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Full text of "Frühlyrik, sechzig faksimilierte Gedichte"

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UNlVERSITi'  OF 
TORONTO  PROSS 


i^. 


\ 


öottfricfl  Kellers 

fruölprlfe 

Sechzig  faUsimilierte  0etlidt)te 

eingeleitet  unü  fterausgegeben 
üonMolffrep 


leipzig  1909 ::  I}.fiaes$el  Derlag 


Don  diesem  Bucfte  sind  nur  fünfliundert  in 

der  Presse  nummerierte  Cfemplare  öcrgestellt 

iDorden.  Dieses  ejemplar  trägt  die 

nr.  359 


OruA  und  fahsimilcReproduhtion 
Art.  InHitut  Orell  füßli,  Zuri*  (g^ 


ftcrrn  Dr.  ßatis  Sdt)uler 

zugeeignet 


prjerr  Paul  f.  ruilü,  CM  ües  Art.  Inftituts  Orcll  fü0U  in  Zmidi), 
ä!  ijat  üicfe  Publifeation  ganz  cigcmiiti)  öcroorgcrufcn,  indem  er 
mir  die  öcditötljandftöriften  öottfricd  Kellers  aus  dem  natftlaß 
der  frau  Katharina  SfftulZ'öodmer  zur  Oerfügung  ftelltc.  Sie 
fmd  auf  den  natöfolgenden  Blättern  fafesimiliert,  ausgenommen 
die  .feuerldplle',  die  nad)  einer  niederffftrift  miedergegeben  ift, 
die  mir  Derr  nationalrat  Oberft  Dr.  Ulritl)  m elfter  in  Zürid)  zur  Rc- 
produfetion  überließ.  Die  Konftellation  des  fatblitöen  Intereffes  imd 
des  lüotilmollens  uoll  zu  madt)en,  ermbglitftte  herr  Dr.  haus  Siftuler 
in  Zürid)  die  herausgäbe  der  ßlättcr  in  diefer  öeftalt.  ntit  dem 
berzUtöen  OanK  an  diefe  drei  Ferren  üerbinde  id)  den  an  herrn 
BibliotöeUar  Or.  Hermann  Cfföcr  in  Zuriet),  ücr,  als  Oermalter  des 
literarifd)en  nad)lafl"es  öottfried  Kellers,  die  Crlaubnis  zur  faKsimi« 
lierung  erteilte,  und  den  an  die  üerlagsbud)bandlung  J.  6.  Cotta 
natöfolger  in  Stuttgart,  die  mir  den  RbdrutH  Kellerfdt)er 
eediööte  bcmilUgte. 


Die  t}anflfd)riftm 


Is  waren  Dcutfdje,  die  öottfried  Keller  mit  Rat  zur  hand  gingen  und  DorroMrts  ftalfen, 

1  als  er,  Ende  1 842  aus  tnuntöen  nadt)  ZUrid)  öeimgeKeört,  gleidlfam  über  nad)t  ein 

i^Poet  geworden  war.  tlämlid)  der  Oid)ter  HuguTt  ndolf  Ludwig  follen  und  der 
i|(^  ebemalige  öefTifdie  Hauptmann  lüilöelm  Sd)ulE  (1797—1860),  der  fuö  feU  183« 
j^ji^j  mit  militaruüfTenfdiaftUdtien  Arbeiten  und  Zeimngsfdireiberei  in  Zürid)  durdjbradöte, 
ein  ,alter  Cören»  und  freiöeitsmann*,  wie  er  in  einem  Briefe  an  Lina  DunAer  oon 
I  öottfried  Keller  genannt  wird.  Cr  bing  feinem  iungcn  freunde  aufriditig  an,  und 
feine  öattin  Karoline,  der  herwegö  das  erfte  Bänddien  der  ,0edidite  eines  lebendigen' 
zueignete,  ertrug  und  entfdiuldigte  den  zuweilen  übelgebärdigen  inenfdien,  weil  fie  den 
Didlter  bewunderte,  deffen  erfte  18-15  im  .Deutfdien  Cafdienbud)  erfdiienene  6edid)tfolge 
fic  in  einer  Rezenfion  überfdjwenglid)  pries. 

öottfried  Keller  wollte  es  freilid)  bediinKen,  nadtidem  er  an  die  oollen  Bildungsquellen 
Don  heidelberg  und  Berlin  gelangt  war,  daß  iön  der  lebhafte  OerKeftr  nur  mäßig  gefördert 
und  itim  wenig  Uditer  aufgeftedit  l)atte.  ,follen  und  Sdiulz  waren  nidit  au  faU  unferer 
ieuigen  Bcdürfniffe;  wenigftens  erinnere  itö  mitö  nidit  eines  eingreifenden  und  frud)t' 
baren  literarifdjen  öefprädies,  das  auf  mid)  einen  eindrudi  gemadit  öätte'.  So  ließ  er  fid) 
1851  Dor  feinem  freund  lUilöelm  Baumgartner  •)  üerneömen. 

Indelfen  öaben  ibm  dod)  diefe  deutfdien  flUdltlinge  ein  did)terifd)es  Derftändnis 
entgegengebradlt,  wie  es  nod)  zwanzig  Jaöre  fpäter  der  in  feiner  Daterftadt  oereinfamte 
und  unberatene  Conrad  f  erdinand  ITleper  weder  unter  feiner  zaölreidien  und  gebildeten 
Oerwandtfdiaft  nod)  fonftwo  fand. 

Die  feine  und  liebenswürdige  Karoline  Sdiulz  ftarb  Wii,  aud)  oon  öottfried  Keller 
fdimerzUd)  betrauert.  Huf  dem  Sterbelager  öatte  fie  iörer  freundin  Katharina  Bodmer 
das  Derfpretöen  abgenommen,  den  öinterbliebenen  mann  zu  öeiraten,  da  er  fid)  allein 
dod)  nitöt  über  tUaffer  zu  öalten  oermöd)te.  Die  Zufage  wurde  erfüllt,  und  die  zweite 
tu  fiel  nid)t  minder  glüdilid)  aus  als  die  erfte.  Die  Kluge,  gebildete  frau  gründete  eine 
mit  einer  Penfion  für  niäddien  oerbundene  Prioatfdmle,  die  fie  erft  gemeinfam  mit  iörem 
öatten  und  nad)  feinem  Code  nod)  laörelang  allein  leitete.  Sie  zog  isso  nad)  dem 
aargauifdien  Städtd)en  Zurzad),  wo  fie  1883  ibre  Cage  befdiloß. 

leider  bat  fie  den  reid)en  Briefnad)laß  iöres  mannes  oemidltet,  darunter  aud)  die 
Briefe  freüigratbs  und  öottfried  Kellers.  Diefer  fdirieb  an  Ida  freUigratb,  das  fei  ,am 
ende  das  Befte  angerid)ts  der  nad)laßmarder  und  Uterarifd)en  SpeKulanten,  die  aud^  in 
Zürid)  fdjaarenweife  berumlaufen',  unterdrürtite  aber  ein  öalbes  Jaör  fpäter  fein  Bedauern 
über  den  Untergang  der  freiligratöfdien  Briefe  nid)t  ,Die  oergrämte  Dame  fd)eint  fid)  als 
Rid)terin  und  Disponentin  über  weftrlofe  Briefe  ein  bene  getftan  zu  öaben  und  ifi  gewiß 

1)  Bädtitold,  6.  Kellers  leben,  II  176/77. 

Ke  J  ^ 


feör  ftolz  darauf  in  den  himmel  eingezogen,  wo  id)  iör  einen  gefalzenen  Rüffel  enbeilen 
ujerde,  roenn  id)  einmal  aud)  öinhomme'.   (Hn  Ida  freiligratö  l.  IHärz  1884). 

fraglos  ift  das  Derfd)iDinden  feiner  aus  Heidelberg  und  Berlin  an  lUilöelm  Sdiulz 
gcridJteten  Sd)reiben,  das  ibn  felbft  Kaum  berührt  öaben  mag,  für  uns  der  fd)U)erfte  Der» 
luft,  den  iener  Briefbrand  oerurfad)te,  meil  frc  oermutlid)  die  HJandlungen  und  Klärungen, 
entmürfe  und  Arbeiten  jener  Zeiten  beleud)teten,  mo  feine  Horizonte  fid)  meiteten,  feine 
einfidjten  fid)  oertieften,  wo  der  bewußte  Künftler  reifte,  mo  der  örüne  heinrid)  und  die 
leute  Don  Seldronla  entftanden. 

Immerbin  Ijat  die  hinterlaffenfdiaft  der  frau  Katbarina  5d)ulz  eine  Urkunde  aus 
jenen  Cagen  beujaört,  da  öottfried  Keller  feine  erfte  lprifd)e  PubliKation  zuredJtrüdite. 

es  ift  ein  Stoß  üon  eigenbändigen  0edid)ten,  der  aus  folgenden  Ceüen  beftebt: 

I.  Oreizebn  öroßfolioblätter,  graugrUnlid)es  Papier  zu  dreizebn  Doppelquartblättern 
gebrod)en,  üon  denen  je  zmei  (im  legten  drei)  ineinander  gelegt  find;  unpaginiert,  die 
legten  drei  Seiten  leer,  embält:  Hn  meine  Dame  (.Die  in  den  Sternen'),  i.  Jd)  ujill 
fpiegeln  mid)  in  jenen  Cagen'.  2.  ,Durd)'s  frübrotb  zog'.  3.  .Sißt  man  mit  gefd)loffnen 
Hugen'.  4.  .lüobl  ift  die  lilje  munderbar''.  5.  ,Don  beißer  lebensluft  entglUbt'.  6.  ,0  leib 
meiner  Dame'.  7.  ,es  brid»t  aus  mir  ein  bunter  fafdiingszug'.  8.  ,hör'  an,  mein  Kind'. 
9.  M  ging  am  grünen  Berge  bin'.  10.  ,Die  Sonne  fäbrt  durd)'s  Illorgentbor'.  n.  ,Du 
millft  Did)  frenentlid)'.  12.  ,n)ie  ein  fifd)lein  in  dem  ne^'.  13.  ,Sd)on  mar  die  le^te  Sdiroalbe 
fort'.  H.  ,etn  luftiger  mediziner'.  15.  ,es  fdineit  und  eist  den  ganzen  Cag'.  16.  .Unoerbofft 
nad)  trüben  Cagen'.  1 7.  ,,Ourd)  den  öarten,  in  die  felder'.  18.  Jd)  babe  Sie  gefeben'.  19.  ,l(ö 
fabre  mit  den  lUinden'.  20.  Ja,  das  ift  der  alte  Kirdibof.  21.  ,fabret  mobl,  ibr  fdlönen  öräber'. 

II.  Oier  folioblätter  nom  nämlidien  Papier  und  format  zu  Ooppelquartblättern  umge- 
bogen; fünfzebn  Seiten  befdirieben,  die  le^te  leer.  Don  0.  Keller  mit  Bleiftift  paginiert 
embält:  feueridplle. 

III.  Tlftit  Quartblätter  oon  gleidier  Beftbaffenbeit,  etmas  größeres  format,  aber  gebrodien 
und  je  üier  zu  einem  heftdien  non  16  Seiten  ineinandergelegt.  29  Seiten  non  0.  Keller 
mit  Bleiftift  paginiert,  die  legten  fiinf  leer,  flm  Kopf  der  erften  Seite  die  Bemerkung: 
Den  liebesliedern  einzureiben.  —  entbält:  ,0  Kirdibof,  du  erftarrtes  meer'.  .mein  Itebdien 
liegt  im  Rafengrün'.  ,Sieb !  Raum  glimmt  des  Stromes  Spiegel'.  .lüie  fie  fid)  da  dreb'n 
im  Canze'.  ,n)te  id)  fabr'  in  ftiller  nad)t'.  (Darunter  eine  bumoriftifd)e  Zeidmung.)  ein 
Cagmerk  1.  (,lüngft  ftand  id)  mit  dem  erften  früblidjt  auf).  2.  (Tiber  kommen  mird 
nod)  die  Zeit'),  ^a  Jra!  Im  Huguft  1845  (,es  mird  fd)on  gebn'!).  morgenlied  (,nid)ts 
ridlf  mir  fo  die  Seele  auf).  IDald  l.  IRvm  in  Hrm  und  Krön  an  Krone',  ad)t  üier» 
zeilige  Stropben).  2.  (.Hber  aud)  den  f öbrenmald).  Hn  die  Hatur  (,l7üir  mid)  in  deine 
grünen  Decken).  Hm  Rbein  1.  (.etmas  graue  nagelflub').  2.  (,Da  mallt  das  grüne  IDogen« 
band).  Hm  ID  äff  er.  1.  (,hell  im  SUberfdiaume  flinimernd').  2.  (,ein  fifd)lein  ftebt  im 
küblen  0ruad').   Huf  der  landftraße  (,Ziebt  eine  arme  Pilgcrin). 

10 


IV.  Hönliiöes  Papier,  etinas  größeres  formal:  ein  zum  Doppelquartblatt  gebrotöener 
öroßfoliobogen.   emöält:  nadöt  (.Rauö  gebt  der  Hord'). 

V.  Papier  und  format  ebenfo,  ein  Quartblatt,  enthält:  Hn  f  ollen  (,It)ie  Du  es  liebft, 
mit  öellem  Reim  und  Klang ). 

VI.  Cbenfo.  enthält:  Hndie  offiziellen  Cor  iften!  (,0  nennt  mir  ein  (sie)  einz'ge 
Cugend  nur'). 

VII.  längsöälfte  eines  mic  in  III  gebrojj&cnen  Quartblattes.  Cntöält:  Sommer  (.mir 
ip,  idt>  trag  ein  grünes  Kleid'). 

VII a.  ebenfo.  enthält:  Konditor  undPoet  (.Kennt  iör  den  Kleinhinderöimmer). 

VIII.  ein  Quartblatt  gleitiöen  Papiers  und  f  ormats  2u  zmei  OKtaüblättern  gebrodöen. 
le^te  Seite  leer,  enthält:  Hn  einen  freund  [M  feöe  DW).  flu  einen  andern  (,0a 
liegt  oor  mir').   Hn  einen  Stöulgenoffen  (Jüobin  öat  did)  dein  guter  Stern'). 

.  IX.  Das  namlid)e  Papier  und  format.  Zwti  Quartblatter,  auf  der  linRen  Seite  uor 
der  Scörift  etma  um  drei  Zentimeter  befdjnitteii.  enthalten:  herbft  (Jm  Ijerbft,  menn 
fid)  der  roald  entlaubt),  nerbft   i.  (,tt)o  ift  der  frt)öne  Blumenflor). 

X.  ein  Bogen  Poftpapier,  Stempel  Batö:  Hn  Juftinus  Kerner  ermiederung  auf 
fein  0edid)t:  Unter  dem  Himmel  (,Oein  Lied  ift  rüörend'). 

XI.  ein  Quartbogen  und  drei  Quartblätter  meißes  Papier.  Der  Quartbogen  enthält 
auf  Seite  l  und  3:  Hn  das  öerz  (,lDillft  du  did)  nid)t  fdiließen,') ;  auf  Seite  4:  Sub^ 
icKtioes  Oid)ten  (,,erft  molltc  ld>  mit  oieler  ITlüöe  fled)ten').  Die  Quartblätter  entöalteu: 
lüeer  (,Der  himmel  bangt'),  lied  oom  Sd)uft  (,ein  armer  Ceufel  ift  der  Sdöuft'). 
Crinhlied  (,nun,  da  diefe  alten  herr'n'). 

In  der  reidjen  Hutograpöenfammlung  des  Dationalrats  UlridE)  IUeifter  in  Zürid) 
beflnden  fidj  zmei  eigenöändige  0edid)tmederfd)riften  Gottfried  Kellers,  oon  diefem  frau 
Oit'Ufteri  gefdieuRt,  die  iöm,  als  es  fid)  um  feine  RüdiKeUr  oon  münd)en  l)andelte,  mit 
andern  in  feinen  öeldnöten  beigefprungen  mar.   es  fmd  dies 

IIa.  Drei  folioblätter,  Papier  und  format  mic  II.  und  ebenfalls  zu  Doppelquartblättern 
gefaltet,  drei  in  das  oierte  gelegt,  das  die  Huffd)rift  trägt  feueridpUe  uon  öottfried 
Keller;  oben  redits  fteöt,  gleid)falls  üon  feiner  hand:  mai  I815.  Doppelblatt  2,  3  und 
zmeite  hälfte  oon  4  find  paginiert,  die  dritte  Seite  des  nierten,  alfo  pag.  13,  ifl  nodö 
berd)rieben,  da  die  drei  eingelegten  Bogen  nid)t  ausreid)ten.  Die  handfdjrift  ift  i)ielleid)t 
nur  einen  oder  zujei  Cage  älter  als  II.') 

VIII  a.  roeißes  foUoblatt  zu  Doppelquartblatt  gefaltet,  nur  die  erfle  Seite  befd)rieben. 
enthält  das  Sonett  .Brentano,  Kerner.' 

1)  In  der  faKrimilereproduHtion  nclle  id;  die  ,feaer<1di)lle'  aar  die  Uebestieder,  uieil  fle  älter  iß  dls  die  handfdirin  Sdjulz. 

11 


eottfried  Keller  fpeidtjerte,  nadtjdem  feine  IpriK  in  SdEiuß  geraten  mar,  die  0edi(t>te 
in  zu)ei  manufhriptbänden  auf,  die  je^t  die  ZUriJbcr  Stadtbibliotöefe  üerujaört.  Die 
Eintragungen  in  den  erften  reitöen  oom  Juli  U43  bis  zum  niärz  na,  die  in  den  zweiten 
Dom  februar  1845  bis  zum  Januar  1846. 

Das  find  die  erften  für  uns  erreidlbaren,  aber  ftömerlidö  die  erften  niederfdtiriften 
überbaupt.  Cs  ip  fraglid),  ob  fitö  oon  den  im  Bändd)en  oon  1846  gefammelten  öediditen 
aud)  nur  ein  einziges  in  der  Urfdirift  erbalten  bat.  Denn  jene  zmci  manufhriptbände 
maren  offenbar  nidöt  dazu  auserfeben,  Entmürfe  und  crfte  faffungen  aufzunebmen,  fondern 
die  befte  oom  Oidlter  im  HugenbüA  der  Eintragung  erreidjbare  form,  das  Dorläufig  fertige 
auzubemabren.  Sie  foUten  Stapelbäufer  fein,  die  der  IDirtfdiaft  mit  fabrenden  Blättern 
und  fliegenden  lUifdien  ein  Ende  madöten. 

Das  gebt  u)obl  aus  folgendem  beroor: 

1.  Die  meiften  öeditöte  in  den  manufKriptbänden  find  fo  rein  und  fauber,  daß  man 
fie  nid)t  als  Entroiirfe  und  erfte  niederfdtiriften  anzufpredien  loagt,  zumal  nid)t  als  erfte 
niederfd)riften  eines  Diditers,  dem  das  Dersmadtjen  niemals  ein  leidltes  Ding  mar.  Daß 
er  ujäbrend  des  einfd)reibens  zumeilen  Änderungen  anbradöte,  liegt  in  der  namr  der  Satbe. 

