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Full text of "Fürsten und Völker von Süd-Europa im sechzenten und siebzehnten Jahrhundert : vornehmlich aus ungedruckten Gesandtschafts-Berichten"

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LENOX LIBRARY 


Banerott Collection. 
Purchnaed in 1893. 


NRVN 
Qesüs 


Fuͤr ſten und Voͤlker 


von' 
Suͤd-Europa 
im 


ſechszehnten und fiebzehnten Jahrhundert. 


Bornepmi aus ungedructen Geſandtſchafts— 
Berichten. 
Von 


Eeopold Ranke. 


Vierter Band. 





Berlin, 1836. 
Bei Duncker und Humblot. 


* {I 
Sıyv 7. 


28 





| & 
Die römifhen Paͤpſte 
ihre Kirche und ihr Staat 


ſechszehnten und fiebzehnten Jahrhundert. 


Bon 


Leopold Ranfe. 


Dritter Band. 





Berlin, 1836. 
Bed Dunder und Humblot. 


..,. 
8S. C , 





Inhalt. 


Seite 


Achtes Buch. Die Paͤpſte um die Mitte des ſieb— 

zehnten Jahrhunderts. Spätere Epochen . . | 
Heimfall von Urbin . . . . on 4 
Anwachs der Schulden bes Kirchenftaates 2.2 .2.,.10 
Gruͤndung neuer Familien -. - » - 2 2222. B 
Krieg von Eaflro . 2 2 2 2 nd 
Innocenz . 2: 2 ren ln. 88 
Hlerander VIL und Glemens IX. . . . 2 2 2.2..50 
Elemente der römifhen Beudlfrung -. - . 2» 2... 
Bauwerke der Piprfte . . . . ...68 
Digreffion über Königin Ehrifline v von Schweden. ... 778 
Verwaltung des Staates und der Kirhe. . . . 103 
Die Zefuiten in det Mitte des ſiebzebnten Jahrhunderte 123 
Sanfeniftien . . . . 185 
Stellung bed rdmiſchen Hofes zu ben beiden Porteien . 145 
Berhältniß zu der weltlihen Maht . . . . . . . 152 
Vebergang auf die fpäteren Epochen . . . . . . . 1597 
Ludwig XIV. und Innocenz XL . . . 2» 2..2.2...160 
Spanifhe Erbfolge . , - - 172 
Veraͤnderte Weltftellung. Innere Gahrumgen Kufebung 

der Sefuten - > > 2 2 2 en .. 182 


Revolutionaͤres Zeitaleeer 2902 


vi Inhalt. 


Anbang.. 


Verjeichniß der benutzten Handſchriften, nachträgliche Auszüge und 


kritiſche Bemerkungen. 


Erſter Abſchnitt. Bis zum tridentiniſchen Goncilium . 
Zweiter Abſchnitt. Zur Kritik Sarpis und Pallavicinis 
Dritter Abſchnitt. Zeiten der Reſtauration bis auf Six⸗ 
tus V. 
Vierter Abſchnitt. Sirtus v 
1. Zur Kritik der Biographen dieſes Popſiet Bet und 
Zempefli . 
I. Handfchriften en 
Fuͤnfter Abfchnitt. Zweite Epoche der Firchlichen Reſtau⸗ 
ration . . 
Einfhaltungen: Bemerkung aber die Denkwindig⸗ 
keiten Bentivoglios 354. — Ueber einige Geſchicht⸗ 
ſchreiber des Jeſuitenordens 381. 
Sechſter Abſchnitt. Spätere Epochen .. 
Einſchaltung: Bemerkung uͤber die Vita di Donna 
. Olimpia Maldachina 450. 


Seite 
227 
270 


442 








Achtes Bud. 


Die Päpſte um die Mitte des fiebzehnten Jahr⸗ 
hundert. Spätere Epochen; 


21 re Zus | 1 





22 


| Massen der Verſuch der Päpfte ihre Weltherrſchaft gu 
erneuern, fo weit er auch bereits gedichen war, doch sus 

legt mißlungen if, bat fi) ihre Stellung überhaupt vers 
| ändert. Die Verhältniffe des Fuͤrſtenthums, der Verwal 
tung, der innern Entwickelung ziehen unſere Aufmerkſam⸗ 
keit wieder am meiſten an ſich. 

Wie man aus dem hohen Gebirge, welches große und 
weite Ausſichten eroͤffnet, in ein Thal tritt, das den Blick 
beſchraͤnkt und in engen Grenzen feſthaͤlt, ſo gehn wir von 
der Betrachtung der großen Weltereigniſſe zu einer Wahr⸗ 
nehmung der beſondern Angelegenheiten des Kirchenſtaates 
uͤber. 

Erſt in ber Zaeen urbans VMI. ‚gelangte der Kir: 
chenſtaat zu feiner Votenduns⸗ Beginnen wir mit dieſem 
Ereigniſſe. Re 
1* 


4 Buch VII. Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


Heimfall von Urbino, 


Das Herzogthum Urbino umfaßte fieben Städte, bei 
300 Schlöffer: es hatte eine fruchtbare, zum Handel wohl: 
gelegene Seeküfte, — die Apenninen hinauf geſundes, an⸗ 
muthiges Bergland. 

Wie die ferrareſiſchen, machten ſich auch die urbina⸗ 
tiſchen Herzoͤge bald durch Waffenthaten, bald durch lite⸗ 
rariſche Beſtrebungen, bald durch einen freigebigen glaͤnzen⸗ 
den Hofhalt bemerklich 1). Guidubaldo I. hatte im Jahre 
1570 vier Hofhaltungen eingerichtet: außer feiner eigenen 
befondere für feine Gemahlin, den Prinzen und die Prin 
zeffin: fie waren alle glänzend, gern befucht von einheimi⸗ 
fchen Edelleuten, offen für die Fremden 2). Nach alter 
Sitte ward jeder Fremde in dem Pallaſt bemwirthet. Die 
Einfünfte des Landes hätten zu fo vielem Aufwande wohl 
nicht hingereicht: fie Fonnten fich, wenn der Kornhandel in 
Sinigaglia gut ging, auf 100000 Sc. belaufen. Aber die 
Fürften fanden, wenigſtens dem Namen und Titel nad), 
immer in fremden Kriegsdienften: die gluͤckliche Lage des 
Landes in der Mitte von Stalien bewirkte— daß die benach⸗ 


1) Bernardo Zaffo bat, ihnen im 47ſten Buche des Amabigi 

einen prächtigen Lobſpruch gewidmet: u 
Vedete i quattro a eui il vecchio Apennino 

ornerà il petto suo di fiori e d’erba — — 


2) Relatione di Lazzaro Mooopigo ritornate da Guidubaldo 
duca d’Urbino 1570. Vuole alloggiar tutti li personaggi che 


passano per il suo stato, il numero de’ quali alla fine dell’ anno- 


si trova esser grandissimo. 





Deimfall von Urbino. . _ 5 


barten Staaten wetteiferten fie durch Begünftigungen, Be 
foldungen, Subfidien in Ergebenheit zu erhalten. 

Man bemerkte in dem Lande, daß ber Fuͤrſt mehr. ein 
bringe, als er koſte. 

Zwar wurden wohl auch bier wie allenthalben Verfuche 
gemacht Die Abgaben zu erhöhen: aber es zeigten fich hiebei 
fo große Schwierigfeiten, vor allem in Urbino felbft, daß man 
es doch am Ende, halb aus gutem Willen, halb weil man 
nicht anders Eonnte, bei dem Herkömmlichen beivenben ließ. 
Auch die Privilegien, die Statuten blieben unangetaftet. 
Unter dem Schube diefed Hauſes bewahrte San Marino 
feine unfchuldige Sreiheit *). Während in dem übrigen Sta 
lien allenthalben das Fuͤrſtenthum freier, ungebunbener, 
mächtiger wurbe, blieb es hier in feinen alten Schranken. 

Daher fam es, daß die Einwohner fich auf das engſte 
an ihre Dynaftie anfchloffen; fie waren ihr um fo ergebe 
ner, weil eine Bereinigung mit bem Kirchenftaate ohne Zwei⸗ 
fel die Aufhebung aller hergebrachten Verhaͤltniſſe herbeis 
führen mußte. 

Eine Landesangelegenheit von der größten Wichtigkeit 
war Demnach die Fortpflanzung de hergoglichen Gefchlechted. 

Wir fahen, weich einen entfcheibenden Einfluß Lucre⸗ 
jia von Efte auf das Schickfal, die Auflöfung des Her: 
zogthums von Ferrara hatte. Auch in bie urbinatifchen 
Angelegenheiten finden wir fie auf das ungläcklichfte ver- 
flochten. 


1) „Ha humore d’esser republica“, fagt ein Discorso a N. 
S. Urbano VIII sopra lo stato d’Urbino von S. Marino. Bei 
dem Uebergang an den Kirchenflant erweiterte ed noch feine Privi⸗ 
legien. 


6 Bud VII Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahr. 


Der Prinz von Urbino, Franz Maria, hielt ſich eine 
Zeit lang an dem Hofe Philipps IL auf’). Er geriet 
bier, wie man erzähle, in ein fehr ernſthaftes Verhaͤltniß 
zu einer fpanifchen Dame und dachte fich mie ihr zu vers 
mählen. Aber ber Vater Gmibubaldo war ſchlechterdings 
Dagegen: er wollte vor allem eine ebenbärtige Schwieger- 
tochter in feinem Haufe fehen. Er nöthigte feinen Sohn 
zurüchzufommen und jener ferrarefifchen Pringeffin Lucrezia 
von Eſte feine Hand zu geben 1 

Es Hätte ein wohl sufammenpaffendes Baar fcheinen 
follen. Der Prinz, gewandt und flark, geübt in Waffens 
fpiel, und nicht ohne Wiffenfchaften' beſonders militaͤriſche: 
bie Prinzeffin, geiftreich, voll Majeſtaͤt und Anmuth. Man 
überließ fich der Hoffnung, daß das Haus hiemit wohlbe- 
gründet ſeyn werde: bie Städte wetteiferten die Vermaͤhlten 
mie Triumphbögen und fchönen Gefchenfen zu empfangen. 

Aber das Unglück war, daß der Prinz erft-25, die 
Prinzeſſin Dagegen fchon gegen vierzig Jahre zählte. Der - 
Vater hatte darüber tweggefehen, um die Verweigerung der 
fpanifchen Verbindung, bie’ doch am Hofe Philipps feinen 


1) Im Amadigi erfcheint er noch fehr jugenblich, recht artig 

portraitirt: 

Quel piccolo fanciul, che gli occhi alzando’ 

par che si specehi nell’ avo e. nel padre 

e l’alta gloria lor quasi pensando. 
Mocenigo fhildert ihn zur Zeit feiner Wermählung. Giostra leg- 
giadramente, studia et & intelligente delle matematiche e delle 
fortihicationi: tanto gagliardi sono i suoi eserciti — come 
‚giuocare alla balla, andare alla caccia a piedi per hahituarsi 
all’ incomedo della guerra — e cosi eontinui che molti dubi- 
tano che gli abbino col tempo a nuocere. 





Heimfall von Urbine. 7 


guten Eindruck gemacht hatte, durch eine ſo hohe, glaͤnzende 
und auch reiche Partie zu beſchoͤnigen. Jedoch es ging 
ſchlechter, als er wohl geglaubt haben mochte. Nach Gui⸗ 
dubaldos Tode mußte Lucrezia nach Ferrara zuruͤckkehren: 
an Nachkommenſchaft war nicht zu denken 1). 

Schon damals demnach als Ferrara genommen wurde, 
ſchien auch der Heimfall von Urbino gewiß, um ſo mehr, 
da es hier keine Agnaten gab, welche Anſpruch auf die 
Succeſſion haͤtten machen koͤnnen. 

Jedoch noch einmal aͤnderten ſich die Sachen. Im Fe⸗ 
bruar 1598 ſtarb Lucrezia: Franz Maria konnte zu einer 
neuen Vermaͤhlung ſchreiten. 

Das Land war voll Entzuͤcken, als man bald darauf 
vernahm, der gute Herr, der alle die Jahre daher ein mil⸗ 
des und ruhiges Regiment geführt, ben alles liebte, habe 
virflih Hoffnung, obwohl er nun auch ſchon in bie Jahre 
gekommen, daß fein Stamm nicht mit ihm untergehn twerbe. 
Alles that Geluͤbde für die glückliche Niederkunft der neuen 
Herzogin; als die Zeit heranfam, verfammelten fich die Ebel; 
leute des Landes, die Magiftrate der Städte in Pefaro, 
wo fich die Fuͤrſtin aufhielt: in der Stunde der Geburt 
war der Platz vor dem Pallafte fammt den nahen Straßen 
mit Menfchen überfüllt. Endlich zeigte fih der Herzog am 
Senfter. „Sort, rief er mit lauter Stimme, „Gott hat 
ung einen Knaben befcheert.!! Mit unbefchreiblichem Jubel 


1) Mathio Zane: Relatione del duca d’Urbino 1574 findet 
Lucrezia bereits eine Signora di bellezza manco che mediocre, ma 
si tien ben acconcia, — — si dispera quasi di poter veder da 
questo matrimonio figliuoli. 


8 Buch VIL Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


ward dieſe Nachricht empfangen. : Die Städte erbauten 
Kirchen und errichteten fronnne Stiftungen, wie fie gelobt '). 

Wie betrügerifch aber ſind bach Hoffnungen bie fich 
auf Menfchen gründen! 

Der Prinz ward fehr wohl erzogen; er entwichelte Ta⸗ 
lent wenigſtens literariſches; der alte Herzog hatte die Freude 
ihn noch mit einer Pringeffin von Toscana vermählen zu 
fönnen. Dann sog er fich felbft in die Ruhe von Caftel- 
durante zurück, und überließ ihm die Negierumg. | 

Aber Faum war ber Prinz fein eigener Herr, ber Herr 
des Landes, fo ergriff ihn bee Rauſch der Gewalt. Erſt 
in dieſer Zeit nahm in Italien ber Geſchmack am Theater 
überhand: der junge Prinz ward um fo mehr davon hin- 
geriſſen, da er fich in eine Schaufpielerin verliebte Am 
Tage machte er fich das neronifche Vergnügen den Wa⸗ 
gen zu Ienfen: am Abend erfchien er felbit auf den Bret⸗ 
fern: tauſend andere Ausfchweifungen folgten. Traurig 
fahen bie ehrlichen Bürgersiente einander an. Sie wußten 
nicht, follten fie es beklagen ober fich darüber freuen, als 
der Prinz im Jahre 1623 nad) einer wild durchtobten Nacht 
eines Morgens in feinem Bette todt gefunden ward. 

Hierauf mußte der alte Franz Maria die Regierung 
nochmals übernehmen: voll tiefen Grames, daf er num 
doch der legte Rovere war, daß es mit feinem Haufe ganz 
gu Ende ging: doppelt und dreifach unmuthig, da er Die 


1) La devoluzione a 8. chiesa, degli stati di Francesco Ma- 
ria II della Rovere, ultimo duca d’Urbino, descritta dall’ illmo 
Sr Antonio Donati nobile Venetiano. (Inff. Politt., auch bereits 
gedruct.) 








Heimfall von Urbino. 9 


Geſchaͤfte wider Willen führen, und in ben bittern Begeg⸗ 
nungen mit dem roͤmiſchen Stuhle aushalten mußte '). 

Bon allem ‚Anfange glaubte er fürchten zu muhffen, 
daß fich die Barberini der Tochter die von feinem Sohne 
übrig war, eines Kinded von einem Sabre, bemächtigen 
würden. Um fie ihren Werbungen auf immer zu entzichen, 
ließ er fie mit einem Prinzen von Toscana verfprechen und 
auf der Stelle in das benachbarte Land hinuͤberbringen. 

Aber es entſpann fich fogleich ein anderes Mißverhaͤltniß. 

Auch der Kaifer machte Anfprüche auf einige urbina» 
tifche Landestheile: Urban VIIL forderte eine Erflärung von 
den Herzoge, baß er alled was er befige von dem paͤpſt⸗ 
lichen Stuhle gu Lehen trage. Lange weigerte fi) Srang 
Maria: er fand biefe Erklärung wider fein Gewiſſen: end» 
lich gab er fie doch von fich: „aber ſeitdem“, fagt unfer 
Berichterfiatter, ift er nie wieder heiter getworden: er 
fühlte fi dadurch in feiner Seele gedrückt." 

Bald darauf mußte er zulaffen, daß die Befehlshaber 
feiner feften Pläge dem Bapfte den Eid leiſteten. Endlich 
— es war in ber That das Belle — gab er bie Regie 
rung des Landes ganz und gar an die Bevollmächtigten 
des Papſtes auf. 

Lebensmüde, altersſchwach, von Herzeleid gebeugt, nach» 
dem er alle feine vertrauten Freunde hatte fterben fehen, 
fand der Herzog feinen einigen Troſt in ben Uebungen ber 
Froͤmmigkeit. Er ftarb im Jahre 1631. 

Auf der Stelle eilte Taddeo Barberini herbei, um das 


1) P. Contarini: trovandosi il duca per gli anni e per 
V’indispgsitione giä cadente prosternato et avvilito d’animo. 


10 Bud VII. Die Päpfteum d. Mitte d. 17. Jahrh. 


Land in Weis gu nehmen. Die Akobialerbfchaft -Tam an 
Florenz. Auch das Gebiet von Urbino wurde nach dem 
Mufter der Abrigen Landfchaften eingerichtet '). 

Kommen wir nun auf- biefe Verwaltung überhaupt, 
und zwar zundächft auf den wichtigften Moment, von dem 
alles sag die ie Zinathen. 


Anwachs der Schulden des Rirchenftanted, 


Wenn Sirtug V. die Ausgaben befchränfte, einen Schag 
fammelte, fo hatte er doch auch zugleich Einfünfte und 
Auflagen vermehrt, und eine ‚große Maſſe Schulden darauf 
gegruͤndet. 

Sich eingufränfen, Geld zu ſammeln war nicht Je⸗ 
dermanns Sache. Auch wurden die Beduͤrfniſſe ſowohl 
der Kirche als des Staates von Jahr zu Jahr dringender. 
Zuweilen griff man den Schatz an: jedoch war ſeine Ver⸗ 
wendung an ſo ſtrenge Bedingungen gebunden , daß dieß 
doch nur in feltenen Fällen gefchehen Fonnte. ‚Sonderbarer 
Weiſe war es um vieles leichter Anleihen zu machen, als 
das Geld das man liegen hatte, zu brauchen. Auf das ra⸗ 
ſcheſte und ruͤckſichtsloſeſte gingen die Paͤpſte auf dieſem 
Wege vorwärts. 

Es iſt ſehr merkwuͤrdig zu beobachten, wie ſich das 
Verhaͤltniß der Einkuͤnfte und der Summe der Schuld 

1) Aluiſe Contarini findet 1635 die Einwohner ſehr unzufrie⸗ 
den: quei sudditi s'aggravano molto della mutatione, chiamando 
tirannico il governo de’ preti, i quali altro interesse che d’arri- 
chirsi e d’avanzarsi non vi fengono. 


Anwachs der Schulden. 11 


und ihrer Zinfen in ben verfchiebenn Jahren ſtellte, von 
benen wir glaubwuͤrbige Berechnungen darüber haben. 

Im Jahre 1587 betrugen bie Einfänfte 1,358456 
Scudi, die Schulden fiebenthalb Millionen Sc. Unge⸗ 
fähr die Hälfte der Einkünfte, 715913 “er war auf die 
Zinfen der Schulb affignirt. 

Im Jahre 1592 find bie Einkünfte auf 1.585520 
Scudi, die Schulden auf 12,242620 ‚geftiegen. :Der Ans 
wachs der Schuld ik bereits um vieles größer ale bie 
Zunahme der Einkünfte: «8 find 1,068600 &c., d. i. uns 
gefähr zwei Drittel der Einnahme, zum Zins der Schuld 
in Aemtern umb Luoghi di Monte angewieſen '). 

Schon dieß Verhaͤltniß war fo mißlich, daß es große 
Bebenklichkeiten. erregen mußte. Man waͤre gern fogleich 
zu einer Verringerung bes Zinsfußes gefchritten; es ward 
der Vorfchlag gemacht, eine. Million aus dem Caſtell zu 
nehmen, um Denen, bie ſich einer Rebuction der Zin⸗ 
fen widerſetzen würden, das Capital herauszuzahlen. Das 
reine Einkommen würbe baburch beträchtlich geftiegen feyn. 
Jeboch die Bulle Sixtus V,:bie Beforgniß vor einer Ber: 
fchleubderung bes Schape® verhinderte Maaßregeln biefer Art, 
und man mußte auf dem einmal betretenen Pfade. bleiben. 

Vieleicht koͤnute man glauben, daß die Erwerbung- 
eined fo einträglichen Landes, wie dag Hergogthum Ser: 
rara, eine befondere Erleichterung gewährt haben wuͤrde; 
jedoch iſt das nicht der dal. | 


1) Ausführliches Berzeichnig der päpftlichen Finangen vom ers' 
fien Jahre Clemens VII, ohne befondere ueberſchift. Bibliot 
Barb. no 1699, auf 80 Blaͤttern. 2 i 


12 Bud VII. Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


Schon im Jahre 1599 verfchlangen Die Zinfen nahe 
an drei Biertheil bed Geſanmteinkommens. 

Im Jahre 1605 aber, bei dem Regierungsantritt 
Pauls V, waren von den Gefällen ber Kammer nur noch 
70,000 Sc. nicht für Zinfen angewwiefen '). Carbinal du 
Perron verfichert, daß der Papſt von feinem regelmäßigen 
Einfommen, obwohl. die Ausgaben des Pallaſtes fehr maͤ⸗ 
fig feyen, doch nicht ein halb Jahr leben koͤnne. 

Um fo weniger Tonnte es vermieden werben, daß er 
Schulden auf Schulden häufte. Aus authentifchen Bers 
zeichniffen fehen wir, wie regelmäßig Paul V. zu dieſem 
Mittel griff; im November 1607, Januar 1608 zwei 
Mal, Merz, Juni, Juli 1608, September deffelben Jah⸗ 
res zwei Mal: fo fort durch alle Jahre feiner Regierung. 
Es find nicht große Anleihen in unferm Sinne: bie klei⸗ 
nen Bebürfniffe, wie fie vorfommen, werben durch die Er⸗ 
richtung und ben Berfauf neuer Luoghi di Monte, in groͤ⸗ 
ferer ober in geringerer Zahl, gebecft. Bald werben fie auf 
den Zoll von Ancona, bald auf bie Dogana von Rom oder 
einer Provinz, bald auf die Erhöhung des Salzpreiſes, 
bald auch auf ben Ertrag der Poſt gegründet. Allmaͤhlig 
wachfen fie doch gewaltig an. Paul V. allein bat über_ 
2 Millionen Schulden in Luoghi bi Monte gemacht ?). 

1) Per sollevare la camera apostolica discorso di m Mal- 
vasia 1606. Gili interessi che hoggi paga la sede apostolica as- 
sorbono quasi tutte l’entrate di maniera che si vive in continua 
angustia e difficolta di provedere alle spese ordinarie e neces- 
sarie, e venendo occasione di  qualche spesa straordinaria non ci 
€ dove voltarsi. 


2) Nota de’ luoghi di monte eretti in tempo del pontiicato 
della felice memoria di Paolo V 1606 — 1618. 


— 


Anwachs der Schulden. 13 


Es wuͤrde bieß aber unmöglich geweſen feyn, waͤre 
nicht ein Umftand beſonderer Art biefem Papfke zu Statten 
gefommen. 

Immer zieht bie Macht auch das Gelb an. Go lange 
Die fpanifche Monarchie in ihrem großen Fortſchritt war 
und die Welt mit ihrem Einfluß beherrfchte, hatten bie Ge⸗ 
nuefen, damals die reichſten Gelbbefiger, ihre Eapitalien is 
den Föniglichen Anleihen untergebracht, und fich durch einige 
gewaltſame Neductionen und Eingriffe Philipps II, darin 
nicht flören laſſen. Allmaͤhlig aber, da bie große Bewe⸗ 
gung abnahm, die Kriege und bie DBebürfniffe berfelben 
. aufhörten, zogen fie ihr Geld zuruͤck. Sie wandten fich 
nach Rom, das indeß mieber eine fo getvaltige Weltfiellung 
eingenommen: bie Schäge von Europa ſtroͤmten aufs neue 
dahin zufammen. Inter Paul V. war Rom vielleicht ber 
vornehmfte Geldmarkt von Europa. Die römifchen Luo⸗ 
ghi di Monte wurben außerorbentlich gefucht. - Da fie bes 
beutenbe Zinfen abwarfen nnd eine. genägende Sicherheit 
darboten, fo flieg ihr Kaufpreis zumeilen bis auf 150 
Procent. . So viel ihrer . der Papſt auch gränden mochte 
ſo fand er Kaͤufer in Menge. 

So geſchah es denn daß die Schulden marfhoͤrlich 
ſtiegen. Im Anfange Urbans VIII. beliefen ſie ſich auf 
18 Millionen. Auch die Einnahmen mußten bei dem Sy⸗ 
ſteme des roͤmiſchen Hofes hiemit in Verhaͤltniß bleiben; 
fie werden im Anfang dieſer Regierung auf 1,818104 Sc. 
96 Baj. berechnet *). Ach finde nicht genau, wie viel das 


1) Enirata et uscita della sede apostolica del ’ fompo di Ur- 
bano VIII. 


14 Bud VII. Die Paͤpſte um.d. Mitte d. 17. Jahrh. 


von su ben. infen verbraucht warb; doch muß es bei 
weitem ber. größte Theil geweſen ſeyn. Gehen wir bie 
Nechnungen im Einzelnen an, fo überflieg bie Forde⸗ 
rung sar oft die Einnahme. Im Sabre 1592. hatte die 
Dogana di Roma 162450 Sc. gettagen: im Jahre 1625 
teug fit 209000 Sc.; damald aber waren.boch 16956 Sc. 
in bie Eafien ber Kammer gefioffen: jetzt übertraf die Au⸗ 
weiſang bie Einnahme um 13260 Sc Die Salata di 
Roma war in diefer Zeit von 27654 auf 48000. Sc. ge: 
fliegen. 1592 aber. war ein Ueberſchuß von 7487 Sc. ge: 
blieben, 1625 hatte man ein Minus non 2321 Se. 98 Baj. 

Man ficht, wie wenig es auch bei einer ſparſamen 
Haushaltung Hiebei fein Bewenden haben konnte. 

Wie viel weniger unter einer Regierung 'twie Ur⸗ 
band VIII, den feine politifche Eiferfucht fo oft zu Ri 
ſtungen und Bortificationen antrieb. . 

Zwar ward Urbino erwerben: allein wenigſtens fürs 
Erfie trug es mur wenig ein. Nach dem Verluſte ber Als 
fodien beliefen ſich bie Einkünfte nur. auf 40000 Sc. Das 
gegen hatte bie Beſitzergreifung, bei der man ben Erben 
nicht unbedeutende Zugeſt andniſſe machte, viele untoſten 
verurfache:*). 

. Schon Im Jahre: 1035 gar Urban: VIEE bie Schal 
den bis auf: 30 Millionen: Scabi: erhöht. Um bie nis 
thigen. Fonds dazu zu befommen; hatte er bereits zehn 
verfchießene Auflagen entweder neu eingeführt, ‚oder Doch 


erhöht. Aber er war. danmit noch lange nicht an ſeinem 


1) Bemerfung Franz Barberinis an den Nuntius in Win, da 
der Kaifer auf jene Erwerbung Anſpruͤche gründete. 


BR 








Gruͤndung neuer Familien. 18 


Ziele. Es traten Eombinationen ein die ihn veranlaßeen 
noch viel. weiter zu gehn, die wir jedoch erft uͤberſehen 
fönnen, wenn wir eine andere Entwickelung ins Auge ge⸗ 
faßt haben. 


Gründung neuer Familien. 


Fragen wir nemlich, wohin nun alle jene Einkuͤnfte 
geriethen, went fie angewandt wurden, fo iſt allerdings 
unleugbar, daß fie großentheils den aligemeinen Beſtrebun⸗ 
gen des Katholicidenus dienten. 

Heere wie fie Gregor: XIV. nach Frankreich ſchickte, 
die dann auch ſeine Nachfolger eine Zeit lang unterhalten 
mußten, bie thaͤtige Theilnahme Clemens VIII. am Tuͤrken⸗ 
kriege, Subſibies wie: fie der. Liga, dem Haufe Oeſtreich uns 
ter Paul V: fo oft gemäbrt wurden, Die Gregor KV. Her 
nach verdoppelte und Urbar VIII. wenigſtens zum Theil 
auf Maximilian von Baiern übertrug, mußten ben toͤwi 
ſchen ‚Stahl ungeneine Summen boſten — 

Auch die Beduͤrfniſſe dei Kirchenſtaates nöfßigten oft 
zu aulierorhentlichem Aufwande: Die Eroberung von Ferrara 
unter „Clemens VIII, — Pauls V. Anſtalten gegen Ve⸗ 
nedig, — alle die Kriegsruͤſtungen Urbans VIHL.. 

Dazu kamen die großartigen Bauwerke, bald zur Ver⸗ 
ſchoͤnerung der. Stadt / hald pn Bafeſtigung des Slaates, 
in denen jeder neue Papſt mit dem Andenlen ſeino Vor⸗ 
fahren watteiferte. 

Allein es bildete ſich ah: noch in Cingites an8, Bad 
zur Aufhaͤufung jener Schuldenmaſſe nicht wenig beitrug, 


16 Buch VII. Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahr H- 


und das freilich weder ber Ehriftenheit noch dem Staate, 
auch nicht. der Stabt, ſondern das allein ben Familien ber 
Däpfte zu Gute Fam. 

Es hatte fich überhaupt eingeführt, und hängt m mit ber 
Stellung des Priefterfiandes zu einer fehr entwickelten Fa⸗ 
milienverfaffung zufammen, daß der Ueberſchuß der geiftli- 
chen Einkünfte in der Negel den Verwandten eined. Jeden 
zu Theil wurde. 

Die Paͤpſte waren durch Bullen verhindert ihren An⸗ 
gehörigen, wie fie früher verfucht, Fürftenthämer zu ver- 
leihen: bagegen ließen fie es fih um fo angelegener ſeyn, 
denfelben durch Reichthuͤmer und feften Des ein erbliches 
Anſehen zu verſchaffen. 

Sie verfuhren hiebei nicht ohne eine ſcheinbare Hecht: 
fertigung. Sie gingen davon aus, daß fie durch kein Ge⸗ 
lübde zur. Armuth verpflichtet feyen: indem fie nun ſchloſ⸗ 
fen, daß fie ben Ueberſchuß der Krüchte des geiftlichen Am⸗ 
tes als ihr Eigenthum anfehen dürften, glaubten fie zus 
gleich das Recht zu haben ihren Verwandten mit biefem 
Ueberſchuß ein Geſchenk zu machen. 

Bei weiten mehr aber als biefe rationellen Gruͤnde 
wirkten hiebei Herfommen und Blut, und die natürliche 
Neigung - bes Menſchen < eine Suftung vo ſeinem Tode 
zuruͤckzulaſſen. 

Der Erſte der die Som fand, an belche dawach 
die Andern ſich hielten, war Sixtus V. 

Den einen feiner Pronepoten erhob er zum Cardi⸗ 
nal, ließ ihn Antheil an den Gefchäften nehmen, und gab 
ihm ein Firchliches Einkommen von 100000 Sc — ben 

ans 











Sründung neuer Familien. 17 


andern vermählte er mit einer Sommaglia, und erhob ihn 
sum. Marchefe von Mentana, wozu fpäterhin das Fürften 
thum Venafro und bie Sraffchaft Celano im’ Neapolitas 
fchen kamen. Das Haus Veretti erhielt fich in großem 
Anfehen: zu wieberholten Malen erfcheint e8 im Cardinal⸗ 
collegium. 

Bei weitem mächtiger aber wurden bie Albobranbini '), 
Wir fahen, welchen Einfluß Pietro Aldobrandino während 
der Megierung feines Oheims ausübte. Er hatte fchon 1599 
bei 60000 Se. firchlicher Einkünfte: wie fehr müffen fie feit- 
dem noch angerwachfen feyn. Die Erbfchaft der Lucrezia d’Efte 
fam ihm trefflih zu Statten: er Eaufte fih an: auch 
finden wir, daß er Geld in der Bank von Venedig nieder 
legte. Wie viel er aber auch zufammenbringen mochte, fo 
mußte doch zuleßt alles ber Familie feiner Schweſter und 
ihres Semahles, Johann Franz Aldobrandini, zufallen. Jo⸗ 
bann Stanz wurde Eaftellan von S. Angelo, Governatore 
des Borgo, Kapitän der Garde, General der Kirche. Auch 
er hatte 1599 bereits 60000 Sc. Einfünfte: oft befam er 
baared Geld von. dem Papfte: ich finde eine Rechnung, nach 
welcher Clemens VII. feinen Nepoten überhaupt in den 
13 Jahren feiner Herrfchaft über eine Million baar ge 
fchenft hat. Sie wurden um fo mwohlhabender, da Sohann . 
Stanz ein guter Wirth war; die Güter Ridolfo Piog, 
die diefem nicht mehr als 3000 Sc. eingetragen, kaufte er 


1) Niccold Contarini: Storia Veneta: Clemente VII nel . 
conferir li beneficii ecclesiastici alli nepoti non hebbe alcun ter- 
mine, et andö etiandio di gran lunga superiore a Sisto V suo 
precessore, che spalancö questa porta. 


pipſie #* 2 


18 Bud VII Die Päpfte um d. Mitte 8.17. Jahrh. 


an fich und brachte fie zu einem Ertrage von 12000 Sc. 
Nicht ohne große Unkoſten warb die Vermählung feiner 
Tochter Margaretha mit Rainuccio Farneſe durchgeſetzt; 
fie brachte demfelben außer einigen vortheilhaften Verguͤn⸗ 
figungen 400000 Scudi Mitgift zu): — obwohl ſich 
Diefe Verbindung, wie wir fahen, fpäter dann doch nicht fo 
innig erwies wie man gehofft hatte. 

Auf dem Wege ber Aldobrandini fuhren nun die Bor: 
gheſen faft noch rafcher und rückfichtslofer fort. 

Cardinal Scipione Cafarelli Borghefe hatte über Paul V. 
fo viel Autorität wie Pietro Aldobrandini nur irgend über 
Clemens VII. Auch brachte er wohl noch größere Reich⸗ 
thümer zufammen. Im Jahre 1612 werden bie Pfründen, 
die ihm übertragen morden, bereits auf ein Einkommen 
von 150000 Se. des Jahres gerechnet. Den Neid, den 
fo viel Macht und Reichthum nothwendig hervorrief; fuchte 
er durch Wohlwollen und ein höfliches zuvorkommendes 
Wefen ju vermindern, doch wird man fich nicht wundern 
wenn ibm das nicht vollfommen gelang. 

Die weltlichen Aemter kamen an Marc Antonio Bor: 
ahefe, den der Papſt überbieß mit dem Fürftenthum Gul- 
mona in Neapel, mit Paläften in Rom und den fchönften 
Bien in der Umgegend ausflattete. Er überhäufte feine 
Nepoten mit Gefchenfen. Wir haben ein Verzeichniß der: 
felben feine ganze Regierungszeit hindurch bis ind Jahr 


1) Contarini: Il papa mostrando dolore di esser condotto 
da nepoti da far cosi contro la propria conseienza, non poteva 
tanto nasconder nel cupo del cuore che non dirompesse la so- 
prabondanza dell’ allegrezza. 











Gruͤndung neuer Familien. 9 


1620. Zumeilen find es Edelfteine, Silbergeräthfchaften: 
prächtige Zimmerbefleibungen twerben unmittelbar aus ben 
Borräthen des Pallafled genommen und den Nepoten über: 
bracht: bald werben ihnen Earroffen, bald fogar Muske⸗ 
ten und Falconetten gegeben; aber die Hauptſache ift im: 
mer dad baare Geld. Es finder ſich, daß fie bis zum 
Jahre 1620 im Ganzen 689727 Sc. 31 Baj. baar, in 
Luoghi di Monte 24600 Ec. nad) ihrem Nennwerth, in 
Aemtern, nad) der Summe die es gefoftet haben wuͤrde 
fie zu Faufen, 268176 ©c. erhielten: was ſich denn auch 
wie bei den Aldobrandini ziemlich auf eine Million be 
läuft ). 

Auch die Borghefen aber verfäumten nicht, ihr Gelb 
ſogleich in liegenden Gründen anzulegen. In der Cams 
pagna von Rom haben fie gegen 80 Güter an fich gebracht: 
die römifchen Edelleute ließen fich durch dem guten Preis, 
der ihnen gesahlt ward, und durch die hohen Zinfen, welche 
die Luoghi di Monte trugen, die fie dafuͤr ankauften, ver: 
leiten ihr altes Eigenthum und Erbe zu veräußern. Auch 
in vielen andern Gegenden des Kirchenſtaates fiedelten 
fie fi an; ber Papft begünftigte fie dabei durch beſon⸗ 
dere Privilegien. Zumeilen empfingen fie das Necht Vers 
bannte herzuftellen, einen Marft zu halten, ober ihre 
Untertbanen wurden mit Eremtionen begnadigt: es wur: 
den ihnen Gabellen erlaffen: fie brachten eine Bulle 
aus, kraft deren ihre Güter niemals confiscirt werden 
follten. 


1) Nota di danari, officii e mobili donati da papa Paolo V 
a suoi parenti e concessioni fattegli. MS. 


2*r 


20 Buch VII Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


Die Borghefen wurden das reichfte und mächtigfte 
Sefchlecht das noch in Rom emporgefommen. 

Hiedurch war nun aber dieß Nepotenweſen dergeſtalt 
in Schwung gebracht, daß auch eine kurze Regierung zu 
einer glaͤnzenden Ausſtattung die Mittel fand '). 

Ohne Zweifel noch unbedingter als die frühern Ne⸗ 
poten herrfchte der Neffe Gregors XV, Cardinal Ludovico 
Ludoviſio. Er hatte das Glück, daß während feiner Ver: 
mwaltung bie beiden wichtigſten Aemter der Eurie, dag 
Vicecancellariat und das Camerlengat, vacant wurden und 
ihm zufielen. Er erwarb über 200000 Scudi Firchlicher 
Einfünfte. Die weltliche Macht, das Generalat der 
Kirche und mehrere andere einträgliche Aemter gelangten 

zunaͤchſt an den Bruder bes Papfled, Don Orazio, Sena⸗ 
tor zu Bologna. Da der Papft Eein langes Leben vers 
forach, hatte man e8 um fo eiliger die Familie auszuſtatten. 
Es floffen ihr in ber Eurzen Zeit für 800000 Sc. Luo⸗ 
ghi di Monte zu. Don den Sforzen ward das Herzog⸗ 
thum Siano, von den Farnefen das Fuͤrſtenthum Zaga⸗ 
rolo für fie angekauft. Schon durfte der junge Niccolo 
Ludoviſio auf die glängendfte, reichſte Vermaͤhlung Ans 
ſpruch wachen. Durch eine erfte Heirath brachte er Ve⸗ 
nofa, durch eine zweite Piombino an fein Haus. Die 


1) Pietro Contarini: Relatione di 1627. Quello che pos- 
siede la casa Peretta, Aldobrandina, Borghese e Ludovisia, li 
loro principati, le grossissime rendite, tante eminentissime fa- 
briche, superbissime supellettili con estraordinarii ornamenii 
e delizie non solo superano le conditioni di signori e prin 
eipi privati, ma s’uguagliano e s’avanzano a quelle dei mede- 
simi re. 


Gründung neuer Familien. 21 


Sunft des Königs von Spanien trug dazu noch befon- 
ders bei. 
Wetteifernd mit fo glänzenden Beifpielen warfen ſich 
nun auch die Barberini in biefe Bahn. Zur Seite Ir 
bang VII. erhob fich deſſen älterer Bruder Don Carlo 
als General ber Kirche, ein ernfier geübter Geſchaͤftsmann, 
der wenig Worte machte, fich durch ben Aufgang feines 
Gluͤckes nicht Blenden noch zu nichtigem Hochmuth verlei- 
ten ließ, und jegt vor allem bie Gründung eined gro 
Ben Familienbefiged ind Auge faßte ’). „Er weiß," 
beißt es in ber Relation von 1625, „daß der Beſitz des 
Geldes von dem großen Haufen unterfcheibee: und hält 
es nicht für gegiemend, daß wer einmal mit einem Papft 
in Verwandtſchaft gefianden, nach deſſen Tode in befchränf: 
ter Lage erſcheine.“ Drei Söhne hatte Don Carlo, die 
num unmittelbar zu einer großen Bebeutung gelangen muß; 
ten, Francesco, Antonio und Taddeo. Die beiden erften 
wibmeten fich geiftlichen Aemtern. Francesco, der durch 
Beſcheidenheit und Wohlwollen fich das allgemeine Zutrauen 
erwarb, und es zugleich verſtand ſich in die Launen ſei⸗ 
nes Oheims zu fuͤgen, bekam die leitende Gewalt: die ihm, 
obwohl er ſich im Ganzen gemaͤßigt hielt, doch in ſo lan⸗ 
gen Jahren ganz von ſelbſt bedeutende Reichthuͤmer zufuͤh⸗ 
ren mußte. Im Jahre 1625 hat er 40000 Sc., ſchon 


1) Relatione de’ quattro ambasciatori 1625. Nella sua casa 
& buon economo et ha mira di far danari, assai sapendo egli 
molto bene che l’oro accresce la riputatione agli uomini, anzi 
Voro gli inalza e gli distingne vantaggiosamente nel cospetto 
del mondo, 





22 Buch VII. Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahr. 


im Jahre 1627 gegen 100000 Sc. Einkünfte‘). Es war 
nicht vollfommen mit feinem Willen, daß auch Antonio 
sum Garbinal ernannt ward, und nur unter der ausdruͤck⸗ 
lichen Bedingung geſchah dieß, daß er feinen Antheil an 
der Regierung nehmen follte. Antonio war bochfirebend, 
hartnaͤckig, ſtolz, wiewohl körperlich fchmwach: um wenig» 
ſtens nicht in allem von feinem ‘Bruder verbunfelt zu wer⸗ 
den, beeiferte er fi) eine Menge Stellen zuſammen zu 
bringen, große Einkünfte, die im Jahre 1635 auch fchon 
auf 100000 Scubi anliefen: er befam allein ſechs Mals 
tefercommenben, was nun wohl ben Nittern dieſes Drbene 
nicht fehr gefallen haben wird: auch nahm er Gefchenfe: 
doch gab er auch wieder viel aus: er war mit Abficht freis 
gebig, um fich in dem römifchen Adel einen Anhang zu bils 
den. Zur Gründung einer Familie durch Erwerbung erb⸗ 
licher Befisthümer war der mittlere unter biefen Brüdern, 
Don Taddeo, auserfehen worden. Er befam die Würden 
des weltlichen Nepoten, und ward nach ſeines Vaters Tode 
General ber Kirche, Eaftelan von S. Angelo, Sovernator 
des Borgo: ſchon im Jahre 1635 war er mit fo vielen 
Beſitzthuͤmern ausgeftattet, daß auch er ein jährliches Eins 
fommen von 100000 Sc. genoß ?), und unaufhörlich wurs 
den neue erworben. Don Taddeo lebte fehr zuruͤckgezo⸗ 


1) Pietro Contarini 1627. E di ottimi, virtuosi e lodevoli 
costumi, di soave natura, e con esempio unico non vuole rice- 
ver donativi o presente alcuno. Sarà nondimeno vivendo il pon- 
tefice al pari d’ogni altro cardinale grande e ricco. Hor deve 
aver intorno 80000 sc. d’entrata di beneficii ecclei, e con li go- 
verni e legationi che tiene deve avvicinarsi a 100m sc. 


2) D. i. fo hoch beliefen ſich die Einfünfte von den Grund» 





Gruͤndung neuer Familien. 23 


. gen und führte eine mufterhafte Haushaltung. In Eurgem 
rechnete man die regelmäßige Einnahme ber drei Brüder 
sufammen jährlich auf eine halbe Milion Scudi. Die 
wichtigſten Aemter gehörten ihnen. Wie das Camerlengat 
an Antonio, fo war das PBicecancellariat an Francesco, 
bie Praͤfectur, bie durch den Tod des Herzogs von Urbino 
erledigt worden, an Don Taddeo gelangt. Man wollte 
berechnen, daß im Laufe diefes Pontificatd den Barberini 
die unglaubliche Summe von 105 Millionen Scudi zus 
gefallen fey '). „Die Pallaͤſte,“ fährt der Autor dieſer 
Nachricht fort, „zum Beifpiel der Pallaſt an den Quattro 
Fontane, ein Föniglihed Werk, die DBignen, bie Ges 
mählde, Bildfäulen,, das verarbeitete Silber und Gold, die 
Epelfteine, die ihnen zu Theil getworden, find mehr werth 
ale -man glauben und ausfprechen kann.“ Dem Papſte 
ſelbſt fcheint eine fo reiche Ausſtattung feined Gefchlechtes 
boch zumeilen bedenklich geworden zu feyn: im jahre 1640 
fegte er förmlich eine Commiffion nieder, um die Necht: 
mäßigfeit berfelben zu prüfen ?). Zundächft fprach dieſe 
fiücfen: per li novi acquisti, fagt Al. Contarini, di Palestrina, 
Monterotondo e Valmontone, faito vendere a forza dai Colon- 
nesi e Sforzeschi per pagare i debiti loro — — das Amt eines 
Generals der Kirche trug 20000 Scudi ein. 

1) Conclave di Innocenzo X. Si contano caduli nella Bar- 
berina, come risulta da sincera notitia di partite distinte, 105 
milioni di contanti. Diefe Summe ift fo unglaublich, daß fie wohl 
für einen Sähreibfehler gehalten werden koͤnnte. Doch findet fie fich 
in mehreren Manufcripten gleichförmig, unter andern in dem fosca⸗ 
rinifchen zu Wien, und in meinem eigenen. 

2) Niccolini handelt bievon. Auch fah ich noch ein befonderes 
Schriftchen: Motivi a far decidere quid possit papa donare, al 7 
di Luglio 1640, von einem Mitgliede diefer Commiſſion. 


24 Bud VOL Die Päpfte um d. Mitte 8.17. Jahr. 


Commiffion den Grundfag aus, mit dem Papfithume ſey 
ein Sürftenehum verknüpft, aus deffen Ueberfchuß oder Er⸗ 
fparniffen der Papſt feine Angehörigen befchenten Fönne. 
Hierauf erwog fie die Verhältniffe dieſes Fuͤrſtenthums, 
um su beftimmen, wie weit ber Papſt gehn dürfe. Nach⸗ 
dem alles berechnet worden, urtheilte fie, der Papſt könne 
mit gutem Gewiſſen ein Majorat von 80000 Scudi reis 
nem Einfommen und überbieß noch eine Secundogenitur 
in feinem Haufe fliften; die Ausftener der Töchter werde 
fi) auf 180000 Sc. belaufen dürfen. Auch der Jeſuiten⸗ 
general Vitellescht, denn in allen Dingen müffen bie Jeſui⸗ 
ten ihre Hand haben, ward um feine Meinung befragt: er 
fand. diefe Beftimmungen mäßig und gab ihnen Beifall. 

Dergeftalt erhoben fich von Pontificat zu Pontificat 
immer neue Gefchlechter zu erbliher Macht: fie fliegen uns 
mittelbar in den Rang der hohen Ariftofratie des Landes 
auf, den man ihnen willig guerfannte. 

Natürlich Eonmnte es unter ihnen nicht an Reibun⸗ 
gen fehlen. Der Gegenfat zwifchen Vorgängern uud Nach⸗ 
folgern, der früher von ben Factionen des Conclave abge: 
bangen, ftellte fich jetzt in ten Nepoten bar. Das zur 
Herrfchaft gelangte neue Gefchlecht hielt eiferfüchtig über 
feine hoͤchſte Würde, und verhängte in ber Regel Feindſe⸗ 
ligfeiten ja Berfolgungen uber das zunaͤchſt vorbergegan- 
gene. So vielen Antheil auch die Aldobrandini an der Er; 
hebung Pauls V. gehabt, fo wurden fie doch von den An- 
gehörigen deffelben bei Seite gefeßt, angefeindet, mit koſt⸗ 
fpieligen und gefährlichen Proceſſen heimgeſucht): fie nann⸗ 

1) Ein Beifpiel in der Vita del CI Ceochini. ©. d. Anhang. 





Gruͤndung neuer Familien. 25 


ten ihn den großen Undankbaren. Eben fo wenig Gunſt 
fanden die Nepoten Pauls V. bei den Lubonifi; Earbinal 
Ludoviſio felbft mußte unmittelbar nach dem Eintritt ber 
barberinifchen Herrfehaft Rom verlaffen. 

Denn mit vielem Ehrgeiz machten nun auch bie Bar 
berini die Gewalt geltend welche ihnen der Beſitz der päpft- 
lichen Macht über den einheimifchen Adel und bie italieni- 
fchen Zürften verfchaffte. Darum verlieh Urban VIIL feis 
nem weltlichen Nepoten die Würbe eines Prefetto Di Roma, 
weil mit derfelben Ehrenrechte verbunden waren, welche Dies 
fem Haufe auf ewig feinen Vorrang vor den übrigen fichern 
zu müffen fehienen. 

Hieran fnüpfte fich jeboch zuleßt eine Bewegung, welche 
swar nicht weltbedeutend iſt, aber für bie Stellung bes 
Papſtthums ſowohl innerhalb des Staates als in ganz 
Italien eine wichtige Epoche ausmacht. 


Krieg von Caſtro. 


Den böchften Rang unter ben nichtherrfehenden pas 
palen Samilien behaupteten allemal die Farnefen, da fie 
e8 nicht allein zu Neichthümern im Lande, wie bie übri- 
gen, fondern überdieß zum Befig eines nicht unbebeuten- 
ben Fuͤrſtenthumes gebracht hatten; und e8 war den regie- 
renden Nepoten niemals leicht geworden, dieß Haus in 
Ergebenheit und gebührender Unterordnung zu halten. Als 
Herzog Odoardo Zarnefe 1639 nach Nom Fam, ward ihm 
ale mögliche Ehre angethan '). Der Papft ließ ihm Wohnung 


1) Deone: Diario di Roma tom. I. E fatale a sigri Bar- 


26 Bud VIIL Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


anteifen, Edelleute ihn zu bedienen, und leiftete ihm 
auch in feinen Geldgefchäften Borfchub: die Barberini ga- 
ben ihm Sefte, befchenkten ihn mit Gemaͤhlden, mit Pfer⸗ 
den: mit alle dem konnten fie ihn nicht vollfommen ger 
winnen. Odoardo Zarnefe, ein Zürft von Talent, Geift und 
Selbftgefühl, hegte den Ehrgeiz jener Zeiten, der: fich in 
eiferfüchtiger Wahrnehmung Eleiner Auszeichnungen gefiel, 
in hohem Grade. Er war nicht dahin zu bringen, daß er 
Die Würde eined Prefetto in Tabdeo gebührend anerkannt, 
und ihm den Rang, der mit berfelben verbunden war, zu⸗ 
geftanden hätte. Selbſt wenn er den Papft befuchte, zeigte 
er fich von der Vornehmheit feines Haufes und fogar von 
feinen perfönlichen Vorzuͤgen auf eine läflige Weife durch- 
drungen. Es kam zu Mißverftändniffen, die fi) um fo we⸗ 
niger heben ließen, ba fie auf einem unvertwindbaren per: 
fönlichen Eindruck beruhten. 

Da war es nun eine wichtige Frage, wie man den 
Herzog bei feiner Abreife begleiten wuͤrde. Odoardo for: 
derte bie nemliche Behandlung welche dem Großhergoge 
son Toscana zu Theil geworben war; ber berrfchende Nes 
pot, Cardinal Franz Barberini, follte ihm perfönlich dag 
Geleit geben. Diefer wollte dag nur hun, wenn ihm der 
Herzog zuvor einen fürmlichen Abſchiedsbeſuch im Vatican 
berini di non trovare corrispondenza ne’ beneficati da loro. Il 
duca di Parma fu da loro alloggiato, accarezzato, servito di gen- 
ti’huomini e carrozze, beneficato con la reduttione del monte 
Farnese con utile di grossa somma del duca e danno grandis- 
simo di molti poveri particulari, corteggiato e pasteggiato da 
ambi li fratelli cardli per «patio .di piü settimane, e regalato di 


cavalli, quadri et altre galanterie, e si parti da Roma senza pur 
salutarli. 


Krieg von Caſtro. 27 


machen werde, und hiezu hielt ſich Odoardo nicht für ver» 
pflichtet. Es kamen einige Schwierigkeiten die man ihm 
in feinen Gelbfachen machte binzu, fo baß feine doppelt ges 
kraͤnkte Eigenliebe heftig aufflammte. Nachdem er mit kur⸗ 
jen Worten, in denen er fich noch über ben Nepoten beflagte, 
von dem Papft Abfchied genommen, verlieh er Pallaſt und 
Stadt, ohne Cardinal Franz auch nur begrüße zu haben. 
Er hoffte ihn damit bis ing Herz zu Eränfen ). 

Aber bie Barberini, im Beſitz einer abfoluten Gewalt 
in diefem Lande, befaßen bie Mittel fich noch empfindlicher 
zu rächen. 

Die Geldiwirchfchaft die fi) in ben Staate ent 
wickelte, fand auch bei allen jenen fürftlichen Käufern, wel⸗ 
che die Arifiofretie beffelben ausmachen, Eingang und 
Nachahmung: fie harten ſaͤmmtlich Monti errichtet, und 
ihre Gläubiger eben fo auf den Ertrag ihrer Güter ans 
gewieſen, wie die päpftlihen auf die Gefälle der Kam⸗ 
mer angewiefen waren: bie Luoghi di Monte gingen auf 
die nemliche Art von Hand in Hand. Diefe Monti wür- 
den jedoch ſchwerlich Eredit gefunden haben, hätten fie nicht 

1) Unter den mancherlei Streitfehriften in diefer Sache, weldye 
handſchriftlich uͤbrig find, finde ich befonders folgende ruhig "und 
glaubwürdig: Risposta in forma di lettera al libro di duca di 
Parma, in dem 45ften Bande der Informationi: II duca Odoardo 
fu dal papa e ringraziollo, soggiunse di non si poter lodare del 
Sr Cle Barberino. Dal papa gli fu brevemente risposto che co- 
nosceva J’affetto di S. Em“ verso di lui. Licentiatosi da 8. 
Beate senza far motto al Sr cardinale se n’andö' al suo pa- 
lazzo, dovendo se voleva esser accompagnato da S. Em? rima- 
nere nelle stanze del Vaticano e licentiarsi parimente da S. 


Emzs, come & usanza de’ principi. La mattina finalmente parti . 
senza far altro. 


33 Buch VII. Die Päpfte um d. Mitte 8.17. Jahrh. 


unter der Aufficht der böchften Gewalt geftanden: nur mit 
befonberer Genehmigung des Papſtes durften fie errichtet 
ober mobificirt werben. Es gehörte mit gu den Vorrechten 
be berrichenden Hauſes, daß es durch eine ſolche Oberauf⸗ 
ficht einen bedeutenden Einfluß auf die häuslichen Angeles 
genheiten aller andern erwarb: die Reductionen der Monti 
auf einen niebrigern Zingfuß waren an der Tagesordnung, 
fie hingen von feinem guten Willen, feiner Geneigtheit ab. 

Nun waren auch die Farneſen mit fehr anfehnlichen 
Schulden beladen. Der Monte Farneſe vecchio fchrieb fich 
noch von den Bebürfniffen und dem Aufwande Alerander 
Sarnefes in den flanbrifchen Feldzuͤgen her: ein neuer 
war errichtet worden: Indulte der Päpfte hatten die Maffe 
vermehrt, und indem neue Luoghi mit geringen Zinfen. ges 
gründet, die alten nicht getilgt, die verfchiebenen Operatio- 
nen aber von verfchiedenen auf einander eiferfüchtigen Han⸗ 
delshaͤuſern geleitet wurden, war alles in Verwirrung ges 
rathen *). 

Dazu kam aber jebt, daß die Barberini einige Maaß⸗ 
regeln ergeiffen, welche dem Herzog großen Schaden zu⸗ 
fügten. 

Die beiben farnefifchen Monti waren auf ben Ertrag 


1) Deone T.1. Fu ultimamente !’uno et V’altro stato, cioe 
Castro e Ronciglione, affittato per 94= scudi l’anno a gli Siri. 
Sopra questa entrala & fondata la dote dell’uno e dell’ altro 
monte Farnese, vecchio ciot e nuovo. Il vecchio fu fatto dal 
duca Alessandro di 54= scudi l’anno, denari tutti spesi in Fian- 
dra: al quale il presente duca Odoardo aggiunse somma per 
300® scudi in sorte principale a ragione di 43 per cento: e di 
piü impose alcuni censi: di modo che poco 0 nulla rimane per 
lui, si che se li leva la tratta del grano, non ci sara il pago 
per li ereditori del monte, non che de’ censuarii. 


Krieg von Eaftro. 29 


von Caſtro und Ronciglione angewieſen. Die Siri, Paͤch⸗ 
ter der Gefälle von Eaftro, zahlten dem Herzoge 94000 Sc., 
mit welchen bie Zinfen der Monti eben noch bezahle wer⸗ 
ben Fonnten. Aber ed war nur in Folge einiger von Paul 
II. feinem Haufe ertheilten Bewilligungen daß ber Ertrag 
fi) fo hoch belief. Papft Paul hatte zu dem Ende bie große 
Landſtraße von Sutri nad) Ronciglione verlegt, und jenem 
Landſtrich eine größere Sreiheit ber Rornausfuhr sugeftanten, 
als andere Provinzen befaßen. Jetzt befchloflen die Barbes 
rini, dieſe Beguͤnſtigungen zu widerrufen. Sie verlegten 
die Straße zuruͤck nach Sutri: in Montalto di Maremma, 
wo das Getreide von Caſtro geladen zu werden pflegte, lie⸗ 
fen fie ein Verbot der Ausfuhr bekannt machen *). 
Augenblicklich zeigte fich der beabfichfigte Erfolg. Die 
Siri, die ohnehin wegen jener Operationen mit bem Herzoge 
gefpannt waren und jeßt einen Rückhalt in ben Pallaſt hatten, 
— man behauptet, noch beſonders auf Antrieb einiger Praͤ⸗ 
laten, bie insgeheim an ihrem Gefchäfte Theil nahmen — 
weigerten fich ihren Contract gu halten: fie hörten auf, bie 
Zinfen des Monte Farnefe zu zahlen. Die Montiften, des 
nen ihr Einkommen plöglich fehlte, drangen auf ihr Recht 
und wandten ſich an die päpftliche Regierung. Der Herzog 
verfchmähte «8, da er fich fo abfichtlich beeinträchtigt fah, 
Anftalten zu ihrer Befriedigung zu treffen. Uber die Kla- 
gen der Montiften wurden fo lebhaft, dringend und allge: 


1) Sie ſtuͤtzten fich hiebei auf die Worte der Bulle Pauls LIT, 
in ber ihnen nur die „facultas frumenta ad quaecunque etiam 
praefatae Romanae ecclesiae e nobis immediate vel mediate sub- 
jecta conducendi“ gegeben war; — jedoch hatte fich indeß die freie 
Ausfuhr überhaupt gebildet. 





30 Bud VII Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


mein, daß der Papft das Necht zu haben glaubte, um fo 
vielen römifchen Bürgern zu ihrer Nente zu verhelfen, fih 
in Bei der Hypothek zu feßen. In dieſer Abficht fchickte 
er eine Feine Heeresmacht nad) Caſtro. Nicht ohne allen 
Widerſtand ging es dabei ab: „wir find genöthigt geivefen‘, 
ruft er unter anderm in fonderbarem Zorneseifer in feinem 
Monitorium aus, „vier große Schüffe thun gu laffen, durch 
welche auch Einer der Feinde geblieben it"). Am 13. 
Detober 1641 nahm er Eafiro ein. Und felbft hiebei ſtehn 
zu bleiben war er nicht gemeint. Im Januar 1642 ward 
über den Herzog, ber fich jene Einnahme nicht rühren ließ, 
die Ercommunication ausgefprochen; aller feiner Lehen 
warb er verluftig erklärt: es rückten Truppen ind Feld, 
um ihm auch Parma und Piacenza zu entreißen. Don einer 
Pacification wollte der Papſt nichts hören; er erklärte: „zwi⸗ 
fchen dem Herrn und feinem Bafallen finde eine folche nicht 
Statt: er wolle den Herzog bemüthigen, er babe Geld, 
Muth und Kriegsvolk, Sort und Welt fey für ihn. 4 
Hiedurch aber befam dieſe Sache eine allgemeinere Be⸗ 
deutung. Die italienifchen Staaten waren ſchon längft auf 
die wiederholten Erweiterungen bes Kirchenſtaates eiferfüch- 
tig. Gie wollten nicht dulden, daß er etwa auch Parına 
an fich ziehen folle, wie Urbino und Ferrara: noch hatten 


1) Es war bei einer Bruͤcke. „Dictus dominus Marchio, ex 
quo milites numero 40 circiter, qui in eisdem ponte et vallo ad 
pugnandum appositi fuerunt, amicabiliter ex eis recedere recusa- 
bant, immo hostiliter pontificio exercitui se opponebant, fuit coa- 
ctus pro illorum expugnatione quatuor magnorum tormentorum 
ictus explodere, quorum formidine hostes perterriti fugam tan- 
dem arripuerunt, in qua unus ipsorum interfectus remansit. “ 


| 


Krieg von Caſtro. 3 


die Efte ihre ferrarefifchen, bie Mebick gewiſſe urbinatifche 
Anfprüche nicht aufgegeben: durch die Anmaaßungen Don 
Taddeos waren fie fämmtlich beleidigt: die Venezianer dop⸗ 
pelt, da Urban VIEL. vor kurzem eine Inſchrift in der Sala 
Regia, in der. fie wegen jener ihrer fabelhaften Vertheidi⸗ 
gung- Aleranders IH. gepriefen wurden, hatte vernichten 
laſſen: was fie für einen großen Schimpf hielten‘): — 
auch allgemeinere politifche Ruͤckſichten gefellten fich hinzu. 
Wie früher die fpanifche, ſo erregte jet bie franzöfifche 
Uebermacht die Bebenflichkeiten dee Italiener. Allenthal⸗ 
ben erlitt die fpanifche Monarchie die größten Verluſte: 
die Italiener fürchteten, ed möchte auch bei ihnen eine all» 
gemeine Umwaͤlzung erfolgen, wenn Urban VII, den fie 
für einen entfchiedenen Verbündeten der Franzoſen hielten, 
noch mächtiger werde. Aus allen, biefen Gründen befchlof: 
fen fie fich ihm zu wiberfeßen. Ihre Truppen vereinigten 
ſich im Modenefifchen. Die Barberini mußten den Durch 
zug durch dieß Gebiet aufgeben, den Verbündeten gegen 
über besog bie päpftlihe Heeresmacht ihre Quartiere um 
Ferrara. 
Sewiffermaßen toieberholte fich demnach bier der Ge⸗ 
genfat des franzöfifchen und des fpanifchen Intereſſe, der 
Europa überhaupt in Bewegung hielt. Allein wie viel 
fchwächer waren doch die Beweggruͤnde, die Kräfte, Die An⸗ 
firengungen, die e8 bier zu einer Art von Kampf brachten! 
Ein Zug, ben der Herzog von Parma, ber fich nun 
mehr ohne viel Zuthun von feiner Seite befchügt und doch 
nicht gebunden fah, auf eigene Hand unternahm, offenbart 
1) Ich werde diefen Gegenfland in dem Anhang berühren. 


32 Bud VII. Die Päpfteum d. Mitte 0.17. Jahrh. 


ung recht die Sonberbarfeit des Zuftandes in welchem man 
fich befand. 

Ohne Sefchüg noch Fußvolk, nur mit 3000 Reitern 
brach Odoardo in den Kirchenftaat ein. Das Fort Urbano, 
das mit fo vielen Koften errichtet worden, die verfammelte 
Miliz, die fich nie auf einen bewaffneten Feind gefaßt ges 
macht, hielten ihn nicht auf. Die Bolognefen fchloffen füch 
in ihre Mauern ein: ohne bie päpftlichen Truppen auch 
nur zu Gefichte zu bekommen, zog ber Herzog vorüber. 
Imola eröffnete ihm die Thore: er machte dem päpftlichen 
Befehlshaber einen Befuch: er ermahnte die Statt dem 
römifchen Stuhle getreu zu feyn. Denn nicht gegen Rom, 
nicht einmal gegen Urban VIII, nur gegen die Nepoten 
deſſelben behauptete er die Waffen ergriffen su haben; er 
sog unter ber Fahne bed Gonfaloniere ber Kirche einher, 
auf welcher man St. Peter und St. Paul erblickte; im 
Namen der Kirche forderte er den Durchzug. In Faenza 
hatte man bie Thore verfchangt: als aber der Governatore 
den Feind anfichtig wurde, ließ er ſich an einem Seile die 
Mauer herunter um perfönlich mit dem Herzoge zu unter: 
handeln: das Ende der Unterhandlung war, daß die Thore 
geöffnet wurden. So ging ed auch in Forli. Ruhig fas 
hen fich die Einwohner aller diefer Städte von den Fen⸗ 
fieen auf den Straßen den Durchzug ihres Feindes an. 
Der Herzog begab fich über das Gebirge nad) Toscana: 
von Arezzo her drang er dann aufs neue in den Kirchen: 
ſtaat ein. Caftiglione da Lago, Eitta dei Pieve öffneten 
ihm ihre Thore: unaufbaltfam eilte er vorwärts: mit dem 

Schreden 


Krieg von Caſtro. 33 


Schrecken feines Namens erfüllte er das Land '). Vornehm⸗ 
lich in Rom gerieth man hierüber in Beſtuͤrzung; ber Papft 
fürchtete das Schickfal Elemend VIL Er fuchte feine Roͤ⸗ 
mer zu bewaffnen. Allein erft mußte eine Auflage wider⸗ 
rufen, Haus bei Haus mußten Beiträge eingefammelt wers 
den, wobei e8 denn nicht ohne anzügliche Reden abging, 
ehe man eine Fleine Schaar zu Pferde ausräften konnte. 
Wäre der Herzog von Parma in biefem Augenblicke erfchies 
nen, fo hätte man ihm ohne Zweifel ein paar Earbinäle 
am Ponte Molle entgegengefchickt und ihm alle feine For⸗ 
derungen zugeſtanden. 

Aber ein Kriegsmann war auch er nich. Gott weiß 
weiche Betrachtungen, welche Nückfichten ihn zuräckhielten. 
Er ließ fich bewegen auf Unterhandlungen einzugehn, von 
denen er niemals etwas erwarten Fonnte. Der Papft fchöpfte 
wieder Athem. Mit einem burch die Gefahr verjüngten Ei. 
fer befefligte er Rom ?). Er ftellte ein neues Heer ind Feld, 
das den Herzog, defien Mannfchaften auch nicht zuſammen⸗ 
hielten, gar bald aus dem Kirchenſtaate berausdrängte. 
Wie nichts mehr zu fürchten war, machte Urban aufs neue 
die härteften Bedingungen: — die Sefandten der Fuͤrſten 


1) Ausführliche Erzählung diefer Unternehmung in Siris Mer- 
cario tom. II, p. 1289. 

2) Deone: Si seguitano le fortificationi non solo di Borgo, 
ma del rimanente delle mura di Roma, alle quali sono deputati 
tre cardinali, Pallotta, Gabrieli et Orsino, che giornalmente ca- 
valcano da una porta all’ altra: e si tagliano tutte le vigne che 
sono appresso le mura per la partie di dentro di Roma, cio® 
fanno strada tra le mura e le vigne e giardini con.danno gran- 
dissimo de’ padroni di esse: e cosi verr& anche tocco il bellis- 
simo giardino de’ Medici, e perderä la particella < ‘che haveva 
nelle mura di Roma, 


Papſte ** 3 


3 Bud VII. Die Päpfte um d. Mitte 8.17. Jahrh. 


verließen Nom: auch in dem. frieblichen Italien ruͤſtete man 
fich noch einmal einheimifche Waffen zu verficchen. 

Zuerft im Mai 1643 griffen die Verbündeten im Fer: 
rarefifchen an. Der Herzog von Parma nahm ein paar 
fefte Pläge: Bondeno, Stellata: die Venezianer und Mo⸗ 
benefen vereinigten fich, und rückten tiefer ind Land. Aber 
auch der Papſt, wie gefagt, hatte fich indeß aus aller Kraft 
gerüftet: er hatte 30000 Mann zu Fuß, 6000 zu. Pferde 
beifammen: die Venezianer trugen Bedenken eine fo ſtatt⸗ 
liche Macht anzugreifen: fie zogen fich zuruͤck, und in Fur: 
zent finden wir nun bie Firchlichen Truppen in das Mode: 
nefifche und ins Polefine di Rovigo vordringen '). 

Der Großherzog von Toscana warf fi) dann verge: 
bens auf Perugia: die Truppen des Papftes ftreiften bie 
und da fogar ing großherzogliche Gebiet. 

Wie fonderbar nehmen fich diefe Bewegungen aus: 
von beiden Seiten fo ganz und gar ohne Nachdruck und 
Nerv, verglichen mit den gleichzeitigen Kämpfen in Deutſch⸗ 
land, mit jenen fchmwebifchen Zügen von ber Oſtſee bis in 
die Nähe von Wien, von Mähren bis nach Juͤtland! 
Und doch waren fie nicht einmal rein italienifch; zu bei: 
ben Seiten bienten Srembe: in dem verbündeten Heere mach⸗ 
ten die Deutfchen, in dem Eirchlichen die Srangofen die grö- 
Bere Anzahl aus. 

Die Folge hatte indeffen auch der italienifche Krieg, 
baß das Land erfchöpft wurde und befonders die päpfl- 
lichen Caſſen in die größte DVerlegenheit geriethen ?). 

1) Frizzi: Memorie per la storia di Ferrara V p. 100. 
2) Riceius: Rerum Italicarum sui temporis narrationes, Narr. 


—— _ 


Krieg von Caſtro. 35 


Gar mancherlei Mittel verfuchte Urban VIIL um fich 
das Geld zu verfchaffen das er brauchte. Schon im Sep: 
tember 1642 warb die Bulle Sixtus V. einer neuen Er; 
wägung unterworfen, und hierauf in dem Eonfiftorium ber 
Beichluß gefaßt, 500000 Sc. aus dem Eaftell zu entneh⸗ 
men‘). Natürlich Eonnte bieß nicht fehe weit reichen: 
man fing an, Anleihen bei dem Reſte jened Schapes zu 
machen, d. i. man feßte feit, dad Gelb das man entnahm,. 
in Zufunft in benfelben zuruͤckzahlen zu wollen. Wir fahen 
ſchon, daß man zu perfönlichen Taxen fehritt: dfter wurden 
fie wiederholt: der Papſt zeigte ben Conſervatoren an, welche 
Summe er bedürfe: den Einwohnern, auch bie Fremden 
nicht ausgefchloffen, warb alsbann ihre Quote aufgelegt. 
Die Hauptfache aber blieben doch immer. bie Auflagen. 
Anfangs waren fie noch wenig fühlbar, 3. B. eine Auf: 
lage auf das. Schrotforn für die Wogelbeise: bald aber 
folgten ſchwerere, auf bie unentbehrlichſten Lebensbeduͤrf⸗ 
niffe, Brennholz, Salz, Brot und Wein: ?) — fie nahmen 


XIX, p. 5%: Ingens opinioneque majus bellum exarsit, sed 
primo impetu validum, mox senescens, postremo neutrius partis 
fructu, imo militum rapinis indigenis exitiale, irritis oonatibus 
prorsus inane in mutug studia officiaque abiit. 
1y Deone 20 Sett. 1642: Havendo il papa fatto studiare da 
legisti e theologi di potere conforme la bolla di Sisto V ces- 
sare denari dal tesoro dal castel Sant’ Angelo, il lunedi 22 del 
mese il papa tenne consistoro per il medesimo affare. — — Fu 
risoluto di cessare 500= acudi d’oro, a 100= per volte, e nom 
prima che sia spesi quelli che al presente sono ancora in es- 
sere della camera. 

2) Deone 29 Nov. 1642. Si sono imposte 8 nuove gabelle, 
una sopra il sale oltre l’altre, la 2* sopra le legna, la 3° no- 
pra la dogana, la quale in tutte le mercantie che vengone per 


3* 


36 Bud VII Die Päpfte um d. Mitte 6. 17. Jahrh. 


jegt ihren zweiten großen Schwung; fle erhoben fich 
1644 bis auf 2,200000 Sc. Es verſteht fich fchon, daß 
man jebe Erhöhung, jede neue: Auflage fofort capitalifirte, 
einen Monte darauf gründete, und ihn verkaufte Kardis 
nal Eefi, früher Schagmeifter, berechnete, daß auf dieſe 
Weiſe 7,200000 Scubi neue Schulden gemacht worden, 
obwohl noch 60000 Scudi im Schatze geweſen feyen. 
Den ganzen Aufwand des Krieged gab man den vene⸗ 
zianifchen Gefandten im jahre 1645 auf mehr ald 12 
Millionen an '). 

In jeden Moment fühlte man mehr, wie viel dag zu 
bebeuten hatte; ber Erebit warb am Ende doch erfchöpft; 
allmaͤhlig mußten alle Hülfsquellen verfagen. Auch der 
Krieg ging nicht immer nach Wunfch. In einem Schar: 
muͤtzel bei Lagoscuro — 17. Mer; 1644 — entkam Car: 
binal Antonio nur durch die Schnelligkeit feines Pferdes 
ber Gefangenfchaft ; Da der Papft fich täglich hinfaͤlli⸗ 
ger fühlte, fo mußte er auf den Srieden denken. 

Die Franzoſen übernahmen die Vermittelung. Die 
Spanier vermochten fo wenig an dem päpftlichen Hofe und 
haften auch anderwaͤrts an ihrer Autorität fo viel verlo- 
ren, daß fie dießmal ganz ausgefchloffen blieben. 

Srüher hatte ber Papſt oft gefagt, er wiſſe wohl, bie 


terra, riscuote 7 per cente, per acqua 10 per cento. Sid cre- 
sciuto uno per cento d’avvantaggio, e si aspettano altre 3 ga- 
belle per le necessitä correnti, una sopra le case, Paltra sopra 
li censi, la terza sopra li casali, ciod poderi nella campagna. 

1) Relatione de’ IV ambasciatori: L’erario si trova nota- 
bilmente esausto essendoci stato affermato da pi Cli, aver 
spesi i Barberini nella guerra passata sopra 12 milioni d’oro. 

2) Nani: Storia.Veneta lib. XI, p. 740. 


Krieg von Eaftro. 87 


Abficht der Venezianer fey ihn durch Mißvergnügen zu 
tödten, aber es folle ihnen nicht gelingen: er werbe ihnen 
Stand zu halten wiſſen; jetzt ſah er fich doch genoͤthigt 
alles zu beiwilligen was fie forderten: den Herzog von Parma 
von dem Banne loszufprechen und in Eaftro wiederherzu⸗ 
fielen. Niemals hätte er geglaubt, daß es fo weit kom» 
men werde: er empfand ed auf das tieffte. 

Noch etwas ‚Anderes bedrängte ihn dann. Es fchien 
ihm aufs neue, ald habe er feine Nepoten doch wohl uns 
gebuͤhrlich begünftige, als werde dieß fein Gewiſſen vor 
dem Angefichte Gottes befchweren. Noch einmal rief er 
einige Theologen, auf die er ein beſonderes Vertrauen ſetzte, 
unter denen Cardinal Lugo und Pater Lupis ein Jeſuit 
genannt werden, zu einer Conſultation in feiner Gegenwart. 
Die Antwort war: da fich die Nepoten S. Heiligkeit fo 
viele Feinde gemacht, fo fey es billig und für die Ehre 
des apoftolifchen Stuhles fogar nothwendig, ihnen die Mit: 
tel zu laſſen um fich biefen Feinden zum Trotz auch nach 
dem Abgange des Papftes in ungefchmälertem Anfehen zu 
erhalten ). 

In fo fchmerzlichen Zweifeln und dem bittern Gefühle 
einer mißlungenen Unternehmung ging der Papft dem Tobe 
entgegen. Sein Arzt hat verfichert, daß er in dem Augen- 
blicke, in welchem er den Srieden von Caſtro unterzeichnen 
mußee, von Schmerz übermannt in Ohnmacht fiel: womit 
die Krankheit anfing an der er farb. Er flehte den Him⸗ 
mel an, ihn an den gottlofen Zürften zu rächen, die ihn 
sum Kriege genöthigt. Er flarb am 29. Juli 1644. 

1) Niooletti: Vita di papa Urbano, tom. VII. 


38 Buch VII. Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


Kaum war ber päpftliche Stuhl von dem Mittelpunkte 
ber europdifchen Gefchäfte zurückgetreten, fo erlitt er in 
den italienifchen, in den Angelegenheiten des Staates eine 
Niederlage, wie er fie lange nicht erfahren. 

Auch Papft Clemens VIII. war wohl mit den Farne⸗ 
fen zerfallen und hatte ihnen sulegt Verzeihung angebeihen 
laſſen. Jedoch that er das nur, weil er fich mit Huͤlfe 
der übrigen italienifchen Sürften an den Spaniern rächen 
wollte. Jetzt war bie Lage ber Dinge um vieles anders. 
Mit aller feiner Macht hatte Urban VIIL den Herzog von 
Parma angegriffen. Die vereinten Kräfte von Stalien hats 
ten bie feinen erfchöpft und ihn zu einem ungünftigen Sries 
den gendthigt. Es ließ fich nicht Ieugnen, das Papftthum 
war endlich einmal entfchieben im Nachtheil geblieben. 


Innocenz X. 


Gleich in dem nächften Conclave zeigte fich die Ruͤck⸗ 
wirkung hievon *). Die Nepoten Urbans VIIL führten acht 
und vierzig Cardinaͤle, Creaturen ihres Oheims, ein: nie 
hatte es eine ſo ſtarke Faction gegeben. Nichts deſto min⸗ 


1) Noch immer der alte gewaltſame Zuſtand der Sedisvacanzen. 
J. Nicii Erythraei Epist. LXVIII ad Tyrrhenum 3 non. Aug. 
1644. Civitas sine jure est, sine dignitate respublica. Tantus 
in urbe armatorum numerus cernitur quantum me alias vidisse 
non memini. Nulla domus est paulo locupletior quae non mi- 
litum multorum praesidio muniatur: ac si in unum omnes coge- 
rentur, magnus ex eis exercitus confici posset. Summa in urbe 
armorum impunitas, summa licentia: passim caedes hominum 
fiunt: nil ita frequenter auditur quam: hic vel ille notus homo 
est interfectus. 


Innocenz X. 39 


ber ſahen fie gar bald, daß fie den Mann ihrer Wahl, 
Sacchetti, nicht durchfegen würden: die Scrutinien fielen 
von Tage zu Tage ungünftiger aus. Um niche einen erflärs 
ten Gegner zur Tiara kommen zu laffen, entichieb fich Franz 
Barberini endlich für .Carbdinal Pamfili, ber wenigſtens 
eine Ereatur Urbans VIIL war, obwohl er ſich flarf auf 
die fpanifche Seite neigte, obwohl der frangöfifche Hof ihn 
ausdrücklich verbeten hatte. Am 16. September 1644 ward 
Gardinal Pamfili gewählt. Er nannte fi Innocenz X, 
zum Anbenfen wie man glaubt an Innocenz VII, unter 
dem fein Haus nach Rom gekommen ar. 

Hiemit änderte fich nun aber auf einmal die Politik 
bes römifchen Hofes. 

Die verbündeten Zürften, namentlich die Medici, de 
nen ber neue Papſt feine Erhebung vorzugsweife zufchrieb, 
gewannen jest Einfluß auf die Gewalt, bie fie eben be: 
fämpft hatten: jene venegianifche Inſchrift ward wieder her⸗ 
geftellt *): in der erfien Promotion wurden faft lauter 
Steunde der Spanier erhoben. Die gefammte fpanifche Par: 
tei erwachte wieder, und hielt der franzöfifchen wenigſtens 
su Rom das Gleichgewicht. 

Zunaͤchſt befamen die Barberini diefen Umſchwung ber 
Dinge zu fühlen. Es läßt fich jegt wohl nicht mehr aus⸗ 
machen, tie viel von alle dem gegründet ifl, was man 
ihnen Schuld gab. Sie folten fich Eingriffe in die Juſtiz 

1) Relatione de’ IV ambasciatori 1645. Il presente pon- 
tefice nel bel principio del suo governo a con publiche dimo- 
strationi registraie in marmi detestato le opinioni del precessore, 


rendendo il lustro alle glorie degli antenati di VV. EE. Man 
fieht wie hoch fie das aufnahmen. 





40: Buch VII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Sahr h. 


erlaubt, fremde Pfruͤnben an fich geriffen, hauptſaͤchlich 
follten fie die öffentlichen Gelber unterfchlagen haben. Der 
Papſt befchloß, die Nepoten feines Vorgängers wegen ihrer 
Geldverwaltung während des Krieges von Eaftro zur Re⸗ 
chenſchaft zu ziehen ). 

Anfangs glaubten fich bie Barberini durch die Pro⸗ 
tection von Frankreich ſicher ſtellen zu koͤnnen; da Maza⸗ 
rini in ihrem Hauſe, durch ihre Befoͤrderung emporgekom⸗ 
men, ließ er es ihnen jetzt an Unterſtuͤtzung nicht fehlen: 
fie ſtellten die franzöfifchen Wappen an ihren Pallaͤſten auf 
und begaben fich förmlich in den Schuß von Frankreich. 
Allein Papſt Innocenz erklärte: er ſey bazı da, um Die 
Gerechtigkeit zu handhaben, und wenn Bourbon vor den 
Thoren ftünde, Eönnte er davon nicht ablaffen. 

- Hierauf entfloh zuerft Antonio, der am meiſten ge 
fährdet war, im October 1645; einige Monat fpäter ent- 
fernten fich auch Franz, und Taddeo mit feinen Kindern. 

Der Papſt ließ ihre Pallaͤſte befegen, ihre Aemter ver: 
theifen, ihre Luoghi di Monte fequeftriren. Das römifche 
Volk ſtimmte ihm in feinem DBerfahren bei. Am 20. Fe 
bruar 1646 hielt e8 eine Verfammlung auf den Capitol. 
Es war bie glängendfte deren man fich erinnerte: fo viel 
sornehme, durch Nang und Titel ausgezeichnete Perfonen 
nahmen daran Antheil. Es ward der Vorfchlag gemacht, 
den Papft zu erfuchen, von den Auflagen Urbans VIIL 


1) Relatione delle cose correnti 25 Maggio 1646. MS Chigi. 
I Barberini, come affatto esclusi dal matrimonio del novelle 
pontefice, cominciorono a machinar vastitä di pensieri stimati 
da loro nobili. Il papa continud ad invigilare con ogni accu- 
ratezza, che la discamerata camera fusse da loro sodisfatta. 


Innocenz X. 4 


wenigſtens die drüchendfte, bie Mahlfteuer, aufsuheben. Die 
Angehörigen der Barberini, in der Bejorgniß, man werde, 
fobald die Steuer aufgehoben ſey, bie darauf gegründete 
Schuld von ihrem Vermögen bezahlen wollen, festen fich 
dawider: Donna Anna Colonna, Gemahlin Taddeo Bar: 
berinos, ließ eine Schrift verlefen, in welcher fie an bie 
Berdienfte Urbans VIIL um die Stadt, feinen Eifer für 
die Handhabung der Gerechtigkeit erinnerte, und es für 
ungiemlich erklärte, tiber die gefegmäßigen Auflagen eis 
nes ſo wohlverdienten Papſtes einzufommen. Nichts deſto 
minder ward der Beſchluß gefaßt: ohne Anſtand ging der 
Papſt darauf ein: ber Ausfall der dadurch entſtand, ſollte, 
wie man richtig vorausgefehen, von dem Bermögen Don 
Taddeos gedeckt werben !). 

Anden nun das Gefchlecht des vorigen Bapftes fo 
lebhaft angegriffen und verfolgt wurde, fo fragte ſich — 
es war jet das wichtigfte Intereſſe in jedem Pontifi- 
cat — tie das neue ſich einrichten würde. Für die Ges 
fchichte des Papſtthums überhaupt if ein wichtiges Ereig- 
niß, daß dieß nicht ganz fo gefchah wie früher: obwohl 
der Anſtoß den der Hof gab, fich eigentlich noch vermehrte. 

Papſt Innocenz hatte gegen feine Schwägerin, Donna 
Dlimpia Maidalchina von Biterbo, befonders deshalb Ver; 
pflichtungen, weil fie ein bedeutendes DBermögen in bag 
Haus Pamfıli gebracht hatte. Er vechnete es ihr hoch an, 
daß fie fich nach dem Tode feines Bruders ihres Gemahls 
nicht wieder hatte vermählen wollen *). Er felbft war da⸗ 


1) Die Stelle aus dem Diario Deone im Anhange. 
2) Bussi: Storia di Viterbo p. 331. Anfangs hatte fie auch 


42 Bud VII. DiePäpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


durch gefördert worden. Don jeher hatte er ihr die öfo- 
nomifchen Angelegenheiten der Familie überlaffen: jetzt er- 
folgte, daß fie auch auf die Verwaltung des Papſtthums 
Einfluß bekam. 

Sehr bald gelangte ſie zu großem Anſehen. Ihr 
zuerſt machen die anlangenden Botſchafter einen Beſuch: 
Cardinaͤle ſtellen ihr Bild in ihren Gemaͤchern auf, wie 
man das Bild ſeines Fuͤrſten aufſtellt: fremde Hoͤfe ſuchen 
ſich ihre Gunſt durch Geſchenke zu erwerben. Da auch 
alle Anderen bie an der Curie etwas ſuchen, dieſen 
Weg einſchlagen — man behauptet fogar, daß fie fich 
von geringern Aemtern bie fie verfchaffte eine monatliche 
Abgabe habe zahlen laſſen, — fo ſtroͤmen ihr die Neich- 
thümer zu. In kurzem machte fie ein großes Haus: gab 
Zefte, Comoͤdien, reifte, und kaufte Güter an. Ihre Töch- 
ter wurden in die vornehmften, begütertfien Samilien ver- 
heirathet: die eine mit einem Lubovifi, die andere mit ei- 
nem Giuftiniani. Für ihren Sohn Don Camillo, der von 
geringen Fähigfeiten war, hatte fie ed anfangs angemeffes 
ner gefunden, baß er geiftlich würde, und wenigſtens du: 
Berlich die Stellung eines Cardinal Nepoten einnähme '): 
als fich aber auch für ihn Gelegenheit zu einer glänzenden 


guten Ruf. Donna Olimpia, fagen die venez. Sefandten von 1645, 
& dama di gran prudenza e valore, conosce il posto in cui si trova 
di cognata del pontefice, gode la stima e l’affettione della Stà S., 
ha seco molta autoritä, 

1) Gleich Anfangs wunderte ſich Jedermann darüber: „Io sti- 
mo, fagt unfer Deone, 19 Nov. 1644, che sia opera della Sra 
donna Olimpia che ha voluto vedere il figlio cardinale e de- 
sidera pilı tosto genero che nora. 


Innocenz X. 43 


Bermählung zeigte — indem die reichfie Erbin in Rom, 
Donna Dlimpia Aldobrandina, durch den Tod ihres Ges 
mahls ledig wurde, — Eehrte er in den weltlichen Stand 


zuruͤck und ging biefe Verbindung ein. 





Don Camillo nun wurde bieburch fo gluͤcklich, ale 
er nur werben konnte. Seine Gemahlin war nicht allein 
reich, fondern auch noch in blühenden Jahren, voll An- 
much und Geift: fie ergänzte feine Mängel durch ausge 
zeichnete Eigenfchaften. Aber auch fie wollte herrfchen. Zwi⸗ 
ſchen der Schwiegermutter und der Schtwiegertochter blieb 
nicht einen Augenblick Sriede. Das Haus bed Papſtes 
erfüllte fich mit dem Hader zweier Frauen. Anfangs muß; 
ten fich die Neuvermaͤhlten entfernen; aber nicht lange hielten 
fie es aus: wider den Willen des Papſtes kamen fie zuruͤck: 
hierauf fiel die Entzwelung aller Welt in bie Augen. Donna 
Dlimpia Maidalkhina erfcheint 5. B. einmal während des 
Carnevals in prächtigem Aufzuge im Corfo: ihr Sohn und 
feine Gemahlin fiehn an dem Senfter: fo wie fie den Wa⸗ 
gen der Mutter anfichtig werden, begeben fie fi) weg. 
Jedermann bemerkt e8: ganz Nom fpricht davon ?). Die 
verfchiedenen Parteien ſuchen fich der Entzweiten zu bes 
mächtigen. 

Unglücklicher Weife hatte Papft Innocenz eine Sinnes⸗ 
weife, die fich eher eignete Zwiftigfeiten dieſer Art zu ‚be; 
fördern als fie zu heben. 


1) Diario Deone. Ein ander Mat erzählt er wie folgt. Mer- 
cordi la tarda (Ag. 1648) la Sra Olimpia con ambedue le figliuole 
con molta comitiva passö per longo il corso: ogn’uno credeva 
che ella andasse a visitare la nuora, ma passò avanti la casa 
senza guardarla, 





4 Buch VII. Die Päpfte um d. Mitted. 17. Jahrh. 


An ſich war er ein Mann von keinesweges gemeinen 
Eigenfchaften. In feiner frühern Laufbahn, in der Nota, 
als Nuntius, als Cardinal, hatte er fich thätig, unbe⸗ 
(holten und reblich gezeigt: auch jetzt bewährte er dieſen 
Ruf. Man fand feine Anftrengungen um fo außerordent- 
licher, da er fchon 72 Jahre zählte als er gewählt wurbe: 
Dabei mache ihn’‘,. rühmte man, „die Arbeit nicht müde: 
er fey nach derfelben fo friſch mie vorher: es mache ihm 
Vergnügen Leute zu fprechen, und Jedermann laſſe er aus⸗ 
reden. ! Der folgen Zurückgegogenheit Urbans VIIL feßte 
er Zugänglichkeit und muntere Eaune entgegen. Beſonders 
ließ er fich die Ordnung und Ruhe von Kom angelegen 
feyn. Er fuchte einen Ehrgeiz darin, Die Sicherheit des 
Eigenthums, die Sicherheit der Perfonen bei Tag und 
Nacht aufrecht zu erhalten, Feine Mißhandlungen der Un⸗ 
tern von den Dbern, der Schwachen von den Mächtigen 
zusulaffen ). Er nöthigte die Baronen ihre Schulden zu 
bezahlen. Da der Herzog von Parma feine Gläubiger noch 
immer nicht befriedigte, und der Papft fich in Rom nicht 
zeigen durfte ohne daß man ihm zugerufen hätte, er möge 
den Montiften Gerechtigkeit verfchaffen, da überdieß auch 
der Bifchof von Caſtro, wie man glaubte, auf Veranſtal⸗ 
tung der hergoglichen Regierung getödtet worden, fo wur: 
den endlich auch in dieſer Sache durchgreifende Schritte 


1) Relatione di Contarini 1648. Rimira solamente con ap- 
plicatione alla quiete dello stato ecclesiastico e particolarmente 
di Roma, acciö goda ciaschedune delle proprie facolta e della 
libert& del praticare la notte e non rimanga l’inferiore tiran- 
neggiato dal superiore. 


Innocenz X. 45 


getban. Die Güter der Farnefen wurden aufs neue zum 
Berfauf ausgeboten: e8 gingen Soldaten und Ebirren nach 
Eafteo, um es im Namen der Montiften in Beſitz zu neh⸗ 
men *). Auch jeßt widerſetzte fich der Herzog: er machte 
Berfuche in den Kirchenftaat vorsubringen. Dieß Mal 
aber fand. er Feine Hülfe. Innocenz X. warb von den 
italienifchen Fuͤrſten nicht mehr gefürchtet, er war, tie 
wir fahen, eher ihr Verbündeter. Caſtro wurde genommen 
und gefchleift: der Herzog mußte fich bequemen jenes Land 
der Verwaltung der päpftlichen Kammer gu überlaffen, die 
ſich dafür verpflichtete feine Gläubiger zu befriebigen: er 
ergab ſich fogar in die Beſtimmung, daß er das Land ganz 
verlieren folle, wofern er die farnefifchen Monti binnen 8 
Jahren nicht getilgt habe. Das Capital betrug gegen 
1,700000, die aufgelaufenen Zinfen gegen 400,000 Se. 
Der Herzog fehien nicht im Stande zu feyn eine fo große 
Summe aufzubringen. In der Abfunft — die übrigens 
wieder unter fpanifcher Vermittelung zu Stande fam — lag 
gleich damals eine erzwungene und nur nicht eingeſtandene 
Verzichtleiſtung. 

In alle dieſen Verhaͤltniſſen erſcheint Innocenz kraͤf⸗ 
tig, klug und entſchloſſen: er litt aber an einem Fehler, 
der es ſchwer machte mit ihm auszukommen und ihm ſelbſt 
ſein Leben verbitterte: er hatte zu Niemand ein unerſchuͤt⸗ 


1) Diario Deone 16 Giugno 1649. Il papa in questo ne- 
gotio sta posto totalmente, e mi disse: „non possiamo andare 
per le strade di Roma, che non si venga gridato dietro che 
facciamo pagare il duca di Parma. Sono .sette anni che non 
paga, e di questa entrata devon viver molti luoghi pii e vedove 
e pupilli“ Man ficht, daß feine Motive nicht verwerflich find. 


46 Bud VII. Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


terliche® Vertrauen, Gunft und Ungunſt wechfeltn nad) 
den Eindrücken bes Augenblickes in ihm ab. 

Unter andern der Datar Cecchini erfuhr dad. Nach- 
dem er lange bie päpftliche Gnade genoffen, fah er fich mie 
einem Male beargmöhnt, angefahren, getadelt, und feinem 
Unterbeamten nachgefegt, jenem Mascambrund, den fpäter 
die außerordentlichften Verfalſchungen nachgewieſen wor⸗ 
den find ). 

Aber noch viel empfindlichere Verwickelungen entſtan⸗ 
den in der paͤpſtlichen Familie ſelbſt, die ſchon ohnehin ent⸗ 
zweit war. 

Innocenz X. hatte nach der Vermaͤhlung Don Ca⸗ 
millo Pamfilis keinen geiſtlichen Nepoten mehr, was doch 
ſeit langer Zeit nun einmal zu einer paͤpſtlichen Hofhaltung 
gehoͤrte. Einſt fuͤhlte er ſein Herz zu beſonderm Wohl⸗ 
wollen bewegt, als ihm Don Camillo Aſtalli, ein ent⸗ 
fernter Verwandter ſeines Hauſes, vorgeſtellt wurde. Er 
faßte den Entſchluß dieſem jungen Menſchen die Wuͤrde 
eines Cardinal⸗Nepoten zu uͤbertragen. Er nahm ihn auf 
in ſein Haus, gab ihm Zimmer in dem Pallaſte und Antheil 
an den Geſchaͤften. Mit oͤffentlichen Feierlichkeiten, mit Freu⸗ 
denſchuͤſſen vom Caſtell ließ er dieſe Erhebung ankuͤndigen. 

Doch folgte daraus nichts als lauter neue Mißhelligkeit. 

Die übrigen Verwandten des Papſtes glaubten ſich zu: 
rückgefegt: felbft die bisher von Innocenz ernannten Car: 


1) Vita del Cl Cecchini scritta da lui medesimo. Secrittura 
contro mons" Mascambruno, con laquale s’intende che s’instruisca 
il processo che contro il medesimo si va fabricando; und die 
noch ausführlichere Schrift Pro R. P. D. Mascambruno. MS. 


Innocenz X. 47 


binäle waren mißvergnügt, daß ihnen ein Später-gefonme: 
nee vorgesogen würde *): vornehmlich aber war- Donna 
Dlimpia Maidalchina unzufrieden. Sie hatte den jungen 
Aſtalli gelobt, fie hatte ihn zum Cardinal vorgefchlagen; 
doch hatte fie niemals geglaubt, daß es fo weit fommen 
würde. 

Zuerfi ward nun fie felbft entfernt. Der weltliche 
Nepot und deffen Gemahlin, die, wie fich ein Zeitgenoffe 
ausdruͤckt „eben fo weit über gewöhnliche Frauen erhaben 
war, wie er unter gewöhnlichen Männern ſtand“, traten 
in den Palaft ein. 

Aber nicht lange vertrugen fich der natürliche welt⸗ 
liche und der angenommene geiftliche Nepot. Die alte Olim⸗ 
pia ward wieder herbeigerufen um bag Haus in Ordnung 
zu halten. 

In kurzem gelangte fie aufd neue zu ihrem gewohnten 
Einfluffe ?). 

In einem Zimmer der Villa Pamfili ſtehn die Buͤ⸗ 
fien des Papſtes und feiner Schwägerin. Wenn man fie 
mit einander vergleicht, die Züge der Frau, welche Ent 

1) Diario Deone 10 Sett. 1650. Discorre la corte che’l 
papa ha perduto il beneficio conferito a tutte le sue creature, 
che si tengono offese che papa habbia preferito un giovane senza 
esperienza a tutti loro, tra quali sono huomini di molto valore, 
segno che tutti I’ha per diffidenti overo inetti alla carica. In 
einer Schrift Osservationi sopra la futura elettione 1652 wird 
auch viel darüber discurirt. „Io credo che sia solamente un ca- 
priccio che all’ improviso gli venne — — conoscendo appena 
mons? Camillo Astalli.‘ 


2) Pallavicini: Vita di papa Alessandro VII. La scaltra 
vecchia passdö con breve mezzo dall’ estremo della disgratia 
all’ estremo della gratia. 


- 


48 Buch VII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


fchloffenheit und Geift arhmen, mit bem milden und aus⸗ 
druckslofen Antlig des Papſtes, fo wird man inne, wie 
e8 nicht allein möglich, fondern fogar unvermeiblic) war, 
daß er von ihr beherrfcht wurde. | 

Nachdem fie aber wieder aufgenommen worden, wollte 
ſie auch nicht dulden, daß die Vortheile, welche die Stel⸗ 
lung eines Nepoten mit ſich brachte, einem andern 
Hauſe als dem ihren zu Theil wuͤrden. Da Aſtalli nicht, 
wie ſie wuͤnſchte, mit ihr theilte, ſo ruhte ſie nicht, bis 
er die Gunſt des Papſtes verlor, geſtuͤrzt und aus dem 


Pallaſte entfernt wurde, bis ſie wieder ohne Nebenbuh⸗ 


ler Herr im Hauſe war. Dagegen trat ſie, durch Geſchenke 
beguͤtigt, mit den Barberini, die indeß zuruͤckgekommen, 
jetzt ſogar in engere Verbindung. 

Wie ſehr mußte alle dieſer Wechſel von Gnade und 
Ungnade, ein fo unaufhoͤrlicher Hader der naͤchſten vertrau⸗ 
teſten Umgebung den armen alten Papſt bedraͤngen! Auch 
der erklaͤrte Bruch kann doch die innere Hinneigung des 
Gemuͤthes nicht vertilgen: ſie wird dadurch nur unbe⸗ 
quem und peinlich, ſtatt wie fie beſtimmt wäre zu Heiter⸗ 
keit und Wohlbehagen zu fuͤhren. Ueberdieß fuͤhlte der alte 
Herr am Ende doch, daß er das Werkzeug weiblicher Herrſch⸗ 
ſucht und Habgier war: er mißbilligte es, und haͤtte es 
gern abgeſtellt, doch fuͤhlte er nicht Kraft und Entſchluß 
dazu: auch wußte er nicht ohne ſie fertig zu werden. Sein 
Pontificat, das ohne bemerkenswerthe Widerwaͤrtigkeiten 
dahinging, gehoͤrt ſonſt zu den gluͤcklichern: durch dieſe 
Uebelſtaͤnde in Familie und Pallaſt iſt es jedoch in ſchlech⸗ 

ten 


Innocenz X. 49 


ten Ruf gerathen °). Innocenz X. warb baburch per: 
fönlich noch mehr, als er ed von Natur war, launifch, 
wanfelmüthig, eigenfinnig, fich felber befchwerlich: noch in 
feinen letzten Tagen finden wir ihn mit Beraubung und 
neuer Entfernung feiner übrigen Verwandten befchäftigt: 
in dieſem Unmuth flarb er, 5. Januar 1655. 

Drei Tage lag die Leiche, ohne daß einer feiner An: 
gehörigen, denen es nach dem Gebrauch des Hofes zuge⸗ 
fommen wäre, Sorge für bie Beerdigung derfelben getragen 
hätte. Donna Dlimpia fagfe, fie fey eine arme Mitte, 
das gehe über ihre Kräfte: kein Anderer glaubte dem Ver⸗ 
ftorbenen verpflichtet zu feyn. Ein Canonicus, der früher 
in päpftlichen Dienften geftanden, aber fchon lange entfernt 
worden war, twendete endlich einen halben Scubo baran, 
und ließ ihm die letzte Ehre erweifen. 

‚Slauben wir aber nicht, daß dieſe häuslichen Mißvers 
bältniffe bloß perfönliche Folgen gehabt hätten. 

Es liege am Tage, daß bie Nepotenregierung, bie in 
den vorhergegangenen Pontificaten eine fo vollkommene 
Gewalt in dem Staate, einen fo mächtigen Einfluß auf 
die Kirche ausgeübt hatte, nachdem fie fchon in den letz⸗ 
ten Jahren Urband VIII. einen ſtarken Stoß erlitten, jegt 
nicht einmal mehr zur Darftelung gefommen war und fich 
ihrem Sturge näherte. 


1) Pallavicini: Fra pretiosi arredi oggetto fetente e stoma- 
chevole — — proruppe a varie dimostrationi quasi di smanie. 
— — Assai temuto, niente amato, non senza qualohe gloria © 
felicit& ne’ successi esterni, ma inglorioso e miserabile per le 
continue o iragedie o comedie domestiche. 


Papſte ** 4 


8 Bud VII. Die Päpfteum d. Mitte d. 17. Jahr. 


fcehloffenheit und Geiſt athmen, mit dem milden und aus 
druckslofen Antlitz des Papſtes, fo wird man inne, wie 
es nicht allein möglich, fondern fogar unvermeidlich war, 
daß er von ihr beherrfcht wurde. 

Nachdem fie aber toieder aufgenommen worden, wollte 
fie auch nicht dulden, daß die Bortheile, welche die Stel: 
lung eined Nepoten mit ſich brachte, einem andern 
Haufe als dem ihren zu Theil würden. Da Aftali nicht, 
wie fie wünfchte, mit ihr theilte, fo ruhte fie nicht, big 
er die Gunft des Papſtes verlor, geftärzt und aus dem 
Pallafte entfernt wurde, bie fie wieder ohne Nebenbuh⸗ 
ler Herr im Haufe war. "Dagegen trat fie, burch Gefchenfe 
begütige, mit den Barberini; die indeß zurückgefommen, 
jeßt fogar in engere Verbindung. 

Wie fehr mußte alle diefer Wechfel von Gnade und 
Ungnade, ein fo unaufhörlicher Hader der nächften vertraus 
teften Umgebung den armen alten Papft bedrängen! Auch 
der erflärte Bruch kann doch die innere Hinneigung bes 
Gemuͤthes nicht vertilgen: fie wird dadurch nur unbe: 
quem und- peinlich, ftatt. wie fie beſtimmt wäre zu Heiter⸗ 
feie und Wohlbehagen zu führen. Ueberdieß fühlte der alte 
Herr am Ende doch, daß er das Werkzeug weiblicher Herrfch- 
fucht und Habgier war: er mißbilligte eg, und hätte es 
gern abgeftelle, doch fühlte er nicht Kraft und Entfchluß 
Dazu: auch wußte er nicht ohne fie fertig zu werden. Sein 
Pontificat, das ohne bemerkenswerthe Widerwärtigfeiten 
dahinging, gehört fonft zu den glücklichern: durch diefe 
Vebelftände in Familie und Pallaſt ift es jedoch in fchlech- 

ten 





Innocenz X. 49 


ten Ruf gerathen °). Innocenz X. warb dadurch per- 
fönlich noch mehr, als er es von Natur war, launifch, 
wankelmuͤthig, eigenfinnig, fich felber befchiwerlich: noch in 
feinen legten Tagen finden wir ihn mit Beraubung und 
neuer Entfernung feiner übrigen Verwandten befchäftigt: 
in dieſem Unmuth flarb er, 5. Januar 1655. 

Drei Tage lag bie Leiche, ohne daß einer feiner An- 
gehörigen, denen es nach dem Gebrauch des Hofes zuge⸗ 
fommen waͤre, Sorge für die Beerdigung derfelben getragen 
hätte. Donna Dlimpia fagte, fie fey eine arme Witte, 
das gehe. über ihre Kräfte: kein Anderer glaubte dem Ders 
fiorbenen verpflichter zu feyn. Ein Eanonicus, ber früher 
in päpftlichen Dienften geftanden, aber fchon lange entfernt 
worden war, twendete endlich einen halben Scubo daran, 
und ließ ihm Die letzte Ehre erweiſen. 

Glauben wir aber nicht, daß dieſe häuslichen Mißver⸗ 
hältniffe bloß perfünliche Folgen gehabt hätten. 

Es liegt am Tage, daß die Nepotenregierung, bie in 
den vorhergegangenen Pontificaten eine fo vollfommene 
Gewalt in dem Staate, einen fo mächtigen Einfluß auf 
die Kirche ausgeübt hatte, nachdem fie fchon in ben le» 
ten jahren Urbans VII. einen flarfen Stoß erlitten, jegt 
nicht einmal mehr zur Darftelung gekommen war und fich 
ihrem Sturze näherte. 


1) Pallavicini: Fra pretiosi arredi oggetto fetente e stoma- 
ehevole — — proruppe a varie dimostrationi quasi di smanie. 
— — Assai temuto, niente amato, non senza qualche gloria © 
feliciià ne’ successi esterni, ma inglorioso e miserabile per le 
continue o tragedie o comedie domestiche. 


Papſte ** 4 


5 Buch VII. Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


Alerander VII. und Clemens IX. 


Sogleich das Conclave bot einen ungetwohnten An- 
blick dar. 

Mit sahlreichen Scharen ergebener Creaturen waren 
bisher die Nepoten erfchienen um die neue Wahl zu be- 
herrfchen: Innocenz X. hinterließ Eeinen Nepoten der Die 
Cardinaͤle feiner Wahl zufammengehalten, zu einer Zaction 
vereinigte hätte. Jenem Aſtalli, der dag Ruder nur eine 
kurze Zeit geführt und keinen herrfchenden Einfluß aus: 
geübt hatte, waren fie Ihre Beförderung nicht ſchuldig, 
fonnten fie fich auch nicht verpflichtet fühlen. Seit un- 
vordenklicher Zeit zum erften Male traten die neuen Car- 
dinaͤle mit unbefchränfter Zreiheit in das Conclave ein. 
Man fchlug ihnen vor, fi) von freien Stücken unter ein 
Haupt zu vereinigen: fie follen geantwortet haben, ein je 
der habe Haupt und Füße für ſich felbfl. Es waren groͤß⸗ 
tentheild ausgezeichnete Männer, von unabhängiger Ge: 
muͤthsart; die fich wohl Auch zufammenhielten — man 
bezeichnete fie mit dem Titel des Equadrone volante ') — 
aber die nun hicht mehr den Winfen eined Nepoten, fon- 
dern ihrer Ueberzeugung und Einficht folgen wollten. 

Noch an dem Sterbelager Innocenz X. rief einer von 
ihnen, Kardinal Dttobuono, aus: „wir müffen einen recht: 


1) Pallavicini nennt folgende als Verbundene: Imperiale, 
Dmodei, Borromei, Ddefcalco, Pin, Aquaviva, Ottobuono, Albizi, 
Gualtieri/ Azzolini. Den: Namen Squadrone brachte ber ſpaniſche 
Geſandte auf. 


.s 
— — 


Alerander VI. “ 51 


fchaffenen Mann frchen. „Sucht ihr einen rechtichaffenen 
Mann’, entgegnete ein anderer von ihnen, Azzolino, „dort 
fteht ein ſolcher“: er zeigte auf Chigi '). Nicht allein hatte 
ſich Chigi übrigens den Ruf eines gefchickten und wohl⸗ 


gefinnten Mannes erworben, fondern ſich auch befonbers 


als einen Gegner der Mißbräuche der bisherigen Regierungs⸗ 
form gezeigt, die freilich niemals fchreiender geivefen waren. 
Diefen Freunden gegenüber fand er jeboch auch, beſonders 


- in den Srangofen, mächtige Widerfacher. Als ſich Mazarin, 


Durch bie Unruhen der Sronde aus Sranfreich vertrieben, 
an den deutfchen Grenzen rüftete, um fich mit ben Waffen 
in den Beſitz der verlorenen Gewalt zu feßen, hatte er bei 
Chigi, der damals Nuntius in Coͤln war, nicht die Fir 
derung gefunden auf die er rechnen zu dürfen glaubte: er 
hegte ſeitdem perfönlichen Widermillen gegen denfelben. Da 
her kam es daß es doch viel Mühe Eoftete: Die Wahls 
kaͤmpfe dauerten wieder einmal fehr lange; endlich aber 
drangen die neuen Mitglieder des Collegiums, bie Squa⸗ 
droniſten durch: am 7. April 1655 ward Fabio Chigi er⸗ 
waͤhlt: er nannte ſich Alexander VII. 

Dem neuen Papſt war ſchon durch den Grundgedan⸗ 
ken, der zu ſeiner Erhebung Anlaß gegeben hatte, die Ver⸗ 
pflichtung aufgelegt ein anderes Regiment zu fuͤhren als 
feine naͤchſten Vorfahren: auch ſchien er dazu entichloffen 
zu fepn. u 

Eine geraume Zeit ließ er feine Nepoten nicht nach 


1) Se 'vogliamo un uomo da bene, quegli & desso, et ad- 
ditd Cl Chigi, che era indi lontano alquanto nella medesima 
camera (Pallavicini). 


4 * 


52 Buch VII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


Rom kommen, er rühmte fich daß er ihnen keinen Pfen⸗ 
nig sufließen laſſe: ſchon flocht fein Beichtvater Pallavicini, 
der damals die Befchichte des tridentinifchen Conciliums 
fchrieb, eine Stelle in fein Werk ein, in welcher er Ale 
zanber VII. beſonders wegen dieſer Enthaltſamkeit gegen fein 
Blut einen unfterblichen Ruhm verkünbigte '). 

Es wird jeboch niemals leicht feyn, eine Gewohnheit 
die einmal eingeriffen iſt, zu verlaflen: fie wuͤrde ja nicht 
haben herrſchend werben koͤnnen, wenn fie nicht auch eini- 
ges Eimpfehlungswerthe, Natürliche hätte: an jedem Hofe 
werben fich Leute finden bie dieß hervorheben, und bei Dem 
Herfönmlichen, toäre der Mißbrauch gleich in die Augen 
fallend, feſtzuhalten fuchen. 

Allmählig fiellte Einer und der Andere Alerander dem 
VIL ‚vor, es fey nicht anftändig für päpftliche Verwandte 
einfache Bürger einer Stadt zu bleiben, auch fey das ja gar 
nicht möglich, in Siena laffe man fi doch nicht abhals 
ten feinem Haufe fürftliche Ehre zu erweifen, und leicht 
koͤnne er daburch ben h. Stuhl in Mißverhältniffe mit Tos⸗ 


1) Populus, fagt er in der Iateinifhen Lebensbefchreibung 
Aleranderd VII, qui prae multis vectigalibus humeris sibi ferre 
videbatur recentiores pontificias domos tot opibus onustas, huic 
Alexandri Smi magnanimitati mirifice plaudebat; — — inexpli- 
cabili detrimento erat et sacro imperio distributione minus aequa 
beneficiorum et perpetuis populi oneribus. Relatione de’ IV 
ambasciatori 1655. E continenza sin ora eroica quella di che 
S. Stà si mostra armata, escludendo dall’ adito di Roma il fra- 
tello, i nepoti e qualunque si pregia di congiontione di sangue 
seco: et è tanto pi da ammirarsi questa parsimonia d’afleiti 
verso i suoi congiunti quanto che non & distillata nella mente 
dalle persuasioni, ma & volontaria e natavi per propria elet- 
tione, 


Alerander VII. 53 


cana verwickeln: — Andere beftätigten bieß nicht allein, 
fie fügten hinzu, der Papft werde ein noch beſſeres Bei⸗ 
fpiel geben, wenn er feine Verwandten zwar annehme, aber in 
Schranken zu halten mwiffe, als wenn er fie ganz entferne: — 
den meiften Eindruck aber machte ohne Zweifel der Nector 
des Jeſuitencollegiums Dliva, ber geradezu erklärte, ber 
Dapft begehe eine Sünde, wenn er feine Nepoten nicht her 
beirufe: zu einem bloßen Minifter würden bie fremden 
Gefandten niemals fo viel Vertrauen haben, mie zu einem 
Blutsverwandten bed Papſtes: ber 5. Vater. werde um fo 
viel fehlechter unterrichtet werden und fein Amt nicht fo 
gut verwalten koͤnnen?). 

Kaum bedurfte es fo vieler Gründe, um den Papſt 
zu beivegen, der ohnehin dahin neigte: am 24. April 1656 
fiellte er in den Eonfiftorium bie Frage auf, ob es den 
Cardinaͤlen feinen Brübern gut fcheine, daß er fich feiner 
Verwandten zum Dienfte des apoftolifhen Stuhles bediene. 
Man wagte nicht zu twiberfprechen: kurz darauf Iangten fie 
an ?). Der Bruder des Papfied Don Mario bekam bie 
einträglichften Aemter, die Aufficht über die Annona, die 
Gerechtigkeitspflege im Borgo: befien Sohn Flavio warb 
Cardinal Pabrone und hatte in kurzem 100000 Sc. geiftli- 


1) Seritture politiche etc. ‚Un giorno Oliva prese occa- 
sione di dire al padrs Luti — P. Luti war mit den Papft aufs 
gewachlen, befuchte ihn häufig, und wuͤnſchte die Berufung ber Ne 
poten — „che il papa era in ebligo sotto peceato mortale di 
chiamare a Roma i suoi nepoti.“ Dann ’führte er jene Gründe an. 

2) Pallavicini: In quei primi giorni i partiali d’Alessandro 
non potean comparir in publico senza soggiacere a mordaci 
scherni. a 


54 Bud VIII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


cher Einkünfte: ein anderer Bruder des Papſtes, ben derſelbe 
befonder® geliebt, war bereitd geftorben: deſſen Sohn Agos 
kino ward zur Gründung der Familie augerfehen: mit den 
ſchoͤnſten Befigthümern, dem unvergleichlichen Yriccia, Dem 
Brincipat Farneſe, dem Pallaſt an Piazza Eolonna, vielen 
Luoghi Di Monte ward er nad) und nad) auegeflattet, und 
mit einer Borghefe vermaͤhlt). Ja diefe Guuſt ward 
auch - auf entferntere Verwandte, z. DB. ben. Commendatore 
Bichi, der zuweilen in dem Kriege von Candia erfiheint, 
anf die Sanefen Überhaupt warb fie ausgedehnt. 

Und fo fchien wohl alles geworden gu ſeyn, wie es 
früher war. Indeſſen war bieß doch nicht der Fall. 

Flavio Ehigi befaß Bei weitem nicht die Autoritaͤt 
Pietro Aldobrandinos oder Scipione Caffarellis oder Ftanz 
Barberinos: auch ſtrebte er nicht danach: es hatte für ihn 
feinen Reiz, zu regieren: er beneibete eber feinen weltlichen 
Better Agoſtino, dem ohne viel Mühe und Arbeit der 
weientliche Genuß zuzufallen fchien. 

Ja Alexander VII. ſelbſt regierte lange nicht mehr 
mit der alleinherrſchenden Eigenmacht feiner Borfahren. 

Noch unter Urban VIIE ward eine Eongregatione di 


1) Vita di Alessandro VII 1666. Il principato Farnese, 
che vale 100= scudi, la Riccia, che costa altrettanto, il palazzo 
in piazza Coionna, che finito arriverä ad altri 1008 sc., for- 
mano bellissimi stab#li per Don Augustino, et aggiuntevi i luo- 
ghi di monte et altri officii comprati faranno gli stabili di una 
sola testa pi di mezzo milione, senza le annue rendite di 25% 
sc. che gode il commendator Bichi, e senza ben 100= e pidı sc. 
‚d’entrata che ogni anno entrano nella borsa del Cl Chigi. Das 
find natürlich Berechnungen wie man fie damals im Gefpräch des Ta- 
ges anftellen mochte und denen Fein höherer Werth zuzuſchreiben iſt. 





Alerauder VIL 55 


ſtato «ingerichter, in ber bie wichtigften allgemeinen Staates 
angelegenbeiten durch Berathung zum Beſchluß gebracht 
werden follten, doch wollte fie da noch wenig bebauten. 
Unter Innocenz X. warb fie. ſchon um vieled wichtiger. 
Dancirolo, Secretär. biefer Congregation, ber erſte ausge 
zeichnete Mann in diefer Wuͤrde ber ihr fpätered Anfehen 
begruͤudete, hatte bis gu ſeinem Tobe deu größten Antheil 
an ber Regierung Innocen; X; und ibm vor allem wird 
es zugeſchrieben, daß ſich damals kein Nepot in ber Ges 
walt feftfegen konnte. Chigi felbft bekleidete eine Zeit lang 
diefe Stelle. Fest erlangte fie Rospiglioſi. Er hatte ‚die 
ausmärtigen Gefchäfte bereit vollfonnuwen in feinen Haͤn⸗ 
den. Neben ihm war Carbinal Eorrado von Serrara in 
Sachen der Firchlichen Immunitaͤt mächtig; die Leitung ber 
geiftlichen Orden hatte Monfignere Fugnano; theologifche 
Fragen entſchied Pallavicin. Die Eongregationen, welche 
unter den fruͤhern Paͤpſten wenig bedentet, gelangten wieder 
zu Anfehen und eigenthümlicher Wirkfamkeit. Schon hörte 
man behaupten: dem Papfte fiche eigentlich nur in geiftli- 
hen Sachen die abfolute Selbftentfcheidung zu: in allen 
weltlichen Geſchaͤften Dagegen, wenn er Krieg anfangen, Frie⸗ 
den fehließen, ein Land veräußern, eine Auflage einfordern 
wolle, müfle er die Cardinaͤle um Rath fragen ). In ber 
That nalen Papſt Alexander VII. an der Staatsverwal⸗ 
tung nur wenig thätigen Antheil. Zivei Monat ging er 


1) Giao. Quirini. I cardinali, particolarmente Cl Albicci, 
pretendevano che il papa potesse disporre d’indulgenze, — — 
ma per pace e guerra, alienatione di stati, impositione di ga- 
belle dovrebbe ricorrere aj cardinali. - 


566 Bud VIN. Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahr. 


aufs Land nach Eaftelgandolfo, wo dann die Gefchäfte ge- 
fliffentlich vermichen twurben: wenn er in Rom war, wur⸗ 
den die Nachmittage der Literatur gewidmet: Schriftfteller 
erfchienen, laſen ihre Werke vor; ber Papſt liebte es feine 
Verbefierungen anzubringen. Auch in den Fruͤhſtunden war 
es ſchwer, für eigentliche GSefchäfte bei ihm Aubienz zu ber 
kommen. „sch diente", fagt Giacomo Duirini, „42 Monat 
bei Papſt Alexander: ich erkannte, daß er nur den Namen 
eines Papſtes hatte, nicht ber Gebrauch des Papſtthums. 
Bon jenen Eigenfehaften, bie er als Earbinal entwickelt, 
Lehhaftigfeit des Geiſtes, Talent zur Unterfcheidung, Ent 
ſchloſſenheit in ſchwierigen Fällen, Leichtigkeit fich auszu⸗ 
drücken, fand man Feine Spur mehr: die Gefihäfte wur⸗ 
den von der Hand gewiefen: er Dachte nur darauf in uns 
geftörter Seelenruhe zu leben“ *). 

Zumeilen empfand und mißbifigte auch Aleranber Dies 
fen Zuftand. Wenn feine Unterhandlungen mißglückten, gab 
er ed den Intereſſen der Cardinaͤle Schuld. Noch in feis 
nem Irrereden kurz vor feinem Tode hörte man ihn davon 
forechen. 

Da es aber die Natur, der San ber Dinge fo mit 
fich brachte, fo blieb es nun auch ferner dabei. 

Jene Cardinaͤle des Squadrone, die zur Wahl Ale: 
ganderd VII das Meifte beigetragen, und unter feiner gan⸗ 
gen Regierung ein großes Anfehen behauptet hatten, gaben 
auch nach dem Tode beffelben in’ dem neuen Conclave den 
Ausfchlag. Nur daß fie dieß Mal mehr im Einverftänd- 


4) datosi quel capo alla quiete deip animo, al solo pen- 
siere di vivere, e con severo divieto ripudiato il negotio. 





Clemens L. 57 


niffe mie Sranfreich waren. Am 20. Juni 1667 warb ber 
bisherige Staatsfecretär Rospiglioſt unter bem Namen Eles 
mens IX. auf den päpftlichen Thron erhoben '). 

Ale Stimmen vereinigten fih, daß es ber beſte, guͤ⸗ 
tigfte Menfch fen ber ſich nur finden laſſe. Wohl war er 
nicht fo thäfig wie mohlgefinnt: man verglich ihn mit eis 
nem Baume von vollkommenem Geäfte, welcher Laub bie 
Fuͤlle und vielteicht auch Bluͤthen aber Feine Früchte her 
vorbringe: aber alle jene moralifchen Tugenden bie auf einer 
Abweſenheit von Fehlern beruben, Reinheit der Sitten, Bes 
fcheibenheit, Mäßigung, befaß er in hohem Grade. Er war 
der erfie Papſt der in der Begünfligung feiner Nepoten 
wirklich Maaf hielt. Sie wurden nicht gerabesu entfernt 
gehalten, fie bekamen die gewöhnlichen Stellen und flifteten 
ſelbſt eine neue Familie: aber dieß geſchah nur dadurch, 
daß ſich eine Gelegenheit fand einen jungen Rospiglioſi 
mit einer reichen Erbin, einer Pallavicina von Genua, 
zu vermählen. Die Begünftigungen, Die fie von Ihrem 
Oheim genoffen, waren fehr gemäßigt: das öffentliche Ver⸗ 
mögen eigneten fie fich nicht an, es wäre denn, daß ihnen 
Luoghi di Monte gegeben werben wären: bie Gefchäfte, 
bie Gewalt tbeilten fie nicht unter ſich. 

Hierin liege nun bie größte Umwandlung. 

Bisher waren bei jeber Thronbeſteigung die Beamten 

4) Quirini. Dalle pratiche di volanti, ch’in vero ebbero i 
merito della presente elettione, successe che Chigi con’ mal re 
golato consiglio e faori di tempo et ordine si dichiar6 in sala 
regia nell’entrare in capella allo scrutinie , ‚che acoonsentiva 


alla nomina di Rospigliosi. — — Ottoboni inanzi dell’adora- 
iione fu dichiarato prodatario, Azzolini segrelario di stato. 


a Buch VII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahr h. 


entweder ſaͤnmtlich ober dach groͤßtentheils verändert wor⸗ 
den: ber Charakter, die Bewegung bed Hofes beruhten 
barauf: zuerft Clemens IX. ftellte dieß ab: er wollte Nie⸗ 
mand mißvergnuͤgt machen: außer in einigen twenigen bo- 
ben Stellen: beftätigte sr alle Beamte die er fand '). In 
jenen feßte. er Karbindte wie Dttobugno und Ayselino ein, 
Mitglieder des Squadrone, die bie legten: Wahlen geleitee 
und ohnehin mächtig. '. Die bigherigen Nepoten gu verfol⸗ 
gen, wie es bei fo vielen Pontificaten üblich geweſen, war 
er weit entfernt: die Empfehlungen Slavio Chigi's galten 
bei ihm micht viel weniger als unter Ulegander: die Bes 
günftigungen gingen ferner burch bie Hand deſſelben: es 
blieb alled wie es war. 

Wie fehr faben ſich Die Landsleute des Papſtes, bie 
Piftojefen getaͤuſcht. Sie hatten auf- Begünftigungen. ge 
sechnet, wie Ke fo. vielen Saneſen fo eben zu Teil gewor⸗ 
den: ‚fie hatten, ſagt man, fo viele ihrer. in Nom waren, 
ſchon vornehme Sitten angenommen und angefangen auf 
Edelmanneparole zu ſchwoͤren: wie ſchwerzlich erfiaunten 
fie, daß: die: Stellen auf melche ‚fie hofften, nicht einmal 
erledigt, geſchweige denn ihnen zugetheilt wurden. 

Wohl ließ auch Clemens IX; die Freigebigkeit nicht 
vermiſſen, mit der die Paͤpſte ihre Thronbeſteigung zu 


. 2) Grimani: Relatione. I suoi corteggiani. sono mal so- 
disfatti, per non haver volsuto rimuovere alcuno de’ ministri et 
offieiali di quelli dell’ anteoedente pontefice, come sempre oostu- 
marono di far gli’ alfri pontefiei. Schon -tadelt man das, weil er 
feine Nepoten ohne die gehörige Stuͤtze Inffen werbe. Quelli che ha- 
.vevano ricevuie la cariche di Alessandro VII, benche non ri- 
mossi da Clemente, conserveranno l’obligatione agli eredi di 
Alessandro. 





" Clemens IX. _ ae 


bezeichmen pflegten: er ging darin ſogar ungemähnlich teeit 
in feinem erfen Monat bat er über 600000 Sc. ven 
ſchenkt. Aber dieß kam weder feinen Landsleuten gu Gute, 
noch ſelbſt feinen Nepoten, denen man ſogar Vorſtellungen 
über dieſe Vernachläffigung ihrer Intereſſen machte !), ſom 
dern es warb unter bie Eardindle, unter bie vorwaltenden 
Mitglieder der Curie überhaupt vertbeit. Schon wolle 
man glauben, «8 feyen Stipulationen des Conclave dabei 
im Spiele, bech findet ſich davon Beine deutliche Spur. 

Es entfpriche auch dieß wielmehr ‚der allgemeinen 
Entwickelung, wie fie ſich während dieſer Epoche faſt in 
dem geſammten übrigen Europa vollzog. 

Es hat feine. Zeit gegeben welche ber. Ariſtokratie gäns 
fliger getwefen wäre, als die Mitte bed ſiebzehnten Jahr 
hunderts: wo über den ganzen Umfang ber fpanifchen Mo⸗ 
narchie hin die Gewalt wieder in die Hände des hoͤchſten 
Adels gerieth, dem fie frühere Könige entzogen hatten; 
wo die englifche Verfaffung unter den gefaͤhrlichſten Kaͤm⸗ 
pfen den ariftofratifchen Charakter ausbildete, den fie big 
in unſere Zeiten ‚behalten; ‚bie framzoͤßſchen Parlamente fich 
überrebeten, eine ähnliche Rolle fpielen zu koͤnnen wie 
das engliſche; in allen deutſchen Territorien ber Adel ein 
enſſchiedenes Uchrrgensicht bekam, ein und das andere aus⸗ 
genommen, in welchem ein rapferer Fuͤrſt unabhaͤngige Be⸗ 
ſtrebungen durchfocht; wo die Stände in Schweden nach 
einer unzulaͤßigen Veſchraͤnkung der hoͤchſten Gewalt trade 


1) considerandogli che con tanta profusione d’oro. e dar 
genio una lunga ralena per la povestä della loro. casa lavora- 
vano (Quirini). 


60 Buch VII. Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


teten, und der polnifche Adel zu vollkommener Autonomie 
gelangte. So geſchah es nun auch in Rom: eine zahl 
reiche, mächtige und reiche Ariftofratie umgibt den päpft 
lichen Thron; bie ſchon gebildeten Gefchlechter befchränfen 
das auffommende; aus der Selbſtbeſtimmung und durch: 
greifenden Kühnheit der Monarchie geht bie geifkliche Ge⸗ 
walt in die Berathung, Ruhe und Gemaͤchlichkeit einer 
ariftofratifchen Verfaffung über. 

. Unter biefen Umftänden nahm der Hof eine veräns 
berte Seftalt an. In jenem unaufhörlichen Zuftrönen ber 
Sremden, bie daſelbſt ihr Guck fuchten, in dem etsigen 
Wechſel der Emporkömmlinge trat ein ſehr bemerklicher 
Stillſtand ein; es hatte fich eine ſtehende Population ge- 
bildet, bern Erneuerung in einem bei meitein geringeren 
Maaße Statt fand. Werfen wir einen Blick auf die 
ee | on 


Elemente der römifhen Bevölkerung. 


Fangen wir von. ben höchften Kreifen an, bie wir 
eben berübrten. 

Da blühten. noch jene altberühmten römifchen Ge⸗ 
ſchlechter: Savelli, Eonti, Orfini, Colonna, Saetani. Die 
Sabvelli beſaßen noch ihre alte Gerichtöbarkeit ber Corte 
Savella, mit dem echte alle Jahr einen Verbrecher von 
der Tobesftrafe zu befreien '); die Damen des Hauſes 
verließen nach unvordenklichem Herkommen ihren Pallaft 


. A) Discerso del dominio temporale e spirituale del sommeo 
poniefice 1664. 


Elemente der römifhen Bevoͤlkerung. 61 


entweber niemals, ober doch nur in dicht verfchloffener Car⸗ 
roſſe. Die Eonti bewahrten in ihren Borfälen die Bil 
der der Paͤpſte die aus ihrem Haufe entfproflen waren. 
Nicht. ohne Selbfigefühl erinnerten fich die Gaetani an Bo; 
nifachus VIII: fie meinten, und man war geneigt es 
ihnen zuzugeſtehn, ber Geift dieſes Papſtes ruhe auf ihnen. 
Colonna und Orſini rühmten fich, daß Jahrhunderte lang 
kein Friede stwifchen den chriftlichen Fuͤrſten gefchloffen wor⸗ 
den, in welchen man fie nicht namentlich eingefchloffen 
hätte ). Wie mächtig fie aber auch früher geweſen ſeyn 
mochten, fo verdanften fie boch ihre damalige Bedeutung 
vor allem ihrer Verbindung mit der Curie und den Päpr 
fin. Obwohl die Orfini bie fchönften Beſitzungen hatten, 
die ihnen bei 80000 Sc. hätten einbringen follen, fo wa⸗ 
ren fie doch durch eine nicht wohl berechnete Freigebigkeit 
ſehr heruntergefommen, und beburften der Unterſtuͤtzung auf 
geiftlichen YAemtern. Der Eonteftabile Don Filippo Co⸗ 
lonna hatte feine Bermögensumftände eben erft durch bie 
Erlaußbniß Urbans VIIL die Zinfen feiner Schuld herab» 
sufeßen, und durch bie geiftlichen Pfründen zu denen vier 
Söhne von ihm befürdert wurden, wiederherzuſtellen vers 
mocht ?). 


1) Descrittione delle famiglie nobili Romane, MS auf der 
Marcusbibliothef VI, 237 -und 234. 


2) Almaderi: Relatione di Roma. Il primogenito & Don 
Federico principe di Betero: il secondo Don, Girolamo cardi- 
nale, cuore del padre e meritamente per esser signore di tutta 
bont&: il terzo Don Carlo, il quale dopo diversi soldi di Fian- 
dra e di Germania. si fece monaco ed abate Casinense: il quarto 
Don Marc Antonio, accasato in Sicilia; il quinto Don Prospero 


62 Buch VII. Die Päpfte um d. Mitte. 6.17: Jahr. 


Denn fchon lange war es herfümmlich, daß die neu⸗ 
auffommenden Gefchlechter mit dieſen altfuͤrſtlichen Fami⸗ 
ſien in genaue Beziehung traten. 

Unter Innocenz X. beftanden eine Zeit lang gleichſam 
zwei Factionen, zwei große Verwandtſchaften. Mie ben 
Pamfili waren Orſini, Ceſarini, Borgheſi, Albobrandini, 
Ludoviſt, Giuſtiniani vereinigt; ihnen gegenuͤber Colonne⸗ 
fen und Barberini. Durch die Verſoöhnung der Donna 
Dlimpia mit den Barberini ward die Vereinigung allge 
mein: fie umfehloß alle namhaften Gefchlechter. 

Eben in dieſem Kreiſe bemerken wir jeßt eine Ver⸗ 
aͤnderung. Fruͤher hatte die regierende Familie alle Mal 
die große Rolle geſpielt, die Vorgaͤnger verdraͤngt, durch 
Bie Erwerbung größerer Reichthuͤmer in Schatten geſtellt. 
Jetzt war dieß nicht mehr möglich: einmal well bie Altern 
Häufer durch mechfeljeitige Verheirathungen ober durch gute 
Wirthſchaft ſchon allgureich geworden waren, fodann auch 
weil die Schäge des Papſtthums fich allmaͤhlich erſchoͤpf⸗ 
ten. Die Chigi Eonnten nicht mehr daran benfen, ihre 
Borgänger zu Aberbieten: die Nospigliofi waren weit ent: 
ferne danach zu: trachten: fehon genug, wenn fie‘ ie‘ dahin ge⸗ 
langten unter ſie aufgenommen zu werden. 

In irgend einem geiſtigen Product, einer Sitte, einem 
Gebrauch wird ſich jede Geſellſchaft darſtellen, fo zu fagen, 
abfpiegeln: dag merfwürdigfie Product diefer römifchen. Ge⸗ 
ſellſchaft und ihres Lebens unter einander war das Cere⸗ 
moniell. des Hofes. Nie bat es überhaupt eine Epoche ge: 


commendatore di S. Giovamni: il sesto Don Pietro abbate se- 
colare Stroppio della persona, ma altrettanto fatica d’ingegno. 


Elemente der roͤmiſchen Bevolkerung. 63 


geben in welcher man ſtrenger auf das Ceremoniell gehalten 
hätte als damals; es entſpricht den ariſtokratiſchen Tem 
denzen derſelben uͤberhaupt; daß es in Nom fo vorzugs⸗ 
weiſe ausgebildet ward, mag daher ruͤhren, weil dieſer Hof 
den Vorrang vor allen andern in Anſpruch nahm, und 
dieß in gewiſſen Aeußerlichkeiten auszudruͤcken fuchte *) 
weil auch hier die Gefandten von Franfteich und Spanien 
von jeher um den Vortritt geftritten haften.” Da gab es 
denn unzählige Kangfireitigkeiten: zwiſchen den Gefandten 
und den böhern Beamten z. B. dem Governatore; zwi⸗ 
fchen den Cardinaͤlen die zugleich in der Rota faßen, und 
den übrigen; zwifchen fo vielen andern Eorporationen von 
Beamten; swifchen ben verfchiederen Geſchlechtern, z. B. 
Drfini und Eolonnen. Papſt Sixtus V. hatte vergebens 
beſtimmt, daß immer der aͤlteſte aus beiden Häfen ben 
Bortritt haben ſollte: war dieß ein Colonna, fd erfchienen 
die Orfini nicht; war es ein Drfine, fo blieben die Eos 
lonna weg: aber ihnen ſelbſt raͤumten Eontt und Savelli 
nur ungen und unter unaufbörlichen - Proteſtationen den 
höhern Rang ein. Die Unterfeheidungen waren auf bad 
genauefte beſtimmt; ben Verwandten des Papſtes z. ©: 
wurden bei ihrem Eintritt in die papftlichen Gemaͤcher beide 
Flügel der Thüre eröffnet, andere Baronen oder Cardinaͤle 
mußten fich mit einem begnügen. Eine fonderbare Art von 
Ehrenbegeugung hatte fich eingeführt: man hielt mit feiner 
Carroſſe an, wenn man dem Wagen eines. Höheren, eines 


Gönner begegnett. Es war, wie man behauptet, zuerſt 


1) Ueber biefe Verſuche Magt unter andern 1627 23. Febr. der 
franzäftfche Gefandte Bethune bei Siri Memories rec. VI, p. 262. 


64 Bud VI. Die Päpfte um u Mitte 8.17. Jahrh. 


Marchefe Mattel, der dem Cardinal Aleffandro Farneſe dieſe 
Ehre erwies: auch dieſer Earbinal hielt alsdann an, und 
fie fprachen einige Worte '). Bald folgten Andere dem Bei⸗ 
fpiel. Die Botfchafter empfingen biefen Beweis von Hoch⸗ 
achtung von ihren Landsleuten: ed ward ein allgemeiner Ge: 
brauch, fo hoͤchſt unbequem er auch war, eine allgemeine 
Dicht. Eben an bag Nichtsbebeutende hänge fich die Eis - 
genliebe am ftärkfien: man ift damit entfchulbigt, ba man 
feinen Angehörigen oder ben Gleichgeſtellten nichts verge⸗ 
ben dürfe. 

Gehn wir eine Stufe ı weiter herab. 

An der Mitte des 17. Jahrhunderts rechnete man in 
Nom ungefähr funfzig adliche Samilien die 300, fünf und 
breißig die 200, ſechszehn die 100 Jahr alt feyen. Hoͤ⸗ 
ber hinauf wollte man feine gelten laffen, und auch dieſen 
fehrieb man ein geringfügiges und niedrige Herfommen 
zu ?). Urfprünglich war ein großer Theil von ihnen in 
der Campagna angefefien. Ungluͤcklicher Weiſe aber ließen 
fie fich, wie wir ſchon berüßrten, in der Zeit, in welcher bie 
Luoghi di Monte hohe Zinfen trugen, verleiten ihre Guͤ⸗ 
ter großentheile an die Mepotenfamilien zu verkaufen und 
den Ertrag in ben päpftlichen Monti anzulegen. Anfangs 

Ä ſchien 

1) In der Barberina ſah ic einen beſondern Aufſatz hierüber: 
Circa il fermar le carrozze per complimento e come s’introdusse 
in uso. 

2) Almaden: La maggior parte delle famig!ie oggi stimate 
a Roma nobili vengono da basso principio, come da notaro, 
speziale che sarebbe da sopportare, ma dell’ arte puzzolente 
della concia di corame. Io benchò sappia particolarmente l'o- 
zigine, non perö lo scrivo per non oflendere alcuno. 


Elemente der roͤmiſchen Bevoͤlkerung. 65 


ſchien dieß kein unbedeutender Vortheil. Die Nepoten bes 
zahlten ſehr gut, oftmals über ben Werth: bie Zinſen aus den 
Luoghi di Monte, die man ohne. Mühe eingog, beliefen ſich 
höher, als ber Ueberſchuß der forgfältigfien Bearbeitung 
des Landes geftiegen feyn würde. Jedoch wie bald beka⸗ 
men fie zu fühlen, daß fie liegende Gründe in flüchtige Ca⸗ 
pitalien umgewandelt hatten. Alexander VII. ſah fich zu 
Reductionen ber Monti veranlafit, burch welche der Erebit 
erfchüttert wurde und der Werth ber Euoghi gewaltig fanf. 
Es war feine Familie die nicht Dabei verloren hätte. 
Heben ihnen erhoben ſich aber sablreiche andere neue 
Geſchlechter. Eben wie bie Päpfte verfuhren auch die Car; 
dinaͤle und Prälaten ber Eurie, ein jeber natürlich nach dem 
Maafe feined Vermögend. Auch fie verfäumten nicht aus 
dem leberfchuffe ber Eirchlichen. Einkünfte ihre Nepoten zu 
bereichern, Samilien gu gründen. Andere erhoben fich durch 
Anftellungen in Ber Juſtiz. Nicht wenige kamen ale Wechs 
Ier durch Die Gefchäfte der. Dataria empor. Man zählte 
in unferer Zeit 15 florentinifche, 11 genuefifche, 9 portu⸗ 
giefifche, 4 franzoͤſiſche Familien bie hiedurch in Aufnahme 
gekommen, mehr ober weniger, je nachdem fie Gluͤck und 
Talent. gehabt:. einige unter ihnen, deren Ruf nicht mehr 
son den Geſchaͤften des Tage abhing, "Könige des Gel⸗ 
des — unter Urban VII bie Guicciarbini, Doni, denen 
fh Giuſtiniani, Primi, Pallavicini zugeſellten '). Auch 
ohne Gefchäfte biefer Art wanderten noch immer angefehene 


1) ‚Almaden: Non Passano ancora la seconda. generatione 
di dtiadinanza Romana, — — son venute da Fiorenza e Genova 
co? oscnsione del danaro — - molte volte mojono nelle fascie. 


Pipe ** | 5 


66 Buch VIEL Die Paͤpſte um d. Mitte 8.17. Sahrh. 


Familien ein, nicht allein: von Urbino, Nieti, Bicleyue, 
fonderw auch von Parma und Florenz. Die Einrichtumg 
der Monti und bie kaͤuflichen Yernter. Inben dazu ein. Lange 
Zeit waren bie Luoghi bi Monte ein fehr gefuchter Beier 
beſonders die vacabili, die eine. Art Leibrenten bilden ſoll⸗ 
ten und deshalb 104 Mroc. Zinfen trugen, aber nicht: als 
lein in ber Regel von ben Aeltern auf bie Juͤngern über- 
tragen, fonbern auch, wenn wan bieß verfäume hatte,- ges 
radezu vererbt wurden: ohne Schwierigkeit bot bie Curie 
ihre Hand dazu. Nicht anders ging es mit ben kaͤnflichen 
Aemtern. Sie hätte. mit bem Tode des Inhabers an die 
Kammer zuruͤckfallen ‚follen: deshalb mar ber Ertrag ben fie 
abwarfen, im Verhaͤltniß: zu dem urſpruͤnglich eiagezahlten 
Eapital fo ‚bedeutend, und doc, in ber That reine und wahre 
Rente, ba dem Inhaber. Feine Pflicht ber Verwalcung - obs 
lag: aber ohne viel Schteiwigkeit: Eonnte auch .. bite bie 
Ucbertragung bewirkt werden... Mauches Amt tft ein. Jahr⸗ 
hundert lang nicht wieder vacant geworben. - - 

Die Vereinigung ber. Beamten, :der Montiften: in Est 
legien gab ihnen eine. gewiſſe Repraͤſentativn, und obwehl 
man ihnen ihre Mechte nach und nach verkimmerter far hate 
ten fie doch immer eine ſelbſtaͤndige Steltung: Das ari⸗ 
ſtokratiſche Princip, mit Erdis- - und: Staatsſchuldenweſen 
merkwuͤrbig verſchmolzen, das dieſen ganzen: Otuat durch⸗ 
drang, war auch ihnen fotderlich Fremde fanden fie * 
zuweilen allzu anmaßend. 

Um ſo viele beſitzende, emporfiebende, nach und nach 
immer mehr figirte Gefchlechter her, denen bie Einkuͤnfte 
der. Kirche uͤberhaupt zu Gute kamen, bildete ſich wen 


Elemente ber römifhen Beboͤlkerung. 07 


auch bie geringere DEE immer zahlreicher und fe 
fier an. 

Wir haben Lifken ber romiſchen Veodlterung übrig, 
aus deren DVergleichung: in 'ben. veufchiebenen Jahren fich 
für bie Bildung berfelben:win vecht merfwürbiges .Refuktae 
ergibt. Nichte daß fie. im Ganzen Fehr vafdı geftiegen 
wäre: bieß Brinte man nicht fagen: im Jahre 1600 fin, 
den wir gegen 110008, ſechs und funfsig Jahre darnach 
etwas über 320000 Einwohner, und biefer Fortſchritt hat 
nichts Außrrorbentliches: aber es .bilbete fich bier ein an⸗ 
bereß, der Bemerkung werthes Verhaͤltniß. Früher war 
bie römifche Einmwohnerfchaft fehr flüchtig geiwefen: vom 
80000 ſank die. Seelenzahl unter Paul IV: auf 50000; 
wenige ‚Jahrzehnte. darauf erhob fie fich Aber 100000. 
Das. rührte daher weil es meiſt lebige Männer waren bie 
den Hof bildeten, weiche keine bleibende Staͤtte baſelbſt hat⸗ 
ten. Jetzt ſixirte fich die Beudlferung in anfäßigen Familien 
Shen gegen Enbe des ſechszehnten Jahrhunderts fing dieß 
an: bauptfächlich aber geſchah es in ber erſten alte des 
ſiebzehnten. Rom hatte 


im Jahre 1600 - 109720 Einw. und 20019 —* 
IGI4. 115643 21422. 
1610 106050 24380 
1628: : 115374 AAN ::- -- 
1644 ....:210608 :: - 27279: 
1653 118892- : OEL > 
1656. 120000 . : 30108 2), 


1) Die Berpicpifle rn ‚benen. tiefe Zahlen gingen FR fin, 


5* 


68 Buch VIIL Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahr h. 


ir fehen,. die allgemeine Anzahl der Eintuohner nimume 
in einem und dem andern Jahre fogar wieder ab: in’ regel- 
mäßigen Fortſchritte dagegen vermehrt fich die Zahl ber 
Samilin. In jenen ſechs und fünfzig Jahren. flieg fie um 
mehr als zehntaufend: was nun: allerdings sun fo. mehr 
ſagen will, da der Anwachs der. Einwohner - überhaupt 
eben auch nur diefelbe Zahl darbietet. Die Schar der Iebi- 
gen. Männer welche ab. und. zuſtroͤmten, ward ‚geringer: 
die Maffe der Bevölkerung. feßte fi dagegen auf immer 
feſt. In jenem Verhaͤltniß iſt fie. mit unbedeutenden auf 
Krankheiten und ber natürlichen Ergänzung beruhenden Ab⸗ 
wandlungen ſeitdem verblieben. 

Nach der Ruͤckkehr der Paͤpſte von Abignon und der 
Beilegung des Schismas hat. fich bie Stadt, die damals 
sa einem -Dorfe gu werden drohte, um bie Eurie her ge⸗ 
bilder.” Erſt mit der. Mache und. dem Reichthume der pas 
palen Gefchlechter.jedoch, ſeitdem weher innere Unruhen noch 
auch auswärtige Feinde gu befürchten. waren, ſeitdem Die 
Rente die man aus den Einkünften des Staates oder ber 
Kirche zog, einen mühelofen Genuß gewährte, Fam eine zahl⸗ 
reiche enfäßige Bevoͤlkerung zu Stande. Ahr Gluͤrk und 
Beſitz fchrieh fi, fen es durch unmittelbare Begabung 
oder durch mittelbaren Vortheil, ale Mal son der Bedeu: 
tung der Kirche und des Hofes ber: es waren eigentlich 
alles Emporkoͤmmlinge, wie De Nepoten felbft. 

Bisher waren die bereits Einheimiſch⸗gewordenen durch 
frifche Anſiedler, die befonders. aus der Vaterſtabt jedes 


den fich handfchriftlich in der Barberina. Ein fpäteres, von 1702 
bis. 1816, hat Cancellieri del tarantismo di Roma p. 73. 


Elemente der roͤmiſchen Bevoͤlkerung. 00 


neuen Papſtes zahlreich herbeiſtroͤmten, unaufhoͤrlich ver⸗ 
mehrt und verjuͤngt worden: bei ber Geſtalt, bie ber Hof 
jest. annahm, hörte dieß auf: . Unter dem; Einfluffe je 
ner großen Welteinwirkung, bie der römifche Stuhl durch 
bie Reflauration des Katholicismus überhaupt gewonnen, 
war auch die Hauptſtadt gegründet worden; ba hatten fich 
die . römifchen «.Giefehlechter gebildet die. noch heute blühen: 
ſeitdem die Ausbreitung des .geiftlichen Reiches inne hielt, 
hörte mit’ der Zeit auch die Bevoͤlkerung auf zu wachſen 
Bir Eönnen fagen: fie ift ein. Product jener Epoche. 

. Sa bie moderne Stadt süberhaupt, wie fie noch: heute 
bie Aufmerkfamfeit des Reiſenden feffelt, gehört großen: 
theild demſelben Zeitraums der Fathelifchen Nefiauration au. 
Werfen wir auch darauf einen Blick. 


Baumerfe der Paͤpſte. 


Wir haben eroͤrtert, wie großartige Bauunternehmun⸗ 
gen Sixtus V. ausfuͤhrte, aus welchen Geſichtspunkten der 
Fr und, Religion er dieß that. 

Clemens VII. folgte ihm darin nah. In ©. Sin: 
vanni und. S. Peter gehören. ihm ‚einige der fehönften Ca⸗ 
pellen: er hat bie neue Nefibeng im Vatican gegründet: 
der. Papſt und der Staatsſecretaͤr wohnen. ve heut zu enge 
in den Gemaͤchern⸗ bie ex erbaut Hat... 

Vornehmlich aber ließ es Paul V. einen Ehrgeiz kenn; 
mit dem Franciscqher zu wetteifern. „In der ganzen Stadt“, 
fagt eine gleichzeitige Lebensbeſchreibung von ihm, „hat er 
Huͤgel geebnet: wo es Winkel und Kruͤmmungen gab, weite 


70 Buch VIIL Die Puͤpſte um.d. Mitte d. 17 Jahr. 


Ausſichten ‚eröffnet, große. Plaͤtze aufgethan, und fie durch 
Die. Anlage: neuer Gebaͤude noch herrlicher gemacht: das 
Waſſer das er: herbeigeführt, iſt nicht mehr das Spiel einer 
MNoͤhte, es bricht. hervor wie ein Strom. Mit der Prache 
ſeiner Pallaſte wetteifert die Abwechſelung der Gärten bie 
er angelegt. Sin dem Junern ſeintr Privatcapellen glaͤuzt 
alle: von. Gold und Silber; mit: Ebdelſteinen: find; fie nicht 
ſowohl geſchmuͤckt als erfüßt. Die dffentlichen Capellen 
arheben: fh wie Buſtliken, die Saſulen w wie Tempel, bie 
Sanpel wit marmorne · Berge. #1). ; J 

Wir: ſehen wohl, nicht das Schöne und Angemeſſene, 
—* das Praͤchtige und Coloſſale lobt man an kinen 
Werken, wie es dirſe auch ausſprerhen. 

In S. Maria Maggiore ** ber Capelte eir⸗ 
tus V. gegenuͤber eine noch bei weitem glaͤnzendere, durch⸗ 
aus vom koſtbarſten Marmor. 

Noch weiter als Sixtus v, fuͤnf und dreißig Miglien 
weit her, fuͤhrte er das Waſſer das ſeinen Namen trägt, 
bie Aqua Paolina, nach dem Janiculus: der Fontana und 
dem Mofed Sixtus V. aus ber Ferne gegenüber, bricht 
fie, beinahe fünfmal fo ſtark wie biefe, in vier gewaltigen 
Armen hervor. Wer war nicht Hier; :diefe altberuͤhmten 
Hügel zu. befuchen, bie Porſena angriff, jet lauter Meine 
garten, Obfigarten: und: Ruine: man uͤberſteht Stadt und 
Land bis zu den entfernteh Bergen, die der Abend mit 
wundervoll farbigem Dufte, wie mit einem durchſichtigen 
Schleier, bedeckt. Von dem Getoͤſe des hervorbrechenden 
Waffers wird die Einſamkeit Herrlich belebt. Was Nom 

1) Vita Pauli V compendiose scriptä, MS Barb: 


Bauwerke der Paͤpſte. 71 


von. alten andern Scaͤdten unterſcheidet, iſt ber Ueberſtuß 
des Waſſers, die Menge der Springbrunnen. Zu dieſem 
Reise trägt bie: Agua Paolina wohl bad: Meiſte bei. Sie 
erfuͤllt "bie. mnbergleilichen Fontaͤnen des . Peteräplages. 
Unter benz Ponte Siſto wird fie-nach ber eigentlichen Stadt 
geleicet: bier eunnen an tem farnefifchen Pallaſte und wei⸗ 
ter viele anbere: werden von ihr geſpeiſt. 

2Hatte nun: Dixtus V. die Kuppel en S. Peter aufs 
gefahrt, fe. unternahm Paul V. die Kirche überhaupt zu 
vellenden ·Er führte das im Sieme feiner Zeit im groͤß⸗ 
tar. Maaßſtaben aus. Heut gu. Tage fſaͤhe man wohl lies 
beriu hon urſpruͤngliches Plan Bramuntes ‚uud Michel Ans 
gelos befugt: dagegen hat das Unternehmen Pauls V. ben 
Sin; dearfigbgehnten. und: des achtzehnten Jahrhuuberts 
vollkommen beſfriedigt. Es iſt wahr, es find ungeheure 
Dimenfionen: wer. wollte: dieſe Fagade ſchoͤn finden? Aber 
es uf alles heiter, betquem,:großartig. Das Coloſſale bed 
Gebaͤudes, der Platz, der Obelisk und die geſammte Um— 
gebung bringen ben Eindruck des Gigantiſchen en ben 
man. besbfächtigte , und. der fich unwiderſtehlich 
loſchlich arſvringt. 

So wurzidie Regierungszeit der Ludoviſi auch war, 

—** e.fich: doch in S. Ignatio aund ihrer Villa in 
der. Stabt ‚eig cavvergaͤngliches Denkmal geſtiftet. Niccolo 


2) Magnificentia Pauli V, seu publicae utilitatis et splendo- 
ris opera :n Paula. vel in urbe vel alibi instituta. MS. Unius 
Panli junsıe impensisque -inatructa ejus templi pars cum reliquis 
eb —— reine rantiieibus exstrucdis partibus merilo eonlerri 
poiest.: | 


73 Buch VI. Die Paͤpſte um. d. Mitte d. 17. Jahrh. 


Luboviſio beſaß ein ſechs Polaͤſte die er ale: erbielt ober: 
verfchönerte. 

Das Gebaͤchtniß Urbans VIIL finden cin nice elbein 
in mancherlei Kirchen — ©. Bibiana, ©. Quirico, S. Se 
baftian auf dem Palatin, — ſondern feinen Neigungen ges 
mäß noch mehr in Palläften und Befeſtigungen. Nachbens 
er ©. Angelo mit Gräben und Bruſtwehren umgeben, dieß 
Caſtell, wie er auf einer feiner Münzen ruͤhmt, geruͤſtet, befe- 
ſtigt, vollendet hatte, führte er bie Maner nach dem Enttourf 
des bauverfiändigen Earbinal Maculano um den Watican 
und den Garten Belvedere bis nach der Porta Cavalleggieri: 
bier fingen dann andere. Befeſtigungen an, die Lungara, 
Zrastevere und den Inniculus umfuſſen und: his an dus 
Priorat auf dem Aventin reichen ſollten; wenigſtens ſchreibt 
ſich Porta Portuenſe hauptſaͤchlich von Urban. VIII. her. 
Erſt in dieſer Umgebung fühlte er ſich ſicher. Jene Brücke 
bie von den paͤpſtlichen Wohnungen nach dem Caſtell führt, 
bat er forgfältig wiederhergeſtellt 2). ur 

‚Auch Papſt Innocenz X. hat fleißig: gebaut: auf dem 
Capitol, deſſen beide Seiten er in Uebereinfkimmung zu 
bringen fuchte: in der Lateranfirche, wo er fich das Nerbienft 
ertsarb ſchonender mit ben alten Formen untgugehn is man 
damals gewohnt war: hauptſaͤchlich an ber Piazza Navona. 
Man bemerkte, wenn er über ben Petersplatz kam, daß er 
feine Augen nicht von der Fontana verwandte bie Dat V. 


1) Aus dem Diario Giacinto Sigi, weiches air. —S 
Weiſe noch in Rom veruntreut worden — der vornehmſte Verluſt 
den meine Sammlung erlitten hat — bat Cancellieri del taran- 
tismo di Roma p. 55 die hieher gehörigen Stellen abbrucken. laſſen. 


Bauwerke der Paͤpſte. 13 


bort errichtet"). Gern hätte er mais dieſem Papft gewetteifert 
und feirten Lieblingsplatz mit einer noch ſchoͤnern geſchmuͤckt. 
Bernini wandte alle feine Kımfl daran. Ein Obelisk warb 
aus dem Eireus des Caratalla herbeigeführt, an bem man 
das Mappen des Haufes anbrachte. Haͤuſer murken nie 
bergerifien am dem Platz eine nette Geſtalt zu geben: G. 
Agnete von Grund aus erreut; unfern erhob fich Bann, 
mit Bildſaͤulen, Gemaͤhlden und koſtbaper ‚innerer Einrich 
tung reich ausgeſtattet, der Pallaſt Pamfili. Die Vigna, 
bie Jeine Familie jenſeit des Vatican beſaß, ſchuf er zu ei⸗ 
ner ber : ſchoͤnſten: Willen une, wilche alles in. fich ſchleſe 
was das Lanbleben angenehm machen kann. 

In Alexauber VIE bemerken wir ſchon ben mobergen 
Sinn für daB Regelmäßige. Wie viel Haͤuſer bat er uum 
reißen Taffen um gerade: Straßen gu gewinnen: ber. Pallaſt 


Salviati mußte fallen; um den’ Play:des Collegio Romanp - ' 


zu bilden: auch ber Matz Colonna, an dem fird fein Fa⸗ 
milienpallaſt erhob, ward von: ihm. umgefchaffen. Er bat 
die: Sapienfa und die Propaganda ernenert. Sein vote 
nehmſtes Denkmal find aber ohne Zweifel die Eolonna- 
den, mit denen er- den obern Theil bes. Petersplages um: 
faßte, ein coloſſales Werk von 284 Saͤulen und 88 Pfeilern 
Was man auch gleich von Anfang und ſpaͤter dagegen ge: 
ſagt Haben mag RL fo doch ‚nicht iu Tanga daß ße ir 


1) 3) Diapio Deone. 4. Luglio 1648. Er bemeift über gleich: 
la quale- (la fontapa di papa, Paolo — e3 war damald nur eine) 
difücilmente poträ superare ne in, bellezza ne in quantitä d’acque. 

2) Sagredo. I, xolonnaii che si vanno intornò alla’ piazza 
erigendo, di quatro ordini di ‚questi restar cinta ‚dovendo hatti 


74 Buch VII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahr. 


der Idee des Ganzen gedacht ind, ‚und zu dem Einbruck des 
zugleich, Unermeßlichen und Heiter⸗Behaglichen, ben ber 
Platz hervorbringt, das ihre beitragen. 

So bildete ſich allmaͤhlig bie Stadt, nach der ſeichem 
ſo unzaͤhlige Fremde gewallfahrtet. Sie erfuͤllte ſich zu⸗ 
gleich mit Schaͤtzen aller Art. Zahlreiche Bibliotheken 
wurden geſammelt! nicht allein ber Vatican, ober die Kloͤ⸗ 
ſter der Auguſtiner, der Dominicaner, die Haͤuſer der Je⸗ 
fisen und det: Vaͤter des Oratoriams, ſondern and) 
bie Pallaͤſte wurden damit ausgeſtattet; man wetteiferte 
gedruckte Werke anzuhaͤufen, ſeltene Hanbſchriften zuſam⸗ 
menzubringen. Nicht daß mar mama auch: ben Wigenfchefs 
ten ſehr eifrig: obgelegen bitte; man ſtubirte, aber mit 
Muße: ‚weniger um etwas Neues zu entdecken, ald um 
das Bekannte an Ach zu bringen und gu verarbeiten... Bon 
alle den Akademien, die ſich Jahr für Jahr. erhoben, wib⸗ 
mete:fich eine und Die andere ber: Naturforſchung, etwa ber 
Botanik, obwohl auch ohne uscht eigenthimliche Erfolge): 
aber alle die andern, die Gutgelaunten °), die Geordne⸗ 
in forma ovata, i quali formeranno tre portici coperti con tre 
maägnifici ingressi, e sopra da un. cerridore ohe narä d’aliro or- 
dive di piceiole colonne e di statue adernato, il papa preiende 
che servir debbano per ricevere della pioggia e del sole alle 
carrozze. Damals beliefen fih die Koflen bereit auf 00000 Sc., 
bie aus ber Caſſe della fabrior. di S. Pietro genommen wurden. 

1) Ich meine bie Lincei, 1603 von Feberigo Ceſi geftiftet, wel: 


che doch eigentlich nicht viel mehr zu Stande gebracht als bie itas 
lienifhe Bearbeitung der Naturgeſchichte Mericod von Hernandez. 
Tiraboschi: Storia della letteratura Italiana VEIT, p. 198. 
2) Denn fo werden wir Umorifli zu überfeßen haben, ben 
ln des Erythraͤus zu Folge, bie bei Stier Vita Eryoraei 
L. LI recht gut zuſammengeſtellt find. 





Dauwerke der Paͤpſte. 2 


ten, bie Jungfraͤulichen, die Phantaſtiſchen, bie Einfoͤrmi⸗ 
gen, and welche fonderbare Namen fie fich ſonſt gaben, 
beſchaͤftigten fich nur mit Porfle und Beredtſamkeit, Uebun⸗ 
gen geiftiger Gewandctheit, bie in einem engen Kreife von 
Gedanken fiehn biirken, und boch Yiele fehöne Kräfte ver 
beauchten. Und nicht. allein mit Büchern, Sondern auch 
mit! Kunſtwerken alter: und neuer Zeit, mic Antiquitäten 
mancherlei Art, Bilbſaͤulen, Reliefs und Inſcriptlonen muß 
ten die Pallaͤſte geſchmuͤckt ſeyn. In unſerer Epoche was 
ren bie Hauſer Ceſi, Giuſtiniani, Strozzi, Maſſimi, bie 
Gaͤrten ber. Mattel am beruͤhmteſten; an die ſich Samm⸗ 
ligen wie die Kircherſche bet ben Jeſuiten zu nicht ges 
riugerer Bewunderung der -Mitwelt anreihten. Noch war 
ed anche Carloſitaͤt, antiquatiſche Gelehrſamkeit, was zu den 
Sammlungen veranlaßte, als Sinn fuͤr die Formen ober 
tieferes Verſtaͤndnißf. Es iſt merkwuͤrdig, daß man im 
Grunde noch immer daruͤber dachte wie Sixtus V. Den 
Reſten des Alterthums war man noch weit entfernt bie 
Nufmierkſambeit md ſchonende Sorgfalt gu wibmen weiche 
fe ſpaͤtechin gefunden. haben. Was darf man erwarten, 
wenn ſich unser Amber’ Privilegten Der Borabefen eins fin 
bet, welches beſagt, daß fie durch keinerlei Art von Zer⸗ 
ſtoͤrung! in Strafe verfallen feyn füllen. - Man: follte kaum 
glauben, was man ſich im fiebjehnten Jahrhundert noch 
erlaubt hat. . Die Thermen des Eonflantin unter andern 
Basen fick durch ſo viel wechſelnde Zeiträtene noch Immer 
ziemlich in Stand erhalten, und gewiß haͤtte fehon das 
Verdienſt ihres Etbauers um bie Herrſchaft der chriſtlichen 
Kirche ſie⸗eſchuͤtzen ſollen; jedoch unter Paul V. wurden 


936 Buch VII. Die Paͤpſte um db, Biitte d. 17. Jahrh. 


fie von Grund aus. zerflört, und in dem Geſchmack jener Zeit 
zu Pallaſt und Garten umgeſchaffen; welche darnach für. Die 
Villa Mondragone in Frascati vertauſcht würden. Selbſt 
her: Sriebenstempel, damals ebenfalls noch ziemlich gut er⸗ 
halten, fand vor Paul V. Beine Guade. Er fußte den 
ſanderharen Gedanken, der Jungfrau Marie. mit dem Kinde 
eine coloſſale eherne Bildſaͤuſe gießen, :undı. dieſele ſo hoch 
aufſtellen si: laſſen, daß Die Stadt. on. dieſer ihrer Be⸗ 
ſchaͤtzerin gang uͤberſehen werden kaͤnne. Nur gehörte dazu 
eine Saͤule von ungewöhnlicher Laͤnge. Er fand.eine ſolche 
enblich im Friedenstempel: ohne ſich zu: Finmmern, daß fie 
dort ein. Gewoͤlbe ſruͤtzte, daß fie fick. ainzele mehr ſeltſam 
wah auffſillend als ſchoͤn unh zwedmaͤllig ausnehmen wuͤrde, 
faͤhrte ex.fie weg, und brachte jenen Coloß Sfr an wie 
wir ihn nach heute fehen. 

Sollte auch nicht. alles wahr ſeyn, was man den 
Barberini nachgeſagt hat, ſo iſt bach. unleughar, daß fie 
im Allgemeinen in chen dieſem Sinne. verfahren. Unter Ur⸗ 
hen. VI. hatte man in ber That. noch einmal bie Abficht 
jenes einzig echte und erhaltene, unvergkichliche Monument 
der republikaniſchen Zeiten, das Denkmal der Caͤcilia Mes 
tella, zu zerßoͤren, um den Marmor bei der Fontana di 
Trevi azuwenden. Der herahhmteſte Bildhauer und Baus 
maiſter· jener Belt: Berniniy dem die Fontana uͤhertragen 
worden, machte dieſen Entwurf, und ber Papſt 'ggb ihm 
in einem Byreve die Erlaubnifi zur Ausfuͤbnug. Schan 
legte mm Hand an, als das roͤmiſche Volk, das feine 
Alterthuͤmer liebte, die. Sache ‚inne, wurde und ſich mit 
Gewalt damiderſetzte. Zum zweiten Male vettete es hieſen 





Bauwerke ber Päpyfte 17 


feinen Aleſten Berg. Ehen mußte. abſeha / um ein 
Auflauf zu erregen *). | 

Es hängt aber aliß. kafamınen. Die Epöche der Res 
fRauration Bat: ihre befonderen Ideen, Antriebe entwichelt: 
die auch in Kunſt und ‚Literatur nach der Alleinherrſchaft 
fireben, das Fremdartige weber verſtehn noch auch aners 
fennen, und es ge. serföten entſchloffen find, wenn fie e⸗ 
nicht unterjochen koͤnuen. 

Nichts deſto minder war Nom noch immer eine Haupt: 
ſtabe ber-Eukter, die in fanmelnder. Gelehrſamkeit und einer 
Kunſtuͤbung wie fie der Geſchmach jened Zeitalters nun ein⸗ 
mal beliebte, ihres Glelchen nicht hatte; prodnetiv noch Immer 
in ber Mußk: — der concentirende Styl der Cantate wat 
damals dem Styl der Capelle zur Seite; — es entzuͤckte die 
Reiſenden. „Man müßte von ber Natur verwahrloſt ſeyn,“ 
ruft Spon aus, der 1674 nach Rom kam, „wenn man nicht 
in irgead einem, Bigeige feine Vefriedigung faͤnde °). Cs 
geht Diefe Zweige durch: die Bibliotheken, mo man bie feltens 
fien Werke findiren, bie Concerte in Kitchen und Pallaͤſten, 
wo man täglich die fchönften Stimmen hören. koͤnne; fo 
viel Sammlungen fuͤr alte ab neue Sculptur und Male: 
rei; ſo viel Herrliche Baumerke "aller. :Zeiten,. gange Villen 
mit Basreliefs und Sinferiptionen, deren er allein taufenb 
nenne copirt hat, überFleibet; Die Gegenwart fo wieler. Frem⸗ 
den von allen Ländern und Zungen; bie Natur. genieße man 
in den paredieſſchen — Gaͤrten; und wer die Uebungen der 


1) Done erzählt das ausfuͤhrlich. 
2) Spou⸗et· Vhelet: Voyage A'Italie, at de Gröce Ly p. 20 


78 Buch VII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrb. 


Froͤenmigkeit liebt, fügt er hinzu, für ben iſt durch Kir 
chen, Reliquien, Proceffionen fein Lebelang geſorgt. 

Ohne Zweiſel gab es anderwaͤrcs noch greffartigere gei⸗ 
ſtige Regungen; aber. die Vollenbuig ber roͤmiſchen Weit, 
ihre Veſchloſenheit in fh, ſtioſt. die Bälle des Neichthums, 
der ruhige Genuß, vereinigt mit ber Sicherheit -und Befries 
bigung, melche den Gläubigen ber unaufbörliche Anblick 
der Gegenſtaͤnde feiner Verehrung gemährte, uͤbte noch im⸗ 
mer eine mächtige "Anziehung aus, batb mehr busch bag 
eine, bald mehr burch das anbere Moeiv, zurwellen unent⸗ 
ſchieden durch welches am meiſten. 

Vergegenwaͤrtigen wir uns biſe —— an dem 
auffallendſten Beifpiele, das zugleich of ben römifchen Hof 
Ichendig vardchnirte 


.1. 


Digreſſion über Königin Ernie von Sqweren. 


Schon oft find wir in dem Zau⸗ geweſen unfer Blid⸗ 
nach Schweden hinzuwenben. oo. 

Das Land, mo End Lactherthum zeerſt bie. weſinnm⸗ 
Verfaſſung politiſch umgeſtaltete, bie Autireformation auf 
eine fo ungewöhnliche Weiſe in den hoͤchſten Perſonen Re⸗ 
praͤſentanten und MWiberfacher fand, von wo dann die 
große Entſcheidung in dem welthiſtoriſchen Kampfe haupt: 
ſaͤchlich ausgegangen war; eben da machte jetzt der Katholi⸗ 
cismus auch in der neuen Geſtalt die er angenommen, die 
unerwartetſte Eroberung. Die Tochter jenes Vorkaͤmpfers 
ber Proteſtanten, Königin Chriſtine von. Schweden, zog er 


Königin Chriſtine von Schweden. 79 


an ſich⸗ Wie dieß geſchad, iſt hen an ſich, und dann 
insbeſonders für uns ber Betrachtung. werth 

Gehn wir von ber Stellung aus, welche die junge Kids 
nigin in: ihrem Lanbe einnahm. 

Nach dem Tode Guſtao Abolfs war auch in Schwe⸗ 
den, wie 1619 in Oeſtreich, 1660. in Portugal, und in 
biefer Epoche an fo vielen andern Orten einen Augenblick 
die Nebe davon, ob man fich nicht von ber koͤniglichen 
Gewalt frei machen und als Republik conflitniren folle "). 

Nun warb biefer Antrag zwar verworfen: men bulk 
digte ber Tochter des verfiorbenen Könige; aber daß bir 
ein Kind von ſechs Jahren war, daß es Niemand von. Ed 
niglichem Geſchlechte gab ber bie Zügel hätte ergreifen Kia, 
nen, betvirkte boch, baf die Gewalt in bie Hände einiger 
Wenigen fam. Die antimonarchifchen Tenbenzen jener Zeit 
fanbew: in Schweben Anklang und Billigunge ſchon das 
Verfahren des: lnugen Parlamentes in England, noch viel 
mehr aber bie Bewegungen der Fronbe, da fie um ſo oil 
entſchiebener ariftofrätifch waren. „Ich bemerkte wohl, 
fagte Ehriftina einſtmals felbft in dem Senate, „man wünfcht 
- bier, daß Schwaben ein Wahlreich oder eine Ariſtokratie 
werde. 

Def junge Fuͤrſtin aber war nicht. gemeint die koͤ 


1) La vie de Ia reine Christine faite par elle-m&me bei Arcken · 
bolg Memoires pour servir à P’histoire de Christine Tom. II, 
p. 41: On m’a voulu persusder qu’on mit en deliberation en 
eertaines assemblees particuliöres s’il falloit we mettre en 'K- 
bert€, n’ayant qu’un enfant en töte, dont il dtoit aise de se 
defsire, et de s’6riger en republique. Vergl. bie Note von 
Arckenholtz. 


80 Duch VIII. Die Paͤpſte um d. Mitt⸗ d. V. Jahrh. 


nigliche Gewalt verfallen zu laſſen: fie ſtrengte ſich an, in 
vollem Sinne des Worts Königin zu ſeyn. Von dem Aus 
genblicke an daß fie die Regierung ſelbſt antrat, int Jahre 
1644, widmete fie ſich den Geſchaͤften mit einem. bewun⸗ 
bernswürbdigen Eifer. Niemals haͤtte fie eine -Sewatefigung 
verfäumt:. wir finden, daß fie mit bem Fieber geplagt. ift, 
daß fie zur Aber gelaffen hat: fie beſucht die Sitzung deß 
ſenungeachtet. Sie verſaͤumt nicht ſich auf das beſte vor⸗ 
zubereiten. Deductionen, viele Bogen lang, lieſt ſie durch 
und macht ſich ihren Inhalt zu eigen: Abeuds vor dem 
Einſchlafen, früh beim Erwachen überlegt fie die ſireitigen 
Punkte). Mit großer Geſchicklichkeit verficht fie dann bie 
Stage vorzulegen: fie laͤßt nicht bemerken auf welche Seite 
fie fich neigt: nachdem fie alle Mitglieder gehört hat, ſagt 
auch fie ihre. Meinung, die fich immer wohlbegruͤndet fin⸗ 
det, die man in.ber. Regel belicht. Die. alten Senatoren 
find verwundert welche Gewalt fie fich zu verſchaffen weiß 2). 
An: dem Abſchluß des weſtphaͤliſchen Friedens hatte fie perſoͤn⸗ 
lich vielen une: bie Ofen ber Armet / ihr Gefanbter 

‚am 


1) Paolo Casati al papa Alessandro VII sopra la regina di 
Suecia. MS. Ella m’ha piü d’una volta assicurato di non aver 
mai portato avanti alcun negotio grave a cui non avesse quasi 
due amni prima pensato, e che molte hore della maltina, dopo 
che s’era svegliata da quel poco sonne che era solita di pren- 
dere, impiegava nel considerare i negotii e. conseguenze loro 
benche lontane. 

2)-Memeoiren de ce qui est passe e en Suede tirez des depe- 
sches de Mr. Channt I, p. 245 (1648 Few.). Il. est ineroyable 
comment elle est puissante dans son: qonsoil, car elle ajoufe & 
la qualit de reine la grace, le credit, les bienfaits et Ja force 
de persuader. 


Königin Chriſtine von Schweben. 9 


am Eongreß waren nicht dafür: auch in Schweben gab es 
Leute welche bie Zugeftänbniffe, bie man ben Katholiken befons 
ders für die Öftreichifchen Erblande machte, nicht billigten: 
aber fie wollte das Glück nicht immmer aufs. neue heraus; 
fordern: niemald war Schtweben fo glorreich, fo mächtig 
geweſen: fie ſah eine Befriedigung ihres Selbfigefühls darin, 
daß dem fo war, fie wünfchte iheen Namen an biefen Zu; 
fand zu knuͤpfen. 

Hielt fie num ſelbſt die Eigenmacht ber Ariſtokratie 
nach Kräften nieber, fo ſollte fich dieſe chen ſo wenig 
ſchmeicheln dürfen, etwa in Zufunft zu ihrem Ziele zu 
gelangen: fo jung fie auch noch tvar, fo brachte fie hoch fehr - 
bald bie Succeſſion ihres Vetters des Pfalsgrafen Carl 
Guſtav in Vorſchlag. Sie meint, ber Prinz babe das 
nicht zu hoffen getwagt: fie allein habe es durchgeſetzt, wi⸗ 
der den Willen des Senates, ber es nicht einmal habe 
in Veberlegung nehmen wollen, wiber ben Willen der Stände, 
die nur aus Ruͤckficht auf fie darin gewilligt: genug biefe 
Succeffion ward unwiderruflich fefigefegt ). 

‚Doppelt merfwürbig ift e8 nun, daß fie bei biefem 
Eifer für bie Gefchäfte zugleich den Stubien mit einer Art 
von Leidenfchaft oblag. Noch in den Fahren. der Kindheit 
war ihe nichte angenehmer gewefen ald die Lehrſtunde. 
Es mochte daher fommen, daß fie bei ihrer Mutter wohnte, 
die ſich gang dem Schmerze über ihren Gemahl hingab: 
mit Ungeduld erwartete ſie taͤglich den Augenblick, wo ſie 
aus dieſen dunkeln Gemaͤchern der Trauer erloͤſt wurde. 

1) Règne de Christine jusqu'à sa résignation bei Ardenhols 
II, 162 Noten. 
Yäpfie ** 6 





= Bud VII. Die Paͤpſte um d. Mitte 5.17. Jahr h. 


‚Aber fie beſaß auch, beſonders für die Sprachen, ein: außer⸗ 
ordentliches Talent; ſie erzaͤhlt, baf fie Die, melften eigentlich 
ohne ‚Lehrer gelernt Habe *); was um ſo mehr ſagen will, 
da fie es wirklich im einigen. bis zur Fertigkeit eines Einge⸗ 
boenen gebracht. hat. Wie fie auſwuchs, ward ſie immer 
mehr von dem: Reise ergriffen ber in der Literatur liegt. 
Es wär bie. Epoche in welcher ſich die Gelehrſamkeit all⸗ 
maͤhlig von den Feſſeln der theologiſchen. Streitigkeiten ab⸗ 
Bfte, in weicher fich uber beibe Parteien hin allgemein an⸗ 
erkannte Reputationen erhoben. Sie hatte den Ehrgeig be⸗ 
ruͤhmte Leute an ſich zu ziehen, ihres Unterrichtes zu 
genießen. Zuerſt. kamen einige deutſche Philologen und 
Hiſtoriker, z. B. Freinsheim, auf deſſen Bitten fie. ſeiner 
Baterſtadt Ulm den größten Theil der ihr aufetlegten Kriegs⸗ 
contribution erließ); dann folgten Niederlaͤnder: Ifanf 
Boſſius brachte das Studium des Griechiſthen in Schwung; 
fie. bewaͤchtigte ſich in kurzem bee wicheigſten alten. Auto⸗ 

und ſelbſt Die. Kirchenvaͤtet blieben. ihr nicht. fremd. 
Im Jahre 1650 erfchien Selnmfind: die Königin hatte 
ihin Tagen laſſen: komme er; nicht zu ihr, ſo werde fie ge- 
genoͤthigt: ſeyn zu ihm zu kommen: ein. Jahr lang meinte 
er in ihrem Pallaſte. Endlich ward an Sera us: beimos 


pi La. ‚vie de Christine er. p. e. m. p 53. des savois 4 
Päge de quatorze ans foutes les langues, toutes les sciences ef 
tous les exercices dont ont voulolt m’instruire. ‘° Mais depuis 
j’en ax appris. bien d'autres sans le seoours Wauoun. /maltte: et 
il est certain que je n’en eus jamais ni pour apprendre la lan- 
gue Allemande, la Frangoise, l’Italienne, ni V’Espagnole. ‘ 


2) Harangue pandgyrique de Freinshemius & Christine 1647, 
bei Arckenholtz II, zweiter Anhang, p. 104. 


"Königin Thrifiine von Schweden. . - 83 


gen fich zu ihr zu begeben alle Morgen um fünf hätte er 
die Ehre fie in ihrer Bibtiothek zu fehen: man behauptet; 
fie habe feine Ideen, ihm ſelbſt zur Verwunderung, aus 
dein Plato abzuleiten geivußt. Es IR gewiß, daß -Ke: in 
ihren Conferenzen mit: den Gelehrten wie in ihren : Beſpre⸗ 
chungen: mit dem Senate bie Ueberlegenheit des gluͤcklich⸗ 
fin Gedaͤchtniſſes und’ einer rafchen Auffaffing und Pene⸗ 
tration zeigte. „Ihr Geiſt ift hoͤchſt außerordentlich!!, ruft 
Naudaͤus mit Erſtaunen aus: „ſie hat alles geſchen ales 
geleſen, ſie weiß alles1). 

Wunderbare Bertorbringung der Rat und des diade. 
Ein junges Fräulein frei von aller Eitelkeit: fie ſucht es 
nicht zu verbergen, daß ſie die eine Schulter: hoͤher Bar als 
die andere: man hat ihr gefagt, Ihre Schönheit beſtehe bes 
ſoaders in ihrem reichen Haupthaar/ fie wendet auch nicht 
die gewoͤtznlichſte Sorgfalt darauf; jede kleine Sorge bed 
Lebens iſt ihr fremb: fie hat ſich niemals um Ahre Tafel 
bekuͤmmert, fe hat⸗nie über eine Speiſe geklagt, ſie trinke 
nichts als Waſſer; auch eine weibliche Arbeit hat fie nid 
begriffen: — dugegen macht: esſ ihr Vergnuͤgen/ zu hoͤren, 
daß Inan Fe bel ihrer Geburt für einen Knaben genemmen, 
daß fle im der ftuͤheſten Kindheit beim’ Abfeuern des Se⸗ 
ſchaͤtzes ſtatt zu lerſchrecken in die Haͤnde geblarſcht und fich 
als ein rechtes Soldalenkind ausgewieſen babe auf bat 


a 

1) Naude a Gassendi 1 Oet. 16. La reine "da la —* 

je puis dire sans flatterie quelle tient mieux sa partie es con- 

ferences qu’elle tient assez souvent avec messieurs Bochart, 

Bourdelot, du Fresne et moi, qu’aucun de la cömpagnie, 'et'si je 

vons dis qne #on esprit est tout‘& fait extraordinäfre, je ne 
mentirai point, car elle a tvut vu, elle a tont u, elle 'sait tout. 


6* 


84 Bud VII Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


kuͤhnſte figt fie zu Pferd, Einen Fuß im Bügel, fo fliege 
fie dahin: auf der Jagd weiß fie das Wild mit dem er- 
fin Schuß gu erlegen; — fie ſtudirt Tacitus und Plato, 
und faßt dieſe Autoren zuweilen felbft befier als Philolo- 
gen von Profeffion; — fo jung fie ift, fo. weiß fie ſich 
ſelbſt in Staatsgefchäften felbftändig eine treffende Mei- 
nung zu bilden, und fie unter ben in WWelterfahrung er⸗ 
grauten Senatoren burchgufechten: fie wirft. den frifchen 
Muth eined angebornen Scharffinng in die Arbeit; vor 
allem ift fie von der hohen Bebeutung durchdrungen die 
ihr ihre Herkunft gebe, von der Nothwendigkeit ber Selbft- 
regierung: Feinen Gefandten hätte fie an ihre Minifter ge⸗ 
voiefen: fie will nicht dulden, Daß einer ihrer Unterthanen 
einen austwärtigen Drden trage, wie fie fagt, daß ein Mit⸗ 
glied ihrer Heerde von einer fremden Hand fich bezeichnen 
laffe: fie weiß eine Haltung anzunehmen, vor welcher die 
Generale verftummen welche Deutfehland erbeben gemacht: 
wäre ein neuer Krieg ausgebrochen, fo würde fie fich unfehls 
bar an die Spitze ihrer Truppen geſtellt haben. 

