  Tiefe  beträgt  in  der  Mitte  des  nordöstlichen  Theiles  auf  weite  Strecken 
hin  gleichmässig  4  m,  in  der  Fischhäuser  Bucht  stellenweise  5  m,  im 
südwestlichen  Theile  durchschnittlich  nur  2—3  m.  Nach  den  Ufern  hin 
nimmt  sie  sehr  allmälig  ab,  namentlich  an  der  Nehrungsseite,  während 
längs  des  gegenüberliegenden  hohen  Ufers  auf  weite  Strecken  hin  sich 
eine  ähnliche  Böschung  wie  die  Packrant  des  kurischen  Haffes  nachweisen 
lässt,  wie  denn  auch  hinsichtlich  der  Schaar  das  dort  gesagte  auch  für 
das  frische  Haff  gilt.  Von  Untiefen  sind  nur  der  bei  Pillau  gelegene 
Heerd  und  eine  Anzahl  mehr  oder  weniger  weit  vom  Ufer  ins  Haff  sich 
hinein  erstreckender  Haken  zu  erwähnen.  An  der  Einmündung  des 
Pregels,  des  Elbings,  der  Nogat-  und  Weichselarme  findet  eine  stetige 
Verflachung  und  allniälige  Verbindung    der  Haffränder  statt,  indem  sich 


Das  frische  Haff.     Die  Binnengewässer.  225 

ausgedehnte  Kohrkämpen  bilden,  die  den  Niederfall  der  Sinkstoffe  be- 
fördern und  z.  B.  vor  den  Nogatmündungen  in  den  letzten  100  Jahren 
ein  Anwachsen  des  Landes  um  4  km,  jährlich  ziemlich  regelmässig  um 
40  m,  zur  Folge  gehabt  haben. 

Der  Fischreichthum  beider  Haffe,  namentlich  des  frischen  Haffes, 
ist  noch  immer  ein  recht  erheblicher,  so  dass  bei  der  Wintergarnfischerei 
mit  einem  Zuge  bisweilen  für  2 — 3000  Mark  Fische  gefangen  werden. 
Es  sind  übrigens  die  Fische  des  frischen  Haffes  durchschnittlich  viel 
besser,  und  werden  theurer  bezahlt,  als  die  des  kurischen  Haffes,  was 
wol  darin  seinen  Grund  haben  mag,  dass  dem  ersteren  von  den  frucht- 
baren Höhen  von  Ermland  und  Natangen  mehr  zur  Entwicklung  der 
als  Fischfutter  dienenden  niederen  Thiere  geeignetes  Material  zugeführt 
wird,  als  dem  kurischen  Haffe. 

Die  Binnengewässer. 

Auch  abgesehen  von  den  grossen  "Wasserflächen  der  Haffe  sind 
unsere  Provinzen  bei  Weitem  die  wasserreichsten  Gegenden  des  preussi- 
schen  Staates.  Nach  den  von  Prof.  Metzger1)  bearbeiteten  Erhebungen 
des  landwirthschaftlichen  und  des  Finanzministeriums  beträgt  die  Gesammt- 
oberfläche  der  Binnengewässer  (Flüsse,  Bäche,  Seen  etc.)  in  der  ehe- 
maligen Provinz  Preussen  232595,812  ha,  wovon  144598,919  ha  in  Ost- 
preussen,  87  997,893  ha  in  Westpreussen  gelegen  sind.  Auf  die  Be- 
gierungsbezirke und  Kreise  vertheilen  sich  die  Gewässer  folgendermaassen : 

1.  Begierungsbezirk  Gumbinnen. 
88889,574  ha. 

Kreis  Angerburg 12870,577       Kreis  Lyck 8951,423 

„     Darkehmen 664,219           „     Niederung 2124,719 

„     Goldap 2992,397           „     Oletzko 4175,452 

„     Gumbinnen 584,639           „     Pillkallen 536,170 

„     Heydekrug 3  997,036           „     Bagnit 2592,709 

„     Insterburg 822,574  „     Sensburg 15  989,237 

„     Johannisburg 18955,754           „     Stallupönen 344,397 

„    Lötzen 11517,956           „    Tilsit 1770,314 

2.  Begierungsbezirk  Königsberg. 
55709,345  ha. 

Kreis  Alienstein 8 172,736       Kreis  Pr.  Eylau 1 001,312 

„     Braunsberg 771,164  „     Fischhausen 690,762 


1)  Metzger,  Beiträge  zur  Statistik  und  Kunde  der  Binnenfischerei  des  preussischen 
Staates.    Berlin  1880.    Verlag  von  Julius  Springer. 

15 


226 


Unsere  Gewässer. 


Kreis  Friedland 798,553       Kreis  Memel 601,559 


Gerdauen 1159,887 

Heiligenbeil 666,846 

Heüsberg 2190,073 

Pr.  Holland 1297,662 

Königsberg,  Stadtkr.  140,566 
Königsberg,  Landkr.  1389,536 
Labiau 1036,140 


Mohrungen 9718,497 

Neidenburg 4  982,527 

Orteisburg 6353,659 

Osterode 8253,042 

Kastenburg 1541,299 

Eössel 3846,277 

Wehlau 1079,268 


3.  Kegierungsbezirk  Danzig. 
58315,475  ha. 


n 


Kreis  Bereut 5492,519 

„     Danzig,  Landkr.   .  .  3241,031 

„     Danzig,  Stadtkr.  . .  83,077 

„     Elbing 3940,113 

4.  Regierungsbezirk  Marienwerder. 
29682,418  ha. 
Kreis  Dt,  Krone 5  911,885       Kreis  Marienwerder 


Kreis  Karthaus 7  222,800 

„     Marienburg 3  979,767 

Neustadt 1600,910 

Pr 


Stargard 4122,181 


3548,839 


ii 


Rosenberg 5969,162 

Schlockau 6249,223 

Schwetz 5468,644 

Strasburg 3528,349 

Stuhrn 1161,737 


Flatow 3168,909 

Graudenz 2  384,451 

Konitz 10054,853 

Kulm 3276,413 

„     Löbau 3480,010 

Kreis  Thorn 4112,990 

Natürlich  sind  alle  diese  Zahlen  nicht  als  absolut  richtig  anzusehen, 
da  einerseits  seit  den  bezüglichen  Erhebungen  schon  eine  Reihe  von 
Jahren  verflossen  ist,  in  denen  sich  die  Verhältnisse  durch  Trockenlegung 
resp.  Senkung  von  Seen  an  vielen  Orten  geändert  haben,  und  anderer- 
seits bei  der  Messung  nicht  überall  gleichmässig  zu  Werke  gegangen  ist, 
indem  bald  nur  die  beständig  unter  Wasser  befindlichen  Flächen,  bald 
auch  zeitweise  trocken  liegende  Sümpfe,  Brücher  etc.  berücksichtigt  sind. 


Die  Flüsse. 

Die  Flüsse  unserer  Provinzen  ergiessen  ihr  Wasser  direct  oder  durch 
Vermittelung  der  Haffe  in  die  Ostsee. 

Dem  kurischen  Haffe  strömen,  von  Norden  nach  Süden  aufgezählt, 
die  Dange,  Minge,  Memel,  Ackel,  Griebe,  der  Karkelfluss,  Nemonien  und 
einige  kleine  Bäche  von  der  Nordküste  des  Samlandes  zu.  Ausserdem 
führt  von  Tapiau  aus  ein  canalisirter  Mündungsarm  des  Pregels,  die  Deime 
oder   Deine   ins  kurische  Haff. 


Die  Flüsse.  227 

Die  Dange  entspringt  unweit  der  Grenze  in  Russland,  fliesst  bis 
gegen  Memel  hin  in  südwestlicher  Richtung,  wendet  sich  dann  nach  Westen 
und  mündet  bei  Memel  ins  Haff.  Im  oberen  Laufe  flach  und  klein,  ver- 
breitert und  vertieft  sie  sich  weiterhin  erheblich  und  bildet,  an  der  Mün- 
dung ca.  20  m  breit,  einen  Theil  des  Memeler  Hafens. 

Die  Minge  entspringt  gleichfalls  in  Russland,  verläuft  in  fast  genau 
nordwestlicher  Richtung,  anfangs  durch  bewaldete  Anhöhen,  weiterhin 
durch  flache  sumpfige  Gegenden  und  mündet  bei  Minge,  etwa  30  m  breit, 
ins  Haff.  Yon  Osten  her  nimmt  sie  die  Aglone,  Wewirsze  und  Tenne 
auf,  die  alle  in  Russland  entspringen. 

Die  Memel,  in  Russland  Meinen  genannt,  entsteht  bei  Horzow 
im  Gouvernement  Minsk  in  russisch  Litauen  in  einer  Höhe  von  234  m 
über  dem  Meeresspiegel.  Sie  fliesst  anfangs  ca.  300  km  weit  in  westlicher 
Richtung  bis  Grodno,  dann  292,5  km  nördlich  bis  Kowno,  wendet  sich 
dann  wieder  nach  Westen  und  geht  90  km  weit  in  einem  tiefen  und  engen 
Thale  mit  steilen  Ufern  bis  Schmalleningken.  Hier  tritt  sie  über  die 
preussische  Grenze,  ihr  Thal  erweitert  sich  allmälig,  das  nördliche  Ufer 
verflacht  sich  rasch,  während  das  südliche  noch  auf  grössere  Entfernung 
hin  bis  30  m  hohe,  steile  Abfälle  bildet.  Sie  läuft  dann  an  Ragnit 
and  Tilsit  vorüber,  verbreitert  sich  in  der  Tilsiter  Niederung  und  theilt 
sich  bei  Schanzenkrug  in  zwei  Arme,  den  nördlichen  Russ  und  die  süd- 
liche Gilge.  Ausserdem  sind  in  der  Niederung  mehrere  alte  Arme  coupirt 
und  bilden  grosse,  theilweise  oder  ganz  geschlossene  Wasserbecken.  Der 
Russstrom  fliesst  in  nordwestlicher  Richtung  2 — 300  m  breit  dem  kuri- 
schen Haff  zu.  Bei  Russ  theilt  er  sich  in  mehrere  Arme,  deren  früher 
etwa  zwölf  waren,  die  aber  bis  auf  die  Atmath  oder  Szieszsche  Oost 
(ca.  300  m  breit),  die  kleine  Pokalna  und  Warruss  und  den  Skirwieth- 
strom  seit  längerer  Zeit  verschlossen  sind.  Yon  Schmalleningken  bis 
zur  Mündung  der  Atmath  sind  112,5  km.  Die  Gilge,  die  etwa  l/%  des 
Memelwassers  dem  Haffe  zuführt,  verläuft  in  südwestlicher  Richtung,  hat 
eine  Länge  von  43  km  und  mündet  mit  vier  Armen,  der  eigentlichen 
Gilge,  Tawe,  Inse  und  Loye  bei  den  gleichnamigen  Dörfern  ins  Haff. 
Die  Gesammtlänge  des  Memelstromes  beträgt  795  km,  sein  Strom- 
gebiet umfasst  110000  qkm.  Die  Tiefe  ist  sehr  verschieden,  oft  sehr 
gering.  Das  Gefälle  beträgt  pro  7,420  km  zwischen  Grodno  und  Kowno 
2,1m,  zwischen  Kowno  und  Schmalleningken  1,4  m,  durchschnittlich  pro  Kilo- 
meter 30  cm.  Im  Frühjahr  ist  das  ganze  Memeldelta  oft  meilenweit  über- 
schwemmt. In  unserer  Provinz  strömen  die  folgenden  Nebenflüsse  der 
Memel  zu: 

Die  Szeszuppe  entspringt  in  Polen,  tritt  bei  Schirwindt  ins  Preussische 

15* 


228  Unsere  Gewässer. 

und  vereinigt  sich  hier  mit  dem  von  Süden  her  kommenden  Schirwindt- 
fluss,  der  von  Eydtkuhnen  an  die  Grenze  zwischen  Preussen  und  Russ- 
land bildet,  und  die  aus  der  Stallupöner  Gegend  kommende  Rauschwe 
aufnimmt.  Die  Szeszuppe  fliesst  nun  zunächst  nach  Norden,  dann  nach 
Westen  und  nach  mehrfachen  Windungen  wieder  nach  Norden  und  er- 
giesst  sich,  nachdem  sie  von  Süden  her  noch  die  Alexnapis  aufge- 
nommen hat,  oberhalb  Schreitlaugken  in  die  Memel.  An  der  Mühle  Las- 
dehnen   ist    die    Szeszuppe    durch    ein   Wehr  gesperrt. 

Die  Tilse  oder  Tilselle  kommt  von  Süden  her,  bildet  mehrere  Teiche 
und  ergiesst  sich  bei  Tilsit  in  die  Memel.  Eine  Mühlenschleuse  befindet 
sich  bei  Moritzkehmen. 

Yon  Norden  her  münden  in  die  Memel  die  Schwente  bei  Schmalle- 
ningken,  die  Wisch  will  gegenüber  Trapöhnen,  die  Jura,  ein  ca.  10  m 
breiter  und  ziemlich  fischreicher  Eluss,  bei  Schreitlaugken. 

In  den  Russstrom  ergiesst  sich  von  Norden  her  bei  dem  Dorfe 
Karczewischken  die  Jage. 

Die  Sziesze  entspringt  in  der  Nähe  der  Grenze,  strömt  in  nord- 
westlicher Richtung  mit  ziemlich  bedeutendem  Gefälle  an  Heydekrug  vor- 
bei, nimmt  die  Schuste  auf  und  fliesst  bei  dem  Dorfe  Sziesze  in  die 
Atmath.     In  ihr  befindet  sich  eine  Mühlenschleuse  bei  Kallnuggen. 

Zwischen  Russ  und  Gilge  fliessen  einige  kurze  Bäche  als  Abwässe- 
rungen  des  Memeldeltas  in  westlicher  Richtung  ins  Haff,  die  Ackel, 
Griebe  und  der  Karkelfluss. 

Der  Nemonien  entspringt  aus  den  Abflüssen  der  sumpfigen 
Wälder  der  Memelniederung  südlich  von  der  Gilge  in  der  Gegend  von 
Petricken  und  ergiesst  sich,  ca.  100  m  breit,  bei  dem  Dorfe  Nemonien 
ins  Haff.  Er  nimmt  die  von  Schilleningken  herkommende  Arge  auf, 
die  sich  aus  der  Budup,  Schillup,  Ossa  und  Parwe  zusammensetzt 
und  in  ihrem  untern  Laufe  Laukne  heisst,  und  den  von  Süden  her- 
kommenden Timber.     Sein  Gefälle  ist  nur  äusserst  gering. 

In  das  frische  Haff  ergiessen  sich  der  Pregel,  der  Frisching,  die 
Bahnau,  Passarge,  Baude,  der  Elbing,  die  Nogat,  Tiege  und  ein  Arm  der 
Weichsel. 

Der  Pregel  entsteht  östlich  von  Insterburg  aus  dem  Zusammenfluss 
der  Pissa,  Angerapp  und  Inster. 

Die  Pissa  ist  der  Ausfluss  des  auf  der  russischen  Grenze  gelegenen 
Wysztiter  Sees.  Sie  fliesst  mit  mehrfachen  Windungen  im  Allgemeinen  in 
nordwestlicher  Richtung  bis  Gumbinnen,  wo  sie  sich  mit  der  Rominte  zur 
grösseren  Pissa  vereinigt,  die  dann  in  westlicher  Richtung  an  Karalene 
vorüber  bis  in  die  Nähe  von  Insterburg  läuft,  um  sich  mit  der  Angerapp 


Die  Flüsse.  229 

zu  verbinden.  Weiter  in  westlicher  Richtung  an  Insterburg  vorbeiziehend, 
nimmt  sie  bald  unterhalb  dieser  Stadt  die  Inster  auf  und  heisst  dann  Pregel. 
Die  Pissa  hat  eine  Länge  von  ca.  60  km.,  einen  stark  geschlängelten  Ver- 
lauf, ein  enges  steiles  Thal  und  bedeutendes  Gefälle.  Mühlenwehre  und 
Schleusen  befinden  sich  in  der  Pissa  bei  Baubein,  Danzkehmen,  Ger- 
a\  isohkehmen,  Gumbinnen,  Szirgupoenen. 

Die  Rom  inte,  in  der  Nassawer  und  Rominter  Forst  aus  dem 
ßlindenfluss,  dem  Bludszer  Fluss  und  dem  Szinkuhner  oder 
schwarzen  Fluss  entspringend,  verbindet  sich,  von  Südosten  herkommend, 
bei  Gumbinnen  mit  der  Pissa.  In  ihr  befinden  sich  Wehre  und  Schleusen 
bei  Matzutkehmen,  Kulligkehmen,  Kiauten,  Budzehlen. 

Ausserdem  nimmt  die  Pissa  die  Dobup,  Rodup  (Schleuse  bei  Tra- 
kehnen)  und  die  Schwentaine  auf. 

Die  Angerapp  ist  der  nördliche  Abfluss  des  Mauersees.  Sie  ent- 
springt bei  Angerburg  mit  drei  sich  bald  vereinigenden  Armen,  verläuft, 
vielfach  geschlängelt,  in  einem  engen  und  tiefen  Thale  mit  starkem  Gefälle, 
im  Allgemeinen  in  nördlicher  Richtung,  an  Darkehmen  vorüber  bis  in 
die  Nähe  von  Gumbinnen,  wo  sie  sich  ziemlich  rechtwinklig  nach  Westen 
umbiegt,  um  sich  7,5  km  östlich  von  Insterburg  mit  der  Pissa  zu  ver- 
binden. Ihre  Länge  beträgt  ca.  90  km,  die  Breite  15 — 20  m,  das  Gefälle 
vom  Mauersee  bis  Insterburg  ca.  100  m.  Mühlenwehre  und  Schleusen 
befinden  sich  in  der  Angerapp  am  Schloss  und  der  Mahlmühle  Anger- 
burg,  bei  Darkehmen   und  Kissehlen. 

Von  Osten  her  nimmt  die  Angerapp  den  Goldapfluss  auf,  der,  als 
Jarkefluss  vom  Seesker  Berge  entspringend,  an  Goldap  vorüberfliesst 
und  bei  Jurgutschen  mündet.  Wehre  und  Schleusen  befinden  sich  im 
Goldapfluss  bei  Goldap  und  Bodschwingken. 

Die  In  st  er  entspringt  mit  mehreren  Armen  in  der  Gegend  von  Pill- 
kallen  und  verläuft  im  Allgemeinen  in  südwestlicher  Richtung,  meistens  in 
flachen  Wiesen gegenden  und  sumpfigen  Waldungen,  mit  geringem  Gefälle 
bis  Insterburg,  wo  sie  mit  dem  aus  der  Verbindung  von  Pissa  und 
Angerapp  hervorgegangenen  Flusse  den  Pregel  bildet.  Ihre  Länge  beträgt 
ca.  105  km.  In  der  Inster  befindet  sich  eine  Mühle  mit  Wehr  bei  Antag- 
minnen,  Kr.  Ragnit. 

Nebenflüsse  der  Inster  sind  die  Eimenis,  Niebudclis  und  Strins. 

Der  Pregel  läuft  nach  der  Vereinigung  der  drei  Flüsse  bei  Insterburg 
in  einem  breiten  Wiesenthaie  mit  geringem  Gefälle  in  westlicher  Richtung 
an  Wehlau,  Tapiau  und  Königsberg  vorüber,  um  sich  7 — 8  km  westlich 
von  letzterer  Stadt  ins  frische  Haff  zu  ergiessen.  15  km  oberhalb  Königs- 
berg theilt  er  sich  in  zwei  Arme,  die  in  geringem  Abstände  von  einander 


230  Unsere  Gewässer. 

parallel  verlaufen  und  sich  in  Königsberg  selber  wieder  vereinigen.  Die 
Länge  des  Pregels  von  Insterburg  bis  zur  Mündung  beträgt  75  km,  sein 
gesammtes  Stromgebiet  umfasst  11000  qkm.  Seine  Breite  beläuft  sich 
bei  Insterburg  auf  20  m,  bei  Königsberg  auf  80  m,  die  Tiefe  ist  bei 
Tapiau  nur  1 — V-fe  m,  bei  Königsberg  4 — 20  m.  Sein  Gefälle  beträgt 
nach  dem  Nivellement  von  Suchau  oberhalb  Wehlau  für  je  375  m  2,7  cm, 
zwischen  "Wehlau  und  Tapiau  0,9,  zwischen  Tapiau  und  Popelken  nur 
noch  0,3  cm.  Bei  "West-  und  Nordwest-Winden  wird  daher  das  Wasser 
stark  angestaut  und  es  ist  bei  längerem  Anhalten  derselben  das  salzige 
Wasser  der  Ostsee  mitunter  bis  oberhalb  Königsberg  nachzuweisen. 

Im  Pregel  befinden  sich  grosse  Wehre  an  den  Herzogl.  Dessauischen 
Mühlenwerken  bei  Bubainen,  Kr.  Insterburg. 

Von  Norden  her  nimmt  der  Pregel  nur  kleine  Bäche  auf,  dieDroje, 
den  Auergraben,  die  Nehne,  einige  samländische  Fliesser,  die  theils  in 
den  lauthschen  Mühlentheich,  theils  durch  den  Landgraben  in  den  Ober- 
teich und  aus  diesem  in  den  Schlossteich  gehen,  der  sein  Wasser  durch 
die  Katzbach  in  den  Pregel  ergiesst. 

Yon  Süden  her  nimmt  er  die  Auxinne  und  die  Alle  auf. 

Die  Auxinne  entspringt  mit  mehreren  Armen  am  linken  Ufer  der 
Angerapp  und  fliesst  mit  geringem  Gefälle  durch  ebene  Gegenden.  Ihre 
Länge  beträgt  37,5  km,  die  Breite  bis  12  m.  Sie  hat  im  Allgemeinen 
eine  nordwestliche  Kichtung  und  mündet  bei  Norkitten. 

Die  Alle  entspringt  zwischen  Neidenburg  und  Hohenstein  in  einem 
tiefen  Kessel  mit  einer  grossen  Anzahl  von  Quellen  bei  Lahna,  ca.  130  m 
über  dem  Meere,  bildet  mehrere  Seen  und  Teiche,  so  den  Kurken-  und 
Lanskersee,  nimmt  durch  die  Maranse  das  Wasser  aus  dem  Maransen- 
und  Plautziger  See  auf,  und  fliesst  im  Allgemeinen  nordöstlich,  in  einem 
engen  tiefen  Thale  mit  stark  geschlängeltem  Lauf  und  bedeutendem  Ge- 
fälle an  Allenstein,  Gutstadt,  Heilsberg,  Bartenstein,  Schippenbeil,  Fried- 
land, Allenburg  vorüber,  um  nach  180  km  langem  Lauf  bei  Wehlau  in 
den  Pregel  zu  münden.  Ihre  Breite  beträgt  10 — 20  Meter,  das  Gefälle 
auf  je  7,420  km 

zwischen  Heilsberg  und  Bartenstein  ...     4,8  m, 
„         Bartenstein  und  Schippenbeil  .     .     3,4    „ 
„         Schippenbeil  und  Friedland      .     .     3,3    „ 
„         Friedland  und  Alienburg     .     .     .     1,9    „ 
im  Durchschnitt  pro  7,420  km  3,4  m.     Das  höchste  Gefälle  oberhalb  der 
Bartensteiner  Brücke  beträgt  1  m  auf  375  m.     In  der  Alle  befinden  sich 
Mühlenwehre,  Ueberfälle   und  Schleusen  am  Ustrichsee  und  der  Soyka- 
mühle,    in    ßeussen,    Kr.    Allenstein,    an    der    Oel-    und    Mahlmühle    in 


Die  Flüsse.  231 

Makohlen,  an  der  Mühle  in  Gutstadt,  eine  Schiffsschleuse  und  Mahl- 
schleusen an  der  Mühle  Pinnau  bei  der  Mündung-  in  den  Pregel.  "Neben- 
flüsse der  Alle  sind  der  Wadangfluss,  die  Simser,  Guber,  der  Omet, 
die  Schweine  und  Elm. 

Der  von  Osten  her  kommende  Wadangfluss,  setzt  sich  aus  dem 
den  Abfluss  des  Dadeysees  bildenden  Pischfluss  und  aus  dem  Kirmas- 
lluss  zusammen,  der  aus  dem  Kosnosee  bei  Passenheim  entspringt. 
Der  Wadangfluss  bildet  den  Wadangsee  und  mündet  unterhalb  Alienstein 
in  die  Alle.  In  ihm  befindet  sich  eine  Schleuse  an  der  Wadangmühle 
unterhalb  des  Wadangsees. 

Die  Sims  er  entspringt  in  der  Gegend  von  Seeburg,  bildet  den 
Blanken-  und  Simsersee,  verläuft  in  einem  engen  Thale  mit  starkem  Gefälle 
und  mündet  bei  Heilsberg  in  die  Alle.  In  ihr  befinden  sich  Mühlen- 
schleusen in  Medien,  an  der  Pirwitzschen  Mühle  vor  Heilsberg  und  ein 
hohes  Wehr,  der  Simserfall,  an  ihrer  Mündung  in  Heilsberg. 

Die  Guber  entspringt  aus  dem  Gubersee  bei  Rhein,  fliesst  in  nord- 
westlicher Eichtung  an  Kastenburg  vorüber  in  einem  engen  und  tiefen 
Thale,  nimmt  das  bartener  Mühlen  flies  s  und  den  von  Rössel  her- 
kommenden Zainfluss  auf  und  ergiesst  sich  nach  einem  Lauf  von  ca. 
60  km  bei  Schippenbeil  in  die  Alle.  Schleusen  und  Wehre  in  Sanden- 
berg,  Kr.  Rastenburg,  und  Schippenbeil. 

Der  Omet  entsteht  aus  dem  schwarzen  und  weissen  Fluss,  an 
welchem  letzteren  Drengfurt  gelegen  ist,  und  fliesst  in  nordwestlicher 
Richtung  an  Gerdauen  vorüber,  um  bei  Allenburg  in  die  Alle  zu  fallen. 

Die  Schweine  oder  Aschwoene  entspringt  aus  dem  Nordenburger 
See,  vereinigt  sich  mit  der  ihr  nördlich  ziemlich  parallel  verlaufenden  Urne 
und  geht,  im  Allgemeinen  nordwestlich  verlaufend,  unterhalb  Allenberg  in 
die  Alle.  In  der  Aschwöne  sind  Mühlenwehre  bei  Nordenburg,  KI.  Gnie 
und  Sokallen,  in  der  Urne  bei  Bokellen. 

Die  Elm  entspringt  an  den  Höhen  bei  Landsberg,  strömt  mit  starkem 
Gefälle  nach  Südosten  und  ergiesst  sich  zwischen  Heilsberg  und  Barten- 
stein in  die  Alle.     Schleusen  und  Wehre  in  Konnegen,  Sand,  Sieslack. 

Yon  Tapiau  geht  rechtwinklig  zum  Lauf  des  Pregels  aus  demselben 
ein  schon  im  15  Jahrhundert  canalisirter  Arm,  die  Deime,  geradlinig 
ca.  35  km  lang,  20 — 25  m  breit,  nach  Labiau  und  ins  kurische  Haff. 

Der  Frisching  entspringt  zwischen  Pregel  und  Alle  im  Frischings- 
walde,  und  läuft  westnordwestlich  an  Ludwigsort  vorüber  nach  Branden- 
burg, wo  er  ins  Haff  mündet. 

Yon  Süden  her  nimmt  er  den  Beisleidfluss  auf,  der  aus  der 
Gegend    von   Bartenstein    kommt,    und   in    welchem   sich    Mühlenwehre 


232  Unsere  Gewässer. 

bei  Beisleiden  und  Mühlhausen  befinden,  den  Pasmar,  der  von 
Pr.  Eylau  kommend,  an  Kreuzburg  vorüberfliesst.  und  Mühlen  bei 
Pr.  Eylau,  Dransitten  und  Kreuzburg  treibt,  und  den  Stradickfluss 
mit  Mühlen  bei  Wilmsdorf  und  Rudolphshammer. 

Die  Bahnau  entsteht  nördlich  von  Mehlsack  bei  Höllenfürst,  Messt 
nach  Nordwesten,  nimmt  die  an  Heiligenbeil  vorüberfliessende  Jarft  auf 
und  mündet  nach  einem  Laufe  von  ca.  30  km  in  einem  engen  Thale  bei 
Raade  ins  Haff.  In  der  Bahnau  befindet  sich  ein  Wehr  im  Amtsbezirk 
Karben,   in    der   Jarft   eine  Stauschleuse  bei  Heiligenbeil. 

Die  Passarge  entspringt  bei  Grieslienen  nahe  dem  Plautziger  See 
in  einer  Höhe  von  ca.  160  m  über  dem  Meere  und  fliesst  in  einem  engen, 
meistens  von  steilen  Ufern  eingeschlossenen  Thale  mit  starkem  Gefälle  über 
kiesigen  und  steinigen  Grund  in  nordnordwestlicher  Richtung.  Sie  bildet  den 
Sarunger  See,  nimmt  das  Wasser  des  Mohrunger  und  Narieusees  auf, 
geht  an  Braunsberg  vorüber  und  mündet  bei  Alt-Passarge  ins  Haff.  Sie 
hat  eine  Länge  von  ca.  120  km.,  eine  Breite  von  20  m  an  der  Mündung 
und  sehr  klares  Wasser.  Es  befinden  sich  Mühlenwehre  und  Ueberfälle 
bei  Eisigmühle,  Passarienmühle,  Schwenkitten,  Kalkstein  und  an  der 
grossen  Braunsberger  Amtsmühle. 

Nebenflüsse  der  Passarge  sind  die  Amelang,  Drewenz  und  Walsch. 

Die  Amelang  entspringt  aus  dem  Mispelsee  bei  Hohenstein,  in  ihr 
befindet  sich  eine  Schleuse  bei  Thurnitzmühle. 

Die  Drewenz  entsteht  von  den  Höhen  zwischen  Landsberg  und 
Heilsberg,  fliesst  in  einem  engen  Thale  mit  starkem  Gefälle  in  südwestlicher 
Richtung  an  Wormditt  vorüber,  hat  eine  Länge  von  ca.  30  km  und  treibt 
Mühlen  bei  Korbsdorf,  Migehnen,  Crossen  und  Wormditt. 

Die  Walsch  kommt  aus  dem  Walschsee,  nördlich  von  Mehlsack,  fliesst 
in  südwestlicher  Richtung  in  einem  tiefen  engen  Thale  ca.  25  m  lang  der 
Passarge  zu  und  hat  Mühlenwehre  bei  Finken,  Mehlsack,  Bormitt. 

Die  Baude  entspringt  mit  2  Armen  in  der  Gegend  von  Trunz 
und  Schlobitlen,  verläuft  im  Allgemeinen  in  nördlicher  Richtung,  an  Mühl- 
hausen vorbei  und  geht  etwa  2  km  von  Frauenburg  entfernt  ins  Haff.  Ein 
Theil  ihres  Wassers  fliesst  durch  die  von  Copernicus  angelegte  kleine 
Baude  nach  Frauenburg,  wo  es  Mühlen  treibt  und  den  Hafen  bildet. 
In  der  Baude  selber  befinden  sich  Mühlenschleusen  bei  Neumark,  Mühl- 
hausen, Jägritten  und  AJthof. 

Der  Elbing  ist  der  ca.  15  km  lange  Abfluss  des  Drausensees  nach 
dem  frischen  Haff.  Sein  Gefälle  ist  äusserst  gering,  seine  Ufer  sind  flach. 
In  den  Drausensee  fliessen  die  Weske,  Sorge  und  Thiene. 

Die  Weske  entspringt  aus  dem  Nariensee  und  geht,  in  nordwestlicher 


Die  Flüsse.  233 

Richtung  verlaufend,  an  Pr.  Hollaud  vorüber.     In  ihr   befindet  sich    eine 
Schleuse  bei  Copiehnen. 

Die  Sorge  entspringt  aus  dem  Sorgensee  bei  Riesenburg  und  läuft 
an   Christburg  und  Alt-Dollstädt  vorüber. 

Die  Thiene  fliesst  aus  dem  Marienburger  "Werder  in  den  Drausensee. 

In  den  Elbingfluss  selber  mündet  die  aus  dem  Marienburger 
Werder  kommende  Fischau  und  die  von  der  Höhe  herabkommende 
Hommel. 

Die  Tiege  entsteht  aus  der  grossen  und  kleinen  Schwente,  Ab- 
flüssen aus  dem  grossen  Werder,  die  sich  bei  Neuteich  verbinden  und 
als  Schwente  bis  Tiegenhof  gehen;  von  dort  bis  zum  Haff  wird  der  Flu ss 
als   Tiege  bezeichnet. 

Die  Weichsel  entspringt  auf  der  Nordseite  der  Beskiden  aus  drei 
Quellen,  der  schwarzen,  kleinen  und  weissen  Weichsel,  die  sich  bei  dem 
Dorfe  Weichsel  vereinigen.  Sie  verläuft  anfangs  zwischen  engeu,  felsigen 
Ufern,  durchströmt  dann  das  polnisch-galizische  Hochland,  liegt  bei  Kra- 
kau  noch  209  m  über  dem  Meere,  geht  weiterhin  durch  die  fruchtbaren 
polnischen  Ebenen  und  tritt  bei  Gr.  Ottloczin  in  Westpreussen  ein,  wo 
sie  bis  gegen  Bromberg  hin  in  nordwestlicher  Richtung  fliesst  und  sich 
dann  nach  Nordosten  zu  wendet.  Von  ihrem  Eintritt  in  Preussen  bis  in 
die  Gegend  von  Schwetz  ist  das  linke  U  fer  mit  Unterbrechungen  hoch  und 
theilweise  bewaldet,  weiterhin  ist  sie  beiderseits  von  flachen  Niederungen 
umgeben  und  von  hohen  Deichen  eingefasst.  Sie  bildet  häufig  mehrere 
Arme,  die  sich  nach  längerem  oder  kürzerem  Laufe  wieder  vereinigen. 
In  Preussen  zieht  sie  an  Thorn,  Fordon,  Culm,  Schwetz,  Graudenz,  Neuen- 
burg, Mewe  vorüber  und  theilt  sich  an  der  Montauer  Spitze  in  die  eigent- 
liche Weichsel  und  die  Nogat.  Erstere  fliesst  in  nördlicher  Richtung  an 
Dirschau  vorüber  und  theilt  sich  oberhalb  Fürstenwerder  beim  Danziger 
Haupt  in  die  nordwestlich  verlaufende  Danziger  und  die  sich  nach  Nord- 
osten wendende  Elbinger  Weichsel.  Die  Danziger  Weichsel  geht  an  Danzig 
und  Weichselmünde  vorüber  in  die  Ostsee.  Einen  neuen  Ausfluss  bildete 
sie  1840  bei  Neufähr  mittelst  Durchbrechung  der  Düne,  derselbe  war  an- 
fangs sehr  tief,  hat  sich  aber  allmälig  verflacht.  Die  Elbinger  Weichsel  mündet 
mit  zahlreichen  Armen  in  das  frische  Haff.  Die  Nogat  geht  von  der  Montauer 
Spitze  in  nordöstlicher  Richtung  an  Marienburg  vorüber  dem  frischen  Haffe 
zu,  in  welches  sie  mit  circa  20  Armen  ausströmt. 

Die  Länge  der  Weichsel  beträgt  fast  1150  km,  während  Quelle  und 
Mündung  in  gerader  Linie  nur  525  km  von  einander  entfernt  sind.  Ton 
der  polnischen  Grenze  bis  zur  Montauer  Spitze  hat  die  Weichsel  eine 
Länge  von  176,4  km.     Ihr  gesammtes  Stromgebiet  umfasst  181500  qkm, 


234  Unsere  Gewässer. 

wovon  89870  im  Gebirge,  91630  in  Flachland  liegen.  Das  Gefälle  beläuft 
sich  von  der  polnischen  Grenze  bis  zur  Montauer  Spitze  auf  35,5  m,  d.  h. 
also  auf  1,5  m  pro  7,420  km.  Die  Breite  des  Stromes  beträgt  in  Preussen 
700 — 900  m,  seine  Tiefe  ist  sehr  verschieden  und  schwankt  häufig 
zwischen  1  und  12  m. 

Die  Nebenflüsse  der  Weichsel  in  unseren  Provinzen  sind  die  Brahe, 
das  Schwarz wasser,  die  Montau,  Ferse,  Motlau,  Drewenz,  Ossa  and  Liebe. 
Ausserdem  fliessen  ihr  durch  Vermittel img  der  in  Polen  gelegenen 
Flüsse  Bober  und  Narew  noch  der  Lykfluss,  Pischfluss,  Omuleff,  Orzyc- 
fluss  und  die  Neide  zu. 

Die  Brahe  entspringt  an  der  pommerschen  Grenze  östlich  von 
Rummelsburg,  fliesst  anfangs  nach  Süden  und  bildet  den  Ziethener  See, 
dann  nach  Osten  durch  den  grossen  Müskeudorfer  See,  den  Karchiner  See, 
wendet  sich  wieder  nach  Süden  und  geht  in  einem  engen  Thale  zwischen 
hohen  bewaldeten  Bergen  hin  an  Kittel  vorbei,  tritt  weiterhin  in  die 
Provinz  Posen  ein,  wo  sie  an  Polnisch  Krone  vorüber  nach  Bromberg 
zieht,  um  nach  Osten  umbiegend  sich  in  die  Weichsel  zu  ergiessen.  Sie 
hat  eine  Länge  von  150  km,  ein  sehr  starkes  Gefälle,  eine  Breite  von 
10 — 15  m  und  treibt  viele  Mühlen. 

Bei  Mühlhof  ist  sie  durch  ein  13  m  hohes  Wehr  gesperrt,  ausser- 
dem befinden  sich  Stauschleusen  in  Poln.  Krone,  Bromberg  und  an  der 
Mündung,  wo  auch  ein  Fischpass  angelegt  ist. 

Vor  ihrem  Eintritt  in  dem  Müskendorfer  See  nimmt  die  Brahe  von 
Norden  her  den  Chotze  nfl us s  auf,  südlich  von  Tuchel  von  Westen  her  die 
Kamionka  und  von  Zempelburg  her  die  Zempolna. 

Das  Schwarz  wasser  wird  von  mehreren  Bächen  gebildet,  die 
von  den  nordwestlich  von  Berent  gelegenen  Höhen  entspringen.  Es  ver- 
läuft zunächst  in  südlicher  Richtung,  bildet  den  Wdydzesee,  eilt  mit  sehr 
bedeutendem  Gefälle,  stark  geschlängelt  zwischen  steilen  Ufern  erst  in 
östlicher,  dann  in  südlicher  Richtung  durch  die  tuchelsche  Haide  der 
Weichsel  zu,  welche  es  bei  Schwetz  erreicht.  Es  hat  eine  Länge  von 
ca.  200  km,  eine  Breite  von  ca.  12  m.  Wehre  und  Schleusen  befinden 
sich  bei  den  Mühlen  Czubek,  Neumühl,  Wda,  Funkelkau,  Ludwigsthal, 
Woythal,  Schönau. 

Die  Montau  entspringt  in  der  tuchelschen  Haide,  fliesst  ziemlich 
geradlinig,  und  mit  unbedeutendem  Gefälle  ca.  40  km  nach  Süden,  bis  in 
die  Gegend  von  Kl.  Zappeln,  biegt  dann  um  einen  Höhenzug  um,  wendet 
sich  wieder  nach  Norden  und  erreicht  die  Weichsel  nach  einem  Lauf  von 
weiteren  40  km  bei  Neuenburg. 

Die  Ferse  ensteht  östlich  von  Berent,   bildet  mehrere  Seen,  fliesst 


Die  Flüsse.  235 

erst  in  südlicher,  dann  östlicher  Richtung  bis  unweit  Schoeneck,  wo  sie 
von  Norden  her  die  Fitze  aufnimmt,  die  aus  dem  Mariensee  entspringt, 
läuft  dann  im  Allgemeinen  in  südöstlicher  Richtung  sehr  stark  geschlängelt 
und  mit  starkem  Gefälle  an  Pr.  Stargard  und  Pelplin  vorüber  und  geht 
bei  Mewe  in  die  Weichsel.  Ihre  Länge  beträgt  ca.  100  km,  die  Breite 
an  der  Mündung  ca.  12  m. 

Die  Motlau  entspringt  westlich  von  Dirschau  aus  dem  Liebschauer 
See.  läuft  ziemlich  geradlinig  nach  Norden  durch  das  Danziger  Werder  und 
geht  durch  die  Stadt  Danzig  hindurch  in  die  Weichsel.  Ihre  Länge  beträgt 
ca.  40  km,  ihr  Gefälle  ist  sehr  gering.  In  Dauzig  ist  sie  künstlich  er- 
weitert und  vertieft.  Ihre  Nebenflüsse  sind  die  Kladau  uud  Radaune, 
beide  von  Westen  her  kommend. 

Die  Kladau  bildet  sich  aus  zahlreichen  Bächen  nordöstlich  von 
Schoeneck  und  fliesst  in  einem  engen  Thale  bei  Grebin  in  die  Motlau. 
Wassermühle  bei  Grebin. 

Die  Radaune  entspringt  aus  dem  Raudaunensee  in  der  Nähe  des 
Thurmberges,  fliesst  in  östlicher  Richtung,  bildet  mehrere  Seen,  darunter 
den  Ostryczsee  und  geht  in  einem  engen  Thale  mit  sehr  starkem  Gefälle 
an  Zuckau  und  Prawit  vorüber  in  die  Motlau. 

Yen  Osten  her  nimmt  die  Weichsel  die  Drewenz,  Ossa  und  Liebe  auf. 

Die  Drewenz  entspringt  bei  dem  Dorfe  Drebnitz  unweit  Höllen- 
stein in  einer  Höhe  von  135  m,  läuft  in  nordwestlicher  Richtung  bis 
Osterode,  wo  sie  den  Drewenzsee  bildet,  aus  dessen  westlichem  Theil  sie 
dann  in  südwestlicher  Richtung  vielfach  gewunden  und  in  einem  engen 
tiefen  Thale  der  Weichsel  zufliesst.  Sie  geht  an  Neumark,  Kauernick,  Stras- 
burg, Gollub,  Dobrczyn  vorüber,  bildet  von  Mszanno  bis  Leibicz  die  Grenze 
gegen  Polen  und  ergiesst  sich  bei  Zlottorie  etwas  oberhalb  Thorn  in  die 
Weichsel.      Sie    hat    eine    Länge    von    ca.    230    km,    eine    Breite    von 

10 15  m   und  ein  sehr  bedeutendes  Gefälle.     Wehre  und  Schleusen    an 

der  Gröbener,  Hirschberger  Mühle  und  in  Grünort.  Oberhalb  Neumark 
nimmt  sie  an  dem  linken  Ufer  die  von  Gilgenburg  herkommende  und 
mehrere  Seen  bildende  Welle,  noch  weiter  oberhalb  die  den  Geserich- 
see  durchfliessende  Eilen z  auf.  In  der  Welle  sind  Wassermühlen  bei 
Gilgenburg  und  Leschakmühle,  in  der  Eilenz  bei  Kleinheide,  Kleinsehren 
und  Hansmühle. 

Die  Ossa  entspringt  westlich  vom  Geserichsee  bei  dem  Dorfe  Som- 
merau,  bildet  einige  Seen  und  fliesst  an  Bischofswerder  vorüber  in  west- 
licher Richtung  der  Weichsel  zu,  die  sie  unterhalb  Graudenz  erreicht. 
Ihr  Thal  ist  meist  enge  und  steilwandig,  ihre  Länge  beträgt  ca.  110  km 
die  Breite  12  m.     Ein  Wehr  bei  der  Klotker  Mühle. 


236  Unsere  Gewässer. 

Die  Liebe  entspringt  östlich  von  Finkenstein,  läuft  mehrere  Seen 
bildend  nach  "Westen,  geht  an  Riesenburg  vorüber  bis  Marienwerder, 
wendet  sich  dann  rechtwinklig  nach  Norden  und  geht  unter  dem  Namen 
Montau  an  der  Montauer  Spitze  in  die  Weichsel.  Mühlenwehre  bei 
Boggusch,  Liebenthal,  Gorken,  Schornsteinmühle 

Der  Lyckfluss  entspringt  bei  Oletzko,  nimmt  den  aus  deni Haasznen- 
oder  Litigainosee  kommenden  Haasznenflusz  auf,  bildet  nach  Süden  fliessend 
den  grossen  Lasmiadensee,  geht  weiter  bei  Stradaunen  als  Stradaunenfluss 
in  den  Aleksee,  durch  diesen  als  Lyckfluss  bei  Lyck  in  den  Lycker  See  und 
aus  letzterem  in  südwestlicher  Richtung  nach  Polen,  wo  er  in  den  Bober 
fliesst,  der  sein  Wasser  durch  den  Narew  der  Weichsel  zuführt.  Mühlen 
und  Wehre  in  Stradaunen  und  Neuendorf. 

In  Polen  vereinigt  sich  mit  dem  Lyckfluss  der  Legafluss,  der  aus 
dem  grossen  Oletzkoer  See  durch  den  Seilment-  und  Raygrodsee  hindurchtritt. 
Mühlen  bei  Nordenthal,  Gonschorowen,  Marggrabowa,  Neumühlen,  Babken, 
Sypittken.  Der  Lega  fli essen  in  Preussen  der  Przepionker,  Przer- 
wanker  und  Gablickfluss  zu. 

Der  Pischfluss  oder  Pissek  bildet  den  südlichen  Abfluss  der 
grossen  Seengruppe  in  Masuren,  die  durch  kleine  Flüsschen  und  Kanäle 
unter  einander  zusammenhängen.  Aus  dem  Spirdingsee  tritt  er  in  den 
Warschausee  bei  Johannisburg  und  geht  dann  weiter  nach  Polen,  wo  er 
bei  Nowogrod  in  den  Narew  fällt.  Ihm  fliessen  unter  andern  der  Arys- 
und  der  Cruttinfluss  zu. 

Der  Omulef  entspringt  aus  dem  Omulefsee,  verbindet  sich  mit  dem 
aus  dem  Dluszeksee  kommenden  schwarzen  Fluss  und  geht  in  süd- 
östlicher Richtung  nach  Polen,  wo  er  sich  bei  Ostrolenka  in  den  Narew 
ergiesst. 

Der  Orzy  cfluss  kommt  aus  der  Nähe  von  Mlawa  in  Polen,  fliesst  zuerst 
nördlich  bis  Janow  an  der  preussischen  Grenze,  der  er  in  östlicher  Richtung 
bis  Chorzellen  15  km.  weit  folgt,  um  dann  wieder  südöstlich  ganz  nach 
Polen  zu  treten  und  in  den  Narew  zu  gehn. 

Die  Neide  entspringt  unweit  Neidenberg  auf  der  Höhe,  nimmt  die 
Skottau  auf  und  bildet  bei  Soldau  den  Soldausee.  Nach  ihrem  Austritt 
aus  demselben  führt  sie  den  Namen  Soldau  fluss,  macht  ca  20  km.  weit 
die  Grenze  zwischen  Preussen  und  Polen  und  geht  unter  dem  Namen 
Wkra  bei  Modlin  in  den  Narew. 

Die  Sagorsch  entspringt  in  der  Gegend  von  Kolletschkau,  Kr.  Neu- 
stadt, fliesst  durch  das  Brücksche  Bruch  erst  in  nordöstlicher,  dann  in 
östlicher  Richtung  und  fällt  bei  Brück  in  das  Putziger  Wiek.  Mühlen 
und   Wehre  bei  Sagorsch,  Schmelz  und  Brück. 


Die  Flüsse.  237 

Die  Rheda  entsteht  südwestlich  von  Neustadt,  verläuft  in  anfangs 
nördlicher  Richtung  und  bildet  auf  eine  kurze  Strecke  die  Grenze  gegen 
Pommern,  wendet  sich  dann  nach  Osten,  fliesst  nördlich  an  Neustadt  vor- 
über, tritt  bei  dem  Dorf  Rheda  in  das  grosse  Brücksche  Bruch  und  theilt 
sich  in  demselben  in  zwei  Mündungsarme,  die  Rheda  und  den  Strömming, 
welche  etwa  2  km  von  einander  entfernt  in  das  Putziger  Wiek  münden. 
Im  oberen  Laufe  hat  sie  ein  starkes  Gefälle.  Sie  treibt  Mühlen  in  Bresin, 
Rheda  und  Brück. 

Die  Plutllitz  entspringt  im  Starziner  Forstrevier  und  läuft  in  süd- 
östlicher Richtung  dem  Wiek  zu,  welches  sie  unweit  Putzig  erreicht. 

Der  Ozarnaufluss  geht  ebenfalls  aus  dem  Starziner  Forstrevier  her- 
vor, fliesst  in  nordöstlicher  Richtung  durch  ein  grosses  Bruch,  wendet 
sich  dann  in  der  Nähe  der  Küste  nach  Westen  und  läuft  eine  Strecke  weit 
dem  Ufer  parallel,  bildet  unweit  Ostrau  einen  kleinen  See  und  geht  aus 
dessen  westlicher  Ecke  ins  Meer. 

Der  Piasnitzfluss  entsteht  in  der  gleichnamigen  Forst,  fliesst  anfangs 
zwischen  steilen  Ufern  in  westlicher  Richtung,  wendet  sich  dann  nach 
Norden,  bildet  den  grossen  Zarno  witzer  See,  und  fliesst  aus  dem  Nordende  des- 
selben der  See  zu. 

Der  Lebafluss  entspringt  bei  Lappalitz,  Kr.  Carthaus,  verläuft  in  nord- 
westlicher Richtung,  bildet  auf  eine  kurze  Strecke  die  Grenze  gegen  Pommern 
und  wendet  sich  dann  ganz  in  diese  Provinz,  wo  er  den  Lebasee  bildet 
und  aus  diesem  dem  Meere  zufliesst. 

Dem  Odergebiete  gehören  ausser  kürzeren  und  unbedeutenderen 
Quellbächen  in  Westpreussen  die  Lobsonka  und  die  Küddow  an. 

Die  Lobsonka  entspringt  südlich  von  Pr.  Friedland  und  läuft, 
vielfach  gewunden,  in  einem  tiefen  Thale  in  südlicher  Richtung  der  Netze 
zu,  welche  sie  erst  in  der  Provinz  Posen  erreicht. 

Die  Küddow  kommt  aus  dem  Wilm-  und  Dolgener  See  bei  Neu- 
Stettin  in  Pommern,  verläuft  in  einem  ziemlich  breiten  Thale,  oft  durch 
Waldgegenden,  in  vielen  Krümmungen  im  Wesentlichen  von  Norden  nach 
Süden  und  verlässt  unweit  Schneidemühl  Westpreussen,  um  sich  nach 
kurzem  Laufe  in  Posen  in  die  Netze  zu  ergiessen.  Sie  hat  ein  ziem- 
lich beträchtliches  Gefälle  und  nimmt  eine  grosse  Anzahl  von  Nebenflüssen 
auf.  Darunter  sind  die  bemerkenswerthesten  von  Nordosten  her  die  Zahne 
(in  ihrem  Oberlauf  Ball  genannt)  und  der  Haakenfluss  mit  dem  Zier- 
bacli,  von  Nordwesten  die  Pilo  und  Plietnitz  und  von  Osten  heraus 
den  Seen  bei  Pr.  Friedland  die  Dobrinka.  Bei  Landeck  befindet  sich 
in  der  Küddow  ein  hohes  Wehr. 


238  Unsere  Gewässer. 

In  den  fliessenden  Gewässern  unterscheidet  man  nach  dem  Vor- 
gange von  Prof.  A.  Fric1)  zweckmässig  verschiedene  Regionen,  die  sich 
durch  den  Charakter  ihres  Grundes,  grössere  oder  geringere  Tiefe  und 
verschiedenartige  Strömung  von  einander  unterscheiden,  und  durch  ver- 
schiedene Fischarten  charakterisirt  sind,  welche  sie  hauptsächlich  bewohnen. 
Natürlich  sind  diese  Regionen  in  der  Regel  nicht  scharf  von  einander 
geschieden,  sondern  zeigen  die  verschiedensten  Uebergänge,  wonach  sich 
auch  das  Yorkommen  der  Fisch  arten  richtet.  Von  dem  Borne2)  schlägt 
für  die  Gewässer  des  norddeutschen  Flachlandes  die  Aufstellung  von  drei 
Regionen  in  den  Flüssen  vor,  die  er  als  Region  der  Forelle,  der  Barbe 
und  des  Bressen  bezeichnet.  Man  kann  dieser  Eintheilung  im  Allge- 
meinen wohl  zustimmen,  und  sie  bietet  für  die  Praxis  ein  bequemes 
Mittel  den  Charakter  eines  Flusses  oder  Baches  kurz  zu  bezeichnen. 

1.  Der  Region  der  Forelle  gehören  Bäche  und  kleinere  Flüsse 
mit  steinigem  oder  kiesigem  Grunde,  vorherrschend  flachem  Wasser  und 
mit  starker  Strömung  an,  in  denen  jedoch  meistens  auch  ab  und  zu  tiefere 
Stellen  mit  weichem  Grunde  und  schwächerer  Strömung  vorkommen. 
Ausser  der  Forelle  finden  sich  in  derartigen  Gewässern  gewöhnlich  die 
Schmerle,  der  Kaulkopf,  häufig  auch  die  Aesche  und  Ellritze.  Massige 
Beschattung  der  Gewässer  ist  dem  Vorkommen  der  genannten  Fische 
günstig,  während  ein  gebirgiger  Charakter  der  Gegend  keinesweges  für 
die  Forelle  nothwendig  ist,  dieselbe  vielmehr  in  sehr  zahlreichen  Gewässern 
des  Flachlandes  vorzüglich  gedeiht. 

Wo  der  Charakter  der  Forellenregion  in  den  der  folgenden  übergeht, 
finden  sich  gewöhnlich  neben  den  oben  genannten  Fischen  auch  Quappen, 
Neunaugen,  junge  Aale,  Barben,  Gründlinge,  Uckelei  und  Döbel,  auch 
wohl  Nasen. 

2.  Die  Region  der  Barbe  findet  sich  in  grösseren  Flüssen  mit 
vorherrschend  steinigem  oder  kiesigem,  doch  stellenweise  auch  sandigem 
und  schlammigem  Grunde  bei  tieferem  Wasser  und  starker  Strömung. 
In  solchen  Gewässern  halten  sich  Barbe,  Gründling,  Uckelei,  Döbel,  Plötze, 
Rothauge,  Zärthe,  Rapfen,  Karpfen,  Quappe,  Hecht,  Zander,  Barsch  und 
Kaulbarsch,  Neunauge,  Aal,  Lachs.  Auch  die  Aesche  kommt  in  dieser 
Region  häufig  vor. 

3.  Die  Region  der  Bressen  ist  durch  grössere  Flüsse  mit  weichem 
Grunde,    schwächerer  Strömung    und    bedeutenderer   Tiefe    charakterisirt. 


1)  Die   Wirbelthiere  Böhmens,    Archiv    der  naturwissenschaftlichen  Landeserfor- 
sohung  von  Böhmen,  II,  4.     Prag  1872. 

2)  Circulare  des  Deutschen  Fischerei  Vereins  1877,   p.  89. 


Die  Flüsse.     Die  Landseen.  239 

Neben  dem  Bressen  findet  sich  hier  der  Karpfen  und  ausser  der  Barbe 
die  meisten  in  der  Barbenregion  heimischen  Fische,  zeitweise  natürlich 
alle  Wanderfische  auf  ihrer  Berg-  oder  Thalwanderung,  also  Aal,  Lachs, 
Neunauge,  Stör. 

In  besonders  ruhigen  Parthien  dieser  Region,  in  Altwassern,  cou- 
pirten  Flussarmen  u.  dergl.,  pflegen  sich  besonders  Schleihen  und  Ka- 
rauschen aufzuhalten. 

Sehr  gewöhnlich  finden  sich  in  grösseren  Flüssen  mit  längerem 
Laufe  alle  drei  Regionen  vor,  und  zwar  meistens  in  der  Anordnung,  dass 
die  Forellenregion  der  Quelle  der  Flüsse  am  nächsten  liegt,  darauf  die 
Barbenregion  und  der  Mündung  zunächst  die  Bressenregion  folgt, 
doch  kommen  unter  Umständen  auch  Fälle  vor,  in  denen  die  Folge  der 
Regionen  wegen  der  localen  Verhältnisse  eine  andere  ist,  indem  z.  B.  das 
Quellgebiet  eines  Flusses  in  hochgelegener  aber  flacher,  sumpfiger  Ge- 
gend liegt  und  erst  weiterhin  harter  Grund  und  stärkeres  Gefälle  sich 
finden. 

Wenn  wir  in  dem  vorstehenden  Abschnitte  versucht  haben,  ein  Bild 
der  in  unseren  Provinzen  verlaufenden  Flüsse  mit  besonderer  Rücksicht 
auf  die  Interessen  der  Fischerei  zu  entwerfen,  so  konnte  dasselbe  leider 
nur  sehr  mangelhaft  ausfallen,  da  nur  spärliches  Material  vorlag  und  durch 
blosse  Nachfragen  wenig  zu  ermitteln  war.  Indessen  hoffen  wir,  dass 
das  Gebotene  ein  Schema  bilden  möchte,  in  welches  sich  zahlreiche  Einzel- 
beobachtungen leicht  einfügen  lassen  werden.  Wir  würden  es  mit  be- 
sonderem Danke  anerkennen,  wenn  uns  von  den  Anwohnern  der  einzel- 
nen Gewässer  eingehendere  Mittheilungen  über  die  ihnen  genau  bekannten 
Theile  der  Flussläufe  gemacht  würden,  wobei  namentlich  die  Natur  des 
Grundes,  die  Schnelligkeit  des  Wasserlaufes,  die  Beschaffenheit  der  Ufer 
zu  berücksichtigen  wäre.  Besonders  würde  auch  ein  vollständiges  Yer- 
zeichniss  aller  an  der  behandelten  Strecke  des  Flusses  vorhandenen  Mühlen, 
Schleusen,  Stauvorrichtungen  etc.  erwünscht  sein,  in  welchem  auch  die 
Höhe  der  Staue  anzugeben  wäre. 

Die  Landseen, 

welche  noch  jetzt  einen  grossen  Theil  unserer  Provinz  bedecken,  waren 
ehemals  noch  viel  zahlreicher,  wurden  aber  schon  zur  Zeit  des  deutschen 
Ordens  theilweise  trockengelegt.  Mit  dem  Ablassen  derselben  ist  auch  in 
neuerer  und  neuester  Zeit,  in  manchen  Gegenden  vielleicht  schon  zu  viel 
und  ohne  reifliche  Ueberlegung  aller  in  Betracht  kommenden  Verhältnisse, 
fortgefahren  worden.  Sie  liegen  theils  einzeln  zerstreut,  theils  bilden  sie 
grössere    oder   kleinere,    oft  unter  einander  zusammenhängende  Gruppen, 


240 


Unsere  Gewässer. 


wie  namentlich  im  südöstlichen  Theile  Ostpreussens,  theilweise  sind  sie 
auch  in  neuerer  Zeit  durch  künstliche  Kanäle  mit  einander  verbunden, 
um  Schifffahrt  und  Holzflösserei  zu  befördern.  Am  grössten  ist  die 
Menge  der  Seen  in  der  südlichen  Hälfte  des  zwischen  Pregel  und 
Weichsel  gelegenen  Theiles  unserer  Provinzen,  am  geringsten  in  dem 
nördlich  vom  Pregel  gelegenen.  In  Folgendem  gebe  ich  ein  von  Herrn 
Dr.  Krosta  zusammengestelltes  Verzeichniss  der  ost-  und  westpreussischen 
Seen  von  mehr  als  1  preuss.  Morgen  Grösse,  welches  mir  zur  Veröffent- 
lichung freundlichst  überlassen  wurde.  Nach  den  neuesten  Ermittelungen 
würden  sich  in  Ostpreussen  1144,  in  Westpreussen  997,  in  der  ganzen 
ehemaligen  Provinz  Preussen  also  in  Summa  2141  Seen  befinden. 


Alphabetisches  Verzeichniss  der  Landseen  in  Ost-  und  Westpreussen. 


Name  des  Sees. 

Kreis. 

Name  des  Sees. 

Kreis. 

Aar 

Allenstein 

Kl.  Babant 

Orteisburg 

Gr.  Aaritz 

Alienstein 

Babba 

Platow 

Abbarter 

Friedland 

Baberow 

Deutsch  Crone 

Abiscar 

Molirungen 

Gr.  Babker 

Angerburg 

AblenkerMühlenT. 

Tilsit 

Babziens 

Raste  nburg 

Abrau 

Tuchel 

Bacliottek 

Strasburg 

Achtlmben 

Pr.  Eylau 

Bärenthaler 

Schwetz 

Albrechtauer 

Darkehmen 

Bärenwalder 

Schlochau 

Albrechtauer 

Rosenberg 

Bars 

Schlochau 

Allensteiner  Wald- 

Alienstein 

Bärting 

Molirungen 

Allmoyer 

Sensburg  und 

Bäwer 

Schlochau 

Rössel 

Bagenke 

Pr.  Stargard 

Angerauer 

Darkehmen 

Baibein 

Stallupönen 

Annahofer 

Oletzko 

Gr.  Baitkower 

Lyck 

Antzirgesser 

Gumbinnen 

Ballauer 

Sensburg 

Archidiakonka 

Thorn 

Ballinger 

Allenstein 

Arklitter 

Gerdauen 

Balnuhnen 

Stallupönen 

Artus  Teicli 

Niederung 

Banetien 

Gerdauen 

Arys 

Jokannisburg 

Banser 

Rössel 

Assauner  Teich 

Gerdauen 

Baranner 

Lyck 

Auer 

Rössel 

BarannerForstseen 

Oletzko 

Augusthofer 

Pr.  Stargard 

Bardung 

Osterode 

Aweyder 

Sensburg 

Bareischkehmer 

Stallupönen 

Barkenfelder 

Schlochau 

Baalauer 

Stulini 

Barlewitzer 

Stulim 

Gr.  Babant 

Ortelsburg 

Gr.  Barsch 

Schlochau 

Dio  Landseen. 


241 


Name  des  Sees. 


Kreis. 


Bartelsdorfer 
Bartener 
Bauditter 
Baumgarth 

Bauten 

Bawier 

Beeker 

Beldahn 

Bendomincr 

Bensee 

2  Berenter  Seen 

Bergfrieder 

Bergung 

Kl.  Bertung 


Bialla 

Biallaer 

Bialla  er 

BiaUa-Teich 

Biallolafker 

Bialochowoer 

Biebrowa 

Bielawe 

Bierg 

Biessellen 

Bieszewo 

Bildschön 

Billelmer 

Bilow 

Birdau 

Bischclorfer 

Gr.  Bislawer 

Bittkower 

Gr.  Blanken 

Kl.  Blau  stein 

Blinder 

Blondz  miner 

Blumfelder 

Blysinsker 

Bobrower 

Bülzig 

Bönkenwalcler 

Bruchsee 


Allenstein 
Bastenburg 
Mohxungen 
Heiligenbeil 

Mohrungen 

Gerdauen 

Berent 

Sensburg 

Berent 

Mohrungen 

Berent 

Alienstein 

Osterode 

Alienstein 

Carthaus 

Lötzen 

Tuchel 

Johannisburg 

Oletzko 

Johannisburg 

Graudenz 

Berent 

Berent 

Oletzko 

Osterode 

Sclrwetz 

Thorn 

Goldap 

Lötzen 

Bössei 

Bössel 

Tuchel 

Oletzko 

Heilsberg 

Bastenburg 

Tuchel 

Sclrwetz 

Konitz 

Graudenz 

Grand e u z 

Sehlochau 

Heiligenbeil 


Gr.  Bösauer 

Kl.  Böthing 

Boldehner 

Bontscher 

Bordzichow 

Borker 

Alt  Borower 

Borrowo 

Borowno 

Borowka 

Gr.  Borowka 

Kl.  Borowka 

Borowker 

Borowno 

Borowy 

Gr.  Borrin 

Borzestowoer,  lan- 
ger u.  grosser  ' 

Borzyskowo 

Bosember 

Gr.  Bothien 

Kl.  Botliien 

Botzni 

Neu  Braaer  Müh- 
lenteich 

Brandenburger 

Heide  See 

Branitzer 

Brauhaus-Teich 

Brauns  walder 

Braynicker 

Brczesno 

Breite  See  bei  den 
Fischerkathen 

Breitensteiner 

Schulzen-Tief 

Gr.  Bretschkehmer 

Briesener  Schloss 

Brinsker 

Broböniker 

Brodda 

Gr.  Brodno 


Kössel 

Dt.  Krone 

Mohrungen 

Karthaus 

Pr.  Stargardt 

Lyck 

Neidenburg 

Neustadt  und 

Karthaus 

Kulm 

Sensburg 

Berent 

Berent 

Osterode 

FlatoAv 

Johannisburg 

Sehlochau 

Karthaus 
Sehlochau 
Sensburg 
Dt.  Krone 
Dt.  Krone 
Oletzko 

Sehlochau 

Heiligenbeil 

Schwetz 

Pr.  Eylau 

Stuhm 

Neidenburg 

Osterode 

Neustadt 

Dt.  Krone 

Darkehmen 

Kulm 

Strasburg 

Strasburg 

Konitz 

Karthaus 

16 


242 


Unsere  Gewässer. 


Name  des  Sees. 

Kreis, 

Name  des  Sees. 

Kreis. 

KL  Brodno 

Karthaus 

Choinaer 

Karthaus 

Niske  brodo 

Strasburg 

Choino 

Stuhm 

"Wissoko  brodo 

Strasburg 

Chosser 

Berent 

Gr.  Brondzichower 

Pr.  Stargard 

7    Chosnitzer    zw. 

Brotzen 

Dt.  Krone 

Chosnitz  undKi- 

Brück  od.  Mul 

Oletzko 

stowo 

Karthaus 

Brust 

Pr.  Stargard 

Choyno 

Strasburg 

Brzesno 

Pr.  Stargard 

Christfelder 

Schlochau 

]3rzisno 

Berent  u.  Konitz 

Christianeher 

Dt.  Krone 

Brzuchowo 

Flatow 

Chudi 

Berent 

Brzuns 

Angerburg 

Chwarsnau 

Berent 

Buchten 

Mohrungen 

Cielenta 

Strasburg 

Buchwalder 

AUenstein 

Clavuy 

Bössei 

Buckowiner 

Karthaus 

Clodno 

Tuchel 

Buden 

Graudenz 

Collaten 

Memel 

Budzarger  Teich 

Memel 

Gr.  Collogiener 

Sensburg 

Gr.  Budzeck 

Graudenz 

Kl.  Collogiener 

Sensburg 

Gr.  Budziska 

Tuchel 

Commusin 

Neidenburg 

Buchen 

Flatow 

Conti 

Osterode 

Bürgersee  zu 

Cork 

Bössei 

Garnseedorf 

Marienwerder 

Cronau 

Lötzen 

Bürgersee  bei 

Cuino 

Sensburg 

Klostersee 

Marienwerder 

Czarna 

Sensburg 

Gr.  Bussen 

Dt.  Krone 

Czarna 

Oletzko 

Kl.  Bussen 

Dt.  Krone 

Czarnau 

Neidenburg 

Bujacker 

Osterode 

Czarne 

Schwetz 

Bukowice 

Berent 

Czarner 

Goldap 

Neu  Bukowitz 

Berent 

C zarner 

Sensburg 

Bumbelscher 

Gumbinnen 

Czarni  bei  Brnisk 

Strasburg 

Busch 

Dt.  Krone 

Czarni 

Konitz 

Burdunger 

Neidenburg 

Czarnowo 

Schwetz 

Burgal 

Bosenberg 

Czerwonnek 

Berent 

Burowo 

Berent 

Gr.  Czerwonka 

Alienstein 

Buwelno 

Johannisbnrg  und 

Kl.  Czerwonka 

AUenstein 

Lötzen 

Czellenczm 

Schwetz 

Camenz 

Schlochau 

Cziesien 

Berent 

Campen 

Lötzen 

Czoos 

Sensburg 

Carw 

Sensburg 

Czyster 

Kulm 

Poln.  Cekziner 

Tuchel 

Charlottenhof 

Angerburg 

Gr.  Damerau 

Osterode 

Cheb 

Berent 

Kl.  Damerau 

Osterode 

Chelcher 

Oletzko 

Damm-Teich 

Fischhausen 

Chelmionker 

Kulm 

Dannower 

Johannisbnrg 

Die  Landseen. 


243 


Name  des  Sees. 

Kreis. 

Name  des  Sees. 

Kreis. 

Dannower 

Lötzen 

Dluzic 

Rosenberg 

Dargist 

Angerburg 

Dobawer 

Goldap 

Dargainen 

Angerburg 

Dobenscher 

Angerburg 

Daani-Teich 

Fischhausen 

Dobrogosch 

Berent 

Darrenteich 

Pr.  Holland 

Döhringer 

Osterode 

Daumen 

Allenstein 

Dönhoffstedter 

Rastenburg 

Kl.  Damerauer 

Allenstein 

Dolgen 

Dt.  Krone 

Damerauer 

"Welilau 

Dolgen 

Sclüochau 

Daddey 

Eössel 

Donibrowken 

Graudenz 

Darsener 

Schlochau 

Dombrowsker 

Lyck 

Dammsclie 

Dt.  Krone 

Domnauer 

Friedland 

Damerau 

Stuhm 

Domorowo 

Osterode 

Dammrau 

Karthaus 

üopker 

Oletzko 

Debrino 

Berent 

Dost 

Rössel 

Debrong 

Allenstein 

Drachenstein 

Rastenburg 

Debrzk 

Konitz 

Drausen 

Elbing  Landkreis 

Deckascho 

Berent 

Dreetz 

Dt.  Krone 

Deczno 

Schwetz 

Drengfurt 

Rastenburg 

Deeper 

Sclüochau 

Drenske 

Mohrungen 

Dlinowa 

Bastenburg 

Drewenz 

Osterode 

Deinbno 

Löbau 

Gr.  Drietz 

Dt.  Krone 

Demmin 

Sclilochau 

Kl.  Drietz 

Dt.  Krone 

Devauer  Teich 

Königsberg 

Drogen 

Dt.  Krone 

Deyguliner 

Lötzen 

Druglin 

Lyck 

DgaU 

Angerburg 

Drusker  Teich 

Stallupönen 

Dimnier 

Orteisburg 

Duben 

Mohrungen 

Dirscb.au 

Allenstein 

Dubineck 

Lötzen 

Dittrichsdorfer 

Heilsberg 

Düpe 

Dt.  Krone 

Diwitter 

Allenstein 

Gr.  Dümener 

Schlochau 

Dluczek 

Allenstein 

Dumbeln 

Goldap 

Dluszek 

Neidenburg 

Dupker 

Johannisburg 

Dluszek 

Orteisburg 

Dimatker 

Berent 

Gr.  Dlugi 

Bereut 

Duttker 

Oletzko 

Dlugi  bei  Lippe 

Berent 

Drzewitz 

Konitz 

Dlugi  bei  Mermet 

Pr.  Stargardt 

Dwierzut 

Orteisburg 

Dlugi  bei  Niesolo- 

Dworatzker 

Oletzko 

witz 

Karthaus 

Dzetzin 

Tuchel 

Dlugi  bei  Skorzewo 

Karthaus 

Dybower 

Johannisburg 

Dlugi 

Lötzen 

Dlugi 

Oletzko 

Eben 

Schwetz 

Dlugochoreller 

Lyck 

EbertswalclerTeich 

Pr.  Eylau 

Dlusitz 

Sensburg 

Eckersdorf  er 

Mohrungen 

Dlusker 

Osterode 

Eilenz 

Rosenberg 

16* 


244 


Unsere  Gewässer. 


Name  des  Sees. 

Kreis. 

Narne  des  Sees. 

Kreis. 

Eichner 

Dt.  Krone 

Galgen 

Berent 

Gr.  Eiling 

Osterode 

Galitter 

Heilsberg 

Kl.  Eiling 

Osterode 

Galleck 

Alienstein 

Eising 

Ostei'ode 

Gallinder 

Osterode 

Eissing 

Konitz 

Gallinger 

Friedland 

Elisenbrucher 

Konitz 

Galwitza 

Neidenburg 

Engelstein  oder 

Gamel 

Dt.  Krone 

Steinweiker 

Angerburg 

Kl.  Gans 

Rastenburg 

Erber 

Orteisburg 

Ganshorn 

Osterode 

Eschenteich 

Pr.  Eylau 

Ganther 

Sensburg 

EszerkehmerTei«  h 

Stallupönen 

Gapiarna 

Graudenz 

Ewing 

Mohrimgen 

Garbnicker  klare 

Pr.  Eylau 

Dt.  Eylauer 

Rosenberg 

Garczin 

Berent 

Fürsten-Teich 

Königsberg 

Garden 

Rosenberg 

Faule 

Mohrungen 

Gardiener 

Neidenburg 

Faule 

Rastenburg 

Gardliczno 

Ko^iitz 

Feld  oder  Czarny 

Lötzen 

Gardschauer 

Berent  und 

Festnitz 

Tuchel 

Pr.Stargard. 

Ficht 

Berent 

Gr.  Garnsee'er 

Marienwerder 

Fichtthaler 

Orteisburg 

Kl.  Garnsee'er 

Marienwerder 

Alt  Fietzer 

Berent 

Garten 

Sensburg 

Firkus 

Karthans 

Garzer 

Schlochau 

Flache 

Lötzen 

Gassewer 

Angerburg 

Flache 

Mohrungen 

Gatzen 

Konitz 

Flatower  Stadtsee 

Flatow 

Gauden 

Rosenberg 

Födersdorfer  Wahl  - 

Gaulehdener Wald- 

see 

Braunsberg 

seen,    schwarze, 

Frankenhager 

Tuchel 

mittlere,  hintere 

Wehlau 

Franzosen 

Osterode 

Gawlowitzer 

Graudenz 

Frauen 

Mohrungen 

Gayner 

Sensburg 

Frauen 

Berent 

Gebrowo 

Berent 

Freistadter  Stadts. 

Rosenberg 

Gedaither 

Allenstein 

Frenz ker 

Orteisburg 

Gr.  Gehl 

Osterode 

Friedeck 

Kulm 

Gelüsee 

Mohrungen 

Pr.  Friedländer 

Gehland 

Sensburg 

Stadtsee 

Schlochau 

Geliling 

Konitz 

Friedrichsfelder 

Darkehmen 

Gehlweider 

Goldap 

Friedrichsteiner  T. 

Königsberg 

Geislinger 

Orteisburg 

Fronauer 

Kulm 

Gr.  Gelen 

Kartbaus 

Fussinek 

Pr.  Stargard. 

Kl.  Gelen 

Karthaus 

Gelens 

Kulm 

Gablick 

Lötzen 

Gelguhnen 

Allenstein 

Gai 

Strasburg 

Gelino 

Bei^ent 

Die  Landseen. 


245 


Name  des  Sees. 


Gelonneek 
Gellener 

Gembalker 
Gemben 
Gemmern 
Gentomie 
I  teorgenthaler 

Mühlenteich 
Geserich 
Gesmar 
Ulli 
Gillau 
Gimmen 
Gladauer 
Glamke 
Gla  wka 
Gleisgarbener 
Glino 
Glissener 
GlemboM 
Glemboki 
Glemboczek 
Glemboczek 
Glemboczek 
Glemboczko 
Glembowker 
Glinowo 
Glomboki 
Glowiner 
Gr.  Glubczyiier 
Kl.  Glubczyiier 
Glucha 
Gr.  Gluchi 
Gr.  Glucliy 
Kl.  Gluchy 
Glumener 
Gnieschauer 
Golbing-Teich 
Goldapgar 
Goldapper 
3  Goldbacher 
Görlitz  er 
Golembek 


Pr.  Stargard 

Scliwetz 

Lötzen 

Mohrungen 

iUlenstein 

Pr.  Stargard 

Mohnmgen 
Mohrungen 

Mohrungen 

Löbau 

Orteisburg 

Neidenburg 

Berent 

Karthaus 

Tuchel 

Darkehmen 

Schlochau 

Marienwerder 

Karthaus 

Sensburg 

Tuchel 

Sensburg 

Neidenburg 

Berent 

Johannisburg 

Karthaus 

Sensburg 

Löbau 

Flatow 

Flatow 

Pr.  Stargard 

Schlochau 

Konitz 

Konitz 

Flatow 

Pr.  Stargard 

Königsberg 

Angerburg 

Goldap 

Mohrungen 

Rastenburg 

Pr.  Stargard 


Name  des  Sees. 


Kreis. 


Gollubier 

Gollubier 

Gollupker 

Gonschor 

Gonsker 

Gorra 

Gorreyer 

Gorzechowko 

Gostkowo 

Gostomker 

Gostuden 

Gottswalder 

Gowidlinoer 

Grabau 

Alt  Grabauer 

Neu  Grabauer 

Gr.  Grammer 

Kl.  Grammer 

Grasnitz 

Gray  wen 

Gremenz 

Gribno 

Grieben 

Grieben 

Griesen 

Grimmak 

Grochower 

Grodzisko 

Gr.  Gröbener 

Gronauer 

GronoAvo 

Gronsker 

Grossendorfer 

Grubno 

Grüner 

Grünheyder  Teich 

Grünheycler  Teich 

Grünthaler 

Gr.  Gruttaer 

Grzybiec 

Grywinek 

Guber 

Gubin 


Oletzko 

Lyck 

Lyck 

Sensburg 

Oletzko 

Berent 

Stuhm 

Strasburg 

Karthaus 

Karthaus 

Schlochau 

Mohrungen 

Karthans 

Pr.  Stargartl 

Berent 

Berent 

Orteisburg 

Orteisburg 

Osterode 

Lötzen 

Strasburg 

Pr.  Stargard 

Osterode 

Neidenburg 

Oletzko 

Osterode 

Tuchel 

Oletzko 

Osterode 

Heilsberg 

Löbau 

Lötzen 

Heiisborg 

Kulm 

Konitz 

Insterburg 


Bereut 

Granden  z 

Tuchel 

Strasburg 

Lötzen 

Graudenz 


246 


Unsere  Gewässer. 


Name  des  Sees. 


Name  des  Sees. 


Kreis. 


Gudnicker  Teich 

Gugowo 

Gr.  Guhring 

Gulbemsckker 

Gulbick 

Gunno 

Gurkler 

Gurzno 

Gusenofeii 

Gusken 

Gustinsche 

Kl.  Gusziu 

Gr.  Gusziu 

Glitten 

Guttuo 

Guttowo 

Guttowo 

Guttstadter  neue  T. 

Guwöhner 

Gwiasda 

Gr.  Haarzen 

Kl.  Haarzeu 

Neu-Haarzen 

Haaszueu 

Hammer 

Hammer 

Hammer 

Harmelsdorfer 

Hartowitz 

Gr.  Haus 

Kl.  Haus 

Haus 

Heilige  Linde 

Heiurichauer 

Heinrichsdorfer 

Gr.  Helbing 

Hellguth 

Gr.  Hensel 

Kl.  Hensel 

Hering 

Hermannsdorffer 

Hinter 


Bastenburg 

Osterode 

Eosenberg 

Goldap 

Orteisburg 

Karthaus 

Sensburg 

Strasburg 

Osterode 

Lyck 

Karthaus 

Johannisburg 

Johannisburg 

Johannisburg 

Bereut 

Strasburg 

Löbau 

Heilsberg 

Friedland 

Tuchel 

Angerburg 

Angerburg 

Angerburg 

Oletzko    • 

Sclrwetz 

Flatow 

Dt.  Krone 

Dt.  Krone 

Löbau 

Orteisburg 

Orteisburg 

Eosenberg 

Eastenburg 

Eosenberg 

Sclrwetz 

Flatow 

Osterode 

Sensburg 

Sensburg 

Orteisburg 

Graudenz 

Marienwerder 


Hirten"  Teich 

Hirschberger 

Hochwälder 

Hochzehrener 

Hoflebener 

Hohe 

Hörn 

Hütten 

Hüttener 

Flacher  Hundskopf 

Tiefer  Hundskopf 

Gr.  Jablau 
Alt-Jäglacker 
Jäskendorfer  oder 

Stäbing 
Jagd 
Gr.  Jagd 
Kl.  Jagd 
Jagodner 

Jakobsdorfer 

Jakobsdorf 

Janower 

Januschauer 

Neu-Jasclünnitzer 

Schloss 
Neu-Jaschinnitzer 

Mülüenteich 
Jaschkower 
Jasno 

Jastrower  Wald- 
Seen 
Kl.  Jauer 
Neu-Jechslerker 
Jedwabienko 
Gr.  Jegodschin 
Kl.  Jegodschin 
Jekly 
Jellen 
Jellener 
Jenznik 
Jerschewski 


Pr.  Eylau 

Allenstein 

Allenstein 

Marien  werde  r 

Thorn 

Golclap 

Mohrimgen 

Berent 

Flatow 

Dt.  Krone 

Dt.  Krone 

Pr.  Stargard 
Eastenburg 

Molu-ungen 

Osterode 

Neidenburg 

Neidenburg 

Lötzen  und 

Sensburg 

Konitz 

Sensburg 

Sensburg 

Eosenberg 

Schwetz 

Schwetz 

Johannisburg 

Neidenburg 

Dt.  Krone 

Sensburg 

Tüsit 

Neidenburg 

Johannisburg 

Johannisburg 

Orteisburg 

Strasburg 

Marienwerder 

Sclüochau 

Sensburg 


Die  Landseen. 


247 


Name  des  Sees. 

Kreis. 

Name  des  Sees. 

Kreis. 

Jeszewo 

Schwetz 

Kanten 

Mohrungen 

Jeziorken 

Lötzen 

Kapellenhütter 

Karthaus 

JonglaukenerTeich 

Fischhausen 

Karczewo 

Tuchel 

Jachatz 

Flatow 

Karkel 

Memel 

Juchowka 

Oletzko 

Karpno 

Berent 

Jugendfelder 

Osterode 

Karlikauer 

Karthaus 

Gr.  Junkerhüi'er 

Schwetz 

Karsclienker 

Pr.  Stargard 

Juno 

Sensburg 

Karscliin 

Konitz 

Ihvwki 

Sensburg 

Karwen 

Neustadt 

Ilgen 

Osterode 

Neu-Kattenau- 

Ilgenthal 

Oletzko 

Teicli 

Stallupönen 

Imminger 

Bereut 

Katzaraino 

Johannisburg 

Inowko 

Strasburg 

Gr.  Katz 

Neustadt 

Insterburger  Müh- 

Katzen 

Sensbiu'g 

lenteicli 

Insterburg 

Neu-Katzkenn 

Fischhausen 

Ipatlauker 

Stallupönen 

Keligater 

Mohrungen 

Ittowker 

Osterode 

Alt-Keikutter 

Ortelsbmg 

Ixt 

Sensburg 

Kelbonker 

Sensburg 

Kellaren 

Allenstein 

Gr.  Kaatz 

Dt.  Krone 

Kelpin 

Tuchel 

Kl.  Kaatz 

Dt.  Krone 

Kelpiner 

Schlochau 

Kafker 

Eosenberg 

Keminin 

Dt.  Ki'one 

Kahlholtz 

Heiligenbeil 

Gr.  Kemna 

Alienstein 

Gr.  Kalben 

Orteisburg 

Kl.  Kenma 

Alienstein 

Kalborno 

Alienstein 

Gr.  Kempnio 

Lyck 

Kalckower 

Goldap 

Kl.  Kempnio 

Lyck 

Gr.  Kaldunek 

Eosenberg 

Kensauer 

Tuchel 

Kl.  Kaldunek 

Eosenberg 

Keppurrener  Müli- 

Gr.  Kalemba 

Pr.  Stargard 

lenteich 

Insterburg 

Kaliscli 

Bereut 

Kepuneck 

Orteisburg 

Kaiisch 

Orteisburg 

Gr.  Kernos 

Osterode 

Kaliska 

Pr.  Stargard 

Kl.  Kernos 

Osterode 

Gr.  Kaliwischken 

Darkelimen 

Kerscher 

Heilsberg 

Kl.  Kaliwischken 

Darkelnnen 

Kerschitter 

Pr.  Holland 

Kally 

Johannisbiug' 

Kerstinower 

Seusburg 

Gr.  Kanieel 

Dt.  Krone 

Kessel 

Molmingen 

Kl.  Kameel 

Dt.  Krone 

Kl.  Kessel 

Oletzko 

Kamerau 

Berent 

Kessel 

Johannisbiug 

Kamina 

Bereut 

Kiautener 

Goldap 

Kamionken 

Lötzen 

Kiedrauer 

Schlochau 

Kamionka 

Sensburg 

Kielpin 

Löbau 

Kamionna 

Pr.  Stargard 

Kielski 

Schlochau 

Kamionkener 

Thorn 

Kienteich 

Heiligenbeü 

24* 


Unsere  Gewässer. 


Name  des  Sees. 


Kinkeimer 

Friedland 

Kint 

Molmmgen 

Kirmass 

Allenstein 

Kirrellischker 

Heydekrug 

Kirsaiter 

Angerbnrg 

Kirschiener  Teich 

Braunsberg 

Kirschner  Teich 

Fischhausen 

Kisain  Lötzenscher 

Lötzen 

Kissain  oder  Labab 

Angerburg 

Kiszimier 

Memel 

Kittnauer 

Graudenz 

Klanin 

Pr.  Stargard 

Klaussitter 

Braunsberg 

Gr.  Kleiberger 

Allenstein 

Kleina 

Karthaus 

Klentzau 

Karthaus 

Kleszower 

Darkelnnen 

Klimmek 

Neidenburg 

Klimut 

Osterode 

Gr.  Klingberger 

Heiligenbeil 

Klodiio 

Karthaus 

Klonowo 

Strasburg 

Kloster 

Karthaus 

Klostock 

Mohrungen 

Kniewo 

Karthaus 

Kochanka 

Pr.  Stargard 

Kochano 

Flatow 

Koczek 

Sensburg 

Kölln 

Neustadt 

Kölpiner 

Flatow 

Kölpin 

Karthaus 

König 

Dt.  Krone 

Königsberger 

Stadtkreis  Kc 

Schlossteioli 

berg 

Königsberger  Ober- 

Stadtkreis  Kc 

Teich 

berg 

Königsbrucher 

Waldsee 

Tuchel 

6  Königs  wieser 

Waldseen 

Pr.  Stargard 

11  Königswieser 

Waldseen 

Bereut 

Köpenick 

Dt.  Krone 

Name  des  Sees. 


Kreis. 


Körtnitzer 

Kolze 

Koniini 

Koniczno 

Konietznie 

Konitzer  Stadtsee 

Konopko 

Konradswald«  sr 

Konzug 

Kork 

Kornatower 

Kort 

Kor  weck 

Kosellen 

Gr.  Koschiauer 

Kosno 

Kossabudno 

Knssel 

Kossewer 

Kosuchen 

Gr.  Kotteck 

Kl.  Kotteck 

Kottel 

Kowarren 

Kownatken 

Kozum 

Kraasen 

Kracks 

Krackstein 

Ki-akerorther  Lank 

Ivi'akowie 

Kiamsker 

Kranger 

Kraphauser  Teich 

Kraplauer 

Krausen 

Kraut 

Gr.  Krawno 

Kl.  Krawno 

Gr.  Krebser 

Ki'obenest 

Kröxener 

Krojantke 


Dt.  Ki'one 
Tuchel 
Strasburg 
Flatow 
Neidenburg 
Konitz 
Neidenburg 
Stuhni 
Schlochau 
Eössel 
Kulm 
Allenstein 
Osterode 
Pr.  Stargard 
Neidenburg 
Neidenburg 
Konitz 

Johannisburg 
Sensburg 
Johannisburg 
Lötzen 
Sensburg 
Bereut 
Darkelnnen 
Neidenburg 
Flatow 
Schlochau 
Rössel 
Lyck 

Heydekrug 
Schwetz 
Scldochau 
Bereut 
Pr.  Eylau 
Osterode 
Rössel 

Marienwerder 
.  Orteisburg 
Orteisburg 
Marienwerder 
Marienwerdor 
Marienwerder 
Tuchel 


Die  Landseen. 


249 


Name  des  Sees. 

Kreis. 

Name  des  Sees. 

Kreis. 

Krojantener 

Konitz 

Kutz 

Sensburg 

Krug 

Kart  ha  us 

Kutzer 

Lyck 

Kruschin 

Graudenz 

Kutzboru 

Alienstein 

Kruszin 

Konitz 

Kuxener 

Stuhm 

Krummer  oder 

Krzywianker 

Lyck 

Labens 

Alienstein 

Krzywener 

Oletzko 

Labenz 

Kosenberg 

Krzywer 

Lyck 

Gr.  Labuhnen 

Neidenburg 

Kl.  Kramsker 

Dt.  Krone 

Kl.  Labuhnen 

Neidenburg 

Langer  Kramsker 

Dt.  Krone 

Lampasch 

Sensburg 

Krassno 

Tuchel 

Lampatzki 

Sensburg 

Krebssee  bei 

2  Landsberger  T. 

Pr.  Eylau 

Schlippe 

Dt.  Krone 

Lang 

Allenstein 

Krebsberger 

Bereut 

Lange  Teich 

Mohrungen 

Kreutzofen 

Johannisburg 

Lange 

Eagnit 

Dt.  Kroner  Schloss 

Dt.  Krone 

Langeu  dorfer 

Sensburg 

Dt.  Kroner  Stadt 

Langguther 

Osterode 

oder  Gr.  Badun 

Dt.  Krone 

Langheimer  Teich 

Eastenburg 

Kruglinner 

Angerburg  und 

Lankener 

Klatow 

Lötzen 

Lankener 

Schlochau 

Krummendorfer 

Sensburg 

Lansker 

Allenstein 

Gr.  Krummer 

Dt.  Krone 

Lappalitzer 

Karthaus 

Kl.  Krummer 

Dt.  Krone 

Lappiner 

Karthaus 

Krummstädter 

Tuchel 

Laptauer  Teich 

Fischhausen 

Krumpohl 

Dt.  Krone 

Laska 

Scldochau 

Grr.  Krzywek 

Neidenburg 

Laskowitzer 

Schwetz 

Kl.  Krzywek 

Neidenburg 

Laszewo 

Strasburg 

Kuclmia 

Graudenz 

Lauben 

Osterode 

Kuckowker 

Oletzko 

Lausei 

Friedland 

Kühnorter 

Angerburg 

Lauszennigker  T. 

Tilsit 

Kuhlunek 

Stuhm 

Lautenburger 

Strasburg 

Kiül 

Oletzko 

Gr.  Lautern 

Eössel 

Kullminner  Teich 

Eagnit 

Lauthscher 

Kullmsee'er 

Thorn 

Müldenteich 

Königsberg 

Kumilsko 

Johannisburg 

Lawker 

Lötzen 

Kimrmeln 

Stallupönen 

Gr.  Lawne 

Schlochau 

Kurnehner 

Goldap 

Laxdoyer  Teich 

Eastenburg 

Kurzontker 

Johannisburg 

Laysser 

Neidenburg 

Kiuwig 

Orteisburg 

Legiehner  oder 

Krunune  Kutte 

Angerburg 

Spreh 

Eössel 

Schwarze  Kutte 

Angerburg 

Leldesker 

Orteisburg 

Tiefe  Kutte 

Angerburg 

Leibgartin-Teich 

Stallupönen 

Weisse  Kutte 

Angerburg 

Leimangel 

Heilsberg 

250 


Unsere  Gewässer. 


Name  des  Sees. 


Name  des  Sees. 


Kreis. 


Leister 

Rosenberg 

Gr.  Leistenauer 

Graudenz 

Kl.  Leistenauer 

Graudenz 

Lemming 

Angerburg 

Lengainer 

Allenstein 

Lengower 

Oletzko 

Kl.  Lenkucker 

Lützen 

Gr.  Lenkuk 

Aiigerburg 

Kl.  Lenz  od.  Lenks 

Orteisburg 

Gr.  Lenks 

Orteisburg 

Lentzruher 

Marienwerder 

Gr.  Lepacken 

Lyck 

Kl.  Lepacken 

Lyck 

Gr.  Lapziner 

Schlochau 

Lesclmo 

Alienstein 

Lesno 

Konitz 

Lessener  Schloss 

Graudenz 

Kl.  Lessener 

Graudenz 

Gr.  Leszno 

Strasburg 

Kl.  Leszno 

Strasburg 

Lettau 

Mohrungen 

Kleine  Leynauer 

Orteisburg 

Leynauer 

Allenstein 

Leunenburger 

Oberteich 

Rastenburg 

Lichteiner 

Osterode 

Lichtenfelder 

Karthaus 

Lichtnauer 

Konitz 

Liebenberger 

Orteisburg 

Liebkowo 

Berent 

Liebschauer 

Pr.  Stargard 

Liegent 

Oletzko 

Liepnitz 

Schlochau 

Limbsee'er 

Rosenberg 

Lindenberger 

Berent 

Lingnauer  oder 

Sawanger 

Heilsberg 

Lmiewo'er 

Berent 

Linkischken 

Golclap 

Linmoko 

Osterode 

Linnawer 

Goldap 

Linnow 

Dt.  Krone 

Lino 

Sclüochau 

Lino  weg 

Linowko 

Lipiensker 

Lipno 

Lippau 

Lippinker  Schloss 

Lange  See  bei 

Lissniewo 
Lissuhner 
Litigaino 
Lnianno 
Lobe 
Lobitzer 
Gr.  Lodzin 
Kl.  Lodzin 
Lockhäuser  oder 

Elsauer 
Lockner 

Lüwenhagener  T. 
Löwentin 
Lonker 
Lonkener 
Gr.  Lonker 
Kl.  Lonker 
Lonki 
Lonki 
Lonkorrek 
Lonsker 
Lossiner 
Loyer 
Lubainer 
Lubbis  Teich 
Lubbowisko 
Lubichow 
Lubicki 
Lubierszin 
Lubieschewo 

Luböner  Teich 
Lubon 

Lubotziner  gute 
Lubsee'er 
Luczniiner 


Pr.  Stargard 

Allenstein 

Lyck 

Seh  wetz 

Neidenburg 

Kulm 

Karthaus 

Sensburg 

Oletzko 

Schwetz 

Osterode 

Dt.  Krone 

Schlochau 

Schlochau 

Rössel 

Berent 

Königsberg 

Lötzen 

Schwetz 

Bereut 

Rosenberg 

Rosenberg 

Strasburg 

Karthaus 

Löbau 

Konitz 

Berent 

Goldap 

Osterode 

Ragnit 

Karthaus 

Pr.  Stargard 

Pr.  Stargard 

Tuchel 

Berent  und 

Karthaus 

Ragnit 

Sclüochau 

Neustadt 

Schwetz 

Tuchel 


Die  Landseen. 


251 


Name  des  Sees. 


Name  des  Sees, 


Kreis. 


Lübtow 
Luknainer 
Kl.  Lutauer 
Luttkeiier 

Malga 
Mahrung 
Gr.  Maitz 

Kl.  Maitz 

Male 

Malschöwer 

Malschöwer 

Manchen  gut 

Mangeliiiühlener 

Mankauer 

Maransen 

Marien 

Maiienfelder 

Marienhöfer 

Marienthaler  Teich 

Marinowo 

Markliausener 

Martenshoch 

Alter  Marthe 

Marxöwer 

Masuchowker 

Mauer 

Kl.  Mauer 

Gr.  Mausch 

Kl.  Mausch 

Mechowo 

Schmaler  Melügast 

Melno 

Melza 

Mellentiu 

Mendar 

Mendar 

Mendrieuer  Müh- 

lenteicli 
2  Mensguther 
Mentno 
Mergel 
Mertenheim 


Dt.  Krone 

Sensburg 

Flatow 

Osterode 

Neidenburg 

Osterode 

Sensburg 

Sensburg 

Schlochau 

Orteisburg 

Neidenburg 

Osterode 

Tucliel 

Sclilocb.au 

Osterode 

Kartbaus 

Sclrwetz 

Sensburg 

Grumbinnen 

Stallupönen 

Pr.  Eylau 

Osterode 

Dt.  Krone 

Ortelsbui'g 

Lötzen 

Angerburg 

Angerbui-g 

Karthaus 

Karthaus 

Berent 

Dt.  Krone 

Graudenz 

Flatow 

Dt,  Krone 

Sensburg 

Eastenburg 

Allenstein 

Orteisburg 

Konitz 

Osterode 

Lötzen 


Mertinsdorfer 

Mgowo 

Mialkucz 

Mialo  bei  Hutta 

Gr.  Miedzno 

Kl.  Miedzno 

Miehste 

Mieliwoer 

Mielnicza 

Melno 

Miemino 

Gr.  Mierunsker 

Kl.  Mierunsker 

Mikutheler  Teich 

Milachowa 

Milden 

Milken 

Mingfer 

Miniko^'O 

Mirchau 

Mispel 

Mleczowka 

Mlinsk 

Mlusino 

Mlusino 

Mochel 

Morien 

Mogaiten 

■iMohrungerTeiche 

Mokainer 

Molainen 

Monczen 

Montassek 

Montkener 

Moos 

Morczek 

Mosgauer 

Mossehner 

Mossong 

Motling 

Gr.  Mottlau 

Moy 

Moythiener 


Sensburg 

Kulm 

Thorn 

Tuchel 

Schwetz 

Schwetz 

Bereut 

Löbau 

Berent 

Berent 

Karthaus 

Oletzko 

Oletzko 

Stallupönen 

Konitz 

Mohrungen 

Lötzen 

Orteisburg 

Tuchel 

Kartliaus 

Osterode 

Lyck 

Kulm 

Konitz 

Berent 

Flatow 

Osterode 

Fischhausen 

Mohrungen 

Allenstein 

Mohrungen 

Lyck 

Schwetz 

Stulim 

Berent 

Osterode 

Bosenberg 

Fischhausen 

Allenstein 

Molmmgen 

Mohrungen 

Rastenburg 

Sensburg 


252 


Unsere  Gewässer. 


Name  des  Sees. 


Kreis. 


Nanie  des  Sees. 


Kreis. 


Mszin 

Löbau 

Nichorczer 

Flatow 

Mucker 

Sensburg 

Nidaino 

Sensburg 

Mühlen 

Osterode 

Niececza 

Lyck 

Lange  Mühlen 

Schlochau 

Niebnick 

Osterode 

Münsterberger  T. 

Heilsberg 

Niedatz 

Pr.  Stargard 

Müskendorfer 

Sclüochau  und 

Nieder 

Johannisburg 

Konitz 

Nieder 

Goldap 

Mukrz 

Schwetz 

Niederzehrener 

Mulik 

Lötzen 

Si  -bloss 

Marienwerder 

Minitower 

Sensburg 

Gr.  Nierosener 

Dt,  Krone 

Mutter 

Rosenberg 

Kl.  Nierosener 

Dt.  Krone 

Nierostawer 

Sclüochau 

Niesolawitz 

Karthaus 

Nareyther 

Ortelsburg 

Niewiesczym 

Schwetz 

Narien 

Mohrungen 

Niski 

Osterode 

Narky 

Johannisburg 

Nogath 

Graudenz 

Narth  oder 

Nordenburger 

Gerdauen 

Sehwentaim 

Neidenburg 

Noruszuppen  Teich 

Stallupönen 

Nassawef 

Stallupönen 

Nosice  oder  Pias- 

Natatsch 

Ortelsburg 

sutter 

Ortelsburg 

Nattern 

Alienstein 

Notisten 

Lötzen 

Nautsch 

Rössel 

Kl.  Nuhr 

Wehlau 

Neidenburger 

Neidenburg 

Nemonje-Teich 

Ragnit 

Nestonkeluner 

Gumbinnen 

Obitzkauer 

Strasburg 

Gr.  Neudorffer 

Strasbivrg 

Obs 

Osterode 

Neuendorfer 

Gr.  Occipel 

Pr.  Stargard 

Mühlenteieh 

Königsberg 

Kl.  Occipel 

Pr.  Stargard 

Neuhauseiier  Teich 

Königsberg 

Gr.  Oczko 

Bereut 

Neugolz 

Dt.  Krone 

Ogonni 

Bereut 

Neuguter 

Bereut 

Ogonker 

Karthaus 

Neukauer 

Danziger  Land- 

Ogonker 

Angerburg 

kreis 

Ohmen 

Osterode 

Neukener  Teich 

Pr.  Eylau 

Okarpieo 

Schwetz 

Neukireher 

Elbinger  Land- 

Okierske 

Tuchel 

kreis 

Okonin 

Thorn 

Neumarker 

Stuhm 

Gr.  Okonnin 

Tuchel 

Neumarker  Obert. 

Pr.  Holland 

Kl.  Okonnin 

Tuchel 

Neuin ülil er  T.  bei 

Pohl.  Okonin 

Tuchel 

Alienburg 

Weldau 

Okoniner 

Berent 

Neumülüer 

Pr.  Stargard 

Okrongel 

Osterode 

Neiunülil 

Osterode 

Okrongeln 

Lötzen 

Neustädter  Wald 

Neustadt 

Okronglo 

Lötzen 

Die  Landseen. 


25.°, 


Name  des  Sees. 

Kreis. 

Name  des  Sees. 

Kreis. 

OkuU 

Alienstein 

Kl.  Ottern 

Rössel 

Gr.  ( Hetzkoer 

Oletzko 

Ottlauer 

Marien  werder 

Kl.  Oletzkoer 

Oletzko 

Ottominer 

Danziger  Land- 

Oleczno 

Strasburg 

kreis 

Ollof 

Lötzen 

Otzke 

Ailenstein 

Olschöwer 

Oletzko 

l  llschowkener 

Marienwerder 

Pablindzer 

Goldap 

( )mulef 

Neuenbürg 

Pagutker 

Bereut 

1  »pukel 

Ortelsburg 

Pakrebsch-Teich 

Ragnit 

Oratzen 

Lyck 

Alt  Paleschker 

Berent 

<  )r  kusch 

Rosenberg 

Palmteich  a.  Creuz- 

Gr.  Orlef 

Neidenburg 

burger  Sta  dtwalde 

Pr.  Eylau 

Kl.  Orlef 

Neidenburg 

Palpasch 

Pr.  Eylau 

*  »rlener 

Lötzen 

Pammer 

Lötzen 

Orlowa 

Johannisburg 

Panzer 

Neidenburg 

Kl.  Qrther 

Sensburg 

Papower 

Kulm 

<  hv.ochowker 

Oletzko 

Paprotna 

Sensburg 

<  techerthaler  Wald 

Schwetz 

Parkuhn 

Mohrungen 

( »sieczek 

Strasburg 

Parszesnitzaer 

Schlochau 

( »sna 

Tuchel 

Parszin 

Konitz 

Osranker 

Johannisburg 

Gr.  Partenschyn 

Löbau 

Ossa 

Mohrungen 

Parwolker 

Osterode 

Ossettnoer 

Löbau 

Pasternscher 

Rastenburg  u. 

Gr.  Ossowa 

Schlochau 

Sensburg 

Oste  rweinen 

Osterodo 

Patlien 

Pr.  Stargard 

Osterwiker 

Konitz 

PatuUi 

Karthaus 

Osterwitter 

Graudenz 

Paudling 

Rössel 

Ostrau 

Neustadt 

Pausen 

Osterode 

Ostritz 

Karthaus 

Pawlick 

Osterode 

Ostronka 

Berent 

Pehskener 

Marienwerder 

Ostrow 

Oletzko 

Peister  Teicli 

Pr.  Eylau 

Ostrow 

Flatow 

Pelpliner 

Pr.  Stargard 

<  »strower 

Goldap 

Pempersiner 

Flatow 

Ostrowitte 

Pr.  Stargard 

Per  sing 

Osterode 

Ostrowitter 

Löbau 

Pesselner 

Darkehmen 

Ostrowitter 

Flatow 

Peterlauken  Teich 

Stallupönen 

<  )strowitter 

Sclüochau 

Petersdorfer 

Löbau 

Ostrowitter 

Konitz 

Petziner 

Flatow 

Ostrowitter 

Strasburg 

Petznick 

Dt.  Krone 

Ostrowitter 

Karthaus 

Pfaffen 

Dt.  Krone 

Osuszyno 

Berent 

Pfeiling 

Mohrungen 

Osznszino 

Karthaus 

Piaceczna 

Schwetz 

Gr.  Ottern 

Rössel 

Pianker 

Johannisburg 

254 


Unsere  Gewässer. 


Name  des  Sees. 


Piaseczno 
Pieclio  witzer 
Pierwoy 

Pieskeimer  Teicli 
Piestkeim 
Pietrasclien 
Pilla 

Gr.  Pillacker 
Kl.  Pillacker 
Pillacker 
Pillwung 
Pilzent 
Pinnau 
Pinnow 
Piontkener 
Pirtzug 
Piskarker 
Piskorzewer 
Pissa 
Placzewo 
Plasen 
Platteiner 
Plattenrocler  Teicli 
Gr.  Plautziger 
Kl.  Plautziger 
Plawiscliker 
Plensno 

Obere  Plietznitzer 
Mittl.  Plietznitzer 
Untere  Plietznitzer 
Gr.  Plinsk 
Kl.  Plinsk 
Plochotschiner 
Gr.  Ploczie 
Kl.  Ploczie 
Ploczitz 
Ploczitzno 
Ploczisno 
Ploczitzner 
Plötz 
Plötzen 

Plötzin  bei  "Wolfs- 
bruch 


Graudenz 
Berent 

Sensburg 

Pr.  Eylau 

Allenstein 

Lötzen 

Konitz 

Angerburg 

Angerburg 

Sensburg 

Oletzko 

Fiscldiausen 

Molirungen 

Dt.  Krone 

Darkebmen 

Sensbiu-g 

Schwetz 

Johannisburg 

Alienstein 

Pr.  Stargard 

Konitz 

Osterode 

Neustadt 

Allenstein 

Osterode 

Goldap 

Konitz 

Dt.  Krone 

Dt.  Krone 

Dt.  Krone 

Marienwerder 

Marienwerder 

Schwetz 

Berent 

Berent 

Berent 

Neidenburg 

Sensburg 

Lyck 

Dt.  Krone 

Angerburg 

Schlocbau 


Plowenzer 
Plusnitz 
Pluszno 

Podanger  Teich 
Podjässer 
Pörschken 
2  Pörscliker 
Pötschendorfer 
Pogegner  Teich 
Gr.  Pogobier 
Kl.  Pogobier 
Gr.  Pojerstieter 

Karpfenteicli 
Poledno 
Pollnitzer 
Poplusz 
Posinger 
Posorter 
Possesser 
Potkaretz 
Potkehmener 
Potrinnek 
Powalczin 
Powrich 
Prechlau 
Prell  witzer 
Preisnicker  Teich 
Priam 
Pristanien 
Probclien 
Proberg 
Probster 
Prondzonna 
Prosolassek 
Prszibroda 
Pruscliinower 
Przebernat 
Przepiorker 
Przeskoda 
Przyarczer 
Przykopker 
Przyllonek 
Przytuller 


Kreis. 


Graudenz 

Kulm 

Schwetz 

Pr.  Holland 

Karthaus 

Osterode 

Heiligenbeil 

Kastenburg 

Tilsit 

Johannisburg 

Johannisburg 

Fischhausen 

Schwetz 

Schlochau 

Osterode 

Memel 

Mohrungen 

Angerbm'g 

Sensbm-g 

Darkehmen 

Ortelsbiug 

Orteisburg 

Molnrungen 

Schlochau 

Dt.  Krone 

Gerdauen 

Neidenburg 

Angerburg 

Rössel 

Sensburg 

Flatow 

Schlochau 

Johannisburg 

Berent 

Sensburg 

Marienwerder 

Lyck 

Strasburg 

Konitz 

Lyck 

Tuchel 

Oletzko 


Die  Landseen. 


255 


Name  des  Sees. 

Kreis. 

Name  des  Sees. 

Kreis. 

Przywloezno 

Berent 

Redigk 

Allenstein 

Prylasek 

Johannisburg 

Gr.  Reetz 

Dt.  Krone 

Pülzer 

Rastenburg 

Regitter 

Königsberg 

Gr.  Pülm 

Gerdauen 

Regier 

Lyck 

Pulvermühler 

Regulowker 

Angerbiu-g 

Mülüenteich 

Scldochau 

Rekower 

Neidenburg 

Gr.  Pupkeimer 

Allenstein 

Rehdener  Schloss 

Graudenz 

Purden 

Allenstein 

Rehsauer 

Angerburg 

Pustnick 

Sensburg 

Reichnauer 

Scldochau 

Reimsdorfer 

Rastenburg 

Qua  schin 

Neustadt 

Rentiener  oder 

Queden 

Rastenburg 

Gilbing 

Allenstein 

Gr.  Quesen 

Schlochau 

Rentker 

Graudenz 

Quittainer  Wald 

Pr.  Holland 

Resmin 

Tuchel 

Quoosseii 

Friedland 

Reuschendorfer 

Sensburg 

Rheinfelder 

Karthaus 

Raan 

Schwetz 

Rheinischer 

Lötzen 

Raben 

Dt.  Krone 

Rheinswein 

Orteisburg 

Packer 

Rosenberg 

Rhog 

Lötzen 

Gr.  Rad 

Schwetz 

Ribbener 

Sensburg 

Kl.  Rad 

Schwetz 

Ribno 

Löbau 

Radaunen 

Karthaus  u. 

Gr.  Ribno 

Schwetz 

Pr.  Stargard 

Kl.  Ribno 

Schwetz 

Radmannsdorfer 

Kulm 

Riesenburger 

Radomno 

Löbau 

Schlosssee 

Rosenberg 

Kl.  Radowisker 

Strasburg 

Ring 

Rössel 

Radiinner 

Berent 

Robakowoer 

Kuhn 

Ragniter  Mühle  nt. 

Ragnit 

Robitter  S. 

Heüigenbeil 

Raketten 

Dt.  Krone 

Robottno 

Löbau 

Rakauer  Waldsee 

Elbing 

Gr.  Rodram 

Dt.  Krone 

Rakauer  Landseen 

Elbing 

Kl.  Rodrain 

Dt.  Krone 

Rakowitzer 

Marienwerder 

Gr.  Röske 

Schlochau 

Rakowker 

Goldap 

Kl.  Röske 

Schlochau 

Kl.  Rainsauer 

Allenstein 

Rösko 

Karthaus 

Rapatten 

Osterode 

Rösseler  Mühlent. 

Rössel 

Raschung 

Rössel 

Röthlof 

Mohrungen 

Rastenburger 

Rotzer 

Tuchel 

Oberteich 

Rastenburg 

Gr.  Rogallen 

Lyck 

Raudnitzer  Wald 

Rosenberg 

Kl.  Rogallen 

Lyck 

Rauschener  Müh- 

Rohr-Teich 

Fischhausen 

lenteich 

Fischhausen 

Romanower 

Lyck 

Rauschken 

Orteisburg 

Rominter 

Goldap 

Reckowo 

Karthaus 

Rominter 

Angerburg 

256 


Unsere  Gewässer. 


Name  des  Sees. 

Kreis. 

Name  des  Sees. 

Kreis. 

3  Komotter 

Lyck 

Gr.  Samordey 

Johannisbnrg 

Rosch  od.  Warschau 

Johannisburg 

Kl.  Samordey 

Johannisburg 

Rosenbecker 

Heilsberg 

Samplatter 

Orteisburg 

Rossen 

Gerdauen 

Samrodt 

Mohrungen 

Rostker 

Lyck 

Sand 

Berent 

Gr.  Rostung 

Mohrungen 

Sand 

Schwetz 

Kl.  Rostung 

Mohrungen 

Sanien 

Lyck 

Rother 

Rosenberg 

Sanowo 

Lyck 

Rudauer  Mühlent. 

Fischhausen 

Sarg- 

Sensburg 

Rudener 

Lötzen 

Sarong 

Allenstein  und 

Rudnitza 

Tuchel 

Osterode 

Gr.  Rudnik 

Graudenz 

Sasper 

Danziger  Stadt- 

Rudino 

Schwetz 

kreis 

Ruchvanger 

Sensburg 

Sassener 

Mohrungen 

Rüben 

Schlochau 

Sauerbaumer 

Rössel 

Rumethen 

Oletzko 

Sawadder 

Sensburg 

Rumian 

Löbau  und 

Sawadder 

Neidenburg 

Neidenburg 

Kl.  Sawadden 

Oletzko 

Ruminneck,    Theil 

Sawitsch 

Orteisburg 

d.  Rheinschen  S. 

Lötzen 

Sayder 

Oletzko 

Rusk 

Mohrungen 

Scarr-Teich 

Fisehhausen 

Russeck 

Pr.  Stargard 

Schadrauer 

Berent 

Kl.  Ruttker 

Orteisburg 

Schakauer 

Karthaus 

Rysontze 

Oletzko 

Gr.  Schaimo 

Johannisburg 

Rzesniker 

Johannisbnrg 

Schakenhöfer  T. 

Gerdauen 

Rzuno 

Berent 

Schanzen 

Strasburg 

Scharnow 

Pr.  Stargard 

Saalauer  Teich 

Insterburg 

Scharschau  oder 

Sablonowo 

Thorn 

Karrasch 

Rosenberg 

Sabonscher 

Berent 

Gr.  Schartowitz 

Berent 

Gr.  Sagarn  i 

Berent 

Kl.  Schartowitz 

Berent 

Sagemühl 

Dt.  Krone 

Schaustern 

Allenstein 

Saiten 

Lötzen 

Schechau 

Pr.  Stargard 

Sakrzewo 

Berent 

Scherting 

Mohrungen 

Salent 

Sensburg 

Schillelmer  Teich 

Ragnit 

Säle  scher 

Schwetz 

Schilleningker 

Saleschno 

Orteisburg 

Waldsee 

Niederung 

Saline 

Graudenz 

Schilling 

Osterode 

Gr.  Salm 

Dt.  Krone 

Schillings 

Allenstein 

Salohnen 

Schlochau 

Schimon 

Sensburg 

Salzig 

Sensburg 

Schinowa  oder 

Salzig 

Lötzen 

Danziger 

Schwetz 

Samin 

Strasburg 

Schii'otzker 

Schwetz 

Die  Landseen. 


257 


Name  des  Sees. 

Kreis. 

Name  des  Sees. 

Kreis. 

Gr.  Schiwe 

Konitz 

Kl.  Schwalg 

Goldap 

Sclüaga 

Pr.  Stargard 

Schwalgendorfer 

Mehrungen 

Schleppener  Teich 

Tilsit 

Schwanen 

Dt.  Krone 

Schliewer 

Pr.  Stargard 

Schwarzer 

Neide  nburg 

Schütter 

Heüsberg 

Schwarze  südl.  v. 

3  Schlobitter 

Pr.  Holland 

Plichtin 

Osterode 

Schlochauer  Amts 

Scldochau 

Gr.  Schwarze  bei 

Schlocliauer 

Locken 

Osterode 

grosser  Amts 

Schlochau 

KL  Schwarze  bei 

Schlocliauer 

Locken 

Osterode 

kleiner  Amts 

Schlochau 

Schwarze  oder 

Schlopper  grosser 

Bluide 

Mohrungen 

Teich 

Dt.  Krone 

Schwarze  i.  d.  Sob- 

Schmiede 

Dt.  Krone 

bowitzer  Forst 

Berent 

Schmilowoer 

Flatow 

Schwarze  bei 

Gr.  Schmollen 

Dt.  Krone 

Krebsberg 

Berent 

Kl.  Schmollen 

Dt.  Krone 

Schwarze 

Karthaus 

Schmording 

Osterode 

Schwarzwald 

Pr.  Stargard 

Gr.  Schoben 

Orteisburg 

Schwarzkopf 

Konitz 

Schoben 

Osterode 

Schweikower 

Johannisburg 

Schodno 

Berent 

Schwekatowoer 

Schwetz 

Schönauer 

Schlochau 

Schwengel* 

Heilsberg 

Schönbrücker 

Graudenz 

Schwenken  dorfer 

Mohrungen 

Schöndamerauer  T. 

Braunsberg 

Schwentainer 

Oletzko 

Gr.  Schönforster 

Rosenberg 

Schwentainer 

Alienstein 

Schönheider 

Berent 

Schwentainen 

Osterode 

Schönlinder 

Schwenty 

Orteisburg 

Mülüenteich 

Heiligenbeil 

Schwente 

Flatow 

Schönsee'er 

Thorn 

Schwenteener 

Schwetz 

Gr.  Schön  walder 

Graudenz 

Schwentener 

Graudenz 

Schönwerder 

Schlochau 

Schwirgstein 

Osterode 

Schorchinehler  T. 

Stallupönen 

Schwuben 

Heilsberg 

Scliranowo 

Strasburg 

Sczupliener 

Neidenburg 

Schrednow 

Neidenburg 

Sczepanker 

Orteisburg 

Schreitlaukener 

Sdeder 

Lyck 

Mülüenteich 

Tilsit 

Sdrenzno 

Neidenburg 

Schrödersfelder 

Karthaus 

Sdrenzna 

Lyck 

Schucker 

Goldap 

Sdrusno 

Sensburg 

Schulz 

Dt.  Krone 

Seeben 

Neidenburg 

Schulzen 

Bastenburg 

Seedranker 

Oletzko 

Schulze 

Dt.  Krone 

Seedanziger 

Orteisburg 

Schupower 

Darkehmen 

Seegenfelder 

Dt,  Krone 

Gr.  Schwalg 

Oletzko 

Seehauser 

Graudenz 

17 


258 


Unsere  Gewässer. 


Name  des  Sees. 


Name  des  Sees. 


Kreis. 


Seehestener  Wald- 

Seeleseu 

Seeresener 

Sehlener 

Selbonger 

Selitoris-Teicli 

Gr.  Sellment 

Sembruch 

Gr.  Semliner 

Sensburger  Stadt- 
Seen 

Sensuttener 

Serge 

Servent 

Serwüler 

Hintere  Seubers- 
dorfer 

Vordere  Seubers- 
dorfer 

Sexter 

Sianowo 

Sicbts 

Sickenhöfen 

Silotnik 

Gr.  Sillm 

Simionneck 

Sirnser 

Sittno 

Sieder 

Siercze 

Siewker 

Skanda 

Skarlin 

Gr.  Skars 

Kl.  Skars 

Skatnickteich 

Skomatzko 

Skomentner 

Skompe 

Skornper 

Skorczewo 

Skottau 

Skmjen 


Sensburg 

Osterode 

Karthaus 

Tuchel 

Sensburg 

Ragnit 

Lyck 

Neidenburg 

Pr.  Stargard 

Sensburg 

Osterode 

Osterode 

Alienstein 

Rastenburg 

Mohrungen 

Molirungen 

Johannisburg 

Karthaus 

Schlochau 

Fischhausen 

Osterode 

Rosenberg 

Pr.  Stargard 

Heilsberg 

Kulm 

Lyck 

Rastenburg 

Angerburg 

Allenstein 

Löbau 

Angerburg 

Angerburg 

Rastenburg 

Lötzen 

Lyck 

Konitz 

Graudenz 

Schlochau 

Neidenburg 

Graudenz 


Slupek 

Gr.  Slupino 

Kl.  Slupino 

Slusa 

Smarli 

Smarszewoer 

Smirdower 

Smolsiner 

Sobbowitzer 

Soczien 

Solonner 

Soltmahner 

Sommerkauer 

Sommersin 

Gr.  Somminer 

Kl.  Somminer 

Sominko 

Gr.  Sonntagscher 

Kl.  Sonntagscher 

Sopien 

Sophienhöfer  S. 

Gr.  Sopliienwalder 

Kl.  Sophien  walder 

Sorgen 

Sossno 

Sossnoer 

Soszno 

Soweyder 

Sowo 

Spangen 

Spiegels 

Spirding 

Spital 

Spitzing 

Splitterscher  Müh- 

lenteich 
Spengawsker 

Waldseen 
Sprinz 
Srednia 
Staatshauser 
Stabunker 
Stantauer  Mtthlent. 


Orteisburg 

Berent 

Bereut 

Schlochau 

Konitz 

Marienwerder 

Flatow 

Karthaus 

Danziger  Landla1. 

Lyck 

Berent 

Angerburg 

Karthaus 

Tuchel 

Konitz 

Berent 

Berent 

Sensburg 

Sensburg 

Strasburg 

Pr.  Eylau 

Rosenberg 

Rosenberg 

Rosenberg 

Strasburg 

Löbau 

Strasburg 

Rössel 

Lötzen 

Rössel 

Rastenburg 

Johannisburg 

Tuchel 

Angerburg 

Tüsit 

Pr.  Stargard 

Schlochau 

Sensburg 

Goldap 

Heilsberg 

Königsberg 


Die  Landseen. 


259 


Name  des  Sees. 

Kreis. 

Name  des  Sees. 

Kreis. 

Starsiaer  Teich 

Neustadt 

Gr.  Studzno 

Tuchel 

StarscMska 

Pr.  Stargard 

Hoch  Stüblauer 

Pr.  Stargard 

Stasiczno 

Kartliaus 

Stuhmer  oder 

Statzer 

Lyck 

Hintersee 

Stuhm 

Staw 

Osterode 

Gr.  Suchauer 

Schwetz 

Staw 

Strasburg 

Kl.  Suchauer 

Schwetz 

Steckliner 

Pr.  Stargardt 

Suchoni 

Schwetz 

2  Gr.  Steegener 

Pr.  Eylau 

Suckau 

Sehlochau 

Kl.  Steegener 

Suckel 

Allenstein 

Oberteicli 

Pr.  Eylau 

Sudomie 

Berent 

Steegers  Mülüent. 

Sehlochau 

Suleyker 

Oletzko 

Kl.  Steeking 

Molmingen 

Sullenczyn 

Kartliaus 

Steinberger 

Allenstein 

Summiner 

Pr.  Stargard 

KL  Steiiiorter 

Angerburg 

Summiner 

Karthaus 

Gr.  Steinorter 

Angerburg 

Swante 

Kartliaus 

Stelclmo 

Schwetz 

Swenti 

Karthaus 

Stelliiier 

Elbinger  Land- 

Swijanie 

Memel 

kreis 

Gr.  Sylven 

Orteisburg 

Gr.  Stengwitzer 

Eosenberg 

Kl.  Sysdroy 

Orteisburg 

Kl.  Stengwitzer 

Eosenberg 

Gr.  Sysdroy 

Sensburg 

Stenkendorfer 

Eosenberg 

Sytow 

Dt.  Krone 

Stern 

Sclilocliau 

Ober  Szabiener 

Darkehmen 

Stobben 

Angerburg 

Unter  Szabiener 

Darkehraen 

Stobbenteich 

Fischhausen 

Szcziczonck 

Orteisburg 

Stobnoer 

Tuchel 

Szeltkehmer 

Goldap 

Stolzenberger 

Heiligenbeil 

Szielasker 

Goldap 

Stone 

Pr.  Stargard 

Szinkuhner 

Stallupönen 

Stoszner 

Oletzko 

SzmoUen 

Lötzen 

Strassenteich 

Fischliausen 

Szodeiker 

Memel 

Strasten 

Pr.  Eylau 

Szolnowo 

Berent 

Straszyn 

Strasburg 

Gr.  Szonstag 

Lyck 

Gr.  Strengeier 

Angerburg 

Kl.  Szonstag 

Lyck 

Kl.  Strengeier 

Angerburg 

Szczuka 

Strasburg 

Streitz 

Eastenburg 

Striewer 

Eössel 

Taber 

Osterode 

Stromek 

Sensburg 

Tafter 

Braunsberg 

Stropne 

Kartliaus 

Talskeimer 

Friedland 

Struga 

Pr.  Stargard 

Talker 

Lötzen 

Struzson 

Kulm 

Talter 

Sensburg 

Strzelniker 

Johannisburg 

Taltowisko 

Lötzen  und 

Strzemin 

Strasburg 

Sensburg 

Stotzker 

Johannisburg 

Taluppen 

Sensburg 

Studa 

Löbau 

Tannenberger 

Angerburg 

17* 


260 

Unsere  Gewässer. 

Name  des  Sees. 

Kreis. 

Name  des  Sees. 

Kreis. 

Tapiauer  Mühlent. 

