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FÜRST JOHANN IL
VON LIECHTENSTEIN
UND DIE
BILDENDE KUNST
WIEN 1908
IN KOMMISSION BEI ANTON SCHROLL & Co.
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n/WVARD FINE ARTS LIBRAR*
FOGG MUSEUM
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L7I
Druck von Friedrich Jaiper in Wien.
Vorwort*
Am 12» November d. J. wiederholt sich zum fünfzigsten
Male der Tag, an welchem Seine Durchlaucht der regierende
Fürst Johann IL von und zu Liechtenstein das Erbe seiner
Väter angetreten hatte» Wiewohl uns der Wunsch des Fürsten,
daß aus diesem Anlasse jedwede Ostentation vermieden werden
sollte, bekannt war, glaubten wir doch, im Bewußtsein, daß das
hochsinnige Wirken des seltenen Mannes den reichsten Dank
der Mitwelt verdient, eine Pflicht zu erfüllen, wenn wir das
Schaffen desselben wenigstens auf einem Gebiete, dem der
bildenden Kunst, in schlichten Worten schildern« Allerdings
erstrecken sich die Äußerungen seines Lebens nicht allein auf
das Reich des Schönen. Die Bürger des von ihm beherrschten
Landes verehren in ihm den gütigen, stets auf ihr Wohl be-
dachten Regenten, seine Beamten und Diener den milden und
fürsorglichen Herrn, die Armen und Leidenden den hilfsbe-
reiten Linderer ihrer Not, zahlreiche Gemeinden den Gönner
aller gemeinnützigen und humanitären Unternehmungen, viele
Talente den Förderer ihrer Ausbildung. Eine Fülle von An/
regung strömt von der mustergültigen Verwaltung seiner Güter,
ihrem Betriebe und ihren Neueinrichtungen aus. Eine wahre
Kulturmission hat aber Seine Durchlaucht durch das edle
Streben erfüllt, der bildenden Kunst jederzeit ein opferwilliger
Mäzen zu sein, und sein Wirken in dieser Hinsicht kann sich
getrost mit dem jener großen Männer der Vergangenheit messen,
denen die Künste ihre Blütezeit danken. Wir schätzen den
hingebungsvollen Eifer des Fürsten um so höher, als seine
Tätigkeit gerade in einer Zeit ihren Höhepunkt erreichte, wo
die Künstler mit Erfolg neue Bahnen einschlagen, die gebildeten
— IV —
Kreise mehr als bisher ihr Interesse der Welt des Schönen zu*
wenden und auch das Volk ungestüm seinen Anteil an dem
ihm so lange versagten Schatz begehrt» Ihnen allen kam das
Wirken des Fürsten zugute. Es gibt wohl keinen Zweig der
bildenden Künste, der nicht die kunstbegeisterte Seele desselben
angezogen hätte. Der Fürst, der über ein durch eifriges Studium
erworbenes, reiches Kunstwissen verfügt, das auf weiten Reisen
geschult wurde, ist einer der glücklichsten und hervorragendsten
Sammler der Gegenwart. Die großartigen Kunstsammlungen
in Wien, die ihm kunstsinnige Vorfahren hinterlassen haben,
wurden durch ihn um kostbare Werke der Malerei, der Bild"
hauerkunst und des Kunstgewerbes vermehrt und zu einer der
größten Sehenswürdigkeiten unserer Vaterstadt emporgehoben;
es gibt kein österreichisches Museum von Bedeutung, dessen
Bestand nicht durch wertvolle Widmungen von seiner Hand
bereichert worden wäre; wir achten im Fürsten den kunst-
sinnigen Bauherrn, der nicht nur herrliche Schlösser und pracht-
volle Pfarrkirchen auf seinen Gütern erstehen ließ, sondern
auch im bescheidensten Wohnhaus seiner Arbeiter einen feinen
Geschmack offenbart; wir bewundern die Sorgfalt, mit welcher
infolge seines Kunstsinnes bedeutende Denkmale der Kunst
der Vergangenheit dem unentrinnbaren Verfalle entrissen und
durch eine gewissenhafte, stilgerechte Restauration für kommende
Zeiten gesichert wurden, und staunen über die reichen Mittel,
welche den Männern zur Verfügung gestellt wurden, die auf
dem Gebiete der Kunstforschung tätig sind. Sein Wirken ver-
einigt in einer Persönlichkeit alle Kunstbestrebungen, welche
die Mitglieder des fürstlichen Hauses seit jeher auszeichneten.
Möge aus der Saat, die Seine Durchlaucht mit voller Hand
ausstreute, reiche Ernte erblühen, möge sein edles Streben bei
allen Nachahmung finden, denen die heimische Kunstpflege
am Herzen liegt!
Das vorliegende Werk, einzig und allein aus der aufrich-
tigen Bewunderung für das stille und doch so segensreiche
Walten des Fürsten hervorgegangen, ist eine Frucht jahrelanger,
mühevoller Arbeit. Trotz des Bestrebens, die besprochenen
Kunstwerke nach Möglichkeit aus eigener Anschauung kennen
— V —
zu lernen, die reiche, allerdings sehr zersplitterte Literatur über
diese zu Rate zu ziehen und durch die dankenswerten Nach'
richten von Kunstgelehrten, Museumsvorständen, Inhabern
fürstlicher Patronatspfarren und einzelnen Beamten Seiner Durchs
taucht zu ergänzen, können wir keinen Anspruch darauf er'
heben, etwas vollständig Einwandfreies geschaffen zu haben.
Einmal geht aus der Aufzählung von Einzelleistungen einer
wahrhaft großen Persönlichkeit nie und und nimmer ihr ganzes
Wesen, ihre volle Bedeutung hervor, ferner mußten wir von
allem Anfange an, wie es in der Natur der Sache liegt, auf die
Anführung zahlreicher wertvollen Tatsachen verzichten, die nur
Seiner Durchlaucht allein, dem besten Kenner seiner Kunst'
schätze, bekannt sind, dann aber berührt die vorliegende Arbeit
wiederholt Gebiete, wo nur eine auf streng wissenschaftlicher
Grundlage aufgebaute Spezialforschung unzweifelhaft Richtiges
leisten kann, zu deren Bearbeitung jedoch unsere schwache
Kraft allein nicht ausreichte. Möge daher die Kritik mit einem
Erstlingswerke auf dem Gebiete der Kunstgeschichte nicht all'
zustrenge verfahren!
Wien, im Juli 1908.
Karl Höß.
Inhalt.
Seite
Verzeichnis der Abbildungen X
L Die fürstlich Liechtensteinschen Kunstsammlungen in
Wien i
II« Museen, Kunstschulen und Künstlervereinigungen . . 87
Wien: K. k. Akademie der bildenden Künste S. 89. Moderne
Galerie S, 98. Historisches Museum der Stadt Wien S. 106,
K. k. Kunsthistorisches Hofmuseum S. 116. Genossenschaft
der bildenden Künstler Wiens S. 120« K. k. österreichisches
Museum für Kunst und Industrie S. 128.
Brunn: Franzens^Museum S. 161. Erzherzog Rainer'Huseum für
Kunst und Gewerbe (Mährisches Gewerbemuseum) S. 166.
Olmütz: Gesellschaft der Kunstfreunde S. 175«
Troppau: Kaiser Franz Josef-Museum für Kunst und Gewerbe
(Schlesisches Landesmuseum) S. 182.
Prag: Kunstgewerbliches Museum der Handels* und Gewerbe*
kammer S. 193, Gemäldegalerie der Gesellschaft patriotischer
Kunstfreunde S. 196» Museum des Königreiches Böhmen S. 200.
Linz: Landesbildergalerie S. 201.
Graz: Stdermärkisches Kulturhistorisches und Kunstgewerbe*
Museum am Joanneum S. 202.
Bozen: Städtisches Museum (Schloß Velthurns) S. 204«
III« Die Fürst Liechtensteinschen Paläste, Schlösser und
Burgen 209
Fürstentum Liechtenstein: Regierungsgebäude in Vaduz
S. 211. Haus der Forstverwaltung und Jagdvilla bei Vaduz
S. 211. Schloß Vaduz (Hohenliechtenstein) S. 212.
Wien: Sommerpalast in dtr Roßau S. 214* Palast in der Aiser*
bachstraße S. 218« Majoratshaus S. 219* Paläste in der Herren*
gasse S. 222,
— VIII —
Seite
Nieder*österreich: Greifenstein S. 224. Liechtenstein S. 226.
Johannstein S. 232. Mödling S. 232. Wartenstein S. 233.
Klamm S. 235* Seebenstein S. 236. Thernberg S. 237« Felds*
berg S. 238* Katzelsdorf S. 241. Semmering (Hegerhaus)
S. 242.
Mähren: Alt*CimburgS. 243. Novihrad S. 244.H0henstadtS.244.
Mährisch*Trübau S. 245. Sternberg S. 246. Lundenburg S. 248.
Butschowitz S. 248. Neuschloß bei Butschowitz S. 249. Golden*
stein S. 250. Ungarisch*Ostra S. 250. Plumenau S. 250. Aussee
S. 251. Neuschloß bei Lhtau S. 252. Adamsthal S. 252.
Pohanska S. 252. Hansenburg S. 253. Eisgrub S. 253* Neu*
Waltersdorf S. 259* Landshut und Broczko S. 259. Lunden*
bürg (Forsthäuser) S. 260.
Schlesien: Jägerndorf S. 260.
Salzburg: Fiachhorn S. 261. Kaprun S. 263*
IV« Kirchliche Kunst 265
Fürstentum Liechtenstein: Vaduz S. 267. Schaan S. 267*
Rugell S. 267. Hasescha S. 267.
Wien: Maria am Gestade S. 268. St. Michael S. 270. St. Stephan
S. 270. Minoritenkirche S. 273« Kirche auf dem Kahlenberg
S. 1*74. Canisius'Kirche S. 275* Herz Jesu*Kirche S. 275*
Nieder*österreich. Brunn S. 276. Mödling S. 278. Schottwien
S. 281. Seebenstein S. 283. Alt*Liechtenwarth S. 284. Felds*
berg S. 284. Hohenau S. 287. Maria*Schutz S. 288. Maria*
Enzersdorf S. 289* Unter*Themenau S. 290. Dobermannsdorf
S. 293. Mistelbach S. 294. Wilfersdorf S. 297« Katzelsdorf
■
S. 298. Gießhübel S. 300. Semmering*Kapelle S. 301«
Mähren: Tattenitz S. 303* Kiritein S. 304« Kloster*Hradisch S. 305*
Turnitz S. 305* Landshut S. 306.
Böhmen: Tismitz S. 307* Keje S. 309. Rumburg S. 310. Thomigs*
dorf S. 312. Landsberg S. 313« Nieder*Lichwe S. 313* Lands*
krön S. 313*
V« Die Förderung wissenschaftlicher Bestrebungen . . . 315
Archäologisch*epigraphische Erforschung Kleinasiens S. 317.
Prähistorische Forschungen S. 328. Dr. Alois Musil: Kusejr
Amra S. 330. K. k. Zentralkommission für Erforschung und
Erhaltung der Kunst* und historischen Denkmale S. 331.
Dr. Otto Piper: Osterreichische Burgen S. 332. August Pro*
kop: Die Markgrafschaft Mähren in kunstgeschichtlicher Be*
Ziehung S. 332« Mährisches Gewerbemuseum : Mährens Burgen
— IX —
Seite
und Schlösser S. 333« D*. Max Lehn: Der deutsche» nieder«*
ländische und französische Kupferstich im 15. Jahrhundert
S. 334* Hauslab "Sammlung S. 334* J. Schönbrunner und
J, Heder: Handzeichnungen aus der Albertina und anderen
Sammlungen S. 336« Jakob von Falke: Geschichte des fürst"
liehen Hauses Liechtenstein S.343* Oskar Criste: Feldmarschall
Johannes Fürst von Liechtenstein S. 343. Gesellschaft für
neuere Geschichte Österreichs S. 344* Franz Kraetzl: Das
Fürstentum Liechtenstein und der gesamte Fürst Johann
von und zu Liechtensteinsche Güterbesitz S. 345. Topograph!"
sehe Werke S. 345.
Nachträge 347
Register 35i
Berichtigungen 363
Verzeichnis der Abbildungen.
Nach Seite
i. Burg Liechtenstein (Titelbild).
2. Sandro Botticelli: Madonna mit dem Kinde 8
3. Franciabigio: Männliches Bildnis 14
4. Paris Bordone: Männliches Bildnis 20
5. G. G. Savoldo: Grablegung Christi 26
6. Bartholomäus Zeitblom: St. Nikolaus 32
7. Hans Memling: Madonna mit dem Kinde, dem heiligen Antonius
und einem Stifter . . . • 38
8. Gonzales Coques: Familienbildnis 42
9. Jan Fyt: Pferde 46
10. Rembrandt: Die Schwester des Künstlers bei der Toilette .... 50
11. Nicolaes Maes: Die Spitzenklöpplerin 54
12. Jan Steen: Die Zecher 58
13. Gerard Ter Borch: Der Landschaftsmaler Jan van Goyen .... 62
14. Jacob van Ruisdael: Landschaft 68
15« Jan Wjnants: Hütte zwischen Bäumen 74
16. Aelbert Cuyp: Sonniger Tag bei Dordrecht 80
17* Pieter Codde: Tanz~ und Musikgesellschaft 94
18. F. G. Waldmüller: Blick vom Leopoldsberg auf Klosterneuburg 100
19. F. G. Waldmüller: Gebirgslandschaft ... 104
20. Peter Fendi: Die Witwe 108
21. Peter Fendi: Das Milchmädchen 112
22. Wien: Stukkodekoration im Roßauer Palaste 216
23. Landshut: Jagdhaus 256
24. Forsthaus bei Lundenburg 260
25. Wien: Grabmal Georgs VI. von Liechtenstein 270
26. Brunn: Südportal der Pfarrkirche 278
27. Brunn: Inneres dtr Pfarrkirche 282
28. Unter 'Themenau: Pfarrkirche 290
29. Dobermannsdorf: Pfarrkirche 294
r
_ n -
Nach Seite
30. Gtefihfibcl: Pfarrkirche 298
31. Giefihfibel: Innerei der Pfarrkirche 302
32. Landahut: Pfarrkirche 306
Die Abbildungen 2 bis 17 wurden nach Photographien der k. u. k.
Hof'Kunstanstalt J. Löwy in Wien, die Abbildungen 18 bis 21 nach
Photographien der Verlagsanstalt F. Bruckmann A.~G. in Hünchen her*
gestellt« Die erstgenannte Firma besorgte auch die Anfertigung sämtlicher
Klischees.
I.
DIE
FÜRSTLICH LIECHTENSTEINSCHEN
KUNSTSAMMLUNGEN IN WIEN,
I Jen Brennpunkt der Kunstbestrebungen der Mitglieder des
•"■^ fürstlichen Hauses bildeten seit der Zeit, da im Anfange
des 17« Jahrhunderts auch nördlich der Alpen das Sammeln
von Kunstwerken allgemeiner wurde, durch Jahrhunderte hin'
durch die gegenwärtig im Sommerpalaste in der Roßau unter'
gebrachten, herrlichen Kunstsammlungen, besonders aber deren
Hauptbestandteil, die großartige Gemäldegalerie '), die als Privat'
*) Bei der Abfassung dieses Abschnittes wurden nebst allgemeinen
Werken über Kunst, zahlreichen Zeitschriften und Auktionskatalogen
besonders benützt: Galeriekataloge von V. Fanti (1767), Dallinger«Lucchini
(1780) und J. Falke (1873). — Franz Heinrich Böckh, Wiens lebende
Schriftsteller, Künstler etc. Wien 1822, S. 321 ff. — A. R. v. Perger, Die
Kunstschätze Wiens. Triest 1854» I. und II. — Betty Paoli, Wiens Gemälde^
galerien in ihrer kunsthistorischen Bedeutung. Wien 1865, S. 215 ff. — G.
F. Waagen, Die vornehmsten Kunstdenkmäler in Wien. Wien 1866, I,
S. 258 fr. — K. v. Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaisertums
Osterreich. Wien 1866, XV, S. 137. — J. v. Falke, Geschichte des fürst-
lichen Hauses Liechtenstein. — Repertorium für Kunstwissenschaft. Berlin
1884, VII, S. 188 ff. — Dr. Wilhelm Bode, Die fürstlich Liechtensteinsche
Gemäldegalerie in Wien. Wien 1896. Zuerst veröffentlicht in der Zeit"
schrift „Die graphischen Künste". 1888, XI, S. 1 ff. (P. P. Rubens), 1889,
XII, S. 39 ff* (A. v. Dyck), 1891, XIV, S. 1 ff. (Rembrandt und seine Schule),
1892, XV, S. 85 ff. (Italienische Meister), 1894t XVII, S. 79 ff. (Holländische
und vlämische Heister), 1895, XVIII, S. 109 ff. (Französische, altnieder *
ländische und altdeutsche Schule).— Monatsblätter des Wissenschaftlichen
Klub in Wien. Wien 1902, XXIII, S. 18 f. — Wilhelm v. Weckbecker,
Handbuch der Kunstpflege in Österreich. Wien 1902, S. 213 ff. — Neues
Wiener Tagblatt. 24* Februar 1903, S. 6. — Neue Freie Presse. 24. Fe-
bruar 1903, S. 5* — Dr. Wilhelm Suida, Moderner Cicerone. Wien II.
Stuttgart 1904, S. 67 ff. — Velhagen und Klasings Monatshefte. Berlin
1907, S. 324 ff. — Dr. Theodor v. Frimmel, Materialien zu einer Ge-
schichte der fürstlich Liechtensteinschen Galerie. (Beilage der „Blätter für
Gemäldekunde". Wien 1907, II, S. 21 ff.)
1*
— 4 —
Sammlung ihresgleichen nicht haben dürfte. Mit regem Sammele
eifer und geläutertem Geschmack haben hier die Vorfahren
des Fürsten reiche Schätze der Malerei, die in ihrer Gesamtheit
ein getreues Bild des Entwicklungsganges der Kunst vom
15. bis zum 18« Jahrhundert bei den um dieselbe am meisten
verdienten Nationen widerspiegeln, vereinigt. Was frühere Ge^
schlechter erworben und dem Fürsten als unschätzbares Erbe
hinterlassen haben, wurde von Seiner Durchlaucht als kost-
barer Schatz nicht bloß bewahrt und behütet, sondern im glei-
chen Geiste um eine Reihe wertvoller Kunstschätze vermehrt.
Die Ruhe, in welcher die Galerie im Winter versunken liegt, ist
nur eine scheinbare ; denn wenn der Kunstfreund im erwachen-
den Frühling seine Schritte in die prächtigen Räume lenkt,
um die Meisterwerke, die schon so oft sein Innerstes mit ihrem
unauslöschlichen Zauber gefangennahmen, von neuem auf die
empfängliche Seele einwirken zu lassen, so wird er immer
wieder mit freudigem Staunen neu angereihte Perlen der Malerei
entdecken oder durch Umgestaltungen in der Anordnung des
Ganzen das Alte unter anderen, günstigeren Verhältnissen be-
trachten können. Das Bewußtsein, daß in diesem schönen Reiche
eine treibende Kraft, der nie rastende, von edler Kunstbegeiste-
rung und tiefem Kunstverständnis getragene Sinn des Besitzers,
waltet, wie dies nur selten in den alten Privatsammlungen des
Hochadels und in gleich glücklicher Weise nicht immer in den
öffentlichen Galerien der Fall ist, steigert das Gefühl der Be-
wunderung des Besuchers für den Fürsten, der diese wahrhaft
königliche Sammlung sein eigen nennt. Hier, wo noch manch
köstlicher Schatz der Ausgrabung harrt, noch so mancher Edel-
stein im Verborgenen schlummert, bietet sich auch der neueren
Kunstforschung ein ergiebiges Feld für ihre Tätigkeit; die
Arbeit ist da doppelt lohnend, wo, wie in dieser Sammlung,
alles lebt, in steter Entwicklung begriffen ist und von dem
beseelenden Hauch echten Mäzenatentums durchwoben wird.
Nichts wäre würdiger, ein Werk, das die Kunstbestrebungen
des Fürsten zum Gegenstande hat, einzuleiten als eine liebe-
volle Schilderung der Mühe und Sorgfalt, die derselbe in fünf
Jahrzehnten auf die einzigartige Sammlung verwendet hat; unsere
— 5 —
Arbeit kann aber nur ein schwaches Abbild von den glänzenden
Leistungen des Fürsten in dieser Hinsicht geben« Wir müssen
die Werke selbst, die Seine Durchlaucht der Galerie einverleibt
hat, auf uns wirken lassen, um nur einigermaßen den feinen
individuellen Geschmack des Fürsten verstehen zu lernen und
die zarten Fäden zu erkennen, die seine kunstbegeisterte Seele
mit den Werken des Schönen verknüpfen. Da sich das hoch"
sinnige Wirken des Fürsten als eine Fortsetzung des edlen
Strebens seiner Ahnen darstellt, wollen wir zunächst versuchen,
in knappen Zügen einen geschichtlichen Überblick über das
Wachstum der Galerie bis zum Regierungsantritt Seiner Durchs
laucht zu geben, um dann auf dessen eigene segensreiche Tätig"
keit eingehender sprechen zu kommen. Als Grundlage unserer
Arbeit kann für die kunstkritische Würdigung der Gemälde
das groß angelegte Galeriewerk von Bode, für die Geschichte
der Sammlung die schätzenswerte Arbeit Theodor v. Frimmels
angesehen werden.
Daß einzelne Mitglieder des fürstlichen Hauses schon
während des Mittelalters im Besitze wertvoller Kunstschätze
gewesen sind, darüber ist uns ein vom kulturgeschichtlichen
Standpunkte aus hochinteressantes Dokument erhalten, welches
sich auf den Kunstbesitz Georgs III. von Liechtenstein (1381
bis 1390 Dompropst von St Stephan in Wien, 1390 — 1419
Bischof von Trient) bezieht 1 ). Als dieser während seiner
Kämpfe mit Herzog Friedrich von Tirol von demselben ge>
fangen genommen wurde, nahm letzterer alles wertvolle Eigen"
tum des Bischofs mit sich, das im Castel del buon Consiglio
aufbewahrt war. Eine im Trientiner Archiv befindliche Per"
gamenturkunde aus dem Jahre 141 zählt die wichtigsten dieser
Gegenstände auf. Wir finden darunter kostbare kirchliche Ge"
rate, reich gestickte Priestergewänder aus herrlichem Gewebe,
Meßbücher, theologische Bücher in prächtigen Einbänden, mit
Miniaturen geschmückt, Bücher des kanonischen und bürger"
liehen Rechtes u. a., viele päpstliche Privilegien, dann das
l ) Clemens Wenzeslaus, Graf und Herr zu Brandis, Tirol unter
Friedrich von Österreich. Wien 1821, S. 325 ff. — Jakob v. Falke, Ge-
schichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein. Wien 1868, I, S. 407*
— 6 —
Tafelgerät des Bischofs, bestehend aus silbernen Schüsseln,
Tellern, Salzbechern, Waschbecken usw., teils vergoldet und mit
Edelsteinen besetzt, Straußeneierpokale, eine silberne Uhr u. a. m.
und endlich eine große Anzahl von Kleidern.
Hartmann IL von Liechtenstein (geboren 1544, regiert
1562 — 1585) soll der Tradition nach das erste Mitglied seines
Hauses gewesen sein, das neben anderen Kunstschätzen auch
Bilder sammelte. 1 ) Zahlreiche Bücher in der Liechtenstein*»
sehen Bibliothek in Wien, in geschmackvollen, mit feinen
Goldornamenten gezierten, weißen Pergamenteinbänden, wahr'
scheinlich französischer Herkunft, mit den Buchstaben H. H.
V. L. V. N. (Herr Hartmann von Liechtenstein und Nikols>
bürg) und der Jahreszahl 1577 versehen, deuten auf seinen
Kunstsinn hin. 2 )
Daß Karl L (geboren 1569, regiert 1595 — 1627), der Sohn
Hartmanns, bereits eine ansehnliche Kunstsammlung besaß,
worunter sich auch Bilder befanden, geht aus dem Briefwechsel
desselben mit Kaiser Rudolf IL aus dem Jahre 1597 hervor. 3 )
Der Kaiser schreibt an Karl, er habe vernommen, „daß du mit
fürtreffenlichen selzamen kunststucken und gemälden versehen
sein sollest" und sende daher den Grafen Schlick an ihn, der
ihn mit den Wünschen des Herrschers vertraut machen werde.
Nach einem Berichte des Grafen an Rudolf und nachdem sich
Karl bereit erklärt hatte, dem Bevollmächtigten des Kaisers
sämtliche Gemälde und andere Sachen zu zeigen und demselben
zu gestatten, nach seinem und des Malers Gutachten für den
Kaiser auszuwählen, was ihm beliebt, tritt Schlick abermals
eine Reise an Karls Hof (wahrscheinlich Aussee in Mähren)
an, um sich der Aufträge seines Herrn zu entledigen. Leider
erfahren wir nicht, welche Kunstwerke aus dem Besitz Karls
in den des Kaisers übergegangen sind. Möglicherweise befinden
') Die graphischen Künste. Wien 1888, XI, S. II.
2 ) Wegweiser durch die Spezialausstellung von Bucheinbänden im
k. k. Österreichischen Museum. Wien 1880. S. 9* — Falke, Geschichte des
fürstlichen Hauses Liechtenstein. 1882, III, S. 279*
3 ) Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten
Kaiserhauses. Wien 1888, VII. II, S. XLIVf. Nr. 4621 und 4626—4628.
— 7 —
sich noch heute in den großen Kunstsammlungen, in welche
die Kunstschätze Rudolfs zerstreut wurden, Werke, die ehe'
mals im Liechtensteinschen Besitze gewesen sind»
Im Jahre 1600 trat Karl als Geheimrat und Obersthof'
meister in die persönlichen Dienste des Kaisers, in welchen
er mit einer längeren Unterbrechung bis 1607 verblieb. Nun
hatte derselbe Gelegenheit, mit den Künstlern, welche Rudolf
durch Aufträge beschäftigte, * in näheren Verkehr zu treten.
Uns interessieren in erster Linie die Beziehungen des Fürsten
zu dem in Italien in der Schule Giovannis da Bologna gebil"
deten Niederländer Adriaen de Vries, der seit 1600 als
Kammerbildhauer in Diensten Rudolfs stand. In zwei
Briefen (1607) wendet sich der Künstler mit der Bitte an
den Fürsten, derselbe möge sich beim Herrscher dahin
verwenden, daß ihm die noch ausständigen Geldsummen,
die er für gelieferte Arbeiten zu fordern hatte, angewiesen
würden 1 ).
Auf Bestellung Karls führte Vries eine beinahe lebens"
große Bronzestatue des Heilandes aus, die gegenwärtig im
Rubens'Saal der Gemäldegalerie aufgestellt ist 2 ). Sie zeigt
Christus mit zum Gebet gefalteten, erhobenen Händen, auf
einem vierseitigen Sockel sitzend, und ist eine charakteristische
Schöpfung des Meisters im Geiste seiner Zeit, sentimental in
der Auffassung, aber voll zahlreicher Schönheiten im ein-
zelnen. Auf der Sockelfläche liest man zur Rechten in großen
erhabenen Buchstaben:
EMPTI
ESTIS
PRETIO
MAGNO,
auf der Rückseite ferner:
*) Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen. 1883, I, S. 143 f.
2 ) Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen. 1883» I, S. 127. —
Kunstchronik. Leipzig 1883, XVIII, Sp. 595* — Zeitschrift für bildende
Kunst. Leipzig 1884, XIX, S. 226. — Konrad Buchwald, Adriaen de Vries.
Leipzig 1899» S. 60 f. und 96 f.
— 8 —
CAROLVS
A LIECHTEN
STEIN.RUD.fi.
IMP.CAES.P.E
A VG . S ACRI .
PALATI
PRAEFECTVS
DEDICÄVIT
.AN.P.C.N.
. MDCVII .
Die Plinthe enthält auf der Rückseite in gravierter Schrift
die Worte:
ADRIANVS FRIES HAGENSIS FECIT 1607.
Diese Bronze, seit 300 Jahren in Liechtensteinschem Bc
sitz, ist also, soweit unsere Kenntnis reicht, der älteste Bestand"
teil der Liechtensteinschen Kunstsammlungen.
Die gleichfalls im Rubens'Saale untergebrachte Figur des
an einen Pfahl gefesselten hl. Sebastian, eine hochgewachsene,
kräftig gebaute, bis aufs Schamtuch ganz entblößte Jünglings*-
gestalt, wurde der Überlieferung nach gleichfalls durch den
Fürsten von dem genannten Künstler erworben. Der Heilige
steht auf einer Plinthe, die einen Felsen, mit eigentümlich
gestalteten Pflanzenbüscheln bedeckt, darstellt Der Kopf ist
verhältnismäßig klein gebildet; die kraftstrotzenden Arme und
Beine und die auffallige Hervorkehrung der Muskulatur des
Brustkorbes zeigen deutlich, wie der Meister aus dem Formen/
schätze Michelangelos schöpft. Die Durcharbeitung der gold"
tonigen Bronze ist äußerst sorgfältig, die Modellierung, namens
lieh in der Haar' und Faltenbehandlung, weich und schmiegsam.
Im Anhange sei hier auch mitgeteilt, daß Dr. Albert Hg den
in der Galerie befindlichen „Raub einer Sabinerin" dem Vries
zuschreibt (nach Buchwald allerdings mit Unrecht) ; die Gruppe
des Farnesischen Stiers hält dieser Kunsthistoriker ebenfalls
für ein Werk Adriaens oder seines Ateliers.
Der kunstsinnige Fürst Karl Eusebius (geboren 161 1,
regiert 1627 — 1684), der Sohn Karls I., wird häufig als eigene
2. SANDRO BOTTICELLI: Madonna mit dem Kinde.
— 9 —
licher Gründer der Gemäldegalerie bezeichnet. Wie sehr ihm
die bildende Kunst und besonders seine Bildersammlung am
Herzen lagen, beweist die von ihm verfaßte Instruktion für
seinen Sohn Hans Adam, die sich nebst vielen anderen Dingen
auch ausführlich über die Kunst verbreitet 1 ). Der junge Fürst
wird in dem Abschnitte, der von den Gemälden handelt, auf'
gefordert, die „Quardaroba, in welcher alle Mobilia und Rari'
täten sein, in einer gutten Ordnung und Stand zu erhalten",
er möge besonders auf die Gemälde achten, die er wegen ihrer
Kunst, Seltenheit und des hohen Wertes vor allem schätzen
solle. Diese müssen vor Staub und Feuchtigkeit der Mauer
geschützt werden, es sei am besten, sie im Winter von den
Wänden wegzunehmen oder sie mit Leisten zu versehen, da"
mit sie die Mauer nicht berühren können. Auch vor den
Strahlen der Sonne, wie vor dem Rauch der Kamine und Öfen
mögen sie behütet werden. Äußerst vorsichtig müsse man beim
Überführen der Gemälde an einen anderen Ort zu Werke
gehen, das Rollen der Leinwand sei ungemein schädlich, am
besten sei, sie nach der gegebenen Anweisung in Kisten zu
verpacken. In dem Abschnitte „Von Künstlern" 1 führt der Fürst
an, daß er unter seine Bediensteten auch einen tylaler und
einen Bildhauer aufgenommen habe, und rät seinem Sohne,
auch in Hinkunft tüchtige Künstler in seine Dienste zu nehmen
und gut zu besolden. Von großer Wichtigkeit sei es, einen
guten Baumeister in Diensten zu haben; es wäre aber auch
notwendig, daß sich sein Nachfolger selbst eingehend mit der
Architektur beschäftige, um die Ausführung von Bauten leiten
zu können. Das Studium der Baukunst legt der Fürst dem
Prinzen nochmals in dem Kapitel „Von Erlernung der Archiv
tektur und Musik" ans Herz. Im Abschnitte »Von Reisen" macht
der Fürst auf die Sehenswürdigkeiten der einzelnen Länder
aufmerksam. Viel Schönes in dieser Hinsicht biete Italien,
dessen Gebäude (besonders zu Rom und Genua), Statuen und
Gemälde eine eingehende Betrachtung verdienen. Die Fürsorge,
welche der Fürst der Erhaltung seiner Bilder gewidmet hat,
*) Falke, Geschichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein. 1877* II,
S. 395 ff*
— 10 —
ist in der Familie erblich geblieben ; es dürfte kaum eine zweite
Galerie geben, in der so viele tadellos erhaltene und so wenige
schlecht restaurierte Bilder zu finden sind wie in dieser»
Welche Gemälde von Karl Eusebius erworben wurden,
ist allerdings nicht mehr nachweisbar, Häckelberg (Fata Liechten'
steiniana, 1725) spricht von einem „berühmten Hieronymus
von Raffael", für den der Fürst Tausende gegeben habe« Falke
vermutet, daß darunter möglicherweise der „Heilige Hierony
mus" von Guido Reni (Nr. 2) gemeint sein könne 1 ). Eines
der herrlichsten Werke der Galerie, die „Himmelfahrt Maria"
von Rubens (Nr. 80), wird ebenfalls als eine Erwerbung des
Fürsten angesehen. Die Haustradition besagt, daß das Bild für
die Pfarrkirche von Feldsberg gemalt worden sei, welche vom
Fürsten erbaut und 1671 eingeweiht wurde. Schon ältere, aller'
dings nicht immer zuverlässige topographische Werke berichten
in ähnlichem Sinne. Weiskern führt in seiner Topographie
von Niederösterreich (1769) an, daß das Bild einst den Hoch/
altar der Feldsberger Pfarrkirche zierte, zur Zeit des Dreißig'
jährigen Krieges (!) nach Wien gebracht und durch eine Kopie
von dem Maler Fanti ersetzt wurde. Schweickhardt (1834) bc
merkt, daß das erwähnte Gemälde 1756 unter dem Fürsten
Josef Wenzel in die Wiener Sammlung überführt wurde, das
in der Kirche oberhalb desselben angebrachte, die hl. Drei'
faltigkeit darstellende Bild aber sei ein Original von Rubens.
Wir wollen versuchen, wenigstens einen Teil dieser Behaup'
tungen als möglich nachzuweisen.
Einige Jahre nach dem Tode seines Vaters unternahm
der neunzehnjährige Fürst in den Jahren 1630 — 1632 eine Reise,
die ihn gewiß auch nach Frankreich, dessen Besuch auch da'
mals für die reisenden Kavaliere unerläßlich war, führte. Auch
sein Vater hatte dieses Land besucht, der Fürst selbst aber
zeigte in seiner prächtigen Hofhaltung zu Feldsberg, daß er
mit französischer Sitte wohlvertraut war, in der Instruktion
an seinen Sohn empfiehlt er demselben dringend einen län*
geren Aufenthalt in Paris. Daselbst wäre auch Karl Eusebius
die Möglichkeit geboten gewesen, unter anderen Werken des
l ) Falke, a. a. O. II, S. 303 f.
— zz —
großen Niederländers den Gemäldezyklus, welchen Rubens im
Auftrage der Maria von Media für den Luxembourgpalast ge'
malt und 1625 vollendet hatte, zu sehen. Vielleicht hat der
kunstliebende Sohn eines kunstsinnigen Vaters auch in den
Niederlanden Bekanntschaft mit den Werken des Meisters ge^
macht Als der Fürst in seine Heimat zurückgekehrt war, bc
gann er an die Ausführung seines Lieblingsplanes, der Errich'
tung der großartigen Pfarrkirche seiner Residenz, zu schreiten.
Die Anregung dazu kann er von seinem kunstverständigen
Oheim Maximilian, der anfanglich die Verwaltung seiner Güter
leitete, empfangen haben. Maximilian hatte ja selbst durch
die Erbauung des Schlosses zu Rabensburg, dessen Hauptsaal
er mit Malereien aus seinem eigenen Kriegsleben schmücken
ließ, und die Errichtung der stattlichen Wranauer Pfarrkirche
mit der fürstlichen Gruft seinen Kunstsinn betätigt. Liegt es
nun nach dem Gesagten nicht nahe, anzunehmen, daß für die
Herstellung der beiden Bilder für den Hochaltar der mit riesigen
Mitteln erbauten Kirche, zu welcher schon 1631 der Grundstein
gelegt worden war, der große Niederländer in Aussicht ge*
nommen wurde, der, nach der Malweise zu schließen, das Bild
um 1635 gemalt hat? Zudem weisen auch die übrigen Altar'
blätter des Gotteshauses in Stil und Farbengebung auf die
viamische Schule in der zweiten Hälfte des Z7. Jahrhunderts
hin. Auf einem derselben, das die Heilige Familie darstellt, ist
noch die Signatur des Rubens^Schülers Frans de Neve (f 1681)
zu erkennen, der in mehreren Kirchen Österreichs Altarbilder
gemalt hat. Ein gewichtiger Grund für die Annahme, daß das
Himmelfahrtsbild einst in Feldsberg war, scheint mir auch darin
zu liegen, daß die Bogenzwickel des halbrund abgeschlossenen
Originals in der Galerie leer gelassen und mit graubrauner
Farbe überstrichen sind, während sie auf der Kopie von dem
zarten, geschnitzten und vergoldeten Rankenwerk des Rahmens
ausgefüllt werden, was sich leicht daraus erklären ließe, daß
bei der Übertragung des Bildes nach Wien, die jedenfalls in
der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erfolgte, als Fürst Josef
Wenzel eine Reihe von Bildern von seinen Besitzungen nach
Wien bringen ließ, der ursprüngliche Rahmen an Ort und
12 —
Stelle belassen und das Original mit einem neuen Rahmen
versehen wurde* Der Einwurf Bodes gegen die Überlieferung,
daß, da das Bild ohnehin einen halbrunden Abschluß besitzt,
dasselbe nicht noch einen lünettenartigen Abschluß durch das
Dreifaltigkeitsbild haben kann, ist nicht berechtigt; denn das
letzterwähnte Bild ist rechteckig und in ziemlicher Höhe über
dem eigentlichen Altarbild angebracht. Eine genaue Unter'
suchung des Dreifaltigkeitsbildes und eine Vergleichung der
Maße der Kopie mit denen des Originals, das eine Höhe von
5*04 m und eine Breite von 3*52 cm besitzt, wäre geeignet, unsere
Ansicht zu erhärten ; die Säulenarchitektur des Altars ist näm**
lieh derartig gebildet, daß sich kein größeres, schwerlich auch
ein kleineres Bild in dieselbe hineingefugt hätte. Den angeregten
Untersuchungen stellen sich jedoch infolge der bedeutenden
Höhe der Kirche mannigfache Hindernisse entgegen. Wurden
sie einmal ausgeführt werden und im Sinne unserer Ausfüh-
rungen ausfallen, so wäre es wohl erwiesen, daß die Anschaffung
der beiden Bilder auf Karl Eusebius zurückgeht, womit aller-
dings noch nicht der Beweis erbracht wäre, daß dieselben auf
Bestellung des Fürsten gemalt worden sind, da auch ein spä-
terer Ankauf vorliegen könnte. An die Möglichkeit, daß an
die Stelle eines anderen, älteren Altarblattes, das, nach den
übrigen Gemälden zu schließen, jedenfalls auch ein bedeutendes
Werk gewesen sein müßte, die Fantische Kopie getreten wäre,
läßt sich wohl schwer denken. Nach Smith wäre das Bild für
die Karthäuser-Kirche in Brüssel gemalt worden; in derselben
befand sich nämlich nach einer Beschreibung aus dem Jahre
1659 ein Bild der Himmelfahrt von Rubens.
Als eine Erwerbung des Fürsten ist möglicherweise auch
die große, in helles Silberlicht getauchte „Heilige Nacht" von
Guido Reni (Nr. 40) anzusehen. Sie zierte einst die Kapelle
des von Karl Eusebius erbauten Feldsberger Schlosses und
wurde unter dem Fürsten Hans Adam durch eine Kopie von
dem fürstlichen Galerieinspektor Menardi ersetzt 1 )»
l ) Dr. Th. v. Frimmel, Beilage der „Blätter für Gemäldekunde".
II, S. 22 und 28. (Diese Quelle wird fortan kurz unter „Frimmel" an*
geführt.)
— 13 —
Fürst Johann Adam Andreas (geboren 1662, regiert 1684
bis 17 12) bestimmte den von ihm erbauten Palast in der Bank"
gasse zur Aufnahme von Kunstwerken und Gemälden, die
indes nicht zu einer eigentlichen Galerie vereinigt wurden,
sondern in erster Linie zum Schmucke der Wohnräume dienten.
Ein Verzeichnis der Bilder, die der Fürst besaß, besteht nicht ;
doch läßt sich wenigstens eine größere Anzahl von Gemälden
feststellen, die von demselben erworben wurden. In erster Linie
gehören hierher Werke jener Meister, welche Hans Adam mit
der Ausschmückung des erwähnten Palastes, des Sommer/
palastes in der Roßau und des Schlosses zu Feldsberg beschaff
tigte 1 ). Es sind dies besonders der Bologneser Historienmaler
Marcantonio Franceschini, der Venezianer Antonio Bellucci,
der Jesuitenpater Andrea dal Pozzo, der Mailänder Andrea
Lanzani und Johann Franz Michael Rottmayr von Rosenbrunn.
Schon im Jahre 1691 sandte Franceschini 2 ) an den Fürsten
zwei Bilder, nämlich die Halbfiguren der Stärke und Weisheit
(vielleicht alt Nr. 583 und 586) a ), ihnen folgten noch zahlreiche
andere, die sämtlich mit hohen Summen bezahlt wurden. Von
den 42 Gemälden des Malers, welche die älteren Kataloge an/
führen, befinden sich gegenwärtig außer den Deckengemälden
des ersten Stockwerkes nur mehr vier Tafelgemälde mit Dar'
Stellungen aus dem Leben der Diana in der Galerie selbst,
und zwar an der Fensterwand des RubensoSaales, für welche
sie wohl auch ursprünglich bestimmt waren (alt Nr. 100 — 103).
Das Stiegenhaus enthält gleichfalls einige Werke von der Hand
des Meisters: „Apollo und Diana" (alt Nr. 1), „Venus und
Adonis" (alt Nr. 4), „Adonis auf der Jagd" (alt Nr. 6), „Die
Geburt Apollos und Dianas" (alt Nr. 7) und „Eine Parze"
(alt Nr. 44). Die übrigen Bilder, die seinerzeit den Eintrittssaal
fast ganz füllten, befinden sich seit 1899 nicht mehr in der
Galerie und haben einer herrlichen Sammlung von Werken
1 ) Falke, a. a. O. II, S. 336 f. — Frimmel, S. 23 und 28.
2 ) G. K. Nagler, Neues allgemeines Künstlerlexikon. München 1837,
IV, S. 436 f.
*) Die Bezeichnung „alt" bezieht sich auf die Nummern des Falke*
jenen Kataloges aus dem Jahre 1873.
— 14 —
der Plastik und des Kunstgewerbes Platz gemacht Vermutlich
hat auch der Fürst von den anderen für ihn beschäftigten Kunst*
lern Tafelgemälde für seine Sammlung erworben; alle früher
erwähnten Maler sind nämlich durch Werke in der Galerie —
allerdings sind die meisten derselben jetzt nicht aufgestellt —
▼ertreten, so Bellucci ') durch zwei Gegenstücke, Kindergruppen
mit den Emblemen des Krieges und Friedens (alt Nr» 98 und
104), und das Bild „Venus und Amor" (alt Nr« 319), Lanzani
durch ein großes Gemälde, welches zwei heilige Einsiedler dar"
stellt (alt Nr« 317), Pozzo 2 ) durch die sechs lebensgroßen Figuren
von biblischen Personen und Heiligen, und zwar des Noah, des
Hiob und der Heiligen Hieronymus, Sebastian, Gregorius und
Augustinus (alt Nr. 198, 200, 346, 348, 643 und 645) und Rott"
mayr durch die mythologischen Gemälde „Diana und Endy
mion", „Venus und Adonis" und „Jupiter und Antiope" (alt
Nr. 95 — 97). Aber auch andere Künstler traten mit dem Fürsten
in Verbindung. Carlo Cignani malte für denselben ein Bacchanal
(alt Nr. 27). Im Jahre 1709 kam der Porträtmaler Johann
Kupetzky auf die Einladung des Fürsten nach Wien und er'
hielt von ihm den Auftrag, sein Bildnis, ein Kniestück in
Lebensgröße, zu malen. Der Künstler entledigte sich seines
Auftrages in außerordentlich zufriedenstellender Weise, so
daß auch Kaiser Josef L, dessen Gemahlin und andere hoch/
stehende Persönlichkeiten Kupetzky mit Bestellungen beehrten 9 ).
1705 malte Georg Philipp Rugendas, der sich ebenfalls längere
Zeit in Wien aufhielt, zwei größere Bilder für den Fürsten
(möglicherweise die „Kriegsszene", Nr. 502, und den „Soldaten"
zug," alt Nr. 913) 4 ). Offenbar sind auch die vier Stilleben von
Dirck van Valckenborch (Nr. 763, 765, 782 und 784) von dem
1 ) Nagler, 1835» h S. 366. — Dr. Julius Meyer, Allgemeines Künstler*»
lexikon. Leipzig 1885, III, S. 433 f.
2 ) Berichte und Mitteilungen des Altertumsvereines zu Wien. Wien
1886, XXIII, S. 232.
3 ) Nagler, 1839, VII, S. 214 ff. — Alezander Nyiri, Der Porträt-
maler Johann Kupetzky« Wien 1889, S. 43 f. und 53*
4 ) Dr. Th. v. Frimmel, Kleine Galeriestudien. Dritte Folge. Ge*
schichte dtr Wiener Gemäldesammlungen. Leipzig 1898/99, Bd. I,.
i. Kap., S. 28.
3. FRANCIABIGIO: Männliches Bildnis.
— 15 —
Künstler während seines Aufenthaltes in Wien von Hans
Adam erworben worden ')♦ Falke vermutet auch, daß ein Teil
der ansprechenden, dekorativ wirksamen Bilder Franz Werner
Tamms (die Galerie zählt im ganzen 24 Gemälde von seiner
Hand), der gleichfalls längere Zeit in Wien lebte, in diese Reihe
gehören. Soweit die Bilder datiert sind, fällt die Entstehung
folgender Werke Tamms in die Regierungszeit des Fürsten:
Nr. 767, „Totes Geflügel", und Nr. 780, „Jagdbeute' 4 (beide
aus dem Jahre 1706), ferner die Frucht' und Blumenstücke
Nr. 1260, 1262, 153 und 157 (alte Nummern), die beiden ersten
1707, die letzteren 1709 gemalt.
In jedem Kunstfreund, der die Galerie besucht, wird der
Zyklus mit den Darstellungen des Opfertodes des römischen
Konsuls Decius Mus (Nr. 47—53 und 78), der vor uns in ge<*
waltigen Zügen ein Stück Römerlebens entrollt, wie es ähnlich
nur Shakespeare in seinen Dramen gelungen ist, einen un*
verwischbaren Eindruck hinterlassen. Die großartigen Kom'
Positionen wurden nach Skizzen des Rubens von dessen Schüler
A. van Dyck unter Beihilfe und Nachbesserung des Meisters
als Vorlagen für Tapisserien im Jahre 16 18 gemalt.
Erst in jüngster Zeit wurde urkundlich festgestellt, daß
Fürst Hans Adam zum mindesten sechs Gemälde des Zyklus
angekauft hat. Dieselben sind identisch mit jenen Bildern, von
denen eines 1661 im Besitz des Antwerpener Kaufmannes Jan
Bapt. van Eyck war, während fünf andere Gemälde der Suite
damals von dem Genannten, einem J. C. de Witte und dem
bekannten Maler Gonzales Coques um 400 flandrische Pfunde
oder 2400 Gulden angekauft wurden. Sämtliche Stücke kamen
im großen Saale des Hauses des Junkers van Eyck auf der
Lange Gasthuisstraat zur Aufstellung. Nach dem Tode des
G. Coques (1684) blieben sie alleiniges Eigentum des van
Eyck, nachem de Witte schon 1664 aus der Besitzgemeinschaft
ausgetreten war. Als der Eigentümer starb, kamen die Ge^
mälde zur Versteigerung. Nach Frimmels Ansicht wären die
im Nachlaßinventar (9. Juli 1692) verzeichneten Bilder folgende
*) Nagler, 1849, XIX, S, 308 f.
— 16 —
gewesen: „Die Kundmachung des Traumes", „Die Opferschau",
„Die Heimsendung der Liktoren", „Schlacht und Tod", „Das
Leichenbegängnis" und „Die Trophäe". „Die Todesweihe" und
„Die triumphierende Roma" fehlten 1 ). Das Verdienst, Licht in
die Geschichte der Erwerbung gebracht zu haben, gebührt
Dr. Viktor Fleischner, der als erster einen gelegentlich der
Neuordnung des Liechtensteinschen Hausarchivs entdeckten
Brief des Wiener Hof' und Kammerjuweliers und Kunsthändlers
Markus Forchondt (f 1709) an den Fürsten publizierte 2 ). For*
chondt tritt in den fürstlichen Rechnungen nicht nur mit
Juwelenverkäufen auf, sondern lieferte dem Fürsten wiederholt
Gemälde und auch Gobelins für das neuerbaute Majoratshaus.
Ebenso stand ein Verwandter desselben, Justus Forchondt in
Antwerpen, als Gemälde- und Juwelenverkäufer in Beziehungen
zum Fürstenhause. Zwei Tage vor der Inventaraufnahme im
Hause van Eycks richtet Markus Forchondt aus Antwerpen
einen Brief an den Fürsten, in welchem er demselben Mitteilung
darüber .macht, „das eyne Verlassensiaft vorhanden ist darinn
viel rare Malerey von Antonius von Dyck die Historie von Desius
soo in 5 oder 6 Stuck bestehet, solche baldt (in 3 oder 4 Wo'
chen) vercauft wierdt werden". Sollte der Fürst geneigt sein,
die Bilder, die an den Meistbietenden verkauft würden, zu
erwerben, so wolle der Kunsthändler trachten, dieselben um
einen billigen Preis zu erstehen. Die Malereien seien in Gobe^
lins vielfach nachgebildet worden, u. a. besitze der Kaiser
(Leopold I.) ein Zimmer, das mit solchen geschmückt sei und
welches die kaiserlichen „Tapitsierer" dem Fürsten zeigen
könnten. Die großen Gemälde besäßen lebensgroße Figuren,
seien jedoch nicht mit den Borten der Gobelins versehen. Das
Schreiben Forchondts wurde am 25. Juli 1692 präsentiert, eine
Antwort darauf wurde bisher im Archiv nicht nachgewiesen,
wohl aber findet sich in der HofzahlamtS'Rechnung von Weih'
1 ) Neue Freie Presse* 16« Februar 1903» S. 1 ff. — W. Bode, Rem*
brandt und seine Zeitgenossen. Leipzig 1906, S. 272 f. — Frimmel.
S. 31 ff«
') Neue Freie Presse. 7* Oktober 1907* S. 1 ff. — Kunstchronik.
N» F. 1908, XIX, Sp. 145 ff.
— 17 —
nachten 1695 bis St Joannis Baptistac 1696 die Eintragung:
„H. Marco Forchand für 8 Stuckh Mahlerey von Antonio
von Daykh zahlt lauth Quittung vnd zuruckh gestehen Reuers
bezahlet . .. 11.000 fl." Aus dieser Notiz ist allerdings nicht
zu ersehen, ob in den verkauften Gemälden die zwei fehlenden
Bilder der Reihe enthalten sind, die ja der Verkäufer mög'
licherweise selbst besessen oder anderwärts erworben haben
konnte, oder ob zwei andere Werke van Dycks mit den sechs
Bildern der Decius^Reihe an den Fürsten verkauft wurden.
Durch den bis nun unbekannten Brief Forchondts und die
wohl mit Recht darauf bezogene Zahlamtsnotiz ist nicht nur
die Identität des Decius>Zyklus mit den Bildern aus dem Be^
sitze des van Eyck erwiesen, sondern auch festgestellt, daß
wenigstens sechs Bilder dieser Folge vom Fürsten Johann
Adam Andreas erworben wurden. Damit erscheinen auch jene
unsicheren literarischen Angaben, auf welche man bis heute in
dieser Hinsicht angewiesen war, richtiggestellt. Der Fantische
Katalog (1767) führt schon die ganze Reihe von acht Bildern
als Bestandteil der Galerie an.
Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden auch die Haupt*
bilder des Zyklus durch Wiener Stecher in großen Blättern
vervielfältigt, die alle zu den besten Leistungen derselben ge*
hören. Andreas Schmutzer (f 1739) unc * dessen Bruder Josef
(f 1740) stachen „Die Kundmachung des Traumes", „Die
Opferschau" und „Die Todesweihe" 1 ); Gustav Adolf Müller
führte die Stiche „Die Heimsendung der Liktoren" (1759) und
„Schlacht und Tod" (1762) nach Zeichnungen des Galerie**
inspektors Domenico Mainardi aus 2 ); „Die Leichenfeier" und
') Nagler, 1845, XV, S. 375 f. — M. Ch. Le Blanc, Manuel de 1'ama-
teur d'estampes. Paris 1857, III, Nr. 13-15* — Wurzbach. Biographisches
Lexikon. 1875. XXX, S. 344. — K. v. Lützow, Geschichte des deutschen
Kupferstiches und Holzschnittes. Berlin 1891, S. 262. — MülleivSinger,
Allgemeines Künstlerlexikon. Frankfurt a. M. 1901, IV, S. 214. — Das
Todesjahr des Andreas Schmutzer wird auch mit 1740 und 1741 an*
gegeben.
2 ) Nagler, 1840, IX, S. 561 f. — Le Blanc, III, Nr. 6 und 7« — Würz*
bach, 1868, XIX, S. 354 f. — Lfitzow, S< 262. — Müller-Singer, 1898,
III, S. 263.
2
— 18 —
„Die triumphierende Roma" wurden von Adam von Bartsch
(1757 — 1821) in den Jahren 1794 und 1798 gestochen 1 ). Diese
beiden Blätter, die zu den glücklichsten unter den ausgeführten
Linienstichen dieses Meisters gehören, sind mit der Widmung
an den Fürsten Alois L und der Adresse von Artaria und Co.
versehen und tragen gleich allen übrigen Stichen der Folge
das Liechtensteinsche Wappen. Das erstgenannte Blatt von
Bartsch ragt auch durch seine Größe hervor (570 mm hoch
und 888 mm breit). Nur selten sind die Kupferstichsammlungen
im Besitze sämtlicher Blätter der Serie ; die ganze Folge nebst
interessanten Probedrucken und Drucken vor aller Schrift be*
findet sich auch u. a. in der Albertina in Wien.
Fürst Hans Adam hatte in seinem Testamente die wert-
vollsten jener Schätze der Kunst, die sich im Majoratshause,
im Roßauer Palaste und auf den übrigen Schlössern befanden,
seinem Neffen Emanuel vererbt. Diese Verfügung wurde von
dem Nachfolger des Fürsten in der Regierung des Hauses,
Anton Florian (geboren 1656, regiert 1712 — 1721), angefochten,
allerdings ohne Erfolg. Erst dessen Sohne, dem Fürsten Josef
Johann Adam (geboren 1690, regiert 1721 — 1732), gelang es,
im Jahre 1722 durch einen Vergleich Bibliothek und Kunst"
Sammlungen als Fideikommiß wieder der Primogenitur ein'
zuverleiben 2 ). Als eine Erwerbung Anton Florians dürfen wir
wohl das von Johann Georg von Hamilton 1702 gemalte Bild
„Die kaiserliche Reitschule" (alt Nr. 759), eines seiner be«*
kanntesten Bilder, ansehen; in der Mitte bemerkt man Karl VI.,
auf einem Schimmel reitend, im Vordergrunde aber steht der
Fürst selbst an der Seite eines anderen Kavaliers. Das Bild
muß kurz vor der Abreise Karls nach Spanien gemalt worden
sein, wohin ihm Anton Florian als leitender Minister folgte
(1702).
Außerordentlich große Verdienste hat sich Fürst Josef
Wenzel (geboren 1696, regiert 1748— 1772) um die Galerie
1 ) Nagler, 1835» h S. 304* — Le Blanc, 1854, I> Nr. 308 und 309. —
Wurzbach, 1856, I, S. 173. — Lützow, S. 296.
2 ) Falke, a. a. O. II, S. 354 f., III, S. 71 f.
— 19 —
erworben 1 ). Viele Gemälde, denen die Galerie in erster Linie
ihren Weltruhm verdankt, mögen durch ihn erworben worden
sein, so die meisten Gemälde von Rubens und van Dyck, das
herrliche Selbstporträt von Rembrandt mit Federbarett und
goldgesticktem, violettgrauem Sammetmantel aus dem Jahre
1635 (Nr. 84), das kleine Frauenbildnis von Lionardo da Vinci
(Nr. 32) und die meisten Bilder der niederländischen Klein'
meister (nach Bode). Der Fürst vereinigte ferner viele, auf
verschiedenen Schlössern zerstreute Bilder mit der Wiener
Sammlung und sorgte für die Abfassung eines für jene Zeit
ausgezeichneten Kataloges derselben.
Schon zu jener Zeit, als Josef Wenzel noch nicht Chef
des Hauses war und über keine bedeutenden eigenen Mittel
verfugte, benützte er jede Gelegenheit, hervorragende Kunstwerke
zu erwerben. So malte Philipp Ferdinand von Hamilton in
seinem Auftrage mehrere Bilder, welche noch heute der Galerie
angehören. Es sind dies wahrscheinlich die Tierstücke, welche
einen weißen Hund, einen Vorstehhund (1726), einen Hasen
(1732) und lebendes Geflügel (1733) darstellen (alt Nr. 1157, 1172,
1273 und 1272). Auch Franz Werner Tamm war für diesen
Fürsten tätig. Auf seiner Rückreise von der Rheinarmee (1735)
trat derselbe in Kassel mit dem Landgrafen Wilhelm von Hessen
in Verbindung, der in der Folge auch bemüht war, den Wün"
sehen des Fürsten nach Gemälden und anderen Kunstwerken
(so ist z. B. von Huysum die Rede) nachzukommen. Die beste
Gelegenheit, für die Vermehrung seiner Sammlung tätig zu
sein, bot sich Josef Wenzel zur Zeit, als er kaiserlicher Bot'
schafter in Paris war (1738 — 1741). Der 81jährige Hyacinthe
Rigaud malte ihn daselbst in zwei Bildnissen (1740) im Ornate
des Ordens vom goldenen Vliese, welche die vornehme, glän^
zende Erscheinung desselben mit dem ganzen Pompe seiner Zeit
wiedergeben. Das kleinere der Bilder, welches den Fürsten in
ganzer Figur darstellt, gehört zum Bestände der Galerie (Nr. 670),
das andere, ein Kniestück, wird im Majoratshause aufbewahrt.
*) Falke, a. a. O. III, S. in, 123 f., 168 und 224 f. — Frimmel,
S. 23 f., 25 f. und 28. - Die graphischen Künste. 1888, S. II.
2*
20
Vom Jahre 1907 an war dasselbe für längere Zeit auch in der
Galerie ausgestellt. Das prunkvolle Bildnis, ein Charakteristik
sches Werk jener Epoche, von blendender Farbenpracht und
sorgfaltigster Ausführung, zeigt den Fürsten in blanker Rü"
stung, umwallt von prächtigem Hermelinmantel, geschmückt
mit dem Orden des goldenen Vlieses, den Feldherrnstab in
der Rechten haltend. Ein reicher Barockrahmen umschließt
das Porträt in wirkungsvoller Weise 1 ). Falke gibt auch an,
daß der Fürst die vier reizenden Genrebildchen von Jean
Battiste Chardin beim Maler selbst angekauft habe. Es sind
dies „Das Frühstück" (Nr. 379), »Der Ausgang zur Schule"
(Nr. 371, 1735 gemalt), „Eine Köchin" (Nr. 369, 1738) und
„Die Heimkehr vom Markte" (Nr. 376, 1738). Der malerische
Reiz, der in der Zartheit der Farbengebung und in der Fein'
heit der Lichtwirkung liegt, rechtfertigt es, wenn man diese
Werke zu dem besten zählt, was die französische Kunst jener
Zeit geschaffen hat. Auch die Erwerbung der sieben großen
Emailtafeln (42 cm hoch, 52*5 cm breit) von Pierre Courtois
mit Szenen aus dem trojanischen Kriege fällt in die Zeit des
Aufenthaltes Josef Wenzels in Frankreich 2 ). Aus dem Nach'
lasse des Prinzen Eugen erwarb derselbe eine der schönsten
antiken Bronzen, den betenden Knaben, eine griechische Sieger'
statue aus der Schule Lysipps vom Ausgange des vierten Jahr'
hunderts. Da der Fürst aber zu jener Zeit nur über Verhältnis'
mäßig geringe Mittel verfügte und noch dazu damals für seine
artilleristischen Studien größerer Summen bedurfte, sah er sich
veranlaßt, die Figur, die für 500 Dukaten und einige kost'
bare antike Gegenstände in seinen Besitz übergegangen war,
im Jahre 1747 um 5000 preußische Taler an Friedrich den
Großen zu verkaufen. Schon früher hatte Josef Wenzel dieselbe
von Camerata in Kupfer stechen lassen; ehe sie von Wien
wegkam, wurde von dem Werke noch ein Gipsabguß gemacht,
welcher sich heute im Rubens'Saal der Galerie befindet. Die
schlanke Bronzestatue von edelster Formenbildung aber bildet
*) Th. v. Frimmel, Blätter für Gemäldekunde. Wien 1908, IV, S. 112.
') Falke, a. a. O. III, S. 168.
4. PARIS BORDONE: Männliches Bildnis.
— 21 —
gegenwärtig das berühmteste Stück unter den Einzelwerken
der Berliner Antikensammlung *).
Ein Jahr nach dem Verkaufe des kostbaren Werkes ge"
langte der Fürst als Nachfolger Johann Nep. Karls (geboren
1724, regiert 1732 — 1748) in den Besitz der Güter seines Hauses,
dessen reiche Mittel ihm nun auch für seine kunstfreundlichen
Bestrebungen zu Gebote standen« Erst von dieser Zeit an
können die großen Erwerbungen für seine Galerie begonnen
haben, von denen eingangs die Rede war. Leider fehlen auch
hier über die Art der Ankäufe urkundliche Quellen und die
literarischen sind nur in den seltensten Fällen sicher. Perger
berichtet 2 ), daß der Fürst während seines Aufenthaltes in
Italien im Jahre 1767 die entzückende „Lautenspielerin" von
Michelangelo da Caravaggio (Nr. 31), durch die feine Farben-
harmonie und charakteristische Wiedergabe des grellen Lichtes
eines der eigenartigsten Werke des großen Naturalisten, um
einen bedeutenden Preis erworben hätte.
Die in der Galerie dem Adriaen Hanneman zugeschrie-
benen, von Bode als Jugendwerke des Rubens erkannten Orgel-
flügel mit Gruppen musizierender Engel (Nr. 136 und 139)
wurden im Jahre 1770 von dem Fürsten erworben. (Bode.)
Daran schließt sich eine große Zahl von Werken zeitgenössi-
scher Künstler an, so die Nachahmungen von Basreliefs von
Märten Joseph Geeraerts, Kinder und Amoretten darstellend,
wie Nr. 530 (1752), Nr. 566 und 590, die Stilleben von W.
Fr. v. Roye (in der Galerie unter Nr. 759 und 761 nach der
1 ) Königliche Museen zu Berlin, Beschreibung der antiken Skulp~
turen. Berlin 1891, S. 2 ff. (Conze und Kekute.) Daselbst auch die außer*
ordentlich reiche Literatur über die Statue. — Vergleiche ferner: A. Hg,
Prinz Eugen von Savoyen als Kunstfreund. Wien 1889, S. 38 f. — Falke,
a. a. O. III, S. 157 f. — Kunstchronik. N. F. 1897» VIII, Sp. 268, 1904, XV,
Sp. 153« — Zeitschrift für bildende Kunst. N. F. 1905t XVI, S. 28. — Karl
Woermann, Geschichte der Kunst. Leipzig 1900, 1, S. 365. — Westermanns
Monatshefte. Braunschweig 1907, LI, S. 247 f.
2 ) A. R. v. Perger, Die Kunstschätze Wiens. I, S. 20. — In tren>
licher Weise berichtet Wolfgang Kailab in einem ausführlichen Aufsatz
über Caravaggio über dieses Bild. (Jahrbuch der kunsthistorischen
Sammlungen. 1907, XXVI, S. 280 f.)
— 22 —
allerdings nicht ganz deutlichen Signatur als Werke des J. Roy
angeführt 1 ), das um einen hohen Preis erworbene Selbst-
porträt Christian Seybolds (Nr. 130) aus dem Jahre 1761, viel'
leicht auch das Bildnis seiner Tochter (Nr. 132) und vor allem
die beiden prächtigen, durch den gegenwärtigen Fürsten der
Galerie einverleibten Ansichten des Liechtensteinschen Palastes
in der Roßau von Bernardo Beiotto (Canaletto), der in den
Jahren 1758 — 1760 in Wien tätig war 2 ). Sie vereinigen alle
Vorzüge des großen Meisters in sich, die vollendete Behenv
schung der Perspektive, die unübertreffliche Wiedergabe der
Wirkung des hellen Sonnenlichtes und der feinen Lufttöne,
die wunderbare Klarheit der Farbe und die virtuose Behand-
lung der Staffage. Die wenigen Figuren, die mit sicherer Hand
hingesetzt sind, fügen sich vortrefflich in die Darstellung ein
und steigern besonders in koloristischer Hinsicht die Gesamt"
Wirkung der Bilder. Das eine der beiden Gemälde gibt eine
Seitenansicht des Palastes, aufgenommen von der Terrasse der
Nebengebäude; der Blick fällt ferner auf das Belvedere im
Hintergrunde des Gartens und die Liechtenthaler Pfarrkirche,
den Abschluß des Ganzen bilden die Höhen des Kahlen- und
Leopoldsberges. Leichte Abendwolken röten den Horizont,
während die kräftigen Massen des Gebäudes tiefe Schatten auf ihre
nächste Umgebung werfen. Im zweiten Bild hat der Maler die
Gartenseite des Palastes, vom Belvedere aus gesehen, dar-
gestellt Links und rechts schließen sich an das Gebäude die
hohen Häuser der Stadt, aus welchen zahlreiche Kirchtürme
hervorragen, an. Besonders die schönen Anlagen des Gartens
sind in diesem Bilde vortrefflich zur Geltung gebracht. Mehrere
Künstler wurden vom Fürsten beauftragt, sein Porträt zu malen,
so W. Roye, Fanti (in Kupfer gestochen von J. M. Schmutzer) 3 ),
Euseb. Joh. Alphen (das 1769 gemalte Pastellbildnis findet sich
1783 in Mechels Katalog der kaiserlichen Galerie im Belvedere
verzeichnet), Sanchec d'Avila (1762), Rosalba Carriera, Josef
') Frimmel, Blätter für Gemäldekunde. 1906, II, S. 198.
2 ) Frimmel, Kleine Galeriestudien. N. F. Leipzig 1896, III, S. 31*
3 ) Nagler, 1845, XV, S. 376 ff.
— 23 —
Hickel und Jean Etienne Liotard 1 ). Das Pastellgemälde des
letzteren wurde von Domenico Cerasoli in Mosaik ausgeführt
(alt Nr. 613) 2 ).
Wir wenden uns nun den Männern zu, welche den Für'
sten als Galerieinspektoren, beziehungsweise 'direkteren in
der Verwaltung der Gemäldesammlung unterstützten. Als Nach'
folger des Inspektors Menardi trat der Architekturmaler Ercole
Gaetano Fanti nach dem Tode des Prinzen Eugen (f 1736),
der ihn nach Wien berufen hatte, in die Dienste des fürstlichen
Hauses 8 ). Nach dessen Ableben (1759) erhielt sein Sohn Vin*
cenzio diese Stelle, welche er bis zu seinem Tode versah. 1767
erschien der von demselben verfaßte, erste gedruckte Katalog
der Galerie in italienischer Sprache 4 ). Der Titel lautet:
Descrizzione completa di tutto ciö che ritrovasi nella Galleria
di Pittura e scultura di sua altezza Giuseppe Wenceslao del
S. R. I. Principe regnante della casa di Lichtenstein . . • data
in luce da Vincenzio Fanti Pittore Viennese .... In Vienna
nella Stamperia aulica die Giovanni Tommaso de Trattnern
MDCCLXVII. Nach einer Einleitung folgt der Katalog der
Gemälde (540 Nummern) mit Anführung der Künstlernamen,
einer knappen Beschreibung der Bilder und Angabe der Maße.
Zugleich werden die in den einzelnen Räumen aufgestellten
Skulpturen und kunstgewerblichen Objekte (147 Nummern)
katalogisiert. Im zweiten Teile werden Mitteilungen über den
Lebenslauf der in der Galerie vertretenen Meister gemacht und
die seinerzeitigen Quellen dafür angegeben. Namentlich die
Bemerkungen über zeitgenössische Künstler sind vielfach von
Bedeutung für die Kunstgeschichte. Die Anordnung der ein'
zelnen Teile des Werkes ist übersichtlich, die Ausstattung des
Quartbandes eine gediegene, Titel' und Schlußvignetten, alle'
gorische Figuren und Embleme, sind vorzügliche Stiche J.
Frimmel, S. 78 ff.
2 ) Nagler, 1835* n, S. 471»
3 ) Allgemeine Kunstchronik. Wien 1879, II, S. 63 und 78 f. — Nagler,
1837* IV, S. 242. — Frimmel, S. 28.
4 ) Nagler, 1837, IV, S. 242, — Zeitschrift für bildende Kunst. 1867,
n, S. 48. — Frimmel, S. 25 f. und 78 ff.
— 24 —
Schmutzers nach Zeichnungen V. Fantis, Trotzdem verläßliche
Angaben über die Herkunft der einzelnen Bilder fehlen, ist
der Katalog eine unentbehrliche, leider noch nicht ganz aus^
geschöpfte Quelle für die Geschichte der Galerie. Eine von
Fanti beabsichtigte Publikation der Galerie in Stichen kam
nicht zustande.
Neben den beiden Fanti werden zur Zeit des Fürsten
Josef Wenzel der Tiermaler Josef Reinisch *) und der fürst'
liehe Hofmaler Lukas Bauer 2 ) als Galeriedirektoren genannt.
Auf den Stichen G. A. Müllers nach den Gemälden des
DeciuS"Zyklus (1759 unc * 1762) wird Domenico Mainardi als
Galerieinspektor angeführt. Derselbe war fürstlicher Hofmaler
und in den Jahren 1732 — 1733 m ^ der Ausmalung der großen
Säle in den Liechtensteinschen Schlössern Aussee und Neu'
schloß bei Littau in Mähren beschäftigt 3 ). Ob derselbe iden^
tisch mit dem bereits genannten Menardi ist, wage ich vorläufig
nicht zu entscheiden. Es fällt eben schwer, auf Grund literari'
scher Angaben die Reihenfolge der Galerievorstände jener Zeit
genau festzustellen.
Nagler führt an, daß Johann Dallinger von Dalling der
Ältere auf Empfehlung Fantis zu dessen Nachfolger als Inspektor
der Galerie bestellt wurde 4 ). Im Auftrage des Fürsten Franz
Josef I. (geboren 1726, regiert 1772 — 1781) verfaßte dieser einen
neuen Katalog der Galerie, der von dem Abbate Lucchini ins
Französische übersetzt wurde und im Jahre 1780 erschien 5 ).
1 ) Mitteilungen des Mährischen Gewerbemuseums. Brunn 1906,
XXIV, S. 167.
2 ) Wurzbach, 1856, I, S. 185 f. — J. Meyer, Allgemeines Künstler*
lezikon. 1885, III, S. 141. — Verein für Landeskunde von Niederösterreich,
Topographie von Niederösterreich. Wien 1893, III, S. 71.
3 ) August Prokop, Die Markgrafschaft Mähren in kunstgeschicht*
licher Beziehung. Wien 1904» IV, S. 1295 und 1310.
4 ) Nagler, 1836, III, S. 250. — Wurzbach, 1858, III, S. 132 f. — Die
Ernennung erfolgte nach Nagler 1761. Es scheint aber ein Druckfehler
vorzuliegen; da nach unserer Quelle Dallinger das Amt eines Galerie*
inspektors durch 35 Jahre hindurch versah und 1806 starb, so müßte
die Anstellung 1771 erfolgt sein. Fanti starb erst 1776.
5 ) Zeitschrift für bildende Kunst. 1867, II, S. 49. — Frimmel, S. 26.
— 25 —
Er füfcrt den Titel: Description des tablcaux et des pi&ces de
sculpture que renferme la gallerie de son altesse Francis
Joseph chef et prince regnant de la maison de Liechtenstein etc. etc.
Vienne, chez Jean Thom. nob. de Trattnern, imprimeur et
libraire de la cour. Der Oktavband ist mit drei von J. E. Mans^
feld gestochenen Vignetten versehen, zwei derselben stellen
Allegorien der bildenden Künste, die dritte das Liechtenstein**
sehe Majoratshaus dar. Auf die Einleitung folgt das Veiv
zeichnis der im Eingangssaal und den einzelnen Zimmern
untergebrachten Decken" und Tafelgemälde (713 Nummern).
Der Katalog enthält kurze Bilderbeschreibungen, bei den her'
vorragenden Werken auch eine Würdigung der künstlerischen
Qualitäten derselben, ferner Angaben über die Maße und den
Stoff, auf welchem die Bilder gemalt sind. An den Katalog
der Gemälde schließt sich ein Verzeichnis der auf die einzelnen
Räume verteilten Werke der Plastik und des Kunstgewerbes
an (13S Nummern). Ein Register, welches die Namen der in
der Galerie vertretenen Künstler mit den beigefügten Nummern
ihrer Werke enthält, bildet den Abschluß des Büchleins. Auch
eine deutsche Ausgabe des Kataloges soll erschienen sein;
leider ist uns dieselbe bis jetzt nicht bekannt geworden. In
den 13 Jahren, die seit der Ausgabe des Fantischen Kataloges
verflossen waren, hatte sich die Zahl der Bilder um 173 veiv
mehrt. Fürst Franz Josef ließ zahlreiche Werke, die sich früher
im Roßauer Palaste und im Schlosse zu Feldsberg befunden
hatten, so Bilder von Franceschini, Snyders, Tamm und Rut*
hart nach Wien ins Majoratshaus bringen, machte aber auch
selbst Ankäufe wie z. B. „Venus mit dem schlafenden Amor"
von Correggio (Nr. 33), nach Waagen ein treffliches Bild von
Giulio Cesare Procaccini, „Petrus und Johannes heilen Kranke"
(Nr. 183), dem Nicolas Poussin zugeschrieben, den pracht*
vollen „Blumenstrauß in einer Vase" von Jan van Huysum
(Nr. 543), usw. 1 ) Der Schwede Alexander Roslin malte 1778
das Porträt des Fürsten (alt Nr. 707).
] ) Frimmel, S. 25 und 28 f. — Nach dem von Frimmel im Aus««
zuge mitgeteilten Aufsatze im „Neuen Archiv für Geschichte, Staaten*
künde, Literatur und Kunst" (1829) haben wir versucht, einige Neuer*
— 26 —
Nahezu 300 Gemälde wurden von dem Sohne des ge*
nannten Fürsten, Alois I. Josef (geboren 1759, regiert 1781— 1805),
erworben x ).
Wir fuhren an: Eine Kopie des „Heiligen Sebastian"
(Nr. 190) nach Tizians Bilde in der „Auferstehung Christi"
in San Nazaro e Celso in Brescia, „Alexander und die Familie
des Darius" von Paolo Veronese (ausgeführte Skizze zu dem
großen Gemälde, alt Nr. 317), „Loth mit seinen Töchtern"
von Guercino (alt Nr. 421), „Die Taufe Konstantins des Großen"
von Pietro da Cortona (alt Nr. 424), eine Madonna von Carlo
Dolci (vielleicht alt Nr. 41), die in blühender Farbenfrische
prangende „Flucht nach Ägypten" von Nicolas Poussin (Nr. 186),
das einzige echte Werk des Malers in der Galerie, „Das Leichen**
begängnis Amors" von Eustache le Sueur (alt Nr. 402, früher
N. Poussion genannt), „Johannes der Täufer" von Claude
Melan (alt Nr. 366), „Der kreuztragende Christus" von Michiel
van Cocxie (Nr. 140), „Christus und Magdalena im Garten"
von Rubens und Jan Brueghel (vermutlich alt Nr. 704), eine
Bacchantin von Rubens (wahrscheinlich alt Nr. 231) und „Der
auferstandene Christus mit Magdalena und zwei Engeln am
Grabe" von Frans Luycx (Nr. 79), ein besonders interessantes
Werk dieses Künstlers. Wiewohl er in demselben in den
Typen von Christus und Magdalena den Einfluß von Rubens
und im grellen Aneinandersetzen von Licht und Schatten das
Studium der Werke des Michelangelo da Caravaggio nicht
verleugnet, so üben doch die originelle Komposition des Bildes,
die treu nach der Natur gemalten Köpfe der beiden Engel,
die zarte Behandlung der Formen und Züge der Magdalena,
wie die sorgfältige Wiedergabe der Stoffe eine große AnziehungS'
Werbungen des Fürsten und seines Nachfolgers mit den gegenwärtig der
Galerie angehörenden Bildern zu identifizieren. Diese Bestimmungen
können aber nur unter der Voraussetzung richtig sein, wenn in jenen
Fällen, wo der Aufsatz nur die Künstlernamen nennt, auch wirklich nur
ein Bild des betreffenden Künstlers in Liechtensteinschem Besitze ist, wie
es der Katalog von 1873 anführt, und an diesen Bildern später keine
Umtaufen vorgenommen wurden.
1) Frimmel, S. 25 und 29.
— 27 —
kraft auf den Beschauer aus *). Erwähnung verdienen ferner
„Die heiligen drei Könige" von Gerard Seghers (Nr. 81),
„Petri Verleugnung" von Theodor Rombouts (Nr. 628), ein
Bild, das sich am Anfange des 18. Jahrhunderts in derSamm'
long Wrschowetz zu Prag befand, deren „Lista" den Wert
des Bildes mit 800 Talern beziffert 2 ), der große „Reiterkampf"
von Philips Wouwerman (Nr. 534) und die „Landschaft mit
dem Urteil des Paris" von Claes Pietersz Berchem (Nr. 431).
Kurz vor 1786 wurde wahrscheinlich ein Blumenstock von
Johann Drechsler beim Künstler selbst angekauft (jedenfalls
alt Nr. 1332).
Während der Regierungszeit des Fürsten Alois entstanden
auch einige Porträte von Mitgliedern des fürstlichen Hauses,
die früher ebenfalls in der Galerie aufgestellt waren, so die
zarten Bildnisse der Fürstin Charlotte von Liechtenstein, der
Gemahlin des Fürsten, als Aurora (alt Nr. 467), und der Fürstin
Marie EszterhazyLiechtenstein als Ariadne auf Naxos (alt
Nr. 473), beide von M. L. Elisabeth Vigee^Lebrun im Jahre 1 793
in Wien gemalt. Sie befinden sich derzeit im fürstlichen
Majoratshause. Die Fürstin Marie, die Schwester des Fürsten,
erscheint auch auf einem Brustbilde dargestellt, das Angelika
Kauffmann 1795 in Rom geschaffen hat (alt Nr. 705).
Fürst Alois erleichterte auch dem Publikum den Einlaß
in die Galerie und erteilte jungen Künstlern die Erlaubnis,
die Werke derselben zu kopieren. In freigebigster Weise unter'
stützte er den genialen Schabkünstler Johann Peter Pichler,
welcher eine Anzahl hervorragender Gemälde der Sammlung
in vorzüglicher Weise reproduzierte, wie Rembrandts Selbst'
porträt aus dem Jahre 1635, die Söhne des Rubens und die
„Grablegung Christi" nach Michelangelo da Caravaggio von
Rubens, „Die Anbetung der Hirten" von Guido Reni, das
') In eingehender Weise beschäftigt sich Ernst Ebenstein mit dem
Bilde im „Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen". 1907» XXVI,
S. 203 ff. Tafel XL
2 ) Mitteilungen der k. k. Zentralkommission zur Erforschung und
Erhaltung der Kunst' und historischen Denkmale. N. F. Wien 1892,
XVIII, S. 25. — Frimmel, Kleine Galeriestudien. Bamberg 1892, II» S. 306.
— 28 —
Bacchanal von Carlo Cignani, „Diana und Aktäon" und „Die
Geburt des Adonis" von Franceschini usw. *) Im Jahre 1805,
dem Todesjahre des Fürsten, verfaßte Johann Dallinger der
Altere ein Inventar der Galerie, welches den Titel führt: Cata^
logus oder Verzeichnüß gegenwärtigen Standes der hochfürstl.
Bilder Gallerie im fürstl. Hanss Adamischen Hausse, von
anno 1805 am Ende der Tage Weyl. Sr. Durch!« Fürsten
Alloys von Liechtenstein — und unter dem Gallerieinspekteur
Johann Dallinger« — Dieses handschriftliche Verzeichnis, das
auch viele nachträgliche Eintragungen enthält, hat besonders
dadurch einen großen Wert, daß bei manchen Bildern deren
Herkunft genannt wird 2 ).
Fürst Johann L Josef (geboren 1760, regiert 1805 — 1836)
verfügte im Jahre 1806 die Übertragung der Galerie aus dem
Majoratshause, das damals vermietet wurde, in den Garten"
palast und das Belvedere in der Roßau, wodurch für die Unter"
bringung der Bilder mehr Raum gewonnen wurde* Dorthin
wurden auch zahlreiche Gemälde aus dem Palaste in der
Herrengasse, aus Feldsberg, Loosdorf und dem Depot des
Sommerpalastes gebracht Für die Vermehrung der Galerie
scheute der Fürst keine Opfer (von 1805— 1829 sollen für
den Ankauf von Bildern 300.000 Gulden ausgegeben worden
sein). Dadurch wuchs die Sammlung um mehr als ein Drittel
an und zählte im Jahre 1833 1648 Nummern 3 ). Der Vorwurf,
daß der Fürst bei den Neuanschaffungen nicht immer in glück"
licher Weise verfuhr, ist nicht ganz berechtigt. Daß bei der
großen Zahl derselben — man spricht von 800 — nicht lauter
Werke ersten Ranges erworben wurden, hängt wohl in erster
Linie mit dem damaligen Stande der Kunstkritik zusammen,
auch hat sich der Geschmack seit jener Zeit sehr geändert.
Werke, die am Anfange des 19. Jahrhunderts als Schöpfungen
großer Künstler galten und um verhältnismäßig hohe Summen
angekauft wurden, würden auf dem heutigen Kunstmarkte um
einige hundert Kronen zu haben sein; Gemälde anderer Meister
Naglcr, 1841, XI, S. 276 ff. — Wurzbach, 1870, XXII, S. 237 ff.
2 ) Frimmel, S. 27.
') Falke, a. a. O. III, S. 332. — Frimmel, S. 27 ff.
— 29 —
dagegen, deren Erwerbung damals mit geringen Kosten ver-
bunden war, wir erinnern nur an das Heythuysen-Bildnis von
F. Hals, würden gegenwärtig mit Unsummen bezahlt werden.
Der Umstand, daß der Fürst am Rahmen der durch ihn der
Galerie einverleibten Bilder sein Monogramm (JL) anbringen
ließ, erleichtert die Bestimmung der von ihm erworbenen
Werke. Das Monogramm wurde entweder eingeritzt oder mit
schwarzer Farbe auf die untere Rahmenleiste geschrieben;
in letzterem Falle ist es oft nicht mehr deutlich zu er-
kennen, hie und da wird es auch durch die Nummerntäfel-
chen verdeckt, manche Bilder hängen auch so hoch, daß die
Lesung unmöglich gemacht wird. Die meisten der erwähnten
Bilder erhielten damals auch einen neuen, zierlichen Empire"
Rahmen, der dieselben in vielen Fällen als Erwerbungen des
Fürsten kennzeichnet. Der Aufsatz im „Neuen Archiv für
Geschichte, Staatenkunde, Literatur und Kunst" (1829), der für
die Erwerbung durch Franz Josef und Alois I. Josef manche
Anhaltspunkte bietet, führt mit Ausnahme des Bildes von
Hals nur die Namen von Meistern an, von denen Werke durch
Johann I. in die Galerie gelangten. Im folgenden soll daher
kurz auf Grund der Rahmeninschriften eine Reihe von Ge-
mälden erwähnt werden, die unsere Behauptung, daß viele
Erwerbungen dieses Fürsten zu den besten Werken der Ga-
lerie zählen, gewiß rechtfertigen wird. Wir nennen: Das inter'
essante Doppelbildnis eines Vaters und seines Sohnes von
Domenico Tintoretto (Nr. 230), rechts unten bezeichnet:
XÖ . -ffiTS . XXXIII . D co . T TT °., das fein gezeichnete männ-
liche Bildnis von Jan Joos van Cleve, dem Meister des Marien-
todes, in der Galerie vermutungsweise dem Holbein zuge-
schrieben (Nr. 717), „Maria mit dem Kinde" von Hans Memling
(Nr. 733), eines der besten Bilder aus der mittleren Zeit des
Künstlers, außerordentlich kräftig in der Farbengebung, von
zarter Keuschheit in der Figur der Madonna und großem Lieb-
reiz in der Gestalt des Kindes '), das in seiner kühlen Farben-
') Zeitschrift für bildende Kunst. N. F. 1903, XIV, S. 136. — Reper*
torium für Kunstwissenschaft. 1903, XXVI, S. 82.
— 30 —
harmonie ungemein feine weibliche Bildnis vom Meister der
weiblichen Halbfiguren (Nr« 713), den Wickhoff mit Jean
Clouet identifiziert hat 1 ), „Der alte Pferdemarkt in Brüssel"
von Adam Frans van der Meulen (Nr* 348), mit reicher
Staffage, sorgfältig in der Detailbehandlung und lebhaft in
der Farbenwirkung, das „Schäferstück" von David Teniers
(Nr« 259), eine treue Kopie nach Jacopo Bassano, das treffliche,
farbenprächtige Stilleben von Frans Snyders (Nr. 836), „Totes
Geflügel", ein in warmer, satter Farbenharmonie prangendes
Stilleben von erstaunlicher Leistungsfähigkeit von Jan Fyt
(Nr. 779), „Lebendes Geflügel" (Nr. 823) und dramatisch be**
wegte Jagdszenen von demselben Meister (Nr. 755, 757 und 815).
Die wertvollste Erwerbung des Fürsten ist wohl das
Bildnis des Willem van Heythuysen von Frans Hals (Nr. 75),
eines der besten Porträte, die jemals gemalt wurden, durch'
drungen von dem stolzen Selbstbewußtsein des holländischen
Bürgertums jener Zeit, malerisch von höchster Vollendung.
Das Bild wurde im Jahre 1800 aus dem Besitz der Witwe
Oosten de Bruyn zu Haarlem um 51 holländische Gulden (!)
versteigert 2 ); es führte damals schon die jetzige Benennung,
wurde jedoch lange Zeit hindurch in der Galerie, in welche
es 1829 oder kurz vorher gelangte, als Werk des Bartholomäus
van der Helst angesehen, bis es Waagen als eines der schönsten
Werke des Hals bezeichnete. Lützow zweifelt übrigens, daß
der Dargestellte W. v. Heythuysen sei, mit dessen authentischen
Bildnissen das Porträt nicht übereinstimme 3 ). Vom Einflüsse
Rembrandts zeugen der gemütvolle „Abschied" von Ferdinand
Bol (Nr. 592) und die einen eigenartigen Reiz ausströmende
„Königliche Mahlzeit" von Gerbrand van den Eeckhout (Nr. 645).
Auch die Maler des holländischen Sittenbildes sind durch einige
gute Werke vertreten, so Joost Cornelisz Droochsloot durch
die „Bauernbelustigung in einer Dorfstraße" (Nr. 587), eines
der wenigen bekannten Gemälde des Malers, Jan M. Molenaer
durch eine tieftonige „Bauernstube" (Nr. 342) und eine treffe
*) Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen. 1901, XXII I, S. 221 ff.
2 ) Frimmel, S. 30 f.
3 ) Zeitschrift für bildende Kunst. 1876, XI, S. 218 f.
— 31 —
liehe „Bauernbelustigung" (Nr* 585) aus der späteren Zeit des
Künstlers, in der Galerie als Pieter Quast bezeichnet, Anthony
Palamedesz durch die „Wachstube" (Nr* 512) und Pieter Codde
durch die tüchtigen Werke „Das Konzert" (Nr« 669) und „Die
Plünderung" (Nr. 679). Unter den holländischen Landschaften
ist zunächst die poetisch aufgefaßte, prachtvoll gemalte Wald-
landschaft des seltenen Gillis van Conincxloo (Nr. 753) aus
dem Jahre 1604, ausgezeichnet durch den breiten, flüssigen
Stil, den der Maler in seinen letzten Lebensjahren zeigt, anzi*"
führen *). Ferner nennen wir die frühe Landschaft von Jan
Both (Nr. 809), das von duftiger Stimmung erfüllte „Kleine
Flußtal bei Abendlicht" von Adam Pynacker (Nr. 468), die
ansprechend komponierte, in warmen Tönen gehaltene und
fein gezeichnete Landschaft von Jan Hackaert (Nr. 653) und
die außerordentlich schöne Winterlandschaft von Claes Molenaer
(Nr. 611). Die in der Galerie als Rembrandt bezeichnete „Stille
See" (Nr. 696), eine Meerlandschaft mit weitem Horizont und
fahrenden Fischerbooten, wurde von Bode zuerst dem Julius
Porcellis, dann dem Simon de Vlieger zugeschrieben. In
warmen Worten tritt F. Servaes für Rembrandt ein 2 ), indem
er die Geringfügigkeit der Mittel, mit welcher die wunderbare
Wirkung erzielt wird, und den Reiz des Unsagbaren, den nur
die Werke großer Meister ausstrahlen, als charakteristisch für
den Maler hervorhebt. Er nennt das Werk ein Whistler'Bild
vor Whistler. Von Vlieger rühren das außerordentlich feine
Seestück (Nr. 816) und eine große, üppige „Waldige Land'
schaft" (Nr. 414) her. Der „Sees türm an einer felsigen Küste"
von Adam Willaerts (Nr. 828, in der Galerie als Abraham
W. bezeichnet) 3 ) und die effektvolle „Bewegte See mit Schiffen"
1 ) Kunstchronik. N. F. 1892, III, Sp. 585 ff.
2 ) Velhagen und Klasings Monatshefte. 1907» XXI, S. 335*
3 ) Woermann und Scheibler schreiben das Bild nach der Datierung
(1633) dem Adam Willaerts zu, andere lesen 1653 und geben es seinem
Sohne Abraham. Da aber ersterer bis 1664 lebte und letzterer von 1624
bis 1669 tätig war, läßt sich aus der Jahreszahl allein kein Schluß auf
den Urheber des Werkes ziehen; auch in stilistischer Hinsicht sind die
Werke der beiden Maler noch nicht einwandfrei gesondert.
— 32 —
von Jan Dubbels (Nr. 822) repräsentieren die niederländische
Marinemalerei in trefflicher Weise. Daran reihen sich eine
Anzahl herrlicher Stilleben, wie die in der Galerie als Willem
Claesz Heda bezeichneten Frühstückbilder (Nr. 807 und 808),
letzteres ein Werk des Jan Davidsz de Heem (nach Bode),
die „Toten Reiher" von Willem van Aelst (Nr. 813), die treffii'
chen Blumenstücke von Rachel Ruysch (Nr. 598 und 602) und
Jan van Huysum (Nr. 540). Letzteres dürfte wahrscheinlich
das aus der Wiener Galerie Sickingen stammende Bild sein,
das im Jahre 1819 durch Baron Parish von Senftenberg als
Tausch gegen die Halbfigur der Lady Spencer von Joshua
Reynolds in die Galerie gelangte *). Schließlich sei noch das
in der Galerie dem Charles Lebrun zugeschriebene, stattliche
Feldherrnporträt von H. Rigaud (Nr. 127) erwähnt, das wahr"
scheinlich James Fitzjames, Herzog von Berwick, den berühmten
Sohn Jakobs II. Stuart, darstellt 2 ). Den Fürsten Johann I. hat
Johann B. Lampi & J. in einem guten Brustbild (Nr. 465)
aus dem Jahre 1806 wiedergegeben.
Eine Erwerbung des Fürsten Alois II. Josef (geboren 1796,
regiert 1836— 1858) ist das von Friedrich von Amerling 1843 in
Rom gemalte Porträt des Bildhauers Bertel Thorvaldsen (Nr. 353),
welches 1845 um 200 Dukaten von dem Künstler angekauft
wurde 3 ).
Im Anschluß an Dr. Th. v. Frimmel, der sich um die
Geschichte der Wiener Gemäldesammlungen so große Ver-
dienste erworben hat, seien hier noch einige Notizen mitgeteilt,
die sich auf einzelne Gemälde der Galerie beziehen, die ehemals
anderen Wiener Sammlungen angehörten und von welchen
die Zeit ihrer Einreihung in die Liechtenstein-Galerie nicht be-
kannt ist. So war das frische und kräftige „Paradies" (Nr. 754),
ein signiertes Bild des äußerst seltenen vlämischen Landschafts-
malers Isaak van Osten, längere Zeit hindurch im Besitze des
») Frimmel, S. 27.
2 ) J. v. Falke, Lebenserinnerungen. Leipzig 1897, S. 320.
3 ) L. A. Frankl, Friedrich v. Amerling. Wien 1889, S. 64. —
Frimmel, Blätter für Gemäldekunde. 1905, I, S. 147 f.
6. BARTHOLOMÄUS ZEITBLOM: St. Nikolaus.
— 33 —
Abbate Lucchini 1 ). Das schöne Bild „Achill unter den Töchtern
des Lykomedes" von Erasmus Quellinus (Nr* 580) aus dem
Jahre 1643 i*t jedenfalls identisch mit einem Bilde, das im
Verzeichnis der Gemäldegalerie des Erzherzogs Leopold Wil*
heim (1659) vorkommt, etwa 70 Jahre später in der Stallburg
nachweisbar ist und im Laufe des 19. Jahrhunderts in unserer
Galerie erscheint 2 ). Das „Karthäuserbegräbnis" von Alessandro
Alessandrini (alt Nr. 318) wurde 1812 als Bestandteil der
Galerie des Hofrates Melchior von Birkenstock versteigert 3 ).
Heinrich Friedrich Fügers „Orpheus und Eurydike" (alt
Nr. 1341) befand sich früher in der Galerie des Grafen Moriz
Fries (f 1826) «)•
In der Verwaltung der Galerie standen dem Fürsten
Johann I. der Maler Josef Anton Bauer, der von Alois I. als
Nachfolger des in Pension gesetzten Galeriedirektors Lukas
Bauer dessen Stelle erhielt Ä ), und Johann Dallinger von Dalling
der Jüngere 6 ) zur Seite. Letzterer wurde 1803 zum Adjunkten,
1820 zum Inspektor und 1831 nach dem Ableben Bauers zum
Direktor der Galerie ernannt. Fürst Alois IL Josef berief im
Jahre 1858 den Konservator am Germanischen Museum zu
Nürnberg, Jakob Falke, den der Fürst als Erzieher der Kinder
seiner Schwägerin, der Gräfin Marie zu Solms'Braunfels'Kinsky,
kennen gelernt hatte, als Bibliothekar und Beirat in Dingen
der Kunst und des Altertums in seine Dienste 7 ). Derselbe
wurde später auch der Nachfolger D allingers (f 1869) in der
Leitung der Galerie, die er bis zum Jahre 1894 innehatte. Ihm
folgte August Schaeffer, Direktor der kaiserlichen Gemälde"
galerie, als Galeriedirektor.
1 ) Frimmel, Kleine Galeriestudien. N. F. Leipzig 1897» V.
2 ) Frimmel, Kleine Galeriestudien. III. F. Bd. I, I. Kap., S. 153. —
Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen. 1903, XXIV, S. 42.
3 ) Repertorium für Kunstwissenschaft. 1890, XIII, S. 139*
4 ) Berichte und Hitteilungen des Altertums-Vereines. 1890, XXVI,
S. 94*
*) Wurzbach, 1856, 1, S. 185. — Meyer, Allgemeines Künstlerlexikon.
1885, III, S. 141. — Topographie von Niederösterreich. 1893» III» S. 42.
6 ) Nagler, 1836, III, S. 250. — Wurzbach, 1858, III, S. 133 f.
7 ) Falke, Lebenserinnerungen. S. 166 ff. und 358.
3
— 34 —
Mit einem gewissen Bangen trete ich an die Aufgabe
heran, die unermüdliche Tätigkeit zu schildern, welche der
gegenwärtige Fürst, Johann II* (geboren 5. Oktober 1840, regiert
seit 12« November 1858), für die in ihrer Art einzige Sammlung
entfaltete. Nur ein mit großem Kunstwissen ausgerüsteter und
von der Liebe zur bildenden Kunst begeisterter Mäzen, wie es
Seine Durchlaucht ist, war imstande, die Galerie zu dem zu
machen, was sie heute ist, zu einer der reichhaltigsten Privat-
Sammlungen der Welt, zu einer der großartigsten Kunst-
sammlungen überhaupt Jeder Kunstfreund, der mit Genuß
die in einer Galerie vorhandenen Gemälde betrachten will,
wird dem Fürsten großen Dank dafür wissen, daß derselbe sich
entschlossen hat, eine Reihe unbedeutender und unechter Stücke,
Kopien und nicht immer hervorragender Bilder der Wiener
Schule aus der ersten Hälfte des 19« Jahrhunderts zeitweilig
aus der Galerie auszuschließen, wodurch die übrigen Werke in
größerem Maße zur Geltung gebracht werden konnten und
Raum für die zahlreichen Neuerwerbungen gewonnen wurde.
Während der von Falke verfaßte Katalog des Jahres 1873 noch
145 1 Bilder anführt, enthält das im Jahre 1885 ausgegebene
Verzeichnis nur mehr 839 Gemälde, wozu allerdings noch an
100 kostbare Werke zu rechnen sind, die vom Fürsten er"
worben wurden und, als noch nicht dauernd der Galerie, die
Fideikommiß ist, einverleibt, in dasselbe vorderhand keine
Aufnahme fanden. Die Neuaufstellung der Sammlung wurde
nach Angabe und unter der zielbewußten Leitung des Fürsten
in einer Weise vorgenommen, die den kunstwissenschaftlichen
Anforderungen, aber auch den ästhetischen Prinzipien im
vollsten Maße Rechnung trägt Mühelos kann nun der Be^
schauer die Meisterwerke der Galerie studieren; er wird sich
auch nie darüber beklagen können, daß gute Bilder von klei*
nerem Formate zu hoch oder an schlecht beleuchteten Wänden
hängen« Wenn man bedenkt, daß der Palast ja als Wohn^
gebäude gedacht ist und aus einer Zeit stammt, wo man
Museumsbauten in unserem Sinne überhaupt nicht kannte,
muß man staunen, in welch zufriedenstellender Weise alle
Schwierigkeiten, soweit es möglich war, überwunden wurden,
— 35 —
um dem Kunstfreunde den Besuch der herrlichen, allgemein
zugänglichen Galerie zu einem reinen, ungetrübten Genüsse zu
gestalten. Die Fürsorge, welche der Fürst seiner Galerie widmete,
erstreckte sich nicht allein auf die Neuordnung der Sammlungen
und die Erwerbung zahlreicher Gemälde und Werke der Plastik
und dtz Kunstgewerbes, sondern dieser war auch bemüht, die
Sammlung der Kunstwissenschaft und der Kenntnis des kunst'
sinnigen Laien zu erschließen. In dieser Hinsicht verdient die
Ermöglichung der großartigen Publikation von Bode, die Vttv
vielfiltigung der Heisterwerke der Galerie durch Stich, Ra^
dierung und Photographie, wie die Überlassung einzelner in'
teressanter Gemälde an Kunstausstellungen die größte Aner'
kennung*
Neuerwerbungen des Fürsten in ihrer Gänze zu
i, fallt nicht leicht, da sie bis jetzt in kein gedrucktes
Verzeichnis aufgenommen wurden und viele von ihnen nur
zeitweilig in der Galerie zur Besichtigung aufgestellt sind, um
dann wieder als Schmuck der fürstlichen Schlösser verwendet
zu werden oder auch als hochherzige Schenkungen des Fürsten
an öffentliche Sammlungen zu gelangen* Als Quelle für die
Neuanschaffungen kann uns in erster Linie Bodes Galeriewerk
dienen, manche, allerdings meist nur allgemein gehaltene An'
gaben über dieselben haben Eitelberger *) und Weckbecker 2 )
gemacht, einiges Brauchbare findet sich auch in Zeitschriften
und Auktionskatalogen« Die beste Quelle darüber, die reichen
Erfahrungen des Fürsten selbst, mußte uns naturgemäß bei
vorliegender Arbeit versagt bleiben. Am besten werden wir
verhältnismäßig noch zum Ziele gelangen, wenn wir den
gegenwärtigen Stand der Galerie mit dem Bestände des Jahres
1873» wie er aus dem Falkeschen Kataloge hervorgeht, in
Vergleich ziehen. Die von Seiner Durchlaucht erworbenen
Werke sind zumeist noch nicht mit Nummern versehen, wo
bei man allerdings auch berücksichtigen muß, daß einzelne Ge>
mälde des alten Bestandes, die seinerzeit zur Ausscheidung
') Repertorium für Kunstwissenschaft 1884» VII, S. 188 ff.
3 ) Weckbecker, Handbuch der Kunstpflege in Österreich. 1902,
S. 2X3 ff«
3*
- 36 —
bestimmt wurden, aber vorläufig noch in der Galerie unter"
gebracht sind, ebenfalls keine Numerierung besitzen« Dieselben
mögen in manchen Fällen umgetauft worden sein, weshalb
ein Auffinden in den älteren Katalogen nicht immer leicht
ist ; daher wäre es auch denkbar, daß von uns ausnahmsweise
ein Bild aus dem früheren Bestände als Neuerwerbung ange-
sehen wird.
Mit großem Erfolge hat der Fürst die Lucken der älteren
italienischen Schule ausgefüllt Malerische Werke aus dem
Trecento sind so spärlich in den Wiener Sammlungen ver-
treten, daß wir es als ein ganz besonderes Glück betrachten
müssen, daß der Fürst einer vor längerer Zeit in Italien er-
worbenen Tafel, welche dem Giotto di Bondone, dem bahn-
brechenden Genius der Kunst seines Jahrhunderts, zugeschrieben
wird, einen Platz in seiner Galerie angewiesen hat ')• Wiewohl
der große Meister und seine Schule ihre volle Kraft nur im
Fresko offenbaren und ihre Tafelbilder kaum einen Begriff
von ihrer Eigenart geben, so sind diese doch für die Beurtei-
lung ihres technischen Könnens von der größten Bedeutung.
Die in der Galerie seit 1907 befindliche kleine Tafel ist wohl
als Teil eines jener größeren Altarwerke anzusprechen, mit
denen in jener Zeit so manche Kirche geschmückt wurde, die
aber nur selten beisammen geblieben sind, sondern, in ihre
einzelnen Teile zersplittert, in Kirchen und Sammlungen Italiens
zerstreut wurden und nur in wenigen Stücken in nordische
Museen ihren Weg nahmen. Unserem Bilde, das kunst-
geschichtlich von höchstem Interesse ist, sichern auch seine
künstlerischen Qualitäten eine hervorragende Stelle im heimi-
schen Kunstbesitze. Der Malgrund und der vergoldete, ge-
schnitzte Rahmen sind aus einem 57*5 cm hohen und 31 cm
breiten Stücke gearbeitet. Im obersten, dachförmig abgeschlossenen
Teile desselben befindet sich eine schöne, wohlerhaltene Dar-
stellung des Heilands mit zwei anbetenden Engeln. Die Bild-
fläche selbst erscheint in drei horizontale Streifen geschieden.
Oben sieht man vor einer terrassenförmig ansteigenden Land"
l ) Neue Freie Presse. 1. Jänner 1908, S. 9. — Kunstchronik. N. F.
1908, XIX, Sp. 238.
— 37 —
schaft die Anbetung der heiligen drei Könige* Die Madonna
ist aus einer am Abhänge des Berges gelegenen Hütte den
Königen entgegengegangen, links bemerkt man einen Knecht,
der die Pferde bewacht, rechts sitzt der jugendlich gebildete
hl. Josef. Der mittlere und der untere Bildstreifen zeigen Gold-
grund. Die Mitte enthält eine Darstellung der Kreuzigung, mit
besonderer Sorgfalt sind die am Kreuze kniende Mutter und
Johannes gemalt, an sie schließen sich zahlreiche Nebenfiguren
mit großen Heiligenscheinen an. Eine Figur trägt eine Fahne
mit Wappen und Buchstaben. Sieben männliche und weibliche
Heilige, ganz von vorne genommen, füllen den untersten Teil
der Tafel. Einige Bewegung in diese Reihe bringt der hl. Georg,
der den rechten Abschluß des Bildstreifens bildet. Mit kräf'
tigern Stoße tötet er den Drachen, während sein Pferd sich
hoch aufbäumt und erschreckt zur Seite springt.
In Florenz wurde das in der zweiten Hälfte der siebziger
Jahre des 15. Jahrhunderts entstandene, herrliche Bildnis eines
jungen Mannes von Sandro Botticelli, eines der hervorragend*
sten Meister der Kunst jener Zeit, erworben. Das Porträt,
packend in der Wiedergabe der Persönlichkeit, ist auch in
koloristischer Hinsicht eine Leistung ersten Ranges. Der Jung'
ling steht in einem Fenster vor blauer Luft, eine hellrote Mütze
bedeckt das kastanienbraune, gelockte Haar, in breiten, senk'
rechten Falten gleitet das lilafarbene Gewand herab. Der Dar'
gestellte gehörte zum Freundeskreise der Medici; denn wir
begegnen demselben auf der um 1478 entstandenen „Anbetung
der Könige" aus Santa Maria Novella (jetzt in den Offizien)
wieder, und zwar zur linken Seite in der nächsten Nähe
Lorenzos il magnifico selbst 1 ). Ein kleines, vorzüglich erhal'
tenes Madonnenbild, von inniger Frömmigkeit erfüllt, rührt
von demselben Meister her. (Abbildung 2.) Wie eindringlich
schildert hier Botticelli das Innenleben der heiligen Personen:
Die hoffnungslose Entsagung der Mutter, den feierlichen Ernst,
von dem die Seele des Kindes durchdrungen ist! Fest drückt
Maria das göttliche Kind an sich und hält es mit beiden
l ) Hermann Ullman, Sandro Botticelli. München 1893, S. 51 f.
- 38 -
Armen fest, als wollte sie dasselbe vor kommendem
schützen« Das weiche, ovale Antlitz der Gottesmutter, umrahmt
von seidigen Locken, die von dem zartgewebten Schleier be"
deckt sind, ist leicht geneigt, die Augen scheinen in die schmerzens"
reiche Zukunft zu blicken, die feingezeichneten, vollen Lippen
öffnen sich zu leiser Frage. In diesem so anmutigen Bilde
offenbart sich das reiche Gefühlsleben des Meisters in wunder'
barer Weise, aber auch sein großes Maltalent, das sich hier in
der plastischen Herausarbeitung der weichen Formen, wie in
der zarten, hellen Farbengebung kundgibt Von den in der
Werkstatte Sandros gebildeten Malern ist Jacopo del Sellajo
durch ein Rundbild, die Madonna mit dem Kinde, von Engeln,
die Lilien halten, umgeben (vielleicht das im Katalog von 1873
als „Schule des Botticelli" angeführte Bild Nr. 1122), und
Filippino Lippi durch einfach komponierte und heiter ge"
färbte Bildchen mit Darstellungen aus der Geschichte der
Esther und des Mardochai vertreten. Die in jugendlicher Frische
prangende, schön bewegte Gestalt der Esther mit langem,
blondem Haar und wallendem Rosakleide ist mit besonderer
Lieblichkeit dargestellt Beide Bilder schreibt Bernhard Berenson
seinem „Amico di Sandra" zu, für den er auch das herrliche
Jünglingsporträt Botticellis in Anspruch nehmen möchte. Der
Florentiner Schule des 15. Jahrhunderts gehört auch ein Tondo
des Sebastiano di Bartolo Mainardi an, welcher die Madonna
mit dem Christuskinde, dem hl. Johannes und Engeln dar"
stellt. Das tadellos erhaltene Bild ist in den Köpfen voll Hold"
Seligkeit, in den Farben hell und prächtig. Besonders reizend
ist der Hintergrund des Gemäldes durch die beiden gekuppelten
Bogenfenster, welche den Blick auf die Landschaft eröffnen,
gestaltet. Der Richtung des Piero della Francesca gehören die
Halbfiguren eines Mönches und einer Nonne an, vielleicht
Teile eines größeren Altarwerkes. Kräftig heben sich die ernsten
Gestalten mit ihren dunklen Gewändern, das rote Gebetbuch
des Mannes und die weiße Schriftrolle, welche die Frau in
den Händen hält, von dem Goldgrunde ab. Gleichfalls die um"
brische Schule des 15. Jahrhunderts repräsentieren die beiden
tüchtigen Figuren des hl. Hieronymus und des hl. Franziskus
7. HANS MEMLING; Madonna mit dem Kinde, dem heiligen Antonius
und einem Stifter.
— 39 —
von Marco Palmezzano in der besten Weise. Die plastisch
herausgearbeiteten Figuren sind in einer Bogenöfihung vor
einer Gebirgslandschaft in hellen Farben wiedergegeben. Zu
den Füßen des hl. Hieronymus stehen die Worte:
. HOC . OPVS . FECIT . FIERI . PETRVS . FRANCISCVS .
Das Bild, welches St. Franziskus darstellt, enthält folgende
Inschrift:
corbico . db . Castro . caro . pro . s\a . bt • svoR • salvte
ANNO . D . M . D . VI . DIE . OCTOB#S .
Zwischen D und VI befindet sich ein Cartellino, dessen Schrift
zu entziffern, das hohe Hängen des Bildes verhinderte. Der
seltene Marco Zoppo, ein Künstler von Paduaner Schulung,
ist durch ein Bildchen vertreten, welches Christus, mit der
Dornenkrone auf dem Haupte und einem Stricke um den
Hals, in einer Bogenhalle sitzend, deren Pfeiler und Bogen
mit zierlichen Renaissanceornamenten geschmückt sind, in
dunkler Farbenstimmung und herber Zeichnung wiedergibt.
Die hl. Klara, von dem Ferraresen Cosimo Tura, ist ein Werk
von außerordentlicher Lieblichkeit. Kopf und Hände sind vor**
trefflich modelliert, der reiche Faltenwurf ist mit großer Ge*
schicklichkeit behandelt, der Kopf erscheint vor eine Fenster'
Öffnung gestellt, durch welche der blaue Himmel blickt, die
Färbung ist frisch und heiter und in der reich ornamentierten
Fensterumrahmung zu blühender Farbenpracht gesteigert. Mit
dem Bilde vereinigt sich der alte, schön bemalte Rahmen zu
einem wirkungsvollen Ganzen. Einige interessante Werke ge**
hören der Venezianer Kunst des Quattrocento an. Die schlanke,
vor purpurrot leuchtendem Vorhang stehende Madonna, die
das Kind anbetet, ist ein Werk Carlo Crivellis, ausgezeichnet
durch die reiche Farbenwirkung und den außerordentlich
prächtigen Rahmen, der deutlich an Paduaner Formen erinnert.
Giovanni Mansueti, ein Schüler Gentile Bellinis, hat die Eiv
greifung des hl. Markus durch die Heiden in Alexandria in einem
Bilde gemalt, welches in bunte Trachten gekleidete, von lebhafter
Bewegung erfüllte und von reicher Architektur umrahmte Men^
— 40 —
schengruppen zeigt. Das Bild trägt die Bezeichnung IOANES
DE MANSVETIS . P . und die Jahreszahl 1499. Zur Nach-
folgerschaft Giovanni Bellinis gehört Antonio Tisoio. Von ihm
stammt ein schönes Altarbild in alter spitzbogiger Umrahmung,
die Madonna mit dem Kinde zwischen den Heiligen Sebastian
und Andreas, Michael und Johanne^ den Täufer darstellend.
Soweit sich die Eigenschaften des Gemäldes aus größerer Ent-
fernung beurteilen lassen, muß man die edle Haltung der
Figuren, die vorzügliche Modellierung und kräftige Färbung
lobend hervorheben. Das Bild ist mit ANTONIVS DE TISOIO
PINXIT bezeichnet und mit 1512 datiert. Im Jahre 1907 wurde
in der Galerie ein Madonnenbild von Marco Basaiti aufgestellt
Maria, im roten Untergewande, mit orangegelb gefuttertem,
blauem Mantel und weißem Kopftuch, hält mit beiden Armen
das Kind, das auf einem steinernen Tische steht und die Rechte
segnend erhebt. Den Hintergrund bildet eine anmutige Gebirgs-
landschaft und der von leichten Wölkchen durchzogene Him-
mel. Das gut erhaltene Bild wirkt durch die andachtsvolle
Stimmung, die feine Zeichnung der tüchtig modellierten Figuren
und die hellen, klaren Farben besonders erfreulich. Es ist am
Rande der Tischplatte mit . MARCO . B AXAITI . P ♦ bezeichnet.
Dem seltenen Jacopo de' Barbarj wird vermutungsweise das
ernste, eindrucksvolle Bildnis eines Mannes im einfachen,
dunkelfarbigen Kleide, das lange Haar von einer dunklen
Mätze bedeckt, zugeschrieben. Das schlicht aufgefaßte Brust'
bild eines jungen Mädchens mit rotem, tief ausgeschnittenem
Kleide und einer Perlenkette um den Hals wird als ein Werk
des Bernardo Cotignola, eines Malers der Mark, angesehen.
Von einem Veronesen in der Art des Domenico Morone rührt
eine Kampfszenr her. Die Madonna mit dem Christuskinde,
dem der hl. Johannes einen Stieglitz bringt, ist ein gutes Bild
aus der mittleren Schaffensperiode Bernardino Luinis. Der
seelenvolle Kopf der Madonna, die reizenden Kinderfiguren,
die schöne, reiche, den Hintergrund bildende Gebirgslandschaft
sind in ruhiger, feiner Farbenharmonie wiedergegeben.
Wir wenden uns nun den Werken der italienischen Hoch'
renaissance zu. Aus dem Nachlasse von Marchese Gino Capponi
— 41 —
in Florenz wurde das männliche Bildnis von Franciabigio, das
auf einem links angebrachten Cartellino die Jahreszahl 15 17
enthält, erworben* (Abbildung 3.) Wodurch sich hier der
Künstler als großer Porträtmaler offenbart, ist, daß sein Auge
das Innere der Persönlichkeit erfaßt, das für so viele in der
äußeren Mache verloren geht« Das schwere Leid und die düstere
Stimmung, welche die Seele des Dargestellten erfüllen, sind
in den Gesichtszügen und der Haltung, in dem feinen Hell'
dunkel und den tiefen Farben wunderbar ausgedrückt. Die
Art, wie die Farbtöne des stark gebräunten Antlitzes, des weißen
Hemdes, des dunklen Mantels und breitkrempigen Hutes mit
dem grünen Hintergrunde zusammengehen, verleiht dem Bilde
auch in malerischer Hinsicht einen eigenartigen Reiz. Der
große Bildnismaler Angelo Bronzino ist durch das stattliche Por'
trat des jungen Alessandro de' Medici, das früher den Palazzo
Torrigiani in Florenz schmückte, vertreten, anziehend durch
die treffliche Wiedergabe der Individualität, wie durch die
malerische Wirkung, die besonders durch den Kontrast des
rotvioletten Armeis mit der dunklen Kleidung erzeugt wird.