2.  tnebrmals  gibt  er  außer  dem  Damm  der  Eintragung  audt)  das  der  zuweilen  um 
Diele  monate  zuriiddiegenden  Konzeption  an.  Sdimerlid)  bätte  er  nadt)  einem  balben  Jabre 
z.B.  den  Cag  der  Konzeption  nod)  miffen  feönnen,  menn  er  nid)t  auf  dem  Blatte  des 
erften  Entmurfes  geftanden  bätte. 

3.  In  nid)t  roenigen  fällen  tritt  es  direRt  zutage,  daß  die  Eintragung  im  manufhript^ 
band  nid)t  die  Urform,  nidJt  der  erfte  Entwurf  ift.  Im  erften  Bande  nämlid)  folgen  fitö 
Eintragungen  unter  nadlftcbenden  Zeitoermerheu:  2.  September,  4.  September,  4.  nooember, 
8.  noüember,  2.  September,  6.  September,  4.  September,  5.  September,  7.  September.  Im 
zweiten  Band  zeigt  fid)  gegen  den  Sd)luß  folgende  Hnordnung: 

20.  Januar  1846.  Tln  einen  Sdmlgenoffen. 


19. 

friiblingsabnung. 

18. 

Hn  mein  fierz. 

18. 

Id)  febe  didt)  mit. 

17. 

Es  ift  nidlt  Selbftfurtjt. 

16. 

IDer  obne  Sd)merz. 

16. 

Id)  mad)'  die  Seelen  feiig. 

15. 

Sd)neebleid)  lag. 

16. 

Erft  wollte  id). 

31.  Dez.  1845. 

Id)  fab  eine  junge  IDelle. 

nur  oorangegangene  niederfdiriften  ermöglidjen  eine  derartige  folge  der  Budiung. 

4.  In  den  beiden  manufhriptbänden  feblt  eine  anfebnlid)e  Zabl  oon  öedidjten,  die  das 

Bänddien  oon  1846  entbält:  fo  außer  den  meiften  Sonetten  faft  alle  nummern,  die  im 

U 


,öeutf(öcn  Cafdt)cnbudt)''  für  1845  ftanden  und  oom  februar  bis  Oktober  1844  geditötet  morden 
ujaren.  ferner  feblen  mehrere,  die  ziemlid)  fidöer  ins  erfte  Oiertel  des  Jaftres  1 846  zu  fe^en  find. 

nämlid)  der  erfle  IHanufKriptband  öört,  wie  fdion  gefagt,  im  marz  1844  auf;  der 
zroeite  beginnt  erft  im  februar  1845  und  endet  im  Januar  1846.  mit  andern  lüorten: 
nadidem  im  Itlärz  1844  der  erfte  Band  gefüllt  mar,  öat  der  Diditer  elf  tllonate  zugewartet, 
bis  er  einen  neuen  fidt)  zulegte-,  und  nadödem  diefer  im  Januar  1846  DOllgefttirieben  mar, 
öat  er  fi(ö  keinen  meitern  angefdjafft. 

Das  erklärt  fid)  moöl  daraus,  daß  Keller  eintragungen  unterließ,  fobald  iöm  eine 
beftimmte  möglidt)keit  des  Drutfees  in  Husfuöt  ftand.  Diefer  fall  trat  für  iön  ein,  als  er, 
mit  fröbel  in  Beriiörung  geraten,  öoffen  durfte,  im  ,,Deutf(öen  Cafdienbud)'  Unterftand  zu 
finden  und  nodt)  an  einigen  befd)eideneren  Orten  anzukommen. ') 

Diefe  hoffnung  ging  1844  in  erfüllung.  Bis  Jahresende  bratöte  der  Didtjter  rund  ein 
tialbes  hundert  feiner  Oedidtite  zum  DruA.  ^)  Beinatie  mätirend  diefes  ganzen  Jatires  boren 
die  Eintragungen  auf  und  beginnen  erft  mieder  im  frUl)ial)r  1845,  nadidem  ein  neuer 
I7eerbann  oon  liedern  berangemad)fen  mar.  Im  Januar  1846  nebmen  die  einfdiriften 
in  den  manufkriptband  ein  ende,  d,  ö.  der  Did)ter  bort  mit  diefer  Hrbeit  auf,  nadidem 
der  zmeite  Band  gefüllt  mar.  follen  batte  für  die  längft  ins  Rüge  gefaßte  Sammlung 
der  6edid)te  endlidt)  einen  Oerleger  eingefangen. 

man  f  üblt  fidt)  zur  Oermutung  bemogen,  daß  ein  befonderer  Band  oder  ein  befonderes 
l?eft  jene  Iprifdtie,  Cnde  1844  gedruÄte  halbzenturie  oereinigte  und  daß  Keller  diefen  Band 
oder  diefes  heft  zubanden  der  Drudierei  zerfdinitt  oder,  nad)dem  fein  Inbalt  unter  die 
Preffe  gekommen  mar,  als  überflüffig  oernidjtete,  Dodt)  bat  fidi  oon  einem  fold)en  Korpus 
Don  Oedidt)ten  nidt)t  das  Oeringfte  unD  aud)  keine  lladiridit  erbalten.  ^) 

TloH)  eine  andere  frage  drängt  fid)  auf.  tBarum  bat  der  Didt)ter  diefe  manufkriptbände 
nid)t  zerftört^  Das  bätte  mabrlid)  feinem  ingrimmigen  und  bäufig  bezeugten  Rbfdieu 
oor  dem  Cotengräberfpaten  des  literarbiftorikers  entfprodien.  es  ift  begreiflidt),  daß  er 
fie  bis  zur  6efamtau$gabe  der  0edid)te  fdtionte,  meil  fie  nodi  einige  motiue  entbielten,  deren 
er  früber  nidjt  Herr  geworden  mar.  Hber  nad)ber>  Dergeffen  kann  er  fie  nid)t  baben 
angefidits  der  peinlidjen  Ordnung,  die  er  feinen  Papieren  und  Büdiern  angedeiben  ließ, 
nifo  mollte  er  fie  moöl  aufbebalten  als  Zeugniffe  feiner  didt)terifd)en  Anfänge  und  jener 
reid)en  und,  in  Hnfebung  der  fpätern,  mübelofen  Dernorbringung,  nad)  der  er  in  der 
folgezeit  immer  mieder  mebmütig  zurUdtblitkte. 


<)  Dergl.  1.  Badtitold  6.  Kellers  leben  i,  in  n  nnd  6.  KelIer<Bibliograpliie,  S.  3  ff. 

<)  Die  Reitjenfolge  in  Bäcbiolds  Keller'Blbliograpbie  S.  4  ff  tn  nnriditig.  Der  erde  Jahrgang  des  «DeuirdDen  Cafdienbudis' 

erfi^ien  £nde  Uff  (oder  rpäleflens  Anfang  ins),  die  Bedidjte  im  niorgcnblalt  aber  erll  im  Sommer  des  Jabres  1815. 
')  lil  rage  ansdrüdiliiS :  die  Crzeugntffe  Dom  märz  isil  bis  februar  1845  trug  Keller  toobi  nid)l  in  einen  Band  ein. 

Dag  das  manuf  kript  der  im  Jahrgang  1845  des  ,Deutrd)en  Cardienbuiftes'  gedrnditrn  6edid)te  Daditold  Dorgelegen  bat. 

ergibt  flit)  aus  feiner  Keller>Bibliograpbie.   1d)  babe  diefes  manufkript  niftt  ausfindig  madirn  können. 


13 


etitUcöungszelten 


m 


ie  eeflidöte  aus  dem  naftlaß  der  frau  Katöarina  Sd)ulz  fteöen  zeitlidt)  ziDifdöen  den 

manufkriptbänden  der  StadtbibUotbeK  und  der  0edid)tfammlung  oon  1846,  u)ie  die 

\«nüd)tigfte  Dergleid)ung  darmt.  Cin  erfter  BUA  leört  audt),  daß  diefes  Sammelfurium 

__\  üon  handfd)riften  und  Blättern  nad)  feiner  äußern  und  innern  Befdiaffenöeit  nidjt 

S^^d  als  Drudioorlage  dienen  konnte,  nieder  insgefamt  nod)  teitoeife,  mit  es  denn  ganz 
^^^j  offenridötlidt)  niemals  oon  Se^erfingern  befdtimuct  murde.  Die  älteften  Beftandteile 
IkjuSI  flögen  im  flpril  1 845,  die  iüngften  im  lanuar  oder  februar  1 846  niedergefdirieben  fein. 

I.  roir  kennen  die  Zeitgrenzen,  innerhalb  meldöer  die  handfdjrift  I  gefdirieben  ujurde. 
Laut  Eintrag  im  manufkriptband  der  ZUrd)er  Stadtbibliott)ek  entftand  (oder  wurde  ein« 
getragen)  am  26.  Hpril  1845  das  öediftit  Jd)  Bing  am  grünen  Berge  bin*,  zuleijt  oon 
allen  Hummern  diefes  Zpklus.  Da  es  in  diefem  die  neunte  refp.  zeönte  Stelle  einnimmt 
und  da  unfere  handfd)rift  eine  fortlaufende  ift,  morin  aller  Raum  ausgenü^t  mird  und  das 
einzelne  0edid)t  nid)t  auf  einem  befondern,  alfo  beliebig  oerfdiiebbaren  Blatte  fteöt,  fo 
kann  fie,  da  dod)  die  Hiederfdirift  einige  Cage  erforderte,  nid)t  oor  nprilende  entftanden 
fein.  Sie  bildete  die  öorlage  für  das  DruAmanufkript.  Diefes  mag  im  ITlai,  nadidem 
Keller  die  in  unferer  handfdirift  angebraditen  Korrekturen  und  Bemerkungen  oermertet 
Öatte,  nad)  Stuttgart  abgegangen  fein ;  es  öat  fid)  nidit  erhalten.  Das  ,morgenblatt  für 
gebildete  lefer'  brad)te  am  7.  Juni  die  zmei  Studie  ,Oon  öeißer  lebensluft  entglüöt'  und 
Jd)  fling  am  grünen  Berge  öin'.  Daß  der  Redaktion  der  ganze  Zpklus,  nid)t  etma  nur 
diefe  zmei  0edid)te,  eingefandt  murde,  ergibt  fid)  äus  einer  notiz  Kellers  im  ,Deutfd)en 
Cafdienbud)'  auf  1846,  mo  er  das  ausdrüdilidi  betont. 

M.  flnnäöemd  gleidizeitig  mird  das  auf  gleidies  Papier  mit  gleidjer  Cime  gefd)riebene 
nianufkript  der  ,f  euer  idp  lle''  unferer  Sammlung  entftanden  fein,  maörfdieinlid)  unmittelbar 
nadi  IIa.  Der  0edid)tband  der  Zürd)er  StadtbibUotöek  oermerkt  fie  als  im  mai  1845  beendet. 

III.  Das  faszikeldien  III  birgt  die  poetifdie  Rusbeute  langer  Sommermodien,  die  dottfried 
Keller  1845  in  Ölattfelden  oerlebte.  roalirfdieinlid)  begab  er  fid)  aufs  Land,  um,  nad)dem 
er  inneröalb  Jaöresfrift  einen  ftarken  Dorrat  oon  motiuen  oerbraudlt  öatte,  fein  Iprifdies 
SdJa^öaus  mieder  zu  füllen  und  die  neugemonnenen  eindrücke  und  Stimmungen  in  der 
Stille  der  lüälder  und  felder  zu  bemältigen,  da  feine  Seönfudlt,  nad)  Hrt  iunger  Ipriker, 
in  jenen  Cagen  durdiaus  auf  einen  0edid)tband  zielte.')  Hidit  umfonft  ftrömen  zwti 
öedidlte  diefer  Zeit  (ein  Cagemerk  I  und  II)  Klage  und  Croft  des  Dtdlters  aus,  der  früb< 
morgens  Od)  oom  lager  öebt,  um  in  den  lUäldern  ein  bleibend  Ued  zu  öolen,  abends 
iedod)  unoerritöteter  Dinge  müde  und  traurig  öeimkeört. 

Damals  erft  fd)eint  iftm  die  eigentümlid)e  Sdlönbeit  jener  öegend  aufgegangen  zu 
fein.  Oder  oielleid)t  riditiger:  Damals  erft  oermodjte  er  fie  poetifd)  zu  ergreifen,   es  ift 

')  .roas  Don  mir  pfdruiht  wurde,  erfrftien  nur  als  Beitrag  in  Zeitfijjrifttn  und  CaTOenliiidicrn,  und  die  hauplerpedition, 
die  herausgäbe  eines  Buiöes,  wird  ern  nad)Oen  frübling  ftailünden'.  16.  September  1815  an  J.  R.  leemann.  llDitTen 
und  leben,  is.  Dezember  I903). 

Ke3  17 


die  lanflfdjaft,  in  deren  herrlitöheit  und  fülle  fidt)  die  iandlid)en  Sd)idifale  des  jungen 
ftcinritl)  lee  entfalten. 

üor  allem  taten's  iljm  damals  die  Rfteinufer  an,  die  breiten,  leud)tenden,  siebenden 
lüaffer,  die  träumeriftöen,  beuialdeten  Strandöänge,  die  laufdJigen  IDaldiDiefen  und  nidt)t 
zuleßt  das  alte  Heft  Cglisau. 

Dier  Iprifdöe  niotioe  bat  iöm  der  Röeingott  damals  an  den  Strand  gefpUlt.  Sie  fteften 
in  der  Abteilung  .RJjein'  und  naö)barlieder'  der  öefammelten  6edid)te.  Das  erfte  trägt 
den  Citel  ,0egenüber',  die  drei  andern  oereinigt  die  Überfdörift  .Rbeinbilder' ,  nämlid) 
,Oas  ZäV,  ^Stilleben',  .frUögefKtit'. 

nur  ,0egenüber',  oon  politiftöer  Unterftimmung  getragen  und  mit  politifd)er  Pointe 
gehrönt,  die  dem  leidenfd)aftlid)en  Parteigänger  und  freiöeitsfänger  iener  Cage  fo  nabe 
lag,  Dermod)te  er  damals  auf  die  höbe  zu  bringen.  Den  drei  andern,  den  .RÖeinbildern', 
mar  er  in  jenem  ZeitpunRt  nod)  niftt  gemadlfeu;  er  ftöeiterte  an  den  idpllifd)  gedämpften, 
faft  gegenftandslofen  öormiirfen,  da  er  die  erforderliche  DisKretion  der  Haltung  und  die 
notmendigen  halbtöne  nod)  nid)t  l)erausbrad)te. 

Das  eine,  ,etmas  graue  üagelfluö',  nod)  oor  ,0egenüber'  cntftanden,  murde  erft  etma 
drei  laörzeönte  fpäter  oöllig  umgearbeitet  und  ,Das  ZäV  betitelt.  Zu)ifd)en  und  unter 
die  alte  faffung  im  manufkriptband  der  StadtbibliotöeK  bat  öottfrled  Keller  mit  der 
fpi^en  Hltersf(brift  die  Änderungen  eingefliAt. 

.Stilleben',  die  zmeite  Hummer  der  .Rbeinbildef,  aus  dem  September  1845,  ift  in 
der  erften  form  merfemürdig  unzureid)end.  Der  Dicftter  fab  uon  der  Hufnabme  in  unfer 
manufkript  111  ab;  es  ftebt  nur  im  ntanufhriptband  der  Stadtbibliotbefe : 

R  b  e  i  n. 

le^t  notl)  zwei  Sd[)ritte  oder  drei 
Und  ftöftUd)  lind  wir  fd)on  dabei-, 
Da  lenfet  er  ber  tlie  ftolze  BaJ)n, 
£in  aUes  Städtlein  blebt  daran! 

es  muß  ein  eigen  IPandern  fein 
Hm  alten  faucnrcldien  Rbein! 
So  oft  er  mir  üorüberEicbt, 
läßt  er  erklingen  mir  ein  Ucd. 

So  mad)'  id)  ein  6elübde  draus, 
Das  balt'  id)  ibm  Jahr  ein  und  aus: 
So  oft  idt)  über  iljn  gcb'  oder  fahr', 
lüill  id)  ibm  bringen  ein  öcrslein  dar! 

IndelTen  bat  dod)  die  urfprünglid)e  Konzeption,  die  des  lllalers,  fofort  die  prägnante 
form  gefunden,  das  Bild,  das  Keller,  menig  modipzierend,  fpäter  feftbielt: 


Da  lenkt  er  ber  die  ftolHC  Babn, 
ein  altes  Städtlein  klebt  daran! 


18 


Das  Dierte  diefer  Röeinmotioe,  ,frül)gefirt)t',  ftetht  in  der  Stelle  ,am  alten  fagenreitöen 
Rbcin''  fozufagen  als  Keim,  den  zu  entmidieln  erft  dem  reifen  Itleifter  oerlieöen  wäv. 

frudtjtlos  erftrebte  er  im  nämlitöen  Jaöre  is-ts  noftmals  eine  Beioältigung  des  0egen^ 

ftandes:  ,Oia  malar.  1846  nidöt  in  die  Sammlung  aufgenommen,  fondern  erft  1851  in 

die  .neuem  0edid)te',  enthält  es  im  ITlanuf  hriptband  der  Zürcöer  Stadtbibliotöeh  den  Palfus : 

Reidt)  ift  der  alte,  tiefe  Röein 
fln  lüundern  und  an  Sagenluft, 
Der  ntbelungenbort  ift  fein, 
Drum  u)andelt  er  fo  ftolE  bewußt!') 

Die  Sagen  find  alfo  die  llibelungenfagen.  Cro^dem  ift  es  nidtjt,  ujie  man  moöl 
denhen  foUte,  die  oon  heldenmären,  Burgen  und  Domen  ftraölende  mittel^  und  nieder^ 
deutfdöe  Röeinlandfdjaft,  die  öottfried  Keller  die  .Röeinbilder'  eingab,  fondern  fftmeizeriftöe, 
die  landftöaft  des  ,0rünen  fieinrid)'. 

nod)  aus  zujei  meiterti  diefer  ölattfelder  0edi(öte  blinkt  der  Röein: 

rote  i*  faftr'  in  ftiller  Ilaiöt 
Buf  den  Silberwellen  — 

und 

Siel)' !  kaum  glimmt  des  Stromes  Spiegel 
Silbermau  im  Dämmerliiftt.  — 

einem  Sommergemitter  ujird  das  prad)toolle  ,Hrm  in  Hrm  und  Krön'  an  Krone''  ent^ 
fprungen  fein.  Don  äönlidien  erzeugniffen  andrer  Did)ter  unterfd)eidet  es  fid)  dadurd), 
daß  es  fpeziell  mit  den  Hugen  eines  landfä)afters  gefeöen  ift.  es  mutet  aud)  au  mie 
ein  Bild,  das  Keller  nid)t  malen  konnte,  meil  er  nid)t  über  die  mittel  gebot,  iöm  den 
ftarken  ntem  des  naturgefUöls  einzuöaudien  und  den  Pöantariefd)U)ung  mitzuteilen,  der 
die  kräftig  ausgreifenden  Derfe  belebt.  Hndertöalb  Jaörzeönte  oergingen,  ebe  ein  nialer 
fo  etu)as  zuftande  brad)te,  autö  ein  Sd)UJeizer .-  Hrnold  Böcklin  mit  feinem  Pan  im  Sdülf. 

flud)  öier,  mie  in  ,ein  Cagemerk'  und  in  der  folge  ,Hm  IDaffer',  belogen  den  Diditer 
Dariantenluft  und  Bedürfnis  nad)  zpklifdiem  Derfaören  zu  einem  öegenftüdi :  ,flber  aud) 
den  föörenmald'. 