"Welilau 

Trzono 

Karthaus 

Tartarren 

Darkehrnen 

Trundel 

Mohrungen 

Gr.  Tauchel 

Rastenburg 

Truszczyn 

Löbau 

Tauring 

Mohrungen 

Trutenauer 

Königsberg 

Tautschiller 

Darkehrnen 

Tuchliner  grosser 

Tayta 

Lötzen 

See 

Karthaus 

Teissow 

Sensburg 

Tuclüinner 

Johannisburg 

Teistimmer 

Rössel 

Tucholka 

Tuchel 

Tengowicz 

Strasburg 

Tuchomer 

Karthaus 

Teufelsheider 

Dt.  Krone 

Tützer  Stadt 

Dt.  Krone 

Theerofener 

Rosenberg 

Tützer  Sclüoss 

Dt.  Krone 

Schloss  Thieren- 

Turser 

Pr.  Stargard 

berger 

Fischhausen 

Tursehonker 

Bereut 

Thomsdorfer  oder 

Wulping 

Alienstein 

Ublicker 

Lötzen 

Thymau 

Osterode 

Uderwanger 

Pr.  Eylau 

Thymauer 

Marienwerder 

Udschitz 

Schwetz 

Tiefen 

Heiligenbeil 

Umlong 

Allenstein 

Tiefensee'er 

Stuhin 

Gr.  Upalten 

Lötzen 

Tietz 

Sclilockau 

Kl.  Upalten 

Lötzen 

Tülendorfer 

Stulrni 

Uplick 

Sensburg 

Tülitzer 

Löbau 

Uro  wie  cz 

Mohrungen 

Tillwalder 

Rosenberg 

Usdauer 

Neidenburg 

Tilsiter  Mühlent. 

Tilsit 

Ustrich 

Allenstein 

Tirkler 

Johannisburg 

Uszblenker 

Darkehrnen 

Tollack 

Alienstein 

Tollenziner 

Karthaus 

Gr.  Vandsburger 

Platow 

Trampe  oder 

Rosenberg  u. 

Verschmint 

Sensburg 

Schwarzenauer 

Löbau 

YieUe 

Bereut 

Trautenwalder 

Pr.  Holland 

Yoigthöfer  kleine 

Rössel 

Trautziger 

Allenstein 

Trebecke 

Dt.  Krone 

Wadang 

Allenstein 

Trepkier 

Strasburg 

Wallisko 

Angerburg 

Tritt 

Angerburg  u. 

Waidenthal 

Rastenburg 

Lötzen 

Gr.  Waldpusch 

Orteisburg 

Tromnitz 

Rosenberg 

Kl.  Waldpusch 

Orteisburg 

Trzanna 

Neidenburg 

Waltersdorfer 

Molirungen 

Trzebno 

Karthaus 

Walsch 

Braunsberg 

Trzebielsk 

Schlochau 

Waplitz 

Osterode 

Gr.  Trzebnitz 

Schwetz 

Gr.  Waplitzer 

Stuhui 

Trzebomierz 

Konitz 

Wappendorf 

Orteisburg 

Trzebuhn 

Bereut 

Warchaller 

Neidenburg 

Trzemetzno 

Konitz 

Wardung 

Allenstein 

Die  Landseen. 


261 


Name  des  Sees. 

Kreis. 

Name  des  Sees. 

Kreis. 

Wargenscher 

"Widlung 

Mehrungen 

Kirchenteich 

Fischhausen 

Widno 

Konitz 

Warmiak 

Angerburg 

Widny 

Oletzko 

Warkaller  Teich 

Allenstein 

Widrinner 

Sensburg 

Warmie  scherTeich 

Niederung 

Widminner 

Lötzen 

Warneinen 

Osterode 

Wiechol 

Berent 

AVarnold 

Johannisbui'g 

Wiecker 

Pr.  Stargard 

Warschauer  Teich 

Neustadt 

Wieczno 

Kulm 

Warschkeiter 

Pr.  Eylau 

Wiegandisteich 

Fischhausen 

Warszin 

Konitz 

Wieller 

Konitz 

Wartino 

Karthaus 

"Wieps 

Allenstein 

Gr.  AVatzmirs 

Pr.  Stargard 

Wiersbau 

Sensburg 

Kl.  Watzmirs 

Pr.  Stargard 

Wie  r  seh 

Schwetz 

Wdidzen 

Bereut  und 

AYierschisker 

Berent 

Konitz 

AYigoniner 

Berent 

AYecklitzer 

AVigrinnen 

Sensburg 

Mühle  nteich 

Braunsberg 

Wilada 

Eastenburg 

"Weeskenitter 

Pr.  Holland 

AVilhelrnshöfer 

Dt.  Krone 

Weger  Teich 

Pr.  Eylau 

AVilkau 

Fischhausen 

"Weiher 

Osterode 

Wilkomeden 

Heydekrug 

Weinow 

Lötzen 

AVilkuss 

Angerburg 

"Weisser  See  bei 

AVillamower 

Ortelsburg 

Sittna  gora 

Karthaus 

Willuhner 

Pillkallen 

Weisser  See  bei 

AVi  11  küssen 

Lötzen 

Stuhmersfeld 

Stuhm 

AYillkasser 

Goldap 

"Weisser  See  bei 

Wülczak 

Graudenz 

Houigfelde 

Stuhni 

Wilpischer  oder 

"Weisse 

Sensburg 

Strius 

Gumbinnen 

AVeissenburger 

Löbau 

Grosse  AYilscke- 

"Weissensteiner  T. 

Königsberg 

blott 

Pr.  Stargard 

Weissohner 

Johannisburg 

Winkel 

Mokrungen 

Wengoyer 

Eössel 

Winkeldorfer 

Bastenburg 

Wenig 

Osterode 

Wirowo 

Berent 

Wengorcziii 

Karthaus 

AVisegger 

Ortelsburg 

AYengorsziner 

Schlochau 

Wissoki 

Osterode 

Wensöwker 

Lötzen 

AVitoczno 

Konitz 

"Wersk 

Flatow 

Wispauer 

Neustadt 

AVerteinlauken 

Stallupönen 

Kl.  Wittfelde 

Schlochau 

Wessolower 

Oletzko 

Wittstock 

Neustadt 

Wessolower 

Lötzen 

Wittstocker 

Tuchel 

Wetzke 

Berent 

Wletsch 

Strasburg 

Wiartü 

Johannisbui'g 

AYlotsehnitzer 

Marien  werder 

"Wichorze 

Kulm 

Wodzuo 

Karthaus 

262 


Unsere  Gewässer. 


Name  des  Sees. 


Name  des  Sees. 


Kreis. 


Woisk 

Wolittnicker 

Wolka 

Gr.  Wolz 

AVonsiner 

Wonzow 

"Woppen 

Worbien 

Gr.  Wordel 

Woriener 

"Woriener  Mühlent. 

Woriener 

"Wosczeller 

Woysak 

Wronker 

Gr.  Wronker 

Wuclisnig 

Wuknik 

Wulffen 

Wunneschin 

Wurchau 

Wusen 

Wussow 

Wysztiter 

Zabianker 

Zabinker 

Zadower 

Zagnania 

Zain 

Zajonskowo 

Zajonczkowo 

Zakzewker 

Zakrzewo 

Zalesie 

Zaliner 

Zamit 

Zamuth 


Sclilochau 

Heiligenbeil 

Neidenburg 

Graudenz 

Strasburg 

Flatow 

Allenstein 

Strasburg 

Dt.  Krone 

Pr.  Eylau 

Pr.  Eylau 

Königsberg 

Lyck 

Lötzen 

Oletzko 

Goldap 

Mohrungen 

Dt.  Krone 

Berent 

Neustadt 

Sclilochau 

Königsberg 

Neustadt 

Goldap 

Pr.  Stargard 

Angerburg 

Dt.  Krone 

Berent 

Rössel 

Löbau 

Berent 

Flatow 

Flatow 

Tuchel 

Strasburg 

Dt.  Krone 

Dt.  Krone 


Zappeln 

Gr.  Zappeln 

Zaremba 

Zaribinek 

Zarnowitza 

Zaun 

Zbiczno 

Zdroino 

Zdunowitzer 

Zdunyer 

Gr.  Zelimen 

Kl.  Zehmen 

Zelnnker 

Zellgosch 

Zemmin 

Zempelburger 

Zibora 

Ziegeler 

Zielonker 

Gr.  Zielonna 

Kl.  Zielonna 

Ziegenberger 

Gr.  Zietliener 

Kl.  Zietliener 

Zillkotener 

Gr.  Zinn 

Zittno 

Zollnick 

Zopf 

Gr.  Zoppen 

Gr.  Zutappie 

Kl.  Zutappie 

Zukowkener 

Gr.  Zuetzer 

Zuweiser 

Zwiniarz 

Zwosno 


Lyck 

Scliwetz 

Tuchel 

Löbau 

Neustadt 

Heilsberg 

Strasburg 

Pr.  Stargard 

Karthaus 

Pr.  Stargard 

Osterode 

Osterode 

Pr.  Stargard 

Pr.  Stargard 

Sclilochau 

Flatow 

Osterode 

Dt.  Krone 

Orteisburg 

Sclilochau 

Scldochau 

Goldap 

Sclilochau 

Sclilochau 

Memel 

Sclilochau 

Karthaus 

Rosenberg 

Mohrungen 

Wehlau 

Sensburg 

Sensburg 

Karthaus 

Dt.  Krone 

Rosenberg 

Löbau 

Strasburg 


Von  den  physikalischen  Verhältnissen  der  meisten  Landseen  haben  wir 
bisher  nur  ganz  ungenügende  Kunde,  namentlich  pflegen  die  Tiefen  von 
den  Fischern  bedeutend    zu   gross   angegeben  zu   werden,    und  sind  wir 


Die  Landseen.  263 

auch  über  die  Bodenbeschaffenheit,  den  Pflanzenwuchs  und  den  Fischbe- 
stand der  meisten  Gewässer  nicht  gehörig  orientirt. 

In  Folgendem  geben  wir  einige  uns  von  Herrn  Fischmeister  Bött- 
cher in  Dt.  Eylau  zugesandte  Notizen,  welche  als  Muster  einer  für 
Fischereizwecke  bestimmten  Beschreibung  der  Seen  dienen  mögen: 

Der  Lonkorek-,  Gr.  Partenczyn-,  Dembno-,  Robottno-,  Straszyn-  und 
Bachutteck-See  hängen  mit  einander  durch  kleine  Wasserläufe  zusammen, 
erstrecken  sich  in  der  Richtung  von  NW.  nach  SO.  und  ergiessen  ihr 
Wasser  nahe  bei  Strassburg  in  Westpr.  in  die  Drewenz. 

1.  Der  Lonkoreksee  hat  eine  Grösse  von  76  ha,  eine  Tiefe  bis  zu 
36  m.  Er  liegt  im  freien  Felde  und  stösst  nur  mit  einer  Seite  an  die 
Kgl.  Forst,  auch  an  den  übrigen  Ufern  stehen  Bäume  und  Sträucher. 
Am  Rande  ist  er  ringsum  mit  Schilf  und  Rohr  bewachsen,  der  Grund 
ist  hart  und  erhebt  sich  an  zwei  Stellen  zu  grösseren  Bergen  (Bänken). 
An  Fischen  enthält  er  die  kleine  Maräne,  Bressen,  Schleihen,  Karauschen, 
Barsche,  Hechte,  Aale  und  viel  kleine  Weissfische,  die  darin  gut  gedeihen. 
Durch  einen  kleinen  Flusslauf  hängt  er  zusammen  mit  dem 

2.  Gr.  Partenczyner  See,  der  eine  Grösse  von  350,558  ha,  eine 
Tiefe  bis  zu  27  m  besitzt.  Er  Hegt  vollständig  im  Walde,  ist  fast  ringsum 
mit  Schilf  und  Rohr  bewachsen  und  hat  weichen  Grund,  auf  welchen 
jedoch  viel  alte  Bäume  liegen,  so  dass  ausgedehnte  Flächen  nicht  mit 
dem  grossen  Garne  befischt  werden  können.  Die  Fische  gedeihen  sehr 
gut  darin,  namentlich  Zander  (bis  zu  15  w),  Bressen  (von  11 — 13  &"), 
Schleihen,  Karauschen,  Hechte,  Barsche,  Aale  and  Weissfische,  nament- 
lich sehr  viel  Uckelei.  Kleine  Maränen  finden  sich  nur  in  geringer  Menge. 
Sein  Wasser  läuft  durch  einen  kleinen  Fluss  nach  dem 

3.  Dembnosee.  Derselbe  ist  62  ha  gross  und  bis  13  m  tief.  Er 
liegt  ganz  im  Walde  und  ist  ringsum  mit  Rohr  und  Schilf  bestanden. 
Der  Grund  ist  weich.  Er  enthält  Zander,  Bressen,  Schleihe,  Karauschen, 
Hechte,  Barsche,  Aale  und  viel  Weissfische.  Durch  ein  Fliess  hängt  er 
zusammen  mit  dem 

4.  Robottnosee,  der  eine  Grösse  von  48  ha,  bis  zu  16  m  Tiefe 
und  weichen  Grund  hat,  ringsum  mit  Schilf  und  Rohr  bewachsen  ist  und 
dieselben  Fische  enthält  wie  der  vorige.  An  dem  kurzen  Flusslauf, 
welches  das  Wasser  der  vorstehenden  4  Seen  nach  dem  Straszynsee 
abführt,  ist  eine  fiscalische  Mahl-  und  Schneidemühle  Gremenz  befindlich. 
Dieselbe  ist  im  Besitz  eines  ständigen  Aalfanges,  welcher  durchschnittlich 
jährlich  für  1000—1500  Mark  Aale  liefert. 

5.  Der  Straszynsee,  71  ha  gross,  bis  13  m  tief,  liegt  ganz  im  Walde. 
Er  ist  ringsum  mit  Schilf  und  Rohr  bewachsen,    der    Grund   ist   weich. 


264  Unsere  Gewässer. 

Ausser  den  beim  Dembnosee  genannten  Fischen  kommen  in  ihm  Welse 
und  Kohrkarpfen  (?)  vor.     Sein  Wasser  fliesst  in  den 

6.  Bachottecksee,  der  145  ha  gross  und  bis  23  m  tief  ist,  mit  einer 
Seite  am  Felde,  mit  der  andern  am  Walde  liegt.  Er  ist  ringsum  mit 
Schilf  und  Rohr  bestanden  und  hat  einen  etwas  weichen  Grund.  Ausser 
den  beim  Dembnosee  genannten  Fischen  werden  in  ihm  Welse,  Rohr- 
karpfen (?),  Karpfen,  Rapfen  gefangen.  Namentlich  enthält  er  viel  Aale. 
Der  Abfluss  des  Bachottecksees  geht  etwa  3  km  von  Strassburg  entfernt 
in  die  Drewenz. 

Die  sämmtlichen  Seen  sind  fiscalisch,  es  steht  Niemanden  sonst  eine 
Fischereiberechtigung  auf  denselben  zu,  1 — 3  sind  von  der  Oberförsterei 
Lonkorsz,  4 — 6  von  der  Oberförsterei  Wilhelmsberg  verpachtet.  In  allen 
hat  in  Folge  unvorschriftsmässigen  Fischens  und  Anwendung  unerlaubter 
Gezeuge  der  Fischreichthum  erheblich  abgenommen,  namentlich  ist  seit 
1870  im  Lonkoreksee  die  kleine  Maräne  durch  Fischen  in  der  Laichzeit 
sehr  erheblich  vermindert. 

Leider  sind  derartige  Nachrichten,  wie  sie  ohne  erhebliche  Opfer  an 
Zeit  und  Geld  nur  von  verständigen  Anwohnern  der  Gewässer  zu  erhalten 
sind,  mir  bisher  nur  in  äusserst  beschränkter  Zahl  zugegangen,  möchten 
diese  Zeilen  zu  weiteren  Mittheilungen  über  unsere  Gewässer  anregen, 
da  zu  einer  rationellen  Bewirtschaftung  derselben  ihre  genaue  Kenntniss 
unerlässliche  Vorbedingung  ist. 

Auch  in  den  Landseen  des  norddeutschen  Flachlandes  kann  man 
mit  v.  d.  Borne  drei  Fischregionen  unterscheiden,  nämlich  diejenige  der 
grossen  Maräne,  des  Bressen  und  der  Karausche. 

1.  Der  Region  der  grossen  Maräne  gehören  die  sehr  tiefen  Seen 
an,  wie  der  bis  48  m  tiefe  Madunsee  in  Pommern.  Jedoch  gedeiht  die 
grosse  Maräne  auch  in  viel  flacheren  Seen  sehr  gut,  obwol  noch  nicht 
erwiesen  ist,   dass  sie  sich  in  denselben  auch  fortpflanzt. 

2.  Der  Region  des  Bressen  gehören  fast  unsere  sämmtlichen 
Seen  an,  in  denen  Aale,  Bressen,  Zander,  Hechte,  Barsche  und  Karpfen  die 
werthvollsten  Fische  sind. 

3.  Die  Region  der  Karausche  beschränkt  sich  auf  kleine  Wasser- 
becken mit  schlammigem  Grunde,  in  denen  auch  Schleihen  und  Aale  gedeihen. 

Unsere  meisten  Seen  sind  zur  Aufzucht  von  Karpfen  wol  ge- 
eignet, vorausgesetzt  dass  dieselben  mindestens  als  einsömmerige  Thiere 
eingesetzt  werden,  um  den  Verfolgungen  der  Raubfische  besser  zu  ent- 
gehen. Nach  v.  d.  Borne's  Erfahrungen  dürfte  sich  für  die  Besitzer 
geschlossener  Seen  ein  Yersuch,  dieselben  regelmässig  mit  Karpfen  zu 
besetzen,  sehr  empfehlen  und  reiche  Erträge  liefern. 


Die  Geschichte  der  Fischerei  in  Ost-  und  Westpreussen. 


Die  Geschichte  unserer  Fischerei  lässt  sich  an  der  Hand  der  alten 
Chronisten  bis  zum  Anfange  des  13.  Jahrhunderts  zurück  verfolgen. 

Nach  He nnenb erger1)  opferten  die  heidnischen  Preussen  ihren 
Göttern  unter  andern  auch  die  Erstlinge  der  Fische  und  verbrannten  sie 
„sonderlich  wo  jrgents  grosse  steine  bey  den  fischereyen  waren".  Hart- 
knoch2)  nennt  als  einen  Ort,  an  welchem  häufig  Fischopfer  gebracht 
Avurden,  den  noch  jetzt  unter  demselben  Namen  bekannten  „heiligen  Stein", 
einen  grossen  Granitblock  am  Haffufer  zwischen  Frauenburg  und  Tolkemit. 
Diese  Fischopfer  galten  dem  Gorcho  oder  Curcho,  „so  für  einen  Gott 
essens  und  trinckens  gehalten,  der  da  in  einer  Eychen  seine  Wonung  sol 
gehabt  haben"  oder  nach  anderen  Angaben  dem  Perdoytas  oder  Perdoatys, 
„als  welcher  ein  gott  der  iischer  und  schiffsleute  gewesen",  und  der  im 
Zorn  die  Fische  vertreibt  oder  tödtet.  Insbesondere  wurde  dieser  von 
den  sudauischen  Fischern  verehrt  und  zwar  auf  folgende  Weise.  „Sie 
kamen  in  einer  Scheuren  Hauffen-weise  zusammen/  und  kochten  ein  gut 
Theil  Fische/  thäten  sie  hernach  auf  ein  Bret/  und  machten  sich  dabey 
lustig/  frassen  und  soffen  frisch  drauff  los  ausz  ihren  Schaalen  oder  kleinen 
tieften  Schüsselein:  Zuletzt  stund  ihr  Sigonotha  oder  Priester  auff/  theilet 
die  Winde/  und  sagte/  wo  und  auff  welchen  Tag  ein  jeder  unter  ihnen 
iischen  solte."     Es  fand  also  schon  in  jenen  Zeiten   eine  Art  von  gesetz- 


1)  Erclerung  der  Preussischen  grössern  Landtaffel  oder  Mappen.  Durch  Cas- 
par um  He  nnenb  erger  um/  des  fürstlichen  Hospitals  Königsperg  Löbenicht  Pfarr- 
hern,    anno  MDXCV.     Königsberg  bei  Georg  Osterberger. 

2)  Alt-  und  Neues  Preussen.  Mit  sonderbahrem  Fleiss  zusammengetragen/  durch 
M.  Christophorum  Hartknoch,  des  Thornischen  Gymnasii  Professoren! .  anno 
MDCLXXXIV.    In  Verlegung  Martin  Hallervorden,  Buchhändlern  in  Königsberg. 


266  Die  Geschichte  der  Fischerei 

lieber  Aufsicht  über  die  Fischerei  statt,  und  gewiss  ist  den  Vorschriften 
der  alten  geistlichen  Fischmeister  williger  und  unbedingter  Folge  geleistet 
worden  als  das  jetzt  der  Fall  ist. 

Matthaeus  Praetorius,  Pfarrer  in  Niebudszen  bei  Gumbinnen, 
hat  in  seinem  gegen  Ende  des  17.  Jahrhunderts  abgeschlossenen  grossen 
Manuscript:  „Preussische  Schaubühne"  auch  die  Fischerei  der  alten 
Preussen  erwähnt  und  führt  nicht  weniger  als  13  Arten  von  Netzen 
an,  die  sie  schon  vor  der  Zeit  des  Ordens  gebraucht  hätten,  dazu  Angeln 
und  „unterschiedliche  Arten  Fischkasten,  zu  allerhand  Art  Fische  zu 
fangen  und  zu  halten",  doch  kann  diesen  Angaben  kein  sonderlicher  Werth 
beigelegt  werden,  da  Praetorius  nachweislich  viele  zu  seiner  Zeit  be- 
stehende Einrichtungen  ohne  Weiteres  als  von  den  alten  Preussen  her- 
stammend beschrieben  hat. 

Auch  mit  der  Teichwirtschaft  scheinen  sich  die  alten  Preussen  be- 
schäftigt zu  haben,  denn  Petrus  Dusburg1)  berichtet,  dass  schon  vor 
der  Ankunft  des  Ordens  in  Preussen  in  der  Gegend  von  Ragnit  eine 
feste  preussische  Burg  gestanden  habe,  die  sich  gegen  eine  Belagerung 
seitens  der  Russen  neun  Jahre  lang  halten  konnte,  weil  sie  einen  Teich 
von  20  Schritten  ins  Gevierte  besass,  welcher  die  Besatzung  reichlich 
mit  Fischen  ernährte.  „Über  diese  Geschieht,"  sagt  Hartknoch,  „ver- 
wundert sich  Petrus  von  Dusburg  so  sehr/  dass  er  auch  in  diese 
Worte  herauszbricht:  Sihe:  das  ist  eine  wunderbare  Sache/  „dazumahl 
hatte  der  Teich  viel  Fische/  da  noch  die  Schlavonier  Hey  den  waren:  Nun 
aber  hegt  der  Teich  nichts  anders  als  Frösche/  da  er  in  der  Christen 
Händen  ist/  auch  hat  der  Teich  so  viel  Wasser  nicht/  dass  die  Fische 
darin  bleiben  möchten.  Warumb  dieses  also  geschehe/  weiss  allein  Gott/ 
dessen  Gerichte  unbegreiflich/  und  dessen  Wege  unerforschlich."  Hennen- 
berger  konnte  bei  seinen  Nachforschungen  allerdings  weder  die  Burg 
noch  den  Teich  finden,  doch  kann  man  nicht  wol  annehmen,  dass  Dus- 
burgs  Angabe  vollständig  aus  der  Luft  gegriffen  sei. 

Von  den  vielen  heiligen  Seen  und  Teichen,  in  denen  nach  Hennen- 
berger  nicht  gefischt  werden  durfte,  meint  Bock,2)  dass  sie  unzweifelhaft 
die  Erhaltung  der  Fischereien  zum  Zwecke  hatten,  also  dasselbe  darstellten, 
was  wir  jetzt  Fischschonreviere  nennen. 

Der    deutsche    Orden    nahm    bei    seiner    Ankunft   m   Preussen    die 


1)  Petrus  de  Dusburg  Chronicon  Prussiae  ab  anno  MCCXXVI  usque  ad  annum 
MCCCXXVI. 

2)  Fr.  Sam.  Bock  Versuch    einer    wirtschaftlichen  Naturgeschichte    von    dem 
Königreich  Ost-  und  AVestpreussen.    Vierter  Band,  Dessau  1784. 


in  Ost-  und  Westpreussen.  267 

Fischerei  als  ein  Kegal  für  sich  in  Anspruch  und  stellte  eine  Menge  von 
Fischereiaufsichtsbeamten  an,  die  als  Keipper  („das  ist  ein  oberster  über 
die  Fischereyen")  und  Fischmeister  bezeichnet  werden.  „Der  Fischmeister," 
sagt  Voigt, ^  „war  in  jedem  Ordenshause  der  Aufseher  über  die  Fischerei 
in  den  zahlreichen  Seen,  für  eieren  Fischbestand  eine  wachsame  Sorge 
nöthig  war.  Bei  den  häutigen  Fasttagen  gab  die  nothwendige  Beschaffung 
der  erforderlichen  Fische  seinem  Amte  eine  besondere  "Wichtigkeit.  In 
manchen  Conventen  finden  wir  daher  auch  2  oder  selbst  3  Fischmeister 
angestellt,  die  denn  zum  Theil  auf  den  Höfen  des  Hauses  wohnend,  diese 
zugleich  mit  verwalteten."  Sie  gehörten  stets  zum  Hausconvente  und 
waren  nicht  etwa  dienende  Brüder. 

Die  Ausübung  der  Fischerei  in  den  verschiedenen  Gewässern  wurde 
theils  unbeschränkt,  theils  nur  für  den  eigenen  Bedarf,  oder  gegen  eine  be- 
stimmte Abgabe,  oder  auf  einzelne  Oertlichkeiten,  Netzarten  oder  auch  auf 
gewisse  Fischgattungen  beschränkt,  durch  Privilegien  an  Städte,  Gemeinden 
oder  Grundstücke  verliehen,  mitunter  auch  als  persönliche  Vergünstigung, 
die  nicht  an  dem  Grundbesitz  haftete,  einzelnen  Personen  gestattet.  So 
wurde  namentlich  den  Dorfschulzen  gewöhnlich  freie  Fischerei  in  grösserer 
oder  geringerer  Ausdehnung  verliehen,  oft  nur  zu  Tisches  Nothdurft, 
d.  h.  für  den  eigenen  Bedarf.  In  diesem  Falle  erhalten  sie  die  Eiiaub- 
niss,  „dy  vysche  czu  van  de  mit  eyme  menschen  und  nicht  mer  und 
dazselbe   mensche   sal   syn  des  Schultis  Ingesinde  und  sin  brotesse." 

Die  eigene  Fischerei  des  Ordens  wurde  theils  von  seinen  Fisch- 
meistern und  deren  Leuten  ausgeübt,  theils  von  dem  Schatzmeister 
oder  Tressler  des  Ordens  verpachtet.  Sehr  einträglich  waren  besonders 
die  von  demselben  jährlich  ausgestellten  sogenannten  Keutelbriefe,2)  die 
immer  in  grosser  Zahl  ausgegeben  und  ziemlich  hoch  verzinst  wurden. 
Jeder  trug  10 — 12  Mark  ein,  und  die  Domherren  von  Frauenburg  allein 
zahlten  dafür  jährlich  2x/2  hundert  Mark.  „An  den  Strömen  und  Küsten 
des  frischen  Haffes  und  der  Ostsee  hatten  sich  Fischer-Colonien,  Sümen 
genannt,  angesiedelt,  die  jedes  Jahr  vom  Orden  ihre  Keutelbriefe  kauften 
und  darauf  ihr  Gewerbe  betrieben."3) 

In  den  Privilegien  und  Handfesten  der  Städte,  den  Willküren  und 
Chroniken,  den  Geschäftsbüchern  des  Ordens  und  der  Fischämter,  den 
Kämmereirechnungen    und    ähnlichen    Urkunden    finden    sich    zahlreiche 


1)  Voigt,  Geschichte  Preussens  Bd.  6.  p.  475. 

2)  Voigt,  a.  a.  0.  Bd.  6.  p.  636. 

3)  Ebenda.  Bd.  6.  p.  639. 


2(38  Die  Geschichte  der  Fischerei 

Notizen  über  die  Fischereiverhältnisse,  deren  möglichst  vollständige  Samm- 
lung und  Bearbeitung  von  grossem  Interesse  sein  würde. 

So  verleiht  schon  in  dem  Culmer  Privilegium  vom  28.  December  1233 
der  Orden  den  Anwohnern  der  grösseren  Gewässer  die  Fischerei  zu  Tisches 
Nothdurft,  d.  h.  für  den  eigenen  Bedarf  mit  der  Beschränkung,  dass  sie  sich 
des  Netzes  Niewod1)  nicht  bedienen  sollen  (quocunque  instrumenta  in  eo 
piscari  voluerit,  ad  commodum  duntaxat  mensae  suae  praeter  ßete,  quod 
Niewod  dicitur,  habeat  liberam  facultatem). 

Der  Stadt  Elbing  wird  in  ihrem  Privilegium  vom  10.  April  1246 
(Cod.  clipl.  Warm.  I.  p.  20)  freie  Fischerei  im  Elbingfluss,  im  frischen 
Haff  und  im  Drausensee  verliehen  mit  der  alleinigen  Beschränkung,  dass 
weder  das  Netz  Niewod  angewandt  noch  Wehre  im  Flusse  eingerichtet 
werden  dürfen.2) 

Im  Jahre  1273  verlieh  der  Hauscomthur  auf  Zanthir  (an  der  Montauer 
Spitze)  dem  Hartmann,  Themon  und  ihren  Söhnen  die  Fischerei  an 
einem  Orte  Dregenflot  unter  der  Beschränkung,  dass  sie  zwar  Fische  aller 
Art  fangen  dürfen,  von  Stör,  Hecht,  Rapfen  und  einem  andern  Fische, 
dessen  Name  nicht  lesbar  ist,  aber  Zins  zahlen  müssen.3) 

In  der  Handfeste  der  Stadt  Braunsberg  vom  29.  März  1280  (Cod. 
dipl.  Warm.  I.  p.  100)  wird  derselben  freie  Fischerei  im  frischen  Haff  und 
der  Passarge  verliehen,  doch  soll  ohne  besondere  Genehmigung  mit  Aal- 
säcken und  Wehren  in  der  letzteren  nicht  gefischt  werden.  Ausserdem 
wird  Jedermann  verboten  in  der  Mündung  der  Passarge  mit  irgend 
welchen  Gezeugen  zu  fischen  um  nicht  den  Zug  der  Fische  zu  hindern.4) 

In  dem  1286  am  28.  Februar  der  alten  Stadt  Königsberg  vom  Land- 
meister Conrad  von  Thierberg  verliehenen  Hauptprivilegium  (Original  im 


1)  Ein  grosses  Zugnetz,  das  Herhst-  oder  AVintergarn,  welches  in  Masuren  noch 
jetzt  den  Namen  Niewod  führt. 

2)  Jtem  piscandi  in  Elbinc  ...  et  in  recenti  mari  ...  et  in  lacu  que  Dru^a 
dicitur  liberam  haheant  facultatem,  quolibet  instrumento  nisi  reti,  quod  Niwad  dicitur,  et 
quod  nullam  clausuram,  quam  Were  nominant,  faciant  in  eodem. 

3)  .  .  perpetuo  jure  censuali  videlicet  quantum  piscem  de  rumbo  de  esoce  de  pisce 
qui  dicitur  rape  et  de  pisce  qui  dicitur  w  .  .  .  .  nobis  persolvant  in  Zanthiro,  alios  veropisces 
capiendos  ipsis  liberam  dedimus  facultatem. 

Rumhus  ist  zwar  eigentlich  der  Steinbutt,  wird  aber  in  mittelalterlichen  Schriften 
auch  vielfach  für  den  Stör  gebraucht. 

4)  .  .  .  .  excepto  tarnen  eo  quod  in  Seria  nullus  illo  instrumento  quod  alsa  k  dicitur 
piscari  audeat  uel  obstacula  faciat  nisi  ex  nostra  licencia  singulari.  Et  non  tantum 
ciuibus  imo  omnibus  nostris  hominibus  ürmiter  prohibemus  ne  quis  in  seria  illa  in  parte 
vbi  stagnum  infinit  aliquo  instrumento  piscari  audeat  uel  presumat  ne  per  motum  con- 
tinuum  piscium  aditus  retardetur. 


in  Ost-  und  Westpreussen.  269 

städtischen  Archiv  Nr.  2.)  heisst  es  wörtlich:  „.  .  .  Ceterum  donamus 
omnibus  predicte  ciuitatis  incolis  liberani  facultateni  piscandi  in  recenti 
mari  in  parte  fratrum  de  Konigesberch  a  prigora  usque  ad  siluam  que 
Poews  dicitur  cum  omnibus  instrumentis  piscationis  seu  retibus  excepto 
tantum  Eethi  quod  niwat  appellatur.  Exceptis  tarnen  tribus  tractibus 
in  quibus  nullus  preter  fratres  piscandi  habeat  facultatem.  Poterunt 
insuper  predicti  ciues  piscari  in  prigora  a  ponte  Konigesberch  prigoram 
ascendendo  usque  ad  Sanctani  siluam  cum  omnibus  instrumentis  piscandi 
preter  clausuras  aque  quibus  prigoram  nolumus  occupari."  Eine  alte, 
ebenfalls  im  Königsberger  Archiv  aufbewahrte  Uebersetzung  verdeutscht 
diese  Stelle  folgendermassen:  „Vorbass  mehr  so  geben  wir  allen  Einwoh- 
nern der  gemeldten  Stadt  frey  zu  fischen  in  dem  frischen  Haabe,  in 
der  Brüder  Theil,  zuvor  Königsberg  von  dem  Pregol  bis  an  den  "Wald, 
der  ist  geheissen  Peisse  mit  allem  Gezeuge  der  Fischerei  oder  mit  alle 
den  Netzen.  Doch  so  nehmen  wir  aus  das  Netze  das  derNiewod  heisst. 
Wir  nehmen  auch  aus  drey  Züge,  in  denen  niemand  soll  fischen,  sondern 
die  Brüder;  oder  das  mögen  die  vorgesprochene  Bürger  fischen  in  dem 
Pregel,  von  der  Brücken  zu  Königsberg  den  Pregel  aufwärts,  bis  zu 
dem  heiligen  Walde,  mit  alle  dem  Gezeuge  zu  fischen,  ohne  die  Wehr 
des  Wassers,  mit  der  wir  nicht  wollen,  dass  der  Pregel  nicht  werde 
gehindert." 

Am  30.  März  1302  verlieh  der  Landmeister  Helwig  von  Gold- 
bach den  Elbinger  Predigermönchen  das  Kecht,  im  frischen  Haff  und  der 
See  mit  je  einem  Keitel  (sagena)  nicht  nur  zu  Tisches  Nothdurft,  sondern 
zu  jedem  Gebrauch  zu  fischen,  (non  solum  ad  vsum  coquine  sue,  verum 
etiam  ad  omnem  usum),  auch  sollten  sie  die  Stör-  und  Heringsfischerei 
in  Haff  und  See  fernerhin  in  bisheriger  Weise  betreiben  dürfen. 

Im  Gründungsprivilegium  der  Stadt  Fischhausen  vom  Jahre  1305 
(Voigt  Cod.  dipl.  Pruss.  IL  p.  60)  wird  den  Bürgern  freie  Fischerei  im 
Haff  und  der  See  verliehen,  doch  sollen  sie  sich  des  Netzes  Niewod  und 
der  Störlanken  nicht  bedienen.1) 

Yom  Jahre  1313  berichtet  Petrus  Dusburg  in  seiner  Chronik: 
„Hoc  anno  Aliecum  defecit  in  terra  Pruschiae,  quae  a  tempore  cujus 
memoria    non   extitit,   ibidem  abundabat."     In    diesem  Jahre    wurde    ein 


1)  .  .  .  Praesertim  conferimus  predicte  Civitatis  incolis  perpetuam  libertatem 
piscandi  in  rececti  mari  in  omnibus  tractis  in  parte  nostra  .  .  .  cum  omnibus  instru- 
mentis piscandi  sive  retibus  excepto  tarnen  retbi  quod  Nywat  vulgariter  nuncupatur 
et  preter  rethe  quod  Stürlanke  dicitur.  Excipimus  eciam  quatuor  tractus  in  quibus 
preter  nos  nullus  piscandi  habeat  libertatem.  Poterunt  insuper  dicti  Cives  in  perpetuuin 
libere  cum  voluerint  in  salso  mari  piscare. 


270  Die  Geschichte  der  Fischerei 

Mangel  an  Heringen  gespürt  im  Lande  Preussen,  die  sonst  vor  undenk- 
lichen Zeiten  her  vorhanden  waren.  Es  knüpft  sich  an  diese  Notiz  eine 
Keine  von  Bemerkungen  in  späteren  Schriftstellern  an,  die  von  Rappolt 
in  seiner  Abhandlung  „Vom  Abzüge  der  Heringe  aus  Preussen"  (Königs- 
berger Nachrichten  1739.  Nr.  33)  und  später  von  Bock  in  seiner  „Natur- 
und  Handlungsgeschichte  des  Herings"  (Königsberg  1769)  ausführlich  be- 
sprochen sind,  ohne  dass  aus  allen  diesen  Nachrichten  mit  Sicherheit  zu 
entnehmen  wäre,  ob  früher  wirklich  eine  grössere  Varietät  des  Herings 
als  unser  Strömling  unsere  Küsten  besucht  habe. 

In  dem  Stadtprivilegium  von  Kreuzburg  v.  J.  1315  (Voigt.  Cod.  IL 
Nro.  73)  wird  den  Bürgern  gestattet,  mit  kleinen  Netzen  „que  harnen 
dicuntur"  zu  fischen,  nur  der  Schulze  darf  auch  Staaknetze  gebrauchen. 
Bei  der  Verleihung  der  Fischerei  zu  Tisches  Nothdurft  an  Privatleute 
heisst  es    häufig   „sie   mögen   sich    einen  Fisch   aus  dem  Wasser  ziehen". 

In  einer  Verschreibung  vom  13.  October  1317  verleiht  das  Erm- 
ländische  Domcapitel  dem  H.  von  Machwitz  zu  16  Hufen  Landes  an 
der  Walsch  freie  Fischerei  zu  Tisches  Nothdurft  in  dem  See  Taut  mit 
kleinem  Gezeuge.1) 

Im  Jahre  1318  verlieh  der  Bischof  Eberhard  den  Frauenburger 
Bürgern  ein  Fischereiprivilegium,  in  welchem  ihnen  freie  Fischerei  im 
frischen  Haff  gegeben  wird,  doch  sollen  sie  mit  den  Aalnetzen,  welche 
Alvaten  und  Kütel  genannt  werden,  nicht  fischen.2) 

In  der  Handfeste  der  Stadt  Saalfeld  vom  21.  Dec.  1320  (Handfesten- 
buch n.  fol.  9.  cf.  Altpr.  Monatsschr.  IX,  326)  wird  der  Stadt  Fischerei 
verliehen  „mit  harnen,  mit  wurfangeln  unde  mit  waten,  dy  an  deme 
lengisten  sechs  clafter  lang  sind,  alzo  verre  alz  man  von  dem  stade  mit 
eyme  steine  gewerfen  mag,  der  an  dem  gewichte  eynes  virdungs  swer  sy". 

Eine  Handfeste  von  1343  (Registrant  IL  fol.  82.  v.)  verleiht  zwei 
Stammpreussen  (ehemaligen  kleinen  Häuptlingen)  Fischerei  im  Geserich 
oder  Rutzow-See  mit  allem  Gezeuge  „also  vil  als  sy  selber  mögen  gezien 
ader  durch    iren   luten".     Diese   letzte  Bestimmung,   dass    sie    sich    ihrer 


1)  .  .  .  .  piscandi  in  lacu  Taut  cum  instruinentis  minoribus  ad  vsum  mense  tantum- 
modo  .  .  .  liberam  dedimus  facultatein.  Unter  kleinem  Gezeuge  (instrumenta  rninora) 
sind  ursprünglich  solche  Netze  verstanden  zu  deren  Gebrauch  nur  1 — 2  Menschen 
erforderlich  sind. 

2)  In  signum  dilectionis  favoris  et  gratiae  specialis  omnibus  civibus  .  .  .  perpetue 
concedimus  et  donamus  ut  libere  in  Stagno  recenti,  quantum  ad  nostram  Ecclesiam 
pertinet,  piscare  possint  et  debeant  quovis  genere  instrumentorum  .  .  .  Volumus  etiam, 
quod  nullus  cum  retibus  anguilaruin  quae  Alvaten  et  Kütel  nominantur,  piscari  possit 
vel  debeat  sine  nostra  requisita  et  obtenta  licentia  speciali. 


in  Ost-  und  Westpreussen.  271 

Leute  zum  Fischen  bedienen  dürfen,  ist  nun  im  Laufe  der  Zeit  von  den 
Berechtigten  immer  mehr  und  mehr  ausgenutzt  worden,  indem  sie  eigene 
Fischer  hielten  und  diese  zum  Verkauf  fischen  Hessen.  Schon  im  J.  1364 
wird  einigen  Stammpreussen  nachgegeben,  einen  Fischer  zu  halten,  der 
ihnen  „tische  mit  cleynem  geczuwe  auf  dem  see  czu  lachsdorf  czu  irem 
tische"  besorgen  möge.  Natürlich  lebte  nun  auch  der  Fischer  mit  seiner 
Familie  vom  Fischfange  und  durch  Verjährung  entstand  eine  Menge 
ursprünglich  gar  nicht  verliehener  Berechtigungen. 

Vom  Jahre  1359  liegt  uns  eine  Verschreibung  vor,  in  welcher  der 
Comthur  von  Elbing  den  Einwohnern  von  Tolkemit  Fischereigerechtigkeit 
in  den  Elbinger  Wassern  verleiht.  Dieselbe  lautet:  „Wyssentlich  sey 
allenn  dy  dyszen  briff  seehenn  adder  hören  lesin  das  wir  Bruder  Ortulph 
von  Trire  .  .  .  Comthur  czum  Elwynnge  .  .  .  denn  Burgerenn  von  Tolke- 
mithe  gnade  getann  ann  der  vischereye  als  hye  noch  geschrebenn  steeth. 
dy  inwoner  der  stadt  dy  erbe  vnnde  eygenn  inn  der  stadt  haben  dy 
sullen  vischen  of  deine  hawe  mit  cleynem  geczewge  alze  stokenetcze 
certennetcze  secke  vnnde  alsper  dy  vischereye  ewiclich  zcu  haldenne  .  .  . 
wir  wellen  ouch  das  dy  vorgenannten  Inwoner  .  .  .  alle  jar  uff  dy 
vischereye  vonn  unszerem  vischmeyster  zcum  Elwynnge  bryffe  sullenn 
nemen  .  .  .  gegeben  zcum  Elwynnge  in  vnszeres  herrenn  jore  MCCC  ISTewenn 
vnnde  L.    ann   synthe   vrbans  tage  des  bischoffes." 

Vom  Jahre  1370  lesen  wir  bei  Hennenberger:  „denselbigen  Winter 
eine  sonderliche  straffe  Gottes  war/  das  man  in  beyden  Haffen/  nicht  ein 
Gericht  Fische  kundte  fangen." 

Eine  Handfeste  vom  J.  1383  verleiht  dem  Philipp  von  Desenythen 
die  Fischerei  mit  einem  ,,prsiflog  (przewlok  =  Zuggarn)  das  vyr  manne 
gezien  mögen". 

In  der  Handfeste  der  Rechtstadt  Danzig  vom  Jahre  1387  heisst  es: 
„dar  czu  gebe  wir  ouch  der  vorgenanten  stad  vnd  eren  Inwonern  ewec- 
liche  vischerie  mit  allerleye  cleynen  geczewe  in  der  grossen  Muttela 
(Mottlau),  also  verre  als  jr  gut  keret  vnd  wendet  an  beyden  staden, 
vnd  an  den  anderen  lachen  dy  an  ere  vriheit  stossen,  ane  allirhande 
stewunge  vnd  were  vnd  grosse  czoggarne  ader  vlysgarne,  der  sy  nicht 
haben  sullen."  Es  durften  nach  derselben  Verordnung  von  den  Fischern 
keinerlei  Fische  frisch  oder  getrocknet  zu  Markte  gebracht  werden,  ehe 
sie  zuvor  im  Ordenshause  angeboten  waren. 

Im  Elbinger  Wettbuch  finden  wir  eine  Verordnung  vom  Jahre  1393, 
welche  zeigt,  wie  man  schon  damals  die  Verunreinigung  der  fliessenden 
Gewässer  zu  verhüten  suchte:  „Anno  1393  am  nechsten  Freitag  nach 
Octave    der   heiligen    drey  koenige   ist    der   gemeine  raht  eins  geworden, 


272  Die  Geschichte  der  Fischerei 

das  alle  diejenigen,  die  da  an  der  Hommel  wohnen  und  ihren  mist  oder 
imflatt  mögen  in  die  Hommel  lassen  werfen,  die  sollen  alle  jähr  .  .  .  vor 
den  rath  kommen,  und  ihren  eydt  datzu  thun  mit  aufgereckten  fingern, 
das  sie  noch  niemand  von  ihrentwegen  mit  willen  noch  geheiss  ohne  arge 
list  keinen  miest  noch  imflatt  in  die  Hommel  haben  lassen  werffen;  und 
der  das  nicht  will  thun,    der  soll  der  Stadt  ni  mark  sein  bestanden." 

Eine  Anzahl  von  Bestimmungen  über  Fischerei  und  Fischhandel 
enthält  die  „Willküre  der  dreyer  Stedte  Köningsbergck,  zu  Marienburg 
am  S.  Georgen  Tage  1394  aufgerichtet",  wie  z.  B. 

„Tonn  Fischtrogenen  zu  lossen 

„Es  soll  kein  Mann  umb  die  Fischtröge  auff  der  Fischerbrücken 
gelegen,  lossen,  es  sey  den  das  er  ein  Mitbürger  ist  und  habe  der  Fischer 
Guide.     Bey  3  M.  Straff. 

„Auch  soll  niemandt  zwischen  Ostern  und  Michaelisz  Tage  todte  fische 
feil  haben  bis  an  den  andern  Tag.     Bei  der  Busse  des  Kerkersz. 

„Tonn  Fische  Schneidenn 

„Esz  soll  auch  keinn  Mann  auffer  Brücken  Fische  schneiden,  es  sei 
den  frische  Fische,  als  frischen  Stör,  frischen  Lachs  and  frischen  Wels, 
oder  frische  mehrschwein,  bey  verlust  der  Fische,  die  soll  man  in  den 
Pregol  werffen  darzu  soll  er  geben  36  seh. 

„Yonn  lebendigen  Fischen 

„Auch  soll  kein  Mann  lebende  Fische  von  hinnen  führen  zu  Schiffe 
bei  3  M.  Straffe." 

„Im  Jahre  1395,"  sagt  Hennenberger,  „regenet  es  offt  und  viel/  das 
das  Wasser  über  Graudentz  grosse  Sandtberge  umbreiss/  verfüllet  den 
Nagott/  die  Fart  aus  der  Weissei  in  das  Haff/  verturb  der  Elbinger  Tieff/ 
und  damals  hörte  auch  der  Störfang  in  ihren  Wassern  auff." 

Nach  der  allgemein  üblichen  Tradition  wären  die  Karpfen  in  Preussen 
durch  einen  Edelmann,  Caspar  von  Nostiz,  um  die  Mitte  des  16.  Jahr- 
hunderts eingeführt  worden.  Indessen  hat  Voigt  nachgewiesen,  dass  bei 
dem  Haupthause  des  deutschen  Ordens  zu  Marienburg  schon  gegen  das 
Ende  des  14.  Jahrhunderts  Karpfenteiche  bestanden.  Und  in  dem  im 
Kgl.  Staats-Archiv  zu  Königsberg  aufbewahrten  Tresslerbuche  des  Haupt- 
hauses Marienburg  findet  sich  fol.  7.  Col.  2  unter  Notizen  aus  dem  März 
1399  der  folgende  Posten:  „Item  13  Scoter  eyme  manne  der  obir  winter  die 
carpenteiche  hat  geyset."  Und  dass  auch  die  Sanierung,  d.  h.  die  periodische 
Trockenlegung  und  Beackerung  der  Karpfenteiche  schon  damals  üblich 
war,  beweist  eine  auf  fol.  13.  Col.  1.  desselben  Rechnungsbuches  befind- 
liche Notiz:  „Item  13  Scoter  vor  9  Scheffel  Korn  die  Carpenteiche  czu 
besehen." 


in  Ost-  und  "Westpreussen.  273 

„Scharpauv,"  lesen  wir  bei  Hennenberger,  „ist  ein  fester  Hoff  gewesen 
unten  im  grossen  Werder/  gebawet  1400  und  hat  der  Fischmeister  oder 
Grosscheffer  von  Margenburg  darauff  gewonnt/  so  Margenburg  das  Schlos 
mit  Fischen  hat  müssen  bespeisen.  Denn  er  viel  Halter  al  da  gehabt/ 
mit  eyseren  Gegittern  Unterschüssen/  und  sein  in  einem  jeglichen  sonder- 
liche Fische  gewesen."  Von  besonderer  Wichtigkeit  war  dort  in  jener 
Zeit  der  Fang  des  Störes,  der  in  grosser  Menge  in  der  Weichsel  aufstieg. 

In  einem  vom  Orden  den  Danziger  Fischern  verliehenen  Privilegium 
vom  Jahre  1402  heisst  es:  „Fohrt  mehr  gönnen  wir  Ihnen  vnsern  Mühl- 
graben aus  vnd  einzufahren  vnd  sie  Ihre  Sewe  mit  Ihren  fischen  darinnen 
behalten  vnd  auff  beiden  vberen  frey  anhalten  vnd  Ihre  Fische  daselbst 
verkauften."  Nach  den  mit  Fischbehältern  versehenen  Kähnen,  welche  man 
damals  wie  noch  jetzt  an  manchen  Orten  Säue  nannte,  hiessen  die  Fischer 
auch  Seuner,  Seigener  oder  Säugener. 

Ueber  die  Preise  der  Fische  in  jenen  Zeiten  geben  die  Eechnungs- 
bücher  des  Ordens,  die  Kämmereibücher  etc.  Auskunft.  So  lesen  wir  in 
dem  Elbinger  Kämmereibuche  von  1404: 

„Item   vor  im  halue  tonen  dorschs,    dat    stucke  vor  x  scot   maket 
i  mr.  xim  scot 

Item  vor  ni  halue  tonen  hering  i  mr.  xx  sc. 

Item  vor  l/%  vat  ales  n  mr.  m  sc. 

Item  vor  vi  schock  fiatfisch  dat  schock  vi  sc.  maket  i    mr.  ix  sc. 

Item  i  scott  vor  n  grote  heckede 

Item  vor  i  virendel  stores  i  mr.  vi  sc."1) 

In  Danzig  fand  schon  seit  dem  Ende  des  14.  Jahrhunderts  eine 
bedeutende  Einfuhr  von  schonischem,  bornholmischem  und  holländischem 
Hering  statt,  der  im  Preise  sehr  schwankte.  So  kostete  die  Last  von 
12  Tonnen  im  Jahre  1395  15  M.  8  Sc,  im  Jahre  1400  nur  6  M.,  dagegen 
1421  60  M.  Uebrigens  rüsteten  damals  auch  Danziger  Kaufleute  Fahr- 
zeuge zum  Heringsfange  in  Schonen  und  Bornholm  aus,  wie  wir  z.  B. 
aus  folgender  Stelle  der  ältesten  Danziger  Willkür  ersehen: 


1)  Die  Mark  war  ursprünglich  im  13.  Jahrhundert  ein  Gewicht  von  V2  % 
Silber,  eine  blosse  Rechnungsmünze,  die  nicht  geprägt  wurde.  Sie  zerfiel  in  4  Vier- 
dung =  24  Scoter  =  60  Schillinge  =  720  Denare  oder  Pfennige.  Nach  A.  Hörn 
(Vom  preussischen  Gelde.  Altpr.  Monatsschrift  1868  p.  48)  entsprach  die  Mark  anfangs 
dem  Silbergehalt  von  42  Mark  unseres  heutigen  Geldes,  wurde  aber  allmälig  immer 
geringwerthiger,  so  dass  sie  am  Ende  des  17.  Jahrhunderts  nur  noch  den  Silbergehalt 
einer  Mark  heutigen  Geldes  hatte.  Nun  war  aber  der  Silber w er th  im  14.  Jahr- 
hundert 3mal,  im  15.  4mal,  im  16.  4i/5mal,  im  17.  in  Folge  der  Entdeckxmg  der  Silber- 
minen  von  Potosi  nur  2mal,  im  18.  33/5mal  so  hoch  als  jetzt,    was  am  besten  durch 

18 


274  Die  Geschichte  der  Fischerei 

„Welch  kriecht  sich  vormittet  ken  Schone  adir  Bornholni  zcur 
fischerey  uride  entfanget  gelt  von  seynem  heren,  nnde  entlouffet  denne 
seynem  heren  mit  dem  gelde,  ist  des  geldes  eyne  halbe  mark  adir  myn, 
das  ist   die  Stupe,    ist    es  abir  mer,   is    geet  em  an  seyn  hoeste  recht." 

In  einem  nicht  datirten  Briefe  vom  Jahre  1404  oder  1405,  der  sich 
im  hiesigen  Staatsarchiv  befindet,  antwortet  der  Comthur  zu  Memel  dem 
Hochmeister,  der  ihn  an  die  Lieferung  des  Deputathechtes  erinnert  hat, 
es  sei  in  diesem  Frühjahr  nicht  viel  von  grossen  Hechten  gefangen, 
dagegen  könne  er  kleine  Hechte  nach  Bedarf  liefern.  Das  Lachwehr  werde 
erst  demnächst  zu  Johanni  geschlagen  werden  und  er  hoffe  Hechte  und 
Lachse  gleichzeitig  liefern  zu  können,  doch  würden  die  Hechte  wol  nicht 
so  gut  und  „also  tuchtich   zu  essenu    sein  als    im    letzten   Frühjahr. 

Auf  Veranlassung  des  Bischofs  von  Ermland  gab  der  Hochmeister 
Conrad  von  Jungingen  im  J.  1406  eine  Erklärung  über  Fischereiange- 
legenheiten ab  (Cod.  dipl.  Warmiensis  Bd.  III.  Nr.  426),  der  wir  einige 
Stellen  entnehmen.  Auf  die  Anfrage  mit  welchen  Gezeugen  diejenigen 
fischen  dürfen,  denen  die  Fischerei  zu  Tisches  Nothdurft  verliehen  ist, 
antwortet  er: 

„den  goennen  wyr  myt  kleynen  geczowen  czu  visschende  und  nicht  anders" 
ferner  erklärt  er: 

„"Wyr  halden  vor  kleyne  gheczow.  handwate,  stoknetze.  klebenetze.  harne, 
worfangil.  rewse.  wenczer.  und  semelichen  goennen  wyr  ouch  secke  czu 
stellen  in  vnsern  seen  noch  mogelichkeit.  yo  nicht  anders  wen  czu  irnie 
tissche,"  und: 

„wer  in  vlyssen  vysschereye  hat  czu  synem  tyssche  der  mag  syn  ge- 
nyssen.  also  daz  her  stelle  vnd  were  mag  machen  ader  myt  nichte  obir 
das  gancze  vlys.  sunder  also  das  der  strowm  mittene  vrei  vnd  rowm 
genug  bleibe." 

In  einem  Briefe  vom  J.  1408,  der  sich  im  hiesigen  Archiv  befindet, 
meldet  der  Hauscomthur  zu  Balga  dem  Hochmeister,  er  habe  dem  Mar- 


Yergleichung  der  Preise  des  Eoggens  ermittelt  wird,  dessen  Werth  in  unseren  Gegenden 
ein  gleichbleibender  ist.  Daraus  ergiebt  sich,  dass  eine  Mark  alten  Geldes,  verglichen 
mit  heutigem  Keichsgelde,  werth  war: 

im  Jahre  1230  126  Mark         im  Jahre  1470  12      Mark. 
„       „      1335     63      „  „       „      1528  13,80    „ 

„       „      1410    48      „  „       „       1620     2,20    „ 

„       „      1450    34      „  „       „       1676     2 

Seit  der  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  wurden  statt  der  allmälig  ganz  ausser  Curs  kommenden 
Mark  sogenannte  Joachimsthaler  oder  kurzweg  Thaler  ä  90  Kupfergroschen  und  polnische 
-  Gulden  ä  30  Kupfergroschen  eingeführt. 


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in  Ost-  und  Westpreussen.  275 

schalt  274  Mark  übergeben  als  Ertrag  für  27   Keutelbriefe,    von    denen 
25  zu  10  Mark,  2  zu  12  Mark  verkauft  sind. 

Am  Ende  des  J.  1409  schickte  der  Hochmeister  dem  Könige  von 
Ungarn  Lachse  zum  Geschenk,  worüber  wir  folgende  Notiz   finden: 

Tresslerbuch  fol.  272™. 

8     mk.  —      sc.  —  pf.      vor  dy  lechse   von  Thorun  ken    Breslaw  czu   füren,   domete 

unser  homeister  den  hern  Konig  von  Ungern  erete. 
vor  matten  und  barken,  domete  man  den  lachs  vorwarete. 
dy  lechse  von  Breslaw  ken  Ofen  czu  füren, 
dy  lechse  von  Ofen  vortan  bis  czum  hern  Konige  czu  füren, 
dy  der  knecht  vorczerete,  der  mit  dem  lachse  czoch. 
demselben  knechte  geschankt  von  des  meisters  geheyse. 

Die  hohe  auf  den  Transport  der  Fische  verwandte  Summe  von 
552  Mark  heutigen  Geldes  beweist,  wie  hoch  schon  damals  der  Lachs 
geschätzt  wurde.  Das  geht  auch  aus  einem  im  hiesigen  Staatsarchiv 
aufbewahrten  Briefe  Heinrichs  von  Plauen  d.  J.  an  seinen  Vetter, 
den  Hochmeister  gleichen  Namens  hervor,  in  dem  er  ihm  von  Prag  den 
13.  März  1412  schreibt,  er  habe  dem  König  "Wenzel  von  Böhmen 
4  Lachse,  ein  Hörn  (vom  Auerochsen)  und  ein  Schachspiel  geschenkt,  um 
ihn  zu  bestimmen,  in  einer  wichtigen  Streitsache  zu  Gunsten  des  Ordens 
zu  entscheiden. 

Auf  einer  Reise,  die  der  Hochmeister  etwa  im  J.  1409  über  die 
kurische  Nehrung  nach  Memel  machte,  kamen  ihm,  wie  wir  aus  den  Auf- 
zeichnungen eines  seiner  Reisegefährten  ersehen,  bei  Rossitten  die  Kuwer- 
kinne  (kurischen  Frauen)  in  einem  feierlichen  Zuge  entgegen,  um  ihn 
mit  Fischen  und  Eiern  zu  ehren  (beschenken).  Der  Hochmeister  nahm 
das  Geschenk  gnädig  an  und  Hess  ihnen  als  Gegengeschenk  einen  Yier- 
dung  reichen. 

Einem  undatirten  Briefe  Elias  Winters  an  den  Comthur  von  Balga, 
Zenger  (er  war  dort  Comthur  von  1412 — 1418)  entnehmen  wir  interessante 
Daten  über  den  Fischhandel  des  Ordens,  der  damals,  wie  der  Handel 
unserer  Gegenden  überhaupt,  im  Wesentlichen  nach  Süden  hin  über  Thorn, 
Breslau  nach  Krakau  und  bis  nach  Lemberg  ging.  Es  ergiebt  sich  aus 
diesem  Schreiben,  dass  sich  zu  Thorn  im  Hofe  des  Münzmeisters  ein 
ständiges  Depot  für  die  von  Balga  aus  in  gesalzenem  Zustande  verschickten 
Fische  befand  und  dass  Elias  Winter,  von  dem  wir  sonst  Nichts  wissen, 
über  dieselben  disponirte.  Er  schreibt,  dass  er  von  den  bei  dem  Münz- 
meister lagernden  Tonnen  Hecht  und  Aal  eine  grössere  Anzahl  an  David 
Rosen feld  in  Breslau  geschickt  habe,  der  auch  sonst  in  Geschäftsver- 
bindung mit  dem  Comthur  und  dem  Hochmeister  stand.     Die  Tonne  Eis- 

18* 


276  Die  Geschichte  der  Fischerei 

hecht1)  hat  er  für  12 — 13  Mark  verkauft  und  einige  Tonnen  Hecht,  der 
ihm  „weder  worfen  war1-*  (d.  h.  zurückgewiesen  war),  „der  was  böse  und 
wandelbar",  hat  er  für  9  Mark  losgeschlagen.  Er  hat  sich  nach  des 
Comthurs  Anweisung  gerichtet,  den  Hecht,  der  „icht  wandeis  hätte"  d.  h. 
irgend  verkäuflich  wäre,  in  Thorn  zu  verkaufen,  hat  aber  einen  Posten 
unter  der  Hand  absetzen  müssen,  denn  die  Fische  waren  ,,boseu,  hätte 
er  versucht  sie  in  Thorn  auf  dem  Markte  zu  verkaufen,  so  hätte  man 
sie  ihm  in  die  Weichsel   geworfen    „denn  sie  was  ful  und  tuchte  nicht." 

In  den  "Willküren  der  Städte  finden  sich  regelmässig  ziemlich  iden- 
tische Bestimmungen  über  die  Fischniärkte  vor,  die  namentlich  die  Yer- 
theuerung  der  Fische  durch  Yorkäufer  oder  durch  die  Willkür  der  Fischer, 
den  Verkauf  verdorbener  Fische  oder  nicht  vollwichtiger  Tonnen  verhindern 
sollen  etc. 

So  heisst  es  z.  B.  in  der  Danziger  Willkür: 

„Yan  fischen.]  Welch  man  fische  herbrenget,  der  sali  sie  selber  vor- 
kouffen  unde  veyle  haben  eynen  tag;  was  im  dornoch  obirloufft,  die  mag 
her  vorkouffen  (d.  h.  im  Ganzen  an  Händler  verkaufen). 

„Ouch  welch  man  der  hye  czu  kowffe  brenget  rothscher  unde 
bergeroer2)  dy  sullen  hye  czur  wicht  uff  dy  woge  komen  unde  dy  rothscher 
sali  wegen  unde  halden  9  listpfunt  unde  vor  dy  tonne  2  listpfunclt  abeczu- 
sloende,  unde  dy  bergerore  sali  halden  unde  wegen  mit  der  tonne  7^2  list- 
pfunclt  unde   ouch  dergleichen   vor  dy  tonne  2  listpfunclt   abeczuslaende. 

„Nymandt  sal  hir  in  der  stat  fische  saltczen  alsc:  mersweyn,  stör, 
lachs,  oell,  newnocken  unde  sust  allerley  ander  fisch  vordan  zcu  vor- 
kouffen adir  auszcufuren,  sunder  eyn  iderman  mag  wol  zaltczen,  als  vil 
her  bedarff  zcu  notdorfft  seynes  hawszes,  bey  vorlust  des  guttes. 

„Vortmer  keyn  vorkouffer  adir  vorkaufferynne  sal  fische  kouffen,  er 
die  glocke  IX  hot  geslagen;  das  sal  man  halden  bey  eynem  firdunge. 

„Alle  die  ghenne,  die  frische  mit  vorkouffe  kouffen  zcu  wasser  ader 
zcu  lande  unde  lacszen  en  nicht  zcu  markete  komen,  der  kouffer  sal 
seyn  gelt  vorloren  haben. 

„Item  alle  die  frauwen,  die  in  die  botcsz  geen  bey  die  brugke  unde 
aldo  fische  kouffen  unde  lacszen  die  fische  nicht  uff  den  market  komen, 
die  sollen  ire  gelt  vorloren  haben  unde  XXXVI  gutte  seh.  dorezu. 

„Item  alle  die  dy  lachs  mit  dem  pfunde  uszwegen,  die  sollen  recht- 
vertige  wichte  haben  unde  zagen  unde  wegen  eyme  idermanne  bey  pfunden, 


1)  d.  h.   im  Winter   bei  der   Eisfischerei   gefangener  und   gesalzener   Eecht,   der 
wegen  seiner  besseren  Conservirung  th eurer  bezahlt  wurde  als  der  im  Sommer  gesalzene. 

2)  Verschiedene  Sorten  getrockneter   oder  gesalzener  Dorsche,   die  von  Schweden 


hier  eingeführt  wurden. 


in  Ost-  und  "Westproussen.  277 

ab  her  es  begeret;  worde  ouch  imandt  mit  falscher  wichte  befunden,  der 
sal  gerichtet  werden  noch  felchszer  rechte. 

„Item  allen  stoer,  lachs,  mehrsweyn,  weis,  zeelhundt  und  allirley  frissche 
fissche,  die  men  uffsneidet,  so  die  gesneten  seyn,  sal  men  die  vorkouffen 
desselben  tages  und  vortan  nicht  meü  veyle  haben,  bey  vorlust  des  guttes. 

„Ouch  alle  die  fische,  die  in  den  fassen  uff  den  market  gebrocht 
werden,  die  sal  man  usz  den  fassen  vorkouffen,  nnde  nicht  van  dem 
markete  in  die  zeuwe  wedir  zettzen,  bey  III  gutten  marken." 

In  der  Thorner  und  Culmer  "Willkür  finden  sich  ausser  den  vor- 
stehenden noch  folgende  Bestimmungen,  die  ich  nach  der  Culmer  Will- 
kür citire: 

„Wir  willen  ouch,  das  man  alle  viszchere  in  der  stat  vryheit  beschrybe 
und  allerleye  viszche  dy  sy  vaen  in  der  vryheit  adir  in  dem  gemitim 
wasser,  dy  sullin  sy  brengin  her  czu  marckte  unde  andirs  nirgin.  Was 
lebindir  viszche  eyn  viszchir  czu  marckte  brenget,  dy  sal  her  vorkoufin. 
Was  her  nicht  vorkoufin  mag,  dy  sal  her  rysin  uf  der  bank  adir  sal  yn 
dy  czegele  abehawin,  und  welch  viszcher  viszche  lengir  heldit  steende  in 
dem  hutvasse  [des  somyrs]  wen  an  den  vierdin  Tag,  dy  syn  der  stat 
vorbort,  unde  darczu  sullin  sy  tun  iren  eid,  das  sy  dis  allis  haben  ge- 
haldin,  und  wer  dabobin  daran  bricht,  der  sal  der  stat  vryheit  ewiclich 
emperin.  Ouch  sal  keyn  viszcher  viszche  vorkoufin,  her  habe  denne  syn 
eygin  garn.  Wer  daboben  das  tut,  den  sal  man  seczen  in  das  halsysin 
Welch  viszchir  eynen  lachs  brenget  uf  den  marckt,  heist  in  snyden  der« 
borgermeister,  rathmanne  adir  scheppen,  tut  man  is  denne  nicht,  so  hat 
her  den  lachs  vorlorn  und  darczu  eynen  halben  firdung.  Were  ouch  das 
eynek  vischer  ungebe  vische  brechte  czum  markte,  qweme  dar  czu  eyn 
rotman  acler  scheppe,  dirkennende  das  di  vische  wandilbar  weren,  di 
sullin  di  vische  heysen  brengin  us  dem  markte,  derselbigen  vorkoufern 
zcu  keynem  nucze,  sunder  domete  zcu  thun  noch  des  ratis  willen." 

Am  25.  Mai  1413  verlieh  der  Hochmeister  Heinrich  von  Plauen 
den  Samländern  das  sogenannte  Samländische  Fischerei-  und  Holzprivi- 
legium,  dessen  Original  sich  im  Königsberger  rathhäuslichen  Archiv  be- 
findet.    Es  heisst  in  demselben: 

„Wir  bruder  Heinrich  von  Plawen  homeister  der  brudere  des  ordens 
des  hospitales  sente  Marien  des  Deutsczhen  huwzes  van  Jerusalem  .  .  . 
vorleihen  und  geben  den  selbigen  Samen,  die  nu  uff  Samelandt  wonen, 
und  iren  nochkomlingen  czu  ewegen  czeiten  frey  vischereye  im  kürisschen 
habe,  im  Samischen  wasser,  usgenomen  die  ströwme  und  nemelichen  vor 
den  ströwmen,  das  man  die  nicht  vorsetcze,  welche  vischereye  wir  alleyne 
gönnen    und   vorleyhen    den   freien  besessenen   und  beerbeten  gebuwern 


278  Die  Geschichte  der  Fischerei 

des  selben  landes  und  nicht  gertenern,  unbeerbeten  noch  Deutschen 
leuten.  Wir  dirlowben  ouch  .  .  .  ap  ymand  .  .  .  nicht  vormochte  alleyne 
die  vischereye  usczurichten,  das  czwene,  dreie  adir  vire  frien  adir  wie 
vil  ir  wellen,  sich  mögen  czusampe  werfen  undir  sich,  der  gleichen 
ouch  die  beerbeten  gebuwer  ouch  undir  yn,  und  ire  vischereye  usrichten, 
also  doch  das  die  selbigen  freien  und  gebuwer  keynen  gemiten  knecht 
czu  yn  sullen  nemen  off  die  vischereye  noch  umbeerbete  adir  Deutsche 
lute,  und  wellen  das  sie  uds  und  unsir  hirlichkeyt  vor  allen  andren  den 
ersten  kouff  irer  vissche,  wenn  wir  des  begerende  werden  seyn,  sollen 
gönnen  .  .  ." 

Aus  einem  Erlass  des  Hochmeisters  Michael  Küchmeister  vom 
Jahre  1416  geht  hervor,  dass  schon  damals  Fische  zu  den  regelmässigen 
Ausfuhrartikeln  gehörten.  Es  heisst  dort  (Toeppen,  Acten  der  Stände- 
tage I.   S.  295):  " 

„Dis  nochgeschrebene  sal  man  vorbieten. 
.   .   .  Item  das  man  keynerley  getreide  noch  mel  ....  beyde  czu  wassir 
und  czu  lande,  us  dem  lande  sal  füren,  usgenomen  hering,  tonnenhecht, 
ole,  newnocken".     Und  in  einer  Urkunde  von  1417  heisst  es: 

„Also  nympt  man  den  pfundczol. 

„Usgesatcz  im  1417  jar  am  tage  Nativitatis  Marie  (8.  September). 
Czum  ersten  von  der  last  heringes  2  scot  nuwes  geldes  ader  3  scot  aldes 
geldes  item  von  1  tonne  lachs  6  neuwe  den.  adir  1  alden  sol." 

In  der  Landesordnung  des  Hochmeisters  Paul  von  Rusdorf  für 
Samland  und  Natangen  von  1427,  Sonntag  nach  Conversionis  Pauli 
(26.  Jan.)  finden  wir  folgende  Bestimmung. 

„XXI.  Item  das  die  vischer  uff  dem  habe  den  ruwmvisch  also  gros 
unde  weit  sullen  machen  und  halden  als  man  von  alders  getan  hat,  und 
nicht  sullen  cleyner  gemacht  werden,  desglich  ouch  die  sleten". 

In  anderen  Verordnungen  aus  verschiedenen  Jahren,  die  diesen 
Artikel  immer  in  derselben  Fassung  wiederholen,  heisst  es  für  ruwmvisch 
auch  rawmfisch  und  rowmfisch,  für  sleten  auch  sletten,  schütten,  slitten. 
Es  sind  dies  Fischmaasse  die  auf  dem  kurischen  Haff  noch  heutzutage 
angewandt  werden.  Der  Raum  ist  ein  Behälter  für  die  Fische  im  Kahne, 
der  Schlitten,  lit.  poting,  ein  auf  Schlittenkufen  stehender  viereckiger 
Kasten  in  dem  die  Fische  transportirt  werden.  Beide  Maasse  enthalten 
7y2   gehäufte  alte  Scheffel  =  4  Hectoliter. 

Der  Steuerveranschlagung  auf  dem  Ständetag  zu  Elbing  1433  Mon- 
tag nach  Reminiscere  (9.  März)  entnehmen  wir,  dass  an  jährlicher  Steuer 
zu  zahlen  hatten  „alle  ledige  lewthe,  als  pechborner,  fisscher  und  alle  die 
sich  der  wiltnisse,  wasser  und  weide  irneren,  itzlicher  1  scot", 


in  Ost-  und  "Westpreussen. 


279 


In  einem  aus  dem  Anfange  des  15.  Jahrhunderts  stammenden,  von 
Peter  Holczwesscher  in  Marienburg  abgeschriebenen  deutsch-preussischen 
Vokabularium  der  Elbinger  Stadtbibliothek  (Nesselmann  Altpr.  Monats- 
schrift 1868.  5.  p.  465  ff.)  finden  wir  unter  der  Ueberschrift  Vysch  — 
Suckis  die  folgenden  Fischnamen: 

Hecht  liede 

Bresme  locutis 

Lachs  lalasso1) 

Czandis  starkis 

Oel 

Quappe  wilnis 


Plotccze  - 

-  brunse 

Bore  (?) 

palasallis 

Hering 

sylecke 

Carpe 

sarote 

Bleye 

blingis 

Grundel 

grundalis 

Stint 

malkis 

Mutterlosen  blingo 

Halpvischz 

dubelis 

Tobel 

stroysles 

Kape 

rapis 

Dursch 

sweikis 

angurgis 


Stoer  esketres 

Smerle  smerlingis 

Welz  kalis 

Czerte  scabre 

Slye  linis 

Persk  assegis 

Viele  dieser  preussischen  Pischnamen  sind  den  heutigen  litauischen 
sehr  ähnlich. 

Vom  Jahre  1431  liegt  mir  ein  Schreiben  des  Marschalls  von  Königs- 
berg an  den  Hochmeister  vor,  in  dem  er  ihm  mittheilt,  wie  der  Stör- 
meister im  Mittelhof  (ein  Ordensbruder)  sich  beschwere,  dass  er  dem 
Comthur  nicht  mehr  soviel  Stör  als  früher  liefern  könne,  weil  die  Frauen- 
burger  Domherren  nicht  mehr  den  Zins  nach  Königsberg  zahlen. 

Aus  dem  Ordensbericht  über  die  Tagfahrten  zu  Kheden,  Elbing  und 
Leissau  (Toppen,  Ständeacten  IL  p.  33)  citiren  wir  folgende  Stelle,  die 
zeigt,  wie  schon  damals  die  berechtigten  Fischer  sich  allerhand  Ueber- 
griffe  erlaubten.     1437  Dec.  15. 

„3.  Item  von  der  fiszchereye  antwerte  man  also,  das  man  wil 
gunnen  zcu  fiszchen  nach  uszweysunge  des  artikels  der  handfessten  mit 
sulehem  geczowe,  als  uff  die  czeit,  do  man  die  handfesten  gegeben  hat, 
gewest  ist,  und  alleynen  den  bürgeren  wenndt  der  artikel  weyszet  uff 
die  burger  die  von  unszern  huwszern  seyn  bearbet.  Und  wundert  uns, 
das  ir  doriber  claget,  so  wir  doch  billiger  sohlen  clagen,  wennd  der 
artikel  uszweyset  das  ir  alleyne  czu  gemache  euwirs  tyssches  sullet 
fiszchen,  das  nu  nicht  gescheyt.  Man  lonet  den  fiszcheren  domethe,  und 
kowffet   garne   dovon,   das  uns  doch  duncket  unbillich,  und  begeren  das 


1)  Schreibfehler  für  lasasso? 


280  Die  Geschichte  der  Fischerei 

man    eyn    sulches  ablege,   und  thu  ouch  in  deme  genug  dem  artikel  der 
handfessten". 

Im  Jahre  1441  bestätigte  der  Hochmeister  Conrad  von  Erlichs- 
hausen  am  Tage  Jacobi  die  Privilegien  der  Stadt  Königsberg  und  es 
heisst  in  der  Urkunde: 

„Czum  ersten  das  die  obbenumpten,  vnsir  lieben  getruwen  vnsir 
Stat  Konigisberg  In  woner  freyhe  fischereye  Im  vrischen  habe  bis  an  der 
pewss  vsgenomen  dreye  czoge,  vnd  auch  das  geczow  das  Nywath  heisset, 
vnd  von  der  Brücken  den  pregor  vff,  bis  zcum  Hilgenwalde  sullen 
haben". 

Im  Jahre  1447  schreibt  der  Oberstmarschall  zu  Königsberg  an  den 
Hochmeister,  er  möge  die  Keutelbriefe  nicht  zu  billig  ausgeben,  weil  sonst 
der  Zins  abnehme,  im  nächsten  Jahre  theilt  er  aber  selber  dem  Hoch- 
meister mit,  wie  die  Seuner,  die  in  den  Strömen  fischen,  behaupten  den 
Keutelbrief  nicht  mehr  mit  12,  sondern  nur  noch  mit  10  Mk.  bezahlen 
zu  können. 

Einer  Conventsrechnung  aus  Marienburg,  einem  sogenannten  Zedel 
vom  Jahre  1439  und  1440  entnehme  ich  folgende  Notizen  über  Fischpreise: 

1  Hecht 1  Schilling. 

1  Tonne  Dorsch 7  Vierdung. 

1  Schock  Bressen 19  Scot. 

1  Schock  Bressen 2  Mark. 

2  Schock  Zopen  (czopen) 16  Scot. 

5  Schock  Zopen 14  Scot. 

7  Mandel  Zopen 11  Scot. 

1  Wels 1/2  Vierdung. 

1  Lachs 4  Scot. 

1  Lachs 8  Scot. 

1  Carpe 4  Schilling. 

1  Mandel  Aale 2  Scot. 

Czopen,  pomuchlen,  bressmen  und  kuleperszken  kommen  in  dieser  Rech- 
nung sehr  häufig  vor. 

Im  Jahre  1451  wurden  nach  einem  von  Voigt  erwähnten  Verzeich- 
nisse vom  Hochmeister  112  Keutelbriefe  ausgegeben.  In  einem  Briefe 
vom  23.  November  1453  berichtet  der  Hauscomthur  zu  Pr.  Mark  dem 
Hochmeister,  er  werde  demnächst  den  Conventsfischmeister  auf  den  Geise- 
richsee schicken  und  mit  dem  grossen  Garn  ziehen  lassen.  In  Liebe- 
mühl  solle  mit  dem  Handgarn  und  der  Klappe  gefischt  werden,  damit 
etwas  Hecht  eingesalzen  werden  könne,  und  sobald  das  Eis  etwas  stärker 


in  Ost-  und  "Westpreussen.  281 

sei,    mit   dem   grossen   Garn.     So  hoffe  er,  will's  Gott,  dem  Hochmeister 
eine  Notdurft  Fische  zu  schaffen. 

„Anno  1453"  berichtet  Hennenberger  „Hub  es  im  Mertzen  an/  und 
weret  den  Aprillen  durch/  das  man  zu  Dantzk  in  der  Mottlaw/  so  viel 
Kaulperssken  fleug/  das  jedermann  genug  zu  eszen  hatte/  mann  saltzet 
auch  viel  Tonnen  vol  ein/  treuget  sie/  etc.  Man  fleug  sie  nicht  allein 
mit  Garnen/  sondern  auch  mit  Keschern/  Secken/  auch  schepffet  man  sie 
mit  Eymern". 

Aus  dem  Jahre  1455  stammt  die  älteste  Eolle  der  Hakelwerker 
Seunerzunft  in  Danzig. 

Yom  Jahre  1465  datiren  die  „Statuten  der  Fischkäufer  Gilde"  in 
Elbing,  die  sich  hauptsächlich  auf  den  Marktverkehr  und  das  Leben  in 
der  Innung  selber  beziehen.  Aehnliche  Rollen  erhielten  im  Jahre  1479 
die  Fischer  vom  Elbinger  Yorberge  und  die  Fischer  auf  der  Lastadie 
und  Rosengarten  in  Elbing. 

Yon  Tolkemit  sagt  Hennenberger:  „Ein  Stedtlein  im  Hockerland/  da 
man  den  fürwitzigen  Leuten/  den  gefangenen  Aal/  an  der  Ketten  im 
Haff  weisset.  Ist  anno  1356  gebawet/  von  Winrico  von  Kniprode  dem 
Hoemeister.  Denn  da  woneten  viel  Fischer/  und  war  alda  gros  Aal/ 
Lachs  und  Störfang.  Anno  1456  auff  Marien  Magdalenen  Tag  .  .  .  waren 
ausgefahren  58  Schiff,  so  man  Keuttel  nennet/  im  Haff  zu  fischen/  darauf 
300  Mann  waren". 

Die  Besatzung  war  wol  wegen  der  damaligen  Kriegsunruhen  so 
gross,  denn  zum  Betriebe  der  Keutelfischerei  gehören  nur  2  Mann  auf 
jedem  Fahrzeuge. 

Im  Jahre  1858  verschreibt  die  Stadt  Elbing  dem  Hauptmann 
von  Tolkemit,  dem  „Grossmechtigen  und  Wohlgeborenen  Herrn  Hans 
von  Baysen,  unserem  günstigen  Herrn  und  Freunde  umb  beiderlicher 
Gunst  und  Freundschaft  willen  uns  durch  seine  Herrlichkeit  offt  erzeiget", 
ein  halbes  grosses  Garn  auf  dem  Haffe  in  der  Stadt  Freiheit  „mit  seinen 
Erben  und  Nachkommen  zu  haben,  zu  gebrauchen  und  frei  erblich 
ewiglich  zu  gemessen." 

In  dem  der  Altstadt  Königsberg  im  Jahre  1466  verliehenen  Pri- 
vilegium heisst  es: 

„Ynd  vm  sunderlicher  gonst  vnd  zcuneigunge  willen  vorschreiben 
vnd  vorleien  wir  den  mehgedachten  burgern  vnd  Inwanern  vnsern  lieben 
vnd  getrauwen  vnser  Aldenstat  konigsberg  die  bede  lachsczoge  Nemlich 
den  einen  aber  halbe  des  Thwmes,  vnd  den  andern  innderhalbe  des 
kneiphoffs,  nw  vnd  zcu  ewigen  gezeyten  frei  sicher  vnd  vnuerhindert  zcu 
gebrauchen  vnd  zcu  geniszen.     Doch  also  das  sie  vff  das  werder  innder- 


282  Die  Geschichte  der  Fischerei 

halbe  des  Kneiphoffs  bei  demselben  lachsczoge  keine  befestigunge  nw 
vnd  zcu  ewigen  getzeiten  sullen  bauwen  noch  bauwen  loszen  mehr  denne 
eine  siecht  fisscher  bude.  Auch  vorschreiben  vnd  vorleien  wir  en  tzwene 
freie  kewtel  Im  f risschen  habe  ewiglich  zcu  haben  vnd  derselben  zcu- 
geniszen". 

Die  beiden  Lachszüge  sind  längst  eingegangen,  die  Keutel  aber  erst 
etwa  vor  10  Jahren  von  der  Regierung  abgelöst. 

„Als  der  Teutsche  Orden"  berichtet  Hartknoch  „unter  dem  Conrad 
von  Jungingen  in  dem  Anfang;  des  fünffzehenden  Seculi  in  dem  grösten 
Flor  gestanden/  waren  in  dem  Lande  Preussen  ohngefehr  tausend  Brüder/ 
wie  desz  Simon  Grunauen  Catalogus  ausz weiset/  welcher  also  lautet:  In 
diesen  Zeiten  war  der  Orden  in  Preussen  sehr  mächtig/  und  alle  Aempter 
waren  wol  besetzet.  Erstlich  war  der  Hohemeister  ....  neun  und 
dreissig  Fischmeister  ..'.."  Besonders  häufig  werden  die  Fischmeister 
in  Angerburg,  Arys,  Crackerort,  Elbing,  Pautzka  (Putzig),  Russ,  Scharpau, 
Wolitta  erwähnt.  Die  Fischmeister  gehörten  zu  den  Untergebietigern  des 
Ordens  und  „was  die  Fischmeister/  Spitler/  Hausvögte/  Mihlmeister  .... 
ihre  Verrichtungen  gewesen/  kan  man  ausz  den  Titteln  und  Benennungen 
selbst  leichtlich  erkennen.  Ob  aber  gleich  etzliche  unter  diesen  Aemptern 
gering  gewesen/  dennoch  konten  die  jenigen/  welche  sich  darinnen  wol 
verhalten/  zu  höheren  Aemptern/  ja  auch  zur  Hohemeisterlichen  Dignität 
selbst/  erhoben  werden",  und  „Heinrich  Reffle  von  Richtenberg/  der  XXX 
Hoemeister/  ward  dazu  gekohren  zu  Königsperg/  anno  1470  .  .  .  Dieser 
war  erstlich  Fischmeister  auf  Pautzka". 

Vom  Jahre  1484  datirt  die  1572  erneuerte  Tolkemiter  Fischer- 
ordinanz,  von  der  wir  eine  Abschrift  in  Grübnau's  Sammlung  von  Zunft- 
und  Gewerksrollen  finden: 

„Ordinancia  der  Fischer  ihrer  Fischerey  halben  zu  Tolckemithe. 

Zu  wissen  dass  im  Jahr  unsers  Herren  tausend  vierhundert  und 
im  achtzigsten  am  Sonnabend  nächst  vor  Hedewigk  hat  der  gemeine 
Rath  der  Stadt  Elbing  in  Gegenwärtigkeit  des  Gestrengen  Herrn  Hans 
von  Baysen,  Hauptmanns  zu  Tolkemithe  mit  den  Bürgern  und  Ein- 
wohnern daselbst  zu  Tolckemithe  Fischern,  einen  gemeinen  Vertrag  ge- 
macht der  Fischerey  halben,  des  "Wintergarns  und  des  Tiefengarns  halben 
und  mancher  hande  Sendungen  und  Gebrechen  in  ihrer  Fischerey  ent- 
stehende zu  vermeiden,  diese  nach  geschriebenen  Articel  unversehrlich 
zu  künfftig  haben  verwilligt  zu  halten. 

1.  Jeder  Fischer  soll  vom  Fischmeister  ein  „schriftliches  Zeichen  unter 

seinem  Signet"  haben. 

2.  soll  jeglicher  „seinen  vierdten  geben  nach  alter  Gewohnheit." 


in  Ost-  und  "Westpreussen.  283 

3.  „Item  so  soll  kein  Fischer  bey  dem  Tieff  Garne  die  Pompen  von 
nun  an  vorbas  hin  führen,  sondern  mit  dem  Gropenstein  mögen  sie  wol 
pompen,  so  als  man  an  dem  Garne  führet,  doch  niemand  soll  darzu  einen 
sonderlichen  Gropenstein  machen  lassen  bey  der  Busse  zehn  gutter 
Mark11  etc. 

Unter  dem  Pumpen  ist  das  Jagen  der  Fische  durch  im  "Wasser  ge- 
machtes Geräusch  verstanden,  die  Fische  sollen  nicht  mit  anderen  Mitteln 
als  durch  die  Grapsteine,  welche  den  untern  Saum  des  Netzes  auf  dem 
Grunde  halten,  gescheucht  werden. 

In  einer  undatirten  Abschrift  einer  Verordnung  des  Hochmeisters 
Hans  v.  Tieften,  die  zwischen  1490  und  1498  erlassen  sein  muss,  heisst 
es  unter  anderen  Bestimmungen: 

,,Item  die  Vorlegung  der  vischerey  sali  nicht  lenger  werenn  dann 
bisz  auff  aller  gots  heiligen  Tag  auf  das  das  Armut  auff  demm  lande  auch 
vische  mag  oberkomenn.  Item  lannde  und  Stete  beclagen  sich  wie  das 
Tieff  mith  secken  netzen  und  anderenn  Garnenn  vorstalt  werde  so  das 
der  visch  ausz  der  Shee  inn  das  hab  nicht  komenn  mag  dem  gemeynenn 
Nutz  zu  merglichenn  schaden,  Bittende  denn  Herrn  Hoemeister  sein  gnade 
wolt  vorschaffenn  sullchs  abgestaltt  und  wie  vonn  altersher  gehalten  werde 
also  das  kein  vischer  mit  der  Sawh  kewtel  adder  Singen  dem  Tieffenn 
nhae  auff  ein  halbe  meilhe  nicht  komenn  sali  auch  der  pompenn  zu 
keinerley  vischerey  gebrauchen  sollenn  wer  darober  begriffenn  wurde  sali 
seiner  bussenn  nicht  wissenn". 

Die  Vorlegung  der  Fischerei  ist  die  Ausrüstung  der  Fischer  seitens 
der  Kaufleute,  welche  ihnen  die  Fische  abnehmen.  Es  handelt  sich  hier 
um  die  Fischer,  welche  für  den  Orden  fischen,  sie  sollen  Dur  bis  Aller- 
heiligen arbeiten,  um  später  den  fischereiberechtigten  Anwohnern  der 
Gewässer  keine  Concurrenz  zu  machen. 

Eine  angeblich  nach  1498  erlassene  Landesordnung  vom  Hoch- 
meister Friedrich  von  Sachsen,  aus  welcher  Bock  ähnliche  Verordnungen 
citirt,  hat  sich  nicht  auffinden  lassen.  Bock  haben  wol  schriftliche  Ent- 
würfe vorgelegen,  die  er  fälschlich  für  Abschriften  einer  wirklich  erlassenen 
Landesordnung  angesehen  hat. 

Als  Beispiel  der  vom  Orden  ausgestellten  Fischerbriefe  lasse  ich 
einen  solchen  folgen,  der  1509  einem  Einwohner  von  Russ  verliehen  wurde: 

„Ich  Bruder  Michell  vonn  Schwabenn  Deutsch  Ordenns  Comethur 
Zur  Memell  thue  kuntt  öffentlich  vor  Jedermeniglich  dieszs  meynes  Brieffs 
ansichtigenn  das  Ich  deme  Besthednen  Andres  bastian  im  Haus  anner 
Russenn,  do  ettwen  Schuerkoll  Inne  gewonett  hatt  gelegenn  mit  freyer 
vischerey    die    do    gewöhnlich    gebraucht   wirtt   vorliehenn    unde    gebenn 


284  Die  Geschichte  der  Fischerei 

habe,  vorleihe  unde  vorschreibe  hiermitt  gegenwertiglich  deine  gedachten 
andres  Seynen  rechten  erberm  unde  nachkomen  daszselbe  haus  mitt  freyer 
vischerey  unde  auch  Scharwerks  frey/  auszgenomenn  Zume  were  zall  er 
zu  gehenn  verpflichtt  zein  Zu  köllmischen  Rechte  erblich  unde  ewiglich 
Zu  besitzenn.  Davor  sali  der  gern  eilte  Andres  seine  rechtenn  erbenn 
unnde  nachkomen  eyme  Comethur  ader  des  Hauszs  Memell  vorweser  achtt 
marc  gering  Jar  jerlich  zu  Zinszenn  schuldig  zein  also  nemelich  uff 
Johannis  Bapte  inj  mrc.  unnde  uff  Martini  auch  inj  mrc.  ewiglich  unnde 
alleweg.  Zur  woren  urkund  mitt  meins  amptts  anhangendemm  Ingsigell 
besigelt  unde  Gebenn  auff  meyns  Ordens  Slosse  memell  Donerstags  nach 
Reminiscere  Ime  M.  C.  unnde  newendenn  Jar". 

In  einer  am  6.  Januar  1512  von  den  3  Städten  Königsberg  dem 
Herzog  überreichten  Eingabe  heisst  es: 

„Es  beclagen  sich  auch  die  von  Breslaw  wie  das  Gefässe  zum  Saltz- 
visch  nicht  nach  alder  Gewonheit  in  der  grose  gemacht  werden  unnd  der 
Tisch  nicht  mit  vleis  wu  vor  aldersch  gesehen  vorwart  wirt." 

Und  in  einer  ähnlichen  Eingabe  vom  7.  Januar  1513  bringen  die 
Städte  wieder  die  folgende  Beschwerde  vor: 

„Auch  ist  vor  altersch  gewest,  das  kein  kauffman  lenger  nicht  dan 
bis  auff  aller  heyligen  tag  dy  vischer  vorleget,  solchs  Ist  dem  Land  Irdacht 
zum  besten  Bitten  E.  F.  G.  als  U.  G.  H.  solchs  noch  so  gehalden  wurde". 

In  seinem  Buche  De  Borussiae  Antiquitatibus  (Scipt.  rer.  Pr.  IY.  292) 
bespricht  Erasmus  Stella  auch  die  Fischerei  in  Preussen,  die  an  vielen 
Orten  betrieben  werde  und  Fische  aller  Art  liefere,  von  denen  er  nur 
Psittae,  Soleae,  Lingulae,  Rumbi,  Trossuli,  Mulli,  Aselli,  Salmones  und 
Marini  canes  anführt.  Was  er  unter  den  Psittae  und  Trossuli  verstanden, 
ist  nicht  zu  ermitteln,  Soleae,  Lingulae,  Rumbi  sind  Plattfische,  doch 
können  unter  rumbi  auch  Störe  verstanden  sein,  Aselli  sind  Dorsche 
Salmones  Lachse,  die  Seehunde  wurden  zu  jener  Zeit  mit  Walfischen, 
Bibern  und  Ottern  zu  den  Fischen  gezählt.  Mullus  nannten  die  Roemer 
einen  Mittelmeerfisch,  doch  geht  aus  mehreren  mittelalterlichen  Schrift- 
stellern, so  z.  B.  aus  dem  Anhange  zu  Hieronymi  Tragi  Kräutterbuch1), 
hervor,  dass  „zu  Latein  ist  Barbo,  Mullus  und  Trigla  ein  Barb". 

In  einem  etwa  vom  Jahre  1521  herrührenden,  nicht  datirten  Artikel 
heisst  es  mit  Bezug  auf  den  Königsberger  Fischmarkt: 

„Item  den  Vischern  sollen  lewte  aus  allen  dreyen  Steten  und  sonder- 
lichen und  zuförderst  von  m.  gn.  H.  wegen  auch  lewte  zugeordnet  werden 


1)  Hieronymi   Tragi  Kräutterbuch.     Strassburg  1630,  Angehängt  Teutsche  Speiss- 
kammer von  den  4  Elementen  etc. 


in  Ost-  und  "Westpreussen.  285 

dieselben  sollen  alle  vischtage  umbegehen  wie  vil  fische  furhanden  be- 
sichtigen und  nach  der  besichtigung  den  kauff  setzen  und  welcher  darober 
handelt  sollen  lme  dy  vische  genomen  und  gestrafft  werden." 

Diese  Bestimmung  in  Verbindung  mit  dem  Umstände,  dass  die 
Fischer  genöthigt  waren,  die  gefangenen  Fische  sämmtlich  auf  den  Markt 
zu  bringen  und  sie  gerichtweise  zu  verkaufen,  erklärt  es,  dass  zur  Zeit 
dieses  Marktzwanges  immer  viele  und  billige  Fische  auf  den  städtischen 
Märkten  zu  haben  waren.  Und  es  ist  wol  zu  glauben,  dass  zeitweise 
sich  die  Dienstboten  weigerten,  mehr  als  2mal  in  der  Woche  Lachs  zu 
essen,  obwol  die  angeblich  in  den  meisten  Städten  Norddeutschlands  hier- 
über erlassenen  Verordnungen   noch   nirgends   aufgefunden  worden  sind. 

In  Simon  Grunau's  Preussischer  Chronik,  geschrieben  anno  1526, 
finden  sich  folgende  auf  die  Fischerei  bezügliche  Angaben:  (Tract.  I.  cap.  III.) 
§  1.     Von  namen  und  gesiechte  der  fischen  in  Preussen. 

„In  Preussen,  wie  gesagt  ist  wurden,  sein  über  2000  see  und  vil 
schoener  Hissender  wasser,  ....  in  weichin  wassirn  iss  seindt  viel  gesiecht 
der  fische  und  noch  ihrer  spräche  so  genannt:  stüre,  laxe,  hechte,  carpen, 
oele,  czandis,  czoppenn,  morchen,1)  thobiesfisch,  inarzenen,2)  porben,3) 
canthoi,4)  braunfisch,  zander,  persken,  hering,  okeley,  merschwein,  sehunde, 
welsze,  peisker,  szmerlen,  carussen,  tobellen,  caulhöxte,5)  wolkog,  lampre- 
denn,  perske,  caulperskenn,  czigenn,  grundele,  grabbenn,  crebisse,  foren- 
neschen,6)  blechin,7)  pomochil,  dorsch  doraus,  stinth,  ellirchen,8)  Steinbutten, 
schonen,9)  neunaugenn,  bressem,  flundirn,  quappen,  kaulpersken,  gysenn 
ploczenn,10)  rapen,  czearn,11)  marenen,  rothaugen,  sleien,  gisziezen,  horne- 
fisch,  morichen,12)  meerspinnen." 

„Sonst  bringt  man  ins  landt  treuge  fische  genant  hausen,  scholliken, 
rochen,  rottscheren,  bergerfisch,  cablau,  borgir  öre,13)  die  hechte  getreugett 
plateisen:  so  machtt  man  aus  der  pomochil  mancherlei  treugenfische,  als 
flockfisch,  rontfisch,  creschentchin,  stogfisch  und  bogkinne  von  heringk." 
und   Capitel  IV. 

§  1.  Von  was  kauffmanschafft  und  handell  sich  die  Preussen  irneren. 

„Von  fischen.  Item  man  fürt  aus  Preussen  mancherlei  fische  yn 
fessir  gesaltzen,  getreuget  von  oele,  von  stüre,  von  laxin,  von  beringen, 
von  rontfischen  und  von  bressem  und  diese  nennt  man  stregfüsse  von 
der  stelle  do  man  sie  erst  hott  in  der  luft  getreuget,  und  die  Polen,    die 


1)  ?  2)  Haränen?  3)  Barben.  4)  Zander?  5)  Kaulkopf.  6)  Äschen.  7)  Blei. 
8)  Ellritzen.     9)  ?     10)  ?     11)  ?     12)  ? 

13)  rottscheren,  bergerfisch,  cablau,  creschentschin,  flockfisch,  stogfisch  und  borgir 
öre  sind   auf  verschiedene  Weise  zubereitete  Dorsche  oder  Schellfische. 


286  Die  Geschichte  der  Fischerei 

Slesier,  die  Lausitzer,  die  Behemen,  die  Merher  und  die  Meixser  sy  füren 
und  haben  davon  ihren  nutz." 

In  den  Vereinbarungen  über  eine  Landesordnung  mit  den  polnischen 
Räthen  auf  der  Tagfahrt  zu  Graudenz  1528  finden  sich  mehrere  die 
Fischerei  betreffende  Bestimmungen.  So  werden  die  von  Hans  v.  Tiefen 
nach  1490  erlassenen  Verordnungen  hinsichtlich  des  Pillauer  Tiefes,  der  Artikel 
von  1521  über  die  Bestimmung  der  Fischpreise  fast  wörtlich  wiederholt, 
ausserdem  wird  der  Zärthenfang  mit  Jagdnetzen  vor  den  Tiefen,  der 
Gebrauch  zu  engmaschiger  Netze  untersagt,  desgleichen  der  Export  der 
Fische  nach  Polen  ehe  der  Bedarf  im  Lande  selber  zur  Genüge  gedeckt  ist. 

In  der  von  Meckelburg  herausgegebenen  Chronik  Joh.  Freiberg's 
wird  in  Königsberg  1529  der  Burggraf  Hans  von  Bösen r ade  als  Karpfen- 
züchter genannt:  „der  oben  genannte  Burggraf  machte  etliche  Carpen 
Teiche  In  den  garten1)  und  macht  den  armen  leuten  gross  und  vil  schar- 
wergk  uff  den  hals  mit  Zeunen  und  Teiche  zugraben,  das  och  einer  einen 
Reim  an  schreib  an  die  Clafflobe,  stunt  ein  gebewde  am  Molteiche2)  hart 
vor  dem  Schlosse,  do  man  gericht  uff  Sass,  laut  wie  volgt: 


Und  wer  Bosenrat  nicht  geboren 
So  weren  die  carpenteiche  alle  vorloren." 
Der  Lausitzer  Edelmann  Caspar  von  Nostiz,  der  1534  auf  seinem 
Gute  Arnsberg  bei  Kreuzburg  Karpfenteiche  anlegte,  und  der  gewöhnlich 
als  derjenige  genannt  wird,  welcher  die  ersten  Karpfen  nach  Preussen 
gebracht  habe,  mag  wol  der  erste  Privatmann  gewesen  sein,  der  sich  mit 
Karpfen zucht  beschäftigte. 

Als  Beispiel  der  Zunftrollen  lasse  ich  die  älteste  Rolle  der  Königs- 
berger Fischergilde  folgen,  dieselbe  lautet  also: 

Der  Fischer  Rolle  1538. 
„In  Gottes  Nahmen  Amen 
„Diesz    sind    die    gesetze    der    Fischer    hie    in    der   Altenstadt   zu 
Königsberg  die  ihn  die  Rathmanne  durch  gutter  einträchtigkeit  und  durch 
redlichkeit  willen  haben  verlien  und  ihn  die  mögen  wandeln  oder  nieder- 
legen wen  sie  wollen. 

„1.  Zum  Ersten  den  vier  verstendigen  Mannen  die  sie  kysen  zu 
allderleuten  die  ihn  von  dem  Rathe  gegeben  werden,  den  sollen  sie 
alle  underthänig  und  gehorsam  sein  itzlicher  bey  seiner  nachgeschrie- 
benen busze. 


1)  auf  dem  Münz  platz  oder  auf  Köiiigsgarten. 

2)  Schlossteich. 


in  Ost-  und  Westpreussen.  287 

„2.  Dieselben  ehegesagte  älderleute  sollen  daran  sein  das  alle  diese 
nachgeschriebenen  artickell  und  gesetze  rechtfertiglich  gehalten  werden 
itzlich  artickell  bey  seiner  angezeichneter  busze. 

„3.  Und  wer  yr  gilde  gewinnen  will  so  soll  das  par  volkes  geben 
drei  gutte  fl.  Ein  einlitscher  mann  giebt  drey  floren  geringes  geldes, 
und  eine  einlitsche  Frawe  die  da  Fische  seilet  die  giebt  1  mr.  ger.  geldes. 

„4.  Und  ob  es  geschehe  das  diese  nachgesagte  vier  'Älderleute 
etwas  anfuchte  das  sie  under  ihn  nicht  entscheiden  können  So  sollen  sie 
zu  ihn  bitten  die  zwene  Rathmanne  die  ihn  von  dem  Rathe  verliehen 
sindt  die  sache  zu  entscheidenn  können  aber  denne  die  sechse  die  sache 
nicht  berichten  So  sal  sie  unverzogen  kommen  vor  den  Rath,  wasz  der 
Rath  denne  dazu  spricht,  dabey  soll  es  bleiben  sonder  wiederrede  bey 
der  Stadt  busze  des  Raths  und  der  Companey  eine  calte  wachs1). 

„5.  Ein  itzlicher  der  in  dieser  Fischer  gilde  ist,  der  mag  freilich 
keuffen  und  verkeuffen  allerley  Fische  die  er  vermag  bezahlen,  Jedoch 
soll  niemandt  von  Fischern  in  keinerley  Fische  vorkauff  thun  es  sey  uff 
dem  wasser  uff  der  brücke  oder  auff  dem  Marckte,  ehe  wen  der  marckt 
gethan  ist  und  der  bothe  sein  Zeichen  habe  niedergelegt2)  bey  der  busze 
dem  Rathe  und  der  Companey  eine  Calte  "Wachs.  Doch  so  mögen  sie 
käuffen  Stör,  Lachs,  Wels  und  Meerschwein. 

„6.  Yortmehr  soll  niemandt  anders  uff  der  Fischbrücke  loszen  umb 
die  Fisch  tröge  und  um  die  Lachs  bencke,  wen  dieser  ehgenandten  Alden- 
stadt  einwohner  und  mitburger  und  die  dieser  Fischer  gilde  haben. 

„7.  Auch  soll  niemandt  keiner  der  diese  gielde  hatt  geselschafft 
haben  mit    einem   der    die  gilde  nicht  hatt  bey  einer  Calte  wachs  busse. 

„8.  Auch  soll  niemandt  mit  seinen  Fischen  stehen  zu  wasser  werts, 
sonder  sie  alle  sollen  stehen  an  der  mawer,  alsz  die  tröge  gesatzt  sein, 
bey  der  Stadt  busze  dem  Rathe  und  der  Companey  eine  Calte  Wachs. 
Auch  soll  niemandt  faule  Fische  veil  haben  bey  der  Stadt  busze  dem 
Rathe,  und  der  Companey  eine  Calte  Wachs. 

„9.  Vortmehr  allerley   treuge  Fische    soll  mau  veil  haben  uff  dem 


1)  Nach  Nesselmann  Thesaur.  linguae  Prussicae  p.  63  ist  die  calte  Wachs  ein  Ge- 
wicht im  Werthe  einer  Mark.     Litauisch  kalte  =  Schuld,  Busse. 

2)  Ausführlicher  heisst  es  in  der  Rolle  der  Elbinger  Fisch  käufergil  de : 

„4.  Süll  der  Brückenwärter  uffstecken  ein  Panier  auf  die  Brücke  des  Mittwochs, 
Frey  tags,  Sonnabends  und  alle  Fastentage,  dieweil  das  da  stecket  soll  niemand  mehr 
kaufen,  denn  zu  seiner  Nothdurft,  es  sey  Bürger,  Vorkauffer  oder  Gast  bey  Verlust  eines 
Vierdunges  und  der  Fische  ....  Und  dieselbige  Panier  soll  stecken  bleiben  des 
Winters  ...  bis  dasz  die  Glocke  9  schlaget  und  den  Sommer  über  .  .  .  wenn  es  nicht 
fasteltag  ist,  bis  die  Glocke  8  schlaget  und  des  Fasteltages  bis  zu  9  der  Glocke." 


288  Die  Geschichte  der  Fischerei 

marckte  und  nicht  uff  der  Fisch  brücke  bey  der  Stadt  busze  dem  Rathe 
und  der  Companey  eine  Calte  wachs.  Auszgenommen  frembde  Fischer 
die  umb  diese  Stadt  nicht  gesessen  sein  und  die  mit  Schiffen  herwerts 
kommen. 

„10.  Auch  soll  kein  Fischer  oder  Fischerinne  vorkauff  thun  an 
Fischen  vor  der  Stadt  und  uff  der  Stadtfreyheit  bey  der  Stadt  busze  und 
der  Companey  eine  Calte  Wachs. 

„11.  Vortmehr  wen  die  Alderleüte  die  Companey  bebotten,  wer  den 
nicht  kombt  der  einheimisch  ist  der  soll  es  büszen  mit  11  groschen. 

„12.  Und  welch  bruder  bricht  an  einem  älderman  der  bricht  zwu 
Calten  wachs  davon  nicht  zu  laszen.  So  viel  bricht  auch  ein  älder- 
man ab  er  erzörnet  einen  bruder  oder  eine  Schwester  mit  worten  oder 
mit  wercken. 

„13.  Und  wer  in  der  gilde  den  andern  erzörnet  esz  sey  Fraw  oder 
Mann  der  soll  es  beszern  mit  zwen  Calte  wachs,  davon  nicht  zu  laszen, 
also  dicke  alsz  man  bricht. 

„14.  Und  wen  die  Alderleüte  uffklopffen  umb  welcherley  sache  ess 
sey,  wer  denne  bleibet  sitzen,  der  soll  geben  eine  Calte  wachs  davon 
nicht  zu  laszen. 

„15.  Und  wenn  die  bruder  zusammengehen  ihre  gilde  bier  zu  trincken, 
so  soll  ein  itzlicher  seine  werth  vor  die  alderleüte  ufflegen  bey  einer 
halben  Calten  wachs  davon  nicht  zu  laszen. 

„16.  Und  wen  ein  bruder  oder  eine  Schwester  stirbt  ausz  der  gilde, 
So  soll  von  itzlichem  par  ein  mensche  kommen  zur  beygrafft  bey  sechsz 
Pfennigen  busze  davon  nicht  zu  laszen. 

„17.  Auch  soll  niemandt  einen  gaste  in  die  gilde  bringen  er  sey 
der  gilde  wirdig.  bey  einer  Calte  wachs,  Und  wer  einen  gast  in  die  gilde 
brenget,  der  sal  zu  handt  wen  der  gast  in  die  gilde  kümpt  vor  ihn  geben 
sein  gast  geldt. 

„18.  Yortmehr  dieweil  man  das  gilde  bier  trinckt,  so  soll  ein  itzli- 
cher bruder  und  Schwester  dasz  biergeldt  bezahlen  bey  einer  Calte 
wachs. 

„19.  Wer  darüber  ausz  der  gilde  freventlich  gehet  und  sich  mit 
den  Allderleuten  umb  sein  biergeldt  nicht  berichtet,  der  soll  dasz  bessern 
mit  einer  Calte  Wachs  davon  nicht  zu  laszen. 

„20.  Vortmehr  haben  wir  alle  gemeinlich  gewilköret,  Ist  dasz  ein 
bruder  oder  Schwester  dieser  gilde  kranck  wirdt,  und  in  seiner  kranck- 
heit  nicht  hatt  zuverzehren  dem  soll  man  ausz  der  büchse  leyhen  einen 
halben  firdung,  darnach  obs  im  noth  thut  aber  einen  halben  firdung,  wen 


in  Ost-  und  "Westpreussen.  289 

der  genest  oder  stirbt,  hatt  er  icht  davon  sali  man  den  firdung  bezalen 
batt  er  nicht  so  soll  man  ym  den  firdung  erlassen  in  die  ehre  Gottes. 

„21.  Vortmebr  wieszet  Wehm  man  giebt  ein  zeichen  der  soll  sein 
bey  der  beigrafft,  und  wer  dasz  verschmeeht  der  soll  geben  eine  Calte 
Wachs. 

„22.  Man  sol  auch  wieszen  dasz  man  dasz  gildebier  zu  Weyhe- 
nachten  trincken  sol  drey  tage  und  nicht  mehr  Und  zu  Sanct  Johans 
baptiste  drey  tag  und  nicht  mehr,  Darzu  sollen  die  Alderleute  wachs 
gelt  und  bier  geldt  ufflegen  gleich  den  ander  gemeinen  brüdern.  Auch 
sollen  die  alderleute 

,,23.  Vortmehr  von  der  brüderschafft  wegen  keine  unkost  thun, 
Sondern  wen  die  am  letzten  tage  ihre  rechenschafft  thun,  so  sal  man 
yn  eine  maltzeit  thun,  und  nicht  mehr. 

„Diese  vorgeschriebene  Artickel  sin  dt  gesatz  und  eingetragen  bei 
des  Raths  gezeiten  Earstan  Hundschinder  Bürgermeister,  Arendt  von 
Herwardt  seyn  Compan,  Nicolaus  Meier  der  Kirchen  Stieffvater,  Jacob 
Gerber,  Heinrich  Starcke,  Johan  Frankenstein,  Vogt  der  Stadt  Johan 
Westerfeldt,  Kemerer  Johan  Treptow  sein  Compan,  Wentzel  vom  Velde, 
Tiedeman  Kimenhower  vorweser  dess  Hoffs  Sanct  Jörgen. 

„Vortmehr  sol  man  wieszen  welch  man  sein  Ancker  erst  feilet  vor 
eine  ladunge  uff  dem  Habe  vor  ein  garn,  denselben  soll  kein  Man  er  sey 
arm  oder  reich  abtreiben  von  der  ladunge,  es  sey  mit  biere  oder  mit  brote 
mit  gelde  oder  mit  keinerley  gäbe  Wer  das  mit  zwen  biedermannen 
wurde  überzeuget,  der  sal  dasz  dem  Rathe  beszern  mit  der  Stadt  bnsze 
und  der  Companey  geben  einen  halben  Stein  Wachs,  davon  nicht  zu 
laszen." 

„Vortmehr  wer  diese  Fischer  gielde  wil  gewinnen,  der  sal  zu  vor 
sein  Bürgerrecht  haben  bey  der  Stadt  buss  dem  Rathe. 

„Vortmehr  wenn  man  von  der  gielde  wegen  Pferde  kauffen  sol  zur 
reise  in  unser  hern  dienst  von  der  Stadt  wegen  und  des  Raths  gebott, 
So  sollen  die  Vier  alderleute  zu  yn  nehmen  vier  der  Eldsten  von  der 
gielde  und  die  Vier  marckt  manne  wasz  die  XII  manne  dabey  thun  da 
sal  es  bey  bleiben.  Desz  gleichen  wen  sie  die  Pferde  wider  verkauffen 
so  sollen  die  vorgenannten  zwelff  manne  auch  davor  raten  und  dabei 
sal  es  bleiben  sonder  wiederrede." 

„Auch  wen  die  Alderleute  das  Gildebier  wollen  kauffen  so  sollen 
sie  zu  yn  verbotten  die  vorgeschrieben  acht  manne  wasz  die  zwelff 
manne  dabey  thun  von  der  brüder  wegen,  dabey  sali  es  bleiben  und  nie- 
mandt  daruff  zu  reden  Bey  einer  Calte  wachs.     1538." 

Bei    der   grossen   Wichtigkeit,    welche    die  Fischerei  für   sie   hatte, 

19 


290  Die  Geschichte  der  Fischerei 

nahmen  im  13.  und.  14.   Jahrhundert  mehrere  Städte  unserer  Provinzen 
Fische  in  ihr  Wappen  oder  Stadtsiegel  auf.1) 

So  waren  auf  der  Fahne  der  Komthurei  Schön see  (Kowalewo), 
die  in  der  unglücklichen  Schlacht  bei  Tannenberg  verloren  ging,  „zwei 
rund  gekrönte  und  mit  dem  Maule  und  Schwänze  einander  berührende 
Fische"  dargestellt. 

Lötzen  führt  3  Bressen  im  Wappen,  Pillau  einen  gekrönten, 
auf  den  Wellen  schwimmenden  Stör,  Putzig  einen  Löwen,  der  auf 
einem  Lachse  steht. 

Ein  altes  Siegel  der  Stadt  Mewe  an  einer  im  Stadtarchiv  zu  Thorn 
befindlichen  Urkunde  von  1450  zeigt  eine  Möwe,  die  einen  Fisch  im 
Schnabel  hält,  ein  Stadtsiegel  von  Friedland  an  der  Alle  an  einer  Ur- 
kunde von  1440  zwischen  Blumenranken  einen  von  einer  Adlerklaue 
gehaltenen  Fisch  und  auf  einem  neueren  Siegel  von  Fischhausen  ist 
zwischen  einem  Schwert  und  Bischofsstab  unten  ein  Fisch  dargestellt. 

„Anno  1544,u  erzählt  Hennenberger,  „hat  der  hochlöbliche  Fürst 
Marggraff  Albrecht  .  .  .  der  erste  Hertzog  in  Preussen  eine  herrliche 
Universität  im  Kneiphoff  angerichtet'  und  derselben  zahlreiche  Freiheiten 
verliehen,  z.  B.  „vor  die  Professores  frey  Fischerey  im  gantzen  Pregel, 
mit  allerley  Zeug  zu  ihrem  Tisch  und  Communitet,  aber  nichts  zuver- 
keuffen." 

„Anno  1545  ist  so  viel  Hering  in  Dantzk  gekomen  dasz  man  ein 
Tonnen  vierteigen  vol  Herings  für  2  groschen  gekaufft  hat,"  aber  1547 
war  er  theuer,  „eine  Thonne  Hering  galt  acht  Gülden." 

Im  Jahre  1552  verschrieb  Markgraf  Albrecht  der  Aeltere  der  Stadt 
Königsberg  das  Lachswehr  bei  Neuendorf. 

„.  .  .  Yerleihenn  vnd  verschreiben  demnach  hiermit  vnnd  in  krafft 
dieses  vnnsers  brieues  für  vnsz,  vnsere  erben  erbnehmen  vnd  nachkom- 
mende herschafft  Itzgedachtenn  vnnsern  lieben  getrewen  demRathe  vnnserer 
Altenstadt  Königsberg  vnd  iren  nachkomlingen  das  Lachswere  im  Natan- 
gischen  Pregell  beim  Newendorff  gelegenn,  mit  aller  vnd  iderer  herlickeit 
nutzung  vnd  gebrauch.  In  massen  solchs  vnnsere  vorfaren,  volgig  wir, 
vnd  die  Jenigen  denen  wirs  gegönnet,  genossen  vnnd  gebraucht,  hinfüro 
erblichen  vnd  zu  ewigen  getzeiten  ohne  menniglichs  Verhinderung  vnnd 
gleich  andern  der  Stadt  gutern  zu  Irem  besten,  zu  besietzen  zugenieszen 
Innentzuhabenn  vnnd  zugebrauchen  .  .  ." 

Von  1557  berichtet  Hennenberger:  es  „kamen  im  grossen  Wasser 
viel  Kaulbersken,  das  man  solche  Fisch  mit  Schurtztüchern,  Sieben,  und 


1)  Vossberg,  Geschichte  der  Preussischen  Münzen  und  Siegel.     Berlin  1842. 


in  Ost-  und  Westpreussen.  291 

henden  fieng,  das  nie  erhört  ist  worden.  Das  Wasser  war  so  gros  das 
man  in  der  Vorstadt,  von  der  Zuchbrücken  zum  Haberkruge,  mit  Kähnen 
fahren  muste." 

In  dem  Eecess  der  dreyer  Städte  Königsbergk  den  25.  Octobris 
anno  1566  und  der  Confirmation  dieses  Kecesses,  „so  F.  D.  (Herzog  Al- 
brecht) und  die  Königlichen  (des  Königs  Sigismund  August  von  Polen) 
Herren  Commissarien  confirmiret  anno  1567  den  20.  Aprilis''  finden  sich 
unter  anderen  folgende  auf  die  Fischerei  bezüglichen  Bestimmungen: 

„Die  Vorkeuffe  der  Fische  haben  F.  D.  offtmals  verbotten,  wollen  es 
auch  noch  thun,  und  class  den  einwohnenden,  vor  frömbden,  vornemlich 
der  Fisch  verkaufft,  bestellen  lassen,  doch  also,  da  der  liebe  Gott  Fische 
genug,  und  ein  ubrigs  bescheret,  den  benachbarten  so  wol  alls  den  ein- 
lendischen,  umb  ihr  Gelt  Fische  gelassen.  "Wo  aber  inn  mangel  der 
Fische  jemand  den  Einwohnenden  nicht  wolte  oder  würde  die  Fische 
gönnen  wollen,  derselbe,  so    er   darauff  beschlagen,   sol  gestrafft  werden. 

„Den  Städten  ist  die  freye  Fischerey  in  "Wässern  und  Strömen,  so- 
weit sie  dessen  gefreyet,  nie  gewehret,  den  miszbrauch  aber,  da  sie  den 
gantzen  Strom,  mit  geleiten  und  anderm  gezeug  verstellen,  können  F.  D. 
dem  gantzen  Lande  zuschaden,  nicht  gestatten. 

„Alle  Wehren  in  den  Strömen  sollen  abgethan  werden,  es  sey  dann 
jemandt  darüber  privilegiret  oder  berechtiget. 

„Mit  dem  Störfange  soll  es  hinfort  also  gehalden  werden,  dasz  F.  D. 
frey  ungehindert  den  Stör,  welcher  mit  F.  D.  Gahrne  gefangen  wird,  nach 
ihrem  gefallen,  und  wem  sie  wollen  zu  verkauffen  ....  Der  frömbde 
Störkeuffer,  so  daraussen  leit,  solle  sich  an  dem  Stör,  der  mit  F.  D.  Garn 
gefangen  wird,  genügen  lassen." 

Ein  Keutelbrief  der  Dorfschaft  Passarge  lautet: 

„Sigismund us  Augustus  Von  Gottes  Gnaden  König  zu  Pohlen, 
in  Keuszen  und  Preuszen  Herr  und  Erbling 

„Albrecht  Friedrich  von  denselben  Gnaden  Marggraff  zu  Bran- 
denburg und  in  Preuszen  Hertzog 

„Wir  haben  nach  Alter  Gewohnheit  Gegenwärtigem  mit  einem  Keutel 
Von  Ostern  bisz  Michaelis  im  frischen  Haabe  Zu  fischen  Vergünt  und 
erlaubet,  gegeben  Zu  Marienburg  am  grünen  Donnerstage  ao.  1571." 

L.  S.  L.  S. 

Es  stand  aber  die  Keutelfischerei  schon  in  jener  Zeit  im  Eufe  grosser 
Schädlichkeit  und  schon  1567  war  sie  (Libr.  Priv.  Pruss.  f.  89  b.)  ver- 
suchsweise für  einige  Jahre  verboten  worden  und  wurde  durch  einen 
Erlass  des  Königs  Stephan  von  Polen  vom  8.  März  1578  für  den  unter 
polnischer  Herrschaft  stehenden  Theil  des  frischen  Haffes  vollkommen  ab- 

19* 


g92  Ei«?  Geschieht»?  der  Fischerei 

geschafft  Es  heisst  in  diesem  Schrütstüok:  „Stephanus  D.  G.  rexPolonie 
.  .  .  notum  facimus,  quod  cum  Qobis  fide  dignorum  hominum  atque 
Consiliariorum  nostroram  relatum  esset,  piscationis  illud  genus,  quod  ad 
capturam  anguillarum  Lnstitutum,  in  Habo  Balgensi  hactenus  in  usu  fair. 
Keutel-Triffl  rulgo  vocant,  perniciosum  admodum  reipublicae  existeret, 
dum  navibus  Ulis  keutelaribus  subinde  magna,  tum  pisciculorum  tum 
seminis  quoque  oopia  extrahitur  et  eliditur."  Die  Beschädigung  der 
Fischbrut  durch  die  Kautel  sei  so  gross,  dass  der  Nutzen  der  gesammtan 
Keutelfischerei  den  Schaden  nicht  aufwiege,  den  ein  Keutel  verursache. 
Poshalb  .mos  ....  totum  illud  rotium  ac  piscatorae  genus  ex  universo 
illo  Habe  removendum  et  exterminandum  duximus.<;  Und  es  wird 
somit  dioso  Fischerei  bei  Verlast  derGefässe  undGezeuge  gänzlich  verboten. 

Ausser  dem  Pachtzins  hatten  die  Fischer  auch  Naturallieferungen 
an  die  Städte  zu  leisten,  so  entnehmen  wir  einer  Elhinger  Verordnung 
vom  29.  December  L578  aber  die  Winterfischerei  folgende  Stelle: 

„Die  vierdte  Tonne  soll  allerwege  der  Stadt  abgesetzet  und  dem 
Vierdtner  geliefert,  von  selbigem  der  Stadt  zu  Gutt  verkauftet  und  alle 
Sonntag  dem  Herrn  Fischmeister  Beseheid  gegeben  werden." 

Aus  derselben  Zeit  ist  uns  das  Formular  des  Eides  erhalten,  wel- 
chen der  Vierner,   Vierdener  oder  Vierdtner  zu  leisten  hatte: 

,.l\  P.  will  treu  seyn  autV  die  Gräntze  im  Raab  gutte  Acht  haben, 
dass  ohne  Zulass  der  Herren  Bischmeistern  niemand  zu  tischen  sieh 
unterstehe,  die  Priken  zu  rechter  Zeit  autgehoben,  und  der  Vierdte  ohne 
ünterschleif  gefalle,  wenn  auch  die  Hoptfisch  nicht  vorenthalten  werden. 
Item   Alles   was.:   in  der  Bischer  Ordnung  enthalten   ist." 

In  den  Amts-Artikeln  von  IÖS4  begegnen  wir  Bestimmungen  über 
die  Fischerei,  die  sehen  wiederholt  getroffen  worden  und  sieh  in  den 
spateren  Amts-Artikeln  immer  fast  wörtlich  wiederholen. 

Es  soll  in  jedem  Amt  ein  Verzeichniss  der  Seen,  Teiche  und  Fliesse, 
klein  oder  gross,  mit  Angabe  der  Grosso  gemacht  werden  „und  was  ein 
jedes  Jahr  in  die  Teiche  gesetzet,  oder  was  es  fischet  und  ertragen". 

So  heisst  es  in  einer  Rechnung  des  Amtes  Heilsberg  vom  Jahre  1587 
unter  anderm : 

l.  Teiche  sind  bovin  Amt  14.  als.:  l'  bev  gross  certen  lte  zu  - 
Karpen  2te  zum  strich,  itzo  ledig:  4  zu  ramern.  3te  besetzt  mit  S4  schock, 
4te  mit  Pärss  und  hechten,  5te  ist  auszgerrohrn  mit  -00  schock,  6te  ist 
Dicht  besetzt;  3  zu  Launau,  7te  ist  ledig,  Ste  sind  Pärsze  und  hechte, 
Ote  mit  100  schock  Karpen;  _  im  Schloszfeld,  lOte  zum  strich,  Ute  zu 
Karpen ;  1  zu  Nos.:berg.  der  1  Ute  mit  100  schock  Karpen  besetzt  von 
einem  Jahre;  ,:u   Konakion,  lote  zum  strieh.  14te  zu  setz  Karpen. 


in  Ost-  und  Westpreussen,  293 

2.  Seeh  sind  beim  ambt  ().  als/  1)  Hlankenseeh,  darauf  wird  21/-.»  woehe 
gefischet,  2)  Sünsersee  mit  1(>  zögen,1)  3)  Grossondorfsohe  See  mit  9  zögen, 
l)  Bleichenbartsehe  Sech  mit  L 2  zögen,  5)  Kerwinsche  Seeh  mit  7  zögen, 
6)  Korscher  Seeh  mit    l  zögen. 