Der Gesamteindruck wird durch das Reh, das den Jüngling
liebkost, in feiner Weise gesteigert. Die Venezianer Kunst des
Cinquecento wird zunächst durch zwei vorzügliche Porträte
repräsentiert, durch das dem Bernardino Licinio da Pordenone
zugeschriebene, in satten, leuchtenden Farben gemalte, lebens'
volle Brustbild eines bärtigen Mannes im dunklen Gewände,
mit einem Gebetbuch in der Rechten, vor landschaftlichem
Hintergrunde stehend, und das ausgezeichnete Porträt eines
Mannes von Paris Bordone, mit frischgefärbten Gesichts"
zügen, schwarzem Kleide, braunem Pelzkragen und schwarzer
Kappe, (Abbildung 4.) Auf einer Kartusche, die zur linken Seite
mittels eines Bandes an einem Baumzweig befestigt erscheint,
stehen die Worte:
37
-ETATIS . ANO&
M . D . XXXII
Dem Battista Zelotti da Verona, einem Freunde und lang'
jährigen Mitarbeiter des Paolo Veronese, wird eine große „Grab"
— 42 —
legung Christi", ein interessantes Altarbild mit lebensgroßen,
vorzüglich in den Raum hineinkomponierten Figuren zuge^
sprachen. Einzelne hervorragende Werke gehören der Schule
von Brescia an» Eine gewaltige Schöpfung gibt uns Giovanni
Girolamo Savoldo: Gott Vater hält den Leichnam seines
Sohnes auf dem Grabe und trauert still über das unermeß«
liehe Leid des Erlösers der Menschheit (Abbildung 5«) Die
ernst und schlicht aufgefaßten Figuren sind von seltener Größe.
Die Stimmung ist durch die kühle Farbenharmonie, die
abendliche Beleuchtung und die düsteren, schweren Wolken/
massen des Hintergrundes vortrefflich charakterisiert. Von Ales>
sandro Bonvicino, genannt Horetto da Brescia, rühren ein
kleines, charakteristisches Madonnenbild und eine herrliche
heilige Familie aus der Frühzeit des Meisters von kräftiger
Färbung und Beleuchtung her. In einer schönen, reich bewegten
Landschaft bildet die Madonna, eine Figur von reifer Schön-
heit, doch tiefer Wehmut in den Blicken, mit dem Kinde und
dem kleinen Johannes eine liebliche Gruppe. Letzterer, dem
Christuskinde verehrungsvoll zugewandt und das Kreuz empor-
hebend, lehnt die Linke auf eine Inschrifttafel, deren Worte
lauten :
HIS ARMIS VICTOR DE ORBE TRIVMPHABIS.
Das anziehende Bildchen wurde im Jahre 1895 von August
Schaeffer auf der Versteigerung der Galerie Scarpa in Mailand
um 9000 Lire für die Galerie erstanden. In der Sammlung
des Gründers derselben, des Arztes Antonio Scarpa (geboren
1752), zu Motta di Livenza bei Treviso, war das Bild als
Paris Bordone bezeichnet 1 ). Der tüchtigste Schüler Morettos,
Giovanni Battista Moroni, hat das Brustbild eines Geistlichen
mit großer Naturwahrheit, in schlichter Haltung und im vor-
nehmen grauen Gesamtton wiedergegeben.
Die Nachblüte, welche die venezianische Kunst im 18. Jahr'
hundert auf dem Gebiete der Landschaftsmalerei erlebte, wird
l ) Repertorium für Kunstwissenschaft. 1895, XVIII, S. 489. — Kunst'
chronik. N. F. 1896, VII, Sp. 189.
— 43 —
durch die bereits früher erwähnten, meisterhaften Ansichten
des Liechtensteinschen Palastes von Bernardo Beiotto (Canaletto)
und vier Ansichten aus Venedig von Francesco Guardi (derzeit
ist nur eine von diesen, die Ansicht der Kirche S. Maria
della Salute, in der Galerie aufgestellt) vor Augen gefuhrt Das
Bild Guardis mutet in der malerischen Durchbildung ganz
modern an« Mit kühnem Impressionismus sind besonders die
mannigfach bewegten, leicht dahinschwebenden, buntgekleideten
Gestalten der Gondeliere skizziert und die Behandlung des
feuchten Elementes, das durch die Ruderschläge in
Bewegung gerät, zeugt von glänzender Virtuosität der
fuhrung. Ujiser Bild gehörte nebst den anderen im Besitze des
Fürsten befindlichen, gleich großen Gemälden Guardis („Die
Piazzetta", „Der Markusplatz" und „San Giorgio Maggiore")
noch im Jahre 1882 der Sammlung des M. Alexis Febvre in
Paris an. Die einzelnen Werke wurden von Gustave Marie
Greuz, Leon Gaucherei, P. Teyssonni&res und Boulard d. J.
radiert 1 ). Beispiele für die Venezianer Porträtmalerei jener
Zeit sind die Bildnisse des Senators Pisani (Nr. 221) und
des Tondichters Domenico Cimarosa (Nr. 223) von Pietro
Longhi (1702 — 1785) *).
Den älteren deutschen und niederländischen Schulen hat
der Fürst ebenso seine Aufmerksamkeit zugewendet wie den
gleichzeitigen italienischen. Eine der vorzüglichsten Arbeiten
des hervorragendsten Ulmer Meisters, Bartholomäus Zeitblom,
welche die schöne, Ehrfurcht gebietende Gestalt des hl. Nikolaus
wiedergibt, verdient die größte Beachtung. (Abbildung 6.) Der
Heilige, in ein Pallium von kräftigem Grün gekleidet, steht,
in einem Buche lesend, vor einem reich gemusterten, goldenen
Vorhang, über dem der blaue Himmel sichtbar wird. Den
Boden bedeckt ein mit Wappen und zierlichen Ornamenten
1 ) Katalog von 300 Gemälden alter Heister aus der Galerie Sedel*
meyer. Paris 1898, Nr. 246— 249. — Eine Vedute von Guardi gelangte auch
als Geschenk des Fürsten in die Accademia delle belle arti in Venedig«
(Frimmelt Blätter für Gemäldekunde. 1905, I, S. 54.)
') Hüller'Singer: Allgemeines Künstlerlexikon. 1898, III, S. 35*
— 44 —
geschmückter Teppich* Das Bild befand sich einst in der
Sammlung des Grafen Samuel Festetits in Wien (Versteige^
rungskatalog Nr* 106), aus welcher es 1859 um 200 Gulden
versteigert wurde *).
Aus dem Schlosse zu Eisgrub kamen die stattlichen
Bildnisse eines Junglings mit hellblondem Haar und eines
älteren Mannes mit wallendem Barte und großem Pelzkragen
von Barth cl Beham in die Galerie* Die beiden Personen sind
in reicher« farbiger Tracht vor hellgrünem Hintergrunde dar"
gestellt Von hohem Interesse für die Geschichte der Dürer'
Schule ist die vorzüglich erhaltene Tafel mit der Darstellung der
Heimsuchung von Hans Leonhard SchäufFelein, einst ein Be"
standteil des Hohlheimer Altars, nach Thieme aus der ersten
Zeit der Tätigkeit des Künstlers in Nördlingen stammend
(1515—1521), aus jener Periode, in welcher die meisten und
auch die besten Werke desselben entstanden sind* Das Bild
nebst einem zweiten, das die Anbetung der Könige darstellt,
gehörte durch längere Zeit hindurch der Sammlung des
Professors Sepp in München an, der es aus dem Nachlasse
des Malers Schlottauer erstanden hatte, bis es von Egon von
Oppolzer erworben wurde* Bei der Versteigerung von dessen
Sammlung (1906) ging das Gemälde um 3300 Mark (einschließe
lieh des Auktionszuschlages) in den Kunstbesitz des Fürsten
über, welcher es 1907 in seiner Galerie zur Aufstellung brachte 2 )*
In dem Werke „Meine Kunstsammlung" (München, 1906,
Tafel XV c) gibt Oppolzer eine Rekonstruktion des ganzen Altar'
werkes, das zu den reifsten Schöpfungen Schäuffeleins zählt;
allerdings weist bei dieser Gelegenheit der Herausgeber darauf hin,
daß dessen Entstehung auch erst in eine spätere Schaffensperiode
des Schülers und Gehilfen Dürers fallen könne (1522 — 1531), aus
*) Berichte und Mitteilungen des Altertunisvereines. 1891, XXVII,
S. 13* (Frimmel.)
2 ) Ulrich Thieme, H. L. Schäuffeleins malerische Tätigkeit Leipzig
1892, S. 91 ff» und 170. — Der Kunstmarkt. 1907, IV, S. 57 und 91« — Im
Versteigerungskatalog befindet sich eine gute Autotypie des Bildes (Nr. 14)*
in dem oben erwähnten Prachtwerke Oppolzer« eine Photogravüre des«»
selben (Tafel XIV).
- 45 -
welcher uns bis jetzt kein malerisches Werk desselben bekannt
ist In unserem Bilde verlegt der Künstler die Begegnung der
beiden heiligen Frauen in den Garten vor der Behausung
Elisabeths, der durch einen Torbogen mit einem seitlich daran'
stoßenden Turm und eine niedrige Mauer abgeschlossen wird.
Darüber fallt der Blick hinaus auf eine weite Wald- und
Wiesenlandschaft, die von einem hohen, kahlen Gebirgsstock
begrenzt erscheint. Unter dem Torbogen schreitet ein Wanderer
dahin, vielleicht der hl. Josef, der Maria geleitet hat Diese,
eine zarte Frauengestalt von jugendlicher Frische mit langem
Blondhaar und wallendem, blauem Mantel, hat Vertrauens^
voll die Hand der hl. Elisabeth erfaßt; die Matrone ist mit
einem weißen Kopftuch und einem violettgrauen Mantel, unter
dem das rötliche Untergewand bemerkbar wird, bekleidet. Auch
diese Figur hat Schäuffelein in tiefempfundener Weise und
mit eingehender Charakteristik wiedergegeben. Von ausnehmen^
der Anmut sind die beiden im Vordergrunde knienden, in
hellrote Rittertracht gewandeten Knaben, vor denen je ein
Wappen steht, die den Familien der von Bodmann und von
Werdenau angehören. Nicht in allen seinen Werken vermag
Schäuffelein im Betrachter einen so ungetrübten Eindruck zu
hinterlassen wie in diesem Bilde, in welchem er in der gc
fälligen Formengebung, dem Geschmacke in der Anordnung
der Gewänder, der Gestaltung des reichen landschaftlichen
Hintergrundes, wie in der korrekten Zeichnung, der leichten,
doch gewissenhaften Ausführung und der Kraft der Farbe all
seine Vorzüge vereinigt und ein Werk geschaffen hat, das ihn
auf dem Wege zum Höhepunkte seines künstlerischen Wirkens
zeigt. Ein ansprechendes Werk ist das 1907 in die Galerie
gekommene, kleine Christusbild von Lukas Cranach. Der Heiland
ist in Halbfigur dargestellt und trägt ein grauviolettes Unter**
kleid, über welches ein Mantel von kräftigem Rot gelegt er'
scheint. Die Linke hält das Kreuz, die Rechte ist segnend er*
hoben. Das schlicht aufgefaßte Bild, voll tiefer Frömmigkeit,
von edler Weichheit des Kopfes und trefflicher Wiedergabe
des schweren Leides in den Gesichtszügen und dem leicht
geöffneten Munde, gehört wohl der besten Zeit des Meisters
- 46 -
an ')• Recht gut wirkt auch der Kunstler in dem großen Dijv
tychon, welches im linken Flügel eine Heilige mit einem
Schwert (St Katharina), im rechten Flügel St Barbara mit
dem Kelche in den Händen und dem Turm zu ihrer Rechten
darstellt Die Köpfe sind sorgsam modelliert, die Gesichter
frischgefärbt, reiche Locken ringeln sich auf die Schultern her"
ab. Von außerordentlich leuchtender Färbung sind die Ge-
wänder: der Mantel der hl« Katharina von energischem Rot,
das rote Unterkleid und das faltenreiche, tiefolivengrüne
Obergewand der hl. Barbara. Den Hintergrund des rechten
Bildteiles füllt Wald, auf der anderen Bildhälfte sieht man
der weiblichen Figur entlaubte Bäume und auf einem
Felsabhange stehende Nadelhölzer. Ober der Landschaft
wird der dunkelblaue Himmel sichtbar.
Eine tüchtige Leistung des Jacob Cornelisz van Amster«*
dam ist das umfangreiche, gut erhaltene Gemälde, welches im
mittleren Teile eine figurenreiche, lebhaft bewegte Komposition
der Kreuzigung enthält Links oben auf einem bewaldeten
Hügel hat der Meister in kleinen Figuren eine Szene aus dem
Leidenswege des Erlösers gemalt : Simon von Cyrene nimmt dem
unter der Last des Kreuzes zusammenbrechenden Heiland, vor
dem die hl. Veronika, das Schweißtuch in den Händen haltend,
kniet, das Marterholz ab. Rechts oben befindet sich eine Daiv
Stellung der Grablegung, den Hintergrund nimmt die schön
aufgebaute Stadt Jerusalem ein. Die Ausführung des Ganzen
ist äußerst sorgfältig zu nennen, die Zeichnung ist gefällig und
sicher, — man beachte z. B. die Wiedergabe der Pferde. Be*
sonders in den Frauenköpfen mit der breiten Stirn, dem auf>
fallend kleinen Kinn und den hochgeschwungenen Augen"
brauen tritt die für unseren Künstler bezeichnende Bildung
der Physiognomien deutlich zutage. Die pastos aufgetragenen
Farben sind hell und klar, die in der Modetracht der Zeit er'
scheinenden Personen sind in reichgemusterte Gewänder ge-
hüllt, deren Pracht noch durch die Verwendung von Gold ge-
l ) Die über dem Haupte befindliche Inschrift und die unterhalb
derselben stehende Jahreszahl zu lesen, war infolge des hohen Hingens
des Bildes nicht möglich.
— 47 —
hoben wird, das auch für die Nimben, Gefäße, das Sattelzeug
und die Zäume der Pferde in Anwendung kam.
Die „Madonna mit dem Kinde" (Nr. 725) ist ein voiv
treffliches Werk Hans Memlings aus dessen früherer Zeit.
(Abbildung 7.) l ) Die Echtheit der rechts vom Baldachin an
der Wand angebrachten Jahreszahl (1472) wurde vielfach an-
gezweifelt, nach Frimmel mit Unrecht Farben und Sprung-
bildung, wie die Formen der Ziffern sprechen für die Ursprüng-
lichkeit der Schrift Das Bild fuhrt uns in eine gotische Stube.
Maria ist soeben von dem mit einem Baldachin aus prächtigem
Burgundersamt bekrönten Sitze aufgestanden und hat sich
dem knienden Donator genähert der den Segen des Kindes
erbittet Der hl. Antonius und sein Schweinchen haben den
Stifter geleitet. Das zarte Bild ist von frommer Einfalt durch-
drungen, von kräftigem Kolorit und sorgfaltigster Zeichnung.
Es wurde vom Fürsten auf der Versteigerung der Galerie
Gsell in Wien im Jahre 1872 um die Summe von 151 Gulden,
wozu noch das Aufgeld von 5% gerechnet werden muß, er-
worben. Im Versteigerungskatalog (Nr. 205) war dasselbe als
Hugo van der Goes, in der Galerie aufanglich als „Unbekannt
Schule der van Eyck" (alt Nr. 1057) verzeichnet, bis es vom
belgischen Kunstgelehrten A. J. Wauters dem Memling ge-
geben wurde. Der gewaltige Antwerpener Meister Quentin
Massys hat in dem Porträt eines Chorherrn ein kraftvoll
aufgefaßtes Bildnis, wohl sein bestes, geschaffen 2 ). Es ist in
l ) Kunstchronik. 1872, VII, Sp. 295. — Allgemeine Kunstchronik.
Wien 1883, VII, S. 700. — Zeitschrift für bildende Kumt. N. F. 1903»
XTV, S. 136. — Repertorium für Kunstwissenschaft 1903t XXVI, S. 83« —
Frimmel, Handbuch der Gemäldekunde. Leipzig 1904, S. 185.
s ) Ktmstchronik. 1881, XVI, Sp. 557t 1889, XXIV, Sp. 636, N. F.
1905, XVI, Sp. 544« — Repertorium für Kunstwissenschaft. 1902, XXV,
S. 228 ff., 1903, XXVI, S. 155, 1904» XXVII, S. 537« — Haz J. Friedlander,
Meisterwerke der niederländischen Haierei des 15. und 16. Jahrhunderts
auf der Ausstellung zu Brügge 1902. Hünchen 1903, S. 23, Tafel 62. —
P. Qemen und E. Firmenich'Richartz, Die kunsthistorische Ausstellung
zu Düsseldorf 1904* Hünchen 1905, S. 24, Tafel 53« — A. J. Wauters, Die
▼Uunische Malerei. Leipzig, S. zi8. — Eine Reproduktion des Bildes be-
findet sich unter anderem auch im Auktionskatalog der Sammlung H.
E. Secrftan (II, Nr. 138).
- 48 -
den Gesichtszügen der dargestellten Persönlichkeit von unsäg"
lieh feiner Modellierung und gemahnt durch die Art, wie der
in tiefen Farbentönen durchgeführte Kopf und das schwarze
Barett mit dem hellblauen Himmel und der Oberkörper mit
der weiten, sanft gewellten, mattgrünen Landschaft in Ver-*
bindung gesetzt ist, an moderne Meister; an malerischem
Reiz übertrifft es die besten Bildnisse Dürers und Holbeins*
Das tadellos erhaltene Werk befand sich früher in England
und war daselbst als Porträt Stephan Gardiners, Bischofs von
Winchester, von Holbein bezeichnet. 1881 befand sich das'
selbe in Paris in der Sammlung Wilson (in welche es aus
der Kollektion Fonthill Abbey gelangt war), auf deren Ver>-
Steigerung es einen Preis von 66.700 Franken erzielte, und
später in der Sammlung Secretan, wo es den richtigen Namen
erhielt. Auf der Auktion der letztgenannten Sammlung (1889)
erwarb der Fürst das Bildnis um die Summe von 30.000 Franken.
Wauters nimmt das herrliche Porträt für den Meister des
Todes der Maria in Anspruch. Die „Kreuzigung" (Nr. 730)
hält Friedländer in allen Teilen für eine außerordentlich schöne
Leistung des Massys, die um 1505 entstanden sein mag. Bode
schreibt nur die fein gezeichneten, kräftig gefärbten Figuren
demselben zu, die schön aufgebaute Landschaft aber sei ein
besonders gutes Werk des Joachim Patenier '). Im Jahre 1900
wurde durch den Fürsten vom Grafen Bardi (Prinz Heinrich
von Bourbon) in Venedig „Die Leserin" erworben, ein Werk
des von Scheibler als Meister der weiblichen Halbfiguren be>
zeichneten Künstlers, der nach Franz Wickhoffs Annahme
mit dem aus Antwerpen stammenden Jean Clouet, der in der
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts der bedeutendste Maler
Frankreichs war, gleichzuhalten ist 2 ). Das Bild ist durch die
zarte Modellierung des Kopfes, wie durch die reiche Farben'
Wirkung ausgezeichnet, welche besonders durch das Rot des
*) Repertorium für Kunstwissenschaft. 1903» XXVI, S. 156. — Fried'
länder, a. a. O. S. 23 f., Tafel 63*
') Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen. 1901, XXII /I,
S. 221 ff.
— 49 —
Samtkleides und das Gold des Kopfputzes, des Schmuckes
und des Bechers hervorgebracht wird.
An diese Werke mögen einige Neuerwerbungen aus dem
Kreise der vlämischen Meister angeschlossen werden« Üppig
in den Formen der Pflanzenwelt, wie in den Gestalten der
Menschen und Tiere ist die mit Rubens in Verbindung ge-
setzte Landschaft (Nr. 412) *). Schilfrohr und breitblätterige
Wasserpflanzen ragen über den Spiegel des Flusses, der sich
langsam durch felsiges Gelände windet, empor. An seinen
Ufern steigen dichtbelaubte Bäume auf, in deren Schatten
Farnkräuter wuchern. Wasserschöpfende Mägde und dürstende
Rinder nähern sich dem Flußbette. Nach Smith wurde das
von ihm auf 700 Guineen geschätzte Bild im Jahre 18 18 durch
Mr. Emmerson aus Holland nach England gebracht; es gehörte
dann den Sammlungen Jeremiah Harman, Robert Vernon
und Fürst Paul Demidoff in San Donato bei Florenz an. Bei
der Versteigerung der letztgenannten Sammlung (1880) ging
das Bild (Auktionskatalog S. 243, Nr. 11 17) für 29.000 Lire
in den Besitz des Prinzen Reuß und später in das Eigentum
des Fürsten über. Im Gegensatz zu Rosenberg, der das von
Schelte a Bolswert gestochene Gemälde für ein Original des
Rubens hält, das in der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre des
17. Jahrhunderts entstanden sein kann, vermag Bode darin
nur die Hand eines seiner Schüler zu erkennen. Von Peeter
van Avont stammt eine zart ausgeführte, anmutige Parkland'
schaft mit wohlgerundeten, bräunlichen Baumgruppen her. In
warmen, leuchtenden Tönen heben sich die Figuren einer
mythologischen Szene von dem dunklen Hintergrunde ab.
Eine auf Eichenholz gemalte Landschaft, im Stile auf einen
späteren Nachahmer des Jan Brueghel hinweisend, die sich
vor mehreren Jahren bei Hofrat Leopold Walcher von Mol'
thein befand und jetzt im Schlosse zu Feldsberg aufbewahrt
l ) J. Smith, Cataloguc raisonnl. London 1830, S. 322, Nr. 1205.
— V Art. Paris 1880, VI. Jahrg., S. 238. — Kunstchronik. 1880, XV,
Sp. 418 und 421. — Zeitschrift für bildende Kunst. N. F. 1905t XVI,
S. 201. — Klassiker der Kunst in Gesamtausgaben. V. P, P. Rubens,
Stuttgart und Leipzig 1905» S. 398.
4
— 50 —
wird, ist möglicherweise identisch mit Nr. 23 (oder 24) des
Auktionsverzeichnisses der Kaunitzschen Galerie aus dem
Jahre 1820, in welchem sie als „von Brueghel" bezeichnet war.
Das Bild, welches noch den Stempel der KaunitZ'Galerie trägt,
wurde damals um 27 Gulden an Fuchs verkauft ')• Hervor'
ragender ab die genannten Werke ist ein geistreich durch'
geführtes Bildchen von Gonzales Coques, welches ein junges
Ehepaar mit seinem Kinde in einer offenen, von mächtigen
Säulen getragenen Halle, von welcher der Blick auf ein von
Schiffen durchzogenes Wasser fallt, darstellt; es ist eines seiner
herrlichsten, in öffentlichen Sammlungen so seltenen Gruppen'
bilder. (Abbildung 8.) Die lebensgroßen Figuren von unge>
zwungener Haltung sind trotz der kleinen Dimensionen mit
kühner Pinselführung wiedergegeben. Von großem Reize ist
die Farbengebung: das schwarze Atlaskleid der Frau, an den
Armein und dem Kragen reich mit Spitzen besetzt, und das
hellgraue Seidenkleidchen des Kindes heben sich scharf von
dem tiefen Rot der Draperie, des Stuhlüberzuges und der
Tischdecke ab, der Mann, ebenfalls in schwarzer Tracht mit
Spitzenbesatz, erscheint vor blauen, wolkigen Himmel hin'
gesetzt. Auf dem Tische und dem Stuhle liegen Rosen, zur
Rechten des Mannes bemerkt man ein Hündchen, auf den
Boden hingestreckt. Das Bild wurde für den Fürsten auf der
Versteigerung der gewählten Sammlung Adrian Hope in London
(1894) für 490 Guineen erstanden 2 ). Ein herrliches Werk ist
das Pferdebild von Jan Fyt. (Abbildung 9.) In der Art, wie
das leuchtende Weiß und das glänzende lichte Braun der
edelrassigen Tiere, die schlanke Figur ihres Führers und die
hellfarbigen Hunde im effektvollen Kontrast zu dem schwärz'
liehen Himmel gemalt sind, ist in koloristischer Hinsicht eine
Tat, wie sie nur wenigen, großen Künstlern gelingt.
Die holländischen und vlämischen, oft seltenen Klein'
meister, deren Werke schon von den Vorfahren des Fürsten
1 ) Berichte und Hitteilungen des Altertums'Vereines. 1896, XXXII,
S. 6. — Frimmel. Geschichte der Wiener Gemäldesammlungen. Berlin
und Leipzig 1899, I. Bd.» III. Kap., S. 92.
2 ) Zeitschrift für bildende Kunst. N. F. 1894, V, S. 296.
io. REHBRANDT: Die Schwester des Künstlers bei der Toilette.
— 51 —
der Galerie einverleibt wurden, sind wohl in keiner Sammlung
in so charakteristischen Schöpfungen vertreten wie in dieser.
Hit großem Verständnis hat aber der gegenwärtige Fürst dafür
Sorge getragen, daß auch die großen Künstler, denen die
holländische Schule vor allem ihren Ruhm verdankt, mit vor**
trefflichen Werken in die Galerie kamen. Von den Bildern
Rembrandts rührt nur das schon erwähnte, wundervolle Selbst'
porträt aus dem alten Bestände her, die übrigen Werke des
großen Meisters, sämtliche aus seiner Frühzeit, sind Neuan>
Schaffungen, Das lebensfrische Bildnis seiner jüngeren Schwester,
Lysbeth Harmensdochter (1632), die ihm in Amsterdam den
Haushalt führte, bevor er sich mit Saskia vermählte, befand sich
früher in den Sammlungen Valpinfon, Sedelmeyer und E.
Secritan in Paris. Auf der Versteigerung der letztgenannten
Sammlung (1889) erzielte das gut erhaltene Porträt einen Ver^
kaufspreis von 29.500 Franken; der Besitzer hatte dafür nur
15.000 Franken bezahlt Die Wirkung des hochblonden, ge-
krausten Haares im voll einfallenden Sonnenlicht ist äußerst
effektvoll, der freundliche Ausdruck der ungemein feinen,
kindlichen Gesichtszüge verleiht dem Bilde einen eigenartigen
Reiz *). Nach dem Umfange und der malerischen Durchbildung
gehört das Bild, welches Rembrandts Schwester bei der Toilette
darstellt, zu den bedeutendsten Schöpfungen des Jahres 1632.
(Abbildung 10.) 2 ) Ein prunkvolles Phantasiekostüm umschließt
die machtvolle Gestalt. Ein schwerer Mantel aus tiefpurptuv
rotem Samt, reich mit Gold, Edelsteinen und Perlen besetzt,
ein hellviolettes, goldgesticktes, wallendes Unterkleid von Seide
und weite Tüllärmel hüllen die weichen Formen des Mädchens
ein, prachtvolles Geschmeide schmückt die Figur. Eine alte, im
Schatten stehende Frau, welche die Züge von Rembrandts
') Kunstchronik. 1889, XXIV, Sp. 637* — Auktionskatalog der
Sammlung Secrttan, II, Nr. 154. — Dr. Wilhelm Bode, Rembrandt.
Paris 1897, I, S. 28 und 145?» Tafel 57* — Katalog von 300 Gemälden
alter Heister aus der Galerie Sedelmeyer. Paris 1898, Nr. 122.
') Smith, 1836, VII, S. 159 f.» Nr. 494. — Bode, Rembrandt. I, S. 30
und 169 f., Tafel 69. — Katalog von 300 Gemälden alter Heister aus der
Galerie Sedelmeyer. Paris 1898, Nr. 120.
4*
— 52 —
Mutter trägt, ordnet das aufgelöste, goldrote Haar. Das Werk
ist ein Triumph herrlicher Lichteffekte. Langsam löst sich der
von hellem Lichtschein umflossene Körper aus den trüben
Schatten des Hintergrundes los. Bode weist die Benennung des
Bildes als „Judenbraut" zurück, vermutlich wollte der Künstler
eine Schöne aus der römischen Geschichte, vielleicht Kleopatra,
darstellen. Eine Federzeichnung in der Albertina aus dem
Jahre 1632 erscheint unserem Bilde im Motiv, in der Zeich'
nung und feinen Lichtwirkung nahe verwandt; die Züge der
dort Dargestellten scheinen jedoch nicht die Lysbeths, sondern
die Saskias zu sein. Das Gemälde befand sich einst in den
Sammlungen M mc * de Bandeville (1787, 1800 Franken), Lord
Rendlesham (1806, erworben um 350 Guineen, verkauft um
200 Guineen), Earl of Mulgrave (1832, 115 Guineen), Mr.
Seguier, Sir W. W. Knighton (1885), Sir Charles Robinson (1888)
und Ch. Sedelmeyer (1890). In den von vollem Licht über'
gossenen Bildnissen eines jungenOffiziers und seiner Frau (1636) ')
hat der Künstler ihm nahestehende Personen mit Aufbietung
seiner ganzen künstlerischen Kraft wiedergegeben. Besonders
das junge Weib, das so still atmend die Hand an die Brust
legt und so voll und innig den Beschauer anblickt, ist eine
starke und tiefe Schöpfung. Der eigenartige Reiz des hellen
Teints, das jugendliche Feuer der Augen, der schalkhafte
Ausdruck des Mundes, das kastanienbraune, wellige Haar,
welches die schönen Gesichtszüge umrahmt, die üppigen Formen
des Körpers müssen eine starke Anziehungskraft auf den jungen
Künstler ausgeübt haben. Beide Bildnisse befanden sich einst
in den Sammlungen Duc de Choiseul'Praslin (1793, das erstere
mit einem anderen Bilde für 2235 Franken, das Frauen'
bildnis um 3001 Franken verkauft) und Kuscheleff'Besborodko
in Paris. Durch Erbschaft gelangten die Bilder in den Besitz der
Marchesa Incontri in Florenz (1869), von welcher sie der Fürst
erwarb. Richard Purcell (C. Corbutt) hat das Frauenbildnis
seinerzeit in Schabmanier reproduziert und mit der Bezeich'
l ) Smith, a. a. O. S. 100 und 167, Nr. 269 und 521. — Kunstchronik.
N. F. 1892, III, Sp. 333. — Bode, Rembrandt. 1899, HI, S. 16 f. und 113 ff.,
Tafel 183 und 184.
— 53 —
nung „A Jewess" verschen, wodurch dasselbe in die Reihe der
sogenannten „Judenbrautbildnisse" gewiesen wäre« Von hohem
malerischen Reiz ist die „Spitzenklöpplerin" von dem Rem'
brandt'Schüler Nicolaes Haes ! ), ein Werk aus der besten Zeit
des Kunstlers. (Abbildung u.) Das warme, goldige Licht,
welches das frische Antlitz der weiblichen Figur streift und
auf den weißen Kragen und das aufgeschlagene Buch fallt,
während die Umgebung in Dunkel gehüllt ist, und der kräftige
rotbraune Ton, der die Farben beherrscht, wirken geradezu
bezaubernd auf den Beschauer« Es sind uns wenige Bilder be>
kannt, in denen, wie in diesem, heiteres Glück, erzeugt durch
Lust zur Arbeit, in so einfacher, tief empfundener Weise zur
Anschauung gebracht wird* Auf dem Wandkalender liest man
die Jahreszahl 1655. In den ovalen Bildnissen eines jungen
Ehepaares (derzeit nicht in der Galerie) von demselben Meister,
die etwa um 1675 entstanden sein mögen, ist von dem Ein^
fluß seines Lehrers nichts mehr zu bemerken; sie erinnern
vielmehr in der Art der Auffassung an Caspar Netscher. Wie
stark die Anregungen waren, welche die gesamte holländische
Kunst von Rembrandt empfing, legt das seit 1907 in der Galerie
aufgestellte Gemälde „Der blutige Rock" von Jan Victors in über'
zeugender Weise dar« Händeringend und voll tiefen Schmerzes
zum Himmel aufblickend, sitzt Jakob vor seinem Hause, zu seiner
Liilken bemerkt man die greise Rachel, die vor Entsetzen die
Hände ausbreitet Vor ihnen kniet ein Bote, der den blutigen
Rock Josefs gebracht hat Zur Seite desselben steht ein junger
Mann, auf seinen Stab gelehnt, und betrachtet schweigend die
unglücklichen Eltern, während aus dem Fenster zur Rechten teil/
nahmsvoll ein Knabe blickt Das Eingangstor im Hintergrund
gewährt einen Ausblick auf die Landschaft* Das zauberhafte
Helldunkel, der warmbraune Ton, die breite Behandlung, die
wunderbare Zeichnung von Köpfen und Händen, die treffliche
Wiedergabe des Seelenlebens in den Zügen der beiden Alten
*) Bei der Besprechung der Werke von Haes, Ter Boren, Stcen,
Ruisdael, Hobbema, Aert van der Neer, Aelbert Cuyp und J. D. de Heem
«wurden die Ausführungen W, Bodes in seinem geistvollen Buche „Rem*
brandt und seine Zeitgenossen" benützt.
— 54 ~
weisen das Werk in jene Periode des Kunstlers, wo dieser
mit Erfolg die Bahnen des großen Heisters wandelte und noch
nicht in Eintönigkeit und Trockenheit verfallen war« In der
Tat ist auch das Bild ein interessantes Gegenstück zu den
denselben Stoff behandelnden Rembrandts in der Sammlung
des Earl of Derby in London und in der Eremitage zu Petersk
bürg und nahezu um dieselbe Zeit entstanden (um 1650) 1 ).
Die alte Rachel, deren charakteristischer Kopf auf anderen
Bildern des Künstlers und in Werken des G. Flinck wieder"
kehrt, wie der den Rock haltende junge Mann dürften Modelle
aus dem Atelier Rembrandts gewesen sein. Das große, 135 cm
hohe und 172 cm breite, trefflich erhaltene Bild bildete einst
mit einem Gegenstück, das gleichfalls seinen Stoff der von
unserem Künstler mit Vorliebe behandelten Geschichte Jakobs
(Isaak, Eleasar und Rebekka) entnimmt, einen Bestandteil einer
im Jahre 1804 in Amsterdam versteigerten anonymen Samm~
hing. Die beiden Bilder blieben ein volles Jahrhundert bei"
sammen und wurden erst im Jahre 1904 nach der Auktion
Macrory in London getrennt „Der blutige Rock" ging in den
Besitz des Dr. Egon Ritter von Oppolzer (Innsbruck) über,
mit dessen Sammlung das Gemälde 1906 durch Hugo Helbing
in München unter den Hammer kam. (Verkaufspreis 4400 Mark,
das Aufgeld von 10% nicht eingerechnet) 2 ). Kurz nach der
Auktion wurde der jugendliche Gelehrte, der für den Erlös
der Sammlung eine Privatsternwarte zu errichten gedachte,
durch den Tod hinweggerafft.
Das holländische Sittenbild repräsentieren außer dem Werke
von Maes noch die vornehme, in schwarzen Atlas gekleidete
Dame im Lehnstuhl, ein feines Werk von Hendrik Gerritsz
Pot, und zwei vorzügliche, voll bezeichnete Werke von Jan
Steen. In den „Zechern" (Abbildung 12) schildert er mit offenen
l ) Bode, Rembrandt 1901, V, Nr. 335 und 340.
*) Neue Freie Presse. 12. Oktober 1906. — Der Kunstmarkt. Leipzig
1907, IV, S. 58 und 91. — Frimmei, Blätter für Gemäldekunde. 1907t III,
S. 157. — Abbildungen des Werkes befinden sich im Auktionskatalog
der Sammlung Oppolzer (Nr. 18) und im Oppolzerschen Prachtwerke
„Heine Kunstsammlung" (Tafel XVIII a und b).
II. NICOLAES MAES: Die Spitzen klöpplet
— 55 —
Augen und feuchtfröhlichem Humor das Treiben des Wirts>
hauslebens seiner Heimat Die figurenreiche Komposition ist
von sprudelndem Leben erfüllt und in kräftigen Farben im
feinen Dämmerlichte wiedergegeben* Durch die geschickte Vef
teilung der Personen im Räume bringt der Künstler eine vor'
treffliche Tiefenwirkung zustande. Die einzelnen Figuren sind
ausgezeichnet individualisiert, besonders köstlich sind die beiden
Kinderfiguren im Vordergrunde, ein reizendes Mädchen und
ein Knabe, der dem dickleibigen Manne, der das Kelchglas in
einem Zuge leert, nachzuahmen trachtet und den großen
Krug, den er kaum zu heben vermag, an die Lippen setzt.
Das Werk, auch unter dem Titel „Die fette Küche" be-
kannt, erzielte auf der Auktion Chevalier Lambert in Paris
(1787) einen Verkaufspreis von 1000 Franken; es ging ge*
legentlich der Versteigerung Keil'Grote in Köln (1886) um
die Summe von 6600 Mark in den Besitz des Fürsten über.
Es ist nicht unwahrscheinlich, daß unser Bild dasselbe ist,
welches sich im Jahre 1833 in der Sammlung Peter Norton
in London befand ')• Bilder von so meisterhafter Vollendung
und liebevoller Durchführung wie „Der Brief" sind von Steen
nur selten gemalt worden. Das Motiv der Darstellung ist der
Geschichte der Bathseba entnommen ; ohne besondere Umstände
versetzt der Künstler die Begebenheit in eine einfach ausgestattete
holländische Stube und kleidet die biblischen Gestalten in
zeitgenössische Kostüme. Den Hintergrund bildet eine mit
Goldledertapeten geschmückte Wand mit einer offenen Tür,
durch welche der Blick in einen Garten mit einem Brunnen
und einem monumentalen Tor und auf den prächtigen Palast
Davids fällt. Die schlichte Handlung — eine ältere, dunkel ge^
kleidete Frau übergibt einem hübschen Mädchen einen Brief —
ist mit der größten Lebendigkeit und außergewöhnlich leichter
Pinselführung gemalt. Der zarte Schmelz der Farben, die vor
allem im reizenden Farbenspiel des zinnoberroten Rockes und
] ) Smith. 1833, IV, S. 15, Nr. 48 und S. 20, Nr. 64. — Dr. C. Hof"
stede de Groot, Beschreibendes und kritisches Verzeichnis der Werke der
hervorragendsten holländischen Haler des 17. Jahrhunderts. Balingen
1907, I, S. 33 f., Nr. 115 und S. 138, Nr. 573.
— 56 -
der zitronengelben Jacke der Schönen, auf welche der bläulich'
grüne Vorhang des Himmelbettes pikante Reflexe wirft, den
feinen koloristischen Sinn des Meisters offenbaren, macht das
Bild besonders anziehend. Wir treffen dasselbe auf der Ver>
Steigerung ). Ensched6 in Haarlem (1786) und im Besitze des
Lord Powerscourt in Irland. Es ist nicht ausgeschlossen, daß
das auf Holz gemalte Bild mit demjenigen gleichbedeutend
ist, das bei der Versteigerung der Gemälde aus dem Be*
sitze der Witwe B, de Bosch in Amsterdam (1840) um
50 Gulden an de Lelie gelangte ; allerdings führt der Auktion^
katalog an, daß dieses Werk auf Leinwand gemalt sei 1 )*
Das kleine Porträt des Landschaftsmalers Jan van Goyen
von Gerard Ter Borch, früher in den Sammlungen des ML
Mailand (1881) und des M. May (1890) in Paris 2 ), ist ein
vorzügliches Werk dieses Meisters, trefflich in der Charakteristik
sehen Wiedergabe der Persönlichkeit in Haltung und Gesichts*»
ausdruckt Trotz des einfarbigen Kostüms von klarem Schwarz
und des einfachen Hintergrundes gelingt es dem Maler, durch
feine Abstufung der Farbtöne eine große malerische Wirkung
zu erzielen, die im Verein mit der meisterhaften Zeichnung
und der vornehmen Auffassung es gewiß rechtfertigt, wenn
man den Künstler zu den tüchtigsten Bildnismalern seiner Zeit
rechnet (Abbildung 13.) Der Spätzeit der holländischen Kunst
gehört ein gutes Bild des Jan Philips van Schlichten, eines
Schülers des A. v. d. Werff, an, das ein Mädchen mit einer
Katze darstellt«
Bevor wir uns den herrlichen Werken aus der Blütezeit
der holländischen Landschaftsmalerei, die durch den Fürsten
in die Sammlung eingereiht wurden, zuwenden, wollen wir
noch die interessante, signierte Landschaft von Jan Goedaert aus
Middelburg erwähnen. Dieselbe, in lichten Tönen gehalten, im
Detail mit großer Sorgfalt behandelt, eröffnet einen schönen
Ausblick auf eine fruchtbare Ebene mit ihren Wiesen, Feldern
Hofstede de Groot I, S. 5 U Nr. 15«
*) Das Bild, das schon von Card de Hoor radiert wurde, ist auch
im „Katalog von 300 Gemälden alter Meister aus der Galerie Sedelmeyer"
(Paris 1898, Nr. 221) reproduziert
— 57 —
und zerstreut stehenden Bäumen, mit ihren Bauernhäusern,
Windmühlen und Kirchtürmen« Das Bild zeigt die bekannten
drei Töne der älteren flandrischen Landschaft — der Vorder'
grund ist im warmbraunen, der Hittelgrund im grünlichen Ton,
die Ferne bläulichweiß gehalten — und ist besonders deshalb
von Interesse, weil sie uns einen Meister vorführt, der noch
um die Mitte des 17» Jahrhunderts, da im übrigen Holland
die Landschaftsmalerei schon dem Realismus huldigte, an der
stilisierenden flandrischen Landschaftsauffassung festhält *)♦ Den
Reigen der nationalen Landschafter eröffnet Jan van Goyen mit
einem aus dem Jahre 1646 stammenden Bilde, das sich einst in
den Sammlungen des Fürsten Demidoff (San Donato) und des
M, P. Crabbe in Brüssel (1890) befand 3 ) und das eine von
Schlittschuhläufern bedeckte Eisfläche, in deren Hintergrunde
die Stadt Haarlem liegt, darstellt Die Figuren sind geistreich
skizziert, die Stimmung der silbergrau getönten Winterland'
schaft, über welcher sich ein bewölkter Himmel wölbt, ist durch
die kühle Farbenharmonie vortrefflich zum Ausdruck gebracht.
Würdig stellt sich diesem Bilde eine stimmungsvolle hollän'
dische Kanallandschaft zur Seite, gleichfalls bezeichnet und mit
der Jahreszahl 1652 datiert Aus dem hügeligen, bewaldeten
Uferrand ragen einige Bauernhütten empor, Kähne durch'
ziehen die Wasserfläche, während auf der schmalen Landzunge
Fischer beschäftigt sind. In der breiten, flüssigen, skizzenhaften
Malweise verrät sich die impressionistische Art der Auffassung«
Das leicht und flockig behandelte, gleichsam nur auf die Fläche
punktierte Laubwerk der Bäume spiegelt sich wunderbar in
der stillen Wasserfläche, die mit vollendeter Kunst wieder'
gegeben erscheint Die von den Strahlen der untergehenden
Sonne rötlich gefärbten Wolken reflektieren ihr warmes Licht
auf Wasser, Ufer und Bäume und erzeugen einen rotbraunen
Gesamtton, der das ganze Bild durchdringt. Unsere Landschaft,
deren Entstehung in die letzten Lebensjahre des Künstlers
fällt und die den meisten Bildern desselben, die in jüngster
x ) Frimmel, Blätter für Gemäldekunde* 1907, III, S. 83 ff.
2 ) Katalog von 300 Gemälden alter Heister aus der Galerie Sedel'
meyer. Paris 1898, Nr« 38.
- 58 -
Zeit zum Verkaufe gelangten, weitaus überlegen ist, wurde
vom Fürsten auf der Auktion der aus Frankfurt a. M. starn*-
menden Sammlung Salomon Benedikt Goldschmidt, die an
Werken der großen holländischen Landschaftsmaler so außer'
ordentlich reich war, erworben. Bei der erwähnten Versteigerung,
die im Jahre 1907 in Wien stattfand, erzielte das Bild einen Ver-*
kaufspreis von 6600 Kronen, das Aufgeld von 10% nicht mitge-
rechnet '). Das tadellos erhaltene Werk befand sich einst in der
Sammlung Erasmus v. Engerts, Direktors der kaiserlichen
Gemäldegalerie, dessen Kunstbesitz 1871 in Wien versteigert
wurde (Auktionskatalog Nr. 33), und ging damals um 750
Gulden an Meyer über. Mit Salomon van Ruysdael, dem
Oheim des großen Meisters, wird ein Bild mit kanaldurch'
zogenen Auen, aus denen eine Kirche blickt, in Verbindung
gebracht Im Jahre 1907 gelangte eine kleine, schöne Wald"
landschaft Jacob van Ruisdaels in die Galerie. An einem dunklen
Wasser, welches von Enten durchzogen wird, erheben sich
mächtige, herbstlich gefärbte Eichen. Weißlichgraues, zu-
sammengeballtes Gewölke zieht über den blauen Himmel.
Aus dem reichen Besitze des Fürsten an Werken Ruis-
daels ist ferner eine schwermütige und tief poetische Wald-
landschaft in die Galerie einverleibt worden. (Abbildung 14.)
Ein Waldbach, an dessen Ufern die Bäume hoch emporragen,
stürzt sich schäumend über Felsen in den Vordergrund. Dort,
wo sich die Wasser etwas beruhigt haben, haben die Menschen
eine einfache Brücke aus Baumstämmen über denselben ge-
schlagen» Auf dem Stege schreitet eine Frau mit ihrem Kinde
dahin, dem aus dem geheimnisvollen Düster des Waldes tre-
tenden Manne entgegeneilend. Die Wolkenmassen, die leicht
am blauen Äther dahineilen, beleben durch ihre Schatten die
Landschaft. Wie sich die Wolkenschichten wölben, wie sie
1 ) Der Kunstmarkt. 1907, IV, S. 158 und 181. — Frimmel, Blätter
für Gemäldekunde. 1907, III, S. 180. — An dieser Stelle sei auch der
Kunsthandlung Friedrich und Hans Schwarz für die gütige Überlassung
des prachtvoll ausgestatteten Versteigerungskataloges gedankt Derselbe
enthält eine vorzügliche Photogravüre des Bildes von Paulussen & Co.
in Wien (Nr. 23).
— 59 —
sich übereinander aufbauen, wie sie von der Sonne beleuchtet
sind, das ist in dem Bilde in ungemein feiner Weise und
mit der größten Mannigfaltigkeit wiedergegeben. Das Blau des
Himmels schimmert als einzige stärkere Farbe durch das Grau
der Wolken hindurch und bildet mit dem zart abgestuften
Grün der Vegetation und dem Braun des Terrains die feinsten
Kontraste. Unter den Werken des Gillis Rombouts nimmt
der herrliche „Weg im Walde", welcher sich eng an die
Schöpfungen des größten holländischen Landschafters anschließt,
den ersten Rang ein. Wir treffen das Bild in der ersten Hälfte
des 19. Jahrhunderts in England (Kollektion Sir T. Baring,
Bart), ferner im Besitze der Kunsthandlung Philips in Paris
und auf den Auktionen Ch. Sedelmeyer (Wien 1872, 18.500 Gul'
den, das Aufgeld von 5% nicht eingerechnet), Alexander
Scharff (Paris 1876, 8400 Franken) und Baron de Beurnon^
ville (Paris 1881) 1 ). Es war im Jahre 1873 auf der Ausstellung
von Gemälden alter Meister im österreichischen Museum in
Wien zu sehen (Katalog Nr. 29). In den genannten Sammlung
gen führte dieses Werk den Namen J. Ruisdael, den es auch
in der Liechtenstein^Galerie beibehielt. Bode gab dasselbe dem
Rombouts, auf welchen schon das echte Monogramm hinweist.
Auch Meindert Hobbema steht in den „Eichen am stillen
Wasser" besonders in der Bildung der alten, knorrigen, teil/
weise kahlen Bäume, die ihre Aste wie klagend gegen den
Himmel strecken, auf den Schultern Ruisdaels, seines Lehrers
und Freundes. Das Bild wurde 1892 aus der Galerie des Lord
Dudley in London erworben. Noch hervorragender tritt uns
der Meister in dem „Weiher", einer seiner anheimelnden Teich"
und Wiesenlandschaften, entgegen. Die große Fläche des stillen
Wassers, die sich durchs ganze Bild zieht, wie die Baumgruppen
!) Smith, Suppl. 1842, S. 701, Nr. 63. — Kunstchronik. 1873, VIII,
Sp. 145 und 228, 1876, XI, Sp. 502. — Eine Radierung nach dem Bilde
von Emile Boilvin befindet sich in „27 Radierungen nach Original'
gemälden verschiedener alter Meister aus der Kollektion Sedelmeyer"
(Wien 1872, Nr. 21) und im Auktionskatalog der Sammlung Scharff
(Nr. 13). Es ist auch im „Katalog von 300 Gemälden alter Meister aus
der Galerie Sedelmeyer" (Paris 1898, Nr. 180) reproduziert.
— 60 —
und die in der weiten Ebene zerstreut stehenden Bäume bc
wirken in ungesuchter Weise die Vertiefung der Landschaft*
Die Wolken verteilen in wirkungsvoller Weise Licht und
Schatten über die Fläche, die im hellen Tageslicht, umhüllt
von feinem Luftton, daliegt« Auch die anderen charakteristischen
Eigenschaften des großen Heisters, die Leichtigkeit der Zeich'
nung und die eigenartige Farbengebung — das Graugrün des
Laubwerkes, der bräunliche Ton in den Schatten, die
goldigen Töne an den von der Sonne beschienenen Stellen —
kommen in diesem Bilde ausgezeichnet zur Anschauung. ' Das
mit M. Hobbema bezeichnete Bild befand sich einst in Eng-'
land in den Sammlungen Lord Wejnnouth (1828, 450 Guineen)
und J. Norris (1842, Red Vales bei Burjr), im Jahre 1873 war
dasselbe als Eigentum Ch. Sedelmeyers im österreichischen
Museum für Kunst und Industrie ausgestellt (Katalog Nr. 1 14)
und ging danach in den Besitz Barthold Suermondts über,
der es nach Brüssel bringen ließ. Als die Galerie desselben
im Jahre 1874 vom preußischen Staate angekauft werden sollte,
wurde das Werk, da über die Schätzung keine Einigung er'
zielt werden konnte (die Forderung Suermondts betrug 15.000
Taler), von der Sammlung ausgeschieden, gelangte 1877 in die
Privatgalerie des Grafen Potocki in Paris und erzielte bei der
Versteigerung derselben (1884) einen Preis von 34.000 Franken *).
Mit echter Naturempfindung und tiefem Gefühl für die ganz
eigenartige Stimmung der holländischen Landschaft hat Aert
van dtt Neer eine große Uferlandschaft gemalt; mit der geist-
reichen Pinselführung, der breiten Behandlung und der energi-
schen Lichtwirkung verbindet sich eine Art der Auffassung,
wie sie bei keinem anderen Künstler zu finden ist. Ein breiter,
mit Schiffen belebter Fluß zieht sich in die Landschaft hinein
und verleiht dem Bilde Tiefe, an den niedrigen Ufern, die in
abwechslungsreichen Krümmungen den Lauf des Wassers be-
l ) Smith, 1835, VI, S. 147, Nr. 94, SuppL S. 721, Nr. 6« — Zeitschrift
fftr bildende Kunst. 1874» IX, S. 62, 193 f. und 271, 1875» X, S. 75« (Daselbst
auch eine Radierung nach dem Bilde von Leopold Flameng.) — Kunst*
chronik. 1883, XVIII, Sp. 217, 1885, XX, Sp. 564« — Katalog von 300 Ge~
mftlden alter Heister aus der Galerie Sedelmcfer. Paris 1898, Nr. 64.
— 61 —
gleiten, erheben sich Türme, Häuser, Windmühlen und Bäume,
deren Ränder durch die Strahlen der sinkenden Sonne auf'
gehellt werden* Gegen die Lichtmasse des Himmels, der sich
unendlich über der Landschaft wölbt, bilden die im tiefen
Schatten liegende, mächtige Baumgruppe und die menschlichen
Figuren des Vordergrundes kräftige Silhouetten, die dadurch, daß
der Künstler für diese Schattenpartien außerordentlich dunkle
Farben gewählt hat und daher die beleuchteten Stellen mit
Glanzlichtern höhen mußte, ein ganz gespenstisches Aussehen
erhalten. Eine liebliche Idylle ist die „Hütte zwischen Bäumen"
von Jan Wynants, ausgezeichnet durch das anmutige Motiv,
die sonnige Beleuchtung und die feine Ausführung der Einzel-
heiten. (Abbildung 15*) Demselben Meister gehört auch „Der
aufsteigende Weg" an, ein Bild, dem wir auf der Versteigerung
der Sammlung Baron de Beurnonville (Paris 1881, 14.600
Franken) begegnen l ). Mit kräftiger Hand hat Adriaen van de
Velde die Figuren' und Tierstaffage, den Reiter auf der Straße
und den Jäger, der mit seinen Hunden einem kleinen Wasser
zueilt, gemalt und dadurch, wie in so vielen Werken des
Wynants, wesentlich die malerische Wirkung der einfachen
Landschaft erhöht. In trefflicher Weise bringt Jan Vermeer van
Haarlem in der aus einer englischen Sammlung stammenden
„Fernsicht von den Dünen bei Overveen" die von der feuchten
Seeluft durchtränkte Atmosphäre der Niederlande zum Aus"
druck. Servaes bemerkt, das Bild sei Liebermann vorweg"
genommen. Ein großzügiges Werk des Allaert van Everdingen
sind die „Stromschnellen im Tannenwalde", in welchem er
einen Ausschnitt aus der gewaltigen Natur Skandinaviens
— über Felsen schäumende Wasser und spitzwipfelige Tannen
und Fichten, die in die klare Luft ragen, — noch aus frischer
Erinnerung treu wiedergibt. Den „Sonnigen Tag bei Dordrecht"
dürfen wir wohl zu den besten Werken Aelbert Cuyps zählen.
(Abbildung 16.) Das Motiv ist an den Ufern der vor ihrer
l ) Kunstchronik, 1881, XVI, Sp. 558. — Das Bild wurde von B.
Damman radiert; der „Katalog von 300 Gemälden alter Heister aus der
Galerie Sedelmeyer" (Paris 1898) enthält unter Nr. 237 eine Photographie
sehe Wiedergabe desselben.
— 62 —
Mündung in viele Arme sich verzweigenden Maas in der Nähe
der Vaterstadt des Künstlers zu suchen« Von dem hohen,
dunstigen Himmel strömt eine Fülle warmen, goldenen
Sonnenlichtes hernieder und durchflutet Luft, Wasser und
Ufer« Aus den wässerigen Dünsten, die über der Landschaft
lagern, steigen am vollen Tage leichte Wolken empor und
ballen sich hoch oben im Vordergrund zu lichtgrauen Massen
zusammen, welche über den zierlich gebauten Segelbooten, die
langsam den von der Sonne beschienenen Wasserspiegel durch'
furchen, kräftige, doch durchscheinende Schatten bilden. Der
berühmteste unter den holländischen Marinemalern, Willem
van de Velde d. J., ist durch ein vorzügliches, stimmungsvolles
Frühwerk in der Galerie vertreten, welches prächtige Schiffe,
deren Segel hell vor dem bewölkten Himmel stehen, auf glatter
Wasserfläche darstellt (in der Sammlung als Jan van de Capelle
bezeichnet). Die winterlichen Gefilde seiner Heimat schildert
in leuchtenden Farben der seltene Raphael Camphuysen in
einer von Schlittschuhläufern belebten Eisfläche. In gemeinsamer
Arbeit von Jan van der Hey de und Adriaen van de Velde sind
„Das Schloß im Walde" und der „Sonnige Platz in einer
holländischen Stadt" entstanden. Im erstgenannten Bilde hat
van der Heyde in die Landschaft van de Veldes das Schloß
gemalt, das zweite Bild, ein köstliches Werk des feinsinnigen
Architekturmalers, voll genauer Naturbeobachtung, zarter maleri"
scher Behandlung und klarer Lichtführung, wurde von van de
Velde mit sauber und nett gezeichneten Figuren, die sich vor-*
trefflich in die blanken Straßen einfügen, staffiert. Das Bild
wurde jedenfalls nach dem Ankaufe durch den Fürsten mit
einem älteren Rahmen versehen, da dieser das Monogramm
Johanns I. trägt.
Das Blumenstück des gefeiertsten holländischen Stilleben^
maiers, Jan Davidsz de Heem, welches auf der Versteigerung
der Gemäldesammlung des Vicomte Bernard Du Bus de
Gisignies in Brüssel (1882) erworben wurde, bildet eine wert'
volle Bereicherung der an schönen und umfangreichen Stilleben
ausnahmsweise reichen Galerie. Den Hintergrund des Gemäldes
bildet der in abendliches Dunkel gehüllte, von leichten Wolken
13. GERARD TER BORCH: Der Landschaftsmaler Jan \
- 63 -
überzogene Himmel; zur Seite des von Tieren aller Art be"
völkerten Wassers, über welches sich eine Bogenbrücke spannt,
leuchten aus dem Dämmerlichte, um einen morschen Baum'
stamm sich rankend, im hellsten Lichte wiedergegeben, viel"
(arbige Blumen. Wir können in diesem Bilde alle Eigen"
Schäften des Utrechter Meisters, die delikate Malweise, den
hochausgebildeten Farbensinn, die geschmackvolle Anordnung,
den großen Fleiß, vor allem anderen aber das echt holländische
liebevolle Eingehen auf die Eigenart jeder Pflanze, jedes Tieres
bewundern*
Von den jüngeren, in Italien ausgebildeten Holländern
ist Adam P/nacker durch eine Landschaft mit Staffage, sig"
niert und mit 1670 datiert, vertreten« Auf italienische Ein"
flösse deutet auch die seit 1907 in der Galerie aufgestellte, mit
J. B. Wolfert bezeichnete, große Landschaft mit Kühen und
Schafen hin, der durch die Komposition, Farbengebung und
kräftige Beleuchtung eine vorzügliche dekorative Wirkung ge"
sichert ist Der Maler des Bildes ist wahrscheinlich der 1625
in Antwerpen geborene Jan Baptist Wolffordt (Wolfaerts),
der Italien bereiste, sich dann in Holland niederließ und
1687 starb. Als vortreffliches Werk eines seltenen und ori"
ginellen Meisters verdient die „Ansicht von Haarlem" von
Balthasar van der Veen (wahrscheinlich zu Amsterdam 1596
oder 1597 geboren und nach 1657 in Haarlem gestorben) ein
besonderes Interesse. Im Wasser eines Kanals, in dem sich
ein Boot schaukelt, spiegelt sich ein mächtiger Bau aus Holz
mit einem zierlichen Türmchen und einem Tor, das sich gegen
das Wasser öffnet. Hohe, mit feinem Gefühl für perspektivi"
sehe Wirkung wiedergegebene Giebelhäuser, zwischen denen hie
und da das dunkle Grün von Bäumen oder Sträuchern hervor"
blickt, füllen den übrigen Teil des Bildes. Der flotte, breite
Pinselstrich und die lebhaften Farbtöne sind den Dimensionen
des Bildes (103 cm hoch, 165*5 cm breit) vortrefflich angepaßt
Wie der Künstler das Gefüge der Mauern und des Holzes
und die hellroten Ziegeldächer in pastos aufgetragenen, kühn
nebeneinander gesetzten Farbenflecken behandelt, muß geradezu
genial genannt werden. Das prächtige, ausgezeichnet konser"
- 64 -
vierte Bild gelangte wahrscheinlich aus dem Besitze der Kunst-
handlung Miethke in die Sammlung Ladislaus Bloch in Wien,
die durch Frederik Muller im Jahre 1905 in Amsterdam ver-*
steigert wurde* Daselbst wurde das Gemälde durch die Vei>
mittlung Artarias um 2000 holländische Gulden für den Fürsten
erworben 1 ).
Das vornehm aufgefaßte Brustbild eines jungen Mannes
(Thomas Linley) von dem auf dem Kontinente nur selten
anzutreffenden Thomas Gainsborough und als Gegenstück da^
zu das interessante weibliche Porträt von dem in England
heimisch gewordenen Amerikaner John Singleton Copley re*
präsentieren in vortrefflicher Weise die englische Bildnismalerei
des 18. Jahrhunderts.
Von den durch Eitelberger im Jahre 1884 besprochenen
Neuerwerbungen gelangten einige Gemälde als Schenkungen
des Fürsten in öffentliche Sammlungen, so die als ein Jugend'
werk des Michelangelo betrachtete Madonna del Leggio in die
Wiener Akademie (Nr. 1134) ; das männliche Porträt von Frans
Hals, das weibliche Porträt von B. Cuyp aus dem Jahre 1636
(wahrscheinlich Jacob Gerritsz Cuyp) und ein Bild von Dou
sind jedenfalls identisch mit den dem Rudolphinum in Prag
zugewendeten Bildern. Folgende Bilder scheinen derzeit nicht
mehr in der Galerie zu sein, zum mindesten nicht unter dem
von Eitelberger angeführten Namen: Ein Frauenkopf von
Anselmo da Forli, eine „Anbetung der Hirten" von einem
von der Schule des Giorgione beeinflußten Veroneser Meister,
das Porträt eines Gelehrten geistlichen Standes von Battista
Zelotti, eine einst zu einem Altar gehörige Madonna von
Girolamo Romanino, eine Landschaft von Pieter van Slin^
gelandt und ein Genrebild von Abraham de Pape. Die Angaben
über ein vom Fürsten erworbenes Bild von Gerrit Dou und
eine kleine, signierte Landschaft mit einer Quelle von Philips
Wouwerman sind zu unbestimmt, als daß sie aus den von
») Der Kunstmarkt. 1906, III, S. 60. — Frimmel, Blätter für Gemälde*
künde. 1906, II, S. 145 f. — Im Versteigerungskatalog der Sammlung
Bloch ist unter Nr. 70 eine vorzügliche Reproduktion des Bildes ent"
halten.
- 65 -
diesen Meistern in der Galerie vorhandenen Bildern heraus^
gefunden werden könnten« Eine „Frau, die Kartoffeln schält",
von Dou, vom Fürsten 1881 auf der Auktion Beurnonville
erworben, wurde übrigens wieder verkauft und befindet sich
jetzt in der Sammlung Huldschinsky zu Berlin 1 ).
Der Fürst war stets mit dem größten Entgegenkommen
bereit, Werke aus seiner Galerie für die in Wien und im
Auslande stattfindenden Ausstellungen von Gemälden zu über"
lassen, wodurch dieselben weiteren Kreisen bekanntgemacht
wurden und auch den Kunstforschern anderer Länder die
Möglichkeit geboten war, dieselben in den Kreis ihrer wissen*
schaftlichen Betrachtungen einzubeziehen. Auf der Ausstellung
zu Brügge (1902) 2 ), die eine Reihe bedeutender Werke der alt"
niederländischen Malerei enthielt, erregten die aus Liechten"
steinschem Besitze stammenden Gemälde die größte Aufmerk"
samkeit, wie „Die Anbetung der Könige" von Hugo van
der Goes (Nr. 735—737), ein kleines Triptychon aus der
früheren Zeit des Meisters, unvergleichlich durch die blühenden,
emailartig funkelnden Farben und die eigenartige Kühnheit der
Komposition, „Maria mit dem Kinde" (Nr. 733) und „Die
Madonna mit dem hl. Antonius und einem anbetenden Stifter"
(Nr. 725), gute Werke von Hans Memling, das mit Recht viel"
bewunderte Porträt eines Chorherrn von Quentin Massys und
das mit großer Schärfe und Feinheit durchgeführte Bild des"
selben Meisters, das Christus am Kreuze, mit Maria, Johannes
und Magdalena darstellt (Nr. 730). Auf der Ausstellung des
Ordens vom goldenen Vlies, die 1907 in Brügge stattfand, war
aus dem Besitze des Fürsten ein Reiterbildnis Erzherzog AI"
berts von Österreich, Statthalters der Niederlande, des Gönners
') Hofstede de Groot, Beschreibendes und kritisches Verzeichnis. I,
S. 380, Nr. 119.
') Kunst und Kunsthandwerk. Wien 1902, V, S. 498. — Repertorium
für Kunstwissenschaft 1902, XXV, S. 228 ff-, 1903, XXVI, S. 79t 82 f. und
155 f. — Zeitschrift für bildende Kunst N. F. 1903. XIV, S. 56 und 136«
-EJ, Friedländer, Heisterwerke der niederländischen Malerei des 15«
und 16. Jahrhunderts auf der Ausstellung zu Brügge. S. 11 und 23 f.,
Tafel 26, 62 und 63«
5
— 66 —
Rubens', zugegen, ein Bild, das in der Werkstätte des großen
Meisters nach einem Jugendwerke desselben kopiert wurde
(Nr. 402) «).
Das großzügige Porträt von Massys war auch der Glanz-
punkt der kunsthistorischen Ausstellung, die im Anschlüsse
an die Garten' und internationale Kunstausstellung zu Dussel'
dorf veranstaltet wurde 2 ). Der Meister des Todes der Maria
(Jan Joos van Cleve d. Ä.) war durch ein männliches und
weibliches Porträt (Nr. 704 und 707) vertreten, die zu seinen
besten, in der Haltung und im Ausdruck lebendigsten, in der
Färbung kräftigsten Bildnissen gehören. Als ein besonders
bemerkenswertes Stück mußte das Bild „Die heiligen Ein'
siedler Paulus und Antonius in der Wüste" (Nr. 710) ange-
sehen werden, das in der Galerie dem Lukas van Leyden ztf
gesprochen wird. Bode hielt es für eine Schöpfung des Hendrik
Bles, Firmenich'Richartz für das Werk eines hervorragenden,
dem Cornelis Engelbrechtsz nahestehenden Meisters, L. Scheibler,
der das Bild auf der Ausstellung nochmals genau untersuchte,
sieht in demselben ein Frühwerk Lukas van Leydens, für den
der pastose Farbenauftrag, der stark bräunliche Ton, die feine,
plastische Modellierung der Figuren, die knitterigen Gewänder
und endlich die freie und lebendige Zeichnung sprechen.
Der Bereitwilligkeit des Fürsten verdankt die Kunst'
Wissenschaft daß sie zum ersten Male in der Lage war, das
für die Ausstellung französischer Primitiver im Pavillon de
Marsan im Louvre zu Paris (1904) überlassene, dem Jean
Fouquet zugeschriebene männliche Bildnis (Nr. 729) aus dem
Jahre 1456 mit den nahezu sicheren Bildnissen des Meisters zu
vergleichen. Dabei zeigte sich, daß dasselbe nicht mit der sorg'
faltigen, zur Eleganz hinneigenden Malweise des Meisters über'
einstimmte, sondern vielmehr in der realistischen Auffassung
>) Neue Freie Presse. 25. Juni 1907, S. 8, 30. Juli 1907» S. 4. — Neues
Wiener Tagblatt. 1. Juli 1907» S. 8.
2 ) Repertorium für Kunstwissenschaft. 1904, XXVII, S. 537t 542 und
553. — Kunstchronik. N. F. 1905» XVI, Sp. 544« — P* Clemen und E. Fir~
menich"Richartz, Die kunsthistorische Ausstellung zu Düsseldorf. S. 24
und 28, Tafel 53 und 61.
- 67 -
der Persönlichkeit, wie in der freieren Farbengebung weit mehr
an die charakteristische Art der Vlamänder und insbesondere
an die des großen Jan van Eyck erinnert, wie Hulin treffend
hervorhebt 1 )« Das Bild zählte in der Tat auch zu den hervor**
ragendsten Stucken der interessanten Ausstellung.
Auf der Lukas Cr anach" Ausstellung in Dresden (1899) 2 )
erweckte „Die heilige Helena" (Nr. 715), ein eigenhändiges,
sehr gut erhaltenes Werk, namentlich die Aufmerksamkeit der
Kunstforscher* Das mit der Schlange und der Jahreszahl 1525
versehene Bild trägt zur Klarstellung der mittleren Periode
des Künstlers (1520 — 1530) wesentlich bei und war wichtig für
den Vergleich mit einigen Werken des Pseudo- Grünewald, der
mit dieser Ausstellung gänzlich aus der kunstwissenschaftlichen
Literatur ausschied. An diesem Bilde tritt auch zum ersten
Male die eigentümliche Schiefstellung der nach außen empor'
gezogenen Augen auf, die nach dieser Zeit für manche Cra^
nachsehe Frauenköpfe charakteristisch ist. „Das Opfer Abra"
hams" (Nr. 739) aus dem Jahre 1531 erfreute durch die kräftige,
heitere Färbung und die für den Künstler bezeichnende teclv
nische Durchbildung.
Anläßlich der dreihundertjährigen Geburtsfeier Rembrandts
fand im Jahre 1906 im Parterresaal der Lakenhai zu Leyden,
der Vaterstadt des genialen Meisters, eine Ausstellung statt,
welche nebst 20 hervorragenden, wenig bekannten Werken
desselben auch Gemälde seiner Zeitgenossen umfaßte. Zu den
wenigen Kunstfreunden, welche das große Opfer nicht scheuten,
aus ihrem Kunstbesitze Werke des Künstlers leihweise zu
überlassen, gehörte auch der Fürst 3 ), welcher Rembrandts
Selbstporträt (1635) und das Bildnis seiner Schwester nach
] ) Zeitschrift für bildende Kunst. N. F. 1904, XV, S. 292 f. — Georges
H. de Loo, L'Exposition des Primitifs francais au point de vue de Hn*
fluence des freres van Eyck sur la peinture francaise et provencale.
Brüssel und Paris 1904.
-) Repertorium für Kunstwissenschaft. 1899, XXII, S. 240. — Zeit'
schrift für bildende Kunst. N. F. 1900, XI, S. 80.
*) Neue Freie Presse. 16. Juli 1906, S, 5. — Frimmel, Blätter für
Gemäldekunde. 1907, III, S. 58* — Kunstchronik. N. F. 1907, XVIII, S. 69.
5*
— 68 —
Lcydcn sandte. Das wunderbare Bildnis des Künstlers 1 ), aus>
gezeichnet durch das reiche Farbenkonzert, das feine Hell'
dunkel und die liebevolle Ausfuhrung, ein prächtiges Dokument
jener Zeit, da er mit Saskia glücklich war und stolz und hoch'
sinnig in die Welt blickte, gehörte unstreitig zu den besten
Bildern, die in Leyden zu sehen waren. Das Entgegenkommen
des Fürsten fand auch bei den Veranstaltern der Ausstellung,
zu welchen die bedeutendsten Rembrandt'Forscher zählten, die
ungeteilteste Anerkennung.
Eine Zierde der Ausstellung von Werken Fragonards
und Chardins in der Galerie Georges Petit in Paris (1907)
bildeten die vier anmutigen Bildchen J. B. Chardins mit den
jugendlichen Köchinnen und graziösen Bürgersfrauen, die zu
den schönsten Werken des frischen und liebenswürdigen Genre'
und Sittenmalers gerechnet werden müssen 2 ).
Auch auf der deutschen Jahrhundertausstellung in Berlin
war der Fürst durch einige beachtenswerte Werke vertreten,
und zwar durch zwei ausgezeichnete, den besten Arbeiten Graffs
und Tischbeins gleichwertige Bilder Angelika KaufFmanns 3 )
„König Ferdinand I. beider Sizilien im Kreise seiner Familie",
in Malerei und Farbengebung in der Art der Engländer des
18. Jahrhunderts durchgeführt, und das Porträt der Fürstin
Maria Josefa von EszterhazyLiechtenstein, 1795 in Rom ge-
malt, ein farbenprächtiges Stilleben von Franz Xaver Petter
(1827), ein vorzügliches Bild von Johann D allinger v. Dalling
d. J., welches eine Anzahl edler Pferde im Hofe des fürstlichen
Reitstallgebäudes zu Eisgrub wiedergibt, und drei Tierstücke
von Friedrich Gauermann („Vor dem Gewitter", 1837, „Im
Schafstall", „Ein Schimmel", 1833) 4 ). Das Einzelbildnis von
*) Bode, Rembrandt. 1899» III, S. 14 und 95 f., Taf. 174.
2 ) Illustrierte Zeitung. Leipzig, 4« Juli 1907» S. 25. — Neue Freie
Presse. 25. Juli 1907» S. 9.
3 ) Die Zeit. 3* November 1907» S. 3.
4 ) Tschudi und Meyer-Graefe, Ausstellung deutscher Kunst aus der
Zeit von 1775— 1875 in der k. National~Galerie. Berlin 1906. I. und II
München 1906. Nr. 322 (Dallinger), 580—582 (Gauermann), 815 und 816
(Kauffmann) und 1331 (Petter).
- 69 -
A. Kauffmann und das Stilleben vonPetter waren Vorjahren
noch in der Galerie zu sehen (alt Nr« 705 und 1334).
In die Regierungszeit des Fürsten fallt auch der Beginn
der kunstwissenschaftlichen Durchforschung der Galerie, die
von hervorragenden Kunstgelehrten mit dem größten Eifer und
Verständnis durchgeführt wurde und deren Resultate in wert-
vollen Publikationen, deren Herausgabe vom Fürsten mit
großen Mitteln gefördert wurde, niedergelegt sind. Zu gleicher
Zeit wurden auch die erlesensten Stücke der Galerie in photo**
graphischen Reproduktionen wiedergegeben, wodurch dem
Kunsthistoriker die Möglichkeit geboten wurde, die Gemälde
der Sammlung mehr als bisher in den Bereich stilkritischer
Betrachtungen zu ziehen* Gustav Friedrich Waagen (f 1868),
Direktor der königlichen Gemäldegalerie in Berlin, gebührt
das Verdienst, als erster zahlreiche Werke der Galerie (zirka
300) in wissenschaftlicher Weise untersucht zu haben« Wie
wertvoll seine Bemerkungen sind, lehrt am besten ein Ver"
gleich mit zwei, nicht allzulange vor seinem Werke „Die vor'
nehmsten Kunstdenkmäler in Wien" (1866) erschienenen
Büchern, mit Pergers „Die Kunstschätze Wiens" (1854) und
Betty Paolis „Wiens Gemäldegalerien in ihrer kunsthistorischen
Bedeutung" (1865). Pergers Werk, das mit einer Reihe, zum
Teil vorzüglicher Stahlstiche nach Hauptbildern der Galerie
geschmückt ist, macht nicht einmal den Versuch, die Bilder
kunstkritisch zu sichten« So wird der von Johann I. erworbene
„Raucher" von Johann Kupetzky (Nr« 313) noch kühn als
Velasquez bezeichnet und abgebildet, ein Bild, das nach Nyari
selbst für Kupetzky zu schwach ist 1 )* Mit großem Fleiße und
hingebender Liebe hat B. Paoli die Werke der Galerie be>
trachtet; allein kunsthistorische Erörterungen lagen ihrer
schriftstellerischen Tätigkeit doch zu fern, als daß sie uns in
ihren Aufzeichnungen Mitteilungen von dauerndem wissen'
schaftlichen Werte hinterlassen hätte können. Waagen dagegen
verfugt über eine umfassei^de, auf zahlreichen Reisen erwor.
bene Denkmälerkenntnis und einen für die damalige Zeit
l ) Perger, a. a. O. I, S. 132, — Alex. Ny&ri, Der Porträtmaler
J. Kupetzky. S. 123.
— 70 —
großen kritischen Scharfblick. Wenn man bedenkt, daß ihm
bei der Untersuchung der Bilder der Sammlung alle Hilfst
mittel, wie ein zweckentsprechender Katalog und das reiche
Vergleichsmaterial, welches heutzutage die photomechanischen
Wiedergaben der Werke aller Galerien dem Kunstgelehrten
zur Bestimmung der Bilder bieten, fehlten, so müssen wir
staunen, mit welch feinem Verständnis er die Meisterwerke
der Galerie ins rechte Licht setzte, mit welcher Sicherheit er
Echtes von Unechtem schied und eine Reihe von Neube>
nennungen vorschlug, die heute noch Geltung haben. Wenn
auch viele seiner Ansichten durch den gewaltigen Fortschritt,
welchen die Kunstgeschichte in der zweiten Hälfte des 19. Jaluv
hunderts gemacht hat, überholt erscheinen und manche von
den Werken, die Waagen, dem Geschmacke seiner Zeit folgend,
überschätzt hat, gegenwärtig nicht mehr in dem Maße bewundert
werden wie damals, so dürfen wir doch die großen Verdienste
nicht schmälern, die sich derselbe um die Galerie erworben hat
und müssen ihm dafür dankbar sein, daß er die erste wissen'
schaftliche Grundlage für spätere Forschungen geschaffen hat.
Um die Bedeutung des Waagenschen Werkes klarzu"
machen, wollen wir zunächst einige Neubenennungen anführen,
welche Werke betreffen, die als Perlen der Galerie bezeichnet
werden müssen. Das miniaturartig durchgeführte Doppelbildnis
von Mann und Frau (Nr. 734), das früher als Hans Memling
galt, wurde dem Antonello da Messina zugeschrieben. Frimmel
vermutet allerdings, daß dasselbe ein Werk Jacomettos, eines
um 1500 in Venedig tätigen Miniaturmalers, sei, und hält das
Bildchen für wahrscheinlich identisch mit dem in MarcAnton
Michiels „Notizia d'opere di disegno" beschriebenen, einen
Alvise Contarini und eine Benediktinerin von San Segondo
darstellenden Doppelporträt, das sich seinerzeit (1543) im Hause
des Michiel Contarini in Venedig befand. L. Venturi reiht das
Porträt unter die Hauptwerke Antonellos ein und setzt die
Entstehung desselben in das Jahr 1474 *). Die Anschauung
l ) Frimmel, Beilage der Blätter für Gemäldekunde. II, S. 59 f- und
76 f. — U. Thieme und F. Becker, Allgemeines Lexikon der bildenden
Künstler. Leipzig 1907, I, S* 570 f.
— 71 —
Waagens, daß das herrliche weibliche Bildnis (Nr« 32) ein
Werk des Lionardo da Vinci sei, wurde von Bode bestätigt,
der es auch wahrscheinlich gemacht hat, daß das Bild 1472
oder 1473 in der Werkstätte Verrocchios entstanden und der
Name der Dargestellten Ginevra dei Benci sein könne. Wie
die Hände des unten um 25 — 30 cm verkürzten Bildes gemalt
waren, ersieht man aus einer alten Kopie desselben beim
Marchese Pucci in Florenz, auf deren Rückseite auch der
Name der jungen Frau zu lesen ist. Wir haben es also im Bilde
der Liechtenstein'Galerie bestimmt mit dem Porträt zu tun,
von welchem Vasari anführt, daß es Lionardo in Florenz ge^
malt hat und welches man für verloren gehalten hatte, mit
einem Werke, in welchem sich der Künstler zum ersten
Male als einen der größten Frauenmaler aller Zeiten zeigt 1 ).
Von Waagen wurde ferner der als „Altholländische Schule"
bezeichnete Flügelaltar mit der Hinrichtung der heiligen
Barbara im Hauptbilde (Nr. 743 — 745) dem Gerrit van
Haarlem, die dem Jan van Eyck zugeschriebene „Anbetung
der Könige" (Nr. 735 — 737) dem Hugo van der Goes und
das dem Bartholomäus van der Helst zugesprochene, monu/
mental aufgefaßte Heythuysen ' Bildnis (Nr. 75) dem Frans
Hals gegeben. Das in der Galerie unter dem Namen Jean
Fouquet angeführte, meisterhafte, die seelische Stimmung so
unsagbar fein wiedergebende männliche Porträt (Nr. 729), das
die Bezeichnung Andrea Mantegna trug, wurde in die altnieder'
ländische Schule verwiesen. Waagen ist hierin den neueren
Forschern (Hulin und Paul Vitry) nahegekommen, welche das
Bild in die Nähe Jan van Eycks versetzen.
Es ist selbstverständlich, daß von den Bildern auch
mancher große Name verschwinden mußte, um einem besehet
deneren Platz zu machen. Der „Kreuztragende Christus" mit
dem edelgeschnittenen Antlitz, der vornehmen Haltung und
den feingezeichneten Händen, der in der Galerie als Werk
l ) Kunstchronik. N. F. 1893, IV, Sp. 240. — Zeitschrift für bildende
Kunst N. F. 1903, XIV, S, 274 ff. — Neue Freie Presse. 22. Jänner 1907,
S. 1. — P, Müller^ Walde, Leonardo da Vinci. München 1889, S. 66 f. —
A. Rosenberg, Leonardo da Vinci* Bielefeld und Leipzig 1898. S. 28.
— 72 —
Lionardos prangte, wurde als eine Schöpfung des Cesare da
Sesto angesehen; gemeint ist jedenfalls das gegenwärtig unter
Nr. 35 als „Schule Lionardos" angeführte Bild, für welches
Suida die Benennung Andrea Solario wählt 1 ). Das weibliche
Bildnis (Nr. 44), das den Namen Giorgione trug, hielt Waagen
für eine schwache Kopie nach Paris Bordone; nach Bode ist
allerdings das Bild, welches derzeit in der Galerie als Kopie
nach Palma Vecchio bezeichnet wird, eine Nachbildung nach
dem in Dorchester^House in London befindlichen Original von
Lorenzo Lotto. Für die beiden Altarflügel mit den Figuren
der Stifter und ihrer Schutzheiligen (Nr. 724 und 726), einst
Albrecht Dürer benannt, schlug er die Bezeichnung Barent van
Orley vor, für den sie aber nach Bode zu schwach sind. Die
Brustbilder von Mann und Frau (Nr. 704 und 707), die als
Werke Hans Holbeins d. J. galten, wurden als Werke des
Meisters vom Tode der Maria erkannt; Bode schrieb sie dem
Bartholomäus Bruyn, Scheibler neuerdings dem vorerwähnten
Meister zu. In dem männlichen Bildnis (Nr. 705) aus dem
Jahre 1537, früher vermutungsweise dem Holbein gegeben, ver<*
mutet Waagen ein Werk Christoph Ambergers. Frimmel hält
das Bild, das in der Galerie als Jan Joest van Calcar, von Bode
als altholländische Schule bezeichnet wird, für ein gutes Werk
eines oberdeutschen Malers, und zwar für eine Wiederholung
oder Kopie eines in der Galerie Nostitz zu Prag befindlichen
Gemäldes, das dem Holbein nahesteht 2 ). Ein Rembrandt
(„Christus heilt den Blinden", Nr. 664) erhielt von dem Ber>
liner Kunstforscher den Namen Salomon Koninck; nach Bode
ist das Bild ein Werk Bartholomäus Breenberghs.
Die Forschungen Waagens leisteten dem Galeriedirektor
Jakob Falke bei der im Auftrage des Fürsten erfolgten Heraus"
l ) Adolf Rosenberg, Leonardo da Vinci. S. 134*
') Frimmel, Kleine Galeriestudien. I, S. 132. — Die auf der Steine
brüstung angebrachte lateinische Inschrift des Bildes lautet:
CVM TREDECIH VITJE FLVXISSENT LVSTRA PERACTjE
VIRIBVS EXHAVSTO CORPORE TALIS ERAM
PIGNORA SVNT TREDECIM NOSTRO DE SANGVINE CRETA
VNICA QViE NOBIS SVSTVLIT VXOR ERAT.
— 73 —
gäbe eines neuen Kataloges (1873) vorzügliche Dienste 1 ). Der"
selbe war dringend nötig geworden ; denn seit dem Erscheinen
des Kataloges vom Jahre 1780 bestand kein gedrucktes Ver"
zeichnis, das dem Besucher der Galerie als Fuhrer dienen
konnte. Vor der Abfassung des Kataloges waren in der Samm^
lung zum Teil sehr eingreifende Veränderungen in der An*
Ordnung der Bilder vorgenommen worden, auch 'eine fort"
laufende Numerierung wurde eingeführt* Der Katalog weist
in zahlreichen Fällen Neubenennungen der Bilder auf, in
anderen Fällen wieder wurden durch ein Fragezeichen Zweifel
an die Zuschreibung an einen bestimmten Meister ausgedrückt,
wobei sich allerdings der Verfasser eine gewisse Reserve auf'
erlegt. Die nach 1873 vorgenommenen Ausscheidungen aus
der Galerie und die darauf erfolgte Neunumerierung der
Bilder machten eine Neuauflage des Kataloges notwendig, die
ebenfalls von Falke besorgt wurde (1885). Der größte Teil der
Bilder, die vom gegenwärtigen Fürsten erworben wurden und
welche die heutige Gestalt der Galerie so bestimmend beein'
Aussen, fand in demselben jedoch keine Aufnahme.
Ein hervorragendes Verdienst um die wissenschaftliche
Bearbeitung der reichen Schätze seiner Gemäldesammlung hat
sich der Fürst besonders dadurch erworben, daß derselbe es
der „ Gesellschaft für vervielfältigende Kunst in Wien" durch
eine außerordentlich hohe Subvention (18.000 Kronen) er'
möglichte, eine ausgezeichnete Publikation über die Galerie
herauszugeben, die zu dem besten gehört, was diese Vereinig
g" 11 ? J e geschaffen hat 2 ). Mit der dankbaren, doch äußerst
schwierigen Aufgabe der Abfassung des Galeriewerkes wurde
Dr. Wilhelm Bode, Generaldirektor der königlichen Museen in
Berlin, einer der bedeutendsten Bilderkenner der Gegenwart,
betraut, welcher die gestellte Aufgabe mit der ihm eigenen
strengen Kritik, feinem Stilgefühl und sicherer Beherrschung
l ) Kunstchronik. 1873» VIII, Sp. 588 f. — Mitteilungen des k. k. öster-
reichischen Museums für Kunst und Industrie. Wien 1873» VIII. Jahrg.,
S. 410.
*) Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst. Wien
1895» Nr. i.
— 74 —
des Materials löste« Seine Aufsätze, die vom Jahre 1888 angc
fangen in sechs Jahrgängen der Zeitschrift „Die graphischen
Künste" erschienen, wurden im Jahre 1895 abgeschlossen und
dann 1896 zu einem Ganzen vereinigt. Die hervorragendsten
Meister der vervielfältigenden Kunst wurden herangezogen, um
das Galeriewerk mit vorzüglichen Nachbildungen der schönsten
Werke der Sammlung zu schmücken. Die Radierungen von
William Unger, W. Hecht, Albert Krüger, Anton Kaiser,
Th. Alphons und Doris Raab, die Stiche von R. Leemann,
K. Wartmann, A. Krüger und K. Schönbauer und die Holz**
schnitte von W. Hecht und F. Scheu zählen zu den schönsten
Leistungen dieser Künstler. An dieselben schließen sich eine
Reihe vortrefflicher Heliogravüren von Paulussen und zahl'
reiche Zinkographien von Angerer und Göschl nach photo'
graphischen Aufnahmen und Zeichnungen von Robert Raud*
ner, G. Frank, Hecht und A. Kaiser an. Für die schönen
Kopfleisten, Titel' und Schlußvignetten, die ihre Motive meist
den Dekorationen des Palastes entnehmen, hatten G. Niemann
und besonders A. Kaiser zahlreiche Zeichnungen geliefert, die
in Hochätzungen reproduziert wurden« Der Druck der Abbil'
düngen wurde von der Druckerei der Gesellschaft und der
Hof' und Staatsdruckerei in ausgezeichneter Weise durchge'
führt.
Das Bodesche Werk bildete auch zum Teil die Grund'
läge für den Führer durch die Liechtenstein'Galerie von
Dr. Wilhelm Suida (Moderner Cicerone, Wien, II), welcher
für den Kunstfreund eine kurzgefaßte und vortreffliche An'
leitung zum Genüsse der Hauptwerke der Sammlung bietet
und demselben in dieser Hinsicht weit bessere Dienste leistet
als ein wissenschaftlicher Katalog. Die dem Büchlein beige'
gebenen Abbildungen sind eine willkommene Stütze der Be*
trachtung und späteren Erinnerung.
In neuerer Zeit entstanden auch teils mit Unterstützung
des Fürsten einige große Stiche und Radierungen nach mehreren
der herrlichsten Werke der Galerie. Der geistvolle Radierer
William Unger hat das Herthuysen'Bildnis von Hals, die
Söhne des Rubens (Nr. 114), das Bildnis eines italienischen
— 75 ~
Edelmannes (Don Livio Odescalchi, früher als Bildnis Wallen'
Steins bekannt) von A- van Dyck (Nr. 61) und das Selbst'
porträt Rembrandts in prächtigen Blättern wiedergegeben, die
den Künstler auf der Höhe seiner ungeschwächten Arbeitskraft
zeigen und eine neue Phase seiner Kunst bedeuten, indem sie
auf großen Blättern nur eine oder zwei Figuren bringen» Das
vorzüglichste darunter ist jedenfalls das Porträt des kraft'
strotzenden Haarlemer Patriziers von Hals, ein Hauptblatt der
modernen deutschen Radierung, die Radierung nach den Rubens**
Söhnen ist eines der entzückendsten Blätter des Meisters, auch
der sogenannte „Wallenstein" und Rembrandts Selbstporträt
sind reich an Schönheit und Feinheit der Anpassung an die
Ausdrucksweise der schaffenden Künstler. Die drei erstgenannten
Blätter erschienen im Verlag von H. O. Miethke in Wien, das
letztgenannte wurde für einen englischen Verleger gearbeitet ')•
An die Werke Ungers reihen sich die treffliche lebensgroße
Radierung, welche Doris Raab nach dem Brustbilde einer
jungen Frau von Rembrandt geschaffen hat (Verlag von Stief'
bold u. Co. in Berlin) 3 ), und der prachtvolle Stich nach A. van
Dycks „Maria Luise de Tassis" (Nr. 58), des schönsten Frauen'
bildnisses des Meisters, von J. F. Vogel (Gesellschaft für ver'
vielfältigende Kunst) würdig an.
Gleichzeitig mit den Aufsätzen Bodes über die Galerie
begannen auch zwei Serien von photographischen Reproduk'
tionen nach den Meisterwerken derselben zu erscheinen, welche
das Studium von Bildern dieser Sammlung in hohem Maße
erleichterten. In erster Linie müssen wir an dieser Stelle der
in unveränderlichem Kohleverfahren ausgeführten Photographien
von Ad. Braun in Dornach im Elsaß gedenken, die 1889 heraus'
gegeben wurden. Während man bisher von einer Anzahl der
') Kunstchronik. 1889, XXIV, Sp. 449 f., N. F. 1894* V, Sp. 350, 1897,
VIII, Sp. 317« — Lützow, Geschichte des deutschen Kupferstiches und
Holzschnittes. S. 304. - Die graphischen Künste. 1891» XIV, S.9i£ — Mit*
teilungen des Mährischen Gewerbemuseums. 1897» XV, S. 152. — L. Hevesi,
Osterreichische Kunst im 19. Jahrhundert. Leipzig 1903» S. 269. — Neue
Freie Presse, n. September 1907, S. ^f.
2 ) Kunstchronik. N. F. 1892, III, Sp. 333*
- 76 -
bedeutendsten Werke der Galerie keine oder unzulängliche
Photographien besaß, verfugte man im Verlaufe eines Jahres
über 145 vorzügliche Blätter» Es war die erste, im großen Stile
durchgeführte photographische Veröffentlichung der wichtigsten
Werke dieser berühmten Galerie. Einzelne Blätter, wie die
Wiedergabe der Meisterwerke der niederländischen Malerei,
denen die Sammlung ihren größten Ruhm verdankt, gehören
zum vorzüglichsten, was Braun je geleistet hat Das media'
nische Verfahren ist in den Photographien zu staunenswerter
Wirkung gesteigert; die Art, wie bei den einzelnen Reproduk"
tionen die schwierige Kunst der Retusche geübt wurde, ver*
dient die höchste Anerkennung l ). Diese trefflichen Aufnahmen
werden in mancher Hinsicht von den im Jahre 1895 erschie-
nenen, gleichfalls in unveränderlichem Kohledruck vervielfäl-
tigten Photographien von Franz Hanfstaengl in München
(148 Blätter) aufs glänzendste ergänzt« Die Kollektion zählt
zirka 50 Reproduktionen, die in der Braunschen Publikation
nicht enthalten sind 2 ). Auch die 48 prachtvollen Photogravüren
(auf getöntem Kupferdruckpapier) nach den Meisterwerken der
Liechtensteinschen Gemäldegalerie, welche von der Photogra-
phischen Gesellschaft in Berlin herausgegeben wurden (1906),
verdienen die größte Beachtung 3 ). Im Jahre 1907 erfolgte die
photographische Aufnahme der Hauptbilder der Galerie durch
J. Löwy in Wien, wodurch zahlreiche Bilder der Sammlung,
insbesondere auch solche, die vom gegenwärtigen Fürsten er-
worben wurden, zum ersten Male reproduziert wurden. Die
Frucht dieser Aufnahmen war zunächst eine Serie von 80 In-
taglio-Drucken im Postkartenformat, die, trotz ihres kleinen
Umfanges, namentlich in den Porträten und Einzelfiguren von
großer Schönheit sind.
Nachträglich sei noch auf eine im Jahre 1908 in die
Galerie eingereihte Tafel von Ceccarelli Naddus aufmerksam
*) Chronik für vervielfältigende Kunst Wien 1889» II, S. 7. — Kunst«
chronik. 1889, XXIV, Sp.zsif. und 315« — Repertorium für Kunstwissen*
schaft 1889, XII, S. 200.
J ) Kunstchronik. N. F. 1895» VI, Sp. 544*
3 ) Frimmel, Blätter für Gemäldekunde. 1907, III» S. 87.
— 77 —
gemacht, die eine ergreifende Darstellung des leidenden Christus
in Halbfigur enthält* Von ganz besonderer Schönheit sind die
zierlichen Ornamente des Goldgrundes und der alte Rahmen,
der in acht Medaillons Brustbilder von Heiligen zeigt*
Die reiche Sammlung von Werken der Plastik und des
Kunstgewerbes '), welche auf die einzelnen Säle der Galerie in
geschmackvoller Weise verteilt ist, geht in ihren wichtigsten
Erwerbungen auf den Fürsten zurück. Kein Kunstfreund kann
sich der einzigartigen Wirkung entziehen, welche besonders
der Eintrittssaal der Galerie, der ganz den Meisterwerken der
Bildhauerkunst und kunstgewerblichen Objekten gewidmet ist,
auf ihn macht« Der feine Kunstsinn des Fürsten kommt nicht
nur in der Art der Neuerwerbungen, sondern auch in der An^
Ordnung der Kunstwerke in dem genannten und dem Rubens-
Saal in großartiger Weise zum Ausdruck und es wird wenige
öffentliche Sammlungen geben, die in dieser Hinsicht mit diesen
Räumen wetteifern können. Die Skulpturen, die im Eintritts"
saal aufgestellt sind, gehören in ihren schönsten Stücken der
italienischen Kunst des Quattrocento an und bilden gleichsam
eine gewaltige Introduktion zu den Meisterwerken der Malerei
derselben Periode im folgenden Räume. Aus der Nähe Dona*
tellos, des hervorragendsten Meisters der Florentiner Früh"
renaissance, stammt die schlicht aufgefaßte, in der Durchbildung
der Gesichtszüge, der Hände und der Gewandung vortreffliche,
bemalte Tonbüste des heiligen Laurentius, welche denselben in
jugendlicher Frische als mutigen Zeugen des Glaubens, nicht
als Märtyrer, darstellt Die Kunst der Robbia, die in so glück"
licher Weise das Schaffen Donatellos ergänzt, kommt in mehreren
schönen glasierten Tonreliefs und "figuren ausgezeichnet zur
Anschauung. Von ausnehmender Lieblichkeit und köstlicher
Naivität ist die Figur der auf dem Rasen sitzenden Madonna
mit dem Kinde, das nach Lilien greift, von Luca della Robbia.
Viel vornehmer hat Andrea della Robbia die Madonna in zwei
i) Die graphischen Künste. 1895, XVIII, S. 127 ff. (Bode.) — Monats-
blStter des Wissenschaftlichen Klub in Wien. 1902, XXIII, S. 18 f. — Neues
Wiener Tagblatt. 24. Februar 1903, S. 6. — Dr. W. Suida, Moderner
Cicerone. Wien, II, S. 68 ff.
- 78 -
Reliefs gestaltet, welche gleichfalls weiße Figuren auf blauem
Grunde zeigen. Das eine derselben ist von einem schönen
Holzrahmen umschlossen, das andere, welches die Madonna
sitzend, mit dem Kinde auf dem Schöße, links und rechts einen
Seraphim und darüber die Taube, darstellt, wird von reizenden,
bunten Blumenkränzen aus glasiertem Ton umrahmt und von
Palmetten bekrönt und flankiert. Demselben Meister gehören
auch der schelmisch blickende, freistehende Bacchusknabe mit
einer Traube in der Linken und einem Becher in der Rechten
und die lieblichen Putti an, einer mit Früchten, ein anderer
mit einem Eichkätzchen spielend. Werke in der Art der Robbia
(nach Suida von Luca und Andrea) sind die herrlichen Me>
daillons, welche einen Jünglingskopf, ein männliches Porträt
und die Figur eines Bischofs darstellen, mit hohem Schönheit*'
gefühl und großer Naturwahrheit in hohem Relief durchgeführt
Die weißglasierten Körperteile auf blauem Grunde werden
von prächtigen, stark aus der Fläche tretenden Frucht- und
Blumengewinden eingefaßt. Aus dem grünen Laub treten
Zitronen, Äpfel, Oliven, Trauben und Pinienzapfen, dann
weiße und blaue Blüten hervor. Grün, Violett und Gelb sind
die herrschenden Töne in dem reichen Farbenkonzert. Dem
Bertoldo di Giovanni gehört eine einst vergoldete, aus dunkel-
gelbem Glockenmetall hergestellte, auf einem schönen, reich
verzierten Steinsockel stehende, prächtige Statuette an, welche
einen Mann darstellt, der mit der rechten Hand eine über die
Schulter gelegte Keule hält, während die linke sich auf einen
auf den Boden gestellten Schild stützt. Um den nackten Leib
erscheint ein Laubkranz gewunden. Bis nun glaubte man, es
mit einer Herkulesstatue zu tun zu haben; doch Bode hat der
Figur eine andere, richtigere Deutung gegeben 1 ). Nach einem
Vergleich derselben mit einem Gegenstück in der Sammlung
P. Morgan, die gleichfalls hinten ein kleines Schwänzchen hat,
eine Keule trägt und die Rechte einst auf einen Schild stützte,
kam der Kunsthistoriker zur Ansicht, daß es sich um ein
l ) W. Bode, Die italienischen Bronzestatuetten der Renaissance.
Berlin 1907, S. 15* Taf. XII. — Kunst und Kunsthandwerk. 1907, X,
S. 528 f. — Kunstchronik. N. F. 1908, XIX, Sp. 125.
— 79 —
Paar wilder Männer handelt, die bekannten Seitenfiguren ver*
schiedener alten Wappen. Sie gehörten jedenfalls mit einer
Herkulesfigur zu Pferde im Museo Estense zu Modena zu
einer größern Gruppe, welche Bertoldo wahrscheinlich für Ercole
d'Este ausführte. Tatsächlich stimmen auch die Reste der aus'
gekratzten Zeichnung auf dem Schilde der Liechtensteinschen
Figur mit dem Est e^ Wappen überein. In der sauber durch'
gearbeiteten, zierlich stilisierten, scharf gezeichneten Figur
kommt die ganze individuelle Formensprache des Künstlers
in ausgezeichneter Weise zur Geltung. Das Werk, welches
gewiß zu den besten Arbeiten der Florentiner Kleinplastik des
Quattrocento gehört, wurde vom Fürsten vor etwa 25 Jahren
in Florenz erworben. Die jüngere Generation der florentinischen
Bildhauer (zweite Hälfte des 15 Jahrhunderts), und zwar die
im Anschlüsse an Desiderio da Settignano schaffende Gruppe
derselben, ist durch eine Anzahl herrlicher Stücke vertreten.
Eine große, charakteristische Terrakottabüste eines bartlosen
Mannes von breiter Anlage und gesundem Naturalismus ist ein
Werk Antonio Rosselinos. Das Marmorrelief der Madonna
mit dem munter blickenden Kinde zeugt von dem feinen Ge-
schmack dieses Künstlers und seiner Sicherheit in der leichten
und vollendeten Behandlung des Materials. Mit markigen
Zügen hat Benedetto da Majano die Bronzebüste eines Feld"
herrn ausgestattet. Das Relief einer Frau in Halbfigur und
die beiden knienden Engel aus Terrakotta, ferner die kleinen,
bemalten Statuen der Fede und Castitä in reicher, malerischer
Gewandung gehören demselben Meister an. Von Mino da
Fiesole rührt ein viereckiges, hocherhabenes Profilporträt eines
Mannes in Marmor her, mit feinem Realismus besonders im
Haare durchgebildet, ungemein zart in der Behandlung des
Faltenwurfes. An die Kunst des Quattrocento klingen noch die
mitzierlichen, kräftigprofilierten dekorativen Reliefs geschmückten
Marmorpilaster und andere architektonische Details aus der
Werkstätte des Benedetto da Rovezzano an. Der Einfluß Dona**
tellos tritt auch in einigen Werken norditalienischer Künstler,
welche unserer Sammlung angehören, deutlich zutage. In der
Art seines Lieblingsschülers, des PaduanersBartolommeoBellano,
— 80 —
ist das Flachrelief der Madonna, von herber Bildung, vor reiz*-
vollem architektonischen Hintergrunde, gearbeitet E. W. Braun
hält die Plakette, welche in hohem Rundrelief den heiligen
Antonius in Halbfigur, nach links schreitend und in der Rechten
den Stab mit der Glocke haltend, zeigt, für ein eigenhändiges
Werk Bellanos. Das Werk, dem ein hoher künstlerischer Wert
innewohnt, entzückt vor allem durch die strenge, eindringliche
Realistik und die Schönheit des Gusses. Die Art dieses Kunst'
lers verrät auch ein auf drei Löwenfüßen ruhendes Tintenfaß
mit der den Deckel krönenden Gestalt eines David, der einen
Fuß auf das abgeschlagene Haupt des Goliath setzt und in der
rechten Hand das gekrümmte Schwert hält. In dieselbe Schule
gehört ferner der feinziselierte, liegende Drache mit geöffnetem
Rachen, auf dessen Rücken eine kleine weibliche Figur (Venus)
steht, die offenbar erst später aufgesetzt wurde, da an dieser
Stelle sonst Neptun steht 1 ). Aus der Werkstätte des Andrea
Briosco (Riccio) in Padua stammt der „Krieger zu Pferde"
(Rohguß), der sich von dem berühmten Original des in der
Ausbildung der Kleinplastik unübertroffenen Meisters dadurch
unterscheidet, daß der Reiter auf einem Pferde sitzt, welches
nach einem der vier griechischen Rosse auf San Marco kopiert
ist, die so geschätzt waren, daß die Sammler eine Kopie davon
der Erfindung Riccios vorzogen. Die ungemein lebensvolle
Figur mit geöffnetem Munde, in antikisierender Rüstung, die
Linke am Zügel des Pferdes, die Rechte den Schwertgriff
haltend (die Schwertklinge wurde in letzter Zeit ergänzt), ist
wohl als Anführer einer Kriegerschar gedacht 2 ). Das kleine
Marmorrelief des Apollo erscheint in der Weise des Mailänders
Cristoforo Foppa (Caradosso) gebildet. Von einem Zeitgenossen
des Agostino Busti (Bambaja), vielleicht von Andrea Fusina
Milanese, rührt ein halbrundes Marmorrelief mit der Madonna
her, die sich verehrungsvoll zum auf dem Boden liegenden
Christuskinde niederbeugt, während links und rechts ein Engel
') Über die obenerwähnten Bronzearbeiten des Bellano und seiner
Schule vergleiche „Kunst und Kunathandwerk« 1907, X, S. 528 ff.
') Kunstchronik. 1883» XVIII, Sp. 729« — W. Bode, Die italienischen
Bronzestatuetten der Renaissance. S. 25.
— 8l —
herabschwebt. Die stark aus der Fläche tretenden Figuren sind
von ausnehmender Zierlichkeit, der reiche Faltenwurf ist mit
großem Geschick behandelt« Von den beiden interessanten
männlichen Profilporträten in Marmor dürfte das runde, male'
risch außerordentlich wirksame in der Lombardei, das vier'
eckige, welches in schlichter Auffassung einen Jünglingskopf
mit hoher Mütze wiedergibt, auf venezianischem Gebiete ent"
standen sein«
Der Eintrittssaal enthält auch eine Reihe schöner antiker
Köpfe und das bewunderungswürdige Bruchstück einer griechi'
sehen Grabstele aus dem 4. Jahrhundert 1 ). Die bemalte und
vergoldete Statue der heiligen Magdalena aus Holz ist eine gute
deutsche Arbeit des 15. Jahrhunderts. Ein vorzügliches Werk
der Elfenbeinplastik ist das kleine gotische Triptychon, eine
französische Arbeit, die um das Jahr 1400 entstanden sein mag.
Dasselbe enthält im Mittelfeld die Figur der Madonna mit
dem Kinde, im linken Flügel die Verkündigung und die
Anbetung der Könige, im rechten die Heimsuchung und die
Darstellung im Tempel.
Unter den Werken der italienischen Hochrenaissance, die
im RubenS'Saal aufgestellt erscheinen, verdient die schön
patinierte, lebensgroße Bronzebüste eines vornehmen Vene'
zianers in römischer Imperatorentracht von dem seltenen Ludo
vico Lombardi die größte Beachtung. Der Kopf ist leicht nach
vorne geneigt, der Mund eingezogen, die Nase gebogen, die
Stirne in Falten gelegt, die Augen sind von weltschmerzlich
träumerischem Zug erfüllt, das Gewand, welches in maleri"
sehen Falten den Oberkörper umhüllt, wird an der rechten
Schulter durch einen Knopf in der Form einer fünfblätterigen
Rosette zusammengehalten. Der eingezogene Sockel ist mit
zierlichen Akanthusblättern, die oben in Widderköpfe über'
gehen, geschmückt. Die Bronze steht auf einem schön pro
filierten, teilweise vergoldeten und bemalten Marmorpostament.
Die monumental aufgefaßte und kräftig modellierte Büste,
*) Ober die Antikensammlung des Fürsten vergleiche „Archäologisch*
epigraphische Mitteilungen aus Österreich". Wien 1881, V, S. 139 f., Taf. IV,
1882, VI, S. 63 ff., 1891, XV, S. 46 ff.
6
— 82 —
die den feinen Sinn des Künstlers für edle Formen offen'
bart, ist jedenfalls den Porträten des Kaisers Decius nach'
empfunden worden; nur das Haar ist modern behandelt 1 )«
Von den Arbeiten des Giovanni da Bologna erwähnen wir
nur zwei seiner höchst wirksamen, lebhaft bewegten, außer"
ordentlich energisch aufgefaßten Einzelfiguren, einen Herkules
als Schlangentöter und eine Variante desselben Modells, die
nackte Figur des gewaltig ausschreitenden Mars mit einem
Schwertgriff in der Rechten 2 ). Diese und andere Statuetten und
Gruppen, welche auf prächtigen, mit Marmorplatten versehenen
Renaissancetischen aufgestellt sind, wie die auf Sockeln stehen"
den Bronzestatuen und "büsten aus der späteren Renaissance,
größtenteils freie Nachbildungen nach der Antike, vereinigen
sich mit den gewaltigen Schöpfungen des großen Vlämen,
deren Umrahmungen durch die Entfernung der modernen Ver"
goldung ihre ursprüngliche Schönheit wieder erlangt haben,
zur einheitlichen, feierlichen Wirkung« Wir glauben nicht, daß
es bis jetzt einem Galeriedirektor gelungen ist, die Werke des
Rubens in so glücklicher Weise zur Geltung zu bringen, wie
es hier der Fürst in geradezu mustergültiger Weise erreicht
hat Ein schöner Schmuck des III« Saales ist eine in der
Wiener k. k. Kunsterzgießerei im Jahre 1877 hergestellte Bronze"
statue des Hähneischen Raffael in Dresden, des reifsten
Werkes des großen Bildhauers«
Wir wenden uns nun den Werken des Kunstgewerbes
zu, die in den einzelnen Sälen aufgestellt sind. Die meisten
dieser Stücke sind von den Spezialausstellungen im öster"
reichischen Museum her weiteren Kreisen bekannt geworden.
Besonders der Inhalt eines im L Saal stehenden, prächtigen,
reich geschnitzten, teilweise vergoldeten und mit Intarsia ge"
schmückten Renaissanceschrankes fesselt unsere Aufmerksam"
') Ein vollkommen mit dieser Büste übereinstimmendes Werk war
1907 auf der Ausstellung plastischer Bildwerke des 15. und 16. Jahr-»
hundert* in München (Sammlung Pourtales) als Werk des Alessandro
Vittoria ausgestellt (Zeitschrift für bildende Kunst N. F. 1907, XVIII,
S. 152 und 154.)
2 ) Kunst und Kunsthandwerk. 1907, X, S. 529 und 531*
- 83 —
keit. Die virtuos ausgeführte Trinkkanne aus Elfenbein mit
wilden bacchantischen Szenen und Kindergruppen in hohem
Relief ist ein vorzügliches Werk Matthias Rauchmüllers aus
dem Jahre 1676 l ). Der Kasten enthält auch fünf der bereits
erwähnten, mitP. Corteys bezeichneten, großen Emailplatten 2 ),
eine sechste ist rechts vom Schranke an der Wand befestigt;
eine links von demselben angebrachte ovale, mit Email über'
zogene Kupferschüssel mit der Darstellung des Moses, wie er
die Schlange erhöht, ist ein schönes Werk des Jean Courtois 3 ).
Ein köstliches Werk der französischen Miniaturmalerei des
17* Jahrhunderts ist das auf einer goldenen Dose befindliche,
auf weißem Goldemailgrunde mit Emailfarben gemalte Bildnis
des Marschalls Turenne von Jean Petitöt 4 ). Die Kleinkunst
der italienischen Renaissance wird durch reizende Schmuck'
gegenstände, Plaketten, Medaillen und Türklopfer aus Bronze
repräsentiert. Ein besonderes Interesse nimmt die aus dem
1 6. Jahrhundert stammende, aus Bronzeblech verfertigte Prunk'
Schüssel ein, auf welcher in überaus reicher Weise die Figuren
römischer Kaiser und Darstellungen aus der römischen Ge"
schichte eingraviert erscheinen*). Das oberste Fach des Kastens
nimmt eine reiche Kollektion venezianischer Gläser ein. Ein
zweiter Renaissanceschrank von gleicher Bildung wie der eben
erwähnte enthält eine Sammlung herrlicher Majoliken; an den
Wänden hängen schöne orientalische Fayencen. Die prächtige
Porzellansammlung des Fürsten ist im zweiten Zimmer des
1 ) Mitteilungen des k. k. österreichischen Museums. 1866, 1. Jahrg.,
S. 157 und 164 f. — Eine Reihe von schönen Bechern und Trinkkannen
aus Elfenbein aus dem 17. Jahrhundert, die sich im Besitze des Fürsten
befinden, sind in den vom österreichischen Museum herausgegebenen
Photographien abgebildet. (I. Serie, Nr. 96, 130, 132 und 133*)
2 ) Mitteilungen des k. k. österreichischen Museums. 1885, XX. Jahrg.,
S. 404 f.
3 ) Photographien, herausgegeben vom k. k. Österreichischen Museum.
I. Serie, Nr. 5 und 6.
4 ) Kunst und Kunsthandwerk. 1905, VIII, S. 244 und 246 ff. — Kunst"
gewerbeblatt N. F. Leipzig 1906, XVII, S. 47.
5 ) Mitteilungen des Mährischen Gewerbemuseums. 1887, V, S. 119 f.?
Taf. 9 und 10.
6*
- 84 -
IL Stockwerkes untergebracht* Wir finden hier zahlreiche
schöne Stücke von chinesischem und japanischem Porzellan aus
Arita und Imari und wertvolle Erzeugnisse der Meißener und
Wiener Manufaktur, unter welchen besonders das herrliche
Liechtensteinsche Speiseservice (1784 — 1787) *) unser Entzücken
wachruft. Ein prächtiger, schön geschnitzter und reich mit
Intarsia verzierter Leggio im L Saal und mehrere in den ver'
schiedenen Sälen und Zimmern aufgestellte Truhen, meist der
italienischen Frührenaissance angehörend, in der mannigfaltig'
sten Weise dekoriert und von hervorragenden Meistern mit
feinen historischen und mythologischen Malereien geschmückt,
verdienen die größte Beachtung 2 ). Von dem Fürsten wurden
auch die vier Gobelins, die nach dem Decius^Zyklus von Rubens
im 17. Jahrhundert in Brüssel gewebt wurden und die zum
besten und vornehmsten gehören, was die Teppichwirkerei
überhaupt hervorgebracht hat, erworben. Dieselben stellen „Die
Todesweihe" (Stiegenhaus), „Die Verkündigung des Traumes",
„Die Heimsendung der Liktoren" und „Sieg und Tod" (L Saal)
dar. Von den anderen Tapisserien erwähnen wir noch einen
ornamentalen Wandbehang mit dem von Füllhörnern und
stilisierten Laubwerkornamenten umgebenen Liechtensteinschen
Wappen, eine italienische Arbeit des 16. Iahrhunderts (IL Saal),
und den im ersten Zimmer des IL Stockwerkes untergebrachten
Zyklus aus der Geschichte Mosis. „Die Auffindung des Moses",
„Der Durchzug durch das rote Meer" und „Moses, Wasser aus
dem Felsen schlagend" sind große, farbenprächtige Werke des
Peter van der Borcht, der in der ersten Hälfte des 18. Jalnv
hunderts tätig war und zu den letzten Vertretern der Brüsseler
Webekunst zählt 9 ).
Seine Durchlaucht ist auch im Besitze einer wertvollen
Sammlung von Kupferstichen und Handzeichnungen, die be**
sonders durch den Ankauf der großartigen Hauslab'Sammlung
1 ) Folnesics~Braun, Geschichte der k. k. Wiener Porzellanmanufaktur.
Wien 1907, S. 98 f., Taf. 20.
') J. v. Falke, Mittelalterliches Holzmobiliar. Wien 1894«
3 ) Hitteilungen des k. k. österreichischen Museums. N. F. 1890,
V. Jahrg., S. 81 ff.
- 85 -
vermehrt wurde« Zahlreiche schöne Blätter der Kupferstich'
Sammlung waren wiederholt in den entsprechenden Spezial'
ausstellungen im österreichischen Museum zu sehen, eine treffe
liehe Auswahl von Handzeichnungen hat Eingang ins Schön'
brunner'Medersche Werk „Handzeichnungen aus der Albertina
und anderen Sammlungen" gefunden. Wir werden im letzten
Abschnitte unseres Werkes darauf zurückkommen, in welch
liberaler Weise es der Fürst der Kunstforschung ermöglichte,
Gebrauch von dieser kostbaren Sammlung zu machen. Eine
eingehende, zusammenfassende Würdigung derselben müssen
wir wohl einer sachkundigeren Feder überlassen.
IL
MUSEEN, KUNSTSCHULEN
UND
KÜNSTLERVEREINIGUNGEN.
Die k« k, Akademie der bildenden Künste.
Die hervorragendste Staatsgalerie Österreichs und eine
der reichhaltigsten Gemäldesammlungen überhaupt, die Galerie
der k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien, verdankt
Seiner Durchlaucht eine Reihe bedeutender Werke der älteren
und modernen Kunst, die in ihrer Gesamtheit eine kleine,
wertvolle Galerie bilden würden, wenn sie ein Privatmann
besäße 1 ). Fürjst Johann von Liechtenstein gehört gleich dem
eigentlichen Gründer der Galerie, dem Grafen Anton Lamberg'
Sprinzenstein, und Kaiser Ferdinand L zu denjenigen Männern,
welchen die Galerie in erster Linie für ihre großherzigen
Widmungen zum Danke verpflichtet ist Die aus fürstlichem
Besitze stammenden 45 Werke sind mit Bedacht derartig aus*
gewählt, daß sie, abgesehen von den alten Meistern, insbesondere
jene Meister berücksichtigen, welche typisch für die einzelnen
Entwicklungsstufen der Malerei des 19* Jahrhunderts sind, wo-
durch hauptsächlich die heranwachsende Künstlerschaft in die
Lage versetzt wird, die malerischen Probleme der neuen Zeit
kennen zu lernen und sich an einzelnen, allen voranleuchtenden
Meisterwerken mit Gewinn zu bilden.