Bei diefer Sefinnung und vorwaltenden Stimmung 
war ihr fchon der Gedanke unerträglich fich zu verheira⸗ 
then, einem Manne Rechte an ihre Berfon zu geben; der 
Berpflichtung hiezu, die fie gegen ihr Land haben Fünnte, 
glaubt fie durch die Ferfegung der Succeſſion überhoben 
zu ſeyn; nachdem fie gekrönt ift, erklärt fie, fie wuͤrde eher 
ſterben als ſich vermaͤhlen N), 


1) „Je me serois“, fagt fie übrigens in ihrer Lebensbeſchrei⸗ 
bung p. 57, „sans doute maride si je n’eusse reconnue en moi 
la force de me passer des plaisirs de l’amour“; und man barf 


| 


Königin Chriſtine von Schweden. 65 


Sollte aber wohl ein Zuſtand biefer Art überhaupt 
behauptet werden können? Er hat etwas Geſpanntes, An- 
gefirengtes, es fehle ihm das Gleichgewicht ber Geſundheit, 
die‘ Ruhe eines natürlichen und in fich befriebigten Da⸗ 
ſeyns. Es ift nicht Neigung zu den Gefchäften, daß fie 
fich fo eifrig hineinwirft; Ehrgeis und fürftliched Selbſtgefuͤhl 
treiben fie dazu an: Vergnügen findet fie baran nicht. Auch 
liebe fie ihr Vaterland nicht, weder feine Bergnügungen 
noch feine Gewohnheiten: weder feine geiftliche noch feine 
weltliche Verfaſſung: auch nicht feine Vergangenheit, von 
der fie Feine Ahndung hat: bie Staateceremonien, die lan: 
gen Neben, bie fie anzuhören verpflichtet if, jede Function 
bei der fie perfönlic, in Anſpruch genommen wird, find 
ihr geradezu verhaßt: der Kreis von Bildung und Gelehrs 
ſamkeit in dem fich ihre Landsleute halten, ſcheint ihre ver; 
aͤchtlich. Härte fie diefen Thron nicht von Kindheit an 
befeflen,, fo wuͤrde er ihr vielleicht als ein Ziel ihrer Wuͤn⸗ 
fche erfchienen feyn; aber da fe Königin war, fo weit fie 
zuruͤckdenken kann, fo haben bie begehrenden Kräfte des 
Gemüthes, welche bie Zukunft eines Menfchen ihm vor: 
bereiten, eine ‚von ihrem Lande abgewendete Nichtung ge: 
nommen. Phantaſie und Liebe zu dem Ungewöhnlichen fan. 
gen an, ihr Leben zu beherrſchen: fie kennt Feine Rückficht: 
fie denft nicht daran, den Eindrücken de Zufalls und des 
Momente die Weberlegenheit des moralifchen Ebenmaaßes, 
welche ihrer Stellung entfpräche, entgegenzufeßen; ja fie ift 
bochgefinnt, muthig, voll Spannfraft und Energie, groß: 


ihr hierin um fo mehr glauben, da dieſes Werk zugleich eine Art 
von Beichte ifl. ” 





86 Bud-VHL: Die Paͤpſte um d. Mitte:d. 17. Jahrh. 


artig, aber atıch ausgelaſſen, heftig, recht mit Abficht un- 
weiblic); keinesweges liebenswürbig, unkindlich felbft, und 
zwar nicht allein gegen ihre Mutter: auch das heilige An⸗ 
denken ihres Vaters ſchont fie nicht, um eine beißende Aut⸗ 
wort zu geben: ed iſt zuweilen als müßte ſie nicht was 
fie fagt '). .So hoch fie: auch geſtellt iſt, fo koͤnnen doch 
die Ruͤckwirkungen eines ſolchen Betragens nicht ausblei⸗ 
ben: um ſo weniger fuͤhlt he ſich dann. zufrieden, heimaſch 
ober gluͤcklich. . 

Da geſchieht num, daß Bier Pw ‚der Michtbeftiehie 
gung.fich :vor allem auf die religidfen Dinge wirft: wo⸗ 
mit es folgendergeſtalt zuging. 

In ihren Erinnerungen verweilt die Koͤnigin mit be 
ſfonderer Vorliebe bei ihrem Lehrer Dr. Johann Matthiaͤ, 
deſſen einfache, reine, milde Seele fte vom erſten Augenblick 
an feſſelte: der ihr erſter Vertranter wurde: auch in allen 
Heinen Angelegenheiten ?). Unmittelbar tachbem fich ges 
geist, daß von ben ‚beftehenden Kirchengefellichaften Feine 
bie. andere übermältigen werde, regte fich bie und da in 
wohlgefinnten Gemuͤthern die Tendenz fie zu vereinigen. 
Auch Matthiaͤ hegte dieſen Wunfch: er gab ein Buch her: 
and, in welchem ex eine Vertinigung Der beiden proteſtan⸗ 
tefchen Kirchen in Anregumg brachte. Die Königin nun 
. war ſehr feiner Meinung: fie faßte den Gebanken eine theo⸗ 


1) Von ihrem Geſpraͤch mit ihrer Mutter bei Chanut IIT, 
365, Mai 1654, läßt fich nicht anders urtheilen. 


2) tres capable, fagt fie in ihrer Autobiographie p p. 51, de 
bien instruire un enfant {el que j'étois, ayant une honndtet6, 
une diseretion et une doucenr qui le faisoient aimer et estimer. 


Abatgin Chtifkine von Schweden. 97 


Logifche Akademiezu ſtiften, die an ber Bereinigung ber 
Bekenntniſſe arbeiten ſollte. Allein auf der Stelle er⸗ 
Geb. ſich hiewider der unbezaͤhute Eifer unerſchuͤtterlicher 
kutheraner. Ein. Superintendent von Calmar griff jenes 
Buch mit Ingrimm an: die Stände. nahmen dawider 
Partei. Die. Biſchoͤfe etinnerten den Reichsrath, über. bie 
Landesreligion zu wachen: der Großkanzler begab ſich zur 
Königin, und machte: ihr fo. nachdruͤckliche Vorſtellungen, 
dag ihr Thraͤuen bed Unmuthes in die Augen traten!). 

Da mag fie recht deutlich zu. bemerken geglaubt ha⸗ 
ben, daft es nicht ein: reiner Eifer fey, was ihre Luthera⸗ 
ner in Bewegung feße.. Ste meinte, man wolle fie wit 
der. Idee von Gott sänfchen, die man, ihr gab,. nur um fie 
nach einem vorbebachten Zieht zu leiten. Es fchien ihr Got⸗ 
tes nicht würdig wie man ihn ihr .eorfielite °). 

Die weitläuftigen Predigten, Die ihr ſchon immer dan: 
gesweile gemacht, und die fie um der Reichsordnungen wil⸗ 
len anhbren mußte, wurden ihr nun untrfräglich. :: Oft 
zeigteifie ihre Ungeduld: fie ruͤckte mit dem Stable, fpielte: 
mit ihrem Huͤndchen; deſio laͤnger, unbarınbergiger ſochte 
man fie feſtzuhalten. | 

In der Stimmung in: welche A ie hiedutch gerieth, in 
der fie ſich von der angenommenen Landesreligion innerlich 

1) Schreiben von Axel Orenſtierna 2 Mai 1647; bei Arcken⸗ 
holtz IV, App. n. 21, und befonderd von Graf Brahe, Arckenh. 


IV, p. 229. — Das Werf Matthiäs ift Idea boni ordinis in 
ecclesia Christi. 

2) „Je eras‘, faat fie in einer von Galdenblad mitgetheils‘ 
ten Notg, „que les hommes vous faisdient parler & leur mode 
et qu’ils me vouloient tromper et me faire peur pour me gou- 
verner & la leur‘: bei Arckenholtz tom. IH, p. 209. 


38 Buch VII. Die Paͤpſte umd. Mitte d. 17. Jahrh. 


entfernte, ward fie num durch bie Ankunft ber fremden Ges 
lehrten beſtaͤrkt. Einige waren Eatholifch: andere z. B. 
Iſaak Vous galten geradezu für ungläubig: Bourbelot, 
der bei ihr um fo höher fand, ba er fie von einer gefähr; 
lichen Krankheit glücklich heilte, verfpottete alle, Polyhi⸗ 
biftoren und Landesreligionen, und galt geradezu für einen 
Naturaliſten. | 

Allmaͤhlig gerieth die junge Zürftin in unauflögliche 
Zweifel. Es fchien ihr, als fey alle pofitive Religion eine 
Erfindung der Menfchen, als gelte jebed Argument gegen 
die eine fo gut wie gegen bie andere: als ſey «8 zuletzt 
gleichgültig weicher man angehöre. 

Indeſſen ging fie Hiebei doch nie bis zu eigentli⸗ 
cher Srreligiofität fort: es gab auch in ihr einige nnerfchüts 
terliche Ueberzeugungen: in ihrer fürftlichen Einſamkeit auf 
dem Throne hätte fie doch den Gebanfen an Gott nicht 
entbehren können: ja fie glaubte faft ihm einen Schritt nd- 
ber zu fiehn: „bu weiße ruft fie aus, „wie oft ich in 
einer gemeinen Geiftern unbefannten Sprache dich um bie 
Gnade bat mich zu erleuchten, und dir gelobte dir zu ges 
borchen, follte ich auch Leben und Stück baruber aufopfern.“ 
Schon verknüpft fie dieß mit ihren übrigen been: „ich 
verzichtete, fagt fie, „auf alle andere Liebe und wibmete 
mich Biefer. 

Sollte aber Gott die Menfchen ohne bie wahre Reli⸗ 
gion gelaffen haben? Beſonders machte ein Ausſpruch Eis 
ceroß, daß die wahre Religion nur Eine feyn Eönne und 
alle andern falfch feyn müßten, auf fie Eindruck ). 

1) Pallavicini: Vita Alexandri VII. Stelle im Anhang. 


Königin Chriffine von Schweben. 89 


Die Srage war nur eben welche dieß ſey. 

Suchen wir hier nicht nach Gruͤnden, Beweiſen. Sie 
hat oft gefagt, fie habe an dem Proteſtantismus feine we⸗ 
fentlichen Irrthuͤmer im Dogma gefunden. Aber wie ihre 
Abneigung gegen denfelben aus einem urfprünglichen, nicht 
weiter abzuleitenden, nur durch die Umftände erhöhten Ges 
fühle herrührt, fo mirft fie fich mit einer eben fo unerklärs 
Tichen Neigung, mit unbebingter Sympathie auf die Seite 
des Katholicismus. 

Sie war neun Jahr alt, ald man ihr zuerſt eine nd 
here Notiz von der Earholifchen Kirche gab: und ihr unter 
andern fagte, baß in berfelben der ehelofe Stand ein Ver 
dienſt ſey: „Ah ,' rief fie aus, "mie ſchoͤn ift die, dieſe 
Religion will ich annehmen.’ 

Man verwies ihr das ernftlich: deſto hartnaͤckiger 
blieb fie dabei. 

Daran knuͤpften fich weitere verwandte Eindrücke. 
„Wenn man Fatholifch iſt,“ fagt fie, „hat man den Troft, 
su glauben was fo viel edle Geiſter 16 Jahrhunderte lang 
geglaubt: einer Religion anzugehören bie durch Millionen 
Wunder, Millionen Märtyrer beſtaͤtigt ift: die endlich," 
fügt. fie hinzu, „fo viele wunderbare Jungfrauen hervorges 
bracht hat, welche die Schwachheiten ihres Geſchlechts über: 
wunden und fich Gott geopfert haben. 

Die Verfaffung von Schweden beruht auf dem Pro 

teftantigmug: der Ruhm, die Macht, die Weltftellung bie: 
ſes Landes find darauf gegründet; ihr aber wird er tie 
eine Nothwendigkeit aufgelegt: abgeftoßen von taufend Zus 
fälligkeiten, unberührt von feinem Geifte, eigenwillig reißt 


90 Buch VIIL Die Papſte: um d. Mitte!b. 17. Jahrh. 


ſie ſich von ihm los: das Entgegengeſetzte, von dem ſie 
nur eine dunkele Kunde hat, sieht fie an: daß. es: in dem 
Papf eine untrügliche Auteritaͤt gehe, feheint ihr eine ber 
Güte Gottes angemeflene Einrichtung: darauf wirſt fie fich 
von Tage zu Tage mit. voßlerer Eutſchiedenheit: es iſt 
als fühlte ſich das Beduͤrfniß "meihlicher Hingebung hie⸗ 
durch befriedigt, als enefpränge in ihrem Herzen der Glaube 
wie in einem andern. bie Liebe, eine Liebe des unbewußten 
Affectes, die von der Welt verdammt wirb.;.unb verheim: 
küche ‚werben. muß, aber. darum nur deſto tiefer wurzelt, 
in der :ein weibliche Herz. ſich seäll, der es ‚alles zu 
opfern entſchloſſen iſt. J 

Wenigſtens wandte Chriſtinen min, um a ſch dem ro; 
mifchen Hofe zu nähern, eine geheimnißvolle Berfchlagen- 
heit an, wie fie fonft .nur.in Angelegenheiten der Leiden⸗ 
ſchaft oder des Ehrgeizes vorkommt: fie ſpam gleichſam 
eine Intrigue an um katholiſch zu werdet. Darin zeigte 
ſie ſich vollkommen als eine Frau 

Der erſte dem ſie ihre Neigung zu erkennen BA war 
ein Jeſuit Antonio Macedo, Beichtvater des portugieſiſchen 
Sefandten Pinto Pereira). Pereira ſprach nür portugie⸗ 
ſiſch: er brauchte ‚feinen. Beichtvater zugleich. als Dolmet⸗ 
ſcher. Ein ſonderbares Vergnuͤgen das ſich die Koͤnigin 
machte, in den Audienzen die ſte dem Geſandten gab, in⸗ 


1) Man hat zuweilen einen gewiſſen Gottfr. Franken fuͤr den 
Urheber ihrer Bekehrung erklaͤrt. Nach der Relation hierüber bei 
Arckenholtz I, 465 wärde der erfle Gedanke Franfen. nach Stockholm 
zu ſchicken bei der Ruͤckkehr des Salmafius von da, welche 1651 
erfolgte, entflanden feyn. Macedo war jeboch ſchon 1650 daſelbſt: 
fein Anſpruch iſt: unlaͤugbar. 


Königin Chrikine von Schweden. . M 


dem er von: Staatsgefchäften zu handeln gedachte, mit fei- 
nem Dolmetfcher auf religiöfe Controverfen zu kommen, 
und-diefem in Gegenwart eines Drimen bee davon nichte 
verftand, ihr. tiefſtes Geheimniß anzuvertrauen 2). 

Ploͤtzlich verſchwand Macedo von Stockholm. Die 
Konigin that, abs laſſe fie ihn ſuchen, verfolgen, aber fie 
ſelbſt hatte ihn nach Rom gefchickt, um ihre Abſſicht zus 
nächft dem. Jeſuitengeneral vorzutragen, und ihn zu bitten 
ihr ein paar. vertraute Mitglieber feines Ordens zuzuſenden. 

Am Februar 1652 langten biefe in ber That in Stock⸗ 
beim an. Es waren ein paar jüngere Männer, die fich 
als reiſende itafienifche Edelleute vorſtellen ließen, und hier: 
auf von {hr zur Tafel gezogen wurden: Sie vermuthete auf 
der Stelle, wer fie wären: inbem ſie unmittelbar vor ihr her 
in das: Speifegimmer ‘gingen, fagte fie leife zu dem Einen; 
vielleicht habe er Briefe an fie; dieſer bejahte dag, ohne ſich 
umzuwenden; ſie fagte: fprecht mis Niemand, und ſchickte 
dann nach Tiſche iheen -vertrmiteften Diener Johann Holm 
um bie Briefe, den andern Morgen um fie felbft im tief 
ſten Geheimmiß nach). dem Pallaſte abzubolen ?). 

In dem Koͤnigspallaſt Guſtav Adolfs traten Abgeord⸗ 
nete von Rom mit ſeiner Tochter zuſammen um mit ihr 
über. ihren Uebertritt zur roͤmiſchen Kirche zu unterhandeln. 

1) Pallavieini: Arctius ideirco sermones- et çolloquia mi- 
scuit, non tınc solum quum ad eam Macedus ab legato mitte- 
batur, sed etiam ipso praesente, qui nihil intelligens animadver- 


tehat famen longiores inter eos esse 'sermones quam res ferrent 
ab se interpreti propositae et sibi ab interprete relatae. 


2) Relatione di Paolo Casati al papa Alessandto VI. 
Auszug im Anhang. 


92 Buch VII Die Päpfte um d. Miete d. 17. Jahr. 


Der Reiz für Chriſtine lag auch darin, daß Niemand et 
mas davon ahndete. 

Die guten Jeſuiten beabfichtigten anfangs bie Ord⸗ 
nung bed Katechismus zu beobachten, doch fahen fie bald, 
daß das bier nicht angebracht fey. Die Königin warf ih: 
nen ganz andere Fragen auf, als bie dort vorfamen. Ob 
es einen Unterfchieb zwifchen Gut und Boͤſe gebe, oder ob 
alles nur auf den Nugen und die Schädlichkeit einer Hand- 
Iung anfomme; wie die Zweifel zu erledigen, die man ges 
gen die Annahme einer Vorfehung erheben könne; ob die 
Seele des Menfchen wirklich unſterblich; ob es nicht am 
ratbfamften ſey, feiner Landesreligion Außerlich zu folgen 
und nach den Gefegen der Vernunft zu leben. Die Jeſui⸗ 
ten melden nicht, was fie auf Diefe Fragen geantivortet ha⸗ 
ben: fie meinen, während des Geſpraͤchs feyen ihnen Ges 
danfen gefommen, an bie fie früher nie gedacht und bie 
fie dann wieder vergeffen: in der Königin babe der heilige 
Geift gewirkt. In der That war in ihr fchon eine ent- 
ſchiedene Hinneigung, welche alle Gründe und die Leber; 
zeugung felbft ergänzte. Am häufigften fam man auf je: 
nen oberfien Grundſatz zuruͤck, daß die Welt nicht ohne 
Die wahre Religion feyn koͤnne: daran ward bie Behaup- 
tung geknüpft, daß unter den vorhandenen die Fatholifche 
die vernünftigfte fey. „Unfer Hauptbeftreben war,“ fagen 
die Jeſuiten, „zu beweiſen, daß die Punkte unſeres heili- 
gen Glaubens über die Vernunft erhaben, aber keineswe⸗ 
ges ihr entgegen feyen.! Die vornehmfte Schwierigkeit 
betraf die Anrufung der Heiligen, die Verehrung der Bils 
der und Reliquien. „Ihre Majeftät aber faßte,“ fahren 


Königin Chriſtine von Schweden. 998 


ſie fort, „mit eindringendem Geiſte die ganze Kraft der 
Sründe, die wir ihr vorhielten: ſonſt hätten wir lange 
Zeit gebraucht." Auch über die Schwierigkeiten ſprach fie 
mit ihnen, die es haben werde, wenn fie fich gu dem Ueber⸗ 
tritte entfchließe, ihn ind Werf zu fegen. Zuweilen fchienen fie 
unüberfteiglich, und eines Tages, als fie bie Jeſuiten wieder 
ſah, erklärte fie ihnen, fie möchten lieber wieder nach Haufe 
gehn: unausführbar fey das Unternehmen: auch koͤnne fie 
ſchwerlich jemals ganz von Herzen Tatholifch werden. Die 
guten Patres erfiaunten: fie boten alles auf, um fie feſt 
zu halten, ſtellten ihr Gott und Ewigkeit vor, und erflär; 
ten ihre Zweifel für eine Anfechtung des Satand. Es bes 
zeichnet fie recht, daß fie gerade in biefem Augenblicke ent: 
fchloffener war als bei irgend einer frühern Zuſammen⸗ 
kunft. „Was würdet ihr ſprechen,“ fing fie plöglich am, 
„wenn ich näher daran wäre, Fatholifch zu werben, als 
ihr glaube?!" — „Ich kann das Gefühl nicht befchreiben, 
fagt der jefuitifche Berichterftatter, „das wir empfanden: 
wir glaubten von den Todten zu erfiehn." Die Königin 
fragte, ob ihr der Papſt nicht die Erlaubniß geben koͤnne 
Das Abendmahl alle Jahr einmal nach Iutherifchem Ges 
brauche zu nehmen. „Wir antworteten: nein; Dann, 
fagte fie, ift keine Hälfe, ich muß die Krone aufgeben.’ 

Denn dahin richteten fich ohnebieß ihre Gedanken von 
Tage zu Tage mehr. 

Nicht immer gingen, die Gefchäfte des Landes nach 
Wunſch. Der mächtigen Ariftofratie gegenüber, die ſich 
enge zufammenhielt, bildete die Königin mit ihrer aus fo 
vielen Ländern herbeigegogenen Umgebung, mit dem Thron- 


9 Buch VI. Dis Papſte um d. Mitteid 17. Jahr h. 


ſolger, den ſie dem Lande aufgenoͤthigt, und dem Grafen 
Magnus de Ia-Bardie, dem ſie ihr Vertrauen ſchenkte, den 
aber der alte ſchwediſche Adel noch immer nicht als eben⸗ 
buͤrtig anerkennen wollte, eine Partei die gleichſam als eine 
fremde betrachter warb. Ihre unbefchränkte Freigebigkeit 
hatte. die Finanzen erfchöpft, und man ſah den Augenblick 
fommen, wo man mit. allen Mitteln zu Ende feyn werde. 
Schon im October: 1651 hatte fie den Staͤnden die Ab⸗ 
ficht zu reflgnigen angekündigt: :E8 tar in dem Momente 
als fie Antonio Macedo nach Norm gefchiekt hätte, Noch 
einmal jedoch ließ fie ſich davon zurückbringen. Det Neichs⸗ 
kanzler ſtellte ihr vor, ſie möge fich- nicht etwa durch Ute 
finazielle Bedraͤngniß beſtimmen laſſen, man werde ſchon 
Bafärforgen,: daß der Glanz der Krone nicht leide ). Auch 
ſah fie wohl daß dieſe Handlung der Welt nicht fo 
hetoiſch vorkommen wuͤrde, wie fie aufangs geglaubt. 
Als kurz darauf Prinz Friedrich von Heſſen mit einein aͤhn⸗ 
lichen: Schritte. umging, mahnte ſie ihn ausdruͤcklich ab: 
nicht gerade aus teligidfen Gruͤnden: ſie erinnerte ihn nur, 
wer ſeinen Glauben. verändere, werde von denen gehaßt bie 
er verlaffe, und von denen verachtet gu denen er uͤbergehe). 
Aber allmaͤhlich wirkten dieſe Betrachtungen auf ſie felbſt 
nicht mie: ww war vergebens, daß m ſi ich bir wie 


1) Pufendorf Rerum Suecicarum ib, 2, p. a7. a 


2) Lettre de ‚Christine au, prince Frederic Landgrave de 
Hesse, bei Arckenholtz I, p. 218. „Pouvez- vous ignorer combien 
ceux qui changent. sont hais de ceux dos .seritimens -desquels 
ils s’eloignent, ei ne saurez-vous pas- par tant d’illustres exem- 
ples. qu’ils sont meprises de ceux auprös desquels ils se 
rängent?“* oo Zu 


| 


Ä 
| 


Kaͤnigin Chriffine von Schweden. } 


derholte Ernennungen in. dem Reichsrathe, den fie won 
28 Mitgliedern auf 39 brachte, . eine Partei zu machen 
fuchte: das Anfehen der Oxenſtierna, das eine Zeit lang 
verbunfelt. war, erhob ſich durch Verwandtſchaften, Gewohn⸗ 
heit und ein. in- dieſer Familie gleichfem erbliches Talent 
aufs: neue: in mehreren wichtigen Fragen, z. B. der Aus: 
emanderfeßung mit Brandenburg, bitch die. Koͤnigin in her 
Minsrität. Auch Graf Magnus be la Gardie verlor ihre 
Stade. Das Geld fürg wirklich an zu mangels und reichte 


oft nicht zu den täglichen. Bebürfitiffen bed Haushaltes '). 


War es wicht im der That Befler, wenn fie fich eine jährs 
liche Rente ausbedang, und damit ohne. fo viel Widerrede 
zelotiſcher Prediger, Die. in’ ihrem Thun und reiben nur 
eine abentheuerliche Curioſitaͤt, einen : Abfall von ber Mer 
ligion und den Sitten des Landes fahen, nach ihres, Her: 
zens Gebiften in dem Ausland Ichte? Schem waren ihr 
bie. Geſchaͤfte zuwider, und ſie fühlte ſich unglüsflidy, wenn 
ſich ihr die: Secretaͤre näherten, Schon ging. fie. nur noch 
gern mit dem ſpaniſchen Grſandten Don. Antonio Pimentel 
um, :der: an .alen Ihren Gefelfkhaften und Vergnuͤgungen 
Theil nahm, den Verſammlungen : jenes Amarantenordens, 
den fie fliftete, deffen Mitglieder fich zu einer Art von Coͤ⸗ 
libat ‚verpflichten mußten. ' Dan Antonio wußte um ihre ka⸗ 
tholiſche Abſicht: er ſetzte ſeinen Herrn davon in Kenntniß, 
der die Fuͤrſtin sin ſeinen Staaten. außzunehmen, ihren Ile: 
bertritt bei dem Papſte zu bevorworten verſprach 2), In 


I) Mofiri, onde si rede 1a regina, di Suezia aver presa la 
risolutione di, zinonciare la corona, bei Arckenholtz in, App, n® 
47, wahrfeheinlich von Raym. Montecuculi. 

2) Pallavicini Vita Alexandri vH Aulae ‚Hispanicae ad- 


96 Buch VOL Die Paͤpſte um d. Mitte 8.17. Jahr h. 


Italien hatten ſchon jene Jeſuiten, die indeß zuruͤckgegangen, 
einige Vorbereitungen getroffen. 

Dieß Mal war ſie durch keine Vorſte llungen abzu⸗ 
bringen. Ihr Brief an den franzoͤſiſchen Geſandten Cha⸗ 
nut beweiſt, wie wenig fie auf Beifall rechnete. Aber fie 
verfichert, daß fie das nicht Eümmere. Sie werde glück 
lich feyn, ſtark in fih, ohne Zurcht vor Gott und Men: 
fchen, und von dem Hafen aus die Pein Derjenigen an- 
fehen, die von den Stürmen des Lebens umhergeſchleudert 
würden. Ihre einzige Sorge war nur, fich ihre Rente auf 
eine Weife ficher zu fiellen, daß fie ihr nicht wieder ent: 
riffen werben fonne. | 

Am 24. uni 1654 ward die Eeremonie der Abban⸗ 
kung vollzogen. So manchen Anſtoß die Regierung der | 
Königin gegeben hatte, fo waren doch Vornehme und Ge; 
ringe von biefer Losſagung des legten Sproffen der Waſa 
von ihrem Lande ergriffen. Der alte Graf Brahe weigerte 
fih ihr die Krone wieder abzunehmen, Die er ihr vor drei 
Jahren aufgefegt hatte: er hielt das Band zwiſchen Fürft 
und Unterthan für unauflöglich, dieſe Handlung für un: 
rechtmäßig '). Die Königin mußte fich die Krone felbft 

vom 


ministri, cum primum rem proposuit Malines (ber dahin gefchickt 
wurbe) omnino voluissent ab regina regnum retineri, ob emolu- 
menta quae fum in religionem tum in regem catholicum redun- 
dassent, sed cognito id fieri non posse nisi laesa religione, pla- 
cuit regi patronum esse facti tam generosi. 

1) „Es flritte wider Gott, das gemeine Wölferrecht, und den 
Eid, mit dem fie dem Reiche Schweden und ihren Unterthanen vers 
bunden wäre, — es fey Fein ehrlicher Mann, der Ihrer Mai. einen 
folchen Rath gebe.” Leben des Grafen Peter Brahe in Schldzers 
Schwediſcher Biographie II, p. 409. 


— 


Koͤnigin Chriſtine von Schweden. | 97 


vom Haupte nehmen: erft aus ihrer Hand nahm er fie an. 
Der Reicheinfignien entfleibet, in einfachem weißem Kleid, 
1 empfing hierauf die Königin die Abfchiebehuldigung ihrer 
1 Stände. Nach den übrigen erfchien auch ber Sprecher des 
Bauernftandes. Er Eniete vor der Königin nieder, ſchuͤt⸗ 
telte ihr die Hand, kuͤßte fie wiederholt: bie Thränen bra⸗ 
: chen ihm hervor: er wifchte fie fich mit feinem Tuche ab: 
ohne ein Wort gefagt zu haben kehrte er ihr den Rücken 
und ging an feinen Plag '). 

Ihr fand indeß all ihr Sinnen und Trachten nach 
der Fremde; Eeinen Augenblick wollte fie Iänger in einem 
Lande verweilen, wo fie die oberfie Gewalt an einen an- 
dern abgetreten hatte. Schon hatte fie ihre Koftbarfeiten 
vorausgefchickt: indem man die Flotte ausrüftete, die fie 
nach Wismar bringen follte, ergriff fie den erſten guͤnſti⸗ 
gen Augenblick fich verkleidet mit wenigen Vertrauten von 
der laͤſtigen Aufficht zu befreien Die ihre bisherigen Unter 
thanen über fie ausübten, und fic) nach Hamburg zu bes 
- geben. 

Und nun begann fie ihren Zug durch Europa. 

Bereits in Brüffel trat fie indgeheim, hierauf in Ins⸗ 
bruck öffentlicd zum Katholicismus über: von dem Segen 
des Papſtes eingeladen, eilte fie nach Stalien: Krone und 
Zepter brachte fie der Jungfrau Maria in Loreto dar. 
Die venezianifchen Gefandten erftaunten, welche Vorbereituns 
gen man in allen Städten des Kirchenſtaates traf um fie 
prächtig zu empfangen; Papft Alexander, deffen Ehrgeiz eg 
befriedigte, daß eine fo glänzende Bekehrung in fein Pon- 

1) Erzählung von Whitelok. 
Päpfie ** 7 


98 Buch VII. Die Päpfteum d. Mitte d. 17. Jahrh. 


tificat gefallen, erfchöpfte bie apoſtoliſche Caſſe, um bieß 
Ereigniß feierlich zn begehn; nicht twie eine Büßende, fon- 
dern triumphirend zog fie in Nom ein '). In den er- 
fien Jahren finden wir fle-noch oft auf Reifen: wir bes " 
gegnen ihr in Deutfchland, ein paar Mal in Frankreich, 
ſelbſt in Schweden: politifchen Beftrebungen blieb ſie nicht 
immer fo fern, wie fie wohl anfangs beabfichtigt hatte; 
fie unterhanbelte einmal alled Ernſtes, und nicht ohne eine 
getoiffe Ausficht, die Krone von Polen an fich zu bringen, 
wobei fie wenigfiens hätte Fatholifch bleiben koͤnnen; ein 
ander Mal zog fie fich den Verdacht zu, Neapel in fran- 
söfifchem Intereſſe angreifen zu wollen: bie. Nothwendigkeit 
für ihre Penſion zu forgen, mit deren Bezahlung es gar oft 
mißlich ftand, ließ ihr felten vollfommene Ruhe. Daß fie 
feine Krone trug und doch die volle Autonomie eined ge- 
frönten Hauptes in Anfpruch nahm, zumal in dem Sinne 
wie fie das verftand, hatte ein paar Mal fehr bedenfliche 
Solgen. Wer fönnte die graufame Sentenz entfchuldigen, 
die fie in Sontainebleau in ihrer eigenen Sache über ein 
Mitglied ihres Haushalted Monaldeschi ausſprach und von 
deffen Ankläger und perfönlichem Feinde vollſtrecken ließ? 


1) Relatione de’ IV ambasciatori: Il sospetto che prese 
papa Innocentio che il ricevimento dovesse cosiarli caro ritardò 
il suo arrivo in Roma: e contento quel buon pontefice del ri- 
sparmio del dauaro lasciòo la gloria intiera al suo successore 
d’accomplire a questa memoranda funtione. Intorno a ciò ri- 
trovammo al nostro giongere in Roma occupate le maggiori 
applicationi della corte, et al ritorno ci si fece vedere tutto lo 
stato della chiesa involto in facende et a gara l’una cittä dell’al- 
tra chi sapeva fare maggiore ostentatione di pomposi accogli- 
menti. 





Königin Chriſtine von Schweden. 9 


Sie gab ihm nur eine Stunde Zeit, um fih sum Tobe 
vorzubereiten ). Die Zreulofigkeit, bie ber Ungluͤckliche 
gegen fie begangen haben follte, fah fie an ale Hochver⸗ 
rath: ihn vor ein Gericht zu fiellen, welches es auch im; 
mer fenn mochte, fand fie unter ihrer Würde. „Niemand 
über fich zu erkennen,’ ruft fie aus, „ift mehr werth als 
die ganze Erde zu beherrſchen.“ — Sie verachtete felbft 
bie Öffentliche Meinung. Nach jener Hinrichtung, die vor 
allem in Rom, wo ber Hader ihrer Hausgenoſſenſchaft 
dem Publicum beffer bekannt war als ihr felbft, allgemeis 
nen Abſcheu erregt hatte, eilte fie dahin zuruͤck. Wo 
hätte fie auch fonft leben können als in Rom? Mit jeder 
weltlichen Gewalt, die einen ihren Anfprüchen gleichartigen 
Charafter gehabt hätte, würde fie in unaufhörliche Compes 
tengen gerathen feyn. Sogar mit den Päpften, mit eben bem 
Alegander VII. deffen Namen fie bei dem Uebertritte dem 
ihrigen hinzugefügt, gerieth fie oft in bittere Zwiſtigkeiten. 

Allmaͤhlig aber ward ihr Weſen milder, ihr Zuſtand 
ruhiger, fie gewann es über fich einige Nückficht zu nehmen, 
und fand ſich in die Nothivendigfeiten ihres Aufenthals 
tes, wo ja ohnehin Die geiftliche Herrfchaft ariftofrati- 
fchen Berechtigungen und perfönlicher Unabhängigkeit ei⸗ 
nen weiten Spielraum geftattete. Sie nahm immer mehr 
Theil an dem Slanze, den Beichäftigungen, dem Leben der 
Eurie, wohnte fich ein, und gehörte allmählig recht eigent⸗ 
lich mit zu der Geſammtheit jener Geſellſchaft. Die Samm- 
Iungen die fie aus Schweden mitgebracht, vermehrte fie 
nun mit fo viel Aufwand, Sinn und Gluͤck, daß fie bie 

1) Pallavicini: im Anbang. 

7 * 


100 Buch VIII Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


einheimifchen Familien übertraf, und dieß Weſen aus dem 
Gebiete der Euriofität zu einer höhern Bedeutung für Ge⸗ 
fehrfamfeit und Kunſt erhob. Männer wie Spanheim und 
Havercamp haben ed der Mühe mwerth gefunden ihre Muͤn⸗ 
sen und Medaillen zu erläutern; ihren gefchnittenen Steinen 
widmete Sante Bartolo feine Eunftgeubte Hand. Die Correg- 
giog ihrer Semählbefammlung find immer der befte Schmuck 
der Bildergallerien geweſen, in welche der Wechfel der Zeiten 
fie geführt hat. Die Handfchriften ihrer Bibliochef haben 
nicht wenig dazu beigetragen, den Ruhm der Baticana, ber 
fie fpäter einverleibe worden find, zu erhalten. Ermwerbungen 
und Befigthümer diefer Art erfüllen dag tägliche Leben mic 
harmlofem Genuß. Auch an wiffenfchaftlichen Beftrebun- 
gen nahm fie lebendigen Antheil. E8 gereicht ihr fehr zur 
Ehre daß fie fich des armen verjagten Borelli, der in hohen 
Fahren wieder genoͤthigt war Unterricht zu geben, nach Kraͤf⸗ 
ten annahm, und fein ruhmmürdiges, noch immer unuͤber⸗ 
troffened Werk über die Mechanik der Thierbewegungen, 
das auch für die Entwicfelung der Phyſiologie fo große 
Bedeutung gehabt hat, auf ihre Koſten drucken ließ. Ja wir 
dürfen, denk ich, behaupten daß auch fie felbft, wie fie fich 
weiter ausbildete, ihr gereifter Geift einen nachtwirfenden und 
unvergänglichen Einfluß ausgeübt hat; namentlich auf die 
italieniſche Literatur. Es iſt befannt, welchen Verirrun⸗ 
gen in das Ueberladene, Geſuchte, Bedeutungsloſe ſich ita⸗ 
lieniſche Dichtkunſt und Beredſamkeit damals hingab. Koͤ⸗ 
nigin Chriſtine war zu gut gebildet, zu geiſtreich, als 
daß ſie von dieſer Mode haͤtte beſtrickt werden ſollen: ihr 
war dieſelbe ein Graͤuel. Im Jahre 1680 ſtiftete fie eine 


Königin Ehriftine von Schweden. 101 


Akademie für politifche und literarifche Uebungen in ihrem 
Haufe, unter. deren Statuten das vornehmfte ift, daß man 
fich der ſchwuͤlſtigen, mit Metaphern überhäuften mober: 
nen Manier enthalten, und nur der gefunden Vernunft und 
den Muftern des augufteifchen und mediceifchen Zeitalters 
folgen wolle !). Es macht einen fonderbaren Eindruck, 
wenn man in der Bibliothek Albani zu Rom auf die Ar- 
beiten diefer Akademie ftößt, Webungen italienifcher Abbe: 
ten, vwerbefiert von der Hand einer nordifchen Königin; jes 
Doch iſt dag nicht ohne Bedeutung. Aus ihrer Akademie 
gingen Männer hervor tie Aleffandro Guidi, der früher 
auch dem gewohnten Style gefolgt war, feit er aber in 
die Nähe der Königin gekommen, fich entfchloffen von ihm 
losſagte, und mit einigen Sreunden in Bund trat um ihn 
wo moͤglich ganz zu vertilgen: die Arcadia, eine Akademie 
der man das Verdienſt zuſchreibt dieß vollbracht zu haben, 
hat ſich aus der Geſellſchaft der Koͤnigin Chriſtine entwik⸗ 
kelt. Ueberhaupt, das iſt nicht zu leugnen, daß die Koͤ⸗ 
nigin in der Mitte ſo vieler auf ſie eindringenden Ein⸗ 


1) Constituzioni dell’ accademia reale, bei Arckenholtz IV, p. 
28; 6 28. Im quest’ accademia si studj la puritä, la gravità e 
la maestä della lingua Toscana: s’imitino per quanto si può i 
maestri della vera eloquenza de’ secoli d’Augusto e diLeoneX, 
— — e però si dia bando allo stile moderno turgido ed am- 
pollosa, ai traslati, metafore, figure etc. Ein anderer Paragraph 
(11) verbietet alle Lobeserhebungen der Königin, was denn aud 
fehr nothwendig war. Sn dem vierten Bande von Nicoletti’s Le⸗ 
ben Urbans VII. findet ſich eine Schilderung diefer Afademie, in 
der hauptfächlich dargethan wird, daß die vornehmften Mitglieder, 


"Angelo della Noce, Giufeppe Suarez, Joh. Franz Albani (fpäterhin 


Papſt), Stephan Gradi, Dttavio Falconieri, Stephan Pignatelli, 
Hausgenoffen des Card. Franz Barbering geweſen feyen. 


102 Buch VII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


drücke eine edle Selbftändigkfeit bes Geiſtes bewahrte. Der 
Anforderung, die man fonft an Eonvertiten macht, oder bie 
fie ſich von freien Stücken auflegen, einer in die Augen fals 
Ienden Srömmigfeit war fie nicht gemeint -fich zu bequemen. 
So katholiſch fie ift, fo oft fie auch ihre Ueberzeugung 
von der Infallibilitaͤt des Papftes wiederholt, von der Noth: 
mwendigfeit alles zu glauben was er und die Kirche gebiete, 
fo bat fie doch einen wahren Haß gegen die Bigotten, 
und verabfcheut die Direction der Beichtoäter, die damals 
dag gefammte Leben beherrſchte. Sie ließ fich nicht neh⸗ 
men, Carneval, Concert, Comödie, und was bag römifche 
Leben ihr fonft barbieten mochte, vor allem die innere Be⸗ 
wegung einer geiftreichen und lebendigen Gefellfchaft zu ges 
nießen. Sie liebt, wie fie bekennt, die Satyre: Pasquino 
macht ihr Vergnügen. In die Intriguen des Hofes, die 
Entzweiungen der papalen Häufer, die Sactionen der Cardi⸗ 
näle unter einander iſt fie immer auch mit verwickelt. Sie 
halt fi) an die fquabroniftifche Faction, deren Haupt ihr 
Freund Azzolini ift, ein Mann den auch Andere für dag 
geiftreichfte Mitglied der Eurie halten, den fie aber gera- 
dezu für einen göftlichen, unvergleichlichen, daͤmoniſchen 
Menfchen erklärt, ben einzigen den fie dem alten Reiche; 
kanzler Axel Oxenſtierna überlegen glaubt. Sie wollte ihm 
in ihren Memoiren ein Denkmal fegen. Unglücklicher 
Weiſe ift nur ein Fleiner Theil derfelben befannt gewor⸗ 
den, der aber einen Ernſt, eine Wahrhaftigkeit in dem 
Umgange mit fich felbft, einen freien und feften Geift ent 
halt, vor dem die Afterrede verſtummt. Eine nicht mins 
ber merkwürdige Production find die Sinnfprüche und ger: 


. DD 


Königin Chriſtine von Schweden. 103 


fireuten Gedanken, bie wir als eine Arbeit ihrer Neben: 
ſtunden befigen '). Bei fo viel feinen Bemerkungen, fo vie 
fer Einficht in das Getriebe menfchlicher Leibenfchaften, fo 
vielem Sinn für die Welt, doch eine entfchiedene Richtung 
auf das Wefentliche, Iebendige Ueberzeugung von der Selbft« 
beftimmung und dem Adel des Geifted, gerechte Würdigung 
der menfchlichen Dinge, welche weder zu gering, noch auch 
zu hoch angefchlagen werden, eine Sefinnung bie nur Gott 
und fich felbft genug zu thun ſucht. Die große Bervegung 
des Geiftes, die fich gegen das Ende des fiebzehnten Jahr⸗ 
hunderts in allen Zweigen der menfchlichen Thaͤtigkeit ent 
wickelte und eine neue era eröffnete, vollzog fich auch in 
diefer Fuͤrſtin. Dazu war ihr der Aufenthalt in einem 
Mittelpunkte der europäifchen Bildung und die Muße des 
Privatlebens wenn nicht unbedingt nothivendig, doch ges 
wiß fehr förderlich. Leidenfchaftlich liebte fie diefe Umge⸗ 
bung: fie glaubte nicht leben zu koͤnnen wenn fie die Luft 
von Rom nicht athme. 


Verwaltung ded Staates und der Kirche. 


Es gab fehmerlich noch einen andern Ort in der dama⸗ 
ligen Welt, wo fich fo viel Eultur der Geſellſchaft, fo man- 
nigfaltiges Beftreben in Literatur und Kunft, fo viel hei: 
teres geiſtvolles Vergnügen, überhaupt ein Leben fo erfüllt 


1) Wir haben fie in zwei von einander etwas abweichenden 
Redactionen: Ouvrage de loisir de Christine reine de Suede im 
Anhange des zweiten und Sentimens et dits memorables de Chri- 
stine im Anhange des vierten Bandes von Arckenholtz. 


“ 


104 Buch VII. Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


mit Theilnahme abgewinnenden, befchäftigenben Intereſſen 
gefunden hätte, wie am Hofe zu Rom. Die Gewalt fühlte 
man wenig: bie herrfchenden Gefchlechter theilten im Grunde 
Glanz und Macht; auch die geiftlichen Anforderungen konn⸗ 
ten nicht mehr in aller ihrer Strenge Durchgefegt werden: 
fie fanden fchon in der Geſinnung der Welt einen merkli⸗ 
chen Widerfiand. Man möchte fagen: die im Laufe ber 
Zeiten emporgefommenen geiftigen Antriebe und Perſoͤn⸗ 
lichkeiten bewegten ſich in fehwelgerifchem Gleichgewicht. 

Eine andere Frage war aber, wie man von bier aus 
Kirche und Staat regieren werde. . 

Denn ohne Zweifel hatte der Hof oder vielmehr die 
Brälatur, welche eigentlich erft die volgültigen Mitglieder 
der Eurie umfaßte, dieſe Verwaltung in ihren Händen. 

Schon unter Alexander VI. hatte fich das Inſtitut 
ber Prälatur in feinen modernen Formen ausgebildet. Um 
Neferendario di Segnatura zu werden, wovon alles abhing, 
mußte man Doctor Juris feyn, 3 Jahre bei einem Advo⸗ 
caten gearbeitet, ein beftimmteg Alter erreicht haben, ein be: 
ſtimmtes Vermögen befigen,. und übrigens Feinen Tadel dar; 
bieten. Das Alter war früher auf 25 Jahre, das Vermögen 
auf ein Einfommen von 1000 Sc. feftgefeßt; Alexander traf 
die ziemlich ariftofratifche Abänderung, daß nur 21 Jahre 
erforderlich feyn, aber dagegen 1500. Scubi fefte Einkünfte 
nachgemiefen werden follten. Wer biefen- Anforderungen 
genügte, warb von dem Prefetto di Segnatura eingefleider, 
und mit dem Vortrag über zwei Streitfachen vor verfams 
melter Segnatura beauftragt ). So ergriff er Beſitz: fo 


1) Discorso del dominio temporale e spirituale del 8. Pon- 
tefice Romano 1664. MS, 


Verwaltung des Staates und der Kirche. 105 


ward er zu allen andern Aemtern befähigt. Don dem Gos 
verno einer Stadt, einer Landfchaft flieg man zu einer Nun: 
tiatur, einer DBicelegation auf; oder man gelangte zu einer 
Stelle in der Rota, in den Congregationen: dann folgten 
Eardinalat, Legation. Geiftliche und weltliche Gewalt ma; 
ren felbft in der Verwaltung in den höchfien Stellen vers 
einigt. Wenn ber Legat in einer Stadt erfcheint, hören eis 
nige geiftliche Ehrenvorrechte des Biſchofs auf: der Legat 
gibt dem Volke den Segen wie der Papſt. Unaufhörlich 
wechfeln die Mitglieder der Eurie iwiſchen geiſtlichen und 
weltlichen Aemtern. 

Bleiben wir nun zuerſt bei ber weltlichen Seite, der 
Staatsverwaltung flehn. 

Alles hing von den Bedürfniffen ab, von den Anfor: 
derungen, die man an die Unterthanen machte, von ber 
Lage der Finanzen. 

Mir fahen, welch einen verberblichen Schwung dag 
Schuldentwefen unter Urban VIIL beſonders durch den 
Krieg von Eafiro befam: aber noch einmal waren doch die 
Anleihen durchgefegt worden, die Luoghi di Monte ftan- 
den hoch im Preife: ohne Ruͤckſicht noch Einhalt fuhren 
die Paͤpſte auf dem betretenen Wege fort. 

Innocenz X. fand 1644 1821033, und hinterließ 
1655 die Zahl von 264129, Euoghi di Monte, fo daf 
das Capital, welches hieburch bezeichnet wird, von 18 auf 
mehr als 26 Millionen gefliegen war. Obwohl er mit 
biefer Summe auch anderweite Schulden besahlt, Eapitalien 
abgelöft hatte, fo lag doch immer ein flarfer Anwachs ber 
Geſammtmaſſe darin, die man bei feinem Ableben auf 48 
Millionen Scudi berechnete. Er hatte das Glück gehabt, 


106 Buch VIIL Die Päpfte um db. Mitte d. 17. Jahr. 


von ben Auflagen Urbans VIIL einen Mehrertrag zu zie⸗ 
ben, auf den er bie neuen Monti fundirte. 

indem nun Wlerander VII. die Regierung antrat, 
zeigte fich wohl, daß eine Vermehrung der Auflagen uns 
thunlich fey; ‚neue Anleihen waren nun ſchon fo zur Ge⸗ 
wohnheit geworden, daß man ihrer gar nicht mehr entbeh⸗ 
ren fonnte: Alexander entfchloß fich eine neue Huͤlfsquelle 
in einer Reduction der Zinfen zu fuchen. 

Die Bacabili, welche 104 Procent Zinfen trugen, ſtan⸗ 
den auf 150: er befchloß fie alle einzuziehen. Obwohl er 
fie nach dem Curs bezahlte, fo hatte er Doch dabei einen 
großen Vortheil, da die Kammer im Allgemeinen für 4 Pro⸗ 
cent aufnahm, und daher, wenn fie auch mit geliehenem 
Gelde zurückzahlte, doch in Zukunft fiatt 10% nur 6 Pro⸗ 
cent Zinfen zu sahlen brauchte. 

Hierauf faßte Papft Alexander die Abficht, auch alle 
Nonvacabili die über 4 Proc. trugen, auf dieſen Zinsfuß zu⸗ 
rückzubeingen '). Da er ſich aber biebei um den Curs nicht 
fümmerte, der 116 Proc. ftand, fondern fchlechtiveg nach dem 
Wortlaut feiner Verpflichtung hundert für den Luogho zu⸗ 


. 1) Pallavicini: Vita di Alessandro VII. Perciocche in nes- 
sun altro paese d’Italia la rendita del danaro aveasi tanto pin- 
gue e tanto sicura, pian piano era succeduto che quei luoghi 
del primitivo lor prezzo di 100 fussero cresciuti nella piazza al 
‚ valor di 116. Hor la camera valendosi del suo diritto, come 
avrebbe potuto qualsivoglia privato, rendeva il prezzo origina- 
rio di 100, non permettendo la vastitä della somma — er rech⸗ 
net 26 Mill. — ne persuadendo la qualitä de’ padroni, in gran 
parte ricchi e forastieri, che ad aggravio de’ poveri, alle cui 
spalle stanno tutti i publici pesi, il pontefice usasse piü la libe- 
ralitd usata da lui nell’ estintione de’ monti vacabili. 


Verwaltung des Staates. 107 


ruͤckzahlte und nicht mehr, fo machte er einen neuen fehr 
bedeutenden Bortheil. Alle diefe Zinfen beruhten, wie wir 
faben, auf Auflagen, und e8 mag vielleicht anfangs bie Ab» 
ſicht geweſen feyn bie drückendften zu erlaffen; aber ba man 
bei der alten Wirthſchaft behartte, fo war das nicht Durchs 
zuſetzen: auf einen Nachlaß an dem Saljpreife erfolgte ſehr 
bald eine Erhöhung der Mahlfteuer: jener ganze Gewinn 
ward von ber Staatsverwaltung ober dem Nepotismus 
verfchlungen. Rechnet man die Erfparniffe der Reductionen - 
sufammen, fo müffen fie ungefähr 140000 Scudi getragen 
haben, deren neue Verwendung als Zins eine Vermehrung 
der Schuld ungefähr um 3 Millionen involviren würde. 
Auch Clemens IX. wußte bie Staatsverwaltung nur 
mit neuen Anleihen zu führen. Aber fchon fah er fich fo 
weit gebracht, daß er den Ertrag der Dataria, ber bieher 
immer gefehont worden, auf ben der tägliche Unterhalt des 
päpftlichen Hofes gegründet war, doch endlic auch ans 
griff. Er hat 13200 neue Luoghi di Monte darauf ges 
gründet. Im Sahre 1670 Eonnten fich die päpftlichen 
Schulden auf ungefähr 52 Millionen Scudi belaufen. 

Daraus folgte nun einmal, daß man die Laften, die 
fih in einem unproductiven, an dem Welthandel Eeinen 
Antheil nehmenden Lande fchon fehr drückend ertwiefen, auch 
bei dem beften Willen nicht anders als unmerflich und 
vorübergehend vermindern Fonnte. 

Eine andere Klage war, daß die Monti auch an 
Fremde gelangten, denen dann bie Zinfen zu Gute kamen, 
ohne daß fie zu den Abgaben beigetragen hätten. Man be 
rechnete, baß jährlich 600000 Sc. nach Genua gefchiekt 





108 Buch VII. Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


würden; das Land wurde hieburch zum Schuldner einer 
fremden Landsmannfchaft, was feiner freien Entwickelung 
unmöglich förderlich feyn Eonnte. 

nd noch eine tiefer eingreifende Wirkung knuͤpfte ſich 
hieran. 

Wie hätte e8 anders feyn können, als daß die Inha⸗ 
ber der Renten, die Geldbefiger auch einen großen Einfluß 
auf den Staat und feine Verwaltung erlangen mußten? 

Die großen Handelshäufer befamen einen unmittelbas 
ren Antheil an den Staatögefchäften. Dem Teforiere war 
immer ein Handelshaus beigegeben, bei dem die Gelder in 
Empfang genommen und ausgezahlt wurden; Die Caffen des 
Staates waren eigentlich immer in den Händen der Kaufe - 
leute. Aber fie waren auch die Pächter der Einkünfte, 
Schatmeifter in den Provinzen. Go viele Aemter waren 
kaͤuflich: fie befaßen die Mittel fie an fich zu bringen. 
Schon ohnehin gehörte ein nicht unbebeutendes Vermögen 
dazu, um an der Curie fortzufommen. Sin den wichtigften 
Stellen der Verwaltung finden wir um dag Jahr 1665 
Slorentiner und Genueſen. Der Geift des Hofes nahm eine 
fo mercantile Richtung, daß allmählig die Beförderungen bei 
weitem weniger von Berdienft als von Geld abhingen. „Ein 
Kaufmann mit feiner Börfe in der Hand, ruft Grimani 
aus, „Hat am Ende alle Mal den Vorzug. Der Hof 
erfuͤllt fich mit Miethlingen, die nur nach Gewinn trach—⸗ 
ten, die fich nur als Handelsleute fühlen, nicht als Staats⸗ 
männer, und lauter niedrige Gedanken hegen.’' *) 


1) Antonio Grimani. Per la vendita della maggior partie 
degli officii pi considerabili si viene a riempire la corte d’uomini 





Verwaltung bes Staates. 109 


Das war nun um fo wichtiger, da es in dem Lanbe 
feine Selbftändigfeit mehr gab. Nur Bologna entwickelte 
zumeilen einen nachhaltigen Wiberftand, fo daß man in 
Rom fogar einmal daran dachte, dorf eine Citabelle zu ers 
richten. Wohl widerfegten fi) Bann und warn auch an⸗ 
dere Communitäten: . die Einwohner von Sermo wollten 
einft nicht dulden, daß Getreide, deſſen fie felbft zu bebürs 
fen glaubten, aus ihrem Gebiete weggeführt würde "): in 
Perugia weigerte man ſich, rückftändige Auflagen nachyus 
sahlen; aber die Generalcommiffarien bed Hofes unterdruͤck⸗ 
ten diefe Bewegungen leicht, und führten dann eine um fo 
firengere Unterordnung ein: allmählig wurde auch bie Ber: 
waltung der Communalgüter dem Ermeflen des Hofes un: 
terworfen. 

Ein merkwuͤrdiges Beiſpiel von dem Gange dieſer Ver⸗ 
waltung gibt uns das Inſtitut der Annona. 

Wie es im 16. Jahrhundert uͤberhaupt ein allgemei⸗ 
ner Grundſatz war die Ausfuhr der unentbehrlichen Le⸗ 
bensbeduͤrfniſſe zu erſchweren, ſo trafen auch die Paͤpſte 
dahin zielende Einrichtungen, vorzüglich um der Then: 
rung des Brotes vorzubeugen. Doc) hatte der Prefetto 


merceharj e mercanti, restanti indietro quelli che potrebbero pos- 
seder tali officii per merito e per virtü, male veramente notabile 
ehe smacca il credito concepito della grandezza della corte Ro- 
mana, non avendo detti mercenarj d’officii involto l’animo che 
in cose mecaniche e basse e piü tosto mercantili che politiche. 

1) Memoriale presentato alla St di-N. Sre papa Innocen- 
tio dalli deputati della citt& di Fermo per il tumulto ivi seguito 
alli 6 di luglio 1648. MS. ©. Bisaccioni Historia delle guerre 
eivili p. 271, wo neben England, Frankreich, Polen, Neapel aud) 
Fermo auftritt. 


110 Buch VII. Die Päpfteum d. Mitte d. 17. Sahrb. 


bel? Annona, dem dieſer Zweig der auffehenden Gewalt 
übertragen ward, anfangs nur fehr beſchraͤnkte Befugniſſe. 
Querft Gregor XII. erweiterte fie. Ohne die Erlaubnig 
des Prefetto follte das gewonnene Getreide weder über: 
haupt aus dem Lande, noch auch nur von einem Bezirke 
in ben andern ausgeführt werden. Nur in dem Falle aber 
ward die Erlaubniß ertheilt, daß das Getreide am Iſten 
Merz unter einem gewiffen Preife zu haben war. Cle⸗ 
mens VII. beſtimmte diefen Preis auf 6, Paul V. auf 
54 Scubi für den Rubbio. Es war ein befonderer Tarif 
für das Brot nach den verfchiedenen Kornpreifen fefige- 
ſetzt '). 

Nun fand fich aber daß das Bebürfnif von Nom von 
Fahr zu Sahr anwuchs. Die Einwohnerzahl nahm zu: 
der Anbau der Campagna gerieth in Verfall. Der Verfall 
der Campagna wird befonders in die erfte Hälfte des ſieb⸗ 
zehnten Jahrhunderts zu feßen feyn. Irre ich nicht, fo 
wird man ihn aus zwei Urſachen herzuleiten haben: einmal 
jener Veräußerung ber Eleineren Beſitzthuͤmer an die gro- 
Een Familien: denn diefes Land fordert die forgfältigfte 
Bearbeitung, die ihm nur der Eleinere Eigenthuͤmer zuzu⸗ 
wenden pflegt, der mit feinem ganzen Einkommen darauf 
verwiefen iſt; und ſodann der sunehmenden Verfchlechterung 
der Luft. Gregor XII. hatte den Getreidebau ausdehnen, 
Sixtus V. die Schlupfwinkel der Banditen zu vernichten 


1) In den Werfe Nicola Maria Nicolaj’d Memorie, leggi et 
osservationi sulle campagne e sull’annone di Roma 1803 findet 
ſich B. U. die lange Reihe päpftlicher Verordnungen über diefe Ge⸗ 
genftände. . 


Verwaltung des Staates. 111 


gefucht, und fo hatte jener bie tieferen Gegenden nach dem 
Meere hin ihrer Baume und Gebüfche, diefer bie Anhöhen 
ihrer Waldungen beraubt '). Weber das Eine noch bag 
Andere kann von Nutzen geweſen ſeyn: die Aria cattiva 
dehnte fi) aus, und trug dazu bei die Campagna zu ver: 
öden. Bon Jahr zu Fahr nahm ihr Ertrag ab. 

Diefes Mißverhältnif nun zwifchen Ertrag und Be 
bürfniß veranlaßte Papft Urban VIII. die Aufficht zu ſchaͤr⸗ 
fen, die Rechte des Prefetto auszudehnen. Durch eine fei- 
ner erften Conftitutionen hob er alle Ausfuhr von Getreide 
oder Vieh oder Del fomohl aus dem Staate überhaupt 
ale aus einem Gebiete in das andere fchlechthin auf, und 
bevollmächtigte den Prefetto dem Ertrage einer jeden Ernte 
gemäß den Preis des Getreides auf Campofiore zu beftim- 
men, und den Bädern das Gewicht des Brotes nad 
Maaßgabe defielben vorzufchreiben. 

Hiedurch ward ber Prefetto allmächtig, und er ver- 
faumte nicht, bie ihm zugeſtandene Befugniß zu feinem 
und feiner Freunde Vortheil anzumenden. Er befam gera- 
dezu dag Monopol mit Korn, Del, Fleiſch, mit allen ers 
ſten Lebensbedürfniffen in die Hände. Daß die MWohlfeil; 
heit derfelben fehr befördert worden wäre, Fann man nicht 
finden: den Begünftigten ward felbft die Ausfuhr zugeftan; 
den, und man fühlte hauptfächlich nur den Druck der bei 
Auffauf und Verkauf Statt fand. Auf der Stelle wollte 
man bemerken, daß der Ackerbau noch mehr abnehme ?). 


1) Relatione dello stato di Roma presente, oder Almaden. 
©. den Anhang. - 
2) Pietro .Contarini 1627: Il pontefice avendo levato le 


112 Buch VIIL Die Päpfte um d. Mitte 6.17. Jahrh. 


Ueberhaupt beginnen nun bie Klagen über den allge 
meinen Verfall bes Kirchenflaates, bie ſeitdem nie wieder 
aufgehört. „Auf unfter Reife hin und her’', fagen Die vene- 
sianifchen Sefandten von 1621, bei denen ich fie zuerſt finde, 
haben wir große Armuth unter den Bauern und in Dem 
gemeinen Bolfe, und geringen Wohlſtand um nicht zu fas 
gen große Belchränfung in allen übrigen wahrgenommen; 
eine Frucht der Negierungsart und befonders des geringfü- 
gigen Verkehrs. Bologna und Ferrara haben in Palläften 
und Adel einen gewiffen Glanz; Ancona ift nicht - ohne 
Handel mit Ragufa und der Türfei; alle andern Städte 
aber find tief gefunfen. Um das Jahr 1650 bildete fich 
die Meinung ganz allgemein aus, daß eine geiftliche Re⸗ 
gierung verderblich fey '). Schon fangen auch die Einwoh⸗ 
ner an fich Bitter zu beflagen. „Die Auflagen der Barbe- 
rini’, ruft eine gleichzeitige Lebengbefchreibung aus, „haben 
das Land, die Habfucht der Donna Dlimpia hat den Hof 
erfchöpft, von der Tugend Alerander8 VIL erwartete man 
eine Verbefferung: aber ganz Siena bat fich nach. dem Kir; 

| Ein 


tratte concesse a diversi da suoi precessori — — hora venden- 
dole ne cava bona somma di danaro: non vole i prezzi troppo 
vili ne grano forestiero: l’arte del campo viene ad abbandonarsi 
per il poco o niun guadagno che ne traggono. 

1) Diario Deone tom. IV. 1649 21 Ag. E dovere di favo- 
rir la chiesa: però veggiamo che tutto quello che passa a lei, è 
in pregiudicio del publico, come che le terre sue subito sono 
dishabitate e le possessioni mal coltivate, si vede in Ferrara, 
in Urbino, in Nepe, in Nettuno et in tutte le piazze che sono 
passate nel dominio della chiesa. 


Verwaltung des Staates. 113 


chenſtaate ergoffen, um ihn vollends auszuſaugen.“ :) Und 
indeß ließen die Forderungen doch niemals nach. 

Ein Eardinal verglich diefe Verwaltung einft mit eis 
nem Pferde, das im Lauf ermübet aufs neue angetrieben 
werde, und ſich aufs neue in Lauf fee, bis es erfchöpft 
ſey und hinſtuͤrze. Diefer Moment einer völligen Erſchoͤ⸗ 
pfung fehien jegt gekommen. 

Es hatte fich der fchlechtefte Seift, der eine Beam: 
tenfchaft ergreifen kann, gebildet: ein Jeder fah bag Ges 
meinweſen hauptfächlich als einen Gegenfiand feines per: 
fönlichen Vortheils, oft nur feiner Habfucht an. 

Wie riß die Beſtechlichkeit auf eine fo furchtbare 
Weiſe ein! 

An dem Hofe Innocenz X. verfchaffte Donna Olim⸗ 
pia Aemter unter der Bebingung einer monatlichen Erkennt 
lichfeit. Und wäre fie nur die Einzige geweſen! Aber die 
Schwägerin des Datarius Eecchino, Donna Elementia, ver 
fuhr auf Ähnliche Weife. Beſonders das Weihnachtsfeft 
war die große Ernte der Geſchenke. Daß Don Camillo 
Aſtalli einfimals, obwohl er es hatte hoffen laſſen, dann 
doch mit Donna Olimpia nicht theilen wollte, regte de 
«en heftigen Ingrimm auf, und legte den Grund gu feinem 
Sturze. Zu welchen Verfälfchungen ließ fi) Mascambruno 
durch DBeftechung hinreißen! Den Decreten bie er dem 
Papſt vorlegte, fügte er faliche Summarien beis da der 
Bapft nur die Summarien las, fo unterzeichnete er Dinge 


1) Vita di Alessandro VII: Spolpaio e quasi in teschio 
ridotto dalle gabelle Barberine lo stato ecclesiastico e smunta 
la corte dall’ ingordigia di Olimpia confidavano generoso ristoro 
della bont& d’Alessandro, 


Yäpfie #* | 8 


114 Buch VII. Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


von denen er Feine Ahndung hatte, und die den roͤmiſchen 
Hof mit Schmach bedeckten). Es gibt nichts Schmerz 
licheres als wenn man lief, der Bruder Alexanders VII 
Don Mario fey unter andern dadurch reich geworden, daß 
“er die Gerechtigfeit im Borgo verwaltete. 

Denn leider war auch die NechtEpflege von biefer 
Seuche ergriffen. | 

Wir haben ein Verzeichniß der Mißbraͤuche die an 
dem Gerichtshofe der Rota eingerifien, dag dem Papſt 
Alerander von einem Manne übergeben wurde der 28 Jahr 
an demfelben gearbeitet hatte 2). Er rechnet, daB es kei⸗ 
nen Aubditor di Rota gebe der zu Weihnachten nicht an 
500 Sc. Sefchenfe erhalte. Wer an die Perfon des Audi: 
tore felbft nicht: zu Fommen vermochte, wußte doch an feine 
Verwandten, Gehülfen, Diener zu gelangen. 

Nicht minder verberblich aber wirkten die Empfehlun- 
gen des Hofes oder der Großen. Die Richter haben fich 
zuweilen bei den Parteien felbft über das ungerechte Ur: 
theil entfchuldigt, das fie ausgefprochen: fie erklärten, bie 
- Gerechtigkeit erleide Gewalt. 

Was Fonnte dieß nun für eine Nechtöpflege geben. 
Vier Monat hatte man Serien: auch in den übrigen war 
Das Leben gerfireuend, aufreibend: die Urtel verzogen fich 


1) Pallavicini ſucht e8 damit zu entfchuldigen, weil die Verfü- 
gungen der Dataria gefchrieben worben „di carattere francese, 
come € restato in uso della dataria dapoi che la sedia fu in 
Avignone‘, was denn ber Papſt nicht gern las. : 

2) Disordini che occorrono nel supremo tribunale della rota 
nella corte Romana e gli ordini con i quali si potrebbe rifor-. 
mare, scrittura fatta da un avvocato da presentarsi alla Stà di, 
N. Sre Alessandro VII. MS. Rang. zu Wien no 23. 


Verwaltung des Staates. 115 


ungebührlich, und trugen zuletzt doch alle Spuren der Ueber 
eilung. Es wäre vergeblich geweſen fih auf Appellatios 
nen einzulaffen. Zwar wurde dann bie Sache andern Mits 
gliedern übergeben: aber wie hätten dieſe nicht eben fo gut 
wie die frühern jenen Einflüffen unterliegen ſollen? Gie 
nahmen fogar überbieß auf das vorhergegangene Votum 
Ruͤckſicht. 

Uebelſtaͤnde die ſich von dem hoͤchſten Gerichtshofe in 
alle andern, in die Juſtiz und Regierung der Provinzen 
ausbreiteten *). 

Auf das dringendſte ſtellt ſie Cardinal Sacchetti in 
einer uns aufbehaltenen Schrift dem Papſt Alexander vor: 
die Unterdruͤckung des Armen, dem Niemand helfe, durch 
die Maͤchtigern: die Beeintraͤchtigung der Gerechtigkeit durch 
die Verwendungen von Cardinaͤlen, Fuͤrſten und Angehoͤ⸗ 
rigen des Pallaſtes: das Verzoͤgern von Sachen, die in 
ein paar Tagen abgethan werden koͤnnten, auf Jahre und 
Jahrzehende: die Gewaltſamkeiten, die derjenige erfahre 
der ſich von einer untern Behoͤrde an eine hoͤhere wende: 
die Verpfaͤndungen und Executionen, mit denen man die 
Abgaben eintreibe: grauſame Mittel, nur dazu geeignet, 
den Zürften verhaßt und feine Diener reich zu machen: 
„geiden, heiligfter Vater,“ ruft er aus, m melche ſchlim⸗ 
mer find als die Leiden der Hebräer in Egypten! Voͤl⸗ 
ker die nicht mit dem Schwert erobert, ſondern entweder 


1) Disordini. Con le male decisioni di questo tribunale 
supremo (della rota) si corrompe la giustitia a tutti gli altri mi- 
nori, almeno dello stato ecclesiastico, vedendosi da giudici dare 
sentenze con decisioni si fatte. 


8 * 





116 Buch VIII Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


durch fürftliche Schenkungen, oder durch freitwillige Unter⸗ 
werfung an den römifchen Stuhl gekommen find, werden 
unmenfchlicher behandelt als die Sklaven in Syrien oder 
in Afrika. Wer Tann es ohne Thränen vernehmen!!! 1) 

So fand es mit dem Kirchenftaate bereits in der 
Mitte des fiebzehnten Jahrhunderts. 


Und wäre es nun wohl zu denken, daß fich die Ver⸗ 
waltung. der Kirche von Mißbräuchen diefer Art häkte 
frei halten können? 

Sie hing eben fo gut wie die Verwaltung des Staa- 
tes von dem Hofe ab: von dem Geifte beffelben empfing 
fie ihren Antrieb. 

Allerdings waren der Curie auf diefem Gebiete Schrans 
fen gezogen. In Frankreich genoß die Krone die bedeu⸗ 
tendften Vorrechte; in Deutfchland behaupteten die Capitel 
ihre Selbftändigfeit. In Italien und Spanim dagegen 
hatte fie freiere Hand: und in der That machte fie hier 
ihre Incrativen Nechte ruͤckſichtslos geltend. 

In Spanien fand dem römifchen Hofe die Ernen- 
nung su allen geringeren, in Sytalien felbft zu allen höheren 

1) Lettre da cardinal Sacchetti &crite peu avant sa mort 
au pape Alexandre VII en 1663, copie tirde des Manuscritti 
della regina di Suezia, bei Ardenkolg Memoires tom. IV, App. 
no XXX: eine fehr unterrichtende Schrift, bie durch gar viele ans 
dere beftätigt wird, 3.8. eine Scrittura sopra ilgoverno di Roma, 
aus berfelben Zeit (Bibl. Alt... I popoli, non avendo piü ar- 
gento n& rame ne biancherie nd matarazze per sodisfare alla 


indiscretione de’ commissarj, converrä che si venderanno schiavi 
per pagare i pesi camerali. 


Berwaltung der Kirche. 117 


Aemtern und Pfründen zu. Es ift kaum zu glauben, wel: 
che Summen der Dataria durch die Ausfertigung von Be⸗ 
ftallungen, die Spolien, die Einfünfte während ber Bacan- 
sen aus Spanien zuflofien. Aus dem italienifchen Ver: 
haͤltniß aber zog die Curie, als Gefammtheit. betrachtet, 
vielleicht noch größern Vortheil: die reichften Bisthuͤmer 
und Abteien, fo viele Priorate, Commenden und andere 
Pfruͤnden famen den Mitgliedern derfelben unmittelbar zu 
Gute. 

Und waͤre es nur hiebei geblieben! 

Aber an die Rechte, die ſchon etwas Bebdenkliches 
harten, Enupften fich die verderblichſten Mißbräuche. Ich 
wid nur Einen berüßren, ber freilich wohl auch ber 
fchlimmfte feyn wird. 8 führte fich ein, und Fam in der 
Mitte des fiebzehnten Jahrhunderts fo recht in Schwang, 
daß man die Pfründen, die man vergabte, zu Gunſten ir- 
gend eines Mitgliedes der Curie mit einer Penfion be: 
laſtete. | 

In Spanien war dieß ausdrücklich verboten: wie Die 
Pfruͤnden felbft nur an Eingeborne gelangen durften, fo 
fofften auch nur gu deren Gunften Penfionen Statt fin- 
den. Allein man wußte zu Rom diefe Beftimmungen zu 
umgehn. Die Penfion ward auf den Namen eines einge: 
bornen oder eines naturalifirten Spanier ausgefertigt: dieſer 
aber verpflichtete fich durch einen bürgerlichen Contract, 
jährlich eine beftimmte Summe für den eigentlich Begün- 
figten in einem roͤmiſchen Handelshaufe zahlen zu laſſen. 
In Stalien nun brauchte man nicht einmal diefe Nückficht 
zu nehmen: oft waren die Bisthuͤmer auf eine unertraͤg⸗ 


118 Buch VIIL Die Päpfteum d. Mitte d. 17. Jahrh. 


liche Weife belaſtet. Monfignor de Angelis, Biſchof von 
Urbino, Elagte im Jahre 1663, daß er aus diefem reichen 
Bisthume nicht mehr übrig behalte als 60 Sc. des Jah⸗ 
res, er habe fchon Verzicht geleiftee und der Hof wolle feine 
Entfagung nur nicht annehmen. Es fand fi) Jahre 
lang Niemand der die Sige von Ancona und Pefaro unter 
ben ſchweren Bedingungen bie man auflegte, hätte über- 
nehmen mögen. Im Jahre 1667 zählte man in Neapel 
28 Bifchöfe und Erzbifchöfe welche von ihrem Amte ent: 
bunden worden, weil fie ihre Penſionen nicht bezahlten. 
Bon den Bisthümern sing man unmittelbar zu den Pfar- 
ren fort. Auf der reichften Pfarrei fand der Inhaber oftmals 
nur noch eim dürftiges Ausfommen. Die armen Landpfar⸗ 
rer fahen zumeilen auch ihre Accidenzien belaftet '). Manche 
wurden unmuthig und verließen ihre Stellen; aber mit ber 
Zeit fanden fi) immer wieder Competenten; ja fie wettei⸗ 
ferten mit einander, der Curie größere Penfionen anzubieten. 

Was mußten das aber für Leute.feyn! Es konnte 

1) Der boshafte Bafadona fagt: Bisogna conchiudere che 
ogni beneficio capace di pensione rimanga caricato come l’asino 
di Apulejo, che non potendo piü sostenere il peso meditava di 
gettarsi in terra, quando il veder caduto il compagno e tosto de? 
vetturini scorticato hebbe per bene di sopportare l’insopporta- 
bil soma, In der Schilderung des Uebels felbft flimmen alle Zeit 
genoffen überein. Es führte fich auch wieder ein, daß man bie Kirs 
chen mit Vorbehalt eined Theiles der Einkünfte Andern abtrat. 
Deone, Diario 7 Genn. 1645, nachdem er Aber das bolognefifche 
Erzbisthum, das der Cardinal Colonna an Aldregati überließ, bes 
richtet hat, fährt fort: con questo esempio si & aperta la porta 
d’ammettere le risegne: e cosi stamane si & publicata la risegna 
della chiesa di Ravenna fatta dal card! Capponi nella persona 


di mons” Tungianni suo nipote con riserva di pensione a suo 
favore e dopo la morte sua d’una buona parte al card! Pamißilio. 


— — — 


Verwaltung der Kirche. 119 


nichts anders als das Verderben der Landpfarren, die Ver⸗ 
wahrloſung des gemeinen Volkes erfolgen. 

Weit beſſer war es doch in der That, daß man in 
der proteſtantiſchen Kirche das Ueberfluͤſſige von allem An⸗ 
fange beſeitigt hatte, und nun wenigſtens Ordnung und 
Recht walten ließ. 

Allerdings bewirkten die Reichthuͤmer der katholiſchen 
Kirche und der weltliche Rang, zu welchem eine Stellung 
in derſelben erhob, daß ſich die hohe Ariſtokratie ihr wid⸗ 
mete; Papſt Alexander hatte ſogar die Maxime vorzugs⸗ 
weiſe Leute von guter Geburt zu befoͤrdern; er hegte die 
ſonderbare Meinung, da es ſchon den Fuͤrſten der Erde 
angenehm ſey, Diener von vornehmer Herkunft um ſich zu 
ſehen, ſo muͤſſe es auch Gott gefallen, wenn ſein Dienſt 
von Perſonen vollzogen werde welche uͤber die andern er⸗ 
haben ſeyen. Aber gewiß das war nicht der Weg auf wel⸗ 
chem die Kirche ſich in fruͤhern Jahrhunderten erhoben, 
es war ſelbſt der nicht auf welchem ſie ſich in den letzten 
Zeiten reſtaurirt hatte. Die Kloͤſter und Congregationen, 
die ſo viel zur Wiederaufnahme des Katholicismus bei⸗ 
getragen, ließ man dagegen in Verachtung gerathen. Die 
Nepoten mochten Niemand der durch Kloſterverpflichtun⸗ 
gen gebunden war, ſchon darum weil ein ſolcher ihnen 
nicht ſo unaufhoͤrlich den Hof machen konnte. Bei den 
Concurrenzen behielten jetzt in der Regel die Weltgeiſtli⸗ 
chen den Platz, auch wenn ſie in Verdienſten oder Gelehr⸗ 
ſamkeit nachſtanden. „Man ſcheint dafür zu halten,“ ſagt 
Grimani, „das Bisthum oder gar der Purpur werde be 
fhimpft, wenn man fie einem Klofterbruber ertheile.“ Er 


129 Bud VIII. Die Päpfte um d. Mitted. 17. Sahrh- 


- will bemerken, daß die Mönche nicht mehr recht wagen fich 
am Hofe blicken zu Iaffen, weil ihrer da nur Spott und 
Beleidigung warte. Schon zeige fich, daß nur Leute von ber 
geringften Herkunft in die Klöfter zu treten geneigt feyen. 
„Selbft ein falirter Krämer", ruft er aus, „hält fich 
für zu gut um die Capuze zu nehmen." ") 

Verloren dergeſtalt die Klöfter wirklich an innerer Be⸗ 
deutung, fo iſt eg Fein Wunder wenn man auch bereitd 
anfing, fie für überflüffig gu halten. Es ift ſehr bemerkens⸗ 
werth, daß fich dieſe Meinung zuerſt in Nom entwickelte, 
daß man es zuerft hier nothivendig fand dag Moͤnchswe⸗ 
fen zu befchränfen. Schon im Jahre 1649 verbot Inno⸗ 
en; X. durch eine Bulle alle neue Aufnahme in irgend 
einen regularen Orden, bie das Einkommen der verfchiedenen 
Convente berechnet, und die Zahl der Perfonen beftimme 
fen welche darin leben Fünnten °). Noch wichtiger ift eine 
Bulle vom 15. October 1652. Der Papft beklagt darin, 
daß es fo viel Eleine Convente gebe, in benen man toeber 


1) Grimani fügt hinzu: Si toglie ad ognuno affatto la voglia 
di studiare e la cura di difendere la religione. Deteriorandosi 
il numero de’religiosi dotti et esemplari, potrebbe in breve sof- 
frirne non poco detrimento la corte: onde al mio credere fareb- 
bono bene i pontefici di procurar di rimettere i regolari nel 
primo posto di stima, partecipandoli di quando in quando ea- 
riche, — — e cosi nelle religioni vi entrerebbero huomini 
eminenti. 

2) Unfer Zagebuch fchildert beim erften Januar 1650 den Eins 
druc den die Conftitution machte. Non entrando quella ragione 
ne’ cappuccini et aliri riformati che non possedono entrata, te- 
mono che la prohibitione sia perpetua, e cosi cred’io, fin a 
tanto che il numero de’ regolari hoggi eccessivo sia ridotto a nu- 
mero competente e la republica da loro non venga oppresaa. 


Bermwaltung der Kirche. 121 


bie Offisien bei Tage ober bei Nacht verfehen, noch geiſt⸗ 
liche Webungen halten, noch die Elaufur beobachten Eönne, 
Freiſtaͤtten für Lieberlichfeit und Verbrechen: ihre Anzahl 
habe jetzt über alled Maaf zugenommen; er hebt fie mit 
Einem Schlage alle auf: benn das Unkraut müffe man fon; 
dern von dem Weisen *). Schon begann man und givar 
zunächft ebenfalls in Nom darauf zu denken, finanziellen 
Bebürfniffen felbft fremder Staaten durch Einziehungen 
nicht von Klöftern, ſondern von ganzen Inſtituten su Hülfe 
zu fommen. Als Alexander VIL kurz nad) feiner Thron: 
befteigung von den Venezianern erfucht warb fie in dem 
Kriege von Candia gegen die Osmanen zu unterftüßen, ſchlug 
er felbft ihnen bie Aufhebung einiger Orden in ihrem Lanbe 
vor. Sie waren eher dagegen, weil biefe Orden doch eine 
Verſorgung für die armen Nobili darboten. Aber der Papſt 
fegte feine Abſicht durch. Das Daſeyn biefer Eonvente, 
fagte er, gereiche den Släubigen cher zum Anſtoß ale zur 
Erbauung: er verfahre wie ein &ärtner, der bie unnuͤtzen 
Zweige von dem Weinftocke abfchneibe, um ihn deſto frucht- 
barer zu machen °). 

Doc hätte man nicht fagen Eönnen, daß es nun un» 
ter Denen, die man beförberte, befonders glänzende Talente 
gegeben hätte. In dem fiebzehnten Jahrhundert iſt eine 
allgemeine Klage über den Mangel an ausgezeichneten Leu⸗ 


1) Constitutio super extinctione et suppressione- parvorum 
conventuum, eorumquo reductione ad statum secularem, et bono- 
rum applicatione, et prohibitione erigendi nova loca regularia in 
Italia et insulis adjacentibus. Idibus Oct. 1652. 


2) Relatione de’ IV ambasciatori 1656. ©. db. Anhang. 


122 Buch VII. Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


ten 1). Einmal blieben talentoolle Männer häufig fchon 
darum von der Prälatur ausgefchloffen, weil fie zw arm wa⸗ 
rn um jene Bedingungen der Aufnahme zu erfüllen ?). 
Das Fortkommen hing doch allzu fehr von der Gunft der 
Nepoten ab, die fich nur durch eine Gefchmeidigfeit und 
Unterwürfigfeit erreichen ließ, welche der freien Entwicke⸗ 
fung edler Geifteßgaben nicht günftig ſeyn Eonnte. Auf bie 
gefammte Geiftlichfeit wirkte dieß zuruͤck. 

Gewiß ift es auffallend, daß in den wichtigſten theo- 
Iogifchen Disciplinen fo gut wie gar Feine originalen italie- 
nifchen Autoren auftreten, weder in der Schrifterflärung, 
wo man nur die Hervorbringungen bes 16. Jahrhunderts 
wiederholte, noch auch an der Moral, obwohl diefe fehr 
cultivirt wurde, noch auch in dem Dogma: ſchon in den Con⸗ 
gregationen über die Gnadenmittel erfcheinen lauter Sremde 
auf dem Kampfplage: an den fpäteren Streitigkeiten über 
Sreiheit und Glauben nehmen die Sitaliener nur wenig Ans 
theil. Nach Girolamo da Narni thut fich felbft in Rom 
fein ausgezeichneter Prediger mehr hervor. In jenem Tages 
buche von 1640 bis 1650, das ein fo firenger Katholik ver: 
faßt hat, wird es mit Erfiaunen bemerkt. „Mit den Fa⸗ 
ſten““, heißt e8 Darin, „höre die Comoͤdie auf in den Saͤ⸗ 


1) Grimani: Tolto l’economia esteriore ogni altra cosa si 
deteriora; — — d’huomini di valore effeitivamente scarseggia 
al presente la corte al maggior segno. 

2) Relatione di Roma sotto Clemente IX. Portando lo 
stile che le cariche si trasferiscono solamente a prelati e che la 
prelatura si concede solo a quelli che hanno entrata suffciente 
per mantenere il decoro, ne siegue perd che la maggior parle 
di aoggetti capaci ne resta esclusa. 


Bermwaltung der Kirche. 123 


Im und Häufern und fange an in ben Kirchen auf ben 
Kanzeln. Das heilige Gefchäft der Predigt diene der Ruhms 
fücht oder der Schmeichelei. Man trage Metaphyſik vor, 
wovon der Sprechende wenig, feine Zuhörer aber gar nichts 
verfiehn. Statt zu lehren, gu tabeln, laſſe man Lobreben 
erfchallen, nur um ſich emporzubringen. Schon fomme eg 
auch bei der Wahl der Prediger nicht mehr auf Verbienft, 
fondern nur auf Verbindung und Gunft an. 

Die Summe ift: jener große innere Antrieb, der frü- 
ber Hof und Staat und Kirche beherrfcht und ihnen ihre 
fireng religiöfe Haltung gegeben bat, ift verlofchen: mit 
ben Tendenzen der Neftauration und Eroberung ift es vor 
bei: jetzt machen fich andere Triebe in den Dingen geltend, 
die doch zulegt nur auf Macht und Genuß hinauslaufen 
und das Geiftliche aufs neue vertweltlichen. 

Die Frage entfieht, welche Richtung unter diefen Um⸗ 
ftänden die Gefelfchaft angenommen hatte die auf die Prin- 
cipien der Neftauration fo befonders gegründet war, ber 
Orden der Sefuiten. 


Die Sefuiten in der Mitte des fiebzehnten Jahr⸗ 
hunderts. 


Die vornehmſte Veraͤnderung in dem Innern der Ge⸗ 
ſellſchaft Jeſu beſtand darin, daß die Profeſſen in den Beſitz 
der Macht gelangten. 

Profeſſen, welche die vier Geluͤbde ablegten, gab es 
anfangs nur wenige: von den Collegien entfernt, auf Ab 


124 Buch VIO. Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


moſen angewieſen, batten fie ſich darauf beſchraͤnkt eine 
geiſtliche Autorität auszuuͤben: bie Stellen welche weltliche 
Thaͤtigkeit erforderten, von Rectoren, Provincialen, die Col⸗ 
legien uͤberhaupt waren in den Haͤnden der Coadjutoren ge⸗ 
weſen. Jetzt aber aͤnderte ſich dieß. Die Profeſſen ſelbſt 
gelangten zu den Stellen der Verwaltung: ſie nahmen Theil 
an den Einkuͤnften der Collegien: ſie wurden Rectoren, 
Provinciale ). 

Daher folgte nun zunaͤchſt, daß bie ſtrengeren Ten⸗ 
denzen perſoͤnlicher Devotion, die bisher in der Abſon⸗ 
derung der Profeſſionshaͤuſer vorzuͤglich feſtgehalten wor⸗ 
den, allmaͤhlig erkalteten; ſchon bei der Aufnahme konnte 
man nicht mehr ſo genau auf die ascetiſche Befaͤhigung ſe⸗ 
hen; namentlich Vitelleschi ließ viele Unberufene zu: man 
draͤngte ſich nach dem hoͤchſten Grade, weil er zugleich 
geiſtliches Anſehen und weltliche Macht gewaͤhrte. Außer⸗ 
dem aber zeigte ſich dieſe Verbindung auch ganz im All⸗ 
gemeinen nachtheilig. Coadjutoren und Profeſſen hatten ſich 
fruͤher wechſelſeitig beaufſichtigt: jetzt vereinten ſich prakti⸗ 
ſche Bedeutung und geiſtlicher Anſpruch in denſelben Per⸗ 
ſonen. Auch die Beſchraͤnkteſten hielten ſich fuͤr große Koͤpfe, 
da ihnen Niemand mehr zu widerſprechen wagte. Im Be⸗ 
ſitze der ausſchließenden Herrſchaft fingen ſie an, der Reich⸗ 


1) In einer Sammlung Seritture politiche, morali e satiri- 
che sopra le massime, istituti e governo della compagnia di Gesu 
(MS Rom.) findet fi ein ausführlicher Auffag von beinahe 400 
Blatt: Discorso sopra la religione de’ padri Gesuiti e loro modo 
di governare, — gefchrieben zwiſchen 1681 und 1686 von einem 
augenfcheinlich tief eingeweihten Manne, — aus dem die folgenden 
Notizen größtentheil genommen find. 


Jeſuiten. 125 


thuͤmer, welche die Collegien im Laufe ber Zeit erworben, 
in Ruhe zu genießen und hauptfächlich nur auf eine Ders 
mebrung derfelben zu denken: die eigentliche Amtsführung 
in Schule und Kirche überließen fie den jüngern Leuten *). 
Auch dem General gegenüber nahmen fie eine fehr felbftäns 
dige Haltung an. 

Mie groß die Umwandlung war, fieht man unter ans 
dern an der Natur und den Schickfalen der Generale, — 
welche Leute man ſich zu Oberhäuptern wählte, wie man 
mit Diefen verfuhr. 

Wie verſchieden war Mutio Vitelleschi von feinem 
felbftherrfchenden, verfchmigten, unerſchuͤtterlichen Vorgaͤn⸗ 
ger Aquaviva! Witeleshi war von Natur mild, nachgie 
big, verfühnend: feine Bekannten nannten ihn den Engel 
des Friedens: auf feinem Todtenbette fand er in der Ue⸗ 
berzeugung einen Troft, daß er Niemand beleidigt habe. 
Treffliche Eigenfchaften eines liebenswürdigen Gemuͤthes, 
die aber .nicht hinreichten einen fo weit verbreiteten, thaͤti⸗ 
gen und. mächtigen Drden zu regieren. Auch vermochte er 
die Strenge. der Disciplin nicht - einmal in Hinficht der 
Kleidung feftsuhalten, geſchweige ben Forderungen eines 
entichloffenen Ehrgeises Widerftand zu leiften. Unter feiner 
Verwaltung, 1615 —1645, feßte fich die oben bezeichnete 
Umwandlung durd). 

Sin feinem Sinne verführen auch feine nächften Nach» 

1) Discorso. Molti compariscono, pochi .operano: i po- 
veri non si visitano, i terreni non si coltivano. — — Esclu- 
dendo quei pochi, d’ordinario giovani, che attendono ad inse- _ 


guare nelle scuole, tutti gli altri, o che sono confessori 0 procu- 
ratori o rettori o ministri, appena hanno occupatione di rilievo. 


126 Buch VIII. Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


folger: Vincenzo Earaffa (— 1649), ein Mann der felbft 
eine perfünliche Bedienung verfchmähte, lauter Demuth und 
Srömmigfeit war *), aber weber mit feiriem Beifpiel noch 
mit feinen Ermahnungen durchzudringen vermochte: Pic 
colomini (— 1651), der einer Neigung zu burchgreifenden 
Maafregeln, die ihm von Natur eigen twar, jebt entfagte, 
und nur noch auf die Genugthuung feiner Ordensbruͤder 
Bedacht nahın. 

Denn fchon war es nicht mehr rathſam, hierin eine 
Aenderung treffen zu’ wollen. Aleffandro Gottofredi — 
Januar bis Merz 1651 — ‚hätte dag gern gethan: er 
fuchte wenigſtens den fich vordraͤngenden Ehrgeiz in Schran: 
fen zu halten: aber bie zwei Monate feiner Verwaltung 
reichten bin ihn allgemein verhaße zu machen; man begrüßte 
feinen Tob als die Befreiung von einem Tyrannen. Und 
noch weit entfchiebenere Abneigung zog fich der nächfte Ge⸗ 
neral, Goswin Nickel, zu. Man könnte nicht fagen, daß 
er tief eingreifende Reformen beabfichtige hätte; er ließ es 
im Ganzen gehn wie ed ging; er war nur gewohnt mit 
Hartnäcigfeit auf einmal ergriffene Meinungen zu beſtehn 
und zeigte ſich rauh, abftoßend, rückfichtslog; aber ſchon 
hiedurch verlegte er die Eigenliche mächtiger Mitglieder des 


1) Diario Deone 12 Giugno 1649. Martedi mattina mori 
il generale de’ Gesuiti: fu di poche lettere, ma di santità di 
vita non ordinaria: quanto alla sua persona, egli non ha mai 
voluto carrozza al suo servigio, n& esser differentiato da qual- 
sivoglia minimo tra di loro nel trattar del vitto o vestito: quanto 
agli altri, voleva che i padri Gesuiti fossero e vivessero da re- 
ligiosi lasciando i trattati politici e?] frequentare le corti, nel che 
havendo trovato difficoltä impossibile gli hanno cagionato il 86 
dio della morte. 





Sefuiten. 127 


Ordens fo tief und lebhaft, daß bie Generalcongregation 
von 1661 zu Maaßregeln gegen ihn fchritt, die man bei 
der monarchifchen Natur des Inſtitutes nicht hätte für moͤg⸗ 
lich halten follen. 

Sie erfuchte zuerft Papft Alerander VIL um die Er; 
laubniß, ihrem General einen Bicar mit dem Nechte ber 
Nachfolge beisuordnen. Leicht war die Erlaubniß erlangt, 
ber Hof bezeichnete fogar einen Candidaten dafür, jenen 
Dliva der zuerft die Einberufung der Nepoten angerathen, 
und man war fügfam genug, biefen Günftling des Palla⸗ 
ſtes zu wählen. Es fragte fich nur, unter welcher Form 
man die Gewalt von bem General auf den Bicar übertras 
gen Fünne. Das Wort Abfeßung auszufprechen konnte man 
nicht über fich gewinnen. Um bie Sache zu erlangen und 
das Wort zu umgehn, fiellte man bie Frage auf, ob ber 
Bicar eine cumulative Macht haben folle, d. i. zugleich mit 
dem General, oder eine privatfive, d: i. ohne ihn. Die 
Congregation entfchied natürlich für die privative: fie er- 
Härte in Folge dieſer Entfcheidung ausdrücklich, daß der 
bisherige General aller feiner Gewalt verluftig, und dieſe 
volftändig anf den Vicar übertragen feyn follte '). 

So geſchah, daß die Gefellfchaft, deren Princip der 
unbedingte Gehorfam war, ihr Oberhaupt ſelbſt entfernte, 
und zwar ohne daß fich dieß eines eigentlichen Vergehens 
fhuldig gemacht häfte. Es liegt am Tage, wie fehr ba: 


1) Ausführliche Erzählung in dem gleichzeitigen Discorfo. Ve- 
nendo noi, fchließt der Autor, in tal tempo a Roma ed andando 
a fargli riverenza (a Nickel) — — conchiuse con dire queste 
parole: „io mi trovo qui abandonato e non posso piü niente.‘ 


128 Bud VII. Die Päpfte um d. Mitte 6. 17. Jahrh. 


durch auch in biefem Orden bie ariftofratifchen Tendenzen 
sur Herrfchaft gelangten. 

Dliva war ein Mann der äußere Ruhe, Wohlleben, 
politifche Intrigue liebte; unfern Albano hatte er eine Wille, 
bei der er die feltenften ausländifchen Gewaͤchſe anpflanzte; 
auch wenn er in ber Stabt war, zog er fich doch von Zeit 
su Zeit nach dem Novigenhaufe von S. Andrea zurück, mo 
er Niemand Audienz gab: auf feinen Tifch brachte man nur 
bie ausgefuchteften Speifen: nie ging er zu Fuß aus: in 
feinen Wohnzimmern war die Bequemlichkeit bereits raffi⸗ 
nirt: er genoß feine Stellung, feine Macht: gewiß ein fol 
cher Mann war nicht geeignet den alten Geift des Dr; 
dens wieder zu beleben. 

In der That entfernte fich diefer täglich mehr von den 
Grundfägen, auf die er gegründet worden. 

War er nicht vor allem verpflichtet Die Intereſſen 
des römifchen Stuhles gu verfechten, und hiezu eigentlich 
geftiftet? Aber jenes fein näheres Verhältniß zu Frank 
reich und dem Haufe Bourbon hatte er jet bahin ausge⸗ 

bildet, daß er in ben allmählig hervortretenden Compe- 
tengen römifcher und franzöfifcher Intereſſen faft ohne Aus⸗ 
nahme auf die Seite der letztern trat '). Zumeilen wur: 

den jefuitifche Werke von der Inquifition zu Rom verdammt, 
weil 

‘ 1) Relatione della nuntiatura di mons" Scotti, nunzio alla 
M“ del re X=mo 1639— 1641. I Gesuiti, che dovrebbero essere 
come altre volte defensori della santa sede, piü degli altri la 
pongono in compromesso. — Professano totale ritiratezza (dalla 


nuntiatura) dubbiosi sempre nell’ accostarsi al nuntio di non per- 
. dere appresso ministri regj. 





Sefuiten. 129 


weil fie bie Rechte ber Krone zu lebhaft verfochten. Die 
Oberhäupter det frangöfifchen Jeſuiten vermieden den Um⸗ 
gang mit dem päpfllichen Nuntius, um nicht den Ders 


dacht ultramontaner Gefinnung auf fich zu laden. Auch fonft 








Eonnte der römifche Stuhl den Gehorfam des Ordens in 
Diefer Zeit nicht ruͤhmen: namentlich in den Miffionen wurs 
den die päpftlichen Arorduungen faſt immer in Wind ge⸗ 
ſchlagen. 

Ferner war ein Hauptgrundſat des Ordens, allen welt⸗ 
lichen Verbindungen zu entſagen und ſich nur den geiſtli⸗ 
chen Pflichten zu widmen. Wie hatte man ſonſt ſo ſtreng 
darüber gehalten, daß jeder Eintretende auf alle feine Be⸗ 
fisthümer Verzicht leiftete! Zuerſt ward dag eine Weile 
verfchoben; dann gefchah ed wohl, aber nur bedingungs⸗ 
weife, teil man ja am Ende wieder ausgeſtoßen werden 
fönne; endlich führte fi) ein, daß man feine Güter Ber 


Sefelifchaft felbft überließ: jedoch wohlverſtanden, dem be: 


flimmten Collegium in welches man trat, dergeflalt daß 
man fogar die Bertvaltung derfelben nur unter anderm Ti: 
tel oft noch ſelbſt in Händen behielt). Die Mitglieder der 
Collegien hatten bie und dba mehr freie Zeit als ihre Ver⸗ 
wandten die mitten im Leben fanden: fie verwalteten de 
ren Gefchäfte, zogen ihr Geld ein, führten ihre Proceſſe * 


1) Vincentii Carrafao epistola de mediis conservandi pri- 
maevum spiritum societatis: Definitis pro arbitrio dantis domi- 
bus sive collegiis in quibus aut sedem. sibi fixurus est aut jam 
animo fixerit, — — anxie agunt ut quae societati reliquerunt,. 
ipsimet per se administrent. 


2) Epistola Goswini. Nickel -de amore et studio perfectas . 
paupertatis. lud intolerabile, si et lites inferant et ad tribuna-. 


Päpfte ** 9 


130 Bud VII. Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


Aber auch in ben Eollegien als Geſammtheiten nahın dies 
fer mercantile Geiſt überhand. Man wollte ihren Wohlftand 
fihern: da die großen Schenkungen aufhörten, fuchte man 
bieß durch Induſtrie zu bewerkſtelligen. Die Jeſuiten hielten 
ed für feinen befondern Unterſchied, den Acker zu bauen, 
wie die älteften Mönche gethan, und Gefchäfte zu treiben, 
wie fie es verfuchten. Das Eollegio Romano ließ zu Ma⸗ 
cerata Tuch fabriciren, anfangs bloß zu eigenem Gebrauch, 
dann für alle Eollegien in ber Provinz, endlich für Jeder: 
mann: man besog damit bie Meffen. Bei bem engen Ver⸗ 
haͤltniß der verfchiebenen Collegien bildeten ſich Wechſelge⸗ 
ſchaͤfte aus. Der portugieſiſche Geſandte in Rom war fuͤt 
ſeine Caſſe an die Jeſuiten aus Portugal angewieſen. Be⸗ 
ſonders in den Colonien machten ſie gluͤckliche Geſchaͤfte: 
uͤber beide Feſten hin breitete ſich ein Netz von Verbin⸗ 
dungen dieſes Ordens aus, das in Liſſabon ſeinen Mittel⸗ 
punkt hatte. | 

Ein Geift der, fo wie er einmal angefchlagen war; 
nothwendig auch auf alle innern Verhältniffe zurückwirkte. 

Noch immer blieb es bei dem Grundſatze den inter 
sicht umfonft zu geben. Allein man nahm Gefchenfe bei 
ber Aufnahme, Geſchenke bei feierlichen Gelegenheiten, ein 
paar Mal des Jahres *): man füchte vorzugsweiſe begür 


ia confligant et violentas pecuniarum repetitiones faciant, aut 
palam negotiantur ad quaestum, — — specie quidem primo 
aspectu etiam honesta, caritate in consanguineos, decepti. 

1) Discorso. Per lo meno P’anno due volie cioe al natale 
e nel giorno della propria festa si fanno le loro oflerte ovvero 
mancie, le quali ascendono a somma considerabile. — 11 danaro 
poi di queste offerte o che venga impiegato in argenti, quadri 


Sefniten 131 


‚terte Schüler. Daraus folgte jedoch, daß dieſe nun auch 


eine gewiffe Unabhängigkeit fühlten und fi) ber Strenge 
der alten Disciplin nicht mehr fügen mollten. Ein Yes 
fuit, der den Stock gegen einen Schüler erhob, empfing 


‚von biefem einen Dolchftoß: ein junger Menfch in Gubbio, 


der fi von dem Pater Prefetto zu hart behandelt glaubte, 
brachte benfelben dafür um. Auch in Rom gaben die Bes 
wegungen im Collegium, ber Stadt und dem Pallaſt un⸗ 
aufhoͤrlich zu reden. Die Lehrer wurden von ihren Schuͤ⸗ 
lern einmal geradezu einen Tag lang eingeſperrt gehalten: 
der Rector mußte, wie dieſe forderten, zuletzt doch wirk⸗ 
lich entlaſſen werden. Es ſind das Symptome eines all⸗ 
gemeinen Kampfes zwiſchen den alten Ordnungen und 
neuen Tendenzen. Am Ende behielten dieſe letzten doch 


wirklich den Platz. Die Jeſuiten vermochten den Einfluß 


nicht mehr zu behaupten, mit welchem ſie fruͤherhin die 
Gemuͤther beherrſcht hatten. 

Ueberhaupt das war nicht mehr ihr Sinn ſich die 
Welt zu unterwerfen, ſie mit religioͤſem Geiſte zu durch⸗ 
dringen: ihr eigener Geiſt war vielmehr ſelbſt der Welt ver⸗ 
fallen: ſie ſtrebten nur, den Menſchen unentbehrlich zu wer⸗ 
den, auf welche Weiſe das auch immer geſchehen mochte. 

Nicht allein die Vorſchriften des Inſtitutes, die Leh⸗ 
ren der Religion und Moral ſelbſt bildeten ſie nach dieſem 
Zwecke um. Dem Gefchäfte der Beichte, durch das ſie 


o tappezzerie, caliei o altri addobbi somiglianti, tutto ridonda 
in utilitä de’ collegi medesimi. Avegna che i rettori locali se 
ne servono indifferentemente, dal che ne derivano infinite offen- 
sioni, poco o nulla stimano i lamenti de’ proprj scolari. 


9 * 


⸗ 


132 Buch VIII. Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


einen fo unmittelbaren Einfluß auf das Innerſte der Per: 
ſoͤnlichkeiten ausübten, gaben fie eine Wendung die auf 
alfe Zeiten merkwürdig ift. 

Wir haben. hierüber ungweifelhafte Documente. In 
zahlreichen ausführlichen Werken haben fie die Grundfäge 
‚vorgelegt, bie fie bei Beichte und Abfolution felbft beob- 
achteten und Andern an die Hand gaben. Es find im Al, 
gemeinen wirklich die nemlichen, die ihnen fo oft zum Bor: 
wurfe gemacht worden. Suchen wir wenigſtens die Haupt: 
principien zu faffen, von denen aus fie fich das geſammte 
Gebiet zu eigen machen. 

Bei der Beichte wird aber ohnfehlbar alles davon ab⸗ 
hangen, welchen Begriff man von der Vergehung, von der 
Suͤnde aufſtellt. 

Sie erklaͤren die Suͤnde fuͤr die freiwillige Abweichung 
von Gottes Gebot '). 

Und worin, fragen wir weiter, beſteht num dieſe Srei- 

willigfeie? Ihre Antwort ift: in Einficht von dem Feh⸗ 
ler und vollfommener Beiftimmung ded Willens ?). 

Diefen Grundfag ergreifen fie mit dem Ehrgeig etwas 
Neues vorzutragen und dem Beſtreben fich mit den Gewohn⸗ 
‚ beiten des Lebens abzufinden. Mit fcholaftifcher Spipfin- 


I) Definition von Ir. Toledo: „voluntarius recessus a rogula 
divina.‘ 

2) Busembaum: Medulla theologiae moralis lib. V, c. II, 
dub. III drücdt fi fo aus: Tria requiruntur ad peccatum mor- 
tale (quod gratiam et amicitiam cum deo solvit), quorum si unum 
‚desit, fit veniale (quod ob suam levitatem gratiam et amicitiam 
non tollit): 1. ex parte intellectus, plena advertentia et delibe- 
ratio, 2. ex parte voluntatis, perfectus consensus, 3. gravitas 
materiae. 


Sefuiten. | 13 


Digfeit und umfaſſender Berückfichtigung der vorkommenden 
Fälle bilden fie ihn bie zu den anflößigfien Folgerun⸗ 
gen aus. Ä 

Ihrer Lehre zufolge ift es fchon genug, die Sünde 
nur nicht als folche zu wollen; man hat um fo mehr auf 
Berzeihbung zu hoffen, je weniger man bei ber Uebelthat 
an Gott denkt, je heftiger die Leidenfchaft war von ber man 
ſich getrieben fühlte: Gewohnheit, ja das böfe Beifpiel, 
welche den freien Willen befchränfen, gereichen zur Ents 
ſchuldigung. Wie enge wird ſchon bieburch der Kreis. der 
DVergehungen! Niemand wird ja die Sünde um ihrer felbft 
willen lieben. Außerdem erfennen fie aber auch noch Ent 
(huldigungsgründe anderer Art an. Allerdings iſt 3. B. 
dad Duell von der Kirche verboten; jedoch die Jeſuiten 


finden, follte jemand deshalb weil er ein Duell ausfhlüge 


Gefahr laufen für feig gehalten zu werden, eine Stelle oder 
die Gnade feines Fürften zu verlieren, fo ſey er nicht 
zu verdammen wenn er es annehme !). Einen falfchen Eid 
zu leiften wäre an fich eine ſchwere Sünde: wer aber, fa- 
gen die Sjefuiten, nur Außerlich ſchwoͤrt, ohne dieß inner- 
lich zu beabfichtigen, der wird dadurch nicht gebunden: er 
fpielt ja und ſchwoͤrt nicht °). 

Diefe Lehren finden fich in Büchern, die fish ausdruͤck⸗ 
lich für gemäßigt ausgeben. Wer wollte jet noch, da bie 


1) Privandus alioqui ob suspicionem ignaviae, dignitate, of- 
ficio vel favore principis. Busembaum lib. III, tract, IV, cap. 
I, dub. V, art. I, n. 6. 

2) Qui exterius tantum juravit, sine’ animo jurandi, non 
obligatur, nisi forte ratione scandali, cum non juraverit sed lu- 
serit. (lib. III, tract. II, c. II, dub. IV, n. 8.) 


134 Bud VI. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


Zeiten vorüber find, die weitern Derirrungen eines alle. 
Moral vernichtenden Scharffinnes, in welchen von dieſen 
Lehrern einer den andern mit literarifchem Wetteifer zu über: 
bieten firebte, bervorfuchen? Aber zu leugnen ift nicht, 
daß. auch. die fchroffeften Lehren einzelner Doctoren durch eis 
nen andern Grundſatz der Jeſuiten, durch ihre Lehre von 
der Probabilität, fehr gefährlich wurden. Gie behaupteten, 
man dürfe in zweifelhaften Fällen einer Meinung folgen 
von ber man nicht felber überzeugt fey, vorausgeſetzt daß 
fie von einem angefehenen Autor vertheidigt werde '): fie 
hielten es nicht allein für erlaubt, ben nachfichtigften Leh⸗ 
vern zu folgen, fondern fie riechen das fogar an. Gewiſ⸗ 
fengferupel müffe man verachten, ja ber wahre Weg fich 
ihrer zu entledigen fey, daß man die mildeſten Meinungen 
befolge, felbft wenn fie weniger ficher ſeyn follten °). Wie 
wird dag innerfte Geheimniß der Selbftbeftimmung hiedurch 
ein fo ganz Außerliched Thun. In den jefuitifchen Hand⸗ 
büchern find alle Möglichkeiten der Fälle des Lebens be: 
handelt, ungefähr in dem Sinne wie es in Syſtemen dee 
bürgerlichen Rechts zu gefchehen pflege, und nach dem 
Grade ihrer Entfchulbbarkeit geprüft; man braucht nur dar⸗ 
in nachzufchlagen, und fich ohne eigene Ueberzeugung bar: 
nach zu richten, fo ift man der Abfelution vor Gott und 


1) Em. Sa: Aphorismi Confessariorum s. v. dubium. Po- 
test quis facere quod probabili ratione vel auctoritate putat li- 
cere, etiamsi oppositum tutius sit: sufficit autem opinio ali- 
cujus gravis autoris. 

2) Busembaum lib. I,.c. III: Remedia conscientiae scrupu- 
losae sunt 1..scrupulos contemnere, 4. assuefacere se ad sequen- 
das sententias mitiores et minus etiam certas. 


Sanfeniften. 135 


Kirche ficher. Eine leichte Abwandlung bed Gebankens 
entlaftet von aller Verſchuldung. — Mit einer gewiſſen 
Ehrlichkeit erfiaunen szumeilen die Jeſuiten felbft, wie fo 
leicht durch ihre Lehren das Joch Chriſti werbe. 


Ssanfeniften. 


Es müßte in der Eatholifchen Kirche bereits alles Le: 

ben erftorben geweſen fenn, wenn fich gegen fo verberbliche 
Doctrinen und bie geſammte Entwickelung bie damit zu⸗ 
ſammenhing nicht doch auch in demfelben Moment eine 
Dppofition hätte hervorthun follen. 
Schon waren bie meiften Orden mit ben Sjefuiten ge: 
fpannt, die Dominicaner wegen ihrer Abweichungen von 
Thomas von Aquino, bie Branciscaner und Eapusiner we⸗ 
gen der ausfchließenden Gewalt, die fie fi in ben Mif 
fionen in Hinterafin anmaßten: zuweilen wurden fie von 
den Bifchöfen bekämpft, deren Autorität fie fehmälerten, zu: 
weilen von den Pfarrern, in. deren Amtsgefchäfte fie ein- 
griffen; auc) an den Univerfitäten erhoben ſich wenigſtens 
in Sranfreich und den Nieberlanden noch oftmals Gegner. 
Aber alle dieß bildete doch noch feinen nachhaltigen. Wi- 
derfiand, der von einer tieferen und mit frifchem Geiſte er: 
griffenen Webergeugung herrühren mußte. 

Denn zuletzt hingen doch auch Die moralifchen kehren 
der Jeſuiten mit ihren dogmatiſchen Vorſtellungen genau 
zuſammen. In jenen wie in dieſen gewaͤhrten ſie dem freien 
Willen einen großen Spielraum. 

Eben dieß war nun aber auch der Punkt, an welchen 


136 Buch VIII. Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


fich der größte Widerfpruch anfchloß welchen die Jeſuiten 
überhaupt gefunden haben. Er entwickelte fich folgender: - 
geſtalt. 

In den Jahren, in welchen die Streitigkeiten uͤber 
die Gnadenmittel die theologiſche Welt in der katholiſchen 
Kirche in großer Spannung erhielten, ſtudirten zu Loͤwen 
zwei junge Menſchen, Cornelis Janſe aus Holland und 
Jean du Verger ein Gascogner, die mit einmuͤthiger Ue⸗ 
berzeugung fuͤr die ſtrengeren Lehren, die ja in Loͤwen nie⸗ 
mals untergegangen waren, Partei ergriffen, und einen hef⸗ 
tigen Wiberwillen gegen die Jeſuiten faßten. Verger war 
vornehmer, wohlhabender: er nahm ſeinen Freund mit ſich 
nach Bayonne. Hier vertieften ſie ſich in unablaͤſſig wie⸗ 
derholtem Studium in die Werke des Auguſtinus: fie faß⸗ 
ten fuͤr die Lehren dieſes Kirchenvaters von Gnade und 
freiem Willen eine Begeiſterung, die ihr ganzes folgendes 
Leben beſtimmte *). 

Janſenius, welcher Profeſſor zu Löwen, Biſchof zu 
Yern wurde, ſchlug mehr den theoretiſchen, Verger, ber 
die Abtei St. Cyran bekam, mehr den praktiſchen, asceti⸗ 
ſchen Weg ein um ſie wieder geltend zu machen. 

Das Buch, in welchem Janſenius ſeine Ueberzeugun⸗ 
gen ausfuͤhrlich und ſyſtematiſch entwickelte, betitelt: Au⸗ 
guſtinus, iſt doch ſehr bedeutend, nicht allein weil es ſich 
den Jeſuiten in ihren dogmatiſchen und moraliſchen Ten⸗ 


1) Synopsis vitae Jansenii vor dem Auguſtinus: Im Canta- 
briam deinde migravit, ubi eruditissimorum virorum, consuetu- 
dine et familiari studiorum communione in SS. Patrum et prae- 
sertim Augustini intelligentia magnos progressus fecisse, saepe 
testatus est. 





Sanfeniften. \ 197 


denzen fo kuͤhn entgegenftellte, fonbern weil es dieß dadurch 
that, daß es die herfümmlichen Formeln von Gnade, Sünde 
und Vergebung aufs neue zu lebendigen Gedanken durch: 
bildete. 

Sanfenius geht von der Unfreiheit de menfchlichen 
Willens aus: durch die Begierde nach irbifchen Dingen fey 
er gefeffelt, in Knechtfchaft gehalten: aus eigener Kraft ver 
möge er fich aus diefem Zuftande nicht zu erheben: bie 
Gnade müfle ihm zu Hülfe Eommen, bie Gnade, die nicht 
fowohl Vergebung dee Sünden als die Befreiung der Seele 
von den Banden der DBegierbe fey '). 

Hier tritt fogleich feine unterfcheidende Anficht ber: 
vor. Die Gnade läßt er durch dag höhere und reinere 
Vergnügen eintreten, welches die Seele an den göttlichen 
Dingen empfinde. : Die wirkſame Gnade des Heilandeg 
fagt er, ift nichts anders, als ein geiftliche Ergößen, 
durch welches der Wille bewogen wird zu wollen und zu 
volbringen was Gott befchloffen bat. Sie ift die um. 
willkuͤrliche von Gott dem Willen 'eingeflößte Bewegung, 
durch welche das Gute dem Menfchen wohlgefällt, und er 
bewogen wird darnach zu ſtreben?). Wiederholt fchärft 
er ein, daß das Gute nicht aus Furcht vor der Strafe, 
fondern aus Liebe sur Gerechtigkeit gethan werden müffe. 

1) Corn. Jansenii Augustinus tom. III, lib. I, c. I. Li- 


beratio voluntatis non est peccati remissio, sed relaxativ quae- 


dam delectabilis vinculi concupiscentialis, cui innexus servit 
animus quoad per gratiam infusa coelesti dulcedine ad suprema 
diligenda transferatur. So verfteht auch Pascal diefe Lehre. Dieu 
change le coeur de l’homme par une douceur celeste qu’il y 
repand. Les Provinciales 1. XVII, tom. IH, p. 413. 


2) Tom. III, lib. IV, c. I. 


138 Buch VII Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


Und von biefem- Punkte aus erhebt er ſich num zu ber. 
höhern Frage, was biefe Gerechtigkeit ſey? | 

Er antwortet: Gott felbf. 

Denn Sort muß man fich nicht benfen wie einen Koͤr⸗ 
per, oder unter irgend einem Bilde, felbft nicht unter dem 
des Lichte: man muß ihm betrachten und lieben als bie 
ewige Wahrheit, aus ber alle Wahrheit und Weisheit 
quillt, als die Gerechtigkeit, nicht in twiefern fie bie Ei⸗ 
genfchaft eines Gemuͤthes iR, ſondern in wiefern fie als 
eine Idee, als eine höchfte unverlegliche Regel ihm vor 
fchwebt. Die Regeln unfrer Handlungen fließen aus dem 
ewigen Gefeße: fie find ein Abglanz feines Lichtes: wer bie 
Gerechtigkeit liebt, liebe Sort felbft *). 

Der Menſch wird nicht baburch gut, baf er fein Se; 
müth auf dieß ober jenes Gute richtet: ſondern dadurch, 
daß er das unveränderliche einfache höchfte Gurt ing Auge 
faßt, welches die Wahrheit, welches Gott felbf if. Die 
Tugend ift die Liebe Gottes. 

Und eben in biefer Liebe beftcht bie Befreiung des Wil. 
leng: ihre unausfprechliche Suͤßigkeit vertilgt bad Wohl: 
gefallen der Begierde: es entſteht eine freiwillige und be: 
gluͤckende Nothwendigkeit nicht zu fündigen ſondern gut zu 


ı) Tom. III, lib. V, c. III. Begulae vivendi et quasi lu- 
mina virtutum immutabilia et sempiterna non sunt aliud quam 
lex aeterna quae in ipsa dei aeterni veritate splendet, quam pro- 
inde diligendo non aliud diligit nisi ipsum deum seu veritatem 
et justitiam ejus incommutabilem, a qua promanat et ex coujus 
refulgentia lucis fulget quidquid velut justum et rectum ap- 
probamus, 


Janſeniſten. | 139 


Ichen *), der wahre freie Wille, d. i. ein Wille, befreit 
von dem Boͤſen, erfüllt mis dem Guten. 

Es ift an biefem Werke bewundernswuͤrdig, in wie. 
hohem Grade philoſophiſch durchfichtig die bogmatifchen 
Entwickelungen gehalten find, felbft in dem gelehrten Eifer 
einer feindfeligen Discuffion: bie Grundbegriffe find gugleich 
moralisch und religiög, fpeculativ und:praftifch: jenem du- 
ferlichen Sich abfinden ber jefuitifchen Lehre fegt es firenge 
Sinnerlichkeit, das Ideal einer in der Liebe zu Gott auf⸗ 
gehenben Thaͤtigkeit entgegen. 

Waͤhrend aber Janſenius noch mit der Abfaſſung die⸗ 
ſes Werkes beſchaͤftigt war, verſuchte fein Freund ſchon,“ 
die Ideen die demſelben zu Grunde lagen, zunaͤchſt in ſei⸗ 
nem eigenen Leben darzuſtellen und in ſeiner Umgebung 
praktiſch auszubreiten. 

St. Cyran, denn ſo ward Verger jetzt genannt, hatte 
ſich mitten in Paris eine gelehrte, ascetiſche Einſiedelei ges 
fchaffen. In unermüblichem Studium ber heiligen Schrift 
und ber Kirchennäter fuchte er ſich mit ihrem Geifte zu: 
durchdringen. Die Lehren, die Janſenius mehr im Allge⸗ 
meinen ausgebildet, wandte er auf dag Sacrament ber. 
Buße an. Sich erniedrigen, dulden, von Gott abhangen, 
der Welt völlig entfagen 2), fich mit alle feinem Thun und 
Trachten der Eiche zu Gott widmen, das find feine For⸗ 
derungen. Aber nad) feiner Lehre muß die Gnade ber Buße. 


1) Tom. II, lib. VII, c. IX: voluntas felix, immutabjlis et 
necessaria non peccandi recteque vivendi. 

2) S’humilier, souffrir et d&pendre de Dieu ost toute la vie 
Chretienne. 


140 Buch VII. Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


fchon vorbergehn. „Wenn Gott eine Seele retten will, fo 
fängt er inwendig an: — ift das Herz nur einmal verän- 
dert, wird nur erft wahre Neue empfunden, fo folgt das 
andere alled nach: die Abfolution kann nur den erften Strahl 
ber Gnade bezeichnen: wie ein Arzt nur den Bewegungen 
und innern Wirkungen der Natur nachzugehn bat, fo muf: 
fen auch die Aerzte der Seele den Wirkungen der Gnade 
nachfolgen.“ Oft wiederholt er, daß er felbft den ganzen 
eg von Berfuchung und Sünde zu zZerfnirfhung, Ge: 
bet und Erhebung durchgemacht habe. Nur Wenigen 
theilte er fich mit: er that das jedes Mal ohne viel Worte, 
wit dem Ausdrucke der Ruhe; aber da feine ganze Seele 
von dem erfüllt war was er fprach, da er immer Gele- 
genheit und innere Stimmung abmartete, fowohl in fich, 
ale in den Andern, fo machte er einen unwiderſtehlichen 
Eindruck: unwillkuͤrlich fühlten fic, feine Zuhörer umge- 
wandelt, die Thränen brechen ihnen hervor, ehe fie es ahn⸗ 
den 1). Gar bald ſchloſſen fich ihm einige ausgezeichnete 
Männer als entfchiedene Profelyten an: — Arnauld 5’An- 
dilly, der zu Cardinal Nichelieu und Königin Anna von 
Oeſtreich in engem DVerhältniß fand, und in den wichtig- 
fien Gefchäften gebraucht ward: defien Neffe, le Maitre, 
der damals als ber erfte Redner vor dem Parlamente be: 
wundert wurde, und die glängendfte Laufbahn vor fich hatte, 
fich aber jetzt geradezu in eine Einfiebelei bei Parig zu: 
ruͤckzog. Angelique Arnauld, deren wir bereitd gedachten, 
und ihre Nonnen von Portroyal hingen mit der unbe: 


1) Memoires pour servir a l’bistoire de Portroyal par mr 
Fontaine J, p. 225. Racine; Hist. de Portroyal p. 134. 





Sanfeniften. 141 


dingten Hingebung welche fromme Frauen für ihren Pros 
pheten zu fühlen pflegen, an St. Eyran. 

Janſenius ftarb, ehe er fein Buch gedruckt fah: St. 
Cyran warb gleich nach feinen erſten Befehrungen von Ri⸗ 
‚helieu, der einen natürlichen Wibderwillen gegen eine folche 
Wirkſamkeit hatte, ins Gefaͤngniß geworfen; allein dieſe Uns 
fälle verhinderten den Fortgang ihrer Lehren nicht. 

Das Buch des Yanfenius brachte durch fein inneres 
Verdienft, fo wie durch bie Kühnheit feiner Polemik nach 
und nach einen allgemeinen, tiefen Eindruck hervor *). 
St. Cyran ſetzte feine bekehrende Thätigkeit von dem Ge 
fängniß aus fort: das unverfchulbete Leiden dag ihn bes 
troffen, und das er mit großer Ergebung trug, vermehrte 
fein Anfehen: als er nach dem Tode Nichelieug frei wurde, 
ward er wie ein Heiliger, wie ein .Sjohannes der Täufer 
betrachtet. Zwar flarb er wenige Monate darauf (11. Det. 
1643); aber er hatte eine Schule gegründet, welche in fei- 
ner und feines Sreundes Lehren ihr Evangelium fah: „feine 
Schüler", fagt einer von ihnen, „gingen wie junge Adler 
unter feinen Flügeln hervor: Erben feiner Tugend und Froͤm⸗ 
migfeit, bie dag, was fie von ihm empfangen, wieberum 
Anbern überlieferten. Elias ließ Eliſa's nach, die fein Bat 
fortſetzten.“ 

Schon ſammelte ſich in der Einſiedelei von Port⸗ 
royal des Champs, in die ſich zuerſt le Maitre zuruͤckge⸗ 


1) Gerberon: Histoire du Jansenisme I, 63. Les theolo- 
giens de Paris s’appliquerent tellement & }’e&tude de l’Augustin. 
d’Ipres, oü ils reconnoissoient celui d’Hippone, — — qu’on 
commengoit & n’entendre plus parmi ces theologiens quo les 
noms de Janseniug et de 9. Augustin, 


142 Bud VIO. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


zogen, um ihn her eine nicht unanſehnliche Geſellſchaft, die 
ſich zu jenen Grundſaͤtzen bekannte. 

Urſpruͤnglich hatte ſie nun wohl etwas Beſchraͤnktes; 
fie beſtand hauptſaͤchlich aus Mitgliedern und Freunden der 
Familie Arnauld. Le Maitre zog allein vier feiner Bruͤder 
nach fich: ihre Mutter, die ihnen ihre geifliche Richtung 
eingeflößt, war eine Arnauld: ber aͤlteſte Freund St. Cy⸗ 
rans, dem diefer fein Herz vermachte, war Arnauld D’An- 
dilly: endlich trat auch er in diefe Gefellfchaft: fein jüng- 
fter Bruder, Antoine Arnauld, verfaßte Die erfie bedeutende 
Schrift zu Gunſten derfelben. - Gar manche andere Ber: 
wandte und Freunde folgten ihnen nah. Auch das Klo⸗ 
ſter Portroyal in Paris war far ausfchließend in den Hän- 
den dieſer Familie. Andilly erzählt, daß feine Mutter, bie 
endlich auch hineintrat, von zwölf Töchtern und Enfelinnen 
umgeben geweſen :). Wir erinnern ung biebei, baf ber 
ältere Antoine Arnauld, von welchem biefe Alle abſtamm⸗ 
ten, es bauptfächlich war, durch deſſen glänzendes Plai- 
 boyer im Jahre 1594 die Entfernung ber Jeſuiten aus 
Maris entichieben worden. Die Abneigung gegen ben Or⸗ 
den war gleichfam erblich in dieſer Familie. 

Allein wie fo bald und fo großartig warb biefer enge 
Kreis erweitert. | 

Einmal fchloffen fih ihm viele Andere an, durch 
feine andere Verwandtſchaft als die der Gefinnung ange 
sogen. Beſonders war ein einflußreicher Prediger zu Pa⸗ 
ris, Singlin, Anhänger St. Cyrans, für fie thätig. Sing 
lin hatte die befondere Eigenfchaft, daß er fich im gewoͤhn⸗ 

1) Memoires d’Arnauld d’Andilly I, p. 341. 





Sanfeniften. 143. 


lichen Leben nur mit Schtoierigkeit ausbruͤckte, aber fo wie 
er die Kanzel beftieg, eine hinreißende Beredſamkeit ent 
wickelte ?). Diejenigen bie ſich am eifrigften zu ihm hiel⸗ 
ten, ſchickte er nach Pertroyal, wo man fie gern auf 
nahm. Es waren junge Geiftliche und Gelehrte, wohl⸗ 
babende Kaufleute, Männer aus ben angefehenften Fami⸗ 
lien, Aerzte, bie fchon eine bedeutende Stellung hatten, 
Mitglieder anderer Orden, jeboch alles Leute, bie nur in 
nerer Trieb und entfchiedened Einverſtaͤndniß zu dieſem 
Schritte vermochten. 

Und in Diefer Einfamleit nun, gleichfam einem freiwil- 
ligen und durch Feine Berpflichtung zufammengehaltenen 
Klofter, gab es allerdings viel religiöfe Uebungen; man bes 
ſuchte die Kirche fleißig: man betete viel, gemeinichaftlich 
oder allein: auch wurden ländliche Arbeiten, von Einem 
oder dem Andern warb ein Handwerk getrieben; allein 
hauptfächlich widmete man fich literariſchen Beſchaͤftigun⸗ 
gen: die Gefellfchaft von Portroyal war zugleich eine Art 
von Akademie. 

Während die Jeſuiten in unüberfehbaren Solianten 
Gelehrſamkeit auffpeicherten, ober fich in die widerwaͤrtige 
Scholaſtik fünftlicher Syſteme ber Moral und der Dogma- 
ti£ verloren, wandten fich die Sjanfeniften an bie Nation. 

Sie fingen an zu überfegen: die h. Schrift, Kirchen: 
väter, lateiniſche Gebetbücher: glücklich mußten fie hiebei 
die altfränkifchen Formen zu vermeiden, bie bisher Arbei- 
ten dieſer Art gefchadet hatten, und fich mit anziehender 
Verftänblichfeit auszudruͤcken. Eine Unterrichtsanftalt, die 

1) Memoires de Fontaine II, p. 283. 


144 Buch VIIL. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


bie fie bei Portroyal einrichteten, gab ihnen Anlaß Schul: 
bücher gu verfaffen, über alte und neue Sprachen, Logif, 
Geometrie, welche aus frifcher Auffaffung hervorgegangen 
neue Methoden an die Hand gaben, deren DVerbienft von 
Sedermann anerfannt warb. Dazwiſchen traten bann an⸗ 
dere Arbeiten hervor, Streitfchriften von einer Schärfe und 
Präcifion, welche Die Feinde geiftig vernichteten: Werke ties 
ferer Frömmigkeit, wie die Heures de Portroyal, die mit 
lebhafter Begierde empfangen wurden und nad) Verlauf ei- 
nes Jahrhunderts noch fo neu und geſucht waren tie ben 
erfien Tag. Geifter von fo eminenter WiffenfchaftlichFeit 
wie Pascal, Koryphaͤen der franzöfifchen Poefie wie Ras 
cine gingen aus ihrer Mitte hervor. Es ift nicht zu er 
meffen, welchen Einfluß dieſe Vereinigung geiftreicher, von 
einer großen Intention erfüllter Männer, die ganz von 
felbft im Umgang mit einander einen neuen Ton des Aus; 
drucks, der Mittheilung entwickelten, auf die Literatur von 

Frankreich und von Europa überhaupt ausgeübt hat ?). 
Wie hätte nun aber der Geift, der alle biefen Hervor; 
bringungen zu Grunde lag, fich nicht durch fie in ber Na⸗ 
tion Bahn machen folen? Aller Orten erhoben ſich ihm 
Anhänger. Beſonders fchloffen fich ihnen die Marrer an, 
denen bie jefwitifche Beichte ſchon lange verhaßt geweſen 
war. Zumeilen, 5.2. unter dem Cardinal Meß, fchien es 
wohl, als würden fie auch in bie höhere Geiſtlichkeit eins 
dringen: es wurden ihnen wichtige Stellen gu Theil. Schon 
fin 


1) Notice de Petitot vor den Memoiren von Anbilly I, übris 
gend eine zur Verwunderung parteiifche Arbeit. 





\ 


Stellung d. röm. Hofes zu d. beiden Parteien. 145 


finden wir fie nicht allein in ben Niederlanden und in 
Frankreich, auch in Spanien haben fie Gönner: noch uns 
ter Innocenz X. hört man einen janfeniftifchen Lehrer J 
fentlich in Rom predigen '). 

Da fragte ſich nun vor allem, wie ber römifche Stuhl 
diefe Meinungen anfehen würde. 


Stellung des römiſchen Hofes zu den beiden Par: 
teien. 


Es hatte fih nur unter etwas veränderten Formen 
derfelbe Streit erneuert, welchen vierzig Jahre früher we⸗ 
der Clemens VII, noch Paul V. zu .enticheiden gewagt 
hatten. N 

Ich weiß nicht, ob Urban VIII, Innocenz X. entfchlofs 
fener geweſen feyn würden, wäre nicht unglücklicher Weiſe 
in dem Werke des Janſenius eine Stelle vorgefommen, an 
telcher der römifche Stuhl aus andern Gründen großen 
Anſtoß nahm. | | 


1) Deone tom. IV. Fu citato per il sant’ officio monsieur 
Honorato Herzan (Herseit), dottor della Sorbona di Pariggi, per 
la predica che fece in San Luigi nel giorno della festa, nella 
quale sostenne e difese l’opinione di Jansenio con esaltarlo per 
unico interprete di S. Agostino non specificandolo ma perö de- 
lineandolo che da ciascheduno era inteso. Egli si ritirò in casa 
dell’ ambasciator di Francia e di lä a Pariggi. II suo libro & 
prohibito, et il maestro del sacro palazzo ne ha havuto qualche 
travaglio per haverne permessa la stampa: egli si-ggusa con 
dire che veniva dedicato. al papa et era in lingua francese, la 
quale egli non intende,. perö contenendo il libro Popinione fa- 
vorevole all’ opinione loro contro l’opinione de’ Gesuiti. 


Päppe ** 10 


146 Buch VHL Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh. 


In feinem britten Buche Aber den Stand der Unſchuld 
. Komme Janſenius auf einen Satz bed Auguſtin, von dem 
er nicht leugnen Bann, daß ct vom römifchen Hofe ver⸗ 
dammt worden fey. Er nimmt einen Augenblick Anſtand, 
wen er. folgen folle, dem Kirchenvater ober dem Papſte. 
Nac einigem Bedenken aber bemerkt er *), der römifche 
Stuhl verbamme zuweilen eine Lehre bloß um des Friedens 
willen, ohne fie darum gleich für falfch erklären zu wollen: 
er entſcheibet ſich ſhlechtweg für den auguftinianifchen 
Lehrſatz. 

Natuͤrlich machten fe feine Gegner diefe Stelle zu 
Nutze: fie erflärten fie für einen Angriff auf die päpftliche 
Infallibilitaͤt: gleich Urban VIII. warb vermochte fein Miß⸗ 
fallen über ein Werk augzufprechen, welches zur Verrin⸗ 
gerung des apoflolifchen Anſehens Säge enthalte Die ſchon 
von frühern Päpften verdammt worden feyen. 

' Mit diefer Erflärung richtete er jeboch noch wenig 
aus. Die janfeniftifchen Lehren griffen nicht® defto minder 
gewaltig um fich: in Sranfreich trat eine allgemeine Ent: 
zweiung ein. Die Gegner von Portropal hielten es für 
nothwendig eine andere beflimmtere Verdbammung von bem 
roͤmiſchen Stuhle auszubringen. Zu den Ende faßten fie 
die Grundfehren ded Janſenius, wie fie diefelben verftan: 
den, in fünf Saͤtze pufanımen, und forberten ben Papſt In⸗ 


1) De wiata naturae purae Ill, ce. KXIL p. 463. Quodsi, 
fiegt er hinzu, vel tume ontendi potwinset hanc aliasgae nonnul- 
fas propssitienes ab Augustino doctorem omnium coryphaeo 
traditas, wanguam, arbitrer, hujusmodi decretum ab apostolica 
sede permamasset. 


Stellung d. roͤm. Hofes zu & Betben Parteien. 147 


nocenz X. auf, fein apoſtoliſches Urtheil darüber auszu⸗ 
fprehen '). 

Und hierauf fchritt man num an ben roͤmiſchen Hefe 
zu einer foͤrmlichen Unterfuchung. Es warb eine Congre⸗ 
gation von vier Sarbindlen gebilbet, unter deren Aufſicht 
dreizehn theologiſche Eonfultoren die Pruͤfung vornahmen. 

Nun waren jene Saͤtze ſo beſchaffen, daß ſie auf den 
erſten Blick lauter Heterodoxien emthielten, aber näher bes 
trachtet Rich doch wenigſtens auch zum Theil in rechtgläns 
bigem Sinne erklären ließen *). Unter ber Commiſſion zeig⸗ 
ten fich fogleich verfihicbene Meinungen. Bier Mitglieder 
derſelben, zwei Dominicaner, ein Minorit, Luca Wabbing, 
und ber Auguflinergeneral fanden Die Berbammung unrathe 
fam. Die übrigen neun aber waren dafür). Es kam 
nun. darauf an, ob der Papſt ber Majorität beiſtimmen 
würde. 

Innocen; dem X. war Die ganze Brage zuwider. Schon 
an fich haßte er fehtwierigere theologifche Unterſuchun⸗ 
gen: aber überbieß fah er von biefer, wie er fich auch im- 
mer erflären mochte, nur wiberwärtige Folgen voraus. 
Trotz ber Entſcheidung einer fo großen Mehrheit konnte 
er fich nicht entfchließen. „Wenn er an ben Rand bee 


1) Pallarieini: Vita di Alessandro VII; „accieche ben in- 
formato dichiarasse ciò che dovea permettersi o proibirsi intorno 
einque principali propositioni di quen' autore.‘* 

2) Raeine: Abrégé de T’histeire ecclesiastique tom. XI, 
p. 25. 

3) Pallavicini, der ſelbſt unter den Confultoren war, theilt 
diefe Details mit. Won dem Papft fagt er: II suo intelletto alie- 
nissimo delle sottigliezze scolastiche. 


10 * 





148 Buch VOL Die Paͤpſte um b. Mitte d.17. Jahrh. 


Grabens Fam", ſagt Palavicini, „und mit. den Augen 
die Größe des Sprunges maß, hielt er inne und war nicht 
weiter vorwärts zu bringen. ' 

Aber nicht der gefammte Hof theilte diefe Bedenklichkei⸗ 
ten. Unmittelbar zur Seite des Papſtes ftand ein Staats⸗ 
fecretär, der Cardinal Chigi, der ihn unaufhörlich anfeuerte. 
Noch in Coͤln Hatte Ehigi das Buch zu Hanbden bekommen: 
und gelefen: ſchon damals hatte ihn jene Stelle mit de 
voter Entrüftung erfüllt, fo daß er es von fich warf; von 
einigen deutſchen Ordensgeiſtlichen war er in feinem Wi⸗ 
derwillen beſtaͤrkt worden: an ber Prüfungecongregation 
hatte er thätigen Antheil genommen und zum Reſultate der; 

ſelben das Seine beigetragen; jegt drang er in den Papft 
nicht zu ſchweigen: ſchweigen wuͤrde dießmal heißen erlaus 
ben: er dürfe die Lehre der päpftlichen Unfehlbarkeit nicht 
in Mißcredit gerathen laffen: eben das fen eine Hauptbes 
fimmung des apoftolifchen. Sitzes, in den Zweifeln der 
Gläubigen eine Entfcheidung zu geben ’). 

Nun war Innocen;, wie wir wiffen, ein Mann ber 
fi) von plöglichen Eindrücken leiten ließ. In einer uns 
gluͤcklichen Stunde übermwältigte ihn die Vorftellung von 
ber Gefahr ber päpftlichen Infallibilitaͤt. Er nahm dag 
um fo mehr für höhere Eingebung, da ed am Tage des 
h. Athanaſius war. Am 1. Juni 1653 erließ er feine 
Bulle, in welcher er jene fünf Säge verdammte, als ketze⸗ 
riſch, blasphemifch, fluchbeladen. Er erklärt, biemit hoffe 
er den Frieden der Kirche herzuftellen; nichts liege ihm 
mehr am Herzen ald daß das Schiff der t Kirche wie im 

1) Mittheilungen alavieinit. 





Stellung d. vöm. Hofes zu d. beiden Parteien. 149 


ruhigen Meere dahinfahren und in ben Port ber Gelig- 
feit gelangen möge '). 

Allein wie fo völlig anders mußte doch der Erfolg 
ausfallen! 

Die Janfeniften Ieugneten, daß bie Säge in dem Buche 
Janſens zu finden, und noch viel mehr, daß fie von dem⸗ 
felben in dem Sinne verflanden feyen, in dem man fie ver 
dammt babe. 

Nun erſt zeigte fih, in welch eine falfche Stellung 
der römifche Hof gerathen war. Die frangdfifchen Bifchöfe 
drangen in Rom auf die Erflärung, daß jene Saͤtze wirk⸗ 
lich im Sinne Janſens verdammt morden. Chigi, ber ins 
deß unter ben Namen Alexander VIE ben Thron beſtie⸗ 
gen, konnte diefelbe um fo weniger verweigern, da er felbft 
fo großen Antheil an’ der Verdammung genommen hatte: er 
fprach fie unummunden und förmlich aus: „bie fünf Säge 
feyen allerdings and dem Buche von Janſen gezogen, und 
in dem Sinne beffelben verurtheile worden’ 2). 

Aber auch hiewider waren bie Janſeniſten geruſtet. 
Sie entgegneten: eine Erklaͤrung dieſer Art uͤberſchreite die 
Grenzen der paͤpſtlichen Macht: die paͤpſtliche Unfehlbarkeit 
erſtrecke ſich nicht auf ein Urtheil uͤber Thatſachen. 

Dergeſtalt geſellte ſich der dogmatiſchen Streitigkeit 


1) Bei Cocquel. VI, II, 248. Aus Pallavicini ſehen wir, 
daß fie von Chigi und hauptſaͤchlich von Albizi, Beiſitzer der Inquis 
fitton, verfaßt ift. 

2) Bei Cocquel. VI, IV, 151. Quinque illas propositiones 
ex libro praememorati Cornelii Jansenii episcopi Iprensis cui _ 
titulus Augustinus excerptas ac in sensu ab eodem Jansenio in- 
tento damnatas fuisse declaramus et definimus. 


350 Buch VIH. Die Däpfte um 8. Mitte d. 17. Jahrh. 


uͤberbieß eine Brage Aber bie Grenzen der päpfllichen Ge⸗ 
walt hinzu; in ihrer unleugbaren Oppoſttion gegen ben 
vienifügen Ciafl wußten fich die Janſeniſten doch noch 
immer als gute Katholiken zu behaupten. 

Auch war diefe Warsd num gar wicht mehr zu beſei⸗ 
Sigen. Zuweilen machte man von Seiten der Krone An: 
ſtalt dazu; «8 wurben Formulare im Sinne ber Berbam: 
mungsbulle erlafien, die von allen geiftlichen Perſonen un: 
wofchtieben werden follten, ſelbſt ben Schulmeiſtern, ſelbſt 
den Tonnen. Die Janſeniſten ſtraͤubten ſich nicht, die fünf 
Säge zu verbenmen, bie wie gefagt auch eine heterodore 
Auslegung zuließen, fie weigerten fi nur; darch eine un⸗ 
bedingte Unterſchrift anzuerkennen, daß fie in Janſenins 
enthalten, daß bieß die Lehren ihres Meiſters fegen: keine 
Verfolgung bounte fie dazu bewegen. Ihre Standhaftig⸗ 
keit bewirkte, daß ihre Anzahl, ihr Erebit von Tage zu 
Tage zanahm: ſchon funden fich auch unser den Biſchoͤfen 
zahlreiche Verfechter wer Meinung '). 

Um bie Ruhe wenigſtens dußerlich herzuftellen, mußte 
ſich Sleuens IX. im Jahre 1668 mit einer Unterſchrift 
zufrieden erklaͤren, wie auch ein Janſeniſt fie leiſten konnte. 
Er begnuͤgte ſich mit einer Verdammung der fünf Saͤtze 
im Allgemrinen, ohne darauf zn beſtehn, daß fie von 
Janſenius wirklich gelehrt worden feyen ?). In der That 

1) Schreiben von 29 Biſchoͤfen an den Papſt 1667 1. Dec. 
Novum et inauditum apud nos nonnulli dogma proeuderent, eo- 
clesiae nempe decretis quibus quotidiana nec revelata dirinitus 
facta deciduntur, certam et infallibilem eonstare veritatem. Dieß iſt 
boch eigentlich Die anerfannte Auslegung der Frage von droit und fait. 

2) Das lebte Formular Alexanders VIL (15. Zebr. 1665) 


* 


Stetlung d. com. Hefes zu d. beiden Parteien. Mt 


enthält das Doch eine wefentliche Nachgiebigkeit des roͤ⸗ 
mifchen Hofes: nicht allein ließ er den Anfpruch fallen, 
über die Thatfachen zu entfcheiden, fondern er fah auch zu, 
daß fein Verbammungsurtheil uber Janſenius ohne alle 
Folgen blieb. 

Und ſeitdem erhob ſich die Partei Se. Cyrans und Jan⸗ 
ſens, von der Curie geduldet, mit dem koͤniglichen Hofe 
in gutem Verhaͤltniß — der bekannte Miniſter Pomponne 
war ein Sohn Andillys, — von einigen Großen beguͤn⸗ 
ſtigt, zu immer größerer Staͤrke nud Bedeutung. Ihre 
literariſche Thaͤtigkeit umſaßte nun erſt bie Nation. Aber 
mit ihrem Emporkommen verbreitete ſich trotz des Frie 
densſchluſſes zugleich eine lebhafte Oppoſition gegen den 
roͤmiſchen Stuhl; ſie wußten recht wohl, daß ſie gar nicht 
beſtehn wuͤrden, wenn es nach deſſen Abſichten gegangen 
waͤre. 


lautet: „Je rejette et eondamne sincerement les einq propenitions 
extraites du liure de Cornelius Jansenius intitgle Augustinus, et 
dans le sens du m&me auteur, comme le saint siege apostolique 
les a condammees par les susdites econstitofiens.” Dagegen bie 
ausfüßrlichere Friebenserflärung: ‚Vous devez vous obliger & 
condamner sincerement, pleinement, sans aucune reserve ni ex- 
ception tous les sens que l’eglise et le pape ont condamnes et 
condamnent dans les cinq propositions.“ Es folgt ein zweiter 
Artifel: declarans que ce seroit faire injure & l’eglise de com- 
prendre entre les sens condamnes dans ces propositions la doc- 
trine de St. Augustin et de St, Thomas touchant la grace effi- 
cace par elle-meme necessaire & toutes les actions de la piete 
chretienne et la predestination gratuite des élus. 


1562 Buch VIIL Die Päpfte um d. Mitte d. 17. Jahr. 


Verhaͤltniß zu der weltlichen Macht. 


Da hatte ſich auch ſchon von einer andern Seite pn 
ein wenigſtens nicht minder gefährlicher Gegenſatz in fteis 
gender Heftigfeit und immer weiter greifender Ausbreitung 
erhoben. 

Im ſiebzehnten Jahrhundert fing der roͤmiſche Seihl 
an, ſeine jurisdictionellen Gerechtſame ich weiß nicht ob 
lebhafter und nachbrücklicher aber gewiß ſyſtematiſcher und 
unnachgiebiger wahrzunehmen als bisher. Urban VIII, der 
feine Erhebung unter andern auch dem Anſehen verbankte, 
in das er fich als ein eifriger Verfechter dieſer Anfprüche 
geſetzt hatte), ftiftete eine eigene Congregation der Im⸗ 
munität. Weniger Earbindlen, die ſchon in der Regel ein 
Berhältniß zu den Mächten hatten, als jüngern Prälaten, 
die nach dem Eifer, den fie hiebei bemwiefen, befördert zu 
werden hofften, vertraute er bag Sefchäft.an, auf alle Eins 
griffe der Sürften in die geiftliche Jurisdiction ein wach⸗ 
fames Auge zu haben. Seitdem wurde nun bie Beobach- 
tung um vieles fchärfer und regelmäßiger, die Anmahnung 
dringender: Amtseifer und Intereſſe vereinigten fich: der 


1) Relatione de’ IV ambasciatori 1625. Professa sopra 
tutte le cose haver l’animo inflessibile e che la sua indepen- 
denza non ammetta alcuna ragione degl’ interessi de’ principi. 
Ma quello in che preme con insistenza et a che tende l’im- 
piego di tutto il .suo spirito € di conservare e di accrescer la 
giurisdittione ecclesiastica. Questo medesimo concetto fu sem- 
pre sostenuto dal pontefice nella sua minor fortuna, e ciò 6 
stato anche grandissima causa della sua esaltatione. 











\ 


Verhaͤltniß zu der weltlichen Mahe 153 


öffentliche Geiſt des Hofes hielt ed für .einen Beweis von 
Stömmigfeit, über jeden Punkt dieſer althergebrachten 
Mechte eiferfüchtig zu wachen *). 

Sollten fich aber die Staaten biefer gefchärften Auf 
ficht gummwillig bequemen? Das Gefühl religidfer Bereini: 
gung, das im .Kampfe mit dem. Proteftantidmug erweckt 
worden, war wieder erfaltet; alles firebte nach innerer 
Stärfe, politifcher Geſchloſſenheit; es geſchah, daß der roͤ⸗ 
miſche Hof mit allen katholiſchen Staaten in bittere Strei⸗ 
tigkeiten gerieth. 

Machten doch ſelbſt die Spanier zuweilen Verſuche 
die Einwirkungen Roms z. B. auf Neapel zu beſchraͤnken, 
der Inquiſition daſelbſt einige Beiſitzer von Staats wegen 
beizugeben! Man haͤtte in Rom Bedenken getragen dem 
Kaiſer das Patriarchat von Aquileja, auf das er Anſpruͤche 
hatte, zuzugeſtehn, aus Furcht, er benutze den Beſitz deſſel⸗ 
ben zur Erwerbung einer groͤßern kirchlichen Unabhaͤngig⸗ 
keit. Die deutſchen Reichsſtaͤnde ſuchten in den Wahlca⸗ 
pitulationen von 1654 und 1658 die Gerichtsbarkeit der 
Nuntien und der Eurie durch firengere Beflimmungen ein- 
-  qufchränfen; in unaufhörlicher Bewegung war Venedig über 


1) Joh. Bap. de Luca S.R. E. Cardinalis: Relatio curiae Ro- 
manae 1683. Disc. XVII, p. 109. Etiam apud bonos et zelan- 
tes ecclesiasticos remanet quaestio, an hujus congregationis 
erectio ecclesiasticae immunitati et jurisdictioni proficua vel prae- 
judicialis fuerit, potissime quia bonus quidem sed forte indiscre- 
tus vel asper zelus aliquorum, qui circa initia eam.regebant, ali- 
qua pröduxit inconvenientia praejudicialie, atque asperitatis vel 
nimiüm exactae et exorbitantis defensionis opinionem impressit 
apud secularos. Ein doch fehr bebeutendes Geſtaͤndniß von einem 
Cardinal. 


154 Bud VIIL Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17 Jahrh. 


ben Einfluß bed Hofes auf bie Beſetzung ber geiftlichen 
Stellen im Lande, die Penſionen, die Anmafungen ber 
Nepoten; bald fand Genua, bald Savoyen Anlaß, feinen 
Geſandten von Rom absuberufen; aber ben lebhafteſten Wis 
derſtand leiſtete, wie das auch ſchon im Princip ihrer 
Reſtauration lag, die franzöfifche Kieche '). . Die Nuntien 
finden fein Ende ber Befchtverben, bie fie machen zu muͤſſen 
glauben, vorzüglich über bie Beichränfungen welche Die 
geiftliche Jurisdietion erfahre: che fie noch einen Schritt 
gethan, lege man ſchon Appellation ein; man entziehe ihr 
bie Ehefachen unter bem Vorwande, es fen eine Entfüh- 
rung im Spiele; man ſchließe fie von ben peinlichen Pros 
ceſſen aus; zuweilen werde ein Geiftlicher hingerichtet ohne 
erſt begrabirt zu ſeyn; ohne Ruͤckſicht erlafie ber König 
Ebicte über Keberet und Simonie: die Zehenten feyen all 
mäblig zu einer immerwaͤhrenden Auflage geworben. Bebenf: 
lichere Anhänger der Eurie fahen in diefen Anmaßungen 
ſchon die Vorboten zu einem Schisma. 

Das Verhaͤltniß, in das man durch biefe Irrungen 
gerieth, hing nothtvendig auch mit andern Umftänben, haupt⸗ 
fächlich mit der politifchen Haltung die ber roͤmiſche Hof 
annahm, zufammen. 

Aus Nückficht auf Spanien tagte weder Innocenz 
noch - Alexander, Portugal, das ſich von diefer Monarchie 
Iosgeriffen, anzuerkennen, und den bafelbfi ernannten Bir 


1) Relatione della nuntistura di Franeia di mons” Seotüi 
1641 5 Aprile. Er bat einen befondern Abſchnitt dell’ impedi- 
menti della nuntiatura ordinaria: Li gindici regj si può dire che 
levino tutta la giurisdittione ecel®@ in Francia alli prelati, 





Verhaͤltniß zu der weltlichen Mache. 165 


ſchoaͤen bie canonifche Inſtitution zu geben. Faſt dad ganze 
rechtmaͤßige Episcopat von Portugal ftarb aus: bie kirch⸗ 
lichen Güter wurden zum großen Theil ben Offizieren der 
Armee überlafien: König, Clerus und Laien entwöhnten fich 
der fruͤhern Ergebenkkit. 
Aber auch übrigens neigten füch bie Paͤpſte nach Ur⸗ 
bau VIII. wieber auf bie ſpaniſch⸗oſtreichiſche Seite. 
Man darf fich darüber nicht wundern, ba bie les 
berunacht von Frankreich fo bald einen bie allgemeine Frei⸗ 
beit gefährdendben Eharakter entwickelte. Es kam hinzu, 
daß jene Päpfle ihre Erhebung dem fpaniichen Einfluffe 
verbankten, und beibe perfünliche Gegner Mazarind was 
ren °). In Alexander fprach fich biefe Feindſeligkeit immer 
ſtaͤrker aus: er konnte bem Sarbinal nicht vergeben, baf er 
ſich mit Cromwell allürte, und lange Zeit ben Frieden mit 
Spanien aus perfönlichen Beweggruͤnben verhinderte. 
Daraus folgte nun aber auch, daß fich in Frankreich 
die Dppofition gegen ben römifchen Stuhl immer tiefer feſt⸗ 
feste, unb von Zeit zu Zeit in heftigen Schlägen hervor, 
brach. Wie fehr befam bag noch Alexanber su empfinden! 
Ein Streit, der fi) zu Rom zwäfchen dem Gefolge 
bes franzöfifchen Botfchafterd Crequy und ben corfifchen 
Stabtfelbaten erhob, in welchem Crequy zuletzt felbft ber 
leibige wide, gab dem Könige Anlaß fi in bie Zwiflig- 
1) Deone: Ottobre 1644. Si sa veramente che l’esclu- 
sione di Paußlio fatta da cardinali Francesi nel conclave non 
era volosta regia m6 instanza del c! Antonio, ma opera del 
el Maszarini, emulo e poco ben afeite al c! Panziroli, il quale 


prevedea che dovera aver gran parte in questo ponieficato. — 
Wie das auch wirklich ber Fall war. 


156 Bud VIH. Die Paͤpſte um d. Miete d. 17. Jahrh. 


feiten des römifchen Stuhles mit den Häufern Eſte und 
Farneſe zu.mifchen, und zulegt geradezu Truppen nad) Ita⸗ 
lien marfchiren zu laffen. Der arme Papft ſuchte fich durch 
eine geheime Proteftation zu helfen: vor den Yugen ber 
Welt aber mußte er dem Könige in dem Vertrage zu Pifa 
alle feine Forderungen zugeſtehn. Wan fennt die Neigung 
ber Paͤpſte zu ehrenvollen Inſcriptionen: feinen Stein, fagte 
man, laſſen fie in eine Mauer fegen ohne ihren Namens⸗ 
ug: Alexander mußte in feiner Hauptflabt, auf einen ber 
befuchtefien Pläge, eine Pyramide errichten laſſen, deren 
Inſchrift feine Demüthigung verewigen follte. 

Diefer Act allein mußte die Autorität bes Papſtthums 
tief herabwuͤrdigen. 

. Aber auch übrigens war dieß Anfehen um dag Jahr 
1660 bereit in vollem Befall. Den Frieden von Der: 
vins hatte der päpftliche Stuhl noch herbeigeführt, durch 
feine Unterhanblungen gefördert und zum Abfchluß gebracht; 
bei dem tweftphälifchen hatte er feine Abgeorbneten gehabt, 
aber fich ſchon genöthigt gefehen, gegen die Bedingungen 
über ‚welche man übereinfam, zu proteftiren: an dem pyre⸗ 
näifchen Frieden nahm er auch nicht einmal mehr einen 
fcheinbaren Antheil: man vermieb es feine Abgeorbnes 
ten zuzulaſſen: kaum wurde feiner noch barin gedacht). 
Wie bald find Friedensſchluͤſſe gefolgt, in denen man über 


1) Galeazzo Gualdo Priorato della pace conclusa fra le due 
corone 1664 bat p. 120 Osservationi sopra le cause per le quali 
si conelude la pace senza intervento del papa. Wir fehen, daß 
das ſchlechte Verhaͤltniß zwiſchen dem Papſt und Mazarin in jenen 
Zeiten eine bekannte Sache war. 


Webergang auf die fpäteren Epochen 157 


paͤpſtliche Lehen disponirt hat ohne ben Papſt auch nur 
m fragen. 


Uebergang auf die fpäteren Epochen. 


Ueberaus merkwürdig bleibe es alle Mal und eröffnet 
ung einen Blick in ben Bang ber menfchlichen Entwicke⸗ 
lung überhaupt, daß das Papſtthum in dem Momente ba 
es in ber Durchführung feiner auf eine erneuerte allgemeine 
Hersfchaft abzielenden Plaͤne fcheiferte auch in fich lelbſt in 
verfallen anfing. 

In jenem Zeitraum bes Fortſchrittes, ber Reftauration 
war alles gegründet worden. Da hatte man bie Lehre er; 
neuert, bie firchlichen Berechtigungen ſtaͤrker centralifier, mit 
den Fuͤrſten Bund gefchloffen, bie alten Orden verjüngt und 
neue gegründet, bie Kraft des Kirchenſtaates zuſammenge⸗ 
nommen, zu einem Organe Firchlicher Beftrebungen gemacht, 
Sinn und Geift der Eurie reformirt, alles nach bem Eis 
nen Ziele der MWieberherftellung ber Gewalt und des katho⸗ 
lifchen Glaubens geleitet. 

Eine neue Schöpfing war dag nicht, wie wir fahen: 
ed war eine Wiederbelebung durch die Macht neuer been, 
welche einige Mißbräuche abfchaffte, und nur bie vorhan⸗ 
denen Lebendelemente in frifchem Impuls mit fich fortriß. 

Dhne ‚Zweifel iſt aber eine Wiederherſtellung diefer 
Art noch eher dem Derfall der beiebenden Motive aus: 
gefeßt, als eine von Grund aus neugefchaffene Geburt. 

Der erſte Einhalt den die Firchliche Reftauration er 
fuhr, geſchah in Frankreich. Die päpftliche Gewalt konnte 


156 Bud VII Die Päpfte um d. Witte 8.17, Jahrh. 


auf dem betretenen Wege nicht durchdringen; fie mußte 
eine Kirche, obwohl katholiſch, doch nicht unter dem Eins 
fluß den fie beabfichtigte, fich bilden, fich erheben fehen, 
und fich zu einer AbEunft mit derfelben entfchließen. 

Damit hing dann zufammen, daß fogleich auch in. 
ben Innern flarke Gegenfäge ſich erhoben, Streitigfeiten 
über bie wichtigfien Glaubenspunkte, über das Verhaͤlt⸗ 
niß ber geiftlichen zu ber weltlichen Macht; — an der Eu; 
rie bildete fich der Nepotismus auf eine gefahrbrohenbe 
Weiſe aus, — bie finanziellen Kräfte, ſtatt vollfiänbig zu 
ihrem Zwecke verwandt zu werben, famen zum großen 
Theil einzelnen Familien zu Gute: | 

Noch immer aber hatte.man ein großes unb allge: 
meines Ziel, nach welchem man mit außerorbentlichem Gluͤck 
"vorwärts fchritt. In dieſem höhern Streben wurden alle 
Gegenſaͤtze vermittelt, bie Streitigfeiten ber Lehre und bee 
Firchlich weltlichen Anufpruches befchtwichtigt, die Entzweiun⸗ 
gen der Mächte verföhnt, der Fortgang ber allgemeinen 
Unternehmungen im Zuge erhalten: bie Eurie ‘war ber 
den Weg anweiſende Mittelpunkt der Fatholifchen Welt: 
im größten Styl festen fich bie Belchrungen fort. 

Mber wir fahen wie ed geſchah, daß man doch nicht 
zum Ziel gelangte, fondern durch innern Zwiſt unb äußern 
Wiberſtand auf fich felbft zuruͤckgeworfen wurde. 

Seitben nahmen nun auch alle Berbälmiffe des Staa: 
tes, der inneren Entwickelung eine andere Geflalt an. 

In ben Geiſte ber Eroberung und Erwerbung, ber 
fich einem großen Zweck widmet, Tiegt zugleich Hingebung, 
mit einem befchwänkten Egoismus vertraͤgt ee füch ‚nicht; 


Uebergang auf die fpäteren Epodhen. 100 


jet trat an der Eurie ber Geiſt bed Genuſſes, des Befiges 
ein. Es bildete fich eine Genoſſenſchaft von Rente: inha⸗ 
bern aus, die ein guted Necht auf ben Ertrag bed Staus 
tes .und ber Firchlichen Verwaltung gu befigen glaubte. In⸗ 
dem fie dieß Necht auf eine verberbliche Weife mißbrauchte, 
hielt fie doch mit bemfelben Eifer daran feſt, als fen das 


Weſen des Glaubens baran geknüpft. 


Eben dadurch geſchah aber, daß ber Wiberfpruch fich 
von entgegengefegten Seiten unverfühnlich erhob. 

Es trat eine Lehre auf, die aus einer neuen An⸗ 
fchauung ber Tiefen ber Religion hervorgegangen, von dem 
römifchen Hofe verdammt und verfolge wurbe, aber nicht 
befeitigt zu ‚werben vermochte. Die Staaten nahmen eine 
unabhängige Haltung an: von der Ruͤckſicht auf bie paͤpſt⸗ 
liche Politik machten fie fih log; in ihren innern Angele 
genheiten nahmen fie eine Autonomie in Anfpruch, die ber 
Eurie auch in Eirchlicher Hinficht immer weniger Einfluß 
übrig ließ. Ä 

Auf diefen beiden Momenten beruht nun die fernere 
Geſchichte des Papſtthums. 

Es folgen Epochen, in denen es bei weitem weniger 
eine freie Thaͤtigkeit entwickelt, als daß es, bald von der 
einen bald von der andern Seite angegriffen, nur bedacht 
iſt ſich in jedem Augenblicke ſo gut als moͤglich zu ver⸗ 
theidigen. 

Die Aufmerkſamkeit wird in der Regel von der Kraft 
angezogen, und nur von der Seite der Thaͤtigkeit kann ein 
Ereigniß verſtanden werden: auch gehört es nicht gu ber 
Abſicht dieſes Buches bie letzten Epochen zu fchildern. 


160 Buch VIH Spätere Epochen. 


Allein ein überaus merkwuͤrdiges Schaufpiel bieten fie doch 
immer dar, und mie wir mit einer Anficht der frühern 


Zeiten begonnen, fo dürfen wir wohl nicht fchließen, ohne 


den Verſuch zu machen, auch die fpdtern, wiervohl nur in 
furzen Zügen, vor den Augen vorübergehn zu laſſen. 
Zunächft erhebt ſich aber der Angriff‘ von der Seite 
ber Staaten. Auf das genauefte hängt er mit der Spal⸗ 
tung ber Fatholifchen Welt in zwei feindfelige Theile, in 
die Öftreichifche und die franzöftfche Partei, die der Papft 
nicht mehr zu überwältigen ober gu beruhigen: vermag, zu: 
fanmen. Die politifche Stellung die er annimmt, beftimmt 
auch das Maaß der geiftlichen Ergebenheit bie. ex findet. 


Wir fahen fchon, wie das begann. Nehmen wir E wahl wie 


es 3 ſich weiter entwickelte. 


Ludwig XIV. und Innocenz XI. 


So gut katholiſch Ludwig XIV. auch war, ſo kam es 
ihm doch unertraͤglich vor, daß der roͤmiſche Stuhl eine 
unabhaͤngige, ja der ſeinen nur allzu oft entgegengeſetzte Po⸗ 
litik befolgen ſollte. | 

Wie Innocenz und Alerander, und wenn Clemens IX. 
nicht felbft, doch feine Umgebung , neigte fi) auch Ele 
mens X. (1670 bis 1676) und deffen Nepot Pauluzzi 
Altieri auf. die Seite der Spanier ). Ludwig XIV. rächte 

ſich 


1) Morosini: Relatione di Francia 1671. Conosciuta natu- 
rale partialit& del card! Altieri per la corona cattolica rende alla 
zma sospetta ogni sua attione, Il pontefice presente & consi- 
derato come un jimagine del dominio che risiede veramente 
nell’ arbitrio del nipote. 








£udwig XIV. und Innocenz XI 161 


fich dafür durch unaufhörliche Eingriffe in bie geifliche 
Gewalt. 

Eigenmächtig zog er geiftliche Güter ein; unterdruͤckte 
einen oder den andern Orden; er nahm die Befugniß 
in Anſpruch die Pfruͤnden der Kirche mit militaͤriſchen 
Penſionen zu belaſten; bad Recht waͤhrend ber Vacanz 
eines Bisthums die Einfünfte deſſelben zu genießen und 
die davon abhaͤngigen Pfruͤnden zu beſetzen, das unter dem 
Namen der Regale ſo beruͤhmt geworden, ſuchte er auf Pro⸗ 
vinzen auszudehnen, in denen es nie gegolten; die ſchmerz⸗ 
lichſte Wunde ſchlug er den roͤmiſchen Rentebeſitzern, in⸗ 
dem er die Geldſendungen an den Hof in beſchraͤnkende 
Aufſicht nahm '). 

So fuhr er nun auch unter Innocenz XL fort, ber 
im Ganzen bie nemliche Politik beobachtete; an dem aber 
fand er Wiberftand. 

Innocenz XI, aus dem Haufe Odeſcalchi von Como, 
war in feinem 25ften Jahre mit Degen und Piſtole nach 
Rom gekommen, um fich irgend einer weltlichen Beſchaͤf⸗ 
tisung vielleicht in Neapel dem Kriegsdienfte zu widmen. 
Der Rath eines Cardinals, der ihn beffer durchfchaute als 
er fich felbft Fannte, vermochte ihn, fich ber Laufbahn 
an ber Eurie zu widmen. Er that das. mit fo viel Hin 
gebung und Ernſt, und verfchaffte fich nach und nach eis 
nen folchen Ruf von Tüchtigfeit und guter Sefinnung, daß 


1) Instruzione per mons* arciveseovo di Patrasso 1674. 
Questo fatto arrivato alla corte sicome eccitö lo stupore e lo 
scandolo universale cosi pervenuto alla notitia di N. Sre mosse 
un estremo cordoglio nell’ animo di S. Beaine, 


Pipe 9 | 11 


162 Buch VIII. Spätere Epochen. 


das Volk während des Eonclaves feinen Namen unter den 
Portici von S. Peter rief, und bie öffentliche Meinung fich 
befriedigt fühlte, al® er mit der Tiare gefchmückt aus dem⸗ 
felben hervorging. (21. Gept. 1676.) 

Ein Mann der feine Diener wohl unter der Bebin- 
gung rufen Tief, wenn fie Feine Abhaltung hätten — von 
dem fein Beichtvater betheuerte, er habe nie etwas an ihm 
wahrgenommen was die Seele von Gott entfernen könnte 
— mild und fanftmüthig, den aber diefelbe Gewiſſenhaf⸗ 
tigkeit, die fein Privatleben beftimmte, nun auch antrieb 
die Verpflichtungen feines Amtes rückfichtslog zu erfüllen. 

Wie gewaltig griff er die Webelftände befonderd der 
finanziellen Verwaltung an. Die Ausgaben waren auf 
2,578106 Sc. 91 Baj. geftiegen; die Einnahmen, Data- 
ria und Spolien mit eingefchloffen, betrugen nur 2,408500 
Sc. 71 Baj.; ein fo großes Deficit, jährlich von 170000 
Sc., drohte den offenbaren Banfrutt herbeisuführen *). Daß 
es zu diefem Aeußerſten nicht Fam, ift ohne Zweifel dag 
Verdienft Innocenz XL, Er enthielt fich endlich des Ne⸗ 
potismus durchaus. Er erklärte, er Tiebe feinen Neffen 
Don Livio, der das durch feine Befcheidenheit verdiene, 
eben darum aber wolle er ihm nicht in dem Paallaſte. 
Ale Aemter und Einkünfte die bisher den Nepoten zu Gute 
gefommen, gog er gerabesu ein. So verfuhr er nun aber 
auch mit vielen andern Stellen, deren Dafeyn mehr eine 
Laſt war. Unzählige Mißbräuche und Eremtionen fchaffte 

er ab: da es ihm endlich der Zuftand des Geldmarftes er: 


1) Stato della camera nel presente pontificato di Innocenzo 
XI. MS (Bibl. Alb.) 














Ludwig XIV. und Innocenz XI. 163 


laubte, trug er kein Bedenken die Monti von 4 Be. auf 
3 X%k. herabzuſetzen). Nach einigen Jahren war es ihm 
ine der That gelungen bie. Einnahme wieder auf einen nicht - 
unbedeutenden Ueberfchuß über bie Ausgabe zu erhöhen. 

Und mit derfelben Entſchloſſenheit begegnete ber Papft 
nun auch den Angriffen Ludwigs XIV. 

Ein paar Bifchöfe janſeniſtiſcher Sefinnung, bie fich 
jener Ausdehnung des Regalrechtes widerſetzten, wurden ba; 
fuͤr von dem Hofe bedruͤckt und geaͤngſtigt; der Biſchof von 
Pamiers mußte eine Zeitlang von Almoſen leben. Sie 
wandten ſich an den Papſt. Innocenz ſaͤumte nicht fich 
ihrer anzunehmen. ?) 

Ein Mal, zwei Mal ermahnte er den König, den 
Schmeichlern Fein Gehör zu geben, die Kreiheiten der Kirche 
nicht anzutaften: er möchte verurfachen, daß bie Quelle ber 
göttlichen Gnade über fein Neich vertrockene. Da er feine 
Antwort bekam, fo wiederholte er feine Ermahnungen zum 
dritten Male: nun aber, fügte er hinzu, werde er nicht wie⸗ 
der fchreiben, fich jedoch auch nicht laͤnger mit Ermahnungen 
begnügen , fondern fich aller Mittel der Macht bebienen, bie 
Gott in feine Hand gelegt habe. Keine Gefahr, Feinen 
Sturm werde er dabei fürchten, in dem Kreuze Ehrifti ſehe 
er feinen Ruhm.?) 

1) In einer Handfchrift von 763 Geiten vom Jahre, 1743, 
Erettione et aggionte de’ monti camerali, finden ſich die hieher 
gehörigen Decrete und Breven. Sn einem DBreve an den Teſoriere 
Negroni von 1684 erflärt Innocenz zuerft feine Abſicht d’andar li- 


berando la camera del frutto di 4 p. c. — che in questi tempi 
© troppo rigoroso. 


2) Racine: Histoire ecelesiastique X, p. 828. 
3) Breve vom 27. Dez. 1679. 
11* 


164 Buch VIEL Spätere Epochen. 


Es ift immer eine Maxime des franzöfifchen Hofes 
geweſen, durch die päpftliche Macht feinen Elerus, durch 
den Elerus die Einwirkungen der päpftlichen Macht zu be: 
fchränten. Niemals aber beherrfchte ein Fuͤrſt feine Geift- 
lichfeit vollfommener als Ludwig XIV. Eine Ergebenheit 
ohne Sleichen athmen die Reben, mit denen man ihn bei 
feierlichen Gelegenheiten begrüßte. „Wir wagen kaum," 
heißt e8 in einer berfelßen '), „VForderungen zu machen, 
aus Zurcht, dem Firchlichen Eifer Em. Maj. ein Ziel zu 
ſetzen. Die traurige Freiheit Beſchwerde zu führen ver 
wandelt ſich jegt in eine füße Nothwendigkeit unfern Wohl⸗ 
thäter zu Ioben.!! Prinz Condé meinte, follte es dem Koͤ⸗ 
nige einfallen zur protefiantifchen Kirche überzugehn, fo 
würde ihm der Elerus zuerft nachfolgen. 

Und wenigſtens gegen den Papſt Rand die Geiftlich- 
feit ohne Scrupel ihrem Könige bei: von Jahr zu Jahr 
erließ fie entfchiedenere Erklärungen zu Gunften der Eöniglis 
chen Gewalt. Endlich folgte die Verfammlung von 1682. 
„Sie ward, fagt ein venezianifcher Sefandter, ‚nach der 
Convenienz des Staatsminifteriums berufen und aufgelöft, 
nach defien Eingebungen geleitet!! ). Die vier Artikel, die 


1) Remontrance du clerge de France (assemblee & St. Ger- 
main en Laye en l’annde 1680) faite au roi le 10 juillet par 
Tillme et revme J. Bapt. Adheimar de Monteil de Grignan. Mém. 
du clerge& tom. XIV, p. 787. 


2) Foscarini: Relatione di Francia 1684. Con non dissi- 
mile dipendenza segue l’ordine eccl® le massime e l’interesse 
della corte,- come Pha fatto conoscere l’assemblea sopra le ver- 
tenze della regalia, unita, diretta e disciolta secondo le conve- 
nienze ed ispirationi del ministero politiccoe Provenendo della 


Ludwig XIV. und Innocenz A. 165 


fie abfaßte, haben ſeitdem immer als dad Manifeft ber gal⸗ 
licanifchen $reiheiten gegoleen. Die drei erften wiederholen 
ältere Behauptungen: Unabhängigkeit ber weltlichen Gewalt 
von der geiftlichen, Superiorität eines Conciliums über den 
Dapft, Unantaftbarfeit der gallicaniſchen Gewohnheiten. Vor: 
züglich merkwürdig aber ift der vierte, weil er auch bie 
geiftliche Autorität befchränft. „Selbft in Sragen bed Glau⸗ 
bens fen die Enticheibung bed Papſtes nicht unverbeflerlich, 
fo lange er die Beiftimmung der Kirche nicht habe.“ Wir 
fehen, die beiden Gewalten unterftüßten einander. Der König 
ward von den Einwirkungen ber weltlichen, der Elerus von 
der umbebingten Autorität der geiftlichen Gewalt des Papſt⸗ 
thums freigefprochen. Die Zeitgenoffen fanden, wenn man -- 
in Sranfreich ja noch innerhalb ber Eatholifchen Kirche fey, 
fo fiche man doch ſchon auf der Schwelle um herauszutre⸗ 
ten. Der König erhob jene Säge zu einer Art von Glau⸗ 
bensartifel, von fombolifhem Buch. Su allen Schulen 
ſollte barnach gelehrt werden, Niemand einen Grad in der 
juriftifchen oder der theologifchen Facultaͤt erlangen Fönnen 
der diefelben nicht befchtwöre. 

Aber auch der Papſt hatte noch eine Waffe. Der Koͤ⸗ 
nig beförderte vor allen andern die Urheber der Decla⸗ 
ration, die Mitglieder diefer Verfammlung in die bifchdf- 
lichen Aemter: Innocenz weigerte fich ihnen die geiftliche 
Inſtitution zu geben. Die Einkünfte mochten fie genießen, 


mano del re l’esaltatione e fortuna de? soggetti che lo com- 
pongono, dominati sempre da nuove pretensioni e speranze si 
scorgono piü attaccati alle compiacenze del monarca che eli 
stessi secolari. 


a 


166 Buch VII. Spätere Epochen. 


aber die Drbination empfingen fie nicht, einen geiftlichen 
Act des Episcopates durften fie nicht ausüben. 

Diefe Verwickelung vermehrte fich noch dadurch, daß 
Eubtvig XIV. in biefen Augenblicke, und zwar vorzüglich 
deshalb um fich als vollfommen rechtgläubig auszuweiſen, 
gu jener graufamen Ausrottung der Hugenotten fchritt. Er 
glaubte Damit der Fatholifchen Kirche einen großen Dienft 
zu leiſten. Auch hat man wohl gefagt, Papft Imnocen; 
fen damit einverftanben gewefen '). Aber in der That ift 
bag nicht fo. Der römifche Hof wollte jet mit einer Ber 
fehrung durch bewaffnete Apoftel nichts zu fchaffen haben: 
„dieſer Methode habe: fich Chriſtus nicht bedient, man muͤſſe 
bie Menfchen in die Tempel führen, aber nicht hinein 
fchleifen ' 2). 

Und immer neue Irrungen erhoben fih. Der fran⸗ 
söfifche Borfchafter zog im Jahre 1687 mit einem fo flars 
fen Gefolge, fogar ein. paar Schwadronen Eavallerie, in 
Nom ein, daß ihm das Afylrecht, welches die Gefandten das 
mals nicht allein für ihren Pallaſt, fondern auch für Die 
benachbarten Straßen in Anfpruch nahmen, obwohl es ber 


1) Bonamici Vita Innocentii bei Lebret: Magazin VII, p. 
98, und die Note Lebrets: „Alſo iſt es nicht zu wiberfprechen” ꝛc. 

2) Venier: Relatione di Francia 1689. Nell’ opera tentata 
nella conversion degli Ugonotti dispiacque al re, non riportar 
dal pontefice lode che sperava, e riceve il papa in mala parte 
che fosse intrapresa senza sua participatione et eseguita con i 
noti rigori, — — publicando che non fosse proprio fare mis- 
sioni d’apostoli armati, e che questo metodo nuovo non fosse il 
migliore giach& Christo non se n’era servito per convertire il 
mondo: in oltre parve importuno il tempo di guadagnar gli ere- 
tici all’ ora che erano piü bollenti le controversie col papa. 





Ludwig XIV. und Innocenz XI. 167 


Papft feierlich aufgehoben, nicht wohl hätte Rreitig gemacht 
werben fünnen. Mit bewaffneter Mannfchaft trogte er bem 
Dapft in feinee Hauptſtadt. „Sie Fommen mit Roß und 
Wagen,“ fagte Innocenz, „wir aber wollen wandeln im 
Namen ded Herrn.“ Er fprach bie Firchlichen Cenfuren 
über den Botfchafter aus: bie Kirche ©. Luigi, in welcher 
Derfelbe einem feierlichen Hochamt beigewohnt hatte, warb 
mit dem Interdict belegt ). 

Da ging auch der Koͤnig zu den aͤußerſten Schritten 
fort. Er appellirte an ein allgemeines Concilium, ließ 
Avignon beſetzen, den Nuntius in S. Olon einſchließen; 
man glaubte, er habe die Abſicht, den Erzbiſchof Harlai 
von Paris, der alle dieſe Schritte wo nicht veranlaßt doch 
gebilligt hatte, zum Patriarchen von Frankreich zu creiren. 

So weit kam es: ber franzoͤſiſche Geſandte in Nom 
excommunicirt, der paͤpſtliche in Frankreich feſtgehalten, — 
35 franjzoͤſiſche Biſchoͤfe ohne die canoniſche Inſtitution, — 
eine paͤpſtliche Landſchaft vom Koͤnige eingenommen; das 
Schisma war hiemit in der That ſchon ausgebrochen. Nichts 
defio minder wich Innocenz XI. keinen Schrift breit. 

Fragen wir, worauf er fich dabei fügte, fo war es 
nicht eine Ruͤckwirkung feiner Eenfuren in Frankreich, nicht 
die Macht feines apoftolifchen Anſehens; fondern es war 
vor allem jener allgemeine Widerftand, welchen die Europa 


1) Legatio marchionis Lavardini Romam ejusque cum Bo- 
mano pontifice dissidium 1697. ine Widerlegung von Lavardin, 
welche diefe Ereigniffe mit vieler Ruhe und Einficht erörtert; fie ge: 
hört mit zu der Reihe trefflicher publiciflifher Schriften die durch 
die Anmaßungen Ludwigs XIV. in Deutfchland, den Niederlanden, 
Spanien und Stalien hervorgerufen wurden. 


168 Buch VII. Spätere Epochen. 


in dem Weſen feiner Freiheit bedrohenden Unternehmungen 
Ludwigs XIV. erweckt hatten, an dieſe ſchloß auch der Papſt 
fich an. 

Er unterftügte Deftreich in feinem türkifchen Kriege 
nach beſten Kräften °): der glücliche Erfolg biefer Feld⸗ 
zuͤge gab der ganzen Partei und auch dem Papſt eine neue 
Haltung. 

Das wird fich zwar ſchwerlich beweiſen laſſen, daß 
Innocenz, wie man gefagt bat, mit Wilhelm UI in un- 
mittelbarer Verbindung gefianden und um den Plan defielben 
gegen England gemußt habe ?). Aber fo viel liegt am Tage, 
daß die Oppefition wider Sranfreich hauptfächlich auf pros 


teſtantiſchen Kräften und Antrieben beruhte, und daß der 
Papſt das enge Verhälmiß Jacobs IL. zu Ludwig XIV, tvels 


ches jene Unternehmung hervorrief, unaufhörlich mißbilligte °). 
Der Widerftand den er dem von Frankreich beguͤnſtigten 
Sandidaten für das Erzbisthum EdIn leiftere, war im In⸗ 


1) Relatione di Roma di. Giov. Lando 1689. Die Subſi⸗ 
dien werden bier auf 2 Millionen Sc. angefchlagen. 

2) Auch in den Memoires sur le regne de.Frederic I, roi 
de Prusse, par le comte de Dohna p. 78 findet ſich diefe Be⸗ 
hauptung. Durch Königin Ehriftine feyen die Briefe an feinen Water 
gefommen, „qui les fesoit passer par le comte de Lippe, d’oü 
un certain Paget les portoit & la Haye.“ Trotz des Details diefer 
Angabe muß man fie bezweifeln, wenn man bemerft, daß die Könis 
gin Chriſtine in diefer ganzen Zeit mit dem Papſt gefpannt war. 
Dei dem Verhaͤltniß, das ſich aus ihrer Correfpondenz ergibt, halte 
ich es für unmöglich, daß ihr der Papſt, der einft die Achfel zuckend 
Hefagt hatte „e una donna‘, ihr ein ſolches Geheimniß anvertraut 
haben follte. 

3) Estratti delle lettere di monsr d’Adda nunzio apostolico 
in Mackintosh: History of the revolution in 1688. IE. Append. 








Ludwig XIV. und Innocenz XI. 169 


tereffe jener Oppofition und trug zum Ausbruch des Kries 
ges nicht wenig bei. 

Eines Krieged, der nun auch fogleich auf das geifts 
liche Verhaͤltniß zuruͤckwirkte. Schon mußten bie Prote 
fianten, indem fie das europäifche Gleichgewicht gegen bie 
„exorbitante Macht!! aufrecht erhielten, dazu mitwirken, 
daß dieſe fich auch dem geiftlichen Anfprächen des Papſt⸗ 
thums fügte. | 

Zwar Innocenz XI. erlebte das nicht mehr. Aber 
gleich der erfte frangöfifche Gefandte, der nach dem Tode 
deſſelben (10. Aug. 1689) in Rom erfchien, verzichtete 
auf das Aſylrecht; die Haltung des Königs aͤnderte fich; 
er gab Avignon zurüc, und fing an zu unterhanbeln. 

Es war dag um fo nothwendiger, da der neue Papft 
Alerander VIII, tie weit er auch übrigend von dem 
firengen Beifpiel feined Vorgängers abwich, doch in dir _ 
fem Punkte bei den Grundfägen deffelben aushielt. Ale - 
xander erflärte aufs neue die Befchlüffe von 1682 ') für 
ungültig und leer, null und nichtig, für unverbindlich, felbft . 
wenn fie mit einem Eide befräftigt worden feyen; Tag und 
Nacht denfe er mit einem Herzen voll Bitterfeit daran, 
mit Thränen und Seufzen erhebe er feine Augen. 


1) in dictis comitiis anni 168% tam circa extensionem juris 
regaliae quam circa declarationem de pofestate ecclesiastica acto- 
rum ac etiam omnium et singuloram mandatorum, arrestorum, 
confirmationum, declarationum, epistolarum, edictorum, decreto- 
rum quavis auctoritate sive ecclesiastica sive etiam laicali edi- 
torum, nec non aliorum quomodolibet praejudicialium praefato- 
rum in regno supradicto quandocunque et a quibusvis et ex 
quacunque causa et quovis modo faotorum et gestorum ac inde 
secutorum quorumeunque tenores. 4 Aug. 1690 Cocquel, IX, p.38. 


170 Buch VII Spätere Epochen. 


Nach dem frühen Tode Alexanders VIH. wandten Die 
Franzoſen alled an, um einen friebfertigen, zur Berföhnung 
geneigten Mann zum Yapft zu bekommen '): wie ihnen 
das auch mit Antonio Pignateli — Innocenz XIL — ge: 
fang (12. Yuli 1691). 

Der Würde des päpftlichen Stuhles etwas zu verge⸗ 
ben, hatte jedoch and) dieſer Papft eben fo twenig Neigung 
als irgend dringende Veranlaffung, da die verbündeten 
Waffen Ludwig XIV. fo ernſtlich und drohend befchäftigten. 

Zwei Fahre lang ward unterhandelt. Innocenz ver: 
warf mehr als einmal bie von ben franzoͤſiſchen Geiftlichen 
ihm vorgefchlagenen Formeln. Endlich mußten fie doch in 
ber That erflären, daß alles was in jener Affemblee berathen 
und beichloffen worden, als nicht berathen und nicht be: 
fchloffen angefehen feyn folle: „niedergeworfen zu den Fuͤ⸗ 
Ben Em. Heiligkeit befennen wir unfern unausfprechlichen 
Schmerz darüber! 2). Erft nach einem fo unbefchränften 
Widerrufe gab ihnen Innocenz bie canonifche Inſtitution. 