Daß  der  Zpklus  ,,Hm  fDaffer'  auf  fene  ölattfelder  Cage  zurüdizufiiören  ift,  bemeift 
der  Dermerk  im  ITlanuf kriptband  der  Stadtbibliotöek ;  er  lautet:  Hn  der  ölatt. 

.mein  liebd)en  liegt  im  Rafengrün'  mag  den  eindrudi  einer  ölattfelder  Sommernad)t 
fpiegeln,  wo  Keller  die  ölübmürmer,  die  im  Sd)ädel  des  Hlbertus  Zmieban  nad)glimmen, 
auf  dem  friedöof  funkeln  fab,  den  er  fpäter  fo  ujunderfam  im  ,0rünen  heinrid)  fd)ilderte. 

Dreifad)  bebandelt  der  Did)ter  aud)  das  motio  des  oerballenden  Uebesleides;  und  nur 
eines  der  drei  betreffenden  öedid)te  mürdigte  er  fd)ließlid)  —  mit  Red)t  —  der  eröaltung. 
Das  eine  ,tt)ie  fie  fid)  da  dreb'n  im  Canze',  erft  im  Oktober  18-15  in  Zürid)  dem  lüanufkript^ 
band  der  Stadtbibliotöek  Zürid)  einoerleibt,  ift  ein  grimmer  Proteft  gegen  gemilfe  flusu)üd)fe 


>)  Paul  Brunncr,  Studlrn  und  Beitrd(ie  iii  eottfrird  Kellers  iQrlh.    S.  263. 

19 


des  ftädtifdötn  0efellfdt)aftslebens,  die  den  aus  dörflidöer  einfatböeit  heimgeheörten  doppelt 

erzürnten.  Zioeifelsoöne  aber  reitöt  die  Konzeption  nod)  in  die  eiattfelder  Sommertage  zurlidi. 

roie  fie  n<J)  da  dreftn  im  Canze, 
Puppen  aus  gefftni^tem  holz! 
eitles  Pols  im  Kerzenglanze, 
leben  fteutöelnd,  fteif  und  ftolz! 

S(t)lüITelbeine,  Sdöulterbläner 
Stoßen  fd)amlos  hart  mid)  an-, 
nite  Canten,  grau  üom  IPetter, 
Klatfd)en  längs  der  tollen  Baön. 

Die  dem  Code  längft  oerfallen, 
Creibt  der  lüabnfmn  bler  im  Kreis: 
Und  id)  fd)lei(|)e  durdi  die  hallen, 
einfam  fd)lägt  mein  herz  und  leis. 

Dein  gedenfet  es,  zarte  ßltite, 
0  mein  rofger  Hlorgentraum ! 
Daß  Did)  6ott  mir  treu  beljüte 
fern  am  grünen  tüogensaum! 

fern  am  lüogenfaum  im  örabe 
Sd)läft,  mas  luft  und  leben  warl 
Diefes  Bedjers  feuergabe 
Bring'  der  Sdjläferin  id)  dar! 

lung  geblieben  ift  mein  lieben 
Und  nod)  beute  rofenrot, 
Hud)  mein  Uebd)en  jung  geblieben: 
Dank  dafür,  du  milder  Cod! 
Die  lüorte 

Daß  Did)  öott  mir  treu  bebüte 
fern  am  grünen  lüogenfaum 

öaben  zu)ar,  da  die  lugendgeliebte  Henriette  Keller  in  Rtd)tersu)il  begraben  liegt,  UJObl 

aurt)  einen  guten  Sinn  im  munde  des  in  Züri*  seilenden  öiditers,  einen  belTern  aber, 

u)enn  er  fie  fern  oom  See  in  eiattfelden  fpridit. 

Mf  der  landftraße'  trägt  das  Datum  30.  luli,  „^a  Ira"  31.  Huguft. 

Der  Kleine  fafzihel  Rann  früöeftens  im  ORtober  is-ts  gefdjrieben  fein,  uieU  ,U)ie  fie 
fi*  da  drcö'n  im  Canze'-,  das  erft  in  diefem  monat  in  den  manufRriptband  der  Stadt» 
bibliotöeR  eingetragen  wurde,  an  dritter  Stelle  ftebt. 

IV.— X.   Die  Daten  im  ItlanufKriptband  find  folgende: 

.Raul)  geöf  28.  XII.  -ts.  Hn  follen  12.  XI.  45.  Tln  die  offiziellen  Cbriften  20.  Xli.  45. 
,mir  ift,  id)  trag-  30.  XII.  45.  Konditor  und  Poet,  nor  dem  erftdrutfc  nur  öier  oorbanden, 
mag  ungeräör  0leid)zeitig  entftanden  fein  inie  das  oorangebende,  da  es  auf  einem  gleidien 
Papierftreifen  aufgezeidmet  ift.  Cbenfo  merden  die  drei  zufammengefdiriebenen  ,ld)  febe 
Did)',  ,Da  liegt  oor  mir'  und  .roobin  bat  äW  in  diefelbe  Zeit  zu  feijen  fein;  das  erfte 
trägt  im  manufRriptband  der  StadtbibliotbeR  das  Datum  18.  I.  46.  Jm  herbfi,  ujcnn' 
u.  XI.  45.    ,roo  ift  der  fiDönt  6.  XI.  45.    ,Dein  lied  ift  rübrend'  3.  XI.  45. 

20 


XI.  ,lt)ülft  Du  HW  18. 1. 16.  ,erfl  iDOllte  W  H.  1. 46.  Die  drei:  ,0er  himmel  Jjängt', 
,ein  armer  Ceufel  und  ,,nun,  da  diefe  alten  herm'  find  nur  in  diefcr  handfd)rift  uoröanden 
und  gehören  öödjft  u)al)rfd)einlid),  u)ie  das  Papier  oermuten  läßt,  in  den  lanuar  1846. 

Villa  u)ird  ende  1845  oder  Hnfang  1846  anzufe^en  fein. 

Die  öarianten  der  Kellerftöen  Iprih  bat  Paul  Brunner ')  in  einem  oerdienftlicften  Bud)e 
zufammengeftellt.  fln  der  Rand  diefer  Hrbeit  und  unfrer  fahfunilereproduKtion  fmd  die 
Lesarten  derjenigen  gedrurtiten  öeditöte,  die  bier  in  frage  Kommen,  lei(bt  zu  eruieren.  Id) 
befd)ränhe  mid)  daber  darauf,  nad)ftebend  die  Stellen  zu  üerzeid)nen,  u)0  der  nianuf  hriptband 
der  Zürtöer  Stadtbibliotbeh  in  denjenigen  0edid)ten  oon  unferm  manufhript  abuieidjt,  die 
niemals  gedruAt  wurden. 

morgenlied. 

(Kein  Citel.)    z.  Sept.  auf  den  hügeln  oon  Cglisau. 

1.  es  ift  ein  uienig  unbequem, 
Ood)  nicbts  fo  fcjt)ön  und  angenebm 
nis  abendfonnenroärts  zu  geben-, 
lüie  blendend  (le  ins  Bug'  mir  brid)t, 
Id)  lieb,  mit  ooUem  nngefldlt, 
Rafd)U)andelnd,  feft  in  fie  zu  feben. 

3. 5.  falfcben.  3. 6.  So  an  der 

,mein  liebtben  liegt'. 

3. 3.  madi  idi    (Oariante  zu  5.) 

Und  wenn  iib  mid)  uergeden  b^b 
Beim  näd)tlid|)en  6elag, 
läßt  es  die  Tlugcn  mir  zurück, 
Daß  id)  fie  fcbauen  mag. 

6.1.  es  denht   6.4.  driitfct  es   7.4.  febnend   8.4.  Das  ditötet 

flu  follen. 

5.  Der  Silberfirn.  7.  (durdlftridien).  Ob  er  dir  beut  aud)  filbern;  (dafür):  Ob  der  oer» 
iäbrte  beut  aud).  8.  (durdiftridien) :  lUirmaren.  9.  lüie  gebt.  ii.  flaggen.  1 2.  Im  ööttertaKt 
die  Klaren  tUogen  fd)iagt  (unten):  der  Klar  melodifd)  feine  tüellen  fdjlägt.  13.  neil  dir! 
der  frei  Oott  und  UnfterblidiKeit.    14.  Im  emig  jugendlidien  herzen  trägt. 

flu  die  offiziellen  Cbriftcn. 
zeigt  Keine  öarianten. 


')  Paul  Brunner,   Studien  und  Beiträge  zu  Boltfrlrd  Kellers  lorlk.    Zürid)  19o6.    Dru*  und  Oerldfl:  Brt.  Inflltut 
Orcll  fugli. 


21 


n.  fl.  l.  foUetis  Beirat 


"glie  etnundzujanzig  liebeslietler  unferes  ITlanufKriptes  und  die  feueridpUe  IIa  zeigen 

KJ  einige  mit  Bleiftift  geftftriebene  Kritiftöe  Bemerhungen  und  Korrekturen.   0anz  bt- 

r^ftimmt  rubren  fie  niföt  non  öottfried  Keller  öer:  folifte  K  und  s  öat  er  niemals 

*  f) I  gefdjrieben.  Sie  geboren  ritöerlidt)  füllen.  Die  grapbologifdje  Dergleid)ung  mit  feinen 

Wm  ^''*^f^"  "^"^  f^^  ^öm  zuujeifen.  Hur  er  aus  dem  damaligen  Kreife  des  jungen  Poeten 

ifM  ujar  zu  diefem  Cone  beredötigt  und  zu  diefem  Ridöteramt  befäöigt  Oiefe  Zenfuren, 

^l'jj  einmände  und  Dorfd)läge  Können  nur  oon  einem  Did)ter  öerftammen.  lüilljelm  5d)ulz 

oder  feine  frau  Können  fie  nid)t  gef^rieben  öaben,  ganz  abgefeöen  danon,  daß  die  l?and^ 

fdjrift  diefe  flnnaöme  nidöt  zuläßt ') 

ßätbtold  bemerKt,  Kellers  einfüge  DanKbarKeit  gegen  feinen  mentor  Jjabe  fiel)  in  den 
fpätern  laören  Kritifcö  Kiiftl  geäußert.  2)  Cs  ift  in  der  Cat  uerftändlidt),  daß  er  fidt)  im 
laufe  der  Zeit  gegen  follen  etmas  uergrämte.  Denn  diefer  war  in  die  politififten  DoK' 
trinen,  Scftlagmörter  und  feöden  zu)ifd)en  1840  und  1850  allzufeftr  oerftrtdit,  aud)  bei 
aller  Didtitergabe  oon  zu  menig  fidjerm  und  gefeftetem  Urteil,  um  gerade  die  Husmüdbfe 
leidenfcjt)aftlid)er  Parteinabme  zu  befdjneiden  und  die  Spuren  eines  nur  teitoeife  geläuterten 
0efö)maAes  überall  auszumerzen,  die  Kellers  erftes  öedidötbänddien  nerunzieren.  Diefes 
zeigte  den  Hutor  oor  feiner  menfiftlitöen  und  Künftlerifdjen  Reife,  er  bat  die  herausgäbe 
als  eine  uerfrUbte  bis  ans  Lebensende  bedauert  und  fie  fnö  felbft  oerübelt  und  denjenigen, 
die  iön  nid)t  dacon  abhielten.  3) 

es  fteöt  freilid)  dabin,  ob  er  firt)  einer  tiefern  Einfidtn  follens  bequemt  und  z.  B. 
eine  Reifte  uon  Uebesgeditbten,  in  denen  eiöte  eefüölsujärme  und  ftöifKfalsmäßiges  Cr^ 
lebnis  fo  ftarK  öinter  den  öebilden  der  bliibenden  und  farbigen  Pöantafie  zurütKfteöt, 
damals  mirKlid)  unterdrüAt  bätte.  öemilfe  Kunfteinfid)ten  und  Crrungenfetiaften  mollen 
eben  erlebt  fein,  ebe  fie  ujirKfam  merden. 

ledenfalls  bat  follen  Diel  für  Keller  getan,  alles,  mas  in  feinen  Kräften  lag,  mebr 
als  irgend  ein  anderer  in  der  Sd)iDeiz  damals  zu  tun  in  der  läge  und  lUillens  gemefen 
märe.  RüAbaltlos  erKannte  er  die  beroorragende  Begabung  feines  Sdjü^lings  an,  obne 
fiö)  der  Kritiftöen  einfpracbe  im  geringften  zu  begeben,  eietdt)  nad)  dem  erften  flüdjtigen 
einbücK  in  das  ibm  unterbreitete  nianufKript  miderriet  er  die  fofortigc  Derö(fentlirt)ung 
,um  der  öedidjte  und  Ibres  Calentes  millen'  (3.  nonember  is-tt).^)  er  öffnete  ibm  das 
,,Deutfd)e  Caf(benbucb',  das  er  mit  Pru^,  hoffmann  oon  fallersleben  und  andern  gegründet 
batte.  Der  Jabrgang  ists  braiöte  über  oierzig,  der  folgende  über  zmanzig  der  0edid)te 

<)  meine  nnnalime,  die  Hdi  nur  auf  das  nianufKript  der  liebesileder  (tUßen  Konnte,  wurde  durd)  IIa  benätigt.  frau 
Ott<UIleri,  der  ö.  Keller  das  Kleine  manufKript  gefdjenKt  batte,  heftete  ein  Blättdien  daran:  „Die  mit  Bleiltift  (le-- 
fdjriebcnen  KorreKturen  find  Don  Bdolf  ludiDig  follen  -  ebenfalls  follens  eigene  liandi'0rifi".  Überdies  fiebi  auf 
dem  Umfd)lag  pon  follens  hand:  Durdtiuieg  gelungene  Cransparenis.    B.  l.  f. 

'I  n.  a.  0.  I.  S.  Z18. 

3)  ,1*  muß  erfl  lent  lachen,  wenn  id)  daran  denke,  mle  fehr  die  guten  Sd)ulze,  egiinger  u.  f.  f.  lene  gemaditen  und 
UJälferlidicn  liebcslieder  protegierten  und  für  bare  münze  nahmen.  Entuieder  nerftanden  fie  fid)  nidjt  auf  die  Poefie 
oder  nid)t  auf  dir  liebe,  und  beides  in  in  diefem  falle  gleid)  fdjauerliil)."  (Hn  f.  freiligratb,  ii-  Sept.  isso.) 

<)  Brief  auf  der  SladtbibliotbeK  Ziirldj. 

Kei  25 


Kellers.  Unter  den  Beiträgen  des  erften  (1845)  befinden  fift)  aud)  ein  Duzend  Sonette. 
,BedenKen  Sie  fid)/  öatte  follen  gefd)rieben,  eöe  er  die  Hand  darauf  legte,  ,ob  Sie  diefen 
Sonettenzphlns  für  das  Caftöenbud)  ausarbeiten  und  eine  fpätere  UerüoUftändigung  etioa 
für  die  befprodiene  Herausgabe  der  0edid)te  oorbeöalten  ujollen'.  er  Derfd)affte  ibm  für 
diefe  einen  üerleger,  der  fogar  Honorar  zahlte,  beforgte  die  Anordnung  der  einzelnen 
Hbteilungen,  1)  überwachte  den  Orudi  und  erledigte  die  KorreKturen.  üor  allem  ließ  er 
fidi's  nid)t  nerdrießen,  den  poetifd)en  fldier  feines  jungen  freundes  durd)Hupflügen  und 
nad)  Oermögen  das  Unkraut  auszujäten,  oöne  etuja  feine  emfdtieide  für  inappellabel  zu 
Öalten.  Dielmeör  forderte  er  nad)drü(feltd)  Kellers  öegenäußerung  und  oeröielt  lljn,  der 
olfenbar  feinem  öönner  ujenig  dreinredete,  meil  er  nod)  mand)es  auf  dem  lüebftuöl  batte, 
mas  er  ins  Bänddtien  zu  bringen  ujünfdjte,  zur  ftrengen  muarbeit  oder  oerfudjte  es  me- 
nigftens.  einmal  empfieöU  er  iöm  gemiffe  Stellen  zur  ernften  Prüfung,  ein  andermal  — 
es  mar  am  24.  Januar  1846  —  münfdbt  er  ibm  .guten,  fauren  Cag'.^) 

lüie  mand)em  angebenden  IpriUer  mird  es  fo  gut  >  Übrigens  bat  KeUer  mit  dem  öffentUd)en 
Danh  nid)t  binter  dem  Berge  gebalten.  Cr  rid)tete  in  den  .Heuern  0edid)ten'  ein  fdion  1847  ent* 
ftandenes  Sonett  an  foUen  LHlmm  diefe  liedef),  befeannte,  diefer  babe  fid)  feiner  did)terifd)en 
Derfudie  kräftig  angenommen  ^l  und  äußerte  fidt)  in  diefem  Sinne  nod)  im  legten  lebensjabr.*) 

Der  um  zmeiundeinbalb  Dezennien  ältere  follen  batte  nor  Keller,  der,  nod)  balb  ein 
Kind,  oon  der  Sdiule  meggejagt  und  fd)ließlid)  ein  geftöeiterter  und  etmas  oermilderter 
maler  ^)  gemorden  mar,  Bildung,  Keife,  0efd)maffe,  bemußte  Kunftübung  und  damit  eine 
gemiffe  Cedinih  noraus,  fo  daß  er,  mie  meit  er  ibm  an  Calent  nad)fiand,  notmendiger^ 
meife  damals  für  ibn  eine  Oberinftanz  bedeutete  und  zmar  eine  mobltätige.  Obgleid) 
Keller  mit  den  öemaltfdiritten  und  öemaltftreidjen  des  öenies  feinen  lüeg  ging  und  na^ 
mentlid)  im  IDinter  1845/46  einen  mädotigen  Rudi  tat,  es  ift  dod)  z.  B.  im  kleinen  fas' 
zikel  III  unferes  nianufkriptes,  miemobl  er  das  Übelfte  nidit  aufgenommen  batte,  neben 
aUem  üortrefflidien  fo  Diel  Ungleidies  und  Unreifes,  daß  die  Haltung  im  großen  0anzen, 
die  das  Bändd)en  allen  mangeln  zum  Cro^  auszeid)net,  nur  der  Ceilnabme,  Zenfur  und 
Beibülfe  follens  auf  Redmung  gefeßt  merden  darf.  Cr  legte  nidit  nur  den  f  inger  auf  die 
munden  Stellen  -  das  nermag  unter  Umftänden  aud)  ein  Berufskritiker,  ein  literar^ 
Öiftoriker,  ein  lefeäftbet  ~  er  beute  fie  aud);  und  das  ift  nur  ein  u)irklid)er  Did)ter  imftande. 

öier  bandfd)riftlid)e  Zeugniffe  feiner  n)ardeinfd)aft  fmd  uns  erbalten. 

1.  In  einem  auf  der  Zürdier  Stadtbibliotbek  aufbemabrten  Brief  uom  21.  nooember 
1844  berübrt  er,  mie  ermäbnt,  einige  Sonette  Kellers,  um  deren  Hufnabme  ins  ,Oeutfd)e 


')  Aä)  habt  die  iwel  erRfii  DriKibogcn  Qcordnrl'-.   (Undatiert.) 