Unter den Bildern italienischer Herkunft nimmt Sandro
Botticellis „Madonna mit dem Kinde" den ersten Rang ein.
Der Meister der Florentiner Frührenaissance offenbart in dem
aus der Casa Canigiani zu Florenz stammenden, in Tempera
] ) Allgemeine Kunstchronik. 1881, V, S. 234* — Katalog der
k. k. Akademie der bildenden Künste. Wien 1900. — Frimmel, Geschichte
der Wiener Gemäldesammlungen. Die Galerie in der Akademie dzr
bildenden Künste. Leipzig 1901. (Kleine Galeriestudien. III. F., I, IV. Kap.)
— Dr. W. Suida, Moderner Cicerone. Wien 1904. II, S. 1 ff.
— 90 —
ausgeführten Rundbilde eine plastische Gestaltungskraft, eine
Sicherheit der Zeichnung und eine Feinheit der Formen und
Farben, die ihn als einen bestimmenden Meister seiner Zeit in
die erste Reihe rucken« Von den keuschen Gestalten mit ihrem
schwermutigen Gesichtsausdruck strömt ein eigenartiger Zauber
aus, der uns die poetischen Stimmungen des Meisters nachfühlen
läßt. Dieses glänzende Werk aus der Blütezeit der florentinischen
Schule, es fallt in die späteren achtziger Jahre des 15. Jahrhunderts,
erscheint uns umso wertvoller, als Bilder jener Epoche in Wien
nur spärlich vorhanden sind 1 ). Derselben Schule und Periode
gehört die gleichfalls von inniger Andacht durchwehte „Thronende
Madonna" mit dem Christuskinde, Johannes dem Täufer und
einem das Kind anbetenden Engel an. Ein Umbrer, der sich
schon dem Florentiner Quattrocento nähert, ist der liebens>
würdige Gentile da Fabriano. Das der Galerie 1882 gewidmete
Bild, die „Krönung Maria", ist nach Suida eine alte Kopie nach
einem vor einigen Jahren im Berliner Kunsthandel befindlichen
Gemälde des Meisters *). In den Köpfen voll holdseliger Anmut
und Zartheit der Empfindung, erscheint die Pracht der Ge^
wänder und des Fußteppichs durch eingepreßte und punzierte,
reiche Goldornamente, durch die reliefartige Erhöhung der
Krone Marias und des Gürtels Christi zu wunderbarer äußerer
Wirkung gesteigert. Das Bild, das in den singenden Engeln
mit ihren anmutigen Köpfchen weitere Schönheiten enthüllt, wird
von einem alten, stilvollen Rahmen wirkungsvoll umschlossen.
Seltsam archaistisch mutet uns das „Wunder des hl. Antonius"
an, das einem anderen, aber jüngeren umbrischen Meister
(Schule von Siena), dem Giovanni di Paolo, nahesteht.
Interessant ist ferner ein Bild der umbrischen Schule, das die
thronende Madonna mit den Heiligen Herculanus und Michael
und acht knienden Donatoren zeigt» Letztere vereinigen sich
l ) Hermann Ulmann, Sandro BotticellL 1894, S. 121 f. — Ernst
Steinmann, Botticelli. Bielefeld and Leipzig 1897, S. 28.
') Im Kataloge der Galerie Sedelmeyer (Paria 1900, VI, Nr. 57) ist
ein im Gegenstände wie in den Maßen mit dem Bilde in der Akademie
vollkommen übereinstimmendes Werk Gentiles, das sich früher in England
befand und von Waagen beschrieben wurde, reproduziert.
— 91 —
mit einer Schar blühender Kinder zu einer vortrefflich kom^
ponierten Gruppe. Den Hintergrund des Bildes füllt eine Land-
schaft mit dem Ausblick auf das Meer, hohe Berge und eine
weite Flußebene aus. Die wirkungsvolle Umrahmung des Ganzen
wird durch zwei Pfeiler im zierlichen Frührenaissancestil und
einen darübergespannten Bogen gebildet, der die Inschrift
trägt. In den Bogenzwickeln erscheint, von Greifen gehalten,
das Wappen von Perugia. Das Bild wurde auch für den in
Perugia tätigen Fiorenzo di Lorenzo in Anspruch genommen.
Ein Bild voll tiefen religiösen Gefühls, die „Thronende Ma-
donna" mit dem Kinde, dem kleinen Johannes, dem hl. Josef
und mehreren Engeln, wird der Paduaner Schule aus der Zeit
des Mantegna zugeschrieben. Nach dem Kataloge wäre die
Gottesmutter der im Jahre 1496 entstandenen, ergreifenden
„Madonna della Vittoria" des Meisters im Louvre nachempfunden.
Die übrigen Figuren sind Zusätze des Malers, und zwar nach
Giovanni Morelli von der Hand eines Nordländers, Suida
vermeint in dem Werke die Hand des Paduaners Bernardino
Parentino zu erkennen, Frimmel erkennt in dem jugendlichen
Johannes mit dem offenen Mündchen deutlich die Richtung
des Mantegna und in mehreren Händen den Einfluß des
Bellini Nach ihm ist die Hauptgruppe fast getreu nach der
Madonna mit fünf Heiligen im Museo Civico zu Turin ge>
bildet 1 ). Das plastisch wirkende, ansprechende Porträt eines
jungen Mannes mit feinem, geistvollem Gesichtsausdruck
schreibt der Katalog vermutungsweise dem in Venedig tätigen
Gentile Bellini zu. Nach Dr. Gust. Ludwig und Gustav Frizzoni
ist es ein Werk des Marco Palmezzano, die Baumformen
sprechen für Marco Basaiti. Auch der Schule der Vivarini wird es
zugeschrieben. Frimmel regt eine Vergleichung mit dem Pietro
da Feltre an, der sich vor Jahren im Falkenhaynschen Besitz
befand und jetzt der Sammlung Figdor in Wien angehört.
Das Bild mit seinem schönen Originalrahmen befand sich einst
in der Liechtensteinschen Gemäldegalerie. (Katalog von 1873,
l ) Das aus Vercelli stammende Bild wurde 1871 vom Fürsten in
Venedig angekauft und befand sich bis zum Jahre 1881 in der Hechten*
steinschen Gemäldegalerie* (Katalog von 1873» Nr. 48 a.)
— 92 —
Nr. 35 a.) Ein hohes Interesse beansprucht die „Madonna mit
dem Kinde und dem hl* Johannes" (Madonna del Candelabro,
Madonna del Leggio), ein Tondo aus der florentinischen
Schule des 16. Jahrhunderts, deshalb, da sie einige Kunst-
historiker für das früheste malerische Werk Michelangelos,
der es als zwölfjähriger Knabe geschaffen haben soll, halten.
„Das in stolzer Anmut auf hohem Halse ruhende Haupt, der
von reichem Gewände umgebene Körper der thronenden Jung'
frau sind schon von jener gewaltigen Schönheit erfüllt, die der
einzige Michelangelo seinen Gestalten einzuhauchen wußte"
(Suida). Das Bild, in dem sich das Gefühl der Entsagung mit
erschütternder Kraft ausdrückt, befand sich einst im Besitze
des englischen Kunstfreundes und Künstlers Morris Moore,
der es im Jahre 1 851 in Perugia erworben und seiner Sammlung
in Rom einverleibt hatte 1 ). Frimmel vermutet in dem Bilde
ein Werk des Marcello Venusti nach einer Zeichnung des
Michelangelo. Von dem Wiener Maler Leopold Bara rührt
eine Kopie nach einer in der Brera zu Mailand aufgestellten
abgenommenen Freske des Bernardino Luini her, welche die
bekannte, einfach schöne Komposition der von schwebenden
Engeln getragenen Leiche der hl. Katharina enthält („Grab'
legung der hl. Katharina"). Andrea Lucatelli, ein
Landschafter des 18. Jahrhunderts, ist durch eine gute
der vom bunten Treiben eines Wochenmarktes belebten
Navona vertreten, ein Bild, das allerdings nicht an die gleich'
zeitigen Arbeiten der venezianischen Meister heranreicht.
Der spanischen Schule des 17. Jahrhunderts wird (nach
Frimmel mit Unrecht) ein „Ecce homo" zugeschrieben. Die
treffliche Modellierung der Gestalt, wie die phantastische Be'
leuchtung durch ein aus den Wolken herabschießendes Strahlen'
bündel verleihen dem Bildchen, das bis zum Jahre 1881 der
Liechtensteinschen Gemäldegalerie angehörte (Katalog von
1873, Nr. 718), einen besonderen Reiz.
neuere Schenkung (1900) ist das Bild der Lukretia.
trägt einen roten, mit Pelz verbrämten Mantel und
') Repertorium für Kunstwissenschaft. 1884, VII, S. 189.
— 93 —
reichen Schmuck, das Haupt umwallt ein duftiger Schleier, zu
beiden Seiten des Kopfes stehen in großer Antiqua die Worte
„LVCRECIA ROMANO. Das Bild stammt jedenfalls von
einem Maler aus der Nähe des Meisters vom Tode der Maria
(Joos van Cleve d. A.). Zu den wertvollsten Widmungen
des Fürsten an die Galerie gehört die „Tanz-* und Musik'
gesellschaft" von Pieter Codde, mit dem Monogramm und der
Jahreszahl 163(3) bezeichnet, wohl die bedeutendste Schöpfung
des Meisters überhaupt. (Abb. 17.) Wir haben er hier jedenfalls
mit einem Gruppenporträt zu tun; denn die Familienähnlich'
keit in den einzelnen Figuren springt deutlich ins Auge, die
Bewegungen werden bloß angedeutet, fast sämtliche Köpfe sind
auf den Beschauer gerichtet. Das Licht spielt wunderbar in den
blauen, violetten und schwarzen Kleidern aus Atlas, zu dem
die 'reichen Spitzenkragen in effektvollen Kontrast treten. Der
einfache, einfarbige Hintergrund läßt den Glanz der Toiletten
noch wirkungsvoller erscheinen. Frimmel berichtet in intern
essanter Weise über die mannigfachen Wanderungen dieses
Bildes, die uns zeigen, wie seltsam oft die Schicksale alter
Gemälde sind. Im handschriftlichen Inventar der Wiener Galerie
Johann Kaspar Hofbauer (1835) ist das Bild als Grebber ver<*
zeichnet. Dabei findet sich die Angabe, daß es die Familie des
Grafen Egmont darstelle und vom Grafen Apponyi um
1100 Gulden gekauft wurde. Auf der Auktion Hofbauer (1839)
erwarb es Graf Samuel Festetits, auf der Auktion Festetits
(1859) F. J. Gsell um den Preis von 700 Gulden. In der Samm*»
lung desselben wurde es von Waagen für ein Werk eines der
Palamedesz gehalten, und zwar nach dem Monogramm C P für
ein Bild von einem Künstler dieses Namens, dessen Vorname
dann mit C beginnen müßte. Als das Bild nach dem Tode
Gsells zur Versteigerung gelangte (1872), bestimmte W. Bode
dasselbe als ein Werk Pieter Coddes, eines zu jener Zeit fast
unbekannten Meisters, und hob zugleich den eigenartigen Reiz
hervor, der in der Feinheit der Durchführung, der Bestimmt'
heit der Zeichnung und dem Reichtum der Kostüme liegt. Das
vorzüglich erhaltene Bild ging bei der erwähnten Versteigerung
um den Preis von 8452 fl. 50 kr. an Alexander Scharff über,
— 94 —
der es 1873 im k. k. österreichischen Museum ausstellte« Als
die Sammlung Scharff im Jahre 1876 in Paris im Hotel Drouot
feilgeboten wurde, erstand John W. Wilson das Werk um
20.000 Franken. Auf der Auktion Wilson (1881) wurde das
Bild vom Fürsten für 34*900 Franken erworben, der es zunächst
in seiner Galerie zur Aufstellung brachte, bis es von Seiner
Durchlaucht der Galerie der Akademie zum Geschenke gemacht
wurde 1 ). Willem van Mieris, der Sohn des berühmten Genre
maiers, wird durch ein miniaturartig ausgeführtes, ungewöhnlich
gutes Brustbild eines Mannes aus dem Jahre 1687, also aus
der Frühzeit des Meisters, repräsentiert.
Wir wenden nun unsere Blicke den Meistern der neueren
Zeit zu. Der Wiener klassischen Schule gehören zwei Bilder
an, das tüchtige Selbstporträt Josef Abels und „Phokion und
seine Gattin" von Franz Caucig. Das Bildnis Abels entbfehrt
in den Farben keineswegs einer angenehm berührenden Frische,
die seinen Historienbildern gänzlich mangelt. Caucig, seinerzeit
Direktor der Maler' und Bildhauerschulen der Wiener Akademie,
erscheint uns in seinem Werk als typischer Vertreter der
akademischen Richtung jener Tage, die sich abmühte, in den
Figuren, der Architektur und den Geräten der Antike nahe'
zukommen, in deren Geist aber nicht einzudringen vermochte;
heute lassen uns diese Bilder infolge des geringen seelischen
Ausdruckes der Personen, der Steifheit ihrer Haltung und des
kraftlosen Kolorits kalt; nichtsdestoweniger ist Caucigs Bild
als Probe seiner Kunst von kunstgeschichtlichem Interesse.
Die beiden eben erwähnten Werke bildeten bis zum Jahre 1882
l ) Katalog der Versteigerung der Galerie Festetits. Nr. 137. —
G. F. Waagen, Die vornehmsten Kunstdenkmäler in Wien. 1866, I,
S. 318 f. — Katalog der Versteigerung der Galerie F. J. GselL Wien 1872,
Nr. 36. — Zeitschrift für bildende Kunst. 1872, VII, S. 183 f. — Kunstchronik
1872, VII, Sp. 293t 1876, XI, Sp. 502. — Woltmann'Wörmann, Geschichte
der Malerei, 1888, III, S. 605. — Berichte und Hitteilungen des Alter*
tumsvereines, 1891, XXVII, S. 16. — Repertorium für Kunstwissenschaft.
1891, XIV, S. 30, 1892, XV, S. 194* — Frimmel, Kleine Galeriestudien.
1892, II, S. 277 f. — Frimmel, Blätter für Gemäldekunde. 1905, I, S. 155.
— Im Auktionskatalog der Sammlung Scharff (Nr. 2) befindet sich eine
vorzügliche Radierung des Bildes von Adolphe Lalauze.
— 95 ~
einen Bestandteil der Liechtensteinschen Gemäldegalerie (Katalog
von 1873, Nr« 1368 und 1346). In die Zeit der Romantik führt
uns Amerling im Bildnis einer jungen, schönen, in farben-
reiche Gewänder gekleideten und mit reichem Schmuck be-
hangenen Abyssinierin (1840), besonders aber in der aus dem
Nachlasse des Künstlers stammenden, großartig gedachten
„Heroischen Landschaft", in welcher das sentimentale Natur-
empfinden jener Tage treffend zum Ausdruck kommt Die
baumlose, öde Gegend, die bizarren Felsgebilde, der zwischen
dem kahlen Gestein hinströmende Wildbach und die gewitter-
schwangeren Wolken vereinigen sich zu einem Gemälde von
düsterer Stimmung, die durch die eigenartige Beleuchtung
einer Mondnacht noch mehr vertieft wird. Ein romantischer
Zug herrscht auch in der „Idealen Landschaft" des hochbegabten
Karl Marko (1857). Die Gestalt der von der Schlange gestochenen
Eurydike inmitten ihrer Gespielinnen bildet eine reizende
Staffage in dem von hellem Sonnenschein durchwebten südlichen
Walde. Als Meister des Wiener Sittenbildes tritt uns Wald-
müller in seinem „Nikolo" (1851) entgegen. Der wahrhaft
volkstümliche Stoff ist in breiter und freier Weise mit größter
Vollendung der Technik behandelt Friedrich Gauermann zeigt
sich uns in der „Heimkehr von der Jagd" (1846) von der besten
Seite. In der Verschmelzung der heimischen Landschaft, die
sich hier im leichten Abendsonnenschein malt, mit der Tier'
weit, der auch dieses Bild seine größten Reize verdankt, liegt
ja der Hauptvorzug des Meisters 1 ). An die Glanzzeit der Miniatur'
maierei im vormärzlichen Wien erinnert Alois v. Anreiter mit
dem auf Elfenbein gemalten Bildnis Karl Rahls (1855); leicht
in der Ausführung, frisch in der Färbung, gibt es in frappanter
Ähnlichkeit und idealer Auffassung die Erscheinung des ge^
waltigen Historienmalers wieder. Von den neueren östeiv
reichischen Landschaftern ist der in Prag tätig gewesene August
Piepenhagen durch eine kleine, sorgfältig behandelte „Marine"
und der Wiener Eduard Peithner Ritter v. Lichtenfels durch
l ) Das Bild wurde von Gauermann 1846 um 900 Gulden Konv«'
Münze an Todesco verkauft. (Zeitschrift für bildende Kunst. 1883, XVIII,
S. 330, Nr. 194*)
- 96 -
eine große, schön gezeichnete Gebirgslandschaft (1877) ver^
treten« Hans Canons in Kreide ausgeführter Entwurf zu dem
im Auftrage des Kronprinzen Rudolf im Namen aller kaiser'
liehen Kinder zur Feier der silbernen Hochzeit des Kaiserpaares
für die Hofburgkapelle geschaffenen Votivbilde, die „Madonna
mit dem Christuskinde", verehrt von dem heil. Franz von Assisi,
dem heil. Josef, der heil. Elisabeth und mehreren Engeln, legt
von dem mächtigen Einfluß, den die Werke des Rubens auf
den Künstler ausübten, beredtes Zeugnis ab. Die glänzende
Zeichnung, der wirkungsvolle Aufbau des Ganzen und die
Gestaltung der Einzelfiguren, insbesondere der reizenden, her'
abschwebenden Engel, weisen deutlich auf das große Vorbild
hin, dem Canon begeistert nacheiferte (Ildefonso-Altar im
Kunsthistorischen Museum). Österreichischer Abstammung ist
auch der in Venedig ausgebildete und dort tätige Antonio
Rotta. In seinem Bilde „Der letzte Sproß" (1882) berühren uns
die lieblichen Kinderfiguren und die intime Farbengebung in
äußerst sympathischer Weise.
Unter den deutschen Meistern sei zunächst Philipp Veits
gedacht Sein „Christus auf dem Wege nach Emaus", voll
außerordentlicher Formsicherheit, aber eintönig in der Farbe,
kennzeichnet die streng asketische, dem Geiste des Mittelalters
huldigende Kunstrichtung der Nazarener, welcher der Meister
bis zu seinem Tode treu blieb. Johann Schraudolphs „Madonna
mit dem Kinde" (1842) klingt in der Farbenseligkeit, der zarten
Behandlung der Figuren und der Landschaft und der andachtS"
vollen Stimmung an die italienischen Meister des Quattrocento
an. In trefflicher Weise sind die Genremaler der modernen
Düsseldorfer Schule durch den „Jüdischen Hausierer" von Ludwig
Knaus und das „Elsässische Bauernmädchen" von Benjamin
Vautier (1870) repräsentiert. Der erstere fesselt uns in seinem
Bilde durch den liebenswürdigen Humor, der in der dargestellten
Szene liegt, und die geistreiche Behandlung des Hintergrundes,
mit den grünenden Bäumen eines Gartens, aus dem der Giebel
des Wohnhauses hervorlugt. In dem schlichten Bauernmädchen
Vautiers in seiner kleidsamen Tracht vor den dunklen Tannen
am Waldesrande ruht eine Tiefe der Empfindung, eine Feinheit
— 97 —
des Kolorits, die nicht allen Werken des berühmten Malert
eigen ist. Die kernige, lebensfrische Kunst Franz von Defreggers
ist in einem seiner so populär gewordenen Genrebilder ver*
körpert, welches die Maler Paperitz und Weiser bei einem
Besuche in einer Sennhütte belauscht („Maler auf der Alm").
In dem „Brustbild eines Mannes" lernen wir den Münchener
Meister auch als Porträtmaler schätzen. Aus der Münchener
Schule ist auch Karl Wilhelm Diefenbach hervorgegangen« Eine
Probe von seiner Hand ist das „Bildnis des ersten Schülers
des Malers" aus dem Jahre 1884* Zu den hervorragendsten
Landschaftern der Münchener Schule zählf Hermann Baisch.
Sein „Ochs auf der Wiese" ist eines seiner vorzüglichen Tier'
stücke, die durch genaue Beobachtung der Natur, sonnige Be*
leuchtung und kräftige Farbengebung vor allen anderen Werken
den Ruhm des Meisters begründeten« Der Einfluß der modernen
französischen Stimmungslandschaft läßt sich in dem Bilde nicht
verkennen. Den Geist, den die großen Schöpfungen der Franzosen,
die leider in unseren öffentlichen Sammlungen nur spärlich
auftauchen, ausstrahlen, fühlen wir in der „Felsigen Land-
schaft" Gustave Courbets deutlich» Der Meister, dem einst
ein einseitiger Realismus zum Vorwurf gemacht wurde, bc
deutet gegenwärtig den Mittelpunkt der neuen französischen
Kunst« Wie machtvoll vereinigen sich die packenden Einzel*
heiten des Bildes, die Granitabhänge des verlassenen Stein'
braches, das Grün der Wiesen und des Waldes, das hellblaue
Wässerlein und die armselige Hütte, zu einer ruhigen Ton'
Schönheit, zu einer Kraft der Stimmung, die die Zeitgenossen
des Künstlers anspornte, wieder die Wege zu wandeln, die
ihnen die große Lehrmeisterin Natur vorgezeichnet hatte, und
über der Freude am Schönen alle Tendenzen zu vergessen»
Wir beschließen unsere Ausführungen über die Werke, welche
der Fürst der Akademie zum Geschenke gemacht hat, mit der
Erwähnung zweier Bilder, die der neueren niederländischen
Schule angehören. Andreas Schelfhout erinnert in seiner
stimmungsvollen „Winterlandschaft" an die besten holländischen
Landschaftsmaler des 17. Jahrhunderts, Eugen Josef Verboeck*
hoven, der berühmte belgische Tiermaler, erweist sich in seinem
7
- 98 -
Bilde „Rehe am Waldessaum" (1840) als sorgfältiger Zeichner
und eleganter Maler 1 ).
Eine außerordentlich wertvolle Bereicherung erhielt auch
die Bibliothek der Akademie durch die Zuwendung der treff-
lichen photographischen Reproduktionen (145 Blätter), welche
der ausgezeichnete A. Braun in Dornach im Elsaß nach den
Hauptbildern der Liechtensteinschen Galerie in Wien angefertigt
hat 2 ). Das Professorenkollegium der k. k. Akademie der bildenden
Künste hat von allem Anfange an die Bestrebungen des Fürsten,
die Einrichtungen der ersten Kunstschule des Reiches in hoch-
herziger Weise zu fördern, dankbar begrüßt; schon im Jahre 1880
wurde Seine Durchlaucht von dem Professorenkollegium zum
Ehrenmitgliede der Akademie gewählt, welche Wahl Seine
Majestät der Kaiser am 3. Juni 1880 bestätigte 3 ). Die höchste Aus**
Zeichnung, welche die Akademie zu vergeben hat, wurde dadurch
einem Manne zuteil, dem die Kunst in Österreich so vieles
schuldet, einem Mäzen, wie deren die Gegenwart nur wenige
besitzt.
Die Moderne Galerie in Wien*
Die Meisterwerke der modernen Malerei aus dem
der Stadt Wien, des Landes Niederösterreich und des Staates,
welche dereinst in dem neu zu erbauenden Städtischen Museum
Aufnahme finden sollen, wurden im Jahre 1903 in den unteren
Sälen des Belvederes zu einer höchst interessanten Sammlung
vereinigt, damit sie nicht ungenützt für die Öffentlichkeit im
Verborgenen schlummern. Dieser Sammlung gehört auch eine
Reihe von bedeutenden Werken an, welche Fürst Johann von
l ) Die vom Fürsten der Akademie gewidmeten Bilder, die an die
Moderne Galerie abgegeben wurden, werden im folgenden Abschnitte
gewürdigt.
*) Allgemeine Kunstchronik. 1888, XII, S. 466.
3 ) österreichisch'Ungarische Kunstchronik. 1880, IV, S. 70.
— 99 —
Liechtenstein der Stadt Wien, der k. k. Akademie der bilden^
den Künste und der Modernen Galerie selbst seit einer Reihe
von Jahren zukommen ließ ')• Den größten Schatz darunter
bilden die Werke Ferdinand Georg Waldmüllers, des hervor**
ragendsten Meisters, der aus dem Altwiener Genre hervorgc
gangen ist und dessen Schöpfungen für alle Zeiten als wahre
Denkmaler österreichischer Volksnatur und Sitte fortleben
werden* Der Fürst gehörte zu den wenigen Männern, welche
den Namen des Künstlers frühzeitig zu würdigen verstanden;
es gebührt ihm das hohe Verdienst, einen ansehnlichen Teil
der Hauptwerke unseres Meisters, die ihn nach allen Seiten
charakterisieren, erworben und dessen Vaterstadt erhalten zu
haben« Den Landschaftsmaler Waldmüller in seiner mittleren
Zeit repräsentieren eine „Ansicht von Iscbl" (1835) und „Die
Hütteneckalm bei Ischl" (1838), ein Hauptwerk des Meisters«
Es zeigt den prächtigen Ausblick von dem malerischen Punkt,
von welchem aus der Maler wiederholt Aufnahmen gemacht
hat, über den Hallstätter See hinweg auf den mächtigen Dach"
stein mit dem Karls"Eisfeld und zeichnet sich durch außer"
ordentlich feine koloristische Stimmung und treffliche Wieder*
gäbe der klaren Gebirgsluft, der Durchsichtigkeit des Wasser*
spiegeis und der Linienschönheit der Gebirgszüge aus. Ein
Meisterstück ist das köstliche weibliche Porträt aus dem Jahre
1840; es ist ausgezeichnet in den beschränkten Raum kompo*
niert, in den Gesichtszügen von Wiener Anmut durchströmt,
in den Details von bewunderungswürdiger Feinheit, besonders
aber in der Behandlung des Stofflichen voll peinlichst genauer
Nachahmung der Natur. In die Zeit, da der Künstler Vorzugs**
weise große, figurenreiche Gemälde schuf, gehört eines seiner
bedeutendsten Bilder, „Die Johannesandacht" (1844)« Hier fesselt
er uns durch die meisterhafte Gestaltung der einzelnen Personen,
insbesondere der anmutigen Kinderfiguren, durch die Sorgfalt
der technischen Durchführung und die harmonische Farben*
l ) Katalog der Modernen Galerie in Wien« 1903. — A. Kronfeld,
Spaziergänge durch die Moderne Galerie. Wien 1904. — Über die der
Akademie gehörenden Bilder vergleiche auch die am Beginn des vorher«»
gehenden Abschnittes angeführte Literatur«
7*
— 100 —
gebung: in den letzten Strahlen der scheidenden Sonne* In der
„Pfändung" (1849) versteht e* der Maler, den psjchologischeft
Vorgang im Innern der Bauern, die vom harten Geschicke
getroffen wurden, trefflich zu zeichnen^ er offenbart sich aber
auch gleichzeitig in der Darstellung der Haustiere als geist»
reicher Tiermaler« Ein ansprechendes, von ihm mehrmals
wiederholtes Bild ist „Das überraschte Liebespaar" oder „Di*
Ermahnung" (1846)« „Der Abschied des Konskribierten" (1858)
ist durch die dramatische Kraft des Ausdruckes, die lebens-*
wahre Erfassung der bäuerlichen Typen und die glückliche
Gestaltung des Schauplatzes — der Blick fallt aus der weiten
Scheune auf das im Grünen liegende Bauernhaus — bemerkend
wert. Der „Versehgang", im Jahre 1859 gemalt, stellt eine er'
greifende Szene aus der Choleraepidemie des Jahres 1830 dar»
Der Vorgang spielt am Thury, in der Nähe einer kleinen,
heute nicht mehr bestehenden Kapelle, also in unmittelbarer
Nachbarschaft des neuen Liechtensteinschen Palastes in der Aiser'
bachstraße in Wien. Berggruen hebt das Bild als ein Meister'
stück und den Kulminationspunkt der späteren Vortragsweise
des Malers besonders hervor. Es bezeichnet nach seiner An'
sieht zugleich den Beginn der Beschäftigung des Künstlers mit
dem koloristischen Probleme, im direkten Sonnenlichte zu
malen. In seinen letzten Bildern hat sich Waldmüller aus
eigener Kraft zu einem der frühesten Maler des freien Sonnen'
lichtes entwickelt Zu seinen entzückendsten Bildern dieser Art
gehört der „Kirchgang im Frühling" (1863). Das Baden der
zur Kirche eilenden weiblichen Bauersleute in der glühenden
Sonne und das Blühen der reizenden Frühlingslandschaft im
blendenden Lichte vereinigen sich zu einem festtäglichen Ge^
samteindruck, zu einer stimmungsvollen Wirkung, welche an
die Arbeiten des großen Pariser Impressionisten Eduard Manet,
des Schöpfers der modernen Freilichtmalerei, gemahnt. Von
hellem Sonnenschein durchflutet ist auch der „Blick vom
Leopoldsberg auf Klosterneuburg" (1863). Die Gestalten des
Jägerburschen und der Erdbeerensammlerin sind Charakteristik
sehe Typen des Meisters; die herrliche Wienerwaldlandschaft
mit ihren schlanken Buchenstämmen, der weite Blick auf die
— 101 —
gesegneten Fluren des Donautales lehren, wie tief die Kunst
Waldmüllers im Boden der geliebten Heimat wurzelt (Abb. 18,)
In der „Gebirgslandschaft" (1864) fuhrt uns der Meister noch'
mals eines seiner Lieblingsmotire vor, Ein Mädchen schmückt
den Hut des Bauernburschen, der mit dem Ochsenkarren nach
des Tages Mühen heimwärtszieht, mit einer Rose« (Abb. 19.)
Mit hingebungsvoller Liebe für die Schönheit der Natur er'
scheinen im Vordergrunde der lieblichen Landschaft die
blühenden Gewächse, ein Strauch mit Rosen, eine schlanke
Königskerze, Glockenblumen u. a., gebildet Ins Todesjahr des
Malers (1865) fällt das unvollendet gebliebene Bild „Verweis
gerte Fahrt" — seine Schüler nannten es die letzte Fahrt« Der
Künstler beschließt sein Lebenswerk mit einem frischen Blick
ins Reich der Kinderwelt, die in so vielen seiner Werke eine
hervorragende Rolle spielt, er läßt zum letzten Male seinen
Blick über die Täler seines schönen Heimatlandes gleiten,
dann entsinkt der Pinsel der lebensmüden Hand* Das am
Schlüsse unserer Ausführungen erwähnte Bild und „Der Ver'
sehgang" wurden von Seiner Durchlaucht der Akademie der
bildenden Künste in Wien, die übrigen Gemälde Waldmüllers,
zehn an der Zahl, im Jahre 1894 dem Historischen Museum
der Stadt Wien in großherziger Weise als Geschenk über*
lassen 1 )- Friedrich von Amerling, der angesehenste Porträtmaler
im vormärzlichen Wien, reiht sich mit der „Lautenspielerin"
(1838) würdig an Waldmüller an. In entzückender Anmut und
milder Farbenstupmung hat uns der Künstler in diesem Bilde
ein Idealporträt seiner ersten Frau, Toni Kaltenthaler, welche
dem Meister nach elfjähriger, glücklicher Ehe in Rom durch
den Tod entrissen wurde, hinterlassen. Ihre schwärmerische,
für die Kunst begeisterte Seele, voll Heiterkeit und Herzens*
gute, hat der Künstler mit romantischem Empfinden und
') Die graphischen Künste. 1887, X, 8. 57 ff. — Kunst und Kunst*
handwerk. 1898, I, S. 403« — L. Hevesi, Österreichische Kunst im
19. Jahrhundert 1903, S. 76 ff. — H. v. Tschudi und J. Meyer^Graefe,
Ausstellung deutscher Kunst etc. 1906, II, Nr. 1901—1903 und Nr. 1916«
— Artur Roefiler, F. G. Waldmüller. Wien 1907. (Reproduktionen von
allen obengenannten Bildern des Meisters.)
— 102 —
meisterhafter Pinselführung in diesem Bilde verkörpert 1 )«
Aus der Zeit vor dem Jahre 1848 ragt auch der geniale
August von Pettenkofen, ein Meister der Farbe und Zeichnung,
in unsere Zeit herein. Seine Lieblingsmotive holt er sich aus
der ungarischen Pußta („Die Zigeunerin 41 ) ; aber auch in Italien
ist er heimisch geworden, wie das Täfelchen mit der „Studie
aus einer italienischen Stadt" schlagend beweist. Als geistvollen
Porträtmaler lernen wir ihn im „Bildnis eines Mannes" in
schwarzer, mittelalterlicher Tracht kennen. Auf den Bahnen
Pettenkofens wandelt Eugen Jettel, unübertroffen in der Wieder'
gäbe der feinen Lufttöne. In dem Ölgemälde „Blühendes
Zwiebelfeld" (1897) entnimmt er das einfache Thema dem
französischen Norden, ein zweites Bild, eine „Straße in Rcv
venska" (Gouache), stellt ein Landschaftsmotiv aus seinem
Heimatlande dar.
Wilhelm Bernatzik schwingt sich im „Herbst", einem
seiner Meisterwerke, zu einer ergreifenden Wirkung empor.
Die Bäume sind teils entlaubt, teils leuchten sie in herbstlichen
Tönen, aus dem blaßgrünen Grase sprießen einzelne Herbst-
zeitlosen, das einzig Blühende in der sterbenden Natur, hervor.
In tiefes Sinnen versunken, sitzt auf einer Gartenbank ein
lebensmüder Greis, die Hand auf den Stock gestützt und das
Haupt schwermütig gesenkt, ein Bild der Trauer und Verein'
') Amerling hat uns in seinem Tagebuche ein Verzeichnis samt'
licher von ihm gemalten Bilder nebst Angabe des Verkaufispreises und
des Käufers hinterlassen. Aus demselben entnehmen wir, daß zahlreiche
Werke des Meisters in den Besitz des Hauses Liechtenstein übergegangen
sind, darunter wieder eine bedeutende Zahl von Bildnissen, welche Mit*
glieder der forstlichen Familie darstellen. Besonders Fürst Alois IL Josef
erwies sich als ein hervorragender Förderer des Malers. Mit Interesse
betrachteten wir hauptsächlich ein im fürstlichen Majoratshause befind*
liches Gemälde, welches den gegenwärtig regierenden Fürsten im Alter
von vier Jahren zeigt Der blühende Knabe im hellblauen Röcklein reitet
auf einem mächtigen Schimmel, der sich von dem dunklen Grün des
Waldes leuchtend abhebt Fürst Alois hat dem Meister für dieses Bild
und für sein eigenes Porträt, das ihn im Toisonkostüm darstellt, die für
die damalige Zeit (1845) enorm hohe Summe von 800 Dukaten bezahlt
(Vergleiche die treffliche Biographie Amerlings von Ludwig August
Frankl. Wien 1889.)
— 103 —
samung l ). Als ein trefflicher Schilderer des Orients erweist sich
Alfons L. Hielich in dem schönen Bilde „Schule in Benassa",
Die außerordentlich malerische Architektur ist mit meisterhafter
Behandlung der Perspektive wiedergegeben« Der hellblaue süd^
liehe Himmel* der durch die im blendenden Sonnenlicht röt-
lich schimmernden Bogen in den Säulenhof blickt, vereinigt
sich mit den farbenprächtigen Typen von lebendiger Charakter
ristik, ungezwungener Haltung und zwangloser Gruppierung
zu frischer, harmonischer Gesamtwirkung. Das Gemälde be>
findet sich derzeit in der Gemäldegalerie der Akademie.
l ) Auf der im Jahre 1907 in der Galerie Miethke veranstalteten
Ausstellung der Hauptwerke und des künstlerischen Nachlasses des
Heisters (f 1906) war das Bild als Teil eines Zyklus der vier Jahreszeiten,
den der Künstler 1885 zu malen begonnen hatte, zu sehen. Die Gemälde
stellen den Menschen im Spiele der Jugend, im Schweiße harter Feld'
arbeitt ermüdet von der Last des Lebens und im Tode dar. Die kräftig
gemalten Figuren, von echtem Gefühle durchdrungen, sind in innige
Verbindung mit einer landschaftlichen Umgebung voll der feinsten Licht*
Wirkungen gebracht. Der „Herbst" wurde übrigens von dem Meister mit
geringen Abweichungen in einem Bilde wiederholt, das gleichfalls bei
Miethke ausgestellt war. Den Freunden der Kunst Bernatziks gereichte
es zur größten Freude, daß das Unterrichtsministerium den „Winter",
der sich bis dahin im Besitze der erwähnten Kunsthandlung befand, an*
kaufte und dadurch einen wichtigen Bestandteil der Bilderreihe, die von
den Erfolgen der Pariser Studien des Meisters Zeugnis ablegt, für den
Staat erwarb. Für die Gedächtnisausstellung hatte Fürst Johann von
Liechtenstein auch zwei interessante Ölgemälde aus seinem Besitze über*
lassen, und zwar die „Träumerei" und die „Wallfahrt in Dürnstein"
(1881). Die Ausstellung enthielt ferner zahlreiche Bilder, Skizzen und
Zeichnungen, deren Motive der Umgebung Lundenburgs entlehnt sind,
die der Künstler jahrelang besuchte. Der Fürst hatte ihm zu diesem
Zwecke Wohnräume im dortigen Schlosse zur Verfügung gestellt. Hit
Vorliebe stellte Bernatzik die Wald', Wasser* und Sumpfpartien des von
der Thaya durchflossenen Gebietes, darunter auch Teile des Liechten~
steinschen Parkes und anderer Gebiete des fürstlichen Besitzes dar und
es gelingt ihm vortrefflich, das dunkle Wasser, das durchfeuchtete Grün
und die blühenden Wasserpflanzen, besonders in abendlicher Beleuchtung
oder nächtlicher Stimmung, mit großer koloristischer Kraft wiederzu~
geben. (Allgemeine Kunstchronik. 1888, S. 832* — Kunstchronik. 1907,
Sp. 114 f. — Blätter für Gemäldekunde. 1907, S. 158 f. — Neue Freie
Presse. 7« Februar 1907, S. 13. — Wiener Abendpost. 1907» Nr. 31, S. if.
— Kunst und Kunsthandwerk. 1907, S. 104 ff.)
— 104 —
Andreas Achenbach, wohl der größte deutsche Land-
schaftsmaler seiner Epoche, ist durch ein Hauptwerk, „Das
überschwemmte Mühlwehr" (1871), vertreten. Die breite Be>
handlung, der pastose Farbenauftrag, die kräftigeren Farben^
töne, wie die unheimliche Beleuchtung der herandringenden
Fluten lassen uns den Bahnbrecher des Realismus", der gerade
in diesem Bilde sich der jüngeren Richtung nähert, in seinem
ernsten Streben, seinem Fleifie und seiner Bedeutung für die
Entwicklung der modernen Landschaftsmalerei in trefflicher
Weise schätzen 1 )» Gleich Achenbach wirkt auch Eduard von
Gebhardt in Düsseldorf; doch seine Kunst ist anderer Art.
Sein „St, Hilarius" (1898) ist: in den Figuren des verschmach*
tenden Heiligen und des Engels, der ihm als Retter erscheint,
wie in der düsteren Landschaft der ergreifende Ausdruck tief'
religiöser Stimmung, die ähnlich im Bilde zu gestalten, niemand
auf deutschem Boden besser geeignet ist als der genannte
Meister. In der schlichten, doch großzügig komponierten „Fluß'
landschaft aus Parzival" (1897) erhebt sich Hans Thoma, eine
der kraftvollsten deutschen Künstlergestalten der neueren Zeit,
zu wahrer monumentaler Größe. An einem einsamen Bergsee,
den nur ein Schwan leise durchzieht, ist Parzival eben ange>
kommen. Ruhig hält er auf seinem Pferde zwischen himmel"
anstrebenden Tannen am Ufer, sein Blick gleitet über die stille
Wasserfläche, die mächtigen Felsblöcke und die hohen Bäume
am jenseitigen Ufer und bleibt gespannt an den Türmen und
Kuppeln der Gralsburg haften, die in schwindelnder Höhe auf
dem steilen Felskegel, an welchem Wolkenschleier vorüber«*
wallen, thront. Die letzten Strahlen der scheidenden Sonne
küssen noch die Spitzen der heiligen Burg, während alles
übrige schon im Schatten der Dämmerung liegt. Die Gestalt
des Ritters vereinigt sich mit der Stimmung der Landschaft zu
unzertrennbarer Einheit des Ausdruckes. Die Gefühle von
l ) Das GemUde wurde 1878 aus der berühmten Sammlung des
Baurates Anton Ritter von Oelzelt im Wiener Künstlerhause um die
Summe von 7600 £U nebst einem funfprozentigen Auktionszuschlage
versteigert (Kunstchronik. 1879, XIV, Sp. 105 f.) Es wurde übrigens
vor kurzem wieder in die Galerie der Akademie gebracht
— 105 —
Ehrfurcht, Staunen und Schauern, die seine Brust durchzittern,
sie klingen in mächtigen Tönen in der sich in die Weite
dehnenden, hoheitsvollen Landschaft, die von zaubervollem
Dunkel durchwoben wird, aus«
Der in England heimisch gewordene Lourens Alma/Tadema
wird durch eines seiner berühmtesten Werke, „Fredegunde"
(1&78), repräsentiert. Der Kunstler kehrt mit diesem Bude in
die erste Periode seiner Tätigkeit zurück, da er mit Vorliebe
seine Stoffe der altfränkischen Geschichte entnahm« Die Gestalt
der Fredegunde, die mit haßerfülltem Blicke durch ein mit
großem Reiz behandeltes Doppelfenster die Trauung ihrer
Nebenbuhlerin Galsuintha mit dem König Chilperich L beob"
achtet, ist in Zeichnung und malerischer Behandlung der Tracht
vortrefflich durchgebildet, die archäologischen Details sind mit
gewohnter Meisterschaft behandelt Das Bild war auf der
Berliner Kunstausstellung (1878) und auf der HL Internatio'
nalen Kunstausstellung im Künstlerhause zu Wien (1894) zu
sehen, es wurde damals mit der goldenen Staatsmedaille aus«
gezeichnet, als Verkaufspreis war die außerordentlich hohe
Summe von 2500 Pfund Sterling angegeben 1 )«
Von den im Anschlüsse an Waldmüller besprochenen
Werken ist das Bild Bernatziks seit dem Jahre 1899 Eigentum
der Stadt Wien, die Gemälde von Jettel, Gebhardt und Thoma
wurden von dem Fürsten im Jahre 1903 für die Moderne
Galerie gewidmet, gleich den vorderhand in derselben noch
nicht ausgestellten Werken A- L* Mielichs („Schule in Benassa")
und FercL Kruss' („Holländische Frauen"). Die übrigen Gemälde
sind Geschenke Seiner Durchlaucht an die Gemäldegalerie der
k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien. Sämtliche
Werke legen Zeugnis ab für das tiefe Verständnis, das Fürst
Johann von Liechtenstein für die Entwicklung der modernen
Malerei, deren Fortschritte derselbe seit einem halben Jahr'
hundert mit aufmerksamen Blicken verfolgt, in hohem Maße
besitzt.
4 ) Allgemeine Kunstchronik. 1894» XVIII, S.202. — Moderne Kunst
Berlin X896, X, S- 79 und 4X4*
— io6 —
Das Historische Museum der Stadt Wien«
Als ein leuchtendes Beispiel für den hohen Sinn des
Fürsten für die Kunst kann die Munifizenz desselben gegen
die städtischen Sammlungen gelten* Durch die hochherzige
Widmung einer stattlichen Anzahl bedeutender Gemälde (65)
hat Seine Durchlaucht eigentlich den Grundstein für die Bildung
einer städtischen Galerie gelegt und zugleich durch eine ent*
sprechende Auswahl der Bilder den Weg gewiesen, der ein<
geschlagen werden muß, wenn der heimischen, bodenständigen
Kunst eine würdige Zufluchtsstätte bereitet werden soll 1 ). Die
erste Schenkung, welche ins Jahr 1894 fällt, umfaßte 35 Werke
der Altwiener Schule. Diese Bilder wurden in einem eigenen
Räume, der den Namen „Fürst Johann von Liechtenstein^
Zimmer" erhielt, untergebracht. Eine zweite größere Spende
fiel in das Jahr 1903. Sie enthielt 15 Gemälde neuerer öster'
reichischer Meister und eine höchst wertvolle Sammlung intern
essanter Detailaufnahmen von Gebäuden Wiens und dessen Um/
gebung, bestehend aus Photographien, Federzeichnungen und
Zeichnungen (320 Blätter). Dieser hochherzige Akt des Fürsten
war von weittragender Bedeutung ; denn durch ihn waren auch
andere Kunstfreunde und die Gemeinde angeregt worden, der
Bildersammlung der Stadt Wien ein erhöhtes Augenmerk zu>
zuwenden und sie durch Schenkungen und Ankäufe zu erweitern«
Wenn diese dann als Bestandteil einer Modernen Galerie ins
neu zu erbauende Städtische Museum wandern wird, werden
die aus Liechtensteinschem Besitze stammenden Werke daselbst
den Ehrenplatz einnehmen, der ihnen gebührt. Den größten
Schatz darunter bilden 19 Gemälde Ferdinand Georg Wald"
müllers (1793 — 1865), von welchen zehn vorläufig an die
Moderne Galerie abgegeben wurden. Durch diese Schenkung
ist die Stadt Wien in den Besitz der gegenwärtig größten und
schönsten Sammlung von Meisterstücken eines ihrer besten
l ) Monatsblatt des Altertumsvereines. Wien 1894, IV, S. 153—155.
— Kunstchronik. N. F. 1895, VI, Sp. 296 f. — H. v.Tschudi und J. Heyer*
Graefe, Ausstellung deutscher Kunst etc. 1906, I, Nr. 414 (Fendi). — II,
Nr. 38 (Amerling), Nr. 412—416 (Fendi) und Nr. 1907 (Waldmüller).
— 107 —
Söhne gelangt, der, wie insbesondere die deutsche Jahrhundert*
ausstellung in Berlin (1906), die auch von der Gemeinde Wien
beschickt worden war, lehrte, durch seine wunderherrliche
Naturauffassung mit Recht in den Mittelpunkt des Österreichs
sehen Kunstschaffens in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
geruckt zu werden verdient Die im „Liechtenstein^Zimmer" ver'
bliebenen Gemälde repräsentieren vorzugsweise die Frühzeit
des Meisters« Die Bilder „Venezianische Wasserträgerin", „Obst'
Verkäufer in Venedig" ') und „Auf dem Bau" sind Proben des
Genrebildes, wie es von Waldmüller am Beginn seiner künst'
lerischen Laufbahn gepflegt wurde. Unter seinen früheren
Landschaften ist wohl die „Baumstudie" (1832) aus dem Prater
eine seiner schönsten« Es ist nur ein einfacher Ausschnitt aus
der Natur seiner engeren Heimat; aber wie versteht es der
Künstler, diese zu beseelen, wie wirkungsvoll steht die Farbe
des alten, vom Blitze zerschmetterten Holzes vor dem satten
Grün der Wiesen und dem dunklen Waldhintergrund, wie
feierlich wölbt sich der tiefblaue Himmel mit den weißen
Sommerwölkchen über dem reichen, schön abgestuften Grün«
Im Jahre 1833 ist eine „Waldwiese im Prater" gemalt, um/
geben von mächtigen Bäumen, die nur spärliche Sonnen'
strahlen durchtreten lassen. In der „Alpenhütte" und der 1831
entstandenen „Landschaft mit Wasserfall" (Waldbach Strub),
der in einer ernsten Umgebung schäumend über die Felsen
stürzt, führt uns der Künstler in die herrliche Alpenwelt Daß
Waldmüller auch im Bildnis Hervorragendes leistet, beweist
sein „Selbstporträt" aus dem Jahre 1845. Aus der späteren
Schaffensperiode des Meisters, die sich so nahe mit der modernen
Kunst berührt, stammt eines seiner herrlichsten Werke, „Die
Erwartung während des Kirchganges" (1861 oder 1864). Hier
betritt Waldmüller sein ureigenstes Gebiet in der Verschmeiß
zung des Sittenbildes mit der Naturschilderung« Ein Mädchen
') Das Bild ist wahrscheinlich identisch mit dem auf der Terzer *
sehen Auktion in Wien 1891 versteigerten Gemälde Waldmüllers aus
dem Jahre 1826. (Repertorium für Kunstwissenschaft. 1897» XX, S. 134»)
Es ist eine Frucht der ersten Reise des Künstlers nach Italien im
Jahre 1825.
— 108 —
gebt mit der Mutter durch einen Waldhohlweg zur Kirche und
während die Alte ins Gebetbuch schaut, reicht ein Bursche der
Tochter einen bescheidenen Blumenstrauß. Ehrlich und warm,
ohne falsche Sentimentalität blickt er dem Mädchen, dessen
Augen in irdisch^gottlichem Feuer leuchten, ins Gesicht. Die
einzelnen Figuren sind so schlicht, sq unmittelbar aufgefaßt,
wie es weder Knaus noch Vautier gelungen ist Eine froh"
gemute, ja beseligende Stimmung ergießt sich über das Ganze 1 ).
Eine vornehmere Erscheinung ist Josef Danhauser (1803
bis 1845) in seinem „Genrebild" (1836). Das reizende Wiener
Mädchen in dem blaßtonigen Kostüm, das dem jungen Manne
zum Abschied gegenübersteht, das wogende Kornfeld mit seinen
bunten Blumen zur Rechten, der alte Weidenbaum, der mit
seinen Zweigen ins Bild hereinreicht, zur Linken, geben ein
Werk voll glänzender malerischer Züge* Die sonnige Helle,
die sich über die Szene ausbreitet, der weiche Schmelz der auf
Halbtöne gestimmten Farben, der elegante Schwung der Pinsel"
führung drängen das epische Element und etwas Empfind-
samkeit zurück, die übrigens in den gleichzeitigen Werken des
Meisters mehr als hier zutage treten« In der Gestalt des jungen
Mannes hat sich Danhauser wahrscheinlich selbst dargestellt,
wie Leisching nach einem Vergleiche mit einem im Besitze
der Stadt Wien befindlichen Selbstporträt des Künstlers ver-*
mutet Hier, wie dort, sehen wir den edlen Kopf mit der schönen
Nase und der sorgenvoll gefurchten Stirn, nach links ins Profil
gewendet und gesenkt, die blonde Locke über dem linken Ohr.
Es läßt sich vermuten, daß das unfertige, in Öl gemalte Selbst"
bildnis als Studie für das schöne, wenig bekannte Genrebild
gedient hat 3 ). Mit Danhauser geistesverwandt ist Peter Fendi
(1796—1842). Die städtischen Sammlungen verdanken dem
l ) Die graphischen Künste. 1887, X, S. 86. — Tschudi und Heytr«Graefe,
Ausstellung deutscher Kunst etc. 1906, II, Nr. 1907. — A. Roefiler, Waid'
muller. 1907» Nr. 266. — Alle obengenannten Werke Waldmüllers sind
in dem eben angeführten Roefilerachen Werke reprodusiert Im übrigen
sei auf die beim Kapitel „Moderne Galerie* angegebene Literatur ver#
wiesen.
*) Die graphischen Künste. 1905, XXVIII, S. 103 und 113.
20. PETER FENDI: Die Witwe.
— io9 —
Fürsten sechs der besten, vorzüglich gemalten, gemütvollen
Bildchen des liebenswürdigen Meisters. Alle sind in eine
elegische Grundstimmung gehüllt, die sich in einigen zu tragi-
scher Größe steigert, so im „Friedhof" (1841) in düsterer Ge*
witterstimmung und in der „Witwe" (1838), die beim Anblick
der Waffen des in der Schlacht gefallenen Gatten in namens
losen Schmerz verfällt* (Abb* 20.) Auch das Leid des „Milch-
mädchens" (1830) über die verschüttete Milch empfinden wir
mit. (Abb. 21.) Der „Brautsegen" und der „Brautmorgen"
(1839) lassen ebenfalls keine fröhliche Stimmung aufkommen.
Von inniger Frömmigkeit erfüllt ist die „Kindliche Andacht"
(1842). Der „Brautsegen" und der „Friedhof" entsprechen zwei
der köstlichen, duftigen Aquarelle, welche Fendi als IUustra^
tionen zu Schillers „Glocke" gemalt hat, und zwar denjenigen,
welche die Worte „Lieblich in der Bräute Locken" und „Ach,
die Gattin ist's, die teure" veranschaulichen. Ins Gebiet des
militärischen Genres führt uns der von Fendi erzogene Karl
Schindler (1822 — 1842), dessen „Ausstellung der Vedetten" mit
bürgerlicher Solidität, sicherer Zeichnung und Farbenfreudig'
keit durchgeführt ist. Dieses lebenswahre Bild, wie das der
Natur trefflich abgelauschte Werk „Die Musikanten" lassen es
lebhaft bedauern, daß dem Künstler, gleich so vielen anderen
Meistern des Wiener vormärzlichen Sittenbildes, nur ein kurzer
Lebensweg beschieden war. Von erstaunlicher Feinheit und
klarer Bestimmtheit in den Einzelheiten ist Franz Eybls (1806
bis 1880) Werk „Der Bettler" aus dem Jahre 1837 *)• Ein
Bettlerpaar hält vor einem Bildstock Rast Auf einer Bank
sitzt ein in Lumpen gehüllter Greis, das breite, ehrliche Gesicht
mit dem leidenden Ausdruck gegen den Himmel gerichtet.
Neben ihm steht sein treuer Begleiter, ein blonder Knabe, der
den scheuen Blick zu Boden senkt und mit gewohnter Apathie
zu beten versucht. Von den Bettlern und dem heiteren Liebes^
paar, das an ihnen achtlos vorüberzieht, gleitet der Blick des
Beschauers zu dem fernen Hintergrund einer von Wolken
überzogenen Gebirgslandschaft. Ein mit erquickender Frische
') österreichische Rundschau. Wien 1906, VI, S. 492 ff.
— HO —
gemaltes „Blumenstück" (1843), ein reiches Bukett, aus welchem
üppige Rosen hervorleuchten, in einer Vase, zeigt, wie unser
Meister wirkt, wenn er tiefere Farbenakzente wählt* Kräftigere,
heitere Töne schlägt Johann Matthias Ranftl (1805 — 1854) in
der „Kinderstube" (1832) an« Ein unerschöpfliches Kapitel bot
diesem Meister die Darstellung des Hundes, den er mit Liebe
und Treue als unzertrennlichen Gefährten des Menschen schilt
dert. Ein Beispiel dafür bieten das „Gärtnermädchen" (1838)
und die „Überschwemmung"» Angstvoll rufen hier die Tiere,
die sich auf das Dach eines Hauses gerettet haben, um Hilfe.
Der feinfühlige Maler der Naturseele und poetisch empfindende
Darsteller des Tiergemüts, Friedrich Gauermann (1807 — 1862),
ist durch vier Werke vertreten, durch die „Dorfschmiede", das
Bild „Am Ufer" (1844), den „Schiffzug" an der Donau ober'
halb Linz' an einem regnerischen Herbsttage und eine „Land"
schaft", ein Motiv aus Penzing, mit Pferden, die sich im Wasser
tummeln 1 ). Typische Beispiele für die Porträtmalerei im alten
Wien sind die durch leichte Pinselführung und harmonische
Färbung ausgezeichneten „Studienköpfe" Friedrich Amerlings
(1803 — 1887), einen Türken und einen polnischen Juden dar'
stellend.
Wenden wir nun unsere Blicke der neueren Zeit zu.
August George^Mayer (1834— 1889), ^ cr Lieblingsschüler Rahls,
bekundet im „Bildnis des Landschaftsmalers Hoffmann" durch
ernste und schlichte Auffassung und feine, realistische Dar'
stellungsweise seine unleugbare Begabung für Porträtmalerei.
Einer der eigenartigsten Künstler Österreichs, Leopold Karl
Müller (1834 — 1892), gibt im „Brustbild eines Arabers" eine
seiner vollendeten Darstellungen von Einzeltypen aus dem
Volksleben des Orients, in welchen er, rein malerisch %y
J ) Das in der k. k. Akademie der bildenden Künste aufbewahrte
Einnahmebuch Gauermanns gibt erschöpfende Auskunft über alle in den
Jahren 1822— 1859 entstandenen Gemälde des Heisters. Nach demselben
wurde der „Schiffzug" 1848 an Herrn Heinrich um 650 Gulden Kon*
ventionS'Münze verkauft, die „Landschaff erstand Plach im Jahre 1853
um 450 Gulden Konventions* Münze. (Zeitschrift für bildende Kunst 1883,
XVIII, S. 330, Nr. 204, 1884, XIX, S. I77t Nr. 254«)
— III —
nommen, noch höher steht als in seinen großen, figurenreichen
Gemälden. Hans Temple (geboren 1857) hat die Idee, das zeit'
genössische Bildnis genrehaft einzukleiden, in einer Reihe von
lebensvollen Bildern durchgeführt, welche Wiener Künstler,
wie den Radierer Unger, die Plastiker Benk, Weyr, Scharff,
Zumbusch und Tilgner in ihren Ateliers zeigen und die in
mehrfacher Beziehung für die Kunstgeschichte von Interesse
sind. Das Museum der Stadt Wien bewahrt das wirksam
komponierte und tüchtig gemalte Aquarell, welches Viktor
Oskar Tilgner in seinem Atelier, umgeben von seinen Arbeits**
genossen und den Werken seiner Kunst, unter welchen die
Bestandteile des Mozart'Denkmales hervorragen, darstellt. Das
lebensfrische Antlitz und die kräftige Gestalt des Meisters
heben sich wirksam von den blendend weißen Gipsen ab '). Ein
Jahr nach der Vollendung dieses Bildes wurde der glänzende
Bildhauer durch den Tod hinweggerafft (1896).
Von den neueren Genremalern sind vertreten: Karl Zewy
(geboren 1855) durch die ansprechende „Brautwerbung", Josef
Gisela (1851 — 1899) durch seine in feiner Detailbehandlung und
glatter Malweise durchgeführten Bildchen „ Szene an einem
Gemüsestand", „Des einen Freud ist des anderen Leid", „Die
Näherin" und „Mädchen, ein Kruzifix mit Blumen schmückend",
Simon Glücklich (geboren 1863) durch das reizende Bild „Bei
der Großmutter" 2 ), Emil Strecker (geboren 1841) durch das
farbenfrische, scharf beobachtete Aquarell „Lustiger Plausch"
und Isidor Kaufmann (geboren 1853) durch das formvollendete
und humorvolle Bild „Schachspieler".
Von den Landschaftern der neueren Zeit fesselt uns ztu
nächst Josef Sellenys (1824 — 1875) „Australischer Urwald", ein
Bild verschwenderischer Üppigkeit, einer unendlichen Fülle
von Leben und Farbe, Treiben und Blühen, Das Werk ist eine
Frucht der Weltumseglung des Künstlers auf der „Novara".
Leider war es demselben nicht gegönnt, seine zahlreichen
*) Daa Werk war 1895 in der Jahresausstellung im Wiener Künstler-
hause zu sehen. (Kunstchronik. N. F. 1895t VI, S. 395*)
*) Das Bild war 1894 auf der III. Internationalen Kunstausstellung
im Wiener Künstlerhause ausgestellt (Katalog S. 127. Nr. 36.)
— 112 —
Skizzen von dieser Reise, in welchen er mit ungeschminkter
Wahrheit die Natur der Tropen schildert, gleich unserem
Bilde in öl auszufuhren. Von den schlichten, in Steinfelds
Traditionen schaffenden Landschaftsmalern ist Eduard von
Lichtenfels (geboren 1833) durch das stimmungsvolle Aquarell
„Durnstein" (1893) vertreten 1 )* Unter seinen Schülern ragt der
hochbegabte Hugo Darnaut (geboren 1851) hervor* Von ihm
ist der vornehm aufgefaßte, breit behandelte, idyllische „Dorf-
teich" zugegen. In gewohnter sorgfaltiger Ausführung, mit
sicherer Zeichnung und korrekter Perspektive stellt R» Freiherr
von Stillfried in einem Aquarell das prachtvolle „Innere der
Hofbibliothek" (1895) und in einem Ölgemälde „Das Innere
der Stephanskirche" (1898) dar« Aus der Schule Albert Zimmer»
manns ist der talentvolle Ladislaus Eugen Petrovits (1839 bis
1907) hervorgegangen, „Burg Liechtenstein" (1887) ist eine
hübsche landschaftliche Komposition des Malers, Französische
Einflüsse verraten Eugen Jettel (1845 — 190 1) und Rudolf Ribarz
(1848 — 1904). Feine koloristische Begabung und duftige Luft"
Stimmung herrschen in des ersteren „Uferlandschaft" von der
istrischen Küste (Iku, 1899, Aquarell). Eine Perle der Land*
schaftsmalerei sind die „Kürbisse im Felde" von Ribarz, des
Jüngsten und Letzten aus dem Dreigestirn aus der Schule
Zimmermanns, dem außer ihm Jettel und Schindler angehörten.
Die intimen Farbenreize, die Tiefe und Reinheit der die Früchte
klar modellierenden Luft bringen die auf feinfühliger Natur*
beobachtung gegründete, hochentwickelte Kunst des Meisters
klar zum Ausdruck. Das weiche Naturell Schindlers hat nament*
lieh in Tina Blau (geboren 1845) e * n Echo gefunden. Im abend-
lichen „Kanal bei Amsterdam" (Aquarell) schließt sie sich ganz
') Der Fürst hat wiederholt Werke des Malers erworben« Einige
derselben wurden im Auftrage des Fürsten ausgeführt, wie die Land'
schaftsbilder aus der Domäne Lundenburg, welche eine eigenartige, an
intimen Reiten reiche Gegend darstellen. Die weite Ebene mit den üppigen
Wiesen, die weitverzweigten, träge dahinfließenden Arme der Thaya und
Maren mit den mächtigen Baumstämmen an ihren Ufern, die in den
Dünsten der Atmosphäre verschwimmenden Ortschaften bieten Jene
Motive, welche die Holländer des 17. Jahrhunderts so bevorzugten. (Jahres*
ausstellung im Wiener Künstlerhaus, 1878.)
— 113 —
unmittelbar an den Meister an und erreicht ihn sowohl in der
feinen harmonischen Stimmung als auch in der technischen
Geschicklichkeit ')♦
Und jetzt zu den Jüngsten! Johann Nep. Geller (geboren
1860) bringt eine lebhafte Vedute aus der Kirche in Dum/
stein, welche den Seitenaltar mit dem vorzuglichen Bilde „Die
Enthauptung der hl. Katharina" vom Kremser Schmidt dar'
stellt Mit Glück entnimmt J. M. Kupfer 2 ) seine Motive aus
dem Wiener Volksleben. In der „Weinlese bei Nußdorf" (1899,
Aquarell) vereinigt er mit der trefflichen Schilderung desselben
einen schönen landschaftlichen Ausblick von den Höhen des
gesegneten Weingebietes über die große, im Nebel des Herbstes
verschwindende Kaiserstadt. Ifit einfachen, kräftigen Mitteln,
wie sie der moderne Steindruck anwendet, schildert Ferdinand
Andri (geboren 1871) das urwüchsige niederösterreichische
Bauernleben. Seine „Kartoffelernte" (1900, Aquarell) mit den
markigen Bauernfiguren, die in ihrer Schwerfälligkeit eins mit
dem Boden zu sein scheinen, erfreut durch die koloristische
Kraft. Wilhelm Bernatziks (1863—1906) Bild „Der Herbst"
ist vorläufig in der Modernen Galerie ausgestellt.
Für die Freunde der mittelalterlichen Kunst ist das Grab'
und Votivbild des Ritters Jesse Sax (aus dem oberösterreichi'
sehen Geschlechte der Sachsen von Almeck) aus der Sakristei
der Pfarrkirche in Ebenfurth, welches der Fürst erworben und für
die städtischen Sammlungen gewidmet hatte, von großem Intern
esse 2 )* Als Hauptfigur des Bildes erscheint Maria, auf einem
l ) Auf der Internationalen Ausstellung im Wiener Künstlerhause
(1882) war ein „Kanalbild von Amsterdam" von der genannten Kunst*
lerin ausgestellt Ein „Kanalbild in Amsterdam" erschien auf der Tina
Blau'Ausstellung im Jahre 1900. (Zeitschrift für bildende Kunst 1882,
XVII, S. 247 f.)
*) Von den Werken, die Kupfer 1908 im österreichischen Kunst*
verein ausgestellt hatte, wurde das Ölgemälde „Stiege der Wäscher*
barg" vom Fürsten erworben. (Wiener Zeitung« 13« Harz 1908, S. 9.)
3) Topographie von Niederösterreich. 1885, II, S. 401» — - Berichte
und Hitteilungen des Altertumsvereines. 1880, XIX, S. 29 f., 1888, XXV,
S. 91—93« — Monatsblatt des Altertumsvereines. 1888, II, S. 69. — Kunst-*
chronik. N. F. 1896, VII, Sp. 435«
8
- 114 —
reich verzierten Throne sitzend* In ihrem Schöße ruht das
Christuskind, vor ihr kniet ein Ritter und hinter diesem steht
der Apostel Jakobus der Altere, der den Ritter der Barmherzig'
keit der Gottesmutter und des Jesukindleins empfiehlt Das
Bild, von einfacher Komposition und tüchtiger Malweise, ist im
zarten Kopfe der Maria, im edlen, reich gelockten Haupte des
Apostels und in der jugendlichen Gestalt des Ritters von
inniger Andacht durchweht* Vor der Figur des letzteren be^
findet sich das behelmte Wappen. Der Hintergrund des Bildes
erscheint im unteren Teil als Holzgetäfel behandelt, der obere
Teil besteht aus dessiniertem und reliefiertem Goldgrund. An
dem unteren Teile des schmalen Rahmens liest man die In*-
schrift:
„Hie leit begraben der Edel vest gesse sax dem got genat,
der gestarben Ist an gotzleichennams tag m°cccc°l Jahr"
Wendelin Boeheim hält das Bild aus gewichtigen Gründen
für ein Werk des in Wr^Neustadt tätigen Hans (Jenusch)
Miko, genannt Ungar (f 1478). Der Fürst ließ das Bild, welches
stellenweise sehr schadhaft war, indem sich infolge eines senk"
rechten Sprunges die Temperamalerei abgeblättert hatte, in ge^
lungener Weise restaurieren 1 ). Von Bedeutung für die Ge*
l ) Auch das Votivbild des Jörg v. Pottendorf, obersten Mundschenks
und Landmarschalls von Niederösterreich, welches gleichfalls in der Sa*
kristei der Pfarrkirche zu Ebenfurth aufgestellt war, wurde vom Fürsten
im Jahre 1887 erworben und durch den k. k. Restaurator Eduard Ritschel
trefflich restauriert. Das auf Holz gemalte Temperabild (1467) zeigt auf
gemustertem Goldgrund Maria mit dem Kinde auf dem Throne sitzend,
rechts von ihr den hl. Nikolaus, ihm gegenüber St Ulrich. Vor Maria
knien Georg v. Pottendorf und Elisabeth v. Liechtenstein, die dritte Frau
dz* Ritters. Hinter Elspeth befinden sich die Heiligen Elisabeth und
Barbara; hinter Georg knien Amalei v. Eberstorf, die erste, und Ursula
v. Zelking, die zweite Gemahlin desselben. Hinter der ersteren steht
St. Petrus, hinter der letzteren die hL Katharina. Der schwarze, mit gol'
denen Rosetten gezierte Rahmen trägt unten die Inschrift:
Die Tavel hat lasen Machfi De anno Im LXVH Jar der Wolgeparn herr
herr Jorig vö Potftdorf obrister Schenkh vnd die zeytt lantmarschalich
vnd Veldhauptman In Österreich.
— U5 —
schichte der Stadt Wien ist ein großes Ölgemälde, welches den
feierlichen Einzug eines Gesandten, wahrscheinlich des französi*
sehen Gesandten De Luc, am 19. April 1716 in Wien dar"
stellt. Eine stattliche Reihe prächtiger Equipagen mit Insassen
in goldstrotzender Uniform bewegt sich inmitten zahlreicher
Zuschauer durch die Festungswerke in die Stadt. Wenn auch
der künstlerische Wert des Bildes, das von einem Wiener
Lokalmaler des 18. Jahrhunderts herzurühren scheint, kein her"
vorragender ist, so verdient es doch wegen des historischen
Momentes, der in demselben geschildert ist, vor allem aber
wegen der treuen Darstellung des alten Wien, in dem die
wichtigeren Bauten der Altstadt und der Vorstädte mit großer
Sorgfalt abgebildet sind, Beachtung 1 ). Ein Aquarell von Joh.
Gfall, welches das Fest darstellt, das vom französischen Bot"
schafter anläßlich der Vermählung der Erzherzogin Maria
Antoinette mit dem Dauphin von Frankreich am 18. April
1770 im Liechtensteinschen Gartenpalais veranstaltet wurde,
hat der Fürst leihweise den städtischen Sammlungen über"
lassen. Damit schließen wir die Betrachtungen über die Wid"
mungen des Fürsten an das Historische Museum der Stadt
Wien. Fürst Johann v. Liechtenstein ist als glänzender Re-
präsentant der höchsten Aristokratie mit einem edlen Beispiel
von Kunstförderung hervorgetreten. Ein hoher Pair des Reiches,
der sich damit aber nur als guter Bürger der Stadt erweisen
wollte, hat sich dadurch die Dankbarkeit aller Kunstfreunde
in größtem Maße erworben. Ein beredtes Zeichen des Dankes
ist der Beschluß des Stadtrates, den ausgezeichneten Bildnis"
maier John Quincy Adams damit zu betrauen, anläßlich des
Regierungsjubiläums des Fürsten ein Porträt Sr. Durchlaucht
für die Stadt Wien zu malen 2 ).
Boefaeim zählt auch dieses Bild zu denjenigen Werken Mikos, in welchen
sich die oberdeutsche Schule, speziell die Richtung Schongauers ausspricht.
(Topographie von Niederösterreich. 1885, II, S. 401 und 404« — Berichte
und Mitteilungen des Altertumsvereines. 1881, XX, S. 97 ff-, 1888, XXV,
S. 89 ff. — Monatsblatt des Altertumsvereines. 1888, II, S. 68 f.)
l ) Kunstchronik. N. F. 1904» XV, Sp. 443«
') Wiener Zeitung, io. April 1908, S. 8.
8*
— 116 —
Das Kunsthistorische Hofmuseum«
Auch die großartigen kunsthistorischen Sammlungen des
Allerhöchsten Kaiserhauses verdanken dem Fürsten einige
interessante Schenkungen. Wir wollen zunächst auf einige
Gemälde hinweisen, welche der Sammlung moderner Bilder
zur Zierde gereichen 1 )* Wieder ist es ein unvergleichliches
Werk F. G. Waldmüllers, das uns in erster Linie anzieht, ein
„Motiv aus dem Wienerwalde". Das Bild stammt aus dem
Jahre 1858 und wurde seinerzeit vom Kunstler nach Rußland
verkauft« Als es im Jahre 1892 wieder nach Wien kam, wurde
es vom Fürsten erworben und der kaiserlichen Gemäldegalerie
gewidmet (1893). Wir sehen uns in eine herrliche WalcU
landschaft versetzt — es ist der im jungen, hellgrünen Laub
prangende, hochstämmige Buchenwald, wie ihn die Gegend
von Hütteldorf und Neuwaldegg besitzt — der Blick schweift
von einer Waldwiese, auf welcher liebliche Blumen sprießen,
über eine weite Berglandschaft hinweg bis zu dem weißen
Haupte des majestätischen Schneeberges, über dem graues Ge>
wölke schwebt» Eine alte Frau, Knaben und Mädchen, lachende,
rosige Kinderfiguren, sind beschäftigt, dürres Reisig zu sammeln.
Die ungekünstelte Gruppierung der Gestalten, die pastos auf'
getragenen, in blühender Frische leuchtenden Farben, die be*
rückenden Lichteffekte der sinkenden Sonne, die mit ihren
letzten Strahlen nicht mehr das Dunkel des Waldes zu
durchdringen vermag, aber die Gestalten, von rötlichem Schim'
mer übergössen, und eine am Waldesrand einzeln stehende
Birke, deren weißglänzendes Laub sich leicht im sanften Mai'
winde wiegt, deutlich in den Vordergrund rückt, mögen es
*) Führer durch die Gemäldegalerie. Wien 1897» HI, Nr. 151 und
306. — Frimmel, Geschichte der Wiener Gemäldesammlungen. Die Ge*
schichte der kaiserlichen Gemäldegalerie. 1898. (Kleine Galeriestudien.
III. F., I. Bd., I. Kap.) S. 646 und 654. — Kunst und Kunsthandwerk. 1902,
V, S. 160. — Dr. W. Suida, Moderner Cicerone. Wien, I. Stuttgart 1903*
— A. Schaeffer, Die kaiserliche Gemäldegalerie. Moderne Heister. Wien
1903» S. 63 und 193* Taf. 96, 121 und 122. — A. Roefiler, Waldmüller.
Nr. 229.
— 117 —
rechtfertigen, wenn wir das im Freien gemalte Bild zu dem
besten zählen, was Waldmüllers Kunst hervorgebracht hat.
Jedenfalls nimmt es den ersten Platz unter den Bildern ein,
welche die kaiserliche Gemäldegalerie von dem Meister besitzt.
Johann Gualbert Raffalt, der würdige, leider jung verstorbene
Schüler und Freund Pettenkofens, hat das Innere eines Hofes
in Weißenkirchen, eines seiner trefflichsten Bilder, gemalt.
Dragoner halten mit ihren Pferden in einem rings von hohen
Gebäuden eingeschlossenen Hofe. Die durch das grelle Sonnen"
licht in blendendes Weiß gehüllten Mauern, die kräftigen
Schatten, das Stückchen bläulichgrauen Himmels, das zwischen
den Dächern hereinguckt, bekunden das Streben des Malers,
in die Bahnen der modernen Freilichtmaler einzulenken. Durch
das hübsche Bild „Am Genfer See" (1852) ist Alexander
Calame, einst die Zierde der Schweizer Kunst, vertreten. Die
Sonne ist bereits hinter den hohen Bergen hinabgestiegen, sie
vergoldet mit ihrem letzten Schimmer die Wolken und die
Gipfel der Berge, hüllt die Abhänge derselben in violette Töne
und zittert in zarten, gelblichen Farben auf dem leicht bc
wegten Wasserspiegel. Das Werk gelangte gleich dem vor'
arwähnten Bilde Raffalts im Jahre 1901 in den Besitz des
Museums. Eine Widmung aus dem Jahre 1890 ist ein Werk
Constant Troyons '), des berühmten französischen Landschaft^
und Tiermalers. Das Bild, welches eine Gruppe von Hühnern
vorführt, die von einer Frau gefüttert werden, ist ein Licht'
punkt der modernen Abteilung, ein Kunstwerk von glänzen^
den malerischen Qualitäten; wie das Licht durch das Laubdach
bricht und glänzende Reflexe auf die Wände der Bauernhütte,
das fütternde Weib und die Hühnergesellschaft wirft, wie die
geistreich skizzierten Tiere in den verschiedenartigsten Bc
wegungsmotiven erscheinen, das ist auf dem kleinen Täfelchen
in schlichter Weise, eindrucksvoll und wahr dargestellt.
Es ist unsere Pflicht, an dieser Stelle auch der großen
Verdienste zu gedenken, welche sich der Fürst um die Er'
') Das Bild wurde 1889 auf der Auktion H. E. Secrltan in Paris
(1889) um 36000 Fr. losgeschlagen; es ist im Versteigerungskatalog re-
produziert (I, Nr. 82).
— 118 —
Werbung der unvergleichlichen Friese und anderer Bestandteile
des Heroons von Trjsa (Gjölbaschi) in Lykien, welche im
Tiefparterre und im Hofe des Kunsthistorischen Hofmuseums
seit dem Jahre 1889 in verständiger und geschmackvoller Weise
aufgestellt erscheinen, erworben hatte 1 ). Schon im Jahre 1842
hatte der preußische Gelehrte J. A. Schönborn in Gjölbaschi
eine ausgedehnte Grabanlage eines heimischen Fürsten mit
reichem Skulpturenschmuck entdeckt Eine Expedition unter
der Führung Dr. Otto Benndorfis nach diesem Orte (1881)
stellte den hohen Wert der Skulpturen fest und machte den
Wunsch rege, die wertvollsten Teile eines seltenen Baudenk-'
mals aus der voralexandrinischen Zeit für Österreich zu ge^
winnen. Noch in demselben Jahre wurde eine „österreichische
Gesellschaft für die archäologische Erforschung Kleinasiens"
gegründet, welche sich die Aufgabe stellte, den wertvollen
Schatz griechischer Kunst für die kunsthistorischen Samm-*
lungen des Kaiserhauses zu erwerben, aber auch die Mittel für
die Ausgrabungen in Lagina, die weitere Erforschung von
Lykien und Karien und ähnliche Reisen in Kleinasien beizu^
stellen gedachte. Unter dem Vorangehen des Erzherzogs Rainer
und des Fürsten Johann IL von Liechtenstein bildete sich diese
Vereinigung hochgesinnter Männer, denen alle mit dem Kunst"
leben Österreichs Vertrauten Verehrung zollen. Der Fürst,
welcher einen ansehnlichen Teil der nötigen Summen zur Ver*
fügung stellte, gehörte dieser Gesellschaft als Ehrenmitglied
an. Im Frühling des Jahres 1882 trat die Expedition unter der
Führung Benndorfs und unter Teilnahme anderer hervor**
ragenden Gelehrten (G. Niemann, Dr. Felix von Luschan,
Dr. Robert Schneider etc.) die Reise an. Nach Oberwindung
') Archäologisch"epigraphische Hitteilungen aus Osterreich. 1882,
VI, S. 151 ff. — Hitteilungen des k. k. österreichischen Museums. 1882,
XVH. Jahrg., S. n8f. und 263*., 1883, XVIII. Jahrg., S. 573*. — Kunst*
Chronik. 1882, XVII, Sp. 481 ff., 1884, XIX, Sp. 126 ff., 1885, XX, Sp. 144 f.
— Zeitschrift für bildende Kunst 1883, XVIII, S. 265 ff« und 337 ff-— All*
gemeine Kunstchronik. 1889, XIII, S. 360 ff. — Jahrbuch der Kunsthistori'
sehen Sammlungen. 1889, IX r S. iff., 1891, XI, S. iff., 1891, XII, S. 5 ff.
(Von Dr. Otto Bcnndorf.) — Obersicht der kunsthistorischen Sammlungen
des Allerhöchsten Kaiserhauses. Wien 1891, S. 365 ff.
— 119 —
unsäglicher Schwierigkeiten gelang es in diesem Jahre, die
Friese von dem 866 Meter hohen, steilen Berg ins Tal und
mittels Schiffes nach Österreich zu schaffen. Diese Friese bc
deckten in einer Ausdehnung von über ioo Metern die beiden
obersten Quaderschichten der Innenwände und der Südseite
der Außenwand der Umfassungsmauern, welche einen nahezu
rechteckigen Hof einschlössen, in welchem der Sarkophag, der
einst die Reste des hier bestatteten Fürsten und seiner nächsten
Angehörigen enthielt, stand« Die flachen Reliefs stellen in un*
zusammenhängender Reihenfolge Szenen aus dem Trojanischen
Kriege, den Kampf der Sieben gegen Theben, den Kampf der
Lapithen und Kentauren, das Abenteuer des Bellerophon mit
der Chimaira, die Tötung der Freier der Penelope durch
Odysseus, die kalydonische Eberjagd, den Raub der Leukip'
piden, vier Taten des Theseus u. a. dar. Die Reliefs sind aus
dem in der Gegend gewonnenen Sandstein, der an den Bruche
stellen weißem Marmor ähnlich ist, gehauen* Wenn sie auch
stellenweise stark verwittert sind, besitzen sie doch den großen
Vorzug, daß sie, wie kein zweites Denkmal des Altertums,
eine fast ununterbrochene Kontinuität aufweisen* Sie sind
wahrscheinlich ein Werk jonischer Meister, welche unter dem
Einflüsse der um die Mitte des 5* Jahrhunderts zur herrschen/
den Stellung sich emporringenden attischen Kunst stehen, und
zeigen in Stil und Vorwurf einen innigen Zusammenhang mit
den Gemälden des Potygnotos und seiner Schule; sie geben
uns aber auch zugleich die Möglichkeit, verlorengegangene
Epen, die Thebais, die Kyprien, die Athiopis, in der Idee
wiederherzustellen. An kunsthistorischer, wie an literarhistori"
scher Bedeutung steht daher das Heroon keinem der vielen
Kunstdenkmale nach, welche in der letzten Zeit ans Tagest
licht gebracht wurden.
Im Herbste des Jahres 1883 wurde eine zweite Expedition
ausgerüstet, um auch das aus drei gewaltigen Steinblöcken zxu
sammengesetzte Portal des Baues und den Sarkophag des
Dereimis und Aischylos, welcher außerhalb des Grabdenkmals
stand und ein guter Repräsentant eines über ganz Lykien ver*
breiteten Gräbertypus ist, einzuholen. Die nicht unbeträcht'
— 120 —
liehen Geldmittel wurden auf Betreiben Nikolaus Dumbas und
des Grafen Edmund Zichy aufgebracht. Fürst Johann von
Liechtenstein förderte auch dieses Unternehmen in entscheid
dender Weise« Wer in der Lage ist, insbesondere an sonnen'
hellen Tagen, die Reliefs aufmerksam zu betrachten, wird in
ihnen hohe künstlerische Verdienste entdecken und trotz der
wenig anziehenden, von der Zeit hart mitgenommenen Ober'
fläche einen anregenden Genuß empfangen, der ihn verpflichtet,
denjenigen Männern, welche in selbstloser Aufopferung dieses
Monument für Österreich gewonnen und Seiner Majestät dem
Kaiser gewidmet haben, aufrichtigen Dank zu sagen.
Die Genossenschaft der bildenden Künstler
Wiens*
Das Bestreben des Fürsten, auch in das Kunstschaffen
der Gegenwart tätig einzugreifen, hat ihn in nähere Be>
Ziehungen zu den lebenden Künstlern und deren Vereinigungen
gebracht Insbesondere die älteste derselben, die Künstler«'
genossenschaft, kann den Fürsten, den sie zu ihren Stiftern
und Ehrenmitgliedern zählt, zu denjenigen kunstsinnigen
Männern rechnen, die stets bereit waren, wenn es galt, der
heimischen Kunstübung helfend zur Seite zu stehen. Mit regem
Interesse hat der Fürst immer die Ausstellungen der Künstler'
Vereinigung besucht und daselbst zahlreiche Werke von bev
deutenden Meistern erworben. Seine Durchlaucht hat ferner
durch Widmung von Ehrenpreisen, wie im Jubiläumsjahr 1898,
durch materielle Unterstützung aufkeimender Talente und durch
Aufträge an die Mitglieder der Genossenschaft bewiesen, daß
er das Aufblühen der Kunst mit einem warmfühlenden Herzen
verfolgt« In der Erkenntnis, wie notwendig in Österreich ein
Wirken in diesem Sinne ist, hat auch die Genossenschaft den
Fürsten zu ihrem Ehrenmitgliede ernannt 1 )*
*) Nach den gütigen Mitteilungen des Herrn Anton Lukasch, Vize*
sekretflrs der Künstlergenouenschaft
— 121 —
Zu besonderem Danke war die Künstlervereinigung dem
Fürsten verpflichtet, daß er es gestattete, daß im Jahre 1890
ein großer Teil seiner Bilderschätze in den Sälen des Künstler'
hauses ausgestellt wurde 1 ). Viele Gemälde wirkten durch den
Reiz vollkommener Neuheit, ein kleinerer Teil derselben war
von früheren Ausstellungen her bekannt Von den ausgestellten
Werken (der Katalog umfaßte 208 Nummern, zu welchen
jedoch ein Nachtrag kam), die damals dem Majoratshause in
Wien, den Schlössern Liechtenstein, Feldsberg und Eisgrub
als Wandschmuck dienten, befindet sich gegenwärtig ein Teil als
Widmung des Fürsten in öffentlichen Sammlungen; sie bleiben
bei unserer kurzen Besprechung der Ausstellung ausgeschaltet;
Von den Altwiener Meistern waren vertreten: Waldmüller
durch 21 Werke, darunter zwei „Sizilianische Landschaften",
Danhauser („Am Schulwege", Aquarell), Fendi („Selbstporträt",
1833^ »Die Familie des Fischers", „Mädchen", „An der Wiege
des Enkels", „Studien", „Am Grabe der Eltern" und „Schlau
fendes Kind", die drei ersterwähnten Ölgemälde, die übrigen
Aquarelle), Ranftl („Bauernstube", 1846, „Großmutter und
Enkelin", „Der Hund des Zimmermannes", 1831, „Abendruhe
einer Bauernfamilie", „Wallfahrer am See", 1848, die beiden
letzteren Aquarelle), Ignaz Raffalt („Junger Zigeuner"), Karl
Schindler („Heimkehr von der Hochzeit", „Nachhauseblasen
der Hochzeit", Aquarelle), Friedrich Gauermann (11 Bilder)
und Moritz M. Daffinger (4 „Blumenstudien", 1824 — 1837)»
Der treffliche Pettenkofen hatte drei Ölgemälde („Markt",
„Bauernküche" und „Niederösterreichisches Bauernhaus") bei/
gesteuert Von Moritz von Schwind rührten die beiden Zyklus^
bilder „Schubert" und „Geibel" (Aquarelle) 2 ), von Josef von
Führich das Aquarell „Der Eremit" her. Jakob Alt und seine
*) Allgemeine Kunstchronik. 1890, XTV, S. 658 f., 1891, XV, S. 15. —
Kunstchronik. N. F. 1891, U, S. 74« — Weckbecker, Handbuch der Kunst*
pflege in Österreich« 1902, S« 279«
2 ) Die Aquarelle, von denen das eine Geibel und Luise Kugler dar*
stellen soll, während das andere die Geschichte eines Liebespaares ent*
hält« werden von O. Weigmann unter die zweifelhaften Werke des
Künstlers eingereiht (Klassiker der Kunst« IX« Schwind« 1906, Nr. 525 und 530).
122 —
beiden Söhne Franz und Rudolf Alt waren durch interessante
Werke vertreten, besonders der letztere, dessen meisterhafte
Werke einen wahren Schatz im Kunstbesitze des Fürsten bilden.
Mit Ausnahme eines Ölgemäldes („Haus in Klosterneuburg*,
1859) waren sämtliche ausgestellten Werke Aquarelle. Sie fuhren
uns zunächst Teile Wiens vor („Stephansturm, vom Graben
aus gesehen", 1843, „Der Hohe Markt" und „Votivkirche, vom
Palais Liechtenstein aus gesehen")» In dem zuletzt genannten
Bild (1881) vereinigt der Kunstler Erinnerungen aus alter Zeit
mit Neuem, indem sein Blick von der Terrasse des Palastes
hinüber zum längst verschollenen „Paradeisgartl" und dem
Pavillon, der einst dort stand, und zur fertiggestellten Votiv'
kirche mit dem kleinen Park schweift Andere reizende Aqua'
relle entlehnen ihre Stoffe den Städten Prag („Altstädter Ring",
„Am Hradschin", 1839), Salzburg („Ansicht von Salzburg",
1843, „Inneres der Franziskanerkirche") und den Österreich**
sehen Alpen („Waldbach", „Wolfgangsee", „Berglehne bei
Eisenerz"). Weitere Bilder stellen eine Straße (1873) und den
Markt und Brunnen vor der Sebalduskirche in Nürnberg dar«
Früchte der Reisen Alts in Italien waren „Dom in Como"
( x 833), „Partie aus Venedig" und einige wundervolle An"
sichten aus Rom („Campo vaccino", „Triumphbogen des Titus",
1840, „Kolosseum" und „Tivoli"). Meister der heimischen
Landschaftsmalerei sind auch Adolf Ditscheiner („Partie aus
dem Parke in Lundenburg", 1886), August Schaeffer (Land"
Schäften, deren Motive besonders dem Salzkammergut ent-
stammen), Eduard von Lichtenf eis („Der Saupark bei Eisgrub",
1877) und Wilhelm Bernatzik („Landschaft", Zeichnung).
Von deutschen Meistern erregte der gemütvolle Ludwig
Adrian Richter die größte Aufmerksamkeit durch die Bilder
„Feldruhe", „Kinderbelustigung", „Das Leben des Storches",
^Mutterfreude" und „Abendgebet vor dem Marterbilde" (1866).
Karl Rottmann führt uns in seiner „Landschaft" nach Griechen'
land. Der Düsseldorfer Schule gehören Ludwig Knaus („Porträt")
und Benjamin Vautier an („Die bange Stunde", 1887, „Brief"
schreiberin", „Bauernmädchen", Bleistiftzeichnung)» Anton Seitz
(„Genrebild"), Hugo Kaufimann („Fuchsjäger", „'
— 123 —
schaft", Aquarell, „Männliche Bildnisstudien", Bleistiftzeiclv
nungen), Franz von Defregger („Schlafendes Mädchen", 1878,
„Zitherlektion", 1883, „Kinder, mit einem Hunde spielend"),
Eduard Kurzbauer („Großmutter und Enkelin", Federzeichnung)
und Wilhelm Leibl („Bauernmädchen", Bleistiftzeichnung) re^
präsentieren die Münchener Genremalerei* Der Schweizer
Alezander Calame war durch einige seiner schönen AlpenlancU
Schäften vertreten» Kostbare Bilder sind „Der Bücherfreund"
(1856) und „In der Studierstube" (1882) ') von Jean Louis
Ernest Meissonier, welche, obwohl sie 25 Jahre auseinander^
liegen, noch immer keine Ermattung des greisen Meisters
fühlen ließen und sich in gleicher Weise durch Leichtigkeit
der Gestaltung, zierliche Ausführung und treffliche Charakter
ristik auszeichnen«
Diese schier unerschöpflichen Kunstschätze ließen auf den
geläuterten Geschmack und regen Sammeleifer des Fürsten
schließen, der es wie wenige Männer Österreichs verstanden
hat, hervorragende Schöpfungen aller auf dem Gebiete der
bildenden Kunst tätigen Nationen mit großen Kosten zu er'
werben.
Einige von den eben erwähnten Werken waren auch auf
der retrospektiven Ausstellung zu sehen, welche die Künstler'
genossenschaft im Jahre 1908 in Verbindung mit der Jahres^
ausstellung veranstaltete und die ein getreues Bild der Ent*
wicklung der Malerei im Zeitalter Franz Josefs I. wider'
spiegelte 2 ). Wenn uns da neuerdings zum Bewußtsein gebracht
wurde, daß diese Periode für die Kunst eine besonders reiche
und mannigfaltige war, so ist dies unter anderen Kunstfreunden
auch dem Fürsten zu danken, der aus seinem Besitze in erster
Linie eine Reihe von prächtigen Landschaften zur Verfügung
stellte, die für sich allein schon den Entwicklungsgang eines
') Das Bild, einst in den Sammlungen DucdeMorny und Secrttan,
erzielte auf der Versteigerung der letztgenannten Sammlung einen Ver~
kaufspreis von 65.500 Franken, es ist auch im Auktionskatalog (1889, h
Nr. 43) reproduziert
*) Neue Freie Presse. 2. April 1908, S. iff. — Wiener Abendpost
24. März 1908. — Die Wage. 1908, XI, S. 336 ff.
— 124 —
der blühendsten Zweige der bildenden Kunst der neueren Zeit
veranschaulichen. An die Spitze stellen wir gewiß mit Recht
Waldmüller, der uns mit zwei seiner herrlichsten Werke ent'
gegentritt, mit einer großzügigen, weitgedehnten WienerwalcU
landschaft aus der Nähe der Burg Liechtenstein (1859) tmd
einer lichtdurchtränkten sizilianischen Landschaft (1844) ! ). In
dem erstgenannten Bild schweift der Blick von einer von den
letzten Strahlen der scheidenden Sonne hellbeleuchteten, im
zauberhaft vielfältigen Grün glänzenden Baumgruppe des
Vordergrundes über die fruchtbare Hochfläche zu den fernen
Hügelzügen, über deren Hänge sich die graublauen, wallenden
Schleier des aus den Schornsteinen der Dörfer aufsteigenden
Rauches legen» Scharf zeichnen sich die Konturen der Berg'
rücken von dem lichtgelben Himmelssaume ab* Seine ganze
Größe entfaltet der Künstler in der sizilianischen Landschaft
besonders darin, daß es ihm hier gleich den größten Meistern
gelingt, die Gegenstände, von Licht umflossen, von Luft um/
webt, zu erfassen und wiederzugeben« Vor uns liegen die Reste
eines antiken Theaters in Taormina. Glühender Sonnenschein
brütet über den gelb und rot leuchtenden, mächtigen Bogen,
den zierlichen Säulen und dem unabsehbarem Gewirr von
Steinen und Mauertrümmern, aus denen als einziges Grün
eine stachelige Feigendistel blickt* In tiefer Bläue schließt sich
das Meer an die Ruinen an; sich in immer zarter werden"
den Tönen in unendlicher Ferne verlierend, verschmilzt es dort
mit den letzten Ausläufern des Ätna, der in leicht hinge
hauchten, violetten Farbtönen flimmert und mit den schön'
geschwungenen Linien seiner Silhouette dem Landschaftsbilde
l ) A. Roefller, Waldmüller. 1907, Nr. 248 und 173* — Außer diesen
und den in Olmütz 1908 ausgestellten Landschaften Waldmüllers sind in
dem erwähnten Werke unter Nr. 69 und 111 zwei weitere im Besitze
des Fürsten befindliche Gemälde des Heisters reproduziert, eine am Ufer
eines Flusses in einer bergigen Waldlandschaft rastende Jagdgesellschaft
(zirka 1830) und eine durch ein im Schatten liegendes, mächtiges Bogen*
tor gesehene, im hellen Sonnenschein liegende, malerische Dorfstrafie in
St Wolfgang (1835)* — Se. Durchlaucht besitzt ferner eine feine Handzeich*
nung des Kunstlers, die aus dem Album der Hofschauspielerin Toni
Adamberger stammt« (Die graphischen Künste. 1887, X, S. 110.)
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einen prächtigen Abschluß verleiht 1 ). Rudolf v. Alt stellt sich
mit einem „ Hohen Markt u aus den dreißiger Jahren des
19. Jahrhunderts ein, einem Jugendwerke des Meisters, und
doch schon von größter Kühnheit in der Durchführung der
Perspektive und effektvollen Lichtschattenwirkungen. Tiefer
Schatten legt sich über den Vordergrund und die rechte Häuser'
reihe und fällt schräg über die Gebäude des Hintergrundes,
während die linke. Bildhälfte ganz in Licht getaucht erscheint.
Mit sicherer Hand baut der Künstler in der sonnigen Luft
die prachtvolle Architektur des Votivdenkmales mit der Veiv
mählung Maria bis ins kleinste Detail auf und umgibt das-
selbe mit zu dessen Füßen wimmelndem, buntfarbigem Markt'
völk und Frauen in reizender Altwiener Tracht Es ist ein
Stadtbild von hohem künstlerischen und historischen Wert,
das seinesgleichen nur in den Bildern Canalettos findet. Daß
sich neben den zahlreichen schönen Werken Alts in der Aus"
Stellung Thomas Enders kräftiges Aquarell „Paß in Finster'
münz" in Ehren behauptet, ist gewiß das beste Zeugnis, das
man dem tüchtigen Meister ausstellen kann. Ein gutes Bild
ist auch der von Anton Hansch gemalte, im Abenddunkel
liegende, schwarzgrüne „Gosausee" mit den in der unter'
gehenden Sonne rötlich schimmernden Felsenmauern und Eis'
feldern des Dachsteins im Hintergrunde. Mit beachtenswerten
Leistungen sind einige begabte Schüler Zimmermanns veiv
treten: Anton Hlavaiek durch eine redlich gemalte Ansicht des
von der Sonne beschienenen Leopoldsberges mit dem hell'
glänzenden Kirchlein auf seinem Haupte und dem majestäti'
sehen Strome und der fruchtbaren Ebene zu seinen Füßen,
Adolf Ditscheiner durch einen einsamen, trüben Weiher (1886)
mit sumpfigen Ufern, von üppig verwachsenem Walde um'
geben, und L. E. Petrovits durch ein breit behandeltes Aquarell
(1895) mit einem über mächtige Felsblöcke schäumenden
Wasser und vom Sturme gebeugten Tannen an dessen Ufern.
Mit einer sonnigen Idylle von entzückender Farbenfrische tritt
F. X. Birkinger auf — im Vordergrunde eine saftig grünende
l ) Das Bild befand sich früher in der Wiener Sammlung J. M. Kohn.
(Frimmel, Blätter für Gemäldekunde. 1905, I, S. 78.)
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Wiese mit zahlreichen buntfarbigen Huhnern, darüber schattige,
alte Buchen, im Hintergrunde anheimelnde Bauernhauser«
Emil Jakob Schindler, der unübertreffliche Meister der paysage
intime, breitet schwermütige Stimmung über eine kleine, fein
empfundene Landschaft aus der Gegend von Lundenburg aus»
Wir sehen einen schilfbewachsenen Tümpel, aus dem Kühe
trinken, einige ernste Pappeln streben hoch empor, schwere,
zerrissene Wolken jagen darüber hin« Mit reger Anteilnahme
betrachten wir die Werke jener modernen österreichischen
Landschafter, die gleich Waldmüller an der Lösung des Problems,
die Naturobjekte im Spiele des freien, grellen Sonnenlichtes
zu malen, arbeiten« Da ist zunächst Pettenkofen mit einem
Bauernhaus (185 1), dessen hell getünchte Mauern kräftig
gleißendes Sonnenlicht reflektieren, während das weit vor<
springende Dach tiefe Schatten auf dieselben wirft« Dazu
kommen die beiden ein Pferd fütternden Kinder, deren
Kleidchen aus durchscheinendem, buntem Mosaik zusammen'
gesetzt erscheinen« Die größte Bewunderung verdient daneben ein
Kavallerielager voll höchst lebendiger Pferde, auf deren Körper
die bläulichgrauen Reflexe der Abenddämmerung ihr Spiel
treiben. W« Bernatzik stellt eine farbenreiche Prozession auf
einer breiten Straße bei Dürnstein dar (1881). Ein Priester
segnet die Fluren, die im Lenzesgrün prangen« Zur Linken
erblickt man den einsamen Friedhof und den stolzen Strom,
zur Rechten einen Abhang, der zu der auf steilem Felsen
thronenden Burg hinaufleitet« Die weißen und rosa Farbtöne
der blühenden Bäume verleihen der Landschaft einen eigene
artigen Reiz« Den Hintergrund bilden die mächtigen Stadt'
mauern, über welche die Kirchtürme des Ortes hinausragen«
Ober das Ganze spannt sich der hellblaue Frühlingshimmel
mit seinen leichten Wölkchen« Aus Theodor v« Hörmanns
kleinem Bildchen spricht die ganze Größe des Meisters« Das
erste Grün sproßt aus dem Boden des Weinberges, die Pfirsich'
bäume entwickeln eben ihre zarten Blättchen und blaßroten
Blüten, hell glänzt die Sonne vom Himmel herab und steigert
die bunten Arbeitsgewänder der Männer und Frauen zu un*
erhörter Leuchtkraft. In voller Tageshelle malt auch Eugen
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Jettel einen schlichten, doch außerordentlich wirksamen Nattuv
ausschnitt In ungemein feinen, weichen Tönen, wie mit dem
Pastellstift, setzt er das matte Grün einer Wiese mit einigen
Enten, das zarte Braun und Gelb der Strohdacher der Bauern/
häuser mit ihren blendendweißen Mauern und das lichte Blau
des Himmels nebeneinander«
Mit Freude begrüßen wir ferner die Meister des alten
Wien« Ein reizendes Genrebild voll schalkhaften Humors
steuert Fendi bei; die Darstellung, eine Mutter spielt mit ihrem
in einem Schaffe stehenden Kinde Verstecken, ist breit und
geistreich in schummeriger Stubenluft gemalt. Leichtflüssig hat
Amerling das Bildnis des jung verstorbenen Künstlers mit dem
Schubertkopfe in einem ausgezeichneten Werke wiedergegeben«
Die lebhaft geröteten Gesichtszüge werden von goldblondem
Lockenhaar umrahmt, ein brauner Rock mit samtenem Kragen
deckt den Oberkörper* Das an einem Stein lehnende, Erd-
beeren verkaufende Mädchen in einer Gebirgslandschaft ist eine
wundervolle Leistung F. Eybls (1844), von liebevoller Verr
Senkung in das ansprechende Modell, unendlicher Feinheit der
Ausführung und außerordentlicher Kraft der Lokalfarben, die
er in dem hellrosigen Teint des Gesichtes, dem karmesinroten
Brusttuch, den weißen Hemdärmeln, der tiefblauen Schürze
und dem braunen Kopftuch kühn nebeneinander setzt« Als ein
kleiner, wenig bekannter, jedoch ehrlich arbeitender Volks"
maier tritt Michael Neder mit einem typischen niederöster/
reichischen Bauernpaar, das beim Bierkruge an einem Tische
sitzt, auf (1866)« In der Auffassung, wie in der vollendeten
Beherrschung des Technischen schließt sich Friedrich v« Fried/
länder in seinen beiden Invaliden (1874), die, auf einer Bank
vor ihrer Behausung ruhend, sich ihre Erlebnisse erzählen, eng
an die Altwiener Meister an« Ein Kabinettstück von fast nieder**
ländischer Sauberkeit in der Durchbildung der kleinsten Einzel'
heiten in den Figuren und im Interieur ist Josef Giselas „Mai/
andacht"«
Franz von Defregger ruft mit der schlichten, dem
Leben abgelauschten „Zitherspielerin" (1894), einem Werke voll
Meisterschaft der Zeichnung, Kraft der Farbengebung und Tiefe
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der Empfindung, unser Erstaunen über seine noch ungebrochene,
rüstige Arbeitskraft wach.
Das k» k» Osterreichische Museum für Kunst
und Industrie«
Auf ein goldenes Blatt in den Annalen dieses Museums
verdienen die Taten des regierenden Fürsten Johann IL von
Liechtenstein verzeichnet zu werden, durch welche er sämtliche
Unternehmungen des für die Entwicklung des heimischen
Kunstgewerbes so wichtigen Institutes in einer Weise gefördert
hat, der die größte Bewunderung aller derjenigen, welche mit
Interesse die Geschichte der Kunstbestrebungen des letzten
halben Jahrhunderts verfolgt haben, gebührt. Schon als Jung'
ling gehörte der Fürst zur Zeit der Gründung des Museums
(1864) dem Kuratorium desselben an und er hat in dieser
Stellung bis in die neueste Zeit, also fast durch fünfzig Jahre,
die Aufgaben, die ihm als Kurator zufielen, in wahrhaft idealer
Weise erfüllt. Der Aufschwung, den das Museum im Laufe
der Zeit genommen hat, wäre, ohne den Einfluß des Fürsten
undenkbar; daher halten wir es für unsere Pflicht, in etwas
ausführlicherer Weise das Wirken des edlen Mannes im Dienste
desselben zu schildern. Es war von allem Anfang an ein großer
Gewinn für das Museum, daß der Bibliothekar des Fürsten,
Jakob Falke, als Kustos und Stellvertreter des Direktors Rudolf
v. Eitelberger in die Dienste der Neugründung trat, um als
Organisator der Sammlungen zu wirken, wozu er allein in
dem kleinen Kreise, der damals für die Geschichte des Kunst-
gewerbes Interesse hatte, fähig war« Unter den vorläufig im
Ballhause untergebrachten Ausstellungsobjekten zählte man
eine große Anzahl von solchen, die dem Kunstbesitze des
Fürsten entstammten und welche gleich anderen Gegenständen
nur leihweise zur Schaustellung überlassen wurden 1 ).
') Mitteilungen der k. k. Zentralkommission. 1863, VIII, S. 115 f.»
1864, IX, S. XLIV ff. — R. Eitelberger, Gesammelte kunsthistorische
Schriften. Wien 1879. II, S. 81 ff. — Das k. k. Österreichische Museum
für Kunst und Industrie. 1889.
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Auch in der Folge zogen wiederholt einzelne Objekte aus
dem fürstlichen Besitze die Aufmerksamkeit der Besucher des
Museums auf sich« Zu den hervorragendsten unter denselben
gehörten z. B. die Statue des Feldmarschalls Johann I. von
Liechtenstein, welche im Auftrage des Fürsten vom Bildhauer
Vinzenz Pilz aus Carraramarmor ausgeführt und für die
Ruhmeshalle im Arsenal bestimmt wurde 1 ), eine mit außer'
ordentlicher Geschicklichkeit gearbeitete Trinkkanne aus Elfen'
bein, ein Werk des Tirolers Matthias Rauchmüller aus dem
Jahre 1676, mit in sehr hohem Relief durchgebildeten bacchanti"
sehen Szenen und Kindergruppen 2 ), und endlich sieben gewaltige
Platten aus Limousiner Email, mit dem vollen Namen
P. Corteys bezeichnet« Die Tafeln wurden vom Fürsten Josef
Wenzel von Liechtenstein während seiner Anwesenheit in
Paris als kaiserlicher Gesandter (1738 — 1740) erworben; sie
befanden sich einst im Schlosse Seebenstein, sind aber jetzt
im ersten Saale der Liechtenstein^Galerie aufgestellt. Sie stellen
lebhaft bewegte Szenen aus dem Trojanischen Krieg dar und
sind ein hervorragendes Werk eines Mitgliedes der berühmten
Emailleurfamilie der Courtois in Limoges. Ihre Entstehung^
zeit kann in die Hälfte des 16. Jahrhunderts gesetzt werden,
also in die Blütezeit dieser Technik in Frankreich. Diese
Platten verdienen schon wegen der technischen Eigentümlich'
keit, die an ihnen zur Schau tritt, Erwähnung. Während alle
Limousiner sich des dunklen Grundes bedienten und ihre
Grisaillen in zwei Lagen, zumeist mit Weiß, vollendeten, sind
diese Tafeln zunächst ganz weiß emailliert; die folgende Prc
zedur ähnelt sehr der Emailtechnik der alten Limogen auf
blankem Kupfer.
Die Konturen sind in Schwarz gezogen und die Lokal'
töne dunkel angelegt, Lagen von opakem Weiß erzeugen
die Modellierung und rötliche, blaue, braune und andere Färb'
töne vollenden im Vereine mit Gold die koloristische
i) Hitteilungen des Osterreichischen Museums. 1865—1866, I. Jahrg.,
S. 126.
') Repertorium für Kunstwissenschaft 1902, XXV, S. 89. — Mit'
teilungen des österreichischen Museums. I. Jahrg., S. 157 und 164 f.
9
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Wirkung ! ). Auf der im Jahre 1868 bei Gelegenheit der Er*
öflfnung des Künstlerhauses und der Ausstellung der deutschen
Kunstlergenossenschaft in den alten Räumen des Museums
stattgefundenen Ausstellung von Handzeichnungen gelangte
auch eine Reihe von Blättern aus dem fürstlichen Besitze zur
Aufstellung, die sämtlich einen hohen kunstgeschichtlichen Wert
besaßen. Insbesondere die Zeichnungen Rembrandts in Bister
und Kohle, elf an der Zahl, welche das zeichnerische Genie
des Meisters, das hier in geistreicher Weise sowohl mytho**
logische und biblische Szenen als auch Landschaft^ und Tier'
Studien darzustellen versteht, in großartigem Maße offenbarten,
überragten die Werke anderer Meister um ein Bedeutendes*
Aber auch die Zeichnungen der übrigen Künstler, die Blätter
von A. Dürer (Studium zu einem Martyrium mit Monogramm
und der Jahreszahl 15 10), A. v. Dyck (Gefangennahme Christi),
Michelangelo (Figurale Studien), A. del Sarto (Marias Besuch
bei Elisabeth), Tizian (Studie zum Martyrium des hl. Petrus)
u. a-, gaben ein treffliches Bild von der Reichhaltigkeit der fürst*
liehen Kunstsammlungen auf diesem Gebiete 2 )«
Der Erfüllung seiner hehren Aufgabe, die Leistungs-
fähigkeit der heimischen Kunstindustrie zu heben, wie den
Geschmack des Publikums zu veredeln, konnte das Museum
aber erst dann nähertreten, als der prächtige Renaissancebau
Heinrich von Ferstels am Stubenring im Jahre 1871 seiner
Bestimmung übergeben worden war. In den Vordergrund der
Unternehmungen des Museums rückten nun die Spezial'
ausstellungen, welche mustergültige Objekte aus allen Gebieten
und Stilperioden des Kunstgewerbes in sorgfältiger Auswahl
und geschmackvoller Zusammenstellung vor Augen führten
und Kostbarkeiten, die durch Jahrhunderte im Verborgenen
geschlummert hatten, ans Tageslicht zogen. Nichts kann die
hohe Bedeutung des Fürsten und seiner Vorfahren als Sammler
1 ) Mitteilungen des k. k. Österreichischen Museums. 1868— 1869,
IV. Jahrg., S. 501, 1881, XVI. Jahrg., S. 499, 1885, XX. Jahrg., S. 404 f. —
Falke, Geschichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein. III, S. 168.
2 ) Mitteilungen des k. k. Österreichischen Museums. 1867— 1868,
III. Jahrg., S. 231 ff.
— 131 —
von Schätzen der Kunst besser kennzeichnen, als wenn wir
die Gegenstände überblicken, die Seine Durchlaucht in selten
liberaler Weise für Hz erwähnten Ausstellungen zur Verfügung
stellte. Der größte Teil derselben wurde von dem Fürsten
selbst auf seinen ausgedehnten Reisen, namentlich in Italien
oder auf den großen Kunstmärkten zu London und Paris, er'
worben und bildet im Vereine mit dem älteren Kunstbesitz
des fürstlichen Hauses einen Schatz, wie ihn nur wenige
Familien des Hochadels ihr eigen nennen können. Diese kunst*
gewerblichen Gegenstände verdienen auch deshalb, daß sie hier,
wenn auch nur übersichtlich, im Zusammenhang betrachtet
werden, da sie keine einheitliche Sammlung bilden, sondern
in den weit zerstreut liegenden Schlössern aufbewahrt werden.
Zu den wenigen Persönlichkeiten, die in der Lage waren,
sich an der Ausstellung alter Möbel und Einrichtungsgegenstände
(1874) beteiligen zu können, zählte in erster Linie der Fürst,
von dem eine reiche Auswahl wertvoller Geräte zu sehen war 1 ).
Die interessantesten derselben seien in wenigen Worten bc
sprachen. Drei Geschirrkästchen, spätgotische Arbeiten nieder'
rheinischen Ursprungs, mit Laubwerk und Figuren geschmückt,
repräsentierten sich als vortreffliche und charakteristische Arbeiten
ihrer Art. Ein Kredenzkasten, eine Kölner Arbeit aus dem
17. Jahrhundert, mit buntem Holzmosaik in naturalistischer
Weise überzogen, bildete ein ausgezeichnetes Beispiel für die
eigentümliche Gestaltung, welche die Marketerie auf deutschem
Boden annahm. Gleichfalls als eine niederrheinische Arbeit
aus derselben Zeit ist ein reichgeschnitztes Bett aus Eichen'
holz mit einem Säulenbaldachin zu bezeichnen. Ein sofaartiges
Sitzmöbel (16. Jahrhundert) gewährte in seinen figuralen Reliefs
(Der verlorene Sohn) hübsche Motive. Von den Stühlen, die
sämtlich dem 17. Jahrhundert angehörten und vornehmlich
durch die Schnitzereien an der Rücklehne Interesse boten,
ragten besonders zwei Stücke mit geschnitzten Löwenfiguren
an der Lehne hervor, musterhafte Arbeiten voll Zierlichkeit
! ) Mitteilungen des k. k. österreichischen Museums. 1874» HC. Jahrg.,
S. 121 ff., 130 ff. und 155 ff. — Photographien alter Möbel von der Aus*»
Stellung im österreichischen Museum 1874*
9*
— 132 —
und Leichtigkeit, die sich einst im Besitze eines in der Kunst-
geschichte des 17. Jahrhunderts nicht unbekannten Mannes,
des Kunstfreundes und Sammlers Jabach in Köln, befanden*
Denselben reihte sich ein kräftiger Tisch an, eine rheinische
Arbeit aus dem 15. Jahrhundert, mit reichen Eisenbeschlägen,
geschnitztem Unterteil und einer Platte aus späterer Zeit, die
in eingelegter Arbeit den Reichsadler zeigt, versehen. Ein höchst
seltenes und durch seine Reliefs besonders anziehendes Stück
war ein Nähkästchen aus spätgotischer Zeit. Typische Beispiele
niederrheinischer oder holländischer Art im Höbelbau des
17. Jahrhunderts, ähnlich, wie sie die Entwürfe von Vredeman
de Viies, de Passe u. a. zeigen, bildeten zwei Tische mit
kräftiger Platte und soliden, unten verbundenen Kugelfußen«
Die beiden mit Laubwerk und zum Teil mit Figuren reich
geschnitzten Spiegelrahmen, niederländische Arbeiten der Spät'
renaissance, hielten eine wohltuende Mitte zwischen dem Ernst
der Hochrenaissance und dem leichten Rokoko ein« Die Aus"
Stellungsräume, in welchen auch einige Prachtmöbel aus dem
Besitze der Fürsten August und Friedrich v. Liechtenstein zu
sehen waren, hatten noch dadurch besonders gewonnen, daß
der Fürst eine Anzahl von hervorragenden Gemälden zur De
koration der Wände beigestellt hatte.
Einen Teil der angeführten, zum Teil höchst seltenen
und wertvollen mittelalterlichen Originale konnte man
auch auf der Spezialausstellung mittelalterlichen Hausrats
(1892 — 1893) bewundern; allein auch andere Kunstwerke, die
vor Jahrhunderten als Einrichtungsgegenstände vornehmer
Wohnungen gedient hatten, traten zum ersten Male vor die
Öffentlichkeit 1 ). Einen wahrhaften Schatz aus den fürstlichen
Sammlungen stellten die köstlichen Truhen dar, ausgezeichnete
Arbeiten der italienischen Frührenaissance, von hervorragenden
Künstlern in den verschiedenartigsten Techniken geziert, mit
Schnitzerei und Intarsia, vergoldeten figuralen oder orna"
mentalen Reliefs aus aufgelegter Masse, historischen und mytho'
l ) Katalog der Spezialausstellung mittelalterlichen Hausrats. 1892«
— Hitteilungen des k. k. Österreichischen Museums. N. F. 1893,
VUL Jahrg., S. 285 ff. — Falke, Mittelalterliches Holzmobiliar. Wien 1894.
— 133 —
logischen Malereien und Wappen. Der aufmerksame Besucher
der Liechtensteui^Galerie kennt diese Perlen italienischer Kunst*
industrie aus eigener Anschauung; sie dienen dort gleich
anderen Schätzen des Kunstgewerbes in effektvoller Weise als
stimmungsvoller Schmuck der einzelnen Säle. Interessante
mittelalterliche Arbeiten aus Leder und Hausgeräte aus Schmiede-
eisen, Kupfer, Bronze und Messing stammten gleichfalls aus
den reichhaltigen Sammlungen des Fürsten. Den größten kunst-
historischen Wert darunter besitzt ein wahrscheinlich zusammen-
gehöriges Paar von Waschschüsseln aus getriebenem Kupfer,
eine Limousiner Arbeit des 13. Jahrhunderts, reich orna-
mentiert und im ausgehobenen Grund ganz mit Email be-
deckt.