Nur unter dieſen Bebingungen ward der Friebe her: 
geftellt. Ludwig XIV. fchrieb den Papſt, daß er feine auf 
die 4 Artikel gegründeten Befehle zuruͤcknehme. Wir fe 


1) Domenico Contarini: Relatione di Roma 1696: Te- 
nendosi questa volta da Francesi bisogno d’un papa facile e 
d’animo assai rimesso e che potesse facilmente esser indotto a 
modificare la bolla fatta nell’ agonia di Alessandro VIII sopra 
Je propositioni dell’ assemblea del clero dell’anno 1682, diedero 
mano alla elettione di esso. 

2) Man bat zwar behauptet, und unter andern Petitot (No- 

tice sur Portroyal p. 240) ift der Meinung, daß biefed Schreiben 
von den SJanfeniften erfunden fey, pour repandre du ridicule 
et de Podieux sur les nouveaux dv&ques; — aber einmal bat 











Ludwig XIV. und Innocenz Al. 171 


ben wohl, noch einmal behauptete fich. der römifche Stuhl 
auch dem mächtigften Könige gegenüber in feinen Präroga- 
tiven. 

War es aber nicht fchon ein großer Nachtheil, daß 
Behauptungen von fo entfchiebener Feindfeligfeit eine Zeit 
lang Geltung und Anfehen gehabt hatten? Mit laͤrmen⸗ 
dem Aufiehen, als Reichsbeſchluͤſſe waren fie verfündige wor» 
den: privatim, ganz in ber Stile, in Briefform wurden 
fie widerrufen. And noch eine andere Bemerkung müffen 
wir machen. Keinesweges durch eigene Kraft hatte ber 
römifche Hof fich behauptet, fondern doch nur in Folge 
einer großen politifchen Combination, nur dadurch daß Frank⸗ 
reich überhaupt in engere Schranken zurückgetwiefen ward. 
Wie dann, wenn diefe Verhältniffe fich änderten, wenn es 
einmal Niemand mehr gab der den römifchen Stuhl ges 
gen den angreifenden Theil in Schus nehmen wollte? 


man body von ber andern Seite niemals eine andere Formel vor 
gebracht, ſodann ift die obige von den roͤmiſchen Schriftfiellern 
wenigftens inbirect immer anerfannt worden, 3. B. bei Novaes: Storia 
de’ pontefiei tom. XI, p. 117; endlicy ward fie gleich damals allge 
mein für echt gehalten, auch an dem Hofe, ohne Widerſpruch. Dome⸗ 
nico Contarini fagt: poco dopo fu preso per mano da Francesi 
il negotio delle chiese di Francia proponendo diverse formule 
di dichiarazione, — — materia ventilata per il corso di due 
anni e conclusa ed aggiustata con quella lettera scritta da ves- 
covi al papa che si & difusa in ogni parte. Es ift das aber eben 
jene Formel. Eine andere ift nicht befannt geworden. — Auch Dau⸗ 
nou: Essai historique sur la puissance temporelle des papes II, 
p. 196 theilt das Schreiben ald authentiſch mit. 


172 Bud VII Spätere Epochen. 


Spanifche | Erbfolge. 


Daß die fpanifche Linie des Hauſes Deftreich ausftarb, 

tar auch für das Papſtthum ein Ereignif von der höch- 
fien Bebeutung. 
Auf dem Gegenfage, in welchem die fpanifche Mo- 
narchie mit Frankreich fand, ber ben Charakter der euro: 
päifchen Politik überhaupt beftimmte, beruhte zuletzt auch 
die Sreiheit und GSelbftbeftimmung des päpftlichen Stuh⸗ 
les: durch die Maximen der Spanier war ber Kirchenftaat 
‚anderthalb Jahrhunderte lang mit Sriede umgeben worden. 
Was auch gefchehen mochte, fo war es alle Mal gefähr: 
lich, daß ein Zuftand, auf welchen ſich alle Getwohnheiten 
bes Daſeyns bezogen, zweifelhaft wurde. 

Aber noch viel gefährlicher war, daß über die Erbs 
folge ein Streit obmaltete, der in einen allgemeinen Krieg 
auszufchlagen drohte, einen Krieg der dann großentheild in 
Italien auggefochten werden mußte. Der Papſt felbft Eonnte 
fich der Nothwendigkeit Partei zu ergreifen ſchwerlich ent- 
siehen, ohne daß er doch zum Siege diefer Partei etwas 
Weſentliches beisutragen fich hätte fchmeicheln Fünnen. 

Sch finde die Nachricht "), Innocenz XII, der jeßt 


1) Morosini: Relatione di Roma 1707. Se il papa abbia 
avuto mano 0 partecipatione nel testamento di Carlo II, io non 
ardirö d’asserirlo, ne & facile di penetrare il vero con sicurezza. 


‚ Bensi addurrö solo due fatti. L’uno che questo arcano non si 


sa, se con veritä fu esposto in un manifesto uscito alle stampe 
in Roma ne’ primi mesi del mio ingresso all’ ambasciata all’ora 
che dall’ uno e l’altro partito si trattava la guerra non meno 


/ 








Spanifhe Erbfolge. 173 


mit den Franzoſen verfühnt war, habe Earl bem IL von 
Spanien den Rath ertheilt den franzöfifchen Prinzen zum 
Erben einzufegen, und diefer Nath des h. Waters habe hei 
der Abfaffung jenes Teſtamentes, auf das fo viel ankam, 
vorzüglich mitgeroirkt. | 

Auf jeben Sal verlieh der römifche Stuhl die anti⸗ 
frangöfifche. Politif, die er feit Urban VIIL faft ohne Aus⸗ 
nahme befolgt hatte: er mochte «8 als die geringere Ders 
Anderung, als dag mindere Uebel anfehen, wenn die ganze 
Monarchie ohne Theilung an einen Prinzen aus einem 
Haufe überging das fich damals fo vorzugsweiſe Eatholifch 
hielt. Clemens XI, Gianfranc. Albani, gewählt 16. Nov. 
1700, lobte den Entſchluß Ludwigs XIV, die Erbfchaft an- 
zunehmen, öffentlich; er erließ ein Gluͤckwuͤnſchungsſchrei⸗ 
ben an Philipp V, und gemährte ihm Subſidien aus geiſt⸗ 
lichen Gütern, gleich als walte fein Zweifel an feinem Rechte 
ob ?). Clemens XI. konnte als ein Zögling, recht als ein 
Mepräfentant des römifchen Hofes angefehen werben, ben 
er niemals verlaffen hatte; leutſeliges Weſen, literarifches 
Talent, untabelhaftes Leben hatten ihm ben allgemeinen 
Beifall verfchafft *); den drei legten Päpften, fo verfchieben 
fie auch waren, hatte ex fich gleich fehr anzufchmiegen, noth- 


con Y’armi che con le carte. L'altro che il papa non s’astenne 
di far publici elogj al christmo d’essersi ritirato dal partaggio 
ricevendo la .monarchia intiera per il nepete. 

1) Buder: Leben und Thaten Clemens XI, tem. I, p. 148. 

2) Erizzo: Relatione di Roma 1702. Infatti pareva egli la 
delizia di Roma, e non eravi ministro regio ne natione che non 
credesse tutto suo il cardinale Albani. Tanto bene, fügt er 
hinzu, sapeva fingere affetti e variare lingnaggio con tutti. 


174 Buch VII. Spätere Epochen. 


wendig zu machen gewußt; durch ein geuͤbtes, brauchbares 
und doch niemals unbequemes Talent Fam er empor. Wenn 
er einmal gefagt hat, als Cardinal habe er guten Rath zu 
geben verftanden, als Papſt wiſſe er fich nicht zu helfen, 
fo mag das bezeichnen, daß er fich geeigneter fühlte, einen 
gegebenen Impuls zu ergreifen und weiter zu leiten, als mit 
freiem Entfchluß feine Bahn zu wählen. Inden er unter ans 
dern gleich bei feinem Eintritte die jurisbictionelen Fragen 
mit erneuter Strenge aufnahm, folgte er nur der öffentlichen 
Meinung, dem Intereſſe der Curie So glaubte er nun 
auch an bad Gluͤck und bie Macht bes großen Könige. 
Er zweifelte nicht, daß Ludwig XIV. den Gieg behaupten 
werde. Bei jener Unternehmung von Deutfchland und 
Italien ber gegen Wien im jahre 1703, welche alles en⸗ 
digen gu müffen ſchien, Fonnte er, wie der venesianifche 
Geſandte verfichert, die Sreude und Genugthuung nicht ver 
bergen, welche ihm der Fortgang der franzöfifchen Waffen 
machte. 

Aber eben in dieſem Augenblicke (chlug das Gluͤck um; 
jene bdeutfchen und englifchen Gegner des Königs, denen 
Innocenz XI fich angeſchloſſen, Clemens XL aber allmählig 
entfremdet hatte, erfochten Siege, wie noch nie; die Fais 
ferlichen Schaaren, vereinigt mit preußifchen, ergoffen fich 
nach Stalien; einen Papſt, der fich fo zweideutig betrage, 
waren fie nicht gemeint zu ‚fchonen; bie alten Prätenfionen 
des Kaiſerthums, deren feit Earl V. nicht mehr gebacht 
worden, erwachten wieder. 

Da wollen wir nun nicht alle die bittern Irrungen 





Spanifhe Erbfolge 175 


erörtern, in toelche Clemens XL verwickelt marb "); end» 
lich feßten ihm die Kaiferlichen einen Termin zur Annahme 
ihrer Sriedensvorfchläge, unter denen die Anerkennung bed 
öftreichifchen Prätendenten die wichtigfie war. Vergebens 
fah fich der Papſt nach Hülfe um. Er wartete big auf 
ben feftgefeßten Tag, nach beffen unbenugtem Berlaufe bie 
Kaiferlihen Stadt und Staat feindfelig zu. überziehen ger 
droht hatten, 15. Jan. 1709; erſt in der legten Stunde 
deffelben, eilf Uhr Abende, gab er feine Unterfchrift *). Er 
batte früher Philipp V. begluͤckwuͤnſcht; jetzt fah er ſich 
genöthigt defien Gegner Earl ILL. als katholiſchen König 
anzuerkennen ?). 

Damit befam nun nicht allein bie ſchieberichterliche 
Autoritaͤt des Papſtthums einen harten Stoß, ſondern alle 
politiſche Freiheit und Selbſtbeſtimmung ward ihm entriſ⸗ 
fen. Der franzoͤſiſche Geſandte verließ Rom mit der Er⸗ 
flärung, es ſey gar nicht mehr der Sig ber Kirche °). 

Schon nahm auch die Lage ber Welt überhaupt eine 
andere Geftalt an. Am Ende war «8 doch das proteftan; 

1) 3. B. über die Einquartierung von Parma un Piacenza; 
wo auch die Geiftlichen zu den Kriegscontributionen berbeigezogen 
worden. Accord avec les deputes du duc et de la ville de Plai- 
sance 14 dec. 1706 art. IX, que pour soulager l’etat tous 
les particuliers quoique tr&s privil&gies contribueroient & la sus- 
ditte somme. Üben bieß wollte der Papſt nicht leiden. Die kai⸗ 


ſerlichen Anfprüche wurden hierauf mit doppelter LZebhaftigfeit er: 
neuert. Contredeclaration de l’empereur bei Zamberty V, 85. 

2) Die Bedingung, anfangs geheim gehalten, warb durch ein 
Schreiben bes dftreichifchen Gefandten an ben Ser8 von Maribos 
rough befannt, bei Lamberty V, 242. 


3) Lettre du maredchal Thesse au pape 12 juillet 1709. 


16 Buch VOL Spätere Epochen. 


tifche England, welches bie Entfcheibung über die letzte Be 
flimmung der fpanifchen und Eatholifchen Monarchie herbei; 
führte: welchen Einfluß Fonnte Daun ber -Papft noch aus: 
üben. Ä 

Im Frieden von Utrecht wurden Länder, bie er als 
feine Lehen betrachtete, Sicilien, Sardinien, an neue Für: 
fien gewieſen, ohne daß man ihn Dabei auch nur zu Rathe 
gezogen hätte‘). An die Stelle der unfehlbaren Entfchei- 
dung des geiftlichen Oberhirten trat die Convenienz der gros 
fen Mächte. | 

Ja es wibderfuhr dem päpftlichen Stuhle hiebei be⸗ 
fondered Unglüd. 

Es war allegeit einer ber vornehmfien Gefichtepunfte 
feiner Politik gemefen, auf die italienifchen Staaten Ein- 
fluß zu. befigen, two möglich eine indirecte Hoheit über die: 
felben auszuüben. 

Jetzt aber hatte fich nicht alfein dag deutſche Oeſtreich 
faſt in offenem Kampfe mit dem Papfte in Italien feſtge⸗ 
gefeßt: auch der Herzog von. Savoyen gelangte im Wider: 
foruch mit ihm zu Eöniglicher Macht und großen neuen 
Befigthümern. 

Und fo ging dag num weiter. 

Um den Streit zwiſchen Bourbon und Deftreich zu 
verſoͤhnen, gaben die Mächte dem Wunſche der Königin 
von Spanien Gehör, einem ihrer Söhne Parma und Pia- 
cenza zu überlaffen. Seit zwei Jahrhunderten war die paͤpſt⸗ 

| liche 


1) Wie bedenklich das Betragen von Savoyen war, Lafltau: 
Vie de Clement XI tom. II, p. 78. 








Spantfhe Erbfolge 177 


liche Oberherrlichkeit über dieß Herzogthum nicht. in Zwei⸗ 
fel gezogen worden: die Fürften hatten bie Lehen empfans 
gen, ben Tribut gezahlt; jet aber da diefed Recht eine neue 
Bedeutung bekam, da fich vorausſehn ließ daß der Manns⸗ 
ſtamm des Hauſes Sarnefe in kurzem erlöfchen werde, nahm 
man nicht mehr Nückficht. darauf. Der Kaifer gab das 
Land einem Infanten von Spanien gu Lehen. Dem Papft 
blieb nichts übrig als Proteftationen zu erlaffen, auf welche 
Niemand achtete ?). 

Aber nur einen Augenblick befand ber Friede zwiſchen 
den beiden Haͤuſern. Im Jahre 1733 erneuerten die Bour⸗ 
bons ihre Anſpruͤche an Neapel, das in den Haͤnden von 
Oeſtreich war; auch der ſpaniſche Botſchafter bot dem 
Papſt Zelter und Tribut an. Jetzt hätte Papſt Clemens 
XII. die Dinge gern gelaſſen wie ſie ſtanden; er ernannte 
eine Conmiſſion von Cardinaͤlen, welche fuͤr die kaiſerlichen 
Anſpruͤche entſchied. Aber auch dieß Mal lief das Krieges 
glück dem päpftlichen Urtheile entgegen; bie fpanifchen 
Waffen behaupteten den Sieg. In kurzem mußte Elemend 
bie Invefitur von Neapel und Sicilien demfelben Infan⸗ 
ten zuerfennen, den er mit fo großem Verdruß von Parına 
hatte Beſitz nehmen fehen. 

Wohl war nun der endliche Erfolg aller dieſer Kaͤmpfe 
dem nicht ſo ganz unaͤhnlich, was der roͤmiſche Hof ur⸗ 
ſpruͤnglich beabſichtigt hatte: das Haus Bourbon breitete 
ſich uͤber Spanien und einen großen Theil von Italien aus: 


1) Protestatio nomine sedis apostolicae emissa in conventu 
Cameracensi bei Rouffet supplöment au corps diplomat. de Du- 
mont IH, II, p, 173. 


Yäpfte ** , 12 


178 Bud VOL Spätere Epochen. 


— aber unter wie ganz andern Umſtaͤnden war bad doch 
geſchehen, als welche man urfprünglich im Sinne hatte. 
Dad Wort ber Entfcheidung in dem wichtigſten Mo⸗ 
ment war von England ausgegangen: nur in offenbaren: 
Widerſpruche mit dem päpftlichen Stuhle waren bie Bour⸗ 
bons in Stalien eingedrungen: bie Trennung der Provin⸗ 
sen, die man vermeiden. wollte, war eben eingetreten, und 
erfüllte Italien und den Kirchenſtaat unaufhörlich mit feind⸗ 
feligen Waffen. Die weltliche Autorität des päpftlichen 
Stuhles war damit big. in .feine nächfle Umgebung ver: 
nichtet. ' ' 
Auf die Firchenrechtlichen Streitfragen, die mit den po; 
lieifchen Berbälmmiffen fo genau sufammenbangen, mußte Das 
dann auch eine große Ruͤckwirkung ausüben. 
Wie fehr hatte es ſchon Clemens XL. zu empfinden! 
Mehr ald einmal ward fein Nuntius aus Neapel ent 
fernt: in Sicilien wurden einft die römifch gefinnten Geiſt⸗ 
lichen in Maſſe aufgehoben: und nach dem Kirchenflaat ges 
bracht ')5 fchon erhob ſich in allen italienifchen Gebieten 
bie Abficht, nur noch Eingeborne zu Eirchlichen  Würben 
gelangen zu laſſen ?): auch in Spanien warb bie Nuntia⸗ 
tur gefchloffen °), und Clemens XI. glaubte einmal genöthigt 


: 2) Buder: Leben und Thaten Clemens XI, tom. III, p. 571. 


2) Aus Lorenzo Tiepolo Relatione diRoma 1712 ſehen wir, 
daß die Kaiferlichen in Neapel wie in Mailand ſchon damals die 
Abficht hatten, che li beneficii ecelesiastici siano solamente dati a 
nationali, colpo di non picciolo danno alla corte diRoma se si 
effettuasse. 


3) San Felipe Beiträge zur Gefchichte von Spanien IH, 214. 





Spanifhe Erbfolge. 179 


za werben ben leitenden fpanifchen Minifter Alberoni vor 
die Inquiſition zu ziehen. 

Bon Jahr zu Jahr wurden biefe Irrungen weit 
ausſehender. Der’ römifche Hof beſaß nicht mehr bie 
Kraft und innere Energie feine Gläubigen zuſammenzu⸗ 
balten. . 

„Ich Tann nicht leugnen,“ fagt der venesianifche Ges 
fandte Mocenigo 1737, „es hat etwas Wibernatürkiches, wenn 
man bie katholiſchen Regierungen ſaͤmmtlich in fo großen 
Zwiſtigkeiten mit dem römifchen Hofe erblickt, daß fich Feine 
Verföhnung denken. läßt, die nicht biefen Hof an feiner Le⸗ 
benskraft verlegen müßte. Sey es größere Aufklärung, wie 
fo Viele annehmen, ober ein Geiſt der Gewaltthaͤtigkeit ge: 
gen den Schwächern, gewiß ift ed, daß bie Fürften mit 
rafchen Schritten darauf losgehn den römifchen Stuhl al- 
ler feiner weltlichen Gerechtfame zu berauben.” *) 

Erhob man in Rom einmal bie Augen, fah man um 
fich ber, fo mußte man inne werben, daß alles auf dem 
Spiele fiche, wenn man nicht die Hand zum Frieden biete. 

Das Andenken Benebict XIV. — Prospero Lambers 
tini, 1740 — 1758 — ift in Segen, weil er ſich entfchloß 
die unerläßfichen Sugeftändniffe zu machen. 

Man tweiß, wie wenig ſich Benebict XIV. durch die 
hohe Bedeutung feiner Würde bienden, mit Selbfigefühl 
erfüllen ließ. Seiner fehersbaften Munterkeit, feinen bolo- 
gnefifchen Bonmots wurde er nicht ungetreu, weil er Papft 
war. Er fland von feiner Arbeit auf, trat zu feiner Um⸗ 

1) Aluise Mocenigo IV: Relatione di Roma 16 Apr. 1737. 


©. d. Anhang. 
12* 


180 Buch VIE. Spätere Epochen. 


gebung, brachte einen Einfall vor, den er indeß gehabt, 
und ging wieder an feinen Tifch *). Er blieb immer über 
den Dingen. Mit freiem Blick überfchaute er dag Ber: 
haͤltniß des paͤpſtlichen Stuhles zu ben europäifchen Maͤch⸗ 
ten, und nahm wahr, was fich halten laffe, was man auf; 
‚geben müffe. Er war ein zu guter Canoniſt und doch auch 
zu fehr Papſt, um fich hierin zu meit fortreißen zu laſſen. 
Vielleicht der außerordentlichſte Act ſeines Pontificates 
it das Eoncordat, das er 1753 mie Spanien abfchloß. 
Er gewann ed über fi, auf jene Vergabung ber Eleineren 
Mründen, welche die Eurie dort noch immer befaß, obwohl 
jetzt mur ‚unter heftigen Widerfpruch, Verzicht zu leiften. 
Sollte aber ber Hof ben bedeutenden Gelbgemwinn den erw 
bisher Daher gezogen, ſo ohne alle Entfchädigung verlieren? 
Sollte die päpftliche Gewalt auch ihren Einfluß auf die 
Perſonen mit Einem Wale fahren laffen? Benebict fand fol- 
genden Ausweg. Don jenen Pfruͤnden wurden 52 nament⸗ 
fich der Befegung des Papſtes vorbehalten, „damit cr die 
jenigen fpanifchen Geiftlichen belohnen koͤnne, welche füch 
burch Tugend, Sittenreinheit, Gelehrfamfeit, oder. durch 
Dienfte, dem römifchen Stuhle geleiftet, einen Anfpruch 
darauf erwerben würden" 2). Der Verluſt der Curie 


1) Belatione di F. Venier di Roma 1744: Ascese il papa 
al trono di S. Pietro, non seppe cambiare l’indole sua. Egli 
era di temperamento affabile insieme e vivace, e virestö, spar- 
geva fin da prelato li suoi discorsi con giocosi sali, ed ancor 
li conserva, — — dotato di cuore aperto e sincero trascurd 
sempre ogn’ una di quelle arti che si chiamano romanesche. 

2) accid non meno S. Stä che i suoi successori abbiano il 
modo di provedere e premiare quegli ecclesiastici che per probitä 








Spanifche Erbfolge. 181 


ward auf Gelb angefihlagen. Man fand, er belaufe fich. 
nachweislich auf 34300 Scudi. Der König verpflichtete 
fich ein Eapital zu zahlen, defien Zinfen zu 3 Procent ges 
rechnet eben fo viel betragen möchten: 1,143330 Scußi. 
Das alles außgleichende Gelb zeigte. auch endlich einmal in 
Eirchlichen Angelegenheiten feine verfühnende Kraft. 

Auch mit den meiften anbern Höfen traf Benebict XIV. 
nachgebende Berträge. Dem Könige von Portugal ward 
das Patronatrecht, das er fchon befaß, noch erweitert, und 
zu den andern geifilichen Ehrenvorrechten, bie er erworben, 
auch noch der Titel des Allergetreueſten gewährt. Der fare 
binifche Hof — doppelt mißvergnuͤgt, weil die Zugeftäuds - 
niffe, bie er in günfligen Augenblicken erlangt, unter dem 
legten Pontificat wieder zurückgenommen worben — wurde 
durch die concorbdirenden Sinfteuctionen von 1741 und 
1750 befriedigt *). In Neapel, two fich unter der Beguͤn⸗ 
figung auch der Faiferlichen Regierung befonderd durch 
Gaẽtano Argento eine juridifche Schule gebildet, welche bie 
Eonteftationen des geiftlichen Rechtes zu ihrem vornehm- 
ſten Studium machte, und den päpftlichen Anfprüchen leb⸗ 
haften Wibderftand Teiftete ?), ließ Benebict XIV. gefchehen, 
daß die Mechte der Nuntiatur getvaltig befchränft, und bie 


e per illibatezza de’ costumi o per insigne letteratura 0 per ser- 
vizi prestati alla s. sede se ne renderanno meritevoli (Worte 
bed Concordats, unter andern in dem englifchen Eommitteereport 1816 
p. 317). 

1) Risposta alle notizie dimandate intorno alla giurindit- 
tione ecclesiastica nello stato di S.Mt& Turino 5 Marzo 1816. 
ibid. p. 250. 

2) Giannone storia di Napoli VI, 387. 


182 Buch VOL. Spätere Epochen. 


Geiftlichen zur Theilnahme an den Auflagen herbeigezogen 
wurden. Dem faiferlichen Hofe wurde die Befchränfung 
der gebotenen Feſttage gerwährt, bie zu ihrer Zeit fo gros 
Bes Auffehm machte; hatte der Papſt nur erlaubt an dies 
fen Tagen zu arbeiten, fo trug der Eaiferliche Hof Fein Be 
denken mit Gewalt dazu zu nöthigen. 

Dergeſtalt verföhnten fich die katholiſchen Höfe noch 
einmal mit ihrem Firchlichen Dberhaupte. Nech einmal 
ward der Friede hergeſtellt. 

Durfte man ſich aber wohl uͤberreden, daß es hiemit 
abgethan ſey? Sollte der Streit zwiſchen Staat und Kir⸗ 
che, der faſt auf einer Innern Nothwendigkeit des Kathos 
licismus beruht, durch fo leichte Transackionen gefchlichtet 
feyn? Unmoͤglich Eonnten biefe doch für mehr als für den 
Augenblick, genügen, aus dem fie hervorgegangen waren. 
Schon Fündigten ſich aus ber aufgeregten Tiefe neue und 
bei weiten gewaltigere Stürme an. 


Deränderte Weltftellung. Innere Gährungen. 
Aufhebung der Jeſuiten. 


Nicht allein in Italien, in dem füdlichen Europa, ſon⸗ 
dern in der allgemeinen politifchen Lage der Dinge hatte fich 
bie größte Veränderung vollzogen. | 

Wo waren die Zeiten bin, in welchen ſich das Papſt⸗ 
thum , und zwar nicht ohne Grund, Hoffnung machen 
durfte Europa und die Welt aufs neue zu erobern? 

Unter den fünf großen Mächten, welche bereit in ber 
Mitte des achtzehnten Jahrhunderts bie Weltgeſchicke be: 








Veränderte Weltfiellung. 188 


ſtimmten, hatten fich drei unkatholifche erhoben. Wir ‘bes 
rüßrten, welche Verſuche die Päpfte in frühern Epochen 
machten, von Polen aus Rußland und Preußen, von 
“ Sranfreih und Spanien ber England zu überwältigen. 
Eben diefe Mächte nahmen jet Antheil an der Weltherr⸗ 
ſchaft; ja man darf wohl ohne Täufchung fagen, daß fir 
in jener. Zeit das Uehbergewicht über bie Eatholifche Haͤlfte 
von. Europa beſaßen. 

Nicht etwa daß ein Dogma über dag andere, bie pro⸗ 
teſtantiſche Theologie über bie: katholiſche obgeſiegt hätte: 
auf bdieſem Gebiete bewegte fich der Streit nicht mehr; 
fondern die Veränderung war durch bie nationalen Ent 
toichelungen eingetreten, deren Grundlage wir oben wahrnab: 
men: die Staaten ber unkatbolifchen Seite zeigten ſich den 
Fatholifchen im Allgemeinen überlegen, Die zufammenhals 
tende monarchifche Geſinnung der Ruſſen hatte: über die 
auseinanderfallende Ariftofratie von Polen, — die Indu⸗ 
firie,. ber praftifche Sinn, das feemännifche Talent der 
Engländer über die Nachläfigkeiten der Spanier und über 
bie ſchwankende, von zufälligen Abwandlungen innerer Zur 
ftände abhängige. Politik der Franzoſen, — die energifche 
Organiſation und die militärifche Disciplin von Preußen 
hatte über die Principien einer Föderativmonarchie wie ſie 
ſich damals in Deftreich darftellte, den Sieg davon getragen.- 

War num gleich dieß Uebergewicht keineswegs von 
Firchlicher Natur, fo mußte es doch auf Die lirchlichen 
Dinge eine nothwendige Ruͤckwirkung ausuͤben. 

Einmal ſchon, indem mit den Staaten die Religions⸗ 
parteien emporkamen. Rußland z. B. ſetzte jetzt in den 


184 Buch VOR Spätere Epochen. 


umirten Provinzen: von Polen ohne Weiteres griechifche Bi⸗ 
fchöfe ein *); bie Erhebung von Preußen gab allmählig den 
beutfchen Proteftanten wieder ein Gefühl von Selbſtaͤndig⸗ 


feit und Kraft; wie fie es lange nicht. gehabt; je entſchie⸗ 


dener fich die proteftantifche Macht von England zur Sees 


herrſchaft erhob, deſto mehr mußten bie katholiſchen Miſ⸗ 


ſionen in Schatten treten und an ihrer Wirkſamkeit ver⸗ 
lieren, bie ja einſtmals auch anf politiſchem Einfluß be; 


ruhte. 
Abber auch in weiterm Sinne. Noch in ber zweiten 


Hälfte des ſiebzehnten Jahrhunderts, als England an die 


franzoͤſiſche Politik geknuͤpft, Rußland von dem übrigen 
Europa ſo gut wie getrennt war, die brandenburgiſch⸗preu⸗ 
ßiſche Macht ſich eben erſt erhob, hatten die katholiſchen 
Maͤchte, Frankreich, Spanien, Oeſtreich, Polen ſelbſt in ih⸗ 
rer Entzweiung die europaͤiſche Welt beherrſcht. Es mußte, 
daͤucht mich, das Gefühl des Daſeyns umwandeln, daß 
dieß ſo ſehr veraͤndert war; das Selbſtgefuͤhl einer unbe⸗ 
dingten Bedeutung mußte beſchraͤnkt werden, verſchwinden. 


Der Papſt ward jetzt erſt inne, daß er nicht mehr an der 


Spige der vormwaltenden Weltmacht ftand. 

Endlich aber, follte man nicht daran denken, woher 
Die Veränderung Fam? Jede Niederlage, jeder Verluſt 
wird bei dem Befiegten, der nech nicht an fich verzwei⸗ 
felt, eine innere Gährung Hervorrufen, Nachahmung des 
überlegenen Gegners, Wetteifer mit ibm. Die firenger mo⸗ 
narchifchen, militärifch- commerciellen Tendenzen des unfas 
tholifchen Theiles drangen jegt in bie Fatholifchen Staaten 

1) Rulhiere: Histoire de l’anarchie de Pologne I, 181. . 


VBeränderte Weltftellung. 185 


ein. Da es fich doch nicht leugnen ließ, daß ber Macs 
theil, in den fie gerathen waren, mit ihrer geiftlichen Der; 
faffung zuſammenhing, fo warf fich die Bewegung zunachſe 
auf dieſe Seite. 

Hier aber traf ſie mit mächtigen Innern Gaͤhrungen zu: 
ſammen, die indeß auf dem Gebiete des Glaubens und ber 
Meinung innerhalb bed Katholicismus ausgebrochen waren. 

Die janfeniflifchen Streitigkeiten, beren Urſprung wir 
beobachteten, erneuerten fich felt dem Anfange des achtzehn 
ten Jahrhunderts mit verboppelter Deftigfeit. en hoͤch⸗ 
fer Stelle gingen fie aus. In dem oberſten geiftlichen 
Rathe in Frankreich pflegten der Beichtuater des Könige, 
in ber Regel ein. Jeſuit, und der Erzbifchof von Paris den 
vornehmften Einfluß auszuuben. La Ehalfe und Harlai 
hatten von bier aus in enger Bereinigung Die Unterneh 
mungen ber. Krone gegen das Papſtthum geleitet. Nicht 
fo gut verfianden fich ihre Nachfolger, le Tellier und No 
ailles. Es mögen leichte Meinungsverfchiebenheiten gewe⸗ 
fen fenn, welche den erften Anlaß gaben: firengeres Feſt- 
halten des Einen bei ben jeſuitiſchen, moliniſtiſchen, tole⸗ 
rirende Hinneigung des Andern zu den janſeniſtiſchen Bes 
griffen; allmählig aber brach eine vollkommene Entziweiung 
aus: von dem Cabinet des Könige her fpaltete füch die 
Nation. Dem Beichevater gelang es, nicht allein ſich in 
der Gewalt zu behaupten, ben König zu gewinnen, fondern 
auch ben Papft zu der Bulle Unigenitus zu bewegen, in 
welcher bie janfeniftifchen Lehren von Sünde, Gnade, Rechts 
fertigung und Kirche auch in ihrem minder herben Aus, 
druck, zuweilen wörtlich wie man fie in Auguflinus zu 


186 Buch VII. Spätere Epochen. 


finden meinte, und in bei weitem größerer Ausdehnung ale 
in jenen fünf Sägen, verurtheilt wurden). Es war bie 
legte Entſcheidung in den altem durch Molina angeregten 
Slaubensfragen; ber römifche Stuhl trat nach fo langem 
JZaudern endlich unzweifelhaft auf bie jefuitifche Seite... Da- 
durch: gelang «8 ihm nun allerdings, den mächtigen Orben 
für ſich zu getwinnen, ber ſeitdem, was ev früher wie wir 
faben keinesweges immer that, die ultramontanen Doctri⸗ 
nen, bie Anfprüche der päpftlichen Gewalt auf das lebhaf⸗ 
teſte verfocht; es gelang. ihm auch, mit der franzoͤſiſchen 
Kegierung ‚in gutem Berhältniß zu bleiben, von ber .ja 
jene Entſcheidung hervorgerufen worben; bald wurden nur 
noch Die angeſtellt, die ſich der Bulle unterwarfen. Aber 
auf der andern Seite erhob ſich auch die gewaltigſte Oppo⸗ 
ſition: in den Gelehrten, die ſich an Auguſtin, den Orden, 
die ſich an Thomas von Aquino hielten; in den Parla⸗ 
menten, welche in jedem neuen Acte des roͤmiſchen Hofes 
eine Verletzung der gallicaniſchen Rechte ſahen; jetzt end⸗ 
lich ergriffen die Janſeniſten fuͤr dieſe Freiheiten ernſtlich 
Partei: mit immer weiter ſchreitender Kuͤhnheit bildeten fie 
eine der roͤmiſchen entgegenlaufende Doctrin uͤber die Kirche 
aus; ja unter dem Schutze einer proteſtantiſchen Regierung 


1) Die Mémoires secrets sur la bulle Unigenitus I, p. 123 
ſchildern ben erften Eindrucd ben fie hervorbrachte. Les uns pu- 
blioient qu’on y attaquoit de front les premiers principes de la 
foi et de la morale; les autres qu’on y condamnoit les senti- 
ments et les expressions des saints pöres; d’aufres qu’on y en- 
levoit & la charitd sa predminence et sa force; d’autres qu’on 
leur arrachoit des mains le pain celeste des &critures; — les 
nouveaux réunis & V’6glise se disoient trompes etc. eto. 





Innere Bährungen. 187 


fetten fie ihre Idee fogleich ind Werk; Im Utrecht entfland 
eine erzbifchöfliche Kirche, die fich im Allgemeinen katho⸗ 
lifch, aber dabei in voller Unabhängigkeit von Rom hielt, 
und der jefuitifch- ultramontanen Richtung unaufhörlich den 
Krieg machte. Es wäre wohl der Mühe werth, ber Entwicke⸗ 
lung, Verbreitung und Wirkſamkeit diefer Meinungen über 
ganz Europa hin nachjuforfchen. In Frankreich wurden 
bie Janſeniſten bebrängt, verfolgt, von den Stellen ausge 
ſchloſſen; aber; wie es zu gefchehen pflegt, in der Haupt 
fache- ſchadete ihnen dag nicht: -mährend ber Verfolgungen 
erfkärte fich ein großer Theil des Publicums für fie. Haͤt⸗ 
ten fie nur nicht durch ihre wundergläubigen Uebertreibun⸗ 
gen auch ihre begründeten Lehren in Mißcrebit gefebt. Aber 
auf jeden Fall behielten fie ein enges Verhaͤltniß zu reines 
rer Gittlichfeit und tieferem Glauben, das ihnen allenthal⸗ 
ben Bahn machte. Wir finden ihre Spuren in Wien und 
in Drüffel, in Spanien und Portugal '), in ganz Sta 
fien 7). Durch. bie gefammte Fatholifche Chriſtenheit brei⸗ 
teten fich ihre Lehren aus: gumeilen oͤffentlich, häufiger ind, 
geheim. 

Ohne Zweifel war e8 unter andern auch dieſe Ents 
zweiung der Geiſtlichkeit, welche der Erhebung noch einer 
weit gefährlichern Geſinnung den Weg bahnte. 

Es ift ein auf ewig merkwuͤrdiges Phänomen, wel⸗ 

1) Mon findet bei Llorente Histoire de P’inquisition III, 93 
dis 97, wie viel die Inquiſition unter Carl III. und Carl IV. mit 
wahren oder. angeblichen Sanfeniften zu Ichaffen hatte. 

2) 3.2. fehr früh in Neapel; ſchon 1715 glaubte man, in Nea⸗ 


yel fey die Hälfte von den einigermaßen nachdenfenden Leuten Jans 
feniften. Keyßler Reifen p. 780. 





108 Buch VIL Spätere Epochen. 


en Einfluß: die veligiöfen Beftrebungen Ludwigs XIV. auf 
den franzoͤſiſchen, ja auf den europaͤiſchen Geift. überhaupt her: 
vorgebracdht haben. . Er Batte die äußerfie Gewalt angewandt, 
göttliche und menfchliche Geſetze verlegt, um den Protefians 
tismus auszurotten, und felbft alle abweichenden Meinun⸗ 
gen innerhalb des Katholicismus zu vernichten; fein gan» 
zes Beſtreben war geweſen, feinem Neiche eine vollkommen 
und orthodox Farholifche Haltung zu geben. Kaum hatte 
er aber bie Augen gefchloffen, als alles umfchlug. “Der 
yeprimirte Geift warf fich in eine zügellofe Bewegung. 

Gerade der Abfchen gegen das Verfahren Ludwigs XIV. 
beisirkte, daß fich eine Meinung erhob, die dem Katholi- 
cismus, ja aller pofitiven Religion überhaupt den Krieg 
erklärte. Von Fahr zu Jahr nahm fie an innerer Kraft 
und Verbreitung nach außen zu. Die ſuͤdeuropaͤiſchen Neiche 
waren auf bie innigfte Verbindung der Kirche und des Staa⸗ 
te8 gegründet. Hier bildete fich eine Gefinnung aus, welche 
den Widerwillen gegen Kirche und Religion gu einem Syſtem 
entroickelte, in welchem fie alle - Vorfielungen von Gott 
und Welt, alle Principien des Staates und ber Geſellſchaft, 
alle Wiſſenſchaften ſyſtematiſch begriff, eine Literatur ber 
Dppofition, welche die Geifler unwillkuͤhrlich an fich riß 
und mit unauflöglichen Banden feflelte. 

Es liegt am Tage, wie wenig biefe Tendenzen mit 
einander übereinftimmten: die reformirende war ihrer Natur 
nach monarchifch: was man von der philoſophiſchen nicht 
fagen Fann, die fich gar bald auch dem Staate entgegen 
feßte: die janfeniftifche hielt an Ueberzeugungen feft, welche 
ber einen wie der andern gleichgültig wo nicht verbaßt 





Innere Sährungen. 169 


waren; aber zundchft wirkten fie zufammen. Sie brachten 
jenen Geiſt der Neuerung hervor, ber um fo weiter um 
fich greift, je weniger er ein beflimmtes Ziel bat, je mehr 
er die gefammte Zukunft in Anfpruch nimmt, und ber aus 
den Mißbraͤuchen des Beſtehenden täglich neue Kräfte 
faugt. Diefer Geift ergriff. jet bie Farholifche Kirche. Zu 
Grunde lag ihm wohl in ber Negel, bewußt oder unbe 
mußt, was man bie Philofophie des achtzehnten Jahrhun⸗ 
derts genannt hat; die janfeniftifchen Theorien gaben ihm 
Firchliche Form und Haltung; zur Thätigkeit trieb ihn das 
Beduͤrfniß der Staaten, bie Gelegenheit de8 Momentes an. 
Sin allen Ländern, an allen Höfen bildeten fich zwei Par: 
teien aus, von denen bie eine ber Curie, der geltenden Vers 
faſſung und Lehre den Krieg machte, die andere die Dinge 
wie fie waren, die Prärogative der allgemeinen Kirche feſt- 
zuhalten fuchte. | 

Die letzte ſtellte fich vor allem in den Jeſuiten dar; 
der Orden erfchien als. bad Hauptbollwerk der ultramon- 
tanen Grundſaͤtze: zunaͤchſt gegen ihn richtete ſich der 
Sturm. 


Noch in dem achtsehnten Jahrhundert waren bie Je⸗ 
fuiten fehr mächtig; wie früher, bauptfächlich Dadurch, daß 
fie die Beichtftühle der Großen und der Sürften inne hats 
ten, und ben Unterricht der Jugend leiteten; ihre Unter: 
nehmungen, ſey e8 der Neligion, wiewohl Biefe nicht mit 
ber alten Energie getrieben wurden, ober auch ded Handels, 
umfaßten noch immer bie Welt. Jetzt hielten fie fich ohne: 


10: Bud VII Spätere Epochen. 


Wanken zu den Doctrinen kirchlicher Orthodorxie und Un: 
terordnung; was denſelben irgend zuwiderlief, eigentlicher 
Unglaube, janſeniſtiſche Begriffe, Tendenzen der Reform, 
alles fiel bei ihnen in dieſelbe Verdammniß. 

Zuerſt wurden ſie auf dem Gebiete der Meinung, der 
Literatur angegriffen. Es iſt wohl nicht zu leugnen, daß 
ſie der Menge und Kraft der auf ſie eindringenden Feinde 
mehr ein ſtarres Feſthalten an den einmal ergriffenen Leh⸗ 
ren, indirecten Einfluß auf die Großen, Verdammungsſucht 
entgegenſetzten als die echten Waffen des Geißes. Mar 
kann es kaum begreifen, daß weder ſie ſelber noch auch 
andere mit ihnen verbuͤndete Glaͤubige ein einziges ori⸗ 
ginales und wirkſames Buch zur Vertheidigung hervor⸗ 
brachten, waͤhrend die Arbeiten ihrer Gegner die Welt 
uͤberſchwemmten und die oͤffentliche Ueberzeugung feſtſtellten. 

Nachdem ſie aber einmal auf dieſem Felde der Lehre, 
der Wiſſenſchaft, des Geiſtes, uͤberwunden waren, konnten 
fie ſich auch nicht mehr lange in Beſitz der Gewalt halten. 

In der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts kamen 
im Widerſtreit jener beiden Tendenzen faſt in allen ka⸗ 
tholifchen Staaten reformirende Minifter ans Nuder: in 
Sranfreich Choifenl '), in Spanien Wal, Squillace, in 
Neapel Zanweci, in Portugal Carvalho: alles Maͤnner 


1) Im Anhang zu den Memoiren der Mad. du Gauffet- findet 
fi) ein Auffag: de la destruction des Jesuites en France, worin 
der Widerwille Choifeuls gegen die Sefuiten daher geleitet wird, 
baß der General ihm einft in Rom zu erfennen gegeben, daß er 
wiffe was in Paris bei einem Gouper gefprochen worden war. Das 
ift aber eine Geſchichte, die fi) auf mancherlei Art wiederholt, und 
ſchwerlich viel auf fich hat. Die Sachen liegen etwas tiefer. 








: Aufhebung der Zefuiten. is 


welche es mm Gebanken. ihres Lebens gemacht hatten has 
Uebergewicht bed geiftlichen Elementes gu unterdruͤcken. 
Die kirchliche Oppofition befam in ihnen Darfielung unb 
Macht; ihre perfönliche Stellung beruhte barauf; der of 
fene Kampf war um fo unvermeiblicher, da ihnen die Je⸗ 
fuiten durch perfönliche Gegenwirfung, duch Einfluß auf 
die hoͤchſten Kreife in den Weg fraten. 

Der erfie Gedanke ging noch nicht auf .eine Vertil⸗ 
gung des Ordens: man wollte ihn nur gunächit von den 
Höfen entfernen, ihn feines Erebited, wo möglich auch 
feiner Reichthümer berauben. Hiezu glaubte man fich fogar * 
des römifgen Hofes bedienen zu können. Die Spaltung 
welche. die katholiſche Welt theilte, war am Ende auch hier 
in getoiffem Sinne eingetretn: «8 gab eine firengere und 
eine miüldere Partei: Benebict XIV, der bie legte repraͤſen⸗ 
tirte, war längft mit ben Jeſuiten ungufrieben: ihr Wer: 
fahren in ben Miffionen hatte er oftmals laut verdammt *). 

Nachbem Carvalho in der Bewegung der: Bactionen 
des portugiefifchen Hofes, den Jeſuiten, bie ihn zu ſtuͤrzen 
fuchten, zum Trotz, Herr und Meifter ber Staatsgewalt, ja 
des Föniglichen Willens geblieben, forderte er ben. Papſt zu 
einer Reform des Drdend auf). .: Er hob, wie natürs 
lich, bie Seite hervor die ben meiften Tabel barbot: bie 
mercantile Richtung bee Gefeltfchaft, ‚bie ihm auch über: 


1) Schon als Prälat Lambertini. Memoires du päre Nor- 
bert II, 20. 


2) Bon jefuitifcher Seite wird dieſer Streit der Factionen in 
der von Murr aus einer italieniſchen Handſchrift uͤberſetzten Geſchichte 
der Jeſuiten in Portugal doch recht anſchaulich geſchildert. 


193 Buch VIL Spätere Epochen. 


überbieß bei feinen commerciellen Beſtrebungen fehr beſchwer⸗ 
lich fiel. Der Papſt trug Fein Bebenken darauf eingugehn. 
Die weltliche Gefchäftigbeit des Ordens war ihm felbft ein 
Graͤuel. Auf den Antrag Carvalhos beauftragte er einen 
Freund deffelden, einen Portugieſen, Carbinal Saldanha, 
mit einer Vifitation des Ordens. In kurzem erging ein 
Decret diefes Viſitators, worin ben Jeſuiten ihre Handels⸗ 
geſchaͤfte ernftlich vertiefen, unb die Föniglichen Behörden 
ermächtigt wurden alle diefen Geiftlichen zugehörige Waa⸗ 
ren einzuziehen. 

Und ſchon hatte man indeß in Sranfreich bie Geſell⸗ 
fchaft von derfelben Seite angegriffen. Der Bankrutt eines 
mit dem Pater Lavallette auf. Martinique in. Verbindung 
ſtehenden Handelehaufes, das eine Menge anderer Falliſ⸗ 
fenents ‚nach, fich: 509, veranlaßte die bei. dem Verluſte Bes - 
theiligten, fich: mit ihren Befchwerden an die Gerichte zu 
wenden, welche bie Sache eifrig in die Hanb nahmen !). 

Wäre Benebict XIV. länger am Leben ‚geblieben, fo 
läßt ſich wohl.annehmen, daß er den Orden zwar. nicht 
etwa vernichtet, aber allmählig einer burchgreifenden und 
gründlichen Reform unterworfen haben wuͤrde. 

‚ Jeboch in biefem Angenbli farb Benedict XIV. 

Aus dem Conclave ging — 6. Juli 1758 — ein Mann 
von entgegengefeßter Gefinnung, Clemens XII, ale Papſt 
hervor. 

Clemens war von reiner Seele, reinen Abfichten; er 
betete viel und inbrünftig: fein höchfter Ehrgeiz war, einmal 

felig 
1) Vie privde de Louis XV. IV, p. 88. 











Aufhebung der Sefuiten. 193 


felig gefprochen zu werben. Dabei hegte er aber die Mei⸗ 
nung, daß alle Anfprüche bes Papſtthums heilig und unver: 
letzlich feyen: er beklagte tief, daß man einige fallen laſſen; er 
mar entfchieden, Feinerlei Zugeftändniffe zu machen, ja er 
lebte der Meberzeugung, daß man durch ſtandhaftes Feſthal⸗ 
ten noch alles gewinnen, den verbunfelten Glanz von Nom 
tieberherftellen fönne '). In den Jeſuiten fah er die ge 
treueften Verfechter des päpftlichen Stuhled und der Ne 
ligion; er billigte fie wie fie waren: einer Reform fand er 
fie nicht beduͤrftig. In alle dem beftärfte ihn feine Um⸗ 
gebung, die mit ihm betete. 

Allein wie die Sachen nun einmal ſtanden, Eonnte er 
Damit nichts anderes bewirfen, als daß die Angriffe heftis 
ger wurden, und fich zugleich gegen ben römifchen Stuhl 
felber wandten. | 

An Portugal wurden die Jeſuiten, man kann doch 
noch nicht deutlich jehen, ob fehuldig oder nicht, in bie 
Unterfuchung wegen eines Attentatd gegen bad Leben det 
Königs verwickelt; es erfolgte Schlag auf Schlag; end- 
Jich wurden fie mit unbarmherziger Gewaltſamkeit vertrieben 
und geradezu an ben Küften bes Kirchenſtaates ansgefegt. 

Indeſſen waren fie in Sranfreich durch jenen Pro- 
ceß in die Gewalt der Parlamente gerathen, von .denen 
fie von Anbeginn gehaßt worden. Ihre Sache ward. mit 
- großem Geräufch verhandelt; zuletzt verurtheilte man bie 


1) Sammlung der merkwuͤrdigſten Schriften die Aufhebung 
der Sefuiten betreffend 1773 I, p. 211. Wie fehr die allgemeine 
Meinung bawider war, fieht man unter andern aus Winfelmanns 
Briefen. 


Päpfie ** 13 


194 Buch VIE Spätere Epochen. 


gefammte Gefelifchaft Die Verpflichtungen Lavalette's zu er- 
füllen. Aber biebei blieb man nicht fiehn. Man machte 
den Jeſuiten die unumfchränkte Gewalt ded Generals, die 
mit den Keichegefegen nicht vereinbar fey, aufs neue zum 
Verbrechen, und zog die Gefeglichkeit ihres Dafeyns über- 
haupt in Zweifel. 

Gern Härte Ludwig XV. den Orden gerettet. Nicht 
um ihn zu verderben, fondern um ihn fo viel als möglich 
zu ſchuͤtzen, und nur weil die öffentliche Stimme, dag Ur- 
theil der Gerichte, die Mehrzahl feines Confeild ihn dahin 
drängte, fehlug er dem General.vor, einen Bicar in Frank⸗ 
reich zu ernennen '). 

Wenn ein Mann tie Acquaviva an der Spitze ge 
fianden hätte, fo würde man ohne Zweifel auch in die⸗ 
fem Augenblick noch auf eine Auskunft, eine. Vereinba⸗ 
‚rung gedacht haben. Aber die Geſellſchaft hatte jeßt das 
unbeugfamfte Oberhaupt, Lorenzo Ricci, der nichte ale dag 
Unrecht fühlte das ihr gefchah. Er entgegnete, eine fo 
weſentliche Aenderung der Verfaffung ftehe nicht in feiner 
Macht: Man wandte fi an den Papſt; Elemens XII. 
ermwieberte, durch das h. tridentiniiche Concilium, durch fo 
viele Eonftitutionen feiner Vorfahren fey diefe Berfaffung 
allzu deutlich gutgeheißen, als daß er fie abändern fönne ?). 
Jedwede Modification wiefen fie von fih. Es ift gang der 
Sinn Ricci's: sint ut sunt aut non sint, 


1) Schreiben von Praslin 16. San. 1762 bei Flassan: Hi- 
stoire de la diplomatie frangaise VI, 498. Die ganze Darftellung 


ift ſehr lehrreich. 
2) Erzaͤhlung der Jeſuiten bei Wolf: Gefchichte der Sefuiten III, 
365. Diefes Buch ift nur über Die Aufhebung des Ordens brauchbar. 











Aufhebung der Sefutten. 195 


Es erfolgte dad Nichtſeyn. Am Gflen Auguft 1762 
fprach das Parlament von Paris die Aufhebung der Jeſui⸗ 
ten in Stanfreih aus. Zwar erklärte der Papft in ei⸗ 
nem Confiftorium diefen Beſchluß für null und nichtig '), 
aber ſchon war es fo weit gefommen, daß er die Allocntion, 
in der er das gethan, nicht bekannt zu machen tagte. 

Und unaufhaltfam verbreitete fich diefe Bewegung über 
alle bourbonifchen Länder. Carl III. von Spanien ward 
überredet, es fey ein Plan ber Jeſuiten, feinen Bruder Don 
Luis an feiner Statt zum Throne zu befördern ?); hier⸗ 
auf ließ er mit ber entfchloffenen Verſchwiegenheit bie ihn 
überhaupt auszeichnete, alles vorbereiten, und die Häufer der 
Sefuiten an einem und bemfelben Tage in ganz Spanien 
fließen. In Neapel und Parma folgte man diefem Bei: 
fpiele ohne zu zögern. 

Vergebens war alles Ermahnen, Bitten, Befchtwören 
des Papfies. Endlich machte er auch einen andern Ver⸗ 


1) Potestatem ipsam Jesu Christi in terris vicario ejus unice 
tributam sibi temere arrogantes totius socielatis compagem in 
Gallico regno dissolvunt etc. etc. Daunou hat dDieß Actenftüc: 
Essai II, 207. 


2) Schreiben des franzäfifchen Gefandten, das aus dem italie- 
nifhen Werke: Delle cagioni dell’ espulsione de?’ Gesuiti, in Le 
bret's Gefchichte der Bulle in coena domini IV, 205 übergegan- 
gen if. Eine Relatione al conte di Firmian 1767 7 Apr. (MS der 
Brera) verfichert, die Jeſuiten Hätten doch eine Ahndung gehabt. 
Non fu senza forte motivo che poco prima di detta espulsione 
dimandarono al re la confirma de’ loro privilegi e del loro in- 
stituto, il. che zolamente in oggi si € saputo. ie hatten ihr 
Geld und ihre Papiere bei Seite gebracht. Uber der Vortheil ber 
Krone fhien Carl II. fo groß, daß er ausrief, er habe eine neue 
Melt erobert. 


13 * 


196 Buch VII Spätere Epochen. 


ſuch. Als der Herzog von Parma fo weit ging, auch den 
Recurs an römifche Tribunale, fo wie alle Verleihung 
der Pfründen des Landes an Nichteingeborne zu verbieten, 
ermannte ſich der Papft zu einem Monitorium, worin er 
diefem feinem Lehensmann bie geiftlichen Cenfuren. anfün- 
digte *). Der erſte Schritt einer den Angriff gurückgeben- 
den Vertheidigung. Aber er hatte die fchlimmften Folgen: 
der Herzog antiwortete auf eine Weile wie eg in frühern 
Sahrhunderten der mächtigfte König nicht gewagt haben 
würde: die Bourbonen nahmen fich feiner insgeſammt an. 
Avignon, Benevent, Pontecorvo wurden von ihnen befeßt. 

Dahin entwickelte fich die Seindfeligfeit der bourbo- 
nifchen Höfe. Bon der Verfolgung der Jeſuiten gingen 
fie unmittelbar zum Angriff auf den römifchen Stuhl über. 

- An wen follte der Papft fi) wenden? Alle italieni- 

fchen Staaten nahmen wider ihn Partei, Genua, Modena, 
Venedig. Er richtete feine Augen noch einmal auf Heft: 
reich. Er fchrieb der Kaiferin Maria Therefia, fie fen auf 
Erden fein einziger Troft; fie möge nicht zugeben, daß man 
fein Alter mit Gewaltthaͤtigkeiten erbrücke. | 

Die Kaiferin entgegnete, wie einft Urban VII. dem 
Kaifer Ferdinand, es fen eine Sache bed Staated und 
nicht der Religion, fie würde unrecht thun fich darin ein- 
zumiſchen. | 

Der Muth Clemens XIIL war gebrochen. Am An⸗ 
fang des Jahres 1769 erfchienen die Gefandten der bour- 
bonifchen Höfe, einer nach dem andern, erft der neapolite- 
nifche, dann der fpanifche, endlich der frangöfifche, um die 

1) Botta: Storia d’Italia tom, XIV, p. 147. 








Aufhebung der Jeſuiten. 197 


unmiderrufliche Aufhebung bed gefammten Ordens zu for: 
dern‘). Der Papft berief auf den 3. Zebr. ein Eonfiftorium, 
in welchem er bie Sache wenigſtens in Ueberlegung nehmen 
zu wollen fchien. Aber es war nicht beftimmt, daß er 
eine fo tiefe Demüthigung erleben follte. Den Abend zu: 
vor ergriff ihn eine Convulfion, an der er verfchieb. 

Die Stellung der Höfe war zu drohend, ihre Eintwirs 
fung zu mächtig, als daß fie in dem Eonclave, das nun: 
mehr folgte, nicht hätten durchdringen, und einen Mann 
wie fie ihn bedurften, zur dreifachen Krone befördern follen. 

Von allen Cardinaͤlen war Lorenzo Ganganelli ohne 
Zweifel der mildefte, gemäßigrfie. In feiner Jugend hat 
einer feiner Lehrer. von ihm gefagt, es fen Fein Wunder, 
menn er die Mufif liebe, in ihm felber ſey alles Harmo⸗ 
nie 2). So entwickelte er fich meiter, in unfchuldiger Ge⸗ 


. 1) Continuazione degli annali d’Italia di Muratori XIV, 1, 
p. 197. j 

2) Aneddoti riguardanti la famiglia e l’opere di Clemente 
XIV, bei den Lettere ed altre opere di Ganganelli, Firenze 
1829. Was diefe Werkchen und Briefe ſelbſt anbetrifft, fo mögen 
fie wohl interpolirt feyn, aber der Hauptfache nach halte ich fie doch 
für et: 1) weil die Wertheidigung berfelben in dem Ringratia- 
mento dell’ editore all’ autor dell’ anno literario im Ganzen 
natürlich und befriedigend ift: obwohl vor der Herausgabe ein un: 
verantwortlicher Gebrauch davon gemacht war; 2) weil glaubwuͤr⸗ 
dige Männer, 3. B. Cardinal Bernis, die Originale gefehen zu ha 
ben verficherten: der eigentliche Sammler war der florentinifche Lis 
terator Lami: nach) einem Briefe des Abbe DBellegarde bei Potter 
Vie de Ricci I, p. 328 beftätigten diejenigen, welche die Originale 
befaßen und die Eopien geliefert hatten, ihre Echtheit; 3) weil fie 
das Gepräge einer Driginalität, einer eigenthümlichen und in allen 
Lagen des Lebens fich gleichbleibenden Gefinnung tragen, die Fein 
Erfinder erdichtet haben kann. Es ift ein lebendiger Menſch darin. 
Am wenigften Finnen biefe Briefe von Caracciolo ſtammen. Man 


198 Buch VII Spätere Epochen. 


feligfeit, Zurückgegogenheit von der Welt, einfamen Stu⸗ 
dien, die ihn immer tiefer und tiefer in das Geheimniß 
wahrer Theologie führten. Wie er von Ariftoteles ſich bald 
zu Plato wandte, der feine Seele mehr befriedigte, fo ging 
er von den Scholaftifern zu den Kirchenvätern, von dieſen 
su der h. Schrift fort, die er mit der Inbrunſt eines von 
der Hffenbarung des Wortes überzeugten Gemuͤthes faßte: 
an deren Hand er fich dann mit jener ftillen und reinen 
Myſtik durchdrang, die in allen Dingen Gott fieht, und 
fi) dem Dienfle des Nächften widmet. Seine Religion 
war nicht Eifer, Verfolgung, Herrfchfucht, Polemik, ſon⸗ 
dern Friede, Demuth und inneres Verftändnif. Der un: 
aufhörliche Hader des päpftlichen Stuhles mit den Fatho> 
liſchen Staatögetwalten, der die Kirche zerrüttete, war ihm 
von ganzem Herzen verhaßt. Seine Mäfigung war nicht 
Schwäche oder auferlegte Nothmwendigfeit, fondern freies 
Wollen und innere Genialität. | 

Aus dem Schooße der Religion entwickelte ſich eine 
Geſinnung, welche, fo verfchieden fie auch in ihrem Ur⸗ 
fprunge von den weltlichen Tendenzen der Höfe war, ihnen 
doch von einer andern Seite ber entgegenfanı. 

Hauptfächlich durch die Bourbong, zunächft auf einen 
Vorſchlag der fpanifchen und franzöfifchen Cardinaͤle, warb 
Ganganelli in dem Eonclave durchgeſetzt. Er nannte fich 
Clemens XIV. 


braucht nur feine Vie de Clement XIV zu Iefen, um fich zu über- 
zeugen, wie tief alle feine Bemerfungen unter dem flehn, was von 
Clemens XIV. Herrührt. Das Gute welches diefe Schrift hat, if 
auch nur eine Ruͤckwirkung des ganganellifchen Geiftes. 





: Aufhebung der Jeſuiten. 399 


Die römifche Curie war, wie berührt, fo gut wie ans 
dere in zwei Parteien zerfallen: bie Zelanti, welche alle alten 
Gerechtſame aufrecht zu erhalten fuchten, und die Negaliften, 
welche dag Heil der Kirche in weifer Nachgiebigkeit zu finden 
glaubten, die Partei der Kronen, in Ganganelli kam dieſe 
legte zur Gewalt: in Rom vollzog fich die nemliche Der: 
änderung, bie bereitd an allen. fürftlichen Höfen eingetreten. 

Ganganelli begann damit, die Bulle in coena bomini 
nicht verlefen zu laſſen: die Zugefländniffe welche Bene: 
biet XIV. dem Könige von Sardinien gemacht, und die 
man feitdem nicht hatte anerkennen wollen, erweiterte er 
noch; gleich am Tage feiner Befißergreifung erklärte er, 
dag er einen Nuntius nach Portugal fenden werde; er ſus⸗ 
pendirte die Wirkfamfeit jenes Monitoriums gegen Parma; 
alsdann nahm er alles Ernſtes die jeſuitiſche Sache vor. 
Eine Commiffion von Cardinaͤlen warb niedergefeßt, dag 
Archiv der Propaganda durchfucht, das Für und Wider 
bebächtig erwogen. Clemens XIV. war wohl von vorn 
herein ungünftig geſtimmt. Er gehörte dem Orden ber 
Sranciscaner an, der fchon immer befonders in den Mife 
fionen die Jeſuiten bekämpft hatte; er hielt ſich an den 
auguftinianifch-thomiftifchen Lehrbegriff, fo ganz in Gegen: 
fag mit der Gefehfchaft; von janfeniftifchen Meinungen 
war er wohl nicht durchaus frei. Dazu kamen nun bi: 
mancherlei Anklagepunfte, bie man nicht twegargumentiren 
fonnte, und vor allem die Unmöglichkeit den Frieden der 
Kirche auf eine andere Weife berzuftellen. Am 21. Juli 
1773 erfolgte fein Spruch. „Angehaucht von dem goͤtt⸗ 
lichen Geiſte, wie wir vertrauen, durch die Pflicht getries 


200 Buch VII. Spätere Epochen. 


ben bie Eintracht der Kirche zuruͤckzufuͤhren, uͤberzeugt, 
daß die Geſellſchaft Jeſu den Nugen nicht mehr leiften kann, 
zu dem fie geftiftet worden, und von andern Gründen der 
Klugheit und Regierungsweisheit beivogen, die wir in uns 
feem Gemüthe verfchloffen behalten, heben wir auf und 
vertilgen wir bie Geſellſchaft Jeſu ihre Aemter, Haͤuſer, 
Inſtitute.“2) 

Ein Schritt von unermeßlicher Bedeutung. 

Einmal ſchon für das Verhaͤltniß zu den Proteftan: 
ten. Zu dem Kampfe mit benfelben war das JInſtitut -urs 
fprünglich berechnet, von Grund aus eingerichtet: — bezog 
fich doch felbft feine Dogmatif hauptfächlich auf den Ge 
senfag gegen Calvin; — es war ber Charakter, ben bie 
Sjefuiten noch am Ende des 1Tten Jahrhunderts in ben 
Sugenottenverfolgungen erneuert und befeftigt hatten. Mit 
dieſem Kampfe war es aber jet am Ende; auch einer ges 
fliffentlichen Selbfttäufchung hätte er Feine wefentliche Aus; 
ficht mehr dargeboten: in dem großen Weltverhältnig befa- 
Ben die Unkatholifchen ein unleugbares Webergewicht, und 
die katholiſchen Staaten fuchten fich ihnen vielmehr anzu: 
nähern als fie an fich zu ziehen. Darin, follte ich glaus 
ben, liegt der vornehmfte, tieffte Grund der Aufhebung bes 
Ordens. Er war ein Kriegeinftitut, das für den Frieden 
nicht mehr paßte. Da er nun um fein Haar breit weis 
hen wollte, und alle Reform, deren er doch auch in anderer 
Hinſicht fehr bedurfte, hartnäcig von fich wies, fo fprach 
er fich ſelbſt fein Urcheil aus. Es ift von hoher Beben: 
tung, daß der päpftliche Stuhl einen Orden nicht zu be 

1) Continuazione degli annali tom. XIV, P. II, p. 107. 


Aufhebung der Jeſuiten. 201 


haupten vermag, der zur Bekaͤmpfung der Proteſtanten ge⸗ 
gruͤndet iſt, daß ein Papſt und zwar zugleich aus innerli⸗ 
cher Bewegung ihn aufgibt. 

Die naͤchſte Wirkung hatte das aber auf die katholiſchen 
Laͤnder. Die Jeſuiten waren angefeindet, geſtuͤrzt worden 
hauptſaͤchlich weil ſie den ſtrengſten Begriff der Oberhoheit 
des roͤmiſchen Stuhles verfochten; indem dieſer fie fallen ließ, 
gab er zugleich die Strenge jenes Begriffes und feine Con- 
fequenzen felber auf. Die Beftrebungen der Oppofition er: 
fochten einen unzweifelhaften Sieg. Daß die Gefellfchaft, 
welche den Lnterricht ber Jugend zu ihrem Gefchäft ge 
macht und noch immer in fo großem Umfange trieb, ohne 
Borbereitung, mit Einem Schlage vernichtet ward, mußte 
eine Erfchütterung der Fatholifchen Welt bis in Die Tiefe, biß 
dahin wo die neuen Generationen fich bilden, hervorru⸗ 
fen !). Da das Außenwerk genommen worben, mußte ber An⸗ 
griff einer fiegreichen Sefinnung auf die innere Feſtung noch 
viel Iebhafter beginnen. Die Bewegung wuchs von Tage 
zu Tage, der Abfall der Gemüther griff immer weiter um 
ſich; was ließ fich erwarten, da die Gährung jetzt fogar 
in dem Reiche hervortrat, deffen Dafeyn und Macht mit 
den Nefultaten der Fatholifchen Beftrebungen in der Epo⸗ 
che ihrer Herftellung am genaueften zufammenhing, in 
Deftreich. Eine allgemeine Ummälzung fünbigte ſich da; 
mit an. 


1) Montbarey: M&moires I, p. 225. 


202 Buch VIL Spätere Epochen. 


Revolutionäred Zeitalter, 


Es war der Sinn Joſephs IL. alle Kräfte feiner Mo- 
narchie unumfchränft in feiner Hand zu vereinigen. Wie 
hätte er die Einwirfungen von Rom, den Zufammenhang 
feiner Unterthanen mit dem Papſte billigen ſollen. Sey «8, 
daß er mehr von Sanfeniften oder mehr, von Unglaͤubigen 
umgeben war ') — fie boten einander ohne Zweifel auch 
bier die Hand, tie in dem Angriff auf die Sjefuiten, — 
allen zufammenhaltenden, auf eine Außerliche Einheit der 
Kirche abzielenden Inſtituten machte er einen unabläßigen 
gerftörenden Krieg. Won mehr als 2000 Klöftern hat er 
nur ungefähr 700 übrig gelaffen; von den Nonnencongres 
gationen fanden nur die unmittelbar nüßlichen bei ihm 
Gnade; und auch die, welche er noch verfchonte, riß er 
von ihrer Verbindung mit Rom los. Die päpftlichen Dig; 
penfationen fah er an wie ausländifche Waare, und wollte 
fein Geld dafür aus dem Lande gehn laffen; er erklärte 
ſich öffentlich für den Adminiftrator der Weltlichfeit der 
Kirche. 

‚Schon fah der Nachfolger Ganganelli's, Pius VI, dag 
einzige Mittel den Kaifer von ben aͤußerſten Schritten, 

vielleicht auch in dogmatifcher Hinficht, zurückzuhalten, in 


1) Was van Swieten geglaubt hat, mag dahin geftellt bleiben. 
Daß es aber auch eine fehr ausgebildete janfeniftifche Richtung in 
Wien gab, zeigt unter andern das Leben von Feßler. Feßlers Ruͤck⸗ 
blicfe auf feine fiebzigjährige Pilgerfhaft p. 74, 78 und an andern 
Stellen. Vgl. Schlözers Staatsanzeigen IX, 33. p. 113. 


Revolutionaͤres Zeitalter. 203 


dem Eindruck, den er in perfönlicher Begegnang auf ihn 
su machen hoffte: er felbft begab fich nach Wien, und man 
wird nicht fagen dürfen, daß die Milde, der Adel und die 
Anmuth feiner Erfcheinung ohne Einfluß geblieben. Jedoch 
in der Hauptfache fuhr Joſeph ohne Wanfen noch Rück 
ficht fort. Dem Klofter, bei welchem er feierlich von dem 
Papſt Abfchied genommen, ward unmittelbar darnach feine 
Aufhebung angekündigt. Pius VI. mußte fich zuleßt ent: 
fchließen die Beſetzung der bifchöflichen Stellen dem Kais 
fer auch in Italien zu überlaffen. 

So drangen die antipäpftlichen Beſtrebungen jetzt auch 
von der oͤſtreichiſchen Seite in Italien vor. Leopold, ſo 
viel wir urtheilen koͤnnen, ſelbſt von janſeniſtiſcher Geſin⸗ 
nung, reformirte die Kirche von Toscana ohne Ruͤckſicht 
auf den Stuhl von Rom: unfern der Capitale der Chriſten⸗ 
heit erließ die Synode von Piſtoja in ihren Beſchluͤſſen ein 
rechtes Manifeſt der Vereinigung gallicaniſcher und janſeni⸗ 
ſtiſcher Grundſaͤtze. Neapel, das durch die Koͤnigin Caro⸗ 
line auch mit dieſer Seite in enger Verbindung ſtand, hob 
die letzten Zeichen des Lehensverbandes mit dem romiſchen 
Stuhle auf. 

Auch auf die deutſche Kirche hatten die Unternehmune 
gen bes Kaifers mittelbare Ruͤckwirkung. Die geiftlicyen 
Ehurfürften begannen nad) ſo langem Einverftändniß fich 
endlich auch dem römifchen Stuhle entgegensufegen. Nach 
ihrer Erklärung von Ems, „gefchrieben mit einer Seder”, 
fagt ein römifcher Praͤlat, „die in die Galle Paul Sarpis 
getaucht war,“ follte fich der römifche Primat in Zukunft 
mit den echten begnügen, die ihm in den erften Sjahr- 








204 Bud VIU. Spätere Epoden. 


hunderten zugeſtanden '). Die deutfchen Eanoniften hatten 
ihnen trefflich vorgearbeitet. Nur. gab e8 neben diefen auch 
andere Nechtslehrer, welche das ganze Wefen der katholi⸗ 
ſchen Kirche in Deutfchland, die politifche Macht Diefer 

Hierarchie, ihre Staatsverwaltung befämpften ?). Der Se 
Iehrten wie ber Laien hatte fich eine lebhafte Neuerungs⸗ 
fücht bemächtigt. Der geringere Clerus und die Bifchöfe, 
Bischöfe und Ersbijchöfe, dieſe felbft und der Papft waren 
gegen einander. Es ließ fich auch hier alles zu einer Ver: 
Anderung an. 


Ehe man aber noch dazu fchritt, ehe noch Joſeph mit 
feinen Reformen zum Ziel gekommen, brach die gewaltigfte 
Erplofion der in der Tiefe gährenden Elemente in Frank⸗ 
reich aus. 

Es liegt am Tage, daß die Irrungen des Elerus in 
ſich felbft, der Gegenfag zwei feindfeliger Parteien in allen 
religiöfen Angelegenheiten, die Unfähigkeit ber herrfchenden, 
fih) auf dem Gebiete der Meinung und ber Literatur zu 
behaupten, der allgemeine Widerwille, ben fie nicht ganz 
ohne ihre Schuld auf fich geladen, zu ber Entwidelung 
des Ereigniffes das ben Charakter der neuern Zeit beherrfcht, 
der frangöfifchen Revolution, unbefchreiblich beigetragen hat. 
Der Geift der Oppofition, der fi) aus dem Innern des 


1) Bartolommeo Pacca: Memorie storiche sul di lui | 808 
giorno in Germania p. 33. 

2) 3 DB. Zriedrih Carl v. Mofer: über die Regierung ber 
geiftlihen Staaten in Deutfhland 1787. Sein Hauptoorfchlag ift 
p. 161, daß „Fuͤrſt und Bilchof wieder von einander getrennt 
werben.” 














Revolutionäres Zeitalter. 205 | 


in fich felbft irre gewordenen Katholicismus erhoben, hatte j 
fich immer mehr confolidirt. Schritt für Schritt drang er 
vorwärts; in ben Stürmen des Jahres 1789 gelangte ex 
in den Befiß der Gewalt, einer Gewalt bie fich berufen 
glaubte das Alte durchaus zu zerfiören, eine neue Welt 
gu machen; in dem allgemeinen Umſturz, ber über das al 
Ierchriftlichfte Reich verhängt ward, traf dann nothwendig 
einer ber ftärfften Schläge. auch bie geiftliche Verfaſſung. 
Es fam alles zufammen: finanzielles Beduͤrfniß, Ins 
tereffe der Einzelnen wie der Municipalitäten, Gleichgüls 
tigkeit oder Haß gegen die beftehende Neligion: endlich 
machte ein Mitglied des hohen Clerus felbft den Antrag, 
der Nation, d. i. der weltlichen Gewalt, und zumaͤchſt der 
Nationalverfammlung bag Recht zuzuerkennen, über die geifts 
lichen Güter zu verfügen. Bisher waren diefe Güter als 
ein Eigenthum nicht nur der frangöfifchen, fonbern zugleich 
ber allgemeinen Kirche betrachtet worden: zu jeder Veraͤu⸗ 
Berung war eine Beiftimmung des Papftes erforderlich ges 
wefen. Wie entfernt aber lagen die Zeiten, bie Ideen, 
aus denen Begriffe diefer Art hervorgegangen waren. Jetzt 
fprach. die Verfammlung nach kurzer Debatte ſich felbft das 
Recht zu, über die Güter zu verfügen, d. i. fie zu veraͤu⸗ 
fern, und zwar noch mit. unbedingterer Befngniß als bei 
dem erften Antrag beabfichtigt war. Unmoͤglich aber konnte 
fie hiebei ſtehn Bleiben. Da durch die Einziehung der 
Güter, mit der man Feinen Augenblick gögerte, dag fernere 
Beftehn der bisherigen Verhaͤltniſſe unmöglich ward, fo 
mußte man unverzüglich gu einer neuen Einrichtung fchreis 
ten, wie fie in der bürgerlichen Eonftitution des Clerus zu 


206 Buch VII. Spätere Epochen. 


Stande gefommen if. Das Princip des reuolutionirten 
Staated warb auch auf die geiftlichen Dinge übergetra- 
sen *); an bie Stelle der burch die Concordate beſtimmten 
Einfeßung follte die Volkswahl, an die Stelle der Unab⸗ 
hängigkeit, welche der Befig liegender Gründe gewährte, 
die Befoldung treten; alle Diöcefen wurden geändert, Die 
Orden abgefchafft, die Geluͤbde aufgehoben, der Zuſam⸗ 
menhang mit Nom unterbrochen; als eins der ſchwerſten 
Verbrechen würde die Annahme eines Breve betrachtet 
worden feyn. Der Verſuch eines Karthäuferd die Allein- 
berrfchaft der Eatholifchen Religion zu retten hatte nur ben 
Erfolg diefe Befchlüffe zu befchleunigen. Der geſammte 
Cerus follte fich durch feierliche Eidesleiftung auf diefelben 
verpflichten. | 
Es laͤßt fich nicht leugnen, daß biefer Gang der Dinge 

fi) unter der Mitwirkung ber frangöfifchen, der Beiftimmung 
aller übrigen Janſeniſten vollzog. Sie fahen mit Vergnüs 
gen, daß die Macht von Babel, wie fie in ihrem Haffe Die 
römifche Curie nannten, einen fo ftarfen Schlag erlitt, daß 
der Clerus geſtuͤrzt wurde, von dem fie fo vide Verfol⸗ 
gungen erfahren hatten. Selbſt ihre theoretifche Uebergens 
gung ging dahin: „indem man die Geiftlichfeie ihrer Reich- 
thuͤmer beraube, zwinge man fie fich wirkliche Berdienfte 
su erwerben‘! 2). | 

| 1) Recht fuftematifh, nach der Lehre alter Kirchenhiſtoriker: 
Tota ecelesiarum distributio ad formam imperii facta est. 
Gamus: Opinion sur le projet de constitution du clerge, 31 
mai 1790. 


2) Briefe von Gianni und einigen andern Abbaten bei Wotter 
Vie de Ricci II, p. 315. Wolf: Gefchichte der Fatholifhen Kirche 











Revoluttonaͤres Zeitalter. 207 


Der römifche Hof ſchmeichelte ſich noch einen Augen: 
blick, dieſer Bewegung durch eine innere Neaction Einhalt 
gethan zu fehen; der Papft unterließ nichte, um dazu mit 
zuwirken. Er verwarf die neue Eonftitution, verdammte 
Die Bifchöfe welche den Eid darauf geleiftet,, fuchte durch 
Zuſpruch und Lob die noch immer gahlreiche Partei, die fich 
in den Widerfiand geworfen, barin zu beftärfen; enblich 
ſprach er fogar über die einflußreichfien unb nambafteften 
Mitglieder des conftitutionellen Clerus den Bann aus. 

Es war aber alle umfonft; bie revolutionäre Ten; 
benz behielt den Platz; der innere Bürgerkrieg, den ‚haupt 
fächlich die religiöfen Antriebe entzündeten, fchlug zum Bor: 
theil der Neuerung aus. Glücklich. wäre der Papft gewe⸗ 
fen, wenn es nur babei fein Bewenden gehabt, mern Frank: 

reich nichts weiter als fich von ihm losgeriſſen hätte. 
| Aber indeß war der allgemeine Krieg ausgebrochen, 
der die Lage von Europa fo von Grund aus umwandeln 
ſollte. 

Mit jener unwiderſtehlichen Wuth, einer Miſchung 
von Enthuſiasmus, Begierde und Schrecken, die in dem 
innern Kampfe entwickelt worden, ergoß ſich die revolutio⸗ 
naͤre Gewalt auch uͤber die franzoͤſiſchen Grenzen. 

Was ſie beruͤhrte, Belgien, Holland, das uͤberrheini⸗ 
ſche Deutſchland, wo gerade die geiſtliche Verfaſſung ihren 
vornehmſten Sitz hatte, wandelte ſie auf eine ihr analoge 
Weiſe um: durch den Feldzug von 1796 ward ſie Meiſte⸗ 


unter Pius VI. hat B. VI, p. 82 ein Capitel über den Antheil 
der Sanfeniften an der neuen Berfaffung, bas aber ſehr ſchwach aus⸗ 
gefallen iſt. 


208 Buch VIII Spätere Epochen. 


rin auch in Stalien: allenthalben erhoben fich bie revolu⸗ 
tionären Staaten; ſchon bebrohte fie den Papft in feinem 
Staate, in feiner Hauptfindt. 

Ohne eigentlich thätige Theilnahme hatte er fich nur 
mit dem Gewicht feiner geiftlichen Waffen auf der Seite 
ber Eoalition gehalten. Aber vergeblich machte er diefe feine 
Neutralität geltend "). Seine Landfchaften. wurden über: 
sogen, jur Empörung gereist; unerfehwingliche Lieferungen 
und Abtretungen wurden ihm auferlegt, wie noch nie einem 
feiner Vorgänger ?).. Und damit war ed noch nicht einmal 
sethan. Der Bapft war nicht ein Beind wie die andern. 
Während des Krieges hatte er fogar den Muth gefaßt die 
jaufeniflifch- galticanifchen Doctrinen von Piſtoja durch die 
Bulle auctorem fidei zu verwerfen: die unnachgiebige Hal- 
fung, die er angenommen, jene feine verurtheilenden Bre⸗ 
ven hatten noch immer. auf das innere Sranfreich eine große 
Wirkung: die Franzoſen forderten .jegt als Preis des Frie⸗ 
dens den Widerruf derfelben, Die Unerfennung der buͤrger⸗ 
lichen Sonftitution. 

Dazu aber war Bing VL nicht zu bewegen. Es hätte 
ihm eine Abweichung von. dem Grunde des Glaubens, ein 
Verrath an ſeinem Amte geſchienen dien nachgugeben ?). 

Er 


1) Authentiſthe Geſchichte des krambſiſchen Revolutionskrieges 
in Italien 1797. Der Papſt hatte erklaͤrt, die Religion verbiete ei⸗ 
nen Widerſtand, der Blutvergießen veranlaſſen koͤnnte. 

2) In den Mémoires historiques .et philosaophiques sur Pie 
VI et son pontificat tome Il wird der Verluft des rdmiſchen Staa⸗ 
tes auf 220 Mill. Livres berechnet. 

3) Memoria direita al principe della- »pace bei Tavanti: Fa- 
sti di Pio VI, tom. III, p. 335. 8. Santitä rimase stordita, 





Kevolutionäres Zeitalter. 209 


Er erwiederte anf Die Borfchläge, „nachben er Gott um 
feinen Beiftand angerufen, infpiriet, twie er glaube, von dem . 
göttlichen Geifte, weigere er fich auf biefe Bebingungen 
einzugehn. Ä 
Einen Augenblick fchienen die revolutionären Gewal⸗ 
ten fich zu befcheiben — «8 warb ein Abkommien getrof⸗ 
fen auch obne jene Zugeſtaͤndniſſe, — aber nur einen Aus 
genblick. Won der Abficht fich von dem Papft loszurei⸗ 
gen waren fie fchon zu dem Gedanken fortgefchritten ihn 
gerabehin zu vernichten. Das Directorium fand das Res 
giment ber Briefter in. Stalin unverträglich mit dem feis 
nigen. Bei dem erfien Anlaß, den eine zufällige Bewe⸗ 
gung in der Bevoͤlkerung gab, wurde Nom übergogen, der 
Batican beſetzt. Pius VL bat feine Seinde, ihn: hier, wo 
er gelebt, num auch noch fterben zu laſſen: er ſey fchon über 
80 Jahr alt. Man antivortete ihm, fterben Eönne er überall; 
man beraubte fein Wohnzimmer vor feinen Augen; auch 
feine Heinften Bebürfniffe nahın man ihm weg; den Ring, 
den er trug, zog man von feinem Singer; endlich führte 
man ihn nach Frankreich ab, wo er im Auguſt 1799 
farb. - . 
In der That, es konnte feheinen, ale ſey es mit der 
päpftlichen Gewalt für immer aus. Jene Tendenzen kirch⸗ 
licher Dppofition, die wir entſtehn, fich erheben fahen, wa⸗ 
ven jegt dahin gediehen, eine folche Abficht faſſen zu Dürfen. 


— — —— — 


veggendo che si cercava di traviare la sua conscienza per dare 
un colpo il pib funesto alla religione. 


210 Buch VIIL Spätere Epochen. 


Es traten: Ereigniffe ein die das doch verhinderten. 

Einmal hatte die Revolution noch nicht die ganze fa: 
tholifche Welt übertounden: der Tob bed Papſtes fiel gerade 
in eine Zeit, in welcher die Coalition wieder einmal Siege 
erfocht. Hiedurch warb es möglich, daß bie Cardinaͤle 
in S. Giorgio bei Venedig ſich verfammeln und zur Wahl 
eines Papſtes, Pius des VII, fchreiten konnten (13. Merz 
1800). 

Sodann aber nahm bie innere Entwicklung der re 
volutionären Tendenzen nach fo vielen im Sturme des drins 
genden Momentes vollgogenen Metamorphofen eine Wen⸗ 
dung zur Monarchie. Ein Gewalthaber trat auf, der die 
Idee eined Meiches in fich trug, zu dem er, wie fo vieler 
andern Sormen der alten Staaten, vor allem der Einheit 
der Religion, hierarchifcher Unterorbnung beburfte. Noch 
auf den Schlachtfelde von Marengo orbnete Napoleon den 
Bifchof von Vercelli ab, um Verhandlungen über die Her⸗ 
ftellung der katholiſchen Kirche mit dem Papfte anzufnüpfen. 

Ein Anerbieten, das zwar etwas überaus Neisendeg, 
aber doch auch viel Sefährliches hatte. Die Herfiellung 
der Eatholifchen Kirche in Frankreich und ihrer Verbindung 
mit dem Papfte konnte nur durch außerordentliche Nach 
giebigfeiten .erfauft werden. | 

- Pins VII entſchloß fich gu denſelben. Er erkannte 
die Veräußerung ber geiftlichen Güter — einen Berluft von 
vierhundere Millionen Franken in liegenden Gründen — 
auf einmal an; fein Beweggrund war, wie er fich aus 
drückt: e8 würden neue Unruhen augbrechen, wenn er fich 
weigern wollte, er fey aber vielmehr gefonnen fo weit zu 


| 


Revolutionäres Zeitalter. 211 


gehn, als die Religion nur irgend erlaube; eine neue 
Organiſation der franzoͤſiſchen Geiſtlichkeit, die nun beſol⸗ 
det und von der Regierung ernaunt wurde, gab er zu; er 
war zufrieden, daß ihm das Recht der canoniſchen Inſtitu⸗ 
tion in demſelben Umfange, und ohne Beſchraͤnkung des 
Rechtes der Verweigerung, zuruͤckgegeben wurde, wie es 
die fruͤhern Paͤpſte beſeſſen 1). 

In der That erfolgte nun hierauf die Herſtellung des 
Katholicismus in Frankreich, eine neue Unterwerfung die⸗ 
ſes Landes unter die geiſtliche Autoritaͤt. Der Papſt war 
entzuͤckt, „daß die Kirchen von Profanationen gereinigt, bie 
Altäre wieder aufgerichter, die Sahne des Kreuzes aufs 
neue ausgebreitet, gefeßmäßige Hirten bem Volke vorgefeßt, 
fo viele vom rechten Wege verirrte Seelen zur Einheit zus 
rückgeführt, mit fich felbft und mit Gott verfühnt ſeyen.“ 
nWie viele Motive", ruft er aus, „zur Sreudigfeit und 
sum Danke! 

Durfte man ſich aber wohl überreben, daß mit dem 
Eoncordat von 1801 auch zugleich eine innige Vereinigung 
der alten geiftlichen Gewalt und des revolutionären Stans 
te8 vollzogen worden fey? 

Es waren Eonceffionen beider Theile; ihnen zum Trot 
blieb ein jeder auf ſeinem Principe beharren. 

Der Reſtaurator der katholiſchen Kirche in Frankreich 
trug unmittelbar darnach das Meiſte dazu bei, daß das 


1) Lettera apostolica in forma di breve bei Piſtoleſi: Vita 
di Pio VII, tom.-I, p. 143, mit einer durchgaͤngigen Verglei⸗ 
chung der At weichungen der Publication, wie ſie in Frankreich ge⸗ 
ſchah. 
14 * 


212 Buch VIL Spätere Epochen. 


fiolge Gebäude der deutſchen Kirche endlich völlig umge: 
flürst wurde, ihre Befisthümer und SHerrfchaften an die 
weltlichen Sürften, gleichviel ob an die proteftantifchen ober 
Eathofifchen, gelangten. Am römifchen Hofe war man dop- 
pelt und dreifach betroffen. „Nach den alten Decretalen 
babe die Keßerei den Verluſt der Güter nach fich gesogen, 
jest müfle die Kirche zufehen, daß ihre eigenen. Güter an 
die Keßer vertheilt würden." *). 

Und indeß war auch für italien ein Concordat im 
Sinne des franzöfifchen entworfen; ber Papft mußte auch 
hier den Verkauf der geiftlichen Güter genehmigen, Die Be⸗ 
feßung der Stellen ber weltlichen Gewalt überlaflen; ja 
diefem Uebereinfommen wurden fogkich fo viel neue be 
ſchraͤnkende Beſtimmungen einfeitig hinzugefügt, daß Pius 
VD. unter diefen Umſtaͤnden fich meigerte «8 zu publi- 
eiren ?). 

Bor allem aber machte Napoleon in Frankreich ſelbſt 
die Mechte der Staatsgewalt gegen die Kirche auf dag eif⸗ 
rigſte geltend; die Declaration von 1682 betrachtete er als 
ein Grundgeſetz des Reiches, und ließ ſie in den Schulen 
erlaͤutern; auch er wollte keine Geluͤbde, keine Moͤnche; die 
Verordnungen uͤber die Ehe, welche fuͤr ſein buͤrgerliches Ge⸗ 
ſetzbuch angenommen wurden, widerſtritten den katholiſchen 
Principien uͤber ihre ſacramentale Bedeutung; die organi⸗ 
ſchen Artikel, die er dem Concordat von allem Anfang hin⸗ 
zufuͤgte, waren durchaus in antiroͤmiſchem Sinne. 


1) Inflruction an einen Nuntius zu Wien — leider ohne Das 
tum, wahrfcheinlich von 1803 — bei Daunou: Essai II, p. 318. 


2) Coppi: Annali d’Italia tom. IU, p. 120. 





Revolntionäres Zeitalter. 213 


Als der Papſt trog alle dem fich entfchloß, auf bie 
Bitten des Kaiſers, über die Alpen zu gehn und ihn zu 
frönen, fo war fein vornehmſter Beweggrund, daß er, wie 
viel oder wie wenig man nun auch von der franzdfifchen 
Seite dazu beigetragen haben mag, fich mit ber Hoffnung 
fchmeichelte ‚etwas sum Vortheil ber Eatholifchen Kirche 
auszurichten, dag angefangene Werk zu vollenden" '). Er 
rechnete dabei auf den Einfluß perfönlicher Unterrebungen. 
Er nahm den Brief Ludwigs XIV. an Innocenz XII. mit, 
um Napoleon zu überseugen, daß fchon dieſer König bie 
Declaration von 1682 wieder habe fallen laſſen. 

Aber wie fehr fah er ſich getäufcht. Gleich bei dem 
Acte der Kroͤnung nahm man an ihm eine tiefe Melan⸗ 
cholie wahr. Bon alle dem was er mwünfchte und beab⸗ 
fichtigte, erreichte er nicht das Mindeſte. Ja eben dieß 
war der Moment, in welchem fich bie Abfichten des Kai⸗ 
fers in vollem Umfange enthuͤllten. B 

Die conftituirende Verſammlung hatte ſich von dem 
Papft loszureißen geſucht: dag Directorium ‚Hätte ihn zu 
vernichten gewuͤnſcht; Bonaparte Sinn mar," ihn zu bes 
halten, aber zugleich ihm zu unterjochen, ihn zu einem 
Werkzeuge feiner Allgewalt zu machen. 

Ohne Umfchweif erklärte er jet, er fey, mie feine 
Vorfahren von der zweiten und dritten Dynaſtie, der di: 
tefte Sohn der Kirche, der das Schwert: führe ums fie zu 
befchüßen, und nicht dalden koͤnne, daß fie mit Kebern 


1) Allocutio habita in consistorio secreto 29 oct. 1904. 
Stalienifch bei Piſtoleſi: Vita di Pio VII, tom I, p. 198. 


214 Buch VII Spätere Epochen. 


oder Schismatifern, wie die Ruflen und Engländer, in Ge⸗ 
meinfchaft ſtehe. Beſonders liebte er es, fich alg den Nach⸗ 
folger Carls des Großen zu betrachten. Er nahm an, der 


Kirchenfiaat ſey eine Schenkung Carls an ben Papft, aber 


eben darum liege biefem die Verpflichtung ob, fich nicht 
von der Politik des Kaiſerthums zu trennen: auch er werde 
das nicht dulden ?). 

Der Papft war erflaunt über die Zumuthung, Die 
Seinde eines Andern als feine Feinde betrachten zu follen. 
Er erwieberte, er ſey der allgemeine Dirte, der Vater Aller, 
der Diener bes Friedens, fehen eine folche Sorderung er: 
fülle ihn mit Entfegen: „er müffe Aaron ſeyn, ber Pro- 
phete Gottes, nicht Ismael, beffen Hand wider Jedermann 
und Jedermanns Hand wider ihn." 

Napoleon aber ging geradeswegs auf fein Ziel log. 
Er ließ Ancona, Urbino beſetzen, nachdem fein Ultimatum, 
worin er unter andern die Ernennung eines Drittheilg der 
Eardindle in Anſpruch nahm, verworfen war, feine Trup- 
pen nach Rom vorruͤcken: die Cardinaͤle, bie ihm nicht ges 
wogen waren, wurben verwiefen, zweimal ter Staatgfe: 
cretär des Papſtes; da aber alles dieß Feine Wirkung auf 
Pius VII. machte, ward auch feine Perfon nicht gefchont; 
auch er warb aus feinem Pallaſt und feiner Hauptftadt ab: 
geführt. Ein Senatusconfult fprach dann die Vereinigung 
des Kirchenſtaates mit dem frangöfifchen Reiche aus. Die 
weltliche Souveraͤnetaͤt warb für unvereinbar mit der Ans; 


1) Schoell Archives historiques et politiques II et III ent: 
halten die ganze Correſpondenz der päpftlichen und Faiferlidhen Regie 
rung in biefer Epoche. 


Revolution äres Zeitalter. 215 


abung geiſtlicher Gerechtſame erklaͤrt; der Papſt ſollte in 
Zukunft auf die vier gallicaniſchen Saͤtze foͤrmlich verpflich⸗ 
tet werden: er ſollte Einkuͤnfte aus liegenden Gruͤnden be⸗ 
ziehen, ungefaͤhr wie ein Lehentraͤger des Reiches: der Staat 
wollte die Koſten des Cardinalcollegiums übernehmen '). 

Ein Plan, wie man ſieht, der die gefammte Firchliche 
Gewalt dem Neiche untertvorfen und fie wenigſtens mittel: 
bar in die Hände des Kaifers gebracht haben mürbe. 

Wie wollte e8 aber gelingen, was doch unerläßlich 
war, auch den Papft zur Einwilligung in diefe Herabwuͤr⸗ 
digung zu vermögen. Pius VIL hatte den legten Moment 
feiner Freiheit benuge, um die Ercommunication auszu⸗ 
fprechen. Er verfagte den Bischöfen, die der Kaiſer er 
nannte, die canonifche Inſtitution. Napoleon war nicht 
fo vollfommen Herr feines Clerus, daß er nicht bald. von 
der einen, bald von. der andern, auch wohl von der deut⸗ 
fchen Seite her Rückwirkungen hievon empfunden hätte. 

Aber eben diefer Widerſtand diente zuletzt dazu, den 
Papft zu uͤberwaͤltigen. Die Folgen davon fielen dem 
fiechlichen Oberhaupte, das ein Mitgefühl mit dem innern 
Zuſtande der Kirche hatte, um vieles ſchmerzlicher ald dem 
weltlichen, dem ja die geiftlichen Dinge nur ein Mittel Der 
Macht waren, in fich felbft gleichgültig. 

In Savona, wohin man den Papft gebracht, war er 
einfam, auf fich felbft beſchraͤnkt, ohne Rathgeber. Durch 
lebhafte und faſt übertriebene Vorftellungen, von der Ver⸗ 
wirrung der Kirche, welche feine Verweigerung der In 


1) Thibaudeau: Histoire de la France et de Napoleon. Em- 
pire tom. V, p. 221. 





216 Buch VII Spätere Epochen. 


ſtitution nach fich siehe, warb der gute Menſch wirklich 
vermochte, obwohl unter bitteren Schmerzen und beftigem 
Sträuben, dieſes Recht doch eigentlich aufzugeben. Denn 
was heißt es anders, wenn er es ben Metropolitanen übers 
trägt, fo oft als er felbft aus einem andern Grunde als 
wegen perfönlicher Unwuͤrdigkeit länger als ſechs Monat 
zoͤgere es auszuuͤben. Er verzichtete auf ein Recht, worin 
doch in Wahrheit ſeine letzte Waffe beſtand. 

Allein das war noch nicht alles was man von ihm 
wollte. In ungeduldiger Eile, die ſeine koͤrperliche Schwach⸗ 
beit noch vermehrte, führte man ihn nach Fontainebleau: es 
folgten neue Beſtuͤrmungen, bie dringendften Aufforderungen 
ben Srieden der Kirche vollkommen herzuſtellen. Endlich 
gab der Papſt auch in den übrigen, den enticheidenden Punks 
tn nach. Er willigte ein, in Frankreich zu refidiren; Die 
weſentlichſten Beſtimmungen jenes Senatusconfults gab er 
u. Das Concordat von Sontainebleau — 25. Januar 
1813 — ift in der Vorausfegung abgefaßt, daß er nicht 
wieder nach Rom zurückkehren werbe ?). 

Mas niemals ein früherer katholiſcher Fürft auch nur 
ernftlich in Abficht zu faffen gewagt hatte, war hiemit dem 
Autofraten ber Mevolution wirklich gelungen. Der Papft 
willigte ein, fich dem franzöfifchen Reiche zu unterwerfen. 
Seine Autorität wäre auf alle Zeiten ein Werkzeug in der 
Hand diefer neuen Dynaſtie geworden: fie hätte ben innern 
Gehorſam und die Verhältniffe der Abhängigkeit der noch 


1) Bart. Pacca: Memorie storiche del ministero de’ due 


viaggi in Franeia etc. p. 323. SHiftorifch politifche Zeitfchrift 
I, IV, 642. 


a, 


>. 


Revolutionaͤres Zeitalter. 217 


nicht unterworfenen Staaten zu befeftigen gebient. In fo- 
fern würde das Papſtthum in die Stellung zuruͤckgekom⸗ 
men feyn, in die es unter den beutichen Kaifern in ber 
Fuͤlle ihrer Macht, vornehmlich. unter ben Salier Hein; 
rich DIL gerathen war. Aber noch bei weitem ſchwerere 
Seffeln hätte e8 getragen. In der Macht, die ben Papſt 
jetzt beherrſcht hätte, lag etwas, das dem Principe der 
Kirche widerſprach; fie war doch im Grunde nur eine andre 
Metamorphofe jenes Geiftes der Tirchlichen Oppofition, der 
fich im achtzehnten Jahrhundert entwickelt hatte, und eine fo 
ftarfe Hinneigung zu eigentlichen Unglauben in ſich trug. 
Diefer feindfeligen Gewalt wäre das Papfitbum unteriwors 
fen geweſen, und bei ihr zu Lehen gegangen. 


Jedoch es war nicht beftimmt, Daß es fo weit kom⸗ 
mm follte. | 

Als ſich der Papft in der Einfamkeit feiner Gefangen: 
fchaft, wo ihm Feine Kunde der XWeltereigniffe zufam, end⸗ 
lich beiwegen ‚ließ fich zu beugen, war dag gewaltige Neich, 
defien hierarchifchen Mittelpunkt er ausmachen follte, fchon 
in feiner legten, größten Unternehmung, gegen Rußland, ges 
feheitert, und durch alle die Folgen, die daraus entfpratts 
gen, im feiner Tiefe erſchuͤttert. Europa faßte Die bei⸗ 
nahe aufgegebene Hoffnung fich zu befreien. Als der 
Dapft, zu dem in Folge feiner Unterwerfung einige Cardi⸗ 
näle zuruͤckkehren durften, von dieſer Lage der. Dinge un: 
terrichtet ward, kehrte das Vertrauen auch in ihm zuruͤck: 





218 Buch VII. Spätere Epochen. 


er athmete wieder auf: jeben Fortſchritt der verbuͤndeten 
Mächte fühlte. er als einen Act der Befreiung. 

Als ſich Preußen erhob, kurz darauf nachdem der Auf; 
ruf des Königs erfchienen, ermannte fich Pius VIL zu 
einem Wiberrufe jenes Concordates; — als der Congreß 
von Prag verfammelt war, tagte er fchon feinen Blick 
über die Grenzen bed Reiche, das ihn umfaßt hielt, zu ers 
heben, und feine Nechte dem Kaifer von Oeſtreich in Er- 
innerung zu bringen. Nach der Schlacht bei Leipzig hatte 
er wieder fo viel Zuverficht, daß er den Antrag, ben ıman 
ihm jebt machte, ihm fein Land zum Theil zurückzugeben, 
von ber Hand wies; — nachdem die Verbündeten über 
den Rhein gegangen, erklärte er, nicht mehr unterhandeln 
zu wollen, ehe nicht feine vollfommene Herftelung erfolgt 
fey. Auf das rafchefte entwickelten fich die Ereigniffe; als 

die Verbündeten Paris eroberten, war er bereit an den 
Grenzen des Kirchenftaated angelangt; am 24. Mai 1814 
sog er wieder in Nom ein. Er befam auch bie Legatio- 
nen zurück, die er noch nie beſeſſen: alle verjagten Zürften 
um ihn ber kehrten wieder: eine allgemeine Wiederbrin⸗ 
gung ſchien einzutreten. 

Es liegt aber am Tage, daß die innere Gährung ber 
Gemüther, die fo tief eingedrungen und fchon fo lange 
berrfchte, damit nicht beruhigt feyn konnte. Die fiegreis 
chen Mächte hatten weder Neigung noch Faͤhigkeit, Nor: 
men für Die politifchen, gefchmweige denn für die religiöfen 
Einrichtungen der wieder hergeftellten Staaten feftzufegen. 
Auch ift die Eatholifche Welt, mit Ausnahme einiger deut: 
ſchen Gebiete, in unaufhörlicher Rürmifcher Gaͤhrung ge 


Revolutionaͤres Zeitalter. 219 


blieben. Auf der pyrenaͤiſchen Halbinfel und ihren Eolos 
nien, in Italien, den Kirchenſtaat nicht ausgenommen, in 
Sranfreich, Belgien, Irland, Bolen it mehr als einmal 
Die ganze Ordnung der Dinge in Frage geſtellt worden; 
und unter Diefen Bewegungen gibt es wohl Feine, bei‘ 
ber nicht religiöfe Motive mitgewirkt hätten, ober boch 
fofort zur Sprache gefommen twären. Auf ber einen Seite 
bat man bie alte Kirche mit ihren politifchen Berechti⸗ 
gungen wieder aufzurichten, Jeſuiten, Inguifition wieder 
herzuftellen gefucht: auf der andern bat man nun erſt an⸗ 
gefangen die Kloͤſter aufzuheben, bie geifllichen Guter zu 
verkaufen, die Autorität ded Papſtes anzugreifen. Wir 
nehmen nicht wahr, daß der römifche Hof einen weſent⸗ 
Jichen und wirffamen Einfluß bhiegegen auszuüben vers 
möchte: fchon genug, daß man wenigſtens bisher noch 
zu feinem entfchiebenern Abfall von ihm gefchritten if. 

Wohin würde e8 aber gefommen feyn, wenn nicht 
die nördlichen Mächte, die den Sieg erfochten, Wibderftand 
geleitet, und die allgemeinen Verhaͤltniſſe, auf denen zus 
letst alles beruht, aufrecht erhalten hätten. 

Aufs neue ift das Papfithum in eine fehr fonderbare 
der Firchlichen bee, vor allem den Beftrebungen unfrer 
Keftaurationsepoche mwibderfprechende Stellung gerathen. 

In den anderthalb Jahrhunderten, die wir bier in 
kurzem Ueberblick zufammengefaßt haben,’ ift e8 unaufhoͤr⸗ 
lich bekämpft, beftürmt, in feiner Gewalt befchränft, end» 
lich fogar bis nahe an eine vollfommene Unterwerfung, big 
zur Einwilligung in feine Dienftbarkeit gebracht werden: 
noch beute ift es jeden Augenblick bedroht und mit Ge⸗ 


220 Buch VII. Spätere Epoden. 


fahren umgeben. Wer find die, welche e8 angreifen? Es 
find allein die Katholifch - gläubigen ſelbſt. Durch je 
nen Verfall der reftaurirsen Kirche, der fich in der zwei⸗ 
ten Hälfte des fiebzehnten Jahrhunderts erfennen ließ, iſt 
im Schooße derfelben eine Entzweiung hervorgerufen wor⸗ 
den, die feitden in immer wiederholten Ausbrüchen. den 
Dberhirten befchäftige und bedraͤngt. Wer hat dagegen 
dad Papſtthum von jeher geftüßt, ‚ihm feinen Ruͤckhalt 
gegeben, es zulett aus offenbarer Knechtſchaft befreit? Es 
ift immer eine Vereinigung aller Befenntniffe gewefen, ber 
vorgegangen aus politifchen Gefichtspunften, aus Wider: 
willen gegen eine die allgemeine Freiheit gefährdende Ueber⸗ 
macht. Wir fahen, an welche Staaten fi) Innocenz XI. 
in feinen Streitigfeiten mit Ludwig XIV. anfchloß. Als 
bie Sefuiten von den bourbonifchen Höfen dem Untergange 
geweiht waren, fanden fie im Norden, in Rußland und 
Preußen Gnade und Schuß; daß fich die Höfe im Jahre 
1758 Avignons und Benevents bemächtigten, brachte eine 
politifche Aufregung in England hervor. Niemals aber if 
die DVerhältniß großartiger hervorgetreten als in den letz⸗ 
ten Ereigniffen. Es war der Bund der vier großen Mächte, 
des Eatholifchen Oeſtreich mit den germanifchen Proteftan- 
ten deutſcher und anglicanifcher Eonfeffion und den grie- 
chiſch⸗glaͤubigen Slaven, durch welchen der Papft in fei- 
ner größten Bebrängniß errettet, und in feine geiftliche 
wie feine weltliche Autorität wiederhergeſtellt worden ift; 
auf der Ordnung der Dinge, die in den Zeiten ihres Sie 
ges fich gleichfam von felbft einführte, und Die feitbem er⸗ 
halten worden ift, beruht feine heutige Bedeutung. 


— — mn — — 


Revolutionäres Zeitalter. 2a 


Hiedurch iſt nun nothwendig in dem Verhaͤltniß des 
Papfithums zu den Protefianten, welches uns in diefem 
Buche befchäftigt hat, eine abfchließende Veränderung ein- 
getreten. Es hat fich gleichfam gerechtfertigt, daß Paul III, 
Urban VIH. in den gefährlichfien Momenten, bie der Pro: 
teftantismus gu beftehn Hatte, ihm wenigſtens mittelbar 
zu Hülfe gefommen find. Wie Eönnte der römifche Stuhl 
aber jeßt daran denken, den Nichtkarholiten einen ernftli- 
chen Krieg zu machen, nachdem fie einen fo großen Antheil 
daran genommen ihn wider die revolutionären Tendenzen 
aufrecht zu erhalten. Obwohl die Natur diefer Verhaͤltniſſe 
vielleicht nicht in jedem Augenblicke das Bewußtſein erfuͤllt, 
fo beherrfchen fie doch die Lage der Welt. Der Papft hat 
mit den proteftantifchen Fürften nicht anders Eoncordate 
abgefchloffen als mit den Fatholifchen, und ihnen Firchliche 
Befugniſſe eingeräumt. Kam doch fehon feine Entzweiung 
mit Napoleon zunächft Daher, daß er fich nicht entichlies 
Ben wollte, mit ihm gemeinfchaftliche Sache wider bag pros 
teftantifche England zu machen. Auch unter bem proteftans 
tifchen Scepter wohnen bie Katholiken in vollfommener Si- 
cherheit,, Slaubengfreiheit und gleicher Berechtigung. In 
England, wo die Staatsverfaffung urfprünglich auf die 
ausſchließende Herrſchaft der Proteftanten gegründet ift, 
bat man fich endlich zu Modificationen in dieſem Grund⸗ 
faße verſtehn muͤſſen. Daß die religioͤſen Meinungsver- 
fehiebenheiten nicht mehr einen fo vonftändigen Gegenſatz 
in fich fchließen wie ehedem, iſt ein Moment der Welt: 
enttwickelung, der dieß gebieterifch erheifcht 1). 

1) Eins der vornehmflen Motive Pitts bei feinen Emancipa- 


222 Buch VII. Spätere Epochen. 


Aus diefen Verhaͤltniſſen, biefem Gange der Dinge 
geht aber auch fehon eine weitere Wahrnehmung hervor. 

Der Friebe ift gefchloffen: die Umſtaͤnde haben ihn 
herbeigeführt. Nach der Betrachtung ber jahrhundertlan- 
gen Entzweiung, welche die Seele mit Schmer; erfüllt, 
erhebt fie ſich zur Ausſicht der Werfühnung, dee Ber 
ſtaͤndniſſes. 

Wie iſt, wenn nicht uͤberall in den Schulen, doch 
deſto unzweifelhafter im Leben, die Heftigkeit der fruͤhern 
Polemik zuruͤckgewichen, aufgegeben worden! — Nicht 
durch bloße Gleichguͤltigkeit iſt es geſchehen: es waͤre ein 
Irrthum dieß anzunehmen; es iſt augenſcheinlich, daß 
man auf beiden Seiten angefangen hat, immer bewußter, 
eindringender, freier von den Feſſeln beſchraͤnkender Kir⸗ 
chenformeln auf die ewigen Principien der echten innern 
Religioſitaͤt zurück gu gehn. Unmoͤglich kann das ohne 
Folgen bleiben. Die vollkommenere Auffaſſung des Gei⸗ 
ſtig⸗ poſttiven, das allen Formen zu Grunde liegt, und 
durch keine in ſeinem ganzen Inhalte auszuſprechen waͤre, 


tionsverſuchen. Mr Pitt is convinced, heißt es in feinem Schrei⸗ 
ben an Georg UI. — 31. Jan. 1801 — that the grounds on 
which the laws on exclusion now remaining were founded, have 
long been narrowed, — that those principles, formerly held by 
the catholics which made them be considered as politically dan- 
gerous, habe been for a course of time gradually declining, — 
that the political circumstances under which the exclusive laws 
originated, arising from the conflieting power of hostile and 
nearly balanced sets — — and a division in Europe be- 
tween catholic and protestant powers are no longer applicable 
to ihe present state of things. . 


Revolutiondres Zeitalter. 223 


. muß endlich alle Seindfeligfeiten in einer höheren Ein- 
beit verfühnen. Auch den Unglauben muß fie überwin- 
den. An dem Minder mwefentlichen mit unbeugfamer Starr: 
heit feftzubalten wuͤrde bdenfelben unaufhörlich aufwecken: 
den lebendigen Chriftenthume in freier Darftellung - kann 
er auf die Länge nicht widerſtehn. Ueber alle Gegen: 
fäßge erhebt fich die Einheit eines reinen und darum fei- 
ner Sache nicht minder fichern Gottesbewußtſeyns. 








Anhang. 


| — 


Berzeichniß der benußten Handſchriften, nachträgliche 
Auszüge und Fritifhe Bemerkungen, 


Päppe ** 15 


Erfter Abſchnitt. 


Bis zum tridentinifchen Concilium. 


l. 


Ad S. Dan Nostrum Pontificem Maximum Nicolaum V confor- 
matio curie romane loquentis edita per E. S. oratorem 


Joseph. B. doctorem cum humili semper recommendatione. 
(1453.) Bibl. Vatic. nr. 3618. 


Ein⸗ Klage über die bekannte Verſchwoͤrung Stephan Porcaris, 
die nicht gerade nähere Nachrichten über dieſelbe mitthbeilt, aber doch 
einige Momente der Lage der Dinge zur Anſchauung bringt. Ein- 
mal: worauf die Bauunternehmungen Nicolaus V. vorzüglich ab» 
wegten: 
| Arces fortifieat muris turrimque superbam 
Extruit — — — ne quisque tyrannus ab alma 
Quemque armis valeat papam: depellere Roma. 
Wie oft Hatten frühere Paͤpſte ihre Stadt verlaffen müffen. Nico: 
aus baute, um fich gegen innere und dußere Feinde vertheidigen zu 
nnen. 
Ferner das Verhältniß von Nom zu andern italienifchen Städten: 
— — Si tu perquiris in omnibus illam (libertatem) 
urbibus Italiae, nullam mihi crede profecto 
invenies urbem quae sic majore per omnem 
libertate modum quam nunc tua Roma fruatur: 
omnis enim urbs dominis et bello et pace coacta 
praestita magna suis durasque gravata gabellas 
solvit, et interdum propriam desperat habere 
jJustitiam, ‚atque ferox violentia civibus ipsis 
saepe fit, ut populus vario vexatus ab illis 
fasce sub hoc onerum pauper de divite fiat; 
at tua Roma sacro nec praestita nec similem vim 
nec grave vectigal nec pondera cogitur ulla 
solvere pontifici ni humiles minimasque gabellas: 


15 * 


— 


28 Instructiones Sixti IV 1478. 


raeterea hic dominus tribuit justissimus almam 
ustitiam cuicunque suam, violentaque nulli 
infert: bic populum prisco de paupere ditem 
efficit, et placida Romam cum pace gubernat. 
Er verdenft es den Römern, daß fie nach der altrömifchen Freiheit 
trachten. Auch iſt ed ohne Zweifel gegründet und bat zu den Er- 
werbungen bed Kirchenſtaates viel beigetragen, daß die päpftliche 
Gewalt milder war als die Herrfchaft ſtaͤdtiſcher Oberhaͤupter. Unſer 
Autor findet den Widerſtand der Bürger gegen die Kirche unver: 
zeiblich, die ihnen fo viel geiftliche und weltlihe Güter gemähre: 
quibus auri copia grandis 
argentique ferax aeternaque vita salusque 
rovenit, ut nulli data gratia tam ardua genti. 
Dem Papſt wird der Rath gegeben, ſich noch mehr zu befefligen, 
nie ohne 300 Bewaffnete nah St. Veter zu gehn: dabei aber auch 
nach der Liebe der. Einwohner zu trachten: die Armen zu unters 
fügen, befonder8 Arme von guter Herfunft, „vitam qui mendi- 
care rubescunt‘; 


- 


— succurre volentibus artes 
exercere bonas, quibus inclyta Roma nitescat; 
was nun Nicolaus dem V. ſchwerlich eat zu werden brauchte. — 
Webrigend ift fchon in der Vita Nicolai a Dominico Georgio 
conscripta Romae 1742 p. 130 unſers Werkchens gedacht. 


2. 


Instructiones datae a Sixto IV RR. PP. Dais J. de Agnellis 
protonotario apostolico et Anio de Frassis s. palatii 
causarum auditori ad M. Imperatoris. 1 Decis 1478. 

‘ Bibl. Altieri VII. @. 1. 99. 


Die aͤlteſte Inſtruction, welche mir unter den Handfchriften die 
ich fah vorgefommen if. Sie fängt an: „Primo salutabunt Se- 
renissimum Imperatorem.‘* . 

Am 26ften April 1478 war der Anfall der Pazzi auf die Me- 
dici gefhehen. Ganz Italien war darüber in Bewegung. „Eccle- 
sia. justa causa contra Laurentium mota, clamant Veneti, clamat 
tota ista liga.‘ 

Die Gefandten follen ben Kaifer verhindern einem gewiſſen Ja⸗ 
cob de Medio, den die Venezianer an den Faiferlichen Di abgeords 
net, Glauben beizumeffen. „Est magnus fabricator et Üretensis: 
multa enim referebat suis quae nuncquam cogitaveramus neque 
dixeramus.“ Sie follen den Kaifer um feine Bermittelun bitten. 
Der König von Frankreich habe fie angeboten, aber der Papſt möchte 
dieſe Ehre lieber dem Kaifer zuwenden. ,, Velit scribere regi Fran- 
ciae et ligae isti, ostendendo quod non recte faciunt et pa- 
rum existimant deum et honorem pontificis, et quod debent 
magis favere ecclesiae justiiiam habenti quam uni mercatori, 
qui semper magna causa fuit guod non potuerunt omnia con- 

ci contra Turcum quae intendebamus parare, et fuit semper 
petra scandali in ecclesia dei et tota Italia,‘ 


Relatione di Polo Capello 1500. 229 


Die Sache war für den Papft um fo gefährlicher, da man be: 
abfichtigte, feinen weltlihen Anmaßungen mit einem Eoncilium zu 
begegnen. „Petunt cum rege Franciae, concilium in Galliis ce- 
lebrari in dedecus nostrum.‘“ 

KHiebei erinnern wir und an den Verfuch, den man einige Jahre 
fpäter allerdings machte, ein Concilium zu Stande zu bringen. Der 
Erzbifhof von Kraina hat fi dadurch einen gewiffen Namen er: 
worben. Johann v. Müller hat demfelben in dem fünften Bande 
der Schweizergefchichte ein paar Seiten „gernibmet (p. 286). — Nur 
tritt in diefer Darftellung die weltliche Veranlaffung nicht genugfam 
bervor. Der Gardinal Andreas war nicht fo ganz geiſtlich, wie es 
bei Müller fcheinen ſollte. Die Gefandten von Florenz und Mais 
land fuchen ihn in Bafel auf; fie fommen im Namen der gefamm: 
ten Liga, die wider Girtus im Felde ftand. Sie finden in ihm, 
wir haben ihren Bericht, große Welterfahrung (gran pralica et ex- 
perientia del mundo) — und einen heftigen Haß wider den Papſt 
und deſſen Neffen. „E huomo per fare ogni cosa purche e’ tuffi 
el papa e’l conte.“ S. Baccius Ugolinus Laurentio Medici 
in Basilea a di 20 Sept. 1482 bei Fabroni Vita Laurentii, II, 
229. Wir feben, es ift ſchon dieß eine geiftliche Oppofition_ der 
Fürften aus weltlichen Ruͤckſichten. Auch fie hatten geiflliche Wafs 
fen und feßten fie denen des Papſtes entgegen. 


3. 


Relatione fatta in pregadi per Polo Capello el cavalier venuto 
orator di Roma 1500 28 Sett. Archiv zu Wien. 


Die erſte Relation eines venezianifchen Gefandten fiber den paͤpſt⸗ 
lichen Hof, die ich gefunden. In dem venezianifchen Archiv ıft fie 
nicht vorhanden; es fcheint, als feyen die Relationen damals noch 
nicht fchriftlich eingegeben worden. Sie findet ſich in der Ehronif 
des Sanuto, bei bem dasjenige Aberhaupt verzeichnet ift, was in 
dem Genate, den Pregadi, vorgetragen wurde. 

Polo Capello verfpriht von vier Stuͤcken zu handeln: den 
Cardinaͤlen — dem Verhältniß (disposition) des Papſtes zu dem 
König von Franfreih und zu Venedig — den Ablichten (el desi- 
derio) ©. 9. — von dem was fih von ihm erwarten laffe; 
aber wie diefe Eintheilung nicht eben auf fehr genauer Unterſchei⸗ 
dung beruht, fo hält er fihy auch nicht daran. 

Er bemerft vornehmlich, daß weder Wenedig noch Frankreich 
gut mit dem Papfte fiehe: jenes, weil es einen Theil des Maildn- 
difchen an ſich gebracht, weil man fürchte, es nehme noch ganz 
Italien ein;— dieß aber, weil der König dem Papſt feine Zufagen 
nicht halte. Wir finden hier die Bedingungen des Bundes zwifchen 
König und Papſt vom Jahre 1498. Der Papſt gewährte dem 
König die Dispenfation zur Scheidung von feiner Gemahlin. Da- 
für verfprach der König dem Sohne des Papſtes Ceſar Borgia eis 
nen Staat von 28000 Franfen Einkünften, eine Gemahlin aus 
Eöniglihem Gebluͤt (Navarra?), und Verzichtleiftung auf eine eigene 
neapolitanifche Unternehmung außer zu Gunften ber Borgia, „—— del 


230 Polo Capello Bel. 1500. 


regno di Napoli non se impazzar se non in ajutar il papa.“ 
So daß wir fehen, der Papſt hatte ſchon damals felbft eine Abſicht 
auf Neapel. Allein diefe Verfprechungen wurden nicht gehalten. Die 
PBermählung, die Cefarn gemährt wurde, war. nicht ganz nad) 
Wunſch; der Papſt bequemte ſich, zur Sicherheit der Mitgift felbft 
eine Befigung von 12000 Franken zu erfaufen, aber die junge Ge⸗ 
mahlin blieb in Frankreich. Nur die Uebermacht des Koͤnigs hielt 
den Papſt in Pflicht. „Quando il Sr Lodovico intrò in Milan,‘ 
fagt Eapello fehr bezeichnend, „publice diceva (il papa) mal del 
roy.“ Gr war entrüftet, daß ihm die Frangofen nicht zur Verja⸗ 
gung der Bentivogli von Bologna die Hand batten bieten wollen. 

Führt uns nun diefe Stelle beffer in das innere Getriebe der 
damaligen päpfllichen Politif, fo folgt alsdann eine Schilderung der 
Verfönlicgkeiten, die von vielem Werth if. 

Der Autor fommt zuerfi auf den Tod des Schwiegerfohnes 
Alexanders VI. Gefar hatte ihn bereit3 verwundet. Per dubio 
mandö a tuor medici di Napoli: ste 33 di ammalato, et il ol Ca- 
pua lo confessd, e la moglie e sorella, ch’e moglie, del prin- 
eipe di Squillaci altro fiol di papa, stava con lui et cusinava in 
una pignatella per dubio di veneno per l’odio li haveva il du- 
cha di Valentinos, et il papa li faceva custodir per dubio esso 
ducha non l’amazzasse, e quando andava il papa a visitarlo, il 
ducha non vi andava se non una volta. e disse: quello non € 
fatto a disnar si far& a cena. Or un zorno, fo a di 17 avo- 
sto, intrö in camera, che era za sublevato, e fe ussir la moglie 
e sorella: li tre (9) michieli cussi chiamati, estrangold ditto 
zovene. — — 

Il papa ama et ha gran paura del fiel ducha, qual è di 
anni 27, bellissimo di corpo e grande, ben fatto e meglio che 
re Ferandin (der letzte König von Neapel, Ferdinand d.j., der für 
befonders. ſchoͤn galt): amazzö 6 tori salvadegi comhbatendo a ca- 
vallo a la zaneta, et a uno li taiò la testa a la prima bota, 
cosa che paresse a tutta Roma grande. E realissimo, imo 
prodego, e il papa li dispiace di questo. Et alias amazzò 
sotto il manto del papa M. Peroto, adeo il sangue li saltö in 
la faza del papa, qual M. Peroto era favorito dal papa. Etiam 
amazzö il fratello ducha di Gandia e lo fe butar nel Tevere. 
— Tutta Roma trema di esso ducha non li faza amazzar. 

Sn dem Leben Leos X. hat Roscoe verfucht, das AUndenfen ver 
Luerezia Borgia von den fhändlihen Beſchuldigungen zu, befreien, 
die man auf fie gehäuft hat. Den Anflagen über ihre frühere Zeit 
bat er eine Menge günftiger Zengniffe aus der fpätern entgegenge- 
feßt. Gleich der deutfche Herausgeber feines Buches iſt dadurch 
aber doch nicht überzeugt worden. Seine Meinung ift, fie habe fi 
erſt nachher gebeffert. Unſere Relation ift auch dadurch merfwärdig, 
daß fie ein günftiges Zeugniß für Lucrezia aus der frühern Zeit mit: 
theilt. Sie fagt: Lucrezia la qual € savia e liberal. Ceſar Bor: 
gia war eher ihr Feind als ihr Liebhaber. Er nahm ihr Sermo⸗ 
neta, das fie von dem Papſt erhalten; er fagte, fie fey ein Weib, 
fie voiffe es doch nicht zu behaupten: ‚„e donna, non lo poträ man- 


tenir.* 








Il successo de ia morte di Alex. VI 2331 


4. 


Unter den mancherlei Documenten, die ſich im fünften Bande 
des Sanuto finden, fhien mir folgendes das wichtigfte: 


Questo & il successo de la morte di papa Alexandro VI, 


Hessendo el c! datario dno Arian da Corneto stato richie- 
sto dal pontefice chel voleva venir a cena con lui insieme con 
el duca Valentinos a la sua vigna et portar la cena cum S, 
Sta, si imagino esso cardinal questo invito esser sta ordinado 
per darli la morte per via di veneno per aver il duca li soi da- 
nari e beneficii, per esser sta concluso per il papa ad ogni modo 
di privarlo di vita per aver il suo peculio, come ho ditto, qual 
era grande, e procurando a la sua salute penso una sola cosa 


poter esser la via di la sua salute.e. E mando captato tpio 
(tempo) a far a saper al schalcho del .pontefice chel ge ve- 
nisse a parlar, con el qual havea domestichezza.. EI qual ve- 
nuto da esso cd!, se tirono tutti do in uno loco secreto, dove 
era preparato duc. X m. d’oro, e per esso’ cl! fo persuaso ditto 
schalcho ad acetarli in dono e galderli per suo amor. Ei qual 
post multa li accepto, e li oferse etiam il resto di la sua fa- 
culta, percbe era richissimo card!, a ogni suo comandou, perche 
li disse chel non poteva galder detta faculta se non per suo 
:mezo, dicendo: vui conoscete certo la condition del papa, et io 
so chel ha deliberato col ducha Valentinos ch’io mora e questo 
per via di esso scalcho per morte venenosa, pregandolo di gra- 
tia che voia haver pieta di lui e donarli la vita. Et dieto que- 
sto, esso scalcho li dichiari il modo ordinato de darli il ve- 
neno a la cena, e si mosse a compassione promettendoli di 
preservarlo. Il modo era chel dovea apresentar dapoi la cena 
tre schatole di confecion jn taola, una al papa, una al dio cardl 
et una al ducha, et in quella del card! si era ilveneno. E cussi 
messe ditto card! ordine al prefato scalcho del modo che dovea 
servar, e far che la scutola venenata, dovea aver esso cardl, di 
queHa il papa manzasse e lui si atosegaria e moriria. E cussi 
venuto il pontefice a la cena al zorno dato l’hordine col ducha 
preditto, el prefato c! se li butto a li piedi brazzandoli et stret- 
tissimamente baxandoli, con affectuosissime parole supplicando a 
S. Sta, dicendo, mai di quelli piedi si leveria si S. Beat. non 
li concedesse una gratia. Interrogato del pontefice, qual era 
facendo instanza se levasse suso, esso c! respondeva chel vo- 
leva aver la gratia el_dimanderia et haver la promessa di far- 
gela da S. St. Hor dapoi molta persuasion, il papa stete as- 
sai admirativo vedendo la perseverantia del dto cle e non si vo- 
ler levar, e li promisse di exaudirlo: al qual card! sublevato 
disse: patre santo, non e conveniente che venendo il signor a 
caxa del servo suo, dovesse ‚el servo parimente confrezer (?) 
con el guo signor, e perho la gratia el dimandava era questa 
zusta e bonesta che lui servo dovesse servir a la mensa di 8. 
Sta, e il papa li fece la gratia. E andato a cena al hora de- 


232 Polo Capello Rel 1510. 


bita di meter la confecion in tavola, fo per il scalcho posto la 
confezion avenenata ne la scutola secondo el primo ordine li ha- 
vea dato il papa, et il c! hessendo chiaro in quella.non vi es- 
ser venen li fece la credenza di dicta scatola e messe la vene- 
nata avante il papa, e S. S. fidandosi del suo scalcho e per la 
credenza li fece esso c!, judico in quella non esser veneno e 
ne manzo allegramente, e del altra, chel papa fusse avenenata 
si credeva e non era, manzo ditto ld, Hor alhora solita a la 
qualita del veneno sua Sta comenzo a sentirlo e cussi sen’e morto: 
el card! , che pur haveva paura, se medicino e vomito, e non have 
mal alcuno ma non senza difficulta. Valete. 

Eine wo nicht authentifche, doch ſehr bemerfenswerthe Nachricht 
über den Tod Aleranders: von allen bie wir haben vielleicht die befte. 


B. 


Sommario de la relatione di S. Polo Capello, venuto orator 
di Roma, faita in collegio 1510. 


. Nah dem großen Mißgeſchick, dad die Wenezianer durch bie 
Ligue von Cambray betroffen, gelang es ihnen. zunächft Papſt Ju⸗ 
kus II. wieder zu gewinnen. 

‚. Polo Eapello führt einige noch unbefannte Momente an, wie 
dieß gefcheben. Der Papft war vor dem Reſultat bange, das eine 
projectirte Zufanmmenfunft Marimiliansg mit dem König von Franfs 
reich haben dürfte. „Dubitando perche fo ditto il re di Romani 
et il re di Francia si voleano abboccar insieme et era certo in 
suo danno.“ Eine Zeit lang forderte er zwar die Wenezias 
ner auf, bie Städte fahren zu laſſen, bie fraft der Ligue dem 
beutfchen König zufallen follten, ald er aber fah, daß bie Unters 
nehmung Marimiliangd fo fchlecht ablief, drang er nicht ferner dar⸗ 

Er hatte von demfelben eine fehr geringe Meinung. „E una 
bestia, ‘“ fagte er, „‚merita piu presto. esser rezudo ch’ a rezer 
altri.“. Dagegen gereichte es den Venezianern, deren Namen man 
in Rom fchon für ausgeldfcht gehalten hatte, zu großer Ehre, daß fie 
fich behaupteten. Allmählig entichloß fich der Papft zur Abfolution. 

Bor deffen Eigenfchaften hat Eapello viel Reſpeet. „E papa 
sapientissimo, e niun pol intrinsechamente con lui, e si conseja 
con pochi, imo con niuno.“ Nur fehr indirect hatte der Cardi⸗ 
nal Gaftel de Rio Einfluß: „parlando al papa dir& una cosa, 
qual dita il papa poi considererä aquella.‘° Gleich damald war 
der Cardinal wider die Venezianer, und der Papſt ſchloß doch feine 
Abfunft mit ihnen. Capello findet ihn fehr gut bei Gelb: er möge 
700000 Duc. wo nicht eine Million im Schate haben. 


6. 
Sommario di la relatione di Domenego Trivixan, venuto orator 
di Roma, in pregadi 1510. 


Was Gapello im Gollegium vorgetragen, führt Zrivifan im Se⸗ 
nate weiter aut. Doc ift der Unterſchied, daß jener die geheimen 











Dom. Trivixan Relatione 1510. 233 


Motive entwickelt, diefer fich mehr eine allgemeine Schilderung ans 
gelegen feyn 1äßt. Auch dieß ift doch merkwürdig. 

r flimmt feinem Eollegen in der Berechnung des päpftlichen Schates 
bei, er fügt nur hinzu: der Papſt habe das Geld zu einem Kriege 
wider die Unglaͤubigen beflimmt. Il papa & sagaze praticho: ha 
mal vecchio galico e gota, tamen & prosperoso, fa gran fadi- 
cha: niun pol con lui: alde tutti, ma fa quello li par. — E te- 
nuto e di la bocha e di altro per voler viver piu moderatamente. 
(Soll dieß heißen, daß er felbit geäußert, er werde fich Fünftig 
— etwa im Zrunfe — mäßigen?) A modo di haver quanti da- 
nari il vole: perche come vacha un beneficio, non li da si non 
a chi (a) officio e quel officio da a un altro, si che tocca per 
esso (hiedurch) assai danari; ed & divenudo li officii sensari piu 
del solito in Roma. D. i. die Aemter die man hat werden zu Mäf; 
lern von Pfründen, verfchaffen fie. 

ll papa a entrada duc. 200000 di ordinario, et extraordina- 
rio si dice 150m. (d. h. die Paͤpſte haben gewöhnlich fo viel); 
ma questo a di do terzi piu di extraordinario e di ordinario an- 
cora l’entrade: fo daß er gegen eine Million gehabt haben würde. 
Er erläutert fogleih: Seoleano pagare il censo carlini X al du- 
cato e la chiesia era ingannata: era carlini XIII} el duc., vole 
paghino quello convien, et a fatto una stampa nova che val X 
el duc. e son boni di arzento, del che amiora da X a XIII; la 
intrada del papa, et diti carlini novi si chiamano juli. Man fieht, 
welched der Uriprung der noch heute gewöhnlichen Münze if. Denn 
die heutigen Paoli haben erft fpdt den Stamen und Gebrauch der 
Giuli verdrängt. Die Carlini, welche die Rechnungsmünze bildeten, 
batten fich fo verfchlechtert, daß man in der Eaffe ftarf zu Schaben 
fam. Im Intereſſe der Caſſe machte Julius II. gute Münze. 

Item è misero: a pocha spesa. Si acorda col suo maestro 
di caxa: li da el mexe per le spexe duc. 1500 e non piu. Item 
fa la chiexia di S. Piero di novo, cosa bellissima, per la qual 
a posto certa cruciata, et un solo frate di S. Francesco di quelli 
habia racolto diti frati per il mondo li portö in una bota duc. 
27 m. si che per questo tocca quanti danari el vuol. A data 
a questa fabrica una parte de l’intrada di S. M. di Loreto e 
tolto parte del vescovado di Recanati. 


7. 


Summario de la relatione di S. Marin Zorzi, dotor, venuto ora- 
tor di corte, fata in pregadi a di 17 Marzo 1517. 


Marin Zorzi wurde am 4. Sanıtar 1514, und nachdem er die 
Wahl abgelehnt hatte, am 25. Januar nochmals zum Botfchafter 
am Hofe Leos X. gewählt. Wenn es wahr ift, daß ihm Commiſ⸗ 
fionen in Bezug auf die Expedition Franz I. gegeben worden, wie 
Paruta fagt (lib. HIT, p. 109), fo müßte er erft im Anfang des 
Sahres 1515 nach Nom gegangen feyn 

Seine Relation bezieht ſich auf diefe Zeit. Sie ift um fo wich: 
tiger, da er ſich vornahm das zu berichten, was er nicht zu fchreiben 








234 Marin Zorci Rel. 1517. 


ewagt hatte. Referirà, fagt dad wie es fcheint nachgefchriebene 
Sommario „ di quelle cose che non a scritto per sue lettere, 
perche multa occurrunt quae non sunt scribenda. 

Hauptfächlich betreffen diefe die Unterhbandlungen des Papſtes 
mit Sranz I, die ſelbſt Paruta nicht fannte, von denen man bier, 
fo viel ich weiß, die befle Nachricht findet. 

Man hat bisher zumeilen davon geredet, dad Papſt Leo feinem 
Bruder Julian eine Krone habe verfchaffen wollen: wie das gefchehen 
follen, ift jedoch nie recht an Tag gefommen. Zorzi verfichert, Damals 
babe Leo dem König von Franfreich vorgefchlagen: „che del reame 
di Napoli saria bon tuorlo di man di Spagnoli e darlo al ma- 
gnifico Juliana suo fradello‘‘; — er fügt hinzu: e sopra questo 
si fatichoe assai, perche el non si contentava di esser ducha so 
fradello, ma lo volea far re di Napoli: il christianissimo re li aria 
dato il principato di Taranto e tal terre: ma il papa non volse, 
e sopra questo venneno diversi oratori al papa, monsr di Soglie 
e di Borsi, et il papa diceva: quando il re vol far questo acordo, 
saremo con S. M. Hor si stette sopra queste pratiche: il chmo re 
havendo il voler che’l papa non li saria contra, deliberò di ve- 
nir potente et cussi venne: et il papa subito si ligd con l’im- 
perator, re catholico, re de Inghilterra e Sguizzari. 

Die Notizen welche ſich auf die Zeit des Feldzugs beziehen, habe 
ich fchon in Zert oder Noten mitgetheitt.: 

Wie fehr der Papſt aber insgeheim antifranzöftfch gefinnt war, 
‚gebt daraus hervor, daß er fogleich bei der Unternehmung Marimi: 
lians im nächften Jahre es nicht allein den Wenezianern verdachte, 
daß fie fich fo entfchieden franzöfifch zeigten — o che materia, fagte 
er, a fatto questo senato a lassar le vostre gente andar a Mi- 
lano, andar con Francesi, aver passa 8 fiumi, o che pericolo è 
questo; fondern auch Marimilian insgeheim unterftüßte. Il papa 
a questo subito mandò zente in favor del imperador e sotto man 
dicendo: M. Ant. Colonna € libero capitano a soldo del impe- 
rador. Indeß verzögerte ſich Die Ratification der Beichlüffe von Bo⸗ 
logna. Der König Phickte Gefandte auf Gefandte um fie zu fordern. 
Endlich fandte ber Papſt dagegen feine eigenen nach Frankreich, und 
die Gapitel wurden geſiegelt. 

Bald hatte Franz 1. eine Gelegenheit fich hiefür zus rächen. Der 
Herzog von Urbino Ieiftete dem Papft einen unerwarteten Widerftand. 
Dieter Gefandte verfichert: Il re non si tien satisfacto del papa; 
€ contento Francesco Maria prosperi. | 

Er fchildert alddann den Wapft näher. A qualche egritudine 
interior de repletion e catarro ed altra cosa, non licet dir, vi- 
del. in fistula. E hom da ben e liberal molto, non vorria fa- 
ticha s’il potesse far di mancho, ma per questi soi si tuo fati- 
cha. E ben suo nepote & astıto e apto a far cosse non come 
Valentino ma pocho mancho. Er meint Lorenzo Medici. Er ber 
bauptet nun fchlechterdingg, was Andere leugnen, 3. E. Vettori, daß 
Lor. Medici felbft Iebhaft nach Urbino getrachtet habe. Julian habe 
zwei Zage vor feinem Zode den Papſt gebeten Urbino zu fehonen, 
wo er nad) feiner Verjagung aus Florenz fo viel Gutes genoffen. 





Marco Minio Rel. 1520. 235 


Der Papft gab nichts darauf. Er fagte: „non & da parlar deste 
cose.“ Questo feva perche de altra parte Lorenzin li era at- 
torno in volerli tuor il stato. 

Unter den Rathgebern des Papftes findet er zunaͤchſt Julius Mes 
dici, nachmalg Clemens VL, von deffen Talenten er doch keine fo 
große Vorftellung hat wie Andere: è hom da ben, hom di non molte 

acende, benche adesso il manegio di la corte è in le sue mani, 
che prima era in S. Ma in Portego; dann Bibbiena, den er für 
fpanifch gefinnt Hält, wie er denn durch fpanifche Beneficien bereichert 
fey; endlidy jenen Lorenzo — qual a animo gaiardo. 

Lorenzo bringt ihn auf Florenz zu reden. Er fagt ein Wort 
von der Werfaffung, doch fügt er hinzu: hora non si serva piu 
ordine: quel ch’el vol (Lorenzin) è fatto. Tamen Firenze è piu 
francese che altrimente, e la parte contraria di Mediei non pol 
far altro, ma non li piace questa cosa. Die Landmilis — Ordi⸗ 
nanzen — war vermindert worden. Die Einkünfte betrugen: 1) von 
den Abgaben am Thor und in der Stadt 74000 Duc. 2) von den 
unterworfenen Städten 120000 Duc. 3) von dem balzello — di: 
recte Auflage, eine Art Zehnten — 160000 Duc. 

Dieß bringt ihn auf die Einfünfte des Papites, die er im All⸗ 
gemeinen auf 420000 Duc. angibt; und fo fommt er auf die Auss 
gaben und die Perfönlichfeit des Papſtes zurüd. E docto in huma- 
nitä e jure canonicho, et sopra futto musico excellentissimo, e 
quando el canta con qualche uno, li fa donar 100 e piu ducati: 
e per dir una cosa che si dimenticd (von ihm, dem Redner), il 
papa trahe all’ anno di vacantie da duc. 60000 e piu, ch’e, zercha 
duc. 8000 al mese, e questi li spende in doni, in zuogar a pri- 
mier di che molto si diletta. 

Nachrichten, wie man fieht, recht bezeichnend, mit vieler Nais 
vetät und geſpraͤchsweiſe mitgetheilt. Man hört und lebt mit. 


8. 


Sommario di la relatione di Marco Minio, ritornato da corte, 
1520 Zugno. Sannto Tom. XXVIII. 


Marco Minio war der Nachfolger Zorzi’s; feine Relation iſt 
leider fehr kurz. Ä 

Er beginnt mit den Einfünften, die er geringfügig finde. I 
papa a intrada per il papato pocha; son tre sorte de intrade: d’an- 
nate traze all’ anno 100 m. duc., ma le annate consistorial, 
ch’E episcopati e abbatie, la mita € de cardinali; di offiej traze 
all’ anno 60m.; di composition 60m. Non a contadi (con- 
tante), perche & liberal, non sa tenir danari, poi li Fiorentini 
e soi parenti non li lassa mai aver un soldo, e diti Fiorentini 
€ in gran odio in corte, perche in ogni cosa 6 Fiorentini. Il 
papa sta neutral fra Spagna e Franza: ma lui orator tien 
pende da Spagna, perche & sta pur messo in caxa da Spa- 
gnoli, etiam asumpto al papato. Il cardinal di Medici suo ne- 
pote, qual non è legitimo, a gran poter col papa: € hom di 
gran manegio — man fteht, feit Zorz’’8 Zeiten war feine Reputa⸗ 


236 De Branca de Telini Diario 1494 — 1513. 


tion gewachfen — a grandissima autoritä, tamen non fa nulla se 
prima non dimanda al papa di cose di conto; hora si ritrova 
a Firenze a governar quella cittä; il cardinal Bibbiena & ap- 
presso assa del papa, ma questo Medici fa il tutto. 

Seine Landsleute verfichert der Geſandte ziemlich günftiger Ge: 
finnungen des Papfted. Zwar wolle diefer Venedig nicht größer fe: 
ben, aber ed auch um fein Gut ber Welt untergehn laffen. 


Diario de Sebastiano de Branca de Telini. Barber. Bibl. 
n. 1103. 


Es geht auf 63 Blättern vom 22ften April 1494 bis 1513 in 
die Zeit Leos X. Mit Burcarbus ift es freilich nicht zu vergleichen; 
und da dem Berf. dad Wenigfte befannt wurde, nicht einmal zu 
einer Rectification deffelben zu brauchen. Er fah nur was jeder An- 
dere auch fah. 

Saoo ſchildert er den Einzug Carls VIII, deffen Heer er auf 
30000 bis 40000 Mann fhäßt. Den König findet er den häßlich- 
ſten Menfchen den er je gefehen, fein Volk dagegen das ſchoͤnſte von 
der Welt: la piu bella gente non fu vista mai. Man muß ihm 
das nicht auf das Wort glauben: er liebt diefe Art fi) auszudruͤcken. 
(Er erzählt, man habe ein Pferd bis auf 300 Duc. bezahlt.) 

Eefar ift der graufamfte Menſch der je gelebt. Die Zeiten Ale 
zanderd durch Graufamteit, Theurung und Auflagen ausgezeichnet. 
Papa Alessandro gittao la data a 1utti li pretie a tutti li offi- 
ciali per tre anni e tutte le chiese di Roma e fora di Roma — 
— per farela cruciata contro il Turco, e poi la dava allo figliuolo 
per fare meglio la guerra. Ihm zufolge gab Ceſar Niemand Au: 
dienz als feinem Henker Michilotto. Alle feine Diener gingen herr: 
lich gefleidet: vestiti di broccado d’oro e di velluto fino alle 
calze: se ne facevano le pianelle e le scarpe. 

Bon Julius II. ift er ein großer Bewunderer. Non lo fece 
mai papa quello che have fatto papa Julio. — Er zählt die 
Städte auf die er erobert, doch meint er, durch feine Kriege fey er 
Schuld an dem Tode von 10000 Menſchen. 

Es folgte Leo. Er begann mit ®erfprechen, che i Romani 
fossero fianchi di gabella, ed officii e beneficii che stanno nella 
eittade di Roma fossero dati alli Romani: ne fecero grand’ al- 
legrezze per Roma. 

Zuweilen erfheinen auch Wrivatleute, wie wir denn bier den 
fühnften und berühmteflen Yrocurator fennen lernen: Bento Moc- 
caro, il piu terribile uomo (mädhtigfle, gemaltigfte) che mai fusse 
stato in Roma per un huomo privato in Roma. Er verlor durdy 
die Orfini fein Leben. 

Auch in diefem fonft unbedeutenden Werke fpiegelt fich der 
Geift der Zeiten, der Geift der verfchiedenen Verwaltungen: — bie 
Zeiten des Schreckens, der Eroberung und der Milde unter Alexan⸗ 
der, Julius und Leo. Andere Diarien z. B. des Cola Eolleine, von 
1521 — 1561, enthalten dagegen nichtd von Bedeutung. 








Notitia temporum Leonis X. Adr. VI. Clem. VII. 237 
| 0.  ° 
Vita Leonis X Pontificis Maximi per Franciscum Novellum Ro- 
manum, J. V. Professorem. Bibl. Barberina. 


Alii, fagt der Autor, longe melius et haec et alia mihi in- 
cognita referre et describere poterunt. Ja wohl. Sein Wert; 
chen ift höchft unbedeutend. 


B 11. 


Quaedam historica quae ad notitiam temporum pertinent ponii- 
ficatuum Leonis X, Adriani VI, Clementis VII. Ex li- 
bris notariorum sub iisdem pontificibus. Ercerpirt von Fe- 
lix Contellorius Bibl. Barberina. 48 Blätter. _ 


Kurze Anzeige des Inhaltes der SInftrumente: z. B. Leo X 
assignat contessinae de Medicis de Rodulfis ejus sorori duc. 285 
auri de camera ex introitibus dohanarum pecudum persolvendos. 

Ich babe diefe Angaben bie und da benußt. Leicht das menſch⸗ 
lich merfwürdigfie und unermähnt geblieben ift folgender Auszug aus 
einem DBreve vom 11. Juni 1529. „Bei Bernardo Brackhi waren 
einige Pretiofen des paͤpſtlichen Stuhles verfeßt worden. Zur Zeit 
der Eroberung hielt es Bracchi für gerathen fie in einem Garten zu 
vergraben. Er gab davon nur Einem Menfchen Nachricht, einem ges 
wiſſen Hieronymus DBacato von Florenz, damit ed doch Jemand 
wüßte, wenn ihn ein Unglüc beträfe. In furzem ward nun Brackhi 
von den Deutichen ergriffen und fehr gemißhandelt. Hieronymo 
glaubte ſchon, fein Freund ſey unter ben Martern geftorben, und theilte 
nun aus gleicyer Beforgniß fein Geheimnif einem Andern mit. Diefer 
aber war nicht fo verichwiegen: die Deutfchen hörten von dem ver: 
borgenen Schage; durch neue verftärfte Martern nöthigten fie Brac- 
chi, endlich den Ort anzugeben. Um die Pretiofen zu retten, machte 
fidy diefer nun zur Zahlung von 10000 Duc. anheifhig. Hierony⸗ 
mus bielt fi für einen WVerräther und tödtete fich ſelbſt aus Scham 
und Wuth.” 


12. 


Sommario di la relation fatta in pregadi per S. Aluixe Giradenigo, 
venuto orator diRoma, 1523 Mazo. Bei Sanuto Tom. 34. 


Zuerft von der Stadt, die auch er in furzer Zeit um 10000 
Häufer vergrößert findet; von ihrer Verfaflung: die Confervatoren 
nehmen den Rang vor den Botfchaftern in Anſpruch, den ihnen diefe 
verweigern; von den Cardindlen. Julius Medici war in feiner Ne 
putation noch höher gefliegen. Hom di summa autoritä e richo 
cardinale, era ij primo appresso Leon, hom di gran ingegno € 
cuor: il papa (Leone) feva quello lui voleva. Er befchreibt Leo 
X. Di statura grandissima, testa molto grossa, hayea bellissima 
man: bellissimo parlador: prometea assa ma non atendea. — 
Il papa si serviva molto con dimandar danari al imprestido, ven- 
deva poi li offieii, impegnava zoie, raze del papato e fino li apo- 


238 Aluize Gradenigo Rel. di 158. 


stoli per aver danaro. Er berechnet die weltlichen Einkünfte. auf 
300000, bie geiftlihen auf 100000 Duc. 

Die Politik Leos findet er durchaus antifranzoͤſiſch. Habe es 
jemald anders gefchienen, fo habe er fich verftellt. „Fenzeva esso 
amico del re di Francia.“ Damals war er aber ganz offen gegen 
Branfreih, wovon Grabenigo folgenden Grund anfuͤhrt. Disse che 
mr di Lutrech et mr de l’Escu havia ditto che'l voleva che le 
recchia del papa fusse la major parte restasse di la so persona. 
Heißt ed, es folle von dem Papſt nicht viel mehr übrig bleiben als 
feine Ohren? Preili ein grober Spaß und abgeſchmackt dazu, den 
Leo fehr übel nahm. Nach der Nachricht von der Eroberung Mai: 
lands fol Leo gefagt haben, es fey erft die Hälfte des Sirieges. 

Leo Hinterließ die päpftliche Kammer fo erichöpft, daß man zu 
feinen Erequien die Wachsferzen nehmen mußte, welche für den kurz 
vorher geftorbenen Gardinal S Giorgio beſtimmt geweien waren. 

Der Gefandte erwartete noch die Ankunft Hadrians VI. Er 
befchreibt dad mäßige, verfländige Leben beffelden, und bemerft, daß 
er fi) im Anfange neutral gehalten habe. Disse: il papa per opi- 
nion 80a, ancora che?’l sia dipendente del imperador, & neutral, 
ed a molto a cuor di far la trieva per atender a le cose del 
Turco, e questo si judica per le sue operation cotidiane come 
etiam per la mala contentezza del vicere di Napoli, che venne 
a Roma per far dichiarar il papa imperial, e S. St& non volse, 
onde si parti senza conclusion. Il papa & molto intento a le 
cose di Hungaria e desidera si fazi la impresa contra infideli, 
dubita che’] Turco non vegni aRoma, pero cerca di unir li prin- 
cipi christiani e far la paxe universal, saltem trieve per tre anni. 


13. 


Summario del viazo .di oratori nostri andono a Roma a dar la 
obedientia a papa Hadriano VI, 


Die einzige Relation die das Intereffe einer Reiſebeſchreibung 
gewährt, und die auch auf Gegenflände der Kunft Ruͤckſicht nimmt. 

Die Gefandten fchildern die Blüthe von Ancona, die Frucht: 
barfeit der Marf; in Spello werben fie von Dratio Baglione wohl 
aufgenommen; fo fommen fie nad) Rom. 

Sie ſchildern ein Saftmahl, das ihnen ein Landemann, Carbinal 
Gornelio, gab. Merfwürdig ihre Schilderung der Tafelmufif. A 
la tavola vennero ogni sorte de musici, che in Roma si atro- 
vava, li pifari excellenti, di continuo sonorono, ma eravi clavi- 
cembani con voce dentro mirabilissima, liuti e quatro violoniz 
— auch Grimani gab ihnen ein Gaftmahl; poi disnar venneno al- 
cuni musici, fra li quali una donna brutissima che cantd in liuto _ 
mirabilmente. 

Sie befuchen alsdann die Kirchen. In Sta Groce arbeitete man 
einige Verzierungen an den Thuͤren — alcuni arnesi e volte di 
alcune porte di una preda raccolta delle anticaglie: jeder Kleine 
Stein, den man hier verarbeitete, verdiente nach ihrer Meinung in 
Gold gefaßt und am Finger getragen zu werden. — Das Pantheon. 


Viaggio degli oratori a Hadr. VI. 239 


Man errichtet eben einen Altar, zu beffen Füßen das Grab Ra⸗ 
phaels. Man zeigt ihnen Verzierungen, angeblich von Gold, fo gut 
wie zu ben rheinifchen Gilden. ie meinen, wäre e8 wahr, fo 
würde es Papft Leo nicht daran gellen haben. Sie bewundern 
die Säulen, größer als ihre von ©. Marco. Sosiengono un co- 
perto in colmo, el qual & di alcune travi di metallo. 
Mit großer Naivetät widmen fie den Alterthiimern ihre Be 
wunderung. Sch weiß nicht, ob dieſes Buch den Altertbumsfundis 
en in bie Hände fommen wird. Folgende Beichreibung der Eolofs 
en ift wenigſtens fehr auffallend. Monte Cavallo & ditto perche 
alla summitä del colle benissimo habitato vi & una certa ma- 
china de un pezo di grossissimo muro (eine rohe Baſis), so- 
pra uno di cantoni vi € uno cavallo di pietra par de Istria molto 
antiquo e della vetustä corroso e sopra l’altro uno altro, tutti 
doi dal mezo inanzi zoe testa, collo, zampe, spalle e mezo il 
dorso: appresso di quelli stanno due gran giganti, huomini due 
fiate maggiori del naturale, ignudi, che con un brazzo li ten- 
gono: le figure sono bellissime, proportionate e di la medesima 
pietra di cavalli, bellissimi si i cavalli come gli huomeni, sotto 
una di quali. vi sono bellissime lettere majuscule che dicono opus 
Fidie e sotto P’altro opus Praxitelis. Sie begeben ſich nad dem 
Capitol, wo fie denn unter vielen andern ſchoͤnen Fouren auch finden: 
uno villano di bronzo che si cava un spin da un pe, fatto al na- 
tural rustico modo: par a cui lo mira voglia lamentarsi di quel 
spin, cosa troppo excellente. Im Belvedere beſuchen fie vor al: 
lem den Laocoon. Man gab bisher oft den deutichen Landsknechten 
Schuld, daß fie zur Neftauration eines Armes an diefem Kunftwerf 
Anlaß gegeben. Hier finden wir aber, daß er ſchon vor der Erobes 
rung der Stadt fehlte Ogni cosa & integra, sälvoche al Lao- 
coonte gli manca il brazzo destro. Gie find von Bewunberung 
bingeriffen. Sie fagen von. bem allen: non gli manca che lo spi- 
rito. Die Knaben fchildern fie fehr gut: L’uno volendosi tirare 
dal rabido serpente con il suo brazello da una gamba nè poten-. 
dosi per modo alcuno ajutar, sta con la faccia lacrimosa cri- 
dando verso il padre e tenendolo con l’altra mano nel sinistro 
brazzo. Si vede in sti puttini doppio dolore, l’uno per vedersi 
la morte a lui propinqua, l’altro perche il padre non lo puol aju- 
tare e si languisce. Sie fügen hinzu, König Franz habe bei der 
Zufammenfunft von Bologna den Papft um dieſes Werk erfucht, er 
babe aber fein Belvedere nicht berauben wollen und dem Koͤnig 
eine Copie machen laffen. Schon feyen die Knaben fertig. Lebte 
aber der Meifter 500 Jahre, und arbeitete Hundert daran, fo würs 
den fie fo nicht ausfallen. Im Belvedere fanden fie auch einen jun, 
gen Paränbifigen Kuͤnſtler, der zwei Bildniffe des Papſtes verfer- 

i e. 

3 Auf diefen und den Hof fommen fie nun. Die wichtigfte No⸗ 
tig die fie mittheilen ift, daß der Cardinal von Wolterra, der bis⸗ 
ber die Medici verdrängt hatte, deshalb gefangen gehalten wor: 
den fey, weil man Briefihaften von ihm aufgefangen, indem er Kb» 
nig Franz ermuntert habe, jeßt einen Angriff auf Stalien zu was 


240 Clementis VII conclave. 


en: niemals könne er eine günfligere Gelegenheit finden. Eben 

— kam Medici wieder empor. Der kaiſerliche Botſchafter 
Seſſa ſtand ihm bei. Leicht duͤrfte dieß Ereigniß zu der Wendung 
der Politik Hadrians den entſcheidenden Anlaß gegeben haben. 


14. 
Olementis VII P. M. conclave et creatio. Bibl. Barb. 4. 70 Bi. 


Auf dem Zitel findet fich folgende Bemerfung: „Hoc conclave 
sapit styjlum Job. Bapt. Sangae civis Romani, qui fuit Clementi 
VII ab epistolis.“ Allein man fann wohl unbedenflich diefe Vers 
muthung verwerfen. Ein andered MS der Barberina, das den Ti⸗ 
tel führt: Vianesii Albergati Bononiensis commentarii rerum sui 
temporis, enthält nichts als diefed Conclave. Es bildet den erften 
Theil der Commentarien, von denen indeß Feine Fortfegung zu finden 
if. Wir dürfen annehmen, daß das obgedachte Conclave den Wias 
nefio Albergati zum Verfaſſer Hat. 

Mer war aber diefer Autor? Mazzuchelli hat mehrere Alber⸗ 
gati, diefen aber nicht. | 

Sn einem Briefe Girolamo Negros findet fich folgendes Hiſtoͤr⸗ 
hen. Ein Bolognefe ließ Papſt Hadrian wiffen, er habe ihm ein 
wichtiges Geheimniß mitzutheilen, doch fehle es ihm an dem Gelb 
um die Reife zu machen. Meſſer Vianeſio, ein Freund und Beguͤn⸗ 
fligter der Medici, verwendete fich für ihn. Diefem fagte endlich 
der Papſt, er möchte die 24 Ducaten auslegen, welche der Bolos 

nefe forderte, er folle fie zurüchbefommen. WBianefto that es; fein 
ann fam an. Auf das geheimfte ward er eingeführt. „Heiliger 
Water,” fing er an, „wenn Ihr die Türfen beftegen wollt, fo müßt 
Shr eine große Armata zu Land und See rüften.” Weiter brachte 
er nichts vor. „Per deum!‘ fagte der Papſt, den dieß ungemein 
verdroß, als er Meſſer Vianeſio wiederfah, „diefer Euer Bolognefe 
ift ein großer Gauner: aber er fol mich auf Eure Koſten betrogen 
haben.” Er gab ihm die 24 Due. nicht wieder. Wahrfcheinlich if 
dieß unfer Autor. Auch in unferm Werkchen fagt er, er babe zwis 
fhen den Medict und dem Papft den Unterhändler gemadt: me 
etiam internuntio. Er hatte gute Befanntihaft mit Hadrian, den 
er bereits in Spanien Fennen gelernt hatte. 

Doch hat er ihm das unrühmlichfte Denkmal von ber Welt ges 
ſtiftet. Man Iernt daraus den ganzen Haß fennen, den Hadrian 
bei diefen Stalienern erweckte: „Si ipsius avaritiam, crudelitatem 
et principatus administraudi inscitiam considerabimus, barbaro- 
rumque quos secum adduxerat asperam feramque naturam, me- 
rito inter pessimos pontifices referendus est. Er ſchaͤmt fich nicht 
bie elendeflen Pasquille auf den Geftorbenen mitzutheilen, 3. B. 
eins, wo er erft mit einem Efel, dann mit einem Wolf — post 
paulo faciem induit lupi acrem, — ja endlich mit Garacalla und 
Nero verglichen wird. Fragt man aber nach Beweiten, fo wird der 
arme Papft dur das, was Wianefio_erzählt, fogar gerechtfertigt. 

Hadrian hatte eine Stube in der Torre Borgia, zu der er ben 
Schlüffel immer bei ſich trug, die man das Alerbeiligte zu Pr 

pflegte 





Pi 


Clementis VII conclave. 241 


pflegte; mit Begier eröffnete man fie als er todt war. Da er vie 
eingenommen und nichts ausgegeben, fo meinte man hier feine Schäße 
u finden. Man fand nichts als Bücher und Papiere, ein paar 
inge von Leo X, fat gar fein Geld. Man geftand ſich am Ende: 
„male partis optime usum fuisse. 

Gegründeter mögen die Klagen feyn; bie ber Autor über bie 
Derzögerungen der Geichäfte erhebt. Der Papſt fagte: „„cogitabimus, 
videbimus.“ Er verwies wohl an feinen Seeretir; allein nach lan⸗ 
gem Verzug verwies dieſer an den Auditore di Camera. Das war 
ein wohlgeſinnter Mann, der aber niemals fertig wurde, und ſich 
in feine eigene Thaͤtigkeit verwickelte. „Nimia ei nocebat diligen- 
tia. Man ging aufs neue an Hadrian. Der fagte wieder: „,co- 
gitabimus, videbimus. 

Um to mehr rühmt er die Medici und Leo X, feine Güte, bie 
Sicherheit die man unter ihm genoffen, auch feine Bauwerke. 

Ich entnehme daraus, daß die Arazzi Raphaels urfprünglich für 
die firtiniihe Gapelle beſtimmt waren. Quod quidem sacellum 
Julius II opera Michaelis Angeli pingendi seulpendique scientia 
elarissimi admirabili exornavit pictura, quo opere nullum abso- 
lutius extare aetate nostra -plerique judicant, moxque Leo X in- 
genio Raphaelis Urbinatis architecti et pictoris. celeberrimi au- 
leis auro purpuraque intextis insignivit, quae absolutissimi ope- 
ris pulchritudine omnium oculos tenent. 


15. 


Instruttione al Card! Revmo di Farnese, che fu poi Paul III, 
quando andd legato all’ Impre Carlo V doppo il sacco 
i Roma, 


Ich fand diefe Inftruction zuerſt in der Bibliothek Corfini Nr. 
467, und acauirirte hierauf eine Abfchrift mit ben Schriftzügen der 
Mitte des 16ten Zahrbunderts. 

Pallavicini Fannte fie; — Istoria del concilio di Trento lib. 
II, e. 13 gedenft er: derfelben. - Doch hat er fie, wie ſich in den 
folgenden Capiteln zeigt, noch weniger benugt, als feine Worte 
andeuten. Er hat ferne Erzählung aus andern Quellen. 

Da diefe Inſtruction nicht allein für die päpftlichen Sachen, 
fondern für die gefammte europäifche Politif in einem fo bebeuten- 
den Zeitpunfte von großer Wichtigfeit ift, und viele Momente 
enthält welche ſonſt nicht befannt geworben, fo habe ich für das 
befte gehalten fie vollfländig abdrucken zu laffen. Kein Auszug 
wöürbe den Kennern genug thun. Es feyen die paar Blätter mehr 
Darauf gewenbet! 

Man wird finden, daß diefe Inftruction aus zwei verfchiedenen 
Theilen befiebt: dem einen, in weldyem von der Perſon bed Papſtes 
in ber dritten Perfon geredet wird; vielleicht von @iberto oder eis 
nem andern vertrauten Minifter des Papſtes verfaßt; tiber die fruͤ⸗ 
bern Ereigniffe fomohl unter Leo als Clemens hoͤchſt wichtig; dem 
andern, Fleinern, welcher mit ben Worten anfängt: per non entrare 


Papſte ** 16 





242 Instruttione . 


in le cause per le quali fummo costretti, in welchem ber Popft 


in der erſten Perſon redet, und den er vielleicht ſelbſt aufgeſetzt hat. 
IIIo Rev=° Signore. Nella diflicult& della provincia che & 
toccata alle mani di V. 8. Ilm e R=s, tanto grande quanto ella 
stessa conosce, et nella recordatione della somma et estrema 
miseria nella quale siamo, penso che non sar& se non di qualche 
rilevamento a quella, haver quella informatione che si puö di 
tutte Pattioni che sono accadute tra N. Signore e la Mià Ce- 
sarea et in esse conoscere che V. S. R== va a prencipe del quale 
Sa Stä et la casa sua & piu benemerita che nessun altra che ne 
per li tempi passati nè per li presenti si possa ricordare: et 
se qualche oflensione € nata in quest’ ultimo anno, non € cau- 
sata ne da alienatione che Sa St& havessi fatto della solita vo- 
lunt& et amore verso sus Maestä o per disegni particulari d’ag- 
grandire isuoi o altri, o per abbassare la reputatione o stato suo, 
ma solo per necessit& di non comportare d’esser oppresso da 
chi haveva et auttoritä et forze in Italia, et per molte prove che 
sua Be havessi fatto per nuntii, leitere, messi et legati, non era 
mai stato possibile trovarci remedio. La St di N. Signore da 
che cominciö a esser tale da poter servir la corona di Spagna 
et la casa della Maestä Cesarea, il che fu dal principio del pon- 
tificato della Ste Mria di Leone suo fratello, con el quale po- 
teva, quanto ogn’uno sa et la Mt& sua ha provato, fu sempre 
di tanto studio et servitü della parte Spagnuola et imperiale 
che non si potr& numerar beneficio o gratia o sodisfattione di 
cosa alcuna che questa parte in ogni tempo habbia ricevuta 
dalla Ste Mria di Leone et della chiesa, nella quale non solo N. 
Signore stando in minoribus non si sia trovato o non adversario 
o consentiente solo, ma ancora auttore, indrizzatore et condutiore 
del iutto. Et per toccare quelle cose che sono di piu importantia 
solamente: la lega che si fece il secondo et terzo anno della 
Sta Mria di Leone per adversare alla venuta prima che fece il 
christianissimo re Francesco passd tutta per mano di S. Sta, 
et ella andò in persona legato per trovarsi in fatto con gli al- 
tri. Dove essendo riuseciti li disegni diversamente da quello 
che s’era imaginato, et constretto papa Leone a fare quelli ac- 
cordi che pot& con el chr=o, il cardinale de Medici hebbe quella 
eura di conservare il papa Spagnuolo che ogn’uno di quelli 
che all’hora vi si trovorono posson render testimonio, et usò 
tutta l’auttoritä che haveva col papa suo fratello, che la vo- 
luntà et estremo desiderio che el christianissimo haveva di se- 
ir la vittoria et passar con ianto esercito et favore nel regno, 
ussi raffrenato hor con una scusa et hor con un altra, et ira 
le altre che essendo il re cattolico vecchio et per l’infermitä 
gia a gli ultimi anni, S. Mt& aspettasse l’occasione della morte 
sua, nel qual tempo l’impresa riuscirebbe senza difficuliä al- 
cuna. Et succedendo assai presto doppo questi ragionamentii la 
morte del re cattolico, che credo non ci fusse un mese di tempo, 
con quant’ arte et fatica fussi necessario reprimere l’instantia 
grande che el christianissimo ne faceva, ne sarebber testimonio 


\ al cardinal Farnese. 243 


ie lettere di propria mano di Se Mta, se questi soldati, che tra 
le altre cose hanno ancor saccheggiato tutte le scritture, o ci 
le rendessero over le mandassero all’ imperatore. Et queste 
cose con molte altre, che tutte erano in preparar quieta e sta- 
bile la hereditä et successione della persona hora dell’ impera- 
tore et in assicurarlo etiam vivente l’avo de maestrati di Spa- 
gna, tutte faceva el cardinale de Medici non per privato com- 
modo suo alcuno, anzi direttamente contro Putile particulare, 
non havendo rendita alcuna di momento :se non nel dominio 
di F'raneia, et non procurando mai d’haver ristoro in quel di 
Spagna. Successe la morie dell’ imperatore Massimiliano, et 
essendo Leone inclinato alla parte del christianissimo per quella 
dignitd et opponendosi alli conati della Mt4 Cesarea d’hora, nen 
passö il termine dell’ elettione che el cardinal de Medici con- 
dusse il papa a non contravenirvi, e doppo fatta l’elettione ad 
approvarla, assolverlo dalla simonia, dal pergiuro, che non po- 
teva, essendo re di Napoli, si come vuole la costitutione di papa... 
...; Procurar d’essere imperatore, rinvestirlo et darli di nuovo il 
regno di Napoli: in che non so — se l’affettion grande et l’oppi- 
nione nella quale el cardinal de Medici era entrato della bontä, 
prudentia et religione della Mt sua non lo sousasse — se fusse 
piu o il servitio, che può molto apertamente dire d’haver fatto 
grandissimo alla Mt sua, overo il deservitio fatto al fratello 
cioè al papa et alla chiesa, favorendo et nutrendo una potentia 
tanto grande e da considerare che un di da questo fiume po- 
teva erumpere una devastatione et oltraggio si grande come 
hora € seguito. Ma vedendo il cardinale queste due potenze di 
Spagua et Francia divise di sorte che malamente non conirape- 
sando l’una coll’ altra si poteva sperar pace, andò prima 
con questo disegno d’aggiunger tanta auttoritä et forze al re 
di Spagna che essendo uguale al christianissimo dovessi haver 
rispetto di venire a guerra, et se pur la disgratia portasse che 
non si potesse far dimeno, essendo P’oppinione d’anteporre il re 
di Spagna al christvo, Spagna fussi in modo ferma et gagliarda 
che attaccandosi in un caso simile a quella parte si potesse spe- 
rarne buon esito et certa vittoria. Et questo lo provassi con 
altro che a parole, se forte le cose sopradette fusser cosi os- 
cure che hbavesser bisogno di piu aperta fede; ne far& testi- 
monio la conclusa lega oon Cesare contra Francia, et tanto 
dissimili le conditioni che si promettevano da un lato a quelle 
dell? altro, che non solo, Leone non doveva venire a legarsi coll’ 
imperatore, essendo in sualibertä et arbitrio d’elegger quel che 
piu faceva per lui, ma essendo legato doveva fare ogni opera 
per spiecarsene: et per mostrar brevemente esser con eflette 
uanto io dico, l’imperatore si trovava in quel tempo che Leone 
ece lega seco, privo d’ogni auttoritä, nervo, amici et reputa- 
tione, havendo perduto in tutto Pobbedienza in Spagna per la 
rebellione di tuiti i populi, essendo tornato dalla dieta che sua 
Mt& haveva fatta in Vormatia, escluso d’ogni conclusion buona 
@’ajuti et di favori che si fussi proposto d’ottenere in essa, ha- 


16 * 


x 


244 Insirutiione 


vendo la guerra gia mossa ne suoi paesi in due lati, in Fian- 
dra per via diRoberto della Marca et in Navarra, il qual regno 
gia era tutio andato via et ridottosi all’ obbedienza del re favo- 
rito da iFrancesi: li Suizzeri poco inanzi s’eron di nuovo alle- 
gati col christianissimo con una nuova eonditione d’obbligarsi 
alla defensione dello stato di Milano, che el re possedeva, cosa 
che mai per inanzi non havevon voluto fare: et il serm° re 
d’Anglia, nel quale forse l’imperatore faceva fondamento per il 
parentado tra loro et per la nemistà naturale con Francia, mo- 
strava esser per star a veder volentieri, come comprobö poi con li 
effeiti, non si movendo a dar pure un minimo ajuto all’ impera- 
tore per molta necessitä in che lo vedessi et per molta instan- 
tia che gli ne fusse fatta, salvo doppo la morte di Leone. Il 
christianissimo all’ incontro, oltre la potentia grande unita da se 
et la pronta unione che haveva con l’Ill=: Signoria et che ha- 
veva questa nuova lianza de Suizzeri, si trovava tanio piu su- 
perior nel resto quanto li causano la potentia sua, et la face- 
vano maggiore li molti et infiniti disordini ne quali dico di so- 
pra che l’imperatore si trovava. Le speranze et propositioni dei 
premii et comodità del successo et prosperitä che le cose ha- 
vessero havuto eron molto diverse: il christianissimo voleva 
dar di primo colpo Ferrara alla chiesa inanzi che per sua Mt& 
si facessi alira impresa, poi nell’ acquisto del regno di Na- 
poli Sa Mi&4 christianissima, per non venire a i particulari, 
dava tante comoditä alla chiesa circa ogni cosa che gli tor- 
nava di pin comodo piu utilitd et sicurtä assai, che non sa- 
rebbe »tato se ce l’havesse lassato tutto; in quest’ alira banda 
non era Cosa nessuna se non proposito di metter lo stato di 
Milano in Italiani et far ritornar Parma et Piacenza alla chiesa: 
et nondimeno, essendo et nella facilitä dell’ impresa in una parte 
et nell’ altra il pericolo cosi ineguale et aggiungendovisi an- 
cora la disparitä de i guadagni si grande, potette tanto la vo- 
lunt& del cardinale de Medici appresso al papa, et appresso a 
S. 8. Revma l’oppinione della bontä et religione della Maestä 
Cesarea, che mettendosi nella deliberatione che era necessaria 
di fare o in un luogo o in un altro questa imaginazione inanzi 
agli occhi, non volle dar parte della vista all’ altro consiglio 
ne altro esamine se ‚non darsi in tutto et per tutto a quella 
parte donde sperava piu frutti d’animo santo et christiano che 
da qualsivoglia altri premii che temporalmente havesser po- 
tuto pervenire per altra via. Et che sia vero chi non ha visto che 
non essendo successe le cose in quel principio come si spe- 
rava, et essendo consumati i danari che per la prima portion 
sua la Mtä Cesarea haveva dato, et vedendo male il modo che 
si faceasi provisione per piu, la Sta Mria di Leone per sua parte 
et S. S. Revme molto piu per la sua non manco mettervi la 
sustantia della patria sua et di quanti amici et servitori che ha- 
vessi et per l’ultimo la persona sua propria, della quale co- 
nobbe l’importantia et il frutto che ne segul. 

Mori in quello papa Leone, et benche 8. S. Revma si tro- 


al cardinal Farnese. | 245 


vasse nemico tutto il monde, perche quelli che haveva offeso 
dalla parte francese tutti s’eron levati contro lo stato et dignit& 
sua temporale et spirituale, gli altri della parte dell’ Impre parte 
non lo volsero ajutare, parte gli furon contrarj, come V. S. 
Revma et ogn’ uno sa molto bene, non dimeno ne il pericolo o 
oflerte grandi dei primi nd l’ingrattitudine o sdegno dei secondi 
bastorono mai tanto che lo facesser muovere pur un minimo 
punto della voluntä sua, parendoli che sicome l’animo di Ce- 
sare et l’oppinion d’esso era stato scopo et objetto, cosl quello 
dovessi esser sua guida: et non si potendo imaginar che que- 
sto nascessi dall’ animo suo nd potendo per il tempo breve su- 
spicarlo, volse piu presto comportar ogni cosa che mutarsi niente, 
anzi come se fussi stato il contrario, di nessuna cura tenne piu 
conto che di fare un papa buono parimente per la Mt4 sua 
come per la chiesa: et che l’oppinione anzi certezza fussi che 
non sarebbe quasi stato differenza a far papa Adriano o P’Impre 
stesso, ogn’uno lo sa, sicome ancora € notissimo che nessuno 
fu pin auttore et conduttore di quella creatioue che’l cardinal 
de Medici. 

Hor qui fu il luogo dove il cardle de Medici hebbe a far 
prova, se’l giudicio el quale S. 8. haveva fatto della Mt4 Cesa- 
rea gli riusciva tale quale S. 8. Revma s’era imaginato, perche 
inanzi l’ombra et in drizzo della Sta Mria di Leone haveva fatto 
che non si veniva a fare esperienza d’altro, et ’animo di S. 8. 
tutto occupato a servir la Mt% sua non haveva pensato di distra- 
berlo in cura sua o di suoi parliculari, ne era cosi avido 0 
poco prudente che s’imaginasse i premii corrispondenti ai me- 
riti, anzi in questo pareva d’haver perfettamente servito et meri- 
tato assai, non bavendo objetto nessun tale et essendosi rimesso 
in tutto e per tutto alla discrettione et liberalitä sua. E' vero 
che trovandosi piu di due anni quasi prima che la Mt sua non 
pensava ne credeva poter ricever tanto beneficio et servitio dalla 
casa de Medici, haver promesso per scritto di sua mano et di- 
segnato et tenuto a tale instantia separatamente da quella uno 
stato nel regno di Napoli di 6 m. scudi et una moglie con stato 
in dote di X m. pur promesso a quel tempo per uno dei ni- 
poti di papa Leone et di S. S. Rma, et non essendosi. mai cu- 
rati d’entrare in possesso del primo ne venir a effetto del se- 
condo per parerli d’haver tutto in certissimo deposito in mano 
di sua Maestä, morto papa Leone et non essendo rimasto segno 
alcuno di bene verso la casa de Medici, che gli facessi ricordo 
d’baver havuto tanto tempo un papa, se non questo, mandando 
S. S. Rma alla Mt& Cesareu a farli riverenza et dar conto di se, 
dette commissioni dell’ espeditione di questa materia, che se ne 
facessi la speditione, la consignatione et li privilegii et venisse 
all’ effetto. Ma successe molto diversamente da quello che non 
solo era l’oppinion nostra ma d’ogh’uno: perche in cambio di 
vedere che si pensasse a nuovi premii et graititudine per li 
quali si conoscesse la recognitione de beneficii fatti alla Mi4 sua, 
et la casa de Medici si consolasse vedendo non haver fatto molta 


246 Instruttione 


rdita nella morte di Leone, si messe difficoliä tale. nell’ espe- 

itione delle cose dette non come ai fusse trattato di uno stato 
gia stabilito et debito per conto molto diverso et inferiore ai 
meriti grandi che s’erono aggiunti prima di disputare, non al- 
trimenti che se la casa de Medici gli fusse stata nemica, facendo 
objettioni di sorte che anoorche fusse stata in quel termine, non 
si devevon fare, perche la fede et quel che s'è una volta pro- 
messo si vuol servare in ogni tempo, pure si replicö et moströ 
il torto che si riceveva talmente che in cambio di sperar piu 
o di havere almeno interamente quello che era promesso d’uno 
stato di XVI m. scudi, VI di Sa Mià propria et X m. di dote 
che si doveva dare, si risolvette in tre, nel qual tempo essendo 
il cardinale de Medici bene informato di tutio, se S. S, R== non 
si mosse dalla devotione di Se Mt& perseverando non come trat- 
tato ut supra ma come se fusse stato remunerato a satietä, si 
potrebbe dire che l’havessi fatto per forza, essendo la potenza 
dell’ imperatore fermata di sorte che non poteva far altro, overo 
per mancarli partito con altri prencipi, overo per trovarsi in qual- 
che gran necessitä nella quale fussi piu pronto prestar ajuto all’ 
imperatore che ad altri: ma chi si ricorda dello stato di quei 
tempi, che € facile essendo assai fresca la memoria, conoscerä che 
l’esercito e parte imperiale in Italia per el nuovo soccorso che i 
Francesi havean mandato reparando l’esercito et farze loro, 
con V’Iilme Sigrie, era in grandissimo pericolo, et in mano d’al- 
cuno era piu in Italia per P’opportunit4 del stato amiei, parenti, 
dependentie, denari et gente, che del cardinale de Mediei far ca- 
der la vittoria in quella parte dove gli fusse parso a S. S. 
Rma salda nella volontä verso l’imperatore, cercavono opprimerlo, 
non 80lo poteva sperare ajuto dalli Cesarei, ma essi male have- 
rebbon fatto i fatti loro se da S. S. Rama non havesser riceruto 
ogni sorte di ajuto tanto ad acquistar la vittoria quanto a man- 
tenerla, essendosi spogliato fino all’ ossa et se et la patria per 
pagare una grossa impositione che fu imposta per contribuire et 
pagar l’essercito et tenerlo unito. Direi volentieri, connumerando 
tutti i beneficii, ofhicii et meriti infiniti del cardinale de Medici 
et di casa sua, qualche amorevol demostratione che Se Mtä o 
specie di grattitudine havessi usato inverso di loro, cosi per dire 
il vero come per scusare in questo modo questa perseverantia 
mai interrotta per alcun accidente verso Sa Mt& et difenderla 
da chi la volessi chiamare piu tosto ostinatione che vero giudi- 
cio, ma non vi essendo niente non lo posso far di nuovo, salvo 
se non si dicesse che in cambio di XXIIm. sc. d’entrata perduti 
in Francia S Mt gli ordind sopra Toledo una pensione di X 
m. sc., dei quali ancora in parte ne resta creditore. E’ vero che 
nelle lettere che Sa Mt& scriveva in Italia a tutti li suoi ministfi 
et oratori et capitani gli faceva honorifica mentione di S.S.R=a, et 
cometieva che facessin capo a quella et ne tenessero gran conto 
per insino a cometterli che se dio disponesse della Sta Mria N’A- 
driano, non attendessero a far papa altri che S. S. R=a:; donde 
nasceva che tutti facevano nei negotii loro capo a Fiorenza et 


al cardisal Farnese. 247 


eommunicavano le facende, et quando s’haveva a trattar di da- 
nari o altra sorte d’ajuti, a nessuno si ricorreva con piu fdu- 
cia.che a S. S. R=a, Tavorendola gagliardamente contro la ma- 
la dispositione di papa Adriano per triste informationi ingeste 
da Volterra che mostrava haver di 8. Sria; nelle quai cose, non 
facendo ingiuria al buon animo che Cesare potesse havere con 
el cardinale, dirö bene che S Mt& si governava prudentissima- 
mente in volere che si mantenessi una persona di tanta autto- 
rita in Italia, la quale per poca recognitione che gli fussi stata 
fatta non si era mai mutato un pelo del solito suo, et non po 
sendo succedere, cosi in questo come negli altri stati, che mutan- 
do la forma et regimento se ne fusse potuto sentire evidentissimi 
frutti et commoditä che faceva sua Maestà stando integro in 
Fiorenza el cardinale de Medici. - 
Morto Adriano fu il cardinale ereate papa, dove ancorche 

i ministri et altri dependenti da Cesare havesser gagliarda com- 
missione, parte si portoron come volsero, et alcuni che all’ ul- 
timo descesero poi a favorir la sua elettione il primo protesto 
che essi volsero fu che non intendevono per niente che S. Stà co- 
noscesse l’opera loro ad instantia dell’ imperatore, ma che lo 
facevono per mera dispositione privaia. Et nondimeno fatto 
papa ritenne 8. St la medesima persona del cardinal de Medici, 
quanto comportava una union tale insieme con la dignitä ‚nella 
quale dio l’haveva posto: et se in pesar queste due parti del 
ebito del pontefice et dell’ affettion verso l’imperatore S. Stä non 
s’havesse lassato vincere et fatto pesar piu l’ultima, -forse che 
il mondo sarebbe piu anni fa in pace, et non paliremmo hora 
queste calamitä. Perche trovandosi nel tempo che Sa Stä fu papsa, 
due esserciti gagliardi in Lombardia, di Cesare et del christianis- 
simo, et il prino oppresso da molte difficultä di potersi mante- 
nere, se N. S. non l’ajutava, come fece con lassar le genti ec- 
clesiastiche et Fiorentine in campo, con darli tante decime nel 
regno che ne cavavano 80m. scudi, et farli dar contributioni di 
Fiorenza, et Se Stà aneora privatamente denari et infinite altre 
sorti d’ajuti, forse quella guerra havrebbe havuto altro esito et 
piu moderato et da sperar fine ai travagli et non principio a 
nuove et maggiori tribulationi, alle quali sperando N. S. tanto 
ritrovar forma quanto oltre all’ autioritä ordinaria che credeva 
haver coll’ imperatore et per consigliarlo bene ci haveva ancora 
agziunto queste nuove dimostrationi, senza le quali non havrebbe 
potuto vincere, perche et men’ero scordato senz’esse mai la Si- 
gnoria faceva unir l’esercito suo, non solo non fu dato luogo 
alecuno al suo consiglio, che dissuadeva di passare in Francia 
con l’esercito, anzi in molte occorentie si cominciö a mostrare 
di tenere un poco conto di Sa Stà, et favorir Ferrara in dispreg- 
gio di quella, et, in cambio di lodarsi et ringratiarla di quanto 
haveva fatto per loro, querelarsi di quel che non s’era fatto a 
voglia loro, non misurando prima che tutto ri facessi per mera 
dispositione senza obbligo alcuno, et poi se ben ce ne fussero stati 
infiniti, che molto maggior doveva esser quello che tirava Se San- 
tita a fare il debito suo con dio che con l’imperatore. 