Weiter  heisst   es  in   den    Amtsaitikeln   von   1584: 

„Alle  Flieszer  und  Ströme,  »See  und  alle  Fischeroy  soll  durchansz 
gantz  und  gar  in  Strich-  und  Leichs-Zeit  verschonet,  und  mit  niehten 
befischet  und  verstellet  werden." 

,,Was  den  A.hlfang  und  Ahlwehr  betrifft,  solches  alles  sol  mit  allem 
Flcisz,  wie  ofl't  verordnet  und  befohlen  worden,  .  .  .  bestellet  .  .  .  auch 
mit  dem  einsaltzen  recht  und  wohl  versehen  werden." 

Auf  eine  „alte.  ! . >s;}  revidirte  und  vernenerte  Fischer-Ordnung  des 
Churischen  Eaaves"  wird  in  späteren  Ordnungen  Bezug  genommen,  es 
ist  mir  aber  Dicht  möglich  gewesen,  dieselbe  aufzufinden. 

Von  der   Stelhin»'  der  damaligen    Fischmeister  giebt  ein  im  Jahre 

1585   vom    Markgrafen   Georg  Friedrich    dem    Fischmeister   zu   Krakerofh 
verliehenes  Privilegium  Auskunft.     Es  heisst  in  demselben: 

„Von  Gottes  Gnaden  Wir  Georg  Friderich  Marggraff.  . .  .thun  kundt 
vnnd  bekennen  vor  vnsz  vnsere  Erben  Erbnehmen  vnnd  Nachkommenden 
Herrschafft  ....  dasz  Wir  dem  Ersamen  unserm  Pischmeister  zu  Krak- 
herorth  vnd  lieben  getreuen  Nickhel  Jagenteuffel,  in  betrachtung  seiner 
der  vorigen  Horrsehafft  vnnd  vnsz  geleisten  auch  fürbasz  tliiienden  vlois- 
sigen  treuen  diennst  willen  ....  mit  zweyen  in  vnsorm  Ambt  Miimmel 
zwischen  Schwentzeln  vnnd  dem  Winnenberg  gelegenen  Pauergütloin 
.  .  .  .  welche  beede  guetlein  in  Alles  Acht  Hüben  vnnd  Sieben  Morgen 
Inhallten  zur  Colmischen  Rechten  scharwerckhs.frey  dergestalt  zu  uerleyhen 
vnndt  zu  uerschreyben  zugesagt:  das  .  .  .  vorberürter  Nikhel  Jagentenlfel 
seine  Erben  und  Erbnemen  jar  järlichcn  vnnd  ein  jedosz  jar  besonnder 
dreyzehen  Marckh  vier  vnnd  dreiszig  Schilling  ....  zinsen  vnnd  da- 
nebenst  auff  seinen  vncosten  einen  deutschen  Mann  vnnd  eigen  IJoth  zur 
vffsicht  der  Ein  kehle  auch  der  Krakerorthschen  Wieken  vnnd  Strömen 
daselbsten  damit  kein  vnterschleiff  gebraucht  werden  kan  wie;  es  dann  in 
allwege  die  notturfft  erfordern  thut  zu  seinen  Lebtagen  zu  halten  schuldig 
sein  soll  ....  sich  auch  der  Freyen  Kischery  im  Kurischen  Haabe  zu 
gebrauchen  Alles  treulich  vnnd  vngeuehrlich.  Zu  Urkundt  mit  vnsorm 
anhangenden  Secret  besiegelt  vnnd  geben  zur  Königszberg  den  Siebenden 


1)  Züge  sind  die  Stollen,    an   welchen  das  grosso  Garn  crfahningsmüssig  gezogen 
weiden  kann,  ohne  an  Steinen,  ilolz  oder  dergl.  hängen  zu  bleiben, 


294  Die  Geschichte  der  Fischerei 

July  Nach  Christ]  vnnsers  lieben  Herrn  vnnd  Seeligmachers  geburtt  Tau- 
sendt  Fünnff  hundert  Achtzigck  vnnd  Fünff  jähr. 

Georgius  Fridricus  Dux  Prussiae  m.  p.a  L.  S. 

Nach  der  Steuerveranlagung,  dem  „Anschlags  Zedel"  von  1586, 
sollen,  wenn  von  der  Hube  oder  von  100  Mk.  Vermögen  1  Mk.  gegeben 
wird,  zahlen: 

Ein  Ahl  Kasten 3  Mark 

Ein  Ahlweer 1     „ 

Ein  Fischer  so  See  und  Flieser  gemietet,  von 

jeder  Mietemark 12  Schill. 

Ein  Fischer  am  Pregel  oder  an  Strömen    .     .     1  Mark 
Ein   jedes  Garn   auff  den  Seen  so  die  Fische 

zu  verkauffen  haben 3 

Von  jedem  Sack  und  kleinen  Gezeug    ...  1  Schill. 

Die  erste  ausführliche  Fischereiordnung,  die  mir  vorliegt,  erschien 
am  30.  Januar  1589  unter  dem  Titel:  „Ordnung,  welcher  maszen  es  mit 
der  Fischerey  auf  dem  Churischen  Haabe,  mit  den  Strömen,  mit  Lieferung 
des  Zins-Fisches,  Kauffen,  Verkauffen,  und  Verfuhrung  der  Fisch,  des- 
gleichen am  Strand  der  See  und  Nahrung,  mit  gestranclten  Gütern,  Börn- 
stein,  Fahung  der  Biber,  Otter,  der  Höltzung,  sowol  mit  der  Anibts-Diener 
Zusieht  und  anderem  gehalten  werden  soll." 
Sie  zerfällt  in  9  Artikel: 

1)  Ordnung  der  Fischerey  des  Churischen  Haaves. 

2)  "Wegen   der  Fische,  so  Vermög  F.  D.  Ordnung  Anno  83   von 

den  Garnen  sollen  geliefert  werden. 

3)  "Wie  es  mit  dem  Verkauffen  der  Fische   sol  gehalten  werden. 

4)  Sack-Fischerey. 

5)  Wie  theuer  die  Fische  sollen  gegeben  und   verkaufft   werden. 

6)  "Wegen   der   Kurischen   Fischer,    sonsten   die    Küchen -Fisch  er 

genannt. 

7)  "Wegen    der  Kawner   (d.  h.  Kownoer)    so  Fisch  kauffen,   und 

sonsten  von  Fuhr-Leuten. 

8)  Wie  sich  die  Garnmeister  und  Fischer-Knechte  verhalten  sollen. 

9)  Folgen    sonderliche   Articul,     darüber   F.   D.    nichts    weniger 

ernstlich  wollen  gehalten,    und  hierdurch  männiglichen    für 
Schaden  gewarnet  haben. 
Es    werden   in   dieser    Ordnung    die    schon    früher    erwähnten   Be- 
stimmungen wiederholt,    das  Fluchen,    Schelten  und   Schwören,   Fischerei 
am  Sonntag,  Kauf  und  Verkauf  während  des  Gottesdienstes  verboten. 

„Der  Burggraff  von  Rositten,  und  sonsten  ein  jeder  Fisch-Meister 


in  Ost-  und  Westpreussen.  295 

hat  seine  habende  Instruction  in  guter  Acht   zu   halten,   und  so    es    von 
Nöthen,  den  Land-Vogt,  Haubt-  und  Ampt-Leuthe  urab  Hülfe  anzuruffen". 

„Es  hat  ein  jeder  Fisch-Meister  lauts  seiner  Instruction,  auf  seine 
befohlene  Ströhme,  dasz  dafür  nicht  gefischet,  gestellet,  und  also  dem 
Eingange  der  Fische  gewehret  werde,  gute  Aufsicht  zu  pflegen,  wird 
jemand  darüber  beschlagen,  soll  Schiff  und  Garn  genommen,  und  ohne 
Erlegung  6  Mark  Straffe  nicht  wieder  gefolget  werden." 

Mehrmals  werden  die  Fischmeister  von  Krackerorth,  Labiau  und  von 
der  Russe  (Russ)  erwähnt. 

„Mit  Schrilen,  Singen,  und  Ohlwadten  soll  keinem  ohne  Erlaubnisz 
seines  Ambtmanns  zu  fischen  (doch  durchaus  niemanden  im  Strich  oder 
fürn  Ströhmen)  gestattet,  das  Pumpen  aber  bei  der  Fischerey  bey  drey 
Marck  Straff  vermiedtet  werden." 

Es  wird  ferner  verboten,  ungewöhnlich  engmaschige  Medritzen  an 
den  "Windegarnen  zu  haben,  Qaäste  zu  legen,  Sacksprieszen  (Pricken) 
ledig  stehen  zu  lassen,  mit  dem  Windegarn  während  der  Streichzeit  zu 
fischen.  Auf  die  Consignation  der  Gezeuge  und  richtigen  Eingang  des 
Pachtzinses  soll  strenge  gehalten  werden. 

An  die  Herrschaft  sollen  nach  Königsberg  zur  Winterszeit  40  Schock 
Quappen  und  von  den  Fischerdörfern  je  1  Schock  Hechte  („der  einer 
unter  einer  Elen  lang  nicht  seyn  soll")  oder  1/2  Schock  Hechte  und 
2  Schock  Bressen  geliefert  werden,  „je  ein  Hecht  für  2  Schilling  und  ein 
Bressen  für  einem  Schilling."  Diese  Fische  sind  auf  der  Post  nach  Post- 
nicken und  von  da  nach  Königsberg  zu  schaffen  und  es  soll  ein  Mann 
von  Russ  bis  Postnicken  und  einer  von  da  bis  Königsberg  mitgehen,  die 
„mit  auffrischen,  und  anderm  Fleisz  also  zusehen  sollen,  das  die  Fische 
soviel  immer  möglich,  lebendig  und  frisch  zur  Stelle  gebracht  werden 
mögen,"  dafür  denn  F.  D.  jedem  jährlich  5  Mark  zur  Besoldung  geben 
lassen  wollen.  F.  D.  und  die  Spitäler  haben  den  Vorkanf  von  allen 
Fischen,  dann  der  Landmann  für  seine  Haushaltung,  darauff  erst  die 
Schiffer  und  Fuhrleute  „so  auf  Gewinnung  kaufen". 

In  Artikel  5  werden  die  üblichen  Masse  genannt 

1  Raum  =  11/2  Ausschlag  =  71/2  gehäufte  Scheffel. 

Auch  werden  die  Fischpreise  festgesetzt  und  zwar: 

1  Raum  der  besten  Bressen  und  Zander  nicht  über  71/2  Mark 
dto.       geringer  Fische  (Ziegen,  Plötzen,  kleine  Zander)  4x/2      „ 

„Ein  frischer  Heubt  Bressen   lebend  oder  todt  ....  1  gr." 

Artikel  6  verordnet,  dass  die  aufzubewahrenden  und  in  den  Handel 
zu  bringenden  Fische  gehörig  getrocknet  resp.  gesalzen,  richtig  gezählt 
und  verpackt  werden  und  dasz  jeder  seine  Tonnen  mit  seiner  Marke  be- 


296  Die  Geschichte  der  Fischerei 

zeichne.     Die  Fischmeister  haben  sich  des  Fischhandels  gäntzlich  zu  ent- 
halten etc. 

Man  sieht  hieraus,  dasz  manche  der  wesentlichsten  Bestimmungen  unse- 
rer Fischereigesetzgebung  schon  damals  gültig  waren.  Ton  den  Fischerei- 
verhältnissen seinerzeit,  gegen  Ende  des  16.  Jahrhunderts,  machtHennen- 
b erger  verschiedene  Mittheilungen,   von  denen  ich   einige   hier  anführe. 

„Anno  1590  für  Ostern  fieng  man  im  Pregel  mit  kleinen  Keschern 
und  Sieben,  die  fisch  Kaulperszken  genant,  hauffenweis,  das  die  armut 
Trachtenweis  dieselbigen  verkauffte." 

„Anno  1595  war  den  gantzen  Winter  über  gar  geringer  Fischfang 
auf  beiden  Haffen,  und  sonderlichen  auff  dem  Curischen,  wurd  fast  nur 
Stinde  und  gar  kleine  Kaulperszken  zu  Marckt  gebracht,  und  sehr  tewer 
gegeben,  konten  auch  für  dem  grausamen  tieffen  sehne  auf  dem  Eyse 
nicht  wol  fort  kommen,  als  sich  aber  der  sehne  was  gesetzet,  hat  Gott 
reichen  segen  gegeben,  in  einem  zug  gegen  Rossitten  2  meyl  über,  da 
sie  in  einem  zuge  für  1200  Marck  Fische  gefangen  haben,  sein  fast  eitel 
Zigen  gewesen,  haben  den  Rhaum  ....  für  drey  Marck  gegeben,  auch 
wol  mit  Ketschern  ungemessen  den  Leuten  eingeschütt.  So  kann  der 
Herre  segenen,  wenn  wir  nur  from  weren.  Diesen  zug  sollen  2  Pawren 
gethan  haben  von  der  Sarkaw,  so  abgebrant  gewesen." 

„Samlandt  ist  auch  sehr  Fischreich,  und  bespeiset  nicht  allein  die 
umbliegenden  Lender  damit,  sondern  es  werden  auch  viel  Fische  einge- 
saltzen,  oder  getreuget,  und  in  frembde  Lender  geführet.  So  bringets 
F.  D.  viel  ein.u 

„Olaus  Magnus  sagt  das  die  Porpein  (Perpel)  .  .  .  mit  groszen  hauffen, 
zu  seiner  Zeit  in  Preuszen,  bey  der  Balga  und  Lochstetten  gefangen  sein 
geworden.  Welches  denn  jetziger  Zeit  kein  wunder  ist,  denn  man  gen 
Königsperg  auch  gantze  Bött  vol  auffgetreugt  zu  kauff  bringet." 

„Banaw  fl.  .  .  .  in  welchem  flies  man  Fohren  und  Eschen  findet." 

„Athmath  .  .  .  hat  oben  eine  grosze  wehre,  darienen  man  viel 
Lachsse  fenget." 

„Angerburg  hat  gar  einen  herlichen  Aelefang,  denn  alda  zwo 
Schleusen  sind,  und  unter  einer  jeglichen  ein  Aelekasten,  die  sein  grosz, 
und  von  grobem  Holtz  vierkandig  gesatzt,  da  man  auff  den  Abend  ein 
Fenster  oder  schützen  aufzeucht,  und  frey  Wasser  lauffen  lest,  mit  dem 
der  Aele  in  die  Kasten  fallet,  das  Wasser  durch  kleine  löchlein  ausfeilet 
oder  ausfleust,  und  der  Ael  darinnen  bleibt,  des  morgens  wenn  man 
schützt,  und  irgents  ein  gutte  finster  nacht  gewesen,  besonderlichen  wenn 
es  mit  gedonnert  hat,  findet  man  etzliche  fasz  vol  Ael  darinnen,  ohne 
Wasser  liegen." 


in  Ost-  und  Westpreussen. 


297 


/; 


Das  ist  genau  dieselbe  Fangweise  die  noch  jetzt  an  vielen  Wasser- 
mühlen für  die  zur  See  wandernden  Aale  angewandt  wird.  Dass  aber 
auch  die  Missbräuche  der  heutigen  Fischer  hinsichtlich  des  Fortfangens 
der  Laichfische  schon  damals  in  gleicher  "Weise  wie  heute  gäng  und 
gäbe  waren,  ersehen  wir  aus  der  folgenden  Stelle  über  den  Wystittensee, 
von  dem  es  bei  Hennenberger  heisst: 

„Ein  herrlicher  schöner  und  klarer  See  an  Littawen  ....  und 
hat  dieser  See  gar  wohlschmeckende  Pressem.  Es  hat  dieser  See  auch 
einen  feinen  bequemen  ort  zur  Pressem  leiche,  do  ungefehrlicben  das 
Wasser  eines  halben  Mannes  tieff  ist,  mit  biesem  bewachsen,  wenn  die 
Pressem  nun  streichen,  oder  leichen  wollen,  treten  sie  aus  dem  See,  in 
denselbigen  ort,  da  sie  vom  Biesem  eine  schöne  bequemigkeit  haben, 
dann  sonsten  der  See  rein  ist,  wenn  man  sie  nun  darinnen  vermerckt, 
kau  man  das  ort  gegen  dem  See,  mit  Schützen  fein  leicht  versetzen, 
das  nicht  mehr  Wasser  folgt.  Hierwerts  her  hats  einen  Ablas,  do  man 
denn  eine  Schützen  auffzengt,  do  entgehet  ihnen  das  wasser,  daz  man 
also,  die  herrlichsten  Wildmis  Pressem,  mit  Henden,  grosse  hauffen  auf- 
lesen mag." 

Auch  Hennenberger  giebt  ein  Yerzeichniss  der  ihm  bekannten 
Fische  in  Preussen,  die  nicht  alle  mit  voller  Sicherheit  bestimmbar  sind, 
theilweise  auch  gar  nicht  zu  den  Fischen  gehören. 

„Mancherley  Fische  so  in  Preussen  gemein,  und  allda  gefangen 
werden.'1 


„Ael 

Wildnis  Ael 

Aelruppen 

Aland 

Barbe 

Braunfisch 

Charussen 

Dobeln 

Elleritzen 

Eschen 

Flundern 

Foreln 

Rote  Foreln 

Giben 


Gisen 

Gisitzen 

Geseritz 

Hering,  Strömling 

Hessling 

Hornfisch 

Hechte,  dreyerley 

Mertzisch  Hecht 

Gras  Hecht 

Pocken  Hecht 

Krabben 

Krebs 

Karpen 

Kaulperske 


Lachse 

Lachsfahren 

Murenen 

Müller1) 

Meerschwein 

Mulckus2) 

Neunaugen 

Perszken 

Piszker 

Plötzen 

Pomocheln 

Porpein 

Pressem 

Quappen 


1)  Der  Kaulkopf? 

2)  Mulckus  =  malkis,  Stint? 


298  Die  Geschichte  der  Fischerei 

Rappen  Steinbutten  Uckeley 

Rotaugen  Steinpiszker  Waalfisch 

Schleyen  Stindt  Weissen 

Schmerling  Steckbötel  Zande 

Schneppel  Störe  Zerten 

Seehanen  Tabellen  Zigen 

Seehunde  Tobiasfische  Zoppen" 

Eine  Beschreibung  Hennenberger's  „Von  der  Winter  Fischereyen 
in  diesen  Mitnachtischen  Lendern"  lasse  ich  hier  folgen,  weil  sie  zeigt, 
wie  unser  Wintergarn  in  ganz  gleicher  Weise  wie  jetzt,  schon  zu  Ende 
des  16.  Jahrhunderts,  und  wahrscheinlich  schon  viel  früher  angewandt 
wurde. 

„Zu  Winterszeiten  wenn  alle  Teich  vnd  See  wol  zugefroren  sein/ 
Ist  in  diesen  Mitnachtischen  Lendern  die  beste  Fischerey.  Denn  in  allen 
Seen  und  Teichen  wissen  sie  wo  die  besten  Züge  sein/  so  nicht  haffte 
haben'  da  hawen  sie  dann  eine  gute  vierkantige  Wuhne/  oder  Loch 
durch  das  Eisz/  darnach  vff  beyden  Seiten  hawen  sie  widerumb  kleine 
Wuhnen  weit  herumbher  nach  dem  Lande  werts/  so  weit  von  einander/ 
dz  man  sie  mit  einer  zimlichen  langen  Stangen  von  einem  Loch  zum 
andern  erreichen  mag.  Wann  sie  fast  nach  dem  Lande  werts  kommen/ 
lencken  sie  sich  mit  den  kleinen  Wuhnen  zusamen/  wenn  sie  schier 
zusammen  gekommen/  also  das  sie  mit  der  langen  Stangen  einander  ab- 
reichen mögen/  haben  sie  in  der  mitten  widerumb  eine  grosse  Wuhne 
oder  Loch  gemacht/  das  Garn  allda  aus  zu  nemen.  In  der  Ersten  und 
grösten  Wuhnen  gibt  man  ein/  Erstlich  die  lange  Stangen/  auff  jegliche 
Seiten  eine/  daran  seind  lange  Bastene  starcke  Leinen/  die  wie  an  die 
flügel  des  Garns  gebunden  sein/  Auf  jeglicher  seiten  hat  einer  eine 
Gabel/  oben  daran  ein  Creutz/  damit  er  sie  unter  die  Arme  fasset/  mit 
dieser  scheubet  er  die  Stange  von  einem  Loch  zum  andern/  Yorn  aus 
gehet  einer  der  hat  ein  gar  krummen  Haeken/  und  vorn  ein  Nagel 
daran/  wo  die  Stange  nicht  recht  zum  Loche  kompt/  suchet  er  sie  mit 
demselbigen  Haeken  und  bringet  sie  damit  in  das  Loch  das  sie  der 
ander  mit  der  Gabeln  zum  andern  Loch  weiter  fort  schiebe/  Hinter 
diesem  seind  andere  so  umb  das  ander  Loch  die  Strenge  und  das  Garne 
nacher  ziehen/  welchs  uff  beyden  seiten  geschiehet/  bis  sie  zu  der  letzten 
unnd  andern  grossen  Wuhne  kommen/  da  ziehen  sie  eines  nach  dem 
andern  heraus/  bis  sie  endlich  das  Garn  auch  heraus  ziehen.  Darinnen 
man  offtmals  gar  gute  und  eine  grosse  Menge  Fische  fehet/  Und  ist  dis 
die  beste  Fischerey." 

Von    ganz    besonderer  Wichtigkeit   war    Wcährend    des    17.  und    im 


in  Ost-  und  Westpreussen.  299 

Anfange  des  18.  Jahrhunderts  der  Störfang,  der  namentlich  bei  Memel, 
Pillau  und  Danzig  meistens  an  englische  Pächter  oder  Arendatoren  ver- 
geben wurde,  die  den  Stör  kochten,  marinirten  und  grösstentheils  nach 
England  ausführten.  Diese  Pächter  wurden  hinsichtlich  des  Störfanges 
durch  zahlreiche  Edicte  und  Patente  geschützt,  die  Fischer  mussten  alles 
vermeiden,  was  den  Zug  des  Störes  hindern  konnte  und  gefangene  Störe 
zu  billigem  Preise  den  Störpächtern  abliefern.  Da  aber  auch  die  Städte 
sich  immer  beschwerten,  sobald  sie  nicht  zur  Genüge  mit  Stör  versorgt 
wurden,  so  begegnen  wir  fortwährenden  Klagen  der  Betheiligten  und 
ebenso  vielen  Verordnungen,  welche  diesen  Klagen  abhelfen  sollen.  Die 
älteste  mir  vorliegende  Verordnung  dieser  Art  von  Kurfürsten  Georg 
Friedrich  ist  datirt  vom  10.  Mai  1600  und  es  heisst  in  derselben: 

„Wasz  dan  auch  die  Versorgung  unserer  Stadt  Königsbergk  mit  Stör 
belanget,  zu  dem  ist  dem  Störhendler  in  seinem  Contract  mit  einverleibt 
die  Städte  zur  notturfft  darmit  zuversorgen,  Wie  dan  albereit  vor  dem  und 
nur  unlengst  wieder,  als  geklaget,  das  es  nicht  geschehe,  solches  dem 
Störhendler  verwiesen  und  zum  uberflusz  bevohlen  die  Stadt  zuversorgen, 
wie  dan  auch  die  Anordnung  geschehen,  das  wöchentlich  die  notturfft 
zu  margkt  gebracht,  und  nicht  allein  derwegen  bey  unser  Kuch  sondern 
nochmals  auch  beim  Bürgermeister  in  der  Altenstadt  die  ansag  ge- 
schehen soll." 

Aus  dem  Landtags  Abscheide  vom  2  April  1618  führen  wir  fol- 
gende Stellen  an: 

,,3.  Dasz  der  Dorsch  und  andere  Fische  nicht  nacher  Dantzig  Elbingk 
und  an  andere  Ort  so  häuffig  vorführet  werde,  es  sey  dann  vorhero  die 
Stadt  Königsbergk  zur  genüge  versehen." 

„Die  umblauffenden  Jungen  Knechte,"  die  nicht  arbeiten  wollen, 
sonder  sich  „uff  unverantwortliche  Handthirung  legen"  sollen  verhaftet 
und  gestraft  werden,  etc. 

Im  Archiv  der  Stadt  Elbing  finden  sich  mancherlei  Verordnungen, 
welche  über  die  Fischerei,  die  Fischmärkte  und  Fischereiaufsicht  des 
17.  Jahrhunderts  interessante  Aufschlüsse  geben. 

So  liegen  aus  den  Jahren  1601 — 1610  eigene  Schmerlenfänger-Ord- 
nungen vor,  welche  den  Unterthanen  von  der  Kanzel  vorgehalten  werden 
sollten.  Es  heisst  darin  u.  A. :  „Nachdem  etliche  jähr  hero  durch  das 
ungebührliche  Lachsfahr-  und  Schmerlen  fangen  ....  grosser  Schade 
dieser  Stadt  zugefüget  worden,  In  dem  ....  die  Mühlenteiche  sehr  ver- 
sandet ....  der  seegen  Gottes  an  saamfischen  jedesmahl  aufs  Land  ge- 
worfen und  mit  Sünden  verderbet  wird  .  .  .  alsz  hat  E.  E.  R.  für  nöthig 
befunden    diesem   Schaden  vorzukommen  und   über  den  Lachsfahr-  und 


300  ßie  Geschichte  der  Fischerei 

Schmerlenfang  nachfolgende  Ordnung  zu  machen  und  den  Unterthanen, 
wie  auch  den  verordneten  Schmerlenfängern  gewisse  Articul  vorzuschreiben. 

„Es  soll  sich  kein  Partner  oder  Dienstbote  des  Schmerlen-  oder 
Lachsfahrenfangens  in  der  Stadt  freyheit  anmaszen  bey  Verlust  des  Hamens, 
der  Fische  und  vier  mark  ann  Geld  .  .  .  Hette  er  das  Geld  nicht,  soll 
er  vier  Tage  im  Stock  dafür  liegen." 

Es  wird  verboten  zum  Zwecke  des  Schmerlenfanges  Dämme  in  den 
Bächen  zu  machen  und  aus  den  abgedämmten  Theilen  mit  Schaufeln  das 
Wasser  auszuwerfen,  weil  dadurch  ein  Versanden  der  Mühlteiche  beför- 
dert und  die  jungen  Fische  vernichtet  werden. 

Um  eine  bessere  Aufsicht  zu  ermöglichen,  sollen  im  Stadtgebiete 
nur  der  städtische  Deichwärter  und  vier  „verordnete'1  Schmerlenfänger 
den  Schmerlenfang  allein  mit  Hamen  betreiben  dürfen.  Die  Schmerlen- 
fänger müssen  eidlich  geloben,  den  verschiedenen  Artikeln  nachzuleben, 
Uebertretungen  werden  mit  Verlust  der  Berechtigung,  des  Geräthes,  der 
Fische  und  willkührlicher  Geld-  oder  Thurmstrafe  bedroht.  Sie  müssen 
mit  ihrem  Fange  „bey  dem  Pfeiffenborn  umb  billigen  preisz  markt  halten" 
und  dürfen  die  Fische  nicht  ohne  Erlaubnisz  des  Wettherren  von  der 
Stadt  fortbringen.  Beobachtete  Contraventionen  haben  sie  dem  Herrn 
Landrichter  oder  Aussenkämmerer  ungesäumt  anzumelden  „da  sie  dann 
die  Helfte  der  Strafe  und  Gefeile,  oder,  da  wegen  Armuth  des  Verbrechers 
nichts  gefallen  möchte,  dennoch  von  den  Herren,  da  sie  es  angemeldet, 
eine  Verehrung  gewertig  sein  sollen." 

„Zur  Recognition  solcher  freyheit  sollen  sie  zusammen  für  dieses 
Jahr  und  zukünftigen  Sommer  dem  Herrn  Landrichter  30  schock  und 
dem  Herrn  Aussenkämmerer  auch  30  schock  grosse  Schmerlen  der  Ober- 
keit  zu  vertheilen,  einliefern." 

Aus  derselben  Zeit  liegt  mir  ein  von  der  Stadt  Elbing  mit  dem 
damaligen  Störpächter  geschlossener  Contract  vor. 

„Wir  Bürgermeister  und  Rahtmanne  der  Stadt  Elbing  thun  hiemit 
nach  Standes  gebühr  denen  es  zuwissen  nöthig,  kundt,  dass  wir  aus  reiffem 
wollbedachten  raht  dem  Erb.  Johann  Lambert,  unseren  Mitbürger  ver- 
gönntt  undt  zugelassen  haben,  wie  wir  auch  krafft  dieses  vergönnen  und 
zulassen,  das  er  sich  der  Gerechtigkeit,  so  uns  zufuhren  des  Störes  auff  dieser 
Stadt  erblichen  wassern  zustehet,  von  unseretwegen  gebrauchen  möge,  also 
undt  dergestalt,  dasz  er  masz,  macht  und  gewalt  haben  soll,  solchen  Störfang 
durch  sich,  seine  Fischer  und  Gesinde  auf  dem  frischen  Nogatt,  an  welchem 
ort  es  ihme  bequem  und  gefeilig  sein  wirdt,  (doch  bei  unserer  Stadt 
grentzen)  mit  einem  oder  mehr  treibegarn  oder  auch  so  es  sich  künftig 
wird  wollen  thun  lassen  im  Habe  längst  dem  Lande  mit  stehenden  Garnen 


in  üst-  und  Westpreussen.  301 

forsteilen  möge,  woran  er  weder  durch  unsere  Unterthanen,  noch  durch 
sonst  jemandes  soll  gehindert  noch  gewehret  werden;  desz  soll  er  jährlich 
auf  Michaelis  uns  undt  unserm  verordneten  Fischmeister  zu  Zinsen  und 
zu  geben  schuldig  sein  Hundert  und  achtzig  Mark  üblicher  Landeswehre; 
Vor  welchen  zins  dann  alle  seine  (Jütter  jure  specialis  Hypothecae  haften 
sollen. 

„Auch  soll  er  schuldig  sein,  alle  Störe  so  er  fangen  wird  nirgends 
anders  hin  zuverkauffen,  sondern  alle  und  jede  bey  die  Stadt  zu  bringen, 
und  wöchentlich,  solange  der  fang  dauert,  gemeiner  Bürgerschaft  zu  glitte 
den  Fischmarkt  zwey  Fischtage  zu  versorgen  und  nach  erkenntnisz  des 
Erb.  Rahts  etliche  stück  durch  die  seinen  oder  andere  Fischkeuffer  aufzu- 
hauen, die  andern  aber  sieden  zu  lassen,  auch  soll  er  alle  Karpen  so  mit 
dem  Störgarn  gefangen  werden  möchten,  unserm  verordneten  Fischmeister 
abgeben.  Undt  so  irgend  verschwiegen  würden,  dieselbte  mit  drey  Haupt- 
stören gelten  und  büszen,  womit  doch  dem  Gesinde  der  eszfisch  nicht 
entzogen  sein  soll;  desz  soll  ihm  zur  beförderung  solcher  fischerey  zu 
den  Störbuden  frey  strauch  und  brücken  zu  auffheuffung  der  garne  wie 
auch  freye  stangen  zu  spregeln  aus  dieser  Stadt  wälden  von  unsern 
Auszenkämmern  und  lanclrichtern  gepfleget  werden.  Undt  soll  diese 
miete  undt  Vergünstigung  so  lange  dauern,  so  lange  er  Johann  Lambert 
seinen  zins  richtig  und  vollkömmlichen  ohne  seumniss  ablegen  wirdt. 
In  entstehung  aber  dessen  soll  und  will  E.  Erb.  Raht  an  diesen  Con- 
tract  ferner  nicht  gebunden  seyn,  sondern  mit  dem  Wasser  und  Störfang 
ihres  gefallens  zu  der  Stadt  besten  zugebahren  befuget  und  mechtig  sein. 

„Urkundlichen  mit  der  Stadt  Insie^el  wissentlich  bekräftiget  Actum 
Elbing,  d.  19.  Monats  Tag  Januarii  Im  Jahre  tausend  sechshundert  und  elfP." 

Im  Landrecht  des  Herzogthumbs  Preussen  publicirt  1620  heisst  es 
im  III.  Buch  unter  Articulus  III.  Von  Fahung  der  Thier/  so  sich  in 
den  Wassern  aufhalten/  als  Fischen/  Krebsen  etc. 

„dasz  vor  klein  zeug  gehalten  werden  sollen,  Allerhand  Garn,  dabey  zwo 
Personen  oder  weniger  arbeiten/  oder  fischen/  als  da  seynd  Kieppen, 
Handwaten,  Stacknetze,  Hahmen/  Wurffangeln/  Reusen/  Säcke  vnd  der- 
gleichen." 

In  §  1  wird  die  Verstellung  der  Ströme  verboten,  die  Priviiegirten 
sollen  die  Wehre  so  machen,  dass  die  Schifffahrt  nicht  gehindert  wird 
und  die  Fische  ziehen  können.  Nach  §  2  ist  die  Fischerei  im  Meere 
frei.  In  §  4  wird  in  Flüssen,  Bächen  und  Seen,  die  mit  „eigenthumb- 
licher  Gerechtigkeit  einem  andern  zugehörig  seynu  die  Fischerei  bei 
10  Fl.  ung.  verboten.  Dieselben  Bestimmungen  finden  sich  auch  in  dem 
Landrecht  vom  Jahre  1721  P.  IL  Lib.  HI.  Tit.  I.  artic.   IH.    wieder   vor. 


302  Die  Geschichte  der  Fischerei 

Im  Jahre  1621  schrieb  Caspar  Stein,  med.  Lic.  seine  Memorabilia 
Prussica,  die  später  in  den  Acta  borussica  (Bd.  I.  1730)  abgedruckt 
wurden.  Er  beschreibt  in  seinen  Aufzeichnungen  die  Winterfischerei 
auf  dem  frischen  Haffe,  bei  der  mitunter  100  und  mehr  Tonnen  Fische 
gefangen  würden,  und  namentlich  auch  das  Verfahren  bei  der  Zubereitung 
des  Störes  in  der  Störbude  zu  Alt-Pillau,  wo  der  Fisch  marinirt  und  sein 
Rogen  zu  Caviar  verarbeitet  werde,  den  man  nach  Frankreich,  England, 
Litthauen  und  Russland  ausführte.1) 

Eine  „Neue  revidirte  Haab-  und  Fischerordnung  des  Hertzogthums 
Preuszen"  wurde  am  20.  März  1640  für  beide  Haffe  und  die  Ströme 
erlassen.  Dieselbe  ist  der  von  1589  im  Wesentlichen  gleich  und  ent- 
hält auch  Angaben  über  den  Pachtzins,  den  die  verschiedenen  Garne  zu 
entrichten  haben,  und  über  die  Fischpreise.     Es  zahlte  demnach 

Ein  Wintergarn  20  Mark,  1/2  Schock  Hechte  und  2  Seh.  Bressen. 
Ein  kleines  Wintergarn  oder  Stintgarn  10  Mark,  6  frische  Lächsse 
Ein  Windegarn  im  Frühjar  und  Herbst  je  10  Mark,  im  Sommer 

2  Seh.  Bressen,  */2  Seh.  Hechte. 
Ein  churländisch  Garn  10  Mark. 
Ein  Keuttel  20  Mark  und  72  Fass  Aal. 
Kahnsäcke  von    jedem   Sack    im   Frühjahr  und  Herbst  je   5  gr. 

und  vom  Kahn  60  trockene  Plötze. 
Andere  Säcke  jeder  im  Frühjahr  und  Herbst  je  5  gr. 
Von  jedem  Schock  Säcke    in  Frühjahr  und  Herbst  je  1  Schock 

Bressen  oder  Zander. 
Ein  Windcartellgarn  15  Mark  und  Y2  Schock  Hechte 
Ahlwaten  10  Mark  und  J/4  Easz  Aal. 
Es  werden  alsdann  folgende  Preise  für  die  Fische  festgesetzt: 

1  Tonne    beste  Fische   (Bressen  und  Zant)    5  Mark,    (im   Strich 
21/2  Mark). 


1)  In  Alt-Pillau  ....  aedicula  Stoerbud  et  captura  Acipenseris  et  Sturionis, 
Stoerfang,  inemorabilis,  quae  ex  gratia  Principis,  pro  certa  peeuniae  summa  annua  civi 
EegiomoDtano  nunc  concessa.  Hie  piscis  Acipenser  .  .  .  mense  Aprili  et  septembri,  in 
mari  Balthico  et  Habo  Prutenico  capitur  et  in  hac  aedicula  in  frustra  scinditur,  et  prop- 
ter  mollitiem  libris  ligatur,  ac  cum  sale  in  aheno  coquitur,  et  cum  in  scamno  refrixerit, 
in  doliolis  reponitur,  acetoque  vini  conditur  et  in  Angliam  defertur.  Pinguedo  vero 
sturionis,  quae  Thran  vocatur.  inter  coquendum  ex  aheno  per  fistulam  effluens  separatur 
et  sutoribus  ad  praeparationem  coriorum  venditur.  ßlateria  spermatica  vel  ova  sturionis, 
quae  Reegen  vocantur,  ab  intestinis  abraduntur,  sale  consperguntur  et  aromatibus  prae- 
parantur  atque  ab  Anglis,  Gallis,  Lithuanis,  Ruthenis  aliisque  populis  pro  eduliis  deli- 
catis  simul  apponuntur.  Vulgo  etiam  his  ovis  praeparatis  panem  illinunt  et  sie  co- 
rnedunt." 


in  Ost-  und  Westpreussen.  303 

1  Tonne  geringe  Fische  (Ziegen,  Plötzen)  3  Mark. 

1  Fasz  beste  gesalzene  Aale  36  Mark. 

1  Fasz  Pökelzante  18  Mark. 

1  Fasz  ges.  Hecht  und  Bressen  12  Mark. 

1  Schock  Dorsch  von  Ostern  bis  Jacobi  12  gr.,  von  Jacobi  bis 
Michaelis,  „was  etwan  grober  Fisch  were,  so  ufm  Hauschnur  gefangen 
wird"  18  gr. 

Gefangene  Lachse  sollen  dem  Fischmeister  gebracht  und  billig  über- 
lassen werden.  Die  Krüger  und  Händler  dürfen  keine  Lachse  aufkaufen, 
„weil  solche  allein  vor  die  Herrschafft  gehören." 

Endlich  wird  die  Abhaltung  regelmässiger  Fischmärkte  an  bestimm- 
ten Wochentagen  für  eine  Anzahl  von  Dörfern  am  frischen  Haff  ange- 
ordnet, damit  die  Einwohner  Gelegenheit  haben  sich  mit  Fischen  zu  ver- 
sorgen und  nicht  alle  Fische  durch  die  Händler  (Kupscheller)  ausgeführt 
werden. 

Yom  Anfange  des  17.  bis  zur  Mitte  des  18.  Jahrhunderts  treffen 
wir  in  den  Akten  auf  fortwährende  Beschwerden  der  Sackfischer  über  die 
Keutelfischer  und  umgekehrt  und  viele  Kescripte  wegen  der  Ausübung 
der  verschiedenen  Fischereien. 

Ganz  richtig  behaupten  die  Sackfischer  „inmaszen  wann  der  kleine 
Zant  und  andere  Samen  gerühret,  und  wol  eine  halbe  Meil  mit  dem 
Keutel  im  Wasser  herumb  gezogen  wird,  er  weil  er  noch  zart  ist,  da- 
durch im  Kopfe  verkrüselt,  abgemattet  wird  und  also  nothwendig  sterben 
und  zu  nicht  gehen  musz."  Ferner  „dasz  die  Keitelfischerey  von  Tage 
zu.  Tage  stärcker  wird,  da  ehemalen  nur  einige  Keuttel  gewesen,  jezo 
in  Rosenberg  19  und  in  Passarge  40  Keuteln  sind;  ja  es  giebt  junge 
Fischerknechte,  die  bey  der  Sack-  und  Nezfischerey  nicht  dienen  und 
gutes  thun  wollen,  sondern  denen  das  Faullenzen  und  herumbschwerenn 
aufm  Wasser  besser  gefällt,  selbte  schaffen  Ihnen  expree  ein  Gefäsz  an, 
und  gehen  der  Keutelfischerey  nach,  welches  zu  desto  mehr  unwieder- 
bringlichem Schaden  gereichet." 

In  einem  Elbinger  Schriftstück  vom  Jahre  1642  heisst  es: 
„Und  obschon  diese  Fischerey  der  anderen  Herbst-,  Winter-  und 
Vorjahrs-Fischerey  groszen  Schaden  und  Abbruch  gethan,  so  ist  sie  doch 
stark  fortgesetzet,  weil  sie  dem  Schlosz  Marienburg  groszen  Nutzen  ge- 
bracht. Denn  es  hat  ein  jeder,  der  mit  Keuteln  fischen  wollte,  einen 
Zettel  deszwegen  von  dem  Schlosz  Marienburg  nehmen,  und  dieselben 
wohl  bezahlen  müssen  .  .  .  Und  hat  diese  Stadt  selber,  wenn  sie  sich 
der  Keutel  auf  Ihrem  eigenen  Wasser  gebrauchen  wollen,  von  Marien- 
burg  müssen  Frey-Zettel  holen  lassen." 


304  Die  Geschichte  der  Fischerei 

In  einem  Schreiben  des  Elbinger  Raths  an  den  Kurfürsten  vorn 
22.  Mai  1642  heisst  es: 

„Dass  das  ganze  Hab  mit  vielen  solchen  Garnen  von  einer  Seite  zur 
andern,  dasz  Vorjahr  und  den  Sommer  über,  gleichsam  durchpflüget  und 
wegen  der  wenig  Ahl,  so  auf  diese  Weise  erjaget  werden,  ...  bei  40, 
ja  50  Tonnen  Saamen-Fisch  ersticket,  vernichtet  und  todt  über  bort  ge- 
worfen werden." 

Und  dasselbe  wird  in  einem  Schreiben  vom  30.  September  desselben 
Jahres  dem  Ermländischen  Domcapital  vorgestellt: 

„Denn  wie  glaubwürdig  berichtet  worden,  dasz  von  einem  Keutel- 
fischer  in  einem  Jahr  bey  40  .  50  Tonnen  Saamenfisch  über  bort  ge- 
worfen und  zu  nicht  gebracht  werden,  wie  sie  selbsten  solches  nicht  in 
Abrede  sein  wollen  .  .  .  Woraus  leichtlich  der  Schlusz  zu  machen  was 
vor  ein  unermesslicher  Abbruch  und  Schaden  an  dem  Saamenfisch  jähr- 
lichen auf  diese  Weise  geschehen  muss." 

Bei  allen  Tagefahrten  wiederholen  sich  die  Klagen  über  die  Keutel 
wegen  Zerreissens  der  Netze  und  Säcke,  Abbrechens  der  Pricken,  Fort- 
schleppens  der  Säcke  und  des  Gebrauches  zu  enger  Maschen. 

Unterm  3.  October  1630  bestimmt  denn  auch  Kurfürst  Georg  Wilhelm, 
dass  die  Keutelfischer  genau  ihre  Grenzen  innehalten,  nur  von  Ostern 
bis  Michaelis  fischen,  sich  aller  Beschädigungen  der  Netze  enthalten  und 
wenn  sie  durch  solche  Wasserstrecken  fahren,  in  denen  sie  nicht  keuteln 
dürfen,  ihr  Garn  am  Mäste  aufhängen  sollen. 

Auch  wegen  des  Strebens  und  Jagens,  des  Legens  von  Aalquästen 
und  des  Fischens  in  der  Schonzeit  liegen  uns  aus  jener  Zeit  zahlreiche 
Beschwerden  und  Bescheide  vor. 

Im  Kirchenbuch  von  Inse  befindet  sich  eine  Notiz,  welche  beweist,  wie 
fest  die  dortigen  Fischer  noch  im  17.  Jahrhundert  an  alten  abergläubischen 
Gebräuchen  hielten,  die  mit  dem  ehemaligen  heidnischen  Gottesdienst 
zusammenhingen.  Zwischen  Inse  und  Tawe  stand  eine  uralte,  schon  ab- 
gestorbene Eiche,  an  welcher  die  Fischer  regelmässig  kleine  Opfergaben 
niederlegten,  um  einen  guten  Fang  zu  machen,  bis  sie  im  Jahre  1636 
auf  den  Befehl  des  damaligen  Pfarrers  durch  fremde  Leute  gefällt  wurde. 
Im  Folgenden  geben  wir  die  Abschrift  eines  im  Kgl.  Archiv  zu 
Königsberg  befindlichen  Keutelbriefs  oder  Keutelpasses  aus  der  Mitte 
des  17.  Jahrhunderts: 

„Gegenwärtigem  Fischer  Hansz  Kallhorn  ist  vor  dieses  mahl  ver- 
gunnt  und  zugelassen  worden  mitt  einem  Keuttelgarn  so  lang  dasz  Wasser 
offen  bleibt  offm  frischen  Habe  zu  fischen  doch  mitt  dem  Bescheid  das 
Er  wöchentlich  Ein  Achteil  frische  Fische    in   unsere   Küche   allhie   zu 


in  Ost-  und  Westpreussen.  305 

liefern,  sich  auch  der  Küchenzüge  unndt  anderer  vorbohtenen  wasser  zu 

enthalten  soll  schuldig  unnde  vorbunden  sein.      Uhrkundlich  mit  Sr.  Ch. 

Dcht.  Secret  bekrefftigett.     Geben  Königsperg  den  7  Februarii  Anno  1642 

L.  S.  Bernh.  v.  Koenigseck.  Fabian  v.  Ostau.  Asv.  Brand." 

Vom  Jahre  1664  liegt  mir  eine  Abschrift  von  der  „Information  des 
Herrn  Fischmeisters1'  von  Elbing  vor.  Dieselbe  ist  ziemlich  umfangreich 
und  zerfällt  in  drei  Abschnitte,  nämlich: 

1.  Herrn  Fischmeisters  Jurisdiction, 

2.  Hern  Fischmeisters  Ambts  Verwaltung  und 

3.  Herrn  Fischmeisters  Accidentien, 

welche  letztere  einen  recht  beträchtlichen  Zuschuss  zu  seinem  Gehalt  bilden. 

Es  folgen  dann  noch  Bemerkungen   über  die  wöchentlich  von  den 

Fischdörfern  der  Stadt  zu  liefernden  Fische,  die  den  „Herren,  den  Secre- 

tariis,  wie  auch  dann  und  wann  den  Herren  Prädicanten"  vertheilt  werden. 

Eine  Nachweisung  der  im  Jahre  1645  so  vertheilten  trockenen  Lachse 
findet  sich  ebenfalls  bei  den  Elbinger  Acten: 

„Jungfersche  haben  ao.  1645  kurtz  vor  Zufrost  an  treugen  Lachsen 
geliefert  220  Stück,  sind  vertheilet  wie  folget: 

4  Herren  Bürgermeistern  zu  6  Stück 24 

Herrn  Fischmeister 6 

11  Herren  des  Eaths  zu  4  Stück 44 

Herrn  Syndico  3 

2  Stadt  Doctorn  zu  2  Stück 4 

Herrn  Rectori 2 

3  Predigern  in  der  Stadt  zu  2  Stück 6 

3  Predigern  als  Polnische,  St.  Annen  und  h.  Leichnam 3 

6  Secretariis  zu  2  Stück 12 

Amtsschreiber  und  Copist  zu  2  Stück 4 

Stadt  Pfeiffer,  Barbier,  Maurer,  Zimmermann,  Stadt  Glöckner  ä  1  Stück  5 

Doctor  ex  off.  und  Organist  jedem  1  Stück 2 

2  Bauknecht  jedem  1  Stück 2 

Herrn  Vogt 2 

Koch,  Brückenwärter  und  Post  Reuter  ä  1  Stück 3 

2  Vorjäger  ä  1  Stück 2 

Obrist-  Reut.  Diener   2 

8  Einspännige  jedem  1  Stück 8 

4  Wald  Knechten  ä  1  Stück 4 

9  Lauff  Diener  ä  1  Stück 9 

Latus  147 
20 


306  Die  Geschichte  der  Fischerei 

Transport  147 
Herrn    Auszen    Kämmerers     und    Herrn    Landrichters    Diener 

jedem  1  Stück  2 

Thurin  Wächter 1 

Banmschlüszer 1 

Summa  151 

Noch  dem  Baumschlüszer  1  Stück  und 1 

dem  Stadtapotkeker  1  Stück 1 

Die  übrigen  bleiben  zum  Vorrath  auf  Keisen  und  freyen  Stationen 
frembder  Vornehmer  Herren." 

In  ähnlicher  Weise  wurden  in  demselben  Jahre  vertheilt  25  Viertel- 
tonnen  Aal,  90  Schock  Neunaugen,  21  Stück  Störe,  abgesehen  von  den 
gewöhnlichen  Fischen. 

Von  ganz  besonderer  "Wichtigkeit  war  gegen  Ende  des  16.  und  im 
17.  Jahrhundert  der  Störfang,  der  namentlich  bei  Memel,  Pillau  und 
Danzig  vielfach  von  fremden  Pächtern  betrieben  wurde.  Nach  den 
Pillauer  Pfundzollbüchern  wurden  allein  von  dort  jährlich  bis  mehrere 
tausend  Tonnen  marinirten  Störes  versendet.  Es  liegt  uns  eine  Menge 
gedruckter  Edicte  und  Patente  vor,  die,  zum  Anschlage  in  den  Aemtern 
und  zur  Verlesung  von  den  Kanzeln  bestimmt,  bei  hoher  Strafe  jede 
Beeinträchtigung  des  Störpächters  verbieten.  Solche  Patente  sind  erlassen 
worden  unterm  30.  August  1675,  16.  März  1682,  14.  April  1863, 
20.  December  1685,  16.  Mai  1687,  14.  Mai  1691,  26.  Mai  1694, 
12.  März  1696,  14.  Juni  1717. 

Schon  in  den  ersten  Erlassen  wird  den  Fischern  im  Interesse  des 
Störpächters  „bei  Leib-  und  Lebensstrafe"  verboten  „dem  Pillauschen 
Tiefte  und  Heercle  zu  nahe  zu  kommen".  In  dem  Patent  vom  14.  April 
1683  heisst  es:  Da  die  „Stöhr -Partitanten,  welche  nicht  allein  heim- 
lich/ sondern  auch  wol  öffentlich  von  denen  Einheimischen  und  fremden 
Fischern  den  Stöhr  auffkauffen,  denselben  kochen  und  bey  Nachtzeiten 
an  die  Englischen  Schiffe  verpartiren  und  verkauften/  Sr.  Churf.  Durchl. 
Zoll-Intraden  solcher  gestalt  defraudiren/  dem  Stöhr- Arendatori  schäd- 
liche und  gewaltige  Eingriffe  thun/  und  durch  den  so  übel  zugerichteten 
Fisch  den  Stöhrhandel  hiesiges  Orts  die  Jahr  hero  in  nicht  geringe 
Verkleinerung  und  Abnahme  gebracht  ....  Alsz  haben  S.  Ch.  F. 
D.  .  .  .  verordnet  dasz  die  Stöhr-Partitanten  exemplariter  bestraffet  .... 
werden  sollen.  Wird  demnach  Männiglich  verwarnet  dasz  niemand  .... 
auszerhalb  dem  Stöhr-Arendatore  sich  unterstehen  solle,  allhier  an  dem 
Fischmarkte  .  .  .    des    Auffkauffens    und    Verkauffens    der   frischen    und 


in  Ost-  und  Westpreussen.  307 

gantzen  Stöhre  (jedoch  den  Stöhr,  der  in  Säcken  gefangen/  und  der  Ar- 
muth  zum  besten  Pfund-weise  auff  der  Fischbrücke  der  alten  Gewohn- 
heit nach  öffentlich  verkaufft  wird/  davon  ausgenommen)  ....  sich 
anzumaaszen." 

Am  20.  Juli  1716  verpachtete  der  Danziger  Rath  den  Störfang 
in  seinen  Gewässern  für  600  polnische  Gulden  ä  30  gr.  mit  der  Bedin- 
gung, dass  andere  Fischer,  wenn  sie  zufällig  Store  fangen  sollten,  dieselben 
nur  an  den  Störpächter  zu  billigem  Preise  verkaufen  dürften.  In  den 
Verhandlungen  aus  jener  Zeit  wird  vielfach  darüber  geklagt,  dass  grosse 
Mengen  junger  Störe  von  nur  1/-2  Elle  Länge  in  Danzig  zu  Markte 
gebracht  würden.  In  Pillau  brachte  nach  Bock  die  Störpacht  um  diese 
Zeit  1000  Thaler  ein,   sank  aber  bald  auf  500  und  400  Thaler. 

In  dem  Edict  vom  14.  Juni  1717  wird  erwähnt,  dass  die  Stör- 
Arende  abnehme,  weshalb  verboten  wird,  mit  engen  Netzen  in  der  Nähe 
des  Tiefes  zu  fischen,  um  die  jungen  Störe  zu  schützen.  Unbefugte 
Partitanten  sollen  „sofort  beym  Kopf  genommen"  und  in  die  Festungen 
geschickt  werden. 

Im  Jahre  1716  beschwerten  sich  die  englischen  Störpächter  wieder- 
holt über  Beeinträchtigung  ihres  Gewerbes  durch  die  Pillauer  Fischer, 
sowie  darüber,  dass  Unberechtigte  zahlreiche  kleine  Störe  fingen  und 
nach  Königsberg  zu  Markte  brächten.  In  Folge  dessen  ersuchte  die 
Königsberger  Regierung  den  Commandanten  von  Pillau,  die  Rechtsame 
des  Störpächters  zu  schützen  und  erforderte  gleichzeitig  von  mehreren 
Sachverständigen  Gutachten  über  die  Gründe  für  die  seit  längerer  Zeit 
beobachtete  Abnahme  der  Störe.  Es  liegen  bei  den  Acten  Gutachten  von 
den  ehemaligen  Störpächtern  Johan  Norris  und  William  Norris  in  Pillau 
und  von  dem  Licentrath  und  Zollinspector  Schneider  daselbst,  alle  drei 
vom  19.  Juni  1717  datirt.  Johan  Norris  constatirt,  dass  ganze  "Wagen- 
ladungen kleiner  Störe  in  Danzig  feil  gehalten  werden  und  berichtet, 
dass  der  Störfang  mit  dem  Aufgange  des  Eises  beginne  und  bis  14  Tage 
vor  Johannis  daure,  von  August  an  sei  nur  in  der  See  ein  unbedeutender 
Störfang.  Er  glaubt,  dass  Witterangsverhältnisse  oder  dergl.  den  Stör 
am  Einzüge  in  das  Haff  hindern,  desperirt  übrigens  nicht  an  künftiger 
Besserung,  weil  es  nur  an  Gottes  Segen  gelegen  sei  „dann  es  vormals 
viele  abwechselungen,  mit  reichen  und  schlechten  Störfang  gegeben  und 
zu  vermuthen,  dass  Es  künftig  nicht  anders  damit  zugehen  wird." 

Kehren  wir  inzwischen  zum  Ende  des  17.  Jahrhunderts  zurück,  so 
finden  wir  unter  dem  15.  August  1690  ein  Rescript  des  Kurfürsten 
Friedrich  III.    an    die    Amtleute    wegen    ,, Abschaffung    der   Pricken    und 

20* 


308  Die  Geschichte  der  Fischerei 

Qväste,  wie  auch  des  Strebens  und  Jagens,1)  auch  der  Netzstellung  unter 
Eisz  u.  s.  w."     Dasselbe  lautet  folgen dermassen: 

„Auf  der  Königsbergischen  Gildefischer  vielfältig  geführte  Klage, 
haben  einige  aus  unserer  Kammer  die  fürgegebene  Einträge  aufm  Haffe 
untersuchet,  und  befunden,  dasz  nicht  allein  ihr  Beybringen  gegründet, 
indem  mit  dem  schädlichen  Jagen  und  Streben  täglich  verfahren  wird, 
auch  mehr  und  mehr  zunimmt,  zumalen  verschiedene  darauf  betroffen 
worden;  sondern  es  geschiehet  auch  dem  Publiko  dadurch  insonderheit 
groszer  Nachtheil,  dasz  das  frische  Haff  von  beyden  Seiten  mit  einer 
unzählige  Menge  Pricken,  auch  angebundenen  groszen  Qvästen,  welche 
unsere  Unterthanen  aus  unseren  "Wäldern  hauen,  und  viel  tausend 
Stämme  damit  zu  nichte  machen,  dergestalt  besetztet  und  verschlemmet 
wird,  dasz  die  Keutel  und  Fischergarne  unmöglich  durchgebracht  werden 
können,  angesehen  besonders  des  Winters  nicht  ein  einziger  Zug  an 
selbigen  Orten  gethan  werden  kann,  indem  die  Netze  von  den  groszen 
Pfählen,  so  im  Wasser  stecken  bleiben,  ganz  zerrissen  werden;  wozu 
denn  auch  nicht  wenig  hilft,  dasz  Bauern,  Gärtner,  Hirten  und  Wahrten 
auch  des  Winters  so  viel  Löcher  ins  Eisz  hauen,  um  die  Netze  darunter 
zu  setzen,  deszwegen  die  Gildeschipper  keinen  rechten  Zug  im  Winter 
zu  thun  vermögen.  Weil  denn  desgleichen  Unterfangen  höchst  strafbar, 
zumalen  Es  wider  die  Fischerordnung  läuft,  wie  auch  zu  verschiedenen 
malen  befohlen,  solche  unbefugte  Fischerey  abstellen  zu  lassen;  Als 
ergehet  hiemit  an  Dich  unser  gnädigster  und  zugleich  ernstlicher  Be- 
fehl, denen  gesammten  Einsassen  unsers  Dir  befohlenen  Amts,  welche 
zu  fischen  berechtigt,  anzudeuten ,  dasz  sie  des  verbotenen  Strebens 
und  Jagens  sich  gänzlich  enthalten,  und  die  annoch  vorhandenen  Pricken 
und  Qvästen  so  fort  wegräumen  sollen,  widrigenfalls  diejenige,  so  darauff 
betroffen  werden,  denn  Wir  fleiszige  Achtung  deshalb  durch  gewisse 
Leute  geben  lassen  wollen,  nicht  allein  in  Geldstrafe  verfallen  seyn, 
sondern  auch  in  Hafft  genommen  und  in  die  Schanze  gebracht  werden 
sollen.  Auf  dasz  sie  sich  aber  um  so  viel  weniger  einiger  Entschuldigung 
hierunter  zu  bedienen  haben,  als  hast  Du  solches  von  der  Kanzel  ab- 
kündigen zu  lassen,  damit  sich  ein  jeder  darnach  achten  könne." 

In  der  „Flecken-,  Dorf-  und  Acker-Ordnung"  vom  Jahre  1702 
heisst  es:  㤠 38.  Nachdem  auch  die  Teiche  und  Pischwasser,  ja  gantze 
Plüsse  durch  das  Flachs-  und  Hanff-Köhten  öfters  verwüstet,"  sollen 
die  Beamten  den  Interessenten  zu  diesem  Zweck  solche  Gewässer  an- 
weisen, in  denen  dadurch  kein  Schade  geschehen  kann. 

1)  Von  den  verbotenen  Fischereien  wird  bei  der  Besprechung  des  Fischerei- 
betriebes die  Eede  sein. 


in  Ost-  und  Westpreussen.  309 

Wegen  der  Verunreinigung  und  Verschlammung  des  Pregels  und 
des  Tiefes  wurde  unterm  9.  Februar  1708  ein  Edict  erlassen,  in  dem  es 
unter  andern  heisst:  „3.  Die  Fischer  und  andere  Leuthe  sollen  keine 
Aalquäste,  als  wodurch,  wann  sie  sich  zu  Grunde  senken,  der  Strohm 
wirklich  verschlemmet  wird,  zugeschweigen  dass  man  dadurch  jährlich 
ein   vieles  an  jungem  Holtz  verdirbet,  fernerhin  auslegen." 

Aus  den  Jahren  1716  und  1717  liegt  ein  dickes  Actenstück  vor, 
Beschwerden  der  Königsberger  Fischergilde  enthaltend  über  die  fremden, 
Fischhäuser,  Caporner  u.  a.  Fischer,  welche  nach  Königsberg  Fische  zum 
Markte  bringen  und  die  Preise  drücken.  Die  Gildefischer  weisen  in  ihren 
Schriftstücken  ihre  erheblichen  Ausgaben  nach.     Sie  zahlten  demnach 

„An  die  Kammer 950  Mark. 

Dem  Magistrat  Bollwerksgeld •  .     .     30  fl. 

Item  vor  den  Kiedel 24   „ 

An  das  Amt  Brandenburg  vor  die  Frey  Züge    ....     42    „ 

An  das  Amt  Balga 33   „ 

An  das  Amt  Fischhausen  vor  8  Kiedel 24    „ 

Vor  vier  Garn   .     .     .     .     , 12    „ 

Dem  Amtsschreiber  vor  Pässe  in  der  Wiepe  zu  fischen   36 — 54   „ 

Summa  Summarum  was  E.  E.  Zunfft  giebet  ist  1384  Mark." 
Am  19.  November  1721  erliess  die  Domainen-Kammer  in  Königsberg 
eine  Generalverordnung  an  die  Beamten  der  am  Haff  gelegenen  Aemter, 
dass  gar  keine  Keutelfischerei  mehr  gestattet  werden  dürfe  und  noti- 
ficirte  dies  auch  den  Städten  Danzig,  Elbing  und  dem  Ermländischen  Dom- 
kapitel, was  am  8.  Januar  1722  von  dem  ostpreussischen  Staatsministerium 
nach  Berlin  berichtet  wird.  Aber  trotz  mehrfacher  Erlasse  der  Art  war 
die  Keutelfischerei  nicht  zu  unterdrücken  und  die  wiederholten  Conferenzen, 
Commissionen  und  Correspondenzen  führten  zu  keinem  durchgreifenden 
Resultat.  In  einem  Erlass,  datirt  Berlin  11.  August  1726,  wird  Bezug  ge- 
nommen auf  ein  Rescript  vom  4.  Mai  1724,  wonach  es  bei  der  im  Jahre 
1722  von  der  Domainen-Kammer  verfügten  Inhibirung  der  Keutelfischerei 
sein  Bewenden  haben  solle.  Am  9.  Juni  1724  sei  dies  Rescript  den 
Aemtern  bekannt  gemacht  und  am  27.  Januar  1725  erneuert.  Dagegen 
behauptet  der  Kammerpräsident  von  Bredow  in  einem  Schreiben  (Ortels- 
burg  den  7.  November  1728)  an  das  Ministerium  in  Berlin,  die  erwähnten 
Rescripte  hätten  gar  keine  Confirmation  erhalten  und  seien  nur  Entwürfe, 
die  zur  Kenntnissnahme  in  den  Aemtern  mitgetheilt  wären.  Und  in  der 
That  sind  auch  gedruckte  Erlasse  des  fraglichen  Inhalts  von  1722,  1724 
und  1725  nicht  zu  finden. 

Inzwischen  geht  aus  einer  Verfügung  vom  14.  October  1728  hervor, 


310  Die  Geschichte  der  Fischerei 

dass,  nachdem  durch  die  vielfältigen  Verbote  und  Beschränkungen  der 
Keutelüscherei  der  Fisch  im  Haffe  doch  nicht  häufiger  geworden,  dagegen 
einige  Fischerdörfer  total  verarmt  seien,  Kgl.  Majestät  die  Keutelfischerei 
wieder  freizugeben  für  nöthig  erachte.  Und  so  wurde  zunächst  den 
Passarger  und  Rosenberger  Fischern  durch  ein  König!  Rescript  vom 
19.  März  1729  das  Keuteln  vorläufig  auf  ein  Jahr  wieder  erlaubt  und 
den  Beamten  anheimgestellt  gegen  eine  Erhöhung  des  Zinses  den  Keutel 
auch  anderen  Ortschaften  freizugeben. 

Eine  „Neurevidirte  Fischer  Ordnung  vor  das  frische  Haff  Königlich 
Preuszischer  Herrschaft  d.  d.  Berlin  27.  Februar  1738"  wurde  erlassen, 
„nachdem  viele  Klagten  seither  eingelauffen,  dasz  eines  theils  denen  .  .  . 
in  den  Jahren  1589  und  1640  emanirten  Haff-  und  Fischer-Ordnungen 
auf  dem  so  genannten  frischen  Haff  .  .  .  schlecht  nachgelebet  werde, 
andern  theils  dieselbe  auf  die  gegenwärtige  Beschaffenheit,  und  Umstände, 
in  vielen  Stücken  nicht  völlig  eingerichtet." 

Diese  Fischerordnung  enthält  37  Paragraphen,  von  denen  wir  nur 
die  wichtigsten  erwähnen. 

§  4.  „Das  so  genannte  Pumpen,  Klonnen,  Jagen,  Klappern,  Bullern 
und  Steiren,  sowohl  im  Hafe,  als  in  der  See,  wodurch  der  Fisch  vom 
Eingang  ins  Haff  verjaget  und  vertrieben  wird;  in  gleichen  das  Aussetzen 
der  Quaste  im  Hafe  soll  bey  Verlust  des  Gefäszes  und  Garns,  zu  aller 
Zeit  verbothen  seyn." 

§  5  verbietet  das  Verstellen  der  Tiefe  und  Flussmündungen,  §  6  unter- 
sagt das  Treiben  vor  und  in  dem  Tief  bei  Verlust  der  Gefässe  und  Garne 
und  Yajähriger  Festungsarbeit,  §  7  bedroht  mit  gleicher  Strafe  das  Fischen 
in  der  See  innerhalb  einer  Meile  vor  dem  Eingange  des  Tiefes,  doch 
wird  in  §  8  der  Strömlingsfang  mit  den  gewöhnlichen  Netzen  auch  im 
Tief  freigegeben,  ij  10  setzt  die  Weite  der  Maschen  in  der  Metritze  des 
Keutelgarns  auf  ■1/2//  fest,  §  11  giebt  dasselbe  Mass  für  die  Metritze  der 
Windegarne. 

§  12.  „Währender  Leechzeit  soll  die  Fischerey  nahe  dem  Lande 
und  vorlängst  der  Ufer  gäntzlich  verbothen  seyn,  bey  Verlust  der  Gefäsze 
und  Netze,  und  soll  dieselbe  währender  Leechzeit  anders  nicht  als  auf 
der  Höhe  oder  dem  so  genannten  Bohden  erlaubet  werden." 

§  13.  Die  Säcke  sollen  bei  offenem  Wasser  in  Abständen  von 
100  Schritt,  unter  Eis  40  Schritt  von  einander  gestellt  werden. 

§  14.  „Die  Pricken  soll  jeder  Wirth  mit  seiner  Hauszmarck  be- 
zeichnen, und  soll  niemand  Pricken  im  Haff  bey  20  Postruncken-Schläge1) 


1)  Schläge  mit  einem  Tauende  vom  polnischen  postronck  —  Strick. 


in  Ost-  und  Westpreussen.  311 

stehen  lassen,  sondern,  sobald  die  Säcke  und  Netze  zu  Lande  genommen, 
sollen  auch  die  Pricken  sogleich  mit  ans  Land  gebracht  werden,  damit 
die  passirende  Gefässe  und  Keitel  wissen,  wann  sie  Pricken  sehen,  dasz 
solche  nicht  ledig,  sondern  bey  Säcken  und  Netzen  stehen,  folglich  diese 
desto  eher  vermeiden." 

§  16.  ,,Die  Keiteldörfer  sollen  nicht  mit  einer  gröszeren  Anzahl 
Keitel  tischen,  als  wie  würcklich  dem  Ambte  verzinsen.  Die  übrige 
sollen  sogleich  abgeschafft  werden." 

§  17.  ,,Jede  Dorffschafft  soll  sich  mit  derjenigen  Helffte  des  Haffes 
begnügen,  woran  sie  belegen  ist,  und  nicht  in  jenseitiger  Helffte,  und 
denen  dortigen  Dörfern  gleichsam  vor  der  Thür  tischen." 

§  18.  Keitel  und  grosze  Garne  dürfen  nur  auf  der  Tiefe,  nicht 
auf  den  Schaaren  fischen,  wo  nur  Säcke  stehen  sollen. 

§  19.  Der  Landmann  und  Einheimische,  „so  zu  seiner  Nothdurfft, 
und  nicht  zum  Wieder-Verkauff  Fische  haben  will,  soll  den  Vorzug  vor 
die  einheimischen  Fuhrleute  haben.  Den  frembden  Kupschellen  soll  bey 
Verlust  der  Fische  und  Gefäsze  nicht  erlaubet  seyn  vor  Jacobi  Fische 
zu  kauffen"  (und  auch  dann  nur  gegen  einen  Permiss  Zettel  des  Beamten 
in  Balga)  „Welcher  Fischer  sich  unterstehet,  ohne  dergleichen  Permisz 
Zettel  an  einen  frembden  Kupschellen  Fische  zu  verkauften,  soll  mit 
20  Postruncken  bestraffet  werden." 

§  21.  „Die  Tonnen,  womit  der  Fisch  verkaufft  wird,  sollen  alle 
gleicher  Grösze,  nehmlich  120  Stof,  nach  dem  alten  Cöllmischen  Maasz, 
auch  alle  mit  des  Ambts  Zeichen  gebrannt  seyn  bei  Verlust  der  Tonnen 
und  10  Postruncken-Schläge." 

§  24.  Wenn  von  einem  Fischer  Stör  gestochen  oder  gefangen  wird, 
soll  er  bei  Strafe  von  4  Wochen  Zuchthausarbeit  für  die  Hälfte  des 
Werthes  an  den  Pillauer  Störpächter  abgegeben  werden. 

§  25.  „Der  Peckel-Fisch  soll  tüchtig  und  gut  gesaltzen,  auch  fest 
eingeleget,  bei  halben  und  gantzen  Tonnen  verkaufft  werden,  worauf  jeder 
Wirth  seine  Hausz-Marck  brennen,  oder  mit  Kothstein  zeichnen  musz." 

§  26.  „Der  Fisch-Meister  musz  sich  alles  Auf-  und  Verkauffs  der 
Fische  enthalten." 

§  27.  „Bey  offenem  Wasser  soll  bey  Verlust  der  Fische  und  Gefäsze, 
niemand  Fische  auf  den  Haff  verkauffen,  sondern  der  Fisch  soll  zu  Lande 
gebracht  werden."  ^ 

§  28  bestimmt,  dass  in  den  verschiedenen  Haffdörfern  an  bestimmten 
Tagen  Fischmärkte  von  4 — 8  Uhr  Morgens  im  Sommer,  und  8 — 11  Uhr 
Vormittags  im  Herbst  und  Frühjahr  statt  finden,  wobei  die  Fischer  ver- 


312  Die  Geschichte  der  Fischerei 

pflichtet  sein  sollen  Fische  zu  liefern  und  der  Fisehineister  Uebertheuerung 
zu  verhindern  hat. 

§  30.  „Kein  Sack-Fischer  soll  nach  Untergang-,  und  vor  Aufgang 
der  Sonnen  auf  dem  Wasser  sich  finden  lassen,  bey  20  Postruncken- 
Schläge." 

§  33.  „Die  Königsberger  Gilde-Fischer  sollen  sich  nicht  unterstehen, 
die  Fischer,  so  mit  Fische  zur  Stadt  kommen,  bey  Langerfeld  oder  auf 
dem  Hafe,  noch  auch  auf  dem  Pregel,  zu  bespringen,  anzuhalten,  oder 
ihnen  die  Fische  abzudringen,  oder  abzuzwaken,  sondern  die  Fischer 
sollen  Erlaubnisz  haben,  ihren  Fisch  selbst  nach  Königsberg  zu  bringen, 
und  daselbst  zu  verkauften." 

§  35.  „Wer  sich  dem  Fisch-Meister  wiedersetzet,  oder  ihm  mit 
Ehrenrührigen  und  Schmäh- Worten,  oder  gar  mit  Thätlichkeit  angreiftet, 
wann  er  in  Ambts-Geschäften  ist,  soll  mit  halbjähriger  Vestungs- Arbeit 
bestraffet  werden;  und  damit  sich  niemand  mit  der  Unwissenheit  ent- 
schuldigen könne,  soll  das  Both  des  Fisch-Meisters  das  Wapen  des  Haupt- 
Ambts  Balga  im  AVimpel  führen." 

§  36.  Der  Fischmeister  soll  unter  dem  Beamten  zu  Balga  stehen, 
in  Kahlholz,  Balga  oder  Vollendorf,  als  in  der  Mitte  des  Haffes,  wohnen 
und  das  Haff  fleissig  bereisen. 

Bei  den  Acten  finden  wir  noch  eine  ungedruckte  Instruction  für 
den  Fischmeister  in  21  Paragraphen. 

Aus  einer  Verhandlung  vom  12.  Mai  1746  auf  dem  Altstädtischen 
Kathhause  zu  Königsberg  ersehen  wir,  dass  damals  das  Lachswehr  bei 
Neuendorf  noch  bestand  und  dabei  findet  sich  die  Notiz,  dass  das 
Skirwiether  Lachswehr  pro  1742 — 48  für  373  Thlr.  30  gr.  jährlich,  der 
Neunaugenfaug  daselbst  für  100  fl.  pro  Jahr  verpachtet  war. 

Nach  Vereinigung  des  Fürstbisthums  Ermland  und  des  Elbingischen 
Territoriums  mit  Preussen  erachtete-  man  im  Jahre  1774  eine  Kevision 
der  Fischerordnung  von  1738  und  Ausdehnung  derselben  auf  die  neu- 
gewonnenen Wasserstrecken  für  nöthig  und  eine  neue  Haffordnung  er- 
schien denn,  allerdings  wegen  zahlreicher  unvereinbarer  Widersprüche 
weniger  vervollkommnet,  als  man  beabsichtigt  hatte,  unterm  22.  Februar  1787. 
Sie  stimmt  im  Wesentlichen  mit  der  Ordnung  von  1738  überein. 

§  5  ist  dadurch  interessant,  dass  er  die  Grenzen  feststellt,  innerhalb 
deren  die  Störpächter  zu  Altpillau,  Polzki,  Neukrug  und  Vogelau  ihre 
Netze  stellen  dürfen.  Der  Pillauer  Störpächter  hatte  danach  9  Stellen, 
der  Polzkische  3  Stellen  im  Braunsbergischen ,  der  zu  Neukrug  und 
Vogelau  6  Stellen  im  Frauenburgischen  Wasser. 

Aus  §  9    geht   hervor,  dass  damals  ein  Fischmeister  im  ostpreussi- 


in  Ost-  und  Westpreussen.  313 

sehen  Haffantheile,  ein  zweiter  für  den  westpreussischen  Antheil  in  Jungfer 

stationirt  war,  ausserdem  wird  noch  ein  Vierner  oder  Haffaufseher  in 
Succase  (Westpreussen)  erwähnt.  In  §  12  und  13  finden  wir  als  Zusatz 
zu  §  12  der  Ordnung  von  1738  die  Bestimmung,  dass  die  Fischer,  welche 
während  der  Laichzeit  auf  dem  Boden  des  Haffes  fischen,  etwa  gefangene 
Laichfische  sofort  wieder  ins  Wasser  lassen  sollen,  „und  bey  harter  Leibes- 
strafe sich  nicht  unterstellen,  einen  einzigen  davon  zu  Nutze  zu  machen." 
Mitgefangene  Fischsamen  (d.  h.  junge  Fische)  sollen  sogleich  wieder  ins 
Haff  gelassen,  „keines  weges  aber,  soAvie  es  bishere  der  Miszbrauch  ge- 
wesen, zur  Fütterung  und  Mästung  der  Schweine  und  des  Federviehes 
verwandt  werden." 

§  16  setzt  fest,  dass  jeder  Sack-  und  Netzfischer  nicht  mehr  als 
16  Säcke  resp.  8  Säcke  und  8  Netze  gleichzeitig  stellen  dürfe. 

§  18.  Neue  Consignationen  von  Keutelgarnen  sollen  ohne  besondere 
Genehmigung  der  Kriegs-  und  Domainen-Kammer  nicht  vorgenommen 
werden.  „Uebrigens  kann  ohne  besondere  Yerschreibung  oder  absque 
proscriptione  non  interruptae  possessionis,  niemand  die  Keutelfischerey 
treiben,  obgleich  sein  Privilegium  auf  alle  und  jede  Art  der  Fischerey 
mit  grossem  und  kleinem  Zeuge,  sie  habe  Nahmen  wie  sie  wolle,  lauten 
sollte;  massen  diese  Art  der  Fischerey  mehr  nachtheilig  als  vorteilhaft 
ist,  und  wie  sie  daher  auch  eher  Einschränkung  als  Erweiterung  ver- 
dienet, so  sollen  Unsere  Ost-  und  Westpreussische  Cammern  jederzeit 
vorhero  ehe  sie  Erlaubnisz  zu  mehreren  Keuteln  ertheilen,  darüber  con- 
feriren  and  sich  zu  einigen  suchen,  damit  nicht  zu  viel  Keitel  erlaubet  werden." 

§  27.  Gefangene  oder  gestochene  Störe  aus  dem  ostpreussischen 
Haffantheil  müssen  dem  Pillauer  Störpächter,  innerhalb  der  Elbingischen 
Wassergrenze  gefangene  „an  die  Störköchereyen  in  Elbing"  zu  billigem 
Preise  abgeliefert  werden. 

Im  Jahre  1792  erschien  auch  eine  „Fischer-Ordnung  für  das  Curi- 
sche  Haff  im  Königreich  Preussen",  datirt  vom  2.  Juni,  in  48  Para- 
graphen nebst  einer  „Beschreibung  sämmtlicher  Fischereien  im  Curischen 
Haff,  auch  in  welcher  Art  und  zu  welcher  Zeit  selbige  betrieben  werden'1. 

In  den  Vorbemerkungen  heisst:  es  „obgleich  unsere  Durchlauchtig- 
sten Vorfahren  aus  Landesväterlicher  Vorsorge  für  die  Aufnahme  der 
Fischerei  im  Curischen  Hafe,  verschiedene  heilsame  Verordnungen  haben 
ergehen  lassen",  habe  man  theils  wegen  Nichtbeachtung  derselben,  theils 
um  ein  für  die  damaligen  Zeiten  passendes  Keglement  zu  geben,  nach 
Kevision  der  alten  Bestimmungen  und  namentlich  der  Fischerordnungen 
vom  30.  Januar  1589  und  vom  20.  März  1640  den  Erlass  einer  neuen 
Haff  Ordnung  für  noth  wendig  erachtet. 


314  Die  Geschichte  der  Fischerei 

Nach  §  1  und  2  darf  an  Sonn-  und  Festtagen  nicht  gefischt  werden 
bei  60  gr.  Strafe.  §  3  verbietet  Schlägereien  und  Auspfändungen  auf 
dem  Haff  bei  14tägiger  Gefängnissstrafe.  ,,Wer  ein  Anker  abpfändet,  hat 
sechs  monatliche  Zuchthauszstrafe  salva  fama,  mit  Willkommen  und  Ab- 
schied verwirkt."  §  5.  „Das  Verstellen  des  Eingangs  der  Fische  aus  der  See 
in  das  Haff  soll  bei  sechs  monatlicher  Zuchthausz-,  oder  Fünfzig  Thaler 
Geldstrafe  zur  Haffkasse  gänzlich  verboten  seyn,  so  dasz  mit  keinerlei 
Art  von  Gezeuge  in  der  Einkehle  des  Hafes  gefischt  werden  kann." 

§  6  untersagt  das  Treiben  vor  und  in  dem  Tief  (mit  Treibnetzen) 
bei  dreimonatlicher  bis  einjähriger  Zuchthausstrafe.  §7.  In  See  darf  inner- 
halb einer  Meile  vor  dem  Tief  nicht  gefischt  werden.  Das  Strandgarn 
und  Suttergarn  soll  nur  in  See  gebraucht  werden.  §  8.  So  lange  die 
Lachswehren  stehen,  sind  alle  Segelfischereien  im  Haff  verboten  und  darf 
nur  die  kleine  Fischerei  am  Ufer  betrieben  werden. 

§  9.  Ausgestellte  Säcke  müssen  mit  hohen  bezeichneten  Pricken 
markirt  werden,  die  nach  Aufhebung  der  Säcke  wieder  ausgehoben 
werden  müssen.  „Sollte  sich  aber  gar  Jemand  beikommen  lassen,  die 
Pricken  unter  dem  Wasser  abzusägen  (um  heimlich  Säcke  auszustellen), 
der  soll  10  Thaler  Geld-  oder  8  Wochen  Gefängnissstrafe  zu  gewärtigen 
haben." 

§  11.  Sobald  der  Fischmeister  seine  Dienstflagge  aufzieht,  müssen 
die  Fischer  ihre  Segel  streichen  und  dürfen  vor  erhaltener  Erlaubniss 
nicht  weiter  segeln. 

§  12  handelt  von  der  Berechtigung  zur  Hafffischerei  und  dem  Ver- 
lust derselben  durch  40jährige  Nichtausübung  des  Rechtes.  §  13  ver- 
bietet den  Verbrauch  von  Fischsamen  (Fischbrut)  zum  Thrankochen,  so- 
wie zur  Fütterung  von  Federvieh  und  Schweinen. 

§  15  setzt  die  Dimensionen  und  Maschenweite  des  Kurrengarns 
fest.  „Wer  sich  mit  anderm  Zeuge  auf  dem  Hafe  finden  lässt,  hat  auszer 
dem  Verlust  desselben,  welches  gleich  verbrandt  werden  muss,  drey 
monatliche  Zuchthausz-  und  im  Wiederholungsfall,  einjährige  Vestungs- 
strafe  zu  erwarten.  Wird  aber  ein,  auf  diese  Fischerei  besonders  Privi- 
legirter  mit  unrichtigem  Zeuge  auf  dem  Hafe  angetroffen;  so  ist  selbiger 
im  ersten  Contraventionsfall  in  Fünfzig  Thaler  Geldstrafe  zur  Haffkasse 
verfallen,  und  im  Wiederholungsfall  seiner  Gerechtsame  verlustig." 

§  18.  Kurren-  und  Braddenkähne  sollen  Nachts  ein  Feuer  oder 
eine  Laterne  führen  und  nach  §  19  die  Gezeuge  der  Sackfischer  vermeiden. 

§  20  setzt  Strafen  für  die  Contravenienten  fest.  In  §  21  wird  das 
Masz  der  Braddengarne,  in  §  22  das  der  Keutel  bestimmt. 

Letztere  Fischerei  „ist   dem  Fischsamen  am  allergefährlichsten,  und 


in  Ost-  und  Westpreussen.  315 

bleibt  also,  wie  bisher  im  Litthauschen  Departement  bei  Oonfiscation 
des  Gezeuges,  und  drei  monatlicher  Zuchthausz-Strafe  mit  Willkommen 
und  Abschied  gänzlich  verboten.  Im  Ostpreussischen  Departement  bleibt 
selbige  aus  dem  Grunde  zwar  nachgelassen,  weil  die  dortige  Fischer- 
Dörfer,  besonders  im  Amte  Labiau,  ihr  Gewerbe  fast  einzig  und  allein 
darauf  eingeschränkt  haben,  und  sich  die  zu  Kurren-  und  Bradden- 
Fischerei  erforderliche  weit  kostbarere  Zeuge,  ihrer  Armuth  wegen,  nicht 
anschaffen  können."  Doch  dürfen  die  Maschen  im  Achtergarn  nicht  weniger 
als  3/4,y  messen. 

§  23  verbietet  den  Gebrauch  des  Häckels  (des  ganz  dicht  gestrickten 
Endes  an  dem  Sack  der  Netze)  bei  allen  Sommerfischereien  bei  einjähriger 
Festimgsstrafe  resp.  Verlust  der  Privilegien,  derselbe  darf  nur  am  Winter- 
garn für  den  Stint  angewandt  werden,  weil  er  im  Sommer  die  Fischbrut 
in  grosser  Menge  fortfangen  würde. 

§  24,  25,  26  bestimmen  die  Masse  der  Windkartellgarne,  der  Klippen 
und  Waadegarne,  §  27  und  28  regelt  den  Aalfang. 

§  29  „den  Einsaaszen  in  Sarkau,  Domainenamts  Rossitten,  welche 
sich  bis  hiezu  allein  mit  der  Aalhscherei  auf  dem  Haff  abgegeben,  und 
zu  solchem  Behuf  mit  nötigen  Geräthschaften  versehen  sind,  wollen  Wir 
es  so  nach  wie  vor  freistellen,  ihre  Angeln  längst  dem  Haafe  auszuwerfen, 
auch  wollen  Wir  in  Betracht  ihrer  Dürftigkeit  es  geschehen  lassen,  dasz 
sie  zum  Betriebe  ihrer  Fischerei,  einige  Wochen  auf  dem  Haff  bleiben, 
und  zum  Verkauf  ihrer  Vorräthe  an  die  sogenannten  Kupscheeler  an 
den  Ufern  anderer  Dörfer  anlanden  können.  Nur  bleibt  ihnen  das  An- 
landen am  Nord  er-  oder  Süder-Haken,  desgleichen  in  der  Einkehle  bei 
Memel,  wo  sie  lediglich  zum  Raube  der  Strandgüter  sich  bishero  nieder- 
gelassen und  Hütten  aufgeschlagen,  bei  einjähriger  Vestnngsstrafe  unter- 
sagt." 

§  30 — 36  behandeln  die  Lachsfischerei  an  den  Wehren  (Takisch), 
§  37 — 40  die  kleine  Lachsfischerei  mit  Panten,  §  41  erlaubt  den  Ge- 
brauch einfacher  Stellnetze  zum  Lachsfänge  „an  unschädlichen  Orten". 
In  §  42 — 44  wird  von  der  Sackfischerei  (es  werden  hier  noch  besondere 
Perpelsäcke  erwähnt),  in  §  45  von  der  Neunaugenfischerei  gesprochen, 
§  45 — 51  handeln  von  der  besondern  Krakerorthschen  Fischerei. 

§  52 — 58  behandeln  die  Winterfischerei.  Die  Maschenweite  der 
Metritze  des  Wintergarns  soll  nicht  unter  3/4"  herabgehen,  nur  zur  Stint- 
fischerei ist  ein  Häckel  am  Ende  der  Metritze  gestattet.  Hinsichtlich  der 
Winterfischerei  sind  die  Ortschaften  nicht  auf  ihre  Ufergrenzen  beschränkt, 
namentlich  hinsichtlich  des  Stintfanges.  Die  Zug-  und  Zoszlöcher  müssen 
mit  aufgesetzten  Eisstücken  gehörig  bezeichnet  werden. 


316  Die  Geschichte  der  Fischerei 

§  59 — 65  bestimmen  die  Grenzen  der  verschiedenen  Fischereien, 
§  66 — 68  enthalten  Schlnssbestimmungen. 

Dieser  Fischerordnung  ist  eine  „Beschreibung  sämmtlicher  Fische- 
reien im  Curischen  Haff,  auch  in  welcher  Art  und  zu  welcher  Zeit  selbige 
betrieben  werden"  beigefügt,  die  mehrfache  Unrichtigkeiten  enthält,  sowie 
eine  Erklärung  verschiedener,  namentlich  litauischer  und  kurischer  Fischer- 
ausdrücke. 

Seit  dem  Jahre  1823  finden  wir  in  den  Acten  der  Königl.  Regie- 
rung ein  unablässiges  Drängen  nach  dem  Erlass  einer  neuen  Fischerei- 
ordnung, namentlich  für  die  Binnengewässer,  in  welchem  Sinne  auch 
wiederholt  an  das  Ministerium  berichtet  wurde.  Bei  den  Vorarbeiten  zu 
derselben,  die  bekanntlich  erst  im  Jahre  1845  erschien,  wurde  mit 
äusserster  Vorsicht  und  Gründlichkeit  vorgegangen.  Umfangreiche  Er- 
hebungen wurden  in  allen  Fischerdörfern  angestellt,  zahlreiche  Reisen 
namentlich  an  den  Haffen  ausgeführt,  Localtermine  abgehalten  und  Gut- 
achten in  Menge  eingeholt.  Es  wurden  umfangreiche  Arbeiten  ausge- 
führt, um  die  sämmtlichen  Fischereiberechtigten  namentlich  an  den  Haffen 
zu  ermitteln,  die  Art  ihrer  Berechtigung  und  die  Zahl  der  Gezeuge  und 
Fischerfahrzeuge  festzustellen  etc.  Besondere  Verdienste  erwarb  sich  um 
die  neue  Fischereiordnung  der  damalige  Regierungsassessor  Schmitz, 
der  schon  im  Jahre  1825  einen  vollständigen  Entwurf  vorlegte,  der 
schliesslich  auch  mit  geringen  Aenderungen  angenommen  wurde.  Unter 
den  zahlreichen  bei  den  Acten  befindlichen  Gutachten,  welche  auf  Er- 
fordern der  Königl.  Regierung  eingingen,  finden  wir  neben  solchen, 
die  von  bedeutender  Sachkenntniss  ihrer  Verfasser  zeugen,  andere, 
die  eine  kaum  glaubliche  Unkenntniss  der  Verhältnisse  bekunden.  So 
wird  in  einem  Danziger  Gutachten  als  Ende  der  Frühjahrslaichzeit 
der  erste  Mai  proclamirt,  so  äussern  einige  Sachverständige  ihre  grossen 
Zweifel,  ob  ein  Durchgang  von  Fischen  durch  die  Tiefe  aus  den  Haffen 
nach  der  See  resp.  umgekehrt  vorkomme,  während  nach  anderen  alle 
Haffnsche,  auch  Karpfen,  Weissfische  etc.  eigentlich  aus  der  See  her- 
kommen. Ein  Fischmeister  findet  in  seinem  Bericht  die  Keutelfischerei 
nur  im  Frühjahr  bei  dickem  Wasser  bedenklich,  weil  der  Fisch  dann 
sich  an  der  Oberfläche  halte  und  also  blindlings  in  den  Keutel  hin- 
einlaufe!! 

Im  Jahre  1825  fungirte  ein  Intendanturbeamter  in  Heiligenbeil 
gleichzeitig  als  Oberfischmeister  des  frischen  Haffes,  wofür  er  die  Fischerei 
in  dem  Freiwasser  bei  Wolitta,  freie  Fischerei  im  Haff  mit  einem  Keutel 
und  einem  Herbstgarn,  und  ausserdem  von  den  Kahlholzer  Fischern  die 
Lieferung  von  Aalen  für  seinen  Tisch  zu  beanspruchen  hatte.  Ausser  diesem 


in  Ost-  und  "Westpreussen.  317 

commissarischen  Oberfischmeister  waren  noch   zwei  Fischmeister  auf  dem 

frischen  Hafte  thätig,  einer  im  ostpreussischen  Antheil  und  einer  im  west- 
preussischen  Haffe,  wo  auch  noch  der  Schulze  von  Jungfer  den  Fischmeister- 
titel führte,  aber  nur  die  Consignation  der  Netze  in  Jungfer  und  Stobbendorf 
besorgte,  wofür  er  ein  Landgarn  frei  hatte.  Der  Fischmeister  erhielt  in 
dieser  Zeit  ein  jährliches  Gehalt  von  30  Thalern,  2  Thaler  Schreib- 
materialiengelder und  6x/2  Thaler  zur  Unterhaltung  des  Fahrzeuges, 
ausserdem  freie  Fischerei. 

In  Verhandlungen  vom  1.  Juni  und  14.  August  1827  sagt  der 
Fischerschulz  August  in  Labiau  aus,  wie  in  den  aus  kleinen  Bäumchen 
durch  Zusammenbinden  ihrer  Aeste  gefertigten  Aalquästen  grosse  Mengen 
so  kleiner  Aale  gefangen  werden,  dass  „ein  Mensch  bis  2  Schock  davon 
genieszen"  könne,  dass  „in  diesen  Quast  der  Aal  ganz  erstaunend  gerne 
hereinkriecht'1  und  „sich  dabei  häufig  trifft,  dasz  die  jüngsten  Aale  in 
der  Gestalt  eines  Kegenwurmes  sich  darin  einziehen  und  von  den  Fischern 
gleichfalls  gefangen  und  verzehrt  werden." 

Auf  dem  kurischen  Haff  war  bis  zum  Jahre  1841  nur  ein  Fischmeister, 
Beerbohm  in  Feilenhof,  und  eine  Anzahl  von  Fischerschulzen  angestellt. 
Von  Beerbohm  und  dem  commissarischen  Oberfischmeister  in  Heiligen- 
beil, Fritsch,  befinden  sich  sehr  umfangreiche  und  sachverständige  Berichte 
bei   den  Acten,   die  zu   der   Fischereiordnung    von    1845    wichtiges    Ma- 
terial geliefert  haben.     Im   Jahre   1841  wurde   Beerbohm  interimistisch 
als  Oberfischmeister  für   das  kurische  Haff  angestellt  mit  2  Thlr.  Diäten, 
von  welchen  er  auch  den  Amtsaufwand  bestreiten  musste,  und  schon  in 
einem  Bericht   der  Regierung   vom  Jahre  1842    an    den   Oberpräsidenten 
von  Schön  wird  constatirt,  dass  in  Folge  seiner  Thätigkeit  die  Zahl  der  Con- 
travenienteu  abgenommen  habe  und  weniger  kleine  Fische  zu  Markte  kämen. 
Sehr  sachverständige  Berichte   finden   wir   über  die  Fischereien  des 
kurischen  Haffes  aus   der  Feder  des  Präcentor  Dultz  in  Gilge.   Derselbe 
schreibt  unterm  2.  September  1842  an  den  Domainenrentmeister  Puttrich 
in  Labiau  über    den  Kaulbarsch-    und  Stintfang,    von    dem    ganz    allein 
mindestens    3000    Anwohner  des    kurischen   Haffes    leben.     Nach   seiner 
20jährigen  Erfahrung,  der  auch  Beerbohm   vollkommen    beistimme,   sei 
der  Gebrauch   des  engmaschigen  Stintkeutels   durchaus  unschädlich,    viel- 
mehr nützlich,  um  die  Stinte  zu  verwerthen,  die  sonst  abstürben  und  das 
Wasser  verdürben.     Sin    solcher  Fall  war    1842    wegen    erheblicher   Be- 
schränkung des  Stintfanges  eingetreten  und  aus  einem  Bericht  des  Land- 
raths  von  Labiau  vom  4.  September  d.  J.  geht  hervor,    dass  er  das  Haff 
zwischen  Rinderort   und  Rossitten   in   einer  Breite   von  ll/<z  Meilen  dick 
mit  todten  Stinten  bedeckt  fand,  das  Ufer  meilenweit  mit  V-fe  Fuss  breiten 


318  Die  Geschichte  der  Fischerei 

Hügeln  von  faulen  Stinten  gesäumt,  ausser  denen  noch  zahllose  schon 
vertrocknete  Thiere  dort  lagen.  In  Folge  der  Yerderbniss  des  Wassers  waren 
ausserdem  auch  zahlreiche  andere  Fische  als  Quappen,  Barsche  und 
Weissfische    abgestorben    und    verbreiteten  einen  unerträglichen  Gestank. 

Durch  eine  Oberpräsidialverordnung  vom  15.  Febr.  1843  wurde  die 
Oberaufsicht  „über  das  ganze  kurische  und  das  ganze  frische  Haff  nebst 
den  Mündungen  der  in  diese  Gewässer  einströmenden  Flüsse  und 
Bäche  vom  1.  Januar  1843  der  Kgl.  Regierung  in  Königsberg  übertragen'', 
und  im  Herbst  1843  wurde  endlich  Beerbohm  als  Oberfischmeister 
des  kurischen  Haffes ,  wenig  später  der  ehemalige  Bürgermeister  von 
Frauenburg,  Springer,  als  Oberfischmeister  für  das  frische  Haff  ange- 
stellt mit  je  650  Thlr.  Gehalt,  100  Thlr.  Amtsunkosten  und  einem  Fahr- 
zeug. Die  freie  Fischerei  hörte  damit  für  die  Oberfischmeister  auf.  Im 
Jahre  1843  wurden  dann  auch  fünf  Fischmeister  und  15  Fischerschulzen 
für  das  kurische,  drei  Fischmeister  und  neun  Schulzen  für  das  frische 
Haff  angestellt,  denen  unterm  14.  October  1843  eine  lithographirte  Dienst- 
instruction  ertheilt  wurde.  Die  Fischmeister  erhielten  neben  freier 
Fischerei  auf  dem  kurisclien  Haff  je  50,  auf  dem  frischen  Haff  je 
100  Thaler,  dazu  auf  beiden  Haffen  je  15  Thlr.  Dienstaufwandgelder, 
die  Schulzen  gleichmässig  5  Thlr.  jährlich  und  freie  Fischerei. 

Eine  Ministerialverfügung  vom  26.  Juni  1844  bestimmt,  dass  jeder 
Fischereiberechtigte  auf  den  Haffen  an  der  Spitze  des  Mastes  eine  2  Fuss 
lange,  1  Fuss  breite  Fahne  mit  der  Farbe  der  Ortschaft  führen  solle,  der 
er  angehört,  um  die  Controle  der  Fischer  zu  erleichtern. 

Die  neue  Fischerordnung  für  das  frische  und  das  kurische  Haff 
und  die  Binnengewässer  erschien  dann  im  Jahre  1845.  Alle  sind  datirt 
Berlin  vom  7.  März. 

Die  Fischerordnung  für  das  frische  Haff  enthält  84  Paragraphen 
und  zerfällt  in  vier  Abschnitte,  deren  erster  von  der  Befugniss  zum 
Fischfange  handelt,  während  der  zweite  die  verschiedenen  Arten  und  Ge- 
räthschaften,  die  Grenzen  und  die  Zeit  des  Fischereibetriebes,  der  dritte 
das  Verhalten  der  Fischer  beim  Fischen  und  bei  Benutzung  der  ge- 
wonnenen Haffproducte,  der  vierte  das  Verfahren  bei  Beaufsichtigung  des 
Fischereiwesens  und  bei  Bestrafung  der  Fischereicontraventionen  bespricht. 

§  1.  Die  Fischerei  auf  dem  frischen  Haff  ist  Eigenthum  des  Staats. 

§  2.  Sie  ist  nur  denjenigen  gestattet,  welche  ein  durch  landesherr- 
liche Verleihung,  Vertrag  mit  dem  Fiscus,  oder  Verjährung  begründetes 
Recht  dazu  haben. 

§  3.  Wem  die  Fischerei  nur  zum  häuslichen  Bedarf  (zu  Tisches 
Nothdurft)    zusteht,    der  darf   Fische  weder  verkaufen  noch  verschenken. 


in  Ost-  und  Westpreussen.  319 

Nur  den  beim  Fischfänge  etwa  benutzten  Arbeitern  darf  statt  des  Tage- 
lohnes eine  entsprechende  Menge  von  Fischen  gegeben  werden.  Ver- 
pachtung der  Fischerei  zu  Tisches  Nothdurft  an  Andere  ist  unzulässig, 
nur  wenn  sie  an  das  Grundstück  gebunden  ist,  geht  sie  bei  Verpachtung 
desselben  auf  den  Pächter  über. 

§  4.  Niemand  darf  den  Fischereibetiieb  über  seine  Befugnisse 
ausdehnen.  Kein  Sackfischer  darf  gleichzeitig  mehr  als  16  Säcke  oder 
8  Tücher  oder  8  Netze  ausstellen. 

§  5.  Kleine  Gezeuge  sind  solche,  zu  deren  Gebrauch  nicht  mehr 
als  2  Menschen  erforderlich  sind. 

§  6.  Die  Befugniss  zur  Ausübung  der  grossen  und  kleinen  Fischerei 
mit  allen  Arten  von  Gezeugen  berechtigt  nicht  zur  Keutelfischerei,  die 
nur  auf  Grund  ausdrücklicher  Bewilligung  oder  44j ähriger  Verjährung 
betrieben  werden  darf. 

§  7.  "Wer  ohne  zur  Fischerei  berechtigt  zu  sein  auf  dem  Haffe 
fischt,  oder  dasselbe  mit  Fischereigeräthen  befährt,  wird  mit  einer  Geld- 
strafe bis  zu  50  Thlr.,  Confiscation  der  Gezeuge  und  Fische  bestraft. 

§  8  und  9  bestimmt  die  Strafen  für  Contraventionen  der  Berechtig- 
ten und  Fischereipächter. 

§  10.  Die  Zahl  der  Berechtigten  und  Pächter  darf  ohne  Geneh- 
migung der  Regierung  nicht  vermehrt  werden. 

§  11.  Die  Gerätschaften  zum  Fischfange  müssen  so  eingerichtet 
sein,  wie  es  die  Rücksicht  auf  Erhaltung  und  Vermehrung  des  Fisch- 
bestandes erfordert. 

§  12.  Jede  Gemeinde  darf  von  ihrem  Ufer  nur  bis  zur  Mitte 
des  Haffes  fischen.  Westpreussen  und  Ostpreussen  dürfen  die  Linie 
Frauenburg — Polski  nicht  überschreiten. 

§  13  bestimmt  die  Grenzen  des  Pillauer  Tiefes,  in  dem  unter  be- 
sonderen Beschränkungen  nur  mit  dem  Strandgarn  und  mit  Reusen  ge- 
fischt werden  darf. 

§  14.  Andere  Fischereien  dürfen  weder  im  Tief  noch  eine  Meile 
vor  demselben  in  See  betrieben  werden.  Nur  der  Strömlingsfang  ist 
in  der  See  neben  den  Molen  gestattet. 

§  15.  Im  Haff  darf  innerhalb  einer  achtel  Meile  von  der  Ausmün- 
dung der  in  dasselbe  sich  ergiessenden  Flüsse  oder  Bäche  keine  Art 
von  Fischerei  ohne  besonders  erworbene  Berechtigung  betrieben  werden, 
auf  keinen  Fall  dürfen  diese  Flüsse  oder  Bäche  in  einer  den  Zug 
der  Fische  störenden  Weise  verstellt  werden. 

§  16  verbietet  die  Fischerei  an  Sonn-  und  Festtagen. 

§  17.    Die   Fischereiaufsichtsbeamten   haben    den    Anfang    und    das 


320  Die  Geschichte  der  Fischerei 

Ende  der  Laichzeit  der  vorzüglicheren  Fisehgattungen,  deren  Bezeichnung 
der  Kegierung  vorbehalten  bleibt,  sowie  die  Laichstellen  in  einer  von 
der  Regierung  zu  bestimmenden  Weise  den  Fischern  bekannt  zu  machen. 
Ist  diese  Bekanntmachung  erfolgt,  so  ist  dadurch  der  Fang  des  laichenden 
Fisches  und  das  Fischen  auf  den  bekanntgemachten  Laichstellen  verboten 
bei  Verlust  der  Gezeuge,  der  gefangenen  Fische  und  Geldstrafe  bis  zu 
50  Thaler. 

§  18.  Die  Fischerei  auf  der  Höhe,  der  Tiefe  oder  dem  sogenannten 
Boden  des  Haffes  kann  das  ganze  Jahr  hindurch  betrieben  werden  mit 
besonderen  Ausnahmen. 

§  19  theilt  die  Fischerei  im  frischen  Haffe  ein  in 

I.  Fischerei  bei  offenem  "Wasser: 

1)  mit   grossem  Gezeuge    (Winde-    oder  Herbst-  und  Schaar- 

oder  Sommergarn), 

2)  die  Keutelfischerei, 

3)  die  Fischerei  mit  kleinem  Gezeuge. 

IL  Die  Winterfischerei: 

1)  mit  grossem  Gezeuge  (grosses  und  kleines  Wintergarn), 

2)  mit  kleinem  Gezeuge. 

III.  Das  Stechen  der  Fische. 

§  20  beschreibt  die  Windegarnfischerei1),  §  21  die  Fischerei  mit 
dem  Sommergarn,  §  22  den  Keutel,  dessen  Gebrauch  durch  §  23  auf 
die  Zeit  vom  1.  Juni  bis  1.  October  beschränkt  wird,  §  24  handelt  von 
der  Bressenfischerei  mit  Treibnetzen,  §  25  von  dem  Staak-  oder  Kaul- 
barschnetz,  §  26  verbietet  das  Umfahren  der  ausgestellten  Treib-  und 
Staaknetze,  wodurch  die  Fische  in  die  Netze  getrieben  werden  sollen. 

In  §  27  wird  die  Wadegarnfischerei,  in  §  28 — 30  die  Fischerei  mit 
Säcken,  in  §  31  die  Lachslankenfischerei  behandelt,  §  32  verbietet  den 
Sackiischern  den  Aufenthalt  auf  dem  Haffe  von  Sonnenuntergang  bis 
Sonnenaufgang,  um  das  verbotene  Jagen  der  Fische  in  die  Säcke  zu  ver- 
hindern. §  33  handelt  von  den  Bollreusen,  §  34  von  Neunaugen-  und 
Aalreusen,  §  35  von  den  Störgarnen,  §  36  von  der  Fischerei  mit  Aal- 
angeln, bei  welcher  letzteren  besonders  verboten  wird,  statt  der  Würmer 
junge  Fische  als  Köder  zu  benutzen. 

Nach  §  37  dürfen  die  kleinen  Gezeuge  die  Schaaren  nicht  um 
mehr  als  30  Ruthen  überschreiten  und  es  müssen  zwischen  den  einzelnen 


1)  Wir  übergehen  hier   diese    kurzen  Beschreibungen,    weil    wir   dieselben    im 
folgenden  Abschnitte  viel  ausführlicher  geben. 


in  Ost-  und  Westpreussen.  321 

Lanken  oder  Netzen  Zwischenräume  von  je  20  Ruthen  zum  Durchgänge 
der  Fische  und  zur  Schififahrt  offen  bleiben. 

§  38 — 43  regelt  die  Winterfischerei,  nach  §  44  bleibt  das  Stechen 
der  Fische  mit  Speeren  erlaubt. 

§  45.  Neue  und  andere  Arten  des  Fischfanges  als  die  in  §  19 — 44 
erwähnten  dürfen  ohne  Genehmigung  der  Regierung  nicht  betrieben 
werden.  §  46  verbietet  das  Pumpen  und  Jagen,  die  .Kleppfischerei,  das 
Klappern  und  Bullern,  Aufsetzen  von  Quasten,  das  Fischen  mit  dem 
Internetze  und  das  Streven.1) 

§  47  bedroht  die  Ausübung  unerlaubter  Fischereien  mit  Ver- 
lust der  Gezeuge  und  Fische  und  einer  Geldbusse  bis  zu  50  Thaler. 
Berechtigte  verlieren  ihre  Berechtigung  im  vierten  Contraventionsfalle. 

§  48  setzt  Strafen  für  den  Gebrauch  von  Netzen  mit  vorschrifts- 
widrigen Maschen  fest. 

§  49.  Laichstellen  sind  beim  Fischfange  zu  vermeiden,  gefangene 
Laichfische  und  Fischbrut  ins  "Wasser  zurückzusetzen. 

§  50.  Der  Verkauf  von  Laichfischen  und  Fischbrut  oder  deren 
Verwendung  zum  Thrankochen,  zur  Fütterung  von  Federvieh  oder 
Schweinen  etc.  wird  mit  Geldstrafe  bis  zu  50  Thaler  bedroht. 

§  51  verbietet  das  Auswerfen  von  Ballast  ins  Haff,  §  52  das  Ver- 
rücken der  Tonnen  und  Bojen,  §  53  die  Beschädigung  der  auf  dem 
Haffeise  bezeichneten  Winterwege,  §  54  das  Abbrechen  der  Pricken 
(wer  Säcke  mit  versenkten  Pricken  unter  dem  Wasser  versteckt,  verfällt 
in  eine  Geldstrafe  von  20 — 50  Thaler).  Nach  §  55  dürfen  Pricken  nur 
zur  Befestigung  von  Säcken  benutzt  werden,  so  lange  solche  im  Wasser 
aufgestellt  sind.  §  56 — 59  enthalten  Bestimmungen  über  den  Verkehr 
der  Fischer  mit  Frachtkähnen,  §  60  und  61  verbieten  Beschädigung 
fremder  Gezeuge  und  Störung  der  Fischerei.  §  62.  Die  nicht  zum  Stör- 
fange berechtigten  Fischer  müssen  zufällig  gefangene  Störe  abliefern. 
§  63.  TJeber  alle  andern  Fische  kann  der  Berechtigte,  wenn  er  nicht  blos 
zu  Tisches  Nothdurft  fischen  darf,  beliebig  verfügen.  §  64  bezieht  sich 
auf  gefundenen  Bernstein.  §  65  setzt  die  Grösse  der  Fischtonnen  auf 
100  Quart  fest.  §  66  überträgt  die  Fischereiaufsicht  im  Haff  und  den 
Flussmündungen  dem  Oberfischmeister  und  den  ihm  unterstellten  Be- 
amten, deren  Flaggen  und  Abzeichen  in  §  67  beschrieben  werden. 
§  68.  Jedes  segelführende  Fischerfahrzeug  muss  in  der  äusseren  Wand 
der  Hinterkajüte  Namen  und  Wohnort  des  Besitzers  in  2  Zoll  hohen,  ver- 
tieft eingeschnittenen  und  mit  weisser  Oelfarbe  eingestrichenen  Buchstaben 


1)  S.  unten.    Unerlaubte  Fischereien. 

21 


322  Die  Geschichte  der  Fischerei 

tragen  und  an  der  Mastspitze  eine  21/2  Fuss  lange  und  1  Fuss  breite 
Fahne  von  derjenigen  Farbe  führen,  welche  seiner  Ortschaft  von  der  Pro- 
vinzialbehörde  ertheilt  worden  ist.  §  69—83  regelt  die  Polizeigerichts- 
barkeit auf  dem  Haffe  und  §  84  bestimmt,  dass  die  vorstehenden  Vor- 
schriften ausser  auf  dem  Haff  auch  auf  den  damit  in  Verbindung  ste- 
henden Gewässern  Anwendung  finden,  soweit  die  früheren  Fischerordnungen 
auf  denselben  gegolten  haben. 

Ganz  ähnlich  ist  die  unter  demselben  Datum  erlassene  Fischerordnung 
für  das  kurische  Haff,  abgesehen  natürlich  von  der  durch  die  Localität 
und  die  andersartigen  Netze  bedingten  Verschiedenheiten. 

Nach  §  10  darf  in  der  Einkehle  des  kurischen  Haffes  keine  Art 
von  Fischerei  betrieben  werden.  §  12  und  13  handeln  von  besonderen 
Berechtig  iDgen  der  Krakerorthschen  Fischereipächter  und  der  Fischer- 
bauern von  JSfidden.  Ich  übergehe  die  Beschreibung,  Zeit  und  Ortsbe- 
stimmungen für  die  einzelnen  Fischereien,  da  dieselben  mit  den  jetzt 
giltigen  Bestimmungen,  die  im  folgenden  Abschnitt  ausführlich  behandelt 
werden,  übereinstimmen.  Die  anderweitigen  Bestimmungen  dieser  Ordnung 
sind  denen  der  Fischer  Ordnung  für  das  frische  Haff  ganz  gleich. 

Gleichzeitig  wurde  auch  eine  Fischereiordnung  für  die  Binnen- 
gewässer der  Provinz  Preussen  erlassen,  die  32  Paragraphen  enthält. 
Dieselbe  erstreckt  sich  nach  §  1  auf  die  öffentlichen  und  solche  Pri- 
vatgewässer, in  welchen  der  Fischfang  verschiedenen  Berechtigten  zu- 
steht, oder  welche  mit  den  Gewässern  anderer  Berechtigten  in  Ver- 
bindung stehen.  Nach  §  2  können  jedoch  letztere,  wenn  sich  die  sämmt- 
lichen  Berechtigten  darüber  einigen  und  einen  dem  Landrath  vorzu- 
legenden Vertrag  abschliessen,  von  den  beschränkenden  Bestimmungen 
der  Fischereiordnung  ausgenommen  werden. 

§  3.  Jede  den  Zug  der  Fische  störende  Verstellung  oder  Sperrung 
der  Gewässer  (Lachs-,  Störwehre  und  Aalfänge)  ist  verboten,  wenn  sie 
nicht  auf  ausdrücklicher  Concession  der  Kegierung  oder  besonderer  Be- 
rechtigung beruht.  Nach  §  4  findet  diese  Bestimmung  auch  Anwendung, 
wo  die  Gewässer  in  Brüchen,  Niederungen,  Wiesen  über-  oder  austreten. 
Nach  §  5  „dürfen  die  Regierungen  neue,  den  Zug  der  Fische  störende 
Anlagen  nicht  anders  gestatten,  als  wenn  dieselben  für  die  Fischerei  ent- 
weder unschädlich  sind,  oder  durch  besondere,  den  Unternehmern  aufzu- 
erlegende Bedingungen  unschädlich  gemacht  werden  können."  §  6.  Ist 
jedoch  von  dergleichen  neuen  Anlagen  ein  überwiegender  Vortheil  für 
Schifffahrt  oder  Bodencultur  etc.  zu  erwarten,  so  sind  die  Regierungen 
befugt,  solche  gegen  Entschädigung  der  Fischereiberechtigten  zu  gestatten, 


in  Ost-  und  Westpreussen.  323 

auch  unter  gleichen  Voraussetzungen  bestehende  Fischwehre  etc.  wegzu- 
schaffen und  selbst  die  gänzliche  Ablassung  stehender  Gewässer  zu  er- 
lauben. §  7 — 15  handeln  von  den  Entschädigungen.  §  16  ermächtigt 
die  Polizeibehörden,  die  Verunreinigung  der  Fischwässer  zu  verhüten, 
doch  sind  die  Regierungen  befugt,  unter  den  Voraussetzungen  wie  in 
§  6  dieselbe  gegen  Entschädigung  der  Fischereiberechtigten  zu  gestatten. 
§17  regelt  die  Befugnisse  derer,  die  zu  Tisches  Nothdurft  fischen  dürfen 
in  derselben  Weise  wie  die  Ordnung  für  das  frische  Haff  in  §  3.  Nach 
§  18  sind  fischereiberechtigte  Gemeinden  oder  andere  Corporationen  ver- 
pflichtet, ihre  Berechtigung  geeigneten  Personen  zu  übertragen,  falls  sie 
dieselbe  nicht  ausdrücklich  für  alle  Mitglieder  erworben  haben.  Nach  §  19 
ist  eine  Vermehrung  der  bisherigen  Zahl  der  Fischer  und  Gezeuge  bei 
Verpachtungen  nur  mit  Genehmigung  des  Lanclrathes  zulässig.  Nach 
§  20  ist  zur  Ausübung  einer  fremden  Fischereiberechtiguug  eine  beson- 
dere Erlaubniss  des  Berechtigten  erforderlich. 

§  21.  Der  Fischfang  darf  nur  in  einer  Art  betrieben  werden,  welche 
der  Erhaltung  und  Vermehrung  des  Fischbestandes  nicht  nachtheilig  ist. 
„Der  Gebrauch  gewebter  Netze,  die  Ausübung  der  Fischerei  zur  Nacht- 
zeit unter  Anwendung  von  Strohfackeln  oder  brennenden  Spähnen  und 
Stäben  zum  Tödten  der  Fische,  das  sogenannte  Tollkeulen,  wobei  auf 
durchsichtigem  tragendem  Eise  der  Fisch  durch  starke  Schläge  auf  das 
Eis  betäubt  und  dann  gefangen  wird,  das  sogenannte  Speerstechen,  sowie 
das  Schiessen  der  Fische,  ingleichen  der  Gebrauch  betäubender  Ingre- 
dienzien, als  Kockelskörner,  Krähenaugen  und  dergl.  m."    wird    verboten. 

§  22  gestattet  den  Gebrauch  der  Angel.  Die  Maschen  der  Netze 
sollen  künftig  im  nassen  Zustande  10  Linien  im  Quadrat  messen,  nur 
beim  Neun  äugen  fange  dürfen  sie  im  hintern  Theil  der  Netze  */4  Zoll, 
beim  Stintfange  noch  enger  gemacht  werden.  Die  Lachs-  und  Stör- 
vorstellnetze müssen  Maschen  von  wenigstens  3  Zoll  Weite  haben. 
Die  Regierungen  dürfen  den  Gebrauch  weitmaschigerer  Netze  zu  ge- 
wissen Fischereien  anordnen,  die  alten  engmaschigeren  Netze,  wo  sie  bis- 
her erlaubt  waren,  nur  bis  zu  ihrem  Verbrauch,  jedenfalls  nicht  länger 
als  5  Jahre  gestatten. 

§  23.  Während  der  von  den  Regierungen  in  den  verschiedenen 
Gewässern  besonders  festzusetzenden  Schonzeiten  der  verschiedenen  Fisch- 
gattungen sind  diese  mit  der  Fischerei  zu  verschonen.  §  24.  Die  Fische- 
rei auf  laichende  und  unausgewachsene  Fische  wird  verboten,  zufällig 
mitgefangen,  sind  solche  ins  Wasser  zurückzusetzen.  Die  Feststellung 
von  Minimalmaassen  für  den  Verkauf  von  Fischen  bleibt  den  Regierungen 
vorbehalten.     §   25.    Säcke    und   Netze    dürfen    nie    mehr   als   die   halbe 

21* 


324  Die  Geschichte  der  Fischerei 

Breite  der  fliessenden  Gewässer  oder  Seeengen  verstellen  und  nicht  näher 
als  20  Ruthen  hinter  einander  aufgestellt  werden.  §  26.  In  schiff-  oder 
flössbaren  Gewässern  darf  ausser  Lachs-,  Stör-  und  Aalfängen  keine  die 
Schifffahrt  hindernde  Fischerei  betrieben  werden.  Für  die  Wehre  wird 
die  Anlegung  von  Durchlässen  bestimmt.  §  27  und  28  verbieten  die 
Beschädigung  von  Wasserbauten,  Kanälen  und  Flussufern.  §  29.  Alle 
Berechtigungen  zu  den  hier  verbotenen  Arten  der  Fischerei  müssen  binnen 
6  Monaten  der  Regierung  angemeldet  werden  und  können  eventuell  gegen 
Entschädigung  aufgehoben  werden.  §  30  handelt  von  den  Strafen  für 
Contraventionen.  Nach  §  31  haben  die  Ortspolizeibehörden  und  Do- 
manialforstbeamten  die  Aufsicht  über  die  Fischerei  in  ihrem  Bezirk  aus- 
zuüben, auch  sind  die  Regierungen  befugt,  wo  bei  erheblicher  Wichtig- 
keit der  Fischerei  häufige  Contraventionen,  namentlich  von  Seiten  der 
Fischereiberechtigten  vorkommen,  besondere  Fischereiaufseher  anzustellen 
und  die  daraus  entstehenden  Kosten  auf  die  Fischereiberechtigten  zu  ver- 
theilen.  §  32  überweist  die  Untersuchung  der  Contraventionen  und  Fest- 
setzung der  Strafen  den  Landräthen  und  ordnet  das  Recurs verfahren. 
Die  Geldstrafen  fliessen  der  Armenkasse  zu,  in  deren  Bezirk  die  Contra- 
ventionen begangen  sind. 

Die  Fischereiordnungen  von  1845  müssen  im  Grossen  und  Ganzen 
als  vortrefflich  anerkannt  werden,  inzwischen  wurde,  da  die  Fischereiver- 
hältnisse im  ganzen  Staate  dringend  einer  einheitlichen  Regelung  bedurften, 
nach  Anhörung  zahlreicher  Sachverständiger,  namentlich  auch  des  im 
Jahre  1870  ins  Leben  gerufenen  Deutschen  Fischereivereins,  ein  Fischerei- 
gesetz für  den  preussischen  Staat  ausgearbeitet,  welches  am  30.  Mai  1874  in 
Kraft  trat.  Dasselbe  ist  natürlich  allgemeiner  gehalten  als  die  für  specielle 
Gewässer  erlassenen  Fischerordnungen  und  umfasst  52  Paragraphen.  §  1 
unterwirft  diesem  Gesetze  die  Küsten-  und  Binnenfischerei  aller  preussischen 
Gewässer.  §  2.  Zum  Fischfange  im  Sinne  dieses  Gesetzes  gehört  auch  der 
Fang  von  Krebsen,  Austern,  Muscheln  und  anderen  nutzbaren  Wasserthieren. 
§  3.  Unter  Küstenfischerei  wird  die  Fischerei  in  Nord-  und  Ostsee,  den 
offenen  Meeresbuchten,  Haffen  und  den  grösseren  Strömen  vor  ihrer  Ein- 
mündung in  das  Meer1)  verstanden,  „Binnenfischerei  ist  diejenige  Fische- 
rei, welche  in  den  übrigen  Gewässern,  in  den  Flüssen  bis  abwärts  zu  dem 
Punkte,  wo  die  Küstenfischerei  beginnt,  betrieben  wird."  Die  Grenzen 
der  Küsten-  und  Binnenfischerei  werden  nach  Anhörung  der  Provinzial- 
vertretungen  im  Wege  landesherrlicher  Verordnung  festgestellt.2)     §  4.  Ge- 


1)  auch  in  die  Haffe? 

2)  Ist  bisher  nur  in  der  Weichsel  bei  Neufähr  geschehen. 


in  Ost-  und  "Westpreussen.  325 

schlossene  Gewässer  im  Sinne  des  Gesetzes  sind  1)  alle  künstlich  ange- 
legten Fischteiche,  sowie  2)  alle  solche  Gewässer,  „denen  es  an  einer  für 
den  Wechsel  der  Fische  geeigneten  "Verbindung  fehlt,"  wenn  in  denselben 
(1  und  2)  der  Fischfang  Einem  Berechtigten  zusteht. 

§  5.  Die  bestehenden  Fischereiberechtigungen  unterliegen  den  ein- 
schränkenden Bestimmungen  dieses  Gesetzes.  Gegen  Entschädigung  kann  in 
nicht  geschlossenen  Gewässern  eine  Beschränkung  oder  Aufhebung  von 
Wehren,  Zäunen,  Selbstfängen,  Sperrnetzen  etc.  vom  Staat  im  öffentlichen 
Interesse,  sowie  auf  Antrag  von  Fischereiberechtigten  behufs  dauernder  Ver- 
besserung des  Fischbestandes  erfolgen.  §  6.  Fischereiberechtigungen,  welche, 
ohne  mit  einem  bestimmten  Grundbesitze  verbunden  zu  sein,  bisher  von  allen 
Einwohnern  oder  Mitgliedern  einer  Gemeinde  ausgeübt  werden  konnten, 
sollen  künftig  in  dem  bisherigen  Umfange  der  politischen  Gemeinde  zu- 
stehen. §  7.  In  solchen  Binnengewässern,  welche  bisher  dem  freien  Fisch- 
fange unterlagen,  soll  das  Fischereirecht  fortan  den  politischen  Gemeinden 
innerhalb  ihrer  Gemarkungen  zustehen.  §  8.  Das  Freigeben  des  Fisch- 
fanges von  Seiten  der  Gemeinden  ist  verboten.  Dieselben  können  die 
ihnen  zustehende  Binnenfischerei  durch  eigene  Fischer  oder  Verpachtung 
nutzen.  Die  Verpachtung  darf  im  Allgemeinen  nicht  unter  6  Jahre  dauern. 
§  9    und    10    handeln   von   Fischereigenossenschaften. 

§  11.  Wer  die  Fischerei  in  den  Kevieren  anderer  Berechtigter  oder 
über  die  Grenzen  der  eigenen  Berechtigung  resp.  des  freien  Fischfanges 
hinaus  betreiben  will,  bedarf  eines  beglaubigten  Erlaubnissscheines,  den  er 
beim  Fischen  zur  Legitimation  bei  sich  zu  führen  hat.  §  12.  Erlaubnissscheine 
kann  nur  der  Fischereiberechtigte  und  der  Fischereipächter  innerhalb  der 
Grenzen  seiner  Berechtigung  ausstellen.  §  13 — 15.  Die  Erlaubnissscheine 
müssen  beglaubigt  sein,  die  Beglaubigung  bezieht  sich  nur  auf  die  Unter- 
schrift des  Ausstellers  und  erfolgt  Stempel-  und,  ausser  in  genossenschaftlichen 
Kevieren,  kostenfrei.  §  16.  Wer  die  Fischerei  aus  eigenem  Hechte  oder 
als  Pächter  in  nicht  geschlossenen  Gewässern  betreiben  will,  hat  davon 
zuvor  Anzeige  zu  machen  und  erhält  darüber  eine  Bescheinigung,  die 
er  beim  Fischen  stets  bei  sich  zu  führen  hat.  §  17.  Das  in  Gegenwart 
eines  Inhabers  eines  Erlaubnissscheines,  Fischereiberechtigten  oder  Fischerei- 
pächters beschäftigte  Hilfspersonal  bedarf  keiner  Legitimation.  §  18  be- 
zieht sich  nicht  auf  unsere  Provinzen.  §  19.  Die  ohne  Beisein  des 
Fischers  zum  Fischfange  ausliegenden  Gezeuge  müssen  mit  einem  Kenn- 
zeichen versehen  sein,  durch  welches  der  Besitzer  mit  Sicherheit  ermittelt 
werden  kann. 