Besonders hervorragende Stücke bildeten auch die mit
bemalten und bedruckten Stoffen überspannten Möbel, welche
auf der Ausstellung bemalter und bedruckter Stoffe (1899) ver-
einigt waren und die um das Jahr 1760 entstanden sein dürften.
Sie stammten gleich den wunderschönen, großen Wand-
bespannungen aus dem Anfange des 19. Jahrhunderts mit
ihren orientalisierenden Mustern und den ausgestellten Klei-
dungsstücken aus dem Schloße zu Feldsberg *). Letztere wurden
der Garderobe des fürstlichen Hoftheaters entnommen, das von
Alois I. Josef v. Liechtenstein (1781— 1805) gegründet und mit
Dekorationen und Kostümen reich ausgestattet worden war.
Für die Spezialausstellung von Bucheinbänden (1880)
hatte der Fürst eine bedeutende Anzahl älterer und moderner
Arbeiten überlassen, welche den Reichtum der fürstlichen
Bibliothek an wertvollen Erzeugnissen des Buchgewerbes
ahnen ließen 2 ). Wir erwähnen nur ein Manuskript aus dem
12. Jahrhundert, bis vor kurzem der Sammlung Firmin Didot
angehörig, mit Deckeln in vergoldetem Kupfer und Email
champleve, die beachtenswerten französischen Ledereinbände
aus dem 16. Jahrhundert, wie eine Übersetzung des Dionysios
') Kunst und Kunsthandwerk. 1899, II, S. 221 ff.
') Hitteilungen des k. k. österreichischen Museums. 1880, XV. Jahrg.,
S. 117 ff*. 157 ff* und 187 ff* — Wegweiser durch die Spezialausstellung von
Bucheinbänden. — Kunstchronik. 1880, XV, S. 585 ff*
— 134 ~
Halikarn. von Aemilian Porto, Paris 1588, mit einem in seiner
Art einzigen Einbände, geschmückt mit den reizendsten Orna-
menten der französischen Renaissance, ferner das aus der
Sammlung F. Didot herrührende Gebetbuch Maria Stuarts,
welches ihr zu ihrer Vermählung geschenkt wurde, aus dem
Jahre 1558, mit ihrem Wahlspruch „Humilite ie prise" und
den Lilien Frankreichs versehen, und ein Band aus der Biblio-
thek des berühmten Bücherfreundes Grolier (Rerum a Carolo etc.
Antwerpen. 1553), die wohlerhaltenen, mit zierlichen Gold-
arabesken versehenen Pergamenteinbände mit den Anfangs-
buchstaben des Namens ihres einstigen Besitzers, des Herrn
Hartmann v. Liechtenstein von Nikolsburg und der Jahreszahl
i577> gleichfalls französischer Herkunft, die neapolitanischen
Einbände des 18. Jahrhunderts, die durch Verwendung von
Gold und Silber, von buntfarbigem Leder und eingesetzten
Gemmen einen orientalischen Eindruck machen, eine vorzüg-
liche Kollektion deutscher Schweinslederbände, mit den ge-
preßten, wohlbekannten Ornamenten der deutschen Renaissance
und den Bildnissen des Kaisers, der Reformatoren und der
Kurfürsten oder biblischen, mythischen und allegorischen
Figuren geziert, endlich die soliden Wiener Ledereinbände von
Krauß, die Holz- und seltene Marmorarten geschickt nach-
ahmen und mit Figuren und Gruppen nach griechischen Vasen-
motiven geschmückt erscheinen, ein Genre, für das die be-
achtenswerten Leistungen des englischen Empirestils als Muster
gedient hatten. Die kostbaren, modernen französischen Ein-
bände, welche der Fürst darlieh, stammten aus dem Besitze
F.Didots. — Auf der historischen Bronzeausstellung (1883), welche
die Entwicklung eines der wichtigsten Zweige der Kunstindustrie
von seinen Anfangen bis auf unsere Tage zeigte, war der Fürst
durch eine Anzahl von historisch und künstlerisch merk-
würdigen Stücken vertreten 1 ). Den größten Raum unter den
') Hitteilungen der k. k. Zentralkommission. N. F. 1883» HC,
S. ClXf. — Mitteilungen des k. k. österreichischen Museums. 1883,
XVIII. Jahrg., S. 413 ff. und 489 ff. — Katalog der historischen Bronze*
aussteUung. — Kunstchronik. 1883, XVIII, Sp. 594 f. und 729 f. — Zeit-
schrift für bildende Kunst 1884, XIX, S. 185 ff. und 221 ff.
— 135 —
ausgestellten Werken nahmen die Erzeugnisse aus der Zeit
der italienischen Hoch- und Spätrenaissance, teils mythologi-
sche und kirchliche Statuen und Reliefs, teils Gebrauchsgegen-
stände, wie Tintenzeuge, Schalen, Schüsseln, Leuchter, Lampen
und Türklopfer, ein; allein auch die Objekte aus anderen Stil-
perioden und Kunststätten verdienten Beachtung, so zui Paar
romanischer Leuchter italienischer Herkunft aus vergoldetem
Kupfer, der Knauf und die Traufschale mit Email champleve
geschmückt, der Fuß aus Drachenverschlingungen gebildet, eine
in Messing getriebene, große und reich verzierte Schüssel mit
einem Hirsch, der eine Bandrolle mit der Inschrift „ich wart
dr zeit" im Maule trägt, eine deutsche Arbeit aus dem 16. Jahr-
hundert, und endlich die Arbeiten orientalischen Ursprungs,
von welchen insbesondere die japanischen Schalen und Vasen
durch 6iz auf feiner Naturbeobachtung gegründete Durchbildung
der figuralen Teile, wie die wohldurchdachte Verwendung von
Gold- und Silbertauschierung und Email cloissone für die
ornamentalen Details als wahre Meisterwerke gelten konnten»
An der Ausstellung kirchlicher Kunstgegenstände (1887) hatte
sich gleichfalls Seine Durchlaucht durch Überlassung aus-
erlesener Objekte beteiligt 1 ). Ein besonderes Interesse nahm
der Kodex der Concordantia caritatis, eine Kopie nach einem
Manuskript des Mönches Ulricus (1345— 1351 Abt des Stiftes
Lilienfeld), das heute noch im Kloster zu Lilienfeld aufbewahrt
wird, in Anspruch« Die in der Liechtensteinschen Bibliothek
befindliche Handschrift stammt aus dem Anfange des 15. Jahr-
hunderts, sie ist in der Ausstattung der zahlreichen Bilder voll
Farbenpracht und technischer Vollendung und läßt uns in der
Weise, wie die einzelnen Miniaturen ihrer Vollendung zu-
geführt wurden, deutlich erkennen, daß diese das Werk mehrerer
Meister waren, die sich entsprechend ihren Fähigkeiten in die
Arbeit teilten 2 )« Ein zweites Pergamentmanuskript (Livre
*) Mitteilungen des k. k. österreichischen Museums« N. F. 1887,
II. Jahrg., Beilage zu Nr. 17. — Kunstgewerbeblatt 1887, III, S. 187 ff. und
207 ff. — Illustrierter Katalog der Ausstellung kirchlicher Kunstgegenstände.
2 ) Mitteilungen der k. k. Zentralkommission. 1862, VII, S. 207. —
Jahrbuch der k. k. Zentralkommission zur Erforschung und Erhaltung der
— ' 136 —
d'heures), eine französische Arbeit aus dem 15. Jahrhundert,
enthält ein Kalendarium, acht ganzseitige Miniaturen, zahlreiche
Initialen und Randeinfassungen. Unter den vielen guten, aus
Holz geschnitzten Statuen und Gruppen des 15. und i6«Jaluv
hunderts fielen zwei in Bilderrahmen eingefügte Reliefs auf,
italienische Arbeiten vom Ende des 15. Jahrhunderts, die
jedenfalls Teile eines Altars waren und Szenen aus dem
Leben des hl. Dominikus darstellen« Ein Reliquienschrein in
Form einer Area, eine Navicula (Weichrauchschiffchen) und
mehrere Leuchter aus Kupfer und Bronze waren interessant
für die Anwendung von Grubenschmelz in der Epoche des
romanischen Stils. Als eine sehr edle Arbeit vom Ausgang
des Mittelalters muß ein einst als Hausaltärchen dienendes
Triptychon aus Elfenbein mit vergoldeten Details bezeichnet
werden. Es enthält in der Mitte eine Darstellung der hl« Maria
mit dem Kinde und auf den Flügeln Szenen aus der Geschichte
des neuen Testamentes. („Kirchliche Ausstellung des Mähri'
sehen Gewerbemuseums". Tafel 71.) Vortreffliche Marmor'
arbeiten, aus Italien stammend, waren die beiden Reliefs, das
eine die Grablegung Christi (15. Jahrhundert), das andere die
Madonna und das Christuskind darstellend. Schließlich sei noch
auf die Stücke aus glasiertem Ton in der Art der Robbia hin'
gewiesen, die Halbfigur eines Engels mit einem Lilienzweig
und ein nach oben bogenförmig abgeschlossenes Relief, das
auf blauem Grunde Maria mit dem Kinde auf dem Schoß,
links und rechts Seraphim und eine Taube darüber zeigt.
Am 16. April 1888 wurde im österreichischen Museum
die Kaiserin Maria Theresia^Ausstellung durch Seine Majestät
den Kaiser eröffnet, welcher vom Präsidenten des Komitees,
dem Grafen Edmund Zichy, vom Präsidenten^Stellvertreter,
dem Prinzen Franz zu Liechtenstein, und dem Direktor des
Museums, Hofrat J. v. Falke, empfangen wurde. Die Aus<*
Stellung, welche ein reiches Bild aus der segensreichen Theresiani'
Baudenkmale. Wien 1861, V, S. 31 f. und Taf. VI, N. F. 1904, 11,2,
Sp. 67 ff., 1905, HI/2, Sp. 27 ff. — Ein drittes Exemplar dieser Bilder*
handschrift befindet sich in Paris, und zwar aus dem Jahre 1471. (BibL
Nat. Nouv. acq. lat. 2129.)
— 137 —
sehen Epoche bot, war ebenfalls von dem Fürsten reich bc
schickt worden 1 ). Es war dies um so mehr zu begrüßen, als ein
Sprosse des fürstlichen Hauses, der geistreiche und kriegs>
gewandte Fürst Josef Wenzel v. Liechtenstein, ein Zeitgenosse
der großen Kaiserin war und ihr persönlich nahe stand« Die
beiden Bildnisse dieses Mannes von Hyacinthe Rigaud, die der
Fürst während seines Pariser Aufenthaltes von dem berühmten
Porträtmaler herstellen ließ, fielen durch die Sauberkeit der
Durchführung, die Zartheit der Farben und die Charakteristik
sehe Wiedergabe der Persönlichkeit allgemein auf. Eine ovale
Steinmosaikplatte von Dom. Cerasoli aus Rom zeigt gleich'
falls das Bildnis des großen Staatsmannes und Feldherrn. Aus
dem Schloße zu Feldsberg stammten zwei Ölgemälde mit dem
fürstlich Liechtensteinschen Palais in der Roßau, in der Art
des Canaletto gemalt. Nahezu vierzig Blätter (Kupferstiche,
Radierungen und Holzschnitte) aus den Sammlungen des
Fürsten gaben ein anschauliches Bild von der Pflege der graphi'
sehen Künste im 18. Jahrhundert. J. Schmutzer, der hervor"
ragendste Stecher jener Zeit in Österreich, J. E. Ridinger, Joh.
Gottfried Haid, Sebastian und Jos. Georg Mansfeld, Joh. Lorenz
Rugendas, Jakob Adam u. a. sind die Meister, welche mit
ihrem Griffel die Kaiserin, die Mitglieder des Herrscherhauses,
die Ereignisse am Hofe, Bälle, Feuerwerke und Schlittenfahrten,
die Feldherren und Staatsmänner jener Zeit, Kaunitz, Daun,
Laudon und Lacy, wichtige Begebenheiten im Leben des Staates,
endlich Typen aus dem Volke festgehalten und uns dadurch
ein lebendiges Bild der Kultur jener Tage hinterlassen haben.
Wir heben nur ein Blatt hervor, welches J. Ph. Haid unter
Leitung von J. G. Haid nach dem Hickelschen Porträt des
Fürsten Josef Wenzel gestochen hat. Leider konnte eine große
Zahl von Kupferstichen aus der Hauslabsammlung infolge
Raummangels nicht ausgestellt werden 2 ). Unter den Gegen'
') Mitteilungen des k. k. Österreichischen Museums. N. F. 1888,
III. Jahrg.» S. 89 ff. — Katalog der Kaiserin Maria Theresia* Ausstellung.
— Kunstchronik. 1888, XXIII, S. 488 ff.
') Mit der wissenschaftlichen Bestimmung, Ordnung und Katalogi*
sierung dieser weltberühmten Sammlung, die ohne das Eingreifen des
— 138 —
ständen kunstgewerblichen Charakters ragte besonders eine
runde Dose aus Gold von Blaremberghe in Paris hervor, die
seit 1892 Eigentum des Museums ist. Die Arbeiten der Bronze
Industrie waren vertreten durch eine Wanduhr, eine inter-
essante französische Arbeit aus der Zeit Ludwigs XVL, mit
figuralem und ornamentalem Schmuck und der Bezeichnung
„Lepante H* CT Du Roi" auf dem weißen Emailzifferblatt, Reich
mit Goldbronzeverzierungen ausgestattet war auch eine Stand"
uhr, ein monumentaler Holzaufbau (2*80 m hoch); die Profile
erschienen mit Messing eingefaßt, das Zifferblatt von Rokoko-
Ornamenten umgeben (bezeichnet J. H. Naumann, Dresden).
Das Monogramm AR weist entweder auf den Grafen Raste
movsky oder König August den Starken hin» Aus der Rüst-
kammer des Schlosses Feldsberg stammten zwei Kanonen,
von denen die eine im Jahre 1766 von F. Poitevin in Wien
gegossen wurde und nebst dem Doppeladler und dem Wappen
des Fürsten Josef Wenzel die Inschrift „J : W : Prin : de Liech :
Rei Tormen : Sub : Praefectus :" trägt. Von Möbeln und anderen
Gegenständen der Holzindustrie waren bemerkenswert: eine
Sänfte im zierlichsten Rokoko mit vergoldetem Holzgerüste,
schwarzen Lederbestandteilen und Beschlägen in Goldbronze,
an den Seiten mit Schildern, welche die Initialen des Fürsten
Franz Josef v. Liechtenstein enthalten, versehen, ein spät"
barocker Schubladkasten mit Beschlägen in Goldbronze, in
Silber gefaßten Gesimsen und eingelegten Ornamenten in Elfen-
bein und Ebenholz (die Tradition bezeichnet die Elfenbein-
arbeiten des im fürstlichen Majoratshause befindlichen Kastens
als ein Werk des Kaisers Franz L), eine Suite von Armsesseln
samt Kanapee, deren Sitz und Lehne mit Gobelinstickerei,
bäuerliche Szenen im Geschmacke des Teniers darstellend,
überzogen sind. Besonders charakteristisch für die Kleinkunst
des 18. Jahrhunders waren ein Schreibzeug von S&vreS'Porzellan,
Fürsten wahrscheinlich ins Ausland verschleppt worden wäre, war
seinerzeit von Seiner Durchlaucht der im Jahre 1900 verstorbene Leiter
der Kupferstichsammlung der k. k. Hofbibliothek, Eduard Chmelarz,
ein hervorragender Fachmann auf dem Gebiete der graphischen Künste,
betraut worden. (Repertorium für Kunstwissenschaft 1900, XXIII, S.503O
— 139 —
mit Kinderszenen und Blumen im grünen Fond dekoriert,
und eine Kaminvase von blauem chinesischen Porzellan mit
europäischer Bronzemontierung im Stile Ludwigs XVI. In
reicher Reliefstickerei von Gold, Silber und bunter Seide
prangten zwei Schabracken von kirschrotem Samt. In der Mitte
befindet sich das Liechtensteinsche Wappen, von Kriegstrophäen
umgeben, und in der Umrahmung die Chiffren M. T. Zum
Schlüsse sei noch einer Kollektion von Herrenkleidern aus
Seide und Tuch im französischen Geschmacke des 18. Jahr'
hunderts gedacht. Sie gehören der Garderobe des fürstlichen
Schloßtheaters in Feldsberg an und sind mit ornamentaler
Blumenstickerei in Plattstich, offener Seide und Tambourier**
arbeit verziert. — Kostbarkeiten ersten Ranges aus dem Besitze
des Fürsten wies die Spezialausstellung von Gobelins und ver<*
wandten Gegenständen auf (1890) '). Dazu gehörte in erster
Linie ein Teppich nach einem Bilde des in der Liechtenstein'
sehen Galerie befindlichen Decius^Zyklus, den Rubens als Vor'
läge für die damals in der höchsten Blüte stehende Brüsseler
Teppichwirkerei geschaffen hatte. Der Teppich, 3*90 m hoch und
3*60 m breit, stellt den Abschied des Feldherrn von den Liktoren
dar; die Szene wird von einer Bordüre mit Muschelwerk,
Masken und Früchten umrahmt, auf derselben steht das Zeichen,
mit dem die Brüsseler Weber ihre Arbeiten kennzeichnen
mußten, zwei B, zwischen denen sich ein Schild befindet. Die
Liechtenstein'Galerie bewahrt außer diesem Gobelin noch drei
zu derselben Folge gehörige Werke, die zum besten und vor'
nehmsten gehören, was die Teppichwirkerei überhaupt hervor'
gebracht hat. Ein Zyklus von sechs Teppichen mit Szenen aus
dem Trojanischen Kriege, aus der ersten Hälfte des 18. Jahr'
hunderts stammend, ist nach der Signatur ein Werk des
Francis van der Borcht, eines der letzten Vertreter flandrischer
Webekunst. Die Arbeiten verraten schon deutlich französische
Einflüsse, wenn auch noch in der Komposition Nachklänge
an die einstige Glanzperiode zu bemerken sind. Schon ganz in
*) Hitteilungen der k. k. Zentralkommission« N. F. 1890, XVI,
S. 83 f. — Hitteilungen des k. k. Österreichischen Huseums. N. F. 1890,
V. Jahrg., S. 81 ff« — Katalog der Spezialausstellung von Gobelins.
- 140 —
der eigentumlichen Art der späteren Zeit ist ein Moseszyklus
von dem Zeit' und Namensgenossen des genannten Meisters,
Peter van der Borcht (f 1763), gearbeitet« Aus einer Pariser
Fabrik aus der Zeit Ludwigs XIIL (um 1620) stammen drei
Pilasterverkleidungen mit Figuren von Jägern, Jagdemblemen
und Trophäen, aus der von Ludwig XIV. als Staatsfabrik ge^
gründeten, hochberühmten, noch heute bestehenden „Manu'
facture des Gobelins" drei Teppiche mit Schäferszenen, die sich
in der Zeit des Regenten und Ludwigs XV* bei der Gesell'
schaft besonderer Beliebtheit erfreuten, und endlich aus der
zweiten französischen Staatsfabrik zu Beauvais eine Folge von
Szenen aus einem Teppichzyklus mit Chinoiserien nach Vor'
lagen von Boucher, eine Arbeit aus der Mitte des 18. Jahr'
hunderte* Schließlich sei noch eines Wandbehanges gedacht, der
das Liechtensteinsche Wappen, umgeben von Füllhörnern und
stilisierten Laubwerkornamenten zeigt, ein interessantes Werk
italienischer Teppichwirkerei im Zeitalter der Renaissance.
Von den 595 Nummern, welche der Katalog der Aus'
Stellung von farbigen Kupferstichen (1892) aufwies, gehörten
beiläufig 150 Blätter der im Schlosse Feldsberg untergebrachten
Kupferstichsammlung des Fürsten an, welche zu den reich'
haltigten Stichsammlungen Österreichs (sie enthält zirka
60.000 Blätter) zählt und die in ihren Hauptbestandteilen auf
den Fürsten Franz Josef L (1772 — 1781) zurückgeht Dieser
hatte nämlich die große Kupferstichsammlung des Barons
Gundel, welche die Nachfolger des genannten Fürsten, ins*
besondere aber der gegenwärtige Fürst mit Eifer vermehrten,
erworben und dadurch den Kunstbesitz seines Hauses außer-
ordentlich bereichert. In tadellosen Exemplaren hatte Seine
Durchlaucht die reizendsten Blätter einer heute nicht mehr ge-
übten Kunst zur Ausstellung gebracht 1 )« Sie umfaßten Beispiele
aus allen Entwicklungsstufen des farbigen Kupferstiches, so
ein vortreffliches Werk des Erfinders des Farbenkupferstiches
in mehreren Platten, das Bildnis des Ferico Carondelet nach
') Hitteilungen des k. k. Österreichischen Museums. N. F. 1892,
VII. Jahrg., S. 126 ff., 149 ff. und 177 ff* — Katalog der Spezialausstellung
von farbigen Kupferstichen«
— 141 —
dem Gemälde Sebastiano del Piombos von Christoph Le Blon
(Die graphischen Künste« 1901, XXIV, Mitteilungen, S- is) 1 )*
die zahlreichen reizenden Genrebildchen nach J. B. Huet und
Boucher von Gillis Demarteau, im sogenannten Crayon^ oder
Kreidezeichnungsverfahren, die Porträte von überraschender
Wirkung (Madame de Pompadour nach Boucher, die Frauen'
köpfe nach Lagr6n6e und Le Clerc), welche der gefahrlichste
Konkurrent des -genannten Künstlers, Louis Bonnet, geschaffen
hat, die sorgfaltig ausgeführten Blätter Francesco Bartolozzis
in Punktiermanier, die einst in England so begeisterte Auf'
nähme gefunden hatten, die Stiche von Franfois Janinet in
Aquatintamanier, die den Stolz jedes Sammlers bilden, wie
„Le Nouvelliste" nach A. v* Ostade oder „La Comparaison"
nach Lavreince, eines der anmutigsten Blätter von höchster
Intimität im Stile der Dubarry>Epoche, und endlich die unübeiv
trefflichen Blätter des Schülers des eben erwähnten Stechers,
Louis Philibert Debucourt, der im „Menuett der Neuvermählten"
auf der Spitze seiner von Schalkhaftigkeit und Pikanterie ge*
würzten Kunst steht
In noch bedeutenderer Weise war Seine Durchlaucht auf
der Ausstellung der Schabkunst (1894/95) vertreten; wurde
doch mehr als die Hälfte der an 600 Blätter zählenden Aus**
Stellung von dem Fürsten zur Verfügung gestellt 2 ). Die ersten
Vertreter der Schabkunst auf deutschem und niederländischem
Boden, die großen englischen Schabkünstler des 18. Jahr'
hunderte, ein James Mac Ardell, Valentine Green, Richard
Earlom, John Raphael Smith, William und James Ward u. a.,
schließlich die Meister der Wiener Schule, Gustav Adolf Müller,
Johann Jacobe und Johann Peter Pichler, deren Leistungen zu
den bedeutendsten auf dem Kontinente zählen, entzückten mit
l ) Im Katalog Friedrich, in dem angezogenen Werke Francpis C.
genannt« Der richtige Name ist Ferico Carondelet. (Zeitschrift für bildende
Kunst N. F. 1891, II» S. 129.)
s ) Hitteilungen des k. k. österreichischen Museums. N. F. 1895,
X. Jahrg., S. 296 ff. und 313 ff. — Katalog einer Spezialausstellung der
Schabkunst — Repertorium für Kunstwissenschaft 1895, XVIII, S. 72 ff«
— Kunstchronik» N. F. 1895, VI, S. 246 ff.
— 142 —
ihren Meisterwerken alle Freunde der graphischen Künste. Die
Ausstellung enthielt auch einige interessante Porträte von
Familienmitgliedern des fürstlichen Hauses Liechtenstein, so
das Kniebild des Feldmarschalls Josef Wenzel v. Liechtenstein
von Johann Philipp Haid nach dem Gemälde von Jos. Hickel,
das Porträt des Prinzen Johann v. Liechtenstein als Feld-'
marschalleutnant und Kommandeur des Maria Theresien'
Ordens von J. P. Pichler, ein treffliches Bild von unendlicher
Feinheit, und das Bildnis der Fürstin Karoline v. Liechtenstein,
Gemahlin des Fürsten Alois L Josef, von Johann Dallinger
von Dalling IL
Im Jahre 1893 wurde anläßlich der zu Pfingsten in Wien
tagenden Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner
eine archäologische Ausstellung veranstaltet, welche Original'
werke der griechischen, römischen und prähistorischen Kunst
enthielt und Gelegenheit bot, Objekte, die sonst schwer oder
gar nicht zugänglich sind, kennen zu lernen *)♦ Auch der Fürst
hatte die hochinteressante Ausstellung beschickt Aus seinem
Besitz stammte eine größere Anzahl von Objekten, aus welchen
wir nur die rotfigurige Amphora des Epiktetos, ein Werk der
griechischen Töpferkunst aus der Zeit des strengen Stils, mit
zwei sorgfältig ausgeführten Figuren aus der Ringschule auf
den beiden Seiten des Bauches geziert 2 ), eine Auswahl von
Figuren voll blendender Schönheit aus Tanagra in Böotion,
einige Statuetten von unübertroffener Anmut der Bewegung
und reicher Abwechslung der Motive aus Myrina in Kleinasien
und eine etruskische Aschenurne mit Inschriftresten und gut
erhaltener Bemalung hervorheben.
Die Wiener Kongreßausstellung (1896), welche die Resi-
denzstadt in einer ihrer glänzendsten Epochen zeigte und ein
getreues Bild der Kultur und Kunst im ersten Viertel des
19. Jahrhunderts bot, bedeutete einen durch seh lagenden Erfolg
1 ) Hitteilungen des k. k. Österreichischen Museums. N. F. 1893*
VIII. Jahrg., S. 389 ff. — Katalog dtr archäologischen Ausstellung. —
Archäologisch'epigraphische Hitteilungen aus Österreich. 1882, VI, S. 63 ff.
2 ) Archäologisch ~ epigraphische Hitteilungen. 1881, V, S. 139 f*>
Taf. IV.
— 143 —
des Österreichischen Museums, der um so höher einzuschätzen
ist, als die Strömungen im Wiener Kunstgewerbe gerade durch
diese Ausstellung auf Bahnen gelenkt wurden, auf welchen
dasselbe ungeahnte Erfolge erringen sollte» Der Fürst hatte
reichlich dazu beigesteuert, ein möglichst vollständiges Bild
jener großen Zeit zu geben ')• Und das mit Recht. War ja doch
sein Großvater, der geniale Johann L v. Liechtenstein, der nicht
nur als Feldherr und Staatsmann seinem Vaterlande diente,
sondern auch als warmherziger Förderer der Künste allen Zeit*
genossen voranleuchtete, einer der glänzendsten Vertreter der
damaligen Gesellschaft. Eine große Zahl der aus Liechtenstein**
schem Besitze stammenden ausgestellten Objekte wurde von
ihm erworben oder durch seine Initiative geschaffen und es war
daher eine außerordentlich glückliche Idee, den wertvollsten
Teil dieser Gegenstände in einem Interieur zu vereinigen. Die
Wände desselben deckte eine Verkleidung aus blauem Damast,
in Weiß mit Figuren und Blumen gemustert, das Fenster ein
Behang aus rotem, mit Silber durchwehtem Damast mit Blumen
und Rankenmusterung. Die Möbel, den fürstlichen Schlössern
zu Feldsberg und Eisgrub entnommen, repräsentierten sich in
den Stühlen, in der Etagere und einem Tischchen als einfache
Wiener Arbeiten aus Mahagoni mit maßvoller Bronzeverzierung,
Ein Konsolkasten von beachtenswerter Konstruktion wies da"
gegen reicheren Schmuck aus vergoldeter Bronze auf; Pilaster"
streifen flankieren die Türen, ein Fries von Akanthusranken
mit Sphynxen und Putten zieht sich darüber hin. Ein Schau**
tisch mit eingelegten Elfenbeinschnitzereien war durch die Be'
Zeichnung interessant (Nicolaus Crammer 1808)» Zwei Uhren,
eine in der Form eines von zwölf korinthischen Säulen ge'
tragenen Rundtempels von Joh. Casp. Hartmann in Wien, die
andere in einem reichen, von Tiergestalten getragenen Gehäuse,
auf welchem sich die Figuren des Romulus und Remus be**
finden, bewiesen die erstaunliche Leistungsfähigkeit der Wiener
Uhrmacherkunst jener Zeit. Räuchergefäße, Girandolen und
') Mitteilungen des k. k. Österreichischen Museums. N. F. 1896,
XI. Jahrg., S. 81 ff., 110 ff, und 153 f. — Katalog der Wiener Kongreß"
ausstellung. — Eduard Leisching, Der Wiener Kongreß. Wien 1898.
— 144 —
Vasen, in effektvoller Weise aus Bronze, Gold, Marmor und
Alabaster zusammengesetzt, fügten sich stilvoll in den Rahmen
ihrer Umgebung ein« Von höchstem Interesse aber war ein
Dejeuner aus der Porzellanfabrik Capo di Monte in Italien, ein
Geschenk der Königin Karolina Maria von Neapel an die
Fürstin Leopoldine, die Mutter des Feldmarschalls Johann L
v« Liechtenstein« Es ist weiß und mit einfachem Golddekor
und Veduten aus der Umgebung Neapels verziert Die Marke,
ein in die Masse eingedrücktes N mit der Krone, bezeichnet
die zweite Periode der Fabrik» Das Service dürfte den Formen
und der Malerei nach um das Jahr 1770 entstanden sein und
gibt uns den Beweis, daß Capo di Monte schon frühzeitig
dem Klassizismus huldigte. Von den Porträten, welche das
Liechtenstein-Interieur schmückten, müssen wir vor allem der
Bildnisse des Fürsten Johann L gedenken, des eleganten, lebens-
wahren ölbildnisses von J. B. Lampi dem Jüngeren (Liechten-
stein-Galerie Nr. 465), einer ölminiatur, die den Fürsten in
bürgerlicher Kleidung darstellt, und des Schabkunstblattes von
J- P, Pichler, ferner des Bildnisses der Schwester des Fürsten,
der Fürstin Maria Josefa v. Eszterhazy, von Angelika Kauff-
mann und eines Porträts, welches den Fürsten Moritz von
Liechtenstein als Oberstinhaber des 6. Kürassierregimentes
zeigt und von D. Weis nach Isabey gestochen wurde. Fürst
Johann L erscheint außerdem noch auf dem gegenwärtig in der
Liechtensteinschen Bibliothek des Majoratshauses in der Bank-
gasse befindlichen Ölgemälde „Die Schlacht bei Aspern" von
Johann Peter Krafft dargestellt Dieses Bild ist eine kleinere
Wiederholung des großen Gemäldes im Invalidenhause und
wurde vom Künstler als Vorbild für Rahls Kupferstich aus-
geführt* Auch die übrigen Ausstellungsräume enthielten zahl-
reiche bemerkenswerte Aquarelle und Stiche aus fürstlichem
Besitze, welche die Zeitgenossen des Feldmarschalls, die welt-
erschütternden Ereignisse der gewaltigen Zeit, aber auch Szenen
aus dem gesellschaftlichen Leben jener Tage vor Augen
führten*
Am 21. März 1904 wurde im österreichischen Museum
die Ausstellung von Altwiener Porzellan eröffnet, welche ein
— 145 —
farbenreiches und nahezu vollständiges Bild eines Zweiges des
Kunstgewerbes bot, der beinahe durch ein Jahrhundert erfolg'
reich mit den Erzeugnissen S&vres und Meißen wetteiferte 1 )*
In hervorragender Weise war auch der Fürst als Aussteller
vertreten, indem er eine Reihe der kostbarsten Arbeiten aus
seinem Privatbesitz wie immer in munifizenter Weise über'
ließ» Der Bruder des Fürsten, Prinz Franz v. Lichtenstein,
hatte in seiner Eigenschaft als Kurator des Museums das Ausv
Stellungswerk ebenfalls kräftig gefördert» Die Gegenstände aus
fürstlichem Besitze allein spiegelten schon ein vortreffliches Bild
der Tätigkeit der Fabrik von der Zeit bald nach der Gründung
bis zur höchsten Stufe ihrer Entwicklung wider* Der ältesten
Zeit derselben gehörten zwei große, runde Schüsseln an, die
am Rande mit chinesischen Blütenzweigen in Eisenrot, Grün,
Blau, Violett und Gold und in der Mitte des Spiegels mit einer
Blumenvase in geschmackvoller Weise dekoriert erscheinen
und in der Masse und der gelblicheh Glasur keineswegs auf
Meißener Vorbilder hinweisen* Eine derselben trägt in Eisenrot
die Inschrift Vienae 17(2)5. Ebenfalls in die Periode, da noch
der kaiserliche Hofkriegsagent Du Pacquier, welcher im Jahre
171 8 die Fabrik gegründet hatte, die Leitung derselben inne^
hatte, fallen die achteckige und die ovale Schüssel, deren
Dekoration in lockeren Blumensträußen besteht 2 ). An die
Stelle von Chinoiserien sind bereits die sogenannten „deutschen",
d. h. europäischen Blumen getreten. Das um 1780 entstandene
schöne Tafelservice, das mit vielfarbigen Lorbeer' und Blumen"
gewinden, mit Vögeln und Fruchtstücken in malerischer
Gruppierung und mannigfacher Abwechslung anmutig geziert
wird, verrät schon Anklänge an Sevres. Als im Jahre 1784
Baron Konrad v. Sorgenthal an die Spitze der Fabrik trat,
') Kunst und Kunsthandwerk. 1904, VII, S. 202 ff. und 267 ff. —
Katalog der Ausstellung von Altwiener Porzellan. — J. Folnesics
und Dr. E. W. Braun, Geschichte der k. k. Wiener Pozellanmanu*
faktur. 1907.
') Die beiden Stücke gehören vielleicht zu dem Speiseservice, das
Fürst Liechtenstein 1746 um 1000 Gulden aus den von Du Pacquier über»
nommenen Beständen kaufte. (Folnesics'Braun, S. 25.)
10
— 146 —
nahm sie einen ungeahnten Aufschwung. Zu Anfang dieser
Periode machte sich der Einfluß von S&vres stark geltend und
das prächtige Licchtenstcinschc Service, das in dem herrlichen,
von innen herausleuchtenden Kobaltblau (bleu du roi), wie im
Dekor die französische Anregung nicht verleugnet, beweist uns,
daß die Wiener Fabrik in dieser Richtung vollständig auf der
Höhe steht. Der königsblaue Grund des Tafelsgeschirrs erscheint
mit dichten, goldenen Gitter" und Netzornamenten bedeckt,
zwischen denen ovale Medaillons, die mit naturalistischen
Blumensträußen dekoriert sind, ausgespart bleiben. Die aus"
gestellten Objekte gehören zu einem Speiseservice, das nach
den Jahresmarken 84— 87 in der Zeit von 1784 — 1787 für den
Fürsten Alois I. Josef v. Liechtenstein geschaffen wurde. Aller'
dings gelten die Jahresmarken nur für den Scharfbrand, nicht
aber hinsichtlich der künstlerischen Durchführung. Das Service
bildet eine Zierde der in der Liechtenstein*^ alerie unter"
gebrachten keramischen Sammlung des Fürsten, es gehört zu
den hervorragendsten Leistungen der Wiener Fabrik. Der An'
Schluß der dritten Periode derselben an die Formen des Klassik
zismus zeigt sich besonders in der Plastik, welche mit Vorliebe
die reine Biskuitmasse als Imitation des weißen Marmors ver"
wendete. Ein Beispiel hierfür ist die liebliche Gruppe, welche
die Entführung der Europa darstellt und die uns lehrt, welche
Reize die unter der geistigen Führung der Wiener Kunst"
akademie arbeitende Fabrik auf diesem Gebiete entfalten kann.
Die Tendenz, der antiken Gefaßform soviel als möglich nahe"
zukommen, zeigt sich an einer Serie von Henkelkrügen aus
den ersten Dezennien des 19. Jahrhunderts. Sie besitzen gleich
den beiden Fruchtkörben aus dem Jahre 1805 Grasdekor, der
vom dichten Grün, aus dem das Rot des Klatschmohns und
das Blau der Kornblume leuchtet, in immer spärlicher auf"
tretende Halme übergeht, die ins blendende Weiß hineinragen.
Der Reliefgolddekor ist von einer Virtuosität, welche nicht un"
wesentlich zum Ruhme des Altwiener Porzellans beigetragen
hatte. Mit Ausnahme der in der ersten Periode entstandenen
Stücke erscheinen sämtliche aus fürstlichem Besitze stammen"
den Objekte mit der in der Zeit von zirka 1750—1825 im
— 147 —
Gebrauch gestandenen Blaumarke unter der Glasur, dem öster'
reichischen Bindeschild, bezeichnet 1 ).
Einen anderen, nicht minder hervorragenden Teil der
kunstgewerblichen Sammlungen des Fürsten lernte man in
der Ausstellung von älteren japanischen Kunstwerken (1905)
genauer kennen. Es war eine Sammlung von Porzellangefäßen
und Figuren aus Arita und Imari in der Provinz Hizen, welche
an Umfang und Kunstwert in Österreich nicht ihresgleichen
haben dürfte. Die Figuren, Vasen, Schüsseln, Teller, Flaschen
usw., die meist aus der Blütezeit der japanischen Porzellan**
industrie stammen, bildeten, zu effektvollen Gruppen vereinigt,
infolge ihrer Schönheit und Unversehrtheit den Glanzpunkt
der gesamten Ausstellung. Bei dem einen Teile der Gefäße,
auf welchen in geschmackvoller Weise nur spärlich Malereien
in Eisenrot, lichtem Seegrün und hellem Blau verteilt sind,
konnte man insbesondere die vorzügliche Glasur und die Güte
des Scherbens, bei dem anderen Teile derselben wieder die
reiche Ornamentik, welche in glühender Pracht die ganze Fläche
überzieht, bewundern. Hier tritt zu Eisenrot ein sattes Blau
und Gold, aber auch Schwarz, Violett und Grün, allerdings in
kleinerem Maße. Päonien** und Chrysanthemenblüten, Zweige
des Kirsch^ und Granatbaumes bedecken die Fläche; nur hie und
da sind einzelne Stellen, die Darstellungen von Landschaften,
Blumensträußen oder auch Tieren enthalten, ausgespart 2 ).
') Einem Hitgliedc des fürstlichen Hauses, der Herzogin Maria
Theresia v. Savoyen'Carignan, gebornen Fürstin v. Liechtenstein, war
die ehemalige kaiserliche Porzellanfabrik zu besonderem Danke veiv
pflichtet. Sie hatte derselben im Jahre 1751 ihr der Fabrik gegenüber
gelegenes Haus samt dem dazugehörigen Garten um eine unbedeutende
Summe (1000 Gulden) unter der Bedingung überlassen, daß die Anstalt
dafür zwei Stiftungsplätze für Zöglinge, die sich im Porzellanfach aus«'
bildeten, errichten sollte. Die Verfügung über diese Stiftungsplätze blieb
dem jeweiligen Regierer des Hauses Liechtenstein überlassen. Nach der
Aufhebung der Fabrik (Parlamentsbeschluß vom Jahre 1863) wurden sie
in ein Stipendium für einen Schüler der Kunstgewerbeschule des
k. k« österreichischen Museums für Kunst und Industrie umgewandelt.
(J. v. Falke, Die k.k. Wiener Porzellanfabrik. 1887, S. 13 — Mitteilungen
des österreichischen Museums. 1882, XVII. Jahrg., S. 202,)
2) Katalog der Ausstellung von älteren japanischen Kunstwerken. 1905.
10*
— 148 —
Die beste Gelegenheit, den Besitz des Fürsten an Gegen'
ständen der asiatischen Töpferkunst kennen zu lernen, ergab
sich auf der orientalisdvkeramischen Ausstellung im Oriente
tischen Museum (1884) ')• Ein ganzes großes Gemach war voll
des schönsten und seltensten Porzellans aus den Sammlungen
des Fürsten. Es waren wohlgezählte 350 Objekte, die aber nur
einen Teil, eine Auswahl aus dem vorhandenen Vorrat dar*
stellten, welche der Fürst den Leitern der Ausstellung nach
ihrem Belieben freundlichst gestattete. Abgesehen von den
Prachtwerken der japanischen Keramik, waren es besonders
die Produkte der chinesischen Porzellanindustrie des 17. und
18* Jahrhunderts, welche den Kunstfreund anzogen. In seltenen,
wohlerhaltenen Exemplaren waren die verschiedensten Perioden
in allen Arten ihrer Erzeugnisse vertreten. Von den im Scharf'
feuer hergestellten Stücken konnte man vor allem die höchst
seltenen Statuen aus weißem Porzellan (blanc de chine) älteren
Datums, die Gefäße aus Celadon^ und Forellenporzellan, ge*
flammte, gesprenkelte und craquelierte Poterien und schließlich
Schalen und Vasen mit eingravierten oder im Relief gearbeiteten
Verzierungen bewundern, von den Gefäßen mit Muffeldekor
(Halb'Scharffeuerfarben) ragten hauptsächlich die farbenreichen,
effektvollen Vertreter der famille verte und der famille rose
hervor, die im 18. Jahrhundert, als die Vorliebe für chinesisches
Porzellan an den europäischen Fürstenhöfen aufs höchste ge-
stiegen war, durchs Bizzare, Kapriziöse, Barocke ihrer Formen
und Dekoration so großen Anklang fanden. Auch Stücke, die
deutlich europäischen und persischen Einfluß bekunden, waren
durch hübsche, mit außerordentlicher Feinheit durchgeführte
Gefäße vertreten. Eine reiche Auswahl farbenprächtiger persi-
scher Fliesen schloß sich an die Produkte der ostasiatischen
Keramik an. Im Jahre 1906 fand in den Räumen des Museums
eine Spitzen' und Porträtausstellung statt 2 ). Fürst Johann von
l ) Mitteilungen des k. k. Österreichischen Museums. 1884, XIX. Jahrg.,
S. 268 ff., 1885, XX. Jahrg., S. 296 ff. — Allgemeine Kunstchronik« 1884,
VIII. S. 785 ff., 893 ff* und 913 ff. — Kunstgcwerbeblatt 1885. I. S. 25 ff.
3) Katalog der Spitzen* und Porträtausstellung. S. 73 ff* — Kunst
und Kunsthandwerk. 1906. IX, S. 253 ff* — Das Vaterland. Wien 1906,
— 149 —
Liechtenstein hatte eine größere Anzahl von Porträten, die
sonst im Schlosse zu Feldsberg aufbewahrt werden, bereit'
willigst zur Verfugung gestellt. Eine Reihe tüchtiger, teilweise
schon vergessener Künstler, besonders aus der zweiten Hälfte
des 18. Jahrhunderts, trat mit Werken vor die Öffentlichkeit,
die nicht nur dem Kunstfreunde, sondern auch dem Forscher
auf dem Gebiete der österreichischen Kunstgeschichte eine Fülle
von Neuem boten. Aus der Zeit Maria Theresias stammte
zunächst ein Bildnis der großen Kaiserin von einem unbe**
kannten Meister, welches ihre frischen Gesichtszüge in spre**
chender Natürlichkeit zeigt Ein Brustbild des Fürsten Kaunitz
im Staatskleide mit dem Orden des goldenen Vlieses, eben/
falls von einem nicht genannten Künstler, und das Porträt des
Fürsten Josef Wenzel von Liechtenstein in Rüstung mit
Hermelinmantel und Feldherrnstab aus dem Jahre 1761, von
dem Darmstädter Hagelgans, stellen zwei ihrer berühmtesten
Zeitgenossen dar. Von einem unbekannten Maler rührt das
machtvolle Bildnis der Herzogin Maria Theresia von Savoyen'
Liechtenstein her, von treffender Charakteristik in den feinen
Zügen und imposanter Pracht in Toilette, Schmuck und der
farbenreichen dekorativen Umrahmung. In ganzer Figur ist
Kaiser Josef IL auf einem Gemälde dargestellt, in welchem der
gefeierte Lieblingsmaler der Theresianischen Epoche, Martin
von Meytens, besonders in der Wiedergabe der Gesichtszüge
und des Stofflichen in dem mit Goldstickereien geschmückten
Kleide seine ganze Kunst offenbart. Das edle Antlitz des
Kaisers hat der Römer Pompeo Girolamo Batoni in einem
Bilde festgehalten, welches Josef IL im Vereine mit seinem
Bruder Leopold IL darstellt. Im Hintergrunde erscheinen die
Peterskirche und die Engelsburg. Von großem Interesse für die
Geschichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein ist ein Gruppen^
porträt, welches den Kaiser in Gesellschaft des Generals Lac/,
der Fürstinnen Franz und Karl Liechtenstein, der Fürstin Clary,
der Gräfin Therese Kinsky und Ernst Kaunitz und des
Fürsten Rosenberg zeigt. Diese acht Personen sind sitzend um
Nr. 96, S. if. und Nr. 103, S. if. — Kunstchronik. N. F. 1906, XVII,
Sp. 325 f. und 394.
— 150 —
einen runden Tisch gruppiert, der sich in einem mit schlichten
Tapeten verkleideten, einfach ausgestatteten Gemach befindet.
Wenn uns auch die Anordnung der Personen einförmig, deren
Haltung etwas steif erscheint, so druckt sich doch in der cha^
rakteristischen Durchbildung der Köpfe, wie in der Durch'
führung der hellfarbigen, harmonisch zusammenstimmenden
Gewänder ein nicht zu unterschätzendes Talent aus. Zu den
bedeutendsten Stücken der Ausstellung zählt das Bildnis des
Fürsten Franz Josef von Liechtenstein von dem Schweden
Chevalier Alexandre de Roslin (1778). Warme Farbentöne
durchziehen das Bild, welches die in heiterer, ungezwungener
Lebendigkeit prangenden Mienen in weicher und feiner
Modellierung wiedergibt. In gleicher Weise fesselt uns das
geistreiche Porträt des Fürsten Alois L von Liechtenstein von
einem unbekannten Meister. Die bunte Weste wirft pikante
Reflexe auf den dunkelgrünen Sammetrock. Ein kleines, reizen^
des Bild der Prinzessin von Lamballe in weißem Kleide mit
blauer Masche, an einem Schreibtische sitzend, in einem Inte"
rieur, in welches sich ihre anmutige Erscheinung wunderbar
einfügt, von Anton Hickel (1788) verdient ebenfalls Beachtung.
In dieselbe Zeit fällt das poetische Bildnis der Fürstin Karoline
Liechtenstein'Manderscheid von dem Wiener Anton Grassi.
Das geistvolle Antlitz mit dem üppigen, leicht gepuderten Haar,
die duftige, weiße Kleidung mit dem hellblauen Gürtel und
die Landschaft im Hintergrunde vereinigen sich in kühler,
zarter Farbenstimmung zu einem der bemerkenswertesten
Werke jener Epoche. Der Rahmen ist eine herrliche Arbeit im
Stile Ludwigs XVI. Treffliche Beispiele für die Bildnismalerei
der klassizistischen Periode um das Jahr 1800 sind drei lieb'
liehe Kinderporträts von einem unbekannten Künstler, eine
Prinzessin Liechtenstein in weißem Kleide mit blauen Bändern,
mit einem Korbe voll Erdbeeren, den Landgrafen Emanuel
von Hessen, gekleidet in schwarzen, grün geputzten Atlas, und
Gaetano Cavazuti, Sohn des Pietro Cavazuti, darstellend. Der
zehnjährige Knabe im lila Kleidchen mit rosa Kragen und
Schärpe und grauem Hut, das niedliche Köpfchen mit den
großen, sprechenden Augen von blonden Locken umrahmt,
— 151 —
von naiver Unschuld in der Haltung, hat dem Meister Ge*
legenheit geboten, ein Kunstwerk ersten Ranges zu schaffen.
In unsere Zeit herein reicht Franz Schrotzberg mit dem
eleganten und im Kolorit anmutigen Bildnis, welches Seine
Majestät den Kaiser Franz Josef L in jungen Jahren darstellt.
Einen hervorragenden Platz unter den vom Museum ver^
anstalteten Spezialausstellungen nimmt die Ausstellung alter
Gold" und Silberschmiedearbeiten (1907) ein '). Dieselbe enthielt
aus dem Besitze des Fürsten eine Reihe bemerkenswerter
Objekte fremdländischer Erzeugung, aber auch interessante
Leistungen aus unserem Vaterlande, die bei dem Umstände,
als der Besitzstand an älteren österreichischen Werken in Edel/
metall nicht allzu bedeutend ist, um so größere Beachtung ver-
dienten* Ein Teil der von Seiner Durchlaucht gesendeten Werke
war bereits in den entsprechenden Ausstellungen in Brunn
(1886) und Troppau (1904) zu sehen. Von den im Ostern
reichischen Museum zur Schau gestellten Kunstwerken nennen
wir zunächst einige beachtenswerte, besonders schöne Gefäße
aus vergoldetem Silber von süddeutscher Herkunft, und zwar
eine Deckelkanne, die in den acht Feldern des Mantels Alle
gorien der Tugenden, umgeben von RenaissanceRankenorna^
menten, und auf dem Deckel eine männliche Figur zeigt (Be
schauzeichen Ulm, Mitte des 16. Jahrhunderts, Meisterzeichen
A. R«), eine Trinkschale, bestehend aus einem in vergoldetem
Silber gefaßten Straußenei, auf dem Fuße und dem Deckel ein
getriebener Tulpenfries, auf dem Deckel ein reizender Putto
aus Elfenbein (Ulm, G. P., 17» Jahrhundert), und eine
Deckelkanne, deren Mantel in sechs Feldern Figuren der
Planeten enthält, die von reichen Ornamenten aus durch-
brochenem, geschmiedetem Silber umgeben sind (Augsburg,
M. H,, 16* Jahrhundert) 2 ). Ein herrliches Werk der Augs>
l ) Katalog der Ausstellung alter Gold" und Silberschmiedearbeiten
im k. k. Österreichischen Museum. — Dr. Marc Rosenberg, Der Gold'
schmiede Merkzeichen* Frankfurt su M. 1890» — Kunst und KunsthandV
werk. 1904, VII, S. 496 ff., 1907, X, S. 317 ff. und 438 ff. — Neue Freie
Presse. 14« April 1907, S. 13 f., 21. Mai 1907, S. iff.
*) Photographien, herausgegeben vom k. k. Österreichischen Museum.
IV. Serie. Blatt 307.
- 152 -
burger Kunst aus dem Anfange des 17. Jahrhunderts ist
eine machtvolle Reiterfigur aus Silber (Meistermarke R. G.),
die in der Figur des Reiters, der in Allongeperücke, Panzer
und wallendem Mantel, das goldene Vlies auf der Brust, dar'
gestellt erscheint, wie in dem sich aufbäumenden, kräftigen
Pferde voll individuellen Lebens ist. Wir vermuten, daß der
Dargestellte Fürst Karl L von Liechtenstein (f 1627) ist, auf
dessen Bestellung das Werk gearbeitet worden sein dürfte, und
regen zu diesem Zwecke eine Vergleichung der Figur mit den
überkommenen Bildnissen des Fürsten an« Das auf dem Sockel
angebrachte Liechtensteinsche Wappen datiert allerdings erst
aus viel späterer Zeit, da die Fürsten bereits das Wappen von
Ostfriesland in ihr Familienwappen aufgenommen hatten. Ein
außerordentlich graziöses Werk ist die aus vergoldetem Silber
hergestellte Wiener Deckelkanne mit Rollwerk, Früchten und
Köpfen in getriebener Arbeit (Grazer Repunze, J. G«, 1534).
Aus dem 16* Jahrhundert stammten zwei Kokosnußbecher
mit gravierten Rankenfriesen auf der Montierung (Graz,
Meistermarken k und K). Als ein besonders reizendes Werk
seiner Art verdiente ein Nautilusbecher mit schön geschnittener
Muschel und zierlich geformtem Fuß mit getriebenem Laub'
werk Beachtung (Prag, in der Muschel ein graviertes Wappen
mit der Jahreszahl 1649) 0- Bevor wir zu den Arbeiten der
Wiener Goldschmiede in späterer Zeit übergehen, wollen wir
noch einen Pokal mit getriebenen Engelsköpfen, Girlanden
und ornamentalem Rankenwerk erwähnen (Schärding, um 1600,
G. S.), der zu den wertvollsten altösterreichischen Arbeiten
zählt Einen interessanten Bestandteil der Abteilung für religiöse
Kunst bildete ein schön geformtes und reich ornamentiertes
Ciborium, das am Fuße und an der Verschalung der Cupa je
drei ovale Medaillons mit Darstellungen aus der Passion**
geschichte enthält (Wien, 1727, J. M. — vielleicht Johann
Leopold Mayr) 2 ), Eine typische Arbeit im Empirestile ist der
glatte, schlanke, silberne Leuchter (Wien, 1807, AK) von
*) Troppaucr Katalog, Abbildung 18 und 19. — Photographien,
herausgegeben vom österreichischen Museum. I. Serie, Nr. 129.
*) Abgebildet in „Kunst und Kunsthandwerk". 1904» VII, S. 503.
— 153 —
Anton Köll (Meister seit 1797)* Von ausnehmender Schlicht'
heit der Form ist auch die ganz schmucklose, silberne Ampel
(Wien, 1822, Adler und Mayerhof er), auf deren Bauch ein
Doppelwappen und die Jahreszahl 1822 eingraviert erscheinen.
In trefflicher Weise war die Kunst der Biedermeierzeit durch
einige interessante Arbeiten vertreten. Wir nennen zunächst
einen schön geformten, wellenförmig gebuckelten Brotkorb
mit Volutenhenkeln, mit dem Wiener Beschauzeichen 1840 (?)
und dem Meisterzeichen CONRAET . . » (Conraetz ?) versehen.
Als einen der frachtbarsten und charakteristischesten Meister
des Vormärzes müssen wir Stephan Mayerhofer betrachten. In
verhältnismäßig bescheidener Weise hat er das Oberskännchen
(Wien, 1837, STM.) am Rande mit Volutenornamenten und
am Bauche mit naturalistischen, getriebenen und punzierten
Blumen verziert In ungewöhnlich reichem Maße ist dagegen
der Fuß eines kelchförmigen Silberpokales (Wien, 1837, ST. M.)
mit vielverästeltem, punziertem Rankenornament verziert. Aufs
höchste erscheint die Kraft des phantasievollen und außerordent-
lich leistungsfähigen Künstlers in einer aus vergoldetem Silber ge*
bildeten, prächtigen Deckelvase (Wien, 1837, ST. M.), einem Renn/
preise, gesteigert. In den stark geschwungenen Formen und den
reichen, aufgelegten Rocailleornamenten feiert das üppigste
Rokoko eine fröhliche Auferstehung. Das Werk ist bemerkend
wert für die Strömungen im damaligen Kunstgewerbe, das im
Gegensatze zu den so schlichten Formen des Biedermeierstiles
mit Vorliebe immer wieder auf die anmutige Kunst einer
längst entschwunden scheinenden Epoche zurückgriff und in
dieser Hinsicht Werke schuf, wie sie jene Zeit in Formen*
gebung und Ornamentik nicht kapriziöser ersinnen konnte.
Der Geschmack und die bedeutende handwerkliche Tüchtigkeit
der Wiener Goldschmiede jener Zeit springen um so klarer ins
Auge, wenn man diesen Arbeiten die Erzeugnisse anderer
Kunststätten zur Seite setzt, wie z. B. die in Silber getriebene
Londoner Teekanne und die dazugehörige Obertasse (Jahres^
buchstabe r — 1832 — , J. A.), deren Felder mit Rocaillekartu>
sehen und Vögeln in einer Landschaft geziert sind. Gleichwohl
müssen wir auch diese Werke im Stile des zweiten Rokokos
— 154 —
und des sogenannten Naturalismus der dreißiger Jahre mit
Aufmerksamkeit betrachten, da sich nur wenig altenglisches
Silber auf dem Kontinente befindet»
Die Sorgfalt, mit welcher der Fürst darauf bedacht war,
durch wertvolle Schenkungen die Sammlungen des Museums
und der Bibliothek zu erweitern, wird jeder Kunstfreund schon
aus dem Grunde zu schätzen wissen, da es bei uns weniger als
anderswo üblich ist, für öffentliche Sammlungen großherzige
Widmungen zu machen« Die Auswahl der den Zwecken des
Museums besonders entsprechenden Gegenstande hat Seine
Durchlaucht mit einer Sachkenntnis und in einer feinsinnigen
Weise getroffen, welche die Bewunderung aller, die für den
Fortschritt auf dem Gebiete der künstlerischen Kultur unseres
Volkes wirken, hervorrufen muß. Wir wollen nur auf die
hervorragendsten der dem Museum zugewendeten Objekte hin**
weisen ').
Eine höchst bedeutende Bereicherung hat die Dosen'
Sammlung des Museums durch Überlassung einer Bonbonniere
und einer Tabaksdose aus Gold, beide Werke des Henri
Desire van Blaremberghe (1734— 1 812), erhalten« Die Dosen
stammen aus der Doubläschen Sammlung in Paris, die im
Jahre 1881 versteigert wurde und die wegen ihres Reichtums
an Arbeiten aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts be>
rühmt war, und dürften um das Jahr 1770 entstanden sein* Die
runde Bonbonniere, mit Pilastern, Perlornamenten und Band"
verschlingungen geschmückt und in den Füllungen über Guillo'
chierung im zartesten Blaugrau emailliert, enthält auf dem
Deckel eine Miniatur, ein ländliches Fest mit mehr als achtzig
Figürchen, ein Werk wunderbarer, minutiösester Ausführung«
Die rechteckige Tabaksdose, mit grünem Email über Guillo^
chierung, ist mit einem reizenden, humorvollen Bildchen ge>
ziert, das den Besuch von Städtern in einem Bauernhof dar«*
stellt (Saal I, Kasten 30)*
') Führer durch das k. k. österreichische Museum für Kunst und
Industrie. 1901. — Jahresberichte des Österreichischen Museums für Kunst
und Industrie. 1879— 1896. — Mitteilungen des österreichischen Museums*
1880, XV, S. 55 und 233» 1881, XVI, S. 300, 1882, XVII, S. 18, 1884» XIX,
— 155 —
Gegen siebzig Objekte der keramischen Sammlung (Saal II
und IV) verschiedenster Herkunft und Entstehungszeit sind
Geschenke des Fürsten. Die bemerkenswertesten derselben seien
im folgenden kurz angeführt : Eine rotfigurige attische Amphora
und eine antike Erosstatuette aus Ton, spanische Fliesen und
Teller, teils aus dem 16. Jahrhundert, teils modern, ferner ita^
lienische Fayencen, worunter besonders eine Majolikaschale
mit Wappen und Hippokampen (Padua, 16. Jahrhundert), eine
braune Majolikaschüssel, mit einem Wappen im Fond, Löwen'
figuren und Rankenornamenten am Rande und Inschriften ge*
ziert, bezeichnet „Papiae 1678", und eine Tonschüssel mit
bischöflichem Wappen und der Bezeichnung „Pavia 1687"
hervorragen, und endlich zahlreiche moderne Erzeugnisse der
englischen Töpferei, Fliesen, Schüsseln und Teller aus Fayence
und Porzellan, besonders aus den Fabriken Copeland und
Minton» Für den Fürsten selbst wurden die mit zartem Gold'
rande versehenen, weißen Teller, die in der Mitte das Mono-'
gramm desselben mit der Krone darüber zeigen, bei Daniell in
London erzeugt« Aber auch die asiatische Keramik, die fran^
zösische und deutsche Fayenceproduktion, wie die deutsche
Porzellanindustrie (Wien, Meißen, Berlin) sind durch einzelne
interessante Objekte vertreten« Wohl den ersten Rang unter
den Schenkungen auf diesem Gebiete dürfte ein hochgeschätzter,
silbergrauer Steinzeugkrug, eine sogenannte Schnelle, von Sieg'
bürg einnehmen; er ist ausgezeichnet erhalten und übertrifft
die ähnlichen Stücke in den Sammlungen des Museums weit'
aus an Bedeutung. Seinen interessanten Schmuck erhält das
Werk durch die dreimal wiederholten, scharf geprägten Reliefs,
die Christus am Brunnen, die heilige Helena und den guten
Hirten darstellen. Die auf dem Kruge angebrachte Marke H H
wird auf Hans Hilgers gedeutet, der vergoldete Silberdeckel mit
geätzten Ornamenten ist eine spätere Zutat des aus dem Jahre
1570 stammenden Gefäßes, das schon durch seine Höhe (352 mm)
imponiert Für die Glassammlung des Museums (Saal III)
widmete der Fürst einige mit Wappen versehene Glasgemälde
S. 21, R F. 1886, I, S. 202, 1887, II, S. 450 f., 1891, VI, S. 529» 1892, VII,
S. 209, 1893» VIII, S. 434 und 485» 1894, IX, S. 193, 1895, X, S. 325.
— 156 —
des 16. Jahrhunderts und eine größere Anzahl von englischen,
französischen, böhmischen und venezianischen Gläsern« Unter
den letzteren verdienen die bemerkenswerten Versuche der
Wiederbelebung der alten Venezianer Glasmacherkunst in der
zweiten Hälfte des 19* Jahrhunderts durch die Compagnia
Venezia^Murano besondere Aufmerksamkeit (5 Kopien alter
Gefäße von Francesco Toso).
Auch der Sammlung von Gegenständen aus unedlem
Metall (Saal IV) wurden von dem Fürsten mehrere wertvolle
Gegenstände zugewendet Wir heben zunächst einige bedeutende
Bronzen aus der Zeit der italienischen Hochrenaissance hervor,
eine vortreffliche Reduktion der antiken Ringergruppe in der
Tribuna der Uffizien zu Florenz und die Tür eines Sakra**
mentshäuschens, mit der in der strengen Art der Lombardi
ausgeführten, schön komponierten Darstellung der Grablegung
Christi '), sodann zwei Türgriffe in Form von Tierköpfen mit
Ringen im Rachen, spanische Arbeiten des 16» Jahrhunderts,
und schließlich einige hervorragende Werke der französischen
Bronzebildnerei, zwei Sphinxstatuetten von einer Kamingarnitur
aus dem 18. Jahrhundert und mehrere moderne Plastiken von
Barye in Paris (Gaston de Foix, Theseus mit dem Minotaurus,
Löwe und Löwin). Hieran reihen sich zwei nach antiken Saro
kophagreliefs gebildete, große Bleireliefs aus dem Anfange des
19. Jahrhunderts, darunter eines mit der Darstellung von
Orestes und Pylades auf Tauris*
Außerordentlich bereichert wurde durch den Fürsten auch
die Möbelsammlung des Museums, insbesondere jener Teil
derselben, welcher die Werke der italienischen Renaissance
umfaßt (Saal VI). Aus dem 16. Jahrhundert stammen zwei
Intarsiabilder, von denen das eine das abgeschlagene Haupt des
Apostels Paulus zeigt» Schöne Werke der Holzbearbeitung aus
derselben Zeit sind drei Truhenwände und eine prächtige Truhe,
die in reicher, hocherhabener ornamentaler Umrahmung zu
beiden Seiten eines Engelkopfes Reliefs, Putten im Kampfe
*) Kunst und Kunsthandwerk. 1907» X, S. 533. — Das Werk ist auch
im „Führer durch das k, k, österreichische Museum" (nach S. 134) ab*
gebildet
— 157 —
mit Bären, enthält Eine zweite interessante Truhe, eine Flo"
rentiner Arbeit aus dem 15. Jahrhundert, ist mit Holzintarsia
geschmückt An diese Gegenstände schließen sich an: Ein
farbenreiches Prunkschränkchen mit Lackbemalung im orientav
lisierenden Charakter und Steininkrustation und ein Bilder'
rahmen, beide Venezianer Arbeiten, und ein massiger Stuhl
aus dem Palazzo Riccardi in Florenz. Eine reizende Arbeit ist
ein spanischer Kabinettsschrank aus dem 17. Jahrhundert, mit
Metallbeschlägen und Rankenornamenten in Intarsia aus
dunklem Holz und Bein geziert. Von den übrigen Schenkun-
gen sind die modernen englischen Möbel, teils nach Motiven
der Gotik und der Spätrenaissance, teils im Empirestil ge*
arbeitet, beachtenswert« Eine Sonderstellung nimmt eine ge-
waltige schottische Kredenz von Eichenholz ein. Zwei kleinere
Arbeiten, eine aus Italien stammende, bemalte Kassette (16. Jahr-
hundert) und ein modernes japanisches Elfenbeinkästchen mit
Malerei in Goldlack sind im VIIL Saal ausgestellt.
Unter den im Saal VII aufbewahrten Gegenständen der
Textilsammlung heben wir als Geschenke des Fürsten hervor :
Ein Antependium in Applikationsstickerei, eine italienische
Arbeit des 16. Jahrhunderts, eine bemalte venezianische Gon-
falonierenfahne aus roter Seide (18. Jahrhundert), etliche
orientalische Webereien und Stickereien, darunter zwei persi-
sche Arbeiten, in Gold und bunter Seide auf Leinwand gestickt,
ein Kinderkleid aus sogenannten Solspitzen und Netzarbeiten
aus Spanien, schließlich einen Gobelinbehang, eine deutsche
Arbeit des 16. Jahrhunderts.
Äußerst wertvoll sind auch die Widmungen des Fürsten
für die Sammlung von Skulpturen in Stein, Terrakotta, Gips
und Holz (VIIL Saal). In die Schule Donatellos gehört die
bemalte Tonbüste, die in schlichter Weise und unübertroffener
Lebenswahrheit einen Franziskanermönch darstellt 1 ). Aus der
Schule der Robbia stammt die Büste eines Diakons aus Gips.
Besonders bemerkenswert ist ein vergoldetes und bemaltes,
ansprechendes Marmorrelief des fruchtbaren Mino da Fiesole.
*) Abgebildet im „Führer durch das k. k. österreichische Museum"
(nach S. 194).
— 158 —
Es stellt die Madonna mit dem Kinde dar und zeichnet sich
durch den Liebreiz der Dekoration und die Naivität der Figuren
aus* Der Holzrahmen, der das Relief umschließt, ist eine mo'
derne Arbeit im Stile der Frührenaissance* Von einem ober'
italienischen Grabmal des 15. Jahrhunderts rühren zwei Engel
aus Macigno her, der eine eine Infel, der andere einen Hirten'
stab tragend. Die beiden schlanken Gestalten in den knitterigen
Gewändern und mit ihrem schwärmerischen Gesichtsausdruck
erinnern noch an die Gebilde der gotischen Plastik. Oberitalie"
nischer Herkunft sind ferner zwei in Sandstein gearbeitete
Friesabschnitte, von welchen der erste Putten und wappen'
haltende Greife, der zweite Seelöwen und Wappen enthält. Ein
anschauliches Bild von der Plastik des Quattrocento in Venedig
geben drei reizvolle Reliefs von dem Altarvorsatze der Kirche
San Trovaso, die in flachem, medaillenartigem Relief Engel'
kinder voll naiver Anmut in den Köpfen und Gebärden wieder'
geben. Dem Mailänder Bambaja wird ein Marmorrelief mit der
Madonna und Engeln, die das Kind anbeten, zugeschrieben.
Die Holzskulptur Italiens in jener Epoche repräsentieren ein
Wandaltärchen mit bemalten Reliefs und eine Gruppe in Hoch'
relief, die Madonna mit dem Kinde, reich vergoldet und poly
chromiert. Sämtliche angeführten Kunstwerke lassen deutlich
das tiefe Verständnis des Fürsten für die Kunst der Früh'
renaissance in Italien erkennen, für jene große Zeit, in welcher
die Plastik eine Mannigfaltigkeit und einen Reiz offenbart, den
die Bildner der Hochrenaissance in ihren Werken nie erreich"
ten. Einen leisen Hauch dieser Epoche verspürt man auch in
einem wertvollen Werke der modernen Plastik, der Marmor'
statue von Gustave Deloye, die bei ihrer ersten Aufstellung
zu Paris im Salon von 1879 und dann im Wiener Künstler'
hause (1880) gerechtes Aufsehen erregte. Sie stellt in der Figur
eines nackten, lorbeerbekränzten Knaben mit einer chryselc
phantinen Pallas auf der Rechten, einem Schild mit dem Wappen
des Liechtensteinschen Hauses in der Linken und dem Gerät
der Malerei und Plastik zu seinen Füßen den Genius des
fürstlichen Geschlechtes dar, der die Künste beschützt. Der
Künstler betont in seinem Werke gleich Verrocchio die noch
— 159 —
unausgebildeten Proportionen des jugendlichen Alters und ist
bestrebt, in der ganzen Anlage der Figur, wie in der naturalis
stischen Durchbildung derselben den Meistern der Frührenais>
sance nahezukommen *). Eine ebenso interessante Schöpfung
der neueren Bildhauerkunst ist die lebensgroße, wundervolle
Portratstatue des englischen Historikers Thomas Carlyle aus
Terrakotta von Josef Edgar Böhm» Die sitzende Figur mit dem
intim durchgebildeten Kopf ist fein individualisiert, mit ge>
sundem Realismus behandelt und von malerischer Wirkung.
Das Bildwerk trägt auf der Rückseite der Stuhllehne die Be>
Zeichnung: Thomas Carlyle. 1874. — J. E. Böhm fecit 2 ).
Auch die reichhaltige Bibliothek des Museums verdankt
dem Fürsten eine bedeutende Vermehrung ihrer Schätze durch
die Schenkung von kostbaren Büchern kunsthistorischen In'
haltes und wertvollen Kunstblättern. Zu letzteren gehören
zahlreiche vorzügliche Photographien nach Gebäuden, Skulp'
turen und Gemälden Italiens (Rom, Florenz und Venedig),
aber auch Reproduktionen von Kunstschätzen Tirols und
Steiermarks, in erster Linie jedoch die Originalaufnahmen
l ) Deloye, der im Jahre 1873 bei der plastischen Ausschmückung
des Wiener Ausstellungspalastes tätig war, wurde besonders durch seine
Werke der Kleinplastik in Wien so bekannt, daß er hier längeren Auf*
enthalt nahm. Fürst Johann von Liechtenstein stellte ihm zuerst im
Gartenpavillon und nachdem dieser demoliert worden war, einen Raum
im Sommerpalast in der Rofiau zur Verfügung. Das prunkhaft ausge*
stattete Atelier konnte sich mit dem Hakarts messen. Außerordentlich
frei zeigte sich sein künstlerischer Geist in den für den Eisenguß be>
stimmten, lebensgroßen Modellen zweier florentinischen Jünglinge, die
den Wintergarten des Fürsten zu Eisgrub schmücken sollten. Sie sind
ernst und streng komponiert, von herbem, aber großartigem Charakter.
Von großem Reize sind ferner vier mächtige Gartenvasen, die im Liech*
tensteingarten aufgestellt werden sollen. Sie zeigen in den Frucht' und
Blumensträngen, die sie umkränzen, und in ihrer figuralen Ausschmückung
den feinen dekorativen Geschmack des Künstlers im glücklichsten Lichte.
(Kunstchronik. 1875, X, Sp. 114*?., 1881, XVI, Sp. 297.)
*) Das Werk des in London tätigen Meisters war auf der Inter*
nationalen Kunstausstellung im Wiener Künstlerhause im Jahre 1882 aus*
gestellt (Zeitschrift für bildende Kunst. 1882, XVII, S. 250. — Kunstchronik.
1883, XVIII, Sp. 165.) — Die nach demselben gegossene Bronzestatue
Carlyles ist auf dem Thames^Square zu London aufgestellt.
— 160 —
(Zeichnungen, Aquarelle, ölskizzen) künstlerisch bedeutender
Objekte, welche im Auftrage Seiner Durchlaucht von tüchtigen
Künstlern hergestellt wurden. Auch hier tritt wieder die Vor'
liebe des Fürsten für die Erscheinungen der italienischen Kunst
im Zeitalter der Renaissance hervor. Unter diesen Blättern
seien erwähnt: Die Aufnahmen von Intarsiaarbeiten in Pisa
und Pavia, Decken' und Pilastermalereien in Florenz, Rom
und Siena, Deckengemälden im Palazzo ducale zu Mantua und
im Dogenpalast zu Venedig, venezianischen Skulpturen, Details
aus einem römischen Bade und schließlich von Wand' und
Plafondsdekorationen der Casa Farnesina in Rom, des im
Jahre 1879 im Gartengrunde der Villa Farnesina aufgefundenen
Hauses, das vermutlich eine Villa des Augusteischen Ge^
schlechtes war 1 ). Die zuletzt erwähnten Blätter, teils Original'
aufnahmen, teils Rekonstruktionsskizzen, stammen von dem
Professor Adolf Ginzel, der dieselben als junger Architekt auf
einer Studienfahrt durch Italien mit unverdrossenem Eifer ver'
fertigte und dem es gelang, mit feinem künstlerischen Scharf'
blick die Frage nach der Gesamtkomposition der Tonnen'
wölbung mit ihren prachtvollen Stukkoreliefs zu lösen. Das
nach sorgsamer Erwägung gewonnene Totalbild der einen
Tonnendekoration hat Ginzel in einem Tableau dargestellt,
welches gleichfalls in den Besitz des Fürsten überging. Tiroler
Kunstwerke stellen zwei Aquarelle dar, und zwar eines die
Dekorationsmalerei im Erker des Fürstenzimmers im Schlosse
Velthurns, ein anderes eine kirchliche Glasmalerei (Maria mit
dem Kinde und Donatoren) aus Gries bei Bozen (1514)»
Bei der regen Anteilnahme des Fürsten für das Gedeihen
des Museums ist es selbstverständlich, daß derselbe auch bei
allen anderen Aktionen bereit war, werktätige Mithilfe zu
leisten. Als der Verein zur Förderung der Kunstgewerbeschule
des österreichischen Museums für Kunst und Industrie ge*
gründet wurde, um bedürftigen und talentierten Schülern seine
Unterstützung zu leihen, widmete der Fürst, dessen Wohl'
tätigkeit keine Grenzen kennt, einen namhaften Beitrag für
') Mitteilungen des österreichischen Museums. N. F. 1889, IV. Jahrg.,
S. 354 f» und 374 ff*
— 161 —
die Zwecke der segensreich wirkenden Vereinigung 1 )* Als man
daranging, dem ersten Direktor des Museums, Rudolf v. Eitel'
berger, durch den Bildhauer H. Klotz und dem Erbauer des
Museums, Heinrich Freiherrn v. Ferstel, durch V. Tilgner im
Stiegenhause Denkmäler zu errichten, leistete ebenfalls Seine
Durchlaucht hohe Beiträge, um die Ausführung der Denkmäler
zu ermöglichen 2 ). Die Dankbarkeit, welche alle diejenigen,
denen das Gedeihen des Museums am Herzen liegt, dem
Fürsten gegenüber beseelt, kam besonders gelegentlich des
fünfundzwanzigjährigen Jubiläums des Instituts zum Ausdruck*
Bei der am 31» März 1889 stattgefundenen Festsitzung gedachte
der Präsident des Kuratoriums, Graf Edmund Zichy, in warmen
Worten des Ehrenpräsidenten des österreichischen Museums,
des Fürsten Johann v. Liechtenstein, welcher den hohen Sinn
für Kunst jederzeit bewährt hat Es wurde beschlossen, an
Seine Durchlaucht eine Adresse zu richten, welche den Dank
für die zahlreichen Widmungen und Geschenke, die der Fürst
der Anstalt seit ihrem Bestände zukommen ließ, in tiefgefühlten
Worten aussprach 8 ).
Das Franzens*Museum in Brunn.
Fürst Johann von Liechtenstein zählt auch zu den her'
vorragendsten Gönnern des FranzenskMuseums in Brunn 4 ); ja
man kann ihn geradezu als den einzigen Privatmann betrachten,
der in der neuesten Zeit für die Vermehrung der Sammlungen
überhaupt in größerem Maße wirkte« Besonders die Gemälde
Sammlung des Museums, die seit dem Jahre 1881 durch
') Mitteilungen des österreichischen Hasetuns. 1868/69, IV. Jahrg.,
S. 350.
3 ) A. a. O. 1885, XX. Jahrg., S. 117 ff« und 431. N. F. 1886, I. Jahrg.,
S. ioif.
3 ) A. a. O. N. F. 1889, IV, S. 340.
4 ) Museum Francisceum Annales. 1895, S. 159 und 167, 1896, S. 22,
24, 26, 77 ff« und 340. 1898, S. 4 und 14« — Führer durch die Gemälde*
galerie des Franzens^Museums. Brunn 1899» S. 3* — Frimmel, Blätter
für Gemäldekunde. 1906, II, S. 103. — Einiges nach den gütigen Mittel
hingen des Museumssekretärs, des Herrn Emil Kofistka.
11
— 162 —
26 Bilder aus Liechtensteinschem Besitze bereichert wurde,
gelangte erst durch die bedeutenden Widmungen des Fürsten
xu einer Bedeutung, die über das rein örtliche Interesse hinaus"
reicht. Wir folgen bei einer kurzen Besprechung der Gemälde
hauptsächlich den. trefflichen Ausfuhrungen Frimmels (Annales
1896, S. 77 ff.)«
Die ältesten Gemälde der Schenkung sind drei ober'
italienische Bilder, die um das Jahr 1500 entstanden sein
mögen, und zwar „Der Tod einer Heiligen", vermutlich ein
Werk der unter dem Einfluß Mantegnas stehenden paduani"
sehen Schule, eine breit und kräftig gemalte, leider nicht gut
erhaltene „Beweinung des Leichnams Christi", ein Bild, dessen
Ausführung man in die Werkstätte des Luini verweisen
könnte, und eine anmutige „Madonna, das Christuskind an*
betend", das eine Zeitlang als Antonello da Messina galt.
Frimmel schreibt das tüchtige Werk dem Pietro da Messina
zu 1 ). Bestärkt in dieser Benennung wurde dieser Kunstforscher
durch eine Vergleichung des Bildes mit der signierten, nicht
unwichtigen Madonna im Oratorio von Santa Maria Formosa
in Venedig. Dem frühen 16. Jahrhundert gehört ein trefflich
erhaltenes oberitalienisches Werk an, das den jugendlichen
hl. Sebastian darstellt. Als Schöpfer des Bildes käme allenfalls
ein Meister der Richtung des Bartolommeo Montagna oder
noch mehr des Giovanni Buonconsiglio in Betracht. Als ein
Werk des im Jahre 1553 gestorbenen Bonifazio Veronese
(Veneziano) gilt ein großes, farbenprächtiges Gemälde, eine
„Madonna mit Heiligen 41 . Auf dem Schöße der Himmels^
königin, die inmitten antiker Baureste thront, sitzt das lieb'
liehe Christuskind mit einem Zweige in der Rechten. Links
vom Throne stehen die anmutigen Figuren der hl. Katharina
von Alexandrien und der hl. Lucia, rechts von demselben die
machtvollen Gestalten des hl. Markus und eines heiligen
Bischofs. An der untersten Stufe des Thrones ist in einer
Kartusche die unzweifelhaft echte Jahreszahl MDXLI ange*>
bracht.
L ) Frimmel, Blätter für Gemäldekundc 1906, II, S. 90.
- 163 —
Ein Antwerpener Gemälde aus dem ersten Viertel des
17» Jahrhunderts ist die mit photographischer Treue und
wundervoller Klarheit der Farbe wiedergegebene „Innere An'
sieht einer Kathedrale". Das Bild ist jedenfalls durch die Ant-
werpener Kathedrale angeregt und wird vielleicht mit Recht
einem Neeffs zugeschrieben, gewiß ist aber der Maler desselben
in deren Nähe zu suchen« Die niederländische Genremalerei
wird durch den leichtflüssig gemalten „Bauer mit einem Bier'
glase" von David Teniers dem Jungeren, links oben mit dem
Monogramm bezeichnet, und durch ein tüchtig durchgebildetes,
farbenfrisches, kleines Werk Adriaen van Ostades („Nach dem
Schweineschlachten") aus der mittleren Periode des Künstlers
(von ungefähr 1640 — 1660) in vorzüglicher Weise repräsentiert»
Eine dem Jan van Goyen zugeschriebene „Stadtansicht" hat
mit diesem Meister nichts zu tun. Die Signatur ist falsch, die
Malweise des stimmungsvollen Bildes erinnert vielmehr an
die eines anderen holländischen Malers, an die des Anthony
Jansz van Croos. Von einem unbekannten Meister rührt eine
figurenreiche, höchst bewegte „Kampfszene" her, eine sehr flott
hingesetzte ölskizze, die in der zweiten Hälfte des 17. Jahr-
hunderts von einem niederländischen Meister in Venedig ge-
malt worden sein kann«
Wir wenden uns nun der Betrachtung der Werke zu,
die im 19« Jahrhundert entstanden sind* Petrus van Schendel
gibt in effektvoller Beleuchtung und feinen, sanften Pinsel-
strichen zwei Marktansichten aus Holland wieder. Die aus-
gelegten Waren und die Figuren werden vom Scheine der
brennenden Kerzen erhellt, während die übrigen Teile der
Bilder im Dämmerlicht des grauenden Morgens verschwimmen»
Das eine der beiden Werke, im Jahre 1862 gemalt, war in
Wien auf der ersten und zweiten Auktion Lustig in den
Jahren 1879 und 1889 ausgestellt Von Jakob Josef Eeckhout
rührt eine figurenreiche „Testamentseröffnung" her« Das mit
äußerster Delikatesse gemalte Bild „Das Kartenhaus" von
Florent Willems erinnert in der Meisterschaft der Technik,
die sich besonders in der Wiedergabe der Kleiderstoffe kund-
gibt, wie in der Farbengebung an die Meisterwerke der nieder'
11*
— 164 —
ländischen Genremalerei von Ter Borch und Metsu 1 ). Gustav
Holweg ist der Maler eines kleinen Genrebildes, das ein
Mädchen am Arbeitstisch darstellt (1883). In Hubert Salentins
„Vor der Bergkapelle" (1891) lernen wir ein gemütvolles
Werk des bekannten Düsseldorfer Genremalers kennen, das
eine Szene aus dem bäuerlichen Leben in schöner Harmonie
mit der von den letzten Strahlen der scheidenden Sonne be*
leuchteten landschaftlichen Umgebung darstellt Von charak'
teristischer Auffassung der Natur zeugt Gregor v. Bochmanns
„Landschaft", die uns eine flache, düstere Gegend aus der
Heimat (Esthland) des in Düsseldorf tätigen Künstlers in der
Stimmung nach einem Regen vorführt«
Zu den österreichischen Landschaftsmalern dürfen wir
wohl auch Remi van Haanen, der in Holland geboren und
ausgebildet wurde, rechnen. Das FranzenS'Museum besitzt von
ihm eine kleine „Landschaft bei heranziehendem Gewitter"
aus dem Jahre 1848. Eugen Jetteis „Laubwald" (1868) ist inso
ferne von Interesse, als er den berühmten, aus Johnsdorf in
Mähren stammenden Künstler in der ersten Zeit seines Schaffens
zeigt« Das Bild stellt einen prächtigen Buchenwald (Motiv aus
der Ramsau) dar; einzelne Sonnenstrahlen dringen in das
Innere desselben und beleuchten scharf die Hirten mit ihren
Rindern und Schafen. Das Bild „Aus dem Parke der Villa
Borghese in Rom" (1889) zählt nach Gegenstand und Behand-
lung zu den reizendsten Schöpfungen von Robert Ruß* Den
Vordergrund nimmt das weite Bassin des Springbrunnens ein,
welchen vier plastische Meerpferde zieren« Darüber hinweg
blickt man in die breite Allee, auf der, in leichte Staubwolken
gehüllt, die zum Korso vereinigten Karossen und zahlreiche
Spaziergänger in den bunt gemischten Trachten der vornehmen
römischen Gesellschaft und Männer und Frauen aus dem
Volke in ihrem farbigen Kostüm erscheinen. Die Sonne eines
Herbstnachmittages vergoldet die reichbelebte, in zarte Farben
getauchte Szenerie, die dunklen Pinien und das vielfach über'
kreuzte Gezweige der hohen, bereits entlaubten Platanen heben
') Das Bild wurde im Jahre 1881 bei H. O. Miethke in Wien um
2910 Gulden versteigert (Kunstchronik. 1881, XVI, Sp. 541*)
— 165 —
sich klar von dem stahlblauen Himmel ab *). Im Aquarell
„Das Innere des Domes zu St. Stephan in Wien" (1895) stellt
Raimund Freiherr v. Stillfried das Mittelschiff des ehrwürdigen
Domes mit dem Blick auf den Hochalter dar 2 ). Das wert-
vollste unter sämtlichen Werken, die der Fürst dem Museum
überlassen hat, ist der „Hof der Burg Pernstein" von Rudolf
Alt Mit der größten Ausdrucksfähigkeit, die der Aquarell'
technik abzuringen möglich ist, hat der große Meister den
zweiten inneren Schloßhof des interessanten, unweit Brunns
gelegenen Baues, einer der größten und schönsten Burgbauten
überhaupt, mit seinem spitzbogigem Tore, seinen Erkern und
Galerien darstellt
Der sympathische Friedrich v. Friedländer ist durch ein
charakteristisches, solid gemaltes Invalidenbild vertreten. Der
aus Saar in Mähren stammende Josef Straka wird durch das
erschütternde Bild „Im Trauerhause" repräsentiert. Ein tuv
wüchsiges Talent ist Hans Schwaiger, der in einem in lichten
Tönen gemalten Bilde niederländische Spitzenklöpplerinnen
darstellt. Ludwig Ehrenhaft erweist sich in seinen flott hinr
gepinselten Aquarellen „Vorfrühling", „Wiesenbrunnen", „Nach
der Rübe", „Sommer an der March", „Straße", „Abendstimmung",
„In der Schenke" (1896), „Brustbild eines Mädchens", „Land-
schaft" (Töpferhütte), wie in der Federzeichnung „Slowak mit
Schnapsglas" als liebenswürdiger Künstler, der mit Erfolg die
Motive seiner farbenfrischen Bildchen der mährischen Land-
schaft und dem Volksleben des Landes entlehnt
Auch die übrigen Abteilungen der Sammlungen des
Museums wurden durch Seine Durchlaucht bereichert« Wir
erwähnen nur die Objekte des prähistorischen Fundes von
Steinitz, der den Teil eines Menschenschädels, ein paar Schweins'
knochen, ein Eisenschwert ohne Griff, das Fragment eines
Eisenreifens, eine kleine eiserne Hacke, eine Bronzeschnalle,
') Zeitschrift für bildende Kunst. N. F. 1890, I, S. 23 und 172* —
Daselbst auch eine meisterhafte Radierung des Bildes von Th. Alphons.
2 ) Das Bild war auf der XXIII. Jahresausstellung des Wiener
Künstlerhauses (1895) zu sehen.
— 166 —
einige Steine und Urnenscherben umfaßt 1 ), einen gotischen
Reisealtar mit einer Madonnenstatue aus Carraramarmor, eine
Elfenbeinschnitzerei, die Kaiser Leopold II. samt Gemahlin
darstellt, und 167 verschiedene Gold- und Silbermünzen aus
der Zeit von 1546 — 16 18, die im Laschtianer Revier auf der
Herrschaft Sternberg gefunden wurden*
Die „Museumssektion der k. k. Mährischen Landwirtschaft^
gesellschaft", welche die Sammlungen des Franzens^Museums
verwaltet, brachte ihren Dank für die Fürsorge, welche der
Fürst in unermüdlicher Weise dem Museum zuwandte, da^
durch zum Ausdrucke, daß sie denselben in der Vollversamm^
lung vom 10. April 1895 zu ihrem Ehrenmitgliede ernannte.
Sein hohes Interesse für die wertvollen Sammlungen des Mtu
seums bekundete der Fürst auch dadurch, daß er dieselben in
eingehender Weise besichtigte und über die Art, wie die Mti'
seumsleitung ihrem edlen Ziele, die Bildung des Volkes zu
heben, zustrebt, die vollste Befriedigung aussprach«
Das Erzherzog Rainer * Museum für Kunst
und Gewerbe (Mährisches Gewerbemuseum)
in Brunn«
Die Bestrebungen des Mährischen Gewerbemuseums, das
mit seltener Rührigkeit die Anteilnahme weiterer Kreise an den
Erzeugnissen des Kunstgewerbes vergangener Epochen, wie an
den Strömungen der modernen Kunst zu wecken verstand,
fanden seit der Zeit seines Bestehens im Fürsten einen hoch/
herzigen Förderer, der mit regem Interesse alle Unternehmungen
des Instituts verfolgte und demselben stets mit größter Opfer'
Willigkeit zur Seite stand« Seine Durchlaucht gehörte zu jenen
edelsinnigen Männern, welche durch hohe Stifterbeiträge die
Gründung des für die Markgrafschaft so segensreich wirkenden
Museums ermöglichten 2 ). Wer mit aufmerksamen Blicken
') Hitteilungen der k, k. Zentralkommission. N. F. 1891, XVII, S. 54.
2 ) Mitteilungen des Mährischen Gewerbemuseums* 1886, IV, S, 47*
— 167 —
die reichhaltigen Sammlungen desselben betrachtet, dem wird
gewiß nicht entgangen sein, daß eine große Zahl von wert"
vollen Objekten (nahezu 200) als Schenkung des Fürsten in
den Besitz des Museums übergegangen sind 1 )« Wir müssen
uns in der übersichtlichen Anführung derselben naturgemäß
auf jene Gegenstände beschränken, die uns bei Besichtigung
der Sammlung als die hervorragendsten erschienen sind.
Eine wertvolle Bereicherung der Abteilung für kirchliche
Kunst bilden eine italienische Grabplatte aus Marmor mit der
Darstellung einer ruhenden, hervorragend schönen Frauen"
gestalt nebst zwei in Relief gearbeiteten, zu dieser Grabfigur
gehörigen Wappen, eine große, aus Eichenholz geschnitzte
Statue der hl« Katharina, eine niederländische Arbeit des
15. Jahrhunderts, und ein Flügelaltarchen aus Elfenbein in
einem mit Intarsia geschmückten Gehäuse aus Holz. Der
Mittelteil zeigt im Hochrelief oben die Kreuzigung, unten die
Taufe Christi, der linke Flügel die Verkündigung der Geburt
des Heilandes und die Gestalten von vier Heiligen, der rechte
Flügel den hl. Christoph und ebenfalls Heiligenfiguren* Das
interessante Werk ist eine deutsche Arbeit aus dem 15. Jahr"
hundert, die Umrahmung jedoch ist jüngeren Datums» Die
moderne Plastik repräsentieren zwei Bronzeplaketten von Ale"
xander Charpentier und zwei bemalte Gipsreliefs von dem eng"
tischen Künstler Robert Anning Bell, die in der Frühjahrsaus"
Stellung des Wiener Künstlerhauses (1900) Aufsehen erregten.
Die Reliefs, welche „Musik und Tanz" und eine „Seejung'
frau" darstellen, sind durch anmutige Gruppierung der Figuren
und zarte Farbenharmonie von außerordentlicher dekorativer
*) Hitteilungen des Mährischen Gewerbemuseums. 1886, IV, S* 124,
1887, V, S. 128 und 150, 1890, VIII, S. 90 und 127, 1893» XI, S. 6 f. und
75» 1894» XII, S. 91, 122 f., 131, 149, 115, 178 f- und 207, 1897» XV, S. 95
und 102, 1898, XVI, S. 174, 1899, XVII, S. 14, 38, 96, 103 und 152, 1900,
XVIII, S. 160, 1903, XXI, S. 35» 1905» XXIII, S. 24 und 179* — Mährisches
Gewerbeblatt Brunn 1880, II, S. 255 f. — Mitteilungen des k. k. Österreichs
sehen Museums. N. F. 1895, X, S. 444* — Kunst und Kunsthandwerk.
1900, S. 359 f.
— 168 —
In geradezu einziger Weise wurden die überaus schenk
werten keramischen Sammlungen des Museums durch den
Fürsten ergänzt« Die antike Keramik ist durch eine große Zahl
von Gefäßen und eine schöne weibliche Gewandstatue aus
Tanagra vertreten. Für die Geschichte der mährischen Töpfer"
kunst sind vier Tonfliesen mit dem Wappen der Herren von
Sternberg aus dem Liechtensteinschen Schlosse zu Sternberg
von Interesse. Ein beredtes Zeugnis alter Töpferkunst ist der
reichgegliederte und schön bemalte Tonofen mit Sitz aus
Winterthur von A. Pfau, eines der wenigen, selten er"
haltenen und gesuchtesten Exemplare dieser Art. Der Ofen,
dessen Rückwand in liebenswürdiger Weise durch den Deko"
rationsmaler des Brünner Stadttheaters, Turner, ergänzt wurde,
ist mit Monatsbildern, den Figuren antiker Gottheiten, Por"
trätköpfen, Ornamenten und Sprüchen effektvoll bemalt. Die
am oberen Rande angebrachten Wappen mit Inschriften ver"
weisen die Entstehungszeit des Prachtwerkes in die erste Hälfte
des 17. Jahrhunderts (1645). Eine bemerkenswerte Lücke in
den Sammlungen des Museums füllen eine Anzahl italienischer
Majoliken aus, von denen die hervorragendsten Stücke vom
Fürsten bei der Versteigerung der berühmten Sammlung Richard
Zschille"Großenhain in London im Jahre 1899 zu hohen Preisen
erworben und in edelsinniger Weise dem Museum als Geschenk
überlassen wurden *)• Alle Vorzüge der Blütezeit der Majolika"
fabrikation finden sich vereinigt in dem Teller mit der heiligen
Familie, einem Werke eines faentinischen Meisters aus dem
Anfange des 16. Jahrhunderts, welches nicht nur das kostbarste
Stück der Sammlung Zschille, sondern auch eine der aller"
besten Majoliken ist, die uns überhaupt erhalten sind. Die
Malerei der Figuren und der Randornamente ist hier zu un"
erreichter Sorgfalt und Feinheit gesteigert, sie ist von einer
Tiefe und Leuchtkraft der Farben, die allein der Scharffeuer'
maierei beschieden ist. Das köstliche Werk wurde von Seiner
Durchlaucht um 410 Pfund Sterling erstanden. Ein edelgeformtes
l ) Kunstgewerbeblatt. N. F. 1897, VIII, S. 133 ff. — Repcrtorium
für Kunstwissenschaft. 1899» XXII, S. 334 f. — Hitteilungen des H&hri*
sehen Gewerbemuseums, 1899» XVII, S. 169 ff*
— 169 —
großes Becken mit dem Wappen der Florentiner Familie der
Salviati — die Bemalung sopra azurro — aus der Casa Pirota
zu Faenza (ca. 1530) erwarb der Fürst auf der erwähnten Auktion
für 120 Pfund Sterling, eine blauglasierte, gebuckelte Vene"
zianer Schüssel (um 1530 — 1540) für 145 Pfund Sterling. Zu
den Berettinoglasuren gehört weiters ein Teller, der im Mittel'
felde zwei verschlungene Hände zeigt und in Castel Durante
oder Faenza um 1520 entstanden sein kann. Von derselben
Herkunft ist auch ein vornehm wirkender Teller mit dem
Kopfe des Alezander, umrahmt von reichem und fein gezeich/
netem Grotesken • Ornament, aus den Wiener Sammlungen
des Fürsten. Dem vorher genannten Orte gehört auch eine
breitrandige Schüssel an, die im Mittelfelde die bunt bemalte
Gestalt des Erzengels Michael enthält Der das Bild umgebende
Palmettenschmuck zeigt in der schönsten Weise weiße Oiv
namente auf weißem Grunde (bianco sopra bianco). Die Schüssel
mag um das Jahr 1540 verfertigt worden sein. Der Sammlung
Zschille gehörte auch die spanische Schüssel an, ein Pracht"
stück der Lüstrierung, aus der Provinz Valencia stammend.
Die europäische Porzellanfabrikation repräsentieren ein reizen-
des Höchster Porzellanfigürchen, das ein Mädchen, welches
sich frisiert, darstellt, und eine aus der königlichen Residenz
in München stammende, einst als Lampenständer verwendete
Karyatide, ein Werk der Nymphenburger Porzellanmanufaktur.
In die Gruppe der modernen Keramik gehören zahlreiche
Teller, Schüsseln und Fliesen französischer und englischer
Herkunft. Besonders die Londoner Fabriken von Howell und
James, M2! Gibbs, Minton & Comp., A. B. Daniell und Dalpech
sind durch schöne Erzeugnisse vertreten.
Die Gruppe der Gegenstände aus Metall wurden von dem
Fürsten durch die Temperantia^Schüssel von Caspar Enderlein
und durch die herrliche Standuhr von Berthoud in Paris ver*
mehrt, welche bei der Versteigerung Wencke' Hamburg in
Köln (1898) in den Besitz des Fürsten überging. Den Fuß
des weißen Marmorsockels umgibt eine Ranke mit Putti, das
auf demselben liegende Prisma trägt ein Relief, das ebenfalls
reizende Putti enthält. Die Uhr selbst wird von vier Löwinnen^
— 170 —
getragen* Die zur Linken derselben angebrachte
weibliche Figur in polierter brauner Bronze hält in der linken
Hand eine Schrifttafel, in der rechten einen Lorbeerkranz» Auf
der anderen Seite der Uhr kniet auf vergoldeten Wolken
Amor. Die Ausfuhrung des aus der späteren Zeit Ludwigs XVI«
stammenden Werkes ist außerordentlich sorgfaltig, die Ver*
goldung reich und solid 1 ).
Die wichtigsten Widmungen des Fürsten für die Möbel'
Sammlung gehören der italienischen Früh'Renaissance an. Wir
nennen zunächst eine wertvolle, geschnitzte, vergoldete und
bemalte Truhe. An der Vorderseite derselben befindet sich ein
Wappen mit einem Doppeladler, zu beiden Seiten desselben
sind historische Darstellungen gemalt, die vom Adler aus*
gehenden Bänder werden von Putten gehalten. In Venedig
wurde vom Fürsten eine Kassette erworben, deren Klappe
Verschluß mit dem Lackdekor in Gold, Rot und Schwarz be*
malte Venezianer Bucheinbände des 15. Jahrhunderts imitiert,
während die Füllungen der Schubladen Stein' und Perlmutter*
einlagen besitzen. Ein vorzügliches Werk seiner Art ist ein
Intarsiabild, welches einen in Andacht versunkenen Mönch
darstellt, dessen Figur mit dem faltigen, herben Gesicht in/
mitten der perspektivischen Darstellung einer Architektur er'
scheint. Aus dem Schlosse zu Eisgrub stammt ein Empire'
Sessel mit leierförmiger Lehne.
Die Textilsammlung enthält als Schenkung des Fürsten
eine Applikationsstickerei mit Rankenmustern in bunter Seide
und dunkelgrünem Samt auf hellblauem Damastuntergrund,
ein prächtiges, stilvolles Vorbild für die Bordüre eines Prunk'
teppichs oder einer Decke, und eine lichtblaue Seidentapete
mit groteskenähnlichen Mustern (Terpsichore, Pegasus, Pelikan)
aus der Zeit des Empire.
Für die 1897 begründete Sammlung moderner Repro*
duktionsverfahren bildeten die Originalsteindrucke von Wilhelm
Steinhausen (Das Abendmahl), Hermann Daur (Studienkopf,
Alte Bäuerin), Karl Mediz (Bildnis des Prinzen Georg von
') Kunst und Kunsthandwerk. 1899» n, S. 127 f.
— 171 —
Sachsen) und Jan Veth (Bildnis des Malers Josef Israels) eine
willkommene Bereicherung, Unter den gespendeten Photo-
graphien ragen in erster Linie die zahlreichen vorzüglichen
Aufnahmen des Äußeren der Halle und der Gewölbedekorationen
der Liechtenstein'Galerie hervor.
Die zahlreichen Spezialausstellungen, die im Museum
stattfanden und welche den Erfolg hatten, daß eine Menge von
Kunstgegenständen aus mahrischem Besitz der Kunstforschung,
wie den kunstsinnigen Kreisen der Landeshauptstadt zum
ersten Male bekannt wurden, hat Seine Durchlaucht stets mit
der größten Bereitwilligkeit beschickt« So waren auf der Aus-
Stellung kirchlicher Kleinkunst im Jahre 1884/85 eine Anzahl
interessanter Objekte aus Liechtensteinschem Kunstbesitz zu
sehen *)•
In hervorragender Weise beteiligte sich der Fürst an der
Ausstellung von Wehr und Waffen (1885), die 60 auserlesene
Stücke aus dem Besitze desselben enthielt 2 ). Aus der unschätZ"
baren Waffensammlung des Fürsten stammten zunächst zwei
Harnische, der eine, ein Beispiel eines sogenannten gotischen
Harnisches, von ungefähr 1485, der andere, ein geriffelter Maxi'
milianharnisch, aus der Zeit um 15 12, in den schönen Formen
der ersten Rüstungen der Renaissanceperiode in Deutschland.
In glänzender Weise waren die berühmtesten spanischen Waffen/
schmiede vertreten: Juan Martinez der Altere aus Toledo
(zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts) durch einen schönen Stecher
mit eisernem Griff und übermäßig großem Eselshuf, Juan
Martinez der Jüngere (Ende des 16. Jahrhunderts) durch eine
*) Mitteilungen der k. k. Zentralkommission. N. F. 1885, XI,
S. LXXVTII f. — Kunstgewerbliche Objekte aus der Ausstellung kirchlicher
Kleinkunst im Mährischen Gewerbemuseum 1884/85. Brunn 1885« — Prokop
August, Die Markgrafschaft Mähren in kunstgeschichtlicher Beziehung.
I» S. 199.
*) Hitteilungen der k. k. Zentralkommission. N. F. 1885, XI,
S. CXXVIL — Mitteilungen des österreichischen Museums. 1885, XX« Jahrg.,
S. 510. — Kunstgewerbeblatt. 1886, S. 72 ff. — Mitteilungen des Hähri*
sehen Gewerbemuseums. 1886, IV, S. 2 ff. — Kunstgewerbliches aus der
vom Mährischen Gewerbemuseum im Jahre 1885 veranstalteten Aus*
Stellung von Waffen, Kriegs- und Jagdgeräten. Brunn 1886.
— 172 —
prächtige, mit dem Halbmond und der königlichen Lilienmarke
bezeichnete Haudegenklinge und Sebastian Hernandez aus Toledo
(Wende des 16. Jahrhunderts) durch eine sehr feine Schlacht"
schwertklinge. Von Francisco Bis, einem der ersten Kunsthand"
werker Spaniens im 18. Jahrhundert, rührt eine Flinte in über'
reicher Dekoration inGoldtausia her. Der späteren oberdeutschen
Schnitzereischule (um 1680) gehört der Schaft eines kostbaren
Pirschgewehres an, welcher reichgeschnitzte Einlagen von
Buchsbaumholz besitzt Unter den mit kräftiger, gewandter
Hand meisterhaft geschnitzten Reliefs findet sich die Szene
mit St Eustachius oder St. Hubertus und dem Hirsch und
eine reizende Fortuna. Erwähnung verdienten auch einige
Kanonenmodelle und Kanonen mit schönen Lafettengestellen,
die nach den Angaben des Fürsten Josef Wenzel von Liechten^
stein angefertigt wurden und dem Arsenal des Schlosses zu
Feldsberg entstammen. Die schönsten orientalischen Waffen
der Ausstellung wurden gleichfalls den Sammlungen des Fürsten
entnommen. Einige reichverzierte Dolche verdienten darunter
die größte Bewunderung. Sie sind moderne Arbeiten und be-
weisen die noch heute bestehende außerordentliche Leistungs-
fähigkeit des orientalischen Kunstgewerbes. So ist ein Dolch
mit Elfenbeingriff und eingelegten, kleinen Rosen in seiner
Gesamtwirkung das reizendste, was man sich denken kann.
Für die Ausstellung von in Metall ausgeführten Zier-
und Gebrauchsgegenständen (1886) gestattete der Fürst die
Entlehnung einschlägiger Objekte aus den Kunstsammlungen in
Wien und aus den Schlössern zu Feldsberg und Eisgrub f ).
Das künstlerisch und technisch vollendetste Stück unter den
Gegenständen aus Edelmetall war eine aus Silber getriebene
und vergoldete Weinkanne im reichsten deutschen Renaissance"
Stile mit allegorischen Figuren (Gerechtigkeit, Mäßigkeit,
Stärke, Glaube, Liebe, Eitelkeit etc.) am Mantel, einer Lands-
knechtfigur am Deckel und einem Henkel in Form einer Halb-
karyatide. (Aachen 1581.) Derselben schlössen sich an: eine
Weinkanne aus vergoldetem Silber, am Mantel die Figuren
l ) Mitteilungen des Mährischen Gewerbemuseums. 1886, IV, S. 143
und 174 ff., 1887, V, S. 38 ff., 84 ff., 119 £
— 173 ~
von sechs olympischen Göttern, am Deckel eine krönende
Knappenfigur (Augsburg, 16. Jahrhundert) *), ein Straußenpokal
aus Schloß Eisgrub mit naturalistischem Laubornament am
Fuß und Deckel und einer aus Elfenbein geschnitzten
Bacchanalfigur auf dem letzteren (wahrscheinlich Ulmer Arbeit,
16. Jahrhundert), ein Pokal, geziert mit getriebenem Blatt"
gewinde und Engelköpfchen am oberen, breiteren Friesteile
(16. Jahrhundert), ein Kännchen, der Henkel mit den Brust-
bildern von Christus, Maria und zwei Heiligen, die Schale aus
der romanischen Periode, am Fußrande eine türkische Inschrift
(jedenfalls byzantinischen Ursprunges, aus den Kunstsamm"
hingen in Wien), ein Flaconfutteral, aus Silber gegossen und
ziseliert, mit Engelfiguren und reichen Ornamenten geschmückt
(16. Jahrhundert, Wiener Sammlungen), und sechs Wand'
leuchter, deren elliptische, aus Silber getriebene Schilde in der
Mitte entweder Jagdgötter, einen reitenden Indianer oder eine
Jägerfigur zeigen« Aus Wien stammt auch eine gravierte Prunk'
Schüssel aus Bronze (um 1600)« Die Mitte derselben nimmt
ein .Wappen mit einem Storche ein. Um dieses Zentrum
herum sind radial in nischenartiger Umrahmung die Figuren
von zwölf römischen Kaisern dargestellt, die Nischen werden
durch männliche und weibliche Hermenfiguren gebildet, am
Aufbug der Schüssel sind Darstellungen aus der römischen
Geschichte angebracht und zwischen denselben sieht man die
Brustbilder römischer Schriftsteller etc.
Auf der Frauenschmuck "Ausstellung (1894) war der
Kunstbesitz des Fürsten ebenfalls durch einige Stücke ver"
treten 2 ). Wir erwähnen bloß den bei Brunn gefundenen mäh"
risch'heidnischen Schmuck, bestehend aus langen Goldblech"
streifen mit eingepreßten oder eingeschlagenen Punkt" und
Linienornamenten nebst Fragmenten von röhrenförmigem
Schmuck. Ferner beteiligte sich Seine Durchlaucht an der Aus"
Stellung historischer Trachten (1899) 8 ) und der Möbelaus"
! ) Photographien, herausg. v. k*k* österreichischen Museum, Blatt 307*
2 ) Hitteilungen des Mährischen Gewerbemuseums« 1894* XII» S, 2 f„
194 und 201 ff., 1895» XIII, S. 3 ff»
*) A. a. O. 1899, XVII, S. 161 ff. und 172 ff., 1902, XX, S. 79*
— 174 —
Stellung (1899/1900), in welcher viele Objekte aus den Schlössern
zu Wien, Feldsberg und Liechtenstein bei Mödling zu sehen
waren ! ).
Wertvolle Kunstwerke aus dem Eigentum des Fürsten
enthielt besonders die Ausstellung von Kunst" und kunstge^
werblichen Gegenständen aus mährischem Privatbesitz (1902) *).
Aus Schloß Eisgrub stammten zwei Arbeiten aus dem 17. Jahr'
hundert, ein Aufsatzkästchen, dessen zahlreiche Schubladen mit
gravierten und geschwärztenMessingbeschlägen geziert erscheinen,
im Mittelfelde die stämmige Gestalt eines Landsknechtes mit mäch'
tiger Fahne, und ein Hausaltärchen süddeutscher Abkunft aus
Ebenholz mit elfenbeinernen Säulen und reichem Schmuck an
funkelnden Steinen, Silber' und Messingbeschlägen, inmitten
ein auf Pergament gemaltes Bild der schwebenden Maria mit
dem Kinde. Ein mächtiger, stark geschweifter, eingelegter
Rokokoschrank, geeignet, in seinem gewaltigen Fassungsraum
die umfangreiche Tracht der Zeit zu bergen, wurde dem Schlosse
zu Sternberg entnommen. Der Abteilung für Waffen gehörte
ein mit rotem Leder überzogener Prunkschild an, dessen orien'
talische Musterung in Gold, Grün und Weiß gemalt ist. Ein
interessantes Werk aus Florenz (15. Jahrhundert) war ein un^
gewöhnlich großer, mit starken Elfenbeinplatten belegter Kasten*
In Elfenbein hoch geschnitzt, bemerkt man Paare von Jung'
lingen und Jungfrauen und Frauen allein, die sich von mit
Bäumen bedeckten Felsen abheben. Die Ecken werden von
mit Zinnen gekrönten Türmen flankiert. Auch die schrägen
Deckelflächen sind mit Elfenbeinschnitzereien verziert, und zwar
mit fliegenden, nackten Flügelgestalten, an den Schmalseiten
erscheinen dieselben Gestalten in fast kniender Stellung und
halten leere Wappenschilde. Das Elfenbein war wahrscheinlich
einst teilweise bemalt und vergoldet, die Holzrahmen sind mit
Mosaik eingelegt. Ein nicht minder sehenswertes Stück war
ein gleichaltriges elfenbeinernes Pulverhorn mit der vortreff'
liehen Darstellung einer Jagd von Elefanten, Tigern, Antilopen
und Wölfen, die eingesetzte Bernsteinaugen besitzen. Das Ende
1 ) A. a. O. 1899, xvn, s. 191.
2 ) A. a. O. 1902, XX, S. 8z ff.
— 175 —
mit dem Verschluß bildet ein Steinbock und ein Elefant, die
in grimmiger Umarmung liegen«
Auf der Ausstellung von Werken der Kleinplastik (1903)
war der Fürst in erster Reihe als Aussteller zu nennen 1 ).
Wir erinnern nur an einen von einem Löwen gehaltenen
Leuchter, eine mittelalterliche Arbeit, ein mittelalterliches Flügel'
altärchen, eine Tonfigur der hl. Justina mit dem Einhorn aus
der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, eine kostbare, un^
sagbar anmutsrolle Gestalt der hl« Katharina vom Ende des
16« Jahrhunderts und einige vorzügliche Rokokofiguren aus der
Wiener, Höchster, Nymphenburger und Berliner Porzellan^
manufaktur.
Auch in anderer Hinsicht zeigte der Fürst wiederholt
sein hohes Interesse für das Museum. So oft Seine Durch"
laucht nach Brunn kam, stattete er demselben einen Besuch
ab, um die jeweiligen Spezialausstellungen und die Samnv
hingen des Institutes eingehend zu besichtigen oder auch bei
den Ausstellern Bestellungen zu machen *)♦ In schmeichelhaften
Worten hob derselbe stets den großen Nutzen des Gewerbe**
museums für die Entwicklung des heimischen Kunstgewerbes
hervor und gab wiederholt seiner Überraschung über die treffe
liehe Art der Aufstellung, wie die Schönheit und Reichhaltig-
keit der kunstgewerblichen Sammlungen Ausdruck. Dieses
Lob, welches Seine Durchlaucht den um das Museum hoch-
verdienten Männern Prokop und Leisching gegenüber aus-
sprach, kann dem Institut um so mehr zur Ehre gereichen,
als der Fürst zu den kunstsinnigsten Männern der Gegenwart
gezählt worden muß.
Gesellschaft der Kunstfreunde in Olmütz*
Anläßlich des sechzigjährigen Regierungsjubiläums des
Kaisers, der ja in der alten Bischofsstadt den Thron seiner
1 ) Mitteilungen des Mährischen Gewerbemuseums. 1903, XXI, S. 177 ff«
und 184«
2 ) A* a. O. 1886, IV, S« 72, 1889, VII, S. 11 f., 1S94, XII, S. 86, 1896,
XIV, S. 64» 1900, XVIII, S. 102, 1902, XX, S. in, 1906, XXIV, S. 14«
- 176 —
Väter bestiegen hatte, veranstaltete die unter dem Protektorate
des Fürsten stehende Gesellschaft in Olmütz unter dem Titel
„Altösterreichische Maler 1800— 1848" eine Kunstausstellung,
die besonders infolge der reichen Beschickung durch den Fürsten
selbst zu den sehenswertesten Schaustellungen des Jubeljahres
zählte. Seine Durchlaucht hatte aus seinem prächtigen Besitze
von Werken dieser Epoche 44 auserlesene Bilder zur Ver-
fügung gestellt, die in den neuadaptierten, hellen Räumen
des alten Stadthauses zur vollsten Geltung kamen *).
Der gegenwärtig in seinen Historienbildern so unter-
schätzte Heinrich F. v. Füger offenbart in seinen kleineren
Werken „Orpheus und Eurydike" (Liechtenstein-Galerie Nr. 357,
alt 1341) und „Die Musen der Tragödie und Komödie"
(Liechtenstein-Galerie Nr. 354, alt 1338) in der Komposition,
phantastischen Beleuchtung und Farbengebung, wie in der
Zeichnung des Nackten und der Gewänder gewiß ein nicht
ungewöhnliches Geschick. Eine interessante Erinnerung an den
Aufenthalt Fuhrichs in Rom bildet die kleine, dem Grafen
Eduard Clam-Gallas 1830 gewidmete Tafel „Zur Adventzeit
in Rom". Der Landschaftsmaler J. A. Koch hat sich mit seinen
Freunden in der Vorhalle einer Osteria beim Weine nieder-
gelassen, andächtig lauschen sie den volkstumlichen Klängen
der Weihnachtsmusik, die zwei Hirten vor einem Marienbilde
anstimmen» Den größten Reiz verleiht dem Bildchen die eigen-
artige Beleuchtung — ein flackerndes Kohlenfeuer, an dem
sich die Kunstler die Hände wärmen, und der vom Freien
hereinfallende Schein des Vollmondes* Nicht minder groß zeigt
sich Führich in dem von echt religiösem Geiste durchwehten
Bilde „Christus in der Vorhölle" (1837)» Von größter Lebendig-
keit erfüllte, schön drapierte Figuren, kräftig im Kolorit,
drängen sich der edlen Gestalt des eintretenden Heilands ent-
gegen, über dessen Haupte fein gezeichnete Engelscharen
schweben. Mit sichtlicher Liebe hat Amerling das Porträt des
Bildhauers Thorvaldsen (1843) geschaffen (Liechtenstein-Galerie
Nr. 353, alt 1364). Die milden, harmonisch zusammenklingenden
l ) Neue Freie Presse. 8. April 1908, S. 8, 15. April, S. 8, 2a. April,
S. 1 (Abendblatt), 11. Hai, S. 1 ff.
— 177 ~
Farben, der lebensvolle Ausdruck des Kopfes mit den geist>
vollen Augen und dem schlohweißen Haar und die unge*
zwungene Körperhaltung vereinigen sich zu einer Wirkung,
wie sie nur wenige Werke der deutschen Malerei aus jener
Zeit hervorzubringen imstande sind; es ist ein Hauptwerk des
Meisters, in dem er auf einer Stufe mit seinen großen eng"
lischen Vorbildern, vor allem Lawrence, steht
Eine große Anziehungskraft übten in der Ausstellung
die Werke der Wiener Genremaler der vormärzlichen Zeit
aus, von denen die schönsten aus Liechtensteinschem Besitz
stammten.