248  Instruttione 


L’esito che hebbe la guerra di Francia moströ se el con- 
siglio di N. Sige era buono, che venendo el christianissimo adosso 
all’ esercito Cesareo, ch’era a Marsiglia, lo costrinse aritirarsi, 
di sorte, e’l re seguiva con celeritä, che prima fu entrato in Mi- 
lano ch’ essi si potesser provedere, et fu tanto terrore in quella 
giornata del vicer&, secondo che l’huomo di S. Stà che era presso 
a S. Ecc#* scrisse, che non sarebbe stato partito quale S. Signoria 
non avessi accettato dal re, et prudentemente vedendosi in 
estrema rovina se la ventura non l’havessi ajutato con fare che 
el christianissimo andasse a Pavia et non a Lodi, dove non 
era possibile stare con le genti che vi s’eron ridotte. Hora 
le cose si trovavano in questi termini et tanto peggiori quanto 
sempre in casi cosi subiti Phuomo s’imagina, et N. S. in ma- 
lissima intelligentia col chr=° et poca speranza di non haver a 
sperar se non male da S= Mt& et rimanerli odiato in infi- 
nito, essendosi governata, come dirò appresso con quella ve- 
ritä che debbo et sono obbligato in qualsivoglia luogo, che 
‚ piu potessi stringere a dirla di quel che io mi reputi al pre- 
sente. 

Fatto che fu N. Sigre papa, mandö el christianissimo di 
mandar subito messi a supplicare a S. St, che come dio l'ha- 
veva posta in luogo sopra tutti, cosi ancora si volessi metter 
sopra se stessa et vincer le passioni quali gli potesser esser 
rimaste o di troppa affettione verso l’imperatore o di troppo 
mala voluntä verso di lui, et che rimarebbe molto obbligato a 
dio et a S. Stä se tenessi ogn’ uno ad un segno, interponendosi 
a far bene, ma non mettendosi a favorir l’una parte contro al- 
tra, et se pure per suoi interessi o disegni S. Be giudicasse 
bisognarli uno appoggio particulare d’un prencipe, qual poteva 
havere meglio del suo, che naturalmente et a figliuolo della chiesa 
et non emulo, desiderava et era solito operar grandezza di essa 
et non diminutione, et quanto alla volunt& poi da persona a 
persona, gli farebbe ben partiti tali che S. St4 conoscerebbe che 
molto piu ha guadagnato in farsi conoscere quanto meritava 
offendendo et deservendo lui, che ajutando et favorendo l’im- 
peratore, venendo in particulari grandi. 

Nostro Signore accettava la prima parte d’essere amore- 
vole a tutti, et benche poi con li effeiti dependessi piu dall’ 
imperatore, oltre Alla inclinazione lo faceva ancora con certis- 
sima speranza di koter tanto con l’imperatore che facilmente 
lassandosi Sua Mt4 Cesarea governare et muovere, a Sua 
St non fussi per essere si grave quello che offendeva el 
christianissimo, quanto gli sarebbe comodo poi in facilitare 
et ajutare gli accordi che se havessero havuto a fare in la pace. 
Ma succedendo altrimenti et facendo il re, mentre che l’esser- 
cito Cesarea era a Marsiglia, resolutione di venire in Italia, 
mandò credo da Azais un corriere con la carta bianca a N. 
Sigre per mezzo del sigre Alberto da Carpi con capitulatione fa- 
vorerole et amplissimi mandati et con una dimostration d’ani- 
mo tale che certo l’haverebbe posauto mandare al proprio impe- 











al cardinal Farnese. 249 


ratore, perche di voler lo stato di Milano in poi era contento 
nel resto di riporsi in tutto et per tutto alla voluntä et ordine 
- di Nostro Signore: et non ostante questo Sua Santitä non si 
volse risolver mai se non quando non la prima ma la seconda 
volta fu certa della presa di Milano et hebbe letiere dall’huomo 
suo, che tutto era spacciato et che el vicerò non lo giudicava 
altrimenti. Mettasi qualsivoglia o amico 0 servitore o fratello 
o padre o l’imperatore medesimo in questo luogo, (et vegga in 
questo subito et ancora nel seguente?), che cosa havria potuto 
fare per beneficio suo che molto meglio S. St non habbia 
fatto, dico meglio perche son certo che quelli da chi forse 
S. Mü ha sperato et spera miglior voluntä poiche si trovano 
obbligati havrebber voluto tenere altro conto dell’ obbligo, che 
non fece la S. St4, la quale havendo risposio in man sua far 
cessar l’arme ne far proseguir la guerra nel regno di Napoli 
et infiniti altri comodi et publici et privati, non era obligata 
ad altro in favor dell’ christianissimo se non a farli acquistar 
quello che gia l’esercito di Cesare teneva per perduto et in 
reprimerlo di non andare inanzi a pigliare il regno di Napoli, 
nel quale non pareva che fussi per essere molta difficultä: et chi 
vuol farsi bello per li eventi successi al contrario, deve ringratiare 
dio che miracolosamente .et per piacerli ha voluto cosi, et non 
attribuir nulla a se, et riconoscer che ’l papa fece quella capi- 
tulazione per conservar se et l’imperatore et non per mala vo- 
lontä. Perche trovando poi per sua disgratia el re difficult& 
nell’ impresa per haverla presa altrimenti di quel che si do- 
veva, N. Sre lo lassd due mesi d’intorno a Parvia senza dar 
un sospiro di favore alle cose sue, et benche questo fusse as- 
sai beneficio delli Spagnuoli, non mancò ancora far per loro, 
dandoli del suo stato tutte le comoditä che potevon disegnare, 
non mancando d’interporsi per metter accordo quanto era pos- 
sibile tra loro: ma non vi essendo ordine et sollecitando il re, 
che N. Sigre si scoprisse in favor suo per farli acquistare tanto 
piu facilmente lo stato di Milano, et instando ancora che i Fio- 
rentini facessero il medesimo, a che parimente come S. Stä 
erono obbligati, fece opera di evitare l’haversi a scoprire ne 
dare ajuto alcuno salvo di darli passo et veitovaglia per el suo 
stato a una parte dell’ esercito, che sua Mi voleva mandare 
nel regno per far diversione et ridur piu facilmente all’ accordo 
gl’imperiali. Oh che gran servitio fu questo ai Francesi, conce- 
dendoli cosa la quale era in facoltä loro di torsela, anoorche 
non glie l’havesse voluto dare, trovandosi disarmato et parendo 
pur troppo sirano che havendo fatto una lega con S. Mià chri- 
stianissima non l’havendo voluto servir d’altro, gli negasse 
quello che non poteva, et una publicatione d’una concordia finta, 
come fu quella che si detie fuora all’ hora per dare un poco 
di pastura a quella Mt4 et fare che di manco mal animo com- 
portasse che 8. St non osservasse ad unguem la capitulatione: 
et se si vorrä dire il vero, el christianissimo fu piu presto de- 
servito che servito di quella separatione dell’ esercito , perche 





250 Instrutitione 


furono le genti intertenute tanto in Siena et di poi in questo 
di Roma, che l’imperiali hebber tempo in Lombardia di far la 
prova che fecero a Pavia: la qual ottenuta, qualche ragione vo- 
leva, che l’imperatore nò i suoi agenti nd huomo al mon- 
do di quella parte si tenesse ofleso da Sna St4 o pensassi al- 
tro che farli servitio o piäcere, se la religione non li moveva 
et il zeguitare gliesempii degli altri prencipi, li quali non solo 
non hanno offeso i papi, che si sono stati a vedere, ma quando 
hanno ottenuto vittoria contro quella parte con la quale la chiesa 
si fussi adherita, gli hanno havuti in somma adherenza e rive- 
renza e posto termine alla vittoria sua in chiederli perdono, ho- 
norarla et servirla. Lasciamo stare la religione da canto et met- 
tiamo il papa et la chiesa in luogo di Moscovita, dove si tro- 
vo mai che a persona et stato che non ti occupa niente di 
quello a che la ragione vuole, tu possa pretendere ? anzi ha- 
vendo una continuata memoria d’haver tanti anni col favore, 
ajuto et sustantia sua et particularmente della persona ottenuto 
tante vittorie, et se hora si era adherito col re, lo fece in tempo 
nel quale non potendo ajutare, se ne altri gli parve d’havere 
una occasione divina di poter col mezzo dei nemici fare quel 
medesimo efletto, non gli dando piu di quelle che o la forza 
loro o l’importantia dell’ imperatore gli concedeva, et poi quando 
el corso della vittoria si fermd per i Francesi, haverla pin to- 
sto arenata che ajutata a spignere inanzi: che inhumanitä in- 
audita, per non usar pia grave termine, fu quella, come se ap- 
punto non vi fusse stata alcuna di queste raggioni o fussero 
state al contrario, subito ottenuto la vittoria in Pavia et fatto 
prigione il re, cercare di far pace con gli altri, dei quali meri- 
tamente potevasi presumere d’essere stati oflesi, alla chiesa 
et alla persona del papa subito indir la guerra et mandarli uno 
esercito adosso? O gl’imperiali havevon veduti i capitoli della lega 
con el chr=° o non gli havevon veduti. Havendo gli visti, come 
siam certi, essendo andate in man loro tutte le scritture di 8. 
Stä, dovevon produrli, et mostrando offensione in essi o nel tempo 
che furon eonclusi overo nei particulari di cosa che fusse in pre- 
giudiecio alla Mià Cesarea, giustificar con essi quello che con- 
tavano, se giustificatione alcuna pero vi potesse essere bastante. 
Non gli havendo visti, perche usar tale iniquita contra di — 
— —? Ma ne in scriptis non havendo visto cosa tale ne in 
fatto non havendolo provato, non havevon sentito oflensione al- 
cuna. Ne restö N. Sigre per poco animo o per non potere, 
perche se l'ha dell’ animo 0 del potere esei in loro beneficio l'ha- 
vevon provato tanto tfempo et del primo l’etä non glien’ haveva 
potuto levar niente et del secondo la dignitä glien’ haveva ag- 
giunto assai, ne anche perche 8. St4 havessi intercette al- 
cune lettere di questi sigri nelle quali si vedeva che stanno 
gonfi et aspettavano occasione di vendicarsi della ingiuria, che 
non riceverono da S. Stà, ma per non reputar niente tutte que- 
ste cose, respetto alla giustitia et al dovere et buon animo della 
Mt Cesarea, senza participation della quale non pensö mai 


al cardinal Farnese. 251 


che si mettesse a teniare Cosa alcuna, et non possendo mai 
persuadersi che S. Mt& fusse per comportarlo. Pero accadde tutto 
per il contrario, che subito senza dimora alcuna fecer passare 
Vesercito in quel della chiesa et constrinser S. Stà a redimer la 
vexatione con 100 m. sc. et col far una lega con loro: la quale 
mandandosi in Spagna, la demostratione che S. Mt ne fece 
d’haverlo a male fu che se in essa si conteneva qualche cosa 
che fusse in beneficio di N. Sigr° et della chiesa, non la volse 
ralificare, non. ostante che quanto fu fatto in Italia, fussi con 
li mandati amplissimi della Mu sus, et tra le altre cose v’ era 
la reintegratione dei sali dello stato di Milano che si piglias- 
ser dalla chiesa, et la restitution di Reggio, di che non volse far 
nulla. Havendo N. Sigre veduto gabbarsi tante volte et sperando 
sempre che le cose dell’ imperatore, ancorche alla presentia 
paressero altrimenti, in effetto poi fussero per riuscire migliori et 
havendo sempre visto riuscirli il contrario, cominciö a dare 
orecchie con tante prove che ne vedeva a chi glie l’haveva sem- 
pre detto et perseverava che la Mt& sua tendessi alla oppressione 
di tutta Italia et volersene far sigre assoluto, parendoli strano 
che senza un’ objetto tale S. Mtà si governasse per se et per 
li suoi di qua della sorte che faceva: et trovandosi in questa 
suspettione et mala contentezza di veder che non gli era os- 
servato ne fede nò promessa alcuna, gli pareva che gli fusse 
ben conveniente adherire alla amicitia et pratiche di coloro li 
quali havessero una causa commune con la santitä sua et fus- 
ser per trovar modi da difendersi da una violentia tale che si 
teneva: et essendo tra le altre cose proposto che disegnandeo 
Cesare levar di stato el duca di Milano et farsene padrone et 
havendo tanti indicii che questo era piu che certo non si do- 
veva perder tempo per antieipar di fare ad altri quel che 
era disegnato di fare a noi, S. St4 non poteva recusare di se- 
guitare il camino di chi come dico era nella fortuna com- 
mune. Et di qui nacque che volendosi il regno di Francia, la 
S. Sria di Venetia et il resto di Italia unire insieme per rileva- 
mento delli stati et salute commune, N. S. dava intentione di 
non recusare d’essere al medesimo che gli altri s’ofleriveno: et 
confessa ingenuamente che essendoli proposto un in nome et 
da parte del marchese di Pescara che egli come mal contento 
dell’ imperatore et come Italiano s’ofleriva d’essere in questa 
compagnia, quando s’avesse a venire a fatti, non solamente non 
lo ricusd, ma havendo sperato di poterlo bavere con efletti, gli 
haverebbe fatto ogni partito, perche essendo venuto a termine 
di temer dello stato et »alute propria, pensava che ogni via che 
se gli fusse offerta da potere sperare ajuto non era da rifiu- 
tare. Hora egli è morto et dio sa la veritä et con che animo 
governd questa cosa. E? ben vero et certo questo che simile 
partieulare fu messo a N, Signore in suo nome: et mandando 
8. St& a dimandarnelo, non solo lo ricusö, ma tornd a con- 
fermare egli stesso quel che per altri mezzi gli era stato falto 
intendere: et benche le pratiche procedesser di questa sorte, 





252 Instruttione 


dio sa se N. Signore ei andava piu tosto per necessitä che per 
elettione; et di cio possono far testimonio molte lettere scritte 
in quel tempo al nuntio di S. Stà appresso l’imperatore, per le 
quali se gli ordinava che facesse intendere alla Mi Sa ]i mali 
modi et atti a rovinare il mondo che per quella si tenevano, 
et che per amor di dio volesse pigliarla per altra via, non es- 
sendo possibile che Italia, ancorche si ottenesse, si potesse te- 
nere con altro che con amore et con una certa forma la quale 
fusse per contentare gli animi di tutti in uuiversale. Et non 
giovando niente, anzi scoprendosi S. Mt in quel che si dubi- 
tava, d’impatronirsi dello stato di Milano sotto la persona di 
Girolamo Morone et che il duca si fusse voluto ribellare a 8. 
Mt, perseverava tuttavia in acconciarla con le buone, descen- 
dendo a quel che voleva 8. Mtà se ella non voleva quel che 
piaceva alla Stà S., purche lo stato di Milano restasse nel 
duca, al quale efletto si erano fatte tutte le guerre in Italia: in 
che S. Stàa hebbe tanto poca ventura che, andando lo spaccio 
di questa sua voluntà all’ imperatore in tempo che 8. Mt vo- 
leva accordarsi col christianissimo, rifiutö far l’accordo: et po- 
tendo, se accettava prima l’accordo con il papa, far piu van- 
taggio et poi piu fermo quel del christianissimo, rifiutö far 
Paccordo con N. Signore, per fare che quanto faceva con il 
re fusse tantoe piu comodo vano quanto non lo volendo il re 
osservare era per haver de’ compagni mal contenti con li quali 
unendosi fusse per tenere manco conto della Mt Sua; et non 
.& possibile imaginarsi donde procedesse tanta alienatione dell’ 
imperatore di volere abbracciare il papa: non havendo ancora 
con effetto sentita oflesa alcuna di S. Stä, havendo mandato 
legato suo nipote per honorarlo et praticare queste cose ac- 
cioche conoscesse quanto gli erano a cuore, facendoli ogni 
sorte di piacere, et tra gli altri concedendoli la dispensa del 
matrimonio, la quale quanto ad unire l’amicitia et intelligentia 
di-quei regni per ogni caso a cavargli denari della dote et ha- 
ver questa successione era della importanza, che ogn’uno sa, 
et tamen non si movendo S. Mt niente, costrinse la S. St a 
darsi a chi ne la pregava, non volendo l’imperatore suppli- 
carlo, et a grandissimo torto accettarlo: et avenne che strin- 
gendosi N. Signore con il christianissimo et con V’altri pren- 
eipi et potentati a fare la lega per commune difensione et: pre- 
cipuamente per far la pace universale, quando l’imperatore lo 
seppe, volse poi unirsi con N. Signore et mandando ad offrir- 
gli per il sigre Don Ugo di Moncada non solo quel che S. Sıa 
gli haveva addimandato et importunato, ma quel che haveva 
sperato di potere ottenere. Et se o laM4@S. si vuol difendere o 
calumniare N. Sigre, che concedendoli per il sig"e Don Ugo quan- 
to dissi di sopra, non l’havesse voluto accettare, non danni la 
Si S,, la quale mentre che fu in sua potestä, gli fece istanza di 
contentarsi di manco assai, ma incolpi il poco giudicio di coloro 
che quanto & tempo et e per giovare non vogliono consentire a 
uno et vengono fuori d’occasioni a voler buttar cento. — — — 








al cardinal Farnese. 253 


Non essendo con somma giustificstione cio in t&mpo, che sua Mtà 
negasse d’enirare in lega con honeste conditioni et che le imprese 
riuscissero in modo difficili che altrimenti non si potesse ot- 
tenere l’intento commune, et chi dubitassi che l’impresa del regno 
non fusse stata per essere facile, lo puö mostrare l’esito di 
Frusolone et la presa di tante terre, considerando massime che 
N. Sigre poteva mandare nel principio le medesime genti, ma 
non eron gia atti ad havere nel regno in un subito tanie pre- 
parationi quante stentorono ad bavere in molti mesi con aspet- 
tare gli ajuti di Spagna, et mentre non manca nell’ amicitia 
esser amico et voler usar piu presto ufficio di padre, minac- 
ciando che dando e procedendo con ogni sinceritä et non man- 
cando di discendere ancora ai termini sotto della dignitä sua in 
fare accordo con Colonnesi sudditi suoi per levare ogni suspet- 
tione et per non mandar mai il ferro tanto inanzi che non ei 
potessi tirandolo in dietro sanar facilmente la piaga, fu ordinata 
a S, Stä quella traditione, che sa ogn’uno et piu sene parla 
tacendo, non si potendo esprimere, nella quale & vero che se 
S. Mià non ci dette ordine nè consenso, nè moströ almeno gran 
dispiacere et non fece maggior dimostration, parendo che l’armata 
e tutti li preparatorii che potessi mai fare l’imperatore non ten- 
dessino ad altro che a voler vendicare la giustitia che N. 
Sigre haveva fatta contro i Colonnesi di rovinarli quattro ca- 
stelli. Non voglio disputar della tregua fatta qui in castello 
questo septembre per il sigre Don Ugo se teneva o non teneva: 
ma l’assolutione dei Colonnesi non teneva gia in modo N. Sigre 
che essendo suoi sudditi non gli potessi et dovessi castigare. Et 
se quanto all’ osservantia poi della tregua tra N. Sigre et l’im- 
peratore fussi stato modo da potersi fidare, si sarebbe osser- 
vata d’avvanzo, benche N. Sigre non fusse mai el primo a rom- 
perla: ma non gli essendo osservata ne qui ne in Lombardia, 
dove nel tempo della tregua calando XII mila lanzichineche ven- 
nern nella terra della chiesa, et facendosi dalle bande di qua el 
peggio che si poteva, et sollecitandosi el vicere per lettere. del 
consiglio di Napoli, che furono intercette, che S. Sria accele- 
rassi la venuta per trovare il papa sprovisto et fornir quel che 
al primo colpo non haveva potuto fare, non pote N. Sigre 
mancare a se stesso di mandare a tor gente in Lombardia, le 
quali, ancorche venissero a tempo di far fattione nel regno, non 
volse che si movesser dei confini — et la rovina de luoghi dei 
Colonnesi fu piu per l’inobbedienza di non haver voluto alloggiare 
che per altro — et similmente di dar licentia a Andrea Doria di an- 
dare ad impedir quell’ armata della quale S. St4 haveva tanti 
risconiri che veniva alla sua rovina. Non si può senza nota di 
S. St4 di poca cura della salute et dignitä sua dir, con quante 
legittime occasioni costretto non abbandonassi mai tanto tempo 
YT’amore verso l’imperatore, e dipoiche cominciö a esservi qual- 
che separatione, quante volte non «olo essendoli offerti ma an- 
dava cercando i modi di tornarvi, ancorche et di questo pri- 
mo proposito ei di quest’ altre reconciliationi gliene fussi se- 


254 Instruitione 


guito male. Ecco che mentre le cose son piu ferventi che mai, 
viene el padre generale dei Minori, al quale havendo N. Sigre 
nel principio della guerra andando in Spagna dette buone pa- 
role assai dell’ animo suo verso l’imperatore et mostratoli quali 


sariano le vie per venire a una pace universale, la Mt& sua lo_ 


rimandd indietro con commissioni a parole ianto ample quanto 
si poteva desiderare, ma in effetto poi durissime: pur deside- 
rando N. Sigre d’uscirne et venire una volta a chiarirsi facie ad 
faciem con l’imperatore, se vi era modo o via alcuna di far 
pace, disse di si et acceitö per le migliori del mondo queste 
cose che l’impre volera da sua santitä et quello che la Mi sua 
voleva dare: et volendo venire allo stringere et bisognando far 
capo col vicere, il quale si trovava anch’ esso arrivato a Gaetta 
nel medesimo tempo con parole niente inferiori di quelle che 
ei generale haveva detto, queste conditioni crescevano ogn’hora 
et erano infinite et insoportabili da potersi fare: con tutto cio 
niente premeva piu a N. Signore che erser costretto a far solo 
accordo con l’imperatore in Italia, perche la causa che moveva 
a farlo, etiam con grandissimo danno et vergogna sua, era Pu- 
nione et pace in Italia et il potere andare all’ imperatore, et se 
la Signoria di Venetia non gli consentiva, questo non poteva 
occorrere, et per praticare il consenso loro, stando il vicere a 
Frusolone, si fece la sospensione dell’armi otto giomi, tra 
quali potesse venire la risposta di Venetia, et andando con 
esse il signor Cesare Fieramosca, non fu prima arrivato lä che 
gia essendosi alle mani- et liberato Frusolone dall’ assedio non 
si pot6 far niente: nel al maneggiv certo che N.‘ Signore 
andd sinceramente et cosi ancora il rev®° legato, ma trovan- 
dosi gia l’inimici a posta et con l’armi in mano, non era pos- 
sibile di, trattare due cose diverse in un tempo medesimo. — 
— Si potrebbe maravigliarsi che doppo l’aver provatio l’animo 
di questa parte et restarsi sotto con inganno, danno et ver- 
gogna, hora volens et sciens, senza necessitä alcuna, libero dalla 
paura del perdere, sicuro di guadagnare, non sapendo che amiaeitia 
acquistassi, essendo certo della alienatione et nemicitia di tutto il 
mondo et di quei principali che di cuore amano la Stà sua, andasse 
a buttarsi in una pace o tregua di questa orte. Ma havendo sua 
Stä provato che non piaceva a dio che si facessi guerra, per- 
che ancorche havessi fatto ogni prova per non venire ad arme 
et di poi essendovi venuto con tanti vantaggi, il non haver ha- 
vuto se non tristi successi non si può attribuire ad altro, ve- 


nendo la povera christianitä afflitta e desolata in modo insoflri- - 


bile ad udirsi da noi medesimi, che quasi eravamo per lassar 
poca fatica al Turco di fornirla di rovinare, giudicava che nes- 
sun rispetto humano dovessi per grande che fusse valer tanto 
che havessi a rimuovere la St4 sua da cercar pace in compagnia 
d’ogn’uno, non possendola haver con altri, farsela a se siessa, 
et massime che in questi pensieri tornorno a interporvisi di 
quelli avvisi, et nuove dell’ animo et voluntà di Cesare dispo- 
sto a quello che suol muovere le S. S(4 mirabilmente havendo 


—___ — ——— en in — — — 








al cardinal Farnese. 255 


havuto nel medesimo tempo letiere di man propria di S. Mtà per 
via del Sigre Cesare et per quel di Arezzo di quella sorte che 
era necessario; vedendo che d’accordarsi il papa col imperatore 
fusse per seguirne la felicitä del monde overo imaginarsi che 
uomo del mondo non polessi mai nascer di peggior natura che 
l’imperatore se fusse andato a irovare questa via per rovinare 
il papa, la qual fussi indegnissima d’ogni vilissimo uomo et 
non del maggiore che sia tra christiani, ma absit che si possa 
imaginar tal cosa, ma si repula piu tosto che dio l’habbia per- 
messa per recognition nostra et per dar campo alla Mt& sua di 
mostrar piu pietä, piu bontä e fede et darli luogo d’assettare 
il mondo piu che fusse mai concesso a prencipe nato. Essendo 
venute in mano di questi soldati tutte le scritture, tra l’altre 
gli sar& capitato una nuova capitulatione, che fece N. Sre cin- 
que o sei di al piu prima che seguisse la perdita di Roma,: per 
la quale ritornando 8. Stà per unirsi con la lega et consentendo 
a molte conditioni che erano in pregiudicio della Mt4 Cesarea, 
non penso che alcuno sia per volersene valere contro N. Sre 
di quelli della parte di Cesare, perche non lo potrebbon fare 
senza scoprir piu i difetti et mancamenti loro, li quali dato che 
si potess? concedere che nen si fussi potuto ritrar Borbone dal 
proposito suo di voler venire alla rovina del papa, certo & che 
eron tanti altri in quel campo di fanti et uomini d’arme et per- 
sone priocipali che havrebbono obbedito a i commandamenii dell’ 
imperatore se gli fussero stati fatti di buona sorte: et privato 
Borbone d’una simil parte, restava pocco atto a proseguire el 
disegno suo. Et dato che questo non si fusse possuto fare, ben- 
che non si possa essere escusazione alcuna che vagli, come si 
giustificher& che havendo N. Sigre adempito tutte le conditioni 
della capitulazione fatta col vicere, sicome V. S. Rma potria 
ricordarsi et vedere rileggendo la copia di essa capitulazione, 
che porter& seco, che domandando S. Stä all’ incontro che seli 
osservasse il pagamento dei fanti et degli uomini d’arme, che ad 
ogui -richiesta sua se li erano obbligati, non ne fussi stato osser- 
vato niente, si che non essendo stato corrisposto in nessuna parte 
a N. Sigre in quella capitulatione, da un canto facendosi con- 
tro quello che si doveva, dall’ altro non se li dando li ajuti 
che -si doveva, non so con che animo possa mettersi a voler ca 
lunniare la Stà S. o d’una cosa fatta per mera necessitä in- 
dutta da loro et tardata tanto a fare, che fu la rovina di sua 
Besattitudine, pigliare occasione di tenersi oflesi da noi. 

Dalla deliberatione che N. Sigre fece dell’ andata sua all’ 
imperatore in tempo che nessuno posseva suspicare che si mo- 
vessi per altro che per zelo della salute de christiani, essendo 
venuia quella inspiratione subito .che si hebbe nuova della morte 
del re d’Ungheria et della perdita del regno, non lo negheranno li 
nemici proprii, bavendo Sa Sta consultato e resoluto in concis- 
toro due o tredi inanzi l’entrata di Colonnesi in Roma; ne credo 
che sia alcuno si grosso che pensi si volessi fare quel tutto di 
gratia coll’ imperatore prevedendo forse quella tempesta, perche 


v 


256 Insiruttione 


non era tale che ze si fussi havuto tre hore ditempo a saperlo, 
non che tre di, non si fusse con un’ minimo suono potuto scac- 
ciare. Le conditioni che el padre generale di S. Francesco portö 
a N. Sigre furon queste: la prima di voler pace con Se Stà, et se per 
caso alla venufa sua Irovasse le cose di S» Stä et della chiesa 
rovinate, che era contento si riducessero tutie al pristino stato et 
in Italia darebbe pace ad ogn’ uno, non essendo d’animo suo 
volere n& per se nö per suo fratello pur un palmo, anzi lassar 
ogn’un in possesso di quello in che si trovava tanto tempo fa; 
la differeniia del duca di Milano si vedessi in jure da giudici da 
deputarsi per Sa St et Sa Mt, et venendo da assolversi si re- 
stituisse, dovendo esser condennato si dessi a Borbone, et Fran- 
cia sarebbe contento far l’accordo a danari, cosa che non ha- 
veva voluto far fin qui, et la somma nominava la medesima che’l 
christianissimo haveva mandato a offerire ciod due millioni d'oro; 
le quali conditioni N. Sigee accettö subito secondo che il generale 
ne può far testimonio , et le sottoserisse di sua mano, ma non 
furono gia approvate per gli altri, li quali V. S. sa quanto gravi 
et insoportabili petitioni gli aggiunsero. Hora non essendo da 
presumere se non che la Mt Cesarea.dicesse da dovero et con 
quella sinceritä che conviene a tanto prencipe, et vedendosi per 
queste propositioni et ambasciate sue cosi moderato animo et 
molto benigno verso N. Sigre, in tanto cbe la Mt& sua non sa- 
peva qual fussi quello di Sa St in verso se et che si stimava 
P’armi sue essere cosi potentissime in Italia per li lanzichine- 
che et per l’armata mandata, che in ogni cosa havessi ce- 
duto, non € da stimare se non che quando sar& informato che 
se Ja Mtà sna.mandö a mostrar buon animo non fu trovato in- 
feriore quel di N. Sigre, et che alle forze sue era ial resisten- 
tia che S» St piu tosto fece beneficio a Sa Mtä in depor l’ar- 
mi, che lo ricevessi, come ho detto di sopra et & chiarissimo, 
et che tutta la rovina seguita sta sopra la fede et nome di 
sua Mt, nella quale N. Sigre si 6 confidato, verr& non sola- 
mente esser simile a se, quando anderä sua sponte a desiderar 
bene et offerirsi parato rifarne a N. Sigre et alla chiesa, ma an- 
eora aggiunger tanto piu a quella nalurale disposition sua quanto 
ricerca il volere evitare questo carico, et d’ignominioso che sa- 
rebbe per essere, passarsene di leggiero, voltarlo in gloria per- 
petua, facendola tanto piu chiara et stabile per se medesima 
quanto altri hanno cercato come suoi ministri deprimerla et os- 
curarla. Etgli efletti che bisognerebbe far per questo tanto pri- 
vatamente verso la chiesa et restauration sua quanto i .beneficii 
cbe scancellassero le rovine in Italia et tutta la christianitä, 
estimando piu essere imperatore per pacificarla che qualsivoglia 
altro emolumenio, sarä molto facile a trovarli, purche la dis- 
positione et giudicio di volere et conoscere il vero bene duve 
eonsiste vi sia. 


Per 





al cardinal .Farnese. 257 


Per non entrare in ie cause per lo quali fummo costretti 
a pigliar l’armi, per essere.cosa che ricercarebbe piu tempo, si 
verrä selamente a Jire che nen le pigliammo mai per odio o 
mala voluntä che havessimo conirs l’imperatore, o per am- 
bitione di far piu grande. lo state nostre o d’alouno de no- 
stri, ma solo per necessitä nella quäle ‘ci pareva che fusse 
posta la liberta et sisto nostro :et delli eommuni stati @Ita-. 
lia, et per far coonstare a tutto id mondo et all’ imperatore 
che se si cercava 'd’opprimerci, moi non puteramo nd dovera- 
mo. comportarlo senza far ogni sforzo’ di difenderci, in tan- 
to che sua Mtà, se hareva quell’ animo del quale mai dubita- 
vamo, intendesse che le cose non erano per riascirli cosi facil- 
mente come altri förse gli haveva dato ad intendere, overo se 
nei ci fussimo gabbati in questa oppimione che Se Mt& intendessi 
a farsi male, et questi sospetti ci fusser nati piu per. modi dei 
ministri che altro, facendosi S. Mtä Cesarea intendere esser 
cosi da dovero, si venisse a una buona pace et amicitia non solo 
tra noi partieularmente et S. Mi4, ma in compagnia degli altri 
preneipi o sigr! con li quali eravamo ooligati non per altro ef- 
fetto -che 'solamente per difenderci dalla villania che ei fusse 
fatta o per. venir con eonditioni honeste et ragionevoli a met- 
tere un’ alira volta pace infra la misera christianitä: et. se 
quande Don Ugo venne 9. M oi havesse mandato quelle resolu. 
tioni le goali honestissimamente ci parevan necessarie per ve- 
nir & questo, ei haverebbe N. Sigre Iddio fatto 1a piu felice gra- 
tia che si potessi pensare,' che in un medesimo. di quasi che 
si presero l’armi si sarebben'deposte. Et che sia vero. quel 
che dieiamo che habbiamo havuto sempre in animo, ne può 
far testimonio la dispositione in che ei trovö il generale di 8. 
Frascesco, con el .quale communicando nei, hora € un’ anno 
che era qui per andare in Spagna, le cause perche noi et gli.al- 
tri -d’Italia havevamo da star mal contenti dell’ imperatore, et 
dandogli carico che 'da nostra parte l’esponesse tutte 3 quella, 
con farli intendere che se yoleva attendere ai censigli et pre- 
ghiere nostre, le quali tutte tendevano a laude et servitio di 
dio et beneficio cosi suo come nostro, ci troverebbe sempre di 
quella amorevolezza che ci haveva provato per inanzi,'et essen- 
dosi di Ià alquanti mesi rimandatoci il detto generale da S. 
Mt& con risponderci humanissimamente che era eontenta, per usar 
delle sue parole, accettar per eomandamento quello che noi gli 
havevamo mandato a consigliare: et.per dar certezza di cio, por- 
tava tra l’altre risolutioni d’esser contento di render li figliuoli 
del christianissimo con quel riseatto et taglia che gli era stata 
offerta da S. Mt, cosa che sin qui non haveva vwoluto mai fare: 
oltre che prometteva che Be tutta Italia per.un modo di dire a quell’. 
hora che ‘Il generale arrivassi a Roma, fussi in.suo potere, era 
contenta, per far buggiardo chi l’havesse voluto calunniare che la 
volessi oceupare, di restituir tutto nel suo pristino stato ei mostrar 
che in essa ne per sa nd per il ser=o auo fratello non ci voleva 
un palmo di pia- di quelio che era solito di possidervi antica- 


papfie ** 17 


258 Instruitions 


mente la corona di Spagna: et-perche le parole s’aseompagnas- 
ser con i fatti, portava di cio amplissimo.mandato in.sus per- 
sona da poter risolver tatto o com Don Ugo o con el viceze, so al 
tempo che ci oapitava, in Italia fussi arrivato, Quanto qui fussi 
il nostro contento, non si bbe eaprimere, e ei pareva un’ 
hora mill’ anni venire all’ efletto di qualche sorte d’accardo ge- 
nerale di pesar l’ayme: et sopragiungendo quasi in un mede- 
simo tempo il vicerd et mandandeci da San Steflano, dove 
prima prese porto in questo mare, per el comandante Pignatosa 
a dire ie miglior parole: del mondo et niente diflerenti da quanto 
ci baveva detio el generale, rendemme gratie a iddio che il 
piecere che havevamo prese per l’ambasciata del generale non 
fusse per havere dubbio aleuno, essendoci confermato il mede- 
simo per il signor vioeed, il quale in farci intendere le com- 
missioni dell’ imperatore ci eonfertava in tutto, et pur ci mandava 
a i che nessuno potrebbe trovarsi.con migliore voluntà 
di mettersi ad eseguirie. Hora qualmente ne succedesse il contra- 
rio, non bisogna durars melta fatica in dirlo, non essendo al- 
eun che nen ‚sappia. le durissime, inseportabili et ignominiose 
conditioni che ne furoso dimandate da: parte del vicerd, non 
havendo noi posta dimera.alcuna in. mandarlo a pregare che 
non si tardasse. a venise. alla comditiome di tanto bene. Et 
dove noi pensavamo amcora inovar meglio. di quel che ne era 
stato detto, essondo l’usanza di farsi- sempre riservo delle mi- 
gliori cose per farle gustare piu gratamente, non sole ei riusci 
di non trovare niemie del::preposto,: ma tutio il contrario, et 
prima: non havere fede alcuse in nei, come se nessuno in ve- 
ritä possa produrre testimenio. in contzario; et per sicurta do- 
mandarci la migliore et piu importante parte dello state nostro 
et della Sria di Fiorenza, dipei somma di denari insoporta- 
bile. a chi havesse havuto i monti.d’oxzo, non che a noi, che 
ogn’uno sapera che non havevama.ım carline; volere che con 
tanta’ ignominia nosira, auzi piu dell’ imperatore, restituissimo 
colero che cemtra ogni debito bumano et divino, con tania tra- 
dizione, vennero ad assalire la.persona di N. Signore, saccheg- 
giare la chiesa di San Pietro, il saezo palazzo; siringerne senza 
un minimo rispetto a volere che ci obbligassime strettamente di 
piu alla: Mtà Cesarea, sapendo tutte ‚il mendo. quanio desiderio 
ne mestrammo nel tempe che erarame nel piu florido stato che 
fussimo mai, et, per non dire tutti gli altri. partioulari, volere 
che soli facessimo aocorde, non lo potendo noi fare se vole- 
vamo piu faeilmente condurre a fine la: pace universeic per la 

uale wolevamo dare questo principio. Et cosi non si potendo 
il vicere rimuoversi da quesie .sue dimande tanio insoportabili 
et venendo senzs niuna causa ad invader Ja stata nostro, ha- 
vendo noi in ogni tempo et quei pochi mosi, inanzi lasciato 
stare quello deli!imperatore nel regno di Napoli, accadde la 
vemsta di Cesare Fieramosca; il quale trovando il vicerö gia 
nello stato della chiesa, credemmo che pertasse tali commis- 
sioni da parte dell’ imperatore a 8. Sria che se si fossero ese- 








al cardinal Parnese. 259 


geite, nen si sarebbere comlotte lo cose in questi termini. Et 
mentre S. Sria volse fare due cose assai oontrarfe insieme, una 
mostrare di non haver fatto male ad esser venuto tanto inanzi 
overo non perdere le occasioni che gli pareva havere di gua- 
dagnare il ftutto, l’altra di obbedire alli comandamenti dell’ im- 
peratore, quali erano che in ogni modo si facesse accorde, 
non successe all’hora: ne P’uno nd Paltro: perche 8. Srie si 
trovö gabbata, che non. potette fare quelio che si pensava. Ei 
tornande. il signor Cesare: con patti di far tregua per otto di, 
fintanto che venisse risposta. se la Sigrin di Venetia vi voleva 
entrare, quande arrivd in campoy trorò gli eserciti alle mani 
et non si andò per all? horn piu inanzis salvo che non ostante 
questo successo et oonoscendo 'certe che stassimo sicurissimi 
in Lombardia et in Toscana per le buone provisioni et infi- 
nita gente di guerra, che vi era di tutta la lega, et che le cose 
del reanıe 'non .havessero rimedio aleuno come l’esperientia ’ha- 
veva cominciato a dimostrare, mai deponemme dall’ auimo no- 
stro il desiderio ei procuratione della pace, Et in esser sun 
oesse le cose cosi bene verso noi, non harevamo altro contento 
se non poter mıostrare che se desideraramo pace, era per vero 
giudicio et buoka: volunt& nostra et non. per necessitä, et por 
mostrare al! imperatore che, se oomandö: con buono ani- 
mo, come :eradismo, ‚al padre generale che ancorche tutto 
fusse preso a aua devotione si restituisse, che quel che ella si 
imaginava di fare 'quando il caso havesse portato di esserlo, 
noi eusendo cosk in fatto lo: voleramo eseguire. A. questo no- 
stro desiderio oi’aggiunsero un.ardore estremo piu lettere scritte 
di mano. deli’ imperatore, tra l’altre due che in ultimo havem- 
mo da Cesare Fieramosca et da Paolo di Arezzo nostro servi- 
tore, le quali sono di: tal tenare che 'non ei pareria havere mai 
errato se in fede di. quelle lettere sole non solo havessimo po- 
sto tutio il mondo ma Vanima propria in mano. di 8. Mt; 
tanto ci scongiura che vogliamo dar eredito alle parole che ne 
dice, et tutie esse parole sono piene di quella satisfattione di 
quelie promesse et queil’ ajuto che noi a noi non lo desiderar 
vamo migliore. Et come in tratiare la pace finche non eravamo 
sicuri che corrispondenza s’era per havere, non si rimetieva 
niente delle provisioni della guerra, cosi ei sforzavamo chiarirei 
bene et essendo due capi in Italia, Borbene et il zignor vicere, 
s’era bisegno trattare con un solo et quello sarebbe rato per 
tatti, overo con tutti due particularmente: aceioche se ci fusse 
avenuto quel.’che €, la.colpa che € data daltra sorte ad.altri, non 
fusse stata a nei di pooea prudentia: et: harondo trovato che 
questa facalta di contrattare era solo nel vicerd, ce ne volammo 
molto ben chiarire et non.tanto che funsi «osi aome in 'effettn..il 
generale, il signor Cesare, il vicer& propnio, Baulo d’Arezzo et 
Borbose ne dioevono, ma intender dal desto. Borbose rion una 
volta ma mille es da diverse persone se l’era per obbedirlo, et 
proposto di voler fare acbordo- particularmente con lui et r&ou- 
sando et affermando, che & quanto appuntarebbe el vicerd non 


17 * 








266 Instrultione 


farebbe repliea alcuna. Hora fu facil cons et sar& sempre ad 
ogn’ uno adombrar con specie di virtü un suo disegno, et non 
lo potendo condurre virtuosamente n& all’ aperta, tirarlo con 
fallacia, come venghi donde si voglia — ei par esser a termine 
che non sappiamo indevinar donde procedeva — ci par che si siä 
stato fatto a noi, li quali si vede che tutte le diligentie che si 
possono usare di non esser gabbati, sono state usate per noi, 
et tanto che. qualche volta ci pareva d’esser superstitiosi et di 
meritarne reprehensione. Perche havendo el testimonie, et di 
lettere et di bocca dell’imperatore, del buon animo suo, et che 
Borbone obbedirebbe al vicere, et a cautela dando 8. Mi let- 
tere nuove a Paulo sopra questä obbedientia al vicer& dirette 
a esso Borbone, et facendosi el {rattato oon el poter si ampio 
di ‘8. Mt4 che doveva bastare, et havendo Berbone mostrato di 
remettersi in tutto nel vicere, et contentandesi poi esso di venire 
in poter nostro, fu una faeciltä tanto ‚grande a tirarei alio stato 
ove siamo che non sappiamo gia che modo si poträ piu trovare 
al mondo di credere alla semplice fede d’un' privato gentil 
huomo, essendovi qui intervenute molte cose e riuscite a questo 
modo. Et per non cercare altro che fare'i fatti proprii, era molto 
piu lecito et facile a nei senza incorrer non solo in infamia di 
non servator di fede, ma ne anche d’altro, usar deli’ occasione 
che la fortıma ci haveva portato, di starsi sicurissimo in Lombar- 
dia come si stava che mai veniva Borbone inanzi, se l’eser- 
cito della lega nen si fusse raffreddato per 1a stretts prattiea 
anzi conclusion deila pace, et valuto di quella commodilä se- 
guitar la guerra del reame, et da due o tre fortezze in poi le- 
varlo tutto, e di poi andare appresso in altri luoghi, dove si 
fosse potuto far danno et vergogna all’imperätore, et stando 
noi saldi in compagnia dei confederati rendere tutti li disegni 
suoi piu difficili. Ma parendoci che el servitio di dio et ia mizera. 
christianitä ricereasse pace ci proponemmo a deporre ogni grande 
acquisto‘ o vittoria che fussimo stati per havere, et öffender 
tutti li prencipi christiani et Italiani, senza saper quodammodo 
che haver in mano, ma assai pensavamo d’havere: se l’animo 
dell’ imperatore era tale come '8. Mtà con tante evidentie si sfor- 
zava darci ad intendere. Et molto poco stimarame l’offensione 
degli altri prencipi christiani, li quali di li a molto poco ci sa- 
rebber restati molto obbligati se si fusse seguito quello che 
tanto amplamente S. Mt4 ci ha con argumenii replicaio, che sa- 
rebbe, aceordandosi noi seco, per rimettere in nostra mano la 
eonclusion della pace et assenso con li prencipi christiani. Et 
se alcuno volesse pensare che fussimo andati con altro objetto, 
costui oonoscendoci non pud piu mostrare in cosa alcuna la 
malignitä sua; non ci oonoscendo et faoendo diligentia di sapere 
le attioni della vita nostra, trover& che & molto consentiente 
the noi non habbiamo mai desiderato se non bene et operato 
virtuosamente et a quel fine postposto ogni altro interesse: et 
se hora ce n’d sucoesso male ricevendo di mano di N. Sigr® dio 
quanto giustamente gli piace con ogni humiltä, non & che da 
gli huomini non riceviamo grandissimo torto et da quelli massime 





" al curdinal Farunese.  . : . 201 


che se ben fino = un.certo termine posseon coprirsi con la forza 
et con la disobbedienza d’altri, benche quando s’havessi a dir 
outere si trorarebbe da dire assai, bora et un pezzo fa et 
per honors loro et per gel che sono obbligati secondo dio etse- 
eondo il mordo si potrebber portare altrimenti di quel che fanno, 
Noi siamo entrati nel tratiato poi fatte a Fiorenza con quelli 
di Berbone.per mano del sigre vicer& et dipoi non osservato 
perche non vogliamo parer d’haver folto assunio di fare il 
male contra chi & stato causa-di trattarei cosi, li quali dio giu- 
diehi con el suo giusto giudicio; doppo la misericordia del quale 
verse di noi 'et della sua chiese nan speriamo in altro che nella 
religione, fede et virtü deli’imperatore; che essendoei noi can- 
dotti deve siamo per l’opinione che havevamo di esso con el 
frutto che s’aspeita a tal parte ci ritragga et ponga tanto piy 
alte quanto siamo in basso. Dalla cui Mt& aspettiamo della 
iguominia et danni patiti infinitamente quella satisfattione che 
S. Mi ci può dare eguale alla grandezza sua et al dehito, se 
aleuna se ne potesse mai teovare al mondp che hbastasse alla 
minima parte. Non entraremo esprimendo i particolari a torre la 
gralia dei eoncetti, che doviam sperare che havrä et che ci man- 
derà a proporre. Dicono che mettendoci al piu basso grade 
di quel che: si possi .demasdare et che € per esser piu presta 
vergogna a 8, .Mt# a nen conceder pin et a noi a nen doman- 
dare. ehe paxer duro. a farlo, che da .8.,Mti dovrebber venire 
quesie provisioni: 

Che la persona nosira, el.sacro colleggio et la corte dello 
stato tutto temporale et spirituale siamo restituiti in quel grado 
eh’era quando furon fatte Pindutie col sig? vicere, et non ci 
gravare a pagare un denaro dell’ obbligato. ' 

Et se alcuno sentendo questo si burlerä di noi, rispondiamo 
che se le oose di sopra son vere, et si maraviglia che ci acquie- 
- tiamo di questo, ba: gran raggione; ma se gli paresse da. do- 
vexo atrano, oonsideri con ohe bontä lo giudica o verso Cesare a 
verso noi: se verso (Jesare, consideri bene che ogni volta che 
non si prometts di S. Mi e questo e molto piu, che lo fa gia 

arteeipe di tutio quel male che qui & passato: ma se verso noj 
ieiame che iniquamente ci vuole detrarro quello che nessung 
mai ardirebbe di far buona mente. Nè si deve guardare che 
siamo qui,:ma ni. hens opme ci siamo, et che E pur meglio 
far con virtü et giudicio quello che finalmente el tempo in ogpi 
modo ha da pertare, se non in vita nostra, in quella d’altri, 


16. on 
Sommario dell’ istoria d’Italia dall’ anno 1512 insino a 1527 
scritto da Francesco Vettori. . 


Ein. tiberaus merkwuͤrdiges Werfchen, von einem in die Geſchaͤfte 
des Haufe Medici und alle italienifchen- tief. eingeweihten geſcheid⸗ 
ten Manne, Freunde Machiavells und Guicciardinis. Ich fand es 
in der Bibliothek Gorfini zu Rom; doch konnte ich es nur. excerpiren. 
Ich wuͤrde es ſonſt zum Druck befoͤrdern, deſſen es hoͤchſt wuͤrdig iſt. 


202 Franc. Veltori.istoria #elia 1512— 15727. 


Die Peſt des: Jahres 1827 vertrieb Franz Vettori von Florenz; 
auf feiner Billa fchrieb er dieſe Ueberſicht der juͤngſten Ereigniffe. 

Haupftſaͤchlich befchäftigt er fich mit florentinifchen Angelegens 
heiten. Er nähert ſich einer Geſimung wre jene feine Freunde 
fie ausgebildet. Wo er der Einrichtung gebenkt, weldhe die Mebici 
feiner Vaterſtadt im Jahre 1512 gegeben, fo daß EL. Medici, nach⸗ 
mals Leo X, alles vermocht babe (si ridusse la cittä, che non si 
facea se non quanto volea il eard! de Medici), fügt er hinzu, man 
nenne das freilid) Zyrannei, aber er für feine Perfon kenne feinen 
Staat, weder Fürftenthum noch Republik, der nicht etwas Ziyrannts 
ſches babe. ,,Tutte quelle republiche e principati de’ quali’ jo 
ho cognitiene per historia o che io ho veduto mi pare- che- sen: 
tino della tirannide.* Man werbe ihm das Beiſpiel von Frank; 
reich oder von Pepedig einwerfen. Aber in Frankreich habe der Adel 
das Uebergewicht im Staate und genieße die Pfruͤnden; in: Venedig 
ſehe man 3000 Menfchen fiber 100000 herrichen, nicht immer ges 
recht; zwiſchen König unb Tyrann fet Fein Unterfihied, als daß 
ein guter Herricher König, ein böfer Tyrann genannt zu werden 
verdiene. 

Zroß dem nahen Verhaͤltniſſe in bem er zu ben beiben medi⸗ 
teifchen Paͤpſten fland, if er von ber Ghrifilichfeit ber päpfilichen 
Gewalt wenig’ uͤberzeugt. Chi eonsidera bene la legge evange- 
lica, vedrä i pontefici, ancora che tengkine il nome di vicario 
di Christo, haver indutto una nova religione, che non ve n’e& altro 
di Christo che il nome; il qual comanda la povert& e loro vogliono 
la richezza, comanda la humiltä e loro vogliene. la superbia, 
comanda la obedientia e loro vogliono comandar a ciascuno. 
Man fieht, wie fehr dieß weltliche Weſen md fein Gegenſatz gegen 
das geiftliche Princip dem Proteſtantismus verarbeitete. 

Die Wahl Leos Ichreibt Vettori vor allem ber Meinung: zu, die man 
von deffen Outmuͤthigkeit hatte. Es waren: zwei furdtbare Paͤpſte 
vorausgegangen, und man war ihrer fatt.: Man wählte Mebici. 
„Havea saputo in modo simulare ohe era tenuto- di ottimi eo- 
stumi. Dos Meifte trug hiezu Bibbiena bei, der bie Neigungen als 
ler Garbindle fannte und fie gegen ihr eigenes Intereſſe zu gewinnen 
mußte. Condusse fuori del conclave alcuni di lero a promettere, 
e nel conclave a consentire a detta elettione contra. tutte le ra- 
gioni. 
Die Erpedition Franz L im Jahre 1515 und die Haltung Leos 

X. während derfelben führt er fehr gut aud. Daß fie feinen ſchlim⸗ 

mern Erfolg für den Papft gehabt, mißt er befonbers ber Geſchick⸗ 

lichkeit des Zricarico bei, der in dem Momente in das franzäfifche 

Lager kam, ald der König bei Marignano zu Pferde flieg, um den 

Schweizern Wibderftand zu leiften, und der dann fpäter die ünterhand⸗ 
‚ lung auf das Flügfte leitete. 

Es folgt die Bewegung von Urbino. Ich habe ſchon anges 
geben, melde Gründe Vettori für Leo anführt. Leone disse, che 
se non privava il duca dello stato, el quale si era condotto con 
lui 6 preso danari et in su l’ardore della guerra era conve- 
nuto con li nemici nò pensato che era suo subdito, ne ad al- 
tro; che non sarebbe si piccolo Barone, che non ardisse di 





Franc. Vrdtori istorie. d’ Italia 112 —1527. 3883 


fare il medesime o io; e che havendo trovato il pomteficato 
in riputatione lo voleva mantenere. Et in verit& volendo vi- 
vere i pontefici come sono viruti da molte disecine d’anni in 
qua, il papa non potera lasciare il delitto del duca. impunito. 

Bettori bat noch befonders ein Leben von Lorenzo Medici dem 
3. verfaßt. Er lobt ihn mehr als irgend ein anderer Autor. Seine 
Staatsverwaltung von Zlorenz ſtellt er in einem eigenthümlichen 
und neuen Lichte bar. Es ergänzt fich wechſelsweiſe, was er in je: 
ner Lebensbeſchreibung und in unferm Sommario fagt. 

Auch die Kaiferwahl, die in diefe Periode fiel, behandelt er. Er 
findet, daß Leo den König von Franfreih nur darum in feinen Bes 
firebungen beftärft habe, weil er fhon gewußt, daß ihn die Deut: 
ſchen doc nicht wählen würden. Seine Berechmung ſey geweſen, 
Sranz I. folle, um nur Garln nicht wählen zu Laffen, feine Gunſt 
einem beutichen Fürften zuwenden. Ich finde die unerwartete Notiz 
— Die ich freilich nicht fofort angenommen haben will — baß ber 
König wirklich zulegt die Wahl Joachims von Brandenburg zu be 
ördern t babe. Il re — — haveva volto il farore wuo 
al marchese di Brandenburg, uno delli electori, et era contento 
che ‚li dauari prometieva a quelli electori che eleggevano lui, 
dargli a quelli che eleggevano dicto marchese. Wenigſtens ift 
das Verfahren Joachims bei dieſer Wahl ſehr außerorbentlich, - Diele 
ganze Geſchichte, mit und ohne Abſicht wunderlich verunftaltet, ver- 
biente endlich wohl einmal ihre Aufklärung. , J 

Vettori findet den Bund Leos mit Carl uͤber alle Begriffe 
unfiug. La mala fortuna di Italia lo indugse a fare quello che 
nessuno uomo prudente avrebbe facto. Er gibt ed befonders dem 
Zureben Hieronymo Aborno’d Schuld. Auf die natuͤrlichen Ruͤck⸗ 
tchten des mebiceifchen Hauſes kommt er nicht zu ſprechen. 

Von dem Tode des Papſtes erzählt er einige der Particularitaͤ⸗ 
ten Die ich aufgenommen. An eine Vergiftung glaubt er nicht. Fu 
detto che mori di venene, e questo quasi sempre ai dice delli 
uomini grandi e maxime quando muejono di malattie acute. Er 
meint, eher muͤſſe man fich wundern, Daß Leo noch fo lange ge 


lebt habe. . 

Er beftätigt, daß Habrian ſich anfangs weigerte etwas wiber. bie 
Franzoſen zu thun; erſt auf ein bringenbed Schreiben des Kaiſers 
‚habe er ſich dazu verflanden einiges Wenige zu leiften. 

Es würde zu weit führen, die Bemerkuugen bier niederlegen zu 
wollen, welche in biefer Schrift Uber ben weitern Verlauf der Bege⸗ 
benbeiten gemacht werben; merkwuͤrdig bleibt fie felbit da, wo ber Autor 
nur feine einnung auefprich Er ſtand hierin, wie gelagt, Machiar 
velli {ehr nahe. on den Menfchen bat .er eine eben fo fchlechte 
Meinung. Quasi tutti gli uomini sono adulatori e dicono.volon- 
tieri quello abe piaccia agli uomini grandi, benche sentino altrimenti 
nel cuore. Def Franz I. den Frieden von Madrid nicht hielt, 
erklaͤrt er für die herrlichfie und edelfte That die feit vielen hundert 
Jahren gefchehen. Francesco, fagt er, fece una cosa molto con- 
veniente, a promettere assai con animo di non observare, per 
potersi irovare a difendere la patria sua. Cine Anficht, die des 
Principe würdig ifl. 


284 ‘Möäreo Foscari: Heil. 1526. 


> Uber auch in anderer Hiuſicht erweiſt ſich Vettori als ein Geiſtes— 
verwandter der großen Autoren biefer Epodye: Unſre Schrift iſt voll 
Originalitaͤt und Geiſt, und um:fo anziehender, da ſie nur kurz iſt. 
Der Verfaſſer ſagt nur eben fo viel als er weiß. Aber dieß iſt doch 
recht bedeutend. Es würde eine ausführlichere Arbeit dazu gehoͤren, 
um ihm fein Recht widerfahren zu laſſen. 
a 17. Pen 
Sommario di la relatione di S. Marco Foscarl venuto brator 
del sommo pontefice a di 2 Marzo 1526. Bei Sanuto 
‚Bd. 4l. j “ 


Marco Koscari gehörte. mit zu jener Geſandiſchaft, melche 
Habdrian die Obedienz leiſtete. Er fcheint Dann bis 1526 in Rom ge⸗ 
blieben zu ſeyn. J 

Auch von Hadrians Zeit ſagt er. Einiges, jedoch für Clemens 
“VII. ift er um fo wichtiger, weil er in dem damaligen engen Ber: 

haͤltniß gwifchen Venedig und dem Papfi:mit Diefem unausgeſetzten 
lebhaften Berkehr hatte. tn. * 

Er ſchildert Clemens folgendergeſtalt. Hom prudente e savio, 
ma longo a risolversi, e di qua vien le sue operation varie. Dis- 
corre ben, vede tutto,. ina & malto.timido: niun in materis di 
stato pol con hıi, alde tutti e .por fa.qwello li par; homo justo 
et homo di dio: et in signainra, dove iatravien..tre, caxdinali e 
tre referendarii, non far& cosa in pregiuditio. di altri, e come 
el segna qualche supplieacien, non revecha piu, come feva pApa 
Leon. Questo non vende beneficii, ne Ki da per symonia, non 
tuo officii con dar beneficii per venderli, come fera papa Leon 
e li altri, ma vol tutto passi rectamente.. Non spende, non 
dona, ne tuol quel di altri: onde 6 reputa mixero. E’ qual- 
che murmuratien in Roma, etiam per causa del card! Armelin, 
qual: iruova molte invention per trovar--danari in Roma e fa 
mietter nove angarie e fino ‘a chi peris tordi a Roma et alire 
eose di manzar. —. — E’ contänentiseimo, non si. sa di alcuna 
sorte di luxuria che usi. — — Non vol buffoni, non musici, 
non va a cazare. Tutto il suo piacere & di rasonar con inze- 
gneri .e 'parlar di aque. 

Er fommt dann auf feine Nathgeber.: Seinen Neffen geftatte 
ber Papft feinen Einfluß; — felbft Giberto vermöge in Staatsſa⸗ 
hen nicht viel: — il papa lo alde, ma poi fa al.sue made; auch 
er findet, daß Giberto — devoto e sario .— framssfifh, Schom⸗ 
berg — libero nel suo parlar — kaiſerlich ſey. Em großer An⸗ 
hänger des Kaiferd war auch Zuan Foietta: er war weniger häufig 
mit dem Papſt, feit diefer in Bund mit Frankreich getreten. Fos⸗ 
cari gedenft auch der beiden Seoretäre des Papftis, Jac. Salviati, 
und Fr. Vizarbini (Guicciardini), den legten findet er geſchickter, 
aber ganz franzsfiich. un, 

Es ift merfwürbig, daß der Papſt mit ben Frangofen nicht viel 
beffer ſtand als mit den Kaiſerlichen. Er fühlte wohl, was er von 
ihnen zu erwarten hatte Nur mit Benedig fühlte er ſich wahr: 





Marco Foseari Bel. 1326. 385 


baft.verbändet. -Conosoe, se non. era la Signoria nogira, saria 
ruinado-e casa di. Roma, i 
Beide beftärkten. ſich wechfelfeitig in ihren italienifchen Intentio⸗ 
nen, ‚und: fahen-ihre Ehre darin. Der Papſt war flolz, daß er Ber 
nedig abgehalten:;habe ſich mit dem Kailer zu verfländigen; dagegen 
behauptet nım unfer Gefandter geradezu, er fey ed, durch ben Star 
lien frei: geworben; ſchon fei der Papft entſchloſſen gewefen, Bour⸗ 
bon ald Herzog. von Mailand anzuerkennen, er habe demfelben fo 
ernfthaft zugeredet daß er von feinem Entſchluſſe zuruͤckgekommen. 
Er ——— daß der Papſt dem Kaifer die Dispenſation die 
zu der Ehe deſſelben noͤthig war, nur unter gewiſſen Bedingungen 
ewaͤhren wollen — was. obige Juſtruction nicht andeutet, — der Kai⸗ 
er habe fie aber ohne. dieß zu befommen gemußt. 
Mei biefer Melation tritt: noch. eink befondere Merfwürdigfeit ein, 
Als fpäter ‚die Geſandten angewiefen wurden, ihre Relationen ſchrift⸗ 
lid) abzufaffen und eingureichen, that das auch Marco Foscari. Es 
ift, auffallend, wie viel ſchwaͤcher die zweite Relation iſt als die erfte. 
Diefe ward uumittelbar nach den Ereigniffen vorgetragen, aus voller 
Friſche der Erinnerung, ‚ipäter waren fo viele andere große Ereigniffe 
eihgetreten, beß- jene: Erinnerungen ſich bereits verwifchten.. Es zeigt 
das, wie viel Dank wir aud in diefer KHinficht dem Fleiße des: um 
ermuͤdlichen Samuo fchuldig find. Dieß ft :die letzte Relation Die 
ich aus feiner. Ehronif Tenmen gelernt... Es felgen andere, welche in 
eigenen Abfchriften, von den Autoren revidixt, :aufbebalten worden. 
Relatione riferita nel consiglio di pregadi per il clarissimo Gas- 
par Contarini, ritornato ambasciatore del papa Clemente 
VIH e dal’ impre Carlo V, Marzo 1530. Informationi 
Politiche XXV. Bibl. zu Berlin. ° 0° 


Der nemliche Gaspar Cantarini von dem in unferer Gefchichte 
fo viel Löbliches zu melden war. 
Nahdem er fhon einmal eine Gefandtichaft bei Carl dem V. 
verwaltet — bie Relation bie er uͤber biefe. abftattete, gehört zu ben 
feltenften; ich habe ein einziges Eremplar davon geſehen, zu Rom bei 
den Albani, — ward er 1528, noch che der Yapfl nad) fo vielem 
Ungluͤck und langer Abweſenheit nach Rom, zuräcfgegangen,. am Dies 
fen abgeordnet. Er begleitete ihn von Viterbo nach Nom, von Rom 
zur Kaiferfrönmg nach Bologna. Hier nahm er Theil an den Un 
terhandlungen. I 
Won alle dem was er in Viterbo, Nom und Bologna erfahren, 
gibt er bier Berichts 48 iſt Daran nur dad Eine auszufetzen, daß er 
th fo Fur fat. - - | nn on 
Eontarinis Gelandtichaft traf in den wichtigen Moment in wel 
chem der Papſt ſich ellmählig wieder zu dem Bunbe-mit dem Kai: 
fer neigte wie ihn die Medici früher. gehalten Gar bald bemerkte 
der Geſandte mit Berwunderung, daß der Papſt, obwohl er. von den 
Karferlihen: fo ſtark beleidigt war, zu ihnen doch fait mehr Vertrauen 
hatte als zu. den Verbuͤndeten; darin befkärfte ihn vornehmlich Mus 


‘ 


28 ° ___Gesper.Conterisi: Bei. 1530. 


fettofa — huome, wie Gontarini fagt, ingegnono.e di valore assai, 
ma di lingua e di audacia maggiore; — fo lange das Kriegsglüd 
ſchwankte, entfehied der Papſt fich noch nicht; als aber die Franzofen 
gefchlagen waren, und die Kasferlichen ſich allmählig bereit finden 
Hießen, bie Pläge zu räumen die fie inme hatten, war es nicht mehr 
zweifelhaft. Schon im Fruͤhjahre 1529 Hand der Papfi wieder gut 
mit dem Kaifer: im Juni ſchioſſen fe ihren Bund, deſſen Bedingun- 
gen Eontarini nur mit Mühe zu fehen befam. 

Auch die Perfonen ſchildert Eontarini. 

Der Papit war ziemlich groß und wohlgebaut: damals hatte er 
ſich von den Wirkungen fo vieler Ungluͤcksfaͤlle und von einer ſchwe⸗ 
ren Krankheit noch nicht wieder recht erholt. „Er hat weder große 
Liebe”, fagt Eontarini, „noch heftigen Haß; er iſt choleriſch, aber er 
beherrſcht fich fo, daß ihn Nicmand dafür halten follte. Er wänfchte 
wohl den Uebelftänden abzubelfen weiche Die Kirche druͤcken: dody ers 

reift er hiezu fein geeignete Mittel. Ueber feine Neigungen läßt 
Ih nicht mit Sicherheit urtheilen. Es ſchien eine Zeit lang, ale 
liege ihm Zlorenz wenig am Herzen, und doch laͤßt er nun em fais 
ferliches Heer vor diefe Stabt ziehen.“ 

Sn dem Minifterium Clemens VIE. waren mehrere Veraͤn⸗ 
derungen eingetreten. 

Der Datario Giberto hatte noch immer das eigentlühe Bears 
trauen feines Herrn am meiften, allein nachdem bie Maaßregeln, bie 
unter feiner Verwaltung ergriffen worden waren, einen fo ſchlechten 
Ausgang genommen, 309 er fich von ſelbſt zurüd. Er widmete 
fih feinem Bisthume Verona. Niccolo Schomberg dagegen war 
durch eine Sendung nach Neapel wieder in bie wichtigften Gefchäfte 
gefommen. Eontarini findet ihn fehr Faiferlich, von gutem Verftande, 
mildthätig, aber heftig. Auch Jacob Salviati vermochte viel; er 
galt damals noch für Pi Ah 

So kurz dieſes Schriftchen if, fo gewährt es boch viele Be: 
ehrung. ' 

19. 


Instructio data Caesari a revmo Campeggio in dieta Augustana 
1530. (MS Rom.) | 


Bis hieher waren die politifchen Geſchaͤfte das Wichtigſte: all: 
maͤhlig reißen die Kirchlichen die Aufmerffamfeit an fi. Gleich im 
Eingange floßen wir auf jenen biutfchnaubenden Entwurf zu einer 
Reduction der Proteſtanten deffen ich gedacht babe: bier fogar eine 
Snfiruction genannt. 

Der Stelle die er einnehme, und ber Commiſſton bed apoſtoli⸗ 
ſchen Stuhles gemäß, fagt der Carbinal, wolle er die Maaßregeln 
angeben, die man nach feinem Urtheile ergreifen muͤſſe. 

Die Lage der Dinge fchildert er folgenbergeftalt. In aleuni luo- 
ghi della Giermania per le suggestioni di questi ribaldi sono abro- 
gati tutti li christiani riti a noi dagli antichi santi padri dati: 
non pia si ministrano li sacramenti, non si Osservano li voti, 
H matrimoniü si confundono 6 nelli gradi prohibiti della legge 








Instructto -Campeggi 1580. 267 


Pr u. ſ. w., denn: es wäre überfihffig diefe Capuzinaden abzu⸗ 
reiben. = 
Den Kaiſer erinnert er, daß diefe Secte ihm feinen Zuwachs 
an Macht verfhaffen werde, wie man ihm verfprochen babe. Bei 
den Schritten, die er demſeiben anräth, verfpricht er ihm feine geiſt⸗ 
liche Unterfiiigung. Et io, se sarä bisogno, con le cennure e 
pene ecciesiästiche li proseguirö, non pretermettendo oosa 2 
far che sia neoessaria, privando li heretiei beneficiati delli be- 
nehicii loro e separandoli con le excommunieationi dal eattolico 
gregge, e V. Usla. eol suo bando imporlale justo ‘e formidabile 
H ridurr& a'tale e si herrendo esterminio‘ che ovvero! saranno 
costretti a ritornare alla santa e vattolica fede Ovvero .com 3a 
loro total ruina mancar: deli beni oe della vita. — — Be al 
cuni ve ne fossero, che die nel voplia, Hi quali obstinatamente 
perseverassero in questa diabolica via, — — quella (V.M.) 
poträ mettere lamano al ferro et al foco et radiortus‘ extirpare 
usste male e venenose piante. — 

Auch für. die Koͤnige von England und von Frankreich ſchlaͤgt 
er die Conftscation ber dev Keßer vor. 

Jedoch hauptſaͤchtich bleibt er bei Deutſchland ſtehn; er zeigt, wie 
man die Artikel von Barcelona, auf die er fich Häufig bezieht, deu⸗ 
ten zu dürfen glaubte: Sara al’proposito, peiche saràâ ridetta questa 
magnifiea e cattolica impresa a buono e dritte :camine, che al- 
euni giorni dipoi si eleggeranno inquisitori baoni-e santi, li quali 
con sumna 'diligentia et-assiduit& vadino :ceroando et inquirendo, 
s'alcuni, quod absit, perseverassero in queste 'dfaboliche et here- 
tiche opinioni 1 voleſssero in aleun modo lasciarle, — — 'et in 
quel caso siano gastigati e puniti secundo le regole e norma che 
si osserva in Spagna con li Marrant. Zr 

. Ein Gtüc daß nicht Alle fo dachten. Auch herrſchen biefe Be 
firebungen in unfern Documenten noch nicht vor. 


20. Ze Be oo 2* 
Relatio viri nobilis Antonfi Suriani doctoris et equitis,- qui re- 
versus. est orator ex curia Romana, presentata in collegio 


18 Jul 1533. .(Archivio di Venetia.) 
„Zu den wichtigſten Dingen”, hebt er an, „welche die bei den 
Be Beton bigten Gefandten zu beobachten haben, gehören ihre 
igenſchaften.“ B 2 
Er befchreibt zuerft den Charakter Clemens VI. 9 
* Er meint: wenn man bie gefeßte Lebensweiſe dieſes Papffes, 
Die Ynverdroffenheit mit der er feine Audienzen abwarte, ſeine Auf- 
merkſamkeit bei ben Firchlichen Ceremonien beobadyte, ſo ſollte man 
ihn für melancholiſch Halten; dody urtheilen bie:Kundigen, daß er 
ſanguiniſch fey, nur von einem Falten - Herzen; ſo vaß: er ſich Tang- 
ſam entichließe, und ſich Teicht bewegen laffe feinen Entichluß zu 
verändern. u 
„Io per me non trovo che in cose pertinenti a stato la sia 
„proceduta cum grande dissimulatione. Ben cauta: et quelle 


“ 


Aut. Surimo He. 1583. 


„eese ehe. 8. 8% nen vole che si intendane, piu presto lo face 
„che dirle sotto falso colore.‘ 

Unter ben Miniſtern Clemens VII. waren diejenigen, deren 
die früheren Relationen hauptſaͤchlich Erwähnung thun, nicht mehr 
von Beratung: fie-werden gar nicht einmal genannt; Dagegen tritt 
Jacob Salviati hervor, der vornehmlich die Verwaltung der Ro⸗ 
magna und des Kirchenſtaates überhaupt zu leiten hatte, Der Papſt 
verließ ſich darin voͤllig auf ihn. Zwar ſah der Papſt, daß er wohl 
feinen Vortheil etwas zu ſehr im Auge hacte; er beklagte ſich ſelbſt 
ſchon in Bologna darüber; aber. er lieh ihn in ben’ Geſchaͤften. 

Eben deshalb aber war. Salviati ben übrigen Verwandten bes 
Papes verhaßt. Sie glaubten, er ſtehe ihnen im. Wege; fie fchrieben 
46. ihm zu, wenn fich Clemens weniger freigebig gegen fie zeigte — 
— pare che suadi al papa a tener strette le. mani ne li sub- 
ministri danari secundo. € lo .appetito loro, che € grande di 
spender e epäuder. : . 

Uber auch die übrigen waren unter. einander nur allzu uneinig. 
Cardinal Hippolyt Medici wäre lieber weltlich gemefen. . Der Papft 
fagte zuweilen nur: „er iſt ein Teufel von Narr, er will nicht Prie⸗ 
‚ Mer ſeyn“; L'ôh matto diavolo, el matto non vole esser prete; aber 

e3 war ibm doch hoͤchſt verbrießlich, als Hippolyt wirklich Werfuche 

machte den Herzog Alexander von Florenz zu verdraͤngen - 
Cardinal Hippolyt lebte in. enger. Sreunbfchaft mit der jungen 
Satharing Medici, Die hier als die duchessina vorfommt. Sie if 
feine cusina ‚in terze grado, con la quale vive in amor grande, 
essande anco reciprocamente da lei amato, ne piu in altre lei 
si confida ne ad altri ricorre in. li sui-bisogni. e desiderj salvo 
al dicto card. _- . 

Suriano befchreibt das Kind, das zu. einer fo bedeutenden Welt 
ſtellung beaimmt war, folgendergeflalt. Di natura assai vivage, mon- 
stra gentil »spirito, ben accoostumata: 6 stats educata e guber 
nata cum le monache nel monasterio delle murate in Fiorenza, 
donne di molto bon nome e saneta vita: & piccola de persona, 
scarna, non de viso delicato, ha li occhi grossi proprj alla 
casa de’ ‘Medici. un ' 

Bon’ allen Seiten bewarb man fih um ſie. Der Herzog von 
Mailand, der Herzog von Mantua, ber König von Schottland 
wünfchten fie zur Gemahlin; bei Einem Hand das: eine, bei einem Ans 
dern das andere entgegen; die franzäfiihe Vermählung war damals 
noch nicht entfchieden: „nach feiner irrefoluten Natur”, fagt Suriano, 
ſprach der Papſt bald mit groͤßerm, bald mit geringerm Eifer von 


de 

Er findet, daß der Papſt wohl auch darum auf die Verbin⸗ 
dung mit Frankreich eingebe, um die fratzoͤßſche Partei in Florenz 
für ſich zu gewinnen. Uebrigens behandelt er die auswärtigen Wer: 
bätniffe nur kurz und zuruͤckhaltend. 
. 21. 
Relatione di Roma d’Antonio Suriano 15386. MS Foscar.: zu 
Wien. Gt. Marc. Bibl. zu Wenedig. 


Die Abſchriften biefer Relation ſchwanken zwiſchen den Jahr: 





Ant. Suriano Rel. 1536. 268 


zahlen 1535 und 1539. Ich halte 1536 für richtig. Einmal weil 
darin bie Rückkehr des Kaifers nad) Rom ermähnt wird, die in ben 
April 1536 fällt; fodann weil ſich ein Brief Sadoletd an Suriano 
findet, aus Rom Nov. 1536, welcher beweift, daß ber Geſandte 
Kom damals fyon wieder verlaffen hatte. 

Es ift das ein Brief — Sadoleti Epp. p. 383 — ber für 
Suriano fehr ehrenvoll lautet: mihi ea officia praestitisti quae 
vel frater fratri, vel fillo praestare indulgens pater solet, — nul- 
lis meis provocatus offciis. " " 

Drei Zage nady der Mittheilung ber vorigen Relation — 
21. Juli 1533 — war Suriano wieder zum Gefandten in Nom ers 
nannt worden. 

Die neue Relation entwickelt ben weitern Gang ber damals eins 
geleiteten Berbältniffe, befonders den Abſchluß der franzdfiihen Ver: 
mählung, die doch nicht allen Werwandten des Papſtes genehm war — 
non voglio lacere che quesio matrimonio fu fatto contra il volere 
di Giac. Salviati e molto piu della Sra Lucretia sua moglie, la - 
uale etiam con parole ingiuriose si sforzö di dissuadere 8. 
ta, ohne Zweifel weil die Salviati jet Faiferlich gefinnt waren: ferner 
jene merkwürdige Zuſammenkunft des Papftes mit Clemens, deren 
wir gedachten. Der Papſt betrug ſich mit aͤußerſter Vorſicht; er 
hätte Feine fchriftliche Verſicherung ausgeſtellt. Di tutti li deside- 
rii s’?accommodö Clemente con parole tali che gli facevano cre- 
dere 8. Stà esser disposta in tutte alle sue voglie senza pero 
far provisione alcuna in. scritture, Der Papſt wünfchte feinen 
Krieg, wenigitend nicht in Stalien, er wünfchte nur den Kaifer in 
Zaum zu halten: „con questi spaventi assicurarsi del spavento 
del concilio.‘* i 

Allmaͤhlig ward dad Concilium der Hauptgegenftand der päpftlichen 
Politik. Suriano erörtert die Gefichtöpunfte welche der roͤmiſche 
Hof im Anfonge Pauls III. darüber hegte. Schon fagte Schoms 
berg, man werde ed nur unter der Bedingung zugeben, daß alles, 
was Dafelbft vorfomme, zuvoͤrderſt in Rom von Papſt und Gardis 
nälen überlegt, berathen und zum Beſchluß gebracht werden muͤſſe. 


Zweiter Abſchnitt. 
Zur Kritik Sarpi's und Pallavicini's. 


Das tridentiniſche Concitium, feine Vorbereitung, Berufung, 
zweimalige Zrennung und Wiederderufung mit alle den Motiven 
Die dazu beigetragen haben, erfüllt einen graßen Theil der Geſchichte 
des 16ten Jahrhunderte. Für die definitime Feflfieling bes katho⸗ 
liſchen Glaubensbegriffes und fein Berhältnif zu: bem: yroteflantis 
fhen bat es, ich brauche bier nicht zu erörtern, welch eine uners 
meßliche Bedeutung. Es ift fo recht der Mittelpunft der theologiſch 

= politifehen Entzweiung, die jenes Jahrhundert ergriffen hatte. 

Auch hat es zwei ausführlidye, in füch — bedeutende, origi⸗ 
nale hiſtoriſche Darſtellungen gefunden. 

Aber nicht allein ſind ſich dieſe gerabezu emtgegengefett, fonbern 
wie über das Factum, fo hat fich die Welt and) Aber‘ die: Hiſtoriker 
entzweit; noch heut zu Zage wird von ber einen. Partei Sarpi für 
wahrhaft und glaubwindig, Pallavicini fir falſch: und luͤgneriſch 
von der andern Wallavicini für unbedingt glaubwürdig, Sarpi faſt 
ſprichwoͤrtlich für einen Fügner erflärt. 

Indem wir an biefe volummöfen Werke fommen, faßt ung eine 
Art von Furdt. Es wäre ſchon ſchwer, ihre! Stoffes Herr zu wer 

den, wenn fie audy nur glaubwürdige Dinge überlieferten: wie ums 
endlich vielmehr aber will es fagen, daß wir am bei jedem Schritte 
beforgen möüffeh, von bem einen oder dem andern mit Unwahrheit 
berichtet und in ein Labyrinth von abfichtlihen Zäufchungen gezo⸗ 
gen zu werden. 

Demohnerachtet ift es auch unthunlich, ihre Glaubwürdigkeit 
Schritt für Schritt an der anderdwoher beffer erfannten Thatfache 
zu prüfen; wo fände man über diefe Thatfachen unparteiifche Nach 
weifungen? felbft wenn fie zu finden wären, fo würden neue Folios 
bände nöthig feyn, um auf diefe WBeife zu Ende zu fommen. 

Es bleibt nichts übrig, als dag wir den Verſuch machen, zu 
einer Anfhauung der Methode unfrer Autoren zu gelangen. 

’ Denn nicht alles pflegt den Hiſtorikern anzugehören, was in 
ihren Werfen vorfommt, zumal in fo weitfchweifigen, floffhaltigen: 
die Mafle der Notizen haben fie überfommen; erjt in der Art umd 
Weile fich des Stoffes zu bemeiftern, ihn zu verarbeiten zeigt fich 
der Menſch, der doch zuleßt felber die Einheit feines Werkes if. 
Juch in dieſen den Fleiß in Schrecken ſetzenden Folianten ſteckt 
ein Poet. 








Sarpi. 271 


Storia del omeilio Tridentino di Pietre Seave Polano. rſte, 
von fremden Zufägen freie Ausgabe, Genf 1629. 


Zueft in England, durch einen zum Proteſtantismus überges 
tretenen Erzbiſchof, Dominis von Spalatro, ward diefes Werk pus 
blicirt. Obwohl Fra Paolo Sarpi fich niemals zu demſelben befannt 
bat, fo läßt ſich doch nicht zweifeln, daß er der Autor deffelben fey. 
Aus feinen Briefen ſieht man, bog er fi mit einer ſolchen Ges 
ſchichte beſchaͤftigte; — in Venedig findet fich eine Abfchrift, die er 
fiy machen laffen, mit Correcturen von feiner Hand; — man kann 
fagen, er war geradezu der einzige Menfch, zu allen Zeiten, der eine 
Sefchichte wie de hier vor uns liegt, verfaffen konnte. 

Fra Paolo fand an der Spige einer Fatholifhen Oppofition 
gegen den Papſt. Ihr MWiderfpruch ging vom Gefichtspunfte des 
Staates aus, näherte fih aber befonderd durch auguftinianifche 
Brundfäge den proteſtantiſchen Anfichten in vielen Stuͤcken: zumeilen 
ift fie fogar in den Ruf des Proteflantismus gerathen. 

Dieter Richtung halber iſt jedoch Sarpi's Arbeit nicht fogleich zu 
verbächtigen. Es gab in der Welt faft nur entfehiedene Anhänger und 
entihiedene Gegner diefes Conciliums. Won jenen war nichts als 
Lobeserhebung, von diefen nichts ald Werwerfung zu erwarten. Sars 
pis Stellung war im Ganzen außerhalb diefer entgegengefeßten Rich⸗ 
tungen. Er hatte feinen Anlaß es durchaus zu vertheidigen, er war 
nicht in der Nothwendigfeit es allenthalben zu verwerfen. Seine 
Stellung verfchaffte ihm die Moͤglichkeit einer freiern Anficht, — 
in der Mitte einer italienifchen Tatholifhen Republik konnte er auch 
allein den Stoff fammeln deflen er bedurfte. 

Wollen wir ung nun vergegenwärtigen wie er arbeitete, fo muͤſ⸗ 
fen wir ung erft erinnern, wie man bis zu feiner Zeit größere hiſto⸗ 
rifche Werke verfaßte. | | 

Man hatte ſich noch nicht die Aufgabe gemacht weber bie Ma- 
terialien in einer gleichartigen Vollftändigfeit zu fammeln, was ohne; 
bin fo ſchwer zu erreichen ift, noch auch fie erſt Fritifch zu fichten, 
auf unmittelbare Kunde zu dringen, und den Stoff geiflig durchzuar: 

eiten. 

‚ Wie Wenige machen es ſich noch heutzutage ſchwer! 

Man begnügte fi damals die im Allgemeinen als glaubwär- 

big betrachteten Schriftiteller nicht fowohl zu Grunde zu legen als 
geradezu herüberzunehmen, ihre Erzählungen zu ergänzen, d. i. wo 
man es vermochte, fie zu aboptiren; mo nicht neu aufgefundene hand» 
fpriftliche Nachrichten an ber gehörigen Stelle einzufchalten. Dann 
war bie Hauptbemühung, dieſem Stoff einen gleihmäßigen Styl 
zu geben. 
So befieht Steidan aus den Documenten ber Neformationshi- 
florie, wie er fie haben Fonnte, die er dann ohne viel Kritik an 
einander reihte und burch bie Farbe feiner Latinitaͤt in ein gleichar: 
tiges Ganze verwanbelte. 

Thuanus hat ohne Bedenken lange Stellen aus andern Ge⸗ 
ſchichtſchreibern heruͤbergenommen. Des Buchanan ſchottiſche Ge⸗ 
ſchichte findet man auseinandergenommen und an die verſchiedenen 
Stellen des fremden Werkes eingeſchaltet. Die engliſche Geſchichte 


272 Sarpi. 


bat er aus den Materialien. bie ihm Camden fenbete, bie deutſche aus 
Sleidanus und Epyträus, die itakienifhe aus Adriani, die türfifche 
aus Busbeguius und Leunclavius entlehnt. 

Eine Methode bei der freilih die Originalität wenig gefchont 
wird, bei der man oft dad Werk eined Andern lieſt, ald des Aus 
ford der auf dem Titel genannt iſt, die ſich heutzutage befonders die 
Verfaſſer franzöfifiher Memoiren aufd Neue gu eigen gemacht haben. 
Die letzten freilich ohne alle‘ Entſchuldignng. Ihre eigentliche Ten⸗ 
benz follte es ja feyn, das Originale mitzutheilen. | 

Auf Sarpi zuruͤckzukommen, fo ftellt er uns in den erften Sägen 
feines Werkes feine Lage unverholen bar. | 

„Meine Abficht it, die Geſchichte des tridentinifhen Conciliums 
zu fchreiben. Denn obwohl mehrere berühmte Hillorifer unfers Jahr; 
hunderts in ihren Werken einzelne Punkte derfelben berührt, und For 
dann! Steidan, ein fehr genauer Schriftiteller, mit großem Fleiß 
die früheren Ereigniffe, durdy die ed veranlaßt wurde, — le cause an- 
tecedenti — erzählt hat, fo würden doch alle diefe Sachen, wenn 
man fie zufammenftellte, noch nicht eine vollfländige Erzählung ges 
währen. Sobald ich anfing mich um die Angelegenheiten der Menich« 
heit zu befümmern, befam ich große Luſt diefe Gefchichte vollitändig 
u erfahren; nachdem ich alles das gefammelt was ich davon ges 
rieben fand — auch die Documente die davon gedruckt oder hand: 
fchriftlich verbreitet worden, fo begann ih in dem Nachlaſſe der 
Prälaten und Anderer die an dem Concil Theil genommen, die Nach⸗ 
richten aufzufuchen die fie darüber hinterlaffen, fo wie die Stimmen 
welche fie abgegeben, von ihnen felbft oder von andern aufgefeßt, und 
die brieflihen Nachrichten die von jener Stadt ausgegangen; ich habe 
dabei feine Mühe und Arbeit gefpart; auch habe ich das Gluͤck ges 
habt ganze Sammlungen von Noten und Briefen von Perfonen 
die an jenen Verhandlungen großen Antheil nahmen, zu ©eficht zu 
befommen. Da ih nun fo viele Sachen zufammengebradt, welche 
einen überflüfftgen Stoff zu einer Erzählung geben, D faßte ich den 
Entſchluß fie zuſammenzuſtellen.“ 

Mit anſchaulicher Naivetaͤt hat Sarpi bier feine Lage geſchil⸗ 
dert. Man fteht ihn auf der einen Seite zwifchen den Hiftorifern, 
beren Erzählungen er an einander reiht, die ihm indeß doch nicht 
genug thun: auf der andern Seite mit handfihriftlihen Materialien 
verfehen, mit denen er jene ergänzt. 

eider hat Sarpi weder die einen noch die andern ausführlich 
genannt; auch die Methode feiner Vorgänger war das nicht; er ließ, 
wie fie, fein ganzes Bemühen feyn, aus den Nachrichten die er ges 
funden eine wohlgeordnete, angenehme, in fich abgefchloffene Gefchichte 
zufammenzumweben. “ 

Indeſſen auch ohne Angabe im Einzelnen koͤnnen wir leicht er, 
fennen, weldes die gedruckten Geſchichten find Die er benußte: von 
vorn’ herein Jovius, Guicciardini, dann Thuanus, Adriani, haupt 
fähli aber der, den er ja auch nennt, Sleidan. 

& B. in der gefammten Darftellung der Berbältniffe zur Zeit 
des Interims und nad der Zranslation des Conciliums nach Bo⸗ 
logna hat er den Sleidan und nur ein paar Mal die Urfunben bie 

LIT 





Sarpi. 273 


diefer Schriftf iftſteller anführt, übrigens aber nichts als ihn vor Au⸗ 
gen gehabt. 

Es ift wohl ber Mühe wertb, und muß uns einen Schritt weis 
ter führen, zu beobachten wie er hiebei verfährt. 

‚ Nicht felten überfeßt er den Sleidan geradezu: — zwar etwas 
frei, aber er überfegt; 3. B. bei den Verhandlungen des Kaifers 
mit ben Fuͤrſten über ihre vorläufige Unterwerfung unter das tridens 
tinifche Concilium: Gleidan lib. XIX, p. 50. 

kt Palatinıs quidem territatus fuit etiam, nisi morem gere- 
ret, ob retentem anni superioris offensionem, uti diximus, ‚cum 
vix ea cicatrix coaluisset: Mauricius, qui et socerum landgra- 
vium cuperet liberari et nuper admedum esset auctus a Cae- 
sare, faciundum aliquid sibi videbat. Itaque cum Caesar eis 
prolixe de sua voluntate per internuncios promitteret, et ut 
ipsius fidei rem permitterent taret, illi demum octobris die 
vigesimo quarto assentiuntur. eliquae solum erant civilates: 
quae magni rem esse periculi videbant submittere se coneilii 
decretis indiferenter. Cum iis Girranvellanus et Hasius diu mul- 
tumque agebant; atque interim fama per urbem divulgata fuit, 
illos esse praefractos, qui recusarent id quod principes omnes 
comprobassent: auditae quoque fuerunt comminationes, futurum 
ut acrius multo quam nuper plectantur. Tandem fuit inventa 
ratio ut et Caesari satisfieret et ipsis eliam esset cautum. Ete- 
nim vocati ad Caesarem, ut ipsi responsa prineipum corrigant 
non suum esse dicunt, et simul scriptum ei tradunt, quo testi- 
ficantur quibus ipse cönditionibus concilium probent. Caesar, 
eorum audito sermone, per Seldium respondet, sibi pergratum 
esse quod reliquorum exemplo rem sibi permittant et caeteris 
consentiant. Sarpi lib. III, p. 283. Con l’elettor Palatino le 
pregbiere havevano specie di miuacce rispetto alle precedenti 
offese perdenate di recente. Verso Mauricio duca di Sasso- 
nia erano necessitä, per tanti beneficii nuovamente havuti da 
Cesare, e perche desiderava liberare il lantgravio suo suo- 
cero._  FPerilche promeitendo loro Cesare d’adoperarsi che in 
concilio havessero la dovuta sodisfattione e ricercandogli che 
si fidassero in lui, finalmente consentirono, e furono se- 
guiti dagli ambasciatori dell’ elettore di Brandeburg e da tutti i 
prencipi. Le eittä ricusarono come cosa di gran pericolo il 
sottomettersi indifferentemente a tutti i decreti del concilio. Il 
Granvela negotiö con gli ambasciatori loro assai e longamente, 
trattandogli anco da ostinati a ricusar quello. che i prencipi 
havevano comprobato, aggiongendo qualche sorte di minacce di 
condannargli in somma maggiore che la giä pagata: perilche 
fualmente furono costrette di condescendere al voler di Cerare, 
riservata però eautione per l’osservanza delle promesse. Onde 
chiamate alla presenza dell’ imperatore, et interrogate se si con- 
formavano alla deliberatione de’ prenecipi, risposero che sarebbe 
stato troppo ardire il loro a voler correggere la risposta de’ 
preneipi, e tutti insieme diedero una scrittura contenente le 
conditiopi con che avrebbono riceruto il conoilio. La serittura 


wvapfie ** 18 


274 Sarpi. 


fu ricevuta ma non letta, e per nome di Cesare dal suo can- 
cellario furono lodati che ad essempio degli altri havessero ri- 
messo il tutto all’ imperatore e fidatisi di lui: e l’istesso im- 
peratore fece dimostratione d’haverlo molto grato. Cosi l’una 
6 V’altra parte voleva esser ingannata. 

Gleich bei diefer Ueberſetzung läßt fich die Bemerkung machen, 
daß ſich Sarpi doch nicht ganz getreu an die ihm überlieferte That: 
ſache Hält. Es wird von Sleiden nicht gefagt, daß Gramvella die 
Städte bebrobt habe: was der Deutiche ald ein aligemeined Ges 
fpräch bezeichnet, legt der Italiener dem Minifler in den Mund; 
die Auskunft die man mit den Städten trifft, wird in dem Origi⸗ 
nal deutlicher ausgedrückt als in der Ueberſetzung. — Wie hier, tft 
es auch in unzähligen andern Stellen. 

Dabei e jedoch nichts weiter zu bemerfen feyn: man würbe 
ſich nur allegeit zu entfinnen haben, daß man eine etwas willfür: 
liche Ueberarbeitung des Sleidan vor fich bat; wenn nicht dann und 
wann noch einige wefentlichere Veränderungen einträten. 

Einmal hat Sarpi Feinen rechten Begriff von der Reichsverfaſ⸗ 
fung. Er bat eigentlich immer eine Derfeffung, im Sinne welche 
aus den drei Ständen: Geiſtlichkeit, weitlihen Großen und Staͤd⸗ 
ten, beſteht. Nicht felten verändert er die Ausbrüde feines Autors 
nach. diefer eigenthuͤmlich irrigen Vorſtellung. 3. 3. ib. XX, p. 
108 erörtert Steidan die Stimmen über das Interim in den drei 
Golfegien: 1. dem churfuͤrſtlichen. Die drei geiftlichen Churfuͤrſten find 
dafuͤr, Doch nicht die weltlichen: reliqui tres electores non quidem 
ejus erant sententiae, Palatinus imprimis et Mauricius, verum 
uterque causas habebant cur Caesari non admodum reclamarent; 
2. dem Färftencollegium: caeteri principes, qui maxima parte sunt 
episcopi, eodem modo sicut Moguntinus et collegae respondent; 
3. civitatum non ita magna fuit habita ratio. Daraus macht num 
&arpi (lib. III, p. 300): die geiftlichen Chmfürften fagen ihre 
Meinung eben wie bei Sieivan. Al parer de’ quali s’accostarone 
tutti i vescovi: i prencipi secolari per non oflendere Cesare tac- 
quero: et a loro esempio gli ambasciatori delle citt& parlarono 
poco, nö di quel poco fu tenuto oonto. Was bei Steidan von 
— Ch en geſagt iſt, wird hier auf alle weltlichen Fuͤrſten 

bertragen. Es ſcheint als hätten die Biſchoͤfe ihre Stimmen bes 
ſonders abgegeben; das gene Odium wird auf fie geworfen. Die 
hohe Bedeutung die der Reichsfuͤrſtenrath in diefen Zeiten erlangte, wird 
völlig verfannt. — Gleich in der oben angeführten Stelle behauptet 
Sarpi, die Zürften feyen dem Gutachten der Ehurfärften beigetreten. 
In der That aber hatten fie ſchon ein eigenes abgegeben, welches 
von dem churfuͤrſtlichen auf das mannt altigfte abwich. 

Aber nody wichtiger iſt es, baß Sarpi, indem er die Notizen 
die er findet beräbernimmt, oder auch anderswoher gefchöpfte das 
mit verbindet, ercerpirt, überfeßt, daß er dabei feine Erzählung zus 
— mit eigenen Bemerkungen durchwebt. Beobachten wir, wel 

Art dieſe find. Es iſt ganz merkwuͤrdig. 

Zum Beiſpiel wiederholt ber gute Sleidan — lib. XX, p. 58 — 
ohne alles Arg einen Vortrag bes Biſchofs von Trient: worin dreier: 





Sarpi. 275 


lei gefordert wird: bie Wieberherftellung bes Eoneiliums nach Trient, 
die Sendung eines Legaten nad Deutichland, und eine Beſtimmung 
wie es im Palle einer Sedisvacanz gehalten werben folle. Wärtlich 
überfeßt dieß Sarpi; dann aber fyaltet er eine Bemerfung ein: „der 
dritte Punkt“, fagt er, „wurde hinzugefügt, um den Papft an fein 
hohes Alter, feinen nahen Tod zu erinnern, um ihn dadurch zu grös 
Berer Nachgiebigkeit zu bewegen, denn er werde ja feinen Nachkommen 
das ie eranhgen des Kaifers nicht zum Erbtheile zuruͤcklaſſen wollen.” 

In dieſem Style find feine Bemerkungen überhaupt, fie find 
ſaͤmmtlich von Bitterfeit und Galle durchdrungen. „Der Legat bes 
rief die Verſammlung und fagte zuerft feine Meinung; benn der h. 
Geiſt, welcher die Legaten nach dem Sinne bes Papfles unb bie 
Biſchoͤfe nach bem Sinne ber Legaten zu bewegen pflegt, that auch 
dießmal wie er gemohnt iſt.“ 

Nach Sleidan ſchickt mar das Interim nach Mom, „denn es 
war doc auch ben Proteftanten darin einiges bewilligt.” Nach Sarpi 
drangen darauf die deutfchen Praͤlaten, „denn“, fagf er, „von jeher 
fuchen fie die päpftliche Autorität in Anfehen zu erhalten, da dieſe al, 
lein das Gegengewicht der Faiferliyen ausmacht, ber fie ohne den 
Papſt nicht würben widerfiehn koͤnnen, befonderd wenn einmal bie 
Kaifer nad dem Gebrauch der alten chriftlichen Kirche fie zu ihrer 

flicht nöthigen und die Mißbraͤuche der fogenannten kirchlichen Freis 
eit in Schranfen halten wollen.” 

Im Allgemeinen fehen wir wohl, wie fehr ſich Sarpi von den 
bisherigen Gompilatoren unterfcheidet. Der Auszug den er macht, 
ift voll von Geift und Leben. Dem fremden Material zum Zrog 
hat fein Ausdrud einen leichten, angenehmen und gleichmäßigen 
Fluß. Man bemerkt‘ es nicht, wo er von einem Autor zu einem 
andern übergeht: Uber damit ift freilich auch verbunden, daß feine 
Darftellung die Farbe feiner Stimmung trägt, der ſyſtematiſchen 
Dppofition, des WBiderwillens oder des Haſſes gegen ben römifchen 
Hof. Um fo größern Eindruck bringt fie hervor. 

Aber, wie wir fahen, Paul Sarpi hatte noch ganz andere Mas 
terialien ald gedruckte Autoren. Bei weiten der wichtigere Theil 
feines Buches tft, was er ans dieſen fchöpfte. 

Er ſelbſt unterfcheibet die interconsiliaren und vorbereitenden 
Ereigniffe von der eigentlichen Gefchichte des Conciliums. Er fagt, 
er wolle jene mehr m Form eines Jahrbuchs, Diele mehr in Form 
eines Tagebuchs behandeln. Ein anderer Unterfchied if, daß er für 
jene fich großentheil® an bie geläufigen und wohlbefennten Schrift 

er gehalten, für biefe dagegen aus neuen und eigerien Doc 
menten gefchöpft hat. 

Es fragt fich zunaͤchſt, weldyer Art diefe find. Ä 

Da möchte ih mın nicht glauben, daß es im Einzelnen viel 
wäre, was er von Männern wie jener Secretär des erfien Lega⸗ 
ten an dem Concilium, Dliva, oder von. dem franzäflichen Geſand⸗ 
ten Serrier in Venedig, der auch am Concilium geweſen war, er⸗ 
halten konnte — eben in Hinficht Olivas begeht Sarpi einen ſtarken 
Fehler: er läßt ihn das Eoncilium eher verlaften, als dieß geſcheben 
ift — Die franzöftfchen Acten ‚wurden gar bald gedruckt; die Einwirkung 


18* 


276 | Sarpt. 


diefer Männer, die zu den Mißvergnuͤgten gehörten, wird darin bes 
ſtehn, daß fie ben Widerwillen, den P. Sarpi gegen das Conci⸗ 
lium empfand, verftärftn. Die eigentlichen Actenſtuͤcke boten ibm 
dagegen die venezianiſchen Sammlungen in großer Bülle dar: Briefe 
der Yegaten, wie Monte's, geheimer Gefchäftöträger, wie Viscontis; 
Nachrichten von Nımtien, wie Chieregatos; ausführliche Tagebücher 
die am Eoncilium gehalten worden; Lettere d'Aviſi, und unzählige ans 
dere mehr oder minder authentiſche Denfmal.e Er war bierin fo 
gluͤcklich, daß er Schriften benutzt hat die feitbem nie wieder zum Vor» 
fchein gefommen find, die Pallavicini, trog der großartigen Unter⸗ 
ſtuͤtzung die er fand, fich doch nicht zu verfchaffen wußte: für welche 
die forfchende Hiſtorie allezeit auf fein Werk angewiefen feyn wird. 
. Nur entfleht nun die neue Frage, wie er ſie benußt hat. 

Zum Theil hat er fie ohne Zweifel mit leichter Leberarbeis 
tung geradezu her&bergenommen. Gourayer verfichert, er habe eine 
handfchriftlihe Relation über die Congregationen des Jahres 1563 
in Händen gehabt, die von Sarpi benugt und beinahe copirt wor; 
den, „que notre historien a consultde et presque copide mot 
par mot.‘ 

‚In meinen Händen ift eine bandfchriftliche Historia del s. con- 
eilio di Trento scritta per M. Antonio Milledonne, secr. Vene- 
ziano — welche auch Foscarini (Lett. Venez. I, p. 351) und Mend» 
bam fennen — von einem gleichzeitigen, fehr wohl unterrichteten Autor, 
trotz aller Kürze für die fpdtern Sitzungen bes -Eonciliums Feines 
wegs unerbeblich. 

Ich finde nun, daß Sarpi fie zumeilen wörtlich aufgenommen 
hat. 3. B. Millevonne: Il senato di Norimbergo rispose al 
nontio Delfino, che non era per partirsi dalla confessione Augu- 
stana, e che non accettava il concilio, come quello che non 
aveva le conditioni ricercate da’ protestanti. Simil risposta fe- 
cero li senati di Argentina e Francfort al medesimo nontio Del- 
fino. Il senato di Augusta e quello di Olma risposero, che 
non potevano separarsi dalli altri che tenevano la confessione 
Augustana. 

Sarpi p. 450. Il noneio Delfino nel ritorno espose il suo 
carico in diverse cittä. Dal senato di Norimberg hebbe rispo- 
sta, che non era per partirsi dalla confessione Augustana, e che 
non accetter& il concilio, come quelle che nou haveva condi- 
tioini ricercate da’ protestanti. Simili risposte gli fecero li se- 
nat d’Argentina e di Francfort. Il senato d’Augusta e quello 
d’Olma risposero, che non potevano separarsi dagli altri che 
tengono la lor confessione. 

Nur da folgt Sarpi nicht nad, wo Millebonne ind Loben ges 
räth, wenn e3 auch ganz unverfänglich wäre. 

Milledonne: I cl Gonzaga pratiico di negotii di stato per 
aver governato il ducato di Mantova molti anni doppo la morte 
del duca suo fratello fino che li nepoti erano sotto tutela, gen- 
tiluomo di bell’ aspetto, di buona creanza, libero e schietto nel 
parlare, di buona mente, inclinato al bene. Seripando era Na- 
politano, arcivescovo di Salerno, frate eremitano, grandissimo 


Sarpi. 877 


teologo, persona di ottima coscienza e di singolar bontä, desi- 
deroso del bene universale della christianitä. 

Sarpi ift über diefe Männer viel karger. Destind al conci- 
lio, fagt er 3.8. p. 456, fra Girolamo, C! Seripando, theo- 
logo di molta fama; das ift ihm genug. 

Die Briefe VBiscontis, welche Sarpi vor fich hatte, find ſpaͤter⸗ 
bin gedrucdt worden, und bei der erfien Vergleichung erfehen wir, daß 
er ſich ihnen hie und da fehr genau anſchloß. Ein Beifpiel ſey Vis- 
conti lettres et negotiations tom. II, p. 174. Ci sono poi stati 
alcuni Spagnuoli, li quali parlando dell’ istituzione de’ vescovi e 
della residenza havevano havuto ordine di affırmare queste opi- 
nioni per vere come li precetti del decalogo. Segoria segul 
in queste due materie !’opinione di Granata, dicendo ch’era ve- 
ritä erpressa la residenza ed istituzione delli vescovi essere de 
jure divino e che niuno la poteva negare, soggiungendo che 
tauto piü si dovea fare tal dichiarazione per dannare l’opinione 
de gli heretici che tenevano ilcontrario. Gluadice, Alifi e Mon- 
temarano con molti altri prelati Spagnuoli hanno aderito all’ 
opinione di Granata e di Segovia; ma piacque al signore dio che 
si fecero all’ ultimo di buona risoluzione. 

Sarpi VII, 753. Granata disse, esser cosa indegna haver 
tanto tempo deriso li padri trattando del fondamento dell’ in- 
stituziöne de’ vescovi e poi adesso tralasciandola, e ne ricercd 
la dichiarazione de jure divino, dicendo maravegliarsi perche 
non si dichiarasse un tal punto verissimo et infallibile.. Ag- 
gionse che si dovevano prohibire come heretici tutti quei libri 
che dicevano il contraric. Al qual parer adheri Segovia, af- 
fermando che era espressa verita che nissuno poteva negarla, 
e si doveva dichiarare per dannare l’openione degli heretici che 
tenevano il contrario, Seguivano anco Guadice, Aliffe et Monte 
Marano con gli altri prelati Spagnuoli, de’ quali alcuni dissero, 
la loro openione esser cosi vera come li precetti del decalogo. 

Man fieht, Sarpi if nicht ein gemöhnlicher Abfchreiber; je 
weiter man ihn mit feiner Quelle vergleicht, deflo mehr wird man 
inne, wie gut er es verftcht den Zuſammenhang zu ergänzen, den, 
Ausdruck durch eine leichte Wendung zu heben; — aber zugleich 
it auch fein Bemühen augenfcheinlih, den Eindrud zu Ungunften 
des Coneiliums zu verflärfen. | 

Wie das ſich auch nicht anders denken läßt, er behandelt das 
Ungedruckte eben wie das Gedruckte. | 

Es verſteht fih aber, daß das zumeilen von vielem Ein: 
Aug auf die Auffaffung der Thatfachen ift, wie ſich unter andern 
bei der Daritellung des wichtigiten unfrer deutichen Religionsge⸗ 
fpräche, von Regensburg 1541, ergibt. 

Er hielt ſich da zunaͤchſt wieder an Steidan: auch hatte er ohne 
Zweifel den Bericht vor Augen, welchen Bucer über dieſes Geſpraͤch 
erfiattet hat. u 

In der Benutzung biefer deutſchen Quellen begeht er ben ſchon 
berührten Fehler aufs neue. Die Stände gaben an biefem Reiche: 
tage dem Kaifer zwei Mal eine Antwort auf feine Anträge ein. Beide 


278 Sarpi. 


Male waren fie ſelbſt uneinig. Das churfuͤrſtliche Collegium war 
für die Intentionen bed Kaifers, das fürftliche Dagegen. ch war 
der Unterfchieb, daß die Fürften das erfie Mal nacgaben, das 
zweite Mal jedoch nicht; dann reichten fie eine abweichende Ants 
wort ein. 

Steidan fucht den Widerſpruch des fürftlichen Collegiums baburch 
u erflären, daß er bemerkt, es feyen fo viele Biſchoͤfe darin gewe⸗ 

n: ein für die Reichöverfaffung allerdings fehr wichtiger Punft. 
Sarpi verwiſcht aber dad Weſentliche ganz, indem er dabei bleibt, 
das Fürftencollegium geradezu Biſchoͤfe zu nennen. Er fagt bei der 
erfien Antwort: I vescovi rifiutarono; bei der zweiten: i ve 
scovi con aleuni pochi principi cattolici; was denn, wie gefagt, 
die Anficht der Reichsverfaſſung durchaus verunflaltet. 

Wir wollen indeß biebei nicht ſtehn bleiben. Die Hauptfache 
ift, wie er bie ihm eigentbümlichen geheimern Quellen benutzt, von 
denen er glauben burfte, daß fie noch eine geraume Zeit unbefannt - 
bleiben würben. E 

Für die Gefchichte dieſes Reichſtages hatte er die Inſtruction 
Gontarinis, die der Cardinal Quirini fpäterhin eben auch aus einem 
venezianifhen MS hat druden laffen. , | 

- Da bemerfen wir nun zuerft, daß er das was er in ber In⸗ 
firuction fand, bald hier bald ba in bie Unterredungen verflicht, 
welche der Legat mit dem Kaifer gehalten babe. 

8 €. heißt es in der Infiruction: Eos artieulos in quibus in- 
ter se convenire non possunt, ad nos remittant, qui in fide boni 
pastoris et universalis pontificis dabimus operam ut per univer- 
sale concilium vel per aliquam viam aequivalentem non praeci- 

itanter, sed mature et quemadmodum res tanti momenti exigit, 
Enis his controversiis imponatur, et remedium quod his malis 
adbibendum est quam diutissime perdurare possit. 

Sarpi läßt Eontarini fordern: ogni cosa Bi mandasse al papa, 
il qual prometteva in fede di buon pastore et universal poute- 
fice di fere che il tutto fosse determinato per un concilio gene- 
rale o per altra via equivalente con sinceritä e con nissun af- 
fetto humane, non con precipitio, ma maturamente. 

Die SInftruction fährt an einer andern Stelle fort: Si quidem 
ab initio pontificatus nostri, ut facilius hoc religionis dissidium 
in pristinam concordiam reduceretur, primum ohristianos prin- 
cipes ad veram pacem et concordiam per literas et nuntios no- 
stros saepissime hortati sumus, — mox ob hanc eandem cau- 
sam conoilium generale — — christianis regibus et principibus 
etiam per proprios nuntios significavimus, — — multaque in Ger- 
mania religionis causa non ea qua decuit auctoritatem nostram, 
ad quam religionis judicium oognitio et examen spectat, reve- 
rentia tractari et fieri non absque gravi dolore animi intellexi- 
zus, tum temporum conditione moti, tum Üaesareae et regiae 
majestatum vel earum oratorum pollicitationibus persuasi quod 
e3 quae hic fiebant boni alioujus ipde seouturi causa fierent, 
partim patientes tulimus etc. 

Sarpi fügt hinzu: Sicame la St4 S. nel princoipio del ponti- 


> 





Sarpi. 279 


ficato per questo medesimo fine haveva mandato letiere e nun- 
tii a prencipi per celebrar il concilio, e poi intinratolo, e mandato 
al luoge i suoi legati, e che ne haveva sopportato che in Ger- 
mania si havesse parlato tante volte della cose della religione 
con poca riverentia dell’ autorit& sua, alla quale sola apetta 
trattarle, l’haveva fatto per essergli dalle Mt 8. data iutentione 
. e promesso che cio si faceva per bene. 

Genug ed iſt offenbar, daß die Erflärungen, welche Sarpi bem 
Gontarini in den Mund legt, gexadesu aus ber Inſtruction beffelben 
entnommen find; und wenn man nun einmal weiß woran man if, 
fo wird man das leicht entſchuldigen. Jedoch zu leugnen iſt auch 
nicht, daß die Wahrheit bei diefem Verfahren zuweilen ind Gedr 
fommt. Der Legat befam bei dem täglichen FBechfel der Ereigniſſe 
veränderte Infiructionen; Grüne, weiche darauf berechnet waren, 
daß nur Die unvertragenen Punkte nad Rom geſchickt würben, 
14Bt ihn der Autor in einer Zeit vortragen, wo man in Rom be 
reits forderte, daß er alles, auch die Yunfte über die man ſchon über: 
eiageloumen, der Begutachtung des römifchen Hofes anbeimftellen 
* 

Dieſer erſten Abweichung, daß der Autor Worte der Inſtruction 
auf einen Fall anwendet auf den ſie nicht berechnet waren, fuͤgt er aber 
auch noch wichtigere hinzu. 

Der Papſt erklaͤrt ſich in der Inſtruction beſonders gegen ein 
Nationalconcilium: — — Majestati Caesareae in memoriam redi- 
gas, quantopere concilium illud sit semper detestata, cum alibi 
tum Bononiae palam diceret nihil aeque perniciosum fore et apo- 
stolicae et imperiali dignitatibus quam Germanorum nationale 
concilium, illi nulla meliore via quam per generale concilium 
obviam iri posse confiteretur: quin imo etiam S. M. post Ratis- 
bonensem dietam anno dei 1532 babitam pro sus singulari pru- 
dentia omni studio semper egit ne qua imperialis dieta hactenug 
sit celebrata ac ex ea occasione ad concilium nationale deveni- 


retur. 

Woͤrtlich führt dieß auch Sarpi und zwar als aus der Ins 
firuction geriommen .an; jedoch mit einem merfwürdigen Zufag. Che 
raccordasse all’imperatore quanto egli medesimo havesse de- 
testato il concilio nationale essendo in Bologna, conoscendelo 
pernicioso all’ autoritä imperiale: poiche i sudditi preso animo 
dal vedersi concessa potest& di mutare le cose della religione 
pensarebbono ancora a mutare lo stato: e che S. M. dopo il 1532 
non volse mai piü celebrare in sua presenza dieta imperiale per 
non dar occasione di domandar concilio nationale. 

Wer follte nicht glauben, daß der Karfer den Gedanken, eine 
Nation verändere leicht ihre Regierungsform, wenn fie ihre Religion 
einmal ändere, felbft geäußert habe? Ich kann das aber dem Aw 
tor nicht auf fein Wort glauben. In ber Inflruction findet fich 
nichts davon. Es ift ein Gedanke der erft nach den Begebenheiten 
der fpätern Zeit der Welt geläufig wurde. IL 

Ich denke nicht daß mein Verfahren zu kleinlich erſcheine. 
Was will man machen um heraus zu befommen ob Jemand bie Wahr: 


280 Sarpi. 


De fagt, als daß man ihn mit ben Quellen vergleicht die er vor 
& gehabt bat. . 
Ich finde noch eine Abweichung, ſtaͤrker als die übrigen. 

Gleich in der erften Unterredung, die er zwilchen Gontarini und 
dem Kaifer anfegt, flicyt er die Worte Der Inftruction ein; jene wich⸗ 
tigen Worte, auf die audy wir uns bezogen haben. 

Der Papit entfhuldigt fih, daß er dem Cardinal nicht eine ‘fo 
ausgedehnte Vollmacht gegeben habe, wie Kaifer und König diefelbe 
gewünſcht: primum quia videndum imprimis est, an protestan- 
tes — — in principiis nobiscum conveniant, eujusmodi est hu- 
jus sanctae sedix primalus tanquam a’deu et salvatore nostro in- 
stitutus, sacros. ecclesiae sacramenta, et alia quaedam quae tum 
sacrarum literarum auctoritate tum universalis ecclesiae pe 
tua observatione hactenus observata et comprobata fuere et tibi 
nota erse bene scimus: quibus statim initio admissis omnis su- 
per aliis controversiis concordia tentaretur. - 

Sarpi läßt Gontarini fagen: che S. Sta gli aveva data ogni 
potestä di concordare con protestanti, purche essi ammettino i 
principii, che sono il primato della sede apostolica instituito da 
Christo, et i sacramenti sicome sono insegnati nella chiesa Ro- 
mana, elealtre cose determinate nella bolla diLeone, 
offerendosi nelle altre cose di dar ogni sodisfattione alla Ger- 
mania. 

Man fieht welch ein Unterfchied dieß if. In ber Unbeſtimmt⸗ 
beit der päpitlichen Worte lag die ganze Möglichkeit eined guten Ers 
folges: die Zufammenfunft mürde gar feinen denkbaren Zwed gehabt 
haben, bätte man dieſe Ausficht nicht gelaffen; bei Sarpi fäut dies 
felbe eigentlihh doch durchaus weg. Der Papft will nicht „quaedam 
quae tibi nota esse bene scimus‘, er fordert die Anerkenntniß der 
Beſtimmung der Bulle Leos X, d. 1. die Verdammung Iutherifcher 
Lehren. Eine völlig unausführbare Sache. 

Ueberhaupt will Sarpi nicht anerfennen, daß der paͤpſtliche Stuhl 
irgend eine Art von Nackgiebigkeit bewielen habe. Contarini muß 
bei ihm die päpftlihe Autorität in den bärteften Formen verfechten. 
Bei Sarpi beginnt er gleich damit, „der Wapft Fönne die Befug⸗ 
niß zweifelhafte &laubensmeinungen zu enticheiden fchledhthin Nies 
mand mittheilen: ihm allein fey das Privilegium gegeben nicht zu irs 
ren; in den Worten: Ego regavi pro te Petre.‘“ Dinge von des 
nen ſich in ber Inſtruction wenigftend fein Wort findet. 

Denn überhaupt ſah Sarpi das Papſtthum in dem Lichte feiner 
Zeit an. Nachdem die Neftauration ſich vollzogen, war e8 bei weis 
tem gewaltiamer, infleribler geworden, als es in den Tagen der Ges 
fahr und Bedraͤngniß geweien. Uber in diefer Fülle von Macht und 
ungebrochenem Gelbftgefühl ſtand es Sarpi vor Augen. Was er 
erlebte und fühlte, trug er dann auch in die frühern Zeiten über. Alle 
Nachrichten und Documente die er fand, fen es gedruckt oder unge: 
drudt, legte er in diefem Sinne aus, der ihm fo natürlich war und 
auf der Stellung feiner Vaterſtadt, feiner Partei in derfelben, auf 
ſeiner perſoͤnlichen Stellung beruhte. 

ir haben noch ein anderes Geſchichtswerk von Paul Sarpi, 





Sarpi. 251 


über die venezianifchsrömifchen Sirrungen von 1606: Historia parti- 
colare delle cose passate tra’i summo pontelice Paolo V e la 
ser=® repe di Venetia, Lien 1624; dad im Ganzen in verwand⸗ 
tem Sinne gefchrieben iſt. Meiſterhaft in der Daritellung, im Gans 
zen wahrhaft, aber doc eine Parteifchrift. Won der Spaltung der 
Wenezianer unter einander, die bei diefer Gelegenheit ausbrach und 
einen fo wichtigen Moment der innern Geſchichte ausmacht, finden 
wir bei Sarpi wenig oder nichts. Bei ihm iſt es, als berrfche nur 
Eine Meinung. Er fpricht immer von dem Princeps: fo bezeichnet 
er die venezianifhe Stuatigewalt. Diele Fiction geitattet dann nicht, 
dag er zu einer eingehenden Darftellung der innern Verhaͤltniſſe ges 
langte. Leichten Fußes ſchluͤpft er über die Dinge hin, welche mins 
der ehrenvoll für Venedig find; z. DB. über jene Auslieferung ber 
Gefangenen; gleih al3 wüßte er nicht, weshalb fie erft dem Gefand⸗ 
ten und dann mit andern Worten dem Gardinal übergeben wurden. 
Auch erwähnt er nicht, daß Die Spanier für die Ausſchließung der 
Sefuiten waren. Er bat ihnen beiden einen unverſoͤhnlichen Haß ges 
widmet, und will nicht waffen, daß ihre Sntereffen bier auseinander 
gingen. 

So ift ed nun auch ungefähr mit der Gefchichte des Conciliums. 
Die Duellen find fleißig zuſammengebracht, — fehr wohl überarbeitet, 
mit überlegenem Verſtande benußt,;, — auch koͤnnte man nicht fagen, 
daß fie verfätfcht, Daß fie häufig und weſentlich verunftaltet wären; 
— aber die Bearbeitung ift im Geiſte einer entfchiedenen Oppoſition 
gemadıt. 

Hiedurch brach Sarpi aufd neue nad) einer andern Seite hin 
Bahn. Jenem compilatorifhen Welen gab er die Einheit der allge: 
meinen Zendens; feine Arbeit ift mißbilligend, verwerfend, feindfelig: 
Das erfte Beifpiel einer Gefchichte, welche die ganze Entwicelung ihres 
Gegentlandes mit unaufhörlidem Tadel begleitet: weit entichiedener 
als etwa Thuanus, der mur erit an diele Methode flreift; hierin bat 
denn Sarpi unzählige Nachfolger gefunden. 


Istoria del concilio di Trento scritta dal padre Sforza Pal- 
lavicino della compagnia-di Gesu. 1664. 


Ein Bud wie die Gefchichte bes Sarpi, fo reich ansgekattet 
mit bisher niemals befannt gemordenem Detail, voll von Geiſt und 
Maledicenz, über ein fo wichtiges Ereigniß, das in feinen Fols 
gen die damalige Zeit beberrihte, mußte nothwendig den größ- 
ten Eindruf maden. . Die erſte Ausgabe war 1619 erichienen: 
bis 1622 erichien eine lateiniſche Ueberſetzung viermal, uͤberdieß 
eine deutiche und eine franzöftiche Ueberſetzung 

Der roͤmiſche Hof dachte um fo mehr daran fie wiberlegen zu 
laffen, da fie doch in der That viele Irrthuͤmer enthielt, die einem 
Jeden einleuchteten, der die Angelegenheiten diefer Zeit genauer kannte. 

Ein Jeſuit Zerentio Alciati, Prärect der Studien im Eollegio 
Romano, beichäftigte ſich fofort damit, den Stoff p einer Wider⸗ 
legung, die zuglei ein ausführliches Werk wäre, zuſammen zu brin⸗ 
gen; fein Buch führte den Xitel: Historiae concilii Tridentini 


283 Pallavicini. 


a veritatis hostibus evulgatae elenchus *); ein ungeheures Was; 
terial bäufte er auf: ehe er ed bearbeitet, farb er, 1651. 

Der Jeſuitengeneral Goswin Nickel wählte zur Ausarbeitung 
deſſelben einen andern feiner Ordensbrüder, der ſchon ein gewilles 
literarifches Zalent bewährt hatte, Sforza Pallavicini; er machte 
ihn frei von andern Gefchäften — „wie ein Gonbottiere einen Sol 
daten”, fagt Wallavicini felbft, habe ihn der General zu diefer Ar 
beit angeftellt. 

Sn drei dicken Duartanten förderte Pallavicini feit dem Jahre 
1656 diefe Arbeit ans Licht. 

Ein Wert das in der That einen ungeheuren Stoff enthält, 
und für Die Gefchichte des 16ten Jahrhunderts — denn es fängt auch 
vom Urfprung der Meformation an — von der größten Wichtigkeit iſt. 
Die Archive waren dem Autor aufgetban, was die römifchen Bibliothefen 
von Materialien die er brauchen fonnte enthielten, war ihm zugäng» 
Lich; nicht allein die Acten des Conciliums auf das ausfüchrlichkte, 
fondern auch der Briefwechfel der Zegaten mit Rom und eine große 
Menge anderer Informationen kamen ihm zu Gute: er ift weit 
entfernt feine Quellen zu verfchweigen: er macht eher mit ihren 
—* auf dem Rande ſeines Buches Parade: es iſt ihrer eine 
Unzahl. 

Sein vornehmſtes Geſchaͤft ift nun, Sarpi zu widerlegen. Hin⸗ 
ter jedem Bande läßt er einen Catalog „der Irrthümer in den That 
ſachen“ folgen, deren er feinen Gegner überwielen zu haben behaup⸗ 
tet, er zählt ihrer 361. Allein unzählige andere, fügt er hinzu, bie 
er ae widerlegt habe, feyen in diefen Eatalogen gar nicht auf: 
geführt. 

Sn feiner Vorrede fagt er: „in Heine Scharmühel werbe er 
ſich nicht einlaffen: wer ihn angreifen wolle, möge mit ordentlicher 
Heeresmacht anrücen,, und fein ganzes Buch widerlegen, wie er 
Paul Sarpi ganz widerlege.” as wollte das für ein Werk ge: 
geben haben. ir koͤnnen nicht verfucht feyn, auf eine ähnliche 

eife zu verfahren. | 

Es muß ung genügen, wie gefagt, und an einigen DBeifpielen 
einen Begriff von der Methode des Wallavicini zu bilden. 

Da er nun aus fo vielen geheimen Urfunden fhöpfte, und eis 
gentlih das ganze Buch aus Ihnen zufammenmebte, fo fommt es 
Ba em darauf an, ſich zu vergegenwärtigen, wie er biefe be 
nußt bat. 

Es wirb und dieß befonders da moͤglich ſeyn, wo etwa die Ur: 
funden, deren er ſich bediente, nachher gebruckt worden find. Auch 
iſt es mir geglädt eine ganze Reihe von Documenten einzufehen, 
die niemals gedrudt worben, und die er citirt; es if nothwendig 
die Originale mit feiner Bearbeitung zu vergleichen. 

Ih will dieß in einigen Punkten nach einander thun. 

1. Und da ift nun zuerft zu befennen, baß die Infiructionen 
und Papiere, welche Pallavicint vorlagen, von ihm oft ganz gend; 
end ercerpirt und benugt worden find. Ich babe z. B. eine In⸗ 
ruction. welche der fpanifche Gefandte im November 1562 erhielt, 


) So heißt er bei Mazzucelli. 


Pallavicini. 288 


die Antwort weiche ihm der Papf im Merz 1563 ertheilte, die 
neue Inſtruction mit welcher der Papſt feinen Nuntius verfab, mit 
den Auszügen bei Wallavicini verglichen und fie im Ganzen durchaus 
übereinftimmend gefunden. — Pall. XX, 10. XXIV, 1. Er bat 
ſich feined Rechtes bedient, wenn er einige Umſtellungen vorgenommen 
bat, Die der Wahrheit feinen Eintrag thun. Es ift wohl wahr, daß er 
einige flarfe Ausdruͤcke mildert, 3. B. wenn der Papft fagt: er habe 
das Eoncilium nur im Vertrauen auf den Beiftand des Königs wieder 
eröffnet, in der Meinung, der König werde fein rechter Arm feyn und 
ihm in. allen feinen Gedanfen und Handlungen ein Wegweiſer und 
Anführer feyn — il fondamento che facessimo nella promessa di 
S. Mtä e de’ suoi ministri di doverei assistere ci fece entraro 
arditamente nell’ impresa, pensando di avere S. Mtà per nostro 
braecio dritto e che avessu a esserci guida o conduttiero in ogni 
nostra azione e pensiero, — läßt er ihn nur fagen, er würde das 
Eoncilium nicht wieder eröffnet haben, wenn er nicht das Vertrauen 
gehegt hätte, der König werde fein Arm und fein Anführer feyn. Da 
indeß hiebei doch die Subſtanz bleibt, fo fann das feinen Tadel bes 
gründen. Bei der Sendung Biscontis nad) Spanien und eines an⸗ 
dern Gefandten an den Kaifer meint Garpi (VIII, 61), ihr Aufs 
trag eine Zuſammenkunft vorzufchlagen fey wohl nur fcheinbar ges 
weten; allein dieß ift eine allzu feine Vermuthung: der Antrag auf 
einen Congreß, oder eine Eonferenz, wie man damals fagte, iſt einer 
von den Punkten auf die in der Inſtruction am meilten gedrungen 
wird. Yallavicini Hat ohne Zweifel Recht indem er darauf befteht. 

2. Nicht immer aber it Pallavicini der beffer unterrichtete. 
Wenn Sarpi erzählt, Paul III. habe bei der Zufammenfunft von 
Buſſeto Kaifer Carl.dem V. den Antrag gemacht, feinem Enkel, der 
mit einer natürlichen Tochter des Kaiſers verbeirathet war, Mailand 
zu verleihen, fo wendet Pallavicini ein ganzes Capitel daran ihn zu - 
widerlegen. Er will den Gefchichtfchreibern nicht glauben, in denen 
dieß auch fonft vorfommt. „Wie bätte denn‘, ruft er aus, „der Papſt 
wagen fünnen dem Kaifer Briefe in einem Zone zu fchreiben wie 
er fte gefchrieben hat?” Con qual petto avrebbe ardito di serivere 
a Carlo lettere cosi risentite. Der SKoifer hätte ihm ja unver 
ſchaͤmte Verſtellung (simulatione sfaceiata) vorwerfen können. Da 
Pallavicini fo heftig wird, fo muß man wohl glauben, daß er bier 
bona fide fchreibt. Nichts defto minder hat die Sache ihre Richtig 
feit, wie fie Sarpi erzählt. Aus den Depefchen des florentinifchen 
Gefandten (Dispaceio Guiceiardini 26 Giugno 1543) geht das uns 
widerfprechlicy hervor. 

In einem handfchriftlichen Leben des Vaſto finden ſich darüber 
noch ausführlichere Details: Wir werden einen Discorfo des Car⸗ 
dinal Carpi erwähnen, der eben dahin zielt. Ja noch im Sahre 
1547 batte der Papſt diefen Gedanfen nicht fahren laffen. Le car- 
dinal de Bologne au roi Henry II bei Ribier UI, 9. L’un — 
le pape — demande Milan, qu’il jamais n'aura, Pautre — l’em- - 
pereur — 400000 sc., qu’il n’aura sans rendre Milan. Deffen» . 
ungeachtet fchrieb Papſt Paul III. jene Briefe. 

3. Aber die Trage entſteht, ob Pallavicini in der Negel nur 


284 Dallavicini. 


bona fide irret. Nicht allenthalben möchte dieß ber. Ball ſeyn. Es fin- 
det fich zuweilen, daß feine Documente nicht fo rechtgläubig und 
katholiſch find wie er felber. Während die Angelegenheiten noch im 
Gange waren und alle Seiten ihres Dafeyns, alle Möglichkeiten eis 
ner andern Entwicdelung darfellten, fonnte man fie nicht fo fireng 
anfeben wie fpäterbin, nachdem fich alles wieder feftgeitelit hatte. Einen 
Vertrag wie der Neligionsfriede war, konnte die Rechtgläubigfeit des 
17. Jahrhunderts nimmermehr billigen; Pallavicini beflagt die „de- 
trimenti gravissimi‘‘ die er dem roͤmiſchen Stuhle jugeflat, _ er 
vergleicht ihn mit einer Palliativeur, weiche nur eine gefährlichere Criſis 
bervorbringe. Demohnerachtet fand er über denfelben die Relation 
eines Nuntius, welcher feine Nothwendigfeit einfah. Es war der 


Biſchof Deifino von Liefina. Wallavicini führt die Relation an, 


welche dieier Biſchof an den Cardinal Earafla abgeftattet hatte, und 
benußt fie in der That. Wie aber tbut er die? 

Alle die Brände, mit welchen Delfino die innere Nothwendig⸗ 
feit diefer Abkunft beweirt, verwandelt er in Entihuldigungsgründe 
die Ferdinand für fich anführe. 

Der Nuntius fagt: In dieler Zeit war fein Fürfk und Feine 
Stadt die nicht mit ihrem Nachbar Händel gehabt hätte — er 
nennt fie: — das Land ging zu Grunde, — gleichſam von einem 
Gegenreichstag fchrieben Brandenburg, Heflen und Sachſen von 
Naumburg, fte wollten ſich vereinigt halten, — der König hatte den 
Kaifer gebeten, lieker Frieden mit Frankreich zu maden und auf 
Deutihland fein Augenmerk zu richten; doch fchlug er ed ab, — in der 
Mitte von fo viel Inheil famen die Stände zufammen, — der Ks 
nig beflätigte nun die Punkte, über welche beide Theile ſich vereis 
nigt hatten: fo freudig haben fie das getban (si allegramente) daß 
es ſeit Marimilian niemals in Deutfchland fo ruhig geweſen if 
wie jebt. | 

Alles dieß berührt nun auch Pallavicini (1. XII, c. 13); aber 
wie fehr geſchwaͤcht wird es dadurch daß er es einem Fuͤrſten in ben 
Mund legt, der ſich nur entichuldigen will. 

Seuravasi egli di cio con addurre che haveva richiesto d’or- 
dini specificati, l’imperatore confortandole alla pace di Francia, — 
— ed havergli ricordato esser quesia l’unica arme per franger 
V’orgoglio de’ protestanti etc. — man halte gegen dieſe geichraubs 
ten Ausdrücde die Worte Delfinos: Il ser®o re vedendo questi 
andamenti (die religidfen Entzweiungen) scrisse a S. Mt Üesa- 
rea erortandola alla pace col christiahissimo accioche ella possa 
aitendere alle cose di Germania e farsi ubedire etc. 

Es it ohne Zweifel eine ftarfe und bei einem Buche das fich 
der Urkundlichkeit fo fehr ruͤhmt, nicht zu duldende Abweichung, daß 
der Autor die Erzählung eines Nuntius zur Entiebuldigung des Fuͤrſten 
macht: aber das Schlimmſſte iſt, daß dadurch die reine Anſicht der 
DBegebenheit verdunkelt wird. 

Ueberhaupt iſt die ganze Urkunde gebraudt, aus bem Styl bes 
fechjehnten in den Styl des fiebzehnten Jahrhunderts uͤberſetzt, aber 
gemißbraucht. ” 

4. Bleiben wir bei den Verhältniffen bes Papſtes zu Ferdis 


Pallavicini. 285 


nand I. fehn, fo finden wir noch einige andere DBenerfungen zn 
mahen. Man weiß, daß unfer Kaifer auf eine Reform drang, die 
dem Vapfte nicht fehr angenehm war. In den erfien Monaten des 
Jahres 3563 ſchickte Pins zweimal feine Nuntien, erft Commen⸗ 
done , dann Morone, nady Insbruck, wo der Kaifer fi) damals 
aufbielt, um ihn von feiner Oppoſition abzubringen. Sehr merk; 
mwürdige Sendungen, für das Goncilium von großem Erfolg. Es 
ift intereflant zu beobachten, wie Pallavieini (XX, 4) von den 
felben Bericht erſtattet. Wir Haben Eommendones Relation 19. Fe⸗ 
bruar 1563, die audy er vor Augen hatte. ‘ 

Da it nun zuerit zu bemerken, daß er die Ausbrüde deren man 
ſich an dem faiferlihen Hofe bediente, die Ausfichten die man da 
faßte, unendlich ſchwaͤcht. Bon der Bereinigung, in der damals der 
Kaiſer mit den Franzoſen und dem Gardinal von Lothringen fand, 
läßt er Commendone fagen: rendersi credibile che scambievolmente 
si confirmerebbono nel parer e si prometterebbono ajuto nell’ 
operare: es werde glaublich, daß fie fi in ihrer Meinung mit eins 
ander vergleichen und ſich auch in ihren Unternehmungen Huͤlfe leis 
fien würden. Ganz anders drüct ſich Commendone aud. Am fais 
ferlidyen Hofe dachte man nicht allein die Reform mit den Franzo⸗ 
fen gemeinfchaftlih nachzuſuchen: pare che pensino trovar modo 6 
forma di haver piü parte et autorit& nel presente concilio per 
stabilire in esso tutie le loro petitioni giuntamente con Fran- 
cesi. 

Vieles andere aber läßt Pallavicini geradesu weg. Am Faiferlichen 
Hofe war man der Meinung, mit etwas mehr Nachgiebigfeit uud ernſt⸗ 
licher Reform hätte man vieles bei den Proteltanten ausrichten fönnen. 
La somma & che a me pare di haver veduto non pur in S. Mti ma 
nelli prineipali ministri, come Trausen e Seldio, un ardentixsimo 
desiderio della riforma e del progresso del concilio con una gran 
speranza quod remettendo aliquid de jure positivo et reformando 
mores et diseiplinam ecclesiasticam non solo si possono conser- 
vare li cattolici ma guadagnare e ridurre degli heretici, con una 
opinione et impressione pur troppo forte che qui siano molti 
che non vogliano riforma. Ih mill nicht unterfuchen, wer.bie 
Proteſtanten ſeyn modten, von denen im Falle ordentlicher Res 
formen eine Ruͤckkehr zum Katholicismus zu erwarten gemwefen 
wäre, allein viel zu anzüglich find diefe Reden dem Hofprälaten, als 
daß er fie mittheilen follte. „Man fprady von den Schwierigkeiten, 
die man in dem Eoncilium finde: Geld antwortete furz: Opor- 
tuisset ab initio sequi sana consilia.° Die Klagen über die Schwies 
rigfeiten erwähnt auch Pallavicini, die Antwort verſchweigt er. 

Dafür aber theilt er einen Ausfpruch des Kanzlers zu Gunften 
der Jeſuiten in extenso mit. 

Genug er vermeilt bei dem was ihm angenehm ift, was ihm 
und der Curie unbequem feyn möchte ignorirt er. _ 

5. Es fann nicht fehlen, daß das nicht für die Anficht bes 
Gegenſtandes nachtheilig werben folite. 

3. B. nod in dem Jahre 1547 gaben bie Spanier einige Ne 
formationsartifel ein, die unter dem Namen der Eenfuren befannt find. 


206 Pallavicini. 


Kurz darauf erfolgte die Translation bes Conciliums, und ed kann 
feine Frage feyn, daß die Eenfuren darauf fehr viel Einfluß hatten. 
Es war allerdings von der größten Bedeutung, daß die unmittelbaren 
Anhänger Kaifer Earls in dem Momente daß er fiegreih war, fo 
ungemeine Forderungen aufitellten. Sarpi hat fie in alle ihrer Aus; 
dehnung, lib. IE, p. 262. Auch die Antworten des Papftes theilt 
er fur; darauf mit. Dem Pallavicini aber find fo ungeftiime Kor: 
derungen rechtglaͤubiger Prälaten nicht gelegen. Er fagt, Sarpi ers 
zähle da viel, wovon er nichts finden könne; nur finde er eine Ant 
wort die der Papft auf gemwifle Reformvorſchlaͤge ertheilt, die von 
vielen Vätern gemacht und ihm von bem Präfidenten angezeigt wor: 
den, lib. IX, c. 9, sopra varie riformazioni proposte da molti 
de’ padri. Sie anzuführen huͤtet er ſich wohl. Es koͤnnte ihm bei 
der Widerlegung der menſchlichen Beweggründe, welche Sarpi der 
Translation unterlegt, fchädlich werden. 
6. In dieſem Verſchweigen, bei Seite liegen laſſen beffen was 
ihm nicht gefällt, if er nun fehr ſtark 
- Sn dem dritten Buche 3. B. citirt er ein paar Mal eine venezianis 
ſche Relation von Suriano. Er tagt von ihr; der Autor verfichere, eine 
ausgefuchte und über allen Zweifel erhabene Kenntniß der Tractaten 
iſchen Franz und Clemens zu befißen, auch denkt er nicht Daran 
ie ihm zu befireiten (IE, c. 12, n. 1): er nimmt Züge, die der: 
felbe mittheilt, geradezu in feine Erzählung auf, 3. B. daß Clemens 
Thraͤnen —* habe vor Schmerz und Unmuth bei der Nachricht 
von der Gefangennehmung ſeines Nepoten durch den Kaiſer; — ge⸗ 
nug er glaubt an ihn. Auch gibt er vor: dieſer Venezianer ſtehe 
mit ſeinem Landsmanne Sarpi in geradem Widerſpruche. Sarpi 
nemlich fagt: Il papa negotio confederarione col re di Francia, 
la quale si concluse e stabili anco col matrimenio di Henrico 
secondogenito regio e di Catharina. Sierüber fährt Pallavicini auf. 
„Der Papſt,“ fagt er, „verbündete fidy nidyt mit dem Könige, was P. 
Soave fo fe behauptet.” Er beruft fih auf Guicciardini und So⸗ 
riano. Was fagt nun Soriano? Weitlaͤuftig deducirt er, wie und mo 
die Hinneigung des Papftes zu den Srangofen begonnen habe; weich 
eine entichieden politifche Farbe fie Hatte; endlich fpricht er auch von 
den Unterhandlungen zu Bologna. Da leugnet er nun allerdings, daß 
es zu einem eigentlichen Bunde gefommen fey: allein mır eine fchrift- 
liche Abfaſſung deſſelben leugnet er ab. Di tutti li desiderii (del 
re) s’accammodö Clemente con parole tali che gli fanno eredere, 
S. Stä esser disposta in tutto alle sue voglie, senza perö far pro- 
visione alcuna in serittura. Er erzählt fpäter, daß der König auf 
die Erfüllung der Verfprechungen gebrungen habe, die ihm bort gemacht 
worden: S. Mi chrma dimando che da S. Stä li fussino osservate 
le promesse; — was nach demfelben Autor mit eine Urfache an 
bem Tode des Papfles war. Hier iſt der fonderbare Fall, wo die 
Unwahrheit gewiffermaßen wahrer ift al die Wahrheit. Es if 
fein Zweifel: Sarpi hat Unrecht wenn er fagt, es ſey ein Bünds 
niß gefchloffen worden: was man fo nennt, Pam nicht zu ‚Stande: 
Pallavicini hat Recht wenn er ed leugnet; aber im Ganzen trifft 
doch Sarpi viel näher zur Wahrheit. Es war bie engſte Vereini⸗ 





Pallavicini. 287 


gung, nur eine münbliche, nicht eine fchriftliche. Uber Pallavicini 
fucht nur feinen Gegner zu widerlegen, ohne ein Intereffe zu bar 
ben die Wahrheit ſelbſt an ben Tag zu bringen. 

7. Nirgends fällt dieß mehr in die Augen als bei jenem Re 
gensburger Colloquium, von dem wir oben fo ausführlich gehandelt has 
ben. Auch Pallavicini kannte diefe Inftruction, wie man leicht ers 
achtet; er hielt fie für geheimer als fie wirklich iſt. In der Art aber 
wie er fie behandelt lernen wir ihn vollſtaͤndig kennen. Heftig fährt 
er auf Sarpi los: er ſchilt ihn, daß er ben Papſt erklären laſſe, 
er wolle den Proteflanten Genngtbuung währen, wofern fie nur 
in den bereits fefigefegten Punkten des katholiſchen Glaubens mit 
ibm übereinftimmen würden: che ove i Luterani convenissero ne? 
punti già stabiliti della chiesa romana, si ofleriva nel resto di 
porger ogni sodisfattione alla Germania. Er findet, daß das der 
Wahrheit geradezu entgegen ſey. Questo & dirimpetto contrario 
al primo capo dell’ instruttione. Wie? das Gegentheil davon wäre 
wahr? In der Inſtruction des Papftes heißt es: Videndum est 
an in principiis nobiscum conveniant, — — quibus admissis 
omnis super aliis controversiis concordia tentaretur, und die übris 
gen Worte, die oben angeführt worden find. Es id wahr: Sarpi bes 
geht hiebei einen Fehler: er reftringirt den Legaten mehr, als er es 
war; er fagt zu wenig von der Nachgiebigfeit des Papſtes; ſtatt dieß 
zus entdechen, wie ed denn am Tage liegt, gibt Pallavicini vor, er fage 
zu viel: er wirft fich da in eine Diftinction von @laubensartifeln und 
anbern, welche in der Bulle nicht gemacht worden; er bringt eine 
Menge Dinge herbei, die auch wahr find, aber nicht allein wahr, 
welche jene Worte, die nun einmal in der Inſtruction flehn, nicht 
wegfallen machen. In den Unweſentlichen ift er genau: das We⸗ 
fentlihe verunftaltet er ganz und gar. Genug Pallavicini beträgt 
fiy wie ein Advocat, ber feinen hart angellagten Glienten in allen 
Stücden und durchaus zu vertheibigen unternommen hat. Er ſucht 
ihn in das befte Licht zu feßen, er bringt herbei was ihm färberlich 
ift; was ihm nad feine Einbildung ſchaͤdlich feyn koͤnnte, läßt. er 
nicht allein weg, fondern leugnet es gerabesu. 

würde unmöglich feyn, ihn in alle den weitläuftigen Die; 
euffionen zu begleiten, welche er unternimmt; es iſt ſchon genug wenn 
wir einigermaßen feine Manier erfannt haben. u 

Freilich ergibt ſich baraus für die Geſchichte des Conciliums 
nicht das erfreulichſte Reſultat. 

Man hat wohl geſagt, aus dieſen beiden Werken zuſammen 
ergebe ſich die Wahrheit. Vielleicht ſehr im Ganzen und Allgemei⸗ 
nen laͤßt fich Dieß behaupten. Im Einzelnen iſt es nicht der Fall. 

. Sie weichen beide von der Wahrheit ab: es if gewiß, biefe liegt 
in der Mitte: aber durch Eonjectur könnte fie nicht ergriffen werden, 
fie ift wieder etwas Poſitives, Neues; durch feine Wermittelung der 
Parteien, ſondern nur durch Anfchauung des Factums laͤßt fie fich 


affen. 

Wie wir gefehen haben — Sarpi fagt: es fey ein Bund zu Bolo- 
gna geichloflen worben: Pallavitini leugnet es; feine Conjeetur in 
der Welt kann berausbringen, ‚daß der Bund muͤndlich abgerebet, 





288 Sarpi und Patlavicini. 


nicht fehriftlich verfaßt worden war, was benn freilich die Gegen⸗ 
fäße vereinigt. >. 

Die Inftruction Eontarinis verunflalten fie beide, ihr Wider: 
ſpruch iſt niemals auszugleichen, nur indem man das Original vor 
Hk nimmt, tritt die Wahrheit an den Tag. 

Sie find Geitter von gang entgegengefeßter. Natur. Sarpi ift 
fcharf, penetrirend, boshaft; feine Anordnung it überaus geichickt, 
fein Styl it rein und ungefucht, und obwohl ihn die Erusca nidyt 
in den Catalog der Claſſiker aufnehmen wollen, wahrſcheinlich wegen 
einiger Provincialismen die er hat, fo iſt er doch nach fo vielem Wort⸗ 

epränge, durdy das man ſich andermwärts durchwinden muß, ein wahres 
Babial: fein Styl fällt mit den Sachen felbıt zufammen: in Hinſicht 
ber Daritellung iit er unter den modernen Geſchichtſchreibern von Ita⸗ 
lien gewiß der zweite: — ich feße ihn: unmittelbar nach Machiavelli. 

Auch) Pallavicini it nicht ohne Geiſt: — er macht mandymal finns 
reiche Vergleihungen: — er vertbeidigt oft nicht ohne Gewandtheit. 
Aber fein Geiſt hat etwas Schwerfältiges, Drüdendes; es iſt haupt⸗ 
fählih ein Zalent das Phraſen macht und auf Ausflüchte denkt: 
fein Styt iſt überfüllt mit Worten. Sarpi iſt hell und durdpfichtig 
bis auf den Grund; Pallavieini nicht ohne Fall und Fluß, aber trübe, 
breit und im Grunde feicht. 

Beide find von ganzem Herzen parteiiih, — ber wahre Sinn 
des Hiltoriferd, den Gegenitand, das Object in voller Wahrheit zu 
ergreifen und an das Licht zu fchaffen, geht in der That Beiden ab; 
Earpi hätte gewiß das Talent, aber er will nun einmal anflagen; 
Pallavicini Hat das Talent in unendlich geringerm Grabe, aber um 
jeden Preis will er vertheidigen. 

Auch kann man felbit in Beiden zufammen den Stoff nody nicht 
volftändig überleben. Es ble:bt immer merkwürdig, daß Sarpi vies 
led hatte was Pallavicini mit alle der großartigen Unterſtuͤtzung die er 
fand nicht aufzutreiben gewußt bat. Ich will nur ein Memoire des 
Nuntius Chieregato über die Beratbichlagungen am Hofe Hadrians 
VI, anführen, welches fehr michtig it, und gegen das Pallavicini 
Exceptionen macht, die gar nichts bedeuten. Auch übergeht Pallavi⸗ 

eini manches aus einer Art von Unfähigkeit. Er fieht nicht ein, daß 
viel darauf anfommt, und fo 1äßt er ed weg. Dagegen mangelten 
aber dem Sarpi wieder unzählige Informationen, welche Pallavicini 
hatte: von der Gorrefpondenz des römifhen Hofes mit den Legaten 
ſah er nur einen Fleinen Theil. Seine Fehler kommen meiftens von 
den Mangel an urfunblihen Berichten ber. 

Dft haben fie aber auch Beide wichtige Denkmale nicht gehabt. 
Für die Geſchichte des ganzen legten Theils des Conciliums iſt eine 
fleine Relation des Gardinal Morone, der die enticheidende Gefandts 
{haft an Ferdinand I. verwaltete, hoͤchſt wichtig. Sie blieb von Beis- 
den unbenußt. 

Auch muß man nicht glauben, baf Rainaldus oder Le Plat die: 
fen Mangel völlig erfege. Rainaldus ercerpirt oft nur den Pallavis 
cini. Le Pat folgt ihm oder Sarpi oft wöärtlid, und nimmt aus 
den lateinifchen Ueberfegungen ihrer Werke dasjenige ald Denkmal auf 
was er ſonſt nicht autbentifcher fand, Er hat weniger Ungebrudftet 

als 


Sarpi und Pallavicini. 289 


als fich erwarten ließe. In Mendhams Memoirs of the council of 
Trident findet fi) manches Neue und Gute; 3. DB. finden wir p. 
181 einen Auszug aus den Acten des Paleotto, fogar deffen Einlei- 
tungen, felöf zu einzelnen Seffionen, wie zur 20ſten; aber es if nicht 
das gehörige Studium dabintergefebt. 

Wollte Jemand, was indeß, da dieſe Sachen ihr Intereffe fehr _ 
verloren haben, nicht fo leicht zu erwarten ift, eine neue Geſchichte 
des tridentinifchen Conciliums unternehmen, fo müßte er ganz von 
vorn anfangen. Er müßte die eigentlihen Verhandlungen deflelben, 
die Discuſſionen ber Congregationen zufammenbringen, von benen 
nur fehr wenig authentiſch befannt geworden iſt; er müßte ſich auch 
die Depelchen eined oder des andern Gefandten der dafelbft zugegen 
war verfchaffen. Erft alsdann würde er den Stoff und die beiden 
entgegengefeßten Bearbeiter völlig überfehen Fönnen. Ein Unterneh: 
men, zu dem es jedoch nicht fommen wird, da diejenigen die es 
allenfalld vollführen koͤnnten, ed nicht wollen, und bie welche ed wols 
len, es nicht vermögen. 


Papfte ** 19 


Dritter Abſchnitt. 
Zeiten der Reftauration bi auf Sirtus V. 


Wir fehren zu unfern Handfchriften zuruͤck, in denen fich, wenn 
gleih fragmentarifh, doch auf jeden Fall eine echte und unver: 
falfchte Belehrung findet. 


22. 


Instructio pro causa fidei et concilii data episcopo Mutinae, 
Pauli III ad regem Romanorum nuntio destinato. 24. 
Oct. 1536. (MS Barb. 3007. 15 31.) 


Ein rechter Beweis wie nothwendig es ber römifche Hof fand fich 
zufammen zu nehmen, für feinen guten Ruf zu forgen. Dem Nuns 
tius werden unter andern folgende Regeln gegeben. Er foll weder 
zu freigebig feyn noch auch geizig; weder zu ernſthaft noch zu mun⸗ 
ter; er foll feine geiftlichen Dekuanifle nicht durch Anfchläge an den 
Kirchthuͤren befannt machen: er möchte dadurch lächerlich werden: 
wer ihn brauche, finde ihn auch ohne das; er foll feine Gebühr zwar 
nur unter befondern Umfländen ganz erlaffen, aber niemals allzu eis 
frig eintreiben; — Feine Schulden machen — in den Gaſthoͤfen bes 
zahlen. Nec hospitii pensione nimis parce vel fortasse etiam ne- 
quaquam soluta discedat, id quod ab aliquibus nuutiis aliis fa- 
ctum plurimum animos eorum populorum in nos irritavit. — In 
vultu et colloquiis omnem limorem aut causae nostrae diffiden- 
tiam dissimulet. — Hilari quidem vultu accipere se fingant in- 
vitationes, sed in respondendo modum non excedant, ne id forte 
mali iis accidat quod cuidam nobili Saxoni, camerario secreto 
q. LeonisX (Miltig), qui ob Lutheranam causam componendam 
in Saxoniam missus, id tantum fructus reportavit, quod saepe, 
perturbatus vino, ea effutire de pontifice et Romana curia a Saxo- 
nibus inducebatur, non modo quae facta erant, sed quae ipsi e 
malao in nos mentis affectu imaginabantur et optabant; et ea 
omnia scriptis excipientes postea in conventu Vormatiensi uo- 
bis publice coram tota Germania exprobrabant. 

Wir fehen auch aus Pallavicini I, 18, baß bad Betragen des 
rittig ihm ein fehr fchlechted Andenken am römifchen Hofe geftiftet 

a 


e. 
‚Unfere Inſtruction ift noch dadurch merkwuͤrdig, baß fie einige 
weniger befannte Vertheidiger des Katholicismus in Deutfchland 





Instructio Pauli III 1536. — Instr. 1537. 201 


nahmhaft macht: Leonh. Marflaller, Nicol. Appel, Joh. Burcharb 
Prediger Ordens, — qui etsi nihil librorum ediderit contra Lu- 
theranos, magno tamen vitae perieulo ab initio usque hujus tu- 
multus pro defensione ecclesiae laboravit. Unter den befanntern 
wirb vor allen Ludwig Berus, ber von Bafel nad) Freiburg im 
Breisgau geflohen war, gerüähmt, und dem Nuntius empfohlen, 
tum propter sanam et excellentem hominis doctrinam et morum 
probitatem, tum quia sua gravitate et autoritate optime operam na- 
vare poterit in causa fidei. Man weiß, daß fi) Ber felbft bei 
den Proteflanten in gutes Anſehen zu fegen verftand. 


23. 


Instruttione mandata da Roma per l’elettione del luogo del con- 
cilio. (1537.) Informationi Politt. T. XII. 


Allerdings war nun die Meinung Pauls III ein Eoncilium zu 
berufen: in unferer Inſtruction verfihert er, er fey feſt dazu ent 
fhloffen (tutto risoluto). Nur wuͤnſcht er es in Stalien zu ver 
fammeln. Seine Neigung gebt gleich auf Piacenza und Bologna, 
Orte der Kirche der gemeinichaftlichen Mutter Aller; — böchitens 
auf eine Stadt der Venezianer, da auch dieſe die gemeinfchaftlichen 
Freunde Aller feyen. Sein Grund ift, es fey den Proteftanten mit 
dem Goncilium fein Ernft; wie man aus den Bedingungen fehe, 
welche von ihnen aufgeftellt worden: gleih hier tritt der Gedanke 
hervor, der hernach eine fo hohe welthiftorifche Bebeutung befommen 
bat, das Eoncilium fey allein eine Sache der Katholifen unter ſich. 

Uebrigens gibt er dem Kaifer von feinen Bemühungen für 
eine innere Reform Nachricht. — „Sara con efletto e non con 
parole.“ — 

24. 


Inztruttiione data da Paolo III al c! Montepulciano destinato 
“ all’ imperatore Carlo V sopra le cose della religione in 
Germania 1539. (Bibl. Corsini nr, 467.) 


Dei alle dem 108 aber am Tage, daß das Bebürfniß einer Vers 
fühnung zunaͤchſt in Deutichland bervortrat. Dann und wann brach 
es ſich auf beiden Seiten im Gegenfat mit dem Papfte Bahn. Auf 
dem Eonvent in Tranffurt machte der Taiferliche Gefandte Johann 
Weſſel, Erzbifchof von Lund, den Proteftanten fehr bedeutende Zuges 
fländniffe: — einen funfzehnmonatlichen Stillftand, während deſſen 
alles gerichtliche Verfahren des Kammergerichts eingeftellt feyn follte; 
er verſprach ihnen ein Religionsgefpräh ohne Theilnahme des Pap⸗ 
fiel. Natürlich war dieß Paul dem III. Höchlich verhaßt: der Cars 
dinal Montepulciano, fpäter Marcellus II, ward deshalb nach Deutſch⸗ 
land geſchickt, um ein fo unkatholiſches Abfommen rückgängig zu 
machen. 

ie Inſtruetion gibt nun vor allem bem Erzbifhof von Lund 
fchlechte perfönlihe Beweggründe feiner Nacgiebigfeit Schuld: Ger 
ſchenke, Verfprechungen, weitere Abfichten. „La communitä d’Au- 
gusta gli donò 2500 fiorini d’oro, poi gli fu fatta promissione 


19* 


292 Instr. al card. Montepuloiomo 1539. 


di 4000 f. singulis annis sopra il frutto del suo arcivescovato 
di Lunda occapato per quel re Luterano (von Dänemark). 
Bei dem Herzoge von Eleve, bei der Königin Maria von Ungarn 
wolle er gut ſehn. Denn vor allem wird diefe Schweſter des Kai⸗ 
ſers, damals Statthalterin in den Niederlanden, einer ſtarken Hins 
neigung zu ben Proteſtanten angellagt. Secretamente presta fa- 
vore alla parte di Luterani, animandogli ove puö, e con man- 
darli huomini a posta disfavoreggia la causa de’ cattolici. In 
Schmalfalden habe fie einen Abgeorbneten gehabt, und ben Chur« 
fürft von Trier ausdruͤcklich abgemahnt, in den Fatholtfchen Bund 
u treten. 
j Maria und ber Erzbifchof repräfentirten nemlich die antifranzoͤ⸗ 
fifche und antirdmifche Richtung der Volitif des Faiferlihen Hofes. 
Sie wünfchten Deutfchland unter dem Kaifer vereinigt zu fehen. Der 
Erzbifchof erflärte, das hange nur von einigen religisfen Zugeſtaͤnd⸗ 
niffen ab: „che se S. M!& volesse tolerare che i Luterani stassero 
nei loro errori, disponeva a modo e voler suo di tutta Ger- 
mania.‘ 
Der Papft entgegnet, ed gebe gang andere Mittel um mit 

. Deutichland je Ende zu fommen. Hören wir ihn an. 

Annichilandosi dunque del tutto per le dette cose la dieta 
di Francfordia, et essendo il consiglio di S. Mt Cesarea et al- 
tri principi christiani, che per la mala dispositione di questi 
tempi non si possa per hora celebrare il concilio generale non 
ostante N. S. giä tanto tempo lo habbia indetto et usato ogni 
opera e mezzo per congregarlo, pare a S. Bne che sarebbe bene 
che S. Mià pensasse alla celebratione di una dieta imperiale, 
per prohibire quelli ineonvenienti che potriano nascere massi- 
mamente di un concilio nationale, il quale facilmente si potria 
fare per cattolici e Luterani per la quiete di Germania quando 
i cattolici havendo visto infiniti disordini seguiti per causa di 
alcun ministro della Cesarea e Regia Mt& vedessero anche le 
Maestä loro esser tardi alli rimedj: ne defto concilio nationale 
sarebbe meno dannoso alla Cesarea e Regia Maestä, per le oc- 
culte cause, che sanno che alla sedia apostoliea non potriano 
non pure partorire scisma ma in tutta la chrisiianitä cosi nel 
temporale come nello spirituale.. Ma S. Stä.e di parere che si 
celebri tal dieta in evento che S. Mt si possa trovare presente 
in Germania o in qualche luogo vicino a la congregatione: altri- 
menii se S. Mt Cesarea distratta da altre sue occupationi non 
potesse trovarsi Cosi presto, € d’opinione che la dieta non s’in- 
dichi, ne che S. Mtä si riposi nel giudicio altrui, quantunque 
sufficienti e buoni che prosurassero e sollecitassero fare detta 
dieta in assenza di S. Mt4, per non iucorrere in quei disordini 
che sono seguiti nelle altre diete particolari ove non si € tro- 
vato 8. Mtä e tra questo mezzo con fama continuata da ogni 
banda di voler venire in Germania e fare la dieta e con honeste 
vie et esecutioni trattenere quei principi che la sollecitano e 
Paddimandano: mentre che S. Mt venendo da buon senno la in- 
dichi 'poi e celebri, et interea vedendo S. Mt quanto bene et 


Tustructio pro episcopo Mutinensi 1540. 293 - 


utile sia per portare la propagatione della lega cattolica, attenda 
per hora a questa cosa principalmente, e scriva al suo oratore 
in Germania e parendoli ancora mandi alcun’ altro che quanto 
piü si puö procurino con ogni diligenza e mezzo d’accrescere 
detta lega catiolica acquistando e guadagnando ogn’ uno, ancora 
che nel prineipio non fossero cosi sinceri nella vera religione, 
perche a peco a poco si potriano poi ridurre, e per adesso im- 
porta piü il togliere a loro che acquistare a noi: alla quale cosa 
gioveria molto quando S. Mti mandasse in Germania quella più 
quantitä di denari ch’ella potesse, perche divulgandosi tal fama 
confirmarebbe gli altri, che piü facilmente entrassero vedendo 
che li primi nervi della guerra non mancariano. E per mag- 
giore corroboralione di detta lega cattolica S. St& si risolverä 
di mandare una o piü persone a quei principi cattolici per ani- 
marli, similmente con promissioni di ajuto, di denari et altri ef- 
fetti, quando le cose s’incammineranno di sorte, per il beneficio 
della religione e conservatione della dignitä della sede aposto- 
lica e della Cesarea Mt4, che si veda da buon senno la spesa 
dover fare frutto: ne in questo si partir& dal ricordo di S. Mis: 
ne sarebbe male tra questo mezzo sotto titolo delle cose, Tur- 
chesche mandare qualche numero di gente Spagnuola et Italiana 
in quelle bande con trattenerli nelle terre del re de’ Romani suo 
fratello, aceioche bisognando l’ajuto fosse presto in ordine. 
Pallavicini Fannte diefe wie die vorige Snftruction (lib. IV, 
c. XIV). Wir fehen bei ihm, daß die in der leten enthaltenen No⸗ 
tizen über Deutfchland befonders aus den Briefen Aleanders flammten, 
der fich in diefen Händeln einen fo zweideutigen Namen gemadıt hat. 


25. 


Instructiones pro revmo domno episcopo Mutinensi apostolico nun- 
tio interfuturo conventui Germanorum Spirae 12 Maji 
1540 celebrando, (Barb. 3007.) 


Dennoch fam es zu den Religionsgefprähen. Wir fehen bier 
in weldyem Lichte man fie in Rom betrachtete. 

Neque mirum videatur alicui si neque legatis neque nuntiis 
plenaria facultas et auctoritas decidendi aut concordandi in causa 
fidei detur, quia maxime absurdum esset et ab omni ratione dis- 
sentaneum, quin imo difficile et quam maxime periculosum, 8a- 
cros ritus et sanctiones per tot annorum censuras ab universali 
ecclesia ita receptas ut si quid in his innovandum esset id non- 
nisi universalis concilii decretis vel saltem summi pontificis ec- 
clesiae moderatoris mature et bene discussa deliberatione fieri 
debeat, paucorum etiam non competentium judicio et tam brevi 
ac praecipili tempore et in loco non satis idoneo committi. — 

Debet tamen rev. dom. nuntius domi suae seorsim intelli- 
gere a catholieis doctoribus ea omnia quae inter ipsos et do- 
ctores Lutheranos tractabuntur, ut suum consilium prudentiamque 
interponere et ad bonum finem omnia dirigere possit, salva sem- 
per sanctissimi Domini Nostri et apostolicae sedis auctoritate 


294 Instructio dala card. Contareno 1541. 


et dignitate, ut saepe repetitum est, quia hine salus universalis. 
ecclesiae pendet, ut inquit D. Hieronymus. Debet idem parti- 
culariter quadam cum dexteritate et prudentia catholicos princi- 
pes, tam ecclesiastioos quam saeculares, in fide parentum et 
majorum suorum confirmare et ne qnid in ea temere et absque 
apostolicae sedis aucioritate, ad quam hujusmodi examen spe- 
ctat, innovari aut immutari patiantur, eos commonefacere. 


26. 


Instructio data revmo cardli Contareno in Germaniam legato 
28. Jan. 1541. 


Schon gedruct und oft Berührt. — Endlich laͤßt fich der römi- 
fhe Hof doch zu einiger Nachgiebigkeit herbei. 


Zwifchen 1541-und 1551 folgen in unferer Sammlung eine nicht 
unbedeutende Anzahl von Briefen, Berichten, Inftructionen, welche 
ganz Europa umfaffen, und nicht felten ein neues Licht auf die Be: 
gebenheiten werfen, bie hier jedoch nicht genau erörtert werden koͤn⸗ 
nen; wie ja auch das Buch, welches diefe Auszüge weiter erläutern 
follen, nicht zu einer ausführlichen Darftellung diefer Periode beſtimmt 
war. Ohne viel Scrupel bleibe ih nur bei dem Wichtigeren flehn. 


27. 


1551 die 20 Junii in senatu Matthaens Dandulus eques ex Roma 
orator. 


Der Zitel der Relation welche Matth. Dandolo — wie wir aus 
den Briefen des Cardinal Polo fehen (ed. Quir. IT, p. 90) der 
Schwager Gasp. Contarinis, — nah einem Aufenthalte von 26 
Monaten in Rom, abftattete. Er verfpricht kurz zu feyn: „alle re- 
lationi non convengono delle cose che sono state scritte se non 
quelle che sono necessarie di esser osservate.“ 

Er handelt zuerft von den letzten Tagen Pauls II; ih habe 
das MWichtigfte davon fchon angeführt; fodann vom Conclave: alle 
Gardindle werben genannt. Danbolo verfichert, daß er mit Mitglie: 
dern bes Collegiums von der Univerfität von Yabua berfomme. Man 
fieht wie gut er unterrichtet feyn mußte. ann theilt er eine Ta⸗ 
belle über die päpftlichen Finanzen mit: Il particolar conto, io Pho 
avuto da essa camera. 

La camera apostolica ha d’entratas l’anno: per la the- 
saureria della Marca 25000 sc., per la salara di detta provin- 
cia 10000, per la thesaureria della citt& d’Ancona 9000, — d’As- 
coli 2400, — di Fermo 1750, — di Camerino 17000, — di Ro- 
magna et salara 31331, — di Patrimonio 24000, — di Perugia 
et Umbria.35597, — di Campagna 1176, per Norsia 600, per 
la salara di Roma 19075, per la doana di Roma 92000, per la 
gabella de cavalli in Roma 1322, per le lumiere 21250, per l’anco- 
raggio di Civita vecchia 1000; per il sussidio triennale: dalla Marca 





Mutth. Danduli relat. 1551. 20 


66000, da Romagna 44334, da Bologna 15000, da Perugia et 

Umbria 43101, da Patrimonio 18018, da Campagna 21529; da 

censi di S. Pietro 24000, dalla congreg®° de frati 23135, da vige- 

sima de Hebrei 9855, da malefiej di Roma 2000. Summa 559473. 

Da dexime del stato ecelesinstico quando si pongono 

3000 sc., da dexime di Milano 40000, — del regno 

37000, dalia gabella della farina 30000, — della gabeila 

de contratti 8000. == 220(?,000. 

Ha il datario per li officii che vacane compositioni,et (6) 

admissioni 131000, da spoglie di Spagna 25000 = 147000 
Summa delle entrate tutte 7062473 

senza le 5 partite non {ratte fuora, che stanno a beneplacito di 

N. Signore. Ä 

ll. La camera ha Ji spesa l’anno: a diversi governatori, le- 
gati, roche 46071 scudi, alli officiali di Roma 145815, a diverse 
gratie 58192, in Roma al governatore Bargello, guardie came- 
rali et altri officii 66694, al capitano generale 39600, alle gallere 
24000, al populo Romano per il capitolie 8950, al maestro di 
casa, il vitto della casa 60000, a diversi extraordinarii in Ro- 
ma 35485, al signor Balduino cameriere 17000, al signor 
Gioan Battista 1750, alla cavalleria quando si teneva l’anno 
30000, al N. S. per suo spendere et per provisioni da a car- 
dinali e tutto il datariato 232000. Summa in tutto questo exito 
04695557 50. 

r fchließt mit Bemerkungen über die Perſon Julius IH. Papa 
Giulio, Sera Sigria, gravissimo e sapientissimo conso, & dal 
Monte Sansovino, picciel luogo in Toscana, come giä scrissi 
alle Ecc» Ve, II primo che diede nome e qualche riputatione 
alla casa sua fu suo avo, dottore e molto dotio in legge, e fu 
al servitio del duca Guido de Urbino, dal quale mandato in 
Roma per negotii del suo stato li acquistö gratia molta, sicche 
col molto studio che in detta facultä fece il suo nepote, acqui- 
stö tanto di gratia et riputatione che el fu il cardinal de Monte: 
de chi po fu nipote questo. Arrivato in corte per il primo grado 
camerier di papa Julio secondo, fu poi arcivescovo di Siponto, 
et in tal grado venne qui alle Ecere Ve a dimandargli Rr- 
venna et Cervia quandoche elle le hebbeno doppo il saooo di Ro- 
ma: et col multo suo valore nel quale el si dimoströ et nelle 
lettere di legge et nei consigli havuti molti et per l’auttoritä 
molta di suo zio che fu il cardinal de Monte, doppo morto kui, 
fu fatto cardinal questo. Et fatto papa si prese subito il nome 
di Julio, che fu il suo patron, con una perfetilon (presun- 
tion?) dı volerlo imitare. 

Ha Sua Stà 64 anni a 28 di Ottobre, di natura collerioa 
molto, ma ancho molto benigna, sicche per gran collera che 
P’abbi la ii passa inanzi che compisse di ragionarla, sicche a 
me pare di poter affirmare lui non portar odio nd ancho forse 
amore ad alcuno, ecoetto perö il cardinal di Monte, del quale 
dirò poi. A Sua Santitä non volsero mai dar il voto li cardinali 





296 . Vita di Marcello II. 


me di Marsa (f) ne di Trento, et furono li subito et meglio pre- 
miati da lei cbe alcun’ altro di quei che la favorirono. Il piü 
favorito servitore di molti anni suo era lo arcivescovo di Bi- 
ponto, che lei essendo cardinale gli diede l’arcivescovato e da 
lui fu sempre ben servita, sicche si credea che subito la lo fa- 
rebbe cardinale, ma lui si € rimasto in minorikus quasi che non 
era quandoche lei era cardinale, che poi fatto papa o poco © 
nulla si e voluta valer di lui, sicche el poverino se ne resta 
quasi come disperato. — — Ynfre Handſchrift ift leider zu feh- 
lerhaft, als daß wir, zumal da die Nachrichten doch oft ind Unbe⸗ 
deutende fallen, fie weiter copiren follten. 


28. ‘ 
Vita di Marcello II scritta di propria mano del signor Alex. 
\ Cervini suo fratello. (Alb. nr. 157.) 


Es eriftirt ein recht brauchbares Werfchen über Papſt Marcel 
lus II von Peter Polidoro 174. Won den Quellen,”aus denen 
diefer Autor ſchoͤpfte, iſt gleich Die erſte welche er angibt-unfere Le⸗ 
bensheichreibung von ler. Cervini. Ungluͤcklicher Weife aber war 
diefelbe fchon 1598 bei einem Brande im Haufe der Zamilie zu 
Montepulciano zum größten Theile verunglüft. Wir haben nur 
ein Fragment übrig. Ich hebe folgende Stelle aus, die fih auf den 
Verſuch der Kalenderverbefferung bezieht, der unter Leo X. gemacht 
wurde, und die fich bei Polidoro nicht findet. 

Havendolo adunque il padre assuefatto in questi cosſtumi et 
esercitatolo nella grammatica, reitorica, aritmelica, e geometria, 
accadde che anche fu esercitato nell’ astrologia naturale pi ancora 
che non haverebbe fatto ordinatamente, e la causa fu questa: 
la Sta di N. Sigre in quel tempo, Leone X, per publico editto 
fece intendere che chi aveva regola o modo di correggere l’anno 
trascorso fino ad all’ hora per undici giorni, lo facesse noto a S. 
Stà: ondeMr Riccardo giä detto (Water des Papſtes), siccome assai 
esercitato in questa professione, volse obbedire al pontefice, e perö 
con longa e diligente osservatione e con suoi stromenti trovò il 
vero corso del sole, siccome apparisce nelli suoi opusculi man- 
dati al papa Leone, con il quale e con quella gleriosissima 

.casa de Medici teneva gran servitü e specialmente con il magni- 
fico Giuliano, dal quale aveva ricevuti favori et offerte grandi. 
Ma perche la morte lo prevenne, quel Signore non segui più 
oltre il disegno ordinato che Mr Riccardo seguitasse, servendo 
la persona Sua Ecc** in Francia e per tutto deve essa andasse, 
come erano convenuti. Ne la santitä di N. Signore potette ese- 
guire la publicatione della correttione dell’ anno per varii impe- 
‚dimenti e finalmente per la morte propria, che ne segui non 
molto tempo doppo. | ’ 
Ä Man fieht doch wie der Geift der Staliener in den Zeiten Leos 
X. auch in diefem Fache arbeitete, daß jener Biſchof von Foffoms 
brone, der im Lateranconcilium von 1513 zu dem Werfe der Ka: 
Ienderverbefferung ermahnte, nicht der einzige war der daran dachte. 





Ant. Caracciolo vita di Paolo IV. 297 


29. 
Antonio Caracciolo Vita di Papa Paolo IV. (2 Voll. fol.) 


Ant. Garacciolo, Theatiner, Neapolitaner, ein Sammler fein 
Lebenlang, Fonnte nicht verfäumen feinen Fleiß auch dem berühmte 
Ren neapolitanifchen Papfle, dem Grünber ver Theatiner, Paul IV. 
{u widmen. Wir find ihm dafür allen Danf ſchuldig. Eine große 

enge Notizen die uns ohne ihn verloren feyn würden, hat er 
zufammengebradht. Sein Buch ift die Grundlage des ausführlichen 
Werkes von Earlo Bromato: Storia di Paolo IV Pontetlice Mas- 
simo, Rom. 1748, das in zwei dicken und enggedructen Quartbaͤn⸗ 
den eine überaus reihe Sammlung von Materialien darbietet. 

Wie es indeß bei ber Strenge der Genfur, welche in der ka⸗ 
tbolifchen Kirche gehandhabt ward, nicht anders feyn fonnte, Bros 
mato durfte keineswegs alles aufnehmen was feine Duelle ihm 

arbot. 

Ich habe öfter einer ausführlichen Information 3. P. Earafs 
fa8 an Clemens VII. über den Zuftand der Kirche gedacht, die im 
Sabre 1532 verfaßt ward. DBromato macht I, p. 205 einen lan⸗ 
gen Auszug daraus. Vieles aber läßt er auch weg, welches nun 
freilich eben das Bezeichnendſte ift; 3. B. über die Verbreitung lu⸗ 
therifher Meinungen in- Benedig. 

Si supplica S. Stä che per l’honore di dio e suo, non es- 
sendo questa cittä la piü miuima ne la più vil cosa della chri- 
stianitä et essendovi nella citt& e nel dominio di molte e molte 
migliara d’anime commesse a S. St4, sia contenta da persona 
fedele ascoltare qualche cosa del loro bisogno, il quale, ancor- 
che sia grande, pure se ne dir& per hora qualche parte. E 
perche, come l’apostolo dice, sine fide impossibile est placere 
deo, comminciarete da quesia, et avisarete S. Stà come si sente 
degli errori e dell’ heresie nella vita e nei costumi di alcuni, 
come € in non fare la quaresima e non confessarsi etc., © 
nella dottrina di alcuni, che publicamente ne parlano e tengono 
e communicano ancora con gli altri de?’ libri prohibiti senza ri- 
spetto. Ma sopra tutto direte che questa peste, tanto dell’ here- 
sia Luterana quanto d’ogni altro errore contra fidem et bonos 
mores, da due sorti di persone potissimamente si va dissemi- 
nando et aumentando, cioe dagli apostati e da alcuni frati mas- 
sime conventuali, e S. Stä deve sapere di quella maledetta ni- 
data di quelli frati minori conventuali, la quale per sua bontä 
fermando alcuni suoi servi ha incominciato a mettere in iscom- 
piglio: perche essendo loro stati discepoli d’un frate heretico giä 
morto, han voluto far onore al maestro. — — E per dire quello 
che in cio mi oecorse, pare che in tanta necessitä non si debba 
andare appresso la stampa usata: ma siccome nell’ ingruente 
furore della guerra si fanno ogni di nuove provvisioni Oppor- 
tune, cosi nella maggior guerra spirituale non si deve stare a 
dormire. E perche 8. St sa che l’officio dell’ inquisitione in 
questa provincia sta nelle mani de’ sopradetti frati minori con- 








298 Bern. Navagero Relatione 1558. 


ventuali, li quali a caso s’abbattono a fare qualche inquisitione 
idonea, come & stato quel maestro Martino da Treviso, della 
cui diligenza e fede so che il sopradetto di buona memoria ve- 
scovo di Pola informd S. St4, et essendo hora lui mutato da 
quello in altro officio, & successo nell’ inquisitione non so chi, 
per quanto intendo, molto inetto: e perö bisogneria che 8. St“ 
provvedesse parte con eccitar gli ordinarj, che per tutto quasi si 
dorme, e parte con deputare alcune persone d’autoritä, mandare 
in questa terra qualche legato, se possibile fosse, non ambi- 
tioso nè cupido, e che attendesse a risarcire l’honore e cre- 
dito della sede apostolica e punire o almeno fugare li ribaldi 
heretici da mezzo de’ poveri christiani: perche dovunque ande- 
ranno, perteranno seco il testimonio della propria nequitia e 
della bontä de’ fedeli cattolici, che non li vogliono in lor com- 
pasnia. E perche la peste dell’ heresia si suole introdurre e per 
e prediche e libri hereticali e per la lunga habitatione nella 
mala e dissoluta vita, della quale facilmente si viene all’ here- 
sia, par che S. St4 potria fare in cio una santa, honesta et utile 
provrisione. 

So enthält nun das Werk Earacciolos noch gar manche andere 
mehr oder minder wichtige Nachrichten: die übrigens unbekannt ge- 
blieben find und die ſich eine ausführlichere Arbeit nicht dürfte entgehn 
laffen. Bon einer andern feiner Schriften Collectanea historica de 
Paulo IV unterſcheidet ſich die italienifche Lebensbeichreibung durch: 
aus: fie it ein ganz anderes und bei weiten brauchbareres Werk. 
Jedoch findet ſich auch in den Ebllectaneen einiged was in der Vita 
eben fo wiederfehrt, 3. B. die Schilderung der Meränderungen, 

welche Paul IV. vornahm, nachdem er feine Nepoten entfernt hatte. 


30. 


Relatione di M. Bernardo Navagero alla Sma Repea di Venetia 
tornando di Roma ambasciatore appresso del pontefice 
Paolo IV. 1558. 


Eine von den venezianifhen Relationen, welche allgemeine Ver⸗ 
breitung fanden. Schon Pallavicini hat fich ihrer bedient, er ift fo: 
gar deshalb angegriffen worden; auch Rainaldus (Annales eccles. 
1557, nr. 10) gedenft ihrer, um ber Spätern zu gefchmeigen. 

Ohne Zweifel verdient fie diefe Ehre in hohem Grade. Bern. 
Navagero genoß in Venedig das Anſehen eined Gelehrten. Wie 
wir aus Foscarini (della lett. Ven. p. 255) feben, war er im 
Vorſchlag zum Hioriographen der Republik; auf feinen frühern Ge⸗ 
fandtfchaften, bei Earl V, Heinrih VIII, Soliman, hatte er fich zu: 
gleich in Behandlung fchmwieriger Gefchäfte und Beobachtung ausges 
jeichneter Naturen geübt. Unmittelbar nad) bem Eintritte Pauls IV. 
am er nach Nom. 

Drei Gefchäfte eines Gefandten unterfcheidet Navagero: Verftehn, 
wozu Einficht, Unterhandeln, wozu Geſchicklichkeit, Referiren, wozu 
Urtheil gehöre um dad Nothwendige und Nüsliche zu fagen. 

Er geht vonder Wahl und der Macht eines fie aus. Er 








Aluise Mocenigo Relatione 1589. 299 


meint, wenn bie Päpfte ſich angelegen feyn ließen, Chriſtum nach⸗ 
nahmen, fo würben fie bei weiten mehr zu füräten feyn. Dann 
—** er „le conditioni*“, wie er ſagt, „di papa Paolo IV, e 
di chi lo consiglia“, d. i. vor allem feine drei Nepoten; — ich 
habe mir feine Schilderung zu Nutze gemadt: in dem alfgemeis 
nen Urtheil aber fann man doc mit dem Autor nicht übereins 
fimmen. Er meint, auch Paul IV. wolle nur fein Haus groß mas 
hen. Hätte ex. fpäter gefchrieben, nad) der Vertreibung der Nepo⸗ 
ten, fo würde er ein ſolches Urtheil nicht gefällt haben. Eben dieſer 
Moment ift der große Wendepunft ber päpftlichen Politik von welt: 
lichen zu geiſtlichen Abſichten. — Bon den Perfonen wendet ſich 
Navagero zu einer Beichreibung bed Krieges zwiſchen Paul IV. und 
Philipp IL; eben fo glüdlih geworfen und voll geilreicher Beobadys 
tung. — Es folgt eine Betrachtung über die auswärtigen Verhältniffe, 
und über das wahrfcheinlichfte Ergebniß einer fünftigen Wahl. Nur 
mit großer Borficht geht Navagero daran, hievon zureden: „piü,‘ 
fagt er „per sodisfare alle SS. VV. EE. che a me in quella parte.“ 
Doch bat er ed nicht uͤbel getroffen. Inter den Beiden, in denen 
er die meifte Wahrfcheinlichfeit der Nachfolge bemerkt, nennt er wirk⸗ 
lih den, der dazu gelangt ift, Medighis, obwohl er freilich den 
Andern, Puteo, doch noch wahrfcheinlicher findet. 
Jetzt aber, fagt er, bin ich wieder bier, ich fehe wieder das An⸗ 
eficht meines Fürften, der erlauchten Republif, zu deren Dienft nichts 
5 groß feyn wird daß ich es nicht wagen, nichts fo gering daß ich 
es nicht über mich nehmen follte. — Der Ausdruck der Ergebenheit 
erhöht noch die Farbe der Darftellung. Ä 


- 31. 


Relatione del Clmo M. Aluise Mocenigo Cavre ritornato della corte 
di Roma 1560. (Arch. Ven.) 


Siebzehn Monat ftand Mocenigo noch bei Yaul IV, 4 Mo: 
nat 8 Zage dauerte das Conclave, fieben Monat verfah er dann 
die Gefandtichaft bei Pius IV. 

Er fchildert zuerſt die firchliche und weltliche Verwaltung, bie 
Juſtiz und den Hof unter Yaul IV. Er macht hiebei eine Bemer⸗ 
fung, deren ich mich nicht zu bedienen gewagt habe: obwohl fie eine 
weite Ausficht darbietet: I cardinali, fagt er, dividono fra loro le 
città delle legationi (mel conclave): poi continuano in questo 
modo a beneplacito delli pontefici. Iſt dieß etwa ber Urſprung 
Pr des Staates durdy Geiſtliche, die fi) allmählig 
ei e 

Auch die Alterthümer vergißt er nicht, an denen Nom, wie die 
DBeichreibungen von Boiffard und Gamucci bezeugen, bamals einen 
größern Reichthum als jemals befaß. In cadaun loco, habitato o 
non habitato, che si scava in Roma, si ritrovano vestigie e fa- 
briche nobili et antiche, et in molti luogbi si cavano di bellis- 
sime statue. Di statue marmoree, poste insieme, si potria fare 
un grandissimo esercito. 

Dann kommt er auf die Unruhen, die beim Tode Pauls IV. 


300 Michiel el. 1660. — Dispocci degli amb. 1560. 


ausbrachen, und bie fich auch nachbem fie. geſtillt zu ſeyn fchienen, 
noch in taufend Unordnungen wieberholten. Cessato c’ebbe il popolo, 
concorsero nella città Autti falliti e fuoruseiti, che non si sen- 
tiva altro che omicidii, si ritrovavano alcuni che con 8, 7 e fin 
6 scudi si pigliavano il carico d’amazzar un’uomo, a tanto che 
ne furono in pochi giorni commesse molte centenara, alcuni per 
nimicizia, altri per lite, molti per ereditar la sua roba et altri 
per diverse cause, di modo che Roma pareva, come si suol dire, 
il bosco di Baccaro. 

Das Eonclave war fehr vergnügt, alle Tage Banfette: Bargas 
war ganze Nächte da; wenigitend alli busi del conclave; — der 
aber der ben Papſt machte, war der Herzog Cofimo von Florenz. 
ll duca di Firenze l'a fatto papa: lui l’a fatto poner nei nomi- 
nati del re Filippo e poi con diversi mezzi raccommandar anco 
dalla regina di Franza, e finalmente guadagnatogli con grand’ 
industria e diligenza la parte Carafesca. Wie fo ganz zerfallen 
jene Intriguen, welche die Gefchichten ber Eonclaven melden, in ihr 
Nichts zufammen Die Berfaffer diefer Gefchichten, gewöhnlich felbft 
Conclaviiten, ſahen nur die wechlelfeitigen Berührungen der Perföns 
lichfeiten die fie fannten, alle Einwirfungen von außen blieben ih- 
nen verborgen. 