§  20.  Die  Breite  der  Gewässer  darf  durch  ständige  Fischereivorrich- 
tungen nie  auf  mehr  als  die  Hälfte  verstellt,  dieselben  dürfen  auch  nicht 


326  Die  Geschichte  der  Fischerei 

so  nahe  an  einander    angebracht   werden,    dass    sie   den  Zug    der  Fische 
hindern.     Für  Grenzgewässer   gilt   dies  nur,   wenn  im  Nachbarlande    die 
gleiche  Yorschrift  beobachtet  wird.     Die  bestehenden  Vorrichtungen  dieser 
Art  müssen,  wenn  sie  nicht  besonders   berechtigt  sind,   in  2  Jahren  den 
Vorschriften  dieses  Paragraphen  entsprechend  geändert  werden.   §  21.  Beim 
Fischfange  ist  die  Anwendung  schädlicher  oder  explodirender  Stoffe  (gifti- 
ger   Köder    oder    Mittel    zur    Betäubung    oder    Vernichtung    der    Fische, 
Sprengpatronen   oder  anderer  Sprengmittel  u.  s.  w.)  verboten.     §  22.  Im 
Wege   landesherrlicher   Verordnung    wird   vorgeschrieben   werden   1)  das 
Minimalmaass  der  Fische,    2)  zu  welchen  Zeiten,    an  welchen  Orten  und 
mit  welchen  Fan  garten  die  Fischerei  verboten  sein  soll,   3)  welche  Fang- 
arten überhaupt    nicht    angewendet   werden    dürfen,    4)  von    welcher  Be- 
schaffenheit   die    erlaubten   Fanggeräthe    sein   müssen   und    mit    welchen 
Beschränkungen  dieselben  gebraucht  werden  können,   5)  wie  gegenseitige 
Störungen  etc.  von  den  Fischern    zu    vermeiden   sind,   6)  wann    und   wo 
die  Werbung  der  Seegewächse    verboten    sein    soll.     §  23.  In  den  anzu- 
ordnenden   Schonzeiten   soll    die   Fischerei    nicht    über    das    erforderliche 
Maass  hinaus  beschränkt  werden,    insbesondere  soll  sie,    wo  das  zulässig 
ist,  ausser  an  Sonn-  und  Festtagen  während  der  Schonzeit  nur  an  3  Tagen 
in  jeder  Woche   untersagt   werden    dürfen.     Der   Fang    einzelner   Fisch- 
gattungen  und  der  Gebrauch  bestimmter  Fangmittel  kann  auch  in  diesem 
Falle  für  die  ganze  Dauer  der  Schonzeit  verboten  werden.     §  24.  Gelan- 
gen Fische,  deren  Fang  zur  Zeit,   oder   wegen   ihrer  zu  geringen  Grösse 
überhaupt   verboten    ist,   lebend   in  die  Hände    des  Fischers,    so   sind  sie 
sofort  wieder  ins  Wasser   zu   setzen.     §  25.    Für   geschlossene   Gewässer 
sind  §  19 — 24  nicht  giltig. 

§  26.  Fische  unter  dem  Minimalmaass  dürfen  weder  feilgeboten,  noch 
verkauft,  noch  versandt  werden. 

§  27.  Auf  künstliche  Fischzucht  und  wissenschaftliche  Untersuchungen 
finden  §  24  und  26  keine  Anwendung,  auch  dürfen  junge  Setzfische  zu 
Zuchtzwecken  von  den  Besitzern  geschlossener  Gewässer  versandt  werden. 
§  28.  Während  der  Dauer  der  Schonzeit  müssen  die  ständigen 
Fischereivorrichtungen  in  nicht  geschlossenen  Gewässern  abgestellt  sein. 
§  29.  Zu  Schonrevieren  können  erklärt  werden  1)  zum  Laichen  der  Fische 
besonders  geeignete  Plätze  (Laich schonre viere),  2)  solche  Strecken  der 
Gewässer,  welche  den  Eingang  der  Fische  aus  dem  Meere  in  die  Binnen- 
gewässer beherrschen  (Fischschonreviere).  §  30.  In  Schonrevieren  ist 
jede  Art  des  Fischfanges  untersagt,  die  nicht  zum  Zwecke  der  Schonung  etc. 
von  der  Aufsichtsbehörde  angeordnet  oder  gestattet  wird.  §  31.  In  Laich- 
schonrevieren muss  während  der  Laichzeit  die  Käumung,  das  Mähen  von 


in  Ost-  und  "Westpreussen.  327 

Schilf  oder  Gras,  die  Ausführung  von  Sand,  Steinen  etc.  unterbleiben. 
§  32  bestimmt,  was  für  Gewässer  vorzugsweise  zu  Schonrevieren  erklärt 
werden  sollen.  Nach  §  33  bleiben  die  nach  früheren  Bestimmungen  dem 
Fischfange  entzogenen  Gewässer  als  Schonreviere  bestehen.  §  34.  Durch 
Verfügung  des  Ministers  können  Schonreviere  aufgehoben  werden. 

§  35.  Wer  in  natürlichen  Gewässern,  wo  seither  der  Zug  der  "Wander- 
tische unbehindert  war,  Wehre,  Schleusen,  Dämme  etc.  anlegt,  ist  verpflichtet, 
auf  seine  Kosten  Fischpässe  auszuführen  und  zu  erhalten.  §  36.  Besitzer  von 
Wehren,  Schleusen,  Dämmen  etc.  in  natürlichen  Gewässern,  durchweiche  der 
Zug  der  Wanderfische  versperrt  oder  beeinträchtigt  wird,  sind  verpflichtet, 
die  Herstellung  von  Fischpässen  zu  dulden,  wenn  der  Staat  im  öffentlichen 
Interesse  oder  die  Fischereiberechtigten  der  oberen  oder  unteren  Wasser- 
theile  mit  Genehmigung  der  Bezirksregierung  solche  anlegen  wollen. 
§  37  bestimmt  die  Fälle,  auf  welche  §  35  und  36  keine  Anwendung 
finden.  §  38—40  ordnet  die  rechtlichen  Verhältnisse  bei  Ausführung 
von  Fischpässen.  Nach  §  41  hat  die  Bezirksregierung  zu  bestimmen,  in 
welchen  Theilen  des  Jahres  der  Fischpass  geschlossen  zu  halten  ist. 
§  42  verbietet  in  den  Fischpässen  jede  Art  des  Fischfanges,  auch  ober- 
und  unterhalb  derselben  muss,  so  lange  sie  offen  stehen,  in  angemessener 
Entfernung  jede  Fischerei  von  den  Regierungen  verboten  werden. 

§  43  und  44  handeln  von  der  Verunreinigung  der  Gewässer  durch  die 
Abflüsse  aus  landwirtschaftlichen  oder  gewerblichen  Betrieben,  sowie  durch 
das  Röten  von  Flachs  und  Hanf.  §  45  gestattet  den  Fischereiberechtigten, 
Fischottern  und  Taucher  ohne  Anwendung  von  Schusswaffen  zu  tödten 
oder  zu  fangen.  §  46 — 48  handelt  von  der  Beaufsichtigung  der  Fischerei, 
§  49 — 52  enthält  Strafbestimmungen,  §  53  hebt  alle  älteren,  diesem  Gesetze 
entgegenstehenden  Bestimmungen  auf,  §  54  beauftragt  den  Minister  der 
landwirthschaftlichen  Angelegenheiten  mit  der  Ausführung  des  Gesetzes. 

Die  „Verordnung,  betreffend  die  Ausführung  des  Fischerei- 
gesetzes in    der  Provinz  Preussen"  erschien  erst  am  11.  Mai  1877. 

§  1  derselben  bestimmt  die  Grenze  zwischen  Binnen-  und  Küsten- 
fischerei in  dem  Weichselarme  bei  Neufähr. 

§  2  verbietet  die  Fischerei  auf  Fischsamen  und  setzt  die  Minimal- 
maasse  für  die  wichtigsten  Fische  fest,  §  3  untersagt  das  Feilhalten,  Ver- 
kaufen und  Versenden  von  Fischen  unter  diesem  Maasse. 

Nach  §  4  unterliegen  alle  nicht  geschlossenen  Gewässer  einer 
wöchentlichen  und  einer  jährlichen  Schonzeit.  §  5  setzt  als  erstere  die 
Zeit  von  Sonnenuntergang  am  Sonnabend  bis  ebendahin  am  Sonntage 
fest,  gestattet  aber  eventuelle  Ausnahmen  für  das  Handangeln. 

§  6.  Die  jährliche  Schonzeit  wird  in  allen   nicht  geschlossenen  Ge- 


328  Die  Geschichte  der  Fischerei 

wässern  je  nach  der  Art  der  darin  hauptsächlich  vertretenen  Fische  ent- 
weder auf  die  Zeit  vom  15.  October  bis  14.  December  (Winterschonzeit) 
oder  vom  15.  April  bis  14.  Juni  (Frühjahrsschonzeit)  verlegt.  Nach  §  7 
unterliegen  die  für  das  Laichen  der  Salmoniden  günstigen  Gewässer  der 
Winter-,  alle  anderen  der  Frühjahrsschonzeit. 

§  8.  Während  der  wöchentlichen  und  jährlichen  Schonzeit  müssen 
die  ständigen  Fischerei  Vorrichtungen  in  nicht  geschlossenen  Gewässern 
abgestellt  werden. 

§  9.  Während  der  wöchentlichen  Schonzeit  dürfen  in  den  Küsten- 
gewässern Setznetze,  Keusen  und  Angeln  nachgesehen,  geleert  und  wieder 
ausgesetzt  werden.  Dasselbe  können  die  Bezirksregierungen  in  den  Bi  n  n  en- 
gewässern gestatten,  auch  kann  in  den  Küstengewässern  zeitweilig  der 
Fang  bestimmter  Arten  von  Fischen  während  der  wöchentlichen  Schonzeit 
gestattet  werden. 

§  10.  Während  der  Winterschonzeit  ist  in  den  betreffenden  Ge- 
wässern jede  Art  des  Fischfanges  verboten,  ebenso  während  der  Früjahrs- 
schonzeit  in  den  Binnengewässern.  §  11.  Die  Bezirksregierungen  sind  er- 
mächtigt, den  Fischereibetrieb  in  denBinnengewässern  während  derFrüh- 
jahrsschonzeit  wöchentlich  an  drei  Tagen  zu  gestatten,  doch  dürfen  Fang- 
mittel, welche  an  sich  erlaubt,  aber  geeignet  sind,  die  Fischbrut  zu  zer- 
stören, nicht  angewandt  werden.  Der  Fischereibetrieb  mit  ständigen  Vor- 
richtungen, schwimmenden  oder  verankerten  Netzen  und  Keusen  darf 
nicht  gestattet  werden. 

§  12.  Für  die  Küsten-Fischerei  treten  während  der  Frühjahrs-Schon- 
zeit folgende  Beschränkungen  ein:  1)  Strecken  der  Gewässer,  welche  die 
Laichstellen  wichtigerer  Fischarten  enthalten,  dürfen  nicht  befischt  werden. 
2)  Mit  Zugnetzen  (Garnen,  Keuteln  etc.)  darf  die  Fischerei  nicht  betrieben 
werden  auf  den  Schaaren,  in  den  Inwieken,  auf  Laich-  und  Krautstellen 
und  am  Rande  der  Rohr-,  Schilf-  und  Binsenkämpen.  3)  Treibnetze  dürfen 
ohne  Genehmigung  der  Bezirksregierung  nicht  angewandt  werden. 
4)  Stehende  Netze  dürfen  auf  den  ad  2  genannten  Stellen  nicht  ange- 
wandt, auch  nicht  so  gestellt  werden,  dass  sie  den  Zugang  zu  solchen 
Stellen  versperren.  5)  Lederungsnetze  dürfen  nicht  angewandt  werden. 
6)  Der  landwirtschaftliche  Minister  ist  zur  Gestattung  des  Strömlings- 
fanges während  der  Frühjahrsschonzeit  ermächtigt. 

§  13  bezieht  sich  auf  den  Krebsfang.  §  14  verbietet  den  Gebrauch 
von  Speeren,  Fallen,  Gabeln,  Harken,  Hauen,  Hölgern,  Stecheisen,  Stangen, 
Schiesswaffen  und  andern  Mitteln  zur  Verwundung  der  Fische.  Angeln 
werden  gestattet,  Berechtigungen,  welche  ausschliesslich  nur  auf  Speer- 
fischerei  lauten,    werden    durch    das  Verbot   nicht   berührt,   auch  ist  der 


in  Ost-  und  "Westpreussen.  329 

Gebrauch  von  Aalspeeren  in  den  Küstengewässern  vom  15.  October  bis 
9.  April  gestattet. 

§15  untersagt  die  Anwendung-  schädlicher  und  explodirender  Stoffe 
bei  der  Fischerei,  das  Zusammentreiben  der  Fische  mit  Fackeln,  das  Pul- 
schen, Pumpen,  Jagen  und  Klappern.  Nach  §  16  dürfen  Fisch  wehre, 
Fischzäune  und  Selbstfänge  für  Lachs,  Aal  etc.  nicht  neu  angelegt 
werden,  ausser  im  Falle  einer  bestehenden  Berechtigung.  §  17  setzt  die 
Maschenweite  der  Gezeuge  auf  mindestens  2,5  cm  fest,  für  das  Kurren- 
netz auf  4  cm. 

§  18.  Für  den  Aal-,  Kaulbarsch-  und  Neunaugenfang  dürfen  Ge- 
räthe  mit  einer  Maschenweite  von  mindestens  1,3,  für  Stint  und  Uckelei 
von  mindestens  0,7  cm  angewandt  werden.  Nähere  Bestimmungen  hier- 
über bleiben  den  Bezirksregierungen  überlassen,  auch  die  Zulassung 
weiterer  Ausnahmen  von  §  17.  §  19.  In  den  Küstengewässern  dürfen 
Fahrgewässer,  Stromrinnen,  Seeengen,  die  Eingänge  der  Inwieken,  Seen, 
Flüsse,  Bäche,  Kanäle  und  Gräben  nicht  mit  feststehenden  Netzen  ge- 
sperrt werden. 

§  20.  Ohne  besondere  Genehmigung  dürfen  vom  Ufer  fliessender 
Gewässer  befestigte,  verankerte  Fischereivorrichtungen  oder  schwimmende 
Netze  sich  nie  weiter  als  über  die  Hälfte  der  Breite  des  Gewässers  er- 
strecken. Mehrere  derartige  Fischereivorrichtungen  dürfen  gleichzeitig 
auf  derselben  oder  auf  der  entgegengesetzten  Uferseite  nur  in  einer  Ent- 
fernung von  einander  ausgeworfen  oder  angebracht  werden,  welche  min- 
destens das  dreifache  der  Längenausdehnung  des  grössten  Netzes  beträgt. 

§  21  betrifft  das  Verhalten  der  Fischer  zu  einander  beim  Fischfange, 
§  22  verbietet  einen  Betrieb,  der  die  Schifffahrt  hindern  würde,  und  be- 
stimmt, dass  die  zur  Befestigung  der  Fanggeräthe  gebrauchten  Pricken 
mindestens  1  m  über  dem  Wasserspiegel  vorragen  und  nach  beendigter 
Fischerei  ausgezogen  werden  müssen.  Das  Abbrechen  und  Absägen 
von  Pricken  wird  ausdrücklich  verboten. 

§  23.  Die  zur  Bezeichnung  der  Schifffahrtsrinnen  ausgelegten  Tonnen, 
Bojen  etc.  dürfen  nicht  verrückt,  die  Kinnen  nicht  durch  Netze  verstellt 
werden. 

§  24.  Bei  der  Winterfischerei  müssen  die  ausgehauenen  Eisstücke 
neben  den  gemachten  Oeffnungen  aufgerichtet  aufgestellt,  und  dürfen 
nicht  unter  das  Eis  geschoben  werden.  Ausserdem  müssen  die  Oeffnungen 
durch  Strauch,  Stangen  oder  dergl.  bezeichnet  werden.  In  und  neben 
den  bezeichneten,  über  das  Eis  führenden  Winterwegen  dürfen  bis  zu  4  m 
Entfernung  seitwärts  keine  Löcher  gehauen  werden.  §  25  bestimmt, 
dass    die   zur  Küstenfischerei    gebrauchten  Fahrzeuge  beim  Vordersteven 


;};}0  Dio  Gesohiohte  der  Fisoherei 

am  Äussern  Backbord,  beim  Hintersteven  am  äussern  Steuerbord  dio 
ersten  drei  Buchstaben  des  Wohnortes,  dos  Besitzers  und  die  Nummer 
der  ihm  ertheilten  Fischereibesoheinigung  in  vertieften,  mit  weisser  Oel- 
farbe  auf  schwarzem  Grunde  eingestrichenen  Buohstaben  von  mindestens 
(>  om  Höhe  führen  müssen.  Die  gleiche  Bezeichnung  müssen  die  segel- 
führenden  Fahrzeuge  beiderseits  Lesbar  in  30  cm  hohen  Buchstaben  im 
Segel  Indien.  Die  Hafffischer  haben  ausserdem  an  der  Spitze  des  Mastes 
eine  mindestens  75  cm  lange,  30  cm  breite  Flagge  von  der  Farbe  zu 
führen,  die  ihrer  Ortschafl  von  der  zuständigen  Behörde  zugetheill  ist. 
$  26.    Der  Oberfischmeister  führt  eine   rothe  Dienstflagge  mit  dem 

preiissisehen  Adler  im  weissen  Felde  und  einen  Wimpel  mit  dem  preussi- 
selien    Adler,    die   übrigen    A  ulsichtsheamteii    nur  eine   soleho    Flagge   oder 

Wimpel  auf  ihren  Böten,  Nachts  an  deren  stelle  eine  rothe  Signallaterne. 

Sobald   diese  aufgezogen    wird,   muSS  jeder  der    mit    dem    Betriebe    der 

Fischerei  beschäftigt  ist,  die  Segel  streichen  und  beilegen,  resp.  mit 
Rudern  einhalten  und  darf  nichl  trüber  von  der  stelle  weichen,  als  bis 
von  den  Beamten  die  Erlaubniss  ertheill  ist. 

$  l'7  bedroht  Zuwiderhandlungen  gegen  die  Forschriften  dieser 
Verordnung,  soweit  sie  nicht  den  Strafbestimmungen  «los  Strafgesetz- 
buches für  das  deutsche  Reich  oder  des  Fischereigesetzos  unterliegen,  mit 
Geldstrafe  bis  zu  L50  Mark  oder  Haft.  Zugleich  kann  auf  Einziehung 
der  bei  i\w  Ausübung  der  Fischerei  verwandten  unerlaubten  Fanggeräthe 
erkannt  werden. 

$   28  ermäohtigt    den    Mildster    An  landwirthsehaftlirhon    Angologon- 

heiten,  verschiedene  Vorschriften  in  den  nicht  ausschliesslich  der  preussi- 
schen  Hoheit  unterworfenen  Binnengewässern  ganz  «»der  theilweise  ausser 
Kraft  ZU   setzen. 

§  29  hebt  alle  dieser  Verordnung  entgegenstehenden  Bestimmun- 
gen auf. 

In    Folge   mehrfacher    Beschwerden    und    Verbesserungsvorschläge, 

die  von  sehr  verschiedenen  Seiten,  unter  andern  auch  in  Form  eines  aus- 
führlichen Gutachtens  von  dem  seit  L876  bestehenden  Fischeroivcrein  der 
Provinzen  Ost-  und  Westpreussen  eingereicht  waren,  wurde  eine  Novelle  zum 
Fisohereigesetz  eingebracht,  berathen  und  am  30.  März  L880  als  „Gesetz, 
betreffend  d  ie  A  band  er  u  ng  dos  Fisehoroigesetzos  fü  r  den  preussi- 
schen  Staat  vom  30.  Mai  L874"  publicirt  Dasselbe  soll,  da  zur  Entschei- 
dung hinsichtlich  einiger  tief  eingreifender  A.endorungen  die  seit  dorEinanation 
des  Fischereigesetzes  verflossene  Zeil  noch  zu  kurz  ist,  nur  einigen  loiohtor  zu 
beseitigenden  Mängeln  abhelfen.  Für  unsere  Provinzen  enthält  das  aus  fünf 
Artikeln  bestehende  A.bänderungsgesetz  in  Artikel  111  die  wichtige  Uostim- 


im  Ost-  and  Westpreussen,  331 

mung,  dass  von  dem  §  28  des  Fischereigesetzes  von  L874,  wonach  die 
Btändigen  Fischereivorrichtungen  (also  bei  uns  namentlich  Walfänge) 
während  der  Schonzeii  abgestellt  werden  müssen,  von  Seiten  des  Regierungs- 
präsidenten Dispens  ertheilt  werden  kann. 

Artikel  |  v  enthält  eine  sehr  zweckmässige  Erweiterung  von  §  45 
,i,--  Gesetzes  von  1874,  indem  erden  Fischereiberechtigten  gestattet,  Fisch- 
ottern, Taucher,  Eisvögel,  Reiher,  Kormorane  und  Fischaare  ohne  Anwen- 
dung von  8chusswaffen  zu   tödten,  zu  fangen   und  für  sich  zu  behalten. 

Artikel  V  ermächtigt  die  Minister  für  Eandel  and  für  Landwirth- 
ohafl  zum  Schutze  der  Fische  gegen  Beschädigung  durch  Turbinen  bei 
jeder  nach  dem  Inkrafttreten  des  Gesetzes  erfolgenden  Turbinenanlage 
dem  Eigenthümer  derselben  .jederzeit  die  Eerstellung  und  Unterhaltung 
von  Vorrichtungen  (Gitter  u.  s.  w.),  welche  <\>is  Eindringen  der  Fische  in 
die  Turbinen  verhindern,  auf  seine  Kosten  aufzuerlegen. 

In  sehr  dankenswertber  Weise'  hal  sieh  neuerdings  der  Eerr  [jand- 
wirthschaftsrnifi ister  der  He  ehränkung  der  Fischfeinde  angenommen,  indem 
er  die  Regierungen  auffordert,  Fischottern,  Reiher  und  Kormorane  in 
mögliche  grosser  Anzahl  abschiessen,  die  Borste  <\<:r  letzteren  zerstören 
zu  lassen  und  über  die  Zahl  der  erlegten  Thiere  und  zerstörten  Nester 
jährlich  zu  berichten, 

In  praktischer  Einsicht  wäre  es  sehr  zu  wünschen,  dass  von  com- 
petenter  Seite  eine  libersichtliche  Sammlung  <\<'f  für  unsere  Provinzen 
giltigen  gesetzlichen  Bestimmungen  über  die  Fischerei  hergestellt  und 
veröffentlicht  würde,  da  es  selbsi  \'ur  den  Richter  seine  Schwierig 
keiten  hat,  in  manchen  Fällen  zu  entscheiden,  welche  Bestimmun- 
gen <\>r  drei  Fischereiordnungen  von  1845  uoch  zu  Recht  bestehen, 
und  jedenfalls  eine  authentische  Zusammenstellung  <\<'i-  zur  Zeil 
giltigen  Bestimmungen  eine  gleichmässigere  und  befriedigendere  Recht- 
sprechung zur  Folge  haben,  dem  Richter  die  Arbeil  erleichtern  und 
zu  schnellerer  Ermittelung  von  Mangeln  der  Gesetzgebung  führen 
würde.  ;ds  wenn  jeder  Beamte  darauf  angewiesen  ist,  selber  die  uoch 
giltigen  Bestimmungen  am  dem  Strafgesetzbuch  und  den  verschiedenen 
Fischereigesetzen  zusammen  zu  suchen,  am  so  mehr  als  von  jedem 
neuen  Gesetze  nicht  die  alten  Gesetze  an  sich,  sondern  nur  deren  dem 
neuen  entgegenstehende  Bestimmungen  autgehoben  werden. 


Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  Westpreussen. 


Die  Fischerei  im  Allgemeinen  zerfällt  in  die  wilde  oder  natürliche 
Fischerei,  welche  in  den  natürlichen  Gewässern,  Meeren,  Haffen,  Seen  und 
Flüssen  ausgeübt  wird,  und  die  zahme  oder  künstliche  Fischerei,  die  sich 
auf  künstlich  angelegte  oder  wenigstens  besonders  eingerichtete  Teiche, 
Bäche  oder  Gräben  beschränkt  und  eine  mehr  oder  weniger  geregelte 
Fischzucht  voraussetzt.  Während  die  zahme  Fischerei  naturgemäss 
dem  Eigenthümer  der  Teiche  etc.  zusteht,  ist  die  wilde  Fischerei  in 
den  Meeren  mit  gewissen  Einschränkungen  frei,  in  Haffen,  Flüssen 
und  Seen  dagegen,  sofern  letztere  nicht  Eigen thum  von  Gemeinden  oder 
Privatpersonen    sind,    ein  Kegal  des  Staates. 

Wir  unterscheiden  die  wilde  Fischerei  in  Hochsee-Fischerei,  die  in 
grösserer  Entfernung  vom  Lande  betrieben  wird,  Küsten- Fischerei  (an  der 
Meeresküste  bis  ca.  3  Seemeilen  vom  Lande,  in  den  offenen  Buchten, 
Haffen  und  Flussmündungen)  und  Binnen-Fischerei  (in  Flüssen,  Bächen 
und  Seen). 

Die  Fischereigerechtigkeit,  d.  h.  die  Befugniss,  Fische  zum  eigenen 
Nutzen  zu  fangen,  die  in  öffentlichen  Gewässern,  mit  Ausschluss  der 
Meere,  eigentlich  nur  dem  Staate  beiwohnt,  ist  von  diesem  unter  gewissen 
wirtschaftlichen  Beschränkungen  (Schonzeit,  Minimalmaasse,  Verbot  schäd- 
licher Fangarten)  theils  durch  Privilegien  an  Gemeinden,  Grundstücke 
oder  Personen  frei  oder  gegen  gewisse  Abgaben  oder  andere  Leistungen 
verliehen,  theils  wird  sie  von  demselben  in  verschiedener  Art  pachtweise 
vergeben. 

Die  wilde  Fischerei  wird  in  unseren  Gewässern  mit  Netzen,  Säcken, 
Reusen,  Aalkasten,  Speeren  und  Angeln  betrieben.  Die  Netze  sind  aus 
Hanf  oder  Flachs,    nur   in   neuester  Zeit   an   manchen    Orten   auch    aus 


Das  Kurrennetz. 


333 


Baumwolle  geknüttet  und  wurden  bis  vor  kurzem  ausschliesslich  von  den 
Fischern  selber  hergestellt.  Neuerdings  werden  jedoch  vielfach  die  vor- 
züglich gearbeiteten  Netze  der  mechanischen  Netzfabrik  in  Itzehoe  (Hol- 
stein) gekauft,  die  bereits  einige  Vertreter  in  unseren  Provinzen  hält. 

Ihrer  Anwendung  nach  zerfallen  die  Netze  in  Zugnetze,  treibende, 
stehende  Netze  etc.  Die  Zugnetze  werden  theils  von  Segelfahrzeugen 
geschleppt,  theils  von  verankerten  Böten,  vom  Lande  oder  vom  Eise  aus 
von  Menschen  oder  Pferden  gezogen. 

Die  mit  Segelfahrzeugen  betriebenen  Zugnetze  sind  das  Kurrennetz, 
Braddengarn,  der  Keutel   und   das  in  See  gebrauchte  Grundnetz  (Trawl). 

1.  Das  Kurrennetz, 
in   älteren  Urkunden  churländisch  Garn,  Kauren-,  Korl-  oder  Kordelgarn 
genannt,   litauisch  kurenai,   ist  bei  uns  nur  auf   dem  kurischen  Haff  ge- 
bräuchlich.   Zu  seinem  Betriebe  gehören  zwei  grosse  Segelfahrzeuge,  Kurren- 


Fig.  140.     Ein  Stück  Kurrennetz. 

oder  Braddenkähne  (kurenu-  oder  braddaus-walte)  mit  je  zwei  Mann 
Besatzung.  Sie  sind  9  bis  11  m  lang,  21/2  bis  3  m  breit,  haben 
einen   ganz    flachen   Boden,    eine   mittlere  Tiefe   von  0,80  bis  1  m    und 


334 


Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  Westpreussen. 


einen  Tiefgang  von  0,15  bis  0,25  m.  Tor  dem  10  bis  12  m  hohen  Haupt- 
maste steht  noch  ein  kleinerer  von  ca.  5  m  Höhe,  beide  tragen  Spriet- 
segel,1)  ersterer  ausserdem  eine  sehr  schmale  Fock.  Bei  der  Ausfahrt 
zum  Fischen  nimmt  jeder  Kahn  eine  Hälfte  (Flügel,  lit.  sparnas)  des 
Garnes  an  Bord  und  erst  unmittelbar  vor  dem  Gebrauche  werden  beide 
Flügel  durch  Schnüre  verbunden.  Jeder  Flügel  hat  eine  Länge  von  160 
bis  180  m,  eine  Höhe  von  2  bis  3  m.  Die  beiden  Längsseiten  des  Netzes 
sind  von  einer  starken  Leine  (Simme)  eingefasst,  die  früher  allgemein  aus 
Lindenbast  bestand,  jetzt  aber  gewöhnlich  aus  Flachs  gefertigt  wird.  Das 
Kurrennetz  ist  ein  Gaddernetz,  d.  h.  ein  Netz  mit  dreifacher  "Wand,  indem 
das  eigentliche  Netztuch  (die  Schienge,  lit.  anka),  welches  aus  feinen  Flachs- 
fäden besteht,  und  eine  Maschenweite  von  4  cm  hat,  zwischen  zwei  gröberen, 
häufig  aus  Hanf  gefertigten  Netzen  (den  Gaddern  oder  der  Ledering,  lit. 
lekus)   liegt,    deren  Maschen    etwa  50  cm   weit  sind.     Die  mittlere  Netz- 


Fig.  141. 


Der  Schulmeister  am  Kurrennetz. 


wand,  die  Schienge,  ist  erheblich  länger,  als  die  beiden  Simmen,  an  denen 
ihre  Längsseiten  befestigt  sind,  auch  die  Höhe  der  an  den  beiden  Simmen 
befestigten  Gaddern  ist  viel  geringer  als  diejenige  der  Schienge,  welche 
daher  in  ganz  lockeren  Falten  liegt.  Die  Befestigung  des  Netztuches 
zwischen  den  Simmen  nennt  man  die  Einstellung.  Das  Netz  ist  lose 
eingestellt,  wenn  es  eigentlich  viel  länger  ist  als  die  Simmen,  und  daher 
in  vielen  Falten  liegt,  fest  eingestellt,  wenn  es  nur  wenig  länger  ist  als  die 
Simmen   und   daher   nur  unerhebliche  Falten    bildet.     Längs   der  oberen 


1)  Im  südlichen  Hafftheil  ist  das  Segel  am  grossen  Mast  ein  Gaffelsegel. 


B. 

I-J 

CD 

B 

SO: 

P 

cd 


p- 

CD 

B 

CD 


Das  Kurrennetz.  335 

Simnie  des  Kurrennetzes  ist  eine  dünne  Leine  befestigt,  auf  welche  in 
Abständen  von  je  1  m  flache  viereckige  Stücke  von  Pappelborke  aufge- 
streift sind,  die  Flotten  oder  Flotthölzer,  lit.  pludis.  In  ähnlicher  Weise 
ist  längs  der  unteren  Simme  eine  Leine  angebunden,  auf  die  in  etwas 
kleineren  Entfernungen  flache  Seesteine,  kleine  Sandsäcke  oder  gebrannte 
Thonringe  von  ca.  8  cm  Durchmesser,  die  Grapsteine,  aufgezogen  sind. 
Die  Flotten  halten  die  obere  Simme  des  Netzes  an  der  Oberfläche  des 
Wassers,  während  die  Grapsteine  durch  ihre  Schwere  der  Netzwand  eine 
senkrechte  Stellung  im  Wasser  geben.  An  das  Ende  jedes  Flügels 
schliesst  sich  ein  10  m  langes  einfaches,  stärkeres  Netz  mit  Maschen  von 
durchweg  5,2  cm  Weite  an,  dessen  Höhe  am  Anfange  derjenigen  des 
Flügels  gleicht,  also  2  bis  3  m  beträgt,  bis  zum  Ende  hin  sich  aber  auf 
ca.  1,20  m  verschmälert,  der  Schulmeister,  lit.  szulmisreis.  Seine  Simmen 
sind  mit  denen  des  Flügels  verbunden  und  gehen  an  dem  schmalen  Ende 
durch  ein  ca.  1,20  m  langes  Stück  Rundholz,  den  Bottknüppel,  lit.  bott, 
hindurch,  eine  Hahnenpfote  bildend,  in  deren  Oese  die  40  bis  50  in  lange 
Zugleine  (Treibleine,  Dripleine)  befestigt  wird. 

Nachdem  die  Kähne  auf  eine  geeignete  Wassertiefe  gefahren  sind,  legen 
sie  sich  neben  einander,  verbinden  beide  Flügel  des  Kurrennetzes  durch 
Schnüre  und  fahren  nach  entgegengesetzten  Richtungen,  um  das  Netz  all- 
mählich auslaufen  zu  lassen.  Ist  dies  geschehen,  so  wird  die  Zugleine  am 
Mäste  festgebunden,  eine  ca.  10  m  lange,  an  der  Zugleine  befestigte  Leine 
nach  dem  Achtersteven  genommen,  wo  sie,  nachdem  das  Steuerruder  aus- 
gehakt ist,1)  als  Mittel  zum  Steuern  dient,  und  die  Kähne  treiben,  das  Netz 
in  gespanntem  Zustande  zwischen  sich  haltend,  vor  dem  Winde  dahin.  Die 
vom  Kurrennetz  erfassten  Fische  gehen  durch  die  weiten  Maschen  der  Gad- 
dern  mit  einem  Theil  der  in  losen  Falten  liegenden  Schienge  hindurch  und 
verwickeln  sich  in  dem  so  gebildeten  Netzbeutel  mit  Flossen  und  Kiemen, 
ohne  sich  gegen  den  durch  die  schnelle  Fortbewegung  des  Netzes  ent- 
stehenden Strom  halten  und  frei  machen  zu  können.  Da  das  Kurrennetz 
nur  nach  längerer  Zeit,  nachdem  die  ganze  ohne  Hinderniss  zu  befahrende 
Strecke  durchtrieben  ist,  aufgenommen  wird,  so  findet  man  darin  immer 
eine  grosse  Anzahl  erstickter  Fische,  die  durch  Einschnürung  des  Kopfes 
in  den  Netzfäden  an  der  Bewegung  der  Kiemendeckel,  also  am  Athmen 
gehindert  waren.  Auch  beim  Herausnehmen  der  übrigen,  noch  lebenden 
Fische  aus  den  Netzmaschen  geht  es  meistens  nicht  ohne  erhebliche  Ver- 
letzungen der  Flossen  oder  Kiemen  ab,  so  dass  die  Fische  grösstentheils 


1)  Die  Schaakener  Kurrenfischer  hängen  beim  Betriebe  der  Fischerei  ihr  Steuer- 
ruder nicht  aus. 


336  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  lind  "Westpreussen. 

nicht  für  längere  Zeit  am  Leben  zu  erhalten  sind.  Es  wird  dies  daher 
auch  gar  nicht  einmal  versucht,  indem  die  Kurrenkälme  keine  Fischkasten 
zur  Aufbewahrung  lebender  Fische  besitzen.  Es  werden  vielmehr  die 
Fische  auf  einen  Haufen  geschüttet  und  gleich  beim  Landen  an  Händler 
verkauft. 

Das  Kurrennetz  ist  eigentlich  zum  Fange  von  Bressen  und  Zander 
bestimmt,  fängt  aber  natürlich  auch  alle  anderen  auf  seinem  Wege  be- 
findlichen Fische  mit.  Sein  Gebrauch  ist  nur  auf  der  Tiefe  oder  dem 
Boden  des  Haffes  gestattet  und  es  dürfen  die  nördlich  resp.  südlich  der 
Linie  Lickerorth-Grabsterorth  ansässigen  Fischer  diese  Linie  nicht  über- 
schreiten. Die  Kurrenfischerei  beginnt  mit  dem  Aufgange  des  Eises  und 
dauert  bis  zum  15.  April,  während  der  Frühjahrsschonzeit  vom  15.  April 
bis  14.  Juni  ist  sie  verboten,  danach  wird  sie  wieder  bis  zum  Zufrieren 
des  Haffes  betrieben. 

Ein  neues  Kurrennetz  kostet  150  Mk.,  ein  Kurrenkahn  11 — 1200  Mk.; 
für  die  Benutzung  eines  halben  Kurrennetzes  mit  dem  zugehörigen  Segel- 
fahrzeuge wird  von  der  Regierung  ein  jährlicher  Pachtzins  von  18  Mark 
erhoben. 

2.  Das  Braddengarn, 
lit.  braddus  oder  braddai,  welches  ebenfalls  nur  auf  dem  kurischen  Haff 
gebräuchlich  ist,  wird  aus  Hanf  gefertigt.  Es  besteht  aus  einem  trichter- 
förmigen Netzsack,  der  Metritze,  lit.  metrizes,  und  zwei  an  deren  vorderer 
weiter  Oeffnung  befestigten  einfachen  Netzwänden,  den  Flügeln.  Die 
Metritze,  Mettritze  oder  Medritz  hat  eine  Länge  von  ca.  14  m,  ihr  spitzes 
Ende  ist  etwa  1  m  weit  und  mit  einer  festen  Schnur  zugebunden,  an 
welcher  eine  kleine  Boje,  ein  Holzklotz  oder  einige  Stücke  Pappel- 
borke befestigt  sind,  die,  an  der  Oberfläche  schwimmend,  die  Lage 
der  Metritze  anzeigen.  Die  Flügel,  deren  jeder  eine  Länge  von  180 
bis  200  m  hat,  sind  bei  ihrem  Anschluss  an  die  Metritze  bis  8  m  hoch, 
verschmälern  sich  aber  nach  dem  Ende  zu  bis  auf  3  m.  Das  ganze 
Netz  ist  aus  dünnen  Hanffäden  gefertigt  und  ringsum  von  einer  festen 
Simme  eingefasst.  Die  Maschen  dürfen  in  den  Flügeln  nirgends  enger 
sein  als  4  cm  und  müssen  schräge  gegen  die  Metritze  hinlaufen,  in  der 
sie  nicht  unter  2  cm  messen  dürfen.  Die  Obersimme  des  Netzes  ist 
mit  Flotthölzern  von  Pappelborke  versehen,  die  auch  an  der  oberen  Seite 
der  Metritze  in  mehrfachen  querüberlaufenden  Eeihen  angebracht  sind. 
Die  Untersimme  ist  mit  aus  Thon  gebrannten  Grapsteinen  oder  flachen 
Seesteinen  beschwert,  welche  letztere  hauptsächlich  aus  der  Gegend  von 
Nidden    bezogen    werden.     Am   Ende  jedes  Flügels   ist   ein  Bottknüppel 


Das  Braddoiigarn. 


337 


angebracht,  an  welchem  mittelst  einer  Hahnenpfote  die  Treibleine  befestigt 
wird.  Es  werden  hier  einige  schwere  Steine  angehängt,  um  zu  verhindern, 
dass  sich  die  Flügel  bei  schnellerer  Fahrt  vom  Grunde  erheben.  Zum 
Betriebe  der  Braddenfischerei  gehören  zwei  der  oben  erwähnten  Kurren- 
oder Braddenkähne  mit  je  2 — 3  Mann  Besatzung.  Der  eine  Kahn 
nimmt  die  Metritze  und  den  einen,  mit  derselben  fest  verbundenen 
Flügel,  der  andere  den  zweiten  Flügel  an  Bord,  welcher  erst  unmittelbar 
vor  dem  Auswerfen  des  Netzes  durch  Schnüre  an  der  Metritze  befestigt 
wird.  Nachdem  beide  Kähne  an  einer  geeigneten  Stelle  zusammenge- 
kommen und  die  Theile  des  Netzes  mit  einander  verbunden  sind,  wird 
zuerst  der  Sack  oder  die  Metritze  ausgeworfen  und  indem  die  Kähne 
dann  nach  entgegengesetzten  Richtungen  segeln,  lassen  sie  auch  die 
Flügel  und  Treibleinen  auslaufen,  welche  letzteren  an  den  Masten  be- 
festigt werden,  und  von  denen  ausserdem  eine  dünne  Leine,  der  Schaak, 


Fig.  143.     Das  Bradclengarn. 


ausgeht,  die  neben  dem  Steuer  festgemacht  Avird.  Sie  treiben  dann, 
soviel  wie  möglich  bei  dem  Winde  liegend  und  das  Garn  schleppend,  dem 
flachen  Schaar  zu.  Die  von  dem  Netze  eingeschlossenen  Fische  versuchen 
längs  der  schräge  gestellten  Flügel  nach  hinten  zu  entkommen  und  ge- 
langen so  in  die  Metritze,  aus  der  sie  bei  der  schnellen  Vorwärtsbewegung 
des  Netzes  nicht  mehr  entkommen  können.  Auf  dem  Schaar  angelangt, 
halsen  die  Kähne,  legen  sich  neben  einander,  die  Mannschaft  des  einen  Kahns 
übernimmt  beide  Zugleinen,  um  das  Netz  zu  heben,  während  der  andere  Kahn 
nach  der  an  ihrer  Boje  erkennbaren  Metritze  hinfährt,  um  nachzusehen,  ob 
der  Inhalt  derselben  das  Aufziehen  des  ganzen  Netzes  lohnen  werde.  Ist 
das  noch  nicht  der  Fall,  so  übernimmt  dieser  Kahn  wieder  die  eine  Zug- 

22 


338 


Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  "Westpreussen. 


leine  und  die  Fahrt  wird  so  lange  fortgesetzt,  bis  sich  eine  genügende 
Menge  von  Fischen  in  der  Metritze  befindet.  Die  Mannschaft  des  einen 
Kahnes  schnürt  dann  mit  einer  unter  der  Metritze  hindurchgezogenen 
Schnur  diese  fest  zu,  so  dass  die  Fische  nicht  entweichen  könnten,  lichtet 
dann  das  Netz  und  schüttet  die  Fische  aus.     Unter  günstigen  Umständen 


können  mit  dem  Braddengarn  3- 


-4  Züge  an  einem  Tage  gemacht  werden. 


Die  Braddenfischerei  wird  vom  15.  September  bis  1.  October  nur 
auf  dem  sogenannten  Boden  des  kurischen  Haffes,  nach  dem  1.  October, 
wenn  die  kleinen  Lachsstellen  aufgehoben  sind,  auf  der  ganzen  Tiefe  be- 
trieben. Sie  liefert  vorzugsweise  Bressen,  Zander,  Barsche  und  Hechte, 
gelegentlich  natürlich  auch  alle  anderen  Fische,  die  sich  gerade  in  der 
Tiefe  aufhalten. 


Fig.  144.     Lage  der  vor  dem  Garn  treibenden  Braddenkähne. 

Ein  ganzes  Braddengarn  kostet  neu  240—300  Mark;  der  Pachtzins 
für  ein  halbes  Braddengarn  nebst  dem  dazu  gehörigen  Segelfahrzenge 
beträgt  12  Mark. 

3.  Der  Eeitel, 
Keutel,  das  Keitel-,  Keutel-  oder  Kiedelgarn,  lit.  kiuddelis,  ist  ein  auf 
unseren  beiden  Haffen  gebräuchliches,  aus  Hanf  gefertigtes,  trichter- 
förmiges Netz  ohne  Flügel.  Seine  Länge  beträgt  10 — 12  m,  sein 
Umfang  an  der  vorderen  weiten  Oeffnung  ca.  12  m.  Diese  Oeffnung 
ist  von  einer  festen  Simme  eingefasst  und  wird  durch  2  daran  befestigte 


Der  Keitol.  339 

Hölzer,  dieStölzen,  lit.  botellis, (Eig.  L45,l)undden  zwischen  beide  gesetzten 
Treibbaum,  lit.  boms,  (2)  in  Form  eines  Rechteckes  von  ca.  5  m  Länge 

und  1  in  Höhe  offen  gehalten.  An  den  Stolzen  ist  mittels!  der  Ilahnen- 
pfoten  oderSchärker  (3)  dieBottleine  (4)  befestigt,  an  welche  eine  starke, 
ca.  20  m  lange  Treibleine  (5)  angeknüpft  wird.  Man  unterscheidet  am  Keutel- 
garn  '■>  Abschnitte  von  ungleicher  Maschenweite,  den  Heerd,  Mittel  rock 
und  das  Achtergarn.  Der  dem  Eingange  zunächst  liegende  Heerd,  auf 
dem  kurischen  Haff  Vorderthoil  genannt,  lit.  peiszakis,  hat  eine  Länge 
von  4 — 5  m  und  Maschen  von  gewöhnlich  3,7  cm.  Der  Mittelrock,  lit. 
middraks,  ist  2 — 3  m  lang,  seine  Maschen  pflegen  2,7  cm  weit  zu  sein, 
das  Achter-  oder  Aftergarn,  lit.  aktagarn,  welches  das  hintere  spitze  Ende 
des  Netzes  bildet,  ist  ca.  I  m  lang,  seine  Maschen  dürfen  nicht  enger  als 
2  cm  sein.  An  seinem  hinteren  Ende  ist  das  Achtergarn  offen  und  wird 
durch  eine  feste  Schnur  zugebunden,  die  eine  Länge  von  5 — 10  m  hat 
und  an  deren  Ende  ein  ca.  2  m  langes  Stück  Kundholz,  der  Stehder  oder 
Stöder,  als  Boje  befestigt  ist.     Innerhalb  des  Achtergarns    liegt  noch    ein 

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Fig.  145.     I).t  Keil,]. 

kleinerer,  am  hinteren  Rande  des  Mittelroeks  mit  dem  grossen  Netze 
verbundener  Netztrichter,  die  Kehle,  Einkehle  oder  der  Inkel,  welcher 
2 — 3  m  lang  ist  und  Maschen  von  2,5  cm  Weite  besitzt.  Er  hindert 
die  einmal  ins  Achtergarn  gelangten  Fische  am  Entweichen.  Wie  die 
Metritze  des  Braddengarns  ist  der  Keutel  an  seiner  oberen  Seite  mit  Flott- 
hölzern in  ungefähr  15  querüber  laufenden  Reihen,  an  der  unteren  mit 
40 — 50  flachen  Seesteinen  oder  Thonringen  versehen,  deren  Gewicht  gross 
genug  sein  muss,  um  ihn  fest  am  Grunde  zu  halten.  Zum  Betriebe  der 
Keutelfischerei  gehört  ein  schweres  Segelfährzeug  mit  2  Mann  Besatzung. 
Auf  dem  kurischen  Haff  werden  zum  Keuteln  Kähne  angewandt,  die  den 
Kurren-  oder  Braddenkähnen  ganz  gleich  sind,  beim  Gebrauch  mit  dem 
Keutel  aber  als  Keutelkahn,  lit.  kiuddelis  walte,  bezeichnet  werden. 

Auf  dem  frischen  Haff  werden  zum  Betriebe  der  Keutelfischerei  die 
sogenannten  Angelkähne  gebraucht.  Sie  sind,  abweichend  von  jenen  des 
kurischen  Haffes,  scharf  auf  Kiel  gebaut,  10 — 11  m  lang,  3,5 — 4  m  breit 
mit  1  m  Tiefgang  und  besitzen  einen  grossen  mittschiffs  gelegenen  Fisch- 
behälter für  lebende  Fische.  Sie  haben  nur  einen  Mast  von  ca.  13  in 
Höhe  und    nur  ein  einziges   grosses  Raasegel  von  10  m  Höhe  und   5  in 

22* 


340  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  "Westpreussen. 

Breite,  mit  dem  sie  vorzüglich  segeln.  Ein  solcher  AngeLkahn  kostet  neu 
ca.  2500  Mark.  Sind  die  Keutelfischer  auf  einer  passenden  Stelle  ange- 
langt, so  wird  der  Keutel  ausgeworfen,  der  Treibbaum  eingesetzt  und  die 
Treibleine  am  Mäste  befestigt.  Der  Kahn  treibt  dann  mit  halbem  Winde1) 
fort,  den  Eeutel  am  Grunde  nachschleppend,  während  der  Stehder  an  der 
Oberfläche  hinterher  schwimmt  und  im  Falle  eines  Bruches  der  Treib- 
leine das  Auffinden  des  Netzes  ermöglicht.  Bei  sehr  schneller  Fahrt 
würde  der  Keutel  vom  Grunde  sich  erheben  und  ins  Schwimmen  kommen. 
Man  vermeidet  dies,  indem  man  auf  der  Treibleine  mehr  oder  weniger 
schwere,  an  hölzernen  Haken  befestigte  Steine,  die  Hakensteine,  lit.  usz- 
leikis,  (Fig.  145, 6)  bis  zu  der  Bottleine  herabgleiten  lässt.  Ist  der  Keutelfischer 
5 — 10  km  weit  getrieben,  so  lässt  er  das  Segel  fallen,  um  das  Netz  zu 
lichten.  Die  Fische  werden  durch  Aufbinden  der  Schnur  am  Ende  des 
Achtergarns  herausgenommen,  das  Netz  von  dem  oft  in  grosser  Menge 
hineingelangten  Schlamm,  "Wasserpflanzen  etc.  gereinigt  und  von  Neuem 
ausgeworfen.  Bei  günstigem  Winde  kreuzen  die  Angelkähne  in  der  Zeit 
vom  1.  Juni  bis  1.  October  bei  Tag  und  Nacht  fortwährend  auf  der  Tiefe-) 
beider  Haffe,  im  kurischen  Haff  ausschliesslich  südlich  der  Linie  Licker- 
orth-Grabsterorth.  Auf  steinigem  oder  an  Pflanzenwuchs  sehr  reichem 
Grunde  verbietet  sich  der  Gebrauch  des  Keutels  von  selber.  Der  Keutel 
fängt  hauptsächlich  Aale  und  Kaulbarsche,  andere  Fische  nur  in  geringer 
Anzahl.  Die  Fischkasten  der  Angelkähne  ist  in  zwei  Abtheilungen  ge- 
schieden, eine  für  die  Aale,  die  andere  für  die  „Fische",  zu  denen  der 
Keutelfischer  den  Aal  nicht  rechnet. 

Man  hat  schon  vor  langer  Zeit  die  Schädlichkeit  der  Keutelfischerei 
erkannt  und  die  Zahl  der  Keutel  zu  beschränken  versucht,  was  jedoch, 
da  der  Gebrauch  derselben  vielfach  durch  Privilegien  aus  alter  Zeit  gestattet 
ist,  nur  sehr  allmählig  gelingt.  Zur  Zeit  sind  auf  dem  frischen  Haff 
noch  über  100,  auf  dem  südlichen  Theile  des  kurischen  Haffes  über 
300  Keutel  im  Betriebe,  deren  fortwährendes  Kreuzen  den  Grund  des 
Haffes  unaufhörlich  beunruhigt,  den  Pflanzenwuchs  zerstört  und  die  Fische 
verscheucht.  Die  kleinen  Fische,  die  oft  in  grosser  Zahl  in  das  Keutelgarn 
gerathen,  werden  durch  den  starken  Druck,  welchem  sie  durch  das  schnelle 
Fortschleppen  des  Netzes  ausgesetzt  sind,  so  betäubt,  dass  sie,  selbst  wenn 
sich  der  Fischer  die  Mühe  nimmt,  sie  ins  Wasser  zurückzuwerfen,  lange  an 
der  Oberfläche  treiben  und  meistens  ein  Eaub  der  Möven  und  Krähen 
werden.     Nur  die  kleinen  Flundern,    welche    in  grosser  Menge   mit   dem 


1)  Das  Segeln  mit  vollem  Wind  (Schwüren)  ist  hei  Strafe  von  150  Mark  verboten. 

2)  Unter  4 — 5  m  "Wassertiefe  soll  mit  dem  Keutel  nicht  gefischt  werden. 


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Der  Keitel.     Das  Grundnetz.  341 

Keutel  gefangen  werden,  ertragen  diesen  Druck  ganz  gut,  werden  aber 
gewöhnlich,  da  für  die  Flunder  noch  kein  Minimalmaass  besteht,  selbst 
wenn  sie  nur  5  cm  lang  sind,  nicht  wieder  in  Freiheit  gesetzt. 

Ein  neues  Keutelgarn  hat  einen  Werth  von  120 — 150  Mark,  für 
einen  Keutel  mit  zugehörigem  Fahrzeuge  wird  auf  dem  frischen  Haff  ein 
Pachtzins  von  20,  auf  dem  kurischen  von  30  Mark  jährlich  erhoben. 

Auf  dem  kurischen  Haff  ist  in  der  Zeit  vom  15.  April  bis  1.  Mai 
vorlängs  der  Esche,  und  vom  15.  Juli  bis  15.  August,  sowie  vom  1.  October 
bis  zum  Zufrieren  des  Haffes  westlich  der  Linie  Kossitten-Taktau  für  den 
Fang  des,  dann  in  Schaaren  an  jenen  Orten  vorkommenden  Stintes  der 
Gebrauch  eines  besonderen  Stintkeutels  mit  Maschen  von  nur  0,7  cm 
Weite  gestattet,  jedoch  nur  im  tiefen  Wasser,  wo  dann  neben  den  Stillten 
nur  wenige  kleine  Kaulbarsche  sich  aufhalten,  nicht  in  den  Buchten,  wo 
junge  Fische  aller  Art  mitgefangen  werden  würden. 

Ein  dem  Keutelgarn  ganz  ähnliches,  nur  sehr  viel  kleineres  Netz, 
die  Plaschkinnis,  die  früher  auf  dem  kurischen  Haff  sehr  gebräuchlich 
war,  und  deren  vordere  Oeffnung  durch  einen  runden  Bügel  offen  ge- 
halten wurde,  ist  seit  langer  Zeit  verboten,  weil  die  Fischer  mit  diesem 
kleinen  Netze  in  die  Buchten  und  zwischen  die  Binsen  etc.  eindrangen 
und  überall  die  jungen  Fische  fortfingen. 

4.  Das  Grundnetz  (Trawl), 
welches  in  See  zum  Fange  von  Plattfischen,  Dorsch  und  Aal  ange- 
wandt wird,  ist  nichts  Anderes  als  ein  Keutel  von  vergrösserten  Dimen- 
sionen und  stärkerem  Material.  Dasselbe  wird  je  nach  Umständen  in 
sehr  verschiedener  Grösse  hergestellt.  An  unserer  Küste  ist  bisher 
nur  ein  Grundnetz  vorhanden  gewesen,  das  von  Memel  aus  in  Betrieb 
genommen  wurde.  Es  ist  von  3  mm  starkem  Manillahanfgarn  ge- 
fertigt und  hat  drei  Abschnitte  von  verschiedener  Maschenweite.  Die 
vordere  Oeffnung  wird  durch  einen  Treibbaum  von  10 — 12  m  Länge 
offen  gehalten,  die  untere  Simme  besteht  aus  einem  starken  Tau1)  und 
ist  mit  7 — 8  Centnern  Eisen  beschwert,  die  obere  Simme,  wie  die 
ganze  Oberseite  des  Netzes,  ist  mit  Korkholzschwimmern  reichlich  be- 
setzt. Im  ersten  Drittheil,  von  der  vorderen  Oeffnung  an  gerechnet, 
haben  die  Maschen  eine  Weite  von  7  cm  im  Quadrat,  im  zweiten  Drit- 
theil von  5,  im  letzten  von  4  cm.     Das  letzte  Drittheil  des  Netzes  wird, 


1)  Die  eigentliche  Simme,  welche  die  grosse  Oeffnung  umgiebt,  hat  einen  Durch- 
messer von  2  cm,  ist  aber  zum  Schutz  noch  mit  einer  zweiten  stärkeren  Leine  be- 
wickelt, so  dass  sie  hierdurch  einen  Durchmesser  von  9  cm  erreicht. 


342  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  "Westpreussen. 

weil  es  der  Reibung  am  Grunde  am  meisten  ausgesetzt  ist,  aus  doppelten 
Benzein  gefertigt.  Im  Innern  befinden  sich  zwei  Inkel,  um  die  einmal  ins 
Netz  gelangten  Fische  nicht  wieder  heraus  zu  lassen.  Das  Grundnetz 
wird  in  derselben  "Weise  angewandt  wie  der  Keutel,  erfordert  aber  wegen 
seiner  sehr  viel  grösseren  Schwere  ein  viel  grösseres  Segelfahrzeug,  welches 
ohnehin  nothwendig  ist,  um  auch  bei  stürmischem  Wetter  die  See  halten 
zu  können. 

In  Memel  war  ein  Segelkutter  von  15  m  Länge,  5,37  m  Breite  und 
2,81  m  Tiefe  erbaut,  der  mit  8  Mann  Besatzung  die  Hochseefischerei  be- 
treiben sollte,  indessen  haben  sich  bisher  ergiebige  Fangplätze  noch  nicht 
ermitteln  lassen. 

Die  Zugnetze,  welche  von  festliegenden  Kähnen  aus  gezogen  werden, 
sind  das  Windkartellgarn,  das  Herbst-  und  Sommergarn,  das  bewegliche 
Plötznetz,  das  masurische  Kaiübarschnetz  und  die  nur  in  der  See  ge- 
brauchte Zeese. 

5,  Das  Windkartell-  oder  Windegarn 
des  kurischen  Haffes,  lit.  winkartelle,  ist  aus  Hanf  gefertigt  und  dem  Bradden- 
garn  ganz  ähnlich.  Es  besteht  aus  einer  Metritze  von  nicht  mehr  als  16  m 
Länge  und  2  Flügeln,  deren  Länge  nicht  über  180  m,  deren  Höhe  nicht  mehr 
als  6  m  betragen  darf.  Die  Maschenweite  darf  in  keinem  Theile  des  Netzes 
geringer  als  2,5  cm  im  Quadrate  sein.  An  der  oberen  Simme  sind 
Flotthölzer,  an  der  unteren  Grapsteine  befestigt,  am  Ende  jedes  Flügels 
befindet  sich  ein  Bottknüppel,  an  welchem  die  Zugleine  angebracht  ist. 
Zum  Betriebe  der  Windkartellfischerei  gehören  2 — 4  Handkähne  oder 
Waltellen  mit  je  2  Mann  Besatzung.  Die  AValtellen  sind  in  der  Form 
den  Kurrenkähnen  ähnlich,  auch  in  derselben  Weise  getakelt,  aber  nur 
7 — 9  m  lang.  Zwei  Kähne  nehmen  die  Theile  des  Netzes  an  Bord 
und  segeln  neben  einander  her  (Garnkähne),  während  gewöhnlich  zwei 
andere  (Hilfskähne),  die  häufig  etwas  kleiner  sind,  zunächst  in  einiger 
Entfernung  leer  nachfolgen.  Bei  ungenügendem  Winde  werden  die 
Kähne  durch  Ruder  bewegt.  An  einer  geeigneten  Stelle  auf  tiefem 
"Wasser  angelangt,  legen  sich  die  beiden  Garnkähne  neben  einander,  ver- 
binden die  Hälften  des  Netzes  und  lassen  es  dann,  die  Metritze  voran, 
auslaufen  (lit.  pastrykoti).  Wenn  die  Flügel  und  die  je  400  m  langen 
Zugleinen  ausgeworfen  sind,  sollen  die  beiden  Kähne,  nachdem  jeder  einen 
grossen  Halbkreis  beschrieben  hat,  nahe  dem  Lande  wieder  zusammen- 
treffen und  vor  Anker  gehen,  so  dass  nun  das  Garn  mit  den  beiden  Zug- 
leinen eine  vollständige  Kreislinie  bildet.  Bei  der  Windkartellfischerei 
ist  es  nicht  erlaubt,  das  Netz,  wie  es  bei  der  Braddenfischerei  geschieht, 


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Das  "Windkartellgarn.     Das  Herbstgarn.  343 

hinter  den  Kähnen  auf  längere  Strecken  nachzuschleppen,  die  Kähne 
sollen  vielmehr  nur  zum  Auswerfen  des  Netzes  benutzt  werden.  Sind 
sie  vor  Anker  gegangen,  so  werden  zunächst  die  Zugleinen  mit  Hilfe 
von  Winden  eingeholt.  Auf  jedem  Kahn  befindet  sich  eine  solche  Winde, 
die  in  Form  einer  langen  Walze  quer  über  die  Mitte  des  Kahnes  verläuft, 
sich  in  eisernen  Bingen  dreht  und  durch  zwei  lose,  kreuzweise  hindurch- 
gesteckte Speichen  gedreht  wird.  Beim  Nichtgebrauch  kann  sie  leicht 
losgenommen  und  bei  Seite  gelegt  werden.  Nachdem  die  Zugleinen  mit 
der  Winde  eingeholt  sind,  wird  das  Garn,  von  den  Enden  der  beiden 
Flügel  anfangend,  gelichtet,  wobei  sich  die  Mannschaft  der  Hilfskähne  be- 
theiligt. Nach  Herausnahme  der  Fische  aus  der  Metritze  wird  es  dann 
von  Neuem  ausgeworfen  und  man  kann  mit  demselben  bei  günstigem 
Wetter  im  Laufe  des  Tages  4 — 5  Züge  machen. 

Die  WindkarteMscherei  wird  vom  Aufgange  des  Eises  bis  zum 
1.  Juni  und  von  Michaelis  bis  zum  Wiedereintritt  des  Frostes  betrieben. 
Ein  neues  Windkartellgarn  kostet  180 — 240  Mk.  Der  jährliche  Pachtzins 
für  ein  halbes  Garn  mit  einem  Kahn  beträgt  10,  mit   2  Kähnen   15  Mk. 

6,  Das  Herbstgarn,  Windegarn  oder  Grosslandgarn 
des  frischen  Haffes  ist  in  Construction  und  Anwendung  dem  kurischen 
Windkartellgarn  sehr  ähnlich.  Die  Länge  der  Metritze  beträgt  ca.  12  m,  die 
Länge  des  Flügels  120  m,  die  Höhe  je  nach  der  Tiefe  des  zu  befischen- 
den Wassers  8 — 12  m.  Die  obere  Simme  ist  mit  Flotthölzern  (Fleeden) 
von  Pappelborke  besetzt,  solche  sind  auch  in  18  Querreihen  an  der  Ober- 
seite der  Metritze  angebracht,  die  untere  Simme  ist  mit  Grapsteinen  oder 
Bleistücken  beschwert.  Am  Ende  jedes  Flügels  befindet  sich  ein  Bott- 
knüppel  (Wathbaum)  von  ca.  3  m  Länge,  an  welchem  die  etwa  60  m 
lange  Zugleine  (das  Beef)  befestigt  ist.  In  jedem  Flügel  des  Herbstgarnes 
kommen  gewöhnlich  Netztücher  von  vier  verschiedenen  Maschenweiten 
zur  Verwendung.  Die  erste  Hälfte  des  Flügels,  also  60  m  vom  Wath- 
baum an  gemessen,  bildet  das  Weitetuch  mit  Maschen  von  ca.  9 — 10  cm 
im  Quadrat,  die  folgenden  30  m  werden  als  Stagger-  oder  Plötzentuch, 
Pletzendook,  auch  Pletzenzug  bezeichnet  und  haben  eine  Maschenweite 
von  7  cm.  Darauf  folgt  das  ca.  10  m  lange  Fischertuch  mit  Maschen 
von  ca.  3,5  cm  und  den  Best  des  Flügels  bildet  das  etwa  20  m  lange 
Daumentuch,  dessen  Maschen  wie  die  der  Metritze  eine  Weite  von 
2,5  cm  besitzen.  Das  letzte  Drittheil  der  Metritze,  die  Häckelung  oder 
der  Häckel  darf  Maschen  von  2  cm  haben. 

Zum  Betriebe  der  Herbstgarnfischerei  werden  zwei  der  gelegentlich 
der  Keutelfischerei  auf  dem  frischen  Haffe  beschriebenen  Angelkähne  mit 


344  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  "Westpreussen. 

je  3  Mann  Besatzung  erfordert,  an  manchen  Orten  bedient  man  sich  statt 
derselben  der  sogenannten  Garnsicken,  welche  ebenso  gebaut  und  ge- 
takelt, jedoch  nur  bis  10  m  lang,  3  m  breit  sind,  einen  Mast  von  10 — 11  m 
Höhe  haben  und  ca.  1500  Mk.  kosten.  Auf  jedem  Kahne  befindet  sich 
eine  Winde  wie  auf  den  Windkartellkähnen  des  kurischen  Haffes  und 
wird  beim  Auswerfen  und  Aufziehen  des  Netzes  ganz  wie  bei  jenem 
Garn  verfahren.  Es  darf  nur  auf  der  Tiefe  des  Haffes,  dem  Strom  oder 
der  Mott  mit  dem  Herbstgarn  gefischt  werden,  ohne  die  Schaaren  und 
flachen  Stellen  zu  berühren.  Meistens  wird  die  Herbstgarnfischerei  nur 
im  Frühjahr  und  Herbst  betrieben,  nur  diejenigen  Fischer,  welche  keinen 
Keutel  besitzen,  fischen  mit  dem  Herbstgarn  auch  den  Sommer  hindurch. 
Ein  neues  Herbstgarn  kostet  ca.  1000  Mark,  der  jährliche  Pacht- 
zins für  ein  ganzes  Herbstgarn  beträgt  30  Mark. 

7.  Das  Schaar-  oder  Sommergarn 
des  frischen  Haffes  ist  von  dem  Herbstgarn  nur  durch  seine  geringere 
Grösse  unterschieden;  die  Länge  seiner  Flügel  beträgt  60  m,  die  Höhe 
4  m,  die  Länge  der  Metritze  und  die  Maschenweite  ist  der  des  Herbst- 
garnes gleich.  Die  Sommergarnfischerei  wird  mit  2  Garnsicken  in  derselben 
Weise  wie  mit  dem  Herbstgarn  betrieben.  Sie  darf  nur  auf  den  tiefen 
Schaaren,  und  nicht  während  der  Frühjahrsschonzeit  ausgeübt  werden. 

Ein  neues   Sommergarn  kostet   600    Mark,    der  jährliche  Pachtzins 
beträgt  20  Mark. 

8.  Das  bewegliche  Plötznetz 
des  kurischen  Haffs,  Drehnetz,  lit.  suktinnis  oder  bristinnis,  besteht  aus  einer 
Metritze  mit  nur  einem  Flügel  von  120  m  Länge  und  2  m  Höhe.   Die  Metritze 
hat  eine  Länge  von  6  m.    Die  Maschen  dürfen  an  keiner  Stelle  des  Netzes 


Fig.  148.    Das  bewegliche  Plötznetz. 

unter  2,5  cm  im  Quadrat  messen.    Die  dem  Flügel  gegenüberliegende  freie 
Seite  des  Sackes  wird  mit  einer  Stange  (Pricke,  lit.  aile),  an  welcher  sie  an 


Das  bewegliche  Plötznetz.     Das  Kaulbarschnetz.  345 

mehreren  Stellen  angebunden  wird,  im  flachen  Wasser  senkrecht  stehend  be- 
festigt. Der  Fischer  entfernt  sich  dann  mit  seinem  Handkahn  (lit.  lutas),  der 
flach  gebaut  ist  und  eine  Länge  von  6 — 7  m,  eine  Breite  von  1,50  m  hat,  in 
gerader  Richtung  vorwärts  rudernd,  von  der  Pricke,  bis  das  ganze  Garn 
und  die  kurze  Zugleine  ausgelaufen  ist.  Die  letztere  wird  dann  im 
Hintertheil  des  Bootes  befestigt  und,  nachdem  der  Fischer  einen  grösseren 
oder  kleineren  Bogen  oder  einen  Theil  einer  Spirale  um  die  feststehende 
Pricke  beschrieben  hat,  fährt  er  in  gerader  Linie  auf  dieselbe  zu  und 
nimmt  nun  den  Flügel  des  Netzes,  der  jetzt  ungefähr  einen  Kreis  um- 
schliesst,  allmählich  auf.  Die  von  demselben  eingeschlossenen  Fische  fliehen 
dabei  in  die  Metritze,  aus  der  sie  schliesslich  herausgenommen  werden. 
Die  Fischerei  mit  dem  beweglichen  Plötznetz  ist  namentlich  auf  der  Esche 
und  in  der  Karkler  Lank  gebräuchlich,  es  werden  damit  vorzugsweise 
Plötzen  und  ähnliche  "Weissfische  gefangen,  die  sich  im  flachen  Wasser 
aufhalten.  Der  jährliche  Pachtzins  für  das  bewegliche  Plötznetz  beträgt 
nur  4  Mark. 

9,  Das  Kaulbarschnetz 
der  masurischen  Seen,  mas.  jesgarnik,  hat  einen  Sack  von  ca.  12  m  Länge  und 
2  Flügel  von  höchstens  6  m  Länge  und  3 — 4m  Höhe.  Die  Maschen  dieses  Netzes 
messen  1,3  cm  im  Quadrat,  es  ist  aber,  um  die  kleinen  Fische  nicht  mitzufangen, 
in  der  Mitte  der  Metritze  ein  2  m  langer,  3  m  breiter  Einsatz  mit  Maschen 
von  2,5  cm  angebracht,  und  es  müssen  die  gefangenen  Fische  in  diesem 
Theile  des  Sackes  so  lange  gehalten  werden,  bis  die  kleinen  durch  die  weiteren 
Maschen  hinausgegangen  sind.  An  das  Ende  jedes  Flügels  schliessen 
sich  die  2 — 300  m  langen  Zugleinen  an,  deren  erste  80  m.  von  dem 
Ende  des  Flügels  an  gerechnet,  um  weniger  leicht  in  den  schlammigen 
Grund  einzuschneiden,  mit  Werg,  alten  Segelstücken  u.  dergl.  dick  be- 
wickelt sind  (koltuny).  Nachdem  das  Netz  in  einem  mit  zwei  Mann  besetz- 
ten flachen  Handkahn  auf  tieferes  Wasser  gefahren  ist,  wird  das  Ende 
der  einen  Zugleine  verankert  und  mit  einer  Boje  bezeichnet.  Indem  die 
Fischer  nun  von  der  Boje  fortrudern,  lässt  man  die  erste  Zugleine,  das 
Netz  und  die  zweite  Zugleine  auslaufen  und  kehrt  mit  dem  Ende  der- 
selben nach  Beschreibung  eines  grossen  Bogens  zur  Boje  zurück.  Hier 
wird  dann  das  Boot  verankert  und,  indem  jeder  Mann  an  einem  Ende 
desselben  Stellung  nimmt,  das  Netz  aufgenommen.  Es  wird  mit  diesem 
Netze  nur  vom  1.  October  bis  zum  Zufrieren  gefischt. 

Wie  der  Name  sagt,  werden  mit  demselben  vorzugsweise  die  in 
der  Tiefe  befindlichen  Kaulbarsche  gefangen.  Der  Preis  eines  Kaulbarsch- 
netzes beträgt  ca.  30  Mark. 


346  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  "Westpreussen. 

10.  Die  Zeise,  Zeese  oder  Zehse, 
welche  nur  in  der  See  gebraucht  werden  darf,  ist  ein  aus  Hanf  gefertigtes 
Netz,  das  aus  einem  Sack  (Metritze)  von  6  m  Länge  und  130  cm  weiter  Oeff- 
nung  und  2  Flügeln  von  je  6 — 7  m  Länge  besteht,  deren  Höhe  an  der  Metritze 
1,20  cm  beträgt,  nach  dem  freien  Ende  hin  sich  aber  allmählich  bis  auf  45  cm 
verringert.  Dieses  freie  Ende  ist  an  einem  Stabe  von  gleicher  Höhe,  dem 
Stock  oder  Knüppel  befestigt,  in  dessen  Mitte  sich  ein  eiserner  Wirbel 
befiudet,  an  welchem  die  Zugleine  angebunden  ist.  Der  "Wirbel  verhin- 
dert es,  dass  beim  Einholen  der  Leine  die  etwaigen  Drehungen  derselben 
eine  Verdrehung  und  ein  Unklarkommen  der  Flügel  bewirken.  Die 
Maschenweite  beträgt  in  den  Flügeln  gewöhnlich  3  cm,  im  vorderen  Theil 
der  Metritze  2,5,  im  hinteren  1,3  cm,  doch  werden  auch  Zeesen  mit 
weiteren  und  engeren  Maschen  angewandt.  Die  Simme  des  ganzen  Netzes 
wird  von  einer  Neungarnleine  gebildet.     An    der   oberen  Simme   sind  in 


«ÖSSSiSSäSSSS. 


Fig.  149.     "Wischleine. 

Abständen  von  ca.  40  cm  kleine  Flotthölzer  angebracht,  um  die  untere 
sind  in  Entfernungen  von  je  5—8  cm  Stückchen  gewalzten  Bleies  ge- 
wickelt. Die  Flügel  des  Netzes  werden  dadurch  in  senkrechter  Stellung 
erhalten  und  die  Oeffnung  der  Metritze  möglichst  weit  aufgespannt.  Zum 
Betriebe  der  Zeesenfischerei  fahren  wenigstens  zwei  Mann  mit  einem  Boot 
auf  eine  Wassertiefe  von  20 — 40  m.  Das  Boot  wird  dann  fest  verankert 
und  an  der  Ankerleine  eine  Boje  (Reiter)  befestigt,  die  aus  einer  3  m 
langen  und  8 — 10  cm  dicken  Stange  besteht.  Dieselbe  geht  durch  ein 
starkes  Holzkreuz  hindurch,  welches  horizontal  auf  dem  Wasser  schwimmt; 
ihre  Spitze  ragt  ca.  2  m  über  dem  Wasserspiegel  hervor  und  wird  bei 
Tage  durch  eine  Fahne,  Nachts  durch  eine  Laterne  Aveithin  sichtbar  ge- 
macht, An  den  Wirbeln  am  Ende  der  beiden  Netzflügel  werden  nun 
fingerdicke  Leinen  von  je  120  m  Länge  befestigt,  die  Wischleinen,  die 
in  Entfernungen  von  25 — 30  cm  mit  kleinen  Strohbündeln  (Wischen) 
besetzt  und  in  grösseren  Abständen  mit  kleinen  flachen  Steinen  beschwert 
sind.  Durch  letztere  werden  die  Wischleinen  am  Grunde  gehalten,  wo 
sie  durch  die  Bewegungen  der  Strohwische  die  Fische  aufscheuchen.    Am 


Die  Zeeso.  347 

Ende  jeder  Wischleine  wird  dann  noch  eine  dünnere,  etwa-  160  m  lange 
Leine,  die  Endleinc   angebunden. 

Das  freie  Ende  der  einen  Endleinc  wird  nun  an  dein  Ankertau 
des  Reiters  befestigt,  das  Boot  von  dem  Anker  gelöst  und  durch  Rudern 
fortbewegt,  wobei  nach  einander  die  erste  Endleine  und  Wischleine,  das 
Netz  und  die  zweite  Wisch-  und  Endleine  ausläuft.  Darauf  nähert  sich 
das  Boot,  nachdem  es  einen  grösseren  oder  kleinen  Bogen  beschrieben 
hat,  wieder  dem  Reiter  und  wird  an  demselben  befestigt.  Die  erste  End- 
leine wird  vom  Reiter  gelöst  und  beide  Fischer  ziehen,  jeder  an  einem 
Ende  des  Bootes  stehend,  die  Leinen  und  das  Netz  gleichmässig  ein. 
Um  ein  schiefes  Einholen  des  Netzes  zu  vermeiden,  wobei  es  den  ge- 
fangenen Fischen  möglich  werden  würde  zu  entkommen,  sind  beide  Leinen 
in  Zwischenräumen  von  ca.  20  m  mit  gleichen  Kennzeichen,  farbigen 
Läppchen,  Knoten  oder  dergl.  versehen.  Nachdem  das  Netz  gehoben  und 
entleert  ist,  wird  es  von  Neuem  ausgeworfen  und  nach  und  nach  das 
ganze   im  Umkreise    des  Reiters  gelegene  Terrain  abgefischt. 

Im  Putziger  Wiek  ist  die  Zeise  ganz  ebenso  eingerichtet,  als  Boje 
wird  ein  leeres  Fässchen  benutzt,  die  mit  Strohwiepen  besetzten  Zug- 
leinen werden  als  Lop  er  bezeichnet.  Die  zum  Betriebe  der  Zeesen- 
fischerei  gebrauchten  sogenannten  Strandböte,  lit.  laiwa,  sind  scharf 
gebaut  auf  einer  Kielplanke  von  7  m.  Sie  haben  zwischen  den  Steven- 
spitzen eine  Länge  von  8 — 8x/2  m,  eine  Breite  von  ca.  3  m  und  eine 
Höhe  von  etwa  1  m.  Sie  sind  ganz  offen  und  wrerden  durch  Ruder, 
gelegentlich  auch  durch  ein  Sprietsegel  und  eine  breite  Fock  getrieben. 
Als  Steuer  wird  gewöhnlich  ein  langes  Ruder  benutzt.  Im  Putziger  Wiek 
sind  die  zur  Zeisenfischerei  benutzten  Böte  nur  5  m  lang,  1,75  m  breit, 
scharf  auf  Kiel  gebaut  und  führen  nur  ein  viereckiges  Segel.  Die  Strand- 
böte können  sich  nicht  weit  von  der  Küste  entfernen,  da  sie  beim  Auf- 
springen eines  stärkeren  Windes  schleunigst  landen  müssen.  Die  Zeesen- 
lischerei  wird,  so  oft  es  die  Witterung  gestattet,  das  ganze  Jahr  hindurch 
betrieben  und  liefert  vorzugsweise  Plattfische,  in  geringerer  Anzahl  auch 
Dorsche,  Zärthen  etc. 

Durch  Abreissen  des  bei  uns  ohnehin  nur  spärlichen  Pflanzenwuchses 
am  Grunde  der  See  wirkt  die  Zeese  entschieden^  schädlich,  indem  sie  die 
Laichplätze  vieler  Fische  vernichtet,  ausserdem  ist  sie  durch  das  Weg- 
fangen zahlloser  ganz  kleiner  Flundern  verderblich,  die  in  den  früher 
viel  häufigeren,  aber  durch  die  Zeese  fast  gänzlich  verdrängten  Flunder- 
netzen (s.  diese)  sich  nicht  fangen  konnten. 

Der  Preis  einer  Zeese  beträgt  ca.  45 — 50  Mark,  der  eines  Strand- 
bootes im  Mittel  300  Mark. 


348  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  "Westpreussen. 

Als  Wadegarne,  Waaden  oder  Wathen,  in  See  als  Strandgarne 
bezeichnen  wir  diejenigen  Zuggarne,  die  vom  Lande  aus  oder,  wo  sehr 
seichtes  Wasser  dies  unthunlich  macht,  von  im  Wasser  watenden  Leuten 
oder  auch  von  festliegenden  Kähnen  aus  aufgezogen  werden.  Die  Zahl 
der  verschiedenen  Wadegarne  ist  in  unseren  Gegenden  eine  sehr  grosse, 
indessen  stimmen  alle  darin  überein,  dass  sie  aus  einem  Sack  und  zwei 
Flügeln  bestehen,  deren  Dimensionen  und  Maschenweite  jedoch  sehr  ver- 
schieden sein  können. 

Alle  Wadegarne,  die  bis  aufs  Ufer  gezogen  werden,  sind  natürlich 
in  Buchten  und  an  anderen  Orten,  wo  sich  viel  junge  Fischbrut  aufhält, 
durch  Beunruhigung  oder  Vernichtung  derselben,  sehr  schädlich. 

a.  Die  Wadegarne  des  kurischen  Haffes. 
11.  Das  Wadegarn,  Zuggarn  oder  Zugnetz 
ist  aus  Hanf  gefertigt  und  in  seiner  Einrichtung  dem  Bradden-  und  Wind- 
kartellgarn ganz  gleich.  Die  Metritze  hat  eine  Länge  von  6  m,  die  Flügel  sind 
je  150 — 180  m  lang,  an  der  Metritze  je  nach  der  Tiefe,  in  welcher  das  Garn 
ausgeworfen  werden  soll,1)  bis  8  m  hoch,  und  verschmälern  sich  bis  zu  dem  an 
einem  Bottknüppel  von  etwa  1  m  Länge  befestigten  Ende  zu  entsprechender 
Höhe.  An  jedem  Flügel  unterscheidet  mau  3  Abschnitte,  der  erste,  vom 
Bottknüppel  an  gerechnet,  hat  Maschen  von  6  cm  im  Quadrat  und  wird 
als  die  Botten  bezeichnet,  der  zweite,  das  Mittelstück,  hat  Maschen  von 
3,5  cm,  der  an  die  Metritze  stossende  Abschnitt  heisst  das  Hinterstück. 
In  diesem,  wie  in  der  Metritze  selbst,  beträgt  die  Maschenweite  2,5  cm; 
nur  wenn  auf  Kaulbarsch  gefischt  wird,  ist  in  diesen  Theilen  eine  Maschen- 
weite von  1,3  cm  zulässig.  Auch  an  der  Metritze  werden  drei  Abschnitte 
unterschieden,  Vorderkranz,  Mittelkranz  und  Achtergarn,  Kuli  oder 
Häckel.  Die  an  den  Bottknüppeln  befestigten  Zugleinen  dürfen  nicht  über 
700  m  lang  sein.  Beim  Betriebe  der  Wadegarnfischerei  wird  an  jeder  Zug- 
leine, 20  m  vom  Bottknüppel  entfernt,  eine  gewöhnliche  Trage,  wie  sie  zum 
Transport  der  Netze  oder  Fische  angewandt  wird,  befestigt,  um  die  Leine 
vor  dem  Garn  nicht  an  den  Grund  gehen  zu  lassen.  Gleichzeitig  dient 
dieselbe  beim  Aufholen  des  Netzes  als  weithin  sichtbares  Zeichen  um 
zu  verhindern,  dass  die  Flügel  ungleichmässig  eingezogen  werden.  Das 
Ende  der  einen  Zugleine  wird  am  Lande  befestigt  oder  von  einem  Fischer 


1)  Im  Allgemeinen  müssen' Zuggarne,  welche  vom  Grunde  bis  zur  Oberfläche  des 
Wassers  reichen  sollen,  in  der  Höhe  der  doppelten  Tiefe  des  Gewässers  entsprechen,  da 
sich  ihre  Höhe  beim  Ziehen   durch  Bildung  einer  grossen  Bucht  etwa  auf  die  Hälfte 


verringert. 


Das  "Wadegarn.    Die  Klippe.  349 

gehalten,  die  anderen  entfernen  sich  mit  dem  auf  einem  Kahne  unterge- 
brachten Garne  soweit  die  Zugleine  erlaubt.  Mit  Berücksichtigung  von 
Wind  und  Strömung  wird  dann,  indem  der  Kahn  stromabwärts  fährt,  das 
Garn  dem  Ufer  möglichst  parallel  ausgeworfen,  worauf  die  Fischer  mit 
dem  Ende  der  zweiten  Zugleine  ans  Land  zurückkehren.  An  jede  Zug- 
leine fassen  nun  4  Mann  an  und  ziehen  zunächst  die  Leinen,  dann  die 
Flügel,  allmählich  rückwärts  gehend,  ans  Land.  Zur  Erleichterung  der  Arbeit 
tragt  jeder  Fischer  einen  nach  Art  eines  Gürtels  oder  einer  Schärpe 
umgenommenen  Ziehgurt,  an  welchem  ein  kurzes  Stück  starken  Marieins 
befestigt  ist,  welches  am  Ende  einen  Holz-  oder  Bleiknopf  trägt.  Mit 
einer  kurzen  Handbewegung  wird  der  Knopf  mit  einem  Theile  des  Mar- 
leins  mehrmals  um  die  Zugleine  geschleudert,  wodurch  der  Ziehgurt  mit 
derselben  so  fest  verbunden  wird,  dass  die  Fischer  mit  dem  ganzen 
Gewicht  ihres  Körpers  daran  ziehen  können.  In  entsprechender  Entfernung 
vom  Wasser  angelangt,  löst  einer  nach  dem  andern  durch  eine  entgegen- 
gesetzte Wurfbewegung  mit  dem  Knopfe  seinen  Ziehgurt  von  der  Zug- 
leine und  befestigt  ihn  wieder  an  derselben,  nachdem  er  bis  unmittelbar 
an  das  Wasser  vorgegangen  ist.  Gleichzeitig  mit  dem  Aufziehen  des 
Garnes  nähern  sich  die  an  den  beiden  Zugleinen  beschäftigten  Parteien 
einander  nach  und  nach,  so  dass  sie,  wenn  die  Flügel  ans  Ufer  kommen, 
sich  dicht  bei  einander  befinden.  Um  das  Entweichen  der  von  dem  Netze 
umschlossenen  Fische  zu  verhindern,  müssen  beim  Aufziehen  der  Flügel 
die  Untersimmen  möglichst  wenig  gehoben  werden,  auch  werden  sie, 
nachdem  ein  Theil  der  Flügel  gelichtet  ist,  gekreuzt,  so  dass  die  rechts 
stehenden  Fischer  den  linken,  die  links  stehenden  den  rechten  Flügel 
weiter  aufziehen.  Gleichzeitig  bemüht  man  sich,  durch  Schlagen  und 
Werfen  in  das  von  den  Flügeln  umschlossene  Wasser  die  Fische  in  die 
Metritze  zu  treiben.  Um  das  Netz,  wenn  es  an  Steinen,  abgebrochenen 
Pricken  und  dergleichen  hängen  bleibt,  sofort  loszumachen,  fährt  ein 
Fischer  mit  einem  Handkahn  an  dem  Netze  entlang,  da  es  sonst  leicht 
zerrissen  werden  würde.  Mit  dem  Wadegarn,  welches  natürlich  nur  bei 
offenem  Wasser  gebraucht  werden  kann,  werden  hauptsächlich  Kaulbarsche, 
Plötze  und  andere  Weissfische  gefangen.  Der  Preis  des  Wadegarnes  ist 
dem  des  Windkartellgarnes  gleich,  der  Pachtzins  für  ein  halbes  Wade- 
garn mit  dem  zugehörigen  Kahn  beträgt  10  Mark. 

12,  Das  kleine  Zieh-  oder  Zuggarn,  die  Klippe, 
unterscheidet  sich  von  dem  vorigen  nur  durch  geringere  Grösse.   Die  Länge 
der  Metritze  darf  nicht  mehr  als  4  m  betragen,  jeder  Flügel  hat  eine  Länge 
von  50  bis  120  m,  eine  Höhe  von  ca.  3  m;  Maschenweite  und  Betrieb  ist 


350  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  "Westpreussen. 

von  denen  des  grossen  Zuggarnes  nicht  verschieden.    Der  Preis  einer  Klippe 
beträgt  80 — 90  Mark,  der  Pachtzins  für  eine  halbe  Klippe  6  Mark. 

13.  Die  Stintklippe 
hat  eine  Metritze  von  6  m  Länge.  Die  Flügel  sind  je  100  m  lang,  2  m 
hoch.  Die  Maschenweite  beträgt  am  Ende  der  Flügel  4  cm,  bis  zur  Mitte 
der  Metritze  hin  verengern  sie  sich  allmählich  auf  1,5  cm,  im  Ende  der- 
selben dürfen  sie  bis  auf  0,7  cm  herabgehen.  An  der  unteren  Simme 
werden  nur  wenige  Steine  befestigt,  da  dieselbe  nicht  bis  auf  den  Grund 
gehen  soll.  Der  Gebrauch  der  Stintklippe  ist  bei  offenem  Wasser  nur 
bis  zum  1.  Juni  gestattet,  jedoch  darf  sie  auch  im  "Winter  unter  dem 
Eise  angewandt  werden  (s.  bei  der  Winterfischerei).  Der  Preis  einer  Stint- 
klippe beträgt  ca.  80—90  Mark. 

14.  Die  Stichliiigsklippe,  das  Stichlingsgarn, 
lit.  stegin  klippe,  soll  ausschliesslich  zum  Stichlingsfange  gebraucht  werden, 
wird  aber  unrechtmässiger  Weise  oft  zum  Fange  von  Fischbrut  angewandt, 
die  zum  Ködern  der  Angeln  oder  auch  wohl  als  Schweinefutter  benutzt  wird. 
Die  Länge  der  Metritze  beträgt  2 — 3  m,  die  Flügel  sind  an  der  Metritze 
bis  11/2  m  hoch,  der  eine  nur  7,  der  andere  bis  15  ra  lang.  Beim 
Betriebe  wird  der  kurze  Flügel  am  Lande,  der  lange  von  einem  Ruder- 
oder Segelboot  gezogen.  Auch  kann  die  Fischerei  mit  diesem  Garne  von 
watenden  Leuten  betrieben  werden.  Der  Preis  einer  Stichlingsklippe  be- 
trägt 15—20  Mark,  der  Pachtzins  2  Mark. 

15.  Die  Neschintinnis 
ist  eine  besondere  Art  des  Wadegarnes,  die  in  den  schnell  strömenden 
Ausflüssen  der  Memel,  namentlich  im  Athmath-  und  Skirwiethstrom 
gebraucht  wird.  Die  Metritze  ist  6 — 10  m  lang,  von  den  Flügeln  ist  der 
eine  nur  ca.  30  m  lang  und  5 — 6  m  hoch  (krastegallis),  der  andere 
160 — 200  m  lang  und  gewöhnlich  um  1  m  höher  (gelissesgallis).  Am 
Ende  jedes  Flügels  befindet  sich  ein  entsprechend  langer  Bottknüppel  zur 
Befestigung  der  Zugleinen.  Die  Maschenweite  beträgt  im  Ende  der  Flügel 
5  cm  und  verengt  sich  bis  zur  Metritze  hin  auf  2,5  cm.  Die  Fischerei 
mit  der  Neschintinnis  wird  folgen dermaassen  betrieben.  Ein  Mann  bleibt 
mit  dem  Ende  der  ca.  16  m  langen  Zugleine  der  Krastegallis  am  Ufer, 
das  Netz  wird  auf  einen  grossen  Handkahn  gepackt,  den  5  Mann  be- 
steigen, und  während  3  von  ihnen  quer  über  den  Fluss  rudern,  lassen 
die  beiden  anderen  das  Netz  auslaufen,  bis  etwa  ein  Viertel  der 
Länge   der  Gelissesgallis    über  Bord    ist.     Dann    wendet  sich    das  Boot, 


Die  Neschintinnis.     Das  Landgarn. 


351 


welches  nun  etwa  zwei  Drittel  der  Breite  des  Stromes  durchmessen 
hat,  stromabwärts  und  rudert  dem  Ufer  parallel  weiter,  bis  das  ganze 
Netz  und  die  ca.  160  711  lange  Zugleine  der  Gelissesgallis  ausgelaufen 
ist  und  kehrt  darauf  ans  Ufer  zurück.  Sobald  es  gelandet  ist,  wird  mit 
dem  Einholen  der  Zugleine  und  des  langen  Flügels  sofort  begonnen. 
Der  Fischer,  welcher  die  Zugleine  des  kurzen  Flügels  übernommen 
hat,  ist  mit  derselben  allmählich  stromabwärts  am  Ufer  entlang  gegangen, 
so  dass  er  bald  mit  den  anderen  Männern  zusammentrifft.  Indem 
sich  dieselben  nun  gleichmässig  an  beiden  Flügeln  vertheilen,    wird    das 


Fig.  150.     Die  Neschintinnis. 

Netz  aufgeholt.  Die  gefangenen  Fische  werden  in  ein  kleines  Boot  ge- 
schüttet, das  Netz  wieder  auf  dem  Handkalm  ordnungsmässig  verpackt, 
und  ein  neuer  Zug  kann  sofort  gemacht  werden.  Die  Neschintinnis  wird 
von  den  Fischern  aus  selbstgesponnenem  Hanfgarn  gestrickt  und  hat  einen 
Werth  von  4—600  Mark. 


b.  Wadegarn  des  frischen  Haffes. 
16,  Das  Land-,  Strand-,  Wadegarn  oder  Ziehnetz 
des  frischen  Haffes  hat  eine  Metritze  von  3 — 4  m  Länge  und  Flügel  von 
60 — 120  m  Lauge  und  2 — 3  m  Höhe.  Die  Zugleinen  sind  120—180  m  lang. 
Zum  Betriebe  der  Fischerei  gehören  6  Mann  mit  2  kleineren  Fahrzeugen, 
sogenannten  Angelsicken  oder  Lommen.  Beim  Aufholen  des  Netzes 
springen,  sobald  die  Flügel  an  das  Fahrzeug  kommen,  zwei  Mann  ins  Wasser 
um  die  untere  Simme  mit  den  Füssen  am  Grunde  zu  halten  und  den  Fischen 
das   Entfliehen    unmöglich   zu   machen.     Die  Angelsicken    sind  auf  Kiel, 


352  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  Westpreussen. 

die  Lommei]  flach  gebaut,  beide  ganz  offen  und  ohne  Behälter  für  lebende 
Fische.  Beide  Gefässe  führen,  wenn  sie  zu  längeren  Fahrten  benutzt 
werden,  2  Masten  mit  Sprietsegeln,  bei  der  Fischerei  werden  sie  nur  mit 
Eudern  bewegt.  Das  Ziehnetz  wird  nur  auf  der  flachen  Schaar  und 
zwar  mit  Ausschluss  der  Frühjahrsschonzeit  vom  15.  April  bis  14.  Juni, 
so  lange  das  Wasser  offen  ist,  gefischt.  Das  Ziehnetz  zahlt  einen  Pacht- 
zins von  20  Mark. 

c.  Wadegarne  der  Binnengewässer. 

17.  Das  Sommergarn, 

grosse  Klapp-  oder  Kleppnetz,  mas.  kleppa,  oder  die  Wathe  der  masurischen 
Seen,  hat  Flügel  von  40 — 150  m  Länge  und  12—20  m  Höhe,  eine  Me- 
tritze von  20 — 40  m  Länge,  die  Zugleinen  sind  bis  400  m  lang.  Die 
Maschenweite  darf  in  keinem  Theile  des  Sommergarns  unter  2,5  cm  herab- 
gehen. Die  kleineren  Exemplare  dieses  Netzes  werden  auch  als  Halbgarn, 
mas.  pul  niewodak,  bezeichnet.  Die  obere  Simme  der  Flügel  ist  mit  Flott- 
hölzern versehen,  die  untere  mit  Thonringen  beschwert.  An  den  Zugleinen 
werden  Strohwische  oder  an  Bindfäden  befestigte  flache  Brettchen  als 
Scheuch  er  oder  Flatter  er,  mas.  kleppki,  in  Abständen  von  je  2  m  an- 
gebracht. Das  Netz  wird  in  der  schon  öfter  besprochenen  Weise  aus- 
gelegt, wobei  6 — 8  Fischer  auf  2  Böten  beschäftigt  sind.  Die  masurischen 
Fischerböte  sind  flach,  ganz  offen  und  werden  durch  Kuder  getrieben,  nur 
auf  den  grössern  Seen  sind  sie  für  längere  Reisen  auch  zum  Segeln 
eingerichtet.     Der  Werth  eines  Sommergarnes  beträgt  etwa  450  Mark. 

18.  Die  kleine  Klappe, 

Kleppe  oder  Klippe,  Wathe,  mas.  wate  oder  brodnia,  auch  Badnetz  oderßand- 
netz  genannt,  hat  Flügel  von  6—10  m  Länge,  eine  Metritze  von  3 — 4  m 
und  Zugleinen  von  20 — 100  m  und  darüber.  Die  Einrichtung  ist  übrigens 
der  des  Sommergarns  ganz  ähnlich,  auch  die  Maschenweite  darf  nicht 
unter  2,5  cm  betragen.  Dieses  zum  kleinen  Gezeuge  gerechnete  Netz 
wird  vornehmlich  von  den  privilegirten  Fischereiberechtigten  angewandt 
und  zwar  nach  Maassgabe  ihrer  Berechtigung  entweder  mit  einem  Kahn 
oder  ganz  ohne  solchen,  indem  im  letzteren  Falle  das  Netz  nur  so  weit 
vom  Ufer  entfernt  ausgelegt  werden  darf,  als  dies  durch  watende  Leute 
geschehen  kann.  Das  Aufziehen  des  Netzes  erfolgt  immer  am  Ufer.  Der 
Werth  eines  Klappnetzes  beträgt  15 — 30  Mark. 

19.    Die  Gomolka  oder  Spohnklappe 
der  masurischen   Gewisser  ist  ein  der  Zeese  ähnliches  Zugnetz,  welches 
aus  einem   6 — 8  m  langen  Sack  ohne  Flügel  besteht.     An  den  80 — 100  m 


Die  Gomolka.     Das  Zochbaumnetz.  353 

langen  Zugleinen  sind  in  Abständen  von  je  2  m  Seh  euch  er  (Flatterer, 
Schwenker,  mas.  kleppki)  angebracht.  Es  sind  dies  von  Fichtenkloben 
abgespaltene  flache  Bretter  von  1  m  Länge,  8  cm  Breite  und  0,3  cm 
Dicke,  deren  eines  Ende  mittelst  etwa  5  cm  langer  Bindfäden  an  der 
Zugleine  befestigt  ist.  Statt  dieser  hölzernen  Scheucher,  die  zwischen 
Wasserpflanzen  sich  leicht  verwickeln  und  hängen  bleiben,  werden  auch 
wohl  Strohwische,  wie  bei  der  Zeese  angewandt.  Am  Eingange  des 
Sackes  ist  die  untere  Simme  mit  gebrannten  Thonringen  von  5  cm  Durch- 
messer und  2  cm  Dicke,  die  obere  mit  Flotthölzern  versehen.  Die  Go- 
molka  wird,  wie  die  anderen  Wadegarne  im  tiefen  Wasser  ausgelegt  und 
gegen  das  Ufer  aufgezogen.  Ihr  Gebrauch  ist  seit  dem  Jahre  1855  verboten, 
doch  wird  sie  heimlich  noch  viel  angewandt. 

20,  Das  Zochbaumnetz, 
mas.  kosa  oder  krzywula,  ist  ein  eigenthümliches  Geräth,  welches  am 
Besten  den  Wadegarnen  angereiht  wird.  Seine  Grundlage  bilden  zwei 
schlittenförmig  gebogene  Bäume  von  ca.  4  m  Länge,  die  an  ihrem  ge- 
raden Ende  durch  eine  senkrechte  Stange  im  Charnier  verbunden  sind, 
so   dass   sie  sich,    wie  die  Schenkel  eines  Zirkels,  öffnen   oder  schliessen 


Fig.  151.     Das  Zochbaumnetz. 

lassen.  Eine  Leine  verbindet  das  obere  Ende  der  als  Charnier  dienen- 
den Stange  mit  den  aufgebogenen  Enden  der  beiden  Bäume  und  in 
den  beiden  so  gebildeten  Rahmen  ist  ein  engmaschiges  Netztuch  lose  und 
bauschig  ausgespannt.  Die  krzywula  wird  im  flachen  Wasser  von  zwei 
Männern  in  der  Weise  gehandhabt,  dass  einer  an  den  aufgebogenen  Enden 
der  im  spitzen  Winkel  geöffneten  Yorrichtung  zieht,  während  der  andere 
am  hintern  Ende  nachschiebt.  Von  Zeit  zu  Zeit  wird  das  Gezeuge  wie 
ein  Buch  zusammengeklappt  und  aus  dem  Wasser  gehoben,  zeigt  sich 
darin  eine  Beute,  so  wird  diese  am  Lande  ausgeschüttet.  Es  werden 
mit  diesem  Netze  namentlich  Gründlinge,  Schleihen,  Karauschen  etc.  ge- 
fangen, in  den  Buchten  und  an  flachen  Ufern  natürlich  auch  sehr  viel 
Fischbrut.     Die   krzywula  wird   vorzugsweise   von  unberechtigten  Raub- 

23 


354  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  Westpreussen. 

fischern  angewandt,  sie  gehört  nicht  zu  den,  den  privilegirten  Fische- 
reiberechtigten gestatteten  kleinen  Gezeugen  und  die  fiscalischen  Pächter 
benutzen  sie,  des  geringen  Ertrages  wegen,  gar  nicht. 

d.  Wadegarne  in  See. 
21.  Das  gewöhnliche  Strand-  oder  Wadegarn 
unserer  Seeküsten  ist  dem  in  den  Haffen  gebräuchlichen  sehr  ähnlich.  Es 
ist  aus  bindfadenstarken  Hanffäden  gefertigt.  Die  Länge  der  Metritze  beträgt 
gewöhnlich  8  in,  ihr  Umfang  am  Eingange  11  m,  die  Flügel  sind  je 
140 — 160  m  lang,  an  der  Metritze  6  m  hoch  und  verschmälern  sich 
allmählich  bis  zu  dem  ca.  150  cm  langen  Bottknüppel  hin.  Die  Maschen- 
weite beträgt  im  Ende  der  Flügel  5  cm  und  nimmt  nach  der  Metritze 
hin  ab  bis  auf  2,5  cm,  das  hinterste  Ende  des  Sackes  läuft  ganz  dicht 
zu.  Die  Simme  des  Netzes  wird  von  einer  fast  1,5  cm  dicken  Leine 
gebildet,  an  der  oberen  Simme  sind  in  Abständen  von  je  45  cm  Kork- 
flosshölzer angebracht;  die  untere  Simme  ist  in  Entfernungen  von  je  2  m 
mit  eisernen  Bingen  von  ca.  1/2  Pfund  Gewicht  beschwert.  Zwischen  je 
zweien  solcher  Einge  ist  immer  noch  ein  flacher  Stein  an  die  Simme  an- 
gebunden. Die  mittelst  einer  Hahnenpfote  am  Bottknüppel  befestigten 
Zugleinen  haben  eine  Stärke  von  1,5  cm,  und  werden  je  nach  Bedürfniss 
Stücke  von  je  200  m  Länge  bis  zu  einer  Gesammtlänge  von  je  8 — 1200  m 
zusammengeknüpft.  Die  Wadegarnfischerei  wird  in  See  gewöhnlich  von 
zehn  Personen  in  folgender  Weise  betrieben.  Drei  Mann  bleiben  mit  dem 
Ende  der  einen  Zugleine  am  Strande  zurück,  die  übrigen  fahren  auf  dem 
mit  dem  Netze  beladenen  Strandboote  seewärts  bis  die  erste  Zugleine  ausge- 
laufen ist,  an  welcher  ca.  20  m  vom  Bottknüppel  entfernt  eine  Trage  an- 
gebunden wird,  um  die  Leine  nicht  auf  den  Grund  sinken  zu  lassen. 
Gewöhnlich  wird  weitere  120  m  landwärts  noch  eine  Boje  an  der  Zugleine 
befestigt.  Mit  Berücksichtigung  von  Wind  und  Strömung  wird  das  Boot 
so  fortgerudert,  dass  das  Garn  dem  Lande  ziemlich  parallel  ausläuft 
und  man  kehrt  dann  mit  der  zweiten  Zugleine  ans  Ufer  zurück.  Das 
Boot  wird  nun  auf  den  Strand  gezogen  und,  indem  je  5  Personen  an  jeder 
Zugleine  arbeiten,  wird  das  Garn  eingeholt,  wobei  sich  die  beiden  Parteien 
einander  allmählich  nähern  und  endlich  die  unteren  Simmen  kreuzen.  Nach- 
dem dann  die  Fische  aus  der  Metritze  herausgenommen  sind,  wird  das 
Netz  wieder  in  das  Boot  gepackt  und  von  neuem  ausgefahren.  Ein  Zug 
mit  dem  Strandgarn  erfordert  unter  günstigen  Umständen  l1/2  Stunden. 
Ausser  bei  bewegter  See  und  in  strengen  Wintern  wird  mit  demselben 
das  ganze  Jahr  hindurch  gefischt,  wobei  vorzugsweise  Dorsche  und 
Flundern,  weniger  Aale  und  andere  Fische  gefangen  werden. 


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Das  Stör-  und  Lachswadegarn.     Bas  Lachsnetz.    Das  Strömlingswadegarn.       355 

22.  Das  Stör-  und  Lachswadegarn 
ist  aus  starkem  Hanfgarn  gefertigt  und  im  "Wesentlichen  dem  vorigen 
ganz  ähnlich.  Da  seine  Einrichtung  dem  Belieben  der  Fischer  überlassen 
ist,  so  kommen  Garne  von  verschiedenen  Dimensionen  vor.  Gewöhnlich 
ist  jeder  Flügel  180  m  lang,  5  bis  7  m  tief,  die  Metritze  hat  eine  Länge 
von  6  m.  Die  Maschen  beginnen  in  den  Flügeln  mit  6  cm  Weite  und 
nehmen  bis  zur  Metritze  und  im  Anfange  derselben  bis  auf  3  cm  ab,  im 
letzten  Ende  der  Metritze  sind  sie  oft  nur  1,5  cm  weit.  Der  Betrieb  der 
Fischerei  ist  derselbe  wie  bei  dem  vorigen  Garn  und  es  wird  mit  diesem 
Gezeuge  namentlich  im  April,  Mai  und  Anfangs  Juni  auf  Lachs  gefischt. 
In  der  Gegend  von  Neufähr  und  an  manchen  anderen  Orten  werden 
ganz  ähnliche  Garne  zum  Störfang  im  Frühjahr  benutzt.  Da  sie  mit 
Kücksicht  auf  etwa  mitzufangende  Zärthen  etc.  gewöhnlich  enge  Maschen 
haben  und  nur  langsam  gezogen  werden  können,  entgeht  ihnen  mancher 
Stör,  der  bei  grösserer  Maschenweite  sicher  gefangen  worden  wäre. 

23.  Das  Lachsnetz 
von  Heia  hat  Flügel  von  je  140  m  Länge  und  12  m  Tiefe  und  einen 
halbkugeligen  Sack.  Seine  Maschen  sind  9  cm  weit,  die  obere  Simme  ist 
in  Abständen  von  je  1  m  mit  Pappelflosshölzern,  die  untere  in  gleichen 
Entfernungen  mit  bleiernen  oder  eisernen  Ringen  besetzt.  In  der  Mitte 
der  obern  Simme  der  Metritze  wird  ausserdem  ein  leeres  Achtelfässchen 
angebunden.  Die  Länge  jeder  Zugleine  beträgt  bis  1500  in.  Der  Betrieb  der 
Fischerei  ist  von  der  vorigen  nicht  verschieden.  Die  Ziehgurte,  mas.  zelka, 
bestehen  aus  einem  handbreiten  gekrümmten  Stück  Holz  und  zwei  Riemen, 
an  welche  sich  ein  Strick  mit  der  3 — 4  Zoll  grossen  Holzkugel  anschliesst. 
Das  Holzstück  wird  unterhalb  der  Hüften  auf  das  Kreuz  gelegt  und  die 
Leute  ziehen  rückwärts,  indem  sie  sich  gegen  dasselbe  anlehnen. 

24.  Das  Strömlingswadegarn 
hat  Flügel  von  je  140  m  Länge  und  5—7  m  Tiefe,  die  Metritze  ist  6—7  m 
lang.  Die  Maschen  beginnen  in  den  Flügeln  mit  2,5  cm  und  verengern 
sich  bis  zur  Metritze  hin  auf  1  cm,  welche  Weite  sie  auch  in  der  ganzen 
Metritze  haben.  Die  Fischerei  mit  der  Strömlingswade  wird  ganz  wie 
mit  den  vorigen  Garnen,  hauptsächlich  im  Mai,  Juni  und  Juli,  an  manchen 
Orten  auch  im  September  und  October  betrieben. 

25.    Das  Breitlingsgarn 
des  Putziger  Wieks  und  der  Halbinsel  Heia,  wengorsnik    (wörtlich  über- 
setzt Aalnetz,  weil  es  früher  zum  Aalfang  gebraucht  wurde),  ist  ein  Zug- 

23* 


356  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  Westpreussen. 

netz  von  Manillahanfgarn  von  120  m  Länge  und  8  m  Tiefe.  Die 
Maschen  sind  in  den  Flügeln  4  cm  weit  und  verengern  sich  in  der  Me- 
tritze bis  auf  0,7  cm.  Es  wird  vorzugsweise  im  Frühjahr  und  Herbst 
zum  Fange  der  Sprotten  verwandt. 

26,  Das  Tobieschengarn 
besteht  aus  zwei  Flügeln  von  je  30 — 40  m  Länge,  die  am  freien  Ende 
1 — 1,25,  an  der  Metritze  3  m  hoch  sind  und  durchweg  Maschen  von  1  cm 
"Weite  haben,  und  einer  aus  weisser  Leinwand  gefertigten  4  m  langen 
Metritze.  Die  Flügel  sind  mit  Steinkohlentheer  getränkt,  um  ganz  schwarz 
zu  erscheinen,  an  jedem  ist  eine  Zugleine  von  2 — 300  m  Länge  angebracht. 
Zum  Betriebe  der  Tobieschenfischerei  gehören  3  oder  4  Mann  mit  einem 
Strandboote.  Die  Tobieschen  (Sandaale)  werden,  wenn  sie  in  den  Mo- 
naten Juli  bis  September  massenhaft  in  die  Nähe  des  Ufers  kommen, 
mit  diesem  Garn  gefangen,  um  als  Angelbesteck  zu  dienen.  Das  Garn 
wird  wie  das  gewöhnliche  "Wadegarn  ausgeworfen,  beim  Aufziehen  fliehen 
die  Tobieschen  vor  den  schwarzen  Flügeln  nach  der  hellen  Metritze,  welche 
sie  für  eine  Lücke  im  Garn  halten. 

27.  Die  Waate, 

kass.  woadtka,  des  Putziger  "Wieks  ist  ein  Zugnetz  von  sehr  verschiedener 
Länge.  Die  Flügel  sind  je  nach  dem  Belieben  der  Fischer  oder  der  Be- 
schaffenheit des  Grundes  20 — 50  m  lang,  der  Sack  misst  nur  ca.  3  m. 
Die  Maschenweite  beträgt  etwa  2,7  cm.  Zugleinen  sind  bei  diesem  Ge- 
zeuge  nicht  gebräuchlich,  dasselbe  wird  vielmehr  von  watenden  Leuten 
im  flachen  "Wasser  gezogen,  um  die  Nachts  in  der  Nähe  des  Ufers  sich 
aufhaltenden  Fische  zu  fangen. 

An  manchen  Orten  werden  Zugnetze  ohne  Sack  gebraucht. 

28.  Das  Graugarn 

des  frischen  Haffes  ist  ein  einfaches  engmaschiges  Netztuch  von  8 — 10  m 
Länge  und  40 — 50  cm  Höhe,  welches  watend  im  flachen  "Wasser  gezogen 
wird.  Es  findet  auf  dem  Haff  nur  nahe  der  Pregelmündung  zum  Fange 
des  Steinbeissers  Anwendung,  welcher  dort  als  Angelköder  benutzt  wird. 

Aehnliche  Netze  von  grösseren  Dimensionen  sind  in  der  "Weichsel 
zum  Fange  von  allerlei  Fischen  gebräuchlich. 

Auch  beim  Abfischen  der  Karpfenteiche  werden  mitunter  "Wadegarne 
benutzt,  die  keinen  Sack  besitzen,  sondern  im  Ganzen  die  Form  eines 
seiner  langen  Axe  nach  durchschnittenen  Ellipsoides  haben.  Sie  werden 
meistens  erst  gebraucht,  nachdem  der  "Wasserstand  der  Teiche  stark  ge- 
senkt ist  und  die  Fische  in  Haufen  zusammengedrängt  sind. 


Das  grosse  Wintergam.  357 

Die  zur  Fischerei  unter  dem  Eise  gebräuchlichen  Zuggarne  unter- 
scheiden sich  von  den  im  offenen  Wasser  gebrauchten  nur  durch  die  Art 
ihrer  Anwendung. 

29.  Das  grosse  Wintergarn 
ist  auf  dem  kurischen  Haff  mit  dem  Windkartellgarn,  auf  dem  frischen 
Haff  mit  dem  Herbstgarn  identisch,  nur  ist,  wo  es  hauptsächlich  zum 
Stint-  und  Kaulbarschfange  angewandt  wird,  die  Maschenweite  geringer. 
Die  Länge  der  Flügel  beträgt  120 — 180  m,  in  der  Karkler  Lank  bis 
240  m.  Wie  bei  allen  unter  Eis  angewandten  Gezeugen  wird  die  untere 
Simme  stärker  beschwert  als  bei  offenem  Wasser,  um  zu  verhüten,  dass 
die  Obersimme  dem  Eise  anliege  und  der  Gefahr  des  Anfrierens  aus- 
gesetzt sei. 

Je  nach  der  Entfernung  vom  Lande  und  sonstigen  Umständen  be- 
theiligen sich  beim  Betriebe  eines  Wintergarns  8  bis  18  Menschen  mit 
zwei  Schlitten,  die,  mit  je  zwei  Pferden  bespannt,  zum  Transport  der 
Gezeuge  dienen.  Auch  werden  die  Pferde  häufig  zum  Rücken  des  Garns 
angewandt.  Ausserdem  gebraucht  man  zu  dieser  Fischerei  zwei  eigen- 
thümliche,  auf  Schlittengestellen  angebrachte  Winden,  lit.  roges,  kur. 
windrag,  mehrere  Eisäxte,  Eisstämmen  und  einige  weiterhin  zu  besprechende 
Geräthschaften. 

Auf  der  erwählten  Fangstelle  wird  zunächst  mit  den  Eisäxten  oder 
bei  sehr  starkem  Eise  mit  den  Eisstämmen  ein  grosses  viereckiges  Loch 
gehauen,  welches  auf  der  Karkler  Lank  gewöhnlich  3  m  Seite,  auf  den  Haffen 
aber  nur  etwa  die  halbe  Grösse  hat,  das  Einlassloch,  lit.  illata  (Fig.  153,  1), 
durch  welches  das  Garn  unter  das  Eis  gebracht  werden  soll.  Während 
hier  eine  Anzahl  von  Fischern  das  Garn  zum  Einlassen  klar  macht  und 
die  Zugleinen  an  den  Enden  der  Flügel  befestigt,  entfernen  sich  andere 
nach  beiden  Seiten  hin  von  dem  Einlassloch  in  einer  geraden  Linie,  die 
dem  Ufer  parallel  läuft  oder  ihm  etwas  zugewandt  ist,  um  in  Abständen 
von  je  30  Schritten  etwa  6  kleinere  Oeffnungen,  Zosslöcher,  lit.  wakai, 
in  das  Eis  zu  hauen.  Diese  Reihe  von  Zosslöchern  wird  die  Streckung, 
lit.  strahote,  (2)  genannt;  das  letzte  Loch  in  derselben  ist  die  Streckungs- 
wake,  lit.  illatos  kampas  (3).  Hier  angelangt,  wenden  sich  die  Fischer 
etwa  im  rechten  Winkel  dem  Lande  zu,  um  abermals  in  Abständen  von  je 
30  Schritten  eine  zweite  Reihe(  von  5  bis  6  Zosslöchern  zu  schlagen, 
welche  die  Wand,  lit.  scena,  (4)  genannt  wrird.  Das  letzte  Loch  derselben 
heisst  die  Zukehrungswake,  lit.  iszwalkos  kampas,  (5)  weil  beide  Par- 
teien sich  jetzt  einander  zuwenden,  um,  nachdem  eine  jede  noch  auf  der 
Zukehrung  (6)  3  bis  4  Zosslöcher  gehauen  hat,  gegenüber  dem  Einlass- 


358  -Di6  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  "Westpreussen. 

loch  zusammenzutreffen   und   hier   ein   grosses  Loch   zum  Aufholen    des 
Netzes,  die  Holung,  lit.  iszwalka,  (7)  zu  machen. 

Inzwischen  haben  die  an  dem  Einlassloch  zurückgebliebenen  Leute 
das  Garn  in  folgender  "Weise  unter  das  Eis  gebracht.  An  das  freie  Ende 
jeder  Zugleine  wird  eine  dünne  Leine  gebunden,  die  an  einer  Knthe  oder 
Yorschiebstange,  lit.  karta,  befestigt  ist.  Die  Kuthen,  etwa  25  m  lang, 
sind  aus  dünnen  biegsamen  Stangen  zusammengebunden  und  werden 
durch  das  Einlassloch  nach  beiden  Seiten  unter  die  Streckungen  ge- 
schoben und  unter  diesen  durch  gabelartige  Stangen,  die  Zossgabeln, 
lit.  szakis,  welche  durch  die  Zosslöcher  ins  Wasser  gesteckt  werden, 
gelenkt  und  bis  zur  Streckungswake  vorgeschoben.  Hat  sich  eine  Euthe 
so  verschoben,  dass  sie  von  einem  Zossloch  aus  mit  der  Zossgabel 
nicht  zu  erreichen  ist,  so  wird  sie  mit  dem  Zosshaken,  lit.  kabis,  gesucht 


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Fig.  153.     Die  Eislöcher  bei  der  Winterfischerei. 

und  zu  dem  Zossloche  hingezogen.  Der  Zosshaken  besteht  entweder  aus 
einem  mit  einem  hakigen  Ast  versehenen  Weidenstock  oder  einer  mehr 
oder  weniger  gekrümmten  Stange,  an  welcher  ein  Haken  oder  ein  Nagel 
befestigt  ist.  Ist  die  Euthe  bis  zur  Streckungswake  gezosst,  so  dass  ihr 
hinteres  Ende  mit  der  Leine  sichtbar  wird,  so  wird  sie  mit  den  Gabeln 
unter  die  Wand  gewendet,  um  weiterhin  unter  dieser  bis  zur  Zukehrungs- 
wake  vorgeschoben  zu  werden.  Zuvor  wird  jedoch  die  dünne  an  der 
Euthe  befestigte  Leine  und  mit  ihr  die  Zugleine  aus  der  Streckungswake 
hervorgeholt  und  mittelst  derselben  das  Garn  unter  der  Streckung 
ausgespannt  (gestreckt).  Mit  der  inzwischen  bis  zur  Zukehrung  vorge- 
schobenen Euthe  wird  die  Zugleine  dann  aus  der  Zukehrungswake  geholt 


Das  grosse  "Wintergarn. 


359 


und  das  ausgebreitete  Garn  von  Menschen,  oft  mit  Hilfe  von  Winden  oder 
Pferden,  in  der  Richtung  nach  der  Holung  hingezogen.  Ist  wieder 
ein  genügender  Tbeil  der  Zugleinen  frei  auf  dem  Eise,  so  werden  die 
Ruthen  nach  der  Holung  hingeschoben  und  hier  mit  dem  Ende  der  Zug- 
leinen auf  das  Eis  geholt  und  nachdem  das  Garn  von  den  Zukehrungs- 
Avaken  aus  etwa  bis  zur  Mitte  zwischen  Holung  und  Einlassloch  gezogen 
ist,  werden  nun  beide  Zugleinen  von  der  Holung  aus  aufgeholt.  Das 
Garn  stellt  sich  dabei  allmählich  halbkreisförmig  und  die  Enden  seiner 
Flügel  nähern  sich  einander  mehr  und  mehr.  Indem  nun  einige  Männer 
wie  beim  Gebrauch   des  Strandgarns    die  Zugleine   mit  ihren  Ziehgurten 


Fig.  154.     Gerätschaften  zur  Winterfischerei. 
1.  2.  Eisäxte.     3.  Zossgabel.     4.  Tankgabel.     5.  Zosshaken.     6.  Ziehgurt. 

aufholen,  werden  sie  von  den  auf  Schlitten  stehenden  Winden  unterstützt, 
die  an  in  das  Eis  gehauenen  Eisäxten  befestigt  sind,  und  auf  den 
Haffen  oft  von  Frauen  gehandhabt  werden.  An  den  Zugleinen  und  Simmen 
sind  in  gleichen  Abständen  Zeichen  gemacht,  um  ein  gleichrnässiges  Auf- 
holen der  Flügel  zu  sichern.  Wenn  die  Flügel  des  Netzes  auf  dem  Eise 
erscheinen,    wird  dies  den  in  der  Nähe  befindlichen  Fischhändlern  durch 


360  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  "Westpreussen. 

Aufhängen  einer  Jacke  oder  dergl.  an  einer  hohen  Stange  signalisirt.  Beim 
Aufholen  der  Flügel  ist  es  nothwendig,  die  unteren  Simmen  dicht  zu- 
sammenzuhalten, um  die  Fische  nicht  nach  unten  hin  entweichen  zu 
lassen.  Es  geschieht  dies  durch  Unterschieben  der  sogenannten  Kreuz - 
stangen,  lit.  kryszkartos,  unter  die  Flügel  und  durch  Zusammenhalten 
der  Untersimmen  mit  einer  hölzernen  Gabel,  der  sogenannten  Tankgabel, 
lit.  mina,  minella.  Wird  im  tiefen  Wasser  gefischt,  so  befördert  man  das 
Aneinanderschliessen  der  Flügel  dadurch,  dass  man  zwei  starke  Stangen, 
Stangbohm,  10  Schritte  von  der  iszwalka  entfernt  (in  der  Richtung  nach 
der  illata  zu),  nebeneinander  in  einem  Abstände  von  3  Schritten  senkrecht 
fest  in  den  Grund  treibt  und  zwischen  ihnen  die  Zugleinen  und  Flügel 
hindurchholt.  Auch  werden  an  manchen  Orten,  um  die  etwa  doch  ent- 
weichenden Fische  zu  fangen,  beiderseits  von  der  iszwalka  gewöhnliche 
Staaknetze  unter  das  Eis  geschoben.  Nachdem  die  Flügel  ganz  aufgeholt, 
sind,  erscheint  dann  endlich  auch  die  Metritze  über  der  iszwalka,  die  bei 
glücklichen  Zügen  mitunter  100  Tonnen  Fische  und  mehr  im  Werthe  von 
einigen  tausend  Mark  einschliesst. 

Der  Pachtzins    des    grossen    Wintergarns    auf  dem    kurischen    und 
frischen  Haff  beträgt  nur  30  Mark. 

30.  Das  Wintergarn  der  Binnengewässer, 
namentlich  der  masurischen  Seen,  mas.  niewod,  hat  Flügel  (skrzydla) 
von  200  m  Länge  und  je  nach  der  Tiefe  der  Seen  bis  zu  36  m  Höhe, 
und  einen  Sack  (matnia)  von  60  m  Länge,  dessen  hinterstes,  engmaschigeres 
Ende  Kuttel  genannt  wird.  Die  Zugleinen  (wyndrichi)  haben  eine  Länge 
von  je  300  m.  Das  Garn  wird  in  derselben  Weise  angewandt,  wie  auf 
den  Haffen.  Die  Einlassöffnung  wird  wylos  genannt,  die  Zosslöcher  heissen 
Zuglöcher,  mas.  worwaki,  die  Auszugsöffnung  olugea;  die  Ruthen  be- 
zeichnet man  als  Treibstangen,  mas.  chochla,  die  Zossgabeln  als  Gabeln, 
mas.  widla,  den  Zosshaken  als  Schlüssel,  mas.  kluc.  Beim  Aufholen  des 
Garnes  werden  auch  hier  auf  Schlitten  (sanki)  angebrachte  Winden  benutzt, 
die  man  Drehtonnen,  mas.  kadlub,  nennt,  und  mittelstjeiner  Eisaxt  (szekera) 
befestigt.  Das  Entweichen  der  Fische  noch  unter  der  Auszugsöffnung  wird 
hier  dadurch  verhütet,  dass  man  ca.  5  m  vor  derselben  eine  kleinere 
Oeffnung  ins  Eis  haut,  durch  welche  eine  mit  Steinen  beschwerte  Stroh- 
wischleine oder  eine  mit  Strohbündeln  bewickelte  Stange  (gruchalka)  in 
das  Wasser  eingebracht  und  so  lange  auf-  und  niederbewegt  wird,  bis 
die  Oefinung  des  Sackes  über  dem  Eise  erscheint,  ein  Entfliehen  der 
Fische  also  nicht  mehr  möglich  ist.  Der  Preis  eines  solchen  Wintergarns 
schwankt  zwischen  900  und  1200  Mark, 


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Die  Wintergarne.    Die  Stintklippe.  361 

31.  Das  Wintergarn  des  Putziger  Wieks 
heisst  kassubisch  Jadro.  Es  wird  in  den  Flügeln  240 — 300  m  lang  und 
ca.  8  m  tief  gemacht.  Die  Flügel  heissen  skrzydlo,  der  Sack  macia,  die 
Zugleinen  leper.  Zum  Betriebe  der  Fischerei  gehören  15 — 18  Mann  mit 
Ziehgurten  (zelka).  Winden  werden  zum  Aufholen  des  Netzes  dort  nicht 
angewandt. 