<)  Die  Don  Bd())told  a.  a.  0.  I  3.  ui  milgcldlte  TluslalTung  in  isobi  bumoriditit)  gemeint  und  ein  Kompliment  für  Keller. 

")  Robert  Itleber,  die  iiociifdjc  nationalliteratur  der  deutfd)en  Sdiineii.  III.  S.  2. 

•)  6.  Kellers  S(t)riften,  berausgegeben  oon  ].  BädDtold,  1893,  S.  i. 

<■)  £r  bat  es  fofort  dankbar  empfunden,  daS  ihn  die  Foefie  in  eine  böbere  Sd)id)t  bob.  Er  ftörleb  den  16.  Sept.  18«  an 

feinen  freund,  den  tllaler  Julius  Rudolf  lecmann:  ,£ndli(b  bieD  es,  id)  fei  ein  .Dlditer*,  und  oon  da  an  harn  Id)  in 

ausgezeiihnete,  ebrcnnolle  eefellfdjafr'.  (milTen  und  leben,  a.  a.  0.). 


26 


Cafdticnbudt)'  es  fidt)  öandeltc.  OotJ)  läßt  fidti  mit  den  paar  unmotioierten  lüorten  der  Hb» 
Icöuung  oder  Beipflicötung  nidjts  anfangen,  da  fein  Brief  die  Sonette  nnr  durtö  Hum^ 
mern,  nid)t  durd)  Uberfd)riften  bezeid)net  und  ein  SdS)luß  auf  den  Inbalt  alfo  uerroebrt  ift. 

2.  Dielleid)t,  fogar  roabrftöeinlid),  geöörte  darunter  das  Stiirti :  M  liegt  oor  mir  dein 
unglüdifel'ger  Brief.   Die  legten  drei  Oerfe  lauten: 

Dort)  fegn'  ift  dankend  meinen  milden  Stern: 
Id)  war  zu  blöd,  —  und  bin  gcfund  geblieben  — 
Zu  rd)üd)tern,  —  und  bin  brao  ie^t  und  gead)tet.  — 

Darunter  fd)reibt  foUeu:  ,Der  öegenftand  ift  mir  etmas  zu  delihat  für  diefe  allzu  aufridjtige 
faHung ;  dennodt)  entbebre  itö  das  Sonett  ungern,  befonders  megen  des  legten  Cerzettes'. ') 

Die  bürgerUd)e  Braoöeit,  ungefd)irtu,  mie  der  junge  öottfried  Keller  fidt)  dazumal 
benommen  baben  mag,  beftad)  mobl  follen,  die  faft  pbarifäerbafte  formulierung  einer 
an  fiel)  bered)tigten  Empfindung  zu  überfebett.  Hber  ibm  ging  eben  in  etmas  die  feine 
und  rid)ere  Cmpfindung  und  die  entfd)iedene  0efd)lo(Tenbeit  des  Cbarahters  ab,  fo  daß  er 
dem  nod)  ungefelärten  und  einen  feften  Stand  fud)enden  Keller  in  fold)en  Dingen  meniger 
beizufpringen  in  der  läge  mar  als  in  rein  KUnftlerifd)en,  insbefondere  formalen. 

Übrigens  fiel  es  offenbar  Keller  felbft  fdDmer,  mit  dem  motiu  ins  reine  zu  Kommen,  für 
Jabrzebnte,  bis  zur  öefamtausgabe  der  öedidjte,  legte  er  das  Sonett  zurüdi,  um  dann  den 
eben  nidjt  hoftbaren  üormurf  mit  einem  rübrend  befdjeidenen  Sdiluß  zu  Krönen  und  zu  adeln : 

Bm  ende  preif  id)  meine  dürft'gen  Sterne; 
Im  0uten  träge  und  zu  blöd'  im  ßöfen, 
Bin  id)  ein  ftilles  Kind  im  land  geblieben! 

3.  Das  dritte  Zeugnis  find  die  notcn  und  Stritbe  in  unferm  manufRriptd)en  der 
21  liebesUeder.  Sie  marhieren,  fo  menig  zablreid)  fie  find,  follens  hritifd)e  Bedeutung 
für  den  jungen  Ipriher  öottfried  Keller. 

Die  fünfte  Stropbe  des  0edid)tes  M  iwiU  fpiegeln  mift  in  jenen  Cagen'  lautete  im 

manuf  hript : 

IPenn  die  Seele  mein  auf  ibren  fabrten 
Sternenbin  und  miedet  mird  durd)zieb'n, 
IDird  ibr  nid)t  im  em'gcn  öottesgarten 
ein  befeannter  Sd)eln  entgegenglüb'n? 

0  die  IPelt  ijt  meit! 

Kann  nid)t  die  Jugendzeit 
Irgend  roo  nod)  einmal  für  mid)  blüb'n? 

foUcn  unterftreid)t  einzelne  lüörter,  befonders  den  Reim :  fabrten— öarten,  der  allerdings 
in  den  5d)U)eizer  mundarten,  da  uor  r  -f  Konfonant  der  DoKal  meiftens  lang  bleibt, 
rein  ift;  und  er  fdjreibt  an  den  Rand  der  Stropbe:  ,Unhlar  ausgedrüAt;  der  Reim  Der- 
votvfiW.  Dann  nimmt  Keller  die  äußerft  glüdilid)e  Derbetferung  oor. 


>)  Paul  Brunner,  Studien  und  Beiträge  zu  6.  Kellers  IpriK.  1906.  S.  236. 

27 


Die  fiebcnte  Stropöc  des  0edidDtcs  ,Durd)s  früftrot  zog  das  n)olKenfö)iff'  bieß: 

mit  einem  IDort:  Cs  zog  in  mid) 

Die  lugendliebe  ftraljlend  ein-, 
Das  mar  die  meiße  Caube  moljl, 

Die  Dame  mag  die  Sel)nfud}t  fein-, 
Die  Riefen  mit  den  falken  dann: 

Der  öoöen  IDiinfifte  hüftne  Sd)ar-, 
Die  bradjten  meiner  Sebnfudtit  bald 

ein  zartes  IDlld  als  Beute  dar! 

füllen  urteilt  am  Rande:  ,Die  nuDaniüendung  öalte  id)  für  überflüfrige  lUoöUat',  ido^ 
durtl)  Keller  oeranlaßt  iDurde,  die  gereimte  efpUhation  zu  tilgen. 

Hber  märe  nid)t  denKbar,  daß  die  Streid)ung  der  berteffenden  Stropben  uon  Keller 
felbft  üorgenommen  mar  und  fd)on  in  der  t7andfd)rift  ftand,  als  fie  follen  oorgelegt 
murde,  und  daß  diefer  lediglid)  feine  nacbtraglid)e  Zuftimmung  zu  diefer  oom  Did)ter 
üorgenommenen  5treid)ung  ausdrüdien  mollte> 

Idj  öalte  diefe  mögliä)heit  für  böd)ft  unmabrfdöeinlid)  und  foUens  Husfet^ungen  für 
das  Primäre.  Den  Bemeis  dafür  finde  id)  erftens  darin,  daß  follen  nid)t,  mas  nabe  ge^ 
legen  bätte,  die  zmeUe  faffung  billigt,  fondern  daß  er  die  erfte  tadelt;  fodann  in  einer 
Stelle  des  felben  0edid)tes. 

In  der  nierten  Stropbe  fd)rieb  nämlidt)  Keller: 

Der  eine  rofenrotbe  frau.  follen  fe^t  mU  Bleiftift  darunter:  mäddjenbafte  und 
an  den  Rand:  Der  eine  fdjlanhe  Sd)läferin.  nun  Kommt  Keller  und  ftreid)t  mit  der 
feder  nidjt  nur  feine  eigene  urfprünglidie  faffung,  fondern  aud)  das  mädd)enbafte 
und  ebenfo  das  fdJlauKe  und  fe^t  darunter:  rofige. 

Daraus  ergibt  fid),  daß  follens  Bleiftlfthorrehturen  u  o  r  Kellers  CintenhorreHturen 
gefdjrieben  murden  und  diefe  alfo  nerurfatliten. 

nun  entfd)loß  Cid)  offenbar  Keller  bei  diefem  Paffus,  in  der  handftörift  nidn  roeiter 
zu  Korrigieren  und  zu  ändern,  fondern  zum  DruA  eine  neue  anzufertigen,  um  darin 
die  in  den  folgenden  0edid)ten  unferes  manufKriptes  angebratbten  KorreKturen  follens  oon 
Dorneberein  zu  berütKfid)tigen.  Er  Konnte  unreine,  ftarK  Korrigierte  manufKripte  nitbt  leiden. 

Hußer  den  drei  fd)on  angefübrten  ftelle  id)  bier  diefe  KorreKturen  zufammen.  K  be- 
deutet Kellers  I}andfd)rift  refp.  Lesart,  F  follens  KorreKtur,  D  T  die  lesart  des  Erftdrudis 
im  .DeutfdEien  Cafd)enbud)'  1845,  übereinftimmend  mit  derjenigen  der  öedid)te  is-te. 

Hn  meine  Dame. 
1.  1.  K  die  in.  F  =  D  T  die  aus. 
1.  3.  K  des  Hema.  F  =  DT  des  fletna's. 

Id)  mill  fpiegeln  midD  in  jenen  Cagcn. 
1.  6.  K  miederKlang.    F  =  D  T  miderKlang. 

28 


Durtti's  früörotl)  zog  das  lüolhenftöiff. 
4.  ■!.  K  ffölafend.    F  =  D  T  träumend. 

-t.  t.  K  Huf  feuerlilien.    F  (am  Rande) :  Rofen  und  feuerliUen  fteöen  ungut  einander  an. 
D  T  auf  feuerliljen. 

Oon  öeißer  lebensluft  entglüöt. 

4.  4.  K  Cann   F  lUald   D  T  IDald. 

5. 5.  K  Die  Da*brettfd)läger.   F  =  D  T  des  CaRtes  5d)lägcr. 

0  leib  meiner  Dame. 
10.  K  lUie  treu  fd)üt)end  Sold  einen  funhelnden  Stein.  F  =  DT  lUie  fd)ü^endes  Öold 
den  erfunUelnden  Stein. 

hör'  an,  mein  Kind. 
1. 5.  K  Hus  in.    F  =  D  T  her  in. 
3.  5.  K  2u  ergeben.    F  =  D  T  flugs  zu  beben. 

5.  1.  K  um  die  Stirne  bingeft  (um  die  Stirne  durdöftridjen  und  darüber:  in  (uor)  F  in 

dein  Stirnband  fd)langeft  (ftblangeft  dur(t)ftrid)en).  D  T  in  dein  Stirnband  bingeft. 

5.  5.  K  himmelauf.  F  =  D  T  bimmelauf. 
8.  2.  K  mit.   F  =  D  T  in. 

Id)  ging  am  griinen  Berge  bin. 
3.  3.  K  Berges.   F  Bergs.  D  T  Bergs. 

6.  i.  K  feines.  F  fd)önes.   D  T  fd)önes. 

7.  8.  K  mertbe  Braut.   F  l?erzens.  D  T  herzensbraut. 

10.  7.  K  filbernem  Bronnenfd)aU.  F  =  DT  Silberbronnenfdjall. 
10.  8.  K  eud)  Stern  an  Stern  zum  Kranze  flidlt.   F  =  D  T  eoldftern  an  Stern  zum  Kranz 
eudj  flidit. 

Die  Sonne  fäbrt  durdJ's  morgentbor. 
3.  6.  K  feuerlein.   F  feur'lein.    D  T  feurlein. 

Du  ujillft  did)  freoentlid). 
7.  1.  K  Id)  mill  zur  Kurzmeil  fuße  Lieder  fingen.     F  =  D  T  lüill  dir  zur  KurzujeU 
roadlterlieder  fingen. 

lUie  ein  fifdllcin  in  dem  He^. 
3. 5.  K  d'runter.   F  =  D  T  drunter. 
3. 5.  K  ujieder.   F  =  D  T  mider. 

29 


4.  7.  K  Darob.   F  =  D  T  Oaoon. 

5.  7.  K  flnöefldtit's.   F  =  D  T  Hngefidtits. 

Sdt)on  iDar  die  le^te  Sdöioalbe  fort. 

7.  1.  K  Rioal  aufgeiDaftt.  F  =  D  T  ncbenbuöl  erroadöt. 

7.4.  K  Die  halte  hand.  F  =  DTDieCodtenöand.  Die  Sdölußftropöe,  oon  follen  mit  Bleiftift, 
Don  Keller  mit  Cime  durdöftridjen,  eingehlammert  und  mit  fragezeidöen  oerfeöen,  feöU  in  DT: 

Dergangen  ift  fdtjon  mantjtjes  Jaftr 
Seit  jenem  glüften  flbendrotl); 
nun  roeiß  Idt),  wer  der  Rioal  war-. 
es  war  der  blalTe  Cod. 

ein  luftiger  mediziner. 

4.  1.  K  murde.   F  =  DT  mard. 

8.  3.  K  Und  darum,  meil  roas  lUaöres.    F  =  D  T  Darum,  meil  leidtjt  ja  roas  lüaftres. 

Durd)  den  öarten  in  die  felder. 

5.  6.  K  Der  Ceremonienmeifter.   F  =  D  T  Des  himmels  Sd)aarenmeifter. 

Id)  öabe  fie  gefeöen. 

6.  4.  K  fonft.  F  =  D  T  und. 

Id)  faöre  mit  den  lüinden. 
6.  1.  K  u)ieder.   F  =  D  T  mider. 

faöret  mobl,  iör  fd)önen  öräber. 

1.  8.  K  O'rauf  und  d'runter.   F  =  D  T  drauf  und  drunter. 

einigemal  oerdidjteten  pdt)  follens  BedenKen  nid)t  zu  frt)riftlid)en  Bcmerhungen  oder 
Befferungsoorftölägen,  fondern  blieben,  mird  man  annebmen  muffen,  miindlid)er  Hus< 
fprad)e  oorbebalten.    er  brad)te  in  fold)en  fällen  lediglid)  5trid)e  an. 

Durdtjs  frübrotö  zog. 
3.  5.  K  zart  mie  mas.  F  unterftreirt)t  zart.  DT  fein  mie  0las. 
6.  4.  K  nad)  aller  lüinde  fröblidier  f lud)t.  follen  unterfireid)t  die  Zeile.  D  T  Sie  fliegen 
auf  mit  feönender  f  lud)t. 

roobl  ift  die  lilje  munderbar. 

2.  7.  K  6km  nod)  dem  mondenfd)eine.   follen  unterftreid)t  nodj.  D  T  Du  gleid)ft  dem 

niondenfd)eine. 

30 


Die  übrigen  ftandftbriftcn  und  ölätter  tragen  Keine  BemerKungen  oder  Stridje.  Bloß 
in  der  zweiten  Stropöe  non  ,5ieö,  Kaum  glimmt  des  Stromes  Spiegel'  ift  das  IDort  U  n  * 
gemöönlidt)  unterftrid)en.  In  den  öedidtiten  1846  fteöt: 
Cief  im  Süden,  fttjön  und  öell. 

Der  BleiftiftoermerK  am  SöjlnfTe  üon  ,Die  Sonne  fäljrt  durd)s  morgentöor'  rüört,  mie 
die  Sd)rift  zeigt,  nid)t  non  follen  öer,  fondern  maörfdieinlidt)  oon  frau  Karoline  Sd)UlE, 
deren  handfd)rift  in  den  oon  \\)x  binterlaffenen  KellermanufKripten  fonft  nidjt  miederfeeört. 

es  ift  bemerUensmert,  mas  Keller  mit  diefen  lüoöltaten  —  das  maren  dort)  die  M- 
derungen  follens  faft  durdjgeöends  —  fpäter  angefangen  öat,  fo  roeit  fie  nid)t,  als  er 
feine  Iprih  leßtroillig  formulierte,  zugleirt)  mit  den  unterdrUAten  0edirt)ten  daöinpelen, 
ein  los,  das  die  meiften  traf,  da  er  gerade  unter  den  llebesliedern  am  graufamften 
aufräumte.  Cs  ift  nid)ts  geblieben  als  der  öoldftern  und  der  Silberbronnen;  allerdings 
wandelte  fid)  der  Silberbronnenfrtjall  zum  Silberbronnenglanz.  Das  fd)öne  Kind  murde 
ein  gutes  Kind,  die  herzensbraut  eine  mprtenfdjöne  Srt)leierbraut,  das  feurlein  mieder 
ein  feuerlein,  die  Cotenband  der  nad)t  zur  duuRlen  l7and,  und,  mas  merfemUrdig  ift, 
er  griff  auf  feine  urfprünglidöe  lüendung  zurüdi,  indem  er  fang: 
es  fifteint  mir  ein  Rioal  eru)ad)t. 

Siebt  das  nid)t  aus,  als  bätte  er  abfd)ütteln  mollen,  mas  man  iftm  einft  gefdjenkt) 
Seinem  unabbängigen  und  öerben  Sinne  mürde  es  menigftens  entfpredien. 

Die  Interpunfetion  Ijat  öottfried  Keller  immer  emft  genommen,  im  ßegenfa^ 
zu  Conrad  Ferdinand  IHeper,  der  damit  zumeilen  öerrenmäßig  umzufpringen  liebte.  Sie 
ift  in  den  üorliegenden  Blättern  eigentlid)  untadelig,  einigermaßen  auffallend  für  einen, 
dem  die  Sdiulbildung  früb  abgeftbnitten  murde  und  der  fid)  dann  iabrelang  unter  nia^ 
lern  mmmelte,  deren  Stärhe  feiten  die  forgfame  Pflege  der  Sd)reibübungen  ausmart)t. 
ein  menig  außergemöönlid)  ift,  daß  er,  mie  er  einzelne  lüörter  durd)  Unterftreidtien  beraus^ 
zubeben  liebt,  aduerbielle  Beftimmungen  des  Ortes,  der  Zeit  und  der  Art  und  lüeife  in 
Kommata  einftbließt. 

So  gut  follen  im  u)efentlid)en  Kellers  Ceft  mit  Refpeht  bebandelte,  fo  gut  ließ  er  im 
großen  0anzen  feine  Interpunfetion  gelten.  Dort  mie  bier  find  feine  Änderungen  meiftens 
üerbelferungen,  d.  b.  er  befd)ränfete  fid)  darauf,  das  Tluffallende  durd)  das  Regelredtite, 
herfeömmlidie  zu  erfeijen  und  namentlid)  gegen  die  Husrufzeid)en  zu  felde  zu  zieben, 
ujomit  der  iunge  Diditer  damals  nod)  ordentlid)  lujus  trieb. 

Die  hauptmübfal  uerurfad)te  J\n  meine  Dame',  detfen  aus  fünf  ganzen  Cerzinen 
gebauter  Saßnorbof  einen  InterpunKtator  fdion  auf  den  Plan  rufen  Kann,  follens  in  die 
handfdirift  (K)  gefetjte  Änderungen  (F)  erfdieinen  ujieder  in  den  0edid)ten  (1816),  deren 
Ceft  mit  dem  des  Crftdrurtis  im  ,Deutfrt)cn  Cafdjenbud)'  übereinftimmt.  er  fügte  aber 
anläßlid)  der  DruiKKorrefetur  offenbar  nod)  meitere  binzu. 