Eybl hat eine charakteristische Jägerfigur in einer Alpen"
landschaft und einen Mann mit einem Bierglas (1834) gemalt
Besonders aus dem letzterwähnten Werke spricht die glänzende
malerische Begabung des Kunstlers. Wie reizvoll sind hier
die im hellen Lichte gesehenen, lebendigen Fleischtöne der
wunderbar herausgearbeiteten Gesichtszüge und der fein ge->
zeichneten Hände und die metallisch glänzenden Haare mit
den tiefen Farben der Kleidung und dem dunklen Hinter<
gründe in Verbindung gesetzt. Eine äußerst sympathische Er"
scheinung ist Peter Fendi. Tieftonige Farben wählt er für das
so ansprechende Bild, in dem er leichtflüssig zwei in einem
Buche lesende Mädchen gemalt hat, hell hingegen jubeln die
Farben gleich den Menschen in dem Bilde „Die Erwartung"
(1836). Am hohen Ufer des blauen Meeres harrt die Familie
dts Fischers des heimkehrenden Vaters, der in der Ferne im
Kahne sichtbar wird. Hoch hebt die junge Mutter ein Kind
empor, freudig winkt die Tochter dem Nahenden zu. Mit
leicht über die Fläche gleitendem Pinsel, mit feiner Betonung
des Seelischen, aber ohne Aufdringlichkeit malt Fendi, der
Kinderfreund, seine von Schalkhaftigkeit erfüllten Aquarelle
aus dem Leben der Kleinen. Zu seinen anmutigsten Werken
dieser Art zählen die Blätter „Musikalische Versuche" (1834)
und „Glücklicher Stapellauf" (1839). Ergötzlich sind im ersten
Bilde die beiden Kinderfiguren anzusehen, die sich auf dem
alten Lehnstuhl einen Altar errichtet haben und nun zur Ehre
Gottes, der Knabe auf der Baßgeige, das Mädchen auf dem
12
Hörn, die Kirchenmusik ertönen lassen. Dicht aneinander ge*
drängt sammelt sich im zweiten Bilde am Ufer eines Bächleins
eine reizende Kinderschar und setzt ein Papierschiffchen, in
dem eine Puppe ruht, in Bewegung. Auch hier fehlt der
Säugling in der Wiege nicht, der, unbekümmert um alle V<mv
gange in der Außenwelt, friedlich weiterschlummert Von hellem
Lichte und kräftiger Farbe erfüllt sind die vortrefflichen
Kinderbilder Ranftls, ein Mädchen mit einem Kinde, neben
ihnen ein mit gewohnter Meisterschaft gemalter Hund (1844),
und zwei fischende Kinder (1845).
Von Gauermann sind aus Liechtensteinschem Besitz
zehn Bilder in die Ausstellung gelangt, die • uns den Meister
von den verschiedensten Seiten in seinen auf genauen Natur'
Studien beruhenden, mit tadelloser Sicherheit der Zeichnung
und vollendeter Technik wiedergegebenen Tierbildern zeigen.
Da sind zunächst seine dramatisch beschwingten, großen
Werke, die zu seiner Zeit vor allem seinen Ruhm be*
gründeten, wie „Vor dem Gewitter" (1837) und „Vor dem
Sturm" (1840), ferner die trefflichen Bilder „Kühe und
Schafe, einen Fluß durchschreitend", „Ein Saumweg aus
der Gegend von Meran", „Die Schmiede" und „Ein Mädchen
mit Ziegen und Hühnern vor einem Bauernhause", ein be^
sonders erfreuliches Werk, das in der lebendigen Wieder'
gäbe der Tiere an Troyon gemahnt Die größte Wirkung ist
Gauermann in seinen Bildern kleineren Formates noch heute
gesichert, wie dies das zierliche Reh an der Waldquelle, der
in unbeschreiblicher Leuchtkraft aus dem geheimnisvollen
Dämmerlichte des Stalles hervortretende Schimmel (1833),
die am hohen Seeufer lagernde Kuh mit den beiden Schafen
und in erster Linie ein Knabe mit Pferden dartun« Neben
einer alten, hohlen Weide steht ein Knabe, der ein braunes
Füllen und einen stattlichen Schimmel futtert Die Ursprung'
lichkeit der Auffassung, die Feinheit der Stimmung und der
tief poetische Sinn für die Schönheit der Natur machen das
Bildchen auch dem modern empfindenden Auge wertvoll; hier
spricht auch deutlich aus der ungemein leichten Pinselfuhrung,
der sonnigen Beleuchtung und der Wiedergabe der alle Gegen'
— 179 —
stände umschimmernden Luft die hohe malerische Begabung
des Heisters 1 )«
Eine stattliche Reihe von Landschaften schließt sich an
diese Werke an. Die Landschaft mit einem Hirten, Kühen und
Schafen (1817) von dem meist in München tätigen Max Josef
Wagenbauer gehört zum Bestände der Liechtenstein^Galerie
(alt Nr. 1352). Beachtenswerte Werke Johann Fischbachs sind
die beiden großen, ehrlich gemalten Landschaften aus den
Jahren 1824 und 1842, eine davon stellt eine weite, mit Rindern
und Hirten staffierte Hochfläche mit dem Ausblick auf Ruine
und Schloß Liechtenstein bei Mödling dar, das zweite Bild,
außerordentlich kühn gemalt, zeigt eine heitere Jägergesellschaft,
die nach den Muhen der Auerhahnjagd im Dämmerlichte des
anbrechenden Morgens unter den hohen Stämmen eines Nadel-
waldes rastet Die zackigen, mit Schnee bedeckten Berggipfel,
die durch das Grün der Baumzweige blicken, werden von den
ersten Strahlen des aufsteigenden Tagesgestirnes mit rötlichem
Schimmer übergössen. Gleich Fischbach entnimmt auch Anton
Hansch seine Motive den Hochalpen« Sein „Vierwaldstädter
See bei Brunnen mit dem Uri'Rothstock", in Abendstimmung
bei aufgehendem Vollmond gemalt, ist eine tüchtige Leistung*
Von Ignaz Raffalt, der in seinen Landschaften dank der treffe
liehen Beobachtung atmosphärischer Vorgänge kräftige Stimmung
gen zu entfalten versteht, sind zwei kleine Werke aus den
Jahren 1844 und 1849 zugegen. In höchst geistvoller Weise
l ) Gauermanns Einnahmebuch vermerkt, daß das Bild „Vor dem
Sturm 44 im Jahre 1840 für 800 fl. Konventionsmünze an Kraigher in
Triest verkauft wurde. (Zeitschrift für bildende Kumt. 1883, XVIII, S. 283*
Nr« 150.) Den „Saumweg aus der Gegend von Heran" erwarb 1843 Graf
Siddngen in Ischl für 250 Dukaten (a. a. O. S. 286, Nr« 168), das Bild
dEm Kiübemit Pferden"' 48dt<Nfettmann für 150 £L Konventionsmünze
(ax 4.O. jSiiisf^ H«^3S>^ ^eiSdunkde^, »£fyMhkheniinit biegen und
und 173 des F tnTV fh m cfruche« idattfob zji sein v .- Fürtf Aloi» IL, von
Liechtenstein kaufte yom Kunstfei; J838 „Pflügende Pferde" um 290 Pufcaten
<A ö:£ <ij&- W*Hd^ *?bi#i#,
NK - kB42'41id< '„Ott* Wittsh*tt*> auf 4*m R6tttomlniier Taü^fii^^ir^.^.
12*
.13
— l8o —
gelingt dies dem Künstler besonders in der Flußlandschaft,
über welcher schwere, grauschwarze Gewitterwolken hängen,
hinter denen die Sonne ihre siegreichen Strahlen hervorsendet
und die entfernten Ufer hell beleuchtet Waldmüller übertrifft
in der Landschaftsdarstellung die genannten Künstler weitaus.
Er entrollt vor unseren Augen ein herrliches Bild von der
Pracht der österreichischen Alpenwelt und führt uns da mit
Vorliebe an die klaren Bergseen, von deren Ufern gewaltige
Felsenhäupter in die Lüfte starren, wie im „Königssee" (1838)
mit dem Blick auf das von scharfkantigen Felsenkämmen
überragte, liebliche St. Bartholomä, im hellfarbigen, kräftig
beleuchteten „Zeller See" (zwei vollkommen übereinstimmende,
nur im Formate verschiedene Bilder aus dem Jahre 1837)
und im dunkelgrünen „Altausseer See" (1834), eines der köst-
lichsten Werke des großen Meisters. Im Kahn hat er sich auf
den weitgedehnten Wasserspiegel hinausbegeben und nun
gleitet sein Blick über den Uferwald und die in weichen,
rhythmischen Linien sich aneinanderschliefienden, in violetten
und blauen Tönen leuchtenden Bergrücken hinauf zu den
jähen Felsstürzen und glitzernden Schneefeldern des Dachsteins«
Er wandert mit uns in die romantischen Alpentäler, wie im
„Weg zur Schmittenhöhe bei Zell am See" (1837), der sich
zwischen mächtigen Felsen und stolzen Tannen, an smaragd-
grünen Matten und einem schäumenden Waldbach vorbei,
zur Höhe hinan windet, oder er enthüllt uns in der „Straße
in St. Wolf gang" (1835), über welcher ein schön geformter
Berggipfel sichtbar wird, die Reize der heimischen, Volkstum/
liehen Architektur. Hohe Bauerhäuser mit überhängenden
Schindeldächern, kleinen Vorgärten und grünen Büschen vor
den Fenstern werden mit meisterhafter Beherrschung der
Linear^ und Luftperspektive aneinandergereiht. Hierin, wie
in der treuen Wiedergabe der in der klaren Gebirgsluft scharf
ttmrissenen Objekte und in der Feinheit der Beleuchtung
offenbart der Künstler eine Eindringlichkeit das Schauens, wie
siz Rudolf Alt sein eigen nennt. Und wenn dann dem Künstler
die Zustände in der Heimat unleidlich zu werden beginnen,
dann flüchtete er in die sonnigen Gefilde Italiens und schuf
— I8i —
dort unvergängliche Werke« In der Olmützer Ausstellung waren
aus dem Besitze des Fürsten zwei kleine sizilianische Land'
Schäften zu sehen, den Tempel der Concordia (1849) u&d den
Tempel der Venus bei Girgenti darstellend, vielleicht die wert'
vollsten Stucke der ganzen Ausstellung, Schöpfungen, die sich
in jeder Hinsicht mit den schönsten Landschaftsbildern aller Zeiten
und Völker, die dem Süden ihre dankbaren Motive entlehnen,
messen können« Der Zauber, mit dem die Wunder der südlichen
Natur Waldmüller gefangennahmen, überträgt sich auch auf
uns, immer wieder zieht es uns zu diesen Bildern zurück und
immer wieder können wir in ihnen neue Schönheiten ent*
decken« Die Lokalfarben, die in seinen Bildern aus der bunten
Heimatswelt so kräftig tönen, treten zurück im Goldglanze
des herabflutenden Sonnenlichtes, das die leuchtenden Säulen
der Tempelhallen, die hellgrünen Pflanzen, das kahle Gestein,
das blaue Meer und den klaren Himmel zu einheitlicher,
wahrhaft festlicher Wirkung verbindet *)• Nicht in die schöne
Wirklichkeit, wie Waldmüller, sondern in erträumte Wunder*
gefilde, zu glücklichen, sorglosen Hirten, Fischern und Land*
leuten führt uns der liebenswürdige Karl Marko in seinen
fein gezeichneten italienischen Landschaften« Von den vier
Bildern aus den Jahren 1835, 1837 und 1857 fesseln uns be-
sonders zwei römische Landschaften, eine mit den Ruinen eines
antiken Tempels und eine andere, die uns ans Meeresgestade
geleitet, beide von rosigem Abendsonnenschein übergössen«
Daß Rudolf von Alts Ölbilder seinen Aquarellen in nichts
nachstehen, beweist seine in leuchtender Farbenfrische pran<*
gende Landschaft bei Ragusa, ein verfallenes Bauwerk, um"
wuchert von üppigen Agaven, darüber der tiefblaue Himmel,
ein Bild voll ausgesprochener Eigenart und Kraft« Dazu ge"
seilt sich ein schönes Aquarell, das die mächtigen Bäume,
die Sträucher und Rasenplätze des Hradschin mit den Silhouetten
des Belvederes, des Veitsdomes und der Burg in geistvoller Weise
vereinigt (1839)« Eine interessante Probe von dem Kunst"
schaffen seines Vaters Jakob Alt ist ein Ölbild, das den präch"
Sämtliche oben genannten Bilder Waldmüllers sind im Roeßler*
sehen Prachtwerke (Wien 1907) reproduziert.
— 181 —
tigen gotischen Dom in Kaschau gleich der Staffage, ungarischen
Bauern in ihrer malerischen Tracht, bis ins kleinste Detail
sorgfaltig wiedergibt (1852)»
Das Kaiser Franz Josef*Museum für Kunst
und Gewerbe in Troppau*
(Schlesisches Landesmuseum.)
Das Troppauer Landesmuseum, dessen Entstehung in
erster Linie der Schlesischen Handels** und Gewerbekammer
zu danken ist, kann sich seit Jahren der hohen Gunst des
Fürsten rühmen l ). Als das Museum daranging, aus Anlaß des
vierzigjährigen Regierungsjubiläums des Kaisers ein eigenes
Heim zu gründen, brachte der Fürst als Protektor des Instituts
dem Unternehmen die größte Sympathie entgegen« Er spendete
zunächst den Baugrund im Ausmaße von 697 Quadratklaftern,
bezahlte die Übertragungsgebühr für diese Schenkung und
widmete außerdem für den Neubau die namhafte Summe von
i2.ooo Kronen« Am 27. Oktober 1895 wurde das stattliche, im
Stile der italienischen Renaissance von den Wiener Architekten
Joh. N. Scheiringer und Franz Kachler erbaute Museum, das
sich inmitten der schönen, die Stadt umziehenden Parkanlagen
befindet, feierlich eröffnet. Hierbei gedachte Vizepräsident Anton
Karl Lemach in längerer Rede der hervorragenden Verdienste
des Fürsten, worauf der in Vertretung desselben anwesende
Chef der fürstlichen Hofkanzlei, Dr. Hampe, im Namen des
Fürsten dankte.
Im Laufe von mehr als zwanzig Jahren sind den Samm-
lungen des Instituts von Seiten des Fürsten eine Fülle von
wertvollen Kunstgegenständen zugekommen, welche haupt-
sächlich dazu beigetragen haben, daß das Museum in bezug
auf Reichhaltigkeit den Vergleich mit den älteren österreichi-
schen Provinzialmuseen keineswegs zu scheuen braucht.
l ) Mitteilungen des Mährischen Gewerbemuseums. 1895» XIU, S. 178 ff«,
1896, XIV, S. 48. — österreichische Volkszeitung. 21. Juli 1903*
— 183 —
Aus den uns vom Direktor des Museums, Dr. Edmund
Wilhelm Braun, freundlich zur Verfugung gestellten Angaben
geht hervor, daß Seine Durchlaucht seit dem Jahre 1885, außer
einer größeren Anzahl wertvoller kunsthistorischen Werke für
die Bibliothek, 24 alte deutsche Stiche und Holzschnitte von
Aldegrever, Altdorfer, B. Beham, Binck, Granach, Durer, Hirsch*
vogel, Meckenem und Schongauer für die Kupferstichsamm**
lung, 33 kostbare Ölgemälde und Aquarelle und mehr als 350
bedeutende Werke der Plastik und aller Zweige des Kunst-
gewerbes für die Sammlungen gespendet hat, eine Leistung,
die alle Kunstfreunde des Landes zu größtem Danke ver*
pflichtet«
Die Gemäldesammlung des Museums enthält zunächst
als Widmung des Fürsten eine Reihe bedeutender Landschaft^
bilder österreichischer Meister« Friedrich Gauermanns öl"
gemälde „Wildschweine im Walde" (1831) führt uns lebhaft
vor Augen, wieviel der hervorragendste Tiermaler Österreichs
im Vormärz den alten Holländern zu danken hat« Die Land"
schaft mit dem zwischen tief eingeschnittenen Felsen fließenden
Wasser, riesige Eichen, mächtige Tannen, deren zum Teile
kahle Aste geisterhaft in die Luft starren, entwurzelte Baum"
stamme, der in Nebel getauchte Hintergrund, darüber ein Stück
blauen Himmels, an dem schwere Wolken erscheinen, das
alles erinnert an die Art, wie der große Ruisdael die Natur
gesehen und wiedergegeben hat 1 )« Von großem malerischen
Reize ist ein zweites, kleineres Bild Gauermanns, „Kühe am
Seeufer", dadurch, daß der Haler die Tiere im hellen Sonnen"
schein, vor dunklen Abendwolken stehend, gemalt hat August
Schaeffer offenbart in seinem Aquarell „In der Lueg bei St. Gilgen
am Wolfgangsee" (1880) seine große Heisterschaft in der Wieder"
gäbe der Lufttöne und in der virtuosen Behandlung des Laub"
werkes der Bäume am Seeufer. Die beiden hellfarbigen Aqua"
relle „Landschaft" (1885) und „Nach dem Regen" (1886) zeugen
von der liebenswürdigen, bescheidenen Art, mit der Ladislaus
*) Das Bild wurde von Gauermann seinerzeit um 200 Gulden Kon*
ventionsmünze an Herrn von Neuhaus nach Ungarn verkauft (Zeitschrift
für bildende Kunst 1883, XVIII, S. 183.)
- I8 4 -
Eugen Petrovits es versteht, die Erscheinungen der Natur
wiederzugeben. In wenigen seiner zahlreichen Werke wirkt
Eduard v, Lichtenfels durch liebevolles Eingehen in die Natur,
große Linienschönheit, glucklichen Farbensinn und poetischen
Zauber so stark wie in dem Bildchen „Der Hintersee mit der
Hohen Wand" (1860). Ein tiefblauer Himmel wölbt sich über
der klaren Wasserfläche, mächtige, schön gezeichnete Bäume
bilden den Vordergrund der Landschaft, während sanft an-
steigende, bewaldete, im Schatten liegende Hänge den Über-
gang zur Kalkwand vermitteln, die, von hellem Sonnenlichte
bestrahlt, schroff zum Seeufer abfällt» Eine anmutige Kompo-
sition desselben Meisters ist auch die „Landschaft bei Gmünd"
(1890), die im Hintergrunde eine von der Sonne beschienene
Häusergruppe, welche halb zwischen Bäumen verborgen ist, und
im Vordergrunde einen kleinen Bach zeigt* Von den beiden
Lichtenfels'Schülern Karl Onken und Ludwig Hans Fischer
stammen zwei Bilder; der erstere hat eine einsame Mühle bei
Kirchberg am Wechsel (1889), der letztere ein eindrucksvolles
Aquarell, „Korfu", gemalt Die aus ernsten Zypressen hervor-
blickende, prächtige Villa, der Ausblick aufs blaue Meer, die
Ufer mit ihrer eigenartigen Vegetation, die in der Sonne
glänzenden, hellgelben Felsenklippen und Gebäude, die leicht
gewellten, violett getönten Hügelzüge am fernen Horizonte
vereinigen sich zu reizender Gesamtwirkung. Einfach im Motiv,
von zartem Farbenhauch übergössen, verrät Eugen Jetteis
„Bauerngehöfte in der Bretagne" (1895 in Paris gemalt) den
tiefen Sinn des Künstlers für Ton und Stimmung in der
Natur. Das Bild gehört zum schönsten, was dieser feine Land"
schafter gemalt hat Die hellblauen, rosaroten und violetten
Töne des abendlichen Himmels klingen mit den grauen und
braunen Flächen der ärmlichen Hütte und dem leuchtenden
Gelb blühender Pflanzen in einem leisen Abendliede zusammen.
Der „Bauernhof vor Sonnenuntergang" von Rudolf Ribarz, ein
Bild aus den letzten Lebensjahren des Meisters, zeigt die hervor'
ragenden Qualitäten desselben im besten Lichte, besonders seine
feinfühlige Naturbeobachtung, welche sich hier in der Wieder'
gäbe der Gegenstände in hellen, silberigen Farbentönen, um<
- I8 5 -
flössen von tiefer, klarer Luft, ausdrückt. Ein besonderes Inteiv
esse an dieser Stelle beanspruchen zwei aus Schlesien stam~
mende Landschafter, Adolf Kaufmann (geboren 1848 zu Troppau)
und Adolf Zdrasila (geboren 1868 in Poruba), durch ihre mit
starkem Naturempfinden und verquickender Frische gemalten
Landschaften „Am Waldesrand*, 1898, und „Partie an der
Oppa", 1901« Alois Schönn erfreut uns durch ein farbenheiteres,
lebensfreudiges Bild aus dem Orient („Ägyptischer Hochzeit**
zug", 1856), Ludwig Passini, der unvergleichliche Aquarellist,
durch ein reizendes Gemälde („Singende Mädchen", 1872), das
zu den hervorragendsten Schenkungen des Fürsten ans Museum
zählt Wenige Werke aus jener Zeit vermögen es, in uns heute
einen derartig befriedigenden Eindruck zu hinterlassen wie
dieses Bild, das alle Vorzüge des tüchtigen Künstlers, poetische
Auffassung des Stoffes, treffliche Beobachtung des Volkslebens,
ein starkes Gefühl für die Schönheiten der Natur und weiche,
in alle Tiefen gehende Farben, enthalt. Unser Blick kann sich
von der Schar anmutiger Ampezzanerinnen, die von der hohen,
blumigen Bergwiese ohne Spur von Ziererei frisch in die Luft
hinaussingen, nicht trennen. Scharf zeichnen sich die Umrisse
der Gestalten von dem klaren Abendhimmel ab, während die
Sonne mit ihren letzten Strahlen die Zinken der Dolomiten
in goldgelbe, rötliche und violette Töne taucht
Von österreichischen Genremalern sind noch vertreten:
Alfred v« Schroetter durch das Bild „Der Jäger" (1888), das ihn
als Meister in der Darstellung von Figuren im Kostüm des
17« Jahrhunderts zeigt, Emil Strecker durch das große, an*
sprechende Gemälde »Der Rekonvaleszent 41 (1889), das einen
genesenden Mönch, der andächtig den Klängen der Orgel
lauscht, darstellt, Josef Gisela durch den elegant gemalten
„Kunstliebhaber", voll peinlichster Sorgfalt in der Ausführung
der Details, und der 1852 zu Lobenstein in Schlesien geborene
Josef Kinzel durch das ergreifende Werk „Bange Stunden"
(1905)» ausgezeichnet durch die im klaren Lichte gemalte, vor'
zügliche perspektivische Wiedergabe des Inneren einer von
hohen Kreuzgewölben überspannten Tischlerwerkstätte« Der
originelle Hans Schwaiger erscheint mit zwei Werken aus dem
— X86 —
Jahre 1890, Fruchten seines jahrelangen Aufenthaltes in seinem
abenteuerlichen Holzhause in den mahrischen Vorkarpathen.
In der „Slowakischen Bäuerin" erzielt er durch die geistreiche
Benützung des Holzuntergrundes für die Malerei, die er in
kühnen Farbenflecken hinsetzt, eine frappante Wirkung. Im
zweiten Bilde stellt er in außerordentlicher Farbenfrische und
mit treffendem Realismus das bunte Innere eines slowakischen
Bauernhofes dar.
Auch die deutsche Genremalerei wird durch eine Anzahl
bedeutender Werke repräsentiert. Wir nennen unter denselben
in erster Linie ein Bild Benjamin Vautiers,* „Sonntagnachmit'
tag in Schwaben" (1861), in dem die liebenswürdige Kunst des
populären Meisters in vorzüglicher Weise zur Geltung kommt.
Es zeigt eine reizende Gruppe von Bauernmädchen, die am
Waldesrande ihre Angehörigen erwarten, die von der Kirche
des auf einem Hügel liegenden, hell von der Sonne beschieß
nenen Dorfes durch die Felder schreiten. Wilhelm Sohn hat
ein „Mädchen am Spinnrad" (1880) mit großer Lebendigkeit in
der Gestalt und gewandter Technik in der Ausführung der
Details gemalt „Der Geflügelhändler" (1872) von Anton Seitz
zeigt einen der bedeutendsten Kleinmaler, der hier in der
Durchbildung der Einzelheiten an die große Kunst eines
Meissonier erinnert 1 ). Hugo Kauffmanns „Bauer mit einer
Katze" (1884) wirkt erfreulich durch den trefflichen Humor
und das ansprechende Kolorit Auch einige Meister der Land'
Schaftsmalerei auf deutschem Boden lernen wir in guten
Werken kennen. Gregor v. Bochmann versteht es, in außer'
ordentlich glücklicher Weise in seinem „Motiv aus Rügen" die
weidenden Schafe, die Figur des Hirten und den beladenen
Erntewagen mit der steinigen Uferlandschaft, dem blaugrauen
Himmel und dem den Horizont begrenzenden, dunkelblauen
Meeresstreifen zu verschmelzen« An die Art der alten Nieder'
länder gemahnt Robert Schleichs „Holländische Winterland'
schaft" (1885) durch die Darstellung einer glatten Eisfläche
l ) Wahrscheinlich dasselbe Bild, das 1882 auf der Auktion Arthur
Hajrer von Aliö'Rufibach In Wien um axoo Gulden versteigert wurde«
(Kunstchronik. 1881, XVI, Sp. 365»)
- 187 -
mit den auf derselben dahingleitenden Figürchen von Schutt*
schuhläufern, den armseligen Hütten und hohen, kahlen Bäumen
am Ufer, der Stadt im Hintergrunde und dem schweren, von
rötlichen Sonnenstrahlen durchzogenen Wolkenhimmel darüber.
Eine liebliche Idylle gibt Friedrich Johann Voltz in seinem
Bilde „Kühe an der Tränke 41 (1884), das sich durch frische
Farben und meisterhafte Charakteristik der Tiere auszeichnet.
Hans Thomas schlichte „Hitteldeutsche Ftußlandschaft" (1892)
aus der Galerie Weidenbusch zeigt uns den Meister, der in
österreichischen Sammlungen leider ein gar seltener Gast ist,
auf dem Gipfelpunkt seines ernsten Streben», Einfach in der
Komposition, gibt er mit kraftvollem Ausdrucke und in ge*
dämpften Tönen die in die Tiefe sich dehnende Landschaft
am Wasser mit den schön geformten Baumkronen am Ufer
und den dunklen, geballten Wolken wieder.
Der französische Genremaler Armand Leleux fesselt uns
im Bilde „Der Tischler" durch die meisterhafte Beleuchtung
des Innenraumes einer Werkstätte, der Spanier Mariano Bar'
basin im Werke „Der zerbrochene Krug" durch sichere, feine
Zeichnung* In das Jahr 1906 fällt die Widmung eines Reiter**
bildnisses, das dem Thomas de Keyser zugeschrieben wird, und
eines Werkes aus der Werkstätte des Bernardo Beiotto, welches
die Feste Königstein in Sachsen darstellt 1 ).
Die Zahl der vom Fürsten gespendeten Gegenstände der
Plastik und des Kunstgewerbes ist so bedeutend, daß deren
Aufzählung geradezu ermüdend wirken müßte« Nur die hervor'
ragendsten Objekte mögen daher kurz erwähnt werden. Unter
den Werken der Skulptur sind bemerkenswert: Ein bemaltes,
geschnitztes Holzrelief, ein Heiliger, vor drei Frauen kniend,
und das Gegenstück dazu, welches einen Mönch (St Dominikus),
der vor einem Altare kniet, zeigt, lombardische Arbeiten aus
dem Ende des 15. Jahrhunderts, drei Stuckreliefs, die Madonna
mit dem Kinde darstellend, Florentiner Arbeiten vom Ausgange
des 15. Jahrhunderts, zwei Steinreliefs, das eine ein Wappen,
von schwebenden Putten gehalten, das andere Halbpferde, auf
l ) Hitteilungen des Hlhrischen Gewerbemuseunu. 1907, S. 143.
— 188 —
deren Rücken je ein Flügelknabe sitzt, enthaltend, florentinisch,
zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts, eine aus Eichenholz ge*
schnitzte Gruppe, Maria mit dem Kinde, eine deutsche Arbeit
um die Wende des 15. Jahrhunderts, zwei moderne italienische
Reliefe aus Lindenholz („Schwebende Kinder" und „Eingang
zur Palastruine") und endlich ein bemaltes Gipsrelief von
Robert Anning Bell, „Die Toilette",
Von den Gegenständen aus Bronze heben wir hervor:
Plaketten von Moderno (Herkules und der nemeische Löwe) '),
Giov. Florentino (Mucius Scaevola, Urteil des Paris) 2 ), so**
genannter Caradosso (Schmiede des Vulkan) und Antonio da
Brescia (Abundantia und Satyr) s ), eine vergoldete Medaille mit
dem Brustbilde einer jungen Frau im Profil, mailändisch, um
das Jahr 1520, einen aus dem 17« Jahrhundert stammenden
Türklopfer, welcher einen Knaben mit Flügeln, zwischen zwei
Delphinen sitzend, zeigt, sämtlich Werke der italienischen
Kunst, eine niederländische Hutagraffe (Herodes und Salome
mit dem Haupte des Johannes), zirka 1480, einen leuchte**
tragenden Engel, ein flandrisches Werk aus dem 15. Jahr'
hundert, und ein Aquamanile in Form einer Mädchenbüste,
eine niederdeutsche Arbeit des 14. Jahrhunderts« Die beiden
letzterwähnten Stücke stammen aus der im Jahre 1899 ver«*
steigerten Sammlung Stein in Paris. Daran reihen sich eine
Messingschüssel mit getriebenem St Georg im Mittelstück,
ein Nürnberger Erzeugnis des 17. Jahrhunderts, und eine An'
zahl schmiedeeiserner Arbeiten, worunter sich eine aus der
Sammlung Hirth in München stammende bemalte Aufsatz**
blume befindet.
In vorzüglicher Weise wird die ältere Möbelindustrie
durch mustergültige Stücke repräsentiert« Vor allem sind hier
anzuführen : Eine gotische Truhe mit Flachschnitzerei aus Tirol,
einige Werke niederrheinischer Herkunft, wie ein Schränkchen
mit der Darstellung der Maria Immaculata (15. Jahrhundert),
*) Emile Holinier, Les bronces de la Renaissance« Les plaquettes.
Paris 1886, I, Nr. 199«
*) Holinier, Nr« 108 und 134*
3 ) Holinier, Nr. 121.
— 189 —
ein spätgotischer Zahltisch, ein Himmelbett, ein Sofa mit hoher
Rücklehne und Stickerei auf der grünen Tuchpolsterung und
schließlich ein Kasten mit vier Türen und zwei Schubladen,
die drei letzteren in Eichenholz, reich geschnitzt, aus der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts stammend, ferner fünf italienische
Renaissancetruhen, teilweise eingelegt, teilweise geschnitzt, ein
Florentiner Sessel aus Nußbaumholz aus der Mitte des 16. Jahr'
hunderts, ein großer, hellgelb gestrichener Schrank mit Malerei
in Grisaille, die allegorische Figuren, Putten und Grotesken
wiedergibt, eine italienische Arbeit des 17. Jahrhunderts, ein
vergoldeter Rahmen von architektonischem Aufbau (16. Jahr'
hundert), ein reichgeschnitzter Holzrahmen, im Laubwerk des*
selben Putti mit Blumen, ein Werk des französischen Barock'
Stiles, ein in Eichenholz geschnitztes Panneau im Stile Bof'
frands (um 1720), aus einem Pariser Hotel stammend, und
endlich zwei spanische Lederstühle aus dem 17. Jahrhundert,
besondere Beachtung verdienen die Erzeugnisse der
Venezianischen Ursprunges sind drei spätgotische
Terrakottaplatten und ein Majolikateller mit einer Landschaft
aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Zwei Teller und zwölf
Fliesen sind Produkte einer Faentiner Majolikafabrik in der
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Aus der Fabrik Candiana
bei Padua rührt eine große Majolikaschüssel her (zirka 1620
bis 1650). Daran schließen sich ein Delfter Fayenceschälchen
in Blumenmalerei und drei Delfter Fayenceteller mit der
Beilmarke und Darstellungen aus der Folge von zwölf
Monatsbildern (Mitte des 18. Jahrhunderts) und ein plastisch
verzierter schlesischer Steinzeugkrug mit der Darstellung der
Kreuzabnahme, eine Arbeit des 16. Jahrhunderts. Von den
herrlichen Erzeugnissen der europäischen Porzellanfabrikation,
die dank der Fürsorge des Fürsten in reicher Auswahl im
Museum vorhanden sind, führen wir an: Einen Teller und
eine Compoti&re, blau bemalt, mit goldenem Gitternetz und
ausgesparten Blumenmedaillons aus dem bekannten Liechten'
steinschen Speiseservice (1784 — 1787) und eine unbemalte
Porzellanfigur, einen Mann in altspanischer Tracht, der einen
Brief überbringt, darstellend (Sammlung Hirth, Nr. 636), aus
— 190 —
der Wiener Fabrik, eine bemalte Figur, eine junge Dame im
Rokokokostüm, welche die Marmotte dreht, zeigend (zirka
1740— 1745), eine mit chinesischem Blumenmuster bemalte
Kanne (um 1750) und die weißglasierte Figur eines Bischofs
mit einem Kelche (Kändlersche Zeit) aus Meißen, eine natura-
listisch bemalte Figur, ein Rebhuhn als Dose, aus Berlin, zwei
bemalte Figuren aus der kurmainzischen Porzellanmanufaktur
zu Höchst, die eine ein nacktes, kleines Mädchen an einem
mit Moos bedeckten Felsen (Sammlung Hirth, Nr. 537), die
andere ein Mädchen mit einem Hündchen am linken Arm
darstellend, zwei Fürstenberger Biskuitbusten mit weißglasiertem
Sockel (Scipio und Drusus) und eine Nymphenburger weiß-
glasierte Porzellanfigur, einen sogenannten „Käsehändler".
Aus der an schönen und seltenen Porzellangruppen der her-
vorragendsten deutschen Fabriken besonders reichen Samm-
lung Georg Hirth, welche im Jahre 1898 in München ver-
steigert wurde, stammen eine Karyatide aus Biskuitmasse,
eine Suppenterrine, zwei Statuetten, ein Schäfer und eine
Schäferin, eine Figur, die einen sitzenden Leoparden, und
eine andere, welche einen Ziegenbock darstellt, sämtlich
aus Nymphenburg, ferner eine S&vresvase mit vergoldetem
Bronzefuß und schließlich zwei Wedgwoodvasen« Ein glänzendes
Zeugnis für die hohe Stufe, welche die Töpferkunst in neuester
Zeit wieder erreicht hat, legen die Vasen von Fischer in
Budapest, Schmuz-Baudiß in München, Hans von Heider in
Schongau am Lech, Max Läuger in Karlsruhe und Finch in
Finnland ab.
Unter den Gegenständen der Glasindustrie nennen wir
eine reiche Kollektion venezianischer Gläser, mehrere deutsche
bemalte Humpen und ein Schaperglas mit Ornamenten und
figuralen Darstellungen (zirka 1720— 1730)« Interesse verdienen
auch die übrigen Arbeiten des Kunsthandwerks, welche die
Leder- und Textilbearbeitung an einzelnen trefflichen Mustern
zeigen. Schließlich seien noch unter den Spenden des Fürsten
ein Kölner Eglomis£-Bild aus der ersten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts und eine Emailplatte mit der Kreuzabnahme, eine
französische Arbeit des 17. Jahrhunderts, angeführt.
— 191 —
An den Spezialausstellungen, welche das Museum seit
der Eröffnung des neuen Gebäudes in rascher Folge veran'
staltete, beteiligte sich der Fürst durch Überlassung kost**
barer Schätze aus dem Kunstbesitz seines Hauses* Im Jahre
1896 fand in den Räumen des Museums eine Ausstellung
von 68 Gemälden von bedeutenden Meistern der Gegen/
wart aus dem Privateigentum des Fürsten statt. 16 davon sind
durch Schenkung in den Besitz des Museums übergegangen ').
Für die Kaiser Franz Jose&Jubiläumsausstellung (1898) sandte
der Fürst gleichfalls eine Anzahl von Gemälden, unter welchen
in erster Linie die Werke deutscher Meister vertreten waren 2 ).
Unter den Ausstellern auf der Altwiener Porzellanausstellung
im Jahre 1903, welche 800 Nummern, namentlich aus sohlest
schem Privatbesitze, umfaßte und gewissermaßen eine Vor**
arbeit für die großartige Ausstellung im Wiener Museum für
Kunst und Industrie (1904) sein sollte, war besonders Seine
Durchlaucht zu nennen. Bemerkenswert unter den von ihm
beigestellten Objekten war zunächst eine große Porzellane
schüssel, die auf der Rückseite die eisenrote Inschrift „ Viennae
17 « 5"> wahrscheinlich 1725, trägt. E. W. Braun war der erste,
welcher schon im Jahre 1902 auf diese Schüssel, welche zu
den ältesten Erzeugnissen der Wiener Porzellanmanufaktur
gehört, hinwies. Der Rand derselben trägt auf der Vorder' und
Rückseite japanische Blumen im Imarigenre und im Fond ähn^
liehe Blumensträuße in Vasen von barocken Formen« Weiter"
hin finden wir die charakteristischen Störche, die auch die Hunger*»
Schale zeigt, welche sich im Besitze des Herrn Karl Mayer in
Wien befindet. (Hunger, der Gehilfe Du Paquiers, arbeitete
ja 1717 — 1720 in Wien.) Das prächtige königsblaue Liechten*-
steinsche Service (1784—1787) spiegelte den Einfluß von Sivres,
der in der ersten Zeit der Sorgenthalschen Leitung so bedeu^
tend war, wieder 3 ). Einen Teil der herrlichen Schätze an
') Kunstchronik. N. F. 1898, IX, Sp. 27. — Hitteilungen des MSh*
rischen Gewerbemuseums, 2896, XIV, S. 165 f.
2 ) Kunstchronik. N. F. 1899, X, Sp. 9 f.
3) Kunst und Kunsthandwerk. 1903, VI, S. 445 ff. — Kunstgewerbe*
blatt 1904, XV, S. 81 ff.
— 192 —
Erzeugnissen der Keramik, die der Fürst sein eigen nennt,
konnten die Kunstfreunde der Stadt ferner auf den Ausstel^
lungen von ostasiatischem (1905) und europäischem Porzellan
(1906) bewundern ')♦ Aus der Frühzeit der Meißener Fabrik
erregten da besonders die hervorragenden Chinesenfiguren und
'gruppen, die dieselben Modelle einige Male in verschiedenem
prächtigen Dekor zeigen, die Aufmerksamkeit der Kenner*
Der gleichen Fabrik gehörten auch zwei Messergriffe mit kleinen,
vorzüglich gemalten Watteau^ und Jagd'Szenen an. Aus der
Blütezeit der Fabrik zu Capo di Monte stammte das brillante
Frühstückservice, das mit bunten mythologischen Reliefs ge>
schmückt erscheint Das reichste und prächtigste der Stücke aus
Sivres war eine Vase (forme dite Potpouri) aus dem Jahre
1757 mit apfelgrünem Grunde, reichem, durchbrochenem Gitter'
werk und bunten Blumenbuketten, bemalt mit Putten in
Wolken in ausgesparten Feldern — nach Boucher — sowie
mit radierten, goldenen Blumenranken. Die Vase ist als Mittel'
stück einer Kamingarnitur zu denken, flankiert von zwei
Girandolen in Vasenform mit zwei über dem Henkel unter
der Mündung ausladenden Elefantenköpfen, deren Rüssel
in zwei Tüllen ausläuft. Auch die Ausstellung österreichischer
Goldschmiedearbeiten im Jahre 1904 wurde vom Fürsten be>
schickt 2 ). Für die Geschichte dieses Zweiges der Kunstindustrie
in unserem Heimatlande waren einige Arbeiten aus fürst'
lichem Besitze von hohem Werte, wie z. B. das Feldsberger
Ciborium von 1727 mit dem Namenpunzen J. M. (viel'
leicht Joh. Leopoldt Mayr in Wien), der Empireleuchter mit
dem Beschauzeichen 1805 und der Meistermarke CS (Carl
Scheiger in Wien, Meister 1802), die prächtige Deckelvase von
Stephan Mayerhofer in Wien (1837) usw. Am 16. Februar
1905 eröffnete das Museum eine Ausstellung deutscher, italieni'
scher und niederländischer Handzeichnungen des 15. — 18. Jahr'
hunderts, an welcher sich der Fürst gleichfalls beteiligte 3 ).
Die kostbaren Blätter aus dessen Kunstsammlung gestatteten
l ) Kunst und Kunsthandwerk. 1906, IX, S. 426 ff.
*) Kunst und Kunsthandwerk. 1904, VII, S. 496 ff.
3 ) Hitteilungen des Mährischen Gewerbemuseums. 190s S. 45 f.
— 193 -—
einen Einblick in den Reichtum derselben an seltenen Werken
der Zeichenkunst aus hervorragenden Kunstepochen und von
den an der Weiterentwicklung der bildenden Künste in der
neueren Zeit am meisten beteiligten Nationen. Aus der
schönen Sammlung von Bronzearbeiten, welche in der
Liechtenstein'Galerie aufgestellt ist, waren einige bemerkend
werte Stücke auf der Ausstellung von Bronzen aus älterer
und neuerer Zeit (1907) zu sehen 1 ). Von den Arbeiten, die
insgesamt der italienischen Kunst, und zwar zum größten
Teile dem 16. und 17. Jahrhundert angehörten, nennen wir
bloß: Die kleine, vergoldete Bronzestatue des Herkules von
Bertoldo, eine vortrefflich gearbeitete Plakette mit der Dar'
Stellung des hl. Antonius in Halbfigur, voll realistischer Wieder'
gäbe der kräftigen Gesichtszuge und des Faltenwurfes, eine
Florentiner Arbeit vom Ende des 15. Jahrhunderts, vielleicht
ein Werk des Bellano, die schöne Figur eines Kriegers zu
Pferde von dem Paduaner Andrea Riccio und schließlich die
außerordentlich wirksamen Gestalten des Herkules und des
Mars von Giovanni da Bologna«
Die großherzige Anteilnahme, welche der Fürst, einer der
bedeutendsten Kunstfreunde unserer Zeit, dem Schlesischen
Landesmuseum entgegenbrachte, kann als Zeichen der größten
Anerkennung für das Wirken des Instituts gelten, welches
durch seine unermüdliche Regsamkeit und fortwährende Füh^
lungnahme mit dem gesamten Kunstleben der Gegenwart vielen
Provinzialmuseen als Huster voranleuchten kanxv
Kunstgewerbliches Museum der Handels- und
Gewerbekammer in Prag«
Die Prager Museen, welche in regem Wetteifer darnach
streben, für alle Kreise des Volkes ein Hort der Bildung zu
sein, erfreuten sich gleichfalls der Huld des Fürsten, die in
l ) Kunst und Kunsthandwerk. 1907, X, S» 526 ff.
13
— im —
wertvollen Widmungen far die Sammlungen derselben ma
glänzenden Ausdruck kam* Ein hervorragendes Werk der
alten Plastik erhielt im Jahre 1889 das Kunstgewerbliche Museum
der Handel*" und Gewerbekammer zum Geschenke, eine
Brunnengruppe aus Bronze, welche Venus und Amor mit
einem Delphin darstellt *)♦ Der Brunnen, dem einst diese Gruppe
angehörte, wurde von Benedikt Wurzelbauer (1548 — 1620) aus
Nürnberg, einem Schuler Georg Labenwolfs, auf Bestellung
des Landfaofmeisters Christoph Popel von Löbkowitz 1599 g e '
gössen und im Jahre 1600 in dem am Hradschin gelegenen
Garten des Auftraggebers aufgestellt* Doppelmayer gibt in
seinen „Nachrichten von nürnbergischen Künstlern" vom Jahre
1730 die Höhe (10 V* Schuh), das Gewicht des Bassins (34 Zentner)
und der Gruppe (26 Zentner) und den Preis des Brunnens
(2000 Gulden) an. Er wurde unzweifelhaft nach einer Zeichnung
des Nürnberger Stadtarchitekten Wolf Jakob Stromer her'
gestellt, welche sich gegenwärtig als ein Teil des Stromerschen
Skizzenbuches im Besitze der freiherrlichen Familie von Stromer
im Schlosse Grünberg befindet. Nach der Zeichnung bestand
der Brunnen aus einem großen, von einem reichgegliederten
Unterbau gestützten Bassin, in welchem auf einem mit Wappen
geschmückten Postament Amor auf einem Delphin und Venus
standen. Stromer markiert auch sieben Wasserstrahlen, die von
der Gruppe ausgehen sollten. Wahrscheinlich kam der
Brunnen um 1623 oder bald darauf durch Kauf in den Besitz
Wallensteins, der den Sockel mit seinem Wappen und der
Jahreszahl 1630 versehen ließ. Nach der Erstürmung des
Hradschin durch das schwedische Heer im Jahre 1648 wurde
die Gruppe nach Schweden weggeführt, sie findet sich 1652 im
l ) Bericht des Kuratoriums des Kunstgewerblichen Museums für
das Verwaltungsjahr 1889. Prag 1890, S. 4 und 17 f. — Zeitschrift für
bildende Kunst 1880, XV, S. 54t N. F. 1890, I, S. 299 £ — Kunstgewerbe*
Matt T892, in, S. 91« ~ Di* Österreichisch-ungarische Monarchie in Wort
und 8üd. BBhmefi. Wien 1896, H, S. 376. — Dr. Karl Chytü, Der Prager
Venoshruanen von Benedikt Warseibauer. Prag 1902. — Mitteilungen
des Mährischen Gewerbemuseums» 1902» XX, S. 184» 1905» XXÜi, £. 78« —
Repertorium für Kunstwissenschaft 1902, XXV, S, 374 ff*
— «95 —
Inventar der Königin Christine« Die Königinwitwe Hedwig Elc
onora schenkte dieselbe ihrem Günstling, dem Grafen Karl
Gyilenstjerna, aus dessen Besitz sie in das Eigentum der Grafen
von Fersen überging. Von dem letzten ans dem Geschleckte
derselben erstand sie Christian Hammer in Stockholm, welcher
die Gruppe im Garten seiner Villa Byström aufstellte. Der
Kunstschriftsteller Emil Jonas, welcher sie dort sah, veranlaßte
den Besitzer, das Werk als Gegenstand der altdeutschen Kunst
auf der nordischen Industrie und Kunstausstellung zu Kopen^
hagen (1888) auszustellen. Von hier wanderte die Bronzegruppe
nach Berlin, wo sie im königlichen Kunstgewerbemuseum zu
sehen war. Wilhelm Bode teilte dem hochherzigen Förderer
des Kunstgewerblichen Museums in Prag, Alfred Ritter v.
Lanna, mit, daß die Statue, welche für die Hauptstadt Böhmens
von großer kunsthistorischer Bedeutung ist, verkäuflich sei.
Lanna war aber nicht imstande, eine Persönlichkeit zu finden,
welche die großen Kosten, die die Erwerbung der Statue ver*
ursacht hatte, aufbringen wollte, und regte bei Bode an, dies*
bezüglich mit dem Fürsten Johann von Liechtenstein, der zu-
gleich mit ihm auf der Pariser Weltausstellung weilte, zu
sprechen. Bode entsprach diesem Wunsche und Seine Durch-
laucht erklärte sich dazu bereit, das Kunstwerk anzukaufen
und dem Prager Kunstgewerblichen Museum zu schenken.
Obwohl der Fürst in selbstloser Bescheidenheit gewünscht hatte,
daß sein Name als Spender nicht genannt werde, blieb die
hochherzige Tat nicht verborgen, durch welche ein bedeutendes
Werk deutscher Kunst, welches schon als verschollen galt, nach
mannigfachen Irrfahrten in drei Jahrhunderten an den Ort ztf
rückgelangt ist, für den es ursprünglich bestimmt war. Die
große Unterschale des Brunnens, welche von den Schweden ziu
rückgelassen wurde, hat der verdienstvolle Direktor des Muse
ums, Karl Chytil, im Garten des Palastes der Grafen Wald'
stein zu Prag wieder aufgefunden, wo sich dieselbe seit dem
Jahre 1900 befindet. Die Sammlung Hammer aber, eine der
hervorragendsten Privatsammlungen der Welt, welcher einst
der Venusbrunnen angehörte, wurde schon wenige Jahre
nach dem Verkaufe desselben in Köln versteigert (189a).
13*
— 196 —
Durch seine Schenkung war der Fürst angeregt worden,
das Prager Kunstgewerbliche Museum, welches sich damals
noch in den Räumen des Rudolphinums befand, zu besichtigen;
dadurch lernte Seine Durchlaucht auch die großartige Gemälde
galerie des letzteren kennen, was zur Folge hatte, daß nun
auch diese Sammlung in den Kreis jener Kunstinstitute ge>
zogen wurde, welche der Fürst mit Kunstwerken bedachte.
Die Gemäldegalerie der „Gesellschaft patrio-
tischer Kunstfreunde" im Künstlerhaus Rudol*
phinum zu Prag.
Durch Schenkung einer beträchtlichen Anzahl hervorra^
gender Meisterwerke der Malerei für die Gemäldegalerie im
Rudolphinum hat der Fürst, gleich anderen Kunstfreunden,
ein Institut mächtig gefördert, das unter den Sammlungen der
diesseitigen Reichshälfte, Wien ausgenommen, unstreitig den
ersten Rang einnimmt« Wie in wenigen Sammlungen öster**
reichs kommen daselbst alle Werke im gunstigen Lichte der
großen Säle, wie durch ihre gute Verteilung an den Wänden
zur prächtigen Wirkung. Unsere höchste Bewunderung verdient
die Hochherzigkeit des Fürsten besonders deshalb, da sich unter
den Widmungen desselben auch eine Anzahl von Meisterwerken
aus der Blütezeit der niederländischen Malerei im 17. Jahr'
hundert befinden, die vom Fürsten erworben wurden und durch
Jahre hindurch eine Zierde der Liechtenstein'Galerie bildeten.
Seine Durchlaucht hat sich von diesen Bildern gewiß schweren
Herzens getrennt und sie nur in' der richtigen Erkenntnis, daß
für öffentliche Sammlungen nur eine Auswahl aus dem Besten
gerade gut genug ist, dem Museum überlassen 1 ).
') Dem Herrn Galer ie-Inspektor Paul Bergner danke ich an dieser
Stelle nochmals für seine gütigen Hitteilungen. — Über die gespendeten
Werke alter Heister vergleiche: Repertorium für Kunstwissenschaft
1884, VII, S. 188 ff., 1891, XIV, S. 163, 1902, XXV, S. 374 ff. — Die graphi-
schen Künste. 1894t XVII, S. 87 f. — Die österreichisch-ungarische Hon-
archie in Wort und Bild. Böhmen, II, S. 428 ff.
— 197 —
Das wertvollste Werk darunter ist wohl das kühn ge*
malte Bildnis des Jasper Schade van Westrum, eines der
schönsten Einzelporträte von Frans Hals, das der Fürst bei
der Versteigerung der Sammlung Wilson in Paris (1881) um
43*000 Franken erworben hatte *)• Der schöne, mit geschnitzten
und bemalten Wappen versehene Rahmen trägt die Jahres^
zahl 1645»
Die Halbfigur des jungen Mannes mit der selbst*
bewußten Haltung und den frischen Gesichtszügen ist außer'
ordentlich geschickt in die Bildfläche hineinkomponiert. Sie
füllt die linke Hälfte derselben, während rechts der graue
Hintergrund nur von dem in leichten Umrissen skizzierten
Schatten des Dargestellten unterbrochen wird. Das Licht fällt
von links auf den Körper und spielt in starken Tönen im
Antlitz, in den Haaren und dem rechten Ärmel des Kleides,
die linke Seite des Körpers ist in Schatten gehüllt Verhältnis"
mäßig sorgfältig erscheint noch das Gesicht behandelt; die
Haare, der weiße Hemdkragen und der Rock aber sind mit
flotten Pinselstrichen in dünnflüssigen Farben heruntergemalt«
Die Art, wie der Maler im schillernden Gewebe des Armeis weiße,
gelbliche, graue, bräunliche und schwarze Farbenflecken kühn
nebeneinandersetzt, erinnert an die Malweise des modernsten
Impressionismus. Gleichfalls aus der Sammlung Wilson stammt
das gut erhaltene, ausgezeichnete Porträt einer vornehmen
Dame von Jacob Gerritsz Cuyp (1636). Die jugendliche Gestalt
mit den heiter blickenden Mienen und dem blonden Haar ist
mit liebevoller Sorgfalt durchgebildet Mit besonderem Geschick
und außerordentlichem Fleiß sind der reiche Spitzenbesatz an
dem Häubchen, dem Kragen und den Armein, die mächtige,
weiße Halskrause und die Stickerei des Kleides ausgeführt.
Eine wahrhaft große Wirkung bringt Gerard Ter Borch durch
schlichte Auffassung, meisterhafte Zeichnung und malerische
Behandlung in den beiden Bildnissen hervor, welche einen
vornehmen Holländer und dessen Gemahlin in ganzer Figur
darstellen« Zu der ungemein zarten Gesichtsbildung tritt
*) Kunstchronik. 1881, XVI, Sp« 557*
- 198 -
eine liebevolle Ausführung der Kleidung, die besonders in dem
reich mit Spitzen besetzten Atlasrocke der Frau von der größten
Virtuosität ist Die Dargestellten sind nach der auf der Rück"
sehe der Bilder angebrachten Inschrift Willem Marienburg,
Burgermeister von Deventer, und seine Frau Gertrud, geborene
Assinck* (Katalog der Liechtenstein'Galerie, 1873, Nr» 562 und
563.) Schöne niederländische Arbeiten des 17* Jahrhunderts
sind die beiden Originalrahmen, die in reicher, hocherhabener
Schnitzerei Rosen, Sonnenblumen und Embleme und am oberen
Rande Putten, die ein Wappen halten, zeigen* Von größtem
malerischen Reiz ist das „Mädchen am Balkon" von Gerrit
Dou 1 ). Träumerisch blickt die anmutige, jugendfrische
Gestalt auf die Kanäle, Brücken und Türme der Stadt
Leyden, die vom leichten Morgennebel umschleiert sind»
Wunderbar fein erscheinen der hellgrüne Samt der Jacke und
das Weiß des Hermelinbesatzes mit dem farbenprächtigen
persischen Teppich, der in Falten über die Brüstung fällt, zu*
sammengestimmt« Den oberen Abschluß des Ganzen bildet die
reizende Architektur des Balkons, den Weinlaub, in herbst»
liehen Farben leuchtend, umrankt
Wir wenden uns nun den Werken der modernen Malerei
zu« Der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts gehören an: „Stein*'
lader in der Normandie" (1845) von Ferd. Theodor Hilde**
brandt, flott gemalt und lebhaft in der Farbengebung, „Italien^
scher Bilderverkäufer" (1867) von Matthias Schmid, aus-
gezeichnet durch elegante Pinselführung und feinen koloristi'
sehen Reiz, ein blühender „Mädchenkopf" mit goldblonden
Haaren von dem in Prag geborenen Gabriel von Max, mit
der dem Künstler eigenen sentimentalen Auffassung wieder*»
gegeben, „Mädchen mit einer Kuh" von Hermann Baisch,
einfach im Motiv, jedoch energisch im Farbenauftrag und
wunderbar durch die Art, wie der hervorragende Tiermaler
1) Das Bild befand sich 1665 im Cabinet de Bjt in Leyden und wurde
1798 aus der Sammlung Orleans in London um 315 Pf* St versteigert.
(Smith, 1829, I, S. 25» Nr. 76. — C. Hofstede de Groot, Beschreibendes und
kritisches Verzeichnis der Werke der hervorragendsten holländischen
Haler des 17. Jahrhunderts. I, S. 448, Nr. 366.)
— 199 —
das blendende Sonnenlicht auf dem Tierleib, der weiblichen
Figur und der hellgrünen Laubwand spielen läßt, und „In der
Pferdeschwemme" von Hans Thoma (1891). Mit kräftigen
Strichen stellt der hochgeschätzte Heister den Reiter und die
Pferde dar, an denen das Wasser des Flusses, den sie durch*
schreiten, hoch hinaufspritzt Die Schwierigkeiten, das ziehende
Wasser malerisch za behandeln, sind hier glänzend überwunden»
Hinter dem Grün des Ufergebüsches und zwischen den Stäm*
men der Baumreihe, die das Wasser entlang zieht, blicken
die roten Ziegeldächer eines Dorfes hervor. Über hügeliges
Land hinweg, über das schwere Wolken dahinstreichen, schweift
das Auge bis zum fernen, waldumsäumten Horizont.
Beachtung verdienen ferner einige Bilder österreichischer
Haler» Der Orientmaler Karl Müller wandelt in seinem Bilde
„Der Gang in den Keller" (1872) auf anderen als den g+*
wohnten Bahnen, offenbart aber auch hier, besonders in der
trefflichen Architektur des Vorraumes sein großes malerisches
Können. Von den heimischen Landschaftern nennen wir zu*
nächst Eduard von Lichtenfels („Kupferminen in Agordo in
Norditalien*) und dessen Schüler Heinrich Tomec (geboren
1863 in Prag), von dem eine schlichte Waki* und Wiesenland'
Schaft zugegen ist. Emil Jakob Schindler verkörpert in seiner
„Landschaft" (1884) die Stimmung in der Natur mit poetischer
Kraft* Friedlich ruhen die Kühe am Waldesrande, hohe Pappeln
spiegeln sich im stillen Wassertümpel, an dem ein einsames
Gehöfte liegt Die Wirkung des feuchten Duftes, der über dem
Gewässer lagert und die Umrisse der Körper auflöst, ist mit
unnachahmlicher Kunst wiedergegeben. Mit erquickender Frische
und feiner künstlerischer Empfindung hat Rudolf Berat den
Marktplatz in Prachatitz (1894) gemalt Vor uns liegen die
alten, teilweise schön bemalten Häuser mit den anheimelnden
Lauben, welche den ganzen Platz umsäumen, der von dem
altersgrauen Rathaus mit seinem mächtigen Turm überragt wird.
Interessante architektonische Details der an altertümlichen
Bauten so reichen Städte des Landes hält auch Walter Crane
in ungemein lebhafter Farbengebung und dekorativ wirksamer
Weise in seinen beiden „Böhmischen Städtebildern* fest
200 —
Wir können unsere Besprechung der Schenkungen des
Fürsten ans Museum nicht würdiger beschließen als mit der
Betrachtung des herrlichen Gemäldes „Im Walde" von Gustave
Courbet Da, wo man einer so gewaltigen Persönlichkeit gegen-'
übersteht, fühlt man, wie ungeheuer schwer es eigentlich ist,
den Inhalt eines Kunstwerkes in Worte zu fassen. Der tiefe
Ernst, mit welchem der Klassiker der modernen Malerei die
Schönheit des Alls in seine Seele eingesogen hat, kommt in
dieser Landschaft zum kräftigen malerischen Ausdruck* Mit
wunderbarer Sicherheit des Auges hat er hier das geheimnis>
volle Weben in der Natur erfaßt und mit machtvoller Hand
im großen Zuge auf die Leinwand gebannt Die Einzelheiten
des prachtvollen, breit gemalten Bildes, das dunkle Wasser,
das aus der Höhlung der hellen Felswand hervorquillt und
über moosbewachsene Steine zieht, der mächtige Baumstamm
und das undurchdringliche Ufergebüsch, dessen Laubwerk in
herbstlichen Farben prangt, das vom Wasser durchfeuchtete
Grün, klingen in voller Harmonie zusammen und reißen uns
zur aufrichtigen Bewunderung für den großen Meister von
Omans hin, der wie wenige Künstler die Fähigkeit in sich
trug, in die Geheimnisse der Natur einzudringen und die
Macht der Stimmung, die sein Inneres ergriffen hat, auch im
Beschauer wiederertönen zu lassen«
Das Museum des Königreiches Böhmen
in Prag*
Das Museum des Königreiches Böhmen zählt gleichfalls
den regierenden Fürsten Johann IL von Liechtenstein zu seinen
opferwilligsten und freigebigsten Gönnern *). Der Fürst gehört
vom Jahre 1875 an zu den wirklichen Mitgliedern der Museumsv
gesellschaft mit dem bedeutenden Jahresbeiträge von 200
Kronen. Im Jahre 1884 widmete Seine Durchlaucht für die
*) Nach den gütigen Hitteilungen des Herrn Dr. Alfred Slavik,
Geschäftsleiters des Museums.
— 201 —
Sammlungen des Museums ein Meisterwerk von Gabriel von
Max, „Die Betende", ein wahrhaft fürstliches Geschenk, das
zu den kostbarsten Schätzen der Kunst gehört* Das Museum
gelangte dadurch in den Besitz eines prächtigen Bildes des
eigenartigen Künstlers, welcher als Sohn des Bildhauers Josef
Max 1840 in Prag geboren wurde, an der Akademie dieser
Stadt seine ersten Studien machte und gegenwärtig als Pro*
fessor an der Münchener Akademie wirkt Eine Schenkung
aus dem Jahre 1887 ist ein Aquarell, welches den originellen,
im Jahre 1497 fertiggestellten, spätgotischen Brunnen von
Kuttenberg, ein Wahrzeichen dieser Stadt, darstellt« Interessant
sind auch die beiden Urbare der fürstlich Liechtensteinschen
Herrschaft Schwarz'Kosteletz in Böhmen aus den Jahren 1562
und 1672, welche 1904 aus dem Besitze des Fürsten ins Eigene
tum des Museums übergingen.
Die Landesbildergalerie zu Linz«
Daß der Fürst stets darauf bedacht war, durch seine WicU
mungen an die Landesmuseen sein Interesse für deren Be*
deutung und Weiterentwicklung auszudrücken, dafür dienen
auch die Schenkungen an die oberösterreichische Landesbilder'
galerie zu Linz als Beispiel* Die derselben im Jahre 1903 ge**
spendeten Gemälde bilden eine wertvolle Bereicherung der im
oberösterreichischen Landhause untergebrachten Sammlung von
Gemälden« Georg Holub erscheint mit einer in frischen Farben
ausgeführten, sonnigen Hochalpenlandschaft, den Hohen Priel,
von der Hüttenalpe aus gesehen, darstellend (1892)« Von
Andreas Achenbach rührt der „Sturm an einem Hafenboll"
werk" (1886) her, eine kleine Marine, in vornehmen, goldig'
braunen Tönen gehalten« Von der liebenswürdigsten Seite
lernen wir Benjamin Vautier in der genrehaft aufgefaßten
Halbfigur eines kleinen Mädchens in Schwarzwälder Tracht,
kennen. Auf hoher künstlerischer Stufe steht der berühmte
holländische Maler Joseph Israels im lebensgroßen Bildnis einer
202 —
„Alten Frau mit gefalteten Händen". Das Bild zeigt den treffe
liehen Meister des Helldunkels in seiner ganzen Größe. Kit
einem Minimum von Farben ist die Figur mit feinem Realis*
mus aus dem Dunkel des geschlossenen Raumes heraus**
gearbeitet, nur Gesicht und Hände werden von den spärlich
eindringenden Lichtstrahlen beleuchtet Inhaltlich zahlt das G*>
mälde zu den „Armenleutbildern" des Meisters, die uns durch
die aus ihnen sprechende Innigkeit des Gemüts, den ergreifen**
den Ernst, die lebenswahre Darstellung und die Schlichtheit
des Tons so sehr gefangennehmen 1 ). Dem Bestreben des
Fürsten, die Denkmäler der vaterländischen Kunst und Ge*>
schichte vor ihrem Untergange zu bewahren, verdankt auch
das Land Oberösterreich die Widmung des Grabsteines des
Grafen Wilhelm ▼. Solms zu Braunfels (f 1542) für das Solm**
sehe Familienerbbegräbnis zu Braunfels* Der Stein, der sich
ursprünglich in der Spitalkirche zu Efferding befand, ver~
schwand vor Jahren aus derselben; er gelangte durch Kauf in
den Besitz des Wiener Sammlers Anton Widter und wurde
nach dessen Tode vom Fürsten erworben» Die rotmarmorne
Platte mit der aufrechtstehenden Ritterfigur im Relief ist eine
trefflich gearbeitete Skulptur, die nach langjähriger Wanderung
an eine Stelle gelangt ist, die ihr von allem Anfange an gebührt
hatte 2 )-
Das Steiermärkische Kulturhistorische und
Kunstgewerbemuseum am Joanneum in Graz*
Wie sehr für das Wirken des Fürsten als Förderer der
österreichischen Provinzialmuseen der Umstand maßgebend
ist, durch seine Schenkungen die maßgebenden Persönlich-
keiten anzuregen, seinem hochherzigen Beispiel zu folgen, in
welchem Maße er insbesondere darauf bedacht war, in erster
Linie solche Werke zu widmen, die mit dem Kunstleben des
') Nach den gütigen Mitteilungen der Herren Heinrich Lindner,
Landhausinspektors, und Dr. Ubett, Kustos der Bildergalerie, in Linz.
*) Mitteilungen der k. k. Zentralkommission. N. F. 1891, XVH,
S* 120*
— 203 —
Landes in inniger Beziehung stehen, dafür bietet auch die
Steiermärkische Landesgalerie ein lehrreiches Beispiel *). Durch
die Munifizenz des Fürsten sind gute Werke von Künstlern,
welche eine Zierde der Abteilung des Museums für steirische
Malerei bilden, ins Haus gekommen. Wir nennen in erster
Reihe die Ölgemälde von Ferdinand Mallitsch, einem Wald'
müller'Schüler, der in Graz geboren wurde und den größten
Teil seines Lebens auf seinem Gute Willkommhof bei Marburg
als Maler und Landwirt tätig war* Im „Familienglück" offen'
bart sich eine harmlose Genrenatur von anheimelnder Traulich'
keit, im „Studienkopf" lernen wir den Künster als trefflichen
Charakteristiker, in der „Bergstraße vor Mondaufgang" und
im „Unterstem sehen Bauernhaus im Schnee" als Landschaft^
maier kennen. Poetischer Zauber ist über die eine Landschaft
ausgegossen, während in dem letzterwähnten Bilde aus der
Darstellung der niedrigen, unter der drückenden Schneelast
seufzenden Bauernhütte, der weiten, in Weiß gehüllten Fläche,
des schweren, grauen Himmels, der knorrigen, gespenstisch in
die Luft starrenden Aste der Sträucher und Bäume das Gefühl
der Einsamkeit und Trauer in ergreifenden Tönen zu uns
spricht Der in weiteren Kreisen als tüchtiger Genremaler be*
kannte PilotySchüler Gabriel Hackl, der gegenwärtig als Pro**
fessor der königlichen Akademie zu München wirkt, ist gleich-
falls ein Sohn der grünen Steiermark« Als Schenkung Seiner
Durchlaucht sind 36 Aquarelle in Tuschmanier, „Kostüm«*
Studien aus Steiermark", von dem genannten Künstler in den
Besitz des Museums übergegangen« Daran reihen sich ein
„Stilleben" (Aquarell), bezeichnet mit G. C. 91, und ein Bild
von A. Heilmann, welches den steirischen Erzberg darstellt
Die kunstgewerblichen Sammlungen des Museums enthalten
eine Karyatide aus der bayrischen Porzellanfabrik zu Nymphen'
bürg als Geschenk des Fürsten.
1 ) Katalog der Landesbildergalerie in Graz* 1903, S. 4 und 33 &,
Nr. 298, 300, 303 und 305. — Frimmcl, Blätter für Gemäldekünde. 1907»
IH, S, 10. — An dieser Stelle sei auch für die gütigen Mitteilungen des
Huseumsdirektors, des Herrn Karl Lacher (f), gedankt
— 204 —
Das Städtische Museum in Bozen«
Schloß Velthurns.
hervorragendes Verdienst erwarb sich der Fürst um
das Schloß Velthurns '), dessen Innenräume ein wahres Schatz^
kästlein der Kunstübung in Tirol zur Zeit der Renaissance
bilden. Von Klausen führt ein lohnender Weg über das auf
hohem, steilem Felsen liegende Hochstift Säben ins herrliche
Mittelgebirge mit seinen dichten Wäldern, gesegneten Fluren
und idyllischen Dörfern« Über die beiden Orte Verdings und
Garn gelangt man nun zum Schlosse, in dessen Fenstern sich
die Vorposten der Dolomiten, die Vilnößer Geißeln, spiegeln«
Im Jahre 1577 begann der Bischof von Brizen, Christoph
Madrutz, an Stelle der Ruinen des alten Schlosses durch den
Maurermeister Matthias Parlati jenen Neubau aufzuführen,
der mehr als 300 Jahre den Brixener Bischöfen als Sommer'
residenz diente. Der Nachfolger des genannten Bischofs, Johann
Thomas Freiherr v. Spaur, setzte den Bau mit regem Intern
esse fort* Nebst dem Schlosse wurde die „Turnitz" oder das
„neue Stocket" erbaut, welches jedenfalls als Kanzlei zur Zeit
der Anwesenheit der Bischöfe diente. In der Nähe des Schlosses
wurde ein Weiher angelegt und dasselbe von einem Tier"
garten umgeben, der später (wahrscheinlich unter dem Kardinal
Andreas von Österreich, dem Sohne des Erzherzogs Ferdinand
und der Philippine Welser) einer „Vogeltenne" Platz machte.
Der Kardinal schuf auch die im zweiten Stockwerke gelegene
l ) Mitteilungen der k. k. Zentralkommission. 1873» XVIII, S. 153,
N. F. 1875, I, S. XXXVII f., 1880, VI, S. 90 ff., 1885, XI, S. 34 ff.» m. F.
1903, II, Sp. 120, 159 und 191* — Mitteilungen des k. k. österreichischen
Museums. 1874» IX. Jahrg., S. 121, 138 und 203 ff. — A. Ortwein und
A. Scheffers, Deutsche Renaissance. IX. Leipzig 1885— 1887, IV. Abt., BL 1—23.
— O. Schmidt und J. W. Deininger, Kunstschätze aus Tirol. Wien 1891,
I. Abt., BL 8—10 und 15—18. — Die österreichisch'Ungarische Hon*
archie etc. Tirol und Vorarlberg. Wien 1893» S. 438» 502, 504 und 508. —
Kunst und Kunsthandwerk. 1900, III, S. 308 und 348, 1901, IV, S. 155 ff*
— Illustrierte Zeitung. Leipzig, 4. Februar 1904 und 8« Juni 1905«
— 205 —
Kapelle, die mit besonders schönen Vertäfelungen geschmückt
erscheint« Als das Bistum Brixen säkularisiert wurde, gelangte
das Schloß durch die bayrische Regierung zur Versteigerung,
bei welcher es durch einen Klausener Wirt erworben wurde«
Die schönen Räume, nun als Wirtsstuben verwendet, erlitten
damals mannigfache Beschädigungen. Die Gefahr des Unter'
ganges war auch dann noch nicht beseitigt, als das Gebäude
in andere Hände übergegangen war. Auf der Wiener Welt'
ausstellung (1873) konnte man einige Prachtstücke der Innen'
ausstattung, Wandvertäfelungen, eine mit prachtvollen Intarsien
geschmückte Tür und einen Kronleuchter, bewundern und die
Sorge, daß alles Bedeutende ins Ausland verschleppt werden
könnte, quälte die Freunde der heimischen Kunstaltertümer.
Sie wurden daher von der größten Freude erfüllt, als Fürst
Johann v. Liechtenstein im Jahre 1875 das ganze Besitztum
von Hugo Ritter v. Goldegg erwarb und für die Konservierung
des Kunstwerkes aufs beste vorsorgte. Treffliche Publikationen
machten jetzt auch weitere Kreise mit den Schätzen des Schlosses
bekannt. Auf der Pariser Weltausstellung (1900) bildete eine
im verkleinerten Maßstabe wiedergegebene Nachbildung des
schönsten Raumes im Schlosse, des Fürstenzimmers, das be"
merkenswerteste Interieur des vom Architekten Julius Deininger
geschaffenen Tiroler Hauses, das nach Motiven der in der
Eppaner Gegend häufigen, sogenannten „Ansitze" erbaut
worden war. Dieses Interieur, welches im Auftrage des k. k.
Ministeriums für Kultus und Unterricht von den k. k. Fach'
schulen in Bozen (Holzbearbeitung), Bechyn (Ofen), König"
grätz (Beschläge) und Trient (Steinarbeiten) hergestellt wurde,
zeichnete sich vor allen anderen Innenräumen durch das ab"
wechslungsreiche Bild, welches die in ungarischer Eiche, Birn"
holz, Kirsche und Mahagoni durchgeführten Einlegearbeiten
boten, und durch die gediegene Materialbearbeitung aus. Gegen"
wärtig bildet der Raum eine besondere Zierde des k. k. öster"
reichischen Museums für Kunst und Industrie in Wien. Ein
wahrhaft fürstlicher Entschluß war es, als der Besitzer des
herrlichen Schlosses sich bereit erklärte, dasselbe dem Bozener
Museum unter der Bedingung zu überlassen, daß die Ein"
— 206 —
an Ort und Stelle verbleiben müssen,
wodurch verhindert werden sollte, daß das Werk aus seinem
ganzen historischen und monumentalen Zusammenhang ge*
rissen würde« Außerdem widmete Seine Durchlaucht noch einen
Beitrag von 10.000 Kronen, welcher hauptsächlich zur Erhaltung
des herrlichen Kunstwerkes dienen sollte. Durch diese hoch-
herzigen Schenkungen ist das Museum der Stadt Bozen, das
infolge seines im Jahre 1905 vollendeten, prächtigen Neubaues
und seiner gesamten Einrichtungen geeignet ist, der führende
Mittelpunkt des Geisteslebens der Stadt und ihrer Umgebung
zu werden, um ein Objekt bereichert worden, wie wenige
Provinzialmuseen ihr eigen nennen können. In Hinblick auf
die reiche Literatur mögen hier nur einige Andeutungen über
die Gestaltung des Äußeren, der Raumeinteilung und der Ein/
richtung des Schlosses Platz finden. Der äußere Aufbau des
Schlosses ist nüchtern« Was demselben aber an architektoni'
schem Schmucke abgeht, ersetzten die Maler durch Ornamentik,
beschränkten sich aber auf gemalte Rustika, Profile und Fenster*
Umrahmungen. Das Gebäude gliedert sich seiner vertikalen
Ausdehnung nach in ein gewölbtes Erdgeschoß und zwei Stock'
werke von übereinstimmender Grundrißanlage. Das Erdgeschoß
enthält außer den Schlosserarbeiten nichts von besonderem
Interesse. Jedes der beiden Stockwerke ist in der Mitte von
einer großen, breiten Halle durchzogen, zu deren Seiten die
getäfelten Wohnräume, und zwar rechts zwei große und links
drei kleinere angeordnet sind. Die Wandverkleidungen im
ersten Stockwerke sind einfach. Aus der Halle des zweiten
Stockes gelangt man durch eine Tür, die mit der Jahreszahl
1583 datiert ist, ins sogenannte Fürstenzimmer, dessen schönen
Wandverkleidungen in erster Linie Velthurns seinen Ruhm
verdankt. Es bildet eine der bemerkenswertesten Leistungen
den deutschen Kunsthandwerkes, die um so höher anzuschlagen
sind, als der Baumeister ziemlich ungünstig proportionierte
Raumverhältnisse geschaffen hatte. Das Hauptfeld der Decke
zeigt neben vertieften Kassetten verschiedener Form und Größe
auch erhaben aufgelegte Rahmen, wodurch eine ganz eigen"
artige Wirkung entsteht. Es ist von einem breiten Kassetten*
— ao7 —
fries umschlossen; dieser selbst wird von einem Gesimse %*>
tragen, dessen zahlreiche Konsolen den Obergang zur Wand*
fläche vermitteln« Sämtliche Füllungen des Plafonds sind mit
prächtigen Intarsien (Wappen, Medaillons mit den Bildnissen
der vier Evangelisten, Blumen' und Tierornamenten) versehen
und von formenreichen, mitunter geschnitzten Gliedern ge*
tragen« Die Wandverkleidung besteht aus bogenförmig ab*
geschlossenen Feldern, durch schlanke Pilaster voneinander
getrennt Ein schön entwickeltes Gebälke bildet den Abschluß
nach oben, während das Ganze auf einem Fußteile ruht, aus
welchem die Sockel der Pilaster kräftig hervortreten« Zwei
Wandkästchen unterbrechen die Täfdung; Erkerflanken,
Fensterleibungen und die dazugehörigen Brüstungsmauerflächen
tragen architektonisches Rahmenwerk« Wie an der Decke, so
überwiegt auch an den Wänden die meisterhaft konzipierte
Intarsia das nur spärlich auftretende Schnitzwerk« Den größten
Wert beansprucht jedoch eine Türverkleidung mit schön ge~
gliedertem Aufbau und prächtig geformter Bekrönung, während
eine zweite Tür weniger reich bedacht ist« Kunstvoll durch»
gearbeitete Beschläge, teilweise noch die herrliche Bemalung
zeigend, zieren beide Objekte. Auch an der Tür ist öie viel'
farbige Intarsia das bevorzugte Dekorationsmittel« Als Fond
der Einlegearbeit ist schön gefladertes Eschenholz gewählt,
während zu den Einlagen Ahorn', Buchen', Linden^, Oliven',
Nuß', Kirsch/, Apfel*, Birn', Mahagoni', Palisander-, ja sogar
eine Art Kunstholz verwendet wurde« Zur Steigerung des
dekorativen Effektes sind einzelne architektonische Glieder der
Täfelung vergoldet, ohne daß dadurch sowie durch die färben'
reiche Intarsia der harmonische, ruhige Gesamteindruck des
Raumes irgendwie gestört würde« Der mächtige Ofen zeigt einen
sechsseitigen prismatischen Aufbau, der mit biblischen Bildern
blau in weiß und mit dem bischöflichen Wappen bemalt und
von fünf Löwen aus rotem Marmor getragen wird« Die über
der Wandvertäfelung angebrachten Temperagemälde biblischen
und allegorischen Inhalts sind im allgemeinen schlecht erhalten
und besitzen keinen hohen Kunstwert, dagegen sind die dekora**
tiven Arbeiten, namentlich in den Wölbungen der Erker, mit
— 208 —
großem Geschick behandelt Die Verglasung erfolgte teils in
mit Wappen und Landschaften bemalten Glastafeln, von denen
sich jedoch nur zwei erhalten haben, teils in sechseckig %y
schnittenen Butzenscheiben. Die im Statthaltereiarchiv zu
Innsbruck aufbewahrte „Baukostraittung" und die dazugehörigen
Rechnungsbelege im bischöflichen Archiv zu Brixen gewähren
interessante Aufschlüsse über die Kosten des Baues und die
dabei tätigen Künstler, die der Bischof aus Tirol, Süddeutsche
land und Norditalien herangezogen hatte. Als Kunsthandwerker
ersten Ranges müssen wir insbesondere den Tischlermeister
Hans Spineider aus Meran anerkennen, welcher unter Beihilfe
der Meister Hans Rumpfer aus Klausen und Nikolaus Dopf
aus Brixen nach eigenen Skizzen die prachtvollen Vertäfelungen
des Schlosses schuf. Aus der großen Schar seiner Mitarbeiter
an der sonstigen Ausstattung des Baues erwähnen wir noch den
Hafhermeister Paul Pietschdorf er aus Bozen, welcher den schönen
Ofen im Galazimmer verfertigte, den Schlosser Hans Mezger aus
Augsburg, der das vergoldete und polierte Schloß samt Bändern
zu den Türen dieses Raumes lieferte, und endlich die Bozener
Schlossermeister Gallus und Jakob Einspänner, von welchen
hauptsächlich die Eisenarbeiten im Erdgeschoß herrühren. Kein
Kunstfreund, welcher das an Kunstschätzen reiche Land besucht,
möge versäumen, das seltene Prachtwerk eingehend zu besichtigen.
Anläßlich des fünfzigjährigen Regierungsjubiläums des
Fürsten faßte der Verband österreichischer Kunstgewerbemuseen,
dem unter anderen auch die Museen zu Bozen, Brunn, Graz,
Prag und Troppau angehören, den Beschluß, eine Plakette her"
stellen zu lassen, welche die vorbildliche opferwillige Förderung
der Künste, die Seine Durchlaucht seit einem halben Jahr"
hundert betätigt hat und die insbesondere den österreichischen
Museen in reichstem Maße zugute kam, verherrlichen soll.
Mit der Ausführung dieser Plakette wurde Fräulein Hella
Unger in Wien betraut 1 ).
') Neue Freie Presse. 4. Dezember 1906, S. 10 und 22» März 1907»
S. 1 (Abendblatt). — Mitteilungen des Erzherzog Rainer~Museums für
Kunst und Gewerbe. 1908, S. 27.
III.
DIE FÜRST LIECHTENSTEINSCHEN
PALÄSTE, SCHLÖSSER UND BURGEN.
14
Fürstentum Liechtenstein*
Im Fürstentum Liechtenstein entstanden auf Veranlassung
des Fürsten einige bedeutende Werke der Profanarchitektur 1 ).
Wir nennen zunächst das nach den Plänen des fürstlichen
Architekten Gustav v. Neumann im Jahre 1905 vollendete
Regierungsgebäude in Vaduz, das für die Aufnahme der fürst-
lichen Behörden und des Landtages bestimmt ist Dasselbe
stellt sich als ein in lichtem Weiß getönter Spätrenaissance'
Palast mit reicher Gliederung und Ornamentik dar und enthält
eine Reihe schöner Innenräume, unter denen der Landtagssaal
die größte Beachtung verdient Ein Werk desselben Architekten
ist das oberhalb der Landeshauptstadt an einer Berglehne ge^
legene Haus der Forstverwaltung 2 )« Die Lage desselben im
breiten, schönen Rheintale, inmitten herrlicher Waldungen,
überragt von hohen Bergen, ist eine reizende* Der Stil, in
welchem dieses Gebäude errichtet wurde, entspricht den OrtS'
Verhältnissen und der Lage» Die Außenmauern sind in Bruch'
stein als Rohbau ausgeführt* Die braun gebeizten Holzteile, die
mit grüner Ölfarbe gestrichenen Blumenkästchen und kleinen
Vordächer, wie das mit alten Ziegeln gedeckte Dach verleihen
dem Hause ein malerisches Aussehen. Sämtliche Arbeiten
wurden im Fürstentum selbst ausgeführt In unmittelbarer
l ) F. Kraetzl: Das Fürstentum Liechtenstein und der gesamte Fürst
Johann von und zu Liechtensteinische Güterbesitz. Brunn 1903. — Vel'
hagen und Klasings Monatshefte. 1896/97» XI, S. 451 ff. — Für alle Welt
Leipzig 1906, XII, S. 164«
') Der Architekt. Wien 1899» V, S, 39, Taf. 72.
14*
— 212 —
Nähe dieses Gebäudes erhebt sich die gleichfalls neuerbaute,
schöne fürstliche Jagdvilla.
Unfern der beiden Bauten befindet sich das Schloß Vaduz,
auch Hohenliechtenstein genannt, welches der Fürst in den
letzten Jahren sorgfaltig restaurieren ließ. Vom Hauptorte des
Landes führt eine Fahrstraße zwischen Weinbergen auf den
Burgfelsen« Bei weitem schöner aber ist einer der reizenden Saum'
und Treppenpfade, die von Vaduz aus durch grünes Buchen"
didricht an schroffen, malerischen Felsen auf die Höhe leiten.
An der Südostecke des ausgedehnten, türmereichen Schlosses
befindet sich zwischen der mit Schießscharten versehenen Burg"
mauer und dem kolossalen, halbrunden sogenannten Heiden^
türm das äußere Tor, das zur Vorburg führt. Dasselbe wurde
in neuerer Zeit ausgebessert und mit einem Zinnenkranze ver*
sehen. An den verwitterten Quadern des Turmes ranken sich
uralte Stöcke wilden Weines empor. Ein leicht ansteigender
Weg führt durch das zweite, innere Tor in den von mehreren
Gebäuden eingeschlossenen Schloßhof. Die Burg, in den Schwa^
benkriegen von den Schweizern niedergebrannt (1499), wurde
im 16. Jahrhundert wieder aufgebaut. Bis zum Jahre 1866, da
die Liechtensteinsche Armee aufgelöst wurde, diente sie als
Kaserne. Unter den Innenräumen ist die kleine, altertümliche
Kapelle mit einem interessanten Flügelaltar aus dem 14. Jahr"
hundert bemerkenswert. In einem erneuerten Räume befindet
sich gegenwärtig eine kleine Sammlung, der Hauptsache nach
aus römischen Funden 1 ) und prächtigen Waffen bestehend,
l ) Zahlreiche bemerkenswerte Funde aus der prähistorischen Zeit
(Bronzezeit und La Ttne*Periode), besonders aber aus der Epoche der
Römerherrschaft, wurden gelegentlich der in den letzten Jahrzehnten
durchgeführten Rheinregulierung» die der Fürst mit bedeutenden Bei'
trägen unterstützte, gemacht« War ja doch das Fürstentum von der
Römerstrafie durchzogen, welche von Curia nach Brigantium führte und
deren Verlauf in Liechtenstein durch die Römervilla in Triesen, das
Kastell in Schaan und die römische Villa in Nendeln bestimmt wird.
Das Kastell zu Schaan barg einen außerordentlich schönen und seltenen
Fund, zwei gut erhaltene römische Helme aus der Zeit der ersten Kaiser,
die umfangreiche Villa bei Nendeln, die vom Landesverweser von SteHwag
entdeckt und bloßgelegt wurde, zahlreiche Gegenstände aus Eisen, Bronze
— 213 —
welche den Anfang eines Nationalmuseums darstellt. Eine groß'
artige Aussicht bietet sich dem Besucher des Schlosses von der
Brustwehr des Schloßweges dar* Man überblickt von hier bei'
nahe das ganze Fürstentum. Zu unseren Füßen liegt Vaduz
und die weite Flache der Rheinebene mit ihren grünen Matten
und weißen Straßen. Aus dem Uferwald glänzen silbergrau die
mächtigen Kiesbänke des Flusses, der seine trüben Wellen dem
Bodensee zuwälzt. Am Fuße und den Abhängen der Schweizer
Berge glänzen Dörfer, Weiler und Gehöfte, überragt von den
schroffen, hellen Kalkhäuptern der Alpenberge, die sich in un*
unterbrochener Linie von Chur bis zum Bodensee erstrecken*
Um die Naturschönheiten seines Ländchens den Fremden
zugänglicher zu machen, sorgte der Fürst besonders für die
Verbesserung der Verkehrswege. In dieser Hinsicht verdient
die Anlegung des „Fürstensteiges", der eine Sehenswürdigkeit
des Landes ist und zu den kühnsten und romantischesten Alpen^
pfaden zählt, die größte Beachtung. Dieser Jagdweg wurde im
Jahre 1897 auf Kosten des Fürsten gebaut. Von Masescha ge-
langt man über Alpenwiesen nach Gaflei (1500 m über dem
Meere). Ober dem Kurhause von Gaflei, vom Fahrwege ab-
zweigend, führt der in den Felsen gesprengte Fürstensteig in
einer Länge von 1600 m und einer Breite von xV 2 m, durch
starke eiserne Geländer gesichert, in raschen Windungen und
Schwenkungen durch die Wirrnis der Felsen auf und nieder
zur Alpe Garselle. Er ist im weiteren Verlaufe vom Deutschen
und österreichischen Alpenverein und von Privaten als Touristen'
weg auf den Dreischwesternstock (2100 m) ausgebaut worden.
Die weite Gebirgsschau und der Tiefblick von dem Pyramiden'
gipfel wirken großartig. Insbesondere der Bodensee mit seinen
grünenden Ufern und weißen Häuschen fesselt den Blick des
Wanderers.
und Blei, Fragmente von Gefäßen und Geräten aus Terra sigillata, Laves*
stein und Ton und auch römische Münzen aus dem 2. und 3* Jahr*
hundert n. Chr. G. (Mitteilungen der k. k. Zentralkommission. N. F. 1885,
XI, S. 90 ff., 1887, Xm, S. CLXXXIX, 1897, XXIII, S. 34 £ und 121 ff.)
— 214 —
Wien.
Nicht fehlen dürfen in unseren Ausführungen
über die Paläste, die der Fürst in Wien sein eigen nennt 1 )«
Wenn auch das Majoratshaus (Bankgasse Nr. 9), das Palais
in der Roßau (Fürstengasse Nr. 1) und die beiden Paläste in
der Herrengasse (Nr. 6 und 8) Schöpfungen des fürstlichen
Hauses aus längst entschwundener Zeit sind, so rechtfertigt
doch der hohe kunstgeschichtliche Wert derselben und der
Umstand, daß auch ihnen der Fürst seine liebevolle Fürsorge
zugewandt hat, daß wir ihrer etwas ausführlicher gedenken.
Das fürstliche Majoratshaus und der Sommerpalast in der
Roßau sind Schöpfungen des kunstsinnigen Fürsten Johann
Adam Andreas. Letzterer entstand als Abschluß jener Arbeiten,
welche die Gründung der Vorstadt Liechtenthal durch den
Fürsten mit sich gebracht hatten, in den Jahren 1697 — 1708,
während der ersterwähnte Bau in den Jahren 1699 — 17 11 auf*
geführt wurde. Beide sind stolze Zeugen jener Glanzperiode
österreichischer Baukunst, in welcher der Hof mit dem Adel
wetteiferte, die Reichshauptstadt durch prächtige Bauten, die
der Inneren Stadt noch heute ihr Gepräge aufdrücken, zu ver'
schönern. Leider schwebt auch bei ihnen wie bei anderen Bat*"
werken dieser Zeit über ihren Erbauer ein geheimnisvolles
Dunkel. Keineswegs unbestritten bleibt die Annahme, daß der
Abbate Domenico Martinclli (f 17 18) ihr Schöpfer gewesen
sei. Ilg versucht in dem Niemannschen Werke nachzuweisen,
daß nicht Domenico, dessen Aufenthalt in Wien noch des zeit-
genössischen Zeugnisses bedarf, ihr Schöpfer sein könne, daß
vielmehr Gabriel de Gabrielli die Pläne dazu entworfen und
den Bau begonnen habe, der dann von Alexander Christian
vollendet wurde. Ein Mitglied der Familie Martinelli sei viel'
leicht als Bauführer in deren Diensten gestanden und durch
i) G. Niemann, Palastbauten des Barockstiles in Wien. Wien 1884/85»
III. und IV. Lieferung» S. 7 f. und 9 f., Tafel 10—14 und 17—19« —
Falke, Geschichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein. II, S. 335 n% m,
S. 279.
— 215 —
Verwechslung desselben mit dem berühmten Namensgenossen
sei dieser als Architekt in der späteren Literatur erschienen«
In den später abgefaßten Werken „Die Fischer von Erlach"
(Wien 1895) und „Kunstgeschichtliche Charakterbilder aus
österreich"Ungarn" (Wien 1893, S. 281 f.) weicht allerdings
Dr. Albert Ilg von dieser Ansicht wieder ab, indem er den
Bau der Paläste doch dem Domenico zuschreibt, der mit diesen
Bauten für Wien eine neue Auffassung des adeligen Wohn*
hauses zur Durchführung bringen wollte. Wir erlauben uns,
hier die Frage aufzuwerfen, ob nicht doch ein anderer Marti'
nelli die Pläne für die Paläste abgefaßt haben könnte. Auch
die anderen Mitglieder dieser Familie stammten ja aus Italien
und waren in jener Bauperiode als anerkannt tüchtige Batf
meister in Wien tätig. In erster Linie käme da wohl Francesco
Martinelli (f 1708) in Betracht, der beim Bau des Schwarzen*«
bergschen Palastes am Neuen Markt und der Peterskirche in
Wien beteiligt war (vgl. die Ausführungen von Franz Mareä
in „Mitteilungen der k. k. Zentralkommission". 1901, S. 210 ff.).
Auch Fischer v. Erlach und Lukas v. Hildebrandt wurden als Eiv
bauer der Paläste bezeichnet Obwohl ersterer sicher der Schöpfer
des Belvederes im Parke des Roßauer Palastes war, so können
wir ihn schon deshalb nicht als Schöpfer der Bauten betrachten,
als diese in seinem Werke „Entwurf einer historischen Archiv
tektur" (Wien 1723), in welches das Belvedere aufgenommen
erscheint, fehlen. Insbesondere für das Majoratshaus wurde
auch Hildebrandt als Architekt genannt In der Tat hat auch
das Stiegengeländer des Aufganges ins erste Stockwerk mit
seinem Schnörkelwerk große Ähnlichkeit mit anderen Werken
des Meisters, während das Auftreten von Atlanten als Träger
von Baikonen und Treppen auch für Fischer charakteristisch
ist (Josef Dernjaö in „Kunst und Kunsthandwerk", 1903, VI,
S. 317 ff.)
Der Palast in der Rofiau, ursprünglich für den vorüber'
gehenden Landaufenthalt bestimmt, überragt alle ähnlichen
Bauten jener Zeit an ernster Großartigkeit 1 ). Schlicht und ge>
') Berichte und Mitteilungen des Altertumsvereines. 1886, XXIII,
S. 97. — Mitteilungen des k. k. österreichischen Museums. 1885, XX. Jahrg.,
— 216 —
messen lagern die Massen der fast zierlosen Fassade da, nur
das Hervortreten der Mitte und das Zurücktreten der Seiten^
teile, wie die Verwendung von Pilastern, welche Haupt* und
Obergeschoß vereinigen, bringt einiges Leben in dieselbe* Den^
noch besitzt der Bau in seiner stillen architektonischen Größe
bauliche Einzelheiten von bewunderungswürdiger Schönheit
Zu diesen gehört in erster Linie der weite, malerische Hallen-
bau des Erdgeschosses, der sich mit fünf Bogen gegen den
Vorhof und in besonders reicher Gliederung in von gekuppelten
Säulen getragenen Hallen gegen den Garten öffnet« Die Gewölbe
wurden gleich den Decken der gegen den Garten zu gelegenen
Gemächer von dem Salzburger Johann Franz Michael Rott*
mayr v. Rosenbrunn mit virtuos gemalten Fresken geschmückt,
die von Stuckornamenten umgeben sind« Prächtige, ungewöhn*
lieh breite Treppen, gleich den Balustraden aus rotem Salzburger
Marmor hergestellt, führen von beiden Seiten der Durchfahrt^
halle in den riesigen Empfangssaal des Palastes, der die Mitte
der Front einnimmt Um diesen lagern sich die hohen, luftigen
Räume des ersten und die kleineren Gemächer des zweiten
Stockwerkes« Diese empfangen ihren größten Schmuck durch
die reizvollen Stukkaturen, welche die in den Plafond eingev
lassenen Ölgemälde umrahmen. Die Stuckdekoration ist hier
auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung angelangt, überall lacht
uns das neckische Geschlecht bewegter Putten, schaukelnder,
fliegender, kriechender, sich versteckender Knabengestalten aus
dem zarten Rankenwerk entgegen; aber auch größere Stuck'
dekorationen sind vorhanden. Die im Auftrage des Fürsten
hergestellten, ausgezeichneten Photographien des Wiener Photo*
graphen J. Wlha zeigen diese Dekorationen im glänzendsten
Lichte. (Abbildung 22.) Die Deckengemälde des ersten Stock*
werkes stammen von dem gefalligen und heiteren Bologneser
Maler Marcantonio Franceschini, der zu den fruchtbarsten De*
korationsmalern der Caracci'Schule zählt und den Fürst Hans
Adam mit zahlreichen Aufträgen versah. In die Decken des
S. 489* — Kunstchronik. 1885» XX, Sp. 754- — Mitteilungen des Mährischen
Gewerbemuseums. 1894» XII, S. 153 ff. — Kunst und Kunsthandwerk*
1902, V, S. 538«
22. WIEN: Stukkodekoration im Roßauer Palaste,
— 217 —
Stiegenhauses und des zweiten Stockwerkes wurden später die
einst im Majoratshause befindlichen Gemälde dts weichen, sanften
Venezianers Antonio Bellucci versetzt. Als die Liechtensteinsche
Gemäldegalerie aus dem Majoratshause hierher übertragen wurde
(1806), erlitt die Ausstattung der Innenräume mannigfache Ver*
änderungen. Auch der Hauptsaal hat damals ein neues Gewand
erhalten. Die mächtigen Halbsäulen aus rotem Marmor wurden
grau überstrichen und auch die Marmorverkleidung der Wände
wurde übertüncht. Die sechs Fresken Pozzos, mythologischen
Inhaltes, an den Schmalseiten des Saales blieben jedoch unbc
rührt. Besonders gut erhalten zeigte sich die Decke, deren riesige
Fläche der geniale Pater Andrea dal Pozzo in einen luftigen
Hallenbau mit den Taten des Herkules verwandelte. Es ist dies
das bedeutendste Profanwerk des Meisters und wahrscheinlich
auch dessen letzte Schöpfung.
Den Palastbau umgab einst ein Garten im französischen
Geschmacke, beherrscht von einem am Ende des Gartens
liegenden Gloriette, eines der graziösesten Gartenarchitekturen
des Fischer von Erlach, das im Jahre 1873 leider demoliert
werden mußte, um dem neuen Palaste in der AlserbachstraBe
Platz zu machen. Der Garten mit seinen Hecken und be*
schnittenen Bäumen, seinen regelmäßig abgezirkelten Blumen-
beeten und Buchsbaumpyramiden, seinen Statuen und Vasen
(vgl. die trefflichen Bilder Canalettos im 2. Zimmer des
2. Stockwerkes in der Liechtenstein'Galerie) wurde schon früher
in einen prächtigen englischen Park verwandelt, dessen weite
Rasenplätze und hohe Baumgruppen nichts von der einstigen
Anlage erkennen lassen.
Ein Teil der den Hof gegen die Straße hin ab"
schließenden Nebengebäude machte einem Gitter und dem
Tore Platz, durch welches man heute den Vorgarten betritt.
Es wurde im Jahre 18 14, als Fürst Johann L den Garten dem
Publikum öffnete, errichtet. Die dorischen Säulen, derTriglyphen"
fries und die Reliefplatten mit den Emblemen der freien und
angewandten Kunst kennzeichnen es als ein Werk der klassizi-
stischen Bauperiode. Es trägt außen die Worte: „Der Kunst, den
Künstlern. Johann Fürst v. Liechtenstein", innen: „Der Natur
— 218 —
und ihren Verehrern« 1814-" l ) Ein besonderes Verdienst hat sich
der regierende Fürst um das Palais dadurch erworben, daß er
die wertvollen Fresken Rottmayrs, welche die weite Halle des
Erdgeschosses zieren, einer vollständigen Renovierung unter'
ziehen ließ, die sich als außerordentlich notwendig erwies« Dem
Maler Karl Geiger (f 1905) wurde der Auftrag zu teil, die Bilder
zu erneuern, eine Arbeit, die dieser nach mehrmonatlicher Tätig'
keit vollendete* Die lebhaften Gruppierungen aus dem Götter'
zyklus sind zu neuem Leben erwacht, die poesievollen Kompcv
sitionen, der Gärtnerei gewidmet, erscheinen in neuer Frische
und die teilweise mit dem derben Realismus jener Kunstepoche
wiedergegebenen Allegorien, die fünf Sinne darstellend, sind
ganz in der Manier des alten Meisters durchgeführt. Zugleich
mit der Reinigung der alten Fresken sind auch die schönen
Reliefarbeiten einer Erneuerung unterzogen worden. Der Fürst
hat auch den Auftrag gegeben, jene Arbeiten durchzuführen,
welche die Versetzung des großen Saales in seinen früheren
Zustand herbeiführen sollen und die nach ihrer Vollendung
den herrlichen Festsaal im neuen Glänze zeigen werden.
Fürst Johann IL ist der Erbauer des neuen Palastes, dessen
Stirnseite gegen die Alserbachstraße gekehrt ist, während nach
rückwärts Freitreppen in den Park führen 2 ). Der Palast ist eine
Schöpfung Heinrich Freiherr v. Ferstels, der hier, trotzdem
daß die ihm gestellte Aufgabe, den Neubau ganz den speziellen
Bedürfhissen des Bauherrn anzupassen, nicht leicht zu lösen
war, ein vornehmes Werk im Stile der Hochrenaissance schuf,
das gleich den anderen Werken des Künstlers nicht nur durch
große künstlerische Schönheit, sondern auch durch praktische
Anlage ausgezeichnet ist. Der Bau wurde in den Jahren 1873
') Das vor dem Tore gelegene Pommeranzenhaus (Orangerie), das
in letzter Zeit als Wohnhaus diente, wurde, da es für diesen Zweck un*
zulänglich war, im Jahre 1907 demoliert und durch einen Neubau (Fürsten*
hof) ersetzt (Neue Freie Presse. 4. August 1907, S. 14 und 19. Oktober
1907, S. 8), der 1908 zur Unterbringung des Arbeitsministeriums angekauft
wurde. (Neue Freie Presse. 29* März 1908, S. 8 und 14. Juni 1908, S. 10.)
2 ) Rudolf Eitelberger, Kunst und Künstler Wiens der neueren Zeit
Wien 1879, S. 309« — K. k. österreichisches Museum für Kunst und In*
dustrie, Heinrich Freiherr ▼♦ Ferstet Wien 1884.
— 219 —
bis 1875 ausgeführt; er ist von verhältnismäßig geringer Höhe,
besitzt jedoch eine bedeutende Längenentwicklung. Ernst und
strenge wendet sich die Fassade der belebten und lärmenden
Straße zu, durch ein schlichtes Gitter von derselben getrennt»
Mit feinem Sinn hat der Architekt in der Gliederung der Massen
und in der Anbringung dekorativer Details weise Maß gehalten,
so daß das Gebäude mit dem älteren Sommerpalaste nicht in
einen Gegensatz zu stehen kommt Die mächtige Front zeigt
im Erdgeschoß Rustika, im Obergeschoß glatt verputzte WancU
flächen« Der vorspringende Mittelbau enthält im ersten Stocks
werk fünf gewaltige Bogenfenster, sie sind durch Pilaster mit
Kompositenkapitälen, die durch Festons verbunden erscheinen,
voneinander geschieden« Die beiderseits sich anschließenden
Flügelbauten werden durch wenig vortretende Eckrisalite ge>
gliedert und enthalten oberhalb des ersten Stockwerkes noch
einen Halbstock, Das ganze Gebäude wird von einer Balustrade
gekrönt.
Das Majoratshaus, welches mehr als andere Paläste jener
Zeit den Charakter italienischer Palastbauten besitzt, imponiert
durch seine stolze Pracht und seine vornehme, Ruhe atmende
Abgeschlossenheit '). Die Wirkung des Äußeren liegt nicht zum
geringsten Teile in den bedeutenden absoluten Maßen, die noch
durch die Enge der Straßen gesteigert erscheinen. Das Haupt'
motiv der Fassadenentwicklung ist die kolossale PilasterorcU
nung des Mittelrisalits. Den Eingang in der Bankgasse bildet
ein gewaltiges Säulenportal, das in der Pracht und im Reichtum
seiner Durchbildung zu den schönsten Werken der Barock'
architektur in Österreich zählt. Den Hauptschmuck des Palastes
gegen den Minoritenplatz bildet das streng durchgeführte
Nebenportal mit seinen kräftigen Atlanten, die die schwere
Attika mit Vasen und dem Wappen des Liechtensteinschen
l ) Wiener Bautenalbum. Wien 1893/94* XI, Tafel 51* 1894/95, XII,
Tafel 11. — Wiener Bauindustrie^Zeitung. Wien» XI, S. 339, XII, S. 118. —
Hitteilungen de* Mährischen Gewerbemuseums. 1896, XIV, S. 163. — Der
Architekt. 1898, IV, Tafel 16. — Kunst und Kunsthandwerk. 1902, V,
S. 151 f. — Neues Wiener Tagblatt. 5. März 1902. — Neue Freie Presse.
24. März 1908, S. 8.
— 220 —
Hauses tragen. Die übrigen Teile der Außenseite sind einfach
gehalten, eine reizende Unterbrechung der schlichten Wände
bilden die über den Fenstern des Erdgeschosses angebrachten,
in Stuck modellierten bizarren Köpfe von Mannern, Frauen,
Kindern, Pferden, Stieren usw., die in mannigfacher Abwechs^
lung und wunderlicher Weise in Muscheln, Voluten und Ran^
kenwerk übergehen. Die Glanzpartien des Inneren sind das
weite Vestibül, der große Hof und das reichgeschmückte
Treppenhaus, ein Kleinod geschmackvoller Ausfuhrung, geziert
mit lebensgroßen Götterfiguren und Prachtvasen, Werke des
G. Giuliani, des Lehrers Rafael Donners. Puttigruppen schmücken
die durchbrochene Balustrade der Stiegen. Die feinen Stukka^
turen sind Arbeiten des in Wien vielbeschäftigten Santino Bussi,
die Deckengemälde, von kräftiger dekorativer Wirkung, rühren
von dem Mailänder Andrea Lanzani her. In den Jahren 1836
bis 1846 wurde die Dekoration der Gemächer durch den Fürsten
Alois IL Josef mit ungeheurem Aufwände derart umgestaltet,
daß die Art der inneren Einrichtung aus der Zeit des Fürsten
Hans Adam nicht mehr ersichtlich ist Zur Leitung der Um/
gestaltung wurde der englische Architekt P. H. Desvignes be-
rufen, welcher bei dieser Arbeit ausschließlich österreichische
Kräfte verwendete* Zu diesen gehörte in erster Linie der Wiener
Kunsttischler Karl Leistler, welcher unter anderen Michael
Thonet, den Stammvater des berühmten Hauses, zur Her*
Stellung der prächtigen Parkettböden mit Rundfiguren aus ver*
schieden gebogenen Hölzern verwendete. Obwohl der gegen"
wärtig regierende Fürst den Auftrag gegeben hat, daß die Be*
sichtigung des Palastes jederzeit zu gestatten sei, blieben die
Schätze desselben dem großen Publikum gänzlich unbekannt
Erst seit dem Jahre 1902, als gelegentlich der Wiener Kunst"
Wanderungen viele herrliche Paläste Wiens ihre Tore öffneten,
wurden auch weitere Kreise mit der glänzenden Einrichtung
des Majoratshauses vertraut.
Sie wirkte förmlich sensationell; denn hier lernte man
vor allem die Gediegenheit der Handwerksleistung jener Zeit
bewundern, deren künstlerische Schöpfungen man so lange
mißachtet hatte. Deutlich erkennt man hier, daß neben den
— 221 —
schlichten Formen des Biedermeierstiles noch das graziöse Ro'
koko im Kunsthandwerke fortlebte und es zu Leistungen brachte,
die uns in Erstaunen setzen« Im ersten Stockwerke fesselt den
Besucher besonders der BibliothekssaaL Der riesige Buchertisch,
auf welchem neben der Bucherlast — auch die modernste Kunst"
literatur ist vertreten — köstliche Plastiken stehen, die Stühle,
der mächtige Bücherkasten, der in der Mitte eine große Spiegel'
nische mit einer gewaltigen Pendeluhr enthält, werden von phan'
tastisch gebildeten, dem Eichenlaub entlehnten Ornamenten in
freien, üppigen Formen umrankt« Die Wände schmücken henv
liehe Gemälde, darunter das Porträt des Fürsten Josef Wenzel
von Liechtenstein von Rigaud und die „Schlacht bei Aspern"
von Johann Peter Krafft. Von märchenhafter Pracht sind ins-
besondere die Gemächer des zweiten Stockwerkes. Wände und
Decken erstrahlen im Glänze reichster Goldornamentik. Da-
zwischen rieselt schwere Seide mit ihren farbenreichen, geblümten
Mustern. Ungeheure Luster, aus deren unentwirrbarem Gestrüppe
von Ornamenten Adler und Kinderfiguren blicken, hängen von
den Plafonds herab, enorme Girandolen in der Form von Palmen
strecken ihre Arme bis zur halben Höhe der Säle empor, Möbel
aus Mahagoni und vergoldeter Bronze fügen sich stilgerecht der
prächtigen Umrahmung ein. Kostbare Gemälde und Pastiken,
herrliche Schätze des Kunstgewerbes, teilweise von dem Fürsten
Johann IL angeschafft, gestalten die einzelnen Räume noch pracht*
voller. Wir erwähnen bloß das große, sehr lebendige Bild Amer'
lings, das den regierenden Fürsten im Alter von vier Jahren,
auf einem hohen Schimmel reitend und lustig mit der Peitsche
knallend, darstellt, ein Selbstporträt und zwei andere
von derselben Hand, eine neapolitanische
eine Wahrsagerin von Karl Rahl (1841), einen Torquato Tasso
von dem Belgier Nicaise de Keyser, eine Landschaft von Gurlitt
und zwei herrliche Landschaften Alexander Calames. Die Schloß"
kapelle erhielt durch das Altarbild „Die hl. Familie" von Franz
Ittenbach einen edlen Schmuck (1861). Nach dem Entwürfe
Antonio Canovas ist ein Kamin aus blendendweißem Marmor,
von zwei lebensgroßen weiblichen Figuren flankiert und in
reicher Plastik ornamentiert, hergestellt. Von «einer Hand
222 —
stammt auch der prächtige Rundsitz mit den lieblichen Kinder'
figuren, die dem Gabenbaum zustreben» Unschätzbares SivreS'
porzellan, kokette Figuren aus Meißen, zwei Girandolen aus
der Berliner Fabrik (angeblich aus dem Besitze Friedrichs des
Großen), mächtige Vasen aus chinesischem Porzellan, wertvolle
Gegenstände aus Bronze usw. auf Tischen, Kaminen und Eta**
geren entzücken jeden Freund kunstgewerblicher Leistungen
vergangener Zeiten. Die Fassade des prächtigen Baues ließ der
gegenwärtige Fürst durch den Architekten Emil Breßler, einen
der feinsinnigsten Kenner der Wiener Barocke, in den neunziger
Jahren des verflossenen Jahrhunderts gründlich restaurieren*
Der Schöpfer der beiden Liechtensteinschen Paläste in
der Herrengasse ist Fürst Alois L Josef, welcher diese Gebäude
an Stelle kleinerer Objekte, die schon im Mittelalter Eigentum
des fürstlichen Hauses waren, errichten ließ l ). Den Bau leitete
zunächst der Stadtbaumeister Meißl, den Plan zu der Fassade
hatte dessen Neffe Josef Hardtmuth entworfen, der nach dem
Tode seines Oheims den Bau fortführte. Die architektonische
Einrichtung des großen, mit doppelten Säulenreihen verzierten
Bibliothekssaales, die Marställe, die Reitschule, Mobilien, Ta<
peten, Bronzeverzierungen, Malereien, kurz die gesamte Aus^
schmückung der Gemächer ist nach Hardtmuths Angaben und
Zeichnungen ausgeführt« Die Zufriedenheit des Fürsten mit
diesen Leistungen verschaffte Hardtmuth die Stelle eines fürst'
liehen Architekten, als welcher er im Dienste des genannten
Fürsten und dessen Nachfolgers, des Fürsten Johann L, auf
den Gütern des fürstlichen Hauses eine Reihe großartiger Bauten
vollendete, die ihn zu einem der hervorragendsten Baukünstler
jener Zeit stempeln. Bei der bildhauerischen Ausgestaltung der
Paläste wirkten auch der Tiroler Josef Klieber und Martin Fischer
mit» Die Gruppe (Pallas Chalamitis zähmt an der Hippokrene
den Pegasus und schenkt ihn dem Bellerophon), welche Fischer
schuf, zeigt den letzteren als trefflichen Meister in der Be*
l ) Topographie von Niederösterreich. 1885» II, S. 118. — Wiener
Bautenalbum. 1900/01, XVIII, Tafel 34* — Wiener Bauindustrie-Zeitung,
XVIII, S. 138. — Wurzbach, Biographisches Lexikon. 1858, IV (Fischer),
1861, VII (Hardtmuth), 1864, XII (Klieber).
— 223 —
handlung des damals allgemein angewendeten Bleigusses. In
der Ausgestaltung der Fassade der beiden Paläste treten wesent-
liche Unterschiede zutage. Wir wenden uns zunächst dem be*
deutenderen Bau (Herrengasse Nr« 8) zu. Trotz der Enge der
Straßen und der großen Längenausdehnung des Gebäudes tritt
insbesondere infolge des Umstandes, daß die Stirnseite in einem
sanft geschwungenen Bogen verläuft, die Macht der Massen in
gewaltiger Weise hervor. Ober den beiden Portalen, die in
wenig vorspringenden Mittelrisaliten liegen, erheben sich im
ersten Stockwerke gewaltige Halbsäulen; über dem KrönungS"
gesimse, das eine Balustrade abschließt, sind die von weiblichen
Figuren gehaltenen Liechtensteinschen Wappen angebracht. Unter
denselben liest man die Inschriften „ALOISIVS JOSEPHVS
P.A. LIECHTENSTEIN« und „REAEDEFICAVIT H . E .
MDCCXCII". Wahre Prachtwerke sind die beiden Eingang*'
tore, die in hocherhabener, reicher Schnitzarbeit Rankenorna"
mente, Festons und Tierfiguren zeigen* Die Fenster des ersten
Stockwerkes sind, abgesehen von den Risaliten, durch gepaarte
Pilaster getrennt Die strenge Durchbildung der Fassade, die
zu den interessantesten jener Epoche in Wien zählt, wird
durch die Friese mit den anmutigen Kinderfiguren, die über
den großen Fenstern und den Portalen der Mittelbauten ein'
gefugt sind, in feinsinniger Weise gemildert. Die Außenseite
des zweiten, ebenfalls sehr ausgedehnten Gebäudes (Herrengasse
Nr. 6) ist einfacher ausgestaltet. Den Schmuck derselben bilden
in erster Linie Pilaster und die Wappen über den Toröffnungen«
Ein Portal ist vermauert, das Tor des anderen ist im Bogen/
felde mit Schnitzarbeit geziert.
Fürst Alois I. Josef ist auch der eigentliche Begründer
der FamiUenfideikommiß'Bibliothek ! ), die mit ihren Anfängen
allerdings schon in das 1 6. Jahrhundert zurückreicht, in welcher
Zeit Herr Hartmann II. v. Liechtenstein als Sammler von
Büchern erwähnt wird. Einzelne Exemplare aus seinem Besitz
bilden noch heute einen wertvollen Bestandteil der Bibliothek.
In dem bereits erwähnten, großartigen Bibliothekssaale (Herren/
l ) österreichische Rundschau. 1906, V, S. 539. — Weckbecker, Hand"
buch der Kunstpflege in Österreich. S. 278 f.
gasse Nr. 6) ließ nun der Fürst die herrlichen Bücherschatze,
die von seinen Nachfolgern, besonders aber von dem gegen-
wärtig regierenden Fürsten, in verständnisvoller Weise ver-
mehrt wurden, aufstellen. Die Bibliothek nimmt heute unter
den Büchersammlungen des Hochadels in Österreich infolge
der Zahl der Bücher (mehr als 100,000 Bände) und des inneren
Wertes derselben die erste Stelle ein. Zahlreiche Miniaturen,
die großen Kupferwerke der Museen und Sammlungen, eine
vortreffliche Sammlung alter, verzierter Einbände, an 200 In-
kunabeln und Beispiele aller berühmten Druckerfirmen sind
hier vereinigt Ein besonderes Interesse erhält die Bibliothek
durch ihren Reichtum an ältesten Ausgaben griechischer und
romischer Klassiker, an französischer und italienischer Literatur,
wie an Geschichtswerken und seltenen Memoiren. Fürst Johann II.
hat sich besonders dadurch verdient gemacht, daß er den Fach-
kreisen die Benützung dieser Bücherschätze in der liberalsten
Weise gewährte; sein größtes Verdienst jedoch ist die Erwer-
bung der Hauslabsammlung, die zirka 20.000 Bände aller Fächer,
beiläufig 20.000 Kunstblätter in Stich, Holzschnitt und Litho-
graphie und zirka 10.000 Landkarten, darunter eine große Zahl
sehr seltener Karten des 15. und 16. Jahrhunderts, besaß-
Wir beginnen unsere Ausführungen über die Burgen und
dieses Landes mit der in der Nähe Wiens gelegenen Burg
Greifenstein 1 ). Auf dem gegen die Donau vorspringenden Felsen
stand schon frühzeitig eine Burg, die noch währenddes Mittelalters
aus dem Besitze der Herren von Greifenstein in das Eigentum
des Bistums Passau übergegangen war. Sie diente als Schutz
l ) A. Schmidl, Wiens Umgebungen. Wien 1835, I, S. 267 ff. —
J. Scheiger, über Burgen und Schlösser im Lande Österreich unter der
Enns. Wien 1837, S. 39 f. und 45* — Blätter des Vereines für Landes*
künde von Niederösterreich. Wien 1876, X, S. 103 ff. — Topographie von
Niederösterreich. 1893» III, S. 663. — Berichte und Hitteilungen des
Altertumsvereines. 1874» XIV t S. 78, 1896, XXXII, S. 33.