32.  Das  kleine  Wintergarn 
des  kurischen  Haffes  ist  die  schon  oben  erwähnte  Klippe,  das  des  frischen 
Haffes  das  Schaar-  oder  Sommergarn.     Der  Betrieb  ist  derselbe,   wie  bei 
den  grossen  Wintergarnen,    doch   bedarf  man    nur    eines    zweipferdigen 
Schlittens,  5 — 8  Mann,  und  werden  Winden  zum  Aufholen  nicht  gebraucht. 

33.  Die  Stintklippe 
wird  ebenfalls  in  derselben  Art  gebraucht,  ausserdem  aber  an  manchen 
Orten  noch  in  besonderer  Weise  als  Stintring  angewandt.  Zu  diesem 
Zwecke  werden  an  Stellen,  wo  der  Stint  gerade  in  Menge  steht,  in  einem 
grossen  Kreise,  dessen  Durchmesser  im  richtigen  Yerhältniss  zur  Länge 
der  Netzflügel  gewählt  sein  niuss,  etwa  sechs  dreieckige  Löcher  in  das 
Eis  geschlagen,  die  gleichweit  von  einander  abstehen  und  geräumig  genug 
sein  müssen,  um  das  Garn  ein-  und  auszulassen.  Nachdem  beide  Zug- 
leinen von  einem  der  Eislöcher  aus  unter  dem  Eise  bis  zum  nächsten  ge- 
schoben und  dort  aufgeholt  sind,  wird  das  Netz  unter  das  Eis  gebracht 
und  quer  zu  der  Bichtung  der  Zugleinen  mit  Ruthen  nach  rechts  und 
links  ausgeschoben,  worauf  es  mittelst  der  Zugleinen  nach  dem  zweiten 
Loche  hingeholt  wird.  Aber  anstatt  nun  die  Flügel  des  Netzes  auf  einen 
Haufen  zu  holen,  werden  sie,  nachdem  schon  die  Zugleinen  unter  dem 
Eise  nach  dem  dritten  Loche  geschoben  sind,  nur  soweit  gelichtet  als 
zum  Aufziehen  der  Metritze  nothwendig  ist,  und  dann  gleich  wieder  ins 
Wasser  gelassen,  so  dass  sie,  wenn  die  Metritze  in  der  Holung  erscheint, 
schon  wieder  zum  zweiten  Zuge  ausgeschoben  werden  können.  Der- 
selbe beginnt  dann,  sobald  der  Sack  geleert  ist.  So  bleibt  das  Garn  den 
ganzen  Tag  über  in  Bewegung  und  man  glaubt,  dass  der  durch  die  kreis- 
förmige Fortbewegung  des  Netzes  entstehende  Strudel  (?)  den  Stint, 
welcher  frisches  und  bewegtes  Wasser  liebt,  anlocke.  Am  nächsten  Tage 
wird  daher  in  derselben  Weise  weiter  gefischt,  so  lange,  als  der  Stint 
noch  an  derselben  Stelle  steht.  Es  muss  besonders  daraufgesehen  werden, 
dass  das  Wasser  nicht  getrübt  werde,  weshalb  die  untere  Simme  nur 
massig  beschwert  wird,  um  nicht  den  Grund  aufzurühren,  denn  wenn 
es  „dunstet''   wird   der   Stint    verscheucht.     Da   bei   dieser  Fischerei    der 


362  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  Westpreussen. 

äussere  Flügel  des  Netzes  in  derselben  Zeit  einen  längeren  "Weg  zurück- 
legen muss,  als  der  innere,  so  wird  ersterer  von  drei  Mann,  letzterer  nur 
von  einem  Manne  gezogen.  Die  Flügellänge  des  zum  Stintring  angewandten 
Netzes  beträgt  gewöhnlich  120  m,  die  Tiefe  an  der  Metritze  8 — 10  m. 
Auf  die  Maschenweite  kommt  es  in  den  Bottstücken  nicht  an,  dieselbe 
beträgt  gewöhnlich  4 — 6  cm,  im  Mittelstück  2,5,  im  Hinterstück  1,3,  in 
der  Metritze  0,7  cm. 

34.  Das  Jagnetz 
der  ma surischen  Seen,  welches  wie  das  Wintergarn  anter  dem  Eise  aus- 
geschoben und  gegen  das  Land  hin  aufgeholt  wird,  ist  ein  einfaches  Netz- 
tuch ohne  Sack  von  ca.  40  m  Länge  und  2 — 3  m  Tiefe.  Seine  Klein- 
heit und  Leichtigkeit  macht  die  Anwendung  von  Winden  beim  Aufziehen 
entbehrlich.  Gewöhnlich  werden  die  Fische  in  das  Netz  durch  Geräusch  etc. 
hineingescheucht. 

Den  Zugnetzen  reihen  wir  die  Senknetze  und  Hamen  an,  die  aus 
einfachen  Netztüchern  bestehen,  welche  mittelst  hölzerner  Bügel  oder 
Kahmen  ausgespannt  erhalten  werden.  Bei  ihrer  geringen  Grösse  steht 
ihr  Ertrag  hinter  demjenigen  der  Zugnetze  natürlich  wesentlich  zurück, 
doch  sind  sie  an  geeigneten  Orten  und  zu  gewissen  Zeiten  als  einfache 
und  leicht  zu  handhabende  Fanggeräthe  ganz  am  Platze. 

35.  Das  Senknetz, 
der  Senker,  die  Senke,  das  Hängenetz  oder  Hebenetz,  besteht  aus  einem 
quadratischen  Netztuch  von  1,50  bis  3  m  Seite,  dessen  Ecken  an  den 
Enden  zweier  gekreuzter,  halbkreisförmig  gebogener  Bügel  von  leichtem 
und  elastischem  Holz  befestigt  sind.  Der  Kreuzungspunkt  der  Bügel  ist 
mittelst  einer  kurzen  starken  Schnur  an  der  Spitze  einer  3 — 4  m  langen, 
leichten,  aber  haltbaren  Stange  angebunden.  Das  Senknetz  wird  nur  in 
Wasser  von  weniger  als  2  in  Tiefe,  in  Seen  und  Teichen,  namentlich  aber 
in  Flüssen  mit  massigem  Gefälle  angewandt,  besonders  an  Orten,  wo 
Brückenpfeiler  u.  dergl.  die  Bildung  kleiner  Strudel  begünstigen.  Der  am 
Ufer  stehende  Fischer  senkt  das  Netz  vorsichtig  ins  Wasser,  bis  die  Enden 
der  Bügel  auf  dem  Grunde  ruhen  und  hebt  es,  sobald  er  Fische  darüber  ver- 
muthet,  möglichst  schnell  und  gleichmässig  empor.  Der  dem  Heben  des  Netzes 
vom  Wasser  entgegengesetzte  Widerstand  ist  natürlich  um  so  bedeutender, 
je  engmaschiger  es  ist,  und  da  bei  langsamem  Heben  die  über  dem  Netze 
befindlichen  Fische  leicht  Zeit  finden,  zu  entwischen,  so  macht  man  das 
Netz  von  möglichst  feinem  Garn    und    strickt    es  so  weitmaschig,    wie  es 


Das  Senknetz.     Der  Senkhamon. 


363 


mit  Rücksicht  auf  die  zu  fangenden  Fische  nur  möglich  ist.  Das  gehobene 
Netz  bildet  einen  flachen  Beutel,  den  man  wohl  auch  durch  Anbinden 
eines  Steines  in  der  Mitte  nach  Bedarf  vertieft,  und  in  welchen  die 
gefangenen  Fische  hineingleiten,  indem  ihnen  wegen  der  Nachgiebigkeit 
und  Elasticität  der  ganzen  Yorrichtung  die  Möglichkeit  abgeht,  grössere 
Sprünge  zu  machen.  Beim  Gebrauch  grösserer  Senknetze  wird  die  Hand- 
habung dadurch  erleichtert,  dass  man  die  Mitte  der  Stange  auf  dem 
gabiigen  Ende  eines  tief  in  die  Erde  getriebenen  Pfahles  ruhen  lässt. 
Der  Fischer  braucht  dann  nur  auf  das  freie  Ende  der  Stange  zu  drücken, 
um  das  Netz  zu  heben  und  bringt  es,  wenn  Fische  darauf  sind,  indem 
er  mit  der  Stange  den  gabeltragenden  Pfahl  um  seine  Axe  dreht,  aufs 
Trockene. 


Fig.  156.     Das  Senknetz. 

Auch  mit  dem  Senknetz  wird  am  vortheilhaftesten  im  Trüben  ge- 
fischt, namentlich  bei  steigendem  Wasser;  ausser  kleineren  Fischen  fängt 
man  damit   an  Brücken  häufig  Döbel,   Barsche    und  Barben,    auch   wohl 


Fang 


zu 


Hechte.  Im  stillen  Wasser  ist  es  jedoch,  um  einen  guten 
erzielen,  zweckmässig,  die  Fische  anzuködern,  indem  man  sie  durch 
öfteres  Ausstreuen  von  Fleisch-  oder  Brotbrocken,  geronnenem  Blut  u.  dgl. 
an  den  Fangplatz  gewöhnt  und  ähnliche  Köder  oder  Schnüre  mit  Regen- 
würmern auch  auf  dem  Senknetz  selber  befestigt. 

36.  Der  Senkhamen 
oder  Setzhamen  der  litauischen  Binnengewässer  ist  von  dem  vorigen  Netze 
nur  durch  seine  Dimensionen  verschieden.     Die  Seite  des  Netztuches  hat 
eine  Länge    bis    zu  7  m,    die  Maschenweite    beträgt  1 — 2  cm.     An    dem 


364 


Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  "Westpreussen. 


Kreuzungspunkte  der  beiden  Bügel  ist  eine  1 — 2  m  lange  Leine  ange- 
bracht, mit  welcher  der  Hamen  an  einem  kräftigen  Baum  befestigt  wird, 
der  an  dem  Mast  eines  Kahnes  oder  an  einer  besonderen  Stütze  beweg- 
lich, wie  der  Balken  eines  Ziehbrunnens,  aufgehängt  ist.  Die  Fischer 
fahren  an  eine  passende  Stelle  des  Flusses  zu  der  Zeit,  in  welcher  der 
Uckelei  in  grossen  Zügen  stromaufwärts  geht,  lassen  den  Hamen  in  eine 
geeignete  Tiefe  hinab  und  heben  ihn,  wenn  ein  Schwärm  der  Fische 
darüber  ist,  schnell  in  die  Höhe,  was  durch  eine  an  dem  freien  Ende 
des  Balkens  befestigte  Leine,  die  durch  einen  Block  läuft,  erleichtert 
wird.  Namentlich  in  der  Deime  und  in  den  Memelmündungen  werden 
mit  diesem  Gezeuge  grosse  Mengen  Uckelei  gefangen. 


Fig.  157.     Der  Senkhamen. 

Auf  der  Weichsel  werden  an  manchen  Orten  grosse  Senknetze  auf 
kleinen  Prähmen  angewandt,  die  eine  Hütte  für  den  Fischer,  einen  Kasten 
zur  Aufbewahrung  der  lebenden  Fische  enthalten  und  einen  Krahnbalken 
tragen,  an  dem  über  Rollen  eine  Schnur  läuft,  die  an  der  Kreuzung  der 
Netzbügel  befestigt  ist  und  mittelst  einer  Handwinde  aufgerollt  wird,  um 
das  grosse  Netz  zu  heben. 

37.  Das  Erytnetz 
ist  ein   zwischen    zwei   gekreuzten  Stangen    ausgespannter  Netzsack    von 
sehr  verschiedenen  Dimensionen  und  ebenso  verschiedener  Maschenweite, 
je  nach  der  Art  der  zu  fangenden  Fische.     Bei  allen  Krytnetzen  ist  die 


Das  Krytnetz.  365 

Maschenweite  am  Rande  am  grössten,  im  Grunde  des  Sackes  am  gering- 
sten, alle  sind,  um  möglichst  schnell  im  Wasser  gehoben  werden  zu 
können,  von  ganz  feinem  Garn  geknüttet.  Bei  den  grössten,  zum  Fange 
von  Bressen  und  Zärthen  bestimmten  Krytnetzen  sind  die  Seitenbäume 
bis  9  m  lang,  die  Maschenweite  beträgt  am  Rande  ca.  10  cm.  Kleinere 
Netze  der  Art  werden  für  Plötzen,  Seestinte,  Uckelei  und  die  kleinsten 
von  ca.  4  m  Seitenbaumlänge  und  ganz  engen  Maschen  für  den  kleinen 
Stint  gebraucht. 

Die  grösseren  Krytnetze  werden  nur  auf  Kähnen  angewandt,  indem 
man,  die  Seitenbäume  auf  den  Kahnrand  gestützt  und  ihre  Enden  hinter 
der  Kreuzung  in  den  Händen  haltend,  dem  muthmasslichen  Zuge  der 
Fische  entgegenfährt  und,  wenn  Fische  im  Netze  gespürt  werden,  durch 
eine  Hebelbewegung  um  den  Kahnrand  als  Stützpunkt  das  Netz  hebt. 
Bressen    werden    so    mitten   im  Strome    oder   am  Ufer  im  Frühjahr  und 


Fig.  158.     Das  Krytnetz. 

Sommer,  Zärthen  im  Frühjahr  und  Herbst,  Plötzen  das  ganze  Jahr  über 
in  den  litauischen  Strömen  gefangen.  Am  beträchtlichsten  ist  jedoch 
während  des  Sommers  der  Uckeleifang,  der  an  steilen  bewachsenen 
Ufern,  nahe  an  den  in  die  Flüsse  hineinragenden  Spickdämmen,  bei  stillem 
und  warmem  Wetter  auch  mitten  im  Strome,  betrieben  wird.  Auch  der 
Stintfang  ist  im  Frühjahr  auf  Kähnen,  die  vor  den  Spickdämmen  befestigt 
werden,  sehr  beträchtlich. 

Ausserdem  wird  mit  kleinen  Krytnetzen  in  jedem  Teiche,7  Dümpel 
oder  Graben  gefischt,  und  natürlich  werden  sie  namentlich  auch  auf 
Laichplätzen  nur  zu  viel  benutzt. 

38,  Der  Hamen, 
welcher  besonders  auf  den  tieferen  Binnengewässern  gebraucht  wird,   ist 
nichts  Anderes  als  ein  mittelgrosses,    an    einer   langen  Stange  befestigtes 
Krytnetz,  mit  welchem  gewöhnlich  vom  Kahne  aus  unter  den  Ufern,  fest- 
liegendem Flössholz,  Schiffen  und  Kähnen,  aber  auch  zeitweise  mitten  im 


366 


Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  "Westpreussen. 


Strome  gefischt  wird.  Gewöhnlich  wird  das  Netz  erst  mit  den  Spitzen 
der  beiden  Seitenbäume  bis  auf  den  Grund  gesenkt  und  dann  schnell 
gehoben.  In  Pillau  wird  ein  ganz  engmaschiger  Hamen  von  ca.  3  m 
Seitenlänge   mit  3 — 4  m   langem  Stiel   im    September   und   October    zum 


Fig.  159.     Der  Hamen. 
Fange  des  gemeinen  Stichlings  gebraucht,   welcher    dann    in    ungeheuren 
Schaaren  durch  das  Tief  zieht. 

39.  Der  Kratzhamen, 
Schraphamen,  mas.  klonia,  der  masurischen  Gewässer  ist  ein  über  einem 
dreiseitig  pyramidalen  Holzgerüst  von  etwa  2  m  Länge  ausgespanntes 
Netz,  welches  an  einem  Stiele  von  einem  im  Wasser  watenden  Manne 
gezogen  wird,  und  namentlich  zum  Fange  der  im  flachen  Wasser  sich 
aufhaltenden  Jungfische  sowie  der  auf  dem  Grunde  liegenden  Gründlinge 
und  Schmerlen  dient.  An  Seen  mit  flachem  Ufer  wird  dies  verbotene 
Gezeuge  vielfach  angewandt. 

40.  Die  Klumka 
ist   ein    anderes    verbotenes  Werkzeug,    das    namentlich    zum  Fange  der 
Laichfische  in  den  masurischen  Gewässern   gebraucht  wird.     Die  Grund- 
lage der  Klumka  bildet  ein  dreiseitig  pyramidales  Gerüst  von  Stäben,  an 
dessen    Spitze    eine    längere    Stange    befestigt    ist.     Die    Seitenlänge    des 


Der  Kratzhamen.    Die  Klumka.     Der  Käscher. 


367 


Gerüstes   beträgt  ca.  2  m,    und  es   ist   an    der  Basis    desselben  ein  eng- 
maschiger Netzsack    befestigt,    welcher   eine  Tiefe  von  2 — 3  m  hat.     Die 


Fig.  160.     Der  Kratzhamen. 


Fig.  161.     Die  Klumka. 


ganze  Vorrichtung  wird  entweder  auf  den  Grund  gesenkt,  und  wenn  ein 
Schwärm  von  Fischen  sich  darüber  befindet,  gehoben,  oder  gewöhnlich 
vom  Ufer  oder  Kahne  aus  in  einen  Haufen  laichender  Fische  hineinge- 
worfen und  oft  ganz  gefüllt  herausgezogen. 

4L  Der  Käscher 
der  masurischen  Gewässer  ist  ein  an  einem  eisernen  Ringe  von  ca.  1  m 


Fig.  162.     Der  Käscher. 


Durchmesser  befestigter  Netzsack,  der  nach  Art  einer  "Wageschaale  an  drei 


368 


Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  Westpreussen. 


Schnüren  aufgehangen  ist,  die  sich  zu  einer  stärkeren  Leine  vereinigen. 
Derselbe  wird  namentlich  auf  Brücken  angewandt  und  ist  natürlich,  ebenso 
wie  die  Senke,  nur  in  nicht  zu  tiefem  Wasser  brauchbar.  Ein  Anködern 
der  Fische  ist  beim  Gebrauche  des  Käschers  sehr  zweckmässig.  Es  werden 
damit  besonders  Döbel,  Barben,  Nasen  und  mancherlei  "Weissfische  ge- 
fangen. 

42.  Das  Wurfnetz 
besteht  aus  einem  einfachen  kreisrunden  Netztuch  von  4 — 6  m  Durch- 
messer, in  dessen  Centram  sich  die  Fäden  zu  einer  starken  Schnur  von 
2 — 3  m  Länge  vereinigen.  20 — 30  cm  vom  äussersten  Rande  des  Netzes 
entfernt  läuft  eine  federkieldicke  Schnur  um  dasselbe  herum,  auf  welcher 
in  kleinen  Abständen  Bleiperlen   im  Gesammtgewicht  von  20 — 40  Pfund 


Fig.  163.    Das  Wurfnetz. 


aufgezogen  sind.  Der  über  die  Bleischnur  hinausragende  Rand  des  Netzes 
ist  nach  innen  umgeschlagen  und  in  Abständen  von  je  30  cm  mit  dem 
Netztuche  verknüpft,  so  dass  also  der  ganze  Rand  des  Netzes  innen  eine 
Reihe  von  Taschen  bildet,  die  alle  miteinander  zusammenhängen,  und 
deren  untere  Begrenzung  die  Bleischnur  bildet. 

Die  Anwendung  des  Netzes  geschieht  in    der  Weise,    dass    man   es 
an  der  im  Mittelpunkt  befestigten  Schnur   aufhebt,    so    dass    es   in  Form 


Das  Wurfnetz. 


369 


eines  sehr  spitzen  Kegels  zusammenfallt.  Es  wird  dann  über  die  linke 
Schulter  genommen  wie  ein  Mantel,  GO — 70  cm  oberhalb  des  Bleisaumes 
mit  der  rechten  Hand  zusammengefasst,  und  in  einer  schwer  zu  be- 
schreibenden "Weise,  indem  man  den  Körper  erst  heftig  nach  links, 
und  dann  wieder  nach  rechts  dreht,  so  geworfen,  dass  es,  sich  in  der 
Luft  tellerförmig  ausbreitend,  auf  das  Wasser  fällt.  Es  gehört  dazu 
grosse  Kraft  und  Geschicklichkeit  und  der  Fischer  darf  an  seinem  An- 
züge keine  vorstehenden  Knöpfe  oder  dergleichen  haben,  da  er,  wenn  ein 
solcher  in  einer  Masche  des  Netzes  hängen  bleibt,  durch  das  kräftig  ge- 
worfene schwere  Netz  fast  unausbleiblich  mit  ins  "Wasser  gerissen  wird. 
In  Folge  seiner  starken  Beschwerung  sinkt  der  Rand    des  Netzes   zuerst 


A. 


B. 


Fig.  164.     Das  Wurfnetz. 

A.  In  zusammengefallenem  Zustande.     B.  Schema  des  unteren  Bandes. 

a.  Netztuch.     b.  Bleischnur,     c.  Eingeschlagener  Band.     d.  Befestigung  desselben  an 

der  Innenseite  des  Netztuches. 

zu  Boden,  und  indem  er  sich  wegen  der  grossen  Zahl  der  Bleiperlen  dem 
Grunde  fest  anschmiegt,  sind  die  unter  dem  Netz  befindlichen  Fische 
sofort  sicher  umschlossen.  Natürlich  ist  die  Anwendung  dieses  Netzes 
nur  auf  massig  ebenem  Grunde  möglich;  wo  viele  Steine,  Stubben  oder 
Wurzeln  sich  im  Wasser  befinden,  würde  es  die  Fische  nicht  fest  um- 
schliessen  können,  und  ausserdem  beim  Aufziehen  haften  und  zerreissen. 


24 


370  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  "Westpreussen. 

Auch  starker  Pflanzenwuchs  macht  seine  Anwendung  unmöglich;  ebenso 
zu  grosse  "Wassertiefe,  weil  bei  solcher  die  Fische,  die,  durch  das  Auf- 
schlagen des  Netzes  auf  das  Wasser  erschreckt,  zuerst  in  die  Tiefe  eilen, 
noch  Zeit  finden  würden,  nach  den  Seiten  hin  zu  entweichen,  ehe  die 
Bleischnur  überall  den  Grund  erreicht  hat. 

Das  Aufnehmen  des  Netzes  geschieht  Anfangs  langsam,  bis  der 
Fischer  fühlt,  dass  sich  die  sämmtlichen  Bleiperlen  des  Saumes  am  Grunde 
berühren,  das  Netz  also  geschlossen  ist  und  die  Fische  fest  umschliesst; 
dann  wird  es  mit  einem  plötzlichen  Kuck  ans  Ufer  geworfen.  Die  Fische 
findet  man  meistens  in  den  um  den  Rand  herumlaufenden  Taschen,  aus 
denen  sie  sammt  dem  etwa  mitgefassten  Kraut,  den  Steinen  etc.  leicht 
entfernt  werden  können,  worauf  das  Netz  von  Neuem  geworfen  wird. 

Wie  das  Senknetz,  so  wird  auch  das  Wurfhetz  aus  recht  feinem 
Garn  gestrickt  und  möglichst  weit  gemascht,  um  von  den  Bleikugeln  so 
schnell  als  möglich  an  den  Grund  gezogen  zu  werden.  Der  mittlere 
Theil  wird  namentlich  möglichst  weitmaschig  gehalten,  seine  Maschen  sind 
bis  10  cm  weit,  während  sie  im  unteren  Theile,  wo  allein  die  Fische  zu 
entweichen  versuchen,  allmählich  sich  bis  auf  1  cm  verengern. 

Das  Wurfnetz  wird  besonders  an  solchen  Orten  angewandt,  wo 
sich  erfahrungsm  ässig  viele  Fische  aufhalten,  an  Brücken,  Schleusen  und 
dergl.  In  klarem  Wasser  ist  es  sehr  zweckmässig,  die  Fische  vorher  an- 
zuködern und  zu  werfen,  wenn  man  sie  in  grösserer  Menge  versammelt  sieht. 

Bei  uns  wird  das  Wurfnetz  besonders  in  der  Alle,  der  oberen 
Passarge  und  anderen  kleinen  Flüssen  gebraucht. 

Die  Treibnetze  werden  in  unseren  Provinzen  nur  in  beschränktem 
Masse  angewandt.  Die  Treibnetzfischerei  besteht  darin,  dass  man  durch 
Senker  und  Flotthölzer  in  senkrechter  Stellung  schwimmend  erhaltene  Netz- 
tücher vom  Winde  oder  der  Strömung  längere  Zeit  forttreiben  lässt,  um 
die  ihnen  begegnenden  Fische  darin  zu  verstricken. 

43.  Das  Strömlingsnetz 
der  kurischen  Nehrung  ist  ein  aus  einfachen,  feinen  Flachsfäden  ge- 
knüttetes  Netztuch  von  ca.  40  m  Länge  und  4 — A^/i  m  Höhe.  Ober-  und 
Untersimme  werden  nur  durch  einen  mittelstarken  Bindfaden  gebildet.  Die 
untere  Simme  ist  nicht  beschwert,  die  obere  ist  in  Abständen  von  je 
30  cm  durch  45  cm  lange  Fäden,  lit.  laginnis,  mit  einer  Neungarnleine  ver- 
bunden, an  der  Flotthölzer  befestigt  sind.  Die  obere  Simme  des  Netzes 
liegt  also,  wenn  dasselbe  ausgeworfen  ist,  45  cm  unter  dem  Wasserspiegel. 
Gewöhnlich  vereinigt  sich  eine  Anzahl  von  Fischern  zum  Strömlingsfange. 


Das  Strömlingsnetz.     Das  Ziegennetz. 


371 


Es  werden  dann  so  viele  Netzstücke  als  vorbanden  sind,  mit  einander 
verbanden  und  rechtwinklig  zur  Strömung  oder  der  Sichtung  des  "Windes 
ausgeworfen.  Das  Ende  des  letzten  Netzes  wird  mittelst  einer  ca.  3  m 
langen  Leine  am  Boote  befestigt,  und  Boot  und  Netze  treiben  dann  so 
lange,  bis  man  es  für  lohnend  hält,  das  Netz  aufzunehmen.  Mit  diesem 
Gezeuge  werden  Strömlinge  den  ganzen  Sommer  und  Herbst  hindurch  ge- 
fangen, mitunter  in  ungeheurer  Menge,  so  dass  Netzstücke  losgerissen 
werden  und  sinken.     Da  bei  dieser  Eangart  die  Heringe  hängen  bleiben, 


Fig.  165.    Ein  Stück  des  kurischen  Strömlingsnetzes. 


nachdem  sie  den  Kopf  durch  die  Masche  gesteckt  haben,  so  werden  je 
nach  der  jedesmaligen  üurchschnittsgrösse  derselben  Netze  mit  verschiedener 
Maschenweite  von  1,5,  2,  oder  2,3  cm  gewählt. 

44.  Das  Strömlingsnetz 
der  samländischen  Küste  und  der  frischen  Nehrung  unterscheidet 
sich  von  dem  vorigen  dadurch,  dass  die  Elotthölzer  gleich  an  der  oberen  Simme, 
nicht  an  einer  eigenen  Leine  befestigt  sind,  und  die  untere  Sünme  leicht 
mit  Bleistücken  beschwert  ist.  Die  Länge  des  Netzes  beträgt  ca.  30  m, 
die  Höhe  bis  2  m,  die  Maschenweite  etwa  2  cm.  Die  Simmen  sind 
erheblich  kürzer  als  das  Netztuch,  so  dass  dieses  lose  und  bauschig  liegt. 
Die  Anwendung  des  Netzes  unterscheidet  sich  nicht  von  der  des  vorigen. 

45,    Das  Ziegennetz 
des  kurischen  Haffes,   lit.  oszkinnis,  ist  ein   einfaches  Netztuch  von  ganz 
feinem  Elachsgarn  geknüttet,  mit  Maschen  von  2    cm   und  ganz   dünnen 
Simmen.     An   der    oberen    Simme   sind   als   Elotthölzer   längliche    flache 
Brettchen  von  20    cm  Länge  befestigt,  die  untere  Simme  ist  leicht  be- 

24* 


372 


Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  Westpreussen. 


schwert.  Das  Ziegennetz  besteht  aus  zwei  gleichen  Hälften  von  je 
50 — 60  m  Länge  und  1 — -1,5  m  Höhe,  dieselben  werden  beim  Gebrauch 
in  grösserer  Anzahl  an  einander  geknüpft.  Zur  Ausübung  der  Ziegen- 
fischerei vereinigen  sich  gewöhnlich  4 — 5  Fischer,  deren  jeder  5 — 6  Netz- 
hälften  mitbringt.  Nachdem  man  mit  einer  Walteil  unter  Benutzung  von 
Segeln  oder  Rudern  eine  geeignete  Fangstelle  erreicht  hat  und  die  Rich- 
tung der  Strömung  ermittelt  ist,  werden  die  Netze  quer  zu  derselben 
ausgeworfen,  indem  das  Boot  stetig  und  langsam  vorwärts  gerudert  wird. 
Der  Steuerhelm  wird  dabei  abgenommen,  und  der  am  Hintersteven  des 
Fahrzeuges  stehende  Fischer  wirft  das  Netz  nach  und  nach  aus,  nachdem 
an  dem  ersten  Ende  eine  weithin  sichtbare  Boje  (Stoder)  befestigt  ist. 
Sind  5  oder  6  verbundene  Hälften  ausgeworfen,  so  wird  das  letzte  Ende 
wieder  mit   einem  Stoder  bezeichnet.     Die  dergestalt   verbundenen  Netz- 


Fig.  1G6.     Ein  Stück  des  Ziegennetzes  mit  Stoder. 


hallten  werden  als  ein  Trupp  bezeichnet.  Nach  Auswerfen  des  ersten 
Trupps  rudert  man  in  gerader  Richtung  etwa  20  Schritt  weiter  und 
wirft  in  derselben  Weise  den  zweiten,  weiterhin  den  dritten  Trupp  aus, 
so  dass  alle  in  einer  geraden  Linie  liegen.  Gewöhnlich  werden  3  Trupps 
ausgeworfen,  die  man  als  losgelassenen,  Mittel-  und  Kahntrupp  be- 
zeichnet. Am  Ende  des  letzten  Trupps  bleibt  der  Kahn  liegen  und  beobachtet 
den  Gang  der  Netze.  Bei  heftigem  Winde  oder  unregelmässiger  Strömung 
werden  die  Netze  leicht  unklar,  und  die  Mühe  der  Fischer  ist  dann  ver- 
geblich. Auch  die  Segelfischer  machen  den  Treibnetzfischern  oft  grossen 
Schaden,  da  die  Ziegennetze  hauptsächlich  zur  Nachtzeit  ausgelegt 
werden,  eine  Länge  von  ungefähr  1  km  haben  und  durch  die  Strömung 
während  der  Nacht  oft  mehrere  Kilometer  weit  fortgetrieben  werden.  Die 
Fischer  müssen  daher  auf  die  segelnden  Fahrzeuge  achten,  ihnen  zeitig 


Das  Brassentreibnetz.  373 

entgegenfahren  und  ihren  Cuts  dirigiren.  Trotzdem  werden  viele  Netze 
zerrissen  und  fortgeschleppt. 

Die  Ziegenfischerei  wird  nur  im  Sommer  vom  Mai  bis  August, 
namentlich  von  den  Fischern  von  Loye,  Tawe,  Inse  und  Gilge  betrieben, 
wenn  die  Ziegen  schaarenweise  zum  Laichen  ziehen. 

Ein  ähnliches,  aber  engmaschigeres  Treibnetz  war  früher  auch  für 
den  Uckeleifang  gebräuchlich  und  wurde  als  aukszlinnis  bezeichnet. 

46.  Das  Brassentreibnetz 
des  frischen  Haffes  ist  ein  Gaddernetz  von  24  m  Länge  und  l1/2  m  Tiefe, 
von  einer  festen  Sinrme  eingefasst.  Die  Maschenweite  beträgt  in  der 
Schienge  (dem  Blatt)  ca.  7  cm,  in  der  Ledering  (dem  Geleite)  ca.  16  cm. 
An  der  Obersimme  sind  zahlreiche  flache,  halbkreisförmige  Brettchen  als 
Flotthölzer  befestigt,  die  im  "Wasser  aufrecht  stehen  und  über  die  Ober- 
fläche hervorragen;  die  untere  Simine  ist  nur  spärlich  mit  Senkern  ver- 
sehen. Beim  Gebrauch  werden  8 — 12  solcher  Netze  verbunden  und  quer  zur 
Strömung  ausgeworfen.  Zum  Betriebe  dieser  Fischerei  gehört  ein  Angel- 
sicken  mit  3 — 4  Mann.  An  jedem  Ende  der  verbundenen  Netztücher 
wird  eine  Boje  befestigt,  und  das  Sicken  folgt  den  treibenden  Netzen 
langsam  rudernd  nach.  Diese  Fischerei  darf  auf  dem  frischen  Haff  nur 
4  "Wochen  lang  nach  dem  Aufgange  des  Eises  von  den  Fischern  von 
Camstigall,  Alt-Pillau,  "Wogram  und  Neutief  betrieben  werden,  weil  dann  in 
ihrem  Fischereibezirk  die  Strömung  zu  heftig  ist,  um  Staaknetze  vor  Pricken 
aufzustellen.  In  dem  dicken  "Wasser  geht  der  Fisch  an  der  Oberfläche 
gegen  den  Strom  an  und  verwickelt  sich  dabei  in  den  Netzen,  die  man  ge- 
wöhnlich etwa  einen  Kilometer  weit  treiben  lässt,  ehe  sie  aufgenommen  werden. 
Aehnliche  Netze  werden  in  derselben  Weise  in  der  Karkler  Lank 
am  kurischen  Haff  gebraucht.  Sie  werden  auch  dort  als  Brassennetze, 
lit.  karszinnis,  bezeichnet,  sind  bis  60  m  lang,  2 — 3  m  tief,  haben  eine 
Maschenweite  von  7  cm  und  dürfen  mit  Handkähnen  nur  in  der  Zeit 
vom  15.  Mai  bis  30.  Juni  betrieben  werden. 

Als  stehende  Netze  im  Gegensatz  zu  den  Zug-  und  Treibnetzen 
fasse  ich  die  vor  Pricken  aufgestellten  Staaknetze,  die  schwimmend  an 
beiden  oder  auch  nur  an  einem  Ende  verankerten  Netze  und  die  Säcke 
und  Panten  zusammen. 

Die  Staaknetze  sind  theils  einfache  Netzwände,  theils  Gaddernetze, 
bei  welchen  ein  engmaschigeres  Netztuch  (Schienge,  Blatt)  zwischen  zwei 
sehr  viel  weitmaschigeren  Netzen  (Gaddern)  liegt,  wie  beim  Kurrennetz.  Sie 
werden  vorzüglich  im  flacheren  Wasser  aufgestellt  und  an  Pricken  befestigt. 


374  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  Westpreussen. 

47,  Das  gewöhnliche  Staaknetz, 
Gantin,  lit.  gantinnis,  wird  aus  feinen  Flachsfäden  geknüttet  und  hat 
eine  Länge  von  20 — 25  m  bei  1 — 2  m  Tiefe.  Es  ist  ein  Gaddernetz,  dessen 
Schienge  sehr  lose  eingestellt  ist,  so  dass  sie  bauschig  zwischen  den 
Gaddern  liegt.  Die  Maschenweite  darf  in  der  Schienge  nicht  unter  4  cm 
betragen,  die  Maschen  der  Ledering  sind  12 — 20  cm  weit.  Beide  Simmen 
werden  nur  durch  eine  dünne  Leine  gebildet;  die  obere  ist  mit  Flott- 
hölzern versehen,  die  untere  mit  angebundenen  Steinen,  Bleistücken 
oder  Sandsäckchen  beschwert.  Die  Staaknetze  werden  im  flachen  Wasser, 
auf  den  Schaaren  vor  Pricken  aufgestellt,  die  entweder  tief  in  den  Grund 
des  Gewässers  gestossen,  oder,  wo  die  Beschaffenheit  desselben  es  nicht 
erlaubt,  am  untern  Ende  mit  einem  Stein  beschwert  sind  (Stehder).  Die 
Netze  werden  gewöhnlich  Nachmittags  gestellt  und  Vormittags  auf- 
genommen, und  es  soll  beim  Gebrauch  derselben  kein  Mittel  angewandt 
werden,  um  die  Fische  hineinzuscheuchen  (Klappern,  Bullern,  Pumpen); 
die  Fischer  sollen  eigentlich  die  aufgestellten  Netze  nicht  einmal  um- 
fahren, jedoch  wird  dieser  Vorschrift  natürlich  nur  sehr  wenig  entsprochen. 
Häufig  werden  mehrere  dieser  Staaknetze  verbunden  und  iu  einer  langen 
Eeihe  ausgestellt,  dürfen  jedoch  die  Schaaren  um  300  m  nicht  über- 
schreiten; auch  ist  an  vielen  Orten  die  Verbindung  mehrerer  Staaknetze 
verboten.  Das  Staaknetz  wird  in  beiden  Haffen  in  gleicher  Weise  an- 
gewandt, ganz  ähnlich  auch  in  den  meisten  anderen  Gewässern,  wo  sich 
seine  Länge  und  Tiefe  natürlich  nach  den  localen  Verhältnissen  richtet. 
Während  der  Frühjahrsschonzeit  ist  der  Gebrauch  der  Staaknetze 
untersagt.  Dagegen  werden  sie  im  Winter  unter  Eis  angewandt, 
indem  man  sie  von  einer  Wuhne  aus  mit  einer  langen  Ruthe  nach  ent- 
gegengesetzten Richtungen  in  gerader  Linie  ausschiebt  und  mit  Pricken 
befestigt.  Auf  den  Haffen  wird  für  ein  Staaknetz  ein  Pachtzins  von 
2  Mark  gezahlt. 

48,  Das  bewegliche  Staaknetz 
des  frischen  Haffes  ist  das  gewöhnliche  Staaknetz,  welches  man  nur  in  einer 
seinem  Namen  ganz  widersprechenden  Weise  ohne  Pricken  anwendet. 
Es  wird  nämlich  in  der  Nähe  der  Holme  in  derselben  Weise  wie 
im  Winter  unter  dem  Eise  mit  einer  langen  Ruthe  ausgeschoben,  ge- 
wöhnlich so,  dass  es  gegen  den  Hohn  hin  eine  Bucht  bildet,  worauf 
durch  Plümpern  mit  einer  Stange  die  Fische  in  das  Netz  getrieben  werden. 
Auf  dem  frischen  Haffe  wird  für  ein  solches  Netz,  welches  während  der 
Frühjahrsschonzeit  nicht  gebraucht  werden  darf,  jährlich  ein  Pachtzins 
von  6  Mark  erhoben. 


Die  Tinkleitis.     Das  Plötznetz.     Das  Kaulbarschnetz.     Das  Ziegennetz.         375 

Auch  in  den  Binnengewässern  und  im  kurischen  Haff  wird  das  be- 
wegliche Staaknetz  zum  grossen  Nachtheil  für  die  jungen  Fische  vielfach 
angewandt. 

49.  Die  Tinkleitis 
des  kurischen  Haffes  ist  von  der  gantinnis  nur  durch  grössere  Maschen- 
weite und  etwas  grössere  Länge  (bis  30  m)  unterschieden.  Sie  ist  erst 
vor  etwa  40  Jahren  eingeführt  und  wird  sowohl  im  Sommer  wie  im 
Winter  unter  Eis  angewandt.  Die  Maschenweite  ist  immer  grösser  als 
2,5  cm,  wechselt  aber  sehr  nach  der  Fischart,  für  welche  das  Netz  in 
den  verschiedenen  Hafftheilen  vorzugsweise  gestellt  wird.  Man  unter- 
scheidet danach  Bressennetze  (karszinnis),  Hechtnetze  (lydekinnis),  Zant- 
netze  (starkinnis). 

50,    Das  Plötznetz 
des  kurischen  Haffes,  lit.  bristinnis  oder  bruiszinnis,  ist  ein  Staaknetz  ohne 
Gaddern,  bis  25  m  lang,  2 — 3  m  tief,  mit  Maschen,    die  nicht  enger  als 
2,5  cm    sein  dürfen.     Es   wird  im  Sommer  und    auch   im  Winter  unter 
Eis  gestellt  und  zahlt  1  Mark  Pachtzins. 

51.  Das  Kaulbarschnetz 

des  kurischen  Haffes  und  der  Strommündungen,  lit.  pukinnis,  ist  dem 
vorigen  ähnlich,  bis  25  m  lang,  aber  nur  bis  1,5  m  tief.  Die  Maschen- 
weite darf  nicht  geringer  sein  als  1,3  cm.  Auch  mit  diesem  Netze  wird 
unter  Eis  gefischt.     Der  Pachtzins  beträgt  nur  50  Pf. 

52.  Das  Kaulbarschnetz 

des  frischen  Haffes  ist  ein  einfaches  Netztuch  von  höchstens  50  m  Länge 
und  nur  V2 — 3/^  m  Tiefe  mit  Maschen  von  2  cm.  Gewöhnlich  thun  sich 
2 — 3  Mann  mit  12 — 15  Netzen  dieser  Art  zusammen,  um  dieselben  von 
einem  Sicken  aus  aufzustellen.  Im  Winter  wird  das  Netz  mit  Kuthen 
unter  Eis  ausgeschoben.  In  der  Regel  werden  die  Netze  nach  1 — 3  Tagen 
aufgenommen.  Das  Pumpen  und  Klappern  ist  auch  bei  dieser  Fischerei 
verboten,  doch  wird  es  regelmässig  betrieben,  ist  auch,  wenn  die  Kaul- 
barsche nicht  gerade  besonders  häufig  sind,  nothwendig,  um  gute  Fänge 
zu  machen.  Es  ist  übrigens  in  diesem  Falle  unschädlich,  da  fast  nur  die 
Kaulbarsche,  deren  Eigenthümlichkeit  es  ist,  sich  durch  Geräusch  anlocken 
zu  lassen,  herbeieilen  und  gefangen  werden. 

53.  Das  Ziegennetz 
des  frischen  Haffes  ist  ein   einfaches  Netz   ohne  Ledering  von  45 — 50  m 
Länge,  1  m  Tiefe  mit  Maschen    von  2,5  cm.     Es   wird   vor  Pricken   am 


376  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  "Westpreussen. 

Grunde  des  Wassers  aufgestellt,  ist  jetzt  aber  wenig  im  Gebrauch.  Es 
darf  nur  100  ni  über  die  Schaaren  hinaus  gestellt  werden  und  wird  mit 
1  Mark  verzinst. 

54.  Das  Zantnetz 
des  frischen  Haffes  ist  dem  vorigen  ganz  ähnlich,  jedoch  bis  l*/2  ni  tief, 
und  die  Maschen  messen  4  cm.     Es  wird  in   grosser  Anzahl  angewandt 
und  mit  1  Mark  50  Pf.  verzinst. 

55.  Das  Brassennetz 
des  frischen  Haffes  ist  ein  Gaddernetz  von  25  m  Länge  und  2  m  Tiefe. 
Die  Maschen  messen  im  Blatt  5  cm,  in  der  Ledering  20  cm.  Die  obere 
Simme  wird  nur  spärlich  mit  Flotthölzern  versehen,  die  untere  stärker 
beschwert,  und  das  Netz  wird  an  Pricken  so  aufgestellt,  dass  es  etwa  in 
der  Mitte  zwischen  dem  Grunde  und  der  Oberfläche  steht,  ober-  und 
unterhalb  also  Kaum  für  die  Bewegung  der  Fische  bleibt.  Gewöhn- 
lich werden  von  einem  mit  2—4  Mann  besetzten  Sicken  oder  Kuder- 
boot  8 — 10  Netze  ausgestellt,  die  nach  1 — 3  Tagen  aufgenommen  werden. 
Im  Winter  werden  die  Brassennetze  mit  noch  stärker  beschwerter  Unter- 
simme auch  unter  Eis  im  tiefen  Wasser  gestellt.  Während  der  Frühjahrs- 
schonzeit dürfen  sie  nicht,  und  sonst  nur  bis  100  m  über  die  Schaaren 
hinaus  gestellt  werden.    Der  Pachtzins  für  ein  Brassennetz  beträgt  1  Mark. 

56.  Das  Lachsnetz 

des  frischen  Haffes  ist  ein  einfaches,  aus  starken  Flachsfäden  geknüttetes  Netz 
von  30 — 40  m  Länge,  2  m  Tiefe,  mit  Maschen  von  6,5  cm  Weite.  Dreissig 
solcher  in  gerader  Linie  vor  Pricken  aufgestellter  Netze  bilden  eine  Lachs- 
lanke.  Es  werden  jetzt  nur  noch  8  solcher  Lanken  im  westpreussischen 
Hafftheile  vor  der  Weichselmündung  gestellt.  Als  Pachtzins  werden  für 
jede  Lanke  20  Mark  gezahlt. 

57.  Das  Störgarn 

des  frischen  Haffes  ist  ein  einfaches  Netztuch  von  starkem  Marling  geknüttet, 
30  m  lang,  3—4  m  tief,  mit  Maschen  von  12 — 15  cm  Weite.  Die  obere 
Simme  ist  mit  Flotthölzern  versehen,  die  untere  wird  von  einem  durch 
die  unterste  Maschenreihe  gezogenen  und  ab  und  zu  angeknüpften  Marling 
gebildet  und  ist  nicht  beschwert.  Gewöhnlich  werden  20  solcher  Netze 
zusammengefügt  und  als  eine  Lanke  bezeichnet,  Man  stellt  dieselben  im 
Haff  vor  der  Weichselmündung  an  Pricken  auf,  und  zwar  nicht  in  einer 
geraden,  sondern  in  einer  Zickzacklinie.  Zur  Zeit  sind  nur  5  Störlanken 
consignirt,  für  welche  ein  Pachtzins   von  je  20  Mark  gezahlt   wird,    und 


Das  Störgarn. 


377 


in  denen  jährlieh  kaum  mehr  als  20 — 30  Störe  gefangen  werden.  Der 
Stör  fängt  sich  in  diesen  Garnen,  indem  er  mit  dem  Kopfe  durch  eine 
Masche  hindurchgeht,  wegen  der  Eauhigkeit  seiner  Haut  nicht  zurückkann 
und  bei  dem  Bestreben,  sich  frei  zu  machen,  sich  mit  seinen  Knochen- 
schildern bald  in  dem  lose  hängenden  Netze  verwickelt. 

58.  Das  Störgarn 
in  See,  welches  jetzt  wohl  nur  bei  Neufähr  angewandt  wird,  ist  dem  des 
frischen  Haffes  ähnlich,  doch  werden  dort  nur  aus  etwas  stärkerem  Schnur- 
garn gefertigte  Maschinennetze  angewandt,  die  trotz  ihrer  grösseren  Stärke 
und  Haltbarkeit  leichter  und  praktischer  sind  als  die  Marlingnetze.  Ein 
solches  Garn  ist  40 — 60  m  lang,  2 — 3  m  tief  und  hat  Maschen  von  ca. 
10  cm  Weite.  Die  untere  Simme  fehlt  diesem  Netze  ganz,  die  Obersimme 
ist.  mit  eigenthümlichen  Flotthölzern  versehen,  kleinen  Stehbojen  von 
Flaschenform,  deren  dickeres  Ende  durch  eine  Schnur  von  ca.  1/2  m 
Länge  an  der  Simme  befestigt  ist.  Dieselben  sollen  für  den  Gebrauch 
des  Netzes  in  See  praktischer  sein  als  gewöhnliche,  an  der  Simme  ange- 
bundene Flotthölzer,  weil  sie  nicht  so  leicht  wie  jene  durch  die  Wellen- 
bewegung in  das  Netztuch  verwickelt  werden. 

Diese  Netze  werden  nur  an  dem  einen  Ende  verankert,  so  class  sie 
von  der  Strömung  frei  bewegt  werden  können   und  bei  ihrer  losen  Auf- 


Pig.  167.     Stehboje  und  Dragge  zum  Störgarn. 

Stellung  den   einmal  darin    steckenden  Stör  sehr  schnell  vollständig  ver- 
schlengen.     Der  Anker,  dessen  man  sich  zum  Festlegen  der  Netze  bedient, 


378 


Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  "Westpreussen. 


ist  die  Dragge,  ein  von  einem  Holzkreuz  und  vier  an  demselben  be- 
festigten und  zusammengebundenen  Weidenstäben  umschlossener  Stein 
von  ca.  50  kg  Gewicht,  dessen  Lage  durch  eine  Boje  bezeichnet  wird. 

Dieselben  Netze  werden  übrigens  gelegentlich  auch  treibend  gebraucht, 
indem   das   eine  Ende  mittelst  einer  Leine  an  dem  Kahn  befestigt  wird. 

59.  Das  Flundernetz 
war  früher   an    unserem  Strande    sehr   gebräuchlich,   ist   aber   fast   ganz 
durch  die  schädliche  Zeesenfischerei  verdrängt.     Es  besteht  aus  mehreren 


Fig.  168.     Ein  Stück  Flundernetz. 


gleichartigen  Stücken  von  je  100  m  Länge  und  115 — 130  cm  Höhe, 
ist  aus  feinen  Flachsfäden  gefertigt  und  hat  eine  Maschenweite  von 
6 — 8  cm.  Der  obere  und  untere  Band  eines  jeden  Stückes  ist  von  einer 
weichen,   ca.    5  mm    dicken    Simme    eingefasst.     An    der    oberen    Simme 


Das  Stintnetz.  379 

sind  in  Entfernungen  von  ca.  1  m  die  Flott-  oder  Flosshölzer  befestigt, 
die  aus  halbkreisförmigen  Tannenbrettchen  von  ca.  20  cm  Länge  bestehen; 
in  gleichen  Entfernungen  ist  die  untere  Simme  durch  kleine,  mit  Steinchen 
gefüllte,  cylindrische  Säckchen  beschwert.  Um  der  Netzwand  grössere 
Festigkeit  zu  verleihen,  sind  die  beiden  Simmen  in  Abständen  von  je 
1  m  durch  senkrechte,  bindfadendicke  Schnüre  (Gaddern)  verbunden,  in- 
dem abwechselnd  auf  der  einen  und  anderen  Seite  der  Netz  wand  eine 
Schnur  von  dem  Flottholz  zu  dem  darunter  liegenden  Steinsäckchen 
herabläuft.  Dadurch,  dass  die  Gaddern  kürzer  sind  als  die  Höhe  des 
Netztuches,  bauscht  sich  dieses  leicht  und  fängt  dadurch  besser.  Zum 
Gebrauch  werden  gewöhnlich  zwei  oder  mehrere  Netzstücke  zusammen- 
gefügt und  in  einem  von  3 — 4  Mann  besetzten  Boot  nach  geeigneten 
Stellen  mit  Sandgrund  und  16 — 24  m  Wassertiefe  gebracht.  An  dem 
einen  Ende  der  in  der  Mitte  mit  einem  centnerschweren  Ankerstein  ver- 
sehenen Ankerleine  wird  als  Boje  eine  ca.  6  m  lange  Stange,  die,  in  der 
Mitte  mit  Korkholz  umgeben,  in  senkrechter  Stellung  schwimmt,  ein  so- 
genannter Reiter,  an  dem  anderen  Ende  die  untere  Simme  des  Netzes 
befestigt.  Durch  Budern  wird  dann  das  Boot  vorwärts  bewegt  und, 
wenn  das  Netz  bis  zum  Ende  ausgelaufen  ist,  das  Ende"  der  Untersimme 
in  derselben  Weise  wie  der  Anfang  verankert  und  mit  einem  Reiter  be- 
zeichnet. Das  Netz  wird  stets  mit  der  Strömung  geworfen  und  es  muss 
die  untere  Simme  möglichst  nahe  am  Grunde  liegen,  da  sich  hier  haupt- 
sächlich die  Plattfische  bewegen.  Gewöhnlich  wird  das  Netz  nach 
24  Stunden  gelichtet,  um  die  darin  verschlengten  Flundern  herauszu- 
nehmen. Die  wenigen  noch  im  Gebrauch  befindlichen  Flundernetze 
werden  leider  häufig  durch  die  Zeesenfischer  fortgeschleppt  und  zerrissen. 

60.  Das  Stintnetz 
zum  Fange  des  grossen  Seestintes  wird  aus  einer  beliebigen  Anzahl 
gleichartiger  Stücke  von  20  m  Länge  und  130  cm  Höhe  zusammen- 
gefügt. Es  wird  aus  feinen  Flachsfäden  geknüttet,  hat  eine  Maschenweite 
von  nur  1  cm  und  obere  und  untere  Simmen  von  Sechsgarnleine.  Auf 
die  Obersimme  sind  in  Entfernungen  von  60  cm  Korkflotthölzer  aufge- 
streift, nicht  wie  bei  den  andern  Netzen  daran  gebunden,  die  Untersimme 
ist  in  gleichen  Abständen  'mit  kleinen  flachen  Steinchen  so  beschwert, 
dass  das  Netz  dem  Grunde  möglichst  nahe  liegt.  Nachdem  die  vor- 
handenen Netzstücke  mit  einander  verbunden  sind  und  das  eine  Ende 
des  auf  ein  Boot  gepackten  Netzes  vermittelst  einer  Leine  am  Ufer  be- 
festigt ist,  fährt  man  mit  dem  Boote  seewärts  und  lässt  das  Netz  in 
einer  Tiefe   von   2 — 24  m   auslaufen.     Am   Ende   der   Untersimme   wird 


380  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  "Westpreussen. 

ein  schwerer  Stein  befestigt,  der  dasselbe  fest  am  Boden  hält.  Das  Auf- 
nehmen der  Netze  erfolgt  entweder  vom  Lande  aus  mit  der  Leine  oder 
von  dem  in  See  verankerten  Ende  her,  das  zu  diesem  Zwecke  mit  einer 
Boje  versehen  sein  muss.  Das  Stintnetz  wird  vorzugsweise  in  der  Nähe 
von  Memel  angewandt,  namentlich  in  den  Winkeln,  welche  die  Molen 
mit  dem  Strande  bilden.  Es  wird  nur  im  Winter  ausgestellt,  um  den 
dann  auf  der  Wanderung  nach  dem  süssen  Wasser  befindlichen  Seestint 
zu  fangen. 

61.  Die  Heringsmanze 
der  Danziger  Bucht  und  des  Putziger  Wieks  ist  von  feinem  Baumwollen- 
garn geknüttet.  Die  Maschenweite  variirt  nach  der  Grösse  des  gewöhn- 
lich gefangenen  Herings.  Jedes  Netzstück  ist  an  sich  50  m  lang  gestrickt, 
aber  zwischen  den  Simmen  auf  nur  30  m  eingestellt,  so  dass  es  sehr 
lose  und  bauschig  fällt;  seine  Tiefe  beträgt  5 — 6  m,  d.  h.  ca.  2  Schock 
Maschen.  Parallel  der  oberen  Simme  ist  dui^ch  Fäden  von  ca.  10  cm  Länge 
wie  bei  dem  kurischen  Strömlingsnetz  eine  eigene  Leine  befestigt,  welche 
die  Flotthölzer  trägt,  während  die  Untersimme  mit  Steinen  beschwert  wird. 
Die  untere  Simme  wird  nur  an  dem  einen  Ende  mit  Holzankern  fest- 
gelegt, so  dass  das  Netz  im  übrigen  der  Strömung  leicht  nachgeben  kann. 

62.  Die  Plawnica 
des  Putziger  Wieks  ist  von  feinem  Manillahanfgarn  geknüttet,  hat  Maschen 
von  4  cm  Weite  und  ist  ca.  30  m  lang,  6  m  tief.  Die  obere  Simme 
wird  durch  Schwimmer  von  Pappelborke  an  der  Oberfläche  gehalten,  die 
untere  ist  nicht  beschwert.  Das  eine  Ende  des  Netzes  wird  durch  eine 
Pricke  befestigt  und  nachdem  das  Netz  ausgefahren  ist,  das  andere  Ende 
mit  einer  Dragge  verankert.  Gewöhnlich  ist  das  Netz  einfach,  mitunter 
macht  man  es  doppelwandig  und  es  besteht  dann  das  zweite  Tuch  aus 
gröberem  Garn  mit  ca.  15  cm  weiten  Maschen.  Dreiwändige  Netze  sind 
im  Putziger  Wiek  nicht  gebräuchlich.  Die  Plawnica,  auch  Staaknetz  ge- 
nannt, wird  dort  vorzugsweise  zum  Fange  der  Heringe  benutzt. 

63.  Das  Lachswehr, 
die  Takiesch,  lit.  takisza,  reiht  sich  am  besten  den  Staaknetzen  an,  obwohl 
es  selber  nicht  zum  Fange,  sondern  nur  zum  Aufhalten  der  stromaufwärts 
ziehenden  Fische  dient,  die  dann  in  anderen  Gezeugen  gefangen  werden. 
Während  früher  eine  grössere  Zahl  solcher  Lachswehre  in  unseren  Pro- 
vinzen bestand,  giebt  es  zur  Zeit  nur  eines,  welches  unweit  des  Dorfes 
Skirwieth  in  dem  gleichnamigen  Mündungsarme  des  Memelstromes  gestellt 
wird.     Dasselbe  hat  folgende  Einrichtung.     Quer   über    die   ganze  Breite 


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Das  Lachswehr.  381 

des  Flusses  wird  eine  Reihe  Pfähle  von  15 — 20  cm.  Stärke  in  Abständen 
von  3  m  von  einander  fest  eingerammt,  die  Hauptpfähle,  lit.  kulai,  nicht 
in  gerader  Linie,  sondern  in  einem  Winkel,  dessen  Scheitel  gegen  den 
Strom  gewandt  ist  und  dem  linken  Ufer  näher  liegt  als  dem  rechten. 
Dieser  Winkel  wird  als  die  Nord  bezeichnet.  Die  Pfähle  sind  etwa  1  m 
über  dem  Wasserspiegel  durch  Querhölzer  verbunden,  die  Ruthen, 
Scheeren,  lit.  kikstis,  genannt  werden.  Zur  weiteren  Befestigung  dieses 
Pfahlwerkes  dienen  schräge  eingerammte  Stützen,  die  sog.  Strewen,  lit. 
szarp  kulai,  welche  stromabwärts  von  der  Pfahlreihe  befestigt  und  mit  jedem 
vierten  Pfahle  verbunden  sind.  Zwischen  je  zwei  Hauptpfählen  werden 
immer  noch  zwei  kleine  Pfähle,  lit.  uszbaddos,  eingeschlagen  und  oben 
mit  den  Ruthen  verbunden,  um  zu  verhindern,  dass  das  stromaufwärts 
von  der  Pfahlwand  vorgezogene  Netz  durch  den  Strom  zu  gewaltsam 
zwischen  den  Hauptpfählen  hindurch  gedrängt  werde.  Dieses  Netz,  das 
vorgeschobene  Netz,  Vorschubnetz,  lit.  tinklas  szaunamassis,  zieht,  der 
Pfahl  wand  folgend,  von  einem  Ufer  bis  zum  andern,  schliesst  also  den 
Fluss  vollständig  ab  und  reicht  vom  Grunde  des  Wassers  bis  etwa  1  m 
über  den  Wasserspiegel,  wo  es  an  den  Pfählen  festgebunden  ist.  Seine 
Maschen  haben  eine  Weite  von  8  cm.  Zur  genauen  Befestigung  dieses 
Netzes  dienen  noch  zwei  verschiedene  Arten  von  Pricken,  die  Vorschub  - 
pricken,  lit.  alle,  und  die  Ansteckpricken,  lit.  smeikstis,  welche  ab- 
wechselnd zwischen  den  uszbaddos  gebraucht  werden.  An  den  Vorschub- 
pricken  wird  die  untere  Simme  des  Vorschubnetzes  festgebunden,  die  Ansteck- 
pricken haben  am  unteren  Ende  eine  kurze  Astgabel  (Bart),  mit  welcher 
die  untere  Simme  des  Netzes  so  dicht  wie  möglich  am  Grunde  befestigt 
wird,  um  zu  verhindern,  dass  Fische  unter  dem  Netze  hindurchgehen.  Es 
wird  also  abwechselnd  zwischen  je  2  uszbaddos  eine  aile  und  eine  smeikstis 
befestigt  und  oben  an  den  Ruthen  festgebunden.  Jederseits  nahe  am  Ufer 
ist  eine  Durchfahrt  für  kleinere  Fahrzeuge  hergestellt,  indem  das  Vorschub- 
netz in  einer  Breite  von  3  m  weder  durch  Pfähle  noch  Pricken  gestützt 
ist,  die  untere  Simme  vielmehr  durch  Steine  am  Boden  gehalten  und  die 
obere,  die  hier  nur  bis  zum  Wasserspiegel  reicht,  an  einem  schwimmen- 
den Rundholz  von  3  m  Länge  (Schwimmbaum)  befestigt  ist,  über  welchem 
die  Fahrzeuge  leicht  fortgehen.  Für  grosse  Fahrzeuge  und  Holzflösse  ist 
in  ähnlicher  Weise  eine  grosse  Durchfahrt  nicht  weit  von  dem  rechten 
Ufer  angelegt.  Dieselbe  hat  eine  Breite  von  6 — 7  m,  die  Untersimme 
ist,  wie  bei  den  kleinen  Durchfahrten,  stark  mit  Steinen  beschwert,  die 
Obersimme  aber,  die  auch  nur  wenig  über  den  Wasserspiegel  reicht,  an 
einer  schweren  Kette  befestigt,  die,  vom  Ufer  aus  mittelst  eines  Flaschen- 
zuges angeholt,  wagerecht  ausgespannt  ist,  nachgelassen  aber  so  tief  herabsinkt, 


382  ftie  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  Westpreussen. 

dass  grosse  Fahrzeuge  ohne  Beschädigung  des  Netzes  passiren  können. 
Da  bei  dieser  Gelegenheit  natürlich  auch  Lachse  über  dem  Netze  fort- 
gehen können,  so  wird  die  grosse  Durchfahrt  vertragsmässig  nur  täglich 
während  zweier  Stunden  für  den  Durchgang  von  Kähnen  geöffnet. 

Wie  bereits  gesagt,  dient  die  Pfahlwand  und  das  Vorschubnetz  nur 
zum  Aufhalten,  nicht  zum  Fangen  der  Lachse.  Für  den  letzteren  Zweck 
wird  gegenüber  dem  "Winkel,  welchen  die  Pfahlwand  bildet,  ein  Wenter1) 
gestellt,  dessen  Flügel  nur  30 — 40  cm  von  dem  Vorschubnetz  entfernt 
angeprickt  werden.  Dieser  Wenter  hat  eine  Länge  von  ca.  15  m,  nur 
3  Bügel,  aber  2  Inkel,  wie  die  gewöhnlichen  Haffsäcke.  Seine  Maschen- 
weite beträgt  im  engsten  Theil  5  cm.  Die  Stagge  wird  gar  nicht  be- 
festigt, indem  der  ganze  Wenter  vom  Strome  ausgespannt  erhalten  wird. 
Am  Yorschubnetze  entlang  nach  einem  Durchgange  suchend,  geräth  der 
stromaufwärts  schwimmende  Lachs  leicht  in  den  Wenter  und  ist,  wenn 
er  erst  einen  Inkel  passirt  hat,   gefangen.     Ausser    dem  Wenter   wurden 


Fig.  170.     Schema  des  Lachswehres. 

früher  noch  mehrere  Kullen,  lit.  kullis,  d.  h.  Säcke  ohne  Inkel,  vor  dem 
Yorschubnetze  aufgestellt,  in  denen  sich  ebenfalls  oft  Lachse  fingen,  doch 
ist  dieser  Gebrauch  aufgegeben  worden.  Natürlich  gehen  bei  weitem 
nicht  alle  durch  das  Yorschubnetz  aufgehaltenen  Lachse  in  den  Wenter 
hinein,  sondern  halten  sich,  nach  einem  Durchgange  suchend,  vor  dem 
Netze  auf.  Um  diese  Lachse  zu  fangen,  wendet  man  jetzt  die  Neschin- 
tinnis  an  (s.  Nr.  15),  die  dicht  vor  dem  Yorschubnetze  nach  Aufnahme 
des  Wenters  ausgeworfen  wird.  Man  macht  mit  derselben  mehrere  Züge 
am  Tage. 

In  früherer  Zeit,  als  die  Zahl  der  aufsteigenden  Lachse  viel  grösser 
war  als  jetzt,  wurde  ein  anderes  Verfahren  angewandt.  So  oft  man  einen 
Fischzug  für  lohnend  hielt,  wurde  1/2 — 1  km  unterhalb  des  Wehres  ein  dem 
Yorschubnetz  ganz  gleiches  zweites  Netz,  das  Vorstellnetz,  lit.  tinklas 
mettamaszis  oder  uzmettomage,  vor  Pricken  quer  über  den  ganzen  Fluss 
gestellt,    so    dass    also    den    vor    dem    Wehre    befindlichen  Lachsen    der 


1)  Der  Wenter  wird  bei  der  Sackfischerei  ausführlich  besprochen  werden. 


Das  Lachswehr.  383 

Eückzug  nach  dem  Haffe  unmöglich  gemacht  wurde.  Nach  Aufnahme 
des  Wenters  und  der  Kullen  wurde  dann  ein  drittes ,  gleich  weit- 
maschiges Netztuch  ohne  Untersimme,  dessen  Obersimme  stark  mit 
Schwimmhölzern  besetzt,  und  dessen  Höhe  gleich  der  Wassertiefe,  dessen 
Länge  der  Breite  des  Stromes  gleich  war,  das  Treibnetz,  lit.  tinklas 
leidamassis,  unmittelbar  vor  dem  Wehre  ausgeworfen  und  trieb,  auf  beiden 
Ufern  durch  Leinen  gehalten  und  von  einigen  Fischerkähnen  begleitet,  bis 
zum  Vorstellnetz  herab.  Indem  nun  beide  Netze  zusammen  gelichtet  wurden, 
fand  man  in  ihnen  sämmtliche  Lachse,  die  zwischen  den  beiden  stehenden 
Netzen  sich  befunden  hatten,  mitunter  mehrere  hundert  Stück  auf  einmal. 
Wegen  der  Kostbarkeit  der  grossen  Netze,  die  häufig  gewechselt  werden 
müssen,  um  nicht  zu  faulen,  und  der  Menge  der  zu  dieser  Fischerei  er- 
forderlichen Leute  wird,  seit  der  Lachsfang  bei  Skirwieth  sich  stark  ver- 
ringerte, nur  die  Neschintinnis  angewandt. 

Die  Sackfischerei  besteht  in  der  Anwendung  einer  eigenthümlichen 
Art  stehender  Netze,  der  Fischsäcke  oder  Wenter,  die  vor  Pricken 
aufgestellt  werden.  Diese  Fischsäcke  sind  im  Wesentlichen  cylindrische 
Netze,  die  über  3  oder  4  Bügeln  ausgespannt,  an  der  einen  Seite  kegel- 
förmig zugespitzt  und  geschlossen,  an  der  anderen  offen  und  meistens  mit 
zwei  längeren  oder  kürzeren,  senkrecht  stehenden  Netztüchern,  den  Flügeln, 
lit.  sparnai,  verbunden  sind.  Sie  sind  aus  reinem  Hanf  geknüttet  und  mit  einer 
oder  zwei  trichterförmig  gestrickten  Ein  kehlen  oder  Inkeln  versehen,  um 
den  einmal  hineingelangten  Fischen  den  Ausweg  unmöglich  zu  machen. 

Bei  allen  Arten  von  Fischsäcken  bezeichnet  man  den  zwischen  dem 
ersten  und  zweiten  Bügel  gelegenen  Netztheil  als  Vorderbauch,  lit.  pry- 
szekkis,  den  zwischen  dem  zweiten  und  dritten  Bügel  gelegenen  als  Mittel- 
bauch, lit.  widmanta,  den  Best  als  Stagge,  lit.  stagginnis.  Der  erste  Bügel  ist 
immer  am  höchsten,  die  anderen  nehmen  allmählich  an  Grösse  ab.  Die 
Inkel  sind  kleinere  Netztrichter,  die  einige  Finger  breit  vor  dem  zweiten 
und  dritten  Bügel  an  die  Wand  des  Vorder-  und  Mittelbauches  angestrickt, 
an  manchen  Orten  auch  an  den  Bügeln  selber  befestigt  werden,  und  deren 
hintere  enge  Oeffnung  in  den  Mittelbauch  resp.  die  Stagge  hineinragt,  wo 
sie  durch  3—4  Fäden  an  dem  nächsten  Bügel  ausgespannt  erhalten  wird. 
Die  Stagge  ist  an  ihrem  Ende  mit  einer  Schnur  zugebunden,  nach  deren 
Lösung  die  Fische  hier  ausgeschüttet  werden.  Beim  Gebrauch  wird  der 
Sack  vor  drei  Pricken  aufgestellt,  indem  an  der  einen  das  Ende  der  Stagge, 
an  den  beiden  anderen  die  freien  Enden  der  Flügel  angebunden  werden. 
Der  an  den  ausgebreiteten  Flügeln  entlang  streichende  Fisch  gelangt 
durch  die  Inkel  bis  in  die  Stagge  und  bleibt  dort  gefangen.     Die  Säcke 


384 


Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  Westpreussen. 


werden  in  den  Haffen  im  flachen  "Wasser,  namentlich  in  der  Nähe  von 
Binsen-  und  Rohrkämpen,  theils  einzeln,  theils  zu  mehreren  verbunden, 
als  Panten  aufgestellt;  sie  müssen  dort  vor  Sonnenuntergang  ausgesetzt 
und  dürfen  nicht  vor  Sonnenaufgang  aufgenommen  werden. 

In  Masuren  werden  die  einfachen   Fischsäcke  als  Säcke,   die  Ver- 
bindung von  mehreren  als  Stellnetze  bezeichnet. 

64,  Der  gewöhnliche  Haffsack 
des  kurischen  Haffes  hat  eine  Länge  von  8  m  und  Flügel  von  je  8 — 10  m, 
die   so    aufgestellt   werden   müssen,    dass    die    ihre  Enden   befestigenden 
Pricken  nicht  weiter  als  12  m  von  einander  abstehen.     Der  erste  Bügel 
hat  eine  Höhe  von  etwa  4  m,  ebenso  hoch  sind  die  Flügel,  deren  unterer 


Fig.  171.     Der  Haffsack. 

Rand  dem  Grunde  möglichst  fest  aufliegen  muss.  Die  Maschenweite  be- 
trägt in  den  Flügeln  und  dem  Yorderbauch  5,5  cm,  im  Mittelbauch  4  cm, 
in  der  Stagge  2,5  cm.  Der  Zwischenraum  zwischen  den  beiden  Flügel- 
enden, d.  h.  der  Raum,  welchen  die  Fische  benutzen  können,  um  in 
den  "Wenter  zu  gelangen,  heisst  die  Rinnbahn. 


Der  gewöhnliche  Haffsack.     Der  Strourwenter.     Die  Brassensäcke.  385 

In  Säcken  dieser  Art  werden  vorzugsweise  Weissfische  und  Barsche 
gefangen;  auf  den  Haffen  wird  für  einen  Sack  ein  Pachtzins  von  1  Mark 
erhoben.  In  der  Zeit  vom  15.  Mai  bis  1.  October  dürfen  die  Säcke 
nicht  gestellt  werden;  in  den  übrigen  Monaten  können  sie,  auch  im 
Winter  unter  Eis,  benutzt  werden.  Sie  werden  vorzugsweise  in  der 
Karkler  Lank  und  am  litauischen  Ufer  von  Windenburg  bis  gegenüber 
Schwarzort  augewandt.  Um  die  gefangenen  Fische  herauszunehmen,  wird 
bei  offenem  Wasser  die  Stagginpricke  gelichtet,  die  Stagge  von  derselben 
losgebunden  und  mit  den  letzten  Bügeln  an  Bord  genommen,  um  nach 
Lösung  der  Schnur  am  Ende  der  Stagge  die  Fische  auszuschütten;  die 
Oeffnung  Avird  dann  wieder  zugebunden,  die  Stagge  an  der  Pricke  be- 
festigt und  wieder  festgesteckt.  Unter  Eis  ist  ein  derartiges  Aufnehmen 
der  Stagge  natürlich  nicht  möglich.  Es  wird  vielmehr  vor  dem  ersten 
Bügel  eine  demselben  parallel  laufende  Binne  ins  Eis  gehauen,  die  weit 
genug  ist,  um  den  Sack  aufheben  zu  lassen,  während  die  Pricken  der 
Flügel  nicht  gerührt  werden.  Es  wird  nun  die  Stagginpricke  gelichtet 
und  an  der  Stagge  eine  lange  Leine  befestigt,  deren  Ende  über  dem 
Eise  bleibt,  während  der  ganze  Sack,  vom  ersten  Bügel  anfangend,  gehoben 
wird.  Nachdem  auch  die  Stagge  über  das  Eis  gekommen  und  die  Fische 
ausgeschüttet  sind,  wird  der  Sack  mittelst  der  langen  Leine  wieder  zurück- 
gezogen, die  Stagge  an  der  Pricke  befestigt  und  festgesteckt. 

65.  Der  Stromwenter, 

lit.  pazarginnis,  hat  Flügel  von  4 — 5  m  Länge,  einen  Sack  von  5 — 7  m, 
der  Vorderbüge]  und  die  Flügel  sind  2 — 3  m  hoch,  die  Maschenweite 
beträgt  vorne  4,5,  hinten  3  cm.  Er  dient  namentlich  zum  Weissfischfange. 
In  der  Nähe  des  Haffes  werden  häufig  auch  gewöhnliche  Haffsäcke  in 
den  Strömen  gebraucht. 

66.  Die  Brassensäcke 

oder  hohen  Haffsäcke  des  frischen  Haffes  bestehen  aus  zwei  Flügeln  von 
4 — 5  m  Länge  und  einem  Sack  von  4 — 7  m,  welcher  von  3  oder 
4  Bügeln   gestützt   wird.     Die  Höhe   der  Flügel    und   des   ersten  Bügels 


Fig.  173.     Schema.     Stellung  der  Brassensäcke. 

beträgt  2  m.  Vorder-  und  Mittelbauch  werden  hier  als  Vorhals  und 
Bauch  bezeichnet.  Die  Säcke  haben  zwei  Inkel,  die  Maschenweite  beträgt 
in  den  Flügeln    und    dem  Vorhals  8  cm,    im  Bauch   5,5,   in    der  Stagge 

25 


386  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  "Westpreussen. 

4  cm.  Die  Brassensäcke  werden  auf  den  Schaaren  oder  auch  auf  der 
Tiefe,  jedoch  höchstens  120  m  von  der  Schaar  entfernt,  aufgestellt  und 
mit  Pricken  befestigt.  Sie  sind  von  dünnem  Garn  und  werden  besonders 
im  ostpreussischen  Hafftheil  gebraucht.  Der  Pachtzins  beträgt  1  Mark. 
Sehr  gewöhnlich  werden,  wie  Fig.  173  zeigt,  2  Säcke  einander  gegenüber- 
gestellt, so  dass  zu  ihrer  Aufstellung  nur  4  Pricken  erforderlich  sind. 

67.  Die  Grundsäcke 
oder  niederen  Haffsäcke  des  frischen  Haffes  sind  den  vorigen  in  Bau 
und  Maschenweite  gleich,  die  Flügel  sind  jedoch  nur  1 — 4  m,  der  Sack 
nur  3 — 4  m  lang,  die  Höhe  der  Plügel  und  des  ersten  Bügels  beträgt 
nur  1 — 1,20  m.  Sie  werden  häufig  mit  Streichtüchern  in  verschiedener 
Weise  combinirt.     Der  Pachtzins  beträgt  pro  Stück  nur  50  Ff. 

A.ehnliche  Säcke  werden  überall  auch  in  den  Binnengewässern  ge- 
braucht, wo  die  Dimensionen  und  die  Maschenweite  je  nach  Bedürfniss 
sehr  verschieden  sind. 

68,  Die  Aalsäcke, 
lit.  ungurininkas,  sind  kleiner  als  die  Grundsäcke,  jedoch  nicht  von  be- 
stimmter Grösse,  nur  darf  der  erste  Bügel  nicht  über  60  cm  hoch  sein. 
Die  Maschenweite  beträgt  vorne  2,  in  der  Stagge  1,5  cm.  Sie  werden 
theils  einzeln,  theils  mit  Streichtüchern  zu  Panten  verbunden,  ausgestellt. 
Sie  dürfen  im  kurischen  Haff  nur  vom  15.  August  bis  8.  October  an- 
gewandt werden. 

69.  Die  Neunaugensäcke 

des  frischen  Haffes  sind  den  gewöhnlichen  Haffsäcken  ähnlich,  nur  beträgt 
die  Maschenweite  im  Vorderbauch  2,5,  in  Mittelbauch  und  Stagge  0,7  cm. 
Die  Neunaugensäcke  werden  einzeln  vor  je  3  Pricken  nur  in  der  Zeit 
von  Michaelis  bis  Mitte  Januar  gestellt.   Die  Pacht  beträgt  1  Mark  pro  Stück. 

70.  Der  Stichlingswenter 

der  Memelmünduugen  hat  zwei  Flügel  von  2  m  Länge,  der  nur  mit  einem 
Inkel  versehene  Sack  ist  2 — 3  m  lang,  vorne  1 — 1,20  m,  hinten  40 — 50  cm 
hoch.  Die  Stagge  hat  3 — 4  Bügel  und  wird  dicht  unter  der  Oberfläche  des 
"Wassers  angeprickt.     Die  Maschenweite  wird  möglichst  klein  genommen. 

71.  Die  grossen  Aalsäcke, 

welche  an  den  Ausflüssen  der  Seen  und  in  verschiedenen  Flüssen  als 
ständige  Yorrichtungen  für  den  Fang  der  zum  Laichen  nach  dem  Meere 
ziehenden   Aale    gebraucht   werden,   haben    eine  Länge   von    6  m,   jeder 


Die  Aalsäcke.  387 

Flügel  ist  10  m  lang  und  so  hoch,  dass  er  vom  Grunde  bis  etwa  Y2  m 
über  die  Oberfläche  des  Wassers  reicht,  gewöhnlich  2 — 2x/2  ni  hoch. 
Dieselbe  Höhe  hat  der  erste  Bügel,  während  die  anderen  allmählich  bis  auf 
0,80  m  abnehmen.  In  dem  Sacke  befinden  sich  2  Kehlen  oder  Inkel, 
die  an  den  Seen  Herze  genannt  werden.  Die  Maschenweite  beträgt  in 
den  Flügeln  2,5,  in  dem  Sacke  selber  2,3  cm.  Die  Flügel  sind  mit 
zahlreichen  Pricken,  die  unten  einen  Haken  haben,  in  Abständen  von  je 
60  cm  fest  an  den  Grund  geprickt  und  1J2  m  über  dem  Wasserspiegel 
au  dieselben  mit  der  Obersimme  angebunden.  Die  Säcke  dürfen  nicht 
mehr  als  die  halbe  Breite  der  Flüsse  verstellen,  in  breiten  Gewässern 
werden  mehrere  neben  einander  gestellt.  In  einer  Entfernung,  die  der 
dreifachen  Länge  des  Sackes  entspricht,  wird  ober-  resp.  unterhalb  des 
zuerst  gestellten  Sackes  am  anderen  Ufer  ein  zweiter  gestellt,  und  so 
wechseln  die  Säcke  in  gleichen  Abständen  rechts  und  links  ab.  Natürlich 
werden,  um  an  Netzmaterial  zu  sparen,  wo  es  angeht,  die  engsten  Stellen 
der  Flüsse  zur  Aufstellung  derselben  benutzt.  Der  Fang  ist  am  ergiebig- 
sten in  den  Monaten  Mai  bis  August,  vorzugsweise  in  finsteren,  stürmi- 
schen oder  Gewitternächten. 

72.  Die  Aalsäcke 

des  Putziger  Wieks  sind  den  vorigen  in  der  Grösse  ziemlich  gleich;  sie 
haben  einen  kurzen  und  einen  zweiten,  etwa  viermal  längeren  Flügel  und 
werden  in  einiger  Entfernung  vom  Ufer  vor  Pricken  so  aufgestellt,  dass 
die  Axe  des  Sackes  dem  Lande  parallel  läuft,  der  kurze  Flügel  an  die 
Schaar  stösst  und  der  lange  gegen  das  offene  Wasser  gerichtet  ist.  Um 
bei  bewegter  See  nicht  fortgespült  zu  werden,  sind  die  Pricken  unter  ein- 
ander und  am  Ufer  mit  Leinen  befestigt. 

73.  Die  Aalsäcke, 

welche  an  der  frischen  Nehrung  in  See  gestellt  werden,  sind  3 — 4  m  lang 
und  am  ersten  Bügel  1  m  hoch,  die  Maschenweite  beträgt  in  allen  Theilen 
2  cm  im  Quadrat.  Der  eine  Flügel  des  Sackes  misst  nur  2 — 4  m,  während 
der  andere  durch  ein  Streichtuch  von  30—40  m  Länge  und  1 — 2  m  Höhe 
verlängert  ist.  Es  wechseln  in  der  See  dem  Ufer  parallel  ziehende  flachere 
und  tiefere  Stellen  ab,  erstere  werden  als  Riffe,  letztere  als  Schluchten  be- 
zeichnet. Die  Säcke  werden  in  den  Schluchten  so  aufgestellt,  dass  sie  die 
Stagge  gegen  die  See,  die  Oeffnung  dem  Lande  zuwenden  und  das  lange 
Streichtuch  bis  an  den  Rand  eines  Riffes  reicht.  Stagge,  Flügel  und  Streich- 
tuch werden  vor  Pricken  aufgestellt,  welche  unter  einander  durch  Leinen 
verbunden  sind.     Vom  Ende  des  Streichtuches  wird  eine  starke  Leine  ans 

25* 


388 


Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  Westpreussen. 


Ufer  geführt  und  dort  gut  befestigt,  um  die  Geräthe,  wenn  bei  stärkerem 
Seegange  die  Pricken  ausgespült  werden,  nicht  verloren  gehen  zu  lassen. 
In  der  Zeit  vom  September  bis  zum  Eintritt  des  Frostes  zieht  der  Aal 
an  unserer  Küste  entlang  in  der  Kichtung  von  Osten  nach  Westen  in 
den  Schluchten  hin  und  wird  bei  leichter  westlicher  Brise  oft  in  erheb- 
licher Menge  gefangen.  Entsprechend  seiner  Zugrichtung  wird  natürlich 
das  Streichtuch  mit  dem  nach  "Westen  gewandten  Flügel  des  Sackes  ver- 
bunden, so  dass  der  von  Osten  kommende  Fisch  an  dem  Streichtuch 
entlang  gehend  in  den  Sack  zieht.  Ausser  Aalen  werden  gelegentlich 
auch  Zärthen,  Zander  und  andere  Fische  in  diesen  Säcken  gefangen. 

74.  Die  Neunaugenwarte 
der  Memelmün düngen  besteht  aus  einer  Anzahl  grosser,  neben  einander 
aufgestellter  Wenter  mit  je  zwei  Inkeln,  die,  wie  die  Aalsäcke,  immer 
nur  die  halbe  Breite  des  Stromes  versperren  dürfen  und  zum  Fange  der 
in  den  Herbst-  und  Wintermonaten  stromaufwärts  ziehenden  Neunaugen 
bestimmt  sind.  Die  Länge  der  einzelnen  Wenter  beträgt  10  m,  die  der 
Flügel  4 — 5  m,  ihre  Höhe,   wie    die   des   ersten  Bügels,   ist  gleich  der 


Fig.  174.     Die  Neunaugenwarte. 

Wassertiefe,  d.  h.  2 — 4  m;  nach  hinten  wird  der  Sack  beträchtlich  enger. 
Der  erste  Bügel  wird  gewöhnlich  nicht  rund,  sondern,  um  dem  Grunde 
fest  anzuliegen,  in  Form  eines  Dreiecks  mit  stark  abgerundeten  Ecken 
gemacht,  und  zwar  gewöhnlich  von  Eichenholz.  Die  Maschenweite  beträgt 
in  den  Flügeln  2,5  cm  und  verengt  sich  schnell  nach  hinten  hin,  so  dass 
sie  in  der  Stagge  nur  0,7  cm  beträgt.  Solche  Wenter  werden  von  dem 
einen   Ufer   des    Stromes   an   querüber   bis  zur   Mitte  gestellt;1)  an   den 


1)  Bei  heftiger  Strömung  können  die  Säcke  nur  in  der  Nähe  des  Ufers   gestellt 
werden,  da  sie  weiter  im  Flusse  fortgerissen  werden  würden,  auch  halten  sich  dann  die 


Die  Neunaugensäcke.     Der  Wiensparnas.  389 

breitesten  Stellen  kommen  ihrer  bis  30  Stück  neben  einander  zu  stehen.  Be- 
sondere Sorgfalt  muss  darauf  verwendet  werden,  dass  zwischen  den  Flügeln 
der  verschiedenen  Wenter  keine  Lücke  bleibe,  durch  welche  sonst  die  Neun- 
augen bei  ihrer  Dünne  und  Schlüpfrigkeit  in  grosser  Menge  hindurch- 
gehen würden.  Man  verhindert  dies,  indem  man  immer  mit  dem  Ende 
eines  Flügels  die  Pricke  des  anstossenden  Flügels  umgeht,  (s.  d.  Figur.) 
In  dreifacher  Entfernung  der  Länge  des  Wenters  wird  stromauf- 
und  stromabwärts  an  dem  anderen  Ufer  eine  andere  Warte  gestellt, 
so  dass  die  Schifffahrt  nicht  gehindert  wird  und  die  Fische  theilweise 
den  Fangvorrichtungen  entgehen  können.  Am  bedeutendsten  ist  der 
Fang  im  Skirwieth ström,  wo  er  Ende  September  beginnt  und  bis  Mitte 
Januar  dauert;  in  der  Atmath  werden  die  Warten  gewöhnlich  erst  unter 
Eis  gestellt.  Für  eine  Warte  werden  je  nach  der  erfahrungsmässig  gün- 
stigeren oder  ungünstigeren  Lage  60 — 300  Mark  Pacht  gezahlt. 

75.  Die  Neunaugensäcke, 
welche  in  und  vor  den  Nogatmündungen  im  Gebrauch  sind,  werden  in 
ganz  ähnlicher  Weise  wie  die  Neunaugen  warte  der  litauischen  Gewässer 
aufgestellt.  Die  Säcke  sind  4 — 5  m  lang,  die  Flügel  messen  21/2  m, 
sind  aber  mit  Streichtüchern  von  15  m  Länge  verbunden.  Die  Bügel- 
höhe der  Säcke  beträgt  ca.  1,50  m,  die  Maschen  weite  0,7  cm  im  engsten 
Theile.  Die  Enden  der  Streichtücher  werden  ebenso  wie  die  der  Flügel 
bei  den  Säcken  der  Neunaugenwarte  mit  einander  verbunden,  die  Streich- 
tücher selber  müssen  ihrer  erheblichen  Länge  wegen  an  mehreren  Pricken 
befestigt  werden. 

76.  Der  Wiensparnas 
oder  einfluglige  Sack  des  kurischen  Haffes  und  der  benachbarten  Binnen- 
gewässer ist  ein  gewöhnlicher   Wenter   von   verschiedenen  Dimensionen, 
der  aber  statt  zweier  Flügel  nur  einen  hat,  welcher,  an  dem  senkrechten 


Fig.  175.     Der  "Wiensparnas. 

Durchmesser    des    ersten    Bügels   befestigt,    sich   gewöhnlich   bis   in    die 
Spitze  des  ersten  Inkels  fortsetzt  und  meistens  von  bedeutender  Länge  ist. 


Neunaugen  auf  ihrem  Zuge  mehr  an  den  Ufern,  so  dass  trotz  der  wenigen  Säcke  der  Fang 
ebenso  reich  sein  kann,  wie  bei  ruhigerem  Wasser  in  vielen  Säcken. 


390 


Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  Westpreussen. 


Der  Wiensparnas  wird  besonders  auch  in  Teichen,  Gräben  etc.  angewandt, 
wo  dann  der  Flügel  senkrecht  zu  dem  steilen  Ufer  gestellt  und  mit 
seinem  freien  Ende  an  demselben  befestigt  wird.  Es  werden  in  diesem 
Wenter  besonders  Aale,  Schleihen,  Bressen,  Plötzen  gefangen.  Wiensparnai 
mit  kurzem  Flügel  werden  übrigens  häufig  auch  bei  der  später  zu  be- 
sprechenden Hechtpant  und  Quappenwarte  angewandt,  wo  denn  der  Flügel 
senkrecht  zum  Leidings  gestellt  und  mit  demselben  verbunden  wird. 

77.  Die  kleine  Aalpant 
des  kurischen  Haffes,  lit.  ungurininku  panta,  ist  eine  Verbindung  von 
zwei  "Wiensparnai  mit  einem  gemeinschaftlichen  Flügel.  In  und  vor  den 
Mündungen  des  Memelstromes  sind  die  zu  diesem  Zwecke  angewandten 
Säcke  gewöhnlich  2 — 3  m  lang,  vorne  70 — 80,  hinten  40—50  cm  hoch, 
der  Flügel  hat  eine  Länge  von  ca.  4  m.  Die  Aalpant  wird  vor  drei 
Pricken    aufgestellt,    von    denen    je    eine    zur   Befestigung    einer  Stagge 


Fig.  176. 


Das  kleine  Aalpant. 


dient;Tdie  dritte  wird  in  der  Mitte  des  ca.  6  m  langen  Flügels  angebracht, 
welchen  man  als  Leidings,  Lädings  oder  Streichtuch  bezeichnet.  Die 
kleine  Aalpant  wird  in  der  Nähe  des  Ufers  oder  vor  Eohrkämpen  so 
aufgestellt,  dass  der  Leidings  diesen  parallel  läuft,  so  dass  also  sowohl 
der  aus  den  Kämpen  kommende,  wie  der  zu  denselben  hinziehende  Aal 
auf  das  Netztuch  stösst  und,  an  diesem  entlang  schwimmend,  in  einen 
oder  den  anderen  Sack  geräth. 

78.  Die  Säcke  mit  Streicktüchern 
des  frischen  Haffes  werden  an  verschiedenen  Orten  in  sehr  verschiedener 
Weise  gestellt.     Die  einfachste   Form  ist   der  kleinen  Aalpant  des  kuri- 
schen Haffes  sehr  ähnlich,  doch  hat  jeder  der  beiden  einander  gegenüber- 
gestellten Säcke  zwei  Flügel  und  reicht  das  zwischen  beiden  aufgestellte 


Die  Säcke  mit  Streichtüchern.     Die  Wenterpant  vor  3  Pricken. 


391 


Streichtuch  nicht  bis  in  den  Vorderbauch  der  Säcke  hinein,  sondern  nur 
bis  an  den  ersten  Bügel. 


Fig.  177.     Die  Säcke  mit  Streichtüchern. 

Häufig  werden  drei  Säcke  durch  zwei  Streichtücher  derartig  ver- 
bunden, dass  bei  der  eben  besprochenen  Combination  von  der  Mitte  des 
Streichtuches  und  rechtwinklig  zu  demselben  noch  ein  Streichtuch  auf- 
gestellt wird,  welches  in  derselben  Weise  wie  das  andere  in  einen  dritten 
Sack  hineinführt  (Fig.  178).  Solche  Zusammenstellungen  findet  man  häufig  an 
der  frischen  Nehrung.    Meistens  ist  dann  der  erste  Bügel  nur  60  cm  hoch. 

Im  Ostwinkel  des  frischen  Haffes  combinirt  man  gewöhnlich  vier 
Säcke  und  ein  Streichtuch  derart,  dass  an  jedem  Ende  des  Streichtuches 
zwei  gegenüberstehende  Säcke  aufgestellt  werden  (Fig.  179).  Die  dem 
Streichtuch  zugewandten  Flügel  der  beiden  Säcke  jederseits  sind  vor  Pricken 
so  befestigt,  dass  ihre  Enden  einen  Zwischenraum  von  ca.  50  cm  zwischen 
sich  lassen,  in  welchen  das  Streichtuch  die  Fische  hineinleitet.  Die  beiden 
anderen,  von  dem  Streichtuch  abgewandten  Flügel  sind  an  ihren  Enden 
mit  einander  verbunden,  so  dass  den  Fischen  auf  dieser  Seite  kein  Aus- 
weg offen  steht.  Derartige  Säcke  haben  gewöhnlich  nur  eine  Höhe  von 
50  cm  und  werden  vorzugsweise  zum  Aalfange  benutzt. 


79.  Die  Wenterpant  vor  3  Pricken 
besteht  aus  zwei  Säcken  von  je  8  m  Länge  und  4  m  Bügelhöhe,  deren 
Stagginpricken  höchstens  24  m  von  einander  entfernt  stehen  dürfen. 
Jeder  Sack  hat  einen  langen  und  einen  kürzeren  Flügel.  Die  beiden 
ersteren,  von  je  12  m  Länge,  werden  zusammen  an  der  dritten  Pricke 
befestigt,  während  die  beiden  kurzen  Flügel  von  nur  je  3  m  Länge  am 
oberen  und  unteren  Rande  durch  eine  Schnur  so  verbunden  sind,  dass 
zwischen  ihren  freien  Enden  ein  Zwischenraum  von  3  m  Länge,  die 
Rinnbahn,  bleibt,  durch  welche  die  Fische  in  die  Pant  hineingelangen. 


392  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  Westpreussen. 

Sie  gehen  dann  an  den  Flügeln  entlang  in  einen  der  Säcke  hinein.  Aehn- 
liche  Panten  werden  als  Strom panten  auch  in  der  Krakerorther  Lank 
und  der  Knaup  auf  Weissfische  gestellt. 

80.  Die  Aalpant  vor  4  Pricken, 
welche  im  kurischen  Haff  viel  angewandt  wird,  ist  in  der  Aufstellungs- 
weise von  der  vorigen  wenig  verschieden.  Die  beiden  verbundenen 
Flügel  werden  durch  Pricken  so  befestigt,  dass  die  ganze  Pant  nicht  ein 
Dreieck,  sondern  ein  Yiereck  bildet.  Die  Säcke  sind  je  6  m  lang,  2  bis 
3  m  hoch,  die  Entfernung  der  Stagginpricken  von  einander  darf  20  m, 
die  Weite  der  Einnbahn  2  m  nicht  übersteigen. 

81.  Die  Aalpant  vor  7  Pricken 

unterscheidet  sich  von  der  vorigen  nur  durch  die  Aufstellungs weise  der 
langen  verbundenen  Flügel.  Die  Stagginpricken  dürfen  bei  dieser  Ein- 
richtung 16  m  von  einander  entfernt  sein,  die  Weite  der  Rinnbahn  be- 
trägt 2  m. 

82.  Die  Leisulmer  Zandersäcke 

werden  in  ähnlicher  Weise  aufgestellt.  Zwei  hohe  Haffsäcke  werden 
parallel  mit  einander  in  solcher  Entfernung  angeprickt,  dass  der  Abstand 
zwischen  den  Enden  der  einander  zugewandten  Flügel  ca.  1  m  beträgt. 
Die  äusseren  Flügel  werden  durch  ein  in  Halbkreisform  vor  Pricken  auf- 
gestelltes Streichtuch,  das  sog.  Krummtuch,  verbunden.  Bei  Leisuhnen 
am  frischen  Haff  werden  diese  Säcke  im  ziemlich  tiefen  Wasser  gestellt 
und  fangen  grosse  Mengen  von  Zandern,  die  meistens  nicht  durch  die 
Ptinnbahn,  sondern  über  die  Flügel  oder  das  Krummtuch  fort  in  die 
Säcke  hineingehen. 

83.  Die  Hechtpant, 
welche  in  den  Strömen,  vorzugsweise  an  steilen  Ufern  der  Memel- 
mündungen,  viel  angewandt  wird,  besteht  aus  einem  Streichtuch  oder 
Leidings  von  15 — 20  m  Länge  und  einer  der  Wassertiefe  gleichen  Höhe 
und  einem  grossen  Wenter.  Die  Flügel  desselben  sind  ca.  4  m  lang  und 
bis  5  m  hoch,  je  nach  der  Tiefe  des  Wassers.  Der  erste  Bügel  des 
Vorderbauches  wird  gewöhnlich  fortgelassen  und  das  Unterliek  mit  zwei 
Ansteckpricken  am  Grunde  festgeprickt,  das  Oberliek  an  denselben  Pricken 
angebunden,  so  dass  die  Oeffnung  des  Vorderbauches  viereckig  erscheint. 
Der  Yorderbauch  hat  eine  Länge  von  6 — 7  m,  eben  so  lang  ist  Mittel- 
bauch und  Stagge  zusammen,   welche  durch  drei  Bügel  gestützt   werden, 


178.     Sackstelhmg  an  der  frischen  Nehrung. 


Fig.  179.     Sackstellung  im  Ostwinkel  des  frischen  Haffes. 


Fig.  180.     "Winterpant  vor  3  Pricken. 


Fig.  181.     Aalpant  vor  4  Pricken. 


Fig.  182.     Aalpant  vor  7  Pricken. 


Fig.  183.    Leisuhner  Zandersäcke. 


Die  Hechtpant.     Die  Schnäpelpant. 


393 


und  zwei  Inkel  haben.  Die  Maschenweite  des  Streichtuches  und  Vorder- 
bauches beträgt  6  cm,  die  der  Stagge  4  bis  4,5  cm.  Das  Streichtuch  wird 
vom  Ufer  an  quer  in  den  Strom  gestellt  und  in  Abständen  von  je  l1/^ 
bis  2  m  mit  Pricken  befestigt.  Der  Sack  wird  rechtwinklig  zum  Streich- 
tuch, Stagge  stromabwärts  so  aufgestellt,  dass  sein  äusserer  Flügel  an  der 


Ufer. 


Fig.  184.     Die  Hechtpant. 

letzten  Pricke  des  Leidings  befestigt,  der  innere,  dem  Ufer  näher  gelegene, 
in  einem  Abstände  von  20 — 30  cm  von  dem  Streichtuch  angeprickt 
wird.  Namentlich  im  Frühjahr  geht  der  Hecht,  im  dicken  Wasser  strom- 
aufwärts wandernd,  leicht  in  den  "Wenter  hinein.  Zwischen  dem  Ufer  und 
dem  grossen  Wenter  verbindet  man  häufig  noch  einen  kleinen  Wiensparnas 
zum  Fange  anderer  Fische  mit  dem  Leidings. 

84.  Die  Schnäpelpanten 
des  kurischen  Haffes  bestehen  aus  einem  Leidings  von  60  m  Länge,  der 
im  Bogen,   die  Convexität  gegen  die  Einkehle  des  Haffes  gewandt,    vor 


Fig.  1S5.     Die  Schnäpelpant. 

Pricken  aufgestellt  wird,  und  je  zwei  mit  einander  verbundenen  Säcken 
an  jedem  Ende  des  Leidings.     Die  Säcke  haben  eine  Höhe  von  3—4  m, 


394  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  "Westpreussen. 

eine  Länge  von  8 — 10  m.  Die  Maschen  dürfen  in  keinem  Theile  unter 
2,5  cm  messen.  Die  Säcke  werden  mit  dem  Leidings  derartig  verbunden, 
dass  die  Kinnbahn  durch  denselben  in  eine  grosse,  von  der  concaven, 
und  eine  kleine,  von  der  convexen  Seite  her  zugängliche  Abtheilung  ge- 
theilt  wird,  welche  letztere  für  allerlei  Hafffische  bestimmt  ist. 

Die  Schnäpelpanten  werden  an  bestimmten,  von  alters  lier  benutzten 
Stellen  zwischen  Windenburg  und  Schäferei  und  an  der  Nehrung  in  der 
Gegend  von  Schwarzort  auf  weichem  Grande  bei  3 — 4  m  "Wassertiefe  in 
Keinen  aufgestellt,  in  denen  zwischen  je  zwei  Panten  mindestens  ein 
Zwischenraum  von  60  m  frei  bleiben  muss.  Sie  dürfen  nur  in  der  Zeit 
vom  1.  October  bis  15.  Mai  gestellt  werden  und  dienten  früher,  als  der 
Schnäpel  noch  in  grosser  Menge  das  kurische  Haff  besuchte,  vorzugs- 
weise zum  Fange  dieses  Fisches,  der  nach  Beendigung  des  Laichgeschäftes 
sich  noch  einige  Monate  im  Haff  authielt,  um  erst  im  Frühjahr  wieder  nach 
der  See  zu  ziehen.  Jetzt  werden  darin  besonders  Zander  und  andere 
Fische  gefangen.  Für  eine  Schnäpelpant  wird  ein  Pachtzins  von  5  Mark 
erhoben. 

85.  Die  kleinen  Lachsstellen 
des  kurischen  Haffes,  welche  seit  alter  Zeit  an  einigen  50  bestimmten 
Stellen  am  litauischen  Ufer  zwischen  Windenburg  und  Schäferei  gestellt 
werden,  sind  den  Schnäpelpanten  sehr  ähnlich.  Eine  kleine  Lachsstelle 
besteht  aus  einem  Leidings  von  120  m  Länge  und  8  cm  Maschenweite, 
der  1 — 2000  Schritte  vom  Ufer  entfernt,  rechtwinklig  zu  demselben,  vor 


Fig.  186.     Die  kleine  Lachsstelle. 

Pricken  derartig  aufgestellt  ist,  dass  er  einen  flachen,  nach  der  Einkehle 
hin  concaven  Bogen  bildet.  An  der  Uferseite  reicht  der  Leidings  bis  an 
die  Packrant,  über  welche  die  Lachse  nicht  hinausgehen,  und  wird  hier 
häufig  ein  kleiner  Haffsack  vorgestellt.  An  der  Haffseite  des  Leidings 
werden,  wie  bei  der  Schnäpelpant,  zwei  verbundene  Säcke  von  ca.  4  m 
Bügelhöhe  aufgestellt.  Der  eine  Sack  hat  eine  Länge  von  14  m,  während 
der   andere   nicht   mehr    als   8  m   lang    sein   darf.     Die  Maschen  dürfen 


Die  kleinen  Lachsstellen.     Die  Quappen  warte.  395 

nirgends  weniger  als  2,5  cm  messen.  An  der  concaven  Seite  des  Leidings 
ist  eine  weite  Einnbahn  für  die  in  den  Sack  ziehenden  Lachse,  an 
der  convexen  eine  kleine  Rinnbahn  für  andere  Hafffische  eingerichtet. 
49  solcher  Lachsstellen  waren  bisher  an  einen  Generalpächter  für  450  Mark 
verpachtet,  die  übrigen  sind  durch  alte  Privilegien  an  einige  Grundstücke 
verliehen. 

86.  Die  Quappenwarten 
werden  in  den  Ausflüssen  des  Memelstromes  und  in  der  Dehne  in  den 
Monaten  November,  December  und  Januar  gestellt.  Sie  bestehen  aus 
einem  Leidings  von  ca.  100  m  Länge,  der  mit  dem  einen  Ende  dicht  am 
Ufer  befestigt  wird,  mit  dem  anderen  bis  in  die  Mitte  des  Stromes  reicht 
und  vor  Pricken  aufgestellt  wird,  die  V-fa — 2  m  von  einander  entfernt 
stehen.     Im  November   und   December   zieht    die   Quappe  aus    dem    Haff 


Fig.  187.     Die  Quappenwarte. 

stromaufwärts,  um  zu  laichen,  im  Januar  kehrt  sie  nach  dem  Laichen 
zum  Haff  zurück.  Dem  entsprechend  wird  der  Leidings  in  einem  Bogen 
aufgestellt,  der  in  den  beiden  ersten  Monaten  seine  Concavität  dem  Haffe, 
im  Januar  dem  Strome  zukehrt,  Der  concaven  Seite  des  Leidings  gegen- 
über werden  nun  die  Wenter  in  Abständen  von  je  4  m  von  einander  so 
aufgestellt,  dass  der  eine,  etwas  längere  Flügel  mit  dem  Leidings  fest  ver- 
bunden ist,  während  der  andere  ca.  50  cm  von  dem  Leidings  entfernt 
festgeprickt  wird,  so  dass  hier  eine  enge  Rinnbahn  entsteht.  Häufig 
werden  neben  zweiflügligen  Stromwentern  auch  Wiensparnai  bei  den 
Quappenwarten  angewandt.  Wie  bei  den  Neunaugenwarten  wird  auch 
hier  der  Vorderbügel  meistens  in  Form  eines  Dreieckes  mit  abgerundeten 
Winkeln  angefertigt,  dessen  eine  Seite  dem  Grunde  aufliegt,  während  er 
oben  bis  an  die  Oberfläche  des  Wassers  resp.  bis  an  die  Eisdecke  reicht, 
da  die  Quappe  andernfalls  gerne  über  den  Gezeugen  hinzieht.  Man  stellt 
dem  Leidings  so  viele  Wenter  gegenüber,  als  deren  Platz  finden,  obwohl  im 
Allgemeinen  der  Wenter  am  freien  Ende  des  Leidings  den  besten  Fang 
macht.     Der  Pachtzins  für  eine  Quappenwarte  beträgt  ca.  100  Mark. 


396  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  "Westpreussen. 

87.  Die  Bollreuse, 
oder  Bollries  wird  auf  beiden  Haffen  und  in  manchen  Binnengewässern 
viel  angewandt.  Sie  besteht  aus  einem  cylindrischen,  durch  drei  Tonnen- 
reifen gestützten,  und  von  zwei  an  denselben  festgebundenen  Stäben  aus- 
gespannt erhaltenen  Netz,  welches  an  beiden  Seiten  eine  Einkehle  (Inkel) 
hat.  Das  spitze  Ende  jedes  Inkels  wird  durch  2  bis  4  an  dem  mittleren 
Bügel  befestigte  Fäden  gehalteu,  die  gewöhnlich  runde  oder  viereckige 
und  ziemlich  weite  innere  Oeffnung  dieses  Netztrichters  wird  neuerdings 
zweckmässiger  spaltförmig  gemacht,  wodurch  den  Fischen  das  Entweichen 
bedeutend  erschwert  wird.  Namentlich  wenn  ihre  innere  Oeffnung  weit 
und  rund  ist,  müssen  die  beiden  Inkel  etwas  schief  gegen  einander  ge- 
stellt sein,  da  andernfalls  der  durch  den  einen  Inkel  einziehende  Fisch 
leicht  durch  die  geradeüber  gelegene  Oeffnung  des  anderen  heraus- 
schwimmen  könnte.     Gewöhnlich  haben  die  Bollreusen    eine  Länge  von 


Fig.  188.     Die  Bollreuse. 

V-/-2  bis  2  m,  einen  Durchmesser  von  3/4  bis  1  m  und  eine  Maschenweite 
von  2,5  cm.  Sie  werden  an  krautigen  flachen  Stellen  mittelst  eines  an- 
gebundenen oder  hineingelegten  Steines  versenkt  und  mit  einer  Pricke 
befestigt.  An  einigen  Orten  werden  in  neuester  Zeit  mit  sehr  gutem 
Erfolge  aus  verzinktem  Eisendraht  hergestellte  Bollreusen  gebraucht,  die 
im  "Wasser  wenig  sichtbar  sind  und  sich  trotz  des  natürlich  höheren 
Preises  durch  ihre  Dauerhaftigkeit  gut  bezahlt  machen  sollen. 

Als  Keusen  werden  bei  uns  aus  Weidenruthen  geflochtene  Fang- 
vorrichtungen bezeichnet,  die  auf  den  Grund  des  "Wassers  gelegt  werden 
und  die  in  sie  hineingelangten  Fische  durch  eine  Einkehle  an  der  Flucht 
verhindern.  Sie  werden  vorzugsweise  zum  Aal-  und  Neunaugenfange, 
stellenweise  jedoch  auch  zum  Fange  von  "Weissfischen  angewandt. 

88.  Die  Aalreuse 
hat  gewöhnlich   die  Form  eines    an   dem  einen   Ende   kegelförmig   zuge- 
spitzten Cylinders  von  0,80  bis  1,20  m  Länge  und  30  bis  35  cm  Durch- 


Die  Aalreuse.     Die  Neunaugenreuse. 


397 


messer.  Sie  bestellt  aus  dünnen  Weidenruthen,  die  mit  gespaltenen 
Fichten  wurzeln  in  paralleler  Lage  so  verflochten  sind,  dass  sie  Zwischen- 
räume von  ca.  1,5  cm  zwischen  sich  lassen.  An  dem  kegelförmigen 
Ende  befindet  sich  häufig  eine  kleine,  mittelst  eines  Strohwisches  ver- 
stopfte Oeffnung,  andernfalls  ist  in  der  Wand  des  Cylinders  ein  vier- 
eckiges Fenster  zum  Herausnehmen  der  gefangenen  Fische  angebracht, 
welches  durch  einen  Schieber  geschlossen  wird.  Das  Entweichen  der 
Fische  wird  durch  einen  oder  zwei  trichterförmige,  ebenfalls  aus  Weiden- 
ruthen geflochtene  Einkehlen  mit  enger  Oeffnung  unmöglich  gemacht. 
Diese   Eeusen   werden   einzeln    mit.  Steinen   beschwert   vor  Pricken   oder 


Fig.  189.     Die  Aalreuse,  Ansicht  und  schematischer  Längsschnitt. 

mit  einer  schwimmenden  Boje  versehen,  oder  auch  in  grösserer  Anzahl 
an  einer  langen  Leine  (Grien)  befestigt  an  passenden  Orten  ausgelegt  und 
je  nach  Umständen  täglich  oder  auch  seltener  aufgehoben  und  entleert. 
An  vielen  Orten  sind  auch  die  Neunaugenreusen  von  ganz  gleicher 
Beschaffenheit. 

89.  Die  Neunaugenreuse 
des  kurischen  Haffes  bildet  einen  schlanken,  aus  Weidenruthen  von 
ca.  5  mm  Dicke  mit  Fichtenwurzeln  geflochtenen  Kegel  von  1  m  Länge 
und  30  cm  Durchmesser  an  der  Eingangsöffnung ,  in  welcher  eine 
Einkehle  von  35  cm  Höhe  befestigt  ist,  deren  innere  Oeffnung  nur 
4  cm  misst.  An  der  Spitze  der  Beuse  befindet  sich  die  zum  Heraus- 
nehmen der  Fische  bestimmte  Oeffnung  von  8  cm  Weite,  die  mit  einem 
Strohwisch  geschlossen  wird.  Nahe  dem  spitzen  Ende  des  Kegels  ist  eine 
Oese  von  Fichtenwurzeln  angebracht,  in  welcher  die  dünne  Schnur  befestigt 
ist,  mittelst  deren  die  Beuse  an  eine  stärkere  Leine,  das  sogenannte  Gien 


398 


Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  "Westpreussen. 


geknüpft  wird.  Gewöhnlich  werden  an  einem  Gien  ein  Schock  Eeusen  in 
entsprechenden  Abständen  befestigt.  Dieselben  werden  in  der  Einkehle 
des  kurischen  Haffes  nahe  der  Nehrung  versenkt  und,  da  Pricken  oder 
schwimmende  Bojen  dort  der  Schifffahrt  hinderlich  sein  würden,  am 
Ufer  durch  Reihen  von  Stangen  bezeichnet.     Das  Gien  liegt  parallel  dem 


Fig.  190.     Die  Memeler  Neunaugenreuse. 

Ufer  und  die  Reusen  werden  von  der  Strömung  so  gedreht,  dass  ihre 
weite  Oeffnung  den  gegen  den  Strom  ziehenden  Neunaugen  zugekehrt  ist. 
In  der  Einkehle  des  kurischen  Haffes  werden  ca.  1200  solcher  Reusen 
gelegt,  die  von  Mitte  August  bis  Mitte  November  liegen. 


90.  Die  Bukkis 
der  Memelmündungen  ist  eine  eiförmige,    korbartig  aus  dünnen  "Weiden- 
ruthen    geflochtene   Reuse    von    1,25  bis  1,50  m    Länge    und    ca.  80  cm 


Fig.  191.     Die  Bukkis. 

Höhe  am  dicken  Ende.  An  diesem  letzteren  ist  die  Wand  wie  ein  Flaschen- 
boden eingestülpt  und  bildet  eine  Einkehle,  deren  Oeffnung  12  bis  15  cm 
weit  ist.     Eine  gleich  weite  Oeffnung   am    spitzen  Ende  der  Bukkis,  die 


Die  Bukkis.     Die  Bukkinell.     Die  Aalkasten. 


399 


beim  Gebrauch  derselben  mit  einem  Deckel,  Holzstöpsel  oder  Strohwisch 
geschlossen  wird,  dient  zum  Herausnehmen  der  gefangenen  Fische.  Die 
Bukkis  werden  einzeln  oder  in  grösserer  Zahl  an  einem  Weidenseil  in  der 
Nähe  der  Ufer  an  Stellen  ausgelegt,  wo  die  Strömung  nicht  sehr  stark 
ist,  gewöhnlich  legt  man  ein  Stück  groben  Brodes  hinein  um  die  Weiss- 
fische anzulocken,  die  sich  mitunter  in  beträchtlicher  Menge  darin  fangen. 


91.  Die  Bukkinell 
oder  Neunaugenreuse  der  Memelmündungen   ist   in   gleicher    Weise   wie 
die  Bukkis  angefertigt.     Sie   hat    eine   Länge  von  ca.  80  cm,   eiue   Höhe 
von  ca.  40  cm  am  dicken  Ende.     Die  Oeffnung  an  der  Spitze  des  Inkels 


Fig.  192. 


Bukkinellen. 


beträgt   nur 


Diese   Keusen   werden  in   grösserer   Anzahl    an 


ca.  4  cm 

einem  aus  Weiden  geflochtenen  Tau  der  Länge  nach  befestigt  und  parallel 
mit  dem  Ufer,  das  dicke  Ende  stromabwärts,  in  den  Strom  gelegt,  um 
die  im  Herbst  stromaufwärts  wandernden  Neunaugen  zu  fangen. 


92,  Die  Aalkasten 
sind  selbstthätige  Aalfänge,  welche  schon  in  alter  Zeit  ganz  in  derselben 
Weise  wie  heutigen  Tages  mit  den  Freischleusen  der  Wassermühlen  ver- 


Fig.#  193.     Der  Aalkasten. 


bunden  waren.  Sie  sind  so  angelegt,  dass  beim  Ziehen  der  Freischleuse 
das  Wasser  über  einen  geneigten  Abfallboden,  dann  über  ein  freiliegendes 
Lattengerinne    fliesst,    durch   welches    es    theilweise   schon    abläuft,    und 


400 


Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  Westpreussen. 


endlich  in  einen  vertieften  Kasten  mit  Lattenboden  hineinstürzt,  durch 
dessen  ca.  1,5  cm  weite  Spalten  es  hindurchgeht,  während  die  Aale  auf 
den  Latten  liegen  bleiben  und  nach  Schluss  der  Freischleuse  aufgelesen 
werden.  Ueber  diesem  Kasten  ist  oft  eine  leichte,  yerschliessbare  Bretter- 
bude zur  Abhaltung  unberechtigter  Aalliebhaber  angebracht.  Sehr  wesentlich 
ist  es,  dass  man  das  Wasser  schon  vor  dem  Eintritt  in  den  eigentlichen 
Aalkasten  durch  das  Lattengerinne  ablaufen  lässt,  weil  es  sonst,  mit  voller 
Gewalt  in  den  Aalkasten  stürzend,  die  Fische  übel  zurichten  würde.  In 
diesen  Kasten  werden,  während  die  Aale  stromabwärts  zum  Meere  ziehen, 
oft  sehr  erhebliche  Fänge  gemacht,  namentlich  in  dunklen  stürmischen 
oder  Gewitternächten. 

93.  Die  Lachsfänge 
der   kleinen  Flüsse,   welche    dem  Putziger  Wiek   zuströmen,    sind  Fallen, 
in  welche  der  Lachs  hineinspringen  muss,  und  in  welchen  er  theils  wegen 
der  geringen  Wassertiefe,    theils    weil   er  nicht  stromabwärts  springt,   ge- 
fangen bleibt. 


Fig.  194.    Der  Lachsfarjg,  halbschematischer  Längsschnitt. 

Zur  Anlage  eines  Lachsfanges  wird  das  Wasser  der  kleinen  Flüsse 
um  !/2 — 3/4  m  gestaut  und  stürzt  aus  einem  hölzernen  Gerinne,  wie  an 
den  Mühlen,  ins  Unterwasser  herab.  In  dem  Gerinne  ist  ein  2 — 3  m 
langer  Raum  durch  2  Holzgitter  abgesperrt,  von  denen  das  stromaufwärts 
gelegene  senkrecht  steht,  während  das  untere  unter  einem  Winkel  von 
etwa  45  Grad  stromaufwärts  geneigt  ist.  Vor  dem  Gerinne  muss  das 
Unterwasser  eine  Tiefe  von  etwa  1  m  haben.  Der  stromaufwärts  wan- 
dernde  Lachs    springt   dem    kleinen    Falle    entgegen    über    das    geneigte 


Die  Lachsfänge.     Die  Lachsangela. 


401 


Gitter  in  das  Gerinne  und  kann  aus  demselben,  weil  es  oben  bedeckt 
ist,  nicht  mehr  entweichen.  In  diesen  Lachsfängen  werden  Lachse  in 
den  Monaten  Mai  bis  Juli  und  September  und  October  gefangen. 


Angeln  werden  an  unseren  Gewässern  im  Grossen  nur  zum  Lachs-, 
Dorsch-,  Aal-  und  Quappenfang,  für  andere  Fische  nur  in  beschränktem 
Maassstabe  und  mehr  zum  Zeitvertreib  als  für  den  Erwerb  angewandt. 

94.  Die  Lachsangeln, 
bei  Danzig  Takel  genannt,  sind  von  pommerschen  Fischern  erst  seit  etwa 
10  Jahren  an  unserer  Ostseeküste  eingeführt,  und  werden  seitdem  mit  grossem 
Erfolge  benutzt.     Die  pommerschen  Lachsangelböte  (Fig.  152)  haben  eine 


Fig.  195. 


Lachsangel  und  Boje. 


Kiellänge  von  ca.  7  m,  sind  zwischen  den  Stevenspitzen  etwa  8  m  lang, 
in  der  Mitte  über  2  m  breit,  65  cm  hoch  und  haben  einen  Tiefgang  von 
25  cm.  Sie  sind  mit  einem  Spriet-  und  einem  Focksegel  versehen.  Jedes 
Boot  nimmt  gewöhnlich  im  Winter  15  bis  20,  im  Sommer  30  Stiegen 
Lachangeln  an  Bord.  Die  Stiege  bezeichnet  20  Stück.  Nachdem  die 
Fischer  auf  den  ausgewählten  Fischgründen  angekommen  sind,  die  durch- 

26 


402  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  "Westpreussen. 

schnittlich  10 — 20  km  vom  Strande  entfernt  liegen,  wird  zunächst  die  Stelle, 
um  welche  herum  die  Angeln  gelegt  werden  sollen,  durch  eine  auf- 
stehende Boje  bezeichnet.  Dieselbe  wird  an  einem  Steine  verankert  und 
trägt  an  der  Spitze  eine  kleine  Fahne,  die  etwa  3  bis  4  m  über  dem  Wasser- 
spiegel steht.  An  jeder  Lachsangel  unterscheidet  man  drei  Stücke,  das 
Steintau  mit  der  Boje,  die  Lenkleine  mit  der  Lenk  und  den  Vorlauf 
mit  dem  Angelhaken.  Das  Steintau  ist  eine  Leine  von  3  bis  4  mm 
Durchmesser,  die  vom  Grunde  bis  zum  "Wasserspiegel  reicht,  unten  mit 
einem  Steine  verankert  und  oben  durch  eine  Boje  bezeichnet  wird,  die 
aus  einem  etwa  meterlangen  Stück  Holz  besteht.  Am  oberen  Ende  des 
Steintaues  ist  die  ca.  3  mm  starke  Lenkleine  befestigt,  die  in  Abständen 
von  je  2  bis  3  m  mit  Flotthölzern  versehen  ist,  und  also  an  der  Oberfläche 
schwimmt,  ihre  Länge  ist,  wie  die  des  Steintaues  von  der  Wassertiefe 
abhängig.  Am  freien  Ende  trägt  sie  als  Boje  einen  kleineren  Holzklotz, 
die  Lenk,  welche  gewöhnlich  weiss  angestrichen  ist,  um  von  Weitem  sichtbar 
zu  sein.  An  der  Lenk  ist  die  eigentliche  Angelschnur,  der  Vorlauf,  be- 
festigt, eine  Schnur  von  V-J2  mm  Dicke  und  4  bis  5  m  Länge,  welche 
oberhalb  des  Angelhakens  mit  einem  kleinen  Bleigewicht  beschwert  ist. 
Der  Haken  ist  von  2 — 3  mm  starkem  Messingdraht  gefertigt,  hat  eine 
Länge  von  ca.  10  cm  und  wird  am  zweckmässigsten  mit  Plötzen,  Ström- 
lingen oder  Zärthen  besteckt,  doch  kann  das  Besteck  auch  aus  gesalzenem 
Hering  bestehen.  Die  einzelnen  Angein  müssen  in  solcher  Entfernung 
von  einander  gelegt  werden,  dass  die  Lenken  sich  unter  allen  Umständen 
frei  um  das  Stein  tau  drehen  können,  ohne  sich  mit  einander  zu  verwickeln. 
Beisst  ein  Lachs  an  die  Angel,  so  geht  er,  um  sich  freizumachen,  sofort  an 
den  Grund  und  die  Lenkleine  muss  lang  genug  sein,  um  dies  zu  gestatten, 
ohne  dass  die  Boje  des  Steintaues  mit  unter  das  Wasser  gezogen  wird. 
Uebrigens  werden  kleinere  Lachse  von  5  bis  8  kg  oft  von  den  Flott- 
hölzern und  der  Lenk  an  der  Oberfläche  gehalten  und  in  allen  Fällen 
wird  durch  die  Nachgiebigkeit  der  ganzen  Vorkehrung  ein  Bruch  der 
Leine  bei  den  heftigen  Bewegungen  des  Lachses  verhütet,  während  das 
Thier  andererseits  durch  den  zwar  leisen,  aber  fortwährenden  Zug  der 
Lenk  und  der  Flotthölzer  nach  oben  ermattet  wird.  Im  Allgemeinen 
werden  die  Angeln,  wenn  es  das  Wetter  zulässt,  an  jedem  zweiten  Tage 
nachgesehen,  die  gefangenen  Lachse  abgenommen,  indem  von  der  Boje 
des  Steintaues  anfangend  erst  die  Lenkleine  und  dann  der  Vorlauf  auf- 
genommen wird,  und  das  Besteck  erneuert,  welches  sehr  häufig  von  den 
Neunaugen  abgefressen  werden  soll.  Den  gefangenen  Lachsen  sind  die 
Seehunde  sehr  gefährlich  und  fressen  zeitweise  ganze  Keinen  von  Fischen 
fort,  und  zwar  die  besten,  bis  auf  den  Kopf,  den  sie  an  der  Angel  lassen. 


Die  Dorschangeln. 


403 


Leider    werden    den   Fischern    oft   grosse    Mengen    von    Angelzeug 
durch  den  Seegang  fortgerissen. 