31 


1. 3.  K  mmol  F  =  1846  mm))  — 

z.  3.  K  bebt!   F  =  1816  bebt  — 

3.  2.  K  toben;   1846  toben, 

3.  3.  K  miederöaUt!   F  =  1846  miederbaUt  — 

5.  1.  K  mag,  F  =  1846  mag: 

5.3.  K  Sdtjlag:  F  Sdilag;  1846  Stölag: 

8.  2.  K  bift...    F  1846  bift; 

Die  übrigen  InterpunfetionshorreUturen  befteben  oormiegenü  m  der  erfe^ung  uon 
Husrufzeicöen  durd)  Kommata. 

Zmeimal  brmgt  follen  in  der  legten  Zeile  eines  0edid)tes  einen  öedanKenftrid)  an, 
um  ibren  Hadtidrudi  zu  nerftärhen,  in  Jd)  mtU  fpiegeln  midi  in  Jenen  Cagen'  und  ,fabret 
mobl,  ibr  fJöönen  öräber': 

K  Dod)  nod)  ein  mal  mill  id)  rUAmärts  feb'n! 

F  =  1846  dod)  nod)  ein  mal  —  mill  id)  rü*märts  feön. 

K  Kaum  nod)  an  ein  miederfeben! 

F  =  1846  Kaum  nod)  —  an  ein  miederfeöen. 

lüas  die  Sd)reibung  anbelangt,  fo  fd)affte  follen  einige  Deönungs  --  ö,  mit  denen  Keller 
nur  nod)  febr  oereinzelt  aufrüdite  (öebetb,  botb),  auf  die  Seite,  ließ  aber  eine  Befonder« 
beit  unangetaftet,  mit  der  er  dann  im  Drudi  dod)  aufräumte :  Keller  fd)rieb  meiftens  das 
betonte  Pronomen  der  dritten,  zumeilen  aud)  das  der  erften  Perfon  Singularis  mit  großem 
Hnfangsbud)ftaben:  Id)  öabe  Sie  gefeben.  nun  mabrlid)  ift  Sie  todt.  Der  leib  und  Id) 
in  der  Kammer. 

nuf  follens  Deranlaffung  moöl  fteöt  haubt,  häubter;  die  handfd)rift  bat  haupL 
Keller  fd)reibt  geb'n,  feb'n,  blau'n,  trau'n,  eottoertrau'n,  bau'n.  follen  tilgt  den  Hpo- 
ftropb  im  Drudi.  Keller  oerbilft  ibm  1883  in  den  öefammelten  0edid)ten  miedet  an  feinen 
Plaß;  nur  bei  febn  und  gebn  bleibt  er  nid)t  honfeauent. 

man  darf  alfo  rüglid)  bebaupteu:  Sd)reibung  und  imerpunhtlon  in  den  0edid)ten 
üon  1846  find  Sd)reibung  und  Interpunktion  follens. 

4.  Das  üierte  Zeugnis  für  den  einfluß  follens  auf  öottfried  Kellers  frUblprife  ift  die 
handfdirift  der  feueridplle  aus  der  Sammlung  meifter  (11«).  Sie  bemeift,  daß  einige  Wen 
düngen,  die  mir  als  edtt  hellerifd)  anzufeben  geneigt  find,  follens  eigentum  loaren,  und 
drängt  den  Sd)luß  auf,  daß  der  Berater  nod)  mand)en  Sd)aden  in  Kellers  l7andfd)riften 
und  felbft  in  den  Korrehturfabnen  ausgeflitht  bat,  obne  daß  mir  näbte  gcmabren. 

Don  den  oorgefdjlagenen  nnderungen  bat  Keller  eine  einzige  abgemiefen.  er  batte 
I,  5,  4,  gefd)rieben 

Don  feuerlil'ien  ein  gemalt'ger  Straus,  mofür  follen,  zum  ölüdi  frud)tlos,  anbot: 
32 


üon  feuerliljen  rings  ein  lüolhenftraus.  HUe  übrigen  naöm  er  an  und  beftielt  die 
mciften  audt)  fpäter  bei,  u)ie  nad)fteöende  Zufammenftellung  eröärtet,  wobei  M  die  hand' 
fdjrift  meifter,  F  foUens  KorreKtur,  K  die  fiandfd)rift  Stljulz,  D  T  öeutfdies  Cafcöenburt), 
1846  das  ßänddtien  non  1846  und  1883  die  öefammelten  öedidite  bedeutet. 

Keller  frt)rieb :  feueridille,  follen  Korrigiert :  feueridpUe,  mas  Keller  dann  rid)tig  auf 
den  Umfdölag  feote. 

I,  1,  3  M  tönt,  F|  K^  D  T,  1846,  1883  tönt's. 

I,  2,  1  M  unferm,  F,  K,  DT,  1846  unferm. 

I,  6,  4  M  zum  roten  Brand  empor,  F,  D  T,  1846,  zur  feuerftätt',  1883  zu  fcuers 
hofftatt. 

II,  2,  4,  M  er  aber  gab's  nidjt  öer  in  feinem  Stolz,  F,  K,  D  T,  1846,  1883  Er  gab's 
nidtJt  öer  in  feinem  Bauernftolz. 

II,  4,  3  M  gefäet,  F,  K,  DT,  1846,  1883  gefät. 

III,  2,  1  M  finftre,  F,  K,  D  T,  1846,  1883  dunRle. 
III,  3,  3  M  lüürmer,  F,  K,  D  T,  1846,  1883  Käfer. 

In  M  lautete  die  oon  follen  eingeKlammerte  und  ftöon  in  K  ujeggelaffene  fünfte 

Stropöe  oon  III: 

Den  lange  näiftte  durdt)  der  Cpljeu  ttanfe, 
OerfdjoU'ner  IHonüenfdtjein  fdömilzt  niberblanh, 
ein  alter  heldenftba^,  oon  iedem  Blatt, 
nun  trlnht  die  wilde  6lutb  an  ibm  (Id)  fatt. 

III,  9,  1  M  nur  eins  reut  midt).  Dazu  fd)reibt  follen  an  den  Rand:  Prouinzialismus 

—  und  belfert:  eins  töut  mir  leid,  mas  K,  D  T,  1846,  1883  öaben. 

III,  10,  4  M  ftiller,  F,  K,  D  T,  1846,  1883  guter. 

IV,  2,  4  M  nun  liegt  die  Bibel,  F,  K,  D  T  1846  nun  liegt die  Bibel. 

IV,  6,  2  M  eefdjmolzen  ift  der  CAen  Silberzier,  follen  bemerkt  am  Rande:  .Dann 
iDäre  das  Budt)  uoUends  üerbrannt'  und  fe^t  unter  die  Stropöe : 

Im  feuer  blieb  der  edien  Süberzier,  mas  K,  D  T,  1846  aufnahmen,  audt)  1883  mit 
geringer  Änderung:  Der  Spangen  Silberzier. 

VIII,  2,  3  und  4  M 

Und  aus  der  feuerfäule  fpringt  der  Quell 
Des  IDalTers  munter  und  hrpftallenbcU. 

F,  K,  DT,  1846,  1883  quillt  der  Sdimall,  des  roafferftraljls  lebendiger  Kriftall. 

VIII,  3,  1  M  rote  Klingend  fpringt  der  ftööne  Silberftrang  F,  K,  DT,  1846,  1883 
niie  fröölid)  tönt. 

X,  1,  1  M  Der  flammenKelrt)  ift  endlid)  ausgeglüht.  Dazu  bemerKt  follen:  .üerftel) 
id)  nidit'  und  fdireibt  am  Kopf  des  Blattes 

Die  flamm'  ift  todt,  der  Krater  ift  oerglüftt, 
ujas  K,  DT,  1846  und  1883  beibeöielten. 

«'^  33 


nußer  daß  er  IV  2,  4  einen  Doppelgedanhenftrirt)  einfrt)ob,  riibrte  foHen  nidöt  an 
die  Interpunktion  üon  M,  voraus  fltö  erklärt,  daß  K  darin  mit  M  übereinftimmt,  nur 
daß  0.  Keller  in  einem  oder  zmei  fällen  ein  Komma  mit  einem  Strid)punKt  nertaufdöt 
oder  umgeKeört.  Im  Druck  aber  uerfuftr  foUen  mit  den  Sat)zeid)en  nad)  feinem  Kopfe. 
Id)  oerzidlte  auf  eine  Zufammenftellung,  da  die  Reproduktion  fie  ermöglidit. 

Bäd)toldi)  mad)t  zvoti  Ceftänderungen  namöaft,  die  follen  (erft  beim  Orudi))  an 

Kellerfd)en  0edid)ten  üornaöm. 

Die  Sd)lußftropl)e  der  .Cinkebr  unterhalb  des  Röeinfalls'  lautet  im  Ittanufkriptband 

der  Stadtbibliotbek: 

Da  rafdjielt's  drüben,  und  der  Sd)erg 
laufd)t  ziDcigefärbt  durd)'s  dunhle  6rün! 
Id)  {lielje  ftftnell  binan  den  Berg  — 
Du  ftiller  Ort  am  Rbein  —  fabr  bin! 

follen  änderte,  mabrfdtieinlid)  um,  ujie  in  andern  fällen  auijt),  den  unreinen  Reim 

megzubringen: 

Da  rafibelt's  drüben,  und  der  Sd)erg, 
Zujeifärbig,  re*t  das  Obr  berein  — 
Id)  fliebe  rafd)  binan  den  ßerg-. 
ade,  du  ftiller  Ort  am  Rbein! 

Keller  öattc  das  0edid)t  .modernfter  fauff  gefd)lolTen: 

Jd)  bin  ganz  euer  öild,  felbftfü(btig,  falfd)  und  eitel 
Und  unklar  In  mir  felbft;  uom  fuße  bis  zum  Sdjeitel 
ein  curopäifdt)  fdjletbter  hund. 

follen  milderte: 

Cut  {1$  Salon<europa  an  mir  Itund. 

Id)  oermag  Bäd)tolds  Quelle  nid)t  ausfindig  zu  mafljen.  Sdjmerlid)  roaren  es  miind« 
lidöe  muteilungen  des  Oid)ters. 

eine  dritte,  erft  öart  oor  dem  Druck  oon  follen  oollzogene  Änderung  oder  genauer 
einen  Oorfd)lag  zu  einer  Ergänzung,  die  Keller  uielleitöt  teilmeife  annahm,  oerrät  ein 
Blätttöen  üom  9.  Hpril  1 846,  morauf  follen  fctireibt,  es  feble  zu  einem  0edid)te  gemeint 
ift  ,0eftern  eine  Hoentür',  5.  143  —  der  Stibluß.   ,er  mird  inabrfdjeinlid)  etma  fo  ausfebeu: 

Ja,  ibn  aus  der  tUelt  zu  jagen, 
S(J)ien  mir  äußerft  löbeliib.-' 
Im  OruAe  beißt  es: 

roünfdöf  id)  angelegentlid).  — 

0eu)iß  ift  alfo  die  Dermutung  geftattet,  daß  in  uerftöiedenen  fällen,  mo  die  hand^ 
fd)rift  und  das  öändd)en  uon  1846  uon  einander  abmeittien,  diefe  flbujeitöungen  auf 
follen  zurüdigelien. 


3^ 


noft)  ein  anderer  Umftand  deutet  auf  foUens  eingriffe  öin:  öottfried  Keller  bat 
nämlidtjdieuonfollenanderfeueridplleöorgenommeneuKorrehturen, 
außer  der  einen  zurüAgeujiefenen,  aus  der  handfdörift  M  nidöt  bloß 
in  die  handftörift  K  übertragen,  fondern  aud)  in  den  manufhriptband 
der  Stadtbibliotbeh. 

eine  Reibe  u)eiterer  flnderungen  in  diefem  mögen  auf  einwänden  und  Hmendements 
follens  beruften.   Dod)  feölt  uns  die  Beglaubigung  dafür. 


35 


Oorbllflcr  unü  eintlUsse 


m 

ITTTT 


Iie  Iprife  Gottfried  Kellers  zeigt  drei  Perioden.  Die  erfte,  die  früölprih,  u)ird  durd) 
die  ende  ITlai  oder  Anfang  luni  1846  erfrtiienenen  ,0edid)te'  abgefcöloffen.  Die 
i^  Eujeite  reid)t  bis  zur  185-i  öerausgeKommenen  neuauflage  der  ^neueren  6tAxö)tt% 
die  dritte  bis  ans  ende.   Die  legten  zeön  lebensjaöre  brad)ten  allerdings  Kein  öalbes 

'■■  Duzend  6edid)te.  Anregungen  fpiegelt  die  zwtxic  und  gelegentlid)  aud)  die  dritte 
Periode.  Hnleönungen  aber,  einflüffe,  fremde  färbungen  nur  die  früölpriK.  0eu)irKt 

[  öaben  auf  den  jungen  Keller  üoru)iegend  die  bedeutenden  und  erfolgreidöen  unter 
den  zeitgenöffifdien  lijriliern:  f7eine,  lenau,  freiligratl),  herroegö.  ITlörihe  bat  er,  als  1846 
feine  ,0edid)te'  ans  lidjt  traten,  l)öd)ft  maörfdieinlidt)  nod)  nidjt  einmal  dem  Hamen  nad) 
gekannt,  ebenfo  maren  iöm,  mie  er  mir  einmal  Ulagte,  damals  die  Hlten  nod)  fremd 
und  unfre  KlaffiKer  nur  mangelhaft  oertraut. 

öeoor  idt)  den  Spuren  nad)geöe,  die  andere  Did)ter  in  feiner  früölpriK  öinterließen, 
mödjte  id)  ein  auffd)lu0reid)es  lüort  mitteilen,  das  id)  aus  feinem  munde  nernaöm. 

Id)  fragte  iön  einmal,  ob  nid)t  das  fd)öne  herbftlied  ,laßt  uns  auf  alle  Berge  QtW 
einem  gefegneten  lUeinjaör  feinen  Urfprung  oerdanUe,  wo  er  fein  gut  Ceti  oom  Heuen 
gebetöert  babe.  er  fdjüttelte  den  Kopf.  ,0  nein,  da  ift  nid)ts  daoon.  Id)  bin  dazu  an- 
geregt  morden  durd)  mörihes  ,l7erbftfeier'.')  Überhaupt  ift  für  die  Konzeption  Iprifdjer 
Sad)en  nid)ts  fo  förderlid),  mie  üorzüglid)e  neue  0edidt)te  zu  lefen  oder  etmas  Hltes,  mas 
man  nod)  nid)t  Kennt  oder  ujieder  oergeffen  bat'. 

In  der  anmutigen  folge  ,,Hm  lüaffef  glaube  id)  nad)Rlänge  graziöfer  Ooetöefdjer 
0nomih  zu  oernebmen.  nod)  deutlidjer  erRenne  id)  binter  ,ein  CagemerK'  die  überirdifcöen 
linien  non  0oetbes  .Zueignung',  mit  der  Kellers  0edid)t  überdies  öersmaß  und  Stropöe 
(menn  aud)  nid)t  die  ftrenge  Stanze)  gemein  bat. 

Das  fd)öne  liebesgedid)t  Jd)  ging  am  grünen  Berge  bin''  ift  erfid)tlid)  nad)  Stöillers 
,,CeUung  der  erde'  gebildet,  meitergebildet  und  umgebildet  mit  der  überquellenden  Pban^ 

tafle  Kellers. 

Sdjiller. 

roillft  Du  in  meinem  Rimmel  mit  mir  leben, 

So  oft  du  hommft,  er  foll  dir  offen  fein! 

Keller. 

DiciDell  eu(b  in  mein  Paradies 

ein  eigen  Pförtlein  offen  ftebt. 

Und  die  Stelle: 

Zuiei  jungen  Seelen  ift  zu  eng 
Das  größte  Mus,  fei's  nodt)  fo  weit, 

keört  Sdjillers  ttJort  um,  daß  in  der  Uleinften  Hütte  für  ein  glüAlid)  liebend  Paar  Raum  ifl. 

Durd)  die  Certur  mebr  als  eines  Kellerfd)en  0edid)tes  fiebt  man  0ebilde  f r eiligratös 

durd)fd)immern,  deffen  Kunft  ibm  ein  Problem  mar,  mit  dem  er  fid)  in  fd)merfd)Ubigen, 

mübfeligen  Cerzinen  auseinanderfeßte,  die  er  fpäter  oerftieß.  In  freiligratös  ausgeglid)ener 

')  In  den  »ncuerEn  aEdiditen-  issi.  nifo  hiinmc  Keller  zu  aiefer  Zelt  mörihes  6cdid)te. 

39 


mifcöung  üon  Realismus  und  traumhafter  Pöantaftih  erblithte  er  das  Bezei^nendc  und 
für  m  fclbft  maßgebende: 

Hn  freiligratö 
bei  feinem  eintritt  in  die  Siljroeiz  im  früftling  1845. 


Sobald  ein  Did)terMnd  mit  ftoldem  Siege 
Die  Hugen  auffcftlägt  öier  im  erdentale, 
Steftn  f(t)on  zmei  6enien  an  feiner  lüiege: 

neu  üon  Krpftall  öält  diefer  eine  Scftale, 
Doli,  bis  zum  Rand,  oon  feuergoldnem  TOein, 
Belebt,  durdbmebt  üom  reinften  Sonnenftrable -, 

Des  Andern  Sd)al'  ift  dunWer  edelftein, 
Rubin,  und  faßt  des  moftnes  dunkeln  Saft, 
Dur(t)moben  oon  des  mondes  Zitterftftein. 

In  beiden  Sdjalen  rubt  die  Lebenskraft, 
So  iftm  die  treuen  öenien  raftlos  fdjenken. 
Die  iön  durd)U)allt  und  feine  lieder  fd)a(ft; 

Hus  beiden  Sd)alen  ftrömt  fein  Sein  und  Denken, 
Sein  Blübn  und  Seftncn,  fließen  Cag  und  nad)t, 
ein  fonnig  S(jt)aun,  ein  träuraerifd)  üerfenken 

In  feine  Seele,  wie  jle  träumt  und  u)ad)t. 
Und  Preis  dem  Ditbter,  menn  die  lebensbed)cr 
Ibm  reld)  erfunkeln  und  in  gleidier  Prad)t! 

Dort)  halbpoet  nur  ift  der  trunknc  Zedier, 
Der  aus  dem  einen  übermiegend  trinkt, 
Sein  fterz  mird  krank,  fein  lied  alltäglid)  fd)U)äd)er! 

0  menn  die  nadjt  mit  iftren  Sternen  minkt. 
Dann  leer'  die  dunkle  Sd)ale  bis  zum  örunde. 
Daß  der  uralte  Zauber  in  did)  Unkt! 

Dod)  nabt  mit  beirgem  IDebn  die  morgenftunde, 
laß  dem  Krpftall  den  klaren  Crank  entquellen, 
Dann  füftr',  u)ie  fie,  der  mabrbeit  Sold  im  munde! 

Cu  auf  dein  Tlug'  des  lid)tes  goldnen  mellenl 
laß  liegen,  die  im  tbUldjen  Raufd)  oerfunken. 
Die  cmig  aud)  den  Cag  zur  nart)t  gefeilen l  — 

So  baft  aud)  Du  die  Zauberflut  getrunken, 
0  freiligratb!  daß  Berg  und  Cal  erklungen 
Und  fld)  die  eifen  fröblid)  zugemunken. 