— 225 —
für die die Donau entlang ziehenden Schiffe und als Zuflucht**
ort für die Untertanen des Bistums in den Zeiten des Krieges ;
sie wurde aber auch als Gefängnis benützt» Wiederholt wurde
sie zerstört und wieder aufgebaut Ihr gänzlicher Verfall wurde
verhindert, als Fürst Johann L von Liechtenstein sie erwarb
(1818). Er ließ die Feste restaurieren und brachte eine Samm'
long von Waffen, Tonkrügen, venezianischen Gläsern, Kokos'
nußbechern, Zinngefäßen und Aquamanilen aus der Zeit des
Mittelalters und der Renaissance hierher. Von besonderem In-
teresse sind die namhaften Werke der Glasmalerei, welche drei
Fenster des Saales vor der gotischen Kapelle bergen« Unter
den 24 größeren und kleineren Feldern bemerkt man zumeist
Wappenbilder aus dem 17« Jahrhundert, sogenannte Schweizer
Arbeiten, die auch überwiegend auf Familien und Städte der
Schweiz Bezug haben, außerdem mehrere religiöse Darstellungen :
Anna selbdritt (159s), Anbetung der Weisen, S. S. Gallus,
Rupert, Wiborad, Scholastica, Pieta (1604) usw., Marien' und
Evangelistenbilder. Bemerkenswert waren einst in demselben
Räume einige Gemälde, die Ilg seinerzeit, wie folgt, kenn^
zeichnete : Den größten Kunstwert besitzt die Taufe im Jordan,
welche das Gepräge der Dürerschule hat und am ehesten an
Schäuffelein erinnert Heimische Werke sind das heilige Meß'
Opfer und der Tod der Maria; sie gehören dem 16. Jahrhundert
an. Aus dem 15. Jahrhundert stammen zwei schmale, wahr'
scheinlich der späteren rheinischen Schule zuzuschreibende, auf
Goldgrund gemalte Bilder, St. Jakobus den Jüngeren und
Christus darstellend. Jetzt sind nur mehr die beiden Tafel/
bilder mit dem Tode der Maria und dem Apostel Jakobus zu
sehen. Der gegenwärtige Fürst trägt für die Erhaltung der Burg
in bester Weise Sorge. Im Jahre 1900 wurden einzelne schad-
hafte Baubestandteile gründlich ausgebessert, besonders die
alten Balkendecken bedurften jeiner Erneuerung. Die Burg
wurde nach dem Abschluß dieser Arbeiten in gewohnter Liebens'
Würdigkeit dem Besuche wieder geöffnet. Die Bewohner der
Residenzstadt würdigen auch das Entgegenkommen des Fürsten ;
denn Greifenstein wird besonders wegen seiner herrlichen Lage,
auf einem mächtigen Felsblock hoch über der Donau, und der
15
— 226 —
prächtigen Rundschau auf das breite Flußbett, die weite Ebene
und die lieblichen Höhen des Wiener Waldes, die man von
dem hohen, viereckigen Quaderturm genießt, viel besucht.
An den Ostabhängen des Wiener Waldes in der Nähe
von Maria^Enzerdorf liegt die Burg Liechtenstein (Abbildung i) '),
deren Rekonstruktion durch den Fürsten Johann IL im Jahre
1903 im großen und ganzen beendet wurde, wodurch der Be*
stand eines bedeutenden Denkmales mittelalterlicher Kunst und
Geschichte in Österreich gesichert wurde» Als im 12. Jahr"
hundert die Besiedlung des östlich vom Wiener Walde ge*
legenen Teiles der Ostmark raschere Fortschritte machte, ent»
stand an den Abhängen des genannten Höhenzuges von der
Donau bis zur Landesgrenze im Süden eine Reihe von Burgen,
welche der vor ihnen liegenden Ebene und den sich ins Ge*
birge hineinziehenden Tälern Schutz vor den Einfallen der
Magyaren bieten konnten. Mit Rücksicht auf die ältesten Baus-
telle der Burg Liechtenstein (hauptsächlich die St. PankratiuS"
Kapelle, die der Blütezeit des romanischen Stiles auf deutschem
Boden angehört) können wir für die Entstehungszeit des Wehr**
baues die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts annehmen. Er
gilt als Stammburg des mächtigen Geschlechtes der Österreich*»
sehen Liechtenstein, das zu Beginn des 13. Jahrhunderts in die
vaterländische Geschichte eintritt, und blieb bis zum Jahre 1393
in dessen Besitz; in diesem Jahre veräußerte sie Johann von
Liechtenstein, der „gewaltige Hofmeister" Albrechts III. ; denn
schon seit längerer Zeit hatte das Geschlecht seinen Wohnsitz
nach Nikolsburg in Mähren verlegt, dem Zentrum der aus-
gedehnten Besitzungen der Familie im südlichen Teile der
l ) J. Scheiger, Ober Burgen und Schlösser« S. 37 f., 43 ff. und 80. —
A. Schmidl, Wiens Umgebungen. 1839» III. S. 286 ff. — Falke, Geschichte
des fürstlichen Hauses Liechtenstein. I, S. 14 f. — Berichte und Mittel
hingen des Altertumsvereines. 1866, IX, S. 72 f., 1873, XIII > §* soff. —
Monatsblatt des Altertumsvereines. 1892, III, S. 150 f. — Topographie von
Niederösterreich. 1885, II, S. 601 ff., 1903, V, S. 833 ff. — Wiener Zeitung.
2. Februar 1904, S. 5 ff» — Dr. Karl Giannoni, Geschichte der Stadt
Mödling. Mödling 1905» S. 105» 114 und 256. — Konrad Grefe» Alt~öster~
reich. Blatt 137. — Dr. K, Fuchs, Ritterburgen und ritterliches Leben in
Deutschland. Berlin 1908.
— 227 —
Markgrafschaft und im nordöstlichen Teile Niederösterreichs,
und die Verwaltung der Burg Liechtenstein bestellten Burg'
grafen übergeben. Wenn auch die Erbauung der Burg urkund-
lich nicht den Herren von Liechtenstein zugeschrieben werden
kann (sie fuhrt bis in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts
den Namen Engelschalchesdorf), so ist es doch wahrscheinlich,
daß die baulichen Veränderungen, welche sie in der Zeit des
Übergangsstiles an der Wende des 13. Jahrhunderts erhielt, in die
Zeit fallen, in welcher sie von den Liechtensteinen erworben wurde.
Es bietet für unseren Zweck kein Interesse, den häufigen
Wechsel in den Besitzern der Burg zu verfolgen. Als Wien von
Sultan Soliman zum ersten Male belagert wurde, ging die Burg
in Flammen auf, wurde aber später notdürftig wieder her'
gestellt. In Vischers Topographie (1672) ist sie abgebildet. Sie
erscheint mit einem Dache versehen und in bewohnbarem Zu^
stände. Nach einer zweiten Zerstörung durch die Türken (1683)
wurde die Feste nicht mehr aufgebaut und sie verfiel zu<*
sehends. Vor dem gänzlichen Untergange rettete sie Fürst Jo'
hann L von Liechtenstein, der die Burg durch Kauf von dem
Fürsten Stanislaus Poniatowsky an sich gebracht hatte (1807).
Der Fürst gehörte einer Generation an, die sich, beein^
flufit von der herrschenden Geistesrichtung, mit Vorliebe der Ge-
schichte des Mittelalters zugewendet hatte. Diese Vorliebe bestand
aber zum größten Teile in romantischer Schwärmerei für ein
längst entschwundenes Zeitalter und nur langsam drang sie
in wahres mittelalterliches Wesen und in die Geschichte und
Kunst jener Zeit ein. Eine bedeutende Rolle mußte natura
gemäß die Neigung für die mittelalterliche Baukunst ein'
nehmen, insbesondere für die Zeugen der deutschen Verv
gangenheit, die Burgen. Daß dieses Interesse nicht immer den
Wehrbauten zum Vorteil gereichte, beweisen zahlreiche Re^
Staurationen, die auch an unserer Burg vorgenommen wurden.
Um den unvermeidlichen Rittersaal zu erhalten, wurden Zwi-
schenmauern und Gewölbe beseitigt; Stiegen wurden neu auf'
gebaut oder abgebrochen, Fensteröffnungen und Tore erweitert,
die Fenster und Türen der im obersten Stockwerke gelegenen
Küche mit Gitterstäben verschlossen, um sie in eine Rüst*
15*
kammer zu verwandeln, mehrere Zimmer neu eingerichtet und
schließlich die Verbindungsmauer zwischen der Burg und dem
neuen Schlosse, die eine ganze Reihe von Pechnasen enthielt,
beseitigt.
Die verdiente Würdigung fand erst die Burg Liechten-
stein unter dem gegenwärtig regierenden Fürsten. Nachdem
bereits im Jahre 1873 der Dombaumeister Friedrich v. Schmidt
die Anregung zu ihrer Restaurierung gegeben hatte, betraute
anfangs der achtziger Jahre des verflossenen Jahrhunderts Fürst
Johann IL den bedeutenden österreichischen Architekten Karl
Gangolf Kayser (geboren 1837 zu Wien, gestorben 1895 in
der Heilanstalt zu Inzersdorf) mit den Arbeiten, die zur Wieder'
aufrichtung der Burg führten.
Er fand folgenden Bestand der Burg vor: Das beiläufig
45 m lange, auf einem nicht hohen, aber besonders nach Norden
und Westen steil abfallenden Kalkfelsen errichtete Hauptgebäude
stieg in drei Geschossen zu einer bedeutenden Höhe empor.
Das Quadermauerwerk, stellenweise stark verwittert und aus
grobkörnigem Sandstein bestehend, war beinahe bis zur Dach'
höhe erhalten. Das Dach fehlte, Turmbauten waren nicht mehr
zu unterscheiden. Aus der ältesten Bauperiode der Burg waren
an der Nord' und Südseite teils einfache, teils gekuppelte
rundbogige Fenster, eingerahmt von dicken Wülsten, die auf
hohen attischen Basen stehen, und einzelne Türen, aus einer
späteren Bauzeit die mit geradem Sturz abschließenden, von
Viertelstäben eingefaßten Fensteröffnungen des oberen Stock'
werkes erhalten, die ebenfalls einzeln oder zu zweien, dann
durch Bündelpfeiler getrennt, vorkommen. Stellenweise zeigten
sich noch an Fenster' und Türumrahmungen Mauerkanäle für
die Riegelbalken zum Verschließen der Öffnungen, Die älteren
Abbildungen der Burg lassen ferner an der Südseite einen, an
der Nordseite drei Erker erkennen, kastenartige Vorsprünge,
mit einem Pultdache überdeckt, auf Tragsteinen ruhend und
mit Mauerschlitzen, rundbogigen oder viereckigen Fenster'
Öffnungen versehen. Am besten erhalten zeigte sich die Burg'
kapeile, die auch von den Restaurationsarbeiten unberührt blieb.
Sie ist ein rechteckiger Raum, 4*90 m lang und 3*48 m breit,
— 229 —
und wird von einer halbrunden Apsis abgeschlossen« Der Innen'
räum erscheint von einem rundbogigen Kreuzgewölbe überdeckt,
dessen breite Gurten auf Ecksaulen mit einfachen Basen und
schlichten Würfelkapitalen ruhen« Die Eingangstür befindet
sich an der Nordseite, also nicht der Apsis gegenüber« Nur die
Südwand der Kapelle ist nach außen sichtbar; über den kleinen
rundbogigen Fenstern läuft ein ebensolcher Fries, dessen Zacken
abwechselnd von Konsolen und Halbsäulchen getragen werden»
und über diesem ein bandartiger Streifen mit einem Schachbrett'
muster. Zwischen den Fenstern und dem Burgeingange wurden
während der Restaurierungsarbeiten gelegentlich der Umweduk
lung von Werksteinen sieben Sandsteinreliefs mit Menschen'
und Tierfiguren romanischen Charakters gefunden, die von
hoher archäologischer Bedeutung sind« Da auch die Nordseite
ähnlich wie die Südseite gegliedert erscheint* so können wir
schließen* daß die Kapelle ursprünglich nach drei Seiten freistehend
gedacht wurde* jedoch noch während des Baues gegen Norden
und Osten von einem schützenden Mantel umschlossen wurde.
Im Innern der Burg waren noch zwei Kamine aus romanischer
Zeit erhalten* von denen besonders der in einem Gemache des
Berchfrits vorhandene* dessen Mantel auf zwei Tragsteinen
(einem Menschen** und einem Stierkopf) ruht* von Interesse
ist Einen zweiten romanischen Kamin enthält die Kemenate*
Einige Räume zeigten noch den wohlerhaltenen alten Estrich.
Im Süden schloß sich an die Burg gürtelförmig der Zwinger
an, die Wirtschaftsgebäude und den tiefen Brunnen umfassend;
er ist durch eine Mauer jüngeren Datums — der untere Teil
besteht aus Bruchstein-, der obere aus Backsteinmauerwerk —
nach außen begrenzt* Nach beiden Seiten abgefaste Zinnen*
Mauerschlitze* schlüsseiförmige Nischenscharten, mehrere drei"
eckige Pechnasen* von im Winkel zusammenlaufenden* in die
Mauer eingerammten Balken gestützt* ein nach innen offener
Mauerturm* ein Wehrgang, dessen steinerne Stützen noch vor-
handen sind* bildeten die Verteidigungsvorrichtungen. Zwei
Tore* eines im Westen* ein anderes im Osten* darüber eine
Mauervorlage mit Gußlöchern* vermittelten den Eingang in
den Zwinger.
— 230 —
Es lag in der Absicht des Architekten Kayser, mit größt-
möglichster Schonung der alten Baubestandteile und unter
Wahrung der inneren Raumgliederung, die im großen und
ganzen trotz der Veränderungen am Beginne des 19. Jahr'
hunderts erkennbar waren, die Burg im Stile der romanischen
Bauperiode wiederherzustellen. Der Tod unterbrach sein Werk
und sein Nachfolger Humbert Walcher Ritter von Molthein,
der auch die von Kayser begonnene Restauration der Burg
Kreuzenstein vollenden sollte, folgte nicht ganz den Intentionen
seines Vorgängers, der das Äußere im strengen Geiste des
frühen Mittelalters nahezu vollendet hatte, sondern nahm zahl"
reiche Veränderungen an der bereits fertiggestellten Außenseite
vor» Namentlich der Westturm erfuhr eine gänzliche Umge"
staltung. Kayser hatte denselben mit einem steil ansteigenden
Satteldache, dessen Giebel aus treppenförmig übereinanderge^
stellten Quadern bestanden, ohne weitere Zutaten aufgebaut'
Sein Nachfolger ließ die oberen Teile abreißen und erbaute
den Turm in seiner jetzigen Gestalt. Ein hohes Walmdach,
im Südwesten und Nordosten in runde Erker übergehend,
deckt die Plattform so, daß zwischen demselben und den alv
schließenden Zinnen teilweise ein schmaler Gang freibleibt, von
welchem, wie auch von dem gedeckten Teile der Platte, neben'
einandergereihte Gußlöcher, nur durch Kragsteine getrennt,
nach unten laufen (Maschikulis), eine im südlichen Österreich
nicht seltene Erscheinung an mittelalterlichen Wehrbauten.
Die folgende Schilderung der Burg wird uns, zusammen-
gehalten mit dem über ihren Zustand vor der Rekonstruktion
Gesagten, einen genauen Einblick in die Veränderungen geben,
welche der Bau dabei erlitt. An den bereits erwähnten, durch
eine steinerne Wendeltreppe zugänglichen Westturm, dessen
Verteidigungskraft durch eine Mauervorlage gehoben wird,
schließt sich das Wohngebäude an, das von einem Krüppel'
walmdache überhöht wird. Mauerschlitze im unteren, Bogen'
fenster im mittleren, viereckige Fenster im oberen Geschoße
belichten die Innenräume der Burg; ein halbrunder, zierlicher
Erker, ein rundbogiger Fries, der an mehreren Stellen auf
Halbsäulen ruht, beleben das Äußere der Südseite. Das Ost'
— 231 —
ende des Wohngebäudes wird durch einen niedrigeren Turm
mit einem Zeltdache geschützt. An der Nordseite der Burg ge^
währt ein Altan einen reizenden Fernblick auf das fruchtbare
Wiener Becken und die sanften Abhänge des Wiener Waldes.
Seine schweren rundbogigen Gewölbe ruhen auf gekuppelten
romanischen Säulen. Breite Kämpfer bilden den Übergang von
den zierlichen Pflanzenkapitälen zu den Bogenansätzen. Eine
rechts vom Osttor, welches nebst dem daranstoßenden Teile
der äußeren Ringmauer gleichfalls einer Restauration unter'
zogen wurde, gelegenes Pförtchen bringt uns auch in die Burg.
Über eine steinerne Stiege, die auf weiten Mauerbogen ruht,
gelangt man in den östlichen Turm. Von diesem fuhren
winkelige Gänge und auf' und abwärtssteigende Treppen in
die einzelnen Räume : in die gegenwärtig leerstehende Kapelle,
an deren Rückwand das mittels einer Holztreppe zugängliche
Oratorium liegt, und in die Gemächer, in deren Ausstattung
der Architekt Walcher und der noch jugendliche Bildhauer
Egon Rheinberger so Vortreffliches geleistet haben, daß sie in
der Lage sind, uns ein wahres kulturhistorisches Bild jener
Zeit, der Luxus und Bequemlichkeit fremd waren, vor die
Augen zu zaubern. Schwere Holztüren, mit Eisen beschlagen,
bilden den Eingang zu den Zimmern. Der Boden ist mit ein*
fachen, im Stile der romanischen Epoche ornamentierten Fliesen
bedeckt, die Wände entbehren jedweden Schmuckes, die Balken
der Decke ruhen auf Steinkonsolen, die die schlicht stilisierten
Formen von Tierköpfen, Fratzen und Blättern besitzen, die
Fenster sind zum größten Teile mit Holzladen verschließbar,
die kleineren stellenweise mit mittelalterlichen Glasgemälden
versehen. Zur Beheizung dienen durchwegs Kamine, deren
Mantel entweder von Säulen oder Kragsteinen gestützt wird.
Die mobile Einrichtung (Tische, Stühle, Truhen und Bänke)
rührt zum geringeren Teile aus dem Mittelalter her, zum
größeren Teile wurde sie von dem Bildhauer Rheinberger nach
älteren Vorbildern jener Zeit gearbeitet
Kein Altertumsfreund kann dem Fürsten Johann II. die
Anerkennung versagen, daß er, die großen Kosten nicht scheuend,
mit unermüdlicher Ausdauer ein Werk vollendet hat, das
— 232 —
unserer Zeit ein gewaltiges Bild der Vergangenheit entrollt
Um so größer aber müssen wir seine Verdienste in dieser
Richtung deshalb bewundern, da gerade das 19. Jahrhundert
mit einem wahren Vandalismus an den Denkmalern der
deutschen Geschichte gehandelt hat; und doch hatten oft nur
geringe Summen ausgereicht, wenigstens das Bestehende zu
erhalten und vor fernerem Untergange zu bewahren.
In einem üppigen Kranze grünender Wiesen und henv
licher Parkanlagen, deren Schöpfer Fürst Johann L ist, erhebt
sich der von demselben errichtete Sommerpalast, welcher in
den Jahren 1820 — 1821 im klassizistischen Stile jener Zeit ge<*
baut wurde ')• Dieses Schloß ist infolge seiner schönen Lage
ein Lieblingsaufenthalt des gegenwärtigen Fürsten geworden,
der hier, umgeben von einer herrlichen Natur und einem
reichen Bilderschatz, mit welchem er die Innenräume schmückte,
einen beträchtlichen Teil des Jahres zubringt.
Im Jahre 1808 hatte Fürst Johann L von dem Grafen
ClaryAldringen das Gut Johannstein^Sparbach erworben 2 )»
Es besteht der Hauptsache nach aus dem im lieblichen Tale
des Sparbaches sich ausbreitenden Tiergarten voll schöner, ge^
bahnter Wege, spiegelheller Teiche und dichter Waldpartien,
einem Jagdschlößchen und der kleinen, wohlerhaltenen, auf
einem steil abfallenden Felsen liegenden Ruine der Burg
Johannstein» Daß der regierende Fürst für die Erhaltung der
Burg aufs beste Sorge getragen hat, ist um so lebhafter zu
begrüßen, als sie zu den seltenen gehört, die im wesentlichen
nur aus einem gesicherten Wohngebäude bestehen. Vor dem
Untergange wurde durch Fürst Johann L auch die an geschicht-
licher Vergangenheit reiche, wahrscheinlich im 11. Jahrhundert
l ) A. Schmidt, Wiens Umgebungen. III, S. 298 f. — K, Giannoni,
Geschichte der Stadt Mödling. S. 255 ff»
') Schmidt, a. a. O. S. 318 ff. — Topographie von Niederösterreich.
1896, IV, S. 526. — Berichte und Mitteilungen des Altertumsvereines.
1900, XXXV, S. 53. — E. Zetsche, Bilder aus der Ostmark« Innsbruck
1902, S. 11 ff. — Dr. Otto Piper, österreichische Burgen. Wien 1903. H
S. 91 ff« — Neue Freie Presse. 31« August 1907* S. 1 f.
— »33 —
erbaute Burg Mödling (1807 angekauft) bewahrt *)♦ Einst der Sitz
babenbergischer Fürsten, von Minnesängern aufgesucht, bestand
die frühere mächtige Feste am Beginne des 19. Jahrhunderts
nur aus spärlichen Mauerresten, die Fürst Johann L durch Zu-
bauten mit technisch geschickter Nachahmung des Ruinen^
haften und Benützung des alten Mauerwerkes umgestaltete (1812)*
Diese künstlichen Ruinen wurden von seinem Sohne bis auf
ein hohes Gebäude wieder abgebrochen, das sich an Stelle des ehe
maligen Palas erhebt und durch dessen hohe Bogenöfihungen
man hübsche Blicke ins Tal genießt Der jetzige Besitzer der
Ruine trachtet auch hier darnach, die wenn auch geringen
Reste der Zukunft zu erhalten.
Auf einem nicht besonders hohen Berge zwischen den
nördlichen Ausläufern des hohen Otters in der Nähe von
Gloggnitz erhebt sich die Burg Wartenstein *). Einen großartigen
Fernblick, wie von wenigen Burgen unseres Heimatlandes, ge^
nießt man von den Fenstern ihres nördlichen Turmes* Die
massiven Gruppen des Schneeberges und der Raxalpe, die
Straße und der Schienenweg auf den Semmering, die weite
Ebene und die ungarischen Berge im Osten, die Städte Neun**
kirchen und Wiener^Neustadt vereinigen sich zu einem henv
liehen Landschaftsbilde. Fast alle Besitzer der Burg bis zum
Jahre 1870, in welchem sie von der Fürstinwitwe Franziska
von Liechtenstein erworben wurde, waren einig in ihrer Ver-
nachlässigung* Die genannte Frau bot die Mittel zu ihrer
Restaurierung, um sie für sich zum Wohnsitze einzurichten,
und äußerte dem leitenden Architekten Ignaz Bankd gegenüber
den Wunsch, das Alte zu erhalten und in die Neuherstellung
mit einzubeziehen* Die Burg dürfte in ihrer ersten Anlage auf
') Schmidt, a. a. O. S. 277 ff. — Piper, a. a. O. S. 147 ff* — Giannoni,
a. a. O. S» 22, 25 ff., 104, 255 und 266. — Topographie von Niederöster*
reich* 1907, VI, S. 756 ff.
2 ) J, Scheiger, Über Burgen und Schlösser» S. 2, 13, 28, 39 und
54* — A. Schmidt, Wiens Umgebungen. III, S. 612 f. — Berichte und
Hitteilungen des Altertumsvereines. 1874» XIV. S. 86 f. — Mitteilungen
der k. k» Zentralkommission» N. F. 1879» V, S. LVII ff. — K» Grefe, Alt*
Österreich. Blatt 106 b.
— 234 —
das Ende den 12. Jahrhunderts zurückgehen. Das ganze Burg'
gebäude bestand vor dem Beginne der Restaurierung (1873)
aus einer sich von Norden nach Süden hinziehenden Reihe
von Gebäuden, einen schmalen, langen Hof einschließend, der
teilweise von Felswänden begrenzt wird. Ausgehend von der alten,
auf einem Felsen thronenden Hochburg, folgt auf diese die
Zinnenmauer, dann der nördliche Befestigungsturm, an den
sich das lange Wohngebäude anschließt, es folgt dann ein
zweiter Turm, der jedoch nur im Grundrisse an der Stärke
seiner Mauer erkennbar war, ein Anbau nach Osten, das Tor'
gebäude, dann wieder eine Ringmauer, die sich an den Felsen
der Hochburg und diese selbst anschließt Von besonderem
Interesse ist die in der Höhe des zweiten Stockwerkes liegende
Kapelle, ein unregelmäßiger, viereckiger Raum, von einem
Kreuzgewölbe überspannt, dessen Rippen auf kleinen Konsolen
aufsitzen« Der einfache Schlußstein zeigt das Lamm, das
schmale Maßwerkfenster mit Dreipaß erhellt nur spärlich den
Raum. Die ausgedehnten Wohngebäude gehören dem 17. Jahr'
hundert an.
Der Zweck der Restaurierung bestand hauptsächlich darin,
diese neueren Bauten in bewohnbaren Zustand zu versetzen«
Von der Hochburg wurden nur die Kapelle und deren Vor'
räum in die Restaurierung mit einbezogen. Von den Wand'
gemälden, die Schmidl (1839) noch vorfand und die auch Ilg
noch als die Anbetung der heiligen drei Könige und die Ver-
kündigung zu erkennen vermochte, waren kaum mehr Spuren
vorhanden. Das übrige mittelalterliche Gebäude wurde bloß
vom Schutte befreit. Das Ganze sollte einen mittelalterlichen
Charakter tragen, wiewohl ein großer Teil einer späteren Zeit
angehörte. Die Türme wurden ausgebaut, neue Fenstergewände
eingesetzt, deren Größe sich den bestehenden Fensternischen
anpassen mußte, Erker und Balkone ausgebaut, an der Stelle
der alten, baufälligen Kirche an der Innenseite der Zinnen'
mauer trat ein Neubau, sämtliche Dächer wurden neu herge-
stellt und das gesunde Lärchenholz des mehr als zweihundert
Jahre bestandenen Dachstuhls zu Täfelwerk verwendet. Später
ging die Burg in das Eigentum des regierenden Fürsten über,
— 235 —
welcher sie im Jahre 1885 von seiner Schwester Theresia (seit
1882 vermählt mit dem Prinzen Arnulf von Bayern) ange>
kauft hatte, sie jedoch seinem Bruder, dem Prinzen Franz von
Liechtenstein, überließ. Derselbe brachte in derselben eine in
ihrer Art in Österreich einzig dastehende Bibliothek unter,
welche russische Geschichtswerke und Bücher aus dem Gebiete
der Kunst enthält und durch ebenso kostbare als geschmack-
volle Einbände eine Sehenswürdigkeit bildet 1 ).
Hoch über den Adlitzgräben liegt auf den steil abfallenden
Klippen des Heubachkogels die Burgruine Klamm, durch ihre
herrliche Lage, ihre Größe, ihre wohlerhaltenen Bauteile und
den hochaufragenden, interessanten Berchfrit zu den beachtens-
wertesten Ruinen des Landes zählend 2 ). Einst sperrte sie als
mächtige Feste den Zugang vom Lande Steiermark nach Nieder-
österreich und blieb bis zum Anfange des 19. Jahrhunderts
bewohnt, bis sie zunächst durch einen Blitzschlag (1801), dann
durch badische Truppen (1809), denen man hier aussichtslosen
Widerstand leisten wollte, zerstört wurde. Im Jahre 1830 wurde
die Burg nach dem Aussterben der Grafen von Walsegg, den letzten
Besitzern von Klamm, vom Fürsten Johann von Liechtenstein
erworben, der die Erhaltung des merkwürdigen Gebäudes er-
möglichte- Durch Stiegen und Galerien wurden die einzelnen
Teile zugänglich gemacht, die Kapelle mit einem Dache und
gemalten Fenstern versehen und einzelne Räume in bewohn-
baren Zustand versetzt. Die Burgkapelle wurde über Auftrag
des Fürsten Johann IL von dem Architekten Gustav Ritter v.
Neumann stilvoll restauriert (1889). Die Kapelle, deren östliche
Längswand durch einen Felsen gebildet wird, stammt aus dem
Jahre 145 1. Sie ist ein dreiseitig geschlossener Raum von zwei
Travees. Die Kreuzgewölbe sind mit durchlaufender Mittel"
1 ) österreichische Rundschau. 1906, V, S. 540.
2 ) J. Scheiger, Über Burgen und Schlösser. Wien 1837* — A. Schmidt,
Wiens Umgebungen. III, S. 605 ff. — Berichte und Mitteilungen des Alter'
tumsvereines. 1866, IX, S. 65. — Monatsblatt des Altertumsvereines. 1889, II,
S. 15* — Otto Piper, österreichische Burgen. 1902, I, S. 135 ff- — Topo-
graphie von Niederösterreich. 1903, V, S. 174 ff« — K. Grefe, Alt*öster-
reich. Blatt 132.
— 236 —
rippe, die Anläufe an den Wänden mit Wappenschildern vei>
kleidet. Bloß die Umfassungsmauer und das Gewölbe waren
erhalten geblieben, die Strebepfeiler hatte man weggerissen,
was zur Folge hatte, daß das Gewölbe die eine Längswand
ausbauchte* Es gelang aber der Bauleitung, bei Abtragung der
schadhaften Mauern das Gewölbe zu erhalten» Die Neuher'
Stellung der Mauern und Strebepfeiler erfolge nach der Form
der alten; die Giebelwand war vollständig zerstört und mußte
nach einem neuen Plane aufgebaut werden« Das schöne Maß'
werk der Fenster war zwar erhalten, aber in so schlechtem
Zustande, daß es erneuert werden mußte. Auch das Innere der
Burgkapelle, die ihrem Stile nach wahrscheinlich von demselben
Meister wie die Pfarrkirche in Schottwien geschaffen wurde,
unterzog man einer würdigen Restauration.
Durch die Sorgfalt, welche der Fürst den Bauten, An'
lagen, Waldbeständen und Wegen seiner im Semmeringgebiete
gelegenen Güter angedeihen ließ, ist er zum hervorragendsten
Förderer der Interessen der schönsten Gaue von Niederöster'
reich geworden. Seine Verdienste in dieser Hinsicht würdigt
unter anderem auch eine Gedenktafel am Semmering.
Die Burg Seebenstein ') hatte Fürst Johann I. von Liechten^
stein durch Kauf von den Grafen von Pergen erworben (1824).
Sie besteht aus den Resten der mittelalterlichen Burg mit
großartigen Verteidigungsanlagen und trägt auf dem höchsten
Punkte des Burgberings den im Mauerwerk wohlerhaltenen
Berchfrit von eigentümlicher, eiförmiger, im Westen abge>
platteter Form; den östlichen Teil des Burgfelsens nimmt
nahezu vollständig der spätere Schloßbau ein, der aus der
Renaissancezeit stammt und eine Schöpfung der einst mäch/
tigen Freiherren von Königsberg ist, welche die Burg vom
Jahre 1432 bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts besaßen. Am
J. Scheiger, über Burgen und Schlösser. Wien 1837. — - A. Schmidt
Wiens Umgebungen. 1838t II» S. 612 ff. — Berichte und Mitteilungen des
Altertumsvereincs. 1856, I, S. 159 & und 228 ff., 1866, IX, S. 82. — Hittei-
lungen der k. k. Zentralkommission. 1862, VII, S. 193. — Monatsblatt
des Altertumsvereines. 1890, III, S. 61. — O. Piper, österreichische Burgen,
n, S. 215 ff.
— 237 —
Anfang des 19. Jahrhunderts bildete Seebenstein den Veiv
sammlungsort der romantischen, die Gebräuche des Mittel'
alters nachahmenden „Wildensteiner Ritterschaft auf blauer
Erde", die zur Zeit des Wiener Kongresses unter ihrem Ober'
ritter Heinz am Stein der Wilden ihre Blütezeit erlebte. Trotz
einiger im Geiste der Zeit durchgeführten Umbauten am Axv
fange des 19. Jahrhunders bilden Burg und Schloß, besonders
infolge ihrer reichen Sammlungen an gut erhaltenen und
sorgfaltig ergänzten Rüstungen, Waffen und Fahnen, Einrich/
tungsgegenständen aus dem Zeitalter der Renaissance, Ölge-
mälden und Geräten aller Art (Humpen, Kristallbecher, ge>
malte Glaskrüge, Stickereien, Kronleuchter und Tongefaße),
eine Sehenswürdigkeit ersten Ranges. Die dreieckige Burg'
kapeile enthält einen alten Flügelaltar mit dem Bilde der
hl. Maria im Mittelstück und interessante ältere Skulpturen.
Von eigenartigem Reize ist der oberste Schloßhof mit seiner
Steinbank, dem mehrhundertjährigen Efeu und dem zierlichen,
schmiedeeisernen Brunnen, durch seine mannigfach verschling
genen Stäbe und das fein durchgebildete Laubwerk ein Werk
vollendeter Technik der heimischen Schmiedekunst darstellend.
Gleich dem Fürsten Johann I. haben auch dessen Nachfolger,
die Fürsten Alois IL und Johann IL, der Burg ihre Aufmerk'
samkeit zugewendet. Insbesondere war Alois IL mit regem In**
teresse für die Wiederherstellung der einzelnen Innenräume
und die Neuordnung der Sammlungen tätig. Er ließ von dem
bewährten Bildhauer Angeler und dem Wiener Kunsttischler
Leistler durch die Herstellung von kunstvollen Holzschnitzereien,
schönen Plafonds und Wandtäfelungen den prächtigen Räumen
eine verjüngte Gestalt geben.
Das altersgraue Bergschloß Thernberg *), einst im Besitze
der Thonradl, nebst dem in der Mitte des 18. Jahrhunderts
neu errichteten, nüchternen Schloßgebäude ging im Jähe 1828
*) J. Scheiger, Über Burgen und Schlösser. S. 3» 33» 42 und 55« —
A. Schmidt, Wiens Umgebungen. II, S. 624 ff. — Berichte und Mittel*
lungen des Altertumsvereines. 1856, I, S. 288 f. — Dr. Karl Schober,
Heimatskunde von Niederösterreich. 1884, S. 192. — Westermanns Monats-*
hefte. 1901. — E. Zetsche, Bilder aus der Ostmark. S. 76 ff.
— 238 —
in das Eigentum des Fürsten Johann L von Liechtenstein über»
Sein Vorgänger im Besitze des Gutes, Erzherzog Johann, hatte
es in einen Prachtsitz (Schloßkapelle von Karl Ruß gemalt)
und eine Musterwirtschaft verwandelt Der gegenwärtige Guts-
herr hat in seinem anerkannten Wohltätigkeitssinn die Schloß'
gebäude dem ersten Wiener Ferienkolonien' Verein für Kinder
seit einer Reihe von Jahren zum unentgeltlichen Gebrauche
überlassen, wodurch Hunderten von armen Kindern der Großstadt
die Möglichkeit geboten wurde, Wochen hindurch in der freien
Landluft zu verweilen und ihren schwachen Körper zu kräftigen»
Kein Ort in der stattlichen Reihe der Besitzungen des
fürstlichen Hauses Liechtenstein schuldet dem regierenden
Fürsten solch großen Dank wie die Stadt Feldsberg *), die sich
in den letzten Dezennien unter der regen Anteilnahme des
edlen Mannes und unter der Mitwirkung einer rührigen Ge-
meindevertretung zu einem blühenden Gemeinwesen ent-
wickelt hat. Naturgemäß widmete der Fürst dem prachtvollen
Schlosse daselbst, einer Schöpfung des prunkliebenden Fürsten
Carolus Eusebius von Liechtenstein aus dem 17. Jahrhundert,
das seit jeher ein bevorzugter Aufenthaltsort der Fürsten von
Liechtenstein gewesen war, und seinen reichen Sammlungen
von Gemälden, Zeichnungen, Kupferstichen, Waffen, Möbeln
und Gegenständen der Keramik eine liebevolle Aufmerksam/
keit Die Innenräume, deren Ausstattung eine glänzende
Leistung des österreichischen Kunstgewerbes ist, werden stets
im besten Zustande erhalten; die Fassade, das reiche Portal
>) F. W. Weiskern, Topographie von Niederösterreich. Wien 1769»
I, S. 163 ff. — Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst. Wien
1826, XVII, Nr. 61—63. — Schweickhardt, Das Erzherzogtum Österreich
unter der Enns, V. U. H. B. Wien 1834, II, S. 5 ff. — A. Schmidl, Wiens
Umgebungen. II, S. 365 ff. — J. Häufler und J. Feil, Schilderung von
Feldsberg und Eisgrub. — Blätter des Vereines für Landeskunde. 1869,
III, S. 163 f. — Monatsblatt des Altertumsvereines. 1886, I, S. 45 f. —
Topographie von Niederösterreich. 1893, III, S. 42 ff. — Karl Höfi, Ge*
schichte der Stadt Feldsberg. Feldsberg 1902. — Wiener Abendpost
17. April 1903« — K. Grefe, Alt'österreich. Blatt 134* — Über Jos. Hardt-
muth, Jos. Klieber und Jos. Kornhäusel vergleiche „Biographisches
Lexikon" von Wurzbach.
— 239 —
mit den lebhaft bewegten Figuren der Klugheit und Gerechtig'
keit, die so außerordentlich dekorativ wirkenden allegorischen
Gestalten (Glück und Tapferkeit) zu beiden Seiten der Turm'
kuppel und der Torbogen, der vom Stadtplatz zum Schloß'
berge fuhrt, mit dem mächtigen Liechtensteinschen Wappen
und den allegorischen Reliefs, wurden einer verständnisvollen
Restauration unterworfen« Durch den kostspieligen Ankauf
einer stattlichen Häuserreihe war die Erweiterung des reizen'
den, sorgfältig gepflegten Parkes möglich geworden, der nun
das stolz über der Stadt thronende Schloß gänzlich umrahmt
Im Jahre 1907 wurden vor dem Schlosse und im Parkeingange
mehrere schöne, schmiedeeiserne Barocklaternen aufgestellt Das
in unmittelbarer Nähe der Stadt an der nach Eisgrub führen'
den, prächtigen Lindenallee gelegene Lustschlößchen Belvedere,
das infolge eines Brandes stark gelitten hatte, wurde ebenfalls
liebevoll erneuert. Insbesondere die Wandmalereien, welche die
Wände des achteckigen Mittelraumes und die anschließenden
Gemächer mit Friesen, Pilastern und Dekorationen in pom^
pe janisch er Art überzogen, bedurften einer gründlichen Auss
besserung, die 1905 begonnen wurde. Schon einige Jahre vor'
her war das Wäldchen, welches den Bau umgibt, durch Anlage
von Wegen und Ruheplätzen in einen angenehmen Aufent"
halt verwandelt worden; für die Jugend der Stadt Feldsberg
jedoch hatte der fürstliche Besitzer im Grün der Anlagen einen
herrlichen Spielplatz herstellen lassen. Der Tempel der Diana
(Rendezvous), ein in der Form eines römischen Triumph-
bogens im ausgedehnten Theimwalde errichtetes Jagdschloß,
wurde gleichfalls in gediegener Weise restauriert* Das Gebäude,
welches Fürst Johann I. von Liechtenstein im Jahre 1812 nach
den Plänen des Liechtensteinschen Baudirektors Josef Hardt"
muth von dem Architekten Josef Kornhäusel aufführen und
durch den von ihm vielbeschäftigten Bildhauer Josef Klieber
mit meisterhaften Skulpturen schmücken ließ, leuchtet nun
wieder in alter Schönheit aus dem dunklen Grün alter Eichen'
und Föhrenstämme hervor«
Im Jahre 1907 begann unter der Leitung des Architekten
Karl Weinbrenner die Rekonstruktion der Kolonnade auf dem
— 240 —
Raistenberge, des schönen Denkmales, welches Fürst Johann L
in den Jahren 1817 — 1823 zur Erinnerung an seinen Vater,
Franz Josef L, und seine beiden Bruder, Alois L Josef und
Philipp, errichten hatte lassen, wie die Inschriften an der Nord"
sehe („Der Sohn dem Vater. Der Bruder den Brüdern") und
an der Südseite („Den Manen der Unvergeßlichen. Der einzig
überlebende Sohn") des Gebäudes andeuten. Die vier mächtigen
Säulen des östlichen der beiden sich an den mittleren Bogen/
durchgang anschließenden Flügel hatten sich, da sie nur aus
weichem Sandstein gearbeitet und an dieser Seite jedenfalls
auch nicht genügend fundiert waren, als zu schwach erwiesen,
das Gebälke, die Decke und das schwere Ziegelgewölbe, auf
dem die Plattform ruht, zu tragen, so daß der Verfall dieses
Teiles trotz der angebrachten Stützen unausbleiblich war. Um
die wahrscheinlich aus der Werkstätte Kliebers hervorgegangenen,
mit der römischen Toga bekleideten Porträtfiguren der ge*
nannten Fürsten und die Statue des in römischer Feldherrn>
tracht dargestellten Erbauers vor Beschädigungen zu schützen,
hatte man sie schon vor Jahren aus den Nischen der Vorder'
seite entfernt und in einem Bretterbaue aufgestellt. An die
Stelle der alten Säulen aus Sandstein traten nun solche aus
Beton, die römisch'korinthischen Kapitale wurden durch die
Gebrüder Stürmer aus Aflenzer Muschelkalk neu hergestellt
und das auf denselben lastende Gebälke rekonstruiert. Wenn
dann die schönen Basreliefs, welche das Gebäude schmücken
und die die Tugenden der erwähnten Fürsten, deren Tätigkeit
im Kriege und Wirken im Frieden als Förderer der Boden'
kultur, der Kunst und Wissenschaft und humanitärer Bestreu
bungen versinnbilden, restauriert sein und die Standbilder
wieder ihre alte Stelle eingenommen haben werden, wird der
Bau als glänzendes Zeichen der Kunstliebe des Schöpfers des*
selben und seines Enkels in früherer Pracht von der die Um/
gebung beherrschenden, bewaldeten Höhe ins Tal blicken.
Durch die Bemühungen des Bürgermeisters von Felds'
berg, des Tierarztes Karl Haußner, entstand in den Jahren
1887 — 1888 am Hauptplatze der Stadt das neue Rathaus, ein
im Stile der deutschen Renaissance von dem Wiener Archiv
— 241 —
tekten Josef Drexler errichtetes, imposantes Gebäude, zu dessen
Baukosten der Fürst die hohe Summe von 100*000 Kronen
beigetragen hatte. Als Seine Durchlaucht den Bau nach seiner
Vollendung eingehend besichtigte, nahm er Gelegenheit, dem
Architekten für die praktische Einteilung und zweckmäßige
Anordnung der Innenräume, die geschmackvolle Ausstattung
des schönen Sitzungssaales des Gemeinderates, die architekto*
nische Gliederung der Fassade mit ihren edlen Steinportalen
und den gelungenen Abschluß des Amtsgebäudes durch den
zierlichen Turm seine vollste Anerkennung auszudrücken.
Zur Verschönerung des großen Stadtplatzes trug der Fürst
durch Aufstellung eines prächtigen Brunnens bei (1896). Der'
selbe besteht aus einem mächtigen Steinbecken, in welches die
von zierlichen Spiralen und reichem Blumenwerk aus Schmiede'
eisen getragenen Auslaufrohre das Wasser ergießen. Inmitten
des Bassins erhebt sich das vom Bildhauer Josef Beyer ge^
schaffene Brunnenmädchen, eine anmutige Figur in altdeutscher
Tracht
Das hoch über dem Grün des Waldes sich erhebende
Jägerhaus bei Katzelsdorf, ein interessanter Bau aus der Zeit
des Klassizismus, wurde einer sorgfältigen Restaurierung unter'
zogen (1905). Die beiden Flügel des Wohngebäudes gehen in
eine weite Bogenhalle über, die links und rechts von halb'
runden Flügelbauten abgeschlossen wird. Die Wände der Stirn*
seite werden durch anmutige Reliefs, die aus Baumzweigen,
Amoretten, Jagdtieren und Wappen geschmackvoll zusammen'
gestellt erscheinen, belebt. Zur Ausbesserung der Bildhauer'
arbeiten war der bewährte Bildhauer Ludwig Stürmer, der von
dem Fürsten wiederholt zu ähnlichen Arbeiten verwendet
wurde, berufen worden. Das Gebäude erhielt im Jahre 1907
einen neuen Schmuck durch zwei längliche, schöne Haut'
reliefs, die bisher im Schlosse Seebenstein aufbewahrt waren
und auf Anordnung des Fürsten in die Rückwand der offenen
Halle zwischen die Türöffnungen eingemauert wurden. Sie
stellen eine Hirsche und eine Eberjagd dar und dürften von einem
Bildhauer der Klieber'Schule im Anfange des 19. Jahrhunderts
geschaffen worden sein. Da die Tiere und die in antike Tracht
16
— 242 —
gekleideten Figuren der Jäger mannigfache Beschädigungen
zeigten, wurden die fehlenden Körperteile von den Gebrudern
Stürmer sorgfaltig ergänzt; bei dieser Gelegenheit wurden auch
die Reste des ölanstriches, welche sich noch an einigen Stellen
der aus dem schönen, weißen, feinkörnigen Sandstein von
Loretto gearbeiteten Bildwerke vorfanden, entfernt
Es entspricht den Intentionen des Fürsten, daß nicht
allein die Ausgestaltung monumentaler Bauten in künstlerischer
Weise durchgeführt wird, sondern auch die Nutzbauten, wie
Forst- und Hegerhäuser, Meierhöfe und Wohngebäude für
Arbeiter den Anforderungen des Schönheitssinnes Rechnung
tragen« Schon lange Jahre früher, ehe die Moderne den Ruf
nach entsprechender Gestaltung des Wohnhauses ertönen ließ,
ist der Fürst mit feinem künstlerischen Gefühle in dieser Hin'
sieht tätig gewesen und hat in diesen Gebäuden, die während
seiner Regierung entstanden, wohl immer das Richtige getroffen«
Diese Nutzbauten vermeiden in der Durchbildung der Außen'
seite jeden falschen Schein, sie sind schlicht in der Dekoration,
die Anwendung verschiedenfarbigen Baumaterials bietet für die
fehlenden architektonischen Details, die sich nur allzuoft als
unnötige Überladung erweisen, trefflichen Ersatz* Die An-
passung an die örtlichen Verhältnisse, die klare Grundrißlösung,
die zweckentsprechende räumliche Gliederung im Innern ver*
leihen den erwähnten Bauten einen Charakter, welcher uns
stets den kunstsinnigen Bauherrn und einen gewandten Archiv
tekten verrät Als typisches Beispiel für unsere Bemerkungen
wollen wir hier das von Gustav v. Neumann erbaute, reizende
Hegerhaus am Semmering anführen, das in seinem Ober-
geschoß auch zur Unterbringung von Jagdgästen zur Zeit
der Auerhahnbalz eingerichtet ist *)♦ Das Gebäude ist am Fuße
des Sonnwendsteins herrlich gelegen* Der Blick fallt von hier
auf mächtige Berge und gleitet über dunkle Nadelwälder und
grüne Matten hinab ins tiefe Tal, aus dem sich die Windungen
der Semmeringstraße zur Höhe hinaufziehen. Der Unterbau
des Hauses ist aus massigen Quadern zusammengefügt. Durch
Der Architekt« 1900, VI, S. 21 f.
— 243 —
eine Eingangshalle, deren mächtige Steinbogen von einer
kräftigen Säule getragen werden, betritt man das Innere des
Gebäudes. Der aus braun gebeizten Stämmen gezimmerte
obere Stock trägt ein schön geschwungenes, geschmackvoll ge>
gliedertes, weit vorspringendes Schindeldach. Die Fassade wird
durch die Fenster mit zierlichen, aus grün glasierten Ziegeln
gebildeten Verdachungen belebt. Das Gebäude, das sich vor'
trefflich ins Landschaftsbild einfugt, und in glücklicher Weise
an die Überlieferungen der heimischen Baukunst anknüpft,
hebt sich äußerst vorteilhaft von den zahlreichen Schöpfungen
ab, die in neuerer Zeit auf diesem herrlichen Fleckchen Erde
entstanden sind.
Mähren.
Ein großer Teil der interessanten Schloßbauten, die kunst-
sinnige Adelsgeschlechter in Mähren in so großer Zahl er*
richtet haben, befindet sich seit langem im Besitze des fürst-
lichen Hauses. Wir halten es für geboten, auf diese meist
prächtigen Gebäude näher einzugehen, da mehrere von ihnen
ihre Entstehung oder Erhaltung den Fürsten von Liechtenstein
verdanken und besonders in dem gegenwärtigen Fürsten einen
Schätzer gefunden haben, welcher mit Sorgfalt darauf bedacht
ist, sie wohl zu erhalten, notwendige Restaurierungen vorzu-
nehmen und dadurch einen kunsthistorischen Besitz unange-
tastet der Zukunft zu hinterlassen 1 ).
Auch einige Burgen des Landes verdanken dem Fürsten
ihre Erhaltung. Der Bestand der in der Nähe von Mährisch'
Trübau gelegenen Burg Alt-Cimburg, auch Türnauer Schloß
genannt, die aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts
summen dürfte und 1622 von Karl von Liechtenstein er'
worben wurde, wurde dadurch gesichert, daß die Mauern durch
*) Mährisches Gewerbemuseum, Mährens Burgen und Schlösser.
Brunn 18Ä8, Nr. 5 (Aussee), 37 und 38 (Butschowitz), 55—58 (Eisgrub),
69 (Goldenstein), 123—125 (Lundenburg), 139 (Neuschloß bei Butschowitz),
140 (Neuschloß bei Littau), 168 und 169 (Plumenau).
16*
1
— 244 —
Befreiung vom Schutte bloßgelegt und durch Betonierung am
weiteren Verfalle gehindert wurden. Die Burg bestand einst
aus Vorburg und Hauptburg, die durch einen elf Meter breiten
Graben getrennt waren. Die mächtigen Mauern, die starken
Turme, der breite Wallgraben, wie der an einigen Stellen steil"
abfallende Felsen machten die Burg zu einem stattlichen und
gewaltigen Wehrbau, den selbst die Schweden nicht bezwingen
konnten. Als sie aber von den Bewohnern verlassen und noch
dazu von einem Blitzstrahl getroffen wurde (1776), war ihr
Untergang besiegelt 1 ).
Zu den Anziehungspunkten der Mährischen Schweiz
gehört die bei Adamstal gelegene Burg Novihrad, für deren
Erhaltung Seine Durchlaucht ebenfalls sorgte. Eine Steintafel
über dem Eingangstor trägt die Jahreszahl 1443, einzelne Teile
stammen aus der Regierungszeit des Fürsten Johann L, der
die Burg im Geschmacke seiner Zeit restaurieren ließ» Die
Ringmauer bietet für den Burgenforscher ein besonderes Intern
esse dadurch, daß die Burg, die weder eine Vorburg noch
einen Zwinger hatte, ihren Schutz ausschließlich in die Ring"
mauer verlegte, deren Verteidigungsvorrichtungen nur aus
einem doppelseitigen Wehrgang auf der Höhe bestehen. Ferner
ist die Dicke der Mauer eine so verschiedene, daß die Breite
des Ganges auf derselben 1 bis 3 m beträgt. Gerade an der
Angriffsseite ist sie am schwächsten und dieser abgekehrt am
stärksten. Wahrscheinlich stand hier der Palas, den man durch
eine besonders dicke Mauer schützen wollte 2 ).
Aus der Übergangszeit von der Gotik zur Renaissance,
die in Mähren besonders früh auftritt, stammen Teile des
Schlosses Hohenstadt, deren Datierung nach einem am Ein/
') Kraetzl, Das Fürstentum Liechtenstein etc. S. 262. — Aug. Prokop,
Die Harkgrafschaft Mähren in kunstgeschichtlicher Beziehung. I, S. 239.
— Mitteilungen der k. k. Zentralkommission. III. F. 1905, IV, Sp. 213
und 250, 1908, VII, Sp. 54 und 76. — Piper, österreichische Burgen. 1907,
V, S. 8ff.
2 ) Prokop, I, S. 242f. — Piper, österreichische Burgen. 1905, IV,
S. 91 ff* — Die österrdchisch'ungarische Monarchie in Wort und Bild.
Mähren und Schlesien. Wien 1897, S. 12.
— 245 —
gang in den zweiten Hof angebrachten Wappenstein in das
Jahr 1478 zu setzen ist Er gehört dem Herrn Georg Tunkel
an, der damals die Herrschaften Hohenstadt, Hochstein (Hohen'
stein) und Brünnles, die 1624 von Karl von Liechtenstein eiv
worben wurden, besaß« Die auf den beiden letztgenannten
Gütern gelegenen Burgen lagen schon im 15« Jahrhundert in
Ruinen *).
Ein bemerkenswertes Beispiel für das frühe Auftreten
der Renaissance in Mähren bietet das Schloß in Mährisch/
Trübau 2 ). Es gehörte zu den köstlichsten Schöpfungen des
hochgebildeten Ladislaus von Boskowitz, der die alte Burg im
Stile der Spätgotik umbaute und erweiterte (1492— 1495) und
in derselben eine reiche Sammlung von Inkunabeln, Miniaturen,
Gemälden, Statuen usw. vereinigte. Aus dieser Zeit ist uns
noch ein Teil der ehemaligen Burgkapelle erhalten, eine der
spätesten gotischen Bauten dieser Art. Sie enthält noch das
alte Gewölbe mit den Schlußsteinen, die mit Wappenschildern
geziert erscheinen, und vier mit Maßwerk gefüllte Fenster. Das
aus jener Zeit stammende Burgtor zeigt aber schon die Formen
der Frührenaissance. Es ist aus feinkörnigem, weißem Sand/
stein hergestellt und weist in seiner noch derben Architektur
auf einen deutschen Meister hin, der noch im Banne der
Gotik stand Wie dieses Portal den Beginn des Schloßbaues
anzeigt, so weist die auf zwei Rundbildnissen, welche Ladislaus
v. Boskowitz und seine Gemahlin Magdalena v. Dub und Lipa
darstellen, angebrachte Jahreszahl (149s) auf die Beendigung
desselben hin. Die Porträtmedaillons mit einem Durchmesser
von 70 cm sind mit großer Feinheit in weißem Marmor
*) Mitteilungen der k. k. Zentralkommission. N.F. 1895» XXI, S.26of.
— Die ästerreichischiingarigche Monarchie etc. Mähren. S. 338. — Kraetzl,
S. 178 ff. — Prokop, II, S. 536.
') Mitteilungen der k. k. Zentralkommission. N. F. 1884, X,
S. CLXXVIIIff., CLXXXIIIff., 1885, XI, S. LXIX, 1892, XVIII, S. 171«. -
Die österreichisch-ungarische Monarchie etc. Mähren. S. 20, 333t 338,
358 f. — Mitteilungen des Mährischen Gewerbemuseums. 1899, XVII,
S. 57 ff* und 65 ff., 1901, XIX, S. 49 ff* und 121 f. — Kraetzl, S. 261 ff. — Prokop,
I, S. 80 f., II, S. 473 ^ 544 ff v III, S. 675 f., 717 und 847 ff*
— 246 —
modelliert und erinnern lebhaft an die Porträtreliefs von Flo-
rentiner Edlen im Quattrocento. Die Nachfolger des Ladislaus
setzten das von ihm begonnene Werk fort. Ladislaus Welen
von Zierotin, der 1589 die Herrschaft Trübau geerbt hatte, ließ
durch den Baumeister Giovanni Motalla (Hans Motal) die
Burg gegen die Südseite hin vergrößern. Der alte Wallgraben
wurde verschüttet und daselbst ein großer Hof angelegt, der
von einstöckigen Arkaden umsäumt wurde, deren großartige
Wirkung noch durch den mächtigen Torbau verstärkt wird.
Der glänzende Hof Zierotins war ein Sammelpunkt von
Künstlern, Gelehrten und Schriftstellern, Musikern und
Dichtern, so daß die Zeitgenossen mit Recht Trübau das
Mährische Athen nennen konnten. Als Zierotin durch den
mährischen Aufstand seiner Güter verlustig geworden, ging
das Schloß an den Fürsten Karl v. Liechtenstein über (1622)«
Die großen Sammlungen, deren Begründer Ladislaus v. BoskO"
witz war, wurden im Dreißigjährigen Kriege zum größten Teile
eine Beute der Schweden und anderer Kriegsvölker. Reste der
Bibliothek besitzen heute noch das Franzensmuseum in Brunn
und die Stiftsbibliothek in Raigern. Seltsamerweise hat sich
auch noch ein farbenfrischer Gobelin erhalten, welcher gegen'
wärtig den Stolz des Museums in Trübau bildet. Er ist eine
vorzügliche flandrische Arbeit aus dem Ende des 15. Jaluv
hunderts und behandelt eine Episode aus den französischen
„Roman es de la Rose", zu welcher die Geschichte der Esther
den Stoff lieferte. Im Jahre 1840 zerstörte eine Feuersbrunst
fast die ganze alte Burg und den anstoßenden Teil der nörcU
liehen Arkaden. Der östliche, südliche und ein großer Teil des
nördlichen Traktes wurden abgetragen, die verbliebenen Teile
des Schlosses aber modernisiert. Das Hauptportal entging durch
persönliche Intervention des Gutsherren, des Fürsten Alois II.
v. Liechtenstein, der gänzlichen Zerstörung. Die im Schutte ver*
grabenen Bestandteile desselben wurden wieder zusammenge^
fügt und an den Südeingang des Schlosses versetzt, südlich
davon aber die beiden obenerwähnten Medaillons eingefügt
Besondere Verdienste hat sich Fürst Johann IL um die
Restaurierung des Schlosses Sternberg erworben, welches
— 247 —
Johann Adam Andreas v. Liechtenstein 1695 angekauft hatte 1 )»
Als Jaroslav v. Sternberg 1241 die Burg erhielt, nahm er, wie
Prokop anführt, eine Vergrößerung derselben vor. Aus der
Mitte des 13. Jahrhunderts stammen der mächtige Rundturm,
nebst dem nach vorn sich anschließenden, tiefer gelegenen
Burgteile mit dem unteren Burghofe und die durch zwei Stock-
werke reichende Kapelle mit dem absonderlichen, aus zwei
Seiten des Sechseckes konstruierten Abschlüsse des Chores«
Die KrawaF, die von 1397 bis 1466 im Besitze der Burg waren,
fügten einen zweistöckigen Saalbau hinzu« Ein aus jener Zeit
stammender Saal enthält noch die alte, bemalte Balkendecke«
In der steinernen Leibung des Doppelfensters im Rittersaal
sind auch noch einige Steinmetzzeichen vorhanden« Ladislaus
v« Berka (f 1544) und sein Sohn Johann Wenzel v. Berka
(f I 5^5) fügten den linksseitigen äußeren Trakt hinzu, der in
seinen Innenräumen durch die schöne Ausstattung im Stile der
Renaissance bemerkenswert ist« Der neben dem Bankettsaal im
ersten Stockwerke gelegene Raum zeigt eine aus einem fächere
förmigen Ziegelgewölbe gebildete Decke und besitzt zwei loggien'
artige Fenster mit tiefen Steinleibungen, welche mit schönen
Renaissanceornamenten bemalt sind« Beide Räume waren mit
Malereien versehen, wie dies die Spuren von Blattranken und
Wappen noch jetzt zeigen. Im zweiten Stocke befindet sich ein
kleiner Raum mit hübschem, polychrom behandeltem Plafond,
der eine Kassettendecke imitiert, und ein kleines Erkerzimmer
mit reizender, bemalter Stuckdecke« Aus der Mitte des 16. Jahr**
hunderte stammt auch die ausgedehnte Vorburg mit dem Ein'
gangstor« Der gegenwärtige Fürst ließ die Burg unter der
Leitung des Architekten Karl Kayser in mehrjähriger Arbeit
streng stilgerecht und höchst gewissenhaft restaurieren« Es
wurde eine neue, entsprechende, durch große Stützmauern be*
grenzte Auffahrt gemacht und ein neues, mächtiges Stiegen"
haus gebaut« Die Burgkapelle wurde wieder hergestellt und die
') Mitteilungen der k. k« Zentralkommission. N. F. 1891, XVII,
S« 242 f. — Die österrdchisch'tingarische Monarchie etc. Mähren« S. 44»
332f., 402« — Kraetzl« S« 254 ff. — Prokop, I, S. 75» 100, 235 f., II, S« 468,
534 U Hit S« 775 ff t 889 ff., IV, S. 1381.
— 248 —
aus kräftigen Säulen und schweren Bogen gebildete Loggia in
der früheren Weise rekonstruiert« Die Balkendecke erneuerte
man genau in der ursprunglichen Art, wobei meist die alten
Träme benützt werden konnten.
Auch das Schloß Lundenburg, welches im Jahre 1638 vom
Fürsten Karl Eusebius v. Liechtenstein erworben wurde, geht
in einzelnen Teilen, so im freistehenden, runden Wohnturm,
von dem gegenwärtig nur ein Kellerbau erhalten ist, und im
Palasbau, auf das frühe Mittelalter zurück. In der Mitte des
16. Jahrhunderts, da die Zierotin die Burg besaßen, wurde die
alte Wasserburg durch den Zubau zweier Trakte erweitert,
welche im ersten Stockwerk mit zierlichen Arkaden, die teils
auf mächtigen Konsolen, teils auf den Bogengängen des ErcU
geschosses ruhen, ausgestattet wurden. Am Anfange des 19- Jahr'
hunderts unter dem Fürsten Johann L erhielt das Schloßgebäude
durch Zu" und Umbauten das Aussehen einer Burgruine aus
der Zeit des Mittelalters 1 ).
Ziemlich unverändert hat sich bis heute das von Johann
Sembera v. Boskowitz in den Jahren 1566 — 1587 errichtete,
prächtige Schloß Butschowitz erhalten 2 ). Das Äußere des
Schlosses erhält sein charakteristisches Gepräge durch die Regel'
mäßigkeit der Anlage, die symmetrische Verteilung der durchs
wegs gekuppelten Fenster, die mächtigen Quadern am Sockel
und an den Mauerecken und die Anordnung von vier Eck'
türmen, welche über das Hauptgesimse noch zwei Stockwerke
hoch aufsteigen. Der Galeriehof ist die Perle unter den mähri"
sehen Schloßhöfen jener Zeit. Die zweistöckigen Arkaden,
welche den Hof umziehen, zeigen hohe, elegante Verhältnisse.
Die Bogensäulen, ebenerdig die jonische, in den beiden Stock"
1 ) Häufler und Feil, Schilderung von Feldsberg und Eisgrub. —
Schmidl A., Wiens Umgebungen. II, S. 398. — Archiv für Geschichte etc
X826, XVII, Nr. 61—63* — Kraetzl, S. 208 ff. — - Prokop, I, S. 92, m,
S. 795 f. — L. Preufi, Geschichte Lundenburg*. Lundenburg 1905, IV»
S. 66 ff.
2 ) Die österreichisch'ungarische Monarchie etc Mähren* S. 340,
362 f., 402. — Kraetzl, S. 146 ff. — Prokop, III, S. 699 £> 7i4> 727* 745 ff*
763» 818 ff., 881 ff. und 891.
— 249 ~
werken die korinthische Ordnung zeigend, erhalten durch die
reich geschmückten Kapitale und Sockel und die Skulpturen
in den Bogenzwickeln, die aus Laubornamenten, Trinkge^
schirren, Vasen, Emblemen, Waffen und Figuren bestehen,
eine prächtige Zierde. Der Monumentalbrunnen in der Mitte
des Hofes ist wahrscheinlich ein Werk des Erbauers des
Schlosses, Ferrabosco di Lagno. Die gedrungenen Leiber der
gefesselten, geflügelten Figuren mit Fischschwänzen, welche
delphinartige Seeungeheuer tragen, das gewaltige, vielfach ge*
wundene Wasserbecken und die den Brunnen krönende, hoch'
aufragende Jünglingsgestalt mit dem goldenen Vlies bezeugen
die ungemein rege Phantasie des Künstlers, der hier ein effekt*
volles Werk von prächtiger Komposition und vorzüglicher
Modellierung geschaffen hat«
Auch der inneren Ausstattung nach gehört das Schloß
zu den schönsten Renaissancepalästen Mährens. Zu ebener
Erde sind besonders fünf Räume, die ehemaligen Prunk'
gemacher des Schlosses, mit vergoldeten und bemalten
Stuckarbeiten ausgestattet, für welche namentlich die mannig'
fach abwechselnden Gewölbebildungen ein reiches Feld
boten. Das bedeutendste und großartigste in dieser Art, was
Mähren in jener Kunstepoche aufzuweisen hat, sind die in den
Wandfeldern der Gewölbekappen und Lünetten des mit den
Büsten römischer Kaiser geschmückten Kaisersaales angebracht
ten, großen Hautreliefs, die Kaiser Karl V. im Kampfe mit
den Türken, den Auszug Dianas zur Jagd, eine Marsgruppe
und die Entführung der Europa darstellen. In gleicher Weise
war auch die Umrahmung der Türen reich gehalten und diese
selbst mit eingelegter Arbeit versehen. Das Schloß, in dem seit
1720 die Liechtensteinsche Registratur und Buchhaltung unter'
gebracht ist, wurde im Jahre 1602 durch Maximilian v. Liech'
tenstein erworben«
Das 1798 von Alois L v. Liechtenstein angekaufte, in der
Nähe von Butschowitz gelegene Neuschloß wurde 1561 von
Zawisch v. Wiczkow gebaut Es erhielt durch seine Bogen'
gänge, die kleinen Fensterchen, seine Türme und Erker, wie
durch die charakteristischen Zinnen, die sich an dem einen
— 250 —
turmartigen Flügelende zu besonderem Reichtum entwickeln,
ein höchst romantisches Aussehen 1 )«
Auch das im Jahre 1622 durch Karl v. Liechtenstein eiv
worbene, auf einer Bergkuppe gelegene Schloß Goldenstein
enthält fein und reich ausgeführte Arkaden. An das obere
Schloßgebäude schließen sich die Reste der alten Burg an, von
welcher noch der Umring und der runde Berchfrit erhalten
sind 2 ).
Die ausgedehnten Gebäudegruppen, aus welchen das
Schloß Ungarisch'Ostra an der March besteht, gehören ver*
schiedenen Bauperioden an, die im alten, kaum mehr kennt-
lichen Wohnturm bis in die romanische Epoche zurückreichen
dürften. Die Herstellung der beiden Flügel mit dem schönen,
dreistöckigen Arkadenhof ist ein Werk Dietrichs v. Kunowitz
(1590 — 1600). Die niedrigeren, ebenerdigen Arkaden zeigen
viereckige Pfeiler und von mächtigem Steinschnitt eingefaßte
Bogen, die nächsten zwei Stockwerke haben über vollen Brü^
stungen Säulen dorischer Ordnung, die schön profilierte Rund"
bogen verbinden. Das oberste, über den offenen Gängen auf-
gebaute Stockwerk zeigt volles Mauerwerk mit Fenstern. Das
Schloß wurde im Jahre 1625 durch Gundakar v. Liechtenstein
von der kaiserlichen Kammer angekauft 3 ).
Über einem schönen Waldtale erhebt sich an einem
großen Teiche das Schloß Plumenau 4 ), das infolge seiner Lage
auf einem steil abfallenden Felsen und seiner bedeutenden
Höhe einen imposanten Anblick gewährt Das Gebäude, das
mit dem mächtigen Unterbau eine Höhe von 42 m besitzt,
lehnt sich an der westlichen Schmalseite an den gewaltigen,
mittelalterlichen Berchfrit an, dessen Grundriß ein regelmäßiges
') Prokop, III, S. 696, 788 f.
3 ) Die österreichisch'tsngarische Monarchie etc. Mähren. S. 30, 332.
— Kraetzl, S. 173 ff. — Prokop, I, S. 75, in, S. nSt 827 ff.
*) Die österreichisch'tsngarische Monarchie etc. Mähren. S. 340. —
Kraetzl, S. 216 ff. — Prokop, I, S. 94 ff., II, S. 370—372, III, S. 716,
787, 845 ff.
4 ) Die österreichisch-ungarische Monarchie etc. Mähren. S.340, 346.
— Kraetzl, S. 220 ff. — Prokop, I, S. 75t 78 f., III, S. 833 ff*
- 251 -
Vierzehneck zeigt. Die Fassade des sechs Stockwerke enthalt
tenden Schloßbaues ist an der gegen das Tal gerichteten Seite
ganz einfach, an der gegen den Schloßhof gekehrten Front un*
gemein reich gehalten» Diese ist nach den drei Hauptgeschossen
in dorischer, jonischer und korinthischer Ordnung aufgebaut,
alle Gesimse kröpfen sich über den Säulen ab, diese, wie die
Soffitten und Kapitale zeigen neben kräftigem Blattwerk auch
schönen figuralen Schmuck. Auch das Innere des Schlosses
wurde besonders durch Stuckornamente prächtig ausgestattet.
Das sehenswerte Schloß, das um 1580 von Wratislaw II. von
P ernstein erbaut worden sein dürfte, ging um 1600 durch
Kauf in den Besitz Karls v. Liechtenstein über. 1643 von den
Schweden in Brand gesteckt, wurde es laut einer am östlichen
Giebel angebrachten Jahreszahl von Johann Adam Andreas v.
Liechtenstein wiederhergestellt. Im Burghofe liegen auf einem
mäßig ansteigenden Felsen noch die Reste der alten Burg
Plumenau.
Ein besonderes Interesse verdient das Schloß Aussee 1 ),
das gleichfalls Karl v. Liechtenstein an sich gebracht hatte,
durch seine wohlerhaltene Befestigung von der Wende des
14. Jahrhunderts. Ein tiefer Graben und eine starke, hohe, mit
sechs Halb' und Vollrundtürmen versehene Mauer gaben der
einstigen Burg den nötigen Schutz. Die Wallmauer des Wirt'
schaftshofes mit dem gut erhaltenen Wehrgang ist durch Wach'
häuser verstärkt. Zwischen dem ehemaligen Berchfrit und
einem runden Befestigungsturm ließ Fürst Johann Adam im
Jahre 1691 ein neues, dreistöckiges Schloß errichten, das, mit
Ausnahme der Portale, die etwas reicher gestaltet sind, ein
schlichtes Aussehen trägt. Das Innere enthält eine großange
legte, doppelarmige, dreiteilige Treppe und zeigt noch in ein-
zelnen Räumen an den Plafonds Reste schöner Stuckarbeiten.
In sechs Sälen des Schlosses ist seit dem Jahre 1900 das 1898
gegründete fürstliche Forst' und Jagdmuseum untergebracht,
das interessante Objekte aus dem Gebiete des Wald' und
*) Die österreichisch-ungarische Monarchie etc. Mähren. S. 346. —
Kraetzl, S. 141 ff, — Prokop, I, S. 38 f v 75t H S. 518 f., IV, S. 1181, 1310.
— Piper, österreichische Burgen. V, S. 89 ff.
— 252 —
Forstschutzes, Gegenstände der Jagd, eine biologische Samm/
lung, eine Mineralien- und Gesteinssammlung, prähistorische
Funde, Modelle aus dem Gebiete der Forsttechnologie, ein
plastisches Herbarium usw. enthält 1 ).
Nordwestlich von Littau wurde von Hans Adam v. Liech/
tenstein das Neuschloß 2 ) als Jagdschloß erbaut und mit einem
Tiergarten ausgestattet. Der große Saal des Schlosses wurde
von dem Liechtensteinschen Hofmaler Domenico Mainardi, der
auch im Schlosse zu Aussee tätig war, gemalt. Als das Neu>
schloß 1805 abbrannte, ließ es Fürst Johann I. nach den
Plänen des Architekten Hardtmuth wiederherstellen, durch
Flügelbauten vergrößern und mit einem Portikus ausstatten
(1813 — 1820). Die mächtigen Säulen mit den antikisierenden
Kapitalen, die Fenster, Balustraden, krönenden Gesimse und
das Giebelfeld mit dem Liechtensteinschen Wappen tragen die
Kennzeichen der einfachen, aber geschmackvollen Bauweise an
sich, wie sie am Anfange des 19. Jahrhunderts im Stile des
Klassizismus herrschte. Auch das fürstliche Jagdschloß zu Adams-
thal 3 ) erhielt seine jetzige Gestalt durch den eben genannten
Fürsten (1805). Den Geist der Antike atmet auch das von
Johann I. errichtete Jagdschloß Pohanska 4 ), das, umgeben von
malerischen Gruppen uralter Pappeln, Birken und Eichen, den
Mittelpunkt des Lundenburger Tiergartens bildet. Auf den Ar-
kaden des hohen Mittelbaues ruht der große, gleich der Außen-
seite mit schönen Reliefs geschmückte Saal, von welchem man
auf einen von jonischen Säulen getragenen Balkon tritt, einst ein
vortrefflicher Übersichtspunkt für die hier abgehaltenen, großen
Jagden. An den Saal schließen sich die über den Flügelbauten
angebrachten Terrassen an. Das Schlößchen wurde in den Jahren
1 8 1 — 1 8 1 1 erbaut. Der erwachenden Romantik huldigte der Fürst
l ) Kraetzl, S. 133 f.
') Kraetzl, S. 141 ff. — Prokop, IV, S. 1181, 1295«
3 ) Prokop, IV, S. 1181, 1371. — Die österreichisch-ungarische Mon-
archie etc. Mähren, S. 11.
4 ) Häufler und Feil, Schilderung von Feldsberg und Eisgrub. —
Schmidl, Wiens Umgebungen. II, S. 398 f. — Archiv für Geschichte etc.
1826, XVII, Nr. 61—63« — Kraetzl, S. 208 ff. — Prokop, IV, S. 1371*
— 253 —
durch Aufführung zahlreicher Bauten, die ans Mittelalter erinnern
sollten. Auch die Hansenburg 1 ) bei Eisgrub ahmt in der Ge-
staltung des ruinenhaften Äußern, wie in der Einrichtung der
Gemächer, die mit Waffen und anderen Objekten des Kunst-
gewerbes ausgestattet wurden, eine mittelalterliche Burg nach.
Sie wurde 1807 durch den Architekten Josef Hardtmuth auf-
geführt.
Das Schloß Eisgrub 2 ), ein Glanzpunkt unter den fürst-
lichen Schlössern, wie es in der ersten Hälfte des 19. Jahr-
hunderts bestand, war ein Produkt mannigfacher Zu- und Um-
bauten, die in die Regierungszeit der Fürsten Carolus Eusebius
(1666), Josef Johann Adam (1731) und Johann I. (1815) fallen.
Letzterer ließ durch den Architekten Kornhäusel neue Gesell-
schaftsräume schaffen und im Geschmacke seiner Zeit ein-
richten. Seine jetzige Gestalt verdankt das Schloßgebäude dem
Fürsten Alois IL Josef, dem Vater des gegenwärtigen Fürsten,
der den fürstlichen Architekten Georg Wingelmüller mit der
Abfassung der Pläne für den gänzlichen Umbau betraute.
Dieser hatte im Auftrage des Fürsten eine Reise nach Eng-
land und Schottland zum Studium der Schloßbauten unter-
nommen und begann nach der Rückreise von derselben im
Jahre 1846 den Bau. Zahlreiche Skizzen des tüchtigen Archi-
tekten, die Zeugnis von seiner hohen Begabung ablegen,
werden noch heute im fürstlichen Bauamtsarchiv zu Wien
aufbewahrt. Wingelmüller beherrschte die Formen der Gotik
in einer für jene Zeit sehr anerkennenswerten Weise und hat
besonders in der Inneneinrichtung, in den herrlichen Plafonds
1 ) Notizen über die Hansenburg enthalten die zitierten Werke von
Häufler und Feil, Schmidl und Hormayr (Archiv).
2 ) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst 1826, XVII,
Nr. 61—63. — A. Schmidl, Wiens Umgebungen. II, S. 375 ff* — J. Häufler
und J. Feil, Schilderung von Feldsberg und Eisgrub. — Dr. F. Umlauft,
Wanderungen durch die österreichischrungarische Monarchie. 1879, S. 347 ff.
— Die österreichisch-ungarische Monarchie etc. Mähren. S. 50 ff., 351 und
370. — Monatsblatt des Altertumsvereines. 1886, I, S. 45 f. — Kraetzl,
S. 155 ff. — Wiener Bauindustrie'Zeitung. 1898/99. XVI, S. 361 und 373t
1904/5» XXII, S. 166, Taf. 44—46. — Prokop, IV, S. 11 15 f., 1350 und I37iff«
— Michael Witzany, Die Marktgemeinde Eisgrub. 1896, I, 1901, II.
- 254 —
und Wanddekorationen der Parterresalons und der Bibliothek,
in den Oratorien und der Kircheneinrichtung prächtige Lei'
stungen im Stile der englischen Spätgotik geschaffen. Tüchtige
Kunsthandwerker, wie die Bildhauer Karl Stürmer und Scholz
und der Kunsttischler Leistler, standen ihm zur Seite. Als
Wingelmüller 1848 im 38. Lebensjahre starb, war das Schloß
schon im Rohbau fertig. Nach seinem Tode führte der Archi-
tekt Johann Heidrich das Werk im Sinne des Verstorbenen
weiter. Am 5. Oktober 1858 war dasselbe mit der Einweihung
der Kirche vollendet, am 12. November desselben Jahres starb
der kunstsinnige Bauherr. Unter der Regierung des Fürsten
Alois II. wurden noch andere Bauten im Parke nach den
Plänen Wingelmüllers ausgeführt, so das chinesische Lusthaus
und das im maurischen Stile gedachte sogenannte Wasserkunst'
gebäude und Badehaus, dessen Maschinen den Zxu und Abfluß
der Thaya regeln und zugleich die Bewässerung des Parkes
ermöglichen. An Stelle des alten Orangeriegebäudes führte der
englische Architekt P. H. Desvignes das 92 m lange Palmen^
haus nach dem Muster des Londoner Glaspalastes als erste
derartige Eisenkonstruktion in Österreich auf (1845).
Neben dem Schlosse ist das aus der zweiten Hälfte des
17. Jahrhunderts stammende Reitstallgebäude, ausgezeichnet
durch seine Größe, geräumige Anlage, wie durch die vornehme
Architektur, der künstlerisch wertvollste und interessanteste
Bau. 1884 und 1885 ließ der gegenwärtige Fürst an demselben
umfangreiche Adaptierungen vornehmen. So wurde der West'
trakt in zwei Geschosse geteilt, um eine Reihe von Beamten/
-Wohnungen aufzunehmen, ferner wurden in den Jahren 1887
und 1888 die Fassaden und Durchfahrten einer gründlichen
Restaurierung unterzogen. Bei dieser Gelegenheit erhielten die
verwitterten Sockel und die zum Teile aus weichem Kalkstein,
zum Teile aus Formziegeln hergestellten Säulenschäfte einen
Oberzug aus Kunststein, um sie vor weiterer Verwitterung zu
schützen.
Von dem alten Schloßtheater ist noch das Eingangstor,
eine bemerkenswerte Kunstschlosserarbeit des 17. Jahrhunderts,
erhalten. Es stellt die perspektivische Ansicht eines tonnen^
— 255 —
überwölbten Raumes mit gepflastertem Boden dar« Dasselbe
wurde nach der Demolier ung des Theatergebäudes (1844) im
Reitstallgebäude deponiert, bis es 1871 der gegenwärtige Fürst,
nachdem es auf seine Kosten repariert worden war, der Ge>
meinde Kostet als Geschenk überließ, welche es 1876 als Fried'
hofstor zur Aufstellung brachte. Die beiden Seitenteile, die ur*
sprünglich zum Torgitter gehörten, werden von der Gemeinde
Kostet aufbewahrt 1 ).
Wie ein roter Faden zieht sich durch die Geschichte des
fürstlichen Hauses die stete Fürsorge für die Entwicklung des
Eisgruber Parkes. Carolus Eusebius (1627 — 1684), welcher an
seinem Hofe zu Feldsberg eine glänzende Hofhaltung im Geiste
König Ludwigs XIV. von Frankreich führte, muß als der
eigentliche Schöpfer der Gartenanlagen angesehen werden. Ein
Zeitgenosse des genannten Fürsten (J. F. Hertod, der Leibarzt
Josefe L und Karls VI.) rühmt schon 1669 in seinem Werke
„Tartaro'Mastix Moraviae" die Pracht des Gartens und kann
den daselbst geübten Kunstaufwand nicht genug bewundern.
Der damals noch kleine, von den Morästen der Thaya um'
gebene Park war im französischen Geschmacke in genau ab'
gemessenen Parallelen und geometrischen Figuren angelegt,
von geschnittenen Alleen und Fronten durchzogen und mit
zahlreichen Statuen geschmückt. Orangen und andere Arten
von Südfrüchten wurden gezogen, die Arme der Thaya waren
von Schwänen belebt, dunkle Grotten boten einen kühlenden
Aufenthalt; auch ein Irrgarten durfte nicht fehlen. Zu einer
durchgreifenden Umgestaltung der Parkanlagen wurde vom
Fürsten Alois I. Josef der Grund gelegt; allein der Tod ließ
ihn das begonnene Werk nicht vollenden. An seine Tätigkeit
erinnert der 59 m hohe orientalische Turm, von dessen oberster
Galerie man eine herrliche Rundschau auf die weite, fruchtbare
Ebene, blühende Orte und sanft gewellte Höhenzüge genießt.
Der Bau, aus einem moscheeartigen Unterbau mit einem
schlanken Minarett bestehend, wurde nach einer Idee des Fürsten
*) Hitteilungen des Mährischen Gewerbemusetsms. 1893, X, S. 77*
— Die ögterreichiBch'ungarische Monarchie etc. Mähren. S.400. — Prokop,
in, S. 926 f.
— 256 —
von dem Architekten Josef Hardtmuth nach Oberwindung
enormer Schwierigkeiten, welche die Fundierung des mächtigen
Gebäudes in einem sumpfigen Boden bot, in den Jahren 1797
bis 1802 geschaffen. Als Fürst Johann I. die Pläne seines
Bruders auszuführen begann, war, mit Ausnahme der in der
Nähe des Schlofies gelegenen Parkanlage, die weitere Umgebung
desselben kein einladender Aufenthalt. Die Thaya floß in viel'
verzweigten Armen träge zwischen den niedrigen, mit Weiden
bewachsenen Ufern dahin. Nach größeren Regengüssen traten
die schlammigen Fluten aus, überschwemmten meilenweit das
ebene Land und bildeten an tieferen Stellen bleibende Sümpfe,
aus denen das schwankende Schilfrohr traurig emporsah. Ein'
zelne Auen und Laubwaldbestände unterbrachen die Einförmig-
keit der Gegend und nur schnurgerade Alleen auf hohen
Dämmen machten die verschiedenen Partien zugänglich* Durch
jahrelange, mühevolle Arbeit gelang es, die Thaya zu regulieren,
ein System von ausgedehnten Teichen und das Wasser ab-
leitenden Bächen zu schaffen und durch das ausgehobene Erd-
reich den schwankenden Boden zu festigen. In den Boden
wurden nun die verschiedenartigsten Bäume und Sträucher
Europas und Nordamerikas gepflanzt und dadurch im Laufe
der Jahre die riesige Gartenanlage geschaffen, die ihresgleichen
kaum irgendwo wiederfindet. Den Mittelpunkt des Parkes
bildete nachHormavr (1826) der im Jahre 1794 von Hardtmuth
erbaute und von den Künstlern Hürtl und Weidinger mit plasti-
schen Meisterwerken geschmückte Sonnentempel, von welchem
acht Pappelalleen ausliefen, die herrliche Perspektiven auf die
Bauwerke, Teiche und Brücken des Parkes, auf das prächtige Reit-
stallgebäude und den Markt Eisgrub boten. Besonders entzückt
war der genannte Schriftsteller von der herrlichen Orangerie,
der größten von Deutschland, welche der fleißige Kunstgärtner
Ignaz Holle durch dreißig Jahre mit Liebe gepflegt hatte. Mehr
als 3000 Orangen- und Zitronenbäume, darunter viele von
hohem Alter, zauberten dem Fremden die schönen Haine des
Südens vor die Augen. Sie waren im Sommer auf dem großen
Orangerieplatze aufgestellt und fanden im Winter in dem
86 Wiener Klafter langen Orangeriehaus Schutz, das im Jahre
— *57 —
1843 nebst dem Theater und dem Musen tempcl demoliert
wurde«
Zur größten Blute entfalteten sich die Eisgruber Parkas
lagen unter dem großen Freunde der Wald" und Gartenkultur,
dem Fürsten Johann IL, der in dem fürstlichen Gartendirektor
W. Lauche ') für seine Pläne einen Mann gewonnen hatte, welcher,
mit seltener künstlerischer Gestaltungskraft ausgerüstet, im
Gebiete der Weiterentwicklung des modernen Gartenbaues
verdienstvoll wirkte und den Ruhm der österreichischen Kunst'
gärtnerei weit über die Grenzen unseres Reiches verbreitete»
Durch die Fortsetzung der Gartenanlagen nach Südosten wurde
neuer Boden gewonnen, um Blumenteppiche in üppiger Farben"
pracht und mannigfachem Formenreichtum zu schaffen. Durch
diese Erweiterung wurde das Schloß freigestellt, seine malerische
Erscheinung zur vollen Geltung gebracht und neue, herrliche Per"
spektiven auf die in üppiger Pracht glänzende Kirche, den schönen
Schloßhof und die mit bewundernswerter Feinheit des Meißels
gearbeitete, offene Veranda der Südostecke des Schloßgebäudes
gebildet Die nötigen Nutzbauten (Wohnhäuser, Eingangstore,
Parkmauern) sind in der Anordnung des Grundrisses, in der
Durchbildung der Details und in der farbenprächtigen Wirkung,
welche durch Verwendung von Haustein, roten Verblendziegeln
und gelben, braunen und roten Glasursteinen erzielt wurde,
vortreffliche Leistungen des Architekten Karl Weinbrenner. Die
Produkte der Eisgruber Gärten (Obst, Blumen, Gemüse, exo"
tische Gewächse) bildeten auf zahlreichen Ausstellungen Öster-
reichs und anderer Länder sehenswerte Objekte und legten ein
beredtes Zeugnis für das Verständnis ab, welches die Direktion
des Gartens dem modernen Ausstellungswesen entgegenbrachte.
Der Raum gestattet uns nicht, die hervorragenden Leistungen
') Wilhelm Lauche, geboren 1859 zu Abtmannadorf bei Leipzig,
wurde im Jahre 1883 als Hofgärtner in Eisgrub angestellt und infolge
seiner Verdienste um die Ausgestaltung der Parkanlagen 1889 zum fürst*
liehen Hofgartendirektor ernannt Für seine hervorragende Tätigkeit auf
dem Gebiete der Landeskultur wurde er vom Kaiser durch die Verleihung
des Ritterkreuzes des Franz Josefs-Ordens und des Titels eines Regierung**
rates ausgezeichnet (österreichische Volkszeitung, 19. Februar 1906.)
17
— 258 —
auf diesem Gebiete eingehender zu würdigen, welche ja jeder'
zeit von fachkundiger Hand aufs verständnisvollste anerkannt
wurden« Es genügt, auf das Allerhöchste Handschreiben vom
19« Februar 190 1 hinzuweisen, in welchem Seine Majestät
Kaiser Franz Josef L dem Fürsten Johann II. anläßlich dessen
erfolgreicher und fördernder Wirksamkeit im Interesse der
ehrenvollen Vertretung des österreichischen Gartenbaues auf
der im Jahre 1900 in Paris stattgefundenen Weltausstellung
Allerhöchsteren wärmsten Dank auszusprechen geruhten ')* Zu
großem Danke waren ferner jene Körperschaften dem Fürsten
gegenüber verpflichtet, welche den Plan, in Eisgrub eine höhere
Obst^ und Gartenbauschule zu errichten, zur Ausführung
brachten. Durch das bereitwillige Entgegenkommen Seiner
Durchlaucht wurden alle Hindernisse überwunden und die
Zöglinge der Schule waren durch die Güte des Fürsten in die
Lage versetzt, ihre theoretischen Kenntnisse in den Muster'
anlagen des Parkes praktisch zu betätigen und dadurch eine
Ausbildung zu erlangen, die sie befähigt, einst als Pioniere
einer modernen Gartenkunst im Interesse dieses wichtigen
Zweiges der Bodenkultur verdienstvoll zu wirken. Als Direktor
der Schule, die in einem zweckentsprechenden, geschmackvollen
Gebäude, dessen Errichtung gleichfalls dem Fürsten zu danken
ist, untergebracht wurde, wirkt seit ihrer Gründung (1895)
Wilhelm Lauche in verdienstvoller Weise.
Fürst Johann IL, dessen Geburtsort Eisgrub ist, den er
mit Vorliebe zu vorübergehendem Aufenthalt wählte, förderte
auch in jeder Hinsicht wichtige Angelegenheiten der Gemeinde.
Seiner Munifizenz verdankt der Markt unter anderem den Bau einer
Trinkwasserleitung, die Errichtung des schönen Rathauses und
des zweckmäßig ausgestatteten Schulgebäudes. Mit dem größten
Entgegenkommen förderte Seine Durchlaucht den Bau einer
Lokalbahn von Lundenburg nach Eisgrub, welche es den
Freunden der Gartenkunst ermöglichte, die herrlichen Park'
anlagen mehr als bisher zu besuchen.
Ein schönes Denkmal der Dankbarkeit der Marktgemeinde
Eisgrub gegen den Fürsten ist der von derselben anläßlich des
1 ) Kunst und Kunsthandwerk. 1901, IV, S. 91.
— 259 ~
vierzigjährigen Regierungsjubiläums Seiner Durchlaucht er'
richtete Brunnen auf dem Marktplatze, welcher im Jahre 1898
enthüllt wurde *). Der Entwurf stammt von dem Architekten
Karl Weinbrenner, das Bronzerelief des Fürsten und die Figur
des auf einem von Fialen flankierten Postamte stehenden,
wappentragenden Genius sind ein Werk des Wiener Bild'
hauers Josef Beyer, während die Ausführung der Steinmetz'
arbeiten dem Steinmetzmeister Johann Konheiser und die
Herstellung der ornamentalen Bildhauerarbeiten dem Bildhauer
Ferdinand Hartinger anvertraut waren» Die Marmorplatten am
Sockel tragen die Inschriften: Die dankbare Gemeinde ihrem
groeßten Wohlthaeter Johannes IL 1858 — 1898. — Gott schuetze
das Haus Liechtenstein.
Unter dem gegenwärtigen Fürsten entstanden eine Reihe
kleinerer Jagdschlösser von einfacher Gestaltung, aber geschmack'
voller Durchbildung des Äußeren, zweckentsprechender Raum'
Verteilung im Innern und schöner Ausstattung der einzelnen
Gemächer. In den Jahren 1875 — 1877 wurde das Jagdschloß
im Revier Neu 'Waltersdorf (Gut Karlsberg) aufgeführt 2 ).
Durch den Architekten Karl Weinbrenner wurden die
beiden Jagdhäuser zu Landshut (Abbildung 23) und zu Broczko
(bei der Marchüberfuhr) errichtet 3 ). Ersteres enthält auf der
rechten Seite die Wohnräume für zwei Waldheger, während
der linksseitige, stockhohe Trakt als Absteigequartier des
Jagdherrn für die Zeit der Hochwildpirschen dient. Im oberen
Stockwerke liegen ein Salon und das Schlafzimmer, welche
gleich dem Stiegenhaus mit Wandtäfelungen und Holzplafonds
ausgestattet sind. Die äußere Architektur des schmucken Baues
ist etwas reicher durchgebildet. Die Fassade ist in weißem
Kalkmörtel mit Spritzwurf verputzt, das Holzwerk der Giebel
und Riegelwände braun gebeizt und zum Teile polychromiert,
die Dächer wurden in schiefergrau und braun glasierten Falz'
*) Wiener Bauindustrie-Zeitung. 1900/01, XVIII, S. 306. — Bauten'
Album. Tafel 74«
2 ) Kraetzl, Das Fürstentum Liechtenstein etc. S. 192.
3 ) Der Architekt. 1896, II, S. 8, Tafel 12. — Wiener Bauten-Album.
1898 99, XVI, Tafel 52 und 96. (Text S. 18 und 27.)
17*
— 260 —
ziegeln hergestellt, während das Dach der Vorhalle, sowie die
Kordongesimse mit grün glasierten Biberschwänzen gedeckt
erscheinen. Ahnliche Ausstattung weist das etwas kleinere
und einfacher gehaltene Jagdschloß zu Broczko auf« Als
typische Beispiele für die musterhafte Ausführung der land"
und forstwirtschaftlichen Bauten auf den Domänen des
Fürsten können die schlichten, solid gebauten Forsthäuser
im Saugarten (Abbildung 24) und im Unterwald bei Lunden"
bürg gelten ')• Dem Vorraum des letzteren ist ebenerdig
eine gedeckte Veranda vorgelagert. Die Fassaden sind in Ziegel*
rohbau unter Verwendung von Formsteinen für Gesimse,
Ttiuv und Fensterumrahmungen hergestellt, zu den Mauer'
ecken, Fensterschlußsteinen und Widerlagern wurde Haustein
verwendet. Die Riegelwände sind glatt geputzt, das Holzwerk
ist braun gebeizt. Die Dacheindeckung erfolgte in geteerten
Dachziegeln. Bei aller Einfachheit der Ausführung macht das
Objekt einen reizenden Eindruck, es ist in jeder Beziehung der
ländlichen Umgebung angepaßt und stellt gleichfalls eine aus*
gezeichnete, stilvolle und malerische Leistung des durch seine
gediegenen Schöpfungen auch in weiteren Kreisen bestbekannten
Architekten Karl Weinbrenner vor.
Schlesien*
Das Gut Jägerndorf war im Jahre 1524 durch Kauf an
den Markgrafen Georg von Brandenburg übergegangen. Ihm
verdankt das prunklose Schloß seine heutige Gestalt. Johann
Georg von Brandenburg (1606 — 1622) verlor als Anhänger des
Winterkönigs das Gut und Kaiser Ferdinand IL gab dasselbe
seinem treuen Karl von Liechtenstein, welcher seit 16x3 auch
das Herzogtum Troppau besaß. Aus der Zeit des kunstsinnigen
Johann Georg stammen jedenfalls die Sgraffiti, mit welchen
das Schloß im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts geschmückt
l ) Wiener Batsindustrie^Zehong. 1898/99» XVI, S. 123. — Bauten*
Album. Tafel 87«
L
— 261 —
wurde* Der heitere Charakter des Kunstwerkes zeigt über'
raschende Beziehungen zu den Oberresten des „Herzogsganges",
welcher von diesem Markgrafen errichtet wurde, so daß an'
genommen werden kann, daß es von demselben Bauherrn ge*
schaffen wurde« Das Sgrafßto wurde später übertüncht Im
Jahre 1888 löste sich an der Loggia des Schlosses an zwei
Stellen der Mörtel los, wodurch die Spuren der einstigen Be^
malung wieder sichtbar wurden« Nach der sorgfältigen Los*
lösung des Mörtels konnte man feststellen, daß sich die
beachtenswerte Sgraffitodekoration als restaurierbar erwies. Fürst
Johann IL zögerte nicht, die nötigen Schritte durchzuführen,
um das umfangreiche Kunstwerk wiederherstellen zu lassen.
Die Sgrafßti, welche sich auf graubraunem Grunde abheben,
bestehen zunächst aus reichem, vielverschlungenem Ranken'
werk, welches abwechselnd an vier Bogenpfeilern aus großen
Blattkelchen entspringt und die sechs Loggiabogen umschlingt.
An den drei dazwischenliegenden Pfeilern ist je eine weibliche
Figur angebracht, von welchen die linke, mit einer Laute, die
Instrumentalmusik, die mittlere, mit einem Fächer, die Schatz
spielkunst und jene rechts, mit einem Notenblatt, den Gesang
darstellt. An der Hauptfront des Gebäudes setzt sich das Sgraffito
in Form einer Rustikadekoration fort. Durch die gediegene Re*
stauration war ein Werk von großer Bedeutung für die Kunst'
geschichte des Landes vor dem unfehlbaren Untergange bewahrt
und die Stadt Jägerndorf um eine neue Zierde bereichert worden 1 ).
Salzburg.
In den Jahren 1867 — 1895 wurde vom Fürsten das Gut
Fischhorn in Salzburg angekauft 2 ). Das Schloß Fischhorn ver<*
l ) Kraetzl, Das Fürstentum Liechtenstein etc. S. 182 ff. — Die öster«-
reichischmngarische Monarchie in Wort und Bild. Schlesien 1897» S. 634* —
Mitteilungen der k. k. Zentralkommission. N. F. 1889, XV, S. 125» 1890,
XVI, S. 144« — Kunstchronik. 1889, XUV, Sp. 72 f.
*) F. Kraetzl, Das Fürstentum Liechtenstein etc. S. 171 f. — Die
östenvung. Monarchie in Wort und Bild. Oberösterreich und Salzburg.
1889, S. 574« — Abriß der Landeskunde des Herzogtums Salzburg. 1877.
— 262 —
blieb im gemeinsamen Besitz des Fürsten und seiner Schwester,
der Fürstin Sophie von LöwensteüvWertheim^Rosenberg, an
deren Stelle später Fürst Karl von Löwenstein trat. Es wurde
an Stelle der alten Burg, die sich im n, Jahrhundert im Be^
sitz der Herren von Prukke, später von Vischarn genannt,
befand, nach den Plänen des Dombaumeisters Friedrich
von Schmidt von dem heimischen Architekten J. Wessiken,
der unter den Baumeistern des Landes besonders genannt zu
werden verdient, erbaut. Das Schloß, in der Nähe von Zell
am See im Pinzgau gelegen, nimmt unter den Schloßbauten
von monumentaler Bedeutung und künstlerischem Range,
welche in neuerer Zeit im Lande Salzburg entstanden, den
ersten Rang ein. Es ist im mittelalterlichen, vorzugsweise goti'
sehen Burgenstile aufgeführt und bildet durch seine reiche
Architektur, die malerische, lebendige Gruppierung und die
reizende Lage ein wahres Schmuckstück des Landes. Das henv
liehe Bauwerk mit seinen Giebeln und Erkern, Türmen und
Zinnen, alles im Rohbau mit kräftig gemeißelten Gliede-
rungen, Gesimsen, Fenster- und Türeinfassungen durch-
geführt, von sanfter Höhe weit ins Tal leuchtend, darf ein
Juwel der Gegend genannt werden. Die Innenräume des Schlosses
zeichnet eine dem Baustil entsprechende, wertvolle Ausstattung
und Einrichtung aus. Wenn man dieses Bauwerk mit dem
gräflich Arcoschen Schlosse Anif, zwischen Hallein und Salz-
burg gelegen, vergleicht, läßt sich der Fortschritt nicht ver-
kennen, den das Verständnis für die Formenbildung der Gotik
seit den ersten Dezennien des 19. Jahrhunderts gemacht hat
Dem kunstfreundlichen Bauherrn des Schlosses wäre damals
noch kein Meister von der Bedeutung eines Freiherrn von
Schmidt zu Gebote gestanden, den man als den hervorragendsten
und künstlerisch selbständigsten Vertreter des gotischen Stiles
in der modernen deutschen Baukunst betrachten muß. Unver*
geßlich wird jedem Besucher des Schlosses die prächtige Fern-
schau bleiben, die man von hier aus genießt „In einem zauber-
haften Gesamtbilde erblickt man zu den Füßen den Zeller See
und das an seinen Ufern ansteigende, frische Übergangsgebirge,
nordwärts vom See das Saaletal mit den Kalkmauern der
— 263 —
Birnhorngruppe und des Steinernen Meeres, gegen Westen das
weite Salzachtal mit seinen Schlössern und Ortschaften, an
seinem Sudrande aber streben die Hohen Tauern empor, der
Hohe Tenn, das klassisch geformte Kitzsteinhorn und andere
Hochspitzen" (Ruthner)« Die Burg Kaprun wurde im Jahre 1894
von der Fürstin Sophie von Löwenstein aus bäuerlichem Bev
sitz erworben 1 ). Sie gehört zu den seltenen Wehrbauten,
die ihren mittelalterlichen Charakter noch unverändert bewahrt
haben, obwohl sie in späterer Zeit fortbewohnt wurden. Durch
einen mächtigen, fünf Stockwerke enthaltenden Berchfrit wird
die Burg gegen Süden und Osten, die schwächsten Seiten, ge>
schützt, während an der durch die Natur am meisten zur Ver*
teidigung begünstigten Westseite der Palas sich befindet. Schon
das durchaus gewölbte Erdgeschoß desselben ist bewohnbar
eingerichtet, das darüberliegende Geschoß hat Wände und Decke
mit Holz verkleidet In demselben ist auch die Kapelle unter"
gebracht. Offene Feuerherde und gemauerte Fensterbänke zeigen
noch ganz die mittelalterliche Einrichtung und auch die in
späterer Zeit angebrachten, an den Wänden laufenden Holz**
bänke und die in Blei gefaßten, kleinen Fensterscheiben stören
den Eindruck nicht. Die Burg befindet sich gegenwärtig im
des regierenden Fürsten von Liechtenstein.
Piper, Österreichische Burgen. II, S. 99 ff.
IV.
KIRCHLICHE KUNST.
Fürstentum Liechtenstein«
Das schöne Ländchen, das der Fürst sein eigen nennt,
verdankt der Munifizenz desselben eine Reihe stattlicher Kirchen,
welche den einzelnen Orten zur größten Zierde gereichen 1 )*
Das schönste Bauwerk unter ihnen, die Pfarrkirche zu Vaduz,
wurde nach den Entwürfen des Dombaumeisters Friedrich von
Schmidt vom fürstlichen Architekten Bankö in den Jahren 1869
bis 1873 mit einem Kostenaufwand von beiläufig 300.000 Kronen
aufgeführt. Sie ist, wie alle Gotteshäuser des Meisters der Gotik,
einfach in den Formen, von würdevollem Ernst und vollendeter
Harmonie, meisterhaft in stilistischer Hinsicht und interessant in
den Einzelheiten und der Einrichtung. Zu dem aus Sandstein/
quadern gefügten Bau, der von freundlichen Anlagen umgeben
wird, führt von der Straße eine Freitreppe empor. Die Kirche
ist durch prächtige Glasgemälde, eine kunstvolle Orgel von
Steinmeyer in öttingen und ein schönes Geläute ausgezeichnet.
Auf Kosten Seiner Durchlaucht wurden ferner vom fürst'
liehen Architekten Gustav v. Neumann die hübschen gotischen
Pfarrkirchen zu Schaan (1888 — 1891) und Rugell (1897 — 1899)
gebaut. Einen schönen Schmuck erhielt auch das uralte Kirch'
lein in Masescha (Gemeinde Triesenberg) durch ein Altarbild,
welches St. Theodul, den Schutzpatron des Landes, darstellt.
Dieses beachtenswerte Gouache^Bild wurde im Auftrage des
Fürsten vom Wiener Maler Josef Reich ausgeführt, der dasselbe
nach der Vollendung auf der Herbstaustellung der Wiener
') F. Kraetzlt Das Fürstentum Liechtenstein etc. — Velhagen and
Kissings Monatshefte. 1896/97, XI, S. 458.
— 268 —
Künstlergenossenschaft (1903), wo es als ein bedeutendes Werk
der kirchlichen Kunst auffiel, ausstellte 1 ).
Wien.
Innig verwachsen mit der Geschichte der Kunstbestrebungen
des fürstlichen Hauses ist die Entwicklung der prachtvollen
gotischen Kirche Maria am Gestade 2 ). Johann v. Liechtenstein
der Hofmeister Albrechts HL, hatte samt seinen Brüdern das
Patronatsrecht über die Marienkapelle auf der Stetten vom
Passauer Bischof gegen das bis dahin dem Hause Liechtenstein
zustehende Patronatsrecht über die Pfarre AlvLiechtenwarth ein'
getauscht. Er hatte sich vorgenommen, da einen Dom zu stiften,
also die Kapelle durch einen Zubau zur Domkirche zu er'
weitern* Er machte reiche Stiftungen zur Erhaltung der Kirche,
veranlaßte deren Erhebung zur Pfarrkirche und schenkte der'
selben ein ihm gehöriges Haus zur Vergrößerung des Pfarrhofes.
Am 2. Juli 1394 begann Johann mit der Grundsteinlegung den
Erweiterungsbau der Kirche, welchen zunächst der Batf und
Steinmetzmeister Michael Weinwurm leitete. Es war dies un*
zweifelhaft der Teil des Schiffes vom Turm angefangen bis
zur Stirnseite. Als aber Johann v. Liechtenstein in Ungnade
fiel (6. Februar 1395), ging das Patronatsrecht der Kirche an
die Herzoge von Österreich über, die es nun als Ehrenpflicht
betrachteten, den begonnenen Bau auch zu vollenden. Doch
behielten die Liechtenstein das Recht des Erbbegräbnisses in
der Kirche bis zur Zeit der Glaubensspaltung im 1 6. Jahrhundert.
Durch die Franzosen, welche das Gotteshaus im Jahre 1809
') Nach der gütigen Mitteilung des Herrn J. de Florin, Pfarrers in
Vaduz. — VgL auch „österreichische Volkszeitung", 14. September 1903«
*) Hitteilungen der k. k. Zentralkommission« 1857* H S. 10 ff., 29 ff*
und 68 ff-, N. F. 1883, IX, S.CXXIX,i884, X,S. XXXI, 1887, XIII, S.CLXXVI, 1891,
XVII, S. 115 f. — Berichte und Hitteilungen des Altertumsvereines. 1869,
X, S. 248 ff., 1883, XXII, S. 96, 1887, XXIV, S. 123 ff* und 213, 1891* xxvn,
S. 191 und 193. — Honatsblatt des Altertumsvereines. 1884, I, S. 15, 1891»
III, S. 104.
— 269 —
als Magazin und Pferdestall benützten, wurden zahlreiche Grab'
steine zertrümmert, andere wurden fortgeschafft und der Rest
ging gelegentlich der Restauration der Kirche durch die Redemp"
toristen (1820) verloren, da man den Boden derselben mit einem
gleichmäßigen Pflaster aus Kehlheimer Platten versah. Durch
einen merkwürdigen Zufall gelangte die Kirche wieder in den
Besitz zweier Grabplatten. Als man im Jahre 1883 im Bratf
hause von Pottendorf bauliche Veränderungen vornahm, ent"
deckte der bekannte Kunstfreund und Sammler Anton Widter
im Fußboden der Malzdörre fünf Grabplatten, die sich einst
in der erwähnten Kirche befanden, darunter zwei, welche Mit"
gliedern des Hauses Liechtenstein angehörten. Er erwarb sie
um einen namhaften Betrag und stellte sie im Bogengänge
seines Hauses in Wien auf. Nach dem Tode Widters (1887)
gingen die beiden Steine in den Besitz des Fürsten Johann II.
v. Liechtenstein über, welcher veranlaßte, daß sie im Innern
der Kirche (an der Turmmauer) zur Aufstellung gelangten.
Die eine Platte ist der Grabstein des Herrn Hans v. Liechten^
stein (Johann V.), welcher im Jahre 1473 gestorben war. Sie
war einst unweit des Hochaltars auf der Evangelienseite im
Boden eingelassen und ist eine rotmarmorne, starke, zierlich
ausgeführte Grabplatte, welche im Bildfelde den etwas schräg
rechts gestellten Wappenschild der Liechtenstein enthält. Er
zeigt das alte Wappen des Geschlechtes (in Gold und Rot
quer geteilt). Über demselben befindet sich ein Kübelhelm mit
reicher Helmdecke, aus dessen Helmkrone ein geschlossener
Adlerflug, auf welchem sich die Farben des Wappens wieder**
holen, emporragt.
Die Platte führt folgende Umschrift:
Anno . domini ♦ m • cccc . vnd . im | 1XXIII . am . montag • vor .
Jacobi • ist . gestorben • her • hans | iun . lichtenstain . von |
nicolspurg ♦ vnd . leit . da . begraben . dem . got . genad .
Der zweite Grabstein zeigt in korrekt gezeichneten Umrissen
die Gestalt Afras v. Wallsee (f 1439), Gemahlin Hartneids IV.
▼♦ Liechtenstein, nebst der Randschrift:
— 270 —
Anno ♦ dni . m . c c c c XXX . . | an . sand . kylianstag . ist . gc
storbn . die cdl . fraw . af | wallsee . herrn ♦ Albrechts . Stuchs |
n . seligen . Wittib . vnd . leyt . hie ♦ begbn.
In der Michaeierkirche befindet sich das schöne Grabmal
Georgs VI. v. Liechtenstein (f 1548), des Feldhauptmannes
Maximilians L und tapferen Waffengefahrten Georgs v. Fronde
berg 1 ). Es ist eine Platte aus rotem Marmor und zeigt im
Bildfelde den Ritter mit einer Fahne und offenem Helm. Die
über dem Grabmal angebrachte Inschrift lautet:
Der wohlgeborn Herr Herr Georg von Lichtenstain von Nicolz |
purg und Steyerkh etz. ist gestorben den 6. Tag Augusti |
im 1548 jar seines Alters 69 Jar und ligt hie begraben |
dem und uns alen Gott genedick sei. Amen.
Als die Kirche vom Barnabitenkollegium im Jahre 1888 reno^
viert wurde, richtete die k. k. Zentralkommission für Kunst-
und historische Denkmale an den Fürsten die Bitte, das Grab'
denkmal in seiner Umrahmung einer Reinigung unterziehen
zu lassen, sowie die Entfernung der Kalkkruste vom Rahmen
und oberen Aufsatze veranlassen zu wollen. Der Wunsch sollte
bereitwillig erfüllt werden. Nach der durchgeführten Restau^
ration konnte man wieder die zarte, aus weißem Sandstein
gehauene Renaissance^Umrahmung bewundern. Auch die ober'
halb der überlebensgroßen Figur angebrachten wappenhaltenden
Putti kamen nun wieder zur Geltung. (Abbildung 25.)
Für die Restaurierung des altehrwürdigen Stephansdomes,
die seit Dezennien mit so großem Erfolge durchgeführt wird,
widmete der Fürst die beträchtliche Summe von 20.000 Kronen 2 ).
Ferner ließ Seine Durchlaucht die nötigen Renovierung^
arbeiten in der Savoyenschen oder Liechtenstein'Kapelle (auch
Tirna" oder Kreuzkapelle genannt), welche ein schönes Zeugnis
der Kunstliebe des fürstlichen Hauses ist, auf seine Kosten
') Berichte und Mitteilungen des Altertumsvereines. 1859» in, S. 53»
Tafel 5t 1870, XI, S. 177» 1893» XXIX, S. 109. — Mitteilungen der k. k. Zen*
tralkommission. N. F. 1889, XV, S. 218 und 281«
2 ) Wiener DombauvereinS'Blatt 1881, I, S. 11.
25- WIEN: Grabmal Georgs VI. von Liechtenstein
— 271 —
ausfuhren 1 ). Schon im Jahre 171 7 wird des Fürsten Johann
Adam als Stifter für diese Kapelle gedacht Ihm dürfte auch
die Aufstellung des großen, schön geschnitzten Kreuzes, welches
den Hochaltar schmückt, angehören. Auf Veranlassung seiner
Tochter, der Herzogin Maria Theresia v. Savoyen'Liechtenstein,
wurde die Kapelle als Ruhestätte für die Angehörigen der
Savoyschen Familie bestimmt» Die im Boden eingelassene Grab'
platte bezeichnet die Stelle, wo deren Gemahl, der Herzog
Emanuel Thomas v. Savoyen^Carignan (f 1729), dessen Oheim,
der große Heerführer Prinz Eugen v« Savoyen (f 1736), und
die Fürstin selbst (f 1772) begraben wurden« In die linke Seiten^
wand wurde das prachtvolle Grabdenkmal der beiden Prinzen
eingefügt 2 )« Die Basis desselben bildet ein Sarkophag aus
rotem Marmor, auf welchem im Bronzerelief lebendige Schlacht'
szenen dargestellt sind« Darüber baut sich in einer Nische ein
Obelisk auf, der von einer Urne bekrönt und zu beiden Seiten
von Trophäen (Fahnen. Schilden und Roßschweifen) flankiert
wird« Auf dem Sarkophag ruht ein Kissen mit Hut, Degen
und Feldherrnstab« Hinter demselben erscheinen die von einem
Löwen gehaltenen Savoyschen und Liechtensteinschen Wappen,
durch eine Krone vereinigt Ein weiblicher Genius, der in eine
Posaune stößt, trägt ein Medaillon mit dem Bildnisse der kunst'
sinnigen Stifterin des Grabmales« Den unteren Abschluß des
Ganzen bilden ein reich mit Federn geschmückter Spangen'
heim und Fahnen« Der Obelisk und eine unterhalb des Saro
kophags angebrachte Marmortafel enthalten die lateinische In'
schrift« Der harmonische Aufbau der einzelnen Teile, die feine
l ) Josef Ogesser, Beschreibung der Metropolitankirche zu St Stephan
in Wien. S« 137 f. und 307. — F« HL Böckh, Wiens lebende Schriftsteller.
Künstler etc. Wien 1822, S. 492« — A. R. v« Perger, Der Dom zu St. Stephan
in Wien« Triest 1854, S. 62 f« — Mitteilungen der k. k. Zentralkommission.
1857, II, S« 2« — Falke, Geschichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein«
II» S. 359 ff. — Mitteilungen des k. k. österreichischen Museums. 1880,
XV. Jahrg., S« 63. — Wiener Dombauvereins^Blatt. 1883» III, S. 84, 1885» V,
S. 129 f. — Topographie von Niederösterreich. 1885, n, S. 104* — Monats*
blatt des Altertumsvereines. 1890, III, S. 44.
3 ) VergL den Stich von L« Rupp in: „Chiese prindpali d' Europa".
Mailand 1824.