95.  Die  Dorschangeln 
sind  von  viel  einfacherer  Art  als  die  Lachsangeln,  indem  an  einer  langen 
Leine,  dem  Grien,  in  Abständen  von  je  60  cm  6 — 900  Haken  mittelst  der 
sogenannten  Vorschnüre  von  20  bis  24  cm  Länge  befestigt  werden.  Das 
Gien  hat  für  600  Haken  eine  Länge  von  600  m  und  ist  eine  3  bis  4  mm 
dicke,  vor  dem  Gebrauch  sorgfältig  ausgekochte  Hanfschnur.  Die  Vor- 
schnüre sind  aus  vier  feinen  Hanffäden  gezwirnt  und  tragen  Messing- 
haken von  6  cm  Länge  und  ca.  2  mm  Dicke.  600  Haken  werden  eine 
Mulle,  900  Haken  ein  Holz  genannt.  Zum  Betriebe  der  Angelfischerei 
auf  Dorsch   werden    die    gewöhnlichen    Strandböte   benutzt,    die    bei   uns 


Fig.  196.     Dorschangeln. 


zwei  Sprietsegel,  in  der  Danziger  Bucht  gewöhnlich  ein  Sprietsegel  und 
eine  Fock  führen.  Sie  sind  mit  3  bis  4  Fischern  bemannt.  Auf  einer 
voraussichtlich  geeigneten  Fangstelle  angelangt,  bei  einer  Wassertiefe 
von  4  bis  25  m,  wird  zunächst  der  Eeiter,  eine  ca.  6  m  lange,  in 
der  Mitte  mit  Korkholz  umgebene  Stange,  die  am  oberen  Ende  ein  Fähn- 
chen trägt  und  senkrecht  schwimmend  etwa  3  m  über  dem  Wasserspiegel 
vorragt,  an  einem  Steine  verankert.  Die  Angelhaken  sind,  um  eine  Ver- 
wirrung der  Vorschnüre  zu  vermeiden,  neben  einander  auf  kleinen  Brett- 
chen, lit.  skillst,  befestigt.  Sie  werden  nun  nach  einander  losgenommen, 
mit  Seestinten  oder  noch  besser  mit  Tobieschen  besteckt,  und  der  Keine 
nach  auf  ein  etwa  1  m  langes,  30  bis  40  cm  breites  Brett  gelegt,  welches 
von  einem  etwa  8  cm  hohen  Kande  umgeben  ist.  Ist  eine  Längsreihe 
von  Haken  über  das  ganze  Brett  gelegt,  so  wird  dieselbe,  ehe  man  die 
zweite  Reihe  beginnt,   mit  Sand  bedeckt   und    befestigt,  um   ein   Unklar- 

26* 


404  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  "Westpreussen. 

kommen  der  Yorschnüre  zu  vermeiden.  Sind  alle  Haken  besteckt,  so 
wird  das  eine  Ende  des  Giens  an  dem  Ankerstein  der  Boje  befestigt 
und  während  das  Boot  durch  Ruder  langsam  vorwärts  bewegt  wird, 
lässt  ein  Fischer  das  Grien  durch  die  Hand  ablaufen,  wobei  natürlich 
grosse  Geschicklichkeit  erforderlich  ist,  um  die  Yorschnüre  klar  zu 
halten  und  zu  verhüten,  dass  die  Haken  in  der  Hand  oder  am 
Boote  fest  werden.  Nachdem  das  ganze  Gien  ausgelaufen  ist,  wird 
sein  Ende  mit  einem  Steine  verankert  und  durch  eine  Boje  be- 
zeichnet. Gewöhnlich  wird  das  Gien  mit  kleinen  Steinen  oder  Sand- 
säckchen  beschwert,  um  es  am  Grunde  zu  halten,  während  es  anderer- 
seits auch  wohl  durch  Flotthölzer  schwimmend  an  der  Oberfläche  gehalten 
wird.  Die  Angeln  werden,  so  oft  es  das  Wetter  zulässt,  ausgelegt  und 
gewöhnlich  nach  1 — 2  Tagen  aufgenommen.  Ausser  Dorschen  fangen 
sich  daran  auch  Flundern  und  Steinbutten. 

96.  Die  Aalangeln 
unterscheiden  sich  von  den  Dorschangeln  nur  hinsichtlich  ihrer  Dimen- 
sionen. Sie  werden  wie  jene  an  langen  Schnüren  (Gien)  ausgelegt.  An 
jedem  Gien  sind  in  Abständen  von  je  60  cm  100  je  40  cm  lange,  häufig 
aus  Pferdehaaren  gefertigte  Yorlaufschnüre  befestigt,  welche  je  einen 
Haken,  lit.  meszkere,  von  1  mm  Stärke  tragen.  Sehr  gewöhnlich  werden 
viele  solcher  Schnüre  zusammengeknüpft,  und  man  bezeichnet  je  6  Stück, 
die  also  600  Haken  besitzen,  als  eine  Mulle.  Ein  Handkahn,  lit. 
walteile,1)  nimmt  gewöhnlich  2 — 3  Müllen  an  Bord,  die  in  derselben  Weise 
in  den  Haffen  ausgelegt  werden  wie  die  Dorschangeln  in  See,  und  die 
man  früh  Morgens  aufzunehmen  pflegt,  um  die  gefangenen  Aale  ab- 
zulösen und  frische  Köder  anzustecken.  Letztere  sollen  aus  Würmern 
bestehen,  es  werden  dazu  aber  meistens  ganz  junge  Fische  gebraucht, 
die  dadurch  in  ungeheurer  Menge  vernichtet  werden.  Für  eine  Aal- 
schnur mit  600  Haken  wird  auf  den  Haffen  ein  Zins  von  2  Mark  erhoben. 
Yon  den  gewöhnlichen  Aalangeln,  die  an  bestimmten  Stellen  in  der 
Nähe  der  Wohnung  des  betreffenden  Fischers  ausgelegt  werden,  unter- 
scheidet man  auf  dem  kurischen  Haff  die  Udas-  oder  Dalkisschnüre,  die 
aber  nur  insofern  von  jenen  verschieden  sind,  als  sie,  in  Tonnen  verpackt, 
auf  den  Fischerböten  mitgeführt  und  bald  hier,  bald  dort,  auch  während 
des  Betriebes  einer  anderweitigen  Netzfischerei  ausgelegt  werden.  Sie 
werden  auf  der  Nehrung  Dalkis,  auf  der  litauischen  Seite  Udas  genannt. 


1)  Die  Waltellen  sind  ca.  6  m  lang,  1,15—1,20  m  breit,   0,50  in  hoch   mit  ganz 
flachem  Boden. 


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Die  Aalangeln.     Die  Dorschkappel. 


405 


Aalangeln  werden  auch  im  Putziger  Wiek  und  in  den  grösseren 
Seen  in  derselben  Weise  wie  in  den  Haffen  angewandt,  an  manchen  Orten 
werden  sie  nicht  auf  den  Grund  gelegt,  sondern  schwimmend  gebraucht, 
indem  die  Schnur  mit  Flotthölzern  versehen  wird. 

In  derselben  "Weise  wie  diese  Aalangeln,  werden  im  Winter  in  den 
Memelmündungen  Quappenangeln  gelegt  und  mit  Gründlingen  geködert. 
Es  müssen  zu  diesem  Zwecke  zunächst  schmale  Rinnen  quer  über  den 
Fluss  in  das  Eis  gehauen  werden,  um  die  Schnüre  versenken  zu  können. 


97.  Die  Dorschkappel 
oder  Hau  schnür  ist  ein  Geräth,    welches  zum  Fange  der  grössten,  unge- 
sellig   lebenden   Dorsche    gebraucht   wird.      An    einer    ca.    50  m    langen 
Sechsgarnleine  ist   mit    einer   ledernen  Oese    ein   Bleicylinder    von   etwa 


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Fig.  198.    Die  Dorschkappel. 


Fig.  199.     Die  Tiberangel. 


1  kg  Gewicht  befestigt,  mit  welchem  zwei  nach  unten  hin  divergirende 
verzinnte  Eisendrähte  verbunden  sind,  die  eine  Stärke  von  5  mm,  eine 
Länge  von  etwa  40  cm  haben,  und  an  ihren  Enden  kleine  Oesen 
tragen.      An  jeder   Oese    ist    mittelst    einer   Schnur   von    40  cm    Länge 


406  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  Westpreussen. 

ein  starker  8  bis  10  cm  langer  messingener  Haken  befestigt,  der  am 
vorteilhaftesten  mit  einem  frischen  Strömling  besteckt  wird.  Die 
Dorschkappel  wird  bei  12  bis  40  m  Wassertiefe,  am  besten  auf  Stein- 
grund ausgeworfen  und  nachdem  man  ihr  Aufstossen  auf  den  Grund  ge- 
fühlt hat,  etwas  gehoben  und  nun  abwechselnd  aufgezogen  und  gesenkt, 
um  den  Dorsch  anzulocken.  Das  Kappeln  wird  meistens  von  2  bis  4  Mann 
gleichzeitig  auf  einem  Boote  betrieben  und  liefert  oft  eine  bedeutende 
Anzahl  grosser  Dorsche. 

98,  Die  Tibberangel, 

die  in  der  See  und  auf  den  Binnengewässern  von  Böten  oder  vom  Ufer 
aus,  vielfach  auch  im  Winter  auf  dem  Eise  gebraucht  wird,  unterscheidet 
sich  von  der  Dorschkappel  eigentlich  nur  durch  geringere  Grösse  und 
wird  in  verschiedenen  Dimensionen  angefertigt.  Sie  besteht  aus  einem 
mit  mehr  oder  weniger  Geschick  aus  Blei  geformten  Fischmodell  von 
10 — 15  cm  Länge,  in  welchem  2  starke  Angelhaken  befestigt  sind:  an 
dem  entgegengesetzten  Ende  ist  die  Angelschnur  angeknüpft.  Der  Blei- 
fisch muss  vor  dem  Gebrauch  blank  geputzt  werden  und  das  Tibbern  ist 
nur  bei  klarem  Wasser,  wenn  er  von  Weitem  von  den  Raubfischen  ge- 
sehen werden  kann,  erfolgreich.  Die  Haken  werden  ohne  Köder  gelassen, 
oder  auch  mit  Stint,  Stücken  von  Strömlingen  etc.  besteckt.  In  See 
werden  Dorsche,  häufig  in  grosser  Menge,  in  den  Binnengewässern, 
namentlich  im  Winter  auf  dem  Eise  durch  kleine  Wuhnen,  grosse  Barsche 
und  Hechte  an  der  Tibberangel  gefangen. 

99,  Die  Hechtflimmer, 

Flimmerangel,  Darre,  ist  eine  Angel,  die  ohne  Köder  hinter  einem  schnell 
fahrenden  Boot  hergeschleppt  wird,  und  allein  durch  ihren  Glanz  grössere 
Raubfische  anlockt.     Das  bei  uns  besonders  in  der  Dange  und  Weichsel 


Fig.  200.     Die  Hechtflirnmer. 

benutzte  Geräth  besteht  aus  einem  löffeiförmig  gedrückten  Messingblech 
von  12  cm  Länge  und  3  bis  4  cm  Breite,  an  dessen  schmalem  Ende  ein 
grosser  Angelhaken  von  3  bis  4  mm  starkem  Draht  solide  festgelöthet 
ist.  Am  breiten  Ende  des  Löffels  ist  mittelst  einer  kurzen  Kette  ein 
Wirbel,  und  an  diesem  wieder  eine  Kette  oder  ein  dünnes  Kabel  von 
feinem  Messingdraht  befestigt,    dessen   freies  Ende    mit   einer  Oese    zum 


Die  Hecht flimmor.     Die  Handangel.     Die  Hechtschlinge.  407 

Anknüpfen  der  starken  Angelschnur  versehen  ist.  Das  Messingblech 
muss  immer  sehr  blank  und  glänzend  gehalten  werden,  und  die  Angel 
wird  bei  klarem  Wasser  und  hellem  Wetter  10  bis  20  Schritte  hinter 
einem  schnell  segelnden  oder  vorwärts  geruderten  Boot  hergeschleppt. 
Vermöge  der  Löffelform  des  Bleches  dreht  sie  sich  schnell  um  den  Wirbel 
und  ihr  Glanz  wird  weithin  sichtbar.  Die  grossen  Hechte  und  Barsche 
werden  dadurch  angelockt  und  verschlingen  einen  Theil  des  Löffels,  so 
dass  sie  sich  den  starken  Angelhaken  in  den  Schlund  oder  Magen  ein- 
hauen und  nicht  mehr  loskommen  können.  Der  Fischer  befestigt  ge- 
wöhnlich das  Ende  der  Angelschnur  am  Kahne,  hält  aber  einen  Theil 
derselben  lose  in  der  Hand,  oder,  wenn  er  allein  den  Kahn  rudern 
muss,  zwischen  den  Lippen,  um  sofort  den  Anbiss  eines  Fisches  zu 
spüren.  Hat  derselbe  sich  festgehakt,  so  wird  die  Schnur  eingezogen 
und  der  Gefangene  mit  einem  untergeschobenen  Käscher  in  das  Boot 
gehoben,  da  er  gewöhnlich  zu  gross  ist,  um  sich  mit  den  Händen  be- 
quem fassen  zu  lassen.  Zum  Fortfangen  der  grossen  Raubfische  aus 
Seen  ist  die  Hecbtflimmer  sehr  geeignet. 

100.  Die  Handangel 
oder  Wurfangel  wird  bei  uns  nur  mehr  zum  Zeitvertreib  von  Kindern 
und  Müssiggängern  als  von  berufsmässigen  Fischern  angewandt.  An  der 
Ferse  und  manchen  anderen  geeigneten  Gewässern  wird  wohl  von  einigen 
Liebhabern  des  Angelsports  mit  künstlichen  Fliegen  nach  Aeschen  und 
Forellen  geangelt,  im  Allgemeinen  sind  aber  die  in  unseren  Gegenden 
angewandten  Geräthe  höchst  primitiver  Art,  und  bei  der  geringen  Be- 
deutung unserer  Handangerfischerei  dürfte  es  genügen,  derselben  hier 
nur  Erwähnung  gethan  zu  haben. 

101.  Die  Hechtschlinge 
wird  ebenfalls  nur  als  Sport  von  den  Anwohnern  kleinerer  Gewässer,  in 
denen  sich  Hechte  finden,  gehandhabt.  Sie  besteht  aus  einem  gut  ge- 
glühten Messingdraht,  der  an  einer  dünnen  und  elastischen  Stange  be- 
festigt ist.  Die  Oeffnung  der  Schlinge  wird  so  weit  gemacht,  dass  sie 
dem  Hecht,  der  in  der  Nähe  des  Ufers,  gewöhnlich  zwischen  Wasser- 
pflanzen dicht  unter  der  Oberfläche  steht,  ohne  anzüstossen  von  vorne 
her  über  den  Kopf  gestreift  werden  kann.  Es  muss  dabei  ganz  leise 
und  vorsichtig  verfahren  werden.  Ist  man  mit  der  Schlinge  hinter  den 
Brustflossen  des  Fisches  angelangt,  so  wird  sie  mit  einem  plötzlichen 
Rucke  zugezogen  und  dadurch  gleichzeitig  der  Hecht  ans  Ufer  geworfen. 


408 


Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  Westpreussen. 


102.  Aalspeere, 
lit.  persteke,  werden  auf  den  Binnengewässern,  den  Haffen  und  im 
Putziger  Wiek,  jedoch  meistens  nicht  von  gewerbsmässigen  Fischern, 
sondern  von  Leuten  angewandt,  die  im  Winter  keine  Beschäftigung 
haben.  An  Stellen,  die  als  Winterlager  der  Aale  erfahrungsmässig  be- 
kannt sind,  werden  kleine  Löcher  ins  Eis  geschlagen  und  es  wird  durch 
dieselben  auf  gut  Glück  in  die  Tiefe  gestochen,  erst  in  senkrechter 
Eichtung,  dann  immer  schräger,  soweit  sich  der  Grund  von  dem  Loche 
aus  mit  dem  Speere  erreichen  lässt.  Fühlt  man,  dass  ein  Aal  am  Speere 
sitzt,  so  muss  derselbe  schnell  an  die  Oberfläche  gezogen  werden,  um 
1.  2.  3.  4. 


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Fig.  201.     Aalspeere. 

ihn  abzulösen.  Wo  steinfreier  weicher  Grund  ist,  werden  gewöhnlich 
Speere  mit  20 — 25  cm  langem  Balken  und  8 — 10  feinen  Zinken  von 
10 — 12  cm  Länge  angewandt  (Fig.  201.  1.),  so  besonders  im  südlichen 
Theile  des  kurischen  Haffes;  wo  viele  Steine  am  Grunde  liegen,  die  den 
einfachen  Speer  schnell  verderben  würden,  werden  die  scharfen  stählernen 
Zinken  durch  zwischen  ihuen  eingeschaltete  stumpfe  und  etwas  längere 
Stäbe  von  Schmiedeeisen  geschützt,  die  zugleich  den  Yortheil  bieten, 
dass  der  von  ihnen  getroffene  Aal  abgleitet  und  gegen  eine  oder  die 
andere  scharfe  Zinke  gedrängt  wird,  an  welcher  er  sich  spiesst.  Die  in 
Fig.  201.  2  dargestellte  Form  des  Aalspeeres  ist  im  nördlichen  Theile  des 
kurischen  Haffes  und  im  Putziger  Wiek  gebräuchlich,  die  Formen  3  und 
4  im  frischen  Haff.  Die  Form  1  wird  an  vielen  Orten  auch  zum  Stechen 
von  Hechten  und  Quappen  gebraucht. 

Das  Stechen  der  im  Winterlager  ruhenden  Aale  ist  eine  ganz 
irrationelle  Fangmethode,  da  bei  derselben  zahlreiche  Thiere  nur  ver- 
wundet und  nicht  gefangen  werden,  also  nutzlos  zu  Grunde  gehen,    und 


Die  Aalspeere.     Pferde-  und  Fussfischerei.  409 

da  namentlich  auch  eine  grosse  Anzahl  ganz  junger,  kaum  ringerdicker 
Aale  mit  gefangen  wird.  Auf  den  Haffen  waren  die  Aalspeere  bisher 
voni  15.  Oetober  bis  9.  April  erlaubt.  Es  wurden  aber  immer  nur  sehr 
wenige  consignirt,  während  sie  von  Raubtischern  in  grosser  Menge  an- 
gewandt werden.  Eine  Consignation  von  Aalspeeren  findet  daher  zweck- 
mässiger Weise  jetzt  nicht  mehr  statt. 

Viel  weniger  bedenklich  erscheint  das  allerdings  verbotene  Ver- 
fahren, grosse  Hechte,  die  im  Winter  an  die  Wuhnen  kommen,  oder  in  der 
wärmeren  Jahreszeit  in  der  Nähe  des  Ufers  unbeweglich  stehen,  mit  Speeren 
zu  stechen.  Die  getroffenen  Thiere  werden  regelmässig  auch  gefangen, 
und  grosse  Hechte  besonders  zu  schützen,  liegt  keine  Veranlassung  vor. 

Quappen  werden  in  den  Memelmündungen  und  der  Deime,  wenn 
sie  im  Winter  stromaufwärts  zum  Laichen  ziehen,  durch  kleine  Löcher 
im  Eise  unerlaubter  Weise  viel  gestochen. 

Noch  möge  hier  der  Pferde-  und  Fussfischerei  in  einigen  unserer 
kleineren  Flüsse  und  der  Winterfischerei  der  Philipponen  gedacht  werden. 

Bei  der  Pferde-  und  Fussfischerei,  wie  sie  seit  alter  Zeit 
z.  B.  in  der  Passarge  geübt  wird,  sperrt  man  den  Fluss  durch  ein  quer- 
über gestelltes  Netz,  welches  überall  dem  Grunde  fest  anliegt  und  sich 
an  beide  Ufer  genau  anschliesst,  ab,  worauf  alle  in  einer  längeren  Strecke 
des  Gewässers  befindlichen  Fische  durch  eine  grosse  Anzahl  im  Wasser 
watender  oder  reitender  Menschen  allmählich  in  das  Netz  hineingetrieben 
werden,  ein  sehr  primitives  Verfahren,  welches  jedoch  zeitweise  nicht 
unbeträchtliche  Beute  liefert. 

Noch  eigenthümlicher  erscheint  die  Fischerei,  welche  die  Philipponen 
in  manchen  masurischen  Seen,  namentlich  in  der  Gegend  von  Ukta 
mittelst  der  Wasserpest  (Elodea  canadensis)  ausüben.  Unweit  des  Ufers, 
wo  dieses  Kraut  reichlich  wuchert,  wird  im  Winter  ein  Loch  in  das  Eis 
geschlagen,  es  werden  zwei  Stangen  oder  ein  gabeliger  Ast  in  den  dichten 
Pflanzenwuchs  gesteckt  und  unter  vorsichtigem  Anziehen  um  sich  selbst 
gedreht,  so  dass  das  Kraut  in  weiter  Ausdehnung  herangezogen  und  zu 
einem  dicken  cylindrischen  Strange  zusammengedreht  wird,  den  man  all- 
mählich über  das  Eis  hervorzieht,  und  der  nicht  selten  erhebliche  Mengen 
von  Fischen,  darunter  natürlich  vorzugsweise  grosse  Massen  junger  Brut, 
einschliesst. 

Verbotene  Fischereien, 

Die  Fischerordnungen  vom  7.  März  1845,  welche  namentlich  für 
die  Haffe  eine  Beschreibung  der  gebräuchlichen  Fischereiarten  enthalten, 
untersagen  ausdrücklich  die  Anwendung  aller  anderen  Fangmethoden,  und 


410  Die  Praxis  der  Fischerei  in  Ost-  und  Westpreussen. 

führen  dann  noch  einige  besonders  verbotene  Arten  des  Fischfanges  an, 
nämlich  das  Pumpen  und  Jagen,  das  Klappern  und  Bullern,  die  Klepp- 
fischerei,  das  Steiern,  Intern  und  Streven,  das  Aufsetzen  von  Quasten 
und  die  schon  auf  S.  341  beim  Keutel  erwähnte  Plaschkinnisfischerei. 

Das  Pumpen  und  Jagen,  lit.  spurkti,  besteht  darin,  dass  mit  langen, 
besonders  eingerichteten  Stangen  ein  starkes  Getöse  im  Wasser  verursacht 
wird,  um  die  Fische  in  aufgestellte  Netze  hineinzutreiben.  Diese  Stangen 
(Pumpen)  sind  am  Ende  entweder  mit  einem  Stück  steifen  Leders  oder 
mit  einer  Anzahl  grosser  an  Schnüren  befestigter  Holzkugeln  verbunden 
oder  es  ist  auf  sie  eine  Anzahl  eiserner  Ringe  aufgestreift,  die  bei  Be- 
wegungen der  Stange  an  einander  rasseln.  Wie  wir  bereits  auf  S.  375 
bemerkten,  wird  die  Kaulbarschfischerei  in  stehenden  Fetzen  fast  nie 
ohne  Pumpen  betrieben. 

Das  Klappern  und  Bullern,  lit.  balditi,  wird  zu  demselben  Zwecke 
wie  das  Pumpen  hervorgebracht,  indem  die  Fischer  mit  Stöcken  oder 
Rudern  auf  den  Rand  des  Kahnes  schlagen. 

Bei  der  Kleppfi schere i  werden  an  einem  Keutelgarn  statt  einer 
Zugleine  deren  zwei  befestigt,  die,  wie  bei  der  Gomolka  (Nr.  19),  mit 
Holzspähnen  versehen  sind,  um  die  Fische  zu  scheuchen.  Die  Zugleinen 
haben  eine  Länge  von  je  20 — 30  m  und  werden  mit  Pferden  bespannt, 
die  das  etwa  20  m  vom  Ufer  entfernt  ausgelegte  Garn  mit  möglichster 
Schnelligkeit  ans  Land  schleppen  müssen.  Durch  Fortreissen  des  Pflanzen- 
wuchses  und  massenhafte  Zerstörung  von  Jungfischen  wirkt  diese  Fischerei 
ganz  besonders  schädlich. 

Das  Steiern  oder  Intern  unterscheidet  sich  von  der  Kleppfischerei 
nur  dadurch,  dass  ein  in  derselben  Weise  wie  bei  jener  vorgerichteter 
Keutel  statt  von  Pferden  durch  zwei  Segel fahrzeuge  geschleppt  wird,  die 
mit  grösster  Schnelligkeit  vor  dem   Winde  treiben. 

Streben  oder  Streven  nennt  man  es,  wenn  Zugnetze  wie  das 
Herbst-  oder  Sommergarn,  die  nur  von  festliegenden  Fahrzeugen  aus  auf- 
gezogen werden  sollen,  statt  dessen  hinter  den  vor  dem  Winde  segelnden 
Fahrzeugen  hergeschleppt  werden,  wobei  natürlich  ein  viel  beträchtlicherer 
Fang  gemacht  wird,  mitgefangene  kleine  Fische  aber  keine  Gelegenheit 
finden  zu  entweichen,  und  durch  den  starken  Druck  getödtet  werden. 

Quaste  sind  Strauchbündel,  die  lose  zusammengebunden  und  mit 
Steinen  beschwert  vor  Pricken  ins  Wasser  gelegt  werden,  um  die  gerne  in 
sie  hineinkriechenden  Aale  zu  fangen.  Wegen  des  grossen  Schadens  der 
dadurch  an  den  jungen  Aalen  geschieht  (S.  317)  sind  dieselben  seit  der 
Fischereiordnung  von  1589  wiederholt  verboten  worden,  werden  aber  noch 
immer  heimlich  gebraucht. 


Verbotene  Fischereien.  411 

Der  Hölger,  welchen  die  Ausführungsverordnung  vum  1.1.  Mai  1877 
besonders  verbietet,  wird  auf  dem  frischen  Haffe  nach  wie  vor  in  aus- 
gedehntem Maasse  zum  grössten  Nachtheil  des  Aalbestandes  angewandt. 
Der  Hölger  (an  anderen  Orten  Aalhaue,  Aalharke  genannt)  ist  ein  eiserner 
Kamm  von  ca.  20  cm  Länge  mit  dünnen  runden  Zinken,  die  abwechselnd 
von  verschiedener  Länge  sind    und   in  Zwischenräumen   von    etwa  1    cm 


Fig.  202.     Der  Hölger. 

stehen.  Er  wird  an  der  Seite  des  Kahns  mittelst  einer  langen  Stange 
auf  den  Grund  des  "Wassers  gedrückt  und  durch  eine  oberhalb  der  Zinken 
angebrachte  Schnur  am  vorderen  Ende  des  Fahrzeuges  befestigt.  Indem 
nun  dasselbe  vorwärts  segelt,  durchfurcht  der  Hölger  den  weichen 
Schlammgrund  und  spiesst  die  ihm  begegnenden  Aale,  gelegentlich  auch 
andere  Fische  an.  Der  Mann,  welcher  ihn  an  der  Stange  hält,  fühlt 
sofort,  wenn  ein  Aal  auf  dem  Hölger  sitzt  und  zieht  das  Instrument 
schleunigst  in  die  Höhe,  um  den  Gefangenen  an  Bord  zu  werfen. 
Natürlich  gelingt  es  jedoch  sehr  vielen  Aalen,  sich,  ehe  der  Hölger  an 
Bord  kommt,  loszuwinden,  sie  fallen  dann  ins  Wasser  zurück,  um  bald 
umzukommen.  Diese  nutzlose  Vernichtung  zahlloser  Aale,  und  der  Um- 
stand, dass  ausser  grossen  Fischen  natürlich  auch  ohne  Wahl  eine  Un- 
masse von  jungen,  unbrauchbaren  Thieren  mitgefangen  oder  verletzt 
wird,  haben  schon  vor  alter  Zeit  zum  Verbot  der  Hölgerfischerei  geführt. 
Trotzdem  wird  dieselbe  von  zahllosen  Segelfahrzeugen,  ja  gelegentlich 
sogar  von  Dampfern  betrieben.  Natürlich  ist  sie  nur  da  anwendbar,  wo, 
wie  in  einem  grossen  Theile  des  frischen  Haffes,  der  Boden  vollkommen 
eben  und  mit  weichem  Schlamm  bedeckt  ist. 


Die  volkswirtschaftliche  Bedeutung  unserer  Fischerei, 
die  Ursachen  ihres  Rückganges  und  die  Mittel  zu  ihrer  Hebung. 


Je  umfangreicher  die  Gewässer  eines  Landes  sind,  um  so  wichtiger 
und  bedeutungsvoller  ist  natürlich  im  nationalökonomischen  Interesse  ihre 
rationelle  Bewirthschaftung.  Aber  während  auf  dem  Gebiete  der  Land- 
wirthschaft  auch  bei  uns  die  grössten  und  erfolgreichsten  Anstrengungen 
gemacht  werden,  um  den  Ertrag  des  Bodens  zu  erhöhen,  wird  der  ver- 
nünftigen Ausnutzung  der  Gewässer  noch  bei  Weitem  nicht  die  erforder- 
liche Aufmerksamkeit  und  Sorgfalt  zugewandt.  Und  doch  sind  reiche 
Ernten  aus  dem  Wasser  vielfach  leichter  und  sicherer  zu  gewinnen  als 
von  dem  Ackerlande,  ja  es  kann  selbst  der  von  einem  Gewässer  zu  erzielende 
Gewinn  unter  Umständen  grösser  sein  als  von  einer  gleich  grossen  Fläche 
guten  Ackers. 

Allerdings  ist  die  Ertragsfähigkeit  der  Gewässer,  namentlich  des 
Meeres,  von  manchen  Seiten  in  ausserordentlicher  Weise  überschätzt 
worden.  Wenn  wirklich  auf  manchen  Fischgründen  die  Hectare  Meeres- 
boden wöchentlich  dasselbe  Gewicht  an  Fischfleisch  liefert,  welches  die 
gleiche  Fläche  guten,  gut  angebauten  Landes  in  einem  Jahre  an  Rind- 
fleisch produciren  kann,  wenn  unter  Umständen  Karpfenteiche  höhere 
Erträge  abwerfen  als  guter  Weizenboden,  so  wäre  es  doch  leichtfertig, 
solche  Ausnahmefälle  zu  allgemeinen  Schlüssen  über  die  Fruchtbarkeit 
des  Wassers  zu  verwerthen. 

Gute  Karpfenteiche  können  bei  zweckmässiger  Bewirthschaftung  jähr- 
lich 70 — 80  kg  Fischfleisch  pro  Hectare  liefern  und  dürfte  ein  solcher  Dnrch- 
schnittsertrag  als  das  Maximum  anzusehen  sein,  welches  unter  normalen 
Umständen  von  einer  Wasserfläche  producirt  werden  kann.  Ist  man 
doch   bei    der  Teichwirtschaft  im  Stande,  willkürlich  Verhältnisse  herzu- 


Die  volkswirtschaftliche   licdeutung  unserer  Fischerei.  413 

stellen,  welche  dem  Gedeihen  der  Fische  besonders  günstig  sind.  Aehn- 
iiche  oder  höhere  Erträge  werden  sich  in  der  freien  Natur  nur  an  ge- 
wissen beschränkten  Oertliclikeiten  vorfinden  lassen,  wo,  wie  z.  B.  auf 
den  Laichgründen  der  Dorsche,  Heringe  u.  a,  ungeheure  Schwärme  von 
Fischen,  die  Producte  weiter  Meeresflächen,  von  allen  Seiten  her  zusammen- 
strömen. 

Der  Kieler  Ministerialcommission  zur  wissenschaftlichen  Unter- 
suchung der  deutschen  Meere,  und  namentlich  den  eingehenden  und  mühe- 
vollen Arbeiten  Hensen's  gebührt  das  Verdienst,  für  die  Ermittelung  der 
Fischerträge  unserer  Ostseeküste  einen  festen  Grund  gelegt  zu  haben, 
auf  dem  freilich  noch  lange  und  gewissenhaft  wird  fortgebaut  werden 
müssen,    um   zu  sicheren  und  allgemein  giltigen  Eesultaten  zu  gelangen. 

Nach  Hensen1)  werden  an  der  ost-  und  westpreussischen  Ostsee- 
küste 90,8  Q.-Meilen  —  510750  ha  Meeresfiäche  befischt.  Nach  fünf- 
jährigen Beobachtungen  in  Heia  wurden  dort  auf  einem  Bezirk  von  7200  ha 
im  Durchschnitt  227  900  kg  Fische  gefangen,  also  31,6  kg  pro  Hectare. 
Bei  Eckernförde  dagegen  kamen  im  Durchschnitt  aus  dreijährigen  Be- 
obachtungen nur  15  kg  Fische  auf  die  Hectare.  Nehmen  wir,  bis  weitere 
Beobachtungen  vorliegen,  einstweilen  das  Mittel  aus  den  Helenser  und 
Eckernförder  Ergebnissen,  d.  h.  23,7  kg  als  durchschnittlichen  Fischertrag 
unserer  Ostseeküste  an,  so  würde  die  befischte  Fläche  von  510750  ha 
jährlich  510  750  x  23,7  kg  =  6129000  kg  Fische  liefern,  die,  das  Kilo 
zu  50  Pf.  gerechnet,    einen  Gelclwerth   von  3064000   Mark  repräsentiren. 

Für  eine  ungefähre  Berechnung  der  Fischprocluction  der  Haffe  liegen 
mir  nur  die  zweijährigen  Angaben  des  Berichterstatters  der  deutschen 
Fischereizeitung  über  die  monatlich  im  siebenten  Bezirk  des  kurischen 
Haffes  (Nemonien)  gefangenen  Fische  vor.  Nach  diesen  Angaben  wären 
in  der  Zeit  vom  1.  Juli  1878  bis  30.  Juni  1879  Fische  im  Werthe  von 
68812  Mark,  in  derselben  Zeit  1879/80  im  Werthe  von  57180  Mark  ge- 
fangen, im  Durchschnitt  also  jährlich  für  59496  Mark.  Rechnen  wir 
auch  hier  das  Kilo  zu  50  Pfennigen,  so  erhalten  wir  78992  kg  Fische 
auf  eine  Fläche  von  28800  ha,  also  nur  wenig  über  4  kg  pro  Hectare. 
Wir  können  diesen  Betrag  indessen  unmöglich  als  für  die  Haffe  allgemein 
giltig  ansehen,  indem  einerseits  die  Fischerei  in  dem  Bezirk  Nemonien 
nicht  so  bedeutend  ist  als  in  vielen  anderen  Bezirken  des  kurischen 
Haffes,  und  als  namentlich  im  frischen  Haff,  und  andrerseits  der  Bericht- 


1)  Eesultate  der  statistischen  Beobachtungen  über  die  Fischerei  an  den  deutschen 
Küsten.  Jahresbericht  der  Cornnüssion  zur  wissenschaftlichen  Untersuchung  der  deut- 
schen Meere  in  Kiel.     Berlin  1878. 


414  Die  volkswirthschaftliche  Bedeutung  unserer  Fischerei. 

erstatter  wohl  nur  die  in  Nemonien  zu  Markte  gebrachten,  nicht  aber 
die  von  den  Fischern  selber  consumirten  oder  an  anderen  Orten  abge- 
setzten Fische  berücksichtigen  konnte.  Wenn  man  die  Menge  der  von 
den  Haffen  nach  Heydekrug,  Labiau,  Königsberg  und  Elbing  gelieferten 
Fische  betrachtet  und  bedenkt,  dass  tausende  von  Familien  an  den 
Haffen  fast  ausschliesslich  von  der  Fischerei  und  dem  Fischhandei  sich 
ernähren,  so  dürfte  man  nach  sehr  massiger  Schätzung  mindestens  10  kg 
als  Durchschnittsertrag  der  Hectare  beider  Haffe  annehmen  müssen.  Bei 
einer  Gesammtgrösse  von  254210  ha  würden  sie  demnach  jährlich  eine 
Fischmenge  von  2  542100  kg  im  Werthe  von  1271050  Mark  liefern. 

Etwas  genauer  sind  wir  über  den  Fischertrag  unserer  grösstenteils 
fiscalischen  Binnengewässer  orientirt.  Nach  Metzgers1)  verdienstvollen 
statistischen  Untersuchungen  beträgt  in  Ost-  und  Westpreussen  die  pro 
Hectare  derselben  an  den  Fiscus  gezahlte  Pachtsumme  im  Durchschnitt  rund 
2  Mark,  im  Ganzen  werden  205  576  Mark  an  Pacht  vereinnahmt.  Auf 
den  masurischen  Seen,  die  eine  Grösse  von  48745,6  ha  haben,  und  für 
1,7  Mark  pro  Hectare  verpachtet  sind,  wurden  im  Jahre  1877/78,  welches 
einen  ziemlich  normalen  Ertrag  lieferte,  nach  den  von  den  Aufsichts- 
beamten gemachten  Aufzeichnungen  19420  Tonnen  =  833680  kg  Fische 
im  Werthe  von  219654  Mark  gefangen  (4430  Tonnen  ä  80  kg  Stint 
oder  Uckelei  zu  je  9  Mark,  5991  Tonnen  anderer  Fische  durchschnitt- 
lich zu  je  30  Mark  gerechnet).  Es  kommen  hier  also  auf  die  Hectare  16  kg 
von  den  fiscalischen  Pächtern  gefangener  Fische. 

Das  Verhältniss  der  Pachtsumme  zum  Werthe  der  gewonnenen 
Fische  ist  in  Masuren  durchschnittlich  =  1,7  :  7,2,  der  Eohertrag  also  das 
4,4fache  der  Pacht.  Nehmen  wir  dies  Verhältniss  einstweilen  auch  für  die 
übrigen  fiscalischen  Gewässer  als  giltig  an,  so  würde  den  205  576  Mark  an 
den  Fiscus  gezahlter  Pacht  eine  Fischmenge  im  Werthe  von  904512  Mark 
entsprechen.  Rechnen  wir  hierzu  die  von  den  Fischereiberechtigten 
gefangenen  Fische  und  nehmen  an,  dass  dieselben,  wie  auf  den  masuri- 
schen Gewässern,  durchschnittlich  überall  V40  der  von  den  fiscalischen 
Pächtern  gewonnenen  Menge  betragen,  berücksichtigen  wir  ferner  den 
Ertrag  der  unrechtmässigen  Raubfischerei  und  endlich  auch  den  Ertrag 
derjenigen  Gewässer,  welche  nicht  fiscalisch  sind,  oder  deren  Fischerei- 
nutzung   doch   wenigstens    Gemeinden    oder  Privatleuten  zusteht ,    wenn 


1)  Beiträge  zur  Statistik  und  Kunde  der  Binnenfischerei  des  preussischen  Staates. 
Bearbeitet  und  mit  Unterstützung  des  königl.  Ministeriums  für  Landwirtschaft,  Domainen 
und  Forsten  herausgegeben  von  Dr.  A.  Metzger,  Prof.  d.  Zoologie  an  der  königl.  Forst- 
akademie zu  Münden.     Berlin  1880. 


Die  Ursachen  ihres  Rückganges  und  die  Mittel  zu  ihrer  Hebung.  415 

auch  Grund  und  Boden  dem  Fiscus  gehören1),  so  dürfte  der  derzeitige 
Ertrag  unserer  Binnengewässer  mit  l1/-?  Millionen  Mark  nicht  zu  hoch 
veranschlagt  sein. 

Leider  liegen  uns  längere  Beobachtungsreihen  über  den  Ertrag 
unserer  Gewässer  in  verschiedenen  Zeiten  nicht  vor,  es  ist  aber  sehr 
wünschenswerth,  dass  solche  fortan  mit  möglichster  Zuverlässigkeit  an- 
gestellt werden. 

Wie  in  allen  Culturländern,  so  wird  auch  in  unseren  Provinzen 
allgemein  über  den  Rückgang  der  Fischerei  geklagt  und  es  datiren  diese 
Klagen  nicht  erst  aus  neuerer  Zeit.  Schon  1784  sagt  Bock  in  seiner 
bereits  mehrfach  erwähnten  Naturgeschichte:  „dass  der  Segen  von  Fischen 
allhier  abnehme,  bestätigen  alle,  die  eine  fünfzigjährige  Erfahrung  haben" 
und  ,,Leo  klaget  über  die  Abnahme  der  Fische  in  Preussen  schon  bei 
dem  Anfange  des  16.  Jahrhunderts." 

Von  manchen  Seiten  hört  man  eine  allgemeine  Abnahme  aller 
Fische  in  allen  unseren  Gewässern  behaupten,  während  andererseits  eine 
wesentliche  Verringerung  des  Fischbestandes  geleugnet  wird.  Ja  es  fehlt 
nicht  an  Stimmen,  welche  selbst  die  Möglichkeit  einer  erheblichen  Ver- 
minderung der  Fische  durch  den  Fischereibetrieb  in  Abrede  stellen, 
weil  Raubthiere  und  andere  Verhältnisse  eine  viel  grössere  Menge  von 
Fischen  vernichten  als  von  Menschen  gefangen  werden.  Als  ob  es  für 
Jemanden,  der  den  grösseren  Theil  seines  Vermögens  verloren  hat,  gleich- 
giltig  wäre,  ob  er  auch  noch  den  Rest  verschleudert  oder  in  wirthschaft- 
licher  Weise  zu  Rathe  hält. 

Es  sind  bei  Untersuchungen  über  die  Veränderungen  des  Fisch- 
bestandes der  Gewässer  immer  zahlreiche  Verhältnisse  zu  berücksichtigen 
und  ist  vor  allem  darauf  zu  achten ,  ob  die  an  gewissen  Orten  behaup- 
tete Verminderung  aller  oder  einzelner  Fischarten  eine  absolute  oder  nur 
relative  ist. 

Einen  unwiderlegbaren  Beweis  für  die  wirkliche  Verminderung 
einer  Fischart  liefert  die  Verminderung  ihrer  durchschnittlichen  Grösse, 
die  bei  uns  erwiesener  Maassen  an  den  meisten  Orten  eingetreten  ist. 
Ebenso  ist  die  Ermässigung  der  für  die  Fischerei  gezahlten  Pachtsummen 
ein  sicheres  Zeichen  des  Rückganges,  und  manche  von  unseren  Seen 
sind   durch  eine  fortgesetzte  Raubwirthschaft    so   erschöpft,   dass    sie   nur 


1)  So  briDgt  z.  B.  der  Geserichsee  der  Stadt  Dt.  Eylau  eine  Fischereipacht  von 
21000  Mark,  und  in  Westpreussen  ist  eine  grosse  Menge  bedeutender  Seen  in  Privat- 
besitz übergegangen.  Allein  in  den  Kreisen  Konitz  und  Schlochau  wurden  im  Jahre  1833 
mcht  weniger  als  57  fiscalische  Seen  von  zusammen  ca.  7500  ha  Oberfläche  verkauft. 


41(3  Die  volkswirthschaftliche  Bedeutimg  unserer  Fischerei. 

noch  für  einen  kleinen  Bruchtheil  der  ehemaligen  Pacht  oder  selbst  zeit- 
weise gar  nicht  verpachtet  werden  können. 

Grosse  Flundern  sind  an  unseren  Küsten  fast  überall  zu  einer  Sel- 
tenheit geworden,  ebenso  haben  sich  die  Dorsche  erheblich  vermindert 
und  verkleinert;  Schnäpel  und  Perpel,  die  früher  in  ausserordentlichen 
Mengen  gefangen  wurden,  und  getrocknet  nicht  nur  einem  grossen  Theile 
der  Fischer  zum  Wintervorrath  dienten,  sondern  auch  massenhaft  expor- 
tirt  wurden,  kommen  nur  in  ganz  unerheblicher  Menge  noch  vor  und 
die  geringe  Zahl  der  jetzt  noch  bei  uns  gefangenen  Störe  lässt  uns  die 
Notizen  der  Pfundzollbücher  aus  dem  16.  und  17.  Jahrhundert  fast  un- 
glaublich erscheinen,  nach  welchen  allein  Pillau  durchschnittlich  jährlich 
1500,  zeitweise  aber  über  6000  Achteltonnen  marinirten  Störes  nach  Eng- 
land verschiffte,  obwohl  der  Störverbrauch  im  Lande  sicher  mindestens 
nicht  geringer  war  als  jetzt.  Die  Zahl  und  Durchschnittsgrösse  der 
Zander  und  Bressen  hat  sich  namentlich  in  den  Haffen  bedeutend  ver- 
mindert, an  manchen  Gewässern  wird  mit  Eecht  auch  eine  Abnahme  der 
Kaulbarsche,  Barsche,  Plötze  und  Maränen  beklagt.  Weniger  ersichtlich 
ist  eine  allgemeine  Verminderung  der  anderen  Fischarten,  ja  bei  den  Neun- 
augen, Stinten,  Quappen  u.  a.  ist  eine  solche  wohl  garnicht  behauptet  worden. 

Es  liegt  auf  der  Hand,  dass  die  fortschreitende  Landescultur,  wie 
der  Jagd,  so  auch  der  wilden  Fischerei  und  der  Erhaltung  des  Fisch- 
bestandes nicht  günstig  sein  kann.  Unbedingt  muss  das  Interesse  der 
Fischerei  zurückstehen,  wo  es  gilt,  durch  ßegulirung  der  Flüsse  dem 
Verkehr  neue  Bahnen  zu  eröffnen,  durch  Fabrikanlagen  den  Wohlstand 
ganzer  Gegenden  zu  heben ,  wo  durch  Trockenlegung  von  Gewässern 
dauernde  Mehreinnahmen  von  dem  gewonnenen  Lande  zu  erzielen  sind. 
Indessen  lassen  sich  doch  manche  der  Fischerei  aus  der  zunehmenden 
Cultur  des  Landes  erwachsende  Nachtheile  verringern  oder  selbst  ganz 
abstellen,  und  man  wird  womöglich  allen  berechtigten  Interessen  zu  ent- 
sprechen suchen  müssen. 

Unstreitig  haben  die  veränderten  Yerkehrsverhältnisse  in  erster 
Linie  dazu  beigetragen,  den  ehemals  ganz  berechtigten  Vorstellungen  von 
der  Unerschöpflichkeit  des  Fischreichthums  ein  Ende  zu  machen.  Mit 
Ausnahme  weniger  durch  Trocknen,  Salzen,  Räuchern  oder  anderweitige 
Präparation  conservirter  Arten  wurde  und  wird  ja  noch  jetzt  die  Haupt- 
masse der  bei  uns  gefangenen  Fische  in  frischem  Zustande  zu  Markte 
gebracht.  Bei  den  schwerfälligen  Verkehrsmitteln  früherer  Zeiten  konnte 
das  natürlich  nur  im  engen  Umkreise  der  Fangorte  geschehen.  Die  kleine 
dem  localen  Bedürfnisse  entsprechende  Menge  von  Fischen  war  jederzeit 
mühelos  zu  beschaffen    und    ihr  Preis    blieb  natürlich  ein  geringer.     Bei 


Die  Ursachen  ihres  Rückganges  und  die  Mittel  zu  ihrer  Hehung.  417 

der  geringen  Anzahl  der  Consumenten  konnte  in  jener  Zeit  unbedenklich 
auch  in  der  Laichzeit  und  auf  den  Laichplätzen  gefischt  werden,  ohne 
die  Vermehrung  der  Fische  im  Mindesten  zu  beeinträchtigen.  Die  natur- 
gemässe  Zunahme  der  Bevölkerung  war  nicht  im  Stande,  das  günstige 
Verhältniss  zu  ändern,  so  lange  wesentlich  nur  die  Fischerdörfer  selber 
und  ihre  nächste  Umgebung  von  den  Fischen  lebten. 

Nun  hat  aber  die  Vermehrung  der  Postverbindungen ,  der  Dampfer 
und  Eisenbahnen  die  früheren  Verkehrsverhältnisse  von  Grund  aus  ge- 
ändert. In  der  ehemals  für  den  Transport  auf  wenige  Meilen  erforder- 
lichen Zeit  legt  die  frische  Waare  jetzt  weite  Entfernungen  zurück  und 
sorgfältige  Eisverpackung  erlaubt  uns  selbst  in  der  warmen  Jahreszeit,  die 
Lachse  des  kurischen  Haffes  bis  nach  Paris  zu  senden  und  unsere  See- 
fische weit  in  das  Binnenland  hinein  zu  befördern.  Während  früher  die 
Fischer  von  der  Obrigkeit  gezwungen  waren ,  ihre  Fänge  an  bestimmten 
Orten  zu  Markte  zu  bringen,  sie  gerichtweise  zu  einem  von  der  Behörde 
bestimmten  Preise  zu  verkaufen  und  erst  nach  vollkommener  Befriedigung 
des  Localbedarfes  daran  denken  durften,  ihren  Ueberfluss  an  Händler  ab- 
zugeben, während  daher  in  den  dem  Wasser  nahe  gelegenen  Städten  die 
Fische  gewöhnlich  reichlich  vorhanden  und  so  billig  waren ,  dass  die 
Dienstboten  sich  weigerten,  sich  gar  zu  oft  damit  abspeisen  zu  lassen, 
sucht  jetzt  natürlich  jeder  Fischer  den  besten  Markt  für  seine  Waare. 
Die  steigende  Nachfrage  nach  Fischen  auch  im  Binnenlande  steigerte 
selbstredend  die  Preise,  und  deren  Erhöhung  reizte  zu  vermehrtem 
Fischen.  Mussten  vor  wenigen  Jahrzehnten  bei  besonders  reichlichem  Fange 
noch  Lachse  zu  Hunderten  vergraben  werden,  weil  man  sie  nicht  ver- 
werthen  konnte1),  so  werden  jetzt  selbst  die  geringwerthigsten  Fische 
immer  noch  lohnend  bezahlt.  Es  ist  daher  nicht  überraschend,  wenn  sich 
an  manchen  Orten  die  Zahl  der  Fischer  erheblich  vermehrte.  Trotz  der 
absolut  grösseren  Menge  der  in  Folge  dessen  gefangenen  Fische  kann  doch 
unter  solchen  Umständen  der  zunehmende  Export,  die  Preissteigerung 
und  die  Vertheilung  der  Beute  auf  eine  grössere  Anzahl  von  Fischern 
den  Eindruck  hervorrufen,  als  ob  der  Fischreichthum  im  Rückgange  be- 
griffen sei.  Wie  aber  die  Preissteigerung  einer  Waare  nicht  eine  Folge 
ihrer  grösseren  Seltenheit  zu  sein  braucht,  sondern  ebensowohl  durch  die 
grössere  Nachfrage  bedingt  sein  kann,  zeigen  in  unseren  Provinzen  recht 
deutlich    die    trotz    ausserordentlich    gesteigerter  Production    in  wenigen 


1)  Im  August  1827  wurden  bei  Skirwieth  an  einem  Tage  1500  grosse  Lachse 
gefangen,  von  denen  hunderte  nicht  verwerthet  werden  konnten,  obgleich  man  das  Stück 
(von  durchschnittlich  30  Pfd.  Schwere)  für  1  Mark  fortgab. 

27 


418  Die  volkswirtschaftliche  Bedeutung  unserer  Fischerei. 

Jahrzehnten  um  das  Drei-  bis  Vierfache  erhöhten  Butterpreise.  Auch  die 
trotz  steigender  Preise  geringere  Einnahme  des  einzelnen  Fischers  kann 
nicht  ohne  Weiteres  als  ein  Beweis  für  die  Abnahme  des  Fischbestandes 
angenommen  werden.  Wenn  nach  Beerbohm1)  der  jährliche  Fang  eines 
Zugnetzes  am  kurischen  Haff  im  Jahre  1840  4800  Mark,  1872  dagegen 
nur  1800  Mark  werth  war,  obwohl  sich  die  Fischpreise  in  dieser  Zeit  ver- 
dreifacht hatten,  so  ist  doch  auch  zu  berücksichtigen,  dass  sich  die  Zahl 
der  Fischer  inzwischen  genau  verdoppelt  hatte.  Nimmt  man  nun  an, 
dass  die  Zahl  der  im  Jahre  1840  gefischten  Netze  den  Verhältnissen  des 
kurischen  Haffes  entsprach,  so  wird,  ein  Gleichbleiben  des  Fischbestandes 
vorausgesetzt,  die  doppelte  Anzahl  von  Netzen  in  der  gleichen  Zeit  nicht 
mehr  Fische  fangen  können,  als  ehemals  von  halb  so  vielen  gefangen  wurden, 
der  Durchschnittsertrag  eines  Netzes  würde  also  unter  sonst  gleichen  Ver- 
hältnissen im  Jahre  1872  nur  halb  so  hoch  gewesen  sein  können,  als  er 
im  Jahre  1840  war. 

Natürlich  werden  unter  solchen  Umständen  die  Fischer,  die  doch 
von  ihrem  Gewerbe  leben,  und  zwar  möglichst  gut  leben  wollen,  ihre 
Anstrengungen  verdoppeln,  häufiger  und  schonungsloser  fischen,  und  so 
kann  es  leicht  dahin  kommen,  dass  der  Consum  die  Production  über- 
flügelt und  die  früher  nur  scheinbare  Verminderung  der  Fischmenge  zu 
einer  wirklichen  wird.  Die  hohen  Fischpreise  und  die  Schwierigkeit,  auf 
rechtmässigem  Wege  in  den  Besitz  von  Fischen  zu  gelangen,  verlocken 
natürlich  viele  Anwohner  der  Gewässer  zum  Fischdiebstahl,  und  es 
werden  bei  demselben,  um  schnell  und  unbemerkt  erhebliche  Mengen 
von  Fischen  zu  erbeuten,  oft  die  verwerflichsten  Fangmethoden  ange- 
wandt, die  ausser  den  brauchbaren  Fischen  grosse  Mengen  von  Fischbrut 
vernichten,  so  verschiedene  Arten  engmaschiger  Netze,  der  Gebrauch  be- 
täubender Mittel,  die  in  das  Wasser  geworfen  werden  etc. 

Vielfach  werden  durch  eine  unzweckmässige  Verpachtungsweise 
der  Gewässer  die  Pächter  zur  schonungslosesten  Baubfischerei  geradezu 
herausgefordert,  indem  der  Pachtzins  möglichst  in  die  Höhe  getrieben 
wird,  die  Verpachtung  aber  nur  für  wenige  Jahre  erfolgt.  Natürlich 
fischen  die  Pächter  dann  unbekümmert  um  die  Zukunft  heraus,  was  sie 
nur  fangen  können,  ohne  auf  die  Laichfische  oder  die  junge  Brut  irgend 
welche  Bücksicht  zu  nehmen. 

Die  Beguliruug  der  Flüsse,  die  Trockenlegung  ausgedehnter,  mit 
ihnen  zusammenhängender  Altwässer  und  Brücher  vernichtet  noth wendig 


1)  Die  Fischerei   des  kurischen    Haffes   und  der  Nebengewässer.     Circulare  des 
deutschen  Fischereivereins.  1872.  p.  207. 


Die  Ursachen  ihres  Rückganges  und  die  Mittel  zu  ihrer  Hebung.  419 

eine  Menge  der  günstigsten  Laichplätze,  die  früher  in  stillen  Buchten 
und  an  flachen  Ufern  sich  befanden.  Die  stärkere  Strömung,  grössere 
Tiefe  und  der  geringere  Pflanzenwuchs  in  regulirten  Flüssen  ist.  weder 
der  Ablage  des  Laiches  noch  dem  Heranwachsen  der  jungen  Brut 
günstig,  die  ehemals  in  dem  dichten  Pflanzengewirr  ruhiger  und  flacher 
Buchten  geeignete  Schlupfwinkel  und  reichliche  Nahrung  fand. 

Die  Dampfschifffährt  ist  weit  weniger  durch  den  von  den  Schaufeln 
oder  Schrauben  veranlassten  Lärm,  an  den  sich  die  Fische  bald  ge- 
wöhnen, als  vielmehr  dadurch  schädlich,  dass  die  dem  Dampfer  folgende 
Pluthwelle  namentlich  in  weniger  breiten  Gewässern  Laich  und  Fischbrut 
in  Menge  ans  Ufer  wirft.  Bagger  veranlassen,  wo  sie  längere  Zeit  hin- 
durch dauernd  in  Thätigkeit  bleiben,  eine  so  erhebliche  Trübung  des 
Wassers,  dass  die  meisten  Standfische  aus  ihrer  Nähe  vertrieben,  Wander- 
fische   in  ihrem  Zuge  gestört  und  abgelenkt  werden. 

Mühlenwehre  und  ähnliche  zum  Betriebe  von  Fabriken  angelegte 
Stauwerke  machen  es  in  vielen  Flüssen  den  Wanderfischen  unmöglich, 
bis  zu  ihren  im  oberen  Laufe  gelegenen  Laichplätzen  aufzusteigen,  während 
Turbinen  vielfach  die  stromabwärts  wandernde  Brut  der  Wanderfische  und 
die  zum  Laichen  ziehenden  Aale  vernichten.  Da  nun  die  Brut  der  Wander- 
fische, bei  uns  namentlich  die  des  Lachses,  schon  in  früher  Jugend  dem  Meere 
zueilt,  um  erst  im  geschlechtsreifen  Zustande  zum  Laichen  an  ihren  Ge- 
burtsort zurückzukehren,  so  ist  es  natürlich,  dass  in  den  durch  Wehre  ge- 
sperrten Flüssen  erwachsene  Lachse  oberhalb  der  Stauvorrichtungen  nicht 
vorkommen,  also  auch  nicht  laichen  können,  selbst  wenn  jährlich  Lachs- 
brut in  Menge  in  den  Oberlauf  der  Flüsse  eingesetzt  wird  und  gut  gedeiht. 

Die  Auswurfstoffe  grosser  Städte,  die  giftigen  Abgänge  von  Flachs- 
rösten, von  chemischen  Fabriken,  Färbereien,  Bleichereien,  Gasanstalten, 
Destillationen  und  anderen  industriellen  Anlagen  verunreinigen  manche 
Flüsse  und  Bäche  in  so  hohem  Maasse,  dass  den  Fischen  der  Aufent- 
halt darin  völlig  unmöglich  gemacht  wird. 

Berücksichtigen  wir  ferner,  wie  ausser  diesen  von  der  Cultur  her- 
beigeführten Uebelständen  schon  zahllose  natürliche  Feinde  die  Vermehrung 
der  Fische  beschränken,  wie  ungünstige  Witterung  das  Laichen  stört  oder 
ganz  verhindert,  wie  Blitzschläge  in  kleinere  Gewässer  oft  grosse  Fisch- 
mengen tödten,  wie  das  von  Wiesen,  die  während  der  Heuernte  über- 
schwemmt wurden,  ablaufende  Wasser  mitunter  zahllose  Fische  vergiftet, 
wie  bisweilen  ohne  jede  nachweisbare  Ursache  die  Fische  von  einer  ver- 
heerenden Pest  hingerafft  werden,  so  erscheint  es  dringend  geboten,  einer 
weiteren  Verminderung  des  Fischbestandes  entgegenzutreten  und  denselben 
allmählich  wieder  bis  zu  der  erreichbaren  Höhe  zu  heben. 

27* 


420  Die  volkswirthschaftliche  Bedeutung  unserer  Fischerei. 

Der  wohlfeile  Eath,  „die  Fische  nur  ruhig  laichen  zu  lassen  und 
dann  zu  fangen,  was  man  von  marktfähigen  Exemplaren  erreichen  könne, 
für  das  Nachwachsen  der  übrigen  sorge  schon  die  Natur,"  ist  unter  den 
jetzigen  Umständen  durchaus  unzureichend.  Es  müssen  nicht  nur  zahl- 
reiche Uebelstände  abgestellt  resp.  vermindert,  es  muss  auch  in  positiver 
Weise  für  die  Vermehrung  der  Fische  gesorgt  werden,  wenn  wir  in 
unseren  Gewässern  wieder  einen  genügenden  Fischbestand  erziehen  wollen. 
Bei  der  grossen  Verschiedenheit  der  Verhältnisse  an  den  einzelnen  Ge- 
wässern ist  es  jedoch  ganz  unthunlich,  allgemein  giltige  gesetzliche  Vor- 
schriften zu  erlassen,  die  mehr  als  den  Rahmen  bilden,  innerhalb  dessen 
den  localen  Behörden  freier  Spielraum  gelassen  sein  muss. 

Vor  allen  Dingen  wird  es  erforderlich  sein,  dahin  zu  wirken,  dass 
die  Zahl  der  Fischer  sich  nicht  übermässig  vermehre.  Es  liegt  im  allge- 
meinen wirtschaftlichen  Interesse  des  Landes,  dass  auch  die  Fischer 
nicht  kümmerlichen,  sondern  auskömmlichen  Erwerb  finden.  Wo  früher 
900  selbstständige  Fischer  sich  gut  ernährten,  da  können,  wenn  nicht 
eine  erhebliche  Zunahme  des  Fischbestandes  stattgefunden  hat,  —  und 
die  ist  wohl  nirgends  behauptet  worden  —  nicht  jetzt  1800  Familien  bei 
der  Fischerei  ebenso  reichlichen  Verdienst  finden.  Es  ist  daher  noth- 
Avendig,  und  die  Behörde  hat  auch  bereits  begonnen,  die  Zahl  der  Fischer 
auf  den  öffentlichen  Gewässern  auf  ein  entsprechendes  Maass  zu  beschränken. 
Jeder  Fischersohn  hat  ebensowenig  ein  Privilegium  selbstständiger  Fischer 
zu  werden,  wie  jeder  Königssohn  ein  eigenes  Königreich  beanspruchen 
kann;  mögen  auch  Fischersöhne,  wie  Leute  aus  allen  Ständen  es  thun 
müssen,  einen  anderen  Lebensunterhalt  suchen.  Selbstverständlich  kann 
nicht  die  Rede  davon  sein,  die  Zahl  der  Fischer  plötzlich  zu  verringern, 
es  liegt  aber,  z.  B.  an  unseren  Haffen,  ganz  in  der  Hand  der  Verwaltungs- 
behörde, dieselbe  ohne  jede  Härte  allmählich  einzuschränken,  indem  für  die 
durch  Alter,  Tod  etc.  ausscheidenden  Pachtzinsfischer  neue  zunächst  gar 
nicht,  oder  doch  in  geringerer  Zahl  zugelassen  werden. 

Die  Verminderung  der  eingehenden  Pacht  könnte  gegenüber  der 
Hebung  des  Wohlstandes  der  Fischereibevölkerung  nicht  in  Betracht 
kommen,  Hesse  sich  auch  durch  eine  Steigerung  des  für  die  Gezeuge  zu 
zahlenden  Zinses  leicht  vollkommen  vermeiden.  Eine  solche  Steigerung 
des  Pachtzinses  wäre  einerseits  vollkommen  berechtigt,  da  derselbe  trotz 
der  gesteigerten  Fischpreise  und  der  Entwerthung  des  Geldes  seit  Jahr- 
hunderten ziemlich  unverändert  geblieben  ist  (nach  der  Haab-  und  Fischer- 
ordnung von  1640  wurden  damals  für  ein  Wintergarn  20  Mark,  x/2  Schock 
grosser  Hechte  und  2  Schock  Bressen  gezahlt,  heute  beträgt  der  Zins 
30  Mark;    für  den  Keutel,  der  1640  mit  20  Mark  und  y2  Fass  Aal  ver- 


Die  Ursachen  ihres  Rückganges  und  die  Mittel  zu  ihrer  Hebung. 


421 


zinst  wurde,  werden  heute  auf  dem  frischen  Haff  20  Mark,  auf  dem 
kurischen  Haff  30  Mark  erhoben)  andererseits  würde  dieselbe  voraussicht- 
lich Manchen,  der  jetzt  nur  der  billigen  Pacht  wegen  Gezeuge  consignirt 
und  fischt,  obwohl  er  andere  Erwerbsquellen  besitzt,  vom  Fischen  abhalten. 
Wie  gross  aber  die  Menge  der  auf  unseren  Haffen  gebrauchten 
Gezeuge  und  wie  unbedeutend  die  dafür  gezahlte  Pachtsumme  ist,  ersieht 
man  aus  den  nachfolgenden  Consignationslisten  vom  Jahre  1879/80. 

Kurisches  Haff.     1612,99  qkm. 
Es  tischten  1831  Fischer  mit  541  grossen  und  1581  kleinen  Fahrzeugen: 


Name   der  Gezeuge. 


©    i 
.2 'S   2 


©  ^J 

1  § 

o  cd 

ffl  N] 


© 

=0     -£ 


CS3 


C3 

a 


m 


Keutelgarne 

Engmaschige  Stintkeutel . 

Kurrennetze 

Braddengarne 

Windkartellgarne 


Wadegarne 

Klippnetze 

Stichliugsgarne 

Grosse  Wintergarne 

Kleine  Winterg-arne 

Ziegennetze  (Treibnetze) 

Bewegliche  Plötznetze 

Staaknetze 

Kaulbarschnetze 

Plötznetze  vor  Pricken 

Bressennetze 

Staaknetze  zur  Fischerei  unter  Eis  . 

Fischsäcke 

Aalsäcke 

Kleine  Lachsstellen 

Schnäpelpanten 

Schock  Neunaugenreusen 

Aalschnüre  ä  600  Haken 

Handangeln 

Aalspeere 

wofür  ein  Pachtzins  von  20662  Mark 


133 


99 


o 
51 
12 
3 
34 
88 

128 
21 
14 

137 

45 

1835 

888 

626 


204 

1900     26 

1555    518 

49 

76 

204 

246 

67 

30 

90  Pf.  eingeht. 


80 


49 


12 
23 

12 
22 

47 

39 

118 

2 


91 

40 

10 

22 

42 

41 

1 

27 

30 

97 

3 

1307 

353 

152 

64 

96 

64 

4 

2 

199 
9 


304 
39 

140 
22 
25 
88 

152 

129 
60 
66 

281 

48 

3181 

1259 

780 
64 

204 

2022 

2137 

53 

91 

204 

479 
67 
39 


422 


Die  volkswirthschaftliche  Bedeutung  unserer  Fischerei. 


Frisches  Haff.    861,54  qkm. 
Es  fischten  1469  Fischer  mit  300  grossen  und  1400  Meinen  Fahrzeugen: 


Namen  der  Gezeuge. 


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Keutelgarne  .  . 
Herbstgarne .  . 
Sommergarne . 


Ziehnetze 

Wintergarne 

Stichlingsgarne 

Grangarne  

Bewegliche  Staaknetze 


Staaknetze  vor  Pricken 

Bressennetze 

Kaulbarsch  netze 

Zantnetze 

Hohe  Haffsäcke  (Bressensäcke) 

Niedere  Haffsäcke 

Fischsäcke  mit  Streichtüchern . 

Aalsäcke 

Neunaugen  sacke 


Stichlingshamen 

Lachslanken 

Störlanken 

Bollreusen 

Aalreusen 

Neunaugenreusen 

Aalschnüre  ä  600  Haken 
Aalspeere 


24 
24 

211/2 

33 

7 

17 

255 

2344 

1007 

1673 

1039 

110 

65 

1413 

1792 

152 

39 

8 

5 

1942 

397 

43 

455 

2 


107 

373/4 

223/4 

571/2 
233/4 


41 

84 

2205 

35 


62 

4394 

97 


88 


11 


36 

17 


10 


465 
220 


107 

723/4 

463/4 

79 
563/4 

7 

17 

332 

2428 

3229 

1708 

1039 

110 

127 

5817 

1889 

152 

39 

8 

5 

2407 

617 

43 

543 

2 


wofür  ein  Pachtzins  von  17  649  Mark  78  Pf.  gezahlt  wird. 

Ein  grosses  Hinderniss  für  die  Hebung  des  Fischbestandes  bilden 
die  zahlreichen  Fischereiberechtigungen,  welche  von  Alters  her  Gemeinden 
und  den  Besitzern  vieler  Grundstücke  zustehen.  Im  Laufe  der  Zeiten 
haben  sich  viele  von  diesen  Berechtigungen  bedeutend  erweitert,  indem 
die  Berechtigten  bei  mangelnder  Controle  die  Fischerei   in  viel  weiterem 


Die  Ursachen  ihres  Rückganges  und  die  Mittel  zu  ihrer  Hebung.  423 

Umfange  ausübten,    als  sie  ihnen  ursprünglich  verliehen  war,   und  durch 
Verjährung  neue  Rechte  erworben  haben. 

An  manchen  Orten  sind  durch  alte  Berechtigungen  höchst  com- 
plicirte  Verhältnisse  entstanden,  indem  z.  B.  von  Seen  der  Grund  und 
Boden  zwar  tiscalisch  ist,  das  Wasser  aber  einem  entfernt  wohnen- 
den Müller  und  die  Fischereinutzung  den  Adjacenten  zusteht,  die 
natürlich,  wenn  der  Müller  plötzlich  das  Wasser  abläset,  schwer  ge- 
schädigt werden. 

Eine  vollständige  Ablösung  der  Fischereiberechtigungen  auf  unseren 
Gewässern  würde  nur  mit  unverhältnissmässigen  Kosten  durchführbar 
sein ,  ein  erheblicher  Schritt  zur  Beseitigung  der  Uebelstände  wurde 
jedoch  schon  im  ersten  Viertel  unseres  Jahrhunderts  gethan  durch  sorg- 
fältige Feststellung  der  damals  bestehenden  Berechtigungen  und  ihrer 
Ausdehnung.  Gelegentlich  ist  seitdem  eine  grössere  Zahl  von  Berechti- 
gungen abgelöst  worden,  und  es  wird  damit  bei  jeder  günstigen  Gelegenheit 
fortgefahren.  Nach  der  Fischerordnung  von  1792  verfielen  Fischerei- 
berechtigte, die  ihre  Befugnisse  überschritten,  im  ersten  Contraventionsfalle 
in  eine  Geldstrafe  von  150  Mark  und  gingen  im  Wiederholungsfälle 
ihrer  Berechtigung  verlustig.  Leider  hat  die  neuere  Gesetzgebung  die 
Strafe  sehr  gemildert  und  die  Beseitigung  von  Privilegien  auf  diesem 
Wege  unmöglich  gemacht.  Nach  den  Fischerordnungen  von  1845  erlischt 
nämlich  die  Fischereiberechtigung  erst  im  vierten  Contraventionsfalle, 
steht  aber,  wenn  sie  erblich  war,  dem  Erbfolger,  wenn  sie  an  ein  Grund- 
stück geknüpft  war,  dem  späteren  Besitzer  desselben  wieder  zu.  In  dem 
Fischereigesetz  von  1874  und  der  Ausführungsverordnung  von  1877 
ist  von  diesen  Verhältnissen  nicht  die  Bede,  es  dürften  also  die  Bestim- 
mungen von  1845  noch  rechtskräftig  sein.  Uns  scheint  die  strengers 
Bestimmung  von  1792  in  rechtlicher  wie  in  wirtschaftlicher  Hinsicht 
den  Vorzug  zu  verdienen.  Der  beharrlichen  Auflehnung  gegen  das 
Gesetz  gegenüber  sind  milde  Strafen  nicht  am  Platze,  und  mag  doch 
lieber  der  Schuldige  unter  der  Strenge  des  Gesetzes  leiden,  als  die  un- 
schuldige Gesammtheit  unter  der  Nachsicht  gegen  den  Schuldigen.  Einem 
Grundstück  aber,  wenn  es  in  andere  Hände  übergeht,  als  schädlich  an- 
erkannte Privilegien  wieder  zu  verleihen,  die  dem  Vorbesitzer  aberkannt 
waren,  liegt  doch  wahrlich  kein  Grund  vor.  Ein  Theil  der  schädlichen 
Wirkungen  der  Fischereiberechtigungen  ist  in  dankenswerther  Weise  durch 
die  §§  6 — 8  des  Fichereigesetzes  vom  1874  beseitigt  worden,  indem  das 
Fischereirecht  in  solchen  Binnengewässern,  die  bisher  dem  freien  Fisch- 
länge unterlagen,  also  von  allen  Einwohnern  oder  Mitgliedern  der  Ge- 
meinde befischt  werden  durften,    oder  deren  Fischerei    der  Gemeinde    als 


424  Die  volkswirthschaftliche  Bedeutung  unserer  Fischerei. 

solcher  zustand,   fortan   von    den  Gemeinden   nur   durch  besonders  ange- 
stellte Fischer  oder  durch  Verpachtung  genutzt  werden  darf. 

Es  wäre  sehr  wünschenswerth,  dass  ähnliche  gesetzliche  Bestimmungen 
für  alle  Fälle  getroffen  würden,  in  denen  die  Befischung  eines  Gewässers 
mehreren  Berechtigten  zusteht,  dass  also  Genossenschaften  zur  gemein- 
schaftlichen Bewirtschaftung  der  Fischwasser  (§  10  des  Fischereigesetzes 
von  1874)  zwangsweise  auch  gegen  den  Willen  eines  oder  mehrerer 
Interessenten  gebildet  werden  dürften,  falls  der  selbstständige  Fischerei- 
betrieb der  einzelnen  Berechtigten  mit  einer  wirtschaftlichen  Fischerei- 
nutzung im  Ganzen  unvereinbar  erscheint.  Durch  die  von  jedem  einzelnen 
Berechtigten  in  rücksichtslosester  Weise  ausgeübte  Baubfischerei  sind  sehr 
viele  unserer  früher  fischreichen  Seen  fast  ganz  ausgefischt,  indem  Jeder 
in  der  Ueberzeugung,  dass  was  er  etwa  schonen  würde,  von  den  anderen 
Berechtigten  doch  fortgefangen  werden  würde,  selbst  die  winzigsten  Fischchen 
nicht  verschont  und  das  Unverkäufliche  wenigstens  an  die  Schweine  ver- 
füttert. Dass  solche  Verhältnisse  zuvor  beseitigt  werden  müssen,  ehe  an 
eine  Wiederbevölkerung  der  Seen  zu  denken  ist,  liegt  auf  der  Hand. 
Dass  aber  eine  Wiederherstellung  des  Fischreichthums  in  den  durch  die 
Baubfischerei  verödeten  Seen  mit  verhältnissmässig  sehr  geringen  Mitteln 
möglich  ist  und  äusserst  lohnende  Renten  bringt,  haben  mehrere  Besitzer 
grösserer  Seen  bereits  praktisch  bewiesen. 

Die  Bildung  von  Genossenschaften  zur  gemeinschaftlichen  Befischung 
der  Gewässer  würde  überall  da,  wo  es  nicht  möglich  ist,  das  Fischerei- 
recht durch  Ablösung  in  eine  Hand  zu  bringen,  in  vielen  Hinsichten  sehr 
segensreich  wirken.  Die  Hebung  des  Fischbestandes  würde  fortan  im 
Interesse  jedes  Genossenschaftsmitgliedes  liegen,  es  würden  sich  erheb- 
lichere Mittel  zur  Verbesserung  desselben  anwenden  lassen,  eine  Aufsicht 
über  die  Gewässer,  die  Verfolgung  von  Fischfeinden  würde  leicht  zu 
ermöglichen  sein,  zur  Fischerei  würden  sich  grössere  und  zweckmässigem 
Gezeuge  beschaffen  lassen,  die  mit  grösserer  Schonung  der  Brut  und  ge- 
ringerer Beunruhigung  des  Gewässers  in  wenigen  Zügen  reiche  Erträge 
liefern  würden.  Es  würde  auch  der  Absatz  der  gefangenen  Fische  na- 
türlich mit  grösserem  Vortheil  sich  bewirken  lassen,  als  wenn  bald  dieser, 
bald  jener  Berechtigte  eine  kleine  Fischmenge  zum  Kauf  bringt.  Durch 
Einrichtung  von  Behältern  für  lebende  Fische,  von  Eishäusern,  Anstalten 
zum  Salzen,  Räuchern  oder  anderweitiger  Präparation  der  Fische  würden 
sich  weitere  Vortheile  von  den  Genossenschaften  unschwer  erreichen  lassen. 

Es  sind  bereits  an  mehreren  Orten  Westpreussens  Genossenschaften 
dieser  Art  gegründet  und  es  ist  zu  hoffen,  dass  in  dieser  Hinsicht  bald 
mit  grösserer  Energie  vorgegangen  werden  möchte. 


Die  Ursachen  ihres  Rückganges  und  die  Mittel  zu  ihrer  Hebung.  425 

Seit  alten  Zeiten  bestehen  solche  Genossenschaften  (Maatschappien) 
auf  Heia,  welches  bei  seiner  Abgeschlossenheit  und  der  Gemeinsamkeit 
aller  Interessen  ein  besonders  günstiges  Feld  für  die  Lösung  mancher 
socialen  Fragen  bildet. 

Die  arbeitsfähigen  Männer  vereinigen  sich  zu  Genossenschatten  von 
7  resp.  20  Mann  für  die  Fischerei  mit  kleinem  oder  grossem  Gezeuge. 
Jede  Genossenschaft  beschafft  und  unterhält  ihre  Netze,  Fahrzeuge  und 
sonstigen  Fischereigeräthe  auf  gemeinsame  Kosten,  arbeitet  gemeinschaft- 
lich und  vertheilt  ebenso  den  Fang,  von  dem  ein  Theil  für  den  eigenen 
Bedarf  abgenommen  und  der  Rest  verkauft  wird.  Die  gewöhnlichen 
Lebensbedürfnisse  wie  Salz,  Heringe,  Kaffe,  Bier  etc.  kauft  die  Maat- 
schappie  en  gros  ein  und  vertheilt  dieselben  unter  sich.  Die  arbeits- 
unfähigen Männer,  die  Wittwen  und  Waisen  der  Genossenschaft  müssen 
sich  je  nach  Yermögen  beim  Spinnen,  Netzestricken,  beim  Ausbessern 
und  Trocknen  Äer  Netze  etc.  nützlich  machen  und  erhalten  dafür  1/4  bis 
Y2  des  Antheiles  eines  Mannes.  Auf  diese  Weise  ist  der  Noth  einzelner 
Gemeindemitgliecler  erfolgreich  vorgebeugt. 

Für  einige  unserer  Nehrungsdörfer  dürften  sich  ähnliche  Einrich- 
tungen dringend  empfehlen. 

Ein  wesentliches  Mittel  für  die  Hebung  des  Fischbestandes  besteht 
in  der  zweckmässigen  Verpachtung  der  Gewässer.  Seen  auf  wenige  Jahre 
meistbietend  verpachten,  heisst  zu  ihrer  schonungslosen  Ausbeutung  heraus- 
fordern. Bei  solcher  Bewirtschaftung  sind  die  Pachterträge  vieler  Ge- 
wässer stetig  zurückgegangen,  ja  es  haben  Seen  jahrelang  pachtlos  bleiben 
müssen,  weil  sie  durch  die  Raubfischerei  der  Pächter  total  verödet  waren. 
Verpachtung  auf  lange  Zeit  an  zuverlässige  Pächter,  denen  die  Verpflich- 
tung auferlegt  werden  kann,  unter  Controle  jährlich  ein  Quantum  von 
Fischbrut  einzusetzen  oder  geeignete  Anstalten  anzulegen,  um  das  Laichen 
der  Fische  zu  befördern,  würde  gewiss  in  kurzer  Zeit  eine  erfreuliche 
Vermehrung  der  Fische  zur  Folge  haben. 

Es  würde  zur  Unterdrückung  der  Raubfischerei  Unberechtigter  bei- 
tragen, wenn  den  Fischereipächtern  in  ihrem  Contract  vorgeschrieben 
würde,  den  Anwohnern  der  Gewässer  Gelegenheit  zum  Ankauf  von  Fischen 
zu  geben.  Bei  den  bestehenden  Verhältnissen  ist  es  den  Einwohnern  der 
kleinen  Städte  an  unseren  Seen  vielfach  ganz  unmöglich,  auf  rechtmässige 
Weise  in  den  Besitz  von  Fischen  zu  gelangen,  weil  die  Agenten  der 
Pächter  sich  auf  den  Kleinverkauf  schlechterdings  nicht  einlassen,  sondern 
alle  Fische  sofort  zum  Versandt  verpacken.  Dass  dadurch  der  Fisch- 
diebstahl befördert  wird,  unterliegt  keinem  Zweifel.  Nun  wird  man  aller- 
dings nicht  an  eine  Wiederherstellung  des  mittelalterlichen  Marktzwanges 


426  Die  volkswirtschaftliche  Bedeutung  unserer  Fischerei. 

denken  können,  der  die  Fischer  verpflichtete,  zu  ihrem .  grossen  Nachtheil 
vor  Allem  den  Fischbedarf  der  Umwohner  zu  befriedigen,  man  wird  auch 
nicht  verlangen  dürfen,  dass  sie  regelmässige  Fischmärkte  in  den  kleinen 
Städten  einrichten,  es  dürfte  aber  wohl  möglich  sein,  sie  dazu  anzuhalten, 
dass  sie  angemessene  Fischmengen  auch  den  Umwohnern  verkaufen. 

Von  grosser  Wichtigkeit  ist  es,  dass  der  Gebrauch  als  schädlich 
erkannter  Fischereigezeuge  verboten  und  unterdrückt  werde.  Es  ist  zwar 
von  anderer  Seite  behauptet  worden,  man  dürfe  die  Fischer  in  der  Aus- 
übung ihres  Gewerbes  ebensowenig  beschränken  wie  beispielsweise  die 
Ackerbauer,  müsse  ihnen  vielmehr  Wahl,  Construction  und  Anwendungs- 
weise ihrer  Gezeuge,  worauf  sie  sich  am  besten  verständen,  ganz  über- 
lassen, und  die  Feststellung  von  Minimalmaassen  der  verschiedenen  Fische 
sei  genügend,  um  den  Fang  der  zu  kleinen  Fische  zu  hindern.  Indessen 
fällt  es  der  Behörde  ebensowenig  ein,  sich  um  die  Bewirtschaftung  von 
geschlossenen  Privatgewässern  wie  um  diejenige  von  anderem 
Grundbesitz  zu  bekümmern,  auf  den  nicht  geschlossenen  Gewässern 
aber,  an  deren  rationeller  Bewirtschaftung  mehrere  Berechtigte  ein 
Interesse  haben,  hat  der  Staat  unzweifelhaft  nicht  nur  das  Recht,  sondern 
auch  die  Pflicht,  ebenso  wie  auf  den  ihm  gehörigen  Domänen  eine 
rationelle  Wirthschaft  durchzuführen. 

Dass  die  Fischer  die  zu  jedem  Zwecke  tauglichen  Gezeuge  selber 
schon  am  passendsten  auswählen  werden,  ist  Niemandem  zweifelhaft, 
ebensowenig  aber  auch,  dass  ihre  Absichten  nur  zu  häufig  auf  die  Er- 
langung augenblicklicher  Yortheile  abzielen,  die  mit  einer  vernünftigen 
Ausnutzung  der  Gewässer  schlechterdings  unvereinbar  sind.  Musste  doch 
schon  Joachim  II.  im  Jahre  1551  die  Benutzung  von  Fischbrut  zur 
Schweinefütterung  verbieten,  beklagt  doch  gegen  Ende  des  vorigen  Jahr- 
hunderts Duhamel  den  Unverstand  der  Fischer,  die  bei  der  massenhaften 
Vernichtung  von  Jungfischen  gerade  so  thöricht  handeln,  als  ob  der 
Landwirth  sein  Getreide  im  Frühjahr  vom  Yieh  abweiden  Hesse,  und 
finden  wir  ähnliche  Bemerkungen  über  die  kurzsichtige  Handlungsweise 
der  Fischer  in  Berichten  aus  den  verschiedensten  Zeiten  und  Gegenden. 
Solange  wir  es  daher  nicht  mit  ideellen,  sondern  mit  menschlichen  Fischern 
zu  thun  haben,  wird  sich  die  Behörde  einer  Controle  der  Maschenweiten, 
der  Art  der  Fanggeräthe  und  ihrer  Anwendung  auf  den  nicht  ge- 
schlossenen Gewässern  nicht  füglich  entziehen  können. 

Unter  den  bei  uns  zur  Zeit  gestatteten  Gezeugen  halten  wir  für 
die  schädlichsten,  auf  deren  Beschränkung  daher  nach  Möglichkeit  Be- 
dacht genommen  werden  miisste,  den  Keutel  und  die  Zeese,  das  Kurren- 
netz   und    das    bewegliche    Staaknetz.      Auch    manche    andere    Zugnetze 


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Die  Ursachen  ihres  Rückganges  und  die  Mittel  zu  ihrer  Hebung.  427 

wirken  an   vielen  Orten  verderblich   und  würden    sich  vortheilhaft  durch 
stehende  Netze  ersetzen  lassen. 

Die  bereits  mehrfach  angeregte  Unterdrückung  der  Aalspeere  auf 
unseren  Haffen,  wo  sie  trotz  des  unbedeutenden  Zinses  von  50  Pf.  immer 
nur  in  ganz  geringer  Zahl  consignirt,  unrechtmässiger  Weise  aber  in 
ausserordentlicher  Menge  gebraucht  werden,  würde  für  den  Aalbestand 
sehr  vortheilhaft  sein. 

Zur  Ermittelung  oder  besser  zur  Verhinderung  von  Contraventionen 
ist  eine  Verstärkung  der  Fischereiaufsicht  noch  dringend  erforderlich. 
Es  ist  mit  allem  Dank  anzuerkennen,  dass  in  dieser  Hinsicht  seit 
40  Jahren  ausserordentliche  Fortschritte  gemacht  sind.  Statt  eines  Fisch- 
meisters mit  72  resp.  90  Mark  Gehalt  und  einiger  mit  15  Mark  jährlich 
besoldeten  Fischerschulzen  haben  wir  jetzt  auf  den  beiden  Haffen  je  einen 
Oberfischmeister  und  9  resp.  5  Fischmeister,  deren  Einkommen  zwar 
noch  immer  nicht  den  berechtigten  Anforderungen  entspricht,  aber  doch 
stetig  verbessert  und  durch  Zuwendung  von  Nebenämtern,  die  sie  in 
ihrer  Berufsthätigkeit  leicht  mitversehen  können,  wie  die  Function  als 
Strandvogt,  die  Schifffahrtspolizei,  Beaufsichtigung  der  Haffleuchten  etc. 
in  anerkennenswerther  Weise  erhöht  wird.  Auch  an  den  Binnengewässern 
hat  sich  die  Zahl  der  Fischereiaufseher  in  neuester  Zeit  merklich  ver- 
mehrt. 

Auf  unseren  Haffen  Hessen  bis  vor  Kurzem  namentlich  die  Dienst- 
fahrzeuge der  Fischmeister  viel  zu  wünschen,  die  grossentheils  gemiethete 
Fischerkähne  waren.  Aus  leicht  begreiflichen  Gründen  wurden  dazu 
natürlich  nicht  gerade  die  besten  Segler  von  den  Fischern  hergegeben. 
Allerdings  sind  inzwischen  die  meisten  Fischmeister  mit  eigenen  tüchtigen 
Segelfahrzeugen  versehen  worden,  die  aber  dennoch  zur  Beaufsichtigung 
eines  Gebietes  von  3 — 4  Quadratmeilen  und  zur  Controle  zahlreicher 
ebenso  gut  segelnder  Fahrzeuge  unzureichend  sind.  Es  fordert  geradezu 
zur  Uebertretung  der  Gesetze  heraus,  wenn  die  Contravenienten  immer 
wieder  sehen  müssen,  wie  der  Fischmeister  halbe  Tage  lang  Jagd  machen 
muss,  um  von  20 — 30  in  unrechtmässiger  Weise  fischenden  Fahrzeugen 
nur  eines  anzuhalten  und  zur  Strafe  zu  bringen.  Man  muss  solche 
Fahrten  in  den  offenen  Böten  bei  Eegen  und  Schneesturm  mitgemacht 
haben,  trotz  des  Oelzeuges  durchnässt  und  ohne  die  Möglichkeit,  sich  im 
Laufe  des  Tages  zu  trocknen,  zu  wärmen  oder  warme  Nahrung  zu 
sich  zu  nehmen,  um  einzusehen,  dass  ein  starkes  Pflichtgefühl  erforder- 
lich ist,  um  die  Beamten  bei  voller  Erkenntniss  der  Unzulänglichkeit 
ihrer  Mittel  in  ihrer  Thätigkeit  nicht  ermatten  zu  lassen.  Für  die  Be- 
aufsichtigung der  grossen  Segeliischereien   in  der  Mitte  der  Haffe  ist  die 


428  Die  volkswirtschaftliche  Bedeutung  unserer  Fischerei. 

Beschaffung  eigener  Dampfer  ein  unumgängliches  Erforderniss.  Dieselben 
müssten  zum  dauernden  Kreuzen  auf  den  Haffen  eingerichtet  sein,  bequemes 
Logis  für  die  Mannschaft  und  den  Oberfischmeister  enthalten  und  zur 
gelegentlichen  Aufnahme  von  Revisionsbeamten  in  ähnlicher  Weise,  wie 
die  Dampfer  der  Hafenbauin  spectionen  ausgestattet  werden.  Ein  Fisch- 
meister würde  abwechselnd  wöchentlich  Dujour-Dienst  auf  dem  Dampfer 
haben,  während  die  übrigen  sich  ganz  der  Beaufsichtigung  der  Schon- 
reviere und  der  Kleinfischerei  am  Ufer  widmen  könnten.  Denn  dass  die 
Sack-  und  Staaknetzfischer,  wenn  der  Fischmeister  auf  das  hohe  Haff 
hinausgesegelt  ist,  zu  Uebertretungen  aller  Art  freie  Hand  haben,  ist 
leicht  zu  begreifen.  Die  grosse  Menge  von  Contraventionen,  die  jetzt  bei 
den  Segelfischereien  vorkommen  und  natürlich  nur  zum  kleinsten  Theile 
bekannt  werden,  müssen  durch  fortwährendes  Kreuzen  eines  Aufsichts- 
dampfers nothwendig  aufhören,  da  sie  zu  oft  entdeckt  und  bestraft  werden 
würden,  um  noch  Vortheil  bringen  zu  können.  "Wie  sehr  aber  bei  all- 
mählicher Verbesserung  der  Dienstfahrze  uge  die  Menge  der  entdeckten 
Contraventionen  gestiegen  ist,  ergiebt  sich  schon  daraus,  dass  nach  Mit- 
theilungen des  Oberfischmeisteramtes  zu  Memel  die  von  demselben  fest- 
gesetzten Geldstrafen  betrugen  im  Jahre  1877/78  4040  Mark,  1878/79 
7608  Mark,  1879/80  10338  Mark. 

Nach  §  26  der  Ausführungsverordnung  vom  Jahre  1877  muss, 
wenn  der  Fischmeister  seine  Dienstflagge  aufzieht,  „jeder,  welcher  mit 
dem  Betriebe  einer  Fischerei  beschäftigt  ist,  sogleich  seine 
Segel  streichen  und  beilegen  oder  mit  Rudern  einhalten."  Es 
ist  dringend  erforderlich,  dass  die  Verpflichtung  zum  Segelstreichen  auf 
alle  Fischerfahrzeuge  und  Fischhändler  ansgedehnt  werde,  gleichviel,  ob 
sie  mit  der  Fischerei  beschäftigt  sind  oder  nicht,  da  sonst  die  Contra- 
venienten,  sobald  sie  das  Nahen  des  Fischmeisters  bemerken,  nur  ihre 
Gezeuge  aufzunehmen  brauchen,  um  unbehelligt  davonfahren  zu  dürfen. 
Gleichzeitig  wäre  der  §  27  der  Ausführungsverordnung  dahin  zu  er- 
weitern, dass  nicht  nur  „auf  Einziehung  der  bei  der  Ausübung  der 
Fischerei  verwandten  unerlaubten  Fanggeräthe  erkannt  werden"  kann, 
sondern  alle  an  Bord  gefundenen  oder  auf  dem  Wasser  zum  Trocknen 
aufgehangenen  unvorschriftsmässigen  Fanggeräthe,  gleichviel,  ob  sie 
gerade  zum  Fischen  benutzt  wurden  oder  nicht,  eingezogen 
werden  müssen,  ebenso  wie  die  mit  ihnen  rechtswidrig  gefangenen 
Fische. 

Von  besonderer  Wichtigkeit  für  die  Erhaltung  und  Vermehrung 
der  Fische  ist  der  Schutz  ihrer  Laichplätze,  auf  denen  sich  auch  die  Brut 
einige  Zeit   nach    dem  Verlassen    der  Eier  noch  aufhält.     Das  Fischerei- 


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Die  Ursachen  ihres  Rückganges  und  die  Mittel  zu  ihrer  Hebung.  429 

gesetz  von  1874  hat  deshalb  die  Einrichtung  von  Laichschonrevieren 
angeordnet,  in  welchen  jede  Art  des  Fisclifanges,  soweit  sie  nicht  von  der 
Aufsichtsbehörde  angeordnet  wird,  verboten  ist,  und  auch  die  Gewinnung 
von  Gras,  Schilf,  Sand  und  Steinen  etc.  während  der  Laichzeit  unter- 
bleiben muss.  Die  Laichschonreviere ,  die  hauptsächlich  der  zahllosen 
Fischereibereehtigungen  wegen  leider  noch  nicht  in  allen  Gewässern  in  ge- 
nügender Anzahl  haben  festgestellt  werden  können,  müssen  von  den  Auf- 
sichtsbeamten besonders  sorgfältig  überwacht  und  von  Raubfischen  mög- 
lichst gesäubert  werden.  An  den  regulirten  Flüssen  sind  die  Altwässer, 
welche  vordem  die  hauptsächlichsten  Laichplätze  der  Sommerlaichfische 
enthielten,  grösstentheils  vollständig  abgedämmt  worden,  so  dass  zwar 
bei  Hochwasser  Fische  in  sie  hineingelangen  und  auch  darin  laichen, 
bei  abnehmendem  Wasserstande  aber  nicht  wieder  in  den  Fluss  zurück- 
kehren können  und  sammt  ihrer  Brut  entweder  von  Raubfischern  fort- 
gefangen werden,  oder  in  dem  stagnirenden  Wasser  elend  zu  Grunde 
gehen.  Die  Herstellung  von  Communicationen  zwischen  den  Altwässern 
und  den  Flüssen  würde  bei  uns  an  vielen  Orten  mit  Leichtigkeit  aus- 
führbar sein  und  für  die  Vermehrung  vieler  Fischarten  sehr  günstige 
Folgen  haben. 

Nach  §  12  der  Ausführungsverordnung  von  1877  sollen  in  den 
Küstengewässern  „solche  Strecken  der  Gewässer,  welche  Laichstellen  der 
wichtigeren  Fische  enthalten",  auch  ohne  zu  Schonrevieren  erklärt  zu 
sein,  „für  die  Dauer  der  Frühjahrsschonzeit  nicht  befischt  werden  dürfen". 
Es  wäre  diese  Bestimmung  dahin  zu  erweitern,  dass  auch  an  diesen 
Laichstellen,  ebenso  wie  in  den  Laichschonrevieren  während  der  Laich- 
zeit die  Gewinnung  von  Binsen,  Schilf,  Kraut,  Steinen  etc.,  sowie  jede 
das  Laichen  der  Fische  störende  Handlung  zu  unterlassen  ist. 

Es  würde  aber  der  blosse  Schutz  der  Laichplätze  illusorisch  sein, 
wenn  man  nicht  den  Fischen  den  Zugang  zu  denselben  offen  hielte.  §  29 
des  Fischereigesetzes  von  1874  erklärt  deshalb  die  Flussmündungen,  so- 
wie die  Zugänge  zu  tief  einschneidenden  Buchten  etc.  zu  Fischschon- 
re vieren,  in  denen  keine  Art  von  Fischerei  betrieben  werden  darf,  und 
§  20  bestimmt,  dass  im  Laufe  der  Flüsse  stehende  Fangvorrichtungen 
immer  nur  die  Hälfte  des  Gewässers  absperren  dürfen. 

Den  stromabwärts  zum  Laichen  ziehenden  Aalen  und  den  ebenfalls 
dem  Meere  zueilenden  jungen  Lachsen  droht  in  vielen  Flüssen  grosse 
Gefahr  von  den  Turbinen,  in  welche  sie,  der  Strömung  sich  willig  über- 
lassend, hineingerissen  und  in  denen  sie  vernichtet  werden. 

Von  vielen  Orten  wird  uns  berichtet,  wie  unterhalb  der  Turbinen 
grosse  Mengen  armdicker  Aale  in    ziemlich  gleich  lange  Stücke  gehackt 


430  ßie  volkswirtschaftliche  Bedeutung  unserer  Fischerei. 

aufgesammelt  werden,  während  die  kleinen  Lachse  ungesehen  verloren 
gehen.  Allerdings  schreibt  das  Gesetz  vom  30.  Mai  1880  vor,  dass  bei 
allen  neuen  Turbinenanlagen  Gitter  aufgestellt  werden,  um  das  Eindringen 
von  Fischen  in  die  Turbinen  zu  hindern,  an  den  bereits  bestehenden  Tur- 
binen müssen  solche  Gitter  aber  auf  Kosten  der  Fischereiberechtigten 
eingerichtet  werden.  In  einigen  für  Lachse  besonders  geeigneten  Flüssen 
unserer  Provinzen  beabsichtigt  dem  Vernehmen  nach  der  Fiscus  Schutz- 
gitter an  bereits  bestehenden  Turbinen  anzulegen.  Ton  Wichtigkeit  ist 
es,  das  Gitter  weit  oberhalb  der  Turbine  anzubringen,  wo  die  Strömung 
noch  nicht  stark  genug  ist,  um  die  bis  dahin  gelangten  Fische  an  der 
Umkehr  zu  hindern.  Das  Gitter  kann  in  diesem  Falle  aus  verzinktem 
Drahtgeflecht  bestehen,  also  recht  billig  sein,  hindert  dann  in  keiner 
Weise  den  Wasserzufluss  und  wird  zweckmässig  in  schräger  Sichtung 
aufgestellt,  so  dass  das  etwa  dagegen  getriebene  Kraut  in  einer  Ecke  sich 
ansammelt.  Sehr  vorth eilhaft  wird  es  auch  sein,  am  Eingange  des 
Turbinenkanals  einen  schräge  liegenden  schwimmenden  Balken  anzu- 
bringen, um  das  an  der  Oberfläche  stromabwärts  treibende  Kraut,  Holz  etc. 
von  dem  Turbinenkanal  ab  und  in  den  Fluss  hinein  zu  lenken. 

Schwieriger  ist  es  unter  Umständen,  den  zum  Laichen  stromaufwärts 
wandernden  Lachsen,  Meerforellen,  Stören  und  anderen  Fischen  ihre  im 
oberen  Laufe  der  Flüsse  gelegenen  Laichplätze  zugänglich  zu  machen, 
wenn  die  Flüsse  durch  Mühlenwehre  oder  anderweitige  Stauvorrichtungen 
gesperrt  sind.  Die  aus  dem  Meere  in  die  Flüsse  einwandernde  Aalbrut 
klettert  zwar  selbst  an  senkrechten  Holzwänden  in  die  Höhe,  und  ihr 
macht  man  das  Aufsteigen  sehr  leicht,  wenn  man,  wie  das  in  Irland  ge- 
schieht, lange  Faschinenbündel  in  schräger  Sichtung  aus  dem  Ober-  ins 
Unterwasser  führt  und  dafür  sorgt,  dass  dieselben  feucht  erhalten  werden. 

Ungleich  schwieriger  ist  es  aber,  für  die  erwachsenen  Lachse, 
Störe  etc.  den  Weg  zu  bahnen.  Es  würde  uns  zu  weit  führen,  wenn  wir  auf 
die  zahlreichen  Constructionen  von  Fischpässen,  die  in  England  und 
Amerika  mit  gutem  Erfolge  ausgeführt  sind,  näher  eingehen  wollten,  um 
so  mehr,  als  wir  in  unseren  Provinzen  noch  gar  keine  Fischwege  besitzen. 

Man  findet  ausführliche  Auskunft  über  dieselben  mit  vielen  Abbil- 
dungen in  den  Circularen  des  deutschen  Fischereivereins.1)  Wehre  von 
nicht  mehr  als  1  m  Höhe  überspringt  auch  der  trächtige  Lachs  mit  Leich- 
tigkeit, bei  grösserer  Höhe  ist  es  am  zweckmässigsten,    den  einen  hohen 


1)  Fastenau.   Ueher  die  Anlegung  von  Fisch  wegen  mit  besonderer  Rücksicht  auf 
Lachse.     1872.    p.  124. 

Michaelis.     Ueher  Lachswege  und  Lachstreppen.     1880.    p.  76. 


Die  Ursachen  ihres  Rückganges  und  die  MitM  zu  ihrer  Hebung.  431 

Wasserfall  in  eine  Reihe  1/2 — 3A  m  hoher  Fälle  zu  zerlegen,  die  staffel- 
föraiig  über  einander  liegen  und  Meine  Bassins  bilden,  welche  geräumig 
und  tief  genug  sein  müssen,  um  den  Fischen  zeitweise  als  Ruheorte  zu 
dienen.  Im  Allgemeinen  dürfen  sie  nicht  unter  3  m  lang  und  breit  und 
3/4 — 1  m  tief  sein,  im  Uebrigen  ist  ihre  Form  gleichgiltig  und  können 
sie  ebensowohl  aus  Steinen  wie  aus  Mauerwerk  oder  Holz  hergestellt 
werden.  Um  den  Lachsen,  die  nicht  immer  gerne  springen,  sondern  oft 
lieber  der  heftigen  Strömung  entgegen  schwimmen,  das  Aufsteigen  zu  er- 
leichtern, ist  es  vortheilhaft,  in  dein  Rande  jedes  Bassins,  über  den  in 
seiner  ganzen  Breite  das  Wasser  herabströmt,  einen  Einschnitt  von  20  bis 
30  cm  Tiefe  und  30 — 40  cm  Breite  zu  machen,  die  Thiere  haben  dann 
die  Wahl,  durch  diesen  Einschnitt  zu  schlüpfen,  oder  über  den  Rand  des 
Bassins  zu  springen.  Besonders  wichtig  ist  es,  dass  das  unterste  Bassin, 
also  die  erste  Stufe  der  Leiter  richtig  angelegt  werde,  so  dass  es  von  den 
Lachsen  leicht  gefunden  wird  und  sie  zum  Aufsteigen  einlade.  Am  zweck- 
mässigsten  wird  es  unmittelbar  am  Fusse  des  grossen  Wehres,  und  zwar 
nicht  im  heftigsten  Strome,  sondern  an  dem  einen  Ufer  hergestellt  und 
so  eingerichtet,  dass  die  Fische  durch  eine  breite  Lücke  bequem  hinein- 
schlüpfen  können  ohne  springen  zu  müssen.  Solche  Lachsleitern  ermög- 
lichen es  den  Fischen,  da  sie  in  den  geräumigen  Bassins  sich  nach  Be- 
lieben ausruhen  können,  die  grössten  Steigungen  zu  überwinden,  und  es 
sind  ihnen  dadurch  in  Norwegen  Flüsse  mit  30  m  hohen  Wasserfällen 
zugänglich  gemacht. 

Den  Stauberechtigten  geht  durch  Anlage  von  Lachsleitern,  wenn 
dieselben  zweckmässig  eingerichtet  sind,  nur  Y100  bis  1/500  der  von  ihnen  be- 
nutzten Wassermenge  verloren,  was  jedoch  kaum  in  Betracht  kommen 
kann,  da  in  der  Zugzeit  der  Lachse  hoher  Wasserstand  zu  sein  pflegt 
und  die  Leiter  ausser  der  Zugzeit  durch  eine  Schütze  gesperrt  werden  kann. 

Von  grossartigen  Erfolgen,  die  durch  die  Anlage  von  Lachsleitern 
erzielt  worden  sind,  wird  namentlich  aus  Irland  berichtet.  Im  Balliso- 
darefluss,  wo  im  Jahre  1856  3  Leitern  von  je  6 — 7  m  Höhe  angelegt 
wurden,  während  man  gleichzeitig  den  Oberlauf  des  Flusses  mit  Lachs- 
brut besetzte,  sah  man  schon  im  Herbst  grosse  Schwärme  junger  Lachse 
in  den  Leitern  aufsteigen,  häufig  sprangen  3—4  Stück  gleichzeitig  von 
einer  Stufe  zur  andern,  am  11.  December  zählte  man  in  5  Minuten  an 
dem  obersten  Bassin  102  springende  Fische.  An  demselben  Tage  wurde 
die  Leiter  abgeschützt  und  man  zählte  darin  246  Fische  von  durchschnittlich 
4  Pfund  Gewicht,  während  noch  weitere  3 — 400  von  gleicher  Grösse  ge- 
schätzt wurden.  Unter  diesen  Fischen  befanden  sich  viele,  die  bei  ihrer 
Aussetzung  in   den  Oberlauf  des   Flusses    gezeichnet  waren.     Zahlreiche 


432  Die  volkswirtschaftliche  Bedeutung  unserer  Fischerei. 

Laichstellen  wurden  in  der  Folge  im  Müsse  beobachtet.  Im  Jahre  1870 
wurden  bereits  9750  Lachse  von  über  5  Pfund  Gewicht  im  Werthe  von 
3000  £  Sterling  gefangen.  Die  Anlage  der  Leitern  kostete  circa  1000  i  , 
während  jetzt  allein  die  Angelpacht  5 — 6000  £  einbringt. 

Der  kleine  Fluss  Moy  in  Irland  wurde,  da  er  mit  einem  tiefen  Falle 
ins  Meer  stürzt,  den  Lachsen  erst  durch  Anlage  einer  Leiter  zugänglich 
gemacht.  5  Jahre  nach  dem  Aussetzen  von  200,000  jungen  eben  aus- 
geschlüpften Lachsen  lieferte  die  Lachsfischerei  in  demselben  schon  einen 
Ertrag  von  26,700  £  Sterling. 

Leider  haben  wir  von  ähnlichen  Erfolgen  in  unseren  Provinzen  noch 
nicht  zu  berichten,  sie  werden  auch  bei  uns  voraussichtlich  in  solchem 
Maassstabe  kaum  jemals  möglich  sein,  immerhin  werden  die  Alle, 
Passarge,  Pissa,  Drewenz,  das  Schwarzwasser,  die  Ferse  und  viele  andere 
kleine  Flüsse  durch  Anlage  von  Lachsleitern,  die  bei  unseren  Verhält- 
nissen nur  unerhebliche  Kosten  verursachen  können,  wieder  zu  so  ergie- 
bigen Lachsflüssen  werden  können,  wie  sie  es  einst  waren. 

Einige  der  in  Deutschland  neuerdings  angelegten  Lachsleitern,  so 
die  bei  Hannekenfehr  und  Hadersleben,  werden  von  Lachsen,  Meerforellen 
und  vielen  andern  Fischen  schon  in  ziemlicher  Menge  benutzt. 

Es  müssen  aber,  um  die  Vermehrung  der  Fische  zu  begünstigen, 
nicht  nur  ihre  Laichplätze  geschützt  und  die  Zugänge  zu  denselben  offen 
gehalten,  sondern  es  müssen  auch  die  Fische  selber  in  der  Laichzeit  ge- 
schont und  nicht  gefangen  werden.  Nach  den  Fischerordnungen  von 
1845  hatten  die  Fischereiaufsichtsbeamten  den  Anfang  und  das  Ende 
der  Laichzeit  der  vorzüglicheren  Fischgattungen,  deren  Bezeichnung  der 
Kegierung  vorbehalten  blieb,  den  Fischern  bekannt  zu  machen,  und 
es  durften  die  betreffenden  Fische  innerhalb  dieser  Zeit  nicht  gefangen 
werden. 

Dagegen  setzt  der  §  4  der  Ausführungsverordnung  von  1877  eine  jähr- 
liche Schonzeit  für  alle  nicht  geschlossenen  Gewässer  fest,  welche  nach  §  6, 
je  nachdem  in  den  Gewässern  die  lachs-  oder  karpfenartigen  Fische  von 
grösserer  Bedeutuug  sind,  ein  für  alle  Male  in  die  Zeit  vom  15.  October 
bis  14.  December  oder  vom  15.  April  bis  14.  Juni  fallen  soll.  Wir 
können  in  dieser  Aenderung  der  Schonzeit  keine  Verbesserung  erblicken. 

Eine  Feststellung  der  Schonzeit  nach  Kalendertagen  erscheint  natur- 
geschichtlich unzulässig,  weil  je  nach  den  Witterungsverhältnissen  die 
Laichzeit  der  Fische  bald  sehr  viel  früher,  bald  später  eintreten,  ja  wohl 
zum  grösseren  Theile  ganz  ausserhalb  der  angeordneten  Schonzeit 
fallen  kann. 

Es    ist   ferner   in  ökonomischer  Hinsicht   unmöglich,    den    Fischern 


Die  Ursachen  ihres  Rückganges  nnd  die  Mittel  zu  ihrer  Hebung.  433 

während  voller  2  Monate  den  Betrieb  ihres  Gewerbes  völlig  zu  unter- 
sagen, zahlreiche  ausschliesslich  vom  Betriebe  der  Fischerei  lebende  Fa- 
milien würden  dadurch  notwendiger  Weise  zu  Grunde  gerichtet  und 
alle  Berufsfischer  wenigstens  schwer  geschädigt  werden.  Es  enthält 
denn  auch  die  Ausführungsverordnung  von  1877  verschiedene  Aus- 
nahmebestimmungen, welche  das  Princip  der  absoluten  Schonzeit  von 
vornherein  durchlöchern  und  gleichzeitig  den  Uebelstand  mit  sich  führen, 
dass  verschiedene  Fischereitreibende  dadurch  in  sehr  verschiedener  Weise 
geschädigt  werden. 

Auf  den  der  Winterschonzeit  unterworfenen  Gewässern  werden  kei- 
nerlei Ausnahmen  gestattet,  „für  die  Dauer  der  jährlichen  Winterschonzeit 
ist  in  den  derselben  unterworfenen  Strecken  der  Gewässer  jede  Art  des 
Fischfanges  verboten."  Das  ist  nicht  nur  sehr  hart  für  die  Fischer,  son- 
dern es  ist  auch  schädlich,  weil  dadurch  das  Fortfangen  der  Raubfische, 
wie  Hechte  und  Barsche,  welche  unter  der  Brut  der  Winterlaichfische  die 
grössten  Verwüstungen  anrichten,  in  einer  Zeit,  wo  dasselbe  sehr  leicht 
ausführbar  wäre,  unmöglich  gemacht  wird. 

Weniger  werden  die  Fischer  in  den  der  Frühjahrsschonzeit  unter- 
worfenen Binnengewässern  beschränkt,  denen  die  Bezirksregierung  an 
drei  Tagen  jeder  in  die  Schonzeit  fallenden  Woche  die  Fischerei  gestatten 
kann,  sowie  die  Kleinfischer  am  Rande  der  Haffe,  denen  §11  der  Aus- 
führungsverordnung vom  11.  Mai  1877  nur  das  Fischen  an  den  Laichstellen 
sowie  den  Gebrauch  von  mehrwändigen  Netzen  untersagt;  noch  geringer 
sind    die    den  Segelfischern  in  den  Haffen  auferlegten  Beschränkungen. 

Bei  dreitägiger  Freigabe  der  Fischerei  in  jeder  Woche  wird  einerseits 
der  Zweck  der  Schonzeit  nur  sehr  unvollkommen  erreicht,  andererseits 
aber  Contraventionen  aller  Art  Thür  und  Thor  geöffnet  und  die  Controle 
der  Fischer  ausserordentlich  erschwert.  Dem  gefangenen  Fische  kann 
natürlich  der  Beamte  nicht  ansehen,  ob  er  an  einem  der  erlaubten  oder 
verbotenen  Tage  gefangen  ist,  die  Controle  der  Fischmärkte  wird  also  in 
dieser  Hinsicht  ganz  illusorisch,  zumal  wenn  in  benachbarten  Regierungs- 
bezirken einigen  Fischerdörfern  diese,  anderen  jene  drei  Tage  in  der  Woche 
freigegeben  werden. 

Schwerlich  werden    die  Fischer   Bedenken   tragen,    wenn   in    einer 

Woche  an  den  drei  erlaubten  Tagen  die  Ungunst  der  Witterung  das  Fischen 

unmöglich  macht,  dafür  an  den  anderen  Tagen  zu  fischen,    es  sind  auch 

namentlich  diejenigen   Fischer,    welche  grosse   Fischereien  mit  mehreren 

Gehilfen  betreiben,  in  sehr  übler  Lage,  indem  sie  dieselben  häufig  für  die 

ganze  Woche  werden  bezahlen  müssen,  um   ihre  Arbeit   nur  an  einigen 

Tagen  nutzen  zu  können. 

28 


434  Die  volkswirthschaftliche  Bedeutung  unserer  Fischerei. 

Ungleich  zweckmässiger  erscheint  es,  dass  es  den  Bezirksregierungen 
überlassen  bleibe,  nach  Anhörung  von  Sachverständigen  in  jedem  Jahre 
die  Schonzeit  für  jede  der  wichtigeren  Fischarten  entsprechend  den 
jedesmaligen  Witterungsverhältnissen  besonders  festzusetzen,  was,  ebenso 
wie  die  jedesmalige  Bekanntmachung  über  die  Eröffnung  und  den  Schluss 
der  Jagd  nicht  den  geringsten  Schwierigkeiten  unterliegen  würde.  Es 
würden  dann  die  Fischer  nicht  in  die  Notwendigkeit  versetzt,  monate- 
lang viele  Tage  in  der  Woche  zu  feiern,  sie  könnten  jederzeit  ihrem  Ge- 
werbe nachgehen,  da  sie  sehr  wohl  wissen,  wo  und  auf  welche  Weise 
jede  Fischart  besonders  zu  fangen  ist,  und  könnten  ausserdem  solche  Fische, 
die  gerade  geschont  werden  müssen,  wenn  sie  trotzdem  mitgefangen  sein 
sollten,  sofort  wieder  in  Freiheit  setzen. 

Kein  Fisch  dürfte  während  seiner  speciellen  Schonzeit  bei  strenger 
Strafe  weder  im  Besitze  von  Fischern  noch  von  Händlern  angetroffen, 
verkauft  oder  versandt  werden.1)  Dann  würde  die  Marktcontrole  ein 
wirksames  Mittel  zur  Unterdrückung  von  Contraventionen  werden  und 
es  könnten  etwa  vom  Ausland  importirte  oder  aus  geschlossenen  Gewäs- 
sern herstammende  Fische  durch  Ursprungsatteste  legitimirt  werden. 

Bei  einigen  Fischen,  die  an  manchen  Orten  nur  während  der  Laich- 
zeit in  grösserer  Menge  gefangen  werden  können,  müssen  natürlich  be- 
sondere Bestimmungen  getroffen  werden,  wenn  man  nicht  auf  ihren  Fang- 
ganz  verzichten  will.  Das  ist  bei  uns  z.  B.  hinsichtlich  des  Herings 
auch  bereits  geschehen. 

Von  gleicher  Wichtigkeit  wie  der  Schutz  der  Laichfische  in  der 
Laichzeit  ist  auch  der  der  unausgewachsenen  Fische.  Wenn  der  Fischbestand 
in  unseren  Gewässern  erhalten  und  vermehrt  werden  soll,  so  ist  es  noth- 
wendig,  dass  die  Fische  erst  nach  erlangter  Geschlechtsreife  und  wenigstens 
einmaligem  Laichen  gefangen  werden.  Es  kann  gar  kein  wirksameres  Mittel 
zum  Ruin  des  Fischbestandes  in  einem  Gewässer  geben,  als  das  Fortfangen 
der  Laichfische  vor  oder  während  der  Laichzeit  und  der  jungen  Fische, 
ehe  sie  sich  fortpflanzen  konnten.  Wie  sollte  eine  Schafheerde  bestehen, 
wenn  man  rücksichtslos  die  Mütter  während  der  Trächtigkeit  und  die 
Lämmer  vor  erlangter  Reife  schlachtete? 

Es  sind  daher  in  der  Ausführungsverordnung  für  die  wichtigeren 
Fischarten  Minimalm aasse  festgesetzt,  unter  denen  sie  weder  gefangen 
noch    verkauft    werden    dürfen.     Man   darf  mit   den  in  §  2  aufgestellten 


1)  Das  Fisckereigesetz  von  1874  verbietet  in  §  26  nur  den  Verkauf  und  Versand 
von  Fischen  unter  dem  bestimmten  Minimalmaasse,  enthält  aber  kein  Verbot  für  Feilhalten, 
Verkauf  und  Versand  von  Fischen,  die  während  der  Schonzeit  gefangen  sind ;  es  ist  das 
auch  bei  der  Freigabe  der  Fischerei  an  drei  Tagen  jeder  "Woche  nicht  möglich. 


Die  Ursachen  ihres  Rückganges  und  die  Mittel  zu  ihrer  Hebung.  435 

Maassen  im  Allgemeinen  durchaus  einverstanden  sein,  nur  wenige  geben 
zu  Bedenken  Veranlassung. 

So  ist  für  den  Lachs  eine  Minimalgrösse  von  40  cm,  für  die  Meer- 
forelle eine  solche  von  nur  28  cm  angenommen.  Beide  Thiere  sind  ein- 
ander so  ähnlich,  dass  die  meisten  Aufsichtsbeamten  kaum  im  Stande 
sein  werden,  sie  mit  Sicherheit  zu  unterscheiden,  namentlich  wenn  es 
sich  um  eine  grössere  Anzahl  von  Fischen  handelt,  Alle  unter  40  cm 
messenden  Lachse  werden  also  von  den  Fischern  als  Meerforellen  aus- 
gegeben, ja  auf  dem  kurischen  Haffe  führen  Meerforelle  und  kleine  Lachse 
die  gleiche  litauische  Benennung  trump,  trumpis.  Es  wird,  um  Miss- 
bräuchen vorzubeugen,  sehr  zu  empfehlen  sein,  bei  beiden  Fischen  die 
gleiche  Minimalgrösse  anzunehmen,  dieselbe  aber,  wie  das  für  den  Lachs  ausser 
in  Preussen,  Pommern  und  Posen  in  allen  Provinzen  geschehen  ist,  auf 
50  cm  zu  erhöhen,  da  andernfalls  auch  das  massenhafte  Einsetzen  von 
Lachsbrut  in  unsere  Gewässer  wenig  fruchten  dürfte. 

Für  den  gar  nicht  berücksichtigten  Schnäpel  möchte  eine  Grösse  von 
30  festzustellen  sein,  für  den  Aal  mindestens  40  statt  35  cm,  für  die 
Aesche  20  statt  18  cm,  für  die  nicht  erwähnte  Zärthe  und  Zope  20  cm. 

Dringend  noth wendig  erscheint  ferner  die  Normirung  einer  Minimal- 
grösse für  die  Flunder,  welche  in  erschreckender  Weise  abgenommen  hat, 
und  von  der  jetzt  5 — 10  cm  lange  Exemplare  tonnenweis  zu  Markte  ge- 
bracht werden.  Die  Festsetzung  eines  Minimalmaasses  von  15  cm,  das 
allmählich  auf  18  und  20  cm  erhöht  werden  könnte,  würde  gewiss  sehr 
segensreich  wirken. 

Es  würde  sich  übrigens  empfehlen,  den  Bezirksregierungen  die  Be- 
fugniss  einzuräumen,  die  Minimalmaasse  nach  den  localen  Verhältnissen 
innerhalb  gewisser  Grenzen  zu  modificiren.  So  giebt  es  bei  uns  Seen, 
in  welchen  die  kleine  Maräne,  deren  Minimalgrösse  mit  12  cm  normirt 
ist,  durchschnittlich  nur  10  cm  gross  wird,  während  sie  in  anderen  eine 
Länge  von  30  cm  und  darüber  erreicht.  In  jenen  würde  also  die  Ma- 
räne, wenn  die  Aufsicht  bereits  eine  genügende  wäre,  gar  nicht  gefangen 
werden  dürfen,  während  in  diesen  die  Erlaubniss,  Thiere  von  12  cm  Länge 
fortzufangen,  obwohl  sie  in  kurzer  Zeit  erheblich  grösser  werden  und 
einen  weit  höheren  Werth  erlangen,  in  wirthschaftlicher  Hinsicht  nicht 
empfehlen  swerth  ist. 

Die  zu  kleinen  Fische,  welche  mit  in  die  Netze  gelangt  sind,  soll 
der  Fischer  lebend  wieder  ins  Wasser  setzen,  natürlich  ist  aber  bei  er- 
heblichen Zügen  mit  den  grossen  Netzen  beim  besten  Willen  ein  Aus- 
lesen der  jungen  Fische,  ehe  sie  abgestorben  sind,  kaum  möglich,  und  sie 
todt  ins  Wasser  zu  werfen,  hat  keinen  Zweck.    Es  wäre  daher  sehr  wün- 


28: 


* 


436  Die  volkswirtschaftliche  Bedeutung  unserer  Fischerei. 

schenswerth,  wenn  ein  gewisses  Quantum  untermaassiger  Fische  bei  je- 
dem Fange  als  erlaubt  zugelassen  würde.  Schon  in  den  30ger  Jahren 
schlug  der  damalige  Oberfischmeister  Beerbohm  vor,  es  möchte  ver- 
ordnet werden,  dass,  wenn  in  einem  Zuge  mehr  als  Yö  der  gefangenen 
Fische  unter  dem  Minimalmaasse  seien,  der  Fischer  entweder  den  ganzen 
Fang  freilassen  müsse,  oder  doch  wenigstens  nur,  während  das  Netz  im 
Wasser  gehalten  würde,  die  grossen  Fische  auslesen  dürfe;  wären  weniger 
als  Yö  der  ganzen  Menge  zu  klein,  so  sollten  sie  straflos  mitgefangen 
werden  dürfen.  Eine  gesetzliche  Bestimmung  dieser  Art  wäre  sehr  er- 
wünscht, da  die  einsichtsvollen  Aufsichtsbeamten  ohnehin  ein  solches  Ver- 
hältniss  passiren  lassen  werden,  während  von  böswilligen  oder  nicht  sach- 
verständigen Beamten,  so  lange  eine  allgemein  giltige  Verordnung  nicht 
besteht,  den  Fischern  und  Händlern  viel  Unannehmlichkeiten  und  Ver- 
luste bereitet  werden  können. 

Sehr  viel  lässt  noch,  namentlich  auf  dem  Lande  und  in  den  klei- 
neren Städten,  die  Controle  der  Fischmärkte  zu  wünschen,  während  der- 
selben in  den  grösseren  Städten  allmählich  mehr  Aufmerksamkeit  zugewandt 
wird.  Die  Marktcontrole  würde  wesentlich  erleichtert,  und  namentlich  in 
ihrer  "Wirkung  sehr  verstärkt  werden  durch  die  Einführung  der  bereits 
besprochenen  relativen  Schonzeiten  für  die  einzelnen  Fischarten.  Die 
Aufsichtsbeamten  würden  sich  dann  allein  darauf  zu  beschränken  haben,  zu 
ermitteln,  ob  keine  von  den  gerade  zu  schonenden  Fischen  zu  Markte  ge- 
bracht würden  und  ob  die  feilgebotenen  Fische  nicht  unter  dem  Minimal- 
maasse wären.  Ebenso  sehr  wie  die  Fischmärkte  bedarf  auch  der  Versand 
der  Fische  auf  den  Bahnen  einer  beständigen  Controle,  namentlich  in  den 
Monaten,  in  welche  die  Schonzeiten  fallen.  Ausländische  oder  aus  ge- 
schlossenen Privatgewässern  stammende  Fische  würden  durch  Ursprungs- 
atteste legitimirt  werden,  im  Uebrigen  dürfte  der  Versand  von  Fischen, 
deren  Schonzeit  gerade  läuft,  ebensowenig  wie  der  Verkauf  auf  dem 
Markte  gestattet  sein,  wenn  nicht  die  zu  Unrecht  gefangenen  Fische  un- 
gehindert ausgeführt  werden  sollen.  "Wie  gross  aber  der  Bahnversand 
der  Fische  trotz  der  Beschränkung  der  Fischerei  in  der  Frühjahrsschon- 
zeit (15.  April  bis  14.  Juni)  im  Verhältniss  zu  den  übrigen  Monaten  ist, 
zeigen  folgende  mir  gerade  vorliegende  Zahlen. 

An  frischen  Fischen  wurden  in  Kilogrammen  verladen: 

1878  in  Memel:      1879  in  Tilsit: 

Januar 4590  90 

Februar 3910  50 

März 4760  210 

April 25320  16690 


Die  Ursachen  ihres  Rückganges  und  die  Mit.tel  zu  ihrer  Hebung.  437 

1878  in  Memel:      1879  in  Tilsit: 

Mai 16640  26670 

Juni 1320  3310 

Juli 2070  1180 

August 2470  60 

September  .  .        3120  1480 

October  ....  760  2480 

November  .  .       5690  1600 

December.  .  .        9620  590 

in  der  Schonzeit  allein  also  erheblich  mehr,  als  in  den  übrigen  3/4  Jahren. 
Ausser  dem  Schutz  gegen  eine  unverständige  Verfolgung  von  Seiten 
des  Menschen  muss  den  Fischen  ein  solcher  auch  nach  Möglichkeit  gegen 
ihre  natürlichen  Feinde  gewährt  werden.  Hinsichtlich  der  Fischottern, 
Keiher  und  Cormorane  ist  dies  durch  das  Gesetz  vom  30.  März  1880  be- 
reits geschehen,  in  ähnlicher  "Weise  müsste  auch  gegen  die  Seehunde  und 
Meerschweine  vorgegangen  werden.  In  vielen  Gewässern  sind  besonders 
die  grossen  Hechte  und  Barsche  den  kleineren  Fischen  sehr  gefährlich, 
ihrem  Ueberhandnehmen  muss  nach  Kräften  gesteuert  werden,  namentlich 
in  den  Schonrevieren  und  Laichstellen  ist  ein  regelmässiges  Fortfangen 
der  grossen  Kaubfische  dringend  nothwendig.  Ebenso  kann  nicht  eifrig 
genug  auf  die  Vernichtung  der  Stichlinge  hingearbeitet  werden,  wo  sie 
in  grösserer  Anzahl  vorkommen. 

Ganz  besondere  Aufmerksamkeit  wird  seitens  der  Aufsichtsbehörden 
der  Verunreinigung  der  öffentlichen  Gewässer  durch  die  Abflüsse  von 
Gasanstalten,  chemischen  Fabriken  etc.  zugewendet  werden  müssen,  wo 
dieselben  in  beträchtlicher  Menge  vorhanden  sind.  In  unseren  Provinzen 
ist  bei  der  geringen  Entwickelung  der  Industrie  über  derartige  Schädi- 
gungen noch  weniger  geklagt  worden,  dagegen  wird  an  anderen  Orten 
eifrig  dahin  gearbeitet,  die  Abflusswässer  auf  chemische  oder  mechanische 
Weise  zu  reinigen  und  für  die  Fische  unschädlich  zu  machen,  wobei 
vielfach  auch  die  Fabrikbesitzer  noch  durch  Verwerthung  früher  ver- 
nachlässigter Abfallstoffe  ihren  Vortheil  haben. 