üom  morgenland  baft  abnend  Du  gcfungen, 
Und  als  der  morgen  endlid)  Dir  gegraut. 
Da  baft  Du  aus  den  Rofen  Did)  gefd)mungen: 


-M) 


ftafl  freien  Bli&s  dem  Cag  in's  Hug  gefdbaut, 
Die  SpinniDebbande  Itidtjter  ftand  zerrilTen, 
tUomit  die  CraumgenofTen  Did)  umbaut! 

Sie  fd)rien  Dir  nad)  aus  iljren  finfterniiren; 
Jedod)  vom  .morgen  und  uom  Rftein'  erhlang's 
entgegen  Dir  in  ftellen  freiljeitsgrüßen  l 

Und  ieder  mund  im  deutfd)en  lande  fang's: 
Der  freiligratJ)  Ijat  Hd)  zu  uns  gefdjlagen! 
Und  iedcs  Oör  in  fernen  0ann  oerfdilang's, 

So  uieit  die  deutfdje  Kunde  mard  getragen! 
Dod)  mand)em  rooljl  erklang  Dein  Caglied  fdjriU, 
Denn  bald  fat)  man  die  Sdjergen  nad)  Dir  Jagen. 

Die  fonft  fo  näd)tlid)fanft  und  mu&erftiU, 

e$  brad^  die  preussifd)e  Romantib  los, 

Die  moön  und  tnoftn  und  mieder  Dloönfaft  miU.  - 

So  grüß'  id)  Did)  in  diefes  Landes  Sd)06! 
Zmar  eben  ift's  in  unfern  Bergen  dufter 
Bei  Ijeiterm  früftlingsftimmel;  öeut  nod)  floß 

ein  blutig  Riefeln,  und  ein  Klaggefliifter 
Durd)ziet)t  den  Bergmald;  es  erdröhnt  das  Land 
Dom  ujiiftcn  Sd)rei  der  Pfaffen  und  PftiUfter. 

IBir  reid)en  Dir  die  puloerfd)U)arze  ftaud, 

Der  Crommelfd)lag  oerfdjlingt  die  freundesgrüße, 

Und  ringsum  lol)t  des  haffes  roter  Brand! 

Huf  ftarre  Leidien  poßen  Deine  fuße-, 
hier  liegen  Jle  mit  ausgeftod)nen  Bugen, 
Dort  rollen  lle  Ijinab  die  blauen  fliiße. 

Siel),  wo  Dir  mag  ein  ftilles  Plä^lein  taugen: 
Du  trittft  öier  in  der  freil)eit  lüerhRatt  ein, 
IBo  zornig  iörc  effen  fprüBn  und  raud)en. 

Dod)  mag  ftier  nod)  der  befle  Boden  fein, 
lüo  harrend  Du  Dir  Deine  IBarte  baust; 
IBallt  dod)  nad)  Deinem  Dielgeliebten  Rhein 

ein  jedes  IBäfferlein,  in  das  Du  fd)auft! 
Da  laffe  Deine  Lieder  abwärts  fd)mimmen. 
Da  mirf  hinein  die  .Späne',  die  Du  häuft! 

Und  hier,  mie  dort  die  hoffnungsfleme  glimmen; 
Bis  Du  darin  der  heimkehr  Cag  mirft  fd)auen, 
Kannfl  Du  dermeil  zum  Sieg  die  Saiten  ftimmen: 
niid)  dünbt.  Du  wirft  darüber  nid)t  ergrauen! 


(^^ 

n 


Das  fledidjt  ,,T\btr  autl)  den  fööreniDald'  öat  mit  freüigratös  ,,lm  lüalde'  md)t 
bloß  die  form  gemein,  fondern  berührt  fidt)  audt)  inöaltlidt)  mit  iöni: 

f r eiligrat b:  6eb  id)  einfani  durd)  den  njald, 
Durdt)  den  grünen,  düftern, 
Keines  inenfd)en  Stimme  fd)allt, 
nur  die  Bäume  flüftem ... 

nJaldesrube,  nJaldesluft, 
Bunte  märdjenträume, 
0  roie  labt  ibr  meine  Bruft, 
lo&t  ibr  meine  Reime! 

Keller:  Bber  aud)  den  fobrenmald 
laß  id)  mir  ni^t  fd)elten, 
lüenn  mein  laud)zen  miderballt 
Jn  dem  fonnerbellten! 

In  den  Stämmen  oft  ein  Laut 
Rallet  einfam  mider; 
Üppig,  mie  das  farrenhraut 
n)ad)fen  mir  die  lieder! 

Oienaöjtfaörer  (,es  loiegt  die  Hatöt  mit  öimmelmeiten  Stömitigen')  mögen  öernop 
gerufen  fein  durd)  freiligratbs  efotifdje  Bilder,  mie  denn  Keller,  oerfiiört  durdj  die  üppige, 
farbenpräd)tige  Palette  feines  Dorbildes,  gegen  feine  fonftige  öepflogenöeit  bier  in  breite 
5d)ilderung  geriet.  Das  0edid)t  ,1m  meer,  Göer  I?immel  bangt  mie  Blei  fo  f(t)U)ef)  gebt 
ujobi  auf  eine  Hnregung  zurüdi,  die  ibm  freiligratbs  die  Coten  im  meere  bot,  nur 
daß  Keller  in  die  gefpenftiftb'funebre  Szenerie  eine  pfaffenfeindlidje  I^andlung  binein» 
Komponierte,  momit  er  autb  den  Sd)luß  der  ,,nadt)tfabrer'  ausftaffierte. 

Die  glänzende  farbengebung  und  energifd)e  Sprad)Kraft  gerade  diefes  freiligratbfdjen 
0edid)tes  binterließen  bei  Keller  nod)  meitere  Spuren.    Die  Stropbe 

ein  großes  0rab  ift  lüeeresgrund, 
ein  KirdJbof  ITleeres  Spiegel; 
Die  ttJellen,  fdimellend  all  und  rund, 
Das  find  die  örabesbügel 
erftebt  mieder  in  Kellers 

0  Kird)bof,  du  erftarrtes  ITleer 

üon  blübenden  örabesmogen, 

mand)  Sd)ifflein,  freudcn^  und  leidenfd)U)er, 

haft  Du  binabgezogen 

Huf  den  ßrund  deiner  mallenden,  grünen  flut, 

lUo  der  Cod,  ein  riellgcr  KraKen,  rubt ! 

Das  ganze  motio  des  auf  den  nieerboden  beruntergefunhenen  Coten  ift  auf  freiligratb 
zuriirt^zufübren.  Übrigens  bat  Keller  den  Krabben  im  manufhriptband  —  er  mußte  mobl 
felbft  nid)t  red)t,  mas  er  firt)  darunter  oorftellen  und  mas  er  mit  dem  lüorte  anfangen 
follte  —  in  unferm  lllanufRript  erfeot  durd)  den  Krähen,  den  er  in  freiligratbs  grotesKer 
meerfabel  fand. 


nugenblitblittjer,  ungcftünier  als  die  berUAenüe  er otih  f  reiligratös  ftölug  I?  e  r  id  e  g  ö  s 
Uederfrüljling  dem  jungen  Keller  ins  Blut,  er  bezeugt  es  felbft  in  einem  pulfenden  Sonett, 
das  frtjon  ins  labr  1843  zuriitfereitöt  und  delTen  endgültige  faffung  ibm,  u)ie  der  manufhript* 
band  zeigt,  fauer  ujurde.  n)ieu)Ol)l  ibm  nuiiren  und  lebensfübrung  des  freibeitsfängers 
den  öeftömaA  am  Diditer  früb  und  zeitlebens  uerdarben,  fo  bat  er  dod)  nod)  1876  aus» 
drüAliö)  ein  BeRenntnis  abgelegt  für  die  Rolle,  die  er  in  feinem  leben  fpielte.  .eines 
morgens,  da  id)  im  Bette  lag,  fd)lug  id)  den  erfien  Band  der  eedid)te  herwegbs  auf  und 
las.  Der  neue  Klang  ergriff  mid)  inie  ein  Crompetenftoß,  der  plö^lid)  ein  meites  lager  oon 
heerüölHcrn  aufiuecht ...  Das  Patbos  der  Parteileidenfä)aft  mar  eine  hauptader  meiner 
öid)terei  und  das  herz  Klopfte  mir  mirMid),  menn  id)  die  zornigen  üerfe  f handierte.' •) 

Hlfo  fiermegb  rief  ibn  in  die  Hrena  und  dadurd)  ganz  eigemlid)  auf  den  Parnaß. 
Sein  binreißender  Klang  beflügelte  Kellers  oon  naufe  aus  eber  etmas  fdimernüffige  Iprih. 
eine  ganze  Reibe  oon  öedidjten  der  Sammlung  üon  1846  befi^en  einen  Zug  und  Sdjmung, 
den  ibnen  mobl  tiermegb  mit  eingebaudit  bat:  Poetentod,  das  berrlid)e  Daterlandslied, 
,So  oft  die  Sonne  auferftebt',  ,fabre  berauf,  du  hriftallener  lüagen',  Jreibeit  mit  den 
fd)marzen  nugen';  aud)  unter  den  liedesliedern :  M  mill  fpiegeln  mid)  in  jenen  Cageu', 
Ja,  das  ift  der  alte  KirdjbofP   ,fabret  mobl,  ibr  fd)önen  eräber!' 

Sold)e  Klänge,  ein  derartiges  ungebemmtes  liedermäßiges  Husatmen,  der  leudjtende 
Hnflug  eines  männlid)en  Patbos  find  ibm  fpäter  uerfagt,  fd)on  in  den  .Heueren  öediditen' 
1857  beinabe  oöUig  oerfagt  —  die  dezidierte  Husnabme,  eine  Hngebörige  der  alten  hlang» 
reid)en  Sippe,  die  noUtönende  ,üia  mala',  entftand  fd)on  1845.  früb  empfand  er  den 
doppelten  Sdömerz,  daß  ibm  die  leid)te  frifd)e  liedergabe  fo  bald  melhte  und  daß  Kraft 
und  roabrbeit  feines  öefübls  erft  zur  Reife  gedieben,  als  er  jenes  0efd)enh  einigermaßen 
eingebüßt  batte.  Sd)on  im  September  1850  Klagte  er  freiligratb:  ...Idibabc  bei  meiner 
munderlid)en  Lebensart  erfi  angefangen,  Kräftig  und  mabr  zu  empfinden,  nad)dem  die 
erfte  und  reid)fie  Singlufi  fd)on  oerpufft  und  nerKUnftelt  mar',  er  bemerKte  mir  1878 
oder  1879,  nad)dem  er  die  Refiauration  feiner  Iprica  bereits  eingeleitet  batte,  er  gedeuKe 
im  Sammelband  fpatere  0edid)te  möglid)fi  zmifrt)en  frübe  zu  uerteilen,  damit  diefe  durdt) 
die  nad)barfd)aft  jenen  etmas  oon  dem  eigemümlidien  Dufte  abgäben. 

Unter  den  ,0edid)ten  eines  lebendigen',  oon  denen  nur  der  erfie  Band  in  Betrad)t  rällt, 
meil  nur  er  bei  Keller  und  andern  zündete,  überioiegen  die  Sonette.  Keller  mird  durd) 
hermegb  zum  bäufigen  öebraud)  diefer  form  ueranlaßt  morden  fein,  der  er  ungefäbr 
üon  dem  HugenblicKe  an,  mo  er  die  Refie  hermegbfdjen  einnufl"es  abfd)üttelte,  fo  gut  mie 
üöUig  entfagte.  Had)  dem  dreißigfien  lebensjabre  —  laut  Brief  an  e.  Sulzer  mar  das 
DrucKmanufKript  der  .Heueren  0edid)te'  fd)on  im  Sommer  1849  fertig  2)  —  uermandte  er 
fie  nur  nod)  einmal  für  die  Hummern  ,Hns  fcnfier  fd)lägt'  und  .er  mar  gefdiaffen'. 


')  eotifrifd  Kellers  nadigclafTenc  Stftriften  und  Didtitunoen.   Bfrlin  1893.   Iierausg.  iion  1.  Bäd)told.   S.  18. 
«)  Bdifttold  I,  381. 


'fS 


Die  DeriDcndung  des  Refrains  in  den  friiöen  Polemica  .lefuitenzug'  und  .Hpoftaten» 
marfd)'  fou)ic  in  ,0er  KUrafTier"  und  ,frau  niid)el'  läßt  fidö  ujoöl  aud)  auf  herujegö 
zurüAleiten,  der  iön  geradezu  genial  öandöabte.  Keller  bradjte  iön  fpäter  nie  ujieder  zur 
anujendung  außer  in  .HnndJen'  —  nadt)  Bädötold  fdjon  liu  entftanden  - ,  in  dem  ins 
laör  \%n  fallenden  'Standd)en  für  eine  Prinzeffin'  und  in  dem  moöl  ungefähr  gleid)» 
zeitigen  ,Sd)ifferlied''. 

Im  einzelnen  fd)eint  der  Röetor  hermegö  bei  Keller,  der  aud)  als  Ipriher  gerne  mit 
den  mittein  des  maiers  und  Cpihers  arbeitete,  nid)t  eben  reid)e  Spuren  binterlaffen  zu  öaben. 

Allerdings  find  gleidt)  die  beiden  erften  0edid)te  der  Abteilung  morgen:  ,So  oft  die 

Sonne  auferfteöf  und  ,faöre  öerauf,  du  Krpftallener  magen'  angeregt  durd)  Herroegös 

.Zuruf.    Diefes  Poem  prophezeit  den  Sieg  der  freiöeit,  fdiließt  jedod)  ganz  unoermutet 

mit  dem  0edanKen,  daß  mandier  im  Streit  um  fxe  fallen  merde: 

Unfer  uiarten  Cljermopilen, 

Perfer  —  und  im  Seftatten  mandj  ein  6rab. 

Keller  fd)afft  zwei  0edid)te  oon  einl)eitlid)er  Stimmung,  indem  er  die  motioe  trennt.  ,So 
oft  die  Sonne  auferfteöf  ift  ein  öefang  der  hoffnung  auf  freiöeit ;  das  andere  —  .faftre 
öerauf  —  füört  hermegös  Hnfd)auung,  daß  nodö  oiele  Opfer  zu  bringen  und  lüiderftände 
zu  überujinden  feien,  in  üerfd)iedenen  flntitöefen  energifd)  durdt).  ,Der  freiöeit  Priefter» 
ftöaf  ftammt  aus  hermegös  Stelle 

Prie{lcr  nur  roird's  fUrfler  geben, 
und  der  Rnfang  t)txwtg\)% 

Sdi)aut  der  Sonne  Tluferftebn! 

Klingt  in  Kellers  Anfang  (die  Sonne  auferfteöt)  mörtlid)  mieder.   Der  Cäufer  und  der 

meflias  hermegös  find  bei  Keller  erfe^t  durd)  lofua. 

Die  Oifion  der  durd)  die  herbfmad)t  mandelnden  freiöeit  findet  fid)  fd)on  bei  hermegl) : 

Sebt  ibr  den  öeilt  der  freibeit  fcbreiten 
Auf  Blumenfoblen  durd)  das  Land? 
Zum  ftillen  Segen  liebend  breiten 
Die  fibmertgemobnte  öötterband? 

Huf  bobem  Berg,  im  tiefjten  Cale 

So  freudig  raufdöt's,  fo  wunderfam . . . 

(Drei  eiitmbergsliedpr.  II). 

Die  freibeit  wandelt  durd)  die  nadDt 
mit  wallend  aufgelößem  Iiaar  . . . 
Sie  drückt  ein  Sd)U)ert  an  ibre  Bru(t. 

e.  Keller  (herbO  M). 

hennegö  fprid)t  in  einem  Sonett  den  öedanKen  aus,  daß  öoetbe  nirt)t  tauge  in  die 
rauften  Zeiten  politifd)er  Kampfe: 

IDas  rollen  uns  nod!)  Sibiller  oder  6oetbe) 


Keller  greift  iön  auf  (.den  eoetbC'PöiUrtemT : 

Und  0oett)e  ift  ein  Kleinod,  das  im  Kriege 
man  ftill  begräbt  im  unterften  öemölbe. 

es  ift  irabrftöeinlitö,  für  mein  eefiiöl  öemiß,  daß  die  glänzende  und  empfundene 
RÖetoriR,  roomU,  gleid)falls  im  erften  Bande  der  ,0edid)te  eines  Lebendigen',  hermegö  den  Cod 
öeorg  Biitöners  umujob,  eines  der  l)errlid)ften  Kellerfd)en  0edid)te  öeruorrief,  den  .Poetentod'. 

nid)t  zu  reden  oon  der  öleidööeit  des  motios,  das  herroegö  aus  dem  leben,  Keller 
aus  hermegö  fd)öpft,  die  bei  Keller  feltene  Oolubilität  des  eefiiöls,  ölanz  und  Stolz  der 
Oihtion  geben  auf  fiermegös  Pfaden.  In  beiden  0edid)ten  mird  der  im  Hbendlid)t  oer^ 
gliiöende  öletfdier  und  der  melRende  herbft  zur  ITlilieurärbung  oerroendet.  herroegö  fingt, 
obgleid)  Büd)ner  im  februar  ftarb: 

Dort  in  den  nad)en  mirft  mit  kalter  hand 
Sein  le^tes  0old  das  Berbftlid)  gelbe  laub 
und  Keller: 

Der  fterbftmind  ziel)t. 

Keller  übernimmt  tjon  hermegö  Oersmaß  und  Stropbenform  des  Hnfangs.  hermegl) 

beginnt: 

So  bat  der  Purpur  wieder  fallen  mülfen! 
ftaft  eine  Krone  miederum  geraubt! 
Du  fd)onft  die  Sd)langen  zujififten  deinen  fußen 
Und  trinft  den  iungen  Hdlem  auf  das  liaupt! 

Keller  beöält  die  Stropöenform  durd)U)eg: 

Der  t)erbftu)ind  Hiebt-,  der  Did)ter  liegt  im  Sterben, 
Die  lt)olfeenfd)anen  tagen  an  der  tPand-, 
flu  feinem  lager  knien  die  zarten  Crben, 
Des  lüeibes  Stirn  rubt  beiß  auf  feiner  t7and. 

freilitt)  tritt  öier  aud)  die  üerfd)iedenl)eU  der  Begabung  und  Kellers  fiegreidje  Über« 
legenbeit  zutage,  der  als  genialer  ITlaler  das  motio  in  eine  padiende  Situation  hriftal« 
lifiert,  mäbrend  hermegö  am  Sterbelager  des  Poeten  fiel)  in  immer  neuen  emotionen  und 
Reflefionen  zerfafert  und  abmüdet.  Leörreid)  und  bezeid)nend  ift  audt),  mie  hermegö  über 
ein  zu  früb  gebrodjenes  Poetendafein  fid)  in  Klagen  ergießt,  mogegen  Keller,  den  örund« 
gedanKen  feines  Dorgängers  fouoerän  umhebrend,  ein  mefentlld)  ausgelebtes  zum  Oor- 
iDurf  mäölt;  lebrreitjt),  mie  ftermegl),  unuermögend,  fid)  über  den  gegebenen  fall  zu  tx- 
beben,  es  lediglid)  zu  einem  ftimmungsnollen  pompbfen  HeKrolog  bringt,  mäbrend  Keller  das 
Cppifcbe  ergreift  und  erfindet  und  aus  der  fülle  desfelben  ein  monument  baut,  deffen  ftarhe 
und  allgemein  gültige  formen  geadelt  find  Dom  Sd)ein  der  felbftberrlidjen  poetifdjen  IDillKür. 