Die Relation fchliegt mit einer Schilderung Pius IV, fo weit 
ſich deſſen Eigenthümlichfeit damals bereits entwidelt hatte. 


32. 


Relatione del Cluo M. Marchio Michiel Kr e Proc. ritornato . 
da Pio IV sommo pontefice, fatta a 8 di Zugno 1560. 


Relation einer Glükfwünfhungsgefandtihaft, die nur 39 Tage 
von Venedig abwelend gewefen; fte hatte 13000 Duc. gefoftet. Als 
Relation fehr ſchwach. Michiel ermahnt znr Nachgiebigfeit gegen 
Rom. Non si tagli la giurisdition del papa, e li sigri avoga- 
dori per non turbare l’animo di S. St& abbino tutti quelli rispetti 
che si conviene, i quali ho visto che molto volte non si hanno. 


33. 


Dispacci degli ambasciatori Veneti 18Maggio — 21 Sett. 1560. 
Inform. Politt. Tom. VII. 272 Bl. Ragguagli dell’ am- 
basciatore Veneto in Roma 1561. Inform. Politt. Tom. 
XXXVII. 71 31. 


Auch die Ragguagli find Depefhen vom San. und Febr. 1561; 
alle von Marc. Anton de Mula, der eine Zeitlang die Stelle eines 
Gefandten verfah. — (©. Andreae Mauroceni Hist. Venet. lib. 
VI, tom. II, 153.) ie find fehr unterrichtend, — intereffant 
für die Zeitumflände und die Natur Papſt Pius; — befonders tre⸗ 
ten die leßten Schickſale der Carafeschen hervor, und es ergibt fich, 
dag Philipp II. jet diefe feine alten Feinde zn retten wünfchte. Man 
machte ihm am Hofe fogar ein Werbrechen daraus. Wargas ents 
gegnete, Philipp II. habe fie nun einmal begnadigt: „„quel gran re, 


Processus card. Caraffae 1560. 301 


quel santo, quel cattolico non facendo eome voi altri.“ Der 
Papft dagegen machte ihnen die heftigften Vorwürfe: „havere mosse 
Varme de Christiani, de Turchi e degl’ eretici, — — e chele 
lettere che venivano da Francia e dagli agenti in Italia, tutte 
erano contrafatte‘‘ etc. Der Papft meint, er wolle 100000 Sc. 
darum geben, daß fie unfchuldig wären. Aber Gräuel wie fie bes 
gangen, dürfe man in der Chriſtenheit nicht dulden. 

Jedoch ich ſtehe ab, Briefe zu ercerpiren. Es iſt genug ihren 
Snhalt angedeutet zu haben. 


34. 


Extractus processus cardinalis Caraffae. Inff. tom. II. f. 465 
bis 516, mit dem Zuſatz: Haec copia processus formati 
contra cardinalem Caraffam reducta in summam cum im- 
putationibus fisci eorumque reprobationibus perfecta fuit 
d. XX Nov. 1560. | 


Aus dem neunten Punkt der Vertheidigung s. v. haeresis erſehen 
wir, daß Albrecht von Brandenburg einen gewillen Oberſt Friedrich 
nah Rom ſchickte, um mit Papſt Paul IV. einen Bertrag abzus 
fließen, der Dberft hatte Audienz bei dem Popſt felbft; aber der 
Cardinal von Augsburg (Dtto von Truchſeß) machte fo viel Ein- 
wendungen gegen denfelben, daß er zuletzt aus Kom entfernt ward. 
Hieran fchließt fi: El suceesso de la muerte de los Garrafas 
con la deelaracion y.el modo que murieron y el di y hora 1561. 
Inform. 1. ' 


35. 
Relatione di Girolamo Soranzo del 1563. Roma. (Arch. Ven.) 


Die Jahrzahl 1561, die das Eremplar des Archivs trägt, if 
ohne Zweifel unrichtig. Nach dem authentiſchen Verzeichniß der Ges 
fandtichaften ward Gir. Soranzo zwar ſchon 1560 22. Sept. gewählt, 
weil Mula eine Stelle von Papſt Pius IV. angenommen hatte, 
und dadurch bei der Nepublif in Ungnade gefallen war; aber man 
verzieh ihm das doch wieder, und erit nachdem Mula gar zum Car⸗ 
dinal ernannt worden, im Jahre 1562, loͤſte Soranzo ihn ab. Go 
bezieht er ſich dann audy oft auf das Concilium, das ja 1561 noch 
gar nicht faß. 

Bir. Sorango bemerfte, daß die Relationen dem Senate fowohl 
nuͤtzlich als angenehm feyen (e volontieri udite e maturamente 
considerate); — er hat .die feine mit Fleiß und Liebe abgefaßt. Es 
in wohl der Mühe werth daß wir feine Schilderug Pius IV. ans 

ren. 

Delle qualitä dell’ animo di Sua Beatitudine dird sincera- 
mente alcune particulari proprietä, che nel tempo della mia le- 
gatione ho potuto osservare in lei et intender da persone che 
ne banno parlato senza passione. Il papa, come ho detto di 
sopra, ha studiato in leggi: con la cognitione delle quali e con 
la pratica di tanti anni nelli governi prineipali, che ha havuto, 


302 Girolamo Boranzo 


ha fatto un gindicio mirabile nelle cause cosi di giustitia come 
di gratia che si propongono in segnatura, in modo che non 8’a- 
pre la bocca che sa quello si puö concedere e quello si deve 
negare, la quale parte € non pur utile ma necessaria in un pon- 
tefice per le molte ei importanti materie che occorre trattar di 
tempo in tempo. Possiede molto bene la lingua latina e s’ha 
sempre dilettato di conoscer le sue bellezze, in modo che, per 
‘ quanto mi ba deito V’illustrissimo Navagiero, che ne ha cosi bel 
giudicio, nei concistorj, dove & P’uso di parlar latino, dice quello 
che vuole e facilmente e propriamente. Non ha studiato in theo- 
logia, onde avviene che non vuole mai propria- autorit& pi- 
gliar in se alcuna delle cause commesse all’ uffieio dell’ inqui- 
sitione: ma usa di dire che non essendo theologo si contenta 
rimetiersi in tutte le cose a chi si ha il carico: e se bene si 
conosce non esser di sua satisfatione il modo che tengono gl’in- 
quisitori di procedere per l’ordinario con tanto rigore contra gl’in- 
quisiti, e che si lascia intendere che più gli piaceria che usas- 
sero termini da cortese gentilhuomo che da frate severo, nondi- 
meno non ardisce o non vuole mai opponersi ai giudicii loro, 
nei quali interviene poche volte, facendosi per il pi congrega- 
tioni senza la presenza sua. Nelle materie e deliberationi di 
stato non vuole consiglio d’alcuno, in tanto che si dice non es- 
ser siato pontefice piü travagliaio e manco consigliato di S. 
St, non senza meraviglia di tutta la corte che almeno nelle 
cose di maggior importantia ella non voglia avere il parere di 
qualche cardinale, che pur ve ne sono molti di buon consiglio: 
e so che un giorno Vargas lo persuase a farlo, con dirle che 
se bene S. St& era prudentissima, che perö unus vir erat nullus 
vir, ma ella se lo levö d’inanzi con male parole: et in effetio 
si vede che, o sia che ella stima esser atta di poter resolver 
da se tutie le materie che oecorrono, o che pur conosca esser 
pochi o forse niuno cardinale che non sia interessato con qualche 
principe, onde il giudicio non può esser libero e sincero, si vede, 
dico, che non si vuole servire d’altri che dal card! Borromeo 
e dal sigre Tolomeo, i quali essendo giovani di niuna 0 poca 
sperienza et esseguenti ad ogni minimo cenno di S. St, si pos- 
sono chiamar piutosto semplici esecutori che consiglieri. Da 
questo mancamento di consiglio ne nasce che la Beate Sua, di 
natura molto presta per tutte le sue atlioni, si risolve anco molto 
presto in tutte le materie, per importahti che le sieno, e presto 
si rimuove da quello che ha deliberato: perche quando sono pub- 
blicate le sue deliberationi e che li venga poi dato qualche ad- 
vertimento in contrario, non solo le altera, ma fa spesso tutto 
l’opposito al suo primo disegno, il che a mio tempo € arvenuto 
non una ma molte volte. Con i principi tiene modo immediate 
contrario al suo precessore: perche quello usava di dire il grado 
del pontefice esser per metter sotto i piedi gl’imperatori et i re, 
e questo dice che senza l’autoritä de’ principi non si può con- 
servare quella del pontefice: e pereio procede con gran rispetto 
verso di cadauno principe e fa loro volentieri delle gratie, e 











Relatione 1563. 303 


quando le niega, lo fa con gran desirezza e modestia. Procede 
medesimamente con gran dolcezza e facilitä nel irovar i negotü 
indifferentemente con tutti: ma se alcuna volta segli domanda 
cosa che,non sente, se mostra vehemente molto e terribile, ne 
patisce che segli contradica: ne quasi mai € necessaria con 8. 
Stä ja destrezza, perche quando si & addolcita, difficilmenie niega 
alcuna gratia: à vero che nell’ essecutione poi si trova per il 
pi maggior difficult& che nella promessa. Porta gran rispetto 
verso i revmi cardli, e fa loro volentieri delle gratie, ne de- 
roga mai ai soi indulte nelle collationi de? beneficii, quello che 
non faceva il suo precessore. E' vero che da quelli di maggior 
autoritä par che sia desiderato che da lei fusse dato loro mag- 
gior parte delle cose che occorrono a tempo di tanti travagli di 
quelle che usa di fare la S. St4: onde si dogliono di vedere de- 
liberationi di tanta importantia passar con cosi ‚eco consiglio, 
e chiamano felicissima in questa parte la Serenita Vostra. Alli 
ambasciatori usa S. Beat" quelle maggior dimostrationi d’amore 
et honore che si possi desiderare, ne lascia adietro alcuna cosa 
per tener li ben satisfatti e contenli: tratta dolcemenie i negotü 
con loro, e se alcuna volta #’altera per causa di qualche dimanda 
ch’ella non senta o alira occasione, chi sa usare la destrezza, 
acquieta subito, e fa in modo che se non ottiene in tutto quanto 
desidera, ha almeno in risposta parole molto cortesi; dove quando 
segli vuol opponere, si puö esser certo di non aver ne l’uno 
ne P’altro: e perö Vargas non & mai siato in gratia di S. St, 
perche non ha proceduto con quella modestia ch’era desiderata 
da lei. Finito. che ha di traitar li negotli con li ambasciatori, 
fa loro parte cortesemente, parla delli avvisi che ha di qualche 
importantia, e poi entra volentieri a discorrere de lo presente 
stato del mondo: e con me !’ha fatto in particulare molto spesso, 
come si puö ricordar V. Stà che alcune volte ho empito i fogli 
dei suoi ragionamenti. Con i suoi famigliari procede in modo 
che non si puö conoscere che alcuno ha autoritä con lei, per- 
ehe li tratta tutti egualmente, non li dando libertä di far cosa 
aleuma che non sia eonveniente, ne permettendo che se la pi- 
glino da loro medesimi, ma li tiene tutti in cosi hassa e povera 
fortuına che dalla corte saria desideraio di veder verso quelli 
più intimi eamerieri et altri servitori antichi dimostratione di 
maggior stima et amore. Fa gran professione d’esser giudice 
giusto, e volentieri ragiona di questo suo desiderio che sia 
fatto giustitia, e parlicolarmente con gli ambasciatori de’ prin- 
epi, con li quali entra poi alle volte con tal occasione a giu- 
stificarsi ‚della morte di Caraffa e delle sententie di Napoli e 
Monte come fatte giustamente, essendoli forse venuto alle orec- 
chie esser stato giudicato della corte tutta ch’esse sententie e 
particularmente quella di Caraffa siano state fatte con severitä 
pur troppo grande et extraordinaria. 1’ naturalmente il papa 
inclinato alla vita privata e libera, perche si vede che difficil- 
mente si puö accomodare a procedere con quella maestä che 
usava il precessore, ma in tutte le sue attioni mostra piutosto 


304 Girol. Soranzso Relat. 1563. 


dolcezza che gravitä, laseiandosi vedere da futli a tutte l'hore 
et andando a cavallo et a piedi per tutta la cittä con pochissima 
compägnia. Ha una inclinatione grandissima al fabbricare, et 
in questo spende volentieri e largamente, sentendo gran piacere 
quando si lauda le opere che va facendo: e par che habbi fine 
lasciar anco per questa via memoria di se, non vi essendo hor- 
mai luogo in Roma che non habbi il nome suo, et usa di dire 
il fabbricare esser particularmente inclinatione di casa de Me- 
diei, nò osserva.9. Beatre quello che # stato fatto dalli altri 
suoi precessori, che hanno per il piü incominciate edificii grandi 
e magnifici lasciandoli poi imperfetti, ma ella ha piutosto a 
piacere di far acconciar quelli che minacciano rovina e fihir gl’in- 
cominciati, con farne anco de’ nuovi, facendo fabbricar in molti 
luogbi dello stato ecclesiastico: perche fortifica Civita vecchia, 
aceoncia il porto d’Ancona, vuol ridur. in fortezza Bologna: in 
Roma poi, oltra la fortifieatione del borgo e la fabbrica di Bel- 
vedere e dei palazzo, in molte parti della cittä fa acconciar strade, 
fabbricar chiese e rinovar le porte con spesa cosi grande che 
al tempo mio per molti mesi nelle fabbriche di Roma solamente 
passava 12 m. scudi il mese e forse piü di quelle che si con- 
viene a principe, in tanto che viene affermaio da piü antichi 
cortigiani non esser mai le cose passate con tanta misura e Cosi 
strettamente come fanno al presente. E perche credo non hab- 
bia ad esser discaro l’intendere qualche particulare che tiene S. 
Beatne nel vivere, però satisfarö anche 8 quesia parte. Usa il 
pontefice per ordinario levarsi, quando ô sano, tante di buon’ 
bora cosi Pinverno come l’estate ch’d sempre quasi inanzi giorno 
in piedi, e subito vestito esce a far esereitio, nel quale spende 
gran tempo: poi ritornato, entrano nella sua camera il rev=° Bor- 
romeo e mons® Tolomeo, con i quali tratta, come ho detto, 8. 
Sta tutte le cose importanti cosi pubbliche come private, e li tiene 
per Vordinario seco doi o tre hore: e quando li ha licentiati, 
sono introdutti a lei quei ambasciatori ebe stanno aspettando 
Paudientia: e finito che ha di ragionar con loro, ode 8. Stä la 
messa, e quando l’hora non € tarda, esce fuori a dare audien- 
tia ai cardinali et ad altri; e poi si mette a tavola, la qual, per 
dir il vero, non € molto splendida, com’ era quella del preces- 
sore, perche le vivande sono ordinarie e nen in gran quantitä 
et il servitio € de’ soliti soi camerieri. Si nutrisce di cibi grossi 
e di pasta alla Lombarda bene piü di quello che mangia, et il 
vino & greco di somma molto potente, nel quale non si vuole 
acqua. Non ha piacere che al suo mangiare si trovino, secondo 
P’uso del precessore, vescovi et altri prelati di rispetto, ma piu- 
tosto ha caro udir qualche ragionamento di persone piacevoli e 
che habbino qualche umore. Ammette alla sua tavola molte volte 
di cardinali e degli ambasciatori, et a me in particulare ha fatto 
di questi favori con dimostrationi molto amorevoli. Dapoi che 
ba finito di mangiare, si ritira nella sua camera, e spogliato 
in’camicia entra in letto, dove vi sta per l’ordinario tre o quat- 
tro hore: e svegliato si ritorna & vestire, e dice l’ufficio et al- 

cune 


Instr. del re cattal. al m" d’Alcantara 1562. 305 


cune volte da audientia a qualche cardinale et ambasciatore, e 
poi se ne ritorna al suo esercitio in Belvedere, il quale non in- 
termette mai l’estate fin l’hora di cena e l’inverno fin che si 
vede lume. 
Auch gar mandye andere für die Geſchichte jener Zeit merkwuͤr⸗ 
bige Notiz bringt Soranzo bei. 3. 3. erläutert er den uͤbrigens 
faum erflärlichen Uebertritt des Königs von Navarra zu den. Kathos 
Iifen recht gut. Man hatte biefem Fürften in Rom verfichert, follte 
ja Philipp II. ihn für den verlornen Theil von Navarra nicht mit 
Sardinien entichädigen, fo werde ihm ber Papſt doch auf jeden Fall 
Avignon geben. Nicht Theologen, fagt der Gefandte, habe man ges 
braucht, um ihn umzuflimmen: die Unterhandlung habe genügt. 


36. 


Instruttione del re cattolico al Cr Mr d’Alcantara sun am- 
basciatore di quello ha da trattar in Roma, Madr. 30 Nov. 
1562. (MS Rom.) 


Zugleih mit den Antworten des Papſtes. Bei Pallavicini 
; 10 genügend ercerpirt, bis auf folgende Stelle, die bei ihm 
eber mißverflanden it. Circa l’articolo della communione sub 
ufraque specie non restaremo di dire con la sicurtä che sa- 
pemo di potere usare con la Mt& Sua, che ci parono cose molto 
contrarie il dimandar tanta libertä e licenza nel concilio et il 
volere in un medesimo tempo che noi impediamo detto concilio 
e che prohibiamo all’ imperatore, al re di Francia, al duca di 
Baviera et ad altri principi che non possano far proponere et 
uesto et molti altri articoli che ricercano attento, che essi sono 
eliberati et risoluti di farli proponere da suoi ambasciatori.e. 
prelati, etiam che fosse contrg la volontä dei- legati. Sopra il 
che S. Mi dovrä fare quella consideratione che: le parerä con- 
veniente. Quanto a quello che speita a noi, bavemo differila 
la cosa fin qui, e cercaremo di differirla piü che potremo, non 
ostante le grandi istanze che circa cio ne sono state fatte: e 
tuttavia se ne fanno dalli sudetti principi, protestandoci che se 
non se gli concede, perderanng. tutti li loro sudditi, quali dicono 
peccar solo in questo articulo e nel resto esser buoni cattolici, 
e di piü dicono che non essendogli concesso, li piglieranno da 
se, e si congiungeranno con li settarii vicini e protestanti; da 
quali quando ricorrono per questo uso del calice, sono astretti 
ad abjurare la nostra religione: sicche S. Mt puö considerare 
in quanta molestia e travaglio siamo. Piacesse a dio che $. 
Mt4 cattolica fosse vicina e potessimo parlare insieme ed anche 
abboccarsi con l’imperatore — havendo per ogni modo S. Mt 
Cesarea da incontrarsi da noi, — che forse potriamo acconciare. 
le cose.del mondo, 0 nessuno le acconcierä mai se non dio solo, 
quando parerä 3 Sua Divina Maest2. J 


Papſte ** 20 


306 Instr. a Fiiseonti 1563. — Commendone Rel. 1563. 


37. 


Iustruttione data al sr Carlo Visconti mandato da papa Pio IV 
al re cattolico per le cose del concilio di Trento. Unter: 
zeichnet: Carolus Borromaeus ultimo Oct. 1563. 


In der Sammlung der Briefe des Nuntius, die nur bis in den 
September 1563 gehn, nicht enthalten, und dadurch merfwürdig, 
daß fie die Motive das Goneilum zu fchließen erörtert. Wal: 
lavieini hat XXIV, 1, 1 diefe Inſtruction großentheils aufge 
nommen, obwohl in andrer Ordnung, als fie geichrieben war. Das 
Merkwuͤrdigſte möchte noch feyn, daß man die Abficht hatte, die 
Sache von England auf dem Concilium vorzunehmen, und nur aus 
Nücfiht auf Philipp IL. davon abftand. Non abbiamo voluto par- 
lare sin ora nc lasciar parlare in concilio della regina d’Ingbil- 
terra (Maria Stuart), con tutto che lo meriti, ne meno di 
quest’ altra (Elifabeth), e cio per rispetto di S. Mi Cattolica. — 

a ancora a questa bisognerebbe un di pigliare qualche verso, 
e la Mt S. dovrebbe almeno fare opera che li vescovi et altri 
tattolici non fossero molesiati. Man fiebt, daß Philipp dem II. 
eine gewiffe Verpflichtung auferlegt wird ſich der Katholiken in Eng- 
fand anzunehmen. 

38. 
Relatione in scriptis fatta dal Commendone ai sri legati del 
concilio sopra le cose ritratte dell’ imperatore 19 Febr. 
1563. 


La somma & che a me pare di aver veduto non pur in S. M& 
ma nelli principali ministri, come Trausen e Seldio, un ardentis- 
simo desiderio della riforma e del progresso del coneilio con una 
gran speranza quod rimettendo aliquid de jure positivo et re- 
formando mores et disciplinam ecclesiam non solo si possono 
conservare li cattolici ma guadagnare e ridurre degli heretici, 
con una opinione o impressione pur troppo forte che qui siano 
molti che non vogliano riforma. DBefonders die Wirkfamfeit der 


Jefuiten hatte Eindruck gemacht. Seldio disse, che li Gesuiti 


hanno hormai mostrato in Germania quello che si puö sperare 
oon effetto, perche solamente con la buona vita e con le pre- 
diche e con le scuole loro hanno ritenuto e vi sostengono tut- 
tavia la religione cattolica. 


39. 


Relatione sommaria del cardinal Morone sopra la legatione sua 
1564 Januario. (Bibl. Altieri VII, F. 3.) 


Mürde eigentlich wörtlich mitgetheilt werben mäffen. Ungluͤck⸗ 
licher Weife fand ich mich nicht in dem Fall eine Eopie zu nehmen. 
aa fo ‚muß ber Auszug genügen, ben ich in dem dritten Buch ein 
gefchaltet. 





Paolo Tiepolo Relatione 1568. 307 


40. 
Antonio Canossa: lieber ben Dorbuerfud auf Pius IV. Vol 
' ‚P- . 


41. 


Relatione di Roma al tempo di Pio IV e V di Paolo Tiepolo 


ambasciatore Veneto; zuerft in ber Handſchrift zu Got 
dann in vielen andern Sammlungen gefunden. — I568. ba 


Faſt in allen Copien iſt die Relation in das Jahr 1567 ges 
feßt; da jedoch Paul Ziepolo ausdruͤcklich ſagt, er habe 33 Monat 
bei Pius V. geftanden, und biefer im Januar 1566 gewählt wor⸗ 
ben ift, fo muß fie noch nach dem September 1568 fallen. Auch 
bie Dispacci dieſes Gefandten, die erften welche in dem venezianis 
hen Archive aufbewahrt werden, reichen in dieſes Jahr. 

Ziepolo ſchildert Rom, den. Kirchenflaat und feine Verwaltung, 
auch die geiftliche Gewalt, welche, wie er Tagt, beftraft durch Inter 
dicte und belohnt durch Snbulgenzen. Hierauf vergleicht er Pius IV. 
und V, ihre Srömmigfeit, Gerechtigkeit, Zreigebigfeit, Sitte und 
Natur überhaupt. , Venedig hatte an dem erflen einen fehr milden, 
an dem zweiten einen fehr firengen Papſt gefunden. Pius V. 
klagte unaufbörlih über die Befchränkungen kirchlicher Gerechtfame 
die ſich Venedig erlaube, — daß es die Klöfter befteuere, Vriefter 
vor fein Gericht ziehe; er-befchwerte ſich über bie Nvogadoren. Troß 
diefer Mißverſtaͤndniſſe fällt die Wergleichung, welche Tiepolo ans 
flellt, ganz und gar zu Gunften des firengern, zum Nachtheil des 
mildern Papfted aus. Auch an diefem Gefanbten zeigt fih der Eins 
druck, welden die Perfönlichkeit Pius V. überhaupt in der geſamm⸗ 
ten Fatholifchen Welt hervorbrachte. 

Diele Relation ift, wie gefagt, viel’ verbreitet. Auch ifk fie zu⸗ 
meilen in gedrudte Werke übergegangen. Uber man bemerfe auf 
welche Weiſe. In dem Zeforo Politico I, 19 findet ſich eine Rela- 
tione di Ruma, in der alles, was Ziepolo von Pius V. fagt, auf 
Sixtus V. angewendet wird. Charafterzüge, ja felbit Thätigfeiten, 
Anordnungen u. ſ. w. werden bier ohne Weiteres von Einem Papfte 
auf den Andern übergetragen. Diefer fo ganz verfälfchte Bericht 
ift dann in die elzevirifche Respublica Romana übergegangen, wo er 
fi) p. 494, unter dem Titel de stalu urbis Romae et pontificis 
relatio tempore Sixti V papae, anno 1585, wörtlich findet. 


42. 


Relatione di Roma del Glmo Sr Michiel Suriano Kr ritornato 
. ambasciatore da N. S. papa Pio V. 1571. 
Michiel Suriano, in welchem, wie Paruta fagt, das Studium 
ber Literatur das Zalent für die Gefchäfte in glänzenderes Licht 


fiellte (Guerra di Cipro I, p. 28), war der unmittelbare Nach⸗ 
folger P. Xiepolo’s. 


20 * 


308 Michtel' Suriano Hel. 151. 


Er ſchildert Pins V. folgenbergeftalt. 

Si vede che nel papato S. Santitä non ha atteso mai a de- 
litie ne a piaceri, come altri suoi antecessori, che non. ha alte- 
rato la vita n& i costumi, che non ha lasciato TV’essercitio dell’ 
inquisitione che haveva essendo privato, et lasciava piü presto 
ogn’ altra cosa che quella, riputando tutte l’altre di manco stima 
et di manco importantia: onde benche per il papato fosse mu- 
tata la dignitä et la fortuna, non fu perö mutata ne. la volontä 
ne la natura. Era S. St di presenza' grave, con poca earne 
magra, et di persona piü che medivcre ma forte et roburta: ha- 
vea gl’occhi piccoli ma la visla acutissima, il naso aquilino, che 
denota animo generoso et atto a regnare, il colore vivo et la 
canitie veneranda, caminava gagliardissimamente, non temea l’aere, 
mangiava poco e bevea pochissimo, andava a dormire per tempo: 
pativa alcune volte d’orina, et vi rimediara con usar spesso la 
cassia et a certi tempi il latte d’asina et con viver sempre con 
regola et con misura. Era S. Std di complession colerica et su- 
bita, et s’accendeva in un fratto in viso quando sentiva cosa che 
le dispiacesse: era perö facile nell’ audientie, ascoltava tutti, 
parlava poco et tardo et stentava spesso a trovar le parole pro- 
prie et significanti al suo modo. Fu di vita esemplare et di 
costumi irreprensibili con un zelo rigoroso di religione, che ha- 
veria voluto che ogn’un I’havesse, et per questo corregea gl’ec- 
clesiastici con riserve et con bolle et i laici con decreti et av- 
vertimenti.: Facea professione aperta di sinceritä et di bontä, 
di non ingannare, di non publicar mai le cose cbe gli eran dette 
in secretezza et d’esser osservantissimo della parola, tutte cose 
contrarie al suo predecessore: odiava i tristi et non poteva tol- 
lerarli, amava i buoni o quei che era persuasa che fosser buoni: 
ma come un tristo non ’potea sperar mai di guadagnar la sua 
gratia, perche ella non credea che potesse diventar buono, cosi 
non era sSenza pericolo un buono di perderla quando cadea in 
qualche tristezza. Amava sopra tutte le cose la veritä, et se 
alcuno era scoperto da S. St4 una sol volta in bugia, perdeva 
la sua gratia per sempre, et fu visto l’essempio nel sigr Paolo 
Ghisilieri suo nipofe, il quale scaccid da se per averlo trovato 
in bugia, come S. Stà medesima mi disse, et per officii che fus- 
ser fatti non volse mai piü riceverlo in gratia. Era d’ingegno 
non molto acuto, di natura difficile et sospettosa, e da quella 
impression che prendea una volta non giovava a rimoverlo niuna 
persuasione di ragione di rispetti civili. Non avea isperienza di 
cose di stato per non averle mai praiticale se non ultimamente: 
onde nei travagli che portan seco i maneggi di questa corte et 
nelle dificolt& che sempre accompagnan la novitä dei negotij, un 
che fosse grato a S. Santitä et in chi ella havesse fede era fa- 
cilmente atto a guidarla a suo modo, ma altri in chinon havea 
fede non potea essere atto, et le ragioni regolate per prudenza 
humana non bastavano a persuaderla, et se alcun pensava di 
vincere con auttoritä o con spaventi, ella rompera in un subito 
et metteva in disordine ogni cosa o per lo manco gli dava nel 





Informatione di PoVY. 309 


viso con dir che non temeva il martirio et che come dio I!’ha 
messo in quel uogo cosi poteva anco conservarlo contra ogni - 
auttoritä et podesta humana. Queste conditioni et qualitä di S. 
Santitd, se ben son verissime, perd son difficili da credere a 
chi non ha auto la sua pratica et molto piü a chi ha auto pra- 
tica d’altri papi; perche pare impossibile che un huomo nato et 
nutrito in bassa fortuna si tenesse tanto sincero: che reaistesse 
cosi arditamente a i maggior prencipi et piü potenti: che fosse 
tanto diffcile nei favori et nelle gratie et nelle dispense et in 
quell’ altre cose che gl’ altri pontefici concedean sempre facil- 
mente: che pensasse piü all’ inquisitione che ad altro, et chi se- 
condava S. Santità in quella, potesse con lei ogni cosa: che 
nelle cosa di stato non credesse alla forza delle ragioni ne all’ 
auttoritä de i prencipi esperti, ma solamente alle.persuasioni di 
quei in chi havea fede: che non si sia mai mostrato interessato 
ne in ambitione nd in avaritia, ne per se nö per niun de suoi: 
che credesse poco ai cardenali et gl’avesse tutti per interessati 
et o quasi 4utti, et chi si valea di loro con S. Santitä, se nol 
facea con gran temperamento et con gran giudicio, si rendea 
sospetto et perdea il credito insieme con loro. Et chi nen sa 
queste cose et si ricorda delle deholezze, della facilitä, de i ri- 
spetti, delle passioni et degli’ affetti de gl’altri papi, accusava 
et strapazzava gl’ambasciatori, credendo non che non potesser 
ma che non volessero 0 non sapessero ottener quelle cose che 
s’ottenevano facilmente in altri tempi. | 

Man wird es dem Botſchafter gern glauben, baß er mit einem 
fo gefinnten Papſt einen ſchweren Stand hatte. Als Pius 5. ©. 
inne wurde, daß man in Venedig die Bulle in coena domini 
nicht publiciren wollte, gerieth er in heftige Aufwallung, „si per- 
turbö estremamente, et aoceso in collera disse molte cose grari 
e fastidiose. -Umflände, unter denen die Gefcyäfte boppelt ſchwie⸗ 
rig wurden. Suriano verlor in der That die Gnade feiner Repu⸗ 
bit. Er ward abberufen, und ein großer Theil diefer Relation bat 
den Zweck fein Verfahren zu rechtfertigen, wobei wir ihn nun 
nicht begleiten fönnen. 


43. 
Informatione di Pio V. Inform. politt. Bibl. Ambros. F.D. I81. 


Zwar anonym, aber aus genauer Kenntniß hervorgegangen; 
die Sibrigen Schilderungen beſtaͤtigend. Beſonders iſt es, was wir 
bier hören, daß trotz aller Strenge dieſes frommen Papftes in feis 
nem Haufe dennoch Factionen herrſchten. Die ältern Diener find 
gegen die juͤngern, welche ſich mehr an den Haushofmeifter Mr. Ci⸗ 
rilo halten. Weberhaupt ‚war biefer am meiften zugänglich. Con 
le carezze e col mostrar di conoscere il suo valore facilmente 
#’acquistarebbe: ha l’animo elevatissimo, grande intelligenza con 
Gambara e Coreggio, e si stringe con Morone. - nn 


- 
. « 


310 Relatione di Roma 1574. 


44. 


Relatione della corte di Roma nel tempo di Gregorio XIII. 
(Bibl. Cors. nr. 714.) Unterfchrieben 20. Febr. 1574. 


Anonym, aber nichts deſto minder fehr unterrichtend und mit 
dem Gepräge der Wahrhaftigkeit. , 

Der Verfaffer findet es ſchwer über Höfe und Fuͤrſten zu urthei⸗ 
len. ,„Dirö come si giudica nella corte e come la intendo.“ 
Er gibt folgende Schilderung Gregord XIII. 

Assonto che & stato al pontificato in età di 71 anni, ba 
parso c’habbi voluto mutare natura: et il rigore che era solito 
biasimare in altri, massimamente nel particulare del vivere con 
qualche licenza con donne, n?’& stato più rigoroso dell’ anteces- 
sore e fattone maggiori esecutioni: e parimente nella mäteria 
del giuoco si & mostrato rigorosissimo, perche havendo terti il- 
lustrissimi principiato a tratienersi nel principie del pontificato 
eon giuocare qualche scudo, li riprese acremente, ancorche al- 
cuni dubitarono che sotto il pretesto del giuoco si facessero 
nuove pratiche di pontificato per un poco di maie c’'hebbe 8. 
St in quel principio: e da questo comincid a calare quella ri- 
putattone o oppinione che si voleva far credere dall’ illustrissimo 

e’ Medici, d’haver lui fatto il papa e doverlo governare, la 
qual cosa fece chiaro il mondo quanto $. St abhorrisce che al- 
cuno si voglia arrogare di gevernarlo o c’habki bisogno d’essere 
governato, perche non vuole essere in questa oppinione di las- 
ciarsi governare a persona. Perche in effetto nelle.cose della 
giustitia n'è capacissimo e la intende e non bisogna pensare di 
darli parole. Ne’ maneggi di stati S. St4 ne potria saper piu, 
perche non vi ba fatto molto studio, e sta sopra di se alle volte 
irresoluto, ma considerate che v’habbi sopra, n'è benissime ca- 
pace e nell’ udire le oppinioni discerne benissime il meglio;, E? 
patientissimo e laboriosissimo e non sta mai in otio e piglia 
ancora poca ricreatione. Da continuamente audientia e vede 
scritture. Dorme poco, si leva per tempo, e fa volontieri eser- 
citio, e li piace l’aria, quale non teme, per cattiva che sia. Man- 
gia sobriamente e beve pochissimo, ed & sano senza sorte al- 
cuna di schinelle. E? grato in dimostrationi esteriori a chi gli 
ha fatto piacere. Non € prodigo ne quasi si può dire liberale, 
secondo l’oppinione del volgo, il quale non considera o discerne 
la differentia che sia da un principe che si astenghi dall’ estor- 
sioni e rapacitä a quello che conserva quello che ha con 1ena- 
citä: questo non brama la roba d’altri e gli insidia per baverla. 
Non & crudele n& sanguinolento, ma temendo di continue delle 
guerre si del Turco come degli beretici, li piace d’haver somma 
di denarl nell’ erario e conservarli senza dispensarli fuori di 
proposito, e n'ha intorno a un millione e mezzo d’oro: & però 
magnifico e gli piacciono le grandezze, e sopra tutto & deside- 
roso di gloria, il qual desiderio il fa forse trascorrere in quello 
che non piace alla corte: perche questi reverendi padri Chiettini, 


Paolo Tiepolo Relmtione 1576. au 


che Y’hanno conoseiuto, se li sono fatti a cavaliere sopra, con di- 
mostrarli che il credito et autoritä che haveva Pio Y non era 
se non per riputatione della bontä, e con questo il tengono qua- 
siche in Glo et il necessitano a far cose contra la sua natura e 
la sua volontä, perche S. St& 6 sempre state di natura piace- 
vole e dolce, e lo resiringonp a una vita non consueta: et & 
oppinione che per far questo si siano valsi di far venire letiere 
da loro padri medesimi di Spagna e d’altri luogbi, dove sempre 
fanno mentione quanio sia commendata la vita santa del papa 
passato, quale ha acquistata tanta gloria con la riputatione Sell 
bontä e delle riforme, e con questo modo perseverano loro in 
dominare et havere autoritä con S. Beatee: e dicesi che sono 
ajutati ancora dal vescovo di Padova, nuntio in Spagna, crea- 
tura di Pio V e di loro. Brama tanio la gloria che si ritiene, 
e sforza la natura di fare di quelle dimostrationi ancora verso 
la persona del figliuolo quali sariano riputate ragiönevoli et 
honeste da ogn’uno per li scrupoli che li propongono costoro: 
et in tanta felicitä che ha havuto S. Stà di essere asceso a questa 
dignita da basso stato, € contrapesato da questo oggetto e dall’ 
havere parenti quali non li sodisfanno e che a S. Stä non pare 
che siano atti 0 capaci de’ negotii importanti e da commetterli 
Je facende di stato. —— 

So ſchildert er nun auch die Cardinaͤle. Won Granvella be 
merft er, daß er feinen Eredit nicht behaupte. Er hänge feinem Bers 
gnuͤgen nad, er gelte für geisig, in Sachen ber Ligue habe er es 
beinahe bis zum Bruch zwilhen König und Papſt gebraht. Dage 
gen wird Gommendone fehr hervorgehoben. „Ha la virtù, la bontä, 
P’esperienza con infinito giudicio.‘* 


45. 


Seconda relatione dell’ ambasciatore di Roma, clar=° M. Paolo 
Tiepolo Kr 3 Maggio 1576. 


Die obgebachte anonyme Relation gebenft auch unferd Tiepola 


im Beſten. Er gelte für einen guten Kopf und füchtigen Mann. 
E’ modesto e contra il costume de’ Veneziani & corteggiano © 
liberale, e riesce eccellentemente, e sodisfa molto, e mostra pru- 
denza grande in questi travagli e frangenti a sapersi regere. 
"Da nemlich die Venezianer von jener Verbindung wider die Tür, 
fen abtrünnig wurden, fo hatte er einen ſchweren ‚Stand. Man 
glaubte, der Papft werde in dem Conſiſtorium auf eine Trcommunis 
cation der Venezianer anfragen, und es machten ſich einige Cardi⸗ 
nale fertig einem folhen Vorhaben zu wiberfprechen. „Levato Cor- 
naro (ein Venezianer) nessuno fo che in quei. primi giorni mi 
vedesse o mi mandasse a veder, non che mi consigliasse, con- 
solasye e sollevasae. Als den eigentlichen Grund des Separatfrie⸗ 
dens gibt Ziepolo an, daß nachdem die Spanier verfprochen hatten, 
ia April 1573 gerüfiet zu feyn, fie in diefem Monat erflärten, fie 
würden erſt im Juni mit ihren Ruͤſtungen fertig werden. Zur Bes 
fänftigung des Papſtes trug viel bei, Daß ſich Venedig endlich ent- 


— — ——— —— — — 


313 Paolo Tiepolo 


ſchloß ven Sohn des Papftes zum venezianifchen Nobife zu ernen⸗ 
nen. Es iſt recht merhrürdig wie ſich Tiepolo über diefen Sohn 
des Papſtes, Giacomo Boneompagno, ausdrüdt. 

ll se Giacomo '& figliuolo del papa: & giovane anchor esso 
di circa 29 anni, di’ belle leitere, gratiose maniere, di grande et 
liberal animo et d’un ingegno attissimo a tutte le cose dove egli 
l’applicasse.. Non bisogna negar che’l primo et si può dir solo 
affetto del papa non sia verso di lui, come € anco ragionevole 
che sia, perciocche nel prineipio del pontificato, quando egli 
operava più secondo il suo senso, lo creö prima castellano et 
dapoi governator di s. chiesa con assegnarli per questo conto 
provisioni di cerca X m. ducati all’anno et con pagarli un lo- 
cotenente, colonnelli et eapitani, accioche egli tanto piü hono- 
ratamente potesse comparer: ma dapoi, come che si fosse pen- 
tito di esser passato tanto oltre verso un suo figliuolo naturale, 
mosso per avvertimenli, come si affermava, di persone spirituali, 
che li mettevano questa cosa a conscientia et a punto d’honore, 
incomincid a ritirarsi con negarli i favori et le gratie che li 
erano da lui domandate et con far in tutte le cose manco stima 
di lui di quello che prima avea fatto: anzi come che dopo averlo 
palesato volesse nasconderlo al mondo, separandolo da lui lo 
fece partir da Roma et andar in Ancona, dove sotto specie di 
fortificar quella cittä per un tempo lo interienne, senza mai pro- 
vederlo d’una entrata stabile et sicura oolla quäle egli dopo la 
morte sua avesse possuto con qualche dignitä vivere et soste- 
nersi: onde il povero signore dolendosi della sua fortuna che lo 
havesse voluto innalzar per doverlö poi abbandonare si messe 
piü volte in tanta desperatione che fuggendo la pratica et con- 
versatione di ciascuno si retirava a viver in casa solilario, con- 
tinuando in questo per molti giorni, con far venir anchora all’ 
orecchie dell’ padre come egli era assalito da fieri et pericolosi 
accidenti, per vedere se con. questo havesse possuto muover la 
sua tenerezza verso di lui. In fine troppo puö l’amor naturale 
paterno per spingere o dissimulare il quale indarno 'nomo s’ad- 
opera. :' Vinto finalmente et commosso il papa dapoi passato 
l'anno santo volse l’auimo a provederli et a darli satisfattione, 
‘et prima si resolse da maritarlo. 

Auch über die Staatöverwaltung Gregor XI. und befonders 
den Eardinal von Como theilt Tiepolo noch einige merfwärdige Nach⸗ 
richten mit. N " 

' Partisce il geverno delle cose in questo modo, che di quelle 
‘che appartengono al stato eoelesiastico, ne dä la cura alli dei 
cardinali sui nepoti, et di quelle che hanno relatione alli altri 
prineipi, al cardinal di Como. Ma dove in quelle del stato ec- 
clesiastico, che sono senza comparation di manco importanza, 
perche non comprendono arme 0 fortezze, al governatore gene- 
rale reservate, n& danari, de’ quali la camera apostolica et il 
tesorier generale ne tien cura particolare, ma solanıente cose 
ordinarie pertinenti al governo delle eittà et delle provincie, non 
si contentando delli dr! nepoti ha’ aggiunta loro una congrega- 














Relatione 1576. 313 


tione di quattro principali prelati, tra’ quali vi & monsignor di 
Nicastro, stato nuntio presso la Serenitä Vra, colli quali tutte le 
cose si consigliano per doverle poi referir a lui; in quelle di 
stato per negotii colli altri principi, ehe tanto rilevano et im- 
portano non solo per la buona intelligentia con lor ma ancora 
per beneficio et quiete di tutta la christianitä, si rimette in tutto 
nel solo cardinal di Como, col quale si redrecciano li amba- 
sciatori dei principi che sono a Roma et li nuntii apostolici et 
altri ministri del papa ehe sono alle corti, perche a lui solo scri- 
vono et da lui aspettano li ordini di quello che hanno da fare. 
Egli è quello che solo consiglia il papa, et che, come univer- 
salmente si tiene, fa tutie le resolutioni pii importanti, et che 
da li ordini et li fa eseguire. Sogliono ben alcuni cardinali di 
maggior pratica et autorita et qualcun’ altro ancora da se stesse 
raccordare al papa quello che giudica a proposito, et suole an- 
cora alle volte il papa domandar sopra alcune cose l’opinione 
di qualcuno et di tutto il collegio di cardinali ancora, massi- 
mamente quando li torna bene che si sappia che la determina- 
tion sia fatta di conseglio di melti, come principalmente quando 
si vol dare qualche negativa, et sopra certe particolari occor- 
rentie ancors suole deputar una congregatione di cardinali, 
come giä fo fatto nelle cose della lega et al presente si fa in 
quelle di Germania, del concilio, et di altre: ma nel restretio alle 
conelusioni et nelle eose piü importanti il cardinal di Como & 
quello che fa et vale. Ha usato il eardinal, seben cognosce sa- 
ver et-intender a sofficientia, alle volte in alcune cose .andarsi 
a consighare col cardinal Morone et cardinal Commendon, per non 
si fidar tanto del suo giudicio che non tolesse ancor il parer 
@’huomini piü intelligenti et saviit ma in fatto da lui poi il tutto 
dipende. Mette graudissima diligentia et aoouratezza nelle cose, 
et s’industria di levar la fatica et i pensieri al papa .et di darli 
consigli che lo liberino da travagli presenti et dalla spesa, poi- 
che nessuna cosa pare esser piü dal papa desiderata che’l spa- 
ragno et Ja quiete. Si stima universalmente ch’esso abbia grande 
inclinatione al re cattolico, non tanto per esser suo vassallo et 
per haver la maggior parte delli sui beneficii nei sui paesi, quanto 
per molti comodi et utilit& che in cose di molto momento es- 
iraordinariamente riceve da lui, per recognition de’ quali all’ in- 
contro con destri.modi, come ben sa usar senza molto scoprirsi, 
se ne dimostri nelle oecasioni grato. Verso la Serenitä Vostra 
posso affermar ch’egli sottosopra si sia portato assai bene, mas- 
simamente se si ha respetto che ne i ministri d’altri principi non 
si puö ritrovar tutto quello che si vorria, et che ben spesso bi- 
sogna contentarsi di mance che di mediocre buona volontä. 
Obwohl diefe Relation Fange nicht die Verbreitung ber erften 
gefunden hat, fo ift fie doch in der That nicht minder wichtig und 


Iehrreich für die Zeiten Gregors XIII, als jene erfte für Die Zeiten 


Mus IV. und Pius V 


1 








314 Comment. de rebus Gregmwü XII. 


46. 


Commentariorum de rebus Gregoril XIII lib. I et I. 
(Bibl. Alb.) 


Unglüclicher Weiſe unvollendet. Der Berfafler, Eardinal non Ver; 
celli, verfpricht ‚nachdem er nach einigen Vorbereitungen auf das Papft 
tum Gregors zu reden gefommen ift, von drei Dingen zu bandeln: 
bem Kriege gegen die Zürfen, dem Kriege der Proteftanten gegen 
bie Könige von Frankreich und Spanien, und den Streitigkeiten über 
bie firchliche Jurisdiction. 

Leider finden wir aber in dem zweiten Buche nun den Krieg ge 
gen die Zürfen bis.auf den venezianifchen Frieden, 

Wir kennen die Verbindung in der die orientalifchen Angelegen⸗ 
heiten mit den Religionsſachen fanden; — gar nicht. übel ſeht unfer 
Autor die Berwidelungen des Jahres 1572 auseinander. Es war 
bie Nachricht eingegangen, Earl IX. unterftüße bie Einfälle der Pro⸗ 
. teftanten in den Riederlanden. Quod cum Gregorius, meleste fer- 
ret, dat ad: Gallorum regem litteras quibus ab eo vehementer 
petit ne suos in hoc se admiscere bellum patiatur: alioquin se 
existimaturum ommia haec illius voluntate nutuque fieri. Rex 
de suis continendis magnae sibi curae fore pollicetur, id quod 
quantum in se est präestat: verum ejnemodi litteris, quae paulo 
minacius scriptae videbantur, nomnihil tactus, nopnullis etiam 
conjecturis eo adductus ut se irritari pröpeque ad bellum pro- 
vocari putaret, ne imparatum aderirentur, urbes quas in finibus 
regni habebat diligenter communit, duces :suos admonet ope- 
ram dent ne quid detrimenti capiat, simulque Emanuelem Allo- 
brogum ducem, utriusque regis propinquum ..et amieum, de his 
rebus omnibus certiorem facit. Emanuel, qui pro singulari pru- 
dentia sua, quam horum regum dissensio suis totique reipubli- 
cae christianae calamitosa futura esset, probe intelligebat, ad 
pontificem haec omnia perscribit, eumque obsecrat et obtestatur 
naseenti malo occurrat, ne longius serpat atque inveteratum ro- 
bustius fiat. Pontifex, quam gereret personam minimum obli- 
tus, cum-regem Gallorum adoleseentem et gleria cupiditate in- 
censum non difficillime a eatholicae ſidei boatibus, quorum tunc 
in aula maxima erat auctoritas, ad hujusmodi bellum impelli 
posse animadverteret, reginam tamen ejus matrem longe ab eo 
abhorrere dignitatisque et utilitatis suae rationem habituram pu- 
taret, mittit eo Antonium Mariam Salviatum, reginae aflinem 
eique pergratum, qui eam in officio contineat, ipsiusque opera 
facilius regi, ne reip. christianuae accessionem imperii et gloriam 

uae ex orientali expeditione merito expectanda esget invideat 
unestumque in illius visceribus moveat bellum, persuadeat. 

Sinfofern war der Papſft allerdings bereits indireet bei der Bars 
tholomaͤusnacht betbeiligt. Er mußte alles verfuchen, um einen Aus⸗ 
bruch des Krieges roifihen Spanien und Frankreich zu verhindern. 











Discorso: della corte di Homa. 5 


Es wäre fehr zu wuͤnſchen, baf wir dieß Werk wenigſtens noch Aber 
die religidfen Irrungen befäßen. 

Dbige Stelle babe ih auch barum angeführt, weil gleich bie 
erſten Zeilen beweifen, daß es zu den Quellen gehört beren ſich Maf⸗ 
fei in feinen Annali di Gregorio XIII ‚Pontefice Massimo bw 
dient bat. Man vergleiche I, p. 27 bei Maffei. Serisse a-Carlo 
risentitamente, che se egli comportava che i zudditi e minisirk 
s’intromettessero in questa guerra per distornarla, egli tutto ri- 
conoscerebbe da lui e dalla mala sua ihtenzione. k per listesse 
fine operö che li signori Veneziani gli mandassere un’ amba- 
sciadore con diligenza. Rispose Carlo modestamente, ch’egli fa- 
rebbe ogni possibile perche i suoi nè a lui dovessero dar dis- 
gusto ne agli Spagnuoli sospetto di quello ch’egli non aveva in 
pensiero. Ma non restö perö di dolersi con Emanuele duca di 
Savoja della risentita maniera con che gli aveva scritto il pon- 
tefice: parendogli che si fosse lasciato spingere dagli Spagnuoli 
che avessero voglia essi di romperla: et ad un tempo cominciö 
a presidiare le cittä delle frontiere. 

Auch übrigens finde ih, daß Maffei hie und ba ein ergängens 
der Auszug unferer Schrift if. Doc will ich damit dem Werke 
Maffeis, dem ich viel Belehrung verdanfe, und welches zwar eben 
nicht unparteiticy aber doch ruhig, inhaltgreich und im Ganzen zuvers 
laͤßig ift, nicht im Mindeſten zu nahe treten. 


47. 


Relatione di monsr rev=° Gio P. Ghisilieri a papa Gregorio XIUI, 
tornando egli dal presidentato dellaRomagna. ©. I. p. 389. 


48. 
Discorso over ritratto della corte di Roma di monsr illmo Com- 


mendone all illao sr Hier. Savorgnano. (Bibl. Vindob. 
Codd. Rangon. nr. 18. fol. 278— 395.) 


Nah allem Anfchein gehört dieß Werk ın die Zeiten Gregors. 
Commendones Namen möchte ich nicht verbürgen; von wen es aber 
auch herruͤhrt, es it alle Mal ein Mann von Geiſt geweien, tief: 
eingeweiht in die geheimeren Beziehungen bed römifchen Lebens. 

Den Hof deftnirt er fo. Questa republica & un principato 
di somma autoritä in una aristocratia universa di tutti i chri- 
stiani collocato in Roma. II suo principio & la religione. Con- 
ciosia, ſchließt er mın weiter, che la religione sia il fine e che 
questa si mantenga con la virtü e con la dottrina, & impossi- 
bile che alterandosi le conditioni degli uomini non si rivolga in- 
sieme sotto sopra tutta la republica. 

Er handelt uun hauptfächlich von diefem Conflict geiftlicher und 
weitlicher Beftrebungen. Bor allem fchärft er große orficht ein: 
moito riguardo di tutli i movimenti. e gesti della persona: casa, 


‘ 


36 Discorso della corte: di. Homa. 


servitori, cavalcature convenienti, amicitie e honorate © virtuose, 
non affermando cosa che non si sappia di certo. Der Hof fors 
dert „bontä, grandezza dell’ animo, prudentia, eloquentia, theo- 
logia.‘“ Doch iſt alles unficher. Deve si pensar che questo sia 
un viaggio di mare, nel quale benche la prudentia possa molto 
e ei renda favorevole la maggior parte de’ venti, nondimeno non 
gli si possa ptescriver tempo determinato o ceriezza alcuna d’ar- 
rivar. Alcuni di mezza estate in gagliarda e ben fornita nare 
affondono o tardano assai, altri d’inverno in debole e disarmato 
legno vanno presto. 


Vierter Abſchnitt. 


I. Zur Keitit der Biographen dieſes Papſtes, Leti 
und Tempeſti. 


Vita di Sisto V pontefice Romano scritta dal signor Geltio | 
Rogeri all’ instanza di Gregorio Leti. Losanna 1669, 
2 B.; fpäter unter minder feltfamen Ziteln in 3 2. 


Ber weiten mehr durch populäre Schriften, welche fich allge 
meinen Eingang verfchaffen, als durch bedeutendere hiftorifche Werke, 
die ſich auch oft allzu lange erwarten laſſen, pflegt der Ruf eines 
Mannes, die Anficht einer Begebenheit fegeftellt zu werben. . Das 
Publicum fragt nicht eigentlich, ob die Dinge die man ihm vorträgt 
wirflidy gegründet find; es ift aufrieden, wenn ihm die Erinnerung, 
wie fie ſich in dem Geſpraͤche ausprüdt, eben fo mannigfaltig, viels 
farbig, aber ein wenig zulammengenommen und eben darum noch 
pifanter gedrucdt vorgelegt wird. . 

Ein Buch diefer Art iſt die Biographie Sixtus V. von Leti. 
Vielleicht die wirkfamfte von allen Arbeiten dieſes Vielſchreibers; 
ed hat das Andenken an Papft Sirtus befiimmt, wie dieß feitden bie 
allgemeine Meinung der Welt beberricht. 

Bei dem erften Verſuche des Studiums geräth man mit folchen 
Büchern in die größte Verlegenheit. Eine gemiffe Wahrheit iſt ih: 
nen nicht abzufprehen, man dürfte fie nicht unberuͤckſichtigt Laffen, 
doch fieht man auch gleih, daß ihnen nicht weit zu trauen iſt: wo 
aber die Grenze liegt, läßt fich im Allgemeinen nicht beflimmen. 

Zu einem ſichern Urtheil vermag man doch erfi dann zu foms 
men, wenn man die Quellen feines Autors findet, und ſich die Art 
und Weiſe vergegenwärtigt wie er fie benußt hat. 

Bei fortgehbendem Studium flößt man nun auch auf die Quel⸗ 
len aus denen unfer Leti ſchoͤpfte; — wir fünnen uns der Nothwen⸗ 
bigfeit nicht entziehen feine Darftellung mit denfelben zu vergleichen. 

1. An der gefammten Gedichte Sirtus V. ift nichts famofer 
als der Weg auf dem er zum Papſtthume gelangt feyn fol, fein 
Betragen in bem Conclave Wer weiß nicht, wie der gebüdfte an 
feinem Stab daberfchleichende Cardinal, nachdem er Papſt geworden, 
ſich plöglih mannhaft erhob, den Stab von fidy warf, und diejeni⸗ 

en mit dem Gebrauche feiner Macht bedrohte denen er fie durdy 
ufchung abgewonnen. Diele Erzählung Letid hat in der ganzen. 
Welt Eingang gefunden Wir fragen, wo er fie her nahm. 


3.8 Lett. 


Bon jeder Papftwahl erifiiren Schriften über ihre Motive, oder 
vielmehr über bie Sen die ihr vorbergingen: auch über bie 
Wahl Sirtus V. findet ſich ein fogenanntes Conclave, gleichzeitig, 
wie bie meiften andern, mit genauer Kenntniß der Perſoͤnlichkeiten 
verfaßt. Conclave nel quale fu creato il CA Montalto che fu 

isto 


Bei ber erften Vergleichung Hebt man, daß Leti vor allem diefe 
Schrift vor Augen hatte Man bemerke, daß er fie eigentlih nur 
umfchreibt. 

Conel. MS. Il lunedi mattina per tempo si ridussero nella ca- 
pella Paulina, dove il cardinal Farnese come decano celebrö messa, 
e di mano sua communicd li cardissli: dipoi si venne secondo 
il solito allo serutinio, nel quale il cardinal Albani bebbe 13 
voti, che fu il maggior numero che alcun cardinale havesse. Ri- 
tornati i cardinali alle celle, si attese alle pratiche, et Altemps 
cominciö a tratiare alla gagliarda. Ja pratica di Sirleto, ajutato 
da Medici e delle creature di Pio IV, per la confidenza che ha- 
vevano di poter di qualsivoglia di loro disponere: ma subito fu 
trorala l’esclusione, seoprendosi eontra di lui Este, Farnese e 

forza. 

Leti: Lunedi mattina di bunn’ hera si adunarone tutti nella 
capella Paolina, ed il cardinal Farnese in qualitä di decano ce 
lebrö la messa, e communico. tutti i cardinali: e poi si diede 
principio allo serutinio, nei quale il cardinal Albano hebbe 13 
veti, che fu il numero maggiore. Doppo questo li cardinali se 
ne ritormarono alle lor celle per pransare, e doppo il pranso si 
attese alle pratiche di molti: ma particorlamente Altemps comin- 
cid a trattare alla gagliarda le pratiche di Guglielmo Sirleto Ca- 
labrese, ajutato dal cardinal Medici e dalle creature di Pio IV, 
per la confidenza che baveva ogni uno di loro di poterne dis- 
porre: ma in breve se gli fece innsnzi l’esclusione, scoprendosi 
contro di lui Este, Farnese e Sforza. 

Sdo die Hauptiachen; fo Nebenumfiände 3.3. MS. Farnese 
incaprieciato et areeso di incredibile voglia di essere papa, co- 
mincia a detestare publicamente la pratica et il soggetio, di- 
cendo: Io non so come eostoro lo intendono di volere far Sir- 
leto papa. Leti: Il primo che se gli oppose fu Farnese, inca- 
pricciato ancor lui ed acceso d’incredibile veglia d’esser papa: 
onde parendo a lui d’esserne piü meritevole, come in fatti era, 
cominci6 publicamente a detestare la pratica ed il soggettn, di- 
cendo per tutti gli angoli del conclave: Io non so come cosioro 
l’intendono di voler far papa Sirleto. 

Nicht minder auch die Betrachtungen. 9.8. fagt dag MS, 
wie dem Gardinal Xleffandrino doch feine Verkleidung Anſtoß gibt: 
Ma dio, che haveva eletto Montalto papa, non permesse che si 
avertisse a quello che prineipalmenie avertire si dovea, ne la- 
scid che Farnese ned suoi si svegliassero a impedire la pratica, 
eredendo che non fosse per venire ad effetto dell’ adoratione; 
ma solo per honorare Montalto nello scrutinio. Obwohl eine 
fo fromme Betrachtung Leti’n fremd ift, fo ift es ihm doch bequem 





Leti. 319 


ſie abzuſchreiben und in ſein Buch aufzunehmen. Er ſchrieb mit ei⸗ 
nigen leichten Veraͤnderungen woͤrtlich ab. 

If dieß nun nicht vielmehr ein Lob für bie oft angefochtene 
Treue des Leti ald ein Zadel? 

Kommen wir aber auf die Eine Sache welche hier Zweifel ers 
regt: das Betragen des Cardinals. Merkwuͤrdig, in diefem Einen 
ſtimmt Leti mit feinem Driginal nit zufammen. 

Leti fagt: Montalto se ne stava in sua camera e non giä 
nel conclare,. fingendosi tutto lasso et abandonato d’ogni ajuto 
humano. :Non usciva ehe rarämente, et se pure andava in qual- 
che parte, come a celebrare messa, o nello scrutinio della ca- 
pella, se ne.andara con terte maniere spensierate. 

Dagegen fagt dad Driginal:: Sebene non mostrava una sco- 
perta äambitione, non pretermeiteva di far poi tutti quelli ofhicii 
che il tempo et il luogo richiedevano, humiliandosi a cardinali, 
visitandofi et offerendosi, ricevendo all’ incontro i favori e l’of- 
ferte degli altri. " 

Das. Driginal fagt: noch vor dem Eonclave babe er dieß mit 
Farneſe gefban, darauf mit Medici und Efle: es erzählt, wie er ben 
Abend vor feiner Wahl den Cardinal Madruszi und den Morgen 
vorher den Cardinal Altemps befucht, und von ihnen die Verſiche 
rung empfangen daß er gemählt werben fol. Mit Einem Wort, 
in dem Original erfcheint Montalto- thätig, lebhaft, gefund: ja daß er 
fo friſch an Jahren und munter ift, wird als ein Motiv feiner Wahl 
betrachtet. Die ganze Erzählung von feiner verftellten Schwachheit 
und Zuruͤckgezogenheit, die fo berühmt geworben, ift ein Zufat Les 
tis; woher er ihn aber nahm, ob er bloß dem Gericht folgte, einer 
Erzählung bie ſich von felbft gebildet, oder einem andern Schrift: 
werf? — Bir fommen noch darauf. 

2. Einen zweiten Moment in dem allgemeinen Rufe Sirtus 
bildet der Eindruck, den feine finanziellen Eimichtungen hervorgebracht 
baben. Auch biefer gründet fih aum Theil auf Leti. In dem zwei⸗ 
ten Theile des Buches (p. 289) findet fich ein Verzeichniß der paͤpſt⸗ 
Iihen Einnahme und Ausgabe, ber ſelbſt bei den gefcheidteflen und 
gelehrteften Leuten einen gewiffen: Glauben gefunden hat. Rendite 
ordinarie c’havea la sede apostolica nel tempo che Sisto en- 
trava nel pontificato. Wenigſtens feinen Zahlen follte man boch 
im Allgemeinen glauben dürfen. . 

Indeſſen andy bier zeigt ſich augenblicklich, daß bie Sachen nicht 
fo ſtehn wie Leti vorgibt. Als Sirtus V. im April 1585 eintrat, 
waren noch die Gontracte gültig, die von Gregor XIII. im Auguſt 
1576 auf neun Jahre mit den Pächtern der Einfünfte abgefchloffen 
worden waren. Von diefen haben wir ein autbentifches Werzeich- 
niß unter dem Titel Entrata della reverenda camera apostolica 
sotto il pontifieato di N. Sigre Gregorio XIII fatto nell? anno 
15763 fehr genau, in welchem erft die Wachtfumme, dann der Theil 
berfelben welcher alienirt war, endlich der Reſt einzeln angegeben 
wird. Mit diefem Werzeichniß nun ſtimmen Letid Angaben fehr 
ſchlecht. Er gibt den Ertrag der Dogana di Roma auf 182450 
Seudi an, während er nur 133000 betrug: von allen en 


320 Lett. 


die er nennt, iſt Feine einzige richtig. Woher aber fchreibt fich fein 
Verzeihniß? er kann es unmöglich völlig ans ber Luft gegriffen 
hahen. Es iſt ein anderes in unfern en, vom Jahre 1592, 
wei Sabre nah dem Tode Sirtus V. Mit dieſem flimmt das 
erzeichniß von Leti faft in allen Poſten, aud in ihrer Ordnung 
überein; in beiden heißt ed z. B. nach einander: Dogana di Civita 
vecchia 1977 sc., di Narni 400, di Rieti 100, gabella del studio di 
Roma 26560, gabella del quadrino a libra di carne di Roma 
20335 u. f. w. Welch eine Verwechfelung ift dieß aber! Bei dies 
fen Poften find ſchon alle Weränderungen einbegriffen welche Sixtus 
machte, und die ja num eben betaillirt werden follen, Ja nit eins 
mal hiebei iſt Die Verwirrung ſtehn geblieben. Wahrſcheinlich gerieth 
Leti an eine ſchlechte Handſchrift, wenn er nicht gar felbfl einige 
willführliche Aenderungen anbrachte; wenigftens bat er bie feltfams 
fien Abweichungen. Die Salara di Rama brachte 27654 Sc. ein, 
er fest 17654; tesoreria e salara di Romagna ertrug 71395 
Se., er feßt tesoreria e salario di Romagna 113%. . ®emug fein 
Verzeichniß ift nicht einmal von einem andern Jahre richtig, fons 
dern durchaus in allen feinen Theilen falfch und unbrauchber. _ 

- 3. Wir fehen ſchon, er compilirte ohne Urtheil und Kritif: — 
er fchrieb ab, aber flüchtig; wie wäre es auch möglich, daß er bei 
feinem unaufbörlichen Zlüchtlingsleben fo viel Bircher durch wirklich 
eigene Arbeit zu Stande gebracht hätte. Woher fchöpfte er nun 
dieß Mal feine Sachen? 

Ueber das Leben GSirtus V. gibt und ein Manufeript in ber 
Bibliothef Corſini zu Rom hinreichende Auskunft: „Detti e fatti 
di papa Sisto V.“ 

Huf den erften Blick ergibt fi, daß dieſes Werk im Weſentli⸗ 
hen durchaus die Arbeit von Leti if. Vergleichen wir nur die erite 
beſte Stelle. 

3. 3. fagt das Mf. bei Corfini. Il genitore di Siste V si 
chiamava Francesco Peretti, nato nel castello- di Farnese, di 
dove fu costreito non so per qual aecidente partire, onde s’in- 
camind per truvare la sua fortuna altrove: et essendo povero 
e miserabile, non aveva da poter vivere, essendo solito sosten- 
tarsi di quello alla giornata guadagnava grandemente faticando, 
e con la propria industria viveva. Partitosi dunque da Farnese, 
se ne andò a trovare un suo Zio. 

Leti hat gleich. in der erfien Ausgabe: Il padre di Sisto si chia- 
mava Francesco Peretti, nato nel castello di Farnese, di dove 
fu constretto non so per qual’ accidente occorsoli di partirsi, ciò 
che fece volentieri per cercar fortuna altrove, mentre per la po- 
vertä della sua casa non haveva di che vivere se non di quello 
che lavorava con le proprie mani alla giornata. Partito di Far- 
nese la matina, giunse la sera nelle grotie per consigliarsi con 
un auo zio. 

Es leuchtet ein, daß dieß gang das Nemliche ift, mit einer leich⸗ 
fen leberarbeitung. . | 

Ja zumeilen finden fich bei Leti Heine Einfchiebfel: — fogleich 
fommen Mi. und Drud wieder völlig zuſammen. und 

n 





Bett. 921 


Und fragen wir nun, woher jene Zıfäße flammen mit welchen 
Leti die Erzählumg von dem Conclave ausflattete, fo zeigt fich, daß 
auch diefe aus unferm Mf. find. Die oben angeführte Stelle Letis 
lautet in der Handſchrift folgendergeftalt: Montalto se ne stava tutto 
lasso con la corona in mano et in una piccolissima cella aban- 
donato da ogn’uno, e se pure andava in qualche parte, come a 
celebrar messa, o nello scrutinio della capella, se ne andava etc. 
Man fieht, daß Leti nur eine leichte Umarbeitung machte. 

Ich will wegen der, Wichtigkeit des Gegenſtandes noch Eine 
Stelle hinzufügen. Das Mf. hat: Prima di cominciarsi il Mont- 
alto, che stava appresso al card! di San Sisto per non perderlo 
della vista o perche non fosse subornato da altri porporati, gli 
disse alle orecchie queste parole: Faceia instanza V. Sria jljma 
che lo scrutinio segua senza pregiudicio dell’ adoratione: e questo 
fu.il primo atto d’ambitione che moströ esteriormente Montalto. 
Non mancd il card! di San Sisto di far cid: perche cen il Bo- 
nelli unitamente principiö ad alzare la voce due o tre volte cosi: 
Senza pregiudicio della seguita adoratione. Queste voci atter- 
rirono i cardinali: perche fu supposto da tutti loro che dovesse 
esser eletto per adoratione. Il card! Montalto giä cominciava 
a levar quelle nebbie di fintioni che avevano tenuto nascosto per 
lo spatio di anni 14 l’ambitione grande che li regnava in seno: 
onde impatiente di vedersi nel irono papale, quando udi leggere 

la metä e piü delli voti in suo favore, tosto allungd il collo e 
“ si alzö in piedi, senza attendere il fine del scrutinio, e uscito 
in mezzo di quella capella gittö verso la porta di quella il ba- 
stoncello che portava per appoggiarsi, ergendosi tutto dritto in 
tal modo che pareva due palmi piü longo del solito. E quello 
che fu più maraviglioso, etc. 

Vergleichen wir biemit die entfprechende Stelle bei Leti I, p. 
412 (Xusg. von 1669): Prima di cominciarsi Montalto si calò 
nell’ oreechia di San Sisto, e gli disse: Fate instanza che lo 
scrutinio si faceia senza pregiudicio dell’ adoratione; che fu ap- 
punto il primo atto d’ambitione che moströ esteriormente Mont- 
alto. Ne San Sisto mancd di farlo, perche insieme con Ales- 
sandrino comincid a gridare due o tre volte: Senza pregindi- 
cio dell’ adoratione. Già cominciava Montalto a levar quelle 
nebbie di fintioni che harevano tenuto nascosto per piü di quin- 
deci anni l’ambitione grande che li regnava nel cuere: onde im- 
patiente di vedersi nel trono ponteficale, non si tosto intese leg- 
ger piü della metä de’ voti in suo favore che assicuratosi del 
ponteficato si levö in piede e senza aspettare il fino dello seru- 
tinio gettd nel mezo di quella sala un certo bastoncino che 
poritava per appoggiarsi, ergendosi tutto dritto - in tal modo 
che pareva quasi un piede piü longo di quel ch’era prima: ma 
quello che fu piü maraviglioso, ete., fo zeigt ſich, daß bis auf 
wenige Worte alles eben fo lautet. 

Seti führt einmal ein Zeugniß für feine Erzählung an: Io ho 
parlato con un Marchiano, ch’& morto venti (in fpätern Aus⸗ 
gaben irenta) anni sono, et assai caduco, il quale non aveva altro 


Däpfte ** ° 21 


322 Lett. 


piacere che di parlare di Sisto V, e ne raccontarva tutte le par- 
ticolaritä._ Schon an fich iſt es umwahrfcheinlich, daß Leti, der 1644 
14 Jahr alt nah Rom fam, mit Lauten die Sirtus V. genau 
fannten, Verkehr gehabt, und aus’ ihren Geſpraͤchen viel für fein 
Buch geihöpft haben foll; — «6 iſt aber auch dieß eine aus jener 
Handſchrift herübergenommene Stelle. Et un giorao parlando con 
un certo uomo Marcha, che & morto, che nen aveva altro pia- 
cere che di parlare di Sisto V. Die zwanzig oder dreißig Jahre 
fügte der Autor mehrerer Glaubwürdigkeit halber hinzu. 

Auch Hier fcheint mir Leti wohl an eine ſchlechte Eopie geraten 
zu feyn. Die Handidrift hat glei von Anfang, der Knabe habe 
oft die Nacht auf freiem Felde das Vieh huͤten müllen: in cam- 
pagna aperta; 2eti hat daflır: in compagnia d’un’ altro, was ganz 
wie ein fchlecht zurechtgelegter Schreibfehler ausficht. Der M. 4. 
Selleri bei Leti wird wohl auch der Handſchrift nah M. X. Siliaei 
geheißen haben. 

Mit einem Worte, Letis Vita di Sisto V if gar Fein ſelb⸗ 
ſtaͤndiges Werl. Es iſt eine fiylifirte mit einigen Zufägen vermehrte 
Weberarbeitung eines italieniſchen Manuferipts, das ihm zu Handen 
gelommen war. 

Die ganze Frage würde mın fam, welche Glaubwuͤrdigkeit diefe 
Handſchrift verdient. Sie if eine Anekdotenſammlung, nach einem 
ziemlihen Berlauf von Jahren gemacht, durchaus apokryphiſcher Nas 
tur. Leti hat fie nicht allein nicht von ihren Fehlern gereinigt, ſon⸗ 
bern fie nach Kräften noch weiter verunſtaltet. 

Nichts deſto minder fand er damit den größten Beifall; fein Buch 
erlebte Auflage. auf Auflage, eine Menge Ueberfetungen. 

Es ift auffallend, daß die Hiſtorie, fo wie fie im das Gedaͤcht⸗ 
niß der Menfchen übergeht, alle Mal das Gebiet der Mythologie 
berührt. Die Verfönlichkeiten werden ſchroffer, ſtaͤrker; fie näbern 
ſich auf irgend eine Weile einem faßlihen deal; die Begebenheiten 
werden bezeichnender ausgebildet; die Nebenumflände und mitwirfen- 
ben Urſachen vergeffen und befeitigt. Auf diefe Art ſcheint auch als 
lein der Forderung der Phantafie genug gefchehen zu koͤnnen. 

Spät fommt dann der Gelehrte, der fig wundert wie man auf 
fo falſche Meinungen gerathen ift, das Seine thut um die Irrthuͤ⸗ 
mer zu zerfireuen, aber zuleßt inne wird, daß das doch nicht fo 
feicht zu erreichen ifl. Der Verſtand laͤßt ſich Überzeugen, die Phan⸗ 
tafte iſt nicht zu uͤberwinden. 


Storia della vita e geste di papa Sisto V sommo pontefice, 
scritta dal Pre Mro Casimiro Tempesti. Roma 1755. 


Wir haben des gemäßigten, heitem und wohlgefinnten Papſtes 
Lambertini, Benedict „ gedacht; fein Wontificat ift auch dadurch 
ausgezeichnet, daß faſt alle einigermaßen brauchbare Werke uͤber die 
innere Papſtgeſchichte in diefe Epoche. fallen. Da find‘ die Annalen 
von Maffei gedruckt worden: da bat Bromato feine Sammlun 
über Paul IV. veranflaltet: die Lebensbefchreibungen Marcells 1, 
Benediets XIII. fallen in diefelbe Regierung: da bat auch Gafimiro 








Tempefti. Ä 323, 


Tempefli, ein Branciscaner, ‘wie Sixtus V, es unternommen Gre 

gorio Leti zu widerlegen. 
Es ward ihm dazı alle wünfchenswerthe Freiheit gegeben. Er 
—3— Aus⸗ 


21 * 


2 


324 Memorie autografe 


auch freigebig erſcheinen, obgleich nun wohl das letzte feine glän- 
zendſte Eigenichaft nicht war. 

ch will nicht weitere Beifpiele häufen. Dieß ift fein Verfah⸗ 
ren uͤberall wo ich ihn mit ſeinen Quellen verglichen. Er iſt flei⸗ 
fig, forgfältig, mit guten Nachrichten ausgeruͤſtet, aber beſchraͤnkt, 
troden, eintdnig, ohne wirkliche Einficht in die Sachen; feine Samm⸗ 
lungen machen doch feine Urkunden nicht entbehrlich. Dem Eindrud 
den das Buch Letis gemacht, einen ähnlichen entgegenzufeßen, war 
fein Wert nicht geeignet. 


I. Handfchriften. 


Kehren wir nun zu unfern Handſchriften zuruͤck; für eine eigent⸗ 
liche Kenntniß find wir doch immer auf fie verwiefen. 

Es begegnet ung zunaͤchſt ein Mſ. von Papft Sirtus felbfl. 
Aufzeichnungen von feiner Hand, bie er nody in dem Kloſter gemacht. 


49. 
Meniorie autografe di papa Sisto V. Bibl. Chigi n. DI, 70. 
158 BL 


Ein: gewiſſer Salvetti hat fie einft in einer Bodenkammer ges 
funden und Alerander VII zum Geſchenk gemacht. Es läßt fih in 
der That an ihrer Authentie nicht zweifeln. 

Questo libro sar& per memoria di mie poche facenducce, 
scritto di mia propria mano, dove cio che sarä scritto a laude 
di dio sarä la ignuda veritä, e cosi priego creda ogn’uno che 
- legge. 

Es enthält nun zuerft Rechnungen, an denen jedoch wenigfiens 
Ein Blatt fehlt, wenn nicht mehrere. 

E qui sar& scritti, fährt er fort, tutti crediti, debiti et 
ogn’ altra mia attione di momento. E cosi sarä la veritä come 
qui si troverà scritto. 

Ih will zu dem was ich fon in der Erzählung bemerft Habe, 
doch noch Ein Beifpiel hinzufügen. 

Andrea del Apiro, frate di San Francesco conventuale, 
venne a Venetia, e nel partirse per pagar robe comprate per 
suo fratello, qual mi disse far botega in Apiro, me domandd in 

restito denari, e li prestai, presente fra Girolamo daLunano e fra 
sornelio da Bologna, fiorini 30, e mi promise renderli a Mont- 
alto in mano di fra Salvatore per tutto il mese presente d’Au- 
gusto, come appar in un scritto da sua propria mano il di 9 Ago- 
sto 1557, quale & nella mia casetta. H. 30. 

Man fteht diefe frateschen Gefchäfte, wie Einer dem Andern 
Geld leiht, der Borgende feines Bruders Kleinen Handel unterſtuͤtzt, 
Andere Zeugen find. Auch Fra Salvatore erfcheint. 

Dann folgt ein. Verzeihniß von Büchern. Inventarium omni- 
um librorum tam seorsum quam simul legatorum quos ego 
Fr. Felix Perettus de Monte alto emi et de licentia superiorum 


di papa Sisto V, 325 


possideo. Qui seorsum fuerit legatus, faciat numerum qui non 
cum aliis minime. Es thut mir jegt leid, daß ich mir nichts aus 
bichem Berzeihniß angemerft habe: es fchien mir fehr unbedeutend 
zu feyn. 
Endlich findet man p. 144: 
Memoria degli anni che andai a studie, di. offidi prediche e 
commissieni avute. oo. 
Ih will dieß hier vollſtaͤndig mittheilen, obmohl Tempeſti bie 
und da einiges daraus hat; wichtig als das einzige Tagebuch eines 
Papftes das mir befigen. oo i 
Col nome di dio 1540 il di 1 settembre di mereoldi intrai a 
studio in Ferrara, e vi finii il triennio sotto il rd mro Bart® dalla 
Pergola. Nel 43 fatto il capitolo in Ancona andai a studio 
in Bologna sotio il rdo maestro Giovanni da Correggio: intrai in 
Bologua il di 8. Jacobo maggior di Luglio, e vi stetti fino al 
settembre del 44, quando il costacciaro mi mandd baccellier di con- 
vento in Rimini col rev=° regente mr Antonio da cittä di Penna, 
e vi finii il tempo sino al capitolo di Venezia dei 46.  Fatito 
il capitolo andai baccellier di convento in Siena con mre Ale- 
xzandro da Montefalco, e qui finii il triennio fino al capitolo 
d’Assisi del 49. Ma il costacciaro mi die’ la licentia del ma- 
isterio nel 48 a 22 Luglio, e quattro di dopo me addottorai a 
ermo. Nel capitolo generale di Assisi fui fatto regente di 
Siena 1549 e vi finii il triennio, fu generale mons’e Gia Jacobo 
da Montefalcc. A Napoli: nel capitolo generale di Genova fui 
fatto regente di Napoli 1553 dal revmo generale. mr Giulio da 
Piacenza e vi finii il triennio. A Venezia: nel capitole ge- 
nerale di Brescia 1556 fui fatto regente di Venezia, e vi finii il 
triennio, e l’anno primo della mia regeria fuieletto inquisitor in 
tutto P’illmo dominio 1557 di 17 di Gennaro. Nel capitolo gene- 
rale di Assisi 1559 eletio generale mre Giovan Antonio da Cer- 
via, fui confirmato regente et inquisitore in Venezia. come di s0- 
pra. Per la morte di papa Paolo IIII l’anno detto d’Agosto 
partii da Venezia per visitare li miei a Montalto, Inquisitore apo- 
stolico: mosso da gran tumulti; il 22 di Febbraro 1560 tornai in 
ufficio col brieve di Pio IIII papa, et vi stetti tutto’l Giugno, 
e me chiamö a Roma: il di 18 Luglio 1560 fui fatto teologo 
assistenite alla inquisitione di Roma e giurai l’officio in mano 
del card! Alessandrino. " 
(Prediche.) L’anno 1540 predicai, n& havevo anchor can- 
tato messa, in Montepagano, terra di Äbruzzo. L’anno 1541 
redicai a Voghiera, villa Ferrarese, mentre ero studente in 
errara. L’anno 1542 predicai in Grignano, villa del Polesine 
di Rovigo, e studiavo in Ferrara. L’anno 1543 predicai alla 
fratta di Badenara, (viveva il Diedo c’] Manfrone) e studiavo 
in Ferrara. L’anno 1544 predicai alla Canda, villa della 
Badia e studiaro in Bologna. L’auno 1545 predicai le feste 
in Rimini in convente nostro, perche il mro di studio di Bo- 
logna ne preoccupö la predica di Monte Scutulo, et ero bacc® 
di convento di Rimini. L’anno 1546 predicai a Macerata di 





326 Memorie aulografe 


Montefeltro et ero baoc® di convento di Rimmi. L’anno 1547 
redicai a S. &eminiano in Toscana et ero bacc® di convento a 
iena. L’anno 1548 predicai a 8. Miniato al Tedeseo in Toscana, 

et ero bacc® diSiena. L’anno1549 predicai in Ascoli della Marca, 
artito da Siena per l’ingresso de Spagnoli introdutti da Don 

ego Meudozza.- -L’anno 1550 predicai a Fano et ero regente 

a Siena. L’anno 1551 predicai nel domo di Üamerino condotte 

‘dal. yui0’ vescovo. et ero regente a Siena. L’anno 1552 predi- 

cai a Roma in 8. Apostoli, e tre-illmi cardinali me intrattennero 

in Roma, e lessi tutto l’anno tre di della settimana la pistola 

a Romani di S. Paolo. L’anno 1553 predicai a Genova, e vi se 

fece il capitolo generale, et andai regente a Napoli. L'anno 

1554 predieai a Napoli in 8. Lorenzo, 6 vi ero regente, e lessi 

tutto Panno in chiesa !’evangelio di S. Giovanni. L’anno 1655 

predicai nel duomo di Perugia ad istanza dell’ ill=o eardinale 

della Corgna. L’anno 1556 fu chiamato a Roma al coneilio 
generale, che gi principiö la santitä di papa Paulo IIII, però non 
predicai. L’anno 1557 fu eletto inquisitor di Venezia e del do- 
minio, e bisognandome tre di della seltimana seder al tribunale 

non predicai ordinariamente, ma 3(?) di della setiimana a 8. 

Caterina in Venezia. L’anno 1558 zredicai a 8. Aposteli di 

Venezia e 4 giorni della settimana a S. Caterina, ancorche exe- 

quisse V’officio della st= inquise- L’anno 1559 non predicai 

salvo tre di della settimana a S. Caterina per le molie oceupa- 

tioni del s. officio. L'anno 1560 tornando col brieve di S. 

Santitä a Venezia inquisitore tardi predicai solo & S. Caterina 

come di Bopra. 

(Commissioni.) L’anno 1548 ebbi da rev=° mre Bartolom- 
meo da Macerata, ministro della Marca, una oommissione & 
Fermo per liberar di prigione del Sr vicelegato fra Leonardo 
della Ripa: lo liberai e lo condussi in Macerata. L’anno 1549 
ebbi dal sudo R. Pre commissioni in tutta Ja eustodia di Ascooli 
da Febbraro fino a pasqua. L’anno istesso dall’ istesso ebbi 
una commissione nel convento di Fabriano e vi rimisi frate Evan- 
gelista dell’ istesso luogo. L’anno 1550 ebbi dall’ istesse padre 
commissione in Senegaglia: rimisi fra Nicold in casa e veddi 
i suoi conti. L’anno 1551 ebbi commissione dal rmo pre gene- 
rale mre Gia Jacobo da Montefalco a visitar tutta la parte de 
Montefeltro , Cagli et Urbino. L’anno 1552 ebbi dall’ illmo car- 
dinale protettor commissione sopra una lite esistente tra il guar- 
diano fra Tommaso da Piacenza et un fra Francesco da Osimo, 
che aveva fatto la cocchina in Santo Apostolo. L’istesso anno 
ebbi commission dal revmo padre generale mte Giulio da Piacenza 
nel convento di Fermo, e privai di guardianato mro Domenico 
da Montesanto, e viddi i conti del proeuratore fra Ludovico da 
Pontano, e bandii della provincia fra Ciecone da Monte dell’ 
Olmo per aver dato delle ferite a fra Tommaso dell? istesso 
Iuogo. L’anno 1555 ebbi dal sudetto rmo generale commissione 
di andar in Calabria a far il ministro, perche avea inteso quello 
esser morto, ma chiarito quello esser vivo non andai. L’anno 


di papa Sicco V. 2327 


1557 ebbi commissione sopra il Gattolise di isiria, ao 
il Garzoneo da Veglia et alire assai —— terra Giulio 
di Capodistrie. L'anno 1559 fui fatto commissarie nella pro- 
vincia di S. Antonio, tenni il eepitolo,a Bassano, e fu eletto mi- 
nistro .‚m’° Cornelio Veneso. L'anno 1560 fui fatto inquisitore 
apostolico in iutto il dominio Veneto, e dell’ istesso anno fui 
fatto teologo assistente alla inquisitione di Roma il di 16 Lu- 
glio 1560. .. FZ 

Nel ceapitolo generale di Brescia 1556 fui eletto promotor 
a magisterii con l’Andria e con m”° Giovanni da Bergamo, et 
otto baecalaurei da noi promossi furon dottorati dal revmo ge- 
nerale mro Giulio da Piacenza, cio& Antonio da Montalcine, 
Ottaviano da Ravenna, Bonarventura da Gabiano, Marc Antonio da 
Lugo, Ottaviano da Napoli, Antonio Panzetta da Padova, Otta- 
viano da Padova, Martiale Calabrese. Otto altri premossi ma non 
adottorati da s. p. rma: Francesco da Sonnino, Antonio da Ur- 
bino, Nicolö da Montefaleo, Jaeobo Appugliese, Antonio Bol- 
letta da Firenze, Constantino da Crema, il Piemontese et il Si- 
colino. Io perd con l’autoritä di un cavalier di S. Pietro da 
Brescia addottorai Antonio da Urbino, il Piemontese e Constan- 
tino da Crema. Di Maggio 1558 con l’autoritä del cavalier Cen- 
tani adottorai in Venezia fra Paolo da S. Leo, frate Andrea 


d'Arimino, Giammatteo da Sassocorbaro e fra Tironino da Lu- 


nano, tutti miei discepoli. 


60. 
De vita Sixti V ipsius manu emendata. Bibl. Altieri. 57 91. 


Zwar nur eine Abichrift, aber in welcher die Fehler des erſten 

Schreibers und die Verbeflerungen des Papſtes treulich aufgenom⸗ 
men worden ſind. Ueber durchſtrichenen Worten lieſt man die Cor⸗ 
rectur. 
Es fängt von ber Armuth der Eltern dieſes Papſtes an, welche 
„alieni parvique agri eultura“ ihr Leben frifteten; er ruͤhmt von 
der Familie vor allem Signora Camilla, die wenigſtens damals als 
er fchrieb fich in ihren Anfprüchen noch fehr mäßigte: „quae ita se 
intra modestiae atque humilitatis suae fines continuit semper ut 
ex summa et celsissima fortuna fratris, praeter innocentiae at- 
que frugalitatis famam et in relictis sibi a familia nepotibus pie 
ac liberaliter educandis diligentiae laudem, nihil magnopere ce 
pisse diei possit.* Er führt Erziehung, Emporfommen und Die 
erfte Zeit der Staatsverwaltung aus. Beſonders iſt er merfwürdig, 
weil er das bei den Bauten von Rom vorherrfchende chriftliche Prin⸗ 
eip heraushebt. 

Ungefähr 1587 wird dieß Werkchen verfaßt fein. Der Ber: 
faffer hegte die Abficht auch Die folgenden Zeiten zu ſchildern. Tum 
dicentur nobis plenius cum acta ejus (Sixti) majori parata or- 
dine prodere memoriae experiemur. Quod et facturi pro virl- 
bus nostris, si vita suppetet, omni conatu sumus, et Ipse Ingen- 
tia animo complexus nec ulla mediocri contentus gloria uberem 


328 Vita Sixti V ipsius mann emendala. 
ingenlis materiam praebiturus egregie de se condendi volumina 
idetur. 


Bei dem num, was wir vor Augen haben, iſt die wichtigfte Frage 
ob es wirflich von jenem Papſt revidirt worden. ... 

Auch Tempeſti, der die Abſchrift der Bibliothek Altieri nicht 
kannte, beſaß ein Werkchen das man ihm als von Graziani verfaßt, 
von Papſt Sirtus revidirt empfohlen hatte. Er macht einige Ein⸗ 
wendungen dagegen, und mag in denſelben Recht haben. Es iſt aber 
mit dem unſern nicht identiſch. Tempeſti macht unter andern darauf 
aufmerkſam (p. XXX), daß Graziani den Papſt gleich feine erſte 
Proceſſion von S. Apoſtoli anfangen laſſe, da ſie doch von Araceli 
ausgegangen. Ein Fehler der freilich wohl eher einem Manne ent: 
gehn Fonnte ber Hopf geworden und die Gelchäfte der Welt trieb, 
ald dem Padre Maeſtro Tempeſti. Aber in unferer Vita findet er 
ſich nicht. Ganz richtig heißt es in berfelben: Verum ut acceptum 
divinitus honorem ab ipso deo exordiretur, ante omnia suppli- 
cationes decrevit, quas ipse cum patribus et frequenie populo 
pedibus eximia cum religione obivit a templo Franciscanorum 
ad S. Mariam Majorem. 

Wir haben auch noch ein pofitived Zeugniß für die Authentie 
unfers Werkchens. Eine andere Lebensbeſchreibung — die nächfte de 
ren wir gedenfen — erzählt, Sirtus habe zu gewiffen Eommentas 
rien an dem Rande bemerft: „sororem alteram tenera aetate de- 
cessisse.* Wir finden daß eben dieß in unferer Schrift gefchehen 
il. Der erfle Verfaffer hatte gefchrieben: Quarum alters nupsit, 
ex cujus filia Silvestrii profluxisse dicuntur quos adnumerat suis 
ontifex‘ etc. Sixtus ſtrich dieß und einiges andere aus, und fchrieb 
binzu: „Quarum altera aetate adhuc tenera decessit. 

Sene zweite Lebensbefchreibung fagt ferner: In illis commen- 
tariis ab ipso Sixto, qui ea recognovit, adscriptum reperi, Sixti 
matrem Marianam non quidem ante conceptum sed paulo ante 
editum filium de futura ejus magnitudine divinitus fuisse meni- 
taın. Auch dieß finden wir in unferer Schrift. Der Autor hatte 
gefagt, Peretto habe im Zraum die Vorberfagung empfangen: „na- 
sciturum sibi filiom qui aliquando ad summas esset dignitates per- 
venturus.“ Water iſt weggeflrihen, und gejett: „Ejus uxor par- 
tui vieina. 

“ a m unfer „nserföhen ee große Authentie; 
ießt ſich unmittelbar an jenes Autographum des es an. 
Es verdiente wohl einen befondern Abruf, Papſt 


61. 
Sixtus V Pontifex Maximus. Bibl. Altieri. 80 Blätter. 


Eben die Schrift durch welche wir die Authentie der vorigen zu 
beweifen vermochten. Sch finde nicht, daß fie Tempeſti ober ein An; 
derer gefannt habe. 

Der Autor fchrieb nach dem Tode des Sixtus. Schon er be 
Magt, daß das Gedächtniß deſſelben durch vicle Erdichtungen verun- 
flaltet werde. Sixtus V, hebt er an, memorise quibusdam gratae, 





Sixtus V Pont. Max. 329 


aliquihus invisae, omnibus magnae, cam cura nobis et sine am- 
bitu dicetur: curam expectatio multorum acuit (obwohl die Schrift 
niemals gedruckt worden), ambitem senectun nobis imminens prae- 
cidit 


Seinen Gegenfland findet er fehr wichtig. „Vix aut rerum 
moles major aut majoris animi pontifez ıllo unquam tempore 
concurrerunt. 

Sn einem erften Theile feines Werfchens gebt er das Leben Sir 
tus V. bis zu deſſen Erhebung auf den päpftlihen Stuhl dur. Er 
fchöpfte dabei aus obiger vebensbeithreibung, Brieffchaften des Six⸗ 
tus, die er Sfter citirt, und mündlihen Nachrichten von Gardinal 

aleotto oder eimen vertrauten Hausgenoſſen des Papkted Namens 
apelletto. Dabei fommen auch ger mancherlei Denfwürbigfeiten 
- zur Sprache. | 

Cap. I. Sixti genus, parentes, patria. Die fonderbare Mo⸗ 
tiz, daß Sixtus ſich in feiner Jugend habe Erinitus nennen wollen, 
ja fogar in dem Klofter eine Zeitlang fo genannt worden fe. Er 
verfiand darımter einen Kometen, und wählte dielen Namen um fei- 
ner Gluͤckshoffnungen willen (propter speratam semper ab se ob 
ea quae mox exsequar portenta nominis et loci claritatem). Dar: 
auf ſoll ſich der Stern in feinem Wappen beziehen. Wenigftens iſt 
dieß fein Komet. Uebrigens hat er felbft Paleotto’n gefagt, daß durch 
die Birnen auf diefem Wappen fein Vater (Peretti), durch bie 
Berge fein Vaterland angezeigt werbe: der Löme der Die Birnen 
trägt, zeige zugleich Großmuth und Wohlthätigfeit an. 

II. Ortus. Sixti divinitus ejusque futura magnitudo prae- 
nuneiatur. Girtus felbft erzählt, fein Vater habe einft in der Nacht 
ben Zuruf vernommen: „„Vade, age, Perette, uxori jungere: pa- 
ritura enim tibi filium est, cui Felicis nomen impones: is enim 
mortalium olim maximus est futurus.‘ Ein feltfamer Kauz war 
Diefer geretli doch. Seine Frau war damals in Dienften jener Diana 
in der Stadt. Auf Beranlaffung der weiflagenden Ermunterung ſchlich 
er fi) num bei Nacht und Nebel hinein. Am Zage durfte er ſich aus 
Furcht vor feinen Gläubigern nicht blicken Iaffen. — Seltfamer Urs 
fprung! Später hat Veretti feine Gldubiger auf das Gluͤck feines 
Sohnes foͤrmlich vertröftet. Wenn er das Kind auf den Armen 
hatte, fagte er wohl: er trage einen Papſt, und 309 bad Füßchen 
hervor um es von feinen Nachbarn füflen zu laflen. 

IH. Nomen. Peretto fagte, al$ man ihm gegen den Nas 
men Felix Einwendungen machte: „, Baptismo potius quam Felicis 
nomine carebit.“ Die Betten fingen einmal von einen flehn ges 
bliedenen Lichte Teuer: die Mutter lief herbei, und fand das Kınd 
unbeſchaͤdigt und lachend. Lngefähr, wie dem Kinde der Sclavin 
Servius Tullius, die ihm bevorfichende Hoheit. duch die Flamme 
angekuͤndigt ward, die im Schlafe fein Haupt .umgab., Nach fo 
vielen Jahrhunderten wiederholt fih das Wunder oder der Glaube. 

IV. Studia. Daß er Schweine gebütet, habe er doch nicht gern 

ehört: weil es in obigen Eommentarien geflanden, babe er deren 
Fortfegung verboten: Erzählung von feinen erften raſchen Sortichrit: 
ten: fo baß er den Lehrmeiſter für feine 5 Bajocchi allzu ſehr beſchaͤf⸗ 
tigte. Vix mensem alterum operam magistro dederat, cum ille 


: 339 Sixtus V. Pont. Max. 


-Perettum adit, stare se oonventis .posse hegans: tam enim multa 
Felicem supra religuerum captum et:merem discere ut sibi multo 
plus in.uno illo quam in ceteris iastituendis omnibus laboranti 
non expediat maximam operam minima Omnium mercede consu- 
mere. Bei Fra Salvatore ward er. ziemlich hart gehalten. Er bes 
tam mandyen Schlag, weil er ihm die Speifen nicht recht worſetzte. 
Das arme Kind hob fich hoch auf die Zehen, war aber fo flein, daß 
es kaum die Tiſchplatte mit feiner Höhe erreichte. 

V. Moͤnchsleben. Was wir über die Art feines Studirens 
and die Disputation zu Aſſiſi berichtet haben. Der erſte Ruf fei- 
ner Predigten. Auf den Reifen hielt man ihn zu Belforte auf, und 
ließ nicht ab, bis er unter ungebeurem Zulauf der Nachbarn breis 


mal geprebigt, 
I. Montalti cum Ghislerio Alexandrino jungendae familia- 
ritatis occasio. 

Vi. Per magnam multorum invidiam ad magnos multos- 
que honores evadit. Namentlich in Benedig, wo er den Druck des 
Inder durchfeßte, hatte er viel zu dulden. Er hatte ſich einmal ent: 
fernen muͤſſen, ımd trug Bedenken dahin zuruͤckzukehren. Der Gar: 
dinal Garpi, feit jener Dieputation fein Beichiger, kuͤndigte den 
dortigen Franciseanern an: entweder follte Montalto oder Keiner von 
ihnen in Dencbig bleiben. Indeſſen konnte er fi doch nicht in Bes 
nedig ‚halten. ‚Seine .Orbensbrüder on ihn vor dem Rathe der 
Zehen an, daß er Unordnung in der Republik ſtifte, indem er na⸗ 
mentlich diejenigen nicht abfolviren wolle weiche im Beſitze verbote⸗ 
ner Bücher feyen (qui damnatos libros domi retineant). Gr mußte 
nah Rom zurüchgehn, wo er Confultor der Inquifition wurbe. 

VIII. Romanae inguisitionis consultor, sui ordinis procu- 
rator, inter theologes congregationis Tridentini coneilii adseri- 
bitur. Auch bei den Franciscanern in Nom fand Montalto wur auf 


‚ausdrückliche Empfehlung des Carpi Aufnahme, und dieſer fchickte 


ihm feine Mahlzeit zu. Er beförberte ihn in jene Stelle, er em: 
pfahl ihn ſterbend dem Cardinal Ghislieri. 

IX. Iter in Hispaniam. Er begleitete Buoncompagno, nach⸗ 
mals Gregor XIII. Schon damals verſtanden ſie ſich uur ſchlecht 
unter einander. Montalto mußte zuweilen auf dem Packwagen rei⸗ 
ſen. Accidit nonnunquam ut quasi per injuriam aut necessita- 
tem jumento destitutus vehiculis quibus impedimenta comporta- 
bantur deferri necesse fuerit. Es folgten viele andere Vernach⸗ 
läffigungen. 

X. Post honorifice delatum episcopatum per iniquorum ho- 
minum calumnias cardinalatus Montalto maturatur. Auch der Ne 
pote Pius V. war ihm entgegen, „alium veterem contubernalem 


‘evehendi cupidus.“ Unter andern fagte man dem Papfl, man habe 


vier wohlverfchloffene Kiften in das Zimmer des Montalto getragen, 
der ſich ganz verweichliche und prächtig wohne. Pius ging unvermu⸗ 
thet fetbit in das Klofter. Er fand nackte Wände, und fragte end: 
lich was in den Kiften fen, welche noch da landen. „Bücher, bei 
liger Vater,“ fagte Montalto, „die ich mit nah ©. Agatha 
nehmen will“ — das war fein Bisthum, — und äffuete eine. 





Sixtus V Pont. Mux. 3a 


due war böchlich zufrieden, unb ernannte ihn in kurzem zum Gar- 
na ‘ 


XI. Mentalti dum cardinalis fuit vita et mores. (Gregor 
entzog ihm feine Penfton, was viele auf das fünftige Yontificat des 
Montalto deuteten. Levis enim aulicorum ‚quorundam superstitio 
diu credidit, poutißeum animis oceultam quandam in futuros suc- 
cessores obtreetationem insidere. 

XII. Francisci Peretti caedes incredibili animi aequitate 
tolerata. 

XIII. Pontifex M. magna patrum consensione declaratur. 

Hierauf folgt der zweite Theil. 

„Haetenus Sixti vitam per tempora digessimus: jam hinc 
per species rerum et capita, ut justa hominis aestimatio cuique 
in promptu sit, exequar.‘ 

Es finden ficy jedoch von diefem Theile nur drei Eapitel: Ora- 
tia in benemeritos;- — pietas in Franeiscanorum ordinem; — 
publica- seeuritas. 

Das letzte it durch feine Schilderung gregorianifcher Zeiten bei 
weitem das wichtigſte, und ich will, da ich nicht eine völlige Abs 
ſchrift genommen, wenigfiens einen Auszug mittheilen. 

Initio quidem nonnisi qui ob caedes et latrocinia proscripti 
erant, ut vim magistratuum eflugerent, genus hoc vitae institue- 
rant, ut aqua et igne prehibiti latebris silvarum conditi aviis- 
que montium ferarım ritu vagantes miseram anxiamque vitam 
furtis propemodum neeessariis sustentarent.. Verum ubi rapi- 
nae dulcedo et impunitae nequitiae spes alios atque alios extre- 
mae improbitalis homines eodem expulit, coepit quasi legitimum 
aliquod vel mercimonii vel artificii genus latrocinium frequen- 
tari. Itaque certis sub dueibus, quos facinora et saevitia nobi- 
litassent, societates proscriptorum et sicariorum ad vim, cae- 
des, latroeinia coibant. Eorum duces ex audacia vel scelere 
singulos aestimabant: facimorosissimi et saevissima ausi ma- 
xime extollebantur ac decurionum centarionumque nominibus 
militari prope more donabantur. Hi agros et itinera non jam 
vago maleficio sed justo pene imperio infesta habebant. — — 
Denique operam ad caedem inimicorum, stupra virginum et alia 
a quibus mens refugit, factiosis hominibus et scelere alieno ad 
suam exaturandam libidinem egentibus presente pretie locare: 
eoque res jam devenerat ut nemo se impune peccare posse cre- 
deret nisi cui proscriptorum aliquis et exulum periculum prae- 
staret. lis fiebat rebus ut non modo improbi ad scelera, verum 
etiam minime mali homines ad incolumitatem ejusmodi feras 
bestias sibi necessarias putarent. — — Id proceribus et prinei- 
pibus viris perpetuo palam usurpari. — — Et vero graves Ja- 
cobe Bonoompagno suscepfae cum primariis viris inimicitiae ob 
violatam suarum aedium immunitatem diu fortunam concussere. 
Procerum plerique, sive quos aes alienum exhauserat, sive quo- 
rum ambitio et luxus supra opes erat, sive quos odia et ulci- 
scendi libido ad cruenta consilia rejecerant, non modo patroci- 
nium latronum suscipere, sed foedus cum illis certis conditioni- 


332 Sirtus V Pont. Max. 


bus saneire ut operam illi ad caedem locarent mercede impuni- 
tatis et perfugii. Quum quo quisque sicariorum patrono utere- 
{ur notum esset, si cui quid surreptum aut per vim ablatum fo- 
ret, ad patronum deprecatorem confugiebatur, qui sequesirum si- 
mulans, utrinque raptor, tum praedae partem a sicariis fum 
operae mercedem a supplicibus, aliquando recusanlis specie, quod 
saevissimum est rapinae genus, extorquebat. Nec defuere qui 
ultro adversus mercatores atque pecuniosos eorumque filios, 
agros etiam et bona ex destinato immitterent, iisque deinde re- 
dimendis ad seque confugientibus operam venderent, casum adeo 
miserantes ut ex animo misereri credi possent. — — Lites si- 
cariorum arbitrio privatis intendebantur, summittebantur vi adacti 
testes, metu alii a testimonio dicendo deterrebantur. — — Per 
urbes factiones exoriri, distinctae coma et capillitio, ut hi in 
laevam, illi in dexteram partem vel villos alerent comarum vel 
comam a fronte demitterent.- Multi ut fidem partium alicui 
addictam firmarent, uxores necabant, ut filias, sorores, affınes 
eorum inter quos censeri vellent ducerent, alii consanguinearum 
viros clam seu palam trucidabant, ut illas iis quos in suas par- 
tes adlegeränt collocarent. Vulgare ea tempestate fuit ut cui- 
'que sive forma seu opes mulieris cujuscunque placuissent, eam 
procerum aliquo interprete vel invitis cognatis uxorem duceret: 
neque raro accidit ut praedivites nobilesque homines exulum 
abjectissimis et rapto viventibus grandi cum dote filias collo- 
care vel earum indotatas filias ipsi sibi jusse matrimonio jun- 
gere cogerentur. — — Sceleratissimi homines tribunalia consti- 
tuere, forum indicere, judicia exercere, sontes apud se accu- 
sare, testibus urgere, iormentis veritatem exiorquere, denique 
‚solemni formula damnare: aliog vero a legitimis magistratibus 
in vincula conjectos, causa per prörem (procuratorem) apud se 
dicta, absolvere, eorum accusatores ac judices poena talionis 
condemnare. Coram dammnatos praesens poena sequebatur: 
si quid statutum in absentes foret, tantisper morae erat dum 
sceleris ministri interdum cum mandatis perscriptis riteque ob- 
signatis circummitterentur, qui per veram vim agerent quod le- 


gum ludibrio agebatur. — — Dominos et reges se cujus collibuis- 
set provinciae, ne solennibus quidem inaugurationum parcentes, 
dixere multi et scripsere. — — Non semel sacra supellectile e 


templis direpta, augustissimam et sacralissimam eucharistiam in 
silvas ac latibula asportarunt. qua ad magica flagitia et execra- 
menta abuterentur. — — Mollitudo Gregoriani imperii malum 
in pejus convertit. Sicariorum multitudo infinita, quae facile 
ex rapto cupiditatibus conniventium vel in speciem tantum ira- 
scentium ministrorum largitiones sufſiceret. Publica fide se- 
curitas vel petentibus concessa vel sponte oblata: arcibus, oppi- 
dis, militibus praeficiebantur. Eos velut ab egregio facinore 
reduces multitudo, quocunque irent, spectando eflusa miraba- 
tur, laudabat. — — 





Memorie del pontificato di Sisto V. 333 


62. 


Memorie del pontificato di Sisto V. Altieri XIV. a. IV. fol, 
480 Blätter. 


Nicht ganz neu und unbefannt iſt diefed ausführliche Werk. 
Tempeſti hatte eine Abfchrift aus dem Archiv des Capitols, und be 
zeichnet den Urheber deffelben als den Ynonpm Gapitolino. 

Tempeſti ift aber gen dieß Werk Höchft ungereht. Er cos 
pirt es in unzähligen Stellen, und in dem allgemeinen Urtheil am 
anfang feiner Geſchichte fpricht er ihm doch die Glaubwuͤrdig⸗ 
eit ab. 

Es ift aber ohne Zweifel Das Beſte was es über Sixtus V. Ges 
ſchichte gibt. 

Der Autor hatte die wichtigften Documente in Händen. Man 
fieht es feiner Erzählung an: auch fagt er es felbft, z. B. in deufs 
{hen Sachen: „mi risolvo di narrar minutamente quanto ne 
trovo iu lettere e relationi autentiche. ““ 

Ueber die Binanzeinrichtungen Sixtus V. bat er die genaueften 
Nachrichten: Schritt für Schritt begleitet er fie. Doch geht er dabei 
mit vieler Diseretion zu Werke. li venivano, fagt.er, proposte 
inventioni stravagantissime ed horrende, ma tutte sotto faccia 
molto humana di raccor danari, le quali per esser tali non ar- 
disco di. metter in carta tutte, ma sole alcune poche vedute da 
me nelle lettere originali degl’ inventori. 

Er hatte ein Leben Gregord XIU. gefchrieben, und deshalb 
mag man ihn für Maffei gehalten haben; obwohl ich fonft feinen 
Grund finde ihn mit diefem Sefuiten zu identificiren. 

Schade nur daß auch dieß Werk nur ein Fragment ift. Gleich 
von vorn fehlen die frühern Ereigniffe. Sie waren gefchrieben,- doch 
bricht wenigſtens unfer Mf. mitten in einem Sate ab. Hierauf wer: 
den die Einrichtungen der erften Jahre des Papſtes durchgegangen, 
aber der ®erfaffer formnt nur big zu dem Jahre 1587. 

Den eriten Mangel fönnen wir verfchmerzen, da wir darüber 
fo viel andere und gute Belehrung befiten, aber der Mangel der 
fpätern Arbeit iſt Höchft empfindlich. Es ift eine Art europäifcher 
Geſchichte, die der Werfafler aus wirflih glaubwürdigen Nachrich⸗ 
ten mittheilt. Weber das Jahr 1588, den annus climactericus der 
Welt, würden wir gewiß bei ihm viele gute Nachrichten finden. 

Mien höre, wie vernünftig er ſich im Anfange "feiner Arbeit 
ausdruͤckt. | 


Non ho lasciata via.per cui potessi trar Jume di vero .che 
non abbia con meolta diligenza et arte aperiami et indefessa- 
mente camminata, come si vedrä nel racoonto che faceio delle 
seritture. e relationi delle quali mi son servito nella tessitura 
di questa istoria. Prego dio, autore e padre d’ogni verità, si- 
some mi ha dato ferma volontä di non dir mai bugia per in- 
gannare, cosi mi conceda lume di non dir mai il falso con es- 
sere ingannato. ö 

Ein Gebet, eined Hiſtorikers ganz würbig. 





334 Sixti V vita 


Er fchließt bei den Carbinalmahlen von 1587 mit den Worten: _ 
E le speranze spesso contrarie alle proprie apparenze. 

Ich habe einen großen Theil feiner Notizen nah Vergleichung 
mit den anderweiten aufgenommen; was etma noch übrig wäre hier 
nachzutragen, würde bei dem Umfange des Werkes zu weit führen. 


53. 


Sixtii V Pontificis Maximi vita a Guido Gualterio Sangenesino 
descripta. MS der Bibl. Altieri. VIIL. F. 1. 54 Blätter. 


Tempeſti gebenft eines Tagebuches über bie Zeiten Sirtus V. 
von einem Autor diefed Namens. Es ift der nemliche der unfre Les 
bensbefchreibung verfaßt hat. In unferm Werk erwähnt er das frühere. 
Er war von Sirtus für feine Bemühungen befonders belohnt worden. 

Das Eremplar in dem Pallaſt Altieri ift ſehr antbentifeh und 
vielleicht einzig. Es hat Anmerkungen von der Hand ded Autors. 
„Me puero cum in patria mea Sangeno‘ etc. fagt er darin, fo 
daß Fein Zweifel feyn kann. 

Er fchrieb es kurz nach Sixtus Tode, in ben erſten Zeiten Cle⸗ 
mens VUI, deffen er öfter gedenkt. Er erwähnt, daß gerade die 
Nachricht von dem Webertritt Heinrichs IV. zum Katholicismus eins 
treffe, fo daß wir das Sahr 1593 mit Sicherheit als das Jahr der 
Abfaſſung annehmen koͤnnen. 

Auch iſt der Autor beſonders glaubwuͤrdig. Er ſtand mit ber 
Familie Peretti in naͤherer Verbindung: Maria Felice, Tochter der 
Signora Camilla, war in Sangeno erzogen; die Frau des Autors 
war ihre genaue Freundin; er ſelbſt war mit Anton Boſio, dem 
Secretaͤr des erſten Befoͤrderers von Montalto, des Cardinal Carpi, 
ſehr genau befannt: „summa mihi cum eo necessitudo interce- 
debat.“ - 

Und fo iſt er denn vornehmlich über die frühern Lebensumftände 
des Papſtes gut unterrichtet. — 

Er widmet ihnen den erſten Theil ſeiner Schrift. 

Er berichtet, wie Fra Felice zuerſt mit P. Paul IV. bekannt ges 
worden ſey. Bei dem Brande einer Minoritenkirche in der Mark war 
die Hoſtie verſchont geblieben. Es muß das mit einigen beſondern 
Umſtaͤnden verfnüpft geweſen ſeyn; genug man hielt hierüber große 
Confultation. Die Cardinale der Inquifition, Ordensgenerale, viele 
andere Prälaten waren zugegen. Cardinal Earpi brachte ven Mont: 
alto mit, und drang darauf, daß auch diefer fein Gänftling feine 
Meinung zu fagen habe. Montalto fagte eine Meinung, bie allen 
die beſte ſchien; hoͤchlich zufrieden ‚ging Carpi weg. In ejus sen- 
tentiam ab omnibus itum est. Surgens cardiwalis Carpensis di- 
xit: Probe noram .quem virum bue adduxissem. 

6 Merfwürdig iſt die Scyiiderung feiner ariftotelifhen Bemuͤ⸗ 
ungen. .. 

Die Ausgabe des Poftus, in ber That eines Schuͤlers von 

Montalto, wird von Gualterius diefem Ießten geradehin zugefchrie 

ben. Aristotelis Averroisque opera ex pluribus antiquis biblio- 

thecis exemplaria nactus emendarit, expurgavit, aptoque ordine 








a Grido @ualterio. deseripta. 335 


in tomos, ut vocant, undeeim digessit. Mediam et magsam 
Averrois in libros. posteriorem expositionem apta distributione 
Aristotelis textui accommodavit: mediam Averrois expositionem 
in 7 metaphysicoram libros invenit, exposuit, ejusdem Averrois 
epitomata qnaesita et epistolas suis restitait locis, solutionibus 
contradictionum a dootissimo Zunara editis (in denen die Wider⸗ 
fprüche zwiſchen Ariftoteled und Averroes ausgeglichen werden) cen- 
tum addidit. 

Dann ſchildert er ben Charakter feines Heben. Magnanimus 
dignoscebatur,; ad iram tamen pronus. Somni potens: cibi par- 
cissimus: in ofio nunquam visus nisi aut de studiis aut de ne- 
setu meditans. € $ 

o gelangt er zum Conclave. Hierauf fängt auch er an, bie 
THaten Eirtus V. nad) feinen. verfchiedenen Tugenden zu fchildern: 
Religio, Pietas, Justitia, Fortitudo, Magnificentia, Providentia. 
Ä So feltfam dieſe Eintheilung ift, fo kommen doch dabei eine 

Menge häbfcher Dinge zum Vorſchein. 
ebhaft bemüht ſich Gualterins den Papſt gegen bie Anflagen zu 
vertheidigen die ihm wegen feiner Auflagen gemacht. worden. Man 
böre aber wie. „Imprimis ignorare videntur, pontiicem Roma- 
num non in nostras solum facultates sed in nos etiam ipsos 
imperium habere.‘“ Was würbe die heutige Zeit zu dieſem Staats⸗ 
recht fagen? 

Vornehmlich den Baumerfen Sirtns V. widmet er Aufmerkſam- 
feit, und ift darüber recht intereffant. 

Er ſchildert den Zuſtand des alten Lateran. Erat aula per- 
magna quam coneilii aulam voeabant — ohne Zweifel wegen ber 
Lateranconeilien, bis zu Ben X, — erant porticus tractusque cum 
sacellis nonnullis et cubieulis ab aula usque ad S. Sabae quamı 
S. Salvatoris capellam vocant. Erant -s. scalarum gradus et 
porticus veiustissimae e qua veteres pontifices, qui Lateranum 
incolebant, populo benedioebant: Aedes illae veteres maxima 
populi veneration, celebrari solebant, cum in illis non pauca 
monumenia esse crederentur Hierosolymis usque deportata. Sed 
fortasse res in superstilionem abierat: itaque Sixtus, justis de 
causis ut credere par est, servatis guibusdam probatioribus mo- 
numentis, sanctis scalis alio translatis, omnia demolitus est. 

Bir fehen, der Autor unterwirft ſich, aben er fühlt das Unrecht. 

Nicht minder merkwürdig ift die Beichreibung von ©. Peter, 
wie ed zu biefer. Zeit war (1598). 

In Vaticano tholum maximum thelosque minores atque ades 
sacellum majus. quod majorem capellam. vocant aliaque minora 
sacella et aedificationem totam novi templi Petre Apostolo di- 
cati penitus absoWwit. At plumbeis-tegere laminis, ornamenta- 
que quae animo destinarat adhibere, templique pavimenta ster- 
nere non potuit, morte sublatus. At quae- supersunt Clemens 
VIII perseenturus perfecturusque creditar, qui tholum ipsum 
plumbeis jam contexit laminis, sanclissimae crucis vexillum ac- 
neum inauratum imposuwit, templi illius pavimentum jam imple- 
vit, aequavit, sirmvit pulcherrime, totique templo aptando ct 


336 Galesini Vita Siæti V. 


exornando diligentissimam dat operam: cum vero ex Michaelis 
Angeli forma erit absolutum, antiquitatem omnem cito supe- 
rabit. 

Wir feben, daß man noch immer nichts beabfichtigte als den 
Kan des Michel Angelo auszuführen, und es fcheint als fey alles 
bon wirklich vollendet geweſen (penitus absolvit). 

Wir hatten über die Coloſſen fhen oben eine merfwürdige No⸗ 
tiz. Ich will Bier noch eine hinzufügen. 

Der Autor redet von bem Platz auf dem Quirindl. Er fagt 
von den Berfchönerungen deffe durch Sixtus V: Ornavit per- 
enni fonte et marmoreis Praxitelis et Phidiae equis, quos ve- 
tustate cum eorum rectoribus deformains una cum basi marmo- 
rea in pristinam formam concinnavit et e vetere sede ante Con- 
stantini thermas in alteram areae partem prope S. Paulli mona- 
corum aedes transtulit. Auch in dltern Abbildungen, von benen eine 
bei Meier wiederholt iſt (f. Gefch. der Kunft II, 299 und Abbilduns 
gen dazu Zafel XV.), erfcheinen die Coloffen in einer fehr verſtuͤm⸗ 
melten Geftalt; ungefähr wie fie unfere. Venezianer fchilderten (f. ©. 
239). Offenbar wurde ihnen erft unter Sirtus V. ihre heutige 
Zorm gegeben. 54 


Galesini Vita Sixti V. Vatic. 5438. (122 Blätter.) 
Dandichrift ohne eigentlichen Titel, auf dem erfien Blatt mit 


folgender Widmung. 

Sanctissimo patri Sixto V, pontifici maximo, vigilantissimo 
ecclesiae dei pastori, providississo principi, sapientissimo uni- 
versae reipublicae christianae moderatori et rectori, commenta- 
rium hoc de vita rebusque. ab eo in singulos annos diesque pu- 
blice et. pontificie actis gestisque distribute ac luculenter scri- 
ptum Peirus Galesinus magno et summo benignissimoque patrono 
singularis in illum pietatis atque observantjae ergo in perpetuum 
dicavit. . 

Schon diefe Worte zeigen, daß wir mehr eine Lobfchrift vor ung 
haben als eine Lebendbefchreibung. 

Der Autor findet e3 bemerkenswerth, daß Sirtus V. als das 
vierte Kind feiner Eltern geboren — „sol enim quarto die creatus 
est“ — daß er an dem Tage der Gründung Roms zum Papſt ge: 
wählt worden. Ze 

Die Erzählung der frühern Fahre if ſehr fragmentarifch. Much 
bier wirb bezeugt, daß ein begabter junger Menſch in-Armuth und 
Strenge am beiten zu gedeihen pflege, In dem Haufe der Beretti war 
die Mutter firenge: „Matris metu, cam aliquid mali se cemme- 
ruisse videret, in omnes partes corporis se ‚exeitavit.‘* 

Die Arbeiten in der Billa: :Opus manu faciebat, ita ut vel 
hortos coleret vel arbores sereret aut aliqua ratione, instar dili- 
genlissimi agricolae, egregiae insilionis opera consereret, inter- 
ocaret. 

Bei den Handlungen des Papſtthums tritt befonders die ſtren⸗ 
gere religidfe Richtung hervor der ſich Sirtus ergab: — 3. B. Sei 

"den 





Relatione al papa Sido V. 337 


den Bauten: „ut urbis opera et idolatriae simulaera, inanis et 
falsae gloriolae insanarumque superstitionum monumenta, adhuc 
in urbe jam diu nimis inveterata quadam rerum olim Romanarum 
a christiano cultu abhorrentium curiositate, — — .ad christianae 
pietatis ornamenftum pertraberet. ‘* 

Urfprung des Lateranpallaftes. Pontifex cum vix cubiculum 
inveniret quo se reciperet, continuo jussit aedes pontificia ma- 
jestate dignas in Laterano- extrui: valde enim absurdum abso- 
numque duzit basilicam Laterauensem, omnium ecelesiarum ma- 
trem, proprium pontificis Romafhi episcopatum aedes non ha- 
bere quae cum tanta episcopatus dignitate convenirent, 

Ueberhaupt findet er Rom fehr fromm. Dat magna pietatis 
et integritatis indieia.  Clericorum disciplina fere est ad pristi- 
nos sanctissimos mores restituta, ratio divini cultus administra- 
tioque sacrarum aedium ad probatum veierem morem plane per- 
ducta. — — Ubique in ipsis ecclesiis genuflexiones: ubique in 
omni fere urbis regione fideles qui sacra illa sexta feria ( Char; 
freitag) infinitis verberibus miserandum in modum propeia terga 
ita lacerabant ut sanguis in terram usque defluxerit. 


55. 
Vita Sixti V anonyma. Vatic. n. 5563. 


Nur wenige Blätter über die Jugenbjahre Sixtus V. Gein 
Name Felir-wird von einem Zraume feined Waters hergeleitet. 


56. 
Relatione al papa Sisto V. 41 BI. - 


Bon einem Mitgliede der Curie, das den Pallaſt nicht befuchte, 
und nur eben fo viel erfahr wie Jedermann mußte; urfprünglih an ° 
einen Freund gerichtet, der über die Handlungen Sixtus V. unter 
terrichtet feyn wollte, dann an den Papſt felbft. 

Sn Schriften wie die unfere, von mittelmäßigen Leuten gefchrie: 
ben welche nur zufällig aus der Menge beraustreten, ift es merkwuͤr⸗ 
dig zu beobachten, welche Ruͤckwirkung eine Regierung überhaupt auf 
dag größere Yublicum ausübt. 

Sn unferm Werkchen, welches durchaus in dem firengern relis 
gißfen Sinne geſchrieben if, der am Ende des 16. Jahrh. zu herr 
{hen anfing, fteht man nun zunäcft welchen gewaltigen Eindrud die . 
Umgeftaltung der heidnifchen Monumente in chriftliche hervorbrachte. 

Le croci santissime in eima delle guglie e le statue delli 
preneipi apostolici sopra le. colonne scancellano la memoria delle 
anftiche idolafrie, — — come anco che la croce posta in mano 
della statua sopra la torre di Campidoglio significante Roma ci 
mostra che hoggi Roma cioe il papa non opra la spada per sog- 
giogare il mondo a guisa d’infideli imperatori Romani ma la 
croce per salutifero giorno' dell’ universo. — Es ift auffallend, 
wie populär dieſe Ideen der geiftlihen Weltherrſchaft auch unter 
den Leuten von minderer Bedeutung waren. Der Autor leug⸗ 


Päpfie ** 22 





338 - Lorenso Priuli Rel. 1586. 


net ferner, daß der Papſt, wie einige. fagen um fehr weite zu ſcheinen 
— per. esser sarioni, — durch feinen Schatz fich bei den Fuͤrſten 
in Änſehen zu feßen gedenke; deſſen bedürfe er nicht; fein Sinn fey 
vielmehr, baß er die gehorfamen Fürften belohnen, die ungehorfamen 
züchtigen wolle. „Col tesoro castigherä i prencipi ribelli di santa 
chiesa, et ajuter& i preneipi obbedienti nelle imprese cattoliche.““ 
Er ruͤhmt Sixtus, daß er Heinrich IV. ercommunicirt habe. Su- 
bito fatto papa ricorse a dio per ajuto, e poi privö del regno 
di Navarra quello scellerato re eretico, — — e con queste armi 
spirituali principalmente i papi banno disfatti e fatti imperatori 
e re. Daß Priefter und Moͤnche ald eine Miliz des Papites zu bes 
trachten feyen, wird hier einmal auch von der roͤmiſchen Seite aus: 
efprochen. Il papa tiene grossi presidii in tuttiregni, che sono 
rati monaci e preti, in tanto numero e cosi bene’ stipendiati e 
provisti ia tempo di pace e di guerra. — — Nelle cose della re- 
ligione vuole esser patrone selo et assoluto, sicome dio vuole: 
—.— e beati quei populi che avranno prencipi obbedientissimi. 
— — Se i prencipi manterranno il pensiero di trattar le cose 
delli stati prima con li sacerdoti che con i lor consiglieri seco- 
lari, credami che manterranno i sudditi obbedienti e fedeli. Alle 
Behauptungen ber politiſch⸗kirchlichen Doctrin treten bier in popula- 
rer Faffung hervor... Was fey aber diefe weltliche Macht des Papfteg, 
verglichen mit der Autorität welche er habe einen armen Knecht Gottes 
zum Heiligen zu erheben? Diefe Heiligfprechungen, weldye Sirtus V. 
erneuert hatte, kann unfer Autor nicht genug preifen. A maggior gloria 
di dio, ha dedicato alcuni giorni festivi a santi che non erano 
nel calendario, si per dare occasioni a’ christiani di spendere 
tanto piü tempo in honor di dio per salute delle anime loro con 
V’intercessione de’ santi astenendosi dell’ opere servili, si perche 
siano onorati gli amici di dio. Unter andern Gründen führt er 
auch noch an: „per far vedere gli infedeli e falsi christiani che 
solo i veri servi di Christo salvatore fanno camminare i Zoppi, 
parlare i muti, vedere i ciechi, e resuscilare i morti.‘ 


57. - 


Relatione presentata nell’ eccmo collegio dal elno Sigr Lorenzo 
Priuli, ritoroato di Roma, 1586 2 Luglio. 


Don den römifhen Monumenten ‚gehn wir über auf die vene 
zianifchen. 

Lorenzo Priuli Hatte die leßten Jahre Gregor XIII. und die 

erfien Sirtus V. erlebt; er it voll von ihrem Gegenſatz. 

Wir muͤſſen ung davon nicht fogleich mit fortweißen laffen: bie 
erſten Zeiten eines Papſtes machten in der Regel einen beffern Eins 
druck als die legten. Sey es weil mit den zundhmenden Jahren bad 
Zalent der Staatsverwaltung nethwendig abnimmt, ober weil 
ſich ählig bei einem Jeden Manches findet, was man lieber weg: 
wünfcht. 

Aber Priuli ift nicht ungerecht. Er findet, daß auc die Verwal; 
tung Gregors der Kirche fehr nuͤtzlich geworden fey. Nella bontä della 





Gritti Rel. 1589. — Badoer Rel. 1589. 339 


vita, nel proenrare il culto ecelesiastico, l’osservanza del conci- 
lio, la residenza dei vescovi, nell’ eccellenza della dottrina, Puno 
legale l’altro tevlogicale, si possono dire assai simili. Er preift 
Gott, daß er feiner Kirche fo treffliche Vorſteher gegeben habe. 

Wir bemerfen, daß auch die fremden Gefandten von ber Gefin- 
nung ergriffen waren welche ben Hof beberrfchte. 

Priuli findet die Erwaͤhlung Sirtus V. durchaus wunderbar, un⸗ 
mittelbare WBirfung des heit. Geiles. Seine Vaterſtadt erinnert er 
daran, daß fie durch ihr gutes Einverfländnig mit den Wäpften em: 
porgefonmen fey; er räth vor allen Dingen die Erhaltung deffel- 

en an. 


68. 


Relatione del clmo sigr Giov. Gritti ritornato ambasciatore da 
Roma anno 1589. 


In dem venezianifchen Archive findet fih nur ein befectes Exem⸗ 


r. 

Mit großem Verlangen griff ich nad) einem andern, das ich 
auf der ambroftanifchen Bibliothek zu Mailand fah, aber auch dieß 
enthielt gerade fo viel wie jenes und nicht ein Wort mehr: 

Es iſt das um fo mehr zu bedauern, da der Autor recht ſyſte⸗ 
matifch zu Werke geht. Er will erſtens von dem Kirchenftaate, dann 
von der Perſon des Papftes, ald deffen großen Bewunderer er ſich 
anfündigt, drittens von feinen Abfichten, endlich von den Cardinaͤlen 
und dem Hofe handeln. 

Nur von dem erften Hauptſtuͤck iſt ein Feiner Theil vorhanden. 
Eben wo der Autor zeigen will, wie die Einfünfte unter Sixtus ge 
wachſen, bricht die Handfchrift ab. Demohnerachtet kann ich nicht 
zweifeln, daß die Arbeit fertig war. Was wir haben, ift wenigftens 
fein Entwurf, fondern ein Theil der Ausarbeitung. 

Aber feltfam ift es doch, daß ſich auch fogar in dem Archive 
nur ein mangelhafte® Eremplar findet. 


59. 


Relatione di Roma dell’ ambasciatore Badoer Kr relata in senato 
anno 1589. 


In dem venezianiſchen Archive fehlt diefe Relation. In_ der 
Sammlung der Familie Duirini findet fie fih, aber auch nur frag. 
mentarifch. oo 

Es find acht Blätter, die nichts als ein paar Notizen in Be- 
zug auf bie Landfchaft enthalten. 

Badoer bemerkt, daß ſich Wenedig feine Anhänger in der Marf 
dadurch entfremde, daß es ihrer zu viele entweder dem Papſt aus- 
liefere oder auf deffen Anſuchen umbringen laffe. 

- Man hatte von der Aufnahme ded Handels von Ancona geres 
det, doch fürchtete der Gefandte nicht, daß er den Venezianern Ein- 
trag thun werde. oo. 

Essendo state imposte allora (bei feiner KHinreife) da Sisto 


22% 


pla 


840 Dispacci Veneti 


V doi per cento sopra tutie le mercantie, le quali a ‚querelle 
d’Anconitani furono poi levate, non era gionta in 14 mesi al- 
. euna nave in quel porto. 

Wir feben, daß die beiden Auflagen Gregors und Sixtus V, 
obwohl fie wieder abgeſchafft wurden, Doch Durch die Unficherheit des 
Gewinnes, in die fih die Kaufleute plöglich verſetzt ſahen, zur Ab- 
nahme des anconitanifhen Handels gewaltig beitrugen. Damals 
machte man die meiften Gelchäfte in Kamelot und Pelzwerk, doch 
fanden die Juden feine rechte Gelegenheit zu einem Tauſch in Tuch 
oder andern Waaren. Die Zölle waren nur zu 14000 Scudi vers 
pachtet, und auch diefe Famen niemals ein. nn 

Badoer wuͤnſcht übrigens, daß man das Beifpiel von Spanien 
nachahme und die Zreunde, die man in der Mark etwa habe, befolde. 
Er bricht ab, indem er ſich anſchickt dieſe Freunde zu nennen. 


60. 
Dispacci Veneti 1573 — 15%. 


Niemand follte glauben, daß man bei einem fo großen Reid 
thum an Monumenten beunoh Mangel empfinden Fönnte. Dem⸗ 
ohnerachtet wäre dieß bier beinahe der Fall geweien. Wir chen, 
welch ein Unftern über die venezianiichen Relationen waltete: die rös 
mifchen Denkſchriften eriäutern nur die erſten Zeiten dieſes Pontifi⸗ 
eates mit einiger Ausführlichkeit: ich würde mich für deſſen legte 
Jahre — eine der wichtigften Epochen — doch am Ende auf Tem⸗ 
peiti reducirt gefeben haben, wären mir nicht die Depefchen der ve 
nezianiichen Gefandten zu Hülfe gekommen. 

hon in Wien ercerpirte ich die ganze Reihe der venesiani; 
fhen Dispacci von 1573 bis 1590, die in dem dortigen Archiv zum 
Theil in autbentifchen Copien, zum Theil in Rubricarien, zum Ber 
huf des Staated gemacht, aufbewahrt werden. 

Die erften zu uͤbermeiſtern hat in der That eine gewiſſe Schwie⸗ 
rigfeit: zuweilen faßt ein Monatsheft 100 Blätter: fie find beim 
Transport vom Meermwaffer angegriffen worben: fie brecyen, fo wie 
man fie Öffnet, und der Athem fühlt fi) von einem widerlidyen Staube 
berührt. Leichter find die Rubricarien zu handhaben: fie find durch 
Einbände geſchuͤtzt; und die Abkürzung erleichtert die Ausfonderung 
des MWefentlihen von den taufend unbedeutenden Gefchäften, die zwei 
italienifhe Staaten mit einander haben mochten, und die feiner 
gefchichtlihen Reprobuction würdig find. 

Wir finden nun hier die Berichte von Paul Ziepolo big 1576, 
Antonio Ziepolo bis 1578, Zuanne Correr bis 1581, Lunardo Dos 
nato bi8 1583, Lorenzo Priuli bi8 1586, Zuanne Gritti bis 1589, 
Alberto Badoer bis 1591. 

Neben diefen regelmäßigen Botfchaftern erfcheinen dann und 
wanı auch noch außerorbentlidhe: Zuanne Soranzo vom October 
1581 bis Februar 1582, der wegen ber Streitigkeiten über das Pa⸗ 
triarchat von Aquileja abgeordnet worden; die Gluͤckwuͤnſchungsge⸗ 
fandtfchaft vom Jahre 1585 an Sixtus V, die aus M. Ant. Bars 
baro, Giacomo Foscarini, Marino Grimani und Lunardo Donato 





1573— 1590. 341 


beſtand, und ihre gemeinſchaftlichen Schreiben durch den Seeretaͤr 
Padavino abfaſſen ließ; endlich wegen der politiſchen Verwickelungen 
des Jahres 1589 aufs neue Lunardo Donato. Die Depeſchen des 
letzten ſind bei weitem die wichtigſten: hier ward einmal das Ver⸗ 
haͤltniß zwiſchen der Republik und dem Papft welthiſtoriſch bedeutend; 
fie finden ſich gluͤcklicher Weiſe auch in aller ihrer Ausführlichkeit 
unter dem Xitel: Registro delle lettere dell? illmo signor Lunardo 
Donato Kr ambasciatore straordinario al sommo pontefice; co- 
mincia a 13 otiobre 1589 e finisce a 19 decembre 1589. 

Und auch hiemit fennen wir noch nicht den gefammten gefandt- 
ſchaftlichen Verkehr. Es gab noch eine befondere geheime Eorrefpons 
denz der Gefandten mit dem Rathe der Zehen, die fich fehr zierlich 
auf Pergament gefchrieben findet; der erfie Band unter dem Titel: 
Libro primo da Roma; secreto del consiglio di X sotto il se- 
renissimo D. Aluise Mocenigo inclito duca di Venetia; unter 
entfprechenden Ziteln Die folgenden Bände. 

Ich weiß recht wohl, was ſich gegen bie Benutzung gefandt: 
ſchaftlicher Schreiben einwenden läßt. Es ift wahr, fie nd unter 
den Eindräden des Augenblicks abgefaßt : felten ganz unparteiifch: 
häufig nur auf gewiffe Gegenflände gerichtet, und feineswegs im⸗ 
mer gerabehin zu aboptiren. Aber man nenne die Denfmäler, bie 
Schriften, denen fo ganz ohne Weiteres Glauben beisumeflen wäre. 
Allenthalben ift das Koͤrnchen Salz unentbehrlich. Auf jeden Fall 
find die Gefandten gleichzeitig, an Ort und Stelle anmefend, zur 
Beobachtung verpflichtet; und fie müßten in der That ganz ohne 
Geiſt feyn, wenn ihre Berichte, in einigem Umfange gelelen, nicht 
das Gefühl der Gegenwart, gleichfam der unmittelbaren Wahrneh⸗ 
mung mittheilen follten. 

Unfere Wenezianer waren nun fehr geübt, fehr gewandt: ich 
finde diefe Schreiben hoͤchſt unterrichtend. 

Wohin wollte es aber führen, wenn ich aus diefer langen Reihe 
von Bänden auch hier Auszüge mittheilen wollte? 

Man wird mir wohl geftatten, daß ich meiner Regel trem 
bleibe in dieſem Anhange Auszüge aus Depeſchen zu vermeiden, 
Fur eine längere Reihenfolge Fünnte einigermaßen einen Begriff 
ihres Inhaltes geben. —*8 5. 

Dagegen will ich noch zwei wichtige Miſſionen beruͤhren, die in 
die Zeit Sixtus V. fallen. 


61. 


Relazione all’ iilmo e revmo cardinale Rusticucei segrio di 
N. Sigro papa Sisto V delle cose di Polonia intorno alla reli- 
giöone oc delle azioni del cardinale Bolognetto in quattro anni 
ch’ egli & stato nuntio in quella provincia, divisa in due parti: 
nella prima si tratta de’ danni che fanno le eresie in tutto quel 
regno, del termine in che si trova il misero stato ecclesiastico, 
e delle difficoltä e speranze che si possono avere intorno a 
rimedii: nella geconda si narrano li modi tenuti dal cardinale 
Bolognetto per superare quelle difficoltä, et il profitto che fece, 





et il stuo .negoziare in tutto il tempo della zsua nuntiatura: di 
Horatio Spannocchj, giä segrio del detto sigre cardle Bologneito. 

Der Secretär Bolognettos, Spannocchi, der mit ihm in Polen 
geweſen war, benutzte die Ruhe eines Winteraufenthaltes zu Bo⸗ 
logna, um diefe Relation zufammenzuftellen, die nicht allein ausführ, 
lich, fondern auch recht belehrend gerathen if. 

Er ſchildert zuerft die ausnehmende Verbreitung des Proteſtan⸗ 
tismus in Polen: „non lasciando pure una minima citt& o ca 
stello libero.“ Er leitet diefe Erfcheimung, wie man denfen kann, 
hauptſaͤchlich aus weltlichen Rücfichten ab: er behauptet, daß der 
Adel feine Untertbanen mit Geldftrafen belegt habe, wenn fie bie 
proteftantifchen Kirchen nicht befuchten. 

Uebrigens war auch hier wie im übrigen Europa einmal ein 
Zuftand der Indifferenz eingetreten. „La differenza d’esser catto- 
lico o di altra setta si piglia in burla o in riso, come cosa di 
pochissima importanza. ‘* 

Die Deutichen, welche ſich felbft in den Heinften Orten anſiedel⸗ 
ten und fich bier verheiratheten, hatten großen Antheil an der Aus⸗ 
breitung der proteftantifchen Lehren, jeboch noch gefährlicher fommen 
dem Autor die Staliener vor, welche die Meinung ausbringen, in 
Stalien zweifele man, unter dem Deckmantel des Katholicismus, fos 
gar an der Infterblichfeit der Seele: man erwarte nur eine Gele 
genbeit, um ſich ganz gegen den Papſt zu erflären. 

Er ſchildert nun den Zufland, in den die Geiftlichkeit unter die 
fen Umftänden gerathen fey. : | 

Inßniti de’ poveri ecclesiastici si trovano privi degli ali- 
menti, si perche i padroni delle ville, eretici per il piü, se non 
tutti, hanno occupato le possessioni ed altri beni delle chiese 
o per ampliarne il proprio patrimonio o per gratificarne mini- 
stri delle lor sette ovvero per alienarne in varj modi a persone 
profane, si ancora perche negano di pagar le decime, quantun- 
que siano loro dovute, oltre alle leggi divine e canoniche, anco 
per constituzione particolare di quel regno. Onde i miseri preti 
in molti luogbi non avendo con che sostentarsi lasciavano le 
chiese in abbandono. La terza € rispetto alla giurisdizione ec- 
clesiastica, la quale insieme con i privilegj del clero & andata 
mancando, che oggidi altro non si fa di differenza tra’ beni sot- 
toposti alle chiese o monasterj e gli altri di persone profane, 
le citazioni e sentenze per niente. — — Io medesimo ho udito 
da principalissimi senatori che vogliono lasciarsi tagliare piü 
presto a pezzi che acconsentire a legge alcuna per la quale si 
debbano pagar le decime a qualsivoglia cattolico come cosa de- 
bita. Fu costituito ne’ comizj giä sei anni sono per pubblico 
decreto che nessuno potesse esser gravato a pagar le medesime 
decime da qualsivoglia tribunale ne ecclesiastico ne secolare. 
Tuttavia perche ne’ prossimi @omizj per varj impedisenti non 
si fece detta composizione, negano sempre di pagare, ne vo 

liono i capitani de’ luoghi eseguire alcuna senienza sopra dette 


cime, : . 
Er findet ed nun für einen Nuntins fehr ſchwer etwas auszu⸗ 








Relatione di Polonia 1586. | 343 


richten. Es werde unmöglich ſeyn bie Inquifition einzuführen, ober 
auch nur firengere Ehegefege: ſchon ber Name des Papftes fey vers 
haßt; die Geiftlichleit Halte ſich für verpflichtet, das Intereſſe des 
Landes gegen Rom wahrzunehmen; nur auf den König laſſe fi 


zählen. 

, Der Palatin Rabziwill von Wilna hatte dem Könige einen von 
einem Zwingliener verfaßten Aufruf gegen. die Zürfen mitgetheilt. 
Er hatte der Nation barin empfohlen, vorallem erſt ſich zu befleen und 
die Bilder abzufchaffen, Deren Verehrung er ald Goͤtzendienſt betrachtete. 
Der König wollte die Rede fo nicht pafliren laſſen. Er ſchrieb eis 
genhändig folgende Worte an den Rand. „Praestat hoc omitiere 
quam falso imputare et orationem monitoriam religionis anti- 
quissimae sugillatione infamem reddere. O utinam faciant no- 
vae sectae nos tam diuturna pace florentes atque fecit sancta re- 
ligio catholica veros secutores suos.“ Eine Erflärung, anf welche 
unfer Berichterflatter große Hoffnungen baut. 

Er gebt nun zu einer Erörterung der Unternehmungen Bolo- 
gnettos über, die er auf fieben Hauptſtuͤcke rudbringt: 
Herfſtellung ber paͤpſtlichen Autoritaͤt; 

Verfolgung der Ketzer; 
Reform ber Geiſtlichen (modi per moderare la licentiosa 
vita di sacerdoti scandalosi); 

Herftellung bed Gottesdienſtes; 

Vereinigung bed Elerus; 

Vertheidigung der Nechte deſſelben; 

Ruͤckſichten auf das chriftliche Gemeinwefen überhaupt. 

Ich habe die Wirkſamkeit Bolognettos nach dieſen Angaben ſchon 
im Aligemeinen geſchildert. Beiſpiels halber folge hier genauer ſeine 
Einwirkung auf die engliſche Unterhandlung. 

La reina d'Inghilterra domandava al re di Polonia un? in- 
dulto per i suoi mercanti Inglesi di poter portar le loro mer- 
'canzie e 'vendere per tutte il regno liberamente, dove ora non 
possono venderle se non i mercanti del regno in Danzica, do- 
mandando insieme che fosse larp concesso aprire un fondaco 

ubblico in Torogno, ch’e il piü celebre porto della Prussia 

Kopo quello di Danzica, e di lä poi portar le loro mercanzie 
eglino stessi a tutte le fiere che si fanno per la Polonia, dove 
non possono portare ordinariamente se non mercanti del parse, 
che per il piü sono o Tedeschi o Pruteni o Italiani.. Doman- 
dava dunque con quest’ occasione quella pretesa reina che nel . 
decreto di tal concessione si esprimesse, che a questi suoi mer- 
canti non potesse mai esser fatta molestia per conto di religione, 
ma che potessero esercitarla liberamente a modo loro ovunqu® 
andässero per il regno. Piaceva questo partito universalmente 
a tutta la nobiltä Polscca: solo i Danzicani ostavano gagliarda- 
mente, mostrando che da questo indulio saria seguilo l’ultimo 
danno al porto loro, tanto celebre e tanto famoso per tutto il 
mondo, © che la speranza. del minor prezzo era fallace massi- 
mamente perche i mercanti forastieri quando fossero stati in 
possesso di peter vendere ad arbitrio loro e poier servar la mer- 


nanp Hmm 


3A " Spammocchj Relatione. 


eanzia loro lungo tempo nelle mani, l’arrebbon venduta molto 

il cara di quello che la vendono oggi i mercanti del paese. 
—8 il contraccambio che offeriva la regina a mercanti di 
Polonia, di poter fare lo stesso loro in Inghilterra, pareva che 

ià havesse persuaso il re a concedere tutto quello che doman- 

avano. Il che non prima venne agli orecchj del Bolognetto, 
che andö a trovare S. M4, e con efficarissime ragioni le mo- 
strö quanto esorbitante cosa sarebbe ztata che avesse concesso 
per publico decreto una tanto obbrobriosa seita, e come non 
senza nascosto inganno e speranza d’importantissime conseguenze 
quella scellerata donna voleva che si dichiarasse cosi per de- 
creto potersi esercitar la setta Anglicana in quel regno, dove 
tutto il mondo pur troppo sa che si permetta il credere in ma 
teria di religione quel che piace a chi si sia: con questa ed al- 
tre efficacissime ragioni il re Stefano rimase talmente persuaso 
che promesse non voler mai far menzione alcuna di religione 
in qualunque accordo avesse fatto con quella regina o suoi mer- 


cant!. 
Man fieht, daß biefe Relation auch rein politifche Notizen ent: 


hätt. 

Zum Schluß geht ber Autor noch eigentlicher darauf ein. 

Er findet Polen von mannigfaltigen Factionen getheilt: — Ents 
weiungen einmal zwiflchen' den verfchiedenen Provinzen und fodann 
in denſelben zwiſchen Geiftlihen und Weltlichen: zwiſchen ben Sena⸗ 
toren und den Landboten: zwiſchen dem alten hohen Adel und dem 
geringern. 
Ueberaus maͤchtig erfcheint der Großkanzler Zamoisky; non bem 
alle Anftellungen abbingen; befonders feitdem ein Bicefanzler und ein 
Geeretär des Königs ganz in feinem Intereſſe waren (da che & 
stato fatto il Baranosky vicecancelliere et il Tolisky segretario 
del re, persone poco fa incognite. 

Veberhaupt hatten die Anftellungen Stephan Bathorys Feines 
wegs den allgemeinen Beifall. Schon richtete ſich die Aufmerkfam; 
fait uf, feinen Nachfolger Sigismund, „amatissimo di tutti i Po- 
acchi. 


62. 


Discorso del molto illustre e revmo monsr Minuccio Minucci so- 
pra il modo di restituire la religione cattolica in Alema- 
gna. 1588. 


Eine fehr wichtige Schrift, beren ich mich beſonders II, p. 136 
fg. ausführlic bedient habe. 

Minucci diente lange unter Gregor in Deutfchland; bei Maffei 
erfcbeint er oft genug; hier fucht er die Lage der Dinge auseinander 
zu feßen, wie er fagt, bamit man von Rom aus bem Patienten ges 
faͤhrliche Medizin verweigern lerne. 

‚Er beflagt von vorn herein, daß man fich katholiſcher Seite fo 
wenig Mühe gebe die proteftantifchen Zürften zu gewinnen; hier 
auf erörtert er — denn feine Miffion war in bie Zeiten des iebhaf⸗ 


Discorso di Minuccio Minucci 1588. 345 


ten und noch unentichiedenen Kampfes gefallen — bie Angriffe ber 
Proteflanten auf den Katholicismus: bo pensato di raccontare le 
pratiche che muovono gli eretici ogni di per far seccare o svel- 
lere tutta la radice del cattolicismo; endlich die Mittel, wie ihnen 
dabei zu begegnen fen. 

Er zeigt fich der deutſchen Dinge ungewöhnlich Fundig; doch kann 
er noch immer eine gewiffe Verwunderung nicht unterbrücen, wenn 
er den Zufland, wie er nun einmal iſt, mit der Ruhe und Geſetz⸗ 
lichkeit von Italien oder von Spanien vergleiht. Auch wir haben 
der unrubigen Bewegungen Gafimird von der Pfalz gedacht. Man 
höre wie fie einen Ausländer in Erflaunen feßten. 

Il Casimiro dopo aver sprezzata l’autoritä dell’ imperatore 
in mille cose, ma principalmente in abbruciare le munitioni presso 
Spira, che si conducevano in Fiandra con salvocondotto impe- 
riale, dopo aver offeso il re di Spagna non solo con quell’ atto, 
ma anco con tanti ajuti dati a ribelli suoi di Fiandra e con l'ha- 
ver concesso spatio alli medesimi ribelli Fiamenghi per edificare 
una citt& (Franchendal) nelli stati suoi, con l'haver portati tante 
ruine in Erancia, tante desolationi in Lorena hor in propria per- 
sona, hora mandando genti sue, .con l’haver fatto aflronto no- 
tabile all’. arciduca Ferdinando impedendo il card! suo figliuolo 
con minactie e con viva forza nel camino di Colonia con l'i- 
stesso diehiarato nemico alla casa di Baviera, e passato in pro- 
pria persona contra l’elettore di Colonia, pur se ne sta sicuro 
in un siato aperto nel mezzo di quelli c’hanno ricevute da lui 
tante äugiurie, ne ha. fortezze o militia che li dia confidenza 
ne amici o parenti che siano per soccorrerlo e difenderlo, ma 
gode frutto della troppa pazienza de’ cattolici, che li potriano 
d’improviso et a mano salva portare altre tante ruine quante egli 
ha tante volte causate nelli stati d’altri, purche si risolvessero 
et havessero cuor di farlo. 








Fünfter Abſchnitt. 
Zweite Epoche der Firdjlichen Reſtauration. 


6. 
Conclaven. 


Ich fürchte nicht daruͤber in Anſpruch genommen zu werden, 
daß ich nicht jedes fliegende Blatt, jeden minder bedeutenden Auf; 
faß, der mir im Laufe der mandherlei_ bieher gehörigen Studien 
handſchriftlich vorgekommen, an diefer Stelle regiftrire: cher möchte 
ich fon zu viel gethban haben. Gar mancher Lefer der mir noch 
feine Aufmerkſamkeit ſchenkt, wird ohnehin über eine formlofe aus 
verfehiedenen Sprachen gemifchte Arbeit Mißbehagen empfinden; und 
doch wärde es nicht rathfam feyn, die urkundlichen Mittheilungen 
deutſch zu geben: fie würden dadurch an ihrer Brauchbarkeit und 
Autbentieität verlieren. Eben darum aber darf ich doch auch meine 
Eollectaneen nicht ohne Weiteres in diefe Sammlung ergießen. 

Bon den Eonclaven 3. B., von denen eine große Anzahl Hanb- 
ſchriften eriftirt, will ich doch nur_fummarifh Meldung thun. 

Nach jeder Papſtwahl, vornehmlich von der zweiten Hälfte des 
fechgehnten Jahrhunderts bis in den Anfang des ucdhtzehnten erfchien 
ein Bericht über dieſelbe; zwar nicht "anders als handfchriftlich, 
aber doch auf eine MWeife, daß er fich weit verbreitete und fogar oft 
Gegenihriften hervorrief. Dann und wann find fie von Earbdind- 
len verfaßt; in der Regel aber von ihren Secretären, die unter bem 
Zitel von Eonclaviften in ben Eonclaven blieben, und fidy im Intereſſe 
ihrer Herrn befonders angelegen feyn ließen ben Gang der Intriguen 
zu beobachten, was für diefe jelbft, fchon der Haltung wegen bie onen 
ihre Würde auflegte, nicht fo leicht gewefen wäre. Zumeilen haben aber 
auch Andere die Feder ergriffen. „Con quella maggior diligenza 
che ho potuto“, fagt der Autor bes Conclaves Gregors XIII, „ho 
raccolto cosi dalli signori conclavisti come da cardinali che 
sono stati partecipi del negotio, tutto l’ordine e la veritä di 

uesto conclave.“ Wir feben, er felbft war nicht dabei. Bald 
And es Tagebücher, bie wir in die Hände befommen, bald Briefe, 
bald auch ausgearbeitete Erzählungen. Jedes ift ein felbftändiges 
Werkchen: die allgemein befannten Formalitäten werden doch noch 
dann und warn wiederholt. Ihr Werth iſt, wie fich verftebt, fehr 
verſchieden. Zuweilen zerfließt alles in ein unauffaßbares Detail, — 
zumeilen, jeboch felten, erhebt man ſich bis zu einer wirklichen Er: 





% 


Conclaven. 347 


fenntniß der beherrfchenden Momente, — jedoch im Grunde allent⸗ 
halben wird man unterrichtet, wenn man nur Muth behält und 
nicht ermuͤdet. 

Wie viele Schriften dieſer Art exiſtiren, kann man unter an⸗ 
dern aus dem Marſandſchen Catalog der Pariſer Bibliothek ſehen. 
Auch nach Deutihland haben fie den Weg gefunden. Der 33fte, 
35ſte und mehrere anbre Bände unferer Informationen enthalten 
Eopien in reicher Fülle. _ In Joh. Gottfr. Geißler Programm de 
bibliotheca Milichiana IV, Görlig 1767, werden die Gonclaven 
verzeichnet die fich in dem 32ften, 33ften und 34ften Eoder der dor, 
tigen Sammlung befinden. Das ausfuͤhrlichſte Verzeichniß das ich 
fenne, ift in Novaes Introduzione alle vite de’ sommi pontefici, 
1822,1, p. 272, anzutreffen. Er batte Zutritt zu der Bibliothek der 
Jeſuiten, in der eine ziemlich vollfiändige Sammlung biefer Arbei- 
ten vorräthig war. 

Es liegt in ber Natur der Sache, daß fie wenigfiens zum 
Theil fehr bald auch auf eine andere Weiſe ind Publicum gelang» 
ten. Zunaͤchſt wurden fie in die päpitlichen Hiftorien aufgenommen. 
Das EConclave Papit Pius des V. ift, wenn nicht feinem vollitäns 
digen Inhalte nad), doch in feinem Anfang und feinem Ende in 
die Geſchichte des Yanvinius übergegangen. Gicarela bat die 
Conclaven Gregord XI. und Sirtus V. großentheils überfeßt; 
das letzte mit alle den Nebenbetradhtungen die in bem Stalienifchen 
vorfommen. Die Stelle welhe Schrödh N. Kirchengefch. ILL, 288 
als aus Gicarella anführt, ift wörtlich aus dem Conclave. Auch 
Thuanus hat. diefen Nachrichten eine Stelle eingeräumt; jedoch, wie 
fih aus näherer Vergleichung bald ergibt, aus Gicarella, nicht: aus 
dem Driginal (lib. 82, p. 27). In den Teſoro politico ift die 
Eonclave nicht minder aufgenommen, aber fehr unvollſtaͤndig und in 
einem flüchtig gemachten Excerpte. Wie mit diefem, iſt es denn: 
auch mit andern gegangen. 

Allmählig aber und zwar zunaͤchſt im fiebzehnten Jahrhundert 
dachte man daran, audy Sammlungen diefer Conclaven anzulegen. 
Die ertie gebrudte Sammlung führt den Zitel: „„Conclavi de’ pon- 
tefici Romani quali si sono potuto trovare fin a questo giorno“ 
1667. Sie fängt an mit Clemens V, bat aber eine Luͤcke bis auf 
Urban VII, eine nene Lücke bis auf Nicolaus V; von hier erft gebt fie 
regelmäßig bis auf Ulerander VII. Man faßte bei der Publication 
wenigitens oftenfibel den Gefichtspunft, daß ſich an diefem Beifpiel 
zeige, wie wenig menſchliche Weisheit gegen die Leitung des Him⸗ 
meld vermöge. „Si tocca con mano che le negotiationi piü se- 
crete, dissimulate et accorte — — per opra arcaua del cielo 
svaniti sortiscono fini tanto difformi.“ Doc, war das-nicht der. 
Geſichtspunkt der übrigen Welt, bie ſich vielmehr des curiofen ımd zus 
weilen anftögigen Materials eifrig bemaͤchtigte. Es erfchten eine fran- 
zöftiche Ausgabe in Lyon, und da dieſe bald vergriffen war, ein 
nach dem Driginal rewidirter Abdruck in Holland, bezeichnet Co- 
logne 1694, nidt etwa wie Novaes angibt, 159%. Sie iſt mit 
ferneren Zuſaͤtzen bereichert oftmals wiederholt worben. oo 

‚Auf dieſe Weile haben die Eonclaven mancherlei Veränderun- 


2348 Yıta e successi 


gen befanden. feiht man die franzsfifhe Sammlung mit 
den Driginalen, fo iſt ed im Ganzen daflelbe. Im Einzelnen flöft 
man auf beträchtliche Veränderungen. Go viel ich finde, ſtammen 
fie öfter von Mißverſtaͤndniß als von böfem Willen ber. 

Aber auch andere Sammlungen, die nicht gebrucdt worden, gibt 
e3. In meinen Händen befindet ſich eine foldye, Die zugleich die Luͤcken 
ausfülit, welche die gedruckte gelaflen hat, und der wenigkens eine 
nicht mindere Authenticität zufommt als den andern. Für detail 
lirte Benugung wird freilih alle Mal eine Einficht der Originale zu 
wimfchen feyn. 


64. 
Vita o successi del card! di Santaserverina. 


Eine Autobiographie diefed wichtigen Cardinals, deffen oftmals 
bat gedacht werden muͤſſen. 

Sie it etwas weitſchweifig, verliert ſich oft in Kleinlichfeiten; 
die Urtheile über Perſonen und Notizen, die darin gefällt werben, 
hängen ganz von der Perfönlichkeit des Mannes ab: allein es wer; 
den fehr eigenthümliche charakteriftifche Notizen mitgetheilt. 

Es iſt nur übrig, einige von diefen, auf die wir ung zumeilen 
beziehen, auch bier woͤrtlich wiederzugeben. 


I. Proteflanten in Neapel. 


Creseendo tutiavia la seita de’ Luiherani nel regno di Na- 
poli, mi armai contro di quella spina deli zelo della religione 
eattolica: e con ogni mio potere e con l’autoritä del officio, 
con le prediche publiche, scritie da me in un libro detto Qua- 
dragesimale, e con le dispute publiche e private in ogni occa- 
sione e con l’oratione cercai d’abbattere et esterminare- peste 
si erudele da i nostri paesi: onde patii acerbissima persecutione 
dagl’eretici, che per iutte le strade cercavano d’offendermi e 
d’ammazzarmi, come ne ho fatto un libretto, distintamente in- 
titolato: Persecutione eccitata contro di me Giulio Antonio 
Santorio servo di Gesüu Christo per la veritä della cattolica 
fede.. Era nel nostro giardino in un cantone una cappelletta 
eon l’immagine di Maria s=@ con il bambino in braccio, et ivi 
avanti era nata una pianta d'olivo, che assal presto con mara- 
viglia d’ogn’uno crebbe in arbore grande, essende in hıogo chiuso 
et ombreggiato da alberi: mi ritiravo ivi a far oratione con 
disciplinarmi ogni volta che dovevo predicare e disputare. con- 
tro Lutberani, e mi sentivo mirabilmente infiammare ed avva- 
lorare senza tema di male alcuno e di pericolo, ancorche di 
sicuro mi fosse minacciato da quelli inimici della oroce, e sen- 
tivo in me ianta gioja et allegrezra che bramavo d’essere uc- 
ciso per la fede cattolica.. — — Intanto vedendo crescere con- 
tro di me maggiormente la rabbia di quelli eretici quali io 
avevo processati, fui costretio nel 1563 al fine di Agosto o 
principio di Settembre passarmene in Napoli alli servitii d’Al- 











del card. di Santaseverina. 349 


fonso Caraffa card« del titolo di S. Giovanni e Paolo arei- 
vescovo di Napoli, ove servii per luogotenente sotto Luigi Cam- 
pagna di Rossano vescovo di Montepeloso, che eserciiava il 
vicariato in Napoli: e poiche egli parti per evitare il tumulto 
popolare concitato contro di nei per l’abrugiamente di Gio. 
Bernardo Gargano e di Gio. Francesco d’Aloys detto il Ca- 
serta, seguito alla quattro di Marzo di sabbato circa le 20 hore, 
rimasi solo nel governo di detta chiesa: ove doppo molti peri- 
coli scersi e doppo molte minacce, sassi et archibugiate ti- 
rate, mi si ordisce una congiura molto crudele et arrabbiata da 
Hortensio da Batticchio con fra Fiano (?) di Terra d’Otranto, he- 
retico sacramentario e relapso che io insieme col card! di Na- 
poli e mons? Campagna }’haveva (ssi?) richiesto, di distillare 
un veleno di tanta forza che poteva infettare l’aria per estin- 
guere papa Pio IV come nemico de’ Carafeschi: e non dubi-, 
tava l’beretico di far intendere tutto cio al pontefice per. mezzo 
del signer Pompeo Colonna, 


I, Gregor XII. und Sixtus V. 


Appena egli eredeva di morire non ostante la longa eiä, 
essendo Sempre vissuto con molta moderatione e caminato per 
tutti i gradi della corte. Dopoche lasciö la leitura di Bologna, 
venne in Roma, fu fatto collaterale di Campidoglio, esercitö 
V’ufficio di luogotenente di monsre auditore della camera, fu fatto 
referendario, e la prima volta che propose in segnaftura, venne 
meno: onde tutto pieno di vergogna e di confusione voleva ab- 
bandonare la corte, ma fu ritenuto dal card! Crescentio a non 
parlire. Da Giulio III nell’ auditorato di rota li fu anteposto 
Palleotto: onde di nuovo confuso di doppio scorno determind 
partirsi di Roma, ma dall’ istesso card! Crescentio fu rincorato 
e trattenuto. Fu da Paolo IV fatto vescovo di Vieste, fu fatto 
consultore del sant’ ofücio, fu al coneilio di Trento e da Pio 
IV fu fatto cardle e mandato in Spagaa per la causa Toletana: 
e dopo la morte della santa memoria di Pio V con ammirabil 
consenso fu assunto al pontificate. Il quale visse con molta 
caritä, liberalitä e modestia, e saria stato ammirabile e senza 
pari, se in lui fossero concorsi valore e grandezza d’animo 
senza l’affetto del Aglio, che oscurd in gran parte tutte le at- 
tioni dignissime di caritä che egli usö verso li stranieri e verso 
tutte le nationi che veramente padre di tutti. Dalli signori 
cardinali nepoti S. Sisto e Guastarillano fu fatto subito inten- 
dere la sua morte al sacro collegio, e doppo celebrate l’ese- 
quie e tutte ‚quelle funtioni che porta seco la sede vacante, 
s’entrö in conclave:' ove fu eleito papa il sig? cardle Montalto, 
giä nostro collega e nella causa Toletana e nell’ assuntione al 
cardinalato, per opera speciale del sig" card! Alessandrino e 
sigr card! Rusticucci, che tirarono in favore di lui il sig” cardl 
W’Este e sigr card! de Medici, con non poco disgusto del sig" 
card! Farnese, essendoli mancato di porola il sig” card! Sarı 
Sisto, sul quale egli hbaveva fatto molto .fondamento per ostare 


330 Vila e successi 


alli suoi emoli e nemlei, essendosi adoprato eontro di lui va- 
lorosamente il sigr card! Riarie, ma con pentimento poi grande, 
mon havendo trovato quella gratitudine che egli si haveva pre- 
supposta; sieome anco intervenne al sigt cardle Alessandrino, che 
tutto festante si credeva di maneggiare il pontificato a modo 
suo: escendendo in San Pietro lo pregai che dovesse far of- 
ficiv con 8. Bee in favore di mons? Carlo Broglia, rettore del 
coltegio Greco, per un beneficio che egli dimandava: mi ri- 
spose tutto gratioso: ‚„„Non diamo fastidio a quesio porvero vec- 
chio, perche noi saremo infallibilmerte li padroni‘‘: al quale 
sorridende io all’ hora risposi segretamente all’ orreehie: „‚Fac- 
cia dio che subito che sarà passata questa sera, ella non se ne 
penta‘‘: come appunto in effetto fa, poiche non stette mai di 
cuore allegro in tutto quel pontificato, sentendo sempre ramma- 
richi, angustie, travagli, affanni, pene et angoseii. E’ ben 
vero che esso medesimo se l’andava nelle maggior parte pro- 
curando o per trascuraggine, inavertenza o altro 0 pure per la 
troppa superbia con esprobare sempre esso assiduamente li be- 
neficii, servitii et honorevolezze che haveva fatti a S. Bee. 
Nelli primi ragionamenti che io potei havere con 8. S% fu il 
rallegrarmi dell’ assuntione sna al pontificato, con dirli che era 
stata volont& di dio, peiehe in quel tempo e punto che fu as- 
sunto erano finite le 40 hore: quiri ella si dolse della mali- 
gritä de tempi eon molta humiltä e pianse: l’essortai che co- 
minciasse il pontifieato con un ginbilee generale, che teneese 
parimente cura del sant? officio e delle cose sne, sapendo- bene 
che da quello haveva haruto origine la sua grandezza. 


DI. Sache von Ferrara. 


Venuto il duca di Ferrara in Roma per V’investitura, della 
uale pretendeva che: li fosse data buona intentione, vi furono 
i molti garbugli: et avendomi io opposto gagiiardamente nelli 
oblici e privati ragionamenti et in concistoro, mi perwi affatto 
a gratia del papa con procurarmi il sdegno del card! Sfon- 

drato, quale andava parlando per Roma che io semivo mala- 
mente dell’autoritä del papa: come anco haveva imputato il car- 
dinale di Camerino, che si mostrara molto ardente in servitio 
della sede apostolica. Sentendomi pungere in cosa tanto lon- 
tana dalla mente mia, io che ero andato incontrando tutti li 
pericoli per la difensione dell? autoritä del papa e della sede 
apostolica, non potei fare di non alterarmene gravemente: e 
come si conveniva: feci ma apologia pro Cardinale Sancta 
Severina contra cardinalem Sfendratum, ove si tratia qual sia 
la carica e qual sia l’officio di cardinale: benche il papa, che 
si era mostrato in concistoro molto turbato e cellerico in ca- 
mera, poi nel palazzo di 8. Mareo mi domandö perdeno con 
lagrime e con humiltä e con bavermi anco ringratiato, penten- 
dosi del decreto che egli baveva fatto in pregindicio della bolla 
di Pio V de non alienandis feudis. Partendosi il duca da Ro- 
ma senza haver fatto efletto alcuno, da quel tempo in poi mi 





‘ 


di card. di Senlaseverina. 351 


si mostrò sempre nemico, dioendo ohe io ero stato cagione pre- 
cipua che egli non havesse ottenuto l’investitura di Ferrara pro 
persona nominanda, © che ie come antico suo amico doveva 
parlare piü mitamente, senza intraprendere l’imapresa con tanta 
ardenza, oome che io fossi pilı obligato agli huomini che a dio 
et alla santa chiesa. 


IV. Eonclaven nad) dem Tode Innocenz IX. 


Entrato l’anno 1592 si entrö in conolave, essendosi raddop- 
piata contro di me la malignitä de miei nemici, mostrandosi 
il card! Sfondrato ardentissimo contro la persona mia, non s0- 
lamente per tema delle cose sue, ma anco piä irato delle pa- 
role del cardle Acquaviva, che timeroso et invidioso per l’ar- 
civescovo d’Otranto suo parente et altri signori regnicoli amiei 
miei, moveva ogni pi 
li cardli Aragona, Üolonna, Altemps e Sforza, eapitali nemici 
tra. essi, ma contro di’ me concerdissimi: Aragona per la con- 
tinua Osservanza et ossequio che io havevo usati, ma pigliara 
pretesti dell’ abbadia che havevo tolta all’ abbate Simone Sel- 
larolo; Colonna per li molti servitii che gli havevo fatti in ogni 
tempo, ma si raccordava del Talmud impedito da me contro li 
Giudei, repetendo ‚la morte di Don Pompeo de Monti, con tac«- 
cia anco di saa sorella; Altemps per li favori che gli haveno 
fatti appresso papa Sisto e mons" Pellicano senatore per conto 
del figlio rattore della Giulietta, onde ne venne quel galant’ 
huomo in disgratia di Sisto, ma cosi voleva Galleotto Belardo suo 
padrone; Sforza per baverlo favorito nel caso del Massaino, 
quando papa Sisto fulminava contro -di lui, bavendomi ringra- 
tiato con baciarmi la mano in presenza del buon card!e Farnese 
vecchio, a cui ancora si era mosirato ingrato havendo avuta da 
quel buon sig" l’abbadia di 8. Lorenzo extra moenia, ma egli 
diceva che non poteva ‚mancare alli amici suoi, ma in efletto 
egli temeva sapendo bene la sua coscienza. Palleotto m’uso 

uell?’ ingratitadine che ogn’ un sa. Venne la notte delli 20 di 
ennaro > quüri si vappresentö una tragedia de’ fattä miei, men- 
tre Madrucei, giä mio caro amico e collega nel sant’ officio con- 
senti taeitamente cogli emoli. miei in danno mio*), oprando per 
questa via di conseguire il pontificato, ma egli senti di quelli 
bocconi amari che non potendo poscia digerire se ne mori mi- 
seramente. Lascio da parte gli andamenti fraudolenti del card! Ge- 
sualdo, che come Napoletano non poteva patire che io gli fossi 
anteposto, et anche mosxso da invidia contro i suoi patriotti: 
poiche questo e gli aliri sigri cardli Napoletani Aragona et 
Acquaviva havevano questo senso di non voler nessun compagno 
de’ patriotti nel cardinalato. L’atto poi che fece il cardle Co- 
lonna, fu il piü brutto che s’havesse sentito giä mai, et impro- 
bato etiam da suoi piü cari, e malissimo inteso nella corte di 


*) Auch der venezianifhe Gefandte Moro bemerkt, daß S. Severina nicht 
gewählt werten, „per mancamento di Gesuaklo decano e Madrucci.“ 


etra costro di me: e s’erano uniti insieme 


382 Vita Ciementis VIII 


Spegna. Canano solea prima havermi in tania riverenza che 
nullo pid, e downnque m’incontrava, mi volera baciar la mano: 
ma all’ hora scordato d’ogni amieitia obbediva al suo duca di 
Ferrara; Borremeo, ajutato da me nella sus promotione per la 
memoria di quel sante eardinale di S. Prassede et bavendo fatta 
professione di sempre mio caro amico, invischiato dall’ interesse 
d’alcune abbadie che haveva rassegnato Altemps, furiava a guisa 
di forsennato quello che non professava altro che purità, de- 
votione, spiritualitä e coscienza. Alessandrino, autore di tutte 
le trame, non mancò di fare il suo solito in perseguitare i suoi 
più cari amiei e creature con haversele tutte alienate, e massime 
doppe l’assımtione di Sisto senti in conclave quel che non volse 
per bocea del sigr card! di Sens che eselamava publitamente 
contro di lui. ll fervore all’ incontro de’ miei amici e fautori 
non fu mediocre, essendosi mostrato ardente pil d’ogni altro il 
sigr cardl Giustiniano: quel suo spirito vivace e coraggioso fü 
in quella notte et in quel giorno in gravi aflanni, essendomi an- 
che stata saccheggiata la cella. Ma la notte appresso .mi fu do- 
lorosissima sopra ogn’ alira cosa funesta: onde per il grave af- 
fanno dell’ animo e dell’ intima angoscia sudai sangue, Cosa in- 
credibile a credere: e ricorrendo con molta humiltä e devotione 
al sigr°, mi sentii aflatto liberato da ogni passione di animo da 
ogni senso delle oose mondane, venendo in me stesso © consi- 
derandole quanto sono fragili, quanto caduche e quanto mise- 
rabili, e che solo in dio e nella contemplatione di lui sono le 
vere felicitd e veri contenti e gaudii. 


65. 
Vita et Gesta Clementis VIII. Informatt. Politt. XXIX. 


Urfprünglic zur Fortfeßung des Ciaconius beflimmt, wo ich es 
aber nicht finde. 

Eine Erzählung von dem Auffommen des Papſtes: — feinen 
erſten Thaten: „Exulum turmas coercuit, quorum insolens furor 
non solum in continentem sed in ipsa litora et subvecta Tibe- 
ris alveo navigia hostiliter insaltabat‘: fo wenig hatte ihnen Sir 
tus V. ein Ende auf immer gemadt: — die Abſolution Heinrichs 
IV; vornehmlich wird ber Widerfland den Clemens dem Könige ge 
leitet hervorgehoben: wie ſchwer er daran gegangen: — endlich die 
Eroberung von Ferrara. „A me jam latius coepta scribi opportu- 
niori tempore immortalitati nominis tui consecrabo.° ber auch 
davon findet fich nichts. Wie es ift, nur unbedeutend. 


66. 


Instrutiione al Sr Bartolommeo Powsinsky alla Mt del re di 
Polonia e Suetia. 1 Aug. 1593. Unterzeichnet Cinthio 
Aldobrandini. 

Ragguaglio della andata del re di Polonia in Suetia 1594. 


Ich wüßte dem in die Erzählung aufgenommenen Inhalt Bieler 
Fir: 








Rel. di Polonia 1598. — Rel. di Suesia 1598. 953 


Schriften nichts binzugufügen, als etwa bie Behauptung in ber zwei- 
ten, daß Herzog Carl im Grunde yerhaßt fey: „„perche egli avea 
ridotto in se stesso quasi tutte l’incette e mercantie e tutte le 
cave di metalli e sopra tutto dell’ oro e dell’ argento. “ 


67. 
Relatione di Polonia. 1598. 


Don einem Nuntius verfaßt, der die ungeordnete Freiheitsliebe 
der Polen bereits Iebhaft beflagt. . 

Sie wollen einen ſchwachen König, Feinen der Friegerifch gefinnt 
wäre. ie fagen, „che coloro che hanno spirito di gloria, gli 
hanno vebementi e non moderati e perö non diufurni, e che la 
madre della diuturnitd degli imperii & la moderatione. ** 

Auch wollen fie Peine Verbindung mit Fremden. Sie behaup: 
ten, es koͤnne ihnen niemals ſchwer werden ihr Reich zu vertheidigen. 
Immer würden ſie 50000 Pferde aufbringen, und im ſchlimmſten 
Talle im Winter wiedergewinnen was fie im Sommer verloren. Sie 
troßen auf das Beilpiel ihrer Vorfahren. 

Der Nuntius führt ihnen zu Gemüth: „che gli antichi Po- 
loni non sapevano che cosa fosse smaltire il grano nel mar Bal- 
tico in Danzig o in Elbing, ne erano intenti a tagliar selve per 
seminare, ne asciugavano paludi per il medesimo effetto.‘ 

Uebrigens fchildert der Nuntius den Fortgang des Katholicids 
mus, der gerade im beflen Zuge war. Sch babe die wichtigeren Mo⸗ 
mente aufgenommen. 


68. 
Relatione dello stato spirituale e politico del regno di Suezia 
1598. 


Ueber die Unternehmungen Siegmunds auf Schweden unmit: 
telbar vor feiner zweiten Reife. Ebenfalld feinem wefentlichen In⸗ 
halte nach benußt. 

Doch kommen noch einige merkwuͤrdige Notizen uͤber die fruͤ⸗ 
heren Angelegenheiten vor. 

Erich wird geradezu als Tyrann geſchildert. Per impresa fa- 
ceva un asino carco di sale a piedi d'una montagna erta e senza 
via per salirvi sopra, et egli era dipinto con un bastone in mano, 
che batteva il detto asino; Der Autor erflärt dieß fchon an fich 
ſehr verfländlihe Symbol: das Volk foll mit Gewalt gensthigt 
werben, auch das Unmoͤgliche zu leiften. 

Johann wird als ein: entichiedener Katholik betrachte. Perche 
era in secreto cattolico, siccome: al nuntio ha affirmato il re 
suo figliuolo, usö ogni industria perche il figliuolo ritornasse 
mentre esso viveva in Suetia a fine di dichiararsi apertamente 
cattolico e ridurre il regno ad abbracciar essa fede. 

Diefe Dinge möchte ich indeß doch nicht unterfchreiben. Wahr» 
ſcheinlich bildete fie der gute Siegmund fih ein, um ben Troſt zu 
haben von einem Fatholifchen Bater entfproffen zu feyn. 


Papſte #* 23 


354 Bentivoglio. 


Dagegen iſt das erſte Unternehmen Siegmunds mit dem ganzen 
Gepraͤge der Wahrhaftigkeit eines Eingeweihten geſchildert. Die Hoff- 
nungen die ſich an feine zweite Reiſe knuͤpften, werden in ihrer eu- 
ropäifhen Bedeutung dargeftellt. j 


Einfhaltung. 
Bemerkung über die Denfwürbigfeiten Bentivoglios. 


In feinem 63ſten Jahre, nicht 1640, wie die Ausgabe in den 
Classici Italiani behauptet, fondern 1642, wie auh Mazzuchelli 
bat, begann Cardinal Guido Bentivoglio (geb. 1579), nachdem er 
manches andere Memoire über Weltgefhäfte verfaßt, auch perſoͤn⸗ 
liche Denfwürbigfeiten niederzufchreiben. 

Er beabfichtigte urfprünglik, feinen erſten Aufenthalt an dem 
roͤmiſchen Hofe, feine Nuntiaturen in Frankreich und den Niederlan- 
den, die Zeiten feines Cardinalates zu umfaſſen. Wäre er. Damit zu 
Stande gefommen, fo würde die Gefchichte der erſten Hälfte des fieb⸗ 
zehnten Jahrhunderts um ein ſchoͤnes Werf voll von Anfchauung reis 


er ſeyn. 

Aber er ſtarb, ehe er nur noch mit dem erſten Theile zu Stande 
gekommen. Sein Werk — Memorie del’ card! Guido Bentivo- 
glio — geht nur bis 1600. 

Es macht den Eindruck der Ruhe und des Behagens, wie ein 
alter Praͤlat ihrer genießt, der, frei. von Geſchaͤften, bequem in fei- 
nem Nallafte Haus hält. Es iſt eine fehr angenehme, zugleich er: 
freuende und unterrichtende Lectüre: natuͤrlich aber legte dem Cardi⸗ 
nal feine Stellung Pflichten auf, und es läßt fich bemerken, daß er 
mit der Sprache nicht völlig berausgeht. ' 

Die Schilderung 3. B., die er ziemlih ausführlich von den 
Gardindlen gibt, von denen er Clemens VII. umgeben fand, ent: 
fpricht doch den Nachrichten, die ung Andere uͤber Diefelben mittheis 
Ien, nur fehr im’ Ullgemeinen. - 

Gleich der erfie, der Decan Gefualdo, wirb von Bentivoglio 
gefchildert als „ein vornehmer Mann, von liebenswärdigen Sitten, 
der die Gefchäfte nicht fucht, aber auch nicht vermeidet”; davon. aber, 
was uns Andere ergolen und auch Bentivoglio ohne Zweifel wußte, 
wie er die Wahl Sanſeverinos aus perfönlicher Abneigung verhin⸗ 
derte, — welche Praͤtenſionen hoͤhern Ranges er gegen bie Übrigen 
Gardinäle geltend machte, die ſich nur fehr ungern fügten, — wie 
alle feine Beftrebungen ſeitdem dahin gingen, ſich Zreunde zu. er- 
werben, um das Pontificat erlangen zu Fönnen, wie er ſich befonders 
an Spanien anſchloß, — von alle dem erfahren wir nichts. 

Der weite Xragona. Bentivoglio bemerkt von ih. „er habe in 
frübern Conclaven befonders die jüngern Cardinaͤle geleitet; er habe 
während der Abweſenheit des Wapftes Nom auf das trefflichſte verwaltet; 
er liebe guten Hausrath; er habe eine fchöne Eapelle, mit den Xltarbil; 
dern wechſle er ab.” Allein damit ift der Mann noch nicht gezeichnet. 
Er war, wie wir aus Delfino fehen, ein von der Gicht gepeinigter 
alter Mann, deflen Tod ſich bald erwarten ließ, der aber darum an 
den Hoffnungen auf das Pontificat nur um fo fefter hielt. Bei dem 








Relatione al card. d’Este 159. 355 


fpanifchen Hofe war er keineswegs fo angefehen mie er wänfchte. 
In die Eongregation über die franzoͤſiſchen Angelegenheiten hatte er 
nicht gelangen können; und man wußte, daß er das fehr übel nahm: 
aber nichts deſto minder fuchte er mit den fpanifchen Botfchaften jener 
Abficht wegen das engfle Verhältniß zu erhalten. 

Jener Eindrud der Ruhe und Stille, den das Buch macht, 
fommt auch daher, weil die Lichter zugleich abfichtlich ſehr gedämpft 
werden, ‚weil das Leben in der Wahrheit feiner Erfcheinung nicht eis 
gentlicdy reproducirt wird. 


69. 


Relatione fatta all’ illmo sigr cardle d’Este al tempo della sua 
promotione che doveva andar in Roma.. (Bibl. Vindob. 
Codd. Foscar. n. 169. 46 31.) 


Sn Folge des Abfommend, das Clemens VIU. bei der Ein- 
nahme von Ferrara mit den Efle getroffen hatte, ſchloß er einen 
Prinzen dieſes Haufes, Alerander, in die Promotion vom 3. Merz 
1599 ein. 

Diefer Prinz iſt ed, den man durch unfre'Inftruction zu feinem 
Eintritt in den Hof vorbereiten wollte Obwohl fie Fein Datum 
führt, fo if fie doch ohne Zweifel in das Jahr 1599 zu ſetzen. 

Bon einer vensgianifhen Relation ift fie fhen durch ihre Be 
flimmung ſehr verfditeden. Sie foll den Prinzen in Stand. feßen, 
als ein ‚guter Steuermann. su-fchiffen, — ‚per potere oome pru- 
dente noochiero prendere meglio: l’aura propitia della oerte —; 
von den politiſchen Verhaͤltniſſen enthält fie nichts; ſelbſt Das Un⸗ 

tüd, das das Haus Efie fo eben betroffen, wird mit Stillfchmeigen 
übergangen: die Abficht des Werfaffers ift nur, die Eigenfchaften der 
wichtigſten Perſonen zu bezeichnen. | 

Der Papft, feine Nepoten, die Cardinaͤle werden gefchilbert. 

Clemens VIE. „Di vita incolpabile, di mente retta, di oondi- 
tiöne universale.: Si può .dir ch’abbia in se stesse tutta la theo- 
rica e la pratica della politica e ragion di stato.“ Wir finden 
bier, Salveſtro Aldobrandini habe Paul IV. zum Siriege gegen 
Neapel angereist; — doch habe man darauf Verſuche gemacht das 
Haus wenigſtens mit den Mebici zu verföhnen. „‚Dicesi che Pio 
V veiendo promovere il.card! Giovanni, fratello di questo pon- 
tefice, assicurd il GD Cosimo che tutta questa famiglia gli sa- 
rebbe fidelissima sempre, e che mandd l’istesso Ippolito Aldo- 
brandino, bora papa, a render testimonio a S. Altezza, della 
quale fu molto ben visto.““ Damals war bei Bapft-Elemend Johann 
Bardi in der meilten Gunſt. „Fra i servitori di Clemente il piü 
intimo e favorite 6 il sigr Giov. Bardi dei conti di Vernio, luo- 
gotenente delle guardie, di molta bontä, virtü e nobiltà.“ An 
ihn kann ſich ver meite Garbinal um fo .mehr halten, da er es mit 
dem Haufe Efte: gut meint. — | u 

Die Nepoten. Das Uebergewicht Pietro Aldobrandinid über 
San Giorgio war entfchieden. San Giorgio, accommedato l’animo 
alla fortuna sua, mortificate le sue pretonsionn, ꝓpon gareggia, 


356 | Gioan Delfino 


non contrasta piü, ma o lo seconda o non s’impaccia seco, e 
si mostra sodisfatto dell’ ottenuta segnatura di giustitia. 