Von  nicht  geringerer  Bedeutung  wie  die  Hebung  des  Fischbestandes 
unserer  Gewässer  ist  die  zweckmässige  Verwerthung  der  gefangenen 
Fische  und  es  ist  auch  in  dieser  Hinsicht  in  unseren  Gegenden  noch 
Vieles  zu  verbessern.  Allerdings  kann  man  nicht,  wie  das  die  Elbinger 
Fischer  in  einer  Eingabe  aus  dem  Anfange  des  vorigen  Jahrhunderts  be- 
klagen, die  gefangenen  Fische  wie  Getreide  „auf  die  Lucht  schütten"  und 
beliebig  lange  lagern  lassen,  aber  sie  lassen  sich  doch  lebend  oder  todt 
wenigstens  einige  Zeit  aufbewahren,  um  sie  besser  zu  verwerthen. 


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438  Die  volkswirthschaftliche  Bedeutung  unserer  Fischerei. 

Besonders  auf  die  Haltung  lebender  Fische  wird  von  unseren 
Fischern  im  Allgemeinen  zu  wenig  Werth  gelegt,  sie  überlassen  dieselbe 
den  Händlern  und  beschränken  sich  selber  gewöhnlich  auf  recht  kleine 
und  unzureichende  Fischkasten,  in  denen  nur  wenige  Fische  Platz  finden 
und  unmöglich  lange  leben  können.  Namentlich  Fischereigenossenschaften 
würden  mit  ihren  grösseren  Mitteln  leicht  grosse  und  zweckmässige  Be- 
hälter anschaffen  können,  in  denen  die  gefangenen  Fische  sich  gut  halten 
würden.  Waren  solche  Vorrichtungen  doch  schon  in  alter  Zeit  im  Ge- 
brauch, wie  es  bei  Hennenberger  von  dem  Ordensfischmeister  von  Scharpau 
heisst,  dass  er  „viel  Halter  al  da  gehabt  /  mit  eyseren  Gegittern  Unter- 
schüssen /  und  sein  in  einem  jeglichen  sonderliche  Fische  gewesen". 
Solche  Behälter  würden  sich  auch  für  Seefische,  wie  Dorsche,  Flundern  etc. 
vortheilhaft  anlegen  lassen,  namentlich  in  den  Hafenstädten,  und  die 
Fische  würden  darin  gefüttert  und  in  Zeiten  geringen  Fanges  zu  guten 
Preisen  verwerthet  werden  können.  Sehr  nachahmungswerth  ist  das  Ver- 
fahren vieler  Fischhändler,  ihre  grossen  transportablen,  schwimmenden 
Behälter  an  den  Fangorten  mit  frischen  Fischen  zu  füllen  und  mit  den- 
selben die  Märkte  zu  besuchen. 

Die  grosse  Mehrzahl  der  Fische  wird  aber  immer  nur  todt  in  den 
Handel  gelangen  können  und  es  ist  natürlich  von  Wichtigkeit,  sie  in 
möglichst  frischem  Zustande  zu  erhalten.  Das  beste  und  gleichzeitig 
billigste  Mittel,  um  thierische  Körper  in  unverändertem  Zustande  zu  con- 
serviren,  ist  die  Kälte.  Im  Eise  Sibiriens  haben  sich  die  früher  dort  le- 
benden Mammuths  seit  Jahrtausenden  so  frisch  erhalten,  dass  bei  ihrer 
zufälligen  Entdeckung  Menschen  und  Hunde  ihr  Fleisch  verzehren  konnten. 
Im  hartgefrorenen  Zustande  lassen  sich  auch  Fische  beliebig  lange  frisch 
erhalten  und  es  wird  namentlich  eine  Menge  russischer  und  sibirischer 
Fische  so  aufbewahrt  und  versandt.  Indessen  wird  einerseits  durch 
das  Gefrieren  der  Geschmack  der  Fische  beeinträchtigt,  was  allerdings  in 
den  meisten  Fällen  von  geringerer  Bedeutung  sein  wird,  und  würde  es 
andererseits  in  unseren  Provinzen  meistens  nicht  möglich  sein,  die  Fische 
ohne  Anwendung  künstlicher  und  kostbarer  Mittel  längere  Zeit  gefroren 
zu  conserviren.  Sehr  leicht  ist  es  dagegen,  sie  auf  einige  Grade  über  dem  Ge- 
frierpunkt abzukühlen  und  so  aufzubewahren,  wobei  der  Geschmack  durch- 
aus nicht  leidet.  Die  Fische  werden,  wo  das  nicht  wegen  ihrer  Kleinheit 
oder  Menge  unmöglich,  oder  wegen  ihres  schnellen  Absterbens  unnöthig 
ist,  am  besten  durch  einen  kräftigen  Schlag  auf  den  Kopf  getödtet  und 
dürfen  dann  nicht  mehr  feucht  liegen,  weil  sie  sonst,  ebenso  wie  im 
Wasser,  verderben  und  geschmacklos  werden.  Die  Aufbewahrung  und  Ver- 
sendung in  mit  Eis  gefüllten  Kasten  oder  Körben  ist  daher,  abgesehen  von 


Die  Ursachen  ihres  Rückganges  und  die  Mittel  zu  ihrer  Hebung.  439 

de)-  Schwerfälligkeit  und  dem  Ablaufen  des  SchmelzAvassers,  nicht  zu  em- 
pfehlen. An  den  Fangorten  müssten  überall  Eishäuser  errichtet  werden,  in 
denen  die  Fische  kalt  und  trocken  aufbewahrt  werden  könnten. '  Dieselben 
werden  nach  amerikanischer  Art  am  besten  ganz  oberirdisch  angelegt, 
der  Raum  zur  Aufbewahrung  der  Fische  muss  allseitig  von  Eis  in  dicken 
Schichten  umgeben  sein.  Letzteres  muss  nicht  gehauen,  sondern  gesägt 
werden,  um  ohne  Zwischenräume  gelagert  werden  zu  können,  da  es  sich 
dann  viel  länger  hält,  nach  aussen  hin  werden  die  Eisräume  durch  dicke 
Doppelwände  abgeschlossen,  die  mit  Stroh,  Torf  oder  anderen  billigen 
schlechten  "Wärmeleitern  gefüllt  sind.  In  dem  Vorrathsraum  dürfen  die 
Fische  nicht  in  zu  dicken  Haufen  geschüttet  werden,  in  deren  Inneres 
die  Kälte  nicht  gehörig  eindringen  würde.  Grössere  und  werthvollere 
Fische  sollten  vor  der  Verbringung  in  den  Vorrathsraum  ausgenommen 
werden,  um  sich  besser  uud  schmackhafter  zu  halten.  Man  würde  sie 
ohne  die  Eingeweide  billiger  transportiren  und  doch  zu  höherem  Preise 
verkaufen  können  und  könnte  die  Abfälle  zur  Thranbereitung,  sowie  zur 
Herstellung  von  Fischguano  zweckmässig  verwerthen.  Die  Anlage  solcher 
Vorrathshäuser  würde  die  grossen  Schwankungen  von  Ueberfluss  und 
Mangel  an  Fischen  verringern  und  die  Fischer  der  Notwendigkeit  über- 
heben, bei  reichem  Fange  die  Waare  zu  jedem  Preise  zu  verschleudern, 
um  sie  nur  überhaupt  abzusetzen.  Auf  den  Haffen  würde  ein  Gross- 
händler mit  grossem  Gewinn  für  sich  und  für  die  Segelfischer  kleine 
Vorrathsdampfer  mit  Eisräumen  kreuzen  lassen,  die  zu  einem  zu  verein- 
barenden Durchschnittspreise  alle  Fische  abnähmen  und  die  Fischer  der 
Notwendigkeit  überhöben,  die  Arbeit  oft  zu  unterbrechen,  wenn  sie  am 
lohnendsten  ist,  um  die  gefüllten  Böte  nach  Hause  zu  bringen.  Sol- 
che Dampfer  würden  gleichzeitig  den  Fischern  Lebensmittel  zuführen  und 
Hilfeleistungen  mancher  Art  gewähren  können. 

Sehr  wesentlich  würde  die  Verwerthung  unserer  Fische  durch  eine 
Verbesserung  der  Transportvorrichtungen  auf  den  Eisenbahnen  gefördert 
werden,  indem  einerseits  für  eine  schnellere  Beförderung  Sorge  getragen 
werden  müsste,  und  andererseits  eigene  Waggons  einzurichten  wären, 
deren  Innenraum  dauernd  so  kühl  zu  halten  wäre,  dass  die  Fisch- 
sendungen keiner  eigenen  Eisverpackung  bedürften.  Sie  würden  dann 
weniger  umfangreich  und  leichter  sein  und  nicht  durch  die  Nässe  des 
schmelzenden  Eises  geschädigt  werden.  Dass  eine  Herstellung  eigener 
Waggons  für  diesen  Zweck  wohl  lohnend  sein  dürfte,  ergiebt  sich  aus 
der  umstehenden  Uebersicht  der  im  Jahre  1878  auf  den  Stationen  in 
Ost-  und  AVestpreussen  verladenen  frischen  Fische. 


440 


Die  volkswirtschaftliche  Bedeutung  unserer  Fischerei. 


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Lege  Thor. 

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Hohe  Thor. 

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Die  Ursachen  ihres  Rückganges  und  die  Mittel  zu  ihrer  Hehung.  441 

Auch  für  die  Versendung  von  Milch,  Butter,  Fleisch  und  Wild- 
pret  würde  sich  die  Einrichtung  von  Eiswaggons  sehr  vortheilhaft  er- 
weisen. 

Besonderer  Erwähnung  bedarf  auch  die  Art,  in  welcher  die  todten 
Fische  bei   den  Händlern  aufbewahrt   werden.     Bedenkt    man,   dass    zur 
Conservirung  von  Fischen  trockene  Kälte  das  beste  Mittel  ist,  so  muss 
die  Aufschichtung  von  Fischen  zwischen  Eisstücken,  ebenso  wie  die  Auf- 
bewahrung in  den  jetzt  so  allgemein  verbreiteten  Eisschränkeu  als  durch- 
aus   unzureichend    bezeichnet    werden.      Im    ersteren    Falle    werden    die 
Fische  nass  und  unansehnlich,  werden  vielfach  gedrückt  und  geschunden. 
Die  üblichen  Eisschränke  aber  sind  durchweg  möglichst  unzweckmässig  ein- 
gerichtet.    Bekanntlich  befindet    sich   bei    denselben  an    einer    schmalen 
Seite  des  rechteckigen  Vorrathsraumes  ein  kleiner  Behälter  zur  Aufnahme 
von  Eis,  häufig  sind  naiver  Weise  in  der  Zwischenwand  mehrere  Löcher 
angebracht     (wohl     um     den    Durchgang     der   Kälte    zu     ermöglichen?) 
und    als   besondere  Verbesserung  wird   eine  Yentilationsvorrichtung   em- 
pfohlen,   d.   h.   ein  Loch  in   der  Thüre   des  Speisebehälters,    welches    der 
äusseren  Luft  den  Zutritt  gestattet.     Die  Anlage  des  Eisbehälters  nur  an 
einer  Seite  des  Vorrathsraumes  ist  zur  Herstellung  einer  niedrigen  Tem- 
peratur ungenügend;  vergleichende  Beobachtungen  einer  grösseren  Anzahl 
von  gewöhnlichen  Eisschränken  haben  gezeigt,    dass    die  Temperatur   im 
Vorrathsraume  durchschnittlich  zwischen  8 — 11  Grad  R.  schwankte,  mit- 
unter aber  bis  auf  14  und  15  Grad  stieg.     Durch  die  sinnreiche  Ventila- 
tionsöffnung dringt  allerdings   die  äussere   warme  Luft  in   den  Vorraths- 
raum    ein  und   schlägt  hier,    sich    abkühlend,    einen  Theil    ihres  Wasser- 
gehaltes nieder,    so  dass  der  Vorrathsraum  immer  eine  gesättigte  feuchte 
Athmosphäre  enthält,  in  der  bei  der  verhältnissmässig  hohen  Temperatur  die 
Bildung    von    Schimmelpilzen    sehr    gefördert    wird.      Mit    gleichem    Eis- 
verbrauch  kann    man   eine    sehr  viel  niedrigere  Temperatur  unterhalten, 
wenn  man  den   Vorrathsraum   an   5  Seiten  mit  Wasser  umgiebt,   in  wel- 
ches das  Eis  eingelegt,  und  von  dem  gleichzeitig  durch  einen  Hahn  eine 
entsprechende  Menge  abgelassen  wird.     In  dem  einmal  auf  wenige  Grade 
über  dem  Gefrierpunkte  abgekühlten  Wasser  schmilzt  das  Eis  viel  lang- 
samer,   als    in    der  Luft,    und   die    grosse  den  Vorrathsraum  umgebende 
kalte  Wassermasse  unterhält  dauernd   eine   niedrige  Temperatur,   die   bei 
einer  Reihe  von  Vergleichen  mit  anderen  Eisschränken  bei  gleichem  Eis- 
verbrauch zwischen  4  und  7  Grad  R.  schwankte  und  nur  in  einigen  Fällen 
ausnahmsweise    auf  10  und  11  Grade  stieg.      Solche  Behälter,  in  denen 
die  Fische  in  einfachen  Schichten  auf  geneigten  Wellblechen  liegen,   um 
das  bei  öfterem  Oeffnen  der  Thüren  unvermeidlich  sich  niederschlagende 


442  Die  volkswirtksckaftlicke  Bedeutung  unserer  Fischerei. 

"Wasser  sofort  abzuleiten,  sind  Fischhändlern,  die  nicht  über  grössere  Eis- 
häuser disponiren,  dringend  zu  empfehlen. 

Es  ist  befremdlich,  dass  in  unseren  Provinzen  die  Herstellung  von 
Fischconserven,  obwohl  bei  derselben  die  Waare  wesentlich  besser  ver- 
werthet  werden  kann,  noch  so  auffallend  wenig  betrieben  wird,  ja  im 
Vergleich  mit  früheren  Jahrhunderten  sogar  stark  zurückgegangen  ist. 
Während  man  früher  bedeutende  Massen  verschiedener  Fische  zum  Export 
wie  zum  Bedarf  innerhalb  des  Landes  trocknete,  salzte  und  räucherte, 
und  den  Stör  in  grossen  Quantitäten  marinirte,  hat  die  Erleichterung  des 
Transportes  bei  uns  nur  dazu  geführt,  die  Versendung  der  Fische  in  frischem 
Zustande  zu  begünstigen  und  möglichst  jede  weitere  Arbeit  zu  ersparen. 
Das  Trocknen  von  Fischen,  —  allerdings  keine  sehr  empfehlenswertem 
Conservationsmethode  —  ebenso  wie  das  Salzen  wird  jetzt  wohl  nur  noch 
für  den  eigenen  Bedarf  ausgeführt,  geräuchert  wird  vorzugsweise  Stör, 
Flunder,  Strömling,  Lachs  und  Aal,  sowie  die  kleine  Maräne,  marinirt 
werden  nur  die  Neunaugen;  von  einer  rationellen  Verwerthung  der  Ab- 
fälle ist  bei  uns  noch  gar  nicht  die  Kede. 

Hier  liegt  noch  ein  ausgedehntes  und  dankbares  Arbeitsfeld  unbe- 
nutzt und  es  ist  dringend  wünschenswerth,  dass  dasselbe  zum  Vortheile 
der  Fischer  und  des  Landes  baldmöglichst  kräftig  angebaut  werde. 

Manche  Fische,  die  nur  zeitweise,  dann  aber  in  sehr  grosser  Masse 
gefangen  werden,  und  sich  im  frischen  Zustande  nur  zu  billigen  Preisen 
verkaufen  lassen,  und  schnell  verderben,  würden  durch  Salzen  leicht  zu 
conserviren  sein  und  einen  guten  Absatz  namentlich  nach  Russland  und 
Polen  haben,  so  besonders  Dorsche  und  Quappen.  Allerdings  müssten 
dieselben,  um  schnellen  Eingang  zu  finden,  Avirklich  gut  zubereitet  wer- 
den, man  würde  wohlthun,  sie  von  Haut,  Kopf,  Flossen  und  Gräten  zu 
befreien  und  nur  das  reine  Fleisch  zu  salzen,  von  demselben  auch  vor- 
teilhaft zwei  Qualitäten  machen,  deren  beste  nur  aus  den  dickeren 
Stücken  bestehen  müsste.  Die  Abfälle,  als  Köpfe,  Eingeweide,  Gräten  etc. 
würden,  wie  bei  vielen  anderen  Verwendungsarten  der  Fische,  zu  sammeln 
und  zur  Thranbereitung  zu  benutzen  sein,  die  Rückstände  wären  noch 
zu  künstlichem  Dünger  zu  verwerthen. 

Einer  sehr  bedeutenden  Verbesserung  und  Ausdehnung  ist  bei  uns 
das  Räucherungs verfahren  fähig.  Vielfach  wird  mit  ungeeignetem 
Material,  wie  Torf  u.  dergl.  und  in  nachlässiger  "Weise  geräuchert,  so  dass 
von  den  guten  Fischen  nur  schlechte  Waare  erzielt  wird.  Dorsch  und 
Quappe  würden  geräuchert  recht  guten  Absatz  finden,  die  Flunder  wird 
an  den  meisten  Orten  ziemlich  gut,  an  manchen  Stellen  vorzüglich  ge- 
räuchert, Zärthe,  Bressen,  Schnäpel  und  Perpel  wurden   in   früherer  Zeit 


Die  Ursachen  ihres  Rückganges  und  die  Mittel  zu  ihrer  Hebung.  443 

vielfach  in  dieser  Weise  benutzt,  während  man  das  jetzt  überall  aufge- 
geben zu  haben  scheint.  Die  kleinen  Maränen  werden  an  einigen  Plätzen 
recht  gut  geräuchert,  ebenso  Lachs,  Strömlinge  und  Aale.  Wunderbarer 
Weise  wird  die  Sprotte,  die  in  der  Umgegend  von  Heia  und  im  Putziger 
Wiek  massenhaft  in  schöner  Qualität  vorkommt,  bisher  zum  bei  Weitem 
grössten  Theile  von  den  Fischern  nur  zum  Wintervorrath  gesalzen  und 
noch  nirgends  besser  verwerthet.  In  der  Räucherung  des  Störfleisches, 
welches  bisher  meistens  in  sehr  trockenem  Zustande  in  den  Handel  kam, 
sind  neuerdings  bei  Neufähr  erfreuliche  Fortschritte  gemacht. 

Da  alle  Räucherwaaren  frisch  am  besten  sind,  so  wäre  eine  directe 
Versendung  von  den  Räucheruugsorten  an  die  Consumenten  in  kleinen 
Postpacketen  sehr  erwünscht,  es  ist  damit  auch  an  wenigen  Orten  von 
einsichtigen  Händlern  bereits  begonnen  worden. 

Durch  verschiedenartiges  Mariniren  würden  sich  der  Uckelei,  die 
kleine  Maräne,  der  Lachs,  Strömling,  die  Sprotte,  der  Aal  und  Stör  sehr 
viel  vortheilhafter  verwerthen  lassen,  als  das  jetzt  geschieht.  Natürlich 
müssten  die  Zubereitungsanstalten  an  den  Fangorten  selber  angelegt  und 
alle  Abfälle  zweckmässig  verwandt  werden.  Die  Bereitung  von  Anchovis 
und  russischen  Sardinen  aus  Sprotten  und  Uckeleis  ist  schon  im  vorigen 
Jahrhundert  bei  uns  mit  Erfolg  versucht,  aber  wieder  aufgegeben  worden. 
Nur  die  Zubereitungsweise  der  Neunaugen,  die  seit  alten  Zeiten  unver- 
ändert geübt  wird,  scheint  eine  möglichst  zweckmässige  zu  sein. 

Die  Quappenleber  kann  bei  Russ  und  Labiau  im  Winter  centner- 
weise  gewonnen  und  zu  werthvollen  Delicatessen  verarbeitet  werden, 
während  sie  jetzt  nutzlos  verloren  geht;  Gründling  und  Schmerle,  trotz 
ihrer  Kleinheit  feine  und  wohlschmeckende  Fische,  die  früher  auch  bei 
uns  sehr  geschätzt  wurden,  werden  jetzt  gar  nicht  verwerthet. 

Der  Störcaviar,  welcher  zwar  sehr  viel  feinkörniger  ist  als  der  von 
dem  Hausen  herstammende  russische  Caviar,  frisch  aber  demselben  im 
Geschmack  durchaus  nicht  nachsteht,  wird  bei  uns  noch  nirgends  gut 
und  haltbar  zubereitet  und  fast  immer  versalzen.  Es  ist  das  um  so  mehr 
zu  bedauern,  als  wir  mehrfach  Gelegenheit  gehabt  haben,  kleine  Quanti- 
täten frischen  Caviars  von  Mewe,  Marienburg,  Elbing,  Tolkemit  und 
Piliau  zu  untersuchen,  der  von  anerkannten  Caviarkennern  an  Geschmack 
dem  guten  russischen  Caviar  vollkommen  gleichgestellt  wurde.  Aller- 
dings ist  es  ein  Uebelstand,  dass  bei  uns  die  Caviarbereitung  immer  nur 
im  Vorsommer  vorgenommen  werden  kann,  während  ein  grosser  Theil 
des  russischen  Caviars  in  der  kalten  Jahreszeit  gewonnen  wird,  wir 
meinen  aber,  dass  es  mit  einiger  Mühe  und  Sorgfalt  auch  bei  uns  ge- 
lingen müsste,  ein  milderes  und  haltbareres  Fabrikat  herzustellen. 


444  Die  volkswirtschaftliche  Bedeutung  unserer  Fischerei. 

Die  Schuppen  vieler  Fische,  die  von  manchen  Fabriken  künstlicher 
Blumen  massenhaft  gekauft  werden,  finden  hier  noch  gar  keine  Yer- 
werthung,  die  Schuppen  des  Uckeleis,  von  denen  in  Paris  seit  200  Jahren 
die  Essence  d'Orieut  bereitet  wird,  die  man  zur  Fabrikation  künstlicher 
Perlen  gebraucht,1)  gingen  bei  uns  bis  vor  Kurzem  noch  grösstenteils 
ungenutzt  verloren,  während  sie  z.  B.  in  Pommern  schon  seit  vielen 
Jahren  gesammelt  und  an  die  Fabriken  geschickt  werden.  Erst  in  neuester 
Zeit  hat  man  auch  hier  mit  ihrer  Verwerthung  begonnen  und  wird 
voraussichtlich  in  Kurzem  jährlich  einige  tausend  Kilogramm  verarbeiten. 

Allerdings  stossen  alle  derartige  Neuerungen  bei  unserer  Fischer- 
bevölkerung,  die  mit  zäher  Hartnäckigkeit  an  dem  Althergebrachten  fest- 
hält, anfangs  auf  heftigen  Widerstand,  namentlich  wo  es  sich  darum 
handelt,  wenn  auch  um  eines  dauernden  und  sicheren  Gewinnes  wegen, 
zunächst  Geld  auszugeben,  Räucheröfen  einzurichten  etc.  Ohne  fortwäh- 
rende Anregung  und  eine  Art  von  Nöthigung  werden  sich  alle  solche 
Verbesserungen  kaum  einführen  lassen. 

Für  diesen  Zweck,  sowie  für  die  Hebung  der  gesammten  Fischerei 
wäre  die  Schaffung  einer  eigenen  Behörde  sehr  erwünscht,  die  in  England, 
Amerika  und  Skandinavien  bereits  seit  längeren  Jahren  besteht  und  se- 
gensreich wirkt,  die  Einrichtung  einer  Fischereiinspection. 

Schon  vor  mehr  als  20  Jahren  hat  Aug.  Müller2)  wiederholt  darauf 
hingewiesen,  dass  eine  Unterstellung  der  Fischereiangelegenheiten  unter 
eine  eigene  sachverständige  Behörde  ein  dringendes  Erforderniss  sei  und 
dass  diese  Behörde  eine  Menge  wichtiger  Aufgaben  zu  lösen  haben  werde. 
"Weitere  Anregungen  sind  von  Hensen3)  und  Kupffer4)  ausgegangen. 

Wohl  ist  auch  bereits  durch  die  Einsetzung  der  Kieler  Mi- 
nisterialcommission  zur  wissenschaftlichen  Untersuchung  der  deutschen 
Meere  ein  wichtiger  Schritt  in  dieser  Richtung  gethan,  und  es  sind  von 
der  Commission  zahlreiche  bedeutende  Arbeiten  ausgeführt  worden.   Aber 


1)  v.  Siebold.  Die  Süsswasserfische  von  Mitteleuropa.  S.  157.  —  Berichte  des 
Fischereivereins  der  Provinzen  Ost-  und  Westpreussen.     1880/81.     Nro.  3.  p.  22. 

2)  Ueber  den  Zustand  unserer  Fischereien  und  über  die  Mittel  zu  ihrer  Ver- 
besserung.    Zeitschrift  f.   Acclimatisation.   Bd.  1.    S.  203.   Berlin  1858. 

Zur  Fischereiordnung  ebenda.  Bd.  2.  S.  45.  Berlin  1859. 

3)  Ueber  die  Befischung  der  deutschen  Küsten.  Jahresbericht  der  Commission  zur 
wissenschaftlichen  Untersuchung  der  deutschen  Meere.  1875.  S.  379.  —  Resultate  der 
statistischen  Beobachtungen  über  die  Fischerei   an  den   deutschen  Küsten    ebenda  1878. 

S.  171. 

4)  Ueber   die   Aufgabe   eines    Fischerei  -  Inspectors  für    die   Provinzen   Ost-    und 

Westpreussen.     Bericht  Nr.  5  des  Fischei'eivereins  der  Provinzen  Ost-  und  Westpreussen. 
1878.     S.  3. 


Die  Ursachen  ihres  Rückganges  und  die  Mittel  zu  ihrer  Hebung.  445 

einerseits  sind  die  behufs  der  Hebung-  unserer  Fischerei  anzustellenden 
Untersuchungen  nicht  nur  wissenschaftlicher,  sondern  auch  praktischer 
Art,  und  andrerseits  erfordern  sie  die  volle  Arbeitskraft  eigener  Beamten, 
wenn  auch  die  Mitwirkung  zahlreicher,  hauptsächlich  in  anderen  Eich- 
tungen thätiger  Gelehrten  äusserst  erwünscht  ist. 

Der  Fischereiinspection  würde  die  Aufgabe  zufallen,  alle  Verhält- 
nisse der  Fischerei  in  ihrem  Bezirke  in  historischer,  statistischer,  prakti- 
scher und  theoretischer  Hinsicht  zu  untersuchen  und  zu  fördern,  sie 
würde  über  das  Vorkommen,  die  "Wanderungen,  Laichzeit  und  Laichplätze 
der  Fische,  über  ihre  Lebensbedingungen,  Nahrung  und  Entwicklung 
zu  arbeiten  haben,  besonders  ergiebige  Fischgründe  im  Meere  aufsuchen, 
die  Beobachtnngsstationen  controliren,  die  Fischerei  anderer  Länder  studiren 
und  praktische  Versuche  anstellen  müssen,  um  unsere  Fischereien  ertrag- 
reicher zu  machen.  Die  Gewährung  eigener  Fahrzeuge,  einschliesslich  eines 
zweckmässig  eingerichteten  Dampfers,  die  Anlage  von  Aquarien,  Brutanstalten, 
Versuchsteichen  etc.,  die  Beschaffung  der  erforderlichen  Instrumente  zu 
wissenschaftlichen  Untersuchungen  verschiedener  Art  wäre  dazu  erforderlich. 
Die  Beamten ,  welche  auch  die  Technik  der  Fischerei  aus  der  Praxis 
kennen  sollten,  müssten  durch  ihre  Persönlichkeit  geeignet  sein,  das  Ver- 
trauen der  Fischereibevölkerung  zu  gewinnen  und  durch  fortdauernde  An- 
regung und  Belehrung  auf  sie  einzuwirken.  Die  Bildung  von  Genossen- 
schaften, die  Organisation  eines  Versicherungswesens  für  die  namentlich 
in  der  See  so  häufig  verloren  gehenden  Netze  und  Angeln,  Verbesse- 
rungen hinsichtlich  der  Verwerthung  der  Fische,  die  Erschliessung  neuer 
Absatzgebiete  für  dieselben  und  manche  andere  Aufgaben  würden  von 
einer  solchen  Behörde  vorteilhaft  gelöst  werden  können  und  die  für 
dieselbe  aufgewandten  Geldmittel  reichlich  verzinsen. 


Drittes  Buch. 

Die  Fischzucht  in  Ost-  und  Westpreussen. 


-*=3&-*  4"J*t-*~'3^i» 


Die  Fischzucht. 


Die  Fischzucht  steht  zu  der  wilden  Fischerei  in  demselben  Ver- 
hältniss  wie  die  Viehzucht  zur  Jagd;  sie  bezweckt  die  rationelle  Aus- 
nutzung der  in  den  Gewässern  vorhandenen  Nahrungsstoffe  durch  deren 
Umwandlung  in  Fischfleisch.  Da  sie  von  dem  Fischzüchter  körperliche 
und  geistige  Arbeit  fordert,  so  beschränkt  sie  sich  naturgemäss  zunächst 
auf  die  ihm  zugehörigen  geschlossenen  Gewässer,  und  erst  die  Bildung 
von  Genossenschaften  und  gemeinnützigen  Vereinen  ermöglicht  es,  sie 
auch  auf  öffentliche  Gewässer,  ja  selbst  auf  die  Meere  auszudehnen. 

Zur  Yermehrung  und  Aufzucht  der  verschiedenen  Fischarten  sind 
je  nach  ihrer  Natur  und  Entwicklungsweise  zwei  verschiedene  Methoden 
im  Gebrauch. 

Bei  der  einen,  die  bereits  seit  Jahrhunderten  in  ziemlich  unver- 
änderter Weise  geübt  wird,  werden  Laichfische  in  geschlossene  Gewässer, 
die  ihrer  Yermehrung  besonders  günstig  sind,  eingesetzt  um  sich  ohne 
weitere  Beihilfe  fortzupflanzen,  die  Nachkommenschaft  wird  ausgefischt 
und  in  geeigneten  Teichen  aufgezogen.  Man  bezeichnet  diese  nament- 
lich für  den  Karpfen  angewandte  Zuchtweise  als  Teichwirthschaft. 

Bei  der  anderen,  jüngeren  Methode  nimmt  der  Fischzüchter  reifen 
Laichfischen  die  Geschlechtsproducte  ab  und  bringt  die  durch  Vermischung 
mit  der  Milch  befruchteten  Eier  unter  Aufsicht  zum  Ausschlüpfen,  worauf 
die  jungen  Fische  in  passende  Gewässer  eingesetzt  werden.  Dieses  zuerst 
für  die  lachsartigen  Fische  in  Anwenduug  gezogene  Verfahren  nennt 
man  künstliche  Fischzucht  oder  Fischerbrütung. 

Die  künstliche  Fischzucht. 
Bei  dem  natürlichen  Laichvorgange  geht  selbst  unter  den  günstigsten 
Umständen  immer  ein  sehr  grosser,  meistens  wohl  der  bei  Weitem  grösste 

29 


450  Die  künstliche  Fischzucht. 

Theil    der  Eier   noch    vor    dem  Ausschlüpfen    der  jungen   Fischchen    zu 
Grunde.     Namentlich    bei    den   in    stark    strömendem    Wasser  laichenden 
lachsartigen  Fischen  ist  es  ein  sehr  gewöhnliches  Vorkommniss,    dass  die 
abgelegten    Eier    nur    unvollständig    befruchtet    werden,    indem   die  vom 
Männchen    entleerte  Samenflüssigkeit  von  der  Strömung  fortgeführt  wird 
ohne    mehr   als    einen  kleinen  Theil  der  Eier  zu  berühren.     So  berichtet 
der  bekannte  amerikanische  Fischzüchter  Livingston  Stone,  dass  er  von 
den  in  Bächen  natürlich  abgelegten  Salmonideneiern  wiederholt  nicht  mehr 
als  8  pCt.  befruchtet  gefunden  habe.    Schon  während  des  Laichens  und  bald 
nachher  wird  eine  Menge  von  Eiern  theils  von  den  Eltern  selber  oder  ihren 
Verwandten,  theils  von  anderen  Raubfischen,  als  Kaulköpfen,  Quappen,  Aalen, 
Stichlingen  etc.  verschlungen,  ja  selbst  die  friedfertigsten  karpfenartigen  Fische 
finden  an  Fischlaich  viel  Geschmack.   Und  ausser  den  Fischen  sind  die  Spitz- 
mäuse, Eisvögel,    Schwimmvögel,  Frösche,   Molche,  Krebse,  Würmer  und 
Insecten  gewaltige  Räuber,  die  auf  den  Laichplätzen  den  grössten  Schaden 
anrichten.     Hochwasser  reisst  die    am  Boden   liegenden   Lachs-    und  Fo- 
relleneier oft  mit  dem  Strome  fort  oder  beschüttet   sie  mit  Schlamm  oder 
Kies,  während  sie  bei  plötzlich  abnehmendem  Wasserstande  trocken  gelegt, 
oder  durch  heftige  Kälte  getödtet  werden.     Auch  nach  dem  Ausschlüpfen 
aus  dem  Ei  drohen  den  jungen  Fischchen  noch  so  viele  Gefahren,  dass  man 
sich  wundern  muss,  wie  überhaupt  noch  Fische  zur  vollen  Entwicklung 
gelangen.     Der    am  Halse   anhängende  Dottersack,    der  bei  den  karpfen- 
artigen Fischen  schon  in  einigen  Tagen,  bei  den  lachsartigen  aber  erst  in 
mehreren  Wochen  schwindet,  hindert  die  Fischchen  in  ihren  Bewegungen 
und  hält  namentlich  die  Lachsarten  lange  fast  unbeweglich  am  Grunde  fest. 
In  diesem  unbehilflichen  Zustande,  nicht  einmal  mehr  durch  die  feste  Eihaut 
geschützt,    werden    die    zarten  Thiere  leicht  eine  Beute  ihrer  zahlreichen 
Verfolger.     Es  erscheint  unter  diesen  Umständen  durchaus  nicht  unglaub- 
lich, wenn  erfahrene  Fischzüchter  behaupten,  dass  aus  1000  natürlich  abge- 
legten Lachs-  oder  Forelleneiern  durchschnittlich  nur  2 — 3  Fischchen  aus- 
schlüpfen, von   denen   nur  eines    das  Ende  der  Dottersackperiode  erlebt. 

Es  muss  also  der  Vermehrung  der  Fische  in  ausserordentlicher 
Weise  Vorschub  geleistet  werden,  wenn  es  gelingt,  einerseits  die  Be- 
fruchtung aller  von  den  Weibchen  abgelegten  reifen  Eier  zu  vermitteln 
und  andrerseits  diese  Eier  vor  ungünstigen  Witterungsverb ältnissen  und 
allen  Feinden  geschützt  aufzubewahren  bis  die  jungen  Fischchen  nicht 
nur  ausgeschlüpft,  sondern  auch  nach  Verschwinden  des  Dottersackes  fähig 
geworden  sind,  ihrem  Futter  nachzujagen  und  sich  den  Nachstellungen 
ihrer  Verfolger  zu  entziehen. 

Eine  solche  Unterstützung  von  Seiten  des  Menschen  ist  nun  in  der 


Entdeckung  und  erste  Versuche.  451 

That  möglich,  und  die  erzielten  Resultate  dürfen  vorzügliche  genannt 
werden,  indem  durchschnittlich  von  1000  Salmonideneiern  900  Junge 
erzogen  werden,  welche  die  Dottersackperiode  überleben. 

Die  geringere  Anzahl  und  bedeutendere  Grösse  ihrer  Eier,  die 
günstigere  Temperatur  in  der  Zeit  ihrer  Entwicklung ,  der  höhere 
Werth  ihres  Fleisches  und  ihre  stärkere  Verminderung  haben  es  bedingt, 
dass  sich  die  künstliche  Fischzucht  in  Europa  und  Amerika  zunächst 
der  Salmoniden  annahm  und  sich  erst  in  neuester  Zeit  auch  mit  anderen 
Fischen  beschäftigt. 

Es  war  ein  Landwirth  in  Lippe-Detmold,  Stephan  Ludwig  Jacobi 
aus  Hohenhausen  (geb.  1709,  f  1784),  der  nach  vielfachen  Beobach- 
tungen des  natürlichen  Laichvorganges  seit  1725  die  künstliche  Be- 
fruchtung des  Forellenlaiches  vornahm  und  schon  1733  zahlreichen  Ge- 
lehrten ausführliche  Mittheilungen  über  gelungene  Yersuche  machte. 
Aber  erst  1763  wurde  seine  Entdeckung,  dass  man  aus  künstlich  be- 
fruchteten Eiern  Forellen  erziehen  könne,  von  einem  seiner  Freunde  im 
Hannoverschen  Magazin  besprochen,  und  1765  machte  er  selber  in  der 
nämlichen  Zeitschrift  eine  Mittheilung  über  das  künstliche  Ausbrüten  der 
Forellen  und  über  die  Erzeugung  von  Salmonidenbastarden.  Gleichzeitig 
lehrte  der  Rathsherr  C.  Fr.  Lund  in  Liuköping  (Schweden),  Wachholder- 
oder  Tannenzweige  auf  den  Laichplätzen  der  Sommerlaichfische  zu  ver- 
senken, um  den  au  ihnen  haftenden  natürlich  abgelegten  und  befruchteten 
Laich  in  andere,  seiner  Entwickelung  günstige  Gewässer  zu  übertragen. 

Aber  beide  Entdeckungen  fielen  der  Yergessenheit  anheim,  obwohl 
namentlich  Jacobi's  Arbeiten  von  zahlreichen  Gelehrten  anerkannt  und 
unter  anderen  von  Duhamel  du  Monceau  in  seinem  grossen  Fisch- 
werke1) besprochen  wurden,  und  obgleich  Jacobi  selber  und  später 
sein  Sohn  fortfuhr,  Forellen  in  ziemlicher  Menge  zu  brüten. 

Erst  als  1837  John  Shaw  in  Schottland,  1843  Remy  und  Gehin 
in  dem  Vogesendorfe  La  Bresse,  und  Jacob  Sandungen  in  Ecker 
(Norwegen)  selbstständig  die  künstliche  Befruchtung  des  Forellenlaiches 
erprobt  hatten,  wurde  die  künstliche  Fischzucht  durch  die  Bemühungen 
des  verdienten  Embryologen  Coste,  der  übrigens  die  Entdeckung  und 
praktische  Anwendung  derselben  ausdrücklich  Jacobi  zuschreibt,  und  durch 
die  1848  von  Napoleon  III.  bei  Hüningen  im  Elsass  angelegte  Brutanstalt 
wirklich  in  die  Praxis  eingeführt. 

Die  Thätigkeit  der  künstlichen  Fischzucht  für  die  Yermehrung  der 
lachsartigen  Fische  zerfällt  in  die  Gewinnung  des  Laiches,  die  künstliche 


1)  Traite  general  des  peches  et  histoire  des  poissons.    3  voll.     Paris  1767—1773. 

29* 


452  Die  künstliche  Fischzucht. 

Befruchtung  der  Eier,  ihre  Ausbrütung,  die  Aufzucht  der  ausgeschlüpften 
Fischchen  bis  zum  Yerlust  der  Dotterblase,  den  Transport  derselben  und 
ihre  Aussetzung  in  passende  Gewässer. 

Die  Gewinnung  des  Laiches  ist  am  leichtesten,  wo  auf  den 
Laichplätzen  selber  die  Fische  in  grösserer  Menge  gefangen  werden 
(Lachse,  Forellen,  Maränen,  Schnäpel,  Aeschen).  Unter  den  Gefangenen 
sind  meistens  sehr  viele  völlig  laichreife  Thiere,  denen  die  Geschlechts- 
producte  mit  der  grössten  Leichtigkeit  und  ohne  irgend  welchen  Nach- 
theil für  die  Fischer  abgestrichen  werden  können.  An  allen  solchen 
ständigen  Fangorten  müssten  Laichgewinnungsanstalten  angelegt  werden, 
die  mit  unendlich  geringen  Mitteln  ausserordentliche  Eiermengen  sammeln, 
befruchten  und  an  die  Brutanstalten  abgeben  könnten. 

Das  Aufsuchen  der  natürlich  abgelegten  und  befruchteten  Eier 
auf  den  Laichplätzen  steht,  selbst  wenn  man  nach  dem  Vorgänge  der 
Amerikaner  die  Fische  an  besondere,  leicht  zu  controlirende  Laichstellen 
lockt,  der  künstlichen  Laichgewinnung  und  Befruchtung  durchaus  nach, 
da  unvermeidlich  sehr  viel  unbefruchtete  Eier  mit  eingesammelt  werden, 
welche  später  die  Arbeit  in  der  Brutanstalt  wesentlich  compliciren. 

Natürlich  hat  man  nicht  an  allen  Orten  Gelegenheit,  Lachse  in 
laichreifem  Zustande  zu  erhalten.  Im  unteren  Lauf  grosser  Ströme  werden 
sie  vielmehr  immer  nur  mit  noch  ganz  unreifen  Geschlechtsproducten  ge- 
fangen. Indessen  braucht  man  dort  keinesweges  auf  die  Gewinnung  des 
Laiches  zu  verzichten,  da  es  durch  vielfache  Erfahrung  feststeht,  dass 
bei  Lachsen,  die  während  des  Aufsteigens  gefangen  werden,  wenn  man 
sie  selbst  monatelang  in  passenden  Behältern  mit  reichlichem  Zufluss  guten 
Wassers  aufbewahrt,  Milch  und  Rogen  zur  rechten  Zeit  ihre  Reife  er- 
langen, ohne  dass  man  nöthig  hätte,  die  Thiere  zu  füttern.1)  Die 
Geschlechter  müssen,  um  ein  freiwilliges  Laichen  zu  verhüten,  in  getrennten 
Behältern  gehalten  werden.  Nach  Wilniot  wäre  es  sogar  möglich,  Lachse, 
ohne  dass  sie  überhaupt  in  das  süsse  Wasser  gelangen,  auch  in  See- 
wasserbassins ihren  Laich  reifen  zu  lassen,  der  dann  eben  so  gute  Brut- 
resultate gäbe,  als  ob  man  ihn  von  Thieren  in  der  Nähe  ihrer  Laichplätze 
gewonnen  hätte. 

Für  unsere  Verhältnisse  dürfte  es  sich  empfehlen,  unmittelbar 
neben  dem  ständigen  Lachsfange  schwimmende  Behälter  anzulegen, 
durch  die  ein  genügender  Strom  hindurch  gehen  müsste,  um  die  Fische 
gesund  zu  erhalten.     So  ist  man  dann  leicht  in  der  Lage,    sie    von   Zeit 


1)    Das    ist   kürzlich    auch    durch  Versuche   bei   Skirwieth    für   unsere    Lachse 
bestätigt  worden. 


Gewinnung  und  Befruchtung  der  Eier.  453 

zu  Zeit  auf  ihre  Laichreife  zu  untersuchen  und  zur  rechten  Zeit  ab- 
zustreichen. Ebenso  sind  natürlich  in  Forellenteichwirthschaften  die 
Laichfische  zur  rechten  Zeit  vorhanden,  man  braucht  ihnen  nur  einen 
sonst  gegen  den  Teich  durch  ein  Gitter  abgesperrten  Bach  zu  öffnen, 
um  sie,  sogleich  nach  geeigneten  Laichplätzen  suchend,  in  denselben  ein- 
treten zu  sehen,  und  sie  dann  leicht  fangen  zu  können. 

Hat  man  die  gewünschte  Anzahl  laichreifer  Fische  beisammen,  so 
kann  man  zur  Befruchtung  des  Laiches  schreiten.  Die  Befruchtung 
der  Salmonideneier  wird  jetzt  allgemein  nach  der  sogenannten  trockenen 
oder  russischen  Methode  von  "Wraskij  ausgeführt.1)  Ein  reifer  Rogener 
wird  vorsichtig  abgetrocknet,  über  eine  trockene  Schale  gehalten  und  sein 
Rogen  durch  sanftes  Streichen  des  Bauches  vom  Kopfe  nach  dem  Schwänze 
zu  in  die  Schale  entleert.  Sehr  zweckmässig  ist  es  dabei  Kopf  und 
Schwanz  des  Fisches  gegen  den  Rücken  hin  zu  biegen,  so  dass  der 
Bauch  stärker  gespannt  wird.  Starker  Druck  muss  durchaus  vermieden 
werden,  da  man  durch  denselben  auch  unreife,  klumpenweis  austretende, 
und  später  bald  absterbende  Eier  entleeren  würde,  oder  Schleim  und 
Schuppen  des  Fisches  mit  in  die  Schale  gelangen  und  zur  Bil- 
dung von  Schimmel  Veranlassung  geben  könnten.  Sobald  die  Eier  auf- 
hören bei  sanftem  Druck  abzufliessen ,  muss  man  mit  Streichen  ein- 
halten, kann  aber  den  Fisch,  dem  eine  vorsichtige  Behandlung  dieser  Art 
durchaus  nicht  schadet,  bis  zur  Reife  weiterer  Eier,  die  nach  einigen 
Tagen  eintritt,  in  einem  geeigneten  Behälter  aufbewahren.  In  gleicher 
Weise  wird  ein  Milchner  abgetrocknet  und  seine  Milch  über  die  in  der 
Schale  befindlichen  Eier  entleert,  die  dann  mit  der  Hand  oder  einer 
Federfahne  vorsichtig  umgerührt  werden,  bis  sie  alle  mit  der  Samen- 
flüssigkeit in  Berührung  gekommen  sind.  Ein  Theelöffel  voll  reifer  Milch 
ist  für  einen  Suppenteller  voll  Eier  genügend.  Man  füllt  dann  die  Schale 
mit  reinem  Wasser,  rührt  noch  einmal  um  und  lässt  die  Eier  1/4  bis 
Y2  Stunde  lang  ungestört,  damit  sie  Zeit  haben,  Wasser  und  Samenkörper- 
chen  aufzunehmen.  (S.  S.  39.)  Da  bei  diesem  Verfahren  jedes  Ei  mit 
der  Milch  in  Berührung  kommt,  so  ist  die  Befruchtung  jedes  reifen  Eies 
auch  wirklich  gesichert.  Das  milchig  getrübte  Wasser  wird  dann  abge- 
gossen und  durch  reines  ersetzt,  und  die  Eier  können,  sobald  sie  sich 
prall  anfühlen,  also  gehörig  voll  Wasser  gesogen  sind,  in  die  Brutapparate 
übertragen  werden. 

Hat    man    eine    grosse    Anzahl    reifer    Fische    abzustreichen,    so 


1)  Dieselbe  ist  übrigens  seit  1857  selbstständig  auch  von  A.  Stentzel  in  Tankow 
angewandt  worden.    S.  Circulare  d.  deutschen  Fischereivereins  1874.  S.  117. 


454  üie  künstliche  Fischzucht. 

ist  es  zweckmässig,  zunächst  die  Rogener  von  den  Milchnern  zu 
trennen.  Man  kann  dann  gleich  die  Eier  einer  grösseren  Anzahl 
von  Eischen  in  eine  Schale  entleeren,  während  ein  Gehilfe  die  Milch 
mehrerer  Männchen  in  einem  andern  Gefäss  sammelt,  worauf  man 
die  ganze  Masse  auf  einmal  befruchtet.  Wo  es  nicht  darauf  ankommt 
die  Fische  am  Leben  zu  erhalten,  ist  es  zweckmässig,  um  nicht  durch 
ihre  heftigen  Bewegungen  gehindert  zu  werden,  sie  vor  dem  Abstreichen 
durch  einen  Schlag  auf  den  Kopf  zu  töclten.  Aber  auch  dann  sind  viele 
Fische,  namentlich  Lachse,  oft  zu  gross  und  schwer,  um  sie  allein  be- 
quem handhaben  zu  können,  man  lässt  daher  solche  zweckmässig  an  Kopf 
und  Schwanz  von  einem  oder  zwei  Gehilfen  halten,  um  die  Geschlechts- 
producte  schnell  und  ungehindert  gewinnen  zu  können. 

Bei  kühlem  Wetter  bleiben  Rogen  und  Milch  in  den  frisch  getödteten 
Fischen,  wie  schon  Jacobi  angiebt,  mehrere  Tage  lang  vollkommen  lebens- 
fähig, so  dass  man  sehr  wohl  eine  grössere  Menge  reifer  Fische  vom  Fangort 
nach  einer  meilenweit  entfernten  Brutanstalt  transportiren  kann,  um  erst  dort 
die  Befruchtung  des  Laiches  vorzunehmen.  Ja  man  kann  Rogen  und  Mich 
den  lebenden  oder  frisch  getödteten  Thieren  entnehmen  und  getrennt  in  reinen 
trockenen  Flaschen  aufbewahren,  die  jedoch  vollständig  gefüllt  und  gut 
verkorkt  sein,  und  möglichst  kühl  gehalten  werden  müssen ;  nach  mehreren 
Tagen  gelingt  dann  die  Befruchtung  ebenso  gut,  als  ob  man  lebende  Laich- 
fische verwendete.  Unter  Umständen  kann  dies  Verfahren  von  dem 
grössten  Werthe  sein,  wenn  z.  B.  an  einem  Tage  nur  Milchner  oder  nur 
Rogener  gefangen  werden,  deren  Geschlechtsproducte  dann  lebend  auf- 
bewahrt werden  können,  bis  auch  Thiere  des  andern  Geschlechtes  zur 
Verfügung  stehen. 

Nach  Erfahrungen  v.  d.  Borne's,  die  jedoch  noch  nicht  zum  Ab- 
schluss  gelangt  sind,  kann  man  auch  die  ohne  Wasserzusatz  mit  der 
Milch  vermischten  Eier  in  Flaschen  oder  ähnlichen  Gefässen  aufbewahren, 
und  entwickeln  sich  dieselben,  wenn  sie  später  ins  Wasser  gelangen,  in 
normaler  Weise.  Es  würde  dieses  Verfahren,  wenn  es  sich  als  zuver- 
lässig bewährt,  die  Bemühungen  der  Fischzüchter  in  hohem  Grade  fördern. 

Früher  verfuhr  man  bei  der  Befruchtung  der  Eier  in  anderer 
Weise,  indem  man  entweder  zuerst  den  Rogen,  danach  die  Milch 
oder  auch  beide  gleichzeitig  in  eine  Schale  mit  Wasser  entleerte.  Nun 
verlieren  aber  im  Wasser  die  Samenkörperchen  sehr  schnell  ihre  be- 
fruchtende Eigenschaft,  und  es  blieben  daher  zahlreiche  Eier  unbefruchtet. 
Nach  vergleichenden  Versuchen  von  Seth  Green  sollen  bei  der  alten 
Methode  nur  20  pCt,  bei  der  trocknen  dagegen  98  pCt.  der  Eier  wirklich 
befruchtet  werden. 


Befruchtung  der  Eier.     Brutapparate.  ir>.> 

Schon  Jacobi  war  auf  den  Gedanken  gekommen,  durch  Befruch- 
tung von  Lachseiern  mit  Forellenmilch  oder  umgekehrt  willkürlich  Blend- 
linge zu  erzeugen,  was  ihm  auch  vollkommen  gelang,  und  noch  jetzt 
züchtet  man  an  manchen  Orten  solche  Bastarde,  die  sich  schneller  mästen 
sollen,  häutig  übrigens  unfruchtbar  bleiben,  mit  grosser  Vorliebe. 

Die  weitgehenden  Versuche,  Bastarde  von  einander  sehr  fernstehen- 
den Fischarten  zu  erhalten,  die  neuerdings  in  Amerika  angestellt  werden, 
scheinen  kaum  mehr  als  ein  rein  wissenschaftliches  Interesse  bean- 
spruchen zu  können,  und  auch  die  Vortheile  der  Kreuzung  nahe  ver- 
wandter Arten  möchten  kaum  so  erheblich  sein  als  man  an  manchen 
Orten  zu  glauben  geneigt  ist. 

Es  würde  schon  ein  grosser  Gewinn  für  die  Hebung  des  Fischbe- 
standes sein,  wenn  die  Fischer  sich  der  geringen  Mühe  unterziehen 
wollten,  den  Laich  aller  in  reifem  Zustande  gefangenen  Fische  zu  be- 
fruchten und  ohne  Weiteres  auf  den  natürlichen  Laichplätzen  ins  Wasser 
zu  streuen.  In  der  That  haben  die  ersten  Fischzüchter  vielfach  nur  in 
dieser  Weise  gehandelt  und  doch  recht  befriedigende  Resultate  erzielt, 
auch  wird  noch  jetzt  an  manchen  Orten  so  verfahren. 

Aber  wie  bereits  früher  erwähnt  wurde,  drohen  während  der  Brut- 
zeit dem  Laich  und  den  ausgeschlüpften  Fischchen  bis  zum  vollständigen 
Schwund  der  Dotterblase  so  viele  und  grosse  Gefahren,  dass  namentlich 
die  sich  langsam  entwickelnden  Salmonideneier  dringend  des  Schutzes 
bedürfen.  Auf  sehr  einfache  AVeise,  und  doch  oft  ganz  genügend  kann 
man  ihnen  diesen  gewähren,  indem  man  eine  kleine  Strecke  eines  ge- 
eigneten Baches  durch  Gitter  abgrenzt,  von  Raubfischen  befreit,  den 
Boden  mit  reinem  Kies  beschüttet  und  die  darauf  ausgestreuten  Eier  mit 
einer  dünnen  Kiesschicht  bedeckt  oder  durch  über  dem  Wasser  befestigte 
Bretter  oder  Strauchbündel  beschattet. 

Einen  vollständigeren  Schutz  gewährt  den  Eiern  die  schon  von  Ja- 
cobi angewandte  Brutkiste,  ein  länglicher,  niedriger  Kasten,  der  natür- 
lich je  nach  der  Menge  der  darin  zu  brütenden  Eier  in  der  verschieden- 
sten Grösse  hergestellt  werden  kann.  Der  Deckel  ist  im  Charnier  zu  öffnen, 
bei  grossen  Kisten  zweckmässig  in  mehrere  Stücke  getheilt  und  zum  Ver- 
schliessen  eingerichtet.  Die  schmalen  Seitenflächen  sind  durch  Metall- 
siebe oder  Drahtnetze  gebildet,  eine  vergitterte  Oeffnung  oder  ein  Glas- 
fenster kann  auch  im  Deckel  angebracht  sein.  Der  Boden  der  am  besten 
aus  Linden-  oder  Weidenholz  angefertigten  Kiste  wird  mit  Kies  bedeckt, 
und  man  hat  es  durch  Anwendung  einer  grösseren  oder  geringeren 
Menge  desselben  ganz  in  der  Hand,  die  Kiste  entweder  auf  den  Grund 
eines  flachen  Baches  fest  hinzustellen,   oder   sie  in  tieferem  Wasser  ver- 


456 


Die  künstliche  Fischzucht. 


ankert  schwimmen  zu  lassen.  Unter  allen  Umständen  muss  sie  so 
gerichtet  werden,  dass  sie  die  schmale  vergitterte  Seite  dem  Strome  zu- 
wendet, also  gehörig  vom  Wasser  durchströmt  wird.  Die  befruchteten 
Eier  werden  in  einfacher  Schicht  und  möglichst  ohne  sich  gegenseitig  zu 
berühren,  auf  das  Kiesbett  gestreut,  und  die  Kiste  kann  bei  reichlichem 
Zufluss  reinen  "Wassers  bis  zum  Ausschlüpfen  der  jungen  Fischchen  sich 
selber  überlassen  werden.  Aehnliche  Apparate  sind  neuerdings  auch 
von  Hetting  und  anderen  Züchtern  empfohlen  worden. 


Fig.  205.    Jacobi's  Brutkiste. 

Eine  Modification  der  J  a  c  o  b  i '  sehen  Brutkiste  ist  der  von  dem 
Hoffischer  Kuffer  in  München  angewandte  Bruttiegel  oder  Brut- 
topf, der  aus  glasirtem  Thon  besteht,  überall  siebartig  durchlöchert 
und  durch    einen  ebenfalls  durchlöcherten  Deckel  geschlossen  ist.    Auch 


Fig.  206.     Kuffer's  Bruttiegel. 

in  diesem  Apparat  wird  der  Boden  gewöhnlich  mit  Kies  bedeckt,  auf 
dem  die  Eier  ausgebreitet  werden.  Man  kann  diese  Bruttiegel  entweder 
ohne  Weiteres  frei  in  die  Bäche  setzen  oder  sie  in  Kisten  stellen,  deren 


Baohbrutapparate. 


457 


in  der  Richtung  des  Stromes  gelegene  Wände  durchbrochen  sind,  und 
zur  Regulirung  des  Wasserzuflusses  durch  Schieber  mehr  oder  weniger 
geöffnet  werden  können.  Eine  Modifikation  der  schwimmenden  Jacobi- 
schen Brutkiste  hat  v.  Rueff  in  Hohenheim1)  und  später  der  amerika- 
nische Fischzüchter  Seth  Green  im  Grossen  angewandt,  letzterer 
namentlich  um  die  Eier  des  Shad  (Alosa  praestabilis)  zu  brüten.  Der 
Boden  der  Green 'scheu  Kiste  ist  durch  ein  feines  Drahtgewebe  ge- 
bildet, und  zwei  an  den  Langseiten  angebrachte  Bretter  bewirken,  dass  sie 
in  schräger  Stellung  schwimmt,  Man  wendet  diesen  Siebboden  gegen 
den  Strom  und  legt  die  Eier  ohne  Kiesunterlage  hinein.  Durch  die 
Strömung  werden  namentlich  kleinere  Eier  in  einer  massigen  Bewegung 
erhalten,   die   ihnen  sehr   zuträglich  sein   soll,    und    die  Ablagerung   von 


Fig.  207.     Green's  schwimmender  Brutkasten.     Fig.  208.     Brutkiste  nach  Coste. 

Niederschlägen  aus  dem  Wasser  verhindert.  Der  B  r  a  c  k  e  t '  sehe  Brut- 
kasten unterscheidet  sich  von  dem  Green'  sehen  nur  dadurch,  dass  er 
in  horizontaler  Lage  schwimmt,  aber  einen  schräge  stehenden  Siebboden 
besitzt.  Sehr  ähnlich  sind  auch  die  von  Bannister  und  Atkins 
empfohlenen  Brutkisten. 

Noch  wäre  hier  einer  von  Coste  empfohlenen  Modification  der  Ja- 
cob i '  sehen  Brutkiste  Erwähnung  zu  thun,  die  darin  besteht,  dass  in  die 
gewöhnliche    Kiste    mehrere   Holzrahmen    mit   Glasrosten    über    einander 


1)  Erinnerung  an  Fischwasserbesitzer.     Wochenblatt   für  Land-  und  Forstwirth- 
schaft,  herausg.  v.  d.  kgl.  würtemb.  Centralstelle  für  Landwirthschaft  1855.  6.  Jan.  (Nr.  1). 


458  Die  künstliche  Fischzucht. 

gesetzt  werden,  auf  welchen  die  Eier  liegen;  es  ist  das  also  ein  Mittel, 
um  bei  genügend  hohem  Wasserstande  auf  einer  kleinen  Bodenfläche  eine 
grössere  Anzahl  von  Eiern  zu  brüten. 

Alle  bisher  besprochenen  Apparate,  die  man  auch  unter  dem  Namen 
der  Bachapparate  zusammenfasst,  können  vorzügliche  Resultate  liefern, 
sie  erfordern  aber  klares  Wasser,  eine  massig  starke,  gleichmässige  Strö- 
mung, und  sind  natürlich  nur  da  anwendbar,  wo  die  Temperatur  nicht 
tief  genug  sinkt,  um  das  Brntwasser  in  Eis  zu  verwandeln. 

In  unserem  nordischen  Klima  sind  für  die  Winterlaichfische  meistens 
wohl  andere,  in  eigenen  Bruthäusern  aufzustellende  Apparate  im  Gebrauch. 

Bei  der  Anlage  von  Bruthäusern  handelt  es  sich  vor  allen  Dingen 
um  die  Beschaffung  guten  Wassers;  dasselbe  muss  möglichst  frei  sein 
von  mechanischen  und  chemischen  Beiruenguugen,  wie  Schlamm,  Mineral- 
salze, Kohlensäure  etc.  Es  muss  eine  möglichst  niedrige  und  con- 
stante  Temperatur  haben  und  vor  Allem  eine  genügende  Menge 
atmosphärischer  Luft  gelöst  enthalten.  Quellwasser  hat,  nahe  seinem 
Austritt  aus  der  Erde  den  Vorzug,  ganz  klar  zu  sein,  enthält  dagegen 
gewöhnlich  wenig  gelöste  Luft  und  ist  häufig  zu  warm,  man  kann  es 
aber  leicht  lufthaltiger  machen  und  zugleich  abkühlen,  wenn  man  es 
durch  einen  kleinen  künstlichen  Bach  mit  starkem  Gefälle  über  Steine 
in  die  Brutanstalt  leitet.  Bach-,  Fluss-  oder  Teichwasser  pflegt  einen 
bedeutenderen  Luftgehalt  zu  haben  als  das  Quellwasser,  ist  auch  im 
AVinter  kälter  als  letzteres,  enthält  aber  häufig  viel  Schlamm,  Lehm  und 
andere  mechanisch  beigemischte  Unreinigkeiten ,  die  beseitigt  werden 
müssen,  ehe  es  in  die  Brutapparate  eintritt.  Die  Röhrenleitung  durch 
welche  das  Wasser  in  die  Brutanstalt  gelangt,  muss  natürlich  gegen  Frost 
geschützt  sein,  indem  man  sie  entweder  in  genügender  Tiefe  unter  der 
Erde  anlegt  oder  sie,  wenn  sie  dicht  unter  der  Oberfläche  oder  gar  frei 
durch  die  Luft  läuft,  mit  einer  genügend  dicken  Schicht  schlechter  Wärme- 
leiter, wie  Mist,  Stroh  etc.  umhüllt.  Um  das  Eindringen  gröberer  Un- 
reinigkeiteu  in  die  Röhren  zu  verhüten,  kann  man  ihr  freies  Ende  mit 
einer  Art  Giesskannenbrause  mit  weiten  Oeöhungen  versehen  und 
dasselbe  noch  mit  einem  rohen  Holzkasten  umgeben,  der  mit  einem 
Haufen  von  Kies  und  Steinen  bedeckt  wird. 

Das  Bruthaus  muss  womöglich  so  gelegen  sein,  dass  das  Wasser 
von  seiner  Eintrittsstelle  in  dasselbe  bis  zu  den  in  Tischhöhe  aufzustellenden 
Brutkasten  einen  Fall  von  wenigstens  einem  Meter  hat.  Es  muss  frost- 
frei sein,  indem  es  entweder  ganz  aus  doppelten  Holzwänden  aufge- 
führt wird,  deren  Zwischenraum  mit  schlechten  Wärmeleitern,  wie  Stroh, 
Sägespähne,    Torf,   Moos    oder   dergleichen    gefüllt   ist,    oder    auch    mit 


T>;is  Bruthaus.    Der  Klärapparat.  459 

einer  oder  mehreren  Seiten  in  einen  Hügel  eingebaut  wird.  Nötigen- 
falls kann  auch  ein  nicht  frostfreies  Local  durch  Aufstellung  eines  eisernen 
Ofens  brauchbar  gemacht  werden,  und  für  kleine  Privatbrutanstalten  ist 
häufig  ein  Kcllerraum,  ein  Verschlag  in  einem  Viehstalle  oder  dergleichen 
vollkommen  ausreichend,  um  zum  eigenen  Bedarf  jährlich  10  000  bis 
100  000  Eier  auszubrüten. 

Der  Brutraum  muss  so  hell  sein ,  dass  das  Aussuchen  der 
kranken  und  todten  Eier  keine  Schwierigkeiten  macht,  die  Fenster 
müssen  aber,  namentlich  wenn  sie  nach  Süden  gelegen  sind,  durch 
Vorhänge  oder  Strohmatten  verschlossen  werden  können,  weil  helles  Licht 
die  Pilzbildung  befördert  und  die  Eier  jedenfalls  nicht  längere  Zeit  dem 
directen  Sonnenlicht  ausgesetzt  sein  dürfen.  In  dunklen  Bruträumen 
kann  das  Auslesen  der  Eier  bei  Licht  vorgenommen  werden.  Wände 
und  Decken  des  Brutraumes  darf  man  nicht  mit  Kalk  oder  abbröckelnder 
Farbe  streichen,  da  Theilchen  derselben,  die  etwa  in  die  Bruttröge  fallen, 
mehr  oder  weniger  Fischchen  tödten  würden. 

Im  Bruthause  ist  ausser  den  Bruttrögen  der  Klärapparat  aufzustellen, 
den  man  zweckmässig  auch  bei  scheinbar  ganz  reinem  Wasser  anwendet,  da  er 
den  Durchgang  wirklich  reinen  Wassers  fast  gar  nicht  verzögert,  Regengüsse, 
Schneeschmelze  und  andere  Vorkommnisse  aber  auch  das  reinste  Wasser 
plötzlich  trüben  können,  so  dass  es  unfiltrirt  die  Eier  mit  Schlamm  bedecken 
würde.  Der  Klärapparat  besteht  gewöhnlich  aus  einem  Sammelbassin,  den 
Kiesfiltern  und  dem  amerikanischen  Flanellfilter.  Das  Sammelbassin  ist  ein 
Bottich  oder  Kasten  von  angemessener  Grösse,  in  dem  sich  die  gröbsten  TJn- 
reinigkeiten,  wie  mitgeschwemmter  Sand,  Steinchen  und  dergleichen  absetzen 
sollen.  Unter  seinem  oberen  Rande  muss  ein  genügend  weites  Ablauf- 
rohr angebracht  sein,  damit,  falls  sich  einmal  die  Filter  verstopfen  sollten, 
oder  wenn  ein  grösserer  Theil  der  Leitung  an  den  Bruttrögen  gesperrt 
wird,  das  überflüssige  Wasser  nach  aussen  abziehe,  ohne  über- 
zulaufen. Im  Boden  des  Sammelbassins  ist  ein  grosses  Tellerventil 
anzulegen,  durch  welches  zeitweise  der  Niederschlag  abgelassen  werden 
kann. 

Der  Kiesfilter  besteht  aus  einem  Kasten,  Bottich  oder  Fass,  über 
dessen  Boden  in  einer  Höhe  von  ca.  20  cm  ein  zweiter  Boden  von 
Holzrosten  befestigt  ist.  Der  ganze  oberhalb  des  Rostes  gelegene  Raum 
des  Fasses  ist  durch  eine  wasserdichte  Scheidewand  in  zwei  gleiche  Ab- 
tneilungen  getheilt  und  1/%  bis  3/4  m  hoch  mit  gut  gewaschenem  Kies 
von  Wallnussgrösse  gefüllt.  Man  lässt  das  Wasser  durch  ein  aus 
dem  Sammelbassin  kommendes  Rohr  oben  in  die  eine  Abtheilung  des 
Fasses    eintreten,   es   rinnt    durch  den   Kies    dieser  Abtheilung  hindurch, 


460 


Die  künstliche  Fischzucht. 


steigt  durch  den  der  zweiten  Abtheilung  auf  und  wird  durch  ein  Rohr 
weiter  geführt.  Ist  man  auf  den  Gebrauch  von  Wasser  angewiesen, 
welches  gewöhnlich  viel  Lehm-  oder  Schlammtheile  enthält,  so  können 
zweckmässig  mehrere  Filter  dieser  Art  hintereinander  in  die  Leitung  ein- 


Fig.  209.    Kiesfilter  mit  Scheidewand. 


geschaltet  werden.  Ohne  Hilfe  eines  Böttchers  kann  man  einfachere 
Kiesfilter  ohne  Scheidewand  (wie  Fig.  210)  sich  selber  aus  alten  gut  ge- 
wässerten Petroleumfässern  herstellen.  Dieselben  sind  wegen  ihrer  Ein- 
fachheit und  Billigkeit  besonders  zu  empfehlen. 


Fig.  210.     Einfache  Kiesfilter. 

Je  nach  der  Unreinigkeit  des  Wassers  müssen  die  Kiesfilter  ab 
und  zu  gereinigt  werden.  Dies  geschieht  am  schnellsten,  indem  man 
den  Wasserzufluss  absperrt,  das  in  dem  Filter  befindliche  Wasser  durch 
ein  am  Boden  [angebrachtes  Teller-  oder  Kegelventil  oder  ein  einfaches 
Spundloch  ablaufen  lässt,  und  so  lange  reines  Wasser  in  kräftigem  Strahle 


Der  Kiesfilter.     Der  amerikanische  Filter. 


461 


auf  den  Filter  aufgiesst,  bis  es  unten  ungetrübt  abläuft.  Am  Ende 
jeder  Brutsaison  rauss  der  Kies  vollständig  ausgeräumt,  und  ebenso  wie 
das  Gefäss,  gründlich  gewaschen  werden,  ehe  man  ihn  wieder  einpackt. 

Um  auch  die  feinsten  Schlammtheilchen  aus  dem  Brutwasser  zu 
entfernen,  welche  durch  die  Kiesfilter  hindurchgehen,  wendet  man  mit 
grossem  Vortheil  noch  einen  amerikanischen  Filter  an,  in  welchem  das 
Wasser  durch  mehrere  Flanellschichten  geseiht  wird.  Man  giebt  dem  ameri- 
kanischen Filter  gewöhnlich  die  Form  eines  ca.  2  m  langen,  40  cm  hohen 
und  breiten  Kastens,   an  dessen  schmalen  Wänden  der  Zu-   und  Abfluss 


nJ     Pk      Pk      Ik     nk     iik 

n 

Fig.  211.     Amerikanischer  Flanellfilter. 

des  Wassers  erfolgt.  In  die  langen  Seitenwände  sind  Nuthen  eingestochen, 
in  welche  sich  Holzrahmen  einschieben  lassen,  die  mit  grobem  Flanell 
überzogen  sind.  Das  Wasser  hat  also  eine  Anzahl  von  Flanelltüchern 
zu  passiren  und  steht  gewöhnlich  in  jeder  folgenden  Abtheilung  um 
2 — 3  cm  niedriger  als  in  der  vorhergehenden.  Sind  die  Flanellwände 
durch  Schlamm  sehr  verstopft  und  undurchlässig  geworden,  so  werden 
sie  gegen  andere  ausgewechselt  und  sind  durch  Bürsten  und  Auskochen 
leicht  zu  reinigen.  Werden  die  Filtrirapparate  aus  Holz  angefertigt,  so 
empfiehlt  es  sich,  um  die  Schimmelbildung  zu  verhüten,  sie  wie  alle 
in  dem  Brutraum  befindlichen  Holztheile  vor  dem  Gebrauch  mit  Holz- 
theer  oder  mit  einem  heissen  Gemisch  von  Steinkohlentheer  und  Terpentin 
anzustreichen. 

Yon  dem  amerikanischen  Filter  geht  das  Hauptrohr  der  Wasserleitung 
ab,  das  sich  je  nach  der  Einrichtung  der  Brutapparate  in  verschiedener 
Weise  verzweigt.  Um  allerhand  Uebelständen  vorzubeugen  wird  zweck- 
mässiger Weise  am  Einfluss  des  Wassers  in  das  Sammelbassin  ein  Hahn 
angebracht  und  werden  ähnliche  Hähne  auch  an  allen  Theilungs- 
stellen  des  Leitungsrohres  angelegt.  Man  kann  dann  jederzeit  leicht 
den  Zufluss  dem  Bedürfniss  entsprechend  reguliren.  Auch  an  den  letzten, 
zu  den  einzelnen  Brutkästen  führenden  Wasserröhren  empfiehlt  es  sich, 
Hähne  oder  Quetschhähne  anzubringen.  Das  aus  den  Brutapparaten  fort- 
während abfliessende  Wasser  wird  in  offenen  Rinnen  gesammelt  und 
durch  ein  mit  einem  Gitter  verschlossenes  Rohr  (um  Mäuse,  Spitzmäuse 
und  dergl.  abzuhalten)  nach  aussen  geleitet. 


462 


Die  künstliche  Fischzucht. 


Die  Zahl  der  in  den  Brutanstalten  angewandten  verschiedenartigen 
Brutapparate  ist  sehr  gross,  indessen  lassen  sie  sich  leicht  auf  einige 
wenige  Typen  zurückführen. 

Der  älteste  für  das  Brüten  in  einem  geschlossenen  Räume  ange- 
wandte Apparat  ist  die  Coste'sche  Brutkachel,  eine  rechteckige  Schale 
von  glasirtem  Thon,  ca.  50  cm  lang,  20  cm  breit,  10  cm  tief,  die  in 
halber  Höhe  Vorsprünge  trägt,  auf  welche  ein  aus  einem  Holzrahmen 
und  Glasstäben  gefertigter  Rost  gelegt  wird,  der  die  Eier  aufnimmt.    Diese 


Fig.  212.    Coste'sche  Brutkachel  und  Glasrost. 

vertheilen  sich  auf  dem  Roste  sehr  gleichmässig,  können  leicht  mit  dem- 
selben herausgenommen,  durch  Abspülen  gereinigt  und  in  eine  andere 
Brutkachel  eingesetzt  werden.  Die  Brutkacheln  werden  staft'elförmig 
übereinander  gestellt,  so  dass  das  Brutwasser  von  einer  in  die  andere 
herabfliesst.  Da  nun  aber  dem  Wasser  beim  Durchgange  durch 
die    Brutkasten    von    den   Eiern   Luft   entzogen  wird,   so  kommt  es  luft- 


Fig.  213.     Aufstellungsweise  Coste'scher  Brutkacheln. 

ärmer  in  die  tiefer  gelegenen  Kacheln,  in  denen  sich  daher  die  Eier 
weniger  gut  entwickeln.  Um  dies  zu  vermeiden,  stellt  man  die 
oberen  Kacheln  sehr  viel  höher,  als  die  unteren  und  lässt  das 
Wasser    durch    ein    enges  Rohr   in   scharfem  Strahle  abfliessen,  wobei  es 


Brutkachfiln.     Tisohapparate. 


463 


in  dem  unteren  Brutgefässe  heftig-  schäumt  und  sieh  wieder  mit  Luft 
sättigt.  In  diesem  Falle  lässt  man  den  "Wasserstrahl  gewöhnlich  in  ein  be- 
sonderes Siebkästchen  fallen,  welches  ihn  hindert,  die  Eier  direct  zutreffen 
und  sie  durch  den  heftigen  Stoss  zu  tödten.  Um  Licht  und  Staub  ab- 
zuhalten, werden  die  Brutkacheln  bis  auf  die  Stelle  des  Wassereinflusses 
mit  einem  Holzdeckel  bedeckt.  Die  Coste'schen  Brutkacheln  sind  seither 
aus  Schiefer,  Cement,  Holz,  Zinkblech,  verzinntem  Eisenblech  in  verschie- 
denster Grösse  von  Molin,  Francis,  Slack,  Haack,  Rasch  und 
Anderen  nachgeahmt  worden,  und  sind  noch  jetzt  vielfach  in  Anwendung. 
Sie  erscheinen  in  vergrössertem  Maassstabe  wieder  in  den  sogenannten 
Tischapparaten,  grossen  Holz-,  Cement-  oder  Blechkasten,  in  denen  eine 


Kig  214.    Tischapparat  mit  Glasrosten. 

ganze  Anzahl  kleiner  Glasrosten  neben  einander  gestellt  wird,  und  in  welche 
das  Brutwasser  aus  ziemlich  bedeutender  Höhe  in  eine  besondere,  von 
den  Eiern  isolirte  Abtheilung  einströmt.  Auch  wird  wohl  der  Luftgehalt 
des  Brutwassers  noch  dadurch  gesteigert,  dass  man  es  nicht  in  einfachem 
Strahle,  sondern  durch  Giesskannenbrausen  einfliessen  lässt,  wobei  es 
natürlich  fein  zertheilt  und  viel  mehr  mit  der  Luft  in  Berührung  ge- 
bracht wird.  Ganz  zweckmässig  ist  es  bei  den  Tischapparaten,  dass  man 
die  einzelnen  Roste  mit  den  darauf  befindlichen  Eiern  leicht  herausheben 
und  zurücksetzen  kann.  Wenn  die  Fischchen  anfangen  auszukriechen, 
so  muss  bei  allen  Brutapparaten  der  Abfluss  durch  ein  Sieb  gesperrt 
werden,  um  sie  nicht,  wenn  sie  bei  Schwimmversuchen  in  die  Strömung 


464 


Die  künstliche  Fischzucht. 


gerathen,  verloren  gehen  zu  lassen.  Statt  dieses  Sperrsiebes  kann  ein 
sogenannter  Fangkasten  unter  den  Abfluss  gestellt  werden,  d.  h.  ein  klei- 
nerer Kasten,  aus  welchem  das  von  dem  Brutkasten  hineinfliessende  "Wasser 
nur  durch  ein  Sieb  ablaufen  kann,  so  dass  die  Fischchen  zurückbleiben, 
die  dadurch  gleichzeitig  von  den  noch  nicht  ausgeschlüpften  Eiern  ge- 
trennt und  in  grössere  Behälter  gesetzt  werden  können. 


Fig.  215.     Grosser  Glasrost  aus  einem  Tischapparat. 


In  Amerika  und  Norwegen  werden  für  Lachs-  und  Forelleneier  viel- 
fach grosse  Bruttröge  angewandt,  in  welchen  die  Eier  ohne  Koste,  auf 
einer  feinen  Kiesunterlage  oder  auch  ohne  eine  solche  ausgebreitet  werden. 
Die  amerikanischen  Tröge  dieser  Art  pflegen  eine  Länge  von  2l/2  m 
und  einen  etwas  geneigten  Boden  zu  haben,  auf  den  in  Abständen  von 
je  50  cm  quere  Leisten  von  1 — 2  cm  Höhe  aufgenagelt  sind,  um  die 
Eier  nicht  von  der  Stömung  auf  einen  Haufen  treiben  zu  lassen.  Der 
Abfluss  wird  auch  bei  diesen  Apparaten  durch  ein  Sieb  gesperrt. 

Der  gemeinschaftliche  Uebelstand,  welcher  allen  bisher  erwähnten 
Apparaten  anhaftet,  ist  der,  dass  sie,  da  die  Eier  immer  nur  in  einer 
einfachen  Schicht  liegen  dürfen,  und  auch  in  dieser  am  besten  so  dünn 
gelagert  sein  müssen,  dass  sie  sich  nicht  gegenseitig  berühren,  für  grosse 
Eiermengen  einen  sehr  bedeutenden  Flächenraum  beanspruchen ,  also 
auch  grosse  und  daher  kostspielige  Bruthäuser  erforderlich  machen. 
Man  hat  deshalb  schon  früh  versucht,  diesem  Uebelstande  abzuhelfen. 
Am  einfachsten  hat  dies  Pohl  in  Josephinenhütte  erreicht,  indem  er  in 
einem  von  Wasser  durchströmten  Kasten  mehrere  mit  Eiern  bedeckte 
Glasrostenrahmen  über  einander  stellte,  wie  dies  C  o  s  t  e  in  der  J  a  c  o  b  i  - 
sehen  Brutkiste  gethan  hatte.  Vollkommener  sind  schon  die  von 
Bracket,  Clark,  Williamson  und  anderen  Amerikanern  ange- 
wandten Apparate,  in  denen  Yorsorge  getroffen  ist,  dass  das  Brut- 
wasser jeden  Satz  über  einander  geschichteter,  mit  Siebböden  ver- 
sehener Rahmen    entweder    in    der  Richtung    von  oben  nach  unten  oder 


Clark's  Bruttisch.     Apparativem  Holton.] 


465 


umgekehrt   durchströmen  muss,  so    dass  alle  Eier  ziemlich   gleichmässig 
umspült  und  mit  Sauerstoff  versorgt  werden. 


Fig.  216.     Bruttisch  von  Clark  mit  mehrschichtigen  Sieben. 

Noch  grösser  ist  die  Raumersparniss  bei  dem  von  Marcellus 
Hol  ton  construirten  Brutapparat.  Dieser  besteht  aus  einem  ca.  50  cm. 
grossen  würfelförmigen,  getheerten,  wasserdichten  Holzkasten,  in  dessen 
Boden  das  Wasserleitungsrohr  einmündet.  Ueber  der  Einflussöffnung  ist 
eine  Scheibe  (Distributor)  angebracht,  welche  das  "Wasser  nach  allen  Rich- 
tungen hin  gleichmässig  vertheilt.  In  den  Kasten  lassen  sich  circa 
10  in  einem  schmalen  hölzernen  Bügel  übereinander  geschichtete,  mit 
Drahtnetzboden  versehene  Rahmen  einsetzen,  die  mit  Ausnahme  des 
obersten  mit  Eiern  belegt  werden.  Das  unten  eintretende  Wasser  muss  die 
sanimtlichen  Rahmen  durchströmen,  bewegt  dabei  die  Eier  etwas  und 
fliesst  über  den  Rand  des  äusseren  Holzkastens  ab,  wird  von  einer  rings- 
umlaufenden Rinne  aufgenommen  und  abgeleitet.  Beim  Ausschlüpfen 
werden  die  jungen  Fischchen,  wenn  sie,  wie  Maränen,  Schnäpel  und 
andere  Coregonen  leicht  sind,  mit  dem  Strome  fortgeführt  und  in  einem 
Fangkasten  gesammelt  oder  sie  fallen,  wenn  sie,  wie  Lachse  und  Forellen 
einen  schweren  Dottersack  haben,  auf  den  Grund  des  äusseren  Kastens 
und  können  von  dort  durch  einen  weiten  Hahn  entfernt  werden. 

Man  hat  indessen  gefunden,  dass  man  bei  reichlichem  Znfluss  guten 
Wassers  von  unten  her  der  Holton' sehen  Rahmen  gar  nicht  bedarf,  sondern 
die  Eier  in  mehrfacher  Schicht  auf  einander  legen  kann,  da  sie  von  dem 

30 


466 


Die  künstliche  Fischzucht. 


Strome  fortwährend  gelockert  und  gleichmässig  umspült  werden.  Auf 
dieser  schon  lange  von  v.  Rueff  und  von  Müllerin  Tschischdorf  praktisch 
verwertheten  Erkenntniss  beruht  die  Construction  des  sogenannten  califor- 
nischen  Brutapparates,  des  Wilmotschen  Trichters  und  des  Selfpickers. 


2. 


Fig.  217.     Brutapparat  von  Holton.     1.  Schematischer  Durchschnitt.     2.  Ansicht  der 

Einsatzrahmen. 

Der  californische  Bruttrog  besteht  aus  einem  runden  oder  vier- 
eckigen Zinkblechkasten  mit  einem  etwas  unterhalb  des  oberen  Randes  an- 


Fig.  218.     Ansicht  des  californischen  Troges. 
gebrachten  Ausflussrohr.     In  dieses  passt  das  Ausflussrohr  eines  zweiten 


Californischer  Trog. 


467 


flacheren  und  kürzeren  Kastens  hinein,  der  mit  einem  Sieb-  oder  Drahtnetz- 
boden versehen  ist.  Nachdem  der  kleine  Kasten  in  den  grösseren  eingesetzt 
und  beide  mit  Wasser  gefüllt  sind,  werden  die  Eier  in  5  bis  lOfacher 
Schicht  auf  den  Siebboden  gelegt.  Das  Brutwasser  strömt  in  den 
äusseren  Kasten    ein  und  muss    durch  den  Siebboden  des  kleineren  und 


Fig.  219.     Durchschnitt  des  californischen  Troges. 


die  ganze  Dicke  der  Eierschicht  hindurchfliessen.  um  durch  das  Ausfluss- 
rohr  auszuströmen.  Natürlich  muss  auch  bei  diesem  Apparat,  wenn  die 
Fischchen  anfangen  auszuschlüpfen,  ihr  Verlust  durch  ein  Sperrsieb 
am  Ausflussrohr  oder  einen  Fangkasten  verhindert  werden.  Der  cali- 
fornische   Trog   kann   auch    als    Bachapparat    sehr    vortheilhaft    verwandt 


Fig.  220.     Californischer  Trog  als  Bachapparat. 

werden,  indem  man  ihn  etwa  bis  zur  halben  Höhe  des  Ausflussrohres  in 
strömendes  Wasser  setzt.  Die  dem  Ausflussrohre  gegenüberliegende  Wand 
des  äusseren  Kastens  muss  in  diesem  Falle  im  unteren  Theile  aus  Draht- 
gewebe bestehen   und    dem  Strome    zugekehrt  werden.     Zweckmässig  ist 

30* 


468 


Die  künstliche  Fischzucht. 


es  dann  an  derselben  einen  Schieber    anzubringen,   mittelst   dessen   man 
den  Zufluss  des  Wassers  reguliren  kann. 

Der  Wilmot'sche  Trichter  unterscheidet  sich  von  dem  californischen 
Troge  nur  dadurch,  dass  der  innere  Kasten  sich  nach  unten  zu  trichter- 
förmig verjüngt  und  einen  Siebboden  von  nur  einem  Drittel  des  Durch- 
messers   der    oberen    Oeffnung    besitzt.     Es    wird   dadurch   bei   gleichem 


Fig.  221.     Wilmot'scher  Trichterapparat,  Ansicht  und  Durchschnitt. 

Wasserzufluss  eine  etwas  stärkere  Strömung  erzielt.  Aehnliche  Appa- 
rate sind  von  Professor  von  La  Valette  St.  George  und  anderen  Fisch- 
züchtern vorgeschlagen. 

Namentlich  zur  ersten  Aufnahme  grosser,  frisch  befruchteter  Eier- 
mengen auf  den  Laichplätzen  von  Lachsen,  Forellen,  Maränen  etc.  sind 
die  californischen  Tröge  und  Trichter  der  grossen  Eaumersparniss  und  be- 
quemen Anwendung  wegen  sehr  vortheilhaft,  nicht  minder  aber  auch  in 
festen  Brutanstalten  zur  Ausbrütung  und  zur  Aufbewahrung  der  Fisch- 
chen bis  zum  Verlust  der  Dotterblase.  Ein  solcher  Apparat  von  20x30  cm 
kann  5 — 10000  Lachseier  fassen. 

Noch  stärker  als  in  den  eben  genannten  Apparaten  ist  die  aufsteigende 
Strömung  in  dem  sogenannten  Seif  picker   oder   selbstauslesenden  Brut- 


Wilmot'scher  Trichter.    Selfpicker. 


469 


apparat,  der  die  todten  Eier  und  Fischchen  und  die  leeren  Eierschalen 
selbstständig  auswerfen  soll.  Derselbe  eignet  sich  namentlich  für  die 
kleineren  und  leichteren  Eier  der  Coregonen,  für  die  er  auch  ursprüng- 
lich in  Amerika  in  verschiedener  Form  construirt  wurde.  Die  Self- 
picker von  "Wilniot  und  von  Fergusson  sind  Trichter  von  90  resp. 
48  Grad,  an  deren  unterem  engen  Ende  das  "Wasser  einströmt.  Der  Strom 
muss  so  stark  sein,  dass  die  Eier  fortwährend  in  einer  laugsamen  wirbeln- 
den Bewegung  erhalten  werden.  Da  die  todten  Eier  specifisch  etwas 
leichter  sind  als  die  lebenden,1)  so  schwimmen  sie  mit  dem  abftiessenden 
"Wasser  fort.  Nach  Wilniot  sollen  in  einem  Apparat  von  4!/2  1  Inhalt 
100000  Maräneneier  gut  gebrütet  werden  können,  nach  Fergusson  kann 
einer  seiner  Trichter  von  48  Grad  bei  1  m  Höhe  1  Million  Eier  von  der 
Grösse  der  Maräneneier  bequem  aufnehmen. 

Der  Chase 'sehe  Selfpicker  ist  ein  Cylinderglas  von  50  cm  Höhe 
und  15  cm  Durchmesser,  oben  mit  einem  Blech rande  mit  Abflusstülle 
versehen,  an  dessen  Boden  durch  ein  Glas-  oder  Metallrohr  von  ca.  3  cm 


Fig.  222.  Selfpicker  von  Chase. 


Fig.  223.     Selfpicker  nach  von  dem  Borne. 


Durchmesser  Wasser  einströmt.  Von  dem  Borne  hat  einen  Selfpicker 
nach  dem  Princip  des  californischen  Bruttroges  construirt,  bei  dem  der 
innere  Kasten  40  cm  tief  ist  und  einen  Durchmesser  von  10  cm  hat,  der 
Boden  ist  wie  bei  dem  californischen  Apparat  durch  ein  Drahtsieb  gebildet. 


1)  Auf  dieses  Verhältniss  machte  schon  1854  von  Rueff  aufmerksam.    S.  Hamm 
Agronomische  Zeitung  IX.  Nr.  27  u.  ff. 


470  Die  künstliche  Fischzucht. 

Die  Selfpicker  sind  für  leichtere  Eier  sehr  zweckmässig,  während  sie  für 
die  schweren  Lachs-  und  Forelleneier  sich  nicht  eignen.  Namentlich  wo 
es  sich  um  die  Ausbrütung  sehr  grosser  Massen  von  Coregoneneiern 
handelt,  und  wo  es  also  auf  den  Verlust  einiger  tausend  gesunder  Eier, 
die  neben  den  todten  mit  ausgeworfen  werden,  nicht  ankommt,  können 
sie  vorzügliche  Dienste  leisten. 

Während    alle  bisher  besprochenen  Brutapparate   die   Zufuhr    einer 
beträchtlichen  Menge  reinen,  filtrirten  "Wassers   erfordern,  haben  zufällige 
Beobachtungen  zur  Construction  eines  Apparates  geführt,  der  gar  keines 
Wasserzuflusses  bedarf,  und  bei  blosser  Anwendung  von  etwas  Eis  oder 
Schnee,    dessen    Beschaffung   im    Winter  ja  leicht   ist,   ganz    vorzügliche 
Resultate  liefert.     Es  wurde  nämlich  beobachtet,    dass    einige    auf   einem 
Flanelllappen  in  einem  kalten  Räume  liegende  Forelleneier,  die  durch  ein 
leck  gewordenes  Leitungsrohr   feucht   erhalten    wurden,    sich  ebenso  gut 
entwickelten,  wie  im  Wasser.     Es   ist  das   auch  ganz  begreiflich,  da    die 
Eier  sich  aus  dem  Wasser  vorzugsweise  nur  den  Sauerstoff  der  darin  ge- 
lösten   Luft    aneignen.      Sobald    also    die   ihnen    zugeführte    Feuchtigkeit 
ausreicht,    um    sie   vor   dem  Vertrocknen  zu  schützen,   können  sie  offen- 
bar aus  der  Luft  selber  sehr  viel  mehr  Sauerstoff  aufnehmen  als  aus  dem 
Wasser.     Da  nun,  wie  schon  Millet1)  besonders  hervorhob,  eine  möglichst 
niedrige  Temperatur  von  1/2 — 4  Grad  R.  die  Entwicklung  zwar  verlangsamt, 
das  Gedeihen  der  Embryonen  aber  sehr  befördert,  so  haben  v.  d.  Borne, 
Eckardt,  Haack  u.  a.  einen  von  dem  amerikanischen  Fischzüchter  Mather 
ursprünglich  nur  zum  Transport  von  Lachseiern  auf  grosse  Entfernungen 
construirten  Eisschrank  auch  als  Brutapparat  benutzt,  und  es  sind  damit 
seither   vielfach   ganz   vorzügliche   Resultate   erzielt  worden.     Abgesehen 
davon,    dass   die   möglichst   kalt   gebrüteten  Fischchen  sehr  viel  kräftiger 
und  gesünder  sind  als  solche,    die   sich   in    wärmerem  Wasser   schneller 
entwickelt    haben,    ist   die   Verzögerung   ihres  Ausschlüpfens    namentlich 
auch  deshalb  von  grossem  Werth,  weil  sie  dann  erst   zu    einer  Zeit  zur 
Aussetzung    gelangen,    wenn    es    in   den    Gewässern    bereits    reichliche 
Nahrung  für  sie  giebt     Dagegen  müssen  die  schneller  gebrüteten  Fisch- 
chen, welche  schon  während  des  Winters   ihren  Dottervorrath   aufgezehrt 
haben,  entweder  in  den  Brutapparaten  oder  ebenso  auch  wenn  sie  gleich 
in    Freiheit  gesetzt   werden,    lange    hungern,    ehe    sich    in    den    wärmer 
werdenden  Gewässern  Infusorien,   Insecten    und    Crustaceen  in  grösserer 
Masse   entwickeln,  und  gehen  deshalb  häufig  in  Menge  zu  Grunde. 


1)  Extrait  du  compte  rendu  de  la  seance  de  la  Societe  zoologique  d'acclimatation 
du  3  fevrier  1855.     Moniteur  universel  1855.  10  fevr, 


Der  Eisschrank.  471 

Der  Eisschrank  besteht  aus  einem  Holzkasten  von  Würfelform,  in 
den  von  einer  offenen  Seite  her  ca.  10  ganz  flache  Schiebladen  überein- 
ander eingeschoben  werden  können.  Der  Boden  dieser  Schiebladen  wird 
von  einem  Draht-  oder  Pferdehaarsieb  oder  einem  dünnen,  vielfach  durch- 
bohrten Brette  gebildet,  die  oberste  Schieblade  ist  ein  Blechkasten  von 
ca.  10  cm  Höhe,  dessen  Boden  siebartig  durchlöchert  und  mit  einem  dichten 
Flanell  oder  Fries  belegt  ist.  Der  Blechkasten  wird  mit  Eis  gefüllt.  Der 
Siebboden  jeder  der  niedrigen  Schiebladen  wird  meistens  mit  einem 
Stück  Flanell  oder  Fries  bedeckt,  das  zuvor  in  "Wasser  ausgekocht  und 
mehrmals  ausgewaschen  ist.  Jede  Schieblade  Avird  dann  ins  Wasser 
gesetzt,  um  die  Eier  darauf  mit  Federfahnen  gleichmässig  ausbreiten  zu 
können,  worauf  sie  in  den  Schrank  eingeschoben  werden.  Das  abträufelnde 
Schmelzwasser  des  Eises  hält  die  Eier  feucht  und  kühl,  und  sie  ent- 
wickeln sich  vorzüglich.  Man  kann  übrigens  die  Eisbrutschränke,  falls 
die  Beschaffung  von  Eis  oder  Schnee  einmal  Schwierigkeiten  haben  sollte, 
natürlich  eben  so  gut  durch  eine  ganz  geringe  Menge  kalten  Wassers 
in  Function  erhalten,  welches  man  durch  eine  Oeffnung  in  der  Mitte  des 
Deckels  tropfenweise  in  die  oberste,  eigentlich  für  das  Eis  bestimmte, 
Schieblade  fallen  lässt.  Ein  Liter  Wasser  reicht  bei  kühler  Aufstellung 
des  Schrankes  für  mehrere  Tage  aus,  ja  wir  haben  in  Schränken,  die  ver- 
suchsweise acht  Tage  lang  weder  mit  Eis  noch  mit  Tropfwasser  versorgt 
wurden,  die  Eier  vollkommen  gesund  bleiben  sehen. 

Die  Eisschränke  bieten  den  grossen  Yortheil,  dass  man  auf 
einem  kleinen  Baum  grosse  Eiermengen  unterbringen  kann,  die  Ent- 
Avicklung  der  Eier  ist  eine  sehr  günstige  und  die  Bevision  ausser- 
ordentlich leicht.  Bei  der  Aufbewahrung  in  einem  wenig  über 
0  Grad  warmen  Baume  lässt  der  Eisschrank  nichts  zu  wünschen 
übrig.  Muss  er  jedoch  an  einem  erheblich  wärmeren  Orte  stehen, 
so  erwärmt  sich  das  abschmelzende  Wasser  beim  Durchgange  durch  die 
verschiedenen  Eier-  und  Flanelllagen  mehr  und  mehr  und  kommt  unten 
mit  wesentlich  höherer  Temperatur  an.  In  Folge  dessen  entwickeln  sich 
natürlich  die  Eier  in  den  unteren  Schiebladen  schneller  als  in  den 
oberen.  Man  kann  das  aber  sehr  leicht  vermeiden,  wenn  man  bei  der 
täglichen  Bevision  die  Schiebladen  regelmässig  wechseln  lässt,  so  dass 
die  unterste  zur  obersten,  die  vorletzte  zur  zweiten  wird  etc. 

Natürlich  müssen,  sobald  die  ersten  Fischchen  auszuschlüpfen  be- 
ginnen, die  sämmtlichen  Eier  aus  dem  Eisschrank  in  Apparate  mit 
fliessendem  Wasser  übertragen  werden. 

Nachdem  wir  im  Yorigen  die  verschiedenen  Arten  der  gebräuch- 
lichen Brutapparate  besprochen  haben,  wenden  wir  uns  zu  der  Art  ihrer 


472  Die  künstliche  Fischzucht. 

Bedienung  und  der  Pflege  der  Eier.  Die  frisch  befruchteten  Eier  lässt 
man  nach  Abgiessen  des  milchig  getrübten  Wassers  in  reinem  Wasser 
einige  Stunden  lang  stehen,  damit  sie  sich  vollkommen  vollsaugen  und 
die  Eihaut  prall  werde,  so  dass  sie  besser  äusserem  Druck  widerstehen. 
Sie  können  dann  in  die  verschiedenen  Brutapparate  eingelegt  werden, 
wenn  man  sie  nicht  etwa  gleich  von  vorne  herein  in  californischen 
Trögen,  Wilmot'schen  Trichtern  oder  Selfpickern  untergebracht  hat.  Die 
Uebertragung  der  Eier  geschieht  am  besten  mit  Sieblöffeln.  Man  regelt 
dann  den  Zufluss  des  Wassers  und  hat  denselben  öfter  zu  controliren, 
ab  und  zu  die  Flanellfilter,  seltener  die  Kiesfilter  zu  reinigen.  Ausserdem 
sind  täglich  die  Eier  in  allen  Apparaten  genau  durchzusehen,  um  todte 
sofort  zu  entfernen,  da  sonst  von  ihnen  eine  Pilzbildung  ausgehen  würde, 
die  auch  den  gesunden  Eiern  verderblich  werden  müsste.  Erschütterungen 
sind  dabei  namentlich  anfangs  möglichst  zu  vermeiden,  weshalb  auch  der 
Zufluss  des  Brutwassers  in  der  ersten  Zeit  nicht  zu  heftig  sein  darf.  Die  todten 
Eier  sind  an  ihrer  trüben  oder  milchweissen  Färbung  leicht  zu  erkennen, 
namentlich  wenn  man  Brutkasten  mit  dunklem  Grunde  verwendet.  In  den 
californischen  und  Wilmot'schen  Apparaten  müssen  die  Eier  mit  dem  Sieb- 
löffel oder  dadurch,  dass  man  den  inneren  Kasten  etwas  hebt  und  dann 
schnell  wieder  senkt,  umgerührt  werden,  damit  auch  die  unteren  Lagen 
untersucht  werden  können.  Im  Selfpicker  genügt  es,  die  Strömung  durch 
weiteres  Oeffnen  des  Hahnes  am  Zuflussrohr  zeitweise  zu  verstärken,  um 
todte  Eier  und  Eierschalen  fortzuschwemmen,  doch  darf  sie  nicht  zu  stark 
werden,  damit  nicht  zu  viele  gesunde  Eier  mitgerissen  werden. 

Zur  Entfernung    der    todten  Eier    bediente  man    sich    ursprünglich 
meistens   gläserner    Pipetten,   jetzt    gebraucht    man    lieber  Pincetten   von 


1. 


2. 


Fig.  224.     Pincetten.     1.  von  Draht.     2.  von  Stahl.     3.  von  Rohr. 

Neusilber  oder  vernickeltem  Stahl  mit  breiten  löffelartigen  Branchen,  oder 
gewöhnliche  Zangen  von  Draht  oder  Holz.  Sehr  gute  Pincetten  kann  man 
in  kürzester  Zeit  aus  den  Gliedern  eines  Rohrhalmes  zuschneiden,  wobei 


Das  Brutverfahren.  473 

man  es  durch  Einführen  eines  Korkstückchens  zwischen  die  beiden 
Schenkel  der  Zange  in  der  Hand  hat,  sie  mehr  oder  weniger  stark  federn 
zu  lassen. 

Bei  höherer  Temperatur  des  Brutwassers  tritt  an  den  Holztheilen 
der  Apparate  leicht  der  gemeine  Schimmel  auf,  in  der  Luft  die  be- 
kannten weissen  Rasen,  unter  Wasser  eine  schleimige  Masse  bildend, 
die  sich  schnell  nach  allen  Seiten  hin  ausbreitet.  Durch  Anstreichen 
alles  in  der  Brutanstalt  gebrauchten  Holzes  mit  warmem  Theer 
lässt  sich  dem  Entstehen  des  Schimmels  vorbeugen,  der  auch  bei  An- 
wendung kalten  Brutwassers  ohnehin  nicht  leicht  vorkommt.  Ist  er  einmal 
vorhanden,  so  muss  man  ihn  aus  den  Brutkasten  möglichst  vollständig 
entfernen.  Vollkommene  Verdunkelung  der  betreffenden  Kasten  und 
reichlicher  Wasserzufluss  können  ihn  häufig  gänzlich  beseitigen.  Auf 
todten  Eiern  entwickelt,  sich,  wenn  sie  lange  genug  im  Wasser  liegen 
bleiben,  ebenso  wie  auf  den  etwa  ins  Wasser  gefallenen  und  darin 
untergegangenen  Insecten  der  schon  auf  S.  212  besprochene  Byssus, 
welcher  das  befallene  Ei  schnell  mit  einem  Strahlenkranze  feiner  weisser 
Fäden  umgiebt,  die  reichliche  Sporen  tragen  und  unbedingt  schleunigst 
entfernt  werden  müssen,  um  nicht  auch  die  benachbarten  Eier  zu  inficiren. 

Niederschläge  aus  dem  Wasser  dürfen  sich  bei  Anwendung  und 
guter  Instandhaltung  der  Klärapparate  auf  den  Eiern  nicht  absetzen, 
sollte  aber  durch  einen  Unfall  an  den  Filtern  oder  durch  Nachlässigkeit 
ein  solcher  Fall  vorkommen,  so  sind  die  auf  Rosten  gelagerten  Eier  mit 
den  Rosten  herauszuheben  und  mit  einer  Giesskannenbrause  abzuspülen, 
die  ohne  Roste  in  den  Brutkasten  liegenden  Eier  nach  Ablassen  des 
Wassers  gehörig  abzubrausen,  bis  sie  klar  und  rein  sind.  Das  früher 
sehr  beliebte  Reinigen  der  Eier  mit  langhaarigen  Pinseln  wird  besser 
ganz  vermieden,  namentlich  im  Anfange  der  Entwickelung. 

Bei  regelmässiger  Bedienung  und  nicht  zu  hoher  Temperatur  sterben 
nur  wenige  Eier  ab,  die  Bildung  der  Fischchen  geht  etwa  in  der- 
selben Weise  vor  sich,  wie  wir  sie  auf  S.  40  u.  ff.  für  den  Stichling  be- 
schrieben und  abgebildet  haben.  Mit  einer  stärkeren  Loupe,  noch  besser  mit 
einem  10 — 20mal  vergrössernden  Mikroskop  kann  man  den  Fortschritt 
der  Entwickelung  leicht  beobachten.  Wenn  die  Augen  des  Embryo  als 
schwarze  Punkte  dem  blossen  Auge  des  Beobachters  sichtbar  werden, 
sind  die  Eier  leicht  ohne  Verluste  zu  transportiren,  sie  sind  in  diesem 
Stadium  unversehrt  wiederholt  von  Amerika  nach  Deutschland,  von  Eng- 
land nach  Australien  gebracht  worden.  Bis  zum  Sichtbarwerden  der 
Augen  sind  die  Eier  gegen  Druck  und  Erschütterung  sehr  empfindlich, 
da  der  Embryo    noch    ausserordentlich  zart  ist,  längere  Zeit   nach  dem 


bei  20  R. 

81 

Tage 

40 

5?    ^     11 

49 

n 

6° 

71        "         11 

31 

11 

11    80   „ 

23 

11 

„10O   „ 

15 

*i 

474  Die  künstliche  Fischzucht. 

Schwarz  werden  der  Augen  wird  durch  die  fortwährenden  Bewegungen 
des  Embryo  die  Eischale  allmählich  verdünnt  und  durch  Stösse  beim 
Transport  leicht  gesprengt. 

Nach  vergleichenden  Untersuchungen  von  Ainsworth  an  Lachs- 
eiern mit  Brutwasser  von  verschiedener  Temperatur 

werden  die  Augen  sichtbar  schlüpfen  die  Fischchen  aus 

165   Tage  nach   der  Befruchtung. 

73 

47 

rr*       11         11         11  11 

,JLJ  11  11  11  11 

Zur  Versendung  der  angebrüteten  Eier  eignen  sich  vorzüglich  die 
ursprünglich  von  Mather  nur  für  diesen  Zweck  construirten  Eisschränke. 
Man  bedeckt  die  Eier  in  jeder  Schieblade  mit  einem  feuchten  Flanell- 
lappen und  legt  darüber  eine  so  dicke  Schicht  feuchter  Watte  oder  reinen 
Torfmooses,  dass  dieselbe  bis  zum  Boden  der  nächst  höhern  Schieblade 
reicht,  eine  Verschiebung  der  Eier  also  bei  richtiger  Stellung  des  Eis- 
schrankes nicht  vorkommen  kann;  die  obere  Schieblade  wird  mit  Eis 
gefüllt  und  der  ganze  Eisschrank  in  einen  grösseren  Kasten  gestellt,  in 
dem  er  ringsum  von  trocknem  Stroh,  Moos,  Sägespähnen  oder  dergleichen 
umgeben  wird,  um  äussere  Wärme  und  Kälte  abzuhalten  und  das 
ablaufende  Schmelzwasser  aufzusaugen.  Natürlich  muss  dieser  Kasten 
mit  entsprechender  Bezeichnung  und  bequemen  Handhaben  versehen 
sein,  damit  er  nicht  auf  dem  Transport  in  ungeeigneter  Weise  behandelt 
werde. 

Gewöhnlich  werden  die  Eier  in  anderer  Weise  verschickt.  Eine 
Holzspahnschachtel  von  entsprechender  Grösse  wird  in  Wasser  gestellt 
und  ihr  Boden  etwa  2  ein  hoch  mit  reinem,  zuvor  einige  Stunden  in 
Wasser  geweichtem  Torfmoos  (Sphagnum)  bedeckt.  Darauf  legt  man  eine 
einfache  oder  mehrfache  Schicht  der  Eier,  bedeckt  diese  mit  einer 
dünnen  Moosschicht  und  fährt  so  abwechselnd  fort,  bis  die  Schachtel  gefüllt 
ist.  Nimmt  man  sie  nun  aus  dem  Wasser  heraus,  so  sinkt  durch  Ablaufen 
des  Wassers  der  Inhalt  etwas  zusammen,  man  legt  noch  eine  Moosschicht 
auf  und  schliesst  dann  den  Deckel,  der  das  Ganze  gelinde  zusammen- 
drücken muss.  Die  Eierschachtel  wird  dann  in  eine  zweite  grössere 
gesetzt,  in  der  sie  mit  trocknem  Moos  oder  Sägespähnen  umgeben  wird, 
und  hält  so  einen  weiten  Transport  aus.  Man  kann  die  Eier  auch  in 
mehrfachen  Schichten  zwischen  feuchten  Wattelagen  verpacken,  immer 
müssen  sie  aber  schliesslich  mit  einer  dicken  trocknen  Schicht  von  Watte, 
Moos  oder  anderen  schlechten  Wärmeleitern  umschlossen  sein. 


Verpackung  und  Versendung  der  Fischeier. 


475 


Die  vorzüglichste,  namentlich  für  Versendung  der  Eier  auf  grosse 
Entfernungen  hin  zu  empfehlende  Verpackung  wird  in  folgender  "Weise 
ausgeführt,  Rahmen  von  weichem  Holz,  deren  Dicke  der  Grösse  der  zu 
verpackenden  Eier  entspricht,  werden  einerseits  mit  Flanell,  Parchend 
oder  Fries  straff  überzogen,  so  dass  sie  also  flache  Kasten  bilden,  die 
unter  Wasser  mit  einer  einfachen  Lage  von  Eiern  gefüllt  werden. 
Die  Eier  werden  mit  einem  passend  zugeschnittenen  und  stark  angefeuchteten 


Fig.  225.     Verpackungsweise  von  Fischeiern  für  weite  Transporte. 


Stück  Fries  zugedeckt,  and  es  werden  10 — 15  solcher  Rahmen  über 
einander  geschichtet  und  fest  zusammengebunden,  nachdem  unter  den 
ersten  und  über  den  letzten  ein  Brettchen  von  gleicher  Grösse  gelegt 
ist.  Der  ganze  Stoss  wird  dann  mit  einer  Lage  feuchter  Watte  umhüllt, 
darauf  in  trockene  Watte  eingewickelt  und  mit  trockenem  Moos  oder 
Sägespähnen  in  einer  passenden  Kiste  verpackt.  Die  Eier  halten  sich  so 
verwahrt  mehrere  "Wochen  lang  vorzüglich  gut  und  sind  am  leichtesten 
auszupacken  und  in  die  Brutkasten  zu  übertragen.  Dieselben  Rahmen 
können  natürlich  immer  wieder  zu  neuen  Transporten  benutzt  werden. 

Um  die  gefahrlose  Versendung  der  angebrüteten  Fischeier  mit 
Posten  und  Eisenbahnen  hat  sich  der  deutsche  Fischereiverein  ein  grosses 
Verdienst  erworben.  Auf  seinen  Antrag  werden  nämlich  die  mit  einer 
eigenen  Adresse,  auf  welcher  sich  ein  rother  Lachs  befindet,  versehenen 
Poststücke  mit  besonderer  Vorsicht  behandelt,  vor  Stössen,  Hitze  und 
Kälte  geschützt  und  mit  grösster  Schnelligkeit,  auch  mit  den  Courierzügen 
befördert.  Adressen  dieser  Art  sind  vom  deutschen  Fischereiverein  zum 
Preise  von  50  Pf.  pro  100  Stück  zu  beziehen. 

Sind  die  Eier  an  ihrem  Bestimmungsort  angekommen,  so  werden 
die  in  Eiskasten  transportirten  nur  von  den  aufgelegten  Watten  befreit 
und  wie  bisher  mit  Eis  versorgt.  Die  Schachteln,  welche  in  Moos,  Flanell 
oder  in  Rahmen  verpackte  Eier  enthalten,  werden  geöffnet,  mit  Wasser 
wiederholt  angefeuchtet  und  allmählich  ausgepackt,  wobei  natürlich  die  in 


476  Die  künstliche  Fischzucht. 

Moos  liegenden  Eier  die  meiste  Arbeit  verursachen,  weil  die  Moos-  und 
Holzstückchen  sorgfältig  ausgesucht  werden  müssen.  Bei  guter  Verpackung 
und  Behandlung  geht  von  den.  selbst  auf  weite  Strecken  versandten  Eiern 
meistens  nur  1/2  bis  1  pCt.  verloren. 

Bei  der  Versendung  der  Eier  ist  man  meistens  in  der  Lage, 
sie  zählen  zu  müssen.  Es  ist  natürlich  nicht  daran  zu  denken,  dies  im 
eigentlichen  Sinne   des  Worts  zu   thun,    vielmehr  richtet   man  sich  nach 


Fig.  226.    Eiermaass  und  Siehlöffel  zum  Schöpfen  und  Umrühren. 

mehrmaliger  Zählung  und  Messung  siebartig  durchlöcherte  Maasse  ein, 
die  eine  bestimmte  Menge  von  Eiern  einer  oder  der  anderen  Grösse  ent- 
halten. In  die  Maassgefässe  werden  die  Eier  unter  Wasser  eingefüllt  und 
vertheilen  sich  so  am  gleichmässigsten. 

Von  den  bei  uns  für  die  künstliche  Fischzucht  bisher  in  Betracht 
kommenden  Eiern  misst  das  der  Maräne  und  des  Schnäpels  durchschnitt- 
lich 3  mm  im  Durchmesser,  das  der  Aesche  4,  der  Bachforelle  5,  des 
Lachses  6 — 7  mm.  Aus  der  folgenden  Tabelle  kann  man  leicht  ersehen, 
wie  viel  von  diesen  oder  anderen  Eiern  auf  einem  Quadratdecimeter 
Fläche,  wie  viele  in  einem  Cubikdecimeter  (Liter)  Platz  finden  und 
welchen  Raum  1000  Eier  der  verschiedenen  Grössen  einnehmen.  Absicht- 
lich ist  die  Tabelle  nicht  kurzweg  für  Lachs-,  Forellen-  und  andere  Eier 
aufgestellt,  weil  die  Eier  bei  verschiedenen  Fischen  derselben  Art  in  der 
Grösse  oft  ausserordentlich  variiren,  so  schwankt  z.  B.  der  Durchmesser 
von  Forelleneiern  zwischen  4  und  5  mm,  der  der  Lachseier  zwischen 
5  und  7  mm.  Man  wird  daher  wohlthun  10,  20  oder  mehr  Stück  der  zu 
zählenden  Eier  in  gerader  Linie  an  einander  zu  legen,  nach  Messung 
der  ganzen  Reihe  ihre  mittlere  Grösse  auszurechnen  und  diese  in  jedem 
einzelnen  Falle  der  Zählung  zu  Grunde  zu  legen.  Man  würde  sich 
andernfalls,  namentlich  beim  Verkauf  von  Eiern,  leicht  Unannehmlich- 
keiten aussetzen,  wenn  eine  Nachzählung  der  nach  der  Tabelle  richtig 
gemessenen  Eier  eine  zu  geringe  Menge  ergäbe. 


Messen  und  Zählen  der  Eier. 


477 


Grösse 

Auf  1  Quadrat- 

Auf  1  Cubik- 

1000  Eier 

des  Eies  in 

Decimeter 

Decimeter  (Liter) 

füllen  Cubik- 

Millimetern 

finden  Platz 

kommen 

Centimeter 

1 

10000 

1000000 

1 

1,5 

4356 

295408 

3,4 

2 

2  500 

125  000 

8 

2,5 

1600 

64000 

15,6 

3 

1089 

36  926 

27 

3,5 

729 

23393 

43 

4 

625 

15625 

64 

4,5 

484 

10648 

94 

5 

400 

8000 

125 

5,5 

361 

5832 

171 

6 

256 

4574 

219 

6,5 

225 

3552 

274 

7 

196 

2  924 

342 

Nach  Ablauf  der  zur  Erbrütung  erforderlichen  Zeit,  die  für  die  ver- 
schiedenen Fischarten  sehr  verschieden  und  ausserdem,  wie  schon  be- 
merkt, von  der  Temperatur  des  Brutwassers  sehr  abhängig  ist,  fangen 
zuerst  einige  wenige  Fischchen  an,  die  Eischale  zu  sprengen  und  kommen 
gewöhnlich  mit  dem  Schwänze,  seltener  mit  dem  Kopf  oder  der  Dotter- 
blase voran  aus  der  Schale  hervor.  Oft  gelingt  es  ihnen  erst  nach 
langen,  mitunter  höchst  komischen  Anstrengungen  sich  ganz  daraus  zu 
befreien.  Sie  machen  einige  schwerfällige  Schwimmversuche,  werden  aber 
durch  das  Gewicht  der  grossen  Dotterblase  sogleich  wieder  zu  Boden  ge- 
zogen. A  uffallender  "Weise  gehen  die  mit  dem  Kopf  zuerst  hervortretenden 
Fischchen  sehr  gewöhnlich  zu  Grunde.  Beim  Ausschlüpfen  messen  die 
jungen  Lachse  ungefähr  18  mm,  die  Forellen  15  mm,  die  Aeschen 
12  mm,    die  Schnäpel  und  Maränen  8  mm. 

Der  ganze  Körper  der  jungen  Fischchen  ist  noch  glasartig  durch- 
scheinend, am  meisten  fallen  die  schwarzen  Augen  und  die  halbkugelige  oder 
birnförmige  Dotterblase  ins  Auge.  Mit  der  Loupe  erkennt  man  leicht  das 
am  vorderen  Rande  der  letzteren  unter  dem  Halse  lebhaft  pulsirende  Herz 
und  die  sich  auf  dem  Dottersack  verzweigenden  Blutgefässe.  Bald  schlüpft 
nun  die  Mehrzahl  der  Fischchen  aus,  und  man  hat  für  schleunige 
Beseitigung  der  Eischalen  zu  sorgen,  damit  diese  nicht  zur  Bildung  von 
Pilzen  Anlass   geben.      Die   jungen  Fischchen  werden  mit  feinen   Gase- 


478 


Die  künstliche  Fischzucht. 


netzen  oder  dem  Sieblöffel  in  besondere  Kasten  gesetzt.  Es  empfehlen 
sich  zu  ihrer  Aufnahme  die  flachen  Brutkasten  von  Cement  oder  Blech 
und  die  californischen  Apparate.  Solange  die  Dotterblase  verhältniss- 
mässig  noch  sehr  gross  und  schwer  ist,  liegen  die  Fischchen,  namentlich 
Lachse  und  Forellen,  meistens  am  Boden  und  machen  nur  ab  und  zu 
einen  Schwimmversuch,  wenn  aber  der  Dottersack  leichter  wird,  fangen 
sie  an  herumzuschwärmen.  Sie  schwimmen  dabei  auch  häufig  in  die 
Höhe,  und  es  muss  also  das  Abflussrohr  durch  ein  Sperrsieb  verschlossen 
werden. 

Immer  nach  Verstecken  suchend,  häufen  sich  die  Fischchen  in  den 
Ecken  der  Brutkasten  ausserordentlich  an  und  bilden,  unter  einander 
kriechend,  dicke  Klumpen,  die  gar  nicht  genügend  vom  Brutwasser  durch- 
strömt werden  können,   so    dass  häufig  viele  von  ihnen   ersticken.      Man 


Fig.  227.     Verstecke  für  die  Fischbrut. 


kann  solche  Anhäufungen  entweder  durch  vollständige  Verdunkelung  der 
Brutkasten  oder  dadurch  vermeiden,  dass  man  an  verschiedenen  Stellen 
des  Kastens   kleine    aus  Thon    gebrannte   Gestelle  aufstellt,   unter    denen 


=£> 


x) 


Fig.  228.     Junge  Forellen  in  natürlicher  Grösse. 


sich  die  Fischchen  besser  vertheilen.  Diese  Verstecke  sind  natürlich 
jederzeit  leicht  aufzuheben  und  wieder  einzusetzen,  so  dass  die  Con- 
trole  dadurch  in  keiner  Weise  erschwert  wird.  Uebrigens  kann  auf  den 
Sieben  der  californischen  Apparate,  die  von  unten  her  vom  Wasser 
durchströmt   werden,    die  Anhäufung   der  Fischchen   nie    so  nachtheilige 


Transport  der  Fischbrut. 


479 


Folgen  haben,  wie  in  den  gewöhnlichen  Bruttrögen.  Bis  zum  fast  voll- 
ständigen Verschwinden  der  Dotterblase  lässt  man  die  Fischchen  nun 
ungestört  in  den  Behältern,  sie  brauchen,  von  den  Dotterresten  zehrend, 
noch  keine  Nahrung,  wachsen  nur  langsam,  werden  aber  allmählich 
dunkler,  undurchsichtiger  und  in  der  Form  fisch  ähnlicher. 

Wie  bei  allen  Thieren,  kommen  auch  bei  den  Fischen  nicht  selten 
Missgeburten  vor,  namentlich  findet  man  häufig  solche  mit  2  Köpfen  oder 
2  Schwänzen.  In  grosser  Masse  treten  mitunter  solche  auf,  deren  Leib 
nicht  gerade  gestreckt,  sondern  C-förmig  um  den  Dottersack  gebogen  ist, 
und  die  bei  jedem  Versuch,  sich  vorwärts  zu  bewegen,  sich  nur  im  Kreise 
um  den  Dottersack  drehen.  Alle  Missbildungen  sterben  nach  längerer 
oder  kürzerer  Zeit  ab,  und  es  ist  daher  zweckmässig,  sowie  man  sie  auf- 
findet, sie  aus  den  Trögen  zu  beseitigen. 

Die  Brutanstalten  beschäftigen  sich  mit  ihren  Pfleglingen  nur  bis 
zum  Verschwinden  des  Dottersackes  und  setzen  sie  dann,  sobald  sie 
flink  und  beweglich  genug  geworden  sind,  in  Freiheit. 

"Wenn  die  Anstalt  nicht  an  einem  Laichplatz  der  betreffenden  Fische 
angelegt  ist,  so  bedarf  es  in  den  meisten  Fällen  eines  längeren  oder  kür- 
zeren Transportes  der  Brut  bis  zu  ihrem  Bestimmungsorte.  Zu  Trans- 
portgefässen  wählt  man  am  besten  runde  oder  ovale  Blechkannen  mit 
stark  verengtem  Halse,  die  bis  oben  hin  mit  Wasser  gefüllt  sein  müssen, 


Fig.  229.    Transportkannen  für  Fischbrut,  Durchschnitt  und  Ansicht. 


um  eine  zu  starke  Bewegung  und  Erschütterung  der  Fischchen  zu  ver- 
meiden. In  den  Hals  wird  ein  genau  passendes  cylindrisches  Blechgefäss 
mit  Siebboden  gesteckt,  welches  mit  Eis  gefüllt  wird,  um  eine  niedrige 
Temperatur  zu  erhalten.  Für  weitere  Transporte  setzt  man  die  Kanne 
bei  wärmerer  Witterung  vortheilhaft  in  einen  mit  einem  Gemisch  von 
Eisbrocken  und  trockenen  Sägespähnen  gefüllten  Korb.  Je  kühler  das 
Wasser  gehalten  wird,  um  so  grösser  kann  die  Zahl  der  in  der  gleichen 


480  Die  künstliche  Fischzucht. 

Wasserniasse  transportirten  Fischchen  sein,  eine  Kanne  von  50  cm 
Durchmesser  kann,  wenn  die  Wasserwärme  nicht  über  5—8°  C.  steigt, 
10,000  junge  Lachse  aufnehmen. 

Ton  grossem  Nutzen  für  das  Wohlbefinden  der  auf  dem  Transport 
eng  zusammengedrängten  Fischehen  ist  eine  ausgiebige  Lüftung  des 
Wassers.  Für  die  Coregonen  ist  dieselbe  zwar  nicht  nothwendig  und  muss, 
wenn  überhaupt  gelüftet  werden  soll,  eine  starke  Bewegung  des  Wassers 
möglichst  vermieden  werden.  Für  Lachs-  und  Forellenbrut  ist  dagegen  eine 
gehörige  Durchlüftung  des  Wassers  erforderlich.  Am  einfachsten  geschieht 
dieselbe,  indem  man  nach  v.  Rueff1)  und  Mille t2)  durch  einen  bis 
auf  den  Grund  des  Wassers  geführten  Gummischlauch  mit  einem  Blase- 
balg von  Zeit  zu  Zeit  Luft  einbläst.  Um  eine  feinere  Zertheilung  und 
vollkommenere  Auflösung  der  Luftblasen  im  Wasser  zu  erzielen,  wird 
am  Ende  des  G  ummischlauchs  eine  Giesskannenbrause  mit  engen  Oeff- 
nungen  angebracht  und  wohl  noch  mit  Zeug  bebunden.  An  der  abge- 
bildeten Transportkanne  ist  eine  solche  Vorkehrung  gleich  fest  angebracht. 
Beim  Transport  auf  Landwegen  müssen  die  Kannen  auf  einer  dicken 
Stroh-  oder  Heuunterlage  stehen,  um  möglichst  wenig  erschüttert  zu 
werden,  auch  kann  man  sie  zwischen  den  Leiterbäuman  eines  Leiter- 
wagens aufhängen  und  muss  dann  durch  langsames  Fahren  zu  starke 
Schwingungen  vermeiden. 

Das  Aussetzen  der  Fischchen  soll  möglichst  an  solchen  Orten  ge- 
schehen, welche  von  den  erwachsenen  Fischen  derselben  Art  zum  Laichen 
aufgesucht  werden,  oder  doch  in  ihrem  Charakter  deren  Laichplätzen  ent- 
sprechen. Ist  die  Temperatur  des  Wassers  an  diesen  Stellen  von  der- 
jenigen in  der  Transportkanne  sehr  verschieden,  so  ist  es  vortheilhaft 
einen  allmählichen  Ausgleich  herbeizuführen,  indem  man  entweder  die 
Transportkanne  in  den  Bach  oder  See  hineinstellt,  oder  ihr  Wasser  theil- 
weise  abgiesst  und  aus  dem  zu  besetzenden  Gewässer  nach  und  nach  er- 
gänzt. Lachse,  Forellen  und  Aeschen  werden  in  Bächen  ausgesetzt,  wo 
das  Wasser  flach  über  Steine  und  Kiesgrund  strömt,  die  Coregonen  unweit 
der  Seeufer  an  nicht  zu  tiefen  Stellen,  wo  der  Grund  dicht  mit  Charen, 
Laichkräutern  etc.  bewachsen  ist. 