In  der  autobiograpbifdjen  SKizze  aus  dem  Jabre  1876,  die  der  Iprifdien  eoofeation 
durd)  ftermegb  gedenht,  bezeidOnet  öottfried  KeUer  im  nämlitben  Atemzug  Hnaftafius 
0rün  als  den  andern,  der  ibn  der  politifd)en  Iprife  zufübrte. ')  Der  Öfterreid)er  mag 

•)  Oergl.  übrigens  Bädjtold  a.  a.  0.  S.  lo\  und  203. 

^5 


im  Srt)iDeizer  den  Zorn  der  Zeit  gegen  ReaKtion  und  Pfaffen  gefrt)ün  öaben.  Dort)  eine 
tiefere  lüirhung  loar  voo\)\  ausgefd)loffen,  roeil  feine  poetiftften  engenden,  die  öäufig  non 
dilettantifrtjen  fled«n  nerunziert  merden,  haum  fo  ujeit  reiftjten.  Immeröin  gibt  es  zu 
deuKen,  daß  die  ZgRlen  ^feuer-ldtjlle'  und  die  .öedanKen  eines  lebendig  Begrabenen'  im 
nämlid)en  Ders  und  in  derfelben  Stropöe  geft})rieben  fmd  u)ie  die  uier  des  ,5d)utt^  Mio 
dürfte  flnaftafius  0rüns  ,,Poefie  des  Dampfes' •)  in  Kellers  Tlntujort  an  Juftinus  Keriicr 
u)iderKlingen.  Beide  0edid)te  oerfediteu  Cifenbabn  und  Dampffiöiff  gegen  weltabgemandte 
Cräumer,  und  der  öedanhe  öriins 

Id)  iDill  indeß  Ijinab  die  Bajjn  des  Rbeines 

auf  fd)iDarHera  SdJiBan,  dem  Dampffd)i(T,  Hngend  fd)iDimmen, 

Den  ßedier  ftbiringend  ooll  des  goldncn  lüeines 

erftebt  mieder  bei  Keller: 

Und  roenn  oielleiiftt,  nad)  fünfzig  Jabrcn, 
ein  luftfd)ifr  üoller  örierbenmein 
Durd)'s  morgenrotl)  feäm  betgefabren  — 
ItJcr  möd)te  da  ni^t  fäbrmann  fein> 

Dann  bog'  id)  mid),  ein  fel'ger  Zedtjer, 
rüol  über  öord,  uon  Kränzen  fd)U)er, 
Und  göffe  langfam  meinen  ßed)er 
mnab  in  das  oerlaffne  meer! 

lüie  an  freiligratb  und  hermegb  bat  Keller  aud)  an  lenau  feinen  poetifdöen  Danfe 
abgetragen.  Dergaß  er  nid)t,  daß  hermegb  das  feuer  in  ibm  entfadjte,  fo  füblte  er  fidt) 
lenau  uerpflidJtet,  meil  er  iöm  das  zeituieife  niedergebrannte  luieder  entflammte  — 
moöl  im  IDinter  1845/46. 

Hn  lenau. 

IDelk  lag  meines  Rerzens  earten,  ^  Und  nun  las  id)  fle-,  auf  einmal 

Und  fein  Springquell  war  ocrflegt,  p  In  fo  öder  tüintersHeit 

nil  das  liederoolk  in  Zmeigen  ^  0ing  mir  auf  ein  neuer,  reidier 

Saß  in  dumpfen  Sd)laf  gemiegt.  g  lenz  in  feiner  herrlid)heit ! 

hobl  und  klanglos  fd)ien  mir  alles,  §  Und  in  deinen  öeiftesbluten 

Und  der  frifd)e  Duft  entmid);  g  tüarft  du  mir  ein  nchromant, 

Selbft  die  fremden  lieblingsmcifen  S  Der  für  meinen  eignen  Zauber 

hatten  keinen  Con  für  mid).  |  lüicder  mir  das  Sd)lagu)orl  fand. 

IDie  es  oftmals  gebt  im  leben,  1  Rafd)  cntfetfelt  fprang  der  Bronnen, 

Das  fo  feltfam  mebt  und  fUdjt:  |  mie  Lauben  ooller  Sang! 

längft  fd)on  kannf  id)  deinen  Hamen,  |  Und  in  den  gebeimften  öängen 

Bbcr  deine  lieüer  nid)t.  ^  TOar  es  uiicdcr  Duft  und  Klang. 

Damals  münfd)t'  id),  daß  id)  möd)tc 
ein  begabter  Sänger  fein. 
Um  dir  red)t  ein  fd)ön  und  lindernd 
ein  uergeltend  Lied  zu  u)eibn ! 


')  8eill(Dtc,  Ulpiig  1837.  S.  237. 

^6 


Diefer  OanK  fand  Keine  Hufnabme  in  den  ,5efanimelten  öedidltcn'.  ebenfo  oerftieß  Keller 
fpäter  das  öedicöt  C  o  h  a  i  e  r,  das  den  Untertitel  trägt :  ^ReminiszenE  an  lenau'  und  im  Jaör^ 
gang  ists  des  Jaörbud^s  ,0er  Donauljafen'  und  issi  in  den  .neueren  öedidtiten'  erfdtiien: 
Keller  fudöt  im  Cohaier  ein  Sijtnbol  für  das  im  innerften  Kerne  hranhe  lüefen  lenaus. 

Bis  die  rOcncrutolfeen  ftljlollen  g  Sifiinarz  W  iä)  die  öründe  ßäbnen, 

Di(t)t  den  himmelsfaal,  i  lüo  erlofct)  der  5tral)l, 

Kam  noft)  zujifdicndurdt)  gefcftoITen  ^  Der  fid)  durtj)  öeiDittertränen 

Hell  ein  Sonnenftrabl.  g  Aus  der  Sonne  ftaljl. 

Der  üerfanh  in  eine  Craube  i  eine  ungeheure  leere 

Und  erlofd)  Hule^t;  ^  Cut  I\d)  gräulid)  Kund, 

Diefe  aber  gliibt,  id)  glaube,  ^  lüie  im  abgelauf'nen  Hleere 

mir  im  Olafe  ie^t.  k  rOimmelt's  auf  dem  örund. 

Denn  ein  leifes  fdjrilles  Klingen  M  Und,  ein  fcftmarzer  IDirbel,  dreftct 

ZirKeU  um  den  Rand,  ©  Cs  fxtö  niedermärts, 

Cönt,  als  menn  der  Becfter  fpringen  |  Bis  in  ewiger  na(t)t  »ergebet, 

lüoUte  in  der  ftand.  |  S(t)eidet  luft  und  Sdjmcrz. 

6ieße  did),  du  Bedjerhlage,  ^  Sdt)enke,  rOirt!  o  laß  es  braufen! 

Cief  in  meinen  mund :  g  6ieß'  den  Bedt)er  noU, 

Das  öeöeimnis  homm'  zu  Cage  S  lüenn  mein  herz  ob  innerm  öraufen 

Huf  dem  leeren  ßrund!  ß  Hiebt  üerzagen  foU! 

Die  beiden  ZengnilTe  erbärten  den  Cindru*,  den  lenau  ibm  mad)te.  Die  ftarRfarbigen, 
tiefgeftimmten  und  energifdö  befeelten  landfdjaftsgriinde  lenaus,  mit  deren  lüften  die 
Seele  des  Oictiters  miiKlingt  und  mitftömingt,  mögen  den  landfrt)after  öottfried  Keller 
befonders  angemutet  baben. 

öerade  die  6edid)te  diefer  Hrt  find  im  Bändeben  oon  1846  die  eigenftcn  und  be» 
deutendften.  ftier  berübrt  M)  fein  Calent  ganz  eigentlid)  mit  demienigen  lenaus,  mie  er 
denn  gemiß  nidjt  umfonft  fagt,  er  babe  in  der  li;rili  des  Hltern  das  Sd)lagu)ort  fiir 
feinen  eigenen  Zauber  gefunden. 

es  mag  auffallen,  daß  fid)  dennod),  fo  meit  idj  wenigfiens  feöe,  keine  merhrnale 
irgend  eines  einflulfes  zeigen. 

Das  crhlärt  fid)  mobl  daraus,  daß  Kellers  Iprih,  als  er  lenaus  0edid)te  zu  8efid)t 
befeam,  fd)on  im  üollen  Zuge  der  Cntfaltung  begriffen  und  daber  CinmirUnngen  meniger 
2ugänglid)  mar.  Hätte  er  fie  zugleid)  mit  denen  freiligratbs  und  hermegbs  Kennen  gc 
lernt,  er  märe  mobl  eber  unter  ibren  Dann  geraten. 

üielleidlt  —  nad)  meiner  Hnfitöt  gemiß  madjte  fid)  nod)  etmas  anderes  geltend : 
der  bäufige  dilettantifd)e  einfd)lag  bei  lenau  binderte  die  Huslöfung  befrudtitender  mo^ 
mente.  Der  ed)te  Künfller  murde  angezogen  uon  den  u)irKlid)en  Kijnnern  und  Künfilern 
unter  den  zeitgenbffifdien  IpriKern:  freiligratb,  Hermegb,  l?eine. 

Die  Spuren  Heines  treten  im  Bandd)en  oon  1846  —  die  oon  Bädltold  I,  81  und 
111  nambaft  gemaditen  frübern  Sd)öpfungen  find  belanglos  —  deutli*  zutage.  Hber 

^7 


fie  gcöcn  nirgends  in  die  Ciefe.  Sie  find  aufgelefene  nianieren,  man  möftite  fagen :  üble 
manieren,  die  Keller  bald  und  für  immer  abftreifte.  Die  damit  behafteten  0edid)te  geboren 
2U  den  geringften  der  Sammlung  und  iedenfalls  zu  den  am  menigften  fpmpatl)ifd)en : 
,Pietiftenu)alzer',  ,frau  inirt)er',  .modernfter  fauft \  ,0eftem  eine  nnentUr",  ,ein  luftiger 
mcdiziner',  .Hpoftatenmarfdt)',  ,Hus  iJjrem  leben:  Didötung  und  HJaöröeit  I  und  II'.  man 
hann  bei  einigen  daoon,  namentlid)  bei  den  beiden  legten,  in  Zmeifel  fein,  ob  heines 
0eift  mirKlidt)  zu  öeüatter  ftand.  Jedenfalls  bätte  iönen  Keller,  menn  er  derartiges  inne 
gemorden  iDäre,  das  l?erbergsred)t  in  der  öefamtausgabe  oermeigert. 

es  fieöt  aus,  als  ob  der  Husgang  des  empfundenen  und  fpäter  mit  uneröebliftien 
Hndcrungen  beibeöaltenen  ,Sieö!  Kaum  glimmt  des  Stromes  Spieger  einem  Jener  befeannten 
gerüölserujürgenden  Sdölüffe  heines  nad)gebildet  märe: 

Hrmer  höltp,  du  bannft  geöen, 
Craurig  fudj)'  dein  küftles  hausl 
SiebJ  das  feuiftte  morgeniBeljen 
Lad)t.uns  alte  Kinder  aus!' 

Unbeftreitbar  ift  das  der  fall  bei  .IDie  i*  faör'  in  ftiller  Hatöt': 

lüobl  ergel)'  es,  Cngel,  dir! 
lüerde  litftt  und  licftter! 
Hd)!  Dein  Knabe  wurde  bier 
Unterdeß  ein  Didjter! 

muß  nun  reimen  früb  und  fpat 
Um  fein  täglid)  Leben-, 
Kannft  du  keinen  betfem  Ratb 
Dann  und  ujann  ibra  geben? 

no(ö  im  laöre  1846,  im  laöre  feiner  ftarfeen  Iprifdjen  IDandlungen  und  Oollendungen, 
fang  Keller  die  ,Hlten  IDeifen'.  n)aörfd)einlidt)  baben  ibm  dabei  Reines  dem  üolKslied 
abgelaufdöte  Lieder  ebenfofeör  tJorgeKlungen  mie  diefes  felbft :  er  mar  binreitöend  gereift, 
um  neben  den  prägnanten  Unarten  der  heincftöen  IHufe  audt)  iöre  Zauber  zu  erKennen, 
und  genügend  erftarht,  um  es  ibnen  einigermaßen  nad)zutun. 

BeKanntlid)  bat  er  pd)  fPäter  ausrübrlitöer  als  mit  irgend  einem  andern  Oid)ter  mit 
heinc  auseinandergefe^t,  im  .Hpotbeher  non  Cbamounif .  Hber  das  gefdjab  zu  einer  Zeit, 
u)o  üon  nad)abmung  und  unbemußten  Zufammenbängen  nidt)t  mebr  die  Rede  mar,  fondern 
Don  bemußtem  IDetteifer  und  tüettlauf. 

eine  BerUbrung  Kellers  mit  follen  mill  id)  nod)  ermäbnen,  die  freilid)  denjenigen 
befremden  mag,  der  die  hand  mit  Sid)erbeit  auf  fold)e  Dinge  legen  und  niodell  und 
Hbdrutfe  fo  äbnlid)  mie  möglid)  baben  mill.  follen  uerdffentlidjte  im  .Bilderfaal  deutffter 
Oidömng'  (II.  S.  72')  ein  eedidjt  .epfcla^flub': 


>l  iDlnteribur  ni9. 


hier  ftelj  id)  frei  auf  dem  felfengrat 
])0ä)  oben  auf  öofelaflulj-, 
wer  felbige  lüarte  nott)  nitöt  betrat, 
dem  ratl)'  id),  daß  er  es  tl)u. 

lüie  moöt  um  Städtd)en  und  Oörfdien  im  üftal 

der  Wigeldien  grünendes  meer! 

Rill  mandelt  die  Aar  im  flbendftraljl, 

die  funhelnde  Srt)lange  dafter! 

eetbUrmt  und  gezinnt  ift  die  Juramand 
hinunter  zum  lüeißenftein:  — 
mas  bli*ft  du  trüb,  o  deutfd)es  land, 
durd)  ludien  und  Ri^en  berein? 

hinüber  mol,  mo  die  öemfc  mobnt 
in  purpurner  fllpenmelt? 
—  fteiflt,  nipen,  bimmelan  getöront, 
und  fpiegelt  eud)  in  dem  öelt! 

Oiefes  allem  forcierten  zum  Cro^  durdi)  einen  geujilTen  Con  und  gefdilofrene  haUung 
anzieöende  öeditöt  bepct,  menigftens  in  meinen  Hugen,  eine  feltfame  Oermandtl'diaft  mit 
öottfried  Kellers  „EinKeDr  unterhalb  des  Köeinfalls'  (fpäter  .öegenüber").  Und  zmar  dUnfet 
mit!)  in  diefen  beiden  0renzgedi(öten,  mie  idt)  fie  der  Kürze  balber  nennen  mill,  neben 
dem  eemeinfamen  befonders  das  0egenfät)licl)e  oon  Belang.  Kellers  Sdjöpfung  fieöt  mie 
ein  entfernter  HbfenKer,  zugleirt)  iedoc!)  mie  ein  Proteft  gegen  diejenige  follens  aus.  öiefer 
fpmbolinert  durd)  die  öemfe  die  freien  und,  mit  denen  Oeutfrt)lands  oerglidben,  mürdigern 
und  u)ünfd)ensu)ertern  Zuftände  der  Sd)U)eiz.  Keller  proteftiert  gegen  die  Übertreibung 
durd)  das  Reo,  das  es  büben  und  trüben  gleid)  gut  oder  rid)tiger  gleid)  fd)led)t  öat: 

Oon  Deutfd)land  rd)U)immt  ein  fließend  ReD 
herüber,  wo  es  —  aud)  nidtjt  rujt. 

roenn  follen  mitleidig  und  überlegen  wom  Sdimeizer  Luginsland  nafl)  Deutfd)land  öinüber^ 
bllAt,  in  fein  üaterland,  fo  u)ünfd)t  Keller  die  öegenfäßc  ausgeglid)en  und  Sd)U)eizer  und 
Deutfd)er  zu  fein,  öemiß  murde  fein  0edid)t  aus  einer  beftimmten  Stunde  und  Örtlid)Keit  am 
Röein  öerausgeboren  und  nid)t  etma  als  beabfidjtigtes  ßegenftüdt  zu  dem  follens  gefd)afren. 
nilein  der  Inbalt  des  eindruAfamen  foUenfd)en  erguffes,  gewendet,  meitergeformt,  um* 
geftaltet,  mar  mobl  der  beimlid)  ftöon  üorbandene  Kern,  um  den  fid)  1845  dann  das 
fommerlitöe  Rbeinmilieu  zufammenfd)loß. 

Hud)  ein  öafel  taud)t  im  Bänddien  üon  1846  auf,  das  erfte  DoKument  Rüthertfdt)en 
und  Platenfd)en  einfluffes,  der,  übers  Jaör  hräftiger  einfe^end,  die  ,6afelen'  öernorrief, 
die  in  den  .neueren  öedidJten'  erfd)ienen.  Übrigens  Ijat  Keller,  aud)  nad)dem  er  fold)er 
formenluft  abgefd)moren,  Platen  unmandelbare  hod)fd)ät)ung  bemaört,  mie  man  u.  a. 
aus  dem  .HpotöeKer  uon  Qamounif'  erfieöt. 

Ke  7  ^^ 


es  ift  leörreidj  2u  feben,  ido  öottfried  Keller  feinen  f  üörern  und  Oorbildem  nad)folge 
leiftete.   Hber  audt),  u)0  er  fie  oermeigerte.   Und  was  er  eigenes  öinzubradjte. 

Der  Don  den  Romantihern  eingeführte  Kulms  der  Did)ter  und  Künftler,  der  um  die 

ntitte  des  oorigen  Jaöröunderts  aus  der  literamr  zu  u)eid)en  begann,  mad)t  fidt)  in  feinen 

0edid)ten  oon  1816  nod)  beträd)tlid)  füölbar,  mobei  gemiß  bedeutend  ftärKer  als  die  mode 

die  unermartete  5d)idifalsmende  zum  lUorte  gelangte,  die  den  entgleiften  nialer  zum 

Poeten  eröoben  öatte: 

Art),  dein  Knabe  wurde  öier 
Unterdeß  ein  Did)ter! 