Die Eardinäle theilten fih in zwei Factionen: die fpanifche, wel- 
cher auch Montalto bereits anhing, und die aldobrandinifche. Jene war 
damals 25, diefe nur 14 entichtedene fichere Mitglieder ſtark. Rich⸗ 
tig bezeichnet der Autor denjenigen als .den wahricheinlidhiien Candi⸗ 
daten zum Papfithbum, der hernach wirklich dazu gelangt it, Alexan⸗ 
der Medici. Man wußte nicht, wie berfelbe mit dem Großherzog 
von Toscana fland, aber bei Clemens war er dafür deſto mehr in 
Gunft: „per patria e conformitä di humore,‘ fo gut als wäre 
er feine Creatur. | 

Nicht uͤbel erfcheint der Hiftorifer der Kirche, Baronius: „molto 
amato per la dottrina, bontà e semplicitä sua: si dimostra tutio 
spirito, tutto risegnato in dio: si burla del mondo e della pro- 
pria esaltatione di se stesso.‘* 


70. 


Relatione di Roma dell’ Timo Sigr Gioan Delfino Kr e Pror ri- 
tornato Ambasciatore sotto il pontificato di Clemente VII. 
(1600). 


Auch eine von den verbreitetern Relationen, fehr ausführlich — 

fie hat in meinem Eremplar 94 Duartblätter, — fehr unterrichtend. 

I. Delfino beginnt damit, ben Papſt („il nascimento, la na- 
tura e la vita del papa°‘) und feine Nepoten zu fchildern. 

Delli due cardinali (Aldobrandino e 8. Giorgio) reputo 
quasi necessario parlarne unitamente. Questo di et& d’anni 45, 
di gran spirito, altiero, vivace e di buona cognizione nelli af- 
fari del mondo; ma temo assai che sia di mala natura, overo 
che gli accidenti del mondo occorsi, che Phanno levato dalle 
gran speranze in che si & posto.nel principio del pontificato, 
lo fanno esser tale, cio& demostrarsi con tulti non solo severo 
ma quasi disperato. (Questo era grandemente amato e grande- 
mente stimato dal papa avanti che fosse salito al pontificato, e 
doppo per gran pezzo ebbe la cura principale de’ negotj, e si 
credeva da ogn’uno che egli avesse da esser il primo nipote, 
perche l’altro era piü giovane, ässai di poca prosperilä e di 
pochissima cognizione: ma o. sia_stato la sua poca prudenza nel 
non essersi saputo governare come averebbe bisognato, sendosi 
rotto con l’ambasciatore di Spagna quando gittö la beretta, con 
V’ambasciator di Toscana quando li disse che il papa doveria 
cacciarlo di corte, oltre i disgusti che ha dato a tutti in mille oc- 
casioni, 0 pur la gran prudenza e. desirezza dell’ altro, o la 
. forza natural del-sangue, questo ha perduto ogni giorno tanto 
di autoritä e di credito che non ha chi lo seguiti e non aottiene 
cosa aleuna che dimandi. Ha perö il carico di tutti li negotj 
d’Italia e Germania, se bene li ministri publici trattino li me- 
dasimi con Aldobrandino, e nelle cose brusche tutti ricorrono 
a lui. Io con esso sig" cardle di S. Giorgio nel principio ho 





Relatione di Roma 1600. | 357 


passato qualche borascs, anzi nella prima audieuza fui asttetto 
a dolermi apertamente per dignitä della republica, e doi o tre 
volte mi sono lasciato intendere liberamente, in modo tale che 
so che & stato frutio appresso di lui, et il papa l’ha avuto a 
carro, e particolarmente nell’ ultima occasione di Ferrara: ma 
doppo sempre & passato ira noi ogni sorte di dimostratione 
d’amore, et io 1’ho onorato sempre come si conveniva. Cre- 
do veramente che sia mal affetto alla Serenitä Vostra per 
natura e per aceidente: la sua natura I’ho descritte, ma dird 
solo delli accidenti. Prima sappia che da un pezzo in qua a'è 
buttato affatto in braccio de’ Spagnuoli, e si & dimostrate poco 
amico di quelli che sono uniti con Francesi: ha cresciuto an- 
cora quel mal animo suo il vedere che il cardinal Aldobrandino 
habbi in tutte le occasioni proteito li affari dell’ EE. VV., 
quasi che non sia possibile che concorrino ambidue in alcuna 
operatione, per giusta e raggionevole che sia. Da che si può 
cohoscere la miseria de’ poveri ambasciatori et rappresentanti 
publici. 

II. Das zweite Capitel, wenigftend in unfern Copien förmlich 
als ſolches unterfchieden, betrifft Negierungsform, Finanzen und bes 
waffnete Macht. Delfino erflaunt, wie billig, über einige Momente 
der Finanzverwaltung. Mentre l’entrate della chiesa sono impe- 
gnate all’ingrosso ordinariamente e straordinariamente; e quello 
ch’e peggio, si comprano castelli e giurisdittioni de’ sudditi a 
1} o 2 per cento (idy verfiche: die fo viel abwerfen) e si pagano 
censi a 9 o 10 per cento, parendo strano agli uomini savj che 
in tante streitezze si fanno queste compre, e piü .e che se si 
vogliono far certe spese, non si facciano per via delli danari 
del castello, per non ci andar debitando e consumando del 
tutto. Auch in jener Zeit, ſehen wir, gab es doch Leute, die an 
dem Theſauriren geliebenen Geldes Anftoß nahmen. Vebrigens war 
nach der erfien Furzen Zufriedenheit in Ferrara vieles Mißvergnuͤ⸗ 
gen eingetreten. Nobili e popolo si darebbero volentieri a qual 
principe si voglia, per uscir dalle manidove si trovano. 

III. Intelligenze. Wie mißlich der Papſt mit dem SKaifer, 
mit Philipp II. hand — er erwartete den Tod bes Königs mit eis 
ner Art von Angft; wie ſchlecht mit Florenz, denn fehr wohl erins 
nerte man fich, daß das Haus Aldobrandin zu den Ausgewanderten 

ebörte (le cose passano peggio che con ogn’ aliro, ricordandosi 
’esser andato il papa e la sua casa ramingo per il mondo); 
wie viel beffer dagegen mit Tranfreih und Polen, vornehmlich mit 
dem letzten, mit dem er gemeinfchaftliche Intereffen und Plaͤne hat 
(concorrendo e dall' una e dall’.altra parte interessi nel pre- 
sente e disegui nel tempo a venire). Für Niemand aber war 
Glemensd eingenommener, als für den Fuͤrſten von Siebenbürgen. 
Col prencipe di Transilvania ha trattato il papa con tanto amore 
e con tener un nuntio apostolico appresso di lui e con averli 
dato in mio tempo 60m. scudi in tre volte e con infiniti of- 
ficii fatti fare con l’imperatore per servitio che quasi poteva 
dirsi interessato et obligato alla continua sua protetlione; e 


358 Venier 


credo che’l povero preneipe la meritava, perche #’& risoluto 
alla guerra con fondamento prineipale del consiglio et delle 
promesse di 8. Sta, quanto nel prineipio giä tre anni e gia due 
ancora esaltava la virtò e valor di questo preneipe fino al cielo, 
avendo detto a me più volte ch’egli selo facera la guerra al 
Turco, tanto pil ultimamente con la cessione che gli fece de’ 
suoi stati restava molto chiarito, et il predicava un gran da 
poco: onde si vede che se bene aveva promesso all’ imperatore 
di farlo cardinale et a lui aneora, non averebbe però osservato 
cosa aleuna, e pereiö eredo che essendo tornato al governo de’ 
suoĩ stati abbia sentito S. Stà gran consolatione. 

IV. Cardinali. Sie werden alle nach der Neihe durchgegan⸗ 
gen, und mehr oder minder günftig beurtheilt. 

V. De’ soggetti, che cascano in maggior consideratione 
per lo pontificato. | 

“ VI. interessi con Venetia. Es waren f&hon taufend Strei- 

tigfeiten im Gange. Quando non si proveda alle pretensioni et 
ai disordini, un giorno si entrer& in qualche travaglio di gran 
momento, massime di questi novi aequisti (uͤber die Schiffahrt 
auf dem Yo), che sempre vi penso per cognitione che ho 
della natura de’ preti e della chiesa mi fa temere. 
Das ging nur allzubald in Erfuͤllung. 


71. 
Venier: Relatione di Roma. 1601. 


Schon waren die Sträitigfeiten zwifchen Papft und Venedig 
ziemlich heftig geworden. Die Venezianer vermeigerten, ihren Pa— 
triarchen zur Prüfung nach Rom zu ſchicken. Ueber den Poausſluß 
Goro hatten bittere Irrungen begonnen: eben um diefer Streitigfeiten 
willen ward Venier nad Rom gefchiekt. 

Nur eine kurze Zeit blieb er da: bie Schilderung, die er von 
Elemens VII. entwirft, iſt deffenungeachtet recht brauchbar. 

Della natura et pensieri del pontefice, per quello che a me 
tocca di considerare nella presente congiuntura per li negotii 
che giornalmente traita V. Serenitä con S: Beatitudine, dird 
che il papa in questa etä sua di 65 anni & piü sano e piü ga- 
gliardo di quello che sia stato negli anni adietro, non havendo 
indispositione alcuna fuoriche quella della chiragra o gotta, che 
perö li serve, come vogliono li medioi, a tenerlo preservato da 
altre indispositioni, e questa melto pid di rado e molto meno 
che per l’inanzi le da molestia al presente, per la bona regola 
particolarmente del viver, nel quale da oerto tempo in qua pro- 
cede con grandissima riserva e con notabile astinenza nel bere: 
che le giova anco grandemente a nen dar fomento alla grassezza, 
alla quale € molto inclinata la sua complessione, usando anco 
per questo di frequentare l’esereitio di camminar longamente 
sempre che senza sconcio de negotii conosce di poterlo fare, ai 





Relatione di Roma 1601. 359 


quali nondimeno per la sua gran capacitä supplisce, intanto 
che le resta comoda parte di tempo che dispensa admettendo 
persone private et altri che secondo il solito ricorrono a 8, 
Stä. A negotii gravi si applica con ogni suo.spirito, et persiste 
in essi senza mostrarne mai alcuna fiachezza, et quando li suc- 
eede di vederli conclusi, gode et fruisce mirabilmente il con- 
tento ehe ne rieeve. Ne di cosa maggiormente si compiace che 
di esser stimato, et che sia rispettata la sua reputatione, della 
quale & gelosissime. Et quanto per la complessione sua molto 
sanguigna e coleriea € facile ad accendersi, prorompendo con 
grandissima vehementia in esagerationi piene di escandescenza 
et acerbitd, tanto anco mentre vede che altri tace con la Imgua 
seben s’attrista nel sembiante, si ravede per se stesso et pro- 
cura con gran benignitä di raddolcire ogni amaritudine: la qual 
cosa € cosi nota hormai a tutti li cardinali che ne danno cor- 
tese avvertimento agli amici loro, sicome lo diede anco a me 
nel primo congresso l’illustrissimo sigr card!e di Verona per mia 
da lui stimata molto utile conformatione. Ha S. Stà volti li pen- 
sieri suoi alla gloria, ne si puö imaginare quanto acquisto fac- 
eiano li principi della gratia sua, mentre secondano la sua in- 
clinatione. Onde Spagnoli in particolare, che sempre mirano 
a conservarsi et ad aumentar la gran parte che hanno nella 
corte di Roma, non trascurano punto l’occasione; et pero con 
tanto maggior prontezza hanno applicato l’animo a far qualche 
impresa contra Turchi, come hora si vede, et con andar sofle- 
rendo non mediocri durezze, che provano ancor loro nelli ne- 
gotii importanti, particolarmente per causa di giurisditione, che 
vivono alla corte di Roma, si vanno sempre più avanzando nel 
riportare in molte cose non piccole soddisfattioni. E' tenuto ge- 
neralmente il pontefice persona di gran virtü, bontä et religione: 
di che egli si compiace far che del continue se ne veggano segni 
et importanti effetti. E se ben li cardinali si vedono nel pre- 
sente pontefice scemata molto quella autoritä che ne’ tempi pas- 
sati sono stati soliti d’havere, restando quasiche del tutto es- 
clusi dalla partecipatione de negotii piü importanti, poiche ben 
spesso fino all’ ultima conclusione di essi non hanno delle trat- 
tationi la giä solita notitia, mostrano nondimeno di stimare il 
pontefice, lodano la Stà S. con termini di somma riverenza, ce- 
lebrando la prudenza et V’altre virtü sue con grand’ esageratione, 
affırmando che se fosse occasione hora di elegere pontefice, non 
elegerebbono altro che questo medesimo, seben son molto re- 
conditi et profondi i loro pensieri, et le parole et le apparenze 
sono volte ai proprj disegni forse a Roma piü che altrove. 

Dem Gefandten gelang ed, die Streitigfeiten noch einmal bei- 
zufegen, obwohl der Papſt bereits von der Ercommunication redete: 
er findet ihn doch im Ganzen wohlgefinnt. Venedig bequemte fich 
ben Patriarchen nach Nom zu fchiden. 


300 Insir. a Vigliema 1603. — Dialogo di Malaspina. 


72. 
Instruttione all’ illmo et ecc=o marchese di Viglienna ambascia- 
tore cattolico in Roma 1603. (Informatt. politt. n. 26.) 


Viglienna war der Nachfolger Seſſa's. Unſer Autor uͤberlaͤßt 
es billig dem abgehenden Botfchafter, über den Papſt und deffen näch- 
fle Angehörigen zu berichten. Er felbft gibt und von ben Cardinaͤ⸗ 
len Nachricht. Sein Zweck iſt anzuzeigen, welcher Faction ein jeder 
angeböre. Da fehen wir nun, daß ſich die Lage der Dinge feit 1599 
ſehr verändert hatte. Es werden nur noch 10 entichieden fpanifche 
Gardindle aufgeführt. Won ben franzoͤſiſchen war früher noch we 
nig Fe Rede: jet erfcheinen ihrer neun, die übrigen gehören zu kei⸗ 
ner Partei. 

Von der Wichtigkeit der Curie iſt auch diefer Autor durchdrun⸗ 
gen. Qui le differenze, le pretensioni, le paci, le guerre si ma- 
neggiano. — — Le conditioni invitano i piü vivaci e cupidi di 
grandezza, di maniera che non & meraviglia che qui fioriscano 
i più acuti ingegni. 


73. 


Dialogo di mons" Malaspina sopra lo stato spirituale e politico 
j dell’ imperio e delle provincie infette d’heresie. (Vallic. 
n. 17. 142 Bl.) 


Ein Gefpräh zwiſchen Monf. Malafpina, dem Erzbifhof von 
Prag und den Bifchöfen von Lyon und von Cordova; — alſo von 
Geittlichen der vier Hauptnationen: ungefähr vom Jahre 1600. Es 
geichieht darin der Einnahme von Ferrara Erwähnung. 

Der Zwed iſt eigentlidh. zu vergleichen was bie Zibern Paͤpfte 
u was Papſt Clemens VIU, für den Fortgang des Katholicismus 
gethan. | 

Unter den frühern Paͤpſten: 1. La reduttione delle Indie, 
2. la celebratione del concilio, 3. la lega santa e la vittoria 
navale, 4. l’erettione de?’ collegii, 5. V’offerta dagli heretici del 
primato di Pietro al patriarcha Öonstantinopolitano — (?}) 
6. la constantia del re cattolico in non concedere agli heretici 
nei paesi bassi cose in, pregiudicio della religione. 

Vom Papft Elemens VII. 1. Il governo pastorale et uni- 
versale, 2. il governo parlicolare dei dominii del stato eccle- 
siastico, 3. la vita di S. Beatitudine, 4. il Turca hora per opera 
di S. Beatitudine fatto apparire di potersi vincere, 5. Ferrara oc- 
cupata, 6, l’essersi fatto cattolico il christianissimo re di Francia, 

Malafpina fchließt, daß dieß mehr zu bedeuten habe, als alles 
was die anderen vollbracht. Natürlich. Das Werkchen ift den paͤpſt⸗ 
lihen Nepoten gewidmet. 

Nur einen einzigen bemerfenswerthen Punft habe ich in bem 
langen Gefchreibe auffinden koͤnnen. 

Der Verf. war mit auf dem Churfürftentage von Regensbur 
m J. 1575. Er ſprach hier Churfürft Auguft von Sachſen. No 








Rel. delle chiose di Sassonia, 361 


v 


war dieſer Fuͤrſt entfernt davon, den Katholiken Hoffnung zu ſeinem 
Uebertritt zu erregen. Er erklaͤrte vielmehr er mache ſich aus dem 
Papſt nichts, weder inſofern er Papſt, oder Fuͤrſt von Rom ſey, noch 
auch wegen feiner Schaͤtze; bie paͤpſtliche Schatzkammer ſey mehr eine 
Eifterne, als ein; lebendiger Quell; nur das erwede ibm Nachden⸗ 
fen, daß ein Moͤnch wie Pius V. fo mächtige Fürften zu einem türs 
fifchen Kriege vereinigt habe; er Fönne das wohl auch wider die Pros 
teftanten vollbringen. — In der That faßte Gregor XIII. einen fols 
hen Plan. Weil er fah, daß Frankreich aus Furcht vor den Huges 
notten ſich von jedem Antheil an dem türfiihen Kriege losſagte, hielt 
er einen allgemeinen Bund der Fatholifchen Fürften wider Zürfen und 
Proteftanten zugleich für nothwendig. Darüber warb fofort auch mit 
dem Kaifer und mit Erzherzog Earl in Steiermark unterhandelt. 


74. 


Relatione delle chiese di Sassonia. Felieibus auspieiis illei 
comitis Frid. Borromei. 1603. (Bibl. Ambros. H. 179.) 


Auch einer von den mandyerlei Entwinfen des Katholicismus, 
fi wieder in Belig von Deutfchland zu fegen. 

Der Berfaffer Hält fi überzeugt, man fey in Deutfchland des 
Proteflantismus allmählig müde. Es liege den Vaͤtern bereits wer 
nig daran, ihre Kinder in ihrer Religion zu erziehen. Li lasciano 
in abandono, perche dio gl’inspiri, come essi.dicono, a quel.che 
sia per salute dell’ anime loro. 

In diefer Ueberzeugung macht er Entwürfe auf zwei vormals 
tende proteflantifche Länder, Sachſen und Pfalz. — 

Sachſen habe der Adminiſtrator bereits den Calvinismus 
vertilgt. Man muͤſſe ihn durch die Hoffnung der Wiedererlangung 
des Churfuͤrſtenthums gewinnen (mettergli inanzi speranza di poter 
per la via della conversione farsi assoluto patrone dell’ eletto- 
rato). Auch der Landesadel werde ed gern fehen, wenn er wieder 
zu den. Bisthämern gelangen fönne. 

Ueber die Pfalz druͤckt er fich folgendergeftalt aus. IL Casi- 
miro aveva una sorella vedova, che fu moglie d’un landgravio 
d’Hassia, la quale suol vivere in Braubach, terra sopra il Rheno, 
e si dimeostra piena di molte virtü morali e di qualche lume 
del cielo: suol esercitare l’opere di charitä per molto zelo, fa- 
cendo molte elemosine e consolando gl’infermi di quei contorni 
con provederli di medicine: conversa volentieri con alcuni pa- 
dri del Giesü e con l’arcivescovo di Treveri. — — E? opi- 
nione di molti. che mediante una piü diligenza o di qualche 
padre del Giesii amato da lei o di qualche principe cattolico 
o vescovo saria facil cosa di ridurla totalmente alla vera fede: 
— — .di che se dio benedetto desse la gratia e che la cosa 
passasse con conveniente segretezza, sarebbe ella ottimo instru- 
mento per convertire poi il nipote con la sorella di lui et un 
altra figlia che resta del Casimiro. 

Der Berfaffer bezeichnet hiemit Anna Elifabeth von ber Pfalz, 
Gemahlin Philipps II. von Heſſen Rheinfels, der fchon im Jahre 





363 Instruttione a m“ Barberino. ‘ 


1583 farb. Sie war früher im Verdacht des Calvinismus gewe⸗ 
fen, und darüber in einem Auflauf fogar einmal vermundet wor: 
den. Wir fehen, daß fie ſich fpdterhin- auf ihrem Witwenfig Brau⸗ 
bach, das fie verfchönerte, der entgegengefeßten Hinneigung zum Ka⸗ 
tholieismus verdächtig machte. 

Diefe Combination iſt es, auf weldye unfer Autor baut. Er 
meint, wern man den jungen Pfalzgrafen demnach mit einer baieri⸗ 
ſchen Prinzeſſin vermähle, werde das ganze Land Fatholifch wer- 
den. Und welch ein‘ Vortbeil wäre es, ein Churfürftenthum zu 
geromnen! 75 


Instruttione a V. Sria Monsr Barberino arcivescovo di Nazaret 
destinato nuntio ordinario di N. Sigre al re christianis- 
simo in Francia 1603. (MS Rom.) 


- Audgearbeitet von Cardinal P. Aldobrandino, der feiner frühern 
Geſandtſchaft am franzöfifchen Hofe öfters gedenft; darauf berech⸗ 
net, den durch die Befehrung Heinrihg IV. in Franfreih in Auf⸗ 
ſchwung gefommenen Katholicismus ferner zu befördern. 

Hören wir einige Aufträge die dem Nuntius (e8 iſt der fpätere 
Popſt Urban VIII.) gegeben werben. | ' 

Ella farä si con il re ch’ egli mostri non solamente di de- 
siderare che gli eretici si convertino, ma: che dopo che si sono 
convertiti, gli ajuti e favorisca. — — Il pensare a bilanciare 
le cose in maniera che si tenghi amiche ambidue le parti € una 
propositione vana, falsa et errones, e non potrà esser sugge- 
rita a S. Mtä che da politici e mal intentionati e da chi non 
ama la suprema autoritä del re nel regno. — — N. Sig’e non 
vuol lasciar di porli (dem König) in consideratione una strada 
facile (fi der Proteftanten zu entledigen) e senza che possa par- 
torir tumulto e che si eseguisca factimente e fa ‚il suo efletto 
senza coltiratione, et & quella che altre veolte ha S. Stà ricor- 
dato alla Mt S. et addotto Pesempio di Polonia cioò di non 


dar gradi ad eretii: — — ricorda a S. Mt& di dar qualche 
sbarbatezza alle volte a costoro (den Sugenotten), perehe € turba 
ribelle et insolente. — — V. Sria dovrä dire liberamente al re 


che deve fuggire gli economati et il dar vescovati e badie a 
soldati et a donne. 

In dieſen Economati liegt der Urfprung bes Negatrechtes, das 
fpäterhin fo größe Srrungen veranlaßte. Il re nomina l’econome, 
il quale in virtü d’un arresto, inanzi sia fatta la speditione 
apostolica, amministra lo spirituale e temporale, conferisce be- 
neficii, constituisce vicarli che giudicano, assolvono, dis- 
pensano. Be 

Auch fol der Nuntius den König felbft im katholiſchen Claus: 
ben zu befeftigen fuchen, während ber Ariege babe er nicht gehörig 
unterrichtet werden koͤnnen; er foll auf die Ernenmug guter Bitchöfe 
dringen, auf die Reform des Elerus fehen: wo moͤglich die Publica: 
tion des tridentinifchen Eonciliumsd bewirfen, bie der König dem Gar: 
dinal bei feinem Abfchiede binnen zwei Monat ind Werk zu fegen 





Pauli V vita. 363 


verfprodyen babe, und mit der er nach mehreren Jahren noch 4dgere; 
er foll die Vernichtung von Genf anratben (di tor via il nido che 
hanno gli eretici in Ginevra, come quella che & asilo di quanti 
apostati fuggono d’Italia). 

Stalien liegt dem Papſt vor allem am Herzen: daß ein buge- 
noftifcher Befehlshaber nach Caſtel Delfino jenfeit der Berge ges 
fegt worden, erklärt er für unerträglich‘; fein Beifpiel fey toͤdtlich 

Clemens trug ſich lebhaft mit dem Gebanfen an einen Tür 
fenfrieg. Jeder Fuͤrſt folle die Türken von einer andern Seite ber 
angreifen: der König von Spanien ſe dazu bereit, er fordere nur 
die Verſicherung, daß ihm indeß der Koͤnig von Frankreich nicht an⸗ 
derswo Krieg erhebe. | 


76. 


Pauli V 'pontificis maximi vita compendiose scripta. 
(Bibl. Barb.) 


Eine Lobrede von nicht viel Werth. 

Die Nechtspflege, die Berwaltung, die Baunnternehmmmgen 
dieſes Papſtes werden ausführlich geprieſen. 

Tacitus pleramque et in se receptus, ubique locorum et 
temporum vel in mensa meditabatür, scribebat, plurima trans- 
igebat. 
® Nullus dabatur facinoresis receptai locus. Ex aulis prima- 
riis Romae, ex aedium nobilissimarum non dicam atriis sed pe- 
netralibus nooentes ad supplicium armato satellitio educebantur. 

-Cum prineipatus initio reram singularum, praecipue pecu- 
niarum diffieultate premeretur, cum jugiter annis XVI tantum 
auri tot largitionibus, subatructionibus, ex integro aedificationi- 
-bus, praesidiis exterorumque subsidiis insumpsertt, rem frumen- 
tariam tanta impensa expediverit, — nihil de arcis Aeline the- 
sauro ad publicum tutamen congesto detraxerit, subjeetas pro- 
vineias sublevaverit; tot immensis tamen operibus non medo 
aes alienum denuo non contraxit, ‚sed vetus imminuit; non modo 
ad inopiam non est redactus, sed praeter publicam undequaque 
locupletatum privato aerario novies centena millia nummum au- 
reorum congessit. 

Wahrfcheinlich Hielt diefer Panegyriſt die Creation fo viel neuer 
Luoghi di Monte nicht für eine Anleihe. 


a 
Relatione dello stato infelice della Germania cum propositione 
delli rimedi opportuni, mandata dal nuntio Ferrero ve- 


scovo di Vercelli alla St di N. Sigre papa Paolo V. 
(Bibl. Barb.) 


Wahrfcheinlich einer der erften ausführlichern Berichte, die Paul 
dem V. zu Handen famen. Der Nuntins gedenft "der Empoͤrung 
der Faiferlihen Zruppen gegen ihren General Baſta im Mai 1605 
als eines eben eingetretenen Ereigniſſſes. 


® 


3% Ferrero Rel. della Germania 1605. 


Der unglädliche Dang, ‚ben der Krieg unter diefen Umſtaͤnden 
nahm, die Zortfchritte der Zürfen und ber Rebellen im Kampfe mit 
bem SKaifer, find es ohne Zweifel hauptlächlich, weshalb er den Zu⸗ 
fiand von Deutichland unglüdfelig nennt. 

Denn übrigens entging es ihm nicht, wie viele Eroberungen bie 
katholiſche Kirche in Deutſchland madıte. 

Di. questi frutti ne sono stati prossima causa gli alunni 
cosi di Koma come delle varie città e luoghi della Germania 
dove la pietä di Gregorio XIII alle spese della camera aposto- 
lica gl’ institui, giunti li collegii e scuole -delli padri Giesuiti, 
alli quali vanno misti cattolici et heretici; perche li alunni su- 
detti si fanno prelati o canonici. 

Er verfichert wiederholt, daß die Jeſuitenſchulen eine große 
Menge junger Leute für den Katholicismus gewonnen. Nur findet 
er namentlih in Böhmen einen außerordentlihen Mangel an Pathos 
liſchen Pfarrern. ' 

Auch auf den politifhen Zuſtand geht er ein: die Gefahr vor 
den Zürfen findet.er bei den fchlechten Anflalten bed Kaifers und 
ber innerliden Entzweiung. des Haufes Deftreich fehr bedeutend. In 
Oppoſition mit dem Kaiſer hatten fi die Erzherzoͤge Matthias 
und Maximilian verföhnt. Hora l’arciduca Mattia e Maszimi- 
lianuo si 8000 uniti in amore, vedendo che con la lore disunione 
facevano il gioco che l’imperatore desidera, essendosi risoluto 
il secondo a cedere al prime come a quello che.per ragione di 
primogenitura toccava il regno d’Ungaria, Boemia e stati d’Au- 
stria, et Alberto ha promesso di star a quello che se ne farä, 
' e dj comun concerto sollecitano l’imperatore con: lettere a 
prendere risolutione al stabilimento della casa: ma egli & ca- 
duto in tanta malinconia, 0 sia per questa lor unione, e gelo- 
sia che non siano per valersi di queste sedizioni, o per altro, 
che non provede alla casa ne agli stati ne a se stesso, 
Auch mandye andere Merkwuͤrdigkeiten kommen dabei zu Tage: 
h DB. Abfichten des Haufed Brandenburg auf Schlefien ſchon in die- 
er Zeit. „II Brandeburgh ‚non dispera con gli stati che ha in 
Slesia o le sue proprie forze in tempo di revolutione tirar a 
se quella. provincia.‘ 


78. 


Relatione dell’ illme Sr Franc. Molino cavr e pror ritornato da 
Roma con V’illmi sigri Giovanni Mocenigo cav* , Piero 
Duodo cav? e Francesco Contarini cav’, mandati a 
Roma a congratularsi con papa Paolo V della sua as- 
(1606) al ponteficato, letta in senato 25 Genn. 1605 


Schon war ber Ausbruch der Unruhen voraus zuſehen. Die Ge⸗ 
fandten haben Paul V. fo genau als möglich beobachtet. 
Sicome pronuntiato Leone XI penarono doi hore a vestirlo 














Relatione di Molino 1606. 365 


pontificalmente, cosi il presente pontefioe fu quasi credato pri- 
ma vestito ch’eletto et pur da altri cardinali: che non fu cosi 
presto dichiarato che in momento dimoströ oontinenza et gra- 
vitä pontificia tanta nell’ aspetto, nel moto, nelle parole et nelli 
fatti, che restarono tutti pieni di stupore et merariglia et molti 
forse pentiti, ma tardi et senza gievamento: perche diversissimo 
dalli altri precessori, che in quel calore hanno tutti assentito alle 
richieste cosi de’ cardinali come d’altri et fatte infinite gratie, cosi 
il presente stette continentissimo et sul serie, tanto che si dichiarl 
risoluto a non voler assentlire et promettere.pur minima cosa, di- 
cendo ch’era conveniente aver prima sopra le richieste et gratie 
che le erano dimandate ogni debita et matura consideratione: onde 
pochissimi farono quelli che dopo qualche giorno restassero in 
qualche parte gratiati. N® tuttavia si va punto allargando, anzi 
per la sua senipre maggior riservatezza dubitando la corte di veder 
anco sempre poche gratie et maggior strettezza in tutte le cose 
se ne sta molto mesta. Fra li cardinali non v’d alcuno che si 
possi gloriar di aver avato tanto d’intrensichezza o familiaritä 
seco che di certo si possi promettere di ottener prontamente 
alcuna cosa da lui, e tutti procedono con tanto rispetto che si 
smarriscono quando sono per andarli a parlar et negotiar seco: 
perche oltre che lo trovano star sempre sul serio et dar le ri- 
sposte con poche parole, si vedono incontrar in risolutioni fon- 
date quasi sempre sopra il rigor dei termini legali: perche nen 
admeitendo consuetudiui, ch’egli chiama abusi, n& esempj de 
consenso de?’ pontefici passali, ai quali nen selamente dice ohe 
non saperia accomodar. la sua conscientia, ma ehe possono aver 
fatio male et potriano render conto a dio o che saranno stati 
ingannati, o che la cosa sarà stata diversa da quella che a lui 
viene portata, li lascia per il piü malcontenti. Non ha caro 
che si parli seco lungo per via di contesa o di disputatione, et 
se ascolta pur una o doi repliche, quelle stimando di aver ri- 
soluto con le decisioni de’_leggi o dei canoni o de’ concilj che 
lor porta per risposta,. si torce se passano inanzi, overo egli 
entra in altro, volendo che sappino che per le fatiche fatte 43 
lui il spatio di trenta cinque anni continuo nel, studio delle 
leggi et praticatele con perpetui esercitii nelli offeii di corte in 
Roma et fuori, possi ragionevolmente pretendere, se bene que- 
sto non dice tanto espressamente, di aver cosi esatta cogni- 
tione di questa professione che non metti il piede a fallo nelle 
risolulioni che da et nelle determinationi che fa, dicendo bene 
che nelle cose dubbie deve l’arbitrio et interpretatione partico- 
larmente nelle materie ecclesiastiche esser di lui solo come 
pontefice. Et per questo li cardinali, cbe per l’ordinario da 
certo tempo in qua non contradicono, come solevano, anzi 
quasi non consigliano, et se sono ricercati et comandati di par- 
lar liberamente, lo fanno conforme a quell’ intentione che ve- 
dono esser nelli pontefici, se ben non la ‚sentono, col presente 
se ne astengono piü di quello che babbino fatto con alcun dei 
suoi precessori: et averanno ogni di tanto maggior OCccasione 


306 Redatione di Molino 16086. 


di star in silentio, quanto che manco delli aliri ricerca il 
parere di loro o di altuno a parte, come soleva pur far papa 
Clemente et altri: fa fra se stesso selo le risolutioni et quelle 
de improviso pubblica nel cencistoro: in cui hora si duole dei 
tempi presenti, hora si querela de’principi con parole pungenti, 
‚come fece ultimamente in tempo nostro per la deditione di 
Strigonia, condelendosi et attribuendo la colpa- all’ imperatore 
et ad altri principi con parole aculeate et pungenti; hora rap- 
presentando a’ cardinali li loro obbligbi, li sfodra protesti senza 
alcun precedente ordine o cemandamento, con che li mette in 
grandissima copfusione, come fece significandoli l’obbligo della 
residenza ei, come ho dette, non per via di oomandeo, come fa- 
cevano li altri ponteßei, li quali prefigevano loro ancor siretio 
tempo di andar alle lor chiese, ma con solamente dirli che non 
escusarebbe li absenti da esse da peecato mortale et: da rice- 
vere i frutti, fondando la sudetta conelusione sopra li: canoni et 
sopra il oencilio di Trento: eol qual termine solo cesi stretto 
et inaspettatamenie con wolta flamma promundiato mette tanta 
confusione nelli eardinali veneevi che conoscendo loro non po- 
tersi fermare in Roma: piü lungamenie senza serupolo et ri- 
morso grandissimo della conscientia, senza dar ncandalo et 
senza incorrer in partieolar conceito preswo il papa di poto cu- 
ranti li avvertimenti della St& Sua, di pooo timorati di die et di 
poco houore ancor presso il mondo, bauno preso risselutione 
chi di andar alla.residenza, et giä se ne sono partiti alquanti, 
chi di rinuneiare, et ehi di aver dispensa fin che passi la furia 
dell’ inverno per andarvi alla primavera: une ha admesso per di- 
fesa che salvino le legationi delle provincie e delle eittä del 
stato ecciesiastico: solo doi poteane esser ecceituati, il cardl 
Tarasio arcivescovo di Siena vecchissime et sordo, che non 
sar&ä perciö salvato da restar astrette alla remoncia, et il sig” 
card! di Verona, medesimamente per l’ei& grandissima et per 
aver gi& molti ahni mons* suo nipote ch’ esercita la ooadjuto- 
ria et otiimamente supplisce per il zio. 

Die Geſandten kamen diefer Strenge zum Trotz mit Paul V. 
im Grunde recht gut weg. Er entließ be auf das freundlichite. 
Auch der guͤnſtigſte Papft hätte fich nicht gewogmer ausdruͤcken koͤn⸗ 
nen. Sie find ſelbſt erflaunt, wie fo ‚bald die Sachen eine fo ge 
fährliche Wendung nehmen. 


79. 


Instruttione a monsr® il vescovo di Rimini (Cl Gesei) ‚destinato 
»untio alla republica di Venetia dalla Santità diN.S.P. 
Paolo V. 1607 4 Giugno. (Bibl. Alb.) - - 


Unmittelbar nad) Beendigung. der Serungen, jedoch noch nicht 
fehr friedfertig. 

‚ Der Papit beflagt ſich, daß bie Venezianer ben Act der Abſo⸗ 

- Iution zu verheimlichen fuchen; in einer Erklärung an ihren Clerus 








‚Instr. al.card, Gessi 1607, 367 


fam eine Andbeutung vor, daß der Papſt die Eenfuren aufgehoben 
weil er die Reinheit ihrer Ablichten erfenne: — (che S. Ba per 
haver conosciuta la sinceritä degli animi e delle operationi lore 
havesse levate le censure. oo 

Dennoch geht Paul V. fo meit, fi Hoffnung zu machen, daß 
man die Confultoren, auch Fra Paolo an die Inquifition ausliefern 
werde. Sehr merfwürbig ift diefe Stelle. Delle persone di Fra 
Paolo Servita e Gio. Marsilio e degli altri seduttori che pas- 
sano sotto nome di. theologi s'è discorso con Vra Sigria in voce: 
la quale doveria non aver difficoltä in otiener che fossero 
consignati al sant’ officio, nen che abbaudonati dalla republica 
e privati dello stipendioe che s'ò loro constituito con tanto scan- 
dalo. Mußten auch ſolche Anträge hinzufommen, um die Feind: 
ſeligkeiten Fra Paolos zu fleigern und unverföhnlich zu machen. Der 
Papſt wußte nit, was für ein Feind das war. Alle feine Mon 
fignoren und Illuſtriſſimi find vergeffen. Der Geift Era Paolos lebt 
wenigfiens in einem Theile der innern DOppofition in der Fatholifchen 
Kirche noch heute fort. 

Webrigens hatte, der Widerſtand den der Papſt in Venedig ge- 
funden, den- größten Eindruck auf ihn gemacht. Vuele N. Sigre che 
l’autorit& e giurisdittiione ecclesiastica sia difesa virilmenie da 
V. Sria, la quale averte nen dimeno di non abbraeciar cauga 
che possa venire in: cantesa deve nen abbia ragione, perche 
forge & minor male il non contendere ehe il perdere., 


80. 


Ragguaglio della dietä imperiale fatta in Ratisbona l’anno del 
Sr 1608, nella quale in luogo dell eccmo e revmo monsr An- 
tonio Gaetano, arcivescovo di Capua, nuntio apostolico, ri- 
masto in Praga appresso la Mtä Cesarea, fu residente il 
padre Filippo Milensio maestro Agostino vice generale 
sopra le provincie aquilonarie. All’ eccno e rermo sigre e 
principe il sigr card! Francesco Barberini. ' 


Als der. Kaifer Rudolf im Sahre 1607 einen Reichstag. berief, 
war Antonio Gaetano Nuntius an feinem Hofe. 

Goetonn hatte den Auftrag, das Tridentinum vollfländiger ein- 
zuführen, die Annahme des gregorianifchen Kalenders zu bewirken 
— wozu die drei- weltlichen Churfürften ſchon damals willig waren, 
am entſchiedenſten Sachſen, das feinen Gefandten ſchon dazu inftruirt 
hatte, — und fich befonders der katholiſchen Intereffen auf dem Kam⸗ 
mergerihte anzunehmen. Die Stocdung die daffelbe erfahren, war 
in der Inſtruction folgendergeflalt angegeben. U 

Di questo tribunal essondo presidente supremo l’intruso Mag- 
deburgese heretice, e volendo egli esercitare il suo offioio, nen 
fu ammesso, e da quel tempo in qua non essendo state reviste 
le cause et essendo meltiplicati gli aggravii fatti particolarmexte 
alli catoliei, proteatando li. keretici di volere avera laogo nella 
detta camera indifferentemente, come hanno li catolici, hanno 
atteso «ontinusmente .ad unurpare i beni ecclesiastici. 


368 Filippo Milensio Ragguaglio. 


Es war vorauszufehen, daß von diefer Sache am Reichstage 
lebhaft wuͤrde gehandelt werben: — dennoch fonnte der Nuntius den; 
felben nicht befuchen. Der Kaiſer ließ Erzherzog Ferdinand als 
feinen Commiſſar dahin gehn, und würde es als eine Beleidigung ber 
trachtet haben, wenn der Nuntius ihn verlaffen hätte. 

Gaetano ſchickte an feiner Stelle den Auguftinervicar Fra Mi: 
lentio. Da fich diefer fchon mehrere Jahre in Deutfchland aufgehal- 
ten, mußte er die Verbältniffe einigermaßen Fennen. Weberdieß aber 
wies ihn der Nuntius an Matth. Welſer — per esatta cognitione 
delle cose dell’ imperio — und eben jenen Bifhof von Regens⸗ 
burg, von dem damals ein Schreiben eine fo große Aufregung unter 
den Proteſtanten hervorbrachte. Auch an den Beichtvater ded Kai⸗ 
ferd Pater Willer follte er fich halten. 

Ungluͤcklicher Weife hat diefer Augufliner ben Bericht über feine 
Wirkſamkeit erft viele Jahre nachher aufgefegt. Jedoch iſt das, 
was er von feiner perſoͤnlichen Thaͤtigkeit erwähnt, noch immer 
hoͤchſt merfwürdig: wir haben «es ſchon in die Gefchichte aufge 
nommen. 

Vebrigens leitet er die gefammte Unruhe, die damals in bem 
Reiche ausgebrochen war, von der zweifelhaften Erbfolge ber: „es- 
sendo fama che Ridolfo volesse adottarsi per figliuolo Leopoldo 
arciduca, minor fratelle di Ferdinando, e che poi a Ferdinando 
stesso inchinasse.‘“ Matthias war darüber fehr mißvergnügt. Aber 
in Kiefel und dem Fürften Lichtenftein, der in Mähren fo viel vers 
mochte, fand er treue und einflußreiche Anhänger. 

Dietrichftein und Gaetano hatten diefem Berichte zufolge gro⸗ 
Ben Antheil an dem Abſchluß des Vertrages zwifchen den Brüdern. 


81. 


Relatione di Roma dell’ illustriseimo Sr Giovan Mocenigo Kar 
Ambr a quella corte Panno 1612. Inf. Politt. Tom XV. 


Der erfte Botfchafter nach Beilegung der Irrungen war Fran 
&ontarini; 1607 — 1609. Unſer Mocenigo rähmt, wie wohl ihm —* 
ſen vernuͤnftiges Betragen zu Statten gekommen. Er ſelbſt, der be⸗ 
reits 18 Jahr in Geſandtſchaften beſchaͤftigt gemefen, ftand von 1609 
Bis 1611 in Nom. Der ruhige Ton feiner Relation zeigt am beften, 
daß es auch ihm gelang, ein gutes Werhältniß aufrecht zu erhalten. 

Bei diefer Relation ift nidyt feine Abficht, das Allgemeine, das 
Belannte- zu wieberholen: fondern nur die Eigenfchaften und die 
Gefinnungen des Papſtes in Bezug auf bie Republik zu eroͤr⸗ 
tern: la qualitä, volontä, dispositione del papa e della republica 
verso questa republica. Traiterö il tutto con ogni breritä, tra- 
lasciando le cose piü tosto curiose ehe necessarie. 

1. Papſt Yaul V. Maestoso, grande, di poche parole: nien- 
tedimeno corre voce che in Roma non sia alcuno che lo possa 
agguagliare nelli termini di creanza e buoni officii: veridieo, in- 
nocente, di costumi esemplari. 

2. Garbinal Borghefe: di bella presenza, cortese, benigno, 

por- 








Gio. Mocenigo Rel. 1612. 369 


porta gran riverenza al papa: rende ciascuno sodisfatto almeno 
di buone parole: & stimatissimo e rispettato da ogn’ uno. — Im 
Sahre 1611 hatte er fhon 150000 Sc. Einkommen. 

‚3. Geiſtliche Macht. Er bemerft daß frühere Päpfte eine Ehre 
darin gefucht, Gnaden zu gewähren; die damaligen firebten die 
bereit gewährten eher wieder zu entreifen (rigorosamente stu- 
diano d’annullare et abbassare le giä ottenute gratie), Den: 
noch ſucht man mit ihnen gut zu flehn, weil man glaubt, ber Gehor- 
fam der Voͤlker berube auf der Religion. 

4. MWeltlihe Macht. Er findet noch immer bie Voͤlker des 
Kirchenſtaates fehr Friegerifh gefinnt (prontiseimi alle fattioni, 
alli disaggi, alle bataglie, all’ assalto et a qualunque attione mi- 
litare), die päpftlihe Kriegsmacht nichts deſto minder in vollem 
Verfall. Man hatte früher 650 Leichte Pferde gehalten, hauptfäch- 
lich gegen die Banditen; da diefe befiegt waren, hatte man bie 
Meiteret in den ungarifchen Krieg gefchickt, ohne eine andere an 
ihre Stelle zu feßen. 

5. Regierungsform: abfolut. Der Kardinal Nepot, der Da: | 
tario und Zanfranco hatten einigen Einfluß: fonft wurden die Gar: 
dindle nur gefragt, wenn der Papft ihre Meinung gewinnen wollte. 
Selbſt wenn er fie fragte, antworteten fie mehr nady feiner Neigung 
ale nach ihrer Einficht. (Se pure dimanda consiglio, non & al- 
cuno che ardisca proferir altra parola che d’applausa e di laude, 
siche futto viene terminato dalla prudenza del papa). Auch war 
das im Grunde am beften, weil die Factionen bed Hofes fie doch nur 
parteiifch gemacht hätten. 

6. Verhaͤltniß zu Spanien und Franfreihd. Der Paopſt fuchte 
ſich neutral zu halten. Quando da qualcheduno dipendente da 
Spagnoli & stato tenuto proposito intorno alla validitä et inva- 
lidit& del matrimonio della regina, si è stato mostrato risoluto 
a sostenere le ragioni della regina. Li poco buoni Francesi 
nel medesimo regno di Francia non hanno mancato d’offerirsi 
pronti a prender l’armi, purche havessero avuto quälche favore 
del papa e del re di Spagna. 

ll re di Spagna € piü rispettato di qualsivoglia altro prin- 
cipe dalla corte Romana. Cardinali e principi sono consolatis- 
simi, quando possono havere da lui danari et essere suoi de- 
pendenti. — Il.papa fu giä stipendiato da lui, e dall’ autoritä di 
S.M., come soggetto confidente, favorito all’ assuntione del pon- 
tißcato con singolare et incomparabile beneficio. —. Procura di 
dar sodisfattione al duca di Lerma, acciö questo le serva per in- 
strumento principalissimo di suoi pensieri presso S. Mt& cattolica. 

7. ein Rath: temporeggiare e dissimulare alcune volte 
con li pontefiei. — 'Vincitori essercitano le vittorie a modo loro, 
vinti conseguiscono che eonditioni vogliono. 


wapſte ** | 24 





370 Rel. della mutistura de Suiaseri 16081612 


82. 


Relatione della nunziatura de’ Suizzeri. Informationi Politt. 
Tom. IX. fol. 1— 137. 


Informatione mandata dal Sr C! d’Aquino a Monsr Feliciano Sil- 
va vescovo di Foligno per il paese di Suizzeri e Grisoni. 
Ibid. fol. 145—212. 


In Lebrets Magazin zum Gebrauch der Staatens und Kirchens 
gefchichte Bd. VII, p. 445 finden ſich Uuszüge aus den Briefen, 
die von dem römifhen Hofe in den Jahren 1609 und 1614 an die 
Nuntien in ber Schweiz ergangen find; — man fünnte nicht fagen, 
daß fie fehr intereffant wären; fie find fo allein, ohne Antworten und 
Berichte, nicht einmal verſtaͤndlich. 

Der erfie diefer Nuntien it der Biſchof von Wenafro, eben der 
von welchem Haller (Bibliothef der Schmweizergelhichte Bd. V. Nr. 
783) eine Relation über bie Schweiz erwähnt. „Der päpfilihe Nun⸗ 
tius“, fagt er, „Lad. Gr. von Aquino Episcopus Venafranus hat in 
diefem Berle eine Probe feiner Einficht und feiner Geſchicklichkeit abs 

elegt, und es verdient fehr gedruckt zu werben.” Haller bat fie in 
Sarıs eigenhändig copirt und auf der Zuͤricher Bibliothef nieder: 


t. 
Diefe Relation ift nun eben die unfere; doch befigen wir fie voll- 
fländiger, als fie Haller Fannte.r er 

Als der Bifhof von Venafro die Nuntiatur verließ, die er von 
1608 — 1612 verwaltet hatte, tbeilte er feinem Nachfolger, Biſchof 
von Foligno, nicht allein die Infruction mit, die er von dem Gars 
dinal Borgbefe empfangen, fondern er gab ihm auch in einer auss 


führlichen Information davon Nachricht, wie er diefelbe ausgeführt. 


babe (di quanto si è eseguito rino al giorno d’hoggi nelli ne- 
gotii in eAsa raccommandatimi). Es ift dieß die zweite von ben 
oben bezeichneten Handfchriften. Sie beginnt mit einer Schilderung 
der innern Parteiungen der Schweiz. 

E seguitando l’istesso ordine dell’ instruttione sopradetta, 
dico che da molti anni in. qua si € fatta gran mutatione ne? can- 
toni cattolici e particolarmente nella buona amicitia e concordia 
che anticamente pasgava fra di loro: perche-hoggidi non solo 
per causa delle fattioni Spagnuole e Francesi e delle pensioni, 
na ancora per altri interessi, emolumenti e gare vi € fra aleuni 
tanto poca amicitia che col tempo potrebbe partorire molti 
danni se tostoe non si prende buon rimedio con procurare una 
dieta particolare non ad altro effetto che’ a rinuovare le leghe 
antiche, l’amicitia, fratellanza et amorevolezza, come io molte 
volte ho proposto con grandissimo applauso, se bene sin’ hora 
non ho potuto vederne l’effetto. Altorfo & antico emulo di Lu- 
cerna, e tira seco gli altri due cantoni Schwitz et Undervaldo, 
e vede mal volontlieri preminenza e primo luogo de’ signori Lu- 
cernesi, et però spesse volte contradice in attioni publiche non 
ad altro fine che di gara e di poca intelligenza: Lucerna tira 


et Informatione, dal Card. d’ Aquino. a7 


seco Friburgo e Soloturno e ancora Zug, e fa un’ altra partita. 
Zug € diviso fra se stesso, essendo in gravi controversie li cit- 
tadini con li contadini, volendo ancora essi essere conosciuti 
per paironi: e cosi in ogui cantone cattolico vi sono molte pu- 
bliche e private dissensioni con pregiudicio delle deliberationi e 
con pericolo di danni assai maggiori se non vi si rimedia, come 
io procuro con ogni diligenza. 

Gleich bei der Heberfenbung diefer Information verfpricht ber 
Nuntius eine noch ausführlichere Relation. (Fra pochi giorni spero 
di mandarle copia d’una piena e piü diffusa relatione di tutti li 
negotii della nuntiatura.) j 

Dieß ift die zuerft genannte Handfchrift: diefe war Hallern be: 
fannt geworden. 

Der Nuntius geht darin etwas methodifher zu Werfe. Cap. I. 
Della grandezza della nuntiatura. Er ſchildert zuerfi den Umfang 
der Nuntiatur, die fo groß fey wie das Königreich Neapel, und ſich au- 
Gerdem über Bölfer der verfchiedenften Zungen erfirede. Auch die 
romanifhe Sprache vergißt er nicht: una favella stravagantissima 
composta di otto o dieci idiomi. 

I. Degli ambasciatori de’ principi che resiedono appresso 
Suizzeri e de’loro fini. i 

Ill. Delle diete e del modo, tempo e luogo dove si con- 
gregano fra Suizzeri. 

IV. Delli passi che sono nella nuntiatura de? Suizzeri. 
Denn eben die Pälle bildeten den wichtigften Streitpunft der Mächte. 

V. Stato spirituale della nuntiatura de’ Suizzeri. Das wich» 
tigfte und wie billig ausfuͤhrlichſte Gapitel: p. 28—104; in welchem 
über einzelne Didcelen, auch die Abteien Bericht erflattet wird. 

VI. Ofßcio del nuntio per ajutare lo stato spirituale e de’ 
modi piü fruttuosi di farlo. 

II. Che debbia fare il nuntio per dare sodisfattione in 
cose temporali nella nuntiatura. 

Man fieht, wie forgfältig die wichtigftien Momente gefondert 
und durdhgegangen werden. Die Ausführung zeigt von Kenntnif 
nicht minder der Vergangenheit wie der Gegenwart, von Eifer, Ges 
wandtbeit und Einficht. Natürlich wiederholt die Relation das Meifte 
von dem was in der Information enthalten war. 

Dennody war unferm Nuntius auch Das noch nicht genug. Der 
Relation fügte er ein Compendio di quanto ha fatto monsre di 
Venafro in esecutione dell’ instruttione datali nel partire di Roma 
hinzu; das er fchon bei einer andern Öelegenheit gemacht hatte, und 
das namentlich mit der Information faſt identiſch ſeyn mußte. Er 
bemerkt es felbft, legt das Schriftchen aber doch bei. Bei den Co⸗ 
pien ift es ohne Zweifel ganz mit Recht weggelaflen worden. 

Statt deffelben folgt ein Appendice de’ Grisoni e de’ Valle- 
sani, nicht minder merkwuͤrdig als das Frühere. 

„E questo“, fchließt endlih der Werfaffer fein volumindfes 
Werk, „e il breve summario promesso da me del stato della 
nuntiatura Suizzera con le parti che a quella soggiaciono. Deo 
gratias. Amen.“ j 


24 * 


372 Instr. a Diotellevi dest. nuntio in Polonia 1614. 


Noch immer glaubte er nur eine kurze Weberficht des Miffens- 
märbigen gegeben zu haben: fo wenig läßt fich die Welt in Worten 
wiedergeben. 

babe mich Bd HL, p. 121fg. der Notizen bie ſich hier finden, 
nur zu meinem Anedt bedient: das Uebrige zu erheben muß dem Fleiße 
der Schweizer überlaffen bleiben. 


83. 


Instruttione data a monsr Diotallevi vescovo di S. Andelo de- 
stinato dalla Stà di Nro Sigre papa Paolo V nuntio al 
re di Polonia 1614. 


Allgemeine Anweifung, die fatholifhe Religion, die Einführung 
des tridentinifchen Conciliums, die Anftellung gut Fatholifcher Perſo⸗ 
nen zu befördern, niemals etwas zu bulden was zum Vortheil der 
Proteftanten fey. _ 

Es zeigen ſich jedoch Spuren eines gewiffen Mißverfländniffes. 

Der Papſt hatte dem König verweigert, den Bifchof von Reg- 

io, wie diefer vorfchlug, zum Gardinal zu ernennen. Der Nuntius 
off den König darüber zu beruhigen ſuchen. 

Befonders wird ihm eingefchärft, niemals Geld zu verfprechen. 

Perche o non intendendosi o non vedendosi le strettezze 
pur troppo grandi della sede apostolica, sono facili i potentati 
particolarmente oltramontani a cercar ajuto, e se si desse ogni 
picciola speranza, si offenderebbero poi grandemente dell’ es- 
clusione, ' 





Ueber bie letzten Jahre Pauls V. finden ſich weniger kirchliche 
Denkmale. DBenugen wir biefe Luͤcke um einige andere zu berühren, 
die fich auf die Verwaltung des Staates in diefer Periode beziehen. 


84. 
Informatione di Bologna del 1595. (Ambros. Bibl. zu Mailand 
F. D. 181.) 


Die Stellung und Verfaffung von Bologna, bie Art von Un- 
abhängigfeit die es behauptete, waren fo merfwürbig und bedeutend, 
daß man auch Papiere und Denkſchriften, bie ſich auf dieſe Pros 
vinzialfladt bezogen, in die Sammlungen aufnahm. 

Im 22flen Bande der Informationi finden wir eine Menge 
Schreiben vom Jahre 1580 an Monfignor Eefi, Legaten von Bo⸗ 
logna, die auf feine Verwaltung Bezug haben. 

Es find faſt alles Empfehlungen, hauptfächlich Interceffionen. 

Großherzog und oßbergogin von Toscana bitten für den Grafen 
Ercole Bentivoglio, dem man Feldfruͤchte fequeftrirt hatte; in Furs 
jem danft die Großherzogin, daß ihre Fürbitte beruͤckſichtigt wors 

en; — der — von Ferrara empfiehlt eine Schauſpielerin des 
Namens Vittoria; der Cardinal San Siſto einige unruhige Stu⸗ 


— 








Informations di Bolegna 1595. 373 


denten der Univerfität: „auch wir”, fagt er, „waren Scholaren”; 
Giacomo Boncompagno, Sohn des Papfted, einen Profeffor, dem 
fein Amt genommen war; der Cardinal von Como, der die Ge 
fchäfte damals hauptfächlich Leitete, einige Möndye, die man in ih⸗ 
ren Privilegien flöre: er fpricht dabei keineswegs in dem Zone eis 
nes Gebieters. Aber auch andere Bitten finden fh. Ein Vater, 
dem der Sohn ermordet worden, bittet dringend, ja flehentlih, an 
dem Mörder, den man bereits in Bologna gefangen hielt, die Ges 
rechtigfeit vollſtrecken zu laſſen. 

Hauptſaͤchlich nemlic auf die Nechtöpflege hatte der Governa- 
tere Einfluß. In allen andern Dingen war die Stadt fehr unabs 

ngig. 

1 senatori, heißt es in unferer Relation, conferisoono ogni 
cosa importante col superiore, et havendo in mano tutti li datii 
et entrats della cittä, del datio del sale e vino in poi, che & del 
papa, dispensano li denari publici mediante un scrutinio, che 
si fa presente il superiore con le mandate sottoscritte dal 
detto superiore, dal gonfaloniere et assunti deputati secondo li 
negotii. Hanne cura delle impositioni e gravezze imposte a con- 
tadini, reali e personali, come per li buoi e teste: — attendono 
alle tasse che pagano li contadini; alle muraglie, porle e ser- 
— a conservare il numero de’ soldati del contado: — pro- 
vedono ch’altri non usurpi il publico e si conservi la bellezza ' 
della cittä: — han cura della fiera della seta: — eleggono ogni 
mese per la ruota civile 4 dottori forastieri, che bisogna siano 
almeno dottori di X anni, e questi veggono e determinane ogni 
, causa civile. 

Es fragt fih nun, in wie fern bie Repraͤſentanten ber päpfili- 
Gen Megierung bei diefer Lage der Dinge noch Einfluß behalten. 

ie gefagt, er zeigt ſich hauptiächlich in der Rechtspflege. Un au- 
ditore generale concorre nelle cognitioni delle cause con la 
ruota et un? altro particolare delle cause che avoca a se et uno 
criminale chiamato auditore del torrione del luogo ove risiede, 
qual tiene due sottoauditori per suo servitio, e tutti quelli sono 
pagati dal publico. 

Folgen noch einige flatiftifche Nachrichten. Contado circa mi- 

lia 180: semina intorno a corbe 120 m., raccoglie un anno per 
’altro 550 m. a 660 m. corbe. Fa da 130 m. anime ‘(la cittä 
70 m., che avanti le carestie passava 90 m.) 16 m. fuochi, con- 
suma corbe 200 m. di formento (la corba 160 libre), 60 m. co- 
stolate di vino, 18 m. corbe di sale, 1700 m. libre d’olio, am- 
mazza 8m. vaccine, 10m. vitelli, 13m. porchi, 8m. castrati, 
6m, agnelli, et abrugia 400 m. libre di candele. — — Si fa 
eonte che un anno per l’altro moreno nella cittä 3m. persone e 
ne nascono 4m., che si faccino 500 spose e 60 — 70 monachi 
che siano portati a’ poveri bastardini 300 putti l’anno. Ha 400 
fra carrozze ecocchi. Vengono nella cittä ogni anno da 600 m. 
libre de follicelli da quali si fa la seta, e se ne metie opera per 
uso della cittä 100 m. libre l’anno. 





374 Bologna. — Vassalli dei baroni Rom. 


85. 
Instruttione per un legato di Bologna. (Vallic.) j 


Bon etwas fpäterer Zeit. Wir bemerken folgende Rathfchläge. 

Invigilare sopra gli avvocati eavillosi et in particolare quelli 
che pigliano a proteggere a torto i villani contro Hi cittadini e 
gentilhuomini, — accarezzare in apparenza futti li magistrati, 
non conculcare i nobili. Das Unwelen der Bravi war fo hoch ges 
fliegen, baß es deren fogar unter den immatriculirten Studenten gab. 


Andere Papiere führen und in bie Campagna von Rom; wie 
der arme Bauer geplagt war, was bie Baronen einnabmen, wie bas 
Land gebaut ward, 


86. 


Dichiaratione di tutto quello che pagano i vassalli de baroni Ro- 
mani al papa e aggravj che pagano ad essi baroni. 


I. Pagamenti diversi che si fanno da vassalli de baroni 
Romani al papa. Pagano il sale, pagano un quattrino per li- 
bra di carne, pagano l’impositione per il mantenimento delle 
galere posta da Sisto quinto, pagano i sussidii friennali, pa- 


“ gano i cavalli morti cio& per alloggiamento di’ cavalleria, pa- 


gano una certa impositione che si chiama de soldati, pagano 
una certa impositione che si chiama l’archivio, pagano un? altra 
impositione che si chiama S. Felice, pagano la foglietta messa 
da Sisto quinto, pagano una certa impositione che si chiama 
sala forastico. 

U. Pagamenti che fanno li medesimi vassalli a baroni. Pa- 
gano poi al barone, ove sono molina, tanto grano, perche € 
somma molto grave, pagano risposta di vino, pagano risposta 
d’olio ove ne fa, pagano di mandare i porci nei castagneti e 

uerceti fatta la raccolta che chiamano ruspare, pagano tasse 

Phosterie, pagano tasse de pizigaroli, pagano tasse de fornari, 
pagano de bichierari, pagano quelli che vanno a spigolare come 
€ secato ilgrano, pagano dei bestiami che vanno a — pa- 
gano risposta di grano, pagano risposta di biada. Montano tutti 
questi aggravii, come si puol vedere dall’ entrate del duca Al- 
temps, computata la portione del molino della molara che si trahe 
da vassalli, 2803 sc.; questo si cava da vassalli del Montecapuri (?) 
del ducato Altemps, che sono da 180 e 190 fuochi, e ciò si 
mette per esempio, onde si possa vedere appresso come sono 
aggravati i vassalli de baroni Romani dello stato ecclesiastico. 
Avertasi che qui non ci è quello che si paga alla camera. 





Entrata di signori e duch Rom. 375 


87. 
Nota della entrata di molti signori e ducbi Romani. 


Ohne Zweifel, wie das vorige Städ, aus ben Zeiten Clemens 
VII, der ſchlechtweg ber Papft heißt. 

Die Eolonna zeichnen ſich dadurch aus, daß fie Wafallen haben; 
Andere befigen mehr Allodialguͤter. Der Conteſtabile Eolonna wird 
auf 25000, Martio Colonna von Zagarolo auf 23000 Sc. Einkünfte 


chaͤtzt. \ 

Wir fahen, wie das Schuldenweſen des Staates von den Bas 
ronen nachgeahmt ward. Die Sermoneta hatten um das Jahr 1600 
27000 Se. Einfünfte, aber 300000 Schulden; der Duca von Gaftel 
Gandolfo 14600 St. Einfimfte, 360000 Se. Schulden. Das Haus 
Montalto übertraf die andern: es hatte 600000 Schulden. Die ger 
fammten Einkünfte der römifchen Baronen werden auf 271747 Se. 
A ibre Befitzthuͤmer zu einem Werth von 9 Millionen Goldes ans 
geſchlagen 

Der Autor findet, daß die Güter keineswegs vernachlaͤſſigt wer⸗ 
den. Questi terreni di campagna, contrario all’ opinione com- 
mune e a quel che io pensavo, sono tenuti con grandissima cura 
e diligenza: perche si arano quattro, sei © sette volte, si net- 
tane d’erbe due o tre, ira le quali una d’inverno, si levano 
!’erbe con la mano, si semidano , ragguagliati li quattro anni, 
li due a grano nei sodi luoghi: dove non si semina, vi si fidano 
le pecore. Le spighe si tagliano alte, onde rimane assai paglia: 
e quella poi si abbrugia, che fa crescere. E li aratri con che 
si arano questi ferreni, generalmente non vanno molto profondo: 
e questo avviene perche la maggior parte di questi terreni non 
son molto fondati e tosto si trova il pancone. Questa campagna 
& lavorata tutta per punta di danaro (durdy Zagelähner), segata, 
seminata e sarchiata: in somma, tutti li suoi bisogni si fanno 
con forastieri: e genti che lavorano detta campagna, sono nu- 
triti della robba che si porta loro con le cavalle. Questa cam- 
pagna, computati i terreni buoni e cattivi e ragguagliato un’ anno 
per l’altro, si può dir che faccia ogni uno sei, avvertendo che 
nei luoghi di questi signori dove sono i loro castelli molte fiate 
non fanno far lavorare, ma li danno a risposta a’ vassalli se- 
condo che eonvengono. E questo basti quanto alla campagna 
di Roma, S’affitterä ragguagliato il rubbio di questo terreno 
50 giulj, onde a farli grassa verrä& il rubhio del terreno cento 
scudi e dieci giulj. 

Yebrigens rechnete man damals in der Gampagna 79504 Rub⸗ 
bia, und ihren Ertrag auf 318016 Se.; 4 Sc. den Rubbio; — das 
von gehören ben Baronen etwas Aber 21000, den frommen Stiftuns 
gen gegen 23000, den Fremden über 4000, ben übrigen roͤmiſchen 

immohnern 31000 Rubbia. Später bat fich die Verhaͤltniß geaͤn⸗ 
dert, da die römifchen Würger fo vieles verfauften. 

Erheben wir uns jedoch zu ben allgemeineren Verhältniffen. 


376 Diseorso di m. Malvasia. 1606. 


, 88. 


Per sollevare la camera apostolica. Discorso di monsr Mal- 
vasia. 1606. 


Bei alle den Auflagen bemerkte man mit Schredien, daß man 
doch nichts befige. Die Intereffen, ruft unfer Autor aus, verzehren 
beinahe das gefammte Einfommen: man ift in unaufhörlicer Ver⸗ 
Iegenbeit die laufenden Ausgaben zu decken; tritt ein außerordentlis 
ches Beduͤrfniß ein, fo weiß man wicht wohin man ſich wenden foll. 
Neue Auflagen anzuordnen fey unmöglid; neue Erfparniffe nicht 
einmal ratbfam: „magnum vectigal parsimonia‘;, es bleibe nichts 
übrig ald den Zinsfuß zu reduciren und zugleich Geld aus dem Eas 
fiell zu nehmen. Statt alle der Monti mit fo verfchiedenen Zinfen 
folle es nur Einen geben, einen Monte Wapale mit. vier, hoͤchſtens 
fünf Procent, alle übrigen muͤſſe man zurüd faufen. Zu diefem 
Ruͤckkauf nad dem Nennwertb des Luogo fey man vollfommen 
berechtigt: in der Regel habe es fich der apoſtoliſche Stuhl bei der 
Erridhtung vorbehalten; — feyen doch frühere Päpfte, 3. B. Paul 
IV, genoͤthigt gemelen, zuweilen fogar um 50 Procent zu verfaus 
fen. Clemens VIE. felbf Habe nur 964 befommen. Er führt hier 
auf aus, in wie fern das thunlich fey. 

Succeder& che stante la larghezza ed abbandanza del de- 
naro che al presente si trova nella piaaza di Roma con l’ac- 
crescimento che farà il millione estratto, aggiunta la difhicoltä 
e pericolo di mandar fuori la moneta e l’oro per la prohibi- 
tiong sudetta — die er vorgefchlagen, — che la maggior parte di 
quelli che hanno monti ed offizj estinti, volontieri entreranno in 
questo monte papale, ed a quelli'che vorranno i lor denari con- 
tanti, se gli potranno pagare del detto millione e del prezzo 
del monte papale che si andrä vendendo. Si puö anche con- 
siderare che ne’ monti non vacabili ne sono gran parte vincu- 
lati ed obbligati a reinvestimento per sicurtä di eccezione di dote, 
di luoghi pii ed altri obblighi‘, che necessariamente entreranno 
in questo monte papale, e si tarderä assai a ricevere il dinaro, 
per ritrovare altro reinvestimento 0 dare altra sodisfattione 
ed adempimento. alle conditioni ed obblighi a quali sono sottopo- 
sti,. il che anco apportera molto comodo e facilitä a questo 
negotio. 

Poträ anco la camera accollarsi tutii i monti delle commu- 
nit e de’ particolari, e ridurli come. sopra, e godere quel piü 
sino che da esse communitä e-particolari sarauno estinti. 

A tutti qüelli che in luogo di altri monti & oflicj vor 
ranno del detto monte papale, se gli deve dare la spedizione 
e la patente per la prima volta gratis senza spesa ‚alcuna. 

In questa maniera può la Stä V. in breve tempo sollevare 
e liberare la sede e la camera apostolica da tanti dehiti e 
tanta oppressione: perche con l’avanzo che si farä dalla detta 
estinzione e reduzione di frutii ed interesse, che secondo il 
calcolo dato alla St V, dal suo commissario dellä camera 





Danori donati da Paolo V a suoi porenti. 377 


ascende almeno con far la reduzione a 5 per cenio a sc. quat- 
tro cento trentunmila ottocento einque l'anno, poträ estin- 
guere ogni anno scudi trecento trentunmila ottocento cinque di 
debito, oltre alli sc. centomila ehe saranno assegnafi per rimet- 
tere in castello il millione estratto a compire la metä del. terzo 
millione che mauca. ’ 

Es ift genug, daß wir hier bemerfen, wie ernfllid man auf eine 
geordnete Statswirthichaft dachte. Doch wird es nicht nöthie feyn, 
die Rechnungen mitzutheilen. Der römifche Hof ging auf Worfchläge 
Bieter Art nicht ein, fondern folgte dem leichteren und bequemeren 

ege. 


89. 


Nota di danari officii e mobili donati da papa Paolo V a auoi 
parenti e concessioni fatteli. 


Man hatte dem Papſt gerathen, die zinstragenden Officii und 
Monti einzuziehen: hier finden wir 1) eine Nota offhiciorum con- 
cessorum excellme domino M. Antonio Burghesio tempore pon- 
tificatus felicis recordationis Pauli V; es find im Ganzen 120 
Hemter, deren Werth) nad den gewöhnlichen Kaufpreifen berechnet 
wird; 2) Nota di molte donationi di monti fatte alli sigri Fran- 
cesco Gioan Battista e M. A. Borghese da Paolo V, con le 
giustificationi in margine di qualsivoglia partito. D. h. es liegen 
Die Auszüge aus den officiellen Büchern bei, aus welchen ſich diefe 
Schenkungen ergeben. Unter ähnlichen Rubriken wird verzeichnet, was 
ihnen an baarem Geld oder an Koftbarkeiten zugefloffen, welche Pris 
vilegien ihnen gewährt worden ſeyen. Die Suftificationen find in 
folgender Manier. Nel libro della thesoreria secreta d’Alessan- 
dro Ruspoli fol. 17 e da doi brevi, uno sotto la data delli 26 
Genn. 1608 et Paltro delli 11 Marzo, registrati nel libro primo 
signaturarum Pauli V negli atti di Felice de Totis fol. 126 et 
fol. 131. — A di 23 Dec. 1605 sc. 36 m. d’oro stampe donati al 
sig"r GB Borghese per pagar il palazzo et il restante impiegarli 
nella fabrica di quello, quali scudi 36 m. d’oro delle stampe pro- 
venivano del prezzo del chiamato di monsr Centurioni ridotti a 
24 moneta a ragione di Giulii 13 per scudo sono 46800 sc. 

Ich habe ſchon angegeben, zu wie ungemeinen Summen biefe 
Schenfungen fliegen, weldyen Eimfluß das Emporfommen der papa⸗ 
len Gefchlechter auf die Hauptſtadt und die Provinzen ausübte. 


; 90. 
Relatione dello stato eeclesiästico dove si contengono molti par- 
ticolari degni di consideratione. (1611.) Inform. Politt. 
Ep < Ar u U 775 c. | 
. Bon vorn herein: heißt es, der Autor fey am Morgen um biefe 
Relation gebeten worden und jett am Abend fende er fie. 
Wahrhaft bewunderungswürbig, wenn er im Stande war eine 





378 Pitaro eepra la negoliafione maritima. 1612. 


fo ausführliche Melation, die doch fo gar Abel nicht ansgefallen if, 
und viel Merfwürdiges enthält, Binnen wenigen Stunden zu dicti⸗ 
ren. Namentlich Tommt fdyon bier das Bekenntniß vor, daß die 
Einwohnerzahl in vielen Theilen von Italien abnehme, entweder durd) 
Peſt und Theurung; oder durch die Mordtbaten ber Banbiten; 
oder auch weil die Auflagen allzu ſehr angewachſen; es ſey nicht mehr 
möglich fich zur rechten Bet zu verbeirathen, die Kinder zu ernaͤh⸗ 
ren. Ueberdieß durch die Auflagen nimmt man den Eimmohnern das 
Blut; durch die unendlichen Handelsbeſchraͤnkungen laͤhmt man zu- 
gleich ihren Geifl. 

Der anonyme Autor verräth fich einmal. Er bemerkt, daß er 
ein Buch: Ragione di stato gefchrieben. „„Ho diffusamente trat- 
tato nella ragione di stato,‘ fagt er irgendwo. 

Eben hiedurch fommen wir ihm auf die Spur. In dem Jahre 
1589 erfhien zu Venedig: Della ragion di stato libri X con tre 
libri delle cause della grandezza delle eittä. Sie iſt jenem Wolf 
Dietrih von Raittenau, Erzbilhof von Salzburg, gewidmet, der un: 
ter den deutſchen Fuͤrſten zuerfl eine firengere der italienifchen nach⸗ 
gebildete Staatsverwaltung einführte. Shr Berfaffer it der wohl 
befannte Sohann Botero, deffen Relationi univerfali zu ihrer Zeit 
eine allgemeine Verbreitung genoflen. 

Es verſteht fih, daß nun diefe Nelationi unterfucht werben müffen, 
ob fie nicht auch die unfere enthalten. 

In dem eigentlihen Hauptwerke, wo des Kirchenflaates fummas 
riſch gedacht wird, findet fie fich nicht: es gibt aber noch ein Fleis 
neres Buch, das jenem häufig angehängt ift: Kelationi del sigr Gior. 
Botero Benese, — di Spagna, dello stato della chiesa, del Pia- 
monte, della contea di Nizza, dell’ isola Taprobana, deren Des 
dication vom Jahre 1611 if; da findet fie fich wörtlich. 

Nur ift der Eingang anderd. Die Relation führt den Titel: 
Discorso intoruo allo stato della chiesa preso della parte dell’ 
ufficio del cardinale che non & stampata. Gie gehörte, wie wir 
feben, zu einem Werke über die Pflichten der Cardinaͤle. 
Ich laſſe dahingeftellt feyn, ob mit unferm Eingange irgend ein 

Leichtgläubiger getäufcht werden follte. 


91. 


Tarqu. Pitaro sopra la negotiatione maritima. 17 Ott. 1612. 
- (Vallic.) 


Botero empfiehlt unter andern, den Handel bes Kirchenflaates 
in Schwung zu bringen. In der That war bamald im Plane, für 
die Stadt Fono einen neuen Hafen zu graben. Man hoffte den 
Handel der aırbinatifchen Pläge dahin zu ziehen. 

Unfer Verfaffer fegt ſich jedoch diefem Plane mit den triftigften 
Gründen entgegen. Er meint, man möge ſich fpiegeln an dem Beis 
fpiele von Ancona, bad er, wie kurz darauf auch bie Venezianer, 
als fehr heruntergefommen fchildert. Ne sono partiti li mercanti 
forastieri, i nativi falliti, le genti gl’uomini impoveriti, gli ar- 
tigiani ruinati e la plebe quasiche dispersa. Es därfte bie Stabt 


Relat. della Romagna c. 1618. 379 


Fano eher zu Grunde richten, wenn fie ben Hafen mit aufgenom⸗ 
menem Gelde baue. Wie es Ascoli gegangen, das ein bebauten: 
des Anleihen gemacht um feine Maremma mbar zu machen; womit 
es ihm aber nicht gelungen fey. 

Es war in der hat auch ans andern Gruͤnden nicht rath⸗ 
fam darauf einzugehn, da die urbinatifchen Pläge ja ohnehin in kur⸗ 
zem beimfallen mußten. 


92. 
Relatione della Romagna. (Alt.) 


Ungefähr 1615, das Jahr 1612 wird ausdruͤcklich erwähnt; aber 
für die ganze Periode feit Julius III. von hoher Bedeutung. Die 
Parteien welche die Provinz theilten, werden gefchildert; der Wechſel 
des Beſitzes, der befonderd durch den Eintritt der papalen Familien 
Statt hatte, fehr wohl erdrtert. Ich habe mich biefer Arbeit dfter 
bedient: bier finde noch eine Bemerkung Aber San Marino, das 
ſich noch in diefen Zeiten nach und nach durch fortgehende Eremtios 
nen zur Freiheit erhob, eme Stelle. 

a republica di S. Marino si presume libera, se non in quanto 
6 raccommandata al duca d’Urbino. Del 1612 si propose e si 
ottenne in quel consiglio che succedendo la mancanza della linea 
delle Rovere si dichiaravano sotto la protettione della sede apo- 
stolica, della quale per ciö ottennero alcuni privilegii et in parti- 
colare dell’ estrattione de grani e di grascia. Fa questa terra, 
compresovi due altri castelli annessi, circa 700 faochi. Eꝰ situata 
in monti e luogo forte et & custodita la porta da soldati pro- 
pri. Hanno la libera amministratione della giustizia e della 
grazia. Si elegono tra di loro ad tempus i magistrati maggiori 
chiamati conservatori, a quali tra di loro si da il titole delt’ il- 
lustrissimo. In qualche grave eccesso sogliono condurre offi- 
ciali forestieri per fare processi e cause, et in particolare li mi- 
nistri dell’ Altezza del duca d’Ürbino, con quella autoritä che 
loro pare. Il publico è povero, che non arriva a 500 scudi d’en- 
trada. Ma li particolari alcuni sono comodi et alcuni' riccbi 
rispetto alla pochitä del paese. Solevano affittare banditi d’ogni 
sorte: ma perche alle volte ne nascevano scandali, è stato da 
loro decretato che non si possino affıttare banditi se non con 
certe conditioni: ma non si ne puö havere facilmente salvocon- 
dotto. 


93. 


Parole universali dello governo ecclesiastico, per far una greg- 
gia et un pastore. Secreto al papa solo. — Informatt. 
XXIV. (26 BI.) oo. 


Dem Zuftande des Landes, ber ſich allmählig fo merklich ver 
ee zum Trotz, gab es noch Leute welche die Fühnften Ab» 
ichten hegten. 

Sonderbarer und ausſchweifender find fie aber wohl nie vorge 


380 Parole dello governo ecclesiastico. 


— worden als von Thomas Campanella in dem vorliegenden 


erkchen. 

Denn ohne Zweifel iſt dieſer ungluͤckliche Philoſoph, der in Ver⸗ 
dacht kam Calabrien von der ſpaniſchen Monarchie losreißen zu wol⸗ 
len und an den ausſchweifenden Plaͤnen des Derjogs, von Dffuna 
Theil genommen zu haben, der Verfaſſer diefer Schrift. Questo 
& il compendio, fagt er, del libro intitolato il guverno eeclesia- 
stico, il quale resto in mano di Don Lelio Orsino, et io autore 
tengo copia in Stilo patria mia; — er fügt hinzu: Haec et longe 
plura explicantur in Monarchia Messiae. Gampanella war aus 
Stils, diefe Monarchia Meſſiaͤ if fein Werk. ir Zönnen nicht 
zweifeln, daß er auch Das unfere entweder abfaßte oder fiberarbeitete. 

ie Zeit Fann man unbeflimmt laſſen. Wahrfcheinlich trug er 
fi fein Leben lang mit Ideen diefer Art. 

‚Er bemerkt, daß der Papſt fehr Friegerifche Unterthanen babe. 
Li Romagnuoli e Marchiani sono per natura inclinati all’ armi: 
onde servono à Venetiani, Francesi, Toscani e Spagnuoli, per- 
che il papa non & guerriero. Er räth aber auch dem Papſt Frie- 
gerifch zu werden. Es gebe noch den Stoff zu Ciceronen, Bruten 
und Gatonen: — e8 fehle nicht die Natur, fondern die Kunfl. 

Er meint, der Papſt muͤſſe ges Heere aufrichten, eing di S. 
Pietro zur See, ein anderes di S. Paolo gu Lande, ungefähr wie 
die Saniticharen. Nie fey eine bewaffnete Religion befiegt worden, 
zumal wenn fie gut gepredigt werde. 

Denn bieß tt er keineswegs aus ber Acht. Er räth, aus 
allen Orden die gefchickteften Leute auszuwählen, fie von den Klo» 
fterpflichten entbinden und fich den Wiffenfchaften widmen zu laffen. 

In den Klöftern müffe man Recht, Medicin und freie Kuͤnſte 
fo gut treiben wie Theologie. Dem Wolfe müffe man von dem 
goldnen Zeitalter prebigen, wo ein Hirt und eine Heerde fey, das 
Glüf des befreiten Jeruſalems, die patriarchalifche Unfchuld, dar: 
nach, müffe man deffen Sehnfucht erweden. . 

Bann aber wird ein fo glüclicher Zuftand eintreten? „Alsdann“, 
antwortet er, „wenn alle weltlichen Fürftenthümer erledigt feyn wer: 
den uhd der Vicarius Chrifti über alle Erde herrfchen wird.” — 
Sar& nel mondo una greggia et un pastore, e si vedrä il secol 
d’oro cantato da poeti, l’ottima republica descritta da philosophi, 
e lo stato dell’ innocenza de’ patriarebi, e la felicitä di Geru- 
salemme liberata da mano degli eretici et infedeli._ E questo 
fia quando saranno evacuati tutti li principati mondani © re 
gnerä per tutto il mondo solo il vicario di Christo. 

Man müffe predigen, räth er an, daß der Papſt Herr fey auch 
in weltlichen Dingen, ein Prieſter wie Abimelech, nicht wie Aaron. 

Solche Gedanken hegte man noch — denn ich will nicht entfcheis 
den — gegen das Einde bes ſechszehnten oder in den erflen Decennien 
bed fiebzehnten Jahrhunderts. Wir willen ſchon, in weldhem unge: 
meinen Bortgange die römifche Macht damals war. Ehe ich zu den 
Documenten über benfelben zuruͤckkehre, fey es mir erlaubt noch ein 
Wort über die Gefchichtichreiber der Jefuiten hinzuzufügen, die eben 
damals am einflußreichfien waren. 





Geſchichtſchreiber des Sefuiterordens. 381 


Einſchaltung. 
Ueber einige Geſchichtſchreiber des Jeſuiterordens. 


Selbſtgefuͤhl und Muße veranlaßten allmaͤhlig die meiſten Or⸗ 
den ihre Geſchichten ausführlich aufzuzeichnen. 

Keiner von allen bat das aber wohl fo fuftematifch gethan 
wie der jefuitifche. Er fah es darauf ab, der Welt eine zufammen; 
Pangenbe und umfaflende Hiftorie feiner Wirkſamkeit auch felber zu 
überliefern. 

Sn der That ift die Historia societatis Jesu, die man unter 
dem Namen des Orlandinus und feiner Fortfeger Fennt, ein für 
den Orden, ja wir dürfen fagen für die Gefchichte des Jahrhun⸗ 
derts überhaupt hoͤchſt bedeutendes Werk. 

Nicolaus Drlandinus, aus Florenz gebürtig, hatte eine Zeit 
lang dem Collegium zu Nola, den Novizen von Neapel vorgeftan- 
den, als er 1598 von Xcquaviva nah Kom berufen und zum Ge⸗ 
fchichtfchreiber ded Ordens ernannt ward. Er war wie in ben Ge⸗ 
fhäften des Lebens, fo audy in feinem Styl forgfättig, fehr genau 
und bedachtſam: aber fehr kraͤnklich. Mit Mühe brachte er fein 
Werk bis zum Tode des Ignatius. Er farb 1606. 

Sein Nachfolger in diefem Gefchäfte war Franciscus Sacchi⸗ 
nus, aus dem Gebiete von Perugia, von den jeſuitiſchen Hiftorikern 
überhaupt wohl ber ausgezeichnetfiee Er war der Sohn eines 
Bauern: zuweilen befuchte ihn fein Water in dem Collegium Roma: 
num, wo er Rhetorik lehrte, und ed wird ihm zum Ruhme ange 
rechnet, daß er fich feiner Herkunft nicht geſchaͤnt habe. Achtzehn 
Sabre lang widmete er fich hierauf der Abfaſſung feiner Gefchichte, in 
dem Probationshauſe auf dem Auirinal zu Nom, das er faft niemals 
verließ. Aber er lebte nichts defto minder in ber Anfchauung der großen 
Sintereffen ver Belt. Die Reftauration ded Katholicismus war noch im⸗ 
mer im größten Fortgang. Was fann für einen Hiftorifer reizender feyn, 
ald die Drigines eines Ereigniffes zu befchreiben, deſſen Entwicke⸗ 
lung und WBirfungen er lebendig vor fich hat? Sacchinus fühlte ſehr 
wohl die einzige Eigenthuͤmlichkeit feines Gegenſtandes; — diefen Welt: 
kampf, vollbracht im Enthuſiasmus der Orthodorie. „Kriege bes 
ſchreibe ich”, fagt er, „nicht der Wölfer unter einander, fondern 
des menſchlichen Gefchlechtes mit den Ungeheuern und den Gewal⸗ 
ten der Hölle, Kriege die nicht einzelne Provinzen, fondern alle Län» 
der und Meere umfaffen, Kriege endlich, in denen nicht die irdifche 
Gewalt, fondern bas himmliſche eich der Kampfpreis if.” In 
diefem Sinne jefuitifcher Begeifterung hat er nun die Megierung bes 
Lainez 1556 — 1564, des Borgia bis 1572, des Everardus Mercus 
rianus bis 1580, jede in einem Bande von acht Büchern, und bie 
erften zehn Jahre Acquavivas in eben fo viel Büchern beichrieben. 
Es find das vier ziemlich ſtarke und enggedruckte Foliobände; nichts 
deflo minder entfchuldigt er ſich, daß er fo kurz ſey. Auch Fönnte 


[4 


332 Leber einige Geſchichtſchreiber 


man in ber That nicht fagen, baß er in Weitſchweifigkeit verfiele, ober 
Langeweile erregte. Natürlich ift er parteiiſch, * parteiiſch; er 
uͤbergeht das was ihm nicht gefällt: aus dem ihm vorliegenden Ma⸗ 
terial nimmt er oft nur das Ehrenoolle auf, u. f. w.; aber nichts 
deito minder lernt man fehr viel aus feinen Büchern. Ich babe ihn 
bie und da mit feinen Quellen verglichen, 3. B. den Litteris ans 
nuis, wo fie gebrucdt find und zu befommen waren — in unfern 
Gegenden find Bisher dieſer Art doch fehr felten: ich babe die 
Bibliotheken von Breslau und Göttingen zu Hülfe rufen muͤſſen; — 
allenthalben babe ich feine Auszüge mit Verftand, Eigenthümlichkeit, 
ja mit Geiſt gemadyt gefunden. — Mit dieler Arbeit aber hatte ſich 
Sacchini eine fo ausführliche und genaue Kenntniß der Geſchaͤfte der 
Geſellſchaft verfhafft, daß ihn der General Mutio Vitelleschi ſelbſt 
zu denfelben berbeizog. Zür uns wäre zu wünfchen, das wäre nıcht 
gefhehen. Dann würbe Sacchini die Regierung Acquavivas vollens 
det haben, — eine der wichtigften Epochen würde bei weiten beffer 
erläutert worden feyn, als es fpäter der Fall geweien if. Sacchini 
Rarb 1625. Schon fein letzter Band iſt von Petrus Poſſinus zu 
Ende gebracht und herausgegeben. 

lit den Zeiten aber ging auch die Begeifterung vorüber. Die 
Imago primi fäculi, im Jahre 1640, iſt ſchon bei weiten weniger 
inhaltreich, wundergläubiger, baroder, — erit 1710 erſchien eine 
Fortſetzung Sacchinis von Zouvency, die bie legten finfzehn Jahre 
Acquavivas umfaßte. Auch Jouvency hat unleugbar Zalent; er er 
zählt anſchaulich und fließend, obwohl nicht ohne Anſpruch; aber das 
Ungluͤck id, er nahm den Ausdruck Historia allzu buchjtäblich und 
wollte nicht Annalen fchreiben, wie Sacchini getban. Er zerlegte 
daber den Stoff, den er yorfand, nach verfchiedenen Rubriken: So- 
cietas domesticis motibus agitala — soeietas externis cladibus 
jactata — vexata in Anglia — oppugnata — aucta — etc. Das 
bei geihab ihm nun, daß er dem ohne Zweifel wichtigften Punkt, 
der MWiederausbreitung des Katholicismus in den proteitantifchen 
Ländern, nicht die gehörige Aufmerkſamkeit widmete. Die annalijlis 
ſche Wethode war ohnehin einem Gegenflande wie diefer ifl, bei weis 
tem angemeflener. Mit alle feinem hiſtoriſchen Bemühen bringt Jou⸗ 
vency doch nichts ald Fragmente zu Stande. 

Auch hat er damit wenig Beifall erworben. Der Orben hegte 
fogar einmal die Abficht, diefe ganze Epoche nad dem Muſter des 
Sacchinus umfchreiben zu laſſen. Julius Eordara, ber dieſe Ge 
ſchichte von 1616— 1625 fortfeßte, hielt fih genau an die Muſter. 
Allein. der Geiſt der frühern Epoche war unwiederbringlich verloren. 
Der Band Eordaras iR ganz brauchbar, aber. weder mit den frühern 
Vorgängern, nody ſelbſt mit Juveneius an Schwung und Kraft zu 
wergleichen. Er erſchien 1750. Seitdem mußte die Geſellſchaft viel 
zu ſehr um ihre Eriftenz kämpfen, als daß fie an eine Fortießung 
ihrer Gefchichte hätte denfen koͤnnen. Auch hatte fie die Epoche ih» 
red Glanzes ſchon umfaßt. 

Außer diefer allgemeinen Hiſtorie gibt e8 nun, wie man weiß, 
noch eine große Anzahl Provinzialgefhichten bed Ordens. Größte 
theils liegt bei denfelben die allgemeine Gefchichte zu Grunde; oft 





des Sefuiterordens. 383 


wirb fie geradezu copirt. Am auffallenditen bei Socher Historis 
provinciae Austriae, der Sacchinus häufig bis auf die einzelnen 
Wendungen copirt, und z. B. bas ppudet referre‘ feines Origi⸗ 
nals in einem. ,„‚pudet sane referre‘' wieberbringt. (Sacchin. IV, 
VL, 78. Socher VI, n, 33.) 

Jedoch ich will mich nicht in eine Kritik dieſer Autoren einlaf- 
fen ; das Feld iſt allzu weit, und verführerifch find fie ohnehin in 
unfern Zeiten nicht, man glaubt ihnen eher zu wenig als zu viel; 
nur Aber die Geſchichte Ignatio Loiola's feibh fey mir eine Bemers 
fung erlaubt. 

Wenn man Orlondinus mit den beiden andern wichtigern Ge 
fehichtichreibern des Loiola vergleicht, fo iſt auffallend, daß er mit dem 
einen von ihnen, Maffei — de vita et moribus D. Ignatii Loiolae 
— bei weitem mehr übereinftimmt, ald mit dem andern, Pietro Ri- 
badeneira. Auch die Art jener Uebereinſtimmung ift merkwürdig. 
Das Buch von Maffei erfchien bereits 1585; erft 15 Jahre fpäter 
arbeitete Orlandinus das feine aus, und bei der großen Aehn⸗ 
lichfeit zwoifchen beiden könnte Maffei dem. andern vorgelegen zu 
haben fcheinen. Nichts deito minder iſt Maffei allenthalben geſuch⸗ 
ter, fiylifirter: Orlandinus natürlicher, einfacher, und wohl auch an« 
ſchaulicher. Das Räthfel loͤſt fih auf, wenn wir bemerken, daß 
beide aus derfelben Quelle, den Aufzeichnungen ded Polancus fchöpf- 
ten. Maffei nennt ihn nicht, doch belehrt ung ein befonderer Auf: 
fag von Sacchinus, „Cujus sit auctoritatis quod in B. Cajetani 
vita de b. Ignatio traditur‘‘, der fidy in den fpdtern Ausgaben des 
Drlandinus findet, daß Everardo Mercuriano ihm die Handichriften 
von Polancus vorlegte. Aus demfelben Polancus ſchoͤpfte darnach 
Drlandinus hauptſaͤchlich. Kein Wunder wenn fie übereinfimmen 
Pur werben wir bei Orlandinus die urfprüngliche Aufzeichnung ech⸗ 
ter haben- als bei Maffei: — jener iſt fleifiger, ausführlicher, dos 
cumentirter: dieſer fucht feinen Ruhm in hiſtoriſchem Schmuck und 
gutem Latein. | 

Woher fommen nun aber die Abweichungen Ribadeneiras? — 
Er fchöpfte hauptſaͤchlich aus einem andern fchriftlichen Denkmal, den 
Aufzeichnungen des Ludovicus Conſalvus. 

Sowohl Conſalvus als Polancus hatten ihre Nachrichten aus 
den muͤndlichen Mittheilungen Ignatios ſelbſt; ſo viel wir jedoch ſe⸗ 
hen, nahm Polancus mehr die zufaͤlligen und gelegentlichen Aeuße⸗ 
rungen. des Generals auf, während ihn Confalvus zu bewegen wußte, 
fi einmal zu einer ausführlichen Erzählung, namentlich über feine 
erfte Erwedung,. herbeizulaſſen. 

Und fo ergibt fi, daß wir hier eine boppelte Zrabition unters 
ſcheiden mäflen; die eine des Polancus, die in Maffei und Orlan⸗ 
Dino, die andre bed Conſalous, bie in Ribadeneira wieberholt iſt. 

Am merfwürdigften bei weitem iſt Conſalvus: es if eigentlich 
eine, fo viel ſich hier denken läßt, authentifche Leberlieferung Igna⸗ 
tios felbft, bei-der jedoch die Späteren nicht ſtehn bleiben. 

Schon Ribadeneira ging um vieles weiter. 3. B. nahm er die 
Erzählung der adıttägigen Ekſtaſe, welche Ignatius zu Manrefa 
gehabt, aus der er.mit dem Wort Jeſu erwacht fey, aus den Erzaͤh⸗ 


384 Giustinian Grimani Conlarini Soranzo 


lungen ber Frau Habella Rofel aus Barcellona auf. Examen Ri- 
eneirae in comment. praev. AA. SS, Julii t. VII, p. 590. 

Aber man war noch lange nicht mit ihm zufrieden. Diele von 
den WBundern, die man bereits glaubte, berührte er nicht. „Nescio“, 
fagt Sacdhinus, „quae mens incidit Ribadeneirae ut multa ejus 

eneris miracula praeteriret.“ Eben darım legte Polancus feine 
ammlung an und ließ Mercurian dieſelbe durd Maffei bearbeis 
ten. Go gingen fie denn auch in Orlandin über. 

Allein ſelbſt deſſen Erzählungen gentgten dem wunberfüchtigen 
Sefuitismus des 17ten Jahrhunderts nicht. Schon im Jahre 1606 
fam man darauf eine Höle bei Manrefa für heilig zu halten, in 
der man annahm daß die Exercitia spiritualia des Ignatius ver- 
faßt worden feyen, — obwohl weder die eine noch auch felbfl die ans 
dere Zrabition ein Wort davon meldete, und die Dominicaner ohne 
Zweifel ganz mit Recht behaupteten, in ihrem Klofter fey die Spes 
Iunca des Ignatius. 

Eben waren die beftigfien Streitigkeiten zwifchen Dominicanern 
und Sefuiten im Schwange. Antrieb genug für die Sefuiten, um 
| Bi die Gründung ihres Ordens ficy einen andern Schauplag zu 
uchen. 


Und nun fehren wir zu unfern Handfchriften über Gregor XV 
und Urban VIII. zurüd. | 


94. 


Relatione delli ecc=i Sri Hieron. Giustinian Kr Pro, Ant. 
Grimani Kr, Franc. Contarini Procr , Hieron. Soranzo Kr, 
ambri estraord. al sommo pontefice Gregorio XV l’anno 
1621 il mese di Maggio. 


Wie alle Relationen diefer Art, von minderer Bedeutung. 

Die Schilderung des neuen Papſtes und feiner Regierung Fann 
nad fo kurzem Aufenthalt nur flüchtig feyn: einige Bemerfungen 
über die Neife, das Conclave, Herfommen und Präcedentien des Ges 
wählten und den eriten Anlauf der Verwaltung bilden in ber Ne 
gel den ganzen Stoff. 

Died Mal hätte nun wohl etmas mehr gefchehen koͤnnen, da 
ber ordentliche Botichafter, der fünf Jahre am römifchen Hofe refis 
dirt hatte, Hieronymo Soranzo, in ber Reihe der vier Gefandten 
auftrat, und mit ihnen zugleich Bericht abflattet. 

Das Intereffe des enehlanifenen Senates war jedoch nicht das 
unfere, politiſch, nicht hiſtoriſch. Naturell und Hofhalt eines verſtor⸗ 
benen Fürften reisten Die Neugier nicht: mehr und hatten Feine we 
fentlihe Bedeutung. Soranzo begnägt ſich mit wenigen Bemerkun⸗ 
gen. „Non debbo tralasciare di narrare qualche cosa delle piü 
gravi che mi sono occorse di maneggiare in si lunga et impor- 
tante. legatione.“ 

Das Wichtigfte if, daß er bie Stellung, welche Venedig in den 

- v3 


x 





Relatimme di Roma 1621. 385 
fur; voraus gegangenen Haͤndeln mit Spanten bem römifchen Stuhle 


gegenuͤber annahm, eroͤrtert. 

li Spagnuoli facevano oonsiderar a 8. Stà quelle si op- 
portune congiunture di ravrivar le ragioni della chiesa in golfo. 
L’amb* si affaticö di mostrare il giusto, antico et indubitato 
possesso del golfo, aggiungendo che la rep“® per difenderlo 
ricorrerebbe ad ajuti stranieri, si valerebbe di Inglesi, Olan- 
desi e di Turchi medwi, e se 8. St havesse fomentato V’in- 
giuste et indebite pretensioni di Spagnuoli, arebbe posta tutta la 
Xt& in grand=° scompiglio.. Un giorno 8. St mi disse „Sti- 
miamo necessario che le cose del golfo non si alterino: le no- 
vita seguite in esso ci son spiacciute grandemente: lo abbiamo 
detto a chi ne ha parlato.“ 

Man fieht, es war fhon wieder ein Ausbruch ber alten Ge 
genfäge zu offenbaren Feindſeligkeiten zu beforgen. 

Soranzo bemühte fich nur, Papft Paul V. zu überzeugen, daß 
ſich die Republik nicht zu den Proteflanten binneige. „Lo resi al 
pieno capace della bont& e del puro zelo della ropublica. 6 

Auch hegten die Gefandten die Zuverficht, daß der neue Papſt 
nicht fpaniich feyn werde. Die Art und Weife feiner Wahl ſchien 
dieß erwarten zu Laflen. 

Nella elettione di Gregorio XV si moströ l’effetto del spi- 
rito santo. Borghese, che aveva per far il papa a sua voglia 
sei voti oltre il bisogno, era risoluto di far eleggere Campori: 
. ma tre delle sue ereature dissentendovi, nascendo più altri in- 
convenienti, più per motivo .et istigatioue d’altri che per incli- 
nation propria venne alla nominatione di Ludovisio sua crea- 
tura. uesto cardinale aveva l’amore di Aldobrandino, fu te- 
nuto da Spagnuoli di placidi pensieri, Francesi suo confidente 
VPaveano. 

Auch der Nepot ſchien fidy noch frei zu halten. ,,Mostra sin- 
ora genio alieno da Spagnoli“, fagen die Geſandten. 

Zedoch nur allzubald änderte fich dieß. 


85. 


Vita efatti di Ludovico Ludovisi, di S. R. Ch. vicecanc. nepote 
di papa Gregorio XV, seritto da Luc. Antonio Giunti 
suo servitore da Urbino. (Cors. 122 BI.) 


„Ludovico, ch'èâ poi.stato il card! Ludovisi, nacque in Bo- 
logna dal conte Oratio della famiglia di Ludovisi e della con- 
tessa Lavinia Albergati l’anno 1595 a 27 d’Ottobre.“ Er wurde 
im Sefluitencoflegium zu Mom erzogen, 1615 Doctor, begleitete fei- 
nen Dheim auf defien Nuntiafus nad Bologna 1617; 1619 begann 
er die Laufbahn der Praͤlatur; den Tag nach der Krönung feines 
Dheims, 16. Februar 1621, warb er Cardinal und befam hiedurch 
jene weltbebeutende Stellung die wie wahrnahmen. " 

Dard, fagt ber. Xutor, qualche 'cenno delle oose parte da lui 


Päpfie "* | 25 


386 Eimli.. . 5 
proposte, parte da lui coadjurate © promosse nel pontikicato del 


suo zio Gregorio. 

1. Gharafterzüge. — Asooltava tulto con fiemma piä che 
ordinaris: gli ambasciateri mai si rendevano satii di trattar seco, 
— — si dava a tutti, asddeche tutti si dassero alui. Mostrava 
giustitia e misericordia insieme, senza passione 0 doppiezza. 

3. Beförderungen: — der Cardindie welche bie Erwählung feis 
ned Oheims befördert, zu verfchiedenen Legationen, Orſinos in die Ro: 
magna, Pios in die Mark, Ubaldinid nach Bologna, Capponis zum 
Erzbifchof von Ravenna. So wurden ihnen ihre guter Dienfle be: 
lohnt. Nach allen Höfen warden Nuntien ausgefanbt:- Maffimi nach 
Toscana, Pamfili nach Neapel, Eorfini nach Frankreich, Sangro 
nach Spanien, Earaffa an den Kaifer, Montorio nach Edln. Aldobran: 
dino diente ald General, Vino als. Zahlmeifter in Deutſchland. Wir 
haben den größten Theil. der Inftructionen jener Nuntien übrig. Um 
ſo intereffanter. iſt uns folgende Notiz. aber die Urt ihrer Abfaffung. 
Quantunque fossero distese da m* Agucehia prelato Bologuese, 
nondimeno il card!e feoe in esse particolar fatica nelle anmeta- 
tioni di capi, di motfvi, del senao di S. Beat", de’ ripieghi e 
consigli suggeriti dal suo proprio ayvedimento e sapare. Mir 
feben, den Entwurf madte der Cardinal Nepot, bie Ausführung 
übernahm Ayuchio, ein. Landäirami .von -Ludovifi. 

3. Bude über die Papſtwahl. Wan änderte die bisherigen 
Formen: das geheime Serutinium werd eingeführt, die Adoration 
abgeſchafft. Giunti führt die Nachtheile an, welche die Adoration 
verurfache: Rendeva i casdinali pid. timidi nel .dire il parer loro, 
parteriva e fomehtava grari. disgussi:tra gli escludenti e gli es- 
clusi, cagionava che il pomtefice si eleggense semza la debita 
premeditatione, mentro i chpä delle fattioni manifestavano le loro 
voluntä, faceva che la somma delle elettioni fosse per il pi ap- 
poggiata a cardinsli gievanı - Man glaubt nun wohl; daß. Ludo⸗ 
vift noch andere geheimere Gruͤnde zu der Abänderumg hatte: dieſe 
fommen jedoch bier nicht vor. on 

4. Stiftung der Propaganda. Ganonifation der Heiligen. Wir 
haben davon gehanbelt. 

6. —ES der Chur. Eroͤrterung des perſoͤnlichen An⸗ 
theils von Ludoviſi an dieſem Ereigniß. 

6. Erwerbung ber’ Heidelberger Bibliothek: — per la quale 
(la biblioteca. Palatina) si operö molto il card!» Laudovisio, at- 
teso che riputava ung degli. awvenimentt pil felici del pontificato 
del zio di poterla conseguire. Fu destinato il dottor Leon Al- 
laceie, scrittore Greoo ‚dell! istesse biblioteca Vaticana, che an- 
dasse a riceverla et sccömp 


nefe, Odoardo Farneſe, Alexander Orfino, und mia Lu: Lubeviſi. 
Er hat die Jeſuitenkirchen zu Nom und Bologna aus feinen Pri 
vatvermögen reichlich unt t, zaletzt zur Vollendung ber drften 





Yıla di ‚Emdovice Ledoviei. 387 


200000 Se. in feinem Teſtament beſtimmt. Schon bei feinen Leb⸗ 

zeiten ſchenkte er ihr alle Jahr 6000 Se. Der Autor zählt das zu 

den — die er gezahlt, und die er jaͤhrlich genau auf 32882 
c. berechnet. 

8. Die Wahl Urbans VIII. Sie wird hier dem Gardinal zu: 
gefchrieben, „„superando eon la sua destrezza le.diffcoltä che si 
traponevane.‘‘ Seine Entfernung aus Rom nach feinem erzbiſchoͤf⸗ 
lichen Site in Bologna fey ganz fein eigemer Entfchluß gemefen. 

. Gpäteres Leben. - Er predigte zuweilen in Bologna: — er 
bewirkte, daß die Bolognefen Ignaz und Xaver zu ihren bimmlifchen 
Schutzpatronen hinzufügten: aber die Hauptfache iſt, daß er den Zen- 
denzen der von ihm geführten Verwaltung gemäß fich gegen bie ſchwan⸗ 
fende Politif Urbans VII. in Heftige Oppofition feßte. Als im Jahre 
1631 die Siege Guſtav Adolfs erfolgten, bot er dem fpanifchen Hofe 
100000 Scudt und den Ertrag von feinen fpanifchen Abteien, de 
ren er zehen befaß, auf die Dauer des es an. Giunti theilt 
den Brief mit, im welchem Lubovift Diefen Antrag auf die „pre- 
senti bisogni della Germania e dell’ augustissima casa di 8. 
Mt, base'e sostegno della religione eattolica,‘“ begründete. In 
Spanien nahm man das nun nicht an: Dlivarez antwortete ihm, 
wiewohl der König diefes Erbieten ablehne, fo werde dad doch ©. 
M. nicht hindern, dem Cardinal die Gnaden zu erweifen die er fich 
wünfche, und die man fonft für intereffirt halten koͤnnte. 

Bon der Abſicht die ein Deneglaner dem Cardinal zufchreibt, 
ein Eoncilium wider Papft Urban VIEL zu berufen, findet fich hier 
nichte. . 

Denn überhaupt iſt dieſe Lebensbeſchreibung im Tone eines offi- 
ciellen Panegyriens verfaßt. Obwohl’ fie wiele nuͤtzliche und glaub⸗ 
wuͤrdige Nachrichten: enthält, theilt fie doch das Bedenflichere nicht mit. 

Der Cardinal flarb bald nachher. „La cui anima,“ fchließt 
Giunti, „ripesi in ciele.% | 

. 9. 
Instruttione a mons" vescovo d’Aversa, nuntio destinato da N. 
Sigre alla Mt& Cesarea di Ferdinando II Imperatore. Ro- 
ma 12 Apr. 1621... . W 

Wir haben geſehen, wie wichtig die Chaͤtigkeit Caraffas war: 
ſchon darum —— die Inſtruction merkwuͤrdig, die ihm Gregor XV. 
bei bem Antritt feiner Nuntiatur ertheilte. Sie iſt es aber auch 
deshalb, weit fle die Geſichtepunkte enthuͤllt, Die man zu Nom nach 
der Schlacht von Prag faßte. \ i 

‘Gregor geht davon aus, daß es bie Abſicht ber Proteflanten 
geweſen fey, das Haus Oeſtreich auszurotten, das Kaiſerthum an ſich 
u reißen, und dann nach Italien vornubringen um dieſen edelften 
—* der Welt zu berauben und zu: pluͤndern Gott Habe aber den 
Dingen eine andere Wendung gegeben. Wan muͤſſe nun darauf den⸗ 
ten, aus derfelben den moͤglichſten Nugen zu: ziehen. 

Er weit den Nuntiud an, auf folgende Punkte fein Augen: 
merf zu richten. A 
25 * 





388 Insirult. a c. Cerafe 1621. 


I. Befefligung des Neiches bei den Katholiken. Er verfpricht 
dem Kaifer Hülfe, und dringt auf rafches Verfolgen bes Sieges. 

II. Herſtellung der Fatholifhen Religion. Der Papfk iſt er: 
freut, wie gluͤcklich ſich dieſe Angelegenheit in Oeſtreich und Mähren 
anläßt. Es tröftet ihn, daß man in Schleften wenigftens die Calvi⸗ 
niften nicht duldet, boch wuͤrde er nicht billigen, wenn man in Ungarn 
auch nur das Augsburger Bekenntniß geftatten wollte, das ſich Doch 
dem Katholicismus am meilten annähert (la confessione che, quan- 
tunque rea, si dilunga assai meno dalla professione cattolica di 
quello che facciano le piü sette cattoliche). Beſonders aber liegt 
ibm’ Böhmen am Herzen. Für die Herftellung bed Katholicismus 
dafelbft gibt er folgende Mittel an: . 

1. Fondare in Praga un’ universitä cattolica; 

2. Rimettere nelle antiche parrocchie i parrochi cattolici 
e per le cittä i maestri di scola parimente cattolici; _ 

3. L’uso dei catechismi e di buoni libri per tutio, ma per 
li fanciulli et idioti l’antiche canzoni spirituali in lingua Bo- 
bema; ’ 

4. Librarj e stampatori cattolici, facendo visitare le libre- 
rie e stampe degli eretici; 

5. L’opera de’ padri Gesuiti e di altri religiosi; 

6. Ritornare in piedi li collegii di poveri, assegnando a 
quelli li beni ecclesiastici alienati. 

Alles Mittel des Unterrichts und ber Erziehung. Außerdem 
wird der Nuntius .aber noch erinnert, ſich der Anftellung protes 
Rlantiiher Beamten zu widerfeßen. Lasciandosi le menti humane 
più consigliare dal proprio interesse che da altro, incomince- 
ranno & poco a poco massimamente i giovani a piegare l’animo 
alla religione cattolica, se non per altro, per parlecipare di pu- 
blici honori. j 

III. Herftellung ber kirchlichen Gerichtsbarkeit. Ueber gar 
Vieles hat der Papſt ſich in dieſer Hinſicht zu beklagen. Die Bis 
ſchoͤfe wollen fi den Satzungen von Trient noch immer nicht uns 
terwerfen: die Domherrn haben verberblihe Gewohnheiten: die Ca⸗ 
pitel befeßen die Stellen ihres Patronates ſchlecht: auch der Kaifer 
erlaubt fich zu viel. L’imperatore istesso sotto varii pretesti di 
spogli, di juspatronati, di concessioni apostöliche, di avocarie, di 
incameralioni e di pienezza di potenth trattiene le chiese gli 
anni vacanti, et in quel mentre se ne prende per se l’entrate. 

. Herſtellung der päpftlicden Autorität. Die Kaifer fcheinen 
ed gern zu fehen, daß der Papfk fich mit feinen Ercommunicationen 
und Bullen nicht mehr zeigen barf. Auch bat der päpftliche Hof 
an @eldeinfünften aus Deutfchland, die früher 200000 Scudi be— 
trugen, ungemein verloren. Das Verfahren mit Kleſel will Gre⸗ 
gor nicht billigen, doch brüdt er ſich ſehr gemäßigt darüber aus: 
„non & mai piaciuto troppo quel fatto.““ Der Auditor di Mota 

eroßpi warb berübergefchict, um den Proceß zu führen. 

‚Y. Verhaͤltniß des Kaifers gu Italien. Beſonders in der val- 
tellinifchen Sache Fönnte es nüglich werden. Noch gebe man in 
Spanien bie Schleifung der eroberten Seflungen nicht zu. Pare 


Instrutt. a Sangro per Ispagna 1621. 389 


che il duca di Feria et altri ministri di 8. Mtä Ces. in Italia si 
opponghino a quel consiglio, come coloro che vorrebbero ritenere 
i forti e con essi la gloria di quell’ acquisto. Der Papſt aber 
fieht völlig ein, wie gefährlich dieß fey; die Proteflanten in Deutſch⸗ 
land würden nichts mehr wünfchen ald das Schwert in Italien aus 
ger der Scheide zu ſehen. 

VL Betragen des Nuntius. Vor allem wirb er un Eden 
berg gewielen, wie ſich das ja verficht; aber befonderd merkwürdig 
ift, daß ſich der Nepot über bie Jeſuiten nur fehr behutfam auss 
drüdt. Terrä gran conto del padre Beccano confessore di 
Cesare, e si valerä con desirezza dell’ opera sua, non lasciando 
intanto di osservare i suoi discorsi e consigli per scoprirne me- 
glio i fini et avvisarmegli. E parimente a’ padri Gesuiti ricor- 
rer& con avveduta confidenza. Mit vorfichtigem Bertrauen! ein 
Ihr guter Watt. | | 

an fieht indeß, zu wie glänzenden Ausfichten der Papft fich 
bereits erhob. Eine Herftellung der gefammten Kirchengüter faßte er 
fon damals ind Auge. Diele merfwürdige Stelle fchließe uns 
fern Auszug. Secondo che s’anderanno acquistando de paesi te- 
nuti avanti dagli eretici, ella faccia grandissima istanza con S. 
M« di ricuperare i beni ecclesiastici occupati da loro e di ren- 
derli alle chiese et alli veri patroni, Questo officio si fece per 
ordine di papa Paolo V, quando il marchese Spinola s’impos- 
sessö del palatinato, e l’imperatore rispose che non era ancor 
tempo di trattarne. 

Wir fehen, daß der Gedanke des Mefkitutionedicte® im Jahre 
1620 von Paul V. gefaßt, aber damals vom Kaifer noch als unzei⸗ 
tig zuruͤckgewieſen warb. 

Der Nuntius fol jeßt neuerdings darauf dringen, und dem Kais 
fer das Werdienft vorfiellen das er ſich dadurch erwerben werbe. 


. 


97. 


Instruttione a mons" Sangro, patriarcha d’Alessandria et arci- 
vescovo di Benevento, per andar nunzio di S. Stà al re 
cattolico. 1621. 


Sangro wirb erinnert, daß bie Gewalt in Spanien jeßt haupt: 
fachlich in den Händen Uzeda's und des Großinquifitors ſey. Er 
fol denn vornehmlich dem Ießten feine geiftlihen Pflichten ins Ge⸗ 
daͤchtniß zuruͤckrufen. 

Um die Geheimniſſe in Erfahrung zu bringen, wird er ange- 
wiefen fi an die Gefandten von Venedig und Toscana zu halten: 
„de’ quali si suol cavar molto.‘ 

ie Gefchäfte der Immunität, kirchlichen Zurisdiction, Collet- 
toria werden hierauf näher erörtert. Ich will nur geſtehn, daß die 
feblerbafte und unleferliche Eopie die ich fand, mich abgehalten bat 
näher auf diefe Punkte einzugehn. u 
Die Hauptfache bleibt die Erdrterung ber politifchen Ber: 
Linfle. 





390 Instrutt. a Torres per Polonia 101. 


Da foll nım der Nuntius befonderd die Erneuerung bes hol: 
ländifchen Krieges fordern. 

Er foll in Erinnerung bringen, daß Prinz Moritz fchon alt 
und ſchwach fey, und fich Fin Tod alle Tage erwarten lafle: — Die 
Parteiung der Arminianer und Gomariften ſchwaͤche die Provinzen: 
mit Hülfe der erſten hoffe Graf Heinrih, mit Huͤlfe der letzten 
Graf Ernft zur hoͤchſten Gewalt zu gelangen: — bie Seeländer feyen 
arm, die Holländer wegen ihrer Anmaßungen den Uebrigen verhaft. 
„Laonde il re non puö voltare le sue forze contra di loro in 
meglior tempo ovrero opportunitä.‘ 


98. 


Instruttione a V. Sigrie Mr di Torres, arcivescovo di Antrino- 
poli, nuntio destinato da N. Sigre in Polonia. 830 Mag- 
gio 1621. j 


Das Mißverftändnig zwiſchen Paul V. und Siegmund HI. war 
doch fo unbedeutend nicht. „Se la pietä del re“, fagt Gregor XV. 
in diefer Snftruction, die er feinem erſten Nuntius mitgab, „e la 
riverenza che a questa sede egli porta, non havesse ammorzato 
del tutto o almeno coperte le scintille de’ dispiaceri loro, se ne 
sarebhe per li soffioni altrui acceso alcun fuoca di discordia ma- 
nifesta.“ v nn 

Gregor ift num bemüht alles beizulegen. Er iſt burchbrungen 
von den ˖ Verdienſten diefed Königs, der in Nom nicht hätte Fafholi- 
ſcher ausgebitdet werden Finnen. . " 

* Der Nuntius wird erinnert, fi vor allen Dingen felbft ohne 
Zadel zu betragen: — perche, tutti gli pongono gli occhi. adosso e 
prendono ancora esempio da santl costumi di lui, et il re me- 
. desimo il propone a suoi prelati per norma. Den Banfetten der 
Großen fleißig beisumohnen, wäre zwar an fich Fein unebened Mit: 
tel fih Einfluß zu verfhaffen, würde aber doch zulegt die Achtung 
ſchwaͤchen, die man vor einem Nuntius haben müffe. 

Es wuͤrde gut feyn, wenn der" Suntins wieder wie früher bie 
Kirchen perfönlich vifitiren wollte. 

Die Hauptfache bleibt immer die Erziehung. Das Inſtitut der 
Dottrina Christiana, wie es in Italien beftche, fplite auch bier ein- 
geführt werben. Fuͤr Katechismen und geifllihe Bücher mülle man 
lorgen, weltlihe und proteftantifche Gelänge durch Fatholiiche vers 

rängen. " 


9. J 
Instruttione a V. Sria Mr Lancellotti, vescovo di Nola, destinato 
da N, Sre guo nuntio in Polonia. 


ch weiß nicht, ob 1622 oder 1623, aber. gewiß noch unter 
Gregor XV, 

. Dem Runtius wird die Inſtruction welche Torres empfangen 
batte mitgetheilt. Seitdem hatten auf Befehl der Yropaganda alle 





Insirutt. a Tuncoellotii per Poldnia. u | 


Biſchoͤfe Bericht: über ihre Dideeſen erftatten en: ans de 
nen foll der Runtius fich —— el ae 

Dirie politiſchen Verhaͤltniſſe treten etwas mehr hervor. Der Nun⸗ 
tius fol: das gute Vernehmen zwiſchen Polen und dem Haus Oeſtreich 
moͤglichſt aufrecht erhalten. Das zaͤhme die Tuͤrken und die Rebel: 
len bes Kaiſers. 

„.„‚„,Gern_bätten die. Polen Triebe ober wenigftens einen zwanzig, 
jährigen Stillſtand mit Guftav Adolf gefchloffen: auch. ſtellle diefer 
vor, daß ihm die polniſche Linie fucsediren folle, wenn gr ohne Kin: 
der fierbe, aber Siegmund wies alled® von der Hand. Ben- 
che Gustavo per cenditione espressa offrisse che morendo lui 
senza figlinoli gli avesse a succedere S. M& e la zua stirpe, 
s’oppose a questi consigli. Nur aus Ruͤckſicht auf die Polen wollte 
er ſich zu einem kurzen Stillſtaud verſtehn. 

Die Verhaͤltniſſe der unirten Griechen waren ſchon in der In⸗ 
ſtruction von Torres eroͤrtert worden, doch geſchieht das hier klarer 
und gphoder, 

I. Grexi commossi al tempo..di Elemente Ottavo per opera 
di Rupaccio Paceiorio, che fu ‚prima vescovo overo vlalica di 
Viadimiera.e poi metropolitanso di Chiovia, si contentarono i 
vescovi o' viadici: loro, eoeetiuati ‘quelli di Leopoli e di Pr 
misla, che uella loro ostinatione si zimasero, d’unirsi-alla chiesa 
Romena, e di rioonsseere, ‘come. fecero l’anno 1595, il.papa 
per loro .cape secondo .la forma e professione di fede nel ton- 
cilie -Fiorentino eontenuta.. Ma tante distordie ne nacquero, © 
cosi si pero nell® diete. a:impugnare quella unione li nobili 
Greci, üagli  heretici favoriti,’ che #’d havuta a mettere sosso; 
pra il regno: imperocche ‚pochi del clero e malto meno del po- 
pole l’hanno voluto abbratciare; affermando tutti essere per pri- 
vuti disegni e.per ambitiohe di puchi state: fatta e senza loro 
partecipatione. Onde si conservano bene li vescovi e pastori cat- 
tolici,. ma'questi soli se ne starmo, senza trovare pecorelle che 
seguitare hi: vogliane, :e di piä corroso gran rischio d’essere 
dalle- sedie loro.oneeiati e che. vengane.anoor ad essi levate quelle 
chiese che tolte giä alli veismatiei furengli. ceoncedute. Onde in 
tutte le diete se ne fa lo strepito grande; e nell’ anno passato 
avreune :che:un vescovo o:fosse:il patriarca scismatico di Ge- 
rusalemme:mandato- in Moseovie. et in Russia dal ‚patriarca di 
Costantinopoli, si fermö fra Russi, e vi creö tahli. seismatici 
quanti sono gli uniti, et.eceitö li cosacchi, che sono tutti Greci 
scismatisi, ad. addimandare ‚nella dieta con oflerte grändissime, 
perche il regno per la $uerta‘.col Turco havesse bisogno di loro, 
che all’ antiche loro pretensioni si sodisfacesse: ma il vescovo 
di Santo Angelo, all’ hora nuntio, ne diverti l’impeto, siche tra 
per questo e per publiche necessitä, che a nuove contese non 
lasciarano luoge, si pose con }’autoritä del re il negotio in si- 
lentio. Si vive non .di- meno dagli uniti nel medesimo timore; 
e li piü prudenti prelati ne pronosticano alla fine de’ mali eventi 
se alcun provedimento non vi si piglia: onde havrebbero alcuni 
havuto per lo migliore che l’unione non si fosse mai fatta, ap- 





302 Dion. Lasari RHelatione 1620. 


portando essi che sarebbe stato pi agevole il ridurre li nobili 
singolarmente e di famiglia in famiglia alla chiesa cattolica, per- 
che si vede per prova che tutti coloro che ad uno abbandonano 
il rito Greco e lo scisma, stanno nella nostra chiesa perseveranti. 


100. 


Relatione fatia alla congregatione de propaganda fide da Dio- 
nysio Lazari sopra alcune cose che possono essere di ser- 
vitio alla santa fede cattolica. 1622. 


Dion. Lazari war eine Zeitlang — wie er ſich ausbrädt, molti 
mesi — in England geweien, und gibt nın an, wie ſich dort der 
Katholieismus herſtellen laſſe. 

Drei Mittel gebe es, meint er: Unterhandlung mit Einem, oder 
mit Vielen, oder gewaltſame —— 

Er meint doch, daß ſich bei dem Koͤnig Jacob perſoͤnlich viel aus⸗ 
richten laſſe. Der Koͤnig ſey indifferent in einer Meinung, und furdhts 
fam. „Per la pratica che ho di lui, lo stime indifferente in qual- 
sivaglia religione.“ Man würbe wohl thun, auch durch unterges 
ſchobene Briefe feinen Verdacht zu nähren. „Far artificiosamente 
avisar qualche suo ministro fuori del regno di persona da loro 
ereduta fedele, e nell’ istesso regno far irovar qualche letiera 
a nome supposito che tratiasse in forme segrete queste materie.“ 
Auch wäre Buckingham wohl zu gewinnen; feine Frau fey Die Toch⸗ 
ter eined Katholifen und insgeheim felbft Fatholifch (è segreta catto- 
lica figlia anche di segreto catiolico). Buckingham gebe viel auf Vers 
bindungen mit fremden Mächten: durch diefe könne er am leichteften 

ewonnen werden; befonders weil er von bem Parlament immer ge 
äbrdet fey. Essendo oomposto il parlamento quasi per la mag- 
gior parte di puritani, stimarebbe egli specie d’efäcace vendetta 
Pindurre il re al cattolicismo. \ 

MWirfung auf Die Menge. Sehr niͤtzzlich würbe es feyn, wenn 
man nur freie Predigt erlangte: Il che si petrehbe fare per via 
di danaro, proponendo, per cosi dire, una gabella di predicatori 
et auditori, inducendosi il re miolte volte per l’interesse a cose 
contrarie a er Vol W 

An gewaltſame aßregeln, ſagt er, ſey nicht zu denken. 
Wir ſehen aber wohl, daß auch die friedlichen welche er angibt 
nicht auszuführen ſeyn werden. 

Lazari gehoͤrt zu den Leuten, die durch Intriguen und fein an⸗ 
gelegte Maaßregeln auf den Fortgang des Lebens einwirken zu koͤn⸗ 
nen glauben, was doch niemals geſchehen kann. 
on dem erwachſenden Geſchlecht hofft er nichts: es iſt ganz 
in den proteflantifhen Meinungen erzogen; nur der Prinz, ſpaͤ⸗ 
ter Carl I, fcheint ihm Hoffnung zu geben. Io v’bo grandissima 
speranza, per vederlo d'indole melto ingenua, di oostumi assai 
generosi, molto sobrio nel detestar li cattolici. 








Äustrwilione al dettor Allatio. 393 


161. 


Instruttione al dottor Leone Allatio per andare in Germania 
er Ia „reria del Palatino. 1622, (Hofbibl. zu Win. MS 
ohenb. 


Die Inſtruction durch welche Leo Allatius, damals Scriptor 
‚an der Vaticana, beauftragt ward die Heidelberger Bibliothek in 
Empfang Ei nehmen. 

Sie findet fi nicht allein in Wien, fondern auch in gar mans 
hen andern Bibliotheken, 3. B. der Bibliothek Chigi u Rom, uns 
ter den Sammlungen der Inflructionen Gregors XV. Auch bat das 
gelehrte Jutereſſe des Gegenſtandes veranlaft, baß fie bei uns ber 
kannt geworden. Quade, Baumgarten und Gerdes nad einander 
haben fie lateiniſch abdrucken laſſen. 

achdem ſie einmal das Gebiet der proteſtantiſchen Gelehrſam⸗ 
keit beruͤhrt hatte, mußte fie endlich auch Discuffionen hervorru⸗ 
fen. In der Geſchichte der Bildung, Beraubung und Vernichtung 
der alten Heidelbergiſchen Buͤcherſammlungen (Heidelberg 1817) p. 
235 hat unſer gelehrter Mitbürger und Freund, Her GR Zr. 
Wilken, erhebliche Zweifel gegen ihre Echtheit aufgeſtellt. 

In der That iſt die Iateinifhe Weberfegung auf eine Art und 
Weile gemacht, daß fie Mißtrauen erregen mußte. Gluͤcklicher 
Meile hebt ſich das jedoch, wenn man das handſchriftliche Origi⸗ 
nal vor Augen nimmt. 

Im Lateinifhen heißt es 3. B. in Bezug auf geweihete Me- 
daillen, die dem Allatio für die Soldaten Tillys mitgegeben wur⸗ 
ben: unum adhuc R. T. D. suppeditamus stratagema, ut scilicet 
sibi magnum nummorum comparet copiam, quos a sanctis cano- 
nisatos esse fingat. Gewiß! es iſt unglaublidh, daß der römifche 
Sof egen einen feiner Diener fich auf diefe Weife ausgedrückt ha⸗ 
en foll. 

Vergleicht man das Original, fo lautet es auch in Wahrheit 
ganz — E qui sOgglungerd a V.!S. che se le Fr 
grosso numero di medaglie con l’indulgenza della canonizzatione 
de’ 'santi fatta da N. S. Ich verfiehbe Medaillen auf die-Eanomis . 
fation der Heiligen, welche Gregor XV. vorgenommen hatte, mit 


—— 

ben fo wenig iſt in dem Original davon zu finden, daß AL 
latio den Herzog von Baiern beutich anreden folle, wie die lateini⸗ 
{he Berfion will: „wadito*, heißt es bei Baumgarten, „brevi a 
Saucto Patre fidei ipsius eoncredito, Germanico idiomate eum 
affandi. Im Original dagegen: presentando a Sua Altezza il 
breve di N. Sre, le parlerä & nome di Sua Stà conforme al te- 
nore di esso. 

Eine Ueberfeßung, weiche dem Italieniſchen und aller Wahrſchein⸗ 
lichkeit Hohn fpricht. 

So wie man aber das Original fieht in feiner fo viel vernänf- 
tigern Abfaflung, und in einer Umgebung die feinen Zweifel zuläßt, 
fann man an feiner Autbenticität nicht mehr zweifeln. 

Das allerdings bleibt wahr, daß Allatio das Gerücht ausbrei⸗ 


394 Instrutt. al padre Tob. Cerasia 
ten foll, die Bibliothek folle nach München, nicht nach Rom gefchafft 


werden. „In ogni caso sar& bene di metter voce. che si, abbia 
da condurre solamente’ a Monaco e non a Roma.“ Wir haben 
ſchon gefeben, wie oft den päpftlichen Abgeordneten die aͤußerſte Vor⸗ 
ficht zur Pflicht gemacht wird. Noch andere aͤhnliche Inſtructionen 
erhielt Allatio. 3. B. Massimamente .per i paesi sospetti sarà 
sempre meglio di andare in habito corto, come persona nego- 
tiante del dominio Veneto. Go viel Verftellung ſchien noth⸗ 


wendig. 

Daß folhe Anweifungen fchriftlich gegeben werben, darüber darf 
man ſich nicht wundern. Man liebte an dieſem Hofe namentlich 
in. der Kanzlei Ludoviſios zu ſchreiben. Den. Juſtructionen die 
Agncchia verfaßte, Fehlt es nicht an bebeutenden politifchen Geſichts⸗ 
punften, aber auch mit Kleinlichfesten diefer Art find fie angefuͤllt. 
Der Berfaffer wollte das Verbienſt haben’ alles zu bedenken. 

Uebrigens fonnte man wohl fürchten, die. Wuth namentlich ber 
Reformirten über diefen Berluf ihrer Metropole herauszufordern. 
Mit einer Abtheilung Gavallerie folte die Bibliothek escortirt 
werden. 
102. 
Instruttione al padre Don Tobia Corona de? chieriei regolari 

mandato da papa Gregorio XV al re di Francia e prima 
al duca di Savoia per l’impresa della citt& di Ginevra. 
1622. (Bibliothek zu Frankfurt am Main. MSS Glau- 
burg. Tom. 39, n. 1. 26 81.40) 

Anfang: „L’Italia che dall’ etqrna providenzz. &..stata .eletia 
# ‚roggero hora l’imperio temporale, hora lo spirituale'..del 
mondo.“* “ j tn ı. 

Verhaßt iſt diefer geiftlihen Herrſchaft vor allem Genf, „non 
solo come 'piena di huomini'appestati mia come catedra di pe- 
stilenza.‘*: Zr aB 2 W 

Es zu zuͤchtigen, zu zerſtoͤren fommt ner allem dem Papft, Bis 
carius Chriſti, und dem Herzog von Savoyen zu, der fich noch 
Graf davon nennt. Auch haben. bie Paͤpſte und Herzoge oͤfters 
Verſuche dazu gemacht; allein ſie ſind immer an der Protection ge⸗ 
ſcheitert, die Frankreich dieſer Stadt angedeihen ließ. 
et aber: iſt die Lage der Dinge verändert. „La Frandia tratta 
äl soggetio di damare i ribellati.heretici, et ha da zicerer pia- 
xzere she’ per tegliere dom .le forze e la riputatione ai 'faccia il 
medesimo senza. suo <osto im altre parti.‘ 

Der Yapft hat von Anfang feiner Negierung ben Wlan gefaßt, 
und denft durch die Miſſion eines Kloftergeiftlihen die Ausfuͤhrung 
vorzubereiten: '„Poiche habbiamo ‘un? argumento di religione, si 
conviene fuggendone il rumore coprirlo piü che.si puote: vuole 
imviarvi on religioso. La P. Vr«@ porter& da per tutto questo 

negotio come nato nell’ animo di Sua St& zenza altra origine 
che dello spirito sante.“ . 
Er foll :zuerfi in dem Herzog von Savoyen die Neigungen ei: 


- 





N . ° 


mandalo in Savoia e Francia 1622. 385 


nes Friegerifchen Herzens erwecken, und wenn er Huͤlfe verlangt, ihm 
zwar vorftellen, wie fehr die dem Kaifer und ber Liga gewährte 
Unterfiüßung den apoſtoliſchen Stuhl erſchoͤpfe, wie viel Anfı e 
Polen made, weldhe Koften Avignon verurfache; jedoch einige Huͤlf⸗ 
leiſtung allerdings hoffen Iaffen: „che Sua 814 non sarà stretta a 
8. A. di tutti quelli ajuti che dalle picciole forze usdr potranno.‘ 
Auch wird er ſich über die Rechte Savoyens an Genf die nöthigen 
Snformationen erbiten. 

Die Hauptfache aber ift, was er dem ‚Könige von Frankreich 
vorftellen foll: I. Daß er ja nicht den Verdacht auf füh laden werde 
ats verfolge er die Proteſtanten bloß aus Staatsintereſſe; 2. daß 
auch dieß wohlnerfianden die Vernichtung von Genf forbere: Be 
Ginevra non fosse stata rjcovero di Calvino, la Mt S, non ha- 
vrebbe di presente da portare l’armi contro l’ostinati e perversi 
suoi. popeli Ugonetti, non si vedrebbe nascere le republiche 
contro la monarchia. — — Sono republiche (bie hugenottifchen) 
popolari che in ogni palmo di terreno e fino nell? istessa corte 
e farse .nella camera del re hanno lor ditiadini e seguaei. — — 
Giä la republica loro (Ugomstti) :&:piantata, giä ne sano publi- 
cate le leggi, e giä in ogni provineia :hanno coatituiti i magi- 
strati, i consigli et;i governatori dell’ armi: pih non Iramno da 
fare che da andare eglino .:a:muevere l’armi al re per cacciarlo 
di casa. . u 

Man fteht, wie fehr hier in ben Fatholifchen Beſtrebungen das 
monarchifche Element hervortritt. Genf. fall‘ zerſtoͤrt werden als 
Meiſterin und Rathgeberin der hugenottiſchen Republiken. Jetzt 
kann es keine Huͤlfe bekommen, da alle andern Proteſtanten ſelbſt ber 
ſchaͤftigt, die Englaͤnder durch Vertraͤge gebunden find. 

Und was wolle dieſe Vergroͤßerung von: Savoyen in Vergleich 
mit der franzoͤfiſchen Macht wohl ſagen; — der Paß koͤnne den 
Schweizern nicht ‚verwehrt: werden, ſeit der König. Broffe- beſite. 
I eansteni eattolici, von. quali. la vorona & pik- adngiunta, ne Ti- 
ceveranno e serzilio 's piacere: certo'che il cantone .di:Eriburgo 
circomdato da‘ Bernesi : heretici, benche :sia  valorose 'e:di lore 
non .tema, haverà nondimeno pit caro di conlinare per. via del 
lago  oon: .quella cittàâ divenuta rattoliea e posta sotto. il.domi- 
nio di-un:principe:amico e cattolico, che libera et heretica re- 
manente. rm De a Zr 

Cardinal Retz, der Connetable (Luines), Pere Arnoux werden 
dem Pater als diejenigen genannt, von denen er beſonders Unter⸗ 
ſtuͤtzung erwarten kͤne. 7 

BBir werben bald auf den Erfolg dieſer Miſſion kommen. 


103. 


Relatione di Roma fatta nel senato Veneto dall’ ambasciador 
Rainiero Zeno alli 22 di Nov. 1623. Informat. Politt. 
Tom. XVI, 101 1. | 


"Gewöhnlich druͤcken ſich bie zurüdfehrenben Botfchafter mit Be 
ſcheidenheit und Deferenz ſowohl gegen dem Zürften ‚von ibem- fie 


396 Hainiero Zeno. 


fommen, ale gegen ihre Zuhörer aus; Manier Zeno iſt der erfte, 
der eine große bflzufriedenheit zu erfennen gibt. Er erfiärt nicht 
allein, er lege eine Bilanz päpftlicher Einkünfte und Ausgaben vor, 
die er mit fleißigfier Sorgfalt zufammengeftellt (f. 80); er erinnert 
aud) daran, mit wie lebendigen Karben er einen oder den andern 
Cardinal in feinen Depefchen gefchildert habe (f. 111); von Papſt 
Urban fagt er ohne Schen: „mit zwei Worten machte ich feine Mei: 
nung zu nichte” ; er fpricht geradezu aus, bie göttliche Majeſtaͤt 
babe ihm das Talent gegeben, in das Innerſte gebeimnißooller 
Menfchen zu bringen; der Cardinal Ludovifio läßt er der Nepublif 
deshalb einen Lobſpruch widmen, weil fie zur Gefandtfchaft von Rom 
immer Männer von der erprobteften Tuͤchtigkeit wähle. 

Rainier Zeno erfcheint ein paar Jahr fpäter in den venezias 
nifchen Unruhen des Jahres 1628. Auch da trägt alled was von ihm 
ausgeht, wie unfere Nelation, das Bepräge des Selbfigefühls, das 
— in fo vielen Stalienern und Spaniern dieſes Zahrbunderts 
darftellt. 

Zwiſchen Männern diefer Geſinnung konnte es nun aber nicht 
an Reibungen fehlen: auch Rainier Zeno erlebte auf feiner Gefandt- 
{daft die unangenebmften Auftritte, 

Grdftentheild fiel fie in die Zeiten Gregors XV. Ludoviſio 
forderte eine Verehrung und Anerkennung, die ihm Zeno nicht wid» 
men wollte; — gar bald geriethen fie heftig an einander. 

Sn dem lebten Theile feiner Relation fchildert Zeno biefe Ir⸗ 
rungen. Er rühmt ſich, dem Nepoten oft fcharfe Antworten gege 
ben, ihn zum Schweigen gebracht zu haben. Es macht ihm befon; 
ders Vergnügen, daß er durch geheime Mittel Dinge in Erfahrung 
gebracht, welche der Repot in tiefes Geheimniß verhüflt geglaubt, 
und bann denfelden merken laſſen, er wifle darum; er freut ſich noch 
des Mißvergnuͤgens in. das Ludoviſio dadurch gerathen fey. „Ve- 
- deva‘‘, fagt er, „che appresso di me non poteva restare in quel 
gran concetto di sapere ch’egli con tutti ascosamente ambiva. ‘ 

Aber man möge nicht glauben, daß das viel geſchadet. Die Res 
publik ſey dadurch vielmehr in Reputation gefommen. Bei dem 
Gedanken, Baltellin ald ein Depofitum in den Händen der Spanier 
zu laſſen, habe Ludovifſio ſich vor nichts fo fehr gefürchtet wie vor 
dem Laͤrm der. venezianifchen Proteftationen (il fracasso che era per 
fare io, il rimbombo delle mie proteste.) 

Diefe Zeiten waren indeß vorübergegangen. Urban VOLL ' hatte 
den päpftlichen Thron befliegen, und Rainier Zeno Iäßt «6 fein 
vornehmſtes Geſchaͤft feyn, deffen Perfönlichkeit, Hof und Staats; 
verwaltung, fo weit fie ſich damals entwickelt hatten, zu fchildern. 

Er wiederholt, daß die Eardindle nur darauf bedacht feyen, dem 
Papſt zu Gefallen zu reden: er findet es recht gut, daß Fein Menſch 

daran denke, die päpfllidden Finanzen in Ordnung zu bringen. Es 

gebe, fagt er, Fein geeigneteres Inftrument die Ehriftenbeit zu ver: 
wirren, ald ben Kopf eines Papftes. 

Er entwirft darauf ein Bild von Urban VIII: E? prencipe 
d’aspetto grave e venerabile, di statura grande, di colore oliva- 
stro, di lineamenti nobili, di pel nero che comincia a tirar al 





Relatione di Roma 1623. 297 


canuto, d’attillatura pi che ordinaria, e di gratia singolare ne’ 
gesii o ne’ moti del corpe. Parla per eccellenza bene, et in 
qualsivoglia discorso che s’entra seco, ha da difendersi quanto 
vuole, e d’ogni materia mostra d’haver peritia straordiuaria. 
Ha mostrato sin hora diletto grande della poesia, l’uso della 
quale non ha mai intermesso, n& pure nelle occupationi et nelli 
studii piü serij: perciö gl’intendenti di questa arte e delle lettere 
che chiamano di humanitä sono stati sempre benveduti da lui, et 
gli ha favoriti cortesemente in quello che ha potuto: non Pa però 
questo diletto astratto da quello che importava piü © che era 
piü necessario per li carichi che sucoessivamente li sono pas- 
sati per le mani, dico dallo studio delle leggi, nel quale ha 
faticato incessantemente dalla prima gioventü sino & questi ul- 
timi anni con fanta maggiore applicatione, perche cosi richie- 
deva la carica del perfetto della signatura di giustitia, magi- 
strato che richiede studio et acutezza grandissima et esattissima 
per la varietä delle materie che vi concorrono. Delli affari del 
mondo e degl’ interessi de’ prencipi è intendentissimo, quanto 
che se nelle scuole politiche havesse fatto continua dimora. 

Es iſt wohl nicht nöthig, das weiter mitzutheilen: es ift doch 
nur im Allgemeinen ähnlich. Die feineren Züge diefer geiftigen 
Phyſiognomie, fey es daß fie ſich erſt fpäter entwidelten, oder daß 
Zeno fie nicht aufzufaflen verfland, finden wir bier nicht. 

Eben fo wenig it dieß bei den folgenden Schilderungen der 
Verwandten des Papftes ber Fall, oder bei den Cardinaͤlen, die der 
Autor ausführlich durchgeht. 

Nur das ift zu bemerken, daß er von den venezianifchen Cars 
dindlen Feinerlei Dienfte au erwarten räth. „Priuli‘, fagt er, „lan- 
guido di spirito come di corpo.“ Go fchnöde behandelt er fie. 
Bon VBenier will er gar nicht reden, um nicht Händel mit den Ber: 
wandten deffelben zu befommen. 

Dann fommt er auf die politifhen Verhältniffe. Er ift nur zus 
friedben, baß diefmal ein Papft gewählt worden, ber nicht in die 
Spanier verliebt fey. Albuquerque babe den Boden ungewoͤhn⸗ 
lich hart gefunden und man habe ihm feine Forderungen nicht be- 
willigt. Das Verhaͤltniß Urbans VIII. zu Frankreich ſchildert Zeno 
folgendergeftalt. 

Non & da dubitarsi che il pontefice verso il regno di Fran- 
cia habbi molta propensione d’afletto, additandocelo molte conget- 
ture probabilissime: hebbero a quella corle principio le sue gran- 
dezze, alle quali, se bene ascese per .meriti proprii, non nega 
però egli medesimo che di grande ajuto li fossero le attestationi 
d’Henrico quarto della sodisfattione che baveva del suo modo 
di negotiare et del gusto che sentirebbe di vederli partecipato 
l’honor solito a conferirsi alli altri residenti in quella carica; 
quadra benissimo a Sua S4 il trattare de’ Francesi ingenuo et 
libero, lontano dalli artifcii, lontano dalle duplicitä proprie delle 
altre nationi; ba una certa conformitä di genio alle qualitä de’ 
studii alli quali s’applicano et de’ quali si dilettano piü li Fran- 
cesi, ch’e 1a pulitezza delle letiere, l’eruditione più acconcia, 


388 ’ Cornero Eirisxo Soranso Zeno 


la poesia, ia oognitiene delle lingue, in che per quanto. ie per- 
mettono le sue attiomi, »’& pigliato molto piacere. Stima quel 
regno, quanto si poasa dire, per reputarlo equilibrio. dell’ am- 
bitione d’aliri, li cai fin mirano senze dubbio alla monarchia 
universale. - .. 

Den Benezianern nahm ber Papſt ihre Verbindung mit Ketzern 
an Iuslanbigen übel. Er meinte, ed gebe wohl einen andern Rück: 

t für fie. Zn .- 

Zens fchließt, mden er noch einmal Schweiß und Arbeit die 
ihm fein Amt gemacht, Sie unaufhoͤrlichen Nachtwachen, den bittern 
Herger, woburdy feine Geſundheit geſchwaͤcht worden, ind Gedaͤcht⸗ 
niß ruft, „Dennoch“, tagt er, „freue ich mich mehr, mein Leben tm 
Dienfte meines Baterlandes abgenußt zu haben, ald wenn ich ein 
ganzes Jahrhundert gluͤcklich leben koͤnnte, aber unbefchäftigt.” 


304. 


Relatione degli eccri signori ambri straordinarii Corner, Erizzo, 
Soranzo e Zeno ritornati ultimamente da Roma, leita all’ 
ecc=o senato 25. Febr. 1624. (d. i. M. V. 1625.) 


Als Popſt Gregor XV. erflärte, daß er mit Rainier Zeno nicht 
mehr unterbandeln wolle, ſchickten die Venezianer Hier. Soranzo, 
um die Stelle deffelben zu vertreten. Noch war jeboch, wie wir fo 
eben fahen, Zeno in Rom, als Urban VIII gewählt ward. Beide 
wurden zur feierlihen Beglüchwänfhung des neuen Papſtes bes 
flimmt; Corner und Erizzo erfchienen um bie Gefandtfchaft zu ver: 
volltändigen. 

Die gemeinſchaftliche Relation welche fie erflatten, iſt man frei 
von den perfönlichen Erguͤſſen, denen Zeno alfein fich hingegeben; fie 
befommt dadurch eine gewiffe Wichtigfeit, weil die Berbältniffe der 
Republik fich durch die Sache von Valtellin aufs neue verwickelt 


en. 

Papft Urban fehien fehr unzufrieden zu feyn, daß Venedig an 
dem Angriff der Franzofen auf die paͤpſtlichen Garniforien Theil ge 
nommen: „che i cannoni della republica si fossero voltati contra 
i luoghi tenuti in deposito della S. S@&, che ohiamò luoghi dell’ 
istessa cbiesa. ‘* 

„Ne mancano,“ fahren bie Geſandten Fort, ',„t4 Roma 31 
getti d'ogni grado et d'ogni qualità che proponevano a S. 814, 
come ella medesima ci disse, ad usare contra quel' ecc=° genato 
le censure ecelesiastiche.“ : 

Sie Taden fi fo get wie möglich zu entſchuldigen: fie führen 
aus, daß es die Abficht der Spanier fey, ſich der Meinherrſchaft zu 
bemächtigen: — rendersi patromi di quelli passi, per facälitarsi. 
la monarchia di questa provmeia, — ;' die Religion koͤnne ja doch 
gefichert werben; daß fie mit Ultramonfanen in Bund getreten, bürfe 
mar ihnen um fo weniger verargen, da ihnen von den Paͤpſten ſelbſt 
die Truppenwerbung im’ Kirchenftaate verwehrt fey. 

Urban VIEL batte geglaubt, fie würden ihm in Hinſicht auf 
jene Angelegenheit einige vermittelnde Borfchläge madjen: doch Hat 








Relatione di Roma 1624. 2 


ten fie dazu keinen Auftrag. Uuch: feinerfeits zeigte er Fü Deshalb 
für ihre Gefnche unzugaͤnglich. Sie mußten zufrieden ſeyn mır feis 
nen Unwillen zu begütigen — non si impetrava altro ohe mitiga- 
mento dell’ acerbitä meostrata ‚del suo anime, 

Allzu ſchwer farın ihnen dieß nicht geworben fen. Schon trat 
die antifpanifche Gefinnung Urbans doch auch hervor. Er erklaͤrt, 
che non poteva: parlar: alto, perche troppo era eircondato da’ 
Spagnoli e che a Madrid lo chiamavano heretico, ma che ar- 
mato si havrebbe fatto rispettare.“ . 

Seine fpAtre Geſinnung und: Haltung liegt ſchon in diefen 


orten. 

Vorzuͤglich mit Intereſſen folcher Art befchäftigt fich -unfere Ne 
lation: außerdem aber ſucht fie auch bie Zuſtaͤnde zu fhildern. Hoͤ⸗ 
ren- wir, wie fie bie Häupter der Berwaltung in ben erflen Zeiten 
Urbang VIII. befchreibt. . zu | 

Quelli che di:presente sono in maggior autoritä presso il 
pontefice nella essentia degli affari, si ristringeno nel sig? car- 
dinale Magalotti e nel sig” Don Oarlo Barberino, fratello della 
Beatze Sua. Mostrano per6ö ambidue di non oonosceere e nen 
havere questa autoril&: schifano i congresei, 'parono non esser 
informati dei negotii, non gustano di- esser frequentemente visi- 
tati, e con questa maniers di’ procedere, differente assat dal co- 
stume dei parenti: dei pontefici passati, conservano in maggior ri- 
putatione la Santit& Sua, volende dar’ ad. intendere che tutto 
dipende dai soli cenni dl. ° 2 

Er& seolita la Beat»? Sua alle volte nelle 'occorrenze piò 
gravi chiamare anche: a se li eardinali Bandino, Melini, Scaglin, 
Santa Susanna et qualche altro, perche conoscendoli di natura 
molto severa, procurava con tale apparenza dar segno di stima 
verse il.sarro collegio a-versg le ‚persaye loro;, non giä perche 
volentieri inclini o molto si fidi delle loro ppinieni;-e di questo 
concetto della Stà Sua, ben noto a detti cardinali et ad altri, 
tutti se ne dogliono ,. dicendo ehe dope fatte te deliberationi delle 
cose ella le eommunica.per wen adınettere.il loro consiglio. EK 
si sewte anco che va ogni giorno piü tralasciando quesie comu- 
nicationi, anzi omettendo in tulto e per tutte le consultatieni 
con cardinali, eosi.per conservare in se medesimo il selo de- 
spotico dominio.et autoritä, come anco perche conoscendoli di- 
pendenti et interessati. chi per. Puno chi per-l’altro' prinoipe, gin- 
dica cosi ceavenire al suo servitie maggiormente. 

Nelle ocoorrentie della repes sono intervenuti nelle consulte m? 
Gessi # mr di Monteflaseone,'cbme stati nentii in questa eittà e 
bene informatl delle cose. E talvolta:si- & introdotto anche An- 
zolo Badoer, che sotto altro nome e coogmome pur si trattiene 
in Boma positivamente: ô :fatto: sacerdete, et: häbita per- sua 
maggior siqurer2a una dass congiunta Con il'monästerio de? frati 
dell&. scalla, nella: cai ‚chienu. & solito celebrare' ia messa.: Ma 
come habbiamo. detto,; il cardi: Magalotti.et il-sig* Carlo Barbe- 
rino seno le stelle Aisse di: quel firmamento: et i negotif ridotti 
in quests due sole teste 'passano- don molta Kecretezza, sicche 


400 Insirultione 


quello che non si può penetrare con la congetlura ovvero che 
non viene riferito dal medesimo pontefice, diffieilmente si pud 
sapere per: altra via. 

Il sigr Don Carlo meostra ia istessa indipendenza da prin- 
cipi nella quale professa conservarsi Sua Stà. E? in etä di 58 
anni, ben complessionato e forte. E’ inclinato alla soddisfatione 
de’ popoli per conservare la cittä abbondante di tutte le cose. 
Nella sua casa € buon economo, et ha mira di far denari as- 
sai, sapendo egli molto bene che l’oro accresce la riputatione agli 
huomini, anzi l’oro gli inalza e li disfingue vantaggiosamente 
nel conspetto del mondo: oltre che si tiene per massima co- 
mune non esser conveniente ne ragionerole che chi una volta 
& siato parente del papa, resti dopo la sua morte in angusta 
fortuna. E’huome di poche parole, ma sensitivo. Ha mostrato 
somma riverenza verso la serenissima Republica, et havendo 
noi nel complir seeo detto che auguravamo lungbi anni a Sua 
Beat»«, ci rispose egli con qualche acerbitä che quando il papa 
havesse ad essere rispeltato et honorato come papa, alludendo 
alle cose correnti della Valtellina, li desiderava vita lunga, ma 
che quando havesse dovuto seguir altrimenii, pregava il sig* dio 
a chiamarlo a se quanlo prima. 

ll card! Magalottii professa egli ancora vivere indipendente. 
E’buomo sagace et accorto: mosira grande vivacitä di spirito e 
d’inquietezza, et & in congetio di poter esser guadagnato. Cre- 
scendo in etä et esperienza il card! nepote si crede che non pas- 
seranno d’accordo insieme e che il papa penserä pero di valer- 
sene in qualche legatione opportunamente. 


‘ 105. . 
Instruttione a Mre Sacchetti vescovo di Gravina, nunzio desti- 
nato di.N, Sre per la Mt cattes. 1624. (Barb. fol. 26 31.) 


Die Aufträge Sacchettis beziehen ſich I. auf die innern fpanis 
fen, II. auf die allgemeinen europäifchen Angelegenheiten. 

1. Es gab immer mancherlei Competenzen zwifchen Rom und 
Spanien. Namentlich hatte ed damals der römiiche Hof übel em⸗ 
pfunden, daß ein Cardinal wie Lerma feiner Einkünfte beraubt, 
und vor ein weltliches Gericht geftellt worden war. indem der 
Papft den Fortgang dieſes Verfahrens einzuhalten ſucht, läßt er doch 
auch zugleich Lerma esmahnen, alle Hoffnung auf: weltliche Größe auf: 
zugeben: es fey ja doch nichts mehr auszurichten, da Dlivarez fo 
{ehr in Gnade ſtehe, und er. möge ſich entichließen, nachdem er fo 
lange Andern gelebt, jest. ſich und Gott zu leben. Dagegen wird der 
Nuntius an Dlivarez gewiefen, mit dem der römifche Hof in dieſem 
Augenblid noch gut fand. Es kommt dabei folgende Merkwuͤrdig⸗ 
feit vor. E’ avvenuto che la gelosia della regina per qualche 
sospeito d’altri amori del re 'ha provocata a dolersene col re 
di Francia suo fratello, a segno tale che venne pensiero a que- 
sto di far doglianze e querele pubbliche contro il cognato. Di 
cio scrisse V’antecessore di V. Sriae che vi haveva posto rime- 

0) 





ä Saechei per. Spagnà 162. “1 


dio con far confidente. della regina ii conte Olivares di diffi- 
dentissimo che era prima. 

Auch an den Croßinquifitor wird der Nuntius gewielen. Er 
fol denfelben noch anfeuern, gegen die Einführung ketzeriſcher Buͤ 
her in Spanien und Indien wachſam zu feyn. 

‚IL Man hatte in Spanien den Gedanfen gefaßt die beutfche 
Linie durch zwei neue VBermählungen in ruhigeren Beftß ihrer Ießten 
Erwerbungen zu feßen. Der Erbprinz von der Walz und Bethlen⸗ 
gabor follten beibe mit Faiferlichen Weinzeffinnen vermählt werben: 
biedurch hoffte man Die ungarifchen, und noch mehr die beutfchen 
Unruhen beizulegen. Anfangs wollte man zu Rom daran nicht glau⸗ 
ben. Jedoch nach neuen Nacprichten ließ fich nicht mehr zweifeln. 
Der Papft eilt dem König Vorftellungen dagegen zu mahen. Dan 
erfehe aus Briefen, daß es die Abſicht der Engländer keinesweges 
fey, wenn auch der Prinz von der Pfalz an den Faiferlichen Hof ges 
fendet werde, ihn katholiſch werden zu laſſen. And wolle man 
fi einem fo unzuverldßigen Menfhen wie Gabor anvertrauen? 
Er koͤnne es nicht glauben noch billigen. Seinem Nuntins gibt er 
den Auftrag ſich ans allen Kräften dawiderzuſetzen. „V. Sria, ma 
con destrezza et a tempo, facci: per impedirli (questi due ma- 
trimonj) tutto quello che umanamente può. ““ 

Mir wiffen, daß Papft Urban felbft an dem Scheitern biefer 
wenngleich weitausfehenden, doch wohlgemeinten Pläne Antheil Hatte. 
Die Sendung Notas, deren wir gebachten, erklärt fich aus Dielen 
Heußerungen. 106 


Instrutiione a V. Sria arcivescovo di Damiata e chierico di camera 
per la nuntiatura ordinaria al re cristwo., 23 Genn. 1624. 


Das Seitenſtuͤck zu der Inftruction Sacchettis. 

Auf das lebhafteſte verdammt der Papft auch bier jenen Plan 
zur Reſiitution der Pfalz; er ruft den Einfluß des Könige an, um 
Sachſen zu bewegen fich den Tortichritten der baierifchen Macht nicht 
zu widerfegen. Ueberdieß wuͤnſcht er nichts ‚mehr, als daß Dranges 
zerſtoͤrt werde, was nur ein Sammelplatz fuͤr die Ketzer ſey. 

Das Wichtigſte aber find die innern Angelegenheiten. König 
Ludwig XIII. wird folgendergeftalt: gefchildert: Il re è fuori di 
modo virtuoso et abborrisce tutti quei vitii che sogliono accom- 
pagnarsi alla dominatione: non & altiero, ma humanissimo: non 
& amatore della propria opinione, ma piü volentieri crede a 
buoni consigli: non ama il riposo, ma € dedito alle fatiche e 
le tollera fortemente, senza conoseere altro piacere che quello 
della caceia: non nutrisce pensieri dimersi, ma & avidissimo di 
gloria, senza dilungarsi punto dalla pietà. Con la -Mt4 8. pos- 
sono i ministri di stato et i serventi nelle caccie, a quali volen- 
tieri s’accostä per godere 3a :libertä, clie:non concede la stretta 
pratiea de’'grandi. ‘H piü eare di quelli- che’hanno V’adito a 
S. Mt& con occasione delle caecie'€ il signore di Toiras, huomo 
eauto e prudente, che non si rimescola negli affari di stato per 
ascomdere la sıla autöritä, ma Ne Ö'capare. — 


Päpfte ** 26 


402 Insir. a Damiata per Francis 1624. 


Unter biefem Türken mın war ber Katholieismus in Aapenbem 
Tortgange. Der Nuntius wird angewielen, allen jenen Miſſionen, 
namentlich im füblichen Zranfreich, nach Kräften beizuſtehn und ihre 
Sache am königlichen Hofe zu verfehten. 

Aber daneben regt ftch auch unüberwindlich und immer aufs 
neue die Oppofition der gallicaniihen Grundſaͤtze. 

Wenigſtens von einem Theile ber Mitglieder ber Sorbonne 
wird die Lehre von ber Unabhängigkeit der weltlichen Gewalt und 
bem göttlichen Rechte der Bilchöfe vorgetragen. Schon bringen Ei⸗ 
nige die Meinung auf, den Pfarrern ſtehe in ihrer Pfarre eben fo 
viel Macht zu, wie den Bifchöfen in ihrem Biethyum. Der Yapft Aindet 
diefe Meinungen abominabel. Es ſchmerzt ihn, daß Richer, der fie 
befonders eifrig vertheidigt,. obwohl ercommunicirt, ſich doch daraus 
nichts macht, fondern fortwährend Meile if. 

deſſen greifen die Parlamente thätlich in die kirchliche Juris⸗ 
diction ein. ie Appellationen, come d’sbus, die Unterfuchungen 
über die Audfertigungen der Dataria, die Eingriffe in die Gerichts- 
barkeit der Bifchdfe fommen dem Papſt ald eben fo viel Uſurpatio⸗ 
nen vor. „Favoriscono chiunque ad essi ricorre, et in questa 
maniera procurano di soggiogare le provincise a loro non sog- 
gette, come_la Bretagna, la Provenza e la Borgembrescis.‘‘ 

Auch in die Buͤcherverbote mifchen fie fi. Gern hätten die 
Nuntien Werke wie von Thon und Nicher verboten, aber ed war 
ihnen nicht möglihd. Der neue Nuntius wird angemwiefen, der Er- 
fheinung ſchaͤdlicher Bücher lieber zuvorzufommen als fie erft zu 
erwarten. Le stampe de’ libri sono il fomite delle false dottrine: 
et & necessario che ella procuri di tenersi amorevoli i librari, 
accioche l’avisino di mano in mano de’libri che si stampano: 
imperoche stampati che sono porta seco difficoltà di ottenere 
- la prohibitione. 

Man fieht, Ion if der ganze Kampf der Curie und des Gal- 
licaniemus eingeleitet, der in mancherlei Phafen die Periode der al 
ten bourboniſchen Monarchie in Bewegung erhalten bat. 


107. 


Instruftione a V. Sria monsr Campeggi, vescovo di Cesena, desti- 
nato da N. Sigre suo nuntio al Smo Sigr duca di Savoia. 1624. 


Eine auch deshalb merkwuͤrdige Inſtruction, weil fie den Er- 
folg jener Sendung ded Don Tobia Corona weiter erörtert. Wir 
ſehen, daß ber Plan gegen Genf befonders an dem Widerfiande von 
Luined und Rohan, der noch immer mächtig war, dem Anſehen ber 
Hugenotten überhaupt fcheiterte, daß man ibn aber darum feines 
weges aufgab. 

Da chi venisse il motivo di tal impresa, dal papa o dal duca, 
non si sa bene: perche il pontefice lasciò breri e lettere di 
esortatione al medesimo sig" duca et al principe del Piemonte, 
donde poteva farsi congettura che il papa .ne fosse autore: ma 
nel ricevere l’esortatione si moströ tanto pronta PA. S. che non 





Instr. a Campeggi per Savoia 1624. 403 


parve lontano dal vero il credere che havesse indotto il papa a 
scrivergli. — — — Le difßieuli& che incontrö il padre Co- 
rona, non farono dalla parte del re e della regina, che pie- 
garono subito alle persuasioni ponteficie, ma della parte del 
contestabile Luines, seguitato da principali ministri, o per pro- 
prio interesse o per adulatione, e da aleuni grandi del partito 
Ugonotto. A Luines si crede che instillasse questa avversione 
all’ impresa il duca di Roano, e cercandosi della cagione che 
ha potuto spignere questo ad opporvisi, altra non se ne {rova 
fuori della propria inclinatione al mantenimento degli eretici, 
essendo egli tale, ed il timore di perdere il seguito dentro alla 
Franeia, mentre che i seguaci suoi havessero havuto a soc- 
eorrere i Genevrini. 1 trattato del padre Tobbia restö a 
segno che non solamente il re non rimase offeso di questa mis- 
sione, ma niuno, eliandio di quelli che, l’intendessero bene, 
hebbe ardire di biasimarla; e solamente dissere alcuni che non 
era quello il tempo di intraprendere un tanto affare, altri, che 
non doveva il duca mettere in queste strette il re se non dopo 
il fatto, impercioeche allora S. Mt non havrebbe potuto non 
dar lode alla pietä e generositä del duca, ma che antecedente- 
mente non doveva la Mt4 S. violare quella fede sotto la quale 
pensano di riposare sicuri i Genevrini. Dall’ hora in qua si è 
creduto che il sig’ duca pensi a tentare la via d’una sorpresa 
e adesso non se ne ha piü dubbj, imperciocche 8. A. se * 
dichiarata con la St4 di N. Sigre, supplicandola a volerlo assi- 
stere. La St4 S. ha risposto che volentieri e con quel mede- 
simo modo che fece papa Gregorio: ma perche il necessario. 
segreto della sorpresa non & capace di questa via, S.A. si è ri- 
voltata a eontentarsi che N. Sigre gli prometta di fare tali uffi- 
cii col re christianissimo dopo il fatto che la M4 S. non habbi 
a sdegnarsene. on a 

Uebrigend fommen hier auch einige, eigentlich piemonteſiſche Sa⸗ 
chen zur Sprache. Die fpätern Streitigkeiten bahnen fih an. Der 
Herzog machte Anfpruch auf Ernennung zu den bifchöflichen Stellen; 
der Papft geftand ihm nur das Recht der Empfehlung zu: äber 
einige Belaftungen der Geiſtlichkeit zeigt er fich mißvergnügt. 


108. 


Ragguaglio dello stato di religione nel regno di Boemia e sue 
provincie incorporate. 1624. 


Im Mai 1621 Iangte Earl Caraffa in Prag an, und fchritt 
fogleih an das Werf, das ihm Papſt Gregor XIII. vorgugeweife 
aufgetragen, die Wiederherfiellung des Katholicismus in Böhmen zu 
leiten. 

Achtzehn Monate darauf, wie er ſelbſt ſagt, alſo im November 
3622, faßte er unter dem Titel Relatio Bohemica einen Bericht 
über feine Thätigkeit ab, den er an die neugegründete Propaganda 
einfchickte. Ich Tah das Original beffelben, das bei den Mitgliedern 
der Eongregation eirenlirte: es waren die Carbindle Sauli, Bandini, 


26 * 


404 C. Carafja 


Barberini (fpäter Urban VIIE), Borgia (fnäter der heftige Oppo⸗ 
nent Urbans), Ubalbini, Santa Sufanria, Valerio Sagrato, Zol- 
fern und die Prälaten Vives, Aguchi, Scala. Zollern follte eine 
Eopie nehmen und aus derfelben referiren. 

Dielen erſten Bericht erweiterte Caraffa 14 Monate fpäter,. alfo 
im Januar 1624, und ſchickte ihn unter obigem Zitel an Urban VIL 
ein; „um“ wie er fagt „beilen väterlichen Eifer noch mehr zur Liebe 
gegen die Böhmen zu entflammen.” N 

Wir haben ein ausfuͤhrliches gedrucktes Werk von Caraffa: Com- 
mentaria de Germania sacra restaurata; eine der wichtigen Quel⸗ 
len für die Gefchichte der. erfien zehn Jahre bes breißigjährigen Krie- 
ges. Aber einmal fonnte er da auf feine boͤhmiſche Wirffamfeit, de- 
ren er allerdings mit MWorliebe gedenft, doch nicht_mit fo großer 
Volftändigfeit eingehn wie in einer. eigens ‚Dazu beilimmten Rela⸗ 
tion: und ein gebrudtes Werk machte auch andermeite Rüchjichten noͤ⸗ 
thig. Mit voller Ausführlichfeit und Freimisthigfeit Dagegen druͤckt 
ſich die Relation aus. oo 

Sie begreift freilich nur den Anfang der boͤhmiſchen Umwand⸗ 
lung, aber für diefen iſt fie in der That fehr wichtig. 

Sch babe mich ihrer fchon bei der Erzählung bedient: doc, der 
Natur bes Gegenflandes nad, mit großer Beſchraͤnkung: ich will 
hier einige Particularitäten nuchtragen, aus denen ſich ergeben wird, 
unter welchen Schwierigkeiten, die. ihm befonderd bie Landesregie⸗ 
rung machte, der Nuntius feine Abdfichten ins Werk fegte. 

1. Einführung des lateinifchen Ritus. 

Havendo io tenuto sopra cio proposito eol Plateis e consi- 
derando sicome quei pochi Boemi che erano cattolici frequenta- 
vano in ogni modo le chiese di nostro rito, dove pure ascolta- 
vauo i divini ufficj in lingua latina, giudicai non esgere dispe- 
rabile che l’istesso potessero fare anche quelli che di nuovo si 
convertissero, insinuandosi massime loro da predicatori che 
questa lingua sia quasi in un certo modo d’essenza ne’ divini 
ufficj in tutti li paesi cattolici e particolarmente in quelle chiese 
che si comprendono sotto l’imperio occidentale per segno della su- 
perioritä e maggioranza della chiesa Romaua sopra tutte le altre: 
pero diedi ordine ad esso Plateis, che quanto prima havesse po- 
tuto, usasse ogni suo studio per restituire l’uso del predetto 
idioma in quelle chiese che giä si erano levate di mano agli 
eretici: onde il giorno de’ santi apostoli Simone e Giuda dell’ 
anno 1621, con l’occasione di essere stata provista dall’ arci- 
vescovo di parroco cattolico la chiesa di Santo Stefano, princi- 
pale parrocchia di Terra nuova, habitafa dal piü minuto volgo, 
tra il gnale sono pochissimi cattolici, fu celebrata alla presenza 
di numero grandissimo di heretici nella predetta chiesa l’immacu- 
latissimo sacrificio della messa in lingua lalina con l’aspersione 
dell’ acqua benedeita, con l’invocatione de’ santi e con tutti i 
riti Romani, due secoli dopo che n’era stata esclusa la lingua 
latina e che per molti anni non vi si era celebrato ne nell’ uno ne 
nell’ altro idioma. Il quale esempio banno poi seguito con le 
chiese della cittä tutti ı Iuoghi del regno senza sentirsi romore 











Ragguaglio di Boemia 1624. 405 


o strepito alcımo nel popolo: et io essendo in Praga ho visto 
detto popolo stare con molta attentione alle funtioni divine. 

2. Abſchaffung des Kelches. 

Inieso poi da me il senso della sacra congregatione del santo 
ufücio per le letterd e scritture all’ hora mandatemi, risolvei di 
vietarlo (il ealice) onsinamente e non dar più orecchie alle ciamce 
e preghiere di detti regnicoli, argomentando che se havessero voluto 
essere obbedienti figli. di santa chiesa, eamminerebbero cosi in 
questa come in ogni altra o0sa di conoerto col restante del.corpo 
cattolico, ma se sfuggissero di recedere da questo abuso radi- 
cato anche negli animi de’ catiolici per la pretesa concessione 
di Pio Quarto, tenerlo per segno di superbia et ostinatione e per 
indicio di. non veri cattolici:: onde tralasciato ogei altro rispetto 
e timore allegato da politici, i quali da questa novil& immagi- 
navano sollevationi o ruine irremediabili, feci prohibire a tutti 
li parrochi che non porgessero ad alcuna persona la specie del 
vino, comandando loro che a chiunque le domandava amhedue, 
chiedessero se era cattolico, e confessandosi fali gli enuncias- 
sero la necessitä di ubbedire al rito Romano il quale esclude i 
laici dal calice. Cosi molti che non erano tocchi da vero zelo, 
sentendo questo si rimanevano nella loro ostinatione, non com- 
municando ned nell’ una nè nell’ altra forma, e nei intante con- 
seguivamo l’intento nostro, che nen si porgeva il calive: ma 
non fu pero niuno di quei preti tornati all’ obbedienza che ha- 
vevano in cura le chiese reconciliate il quale havesse l’animo 
di porgere la sola specie del pane in faccia degli heretici che 
frequentavano dette .chiese: sino che il cancelliere Plateis diede 
intrepidamsente principio a questa santa impresa nella parrocchia 
di San Martino, come di sopra si & notäto. Il quale uso intro- 
dotio poi a laude di Dio nell’ -altre chiese si osserva con intera 
guiete, ancorche mi habbiano in cio dato assai che fare i politici, 

ereiocche vedendosi gli heretici svanito il disegno fatte di do- 
vere in ogni modo conseguire da veri sacerdoti oattolici il san- 
tissimo sacramento sotto l’una e l’alira specie, hebbero l’anno 
passato 1622 ricorso da politici: e qualunque maniera con loro 
si tenessero,.a me per adesso non imporia riferirlo: basta ehe 
estorsero una lettera del prinoipe Liechtestain, che all’hora si 
trovava qui, in virtü della quale, come se fosse.per ordine di 
Sua Mi, chiamando i due parrochi della madonna dei Tein e 
di Santo Enrico, stati giä predicanti, comandarono loro.che 
nella solennitä delia pasqua porgessere indifferentemente a ogn’ 
uno, di qualunque rite fosse, la communione sotto l’una e l'al- 
tra specie. Cosi il giovedi in caena domini per mera perfidia 
di detti politici nella chiesa del Tein fu commessa grandissima 
abominatione, ricevendo il venerabile corpo del signore .consa- 
erato sotto le due specie del pane e del vino da legittiimo sa- 
cerdote piü di mille scellerati heretici, dandosi in tale guisa per 
colpa d’buomini cattolici il santo a cani. A questo non manch 
il Plateis di fare l’oppositione che se li aspeltava, ma niente 
pot& contro la temeritä loro: onde egli per sostenere la prohi- 


406 C. Caraffa 


bitione deli’ uso del calice deliberò fare animo e distribuire il 
sacramento, come tre giorni dipoi fece, pubblicamente solto la 
sola specie del pane, nella parrocchia di San Martino. Ma ha- 
vendo io haruto notitia di questo empio attentato, fui subito a 
farne acerba lamentatione con Sua Mt, dolendomi con ogni piü 
effieace maniera che i suoi ministri si volessere ingerire in quelle 
cose che concemono la reverenza verso il tremendo sacramento 
dell’ altare, che meramente riguardano lo spirituale e la salute 
dell’ anime, e che senza rispetto niuno s’intrometievano negli 
affari di religiene, non mostrando segno alcuno di obbedienza 
verso dio e la santa sede Romana, della quale la maestä Sua 
si era sempre mostrata tanto ossequente. Da che fuori di modo 
commosso l’imperatore diede subito rigidissimi ordini a detti po- 
litici, acciò lasciassero la cura delie cose ecclesiastiche e di re- 
ligione agli huomini di chiesa, facendo loro grave riprensioue 
per la temeritä commessa: onde essi gagliardamente si incitarono 
contro di me e del Plateis, come quelli da quali si persuasero 
essere proceduto il rabbuflo fattoli da Sua Mi; et oltre al mi- 
nacciare aspramente il Plateis, non si astennero dal manomet- 
tere anche l’autoritd mia, insinuando a monar arcivescove che 
egli s’io non li mostravo sopra cio special breve di Sua Beatr®, 
non fosse tenuto ad obbedirmi in una cesa di tanto rilievo come 
il sopprimere in Praga l’uso del calice; e uon tralasciando di 
sollevare i predetti parrochi e farli animo, perseadendo loro che 
non havessero timore alcuno di me ne dell’ arcivescovo, perche 
dal governo politico, al quale in quel regno per antiquato stile 
devono soggiacere gli ecclesiastici, sariano sempre protetti e 
sostenuti, operarono che il curato del Tein facendo nuova pre- 
varicatione si ridusse in aperta disubbidienze, e prese ardire di 
predicare al popolo che non volesse tollerare che i papisti, che 
miravano tiraneggiare il tutto, li togliessero l’uso del calice, e 
- pregassero dio per lui vero difensore del paterno antico rito: 
di modo che quel volgo fece un poco di tumulto, rappresentan- 
dosi quella sera sino al numero di mille alla casa di detie eu- 
rato come in sua difesa. Il che venuto a mia notitia, cavai su- 
bito da Sua Mt& Cesarea indignatione e comandamento che il 
detto prete fosse subito. arresiato e consegnato a mons’° arci- 
vescovo: come fu senza dilatione alcuna eseguito: e quel po- 
polo, che prima si era mostrato cosi ardente per la sua inden- 
nitä, non fece motivo alcuno, perche lo vedesse condurre pri- 
gione in faccia del giorno e di tutta la gente. Et egli dopo al- 
cune seitimane di carcere se ne mori dentro di quella, supplen- 
dosi alla cura di detta chiesa, che € la principale di terra vec- 
chia, con altro parroco caltolico e con la predica del canonico 
Bottua, soggetto insigne per dottrina e zelo, il quale ammini- 
stra tuttavia quest carica con molto proßitio e con grandissimo 
concorso cosi di cattolici come di heretici, i quali volentieri 
ascoltano le prediche di questo buon sacerdote per la sua efficace 
e grata maniera di dire. 





Ragguaglio di Boemia 1624. 407 
3. Allgemeines Berfahren. 

Per decreto di Sua Mt in conformitä delle risolutioni prese 
nella congregatione prefaia tenuta in Vienna si sono dipoi ri- 
formate tuite le cittä del regno, cacciando da esse e da loro 
contorni li ministri e predicanti heretici. In ciascuna di esse 
olire il parroca si seno messi il capitano, il giudice, il primate 
del consiglio et un cancelliere cattolico, restandene in eterno 
bandito Pesercitio heretico, havendo l’imperatore per prova co- 
noseiuto, coll’ esempio della fedeltä di Budueis e con la perifi- 
dia di quasi tutte le altre, quanto importi che le eitt& siano he- 
retiche o eattoliche. Et ancorche il prineipe Liechtestain sopra- 
sedesse giä dalla incominciata riforma rispetto a gran rumori 
che si spargevano del disgusto di Sassonia, poi la prosegui, ha- 
vendogliene io fatto reiterare l’ordine: ma perö se li sospese 
circa li circoli di Egra e Culma per essere contigui alla Sasso- 
nia e preiendersi che la proprietä loro sia dell’ imperio e non 
della corona di Bohemia. Con iutto ciö resta per ancora nel 
regno qualche predicante protetto da bareni heretiei o da poco 
buoni cattolici, e partioolarmente ne sono nel circolo di Leit- 
meriz spalleggiati da un barone cattolico, che professando grande 
strettezza e fratellanza con l’elettore di Sassonia si persuade 
farli in questa maniera cosa gratissima: et bavendolo io esortato 
a cacdiaarli e fatlogliene parlare ancora da altri, ha promesso 
mandarli via, ma dubite che ritenute dalla moglie, che € here- 
tica, non vorrä farlo se non forzalamente. Ne sono anco rima- 
sti in quelle città nelle quali si trovano acquarlierate militie he- 
retiche, non havendo voluto li eommissarj regj esporsi col ri- 
fermarli a pericolo di tumulto: ma hora che i sospetti di guerra 
vanno scemando, si darä licenza alli soldati heretici, ovvere se 
li assegneranno altri quartieri, acciö habbia luogho la riforma. 
Ne resta uno ancera nella citt& di Kuttembergh, scusando il 
principe di Liechtestain di non poter cacciarlo, perche quegli 
huomini non vorrebbero poi lavorare nelle miniere che ivi sono: 
tuttavia col ritorno deli’ imperatore a Praga spero in dio che 
si rimediarä da ogni cosa. N& devo tralasciare che nel mio 

gio da Ratisbena a Praga, havendo iraversato una gran 
parte della Bohemia, e cosi da Praga a Vienna ho trovato in 
ogni luogo la riforma effettuata, eccettoche nella cittä di Jaro- 
mir, dove erano in alloggio alcune fanterie del colonnello duca 
di Sassonia: ma dipoi ho mandato stretto ordine di Sua Mt, ac- 
ciò sia riformata: et in ciascuna di esse ciltä »’istruiscano i 
figliuoli nella dottrina christiana, insegnandoseli orare in lingua. 
latina. 

Sono siate sotto rigide pene prohibite dentro e fuori di 
Praga le conventicole degli heretici, sotto qualunque pretesto 
le facessero, la qual commissione fu data molti mesi addietro 
a mia richiesta: ma non ostante che io piü volte n’habbia recla- 
mato col governo di Praga, non era siata mai eseguita. 

Dal senato della cittä di Praga si sono levati tutti gli he- 
retiei, supplendo i loro luoghi di persone cattoliche, e seli & tolta 


408 Caraffa Rogguaglio di Boemia 1624. 


ogni essentiale autoritä, lasciandogliene solamente qualche ap- 

nelle oose che non sono di molto rilievo, annullando 
in specie tutti li privilegj ‚pregiudiciali alla religione cattolica 
conoessi da re passati, potendo ‚benissimo farlo l’imperatore ba- 
vendosi per forza d’armi riguadagnato- questo regno giä aperta- 
mente ribellatoseli. JL’accademia o collegie di Carlo IV a glo- 
ris divina e della religione :catiolies si & restituita alla sua pri- 
miera istitutione sutto ia cure de’ .padri Gesuiti, li quali hanno 
ancora la sopraintendenza di tutte le scuole del regno, et a’ me- 
desimi l’usare diligenza che non si stampino o vendano libri 
contrarj alla veritä catiolica, essendosi sottoposti alla loro cen- 
sura i librarj e gli stampatori. Si &.havuto intoerno alla pre- 
detta accademia qualche difficoltä, volendecisi deputare un presi- 
dente laico, il ehe da me non veniva bene inteso, ma finalmente 
spero che sarä lasciata questa eura & mons? arcivescovo, pre- 
tendendo egli per suoi antichi privilegj essere cancelliero del 

0. 


Alla casa de’ poveri istituita in Praga da Ferdinando Terzo 
si sono di pil assegnali 4. m, talleri annwi: onde si & ac- 
cresciuto il.numero loro da ottanta, che prima vi sene ali- 
mentavano, fino a ducento. A padri Gesuiti si sono dati per 
una volta 20 mila talleri da .spendersi nella fahbrica del loro 
ooliegio: et in questo non @& occorse che si impieghino li miei 
ufficj, non havendo bisogno di alcun mezzo appresso- dell’ im- 

eratore l’evidenti utilit& che. dalle lore attioni. si traggono. 

er augumento dell’ entrate capitolari della cattedrale sono 
stati assegnati beni: che rendono 6m. talleri annui, e per le 
archiepiseopali 24 mila: ma perche questi beni: sono assai gua- 
sti e rovinati, monsignor-arcivescovo desiderä ritenersi per qual- 
che tempo il mons” d’Ossegg, asseguato già alla mensa archie- 
piscopale sotto Ridolfo in vece della pensione camerale che ve- 
niva difficiimente pagata. Neil’ arbitrio di monsignor arcive- 
scevo si & riposta la provincia delle parroochie di Praga e di tutte 
il regno, etiam che prima fossero possedute da signori partico- 
lari che erano tutti ribelli, essendosi riserbato l’imperatore que- 
sto jus, mentre si sono venduti ‚li beni. di essi ribelli, haven- 
dosi anche havuto figuardo che per molte leghe intorno a Praga 
siano tutti comprati da cattolici. | 


109. 


Relatione alla Stà di N. Sre papa Urbano VIII delle cose ap- 
partenenti alla nuntiatura di Colonia per Mr Montorio 
vescovo di Nicastro ritornato nuntio di quelle parti l’anno 
di N. Sre 1624. 0 


Mitten in jenen Kriegsunruhen langte Montorio in Deutfchland 
an. Er ſtellt die Gefahr heraus, in welche die Katholifen gerathen 
feyn würden, wenn Mannsfeld, der den Oberrhein von Strasburg 
bis Mainz, und der Biſchof von Halberſtadt, der Weſtphalen be: 
berrfchte, es dahin gebracht hätten ſich mit Baden Durlach zu vereis 


Montorio Rel. di Colonia 1624. 409 


nigen. Aber alle diefe Anführer erlitten Niederlagen. — Er fdils 
dert nun, welcher Vortheil aus diefen Siegen hervorgegangen, in wel⸗ 
hen: Zuſtand die deutfche Kirche gelangt ſey. 

In: Fulda Hat die Gegenreformation in- aller Heftigkeit wieder 
angefangen: in Osnabruck ift mit Hülfe der Infantin und der lis 
aiffifchen Armee die katholiſche Partei durchgebrungen: in Minden 
bat man Hoffnung einen Erzherzog zum Biſchof zu machen: auch: 
in Bremen hatte man burdy eigene Sendungen bie Dombhetrn bear; 
beitet| einen katholiſchen Coadjutor zu wählen, doch war für Dießs 
mal ein dänifher Prinz durchgedrungen: aber wenigftens Duldung 
der Fatholifchen Religion hofft der Nuntius in allen Hanfeftädten 
eintreten zu ſehen: ihm fcheint, der Kaiſer Fönne fie geradezu anbes 
fehlen, zumal da diefe Städte von dem ſpaniſch⸗portugieſiſchen Hans 
dei große Vortheile ziehen: ſchon iſt in Altona eine Kirche erdffnet, 
von der fich ‚vieles für den Norden boffen-läßt: per,potere in qual- 
che tempo fondarsi un seminario, onde possino pigliarsi operaj, 
dopo che avranno appreso la lingua Danica e Norvegica, per 
ridurre al lume delle vera fede quei popoli piũ setfentrienali. 