— 272 —
Durchbildung der Details und die reizende Farbenstimmung»
die sich aus der Verwendung von rotem und grauem Marmor,
von vergoldeter und braun patinierter Bronze ergibt, rucken
das Grabmal in die Reihe der schönsten derartigen Werke aus
dem 18. Jahrhundert. Als Abschluß der Kapelle ließ die Herzogin
das reiche, einst vergoldete Eingangstor, ein bedeutendes Werk
der Schmiedekunst im Stile des Rokokos, errichten, das innen
die verbundenen Wappen der beiden Fürstenhäuser und außen
die Jahreszahl 1731 zeigt l ). Durch die Herzogin bekam auch
die Kreuzkapelle eine neue Ausstattung (1762). Einzelne Teile
derselben wurden bemalt und vergoldet, der Marmoraltar er'
hielt ein kostbares Tabernakel und zierliche Leuchter und
wurde durch ein schön geschwungenes Marmorgeländer ab*
geschlossen. F. X. Messerschmidt schuf für die Kapelle die
überlebensgroßen Marmorstatuen von Johannes und Maria
am Kreuze. Eine 89 Mark schwere, silberne Lampe wurde
gleichfalls angebracht Ein historisches Denkmal, daß die
Kapelle durch die Liechtenstein renoviert worden sei, ist
das Breve des Papstes Benedikt XIV. (1744)» welches das Ptu
vilegium des Kreuzaltares der Nachwelt verkündet; es befindet
sich auf der roten Marmorplatte in der durch die ehemalige
Tür gebildeten Nische, links vom Eingangstor. Noch bevor in
der zweiten Hälfte des verflossenen Jahrhunderts die größeren
Restaurationsarbeiten im Dome begonnen hatten, ließ Fürst
Alois II. v. Liechtenstein die Kapelle durch den Dombaumeister
Leopold Ernst im Geiste der Gotik umgestalten (1852). Von
den Wänden, Gewölberippen und Kappen wurde der Mörtel'
anwurf und die aus demselben gebildeten Verzierungen, wie
z. B. Wolken, von den Kapitalen die Vergoldung entfernt An
der linken Seitenwand wurde, korrespondierend mit den Fenstern,
neues Steinmaßwerk angebracht Die beiden Fenster versah
*) Rudolf Alt hat in einem prächtigen Aquarell aus dem Jahre 1879
dieses Tor festgehalten. Eine Reproduktion desselben findet sich in dem
von Hiethke herausgegebenen Werke: „Ein Jahrhundert Österreichischer
Malerei. Wiener Heister 4 «. 4* Lieferung. — Eine gute Photographie UAt
sich bei der schwachen Beleuchtung des Innenraumes der Kirche nur
schwer herstellen.
— 273 —
man mit runden, in Blei gefaßten Scheiben, die erst in neuester
Zeit durch schöne Glasgemälde ersetzt wurden« Die Westwand
wurde durch Joh* N. Ender mit einem 10*4 m hohen und
4-4 m breiten Fresko bemalt, das mit Einbeziehung des Kruzi^
fixes am Altar eine schöne Darstellung der Kreuzigung und
der hL Dreifaltigkeit wiedergibt« Der Altar, die Grabmaler und
die Inschriftplatten blieben als historische Denkmäler selbst-
verständlich unberührt. Durch Aufstellung neuer Kirchenstähle
war die damalige Umgestaltung vollendet Auf Kosten des
gegenwärtigen Fürsten wurde das große Altargemälde durch
den Maler Karl Geiger sorgfältig gereinigt (1890). Der Fürst
verfugte auch zugleich, daß die zahlreichen Bronzebuchstaben,
die im Laufe der Zeit aus der Gruftplatte, dem Grabdenkmale
und der neben dem Eingangstor angebrachten Tafel heraus'
gefallen waren, wieder ergänzt wurden«
Durch die Bemühungen des Statthalters von Niederöster'
reich, des Grafen Kielmansegg, war es möglich geworden, an die
Freilegung und Restauration der Minoritenkirche zu schreiten»
Die Durchführung des Projektes nach den Plänen des Pro'
fessors Viktor Luntz war durch die hohen Beiträge des Staates,
des Landes, der Gemeinde Wien und der italienischen Kon'
gregation, die das Kirchengut verwaltet, gesichert (1903). Auch
Fürst Johann v. Liechtenstein lieh dem Unternehmen bereit'
willig seine Unterstützung dadurch, daß er durch die beträcht'
liehe Spende von 12.000 Kronen sein Interesse an der Rekon'
struktion eines bedeutenden Denkmales der gotischen Baukunst
kundgab«
Seine Durchlaucht ließ sich dabei von der richtigen
Anschauung leiten, daß nach Vollendung der Arbeiten die
gegen den Minoritenplatz gerichtete Front des fürstlichen Majo'
ratshauses mit ihrem prunkvollen Portal durch die neu ge^
schaffene, prächtige Umrahmung am meisten gewinnen wird«
Im Jahre 1905 verschwand der letzte Oberrest des Pfarrgebäudes
an der Südseite der Kirche, an dessen Stelle ein gotischer Zte
bau mit einem malerischen Arkadengang trat, in welchem die
bei der Abreißung der angrenzenden Gebäude aufgefundenen
Grabsteine angebracht wurden. Im Jahre 1908 neigten sich die
18
— 274 —
Restaurierungsarbeiten, die sich auf alle Partien des umfang'
reichen Baues erstreckten, ihrem Ende zu 1 ).
Die Kirche auf dem Kahlenberge konnte sich zu wieder**
holten Malen der hohen Gunst des fürstlichen Hauses rühmen,
wie denn auch das kleine Dörfchen, in dem die Kirche liegt,
mannigfache Beziehungen zur Liechtensteinschen Familie auf"
weist 2 ). Das Gut Josefsdorf befand sich nämlich vom Jahre 1 8 19
bis 1849 im Besitze der Fürsten Johann L und seines Sohnes,
Alois IL Josef; auf dem Ortsfriedhof liegt auch ein Mitglied der
fürstlichen Familie, Fürstin Franziska de Ligne, geborene Prinz
zessin v. Liechtenstein (f 1821), an der Seite ihres Gemahls be-
graben. Zu den zahlreichen Adeligen, welche im Verein mit Kaiser
Ferdinand IL die Errichtung eines Camaldulenser^Klosters auf
dem Kahlenberge förderten, gehörte insbesondere Fürst Maxi/
milian v. Liechtenstein, welcher nicht nur die Eremitenzelle mit
der Kapelle zu Ehren des hl. Romuald erbauen ließ, sondern auch
für den Unterhalt des Priesters, der die Kapelle bewohnen sollte,
und zum Wohle der Eremie je 3000 Gulden widmete» Die
Kirche, zu welcher 1629 der Grundstein gelegt wurde, war noch
nicht vollendet f als sie, gleich dem Kloster, von den Türken in
Brand gesteckt wurde. Das wiederaufgebaute Gotteshaus hatte
im Laufe der Jahre vielfach Schaden gelitten, so daß eine Renovier
rang dringend notwendig geworden war. Zu den frommen
Wohltätern, welche diese ermöglichten, gehörte auch der gegen**
wärtige Fürst, auf dessen Kosten ein wertvoller, künstlerisch
ausgeführter Fußboden gelegt wurde 3 ), der aus lichtgelb und
braun getönten Tonfliesen besteht.
Den Bau der zahlreichen neuen Kirchen, welche in den
letzten Dezennien in der Residenzstadt enstanden, hat der
Fürst stets mit der größten Freigebigkeit durch namhafte
österreichische Volkszeitung vom 12. August 1904, 8. Jänner,
28. Oktober und 3« November 1905* — Neue Freie Presse. 28. Hai 1908,
S. 10 f.
*) Falke, Geschichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein. III,
S. 334 £ — Topographie von Niederösterreich. 1896, IV, S. 528 ff. — öster*
reichs illustrierte Zeitung. 23* September 1906, & 1172.
*) Das Vaterland. 12. September 1907, S. 8.
— 275 —
Spenden und auch dadurch unterstützt, daß er für einige der'
selben durch seine Architekten die Pläne ausführen ließ* Wir
erinnern hier insbesondere an zwei der herrlichsten Gottes'
hauser, die in jüngster Zeit in Wien errichtet wurden, an die
CanisiuS'Kirche auf dem Aisergrund und die Herz JestfKirche
auf der Landstraße, beide Werke des fürstlichen Architekten
G« R. v. Neumann ').
Die CanisiuS'Kirche 2 ), in den Jahren 1899 — 1903 im rheini/
sehen Obergangsstil erbaut, zeigt die große Kunst des hervor'
ragenden Architekten im besten Lichte; denn es gelang ihm,
die großen Schwierigkeiten, welche in der verhältnismäßig
ungünstigen Stelle und dem beschränkten Bauplatze lagen, mit
großem Geschick zu überwinden und einen vielgegliederten,
monumentalen Hochbau zu schaffen, der von allen Seiten einen
malerischen Anblick darbietet* Der große Niveauunterschied
zwischen Hauptfassade und Chorschluß wurde durch Anlage einer
interessanten Krypta ausgeglichen. Sehr schön repräsentiert sich
die Stirnseite der Kirche mit der mit reichem Maßwerk ver'
sehenen, großen Rosette und den beiden hohen, schlanken
Türmen« Der Innenraum wirkt durch die großen Dimensionen,
die schönen Verhältnisse und die abwechslungsreiche Gliederung
überraschend« Zur größten Zierde gereichen demselben ferner
der prachtvoll aufgebaute Hochaltar, die schönen Altarbilder
und die mit figuralen und ornamentalen Glasmalereien gc
schmückten Fenster.
Die Herz JesU'Kirche s ) wurde in Verbindung mit dem
Klostergebäude der „Kongregation der Dienerinnen des heilig'
sten Herzens Jesu", die sich der Kindererziehung und Kranken'
pflege widmet, erbaut und im Jahre 1906 eingeweiht Der impO'
*) Nach den gütigen Hitteilungen des Herrn Superiors P. Ed. Fischer
and der Frau Generaloberin S. Flora Nießen.
') Festschrift zur feierlichen Konsekration der CanisiusoKirche.
Wien 1903. — österreichische Volkszeitung« 15* Juli. 11. und 19« Okto*
her 1907.
s) österreichische Volkszeitung. 30. September 1906. — Neue Freie
Presse. 7. Oktober 1906. S. 8. — Wiener Bauindustrie'Zeitung. 1907»
XXIV. S. 203 f.
18*
- 27* -
gante Bau ist im romanischen Stile gehalten* Der nach rheini*
sehen Hustern gebildete, charakteristische, hohe Hauptturm steigt
aus der Fassade mächtig empor und beherrscht einen grofien
Teil der Hauptstraße des III. Bezirkes» Er hat nicht die strenge
Einfachkeit romanischer Kirchtürme, sondern mit seinen vier
Ecktürmen, Galerien und hohen Helmen mehr den Charakter
eines Stadtturmes und gewährt im Verein mit der reich be*
wegten Kirchen** und Klosterfassade einen malerischen Anblick*
Au^h die gegenwärtig noch sichtbare rechte Langseite der Kirche
bietet mit den vielfensterigen Oratorien über dem Seitenschiffe
und den vorspringenden Türmchen ein abwechslungsreiches
Architekturbild, das durch die mit grün glasierten und hellroten
Ziegeln gedeckten Dächer auch koloristische Lebendigkeit erhält
Das Innere der Kirche wird durch massige Pfeiler und Säulen
in drei Schiffe geschieden, ein kurzes Querschiff trennt das
Längsschiff von dem mit halbrunder Apsis abgeschlossenen Pres**
byterium, dessen Fenster mit schönen Glasgemälden versehen
sind Die Decke wurde aus rundbogigen Kreuzgewölben gebildet
Die Oratorien mit ihren zierlichen Säulchen, der prächtige Hoch'
altar und die Kanzel, die aus Marmor hergestellt wurden, beleben
den hohen, schlichten Innenraum.
Niederösterreich«
Im Jahre 1887 begannen die Restaurationsarbeiten an der
Patronatskirche zur hl» Kunigunde in Brunn, welche auf An-
regung und Kosten des Fürsten von dem Architekten G. Ritter
von Neumann, einem tüchtigen Schüler Friedrich von Schmidts,
in mehreren aufeinanderfolgenden Jahren durchgeführt wurden *)♦
in der Mitte des Ortes auf einem freien Platze stehende
l ) Hitteilungen der k. k. Zentralkommission. 1856, I, S. 104, N. F.
1888, XIV, S. 137 ff-, 1890, XVI, S. 218. — Berichte und Hitteilungen des
Altertumsvereines. 1866, IX, S. 57t 1872, XII, S. 146 f. — Topographie von
Niederösterreich. 1885, II, S. 231 ff. — Honatsblatt des Altertumsvereines.
1888, II, S. 5 und $6, 1890, in, S. 63. 1892, III, S. 175 und 223* — K. Grefe,
Alt-Österreich. Blatt 86 b.
.^^H^
— 277 —
Kirche ist ein dreischiffiger, durchaus gotischer Bau, dessen
im Achtecke geschlossener Chor aus dem Ende des 15. Jahr«*
hunderts und dessen Schiff aus dem Anfange des 16. Jahr-
hunderts stammen« Über dem letzten Quadrate des Mittel/
Schiffes erhebt sich der mächtige Turm* Reicher und reiner in
der Gliederung als die Kirche ist die reizende, aus dem Sechs*
eck konstruierte, mit reich verschlungenen Gewölberippen veiv
sehene Vorhalle an der Südwand des Baues« (Abbildung 26.)
Sie besitzt zwei im flachen Kleeblattbogen geschlossene Ein-
gänge und wird von geschweiften Wimpergen überhöht. Die
dreiteiligen Fenster erscheinen mit schön durchgebildetem Fische
blasenmafiwerk ausgefüllt An der Nordseite liegt ebenfalls eine
achteckige, aber einfacher gestaltete Vorhalle* Die stilgemäße
Renovierung der Kirche bedeutete für den Ort Brunn ein
wahrhaft fürstliches Geschenk« An der Außenseite wurden die
Sockel, Pfeiler und Gesimse einer gewissenhaften Ausbesserung
unterzogen; auch die schöne Vorhalle bedurfte einer gründ-
lichen Restaurierung» Die drei Baldachine mit den darunter'
stehenden Figuren der Heiligen Johannes, Leopold und Josef
mußten neu hergestellt, die Krabben und Kreuzblumen ergänzt
werden* Die unschöne Vorhalle am Haupteingange wurde cnt*
fernt, ebenso waren einige Veränderungen an Ausbauten der
Nordseite der Kirche im Stile derselben notwendig geworden«
Im Innern entdeckte man bei der Entfernung des Verputzes
Spuren von alten Fresken« Es zeigte sich ferner, daß die das
Netzgewölbe tragenden Dienste seinerzeit abgeschlagen worden
sind; sie waren von Konsolen und Baldachinen unterbrochen,
welche vermutlich früher mit Heiligenstatuen ausgestattet
waren» Die Dienste mit den Baldachinen wurden nun wieder
angebracht, die vermauerten Fenster des Presbyteriums geöffnet
und das alte Maßwerk hergestellt (Abbildung 27.) In den Jahren
von 1852— 1864 hatte man die wiederholt durch Brände zer*
störte Kirche einer Erneuerung unterzogen» Der Turm wurde
neu aufgebaut, das Dach ausgebessert, die Außenseite über'
tüncht und auch der Innenraum erneuert Diese Arbeiten waren
aber mit unzulänglichen Mitteln unternommen worden. Man
entdeckte während der fetzigen Restaurierungen, daß die Decke
— 278 —
geborsten war und daß man einfach die Risse mit Mörtel vers-
pätst hatte; daher hatten die Gewölbe und die Rippen keine
Spannung mehr und die Andächtigen schwebten beständig in
großer Gefahr, da bei der leisesten Erschütterung mindestens
einige Rippenstucke herabfallen mußten« Die Erneuerung
des Deckengewölbes war also unumgänglich nötig geworden.
Die Hauptarbeit bestand aber im Umbau des Turmes. Derselbe
wurde im oberen Teile ganz abgetragen, nach einem neuen
Plane stilgerecht erneuert und gleich dem Dache mit glasierten
Ziegeln neu gedeckt*
Große Verdienste hat sich der Fürst um die Restaurierung
der Gotteshäuser in Mödling erworben, besonders um die des
südlich von der Pfarrkirche gelegenen, jetzt als Glockenturm
▼erwendeten Karners, eines der wertvollsten Baudenkmale aus
der Zeit des romanischen Stiles vom Ende des 12. oder Anfange
des 13. Jahrhunderts *)♦ Das in der Halbkugel der Apsis bc
findliche Freskengemälde, das die Anbetung der hl. drei Könige
darstellt, wurde 1858 durch Sacken entdeckt und durch Ent*
fernung der Tünche bloßgelegt. Die zur Rechten der Gottes**
mutter angebrachten, lebensgroßen Figuren der Donatoren
tragen Kronen und sind demnach als fürstliche Personen ge*
kennzeichnet Es liegt die Vermutung nahe, in ihnen den
Begründer der Mödlinger Herzogslinie, Heinrich den Alteren
mit seiner Gemahlin Richza, als Stifter des Gemäldes und
wahrscheinlich auch der Grabkapelle anzusehen. Durch die
Munifizenz des Fürsten wurde 1896 die Restaurierung des
Freskos durch den trefflichen Maler Theophil Melicher, der
schon öfter die Wiederherstellung romanischer Wandgemälde
durchgeführt hatte, ermöglicht. Derselbe brachte auch zur rechten
Seite des Triumphbogens ein Fresko zutage (Gott Vater hält
*) Mitteilungen der fc. k. Zentralkommission. iS$6 f I, S. 83, 1858,
III, S. 263 ff«, 1861, VI, S. 117, N. F. 1896, XXII, S. zoi f. — Berichte und
Hitteilungen des Altertumsvereines. 1869, X, S. 172 ff« —Monatsblatt
des Altertumsvereines, 1895, IV, S. 222 und 261, 1903, VII, S, 17* —
Kirchen und Karner von Mödling. Mödling 1904, S. 25 ff. — K. Giannoni,
Geschichte der Stadt Mödling. S. 30 ff. und 149. — Topographie von
Miederösterreich. VI, S. 758 f . — K. Grefe, Alt-Österreich. Blatt x88 b.
26. BRUNN: Südportal der Pfarrkirche.
— 279 —
Christus als Erlöser am Kreuz) und erneuerte es in der glück'
lichsten Weise, während die Innenwände des großen Haupt-
raumes, die einst gleichfalls mit Gemälden bedeckt waren, mit
neuen, stilgemäßen Kompositionen, die Pantaleonslegende dar'
stellend, geschmückt wurden. Der Bilderzyklus aus der Lebens*»
geschichte des hl. Pantaleon nimmt die ganze Rundung der
Kapelle ein und findet seine Ergänzung in einem ent>
sprechenden Rundzyklus von Vorbildern aus dem alten und
neuen Testamente. Die Decke trägt in der Mitte die Figur des
Lammes, in den vier Feldern die Bildnisse der Evangelisten
mit den ihnen eigentümlichen symbolischen Figuren. Eine
in der Kapelle angebrachte Inschrift hebt die Verdienste des
Fürsten um die Wiederherstellung der alten Wandmalereien
des Innenraumes hervor. Für iit Leitung der architektonischen
Arbeiten wurde von Seiner Durchlaucht der Architekt G. Ritter
von Neumann bestellt. Die reichen Formen des schönen Portals,
welches an das Riesentor von St. Stephan in Wien gemahnt,
wurden aus der rohen Ummauerung losgelöst und entsprechend
restauriert.
In ähnlicher Weise sorgte der Fürst für die Restauration
der mächtigen, charakteristischen Othmarskirche (1454— 1523
erbaut), des schönsten Wahrzeichens der Stadt 1 ). Sie ist ein
dreischiffiger Hallenbau, der nach dem vierten Trav6e von einem
Querschiff geschnitten wird. Der aus dem Achteck konstruierte
Chor schließt das Hauptschiff geradwandig ab, während die
Seitenschiffe dreiseitig abgeschlossene Joche besitzen. Sechs ge*
waltige Pfeilerpaare tragen das einfache, rippenlose Kreuzgev
wölbe. In den Jahren 1529 und 1683 wurde der Bau durch die
Türken arg beschädigt, jedoch immer wieder hergestellt. Ein
großer Teil der Restaurierungsarbeiten fällt aber erst in unsere
l ) Hitteilungen der k. k. Zentralkommission. 1856, I, S. 106, 1859,
IV, S. 106, 1870, XV, S. CXLIX, 50 und 70,1871, XVI, S. 39 f., III. F. 1906,
V, Sp. 357*. — Berichte und Hitteilungen des Altertumsvereines. 1869, X,
S. 181 ff. — Honatsblatt des Altertunisvereines, 1899, V, S. 206. — Kirchen
und Karner von Hödling. S. 4t n £ und 22. — (Hannoni, a. a. O. S. 58 ff.
und 286. — Topographie von Niederösterreich, VI, S. 773 ff . — K. Grefe,
Alt^Osterreich. Blatt 113«
— 280 —
Zeit. Zum Gedächtnisse der silbernen Hochzeit des Kaiser'
paares wurde unter dessen Protektorate über die Anregung des
Bürgermeisters Josef Schöffel 1878 ein KirchenrestaurierungS'
verein gegründet, den der Fürst in der wohlwollendsten Weise
unterstützte« Die Kirche gewann vor allem durch die Öffnung
der meist vermauerten, hohen Fenster, deren reiches Mafiwerk
mit seinen Fischblasenmotiven aus der Vermauerung losgelöst
oder völlig ergänzt wurde, wie durch die Einsetzung von Glas'
gemälden ihre alte Schönheit wieder* Ein Fenster mit orna^
mentalen Malereien im linken Seitenschiffe wurde von Seiner
Durchlaucht gestiftet Der Portalvorbau an der Südseite der
Kirche, der im Jahre 1904 mit besonderer Unterstützung des
Fürsten vollendet wurde und darum dessen Wappen neben
dem der Stadt zeigt, bedeutet eine Veränderung des Baues
des 15» Jahrhunderts« Seine Durchlaucht bestellte den Architekten
G, Ritter von Neumann für die Leitung der Arbeiten, welche
der Außenfront der Kirche ihr gegenwärtiges schmuckes Ge*
präge verleihen, und gewährte außerdem dem Vereine zur
Herstellung des Portals eine Subvention von 2000 Kronen,
An der Ausführung desselben waren besonders der Bildhauer
Josef Stürmer und det Tischlermeister Karl Rogenhofer in
Wien beschäftigt. Von den zahlreichen Herstellungen im Innern
der Kirche sei hier nur die wieder dem Fürsten zu dankende
Versetzung der alten, interessanten Grabmäler von dem Fuß"
boden der Kirche an die Innenwände erwähnt.
Die Mittel, welche der Fürst dem KirchenrestaurierungS'
vereine zuwandte, kamen auch der Renovierung der gotischen
Spital/ oder St Agidiuskirche zugute. Eine in dieser Kirche
angebrachte Inschrift enthält daher mit Recht den Namen
Seiner Durchlaucht als ersten in der Reihe jener Personen,
welche sich an der Erneuerung des Gotteshauses und der
Othmarskirche in edelmütiger Weise beteiligt haben 1 )*
Aber auch in anderer Hinsicht hat sich der Fürst um
die Stadt verdient gemacht, indem er die Kosten der Anlagen^
Kirchen und Karner von Mödling, S. 30, — Topographie von
Niederösterreich, VI, S. 776 f.
— 28l —
ausgestaltung bei der Rekonstruktion des Neuweges (1891 bis
1893) und jener Anlagen, welche auf der sudlichen Talseite
am Hange des Frauensteins gemacht wurden (1900), in hoch'
herziger Weise bestritt. Letztere fuhren in reizvollen Win'
düngen aus der Stadt empor, immer mehr den Blick auf sie
und das Felsental der Klause öffnend, bis sie die Höhe eiv
reichen und in den Bergwald überleiten. Schon im Jahre 1875
wurde der Fürst „in dankbarer Anerkennung seiner der Ge*
meinde Mödling wiederholt bewiesenen fürstlichen Munifizenz"
(der Fürst hatte unter anderem zum Baue des neuen Armen/
und Bürgerversorgungshauses 10.000 Gulden gespendet) zum
Ehrenbürger der Gemeinde ernannt» Sein Name ist als erster
im Buch der Ehrenbürger der Stadt Mödling im Stadtarchiv ver'
zeichnet *). Ein Herzenswunsch der Bevölkerung der Stadt und
der alljährlich wiederkehrenden Sommergäste ging in Erfüllung,
als der Fürst im Jahre 1907 der Gemeinde zur Anlage eines
neuen Parkes einen Waldkomplex im Ausmaße von 25.000 m 2
spendete. Ein Teil der Parkanlagen, die knapp hinter der Pfanv
kirche zu dem schwarzen Turm und dem Kalenderweg ansteigen,
wurde im Jahre 1908 anläßlich des sechzigjährigen Regierungs>
Jubiläums des Kaisers und fünfzigjährigen des Fürsten der Öffent-
lichkeit übergeben, sie tragen den Namen „Jubiläumspark" 2 )*
Im Jahre 1889 ließ Fürst Johann v. Liechtenstein die Pfanv
kirche zum hl. Veit in Schottwien restaurieren, so daß sie nun
wieder in ihrer einstigen Schönheit prangt ')• Vor dem Beginne
der Arbeiten konnte das stark modernisierte Äußere der im
Laufe der Zeit sehr vernachlässigten Kirche nicht vermuten
lassen, daß man eine reizende spätgotische Kirche vor Augen
hatte. Erst im Innern erkannte man den gotischen Charakter,
der ihre Entstehungszeit in den Anfang des 16. Jahrhunderts
l ) Giannoni, a« a. O. S. 284, 287» 291 und Beilage IV.
') Neue Freie Presse. 9. September 1907, S. 11. — Deutsche Zeitung,
io* September 1907, S. 5*
') Berichte und Hitteilungen des Altertumsvereines. 1866, IX, S. 82,
1874, XIV, S. 88, 1890, XXVI, S. 220 f. — BUtter des Vereines för Landes-
kunde 1867, 1, S. 29. — Monatsblatt des Altertumsrereines. x888, n, S. 72,
1890, HI, S. 25 und 49 £> 1892, HI, S. 189 und 204. — Mitteilungen der
k. k. Zentralkommission. N. F. 1888, XIV, S. 207» 1890, XVI, S. 140.
— 282 —
verweist Der älteste Teil des dreischiffigen Baues ist die nörd"
liehe Kapelle, jetzt der Abschluß eines Seitenschiffes* Das Schiff
besitzt zwei Joche mit niedrigen Abseiten« Die Rippen des
Mittelschiffes ruhen auf Konsolen mit Köpfen oder Wappen/
schildern, die der übrigen Räume auf spitzen oder kegelförmigen
Tragsteinen. Der gleichzeitige Orgelchor ruht auf drei flachen
Rundbogen und ist gegen das Langhaus hin von zwei Pfeilern
gestützt. Da die Kirche tiefer als die angeschotterte Straße lag
und die Fenster im Laufe der Zeit teilweise zugemauert und
verkleinert worden waren, so blieb sie dunkel und feucht. Die
durchgreifenden Restaurationsarbeiten, vom Architekten Gustav
Ritter v. Neumann pietät' und verständnisvoll geleitet, machten
die zierliche Dorfkirche zum Schmuck des Ortes. Der unschöne
Turm, welcher aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts
stammte, wurde bis zur untersten Etage abgetragen und durch
einen neuen mit einem Satteldach ersetzt, wie er auf einem
alten Bilde dargestellt ist und wie ihn die Kirche zu Spital
und andere Gotteshäuser des Semmeringgebietes besitzen.
Neue Glasgemälde schmücken nun die Fenster der Kirche,
deren hübsches Maßwerk man vorher hergestellt hatte. Der
Architekt forschte auch nach alten Wandmalereien und ent*
deckte Spuren von solchen im Presbyterium. Sie bedeckten
ein Travlefeld und das Mittelschiffgewölbe bei jenem Gurt,
welcher das Mittelschiff von der Abseite trennt. Im Gewölbe
erblickte man Ranken und Blumen auf weißem Grunde, im
Seitenfelde ein Jüngstes Gericht. Das Bild wurde mit aller Vor'
sieht bloßgelegt; es läßt eine Malweise mit Kalkfarben auf
nassem Mörtelgrunde erkennen und stammte jedenfalls aus
der Bauzeit der Kirche, war aber leider so stark beschädigt,
daß die Wiederherstellung desselben unmöglich war. Durch den
Künstler Jobst wurde das Freskengemälde im Stile der
neu hergestellt und auch die beiden Apsiden der
mit Wandgemälden geschmückt, die den Erzengel Michael mit
dem Drachen und die hl. Maria darstellen. Auch die alten
ornamentalen Malereien wurden erneuert. Eine Kanzel und
der Hochaltar, die nach spätgotischen Motiven geschaffen
wurden, zwei Seitenaltäre und ein schmiedeeisernes Gitter für
27. BRUNN: Inneres der Pfarrkirche.
— 283 —
die Turmhalle vervollständigten die Rekonstruktion der Kirche*
Unterhalb des Presbyteriums liegt die Gruft der Grafen v*
Wallsegg* Das in der Kirche befindliche Marmorepitaphium
des Reichsgrafen Josef Leopold Julius v. Wallsegg, eine schöne
Leistung aus der Zeit der Barocke, wurde renoviert* Durch
die Wiederherstellung des Daches« der Gesimse und der Giebel'
mauer nach der ursprünglichen Intention erschienen die RestaU"
rierungsarbeiten an der Pfarrkirche vollständig abgeschlossen*
Im Dorfe Seebenstein liegt das von Johann Ferdinand
Graf v« Pergen im Jahre 1733 vollendete Sommerschlößchen*
umgeben von einem hübschen* großen Parke* und die Liechten^
steinsche Patronatskirche zum hl* Apostel und Märtyrer Ajv
dreas* ein gotischer Bau* dessen dreiseitig geschlossener Chor
mit dem einfachen Kreuzgewölbe auf das Ende des 14* Jaluv
hunderts zurückgeht* Das Schiff der Kirche bildet fast ein
Quadrat und wird von zwei achteckigen Pfeilern in drei gleich
hohe Hallen geteilt* In den Jahren 1849 — 1853 wurde die Kirche
außen und innen im allgemeinen gelungen neu ausgestattet*
und zwar auf Kosten der Fürstin Franziska v* Liechtenstein*
welche zu den Arbeiten den Wiener Baumeister Franz Lößler*
den Bildhauer Josef Angeler aus Edlitz und den Maler F. Ittenbach
aus Königswinter in Rheinpreußen herangezogen hatte* Einen
hervorragenden Schmuck der Dorfkirche bilden die im mittleren
Chorfenster eingelassenen Glasgemälde* die in leuchtenden
Farben prangen und die das Brustbild des Erlösers* die Hei-
ligen Andreas und Stephanus* die Donatoren Rudolf Otto v*
Liechtenstein^Murau (f 1379) und dessen Gemahlin und das
Bruchstück einer Kreuzigung zeigen* Diese schönen Glas^
gemälde wurden auf Kosten des regierenden Fürsten sorgfältig
ausgebessert* Das größte Interesse aber beanspruchen die
schönen Grabsteine der Freiherren v* Königsberg* die* sorgfaltig
gereinigt und gut erhalten* zweckmäßig an der Inneiv und
Außenseite der Kirche eingemauert erscheinen* Selten wird
man eine so große Anzahl von Grabsteinen (man zählt 16 Platten)
eines Geschlechtes an einem Ort aufgestellt finden* Der wert/
vollste Stein* der des Konrad v* Königsberg (f 1448)* des
ersten Besitzers von Seebenstein, welcher sich im Boden vor
- 284 -
dem Hochaltäre befand, wurde auf Anregung des gegenwärtigen
Patronatiherrn an der linksseitigen Wand des Kirchenschiffes
aufgestellt, um ihn tot weiteren Beschädigungen zu sch üt zen 1 ).
Die aus sorgfaltig behaltenen und gefugten Quadern be*
stehende, interessante gotische Kirche zu Alt-Liechtenwarth,
deren rechtes Seitenschiff allerdings schon am Beginne der
Obergangszeit vom romanischen in den gotischen Stil entstand,
während das Portal an demselben bereits spätgotische Formen
aufweist, fand ebenfalls in dem Fürsten einen hochherzigen
Patron« Auf Kosten Seiner Durchlaucht wurde im Jahre 1893
der Hochaltar in entsprechender Weise renoviert und mit
einem prachtvollen Altarbilde, welches den hL. Nikolaus dar-
stellt und von Josef Matthias Trenkwald gemalt wurde, ge-
schmückt 5 ).
Die großartige Pfarrkirche der Stadt Feldsberg, welche
in den Jahren 1631 — 1671 vom Fürsten Carolas Eusebius er**
richtet worden war, erfuhr im Innern eine durchgreifende Er'
neuerung, welcher die durch die innere Raumgestaltung, die
riesigen Dimensionen (48 m Länge, 28 m Breite und 34 m Höhe)
und die reiche Stuckdekoration interessante Kirche besonders
würdig war* Zahlreiche Risse und Sprunge, welche im Laufe
der Jahre immer gefahrdrohender geworden waren, wurden
ausgebessert, der schwarze und grüne ölanstrich, welcher seit
Dezennien die Säulen der prächtigen Altäre, die schöne Kanzel,
die Docken des Steingeländers, welches Schiff und Presbyterium
scheidet, und die Balustrade des Orgelchores verunstaltet hatte,
wurde entfernt, der figurale und ornamentale Schmuck erneuert
*) Ober die Pfarrkirche zu Seebenstein und deren Grabmale ver~
gleiche: Mitteilungen der k. k. Zentralkommission. 1856, I, S. 106, N. F.
Z883» ix» s. clii, 1885, xi, s. xlii t t 1886, xn, s. clxxi &, 1887, nn,
8. XL VI f. und CCXXIX, 1888, XIV, S. 119 und 208, 1895» XTT, S. 192. —
Berichte und Hitteilungen des Altertumivereines. 1856, 1, S. 203 ff., 1866,
IX, S. 8a» 289z, XXVII» 8* xax und 187 ff* 1893* XXIX» S. 106 ff # — Monats*
blatt des Altertumsvereines, x888» H, S. 63» 1891, m» S. 109«
') Nach den gütigen Hitteilungen des Herrn Pfarrers Karl Zieger. —
Vergleiche auch: Topographie von Niederösterreich. X903» V» S. 824 f. und
1118 f . — K. Grefe» Alt^ötterreich. XL» Blatt x6x. — Hitteilungen der k. k.
Zentralfcommistion. N. F. 1896» XXII» S. 51*
- 285 -
und das Hochaltarblatt, eine Kopie des in der Liechtenstein^
Galerie befindlichen Rubensschen Bildes „Maria Himmelfahrt*
von Gaetano Fanti, unter der Leitung August Schaeffers ge*
wissenhaft restauriert Die Kirche wurde endlich in weißen und
gelblichen Tönen getüncht, einzelne Plastiken aber zur Er-
höhung ihrer Lichtwirkung an den entsprechenden Teilen leicht
vergoldet. Ferner wurde ein neuer Aufgang zur Kirche her-
gestellt und die beiden Kolossalgestalten der Apostel Petrus
und Paulus, die in Nischen zu beiden Seiten des Eingangstores
angebracht sind, sorgfältig ergänzt 1 )
Im Besitze des Fürsten befand sich vor Jahren ein Ge-
bäude, das einst einen Bestandteil des vom Fürsten Johann
Adam Andreas erbauten, im Jahre 1803 aber aufgehobenen
Franziskanerklosters bildete. Im Jahre 1876 überließ Seine
Durchlaucht den schönen, an der Außenseite mit üppigen Stuck-
ornamenten geschmückten Bau als hochherziges Geschenk
dem Lande Niederösterreich, welches denselben zur Unter-
bringung der Acker-, Obst- und Weinbauschule benützte«
Gegenwärtig dient das Gebäude als Wohnung des Direktors 2 )«
Das Krankenhaus und die Kirche der Barmherzigen Brüder
in Feldsberg verdanken dem fürstlichen Hause ihre Gründung,
und dessen unablässige Fürsorge hat die erste Niederlassung
des Ordens in deutschen Landen zum lebenskräftigen Gedeihen
gebracht Als der größte Wohltäter des Klosters muß Fürst
Johann II* betrachtet werden, der an Stelle des im 17, Jahr-
hundert von dem Fürsten Carolas Eusebius und seiner Ge-
mahlin Johanna Beatrix errichteten Krankenhauses einen aus-
gedehnten Neubau aufführen ließ, der den hochgespannten
hygienischen Anforderungen der Neuzeit vollständig genügte.
Nachdem der Direktor des Wiener allgemeinen Krankenhauses,
Dr. Böhm, und Professor Billroth ihr Gutachten über die dem
Bau zu Grunde gelegten Pläne abgegeben hatten, begannen im
») Vergleiche die bei „Schloß Feldsberg" angeführte Literatur« —
Eine Mitteilung über die Glocken der Pfarrkirche enthalt das „Monat*»
blatt des Altertumsvereines". 1905, VII, S. 179 f.
*) Jahresbericht der niederösterreichischen Landes- Acker-, Obst*
und Weinbauschule zu Feldsberg. Feldsberg 1905, S. 6 f.
— 286 —
Jahre 1890 unter der Leitung des fürstlichen Baurates Hampe
die Arbeiten, welche nach zweijähriger Dauer vollendet waren.
Das Spital wurde praktisch und geschmackvoll eingerichtet
und erhielt eine vornehme, dem alten Bau vortrefflich ange^
paßte Fassade. Eine Prachtleistung des Architekten Karl Wein'
brenner ist die Totenkapelle des Klosters, schlicht und doch
ansprechend aufgebaut. Der Grundriß zeigt die Form eines T,
die verschiedene Höhenlage der Gesimse machte eine lebhaftere
Gestaltung des Daches möglich, welche durch den die Sterbe'
glocke enthaltenden Dachreiter noch erhöht wird. Dem Kapellen^
eingang ist eine kleine Halle vorgelagert, deren Rückwand
durch eine reiche Türumrahmung und ein reizendes Relief
(der Engel verkündet den Frauen die Auferstehung Christi)
geschmückt ist. Ober der Stirnmauer erhebt sich ein schmucker
Giebelaufbau. Die Außenseite des Kapellenbaues ist in roten
Verblendern, die architektonischen Glieder sind in Formsteinen
ausgeführt, der Fries wird durch braune Glasursteine belebt.
Die Dacheindeckung erfolgte in glasierten Biberschwänzen, deren
graue und braune Farbe eine freundlich wirkende Dessinierung
ermöglichte. In der Kapelle befindet sich ein kunstvoller Marmor'
altar und ein großes, schönes Wandkreuz, eine Widmung des
Pfarrers Anton Krejötf in Katzelsdorf. Die Klosterkirche (1671
eingeweiht) ließ der Fürst im Jahre 1905, als der Konvent seine
vor 300 Jahren durch den Fürsten Karl I. erfolgte Berufung
nach Feldsberg festlich feierte, vollständig renovieren. Bei dieser
Gelegenheit wurde auch das im Jahre 1757 von Johann Cymbal
gemalte Hochaltarbild, welches den hl. Augustinus darstellt,
verständnisvoll restauriert und die ebenerdigen Gänge des Kon/
ventgebäudes und des Refektoriums mit Klinkerplatten neu
gepflastert. Die Türme der Klosterkirche hatten schon im
Jahre 1883 auf Kosten des Fürsten an Stelle der Notdächer
eine 12 m hohe Kupfereindeckung erhalten, die dem Barock'
stile der Kirche entsprach 1 ).
l ) Geschichte und Festschrift der österreichisch~böhmischen Ordens*
provinz der Barmherzigen Brüder in Feldsberg etc. Von Joannes de Dco
Sobel. Wien 1892. — BUtter der Erinnerung aas der Chronik des Kon*
— 287 —
Große Verdienste hat sich auch Seine Durchlaucht um
die Restaurierung der Mariensäule (1904), die auf dem Stadt-
platze aufgestellt und ein schönes Erinnerungszeichen an die
Pestgefahr am Ende des 17* Jahrhunderts ist, erworben 1 ). Die
selbe wurde unter der Aufeicht des Architekten Karl Wein*
brenner durch den Bildhauer Ludwig Stürmer verständnisvoll
erneuert. Die in Wolken schwebende Figur der hl. Maria Imma^
kulata, wie die zu ihren Füßen stehenden Standbilder der
Heiligen Sebastian, Rochus, Franziskus und Karl Borromäus
wurden gründlich von Schmutz, Moos und den Resten des
Ölanstriches gereinigt, die fehlenden Körperteile ersetzt und
die schadhaften Teile des Unterbaues, der Sockel und der
Mittelsäule ausgebessert. Ein schlichtes schmiedeeisernes Gitter
umschließt die ganze Anlage. In der vor der Stadt in der Nähe
des Kinderasyles der Nordbahn gelegenen, schönen Barock'
kapelle wurde an der Stelle der schadhaften Statue der hl.
Apollonia auf Kosten des Fürsten ein anmutiges Standbild der
Gottesmutter aufgestellt Die Sorgfalt, welche der Fürst den
kirchlichen Baudenkmalen der Stadt angedeihen ließ, fand in
allen Kreisen der Bevölkerung Feldsbergs die größte Bewunde"
rung. Durch seine Opferwilligkeit wurde eine Reihe interessanter
Denkmäler der heimischen Kunst wieder in stand gesetzt und
vor dem Verfalle behütet.
Durch einen Beitrag von 20.000 K ermöglichte Seine Durch'
laucht die Erweiterung der Pfarrkirche von Hohenau, welche
sich infolge der stark zunehmenden Bevölkerung als unum*
gänglich notwendig erwies (1902). Unter der Leitung des k. k.
Hofbaumeisters Schmalzhofer wurde das Hauptschiff des Gottes>
hauses um zirka 10 m verlängert, ein Seitenschiff, welches eine
Empore erhielt, angebaut und bei dieser Gelegenheit zugleich
der Innenraum des älteren Kirchenteiles in würdiger Weise
renoviert 2 ).
ventes der Barmherzigen Brüder in Feldsberg etc. Feldsberg 1905. —
Wiener BauindustrieoZeitung. 1898/99» XVI, S. 394 f.
') Honatsblatt des Altertumsvereines. 1905, VII, S. 115.
*) Nach den gütigen Mitteilungen des Herrn Pfarrers Julius Walilc.
— 288 —
Auch die am Fuße des Sonnwendsteines herrlich gelegene
Wallfahrtskirche Maria^Schutz wurde durch die eifrigen Bc
mühungen des Kirchenpatrones, des Fürsten Johann von
Liechtenstein, der k. k. Zentralkommission für Kunst" und
historische Denkmale und ihres Konservators, sowie des dor*
tigen Pfarrers einer würdigen Restaurierung unterzogen '). Die
hohe, geräumige Kirche, zu welcher Reichsgraf Josef Leopold
Julius von Wallsegg im Jahre 1728 den Grundstein gelegt hatte,
ist ein schönes Werk aus der Barockzeit. Der sehenswerte,
originelle Hochaltar, hinter welchem das Frauenbrünnlein her"
vorquillt, die schönen Seitenaltäre mit wertvollen Ölgemälden,
die reiche Kanzel, die prachtvolle Orgel, die lebensvollen Bild"
hauerarbeiten, endlich die prunkvollen Ornate mit den Wappen
der Wallsegg, Kinsky, Liechtenstein und Buquoy verdienen
eine eingehende Betrachtung. Infolge eines Brandes (1826)
wurden die schönen Kuppeln der Türme zerstört und hatten
sich mit stillosen, flachen Dächern begnügen müssen« Leider
konnte bei der Restauration derselben von der Anregung des
Konservators der k. k. Zentralkommission, diese nach der
auf einem von Janscha gezeichneten und von Ziegler gestochenen
Bilde von Maria"Schutz ersichtlichen alten Form wiederher"
zustellen, kein Gebrauch gemacht werden, da die Mitteilung
zu spät kam; und so wurden sie wieder in derselben Weise
gedeckt. Auch die Orgel, welche unter dem Brande am Beginne
des 18. Jahrhunderts stark gelitten hatte, wurde neu hergestellt
(1899). Ferner war die Neuherstellung der Mensa des Hoch"
altares, die bis jetz nur aus Ziegeln aufgemauert und mit
Mörtelanwurf versehen war, notwendig geworden. An die
Stelle des alten Altartisches trat nun ein neuer aus weißem
Marmor, mit Skulpturen geschmückt, und zwar in derselben
Form, wie ihn ein guter Stich aus dem 18. Jahrhundert von
Liedl in Wien zeigt« Auch gegen die Anbringung von Glas"
gemälden erhob die k. k. Zentralkommission keine Einwenr
l ) Monatsblatt des Altertumsvereines. 1890, III, S. 50, 1894, IV,
S. 159, 1900, VI, S* 8. — Mitteilungen der k* k. Zentralkommission. IIL F.
1904» Hit Sp. 190, 1906, V, Sp. 82* 1907» VI, Sp. 208« — Topographie von
Niederösterreich. 1904» VI, S. 147 ff.
— 289 —
düng, wenn bildartige, figurale Darstellungen eingeschränkt
oder vermieden werden, die Zeichnung aber im Einklang mit
dem Barockstile des Kircheninnern und in den Farben mög"
liehst hell gehalten wird«
Für den Erweiterungsbau der räumlich unzulänglichen
Franziskaner", seit 1784 auch Pfarrkirche von Maria^Enzersdorf
(Enzersdorf am Gebirge) 1 ), welcher in den Jahren 1906— 1907
durch Baurat Richard Jordan mit einem Kostenaufwand von
beläufig 135.000 Kronen durchgeführt wurde, widmete der
Fürst die ansehnliche Summe von 20.000 Kronen. Kirche und
Kloster zu Enzersdorf waren im Jahre 1472 vollendet worden»
Von diesem alten Bau haben sich bis in die neueste Zeit
Spuren der gotischen Grundform, besonders in dem mit drei
Seiten des Achteckes geschlossenen Presbyterium erhalten. Im
Jahre 1529 durch die Türken verheert, wurde das Kloster 1533
aufgehoben. Ferdinand II. stellte allerdings dasselbe wieder her
und übergab es neuerdings den Franziskanern; doch beim
zweiten Türkeneinfalle (1683) gingen die Gebäude abermals
in Flammen auf. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhun"
derts wurden dieselben wieder instand gesetzt, das Kloster
wurde durch einen Zubau vergrößert, die Kirche neu ausgc
schmückt. Besondere Verdienste in dieser Hinsicht erwarb sich
der damalige Guardian P. Placidius Herzog, der berühmte
Geschichtsschreiber des Franziskaner ' Ordens in Österreich.
Seitdem im Jahre 1730 auf dem Hochaltar der Kirche eine
Mariepstatue aufgestellt worden war, wurde das Gotteshaus
das Ziel häufiger Wallfahrten.
Nach der Absicht des derzeitigen Guardians hätte die Ver^
gröfierung der Kirche durch Einbeziehung einer Kapelle und
der Sakristei vorgenommen werden sollen, wodurch dieselbe
ein linkes Seitenschiff erhalten hätte. Auf Anregung Jordans
') Nach einem vom Baurate Richard Jordan am 22. Februar 1907
im Wiener Altertumsverein gehaltenen Vortrag. — Vergleiche auch
A. Schmidt, Wiens Umgebungen. III, S. 248 ff. — Topographie von
Niederösterreich. 1885, II, S. 599 ff« — Mitteilungen der k. k. Zentral*
kommission. N. F. 1906, V, Sp. 357.* — Monatsblatt des Altertums*
Vereines. 1907» VIII, S. 109 f.
19
— 290 —
wurde dieser Plan fallen gelassen und ein weitergehender Um/
bau beschlossen. Das Längsschiff wurde über das Presbyterium
hinaus fortgeführt, geradlinig abgeschlossen und ein peues
Querschiff eingelegt. Der Mittelraum erhielt eine krönende
Kuppel. An der rechten Wand des Presbyteriums wurde ein
Oratorium für den Fürsten angebracht, das rechte Querschiff
wurde ebenfalls mit Oratorien versehen. Mächtige Rundbogen^
fenster beleuchten den Innenraum der Kirche, deren Fassade
in einfacher, aber würdiger Weise ausgestattet wurde. Die Eiv
richtung einer neuen Sakristei, einer Halle zur Aufnahme der
Beichtstühle und eines neuen Zuganges zum rechts von der
Kirche befindlichen Kloster vollendeten den Umbau des Gottes*-
hauses.
An die Besprechung der auf Kosten oder unter der Mit"
hilfe des Fürsten durchgeführten Kirchenrestaurationen schließen
wir eine Würdigung jener Gotteshäuser an, welche Seine
Durchlaucht auf seinen Gütern neu errichten ließ.
Den hervorragenden Schöpfungen des fürstlich Liechten"
steinschen Architekten Karl Weinbrenner in* Eisgrub schließt
sich in würdiger Weise die neue Pfarrkirche in Unter/The^
menau an (Abb. 28), welche in den Jahren 1894 — 1898 auf
Kosten des Fürsten an Stelle der räumlich und baulich sehr
bescheidenen Dorfkirche errichtet wurde 1 ). Das Gotteshaus
zeigt eine zentrale Anlage. Der Grundriß erscheint aus zwei
über Eck gestellten Quadraten kombiniert. Die Verbindung^
linien der Durchschnittspunkte derselben bilden die Diagonalen
eines Oktagons, welches als Mittelbau in die Höhe strebt. Die
Kippen des Gewölbes vereinigen sich sternförmig im Schluß"
stein, der 23*5 m über dem Pflaster liegt. Spitzbogige, hohe
Fenster beleuchten den zentralen Raum, der durch Arkaden
von den Seitenkapellen, der Vorhalle, über welcher sich der
Orgelchor befindet, und dem Presbyterium geschieden wird.
Zu beiden Seiten des letzteren liegen die Sakristei und
das Oratorium. Die Grundrißform der Kirche ermöglicht ge*
*) Der Architekt. 1895, I, S. 51* Taf. 87—88, 1897» HI, S. 14» Taf. 29.
— Wiener Bauindustrie^Zeitung, 1900/01, XVIII, S. 253 f. — Bautenalbum.
Taf. 59 und 60.
28. UNTER-THEMEN AU: Pfarrkirche.
— 291 —
nügende Durchblicke nach dem Hochaltar, eine gunstige Be-
leuchtung, die nebst den Fenstern des Zentralraumes durch
die mit Glasgemälden versehenen Fenster im Chore und die
einfach gegliederten, gekuppelten Fenster der Seitenwände ge-
schaffen wird, und bei verhältnismäßig reicher Gliederung einen
ruhigen Aufbau der Massen.
Die Inneneinrichtung bilden schlichte. Altäre, die frei-
stehende, im lichten Ton gehaltene Kanzel, ein reicher Kron-
leuchter und stilgerechte Kirchenstühle; einfach ornamentierte
Steinfliesen decken den Boden. Alle Konstruktionsglieder des
Innenraumes (Gesimse, Pfeiler, Dienste, Gurten, Gewölbe-
rippen, Mafiwerke und Friese) wurden in Formsteinen und
roten Verblendern hergestellt und nur die Wandflächen und
Gewölbeschilder erhielten einen Verputz zur Aufnahme einer
polychromierten Dekoration. Im unteren Teile wurde, die
Wanddekoration, als dem Auge mehr sichtbar, in einem mehr-
farbigen Sgraffito ausgeführt. Für die Pfeilersockel, dann für
die Dienst* und Säulenkapitäle gelangte Haustein zur Ver-
wendung. Das Äußere der Kirche ist als Rohbau in roten Ver-
blendern und mit Verwendung von Formziegeln zu allen
Gliederungen durchgebildet. Die reiche, farbige Wirkung des
Baues, die sich dem von Slawen, die im Hausbau und in der
Tracht die alte nationale Eigenheit treu bewahrt haben, be-
wohnten Dorfe trefflich anpaßt, wird noch durch braun und
grün glasierte Ziegel und Formsteine, dann durch kleine, weiße
Putzflächen gesteigert. Auch die Dächer erhielten eine Dessin^
Eindeckung in glasierten Falzziegeln. Die beiden Glockentürme,
die das im stumpfen Spitzbogen geschlossene Portal flankieren,
wurden in ihrer Ausdehnung auf das Mindestmaß beschränkt,
um den Charakter des Zentralbaues auch äußerlich deutlich
zum Ausdrucke zu bringen. Das schlanke Zeltdach derselben
wurde gleich der Kuppel der Laterne mit grün glasierten Biber-
schwänzen eingedeckt. Haustein kam nur an den Schenkeln
des reich ornamentierten Giebels über dem Haupteingange, wie
an den Kreuzblumen der Wimperge und den Wasserspeiern
zur Anwendung. An der Ausführung des Baues waren unter
andern der Baumeister Tosef Schmalzhofer, der Steinmetzmeister
19*
— 292 —
Johann Konheiser» der Bildhauer Josef Beyer, die Wiener Bild'
hauovAssoziation, die Schlosser V. Gillar und A. Nehr und
der Tischler Adolf Rechberg beteiligt Das gesamte Verblende
material, die glasierten Dachziegel und Fliesen lieferte die
fürstliche Tonwarenfabrik in UnteivThemenau, die in der Er'
zeugung der vorzüglichen, farbenprächtigen Baumaterialien ihre
außerordentliche Leistungsfähigkeit aufs glänzendste bewies.
Die weithin sichtbare Kirche liegt inmitten einer ausgedehnten,
reizenden Parkanlage, die von einem schmiedeeisernen Gitter
eingefriedet wird« Innerhalb derselben erhebt sich ein einfaches
Steinkreuz, das von stilisiertem Kastanienlaub umrankt wird.
Die Umgebung der Pfarrkirche gewinnt in hervorragendem
Maße durch die gleichfalls von dem Gutsinhaber geschaffenen
Neubauten für die Schule, das Pfarrhaus und die Wohnung
des Arztes, die sich in ihrem Stile und in ihrer Dekoration
würdig der äußeren Erscheinung der Kirche anfügen.
An dieser Stelle mögen auch einige Worte über die
Liechtensteinsche Tonwarenfabrik in Unter'Themenau Platz
finden, die hinsichtlich der Güte und Schönheit der erzeugten
Waren, wie ihrer maschinellen Einrichtungen, die in moderner
und zweckmäßiger Weise ausgebildet sind, wohl die hervor"
ragendste Stelle unter den ähnlichen Fabriken Österreichs ein"
nimmt 1 ). Sie besteht aus vier Fabriksabteilungen, und zwar
der Fabrik für Trottouv und Mosaikplatten (Jahresproduktion
bis zu 12 Millionen Stück), der Fabrik für Steinzeug" und
Klinkererzeugnisse mit einer Erzeugung von zirka 100.000 Stück
Röhren, Fassonstücken und sonstigen Steinzeugwaren und
zirka i Million Klinkerziegeln pro Jahr, der Fabrik für Dach-
ziegel, Drainröhren und Verblender (Jahresproduktion 3% Mil-
lionen Stück) und der Fabrik für Kachelwaren und andere
glasierte Artikel (zirka 400.000 Stück pro Jahr). An diese An-
lagen schließt sich ein umfangreicher Betrieb zur Gewinnung
der Rohmaterialien an, die aber auch in großer Menge zuge"
führt werden. Das Werk beschäftigt rund 700 Beamte und
Arbeiter. Am Werke besteht eine Restauration mit einem
l ) Blätter des Vereines für Landeskunde. 1869, III, S. 177* — Kraetzl,
Das Fürstentum Liechtenstein etc. S. 272 ff.
— 293 —
großen Speisesaal für die Arbeiter und Passagierzimmern» ein
Badehaus und eine schöne Parkanlage» Zur Fabrik gehören
ferner 20 Wohngebäude mit 77 Familienwohnungen, in welchen
die Beamten und ein Teil der Arbeiterschaft untergebracht
sind« An 160 Arbeiterfamilien haben Felder im Mindestaus^
maß von je 800 m 2 zur Bebauung zugeteilt Die schönen
Produkte der Fabrik fanden bei zahlreichen Bauten, die während
der Regierung des Fürsten auf dessen Gütern zur Aufführung
gelangten, die ausgedehnteste Verwendung ; jedoch auch andere
Bauherren wußten die Erzeugnisse der Fabrik zu schätzen. So
sind z. B. die schönen glasierten Dachziegel, die nach dem
System des Chemikers Kosch, der einst in der k. k. Porzellan'
fabrik angestellt war, in allen Farben erzeugt wurden, bei
zahlreichen Kirchenbauten des Dombaumeisters Fr. v. Schmidt
verwendet worden« Die Kirchen in Fünfhaus und in der
Brigittenau in Wien waren die ersten, bei welchen von diesen
prächtigen Erzeugnissen Gebrauch gemacht wurde.
Im Jahre 1900 wurde die alte Pfarrkirche zum hl. Apostel
Andreas in Dobermannsdorf abgebrochen und an deren Stelle
ein neues, geräumigeres Gotteshaus nach den Plänen des
Architekten Karl Weinbrenner aufgeführt, das die Ortsgemeinde
der Munifizenz des Fürsten zu danken hat ] ). Schon im LonS"
dorfschen Verzeichnis der Pfarren des Passauer Sprengeis steht
die Pfarre unter dem Namen Doberleinsdorf verzeichnet, mit
dem Zusätze, daß ein Liechtenstein deren Patron sei. Vielleicht
hat Heinrich I. v. Liechtenstein (1233— 1265) an der Gründung
der Pfarre und der Erweiterung der ehemaligen Kapelle zur
Kirche mitgewirkt. Der Grundriß des Neubaues zeigt ein 22 m
langes und 8 m breites Hauptschiff, das in vier Gewölbefelder
geteilt und mit Kreuzgewölben überspannt ist. Das Presbyter
rium wird von fünf Seiten des Achtecks geschlossen. Der
vierkantige Turm geht, durch Wasserschläge vermittelt, in
einen achteckigen Turm über, der im schlanken Zeltdach
>) Topographie von Niederösterreich. 1885» II, S. 299* — Wiener
Bauindustrie-Zeitung. 1901/02, XIX, S. 379* — Wiener Bautenalbum.
Taf. 97. — Honatablatt des Altertumsvereines. 1901, VI, S. 88, 1904,
VII, S. 87,
— 294 —
endigt. Der Turm ist seitlich disponiert und hinter demselben
ein Seitenschiff zur Aufnahme des Seitenaltars angeordnet.
Die Turmhalle bildet zugleich einen Eingang und fuhrt zur
Treppe des Orgelchors. Ober den beiden Eingängen sind ge^
deckte Vorhallen mit reicherer Durchbildung angeordnet,
während das Äußere der Kirche in einfacher Weise durchge-
führt wurde. Quaderimitation an den Gebäudekanten und
Öffnungen, Spritzwurf an den Flächen entsprechen dem Cha^
rakter einer Dorfkirche. Nur die Sockel und die Vorhallen
wurden in Stein hergestellt; Vorhalle und Treppenturm sind
mit hellgrün glasierten, die übrigen Dächer mit roten Ziegeln
eingedeckt. Der bemalte Innenraum, die figuralen Glasgemälde
im Presbyterium, der ganz aus Marmor aufgebaute Hochaltar,
die geschnitzten und vergoldeten Seitenaltäre, die polychromierte
Steinkanzel, die eichenen Bänke und Beichtstühle, das Mosaik*»
plattenpflaster vereinigen sich zur edlen, harmonischen Gesamt'
Wirkung. Die Glocken der alten Kirche (drei wurden im Jahre
1757 von Josef Scheichel und eine im Jahre 1842 von Jakob
Korrentsch in Wien gegossen) wurden eingeschmolzen und ein
neues, größeres Geläute vom Kirchenpatron angeschafft. Im
Jahre 1901 fand durch den Weihbischof Dr. Godfried Marschall
die feierliche Einweihung des schönen Gotteshauses statt, das
eine Zierde des schmucken Ortes bildet. (Abb. 29.)
Als Johann v. Liechtenstein, der Hofmeister Albrechts III.,
im Jahre 1393 in Mistelbach Grund und Boden erwarb, ging
auch die von Marchart II. v. Mistelbach gestiftete Spitalkirche
nebst dem Armenspital in den Besitz desselben über. Schon
in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde das Spital von
der Liechtensteinschen Familie erweitert und neu bestiftet und
auch in der Folge sorgten die Mitglieder des fürstlichen Hauses
mit warmem Herzen für dasselbe. Die alte, der hl. Elisabeth
geweihte Kapelle war ein einfacher gotischer Bau von der
Wende des 15. Jahrhunderts. An das aus drei Jochen bestehende
Schiff schloß sich im Norden ein Anbau von verminderter
*
Höhe und Breite an, welcher zwei Gewölbejoche umfaßte und
als Presbyterium diente. Die Decke bestand aus einfachen
spitzbogigen Kreuzgewölben mit kleinen Schlußsteinen. Im
29. DOBERMANNSDORF: Pfarrkirche.
— 295 —
ersten Schiffjoch war die Empore eingebaut. Spitzbogige
Fenster, Strebepfeiler am Langhaus und ein kleines, reizendes
Steintürmchen belebten das Äußere des zwar nicht hervor'
ragenden, aber als Denkmal der heimischen Baukunst immer'
hin beachtenswerten Baues« Im Jahre 1904 wurde die Kirche
abgebrochen, da sie dem Ausbau der Mitschastraße im Wege
stand. Es war ein Wunsch aller Freunde der heimischen Kunst
und Geschichte, daß dieses Kirchlein erhalten bleiben sollte,
als ein Zeichen, wie die Kunst früherer Zeiten derartige ein*
fache Bauprobleme löste, als ein Teil des Stadtbildes, der sich
nicht mehr ersetzen läßt; allein die Kosten der Restaurierung
der noch dazu feuchten und tiefliegenden Kapelle wären zu
- bedeutende gewesen. Die k. k. Zentralkommission für Kunst'
und historische Denkmale gab auch aus diesem Grunde ihre
Zustimmung zum Abbruch der Kapelle; sie sprach sich jedoch
für die genaue Aufnahme und für die Erhaltung des figuralen
Schmuckes derselben aus, welchem Wunsche die Stadtgemeinde
gern nachkam. Fürst Johann v. Liechtenstein, welcher die
Kapelle der Gemeinde schon im Jahre 1902 zum Zwecke der
Straßenregulierung geschenkt hatte, widmete zum Baue der
neuen Kapelle 16.000 Kronen und das nötige Baumaterial
aus der UnteivThemenauer Tonwarenfabrik im Werte von
8000 Kronen. Auch andere Wohltäter trugen das Ihre zum
Kirchenbaue bei Der Bürgermeister Thomas Freund und
dessen Frau Anna stifteten ein bemaltes Glasfenster, die
Schwestern Wunsch spendeten 1300 Kronen. Mit der Aus'
arbeitung der Baupläne wurde von Seiner Durchlaucht der
Architekt Karl Weinbrenner betraut, den Bau selbst führte der
Baumeister Josef Dunkl in Mistelbach durch. Die Kapelle ist
in den schlichten Formen der nordischen Gotik ausgeführt,
das Äußere wirkt wie bei allen Bauten Weinbrenners insbc
sondere durch die glückliche Verwendung des farbigen, vor'
züglichen Tonmaterials aus der Liechtensteinschen Fabrik zu
Unter'Themenau. Einen schönen Schmuck des Innenraumes
bilden die von Ferdinand Stuffelesser in St. Ulrich (Grödener'
tal, Tirol) geschnitzten Figuren der hL Elisabeth und zweier
Engel am Hochaltar. Bei der feierlichen Einweihung des
— 296 —
Kirchleins am 19, November 1905 erschien in Vertretung des
Fürsten Prinz Karl v. Liechtenstein 1 )*
Das Liechtensteinsche Pfründnerhaus lag in unmittelbarer
Nähe der Kirche« Es war ein schlichtes Gebäude mit einzelnen
spätgotischen Details von besonderer Zierlichkeit. Unter den
Gewänden dreier Fenster ragte besonders eine Gewandung
durch die mit Wappen gezierten Konsolen hervor. Ein schönes
spätgotisches Werk war das aus gekreuzten Stäben konstru'
ierte, reichgegliederte und stark profilierte Portal mit flachem
Kleeblattsturz. Im Jahre 1884 wurde dieses Gebäude nieder'
gerissen, an seiner Stelle ein Garten angelegt und daran an-
stoßend auf Kosten Seiner Durchlaucht das gegenwärtige, villen-
artige Spital errichtet, das für acht Pfründner berechnet ist.
Der Fürst erwies sich auch in anderer Hinsicht als ein
Wohltäter der Stadt. Als die Gemeinde daranging, auf dem
Kirchenberge Parkanlagen zu schaffen (1881), trat der Fürst
zu diesem Zwecke bereitwilligst den ihm gehörigen Teil des
Berges ab und förderte das Unternehmen überdies durch eine
namhafte Geldspende. Die Anhöhe, wo einst die Stammburg
der Herren von Mistelbach stand, die später an die Herren
von Liechtenstein überging, ziert nun ein schöner Park, welchem
die dankbare Vertretung der Stadt zur Erinnerung an den
Fürsten den Namen Liechtensteinanlage gab. Den schönen
Obelisken, ein Werk der Unter/Themenauer Tonwarenfabrik,
welcher auf der unter dem Protektorate des Fürsten in Mistel-
bach abgehaltenen landwirtschaftlichen Ausstellung (1895) zu
sehen war, schenkte der Fürst der Stadt. Die Gemeindever-
tretung ließ denselben im Stadtpark aufstellen und darauf eine
Marmortafel anbringen, auf welcher die Worte zu lesen sind:
Zur Erinnerung an die land-, forstwirtschaftliche und Gewerbe-
ausstellung 1895. Gewidmet von Seiner Durchlaucht dem
regierenden Fürsten Johann von und zu Liechtenstein. — Im
Jahre 1907 erfolgte durch Seine Durchlaucht die hochherzige
Spende von 30.000 Kronen zum Baue eines neuen Kranken-
1 ) Über den Bau der neuen Elisabethkapelle hat mir Herr Karl
Fitzka, k. k. Finanzrat i. P., gütigst Hitteilungen zukommen lassen.
— 297 ~
hauses l ), wodurch derselbe neuerdings seiüe rege Anteilnahme
an der Entwicklung der schönen Stadt bekundete. Als im Jahre
1898 das Städtische Museum gegründet wurde, spendete der
Fürst demselben zehn Urkunden aus dem Liechtensteinschen
Archiv in Wien, die auf die Geschichte der Stadt Bezug haben
und außerdem mehrere Abschriften und Auszüge von solchen
Urkunden, welche auf Mistelbach sich beziehende Daten ent-
halten 0»
Ein besonderes Verdienst erwarb sich auch der Fürst um
die Renovierung des ölberges im benachbarten Wilfersdorf 3 ).
Die Stationen des aus dem 17. Jahrhundert stammenden Kai'
varienberges ziehen sich an der Reichsstraße von Wilfersdorf
gegen Erdberg hin. An seinem Fuße erheben sich zwei Kapellen,
„Maria vom Siege" und „Jesu Abschied von Maria", die noch
ziemlich gut erhalten sind* Von den eigentlichen Leidens'
Stationen „Jesus am ölberg", „Geißelung", „Dornenkrönung",
„Kreuztragung" und „Kreuzabnahme" befand sich besonders
der ölberg in traurigem Zustande. Die Figuren aus Zogehk
dorfer Stein hatten im Laufe der Zeit stark gelitten, eine un<
schöne Bemalung entstellte die Gestalten der Jünger. Die
Spenden frommer Gemeindeangehöriger und vor allem die an/
sehnliche Widmung des Fürsten (1072 Kronen) ermöglichten
die Restaurierung des Werkes. Architekt Karl Weinbrenner
und der Bildhauer Josef Stürmer führten dieselbe in einer
Weise aus, daß die Gruppe, welcher künstlerischer Wert nicht
abzusprechen ist, nun eine Zierde des Marktes bildet Am
') Histelbacher Bote« 19. Juli 1907» S. 3«
*) Über Histelbach vergleiche: Kraetzl, Das Fürstentum Hechten*
stein etc. S. 266 f. — Berichte des Altertumsverein es. X891, XXVII, S. 59 f.
— Monatsblatt des Altertumsvereines. 1902, VI, S. 24. — Hitteilungen der
k. k. Zentralkommission. N. F. 1882, VIII, S. XLIX, 1889, XV, S. 62 und
123, Ol. F. 1902, I, Sp. 357 tmd 404, 1903, n, Sp. 117 f.» 1904* in, S.26 und
150. — Karl Fitzka, Geschichte der Stadt Histelbach. Histelbach 1901. —
Topographie von Niederösterreich. 1906, VI, S. 609 ff. — K. Grefe, Alt'
Österreich. Bl. 190 a und b.
3 ) Bote aus Histelbach. XIX, Nr. 13, 30. Harz 1906, Nr. 15, 13* April
1906. — Hitteilungen der k. k. Zentralkommission. III. F. 1906, V,
Sp. 122*.
— 298 —
8« April 1906 fand die feierliche Einweihung des ölberges statt
Möge es gelingen, auch die Mittel für die Wiederherstellung
der übrigen Leidensstationen aufzubringen!
Die Gemeinde Katzelsdorf 1 ), welche bis 1693 nach Felds*
berg eingepfarrt war, verdankt ebenfalls der hochherzigen Ge*
sinnung des Fürsten ein neues Gotteshaus, dessen Bau nach
Abtragung des alten, unscheinbaren Kirchleins zum hl. Bartho**
lomäus, das in seinen Formen eine Vermengung barocker,
klassizistischer und neugotischer Motive zeigte, im Jahre 1905
nach den Plänen des Architekten Karl Weinbrenner begonnen
und 1908 vollendet wurde. An das von drei spitzbogigen Ge*
wölb ej och en überspannte Hauptschiff schließt sich das Quer'
schiff und der höher gelegene, schmälere Chor an, der von
drei Seiten des Achteckes abgeschlossen wird. Links von
diesem befindet sich die Sakristei und rechts davon ein Anbau,
der den Aufgang zur Empore und zum mächtigen, 58 m hohen
Turme enthält, der aus dem Viereck in ein schlankes, acht'
seitiges Zeltdach übergeht und durch seine harmonische, ab«*
wechslungsreiche Gliederung das malerische Gepräge der Kirche
wesentlich erhöht. Imposant wirkt besonders die Stirnseite der"
selben, welche den Haupteingang enthält. Ein rundbogiges, von
zwei kräftigen Säulen gestütztes Portal führt in die offene,
bemalte Vorhalle, die von einem Pultdach überhöht und von
zwei schmucken, turmartigen Vorbauten flankiert wird, in wels-
chen die Aufgänge zum Orgelchore liegen. Eine Zierde der
Fassade bildet die vom Bildhauer J. Beyer aus gelblichweißem
Sandstein gearbeitete, schlanke Figur des segnenden Heilandes,
welche sich über einem fünfteiligen, mit ornamentalen Glask
maiereien geschmückten Radfenster erhebt. Von guter Wirkung
ist auch das die linke Seitenwand der Kirche durchbrechende
Seitenportal. Durch die Anwendung verschiedenartigen Batf
materials wurde der Kirche ein eigenartiges Aussehen verliehen,
wie es wenige Landkirchen besitzen. Die Sockel sind aus Stein
hergestellt, die Mauerflächen mit Mörtel in Spritzwurf verkleidet;
für die Gewände der hohen, dreiteiligen Spitzbogenfenster des
l ) Topographie von Niederösterreich. 1903, V, S. 62 f.
30. GIESSHÜBEL: Pfarrkirche.
— 299 —
Schiffes, der kleineren Fenster des Querschiffes, des Presby
teriums und des Portals, ferner für die Gesimse und Friese
wurden rote Formsteine verwendet; die Stufen, die Säulen des
Haupteinganges, die Wappen zu den beiden Seiten desselben*
der Baldachin über der Christusstatue, die Umfassung des Rad'
fensters wurden aus herrlichem, feinkörnigem schlesischen Sand'
stein gebildet, der auch im Inneren für die Sockel und Kapitale
der Pfeiler, welche den Raum unter dem Musikchore vom
Schiffe scheiden, für die Konsolen, auf welchen die aus roten
Formsteinen gefügten Rippen des Kreuzgewölbes ruhen, und
die Schlußsteine in Verwendung kam. Das hohe Dach erhielt
eine Eindeckung in roten Falzziegeln. Der Innenraum des Gottes^
hauses wurde mit schönen ornamentalen Wandmalereien ver"
sehen, der Boden mit stilgerechten Fliesen belegt. Den schönsten
Schmuck der Kirche aber bilden die farbenprächtigen, herrlich
komponierten Glasgemälde, welche sich in die durch Steinpfeiler
unterteilten Fenster des Hauptschiffes vortrefflich einfügen.
Sie stellen die Taufe Christi im Jordan, die hl. Familie in Na'
zareth, Jesus als Kinderfreund und die Verklärung des Herrn
auf dem Berge Tabor dar. Das erstgenannte Fenster wurde von
den fürstlichen Beamten zum Andenken an das fünfzigjährige Re^
gierungsjubiläum Seiner Durchlaucht gestiftet, die übrigen sind
Widmungen des Notars Leopold Gübert in Feldsberg, des
Ortspfarrers Anton Krejtir und des geistlichen Rektors des
Wiedener Spitales in Wien, Josef Sigmund. Unterhalb der
Fenster wurde in steinerner Umrahmung ein schöner Kreuz-'
weg in die Wand eingefügt, der bemalte Figuren aus Stuck
auf Goldgrund zeigt. Die Glasgemälde des Chors stellen
St. Florian, St. Bartholomäus und St. Sebastian dar, die
anderen Fenster der Kirche sind mit ornamentalen Glas**
maiereien versehen. Die geschmackvolle Einrichtung der Kirche,
besonders die schönen Altäre, die mit den Symbolen der vier
Evangelisten geschmückte Kanzel, das Speisegitter, dessen zier'
liches, bemaltes Schmiedewerk von einer Steinumrahmung euv
gefaßt erscheint, erhöhen den Gesamteindruck des Innenraumes.
Für alle Zeiten wird die herrliche, hoch über dem Dorfe lie^
gende Kirche die Erinnerung an das Regierungsjubiläum
— 300 —
des Fürsten, der mit großen Mitteln den Bau errichtet hat,
der mit regem Interesse jede Phase desselben wahrnahm und
während der Ausfuhrung mit dem ihm eigenen Kunstver"
ständnis noch manche gluckliche Änderungen in den Details
vornehmen ließ, festhalten» Große Anerkennung gebührt aber
auch dem bewährten Architekten, der, ausgerüstet mit einem
hochentwickelten Formen/ und Farbensinn, dieses schöne Werk
schuf, welches wohl das schönste unter seinen zahlreichen
Kirchenbauten ist« Zu gleicher Zeit erhielt auch der neben der
Kirche gelegene Ortsfriedhof durch den Fürsten ein neues,
schlichtes, der ländlichen Umgebung vorzüglich angepaßtes
Portal, für welches ein älteres Barocktor in Verwendung kam.
In dem Orte Gießhübel wurde an Stelle des im Jahre 1750
von dem Priester Johann Ottmann aus eigenen Mitteln und unter
der Beihilfe von Wohltätern der Gemeinde erbauten Kirchleins ')
ein neues Gotteshaus auf Kosten des regierenden Fürsten er'
richtet. (Abbildung 30.) Die hohe Lage der Kirche, eine reizende
landschaftliche Umgebung, wie sie wenige Kirchen des Landes
besitzen, und die derselben trefflich angepaßte Bauart machen
sie zu einer der interessantesten von denjenigen, welche der
Fürst auf seinen Gütern entstehen ließ. Eine hübsche Park'
anläge bildet die engere Umrahmung, von hier fallt der Blick
auf bewaldete Höhen und das herrliche Tal der Brühl; der
Husarentempel, die Ruine der Burg Mödling und besonders
die Feste Liechtenstein grüßen von den Gipfeln der Berge
herüber. Zu der letzteren bildet die schöne Kirche nicht nur
landschaftlich, sondern auch stilistisch- das Gegenstück* Der
Architekt Gustav Ritter v. Neumann hat für die der hl. Drei'
faltigkeit geweihte Kirche die lebendigen Formen der Über'
gangszeit vom romanischen in den gotischen Stil gewählt. Der
Grundriß erscheint vortrefflich gegliedert, das von zwei kräf-
tigen Säulen getragene Portal, das schöne Radfenster über
demselben und vor allem der mächtige Turm, der sich rechts
vom Eingange in den Bau einfügt, verleihen dem Äußeren ein
monumentales Gepräge. Eine besondere Zierde erhält der mit
l ) Topographie von Niederösterreich* 1893» III, S. 445 f.
j
— 301 —
einem steilen Zeltdache versehene Turm durch den unter dem
Dachgesimse laufenden spitzbogigen Arkadengang» Die Kirche
wirkt aber auch vortrefflich durch die farbigen Reize des zu
ihrem Baue verwendeten Materials. Der herrliche, im Orte
selbst gewonnene, unregelmäßig zubehauene Kalkstein (für die
Gesimse, Fenstergewände und Pfeiler wurden regelmäßig ge~
formte Steine verwendet) mit dem schönen rötlichen Stich
gibt den Grundton an. Mit demselben verbinden sich das
warme Braun der Holzkonstruktionen, das matte Rot des Ziegel/
daches und das dunkle Grün der glasierten Firstziegel zu
ruhiger, harmonischer Wirkung« Dazu treten noch die zarten
Farben der blühenden Rosen, die sich hie und da an dem
Gemäuer emporranken*
Das Innere der Kirche (Abbildung 31) zeigt ein hohes
Mittelschiff, das sein Licht durch gekuppelte spitzbogige Fenster
empfängt, und zwei niedrigere Seitenschiffe, welche ebenfalls
durch Spitzbogenfenster erhellt werden. Das Schiff enthält fünf
von Kreuzgewölben überspannte Joche. Das halbrund geschlossene
Presbyterium mit einer reizenden Empore an der linken Seiten^
wand besitzt fünf rundbogige Fenster. Die Kirche ist in zarten
Farben bemalt, die Fenster erscheinen in hellen Tönen gc
mustert, das Mittelfenster des Chores enthält ein schönes Glas**
gemälde (von Geyling in Wien), welches den auferstandenen
Christus darstellt. Die schlichte Inneneinrichtung fügt sich Stil/
voll in die architektonische Gliederung ein. Der Grundstein
zum Kirchenbau wurde 1899 gelegt, im Jahre 1908 wurde die
Kirche eingeweiht. Der Fürst, dem der Bau der Kirche in einer
Gegend, die ihm so lieb und wert ist, sehr am Herzen lag,
hat jede Phase ihrer Entstehung mit dem größten Interesse
verfolgt. Auch der Ortspfarrer Matthias Bendik, dem ich einen
Teil der obigen Ausführungen verdanke, hat den Bau mannig-'
fach gefördert, indem er für die innere Ausstattung desselben
größere Summen, die ihm aus Spenden frommer Kirchen'
besucher zugeflossen waren, widmete.
Die anmutige Kapelle am Semmering, ein Werk des
Architekten Gustav Ritter v. Neumann, kam gleichfalls mit
Unterstützung des Fürsten zustande. Das Kirchlein, welches
— 302 —
am Bergesabhang über der Station Semmering aus dem Dunkel
des Waldes hervorlugt, ist in den schönen Formen der Gotik,
wie sie sich in dieser Gegend entwickelt haben, erbaut. Als
Baumaterial wurde weißer Kalkstein verwendet Das steile Dach
erhielt eine Bedeckung aus grün glasierten, in verschiedenen
Farbentönen abgestuften Biberschwänzen. Das schlichte Äußere
gewinnt durch die entsprechende Verwendung von Holzarchi'
tektur in außerordentlicher Weise. Das Innere des Gotteshauses
zerfallt in ein von drei spitzbogigen Kreuzgewölben überspanntes
Schiff, an welches sich der mit drei Seiten des Achteckes ab*
geschlossene Chor anfügt. Der letztere wird links und rechts
von Anbauten für die Sakristei und ein Oratorium flankiert.
Das Presbyterium ist mit ornamentalen Wandmalereien ver*
sehen und enthält über der Tür der Sakristei ein Fresko,
welches die Verklärung Christi zeigt. Die Fenster des Chores
sind mit schönen Glasgemälden geschmückt, das mittlere, eine
Stiftung des Fürsten, stellt die heilige Familie, das linke, eine
Spende der Gemeinde Breitenstein, Johannes den Täufer, das
rechte, gewidmet von der Baronin Klein 'Wiesenberg, den
hl. Franziskus dar. Auch die Spitzbogenfenster des Schiffes
sind teils mit figuralen, teils mit ornamentalen Glasmalereien
ausgestattet. Der in unmittelbarer Nähe der Kirche errichtete
Pfarrhof ist ein schöner Bau, der durch seine reiche Hob>
architektur wirkungsvoll zur Geltung gebracht ist. Anläßlich
des sechzigjährigen Regierungsjubiläums des Kaisers beschloß
der unter dem Protektorate des Fürsten stehende Kapellen**
bauverein, die schöne Kapelle zu vollenden und bedeutend zu
vergrößern 1 ).
Mähren«
Gleich den auf niederösterreichischem Gebiete gelegenen
Patronatskirchen verdanken auch zahlreiche Gotteshäuser auf
den Gütern des fürstlichen Hauses in Mähren dem Fürsten
Johann II. eine unermüdliche Fürsorge. Neubauten traten an
>) Neue Freie Presse, 3* April 1908, S. 10.
— 303 —
Stelle alter, unzulänglicher Kirchen, sorgfältige Restaurationen
behoben die im Laufe der Zeit entstandenen Schäden an alten,
oft historisch und künstlerisch merkwürdigen Pfarrkirchen« Wir
erwähnen zunächst die Restaurierung der von Judas Thaddäus
Supper aus Mährisch/Trübau (f 1771) gemalten Fresken in
der Pfarrkirche zu Tattenitz (Gut Hohenstadt), welche auf An'
regung des Konservators Czerny und der k. k. Zentralkom'
mission für Kunst' und historische Denkmale vorgenommen
wurde 1 ). Diese wertvollen Wandmalereien aus dem Jahre 1763
mit Darstellungen aus der Legende Johannis des Täufers und
Johanns von Nepomuk, wie aus der Geschichte des Lebens
Jesu waren ziemlich schadhaft geworden; infolge früher ein'
gedrungener Feuchtigkeit wurden die Lasuren an den Decken'
fresken vielfach zerstört, so daß der graue Malgrund in breiten
Flächen zutage trat, ferner waren an den Lünetten, den Pilastern
und Füllungsmalereien der Seitenwände dunkle und lichte
Flecken sichtbar geworden. Nachdem eine bauliche Untersuchung
der Sprünge und leichten Senkungen des Gewölbes voran'
gegangen war, wurde mit der probeweisen Restaurierung der
zwei westlichen Deckenbilder („Anbetung des Lammes", „Dar'
Stellung Christi im Tempel"), sowie eines Stückes einer an'
stoßenden Lünette begonnen, welche zur Zufriedenheit der
kunsthistorischen Kontrolle der Arbeiten ausfiel (1904). Die
dunklen Flecken wurden auf chemischem Wege ohne erkennt'
liehe Zerstörung der Farbe beseitigt, die verblaßten Stellen
mit Farbe getränkt, die ganz verlorenen Teile aber sorgfältig
ausgefüllt Einer Fortsetzung der weiteren Arbeiten nach den'
selben Prinzipien stand nun nichts mehr im Wege« Im Jahre
1905 bewilligte Seine Durchlaucht die erforderlichen Summen
für die Restaurierung der beiden letzten Deckengemälde („An'
betung der hl« Dreifaltigkeit durch den Trinitarier'Orden" und
„Maria Heimsuchung"), die gleichfalls einwandfrei durchgeführt
wurde. Im Herbste 1906 hatten der im Restaurierungsverfahren
l ) Mitteilungen der k. k. Zentralkommission. III. F. 1902, 1, Sp. 127 f.,
1903t II, Sp. 7> 154» 304 und 375» I9<>4t III, Sp. 230, 1905t IV, Sp. 118 und
238 f., 1907t VI, Sp. 248 f. — Mitteilungen des Mährischen Gewerbemuseums.
1904, XXII, S. 1530% 1906, XXIV, S. 137 und 155 ff.
— 304 —
erprobte Künstler Theophil Melicher und sein Mitarbeiter Kraus
die Arbeiten vollendet Der Eindruck, den jetzt diese Bilder
machen, ist ein großartiger; sie erstrahlen wieder in neuem
Glänze und der ursprünglichen Farbenpracht und werden wieder
durch lange Jahre ein beredtes Zeugnis ablegen von Suppers
Kraft, aber auch von der Opferwilligkeit des Fürsten, welcher
den Kirchenerneuerungsverein in so munifizenter Weise unter'
stützte, daß er seiner Aufgabe auch wirklich gerecht werden
konnte« Durch Ankauf der Herrschaft Kiritein von Moritz Edlen
v. Teuber (1894) ging das Patronat der Wallfahrtskirche zu
Maria Namen in Kiritein 1 ) auf Fürst Johann IL über« Die
Kirche, welche zu den schönsten Gotteshäusern der Markgraf'
schaft zählt, ist ein Zentralbau, der von den Prämonstratensern
in Obrowitz in den Jahren 1798 — 1771 durch den Baumeister
A. Ritz errichtet wurde* Rampen und Treppenanlagen führen
zu der Terrasse, auf welcher die Kirche liegt. Nördlicherseits
lehnt sich an dieselbe ein schöner Arkadenhof von elliptischer
Form an, welcher zwei Portalgebäude und die St. Annakapelle
enthält, während der Trakt, in dem die Sakristei und die Schatz-
kammer liegen, die Verbindung mit dem ausgedehnten, ehe-
maligen klösterlichen Residenzgebäude, dem jetzigen Schlosse,
herstellt. Die Kirche ist ausgezeichnet durch die Originalität
der Grundrißanlage, ihre Größe, den Freskenschmuck und die
bildnerische Ausgestaltung. Insbesondere die gewaltige Kuppel,
deren Scheitelpunkt 30 Meter über dem Kirchenpflaster liegt,
und die Wände erhielten durch den genialen firünner Meister
Johann Georg Etgens schöne Wand- und Deckengemälde, welche
die Gemeinschaft der Heiligen vorstellen. Von dem gegen-
wärtigen Herrn Pfarrer B. Dätek erhielten wir die gütige Mit-
teilung, daß Seine Durchlaucht seit dem Jahre 1896 für die
Renovierung der Kirche und des Pfarrhofes eine ansehnliche
Summe (ca. 120.000 Kronen) aufgewendet hat. In unmittelbarer
Mitteilungen der k. k. Zentralkommission. N. F. 1892, XVIII,
S. 162 f. — Die ÖBterreichisch'tmgarische Monarchie etc. Mähren. S. 343 £*
346, 350, 366 und 378. — Prokop, Die Markgrafschaft Mähren etc. IV,
S. xoo6, 1075» 1280, 1301 und 1315« — Kraetzl, Das Fürstentum Liechten*
stein etc. S. 226.
— 305 —
der Stadt Olmütz liegt das Gebäude des einstigen Prä"
monstratenserklosters Hradisch, des bedeutendsten und schön"
sten Abteigebäudes Mährens, das gegenwärtig als Garnisonspital
dient ')♦ Dieses hervorragende Kunstwerk aus der Barockzeit ist
in der sogenannten Prälatenkapelle zum hl* Stephan und dem
gleichzeitigen Prälaturgebäude ein Werk nach den Plänen des
Baumeisters Domenico Martinelli (1730). Bedeutende Meister,
wie die Bildhauer Andrea Allio und Josef Winterhaider und
die Maler Daniel Gran, Paul Troger und Anton Tassi besorgten
die künstlerische Ausstattung den Baues. Die Kapelle, jetzt
Kirche der Lokalkuratie des Dorfes Hradisch, über welche der
Fürst seit dem Jahre 1878 das Patronatsrecht ausübt, wurde
durch Troger mit Fresken und durch Tassi mit höchst effekt"
▼ollen Architekturmalereien geschmückt. In der südlichen Mauer
der Sakristei dieser Kapelle sollen sich in einer zinnernen Urne
die sterblichen Oberreste der Gründer des Hradischer Klosters,
des Olmützer Herzogs Otto L und seiner Gemahlin Euphemia,
dann Ottos III. und seiner Gemahlin Durantia, wie auch des
Olmützer Bischofs Johann III. und des Hradischer Abtes Robert
befinden, wie eine Messingplatte mit lateinischer Inschrift es
ausspricht.
In dem Orte Turnitz wurde auf Kosten des regierenden
Fürsten eine neue Pfarrkirche errichtet und im Jahre 1884 ein"
geweiht 2 ). Die geräumige, auf einem freien, großen Platze ged-
iegene Kirche wurde nach den Plänen des Architekten Johann
Hampe im gotischen Stile aufgebaut. An das Mittelschiff der"
selben schließt sich einerseits der mit fünf Seiten des Achteckes
geschlossene Chor, anderseits eine Vorhalle mit dem zu ihrer
linken Seite gelegenen Turm an, der im schlanken, achtseitigen
Zeltdache endet. Der Innenraum wird durch zwei Reihen acht"
eckiger Pfeiler in ein hohes Mittelschiff und zwei niedrigere
Seitenschiffe geschieden, deren fünf Joche mit Kreuzgewölben
l ) Die österreichisch'isngariache Monarchie etc. Mähren. S. 44, 346,
348, 365 und 378. — Mitteilungen der k. k. Zentralkommission. N. F.
1898, XXIV, S. 103. — Prokop, a. a. O. I, S. 65, IV, S. 1082 ff. — Kraetzl,
a. a. O. S. 257.
*) Franz Kraetzl, Das Fürstentum Liechtenstein etc. S. 210.
20
- 306 -
überspannt erscheinen. Die Außenwände der Kirche sind glatt
verputzt, die Sockel, Friese, Gesimse, Bedachtingen der Strebes
pfeiler, Fenster' und Türgewände wurden teils aus Hauer'
siegeln, teils aus roten Formsteinen hergestellt, das Dach ist
mit Falzziegeln, die teilweise braun glasiert sind, gedeckt Durch
ein mit schönen schmiedeeisernen Beschlagen versehenes Tor,
über welchem ein farbenreiches Gemälde („Kommet zu mir,
die ihr muhselig und beladen seid; ich will euch erquicken 11 )
prangt, betritt man die Kirche. Die Beleuchtung wird durch
die gekuppelten Fenster der Schiffe und die schön ornatnen*
tierten Fenster des Chores vermittelt Der Hochaltar, die beiden
Seitenaltäre und die Kanzel sind in schlichten gotischen Formen
geschnitzt, sie fugen sich stilgerecht in die architektonische Um"
rahmung ein und vereinigen sich mit den in lichten Farben
gehaltenen ornamentalen Wandmalereien zu einem freund"
liehen und stimmungsvollen Bilde.
Große Verdienste hat sich auch der Fürst um die Lands"
huter Pfarrkirche, welche im Jahre 1893 umgebaut und erweitert
wurde, dadurch erworben, daß er die hohen Kosten der inneren
Ausstattung bestritt 1 ). Architekt Weinbrenner war bei der Unv
gestaltung des Gotteshauses von dem Gedanken durchdrungen,
daß die Formen des älteren Baues, welche auf die frühe Barocke
hinwiesen, beibehalten werden müssen* Die Kirche repräsentiert
sich nun als ein kreuzförmiger Bau, dessen Mittelraum von
einer flachen Kuppel überwölbt wird* Die Gliederung dcB Um'
risse« wird durch die Anbauten am Presbyterium, wie durch
die Anlage eines Turmes an der Nordostecke des Baues noch
bewegter« Der originell gestaltete Turm, im Unterbau massig
und von Zinnen umkränzt, geht im oberen Teile in eine zier"
liehe Bekrönung über. Die Fenster sind rundbogig abgeschlossen,
die Wandverkleidung ist äußerst einfach, indem die Flächen
mit Mörtel glatt verputzt wurden, der nur an den Gebäude
ecken als Hausteinimitation behandelt wurde» Eine äußerst
malerische Wirkung ist der Kirche durch die Deckung der
in braunen und licht" und dunkelgrün glasierten Biber"
*) Teilweise nach den gütigen Hitteilungen des Herrn Pfarrers
Anton StouraC.
— 307 —
schwänzen, die in schönen Mustern angeordnet sind, gesichert«
Der Innenraum gewinnt besonders durch ein farbenprächtiges
Glasgemälde, welches die Wand hinter dem Hochaltare ein'
nimmt, und durch die drei schönen, hohen Altäre, welche
gleich der Kanzel, Orgel und den Kirchenstühlen in den Formen
der Barocke gebildet sind, die hier schlicht und ohne Über'
ladung auftritt» (Abbildung 32«)
Böhmen.
Auch in Böhmen danken zahlreiche Pfarrgemeinden dem
die Erhaltung, Restaurierung und Neuerbauung von
Gotteshäusern, die seinem Patronate unterstehen» Unter den
80 Liechtensteinschen Patronatskirchen des Landes wird es
wohl wenige geben, die nicht das Gefühl der Dankbarkeit
gegen den Fürsten hegen, der stets darauf bedacht war, die
religiösen Bedürfnisse der Pfarren wahrzunehmen, der so
manchen Bau von kunsthistorischem Wert vor dem Unter'
gange errettete und aus fürstlicher Munifizenz neue Kirchen
errichten ließ, die den Orten zum größten Schmucke dienen«
Nur hie und da dringen in die Lokalblätter Nachrichten von
dem Wirken des Fürsten auf diesem Gebiet und äußerst selten
erscheinen in den fachlichen Zeitschriften ausführlichere Auf*
sätze über das edle Schaffen dieses Mannes« Die Ursache davon
liegt wohl zunächst im Wesen des Fürsten selbst, der im
Stillen tätig ist und es vermeidet, mit seinem Wirken vor der
Öffentlichkeit zu prunken« Unsere Ausführungen können daher
auch nicht den Anspruch auf Vollständigkeit machen, sie sollen
nur einiges aus dem Vielen hervorheben.
Die Kirche zu Maria Himmelfahrt in Tismitz, eine Königin
unter den Landkirchen, eines der bedeutendsten Baudenkmäler
aus der Blütezeit des romanischen Stiles in Böhmen, verdankt
dem Fürsten eine würdige Restaurierung 1 ). Die Kirche, ein
l ) Die österreichisch'isngarische Monarchie in Wort und Bild.
Böhmen, n, S. 204. — Mitteilungen der k. k. Zentralkommiuion. 1856, 1,
S. 148, 1858, III, S. 143, 1871, XVI, S. LXXVH f., N. F. 1883, IX, S, XX
und LXXXVIIf.
20*
— 308 —
Werk des 12. Jahrhunderts, ist die kleinste Basilika Böhmens,
zerfallt in drei Schiffe, als deren Arkadenträger abwechselnd
und Pfeiler dienen, neben Eger das einzige Beispiel
dieser Art in Böhmen. Die Säulen besitzen schlank geformte
Basen mit geschwungenen Eckblattern und einfache Würfel'
kapitale* Von diesen ziehen sich an den Wänden des Mittel'
schiffes Lisenen hinauf, früher dazu bestimmt, die Hauptbalken
der Decke zu tragen. Das Gewölbe wurde erst 1755 aus Holz
und Stuckmasse hergestellt Das Hauptschiff, wie die Neben*-
schiffe werden durch Apsiden geschlossen« An den Außen-
Seiten derselben und der Seitenschiffe ziehen sich rundbogige
Friese hin» Auf den Westpfeilern der Kirche ruhen die Turme,
welche während der Barockzeit mit Zwiebeldächern versehen
wurden« Die Westfront stimmt mit der Hauptfassade der Kirchen
zu Mühlhausen und Tepl überein und läßt denselben Meister
▼ermuten. Dieser bekundet im Innern ein Streben nach Zier-
lichkeit, im Äußern ein Bemühen, dem Bau besonders durch
die Gestaltung der Chorpartien ein malerisches Gepräge zu
verleihen, er hat aber die Giebelseite, welche in Italien und
Deutschland reichen Schmuck trug, vernachlässigt Ober An-
regung des Architekten und Konservators Anton Baum in
Prag hatte die k» k. Zentralkommission für Kunst- und histo-
rische Denkmale sich beim Patron der Kirche, dem Fürsten
Johann von Liechtenstein, verwendet, daß dieses wichtige roma-
nische Bauwerk entsprechend konserviert werde. Dies geschah
im Jahre 1883 mit Unterstützung des Fürsten und unter Bei-
ziehung des. Kirchenfonds. Die Südwand des rechten Seiten-
schiffes wurde vollständig unterfangen und so tief mit festem
Baustein und Zement fundiert, daß eine weitere Senkung oder
Rutschung nicht so leicht möglich sein wird. Der romanische
Charakter des Bauwerkes blieb unverletzt, nur war es nicht
mehr möglich, die alten vermauerten Fenster wieder zu öffnen,
weil die Südwand in der Festigkeit zu viel geschwächt worden
wäre und die Kirche durch Vermauerung der in späterer Zeit
ausgebrochenen, größeren Fenster an Licht verloren hätte« Die
Apsiden erhielten wieder ihre Arkadenbogen, an ihnen, wie an
den Türmen und Giebeln, wurden die schadhaften Sandstein-
— 309 —
quadern ausgewechselt Die Innenarchitektur blieb unverändert,
ebenso die Fresken und der Hochaltar, welche aus der Barock-
zeit stammen« Nur die schöne, aus Lindenholz geschnitzte
Statue der Madonna mit dem Kinde, auf der Mondsichel
stehend, wurde würdig restauriert. Das schöne, wohl aus dem
15* Jahrhundert stammende Werk wurde der barocken Metall/
kröne entkleidet, unter welcher man das liebliche Diadem fand,
das wieder in seiner alten Form hergestellt wurde. Die Farben/
töne der Tunika und des Mantels mit seinen zart ornamen-
tierten Säumen wurden genau nachgebildet, das nackte Christ-
kind bekam seinen Nimbus wieder«
Die ebenfalls der Blütezeit des romanischen Stiles ange>
hörige St Bartholomäuskirche zu Keje, die vor etwa fünfzig
Jahren einer Ruine glich, konnte dank dem Entgegenkommen
des fürstlich Liechtensteinschen Patronatsamtes zu Aufinowes,
welches in wohlwollender Weise aus dem Kirchenvermögen
die nötigen Summen beistellte, gründlich restauriert werden ')•
Der Westfassade der Kirche ist ein rechteckiger Turm vor-
gelagert, welcher die ganze Breite der Kirche einnimmt und
an den sich die übrigen Teile derselben in untergeordneter
Weise anschließen* Er ist im oberen Teile mit vier gekup-
pelten, kleeblattförmig überdeckten Fenstern geschmückt, über
welchen sich noch vier kleine Rundbogenfenster befinden. Die
Restaurationen am Turme erstreckten sich hauptsächlich auf
dessen obere Partien, die in der ursprünglichen Form wieder-
hergestellt und mit einem hohen Walmdach versehen wurden«
Das Innere der Kirche ist streng in Vorhalle, Schiff und Chor
geschieden, alle Teile sind mit stark überhöhten rundbogigen
Gratgewölben überspannt Der Chor, welcher durch ein Qua/
drat gebildet wird, ist deshalb bemerkenswert, da uns aus jener
Zeit nur wenige Gotteshäuser mit ähnlichem Chorschlusse er-
halten sind» Die Außenseite desselben ziert eine durch Klee-
blattbogen verbundene Lisenenstellung. Gelegentlich der Ren*»
') Die 6sterreichisch'ungarische Monarchie etc. Böhmen. II, S. 202. —
Mitteilungen der k. k. Zentralkommission. 1871, XVI, S. CXVIIIf., 1872,
XVII, S. XIII und XVII f. — Einige Daten verdanke ich dem Herrn
Pfarrer von Keje.
— 3io —
vierungsarbeiten in den Jahren 1863 — 1865 wurden Reste alter
Wandmalereien aufgedeckt, worunter ein Jüngstes Gericht, mit
schwarzer Farbe vorgezeichnet und hie und da mit kräftigen
Strichen schattiert, hervorragte. Die Wandmalereien, welche
wieder übertüncht wurden, waren unmittelbar nach der Vollen-
dung der Kirche — die spätromanischen Formen und gotische
Einflüsse sprechen für die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts —
hergestellt worden. Als Gründer des Gotteshauses gilt Johann III»
aus dem Geschlechte der DraZic, der im Jahre 1258 zum Bu
schof von Prag gewählt wurde« Der gegenwärtige Patronatsherr
hat der Kirche mehrere wertvolle Meßgewänder gespendet
Fürst Anton Florian von Liechtenstein, welcher 1681 die
Herrschaft Rumburg erworben hatte, errichtete daselbst in den
Jahren 1683 — 1690 ein Kapuzinerkloster« Während des Baues
machte der Fürst das Gelübde, aus eigenen Mitteln eine Laure*
tanische Kapelle gleich der inLoreto aufführen zu lassen. Als
der Fürst als kaiserlicher Gesandter am Vatikan in Rom
weilte, ließ er eine Kopie des Gnadenbildes in Loreto malen
und durch einen römischen Baumeister den Plan des Gottes^
hauses aufnehmen. Am 9. September 1704 wurde der Grund*
stein zur Kapelle gelegt und nach dreijähriger Bautätigkeit
konnte in dieser mit dem Gottesdienst begonnen werden. Zur
Unterhaltung der Kapelle hatte der Fürst eine jährliche Dota^
tion von 300 Gulden rheinisch gestiftet Der Rumburger Bau
ist eint genaue Nachbildung der von Bramante so herrlich
gestalteten Santa Casa zu Loreto. Die Gröfienverhältnisse, die
tektonische Gestaltung und der bildnerische Schmuck erweisen
sich als getreue Kopien nach den großartigen Originalen« Das
Material war natürlich nicht Carraramarmor, sondern Sandstein
und Stuck. Als eine Zutat erwiesen sich die sechzehn Statuen
auf der Attika, welche die Freundschaft der hl. Maria dar'
stellten und nach Angaben des Fürsten ausgeführt wurden.
Die Reliefs an den Wänden der Kirche wurden den Vor-*
bildern Andrea Sansovinos, der vom Jahre 1523 bis zu seinem
Todesjahre 1529 wohl ausschließlich mit Entwürfen und teil'
weise auch mit der Ausführung des Marmorschmuckes an der
Santa Casa tätig war, und den Werken seiner Arbeitsgenossen
— 311 —
und Schüler nachgebildet Sie enthalten Szenen aus dem Leben
Marias und der Kindheit Jesu, nebst Darstellungen der Pro*-
pheten und Sibyllen« Die Friesverzierung über den Bildern
bestand aus geschmackvoll angeordneten Festons (Originale
von Mosca). Vorzüglich modelliert sind die über den Dachungen
der vier Türen des heiligen Hauses liegenden Putten« Leider wies
der Bau bald Schaden auf, da das Material für unser Klima
zu wenig widerstandsfähig war» Im Laufe der Jahre bröckelten
Friese und Gesimse ab, die Reliefs aus Stukko zerfielen und
die ausdrucksvollen und trefflich ausgeführten Figuren und
die Balustrade der Attika mußten herabgenommen werden,
da sie herabzustürzen drohten.
Auch hier griff der Fürst rettend ein« Die beträchtlichen
Summen, die derselbe für die Rekonstruktion des Kreuzganges,
welcher die Kirche umgibt, und dieser selbst widmete, spornten
fromme Wohltäter und den Orden an, größere Beträge dem
gedachten Zwecke zuzuwenden« Unter der Leitung des Batf
meisters Korber aus Rumburg wurde zunächst mit der Er'
neuerung des Kreuzganges (1896) und dann mit den Wieder-
herstellungsarbeiten an der Kirche begonnen (1899)« Das Äußere
derselben wurde mit einigen architektonischen Ergänzungen an
der Stirnseite in glücklicher Weise restauriert und das Dach
neu gedeckt« Für die nötigen plastischen Arbeiten wurde der
Bildhauer Josef Stürmer herangezogen, die Ausmalung des
Kreuzganges besorgte Josef Neumann in Rumburg« Die Atuk
führung der Reliefs an der Kirche wurde ebenfalls eine be>
schlosscne Sache. Professor Bejer in Wien modellierte die-
selben in ein Viertel Größe und der Bilhauer Hans Aichinger
in Reichenberg, welcher beauftragt wurde, sie in natürlicher
Größe auszuführen, konnte im Jahre 1905 zwei derselben zur Auf'
Stellung bringen. Die gesamten Rekonstruktionsarbeiten wurden
unter der Leitung des fürstlichen Baurates J. Hampe durchge^
führt 1 ). Auch für die Restaurierung des Innern dtt Dekanalkirche
l ) Mitteilungen der k« k« Zeatralkommission. N« F. X890, XVI,
S. 29 ff., III« F. 1902, I, Sp. 236 f., 1906, V, Sp« 64*, 1907, VI, Sp. 10. —
Einige Nachrichten über die Renovierung der Loreto*Kapelle verdanke
ich dem Herrn Guardian Linus Mann in Homburg.
— 312 —
in Rumburg (1875), die durch den akademischen
Dominik Rudolf und den Maler Josef Neumann vorgenommen
wurde, spendete der Fürst einen größeren Beitrag *)•
Die zum Baue der Johannes dem Täufer geweihten Pfarr^
kirche in Thomigsdorf (1895/96) nötigen Kosten wurden zum
größeren Teile von dem Fürsten, zum geringeren Teile von
der Pfarrgemeinde getragen« Die Gemeinde erhielt durch die
Munifizenz des Fürsten ein neues, schönes Gotteshaus, dessen
Fassungsraum den der alten Kirche um mehr als das doppelte
übersteigt. Der Grundriß derselben wurde derart konstruiert,
daß die Strebepfeiler, welche die Stabilität der Wände gegen
die Wirkung des Gewölbeschubes sichern, nach innen ange-
ordnet wurden, während die an der Außenseite angebrachten
Strebepfeiler nur aus stilistischen Gründen zur Ausführung
gelangten. Das Äußere der Kirche ist schmucklos, nichtsdesto"
weniger bleibt dem Bau schon dadurch ein monumentales
Gepräge gesichert» daß die Ausführung sämtlicher Wandflächen
in Haustein erfolgte. Die vordere Front der Kirche nimmt der
Turm ein, zur rechten Seite desselben befindet sich die Ein^
gangshalle, zur linken ein Anbau für die Wendeltreppe, die
zum Musikchor führt. Der einschiffige Innenraüm enthält
vier Gewölbjoche, welche mit Kreuzgewölben überspannt ef<*
scheinen, das Presbyterium endet mit einem in fünf Seiten
des Achteckes geschlossenen Chor. Der Plan für den Bau der
Kirche wurde vom Architekten Karl Weinbrenner entworfen,
die Durchführung desselben leitete der fürstliche Oberingenieur
Emil Krick« An der inneren Einrichtung, welche nach den
Zeichnungen des genannten Architekten ausgeführt wurde,
waren vor allem Josef Brislinger in Mährisch/Trübau (Steinmetz*
arbeiten), Franz Hillebrand in Saubsdorf (Taufstein), Bohuslav
Ruß in Hofic (Kanzel) und Ferdinand Stuflesser in St Ulrich
(Altäre, Kanzelkrönung etc.) beteiligt 2 ).
*) Nach den gütigen Mitteilungen des Herrn Dechants Ulbrich in
Rumburg«
*) Der Architekt 2897» III, S, 14. — Den größten Teil dtt Hitteilungen
über die Kirchen zu Thomigsdorf, Landiberg, Lichwe und Landakron
— 313 —
In der im Adlertale gelegenen Gemeinde Landsberg ließ
Seine Durchlaucht im Jahre 1899 auf seine Kosten eine Kapelle
im gotischen Stile errichten. Die Pläne zu dem auf einem
458 m hohen Bergkegel gelegenen, schönen Kirchlein stammten
von dem Architekten Gustav Ritter von Neumann her«
Einen herrlichen Schmuck verdankt die Pfarrkirche zu
Nieder'Lichwe dem Kunstsinn des Fürsten, indem derselbe
dem Professor Josef Matthias von Trenkwald (geboren 1824
zu Prag, gestorben 1897 zu Perchtoldsdorf), einem er hervor"
ragendsten Vertreter der kirchlichen Malerei in Österreich, den
Auftrag gab, für diese Kirche ein großes Freskengemälde, den
hl. Nikolaus darstellend, zu schaffen. Der Kunstler hat damit
ein Werk von edler Empfindung und vollendeter Schönheit
hervorgebracht, das ihn ßl* Führichs würdigen Nachfolger in
dessen Kunstrichtung kennzeichnet.
Eine bedeutende Summe (zirka 18.000 Kronen) widmete
auch der Fürst für die Restaurierung dtt Dekanalkirche in
Landskron. Dieselbe wurde nach den Entwürfen des Pro-
fessors Urban in Prag gemalt und erhielt einen schönen Hoch/
altar, welcher nach einer Vorlage Kastners, Professors an der
k. k. Kunstgewerbeschule in Prag, ausgeführt wurde.
verdanke ich der Liebenswürdigkeit des Herrn Oberverwalters Adalbert
Kölbl Edlen von Geysing in Landskron.
V,
DIE
FÖRDERUNG WISSENSCHAFTLICHER
BESTREBUNGEN.
Bei dem hohen Interesse, welches der Fürst jederzeit den
Werken der bildenden Kunst entgegenbrachte, darf es uns
nicht wundernehmen, daß ihm besonders die Förderung solcher
literarischen Werke und wissenschaftlichen Unternehmungen
am Herzen lag, die zu dieser in naher Berührung stehen«
Forschungen auf dem Gebiete der Kunstgeschichte und Ar-
chäologie, der heimischen Geschichte und Topographie ver«
danken ihm daher mannigfache Förderung«
In erster Linie ist wohl die hervorragendste Wissenschaft'
liehe Institution in Österreich, die kaiserliche Akademie der
Wissenschaften in Wien, deren Ehrenmitglied Seine Durch/
laucht ist *), dem Fürsten zu großem Dank für die Widmungen
verpflichtet, durch welche es bedeutenden Gelehrten aus öster'
reich ermöglicht wurde, den Boden Kleinasiens in archäologischer,
epigraphischer und topographischer Hinsicht genau kennen zu
lernen und dadurch auf einem Gebiete, das andere Nationen mit
großen Erfolgen schon früher betreten hatten, reiche Lorbeeren
zu pflücken. In der Sitzung der philosophisch 'historischen
Klasse der Akademie vom 12. März 1890 konnte der Präsi-
dent die bedeutsame Zuschrift der fürstlichen Hofkanzlei mit"
teilen, wonach Seine Durchlaucht zur Förderung der wissen/
schaftlichen Durchforschung Kleinasiens für die nächsten sechs
Jahre einen jährlichen Betrag von 5000 Gulden zu widmen
und der Akademie zur Verfügung zu stellen beabsichtigte*
Gleichzeitig wurde dem Wunsche des Fürsten Ausdruck ge^
geben, daß diese Widmung den österreichischerseits bereits
mit glücklichen Erfolgen begonnenen archäologischen For*
*) Almanach der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften* Wien
1890, XL, S. 162.
— 318 —
schungen zugewendet werde 1 )« Im Jahre 1895 wurde
Subvention für weitere drei Jahre 2 ) und 1899 abermals für
fünf Jahre bewilligt 3 ). Die Akademie konnte daher für den
angestrebten Zweck bis zum Jahre 1903 aus der Liechtenstein'
sehen Schenkung 140.000 Kronen verwenden, eine Summe,
wie sie in Österreich für wissenschaftliche Arbeiten selten zur
Verfügung steht
Von seiten der Akademie wurde beschlossen, diese Wid-
mung hauptsächlich zur Vorbereitung eines Werkes über die
epigraphischen Denkmäler Kleinasiens zu verwenden. Die
erstjährige Rate diente dazu, um aus der Literatur über Klein"
asien archäologische Auszüge anfertigen, die inschriftlichen
Denkmäler sammeln und in Kopien oder Ausschnitten zu
einem Schedenapparat verarbeiten zu lassen 4 ). Dieser Arbeit,
welche in der archäologischen Sammlung der Wiener Unirav
sität betrieben wurde, unterzogen sich Dr. Emil Szanto und
Dr. Josef Wilhelm Kubitschek mit einer Reihe von Hilfst
Arbeitern. Auch in den folgenden Jahren wurden kleinere Be*
träge zur Ergänzung des Apparates verwendet, die Haupt"
mittel der Widmung wurden jedoch zu Forschungsreisen
benutzt, welche von jüngeren österreichischen Gelehrten unter"
nommen wurden und für welche der Schedenapparat als Basis
diente. Diese Reisen sollten die antiquarische Kenntnis des
Landes überhaupt auf geographischer Grundlage erweitern, in
erster Linie aber der Epigraphik zugute kommen.
Im Jahre 1891 erfolgte die erste Reise Dr. Rudolf Heberdeys
aus Seitenstetten und Dr. Adolf Wilhelms aus Graz nach
Kilikien 5 ). Die beiden Gelehrten schifften sich Mitte März in
Smyrna nach der Hafenstadt Pamphyliens, Adalia, ein. Dort
traten sie an da Spitze einer kleinen Karawane die Landreise
') Anzeiger der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. (Philo
sophisch'historische Klasse.) 1890, XXVII, Wien 1891, S. 31.
*) Anzeiger, 1895, XXXII, S. 121 f.
3) Anzeiger, 1899, XXXVI, S. 106.
*) Anzeiger, 1892, XXIX, S. 12 f. — Kunstchronik. N. F. 1892, m,
Sp. 317*
*) Anzeiger, 189z, XXVIII, S. 81 ff«, 1892, XXIX, S. 13 t — Almanach,
1892, XLII, S. 219 ff. — Kunstchronik. N. F. 1892, III, Sp. 92 und 317.
— 3X9 —
an und durchzogen in nahezu vier Monaten die ganze Küste
bis Mersina, sowie die angrenzenden Gebiete des Inneren«
Durch ihre Arbeiten ist die Kenntnis namentlich des söge**
nannten rauhen Kilikiens, einer Gebirgslandschaft von seltener
Schönheit, erheblich gefördert worden« Eine Reihe von Ruinen*
statten* großartig in ihrer Verlassenheit, wurde Ton ihnen enfc*
deckt und zuerst eingehender untersucht und durch die an
Ort und Stelle erfolgte Prüfung literarischer Oberlieferungen
▼erspricht die antike Topographie der Provinz, eine neue Ge*
stalt zu gewinnen. An Inschriften wurden über 300 neue kopiert,
auch die Revision bereits veröffentlichter war ergiebig« Zahl"
reiche derselben sind für den Sprachforscher und Ethnologen
von Belang« Historische Bedeutung haben das Fragment eines
Königsbriefes aus Soloi und eine in Selefke^Seleukeia ge*
fundene Stele aus dem Anfange des zweiten Jahrhunderts
v« Chr., welche in 94 Zeilen Beschlüsse verschiedener griechi*
sehen Staaten enthalt, welche zu Ehren eines Eudemos, der
am Hofe des Königs Antiochos eine einflußreiche Stellung
einnahm, gefaßt waren. Von Bedeutung für die Kenntnis des
Gräberbaues waren die eigentümlichen Grabmonumente in
Form hoher, gestutzter Kegel, wie die Stuckmalereien und
Kuppelmosaiken in den Grabhäusern. In geographischer Hin/
sieht ist das unbekannte Land durch ausführliche Kartenskizzen,
Photographien, Höhenbeobachtungen und sorgfaltig gezeichnete
Panoramen, welche mit Gradmessungen versehen sind, vielfach
erschlossen worden. Ergiebig waren in dieser Hinsicht nament*
lieh Streifzüge ins Küstengebirge und ein Obergang über
den hohen Taurus« Heinrich Kiepert fällte über die topo*»
graphischen Leistungen der beiden Gelehrten ein äußerst
günstiges Urteil, indem er den angestrengten Fleiß, die peinr
liehe Genauigkeit und die gründliche Vorbereitung derselben
hervorhob«
Im nächsten Jahre setzten die genannten Herren die Reisen
fort 1 )* Sie begannen dieselben in Mersina und verwendeten
') Anzeiger, 1892. XXIX. S. 78 ff. — Almanach, 1893» XLm, S. 291 f. —
Denkschriften der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. (Philoso*
phisch'historische Klasse.) Wien 1896, XLIV, VL Abhandlung«
— 320 —
zunächst lieben Wochen auf die Erforschung der kilikischen
Ebene« Interessante Ergebnisse über den Zug Alezanders des
Großen und Darius' über das Gehirge in dieselbe lieferte der
Besuch der Ruinen von Gözene'Issos* Andauernde Regengusse
vereitelten den Plan* auch das nördliche Hügelland zu durch'
ziehen, weshalb die Reisenden zur Ergänzung der vorjährigen
Wanderungen ins westliche Kilikien aufbrachen* Von Lamas
aus wurde die großartige Lamasschlucht besichtigt In den
stattlichen Ruinen bei dem Dorfe Uzundschaburdsch wurden
zahlreiche neue Funde gemacht, die eine Stunde östlich davon
im lieblichen Tale gelegene Ruinenstadt Ura konnte nach der
Inschrift ihres Aquäduktes mit Bestimmtheit als die eigentliche
Stadt Olba bezeichnet werden* An den Felswänden des oberen
Lamastales bei Saraidin fand man eine aramäische
die vierte, die aus Kleinasien stammte und welche die
bekannten an Umfang und guter Erhaltung weitaus übertraf*
Auftretende Choleragerüchte veranlafiten die Gelehrten* nicht
nach Tarsus und ans Meer* sondern durchs Innere des Landes
über Konia (Ikonium) und Diner nach Smyrna zurückzu'
kehren* wo sie am 17. Juli eintrafen. Die gemachten Itinerare
berichtigten und erweiterten erheblich das bisherige Karten'
bild* namentlich in dem zwischen dem Lamas und Mersina
gelegenen* bisher noch unerforschten Gebiet; von mehreren
antiken Städten wurden Planskizzen angefertigt* die Gesamt*
zahl der neugefundenen griechischen und lateinischen Inschriften
betrug gegen 300, von den bereits bekannten wurde die Mehr'
zahl revidiert* ferner gelang es* eine nicht unbeträchtliche An'
zahl wertvoller Kupfer' und Silbermünzen zu erwerben*
Fast gleichzeitig mit der eben erwähnten Reise wurde im
Auftrage des Ministers für Kultus und Unterricht eine Reise
nach Kleinasien veranstaltet* an welcher Dr* Otto Benndorf,
Ernst Krickl, Dr* Ernst Kaiinka und Dr. Eduard Hula teil'
nahmen 1 )* Zweck derselben war* das in Karien* hauptsächlich
aber in Lykien in Fülle vorhandene epigraphische Material für
das geplante Sammelwerk antiker Inschriften in Kleinasien auf'
zunehmen« Den Hauptertrag lieferte das großartige Xanthostal*
*) Anzeiger, 1892, XXIX, S. 59 ff.