Es  ist  sehr  zu  empfehlen,  die  Fischchen  nicht  in  grosser  Menge  an 
einer  Stelle  freizulassen,  sondern  sie  mehr  zu  vertheilen,  damit  sie 
weniger  die  Aufmerksamkeit  ihrer  Feinde  erregen  und  sich  reichlicheres 
Futter  verschaffen  können. 


1)  Hamm  Agronomische  Zeitung  1854.  EX.  p.  442. 

2)  Bull,  de  la  Societe  d'encouragement  pour  l'industrie  nationale  octoh.  1856. 


Die  Brutanstalten  in  Ost-  und  "Westpreussen.  J(s| 

Die  Brutanstalten  in  Ost-  und  Westpreussen. 
Schon  in  den  dreissiger  Jahren  unseres  Jahrhunderts  brütete 
K.  E.  von  Baer  in  Königsberg  die  Eier  verschiedener  Fischarten  und 
an  demselben  Orte  brachte  August  Müller  seit  1860  (wie  schon  von 
1852  an  in  Berlin)  jährlich  Neunaugeneier  zur  Entwickelung,  aber  beide 
Gelehrte  verfolgten  bei  ihren  Arbeiten  zunächst  nur  rein  wissenschaftliche 
Zwecke.  Im  Jahre  1840  machte  Herr  Hensche  in  Pogrimmen  gelungene 
Yersuche,  künstlich  befruchteten  Hechtlaich  zu  erbrüten,  und  in  den 
sechziger  Jahren  beschäftigte  sich  Herr  Haack,  jetzt  Director  der  kaiser- 
lichen Fischzuchtanstalt  bei  Hüningen,  damals  in  Saalfeld  in  Ostpreussen 
wohnhaft,  mit  der  Ausbrütung  des  Laiches  verschiedener  Fische. 

Eigentliche  Brutanstalten  entstanden  jedoch  erst  später,  und  zwar 
in  nachstehender  Eeihenfolge : 

1.  Die  Brutanstalt  in  Pogrimmen  bei  Darkehmen.  Eigen- 
thümer:  Herr  Hensche.  Gegründet  1871.  Das  Bruthäuschen  wurde 
aus  doppelten  Bretterwänden,  deren.  Zwischenraum  mit  Häcksel  gefüllt 
ist,  an  einen  Kind vieh stall  angebaut  und  wird  durch  denselben  frost- 
frei gehalten.  Das  "Wasser  gelangt  aus  einem  benachbarten  Bache  in 
eine  Cisterne  am  Boden  des  Bruthauses  und  wird  mehrmals  täglich 
in  zwei  hochstehende  Blechbehälter  gepumpt.  Als  Brutapparate  dienen 
grosse  flache  Blechkasten  mit  Glasrosten  und  californische  Tröge.  Von 
1872  bis  zum  Frühjahr  1880  wurden  gebrütet:  20  000  Lachse, 
100  000  Bachforellen,  50  000  Seeforellen,  3000  Saiblinge,  20  000  Felchen, 
30000  Maduemaränen  und  2 — 3000  Lachsbastarde.  Die  Fischchen  sind 
in  die  Angerapp  und  Rominte,  den  Mauer-  und  Uszblenker  See  gesetzt, 
Bach-  und  Seeforellen  werden  jetzt  schon  in  grossen  Exemplaren  gefangen, 
erstere  laichen  bereits  in  Menge  in  den  Bächen.  Erwachsene  Coregonen 
haben  sich  noch  nicht  gezeigt. 

2.  Die  Brutanstalt  in  Pelonken  bei  Oliva.  Eigenthümer: 
Herr  Collins.  Seit  1871  wurden  in  Coste'schen  Brutkacheln,  seit  1874 
in  flachen  grossen  hölzernen  Kästen  auf  Glasrosten  selbst  gewonnene  und 
künstlich  befruchtete  Bachforellen eier  gebrütet.  Das  Wasser  wurde  aus  einem 
oberhalb  gelegenen  Quellteiche  durch  Thonröhrenleitung  zugeführt.  Seit  1875 
sind  im  Parterre  eines  massiven  Anstaltsgebäudes  drei  Cementtröge  von 
2,5  x  0,6  m  aufgestellt,  in  denen  auf  Glasrosten  jährlich  40 — 80000 
selber  gewonnene  Bachforelleneier  gebrütet  werden.  Für  jeden  Cement- 
trog  ist  ein  eigener  Kiesfilter  mit  1  m  dicker  Kiesschicht  aufgestellt. 
Die  ausgeschlüpften  Fischchen  werden  theils  verkauft,  theils  in  Teichen 
und  Bächen  aufgezogen. 

3.  Die  forstfiscalische  Brutanstalt  in  Freudenthal  bei  Oliva. 

31 


4 £2  Di°  künstliche  Fischzucht. 

Leiter:  Herr  Oberförster  Liebeneiuer.  Gegründet  1873.  Bretter- 
häuschen mit  Pappdach.  Ein  Bach  bildet  oberhalb  der  Anstalt  ein  Bassin, 
aus  welchem  das  Wasser  in  das  Bruthaus  gelangt.  Grosses  Klärbassin 
von  Cement.  Zwei  grosse  Cementtröge  zur  Aufbewahrung  der  reifen 
Milchner  und  Kogener,  später  zur  Aufnahme  der  ausgeschlüpften  Fisch- 
chen. 6  flache  Cementtröge  mit  Glasrosten  für  ca.  150000  Forelleneier. 
"Wilmot'sche  Trichter  und  californische  Tröge.  Bis  zum  Frühjahr  1880 
wurden  gebrütet  286000  Lachse,  270000  Bachforellen,  27000  Lachs- 
bastarde, 51000  Seeforellen,  53000  Saiblinge,  19000  Maduemaränen, 
40000  Felchen,  20000  Schnäpel.  Die  Bachforelleneier  werden  an  Ort  und 
Stelle  selber  gewonnen.  Die  Fischchen  wurden  theils  verkauft,  theils  in 
der  Nähe  ausgesetzt,  und  zwar  Lachse  in  die  Bheda,  Passarge  und  Ferse, 
Bachforellen  in  die  dem  Putziger  Wiek  zufliessenden  Bäche,  Maränen 
und  Felchen  in  Seen  der  Kreise  Pr.  Stargard  und  Berent,  Schnäpel  in  ein 
Küstenfiüsschen  bei  Glettkau.  Lachsbastarde  und  Saiblinge  werden  jetzt 
nicht  mehr  gebrütet. 

4.  Die  Brutanstalt  in  Schönthal  bei  Dt.  Krone.  Leiter: 
Herr  Oberförster  Ahlborn.  Gegründet.  1876  aus  Staatsmitteln,  unter- 
halten vom  Kreise  Dt.  Krone.  Massives  Bruthaus  9  x  6  m  gross,  mit 
Pappdach.  Brutwasser  von  +  4°  R.  aus  einer  100  m  oberhalb  entsprin- 
genden Quelle.  Klärbassin.  Kiesfilter.  Das  "Wasser  gelangt  durch  eine 
mit  kleinen  Löchern  versehene  Rinne  in  vielen  feinen  Strahlen  in  die 
Brutapparate.  Cementtröge  mit  Glasrosten,  californische  und  Wilmot'sche 
Apparate.  Bis  zum  Frühjahr  1880  wurden  gebrütet  101000  Lachse, 
120000  Seeforellen,  50000  Bachforellen,  25000  Felchen,  12000  grosse 
Maränen.  Die  Lachs-  und  Forelleneier  wurden  zum  Theil  selber  gewon- 
nen, die  erbrüteten  Fischchen  theils  verkauft,  theils  ausgesetzt,  und  zwar 
Lachse  in  die  Pilow  und  Döberitz,  Forellen  in  die  Pilow,  Döberitz,  Pliet- 
nitz,  Rohra,  die  Coregonen  in  Seen  des  Kreises.  Ausserhalb  des  Brut- 
hauses sind  13  grössere  und  kleinere  Bassins  zur  Aufnahme  von  Winter- 
laichfischen und  zur  Züchtung  von  Karpfen  und  Schleihen  gegraben. 

5.  Die  Brutanstalt  des  Fischereivereins  in  Ludwigsort. 
Leiter:  Der  Schriftführer  des  Vereins.  Im  Jahre  1877  winde  ein 
3  X  2  m  grosses  Bretterhäuschen  aufgestellt,  welches  einen  Kiesfilter 
und  einen  grossen  hölzernen  Bruttrog  zur  Aufnahme  von  Glasrosten 
für  ca.  20000  Bachforelleneier  enthielt.  Das  aus  einem  oberhalb  gelege- 
nen Teiche  zugeführte  Wasser,  welches  den  Winter  hindurch  gut  war, 
wurde  bei  Thauwetter  durch  Zufluss  schädlicher  Stoffe  unbrauchbar,  so 
dass  die  Eier  anderweitig  untergebracht  werden  mussten.  Die  kleine 
Anstalt  wird  seiner  Zeit  an  anderer  Stelle  aufgestellt  werden. 


Die  Brutanstalten  in  Ost-  und  Westpreussen.  483 

6.  Die  Brutanstalt  des  Fischereivereins  in  Sternfelde  bei 
Sensburg.  Leiter:  Herr  Hauptmann  a.  D.  Petzelt.  Angelegt  1877 
in  einem  durch  Verschlage  abgegrenzten  Theile  eines  Yiehstalles.  Das 
Wasser  eines  Mühlenteiches  passirt  einen  Kies-  und  einen  amerikani- 
schen Filter.  Als  Brutapparate  dienen  californische  Tröge,  zur  Aufnahme 
der  ausgeschlüpften  Fischchen  Cementkasten.  Raum  für  500000  Eier. 
Bis  zum  Frühjahr  1880  wurden  gebrütet  18000  Bachforellen,  10000  See- 
forellen, 40  000  Schnäpel,  15000  Maduemaränen ,  200000  Felchen;  die 
Bachforellen  wurden  in  den  Cruttinnfluss,  die  Seeforellen  und  Coregonen 
in  verschiedene  Seen  der  benachbarten  Kreise  gesetzt. 

7.  Die  Brutanstalt  des  Fischereivereins  in  Königsberg. 
Leiter:  Der  Schriftführer  des  Vereins.  Angelegt  1878  in  der  Werner- 
schen  Doucheanstalt.  Wasserleitung  aus  dem  Oberteich.  Klärbassin  und 
Kiesfilter  von  Cement.  Californische  und  Wilmot'sche  Tröge  zur  Ausbrütung 
für  eine  Million  Eier.  Cementkasten  zur  Aufnahme  der  ausgeschlüpften 
Fischchen.  Eisbrutschränke.  Bis  zum  Frühjahr  1880  wurden  gebrütet 
550  000  Lachse,  10000  Bachforellen,  30000  Seeforellen,  430  000  Schnäpel, 
80000  Maduemaränen,  60000  Felchen.  Die  erbrüteten  Lachse  wurden  in 
die  Lepona,  Pissa,  Minge,  Dange  und  Passarge  gesetzt,  die  Bachforellen  in 
Bäche  bei  Ludwigsort,  die  Seeforellen  in  den  Oberteich,  die  Schnäpel  ins 
frische  und  kurische  Haff,  210000  Eier  des  Schnäpels  wurden  ange- 
brütet an  verschiedene  Brutanstalten  in  Deutschland  abgegeben.  Die 
Maränen  und  Felchen  wurden  in   den  Nariensee    bei  Mehrungen   gesetzt. 

8.  Die  Brutanstalt  des  Fischereivereins  in  Hammermühle 
bei  Marienwerder.  Leiter:  Herr  Landrath  Herwig,  später  Herr 
Brauereidirector  Krause.  Angelegt  1878  in  einem  massiven  Gebäude 
der  Brauerei  Hammermühle.  Das  Wasser  des  beträchtlich  höher  liegenden 
Mühlenteiches  passirt  ein  Klärbassin  und  Kiesfilter  von  Cement.  Einrichtung 
für  eine  Million  Eier.  Bis  zum  Frühjahr  1880  wurden  gebrütet  170  000  Lachse, 
20000  Bachforellen,  5000  Seeforellen,  20000  Schnäpel,  150  000  Felchen^ 
10  000  Maduemaränen,  28000  Aeschen.  Ausgesetzt  wurden  die  Lachse 
in  die  Liebe,  Brahe  und  Ferse,  die  Bachforellen  und  Aeschen  in  die 
Liebe,  die  Seeforellen  in  verschiedene  Seen  des  Kreises,  die  Schnäpel 
in   die    Liebe,    den    Münsterwalder    Bach    und    verschiedene    Seen. 

9.  Die  Brutanstalt  des  Fischereivereins  in  Waplitz  bei 
Wittmannsdorf ,  Ostpreussen.  Leiter:  Herr  Panneck.  Einge- 
richtet im  Winter  1878/79  in  einer  frostfreien  Malzdarrstube.  Drei 
grosse  durch  Röhren  verbundene  Bottiche  werden  mit  Wasser  aus 
dem  Maranseflüsschen  gefüllt,  welches  mehrmals  am  Tage  durch  eine 
Druckpumpe  in  die  beiden  Kiesfilter  gehoben  wird,  und  nach  dem  Durch- 

31* 


484 


Die  IdiDStliehe  Fischzucht. 


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Die  Brutanstalten  in  Ost-  und  Westpreussen.  485 

gange  durch  die  Brutapparate  (2  californische  und  2  "Wilmot'sche  Tröge) 
in  die  Bottiche  zurückfliesst.  Es  wird  nur  alle  3  Tage  erneuert.  Bis 
zum  Frühjahr  1880  wurden  30000  Bachforellen  gebrütet,  die  den  benach- 
barten Quellbächen  der  Alle  übergeben  wurden,  in  welchen  schon  Exem- 
plare  von  25 — 26    cm    Länge  beobachtet  worden  sind. 

10.  Die  Biutanstalt  in  Nordenthal  bei  Oletzko.  Eigenthümer: 
Herr  Hillmann.  Im  Herbst  1878  von  Herrn  He n sehe  nach  Art  seiner 
Anstalt  eingerichtet.  Californische  Tröge.  Bis  zum  Frühjahr  1880  wurden 
gebrütet  15000  Maduemaränen,  10000  Felchen,  5000  Bachforellen. 
Yon  den  ausgeschlüpften  Fischchen  wurden  die  Forellen  in  verschiedene 
benachbarte  Bäche,  die  Felchen  in  den  Joschker  See,  die  Maränen  in 
den  tiefen  Oletzkoer  See  gesetzt. 

11.  Die  Brutanstalt  in  Borroschau  bei  Swaroschin,  Westpr. 
Eigenthümer:  Herr  Baron  von  Palleske.  Von  Herrn  Oberförster 
Lieben  ein  er  im  Herbst  1878  in  der  Borrosehauer  Mühle  eingerichtet. 
Zwei  californische  Tröge.  Es  werden  jährlich  ca.  10000  Bachforellen  für 
die  benachbarten  Bäche  gebrütet. 

12.  Die  Brutanstalt  in  Jankendorf  bei  Christburg.  Eigen- 
thümer: Herr  von  Reibnitz.  Im  Herbst  1878  eingerichtet.  Frostfreies 
Bretterhäuschen  von  einem  mehrere  Teiche  bildenden  Bache  gespeist. 
Fünf  californische  Tröge.  Bis  zum  Frühjahr  1880  wurden  gebrütet 
9800  Bachforellen,  9500  Seeforellen,  4800  Lachsbastarde,  16  000  Felchen, 
49  000  Maduemaränen.  Die  Coregonen  sind  in  nahe  gelegene  tiefe  Seen 
gesetzt,  bisher  hat  man  von  ihnen  noch  nichts  gesehen.  Bach-  und  See- 
forellen werden  in  mehreren  Teichen  gehalten  und  bereits  in  Menge 
20—25  cm  lang  gefangen.  Auch  kleine  Bäche  sind  mit  Bachforellen 
besetzt  worden. 

13.  Die  Brutanstalt  in  Spengawsken  bei  Pr.  Stargard. 
Leiter:  Herr  Majoratsverwalter  Jacobsen.  Im  Herbst  1878  ange- 
legt. Bretterhäuschen  mit  einer  dicken  Rohrlage  bekleidet,  Californische 
Tröge  und  ein  Eisbrutschrank.  Das  Brutwasser  wird  einem  Bache 
entnommen,  der  grossentheils  von  Drainwasser  gespeist  wird  und  ober- 
halb der  Anstalt  ein  kleines  Bassin  bildet.  Filtration  durch  Bade- 
schwämme. Bis  zum  Frühjahr  1880  wurden  gebrütet  6000  Lachse, 
6000  Lachsbastarde,  25  000  Bachforellen,  20  000  Seeforellen,  20  000  Madue- 
maränen, 15  000  Felchen.  Die  Fischchen  wurden  theils  verkauft,  theils  in 
Aufzuchtbäche  und  Teiche,  theils  in  die  Seen  gesetzt.  Bach-  und  See- 
forellen sind  als  Speisefische  schon  in  Menge  gefangen  worden. 

14.  Die  forstfiscalische  Brutanstalt  in  Lanskerofen.  Leiter: 
Herr  Oberförster  Yolkmann.     Im  Januar  1879   in  der  Alle,  300  m 


486 


Die  künstliche  Fischzucht. 


unterhalb  des  Ausflusses  derselben  aus  dem  Lauster  See  angelegt.  Die 
californischen  Tröge  sind  auf  einem  schwimmenden  Floss  befestigt  und 
mit  einem  Rohrdach  bedeckt.  Das  Wasser  wird  durch  ein  von  der  hier 
niemals  zufrierenden  Alle  getriebenes  Schöpfrad  gehoben  und  in  die  Brut- 
kasten geleitet,  Auch  das  Schöpfrad  musste  durch  eine  Rohrhütte  gedeckt 
werden,  weil  sich  sonst  zu  viel  Eis  daran  bildete.     Bei  einer  zeitweise  bis 


Fig.  231.     Schwimmende  Brutanstalt  mit  Schöpfrad  in  Lanskerofen. 


auf  —  15  Grad  R.  herabgehenden  Lufttemperatur  fuuctionirte  die  kleine 
Anstalt  fortdauernd  gut,  die  Wassertemperatur  in  den  Trögen  betrug  durch- 
schnittlich +  3  Grad  R.  Im  Frühjahr  1879  wurden  von  10000  Bach- 
forelleneiern 9500  Fischchen  erbrütet  und  in  die  Alle  gesetzt.  Im  Winter 
1879/80  konnte  die  inzwischen  um  5  californische  Tröge  vermehrte  Anstalt 
leider   nicht  in  Betrieb  gesetzt  werden. 

15.  Die  Brutanstalt  des  Fischereivereins  in  Sophienthal  bei 
Reichenau,  Ostpr.  Leiter:  Herr  Mühlenbesitzer  Przyborowski. 
Im  Januar  1879  wurde  neben  dem  Mühlengerinne  ein  Bretterhäus- 
chen mit  doppelten  Wänden  und  Sägespahnfüllung  aufgestellt,  das  aus 
dem  Gerinne  hineingeleitete  Wasser  passirt  einen  Kiesfilter.  Ein  cali- 
fornischer  Trog  und  ein  Holzkasten  für  die  ausgeschlüpften  Fischchen. 
1879  wurden  von  10  000  Bachforelleneiern  ca.  8000  Fischchen  erbrütet 
und  in  die  Drewenz  gesetzt.  Im  Winter  1879/80  konnte  die  Anstalt 
aus  Mangel  an  Eiern  nicht  belegt  werden. 

16.  Die  Brutanstalt  in  Sommersin  bei  Tuchel,  Westpr. 
Eigenthümer:  Herr  Ohlert.  Angelegt  im  Herbst  1879.  Unter  einem 
freiliegenden  Mühlengerinne  ist  durch  Bretterverschläge  ein  schmaler  Brut- 
raum eingerichtet,  der  durch  eine  Bekleidung  mit  Rohr  frostfrei  gehalten 
wird.     Das  Brutwasser  gelangt    aus   dem  Mühlenteich   durch  eine    dicke 


Die  Brutanstalten  in  Ost-  und  "Westpreussen.  487 

Kiesschicht  filtrirtin  das  Leitungsrohr.  Als  Brutapparate  werden  californische 
Troge  benutzt.  Es  wurden  15  000  Maduemaränen  und  20  000  Felchen  mit 
einem  Yerlust  von  nur  ca.  2000  Eiern  erbrütet  und  in  den  Alt-Summiner 
See  gesetzt.     Eine  Erweiterung  der  Anstalt  ist  in  Aussicht  genommen. 

17.  Die  Brutanstalt  des  Fischereivereins  in  Althof-Memel. 
Leiter:  Herr  Oberfischmeister  vonMarees.  Angelegt  im  Herbst  1879 
in  einem  hohen  frostfreien  Kellerraum.  Das  "Wasser  eines  nahen  Mühlen- 
teiches ist  vor  dem  Eintritt  in  die  Kiesfilter  in  gewundenen  Köhren 
durch  einen  grossen  Eisraum  geführt.  Californische  und  Wilmot'sche 
Tröge  für  eine  Million  Lachs-,  Forellen-  und  Schnäpeleier.  Flache  Cement- 
und  Blechkasten  für  die  ausgeschlüpften  Fischchen.  Im  Winter  1879/80 
wurden  300000  Lachs-  und  10  000  Forelleneier  gebrütet.  Am  17.- — 21.  April 
starben  in  Folge  plötzlicher  Temperatursteigerung  des  "Wassers  in  dem 
flachen  Mühlenteich  von  -f-  2  auf  +12  Grad,  trotzdem  mehrere  Fuhren 
Eis  zum  Kühlen  des  "Wassers  verbraucht  wurden,  250000  Lachse  ab. 
Der  Eest  wurde  in  die  Dange  gesetzt,  die  Forellen  litten  von  der  "Wärme 
nicht.  Der  Eisraum  wurde  gleich  nach  Beendigung  der  ersten  Brut- 
periode eingerichtet  um  bei  starker  Hitze  im  Frühjahr  das  von  der 
Sonne  erwärmte  Teichwasser  abzukühlen. 

18.  Die  Brutanstalt  des  Fischereivereins  in  Makohlen  bei 
Heilsberg.  Leiter:  Herr  Macketanz.  Angelegt  im  Herbst  1879  in 
einer  frostfreien  Kammer  der  Meierei.  Das  von  einer  Turbine  gehobene 
Flusswasser  gelangt  aus  einem  grossen,  sämmtliche  "Wirthschaftsräume  ver- 
sorgenden Sammelbassin  durch  Kiesfilter  in  20  californische  Brattröge. 
Im  Winter  1879/80  wurden  mit  bestem  Erfolge  35000  Bachforellen 
gebrütet  und  in  die  Simser,  Elm  und  mehrere  kleine  Zuflüsse  derselben 
gesetzt,  wo  sie  häufig  gesehen  werden. 

19.  Die  Brutanstalt  in  Wangotten.  Eigenthümer:  Herr 
Werner.  Angelegt  im  Winter  1879/80  unter  einer  hölzernen  Brücke, 
die  einen  kleinen  Bach  überspannt.  Ueber  demselben  ist  ein  ebener  Fuss- 
boden  hergestellt,  auf  welchem  die  californischen  Tröge  ca.  50  cm  hoch  auf- 
gestellt sind.  Der  Kaum  unter  der  Brücke,  welcher  eine  Länge  von  7  m, 
eine  Breite  von  V-fe  m  hat,  ist  an  den  schmalen  Seiten  durch  doppelte 
Bretterwände  abgeschlossen,  in  deren  einer  die  Thüre  sich  befindet, 
während  in  der  anderen  ein  Fenster  angebracht  ist.  Das  oberhalb  der 
Anstalt  um  IY2  m  gestaute  Wasser  gelangt  durch  Holzrinnen  in  den 
Kiesfilter  und  aus  diesem  in  die  Bruttröge.  Das  überflüssige  Wasser 
fällt  über  einen  Ueberfall  herab  und  gelangt  in  die  unter  dem  Fuss- 
boden  des  Brutraumes  liegende  Leitung,  die  auch  das  aus  den  Brut- 
apparaten  abfliessende  Wasser  aufnimmt.     Selbst  bei  —  20°  K.  blieb  der 


488 


Die  künstliche  Fischzucht. 


Brutraum  -f-  2  bis  -f-  3°  warm  und  es  wurden  im  Frühjahr  1880  zuerst 
versuchsweise  5000  Bachforelleneier  mit  unerheblichem  Verluste  ausge- 
brütet.    Die  Anstalt  ist  seither  mit  12  californischen  Trögen  besetzt. 

In  ähnlicher  Weise  waren  im  Winter  1879/80  versuchsweise  zwei 
californische  Tröge  mit  Forelleneiern  in  Matzicken  bei  Heydekrug  unter 
einer  Brücke  aufgestellt.  Die  kleine  in  Fig.  232  skizzirte  Anstalt  functio- 
nirte  sehr  gut  bis  im  Frühjahr  ein  heftiger  Gewitterregen  eine  Ueber- 
schwemmung  veranlasste,  durch  welche  die  Trögejumgestürzt  wurden  und 
die  Brut  in  die  Sziesze  gelangte. 


Fig.  232.     Aufstellung  der  Bruttröge  in  Matzicken. 


20.  Die  Brutanstalt  des  Fischereivereins  in  Heilsberg. 
Leiter:  Herr  Mühlenbesitzer  Kiehl.  Angelegt  im  Frühjahr  1880  in 
einem  frostfreien  Waschhause.  Das  Wasser  der  Sünser  wird  oberhalb 
des  tiefen  Falles  abgeleitet.  Kiesfilter.  Californische  Tröge.  Die  Anstalt, 
für  ca.  100  000  Eier  berechnet,  konnte  äusserer  Umstände  wegen  erst 
im  Herbst  1880  belegt  werden. 

21.  Die  forstfiscalische  Brutanstalt  in  Plietnitz  bei  Jastrow, 
Westpr.  Leiter:  Herr  Oberförster  Hellwig.  Angelegt  1880.  Brut- 
haus aus  doppelten  Bretterwänden,  deren  Zwischenraum  mit  Sägespähnen 
gefüllt  ist.  2,5  m  lang  und  breit.  Pappdach.  5  californische  Tröge. 
Wasser  aus  einem  300  m  oberhalb  entspringenden  Bach.  Die  Anstalt 
sollte  erst  im  Winter  1880/81  belegt  werden. 

Es  sind  in  diesem  Winter  an  verschiedenen  Orten  probeweise 
kleine  schwimmende  Brutanstalten  mit  nur  einem  californischen  Troge 
aufgestellt  worden,  um  den  Besitzern,  welche  demnächst  grössere  An- 
stalten einzurichten  gedenken,  Gelegenheit  zu  geben,  die  Entwicklung 
der  Eier  und    der  jungen  Fischchen   zu  beobachten.     Diese  kleinen  An- 


Die  Brutanstalten  in  Ost-  und  Westpreussen. 


489 


stalten,  die  man  überall  einrichten  kann,  wo  in  Bächen  und  kleinen 
Flüssen  die  Strömung  so  schnell  ist,  dass  das  Wasser  selbst  bei  niedri- 
ger Temperatur  nicht  zufriert,  bestehen  aus  einem  schwimmenden  Holz- 
rahmen, in  dem  ein  als  Bachapparat  eingerichteter  californischer  Trog*  so 
befestigt  ist,  dass  sein  Ausflussrohr  etwa  bis  zur  Mitte  im  Wasser  liegt. 
Die    gegenüberliegende  Siebwand  wird    gegen    den  Strom    gerichtet,    der 


Fig.  233.     Schwimmende  Brutanstalt,  Durchschnitt  und  Ansicht. 

Wasserzufluss  durch  den  Schieber  regulirt  und  das  Floss  so  befestigt, 
dass  es  den  Veränderungen  des  Wasserstandes  leicht  folgen  kann.  Ein 
auf  dem  Floss  befestigtes  Rohrdach  schützt  die  Eier  vor  Schnee,  Staub 
und  Raubthieren.  Bei  der  niedrigen  Wassertemperatur  und  dem  starken 
Wasserwechsel  ist  eine  Controle  der  Eier  nur  seltener  erforderlich. 

In  nächster  Zeit  werden  grössere  Anstalten  zur  Aufnahme  einiger 
Millionen  Coregoneneier  in  Angerburg  und  bei  Bischofsburg  (an  letzterem 
Orte  für  die  kleine  Maräne  des  Dadeysees)  angelegt  werden,  Anstalten 
für  je  einige  100  000  Lachs-  und  Forelleneier  in  Lasdehnen  an  der 
Szeszuppe,  Schwenkitten  an  der  Passarge  und  Gutstadt  an  der  Alle. 
Kleinere  Anstalten  werden  in  grösserer  Anzahl  theils  von  dem  Fischerei- 
vereine,  theils   von  Besitzern  eingerichtet. 


490  Die  Teichwirtschaft. 

Die  Teichwirthschaft. 

Die  Sommerlaichfische  setzen  im  Allgemeinen  eine  sehr  viel  grössere 
Menge  von  Eiern  ab  als  die  Salmoniden,  und  ihre  Brut  schlüpft  durch- 
schnittlich schon  nach  8  bis  14  Tagen  mit  einem  meistens  nur  sehr  kleinen 
Dotterrest  aus,  um  sofort  nach  Nahrung  suchend  umherzuschwärmen. 
Für  die  rationelle  Zucht  der  Sommerlaicher  ist  daher  die  Anlage  von 
Brutanstalten  nach  Art  der  vorstehend  besprochenen  weder  erforderlich, 
noch  zweckmässig,  vielmehr  geht  ihre  Vermehrung  und  die  Entwicklung 
ihrer  Eier  am  günstigsten  in  dem  wärmeren  und  wenig  bewegten  "Wasser 
von  Teichen  vor  sich. 

Als  Teiche  bezeichnen  wir  stehende  Gewässer,  die  willkürlich 
trocken  gelegt  und  wieder  angestaut  werden  können;  nach  der  Her- 
kunft ihres  Wassers  unterscheidet  man,  Fluss-,  Quell-  und  Himmels- 
teiche. Erstere  werden  aus  Flüssen  gefüllt,  die  Quellteiche  enthalten 
auf  ihrem  Grunde  oder  am  Rande  Quellen,  die  bei  reichlichem  Zufluss 
den  Abgang  eines  Baches  oder  Flusses  aus  dem  Teiche  zur  Folge  haben, 
die  Himmelsteiche  werden  nur  von  dem  atmosphärischen  Niederschlags- 
wasser  gespeist,  welches  theils  direct  hineinfällt,  theils  von  den  umliegenden 
höher  gelegenen  Ländereien  abfliesst. 

Die  Teiche  können  gegraben  oder  mit  Benutzung  vorhandener 
Bodensenkungen  dadurch  hergestellt  werden,  dass  man  den  Abfluss 
des  Wassers  durch  Dämme  hindert.  Letztere  Methode  ist  als  die  billigere 
und  schneller  zum  Ziele  führende  vorzugsweise  zu  empfehlen  und  es 
lassen  sich  in  dieser  Weise  fast  auf  allen  Besitzungen,  die  nicht  in  voll- 
kommen ebener  Gegend  liegen,  leicht  kleinere  oder  grössere  Teiche  anlegen. 

Seit  Jahrhunderten  hat  sich  die  Teichwirthschaft  fast  ausschliesslich 
mit  der  Zucht  des  Karpfens  beschäftigt,  der  auch  wegen  seiner  Genüg- 
samkeit und  Zählebigkeit,  seines  schnellen  Wachsthums,  seiner  starken 
Vermehrung  und  leichten  Yerkäufhchkeit  im  Allgemeinen  der  dankbarste 
Zuchtfisch  ist.  Wir  betrachten  daher  im  Folgenden  zunächst  die  Karpfen- 
teich wirthschaft  und  werden  daran  weiterhin  einige  Bemerkungen  über 
die  für  andere  Fische  geeigneten  Teiche  anschliessen.  Es  würde  zu  weit 
führen,  wenn  wir  hier  die  Details  des  Teichbaues,  die  Anlage  der  Dämme, 
Schleusen,  Abflussständer,  Zapfenhäuser  etc.  besprechen  wollten,  die  vor- 
zugsweise doch  nur  den  praktischen  Teichwirth  interessiren,  und  aus- 
führlich in  eigenen  Lehrbüchern  behandelt  sind.  Wir  beschränken  uns 
darauf,  von  solchen  die  gediegenen  Arbeiten  von  Horak1)  und  Nicklas2) 

1)  W.  Horak.  Die  Teichwirthschaft  mit  besonderer  Eücksicht  auf  das  südliche 
Böhmen.     Prag  1869. 

2)  C.  Nicklas.  Lehrbuch  der  Teichwirthschaft.   Mit  84  Holzschnitten.  Stettin  1880. 


Die  Karpfenzucht.     Der  Streichteich.  49 1 

zu  empfehlen,  die  auch  der  kleinste  Karpfenzüchter  studiren  sollte,  und 
aus  denen  selbst  der  erfahrenste  Teichwirth  sich  in  vielen  Fällen  guten 
Eath  holen  wird. 

Die  Karpfenzucht. 

Karpfenteiche  werden  am  günstigsten  inmitten  fruchtbarer  Aecker 
angelegt,  umgeben  von  massigen  Anhöhen,  gegen  Ost-  und  Nordwinde 
geschützt,  nach  Süden  hin  ganz  frei,  so  dass  sie  tagüber  von  der  Sonne 
beschienen  und  erwärmt  werden.  Bäume  sind  an  ihren  Ufern  nicht  zu 
dulden,  da  jede  Beschattung  vermieden  werden  muss,  und  das  abfallende 
Laub  durch  seinen  Gerbstoffgehalt  das  "Wasser  verunreinigen  würde. 

Der  geeignetste  Boden  für  die  Anlage  von  Teichen  ist  Lehm  oder 
Letten,  der  kein  Wasser  in  die  Tiefe  durchsickern  lässt,  und  für  die 
Entwickelung  reichlicher  Fischnahrung  günstige  Verhältnisse  bietet;  Sand- 
boden ist  arm  und  zu  durchlässig,  daher  namentlich  für  Teiche  mit  nur 
geringem  Wasserzufluss  unpassend. 

Das  Wasser  muss  weich  und  warm  sein,  Quellwasser  ist  meistens 
zu  kühl,  oft  auch  zu  kalk-  oder  eisenhaltig,  auch  das  aus  Torfmooren 
abfliessende  Wasser  ist  weniger  zu  empfehlen  als  dasjenige  von  Flüssen 
oder  Seen,  am  weichsten,  wärmsten  und  nahrungsreichsten  ist  das  von 
fruchtbaren  Aeckern  ablaufende  Niederschlagswasser. 

Yon  der  eigentlichen  Karpfenzucht  unterscheidet  man  die  Karpfen- 
haltung, erstere  bezweckt  die  Yermehrung  und  Aufzucht  der  Fische, 
während  letztere  sich  darauf  beschränkt,  die  von  Züchtern  angekauften 
jungen  Thiere  zu  marktfähiger  Waare  heranzum ästen.  Für  die  Karpfen- 
haltung ist  überall  Gelegenheit,  wo  nur  ein  1/2  bis  1  m  tiefer  Teich  oder 
Tümpel  mit  geeignetem  Wasser  vorhanden  ist,  zur  Karpfen zucht  sind 
dagegen  mehrere  Arten  von  Teichen  erforderlich,  die  man  als  Streich-, 
Streck-,  Abwachs-  und  Winterteiche  unterscheidet. 

Der  Streich-  oder  Laichteich  dient,  wie  sein  Name  sagt,  zur 
Yermehrung  der  Karpfen.  Man  wählt  zu  diesem  Zwecke  kleine  Teiche  von 
nur  Y10  bis  1/-2  ha  mit  möglichst  constantem  Wasserstand,  die  leicht  zu  be- 
aufsichtigen sind,  von  der  Sonne  schnell  durchwärmt  werden  und  der  Brut 
reichliche  Nahrung  bieten.  Die  Tiefe  braucht  nur  in  geringer  Ausdehnung 
etwa  1  m  zu  betragen,  muss  aber  im  allgemeinen  nicht  über  10  bis 
20  cm  hinausgehen.  Sehr  gut  ist  es,  wenn  die  Teichränder  reichlich 
mit  Mannagras  (Glyceria  fluitans)  bestanden  sind,  an  dessen  auf  dem 
Wasser  schwimmenden  Blättern  und  Stengeln  die  Karpfen  gerne  ihren 
Laich  anheften.  Um  von  dem  Streichteich  alles  Ungeziefer,  als  Karpfen- 
läuse, Fischegel,  Frösche,  kleine  Hechte  etc.  fern  zu  halten,  lässt  man  ihn 


492  Die  Teichwirthschaft. 

den  Winter  über  gerne  trocken  liegen  und  ausfrieren.  Erst  bei  Eintritt 
des  Thauwetters  wird  die  Abfiussöffnimg  des  Teiches  geschlossen,  um  ihn 
durch  das  Schmelzwasser  des  Schnees  und  Regen  wieder  zu  füllen;  die 
Besetzung  mit  Laichkarpfen  niuss  erst  vorgenommen  werden,  wenn  das 
Wasser  des  Streichteiches  sich  ungefähr  zu  der  Temperatur  des  Winter- 
teiches erwärmt  hat,  in  dem  die  Karpfen  bis  dahin  gehalten  wurden. 
Bei  uns  pflegt  das  im  Laufe  des  April,  auch  wohl  erst  anfangs 
Mai  der  Fall  zu  sein.  Zu  Streichkarpfen  wählt  man  gut  gebaute,  an 
Flossen  und  Schuppen  vollkommen  gesunde  Fische  von  1^2  bis  2  Kilo 
Gewicht,  grössere  Exemplare  sind  nicht  zu  empfehlen,  da  sie  zwar  sehr 
viel  mehr  Laich  haben,  denselben  aber  häufig  nicht  rechtzeitig  oder  auch 
gar  nicht  ablegen.  Zu  der  Zeit  wenn  die  Streichteiche  besetzt  werden  müssen, 
sind  männliche  und  weibliche  Karpfen  leicht  zu  unterscheiden,  der  Bauch 
des  Rogeners  ist  im  ganzen,  namentlich  aber  in  der  Aftergegend,  gerun- 
deter und  breiter,  die  hinter  dem  After  gelegene  Geschlechtsöffnung  (von 
Fischern  und  Fischzüchtern  komischer  Weise  Nabelloch  genannt)  erscheint 
grösser,  geröthet  und  stark  wulstig,  während  sie  beim  Milchner  enger 
und  etwas  eingezogen  zu  sein  pflegt.  Durchaus  verwerflich  ist  es,  die 
Fische  zur  Untersuchung  des  Geschlechts  so  stark  zu  drücken,  dass  un- 
reifer Rogen  oder  Milch  ausgepresst  wird.  Sie  werden  dadurch  krank 
gemacht  und  häufig  fortpflanzungsunfähig. 

Durchschnittlich  werden  bei  Besetzung  der  Streichteiche  je  8  bis 
10  Rogener  und  4  bis  6gleichg  rosse  Milchner  pro  Hektar  gerechnet,  denen 
man  noch  1  bis  2  etwas  kleinere  Männchen  als  sogenannte  Anhetzer 
beigiebt.  Bei  günstiger  Witterung  beginnt  der  Strich  schon  Ende  Mai, 
eine  Wasserwärme  von  15 — 20°  C.  ist  ihm  am  günstigsten.  Die  Karpfen 
setzen  gewöhnlich  ihren  Laich  in  3  durch  8 — 14tägige,  oft  auch  noch 
längere  Pausen  getrennten  Perioden  ab,  so  dass  jeder  Streichteich  Brut  von 
3  verschiedenen  Grössen  zu  enthalten  pflegt.  Das  Laichen  findet  meistens  in 
den  frühen  Morgenstunden  statt,  der  Rogener  zieht,  von  mehreren  Milchnern 
begleitet,  laut  plätschernd  am  Ufer  hin  und  setzt  seinen  Laich  an  Kraut  und 
Gräser,  gerne  auch  an  Wachholderzweige,  die  man  im  flachen  Wasser  an 
dem  Grunde  befestigt,  und  die  eventuell  zur  Versendung  der  Eier  heraus- 
genommen werden  können.1)  Während  der  Laichzeit  muss  in  der  Umge- 
bung der  Streichteiche  jede  Störung  vermieden  werden,  Vieh  und  Enten 


1)  Die  Versendung  von  mit  Karpfenlaich  besetztem  Kraut  und  Wackholderstrauch 
ist  zuerst  von  Eckardt  in  Lübbinchen  mit  bestem  Erfolge  ausgeführt  worden,  der  Laich 
kommt  auch  nach  mehrtägiger  Eeise  gesund  an  und  die  jungen  Fischchen  schlüpfen 
1—2  Tage  nachdem  er  wieder  ins  "Wasser  gesetzt  ist  aus. 


Die  Karpfenzucht.    Streich-  und  Streckteiche.  493 

dürfen  an  dieselben  niemals  herankommen ,  auch  Frösche  vertilgen  viel 
Laich  und  junge  Fischchen,  sind  also  möglichst  zu  beseitigen.  Nach 
Beendigung  des  Striches  ist  es  vortheilhaft,  die  Streichkarpfen  aus  dem 
Teiche  herauszunehmen,  was  in  kleinen  und  flachen  Teichen  leicht  und 
ohne  Störung  geschehen  kann;  darin  gelassen,  beschränken  sie  nicht  nur 
ihre  Brut  in  der  Nahrung,  sondern  fressen  auch  wohl  einen  Theil  ihrer 
Nachkommenschaft  gleich  nach  dem  Ausschlüpfen  selber  auf.  Im  Durch- 
schnitt darf  man  erwarten  von  einem  Rogener  1000 — 1500  Stück  Brut  im 
Herbst  vorzufinden,  obwohl  ja  die  Zahl  der  abgelegten  Eier  ausserordentlich 
viel  grösser  ist.  Die  jungen  Thiere  erreichen  bis  zum  October  eine  Länge 
von  8 — 12  cm  und  es  wiegen  100  Stück  1 — 2J/2  Pfund. 

Im  allgemeinen  wählt  man  zu  Streichteichen  am  besten  Himmels- 
teiche, da  diese  eine  grössere  Sicherheit  gegen  das  Eindringen  anderer 
Fische  und  des  verschiedenen  Ungeziefers  bieten.  In  Teichen,  die  mit 
Flüssen  oder  anderen  Gewässern  in  einer,  wenn  auch  abgesperrten,  Ver- 
bindung stehen,  finden  sich  leicht  junge  Hechte  ein,  die  unter  der 
Karpfenbrut  die  schrecklichsten  Verwüstungen  anrichten.  Allerdings 
sind  auch  Himmelsteiche  dagegen  nicht  absolut  sicher,  da  befruchteter 
Hechtlaich  mitunter  von  Enten  und  anderen  Wasservögeln  an  den  Federn 
von  einem  Gewässer  in  andere  übertragen  wird.  Gelangen  (etwa  durch 
eine  mangelhaft  verschlossene  Verbindung  mit  Flüssen  oder  Teichen) 
Karauschen  im  laichfähigen  Alter  in  einen  Streichteich,  so  ist  das  ein 
grosser  Uebelstand,  da  sie  mit  den  Karpfen  Bastarde  erzeugen  (s.  S.  109), 
welche  durch  ihre  schlechte  Beschaffenheit  das  Renommee  einer  Teich- 
wirtschaft total  verderben  können. 

Der  Vortheil,  welchen  die  Verbindung  eines  Streichteiches  mit  anderen 
Gewässern  bietet,  liegt  in  der  Möglichkeit,  ihm  augenblicklich  frisches 
Wasser  zuführen  zu  können,  wenn  etwa  in  heissen  Sommern  sich  seine 
Temperatur  zu  stark  erhöhen  oder  der  Wasserstand  zu  niedrig  werden 
sollte.  Ausserdem  kann  in  solchen  Teichen,  wenn  sie  an  einer  kleinen 
Stelle  eine  Tiefe  von  1 — l1^  m  haben,  und  aus  den  benachbarten  Ge- 
wässern den  Winter  hindurch  ein  massiger  Wasserzufluss  stattfindet,  die 
Karpfenbrut  nöthigenfalls  bis  zum  Frühjahr  stehen  bleiben,  während  sie 
in  ganz  abgeschlossenen  Himmelsteichen,  die  im  Winter  bis  auf  den 
Grund  ausfrieren  würden,  im  Herbst  abgefischt  werden  muss. 

Streckt  eiche  nennt  man  diejenigen  Teiche,  in  welche  die  jungen 
Karpfen  eingesetzt  werden,  um  heranzuwachsen  oder  sich  zu  strecken. 
Da  kleine  Fische  nebeii  grösseren  derselben  Art  schlecht  gedeihen,  weil 
sie  von  ihren  stärkeren  Genossen  in  der  Nahrung  geschmälert  werden, 
so  legt  man  für    die    ersten  Jahrgänge    vortheilhaft    verschiedene  Streck- 


494  Die  Teichwirthschaft. 

teiche  au,  die  man  als  solche  erster  und  zweiter  Ordnung  unter- 
scheidet. Die  mehrjährigen  Karpfen  sind  in  der  Grösse  nicht  mehr  so 
verschieden,  dass  man  sie  getrennt  zu  halten  brauchte. 

Zur  Bezeichnung  der  verschiedenen  Altersstufen  der  Karpfen  bedient 
man  sich  der  verschiedensten  Namen,  die  in  der  abweichendsten  und 
unzweckmässigsten  Weise  gebraucht  werden.  So  spricht  man  von  ein-, 
zwei-,  dreijähriger  Karpfenbrut,  Streichbrut,  von  Strich,  Satz,  Samen, 
Büttlingen,  Streck,  Streckern,  Auszug  etc.,  so  nennt  Einer  dreijährige  Brut, 
was  der  Andere  als  einhitzige  Setzlinge  bezeichnet,  und  es  ist  eine  so 
lächerliche  und  unsinnige  Verwirrung  in  der  Terminologie  eingerissen, 
dass,  wenn  man  von  einjährigen  Karpfen  sprechen  hört,  darunter  eben- 
sowohl solche  von    5   wie  von  20  Monaten  verstanden  sein  können. 

Vernünftiger  Weise  kann  man  als  Strich  oder  Brut  die  im  Früh- 
jahr geborenen  Karpfen  nur  bis  zum  Herbst,  oder,  da  sie  im  Winter 
nicht  wachsen,  bis  zum  nächsten  Frühjahr,  also  bis  zur  Vollendung  ihres 
ersten  Lebensjahres  benennen,  im  übrigen  ist  es  am  einfachsten  die  Fische 
nach  der  Zahl  der  verlebten  Sommer  als  ein-,  zwei-,  dreisömmerige 
etc.  zu  bezeichnen.  Die  Karpfenbrut  ist  im  Herbst  ihres  Geburtsjahres, 
und  ebenso  noch  im  nächsten  Frühjahr  einsömmerig,  unter  zwei-,  drei- 
sömmerigen  Karpfen  kann  niemand  etwas  Falsches  verstehen.  Unbe- 
quemer wäre  es,  die  Karpfen  nach  ihrem  Alter  an  Jahren  zu  bezeichnen, 
man  würde  dann  z.  B.  den  zweisömmerigen  Karpfen  im  November  ein- 
undeinhalbjährig, im  Februar  einunddreivierteljährig,  im  Mai  zweijährig 
nennen  müssen. 

Die  Streckteiche  erster  Ordnung  sind  demnach  zur  Besetzung 
mit  einsömmerigen  Karpfen  bestimmt.  Man  wählt  diese  Teiche  möglichst 
in  ähnlicher  Lage  und  Beschaffenheit  wie  die  Streichteiche,  doch  können 
sie  1 — 2  ha  gross  und  durchschnittlich  i/g — 1  ni  tief  sein,  müssen  jedoch 
flache  Bänder  haben.  Mannagras  am  Ufer  und  eine  massige  Vegetation 
von  Schilfrohr,  Kalmus,  Bohrkolben  (Typha)  und  Schwertlilien  (Iris)  an 
den  Teichrändern  bilden  gleichzeitig  eine  Zierde  für  den  Teich  und 
Gelegenheit  zur  Entwicklung  niederer  Thiere,  die  neben  vegetabilischen 
Stoffen  den  Fischen  zur  Nahrung  dienen.  In  den  von  grösseren  Gewässern 
gespeisten  Streckteichen  finden  sich  auch  Laichkräuter  (Potamogeton), 
Wasserlinsen  (Lemna)  und  andere  Wasserpflanzen  leicht  ein,  deren  Ueber- 
handnehmen  man  nicht  dulden  darf.  Die  Streckteiche  können  ab  und  zu 
als  Viehtränke  benutzt  werden,  indem  der  in  das  Wasser  gelangende 
Mist  die  Entwickelung  niederer,  als  Fischnahrung  dienender  Thiere  be- 
günstigt. Andere  Fische  sollten  neben  den  einsömmerigen  Karpfen  nicht 
geduldet  werden,  von    diesen  letzteren  rechnet  man  je  nach  der  Qualität 


Die  Karpfenzucht.     Streckteiche.     Abwachsteiche.     "Winterteiche.  495 

der  Teiche  3 — 800  Stück  pro  Hektar,  die  dann  bis  zum  Herbst  ein  Gewicht 
von  je  Y2 — 1  Pfund  erreichen. 

Die  Streckteiche  zweiter  Ordnung  können  noch  grösser,  tiefer 
und  pflanzenreicher  sein  als  die  vorigen,  man  besetzt  sie  pro  Hektar  mit  2  bis 
400  Stück  zweisömmerigen  Karpfen,  denen  in  diesen  Teichen  auch 
einige  kleine  Schleihen  und  Aale  beigegeben  werden  können.  Die  Streck- 
teiche werden  gewöhnlich  im  Herbst  abgefischt,  den  Winter  über  trocken 
gelassen,  um  das  Ungeziefer  zu  zerstören,  und  erst  im  Frühjahr  wieder 
gestaut  und  besetzt.  Unter  den  bei  den  Streichteichen  besprochenen 
Bedingungen  kann  gelegentlich  auch  in  Streckteichen  der  Besatz  den 
Winter  über  belassen  und  erst  im  Frühjahr  abgefischt  werden. 

In  den  Streckteichen  zweiter  Ordnung  erreichen  die  Karpfen  durch- 
schnittlich ein  Gewicht  von  l1/* — V-fe  Pfund.  Sie  können  zwar  schon 
in  dieser  Grösse  als  Speisefische  verkauft  werden,  doch  ist  es  vortheil- 
hafter,  sie  bis  zum  Gewicht  von  2 — 21J2  Pfund  heranzuziehen.  Schwerere 
Karpfen  zu  züchten  ist  nicht  rationell,  da  sie  in  höherem  Alter  bei 
gleichem  Futterverbrauch   weniger  Fleisch  produciren  als  jüngere  Thiere. 

Zur  Aufnahme  der  dreisömmerigen  Karpfen  dienen  die  Abwachs- 
teiche, in  welchen  sie  je  nach  der  Nahrhaftigkeit  derselben  in  1  bis 
2  Jahren  das  gewünschte  Gewicht  erlangen.  Um  eine  erhebliche  Anzahl 
dieser  grösseren  Fische  aufnehmen  und  ernähren  zu  können,  müssen  die 
Abwachsteiche  natürlich  von  bedeutenderer  Grösse  sein,  sie  dürfen  auch  nicht 
zu  flache  Uferränder  haben,  an  welche  sonst  die  grossen  Karpfen  nicht 
herankommen  können,  und  müssen  tief  genug  sein. und  genügenden  Wasser- 
zufluss  haben,  um  ihre  Besatzung  sicher  zu  überwintern.  Da  tiefe  und 
deshalb  kühlere  Teiche  weniger  Nahrung  für  die  Karpfen  produciren 
als  flache  Gewässer,  so  können  die  Abwachsteiche  nur  schwächer  besetzt 
werden,  man  rechnet  je  nach  der  Güte  ihres  Bodens  150 — 250  Stück 
dreisömmerige  Karpfen  pro  Hektar.  Schleihen  und  Aale,  welche  den 
Grund  stark  durchwühlen,  und  dort  Futter  aufsuchen,  das  den  Karpfen 
doch  nicht  zu  gute  kommen  würde,  sowie  Zander  und  kleine  Hechte 
können  vorth eilhaft  in  den  Abwachsteichen  gehalten  werden.  In  Teichen, 
die  mit  anderen  Gewässern  in  Verbindung  stehen,  finden  sich  gewöhnlich 
grosse  Massen  von  Brut  der  Plötze,  des  Rothauges  und  anderer  Weiss- 
fische ein.  Diese  geringwertigen  Thiere,  welche  heranwachsend  den 
Karpfen  die  Nahrung  beschränken  würden,  sollen  durch  die  Zander  und 
Hechte  vertilgt  und  nutzbar  gemacht  werden.  Es  kommt  häufig  vor, 
dass  Karpfen  in  den  Abwachsteichen  schon  laichen  und  die  junge  Karpfen- 
brut neben  den  grossen  Fischen  natürlich  nur  kümmerlich  gedeiht.  Auch 
diese    unnützen   Kostgänger   werden    durch    die   Raubfische,    die   jedoch 


496  Die  Teichwirtschaft. 

nicht  so  gross  sein  dürfen,  dass  sie  den  älteren  Karpfen  gefährlich  werden 
können,  gefressen  und  verwerthet.  Die  Kaubfische  sind  daher  für  die 
Abwachsteiche  von  grosser  Wichtigkeit,  im  Allgemeinen  setzt  man  zu  je 
100  Karpfen,  5  Hechte  und  etwa  ebensoviel  Zander.  Die  Besetzung  der 
Abwachsteiche  erfolgt  gewöhnlich  bei  der  Herbstabtischung  der  Streck- 
teiche, auch  ihre  Abfischung  wird  im  Herbste  vorgenommen. 

Winterteiche,  Kammerteiche  oder  Winterungen  sind  in 
Karpfenzuchten    zur    gefahrlosen    Ueberwinterung    der    ein-   und    zwei- 
sömmerigen  Fische  erforderlich,  denn  einerseits  würde  es  schwierig  sein, 
alle  einzelnen  Streich-  und  Streckteiche,   selbst  Avenn  sie  winterungsfähig 
wären,    zu    überwachen,    und    andererseits    ist    das  Ausfrieren    des   über 
Winter  trocken    gelegten  Teichbodens    das    beste  Mittel    zur   gründlichen 
Zerstörung  des  Ungeziefers.  Zuverlässige  Winterteiche  sind  daher  ein  not- 
wendiges Erforderniss    einer    gedeihlichen    Karpfen  zu  cht;    wo    sie  nicht 
vorhanden  sind,  muss  man  sich  auf  blosse  Karpfenhaltung  beschränken. 
In  grösseren  Teichwirtbschaften  müssen  mehrere  Winterteiche  zur  Aufnahme 
der  verschiedenen  Alterstufen  der  Karpfen  und  der  Raubfische  vorhanden  sein. 
Der  Winterteich  muss  eine  möglichst  geschützte  Lage,  constanten  Wasser- 
stand, eine  Tiefe  von  3 — 4  m    und   wo    möglich  regelmässigen   Wasser- 
zufluss  haben.     Drain-  und  Quellwasser,  welches  im  Winter  eine  höhere 
Temperatur  hat,   ist  dem  Bach-  und  Flusswasser  vorzuziehen,   auch  die 
Speisung  aus  grösseren  Teichen  oder  Seen  ist    zu  empfehlen.     Die  Ufer 
des    Winterteiches    müssen    steil    abfallen,    der   Boden   muss    fest,    nicht 
schlammig  und  an  einer,  Stelle  von  entsprechender  Grösse  besonders  ver- 
tieft sein.     An  dieser  tiefsten  Stelle,  welche  man  das  Winterlager  oder 
die  Fischst ätte  nennt,  sammeln  sich  die  Karpfen  bei  eintretendem  Frost 
und  bleiben  dort,  bis  sich  das  Wasser  wieder  erwärmt,  ruhig  liegen.     Sie 
müssen    vor  jeder  Beunruhigung  geschützt    werden ,    da    sie   andernfalls 
aufgeschreckt  umherschwimmen,    an  die  Oberfläche  kommen  und  vielfach 
an  der  Unterseite  des  Eises    anfrieren    und    zu  Grunde  gehen.      Es  darf 
daher   über  den  Winterteich   nicht  gegangen   oder  gefahren    werden,   das 
Schlittschuhlaufen    ist  auf  demselben    ebensowenig    zu    dulden    wie    die 
Gewinnung  von  Eis  zur  Füllung  der  Eiskeller.     Teiche  mit  regelmässigem 
reichlichen   Wasserzufluss   könnten  zwar  auch  ohne    das   Aufhauen    von 
Luftlöchern  ungefährdet  ihren  Besatz  überwintern,  rathsam  ist  es  aber  auch 
auf  ihnen,  wie  es  bei  solchen  mit  spärlichem  oder  unterbrochenem  Zufluss 
stets  geschehen  muss,  in  einiger  Entfernung  von  der  Fischstätte  3  bis  4 
grosse  Wuhnen  zu  schlagen,  die  regelmässig  offen  gehalten  werden  müssen, 
um    der  Luft    den    Zutritt    zum  Wasser    zu   gestatten.      Man   kann    das 
Zufrieren  dieser  Oeftnungen  dadurch  verhindern,  dass  man  grosse  Stroh- 


Dio  Karpfenzücht    Schädlichkeit  der  Frösche.  497 

bunde  in  senkrechter  Stellung-  darin  befestigt.  An  den  täglich  zu 
revidirenden  Eislöchern  zeigen  sich,  wenn  aus  irgend  einem  Grunde 
eine  Fäulniss  oder  Verderbniss  des  Wassers  eintritt,  zahlreiche  vom 
Grunde  aufsteigende  kleinere  und  grössere  Luftblasen,  todte  Käfer  und 
andere  Wasserinsecten ,  das  Wasser  verändert  seine  Farbe,  die  Fische 
kommen  nach  Luft  schnappend  an  die  Oberfläche.  Gelingt  es  dann  nicht, 
durch  schleunige  Lüftung  des  Wassers  oder  theilweise  Erneuerung  des- 
selben Abhilfe  zu  schaffen,  so  muss  der  Teich  aufgeeist  und  sofort  abge- 
fischt werden,  wobei  wenigstens  noch  ein  Theil  des  Inhaltes  durch  Ueber- 
führung  in  andere  Teiche  gerettet  werden  kann.  Die  Lüftung  wird  in 
primitiver  Weise  dadurch  ausgeführt,  dass  man  mit  grossen  Besen  oder 
an  einer  Stange  befestigten  Lederscheiben  Luft  in  das  Wasser  stösst,  sehr 
viel  vollkommener  ist  sie  natürlich  mittelst  einer  Druckpumpe  zu  errei- 
chen, deren  Schlauch  bis  auf  den  Grund  des  Wassers  geführt  und,  um 
die  Luft  fein  zu  vertheilen,  am  Ende  mit  Badeschwämmen  verstopft  wird, 
durch  welche  sie  in  zahllosen  kleinen  Blasen  entweicht. 

In  den  eigentlichen  Winterteichen  und  noch  mehr  in  den  über  Winter 
besetzten  Abwachsteichen,  zumal  wenn  dieselben  im  Frühjahr  nicht  ab- 
gelassen werden  sollen,  ist  das  Vorkommen  grösserer  Mengen  von  Fröschen 
oder  Kröten  durchaus  nicht  zu  dulden,  weil  dieselben  mitunter  im  ersten 
Frühjahr  das  Erkranken  oder  Eingehen  einer  grösseren  oder  geringeren 
Zahl  von  Fischen  veranlassen,  indem  sie  sich  auf  deren  Kopfe  festsetzen, 
die  Vorderfüsse  in  die  Augenhöhlen  klammern  und  die  Karpfen  wochen- 
lang am  Fressen  hindern.  Die  alten  Karpfenzüchter,  denen  solche  Vor- 
kommnisse schon  bekannt  waren,  meinten,  dass  die  Frösche  den  Karpfen 
Gehirn  und  Augen  ausfrässen  (wozu  sie  natürlich  ganz  unfähig  sind), 
auch  wohl  dass  sie  sich  von  ihren  Reitthieren  nur  dahin  tragen  Hessen, 
wo  es  viel  Futter  gebe,  um  ihnen  dieses  vor  dem  Maule  fortzunehmen. 
Diese  Erklärungen  sind  ganz  irrig.  Die  männlichen  Frösche  oder  Kröten, 
und  solche  werden  allein  auf  den  Köpfen  der  Karpfen  gefunden,  hocken 
bekanntlich  schon  wochenlang  vor  dem  Laichen  auf  den  Weibchen,  um 
bei  der  Ablegimg  der  Eier  diese  sofort  zu  befruchten.  Der  Umarmungs- 
trieb der  brünstigen  Männchen  ist  so  unwiderstehlich,  dass  sie  selbst  todte 
Weibchen  nicht  loslassen,  und  in  Ermangelung  weiblicher  sich  auch  an 
männlichen  Fröschen,  Kröten  oder  irgend  welchen  leblosen  Körpern  fest- 
klammern. Die  Köpfe  der  in  der  Brunstzeit  der  Frösche  noch  sehr 
trägen  Karpfen  scheinen  ihnen  dazu  ganz  geeignet,  und  man  hat  mitunter 
beim  Ablassen  von  Teichen  im  Frühjahr  Dutzende,  ja  Hunderte  von  Karpfen, 
mitunter  sogar  Forellen,  mit  Fröschen  oder  Kröten  besetzt  gefunden. 

Dass  auch  für  die  Beseitigung  anderer  Fischfeinde,  wie  Fischottern, 

32 


498  Die  Teichwirthschaft. 

Reiher,  Enten  an  den  Teichen  gesorgt  werden  muss,  ist  selbstverständlich. 
Menschlichen  Fischdieben  kann  man  das  Befischen  der  Teiche  mit  Netzen 
dadurch  unmöglich  machen,  dass  man  auf  dem  Grunde  zahlreiche  kleine 
Pfähle  befestigt,  in  welche  Nägel  halb  eingeschlagen  sind,  so  dass  an 
ihnen  die  Netze  hängen  bleiben  oder  zerreissen. 

Natürlich  dürfen  auch  schädliche  Stoffe  nicht  in  die  Teiche  gelangen, 
so  darf  man  z.  B.  selbst  in  grossen  Abwachsteichen  nicht  Schafe  waschen, 
wenn  nicht  die  Karpfen  in  Menge  absterben  sollen. 

Das  Yerhältniss  der  Teichflächen.  Wie  in  der  Landwirt- 
schaft, so  ist  auch  bei  der  Bewirthschaftung  von  Teichen  eine  rationelle 
Ausnutzung  der  vorhandenen  Flächen  nur  bei  Zugrundelegung  eines 
zweckmässigen  Betriebsplanes  möglich.  Es  muss  namentlich  das  Grössen- 
verhältniss  der  Streich-,  Streck-  und  Abwachsteiche  zu  einander  richtig 
gewählt  werden,  wenn  man  möglichst  hohe  Erträge  von  der  Karpfen- 
zucht erzielen  will.  Der  Teichwirth  muss  die  Production  seiner  Gewässer 
gewissenhaft  controliren  und  muss  wissen,  welches  Quantum  an  Fisch- 
fleisch unter  normalen  Verhältnissen  der  Ar  jedes  seiner  Teiche  zu  liefern 
im  Stande  ist.  Erfahrungsmässig  hat  es  sich  bewährt,  von  der  ganzen 
zur  Karpfenwirthschaft  disponiblen  Fläche  4  Procent  zu  Streichteichen, 
12  zu  Streckteichen  I.  Kl.,  18  zu  Streckteichen  IL  Kl.,  60  zu  Abwachs- 
teichen, 6  Procent  zu  Winterteichen  zu  verwenden.  Sollte  bei  diesem 
Yerhältniss  in  den  Streichteichen  mehr  Brut  erzeugt  werden,  als  rationeller 
Weise  in  die  Streckteiche  eingesetzt  werden  kann,  so  ist  das  kein  Nach- 
theil, ja  man  wird  überall  da,  wo  Gelegenheit  zum  Verkauf  von  Brut 
vorhanden  ist,  wohlthim,  soviel  Streichteiche  als  möglich  anzulegen,  da 
nachv.  d.  Borne1)  der  Streichteich  eine  Einnahme  von  600  Mark  pro  Hectar 
gewähren  kann,  während  von  Streck-  und  Abwachsteichen  nur  durch- 
schnittlich auf  60  Mark  pro  Hectar  zu  rechnen  ist.  Unverkäufliche  Brut 
kann  zur  Bevölkerung  von  Seen  und  Flüssen,  in  denen  der  Karpfen 
vorzüglich  gedeiht,  vortheilhaft  verwandt  werden. 

Die  Fütterung  der  Karpfen.  In  gleicher  Weise  wie  bei  unse- 
ren warmblütigen  Schlachtthieren  lässt  sich  auch  bei  den  Karpfen,  indem 
man  ihnen  neben  ihrer  natürlichen  Nahrung  noch  besonders  Kraftfutter 
reicht,  in  kürzerer  Zeit  ein  höheres  Gewicht  erzielen.  Es  werden  zur 
Fütterung  je  nach  Umständen  sehr  verschiedenartige  Dinge  verwendet. 
So  kann  man  geringwerthiges  Mehl  mit  Lehm,  Schafmist  und  ähnlichen 
Stoffen  vermischt,  zu  Klössen  formen;  aus  gekochten  Linsen,  Bohnen, 
Erbsen,    Kartoffeln    macht    man    mit    Kleie,    Trebern    oder    Malzkeimen 


1)  Circulare  des  deutschen  Fischerei  Vereins  187G.     S.  27. 


Dir  Earpfenzucht.    Fütterung.    Abfischung.  499 

einen  Teig,  der,  in  grösseren  Stücken  gebacken  oder  an  der  Lirft  ge- 
trocknet, von  den  Karpfen  gerne  verzehrt  wird.  Auch  können  thierische 
Stoffe,  als  dicke  Milch,  Quark,  gekochtes  Blut,  Würmer,  Maikäfer, 
Schnecken,  Engerlinge,  theils  allein  verfüttert,  theils  mit  den  vorher- 
genannten Stoffen  zusammengeknetet  werden.  Fleisch  von  gefallenen 
Thieren  in  die  Karpfenteiche  zu  werfen,  ist  wegen  der  Verderbniss  des 
Wassers  nicht  empfehlenswert!:!,  dagegen  kann  man  dasselbe  zweckmässig 
verwerthen,  indem  man  es  entweder  in  durchlöcherten  Kasten  über  den 
Teichen  aufstellt,  oder  es  in  besonderen  Gruben  mit  Stroh,  Mist  und 
anderen  Abfällen  gemischt  offen  liegen  lässt.  Die  Fliegen  legen  ihre 
Eier  daran  und  die  Maden  fallen  im  ersten  Falle  massenhaft  ins  Wasser 
und  werden  von  den  Fischen  begierig  aufgeschnappt,  während  sie  aus 
den  Gruben  beim  Umstechen  des  Inhalts  in  grosser  Menge  gesammelt 
und  beliebig  verfüttert  werden  können. 

Das  Abfischen  der  Karpfenteiche.  Während  des  Sommers 
sollte  man  gar  nicht  versuchen  mit  Zngnetzen  in  den  Karpfenteichen  zu 
fischen,  weil  die  Thiere  dadurch  sehr  beunruhigt  werden,  und  doch  grössten- 
teils unter  dem  Netze  durchkriechen  oder  darüber  hinwegspringen.  Ohne 
Schaden  können  dagegen  einzelne  Fische  in  angeköderten  Reusen  oder  Säcken, 
auch  in  Staaknetzen  oder  an  Nachtangeln  gefangen  werden.  Besser  ist 
es  jedoch,  für  den  Sommerbedarf  eigene  kleinere  Behälter  anzulegen,  in 
denen  die  Fische  allerdings  regelmässig  gefüttert  werden  müssen,  und 
aus  denen  man  sie  mittelst  eines  Handkäschers  leicht  ausschöpfen  kann. 
Das  regelmässige  Abfischen  der  Streich-,  Streck-  und  Abwachsteiche  findet 
im  Spätherbst,  das  der  Winterteiche  im  Frühjahr  statt,  kühle  Witterung 
ist  dringend  nothwendig,  damit  die  in  einer  sehr  geringen  Wassermeuge 
zusammengedrängten,  oder  ganz  aus  dem  Wasser  genommenen  Fische 
nicht  leiden.  Man  vermeidet  es  daher  auch,  in  der  Mittagszeit  zu  fischen. 
Das  Wasser  muss  allmählich  abfliessen,  damit  nicht,  namentlich  in  grossen 
flachen  und  krautreichen  Teichen,  die  Fische  theilweise  im  Trocknen 
liegen  bleiben,  sondern  Zeit  haben,  sich  nach  den  tiefsten  Stellen  hinzu- 
ziehen. In  grösseren  Teichen  legt  man  daher  vorteilhaft  Gräben  an, 
die  alle  nach  einer  Stelle  geneigt  sind  und  in  eine  tiefe  Grube 
münden.  Natürlich  muss  der  Teichwirth  wissen,  wie  lange  Zeit  jeder 
seiner  Teiche  zum  Ablaufen  gebraucht,  und  muss  sich  so  einrichten,  dass 
frühmorgens  mit  dem  Herausnehmen  der  Fische  begonnen  werden 
kann.  Yor  dem  Beginn  der  Herbstfischerei  sind  die  zu  besetzenden 
Abwachs-  und  Winterteiche,  vor  der  Frühjahrsfischerei  die  Streich-  und 
Streckteiche  gehörig  in  Stand  zu  setzen,  so  dass  die  Karpfen  sofort 
an  ihre  neuen  Wohnorte  gebracht  werden  können.     An  dem  abzufischenden 

32* 


500  Die  Teichwirtlischaft. 

Teiche  müssen  Wannen  mit  reinem  Wasser  zum  Abspülen  der  etwa  mit 
Schlamm  bedeckten  Fische  sowie  Transportgefässe  in  gehöriger  Anzahl 
bereitstehen.  Die  Fische  werden  mit  Käschern  oder  mit  den  Händen 
aufgenommen,  in  Körben  oder  auf  mit  Netzwerk  oder  grobem  Zeug- 
überspannten  Tragen  ans  Ufer  gebracht,  gereinigt  und  abgezählt  oder 
gewogen  in  die  Transportgefässe  gesetzt,  die,  sobald  sie  ihre  Ladung 
erhalten  haben,  nach  ihrem  Bestimmungsort  abfahren  müssen.  Alle 
Fische  sollen  schonend  behandelt ,  nicht  gedrückt  oder  geworfen 
werden,  beschädigte  sind  sofort  auszusondern.  Bei  Abfischung  der 
Streichteiche  wird  die  Brut  in  2 — 3  Grössen  sortirt  und  die  nicht  ver- 
kaufte gleich  nach  den  Winterteichen  gebracht,  welche  auch  die  zwei- 
sömm erigen  Karpfen  aufnehmen,  während  die  dreisömmerigen  in  die 
Abwachsteiche  gesetzt  werden.  Beim  Abfischen  der  letzteren  werden 
vor  den  Karpfen  die  weniger  zählebigen  Hechte  und  Zander  herausge- 
nommen und  in  eigenen  Behältern  untergebracht.  Mit  besonderer  Sorg- 
falt sind  die  Streichkarpfen  für  das  nächste  Jahr  auszuwählen  und  ge- 
sondert aufzubewahren.  Schleihen  und  Karauschen  werden  nach  den 
Karpfen  gesammelt  und  die  kleinen  Weissfische  zuletzt  in  Teiche  gesetzt, 
wo  sie  den  Hechten  zum  Futter  dienen. 

Auch  beim  Einsetzen  in  die  Teiche  muss  mit  den  Karpfen  vor- 
sichtig umgegangen  werden,  man  darf  sie  nicht  aus  grösserer  Höhe  auf 
das  Wasser  fallen  lassen  oder  werfen,  vielmehr  müssen  die  Behälter  vor- 
sichtig und  dicht  über  der  Wasserfläche  umgestülpt  werden.  Auf  kleine 
Entfernungen  hin,  von  einem  Teich  zum  anderen,  können  die  Karpfen 
ohne  Wasser,  in  Körben  zwischen  feuchtes  Stroh  gepackt  transportirt 
werden,  sie  halten  so  selbst  einen  Transport  von  6 — 8  Stunden  aus, 
weiterhin  werden  sie  in  Transportfässern  versandt,  die  einen  Inhalt  von 
1 — 5  hl  haben  und  zweckmässig  nicht  grösser  gewählt  werden.  Dieselben 
müssen  vor  dem  Gebrauch  längere  Zeit  gewässert,  innen  ganz  glatt  sein 
und  etwa  zu  zwei  Dritteln  mit  Wasser  gefüllt  werden.  Im  allgemeinen 
kann  man  auf  je  100  1  Wasser  4 — 500  Stück  Karpfenbrut  oder  50  bis 
100  zweisömmerige,  30 — 50  dreisömmerige  oder  15 — 30  ältere  Karpfen 
rechnen,  wenn  der  Transport  nicht  lange  dauert.  Für  mehrtägige 
Reisen  müssen  die  Fische  erst  einige  Tage  in  fliessendem  Wasser  sich 
reinigen  und  hungern,  ehe  sie  in  die  Transportfässer  gebracht  werden, 
man  setzt  dann  auch  nicht  mehr  als  bis  höchstens  2  Centner  Fische  in 
ein  Fass  von  5  hl  und  muss  mehrmals  täglich  das  Wasser  theilweise 
erneuern.  Sehr  zweckmässig  ist  es,  über  der  mit  Stroh  verstopften  Ein- 
satzöffnung Eisstücke  zu  befestigen,  deren  Schmelzwasser  das  Wasser  ab- 
kühlt.    Auch  ist  das  Eintreiben  von  fein  vertheilter  Luft  in  das  Wasser 


Die  Karpfenzucht.    Reinigung  der  Teiche.    Sämerung.  ,")()! 

sehr  vortheilhaft,  es  kann  mittelst  eines  gewöhnlichen,  mit  einem  langen 
Gummischlaueh  versehenen  Blasebalges  ausgeführt  werden,  auch  hat  man 
vielfach  Tran  Sportwagen  eingerichtet,  bei  denen  ein  Blasebalg  automatisch 
durch  die  Drehung  der  Wagenräder  getrieben  wird. 

Sehr  vorteilhaft  ist  es,  wenn  man  in  Flüssen  oder  Bächen  Behälter 
anlegen  kann,  in  denen  eine  Anzahl  von  Karpfen  zum  Verkauf  gehalten 
werden,  sie  sind  aus  denselben  leicht  zu  jeder  Zeit  auszufischen  und 
verlieren  darin  in  wenigen  Tagen  den  Modergeschmack,  den  sie  in 
sumpfigen  Teichen  leicht  annehmen. 

Die  Reinigung  der  Teiche.  Wie  bereits  früher  bemerkt  wurde, 
ist  es  sehr  zweckmässig  zur  Zerstörung  des  Ungeziefers ,  der  Fischegel, 
Karpfenläuse,  Stichliuge  etc.,  die  abgelassenen  Teiche  über  Winter  aus- 
frieren zu  lassen.  Wo  das  aber  nicht  möglich  ist,  indem  sie  entweder 
gleich  wieder  besetzt  werden  sollen,  oder  sich  wegen  reichlichen  Wasser- 
zuflusses sofort  wieder  füllen,  kann  man  nach  v.  d.  Borne  durch  Be- 
streuen des  freigelegten  Teichbodens  mit  ungelöschtem  Kalk  das  Unge- 
ziefer leicht  beseitigen.  Natürlich  muss  der  Kalk  durch  gehöriges  Ausspülen 
erst  fortgeschafft  werden,  ehe  man  den  Teich  wieder  besetzt.  In  den  meisten 
Teichen  sammelt  sich  allmählich  Schlamm  an,  den  theils  das  Regen wasser  von 
den  benachbarten  Höhen  hinunterschwemmt,  theils  die  verwesenden  Pflanzen 
liefern.  An  den  Teichrändern  sehr  vortheilhaft,  weil  er  das  Material 
zur  Ernährung  zahlreicher  niederer  Thiere  bietet,  ist  er  in  der  Tiefe  der 
Teiche  nicht  nur  nutzlos,  sondern  auch  schädlich,  da  er  bei  lebhafter 
Bewegung  der  Fische  aufgerührt  wird  und  das  Wasser  trübt.  Er 
muss  daher  jährlich  oder  in  längeren  Intervallen  aus  den  trockengelegten 
Teichen  entfernt  werden  und  kann  häufig  sehr  vorteilhafte  Verwendung 
zur  Verbesserung  von  Wiesen  und  Aeckern  finden. 

Sämerung  nennt  man  das  längere  Trockenlegen  von  Teichen,  die 
in  regelmässigem  Wechsel  1 — 2  Jahre  lang  zum  Wiesen-  oder  Futterbau 
benutzt  werden.  Die  den  Teich wirthen  schon  seit  Jahrhunderten  bekannten 
Vortheile  einer  solchen  Wechselwirthschaft  bestehen  darin,  dass  einerseits  der 
Teichboden  durch  die  Beackerung  und  die  Pflanzenwurzeln  mehr  auf- 
geschlossen wird,  und  in  den  Wurzeln  und  Stoppeln  viele  Stoffe  erhält, 
die  bei  der  Bewässerung  sich  zersetzen  und  theils  direct,  theils  indirect 
den  Fischen  zur  Nahrung  dienen;  und  dass  andererseits  sich  während  der 
Teichnutzung  viel  fruchtbarer  Schlamm  auf  dem  Boden  sammelt,  so  dass 
Gras  und  Futterkräuter  ungedüugt  vortrefflich  gedeihen.  Zum  Anbau 
der  gesämerten  Teiche  wird  Timotheum,  Klee  oder  Hafer  gebraucht,  wovon 
man  reiche  Ernten    erhält,    auch  kann    man  Rüben,  Erbsen,  Wicken  etc. 


502  Die  Teichwirthschaft. 

anpflanzen  und   ohne  dieselben  zu   ernten,    den  Teich    wieder   füllen,    er 
darf  dann  aber  erst  im  Frühjahr  wieder  besetzt  werden. 

Die  Karpfenzucht  in  Ost-  und  Westpreussen.  Es  lag 
ursprünglich  in  unserem  Plane,  ähnlich  wie  die  Brutanstalten  unserer 
Provinzen,  auch  unsere  Karpfenwirthschaften  zu  besprechen,  es  ist  uns 
aber  nicht  gelungen,  die  erforderliche  Auskunft  von  den  Züchtern  zu 
erhalten.  "Wir  müssen  uns  daher  auf  die  Mittheilung  beschränken,  dass 
auf  einer  grossen  Anzahl  von  Gütern  unserer  Provinzen  sich  Karpfen- 
teiche befinden,  die  grösstentheils  noch  aus  alter  Zeit  herstammen, 
jedoch  mit  wenigen  Ausnahmen  in  keinesweges  rationeller  Weise  bewirt- 
schaftet werden,  und  daher,  wenn  auch  gelegentlich  in  einem  oder  dem 
andern  Jahre  auf  manchen  Gütern  Erträge  von  10 — 40000  Mk.  erzielt 
wurden,  doch  ganz  unberechenbar  sind  und  häufig  totale  Misserfolge  zu 
verzeichnen  haben.  Bei  weiterer  Ausbreitung  und  rationellem  Betriebe 
wird  die  Karpfenzucht  den  Landwirthen  unserer  Provinzen  noch  von 
grossem  Nutzen  sein  können. 

Die  Zucht  anderer  Fische  in  Teichen 
ist  im  allgemeinen  weniger  verbreitet  als  die  Karpfenzucht,  es  giebt  aber 
viele  für  den  Karpfen  wenig  oder  gar  nicht  geeignete  Teiche,  die  wenigstens 
mit  weniger  werthvollen  Fischen  bewirthschaftet,  unter  Umständen  aber 
auch  durch  seltenere  und  theurere  Fische  viel  vortheilhafter  verwerthet 
werden  können. 

Schleihen  und  Karauschen  nehmen  auch  mit  den  kleinsten, 
sumpfigen  oder  moorigen  und  schlammigen  Teichen  und  Tümpeln  vorlieb. 
Sie  vermehren  sich  ausserordentlich,  so  dass  bei  der  grossen  Kopfzahl 
auf  jeden  Fisch  nur  ein  spärliches  Futterquantum  kommen  kann,  wes- 
halb sie  meistens  in  kleinen  Gewässern  nur  eine  sehr  unbedeutende 
Grösse  erreichen.  Indessen  sind  sie  in  diesem  Zustande  doch  als  Futter- 
fische für  Hechte  und  Forellen  gut  zu  verwerthen.  Zu  ansehnlicher 
Grösse  kann  man  sie  aber  heranziehen,  wenn  man  sie  in  angemessener 
Zahl  in  kleine  Teiche  bringt,  auch  wurde  bereits  erwähnt,  dass  man  sie 
in  den  Streckteichen  zweiter  Ordnung  und  den  Abwachsteichen  neben 
den  Karpfen  halten  kann. 

Die  Goldorfe,  welche  sich  als  Zierfisch  grosser  Beliebtheit  erfreut, 
ist  in  ihren  Ansprüchen  ebenso  bescheiden  wie  die  vorigen  und  kann 
ebenfalls  neben  den  älteren  Karpfen  gehalten  werden. 

Plötzen,  Kothaugen,  Uckelei  und  andere  Weissfische  können 
in  den  kleinsten  Tümpeln  zweckmässig  gezüchtet  werden,  wenn  man  Forellen, 
Hechte  oder  Zander  zu  füttern  hat.     Man  braucht  nur   in    der   Laichzeit 


Die  Zucht  anderer  Fische  in  Teichen.  503 

einige  Paar  dieser  Fische  in  die  kleinen  Teiche  einzusetzen,  die  etwas 
Kraut  enthalten  müssen,  um  sie  bald  von  junger  Weissfischbrut  wimmeln 
zu  sehen,  die  nach  Bedarf  ausgeschöpft  werden  kann.  Auch  können  sie 
in  den  Kaubtischteiclicn  selber  gezüchtet  werden,  indem  man  in  diese 
einige  Paar  laichreifer  Fische  einsetzt  und  aus  Wasserpflanzen,  Wach- 
holderstrauch  oder  dergl.  künstliche  Laichstellen  herrichtet,  an  welchen 
die  Eier  abgesetzt  werden  und  sich  entwickeln. 

Der  Aal  eignet  sich  ganz  besonders  zur  Teichwirtschaft.  Montee 
wird  an  verschiedenen  Orten  in  grossen  Massen  gefangen  und  zu  billigem 
Preise  gefahrlos  Aveithin  in  feuchtem  Kraut  versandt.  Sie  gedeiht  in 
Mergelgruben,  Torfstichen,  Dorfteichen  und  anderen  Gewässern  aller 
Art  vortrefflich.  Die  jungen  Fischchen,  die  im  April  und  Mai  in 
einer  Länge  von  5 — 8  cm  verschickt  zu  werden  pflegen,  erreichen 
bis  zum  Herbst  schon  eine  Länge  von  20  cm  und  die  Dicke  eines  kleinen 
Fingers  und  können  im  folgenden  Herbst  35 — 50  cm  lang  werden.  Nach 
Millet  werden  im  nördlichen  Frankreich  von  1  kg  in  Torfstiche  gesetzter 
Aalbrut  in  5  Jahren  regelmässig  nicht  weniger  als  2500  kg  Aale  ge- 
fangen. Die  Teiche,  welche  mit  der  Montee  besetzt  werden  sollen, 
müssen  von  anderen  Gewässern  entfernt  liegen,  da  die  wanderungs- 
lustige Brut  in  nassen  Nächten  weithin  über  Land  geht,  wenn  es  ihr 
möglich  ist  in  grössere  Gewässer  zu  gelangen.  In  den  Aalteichen  und 
ebenso  in  Karpfenteichen,  die  gleichzeitig  mit  Karpfen  und  Aalen  besetzt 
sind,  lassen  sich  die  Aale  in  Reusen  und  Säcken,  sowie  an  Angelschnüren 
leicht  fangen,  während  man  sie  in  Zugnetzen  sehr  selten  findet.  Um  sie 
total  abzufischen,  müssen  die  Teiche  durch  Ablassen  oder  Abschnecken 
des  Wassers  trocken  gelegt  werden. 

Hechte,  Zander  und  Barsche  sind  für  die  Teichwirthschaft  gut 
zu  verwerthen.  Sie  werden  allerdings  seltener  in  eigenen  Teichen  ge- 
zogen, meistens  vielmehr  in  den  Abwachsteichen  der  Karpfen  zum  Ver- 
tilgen der  Weissfischbrut  angewandt,  wobei  sie  schnell  zu  ansehnlichen 
Speisefischen  heranwachsen. 

Hechte  sind  namentlich  auch  zur  Vernichtung  der  Frösche  in  frosch- 
reichen Gewässern  sehr  nützlich.  Ihren  Laich  setzen  sie  im  flachen 
Wasser,  besonders  gerne  in  Gräben,  auf  überstauten  Wiesen  u.  dgl.  ab, 
von  wo  die  junge  Brut  nur  zu  leicht  in  Teiche  gelangt,  von  denen  man 
sie  gerne  fernhalten  möchte.  Sehr  leicht  ist  es,  den  Hechtlaich  künstlich 
zu  gewinnen  und  zu  befruchten,  er  kann  in  californischen  Trögen  mit 
ganz  geringem  Zufluss  nicht  zu  kalten  Wassers  leicht  gebrütet  werden 
und  die  jungen  Fischchen  schlüpfen  in  circa  3  Wochen  aus.  Viel  ein- 
facher ist  es  noch,  den  befruchteten  Laich  in  schwimmenden  Kisten  oder 


;"">()  1  Die  Teickwirthschaft. 

Körben  auf  eine  Unterlage  lebender  Wasserpflanzen  zu  streuen,  ja  er  ge- 
deiht selbst  in  grösseren  "Wannen  sehr  gut  ohne  "Wasserzufluss. 

Der  Barsch  laicht  in  der  Nähe  der  Ufer  und  heftet  seine  in  einer 
langen  weisslichen  Schnur  zusammenhängenden  Eier  an  Steine  oder 
Wasserpflanzen  an.  Man  kann  diese  meterlangen  und  3 — 4  cm  breiten, 
oft  ringförmig  geschlossenen  Laichschnüre  leicht  sammeln  und  in  der 
eben  beim  Hecht  besprochenen  Weise  ausbrüten.  Auch  die  künstliche 
Befruchtung  des  Laiches  bietet  keine  Schwierigkeiten. 

Der  Zander  laicht  an  Baumwurzeln  und  an  Stein-  und  Kieshaufen. 
In  grösseren  Abwachsteichen  erhält  man  häufig  Zanderbrut,  die  künst- 
liche Befruchtung  und  Brütung  des  Laiches  ist  nur  selten  gut  gelungen 
und  niuss  noch  in  verschiedener  Weise  versucht  werden.  Zur  Zeit  be- 
schränkt man  sich  noch  darauf,  junge  Zander  oder  kurz  vor  der  Laich- 
zeit erwachsene  Thiere  in  geeignete  Gewässer  zu  versetzen. 

Schmerlen  und  Gründlinge  lassen  sich,  wo  man  reichlicheu 
Wasserzufluss  zur  Verfügung  hat,  vortheilhaft  in  kleinen  Teichen  züchten. 
Dieselben  brauchen  nur  3 — 4  m  lang,  1 — 2  m  breit  und  l/2 — 1  m  tief  zu 
sein,  müssen  reinen  Kies-  oder  Sandgrund  haben  und  werden  gegen  den 
Fluss  oder  Bach  ober-  und  unterhalb  durch  Drahtgitter  abgesperrt.  Die 
Seitenwände  der  Grube  werden  mit  Korbgeflecht  verkleidet,  hinter  welches 
man  Schafmist,  Leinkuchen  und  Abfälle  aller  Art  wirft,  um  die  Ent- 
wickelung  niederer  Thiere  zu  begünstigen,  die  den  Fischen  zur  Nahrung 
dienen.  Auch  können  sie  mit  den  für  die  Karpfen  gebräuchlichen  Futter- 
stoffen gemästet  werden.  Da  sich  namentlich  die  Schmerlen,  deren  Fleisch 
vortrefflich  ist,  sehr  stark  vermehren,  so  ist  es  zweckmässig,  mehrere 
solche  kleine  Gruben  einzurichten,  die  bei  reichlichem  Zufluss  von  Wasser 
auch  im  Winter  nicht  gefährdet  sind. 

Forellenteiche,  in  denen  ausser  Bach-  und  Seeforellen  (Trutta  la- 
custris  L.)  auch  Saiblinge  (Salmo  salvelinus  L.)  und  Lachsbastarde  ge- 
halten werden  können,  müssen  von  reichlichen  Quellen  gespeist  oder  von 
einem  Bache  mit  kiesigem,  reinem  Grunde  und  genügendem  Gefälle  durch- 
strömt werden,  gegen  welchen  letzteren  sie,  um  das  Entweichen  der  Fische 
zu  hindern,  durch  Drahtgitter  abgesperrt  werden.  Da  die  Salmoniden 
kühleres  Wasser  bedürfen,  so  müssen  die  Teiche  tief  und  von  Erlen  oder 
anderen  Bäumen  ziemlich  stark  beschattet  sein.  Der  Grund  soll  rein, 
fest  und  schlammfrei  sein  und  womöglich  Gruppen  von  grossen  Steinen 
enthalten,  unter  welchen  sich  die  Forellen  gerne  verstecken  und  auf  Beute 
lauern.  Die  Anlage  mehrerer  Teiche  für  die  verschiedenen  Altersstufen 
ist  bei  der  Forellenzucht  noch  nothwendiger  als  für  die  Karpfen,  weil  die 
Salmoniden  grosse  Käuber  sind  und  grössere  die  kleineren  schonungslos 


Die  rationelle  Bewirtschaftung  der  Seen.  505 

auffressen.  Von  den  reifen  Fischen  kann  in  der  Laichzeit  der  Laich 
künstlich  gewonnen,  befruchtet  und  in  Brutanstalten  zur  Entwickeln  um- 
gebracht werden.  Man  kann  auch  die  Forellen  in  dem  den  Teich 
speisenden  Bache  selber  laichen  lassen,  indem  man  das  absperrende 
Gitter  beseitigt.  Die  reifen  Fische  treten  dann  sogleich,  nach  Laichplätzen 
suchend,  in  den  Bach  ein.  In  diesem  muss  man  an  mehreren  Stellen 
in  10 — 30  cm  tiefem,  rasch  fliessendem  Wasser  reine  Kiesschüttungen 
anlegen,  die  von  den  Forellen  vorzugsweise  zum  Laichen  benutzt  werden. 
Durch  Einsetzen  von  Staubrettchen  oder  Einlegen  von  Steinen  kann  man 
leicht  günstige  Verhältnisse  herstellen.  Vortheilhaft  ist  es,  wenn  die 
Laichstellen  durch  Bretter  oder  Keisigbündel  stark  beschattet  sind.  Für 
die  ausgeschlüpften  Forellen,  gleichviel  ob  sie  aus  den  natürlich  abge- 
legten Eiern  oder  aus  Brutanstalten  stammen,  ist  die  Anlage  von  Ver- 
stecken aus  Steinen,  Hohlziegeln,  Drainröhren  etc.  sehr  vortheilhaft.  Auch 
zwischen  den  Wurzeln  der  Erlensträucher,  die  zweckmässig  an  den  Bach- 
ufern gepflanzt  werden,  finden  sie  erwünschte  Schlupfwinkel.  In  dem 
Aufzuchtbache  müssen  mit  flachen  Stellen  hin  und  wieder  tiefere  Kolke 
mit  ruhigem  Wasser  und  Pflanzenwuchs  abwechseln,  da  an  solchen  Orten 
sich  mehr  Nährthiere  entwickeln.  Man  kann  die  kleinen  Fische  in  diesen 
Aufzuchtbächen  bis  zum  Winter  abgesperrt  halten  und  sie  dann  in  be- 
sondere Streckteiche  einsetzen.  Will  man  sie  füttern,  so  geschieht  das 
am  besten  dadurch,  dass  man  die  Entwickelung  von  Crustaceen  und 
Insectenlarven  in  den  Gewässern  begünstigt  oder  Brut  von  Weissfischen, 
Froschlaich,  junge  Kaulquappen  etc.  einsetzt,  auch  kann  mit  Blut,  Fleisch, 
Fleischmehl  und  manchen  anderen  künstlichen  Futterstoffen  das  Wachs- 
thum  der  Fische  sehr  befördert  werden. 

Maränen  und  andere  Coregonen  können  nach  ihrer  Ausbrütung 
in  den  Brutanstalten  zweckmässig  bis  zum  Winter  in  kleinen  raubfisch- 
freien Teichen  aufgezogen  werden  und  gedeihen  darin  sehr  gut. 

Die  rationelle  Bewirtschaftung  der  Seen. 
Es  liegt  in  der  Natur  der  Sache,  dass  grosse  Gewässer  nicht  in 
ebenso  sorgfältiger  Weise  bewirtschaftet  werden  können  wie  ablassbare 
Teiche,  in  ihnen  kann  weniger  für  das  Gedeihen  der  Fische  gethan,  den 
Feinden  der  Fische  nicht  so  kräftig  gewehrt  werden;  der  Ertrag  von 
Seen  wird  daher  kaum  jemals  demjenigen  gleich  grosser  Teiche  entsprechen. 
Es  kann  jedoch  mit  geringen  Mitteln  viel  gethan  werden,  um  den 
Fischbestand  und  den  Ertrag  der  Landseen  merklich  zu  erhöhen.  Natür- 
lich wird  das  am  leichtesten  durchführbar  sein,  wo  Seen  nur  einem 
Eigenthümer   zugehören,    während    andernfalls   Fischereigenossenschaften, 


506  Die  rationelle  Bewirthschaftimg  der  Seen. 

Fischereivereine  oder  andere  gemeinnützige  Verbindungen  die  erforder- 
lichen Maassregeln  ergreifen  müssen.  Auf  den  nscalischen  Seen  könnten 
die  Pächter  verpflichtet  werden,  in  contraetlich  zu  bestimmender  Weise 
zur  Hebung  der  Fischerei  beizutragen. 

Eine  besondere  Berücksichtigung  muss  der  Vegetation  der  Seen 
zugewandt  werden,  die  für  das  Gedeihen  der  Fische  von  grosser  Bedeu- 
tung ist.  In  pflanzenarmen  Gewässern  pflegt  auch  der  Fischbestand 
gering  zu  sein,  es  müssen  daher  Fangarten,  welche  den  Pflanzenwuchs  des 
Grundes  und  der  Ufer  in  erheblichem  Maasse  vernichten,  möglichst  be- 
schränkt werden.  Sehr  vortheilhaft  hat  sich  in  vielen  Fällen  die  An- 
pflanzung von  Rohr  an  den  Rändern  der  Seen  bewährt,  welches  den 
Fischen  Schlupfwinkel  und  Laichplätze  bietet,  das  Aufkommen  anderer 
Wasserpflanzen  begünstigt  und  die  Entwicklung  reichlicher  Mengen  von 
Nährthieren  befördert.  Die  Wasserpest  (Eloclea  canadensis),  welcher  in 
vielen  unserer  Seen  die  erhebliche  Verminderung  des  Fischbestandes 
Schuld  gegeben  wird,  ist,  wo  sie  nur  in  geringer  Mächtigkeit  auftritt, 
entschieden  unschädlich,  gewährt  vielmehr  den  Fischen  Schutz,  reichliche 
Nahrung  durch  die  in  ihren  Dickichten  sich  entwickelnden  Thiere,  und 
gute  Laichplätze.  Dagegen  hat  sie  andere  Seen  durch  unendliches 
Wuchern  so  vollständig  erfüllt,  dass  die  Fische  sich  darin  kaum  bewegen 
können  und  in  dem  stagnirenden  Wasser  ebensowohl  in  der  heissen 
Jahreszeit  wie  im  Winter  unter  dem  Eise  massenhaft  ersticken.  Durch 
Auskrauten  lässt  sich  die  als  Viehfutter  und  Dünger  ganz  gut  zu  ver- 
werthende  Pflanze,  wo  sie  stark  wuchert,  gewöhnlich  nicht  wesentlich 
beschränken,  pflegt  aber  nach  einer  Reihe  von  Jahren,  wenn  sie  den 
Kalkgehalt  des  Bodens  erschöpft  hat,  von  selber  abzunehmen  oder  selbst 
ganz  zu  verschwinden. 

Von  wesentlichem  Nutzen  ist  es,  in  jedem  See  das  Laichen  der  be- 
sonders werthvollen  darin  heimischen  Fische  zu  befördern,  oder  solche, 
wenn  sie  stark  vermindert  oder  ganz  ausgerottet  sind,  wieder  einzuführen. 
Die  bekannten  Laichstellen  der  Fische  müssen  geschützt  und  dürfen 
in  keiner  Weise  beunruhigt  werden,  zweckmässig  ist  es,  an  geeigneten 
Stellen  künstliche  Brutstätten  anzulegen,  indem  man  für  die  karpfen- 
artigen Fische  an  flachen  Uferrändern  Wachholderzweige  oder  aus  Wei- 
denruthen und  Wasserpflanzen  geflochtene  Horden  versenkt,  an  welchen  sie 
ihren  Laich  anheften  können.  Auch  kann  man  Fische,  deren  Laich  und  Brut 
man  besonders  gegen  alle  Fährlichkeiten  schützen  will,  in  grosse  aus  Wach- 
holder- oder  Weidenzweigen  hergesellte  Kasten  setzen  und  sie  nach  dem 
Laichen  herausnehmen.  Die  junge  Brut  schlüpft  dann  später  nach  und 
nach  durch  die  kleinen  Oeffnungen  ins  Freie.     Der  an  den  Wasserpflanzen 


Die  rationelle  Bewirtschaftung  der  Socn.  507 

haftende  Laich  von  Bressen  und  anderen  werthvollen  Fischen  kann  mit 
dem  Kraut   gesammelt    und    in    schwimmende  Körbe    gelegt    werden,    so 
dass    die   jungen   Fischchen   vor   Stichlingen    gesichert    sind    und    später 
einzeln    in    die    Tiefe    des    Wassers    gehen    können.      Kleine    Buchten 
mit  flachem  Grunde    und    Pflanzenwuchs  können   gegen    das   grosse  Ge- 
wässer durch  Weidenflechtzäune   abgesperrt   und  mit   reifen  Laichfischen 
besetzt   werden,    die   in    diesem   halbgefangenen  Zustande  wie  im  Freien 
laichen,    deren   Laich  aber,  nachdem   man    die  erwachsenen  Fische  durch 
eine  Oeffnung    des    Zaunes    herausgelassen    hat,    vor    Feinden    sicher  ist. 
Man    kann    auch    den    Laich   der  Sommerlaichfische  künstlich  abnehmen, 
nach  der  gewöhnlichen   trockenen  Methode  befruchten    und   dann    in  mit 
lebenden  Wasserpflanzen  gefüllte  schwimmende  Körbe  ausstreuen,   wo  er 
alsbald  anhaftet  und    sich    gut    entwickelt.     Zander    können   in  grossen 
Körben  bis  zum  Laichen  gehalten  werden  oder  man  kann  ihnen  in  der 
Nähe  sonniger  Ufer  in  circa  1  m  tiefem  Wasser  kleine  Kiesberge  anlegen 
oder  Haufen  von   Stubben   mit  möglichst  verzweigten  Wurzeln  versenkt 
befestigen,   woran  sie  gerne  laichen.1)     Für  diesen  Fisch  sind  namentlich 
tiefere  Seen    mit    festerem  Grunde   geeignet,   wie   sie    bei    uns    an  vielen 
Orten    vorhanden    sind.      Auch    ist    die    Einsetzung    junger    Zander    in 
passende    Seen    in    unseren    Provinzen    schon    mit    sehr    gutem    Erfolge 
vorgenommen.     In  den  Gewässern,  welche  Coregonen  beherbergen,  wird 
die   künstliche  Gewinnung    und  Erbrütung    des  Laiches   im    allgemeinen 
günstigere  Resultate    ergeben,    als    der    blosse    Schutz    der    Laichstellen. 
Karpfen  gedeihen,    wenn  sie  als  ein-    oder   zweisömmerige   Thiere   ein- 
gesetzt werden,    in  Seen  vorzüglich,   ihre   Aussetzung  ist   namentlich    in 
Privatgewässern,  oder  wo  durch  Vereine  die  Brut  geliefert  wird,  dringend 
zu  empfehlen,    ebenso  die  Besetzung   der   Seen    mit  Aalen,    für    welche 
dann  am  Abflüsse  des  Sees  ständige  Aalfänge  eingerichtet  werden  können. 
Die  Besorgniss,  als    ob  die  Beförderung  des  Laichens    der    karpfen- 
artigen   Fische    die    Production    zu    zahlreicher    Individuen    zur    Folge 
haben    und     deren    Grössenwachsthum    beeinträchtigen    könnte,    ist    für 
unsere,     und   wohl    für    alle    grösseren  Gewässer    durchaus   ungerecht- 
fertigt.     Was  in  kleinen  raubtischfreien  Teichen  gilt,   lässt  sich  nicht  auf 
grosse  Gewässer    übertragen ,    die    vielfach   mit    anderen   Zusammenhang 
haben,  in  denen  jede  Vermehrung  der  Friedfische  auch  die  Zunahme  der 
Hechte  und  anderer  Raubfische  begünstigt,  und  aus  denen  jene,  wenn  ihnen 


1)  Herr  Oberförster  Reuter  in  Siehdichum  hat  über  die  glänzenden  Erfolge 
solcher  von  ihm  in  geeigneten  Seen  angelegten  Zanderlaichiilätze  in  der  3.  General- 
versammlung des  Frankfurter  Fischereivereins  ausführlich  berichtet.  S.  Deutsche  Fischerei- 
Zeitung  1880.  S.  510. 


508  Die  wirthscliaftliche  Behandlung  der  Flüsse. 

die  Nahrung  zu  knapp  würde,  in  andere  Gewässer  auswandern  könnten. 
Einstweilen  ist  in  unseren  Seen  die  Abnahme  der  Durch  seh  nittsgrösse 
der  meisten  Fische  keineswegs  durch  übermässige  Vermehrung  der 
Kopfzahl,  sondern  vielmehr  dadurch  zu  erklären,  dass  bei  der  immer 
intensiver  betriebenen  Fischerei  die  Fische  fortgefangen  werden,  ehe  sie 
eine  bedeutendere  Grösse  erreichen  konnten.  Man  wird  sich  eben  auch 
bei  der  Benutzung  der  Seen  dazu  verstehen  müssen,  zu  säen,  wo  man  ernten 
will,  und  man  wird  das  um  so  leichter  thun,  als  namentlich  auch  in 
unseren  Gegenden  schon  an  mehreren  Orten  praktisch  nachgewiesen  ist, 
wie  die  mit  äusserst  geringen  Mitteln  zu  beschaffende  Aussaat  in  kurzer 
Zeit  die  befriedigendsten  Ernten  gewährt. 

Die  wirthscliaftliche  Behandlung  der  Flüsse 
wird  im  allgemeinen  dem  Staate  und  wirthschaftlichen  Verbänden. 
Fischereivereinen  etc.  zufallen,  welche  deren  Besetzung  mit  Lachsen 
bereits  seit  längerer  Zeit  in  die  Hand  genommen  haben.  An  manchen 
Orten  wird  durch  Bildung  von  Genossenschaften  zur  gemeinschaft- 
lichen Bewirtschaftung  eines  ganzen  Flusses  viel  Gutes  erzielt  werden 
können.  Wir  haben  schon  früher  hervorgehoben,  wie  die  Abnahme 
der  Fische  in  den  Flüssen  hauptsächlich  der  Vernichtung  ihrer 
Laichplätze  durch  Uferbauten,  Gorrectionsarbeiten  etc.  und  die  Ab- 
schliessunc-  der  Altwässer  zuzuschreiben  ist.  Wo  solche  Altwässer 
neben  den  Flüssen  noch  vorhanden  sind,  ist  die  Wiederherstellung  ihrer 
Verbindung  mit  den  Flüssen  das  beste  Mittel,  um  die  Vermehrung  der 
Sommerlaichfische  zu  fördern.  Die  Altwässer  entsprechen  den  Streich- 
teichen bei  der  Karpfenzucht,  in  ihnen  ist  für  das  Gedeihen  des  Laiches 
die  günsigste  Gelegenheit  und  aus  ihnen  kann  die  Brut  sich  allmählich 
in  die  Flussläufe  begeben.  Zahlreiche  neben  den  Flüssen  gelegene  Lachen 
werden  zwar  auch  jetzt  bei  Hochwasser  überschwemmt  und  von  Fischen 
bevölkert,  bei  abnehmendem  Wasserstande  aber  von  menschlichen  und 
thierischen  Bäubern  völlig  ausgefischt  und  indem  sie  während  der  warmen 
Jahreszeit  mehr  oder  weniger  austrocknen,  im  Winter  ausfrieren,  gehen 
jährlich  Milliarden  von  Fischchen  zu  Grunde,  die  durch  Anlage  von 
kleinen,  mit  Schleusen  versehenen  Kanälen  mit  geringen  Kosten  zu  retten 
und  den  Flüssen  zuzuführen  wären.  Die  Eröffnung  der  Altwässer  kann 
daher  nicht  dringend  genug  gefordert  werden. 

Gemeinnützigen  Vereinen  ist  die  Besetzung  der  Flüsse  mit  Karpfen, 
die  darin  vortrefflich  gedeihen,  sehr  zu  empfehlen. 

Einer  besou deren  Fürsorge  bedarf  in  unseren  grösseren  Flüssen  der 
Stör,    welcher    sich    ausserordentlich    vermindert    hat    und    für    dessen 


Fischwii'thscliaft  im  Meere.  509 

Vermehrung;  mit  den  geringsten  Mitteln  Grosses  geleistet  werden  kann. 
Seine  Eier  zählen  nach  Millionen  und  entwickeln  sich  in  wenigen  Tagen. 
Man  braucht  nur  den  trocken  befruchteten  Laich  in  ruhigen  Buchten 
in  schwimmenden  Körben  auf  lebende  Wasserpflanzen  auszustreuen,  um 
die  Fischchen  in  fünf  Tagen  ausschlüpfen  und  nach  kurzer  Zeit  durch 
die  Spalten  der  Körbe  entweichen  zu  sehen.  In  unseren  Flüssen  ist 
die  Störlaichgewinnung  bisher  an  dem  Mangel  reifer  Fische  gescheitert, 
in  Schleswig-Holstein  aber  schon  wiederholt  gelungen.1) 

Behufs  der  Wiederbevölkerung  geeigneter  Flüsse  und  Bäche  mit 
Forellen  und  Aeschen  ist  die  Anlage  kleiner  und  kleinster  Brutanstalten 
in  Wassermühlen  etc.  nicht  dringend  genug  zu  empfehlen. 

Fischwirthschaft  im  Meere. 

Wir  haben  bereits  früher  erwähnt,  dass  auch  an  unserer  Ostsee- 
küste sich  der  Ertrag  der  Fischerei  erheblich  verringert  hat  und  dass 
namentlich  die  Zahl  und  Durchschnittsgrösse  der  Plattfische  und  Dorsche, 
sowie  die  Menge  der  Störe  sehr  vermindert  ist.  Die  Ursachen  dieser 
Erscheinung  sind  uns  zur  Zeit  noch  unbekannt,  theilweise  mögen  sie 
wohl  in  der  Beseitigung  der  Steinlager  in  der  Danziger  Bucht  und  an 
der  samländischen  Küste  zu  suchen  sein,  die  zum  Zwecke  der  Molen- 
und  Wegebauten  in  umfangreichster  Weise  ausgebeutet  werden  und  früher 
dem  an  unserem  sandigen  Strande  nur  spärlich  vorhandenen  Pflanzen- 
wuchs zur  Unterlage  dienten.  Es  wäre  der  Mühe  wohl  werth,  zu  ver- 
suchen, ob  nicht,  nach  dem  Vorschlage  des  Herrn  Dr.  Lievin  in  Danzig, 
an  geeigneten  Stellen  versenkte  grosse  Faschinen  sich  mit  Tang  und 
Seegras  bedecken  würden.  Jedenfalls  dürften  solche  für  die  klebenden 
Eier  von  Heringen  und  Sprotten,  die  wegen  Mangels  an  festem  Pflanzen- 
wuchs an  unseren  Küsten  in  ungeheurer  Menge  verloren  gehen,  ge- 
eignete Haftstellen  bilden. 

Auch  die  in  Amerika  schon  in  grossartigem  Maassstabe  ausgeführte 
künstliche  Befruchtung  und  Aussaat  von  Dorscheiern,  die  in  einiger 
Entfernung  vom  Lande  an  der  Oberfläche  schwimmen,  wäre  ohne  Auf- 
wand grosser  Mittel  zu  bewerkstelligen. 

Was  die  Plattfische  anlangt,  so  dürfte  eine  künstliche  Befruchtung 
bei  der  ungeheuren  Menge  junger  Flundern  etc.,  die  sich  an  unserem 
Ufer  finden,  kaum  erforderlich  sein;  die  Festsetzung  eines  Minimalmaasses 
und    die   Ersetzung    der    schädlichen    Zeese    durch    die    früher    üblichen 


1)  Circulare    des    deutscheu   Fiscliereivereius  1877,  S.  166.     Deutsche   Fischerei- 
zeituug  1880,  S.  382.  398. 


510  Fisch -wirthschaft  im  Meere. 

Flundernetze  möchte  allein  genügen,  um  wieder  den  naturgemässen  Be- 
stand an  grossen  Plattfischen  heranzuziehen. 

Für  die  Vermehrung  der  Lachse,  Störe  und  Schnäpel,  welche  den 
grössten  Theil  ihres  Lebens  im  Meere  zubringen,  aber  zum  Laichen  in 
die  süssen  Gewässer  ziehen,  kann  in  früher  besprochener  Weise  natürlich 
nur  an  ihren  Laichplätzen  gesorgt  werden,  ausserdem  wäre  durch  Fest- 
stellung einer  Minimalmasche  von  mindestens  6  cm  für  die  zum  Lachs- 
fange in  der  See  benutzten  Strandgarne  der  Fang  der  zu  kleinen  Lachse 
zu  verhindern. 

Die  rationelle  Bewirtschaftung  des  Wassers  erfordert  ungleich  ge- 
ringere Mittel  als  die  des  Landes;  würde  sie  nur  mit  demselben  Interesse, 
mit  derselben  Intelligenz  betrieben  wie  jene,  würden  ihre  Grundbedingungen 
mit  gleichem  Eifer  und  Yerständniss  erforscht  wie  die  Elemente  der  Land- 
wirtschaft, so  würden  unsere  zahlreichen  und  ausgedehnten  Gewässer 
mächtig  beitragen  zur  Ernährung  unserer  Bevölkerung  und  zum  Wohl- 
stande des  Landes. 


Alphabetisches  Verzeichniss 
der  in  Ost-  und  Westpreussen  gebräuchlichen  Fischnanien. 


Die  fette  Zahl  bezieht  sich  auf  die  laufende  Nummer  des  Fisches, 
die  anderen  bezeichnen  die  Seite. 


Aal  67.  58.  173. 

Aalmutter,  Aalquappe  13.  48.  80. 

Aesche  33.  113.  51.  142.  58.  56.  153. 

Alant  43.  130.  45.  133. 

Angeritze  73.  199. 

angurgis  67.  173. 

Asch,  Asche  58.  153. 

assaris  1.  61. 

assegis  1.  61. 

ate,  atis  22.  93. 

aukszle  41.  127. 

Bachforelle  62.  56.  162. 

Bachneunaugo  73.  59.  197. 

Barsch  1.  61. 

balta  szapalas  49.  139. 

Barbe.  Barbine  33.  52.  113. 

Bars,  Barsch  1.  46.  61. 

Bauchsauger  18.  85. 

Bersehke  1.  61. 

Bitterling,  Bitterfisch  35.  52.  116. 

Bläuer,  Blei,  Bleier,  bleye  36.  118. 

Blei  39.  123. 

blingo  44.  131. 

Bürsch,  boerschk  1.  61. 

Borbine  33-  113. 

Brachsen,  brass,  Brassem,  Brassen  36.  52. 

118. 
Bratling  66.  172. 

Brechsen,  Bressem,  Bressen  36.  118. 
Breitling,  bretling,  bretlingis  66.  172. 
Brissling  66.  172. 

bruiszis,  brunscha,  brunsze,  brnnszis  47. 1 36 . 
brzol.  brzona  56.  150. 


Butterfisch  14.  48.  81. 
byerszkis  1.  61. 

celatas  43.  130. 
certa  37.  120. 
czerwone  oko  46.  134. 

Debel,  Deibel,  Deivel  48.  137. 
dewinakis  72.  196. 
Dickkopf  48.  137. 
didoji  stinta  59.  155. 
Diebel  45.  133.  48.  137. 
Döbel  48.  54.  137. 
Döbel,  weisser  49.  139. 
Dösch  19.  87. 
Donnerkröte  6.  70. 
Dornfisch  10.  76. 
Dorsch  19.  49.  87. 
Dübel,  Düvel  45.  133.  48.  137. 

Ellritze  59.  54.  140. 
Erdfisch  51.  142. 
erszketras,  esketres  70.  191. 
eszerys  1.  61. 

Flinger,  Fluider,  Flunder  25.  50.  98. 
Flussneunauge  72.  59.  196. 

Gase  45.  133. 

Gieb,  Gieben,  Giester  39.  53.  123. 

Gisitzer  45.  133. 

Glattbutte  24.  96. 

Goldbutte  24.  96. 

gosciory  39.  123. 

Grelling,  Gringel  34.  115. 

Gründel,  Gründling  34.  52.  115. 


512 


Grüuknochen  28.  101. 
Grandel  34.  115. 

Schwarz-  15.  48.  82. 
„       Weine  16.  48.  83. 

Ruthensparre's  17.  49.  83. 
grundols,  grundulys  3-4.  115. 

Häsling  49.  54.  139. 
Hakenlachs  60.  157. 
Halbbressen  3».  123. 
Halbfisch  36.  118. 
Hecht  63.  57.  165. 
Hering  65.  57.  169. 
Hornfisch  28.  101.  12.  78. 
Hornhecht  28.  51.  101. 

jadzdzie  3.  65. 

jasiotr  70.  191. 

jasgar  3.  65. 

jasz  40.  139. 

Ickelei  41.  127. 

Jesen,  Jesenitz  45.  133. 

jesgarz  3.  65. 

jesiotr  70.  191. 

juros  adata  68.  189.  6».  190. 

juros  kwapa  13.  80. 

juros  stinta  50.  155. 

kalis  20.  103. 

Karas,  Karausse,  Karausche,  karosas,  Karus, 

Karusche,karuszis,  Karutze  31.  52. 109. 
Karauschkarpfen  109. 
kargis  60.  157. 
Karp,  Karpe,  Karpf,  Karpfe,  Karpfen,  karpa, 

karpie  30.  52.  106. 
karszis,  kasza  36.  118. 
Kaulbarsch  3.  46.  65. 
Kaulkopf  5.  47.  68. 
Katt  8.  73. 
kaze  40.  125. 

kelpg,  kielb,  kielbch  34.  115. 
klen  48.  137. 
Kliesche  23.  50.  95. 
Knurrhahn  6.  70. 
Krauser  Stichling  0.  75. 
krumpg  30.  123. 
Krus  31.  109. 
Kühling  45.  54.  133. 


Kulbersch,  Kulberschke,  kulbiersz  3.  65. 
küpa,  kwapa,  kwape  21.  89. 

Lachs  60.  56.  157. 

Lachsforelle  61.  161. 

Lachstaparre  45.  133. 

lasasso  60.  157. 

lasioter  70.  191. 

laszis,  laususz  60.  157. 

laszworas  62.  162. 

Leiter,  Leitfisch  125. 

leszcz  36.   118. 

lieda,  lideka,  lidaks  63.  165. 

lien,  lin,  linis,  lynas  32.   111- 

lipien  58.  153. 

locutis  36.  118. 

losos  60.  157. 

Lump  18.  49.  85. 

Makrele  11.  47.  77. 
Malinchen  44.  131. 
malkis  50.  155. 
Maräne  grosse  55.  56.  149. 
„      kleine  57.  56.  152. 
mazoji  stinta  50.  155. 
Meerforelle  61.  56.  161. 
Meerneunauge  71.  59.  194. 
Meerstichling  10.  47.  76. 
meknys  45.  133. 
meuke,  menzas  10.  87. 
Merlan  20.  49.  88. 
minoga  72.  196. 

Moderlieschen,  Modke  44.  54.  131. 
moranke,  morenki,   morynka,   inuranka  57. 

152. 
Mühlkoppe,  Müllerkoppe  5.  68. 
Mudchen,  Mutterloseken,  Mutlosen  44.  131. 
Mutka  50.  155. 

Nadelfisch  28.  101. 
Nase,  Näsling  51.  55.  142. 
Negenoge,  nege,  negis  72.  196. 
Neunauge,  Meer-  71.  59.  194. 

Fluss-  72.  59.  196. 

Bach-  73.  59.  197. 
nientusz  21.  89. 

okon,  okun,  okunek  1.  61. 
olszowka  35.  116. 


513 


oszka  40.  125. 
Ostseeschnäpel  56.  56.  150. 

Pamuchel  19.  87. 

Parpel  64.  167. 

Perpel,  perpcls,  perpele,  perple  64-  57.  167. 

Permoehel  19.  87. 

Petermännchen  4.  46.  67. 

Perschke  1.  61. 

Peitzker,  Pietzker,  Peisker,  Pisker,   piplys, 

piskorz,  pchieskorz  52.  143. 
piskorz  28.  101.  (?) 
plake,  plakis  39.  123. 
Platz,  Pletz,  Pletze,  Plötze,   ploc,   plocica, 

ploczieczka,  plotka  47.  54.  136. 
Platteis  24.  96. 
plekszte  25.  98. 
Pörschke  1.  61. 

Pomochel,  Pomuchel,  pomuchla  19.  87. 
Pricke  72.  196. 
pstrag  62.  162. 
pukis,  pukys  3.  65. 

Quabbe,  Quappe  21.  49.  89. 
Querder  198. 
Quermaul  51.  142. 

Raap,  Eaape,  Rapfen,  Rappe,  rapis,  rapzur 

43.  53.  130. 
radowka  46.  134. 
Reissfisch  36.  128. 
rdest  pieprzny  35.  116. 
Rohrkarpfen  43.  130.  45.  133.  48.  137. 
Rothauge,   Rothfeder,   Rothflosser,    Roddog 

46.  54.  134. 
Rothfioss,  Rothflossgiester  39.  123. 
rudakis,  rudaney,  rudaus,  rudawa,  rudusch, 

ruduszis  46.  134. 

Salat,  salatis,  salate,  salote  43.  130. 

Sandaal  26.  99. 

sapal  48.  137. 

Sauchen  33.  113. 

schepok  63.  165. 

Schlaffke  36.  118. 

Schlammpeitzker,  Schlammpietzker  52.  55. 

143. 
Schlei,   Schleie,   Schleihe,    Scbley,    Schlie, 

Sly  32.  52.  111. 


Schmarling,  Schmardel,  Schmerle,  Schmer- 
ling 53.  55.  145.   ■ 

Schnäpel,  Snepel  56.  56.  150. 

Schneffel  28.  101. 

Scholle,  SchoUicken  24.  50.  96. 

Schwertfisch  12.  48.  78. 

Schwarzbauch  51.  142. 

Schwarzgrundel  15.  48.  82. 

Schwarzlachs  60.  157. 

sdrena  46.  134. 

sebre  37.  120. 

Seebull  6.  70. 

Seehahn,  Seescorpion  6.  47.  70. 

Seehase,  Seekaulbarsch  18.  49.  85. 

Seemaräne  56.  150. 

Seenadel,  grosse  68.  58.  189. 
kleine  69.  58.  190. 

Seepeitzker  26.  99. 

Seequappe  13.  80. 

sendacz  2.  63. 

Silberlachs  60.  157.  61.  161. 

silke  65.  169. 

skarp  22.  93. 

slec,  sledz,  sledzik  65.  169. 

Sly  32.  111. 

Snepel  56.  150. 

sparis,  spare,  sporis  38.  122. 

Sprotte  66.  57.  172. 

Stachelbauch,  Stachlinski,  stacklack  8.  73. 

starniew,  starnewka  25.  98. 

starkis  2.  63. 

Stechbüttel,  Steckbüdel,  Steckbedel,  Stechert, 
Stecherling,  stekbydel,  stegis,  Steig- 
bügel 8.  73. 

Stein  beiss,  Steinbeisser,  Steinpietzker  54. 
55.  147. 

Steinbutte,  Steenbott,  stenbuta  22.  50.  93. 

Steinpicker  7.  47.  72. 

sterkas,  sterks  2.  63. 

Stichling,  Stichbeutel,  Stichlinski  8.  47.  73. 
„  krauser,  kleiner  9.  47.  75. 

Stint,  stinta,  stinka,  stynt  59.  56.  155. 

Stör,  störe,  sture  70.  59.  191. 

Strandlachs  60.  157. 

stregis  8.  73. 

Strömling  65.  57.  169.  42.  128. 

Sturmfisch  69.   190. 

Suter,  Sutter  26.  99.  27.  100. 


514 


suttis  67.  173. 

suttis  mate  13.  80. 

sylecke  65.  169. 

sZabre  37.  120. 

szamas,  szams  29.  103. 

szapalas,  szapals  48.  137. 

szczeka,  szczepak,szczubel,szczupak63. 165. 

szobris  37.  120. 

szuin  29.  103. 

Tabarre,  Tabelle,  Tapar  45.  133. 

Tobiasfisch  27.  50.  100. 

Tobies,  Tobieschen  26.  99.  27.  100. 

Topar  45.  133. 

tubis  26.  99.  27.  100. 

tramp,  trumpis  60.  157.  61.  161. 

Uckelei  41.  53.  127. 
uckleyka  41.  127. 
üble  73.  199. 
ungurys  67.  173. 

Vingille  73.  199. 


wangorz,  wangusch  67.  173. 
■wasak  53.  145. 
wedsele,  wegele  13.  80. 
Weissfisch  39.  123. 
Weissling  20.  88. 
wejzuwis  28.  101. 
Wels,  Welz  29.  51.  103. 
wengorz  67.  173. 
Wetterfisch  52.  143. 
wilnis  (wilms?)  21.  89. 
Windfiscb,  Windsutter  28.  101. 
Witbing,  Wittling  20.  88. 
Wölz  29.  103. 
woszis  60.  157. 

Zärthe,  Zart  37.  53.  120. 
Zalat  43.  130. 
Zander,  Zant  2.  46.  63. 
Ziege  40.  53.  125. 
Zope  38.  53.  122. 
Zwergstichling  9.  75. 


6/         O 


Fische.  Fischerei  und  Fischzucht 


in 


Ost-  und  Westpreussen. 


Von 

Dr.  Berthold  Benecke, 

Professor  an  der  Universität  Königsberg. 


Mit  zahlreichen  Abbildungen  von  H.  Braune. 


Erste  Lieferung. 


Königsberg  in  Pr. 

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Hartungsche  Verlagsdruckerei. 
1880. 


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Fische.  Fischerei  und  Fischzucht 


in 


Ost-  und  Westpreussen. 


Ton 


Dr.  Bertliold  Benecke, 

Professor  an  der  Universität  Königsberg. 


Mit  zahlreichen  Abbildungen  von  H.  Braune. 
Zweite  Lieferung. 


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Königsberg  in  Pr. 

Hartungsche  Verlagsdruckerei. 
1880. 


Berichtigung. 
S.  188,  Z.  15  v.  o.  1.  Fischzüchters  statt  Fischhändlers. 





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Fische.  Fischerei  nu<i  Fischzucht 


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Ost-  und  Westpreussen. 


Auf  Grund  eigener  Anschauung  gemeinfasslich  dargestellt 


von 


Dr.  Berthold  Beneeke, 

Professor  an  der  Universität  Königsberg. 


Mit  493  Abbildungen  von  H.  Braune. 
Dritte  Lieferung,   (Schluss.) 


-*••♦►- 


Königsberg  in  Pr. 

Ha  rtungs  ehe  Verlags  drucke  rei. 
1881. 


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Date  Due