Bei diefem Fortfchritt findet Montorio zugleich eine Reform in 
dem Innern ber deutfchen Kirche unerläßlih. Die Prälaten leiden fich 
weltlich, machen ſich Teinen Serupel daraus, in den Krieg zu gehn: 
das Conecnbinat herricht ganz Iffentlich, und der Nuntius hat wegen 
dieſes Fehlers einen ſonſt fehr geeigneten Candidaten, einen Hornberg, 
nicht zum Bisthum Wuͤrzburg gelangen laſſen. Auch denken bie 
deutſchen Biſchoͤfe wenig an den Papft; fie beſetzen die Stellen in 
den vorbehältenen Monaten, und durch ihre Beamten maßen fie fih 
viele unerlaubte Dinge an. Dispensano ne? gradi matrimoniali 
prohibiti, ad sacros .ordines et beneficia vacata, super defectu 
natalium, concedono extra. t6mpora, ‚dispensano super defectu 
aetatjs, anche talvolta hanno dispensato con persone institute 
in sacris di prender moglie. Sie nennen füh von Gottes Gna⸗ 
den, ohne bed apoſtoliſchen Stuhles zu gedenken, und behandeln ihre 
firdylichen Güter faft mie Eigenthum. In den Klöftern ſteht es nicht 
beffer. Die Aebte betragen ſich ald abfolute Herrn.‘ In den Staͤd⸗ 
ten gibt es nichts ald Bankette, Gefellihaften mit Männern und 
Frauen: in den SKlöftern auf: dem Lande treiben fte die Jagd, und 
man fieht nichts als Jagdhunde und Jagdgefolge. 

Der Nuntius hätte gern Hand an eine Reform gelegt, doch vers _ 
hinderten ihn anſteckende Krankheiten, die Siriegeunruhen und po- 
litifche Geſchaͤfte. M Be , \ 

Auch von diefen handelt er fehr gut. Ich ‚habe: doch nicht alles 
aufnehmen fönnen was er von der-iiebertragung der Chur fagt, und 
will es bier nachholen. a 

Possono esser note a 8. Beatne le cose all’hora occorse, 
ed io benche mi fossero giunti assai tardi i brevi che mi man» 
dava papa Gregorio, acciocche intervenissi alla dieta per tale 
effetto adunata in Ratisbona, mi mossi nondimeno nel maggior 
rigore. dell’ inverno con grandissime spese, disagi e pericoli per 
comparirvi: e. condottomi sino ad Herbipoli da ministri di S. 
Stä e da principi elettori ivi congregati, a quali avervo dato av- 


410 Montorio Rel. di Colonia 1624. 


viso della mia mossa, mi fu significato non esser piü necessa- 
ria la mia persona, poiche la oonelusiome del negotio era ritar- 
data da piü alta cagione che dal mancamento del consenso de’ 
prineipi ivi adunati, e che il vedersi ivi compariti tanfi misistri 
apostolici havrebbe aceresciute le difhicoltä, mettendosi in gelo- 
sia Ji protestanti, come che quells traslatione fu trattata pih to- 
sto come materia di religione che di state. Mi rimasi perciò 
d’andarvi, tanto piü che il Magontino, che come degano del 
collegio eletterale era quasi arbitro del negotio, praticato da me 
alcuni mesi prima, stava costante nell’ offerta fattami di voler 
secondare la mente del papa e dell’ imperatore. Li deputati di 
Treveri havevano ordine dal suo principe, datoli a mia istanza, 
di non iscostarsi dalle deliberationi del Magontino e del Colo- 
nicense. lo non starò qui a divisare a V. Beat" le difficoltä 
che ineontrai per disporre il Magontino a consentire a detta 
traslatione: perche hora diceva abborrire la citt& di Batisbona 
come d’aria nemica alla sua sanitä, hera diceva trovarsi esau- 
sto di denari e da non potere supplire alle spese che ivi gli sa- 
ria convenuto di fare, hora che il negotio non era maturo, non 
essendoci il consenso di Spagna e di Sassonia, hora temera le 
minacce del re d’Inghilterra, di Dania e di altri settarj, hora 
affermava che quella traslatione havrebbe accesa nuova e piü 
cruda guerra in Germania, con danno evidente della religiene 
cattolica, mentre i principi ecelesiastici, che havevano portato 
fino all’hora e dovevano portare per l’avvenire il peso, esausti 
per le contributioni passate alla lega, spogliati d’ogni loro ha- 
vere dall’ insolenze e rubamenti non meno de’ nostri che de’ 
nemici soldati, non solo non potevano ned havevano mode di ap- 
parecchiarsi a nuova guerra, ma erano ridotti ad estremitä tali 
che erano costretti lioentiare le proprie famiglie a vivere quasi 
privatamente: non laseiava di porre in oonsideratione il daca 
di Neoburgh, come più prossimo di sangue al palatino, la cui 
persona non havrebbe recata tanta gelosia a protestanti, che te- 
meano la grandezza del Bavaro, a cui conforme le costitutioni 
imperiali secondo la bolla aurea come a più prossimo doveasi 
quella dignitä, nella quale il medesimo duca haveva protestato 
non volere consentire sino all’ ultimo spirito che altri fosse a 
se preferito: basta che in quattro o cinque giorni che mi trat- 
tenni con lui in Acoiaffemburgo, dopo Junghi discersi fatti in 
voce et in iscritto, ottenni la risolutione che io desiderava. La 
traslatione fu fatta, et ancora si mantiene. Il palatinato € in 
parte occupato dal Bavaro, in parte da Spagnuoli, ne altro re- 
sta al palatino che la citt& di Franchintbal depositata in certo 
tempo in mano della serenissima infanta di Fiaudra cen concerta 
del re Inglcese. 

Mentre per detto negotio io ero in Aociaflemburge, giunse 
ivi la nuova della presa di Adilbergh: et havendo io già fatlo 
officio per commissione di Sua St& cool sig? duca di Baviera per 
la libreria Palatina et havendone haruta oflerta, mandai subito 
un’ espresso al sig" conte di Tilly, facendoli istanza per la con- 











Instr. a L. Caraffa per Colonia 1624. 411 


sorvatione di essa, poiche mi veniva affermato per ja qualitä e 
quantitä de’ libri massiıme manoscritti essere di valore inestima- 
bile: e mi riepose S. E. che il tuito era in poter suo ben con- 
servato per eseguirne l’ordine del sig” duca: di ebe havendo dato 
conto a patroni, havendo. essi mandata persona a pigliarle, fu 
detta libreria dopo aleuni mesi condoita a Roma. 


110. 


Instruttione a V. S. Monsr Caraffa vescovo di Tricarico desti- 
nato da N, S. suo nuntio in Colonia. 26 Giugno 1624. 


fonders foll er die Erribhung von Seminarien, die Einführung der 


4 Pietro Contarini 


seminar) gi& fatti ei a procnrare che altri se ne faceino di nuovo; 
e per queste simili epere chi non vede ohe i padri della com- 
pagnia di Gesü sono mararvigliosi? Laonde il predecessere di 
S. Sria diede principio a pratticare l’introduitione di quelli in 
Franebfort, serivende sopra di cio caldissime lettere a Cesare, 
e voleva fare altrettanto l’elettere di Golonia. N. Sre, per sol- 
lecitare l’effettuatione di questo buon pensiero, fece scrivere al 
nuntio presso l’imperatore che non si riscaldi: col quale S. 
Sria g’intenderä per quello che restasse da fare, avvisandone le 
speranze e i successi. L’eletiore di Magonza ha fatto rappre- 
sentare alla Stä di N, Sre che per propagare la religione catto- 
lica, che col favore divino piglia piede nel palatinato inferiore, 
niuna cosa viene giudicata piü spediente quanto P’erettione de? 
seminarj e delle case dove possino convenire i nobili del Reno: 
e per cio faxe, propone a 5. B=° che si petrebbono comodamente 
applicare i beni d’alcuni monasterj e specialmente di Germers- 
haim, Spanbaim et Oderahaim, posti nella diooesi di Ma- 
gonza et altre volte occupati da principi Palatini dei Reno: la 
quale proposta & stata stimata da S. Base di molto rilievo, e 
prima di risolvere voleva cha l’antecessore di V. Sria presane di- 
ligente informatione avvisasse distintamente lo state di detti mo- 
nasterj col suo parere: ma perche la brevitä: del tempo non gli 
havrä permesso. eseguiir tulto, S. B®° vuole che ella supplisca 
al rimanente con ogni sollecitudine et accuratezza: 

L’eletiore di Colonia ancora vuole instituire un? universitä 
nella sua cittä di Munstero: e di cio © stato ragionato nella 
sagra congrekatione de propaganda fide, inclinando la Stä di.N. 
. Ste che si facci detta umiversitä, con conditione perö che oltre 
alle scienze vi si insegnine le leggi -canoniche e civili. Serva 
a S. Sria per avviso, .accioche ella tratti in questa forma con 
detto eletiore, quando S. A. le.parlerä d’havere ottenuto per 
detta erettione il beneplacito apostolico. 


III.. 


Relatione dell? illno et eccmo sigr Pietro Contarini Kr ritornato 
dell? ambasceria ordinaria di Roma, presentata alli 22 
Giugno 1627 e letta il medesimo giorno nell’ eccmo senato. 


Ueber vierthbalb Jahr — 44 Monate — hatte P. Eontarini an 
dem Hofe Urbans VIII. zugebracht, als er diefen Bericht erftattete. 

In vier Abtheilungen handelt er in: Demfelben von der weltli- 
chen, der geiftlihen Verwaltung, den wichtigfien Gefchäften und den 
einflußreichiten Mitgliedern des Hofes. 

Beſonders ausführlich und unterrichtend ift er über die Ermei: 
terung der geifllichen Zurisdiction. Er findet, noch niemals fey fie 
mit folher Strenge in Italien ausgeuͤbt worden: durch die Doppelte 
Abfiht eine unmittelbare Herrſchaft über die geifktichen Perſo⸗ 
nen und eine freie Dispofition über die geiftlihen Güter zu be 
haupfen, werde der römiiche Hof den Fürfen fehr gefährlich. Ur: 
ban VIU. fage oft, wenn ein venezianifcher Edelmann auf dem roͤ⸗ 





Relatiome: di Roma 1627. 418 


- 


mifchen. Stuhle ſaͤße, koͤnnte ein folder ben Venezianern nicht gewo⸗ 
gener ſeyn als er, der gegenwaͤrtige Papſt; deſſenungeachtet erlange 
man von ihm niemals die mindeſte Gunſt. 

Ueberhaupt hat er eine ſchlechte Meinung von dem gefammten 
roͤmiſchen Weſen. Das Prineip der ganzen Verwaltung fey der Ne⸗ 
potismus. . 

L'inclinatione dei papi di far grandi i nepoti da in questi 
tempi il primo moto all’ attioni, dichiarationi e dipendenze con 
altri prineipi. Prima si pensa ad imprese contra infideli, ad ac- 
quisto di stati, ma oome gli anni son breyi, le difficolt& molte, 
cosi si ferma il conceito senz’ effettustione alcuna: doppo altra 
strada si prende piü faeile, accumulando grandi richezze, com- 
prando stati. 

Er fchildert die Umgebung Urbans folgeudergeftalt. 

Per ordinario si eensiglia il pontefice con il cardle Maga- 
lotti, cognato del fratello, e ehe tiene anco. il carico di segre- 
tario di stato, per le cui mani passano tutte l’espeditioni. E’ 
cardinale d’ingegno grande, vivace: lo stima assai il papa: 'ha 
voluto sempre appresso di..se, et in particolare nella legatione 
di Bologna, dove le diede la viceregenza di quel governo. E 
se vi € alcuno che arrivi ad havere predominie nell’ animo della 
Stà Sua, quest’ € l’une, ne si 8a se per proprio affetto et in- 
clinatiene di lei 0 se. per la grande accortezza del cardinale, che 
bene conoscendo. il genio di chi cosi lungamente si € seryito 
di lui sa valersi.delli mezzi proprj per .condursi a questo segno: 
e può dirsi che negli aflari di momento di esso solo si vale, 
Egli pero w’aflatica d’aggiustarsi alle inclinationi del pontefice, 
le contradice meno che puö, e nelli suoi sensi procura d’incam- 
minare, le proprie attioni per conservare il posto, la confideuza 
e la riputatione. che le apporta l’esser adoperato nelli maneggi 
piü gravi.. Procura con.allontanarsi da tutte le apparenze, fug- 
gendo l’audienze ordinarie de’ ministri di principi, de’ cardinali 
e quasi d’ogni altre (ma solo trafta i negotii ch’espressamente 
gli sono incaricati) di non acquistar l’odio. che per l’ordinariq 
suole cader sopra quelli che si veggono piu vicini e partecipana 
dell’? autoritä o gratia del principe: e lo fa maggiormente pex 
non ingelosire il card!e Barberino, che da prineipio non mostrò 
di ricevere intiero gusto di vederlo avanzarsi tanto, e piü valersi 
il-pontefice di lui che della sua persona: e.percio bene spesso 
per questa causa s’udirono. da Barberino parole che dinotavano 
il sao sentimento. . Hora nondimeno lascia. correr le cose come 
vanno, e mostra confidar nel zio, o per ‚sollevarsi del peso de- 
gli affari, o perche non sa o.conosce di non poter fermare il 
corso alla fortuna di questo. Il tutto pure si partecipa col me- 
desimo "cardinal Barberino, con 8. Onofrio e Don Carlo. 

Il primo, come nipote, & veramente amato. Vorrebbe la, 
St Sua che con più applicatiome attendesse alli negotii: ma egli 
v’apparisce alieno assai, ne il suo naturale punto ai vede incli- 
nato, et pare.che quasi a forza assista solo dove per il carico 
che $ieme non .puö. far altrimenti, scaricando ;il peso degli af- 


414 "Pietro Contarini 


fari piò gravi sopra l’istesso cardie Magalotti, contentandosi di 
spogliarsi di quelio che dovrebbe esser suo particolare per ve- 
stirne il zio, contro la pratica degli passati pontefici, sia o per 
propria debolezza, o per non saper volersi di quella antorità che 
gode chi arriva a ponto tanto eminente. E?’ di ottimi, virtuosi 
e lodevoli costumi, di soave natura, e con esempio unico non 
vuole ricever donativi o presente aloano. Sarà nondimeno vi- 
vendo il pontefice al pari d’ogni altro cardinale grande e ricco. 
Hor deve haver intorno 80 m. scudi d’entrata di beneficj eecle- 
siastiei, © con li governi e legationi che tiene deve avvicinarsi 
a 500 m. scudi, e tutto il meglio che cava, sarà suo, princi- 
iando a farsi delle investite di momento. E poco spendendosi 
in breve tempo, verrassi ad accumular riechezze immense. 

N cardi 8. Onofrio essendo vissuto del continuo nei Cap- 
puceivi, seguito tuttavia in una vita religiosissima, nen s’in- 
gerisce se non in quello le viene commesso, e degli aflari del 
mondo poto ne sa e meno n’intende: e bene si è conosciuteo la 
sus inabilitä in questo nell’ absenza di Barberino, mentre fu 
necessario di trattare e negotiar seoo. Hora si ritrova alla re- 
sidenza della sua chiesa di Sinigaglia. 

N sig Don Carlo pure, fratello del pontefice, & generale 
di santa chiesa, e tutto quello che appartiene alla militie, alle 
fortezze, alle galere, & sotto il suo comando. FE? signore d’in- 
telligenza, prudente, cauto nello discorrere e trattare, e la cura 
dell’ entrate e maneggi della camera ottimamente V’intende, es- 
sendo stato huomo di negotio e versato in queste materie. 
Qualche cosa ha rilasciato dalla sua prima applicatione agli af- 
fari, per non aggravar maggiormente li suoi anni, essendo il 
pi vecchio delli fratelli e per qualche sua dispositione ancera. 

Due altri nipoti tiene la Stà Sua. Il sig" Don Taddeo, nel 

uale si pensa di stabilire la casa, giovane di anni 23 incirca, 
di nobilissime maniere, di grande ingenuitä, et € sommamente 
amato da tutta Ja corte. Qualche disegno vi & nel pontefice di 
farlo prefetto della cittä dopo la morte del duca di Urbino, che 
hora gode questo titolo, carico degnissimo, che a tutti precede 
e dura in vita e dopo la morte anco del pontefice tiene luogo 
nel solio. E Don Antonio, commendatore di Malta, di amni 
"18. Ha intorno 14m. scudi di commende. E’ di uno spirito 
pronto, virace, et a suo tempo vi vorrä esser per la sua parte: 
desidera egli parimente il cardinalato, © si crede lo compiacerä 
la St Sua. Molti che non amaho il cardle Magalotti, lo vedreb- 
bono volentieri quanto prima: promosso a quella dignitä, con 
opinione possa egli arrivar dove non giugne il fratello a farle 
contrasto et oppositione, 

Die valtelinifche Sache wirb hier einmal in ihrem Zuſammen⸗ 
hange erdrtert. 

L’altro importante negotio & quello della Valtellina, intorno 
"al quale pure grandemente vi travagliö la Santitä Sua, ma con 
fortuna diversa, se bene nel principio vogliono che potesse ap- 
plicarvi maggiori e piü risoluti rimedj. L’esser entrato in af- 





Relatione di Roma 1627. 415 


fare tanto arduo li primi giorni del ponteficato, uscilo e non 
ben ancora rimesso da una grave indispositione, con il pensiero 
piü applicato al primo che a questo negotio, eausd forse che 
si lasciö correr molte cose che allora il provedervi non era dif- 
fieile, sicome il remediarvi poi dopo riusel impossibile. Fu _ 
il deposito della Valtellina fatto dai Spagnoli in mano di Gre- 
gorio XV, e Chiarenna con il suo contado la consegnarono 
con le medesime conditioni al presente pontefice. Le prime ne- 
gotiationi passarono per mane del commendatore Silleri oon 
tanta cautela e secretezza che il certo d’esse non solo si co- 
municava alli ministri di V. Serenitä, che pure ne doveano 
aver tanta parte, ma con falica veniva a loro notilia il vero di 
quanto si tratiava. In. niuna altra cosa premeva il pentefice 
che nel ricevere soddisfattione per il pagamento delli presidj 
ch’egli teneva nelli forti della Valle, e dopo infinite doglian- 
ze et instanze consegui, crede, fra l’uno e TValtro re intorno 
200 m. scadi. Questo danaro andö diminuendo il dispiacere del 
deposito, che prima e dopo anche dannd sempre grandemente, 
stimando non esser sollevato dall’ interesse, niuno pregiudicio 
potesse apportarle la longhezza et irresolutione di tal maneggio. 
Quelli del Valtellina s’offerivano al papa per vassalli, as- 
sicurandolo che li datii che potrebbe imporre sopra li vini e for- 
maggi basterebbono a mantener li presidj ordinarj per difesa 
di quella Valle. Molti consideravano al pontefice che il ritornar 
la Valtellina alli Grisoni e rimetter in mano degli heretici Hi 
cattolici non si poteva ‘da esso ne si dovea se non con gran- 
dissimo scandalo e danno eaeguire, che darla ai Spagnoli niuno 
n’havrebbe assentito, et ai Francesi o ad altri quelli non lo per- 
metterebbono; ne& meglio vi fosse che si conservasse alla chiesa 
la Valtellina, non contenendo alcun’ altra conditione di mo- 
mento quel paese che dei passi, che si ponsono havere 0 pre- 
tender per venirsene et andarsene oltre ai monti: questi restando 
in potest& del pontefice patre comune, gli harrebbe aperti e con- 
c&ssi sempre secondo il bisogno e necessitä d’ogn’uno. Le ra- 
gioni se bene poco fondate non lasciano di far impressione, e 
talvolta anche persuadono dove apparisce alcuna speranza di 
eomodo et utile. Del concetto se ne lasciò intender la Stà Sua, 
et aggiunse anco, quando vi forse qualche difficoltä nel restar 
alla chiesa, ne si potrebbe investir-un suo nipote. Era pro- 
mosso dai Spagnoli il partito, a loro perö ne ai Francesi pia- 
ceva: in fine si fermö da Silleri il trattato ben noto a V. Se- 
renitä, che non fu in Francia approvato dal re, in 'particolare 
nella parte che Spagnoli avessero il passo per le genti che an- 
dassero in Fiandra e per le medesime solo che ritornassero: 
poiche il formar della Valtellina una quarta lega, che tanto pre- 
tesero Spagnoli, meno il pontefice v’assenti. Fu mutato per 
questa causa l’ambasciatore, o fosse per la caduta del cancel- 
liere e di Puysieux segretario, l’uno fratello e l’altro nipote del 
medesimo Silleri. E giunse in Roma mons" di Bettune, mini- 
stro di miglior consiglio, di pilı gänerosi e risoluti partiti, dis- 


416 P. Coniarisi Bel. di Ronta: 1627. 


‘“autorizzö il negotiato. del suo precessnre, insist6 e parlö sem- 
pre per il trattato di Madrid, negò assolutamente il permettere 
per qualsivoglia maniera a’ Spagnoli il passo, e sollecitò in fre- 
quenti audienze il pontefice a risolvere alcuna cosa, poiche ne 
a maggiori lunghegze ne a piü.tarde dilationi potea la lega as- 
sentire. i 

Il pontefice, cha nom stimò mai tanta risolutione nelli col- 
legati ne da questa causa fossero per cundursi all’ armi, mas- 
sime che’l suo nuntio in Francia e quello di Suizzeri afferma- 
rono del. continuo alla Stà Sua con lettere che’l marchese di 
Covre mai havrebbe presentate l’armi del re dove vi fossero le 
insegne della Beate Sua, s’andö pure continuando nelle irre- 

- solutioni, e quanto più accrescevano et apparivano le difficoltä, 
tanto maggiormente veniva ella a persuadersi (ne vi mancava 
chi la confermava in questo) che in fine nelle contese essa ne 
restarebbe. posseditrice. E henche Bettune per-ultimo significd 
al papa che il re e la lega insieme la supplicavano di rimettere 
ai Spagnoli li forti conforme allo obbligo del deposito, accioche 
essendovi necessitä di mover l’armi non w’attribuisca a poco ri- 
spetto l’andar coniro quelle della Stà Sus, e se.all’ hora il pon- 
tefice si risolvea e prendea partito come dovea, offerendo ai Spa- 
gnoli li forti, il tutto veniva ad aggiustarsi con la riputatione 
sua e soddisfatione degli altri, poiche.non gli bavrebbono rice- 
vuti li Spagnoli non trovandosi in. termine di poterli difendere, 
e cessava Ja causa di dolersi mentre in tempo eseguiva il pon- 
tefice le conditioni del deposito, ne poteva alcuno contradire la- 
sciandoeli a Grisoni; corsero. alcuni giorni: in fine surprese il 
marchese. di Covre Plata Mala:. allora il ponteßce pretese et 
adimandd ire mesi di tempo, e dopo si ristrinse ‚a tanto che 
bastasse di scriver in Spagna e farue l’eshibitione, dicendo che 
li ministri d’Italia non tenevano facoltä di, ricever. H forti. Ma 
essendo di gia avanzate et ogni giorne procedendo di bene in 
meglio l’intraprese di Covre, non fu stimäto a proposito, anzi 
sarebbe riuscito dannoso il suspender i progressi, per attender 
poi di Spagna risposte incerte: e cosi andö il pontefice a poco 
a poco perdendo tutto quello teneva in deposito, solo restan- 
dole Riva e Chiavenna, che sole furono soecorse dai Spaguoli. 
Si doleva Stà Sua che questi, se ben ricercati alle.prime difese, 
mai vennero al soccorso, et essi. di non essere stali chiamati 
in tempo, di modo ‚che ‚mal. soddisfatti, Spagnoli, non contenti 
Francesi, ella sommamente disgustata stimando. poce rispetto 
s’havesse portato alle sue insegne,. del continuo e grandemente 
- con ognuno se ne gnerelava; n6 altrimenti faoevano Spagnoli, 

. mentre attribuivano tutti gl’inconvenienti a. lei, e.di lei piü d’o- 
gni altro si dolevano: et ansorche dopo spedisse il nipote le- 
gato in Francia et in Spagna col fine ‚ben noto_ a V. Serenitä, 
e conoscendo haver preso altra maggior mossa le’armi d’Italia, 
piü gravi si rendessero i pericoli se vi applicasse da dovero, 
con iutto cio non si è potuto levare il primo concetto che da- 
gli antecedenti mal incamminati principj non siauo derivati gl’in- 

con- 











C. Caraffa Relat. della Germania 1628. 417 


convenienti che si sono dopo visti. Ugualmente Francesi come 
Spagnoli aitribuivano le durezze e diffcoltä che si sono incon- 
trate in queata negotiatione, alle pretensioni del pontefice, vo- 
lendo che ad esso fossero consignati li forti, senza dichiararsi 
quello che n’hayrebhe fatio, negando però assolutamente di vo- 
lerli demolire. Da che si ha reso sopramodo difficile il trovar 
ripiego conveniente, si & congumato tanto tempo, fatte tante 
speditioni, et in fine portate il negotio in Spagna, che in Roma 
diffieilmente s’havrebbe terminato. 


112. 


Relatione dello stato dell’ imperio e della Germania fatta da 
mons" Caraffa nel tempo che era nuntio alla corte dell’ 
imperatore l’anno 1628. 


Die ausfuͤhrlichſte Nelation, welche mir überhaupt vorgefommen 
it: in einem römifchen Eremplar zählte fie 1080 Seiten Folio. 
Auch in Deutfchland ift fie nicht felten: ich Taufte ein Eremplar 
in Zeipzig, und in einer Privatbibliotpef zu Berlin findet fich ein ans 
deres in einem fchönen Foliobande, welches ein gewiffer Wynman 
im Sabre 1655 dem Biſchof von Eichſtaͤdt mit einem prächtigen Ti⸗ 
tel überreichte. 

Sie befteht aus vier Theilen. In dem erften werben die beuts 
fhen Unruhen im Allgemeinen gefchildert, im zweiten die Lage, die 
Beftungen und die Verhältniffe Ferdinands IL, im dritten die deut⸗ 
ſchen Fürftenthümer nad) den Kreifen, im vierten die Bindniffe, die 
befonders in der leßten Zeit in Deutichland Statt gefunden. 

Der Autor erflärt, daß er nichts fchreiben werde, was er nicht 
ſelbſt gefehen, ober fonft glaubwürdig erfahren habe. Protestan- 
domi che tutto quello che scriverö, parte n’ho praticato e vi- 
sto io stesso per lo spatio di 8 anni che sono stato in Germa- 
nia, parte n’ho inteso di persone degne di fede, parte n’ho ca 
vato della lettura de’ libri commwi e delle leitere e cancellarie 
tanto d’amici quanto d’inimici, che sono state intercette in di- 
versi tempi, de’ quali alcune sono date alle stampe, altre no. 

Man fteht, es wird bier fhon eine gelehrte Zufammenftellung 
beabfichtigt. L, 

Die gedruckten Commentarien Garaffas beobachten die Zeitfolge; 
diefes Werk ift mehr in den Formen einer Relation abgefaßt. Nur 
in dem erften Theile werden die Ereigniffe chronologifch aufgezählt. 

Ich will jedoch nicht verhehlen, daß ich oft Zweifel an der Echt⸗ 
heit deflelben gehegt babe. 

Die Zufammenfegung ift überaus locker. Da befommen wir zu: 
erft die böhmifche Relation wieder zu Iefen, mit einigen wenigen Aus. 
laffungen: wir finden dann ein fehr merfwürdiges Stüd über die uns 
garifche Koͤnigswahl von 1625, aber an unrechter Stelle eingefchals 
tet; endlich was von noch größerer Bedeutung if, eine Relation vom 
Sabre 1629, von der fi feine Spur findet daß fie von Caraffa 
ſelbſt wäre, über Deutfchland, den Kaifer und die Bürften ift bier 
zwar erweitert, aber übrigens wörtlich aufgenommen. Auch manche 


Päpfie ** 27 


418 | ©. Caraffa 


andere Theile find offenbar fremdes Gut. Bon König Jacob I. von 
England it als von „presente re dꝰ Ingbilterra‘‘ die Rede, was doch 
1628 nicht gefagt werden fonnte. 

Man follte glauben, daß irgend ein Compilator ohne eigene Eins 
ſicht dieſe Doeumente zufainmengeftellt hätte. 
ſhei nes weiterer Ueberlegung zeigt fich das jedoch auch nicht wahr: 

ini. 
Dem alten Ragguaglio Caraffas werden body hier recht wichtige 
und eindringende Notizen uͤber die fpätere Zeit hinzugefügt, von be: 
nen ein Compilator nichtd geahndet haben würde. 

Es kommen Nachrichten vor, welche nur an einen Eingeweihten 
gelangen fonnten. 3. B. weiß. der Autor von jener Unterhandlung 
Ürbang VII. in England durch den Gapuziner Rota, die fo ge: 
heim gehalten ward. 

Auch fpricht der Nuntius nicht felten in ber erften Perfon. 

Ich fchließe, daß die Werk wirklich von Earaffa herrührt, aber 
nicht zu eigentlicher Wollenbung gebracht worden, fey es, daß dem 
Autor die Zeit, die Luſt, oder auch felbft die Kraft dazu gebradh; 
denn etwas Diffufes und Formloſes hat wenigftens auch feine boͤh⸗ 
mifche Relation. Er mochte, als er nad) Averſa zurüdgelommen, ei: 
nige mäßige Stunden mit der Zufammenftellung feiner Materialien 
ausfüllen. | 

Par jeden Fall verdient die Arbeit auch in diefer Geſtalt alle 
Aufmerffamfeit. . 

Die Relationen die fie aufgenommen und mehr oder minder 
verarbeitet hat, find von hohem Werthe. Auch die ihiftorifchen Be 
merfungen unterfcheiden ſich doch immer von den in den gedruckten 
Eommentarien enthaltenen. Ä - 

. Ich will einige Notizen herausheben, die mir befonders benf- 
würdig feheinen. 

LI. Berfall des deutfchen Fuͤrſtenthumes. Denn es verficht ſich 
wohl, daß hier bei weitem mehr von deutfchen und Öftreichifchen Zu: 
ftänden die Rebe ift als von römifchen oder Firchlichen. 

Per il passato era tanta l’abbondanza che li prineipi-di Ger- 
mania a pena potevano saper la quantit# de regali, datii, ar- 
genti, et altre dovitie venute da ogni parte, et hora a pena ri- 
trovano il principio per haverle, e pare che vivano- solo alla. 
giornata, e quello che da una giornata, l’altra lo consuma. Non 
vi & raccolta grande di danaro, se non di cose refiutate da? cre- 
ditori e che sono piü di titolo che di realtä. Di tal negligenza 
e si poca economia e di si fatto errore varie s’assegnano le 
cause: chi dice ciò venire per la liberalita de’ prineipi, obi per 
le conditioni de’ tempi iniqui, chi per le frequenti guerre, chi 
per le seditioni de’ eittadini, altri finalmente assegnano la causa 
a’ ministri, prefetti e vicarii: veramente si vede tali officii ha- 
ver voluto abbracciare piü di quello che potevano stringere et 
essere arrivate troppo oltre le comoditä prese da governatori: 
con questo il peco consiglio, l’interesse proprio anteposto 
al commune, cose che poterono estinguere il gran Romano 
imperio, perche non ponno estinguere il Germano! Nasce 








Relatione della Germania 1628. 419 


anco la rovina di Germania dall’ otio de’ prineipi ‘e dal loro 
troppo delitiare, o dalla pooa forsa d’ingegno, o da una pre- 
cipitosa vecchiaja, o pure per esser tanto nemici del governo 
che piü si contentano di dare in mano d’un’altro il maneggio 
delle cose publiche, benche riconoschino spesso la poca idoneitä 
di colui, e quasi a foggia di alcuni antichi Eritrei farli secondi 
principi, da loro solo difierenti per nome, ma pari nel total ma- 
neggio, come fu Joab appresso David et altri appresso altri prin- 
eipi. N quali maneggiatori, come presi dalla plebe, abusavano _ 
et abusano la loro data potestä, e piü con la passione che con 
la moderatione della virtü governandosi e dati in preda a para- 
siti et adulatori constituivano e constituiscono altri sottoministri 
indegni, che con prezzo e ragione di parentela et ambitione 
corrompevano © corrompono la giustitia, et a tale esempio 
dietro a se tirando altri principi circonvicini facevano commune 
giustitia cio ch’era proprio interesse. 

II. Ungariſche Koͤnigswahl. 

Sopragiungendo alla dieta li voti del regno di Schiavonia 
e di Croatia, che erano quasi tutti cattoliel, e superando con 
questa giunta la parte de’ cattelici et adherenti di Sua Maestä 
di non poco la parte degli heretici e non eonfidenti, la voce 
sparsa della volontä di S. Mt& dell’ elettione veniva giornalmente 
meglio intesa. Tuttavia li deputati dell’ imperatore, per meglio 
assicurarsi delli voti della dieta, volsero prima di proporre l’e- 
lettiione dell? arciduca farne esperienza con l’elettione del pala- 
tino, che si doveva fare per la morte del Tharzo, desiderando 
S. Mi& che si facesse un cattolico e particolarmente il sopra- 
detto conte Esterhasi, ancorche secondo le leggi e costitutioni 
di quel regno havesse proposto alli stati quattro soggetti, due cat- 
tolici e due heretici: et il negotio riusci felicissimamente, poiche 
detto conte fu eletto con 150 voti, non havendo havuto il con- 
trario piü che 60. Fatta questa prova e con essa rincorati 
maggiormente li confidenti et amici dell’ imperatore, parve non- 
dimeno alli ministri di S. Mt“ che oltre alli sopradetti voti 150 
saria stato bene a superare qualche buona parte delli 60 con- 
trarj con presenti e con doni acciö riuscisse l’elettione con mag- 
gior sodisfattione del regno, e collo spendere, per quanto fu 
detto, da 20 m. fiorini si hebbe l’intento della maggior parte di 
loro, come si esperimentö nell’ altri negotii della dieta. Li Bet- 
leniani e suoi adherenti, ancorche non fosse all’ hora pubblicata 
la volont& dell’ imperatore, sebbene si teneva per sicuro che 
volesse fare eleggere re l’arciduca, non mancavano di contra- 
riare al possibile. 

Soggiungerd un? esempio dell’ ardire di una donna in que- 
sto proposite, dal quale, sicome òô straordinario, si Conosceranno 
le forze di detti contrarii. La madre del barone Batbiani, che 
& de’ più principali signori di qualitä e di stato e di adherenza 
d’Ungaria, hebbe ardire di mettere in consideratione all’ impo- 
ratrice ehe non doveva permettere che si facesse questa elet- 
tione, perche si veniva a pregiudicare a S. Mt stessa, poiche 


27 * 


420 Caraffa Relat. di Germania 1628. 


se fosse venuta qualche disgratia alla vita dell’ imperatore, lei 
per l’interegno, come coronata regina d’Ungaria, finche fosse 
stato eletto un nuovo re, haveria governato quel regno.. Ma 
l’imperatrice, con somma prudenza dissimulando, le rispose che 
la ringratiava dell’ affetto, ma che lei doppo la morte dell’ im- 
peratore, se fosse sopravissuta, non voleva pensare ad altro 
che all utile delli figli di Sua Mtd suo marito: al quale subito 
diede parte della sopradetia proposta, 

Ma ancorche il negotio dell’ eletiione si stimasse giä si- 
euro, l'impedi tuttavia molti giorni il contrasto grande nato tra 
ministri piü supremi di Sua M4, includendosi ancora mons* ar- 
civescovo di Strigonia et il nuovo palatino con mons" cancel- 
liere et altri che vi havevano interessi, come era l’ambasciatore 
di Spagna et io come indegno ministro apostolico. Il contra- 
sto fu se seguita detta elettione si doveva far subito la corona- 
tione. Alcuni dicevano di si: perche con questa veniva l’arci- 
duca ad assicurarsi totalmente nel regno, il che non saria stato 
se fosse stato solamente eletto, per l’accennata di sopra elet- 
tione del Gabor, essendo gli Ungari huomini volubilissimi e per 
lo più infedeli: 2° dicevano che la coronatione, se-si fosse 
fatta, haveria giovato assai nella prima dieta imperiale, se l’im- 
peratore havesse voluto far eleggere Sua Allezza in re de’ Ro- 
manis 3° per il matrimonio dell’ infanta di Spagna, essendosi 
colä dichiarato di volere l’arciduca prima eletto e coronato re 
di Ungaria. Aliri per il contrario, tra quali ero io et il padre 
corfessore dell’ imperatore, dicevano che questa coronatione non 
si doveva fare all’ hora, perche li stati di quel regno non ha- 
veriano mai permesso che seguisse detta coronatione se Sua 
Altezza non havesse promesso loro e giurato, tanto nelli punti 
politici come di religione tutto quello che promise il padre 
stando nelli maggiori pericoli; onde non vi essendo all’hora detti 
pericoli e potendo con il tempo migliorarsi assai le cose di S. A., 
o per la morte del Gabor o per li felici successi dell’ imperio 
o per altro, non era bene intrigare la conscienza di questo prin- 
cipe giovane con serrarli la porta a’ progressi della religione et 
impedirgli insieme l’acquisto di maggiore autorita politica e do- 
minio nel regno: 2° dicevano, e questo per lo piü li camerali, 
che nella coronatione vi saria andata una buona spesa, come 
ancora nell’ accrescimento della corte di Sua ‚Altezza, onde 
stando all’hora imminente la spesa grossa del viaggio d’Ulma, 
si saria potuto differire in altro tempo, non potendo probabil- 
mente apportare alcun detrimento detta dilatione, perche se il 
Gabor havesse voluto pigliare pretesti, venendo qualche acci- 
dente di morte all’ imperatore, tanto l’haveria pigliato ancor- 
che l’arciduca fosse stato coronato, come fece contro l'im- 
peratore ancorche fusse eletto e coronato; che per elet- 
tione in re de’ Romani e per il matrimonio dell’ infanta di 
Spagna bastava che l’arciduca fuase vero re d’Ungaria, e come 
tale si potesse intitolare per la sola elettione. Standosi dunque 
in questo contrasto, ancorche l’ambasciatore di Spagna facesse 


- 


| 


Relatio dioecesis Augustanae 1629. 421 


nuove instanze per la coronatione, dicendo che in Spagna non 
haveriano fatto il matrimonio dell’ infanta oon Parciduca, sti- 
mandosi altrimenti la successione nel regno non sicura, Sua 
Mi con la solita sua pietä si dichiarö . che non-voleva che si 
facesse, stimando secondo il cunsiglie del suo padre confessore 
che fosse contro conscienza se l’arciduca havesse giurato, come 
non poteva far di meno, quello che era stala forzata giurare 
Sua Mt nelli pericoli grandi, quali all’hora non vi erano. 


113. 
Relatio status ecclesiae et totius dioecesis Augustanae 1629. 


Von Feiner befondern Bedeutung. Es wird nur hauptfächlich 
auf die Stadt Augsburger Derbättnifte Ruͤckſicht genommen. 

Die Wirkſamkeit und endliche Entfernung der proteftantifchen 
„Pſeudodoctoren“ aus Augsburg ift der vornehmſte Gegenfland des 
Autors: 

Er hofft, daß nachdem dieß befonders durch Hieronymus Imhof 
und Bernh. Nehlingen bei dem Kaifer durchgefegt war, in kur 
zem. alles wieder katholiſch werden folle. 


114. 


Legatio apostea P. Aloys, Carafae episcopi Tricaricensis sedente 
Urbano VIII Pont. M. ad tractum Rheni et ad prov. 
inferioris Germaniae obita ab anno 1624 usque ad annum 
1634. Ad Clem Franc. Barberinum. 


Eine fehr ausführliche Relation, auf 204 Blättern: wohl auch 
etwas weitfchweifig, doch enthält fie gute Sachen. 

Zuerft wird die Reife erzählt: wo denn auch das Unbedeutende 
viel Platz wegnimmt. Der Nuntius kommt unter andern nad) 
Fulda. Er mat fi) ein Verdienft daraus, daß er die 16 Ahnen, 
die Jemand haben mußte, welcher ber Würde des Abtes fähig feyn 
wollte, auf acht herabgeſetzt habe. a 

Befonders ausführlich ift er über die Händel von Lüttich mit 
dem Biſchof, in die er felbft thätig eingriff: er verlegte den Sig der 
Nuntiatur von Coͤln nach Lüttich. | 

Ohne Zweifel das Merkwuͤrdigſte ift eine Schilderung der dama⸗ 
ligen katholiſchen Univerfitäten in dem Sprengel feiner Nuntiatur. 

ir fehen daraus, wie fo ganz der höhere Unterricht in diefer 
Zeit in den Händen der Sefuiten lag. Sie waren die Meifter in 
Trier und Mainz; Paderborn, Münfter, auch Osnabräf, wo man 
erft vor kurzem eine hohe Schule gegründet, waren durchaus in ihren 
Händen: fie Iehrten aber nur Humaniora, Philoſophie und Theolo⸗ 
gie. Die Rechte wurben ganz vernachläffigt. In Ebln, welches noch 
immer bie erſte von biefen Univerfitäten blieb, wurde die Medizin nur 
von zwei Lehrern vorgetragen, welche wenig Zuhörer hatten. Der 
Hauptübelftand in Edln war früherhin, daß die Docenten allzureich 
mit Praͤbenden ausgeftattet worden. „Earum opibus ad vitam cle- 
mentem et suavem instructi, raro aut nunquam ipsi sacram doc- 





422 Legatio P. Aloys. Caraffas 


trinam tradebant, sed aliorum vicaria opera passim utebantur. 
Hinc sine pondere et methodo instruebantur .academici, et anni 
quindeni facile circumagi solebant priusquam universam illi theo- 
logiam audirent. Ea res vero antehac nen param incommoda 
fuerat archidioecesi Coloniensi et praesertim ditiewibus Juliae 
Cliviae ac Montium, quod pro adeunda in iis animarum procu- 
ratione reparandisque religionis catholicae ruinis parochi et sa- 
cerdotes idonei hoc pacto nisi post longissimum diem non insti- 
tuebantur.“ Die Väter Jeſuiten fellten dieß ab. Das Collegium zu 
den drei Kronen, das ihnen übergeben ward, genoß einen großen 
Ruf: es hatte 1634 über 1200 Schüler. Jener Geiſt des Genuffes ließ 
ſich aber nicht fo leicht vertilgen. Die Magiſterſchmaͤuſe vermehrten 
die Koften der Promotion und den Luxus. ,, Tota Quadragesima 
sunt quotidie academicorum symposia.“ — Den Katholiciömus 
und das Wohlleben der Colner beichreibt unfer Biſchof gar nicht 
übel. Populus Coloniensis religionis avitae retinentissimus est, 
quam utique semel susceptam nunquam deseruit. Tolerantur qui- 
dem in civitate familiae aliquae sectariorum, sed vetitum eis est 
exercitium omne sectarum suarum, et aere gravi mulctantur si 
qui clam habere privatos conventus et audire Lutheri aut Calvin 
buccinatores deprehendantur. In senatum ipsum nulli cooptan- 
tur qui catholici non fuerint, et quotquot in eo conscripti ad 
curiam veniunt, sententiam dicere aut ferre suffragium non pos- 
sunt nisi prius eodem die intervenerint rei sacrae in proximo 
palatii senatorii sacello. Noctu ipsi cives excubias habent in po- 
tioribus plateis civitatis, nec vis aut injuria metui potest, quia 
strepitu quovis exciti adsunt et opitulantur, grassatores vero ac 
sicarios in vincula conjiciunt. Sed et plateae omnes catenis fer- 
reis noctu vinciunfur, ne pateant liberis excursionibus, ideoyque 
populus maxime in tranquillo agit. Inter alia plebis commoda 
illud imprimis commemorari debet, licere cuique ineunte hieme 
boves et sues emere eosque fumo arefacere ac in escam anni 
consequentis, qua vescuntur avide, domi servare. Spatium vero 
ejusdem anni eis concedi solet ad pretium repraesentandum, dum 
interim aliqui a senatu constituti mercatoribus solvunt: nec un- 
quam opilices ulli, quamvis inopes, patiuntur suam fidem in 
ea re desiderari, quia deinceps haud foret integrum eis rursus 
ejusmodi annonam rei cibariae illo tam insigni subsidio aeris 
publici coemere. Sunt et triclinia tribuum communia, in eisque 
possunt omnes iis diebus quibus feriantur in hebdomade, con- 
stituto pretio admodum facili, convivari. 

Es werden aber nicht allein Stäbte und Iniverfitäten, fondern 
auch Fürften und Begebenheiten - gefchildert. Ferdinand von Cdln: 
gravitate morum, professione pietatis et ingenii maturitate nulli 
secundus; Sriedrich von Würzburg: linguarum etiam exterarum pe- 
ritia, morum suavi quadam gravitate, prudentissima dexteritate 
omnibus carus; Gafimir von Mainz: eloquens vir in Germanico 
idiomate, legationibus functus. ' 

.Auch von den Begebenheiten bringt 2. Caraffa manches Merfwür: 
dige bei. Ich weiß nicht, worauf ſich die Meinung gründet, Wallenftein 











| ad tructum Rheni ct infer. Germ. 1624— 34. 423 


hätte Stralfund nehmen Finnen: „si, quod multi existimant, pe- 
cuniam quam urbem capere. non maluisset.°“ Für ein großes Uns 
gluͤck Hält er es, daß Tilly fich nicht bei ber erfien Bewegung von- 
Sachſen auf dieß Land habe werfen dirfen. Sehr merkwärdig iſt 
auch feine Schilderung des Zuflandes von Coln nach der Schlacht 
von Leipzig, und der franzöftichen Abfichten die in Diefem Momente 
hervortraten 


Ex accepta olade ad Lipsiam fractae vires fuerant et fracti 
catholicorum animi, et tunc repente imperitia vel metus in pro- 
pugnandis arcibus aditum hosti victori magnum aperuerunt, ut 
viscera. imperii mox infestis armis invaderet, ex quo Fulda, Her- 
bipolis, Bamberga, Moguntia, Wormatia, Spira aliaeque urbes 
atque oppida fuerunt exiguo tempore vel expugnata vel dedita. 
Colonia superfuit principum exulum perfugium, et bi the- 
sauros qua sacros qua laicos in eam civitatem importaverant, 
si quibus licuerat tamen illos avehere antequam ingrueret ea belli 
vehemens et subita teınpestas. Ibidem anxiae curae principum 
et dubia consilia erant, an, sicut proposuerat orator Gallus, ex- 
pediret deinceps neutri parti, seu Caesaris seu Gustavi regis, tam 
arma principum eorumdem quam arma ipsiusmet civitatis Colo- 
.niensis favere. Id Colonise suadebat orator christianissimi re- 
gis; sed necessariam fore affirmabat ut in eam urbem pariter 
atque in alias ditiones principum eleetorum cohortes praesidia- 
riorum ex regis sui legionibus introducerentur: tunc enim re- 
veritus Coloniam Gustavus rex alio arma convertisset, aut ei 
venire hostis nibilominus deliberasset, provocasset merito chri- 
stianissimum regem, ac foedere exstincto inimicitiam et iram ejus 
experiri coepisset. Gravis nimirum videbatur ea conditio admit- 
tendi cohortes praesidiarias regis externi in civitates ac ditiones 
imperii;.sed graviores multo erant conditiones aliae, quibus ut 
neutri parti faverent deinceps proponebatur, quia in bello tam 
anecipiti Caesarem non juvare sed quasi deserere videbatur ma- 
xime alienum a professione pervetere civitatum ac principum 
ipsiusmet imperii. Hoc superesse tamen consilii et eum portum 
securitatis unice adeundum esse judicabat pariter apostolicus nun- 
tius Parisiensis, ad quem scripseram de ingenti clade religioni 
catholicae templisque et aris illata per Gustavum regem. 

Es folgt nody eine ausführlihe Mittheilung über die Kataſtro⸗ 
phe Walienſteins, die ich anderswo mittbeilen will. 


115. 


Relations della corte di Roma del Sigr Kr Aluise Contarini 
dell’ anno 1632 al 1635. (Arch. Ven.) 


Eine fehr ausführliche Relation, in 35 Capiteln, auf 140 Sei⸗ 
ten; und doppelt wichtig, da Aluiſe Contarini unmittelbar von 
Tranfreih nad Mom ekommen, und deshalb um fo fähiger war, 
die fo eigenthuͤmliche politifche Stellung, die ſich Urban VIII. in die- 
fer Zeit gegeben, zu beurtheifen. 0 


4 


424 ' Aluwise Contarini 
Er ſchildert zuerft das geiftliche und bas weltliche ‚Regiment bes 
es 


Er findet ed ganz monarchiſch. Won allen alten Congregatios 
nen verfammelt ſich nur eine regelmäßig, die der Inquiſition; — 
die Gardindle haben feine weitern Vorrechte, ald daß man mit dem 
Wagen ftill hält wenn man ihnen —D8 den Purpur und die 
Stimme bei der Papſtwahl: der Papſt iſt ihnen fo wenig geneigt, 
daß er in wichtigen Sachen eher geringere Prälaten braucht, deren 
Hoffnungen mehr von ihm abhangen, als Cardinaͤle, die ſchon mehr 
Unabhängigkeit Haben. 

Se Ärenger man aber bie Zügel anzieht, defto mehr verliert man 
an Autorität, „L’antica veneratione sta oggidi molto dimi- 
nuita. 

Vorzuͤglich unzufrieden waren bie Einwohner von Urbino. 
„Quei sudditi si aggravano molto della mutatione, cbiamando 
il governo di preti tirannico, i quali altro interesse che d’arric- 
chirsi e d’avanzarsi non vi tengono.“ Der Autor beflagt noch 
immer, daß Urbino in Die Hände des Papſtes gerathen fey, als einen 
großen Verluf für Spanien und für Venedig. IL, 

In einem 2ten Theile fchildert er nun die Verfönlichfeiten. Nac- 
que il papa Urbano VIII del 1567 (Andre 68) d’Aprile, onde cam- 
mina per li 69 di sua etä, conservato dal vigore della comples- 
sione non soggetta a qualsivoglia malattia, e dalla vivacitä dell’ 
ingegno. La statura mediocre, il color bruno, il pelo bianco, 
P’occhio vivo, il parlar pronto, la temperatura sanguigna e bi- 
liosa. Vive con gran regola. Regola in gran parte le sue 
attioni coi moti del cielo, dei quali & molto intelligente, an- 
corche con censure grandissime a tutti gli altri n’habbia probi- 
bito lo stadio. Li suoi moti sono subiti e vehementi, tali che 
alcuna volta confinano con la pazzia, non potendo con la pa- 
tienza frenarli, se ben egli dice che questa commotione della 
bile di quando in quando vaglia molto eccitando il calore alla 
preservatione di sua salute.. Cavalca, villeggia, cammina, ama 
Pesereitio. Non s’affligge per le cose moleste: e tutte queste parti 
concorrono a predirli qualche anno di vita ancora, non ostante 
che nel tempo del mio soggiorno assai decaduto sia. 

E’ arrivato al papato con un servitio continuo di 30 e piü 
anni alla corte. Fu prima prelato di segnatura e poi governa- 
tore_di Fano. Poco appresso, per opera di Franceseo Barbe- 
rini suo zio paterno, prelato di poco grido ma di gran richezze 
accumulate con parsimonia Fiorentina, comprö ufficii in corte 
e finalmente il chiericato di camera. Clemente VIII lo impiegö 
in diverse cariche, ma particolarmente sopra quella del novo ta- 
glio del Po, dacche sono arrivate in gran parte le differenze 
presenti dei confini con la republica, per la cognitione che pro- 
fessa di quell’ affare e per il disgusto che allora non si eseguisse 
a modo suo. Fu poi dall’ istesso Clemente mandato nuntio in 
Francis, prima esiraordinario per tenere a battesimo il re pre- 
sente, e poi ordinario di Enrico IV suo padre, dove si moströ 
zelantissimo dell’ immunitä ecclesiastica. : Paolo V successore di 


Relatione di Roma 1632 — 1635. 425 


Clemente lo confermö nella medesima legatione di Francia: poi 
lo fece cardinale, legato di Bologna, e ritornato a Roma pre- 
fetto della signatura di giustitia, carico d’onore et impiego ben 
grande. Finalmente del 1623 fu in luogo di Gregorio XV con 
pratiche molto artificiose assonto al pontificato nell’ età sua di 
56 anni: et oggi corre il XIII anno: con disgusto di tutia la 
corte, alla quale non meno che ai principi torna conto i pon- 
tificati brevi, perche tanto piü tengono conto di tutli, abbon- 
dano nelle gratie, non temporalizzano come. se fossere herelitarj 
del papato; e finalmente la corte in generale trova impiego © 
fortuna nella frequenza delle mutationi. 

In ogni stato hebbe il papa di se stesso grande opinione 
con affetti di dominio sopra gli altri e disprezzo al consiglio di 
tutti. Par ch’egli esercita oggidi tanto piu liberamente quanto 
che si ritrova in posto sopra a tuiti eminente. Ha ingegno grande, 
ma non giudicio: ingegno, perche nelle cose che da lui solo di- 
pendono e che riguardano la sua persona e casa, si € sempre 
condetto ove ha desiderato, senza omettere gl’inganvi e gli ar- 
tißeii di Iui molto oonnaturali, come si vide particalarmente 
nelle pratiche del suo papato, nelle quali seppe far convenire 
nella sua persona le due fattioni contrarie di Borghese e Ludo- 
visio, solo col far credere all’ una d’esser inimico dell’ altra: 
negli affari poi generali, nei quali si richiede il giudicio di se- 
per ben congiungere gl’interessi della sede apostolica eon quelli 
degli altri principi, si & osservato il papa esserne per sempre 
stato manchevole. Tale lo dichiarano il negotio di Valtellinaz; 
la guerra di -Mantova, che non sarebbe seguita se il papa si 
fosse dichiarito contro il primo innovatore; la perdita di Man- 
tova, attribuita ai viveri che riceverono gli Alemani dallo stato 
ecclesiastico, senza quali conveniva loro o disassediarla o mo- 
rirsi; la prefettura di Roma data al nipote, privando la sede 
apostolica dell’ assistenza di tanti ministri di principi, che sono 
il piü bel fregio di lei, et aggravando lo stesso nipote d’invidia, 
di riguardi e d’un posto assolutamente insostentabile dopo la 
morte del pontefice; il mal termine usatosi contro V’ambasciatare 
di V. Serenitä mio precessore, lasciandolo partire senza sod- 
disfattione; Pultima comprotettione di. Francia nel cardinale An- 
tonio nipote prima persuasa et acconsentita, poi ritrattata e pro- 
hibita, con nota appresso il monde di grande artificio, per non 
dire inganno, e con divisione della propria cara. Tralascio il 
gran detrimento che sotto il presente pontefice ha fatto la reli- 
gione cattolica in Fiandra et Alemagna; i pericoli all’ Italia per 
la negata dispensa al duca di Mantova, e molto più per aversi 
portato il papa in modo che ha disgustato tutti i principi grandi 
e piccioli, che nessuno gli € amico: onde si & reso incapace di 
poter esercitar con essi loro quelle parti di autorita e di pa- 
terno consiglio ehe potrebbe pacificarli et unirli insieme alla di- 
fesa della religione: parti che sono siale cosi esaltamente ma- 
neggiate e conosciute proprie de’ pontefici che per sostenere il 
nome di padre comune, dal quale proviene loro ogni veneratione, 


426 Aluise Conlarini 


e per mantenere l’unione tra i prineipi christiani, che cagiona 
in essi molta autoritä, si sono esposli ad azzardi, a viaggi, a 
pericoli, non militando nel nome di padre quei punfigli che nell’ 
intromissione degli altri principi possono facilmente incontrarsi. 

Si & sempre professato il papa presente neutrale, attribuendo 
a sua gloria Paver arricchita et ingrandita la sua casa senza com- 
prar stati in regno di Napoli ne sottomettersi a favori dei prin- 
cipi grandi. Nell’ interne però suo egli e aflettiionato a Fran- 
cesi, le loro prontezze e risolutioni essendo piü conformi al ge- 
nio di S. St4, in ordine di che ha fatto le maggiori dimostra- 
tioni quando segui l’acquisto della Roscella. Persuase la pace 
con Ingiesi, affinche la Francia potesse accorrer al soccorso di 
Casale allora assediata dai Spagnoli: consigliò ai medesimi l’ac- 
quisto e la conservatione di Pinarolo per neoessario equilibrio 
alle cose d’Italia: trovö sempre pretesti di diferir o diminuir 
i socecorsi in Alemagna, con opinione, la qual vive tuliavia, che 
a 8. St& sia dispiacciuta la morte del re di Suezia e che piü 
goda o per dir meglio manco tema i progressi de’ protestanii 
che degli Austriaci. Anzi & opinion comune che quande anche 
fosse portato il papa dal card! Barberino tutto Spagnolo, a qual- 
che unione con essi tornerebbe facilmente a maggier rottura di 
prima. E la causa & questa: perche governandosi il papa con 
artificio e credendo che Spagneli facciane il medesimo, saranno 
sempre tra di loro anzi gelosie d’inganni che confidenza di ben 
vera unione. j 

Es ift nicht nöthig, die Schilderung ber Nepoten, die Aluiſe Con⸗ 
tarini gibt, bier aufzunehmen. Selbft Franz Barberino, obwohl ihn 
der Papft am meiften liebte, und er ſich auch ganz den Geſchaͤften wid: 
mete, hing doch durchaus von feinem Oheim ab. ,‚Nessuno nipote 
di papa fu giamai alle fatiche del negotio assiduo come egli è, 
non avendo minimo divertimento: ma egli € anche vero che nes- 
suno manco di lui ha operato.““ 

- Die Gardindte zu fchildern gibt er auf. Er findet eine allge 
meine Heuchelei in diefer Gorporation. Sara tal- cardle sanissimo 
che per facilitarei il papato vorr& esser creduto infermo: cami- 
nando zoppica: discorrendo tosse: uscendo si’ sta tutto in una 
seggietia racchiuso. Tal altro che sar& buon pelitico, si mo- 
strer& lontano da ogni negotio, nei discorsi s’ammautisce, ne’ 
quesiti si stringe le spalle, nelle risposte generalizza.. — Man 
kommt auf den Gedanken, daß dieß die Driginale feyen, nach denen 
man jene Babel von der Erhebung Sirtus V. erfunden babe. 

Es folgt der dritte Theil: über die politifchen Verhaͤltniſſe, voll 
ein ıngenber und lebendiger Einficht: wie gefagt, für uns der wich 
figfte. 

Sp aut franzäfifh gefinnt Papſt Yrban auch war, fo wurde 
doch den Franzoſen in ihren Firchlichen Forderungen nicht immer ge: 
willfahrt. Bisogna anche confessare,- ch’ essi hanno addimandato 
delle gratie difficili, come la dispositione dell’ abbazie di Lerena, 
la nullitd de’ matrimonj tanto del duca Carlo di Lorena come di 
monsieur et altre simili. Auch war Franz Barberino nicht fo fehr 











Relatione di Homa 1632-1635. 427 


auf der franzäfifchen Seite wie fein Oheim. Die Franzoſen bofften 
fhon nicht mehr eine auffallende Erflärung zu_ihren Gunfen, aber 
fie wußten auch, daß der Papſt nicht gegen fie feyn werde: ſelbſt 
das war fchon ein großer Vortheil für fte, daß er für franzäfifch 
galt, und die Gegenpartei ihm nicht traute. 

Defto mißverg, gter waren die Spanier. Sie machten es dem 
EL. Borgia zum Vorwurf, daß er Urban VIE. habe wählen laſſen, 
und man behauptete, daß dieſer Ei. mm durch Verſprechung von man» 
cherlei Gnaden gewonnen worden ſey. In ben IUnterhandlungen 
über Waltellin, der Politik der Franzoſen, den Berbältniffen welche 
fidy Baiern gegeben, wollten fie die Einflüffe der Ungunſt des Pap⸗ 
fies wahrnehmen. Dagegen behauptete auch Barberino, daß die Zus 
geftändniffe die er ihnen gemacht, Feine Anerkennung bei ihnen gefun- 
den. Das Mißbßverſtaͤndniß iſt wechfelfeitig, fehen wir. 

Am ausführlichften iſt Contarini über das Berbältniß Roms 
zu Venedig. Er findet, die Schwierigfeit fomme befonders daher, 
weil, während anbere Staaten von Rom als mächtiger gefürchtet 
oder als weniger mächtig vernachläßigt würden, Venedig als gleich 
betrachtet und behandelt werde. 

Sn Rom ift man ſchon darüber empfindlich, daß Engländer und 
Holländer einige Freiheiten daſelbſt geniegen. Wird aber einmal 
von Seiten der weltlichen Gerichte Sand an eine geiftliche Perſon 
gelegt, fo erhebt fich ein allgemeiner rm. 

Der Gefandte ift deſſenungeachtet der Meimng, daß man ſich 
nicht irren laffen dürfe. Gerade mit Denen, welche die beliebteſten 
feyen, welche die meiften Beichtkinder haben, fey der Nuntius beauf: 
tragt ſich in beſtem Verhaͤltniß zu erhalten. „E VV EE tengano 
per constante, che col mezzo di questi tali vengono i nuncii a 
risapere il midollo delti arcani.“ m fo nothwendiger fey es, Die 
Autorität der Republik über ſie nicht aufzugeben. 

Aber überdieß war man über die Grenzen fortwährend flreitig. 
Urban VII. wird mit nichten als ein Gönner der Venezianer be 
trachtet. Beſonders fuchte er Ancona zum Nachtheil von Venedig 
empor zu bringen. 


116. 


Discorso della malattia e morte del card! Ippolyto Aldobran- 
dino camerlengo di Sta Chiesa col fine della grandezza 
del papa Clemente VIII. 1638. 


Es machte einen auferordentlihen Eindrud in Rom, daß die 
fo vor furzem erft gegründete Familie der Aldobrandini fo raſch uns 
terging. 

Sn diefem Eindruck ift unfer Werkchen geſchrieben. E’ stato 
superato della morte quel gran ingegno! beginnt ed. Es war 
von dem ganzen Haufe nur noch die Tochter von Johann Georg AT: 
ne übrig, welcher ein -unermeßlicher Reichthum zufallen 
mußte. 
Den Zuftand der römifchen Geſellſchaft bezeichnet folgende Stelle 
nicht übel: „Il marchese Lodovico Lanti, il conte Gio. Franceseo 


428 Discorso della morte d’Ippolito Aldobrandini. 


da Bagni, Berlingieri Gessi e Bernardino Biscia, aspettando tutti 
quatiro a gara il pontificato de’ loro zii, ambivane le nozze della 
principessa Aldobrandina. In der Hoffnung auf das Pontificat 
ihres Oheims wetteifern die präfumtiven Nepoten um die Hand der 
reichten Erbin. 

Doch ward weder biefe Vermählung noch auch die Macht eines 
Nepoten einem von ihnen zu Theil. 

Sppolyta vermählte fich mit einem Borgheſe. Unſer Autor iſt 
im größten Erfaunen. Paul V. hatte die Aldobrandini verfolgt 
und den Water der Hippolpta ſelbſt gefangen geſetzt. Jetzt ver 
maͤhlte fie ſich mit feinem Yronepoten. 

ZJedoch fpäter gelangte fie, wie wir willen, wirflih an den 

Nepoten eines regierenden Papftes, Innocenz X, wozu bie Umflände 
und die Convenienzen bes roͤmiſchen Hofes fie nun eimmal beſtimmten. 


117. 


Relatione di q. Zuanne Nani Kr Procr ritornato di ambascia- 
tore estraordinario da Roma 1641 10 Luglio. (Arch. Ven.) 


Mancyerlei Mißhelligkeiten gab es unaufhoͤrlich zwiſchen Rom 
und Deuedig; im Sabre 1635 trat noch eine neue der befonderften 

rt hinzu. 

Eine magnifife Infchrift in prächtigen IBorten, in der Sala re- 
gia des Vatican von Pins IV. aufgeftellt, bezeugte eine That der 
Venezianer, auf die fie fich immer viel eingebildet, die in ihren Ans» 
nalen prangte: einen Sieg über Friedrich Barbaroffa, dur ben fie 
Papſt Alexander UI. von dem Verderben errettet zu baben ber 
haupteten. 

In Rom fand man aber allmaͤhlig ſchon die Ausdruͤcke dieſer 
Inſchrift unzulaͤßig. Daß es bier hieß „Pontifei Venetae reipu- 
blicae beneficio sua dignitas restituta‘‘, erflärte die immer flarrer 
werdende Orthodogie für eine Art von Beleidigung. Der Geift der 
Rangflreitigfeiten, der die Welt beherrfchte, warf ſich auch auf diefe 
fo längft vorübergegangenen, verfchoflenen Ereigniffe. Aber überdieß 
fing man aud an, die Wahrheit der Erzählung, wie fie in den ve- 
nezianifchen Geſchichtsbuͤchern enthalten ift, überhaupt zu bezweifeln. 
Es erſchienen Schriften von beiden Seiten. 

Es iſt dieß eine Frage, die noch bis auf den Heutigen Tag im: 
mer wieder erneuert worden ifl. 

Ich kann nit glauben, daß fie für Jemand zweifelhaft 
fern Kanne, der 'von hiftorifcher Kritit auch nur den mindeflen Be: 
griff hat. 

‚Wie dem nun aber auch feyn mag, auf jeden Fall war es nicht 
allein biftorifche Ueberzeugung, fondern auch politifche Eiferfucht, was 
Urban den, VIII. vermochte, jene Infchrift zuerft verändern, end- 
lih ganz vertilgen zu laſſen. 

Von diefer Seite nahm es auch die Republik: da fich gerade 
die Srrungen über die Örenzen, über den Vortritt des neuen Prefetto 
bitter und bitterer entwickelten, ſo fendete Venedig eine Zeit lang 
feinen regelmäßigen Geſandten nach Rom. 





Zuanne Nani Rei. di Roma Il. 48 


Auch Nani, der im Jahre 1638 dahin ging, war nur außeror- 
dentliher Gefandter. Er blieb indeß gegen viertbalb Jahr, und feine 
Relation beweift, daß er ſich eine gute Kenntniß von diefem Hofe 
verfchafft hatte.” — 

- Die Hauptabficht bei feiner Miffton war, den Papſt zu einer 
Unterſtuͤtzung der Republif für den Fall, baß fie von den Tuͤrken an- 
gegriffen würde, welcher damals fehr nahe ſchien, zu bewegen. 

Sonderbar, diefe Bitte fam dem Papſt fogar erwuͤnſcht Er 
fonnte diefe Nothwendigkeit den unaufhörlichen Anforderungen des 
Hauſes Deflreich, das von Proteflanten und Franzoſen fo lebhaft 
bedrängt wurde, entgegenfeßen. 

Gern Hätte der Gefandte ihn auch zur Wermittelung zwiſchen 
den Iriegführenden Mächten vermocht, indeffen genoß diefer Papſt 
nicht das allgemeine Bertrauen, das hiezu nothwendig gemefen wäre. 
„Pullulando tante amarezze colle corone, restava fiacca, per non 
dir quasi odiosa Y’autorita del pentefice. ‘* 

Im Uebrigen bemerft auch diefer Gefandte die Neigung Urbans 
militärisch ſtark zu erfheinen. Bon feinen Fortificationen mußte man 
ihm reden, wenn man mit ihm gut flehn wollte. Oft erwähnte er 
fie ſelbſt. Er fagte wohl, daß er binnen 20 Tagen mehr als 20000 
M. aufbringen wolle. Er zählte die Geldmittel auf, die er habe. 
Für das naͤchſte Beduͤrfniß hatte er 400000 Sc. bei Seite gelegt: im 
Caſtell, glaubte man, feyen von den fünf Millionen des Sirtus noch 
immer drei übrig. 

- Hören wir, wie Nani die Perfon und die Negierungsweife die: 
ſes Papftes fchildert. 

Il pontefice & nel principio del settantesimo terzo della sıa 
et& e nel fine del XVII del pontificato, dopo un spalio di 324 
anni che altro papa non ha goduto cosi longo governo. E’ di 
forze robusto e gagliardo, e per tale li piace di esser creduto: 
et in effetto, levato qualche dubbio di flussioni e d’accidenti im- 
provisi ai quali pare sottoposto, € in tale costitutione di buona 
salute che può mantenersi piü anni. Usa governo esquisito 
nella sua cura. Al presente, ch’€ piü grave l’etä, manco s’ap- 
plica alle faccende, delle quali non suole per prendersi piü 
disturbo di quello che vuole. La mattina & dispensata in au- 
dienze et in negotii, il dopo pranzo & riservato alla -quiete et 
alla conversatione domestica, nella quale & allegro e faceto, 
come in ogpi altro discorso erudito e facondo, e nelle audienze 
stesse passa volentieri dal negotiare al parlare di cose piace- 
voli e di stadio, al quale & dedito assai. Possede gran talenti 
e gran qualitä. Ha memoria meravigliosa, peito e vigore che lo 
rende alle volto troppo costante nelli suoi sensi. Ha spiriti 
grandi accresciuti dall’ esperienza del governo e dei negotüi. 
Deferisce assai al suo proprio parere, percid non ama di con- 
sultare ne cura le qualitä dei ministri, che possino maggior- 
mente far risplendere le sue risolutioni. Non molto inclina al 
gratiare. 1’ ardente, et alle volte con li ministri medesimi dei 
prineipi non ha potuto dissimulare il suo fervore. Ama che 
sia trattato seco con destrezza e soavitä; e se vi & strada di 


430 Zuanne Naxi 


poter far deelinare dai suoi sensi l’animo di Sua St4, questa è 
sola, la quale, se pure alle volto non può profittare, avanza 
certo, che se non si spiega, almeno non si rompe. — — 

Nel governo presente © .desiderata maggior e miglier con- 
sulta, perche dove manca il discorso, suole mancar la ragione: 
e veramente pochiseimi sono li ministri e pochi quelli che hab- 
bino autorit4 e confidenza a palazzo. Appresso il pontefice non 
si sa alcuno che possi, e preponendo 8. St4 il proprio parere a 
quello di tutti, sogliono li altri o lodarlo o secondarlo. Bi usò 
in altri tempi che haveyano i papi appresso di se {re e quattro 
cardinali e con la loro discussione risolvevano i piü gravi nego- 
tii, e si teneva per arcano dei nepoti medesimi introdurre suoi 
dipendenti nella confidenza del zio, per condurlo poi e guada- 
guarlo dove o non potevano essi spuntare o non volevano sco- 
prire gli afletti loro proprj. 

Barberino non ha volute eircuire in tal modo la. liberta del 
papa: ma riservando a se solo il posto piü vicino alle orecchie 
di S. Sti, obbliga gli altri a stare retirati et al solo parer di 
lui sottopenere le proprie opinioni, non mostrando gusto che da 
chi si sia si parli al pontefice di negotio senza sua precedente 
participatione. Non si serve perö ne anco di questa autoritä, 
che. gode sole con quella libert& che per avventura complirebbe 
al ben publice et al suo proprio interesse: ma nen osando re- 
spirare contro le risolutioni e li sensi del papa, prende molte 
volte Phabito della costanza medesima di S. St4, essendosi in 
tal maniera sottoposto al disgusto delle corone e d’altri prin- 
eipi e di loro ministri per non divertire e non sopire melti strani 
accidenti. 

Appresso di questo li cardinali pur si dogliono e massime 
le creature di non haver apertura ne confidenza. Di pochis- 
simi ministri si serve il.sig" cardle, mentre la mole dei negotii 
et altre circostanze di molti lo possono render bisognevole,. 
Pancirola e Ricchi, auditori di rota, sono li piü domestiei e li 
piü adoperati, 

Paneirola & soggetto mature e di molta esperienza, che fu 
impiegato in Piemonte per la pace sin nel principio delle guerre 
di Mantova. Serve per li negetii del governo dello stato eccie- 
siastico, e non havendo haruto che traitar meco, nom mi resta 
che dire delle sue conditieni. 

Riechi & di gran spirite, promto et sagace: dirige quasi tutti 
Ni negotii dei principi e particelarmente ha in mano quelli della 
republica. E’dipendentissimoe da.Barberino, qualitä che lo rende 
oltee modo grato al sig" cardinae. Ha incentrate disgusto di 
molti ministri de’ prineipi, nemeno 6 amato dall’ universale. 
Nen ha altra esperienza che quella che li consede l’impiego 
presente, che & grande. Ha egli sempre trattato meoo, e nelle 
mie lettere e nella forma dei suoi oflicii l’averanno piü volte 
veduto descritto VV EE. Tratia con destrezza e con flemma 
e con altrettanio ingegno e solertia. Della serenissima repu- 
blica parla con tutte le espressioni di riverenza e divotione. 











Relatime di Roma 1641. 431 


Tiene a cuore certo interesse di pensioni del cardinal suo fra- 
tello, del quale ho scritto altre volte. 

A. questi: aggiungerö monar Üecca, segretario di stato, per- 
che assiste al presente alla tratiatione della lega. Non ha egli 
talenti piü che ordinarj: ma per la lunga esperienza della sua 
carica tiene buona informatione de’ negotii. E’ vecchio assai, 
e si crede vicino al cardinalato, se ben dalli nepoti & pooo 
amato, ma molto rispettato per l’affetto che li porta la St4 Sua. 
Servi il segretario del pontefice mentre fu nuntio in Francia, 
e con passaggio mostruoso di fortuna ma solito della corte oc- 
cupö il luogo del padrone medesimo, e mentre questo vive an- 
cora con poco buona sorte, Cecca gode carico, rendite e spe- 
ranze piü che 'ordinarie. Appresso Barberino non vi sono altri 
di eredito e di talenti che meritino d’esser osservati. 

Per il governo dello stato vi & consulta dei cardinali e dei 
prelati, che in due giorni della settimana disoute diverse oc- 
correnze. Altre congregationi sono dell’ inquisitione, de propa- 
ganda fide, del eoncilio, de’ regolari, de’ riti e d’altri simili in- 
teressi. Tutto pero serve a discorso, perche la risolutione re- 
sta al gusto di S. St4 e del nipote. Una congregatione di stato 
si tiene di quando in quando avanti il papa per le occorrense 
piü gravi, e non v’intervengono che le creature e i più confi- 
denti che hanno servito nelle nuntiature: ma anco questa suole 
servire ad accrediiare le deliberationi pilı che a risolverle, per- 
che ne si discorre ne si forma il decreto che per quell’ opi- 
nione nella quale si sotragge o si lascia intendere esser 9; 
St, et in efietio si querelano i pontefici di non haver di chi 
confidare, perche tutti li cardinali vivono con li loro interessi 
e rispetti verso i prineipi stranieri, 


118. 


Racceonto delle cose più considerabili che sono oceorse nel go- 
verno di Roma in tempo di monsr Gio Batte Spada. 


Aus den lebten Zeiten Urbans VIII, voll von Zügen des. Les 
bens und ber Gitte, die das Gebiet der Polizei und der Juſtiz be 
rübrten, und bier recht urfunblich ficher aufbewahrt find. ° 

Noch immer Streitigkeiten zwiſchen ben alten Geſchlechtern; 
3. DB. Gaetanen und Colonnefen; es if nicht allein ſchwer einen Ber: 

leich zwifchen ihnen zu ftiften, fondern man braucht felbft mehrere 
Tage dazu, um in bem Inftrument, das über einen foldyen aufgenoms 
men wird, eine Erzählung ihrer Händel zu Stande zu bringen, - von 
der fich nicht der eine oder der andere Theil beleidigt fühle. 

Streitigkeiten zwiſchen Franzoſen und Spaniern. Gie treffen 
einander in Ofterien: jeder Theil trinkt auf das Wohlfeyn feines Koͤ⸗ 
nigs: es kommt zu Beleidigungen; doch hält fich der fhmächere Theil - 
noch ziemlich gemäßigt: fo wie er ſich aber verflärft hat, fo wie fie 
einander auf offenen Plaͤtzen begegnen, fommt es zu Thätlichkeiten; 
der Bargello hat die größte Mühe fie aus einander zu bringen. 


432 Gio. Balt. Spada Racconio di Roma. 


&ind fie aber unter einander entzweit, fo wetteifern fie Dagegen, 
dem Hofe, der Koligei von Rom fich entgegenzufeßen. 

Beſonders die Ambaffabeurs find ſchwer zu behandeln. Allmäh- 
lig erhoben fie die Anſpruͤche, welche fpäter fo große Irrungen veran- 
laßt haben. Nicht allein ihren Pallaft erfiärten fie für eine Frei- 
fiätte, fo daß fie dafelbfk verbotene Spiele: geflatteten, fondern fie 
wollten auch ſchon die benachbarten Häufer in ihren Schuß nehmen. 
Monfignor Spada war natürlid) dagegen. „Che se si era usata 
cortesia con i Sri ambasciatori di non entrare nelle ease loro e 
delle loro famiglie, era una troppo grande estensione quella che 
volevano introdurre hora, che nô anche nelle case vicine e com- 
prese nella medesima isola si potesse far esecutione.“ 

Sifteriieh das Wichtigfte find zwei Verfuche auf das Leben Ur⸗ 
bang VIII, über die bier mit aller wuͤnſchenswuͤrdigen Authentie be: 
richtet wird. 

1. Dal processo di Giacinto Centini, nepote del card! d’As- 
coli, e d’alenni complici — — la sostanza era, ch’essendo stato 
pronosticato ch’al presente pontefice dovesse succedere il car- 
dinal d’ Ascoli; invagbito Giacinto del pronostico e desiderando 
di vederne prestamente l’effetto havesse traitato con fra Sera- 
fino Cherubini d’ Ancona minor osservante, fra Pietro da Pa- 
lerme eremita, che si faceva chiamare fra Bernardino, e fra Do- 
menico da Fermo Agostiniano, di procurare con arte diabolica 
d’abbreviare la vita a N. Sre, et a quest’ efletio fu risoluto di 
fare una statua di cera rappresentante il papa, come si essequi, 
e dopo molte invocationi di demonii e sacriticii fattigli la fluire, 
distruggere e consumare al fuoco, con ferma credenza che di- 
strutta quella dovesse terminare la vita di papa Urbano e farsi 
loco alla successione del card! d’Ascoli zin di Giacinto. 

2. La confessione di Tomaso Orsolini da Recanate. Che 
per instigatione di fra Domenico Brancaccio da Bagnarea Au- 
gusiiniano era andato a Napoli per scoprire al vicere un sup- 
posto trattato di priucipi d’invadere il regno di Napoli con in- 
teressarsi ancora S. Stà, e ch’il rimedio era di far morire uno 
de’ collegati o il papa: al che fare s’offeriva il padre Bagnarea 
sudetto, mentre se li dessero sc. 3000, quali voleva dare al sa- 
grista di N. Sre, giä reso inhabile, e'succedendo egli in quel 
carico, Ii baverebbe posto il veleno nell? hostia ch’avesse dovuto 
consegrare S. Stà nella messa, o pure quando non fosse succe- 
duto sagrista, haverebbe operato che lo speciale Carcarasio suo 
parente, menire medicava le fonianelle a S. St, vi ponesse il 
veleno: non passd pero ad esprimere al vicer& questi partico- 
lari, poiche havendogli accennato di dover far morire il papa, 
vide ch’il vicere non si applice. 


“ 119. 





Rolture tra Barberini ei Od. Farnese. 433 


119. 


Historiea relatione dell’ origine e progressi delle rotture nate 
tra la casa Barberina et Odoardo Farnese duca di Parma 
rue (Bibliothek zu Wien. Historia Prof. n. 899. 


Eine Parteifhrift, in Briefform überfandt, in welcher der Ur: 
fprung jener Srrungen ganz dem übeln Willen der Barberini zuge 
fhrieben wird. Die Monti ber Baronen knuͤpft auch diefer Autor an 
die Monti bed Staates: Leicht habe der Papſt die erforderliche Erlaub» 
niß gewährt; er habe daburd die Baronen fi nur noch unterwuͤr⸗ 
figer gemadt. (Nella erettione di simili monti il principe era 
mallevadore, riservatosi il beneplacito di poterne dimandare Y’e- 
stintione a suo piacimento. 

Ich finde nicht, daß dieſes Werk troß feined Wolumens befon: 
dere Auffchlüffe ertheilte, oder, da wir deren in dieſem Falle ja nicht 
einmal_bedürfen, daß es großes Verdienſt hätte. Das Merkwürs 
digfte find wohl feine Angaben über die antisftreichifhen und in ges 
wiſſem Sinne antifatholifhen Tendenzen Dapft Urbans, 

Si lasciava tal volta intendere, essergli ben grati li progressi 
de’ cattolici contra li heretici, ma esservi insieme da temere che 
un giorno queste prosperitä cadessero a danno e precipitio de’ 
medesimi per le gelosie che si sarebbero svegliate in tutto il 
mondo, che il imperio dovesse assorbir ogni residuo di libertä 
che vi rimaneya. Corse fama per tutte le corti che dalli im- 
pulsi d’Urbano originassero quelle ombre del duca Massimiliano 
di Baviera, che apersero una gran scisma nell’ unione de’ prin- 
cipi cattolici posti su i sbalzi, che domati li heretici fosse per 
convertirsi lo sforzo delle armi Austriache a danni di quei 
medesimi che erano stati ministri delle grandezze di quella casa; 
e per dir tutto, vi fu chi in quei tempi si vantö di sapere che 
la missione di Ceva, confidente ministro della casa Barberina, 
in Francia con titolo di nontio straordinario, bavesse ne?’ suoi 
pib reconditi arcani secrete commissioni d’eceitare il re di Fran- 
cia a mischiarsi nelle turbulenze di Germania, a fine che inten- 
dendosi con Baviera si pensasse al modo di alzare qualche ar- 
gine alla crescente potenza della casa d’Austria. 

Es zeugt wenigftens für die Verbreitung folder Anfichten in dies 
fer Zeit. " - 


120. 


Della vita di papa Urbano VIII e historia del suo pontificato 
scritta da Andrea Nicoletti. 8 Bände in folio MS. 


Gs iſt fehr zu bebauern, daß ed von den ausgezeichneten Perſo⸗ 
nen der Weitgefchichte fo wenig gute oder auch nur brauchbare Le 
bensbefchreibungen gibt. I, 

Die Urfache dieſes Uebelſtandes iſt nicht in einer Vernachlaͤßigung 


Yäpfie ** 28 


434 Andrea. Nicotelti 


ihres Andenkens zu fuchen, das vielmehr von den Angehörigen, wenn 
nicht Überfchäßt, doch fehr hochgehalten zu werden pflegt: er hat eher 
folgenden Urfprung. on 

Im Anfang, wo dad Andenken friih it, das Material noch 
zuſammen gebracht werden kann, nimmt man Rücficht auf die Zeit: 
genoffen: man wagt nicht alles zu fagen: eine Menge Perſoͤnlichkei⸗ 
ten wärden compromittirt und taufend Animofitäten gegen ven Hel- 
den felbft hervorgerufen werben. 

Später, wenn die Zeitgenoffen auch bahingegangen find, wenn 
man num fich getrauen dürfte zu reben, ift auch das Andenken ver- 
loſchen, die Materialien find zerflreut: dad Intereſſe felbft hat abge 
nommen, und erwacht nur in Denen wieder, die nun vom Stand; 
punft der hiſtoriſchen Wiſſenſchaft Her unterrichtet zu werden wuͤnſchen. 

Da traf man nun in Stalien öfters folgende Austunft. 

Einem vertrauten Freunde oder Diener des Haufes, der im All; 
gemeinen mitwiffend und unterrichtet feyn mußte, wurden die Ma: 
terialien uͤbergeben: er ftellte fie zufammen, ordnete fie an und 
verband fie zu einer zufammenhängenden Erzählung; jedoch für ben 
Druck wurde diefelbe nicht beflimmt: fie ward handfchriftlich in dem 
Archiv des Haufes aufbewahrt. 

Dergeftalt ſchonte man die Gusceptibilität der Zeitgenoffen und 
erhielt doch auch die Möglichkeit dereinftiger Auffrifhung eines raſch 
verfehwindenden Andenfens in voller Wahrheit. 

Be den Werfen diefer Art gehört‘ die Arbeit des Andrea Ni: 
eoletti. 

Sie enthält die Erinnerungen des Haufes an die Perſoͤnlichkeit 
und die Handlungen Urbans VIII, das aber was ihr Körper gibt, 
was die Mafie ausmacht, ift die Aufnahme der gefammten gefandt» 
ſchaftlichen Eorrefpondenz, wie fie in den 21 Jahren Urbans gepflos 
gen worden war. 

Diele Lebensbefchreibung befteht wefentlih aus einer Compila- 
tion der Nuntiaturdepefchen. 

Es find nicht die Finalberichte, die eigentlich fogenannten Relas 
tionen, fondern die Depefchen felbft: wie fih das benn auch für eine 
Lebensbefchreibung ziemt; der Papſt erfcheint darin immer felber ans 
ordnnend, befchließend, handelnd. 

& habe gefeben, daß man in Venedig ähnliche Zuſammmen⸗ 
ftellungen verfucht hat: aber da die Thätigfeit der Republik ver: 
fhwindet, und nur die Maffe der eingegangenen Nachrichten vorges 
legt wird, ohne daß eine Ruͤckwirkung ſichtbar hervorträte, fo zer 
fireut ſich die Aufmerkfamfeit gar bald, und ermübet. 

Hier iſt es ganz anders. Der Beruf des Papſtthums, die ver- 
wickelte politifche Stellung Urbans. VIH, die unmittelbare Bedeutung 
aller Nachrichten für ein großes Weltereigniß bringen Einheit und In: 
tereffe_bervor. 

‚ ‚Es liegt am Zage, wie überaus wichtig nun die Nachrichten 
die bier vorfommen, für die Periode des breißigjährigen Krieges in 
Deutihland find. Sie erläutern ihn in jedem Momente. 
Wo der Autor urtheilt ober in feiner Perfon referirt, wirb man 
ihm freilich nicht unbebingt zu folgen haben. Hie und da gebrach 





Vita ds pape Urbono VIII. 435 


es ihm vieleicht an ben echten Nachrichten: die officielle Farbe ließ 
ſich bei dem Urſprung und ber erfien Gonception eines ſolchen Wer: 
kes nicht verleugnen. Ich will nur Ein Beitpiel anführen. Im drit- 
ten Bande feines Werkes, p. 673, behauptet Nicoletti, Urban VIEL. 
habe den Abſchluß ‚eines Friedens zwiſchen England und Frankreich 
im Jahre 1629 mit bitterm Herzeleid erfahren (il rammarico fu 
acerbissimo); jebod; aus Aluiſe Eontarini, ber an allen Verhand⸗ 
lungen perfönlich Autheil nahm, fehen wir, daß der Papſt jene Uns 
terhanblung, jenen Abſchluß fogar angerathen hatte. Der Irr⸗ 
thum Nicolettis rührt daher, daß ihm in dem unabfehlichen Ueber⸗ 
ſchwang feiner Eorrefpondenzen diefe Notiz entgangen war, und daß 
er den Papft nach ber Idee feiner Firchlihen Stellung beurthäilt. 
So fommt noch mandyes andere vor. Jedoch das hindert nicht, dem 
Autor zu glauben, wo er nur ercerpirt. 

‚ Sein Berfahren if, daß er die Papiere geradezu herübernimmt, 
in aller Ausführlichfeit, nur mit folchen Abaͤnderungen, wie fie eine 
Erzählung nothwendig macht. Es koͤnnte hoͤchſtens der Fall ſeyn, 
Daß er einiges weggelaſſen oder umgeſtellt haͤtte. Bei der Natur 
feiner Aufgabe, die nur darin befland das ebene zufammenzus 
fielen; und der Beichaffenheit des Werkes überhaupt, das ja nicht 
für das Publicum beflimmt war, ifk dieß indeß von vorn herein nicht 
voraussufeten, und ich habe davon feine Spur gefunden. 

Obwohl ich alle biefe Bände fleißig burchgegangen, ımb Die Ges 
legenheit nicht verfäumt babe mic, eines fo bedeutenden Stoffes für 
die Welthiftorie zu bemächtigen, fo wäre doch unmöglich, an biefer 
Stelle davon weitern Bericht zu erftatten. Wer ſich mit Eorrefpons 
denzen befchäftigt hat, weiß, wie viel man lefen muß um über ir» 
gend ein Factum ins Klare zu fommen. Ein fo weitfchichtiges Mas 
terial kann ich nicht in dieſes Buch aufnehmen. 

Es folge jedoch die Schilderung der letzten Augenblicke Urbans 
VII, die recht merfwärbig ift, und feiner Perfönlichkeit, wie fie der 
Autor auffoßte. 

Tomo ottavo am Schluß. Erano in quei giorni nel fine di 
Giugno ealdi eccessivi in Roma e molto più del solito perico- 
losi: nondimeno, parendo al papa di essersi alquanto rihavuto, 
e sapendo che diciasette chiese erano senza i loro vescovi e non 
havere il cardinale Grimaldi, tornato dalla nuntiatura di Franci 
ricevuto il cappello cardinalizio, si dichiard di volere tenere i 
concistoro nel prossimo lunedi. Il cardinale Barberino credette 
di poterlo indurre anche alla promotione de?’ cardinali: percid 
non gli oppose la pericolosa sua debolezza e la febbra lenta che 
se gli poteva raddoppiare, anzi lodö il ’pensiero e confortollo 
che fosse quasi in sicuro della sanit4. Divulgatasi la voce del 
futuro concistoro, mentre si teneva il papa da alcuni moribondo 
e da altri indubitatamente morto ma che per alcuni giorni si 
fosse la morte di lui occultata, si vide la maggiore parte di 
Roma impaurita, benche ciascuno fingesse nel viso allegrezza e 
contento per la ricuperata salute. Accortosi dapoi il cardinale 
Barberino che il papa non voleva venire alla promotione di al- 
eun cardinale, giacche ne mancavano otto nel sacro collegio, 


28 * 


436 ' Andrea Nicoletti 


o perche non rimanesse sodisfatto de’ soggetti che se gli propo- 
nevano, o perche lasciar voleva al successore quella cura, fece 
con ragioni efficaeissime e con preghiere l’ultima pruova di dis- 
suadergli in quei giorni.'il concistoro, e tanto piü si ado 

. quanto vedeva, oltre il danno del papa, che egli sarebbe 

sto in discapito della stima e del credito suo, perche non fa- 
cendosi i cardinali si sarebbe confermata l’opinione che univer- 
salmente correva, che egli per cagione delle guerre fosse caduto 
dalla potenza che haveva appresso il papa, e che se havesse 
la Std Sua allungata la vita, bavrebbe dominato il cardinale An- 
tonio. Non essendosi a quelle preghiere e ragioni mosso il papa, 
monsignor Roscioli, conoscendo di dare gusto al cardinale Bar- 
berino e di giovare alla’ vita di Sua St4 col rimnoverlo dalla detta 
deliberatione, confidato nella benevolenza di Sua Bee verso di 
se, stabill di adoperarsi con ogni efficacia possibile, anche a 
nome pubblico de?’ cardinali e della eittä di Roma, di volerlo 
dissuadere dal concistoro. Preso adunque il tempo oppor- 
tuno, entrö dal papa, e postosegli inginocchioni gli disse di 
non volerlo supplicare a nome de’ suoi ministri nö per parte 
de’ suoi nipoti ne della casa Barberina, ma della cittä tutta 
di Roma: imperciotehe eszendo la Stà Sua stata eletta per 
la salute de’ popoli e per governare la chiesa, abbandonando 
la cura di se medesima con esporsi inferma a pericoloso acci- 
dente veniva insieme a lasciare in abbandono la cittä et il 
governo commessole della chiesa, non senza grandissimo do- 
lore di tutti: importare pit il suo bene o il suo male alla 
christianitä che alla casa Barberina o alla St Sua mede- 
sima: che percio se non voleva differire quella fatica alle pre- 
ghiere de’ nipoti, lo facesse almeno per V’istanze della eittä di 
Roma, che la supplicava. Il papa dopo di essere state alquanto 
pensoso rispose di non curarsi di prolungare piüı la vita, cono- 
scendo il pontificato non esser più peso delle sue forze, et iddio 
havrebbe proveduto alla sua chiesa. Dopo questa risposta es- 
sendosi alquanto trattenuto, si accorse monsignor Roscioli che 
il papa haveva gli occhi pieni di lagrime, e sospirando si ri- 
voltò al cielo e proruppe in ferventi preghiere a dio accioche 
la maestä sua divina lo volesse liberare dalla vita presente, mo- 
strandosene grandemente annojato. 

Venuto finalmente il lunedi determinato per tenere il con- 
cistoro, concorse al palazzo gran meoltitudine di popolo curioso 
di vedere il papa, che poco avanti haveva credute per morto. 
Appena entrato, i cardinali.si accorsero havere egli hormai finita 
la vita, imperciooche comparve languido, pallido e quasi smar- 
rito nelle parole, e particolarmente nel fine del concistoro mo- 
'strava di essere rimasto quasi senza intendimento. Fu data la 
'cagione all’ eccessivo caldo della stagione accresciuto dalla calea 
della gente penetrata dentro; e non andarono senza biasimo i 
ministri piü intimi del palazzo et anche il cardinale Barberino 
.per non havere impedito il papa da quella si faticosa funtione, 
non sapendo il popolo le manifatture che si erano fatte per 
distornelo: imperciocche ognuno dal vederlo in cosi grande squal- 





Vita di pape Urbane VIII. 437 


lore et abbatlimento di forze si sarebbe mosso a pietà, poiche 
chiaramente conosoevasi che il male gli haveva ingombrata la 
mente et il vero sentimento del governo delle eose, Dopo la 
propositione delle chiese e dopo havere dato il cappello al car- 
dinale Grimaldi partissi dal concistoro sommamenie aggravato 
dal male, come gli fu predetto. 

Nel di seguente fece un? attione con la quale si acquistò 
fama di grau pietä e degna di rimanere per esempio a iuiti i 
principi ecclesiastici. Questa fu di chiamare alla sua. presenza 
alcuni theologi in quella scienza e nella probitä riguardevolis- 
simi 6 dal papa creduti lontani dall’ adulatione, a quali fatta 
prima dare piena cognitione di tutti li beni et enirate ecclesia- 
stiche delle quali in tempo del suo pontificato haveva arricchita 
la casa Barberina, ordind che gli riferissero se in alcuna cosa 
egli haveva trapassato il potere e l’autorit& sua: perche era pre- 
parato a ripigliare da’ nepoti tutio cio che aggravare gli poteva 
la coscienza avanti al tribunale di dio. Li theologi furono il 
cardinale de Lugo, il padre 'Torquato de Cupis della compagnia 
di Gesü, et alcuni altri. E si animò il papa a fare questa at- 
tione dal sereno che vide in fronte al cardinale Barberino, quando 
chiamatolo prima di tutti lo fece partecipe di questo suo pen- 
siero, che non ostanti l’ombre passate quasi volle parere di vo- 
lere da lui prenderne consiglio. Lodö il cardinale la pietä della 
St Sua, e moströ di haverne particolare contento, sperando mag- 
giori felicita dalla mano liberalissima di dio, mentre solo per 
sodisfare a Sua Divina Maestä tutto cio si faceva. Dicesi che 
il parere uniforme de’ theologi fu, che havendo Sua St arricchiti 
li suoi nipoti, poteva con sicura coscienza lasciarli godere tutti 
li beni che haveva loro conceduti, e cio per due ragioni: l’una 
perche havendo promossi al cardinalato una quantitä di soggetti 
quali non haveva proveduti di entrate secondo il loro grade, li 
medesimi nipoti havessero comoditä di accomodarli secondo il 
loro bisogno: l’altro motivo per quietare la coscienza del: papa 
fu, che havendo li sopradetti nipoti in si lungo principato e 
nelle passate guerre contratto l’odio e l’inimicitie con diversi 
principi, era ragionevole di lasciarli ben comodi per mantenere 
il loro grado, anche per riputatione della sede apostolica, e non 
essere vilipesi, come suole accadere a quelli che dalla cima del 
-dominare si riducono a stato inferiore; onde l’essere bene provisti 
di ricchezze e di beni di fortuna gli havrebbe fatti maggiormente 
rispettare: et oltre di cio li medesimi nepoti havevano di loro 
natura tali viscere di christiana pietä che havrebbero erogate l’en- 
trate in beneficio de’ poveri et in altri usi pii. E con quesie 
et altre ragioni moströ il papa di quietarsi, 

Si andava dunque preparando alla morte, che da se stesso 
conosceva essergli vicina: ma fra questi pensieri e dispositioni 
si mostrava in tutti i ragionamenti pieno di giusto sdegno con- 
tro i principi d’Italia, sentendo immenso dolore che havesse a 
restare memoria che in tempo del suo pontificato si fosserg col- 
legati contgo di lui et havessero assalilo con eserciti lo stato 


438 Andrea Niceletti 


della chiesa: onde talvolta prorompeva in parole acerbe, come 
se fossero stati senza pietä, senza religione e senza legge, et 
implorava dal cielo giusta vendetta per vederli da dio gastigati 
prima di morire o almeno pentiti. Giä, come altrove si & detto, 
si era con loro fatta la pace, firmata dalla St4 Sua e sottöscritta: 
ma in essa non venivano li due cardinali Barberini nd compresi 
nd nominati: onde le creature piü fedeli giudiecarono che men- 
tre la casa Barberina era per la vita del papa ancora temuta, 
si dovesse impiegare ogni industria perche i principi Italiani 
li dichiarassero inclusi nella medesima pace. Et il cardinal 
Bicchi, che agli stessi prineipi andò plenipotentiario per parte 
di Francia, affermö che per non essere certi della morte del 
apa non sarebbero stati Ipntani dal trattarla e dall’ accettarla, 
I il cardinal Barberino con ordini precisi vietollo, ordinando 
al Biechi che di eio non ne trattasse punto, anoorche i primeipi 
spontaneamente gliel’ havessero efferto; ne volle mai sopra di 
cio sentire consigli di alcuns, allegando per ragione che il vo- 
lere loro essere inclusi ne’ capitoli della pace e nominati in essa 
altro non era che un farsi dichiarare per autori di havere mossa 
la guerra, coneiossiacosache ne’ trattati di pace non sia mai so- 
lito ne si costumi di nominare i ministri, ma i principi e capi 
che a parte della guerra sono venuli. 
Vacavano in quel tempo, come dianzi fu dettoe, otto lnoghi 
nel sacro collegio de’ cardinali: onde grande era V’agitatione in 
che stava la corte, potendo cosi gran numero eagionare non pic- 
ciola mutatione nelle cose de? capi di fattioni giä stabilite. [1 
papa, come piü volte disse a noi il cardinale Barberino, deside- 
rando che i cardinali fossero in maggiore estimatione e meglio 
proveduti di entrate, pensd di ridurre con particolare eonstitu- 
tione tutto il sacro collegio al numero di cinquanta: onde stava 
fisso in non fare altra promotione. Barberino però, conoscendo 
che col lasciare tanti luoghi vacanti non havrebbe il papa otte- 
nuto V’intento et havrebbe servito d’ingrandimento alla fattione 
del successore, piü volte supplicollo che si lasciasse vincere dal 
consentimento comune in promuovere tanti soggetti che vi erano 
meritevoli della porpora. Ma il tutto gli riusci vano, rispon- 
dendogli il papa di non volere che alcuni de’ suoi successori col 
suo esempio potessero nel fine della vita privatamente senza de- 
coro e stando in letto creare cardinali, e che questo esempio da 
Gregorio Decimoquinto ricevuto haveva e voleva con uguale glo- 
ria lasciare a’ posteri. Vi si adoperarono altri personaggi e 
particolarmente il cardinale de Lugo, il quale per rendere effi- 
caci Y’istanze del eardinale Barberino suggeri al papa il decreto 
concistoriale delli tre cardinali fatti giä spedito dopo il conci- 
storo in cui fu fatta l’ultima promotione, e che il cardinale Bar- 
berino come vicecancelliere era obbligato a ricordarlo a Sua 
St, non perche promovesse, come fu il caso di Gregorio, ma 
solo accioche' dichiarasse i cardinali già creati e riservati in 
petto, la quale publicatione a tutto il sacro collegio pareva ra- 
gionevole, ne vi era bisogno di altro coneistoro. a il papa, 





Vita di papa Urbano VIII. 439 


o che fosse sdegnato perehe il cardisale Barberiuo gli haveva 
proposti alcuni soggetti che nom erano di sodisfaltione di Sua 
Stä, o credesse di lasciare piò ‚gloriosa la memoria di se, stette 
saldo a tutte le istanze, ordinando che niuno più ardisse di 
parlargli di promstione. — — 

Era l’aspetio di papa Urbano giocondissimo, ma pieno di 
maesiä: e sebbene nel suo temperamento vi era alquanto di ma- 
Jinconico, sicche quando si veniva all’ emissione del sangue, che 
per lV’ordinario era ne’ tempi di primavera, gli uscivano dalle 
vene pezzetti eome gelati di queil’ humore, ne senza questo 
havrebbe potuto profittare tanto nelle lettere, dicendo il filosofo 
che la malinconia contribuisce assai per apprendere le scienze 
e rilenerle impresse nell’ animo. La disposilione poi del corpo 
e deile membra era nobilınente compartita. La staturs piutosto 
grande che mediocre: le carni di colore olivastro e più tosto piene 
di succo che grasse: il capo grande, che dinotava un maravi- 
glioso ingegno et una vivacissima memoria: la fronte spatiosa 
e serena: gli occhi di colore fra l’azzurro et il bianco: il nase 
proportionato: le guancie rotonde, ma negli ultimi anni notabil- 
mente estenuate: ia bocca piena di gratia: la vooe sonora, ma 
s6ave, onde con la favella Toscana, che sempre ritenne finche 
visse, uscivano da essa dolcissime parole piene di eloquenza @ 
sparse- di fiori di buone lettere e di eruditioni sacre e di anti- 
chi esempj: nutri- inino da prelato la barba honestamente lunga 
e riquadrata, la quale con la canitie rendeva il suo aspetto più 
venerabile. — — 

Veramente era tanto amabile che de una troppa apertura 
in poi che dimostrava, se pure l’importanza del negotio non lo 
ratteneva, nen vi era altro che da critici bene attenti vi fosse 
da taceiare. E se talvolta saliva in collera, ben presto tornava 
alla gieconditä di prima. — — l.’opinione de’ saggi era che con 
esso lui stimavasi necessario di essere o di alto sapere o di 
niuno o di poco: poiche sicome non isdegnava di essere gua- 
dagnato dalla saviezza dell’ uno, cosi compativa tanto all’ al- 
tro che egli stesso lo seocorreva e sollevava, se perö questo non 
fosse stato presuntuoso o orgoglioso, abusandosi della huma- 
nitä e buona conditione del papa, il quale duro et inflessibile fu 
sempre con gli orgogliosi et arroganti, sicome altretianto amo- 
revole e benigno mostravasi verso i rispettosi e modesti. — — 
Verso i sopradetti serviteri e verso anche i parenti proprj era 
discretissimo in scegliere i tempi per valersene piü comodi a 
quelli che a se .stesso, non isdegnando talvolta di udire con 

atienza qualche parola o atto di sentimento o di doglienze loro. 
5 nelle sue malattie pareva che pigliasse pil dispiacere de’ pa- 
timenti e vigilie degli assistenti a lui che del proprio male o 
de’ suoi dolori. Cosi anche non era facile a sfogamenti o la- 
menti delle persone: ma gli era grave il negare o vedere par- 
tire da se alcuno discontento. Coi suoi più confidenti servitori 
era giocondissimo, e talvolta con essi usava de’ motti o come 
si suol dire de’ sali ingegnosi. — —. Non si scordö mai degli 


440 Audrea Niceletti 


amici antichi, o fossero assenti o morti, .et in questo fu ammi- 
mirabile la sua benevolenza: onde ordind al cardinale Biscia 
sua creatura, che era stato uno di quelli suoi piü confidenti, 
accioche havesse la cura di dargli spesso nuova di loro, e se 
fossero morti, che pigliasse nota de’ loro discendenli per pro- 
vederli all’ occasioni. — — 

. Fiori in Roma nel suo tempo grandissima abbondanza di 
tutte le cose: e soleva dire che egli da Firenze haveyva havuto 
il suo nascimento, ma da Roma tutia la sua grandezza, et ha- 
vrebbe veluto che ogni persona godesse la felicitä del suo pon- 
tificato, che gli ufſicj venali della cancelleria fruttassero copio- 
samente, e percio egli era gratiossimo nelle speditioni della da- 
taria, che gli artigiani nelle loro faccende facessero grossi ma 
leeiti guadagni, e lo stesso facessero anche i mercanti di ogni 
sorie: e quindi era che mel suo pontificato correva tanto il da- 
naro. che. ogn’uno di qualsivoglia professione rimaneva sodisfatto 
e contento. Diede tali ordini per l’annona che perdoni a spesa 
per mantenere l’abbondanza. Cosi il suo maggiore godimento 
era che gli agricoltori non restassero privi di quei guadagni che 
a lui pareva si richiedessero dal pericolo della vita e della fa- 
coltà che impiegavano nella vastit& delle campagne di Roma e 
nell’ aere insalubre: e quando quasi a niun’ altro impiego pareva 
atta la maritima che della agricoltura, quivi fissö il pensiero, e 
teane piü volte proposito di seccare le paludi Pontine, per 
gnare quelle immensitä de’ paesi che hora sono sott’acqua, e cio 
per beneficio publico: ma altre cure gravi non gli lasciarono go- 
dere l’efletto di si glorioso .disegno. Ne volle mai, per mante- 
nere la .detta abbondanza, che si stabilisse il prezzo del grano 
e dell’ altre vittovaglie, ma che ogni coga fosse libera, ovviando 
in questo modo ai menopolj: ende i mercanti riempiendo i gra- 
nari, ciascuno faceva a gara di venderlo a buon mercato, e cosi 
la cittä di Roma diveniva opulenta. 

Se poi nel suo pontificato fiorirono le lettere, non & mera- 
viglia: poiche non haveva migliore divertimento che coi letterati, 
Fer accolse sempre con benignit& e rimunerolli. . Cosi anche 

ell’ altre pröfessioni nobili fu amantissimo, come della pittura, 
scoltura et altre buone arti, sicche non isdegud più volte e par- 
ticolarmente un giorno,.andando alla visita delle seite chiese 
con tutto il sacro collegio, giunto,a Santa Maria Maggiore, doppo 
havere fatta oratione in quella basilica, di entrare con.la stessa 
comitiva de’ cardinali in casa del cavaliere Giovanni Lorenzo 
Bernino colä vicina, per vedere alcuni lavori di celebre scoltura 
del suo scalpello. 

L’essere egli stato necessiiato per la medesima cagione d’im- 
porre loro le gravezze e le gabelle: onde tal volta a tali avvisi 
si vide piangere, dicendo che volontieri havrebbe dato il pro- 

rio sangue 0 de’ suoi congiunti piü tosto che di sentire le af- 
‚flittioni de’ popoli e di Roma e gl’incomodi della camera apo- 
stolica. Et a monsignore Lorenzo Raggi, tesoriere di essa, il 
quale in tempo della sua ultima infermitä andò alla udienza, 





Vita di papa Urbauo VIII. 441 


disse che desiderava di vivere ancora due soli mesi per tre ca- 
gioni: Puna per havere piü lungo tempo di penitenza e chiedere 
a dio il perdono de’ suoi peccati; l’altra per finire di rimettere 
in castel Sant’ Angelo tutto il denaro che fu levato per la guerra 
di Castro; la terza per vedere finita la fabbrica delle mura di 
Borgo e di Trastevere et assicurata la cittä di Roma. 

Se le azioni eroiche del Papa per debolezza della mia penna 
saranno senza eloquenza, senza nobilt& di stile et in somma im- 
proportionate per un pontefice si grande, nondimeno sono state 
scritte con pura e sincera veritä: il che particolarmente mi fu 
imposto et inculcato da chi teneva sopra di me suprema auto- 
ritä, cio6 che io scrivessi semplicomente da istorico, 
e mi tenessi totalmente lontano da ogni adulatione 
e vanitä e da rettorici ingrandimenti, attendendo più 
alle cose che alle parole. 

Ma tornando alla sua applicatione intorno alle cose sacre, 
oltre l’havere fatto emendare e ristampare il ceremoniale Ro- 
mano, non mancö di dare molti ordini per la cappella pontifi- 
cia: però o per negligenza de’ ministri o per distrattione ad al- 
tri gravi affari solo alcune cose principali sono rimaste in osser- 
vanza. Vero si fu che riformd anche l’uso delle indulgenze per 
chiudere la bocca agli heretici. 

Finalmente se Urbano non havesse intrapresa la guerra, 0, 
per meglio dire, se non vi fosse stato provocato e tirato a forza, 
il che gli accelerö anche notabilmente la morte, non si poteva 
desiderare nè pontefice piü glorioso ne principe di piü egregie 
qualitä&, per mezzo delle quali per molti anni del suo ponti- 
ficato conservö verso di se l’amore universale di tutto il chri- 
stianesimo, sicche fino ad hora si benedice dai popoli la sua 
rimembranza per quegli anni felici ne’ quali godettero la tran- 
quillitä e la pace. 


442 Vita del cardinal Cecchini 


Sechster Abſchnitt. 
Spätere Epochen. 


Wir haben in dem vorigen Abſchnitt alles zufanmengefaßt, was 
ſich auf Urban VII. unmittelbar‘ bezieht; es folgen noch einige 
Schriften, welche feine Zeiten mit ben fpätern verbinden. 


121. 


Relatione della vita del card! Cecchini composta da lui mede- 
simo. (Barb. 275 ©.) 


Perſoͤnliche Denkwuͤrdigkeiten, die nicht gerade viel Licht über 
wichtige Staatdarigelegenheiten verbreiten, aber ein ganz unterrich; 
tendes. Beifpiel eines geifflichen Privatlebens doch audy immer unter 
bedeutenden Verbältniffen darftellen. Ze 

Der Autor deutet an, daß er fie zu feinem Vergnügen auffeße. 
„ira futte le cose che apportano all’ uomo sommo piacere, una 
€ la memoria delle cose passate. 

‚ Sunfzehn Sabre alt, ging Eechimi im Jahre 1604 von Perugia 
nah Nom. . 

Er hatte feine Hoffnung auf die Aldobrandini gefet, mit denen 
er in entfernter Berwandtfchaft ftand; aber nur allzu früh für ihn 
farb Clemens VIII, und nady deſſen Tode vermochten die Aldobran⸗ 
dini nichts mehr. Cecchini durfte zwar fogleich neue Hoffnung ſchoͤ⸗ 
pfen: in Perugia fhon war er mit Seipione Caffarelli in Verbin; 
dung geweſen, demfelben der unter Paul V. die Stellung eines Ne 
poten fo erfolgreich geltend zu machen wußte: aber Gaffarelli wollte 
ſich diefer Bekanntſchaft nicht erinnern: der junge Menſch mußte 
durch andere Protection fortzufommen fuchen. 

Da wollte nun fein Glüd, daß er fidy gerade an zwei Mon; 
fignoren hielt, die beide fpäter Die hoͤchſte Würde erlangten, Lubovifio 
und Pamfilio. 

ehr bald verbreitete fih die Meinung in Nom, daß Ludovifio 
die Ziare erlangen werde. Go wie deffen Neffe Ludovico 1619 in 
die Praͤlatur eintrat, betrachteten ihn viele als den fünftigen Cardinal 
Padrone. Aller Augen richteten fiy auf ihn: von feinen Freunden und 
Dienern fuchte fon einer den andern auszuflechen: auch Cecchini 
flagt, daß man ihn zu verdrängen gefucht habe; aber er wußte fich 
zu balten: vermochte er body felbft dem Herrn wichtige Dienfle zu 


.da lui medesimo. 443 


erweiſen: als ein Verwandter ber Aldobrandini war er im Stande 
eine Verbindung beider Häufer zu vermitteln. Cardinal Albobrans 
dini verſprach dem Ludovifto feine Stimme . 

Schon wurden alle Maafregeln in diefer Ausſicht genommen. 
Cardinal Ludoviſio bedachte fich lange eine ſpaniſche Penſion von 1200 
Se., die man ihm nach dem Abſchluß des Friedens mit Savoyen 
anbot, anzunehmen: er fürdhtete ſich damit Die Sranzofen zu verfein⸗ 
den: unfer Cecchini mußte mit dem franzäfifchen Gefandten reden, 
und ihm allen Verdacht benehmen, der daher entfpringen fonnte. 

Unter diefen Umfländen fam Cardinal Ludoviſio nad) dem Tode 
Pauls V. fon in der Erwartung gewählt zu werden zum Eonclave 
nah Rom. Cecchini eilte ihm entgegen. „Ich führe den Papſt nach 
Rom,“ fagte er in freudigem Eifer. „Wir müflen uns nur vor 
dem Gardinal von Aquindo in Acht nehmen”, entgegnete Ludovifio, 
„fo wird es gut gehn.“ — Ludovisio avera tal sieurezza del 
pontificato che domandommi per burla chi saria stato papa: 
rispondendogli che il papa non era in Roma e che io l’avrei 
condotto, con gran fiducia mi soggiunse queste parole: „Guar- 
datemi del card! d’ Aquino, che faremo bene.‘ 

Alles gelang: Ludoviſio wurde wirftih gewählt. Der Nepot 
umarmte Ceechini vor Freuden, und machte denfelben zu feinem Auditor. 

‚Hiedurdy trat diefer nun unmittelbar in die Nähe der böchften 
Gewalt. Er war nicht ohne Antheil an den Staatsgeſchaͤften, we⸗ 
nigftens nicht ohne Mitwiſſenſchaft, aber feine vornehmſte Beſchaͤfti⸗ 
gung blieb, die Geldangelegenheiten des Cardinals zu verwalten. Der 
Ertrag von Avignon und Fermo fam in feme Sand: der Cardinal 
wollte nicht allgemein befannt werden laflen, wie viel er ausgebe. 
Denn er war hoͤchſt Tplendid. Als Ludovifio das Gamerlengat bes 
fam, flieg auch Ceechini zum Auditore dieſes Amtes auf. 

Sonderbare Mißbraͤuche, die uns hier entgegentreten. - Unter 
dem Namen des Gardinal Nepoten ge Befehle aus, die man 
„non gravetur‘ nennt. Ber fie beittt, iſt gerichtlich nicht zu bes 
langen. : Man fucht ſich vor feinen Glaͤubigern durch ein „non gra- 
vetur‘‘ zu fihern: es gibt ſelbſt Handwerker die dergeſtalt ges 
ſchuͤtzt ſind. Aber noch viel ſchlimmere Dinge berichtet unfer Autor. 
Unter Papſt Paul V. ward dem Prior und dem Fuͤrſten Aldobrans 
Dini der Proceß gemacht. Cecchini behauptet, daß ſich der Generals 
fiscal falſcher Zeugnifle bedient Habe, um ein verdammendes Urtel wider 
fie auszubringen. Aber ihren Tod habe man nicht gewünfcht: der Zweck 
fey nur geweſen, die Aldobrandini zu nöthigen einige Schlöffer an 
die Borghefen zu überlaffen. Inter Gregor XV. ward der Gene 
ralfiscal dafür gefangen gefeßt. Era vivente Gregorio stato car- 
cerato Pier Maria Ciroccht, che vivente papa Paolo fu fiscale 
generale, per molte imputationi, tra le quali la principale era 
che nella causa criminale intentata al principe e priore Aldo- 
brandino, nella quale furono condannati in pena della vita e della 
robba, egli avesse procurato di far esaminar testimonj falsi, si- 
come in effeito fece. La detta sentenza non fu data per altro 
se non perche il card! Pietro Aldobrandino si disponesse a oe- 
dere al card! Borghese li castelli di Montefortino e di Olevano, 


444 Vita del cardinel Cecchini 


che aveva comprati dal daca di Zagarolo, sicoame se volse la 
gratia della detta condennatione delli nepoti, lo convenne fare, 
con farli anco constituir prigioni in castello, dove steitero quat- 
tro mesi. — Unmwärdigfeiten bie abſcheulich find. Die hiftorifche 
Pflicht verbietet dason zu fchweigen: obwohl wir bemerfen muͤſſen, 
daß Cecchini ein natürlicher Anh oe der Albobrandini iſt. 

Nach Gregor ward Urban VIII gewählt. Schon hatte Cec⸗ 
chini Gelegenheit genden ihm einen großen Dienft zu erweifen, wenn 
auch nur durch Stillſchweigen. Als ardinal hatte Urban einft in 
heftiger Aufwallung gefagt, man werde dem EI. Ludoviſio etwas ges 
denfen, und nichts hätte ihm im Conclave fchädlicher werden können 


als diefe Drohung, da Ludovifio fo mächtig darin war; jedoch auf 


Magalottos Bitten ſchwieg Cecchini. 
Schr charakteriſtiſch tritt Urban noch ein ander Mat in dieſer 
Lebensbeichreibung auf. . 
. Urban VII. fühlte fich durch die Proteſtation Borgias tief ges 
kraͤnkt: er fchrieb den Cardinaͤlen Ubaldini und Ludoviſio einen An⸗ 
teil daran zu, und wollte fie dafür zuͤchtigen. Ubaldini würde er 
ind Gefängniß haben werfen laſſen, —* ſich ihm der Fiscal nicht 
ſtandhaft entgegengeſetzt: aber wenigſtens entfernen mußte ſich dieſer 
Cardinal: auch Ludoviſio'n wollte der Papſt nicht in Rom dulden. 
Unſern Cecchini, der noch in ludoviſiſchem Dienſte ſtand, ließ er deshalb 
rufen, und befahl ihm, dem Cardinal zu ſagen, er moͤge ſich binnen 
14 Tagen in fein Erzbisthum Bologna begeben. Unter heftigen Aus⸗ 
bruͤchen ſeines Zornes erklaͤrte er das. „Eine gute Stunde,“ ſagt Cec⸗ 
chini, „mußte ich zuhoͤren, wie er mit tauſend Schmaͤhungen auch 
Borgia zu zuͤchtigen drohte; ich durfte ihn nicht unterbrechen: er wie⸗ 
derholte dann, Ludoviſio möge fih entfernen, oder er werde mit den 
Sbirren fortgebracht werden.” Auch dießmal hätte Cecchini beffer ges 
ſchwiegen. Uber er bielt es für nothwendig feinem Herm Meldung 
zu machen. Es iſt für den Zufland des Hofes fehr bezeichnend, daß 
er es hiedurch mit Jedermann verdarb. Ludoviſio fand, Cecchini hätte 
fi die Ausbruͤche des Papſtes nicht gefallen, es eher zu einem völligen 
Bruce follen fommen laſſen. Gardinal Barberini war aufgebracht, 
denn Geckhini hätte erft mit ihm, dem Cardinal Nepoten, reden fol: 
len. Am ungebaltenften aber war Urban felbft, zumal da die Sache 
ein wenig verunftaltet berumgebracht wurde. Er ließ den armen Eecs 
chini noch einmal fommen, und machte ihm hier eine Scene, in wel⸗ 
her der alte Ingrimm gegen feine Feinde und Reue über feine Au⸗ 
Berung, — gethan haben und nicht gethan haben wollen, — Weberzeu: 
gung von feiner päpftlichen Allgewalt und das Gefühl daß der Andere 
doch nicht unrecht gehandelt, ich auf eine fonderbare Weife vermifch: 
ten. ber Urban VII. war ein Mann, der zulegt wieder in ſich 
ging. Ludoviſio hatte ſich entfernt, und war fur; Darauf geflorben. 
Gechini hatte zwar feine bisherigen Stellen verloren, aber doch eine 
neue befommen, die ihm fogar zuweilen Gelegenheit gab den Papſt 
zu ſehen. „Monfignor Cecchini,“ fing biefer eines Tages an, „ver: 
zeiht und, wir find gegen Euch zu weit gegangen.” Cecchini fagt, 
ihm feyen hierüber Thraͤnen in die Augen gefliegen, und er habe mit 
tiefer Hingebung geantwortet. Der Maggiordomo des Papſtes 











da ini medesimo. 445 


befuschte ihn noch den nemlicdhen Tag, und fagte, feit 4 Jahren habe 
der Papft biefe Stunde erwartet, und ſich von Herzen gefreut, daß 
fie endlich gefommen. 

Ceechini Hielt ſich jegt Abrigen® wieder zu ben Aldobrandini: fehr 
thätig finden wir ihn bei der Verheirathung ber reichen Erbin dieſes 
Hauſes „Olympia. Cardinal Ippolyto ſtarb, ohne daruͤber definitiv 
beſtimmt zu haben, und man fuͤrchtete, die Barberini wuͤrden ſich ein 
ſo großes Erbtheil nicht entgehn laſſen: Olympia mußte ſich krank 
ſtellen. Mit Huͤlfe des Jeſuitengenerals, mit dem alles uͤberlegt wer⸗ 
den mußte, gelang es, die Vermaͤhlung mit dem jungen Borgheſe 
wie fie der Cardinal zuletzt gewuͤnſcht, ſechs Tage nach dem Tode deſ⸗ 
felben, zu Stande zu bringen. 

Deshalb ließen jedoch Die Barberini unfern Prälaten nicht fals 
fen: nachdem fie fih nur erfundigt, ob er auch nicht etwa mit den 
Sarnefen in Verbindung ftehe, wandten fie ihn bei der Bewaffnung 
von Rom an. 

Da fand nun Cecchini zunaͤchſt, daß die neue Auflage auf ben 
Landwein die Gemiuher ſchwierig mache. Er erflärte dem Ei. Bar, 
berini, das fen eine Nuflage welche die Römer nie gelitten, wegen 
deren fie gegen Eugen IV. aufgeftanden, — unb bewirkte in der That, 
obgleich auf ben Ertrag berfelben ſchon ein Monte gegründet wors 
den, daß doc der Pächter auf der Stelle gerufen ward. Gern leis 
fiete diefer Berzicht, er fah die größte Schwierigkeit bei der Erhe⸗ 
bung vorher. Cecchini eilte auf das Capitol, wo bie Nömer eine 
Verſammlung hielten, und theilte ihnen diefe Nachricht mit: fte woll« 
ten ihm Anfangs nicht glauben, aber er ließ den Wächter rufen, ber 
e3 dann beftätigte. Alles fchrie: „Viva papa Urbano, viva mon- ' 
signor Cecchini. Man füßte ihm Hand und Kleider. 

Noch Hatte aber Cecchini feine hoͤchſte Stelle nicht erreicht. Er 
erlebte das Gluͤck, daß noch einer feiner alten Gönner, und vielleicht 
her eifrigfte von allen, Cardinal Pamfili, auf den päpfilichen Stuhl 

ieg. 

Sn den erflen Tagen waren die Barberint noch in Gunſt bei 
Innocenz X; Cecchini befam die Einladung, mit den beiden Cardi⸗ 
naͤlen beim Papft zu erfcheinen. „Hat Euch Garbinal Barberini 
etwas gefagt,‘ fragte ihn dann Innocenz. „Nein. Er wandte 

erft an Franz, dann an Antonio, und bat fie zu reden. Gie 
weigerten fi. „Wir wollen Eudy nicht länger peinigen,” fagte end» 
lich der Papſt: „wir haben Euch zu unferm Datar gemadıt: ihr ſeyd 
ben Herrn Barberini dafür verpflichtet, die und darum gebeten ha⸗ 
ber: gern haben wir es zugegeben.“ 

iefe Stelle hatte indeß viel Unangenehmeds. Der Papſt war 
unbeftändig, eigenfinnig, mißtrauifh. Aus andern Quellen willen 
wir, daß die Verwaltung Cecchinis nicht ganz ohne Zabel war: 
Donne Dlympia Maidaldina Fonnte ihn nicht leiden, ſchon weil auch 
feine Schwägerin, Donna Glementia, Gefchenfe empfing: ich babe 
diefe Dinge bereits berührt: fie haben für die Verwaltung Innocenz 
X. eine gewifle Wichtigkeit: es erfolgten die gehäffigften, ärgerlichften 
Seenen. Cecchini iſt glücklich, daß Donna Olympia endlich entfernt 
it: in den Zeiten ihrer Ungnade, kurz nach dem Tode Panzirolos, 


446 Deoons 


der im Nov. 1651 farb, alſo ungefähr ‚Anfang 1652, ſchrieb er 
Diefes Werkchen. ze 

Es fällt mir auf, daß in bemfelben nicht allein in ber Gefinnung, 
fondern bis in die einzelnften Ausdruͤcke ſchon ein ganz modernes We⸗ 
3 herrſcht, das taͤgliche Leben roͤmiſcher Praͤlaten von heute und 
geſtern. 


122. 


Diario veridico e spassionato della cittä e corte di Roma, dove 
si legge tutti li successi della suddetta cittä incominciando 
dal primo d’Agosto 1640 fino all’ ultimo dell’ anno 1644, 
notato e scritto fedelmente da Deone hora Temi Dio, e 
copiato dal proprio originale. Informatt. Politt. "Tom. 
XL bis Ende 1642; Tom. XLVII bis Ende 1644; Tom. 
XLI $ortfegung 1645 — 1647; Tom. XLIII 1648 — 1650. 
(Zufammen mehr ald 2000 Bl.) 


Es Hat mir nicht gelingen wollen, über ben Autor diefes fo un, 
gemein ‚ausführlichen Tagebuches andere Notizen aufzufinden, als 
die welche er felber hie und da mittheilt. 

Es ergibt fi, daß er in fpanifchen Dienften fland und daß er 
in den @eichäften der Niederländer mit Rom, vornehmlich mit ber 
Dataria befchäftigt war. Ich follte urtheilm, daß er wirfiid ein 
Spanier und Fein Niederländer geweien. Zu dem Carneval über: 


fest er Comoͤdien aus dem Spanifchen ins Italieniſche und läßt fie 


vor einer: fehr glänzenden Geſellſchaft durch junge Leute aufführen. 
Der fpanifhen Monarchie, welder er angehört, wibmet er eine relis 
giöfe Verehrung: er redet oft von ber „heiligen Monarchie”, ohne 
welche das Schifflein Petri gar bald untergehn würde. Den Wi: 
derſachern oder Abtrünnigen tritt er mit heftigem und unverholenem 
Hoffe entgegen. Die Gatalanen, bie fih eine Zeit lang unabhän: 
gig hielten, erflärt er für eine barbarıfye Nation: einer oder der 
“ andere hatte ihn um eine Empfehlung bei der Doataria gebeten: 
er erflärte, fie möchten erfl wieder gute Diener des Königs werden. 
Noch bei weitem weniger aber fann er ed verfchmerzen, daß die Por⸗ 
tugiefen fich fogar einen andern König gefeßt haben: fein Buch if voll 
von Iinvectiven gegen diefe Nation. Er meint, wenigſtens alle bie, 
welche in Rom angefeflen, ſeyen geneigt zum Judentham abzufallen. 
So ſchlecht es auch geht, fo verliert er doch den Muth nicht. Er 
hofft noch immer, daß ſich Holland zu feiner Zeit einmal wieder dem 
König unterwerfen werde: die Ketzerei habe ihre Perioden, man müffe 
fie zu Ende kommen laffen. Eine ber ſpaniſchen Monarchie gewid- 
mete enthufiaftifche Rechtglaͤubigkeit! 

‚Alle vierzehn Tage nun dietirte dieſer begeiſterte Diener Phi⸗ 
lipps IV. ein Schreiben, einen Bericht Über die während dieſer Zeit 
vorgefallenen Merkwürdigkeiten, die er dam irgend einem Großen 
der ſpaniſchen Monarchie zufandte. Es waren urfprängli Avviſi, 
wie fte damals fo häufig vorkommen: znfammengefchrieben bildeten 
fie ein Zagebuch. 


i 
| 
j 


Es iſt man ganz in bem Sinne verfaßt, ber dem Autor natür 





Dierio di Bama 1640 — 1650. 447 


lih.wor. .. Yapit. Arban dan VIII. wirb feine Neigung pı Frankreich, 
und das gelammte politiſche Verhaͤltniß in das er ſich gefeht hatte, 
übel genommen umd ſchlecht ‚ausgelegt. Papfſt Innocenz X. dages 
gen, der. eine andere Politik einſchlug, wird mit viel günfligeren Aus 
gen betracktet: ..-.: oe 

Es iſt nichtd was der Nutor nicht berührte: geiftliche uud gelehrte 
Sachen: Geſchichte: der Orden und: des Hofeb: die innern häuslichen 
Verhaͤltniſſe und die Politif: allgemeine politifche Betrachtungen und 
Stadtgefchichten. - . , 
zu ehn wir näher..auf die Duelle feiner Mittheilungen ein, fo 

iſt fie, wie.min fcheint, bauptiächlich folgende. In den Vorzimmern 
des Gardinal: Nepoten .vertinigte ſich an den beflimmten. Tagen alles 
was Geſchaͤſte im Walla hatte; es bildete ſich ein ‚allgemeines Ge⸗ 
fprädy; Jedermann brachte feine Notizen vor; ed fonnte nichtd Die 
YAufmerfiamfeit erregen was bier nicht befprochen warb: fo weit ich 
aus einigen Andeutungen fchließen kann, fammelte unfer Verfaſſer 
bier die Hauptmaffe der Nachrichten die er mittheilt. . 

Er geht dabei mit großer Weblichfeit zu Werke: er fucht die 
Dinge genau zu erfahren: oft trägt er Berichtigungen nach. 

Zugleich. aber fah er doch ‚auch. jesumeilen den Papſt, den Ne 
poten, bie einflußreichfien Staatemänner: auf das fältigfte ver; 
zeichnet er was er and ihrem. Geſpraͤch entuimmt: dann und warn 
iſt es merkwuͤrdig genug. 3 2 

Man könnte nicht behaupten, daß die Lectüre eines fo weitichich- 
tigen Opus gerade fehr intereflant. wäre: aber man lernt auch bier 
Perfonen und Dinge nach und nad) faft wie aus unmittelbarer An- 
ſchauung Fennen. So oft und in fo mannigfaltigen Lagen werden 
fie uns vorgeführt. 

$ würde nun unmöglich feyn, einen einigermaßen genügenden 
Auszug .aus einem fo volumindfen Werke einzufhalten; es mögen die 
Stellen genügen, auf die ich mid) bereit bezogen habe. 

1. Una delle pit belle memorie di questa già dominatrice del 
monde è un monumento antico in forma rotonda di circonferenza 
graudissima e di bellissimo marmo presso a San Sebastiano detto 
Capo di bove. ll Bernino, statuario famosissimo del papa per 
suo utile, ba posto in. consideratione di fare una facciata son- 
tmosa all’ Acqua Vergine detta di Trevi: ottenne un breve di 
poter buttare a terra quella machina si bella, et incomincid a 
metterlo in esecutione: ma fu dal popolo Romano avvedutosene 
impedito, e Popera cessa per non cagionare rumori. 

2. Martedi maitina tenne. eoncilio generale in Campidoglio 
il popolo Romano, che fu numerosissimo pid che mai, atteso 
che vi concorsero molti titolati, che per il passato non mai in- 
tervennero. La proposta. fu che sendo il,popolo Romano zup- 
presso dallo gabelle impeste da papa Urbano si dovesse suppli+ 
care Sua St4 ger levare almeno la gabella della maecina, tanto 
piü che fu imposta fin che durasse. la guerra all’hora in piedi, 
la quale hoggi & terminata. ‚Passo il partito, e furono deputati 
sei gentilhuomini Romani per esporre al papa la:petitione in- 
coutinente. 'Comparre Don Cesare Colonna, zio del principe di 


448 Relaiione di Roma dal!’ Almaden. 


Gallicano , il quale dimandd udienza da popolo Romano da parte 
‚della signora Donna Anna Barberina. Gli fu risposto che ve- 
nisse, e postosi allo scabelletto trasse dal semo un memoriale, 
diecendo che era di Donna Anna Colonna, e chiedera che si le- 
gesse. Fu letto, e diceva che non si dovesse mandare al papa 
levar gabelle giuridiche e con legitima causa imposte da papa 
Urbano, il cui zelo verso 1a giustitia e meriti che ha con que- 
sta citt& non permettono che si ritratti il disposto di lui. Re- 
std ogn’uno meravigliato da simil dimandita, volente impedire 
il solleramento del popolo: ma fu perö subito peneirato che la 
buona signora hareva perinteso che si levarebbe la gabella colli 
beni de’ rini. Fu risposto al Colonna che’l senato e po- 
polo non faceva altro che esporre alla Sua S4 il bisogno della 
eittä. Questa risposta il Colonna,portö correndo a Donna Anna, 
che stava aspettando per quest’ efletio alla chiesa d’Araceli. — 
— Mercordi il cardinal Colonna havendo inteso la disorbitante 
proposta della sorella, mandö al senato Romano a farli sapere 
ch’egli uon hebbe in quella sciocchezza parte alcuna, ma che 
era pronto di assistere alla giusta petitione del popolo.. — — 
Venerdi mattina il popolo Romano di nuovo convocò consiglio 
pieno, e fu riferito che 8. St4 s’era contentate di levar la gabella 
deila macina con Teeffeeto di Don Taddeo Barberini, di modo 
che fu ben divisato la pretensione di Donna Anna Barberina. 


123. 


Del stato di Roma presente. (MS Vindob. Fosc. n. 147.) Auch 
unter dem Titel: Relatione di Roma fatta dall’ Almaden. 


Ich will nicht enticheiden, ob aus der leßten Zeit Urbans VIII. 
ober der erften Innocenz X; für die innern Zuſtaͤnde in jener Epoche 
recht bedeutend: über Tiber und Anio, die Zunahme ber Aria cat> 
tiva, die Einfimfte der Römer, die Geldgeſchaͤfte überhaupt, den Zus 
fiand der Familien. Es wäre möglich, daß biefes Werkchen von dem 
Verfaſſer des Diario felbft herruͤhrte: einige Spuren follten barauf 


hren. 

Doch will ich die Auszuͤge nicht haufen, da ich, wenn ich mich 
nicht irre, bei dem verftorbenen Fea einen alten Drud davon fab. 
Es feige nur die Stelle, auf welche ich mich oben p. 111 bezo⸗ 
gen habe. 

Gregorio XIH considerando che quantit% grande di danaro 
usciva da Roma e dallo siato per prezzo di grani ohe venivano 
per mare da Barberia ed altri luoghi, spesse volte riscaldati e 
guasti, e tal volta non giungevano:. a tempo e si restavano af- 
fatto, per sosirarsi da tutti quesii mancamenti, fece smacchiare 
per molte miglia riducendo la campagna .a coltura, sicche Roma 
da quel tempo di rado ha haruto bisogno di grano forestiero ; 
ed il buon pontefice Gregorio ha conseguito il suo intente: ma 
lo smacchiare ha aperto il passo a’ venti catlivi, da quali 
nasce ogni infemperie, che cagiona certo morbo chiamato da 
Alessandro da Civit& medico, trattando de marbi de’ Romani, 


Compendio etc. da Gregorio XIII fino a Clemenie IX. 449 


capiplenium, cosa sopra modo fastidiosa e piü alli forestieri 
ch’alli nativi, morbo anco cresciato dopo la comdotta di tanti 
fonti, dalli quali Roma, sendo bassa et umida di sua posi- 
tura, vien resa piü umida per la moltitudine dell’ acque delle 
fontane. Siccome Gregorio XIII smacchid la campagna sotto 
Roma verso il mare grassa ed attissima per la coltivatione del 
grano, cosi Sisto Quinto smacchidö la campagna sopra Roma 
meno fertile, per torre il ricorero a’ masnadieri che infestavano 
le strade, e ben riusciva il diseguo, perche li sradicd affatto. 
Der VBerfaffer billigt zwar das Verfahren Sixtus V, weil «8 der 
Zramontana zu freierem Durchzug verholfen: aber wie viele Uebel 
bat man fpäter von ber Zramontana hergeleitet!  (Cancellieri so- 
pra il tarantismo p. 88.) 


124. 
Compendio delli casi piü degni e memorandi occorsi nelli pon- 
tiicati da Gregorio XIII fino alla creatione di Clemente 
IX. (50 Bl.) 


Der Verfaſſer verfihert bie Wolfe gefehen zu haben die beim 
Tode Sirfus V. den Quirinal verdunfelte (Aug. 1590). Da das 
Werkchen bis 1667 reicht, fo ift Far, daß es nicht von Einem Aus 
tor herrühren kann: es wird fpäter in ähnlichem Sinne fortgefeßt 
worden feyn, wie es damals angefangen war, d. i. als eine Samm⸗ 
lung roͤmiſcher Merkwürdigkeiten und Anefdoten. 3. B. lieſt man 
bier, wie die franzdfifhen Möndye in Trinita di Wonte mit den cas 
labrefifchen und andern in Beindfchaft geriethen und diefe vertries 
ben, fo daß fie Andrea delle Fratte anbauten, welches damals noch 
zwifchen Gärten lag; — wie die Sefniten auch alle andern Orden 
wieder erweckten ihre Pflicht zu thun; — Wunder die ſich ereignes 
ten; — Nachrichten von den Bauten der Wäpfte. 

Es fommt dabei doch gar manches Merfwärbige vor. 3. B. 
folgende Erzählung vom Tode der Bianca Eapello: Volendo la gran- 
duchessa di Toscana Bianca Capelli avvelenare il card! Ferdi- 
nando suo cognato in certa confezione, il GD Francesco suo 
marito ne mangid prima: il che inteso da lei, ne mangiò essa 
ancora, e tutti due morirono subito et il cardi si fece granduca. 
— Von der Wegfuͤhrung Cardinal Cleſels aus Wien, welche der 
jeſuitiſche Beichtvater Ferdinands II. niemals zugeben wollte: Vero- 
spi ebbe un giorno commoditä d’essere coll’ imp*® senza il Gie- 
suita, e con beila maniera fece capace l’impre che non poteva 
ritenere detto cardle e solo il papa esser suo vero giudice, e tal- 
mente commosse Cesare’ che lo fece piangere e glielo fece con- 
signare. — Oder auch Sittenzüge. Ein reicher Praͤlat flicht in 
fein Zeflament die Elaufel ein, daß fein Nepot nur dann feine Verlaſ⸗ 
fenfchaft erben folle, falls er eines natuͤrlichen Todes flerbe; we nicht, 
folle fie an fromme Stiftungen fonmen; — Duca Cefarini bezahlt 
Niemand, ehe man nicht Anftalt macht, das Pfand zu verauckionis 
ren das er ſich bereits hatte nehmen Iaffen. Ein Orſino droht einen 
mabnenden Gläubiger zum Fenſter herauswerfen I laſſen. Der 
Gläubiger erfucht ihn, er möge ihn erſt beichten laſſen; Orſino ant 


Papfie * 29 


450 Bemerkung über die 


wortet,.zu ihm muͤſſe man nur kommen, wenn man fchon ichtet 
(ehe bisognava venirci confessato). — Ein Negromant fährt auf 
einem Wagen den ein paar Hunde ziehen, in Rom ein: man bringt 
aus, es feyen ein paar Teufel, mit denen er fahre wohin er wolle. 
Der Eourier von Mailand behauptet, er babe ihn bei Mailand vers 
laſſen und bei Rom wiedergefunden. Man zieht ben vermeinten 
Hegenmeilter ein und bringt ihn um. . 

Wären diefe Aufzeichnungen nur etwas geiftreicher, fo wären 
fie unfchägbar, fie würden Sitten und Zeiten vergegenwärtigen, ohne 
fo ermüdende Studien nöthig zu machen wie obgebachtes Tagebuch. 


Geben wir jegt zu den Schriften über, welche Junocenz X. un» 
mittelbar betreffen. j 


Bemerfung _ 
über Gualdi Vita di Donna Olimpia Maldachina 1666. 


So wie wir erfahren, daß Gregorio 2eti, den wir hinreichend 
kennen gelernt haben, der Autor auch diefer Schrift iſt, fo fällt faſt 
der Anlaß weg, von ihrer Glaubwärdigkeit zu handeln; fie hat die 
flärfite Vorausſetzung wider fich. 

Da jedoch noch 1770 eine franzoͤſiſche, 1783 eine beutfche Ue⸗ 
berfegung davon erfchienen if, und unfer Schroͤckh wenigſtens die 
Haupterzählung für wahr halten zu dürfen glaubt, weil fie ja niemals 
beſtritten worden fey, fo if wohl nicht überflüffig, ein Wort davon 
zu ſagen. Behauptet doch der Autor Fühnlich, er werbe nichts er⸗ 
zählen was er nicht felbft gefehen ober wovon er ſich nicht die ſicherſte 
Kunde verfihafft habe. 

Bon vorn herein ſchuͤrzt er feinen Knoten mit der Erzählung, 
die Samilie Maldachini, die er für roͤmiſch hält, habe einſt eine Wall 
fahrt nach Loreto unternommen, bier habe ſich ihr in Borgheto der 
junge Pamfili zugefellt, fich in die Tochter des Haufes, Donna Olims 
pia, verliebt, und nach der Rücfehr fich mit ihr verheirathet; gar 
bald aber: fey Dlimpia mit feinem Bruder, dem nachmaligen Far, 
damals einem jungen Abbate, vertrauter geworben als mit ihrem Ge⸗ 
mahl. Auf dieß Verhaͤltniß wird der Einfluß begründet welchen 
Donna Olimpia über Innocenz X. hatte. 

Wir können aber getroft jagen, daß baran fein Wort wahr iſt. 

Die Familie Maidaldyina iſt Beine römische, fe ift aus Acqua⸗ 
pendente. Donna Olimpia war Witwe, als fie fih mit Pamfili 
verheirathete. Paolo Nini zu Biterbo, der legte von dieſem Geſchlechte, 
war ihr erſter Mann: da fie ihn beerbte, fo brachte fie in das Haus 
Pamfili eine reihe Mitgift: darauf und nicht auf eine imaginäre 
Bertraulichfeit mit dem Papſt war die Autorität gegründet die fie 
in der Familie genoß. Als diefe Vermählung vor id ging, fehlte 
viel daran, daß Innocenz X. ein junger Abbate geweien wäre. In 
einer Infchrift, die der Senior des Haufes in der Billa Maidalchina 
zu Viterbo errichtet hat, heißt e8: er babe diefe Villa ausgeſchmuͤckt 
im Sabre 1625, ehe feine Schwefter in das Haus Pamfili vermäplt 


Vita di Donna Olimpia. 451 


worden. Marchio Andreas Maidalchinus — — villam hane ante 
nuptam sororem suam Olympiam eum Innocentii X. germano 
fratre — — extruzit ornavitque anno Domini MDCXXV. Sn 
Buffi's Istoria di Viterbo p. 332 iſt die ganze Inſchrift mitgetheilt. 
Mithin kann diefe Vermaͤhlung erfi ungefähr 1626 gefchehen feyn; 
da war Giambattifta Pamfili, ſpaͤter Innocenz X, bereits 54 Jahr 
alt und feit 20 Jahren nicht mehr Abbate fondern Prälat. In dies 
fen Augenblide war er in mancherlei Runtiaturen beſchaͤftigt: — 
darf man aus einigen feiner Aeußerungen einen Schluß ziehen, fo 
wird das Verdienſt der Donna Dlimpia gewefen feyn, daß fie ihn 
biebei fo wie fpäter aus ihrem Vermögen unterſtuͤtzte. Er konnte den 
Stanz behaupten der in diefen Zeiten dazu gehörte um emporzukom⸗ 
men. Diefem Anfange gemäß entwickelte 16 auch ihr gefammtes 
Verhältniß: hatte Donna Dlimpia den Prälaten unt t, und eis 
nen gewiſſen Antheil an der Ermerbung der päpflfichen de, fo 
wollte fie diefe fih mın audy zu Nutze nrachen. 

In jenem ausführlichen Diario, das der Dlimpia Schritt für 
Schritt folgt und mo von allen Geheimniffen des päpfklichen Haus⸗ 
weſens geredet wird, ift Feine Spur einer iflegitimen Vertraulichkeit 
zwifchen dem Papft und feiner Schwägerin zu entdeden. 

Auch dieſes Werkchen Letis ift ein aus apokryphen Nachrichten 
und chimärifchen Dichtungen zufammengewebter Roman. 


‚ 125. 


Relatione degli ambasciatori estraordinarj a Roma al sommo pon- 
tefice Innocentio X, Pietro Foscarini Kr, Zuanne Nani 
Kr Procr, Aluise Mocenigo I fu di q. Aluise, e Bertucei 
Valier Kr. 1645 3 Ott. 


Eine völlige Veränderung ift nad) Urbans Tod eingetreten. Ins 
nocens X. if von den Frangofen ungern gefeben: er möchte gern 
den Kaifer unterffüßen, wenn er nur koͤnnte: er ift ein Freund der 
Venezianer. Nur wäre möglich, daß er aus natürlicher Unentſchlof⸗ 
fenheit fi in feinen Maafregeln ſchwankend zeigte. Die Gefands 
ten finden e3 deshalb doppelt noͤthig ſich nicht aus Privatruͤckſichten 
mit ihm zu entzweien, und nicht etwa wegen eines liederlihen Moͤn⸗ 
ches das päpftliche Wohlwollen zu verfcherzen. 

r Folgendermaßen werden die Prdcedentien dieſes Papſtes dar⸗ 
eilt. 
9 Nasce il presente sommo pontefice Innocentio X, chiamatö 
prima Gio. Batt. cardle Pamfilio, della famiglia de’ Pamfilj ori- 
ginata gi& in Ugubbio cittä dello stato d’Ürbino. Questa venne 
habitare in Roma sotto il pontificato @Innocentio VIII, si ap- 
parentö con le prime case della città, visse se Br in molta ri- 
putatione et honorevolezza: La madre di S. Bue fü della fa- 
miglia de’ marchesi dal Buffolo, nabile e principale, della quale 
ne fa il papa hoggidi molto conto, ritrovandosene piü d’uno al 
suo servitio im palazzo. Fu la Siæ Sua allevata dal tardie Ge- 
relamo Pamfilio, suo zio paterno, che visse in gran concelto e 


29 * 


452 Rel. di IV ambasciatori 1645. 


fu vicino ad esser papa e che fu fatto card» da Clemente VIII 
mentre si trovava auditor decano della rota chiaro per la virtü 
et innocenza de’ suoi costumi. Si trova la St Sua in età di 
72 anni, di statura piü che ordinaria, ben propertionata, mae- 
stosa nella persona, piena di grande mansuetudine e benignitä: 
onde sempre che esce dalle sue stanze per occasione di conci- 
storj, capelle o altre occasioni, da prontamente e volentieri au- 
dienza a tutti di ogni conditione, benche poveri e miserabili che 
se gli fanno innanzi, riceve i lor memoriali, e con molta pa- 
tienza e carità procura di sollevare ognuno, consolar tutti con 
grande acclamation dei sudditi e con gran differenza dal pon- 
tificato antecedente. Fu il papa prima avvocato coneistoriale, 

oi auditor di rota eletto da Elemente VIll. Fu da Gregorio 
kv mandato noncio a Napoli e da Urbano VIII impiegato 
nelle legationi di Franza e Spagna del card! Barberino con ti- 
tolo di datario, fu dallo stesso Urbano eletto patriarca d’An- 
tiocbia, mandato noncio in Spagna, e poi promosso al cardina- 
lato li 9 Novembre 1627. Come cardinale & stato in concetto 
di natura severa, inclinato al vigore, puntuale nelle cose ecele- 
siastiche. E? stato sempre adoperato in tutte le congregationi 
principali, e si può dire che ha esercitate tutte le cariche piü prin- 
cipali di Roma con universale sodisfattione, havendo nell’ animo 
suo fatta sempre particolar sede la modestia, la patienza, l’in- 
tegritä, la virtü, la mira di non disgustare alcune, accarezzando 
tutti e condonando le ingiurie. ode una buona salute, ha 
complessione assai robusta, va sobrio nel cibo, fa volentieri 
esercitio, assiste alle capelle et altre funtioni con gran mae- 
stä, e fa tutte le cose ecclesiastiche con pompa, decoro‘, parti- 
colar godimento suo © puntualitä. Va pesato assai in tutti li 
negotii gravi, vuol tempo ad esaminarli e risolverli. E’ stato 
solito nella sua passata fortuna andar tardi e tardi levarsi dal 
letto, osserva il medesimo stile nel pontificato, onde rare volte 
€ retirato avanti la mezza notte ne levato la mattina avanti 
qualche hora del giorno. Ha nei tempi andati fatta molia sti- 
ma dei principi: ha desiderate le loro giuste sodisfattioni: si 
dichiara preservare ne’ stessi concetti, non voler esser partiale 
d’alcuna delle due corone, ma padre universale amorevole di 
tutti: si risente non incontrar bene ne con Puna ne con Y’altra 
di esse al presente, e se n’& esalata con grande confidenza piò 
d’una volta con noi; crede perö che ognuno si dolga per ar- 
vantaggiare i proprj interessi, non perche ambedue non cono- 
scano la necessitä della sua indipendenza, e come che sia amica 
della pace naturalmente e la obblighi a questa il posto di pon- 
teßce in cui si trova constituito. Va nutrendosi con simili con- 
cetti ricevendo a grande alimento suo la confidenza con la 
Serenissima Republica, come questa con l’autoritä, consigli et 
amor suo possa esserle del maggior presidio: anzi soggetto di 
grand’ eminenza e della maggior confidenza nostra ha confidato 
ad alcuno di noi, forse .d’ordine della Stà Sua, la intentione 
ch’ ella havrebbe di stringersi con I’ EE VV con parlicolare al- 





Rel. di Al. Contarini 1684. 453 


leanza, quando credesse incontrare la publica dispositione: sopra 
di che con termini generali ufficiosi fu risposio, nessun nodo 
poter maggiormente legare i prineipi che la sinceritä e corri- 
spondenza de’ cuori e la uniformit& de’ fini et interessi. 


126. 


Relatione dell’ ambasciatore Veneto Aluise Contarini fatia al se- 
nato dopo il ritorno della sua ambasceria appresso In- 
nocentio X. 1648. (22 31.) 


Auch dieß Pontificat entwickelte ſich lange nicht fo vortheit: 
aft, wie man erwartet hatte Der erften, ziemlich ehrenvollen 

Relation fügt Aluife Contarini Sohn Niccolos — der frühere Aluife 
iſt ein Sohn Tommaſos — fhon manche bei weitem minder gün- 
flige Züge hinzu. 

In feiner Jugend habe Innocenz ritterliche Uebungen und den 
Zeitvertreib der Liebe (passatempi amorevoli) den Studien vorges 
zogen: auf feiner Nuntiatur in Frankreich habe er fich wenig An» 
fehen erworben, man habe ihn wegen feines ewigen Abfchlagens Mons 
fignor Es geht nicht genannt (Mr Non si puol); dagegen in Spa⸗ 
nien fey er durch Mortfargheit in den Ruf eines weiſen Mannes 
gefommen. 

Was ihn zum Papſt gemacht? Antwort: drei Dinge: wenig 
reden, fich viel verftellen und gar nichts thun. „Da corteggianı 
fu detto che tre cose l’avevano fatto papa, il parlar poco, si- 
mulare assai e non far niente.‘ 

Si fa conoscere hora poco inclinato alle gratie, delicato e 
vetriolo, (?) — riputato da tutti d’ingegne tardo neli’ apprendere 
e poco capace di gran machine, ma ostinato nell’ apprensioni: — 
procura di non farsi conosoere partiale di alcuna corona: — 
Freund der Ruhe, ber Gerechtigkeit, nicht biutgierig, guter Deconom. 

Die Umgebung des Papfted: Donna Dlimpia : ihm deshalb lieb, weil 
fie eine große Mitgift in das Haus brachte und ihn bamit unterſtuͤtzte: 
donna d’ingegno e spirito virile, solo si fa conoscere donna per 
la superbia e l’avaritia; — Yancirolo: di traiti manierosi, d’in- 
gegno vivace, cortese di viso e di parole; — Capponi: a bocca 
ridente ricuopre la sua malitiosa industria; — Spada: si pavo- 
neggia delli suoi stimabili talenti. Man fieht wohl, nicht eben 
fehr ehrerbietig drückt ficy unfer Autor aus. Der Mangel eined Ne: 
poten warb bei dieſer Natur des Papſtes doppelt fühlber. 

Folgen einige Züge der Negierung. Tra li corteggiani si suol 
dire che chi tratta col papa d’alcuno affare, nelle prime audienze 
lo reputa quasi perfettionato, nella seconda conosce esser to- 
talmente da farsi, e nella terza si scuopre con stupore sconcluso, 
— Crede disprezzabile quel principe che non conserva appresso 
di se un bıfon numero di contanti da valersene in un? urgente 
bisogno. Per non apendere si contenta di soffrire dell’ avversa 
fortuna ogni pi opprobrioso strapazzo. — Trovandosi l’annata 
di Roma spogliata di quelli assegnamenti de’ quali si valse in 
altri tempi, come proprii per essere stati dissipati nella guerra 


454 Memoriele dei deputali di Fermo 1648. 


Barberisa, Sua St4 conoscende l’aunata presente penuriosa di 
grano ha più volte assegnato di esser pronto di sovvenirla di 
grossa somma di contasti; ma ripugnando la sua natura allo 
sborso, ha cercato aggiustarlo in altra forma, sebene non a suf- 
ficienza. — Tutte le communitä si trovano talmente esauste e 
ruinate per cagione della guerra Barberina che gl'è impossibile 
giammai risorgere e ribaversi. — Particolare entrata del papa 
di 800 m. scudi consistente negli emolumenti delle componende 
della dataria e nelle vacabilit& degli officii di quella e della can- 
celleria, come ancora di una sorte di monti vacabili dell’ audi- 
tore e tesoriere di camera, chiericali di essa, et altri simili offi- 
cii, di tutta questa somma, che entra nella borsa secreta e non 
nella publica, ne & assoluto patrone S. St, potendone disporre 
al suo arbitrio e donarla a chi piü li piace senza temere che 
siano richieste dal successore. eine Bauten: auf dem Capitol, 
in ©. Vietro, im Lateran: — in cui rinnovandosi con nuovo mo- 
dello le tre navate della chiesa, rimane nel suo essere l’aderna- 
mento di quel vago e ben inteso soflito, — in Piazza Navona: 
con il gettato di aleune case per la parte di S. Giacomo de?’ 
Spagnuoli restando in quadro la piazza. 

Man fieht, dem fchlechten Eindruc den ber Hof hervorbrachte 
Bu Erf, it Contarini do im Ganzen unparteiifh und unters 
richtend. 


127. 


Memoriale presentato alla Stà di N. Sre papa Innocenzo X dai 
deputati della eittà di Fermo per il tumulto ivi seguito alli 
6 di Luglio 1648. 


In Majolino Bifaccioni’s Historia delle guerre eivili di que- 
sti ultimi tempi Ven. 1664 findet fi), wie ſchon bemerft, mitten 
unter den wichtigften Ereigniffen, neben Carl I. und Cromwell, der 
Empörung von Portugal und Gatalonien, auch eine Historia della 
guerra civile di Fermo, d. i. die Geſchichte eines Auflaufes, in 
der der päpflliche Governatore, Bisconti, erichlagen worden. 

Hier haben wir dad Memoriale, mit welchem zwei Deputirte, 
Lorenzo Nobile und Lucio Buerrieri, vor dem Papſt erfchienen, um 
ihn wegen der That um Verzeihung zu bitten. 

Nach ihrer Darftellung, die doch viel authentifcher und anfchaus 
licher ift als Bifaccioni, und einen Blic in bad Innere der Städte 
zu diefer Seit eröffnet, war das Korn mißrathen und das Brod 
ungewöhnlich theuer: dennoch wollte der Governatore Getreide aus 
bem Gebiete von Fermo ausführen. Keine Warnung ließ er Statt 
finden. Seinen Garabiner zur Geite, Piſtolen auf feinem Tifch, ers 
Flärte er, er wolle eher fterben, wie ed einem Governatore und Gols 
baten zufomme, als nachgeben. Er verbot das Configlio, zu welchen 
Deputirte auch aus den benachbarten Caſtellen ankamen, und 309 
Zruppen sufammen. Uber biefe feine Soldaten „Tann von Dem 
Acker wo fie geerntet, von der Zenne wo fie gedroſchen“: fie kannten 
den Mangel dem man ausgeſetzt war, und flatt fich dem tumultui⸗ 


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Giustiani Relatione di Roma 1652. 455 


renden Poͤbel je widerfeßen, ergriffen fie defien Partei. Der Go⸗ 
vernatore fah ſich troß feiner Bravaden genöthigt nachzugeben und 
fein Getreide innerhalb des Stadtgebietes zu Laffen. 

‚ Wein faum fing man an ſich zu beruhigen, als corfifche Mis 
Iizen, vom &overnatore berufen, am Thore erihienen. Man glaubte 
nicht anders, als Wisconti wolle mit deren Hülfe feinen Vorfat doch 
durchfegen. Ein Auflauf entfland. Alles fchrie: „Wir find verra 
then, zu den Waffen!” man z0g die Glocken, flürmte den Pallaft und 
tödtete den Governatore. 

‚ „Die Abgeordneten betheuern ihre Treue, und beflagen bieß Er: 
eigniß, — — über das vor allem ber Adel betrübt fey (di vedere, 
senza potervi rimediare, da persone del popolo ucciso il prelato 
di Vra Stà datogli per suo governo). 


128. 
Relatione della corte di Roma del cavre Giustiniani data in se- 


nato l’anno 1652. (Eopie in der Magliabechiana zu Florenz 
24, 65.) 


Von Bewunderung und Erwartung ging man aber auch uns 
ter Innocenz erſt zu —* und Mißbilligung, endlich zu Klage 
und Verwerfung uͤber. 

Zuan Zuſtinian — denn ſo ſprechen und ſchreiben die Venezianer 
dieſen Namen — kam nach mancherlei andern Geſandtſchaften von 
Wien nad) Rom, und reſidirte hier von 1648 bis 1651. Dieſe 
Jahre erfüllen feine Depeichen, und auf fie bezieht ſich feine Re⸗ 
atıon. 

Seine Schilderung bed Hofes lautet num nicht fehr tröflich. 

Was in dem Papfte Gutes fey, fagt er, fomme der Stadt Rom 
und hoͤchſtens dem Kirchenflaate zu Statten, feine ſchlechten Eigen- 
fchaften feyen der ganzen Chriftenheit nachtheilig. Jedoch auch in 
dem SKirchenfiaate fey die Abldfung der ſchwerſten Strafen durd 
Geld ein großes Uebel. „Mi si afferma per massima indubitata 
che in sette anni di pontificato habbia estratto dalle composi- 
tioni di persone processate come ree il valore di 1200 m. scudi, 
che s’accosta a due milioni di ducati. Als eine Art von oͤffent⸗ 
lihem Ungluͤck erfcheint hier der Einfluß der Donna Dlimpia Mais 
daldhina: „Donna di gran spirito, prepotente per solo titolo di 
esatta economia. Se vacavano officj nella corte, niente si de- 
liberaba senza il beneplacito di lei: se vi erano beueficj da dis- 
tribuire, i ministri della dataria tenevano ordine di trattenere 
ogni spedizione sinche datagli notizia della qualitä delle vacanze 
scegliesse a sua disposizione ciö che più tenesse di gusto: se 
vi erano chiese episcopali da provedere, ad essa ricorrevano i 
pretendenti: e quello che rendeva nausea a tutti gli uomini ono- 
rati, era il vedere che erano preferiti quelli che piùò allargavano 
la mano a donativi.“* . ' 

So fährt er fort; doch bin ich nicht ficher, ob die Relation auch 
wirklich echt iſt. 

In dem venezianiſchen Archiv iſt ſie nicht vorhanden: in der 





456 Pesaro Contarini Valiero Sagredo 


Magliabechiana zu Florenz finden fich zwei Eremplare, die aber nicht 
durchaus mit einander übereinflimmen. Sch babe mich an das ges 
mäßigtere gehalten. 

Otädticyer Weiſe war es nicht nothwendig, aus biefer Relation 
zu ſchoͤpfen, da jenes Diarium und die Nachrichten Pallavicinis in 
bem Leben Meranderd VII. eine bei weitem beflere Auskunft dars 
ten. 


129. 


Relatione dell’ ambasceria estraordinaria fatia in Roma alla St di 
N. Sre Alessandro VII dagli Eccmi SSri Pesaro, Conta- 
rini, Valiero e Sagredo per rendere a nome della Sera 
Republica di Venetia la solita obedienza al sommo pon- 
tefice l’anno 1656. 


Derfelbe Peſaro, in deffen Gefandtichaft die Entzweiung Ur: 
band VIII mit der Republik fällt, der feitvem immer eher für einen 
Gegner der Geiftlichfeit gegolten hatte, war an die Spitze der be- 
gluͤckwuͤnſchenden Gefandten geitellt, und jeßt von den Uebrigen mit 
der Abfaflung der Relation beauftragt worden. Sey es nun, daß 
feine Geſinnung, wie er fagt, van Anfang ſehr gemäßigt geweſen 
war, oder daß die Weihe von Jahren, die feitdem verflofien, eine 
Veränderung in ihm hervorgebracht hatte: feine Relation iſt fehr 
verftändig, wohlmeinend und belehrend. 

Schon über die Regierung Innoceng X. drückt er ſich zwar miß⸗ 
billigend, aber nicht fo vollfommen wegwerfend aus wie Andere. 
„Oltre la cupiditä insatiabile ch'è regnata in quella casa, vi si 
€e aggionto che essendo mancato di ministri valevoli al sosten- 
tamento di cosi gran principato, non havendo luogo nell’ animo 
suspicace di quel pontefice la fede di chi si sia, ogni cosa per 
lo piü si regolava secondo gli appetiti immoderati di una donna, 
che ha aperto largo campo alle penne satiriche di fare compa- 
rire i disordini di quel governo maggiori ancora di quel che in 
faiti si fossero. °* 

Wie gefagt, fo wenig das nun lautet wie ein Lobfpruch, fo iſt 
es doch mit den heftigen Erclamationen Anderer verglihen ein fehr 
milde Urtheil. _ 

Aber der vornehmfte Gegenfland des Berichtes ift nun ber neue 
Papſt Alexander VII. 

Peſaro findet, wie ja auch die uͤbrige Welt davon uͤberzeugt war, 
daß die Meinung von den Tugenden: Fabio Ehigis, der Ruf feiner 
Nuntiatur ihn befördert habe, — obgleih die Medici im Grunde 
die Erhebung eines ihrer Unterthanen ungern fahen. „Piü santa 
elettione non si poteva aspettare da un senato di soggetti che 
per quanto havessero distratta la volontä da mondani interessi 
non potevano di meno di non lasciarsi in fine guidare da quel 
spirito santo che essi presumono assisiere ad un’ attione di tanta 
rilevanza, “ 

Er fchildert fein Emporfommen, im Allgemeinen ben Charafter 
feiner erfien Handlungen: „von den dconomifchen Dingen zeige er 











Relatione di Roma 1656. 487 - 


wenig Verſtaͤndniß, deſto mehr von kirchlichen, und nicht ganz uns 
. beugtam fielle er fih an’; — auch feine Angehoͤrigen; — e ill 
nicht nöthig dieß zu wiederholen: nur zu bald nahmen die Dinge 
eine andere Entwickelung ald man erwartet hatte. 

„Iroppo per tempo parmi‘, fagt glei unfer Peſaro, „che 
il mondo canonizzi questi sentimenti del papa, e che per farne 
più accertato giudizio faccia di mestiere osservarsi quanto con 
il tratto del tempo si sia per mostrarsi costante nel resistere 
alle mantellate dell’ aſſetto.“ — Schon damals machte man dem 
Papfte von allen Seiten fo viel Vorftellungen, daß feine Stand» 
bhaftigfeit erfchüttert werden zu muͤſſen fchien. 

Der Zweck diefer Gefandtichaft war jedoch nicht allein Gluͤck 
zu wäünfchen, fondern noch viel mehr, den römifhen Hof um Unter 
ſtuͤtzung für den Krieg von Candia zu bitten. 

Die Gefandten entwideln, welche Anftrengungen Venedig ges 
macht habe um dem Feinde widerfiehn, vor allem um nur zunaͤchſt 
die Kriegskoſten befireiten zu koͤnnen: Anleihen mit flarfen Zinfen, 
Iebenslänglichen oder immerwährenden: — Berfauf allodialer und feus 
daler Güter: — Mittheilung der Würden des Staates, die bisher 
in einem engen Kreife fellgehalten worden, ja der venezianifchen Nos 
bilität überhaupt, die doch um fo ſchaͤtzbarer fey, je weniger fie ges 
mein gemadyt werde, an eine größere Anzahl. Jetzt aber feyen fie ganz 
erihöpft: von den übrigen Potentaten der Chriſtenheit laffe fich 
nichts hoffen, da es allzu viel innere Beindfeligfeiten zwifchen bens - 
felben gebe: ihre einzige Zuflucht fey der römifche Stuhl. 

Der Papft hörte fie nicht ohne Zeichen von Theilnahme an: er 
antwortete ihnen mit einer glänzenden Lobeserhebung der Republik, 
Die fich nicht allein mit dem Eifen, fondern auch mit dem Golde der 
Wildheit der Barbaren entgegenfeße: was aber die Hauptfache an⸗ 
belangt, fo erflärte er ihnen, daß er ſich außer Stande fehe etwas 
für fie zu thun. Die päpftliche Caſſe fen fo erfchöpft, daß er nicht 
einmal wifle, wie er der Stadt zu Brot verhelfen folle. 

Die Gefandten ergaben ſich nicht: fie ftellten vor, daß die Ges 
fahr es wohl rechtfertige, wenn man ben alten Schatz Sirtus V. 
Dieß Mal angreife: — „prima che l’urgenza degli accidenti che 
possono Bopravenire, maggiormente siringa e per sostentamento 
della religione e per sicurezza del proprio dominio ecclesiastico‘‘; 
befonderd machte die Betrachtung auf den Papſt Eindruck, daß es 
die Kühnheit des Teindes vermehren werde, wenn er fehe, daß 
auch ein neuer Wapit die Hülfe verfage, deren man fo fehr bebürfe. 
Alexander fah wohl ein, daß etwas geſchehen müffe: er machte den 
Vorſchlag einer Einziehung geiſtlicher Güter. 

Wie merfwürdig iſt es, daß der römifche Hof zuerft mit Maaß⸗ 
regeln diefer Art hervortrat. Schon Snnocenz X. hatte den Vene⸗ 
zianern Die Aufhebung zweier Orden, der Ganonici di S. Gpirito 
und der Eruciferi angetragen: er batte Die Abficht, aus ihren Guͤ⸗ 
tern weltlihe Canonicate zu bilden. Uber einmal fürdteten die 
Denezianer, der römifhe Hof werde fih die Verleihung berfelben 
anmaßen, und fobann fahen fie dieſe Inflitute ald Werforgungen für 
arme Nobili an. Jetzt nun ſchlug ihnen dieß Alexander aufs neue vor. 


458 Pesaro Contarini Valiero Sagredo 


II papa postosi in atto di volerci rappresentare cosa di 
nostro sollievo, prese a dire che, da qualche iempo in qua es- 
sendosi dalla sede apostolica fatto riflesso non meno all’ abon- 
danza che alla superfluit% degl’ instituti religiosi, haveva tro- 
vato che alcuni di essi degenerando dalla primiera intentione de’ 
loro fondatori erano trascorsi in una total rilassatione di co- 
stumi;, che compliva non men® al servitio della chiesa che de 
medesimi secolari il pigliare quegli espedienti che sogliono usare 
gli accorti agricolteri quando vedono in modo lussuriar la vite 
che la cepia de rampolli serve più tosto ad isterilirla ahe a ren- 
derla piü fruttifera: che a ciò s’era dato in qualche parte prin- 
cipio con la soppressione di alcune religioni, ma che ciò non 
bastava, conoscendosi in tulto necessario restringer questo gran 
numero a quei solamente che riiengono 0 che meglio pussono 
ridursi a ritenere la prima forma della loro institutione; che per 
farsi strada a ciò s’era soppresso un humero grande di conven- 
tini piccioli ove con minor riguardo si rallentava il freno alla 
ritiratezza regolare, e che si persisteva nel primo pensiero di 
procedere alla finale abolitione d’alcuni altri ordini che con il loro 
licentioso modo di vivere riempivano il mondo anzi di ecandoli e 
di mormorationi che di buon esempio e di edificatione, ma che si 
camminava lentamente, perche in negotio di tal rilevanza s’ha- 
verebbe voluto incontrare anche nella sodisfattione de prineipi, 
i quali, non ben esaminati i veri motivi che inducevano la sede 
apostolica in questa risolutione, havevano dato segno di qual- 
che repugnanza all’ esecutione de brevi ponteficii: ma che spe- 
randosi ad ogni modo che in-fine havesse ogn’ uno a dar mano 
al proseguimento di cosi ben ponderata risolutione, li metteva 
intanto in consideratione alla Serenissima Republica che aben- 
dando il dominio Veneto di quenta qualita di religioni, s’apriva 
un modo facile che venisse dato luogo alla retta intentione di 
chi ha la suprema direttione degli affari ecelesiastici et insieme 
a poter somministrare un considerabile ajuto in soccorso della 
presente guerra contro gl’infideli: che nessuno meglio di noi po- 
teva sapere a che estremitä di dissolutezza e di scandeli siano 
gionti li canonici di San Spirito di Venezia, essendosi la Sere- 


'nissima Republica veduta in necessitä di metter freno alle scor- 


retioni di quel convento, che non contento d’haver postergata 
ogni osservanza regolare abusava anco si sconciamente delle 
riecchezze che haverebbono potuto servire a comodi alimenti di 
un numero quintuplicatamente maggiore di religiosi, che sem- 


. pre grossamente si trovava indebitato: che il simile si poteva 


dire de’ Cruciferi, ne’ quali apena si discerneva vestigio di vita 
celaustrale: che per tanto anteponeva che procedendosi alla soppres- 
sione di queste due religioni, s’haverebbe potuto andar pensando 
al modo di passare alla vendita de’ beni da esse possessi, et il 
ritratto si convertisse in sostentamento di questa guerra, giac- 
che era diretta contro il nemico fierissimo del nome christiano. 
Dießmal ſchien es dieſen Geſandten doch als ſey ein- folcher 
Vorſchlag nicht zu verwerfen. Sie berechneten, welch ein großes 














Relatione di Bomu 1656. 459 


Eapital der Verkauf gegen geringe und bald zu filgenbe Zinfen ein- 
tragen, welchen Vortheil die Seeulariſation fo bedeutender Güter 
dem Flor des Landes bringen koͤnne. Auch ihre Betrachtungen find 
bei einer Unternehmung , die damals fo neu war, und fpäter fo all 
gemein wurde, der wörtliden Bemerfung werth. . 

In realtä fatti anche cengrui assegnamenti a’ frati esclusi 
per il loro vivere, che non ascenderaano mai fra l’ıma e Paltra 
religione 10 m. ducati all’ anno, se de’ loro beni ascendenti 
alla summa di 26 m. ducati se ne ritrarranne 600 mila nella ven- 
dita, come verisilmente si puö oredere, non sentir& il publico 
maggiore interesse di due per cento vitalitii e qualche eosa meno: 
et ogni altro motivo altre volte portato in dissuasione di nego- 
tio simile va per bene, suppesti gli alimenti che annualmente 
si presteranno a superstiti: e cosi smembrandosi dall’ ordine 
ecclesiastico questa grossa somma di portione di fondi_collocati 
ne? migliori siti di questo dominio, vengono li laici a rimettere 
in possesso, senza far torto alla pietä di quelle anime grandi 
che hebbero cuore di spropriare le descendenze loro di cosi opu- 
lenti patrimonii, per fondare e stabilire in questo stato la reli- 
gione; che se hora veder potessero quanto ella sia ben radicata, 
altra interpretatione non darebbono a’ loro sentimenti se non 
che se gti fu grato di esser fondatori di tanti monasteri per ri- 
covero di persone sacre, niente meno goderebbono che l’istesse 
ricchezze, giache sovrabondano, si convertissero in propulsare 
P’impietA minaceiante la distruttione di quella pietä che con le 
proprie sostanze cercarono di promovero. 

Nah. den venezianifhen Angelegenheiten, bie hier einmal wies 
der höhere Gefichtepunfte darbieten, treten dann auch die allgemein 
europäifchen hervor. 

Die Unternehmungen Carls X. Guſtav machten den größten Eins 
Druck in Rom, und man brachte Geld zufammen um König Caſi⸗ 
mir zu unterſtuͤtzen. 

Noch viel empfindlicher aber fiel es bem römifchen Hofe, daß 
die Sranzofen ſich nicht allein abgeneigt zeigten einen Frieden mit 
Spanien einzugehn, fondern daß ſich Mazarin fogar mit England 
verbändete — ein Cardinal mit Proteflanten, das allerchriſtlichſte Koͤ⸗ 
nigreich mit einem Alfurpator, der den legitimen Fürflen verjagt 
hatte, — und daß er dieß ohne alle: Noth that, ohne durch irgend 
eine große Gefahr dazu veranlaft zu feyn. 

Wären diefe Unruhen nicht, 1 würde ber Papſt fein ganzes 
Bellreben darauf richten Deutfchland wieder Fatholifch zu machen, 
wo feine Werfönlichfeit in fo gutem Rufe ſtehe. Der Uebertritt der 
Königin von Schweden made hiezu alle Hoffnung rege. 

Die. Geſandten fahen bie prächtigen Anftalten, weiche man zum 
Empfang diefer Königin traf. Mit dem herumfchweifenden Leben 
das fie führte (fuori forse della convenienza dell’ età e dello 
stato virginale, druͤcken fie ſich ſehr befcheiden aus), koͤnnen fie fich 
nicht verftehn, doch Laffen fie der Kraftund Kuͤhnheit ihres Entfchlufs 
fes alle Gerechtigkeit wiberfahren. 

„Ecco in compendio cid che ci & parso di ‚peter riferire‘“, 
fagt Peſaro an diefer Stelle. 


460 “ Pallavicini 


Dieſer Schlußform fügt er nur noch ben guten Math hinzu, 
mit dem Papſt immer in moͤglichſt gutem Wernehmen zu flehn. 

Der Papft hatte ausführlich Über die Genugthuung gefprochen, 
die es ihm verfchaffen werde, wenn man auf feine Bitten die Je 
fuiten in Venedig wieder aufnehme. Der Gefandte it doch dafür, 
daß man darauf eingebe. Parmi che sia gionto il tempo di de- 
cidere se »’habbia a dar luogo a questo regresso, o pure, per 
non haver di quando in quando ad urtare per quesia causa in 
male sodisfattioni con i pontefici, s’habbia da imporvi perpetuo 
silentio. — — A sodisfare intorno a ciò al desiderio del papa 
par che possa esser motivo il conoscersi che essendo questi 
huomini grandi istromenti a sostenere le ragioni della chiesa, i 
papi pro tempore rinnoveranno le medesime istanze, le quali re- 
Jette daranno ne’ principj de’ pontificati materia a male sodis- 
fattioni. | 


130. 


Vita, attioni et operationi di Alessandro VII, opera del cl! Pal- 
lavicini. 2 Foliobände. (Bibl. Cors.) 


Sn der Bibliothek Barberini zu Nom gab man mir eines Ta⸗ 
ges ein MS in die Hände, mit dem Titel: Alexandri VII de vita 
propria liber primus et tertius cum fragmentis libri secundi; 
einen Eoder von ungefähr 300 Blättern, fo voller Eorrecturen, wie 
nur immer ein Autograph feyn kann, aber durch einen unglücklichen 
Zufall in große Unordnung geratben. Der Buchbinder hatte die 
einzeln zu lefenden Bogen in Quinternen zufammen geheftel. Es 
war faum fortzufommen. ' 

Der Anfang lautet: Res suo tempore gestas literis commen- 
dare, quamvis et nunc et olim usitatum, plerisque tamen eo no- 
mine minus probatur quod arduum scriptori sit procul habere 
spem, metum, amorem, odium animi, nubes quae historiam, lu- 
cem veritatis, infuscant. Allenthalben wo ich aufichlug, zeigten fi 
intereffante, aus guter Kenntnif flammende Nachrichten: uber Die 
Jugend Aleranderd, die Berufung feiner Nepoten nah Rom, die An: 
funft Chriſtinas: — follte wirklich der Papſt, mitten in den Befchäfs 
tigungen der höchften geiftlihen Gewalt, noch Zeit gefunden haben 
fein Leben zu ſchreiben und den Styl mit fo großem Fleiße durchs 
zucorrigiren? | 

Gar bald ergab ſich, dem Zitel zum Zroß, daß dieß nicht der 
Tall feyn konnte. 

Der Autor erflärt unter andern, daß er durch genaue Befannts 
{haft mit dem Papfte zu diefer Arbeit vermocht worden. Fortunae 
obsecundantis beneficium fuit ut cum hoc principe inferiores gra- 
dus obtinente singularis intercesserit mihi animorum consensio 
et mutua tum ore tum literis consiliorum communicatio. 

Die Trage entfland, wer diefer fo genaue Bekannte, ja Ber: 
traute Alexanders geweſen fey. 

Muratori eyäbtt beim Sahre 1656, der Jeſuit Pallavicini habe . 
im Anfang der Megierung Alexanders, ber fo glänzende Hoffnungen 














Vita di Alessandro VII. 461 


erwedte, fi) daran gemacht, das Leben biefes Papftes zus fchreiben; 
aber nad) der Berufung der Nepoten und der damit zufammenban- 

enden Veränderungen fey ihm die Feder aus ber Hand gefallen. 
Pallavieini war allerdings perfönlich vertraut mit Alerander VII: 
im Anfang feines Pontificates fah er ihn alle Tage: es zeigte fich 
möglich, daß dieß jene fragmentarifche Arbeit von Yallavicn: wäre. 

Nah einigen neuen Nachforfchungen fand fi nun auch in ders 
felben Bibliothek eine Lebensbefchreibung Aleranders VII, welche dem 
Gardinal Pallavicini zugefhhrieben wurde Sie war zwar italies 
niſch, aber doch war die Sache einer Vergleichung werth. 

Der erite Blick Ichrte, daß das italienifche daffelbe Werk war 
wie das lateinifhe. Der erſte Sat lautet: E’ opinione di molti 
che non si debba scrivere historie se non delle cose antiche, in- 
torno alle quali la speranza e la paura, l’amore e l’odio verso 
le persone commemorate non habbian luogo nè possono infoscare 
la veritä. Die andere Stelle die ich angeführt, lautet italieniſch: 
Imperoche m'è toccato a sorte d’haber con questo principe nella 
sua minor fortuna una singolare e corrispondenza d’affetto e con- 
fidenza di communicationi hor con la lingua hor con la penna 
per lo spaüo giä di 30 anni. 

So geht das fort. Das Iateinifche Eremplar wies fich offenbar 
als eine Ueberſetzung des italienifchen aus; nur etwas frei, mit dem 
Zuſatz einer leichten Nuance des Gedanfens. 

Unglüclicher Weife war aber die Aehnlichfeit größer als ich ge 
wünfcht hätte. Wie das lateiniſche Eremplar ſich ſchon in dem Ti⸗ 
tel ald Fragment anfündigt, fo wear auch das italienifhe durchaus 
fragmentariſch. Nah einigen Erläuterungen über die frühere Ju⸗ 
gend fprang die Erzählung auf die Wahl und die erften Handlun⸗ 
gen Aleranderd im Yontificate über. 

Suchen und Bebürfen macht nur um fo begieriger: ich fragte 
allenthalbden nach. Auf der Bibliothef Albani fand fich ein anderes 
Eremplar, aber ebenfalls fragmentarifch. 

Und ſchon glaubte ich mich zufrieden geben zu müflen, da ich 
in einer anonymen Lebensbefchreibung Wallavicinis nur ein Bruch⸗ 
ſtuͤck von diefer Geſchichte citirt fand, eben die Bücher die ich ſchon 
kannte. Endlich bei’ den Gorfini hatte ich das Gluͤck auf ein voll 
fländigere® zu ſtoßen. Es ift eben dieß, deflen Titel ich oben be 
zeichnet habe, in zwei flarfen Boliobänden. | 

Das Merk trägt Hier den Namen Pallavicinid an der Stirn, 
und geht bis auf das zmeite Eapitel des fechöten Buches ununterbro, 
chen fort. Erft bier laͤßt fich, wie fich verfteht, der Werth diefer 
Arbeit für die Gefchichte jener Zeit Iberfehen. 

Das erſte Buch enthält die frühere Gefchichte Alexanders VII. 
Stirpe, parentelle, natali, fanciullezza di Fabio Chigi: — studj, 
avvenimenti della pueritia: — studj filosofici e legali: — ami- 
eitie particolari: alle Capitel welche auch das erſte Eremplar fo: 
wohl im Latein als im Stalienifhen enthält, denen nun aber das 
eorfinifche Eremplar weiter hinzufügt: azioni et esereitii pii: — vi- 
celegatione di Ferrara sotto Sacchetti: — nuntiatura di Colonia. 