— sal-
in das Jahr 1893 fällt eine Expedition der Herren Dr*
Kubitschek und Dr. Wolfgang Reichet nach Karien und Phry
gien 1 ). Ausgangs** und Endpunkt der vom 4. April bis 13. Juli
währenden Reise war Smyrna. Den beiden Gelehrten war die
Aufgabe gestellt worden, das Tal des Mäander und das Gebiet
seiner südlichen Zuflüsse zu bereisen, also jenen Teil der
Halbinsel» der den Osten Kariens und Teile von Südphiygien
umfaßt Es gelang, die Lage der Städte Orthosia, Neapolis
und Xystis zu bestimmen, auch sind einige bisher nicht vei>
zeichnete Ansiedelungen und Nekropolen durchforscht worden«
Besonders bemerkenswert war die prächtige Nekropole von
Kibjrra (Chorzum). Hier fanden sich unter, anderen Bruch'
stücken römischer Skulpturen als Reste eines Grabbaues sechs
Platten eines Frieses, der nicht sowohl durch den Inhalt seiner
Darstellungen (Gladiatorenkämpfe), als durch die Anordnung
seiner Figuren, welche derjenigen auf den Reliefs von Gjöl^
baschi entspricht, von Interesse ist« Auf der Reise wurden etwa
350 neue Inschriften gefunden, die bekannten wurden, soweit
sie auffindbar waren, vielfach mit Gewinn geprüft. Kontinuier'
liehe Itineraraufhahmen haben die vorhandenen Karten wesent-
lich ergänzt und berichtigt; auch die folgenden Reisen ergaben
in dieser Hinsicht ein reiches Material«
Im folgenden Jahre wurde von den Herren Hula und
Szanto diese Reise fortgesetzt, indem von Lagina aus eine
Rundtour durch das südliche und westliche Karien unter'
nommen wurde 2 )* Der Erfolg derselben bestand neben der
Kollationierung eines großen Teiles der bereits veröffentlichten
Inschriften, deren Lesung verbessert werden konnte, in der
Auffindung von ungefähr 300 noch unbekannten Inschriften,
sowie dem ersten Nachweis einiger antiken Städte. Eine Ii>
schrift, welche auf einem wahrscheinlich von einer Tempel'
wand herrührenden Mormorblock in der Nähe des Dorfes
Ulash gefunden wurde, bewies als erste die Existenz der Stadt
1 ) Anzeiger, 1893, XXX, S. 92 ff,
2 ) Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften.
(Philosophisch-historische Klasse.) Wien 1895, CXXXII, II. Abhandlung»
21
— 322 —
Kasossos, die noch in byzantinischer Zeit bestand. In der
großen Gräberstadt, welche sich beim Dorfe Bair ausbreitet,
entdeckte man eine Grabinschrift, aus welcher hervorging, daß
hier die antike Stadt Hygassos lag; heute noch deuten die mit
antiken Steinen eingefaßte Quelle und eine Inschrift, die sich
auf ein Heiligtum des Asklepios bezog, auf einen Tempel des
Gottes hin,' der jedenfalls an der Stelle der heutigen Moschee
zu suchen ist. Auf dem Gute Turantschifiik wurde durch eine
Inschrift das Bestehen der Stadt Kallipolis gesichert, deren
Hafen Gallipoli gewesen sein könnte.
Die Arbeiten für das Inschriftenwerk ' erhielten dadurch
eine besondere Förderung, daß das Unterrichtsministerium am
i. Juli 1894 in Smyrna und Konstantinopel archäologische
Stationen ins Leben rief, welche der zur Verwaltung der
Liechtensteinschen Widmung von der Akademie eingesetzten
Kommission unterstellt wurden. Zur Leitung derselben wurden
die Herren Heberdey und Kaiinka berufen ; diese begaben sich
noch im Sommer 1894 nach Kleinasien und unternahmen in
diesem, wie im folgenden Jahre gemeinsam, der erstere im
Herbste des Jahres 1895 nochmals allein, Reisen im sudwestlichen
Kleinasien, um die Sammlung des Materials für den ersten
Band, welcher die lykischen Inschriften enthalten soll, abzu"
schließen 1 ). Auf diesen Reisen wurde die Lage von sechs antiken
Ortschaften festgestellt, womit die letzten Namen, die in der
Liste der schriftstellerisch bezeugten Orte Lykiens noch aus**
standen, geographisch fixiert sind. Gegen 800 Inedita und viele
Revisionen waren det Haupterfolg dieser Forschungsreisen.
Unter den archäologischen und epigraphischen Funden seien
die hervorragendsten kurz erwähnt. In Tlos wurde das erste
bisher bekannte Beispiel einer Grabstele mit lykischer Schrift,
in der verfallenen Moschee von Düwer vermauert, aufgefunden ;
sie befindet sich gegenwärtig im Museum von Konstantinopel.
Das vielgesuchte Isinda konnte erst auf der zweiten Reise
2'/ 2 Stunden nördlich von Phellos'Port Sevedo mit Sicherheit
') Anzeiger, 1895, XXXII, S. 103 ff. — Almanach, 1894» XLIV, S. 229 ff.,
1895, XLV, S. 232 f., 1896, XL VI, S. 235 ff. — Denkschriften, 1897, XLV,
I« Abhandlung.
— 323 —
nachgewiesen werden. Von kunstgeschichtlichem Interesse war
hier ein auf der Höhe eines Berges gelegenes, großes Pfeiler'
grab mit Reliefs im hocharchaischen Stil. Den Bemühungen
Heberdeys gelang es, daß dieses bemerkenswerte Denkmal
altgriechischer Kunst im Jahre 1896 unter seiner Leitung ins
kaiserliche Ottomanische Museum nach Konstantinopel über'
führt wurde ')• Die in Oinoanda vor Jahren aufgefundene
philosophische Inschrift, welche gesammelte Werke des Epi-
kureers Diogenes samt einigen Schriftstücken Epikurs enthält,
wurde um 20 neue Blöcke vervollständigt. Von der genealo'
gischen Inschrift eines Grabhauses in Oinoanda, von welcher
bereits sechs Quadern veröffentlicht waren, gelang es, noch
25 neue beschriebene Quadern bloßzulegen, so daß sich die
Inschrift nahezu lückenlos wiederherstellen läßt Dieselbe war
an der Eingangsfront eines einfachen Antentempels außer der
am Türsturz befindlichen eigentlichen Grabinschrift, welche den
Erbauer und die Bestimmung des Tempels nennt, angebracht
und enthielt die durch zwölf Generationen reichende Genealogie
des Geschlechtes der Erbauerin, von deren 7 oder 8 Kolumnen
noch 6 zum größten Teile erhalten sind. Aus den stark ver'
stümmelten Zeilen ergibt sich, daß der Anlaß für die Erbauung
des Heroons die Auswanderung des Geschlechtes der Licinnia
Flavüla nach Kibyra war (150/1 p. Chr. n.). Dieser Stamm'
bäum der lykischen Adelsfamilie ist besonders für die ChrO'
nologie wichtig. Die Namen der Angehörigen der Familie kehren
in zahlreichen Inschriften in Oinoanda wieder. Die von Emanuel
Loewy wiederhergestellte Urkundenreihe, welche sich an dem
Heroon des Opramoas zu Rhodiapolis befand, gab die Klein'
asiatische Kommission 1897 als eine besondere Schrift heraus.
Der Verfasser derselben ist R. Heberdey, welcher auch die Be^
richtigungen und Ergänzungen benützen konnte, welche die
Forschungsreisen Hulas und Kalinkas im Jahre 1892 und des
letztgenannten Gelehrten und Heberdeys 1894 ergeben hatten.
Dem zweiten Bande des Korpus, welcher Karien enthalten
soll und von den Herren Kubitschek und Szanto in Bearbei'
*) Almanach, 1897, XLVII, S. 275 ff.
21*
tung genommen wurde, flössen gegen 200 neue Inschriften zu,
welche von Benndorf gelegentlich der Versuchsgrabungen in
Ephesus, die K, F. Mautner von Markhof ermöglicht hatte,
im Jahre 1895 gewonnen wurden. Der Boden von Ephesus
lieferte auch in der Folge reiches Material 1 ).
Im Herbste desselben Jahres nahm Kaiinka das Studium
der zahlreichen epigraphischen Denkmäler in Angriff, die sich
im kaiserlichen Ottomanischen Antikenmuseum zu Konstant**
nopel befinden. Auch durchforschte er das östliche Thrakien,
wobei die Städte Bizye, Rhaidestos und Perinth die Hauptziele
waren 2 ). Im Sommer des folgenden Jahres erzielte derselbe Ge-
lehrte eine erfreuliche Ausbeute an inschriftlichem Material
durch eine Bereisung des Pontusgebietes 3 ).
Reichen, neuen Stoff trug eine zweimonatliche Reise ein,
welche Dr. Heberdey mit Dr. Josef Zingerle im Jahre 1898
im Südwesten Kleinasiens unternahm 4 ). Unter anderem
wurden drei unbekannte Ruinenstätten im Tale des Geris^
burnutschai, acht weitere, die zum Teile Arkwright ermittelt
hatte, in dem Gebirgslande zwischen Indos und Glaukos unter'
sucht. Eine vierseitig beschriebene Stele von Üthissar mit
einem Dekrete der Hippokometai bot die Namen von sieben
dieser später zu einer Oktapolis vereinigten acht Ortschaften
und den antiken Namen des Fundortes Loanda» Von der
sonstigen epigraphischen Ausbeute sind vier neue epichorische
Texte, wovon zwei nicht sepulcraler Natur, und eine Reihe
von Ehrendekreten aus Arneai und Sidyma hervorzuheben.
Die Sammlung des inschriftlichen Materials für den pam^
ph7lisch"pisidischen Band des Inschriftenwerkes wurde durch
eine mehrwöchentliche Reise eingeleitet, welche Dr. Heberdej
gemeinsam mit Herrn Jüttner nach Pisidien unternahm
(1897) 5 ). Im Juli und August 1899 reisten Heberdey, Wilhelm
Wilberg, A rchitekt des Archäologischen Instituts, und Dr. Alex.
') Anzeiger, 1895, XXXII, S. 103 ff., 1897, XXXIV, S. 12.
») Anzeiger, 1895, XXXII, S. 103 ff. — Almanach, 1896, XLVT, S. 235 ff.
3 ) Almanach, 1897, XLVTI, S. 275 ff*
*) Almanach, 1899, IL, S. 338 f.
5 ) Almanach, 1898, XLVIII, S. 302 f.
— 325 —
Gaheis aus Triett nach Termessos in Pisidien. Im Nachhang
zu den Arbeiten der gräflich Lanckoronskischen Expedition
wurden hier neun Grabhäuser von verschiedenem, bisher nicht
bekanntem Typus vermessen und aufgenommen, zirka 400
neue Inschriftentexte kopiert und an 200 veröffentlichte revidiert *).
Im Auftrage der Kleinasiatischen Kommission führte
Heberdey 1902 eine dreimonatliche Reise zur Erforschung
Pisidiens und Pamphyliens durch, auf welcher ihn Zingerle
und Wilberg begleiteten« Sie begaben sich von Denizlfi über
Themisionion in die Kibyratis, dann nach Balbura und Oino*
anda, über den Taurus nach Elmaly und durch die Milyas in
das nordöstliche Pisidien, von da über Kretopolis nach Adaßa.
Zum Schlüsse nahmen sie einen zweiwöchentlichen Aufenthalt
in Termessos, um die Arbeiten von 1899 zum Abschlüsse zu
bringen. Gewonnen wurden 400 neue und zahlreiche Revisionen
alter Texte — unter den enteren das Fragment eines Bündnis^
Vertrages zwischen Rom und Kibyra — ferner architektonische
Aufnahmen einer Reihe bisher unbekannter Baudenkmäler
und zahlreiche Photographien 2 ).
Im Jahre 1906 endlich unternahm Dr. Anton v. Premer'
stein, Sekretär des österreichischen Archäologischen Institutes
in Athen, mit dem in Smyrna stationierten Sekretär Dr. Josef
Keil eine dreimonatliche Studienreise nach Lydien und der süd-
lichen Aiolis, deren reiche Ergebnisse zunächst in einer für die
Denkschriften der Akademie bestimmten Abhandlung zusamt
mengefaßt wurden 9 ).
Wir wenden uns nun jenen literarischen Arbeiten zu,
welche in Wien parallel mit den Forschungsreisen als Vor*
arbeiten für das Kleinasiatische Inschriftenwerk betrieben wtuv
den 4 ). Der gewonnene Grundstock epigraphischer Scheden,
*) Almanach, 1900, L, S. 374 f.
') Almanach, 1903, Uli, S. 334 £
3 ) Wiener Zeitung. 8. Juni 1906, SL ix. — Anzeiger, 1907» XLIV,
§. 105 f. — Almanach, 1907» LVII, S. 367 1
*) Almanach. XLIV— LH, 1894, S. 229 ff., 1895, S. 232 f., 1896, S. 235 ff*
1897» S. 275 ff., 1898, S. 302 f., 1899. S. 338 f., 1900, S. 374 U 1901, S. 309 f.,
1902, 8. 281, LV, 1905t S. 335*., LVII, 1907, S. 3*7 *•
— 326 —
der nach den antiken Provinzen und innerhalb derselben nach
den antiken Städten alphabetisch geordnet worden war, wurde
aus der fortlaufenden Literatur ergänzt und hatte schon im
Jahre 1894 einen Bestand von über 13.000 Inschriften erreicht.
Als Professor Kubitschek an die Universität Graz berufen
wurde, wurde der Schedenapparat von Dr. Szanto unter Beihilfe
verschiedener Gelehrten, namentlich Dr. Hulas, fortgeleitet.
Dieser führte später allein den inschriftlichen Apparat weiter
bis zu seiner Ernennung zum Institutssekretär, worauf Dr.
Johann öhler mit den Auszügen aus der Literatur für das
epigraphische Sammelwerk betraut wurde. Gegenwärtig zählt
der Apparat 21.000 Inschriften.
Mit besonderen Arbeiten wurde zunächst die Herausgabe
der Inschriften Lykiens vorbereitet, deren Bearbeitung Dr.
Benndorf übernommen hatte. Zur Ergänzung des inschriftlichen
Materials durch handschriftliche Quellen und zur Vervollstän*
digung der Bibliographie unternahm Dr. Kubitschek eine Durch'
forschung der Bibliotheken von Berlin, München, Breslau,
Mainz, Göttingen, von welchen namentlich die Berliner Samm'
lung reiche Ausbeute bot Für die Herstellung eines Kataloges
der kleinasiatischen Literatur war Dr. Theodor Gottlieb in
Wien und München tätig. Auch auswärtige Gelehrte und
Sammlungen unterstützten eifrig das Unternehmen. Die stark
angewachsene Sammlung von Papierabdrücken wurde durch
H. Delamarre in Paris vermehrt, der eine Reihe kleinasiatischer
Inschriften im Louvre abklatschte. Ferner konnten die Abklatsche
J. A. Schönborns, welche die königliche Bibliothek in Berlin
darlieh, und jene, die S. A. Murray vom British'Museum in
London sandte, benützt werden. Für die Herstellung von In'
schriften'Faksimiles war eine größere Zahl von Studierenden
unter Aufsicht Kalinkas tätig, dem Benndorf die Bearbeitung
der epichorischen Texte übertragen hatte. Die hergestellten
Zinkstöcke erleichterten die Drucklegung des Werkes in hohem
Maße. Für den Fortgang der Arbeiten war die Gründung des
k. k. österreichischen Archäologischen Instituts, in dessen
Räume der aus Scheden, Abklatschen, Skizzenbüchern, Zink'
Stöcken und Büchern bestehende Kleinasiatische Apparat über'
— 327 —
siedelte, von größtem Vorteil (1898). In der Sitzung der philo'
sophisch4iistorischen Klasse der kaiserlichen Akademie der
Wissenschaften vom 20. März 1901 konnte Otto Benndorf den
L Band des Seiner Durchlaucht dem Fürsten Johann IL v. Liechten'
stein gewidmeten, herrlichen Werkes vorlegen 1 ). Derselbe ent'
hält 150 epichorische Texte Lykiens in durchgängiger Faksimi'
lierung nebst zahlreichen Abbildungen lykischer Monumente;
er wurde von Kaiinka bearbeitet und mit einer Karte der
Landschaft von Heberdey ausgestattet, welche zahlreiche Er'
Weiterungen und Verbesserungen der letzten, von Heinrich
Kiepert edierten enthält Der Titel des Werkes lautet: „Tituli
Asiae Minoris conlecti et editi auspieiis Caesareae Academiae
Litterarum Vindobonensis." Der L Band enthält: „Tituli Lyciae
lingua Lycia conscripti enarravit Ernestus Kaiinka, tabulam ad
Henrici Kiepert exemplum redaetam adiecit Rudolfus Heberdey."
(Wien, 1901.) Gleichzeitig mit den Arbeiten für die Heraus'
gäbe des ersten Bandes des Inschriftenwerkes laufen die Vor'
bereitungen für die Edition des zweiten Bandes durch Dr. E.
Kaiinka, welcher die griechischen und lateinischen Inschriften
Lykiens enthalten soll, des karischen Bandes, der von Kubitschek
und Szanto begonnen wurde, des pisidischen und lydischen
Bandes usw.
Die vorstehenden Ausführungen können nur ein über'
sichtliches und bei weitem nicht vollständiges Bild jener Unter'
nehmungen geben, welche durch die Liechtensteinsche Widmung
ermöglicht wurden. Durch die Munifizenz Seiner Durchlaucht
wurde die kaiserliche Akademie der Wissenschaften in die Lage
versetzt, Schritt für Schritt die archäologisch'epigraphische Auf'
hellung der westlichsten Halbinsel des asiatischen Kontinentes
vorzunehmen. Das Vorgehen des Fürsten hat auch andere
Männer, besonders aber den Staat ermuntert, den Forschungen
auf diesem Gebiete ein erhöhtes Augenmerk zu schenken
und bedeutende materielle Opfer zu bringen» Hervorragende
österreichische Gelehrte im Reiche der Altertumskunde fanden
ein fruchtbares Feld für ihre wissenschaftliche Tätigkeit und
l ) Anzeiger, 1899, XXXVI, S. 106, 1901, XXXVIII, S. 39«
_ . . J : . . l _ • . «J
— 328 —
ernteten reiche Anerkennung für ihre erstaunlichen Erfolge.
Die Fruchte dieser Forschungen jedoch konnten jüngere hcimi/
sehe Gelehrte für ihre eigene Fortbildung aufs beste nutzen.
Hit Recht zahlt daher auch das k* k* Archäologische Institut
in Wien Seine Durchlaucht zu seinem verdienstrollsten
Ehrenmitglied*.
Obwohl, streng genommen, nicht in den Kreis unserer
Betrachtungen gehörend, wollen wir an dieser Stelle auch der
Forderung gedenken, welche der Fürst den Arbeiten der Prä*
historischen Kommission der Akademie angedeihen liefi, indem
derselbe auf seine Kosten vom Jahre 1879 angefangen durch
viele Jahre hindurch mehrere Höhlen auf seinen Gutern in
Mahren untersuchen ließ, welche Unternehmung ja auch für
die primitive Kunstübung des prähistorischen Menschen zahl'
reiche Belegstücke ergab 1 )» Der Fürst stellte zunächst berg>
männische Arbeitskräfte aus den fürstlichen Grubenwerken
und auch die zu den Arbeiten nötigen Materialien bei. Der'
selbe beauftragte ferner die ihm unterstehenden Forstbeamten
mit der Überwachung der durchzuführenden Nachgrabungen.
Der Oberförster Gustav Heinz in Babitz, die Forstmeister Anton
Zitny und August Wildner haben sich in dieser Hinsicht mannig'
fache Verdienste erworben. Mit der wissenschaftlichen Leitung
und Bearbeitung der Untersuchungen waren Professor Alexander
Makowaky in Brunn, J. Szombathy, Kustos am Naturhistorischen
Museum in Wien, Dr. M. Kfi£ und Dr. August Böhm bc
traut worden.
Das größte Interesse unter den durchforschten Höhlen
beansprucht die Höhle Vypustek bei Kiritein unweit Brunns.
') Almanach der kaiserl Akademie der Wissenschaften. XXIX bis
XXXVHI, 1879, S. 196, 1880, S. 182 f., 1881, S. 189 f., 1882, S. at9> i8*3r
S. 198 f., 1884, S. 193, 1885, S, 171, 1886, S. 190 U 1887, S, 199. 1838, S» 1*6,
XL— XLIII, 1890, S. 163, 1891, S. 175. 1892, S. 17* X893, S. 233» XLV, 1895»
S. 229 f. — Vgl auch die entsprechenden Aufsätze in den Sitzungsberichten
und Denkschriften der mathematisch^natur wissenschaftlichen Klasse und
in den Hitteilungen der Prähistorischen Kommission der Akademie, ferner:
Die österreichisch« ungarische Monarchie etc. Mähren und Schlesien. S. iz f.
und 56 f. — Kraetzl, Das Fürstentum Liechtenstein etc. S. 145 f. und 23z f.
— 329 ~
Dieselbe gehört zu den längsten Höhlen Europas und besteht
aus einem wahren Labyrinth von unterirdischen Gängen und
Sälen, so daß man ohne kundigen Führer nur schwer den
Rückweg finden kann« Blendendweiße Tropfsteine und eine
Menge von Abgründen, aus denen das Brausen unterirdischer
Gewässer herauftönt, verleihen ihr einen eigentümlichen Reiz.
Die Höhle war in der diluvialen Epoche bis in ihre letzten
Winkel von Menschen bewohnt. In den durch feste Kalksinter'
decken geschiedenen Lehmschichten von Y4— ^A m Mächtig'
keit, die systematisch ausgeräumt wurden, fand man spärliche
Reste von menschlichen Skeletten. Nebstdem ergaben sich zahl'
reiche Funde aus der neolithischcn Periode, wie Scherben von
roh gearbeiteten Tongefäßen mit charakteristischen Verzierungen,
Bruchstücke von Feuersteinmesserchen und geschliffenen Steine
heilen, Knochenspateln und Ahlen, aufgeschlagene Säugetier'
knochen und eine Anzahl von neolithischen, zum Teil tief in
der Sinterdecke vergrabenen Feuerstellen. In den zum größten
Teile mit abgetragenen diluvialen Ablagerungen fand man zahl'
reiche Reste von diluvialen Säugetieren. Der größte Teil der'
selben gehörte dem Höhlenbären (Ursus spelaeus) an; aber
auch andere Arten waren vertreten, z. B. Mustela martcs,
Hyaena spelaea, Felis spelaea, Felis catus, Lepus variabilis,
Elephas primigenius (Mammut), Equus caballus, Rhinoceros
tichorhinus, Sus scropha, Cervus tarandus, Cervus alces, Cervus
elaphus, Bog primigenius u. a.
In der unteren Joachimshöhle, die am Südabhange des
Josefstales oberhalb der bekannten Evahöhle liegt, wurden eben*
falls Untersuchungen durchgeführt Die in derselben enthaltenen
Ablagerungen bestanden bis zu %. — im aus Höhlenerde und
Kalkbruchstücken, in welchen einige zerstreute Reste aus der
paläolithischen Periode gefunden wurden.
Herr J. Szombathy hat auch die in der Nähe von Lautsdt
bei Littau gelegene Höhle, welche den Namen Fürst Johanns^
Höhle erhielt, durchforscht und aufgenommen. In derselben
wurden Reste des Renntiers, Höhlenbären und Auerochsen
nachgewiesen. Die Gleichzeitigkeit dt9 Menschen mit dem Renn'
tiere wurde durch Funde von menschlichen Skelettresten und
— 330 —
das Vorkommen charakteristischer menschlicher Artefakten
zweifellos festgestellt
Eine besonders interessante Unternehmung der kaiserlichen
Akademie der Wissenschaften, die Herausgabe eines Werkes
über die Wandmalereien von Kusejr Amra in Arabia Petraea,
erhielt gleichfalls die wohlwollende Unterstützung des Fürsten,
indem derselbe im Jahre 190 1 die Summe von 2000 Kronen
widmete, welcher Beitrag im Vereine mit ausgiebigen Spenden
anderer Kunstfreunde dem Entdecker des Schlosses, Dr. Alois
Husil aus Olmütz, und dem Maler Alfons L. Mielich die Hog~
lichkeit bot, das Wüstenschloß genau zu durchforschen und
aufzunehmen, nebstbei aber auch in anderen Gebieten kunst*
historische, topographische, ethnographische und epigraphische
Studien zu machen 1 ). Als Husil 1898 von seiner nordarabischen
Reise zurückkehrte, konnte er zum ersten Kaie über völlig tui"
bekannte Schlösser berichten, die er in der Wüste aufgefunden
hatte« Die photographischen Aufnahmen, welche der junge
Priester von seiner zweiten Reise (1900) mitbrachte, veranlaBten
die kaiserliche Akademie, das Schloß durch eine genaue Auf'
nähme für die Wissenschaft vollständig zu gewinnen. Dem
Forscher wurde in dem als Orientmaler geschätzten AX. Mielich,
einem ehemaligen kaiserlichen Offizier, eine künstlerische Kraft
beigesellt, welche die gefahrvolle Reise ohne Bedenken mit-
machte (1901). Hit Entzücken betrachtete der Maler die Wand'
gemalde und mit Eifer ging er daran, sie aufzunehmen, während
Husil und seine Begleiter mit den Waffen in der Hand für
die Sicherheit des Künstlers Sorge tragen mußten. Mit he*
wunderungswürdigem Scharfblick und seltener Treue hat dieser
die Gemalde festgehalten, welche die Lebensalter von der Ge>
burt bis zum Tode, bewegte Liebesszenen, tanzende und musi'
zierende Paare, Jagdszenen und Ringkampfe darstellen. Das von
byzantinisch' griechischen Malern geschaffene Werk ist ein
Beweis von dem Grundirrtum des
l ) Anzeiger, 1899, XXXVI, S. 2 ff., 1901, XXXVIII, S. 14 ff., 91 und 146 ff.,
1903, XL, S. 182, 1904, XLI, S. 30 und 43, 1907* XLIV, S. 26 ff. — Almanach,
1902, LII, S. 341 ff-, 1904, LIV, S.411, 1907, LVII, S. 369. — Sitzungsberichte,
1902, CXLIV, VII. Abhandlung. — Wiener Zeitung. 2. März 1907, S. 10.
— 331 —
im Islam. Die Freskomalereien bildeten den Rahmen für die
Baderäume des Baues, der als Lust- oder Badeschloß von dem
Prinzen Ahmed (862 — 866 Inhaber des Kalifats) errichtet wurde,
wie eine kufisch-arabische Inschrift feststellt 1 )« Hierher zogen
sich einst die Großen zurück, um die reine Luft der Wüste
zu genießen, zu jagen, zu baden und sich durch Musik, Tanz,
Spiel und Gesang die Zeit zu vertreiben. Das von der Hof- und
Staatsdruckerei ausgeführte, prachvolle Amra-Werk, das die
Berichte Musils über die drei Reisen, welche zur Entdeckung
und Erforschung des Schlosses führten, eine historisch-topo-
graphische Skizze und zahlreiche polychrome Tafeln enthält,
ist ein glänzendes Denkmal österreichischer Forschung. In der
Sitzung der philosophisch-historischen Klasse vom 20. Februar
1907 konnte Hofrat D. H. Müller das kostbare Werk vorlegen,
an dem neben Musil und Mielich hervorragende Gelehrte mit-
gearbeitet hatten. Es besteht aus einem Textband mit 145 Ab-
bildungen und einer Karte von Arabia Petraea in vier Blättern
und einem Tafelband mit 41 meisterhaft ausgeführten farbigen
Blättern. Auch die Expedition, welche Dr. Musil im Sommer des
Jahres 1908 antrat, um die wichtigen, bisher unerforschten
Wüsten zwischen Babylonien, dem Persischen Meerbusen und
der Hedschas-Bahn kartographisch, archäologisch, epigraphisch,
topographisch und ethnographisch aufzunehmen, wurde vom
Fürsten in tatkräftiger Weise unterstützt 2 ).
Wiederholt waren wir in der Lage, in unseren Ausfüh-
rungen auf die hohen Verdienste hinzuweisen, welche sich der
Fürst um die Erhaltung der vaterländischen Baudenkmäler
erworben hat Sein Schaffen in dieser Hinsicht wurde von der-
jenigen Körperschaft, welche dazu berufen ist, die Konservierung
derselben zu überwachen, der k. k. Zentralkommission für
Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denk-
') Th. Nöldeke setzt, im Gegensatz zu Karabacek, die Entstehung
des Baues um mehr als hundert Jahre früher an, indem er einen der
letzten omaijadischen Herrscher als Erbauer des Schlosses annimmt.
(Neue Freie Presse. 28. Harz 1907» S. 1 ff.)
2 ) Neue Freie Presse. 6. Juni 1908, S. 10. — Wiener Zeitung. 7. Juni
1908, S. 3.
male, dadurch anerkannt, daß diese Seine Durchlaucht zu ihrem
Ehrenmitgliede ernannte (1893), als ersten unter jenen liannern,
denen diese Anerkennung für ihr edles Wirken im Dienste
der Kunstpflege zuteil wurde 1 ).
Jene Werke, die sich mit den österreichischen Baudenk"
malern beschäftigten, erhielten durch den Fürsten mannigfache
Förderung. In erster Linie müssen wir da des Werkes „öster^
reichische Burgen 11 von Dr. Otto Piper gedenken, das der be*
kannte deutsche Burgenforscher im Auftrage Seiner Durchlaucht
und des Grafen Hans Wilczek verfaßt hat *). Das mehrbändige
Werk ist ein monumentales Inventar der am Anfange des
20. Jahrhunderts in Österreich noch vorhandenen mittelalter^
liehen Profanbauten. Mit unermüdlichem Eifer hat der Ver*
fasser die entlegensten Burgen aufgesucht, von denen oft nicht
einmal die Lokalgeschichte etwas zu erzählen wußte, deren
Eigentümlichkeit durch interessante Besprechungen, zahlreiche
Abbildungen und Pläne festgestellt und uns dadurch einen
genauen Einblick in die Bauverhältnisse des Hittelalters veiv
schafft. Das Buch wird als Werk eines Hannes, der die Burgen*»
künde erst neu geschaffen hat, für immer ein historisches
Quellenwerk bleiben, dessen Wert nicht hoch genug anzu^
schlagen ist. Dem Besitz des Liechtensteinschen Hauses an
Burgen wird durch die Schilderung der bedeutendsten derselben
Rechnung getragen, so wird den Burgen Hödling, Johannstein,
Seebenstein und Klamm in Niederösterreich, Novihrad, Atuk
see und Alt-Cimburg in Mähren, Riegersburg und Liechtenstein
in Steiermark und Kaprun in Salzburg eine eingehende
Würdigung zuteil.
Im Jahre 1904 erschien das gleichfalls für die Kunstge^
schichte Österreichs äußerst wichtige Werk „Die Markgrafschaft
Mähren in kunstgeschichtlicher Beziehung. Grundzüge einer
Kunstgeschichte dieses Landes mit besonderer Berücksichtigung
der Baukunst", eine Riesenleistung August Prokops, Hofrats
') Hitteilungen der k. k. Zeatralkotnsnission. N. F. 169** XUC, S. 14*.
*) Dr. Otto Piper, österreichische Burgen. Wien, 1902, I, 1903, II,
1904, III, 1905, IV, 1907, V, 1908, VI.
— 333 —
und Professors an der Technischen Hochschule in Wien«
großer Teil der erheblichen Kosten des Werkes wurde durch
Subventionen von Körperschaften und Kunstfreunden, zu
welchen auch Fürst Johann v. Liechtenstein zählt, aufgebracht
Das vierbändige Werk mit 1831 Illustrationen, das vor unserem
geistigen Auge die Geschichte der bildenden Künste in einem der
schönsten Länder des Reiches in lebendigen Bildern vorüber*
ziehen läßt, ist die Frucht einer fünfradzwanzigjährigen, auf*
reibenden Arbeit, die von Prokop, der selbst ein gebürtiger
Mähret ist und viele Jahre im Lande gewirkt hat, aus Liebe
zur heimatlichen Kunstübung, mit großer Gelehrsamkeit, un^
ermüdlichem Schaffensdrang und erheblichen materiellen Opfern
durchgeführt wurde« Die Markgrafschaft, die in kunstgeschicht*
licher Beziehung bis nun ein nahezu unbekanntes Land war,
erhielt dadurch ein umfassendes Werk über ihre Kunstschätze,
wie es kein Kronland Österreichs besitzt, ein grundlegendes
Werk, auf welchem die kunsthistorische Forschung der Zukunft
mit Erfolg weiterbauen kann. Das kunstfreundliche Wirken
des Liechtensteinschen Hauses, insbesondere die segensreiche
Tätigkeit des gegenwärtigen Fürsten auf diesem Felde, werden
vom Verfasser deu Werkes mit hingebender Sorgfalt geschildert
Sind ja doch die fürstlichen Besitzungen in diesem Lande
außerordentlich reich an interessanten Burgen, schönen Patnv
natskirchen und prächtigen Schlössern«
Letztere nehmen auch in dem zum vierzigjährigen Re*
gierungsjubiläum unseres Kaisers erschienenen Prachtwerke
„Mährens Burgen und Schlösser" (1888) einen hervorragenden
Platz ein. Selbstverständlich hat auch der Fürst dieses Werk,
das von einem Komitee mährischer Adeliger und Großgrund'
besitzer durch das Mährische Gewerbemuseum in Brunn unter
der Leitung des damaligen Direktors August Prokop heraus'
gegeben wurde, in gewohnter Weise unterstützt« Das Album,
mit 237 vorzüglichen Lichtdrucken ausgestattet, die von Römm^
ler und Jonas in Dresden nach Photographien des Freiherrn
R v« Stillfried hergestellt wurden, kam nicht in den Handel,
sondern wurde nur in hundert Exemplaren für die an der
Herausgabe beteiligten Persönlichkeiten gedruckt« Ein Komitee
— 334 —
des mährischen Adels überreichte ein Exemplar der pracht-
vollen Publikation in einem Prunkschrein dem Monarchen»
Schon an anderer Stelle wurde der liebevollen Fürsorge
gedacht, mit welcher der Fürst die Pflege der graphischen Künste
förderte. Besonders die Gesellschaft für vervielfältigende Kunst
in Wien, welcher Seine Durchlaucht als Gründer angehört,
konnte bei der Herausgabe ihrer wertvollen Publikationen
jederzeit auf die werktätige Unterstützung des Fürsten rechnen*
Hier soll nur ein bedeutendes wissenschaftliches Werk erwähnt
werden, „Der deutsche, niederländische und französische Kupfer'
stich im XV« Jahrhundert". Geschichte und kritischer Katalog
von Geh. Regierungsrat Professor Dr. Max Lehrs (Berlin).
Durch einen Beitrag von 2000 Kronen durch den Fürsten im
Vereine mit einer staatlichen Subvention wurde es der Gesell
schaft ermöglicht, daß das großgedachte Werk im Umfange
von sechs Text* und sechs Tafelbänden erscheinen kann. Im
Jahre 1908 gelangten der erste Text" und erste Tafelband des
monumentalen Werkes zur Ausgabe. Die übrigen Bände werden
in jährlichen Zwischenräumen aufeinanderfolgen 1 ).
Mit der größten Bereitwilligkeit kam der Fürst denjenigen
Kunstforschern entgegen, welche die Schätze seiner kostbaren
Sammlung von Handzeichnungen, Stichen, Holzschnitten usw.,
die zum großen Teile aus der Sammlung Hauslab stammen,
für ihre Publikationen heranziehen wollten. Diese Samm"
lung stammt aus dem Nachlasse des bekannten Kunst"
freundes und Sammlers Franz Ritter von Hauslab, eines der
gebildetsten und gelehrtesten Offiziere der österreichischen
Armee, der an der Ausbildung der kaiserlichen Prinzen, insk
besondere des Kaisers Franz Josef I. hervorragend beteiligt
war und welcher als k. k. Feldzeugmeister im Alter von
85 Jahren 1883 in seiner Vaterstadt Wien starb. Die Samm/
lung, die Hauslab, der mit der älteren Generation der Wiener
Kunstsammler, mit J. L. Böhm, Camesina, Erasmus Engerth,
Th. v. Karajan, Fruhwirth und Artaria, in engster Verbindung
') Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst. 1906,
S. 77 f. — Wiener Zeitung. 1. Hai 1908, S. 15 und 30. Mai, S. 10. — Neue
Freie Presse. 8. Hai 1908, S. 13 und 9* Juni, S. 12.
— 335 —
stand, mit großen Opfern zustande gebracht hatte, bewahrte
der Fürst dadurch vor Zersplitterung und Verschleppung ins
Ausland, daß er sie von der Erbin des Verstorbenen, seiner
Pflegerin Laura Bertuch, ankaufte. Aus dem Umstände, daß
Hauslabs Spezialwaffe die Artillerie, sein Spezialfach die Karto-
graphie und Topographie waren, ergibt sich dessen Vorliebe für
das Sammeln von Karten und Werken, die mit der Geschichte
der Artillerie in Zusammenhang stehen. In der Tat liegt auch
in dieser Abteilung der Schwerpunkt seiner Sammlung. Kost-
bare und seltene Werke enthält auch die Sammlung von
Kostümblättern. Mit besonderer Vorliebe erwarb er ferner alte
Bibeldrucke und seltene Viennensia. Außerdem besaß Hauslab
die vielleicht vollständigste Sammlung von illustrierten histori-
schen Flugblättern aller Kulturvölker Europas und alte Karten'
spiele. Hauslab, der Sohn des gleichnamigen Malers und Zeichen'
lehrers an der k. k. Ingenieurakademie in Wien, hatte an der
Wiener Akademie den Unterricht Hubert Maurers und V. G.
Kinningers genossen und führte mit Geschick die Radiernadel.
Er bekundete sein Interesse für das Gebiet der graphischen
Künste insbesondere dadurch, daß er im Laufe der Jahre eine
höchst wertvolle Sammlung, welche die Geschichte derselben
illustriert, erwarb, eine Sammlung, in welcher sich Seltenheiten
aller Art befanden 1 ). Von denjenigen Blättern, mit welchen
sich die einschlägige Literatur eingehender beschäftigte, mögen
hier einige Erwähnung finden. Von der „Ehrenpforte des
Kaisers Maximilian I.", zu welcher die Zeichnungen aus Dürers
Werkstätte hervorgegangen sind, enthielt die Sammlung eine
von den vier Separatausgaben der 24 historischen Darstellungen,
welche sich über den Pforten des Lobes und Adels befinden,
ein höchst seltenes Blatt („Die sachenn er gantz wol Betracht"),
das in keiner der bekannten Separat' und Gesamtausgaben zu
finden ist, und die zweite Gesamtausgabe von 1559 2 ). Die elf
Blätter aus der Holzschnittfolge „Die Heiligen aus der Sipp**,
1 ) Wurzbach, Biographisches Lexikon. 1862, VIII, — Repertorium
für Kunstwissenschaft 1883, VI, S. 313 £
2 ) Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des allerhöchsten
Kaiserhauses. 1886, IV/I, S. 312, 317 und 318 f.
— 336 —
Mag" und Bruderschaft des Kaisers Maximilian I." von Leonhard
Beck aus Augsburg gehören zu den ältesten und äußerst sei'
tenen Drucken der Folge 1 )« In der Sammlung befindet sich
auch ein Exemplar des nach den Angaben des Kaisers ZU'
sammengestellten „Weifikunig", und zwar in einem im 1 8- Jahr'
hundert neu gebundenen Sammelband, der 128 Holzschnitte
und 51 Handzeichnungen enthält 2 )* Für die Geschichte der
Holzschnittechnik von großem Interesse sind die beiden nur
in wenigen Exemplaren vorhandenen Blatter „Kaiser Max"
(Golddruck, 1508) und „St Georg nach Besiegung des Drachens"
(Glair'obscur, 1501), die nach einer Zeichnung Burgkmairs von
Jost de Negker geschnitten und gedruckt wurden 3 ). Eine schöne,
vollständig sehr seltene Suite nach Schäuffeleins „Hochzeits^
reigen", welche die Sammlung ihr Eigen nennt, wurde von
Johannes Schratt nach diesen Originalen getreu nachgeschnitten 4 ).
Als Wiener Druck verdient ein Holzschnittwerk Beachtung,
das eine Folge von Landsknechtfiguren darstellt und im Jahre 1566
von David de Necker herausgegeben wurde« Als Zeichner werden
Amberger, Burgkmair, Jörg Breu der Jüngere genannt, einige
Blätter erinnern an Hopfer, andere an die Beham *)• Nach dem
Liechtensteinschen Exemplar wurde es vom Grafen Breuner'
Enkevoerth mit begleitendem Text von Falke unter dem Titel
„Kön. ks. Maj. Kriegsvolker" als IL Abteilung des Bandes neu
herausgegeben (1883)«
Auch die Sammlung der im Liechtensteinschen Besitze
befindlichen Handzeichnungen, in welche ebenfalls Blätter aus
Hauslabschem Besitz übergegangen sind, wurde wiederholt für
Publikationen in Anspruch genommen, so besonders für J.
SchönbrunnerS'J, Meders „ Handzeichnungen aus der Albertina
und anderen Sammlungen". In den bis jetzt vorliegenden elf
Bänden finden wir mehr als ein halbes Hundert der durch den
Fürsten in außerordentlich glücklicher Weise vermehrten Liechten^
') Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen. 1887, V/I, S. 176.
2 ) Jahrbuch der kttnsthistorischen Sammlungen* 1888, VI, S. XVII ff.
3 ) Jahrbuch der kunsthistor. Sammlungen. 1894» XV, S. 287 und 392 ff.
4 ) Jahrbuch der kunsthistor. Sammlungen. 1896, XVII I, S. 326.
5 ) Jahrbuch der kunsthistor. Sammlungen. 1897» XVHI/I, S, 35 f.
— 337 —
steinschen Sammlung meist zum ersten Male reproduziert und
können daraus einen Rückschluß auf die Reichhaltigkeit der'
selben an interessanten Werken aller Schulen ziehen. Besonders
die Schöpfungen altdeutscher Meister, die ja auf diesem Ge>
biete ihr Bestes gaben, stehen in erster Linie. Wir bewundern
den in leichten Kohlestrichen auf mit Rötel eingeriebenem
Papier ausgeführten knospenhaften, edlen Madonnenkopf A.
Dürers aus dem Jahre 1503 (Nr. 961), früher in den Samm-
lungen J. Grünling und Alfred Ritter von Franck in Graz,
dann bei Amsler und Ruthardt in Berlin 1 ), und seine von
reichem Leben erfüllte, ausgezeichnet komponierte, leider stark
beschädigte Federzeichnung mit der Enthauptung der hl« Katha^
rina (Nr. 849), eine aus dem Jahre 15 10 stammende Skizze für
die Bemalung einer Fensterwand 2 ). Ein treffliches Blatt H. L.
Schäuffeleins ist das Bildnis eines jungen Mannes mit energi"
schem Blick, lockigem Haar und Federbarett (Nr. 124). Die
im Jahre 1516 entstandene Kreidezeichnung wurde auf der
Auktion der Wiener Sammlung Joh. Chr. Endris (1891) als
Werk H. Holbeins d. J. um 430 Gulden versteigert *). An den-
selben Meister erinnert eine Kreidezeichnung aus dem Jahre 1517,
welche einen alten Mann in der ausgesprochenen Art der Dürer'
sehen Köpfe darstellt (Nr. 895). Von den engeren Hausgenossen
und Gehilfen Dürers in seiner frühen Zeit ist noch Hans
Springinklee durch eine echt signierte, weiße Pinselzeichnung
auf dunkelbraunem Papier (Christus als Schmerzensmann) ver^
treten (Nr. 335). Der „Sturz des Phaeton", eine virtuos be>
handelte, lavierte Bisterfederzeichnung von Georg Pencz (Nr. 1247),
ein Entwurf zu einem Deckengemälde mit starken, wohlgev
lungenen Verkürzungen und von außerordentlicher Kraft der
Licht- und Schattenwirkung, zeugt von dem Einfluß, den die
Werke der italienischen Hochrenaissance auf diesen Künstler
ausgeübt hatten. Der Richtung H. Seb. Lautensacks gehört eine
1 ) Horiz Thausing, Dürer. Leipzig 1884, I, S. 329. — Dr. Friedrich
Lippmann, Zeichnungen von Albrecht Dürer. Berlin 1888. X. Abteilung,.
Nr. 163.
*) Jahrbuch der kunsthistor. Sammlungen. 1902, XXIII/I, S. 68 f.
3 ) Kunstchronik. N. F. 1891, II, Sp. 398 und 554.
22
— 33« —
Landschaft mit Fischern aus dem Jahre 1544, jedenfalls ein s<v
genanntes Monatsbild, an (Nr* 700), eine Tuschfederzeichnung
mit der Sammlermarke Grünling. Ein Werk von wahrhaft
dämonischer Auffassung ist „Die Hexe", eine Federzeichnung
auf braun grundiertem Papier von Hans Baidung, genannt
Grien (Nr« 141). Die Darstellung des an einen Baum gelehnten,
unbekleideten Weibes mit dem ausgezeichnet modellierten
Körper, den Dolch in der Brust, eine Distel in der Rechten,
greift gewaltig an unser Herz, gleich einem Gespenst tritt die
Figur durch die Lichtwirkung der grellen weißen Farbe aus
dem Blatte heraus. Viel Verwandtes mit der Kompositionsart
des genannten Meisters zeigt die Federzeichnung mit der Veiv
suchung des hl. Antonius (Nr. 361), die besonders durch die
liebevolle Behandlung des nackten Mädchenleibes von feinem
Reiz ist. Griens leider nicht gut erhaltener „Kopf eines Narren"
(Nr. 253, Kreidezeichnung) befand sich einst in der Kunstsamm^
lung des Erzherzogs Leopold Wilhelm (Inventar des Jahres 1649).
Albrecht Altdorfer, den Regensburger Meister, lernen wir in
zwei seiner vom Schimmer der Romantik durchwobenen Zeich/
nungen kennen, in denen auf dunklem Papier kräftiges weißes
Licht sein frohes Spiel treibt, während der mit der Feder auf-
getragene Tusch die Schatten vertieft. Es sind eine „Anbetung
der Könige" (Nr. 279) auf blauem und dann eine „Hl. Familie
im Walde" (Nr. 275) aus dem Jahre 1512 auf braunem Grunde,
in welchen der Künstler sein liebenswürdiges Erzählertalent
offenbart. Besonders das erste Blatt versetzt uns durch die
schlichte, tief religiöse Wiedergabe der Begebenheit und die
stimmungsvolle Gestaltung des Raumes — hohe Gewölbe und
tief herabhängende Baumzweige — in andachtsvolle Bewunde^
rung. In die Schule Altdorfers gehören auch die Federzeich'
nungen mit der „Anbetung der Hirten" (Nr. 382) von 1514,
eine Edeldame mit Gefolge (Nr. 721) und ein Ritter mit seinem
Knechte (Nr. 128), welches Blatt große Verwandtschaft mit
Nicolas Kirberger in München zeigt. In stilistischer Beziehung
dem Altdorfer ähnlich ist Wolf Huber in seiner Federzeichnung
„Joachim auf dem Felde" (Nr. 937). Großes Interesse bean<*
spracht die von einem unbekannten deutschen Meister des
— 339 —
16. Jahrhunderts stammende Tuschfederzeichnung mit „Frey<
dals Abschied" (Nr* 906), ein Entwurf zum beginnenden Texte
des Freydals^Romans, einst zum Manuskript desselben im
Kunsthistorischen Hofmuseum gehörend. Das Blatt ist mit der
HauslalvSammlung in Liechtensteinschen Besitz getätigt. Der
Schweizer Urs Graf erweist sich in der mit sicherer Hand ge^
gebenen, scharf durchgearbeiteten Federzeichnung mit dem
Bannerträger von Glarus (Nr. 898) als vollendeter Techniker
und klassischer Schilderer des Landsknechtlebens seiner Zeit.
Das aus dem Jahre 1521 stammende, ausgezeichnete Werk ist
mit dem Monogramm des Künstlers bezeichnet. Von seinen
Zeitgenossen sind Hans Fließ durch eine Madonna mit dem
Kinde (Nr. 1048), früher in der Sammlung Liphart, und Hans
Leu durch eine lebhaft bewegte Landsknechtfigur (Nr. 93) vor
zackigen Bergen, ein außerordentlich gutes Blatt aus dem
Jahre 1505, vertreten ! ). In die Schule Lukas Cranachs d. A.
gehört eine mit der Jahreszahl 15 19 versehene, weiß gehöhte
Tuschfederzeichnung mit verschiedenen Kopf Studien (Nr. 135).
Auch die niederländischen Meister nehmen einen breiten
Raum in der Sammlung ein. Eine Gruppe von nackten mann"
liehen und weiblichen Figuren (Nr. 432) ist eine treffliche, weiß
gehöhte Tuschlavierung eines niederländischen Meisters (um
1522) nach einem italienischen Vorbilde, wahrscheinlich als
Vorlage für einen Triumphzug gedacht. Durch schönen land"
schaftlichen Hintergrund und reizvolle Architektur ist eine
figurenreiche „Anbetung der Könige" (Nr. 34) ausgezeichnet.
Diese Federzeichnung, von der Oberlieferung als ein Werk des
Dirck van Star (= Dirick V eller t) bezeichnet, gehört einem Ant-
werpener Maler des 16. Jahrhunderts an, der unter anderen
auch von Dürer und den deutschen Kleinmeistern beeinflußt
erscheint 2 ). Die malerisch so wirksame, stark lavierte Bister"
1 ) Von einem späteren Schweizer Künstler, Daniel Lindtmayer aus
Schaffhausen, hat der Fürst mit der Hauslab'Sammlung zwei prächtige
Federzeichnungen, einen Scheibenriß (1572) und einen Entwurf für eine
Standacheibe (1590), erworben. (Mitteilungen des österreichischen Museums.
N. F. 1890, V. Jahrg., S. 5 ff.)
2 ) Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen. 1901. XXIII, S. 26.
22*
— 340 —
federzeichnung, eine lebhaft bewegte Darstellung von Davids
Triumph (Nr. 1233), ist ein signiertes Werk des Hans Speeckaert.
Höchst lebendig hat P. Brueghel d. A. die Bauersleute (Nr* 92)
aufgefaßt, die mit der Feder großzügig auf die Vorder' und
Rückseite eines Blattes aus einem Skizzenbuche gezeichnet
sind, von dem auch in der Albertina und im Kupferstich'
kabinett zu Berlin einzelne Blätter aufbewahrt werden. Sein
Sohn Jan schildert in einer leicht lavierten Bisterfederzeichnung
(Nr. 121 1) ein charakteristisches vlämisches Dorf an einem von
Schiffen belebten Kanal. Die vlämische Landschaftsauffassung
der späteren Zeit repräsentiert die kleine, mit der größten Fein'
heit durchgeführte, signierte Bisterfederzeichnung einer Wind'
mühle von Gillis Neyts (Nr. 1201). An der Spitze der hollän'
dischen Meister schreitet Rembrandt, dessen Zeichnungen uns
mit wenigen Strichen eine Welt vor die Augen zaubern. Mit
welcher Kraft bringt er in einer Feder' und Pinselzeichnung
in Bister den gewaltigen Schmerz einer im Bette liegenden
Frau zum Ausdruck (Nr. 418); wir vermeinen, die eindring'
liehen Worte zu vernehmen, die ein über den Tisch gelehnter
Mann zu einer an demselben sitzenden, aufmerksam lauschen'
den Frau, deren Haupt ein Schleier verhüllt, spricht (Nr. 418).
Die in Sepia leicht lavierte Federzeichnung, unter dem Namen
„Der Brautwerber" bekannt, befand sich einst in den Samm'
lungen Festetits und Jos. Karl von Klinkosch (1889) '). Das
anmutige Motiv, wie die geistreiche Behandlung rücken das
Blatt in die erste Reihe unter den zeichnerischen Werken des
Meisters. Ausgezeichnet durch die energische Linienführung ist
die unvergeßliche Federzeichnung in sehr lichtem Bister, welche
die Witwe von Sarepta, mit ihren Kindern vor der machtvollen
Gestalt des Propheten Elisa kniend, darstellt (Nr. 853). Hier
bewundern wir auch in der Gestaltung des Hintergrundes —
ein mächtiger, bewaldeter Berg mit Häusern und einem Felsen'
Schlosse — die großartige Naturauffassung des Künstlers. Auch
dieses Blatt gehörte einst der Sammlung Klinkosch an (Auk'
tionskatalog Nr. 711). Als achtbare Leistungen des M. J. Miere'
l ) Zeitschrift für bildende Kunst. 1889, XXIV, S. 153 f.
— 341 —
velt treten uns zwei in Kreide ausgeführte Porträte entgegen,
der vollkommen bildmäßig wirkende Kopf einer reizenden
jungen Dame mit frischen Wangen und Lippen und langem
herabfallenden Locken (bezeichnet J. M.) und das ausdruckst
volle Bildnis einer Frau mit hoher Stirne und sprechen'
den Augen (Nr« 701 und 823). Ein charakteristisches Werk
des Frans Hals von breiter Behandlung und kühner Strich'
führung ist die getreu nach der Natur geschaffene Kreidezeich'
nung eines holländischen Schützen in ganzer Figur (Nr* 1238),
mit dem Monogramm F. Hs. bezeichnet J. van Ruisdaels
„Weiden am Wasser" (Nr« 517), eine aus der Jugendzeit des
Meisters stammende, mit R. 1646 signierte Kreidezeichnung,
atmet feines poetisches Gefühl für die Stimmung der hollän'
dischen Landschaft. Hermann Saftleven bannt ein romanti'
sches Felsenschloß in einer Gebirgslandschaft in Kreide auf das
Papier (Nr. 995).
Und nun zu den Italienern! In der Silberstiftzeichnung
Pietro Peruginos (Nr. 1094), welche St Sebastian, ungemein
zart in den von rhythmischen Linien umflossenen Formen
des schönen Körpers, den Kopf mit den schwermütig blicken'
den Augen und dem feingeschnittenen Munde voll heiligen
Schmerzes hingebungsvoll nach oben gerichtet, wiedergibt,
haben wir es mit einer Aktstudie zum gleichnamigen Bilde in
der ehemaligen Galerie Sciarra in Rom zu tun. Bei der Neu'
Ordnung der Sammlung hat Dr. Josef Meder, Direktor
der Albertina, eine Kreidezeichnung mit dem schön model'
Herten Kopfe des hl. Josef (Nr. 11 85) entdeckt, die einst mit
dem in der Albertina befindlichen Marienkopf zu einem großen
Karton gehörte, der sich als Vorlage zum Gemälde „Die heilige
Nacht mit Longinus und Johannes 41 von Giulio Romano im
Louvre darstellt 1 ). Dem Daniele da Volterra gehört eine in
Kreide ausgeführte, ausgezeichnete Bewegungsstudie nach einem
nackten Manne (Nr. 1267) an, dessen Rechte einen Dolch hält
und zum Stoße ausholt, wahrscheinlich eine Studie zu einer
Kindermorddarstellung. Die edlen Formen des muskulösen
x ) Jahrbuch der ktsnsthistorischen Sammlungen. 1905, XXV,I, S. 79*
— Frimmel, Blätter für Gemäldekunde. 1906, II, S. 81 f.
— 34^ —
Mannes zeugen von gewissenhaftem Studium des Nackten.
Ein vollendetes Beispiel der Mailander Zeichenkunst des
16. Jahrhunderts ist das weibliche Porträt in Kreide (Nr. 426).
Der in Rötel entworfene, in Ekstase versunkene Mönch (Nr. 889)
rührt von einem späteren Künstler Mailands, dem Carlo Vimer-
cati, her. Ein nach aufwärts blickender Jünglingskopf mit üppigem
Lockenhaar (Nr. 935), eine Kreidezeichnung von der Hand
eines venezianischen Künstlers des 15. Jahrhunderts, befand
sich ehedem in der Sammlung Habich. Boccaccio Boccaccini
ist durch eine Pinselzeichnung in Bister, „Christus als Welten^
richter", eine Vorstudie für das Fresko in der Apsis des Domes
zu Cremona, vertreten (Nr. 654). Auf der Versteigerung der
Sammlung J. W. bei Helbing in München wurde 1895 eine
Studie zu einer Auferstehung Christi von Bartolommeo Mon<*
tagna (Nr. 433) erstanden, eine blaue Pinselzeichnung, die aus
der Sammlung William Mayor (f 1874) in London stammt.
Die mit der Bisterfeder gezeichnete Landschaft mit Fischern
von Domenico Campagnola (Nr. 955), dem Mitarbeiter Tizians
bei seinen Fresken in Padua, ist interessant als seltener Fall
einer echt signierten Zeichnung der venezianischen Schule. Wir
treffen dieses Blatt in der Kollektion A. Bourduge und in der
Sammlung Klinkosch (Auktionskatalog Nr. 271). Einen Begriff
von der genialen Hand des G. B. Tiepolo gibt die flott in
Feder hingesetzte Skizze, die mit geistreicher Lebendigkeit in
wenigen Strichen einen Maskenscherz schildert (Nr. 1256). Sie
weist das echte Monogramm TB auf.
Schließlich sei noch einiger Werke der französischen
Schule gedacht. Die Bisterfederzeichnung mit einem stehenden
jungen Manne in ganzer Figur (Nr. 643) schreibt Meder dem
Jehan Fouquet zu. Ein charakteristisches, vornehm aufge^
faßtes Werk seiner Epoche mit dem Eindrucke ausgeführter
Malerei ist die gewischte Kreidezeichnung von feinster Aus*
fuhrung, welche den französischen Finanzmann Samuel Bernard
darstellt (Nr. 58) und die von H. Rigaud 1727 geschaffen
wurde. (Stich von Drevet.) J. B. Chardins reizendes Genrebild
in wenigen weichen Rötellinien, eine Dame beim Frühstück
(Nr. 131)» läßt uns echte französische Grazie nachempfinden.
— 343 —
Landschaftsaaffassung des i8. Jahrhunderts lernen wir aus
einem Gehöfte am Wasser, einer geistvollen, lavierten Bister'
federzeichnung von wirkungsvoller Behandlung des Helldunkels,
einem Werke des vielseitigen Jean/Jaques Boissieu, kennen
(Nr. 271). Französische Schulung verrät auch das mit treffsicherer
Hand in Kreide gegebene, zart im Hintergrunde verschwimmende
Porträt des Kaisers Franz L von Lothringen von Jakob van
Schuppen, dem Wiener Hof' und Kammermaler und Reor'
ganisator der Akademie.
Die Urkundenschätze des Liechtensteinschen Archive*
bildeten gleichfalls eine hervorragende Quelle für die neuere
heimische Geschichtsschreibung. Um die Geschichte des Liechten'
steinschen Hauses hat sich Jakob v. Falke, der langjährige
Bibliothekar Seiner Durchlaucht, dadurch ein großes Verdienst
erworben, daß er im Auftrage des Fürsten eine dreibändige
Geschichte des fürstlichen Hauses abfaßte, die zum ersten Male
das in fürstlichem Besitze befindliche Urkundenmaterial ver'
arbeitete und mit Heranziehung der in der historischen Lite'
ratur der Gegenwart niedergelegten Forschungen eine treffliche
Familiengeschichte bildet, wie sie wenige Adelsgeschlechter be^
sitzen. Bei den nahen Beziehungen des Verfassers zur bildenden
Kunst ist es selbstverständlich, daß in seinem Werke mit der
Schilderung der Taten der Mitglieder des fürstlichen Hauses
als Heerführer, Staatsmänner und tüchtige Verwalter ihrer
Besitzungen die Tätigkeit derselben auf dem Gebiete der
Kunst und Wissenschaft verwoben erscheint. Die ausführlichen
Quellenangaben, die sorgfältig ausgearbeiteten Stammbäume,
wie die große Zahl der im Anhange mitgeteilten Urkunden
sind eine schätzenswerte Bereicherung des Werkes, das insbe'
sondere für den Forscher auf dem Gebiete der Lokalgeschichte
ein unentbehrliches Hilfsmittel ist 1 ).
Im Jahre 1905 erschien als erste Publikation der „Gesell'
schaft für neuere Geschichte" das Werk „Feldmarschall Jo'
hannes Fürst v. Liechtenstein" 1 , das den Hauptmann Oskar
Criste vor der kriegsgeschichtlichen Abteilung des k. k. Kriegs'
l ) Jakob von Falke, Geschichte &e* fürstlichen Hauses Liechtenstein.
Wien, 1868, 1, 1877» H, 1882, III.
— 344 —
archivs zum Verfasser hat. Die Anregung zur Abfassung der
raphie seines Großvaters gab der gegenwärtig regierende
:; derselbe hat aber auch das Zustandekommen des Werkes
in munifizenter Weise gefördert und sich dadurch den Dank
aller Freunde der vaterländischen Geschichte erworben. Das
Buch bildet, abgesehen von seinem gediegenen Inhalt, durch
die überaus geschmackvolle Ausstattung, den reichen Schmuck
an Bildern, Karten, Skizzen und Faksimiles ein Prachtwerk
im vollsten Sinne des Wortes. Angesichts der Bedeutung des
Fürsten muß das Werk als nicht unwesentlicher Beitrag zur
Kriegs', Kultur' und Wirtschaftsgeschichte des Gesamtreiches um
so mehr begrüßt werden, als der Umfang unserer biographischen
Literatur ein nicht bedeutender ist. Auch des Wirkens des
Fürsten als Förderer der Kunst wird gedacht. So bilden die
Illustrationen der zahlreichen Bauten, die der Fürst auf seinen
Gütern aufführen ließ und die so recht das Stilgepräge der
Zeit tragen, einen wertvollen Bestandteil des Buches.
An dieser Stelle darf auch der großen und verdienstvollen
Rolle nicht vergessen werden, welche Prinz Franz v. Liechten"
stein, der Bruder des Fürsten, als Mäzen der historischen
Wissenschaft in Österreich einnimmt 1 ). Als Präsident der in
Wien seit dem Jahre 1891 bestehenden Kommission für neuere
Geschichte Österreichs und Vorstandsmitglied der zur Unter"
Stützung der Arbeiten derselben 1904 errichteten Gesellschaft
für neuere Geschichte Österreichs hat er die Bestrebungen
der beiden Körperschaften, die hauptsächlich auf die Heraus"
gäbe wertvoller Publikationen über die vaterländische Geschichte
hinzielen, aufs tatkräftigste unterstützt 2 ). Der Prinz sorgte
l ) Neue Freie Presse. 17. November 1906, S. 8, 2, Dezember 1906,
S. 37 f., 3i* Harz 1907, S. 11 f., 16. April 1907» S. 7, 14» Dezember 1907,
S. 4. — Wiener Zeitung. 27. Februar 1907, S. 11. — Österreichische
Rundschau. 1906, VIII, S. 260, 1907» XI, S. 227.
f ) Es sei hier besonders auch auf das großgedachte Werk „Öster*
reich und Rußland seit dem Ende des 15. Jahrhunderts" von Hans Übers*
berger (Wien 1906, 1) hingewiesen. Prinz Franz von Liechtenstein, welcher
in den Jahren 1894— 1898 als Botschafter in Petersburg wirkte, hat im
Jahre 1907 die aus ungefähr 10.000 Bänden bestehende und einen materi*
eilen Wert von beiläufig 200.000 Kronen besitzende Bibliothek des be*
— 345 —
namentlich auch dafür, daß wichtige Privatarchive in die z\u
gehörigen öffentlichen Archive gelangten. So wurden z. B. die
Archivalien der Liechtensteinschen Herrschaft Eisenberg im
Mährischen Landesarchiv deponiert. Mit der größten Bereit'
Willigkeit stellte der regierende Fürst für die Sitzungen der er*
wähnten Gesellschaft wie für öffentliche Vorträge, welche von
derselben veranstaltet werden, die Prachträume seines Palastes
in der Bankgasse zur Verfügung. Der so erfolgreich wirkende
Verein „Carnuntum" hat ebenfalls im Prinzen einen verstände
nisvollen Förderer gefunden.
Die Herausgabe von Werken, die zur Geschichte und
Topographie der Liechtensteinschen Besitzungen in naher Be*
rührung stehen, wurde von dem Fürsten insofern ermöglicht,
als er die Einsichtnahme in das Liechtensteinsche Archiv in
Wien und in die auf den fürstlichen Gütern vorhandenen
lokalen Urkundensammlungen bereitwilligst gestattete, intern
essante Bilder für Reproduktionszwecke in liebenswürdigster
Weise zur Verfügung stellte und verhältnismäßig hohe Druck'
kostenbeiträge gewährte. Die Beamtenschaft Seiner Durch'
taucht unterstützte das Zustandekommen der erwähnten Werke
gleichfalls aufs beste. Wir erinnern nur an Fr. Kraetzls hancU
liches Buch „Das Fürstentum Liechtenstein und der gesamte
Fürst Johann von und zu Liechtensteinsche Güterbesitz" (Brunn
1903) und an die zahlreichen Chroniken jener Orte, in welchen
das fürstliche Haus Besitzungen aufweist. Von den in den
letzten Jahren erschienenen Werken dieser Art nennen wir
„Die Markgrafschaft Mähren und die Marktgemeinde Eisgrub"
von Michael Witzany (Eisgrub 1896, I, 1901, II), „Geschichte
der Stadt Mistelbach" von Karl Fitzka (Mistelbach 1901), „Ge*
schichte der Stadt Feldsberg" von Karl Höss (Feldsberg 1902),
„Geschichte der Stadt Lundenburg" von Professor Ludwig Preuß
kannten russischen Historikers A. Bilbasow, die für die Geschichte Ruß*
lands und der Slawen von unschätzbarer Bedeutung ist, erworben und
der österreichischen Unterrichtsverwaltung für das neuerrichtete Seminar
für osteuropäische Geschichte an der Wiener Universität in hochherziger
Weise zum Geschenke gemacht. (Neue Freie Presse. 3. Jänner 1907, S. 7
und 8, Jänner, S. 10, 23. Februar 1908, S. 10.)
- 346 —
(Lundrnhurg 1905) und „Geschichte der Stadt Mödüng* rem
Dr. Karl Giannoni (Modling 1905). Da diese Ortsgcsdricfcftai
auch den Baudenkmalern jener Gemeinden gebührende Beadv
tung •< > li^tilr^ti 1 haben sie auch für die Geschichte der öster^
reichischen Kunst große Bedeutung: und sind zugleich Zeugen
für die Kunstliebe des fürstlichen Hauses, dessen Mitglieder
in den genannten Orten prächtige Bauten auffuhren ließen
und die von ihnen erworbenen durch sorgfaltige Konservierung
der Gegenwart erhielten. Der Fürst gehört auch zu jenen Miiv
nern, welche es durch hohe Subventionen dem Altertumsverein
zu Wien ermöglichten, eine groß angelegte Geschichte Wiens
herauszugeben« Das Werk, welches gegenwartig (1907) bis zum
IIL Bande, der die Geschichte der Stadt im spateren Mittel"
alter abschließt, gediehen ist, zeichnet sich durch sorgsame
Benutzung der Quellen, klare Darstellung und künstlerische
Ausstattung aus. Daß auch das Kunstleben und dieBaudenk"
male Wiens in hervorragendem Maße berücksichtigt erscheinen,
ist ein großer Vorzug der Publikation, die wohl in ihrer Art
einzig dasteht
Nachträge.
Seite 77. Im Jahre 1907 wurde im IL Saale der
stein/Galerie eine vortrefflich erhaltene Terrakottagruppe von
Andrea del Verrocchio aufgestellt, die eine sitzende junge Frau
mit einem an ihrer Seite ruhenden Einhorn darstellt« Bode
vermutet in dem außerordentlich lebensvollen, zierlichen Werke,
das seit zirka dreißig Jahren im Besitze des Fürsten ist, eine
Darstellung der Castitas, eine Verherrlichung der Unschuld»
(Neue Freie Presse« 15« August 1908, S. 10,)
Seite 166. Seine Durchlaucht hat im Jahre 1908 der Galerie
des „Mährischen Kunstvereins 41 ein Gemälde von Ditscheiner
gewidmet und die Schenkung einer Anzahl anderer Bilder in
Aussicht gestellt (Das Vaterland. 26« Juli 1908, S. 5.)
Seite 226« Die in jüngster Zeit verbreiteten Nachrichten
über den ungunstigen Bauzustand der Burg Greifenstein ent*
behren zum größten Teile der Begründung« (Neue Freie Presse.
12. Juli 1908, S. 8.) Allerdings laßt sich nicht leugnen, daß die
in dem unweit der Burg gelegenen Steinbruch in den letzten
Jahren vorgenommenen Sprengungen einzelne Stellen der
Außenmauern in ihrem Bestände arg gefährden, (österreichische
Volkszeitung. 26. August 1908, S. 5.)
*
Seite 239. Ein reizendes Architekturbild hat Architekt
Karl Weinbrenner in dem 1908 vollendeten Hegerhaus bei
Feldsberg geschaffen, das sich am Rande des den Tempel der
- 348 -
Diana (Rendezvous) umgebenden jungen Föhrenwaldes in einem
prächtigen Obstgarten erhebt. Das durch eine offene Vorhalle
zugängliche Gebäude mit den licht verputzten Wänden, den
schön geteilten, durch dunkelgrüne Laden verschließbaren Fen"
stern, dem mit hellroten Falzziegeln gedeckten Mansardendach,
vor dessen Fensterchen eine zierliche Galerie zur Aufnahme
von Blumenstöcken läuft, und dem das Vorgärtchen ab"
schließenden, weiß gestrichenen Staket stellt den Höhepunkt
des Architekten in der Lösung derartiger einfacher Baupro"
bleme dar.
Seite 241. Im Jahre 1908 ließ der Fürst auf seine Kosten
in Feldsberg ein zweckmäßig eingerichtetes, geräumiges Kranken*
haus für Frauen errichten, und zwar nach den Plänen des
Ingenieurs Franz Florian, Oberinspektors der Nordbahn.
Seite 257. Ein treffliches Feuilleton über die herrlichen
Parkanlagen zu Eisgrub verdanken wir Dr. Hans Sittenberger.
(Die Zeit. 21. August 1908, S. iff.)
Seite 261. Durch eine Spende von 60.000 Kronen ermög-
lichte Seine Durchlaucht den Bau eines neuen Schützenhauses in
Jägerndorf, einer der gediegensten Leistungen des in Jägerndorf
geborenen Wiener Architekten Leopold Bauer. Das imposante
Gebäude, im modernen Stile mit Anlehnung an mittelalterliche
Muster erbaut, enthält einen hoch emporstrebenden, mit mäch'
tigen Bogenfenstern versehenen Mittelbau, der von einem steilen
Dach mit einem zierlichen Türmchen überhöht wird, und zwei
sich an denselben anschließende, lang hingestreckte Flügelbauten
mit Terrassen und Bogengängen. Anläßlich der am 16. August
1908 stattgefundenen, feierlichen Eröffnung des Hauses wurde
eine vom Wiener Bildhauer Hans Schaefer ausgezeichnet
modellierte Medaille ausgegeben, deren Avers ein wohlgelun'
genes Porträt des Fürsten, des Protektors der Schützengesell'
schaft, und deren Revers eine treffliche Ansicht des Schützen'
hauses nebst dem Wappen der Stadt zeigt. Ein Exemplar der
Medaille in Gold wurde dem Fürsten überreicht (Österreich!'
— 349 —
sehe Volkszeitung. 19« August 1908, S. 6. — Österreichs iüu'
strierte Zeitung. 23. August 1908, S. 1047. — Neue Freie
Presse. 27. und 28. August 1908, S. 8.)
Seite 273. Im Jahre 1908 wurde das Grabdenkmal des
Prinzen Eugen bei St. Stephan auf Kosten des Fürsten einer
gründlichen Renovierung unterzogen. (Die Zeit. 9. Juli 1908,
Abendblatt, S. 2.)
Seite 281. Die Pläne für den Mödlinger Jubiläums^Kurpark,
der in fünf bis sechs Jahren vollendet sein dürfte, wurden von
dem Wiener Stadtgartendirektor Hybler entworfen. (Öster>
reichische Volkszeitung. 29. Juli 1908, S. 6.)
Seite 285. Der Fürst faßte auch den hochherzigen Entschluß,
die von der Zeit hart mitgenommene Fassade der Feldsberger
Pfarrkirche restaurieren zu lassen. Die mit einfachen Zeltdächern
versehenen Türme werden im Stile der Kirche ausgebaut werden.
Mit den geplanten Arbeiten wurde am io. August 1908 be^
gönnen.
Seite 290. Die Pfarrkirche zu Schrattenberg wurde, obwohl
sie nicht dem Patronate Seiner Durchlaucht untersteht, aus
dessen Mitteln sorgfaltig renoviert und im Innern mit schönen
ornamentalen Wandmalereien, die dem klassizistischen Stile
des Gotteshauses vortrefflich angepaßt sind, geschmückt (1908).
Seite 290. Im Jahre 1908 wurde die räumlich unzulängliche
Empire'Kirche in Bischofwarth, die sich in unmittelbarer Nähe
des Grenzschlosses am Rande des großen, von prächtigen Park-
anlagen umsäumten Teiches erhebt, durch einen Anbau gegen
Westen erweitert, der sich stilistisch dem älteren Teile voll-
ständig anschließt (Architekt Karl Weinbrenner.)
Seite 300. Vor der neuen Katzelsdorfer Pfarrkirche wurde
eine hübsche Parkanlage geschaffen. In derselben wurden
16 Bildstöcke mit massivem Steinsockel und zierlichen, mit
grün glasierten Ziegeln gedeckten Dächern aufgestellt; dieselben
— 350 —
enthalten die Stationen des Rosenkranzes, die einst in den
Nischen der die alte Kirche umfassenden Mauer untergebracht
waren.
Der Pfarrhof des Dorfes wurde gänzlich umgestaltet und
durch Aufsetzung eines Stockwerkes bedeutend vergrößert Ober
den mit den alten, schlichten schmiedeeisernen Gittern ver-
sehenen Fenstern des Erdgeschosses wurden zierliche Lorbeer-
kränze und "gewinde aus Stuck angebracht, der schön ge-
schwungene Giebel des ersten Stockes erhielt ein Stukkorelief,
Maria mit dem Kinde. Das ganze Gebäude mit den hell ver-
putzten Mauerflächen, den grünen Jalousien, dem hellroten
Walmdach, dem von einem hübschen Lattenzaun eingefriedeten
Vorgärtchen und dem kleinen Glockentürmchen zur Rechten
desselben gleicht einer lieblichen Idylle aus der Zeit unserer
Großväter* Auch die Hofseite wurde vom Architekten (Karl
Weinbrenner) nicht vernachlässigt, indem er hier dem Baue
eine kleine, offene Vorhalle und das mit einer Kuppel gekrönte
Stiegenhaus vorlagerte.
Seite 301. Die Einweihung der nach den Plänen G. v. Neu-
manns durch den Baumeister Rudolf Rückeshäuser (Hinterbrühl)
erbauten Pfarrkirche zu Gießhübel wurde am 26. Juli 1908 durch
den Weihbischof Dr. Godfried Marschall in Anwesenheit des
Prinzen Franz von Liechtenstein in außerordentlich feierlicher
Weise vorgenommen, (österreichische Volkszeitung. 1908,
12. Juli, S. 6, 27. Juli, S* 2.)
Register*
Abel, Josef 94.
Achenbach, Andreas 104, 201.
Adam, Jakob 137*
Adams, John Quincx 115.
Adamsthal 252.
Adler 153.
Aelst, Willem van 32.
Aichinger, Hans 311*
Aldegrever, Heinrich 183«
Alessandrini, Alessandro 33.
AHio, Andrea 305*
AlmaVTadema, Lourens 105*
Alphen, Eusebius J. 22.
Alphons, Theodor 74t 165.
Alt, Franz 122.
Alt, Jakob 121, 181« *
Alt, Rudolf v. 122, 125, 165, 181, 272.
AhvCimburg 243«
Altdorfer, Albrecht 183» 338.
Altholländische Schule 71 f.
Alt~Liechtenwarth 268, 284.
Amberger, Christoph 72, 336.
Amerling, Friedrich ▼. 32, 95» 101,
106, ZIO, 127, 176, 221.
Amra, Kusejr 330.
Amsler und Ruthardt 337*
Andri, Ferdinand 113.
Angeler, Josef 237» 283.
Angerer und Göschl 74«
Anreiter, Alois v. 95*
Anselmo da Forli 64«
Antonello da Hessina 70, 162.
Apponxi, Graf 93»
Artaria 18, 64.
Aussee (Mähren) 6, 24, 243t 251 f.
d'Avila, Sanchec 22.
Avont, Peeter van 49.
Baisch, Hermann 97» 198.
Baidung, Hans (Grien) 338.
Bandeville, Hme* de 52.
Bankö, Ignaz 233t 267*
Bara, Leopold 92.
Barbarj, Jacopo de 1 40.
Barbasan, Hariano 187.
Bardi, Graf 48.
Baring, Sir T. 59.
Bartolozzi, Francesco 141.
Bartsch, Adam 18.
Barye, Antoine L. 156«
Basaiti, Marco 40, 91.
Bassano, Jacopo da 30.
Batoni, Pompeo G. 149*
Bauer, Josef A. 33.
Bauer, Leopold 348.
Bauer, Lukas 24, 33*
Beck, Leonhard 336«
Beham, Bartholomäus 44t 336.
Beham, Hans Sebald 183, 336.
Bell, Robert Anning 167, 188.
Bellano, Bartolommeo 79t 193«
Bellini, Gentile 91*
Bellucci, Antonio 13 f., 217.
Berchem, Claes Pietersz 27.
— 352 —
Berlin, Antikensammlung 21.
— Jahrhundertausstellung 68, 107«
— Photographische Gesellschaft 76.
Bernatzik, Wilhelm 102, 105, 113,
122, 126.
Bernt, Rudolf 199.
Berthoud 169.
Bertoldo di Giovanni 78, 193.
Beurnonville, Baron de 59» 61, 65.
Beyer, Josef 241, 259, 292, 298, 311.
Bilbasow, A. 345*
Binde, Jakob 183«
Birkenstock, Melchior v. 33*
Birkinger, Franz X. 125.
Bis, Francisco 172.
Bischofwarth 349.
Blaremberghe, Henri D. 138, 154.
Blau, Tina 112«
Bles, Hendrik 66.
Bloch, Ladislaus 64.
Boccaccini, Boccaccio 342.
Bochmann, Gregor v. 164, 186.
Bode, Dr. Wilhelm 73t *95.
Böhm, Josef E. 159.
Boilvin, Emile 59.
Boissieu, Jean^Jacques 343.
Bol, Ferdinand 30.
Bologna, Giovanni da 82, 193.
Bolswert, Schelte a 49.
Bonifazio Veronese (Veneziano) 162.
Bonnet, Louis 141.
Borcht, Francois van der 139.
Borcht, Peter van der 84, 140«
Bordone, Paris 41 f., 72.
Bosch, B. de 56.
Both, Jan 31*
Botticelli, Sandro 37 f.» 89.
Boucher, Fr. 140 f., 192.
Boulard, d. J. 43.
Bourbon, Heinrich v. 48.
Bourduge, A. 342.
Bozen 204»
Braun, Adolf 75, 98.
Breenbergh, Bartholomäus 72.
Bresda, Antonio da 188.
Breßler, Emil 222.
Breu, Jörg, d. J. 336.
Brislinger 312.
Broczko 259 f.
Bronzino, Angelo 41.
Brueghel, Jan, d. Ä. 26, 49» 340.
Brueghel, Peeter, d. A. 340.
Brügge 65.
Brunn a. G. 276.
Brunn, Franzensmuseum 161, 246,
347*
Brunn, Erzherzog Rainer-Museum
136, 151» 166.
Brünnles 245*
Bruyn, Bartholomäus de 72*
Buonconsiglio, Giovanni 162.
Burgkmair, Hans 336.
Bussi, Santino 220.
Busti, Agostino (Bambaja) 158.
Butschowitz 243, 248.
Bye, Cabinet de 198.
Calame, Alexander 117, 123, 221.
Camerata, Josef 20.
Campagnola, Domencio 342.
Camphuysen, Raphael 62.
Canaletto (Bernardo Beiotto) 22, 43t
137, 187, 217.
Canon, Hans 96.
Canova, Antonio 221.
Capelle, Jan van de 62.
Capponi, Gino 40.
Caradosso 80, 188.
Caravaggio, Michelangelo da 21.
Carriera, Rosalba 22.
Caucig, Franz 94*
Ceccarelli Naddus 76.
Cerasoli, Domenico 23, 137.
Chardin, Jean B. 20, 68, 342.
Charpentier, Alezander 167.
Chmelarz, Eduard 138.
Choiseul'Praslin, Duc de 52.
Christian, Alezander 214.
— 353 —
Cignani, Carlo 14, 28.
Clouet, Jean 30, 48*
Cocxie, Hichiel yan 26.
Codde, Picter 31, 93*
Concordantia caritatis 135.
Conincxloo, Gillii van 31*
Conraet (Conraetz) 153«
Copeland 155*
Copley, John S. 64«
Coques, Gonzales 50.
Corbutt, C. 52.
Cornelisz, Jacob, van Amsterdam 46.
Correggio 25.
Cortona, Pietro da 26.
Cotignola, Bernardo 40.
Courbet, Gustave 97» 200.
Courtois, Jean 83*
Courtois (Cortevs), Pierre 20, 83,
129*
Crabbe, Prosper 57.
Crammer, Nicolaus 143«
Cranach, Lukas, d. JL 45* 6j f 183,
339*
Crane, Walter 199»
Crivelli, Carlo 39.
Croos, Anthony J. van 163.
Cuyp, Aelbert 61.
Cuyp, Benjamin 64.
Cuyp, Jacob G. 64, 197.
Cymbal, Johann 286.
Daffinger, Horitx IL 121.
Dallinger v. Dalling, Joh,, d* A. 24» 28.
Daüinger v. Dalling, Joh,, d J. 33,
68, 142.
Dalpech 169«
Damman, B. 61.
Danhauser, Josef zo8, 121.
Daniell, A. B. I55t 169.
Darnaut, Hugo 112.
Daur, Hermann 170.
Debucourt, Louis Ph. 141*
Defregger, Frans v, 97, 123, 127.
Deloje, Gustave 158«
Demarteau, Gilles 141.
Demidoff, Fürst Paul 49» 57*
Desvignes, P. H. 220, 254«
Deutscher Heister des 16. Jahrhun~
derts 339*
Didot, Firmin 133 f.
Diefenbach, Karl W. 97.
Dhscheiner, A. 122, 125, 347.
Dobermannsdorf 293.
Dold, Carlo 26.
Donatello 77» 157.
Dopf, Nikolaus 208.
Dou, Gerrit 64 f., 198.
Doubll 154«
Drechsler, Johann 27.
Dresden, Cranach^Ausstellung 67*
Drexler, Josef 241.
Droochsloot, Joost C. 30.
Dubbels, Jan 32.
Du Bus de Gisignies, Bernard 62*
Dudlej, Lord 59.
Dunkl, Josef 295.
Dürer, Albrecht 72, 130, 183» 335*
337»
Düsseldorf, Kunsthistorische Aus*
Stellung 66.
Dyck, A. v. 15, 19» 75t 130.
Earlom, Richard 14z.
Ebenfurth 1x3*
Eeckhout, Gerbrand van den 30»
Eeckhout, Jakob J. 163*
Ehrenhaft, Ludwig 165«
Einspänner, Gallus 208.
Einspänner, Jakob 208.
Eisenberg 345*
Eisgrub, 44» 68, 121, Z43* I59t 170,
X72f., 174, 243t 253t 345t 348.
Eitelberger, Rudolf v. 128, 161,
Rmirtcrsoiiy Hr. 49*
Ender, Johann N. 273*
Ender, Thomas 125.
Enderlein, Caspar 169*
Endrist Johann Gh. 337*
23
— 354 —
Engefbrechtsz, CorneUs 66.
Engert, Erasmus v. 58.
Enschrdf, J. 56.
Epiktetos 142.
Ernst, Leopold 272.
Etgens, Johann G. 304*
Everdingen, Allaert ran 61.
Ejrbl, Franz 109, 127, 177*
Et de, Jan Tan 67, 71«
Falke, Jakob ▼. 33, 72!, 128, 343-
Fanti, Ercole Gaetano 10, 23t 285.
Fanti, Vincenzio 17, 22 £, 24.
Febvre, Alexis 43«
Feldsberg 10, 12 f., 25, 28, 49. im,
133, 137, 139 U 143, 149, 172, 174.
192, 238, 284, 345, 347 £* 349-
Fendi, Peter 106, 108, 121, 127,
177.
Ferrabosco di Lagno 249«
Ferstel, Heinrich ▼• 130, 161, 218.
Festettis, Graf Samuel ▼. 44t 93»
340.
Fiesole, Mino da 79, 157.
Finch 190.
Fiorenzo di Lorenzo 91*
Fischbach, Johann 179.
Fischer 190*
Fischer v. Erlach, J. B. 215, 217.
Fischer, Ludwig H. 184.
Fischer, Martin 222.
Fischer und Nezbada 312.
Fischhorn 261*
Flameng, Leopold 60.
Florentinischer Heister des 15« Jahr*
hunderts 90.
Florentinischer Heister des 16, Jahr~
hunderts 92.
Florentino, Giovanni 188.
Florenz, Casa Canigiani 89, Palazzo
Riccardi 157, Palazzo Torrigiani
4L
Florian, Fr. 348.
Fonthill Abbey 48.
I
Forchondt, Justus 16.
Forchondt, Harkus 16.
Fouquet, Jean 66, 71« 342.
Franccsca, Piero deHa 38.
Franceschini, Harcantonio 13, 25,
28, 216.
Frandabigio 41.
Franck, Alfred ▼. 337.
Frank, G. 74.
Friedlander, Friedrich ▼. 127, 165.
Fries, Graf Horitz ▼. 33.
Friefi, Hans 339.
Frimmel, Dr. Theodor ▼. 3, 5, 32,
162.
Fuchs 50.
Füger, Heinrich F. 33* 176.
Führich, Josef ▼. 121, 176.
Fusina, Andrea 80.
Fjrt, Jan 30, 50.
Gabrielli, Gabriel de 214.
Gainsborough, Thomas 64.
Gaucherei, Leon 43.
Gauermann, Friedrich 68, 95, 110,
121, 178, 183*
Gebhardt, Eduard v. 104 f»
Geeraerts, Harten J. 21.
Geiger, Karl 218, 273«
Geller, Johann N. 113.
Gentile da Fabriano 90.
GeorgeoHayer, August xio.
Geyling 301.
Gfall, Johann 115«
Gibbs, Hm 169.
Gießhübel 300, 350.
Gillar, V. 292.
Ginzel, Adolf 160.
Giotto di Bondone 36.
Giovanni di Paolo 90.
Gisela, Josef in, 127, 185.
Giuliani, G. 220.
Gjölbaschi 118.
Glücklich, Simon in.
Goedaert, Jan 56.
— 355 —
Gott, Hugo van der 47» 65, 71*
Goldenstein 243» 250.
Goldschmidt, Salomon B. 58*
Goyen, Jan van 57, 163*
Graf, Urs 339*
Gran, Daniel 305*
Grassi, Anton 150.
Graz, Kulturhistorisches und Kunst'
gewerbe4iuseum 202.
Green, Valentine 141.
Greifenstein 224, 347«
Greux, Gustave H. 43«
Grolier 134«
Grünling, J. 337 f.
Gsell, F. J. 47, 93.
Guardi, Francesco 43.
Guercino da Cento 26.
Gundel, Baron 140»
Gurlitt, Heinrich L. Th. 221.
Haanen, Remi van 164.
Haarlem, Gerrit van 71*
Habich 342.
Hackaert, Jan 31.
Hackl, Gabriel 203*
Hagelgans 149.
Hähnel, Ernst J. 82.
Haid, Johann G. 137.
Haid, Johann Ph. 137, 142.
Hals, Frans 29 f., 64, 71, 74 U X97,
341*
Hamilton, Johann G. v. 18.
Hamilton, Philipp F. v. 19.
Hammer, Christian 195,
Hampe, Johann 286, 305, 3".
Hanfstaengl, Franz 76.
Hanneman, Adriaen 21.
Hansen, Anton 125, 179«
Hansenburg 253*
Hardtmuth, Josef 222, 239, 252 f.,
256.
Harman, Jeremiah 49.
Hartinger, Ferdinand 259«
Hartmann, Johann C. 143.
Hauslab, Franz Ritter v. 84, 137
224, 334, 339.
Hecht, W. 74«
Heda, Willem Claesz 32.
Heem, Jan Davidsz de 32, 62*
Heider, Hans v. 190.
Heidrich, Johann 254*
Heilmann, A. 203«
Heinrich 110.
Helbing, Hugo 54» 342.
Hernandez, Sebastian 172.
Heyde, Jan van der 62.
Hickel, Anton 150.
Hickel, Josef 23, i37> 142.
Hildebrandt, Ferdinand Th. 198.
Hildebrandt, Lukas v. 215*
Hilgers, Hans 155«
Hillebrand, Franz 312.
Hirschvogel 183.
Hirth, Georg 188 f., 190.
Hlavaöek, Anton 125.
Hobbema, Heindert 59*
Hochstein 245«
Hof bauer, Johann K* 93*
Hohenau 287*
Hohenstadt 244«
Holbein, Hans, d. J. 29, 48, 72,
337*
Holle, Ignaz 256.
Holub, Georg 201.
Holweg, Gustav 164.
Hope, Adrian 50*
Hopfer 336.
Hörmann, Theodor v. 126.
Howell und James 169.
Hradisch, Kloster* 305.
Huber, Wolf 338.
Huet, J. B. 141*
Hfirtl, 256«
Huysum, Jan van 19» 25, 32.
Hybler 349*
Incontri, Harchesa 52*
Isabey, J. B. 144«
23*
— 356 —
Isragls, Josef 201.
Ittenbach, Franz 221, 283.
Jabach 132.
Jacobe, Johann 141.
Jacometto 70.
Jägerndorf 260, 348.
Janinet, Francis 141.
Janscha, Lorenz 288.
Jettel, Eugen 102, 105» 112, 127, 164»
184.
JoachimshOhle 329.
Jobst 282,
Joest, Jan, van Calcar 72.
Johannstein 232,
Jos, Jan, van Cleve 29, 66, 93«
Jordan, Richard 289.
Josefsdorf 274*
Kachler, Franz 182«
Kaiser, Anton 74«
Kaprun 263.
Kastner 313.
Katzelsdorf 241, 298, 349*
Kaufrmann, Angelika 27, 68 f., 144.
Kauffmann, Hugo 122, 186.
Kaufmann, Adolf 185*
Kaufmann, Isidor in.
Kaunitz, Fürst 50.
Kayser, Karl G. 228, 230, 247*
Keil'Grote 55.
Keje 309*
Keyser, Nicaise de 221.
Keyser, Thomas de 187.
Kinzel, Josef 185.
Kirberger, Nicolas 338.
Kiritein 304.
Klamm 235.
Kleinasien, Forschungsreisen 118,
317.
Klieber, Josef 222, 239 f., 241.
Klinkosch, Josef IL v. 340, 342.
Klotz, H. x6x.
Knaus, Ludwig 96, 122,
Knighton, Sir W. W. 52*
Kohn, J. M* 125«
Köll, Anton 153*
Konheiser, Johann 259» 292«
Koninck, Salomon 72*
Korber 311.
Kornhäusel, Josef 239, 253.
Korrentsch, Jakob 294*
Kosch 293.
Kostel 255*
Krafft, Johann P. 144* 221*
Kraigher 179«
Kraus 304.
Kraufi 134*
Krick, Emil 312.
Krüger, Albert 74*
Kruis, Ferdinand 105*
Krusemann 221.
Kupetzky, Johann 14» 69.
Kupfer, J. M. 113.
Kurzbauer, Eduard 123.
KuschelenvBesborodko 52.
Lagrlnle 141*
Lalauze, Adolphe 94*
Lambert, Chevalier 55*
Lampi, Johann B., d. J. 32, 144*
Landsberg 312.
Landshut 259, 306.
Landskron 313*
Lanzani, Andrea 13 f., 220.
Laschtianer Revier 166.
Lauche, Wilhelm 257 f«
Läuger, Max. 190.
Lautensack, Hans S. 337*
Lautsch, Fürst Johanns^Höhle 329*
Lavreince 141.
Le Blon, Johann Ch. 141.
Lebrun, Charles 32.
Lebrun'Vig6e, Marie L. E. 27.
Le Clerc 141.
Leemann, R. 74*
Leibl, Wilhelm 123.
Leistler, Karl 220, 237, 254*
— 357 —
Lelcux, Armand 187.
de Lelie 56.
Leopold Wilhelm, Erzherzog 33t 338*
Lepante 138.
Le Sueur, Eustache 26.
Leu, Hans 339*
Leyden, Lukas van 66.
Leyden, Rembrandt'Ausstellung 67.
Lichtenfels, Eduard ▼. 95» "2, 122,
184, 199.
Liechtenstein, Afra v. Wallsee^L. 269.
— Alois L Josef, Fürst v. 18, 26,
I33t 146, 150, 222 f., 240, 249» 255.
— Alois IL Josef, Fürst v. 32 f., 102,
179, 220, 233» 237, 246, 253t 272,
274*
— Anton Florian, Fürst, v. 18, 310.
— August, Fürst v. 132.
— Eleonore, Fürstin v. 149.
— Elisabeth v. 114.
— Emanuel, Fürst v. 18.
— Franz, Prinz v. 136, 145* 235t
344t 350.
— Franz Josef L, Fürst v. 24, 138,
140, 149 f., 240.
— Franziska, Fürstin v. 233t 283.
— Franziska, Fürstin de Ligne~L.
274.
— Friedrich, Fürst v. 132.
— Georg HL v. 5.
— Georg VI. v. 270.
— Gundakar, Fürst v. 250.
— Hartmann IL v. 6, 134, 223.
— Hartneid IV. v. 269.
— Heinrich L v. 293*
— Johann I. v. 226, 268, 294.
— Johann V. v, 269.
— Johann Adam Andreas, Fürst v.
9, 12 f., 214, 216, 247t 251 U 271,
285.
— Johann I. Josef, Fürst v. 28, 62,
69t 129, 142 f., 144» 2i7t 222, 225,
227, 232 f., 235—240, 244t 248, 252 f.,
256, 274t 343*
Liechtenstein, Johann Nep. Karl,
Fürst v. 21.
— Josef Johann Adam, Fürst v. 18,
253.
— Josef Wenzel, Fürst v. 10, 18»
I29t 137 f-t 142, I49t Z72t 221.
— Karl L, Fürst v. 6, 152, 243t 245 f.,
250 f., 260, 286.
— Karl, Fürst v. 149.
— Karl Eusebius, Fürst v. 8, 238,
248, 253t 255t 284 f.
— Karoline, Fürstin v. 27t 142, 150.
— Maria Josefa, Fürstin v. Eszter*
hazy-L. 27t 68, 144«
— Maria Leopoldine, Fürstin v. 144,
149«
— Maria Theresia, Herzogin v. Sa~
▼oyen<-L. 147, i49t 271*
— Maximilian, Fürst v. 11, 249, 274.
— Moritz, Fürst v. 144«
— Philipp, Fürst v. 240.
— Sophie, Fürstin v. Löwensteta'L,
262 f.
— Theresia, Fürstin v. 235«
Liechtenstein, Burg 226*
Liechtenstein, Fürstentum 211, 267*
Liechtenstein, Schloß 121, i74> 232.
Liedl 288.
Lindtmayer, Daniel 339*
Linz, Landesbildergalerie 201.
Lionardo da Vinci 19» 71 f.
Liotard, Jean E. 23.
Liphart 339«
Lippi, Filippino 38.
Lombardi 156.
Lombardi, Ludovico 81.
Longhi, Pietro 43.
Loosdorf 28.
Lößler, Franz 283.
Lotto, Lorenzo 72.
Löwy, J. 76.
Lucatelli, Andrea 92.
Lucchini, Abbate 24, 33*
Luini, Bernardino 40, 92, 162.
— 358 —
Lundenburg 103, 112» 243, 248, 260,
345«
Luntz, Viktor 273*
Lustig 163.
Luycx, Franz 26.
Lysipp, Schule des 20.
Mac Ardell, James 141«
Macrory 54.
Haes, Nicolaes 53*
Hährisch'Trübau 245«
Hailand, M. 56.
Hailändischer Heister des 16. Jahr*
hunderts 342.
Mainardi, Domenico 17» 24, 252.
Hainardi, Sebastiano 38.
Hajano, Benedetto da 79.
Hallitsch, Ferdinand 203.
Hansfeld, J. E. 25.
Hansfeld, Josef G. 137.
Hansfeld, Sebastian 137*
Hansueti, Giovanni 39.
Hantegna, Andrea 71» 9i> 162.
Haria'Enzersdorf 289.
Maria-Schutz 288.
Maria Stuart, Gebetbuch 134*
Marko, Karl 95» 181.
Martinelli, Domenico 214 f., 305*
Hartinelli, Francesco 215.
Hartinez, Juan, cL A. 171.
Martinez, Juan, d. J. 171*
Hasescha 267*
Ha8878, Quentin 47, 65 f.
Hax, Gabriel v. 198, 201.
Hay, H* 56»
Hayer v. AlscVRußbach, Arthur 186.
Hayerhofer 153.
Hayerhofer, Stephan 153? 192.
Major, William 342.
Hayr, Johann L. 152, 192.
Heckenem, Israhel van 183*
Heder, Dr. Josef 341*
Hediz, Karl 170.
Heifll 222.
Heissonier, Jean L. E. 123*
Heister vom Tode der Maria 29, 4ß*
66, 72, 93*
Heister der weiblichen Halbfiguren
30, 48.
Helan, Claude 26.
Helicher, Theophil 278, 304*
Hemling, Hans 29, 47t 65» 70.
Henardi 12, 23 f.
Hesserschmidt, F. X. 272.
Heulen, Adam F. van der 30.
Heyer 58.
Meytens, Martin v. 149«
Hezger, Hans 208.
Michelangelo 64» 92, 130.
Hielich, Alphons Leopold 103, 105,
330.
Miereveit, Hichiel J. van 340.
Hieris, Willem van 94*
Hiethke, H. O. 64, 75t i°3t 164.
Hiko, Hans (Jenusch) 1x4 f.
Hinton 8t Comp. I55t 169.
Mistelbach 294, 345*
Hoderno 188.
Mödling 233t 278, 346, 349*
Holenaer, Claes 31*
Holenaer, Jan H. 30.
Hontagna, Bartolommeo 162, 342.
Moor, Card de 56.
Moore, Horris 92.
Horetto da Bresda 42.
Horny, Duc de 123.
Horone, Domenico 40.
Moroni, Giovanni B. 42.
Hottala, Giovanni (Hans Motal) 246.
Mulgrave, Earl of 52.
Müller, Gustav A. 17, 141*
Müller, Leopold K. 110, 199*
Huller, Frederik 64«
Naumann, J. H. 138.
Necker, David de 336.
Neder, Michael 127*
Neeffs 163.
— 359 —
Neer, Aert van der 60.
Negker, Jost de 336«
Nehr, A, 292*
Nendeln 212«
Neuhaus 183.
Neumann 179«
Neumann, Gustav v. 211, 235» 242,
267, 275 f* 279 U 282, 300 U 313t
350*
Neumann, Josef 311 f.
Neuschlofi bei Butschowitz 243» 249*
Netsschloß bei Littau 24t 243» 252*
Neu^ Waltersdorf 259.
Neve, Frans de 11.
Neyte, Gillis 340,
Niederländischer Heister des 16 Jahr*
hunderte 339*
Niederländischer Meister des 17. Jahr*
hunderte 163.
Nieder 'Lichwe 313.
Niemann, G. 74«
Norris, J. 60.
Norton, Peter 55.
Novihrad 244.
Oelzelt, Anton v. 104«
Olmütz, Gesellschaft der Kunst*
freunde 175*
Onken, Karl 184*
Oosten de Bruyn 30*
Oppolzer, Dr. Egon v. 44, 54.
OrUans 198.
Orley, Barent van 72.
Ostade, Adriaen van 141» 163.
Osten, Isaak van 32.
Paduanischer Heister des 15« Jahr*
hunderte 91.
Palamedesz, Anthony 31*
Palma Vecchio, J. 72«
Palmezzano, Harco 39t 91.
Paoli, Betty 69*
Pape, Abraham de 64*
Parentino, Bernardino 91.
Paris, ChardhvAusstellung 68.
Paris, Ausstellung französischer
Primitiver 66.
Parlati, Matthias 204.
Passini, Ludwig 185.
Patenier, Joachim 48.
Paulussen 58, 74*
Pencz, Georg 337*
Perger, R. A. v. 69.
Perugino, Pietro 34z*
Petitöt, Jean 83.
Petrovits, Ladislaus E. 112, 125,
184.
Pettenkofen, August v. 102, 121,
126.
Petter, Franz X. 68 f.
Pfau, A. i68.
Philips 59*
Pichler, Johann P. 27, 14z f.* 144*
Piepenhagen, August 95*
Pietro da Feltre 91.
Pietro da Hessina 162.
Pietechdorfer, Paul 208.
Pilz, Vinzenz 129.
Plombo, Sebastiano del 141.
Plach 110.
Plumenau 243, 250.
Pohanska 252.
Poitevin, F. 138.
Porcellis, Julius 31*
Pordenone, B. L. da 41.
Pot, Hendrik G. 54*
Potocld, Graf 60.
Poussin, Nicolas 25 f.
Powerscourt, Lord 56.
Pozzo, Andrea dal 13 f., 217.
Prag, Museum des Königreiches
Böhmen 200.
Prag, Kunstgewerbliches Museum
193.
Prag, Rudolphinum 64, 196.
Procaccini, Giulio C 25*
Purcell, Richard 52.
Pynacker, Adam 31, 63.
— 360 —
Quast, Picter 31«
Quellinus, Erasmus 33.
Raab, Doris 74 f.
Rabensburg 11.
Raffael 10.
Raffalt, Ignaz 121, 179.
Raffalt, Johann G. 117.
Rani, Karl H., d. A. 144«
Rani, Karl Heinrich, d. J. 221.
Ranftl, Johann H. 110, 121, 178.
Rauchmüller, Matthias 83, 129.
Raudner, Robert 74«
Rechberg, Adolf 292«
Reich, Josef 267*
Reinisch, Josef 24«
Rembrandt 19, 27, 31» 5i> 67, 72, 75t
130, 340.
Rendlesham, Lord 52.
Reni, Guido zo, 12, 27*
Reufl, Prinz 49*
Reynolds, Joshua 32«
Rheinberger, Egon 231.
Ribarz, Rudolf 112, 184,
Riccio, Andrea 80, 193.
Richter, Ludwig A. 122.
Ridinger, Johann E. 137.
Rigaud, Hyacinthe 19, 32, 137, 221,
342.
Ritschel, Eduard 114«
Ritz, A. 304*
Robbia, Andrea della 77 f.
Robbia, Luca della 77 f.
Robbia, Schule der 78, 136, 157.
Robinson, Sir Charles 52.
Rogenhofer, Karl 280.
Romanlno, Girolamo 64.
Romano, Giulio 341.
Rombouts, Gulls 59.
Rombouts, Theodor 27.
Roslin, Alezander 25, 150,
Rossellino, Antonio 79«
Rotta, Antonio 96*
Rottmann, Karl 122.
Rottmayr v. Rosenbrunn, Johann
F. H. 13 f., 216, 2x8.
Rovezzano, Benedetto da 79«
Roy, J. 22,
Roye, Willem F. van 21 f.
Rubens, P. P. 10, 15, 19» 21, 26 f.,
49, 66, 74 ?t 84, *39, 285.
Rückeshäuser, Rudolf 350.
Rudolf, Dominik 312.
Rugell 267*
Rugendas, Georg Ph. 14.
Rugendas, Johann L. 137.
Ruisdael, Jacob van 58 f., 341.
Rumburg 310.
Rumpfer, Hans 208.
Rupp, L. 271.
Ruß, Bohuslav 312«
Ruß, Karl 238.
Rufi, Robert 164«
Ruthart, Karl A. 25«
Ruysch, Rachel 32.
Ruysdael, Salomon 58.
Saftleven, Herman 341.
Salentin, Hubert 164.
Sandro, Amico di 38.
Sarto, Andrea del 130«
Savoldo, Giovanni G. 42,
Scarpa, Antonio 42.
Schaan 212, 267.
Schaefer, Hans 348.
Schaeffer, August 33, 122, 183, 285.
Scharff, Alezander 59, 93.
Schäuffelein, Hans L. 44, 225, 336 f.
Scheichel, Josef 294«
Scheiger, Carl 192.
Scheiringer, Johann N. 182.
Schelfhout, Andreas 97.
Schendel, Petrus van 163.
Scheu, F. 74«
Schindler, Emil J. 126, 199.
Schindler, Karl 109, 121.
Schleich, Robert 186.
Schlichten, Jan Ph« van 56*
— 3^1 —
Schlottauer 44.
Schmalzhofer, Josef 287» 291.
Schmid, Matthias 198.
Schmidt, Friedrich v. 228, 262, 267,
293.
Schmutzer, Andreas 17.
Schmutzer, Jakob M. 22, 24, 137.
Schmutzer, Josef 17.
Schmuz-Baudiß 190.
Scholz 254.
Schönbauer, K. 74.
Schongauer, Martin 183.
Schönn, Alois 185.
Schottwien 281.
Schratt, Johannes 336.
Schrattenberg 349.
Schraudolph, Johann 96.
Schroetter, Alfred v. 185.
Schrotzberg, Franz 151.
Schuppen, Jakob van 343.
Schwaiger, Hans 165, 185.
Schwarz, Friedrich und Hans 58.
SchwarZ'Kosteletz 201.
Schwind, Moritz von 121.
Secretan, E. 48, 51, 117, 123.
Sedelmeyer, Charles 43, 51 f., 5<* f.,
59f.t 61, 90.
Seebenstein 129, 236, 241, 283.
Seghers, Gerard 27.
Seguier, Mr. 52.
Seitz, Anton 122, 186»^
Sellajo, Jacopo del 38.
Selleny, Josef in.
Semmering 236, 242, 301.
Sepp 44.
Sesto, Cesare da 72.
Seybold, Christian 22,
Sickingen, Graf 32, 179.
Slingelandt, Pieter van 64.
Smith, John Raphael 141.
Snyders, Franz 25, 30.
Sohn, Wilhelm 186.
Solario, Andrea 72.
SolnukBraunfels, Wilhelm v. 202.
Spanischer Meister des 17. Jahr'
hunderte 92.
Speeckaert, Hans 340.
Spineider, Hans 208.
Springinklee, Hans 337.
Star, Dirck van 339.
Steen, Jan 54.
Stein 188.
Steinhausen, Wilhelm 170.
Steinitz 165.
Sternberg 168, 174» 246.
Stief bold & Comp. 75.
Stillfried, Raimund v. 112, 165.
Straka, Josef 165.
Strecker, Emil m, 185.
Stromer, Wolf J. 194.
Stuffelesser, Ferdinand 295, 312.
Stürmer, Josef 240, 242, 280, 297,311.
Stürmer, Karl 254.
Stürmer, Ludwig 240, 241 f., 287.
Suermondt, Barthold 60.
Suida, Dr. Wilhelm 74*
Supper, Judas Th. 303.
Tamm, Franz W. 15, 19, 25.
Tassi, Anton 305«
Tattenitz 303»
Temple, Hans in.
Teniers, David, d. J. 30, 163.
Ter Borch, Gerard 56, 197.
Terzer 107.
Teyssonieres, P. 43.
Thernberg 237*
Thoma, Hans 104 f., 187, 199.
Thomigsdorf 312.
Thonet, Michael 220.
Tiepolo, Giovanni B. 342.
Tilgner, Viktor 161.
Tintoretto, Domenico 29.
Tismitz 307«
Tisoio, Antonio 40.
Tizian 26, 130.
Todesco 95*
Tomec, Heinrich 199.
— 362
Toso, Francesco 156.
Trenkwald, Josef M. v. 284, 313*
Triesen 212.
Troger, Paul 305.
Troppau, Kaiser Franz Josef*Mu*
seum 151 f., 182.
Troyon, Constant 117*
Tura, Cosimo 39.
Turner 168.
Turnitz 305*
Ulricus 135*
Umbrischer Meister des 15. Jahr«*
hunderts 90.
Ungarisch'Ostra 250.
Unger, Hella 208.
Unger, William 74.
Unter'Themenau 290.
Urban 313«
Vaduz 211, 267.
Valkenborch, Dirck van 14.
Valpincpn 51.
Vautier, Benjamin 96, 122, 186, 201.
Veen, Balthasar van der 63*
Veit, Philipp 96.
Velde, Adriaen van de 61 f.
Velde, Willem van de» d. J. 62.
Vettert, Dirick 339«
Velthurns 160, 204.
Venedig, Accademia delle belle arti
43*
Venezianischer Meister des 15* Jahr*
hunderte 342.
Venusti, Marcello 92.
Verboeckhoven, Eugen J. 97.
Vermeer van Haarlem, Jan 61.
Vernon, Robert 49.
Veronese, Paolo 26.
Veroneser Heister 64.
Verrocchio, Andrea del 347-
Veth, Jan 171.
Victors, Jan 53*
Vimercati, Carlo 342.
Vittoria, Alessandro 82.
Vivarini 9i.
Vlieger, Simon de 31*
Vogel, J. F. 75.
Volterra, Daniele da 341*
Voltz, Friedrich J. 187.
Vries, Adriaen de 7*
Vypustek'Höhle 328.
Waagen, Gustav F. 69.
Wagenbauer, Max J. 179*
Walcher v. Molthein, Humbert 230 f.
Walcher v. Molthein, Leopold 49.
Waldmüller, Ferdinand G. 95» 99?
106, 116, 121, 124, 180.
Ward, James 141.
Ward, William 141.
Wartenstein 233.
Wartmann, K. 74.
Weidenbusch 187*
Weidinger 256.
Weinbrenner, Karl 239, 257, 259 f.,
290, 293, 295, 297 f., 306, 312, 347,
349 f*
Weinwurm, Michael 268.
Weis, D. 144.
Wencke 169.
Wessiken, J. 262.
Wevmouth, Lord 60.
Widter, Anton 202, 269.
Wien, Akademie der Wissenschaften
317.
— Altertumsverein 346.
— Archäologisches Institut 326, 328.
•- Genossenschaft der bildenden
Künstler 120«
— Gesellschaft für neuere Geschichte
Österreichs 343 f.
— Gesellschaft für vervielfältigende
Kunst 73t 75, 334-
— Canisius^Kirche 275.
— Herz Jesu'Kirche 275.
— Kahlenberg'Kirche 274«
— Maria am Gestade 268.
— 363 —
Wien, St. Michael 270.
— Minoritcn'Kirchc 273«
— St Stephan 270, 349«
— Liechtenstein, Bibliothek des
Fürsten 6, 133* i35> 223*
— Liechtenstein» Gemäldegaleriedes
Fürsten 3, 91 *•> 94 f-t 98, 129, 133,
137, 139, 144, 146, 169, 172 f., 176,
179, 193, 196, 198, 217, 347.
— Liechtenstein, Sammlung von
Handzeichnungen des Fürsten
84, 130, 192, 336.
— - Liechtenstein, Kupferstichsamm"
lung des Fürsten 84, 137, 140,
224, 335*
— Palast in der Alserbachstrafle 218«
— Paläste in der Herrengasse 28, 222.
— - Majoratshaus des Fürsten Liech*
tenstein 13, 16, 19, 25, 27 f., 102,
121 f., 138, 144, 214, 217, 219, 273.
— Palast in der Rofiau 13, 22, 25,
28, 43, HS, 137, 159, 171, 214.
Akademie der bildenden Künste
64t 89, 99, 101, 103 f., 105.
- Heeresmuseum 129.
— Historisches Museum der Stadt
99, 101, 105, io6.
— Kunsthistor. Hofmuseum 116.
- Künstlerhaus 105, inf., 113, 121,
158 f., 165, 167, 268.
Wien, Moderne Galerie 98, 106.
— Orientalisches Museum 148.
— österreichisches Museum für
Kunst und Industrie 59 *•» 94,
128, 205.
Wilmersdorf 297.
WiUaerts, Abraham 31*
Willaerts, Adam 31*
Willems, Florent 163.
Wilson, John W. 48, 94, 197*
Wingelmüller, Georg 253.
Winterhaider, Josef 305*
Wlha, J. 216.
Wolfcrt, J. B. 63*
Wouwerman, Philips 27, 64.
Wranau 11.
Wrschowetz 27«
Wurzelbauer, Benedikt 194*
Wynants, Jan 61.
Zdrasila, Adolf 185.
Zeitblom, Bartholomäus 43.
Zelotti, Giambattista 41, 64.
Zentralkommission für Erhaltung
der Kunstdenkmale, k. k. 270, 288,
295, 303, 308, 331,
Zewy, Karl in.
Ziegler, Johann 288.
Zoppo, Marco 39«
Zschille, Richard 168.
Berichtigungen«
Seite 26 Zelle 15 lies Ponssin statt Poussion.
» 143 *t 26 „ Sphinxen „ Sphynxen.
» 146 tt 3 schalte nach „Erzeugnissen" das Wort „von' 4 ein.
tt 146 ft 7 lies Liechtenstein statt Lichtenstein.
„ 162 „ 1 „35 „ 26.
„ x88 ,, 34 „ bronzes „ bronce*.
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