DerDid)ter  ift  der  eigentlidöe  held  im  .Poetentod';  er  trägt  ein  Stüdi  uom  emigen  leben 
fdion  öier  im  fterzen  als  morgengabe  (XXIV  Sonett);  öidöter  foll  man  ungefdilagen  laffen, 
denn  fie  baben  immer  redit  (.Brentano,  Kerner') ;  die  iungen  Did)ter  und  die  f inhen  trinKen 
die  melodien  der  oom  Smrme  gefd)üttelten  Bäume  (,1m  lüalde'',  fpäter  .IDaldlieder'  I); 
ein  munderlid)er  Kauz  ift  der  Poet,  der  das,  mas  alle  andern  bloß  empfinden,  mit  munden 
lidien  lüorten  fagen  Kann  (.Subiefetines  Dicöten').  ,,ein  CagemerK'  fdtiilden  Kellers  üergeblitjöes 
BemUön,  ,ein  bleibend  lied  zu  bolen  in  den  lUäldern' ;  er  fttirelbt  bei  feiner  lampe  Sdiein 
ein  mild  und  gottoerleugnend  lied  (,nad)t'  II);  er  mill,  um  die  Kläffer  mit  breitem  Klatfdt) 
zu  bedienen,  eine  lange  eeißel  lederner  Cerzinen  fledöten  (.Subjefetiues  Oiditcn');  auf  die 
IDanderung  nimmt  er  nidits  mit  als  feinen  Bedier  und  fein  Saitengetön  {.rDanderlied').  er 
diarahterifiert  Brentano  und  Kerner,  er  dauKt  I^ermegb  und  lenau  für  empfangene  Hn- 
regungen;  im  lüillhomm  an  freiligratö  fud)t  er  die  befondere  Begabung  diefes  Did)ters, 
in  .Oenfeer  und  Didtitef  die  eigene  zu  beftimmen. 

Sein  gefunder  Sinn  bemabrte  ibn  nor  dem  Zuftu^en  und  Hufdrapieren  des  Poeten, 
mie  es  fid)  nod)  in  freiligratös  Satöen,  bei  fiermegö  überdies  in  der  lebensöaltung  zeigte. 
Die  bislang  beliebte  Poetennerberrlidiung  frt)lägt  bei  Keller  fogar  mehrmals  fo  ziemlid)  ins 
öegenteil  um,  mie  übrigens  fd)on  bei  Hd)im  oon  Hrnim,  der  überhaupt  mie  ein  üorläufer 
Kellers  erfd)eint.  Diefer  fingt  an  die  tote  öeliebte: 

muß  nun  reimen  frül)  und  fpat 
Um  fein  täglicb  leben; 
Kannft  Du  keinen  bcffern  Ratö 
Dann  und  mann  ibm  geben? 

In  der  .feueridpUe'  matfd)elt  der  Poet  mit  zur  feuerftätte  binaus  und  fendet  feinen 
Kennerblidt  üoraus.  Sein  Sd)ulhamerad  ift  Spi^bub  morden,  er  —  Poet.  ,Hus  ibrem  leben: 
Did)tung  und  lüabrbeit'  und  .Konditor  und  Poet'  find  mabrlid)  Kein  Did)terlob;  der  .modernfte 
fauft'  ift  ein  bobler,  pofierender,  lumpiger  Bummelpoet.  — 

Dielleirt)t  bat  öottfried  Keller  an  Keinem  manne  fo  gebangen  mie  an  freiligratb, 
dem  er  bis  ans  lebensende  danKbare  7lnbänglid)Keit  bemabrte.  In  feiner  Sd)ule  lernte  er 
den  feften  Kontur  und  das  leud)tende  Kolorit.  Ood)  uor  gemiffen  Ced)niKen  und  effeKten 
feines  freundes  nabm  er  ficb  in  aibt. 

50 


er  öütete  fiöt)  oor  feiner  grellen,  unruhigen,  aufdringlitöen,  Kontraftrüdötigen  färben^ 
u)irtfdt)aft. 

ein  einziges  mal  ließ  er  fitö  oon  iöm  nadt)  der  Süüfee  entfiiören.  Sonft  folgte  er  iöm 
meder  in  die  alte,  nodö  irgendrooöin  in  die  neue  IDelt,  wie  er  and)  lenau  nid)t  in 
die  Pußta  nad)Hog  und  Zigeuner  fo  uienig  u)ie  polnifdie  freiöeitshämpfer  feierte.  Oon 
ungeu)öl)nlid)em,  ia  leidenfd)aftlid>em  heimatsgefüöl  befeelt,  oeröarrte  er  im  lande 
feiner  Däter,  deffen  Sd)önl)eit  fein  nialerauge  erfüllte,  deffen  glüdilid)e  emujiAlung  er 
mit  gläubigem  Dertrauen  eröoffte.  nod)  in  jungen  Jaören  fd)enRte  er  den  Sd)U)eizern 
das  ftöönfte  Daterlandslied.  er  bat  heine  und  andere  Didjter,  die  über  ibr  Oaterland 
berfielen,  niemals  begriffen. 

es  gibt  nod»  ein  Drittes,  morin  er  freiligratö  nid)t  nad)eiferte:  das  find  die  feltenen, 
gefud)ten,  unerbörten  Reime.  Hllem  KiinftUd)en  abbold,  befdiied  er  fid)  gemöbnlid)  mit 
dem  Reimmaterial  der  Durd)fd)nittspoeten.  üor  den  Reimberoen  heine,  freiligratb  und 
I^ermegb  fpielt  er  mit  feinen  0edid)ten  oon  1846  eine  febr  befd)eidene  figur.  Und 
menn  einer  beute  fo  Diele  abgeftandene  und  unreine  Reime  auftifdjte  mie  er  in  der 
.feueridplle',  fo  mürden  die  tiauptlinge  und  Cborusmad)er  der  Iprifdien  Ringe  nidjt  übel 
die  Hafen  rümpfen. 

lOäbrend  er  in  den  Briefen  gelegentlid),  in  den  epifd)en  Sdiöpfungen  feiten  einer, 
Dielleid)t  in  feinem  Hutodidahtentum  murzelnden,  Oorliebe  für  fremdmörter  naö)gibt, 
entbält  er  fid)  in  den  Derfen  aller  ReimRoftbarheiten.  erft  gegen  das  Jabr  1875  beginnt 
er,  um  das  lofeale  und  hiftorifdie  berauszubringen  und  das  Cbarahteriftifd)e  zu  fteigern, 
nid)t  bloß  prägnante  und  marfeante  Reime  zu  fud)en,  fondern  zumeilen  audt)  aparte.  Die 
Zeugniffe  dafür  find  die  1876  emftandenc  Jobannisnatbt'  und  die  für  die  ,0efammelten 
0edid)te'  uorgenommene,  febr  einftbneidende  Umarbeimng  des  ZpUlus  ,nad)t  im  Zeugbaus', 
hier  fdieint  er  es  geradezu  darauf  angelegt  zu  baben,  überall  mit  neuen  und  originellen 
Reimen  zur  hand  zu  fein:  Sd)ilden  —  frabgebilden,  märmelofen  —  Sdimerterrofen, 
5dt)U)efelfd)nüre  —  Zeugenfd)U)üre,  Oerdäditigungsgeräte  —  Bled)trompete,  niften  —  Spielen 
liften,  mauerfdilüften  —  lüften.  Hm  auffallendften  ift  Cbrpfaliden  -^  fdimieden.  Der  Klang 
diefes  lüortes  —  denn  dafür  mar  er  febr  empfindUd)  —  mird  ibn  beftodien  baben. 

eottfried  Keller  befebdet  poUtifdie  Unfreibeit  und  Pfaffenregiment,  mie  hermegb  und 
freiligratb  aud),  der  fid)  freUid)  erft  1846  zum  Reüolutionsfänger  entmirtielte.  Kellers 
leidenfd)aftlid)e  tlatur  fd)üttet  Zorn  und  Ingrimm  aus.  nilein  er  ruft  nidit  zu  den  lüaffen, 
zu  denen  er  dod)  in  jenen  tagen  griff,  er  batte  freütd)  Keine  f  ürften  mit  Crabanten  und 
Sdiranzen  oor  fid),  dod)  immerbin  den  drobenden  Bürgerhrteg.  er  ftellt  fid)  nid)t  auf  die 
Cribüne  und  nid)t  an  die  Spibe  des  Zuges;  er  marfd)iert  als  einer  der  taufende  im 
großen  häufen  der  0uten  und  Red)ten.  Dielleid)t  meil  er  zu  febr  Poet  mar,  um  fid)  auf 
das  einzelne  einzuladen,  ift  fein  Programm,  obgleid)  es  als  das  feiner  Partei  in  lUirfelidi'- 

51 


Keit  fdöarf  formuliert  mar,  nidöt  beftimmter  als  flasienige  ftermegös  und  andrer.  Cr 
öofft  ganz  allgemein  auf  den  Sieg  der  freiöeit,  auf 

Die  Kraft,  die  nimmer  ftirbt 
Und  immer  inieder  ftreitet. 
Das  gute  Blut,  das  nie  oerdirbt, 
ßetieimnisDoll  oerbreitet. 

nitöt  fo  feör  oon  der  niederlage  und  öcrnidötung  der  öegner  ermartet  er  das  heil,  als 

oon  der  hebung  und  läuterung  feiner  öefinnungsgenolfen,  der  freunde  des  fortfdjritts 

und  der  freiöeit: 

Streifet  ab  die  alten  Sünden-, 
Denn  geläutert  und  gereinigt 
Solu  iljr  eud)  zum  fefte  finden. 
Das  nur  lüiirdigftc  uereinigt. 

Der  notmendige  Kampf  foll  tuöglitöft  rafcö  ausgefodöten  ujerden,  damit  man  bald  an  die 

eigentlid)e  Hrbeit  geben  Kann. 

es  ift  febr  bezeid)nend,  daß  er,  moöl  oönc  damals  fd)on  die  leere  des  niannes  zu 

durd)fd)auen,  in  dem  begeifterten  Sonett  an  Rermegö  üon  diefem  Stljöpfungen  eröofft,  die 

niö)t  oom  öeifte  des  Kampfes  geboren  und  getragen  feien: 

Dod)  menn  nad)  Snirm  der  friedensbogen  lacftt, 
IDenn  der  Dämonen  finftre  Sd)aar  benmungen, 
Zurü(hgefd)eud)t  in  iljres  Urfprungs  nadjt: 

Dann  foll  Dein  lied,  das  uns  nur  Sturm  gefungen, 
Crft  uoll  erbliibn  in  reidjer  früblingspradjt ! 
nur  durd)  den  lüinter  mird  der  lenz  errungen. 

Diefer  etöifdje  Cinftölag  in  den  politifd)en  Zettel  uerleiöt  iöm  unter  den  freiöeitsfängern 
jener  Cage  das  befondere  IDefen.  — 

Croß  einiger  leörlingsöafter  lHaKel  bedeuten  die  0edid)te  iS'ie  dod)  öottfried  Kellers 
meifterbrief.  Je^t  öatte  ibm  nur  einer  der  zeitgenöffifd)en  Itjriher,  foweit  er  fie  Kanme, 
nod)  etmas  zu  fageu:  heine. 

Die  beruhende  liederfeunft,  die  funfeelnde,  gefdjmeidige  Satire,  die  uerbliiffenden,  oft 
totfd)iagerifrt)en  Pointen  uermodjte  ibm  Gottfried  Keller  nidjt  nad)zutun.  Hur  mit  den 
nod)  1846  entftandenen  ,Hlten  lüeifeu'  ham  er  dem  bemunderten  üorbild  naöe,  aber  nur 
Öier.  niles  Übrige  mar  und  blieb  ibm  uerfagt. 

Oerade  darum  mar  heine  und  feine  Kunft  für  iön  ein  Problem,  zu  deffen  endgültig 
ger  HbmiAlung  er  nod)  über  ein  Jaörzeönt  benötigte. 

Zmei  fragen  befdtiäftigten  ibn  im  .Hpotbefeer  uon  Cljamounif'.  eine  direhte  und  feör 
beujußte:  der  Unterfrtiied  zioiftöen  Cbarakter  und  Calent,  der  allerdings  bei  fieine  ein 
menig  zum  Himmel  fd)reit.  Und  eine  leife  und  dem  Did)ter  felbft  mobl  Kaum  bemußte, 
die  er  durdj  das  lUerh  felbft  löft:  Der  Unterfrtiied  zmifd)en  IDit)  und  humor. 

52 


Der  .npotöehcr  oon  Cöamounif  blül)t  Don  Humor,  epifdtjer  Crfinduno,  öeift  und  öcöalt. 
Aber  jenen  ujiclerftanüslos  öinftrethenüen  \\)%  der  den  ,Htta  CroU'  durd)zudit,  mit  dem 
Keller  in  die  Sd)ranKen  treten  mollte,  iene  geniale,  bli^artig  Uberflammende  und  vti- 
nidjtende  Satire,  die  dod)  aud)  ein  öötterhind  ift,  die  befi^t  er  nid)t. 

Seine  Stärhe  ift  der  Humor.  Die  Beidjte,  die  der  mond  dem  Did)ter  abnimmt  — 
Jm  fierbft,  menn  fid)  der  IDald  entlaubt'  —  ift  eine  Kräftige  und  uöllig  neue  faffung 
des  üon  den  zeitgenöflifffien  Iprihern  fo  öäufig  behandelten  herbftmotius. 

freilid),  mit  den  übrigen  l)umoriftifd)en  Studien  der  Sammlung  läßt  fid)  nidbt  eben 
Staat  mad)en.  Sie  gehören  zum  Porträt  des  iungen  Did)ters,  aber  Ueinesmegs  zu  feinem 
Ruöm.  es  fd)eint  mir  überöaupt  merKmUrdig,  daß  diefer  humorift,  der  in  der  lüelt-- 
literatur  fd)U)erlid)  einen  über  fid)  und  gemiß  nur  menige  neben  fid)  bat,  in  der  Iprih 
den  Humor  fo  feiten  und  eigentUdi  feaum  ie  fd)lagend  zur  6eltung  bringt,  daß  Keines 
feiner  l)umorifiifd)en  0edid)te  erfien  Ranges  ifi,  daß  mir  nid)t  an  fie  denKen,  menn  mir 
uns  das  Bild  des  IpriKers  mad)rufen.  Soll  man  fid)  diefe  Catfad)e  fo  zured)tlegen,  daß 
die  IpriK  der  lüiderfdjein  des  eigentUdJen  ITlenfdien  ifi,  die  epifd)en  Herrlid)Keiten  dage- 
gen mefentlid)  das  erfeönte  und  erträumte  öegenfiüA  dazu> 

Seltfamermeife  muß  mit  dem  Humor  aud)  die  epiK  in  der  retdien  IpriK  des  großen 
erzäblers  zurüchtreten,  d.  ö.  die  gefungene  epiK :  Romanze  und  Ballade.  Lied  und  Singen 
mar  nur  in  befd)ränKtem  maße  feine  Sadie.  Sein  Bart  mar  fd)on  grau,  als  er  den  ,Has 
oon  Überlingen'  und  den  .narren  des  0rafen  uon  Zimmern'  einfing.  Ungefungene  CpiK 
Öat  er  in  feinen  Derfen  oiel,  fo  z.  B.  die  .feueridpUe'. 

ein  meiterer  üorzug  des  jungen  IpriKers  öottfried  Keller  liegt  in  der  fülle  und 
mannigfaltigKeU  feiner  motiue  tind  Stimmungen,  er  ifi  umfo  bööer  einzufdiä^en,  als 
das  Bändd)en  1846,  mie  er  felbfi  fpäter  bemerKte,  auf  befd)ränKtem  Bildungsfelde  gemad)fen 
ift.')  Obgleid)  erfi  die  folgezeit  das  Künfilerifd)  Oollendetfie,  das  Indiüiduellfie  und  am 
tiefften  öegriffene  zugefellte,  fo  zeigt  dod)  die  frübfie  Sammlung  fd)on  den  ganzen  0ottfried 
KeUer.  es  fiaK  eine  fo  urfprünglicöe  und  fo  elementar  fid)  betätigende  Kraft  in  iöm,  daß 
er  aud)  aus  befd)eidenen  Bildungselementen  fein  ganzes  Bild  zu  gefialten  üermod)te. 

Diefes  Bild  ifi,  allem  Unreifen  zum  Crop,  das  eines  bedeutenden  Didjters  und  menfd)en, 
bedeutender  als  freüigratb  und  Hermegb,  felbfi  menn  er  Keine  meUere  Zeüe  gefd)rieben 
Öätte.  Das  Bändd)en  1846  entpält  StüAe  uon  feltener  Ciefe  und  ungemöl)nlid)em  etpifd)em 
0emid)t :  ,Hn  das  Herz',  .Poetemod',  ,,lied  uom  Sd)uft',  ,Bei  einer  Kindesleid)e'.  Und  mie 
ergreifend  Krönt  der  befdieideue  IDuufd)  das  OaterlandsUed !  Diefes  lied  fang  er,  nad)dem 
er  Kaum,  als  ein  zorniger  Kampfbabn,  fid)  in  den  poütifd)en  Streit  gemengt  patte.  — 

lüäbrend  freiligratb  mit  feiner  erfien  Sammlung  ziemlid)  rafd),  Hermegö  über  nadjt 
Rupm  und  flnfeben  gemann,  blieben  Kellers  0edid)te  ziemlid)  unbeadltet,  und  das  Jaör  1848, 


1)  n  u  1 0  b  i  0  g  r  a  p  I)  i  r  (t)  e  s.    6.  Kellers  lladtigeldllcne  SArifien,  ed.  Bäititold,  S.  19. 

53 


iDie  er  Klagte,  fegte  fie  üölUg  unter  den  Cifdt).  erft  nadt)  Jaörzebnten  u)e*te  der  fpäte 
erfolg  des  eriäölers  den  des  IpriKers. 

fraglos  öaben  die  befd)eidenen  lUellen,  die  Kellers  erfte  lpriftt)e  Sammlung  fd)lug, 
an  der  Sturmfftmelle  des  Jaöres  nn  m  tot  gelaufen,  mährend  die  fcöon  berühmten 
freiligratö,  fiermegö,  lenau  öinübergefpült  u)urden.  Da  aber  die  zwtitt,  die  .neueren 
0edicjt)te',  im  einzelnen  durd)gebildeter,  hünftlerifd)  einmandfrei,  menn  aud)  im  ganzen 
etujas  meniger  originell,  u)irKungslos  blieb,  fo  mird  das  Sd)U)eigen  über  den  beiden 
0ändd)en  mindeftens  fo  feUr  iörer  Befd)affenl)cit  als  den  Zeitereigniffen  zur  laft  fallen. 
Kellers  IpriK  ift  geboren  aus  ftarher  urfpriinglid)er  Intuition,  farbiger  und  plaftifdier 
Pöantafie,  fie  ift  männlid),  ujaör,  geöaltooll  und  überreid)  oom  öoldc  ed)ter  Poefie.  nilein 
es  mangelt  iör  das  f  luidum  der  fußen  liedermäßig  ausftrömenden  5el)nfud)t  und  leiden^ 
fd)aft,  die  mitziehende  Sd)U)ingung  des  öerübls.  nid)ts  ift  bezeid)nender,  als  daß  Storm 
aus  der  fülle  der  gefammelten  0edid)te  nur  ttwä  ein  balbes  Outend  goutierte. 

Diefes  Urteil  eines  feinen  Künftlers  und  Kenners,  morin  fid)  einigermaßen  das  bffentlidje 
Stbithfal  feiner  IpriK  hriftallifierte,  fd)merzte  öottfried  Keller,  menn  er  es  aud)  nur  feiten 
roort  öaben  mollte.  Tlud)  für  iön  galt  das  IDort  Conrad  ferdinand  mepers,  daß  felbft 
ein  StoiRer  bis  ans  Ende  an  feiner  Iprih  fenfibel  bleibt. 


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