In dem zweiten Buche wird aledann die Regierung Innocenz 


462 Pallavicini 


X. und der Antheil welchen Ehigi an berfelden nahm, in 14 Capi⸗ 
teln bis zum Gonclave geführt. 

Im dritten der Anfang des Pontificates. Allgemeine Schilde- 
rung der Lage von Europa, bed Kirchenſtaates, der erften dconomi- 
fhen Maaßregeln; auch in Hinſicht auf die Monti vacabili. — Be 
fehrung der Königin Chrifline von Schweden, wor welcher mit Aus- 
fuͤhrlichkeit und Vorliebe gehandelt wird. Ich halte dafür, daß wenn 
man behauptet hat, wie Arckenholtz Memoires de Christine IV, 39 
angibt, Pallavicini habe eine Historia di Christina regina di Sue- 
zia gefchrieben, diefe Annahme auf einer dunkeln Kunde diefer Brag- 
mente berubte. Die Belehrung wirb in dem lateiniſchen Eremplar 
folgendergeſtalt motivirt. In libris Tullii de natura deorum anim- 
advertens veram religionem nonnisi unam, ommes falsas esse 
posse, saper bae parte diu multumque cogitando laboravit. Sol- 
lieita quoque fuit dubitare de liberorum operum benorum pravo- 
rumque discrimine, nisi quastum alia salubris mundo sunt, alia 
perniciosa, eujusmodi naturalia sunt, et de divinae providentiae 
cura vel ineuria circa humanas actiones, deque voluntate divina 
num certum cultum et statutam fidem requirat. Nullus fuit no- 
bilis autor qui ea de re scripsisset, quem illa nen perkustraret; 
non vir apprime doctus harum rerum in borealibus plagis cum 
quo sermocinari non studeret. Et proelivis interdum fuit ad opi- 
nandum, satis esse suae regionis palam colere religionem, cae- 
terum vivere convenienter naturae. Ad extremum im hane venit 
sententiam, deum, hoc est optimum, tyranno quovis pejorem 
fore si conacientiae morsibus acribus sed falsis humanum genus 
universum cruciaret, si mortalibus ab eodem insita notione com- 
muni grata sibi esse eorum sacrifieia eorumque votis annuere 
nihbil ea cuncta curarei. — — 

Im vierten Buche, welches nur zum Theil auch in dem lateinifchen 
und den ältern Eremplaren vorhanden ilt, beginnt der Autor mit der 

erbeirufung der Nepoten. Raggioni che persuasero al papa 

i chiamare i nepoti. Discorsi di Roma. & wenig ift e8 wahr 
daß dem Pallavicini hierüber die Feder aus der Hand gefallen if, 
daß er vielmehr das Ereigniß und die Meinung die man in Rom 
darüber gehegt, ausführlich erörtert. — Die Berbältniffe der Koͤ⸗ 
nigin Chriffine in Rom. Unterſtuͤtzung die ihr der Papſt gemährt. 
La reina, ch’era vissuta con quella prodigalit& la quale impove- 
risce senza il piacere e l’honore di spendere o che si esercita 
non in dare ma in laseiarsi rubare, nel tempo della sua dimora 
haveva impegnato tutte le gioje con la speramza delle future ri- 
messe, ne per cio li restaea un.scade onde provedere al desti- 
nato viaggio. Perd, sicome la necessitä vinee ka vergogna, 
eonvenne che ella si facesse vielenza in dimandar seecorse al 
pontefice, ma nelle maniere più lontane ‚che seppe dal limosi- 
nare: e perche la lettera nom arfossisce, il pregö per mezzo di 
questa a fare che aleun mercante le prestasse danaro een pre- 
messa d’intera restitutione. Dem Wapfte fchien es nicht fehr ch 
renvoll als Buͤrge bie ganze Laſt ber Schuld ohne weitern Bortheil 
auf ficy zu nehmen. Er ließ ihr lieber durch einen vertrauten Res 


Vita di Alessandro VII. 463 


ligioſen, wahrſcheinlich Pallavicini felbft, zugleich mit einigen Gold⸗ 
und Silbermuͤnzen, die bamald auf den Einzug der Koͤnigin gefchlas 
gen worden, eine Börfe mit 10008 Scudi ald Geſchenk zuftellen, 
„con escusarne la pochezza per l’angustia dell’ erario.‘“ La 
reina nel ringratiäre pianse alle volte per quella mistura d’af- 
fetti che sorgono in questi easi. — Auch der Wiederberftellung 
der Sefuiten. in Venedig widmet Pallavicini ausführliche Erläutes 
rungen, ganz in dem Sinne den man in feiner Geſchichte des tris 
dentinifchen Eonciliumsd bei ihm wahrgenommen bat. 

Sn dem fünften Buche folgt dann die Befchichte des Jahres 
1657. &ardinalpromotionen. Bauten in ©. Maria del Popolo, 
della Pace, auf dem Petersplatz. — Die Königin Ehriftine in Franfs 
reih. Monaldeschi, deſſen Kataftrophe Hier folgenbergefiaft erzählt 
wird. Mestre la zegiea ‚si tratteneva in Fontanablö, Ludovico, 
il fratello di lui, emulo nella gratia della padrona. di Gian Ri- 
nalde Monaldeschi principal gentil’huomo di questi paesi per 
notitie, come si disse, mandategli di Roma dal prenominato 
fratello, scoperse a lei alcuni trattati del Monaldeschi per cui 
le appariva poco fedele: onde ella dopo baverlo convinto e trat- 
tane dalla sua bocea la confessione gli diede un’hora solamente 
di spatio per provedere alla coseienza con l’opera d’un sacerdote, e 
di poi, cio che appena le sarebbe stato permesso in Stocholm quan- 
do vi dominarva, il fe uccidere per mano dell’ istesso suo emulo. 

Sm ſechſten Buche kehrt der. Autor zu den innern roͤmiſchen 
Sachen zuruf. Mit den Einrichtungen in Hinſicht der Prälatur, 
für welche Alexander eine befimmte Summe von Einkünften for: 
derte, bricht er ab. 

Auch dieß volliiändigfte Eremiplar diefer Lebensbefchreibung um⸗ 
faßt demnady bei weitem nicht das ganze Leben des Papſtes. 


131. 


Paolo Casati ad Alessandro VII sopra la regina di Suecia. 
(Bibl. Alb.) 


Malines und Cafati waren die beiden Jeſuiten weldye von dem 
General des Ordens nach Stockholm gefchicft wurden um bie Kös 
nigin zu befehren. 

Bon Malines. findet fi ein Privatfchreiben iiber diefe Unter: 
nebmung in den Memoiren von Arcdenholg Tom. IV, App.n. 27. 

Einen noch bei weiten ausführliheren und fo zu fagen offis 
ciellen Bericht erftattete Cafati an Alexander VII; ein eigentliches 
Schreiben „Alla Santitä di Nro Signore Alessandro VII“, datirt 
dal cellegio Romano li 5 Dec. 1655, — und unterzeichnet Dalla 
S. Vra umilissimo servitore ed obedientissime figlio in Xto Paolo 
Casati della Compagnia di Gesü, das num die einzelnen Momente 
viel eingehender und genügender hervorhebt. 0 

Per ubbidire, hebt er an, ai cenni di V. St, che ha desi- 
derato una breve memoria di quello € passato nella riselutione 
presa dalla regina Christina di Sueecia di rinonciare il regno per 
rendersi cattolica, sono necessitato farmi un passo a dietro per 


464 Paolo Casati a Alessandro VII 


spiegarne l’occasione, conforme alle notitie havute dalle 
bocca della stessa regina, alla quale mi assicuro non sia 
per essere se non di gusto che la St Vostra sia del tutto sin- 
ceramente informata. 

Die erſten Notizen von der früheren Zeit find jedoch nicht von 
viel Bedeutung; von den ſchwediſchen Zuftänden hatte der Autor kei⸗ 
nen Begriff: er wird erſt merfwürbig wo er auf bie religidfen In⸗ 
tereffen fommt. 

Havendo acquistato tanto di cognitione, comincid far rifies- 
sione che molte delle cose della setta Luterana, in cui era stata 
allevata, non potevano sussistere, e oominciando ad esaminarle, 
più le teneva ineonvenienti. Quindi comincid con pid diligenza 
a studiare nelle cose della religione e delle controversie, e tro- 
vando che quella in eui era nudrita non haveva apparenza di 
vera, si diede con straordinaria curiositä:ad informarsi di tutte 
et a ponderare la difficoltä di ciascuna. Impiegö in questo lo 
spatio di cinque anni incirca con grande perturbatione interna 
d’animo, poiche non trovava dove fermarsi: e misurando ogni 
cosa con discorso meramente humano, parevale che molte cose 
potessero essere mere inventioni politiehe per trattenere la gente 
più semplice: e degl’ argomenti che quelli d’una setta si servono 
contro d’un’alira, ella si serviva per ritorcerli contro quella 
stessa: cosi paragonaya le cose di Mose nel popolo Ebreo a eiò 
che fece Maometto negli Arabi. Dal che nasceva che non tro- 
vava alcuna religiohe che vera le paresse. Et io ho molte 
volte udita che s’accusava d’essere stata troppo profana in vo- 
lere investigare i piü alti misterj della divinitd : poiche non ha 
lasciato a dietro alcun mistero della nostra fede che non habbia 
voluto esaminare, mentre cercava di quielare l’anima sua con 
trovare finalmente una religione, essendo che ogni sorte di li- 
bro che trattasse di cosa appartenente a cio, ella leggeva, le ca- 
pitarono anche molte cose degli antichi e de’ gentili e d’athei. 

% se bene ella non giunse mai a tal cecitä che dubitasse dell’ 
esistenza di dio e sua unitä con farne concetto come di cosa 
maggiore di tutte le altre, pure si lasciö empire la mente di 
molte difficolt&, delle quali poi varie volte discorresimo. E fi- 
nalmente non trovava altra conchiusione se non che nell’ esterno 
conveniva far cio che fanno gl’altri, stimando tutte le cose in- 
differenti e non importar piü seguir questa che quell’altra reli- 
gione o setta, e bastar di non far cosa che fosse contro il det- 
tame della ragione e di cui la persona potesse una volta arros- 
sirsi d’haverla fatta. Con questo s'andò qualche tempo gover- 
nando, e parevale d’haver trovato qualche riposo, massime che 
baveva scoperte altre persone (anche chiamate di Jontano) da 
lei stimate per dotte e savie essere di poco differente parere, 
giacche erano fuori della vera religione cattolica ‘da lore ripro- 
vatz sin dalla fanciullezza. Ma il signore iddio, che voleva ha- 
vere misericordia- della regina ne lasciarla perire negl’errori dell’ 
intelletto, giacche per: l’altra parte haveva oitima volont& e de- 
siderio di conoscere il vero, e nell’ oprare talmente si lasciava 


gui- 


sopra la regina di Suecia. 465 


guidare dal lume della retta ragione, che piü volte m’ha assi- 
curato di non haver mai fatto cosa che gindicasse non doversi 
fare ne di cui pussa artossirsene (che queste sono le sue for- 
mole di parlare), cominciö a farle apprendere che dove si tratta 
della salute eterna deli’ anima, ogn’ altro interesse deve cedere 
e che l’errore in cosa tanto importante &. d’eterno pregiuditio: 
onde ripigliö di nuovo il pensiere che dovea esservi qualche re- 
ligione, e posto che l’huomo doveva havere pure una religione, 
tra tutte quelle che si sapeva fossero nel mondo, niuna le sem- 
brava piü ragionevole della cattolica: percid facendosi più at- 
tenta riflessione, trovö che li suoi dogmi e istituti non sono 
cost sciocchi come li ministri Luterani (li chiamano pastori) vor- 
riano far credere. 

- Da wir nun einmal nidyt das ganze Werf aufnehmen Fönnen, 
fo mag noch folgende ausführlicyere Schilderung des erſten Zuſam⸗ 
mentreffens der Sefuiten mit der Königin gentigen. 

Partitii d’Hamburg doppo due giornate a Rendsburg ei 
accompagnammo col signor senatore Rosenhan, che ritorna- 
va in Suecia, 6 con lui andammo sino a Roschilt, dove so- 
no sepolti li re di Danimarca, toltone 8. Canuto, il cui capo 
& a Ringstede. Egli tirö dritto a Elsenor per passare lo stretto 
e noi andammo a Coppenhagen. Questa cognitione fatta co 
sigr Rosenhan ei giov6 poi In Stockholm per esser meno so- 
spetti: e la regina un giorno dicendogli che non sapeva che con- 
cetto dovesse farsi di quei due Italiani, egli disse che non v’era 
di che temere, che erano buona gente, e ci usò Bempre gran cor- 
tesia. Hebbimo pure fortuna nel viaggio d’unirci per alcune 
giornate col generale Wachtmeister gran scudiere del regno, 
il quale parimenti ci fu di non poca utilitä: perche essendo noi 
giunti in Stockholm alli 24 di Febbraro conforme lo stile antico, 
et havendo io il giorno seguente cercato di parlare a Gio. Holm, 
valletto di camera di Sua Maestä, per essere introdotto a pre- 
sentare la lettera datami in Roma dal padre vicario gene- 
rale, n& havendolo trovato, la sera detto generale fu occa- 
sione che Sua Maestä sapesse il mio arrivo. Mentre stava la 
regina cenando, due cavalieri si lamentavano che faceva freddo, 
e il generale Wachtmeister gli sgridö, dicendo che non have- 
vano tanta paura del freddo due Italiani venuti in sua compa- 
gnia. Udi la regina questa contesa, e interrogatoli di che con- 
tendessero, udito ch’ebbe essere venuti due Italiani, richiese s’e- 
rano musici: ma rispondendo il generale che erano due galant’ 
huomini che andavano vedendo il paese, Sua Mt disse che per 
ogni modo li voleva vedere. Noi subito fummo avvisati di tutto 
cio ed esortati ad andare il giorno seguente alla corte: anzi dal 
sigr Zacearia Grimani nobile Veneto vi fummo condotti la mat- 
tina seguente e introdotti a salutare il conte Magnus de la Gardie 
primo ministro ‘di Sua Mt& per ottenere per mezzo suo l’honore 
di.baciar la mano di Sua Mt. egli con somma cortesia ci ac- 
colse e ci assicurd.che Sua Mt l’havria havuto molto a caro. 
Era l’hora del pranso, quando la regina usci nel Vierkant, e noi 


Papſte ** 30 





466 - "Casati a Alessandro VII. 


famuo avvisati d’accostarci a Sua Mi, e baciatale la mano fe- 
cimo un piccolo complimento in Italiano (che cosi ella haveva 
comandato, se bene ei aveva fatto avvisare ch’averia risposto 
in Francese, giscche nei l’intendevamo) proportionato all’ ap- 
parenza del personaggio che rappresentavamo: et ella con gran- 
dissima benignità rispose. Subito s’invi6 il maresciallo della 
corte e con lui tutti li cavalieri verso la sala dove stava pre- 
parata la tavola, ed io mi trovai immediatamente d’avanti alla 
regina. Ella, che la notte ripensando alli due Italiani e facendo 
riflessiona che appunto era il fine di Febbraro, circa il qual tempo 
da Rama se l’era scritto che saressimo giunti, era venuta in so- 
spetto che noi fossimo quelli che aspettava, quando fossimo poco 
lontani dalla porta e che gi& tutti erano quasi usciti dal Vier- 
kant, mi disse settovoce: „‚forse voi havete qualche letiera per 
me,‘ ed io senza voltarmi che si; soggiunse: „non ne parlate 
con alcuno.“ Mentre noi il dopo pranso stavamo sopra cio che 
era seguito discorrendo, ecco sopragiunge uno che in Francese 
ci fa varii complimenti, poi s’avvanza a dimandarci se haveriamo 
lettere per Sua M&d. Io cominciai subito a dar risposte ambi- 
gue, che non havevamo negoti, che non havevamo lettere di 
raccomandatione etc., sin a tanto che egli alla fine disse per or- 
dine tutto quello che nel breve e fortuito colloquie m’haveva 
detto la regina. Allora m’accorsi che da lei sola poteva esser 
mandato: pure per maggior sicurezza lo richiesi del suo nome, 
ed udito che egli era Gio. Holm, gli consegnai la leitera. La 
mattina seguente, quasi due bore prima del tempo solito d’an- 
dar alla corte, ci avvisö Gio. Holm che Sua Mi voleva parlarci. 
Subito andammo: e appena erano entrati nel Vierkant, dove era 
solo l’offieiale di guardia, quando usci la regina, e moströ di 
meravigliarsi, si perche non fosse ivi ancora alcuno de’ cava- 
glieri, si perche noi fossimo stati i primi nell’ andare: e dopo 
haverei interrogati d’aleune poche cose intorno al nostro viaggio, 
udendo l’officiale, gli dimandö se fosse comparso alcuno de’ se- 
gretarii, e rispondendo quegli che no, comandolli andasse a chia- 
mare uno di loro, e non tornd che dopo un’bora, Partito che 
ei fu, comincid Sua M% con cortesissime parole a ringratiarci 
della fatiea presa da noi per sua cagione nel viaggio, ci assi- 
curd che qualunque pericolo potesse occorrere d’essere scoperii, 
non temessimo, perche non haveria permesso bavessimo male 
alcuno. Ctincaricd il segreto ne ci fidassime di persona, addi- 
tandoei nominatamente alcuni de? quali dubitava potessimo ha- 
vere confidenza in progresso di tempo: ci diede speranza che ha- 
vendo ella sodisfattione il nostro viaggio non saria stato indarno: 
c’interrogö dell’ arrivo del padre Macedo e come noi fossimo 
stati eletti per andare colä, ci raccontd come fosse sucdeduta 
la partenza del padre Macedo. — — 


132. 
Relatione della corte Romana del Caval. Corraro 1660. 


In ber That hatte man ſich von Alerander VII. glänzende Hoff: 








Corraro Relatione di Roma 1660. 467 


mingen gemacht. Hof und Staat erwarteten ihre Reſtauration, bie 
Kirche die Derkeilung ber alten Disciplin von ihm: auch unter ben 
Proteflanten gab es Diele, bie fich ihm näherten: es erregte deshalb 
ein allgemeines Auffehen und Erflaunen, als er fo bald eben wie feine 
legten Vorfahren zu regieren anfing. Die gute Meinung fchlug in 
einen heftigen Widerwillen nm. . 

Der erfte Botſchafter den die Venezianer nach jener gluͤckwuͤn⸗ 
fhenden Gefandtihaft in Rom hielten, war Hieronymo Giuſtiniano. 
Seine Depefhen fallen in das Jahr 1656. Er flarb an der Peſt. 

An die Stelle deffelben ward Anzolo Corraro, damals Podeſta 
von Padua, ernannt. Er zögerte fo lange, daß man ſchon einen ans 
dern für ihn wählte: hierauf jedoch eilte er nach Rom, und refidirte 
daſelbſt 1657 bis 1659. 

Die Relation die er bei feiner Ruͤckkehr von dem Hofe erflats 
tete, fiel nun nicht fehr günflig aus. Der Papft und fein Haus wers 
den mit Tadel Überhäuft. 

Es if für ung indeß eined befondern Umſtandes halber nicht 
nothwendig, einen ausführlicheren Auszug derfelben mitzutheilen. 

Diefe Relation brachte einen fo lebhaften Eindruck hervor, daß 
fie fich fogleih den Weg in das Publicum babnte. 

Eine franzdfiiche Ueberſetzung derfelben erichien zu Leiden: Re- 
lation de la cour de Rome faite l’an 1661(0) au conseil de 
Pregadi par l’excellme Seigneur Angelo Corraro: — chez Lo- 
rens, 1663, die das italienifche Original, wo ich fie irgenb vers 
glichen Habe, vollfiändig wiedergiebt, und noch heute nicht felten ift. 

Sie ward in dem Momente gedrudt, ald die Entzweiung der 
Chigi mit Crequy die allgemeine Aufmerffamfeit auf Rom richtete; 
die Publication follte mit dazu dienen, die Öffentliche Meinung ges 
gen den Papit zu entflammen. Gie ift Beuningen dedicirt, der noch 
nicht gefagt Hatte: „Ita sol.‘ 


133. . 
Relatione di Roma dell’ eccelentwo Sigr Niccolö Sagredo. 1661. 


Eine Relation von der ich Fein authentifches Eremplar fah, und 
die fich auch unter dem Namen Anzolo Corrers findet. Zn 

Da ed aber fein Zweifel feyn Tann, daß die vorige wirklich 
von Eorrer ſtammt, beffen Thaͤtigkeit im Kriege wider die Barbes 
rini ausdruͤcklich darin erwähnt wird, und in der vorliegenden da⸗ 
gegen der Autor den Wunſch äußert, von 27 jährigen WBanderuns 
gen entbunden ſich nun zu Haufe der Erziehung feiner Kinder wid⸗ 
men zu bürfen, was wahrhaftig auf Eorrer nicht paßt, der zulegt 
Podeſta in Padua geweſen war, fo trage ich Tein Bedenken, den 
Namen Sagredo für ben richtigen zu halten. Sagredo war, wie 
wir wiffen, fihon einmal nad Rom, dann nach Wien gefandt wor: 
den: jeßt ging er zum zweiten Mal nad Rom. Er war überhaupt 
einer der am meiften befchäftigten venezianifchen Staatdmänner, und 
wurde zulett Doge. >. 

Die Relation ift lange nicht fo ſcharf wie bie vorige: doch Iobt fie 
darum nicht: fie hat cher das Gepräge Ieidenfchaftlofer Beobachtung. 


30 * 





468 Niccolö Sagredo Relatione 1661. 


Bei der Aufnahme der Nepoten bemerft Sagrebo, daß Papſt 
Alerander fonderbarer Weiſe auch dann noch immer auf die Reichthit- 
mer ber Borgheft, Barberini und Ludoviſi fchalt, als er fchon ſelbſt 
keine Gelegenheit verfäumte feine eigenen Nepoten zu bereichern. 

Schilderung dieſes Papſtes. „Placido e soave: nei negotü 
ne facile ne molto disposto: per natura & dubbioso nelle riso- 
lutioni grandi, osia per timore che non rieschino, o perche mal 
volontieri s’affatichi nel procurarle, da ogni spina, benche lon- 
tana, parendogli sentirsi pungere. ‘ 

Durch bie Unterdrücdung jener Orden glaubte er den Venezia: 
nern genug gethan zu haben: auf die Länge fchien doch auch ihm 
der candianiiche Krieg nicht gefährlich. Unmittelbarer berührte ihn, 
daß Parma und Modena mit ihren Anfprücen an den Kirchenflaat 
bei Franfreich Unterſtuͤtzung fanden. Auch die portugiefiihe Sache 
ward nicht erledigt. Vedutosi quel regno in mancanza assoluta 
di vescovi e dilapidate le rendite di tutte le chiese, si sono sen- 
titi molti clamori non solo, ma vivissime l’instanze del card! Or- 
sino protettore, perche fossero provedute: ma non si 6 lasciato 
condurre il papa mai a farlo. 

Ueberhaupt finden wir das Papſtthum bereitd mit den meiften 
katholiſchen Staaten in Differenzen. Es war feiner, der die juris⸗ 
bictionellen und pecunidren Anſpruͤche der Eurie nicht perborrefcirt 

tte 


Von dem was in Rom geſchah, hebt der Autor zunaͤchſt die 
Bauten Alexanders hervor. Wir ſehen, daß das allgemeine Urtheil 
die Cattedra di S. Pietro in der Peterskirche den Colonnaten weit 
vorzog. In der Stadt felbft ging es bei den Verfchönerungen oft 
etwas gemwaltfam her. Molte strade della cittä con getti di case 
e di palazzi drizzati: levatesi le colonne et impedimenti che sta- 
vano avanti le porte di particulari: allargatasi la piazza Colonna 
del collegio Romano ad istanza de’ Gesuiti col abbattimento del 
nobilissimo palazzo Salviati: ristrettisi tutti i tavolati delle bot- 
teghe: opere tutte che come riescono in fine di grand’ orna- 
mento della cittä, cosl il peso delle medesime su la borsa de’ 
privati cadendo, non puonno che delle mormorationi partorire; 
il vedersi gittar a terra il proprio nido, il contribuirsi summe 
rilevauti per l’aggiustamento di strade ch’ai medesimi particulari 
nulla profittano, sotto colore che le loro babitationi habbiano 
a godere della vista pilı bella, non equivalendo all’ aggravio che 
ne risentono et alla forza con cui sono a consentirvi costretti. 


134. 
Relatione di Roma del Kr Pietro Basadona 1663. 


In der Manier Eorraros, die jeboch hier noch überboten ifl. 
Ich will einige Stellen anführen. 

‚ „ Zuerft über die Streitigfeit mit Sranfreich, ohne Zweifel bas wich, 
tiafte Ereigniß, das während diefer Gefandtfchaft Statt hatte. Quanto 
alle brigbe correnti, so di havere nelle mie successire lettere 
dispolpate le ossa di tal materia quanio conviene: perö non devo 


P. Basadona Relatione 1663. 468 


tacere che se l’imprudente superbia fece cadere i Chigi nella 
fossa, l’ambitiosa mellonagine vi gli babbia miseramente invi- 
luppati. Costoro si persuadevano che Roma fosse il mondo: ma 
il re di Francia a spese loro gli ha dato a divedere che non 
havevano bene »iudiata la geografia. Varie ciarle hanno divol- 
gate le passioni degli huomini circa l’insolenza d’imperiali e di 
Don Mario contra l’immunitä dell’ ambasciatore Francese. Io 
non dirö che fossero innocenti, ma effettiivamente affermo che 
congiunta alla loro mala volontä qualche colpa del caso, che ac- 
cresce o sminuisce non di rado le humane operationi, li con- 
stituisca per rei et obligati a rendere puntualmente soddisfatte 
le pretensioni che il re di Francia può legitimamente .fondare 
sulle ingiurie pur troppo sostenute nella persona del suo mini- 
stro: e sicome io conobbi questa veritä, cosi contribuii inde- 
fessa applicatione per intepidire le mosse di Crequi, e prima 
che le cose corressero a manifesta rovina, saldare la scissura 
col balsamo de’ negotiati. Ma erano troppi umori nelle teste 
Chigiarde e troppa ostinatione per condescendere ad una con- 
venevole humiliatione verso il re, di cui non si volevano temere 
le bravate, quasiche fatte in credenza e non durabili più di una 
effimera Francese. Insino mi hebbe a dire Sua Bue che i cuori 
Romani non havevano paura delle smargiassate de giovinastri 
Parigini. Al che risposi, complire tal volta piü pigliarsela con 
gli assennati vecchioni che con giovinastri cervelletti, i quali 
sogliono per isfogare un favorito capriccio avventurarsi anche 
sull’ orlo de precipitii, e che il trescare con chi ha de grilli in 
capo, esserciti a fianchi e milioni sotto i piedi, non era buon 
giuoco per li pontefici, che hanno solamente le due dita al- 
zate. Rappresentai piü volte, quando si vide che il re diceva da 
senno, essersi pur troppo ruinato il dominio eeclesiastico dai 
quattordeci milioni che spese nella guerra Barberina, che. 
i milioni di cui la camera & debitrice passano cinquanta, 
e che in somma Sua St senza rovinarsi non poteva armarsi, 
senza perdersi non poteva combattere, anzi che senza combat- 
tere il nemico poteva rovinarlo. Ma vane furono queste e cento 
altre piü massiccie ragioni, havendo troppo amore per non alon- 
tanarsi i parenti e troppo umore per il puntiglio di Castro. Ed 
un giorno che lo trovai di vena, mi disse queste formali parole: 
3; Tutti esclamano che si scameri Castro, e nessuno dice che si 
restituischi Avignone: tutti espongono che il re merita esser risar- 
cito degli affronti presenti ricevuti, e nessuno parla che si rifac- 
ciano gli strapazzi degli ecclesiastici, se fosse vero, come si sa 
non essere, che imperiali e nostro fratello Mario habbiamo dati 
gli ordini a corsi contro l’ambasciatore e potrebbe il re pretendere 
soddisfattione contro questi due: ma come ci entra Castro? e 
poi se Mario & innocente, come si ha d’allontanare da noi?“ 
So geht das nun fort: felbfigefällige Invectiven: eine tiefe Vers 
adytung diefed ganzen geiftlichen Weſens: eine ganz moderne Öefinnung. 
Schon wird die Möglichfeit ing Auge gefaßt, daß die Franzofen fich 
Noms bemächtigen Fönnten. Zuweilen follte man zweifeln, ob ders 


470 P. Basadona Relatione 1663. 


leihen Dinge wirklich in dem Senat vorgetragen werden durften. 

erachtet man aber, daß eben damals auf allen Seiten heftige An⸗ 
griffe gegen den römifchen Stuhl erhoben wurden (ed erfchienen die 
wildeften Satyren, 3. B. le putanisme de Rome, worin geradezu 
gefagt wird, man müffe dem Papſt eine Frau geben, um andern 
Uebein vorzubeugen, und das Papſtthum erbli machen), daß dieß 
die Epoche war, in ber der Credit beffelben allgemein abzunehmen 
anfing, fo findet man es doch fo unwahrſcheinlich nicht. Uebrigens 
kannie der Verfaffer Hof und Staat fehr gut. Er verdient es wohl, 
daß wir ihn auch noch über den Kirchenflaat vernehmen. 

Si palpa con mano, l’ecclesiastico dominio essere total- 
mente aggravato, si che molti possessori non potendo estrarre 
da i loro terreni quanto basti a pagare le publiche impositioni 
straordinariamente aggiunte, trovano di consiglio di necessitä 
Pabbandonare i loro fondi e cercare da paese men rapace la 
fortuna di poter vivere. Taceio de datii e gabelle sopra 1utte 
le robe comestibili, niuna eccettuata: perche le taglie, i dona- 
tivi,.i sussidii e le altre straordinarie angherie che studiosamente 
s’inventano, sono tali che eccitarebbono compassione e stupore 
se i terribili commissarii che spedisce Roma nelle città suddite 
con suprema autoritä d’inquirere, vendere, asportare, condannare, 
non eccedessero ogni credenza, non essendo mai mese che non 
volino su le poste grifoni ed arpie col sopramantello di commis- 
sarii o della fabrica di S. Pietro o de legati pii o de spogli o 
degli archivii o di venticinque altri tribunali Romani: onde re- 
stano martirizzate le borse, benche esauste, de’ sudditi impotenti 
ad ultima prova. E perö, se si pongono da parte Ferrara e 
Bologna, con le quali si usa qualche riguardo e le quali sono 
favorite dalla natura ed arte di ottimi terreni e di mercatura in- 
dustriosa, tulte le altre cittä della Romagna, della Marca, Um- 
bria, Patrimonio, Sabina e Territorio di Roma sono miserabili 
per ogni rispetto: nè trovasi (oh vergogna de Romani coman- 
danti) in alcuna città l’arte della lana o della seta, non che de 
panni d’oro, se due o tre piceiole bicocche di Fossombrone, 
Pergola, Matelica, Camerino e Norcia m’eccettuo: e pure facil- 
mente per l’abbondanza della lana e seta si potrebbe introdurre 
ogni vantagievole mercatura. Ma essendo il dominio ecclesia- 
stico un terreno che si ha ad affilto, coloro che lo noleggiano, 
non pensano a bonificarlo, ma solamente a cavarne quella pin- 
guedine che pud spremersene maggiore che sia del povero campo: 
che smunto et arido a nuovi affıttuali non havrä agio di porgere 
che sterilissimi suffragj. E pare arso l’erario pontificio da un 
abisso di voragine: si hebbe per bene armare per due volte, 
quasi che il primo errore, che costö due milioni, fosse stato 
imitabile per qualche civanzo alla difesa dello stato, quando alle 
prime rotture ogni prudenza insegnava a stringere l’accomoda- 
mento per (non) dare pretesto a Francia di chieder peggio. Un 
calcolo, che feci nella mozzatura di quattro e mezzo per cento 
che rendevano i luoghi de monti, come fanno di seite per cento 
nella nostra zecca, ridotti a quattro solamente, trovai chea un 
mezzo scudo per cento in cinquanta milioni effettivi di debito, 











Yita di Alessandro VII. 471: 


la camera venne a guadagnare 250m. scudi di entrata, che a 
quattro per cento formarebbe un capitale di sei milioni 6 mezzo. 


135. 


Vita di Alessandro VII. Con la descrizione delle sue adhe- 
renze e governo 1666. 


‚ Eine Lebensbeſchreibung nicht, am wenigftens eine folche wie 
fie Pallavicini fchrieb; aber eine allgemeine Schilderung der Hands 
Iungen diefes Papſtes, nady dem Eindruc den fie in kom bervor: 
brachten, von einem unterrichteten und im Ganzen wohlgefinnten 
Zeitgenoffen. 

5, Egli ©,‘ Heißt es vom Papſt, „veramente d’animo pio, re- 
ligioso, divoto, e vorrebbe operare miracoli per conservalione 
del christianesimo: — — ma & pigro, timido, irresoluto, e 
molte volte mal opera per non operare.‘“ Er ſchmaͤhte anfangs 
den Nepotismus und trieb ihn nachher doch fo hoch. Alle dconomi⸗ 
ſchen Verhältniffe lagen in den Händen der Nepoten; — fie bereis 
herten ſich ſehr; — die Zwilligfeiten mit Crequy waren ihnen un 
bedingt Schuld zu geben, — nur die auswärtigen Verhaͤltniſſe be- 
hielt ſich der Wapft felbit vor. Aber er wandte zu wenig Aufmerf: 
famfeit daranf. Er hatte Literarifche Benefit im Haufe, die 
ihm viel Zeit wegnahmen: Abends war NRospigliofi ein Stündchen 
zur Unterhaltung bei ihm. In der That gingen bie Sachen nur febr 
mittelmäßig. Der Papſt antwortete in allgemeinen Ausdruͤcken, 
ohne doch einen Minifter zu haben, an den man fich hätte wenden 

önnen. 

‚Der Schluß fällt daher nicht fehr tröftlich aus. Der Autor re: 
fumirt fih in den Worten: L’ambitione, l’avaritia et il lusso do- 


minano il palazzo; e pure la pietä, la bontä et il zelo dominano 
Alessandro VII. Ä 


136. | 
Relatione di Roma di Giacomo Quirini Kr 1667 (8) 20 Febr. 


Bierthalb Jahr war J. Quirini bei Mlerander VII; bierauf 
eine Zeit lang bei Clemens IX. beglaubigt: diefe ‘ganze Zeit umfaßt 
feine Relation. 

Er fchildert zuerft Die letzten Jahre Alexanders VII, zwar nicht mit 
der Animofität wie feine Vorgänger, aber wefentlich in demſelben Sinne. 

In 42 mesi che servii Alessandro VII, conobbi esservi il 
solo nome del pontefice, ma non l’uso del pontificato, datosi 
quel capo alla quiete dell’ animo, al solo pensiere di vivere, © 
con severo divieto ripudiato il negotio, scemate tuite quelle virtù 
che da cardinale prestantemente teneva con vivacitä di spirito; 
ingegno nel distinguere, prontezza nei partiti, disinvoltura ne 
risolvere e facilitä supragrande dell? esprimersi.“ Er ſchildert 
die Mißbraͤuche des Nepotismus; von dem Bau der Hallen bei ©. 
Pietro, der dem Caval. Bernini zum Zabel gereicht, ſagt er fogar 
Ungläcd vorher. — Renderä per sempre disabitata la città Leo- 
nina,. spianate le case, moltiplicate l’acque delle fontane, sce- 


472 Giac. Quirini Relatione 1667. 


mati i fuochi: cagiona in conseguenza la mal’ aria. — die Mif- 
bräuche der Wenfionen und der Gtellenvergabung erörtert er mit be: 
fonderer Ruͤckſicht auf Venedig, von wo jährlih die Summe von 
100000 Duc. nach Rom gehe; merkwürdig ift es, daß Alerander VIL 
auch feinerfeitö, namentlich mit ben Garbindlen unzufrieden war; er 
Hagte, daß fie ſich an die Fuͤrſten hielten, felbft in der Sache von 
Gaftro, daß fie ihm nicht einmal einen guten Rath zu geben wüß- 
ten: Si lagnava non esser dottrina e virtü sodisfacente in quei 
porporati, non arricordando mai ripiegbi o partiti cbe prima lui 
non li sapesse. Es war ein allgemeiner Verfall. 

Das Eonclave ward durch die Nachgiebigfeit Chigis gegen ben 
Squadrone volante beherrſcht. Später zeigte fih do, dag Chigi 
fehr wohl daran geben hatte. Eben diefer Nachgiebigfeit, hatte er 
zu banfen, daß Clemens IX. ihm einen Theil der Gewalt überließ. 

Quirini findet Clemens IX. ſchwaͤchlich, mit Stranfheiten belas 
den, feft, ja hartnddig in feinen Meinungen; er verbot zuweilen feis 
nen Miniftern, auf einen Gegenftand zuräcdzufommen, über den er 
feinen Belhluß gefaßt hatte. Ein Muftfus aus Piſtoja, des Nas 
mens Atto, wohlbefannt in Venedig, hatte bei ihm vertraulichen Zus 
tritt. Seinen Entfhluß an den Auflagen etwas nachzulaffen findet 
Duirini heldenmuͤthig. Moströ eroica pietä, levando due giulj di 

. gabella di macinato dei rubiatelli, privandosi di 2 milioni di 
scudi. 

Er fommt auf die Familie Clemend IX, befonderd Cardinal 
Rospiglioſi, den er folgendergeſtalt fchildert. 

utto che il giorno innanzi della mia partenza seguisse la 
promotione, restando al cardinalato promosso l’abate Rospigliosi 
in et& di 38 anni finiti, ciö non ostante, avendolo per due volte 
conosciuto in Spagna e traitatolo in. Roma con negotü diversi 
come coppiere del cardinal Chigi, posso con distinta cognitione 
riferire all’ EE VV che il papa parlando meco frequentemenie 
nelle audienze e lasciandosi con giustizia rapire lo considerava 
per cauto ministro, e per consentimento comune gli attribuiva 
merito e lode: et in questo credo che moralmente non si possa 
ingannare, perche niun nipote di papa ô comparso in teatro 
piü informato di lui, mentre in corte cattolica fu sempre a parte 
della lunga nunciatura del zio. Nella secretaria di stato in Roma 
era l’unico _direttore, formando lettere e risposte negli affari de? 
principi. Insorti poi li turbini per le pessime risolutioni con 
l’ambasciatore Crechi fu prima espedito a S. Quirico e poi a 
Livorno, con intentione più tosto di portar le lusinghe di pa- 
lazzo che di soddisfare l’ambasciater duca: et aggiustato in fine 
il negotio fu nella legatione di Chigi spedito in Francia a con- 
sultare le formalitä del trattamento: e ritornato in Roma col ti- 
tolo d’internuncio passö in Fiandra: et assunto al pontificato 
papa Clemente cred& con la speranza e con l’opinione di poter 
conciliare le difierenze conservando nello stesso tempo gli orna- 
-menti della pace e rimuovere i pericoli della guerra, dove gli 
espedi la plenipotenza per aggiustare i dispareri vertenti tra le 
corone. Nelli di cui viaggi et impieghi siccome nei primi giorni 
profuse con grande generositä molt’ oro: cosi, caduto mortal- 


t 





Charme Rel. di Roma al re christ"° 1669. 473 


mente infermo in Susa, convenne con prodigalitä dispensare in- 
. finito contante, a segno che 140 m. scudi ne risente d’aggravio 
la camera apostolica. Nel resto il naturale suo € melanconico: 
uomo di poche parole e ritirato in se stesso: et in tanti amni 
di conversationi e d’anticamera si dimoströ con tutti indiflerente, 
non palesando sviscerata amicitia o confidenza con alcuno, es- 
sendo pil tosto misurato che sostenuto nei discorsi: et hora a 
causa del patimento sofferto resta per qualche momento predo- 
minato da certa fissatione de’ pensieri, e tende nel negotio, nelle 
visite e nell’ agitation della corte s’applica e divertisca: con tutto 
cio dirige la secretaria di stato il card! Azzolini sottoscrivendo 
lo stesso cardle gli ordini alle legationi non meno che alle nun- 
ciature de’ principi. Sin qui resta poi dalla beneficenza del papa 
proveduto di 3m. scudi di pensioni e badie che teneva il pon- 
tefice, di quattro mila scudi per la morte del cardle Palotta, e 
di dodiei m. scudi della legatione d’Avignone come cardinal pa- 
drone. \ 

137. " 
Relatione della corte di Roma al re thristianissimo dal Sr di 

Charme 1669. 


Eine Relation, die franzoͤſiſch und italienifch gedruckt if, bie 
aber, und vielleicht ift fie eben Darum gedruckt worden, nur wenig 
Bedeutendes enthält. 

Die Unordnungen ber apoflolifhen Kammer werden auch hier 
erörtert, — wie wenig ihnen damit abgeholfen werde, daß Clemens 
IX. feine Nepoten eingefchränft halte, wie auch Feine Congregation 
etwas ausrichte und ein allgemeiner Banfrutt zu fürchten ſey. 

Die Bemerfungen Grimanis über den Mangel an tauglichen 
Leuten, den guten Willen und die geringe Energie der Rospigliofi, 
den Zuftand der Prälatur und des Landes werden bier beftätigt. 

Es gibt Ueberarbeitungen, bei denen man Mehreres geradezu 
aus Grimani herübergenommen hat. 

Ich möchte body zweifeln, ob biefe Arbeit von einem franzöfi- 
fhen Gefandten flammt: es müßte der Duc de Ehaulnes fein, den 
wir in ben Negotiations relatives à la succession d’Espagne II, 
p. 579 ald Ambaffadenr in Rom finden: von einem nicht ununters 
richteten Zeitgenoffen ift fie aber auf jeden Fall. 


138. 


Relatione della corte di Roma del sigr Antonio Grimani, am- 
basciatore della republica di Venetia in Roma durante il 
pontificato di Clemente IX. 1670. 


Noch etwas zweifelhaft drücdte fih Quirini über die Tugenden 
Glemens IX. aus. Die Erfahrung die man an Ulerander VII. ges 
macht, mochte ihm Bedenken erregen. In ein unbedingtes Lob da- 
gegen bricht, wenigftens in moralifcher Hinficht, Grimanı aus. „Ve- 
ramente la mansuetudine, la modestia, la piacevolezza, la mo- 
deratione, la clemenza, la candidezza dell’ animo, la puritä della 


474 Antonio Grimasi 


conscienza sono doti sue particolari.° Er behauptet, nie einen 
befferen Menfchen gekannt zu haben. 

Zuerft erörtert er nun die Mäßigung, mit der Clemens feine Ne⸗ 
poten ausflattete. Ss zeigt fich doch, daß man in Rom vieles das 
gegen einzuwenden fand. Grimani meinte fogar, die Piftojefen wuͤr⸗ 
den ſich für die unerwartete Zuruͤckſetzung, mit der man fie behandle, 
fpäter einmal an den Nepoten rächen. 

Dabei bleibt freilich auch gewiß, daß Clemens Feine ernftliche 
Anftalt machte die übrigen Mißbraͤuche zu heben: ſchon rief man aus, 
wenn nicht ein neuer Sirtus V. fomme, fo laufe das Pontificat 
Gefahr völlig zu Grunde zu gehn. 

Grimani zählt die vornehmſten Webelflände auf: Berfauf der 
* Stellen, daher entfpringe der Mangel an tauglichen Leuten; fchlechte 
Geldwirthſchaſt; vorzüglich Wernadhläßigung der Moͤnche. AI pre- 
sente i religiosi sono tenuti in un concetto si vile che da per 
loro si allontanano di comparir nella corte per non ricevere 
affronti da’ cortigiani più infimi. Le porpore e vescovadi si ten- 
gono vilipesi su le spalle de’ religiosi, e nelle concorrenze un 
pretuccio ignorante e vitioso otienerk il premio sopra il reli- 
gioso dotto e da bene. I nipoti non curano de’ religiosi: per- 
cbe non possono da questi esser corteggiati come da’ preti. Se 
si parla di aggravj, i monasterj sono i primi; se di riforma, 
non si parla di preti, ma di religiosi. In somma, si toglie af- 
fatto ad ogni uno la volontä& di studiare e la cura di difender 
la chiesa dalle false opinioni che vanno seminando i nemici di 
Roma: de’ quali moltiplicandosi giornalmente il numero, e de- 
teriorandosi quello de’ religiosi dotti et esemplari, potrebbe in 
breve soffrirne non poco detrimento la corte. Onde al mio cre- 
dere farebbono bene i pontefici di procurar di rimettere i rego- 
lari nel pristino posto di stima, partecipandoli di quando in 
quando cariche e dignitd, tanto piü ch’essendo grande il numero 
possono scegliere i soggetti a loro piacere; e coſi nelle reli- 
gioni vi entrarebbono huomini eminenti, dove che tengono a vile 
hoggidi di coprirsi le spalle d’un cappuccino i piü falliti mer- 
canti, ne si veggono entrar.ne’ monasterj che gente mecanica. 
Leider fey aber von Elemens IX. Feine Abhulfe zu erwarten: er fey 
allzu lau, allzu gutmüäthig. 

Nach diefer Schilderung des Papſtes geht der Botſchafter auf 
beffen nächfte Angehörige über. Zuerſt der Gardinal Rofpiglioft, von 
dem man hoffte, „„quod esset redempturus Israel.“ Er zeigt an, 
warum diefe Hoffnung doch getäufcht worden. Tre cose per mio 
credere sono quelle che fanno camminar col piede di piombo 
il cardinal predetto, accusato di lentezza di genio e di mancanza 
d’applicatione. La prima & il gran desiderio di voler far bene 
ogni cosa e di dar gusto a tutto il mondo, cosa che difficilmente 
puö riuscire ad un’ huomo che non & assoluto padrone. La se- 
conda è che la sua volonta viene imbrigliata e trattenuta dal 
papa, il quale, se bene ama e considera con amore estraordi- 
nario questo nipote, gode perö di fare il tutto a suo modo: 
onde dubioso il Röspigliosi d’incontrar nelle sue risolutioni le 


Relatione di Roma 1670. 475 


negative del papa e dall’ altra parte volendo sodisfare gl’inte- 
ressati, fugge le occasioni di concludere cosa alcuna. E final- 
mente gli noce ancora la capacit& del proprio intendimento, par- 
ticolarmente in quelle cose che dipendono da lui: poiche abbon- 
dando, come si e detto, di ripieghi capaci da sostenere il posto 
di nipote, da si gran copia nasce la gran penuria nelle risolu- 
tioni, perdendo la maggior parte dell’ hore piü pretiose a medi- 
tare e cerivellare le materie, et intanto che si medita e crivella 
il modo da eligere senza mancare le più adequate, il tempo 
vola e le oecasioni fuggono. — Die Gerechtigkeit indeß mußte man 
ihm widerfahren laflen, daß er fich nicht bereihere: „„havendo tras- 
curato molte occäsioni d’arricchirsi, e l’havrebbe possuto fare 
senza scrupolo e con buona coscienza.“ Man meinte wohl, Ros 
fpigliofi begünftige Chigi befonders zu dem Ende um durch feine 
Sülfe ſelbſt einmal Papſt zu werden. Der Gefandte widerlegt diefe 
einung. 

"Merkwürbig it ed, wie die Geſinnung welche wir in dem Papſt 
und dem Garbdinal Patron bemerken, auch in den untern Gliedern 
diefer Gewalt fih wiederholt. Sie find nicht ohne guten Willen und 
Fähigkeit, aber um einer oder der andern Urſache willen vermögen 
fie doch nicht einaugreifen. Di due ministsi si serve particolarmente 
il cardinale nelle cose che corrono alla giornata. L’uno è mon- 
signore Agustini, huomo prudente e di vita esemplare, che può 
dirsi di Iui come di Giobbe Vir simplex et timens deum, ma del 
resto lento, lungo e irresoluto e tanto inclinato a voler far bene 
che fa poco per lo dubbio di non far male: onde con questa 
natura ba saputo dare cosi bene nell’ humore deli padrone che 
lo decanta per un?’ oracelo e lo stima il principal ministro della 
corte, benche quelli che continuamente lo sentono nelle congre- 
gationi, ne fanno .altro concetto, e lo confessano bene per un 
soggetto mediocre, ma non piü oltre, e della stessa opinione & 
ancora il papa. L’altro € monsr Fiani, a cui fu dato il carico 
di segretario della consulta, officio veramente che ricerca gran 
confidenza col card! padrone: onde con ragione Rospigliosi scelse 
questo huomo che conosce il dovere dell’ amicitia e che in ef- 
fetto non puö desiderarsi maggior capacitä nel governo, tutta- 
via inhabile quasi di esercitare il suo officio per esser poda- 
groso e infermo, prolongando per questo ogni cosa con gran 
rammarico della corte, dalla quale vien poco accettato, tanto 
piü che si & vociferato haver le mani inclinate a ricever pre- 
senti, ma per me credo che questa sia una vera malignitä di 
dettatori. 

Es ift nicht noͤthig die weitern Varticularitdten über die paͤpſt⸗ 
liche Familie, die doch zu feinem Einfluß gelangte, zu vwiederbolen. 
Der Bruder der Papſtes, Don Camillo Rofpiglioft, würde, wie un: 
fer Autor fagt, wenn dieß Gebrauch wäre, bei feinen Lebzeiten cas 
nonifirt zu werben verdienn. Er hatte fünf Söhne, von denen je: 
doch nur zwei genannt zu werben brauchen: ber zweitgeborene, Don 
Zommafo, der bereits den Gedanken hatte die Induftrie des Kirchen- 
ſtaates zn heben, und der jüngfte, Giambattifta — giovine di bel- 


* 


476 Relatione di Roma 1670. 


lissimo aspetto e d’an cervello acuto e penetrante — ber mit eis 
ner Pallavicini von Genua verheiratbet wurde und das Haus Moss 
pigliofi gründete. Es ift genug nur noch die allgemeine Schilderung 
des neuen Berhältniffes diefer Nepoten aufzunehmen. Fra tutti li 
pontefici che sono stati nel Vaticano, non se ne E forse veduto 
mai alcuno piü politico e piü prudente nel mantenersi con i suoi 
parenti come fece Clemente IX, il quale godeva di esser con 
loro, ma non già di darsi in preda di loro: anzi quanto piü li 
mostrava segui di affetto e di ottima volontä, tanto maggiormente 
li teneva indietro senza parteciparli in modo alcuno i segreti 
de’ suoi pensieri. Alla buona intentione del papa di torre via 
dalla chiesa lo scandolo introdotto da lungo tempo mediante 
la comunicatione di quasi tutta l’autoritä del Vaticano che i pon- 
tefici hanno costumato di partecipare ai loro nipoti, € andata 
congiunta la bontä, del nipotismo: perche si può dire con buona 
ragione che mai in Roma si sono veduti parenti di papa piü mo- 
desti, piü humili, piü caritativi e meno disinteressati de’ Ros- 
pigliosi, e quel che piü importa, tutti dotati d’una stessa bontä 
e modestia, che pero sarebbe stato un disumanarsi di lasciarli 
d’amare; anzi si può dire giustamente che il papa non li amd 
mai quanto sarebbe necessario al merito delle loro ottime qua- 
lita, havendoli tenuti piü tosto come stranieri che come parenti 
per non comunicare con essi loro alcuna cosa di conseguenza: 
con che si rendeva infelice, mentre dall’ una parte si privava 
volontariamente delia sodisfatiione necessaria a’ principi di sfo- 
garsi con i congiunti, e dall' altra si vedeva privo di potersi 
aprire con i domestici, che per lo più erano gente idiota e di 
spirito ben mediocre. Si crede che il papa non confida le cose 
piü importanti della corte che colla persona del card! Chigi, il 


quale come astuto et accorto ba saputo benissimo guadagnarsi 


il suo affetto. 

Es folgt eine Schilderung der Cardinaͤle und der Gefandten die 
an dem Hofe refidirten. Doc find die Perfönlichfeiten nicht bebeus 
tend genug, und die Intereffen zu flüchtig, zu vorübergehend, als 
daß wir bei ihnen verweilen follten. 


139. 


Relatione dello stato delle cose di Roma del mese di Sett. 1670. 
(Alt. 9 31.) 


‚, Den venezianifchen Relationen, der angeblich franzöfifchen gefellen 
ſich auch ſpaniſche hinzu. Denn ohne Zweifel iſt diefe Relation für 
Spanien verfaßt. Es wird darin einer andern gedacht, welche an ben 
fpanifchen Hof gegangen, weshalb man die in derfelben enthaltenen 
Notizen hier weggelaffen habe. - 

Clemens IX: la sua natura € placida: perche non viene al- 
cuno & suoi piedi al quale egli non desideri di fare qualche gra- 
ia. — — Va ristrettissimo nelle spese e parchissimo nel dare 
a suoi. Cardinal Xltieri: opera tutlo da se, e poca influenza ri- 
ceve da altri. Sono secoli che non si € veduto un nepote di 











_ 


C. Cartari Memorie della vita di Clemente X. 477 


pontefice nò di maggior autoritä ne d’abilitä ed integritd. Wir 
erfeben, daß man auch unter diefer Regierung die meiften Beamten 
gelaſſen hatte wie man fte fand. Ä 

Das Wichtigſte aber wovon unfer Autor Meldung thut, iſt die 
Entzweinng des Hofes. Chigi, Barberini, Rofpiglioft waren auf das 
engfte mit den Altieri verbunden. Vor allem hatte biezu der fpanis 
ſche Gefandte beigetragen. Diefen gegenüber fland die Faction der 
Squadroniften, d. i. der innocenzianifdhen Cardinaͤle, die fo vielen 
Einfluß auf die letzten Papſtwahlen gehabt, und unter den beiden vos 
rigen Regierungen ihre Anhänger in die öffentlihen Stellen gebracht 
hatten. Zu denen gehörten Omodei, Dttobono, Imperiali, Borromen, 
Yzzolino. In die Streitigkeiten. diefer beiden Factionen mifchte fich 
bie Königin von Schweden mit größtem Eifer. Man weiß, wie hoch 
fie Azzolino hielt. Hier wird fie deffen getreue Dienerin genannt. 
Zaufend Intriguen werden ihr Schuld gegeben um die Squadroni⸗ 
ften zu befördern. 


140. 


Memorie per descrivere la vita di Clemente X Pontefice Mas- 
simo, raccolte da Carlo Cartari Orvietano, decano degli 
avvocati consistoriali e prefetto dell” archivio apostolico 
di castello S. Angelo di Roma. (Alt. 211 ©.) 


Unmittelbar nach dem Tode des Papſtes verfaßt, fihon im Dcs 
tober 1676 fertig; mit ausdrücklicher Selbſtverpflichtung alle Schmeis 
chelei zu vermeiden und die reine Wahrheit zu fagen (da questi 
fogli sar& l’adulatione, mia nemica irreconciliabile, affatto sban- 
dita, alla sola veritä candida e pura attenendomi ); jedoch nach 
der Abficht des Autors nur eine Sammlung, um fünftig von einem 
Andern benußt zu werben. 

Anfangs follte e8 nun fcheinen, als fey diefe Erflärung nur der 
Ausdruck der Befcheidenheit. 

Recht artig iſt der Water des Papſtes, der alte Lorenz Altieri 

eſchildert: den Sartari noch gut gekannt hatte: als ein Mann von 
Peäftigem Geift, majeftätifh in feiner Haltung, aber dabei doch fehr 
befcheiden, wie ſchon fein Bli das ausfprad. Obwohl nur Samm: 
ler, enthält ſich der Autor doch nicht, ſogleich ein Concetto im Geiſte 
feines Jahrhunderts hinzuzufügen: „di altrettanto bella canitie 
nell?’ esterno ricoperto quanto di una candidezza di costumi, di 
una rara pietä a meraviglia dotato.“ 

Emilio Altieri war geboren 1590: wurde 1611 Doctor: fland 
eine Zeit lang in dem Studio Pamfilis, nachmaligen Papftes, beglei» 
tete 1624 jenen Bifhof von Nola, Lancellotti, deſſen Inftruction wir 
übrig haben, nach Polen: bei feiner Ruͤckkunft ward er Biſchof von 
Gamerino an der Stelle feines Bruders Joh. Baptiſta, der in das 
Eardinal: Eollegium trat; man behauptet, obwohl dieß Cartari nicht 
bat, ſchon damals fey Emilio felbft zum Cardinalat befiimmt gewe⸗ 
fen, man hätte ihn lieber genommen als feinen Bruder: er habe aber 
die Selbflübermindung befeffen, in diefem Augenblid von Rom wegzu⸗ 
reifen um feinem ältern Bruder den Vorrang zu laffen. Unſern Emi⸗ 


478 Cartari Memorie della vita di Clemente X. 


lio ſchickte Imocenz X. ald Nuntius nach Neapel, und man behaup- 
tet, er habe dort zur Beilegung der Unruhen des Mafaniello das 
Seinige beigetragen: Alerander VII. machte ihn zum Gecretär der 
Congregation de’ vescovi e regolari: eine Laufbahn die Seder: 
mann fehr langfam fand. In feinem 79Hen Zahre erit fam es an ihn, 
wefentlich befördert zu werden. Am 29. Nov. 1669 ernannte ihn Cle⸗ 
mens zum Gardinal, doch batte diefer Papft gar nicht einmal Zeit 
ihm den Hut zu geben: ohne diefen nur noch empfangen zu haben, 
ging Altieri in das Gonclave: 20. April 1670 endigte dieß damit, 
daß er felbft zum Papſt ermählt ward. Er weigerte ſich eine Zeit 
lang: er erflärte, ed gebe andere verdientere Leute, er nannte fogar 
einen Gardinal Brancacci: jedoch nahm er die hoͤchſte Würde an. 

Schon in fo hohem Alter fland der neue Papit: er hatte nicht 
einmal einen leiblihen Nepoten: er mußte einen Nepoten wählen, 
um die Laſt ber Gefchäfte mit ihm zu theilen. 

Ritrovavasi S. Beatitudine nell’anno ottantesimo di sua etä: 
onde per questa cagione e per imitare i suoi antecessori, quali 
ben conoscendo la pesante mole del pontificato stimarono ne- 
cessario di deputare per proprio sollievo alcuno de’ cardinali col 
titolo di sopraintendente generale dello stato ecclesiastico, si 
compiacque a dichiarare l’istesso giorno a questa laboriosa ca- 
rica il card! Paluzzo Paluzzi degli Albertoni suo attinente, per- 
mutandogli quel cognome coll’ altro d’Altieri. 

Kommen wir nun auf die Handlungen des YVontificates, fo 
bleibt der Autor zunaͤchſt bei Nom flehn. 

Die Ankunft der Gefandten von Ferrara und Bologna zur Obes 
biengleiftung: — Aufdefung des Eonftantino M. am Fuß der Treppe 
St. Peters: — Ausſchmuͤckung der Brüde St. Angelo mit 10 En- 
geln aus carrarifhem Marmor: — Bau des Pallaftes Altieri, wozu 
ungefähr 300000 Sc. aufgewendet worden feyen, die ja doch nicht 
verloren gegangen, da fie den Armen zu Gute gefommen: — Eins 
richtung einer zweiten Fontaͤne auf dem Petersplatze, Die jedoch der 
* nicht vollendet ſah: — dieß ſind die hauptſaͤchlichſten Gegen⸗ 

aͤnde bei denen Cartari verweilt. Bei dem Pallaſt ſchildert er auch 
die Bibliothek. Vedesi in sito quasi il piü alto elevato del me- 
desimo palazzo un vaso per libraria, altretanto capace quanto 
vago per la veduta della citi& e della campagna, in maestose 
scanzie riempite della generositä del card! Altieri di pretiosi li- 
bri d’ogni scienza, che giungono al numero di 12000. Ich Eenne 
fie recht wohl: wie oft bin icy die Treppen binaufgefliegen! Bon 
den Fontänen: Trasportata la fontana di Paolo V con machine 
meravigliose, quasi direi tutte d’un pezzo, dal sito vecchio dove 
si ritrovava all’ altro dove hoggidi si vede stabilita in corrispen- 
denza degl’ingressi laterali del teatro, per acconmıpagnamento della 
medesima ordind se ne fabricasse un’ altra affatto simile verso 
il giardino de Cesi, come fu eseguite. Das Merfwürdigfte aber 
ift was er von jenem angeblichen Mofaif Giottos, der Navicella 
di ©. Pietro, erzählt. Nachdem es feit ber Zerftörung des Porticus 
der alten Bafltlifa, wo es urfprünglich fland, oftmals feiren Platz 
gewechfelt, von Paul V. in den Pallaſt, von Urban VIL. in bie 


Clementis Decimi vila 479 


Kirche, von Imocenz X. wieber in den Pallaſt gebracht, wo es Ales 
zander dem VIL. aufd neue unbequem wurde, verzweifelte man es forts 
zubringen wie es war, und 309 es vor, ed in Stuͤcken abzunehmen, 
indem man die Steinchen die zu jeder Figur gehörten, immer in eis 
nen befondern Beutel legte. Lnter Clemens X. brachte der Cardi⸗ 
nal Barberini die Herftellung deffelben nady einer unter Urban VILL 
gemachten Eopie in Antrag. Hierauf ward ed aufs neue zufammen: . 
geſetzt und in die Zunette über dem mittlern Eingang der Vorhalle 
gebracht. Wie ed aber hiebei zuging, laffen die Worte Cartaris fchlies 
fen. Perche il vano non era capace, fu detto che lasciandosi 
le figure nel proprio essere, potevano restringersi i spatii: come 
fu diligentemente esequito. Man fieht wohl, daß der neue Meis 
fter von Einigen nicht mit Unrecht ald der Berfertiger betrachtet wird. 

Endlich wendet ſich der Berfafler auch zu ben Staatsfachen. 
Allein bier if er fehr mangelhaft. Er berichtet, Clemens X. habe 
troß aller finanziellen Noth zu Feiner neuen Rebuction der Monti 
fchreiten wollen, aus Ruͤckſicht auf die vielen Familien und befonders 
die frommen Stiftungen, die dadurch leiden würden: — ben consi- 
derando il danno che a tante famiglie ed in particolare a luo- 
ghi pii ne resultarebbe: er 309 Erfparniffe vor, und fogar der Gars 
dinalnepot erbot ſich auf feinen Gehalt ald sopraintendente dello 
stato Verzicht zu leiften. — Dennoch ſchickte man einiges Geld nach 
Polen, das von den Tuͤrken hart bedrängt ward: einmal 30000, 
ein ander Mal 16000 und noch einmal 70000 Sc. Die Gardi: 
naͤle hatten eine befondere Sammlung veranftaltet. 

Das ift das Einzige was ich von auswärtigen Gefchäften 
finde. Die Sachen des Kirchenſtaates werden daruͤber jedoch auch 
nicht allzugründlich vorgenommen. Si adoperd alla libera introdu- 
zione delle merci forestiere, e furono rivocate tutte le esenzioni 
delle gabelle: si diedero ordini circa gli officii vacabili della da- 
taria e frutti di essi: — si estinse la gabella del quatrino degli 
artisti: — si dichiarö che alli Romani et altri nobili dello stato 
ecclesiastico. sia lecito di esercitar commerci senza pregiudizj 
della nobiliä. Das ift eigentlich alles Wefentliche was er fagt. 

Handlungen des Papſtthums in Bezug auf das Innere ber ka⸗ 
tholifchen ‚Kirche erwähnt er kaum. 


141. 
Clementis Decimi Pontificis Maximi vita. (Alt. 288 ©.) 


Gartari hatte gemeint, es würben fi Viele finden um das 
Leben Clemens X. zu befchreiben: eben Solchen widmete er feine Mar 
terialien. Bald fand ſich auch ein Autor der es unternahm: aber 
freilih ein Jeſuit, auf Befehl feines Generals Dliva. Cardinal Pau⸗ 
Inzzi Altieri gab ihm bazu die Materialien. 

Dbwohl diefer Autor Cartari nicht nennt, fo ift doch offenbar, 
daß er ihn vor fich hatte. Er thut Häufig nichts als daß er ihn 
überfeßt, ermeitert. 

Hatte Eartari die Schmeichelei abftchtlich vermieden, fo fügt der 
Ueberarbeiter fie hinzu. Er meint, im Sabre ber Geburt Elemens X. 


430 Nuovo governo di Homa sotto Clemente X. 


babe ber Tiber gewaltige Ueberſchwemmungen angerichtet: „quasi 
pracsenliret imperantis urbis fluvrius augendam ab exorto tum in- 


ante Romanam gloriam.“ 


Doc hat er zuweilen auch nuͤtzlichere Zufäge. Er erzählt jenen 


Eharafterzug von dem freiwilligen Zurüctreten Clemens X. vor feis 
nem Bruder. 

Sn den fpätern Gapiteln gebt er auch auf die kirchlichen Ereig- 
niffe ein. Innumeros in callem salutis reduces illo regnante vi- 
dit Hungaria, quam catholicam, ut Francisci cardlis Nerlii verbis 
utar, pene totam eflecit: — wahrhaftig eine flarfe Hyperbel, denn 
nicht allein ward Ungarn damals feineswegs fo weit katholiſch, noch 
trug Clemens X. dazu viel bei: — ad veram religionem in Hiber- 
nia conservandam ac propagandam solertem industriam contulit: 
— — plurimos in Vaticanum regressos Boemia et caetera Boe- 
miae regna atque inter hos magnos principes, plurimos Rhaeti 
atque iis finitimae valles, magnam illorum vim Hollandia, majo- 
rem vidit Gallia. Alles aber body fehr im Allgemeinen. 

Indem er dann die Gerechtigkeit und die Liebe des Papſtes zu 
feinen Unterthanen belobt, entichuldigt er ihn, daß er jene Unter⸗ 
flüßung der Polen wider die Zürfen durch Auflagen auf die Geiſt⸗ 
lichen zufammengebracdht: daß er neue Anleihen gemacht: — drüdende 
Auflagen habe er abgeichafft und dafür Lurusartifel, uͤberſeeiſche 
Weine, den Tabak, belaftet: — auch in Ruͤckſicht feiner Verwand⸗ 
ten habe er die größte Mäßigung bewiefen. Man müffe nicht bei jes 
nem Pallaſt flehn bleiben, fondern ermägen wie wenig Ländereien 
Die Ultieri erworben — „quam minimum in spatium contrahantur 
Alteriis principibus subjecta oppida et rura, cum latissime pa- 
teat aliorum ditio.‘* 


142. 
Nuovo governo diRoma sotto il pontificato di papa Clemente X. 
(Barb. 17 Bl.) , 


Erdrtert das Familienverhaͤltniß, die fonderbare Erhebung Pau: 
luzzis zum päpftlichen Nepoten. 

Der Bruder des Papftes, Stammhalter des Haufes Altieri, hatte 
nur eine Zochter binterlaffen, und verordnet, daß ber Gemahl der 
fi) mit ihr vermähle den Namen Altieri annehmen folle. 

Ein Neffe des Cardinal Pauluzzi heirathete dieſe Erbin bes Haus 
fe8 Altieri. Dadurch wurden die beiden Familien vereinigt. 

Alle andern Verwandten, 3. B. die Gabrielli, die fonft Die nächs 
fien gewelen wären, mußten zuruͤckſtehn. 

‚ Mebrigens ließ fich diefe Regierung gleich von Anfang weniger 
mild an ale die frühere, was fchon daher kam, daß Clemens I 
auch diejenigen Einfünfte, welche bisher immer refervirt geweſen was 
ren, mit Schulden belaftet hatte. Schon fing man an, die Feine 
Armee abzudanfen. Der Verfaſſer meint, jener geringfügige Nach⸗ 
laß, den Clemens IX. an der Steuer gewährt, werde machen, daß 
man den ganzen Staat entwaffne. 

Auch er klagt über die Form des Regiments, die Rudchtele 

ig⸗ 





Roxzoni Rel. di Roma soito Clemente X. 481 


ſigkeit weldye ben Regierenden im Kirchenſtaate nun ſchon gewöhnlich 
war. Vedendosi ediati et abborriti tanto più s’infierano, e tira- 
tosi il cappello sugli occhi non guardano in faccia a nessuno, 
e facendo d’ogni erba fascioe non pensano che al proprio inter- 
esse senza minima apprensione del publico. . 


143. 


Relatione dello stalo presente della corte di Roma, fatia all’ 
ecc=° principe di Ligni governatore di Milano dall' Illno 
Sr Feder. Rozzoni inviato straordrio da S. E, alla cort 
appresso Clemente X. (24 Bl.) ' 


Etwas fpäter gefchrieben als die vorige Relation. 

Schon Hatte fich die Stellung der Parteien wieber verändert. 
Nospiglioft und Chigi wurben von dem herrſchenden Haufe vernach⸗ 
läßigt: dieſes fuchte fi den Squadroniften zu nähern. 

Das Verhältniß des Papſtes und des Eardinal Xitieri wird fol: 
gendergeftalt gefchildert. 

Il papa non ha applicatione alcuna, si per la cadente sua 
etä, eome anche per esser suo conmaturale attendere alla pro- 
pria quiete e sottrarsi dalle cure gravi che potrebbero turbare 
la serenitä dell’ animo suo, solo inclinato a vivere tranquilla- 
mente. Egli perciö non puole sapere le amministrationi della 
giustitia ne altri negotii politici della corte e dello stato eccle- 
siastico: onde il ricorrere a lui non giova punto a quelli che da 
suoi ministri vengono Oppressi: e per havere pretesto piü colo- 
rito di non ingerirsi in simili affari, pilı volte si fa stimare am- 
malato, non tralasciando per questo le sue domestiche conver- 
sationi, che dopo desinate giornalmenie si prende con giuochi 
di earte e godimento di suoni e canti. 

Lascia il governo della chiesa totalmente al cardinale Al- 
tieri, et in esso non si ingerisce se non quanto & necessario 
per la sua approvatione in voce o scritto: nel resto ha rasse- 
guato in tal maniera che pil volte Pha temuto e naseostamente 
ha fatto fare elemosine, regali e cose simili: ma la collatione 
de? beneficii, vescovati et elettione de’ soggetti alla porpora re- 
sta al totale. arbitrio di esso cardinale; il quale 6 uomo flemma- 
tico, e difficilmente si sdegna esternamente, e quando ciö fa, 
cessa di vendicarsi. Ha molt’ attitudine a sostenere la carica 
ebe tiene, et in fatti vuol sapere et indrizzare tutti gli affari 
grandi e piccoli non solo della corte ma ancora di tutto lo stato 
ecclesiastico, il che da alcuni si attribuisce a grande aviditä di 
suoi interessi, nelli quali è vigilantissimo; non lasciando passare 
occasione alcuna di non approfittarli: ogni giorno in tal’ hore 
determinate da audienza a iutti i ministri della corte et alli loro 
segretarj, et esso da le regole et istruttioni non solo generali 
ma anche particolari, di modo che li giudici et il medesimo go- 
vernatore non hanno nelle loro cariche arbitrio alcuno. 

ll prineipale ministro del medesimo cardinale & stato et & 
/’abbate Piccini, soggetto di deboli parti et inferiori nalali, che 


Däpfie #® J 31 


482 Piero Mocenigo 


prima della promotione di Clemente Decimo era suo cameriere: 
onde per introdutione, anzi per V’arbitrio, confornie la comune 
stima, che haveva de’ voleri di esso cardinale, ha congregato un’ 
annua entrata di 1% m. scudi et un eapitale di 200m., havendo 
altrettanto empito il capo di fumo quanto la horsa d’oro. Perd 
al presente & cessata tant’ aura sua, vogliono aleuni per punti 
politici e non giä perche si sia diminuita la sua gran fortuna 
dall’ unione delli quattro regj ambasciatori: ancorche detto ab- 
bate Piccini unitamente col commissario della camera chiamato 
monsr Zaccaria siano li piü intimi del cardinale: quanto a eid, 
spetta all’ interesse, mostrandosi esso cardinale da questo alieno, 
volendo lasciar cadere sopra di questi due ministri o torcimani 
P’opinione volgare di molto interessato. 


144. 


Relatione della corte di Roma del N. H. Piero Mocenigo, che 
fu ambasciatore a papa Clemente X, fatta l’anno 1673. 


(44 BL.) 


P. Mocenigo war früher in England geweien, jest fam er nach 
Nom, das ihm nun befonders. in commercieller Hinficht einen fo ganz 
andern Anblick darbot: hier ward er mit dem Haufe Altieri in 

iemlich heftige Streitigkeiten verwidelt; er trat an die Spitze der 

fandten, welche man einiger ihrer Freiheiten berauben wellte. Kein 
Wunder, wenn er von dem was er fieht und erlebt, fich nicht fehr 
erbaut zeigt. 

Er theilt feinen Bericht in brei Theile. 

1]. La qualitä di quella corte, sua autoritä cosi spiritwale 
come temporale, con aggiumta dell’ erario e delle forze. ‚‚Tutto 
il riflesso“, beginnt er, „dei pensieri de’ regnahti & rivolto a 
non lasciare la propria casa esposta alle perseeutieni et al lu- 
dibrio della povertä. Di ciö deriva che la tramontana di quella 
corte & l’interesse privato, e colä non s’applica al publico bene 
che colla speeiositä delle apparenze.‘ Die Begünfligung der vors 
nehmen Gefchlechter Hatte jeßt den Erfolg, daß befonders der Mit; 
telſtand, auch der geringere Abel nicht mehr fortlam. Er beſaß nicht 
Geld genug, um ſich durch eigne Kraft zu erheben, und war doch zu 
feibändig, um fich zu der Unterwörfigfeit der wirklich Armen zu ers 
niebrigen. | 

„Die Scmeichelei,” fagt P. Mocenigo, „iſt bier zu Haufe; 
aber nicht minder gibt es auch viele Leute die ſich uͤber ihre fehlges 
flagenen Hoffuungen durch Afterreden teöften, welche die Maxime 

en: man irre nie, wenn man das Schlimmſte denke.“ 

Wichtige Eongregationen: der Inquiſition, der kirchlichen Im⸗ 
munität, des Conciliums, der Propaganda, der Biſchoͤfe und Or- 
denegeiftlichen, des Inder. Will der Hof etwas abfchlagen, fo Aber: 
läßt er die Sache ihnen: fie halten fih an ihre Canones und den 
Gebrauch der vergangenen Jahrhunderte: da befommt das Gering⸗ 
fügigfte Bihtigfeit Iſt der Hof aber günftig geſtimmt, fo nimmt 
er felber die Sache an ſich. 

Belonders in den weltlichen Angelegenheiten zeigt fich deffen 


Relatione di Roma 1675. 483 


durchfahrende Gewalt. Garbindie wärben nie gebilligt haben, 
mon Krieg führe. — (Seit geraumer Zeit, Dürfen wir —ã 
geſchah das auch nicht mehr.) 

Der Zuſtand des Landes verſchlimmert ſich taͤglich. Seit 40 
Jahren, fagt man dem Autor, habe die Einwohnerzahl um ein Drittheil 
abgenommen: wo man früher 100 Zeuerſtellen zählte, finde man nur 
nody 60, viele Häufer reiße man nieder, obwohl bie Eonfulta ver, 
biete Dieß zu thun: täglich werbe weniger Land angebaut: bie Hei: 
vathen nehmen ab: für die Kinder fuche man eine Zuflucht in den 


ern. 

Er berechnet bie Zinfen der Staatsſchulden, d. i. der Monti und 
—— aa auf 2,400000 Sc., das Deficit auf mehrere Hundert: 
anfende. 

1. Il presente governo di Clemente X, sus casa, sacro 
collegio e corrispondenze con principi. 

Glemens X. Er fehe wohl Datar, Segretario de Brevi, Staats, 
fecretär und ben Cardinal Altieri zu den gefeßten Stunden, aber 
er habe nur die Formalität des Unterſchreibens: unangenehme Dinge 
verberge man ihm: dahin gehe das ganze Beftreben EI. Xitieris. Der 
Gefandte behauptet, der Papft habe Feine Kenntnif von ben Geſchaͤf⸗ 
ten der Welt: er fey niemals Nuntius geweſen. Wie wir wiffen, 
ift dieß falfiy. In Roma si dice che.benedicere e sanctificare sia 
del pontefice, reggere e gubernare sia dell’ Altieri. 

Cardinal Altieri: di compiessione delicata: — — la sus na- 
tura ô ardente, impetuosa e di prima impressione. — — Assue- 
fatto alla cortesia Romanesca di non negare cosa alcuna, anzi 
di concorrete con’ parole officiose ad esaudire le instanze fa- 
cilmente: poi quando ha ponderato il negotio, dä indietro, anco 
col negare l’impegno, e d& nelle scandescenze. — — Da poca 
speranza vien sollevato, come per contrario da poco timore ab- 
battuto. Wir fehen in diefen Heußerungen wohl die Nachwirkung 
perſoͤnlicher Mißverhaͤltniſſe. 

In dem nemlichen Sinne aber werden auch die uͤbrigen Per⸗ 
ſoͤnlichkeiten geſchildert. Laura Altieri, von welcher doch das Gluͤck 
dieſer Familie fomme, befinde ſich in derfelden nicht wohl, deshalb 
laffe man fie niemals zu den Füßen des Papſtes fommen. Sch 
glaube daran doch richt recht. u | 

Unbedenklicher iſt ed, wenn ber Verfaſſer bie Vereinigung des 
Hofes mit den Squadroniſten ſchildert: wir fahen ſchon, wie fie, ſich 
vorbereitete. DBarberini, Nospiglioft und Ehigi waren jet in geringes 
rem Anſehen: die Squadroniften drangen befonders auf Unabhängigkeit 
der Eurie von den fremden Höfen: fie hatten die Altieri ganz an 
ſich gezogen. Der Berfaffer. behauptet, die Berwidelungen, in welche 
der dr ſich einlafle, feyen ihnen zugufchreiden. 

Er geht näher auf diefe ein; allein in feiner irritirten Weiſe. 

Den Kaifer müffe der Hof zuweilen durch geiflihe Geſchenke, 
Agnus bei u. f. w. zu Seghtigen fuchen. Mit Srantreih habe man 
fo viel Irrungen, daß man fich freue, wenn es in Krieg verwidelt 
werde. Wie follte da der Papit noch den Frieden vermitteln? — 
Spanien beklage fih unter andern, daß man im Kirchenftaat die 


31* 


® 


484 Scritlura sopra il governo di Roma. 


Banditen aus Neapel aufnehme, und zugebe, daß das gefloblene Gut 
dafelbft verfauft werde. „Ma non segli danno orecchie: per- 
che cosi comple alla quiete di quei confini, promessa e mantenu- 
ta dai medesimi banditi.‘“ Wan verfäume, Polen recht eifrig zum 
Züurfenfrieg anzutreiben, nur um dann nicht genöthigt zu ſeyn es 
zu unterflügen. Dem Gzar wolle man diefen Titel nicht gewaͤh⸗ 
ren, und deshalb trefe man mit ihm nicht in Verbindung: wovon 
ſich doch fonft fo viel Beihülfe gegen ben Erbfeind erwarten ließe. 
Per timor d’ingombrarsi in obligatiene di rimettere e contribuire 
soccorsi maggiori si sono lasciate cadere le propositioni fatte da 
un? iaviato Polacco, cbe l’armi del re sarebbero passate il Da- 
nubio, entrate nella Bulgaria, o promettevano di portar la guerra 
nelle viscere dell’ imperio Ottomano. Ich bemerfe das nur, weil 
ſich daraus ergibt, daß man Diefe Hoffnungen ſchon damals hegte. 
Denn was der römifhe Hof viel dazu thun fonnte, befonders wenn 
es fih mit dem Zuftand der päpftlihen Eaflen und Länder fo ver- 
bielt wie oben geichildert worden, fieht man doch auch nicht ein. 
Dem König von Portugal wollte man das Patronat über feine trans⸗ 
marinen Kirchen, dem Herzog von Savoyen einen Indult zur Bes 
fegung der Bisthümer feines Landes nicht zugefichn. Auch in Tos⸗ 
cana, in den kleineren Fuͤrſtenthuͤmern regte fich diefer Anfpruch auf 
firchliche Selbſtaͤndigkeit. 

Die Incameration von Eaftro erweiſt fich fogar ſchaͤdlich. Die 
Schulden die man übernommen, fordern 90000 Sc. Zinfen: der Päch: 
ter der Einfünfte zahlt nur 60000. In Rom antwortet man: fo 
rechne ein Fuͤrſt nicht. . i 

II. Corrispondenze colla republicg: nur fehr kurz und 
hauptſaͤchlich über perfönliche Streitigfeiten. „Impiego. acabro- 
sissimo.°‘ Alles in bemfelben Geift. 

Venedig war man auf eine Relation in biefem Sinne ſchon 
vorbereitet worden. Noch che P. Mocenigo wiederfam, erfchien eine 
Lettera scritta a Venetia da soggetto ben informato sopra l’am- 
basceria (eine zweite Hand fegt hinzu: infame). del Sr Kavr Mo- 
cenigo; wo ber Feine Mann mit der großen Perücke, der ims 
mer von England ſprach, flarf mitgenommen wird. Jetzt fite er 
Zag und Nacht mit einem Literaten, um in feiner Relation den 
römifchen Hof anzufchmärzen: „un governo, migliore del quale per 
i principi secolari non & stato da S. Pietro in qua, piacevole, 
moderato, senza puntiglio.‘ - 

Auch Hat Mocenigo gewiß übertrieben: deshalb iſt aber nicht als 
les zu verwerfen was er ſagt. 

Jedermann trägt am Ende feine Meinung auf die Dinge über, 
von denen er Meldung thut. Wir andern haben und nun da zwis 
fhen Object und Subject zurecht zu finden. 


145. 


Scrittura sopra il governo di Roma. (MS Rom.) 


Unter Schriften befindlic die fi auf 1670-80 beziehen und 
ungefähr eben dahin gehörig; fo troflos wie die Klagen Sackhettis 


Vita di Innocentio XI. 485 


mir immer. I. Sopra il cattivo stato de’ popoli. Come mai in 
ogni pontificato, 8’ha da trovar modo di metter 100 et anco 150 
m. scudi in una casa, e non € possibile di levarne 50 m. di. peso 
agli aggrayati popoli.-— — Il peggio & non voler permettere i 
modi honesti di riempire le borse con procacciarsi per mezzo 
di lecite mercantie quei guadagni ch’altri con l’autoritä indebi- 
tamente s’appropria. II. Sopra la 'gran povertä et il gran 
lusso. RRhetorifch ausgeführter Gegenſatz. III. Dell’ annona e 
del vino. Vorzuͤglich über die Mißbräuche der Annona. I mini- 
stri del principe vogliono far da mercanti. Quindi tanti falli- 
menti di mercanti e di fornari, tanti sconcerti nelle case e nelli 
luoghi pii, il cui loro maggior avere consiste in terreni, e tanti 
grani lasciati marcire ne’ granari a chi non ha voluto soceom- 
bere all’ estorsione di si detestabil traſico. IV. Del ritarda- 
mento della giustitia e de’ frutti de’ luochi di monte. Auch die 
Depofitarii der Monti werden der Weruntreuung und Willkuͤrlich⸗ 
feit angeflagt. V. Sopra V’irreverenza nelle chiese: — wie im 
Theater, meint er. vi. Sopra il fasto de’ banchetti palatini. 
VU. Sopra l’abuso del cerimoniale. Der Autor mißbilligt das 
häufige Sanctiffimus: es empört ihn, daß man von der Frohnleich⸗ 
namsproceffion zu fagen wagte: ‚„Sanctissimus Sanctissima portat.““ 
V opra l’immunitä ecclesiastica: — er beklagt daß die Ver: 
brecher in den Kirchen Freiftätten finden. IX. Sopra le lordure 
delle strade. — Wohlmeinend, im Ganzen bezeichnend, doch nicht 
durchgreifend. 


146. 


Vita del servo di dio papa Innocentio XI raccolta in tre libri. 
| (MS. Rom.) 


Ein fehr ſchoͤnes Eremplar auf 144 Blättern, wahrfcheinlich ei: 
nem fpäteren Papſt zu eigenen Händen übergeben. 
as erfte Buch umfaßt das frühere Leben Innocenz des XI. Der 
Autor hatte fih Mühe gegeben, davon authentiſche Nachricht einzu 
zieben. Er leugnet, daß der Papſt in feiner Tugend einen Feld: 
zug mitgemacht: ©. H. felbft war darüber gefragt worden. Dages 
en erzählt er, daß Cardinal Eueva es geweien, der den jungen 
dann, welcher ihm vom Governator zu Mailand empfohlen war, auf 
die Vortheile der Laufbahn an der Eurie aufmerffam gemacht habe. 
Das zweite Buch umfaßt die früheren Regierungshandlungen 
dieſes Papſtes: Decongmie, Einziehung unnuͤtzer Stellen, Herabfeßung 
der Monti auch für die Communitäten, Beſchraͤnkung des Wuchers, 
der befonders im Ghetto getrieben wurde, neue Zaren für die geiſt⸗ 
lichen Sporten. Sein Grundfag: „„essere egli non padrone, ma 
amministratore delle cose alla santa sede spettanti con l’obbligo 
rigoroso di distribuirle non secondo la gratia de’ parenti ma con- 
forme la legge della giustitia.‘° — — Egli medesimo disse che 
da cardinale haveva cominciato ad esser povero e da papa era 
divenuto mendico. Uebrigens gedenft der Autor audy ber englifchen 
Ereigniffe, und trägt fein Bedenken zu erklären, daß König Jacob 





486 Memoricle del 1680. — Ode satirica. 


England abe katholiſch machen wollen: Volendo ricondurre al 
Romano il 1 suol sudditi, comincid a servirsi nel minisiero 
di cattolici. 

Sn dem dritten Buche wird die Theilnahme Innocenz XI. 
dem Tuͤrkenkriege erörtert; feine perfönlichen Eigenicoften werden aufs 

eführt. Er erfcheint, wie er war, Eräftig, rücfichtslos, ehrenwerth. 

Sit vieler Einfi ht wird fein Thun und Laffen geſchildert, bei weis 
tem beffer als in bem Werkchen von Bonamiend, das wir bei Les 
bret finden: und das eigentlich mır eine feichte Lobfchrift iſt. 

Merkwürdig tritt auch hier der Widerfpruch hervor ben die 
Wirkfamfeit dieſes Papſtes erregte. Was erhob man Alles für Eins 
reden den Entwurf einer Bulle zur Abichaffung des —— 
mus. Il volgo vedendo riformati molti ministri in palazze e 
unite le loro cariche ad altri ministerj, che il papa non ind 
nava a spendere nd a beneficare con gratie, senza pensare piü 
olire biasimava ’l genio di Innocenzo come incapace della con- 
ditione del principe. Bald auf die eine, bald auf bie andere Weiſe 
trat dieß Mißfallen hervor. 


147. 


Memoriale del 1680 al papa Innocenzo XT concernente il governo 
e gli aggravj. (Bibl. Vallic.) 


Man erkenne, heißt es im biefer Schrift, ben heiligen Eifer des 
Papfted an. Uber leider fey der Erfolg feiner Handl eine all⸗ 
gemeine Unzufriedenheit. Dur die Reduction der Monti feyen 
viele Familien zu Grunde gegangen, — die Gardindle höre man nicht; 
den Fürften gewähre man feine Gnade; die Prälaten feyen ihrer 
Soffnungen beraubt; die Armen ohne Almofen: ganz Rom ein 

chauplatz bes Elend des. 

Wer ſollte es glauben? Kaum gibt ein Papſt den unaufhoͤr⸗ 
lichen Klagen uͤber den Repstismus Gehör und ſtellt ihn ab, fo 
fordert man ihn wieder zurüd. Ond’.e, fagt unfer Memorial nach 
Auführung einiger Gründe, che sia una grau fortuna per un prin- 
cipe l’aver parenti buoni e capaci del governo: poiche avendo 
questi piü potenti motivi dei ministri d’interensarsi nella riputa- 
tione e gloria di lui, possono anco con .maggior sinceritä e fran- 
chezza dire i loro pareri. 


148. 


Ode satirica contra Innocenzo XI. CBist zu Frankf. a. M. 
MS Glauburg. n. 31.) 


Noch gemäßigt iſt in Schriften wie die vorige ber —— Bi 
Unwillens: gab-aber fey es ein wirklich begangener 
nur ein Gerücht Anlaß zum Zabel, fo machte er ſich im von 5 bee 
fien Ausbruͤchen Luft, wie das hier. gefchieht. 


Io non ritrovo ancor ne’ vecchi annali 
bestia peggior, che sotto hipocrisia 
col sangue altrui tingesse e’l becco e V’ali. 





Sopra la soppressione del oollegio de’ secreiari ap“. 487 


Per altri era zelante, ma concesse 
al .nepote però che il gran comprasse 
due scudi il rubbio e nove lo vendesse. 


149. 


Discorso sopra la soppressione del collegio de’ secretari apo- 
stolici fatta per la Stä di N. Ste Innocenzo XI. 


Zroß fo heftigen Widerfpruchs fuhr Innocenz in feinen Reformen 
fort. Unſer Discorfo zeigt, wie man in einzelnen Fällen zu Werke 


ging. 

—Es wird zuerſt der Urfprung dieſer Segretari, bie man feit dem 
Schisma finde, und der Lebelffand gefchildert der mit ihrer Exi— 
ftenz verfnüpft ſey. KHauptfächlich komme derfelbe daher, weil gar 
feine Verwaltung zu dem Amte gehöre. I possessori degli officii 
di fatto non hanno amministratione o servitio alcuno nella spe- 
ditione dei nogozj: mentre cosi il segretario di brevi come quello 
delle lettere o brevi a principi, come versati nel mestieri, si so- 
gliono deputare ad arbitrio del papa fuori del collegio, ne lof- 
ficio porta seco la prelatura conferendosi a persone seculari 
per lo piü. inesperte et in etä tenera, a guisa di quelli altri of- 
ficii popolari i quali sono in commercio per il solo commodo 
et interesse borsale. 

Da die Intereffen ungeheuer waren, die Sammer für 200000 Se. 
die fte empfangen, 40000 Sc. jährlich Zinfen zahlen mußte, beſchloß 
Innocenz dad Collegium aufgubeben, und fette eine Congregation 
nieder um die Anfprüche der Theilnehmer zu ermägen. 

Der Papſt wollte nur das zurüchzahlen was die Kammer wirffich 
empfangen: die Betheiligten forderten wenigftens fo viel, als der lau⸗ 
fende Yreis der Yemter betrug. Die Gongregation fonnte zu feinem 
- Entfhluß fommen. \ 

Unfer Autor ift der Meinung, daß der Papft nur zur Erftattung 
des nominellen Preifes verpflichtet fey; er findet dieß in der Praxis 
des päpftlichen Stuhles gegründet. ı 

Auch andere Schriften finden ſich die hieher gehören, 3. B. 
Stato della camera nel presente pontificato d’Innocenzo XI; aber 
fie beftehn ans Zahlen und find Feines Auszuges fähig. 


150. . 


Scritture politiche, morali e satiriche sopra le massime, istituto 
e govexno della campagnia di Gesü. (Bibl. Cors.) 


Eine Sammlung von allerlei den Orden betreffenden Schriften, 
von denen einige, z. B. eine Confulta des Acquaviva, fatirifch und 
erdichtet, andere aber fehr ernfthaft gemeint und aus den beiten Quel- 
len gezogen find. 

Die wichtigfte ift: In nomine Jesu. Discorso sopra la re- 
ligione de’ padri Jesuiti e loro modo di governare: allein gegen 
400 Blätter ſtark; zur Zeit bed Generals Noyelle, alſo zwiſchen 1681 
und 1686 abgefaßt: dem Orden allerdings unguͤnſtig, jedoch fo, daß 


488 Scritture sopra la compagnia di Gesu. 


man aus jedem Worte ſieht, der Werfafler war mit dem Zuflande 
deffelben feit der Mitte des Jahrhunderts auf das genauefle befannt. 
Er nimmt folgenden Gang. . u 

I. Zuerft flellt er die Mängel die er wahrnimmt, unter einigen 

Rubriken zufammen. 1. Di alcune loro massime: 3. B. von der 
Meinung daß ihr Drden der vornehmfte fey, daß alle ihre Gebete 
erbört, daß alle die in der Eompagnie flerben ohne Frage felig 
werden. 2. Della loro aviditä et interesse. Won ihrer Erbfchleis 
cherei, — eine Menge Geſchichten, wie fie Geſchenke herauszulocken 
wiffen, — von ihrer Handelfhaft und noch mancherlei_ ſchlimmern 
Dingen. Das Wichtigfte wäre der Handel. Der Geſichtskreis iſt 
jedoch zu enge, hauptfächlih nur Rom und der Kirchenfiaat. 3. Del 
oro governo. Bon dem Mißbrauche der monarchiſchen Gewalt. 
Veber die Abfegung Nidels: |. 5.127. 4. Qualitä proprie del go- 
verno. 3. 3. Flagello sordo, d. i. Denen die geftraft werden, 
macht man ihre Vergehen nicht eigentlich nahmhaft, Angebung ohne 
vorhergegangene Erinnerung; der Obere bediene ſich oft eines Uns 
teren zur Aufficht, was alle Drdnung auflöfe. 5. Governo in ordine 
ai loro convittori e scolari. Ihre ehrenrührigen Züchtigungen. 6. La 
moltitudine delle regole.. &ie laufen oft einander entgegen, es 
gebe Niemand der fie alle Fenne. W 

II. Hierauf ſucht der Autor nach einigen Wiederbolungen uͤber 
Urſache und Wirkung dieſer Uebelſtaͤnde die Heilmittel dagegen zu be⸗ 
zeichnen. Es iſt merkwuͤrdig, daß ſchon er unter den letzten vor allem 
die Einrichtung von Generalvicarien nennt, die man ſo oft gefor⸗ 
dert hat und der Orden ſich nie hat gefallen laſſen wollen. Er ſagt: 
Constituire un vicario generale per le provincie delle Spagna, 
Germania, Francia et Indie, — cacciar sangue ad un corpo 
troppo pingue, — leggi certe a delitti certi. 

III. Er fehrt dann wieder zu feiner alten Methode zurücd die 
Mängel des Inſtitutes unter mandherlei Rubrifen aufzuzählen. Es 
fommen dabei eine Menge Einzelnheiten zur Sprache, die mit_mehr 
oder minder Authenticität vorgetragen werden. Vielleicht das Wich⸗ 
tigfte ift der letzte Abfchnitt: Delle loro Indiche missioni, aus den 
Briefſchaften gezogen, die ſich im paͤpſtlichen Archiv vorfanden, mit 
großer Sorgfalt, fo daß die Quellen einzeln angegeben find: bier 
werden die Ucte ded Ungehorſams gegen den Papit, deſſen fich die 
Jeſuiten in Indien ſchuldig gemacht, aufgeführt: fchon fo lange vor 
Pere Norbert. 

Allerdings ift nun diefe Schrift den Jeſuiten ungünftig: aber 
zugleich uͤberaus belehrend. Die Fehler des Inſtitutes enthält fie mit 
einer Schärfe und Penetration, daß man viel deutlicher als es fonft 
möglich wäre, in das innere Getriebe deffelben blift. Man könnte 
nicht fagen, daß fie geradezu feindfelig wäre: auch das Gute erkennt 
fie an. Schon nimmt man aber wahr, welche Stürme ſich gegen 
den Orden im Innern der Geiſter vorbereiteten. 








Gio. Lando Hel. di Roma 1681. 489 


151. 


Relatione diRoma di Gio. Lando Kf, inviato straordinario per 
la serma repea di Venetia ad Innocentio XI et ambr stra- 
ordrio ad Alessandro VIII in occasione della canonizazione 
di S. Lorenzo Giustiniani. 1691. (17 31.) 


Schade daß wir über die wichtige Regierung Innocenz XI. feine 
Relation befigen die diefen Namen verdiente; burdy die wir über 
die Erfolge der Thätigfeit dieſes Papſtes unparteiifch aufgeklärt wuͤr⸗ 
den. Die Gefchäfte der Republik verſah in den erften Jahren befr 
felben 1678 — 1683 der Cardinal Ottobon ein Wenezianer, nad 
mals Alexander VIEL, der niemals zurücging und daher nicht refe⸗ 
rirte; nach dieſem Johann Lando, aber ohne eigentlidy officiellen Cha⸗ 


rakter. Wohl hat Lando nichts deſto minder einen Schlußbericht ers 


flattet, aber erft dann, ald man fchon wieder nach dem Tode Ale 
zanderd VIII. in das Gonclave gegangen war; unglüdlicher Weiſe 


fällt er überdieß aus dem Tone venezianifcher Relationen heraus. 


Er beginnt damit die göttliche Wuͤrde des Papſtthums zu erörs 
teen, und beflagt daß es nicht allenthalben berriche. Sa die Zahl 
ber Keßer fei größer als die dee Katholiken. Haben nicht felbft die 
verruchten Quietiften in Rom ihre Werkſtatt aufgefchlagen! Am roͤ⸗ 
mifhen Hofe wolle man nicht glauben, daß man felbft daran Schuld 
fey, und doc verhalte ſich das fo. Auch jetzt noch achte man einen 
Mann, der mit tiefer Gelehrſamkeit oder dem Beifpiel der Heiligfeit 
für die Kirche flreite, bei weitem geringer als die Canoniſten, welche 
für das päpftliche Anſehen fchreiben. Ihre Uebertreibungen bavirfen 
aber gerade, daß die Fuͤrſten ſich doch dem Hofe entgegenfegen. 

Erſt nachdem er felbft einen Verſuch gemacht die Grenzen der 
geiflichen und ber weltlichen Gewalt zu beflimmen, nähert er fich 
angfam den ‚weltlichen Geſchaͤften. Bon den Zuftande des Kirchen; 
fiaates macht er eine träurige Beſchreibung: „„desolate negli abitanti, 
spiantato nella coltura, ruinato coll’ estorsioni, mancante d'indu- 
stria.‘° Er berechnet die Schulden auf 42 Millionen. Alerander 
VII. habe. die Ausgaben um 200000 Sc. vermindert und ˖dadurch 
das Gleichgewicht zwifchen Ausgabe und Einnahme vwiederhergeftellt. 
Sn der Dataria habe der. Papſt eine Ader von Gold. Jedoch mit 
nichten bleibe nun dieß Geld auch in Rom: einzeln fomme es, im 
Ganzen gehe es fort: Innocenz XI. habe gewiß 2 Millionen. Scubi 
um Zürfenfrieg in Ungarn beigefteuert. Bon jenen 42 Millionen 
—* vielleicht 15 Millionen der Chriſtenheit zu Gute gefommen. 

Noch immer findet er, daß Rom ein allgemeines Vaterland, 
einen Sammelplat für alle Nationen bilde. Jedoch fomme Jeder 
bloß feines SInterefied halber. Deutſche und Franzoſen fehe man we: 
nig, weil ihre Beförderung nicht vom römifchen Hofe abhange, Spa: 
nier nur von ber geringeren Claffe; würde jeder Fürft auch in Ita⸗ 
lien feine geiftlichen Stellen felber beießen, fo würde der römifche 
Hof zu Grunde gehn. Stalin habe dafür aber auch den Genuß 
des Papſtthums. Tutta la corte, tutte le dignitä, tutte le cari- 
che, tutto lo stato ecclesiastico resta ira gli Haliani. Und wie 
viel trage dieß Verhaͤltniß aus. Mei ber Uinficherheit der Succeſſion 


. 


490 Gio. Lando Bel. di Homa 1691. 


in allen italienifhen Häufern beruhe das Heil von Italien ganz al- 
lein auf der Vereinigung zwilhen Venedig und Rom. Er nimmt 
Anlaß ſich über die Nothwendigfeit des guten Vernehmens zwifchen 
beiden zu verbreiten. Er meint doch, man könne in Venedig man- 
ches nachgeben. Den Schuß, den man unrubigen Frati angedeihen 
ließ, — gewiffe Prätenfionen der Gerichtsbarfeit — nehme man in 
Rom fehr übel. 

Das find num, wie wir fehen, alled recht gute, brauchbare Be⸗ 
merfimgen, die von redlicher Gefinnung zengen, aber uns, bie wir 
pofitivere Nachrichten über bdie.Staatsverwaltung fuchen, koͤnnen fie 
nicht genden. — — lieber die beiden Päpfte bei denen er diente, 
fagt Lando — uͤbrigens ein. fonderbater Autor, der unter ben 
Medeformen Feine fo fehr liebt, wie das Anakoluth — nur Folk 
gende: Quando io rifletto a quello che ho zentito a risuo- 
nare senza ritegno contro Innscenzio XI, il quale veniva ac- 
cusato di non dare audienza, d’asprezza, di erudeltä, d’inflessi- 
bile nemico di prineipi, di studioso di controversie, d’irresoluto 
e tenace, di distruttore delle diocesi e heni ecelesiastici: perche 
stava molti anni senza provederli, perche aveva calati li monti 


senza sollevare lo stato coll’ arvanzo risultatone, per avere te- 


nuta .ferma l’estorsione che .chiamano dell’ annona, per essere 
stato indulgente a?’ quietisti, e tante altre cose con che non vi 
era persona che non esclamasse contro di Ini: e pareya all’ ora 
al volgo’indiscreto che non fossero virtü d’alcıma importanza al 
pontificato, .quale memorabilissimo d’una costante alienatione 
del suo sanugue ed un’ illibata disinteressatezza per lasciare in- 
tatto tutto quello era della camera, fuorche impiegato nelle guerre 
contro gl’infedeli; e s’auguravano all’ ora un pontefice.che, se 
bene un poco indulgente alli suoi, lo fosse anco per gl’altri, e 
che fosse dotato di quelle virtà che all’ora si giudicavano piü 
necessarie, perche pareva mancassero. Ma veduto poi che as- 
sonto Alessandro VIII, benche tutto umanitä, facile all’ au- 
dienze, dolce, compassionevele, pieghevole, rispeitose a ;prin- 
<ipi, nemico d’impegni, sbrigativo, franco nei negotii ed in 
tutte Je sorti di speditioni, benefico allo stato sollevato- di 200 
mila scudi di gabella.e dell’ angaria dell’ annona, che ha fulmi- 
nato li quietisti, che ha finito quietamente il.negotio molestis- 
simo del quartiere, ha soccorso lui pure la guerra contro il 
Turco, ed ha fatto ‘ancora alire attiani_importanti nella gran 
brevitä del suo pontificato ad ogni mode, perche: all’ incontro 
ha mostrato .affetto alli suoi nipoti, .perche ha voluto fidarsi di 
loro piü che degl’altri nelle cariche, ‚perche ha .voluto provederli 
con qualche larghezza ma di molto inferiore a quello hanno 
fatto tanti altri, e perche in questa. parte ha mastrato un poco 
d’umanitä e la tolleranza del sangue, & stato anche egli bersa- 
glio ‚d’invettive maligne e continue fin alla morte, ma egualmente 
ingiuste dell’ uno e dell’ altro. 

Zuletzt bezieht er ſich noch auf feine übrigen Dienfle, wie er 
denn im Laufe Feines Amtes mehr als 700 Depeſchen geichrieben habe. 

Diele mögen denn wohl defto mehr Thatiacyen enthalten. Zum 
Theil befinden fie fih in Venedig, zum Theil in Wien. 








Confessione di Alessandro VIII. 491 


152. 


Confessione di papa Alessandro VIII fatta al suo confessore il 
padre Giuseppe Gesuita negli ultimi estremi della sua 
vita. (MS Rom. 21 31.) 


Alles Ernſtes berichtet ein Scriptor bes vaticanifchen Archives, 
©. B. Perini, unter andern Papieren ber Zeit Aleranders VIII. 
habe-er auch dieſes Actenſtuͤck gefunden. Er fchreibt dieß 9 April 
1736, wo Niemand ein Interefle haben fonnte einen Papft zu ver 
unglimpfen der ſchon fo viele Nachfolger gehabt hatte. Das Wert: 
chen ift baher troß feines omindfen Titels der Betrachtung wert. 
Was ıfl es, was der Papſt barin bekennt? 

Er beginnt damit, feit 1669 habe er niemals ordentlich gebeich- 
tet; — durch bimmlifche Stimmen ber Abfolution verfichert wolle er 
es jeßo. Und hierauf befennit er nun Handlungen wie folgt: — er 
babe ftch der Erlaubniß, die ihm Papit Clemens einfimals ertheilt, 
für ihn zu unterfchreiben, zu den unerlaubteften Gonceffionen bedient; 
Papſt Iunocenz XI. zu feinen Schritten gegen Frankreich veranlaßt, 

nd doch mit den Tranzofen insgeheim gegen den Papſt confpirirt; 
felbft zum Papſtthum erhöht, Habe er dann mit Wiſſen und Wil: 
len untaugliche, ja verruchte Leute befördert, nur auf die Bereiches 
rung feiner Angehörigen gebadyt, darüber hinweg gefeben, daß man 
in hr Pallaſt Gerechtigfeit und Gnade verfaufte;ssund mas dem 
mehr iſt. 

Man wirb wohl inne, baß-ba Feine Beichte bes Papſtes zu fin- 
den ift: Die würde ganz anders lauten, ganz andere Particularitäten 
wirde fie enthuͤllen. Sch glaube, es ift eine von jenen Schmähfchrifs 
ten, wie fte damals fo häufig erfchienen, die eine Meinung barftellen 
mag welche ſich über Alexander gebildet hatte, aber keineswegs die 
Wahrheit. Sie wird unter die Seripturen der Epoche gerathen feyn, 
wo fie dann ein bienfleifriger Archivbeamter fand und für echt 
Th Ir in dem venezianifchen Archiv fließ ich auf offenbar un⸗ 
echte e. 


153. 


Relatione di Domenico Contarini K. Roma 1696 5 Luglio. 
(Arch. Ven. 18 21.) 


Contarini hatte ſchon an dem franzäfifchen und an dem Faifer: 
lichen Hofe geftanden, ald er an den päpftlichen gefchieft wurde. Ur⸗ 
fprünglich zu Alexander dem VIII, den er jedoch fchon fo franf fand, 
daß er ihm nicht vworgeftellt werben konnte. Seine Relation ift 
Innocenz XII. gewidmet. 

Anlhonio Wignatelli — geb. 1615 — flammte aus ber Familie 
der Herzoge von Montelione in Neapel, und trat fruͤh in die Praͤ⸗ 
latur ein. Er ward WBicelegat von Urbino, Inquiſitor von Malta, 
Governator von Perugia; eine Garriere zwar an fich nicht zu vers 
werfen, die aber dem —* nur wenig Befriedigung darbot. Zu⸗ 
weilen haͤtte Pignatelli Neigung gehabt die kirchliche Laufbahn voͤllig 


493 Domenico Conterini 


w verloffen. Doc gelang es ihm endlich, in eine Runtiatur S 
ommen, was ihm der ſicherſte Weg der Befoͤrderung ſchien. Er 
verwaltete die florentiniſche, acht Jahr die polniſche, die deutſche, 
welche in der Regel den Cardinalshut verſchaffte; allein, war es nun, 
ſagt Contarini, der Einfluß unguͤnſtiger Geſtirne, oder Abneigung 
der damaligen Regierung Clemens IX, ſtatt belohnt zu werden, ward 
er abberufen und als Biſchof nach Lezze an die äußeren Grenzen von 
Neapel geſchickt. Er mußte unter diefen Umſtaͤnden bie ganze Kraft 
feines Geiftes aufbieten, die maͤnnlichſte Standhaftigfeit, und in der 
That feßte die Mäßigung und Ergebung die er bewies, den gefamms 
ten Hof in Erflaunen. Mit übernatürlicher Heiterfeit dankte er noch 
für diefe Beflimmung, „weil er nun doch nicht mehr die fchwere Lafl 
jener Nuntiaturen zu tragen habe.” Gontarini nimmt an, Clemens 
IX. Habe Pignatelli nach jenem Bisthum verwiefen, und Clemens 
X. ihn wieder nach Rom berufen: bei den römifchen Autoren findet 
fich jedoch, daß beides unter Clemens X. gefchehen. Wie dem nun 
auch ſey, — mag EL. Altieri ein eigenes oder ein fremdes Unrecht has 
ben gut machen wollen, er ftelite Pignatelli bei feinem Oheim als 
Mare bi Camera an: in diefem Amte fand und beftdtigte ihn In; 

nocenz XI, . 

Nun aber nahm fein Glück einen plößlichen Aufſchwung. Er 
ward im Jahre 1681 Gardinal, gleich darauf Biſchof von Faenza, 
Segat von Bologna, Erzbifhof von Neapel. Schon nad Innocenz 

. Zobe dachte man im Gonclave an ihn: nach Aleranders VI. 
Abgang waren, was Niemand erwartet hätte, ſelbſt bie Srangofen für 
ihn, einen Neapolitaner. Der Grund lag darin, baß fie einen mil⸗ 
den und ruhigen Mann bedurften. So ward er gewählt, obwohl 
erft nach einem fchwierigen Eonclave von fünf Monaten, das alle Car⸗ 
dinaͤle ermuͤdete. 

Auch Innocenz XII. beſtaͤtigte den Seeretar der Breven und ben 
Datar die er im Amte fand, obwohl ſie Creaturen ſeines Vorgaͤn⸗ 

ers waren, Panciatichi und Albano. Allgemeinen Beifall fand die 
ennung Spadas zum Gtaatsfecretär: fie geſchah auf den Rath 
Altieris. Nur die Nepoten Aleranders VIII beftätigte er nicht in 
ihren Aemtern: er hielt fih ganz an bad Beifpiel Innocenz XI. 
Andava procurando il papa d’imitare Innocentio XI, di cui @ 
creatura et aveva preso il nome forzandosi servisse al modello del 
suo la forma di quel governo, levandoli però quella parte che 
nell’ austeritä e rigidezza non era stata laudata. Wie wir fehen, 
durch größere Milbe fuchte er fein Wufter noch zu übertreffen. Leicht 
gab er Audienz: vornehmlich machte ihm bie Öffentliche, für bie Armen, 
einen guten Namen: ebwohl fie nicht, wie diefe hofften, zur rafchen 
Enticheidung ihrer Streithänbel führte, fo hielt fie doch die Gewalt 
famfeit der Vornehmen im Zaum. Tutti confessavano che que- 
sto publico ricorso portava un gran freno a tutti li ministri e 
giudici: mentre era troppo facile la strada di avvicinarsi all’ 
orecchie del principe e di sooprirli quello che in altri tempi era im- 
pedito o dalla autoritä o dall’ astutia di chi s’appressava al papa. 

Ein ungluͤcklicher Fall hinderte eine Zeit lang feine Thätigfeit; bald 

ober nahm er fie wieder auf. 





Relatione di Roma 16%. ' 493 


Die franzoͤſiſche Sache ward beigelegt; bie wichtigfien Reformen 
begannen. Es erfchien die Bulle über den Nepotismus, in welcher 
beitimmt wurde, daß die Pfruͤnden und Firchlichen Einfünfte, die in 
Zufunft einem Repoten übertragen würden, die Summe von 12000 

c. nicht üiberfleigen dürften. Innocenz XII. bob die Käuflichfeit 
fo wichtiger Stellen wie der Ehierici di Camera auf, er zahlte den 
Preis, 1,016070 Sc., zurüc: „er nahm damit dem Gelde feine Macht 
und dffnete der Zugend wieder die Möglichkeit, zu ben hoben Stel: 
len zu fleigen.” Schon erwartete man viele andere Reformen. „Der 
Papſt“, fagt Contarini, „bat nichts vor Augen, ald Gott, die Armen 
und die Neform der Mißbraͤuche. Er Lebt mit der größten Enthalt⸗ 
ſamkeit: jede Stunde widmet er ohne Ruͤckſicht auf die Gefumdheit 
feinem Amte. Er ift unbeſcholten in feinen Sitten, gewiflenhaft, 
ohne Intereffe oder Nückficht auf Verwandte, voll Liebe zu den Ar: 
men, mit allen Vorzügen ausgefaktet die man an einem Oberbaupte 
ber Kirche wünfchen fann. Könnte er überall felbft handeln, fo würde 
er einer der erfien Päpfte ſeyn.“ 

Jedoch nicht Jedermann war das lieb. Contarini bedauert, daß 
Snnocenz feine Nepoten habe, die ſich für den Ruhm ihres Oheims 
perfönlicy intereffiren fönnten — (vedendosi offuscate quelle grandi 
e risplendenti virtü dalla solertia de’ ministri troppo pratiei dell’ 
arte della corte). Um dem Eifer Innocenz XII. eine andere Rich⸗ 
tung zu geben, wandte man fein Augenmerf ausfchließend auf die 
Unterffüßung ber Urmen. Es ward das Hospital im Lateran vor: 
gefchlagen. Bald feffelte es alle Gedanken des Papſtes. ⸗ Questo 
chiodo fermò l'ardente volontà del papa di riformaro.“ 

Der Autor iſt uͤberzeugt, daß der Papſt bei 2 Millionen Seudi 


erſpart und zuruͤckgelegt haben koͤnne. Von der Reinheit der Ges 


finnung deffelben ift er tief Durchbrungen: er nennt ihn einen Mann 
von Unbefcholtenheit, ja Unfchuld der Sitten. 


154. 
Relazione di Roma di Nicolö Erizzo Kr 1702 29 Ottobre. 
(40 81.) x 


N. Erizso hatte ſchon P. Mocenigo auf feiner Gefandtfchaft 
unter Clemens X. begleitet; er wurde nun felbft Ambaffadeur; noch 
unter Innocenz XU. langte er an; und machte dann die erften Jahre 
Glemens XI. mit. Daß er fhon Länger mit Rom befannt war, 
gibt feiner. Relation doppelten Werth. u 

Er handelt zuerſt von den frübern Päpften. Nach einigen all- 
gemeinen Bemerkungen fommt er auf Innocenz XI, „dieſen heili⸗ 

en Mann, deffen vornehmſtes Werdienft allerdings nicht die MWiffens 
haften waren, der aber dafür Sconomifche Kenntnifle befaß, und es nicht 
allein dahin brachte, das Gleichgewicht zwiſchen Ausgabe und Ein- 
nahme herzuftellen, fondern auch den SKaifer und Polen in ihrem 
Kampfe gegen die Osmanen reichlich unterflüßen zu fönnen.” les 
zander VIII. gab feinem Nepoten wenigftens nicht das Gelb der 
Kammer. Dagegen verlor er bei dem Balliffement des Haufes Nerli 
ungeheuer, und Manche wollten feinen Tod diefen Verluſte zufchrei- 


404  ıMNicolö Erisso 


ben. Imnocenz XII. ſchloß den Abgrund bed Nepotisims: obgleich 
er fo viel für bie Armen that, eine Gabelle erließ, Bauten für den 
Sr Hafenbauten ausführte, fo hinterließ er doch noch eine beträchtliche 

umme im Schaß. Aber dem Garbinalcollegium, das er auch feis 
nerfeits nicht fehr hoch fchägte, Iebte er zu lange. Er fchien ihnen 
das Intereſſe des heiligen Stuhles der Nachgiebigfeit gegen die fürft« 
lichen Höfe aufzuopfern. - 

Endlich flarb er 27. September 1700, und mit großem Eifer 
warfen fich die Gardindle in die Händel des Eonclaves. Ihre Ab⸗ 
ficht war, einen Papſt zu ernennen ber den nah ihrer Meinung 
erlittenen Schaben wieder gut machen ſollte. Sie erſahen dazu Car⸗ 
dinal Marefcotti, einen Mann „von flarfer Bruſt, ber Regierung 
würdig, bartnddig in feinen Vorfägen und von unbeugfamer Munn⸗ 
haftigkeit“: Erizzo nennt ihn einen großen Mann. Der Taiferlidye 
und der ſpaniſche Botfchafter unterfitiäten ihn. Jedoch an großer 
Eifer ift für eine Papſtwahl oft gefährlich und war für Marefcotti 
tödtlih. Es gelang den Franzofen, die von ihm offene Feindfchaft 
befürdhteten, ihn anszufchließen. Hierauf Fam eine ganze Anzahl 
Anderer in Borfchlag; aber gegen Jeden gab es Einwendungen: der 
eine war zu heftig, der andere zu mild, ein britter hatte zu viele 
Nepoten: dem Eardinal Noris wiederfeßten ſich die Freunde der Je⸗ 
fuiten, weil er ihnen in feiner Gefchichte des Pelagianismus zu nahe 
getreten war. Die Eifrigen, hier zum erflen Mat fo unterfchieben, 
Zelanti, hätten gern Golloredo erhoben, doch fam diefer den Uebrigen 
zu firenge vor; — endlich als die Nachricht von dem Tode Carls I. 
einlief, „wurden die Gardinäle,” fagt Erizzo, „ſichtbarlich von der 
Hand Gottes berührt, fo daß fie in Einem Augenblid von ihren 
Leidenfchaften und ben Hoffnungen mit denen ein Jeder ſich ſelbſt 
ſchmeichelte, abließen, und ihre Augen auf den Eardinal Albani wars 
fen, mit der innern Bewegung, welche das größte Zeichen des goͤtt⸗ 
ichen Antriebes iſt.“ Cardinal Albani widerfegte ſich: Erizzo fin- 
bet, ber Widerfland den er geleiftet, fey wahrhaft und ernſt gemeint 
geweſen. Er ſchien endlich nadyzugeben, mehr aus Scrupel und 
um nicht länger gebeten zu werden, als aus freiem Willen. 

Erizzo geht nun daran, das Herfommen und die Perſoͤnlichkeit 
des Gewählten zu ſchildern. 

Albani ſtammte aus Urbino. Als der alte Franz Maria von 
Urbino ſich entichloß fein Herzogthum noch vor feinem Tode an Ur⸗ 
ban VIII. aufzugeben, ſchickte er einen Albani, der ihm ſelbſt Diefen 
Kath ertheilt hatte, um es dem Papſt anzuzeigen. Zweimal ſchickte 
er ihn. Das erfte Mal ward es ihm wieder leid, ımb er berief den 
Botichafter zuruͤck. Eriygo behauptet, auch das zweite Mal babe er 
fiy anders befonnen und Gegenbefehl erlaſſen, aber Albani habe fick 
dieß Mal nicht daran gefebrt, und die Acte der Verzichtleiſturg 
ohne Weiteres Urban VIII. überliefert. Dafür ward er Senator von 
Rom, fein Sohn Maſtro di Camera bei dem Cardinal Barberini. 
Deffen Sohn war dann Johann Franz Albani, der neue Papſt. 

‚. Johann Sranz Albani wibmete fid der Literatur und der geiſt⸗ 
lichen Laufbahn: das Glück wollte ihm fo wohl, daß er den dama⸗ 
ligen Päpften bald perfönlich näher trat. „Unter Innocenz XI”, fagt 

rizzo, „lernte er feine Entfchlüffe bedachtfamer faffen, als ihm von 





Relasione di Roma 1702. 495 


Natur eigen war, und in dem Umernommenen ausbharren; inter Ales 
zander nahm er freiere, keckere Formen ber Unterhandlung an: man 


fand ihn zugleich vorfichtig und entfihloffen, raſch und bebächtig, unb 


dem aͤußern Anfcheine nach Jedermann zugethan: diefe Künfte übte 
er dann unter Imocenz XII. aus. Weder feinen Datar nody fei- 
nen Staatsfecretär Fonnte dieſer argmöhnifche Alte leiden. Albani 
allein hatte Zutritt und fand das Mittel um zugleich ihm und dem 
Hofe unentbehrlich zu werden.” 

Der erite Schritt Clemens XI. nach feiner Ermwählung war, 
daß er den Gefandten andeutete, viele Neuerungen, die unter feinen 
Borfahren eingeriffen, müfle er abftellen: — er berief den Governa⸗ 
tore zur Krönung, was dieſe ihrer Rangffreitigfeiten halber nicht 
wuͤnſchten: — er fünbigte alle Freiftätten auf: — die Gefandten ſa⸗ 
ben, daß er es nur thue, um Eindruck auf ben Hof hervorzubringen. 

Die Ernennungen, die er hierauf vornahm, fcheinen unferm 
Erizzo nicht fehr glücklich. Clemens umgab ſich mit lauter ſchwachen 
Subjeeten. Felicitato il coraggio di questi suoi ordini dal suc- 
cesso e dal rispetto de’ regj rappresentanti, non credetie Sua 
Stà d’aver bisogno a palazzo de’ ministri di gran valore: onde 
chiamovvi per segretario di stato il cardinale Paulucei di cor- 
tissima esperienza, ed elesse per datario il cardinale Sacripante, 
infaticabile e diligentissimo per quell’ impiego, ma non insignito 
che della qualitä di buon curiale. Indi diede a mons” Olivieri 
suo parente la segretaria de’ brevi, che aveva digiä egregiamente 
esercitata sotto di lui stesso: e pose nelle cariche che piü lo 
avvicinavano, li antichi suoi amici e parenti, come mons" Pa- 
racciani gran legista, mons? Origo per segretario delle lettere 
latine e Maffei per coppiere confidente, tutta gente di pochissima 
estrazione, urbinati o delli vicini municipj, che non avendo ve- 
duto se non Roma hanno per conseguenza pochissima cogni- 
zione delli principi e molto meno poi degli affari del mondo. 
Non volle presso di se cardinali di grande testa ne ministri che 
da essi dipendessero, preferendo la sua quiete e la sua autoritä 
a que’ consigli, che non gli potevano venire dalle suddette per- 
sone domestiche non esercitate nelli maneggi e digiä tra loro 

elose e discordi. Meno volle Don Orazio suo fratello, padre 
di tre figlioli di grande aspettazione uomo d’una singolare mo- 
destia ed integritä, lasciatolo alle sue angustie per-pompa dell’ 
osservanza della bolla contro il nipotismo, che la St4 Sua giurö 
nel giorno della zua esaltazione con aspetto d’evitarne intera- 
mente lo scandolo, il quale perö, per sentimento di molti, sem- 
per vetabitur et refinebitur semper. 

Jedoch fogleidy zeigten ſich die größten Schwierigkeiten. Der 
Streit über die ſpaniſche Erbſchaft wurde dem römifchen Hofe höchft 

efährlih. Clemens XI. benahm fih im Anfange außerordentlich 
chwankend. Der Gefandte glaubt fein ganzes Betragen aus einer 
übertriebenen Feinheit herleiten zu koͤnnen. Wenn er den Venezia⸗ 
nen einen italienifchen Bund vorſchlug, fo habe das haupfſaͤchlich 

zum Zweck gehabt bie Gefinmungen von Venedig auszuforfchen. 
on diefen Bemerfungen politifcher und allgemeiner Bebentung 


496 Franc. Morosini 


acht Erizzo auf die kirchlichen Verhaͤltniſſe, beſonders auf bie Streit: 
fragen über, welche zwiichen Venedig und Rom unaufhörlich im 
®ange waren. Rom, fagt er, habe eine doppelte Geflalt: bie eine 
heilig, in fo fern der Wapft Wächter ded Heiligthumsd und des goͤtt⸗ 
lichen Rechtes fey; diefe muͤſſe man verehren: die andere weltlich, in 
fo fern er feine Macht zu erweitern fuche, was mit dem Gebraud) 
der erften Jahrhunderte nichts gemein habe; gegen diefe müfle man 
auf der Hut feyn. Er kann ed doch nicht verfhmerzen, daß Vene⸗ 
dig bei einer Carbinalpromotion unter der leßten Regierung übergans 
gen worden: — er beflagt ed, daß die Republik das Recht ihre Bis- 
thiümer zu vergeben nicht mehr befite, wie ehebem: wie viel arme 
Edelleute würde fie dann unterflügen koͤnmen: — jebt fucherr die ve⸗ 
nezianifchen Untertbanen auf ungeradem Wege, auch durch Verwen⸗ 
dungen fremder Fürften, zu den Aemtern zu gelangen, — Garbinal 
Panciatihi Habe die Marime in der Dataria aufgebracht, daß man 
gerade Diejenigen begünftigen muͤſſe welche von den: Zürften in des 
ren Gebiete die Pfruͤnde liege, am unabhängigften feyen; — er fin: 
det es einen Mißbrauch, daß die Nepoten der Päpfte fo vielen Ans 
theil an den geiftfichen Gütern feines Baterlandes beiten, warum 
verleihe man ihnen auch fo leicht den Rang venezianiſcher Nobili? 
— Andern Staaten, felbit dem Großherzog von Zoscana, werde 
eine Lifte der Nuntien mitgefBeilt unter denen man ſich einen aus- 
fuchen fönne, der Republif widerfahre eine ſolche Ehre nit; — auch 
den Zitel Carissimo verfage man zu Nom dem Dogen von Venedig. 
— Bir fehen, daß ſich zu den alten Streitigkeiten unaufhoͤrlich neue 
anfammeln. 

Der Gefandte empfiehlt deshalb feiner Nepublif fidy der römi- 
ſchen Angelegenheiten ernitliher anzunehmen. Könne ein Popſft jetzt 
auch nicht mehr fo viel helfen wie ebedem, fo vermöge er doch noch 
fehr zu fchaben, befonderd wenn er jung, muthig und fparfam ſey. 


155. 
Relatione del N. U. Gio. Franc. Morosini Kr fu ambasciatore 
al sommo poniefice Clemente XI. 1707 17 Dec. (36 Bl.) 


Morofini, der Nachfolger Erizzos, ſtand vom Januar 1702 bis 
zum Nov. 1706 bei Clemens XI, deffen Verwaltung nun erft ihre 
volle Eigenthümlichfeit entwickelte. ' 

.Moroſini ſchildert ausführlich, wie fo eifrig der Papſt das Beis 
fpiel feiner beruͤhmteſten Vorfahre nachahme. Selbft die Thränen 
mit denen er die Würbe ausgefchlagen, feyen nicht ohne ein Muſter. 
Er erfülle alle Aeußerlichfeiten mit denen man ein gutes Erempel 
gebe. Vita sobria e regolata: frequenti pubbliche devotioni alla 
scala santa, a visite di chiese, al servitio negli hospitali: somma 
edificatione et accuratezza nei riti sacri e nelle pilı solenni ed 
humili funtioni, ai quali vuol supplire anche con pregiuditio della 
salute. Al paragone pure dell’ interesse comparisce egualmente 
incolpabile: prima consultore, poi esecutore delle bolla del ni- 
potismo. Con ogni facilitä dona ai vescovi poveri le sue pro- 
pine, e nudrisce del proprio molti operarj ed opere pie. Nella 
scelta de’ vescovi, sopra tutto:essentiale al servitio della chiesa, 

con 





Relatiome di Roma 1707. 497 


con la debita pesatezza procede, cercando l’informationi dai fonti 
piü sinceri, seuza dar luogo che molto parcamente al favore, 
Ne esamina talvolta alcuno egli stesso usanza dei papi an- 
tichi. Dell’altre dignitä parimenti e beneficj ecelesiastici va 
cosi misurato ed attento nella distributione che anche sopra gli 
stessi suoi congiunti vuol che si scorga giustificata la conve- 
nienza d’accomodarli dal requisito di studj e costumi comen- 
dabili. 

In diefem Sinne behandelte Clemens nun audy bie jurisbictios 
nellen Sachen, d. h. mit allem Eifer den fein Amt von ibm for« 
derte. Hie und da gewann er fogar Terrain. Der neue König von 
Spanien fand fi) bewogen, ihn um die Erlaubniß zu bitten Geiſt⸗ 
liche vor das weltliche Gericht zu ziehen und Zehnten einzufordern. 
Der König von Polen ftelite eimige Mitglieder der hohen Geiſtlichkeit 
vor Das Gericht des Papſtes. Der Vicekoͤnig von Neapel unterwarf fich 
nad) langem Widerftand in bem fritifhen Augenblick als die Deuts 
ſchen nad) Unteritalien vorrädten, den paͤpſtlichen Befehlen — (un 
trionfo che sar& registrato nelli annali della chiesa —); deflo 
lebhafter wurden nun Savoyen und Lothringen angegriffen. Der 
Papſt verſtand ed, den günitigen Moment zu benuten (studiosis- 
simo d’ingrandire con i motivi di pietä la potenza). Won einem 
aͤhnlichen Geiſte findet Morofini den gefammten Hof durchdrungen. 
Man wolle nichts willen von dem Unterfchied zwifchen Kirche und 
Staat: Alles fey Kirche: jede Congregation nenne ſich heilig, möge 
der Gegenſtand ihrer Berathungen feyn welcher er wolle: man mas 
che keinen Unterfchied zwifchen Hirten der Kirche und Prälaten des 
Hofes; auch jene entbinde man von ihrem Amt und brauche fie in 
Staatsgefhäften. Uebrigens bediene man ſich die Frömmigkeit 
gleihfam wie einer Münze, die zum Fortkommen unentbehrlid ge- 
worden. Won den Congregationen werden vier als befonders bemer; 
kenswerth herausgehoben: — der Inquifition, welche alle Unterſtuͤtzung 
verdiene, da fie die reine Lehre bewache, nur fey es auffallend, daß 
man die fchlimmiten Keßereien gerade in Rom antreffe (er meint 
den Quietismus), — der Propaganda, leider finde man jet wenig . 
Leute die ſich mit voller Hingebung dem Gefchäfte der Miffton wid» 
men wollten, — der Biſchoͤfe und Kloftergeiftlichen, die befonders 
über die legten eine fehr nothwendige Aufficht führe, — und ber Im⸗ 
munität: diefe. fey wie eine Wache aufgeftellt, um bie Grenzen ber 
geiſtlichen und weltlichen Nutorität zu beobachten: würde es nach ih⸗ 
rem Sinne gehn, fo würbe die fürfllihe Macht ganz vernichtet 
werben. 

Merofini gebt nun auf den Staat über. Er wiederholt bie feit 
einiger Zeit fo häufigen Klagen über den Mangel an Einwohnern und 
Gultur; gern hätte der Papſt Verbefferungen eingeführt, 3. B. bes 
Anbau's der Campagna, aber es fam zu nichts, als zu glänzenden 
Mrojecten. Der Gelandte bemerft, daß das geiftliche Anſehen auch 
die fürftliche Gewalt vermehre. Die Macht des Senates findet 
er einen Spott für einen folhen Namen. Die Barone feyen in 
Hinfiht der Beſtrafungen dem geringſten Poͤbel gleichgeſtellt, der 
Papſt halte fie unter firenger Aufſicht, weil er fehr gut wife, daß 


Papſte ** Ä 32 


498 Franc. Merosini 


in ihrem Zuſtand etwas Gewaltſames liege. — Zuletzt fommt er auf 
die politifchen Verhaͤltniſſe. Die wichtigteStelle über das Verhaͤltniß 
des Papſtes zu Tranfrach und dem Kaifer, auf welches Damals wies 
der einmal alles anfam, muß ich wörtlich mittbeilen. Se il papa 
abbia avuta mano o pariecipatione nel testamento di Carlo II, 
io non ardirò d’asserirlo, ne © facile penetrare il vero con si- 
eurezza. Bensi adurrö solo due fatti. L’uno che questo arcano, 
non si sa se con veritä, fu esposto in un manifesto uscito alle 
stampe in Roma ne’ primi mesi del mio ingresso all’ ambasciata, 
all’ ora che dall’ uno e Valtro parlito si trattava la guerra non 
meno con l’armi che con le carte. L’altre che il papa non s’as- 
tenne di far pubblici elogi al christianissimo d’essersi ritirato 
dal partaggio, ricevendo la monarchia intiera per ilnipote. Fatto 
riflesso a tali premesse, non pare che rendano stupore le con- 
seguenze vedutesi di direttione fluttuante e fra se stessa contra- 
ria, non polendo mai riuscir uniformi attioni nate da diversi 
principj: e tali erano l’obbligeo da una parte d’ostentar indiffe- 
renza propria di padre comune, e l’occulto ‚afletto et impegno 
preso dall’ altra nel giudicare senza maggior pesatezza li van- 
taggi et il merito della causa. Considerö piamente la St4 Sua 
il decoro e beneficio della religione nell’ escludere gli eretiei 
dall’ usurpato. Concepi speranza, facilitata dal genio a Fran- 
cesi, che o non vi sarebbe guerra o si farebbe inutilmente con- 
tro le forze di quell’ invitta natione: e dandosi a credere che 
la monarchia si manterebbe unita, non stimd in un tal vaticinio 
meritar disprezzo, errando con la finezza Spagnola, la quale 
in tal caso ebbe ragieni di necessitä piü che di politica. L’esi- 
to instrui dell’ altre ponderationi che dovevano avanzarsi. S’am- 
massö, scoppiö e tattavia infuria fatale agl’inimiei et agli amici 
quel fiero nembo che la gelosia, l’astio, l’interesse eccitarono 
nelle potenze collegate ad abbattere la macchina sospettata nella 
Francia di monarchia universale. — — Riusci ad ogni modo per 
molto tempo ai Francesi lo studio di mantenersi nel credito d’in- 
vivcibili appresso il papa, il quale pieno di confidenza seguendo 
tacitamente i loro consigli veniva dagl’incauti lodato d’una con- 
dotta che oscurasse quella d’ogni altro: perche dove la Serma 
Republica in particolare osservando una sincera neutralitä pa- 
reva, patisce danni nelle sostanze de’ sudditi, aggravj al decoro 
e lo sdegno d’ambi li partiti; egli all’ incontro col professare 
neutralitä e minacciare assieme di romperla immantinente contro 
quel partito che l’offendesse, ma intendendosela occultamente 
con Francesi, era da questi coltivato et occorrendo difeso senza 
dispendio, da Cesarei trattato con riguardo per non fornirlo di 
pretesti a deponer anche l’apparenza di neutrale: furon immuni 
per un pezzo li suoi stati: vide rispettate le censure in mezzo 
all’ armi, e comparse flotte di eretici ne’ suoi mari senza il mi- 
nimo oltraggio. Ma il rovesciamento della fortuna Francese, 
particolarmente in Italia, ha fatto scorgere se meritasse allora 
eneomii 0 la condotta o la sorte, e se le sane e sincere insi- 
nuationi fatteli da VV EE replicar spesso col mezzo dei lore 








Relatione 1707. 499 


ministri di soda indifferenza come padre comune per rendersi 
arbitro e venerato a beneficio proprio e della cristianitä e d’au- 
mentäre le sue truppe sotto buoni officiali per appoggiar meglio 
il rispetto contro l’altrui intemperanza, dovessero sbracciarsi come 
eonsigli infeliei, anche nell’ esperienza di chi li porgeva. Il 
frutto d’aver preferite arti piü obblique e studj d’economia, la 
peggior consigliera della politica, fu di soflrir dopo e tutt’ora 
eiö ch’ noto, ma quel ch’e piü, con apparenza di non soflrir 
senza colpa nel tribunale della fama, ch'è sovramo anche ai prin- 
cipi. Spedi, come adduce in sua difesa, nuncj estraordinarj. 
per la pace universale senza riguardo a spesa et all’ ingiuria 
dell’ esclusione incontrata a Vienna: propose leghe, accordi, ar- 
mistitij per la quiete particolare di questa provincia, ma fuor 
di tempo e dopo che le dimostrationi di partialitä del principio 
e nel progresso notate introdussero il verme nei migliori semi: 
onde l’essersi reso una volta sospetto fu un spogliar il zelo di 
autorit3 e constituire per sempre impotente il prineipal instru- 
mento della concordia. Difficile riuscirä in effetto alla St4 Sua 
il purgar questa imputatione, anzi quella d’aver contribuito a 
tirare nel suo senso tutti li principi d’Italia appresso quali vo- 
leva, notoria essendo la condotta non solo di quelli di Parma, 
suo feudatario, ma della casa di Fiorenze: onde la sola cautela 
costante della Serm« Republica ha data soggetione al papa e 
documento agli altri, mercandone perö immeritata odiositä ap- 
prosso Francesi che sopra di lei fu da Sua Boe scaricata. 


156. 
Lorenzo Tiepolo Kr Procr Relatione di Roma 1712. (40 21.) 


Die Competenzen zwifchen geiſtlichem und weltlihen Forum neb: 
men von Jahr zu Jahr die Hufmerkfamfeit mehr in Anſpruch. 2. 
Tiepolo beginnt gleich mit denfelben. 

Er thut das aber mit einem ungewöhnlichen Ernſt. Die Mas 
terie, fagt er, ſey abfichtlich verwirrt; um fie zu fcheiden, den Für: 
fien das Ihre zufommen zu laſſen, und doch aud die Verehrung 
die dem päpftlihen Stuhl gebühre nicht zu werlegen, brauche man 
doppelt die Gnade Gottes. IL, 

Zuerft ſchildert er aufs neue die Perfönlichfeit Clemens XI. Auch 
er bewundert die Gelehrfamfeit, den Eifer, die Leutfeligfeit und Maͤ⸗ 
Sigung deflelben; jedoch es koͤnnte feyn, fagt er, daß fie nicht ben 
einzig zuläffigen Zweck hätten, die Zugend ſelbſt, fondern menſch⸗ 
liche Nebenrüucfichten, und daß fie darum nicht von Gott gefegnet 
würden: es könnte fein, daß der Eifer, mit welchem er fich der Re⸗ 
gierung wibmet, von einer zu großen Meinung von feinem perfönli- 
chen Verdienſt umgeben, und weniger auf die Sache ſelbſt, ald auf 
das Lob und das Anfehen das daher entipringen kann, gerichtet wäre; 
— Lob vermöge alles über ihn; fein Arzt z. B., um feinen Einfluß 
zu behaupten, pflege biefe Neigung; die Schmeichelei feuere ihn an, 
die Ehre des h. Stuhles aufrecht zu erhalten: — daher fomme es, 
daß er die Rechte der Fürften und Staaten fo wenig beruͤckſichtige; 


32 * 


600 Lorenzo Tiepolo Belatione 1712. 


feine Umgebung wage es fogar, von biefen auf eine fo ſchmaͤhfuͤchtige 
Weife zu reden, wie es fich weber mit ber hohen Stellung bes Pap⸗ 
fies noch vielleicht auch"mit der chriftlichen Liebe vertrage. 

Bon dem Papfi geht er auf deſſen Minifter über, welche er fo 
wenig wie feine Vorfahren befonders ausgezeichnet und nur zu Dienfts 
leiftungen nicht zur Leitung der Angelegenheiten. geeignet findet. 
1. Cardinal Albani. Der Papſt hatte bis nach feiner Miſſion nach 
Deutfchland gewartet, ehe er ihn zum Gardinal ernannte. Der Hof 
billigte diefe Ernenmung, weil er damit einen Canal zu dem Papſt 
finden zu koͤnnen glaubte, ein Sutereffe; jedoch Clemens XI. gewährte 
ibm wenig oder gar feinen Einfluß — (e certo che l’autoritä del 
cardle nipote non apparisce a quel segno che per l’ordinario s’ha- 
vera veduto in quella corte). 2. Der Staatsferretär Cardinal 
Paulucci, herzensgut, aber nicht eben fehr geisicit, mit einer Art 
von Furcht von dem Papſt abhängig. 3. Corradini, Auditore Di 
Papa: „dotto nel dritto, ma di non uguale esperienza negli in- 
teressi dei principi: — forte nell’ impegno, ma pieghevele alla 
ragione‘: der einzige, auf den man ſich durchaus verlaffen durfte: es 
war nüglich, Sachen an ihn zu bringen wo man entfchieben Recht hatte: 
weniger bei den zweifelhaften: — mit dem Nepoten fland er nicht 
gut, man glaubte fogar, diefer habe ihn zum Cardinalat befördert 
um ihn aus der Nähe des Papſtes los zu werden. 4. Orighi, Ses 
eretär der Eonfulta, Nebenbuhler Eorrabinis, der fich eben deshalb 
enge an den Nepoten anfchloß: ,„„pare che piü con l’accortezza et 
adulatione che con la fermezza et ingenuit& abbia avanzato la 
sua fortuna.‘ 5. Cardinal Sagripante, Datario: nur durch Spar; 
ſamkeit reich geworden, ſtreng in feinen Gelchäften, von aller Poli⸗ 
fi? entfernt. Die Dataria verliert täglich mehr: auch in Spanien 
wilf man den Ilnterfchleif nicht mehr dulden; daher fommt e3, daß 
die Garbdindle, die nicht gelernt haben ihre Güter zu bewirtbfchaften 
— si può dire essere un vero distintivo dell’ abbadie de’ cardi- 
nali il ritrovare le case in abandono e le chiese dirocate, — den 
alten Glanz nicht mehr behaupten koͤnnen. — Kaͤme «8 zu einer 
Papftwahl, fo würden doch die Greaturen Clemens XI. fich ſchwer⸗ 
lich fehr enge an den Cardinal Albani anfchließen, ſchon barım weil 
er weniger Einfluß babe. 

Und nun geht Ziepolo an eine Schilderung ber politifchen Ver⸗ 
bäftniffe Wie gefagt, fein Geſichtspunkt ift politiſch⸗kirchlich; er 
erörtert bie Streitigkeiten zwifchen dem römifchen Hofe und den Für: 
fen, man fage, der Papſt habe eine gleiche Liebe zu allen: man 
koͤnne aber beſſer fagen , er habe eine gleich ſchwache Liebe, eine gleich 
geringe Achtung gegen alle. " 

’ ben vero che se pochi pontefici si hanno preso a tal punto 
uest’ assunto di far pompa di superiorit& sopra i primeipi, & 
orza di dire che anche pochi ponteßiei hanuo haruto la sfortuna 

uguale al presente di non poter uscire dag!’ impegni volontaria- 
mente con gli stessi principi presi, se non con qualche diminu- 
tione del suo bonore. Pure se ha qualche interna inolinatione, 
quest’ è riposta verso la Francia, benche quella corte replicata- 
mente si dolga delle sue partialitä verso la casa d’Austria, ein 


Andrea Corner Belatione 1724. 501 


fatti in piü incontri l’evento ha comprovato i suoi lamenti, ma 
perche ha haruto tutta la parte il timore. In ciö la corte di 
Vienna, o sia a caso o per la cognitione, rilevata del vero tem- 
peramento del pontefice ha nel trattar seco fatta la profittevole 
scielta delle minaccio e delle apprensioni. 

Diefe allgemeinen Bemerkungen führt er dann nach den einzelnen 
Staaten weiter durch, bis er auf Venedig fommt, bei deffen nun 
freilich nicht weltbebeutenden Verhaͤltniſſen er am längiten verweilt. 


157. 


Relatione di Andrea Corner Kr ritornato dall ambris di Roma 
1724 25 Luglio. (42 81.) 


_  &o lebhafte Antipathien erweckte Clemens XI. troß des beften 
Willens und einer untabelhaften Aufführung. Hier, wo er noch eins 
mal auftritt, fehen wir jedoch, daß fich wenigfiens nach feinem Tode 
die Stimmung gewaltig änderte. Dann bewunderte ihn Jedermann: 
ſelbſt diejenigen flimmten ein, die ihn furz vorher getadelt. Man 
fand, was man nie geglaubt, wenn er zuweilen mehr verfprodhen als 
er babe halten können, fo fey das wirflih Gutmüthigfeit gemefen. 
Es fanı an Tag, daß er aus feinem Privatvermögen die reichften 
Almofen ausgetheilt hatte, deren Betrag in 20 Jahren feiner Herr 
ſchaft fi bis auf 1 Million Se. belief, eine Summe die er mit 
gutem Gemiffen feinem Haufe hätte zuwenden können. Corner er: 
zählt, Clemens habe furz vor feinem Zode Cardinal Hannibal, feis 
nen Nepoten, um Verzeihung gebeten, daß er das Haus nicht beffer 
bedacht Hinterlaffe. (Parerä che il pontificato di Clemente sia 
stato effimero, quando fu de’ piü lunghi). 

Sn dem Gonclave trat die Veränderung ein die man erwartete. 
Mit wenigen Ausnahmen war das ganze Collegium unter Clemens XI 
erneuert worden; aber da Cardinal Albani wie überhaupt an der Regie: 
rung fo aud an diefen Ernennungen nım wenig Antheil genommen, fo 
trennten ſich die Cardindle nach ihren Nationen. Zuerft ward Paulucci 
vorgeichlagen, wie wir wiflen, Staatsfecretär des vorigen Papftes; allein 
der Faiferliche Geſandte Graf Althan erflärte, fein Herr werde Pau⸗ 
Incei niemald als Papſt anerkennen, er gebe, dieß Ihren Eminenzen 
zu bedenfen. Nun hatten fchon vorher einige Freunde ded Hauſes 
Albani ihr Auge auf Michel Angelo Eonti geworfen: einer von ihs 
nen, Monfignor Riviera, wurde Secretär des Conclaves. Zuerſt ſprach 
er darüber mit Cardinal Spinola, der nachdem er den Boden uns 
terſucht und gefunden hatte, daß Conti nicht mißfalle, ſich mit Vers 
gnügen an die Spitze der Partei fellte und ihn vorfchlug. Graf 
Althan fragte unverzüglich bei feinem Hofe an. Da fam es 
nun Conti zu ÖStatten, daß er Nuntius in Portugal geweien und 
dort bie Gunft der Königin Maria Anna von Deflreih, Schweſter 
Carls VI, erworben hatte. Der dftreichifhe Hof war für Conti; 
auf die ganze oͤſtreichiſche Verwandtſchaft, namentlich Portugal und 
polen, fonnte man rechnen. Auch der fpanifche Geſandte befragte 
einen Hof; deflen Antwort war nicht günitig, aber fie fam zu fpdt 
an; indeß war Innocenz XI. ſchon gavählt (8. Mai 1721). 


502 Piero Capello 
Innocenz beſaß treffliche Eigenichaften für bie geiftliche ſowohl 


wie für die weltliche Regierung. Nur war er von krankhafter Lei- 
besbefchaffenheit, und daher fam es, daß er mit feinen Audien⸗ 
zen fehr Marfam war. Dafür hatte es aber auch Bedeutung, bei 
ihm Audienz zu haben: Eine war flatt vieler. Er faßte ſehr gut, 
und gab enticheidende Antworten. Der Gefandte von Malta, fagt 
Corner, wird daran benfen, wie ihm auf ein etwas flürmifches Ges 
ſuch um Unterftüßung der Papſt auf der Stelle feinen - Segen gab, 
und die Klingel zog, um ihn zu entlaffen. Als der portugieftiche 
Gefandte die Erhebung jenes Bicchi zum Gardinal forderte, wollte 
ihn Innocenz zuleßt gar nicht mehr anhören (non ritrovando me- 
rito nel prelato e passando sopra tutti li riguardi che potea 
avere per una corona di cui era stato protettore). 

Die mit Innocenz XIII. verwandten.römifchen Familien, Die von 
ibm befördert zu werden gehofft hatten, fanden ſich fehr betrugen: ſelbſt 
feine Nepoten fonnten nur mit Mühe zu dem Genuß ber 12000 Dus 
caten iommen, welche jeßt das gewöhnliche Einfommen eined Nepo- 
ten geworden. 

Das vornehmfte Bemühen des Papſtes war, die Streitigfeiten 
über die kirchliche Jurisdiction beizulegen; doch gelang ihm das kei⸗ 
nesweges überal. Nur mit dem Faiferliyen Hofe bildete ſich ein 
befieres Verhaͤltniß: wie das jener Wahl zufolge in der Natur der 
Sache lag. 158 


Relatione del N. H. Pietro Capello Kr ritornato d’ambasciator 
di Roma 1728 6 Marzo. (14 Bl.) 


Schon am 7. Merz 1724, nad) wenig mehr ald 34 monatlis 
her Regierung, ſtarb Innocenz XII. 

Capello, der noch zu Innocenz geſchickt wurde, ſtimmt in- der 
Schilderung deſſelben mit feinem Vorgaͤnger überein. Er ſindet ihn 
friedfertig, von gutem Urtheil, wohlbebäctig, feit in feinem Bors 
nehmen. Er befldtigt dad Geruͤcht, daß dielem Papft bie Ernennung 
des Dubois zum Kardinal, zu der er ſich aus Ruͤckſicht auf die Macht 
und den Einfluß dieſes Menichen hatte bewegen laflen, in feinen letzten 
Augenblichen ſchwere Serupel gemacht habe. La di lui morte fu 
ben un’argomento delle piü meorali riflessioni: mentre attaccato 
da scrupoli di coscienza, tarle che non lascia di rodere anco 
la mente dei -papi, non pote mai lasciarsi persuadere a compire 
la nomina di quattro cardinali nella vacanza d’altretianti oappelli: 
e per quello si & potuto isceprire fu giudicato che non sentisse 
di consumafe una tale elettione forse per pentimento d’averne 
eseguita alcun? altra con .maniere atto a turbare la di lui deli- 
cata ooscienza. Tale non ordinario accidente partori funeste 
eonseguenze alla di lui casa, a favor della quale non restö al- 
cun partito da disponere dopo la di Iui morte: ma con tutto ciö 
vi fu universale argomento per giudicar molto bene di sua per- 
sona, che dimoströ per tali suoi ottimi sentimenti un spirito e- 
gualmente nobile che rassegnato. 

Am 29. Mai 1724 folgte Benedict XIII. Capello findet ihn 


Relatione 1728. 503 


von feinem Vorgaͤnger ſehr verichieden: beſonders entichloffen und 
feurig in allen geiftlihen Angelegenheiten. In dem Garbinalcolles 
gium bemerkt er wenig ausgezeichnete Leute, Feine ſtarke Faction, 
auch Feine Ausſicht/ daß fih unter Benedict eine ſolche bilde, da ſchon 
die Eiferfucht zwifchen Coscia und Fini es nicht dahin kommen laſſe. 
Eine Faction der Kronen gibt es, aber ſie hat auch keine rechte Fe⸗ 
ſtigkeit. Einen großen Eindruck hatte es an dem Hofe gemacht, daß 
der Herzog von Savoyen doch zuletzt ſeine Abſichten erreichte. Ca⸗ 
pello ſchließt daraus, daß man hier mit der Zeit alles erlangen koͤnne. 
Er fordert nur Ruhe: der Eifer den man fuͤr ſeine Sache habe, 
muͤſſe nie in Klagen ausbrechen. 

Capello geht nun naͤher auf die eigentlich venezianiſchen Intereſ⸗ 
fen ein. Zuerſt ſtellt er aufs neue vor, daß ſich Venedig eines fe 
ſtern Anſehens zu Rom bemaͤchtigen muͤſſe. Er gibt nochmals an, 
wie man ben Papſfſt zu behandeln habe. Man muͤſſe ihn immer mit 
geiftlihen Zuvorfommenheiten zu gewinnen und unvermerft geneigt zu 
machen fuchen. Sodann tritt er auch den weltlichen Verhaͤltniſſen, 
befonders des Handels, näher. Es zeigt fich, daß der römifche Staat 
im Anfang des 18ten Jahrhunderts fehr ernftlich auf commercielle und 
induftrielle Werbefferungen gedacht hatte. 

Die Dulcignoten und Raguſaner trieben einen Handel in Ans 
cona, der den Venezianern nicht fehr willfommen war. Belonders 
führten fie viel Wachs ein, das man fonft von Venedig bezog, und 
das man jet auch in dem ‚Kirchenftaate zu bearbeiten anfing. 

Innocenz XII. hatte ©. Michiel a Ripa zu bauen angefangen: 
Clemens XI. hatte es erweitert; jet war e8 dur Woll⸗ und Geis 
denarbeiten bedeutend: „‚dalla figura d’un’ ospitale, dove per ca- 
rità alimentavano molti giovani, fu_convertita con amplificatione 
di sito e con grandissima giunta di fabriche in una casa di com- 
mercio, nella quale a presente si travagliano le manifatture di 
lana e di seta.“ Man wetteiferte bereits mit dem franzöftfchen 
Zuche, und führte fiber Ancona nach der Türfei und nach Spanien 
aus. Sch will doch diefe ganze Stelle wörtlich mittheilen. In que- 
sto sontuoso edificio vi si & introdotto la fabrica degl’ arazzi 
con egual perfettione di quelli che si travagliano in Fiandra et 
in Francia: e vi è fondato un lanificio, nel quale vi entra la 
lana et escono i panni perfetionati di tulto punto. La fabrica 
di seta dipendente da questo luogo s’esercita in più contrade di 
Roma, e quelle della Jana sono in tanti generi divise, con idea 
d’addattarle all’ uso del paese per haverne con un spaccio facile 
il pronto ritratto. Si fabricano in 8. Michele tutti li panni per 
le militie, li seoti per servitio de’ monasterj, le tele di tutti i 
generi per il vestiario delle eiurme, e li panni sono divisi in 
varii generi che restano distribuiti per una data quantitä, con 
obligo alli mercanti di farne l’esito. Di recente si @ dato anco 
mano alla fabriea di panni colorati ad uso di Francia, che pas- 
sano in Ancona e Sinigaglia per concambio alle mercantie che 
vengono di Turchia. In somma, la casa di S. Michele & una 
delle piü vaste idee che possa esser compita da un principe 
grande, e sarebbe sicuramente l’emporio di tutta l’Italia, se non 


604 Osservalioni della presente situalione 


fosse costituita in una eittà dove ad ogn’ altra cosa si pensa che 
al commercio et alla mercatura, essendo diretti questi gran ca- 
pitali da una congregatione di tre cardinali, tra quali vi & il se- 
gretario di stato, sempre occupato e diverfito ne’ più gravi affarı 
el governo. Con tutto ciò questa casa di commercio sussiste 
con floridezza, e.colli suoi travagli »’alimentano nıigliara di per- 
sone ricavandosi dalle sue manifatture pronto il ritratto. La 
fabrica degl’arazzi si mantiene da se stessa, perche si lavora 
ad uso de’ particolari, et il maggior effetto di questi lavori si 
& quelio desiderabille a tutti li stati, che il danaro non esca ad 
impinguare l’estere nalioni. 

Wie fonderbar, daß ein Venezianer feiner Vaterſtadt anräth, 
ein induftrielles Inſtitut der Päpfte zum Muſter zu nehmen. Schon 
aiten fie auch Einrichtungen für geiftige Eultur getroffen, die er zur 

achahmung empfiehlt. Oltre le arti mecaniche vi sono pure 
le arti liberali, che servono ad ornamento ed: utilitä dello stato. 
Il solo nome di Roma ed il credito degli antichi suoi monumenti 
attrae a se stessa molte esiere nationi et in particolare gl’oltra- 
montani, Sono in quella città instituite molte accademie, dove 
oltre lo studio delle belle leitere non meno fiorisce quello della 
ittura e scoltura: oltre quelia di Campidoglio, che sussiste sotto 
a protettione di quel rettaglio d’autoritä esercitata con tanto 
credito ne’ secoli passati da quella insigne republica. Ve ne sono 
pure anco dell’ altre instituite e governate dall’ estere nationi, 
tra le quali si distingue quella che sussiste col nome della co- 
rona di Francia. 

Der Autor meint nun, man folle au in Venedig eine ähnliche 
Akademie arrihten. Man befite auch in Venedig die ſchoͤnſten Denk⸗ 
male des Alterthums. Habe doch fogar Bologna etwas ähnliches 
mit großem Succeß unternehmen fönnen! — 

Uebrigens waren mit den Tendenzen, welche Correr bezeichnet, 
damals noch einige andere, gleichartige verfnäpft, über welche ung 
andere Denfmale Ausfunft geben. 


159. ' 

ÖOsservationi della presente situatione dello stato ecclesiastico 
con alcuni progetti utili al governo civile ed economico 
per ristabilire l’erario della revda camera apostolica dalli 
passati e correnti suoi discapiti. (MS Rom.) 


* Im Unfange des achtzehnten Jahrhunderts gelangte man über 
das ganze fübliche Europa hin zu der eberpeugung, dag man ſich 
ſchlecht befinde, daß man ſich unverantwortlicher Weiſe vernachlaͤßigt 
habe: es regte fi Bebürfniß und Neigung einen beffern Zuftand 
herbeizuführen. Wie viel ward in Spanien gefchrieben und verfucht, 
um die Binanzen, den Handel herzuftellen! In dem Kirchenftaate 
ift das Testamento politico- d’un accademieo Fiorentino, . Colonia 
1734 — welches die Mittel angibt, durch welche man Handel, Acker⸗ 
bau und die Einfünfte ber Kammer verbeffern koͤnne — noch immer 
in gutem Andenfen. In der That eine wohlmeinende, geſchickte, ein 
bringende Schrift, voll von gefunden Bemerkungen. Jedoch blieb 
es nicht bei den Bemühungen bloßer Privatleute. In den Samm⸗ 








diello slato eeclesiastico. - 505 


Iungen jener Zeit finden fich eine Menge Entwürfe, Berechnungen, 
Pläne zu bemfelben Zwecke, mehr oder minder officiell. Eine Schrift 
diefer Art, für Clemens XL. ſelbſt beftimmt, find unfere Dfferve- 
tioni, welche in die Zeit des politiſchen Zeflamentes falln. Der 
Verfaſſer fucht befonders die Unorbnungen und Mißbraͤuche anzuges 
ben die man abzuftellen habe. j 

Nachdem er einen Augenblick bei der traurigen Erfcheinung ver 
weilt bat, daß im Kirchenftaate fo viele Mordthaten erfolgen, ſelbſt 
außerhalb Roms und der vier Legationen jährlich wohl noch taufend, 
— der Verf. meint, man muͤſſe doch fehen, was andere Fürften das 
gegen thun, — fommt er auf die Finanzen. Das Deflcit gibt er auf 
120000 Se. jährlih an. Er macht folgende Vorſchlaͤge. 1. Reform 
der Offiziere, welche flarfe Beloldungen ziehen, ohne ſich auch nur 
in ihren Garnifonen aufzuhalten. 2. Beichränfung der Ausgaben 
des Pallaſtes. 3. Eigene Verwaltung der Dogana flatt der Ber; 
pachtung, die er audy deshalb verdammt, weil jtch der Wächter dem 
Verbot ausländifher Menufacturen widerfeße. 4. Einfchränfung 
des Einfluſſes der Subalternbeamten, die ihren Wortheil bei der 
Bermehrung der Uuflagen feben. — Er bemerkt, daß die Annona 
fih auch darım nicht halten könne, weil man jet von der Zürfei, 
ſo wie aus dem Norden fo viel Zufuhr habe; der Kornhaͤndler koͤnne 
die Concurrenz nicht aushalten. Bor allem entſetzt ihn, daß fo viel 
Geld aus dem Lande gehe für Vieh, Del, Wein, was man alles 
ſelbſt in Ueberfluß befite. . Was komme darauf an, daß man diefe 
Artifel ein wenig theurer bezahlen muͤſſe, wenn nur dafür das Gelb, 
„das Blut des Staates”, feinen gehörigen Umlauf habe. Die In- 
baber der Monti, weiche die Zinfen ziehen ohne daß fie fih im Rande 
aufhalten, follte man wenigſtens befienern, wie das ja aud) mit ab» 
wefenden Lehenbefigern im benachbarten Neapel gefchehe. 

Namentlich den Zuſtand der Marf, die jährlih an Einwohner⸗ 
zahl verliere, findet er beflagenswerth. Er leitet ihn beſonders ba; 
ber ab, weil man bie Ausfuhr des Getreides fo fehr erfchwere. Zwi⸗ 
fhen Juni und October fey fie geradezu verboten, dann werde fie 
nur gegen Abgaben erlaubt, beren Ertrag für bie Kammer geringfüs 
gig, deren Wirkung aber doch die fen, daß der Fremde ſich lieber mo 
anders wohlfeileres Korn ſuche. Die Meffe von Sinigaglia ermeife 
fich verderblih. Sie mache. die Umgegend von dem Auslande ab: 
bängig: man brauche nur binzugehn nad) Urbino, der Marf und Um⸗ 
rien, wo man weder Kunft noch Wohlſtand mehr finde, ſondern 
alles in tiefem Verfall. 

Der Autor beſchwoͤrt den Papſt, eine Eongregation von weni 
gen aber erwählten Mitgliedern niederzufeßen um Heilmittel für dieſe 
Uebel aufzufinden, vor allem. nur gefchickte und redliche Beamte ans 
zuftellen, die übrigen aber zu zuͤchtigen. „Dieß hoffen,“ fchließt . 
er, „die Unterthanen von €. Heiligkeit!“ 


160. 
Provedimento per lo stato ecclesiastico. (MS Rom. Xutograph 
für Staatsbeamte.) 


Man fieht, e& war auch hier auf Einführung des Mercantil- 
fuftems abgefehen, welches damals in Europa fo großen Beifall fand. 


Päppe ** 33 


506 Provedimento per lo stalo eccl°. 


Und wäre man nur muthig daran gegangen. Einen gewiſſen Auf: 
ſchwung würde body vielleicht die Induſtrie genommen haben. Aber 
308 Ungläd der römifchen Adminiſtration war, baß die nachfolgenden 
Paͤpſte fo gern das Gegentheil von dem thaten, was ihren Vorfah⸗ 
ren guf geſchienen. Ein Beifpiel davon gibt uns vorliegende Schrift. 

Im Sabre 1719 nahm die Einfuhr frander Tuche aus Benebig 
und Napoli hauptſaͤchlich auch aus Deutichland dergeſtalt zu, daß 
@temend XI. fih bewogen fühlte ſie geradezu zu verbieten. Auch 
bei Bergani (della importanza del nuovo sistema di finanza) 
geſchieht der beiden Decrete Meldung, vom 7. Anguft 1719 und 
1. Aug. 1720, durch weiche dieß geſchah. Wenn aber Vergani 
leugnet, daß es etwas geholfen, fo if er damit ohne Zweifel in Irr⸗ 
tbum. Des Aufſchwung ber römifchen Induſtrie bemerkte Pietro Co⸗ 
pello fhon 1728. In unferm Provedimento, verfaßt unter Elemens 
XII, wird ausdruͤcklich verſichert, daß ſich gerabe in Folge jener Ver⸗ 
bote die Mannfacturen bedeutend gehoben. Innocenz XII, Benebict 
XIII beiätigten dieß Verbot. „Im pochi anni si eressero a pro- 
prie spese de’ particedari in molte vitt& e terre delle stato fa- 

i nuove di laniſteii, di valche, di spurghi, di tintorie et al- 
ire, in specie a Roma, Narni, Perugia, Rieti, Tivoli, Alatri, Ve- 
roli, Segni, Subiaoo, 8. Severino, Gislianello. “ 

Allen eine Eongregation, von Clemens XII. im Jahre 1735 
eingefegt, fanb fig bewogen dieß Verbot aufzuheben und die Einfuhr 
der Tuche — einen Zoll von 12 Proc. in den Provinzen und 20 
Proc. in Kom wieder zu geſtatten. Die Folge war, wie wenigſtens 
unſere Schrift verfichert, daß Die eben gegrimdeten Fahrifen zu Grunde 

ichtet wurden. Sie berechnet, daß eine Summe von 108000 Se. 
ür das Tuch and dem Lande gehe. Sie wänfcht eine Erneuerung 
des Verbotes, eine Ausdehnung deſſelben auch auf die Seidemwaa- 
ven; — doch finde ich nicht, daß fie einen Erfolg gehabt hätte. 


161. 
Altri provedimenti di commercio. (MS Rom.) 


Bellätigung der momentanen Erhebung der Manufacturen feit 
jenen ®erbote. Die alten Klagen über das Verbot der Ausfuhr. 
Es fomme fo vieles aus Toscana: wollte jemand aber auch nur einen 
Scheffel Korn hinüberfchaffen, ſo wuͤrde er Confiscation der Gitter, 
Ertommmmication, ja ſelbſt das Beben verwirft. haben. Uebrigens 
war auch hier wie in Deutſchland eine gewaltige Muͤnzverwirrung 
eingeriffen. Die päpftlihe Münze war zu fdywer, obwohl ſchon In⸗ 
nocenz XI. und Clemens XI. feichtere geprägt hatten. Eine Menge 
fremdes Geld, bei dem man viel verlor, drang ein. Ban forderte 
den Papſt auf, auch feinerfeits leichtere Sorten zu prägen, wie er 
dieß ſchon mit den Zechinen zu thun anfing. | 

Noch mehrere andere Schriften aͤhnlichen Inhaltes liegen uns 
vor: alle zu ercerpiren, würde uns in allzuviel Detail ziehen. Ges 
nug wenn wir bemerfen, daß auch der ‚Kirchenflaat die induſtriellen 
und Sconomifchen Tendenzen theilte, die das Abrige Europa ergriffen 
batten, obwohl Zufland, Verfaffung und uwertilgbare Mißbraͤuche 
es zu feinem rechten Gedeihen fommen ließen. Die Ruhe ber Ariſto⸗ 








Altri pravedimensi di commercio. 507 


— hie Behaglichkeit eines genießenden Lebens, ohne anderes Ob⸗ 
. 2 1 


et: Die Güßigfeit des Nichtsthuns. Unſer Winckelmann war ent⸗ 
zucht als er bald nach dieſer Zeit nach Stalien Fam. Das dortige 
Weſen däuchte ihn wie eine Erlöfung aus der betriebſamen Thaͤtig⸗ 
feit und firengen Unterordnung unferer Gegenden. Der Gelehrte 
batte Recht für ſich, er beburfte ber Muße, der Anerfennung, er 
mußte freier Athem fhöpfen Tönnen: auch mögen fih dieſe Dinge 
für den Augenblid, für das Privatleben ing Gleiche ſetzen. Eine 
Nation aber wird doch nicht anders als durch allſeitige Anſtreugung 
bluͤhend und mächtig zu werben vermögen. . 


162. — 
Relazione 28 Bbre 1737 del N. U. Aluise Mocenigo IV 
“Kr e Procr ritornato di Roma, (Arch. Ven.) 


Wur fehen bier, was dem Emporkommen von Seiten der Ber 


waltung entgegenfland. : Mocenige iſt keineswegs ein Tadler: bie 


eommercielle Nufnahme von Ancona erfeant er an, und fie macht ibm 
foger Gedanken: die Juſtiz findet en in gutem Zufland, namentlich 
an der Rotar aber die Wermaltung erklärt er für von Grund aus 
verderbt; Veruntreuung fey an_der Tagesordnung; die Yusgabe groͤ⸗ 
fer als die Einnahme; feine Hülfe abzuſeben. Papſt Elemens hatte 
daß Lotio ergriffen: aber der Geſandte bezeichnet es als hoͤchſt verderbs 
lich (Vevidente esterminio o ruina de’ popoli). 

om Papſt Elemens XII. ift fein Urtheil, er ſey mehr durch die 
Gaben eined Capaliers und eines prächtigen Prälaten ausgezeichnet 
als durch das Talent oder. die Kraft die ere Lat des Pontifica⸗ 
tes zu tragen. Er fchildert ihn und feine Regierung nur mit folgens 
den wenigen Zügen. Il pontificato presente influisce piuttgsto le 
nobili intraprese e la magnificenza, tale essendo atata sempre 
l’igolinazione del papa sino dalla sua gioventü, a tuttavia nell’ 
eſà uua cadenta e rovinona sostenuta dal genio e dagli esempj 
del eard’e Carsini nipote, che piü ancora si distingue nell’ in- 
elinazione per le belle arti e per il modo aflabila di trattare cbe 
per un fando di vera sufficienza negli aflari del governa. La 
serie dei successi nel oadente pantificato, in cui per Jo più ha 
gavernato V’Eminenza Sua, rande chiara testimanianza a questa 
veritä, e si puo dire che i dissapari violenti ocrersi quasi con 
tutte le oorti awrebheno. devuto opprimere il card} nipote, se 
egli nen foaspe. stato aostenuto da un credito fondato in un cuore 
disinteresaate © mancante piuttosto per difetto di talentg che di 
gaitiva volonia. Verg & che Roma non scusa in lui la.premura 
oon qui vuole in ogni .caso disporre di tutti gli affari politici, 
Beloso sino all’ ecgesso della aua autoritä, o quindi aver egli 
allontanato dal .ministero il cardie Riviera, il più capace di tutti 
per gli affari di state, ed aver ivi sostituite il card! Firau per 
diapanerne a piacere e senza oontragto. Per altro, sia inplina- 
zione, sia viriu, oerta opsa & ehe durante tutto il pontificatg di 
Clemente XII nel eorso di setie anni con la dispasizione asso- 
Iuta deli teseri pontifiej la oasa Corsini non ha aumentate le 
rendite sug patrimoniali di 8m. scudi annui, esempio ben raro. 


33 * 


508 Aluise Mocenigo IV 


"Der Nepot hatte wieder große Macht, obwohl er fich nicht be⸗ 
reicherte. Der Staatsfeeretär hing ganz von ihm ab, und man mußte: 
ſich hüten auf die Aeußerungen des legten zu trauen, werm man Des 
erften nicht gewiß war. — 

Bon ben innern Geſchaͤften geht Mocenigo zu den Derhättniffen 
mit den Höfen über, welche, wie fchon berührt, von Tage zu Tage 
ſchwieriger wurden. Ich will biefe für die Gefchichte ber kirchenrechtli⸗ 
hen Streitigkeiten bedeutende Stelle ganz aufnehmen. 

La corte di Napoli anela continnamente all’ abolimente della 

solita investitura con argamenti legali, istorici e naturali: ne sa- 
rebbe difficile che vi riuscisse, quando il re Don Carlo accon- 
sentisse al.una solenne rinnnzia di ogni sua pretesa sopra Ca- 
stro e Ronciglione. Ma questo non & il tutto: mentre i Napo- 
litani condotti dalle scuole dei loro giurisconsulti sono talmente 
avversi alla corte di Roma che ogni cosa studiane per seilrarsi 
dalla dipendenza del papa nel temporale: e quindi ogni gioruo 
escono nuovi regolamenti e nuove pretese cosi ben sostenute 
dai scrittori -loro valenti che la corte Romana n’d piü che mail 
imbararzata e giâ si: vede nella neeessitä di rilaseiarne una gram 
parte per mettere in salvo il resto. Il punto si &-che queste - 
riforme tendono prineipalmente ad impinguare l’erario regio @ 
quindi a scemare le rendite e l’autoritä pontificia in quegli stati. 
ll padre Galliani, uomo di profondä dettrina ed erudizione, & 
in Roma il grande propugnatore per la corte di Napoli, tanto piü 
efficace quanto nelle sue lunghe consuetudini in quella metro- 
poli ha pesetrato nel piü fonde ‚dei misteri del papato, e pro- 
veduto d’una memoria felicissima tutto ha presente per prera- 
Fersene nell? opportunitd. 
II grande uppoggio deHa corte di Napoli € quella di Spagna, 
dove Pirritamento parve tempo fa giunto all’ eecesso e deite oc- 
casioni a quelle strepitosd propositieni di riforma ‚della dataria 
e ristabilimento del juspatrönato. regio, delle quali ebbi piü volte 
Ponore di trattenere V’r= Serenitä nei riverenti miei dispatei, e 
che ora si vedono giä coneluse con aggiustamento piü utile per 
la corte di Spagna che per quella di Roma. 

La corte di Torino con costante direzione nel maneggio de- 
gli affari politiei, protetta dalle bolle e eoncessioni di Benedette 
AIH, non si € mai lasciata rilasciare un momento da quei fon- 
damenti che per essa söno inconcassi e troppe facilmente attac- 
cati dal presente pontificate. Il cardle Albani, nomo per saga- 
ecitä e risoluzione senza pari, ba sin ora sostenuto con tutta 
Vefficacia le ragioni di quella corte, a-segno che non lasciò mai 
giungere ad eflettuazione le minaccie fatte dal pontefloe preSente, 
e secondo tutte le apparenze ne deve sertire fastoso ool successore. 

Anco la corte di Francia pati alouni- motivi di querela per 
le vicende della Polonia: ma furono cose di si p6co momento 
che puö ella sola contarsi affezionata e stabile al presente pon- 
tificato, e ciò perche negli affari ecolesiastici poco o nulla pi“ 
resta da discutere con Roma, osservandosi pontualmente dall’ una 
e dall’altra parte i conoordati e 14 prammatica, ma prinoipal- 





BRelasione 17137. - | 309. 


mente perche la eorte di Homa va con essa pilı cauta che con 
qualsiroglia altro nell’ introdarre, sostenere e resistere alle no- 
vita che intervenir potessero, Il sempre mai lodevole card’ Fleuri, 

dꝰ esempiare nel ministero politico, ha saputo tener sempre. 
soggetta la politica alla religione senza mai ‘confondere l’aute- 
ritä spirituale con la temporale: e queste- fa che durante.il suo 
ministero la -oorte 'di Roma sia si trattenuta nei. limiti deovuti e 
quasi con una perpeiwa eondescenza, a-segno che l’ayrebbe co- 
sütuito Parbitro :di tuite:le.sua differenze, se gli altri poten- 
fati non avessero temuta la grande equiiä e l’imparzialitä di quell’ 
eroe nel miuistero politico. 

‚Gravissimi farono i'sconcerti, tutiaria non appianati ancora, 
con la corte di Portogallo, dove il carattere di .quel re fa che 
acquistano giornalmente vigore ed insistenza le sue pretese quanto 
piü si contrastano: e per dirla con chiarezza, le differenze in- 
sorte col Portogallo e con la.Spagna ayendo da qualche tempo 
sospese le rendite opulentissime di que’ vasti regni, ha quasi 
scompaginata la corte e la citt&ä di Roma, dove migliaja di fa- 
miglie.da qualche anno. in qu& sono’ ridotte .dall’ opulenza alla 
povertä e tante alire: dalla sufficienza alla miseria. Questo fa 
che la disposizions d’infiniti benefic} in Spagna, in Portogallo 
e nel regno di Napoli rimanendo sospesa, anzi correndo appa- 
renza che rimaner possa all’ autoritä temporale di que’ regnanti, 
gran numero dei loro sudditi secolari e regolari alire volte eon- 
-sacrati a sostenere la 'corte di Roma presentemente l’abhando- 
nano, e gran numere ancora dei. Romani siessi vengono can- 
detti- a coltivar ie potenze straniere dall’ aviditä e necessitä lore. . 
Partieolare e euriosa h .stata la condetta della corte di Boma 
verso le pretese di quesio principe di aver il cardinale nato il 
patriarca di Lisbona. Fu considerato da quel re come condi- 
zione indispengabile ‚dell’ accomodamento delle vertenze che cor- 
rono tra le due corti, di godere una tal distinzione, ed il papa, 
usando in ciö dell’antico costume Romano, si & dimostrato al- 
cune volte del tutio alieno, altre quasi propenso di soddisfare 
le premure: del re. . La. cosa non 6 ancora decisa, ed in ogni 
maniera che’ venghi consumata fornirà argomenti non indifferenti 
di discorsi :e forse di querele tra gli altri principi. . 

Altre volte il pretendente faceva un’. oggetto.massimo della 
corte di Roma, la quale si lusingara molto.sopra l’appoggio delle 
corti di’ Francia e Spagna, 'dacche si riunirono- ambedue, nella 
casa di Borbon:; ma .in oggi scopertasi la gelosia txa la lines 
‚ primogenita e la cadetia e conosciutosi: ebe la regina-di Spagna 
non ha veramenute. alive mire che l’ingraudimento dei proprj figli, 
Pesule pretsndente e la degria sua famiglia divengono presio a 
molti oggetto pilı grave ancora che di conforto.. 

L’imperatore ha fatto e fa tuttavia tremare il presente mi- 
nistero di Roma, vedendosi egli stesso dar mano ad introdurre 
wei suot stati d’Italia quelle riforme d’abusi che devono col tempo 
servire di esempio sommamente pregiudiciale ai Romani; e ciö 
ch’® peggio per loro, appena ha introdoito le sue truppe'nelia 


810 Franc. Venier Bel. 1744. 


Toscana, che ivi pure si veggono incamminate le medesime di- 
rezioni, a segno che di tulti gli statiesteri al dominie Romano 
non Se ne rede pur uno continuar ciecamenie sul piede dei se- 
coli passati. La corte di Vienna professando tempo fa acri mo- 
tivi di querela per le distinzioni usate a Spagnali, poco amati 
dal popolo Romano, si © totalmente attratio il. favor d’esso po- 
pole in Roma e nelle stato sotto il pemtifieate presente cal ma- 
neggio accortissimo de’ suoi minisitri ed emissarj, ch’e cosa ma- 
ravigliosa l’udire in unirersale il popolo Romano dichiareto- in 
favore dell’ imperatore. Tuttavia in oggi tanta 6 la forza dell’ 
interesse della famiglia Corsini cbe non vi. sagrificio che non 
si faccia afflıne di guadagnarsi l’amieizia di Cesare: di che P’Ecemo 
Senate ne ha abbondasti prove melle direzioni de’ negozj vo 
tenti. 
163. 


Relazione del N. H. Franc. Venier Kr ritornato ambasciat. da 
Roma 1744 24 Apr. 
Leider nur zwei flächtige Blätter, Benediet XIV. gewidmet. 
Benier verfichert, daß die Garbindle eigentlich dieſen Papft nie 
t haben: inalzato anzi dalle sue rare virtü, dalle vicende 
i quel conclave, dalle sue note Inngheaze, che da un? effieace 
favore de’ Cardinali che lo esaltarono. : Fu opera zola del di- 
vino spirito- | 
„il papa,° fährt er fort, „dotato di cuere aperto e aincero 
trascurö sempre ogn’una di quelle arti che si chiamano roma- 
nesche, e lo stesso carattoere.che fece cononoere Bonza TIServa 
allora che era preiato, fu quello del card! Lambertini e si può 
@ire queilo del papa.‘ 
164. . 


Relazione di Aluise Mocenigo IV Kavr ritornato ambasciat, di 
Roma 1750 14 Apr. 


Nicht etwa neuerdings der Geſandte vom 1737. Der erflewar 
ein Sohn Aluife Mocenigo ded Dritten: dieſer zweite ift ein Sohn 
Aluife Mocenigo des Erfien. an 

Leider hat er ſich auch mit 3 Blättern begnuͤgt; ich will bei der 
Spaͤrlichkeit anthentiſcher Notizen Über den römifchen Hof im dieſer 
geit die wichtigfte Stelle wörtlich mittheilen. 

II regnaute Benedetta XIV non solo non & mai stato nell’ 
impiego di nunziature presso alcuna corte, ma n€ pur ha sos- 
tenuto alcauna legazione: egli ossendo vesooro d’Aneona & state 
fatto cardinale, et essende aroivescovo di Belogna fu assonte 
al supremo grado in cui regna. Possede per pratica fatta sin 
dagli anni suoi. piu freschi l’ordine della ouria, e non sa ne 
seorda certamente, olire di che si pieca d’esser perfetto cano- 
nista et otiimo legale, non ammetiendo egli in cio difierenza 
deli’ esser suo di decretalisia, studio che non lascia al di d’oggi 
ancora. Pereid egli & parzialissimo del suo uditore mons!® Ar- 
givilliers, perche si dirige colle stense dotirine. Conformandesi 





Al. Mocenigo IV Rel. 1758. 511 


dungae le massime del papa oon quelle del suo uditore, si rende 
questi nel pontifieato presente uomo W’importanza, quando par- 
ticotarmente per l’esereizio sao, ch'è ristretto alle sole civili 
ispezioni, non avrebbe altro che il vantaggio di vedere in ogni 
giorno il monarca ed ora entra a dir parere negli affari di stato. 
Per dir vero, egli € uomo di probitä, ma di nessuna esperienza 
niegl’ interessi dei principi, austero ed inaccessibile, scarso di 
corrispondenza forastiere non solo ma ancora tra li stessi pala- 
tini. Per l’aura di favore ch’ei gode sembra che contrasti al 
card! Valenti segretario di stato l’accesso vantaggioso presso del 
papa, che la gran mente di quel porporato, qrando voglia gli 
prema et a hıi convenga, in mezzo alle piü diffcili determina- 
zioni 6 massime sempre possiede ed ottiene. Ed eccomi al caso 
di superfluitä e repetizione. Di questo soggetto, perspicace nella 
coltura degli aflari politici e di state, ministro d’esperienza ac- 
corto e manieroso, avran detto quello vonviene li miei ecc®i pre- 
decessori, e tirca questo non altro posse aggiungere se non oh’e- 
gli ol nuovo poste di camerlengo di S. Chiesa, conferitogli da 
S. St in tempo della mia ambasciata, ha fermato anche dopo 
la vita del ponteflice quel ben onorifico e lucroso posto, che 
lo render& ancora necessario e ricereato quando forse dopo di 
aver dimessa la secretaria di stato l’emularione, Pinvidia e Hi 
mal contenti avrebbero poluto spiegar la loro forza ed il loro 
sdegno. Va ora esente da questi sfoghi, non perche zia da ogni 
parte citcondato: ma sa egli far fronte e scansar ogni Asealto: 
se a lui giova, cimenta; in caso diverso non cura. Oltre al no- 
wıinato uditer del papa, poco o niente amico suo vi & ancora 
nonst Millo datario, con il quale benche a mis tempo apparis- 
sero riconchliati ia amicizia, in sostanza non lo erano, ed il 
detto Jatario 6. piuttosto del partito dell’ uditere, Quosti tre 
soggetti si Po8s0ho dir guelli che nel presente pontificate abbiwo 
ingerenza ed intelligenza negti affari della stato, Ma se li due 
prelati sono necetti per l’esposto di sopra ed il card! sa rendersi 
wecessario per le tante ragtoni ben note, perö arrivano. dei mo- 
menti che il papa ascolta gli uni e l’altrö e poscia tutte a sua 
volonta e talento differentemente risolve. Der questo ancora, 
sb vi.sone degli altri ben dietinti soggetti tra li palatiei, nen 
contano gran cos& nel presente pontiſ oato © ahmeno in rapperto 
ai gravi affari dello stato. Uno € H cardie Passionei, —28 
simo ed amante delle scienre, prativo ministro per le nunziature 
sostenete, enon’ ha altra ingerenza che nella secretaria dei brevi. 
Dei giovane preiato mens" Marcantonio Colonna maggiorduomo 
il zie card! Girolamo promaggiorduomo & uno tra li prediletti 
del papa: ma egli nen si du pena d’altro che di quelle cose che 
interessine le particelari. sue brame. Il segretario alle zifre 
mons’"* Antonio .Rota, eemowchute dal papa » dall’ universale di 
tatto il kagro collegio ed a parte dalie congregazioni coram 
sanctissimo per un’ uomo della più scelta politica ed un pen- 
samento il più fiino, che per l’aggiustatezza dell’ estero, dove 
abbia ad esservi un tratto d’accertezza, altro non ha migliore, 


512 ir. Zulian Relazione 1783. 


talmente eonoseiuio netessario che con distinto modo si ammeite 
anche podagroso nelle .oecorrenti congregazioni, non ha pero 
maggiori-ispezioni ehe quelle del suo carico o le avventizie. 


— 165. 
Girolamo Zulian Relazione di Roma 15 Decembre 1783. 


Gegen das Ende der Republik nahm auch der Sinn für dieſe 
Art politifher Thaͤtigkeit ab. 

Die Relationen werben fürzer: die Beobachtungen bie fie mit- 
Wr ſind an Penetration und Umfaffung mit ben alten nicht zu 
vergleichen. 

Zulian, beffen Relation die lebte ik bie mir vorgefommen, hans 
beit gleich gar nicht mehr von der Wolitif, den auswärtigen Geſchaͤf⸗ 
ten, oder der Perſoͤnlichkeit Pius des VI; er bleibt bloß bei einigen 
Momenten der. innern Staatsverwaltung ftehn. | 

Die päpfilihe Kammer, meldet er, babe ein ſtarkes Deficit, das 
durch Die außerordentlichen Ausgaben, den Bau der Sacriſtei in ©. 
Pietro und die Arbeiten in ben pontinifchen Siunpfen — beide moch⸗ 
ten ſchon damals 2 Mill. gefoftet haben — noch vermehrt worden: 
das man mit Anticipationen und Creation von Papiergeld zu deden 
ſuche. Auch gebe fonft viel Geld aus dem Lande. Le canapi, le 
sete, le lane che si estraggono dallo stato, non compensano li 
pesci salati, li piombi, le droghe e la immensa serie delle ma- 
nifaiture che si importano in esso da Genova speeialmente e dalla 
Francia. Il gran mezzo di bilanciar Ja nazione dovrebbe essere 
il commercio de’ grani: ma la necessitä di regolarlo per mezzo 
di tratte affıne di proveder sempre l’annena di Roma a prezzi 
bassi lo rende misero © zpesso dannose. (Juindi rests oppressa 
l’agricoltura e spesso ‚succedong le scarsezze del genere che obli- 
gano a comprare il formento fuori dello stato à prezzi' gravis- _ 
simi. E? comune opinione pertanto che questo commercio cu- 
mulativamente preso pochissimo proßitto dia alla nazione. Re- 


‘. sta essa debitrice con tulte quasi le piazze colle quali @ in re- 
“& lazione, e .da ciö deriva in gran parte quella rapida estrazion 


di monete che mette in discredito Je cedole e forma la povertä 
estrema della nazione. Si considera che il maggior vantaggio 
di Roma sta colla piazza di Venezia per li varj generi che lo 
stato pontificio tramanda a quelle di Vostra Serenitä. 

Man weiß, welche Mittel Pius VI. ergriff um dem Lande aufs 
zubelfen. Sie werden bier erörtert, jedoch ohne befonbere Tiefe. 

Zulian bemerft, Pius VI. babe die Cardinaͤle noch unbebeuten« 
der gemacht, als fie ſchon waren. Bei feiner Ruͤckkunft von Wien 
habe er fie mit dunkeln und kurzen Notizen abgefunden. Da läßt 
ſich freilich entgegnen: er hatte ‚ihnen wenig: mitzutheiln. Die 
Sache aber ik wahr. Der Staatsfecretär Pallavicini / übrigens ein 
treffliher Mann, fonnte dach um fo weniger ausrichten, ba er haͤu⸗ 
fig erfranfte. Rezzonico, meint der Verfaſſer, babe noch den mei⸗ 
fen Einfluß bei dieſem Papſte gehabt. 





Gedruckt bei A. W. Schade In Berlin. 











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